BEITRÄGE
ZUR KÜNDE DER
INDOGERMANISCHEN SPRACHEN
HERAUSGEGEBEN
VON
m ADALBERT BEZZENBEßtlEß.
DRITTER BAND.
GÖiTINGEN.
VERLAG VON ROBERT PEPPMÜLLER.
1879.
p
9-
^cT^Ü
Inhalt.
Seite
Zur homerischen Wortforschung. Von F. FrUhde - - 1
Ueber das etruskische Wort lautni und seine Verwandten. Von
W. Deecke - - - - - - 26
Lituanica. Von Ph. Fortunatov • - - - 54
ludütiae und bellum. Von Leo Meyer - - - 74
Hvaiva. Von Adalbert Bezzenbeiujer - • - - • 80
Zum mittelhochdeutschen Wortschatz. II. Von B. Sprenger • 82
Miscellen. Von N. Dossius und A. Fick - - - 87
De nominibus graecis in aiog aia aiov scripsit Konradus Zacher.
Angezeigt von Rud. P€j)pmüller • - - - 88
Etymologische Beiträge aus dem Nordischen. Von Sophus Bugge 97
Die Siegessäule des Damonon. Von August Fick - - 121
Ueber den homerischen Comparativus ß^naacüv. Von F. Frühde 128
Zur Lehre von den silbenbildenden Consonanten. Von A. Bezzen-
berger ....... 133
Arisch. Von H. Zimmer .... - 137
Die deutsche Abstractbildung auf ung. Von Leo Met/er • 151
Gothisches bn. Von Ijeo Meyer .... 152
Hämus. Von Leo Meyer - - - - - 154
Päli acchati. Von jß. Pischel .... 155
Schwa indogermanicum. Von August Fick ... 157
Miscellen. Von A. Fick und A. Bezzenberger • - 165
Zum mhd. Wortschatz. III. Von R. Spreiiger - - 175
Die Entstehung der indoiranischen Palatalreihe. Von H. Collitz 177
Die DeQiQabdäs bei Trivikrama. Von R. Pischel • • 235
Die epirotischen Inschriften von Dodona. Von A. Fick - 266
Zur Siegessäule des Damonon. Von R. Meister - - 284
Die lateinischen Präsentia auf -llo. Von F. Frühde - - 285
Zur Inschi'ift des Damonon. Von H. Röhl • - - 309
Zur Beurteilung der attischen Reduplication. Von A. Bezzenberger 309
Aäag = altind. gravan und griechisches yX im Anlaut. Von Leo
Meyer ....... 316
Etymologien. Von //. Collitz und A. Fick - - - 321
Zur geschichte der deutschen spräche von Wilhelm Schere r.
Angezeigt von H, Zimmer. .... 324
Register. Von H. Collitz - - - - - 332
Zur homerischen Wortforschung.
avXog. avXcÜTtig. öoXlxccvXog. evavXog. avXiov.
Die Ansicht, dass avXog von arjf.u „wehe" herzuleiten sei,
lässt sich nicht eigentlich widerlegen: wie ihr von Seiten der
Laute augenscheinlich nichts entgegensteht, so sind auch die
Bedeutungen des Wortes nebst seinen Verwanten und Ableitun-
gen aus der Grundvorstellung des Wehens ohne besondere
Schwierigkeit zu gewinnen. Denn wenn auch ar]f^i, bei Homer
nur vom Wehen der Winde gebraucht wird, und eine Bezie-
hung der Wurzel auf das Blasen eines Instrumentes weder im
Griechischen noch in anderen Sprachen nachweisbar ist, so
muss man doch die Möglichkeit zugeben, dass vom Begriffe des
Wehens durch den Mittelbegriff des Blasens zu dem des Blase-
instrumentes, der Flöte zu gelangen ist (vgl. skt. dhamdni
„Pfeife". „Yßnf^Äo/w „blasen") und von diesem dann weiter zu
dem der Röhre und der länglichen Höhlung, wie ja auch av~
gty^ und ahd^^tt_jj,Pfei.fe" weiterhin „Röhije" und röhrenartig
gehöhlte Gegenstände bezeichnen ; so würden sich also die Be-
deutungen von svavXog „Flussbett" und avXojv „Bergtal" aus
dem Grundbegriffe des Wehens begreifen lassen. Allein wenn
auch die Möglichkeit dieser Etymologie nicht in Abrede zu
stellen ist, so wird man doch einer Ableitung der Wörter,
welche eine unmittelbarere Vermittelung der Begriffe ermög-
licht, den Vorzug geben müssen. Ich erkläre avXng aus *dXf6g,
wie cpavXog für '*q)aXfog =. germ. halva- steht (Fick W Öfterb'. '*^
I 699), und identificire es mit lat. alvus. Der Grundbegriff
dieses Wortes ist „Höhlung"; es bezeichnet erstens, wiefxotA/ör-— •
den hohlen Leib als Canal, durch den Speise und Tränt ge-
leitet werden; der Unterscheidung von alvus superior (in enge-
rer Beziehung auch für Magen) und inferior (Unterleib) ent-
spricht die von ^ avu) v.al rj /.dzio y.otXia, wie sich die Phrasen
alvos solvere , soluta alvus u. a. mit -AOcXiav Xvtiv vergleichen ;
Beiträge z, Kunde) d. ig. Sprachen. III. -^
2 F. Froehde
zweitens den Mutterleib wie havliog bei Hippocrates , drittens
den aus einem ausgehöhlten Stück Holzes bestehenden Bienen-
stock. Das von alvus abgeleitete alveus bedeutet verschieden-
artige Dinge mit länglicher Höhlung , wie Canal , Graben , be-
sonders aber Flussbett.
Die Grundbedeutung von avXog wird von Eustathius 1917,31
im Wesentlichen richtig angegeben : avXog ydg , cpaat , Ttäv
TO GTSvöv y. od-ev xal svavloi azsvol TtoraiiioL . . . ov yag ä7vliog
To arevov avXog, äXXa xb y.OiXÖTrjtog f.iEtf^yßv XLVÖg' OTtoiog
y,al ( avlog, ett öe xal o'i avlwveg xal jy avXa^ (vgl. alveati
sulci bei Cato r. r. 43, 1). Dass sich aus der Grundbedeutung
der länglichen Höhlung der Begriff der Flöte ohne Schwierig-
keit ergibt, bedarf keiner weiteren Ausführung; aber auch alle
übrigen Verwendungen des Wortes finden bei dieser Auffassung
eine einfache und sachgemässe Erklärung. P 297: iy^&cpalog
de Tcaq avXov avadgauev e^ WTeiXrjg bezeichnet avlog (vgl. Doe-
derlein Homer. Glossarium 11) die Höhlung, in welche der
Speerschaft eingefügt war; vgl. Et. M. 282, 12. Schol. T t 156:
TO Tioilov rfjg STtLÖogaridog, elg o hvl&eTat tov ^vlnv xb
ay.Qov. Die nämliche Bedeutung hat das Wort ohne Zweifel in
dem Compositum doUxavlog l 156, Beiwort von alyavir]; vgl.
Eustath. 254, 38 o ean /naxgovg avlovg k'xovaac rjyovv ytocXo-
Ti]tag ETtiöogaTidcüv, alg 6 tov ^vXov xavlbg svlsTai. — ;j 18
wird mit avXog Ttayvg aif-iarog der aus den Nasenlöchern drin-
gende röhrenartige Blutstrahl bezeichnet; Eust. 1917, 30 avXbg
de vvv xara rovg TtaXaiovg XQOvvog, E^ay.6vTia(.ia a'ijuaxog, ....
o ÖE Qtj&Eig -AQOvvbg ovy. av yctgicog avkög Xtyoizo avrng, äXla
dicc ro E^ avloeiöwv tlov qivojv E^Egysa^ai. — r 227 heisst es
von der Spange des Odysseus: avTccg ol TtsQovrj xqvgoIo %e-
zvKTO I avXolaiv didvf^ioiat; hier sind die Oehre, die Henkel-
löcher zum Einfügen der Haken gemeint, die sehr wol „Höh-
lungen" heissen können; das Eigentümliche der Spange des
Odysseus bestand darin, dass sie zwei Oehrlöcher hatte. Vgl.
Faesi z. St.; anders Doederlein Gloss. 11, dem Ameis, Lex.
hom. ed. Ebeling und andere folgen. Ebendieselbe Bedeutung
der gehöhlten Oeffnung hat avlog in dem Compositum
avXwTiig
Beiwort von xqvcpdleia E 182 u. öfter, welches im Et. M. 170,4
richtig durch xotl6g)&aX^iog erklärt wird; vgl. Hesych. : e1-
()og 7CEgiKt(paXaiag Traga/inixetg E^oiaag xäg twv 6q)daXfiüiv OTtdg.
Zur homerischen Wortforschung. 3
Es bezeichnet einen Helm mit Augenlöcbern, wie xo yiöllov von
der Augenhöhle gebraucht wird; vgl, Faesi z. St., Lex. hotn.
s. V. Anders wird das Wort in den Schollen gefasst: B. D. L
E 182 TrsQLy.efpalaia avXiov.ov sxovarj, %ad^ ov TtrjyvvTai o X6-
cpog. A. D K 353 rj tov 87i avrfj X6q)ov dvaT€Taf.iEvov s'xovoa
li] avlovg exovaa, elg ovg oi Xöcpoi ^aTanXelowai. Dieser Er-
klärung folgen Ameis, La Roche, Düntzer mit Unrecht, denn
man darf dem -toTiig in dem Worte unmöglich eine andere
Bedeutung beilegen, als sie die ähnlichen Bildungen ßloavQ-
üjtig ßoioTTig yXavKcdTtig sli^icoTtLg KvviÖTiig zeigen ; in diesen aber
bezieht es sich auf das Auge und den Blick im eigentlichen
Sinne.
evavXog
bedeutet 1) das Flussbett, alveus 7/11 2) den Fluss, den Gra-
ben selbst 0 283; vgl. Eust. 1046, 39 ra iv rolg TtedioLg -kol-
"kwfiaxa xal 6i aravai diwqvyßg. Schol. B. L. V JI 71 evavXoi
rä Iv OQEGC KoiXcüf^iaTa- ol ös areväg öicoQvxccg' avXol yccQ
Ttäv t6 otevov zal ßad-v y.al STTiutjKeg, 3) Bergtal, die von zwei
Bergen eingeschlossene muldenartige Vertiefung Hymn. Ven. 75.
124; vgl. Cava, cavata vallis, cava convallis, y.öiXoL totvoi u. a.
Bei Euripides Phoen. 1573 Dind. sind Xsovvsg l'vavXoi „in Höh-
len befindliche Löwen"; ähnlich ist svavXog aufzufassen bei
Soph. Phil. 158. Endlich
avXiüv
bezeichnet Hymn. Merc. 95 ,iBergtal" wie svavXog, später be-
sonders „Graben, Canal, Wasserleitung" wie alveus. Apoll. Lex.
68, 26: avXiüveg ös ol s7Tif.ii]K£ig Y.al xolXoi xottol.
So erklären sich, wie mir scheint, nach meiner Etymologie
die verschiedenen Gebrauchsweisen von avXög leicht und ange-
messen. Für den Uebertritt des / in die Wurzelsilbe nach X
kenne ich ausser avXög und cpavXog von gemeingriechischen
Wörtern sichere Beispiele nicht; in den Wörterbüchern wird
oavXog „geziert, vornehmtuerisch" mit oaXcc-Ktov verbunden, dem
es in der Tat in der Bedeutung sehr nahe steht, doch wird
diese Ableitung zweifelhaft durch das bei Hesychios aus Krati-
nos angeführte aavvog gleicher Bedeutung. Im Ionischen zeigt
den Uebertritt des / ovXog -- att. oXog skt. sarva (Curtius
Grundz.* N. 662); auch Hesse sich der Eigenname MovXLog,
den verschiedene homerische Helden führen, auf *MöXfiog zu-
rückführen und mit lat. Mulvhis vermitteln. Oefter fand das
4 F. Froehde
bezeichnete Umspringen des / nach q statt, wie in vsvqov aus
*veQfov = lat. nervus und in avQog „schnell" aus '*aQfog —
altbaktr. aurva (A. Kuhn KZ. IV 42) und altn. örr (Bugge KZ.
XIX 403). Ueber TTccvQog ist Curtius (Grundz.* N. 351) zwei-
felhaft ; für die Gleichsetzung von|7ramogjmd lat. \parvus spricht
der Accent, denn die adjecti vischen Stämme auf qo sind in
Uebereinstimmung mit den altindischen auf ra in der Regel
Oxytona (Bopp Vergl. Gramm. § 938); von den bei Kühner
Ausführliche Gramm. 1 405 angeführten Ausnahmen: ay.gog
yavQog yUaxQog ^ovQog ytovQog Xäßqog IrJQog fiavqog (.iwqog
TtavQog (pXavQog XVQ^S ßdgßaQog sind eigentlich nur zwei, näm-
lich a'/i-Qog und Xdß-Qog als solche erwiesen. Dasselbe Krite-
rium, welches ja niöht ganz sicher ist, möchte ich auch für
yavQog geltend machen, welches Curtius (a. 0. p. 468, anders
N. 122) für das Ebenbild von skt. garva erklärt. Ein sicheres
Beispiel für den behandelten Lautwandel scheint mir noch
■KQovQog „spröde, brüchig" zu sein, in Photius Lexicon durch
&jd^QavGtog erklärt; der Stamm ^xQccQfo- ist identisch mit germ.
hrarva- in altn. hrörna „gebrechlich werden, verfallen", Bildung
wie fölna „bleich werden" von fölr, germ. Grundform falva- =
pallo- in pallidus.
In anderen Sprachen vermag ich das graecoitalische alvos
oder sichere Verwante desselben nicht nachzuweisen. Bopp
(Gloss.) verbindet alvus mit skt. ulva, das aber Fick (Wörterb.
I 214) richtiger mit lat. vulva identificirt; über das von Bopp
ebendaselbst verglichene lit. Ma caverna vgl. Bezzenberger Gott.
Gel. Anz. 1878 S. 208 f.
T^iog.
Ueber i^iog, Beiwort des Phoibos O 365 Y 152 Hymn.
Apoll. 120, enthalten die Scholien zur ersten Stelle folgende
Angaben: r^'t«] TO^ixi /raga trjv acpeaiv cwv ßeXtUv totL dt
STcid-erov ^Ttoklcovog. e^^Qrjzai de Y.ma acpaiQsaiv T^g 7CQi6rr]g
avXXaßrjif 'Iv ry a^te • |tog yaq XiyLxai xh ßtXog naqcc xh \svai.
tvLOi ds ipiloig civayLViooY.ovxEg a-niöooav laxQt, ovx ogO^tög,
ircei d-ewv iaxQOv Tlairjova "Of.irjQog /laQUÖiöwaiv. D. L^QioxaQ-
Xog öaovvei , a/ro xrjg easojg xiov ßeXwv • o'i dt rttql xhv Kqcx-
xrjxa ipiXüig anb x^g laaewg' xal ov'xiog tjruoO^r^oav oi yqcx^-
/naxiTtoi TtQog SiacpoQOV IxvfxoXoyiav diacpoqiog dvayivwaxeiv dtl
yoQ x6 rj UQO q)(ovij£vxog ifjiXovxaif ijcig rjia. . . A. . . . o'i öi
Zur homerischen Wortforschung. 5
Ttaqa. trjv l'aaiv rj xb ievat. fjXiog ydg eotiv. B. L. Vgl. Eu-
stath. 1020, 16. Von diesen drei Ableitungen sind die beiden
letzten, von Ido/iiaL und Uvai, auch begrifflich verfehlt, denn
weder erscheint Apollo bei Homer, wie Aristarch erkannte, als
heilender Gott ( -- Tlatrjcov), noch als die „wandelnde, am Him-
mel auf- und absteigende" Sonne (="Hhog '^Ytteqimv). Inder
Sache trifft Aristarch das Richtige, insofern r/tog wirklich „Bo-
genschütze" bedeutet, aber seine Herleitung von %r^f.a ist laut-
lich ebensowenig möglich als die beiden anderen. Die Vocal-
folge in Tjiog kann nicht ursprünglich sein; sie deutet vielmehr
auf den Ausfall eines Spiranten zwischen tj und t, wie folgende
analoge Formen zeigen:
öi]iog bei Alkman ddfiog „feindlich"; vgl. dca „in der
Schlacht" und lat. perduellis ,,Femd^^ ;p€rdueUio „feindselige
Handlung gegen das Vaterland, Hochverrat", perduellwn duel-
lum bellum „feindseliges Verhältnis zwischen zwei Völkern,
Krieg".
rjtd-eog aus *d-fi-9-€fog = skt. vidhdva lat. viduus (Roth
KZ. 19, 223).
ijia „Nahrung"; vgl. d. folgenden Artikel.
-r]io- Suffix in ßaaiX^Log arj/iirjiov Nr]XT]iddr]g u. a. aus tj/io-.
Zu diesen Bildungen gehört auch dgrjiog, welches vom Stamme
aQeg nicht abgeleitet werden kann, so wenig als die Foimen^L^Qrjog
^LiQrji^'AQrja, denn ausfallendes Sigma hat nur in dvoaiqojv v 99, wo
sie durch das Metrum bedingt ist, Dehnung des vorhergehenden
Vocals zurückgelassen *). Vielmehr gehören diese Formen zu
dem im Aeoli sehen erhaltenen Stamme 14q€v- (Idgevog ^IdqsvL
*) In dem häufigen 'leQÖ? neben 'Uqö? = skt. islnrd hat nicht das
ausgefallene a sondern die Arsis die Länge bemrkt. Dass die Formen
XeQV' /*'?*?« X^QV^^ einen Stamm x^QfS- enthalten , ist sehr zweifelhaft, i
Vielleicht sind diese Wörter mit skt. hrasvä „minder, gering, unbedeu-l
tend" zu verbinden, so dass xsiqojv (aeol. X'^Q'^ ^^^ X^Q'^ nach dem|
Et. Gud. 564, 7 bei Ahrens I 54) und yj^Q^^^°^ *^s *x^'Qai(ov *xiQ(naTos\
zu erklären und mit hräsiyams hrusisWia zu identificiren sind. Die alt-\
indischen Wörter stammen von hräsati „sich mindern, weniger werden"
und verhalten sich begriflflich zu diesem wie lat. deterior deterrimus zu
detero „vermindern , schwächen". Von yfhras gelangt man zu gr. x^Q^
durch die Mittelstufe /fpfcr, auf der die Formen x^Qf^^^ (^us *x^Q^oj(m>)
XfQfiÜTfQog (aus *xfQfOsÖT((ioi) x^QV- "• f- w. (vgl. vu viig, i^Crj^es u. a-
neben vlo; tQiTjQog) beruhen würden.
6 F. Froehde
^L^QEva Ahrens Diall. I 38. 121), und wir haben in der Decli-
nation von ^'-Aqrjg die Vermischung zweier verschiedener Stämme,
wie sie sich auch sonst findet; Zavg Zev — Jiog Jil Jla,
doQv doQaxog , l4idqg — 'Idddog ^'AlÖl u. a.
^lOBLg E 36, Beiwort des Skamander, ist noch nicht sicher
erklärt. Von den zahh-eichen Deutungen, die man in Ebelings
Lexicon zusammengestellt findet, ist mir die von Benfey Wurzel-
lex. I 43 gegebene die wahrscheinlichste. Derselbe identificirt
den Stamm ^lo-, von dem rjLOELg abgeleitet ist, mit skt. äsyd-
„Mund, Rachen, Oefi"nung, Mündung", so dass das Wort bedeu-
tet „mündungsreich" oder „mit tiefer Mündung"; vgl. Ebeling's
Lexicon s. v. : influit enim Scamander (cf. Forchh.) in mare longe
excurrenti ostio. Für zweifellos halte ich diese Combination nur
deswegen nicht, weil mir die Zusammengehörigkeit von rjnov
„Ufer, Küste", von dem ^toeig nicht wol getrennt werden kann,
und lat, ora (Benfey a. 0., Leo Meyer Vgl. Gramm. I 345, Fick
Wörterb. III 15) mit skt. dsyd lat. ös ostimn wegen der feh-
lenden Bedeutungsübergänge nicht sicher scheint.
TtaQYjLa „Wangen" für '*7taQdHa; vgl. lesb. na.qa.va. (Cur-
tius Grundz.* p. 405).
T^hqig „^hlüssel" aus yilrjfig = lat. claois.
^ ylrjLg „Imtim)flock" ^b*^xAj^//g, F^Tm^iftMQ zu einem ver-
lorenen "^KlriJ^o- ^S^at. clavus\^
""■*" Xrjidg Xr^ig X7]i^of.iai, neuion. li^irj von W. lav (Curtius N.
536). Dazu zieht Faesi zu / 125
dXi^iog und TtoXvXrjiog, welche Araeis und andere mit dem
folgenden verbinden; völlig überzeugend ist keine von beiden
Erklärungen.
XrJLOv „Saatfeld" für '^Xccfiov von W. lü (Bugge KZ. 20 ,10,
Fick Wörterb. I 755).
vrjidg „Najade" von vdw aeol. vavio skt. W. mu (Curtius
N. 443).
vrjiog „zum Schiffe gehörig" von vT]vg lat. navis.
v^ig „unwissend", Bekker vfjfig.
nXrjiddeg „Pleiaden" von W. plu in lat. pluo nXeco; sie
sind Töchter der nXr]wvr], Tochter des Okeanos; vgl. ags. fiö-
van fluere.
neuion. yg^iog von ygrjvg (Legerlotz KZ. 10, 376).
neuion. XQ1^^J-> von XQ^og XQalog aus Xßfiyoc," (oder xqij^og'^)
weitergebildet wie iXeyxsirj iyxeirj u. a. von t'Xeyxog tyyog; aus
Zur homerischen Wortforschung. 7
^XQ^jelri wurde '*XQV^^V ^^^ ^^^ '^^coleji. TioXrji, und daraus
Xqrjlrj (s. U.).
QQTjixLr] und Qrjidiog sind unerklärt. Kein Ausfall eines
Spiranten hat stattgefunden in TJia „ich ging" = skt. dyam ;
diese Bildung kann aber mit den behandelten nicht verglichen
werden.
In den meisten der aufgeführten Formen ist Digamma aus-
gefallen. Ein völlig sicheres Beispiel für den Ausfall eines
Sigma findet sich nicht unter ihnen, wenn er auch für rjLutv
und rjiÖEig grosse Wahrscheinlichkeit hat; doch hindert dies
selbstverständlich nicht, in rnog einen solchen anzunehmen, da
ja der Ausfall des Sigma zwischen Vocalen im Griechischen
Lautgesetz ist. Nun wurde i^iog schon von alten Grammatikern
zusammengebracht mit liqLog, ebenfalls Beiwort des Apollo z. B.
Soph. Oed. Tyr. 154. 1098, aus dem man es durch Aphaeresis
des Anlautes hervorgehen liess (vgl. Eustath. 1020, 16). Die-
ses iriiog * ) aber ist ganz ähnlich gebildet wie sSC^Sgl^gii^
„Pfei1s<i|iütz" von ishu„^^ ^Wemu— gr. log aus "^äfog (Fick
Wörterb/'T^O) und äsa „Bogen" von W. as Praes. äsi/ati
„schleudern, schiesseu", zu dem auch der Name -^yccg^ St.
^^avT- aus ^'"AojavT- als altes Particip (skt, äsyant) zu zie-
hen sein wird. Somit ist rjLog abgeleitet von einem Stamme
'^0- aus *»yffo- = skt. äsa „Bogen" und bezeichnet ApoUon als
To^iog, in Uebereinstimmung mit der Ansicht des Aristarch
und ganz entsprechend den Darstellungen des Gottes, dessen
gewöhnlichste Attribute ja Pfeil und Bogen sind. „Apollo ist
immer ganz vorzugsweise der Schütze, der Ferntreffer geblie-
ben, daher die -alten Cultusnamen '^'Ey.aTog, '^EzasQyog*'^), 'Exa-
*) Von diesem ii]iog ist ?^^ts^,,jaöh!a^nd, klagend" natürlich ver-
schieden; man leitet dasselbe von ii] ab, wie (iiiog von «yot kommen soll;
vielleicht ist es zu «S*i,,rmS4^ ?(5>i)^_für ^Hi);«;«^ „Stimme, Schall" (Curtius
Grundz.* p. 390) zu ziehen. ^ ^Xs:—
**) Üeber 'ExäeQyog vgl. Grohmnan KZ. 12, 69 ff. Derselbe hält an
der Deutung „FerntrefFer", in der das ganze Altertum einig war und die
gewiss auf alter Tradition beruhte, mit Eecht fest (vgl. durevadhä , Epi-
theton Rudras), schwankt aber in Betreff der Erklärung des zweiten Be-
standteils zwischen den Wurzeln skt. varj und sarj. Letztere anzuneh-
men scheint mir deshalb nicht ratsam, weil dieselbe im Germanischen
(vrgl. mhd. slenker „Schleuder" slenkerstem ,, Schleuderstein" nhd. schlen-
kern) l zeigt und also auch im Griechischen A zu erwarten wäre. In
altn. ilyngja slöngva ,, werfen, schleudern" ahd. slingan ,, flechten (vgl. skt.
8 F. Froehde
ti]ßolos, 'Eyt^ßoXog, To^iog, die episch verzierten yilvroto^og,
agyrgoto^og u. s. w." (Preller Mythol. I 181).
Ich schliesse hieran noch eine Bemerkung über eine an-
dere, nicht homerische Bezeichnung des Apollon, nämlich ^o-
^lag. Diesen Namen führt der Gott als 7tQ0cp^Tr]g Jiog, als
Deuter des Willens des Zeus; vgl. Aesch. Eum. 19: Jiog ttqo-
qyrjtrjg ^ sütI Ao^lag. Man leitet denselben gewöhnlich von
den lo^ol xQrio(.ioi des Gottes her. Gegen diese Ansicht be-
merkt jedoch Stein zu Herod. I 91 mit Recht, dass Xo^ög
„krumm, verdreht, schief" eine wenig treffende Bezeichnung des
doppelsinnigen Characters dieser Orakel sein, auch einen des
Gottes unwürdigen Tadel enthalten würde, zumal da der Name
Herod. I 91, IV 163 von der Pythia selber gebraucht werde.
Stein selbst führt das Wort auf die Wurzel Ivy. „leuchten"
aeol.-dor. lox oder Xsv/. zurück, von der es abgeleitet sei wie
^Egv^lag von egv^to. Allein eine Form Xoyc ist meines Wissens
nicht überliefert, auch wird das Eigenthümliche des ylo^iag
nicht treffend bezeichnet, wenn der Name „der Leuchtende" be-
deutete. Auf die folgende Deutung hat mich die Erklärung des
Heraclit bei Plut. de Pyth. or. 21 geführt: 6 ava^ ov to fxav-
Tsiov eOTi xo ev jJeX(poig ovre leyst ovts y.QV7ti;ei dkXa arjfj.al-
vei. Vergleicht man nun skt. laksJiä „Zeichen, Mal" lakshä-
yati „bezeichnen, kennzeichnen, mittelbar oder uneigentlich be-
zeichnen" Idkshman „Mal, Merkmal, Zeichen" lakslimand „Mal,
Zeichen als Bez. des Mondes" (vgl. ylo^w Bezeichnung der Ar-
temis) lakshya „was angedeutet, mittelbar bezeichnet wird"
läkshmanikä „sich auf die Zeichen verstehend , uneigentlich ge-
meint, nicht direct unter etwas verstanden" (ganz wie es die
XQrjOixoi des delphischen Orakels sind), so zeigt sich eine so
schlagende Uebereinstimmung zwischen diesen Wörtern und dem
«^»SLjijflecbten" sH^ „drSii^d, winJknd") nehme ich nicht ein Stocken
der Lautverschieburig an, sondern eine spätere Senkung des regelrecht
verschobenen nk zu ng , wie sie auch andere Sprachen, besonders das
Lateinische zeigen; ähnlich findet sich neben ags. svincan auch svingan,
neben mhd. swenkel nhd. Schwengel u. a. — Andrerseits steht der Her-
leitung von varj nichts im Wege; denn wenn auch diese Wurzel im
Sanskrit nicht die Bedeutung „schleudern" entwickelt hat, so tritt diese
doch hervor in den zu derselben Wurzel gehörigen gr. ^ö^tßoq {axomtav
(Pind. Ol. 13, 90) Qv/jßovaio u. a Aehnlich hat XQinta in TfQnixfQawo;
nach 0. Meyers zweifellos richtiger Erklärung in Curtius' Studien 7, 180
wie torquere die Bedeutung „schleudern".
Zur homerischen Wortforschung. 9
Nomen ^o^iag^m Laut und Begriff, dass man an der Zusam-
mengehörigkeit beider nicht wol zweifeln kann, ^o^lag ver-
hält sich in begrifflicher Beziehung zu lakshija "ähnlich wie
TeiQEGiag zu rsgag Plur. leiQea. und bezeichnet den Gott als
JrjXiog.
rjia. — Xia^of-iai. aXlaOTog.
Dass in ^la „Speise, Nahrung, besondei-s Wegezehrung"
zwischen ?j und c ein Spirant ausgefallen ist, ergibt sich aus
dem Vorhergehenden; dass es in diesem Falle Digamraa war,
beweist skt. avasd „Labung, Nahrung, besonders Wegezehrung",
wozu dvasäyin „nach Zehrung gehend", von Wurzel av „sätti-
gen". Vielleicht aber beschränkt sich die Verwantschaft dieser
Wörter nicht auf die Gemeinsamkeit der Wurzel, sondern sie
erstreckt sich auch auf das Suffix.
G. Meyer hat in dieser Zeitschrift (I 81 ff.) durch eine
Reihe grösstenteils sicherer Beispiele dargetan, dass der Ueber-
gang von ai in l und weiter in l sich schon in den ältesten
uns erreichbaren Perioden der griechischen Sprache zu zeigen
beginnt und zwar sowol in Wurzel- als in suffixalen Silben.
Zweifelhaft scheint mir G. Meyers Ansicht, dass aiyiitio (r 9
xavrjxiatai) und aly.^g {X 336 aixiog) aus deixito) und «etxjyg
durch die Mittelstufen alviitco und ar/j^g hervorgegangen seien
(p. 84 f.). Zwar schreiben die Herausgeber an der zweiten
Stelle aiTiiog (Bekker a/txag), auch war man schon im Altertum
darüber geteilter Ansicht (vgl. Schol. V o\ fisv diovllaßtog avxo
7tQoq)€Q0vvai , Ol de ovvsGTaXd-cti cpaoi) : da aber in dem ange-
führten v.avrjy.LOTai die Zusammenziehung von au in ai vorliegt
und in ähnlicher Weise aiQto P 724 neben dem sonstigen aeigo)
vorkommt, so ist kein ausreichender Grund vorhanden, an je-
ner Stelle ctixcog zu lesen und Uebergang von et in l vor einem
Consonanten anzunehmen, der jedenfalls als eine Anomalie
anzusehen sein würde. Die V^erkürzung eines ei zu l ist vor
Vocalen nicht selten; vor Consonanten zeigt sie von G. Meyers
Beispielen nur nootd^Lov B 506, welches als Eigenname für
atyicog nicht recht beweisend ist, Ameis' Veränderung des v 194
überlieferten dkXoeidscc in dXXoidia hat keine Gewähr; die Vo-
calverschleifung mag hart sein, aber die Verkürzung des si zu
i vor dem Consonanten ist es nicht minder. Eher kann man
sich zum Beweise einer solchen auf 'IxeXog berufen, welches
10 F. Froehde
aus B^yielog hervorgehen zu lassen nahe liegt, doch Hesse wol
auch dieses Beispiel eine andere Auffassung zu. Meines Erach-
tens sind die Formen aiy,rjg aly.lC,to att. alxia aus deix^g aei-
■/.iXoj atiKEii] in derselben Weise entstanden wie oqu ogäa^ac
u. a. aus OQaei Sgcesod^aL, für die die Mittelstufen ÖQua oqaa-
a&ac vorliegen (Leo Meyer KZ. 10, 47 ff.); ebenso entstand
aiQw aus deipoj durch progressive Assimilation.
Andrerseits werden sich zu G. Meyers Beispielen für i aus
€1 gewiss noch manche andere hinzufügen lassen. So z. B. ist
'iXaönv B 93 die beglaubigtere Lesart; das Wort stammt von 'fAiy,
welches ohne Zweifel aus slItj hervorgegangen ist (vgl. auch ofxlloq).
Ueber "^rTTf^rwv bemerkt Eustathios 1883, 35: "Ytisqiwv de tjhog,
rj TtaTQOvvfÄL'KVjg o v-aza UivdaQOV ^Y7teQiovldr]g s§ ov ^Ytvsqo-
vivDv 6 Tov '^YjtEQLOVog vibg xal y.axa avy/.07triv '^YTteQiCDV ovto)
yccQ avzbv 6 /.iv&og yeveaXoysl. /; STtid-eTiyiwg, 6 vtieq '^{lag liov.
Welche von beiden Auffassungen die richtige ist, weiss ich nicht
zu entscheiden, glaube aber, dass der zweite Bestandteil des
Wortes jedenfalls gleich skt. ayana ist 1) gehend, Lauf, Lauf
der Sonne 2) patron. Suffix; vgl. j^gen des Uebergangs in die
/consonantische Declination z. B. vcQfifia== ^\i: £r*(iitiim,ä lat.
([_^£rbHiJ4s (Fick Wörterb. I 142). Ein solches aus ei entstande-
nes l hat^ sich vor dem Vocale zu l gekürzt in ffxm , welches
Leo Meyer Vergl. Gramm. I 340, Walter KZ. 12, 385, Curtius
Grundz.* N. 112, Fick Wörterb. I 243, Flach oben II. p. 6 A.
richtig mit skt. chäyä identificiren. Als ein hierher gehöriges
Beispiel betrachte ich auch Xidto^ai nebst dliaavog, die von
einem Nominalstamme *Am abgeleitet sind wie axid^co daxia-
OTog von axid. Diesem entspricht skt. Idya „Rast, Ruhe", wo-
her alaya „rastlos", welches in der Bedeutung schön mit dXia-
GTog „ohne Aufhören, ruhelos", Beiwort von Ttölef-iog, /-idxtj,
Kfs/t\J ^I^^^^Sf yoog, (övQead^at übereinstimmt. Die altindischen Wör-
ter stammen von der Wurzel ^f l^raes. ü'j^te „sich schmiegen
an, sich ducke^ sich versteckt halten, liineinschlüpfen , ver-
schwinden" m/lj^^sich verstecken , sich verkriechen , sich ver-
schlüpfen, vCTschwinden, unsichtbar .werden". Zu diesen Bedeu-
tungen aber passen die von Xi^jjj^fiaL , welches von den alten
Grammatikern durch exycXivctü^yci^^^a) erklärt wird, vollkom-
men, wie folgende Stellen zeigen : 0 520 rot de M.eyr]g ertöqov-
aev Idciv • 6 6^ vicmi^a Xiaad^etg \ llovXvöd/^tag. /.al tov jiuv
dnriixßQozEV d. i. „er schmiegte sich darunter hin, duckte sich" ;
Zur homerisclien 'W'ortforschung. 11
€ 462 (von dem aus dem Flusse steigenden Odysseus): 6 S' «z
Ttotaf-iolo Xiaod^dg \ ayotvq) VTrexlivd-rj „herausgeschlüpft"; 0
255 (vom Achilleus, der vor dem Skamander flieht): vTtai&a
öi tölo hao&€ig \ cpEvy 6 ö' ortiod^e qewv l'/tsro „wegschlü-
pfend"; 1296 d^uqil ö'aga acpt hd^sro xv/na dakdaarjg „schmiegte
sich weg, wich zurück"; d 838 (vom Traumbilde): tog elTtiov
GtaS^fj.olo Ttagd y.Xtj'iöa Xiaod^T] \ e<g /rvomg «j^t/fOio „verschwand".
Was den Uebergang von et in t in suffixalen Silben anbe-
trifft, so sind ohne Zweifel mit G. Meyer (a. 0. p. 87) so zu
erklären die femininen Abstracta auf la neben solchen auf eia
aus eaja. Bei Homer sind solche Formen nur spärlich vor-
handen, finden sich aber; vgl. olKaj(psXirj ^ 223 neben att.
tocpeXia und locpsXsia, dcpQadtrj B 368 u. sonst von dcpgaörjg,
vioxsXtrj T 411 von vcoxsXijg (att.); in diesen Wörtern wurde
die Form auf tr] statt der sonst üblichen auf elt] deswegen zu-
gelassen, weil letztere für den Vers nicht verwendbar war. Die-
ser Grund passt nicht für r/m, dessen i in der Arsis lang ge-
braucht wird ß 289 otvXlooov t rfia 410 rjla rfeQco/iisO-a N 103
ijla TtiXovTai, auch ist in drjtcov B 544 ein aus j entstandenes
suffixales l in der Arsis gedehnt, möglich aber ist immerhin
die Annahme, dass rjla aus *t/£ta und dieses aus *dfeaja ent-
stand, so dass sich die Verwantschaft von rjca und skt. avasd
auch auf die Gemeinsamkeit des s-Suffixes erstreckt.
Fick Wörterb. I 502 verbindet avasd mit lat. avena aus
*avesna „Halm, Hafer, Fruchtgetreide" und ksl. ovisü lett. ausas
lit. aviza „Hafer", die also eigentlich „Futter, frumentum" be-
deuten. Ganz ähnlich wird rjia gebraucht £ 368 : tog d' dve/iiog
tccrjg rjicov d^rjuwva Tivd^r] \ KaQq)aXi^iiov. Hier wird das Wort
in den Scholien durch dy^a erklärt. Ameis übersetzt „Frucht-
hülsen", Faesi „Feldfrüchte noch mit der Spreu"; es sind wol
trockene Halme (avena) zu verstehen (vgl. Eustath. 1445, 42
ijia ytvQLwg xara ^EQaTOGÜ^ivrjv ogttqicüv KaXd^iai) oder auch
Spreu; vgl. das Bedeutungsverhältnis von lat. acus „Spreu" —
got. (fhs „Aehre", lat. a(/Ha „Halm, Aehre" — gr.a%]^ „SprmliL^^.
got. uhmui,,S\)rG\i'' (Aufrecht KZ. 1, 354). Das von (jhsamma-
tikern überlifeferte €ia (vgl. Hesych. si'a XiysTai de diavXXdßojg
eiw STtLay-emiov ds &l ravrov sgtlv ijia Kai etw oxav ydq xo
fj ytvTqiai ßQiü/.ia • oxav de xo s ov ßgco^taxa dXX' r/ X^QT^og xal
Tj naqdd^eaLg (Meineke ri -/.al yqdoxig)) ist wol die attische Form
von rjia (vgl. Xda : Xrjirf).
12 F. Froehde
tjXfpov. dlq)eai ßoLog.
rjlrpnv hat bei Homer die bestimmte Bedeutung „wert sein,
etwas einbringen, einen Preis eintragen" und steht so mit An-
gabe des Preises O 79 szazofißoiov de tol tjXcpov o 453 6 d'
vuiv fiVQiov wvov \ aX(poi q 250 iva f.iOL ßloxov TtoXvv alcpoi;
dem entsprechend bedeutet dl<psaißoiog, Beiwort von Ttagd-evog
2 593 Hymn, Ven, 119, „Rinder wert, Rinder eintragend".
Schwierigkeit macht die viel behandelte Stelle v 383 , wo in
Beziehung auf den Pluralis ^elvoi ausgesagt wird o^ev x« tol
a^iov aXq>oi, während nach dem gewöhnlichen Gebrauche der
Pluralis des Verbums zu erwarten war. Um diese Schwierig-
keit zu entfernen, hat Bekker Hom. Bl. I. 112 für ahpoi "^altpotv
= alcpoiEv vermutet und die meisten Herausgeber sind jihm
darin gefolgt. Allein wenn auch die Form äXcpoiv als 3. Pars.
Plur. Opt. nicht mit Bergk Poet. lyr. gr.^ p. 487 eine forma
inaudita zu nennen ist, da in delphischen Inschriften derartige
Optativformen mehrfach vorkommen (Curtius Verbum H 88),
so ist man doch schwerlich berechtigt, eine solche in der Lite-
ratur nicht nachgewiesene Form in den Homer einzuführen.
Nauck (vgl. Ameis-Hentze Anh. z. St.) will aXtpoi gewahrt wis-
sen und nimmt als Subject den Inhalt des vorhergehenden
Satzes an, so dass der Sinn wäre: „von denen es dir, von de-
nen dir das einen guten Preis einbringen möchte", Leichter
scheint mir, wenn nicht od^ev unrichtige Ueberlieferung und
etwa zu lesen ist o -/.ev yi xoi cc^lov alrpoL oder mit Bentley
o^Ev xt Tig, die Annahme, dass ahpoL an der Stelle die pas-
sive Bedeutung „einkommen" hat, ähnlich wie svQLoyteiv, durch
welches dXcpdvsLv von den Alten erklärt wird, ausser „etwas
einbringen, einen Preis eintragen" auch absolut „einkommen"
bedeutet.
Man pflegt nun diese Wörter mit lat. labor und got. c^-
bfnms ksl. rctbf*lM zusammenzustellen ; allein zu letzteren passen
sie auch lautliclr' nicht genau, da X und r nicht stimmen, von
allen aber scheidet sie die völlig divergirende Bedeutung, denn,
lat. labor bedeutet „angestrengte Tätigkeit, Beschwerde, Last,
Drangsal, No|.", ähnlich got. axJ*<(ftfis mnog altn. erMU ,,Müb
sal, kx\i^\\.yerMhr „beschwerlich, mühsam" ksl. rahota „Knecht-
schaft", Begriffe, von denen in den griechischen Wörtern keine
Spur zu finden ist. Dagegen stimmen diese nebst den späteren
dlqrri (Tiiurj Hes. Schol. A 2 593) dXcprßta „Lohn, Preis" ti^J
Zur homerischen Wortforschung. 1'6
aXcprjg „einen hohen Preis werf, geschätzt" xifialcpelv „ehren"
sehr wol zu skt ?^75Ä«^£^,etw9s-.eijaJbTin (PW. V p. 1042)
arhaU „verdienen, wert sein, Ansprüche worauf haben, aufwie-
gen" ^lit Acc. der Sache) aflt^kjß^ „ehren" «>*Äia, „würdig, ver-
dienend, kostend, wert" arffltd „Wert, üBlttHig-, Pis^s" maJiär-
ghä „von grossem Werte" cafärghä „hundert (Rinder u. s. w.)
I wert", zend. aj:*f% wert -«ißm" arejaubr- „Vfei^'', lit. algä „Lohn'.'.
Ich setze ähpi^ — sjj;^ arghtT lit. algä , aXcpeiv „erwerben" =
skt. ärhati (vgl. wegen d^er Bedeutungsentwickelung lat. merere
„verdienen, wert sein, erwerben, durch Kauf erwerben" meri-
tum „Verdienst, Lohn, Wert, Preis"), dlq)eg- in rif.ial(p^g und
vielleicht auch in dXq)Eaißoiog — zend. arejanh.
Als die griechischen Vertreter der Wurzel argh betrachtet
man a^^f^^ „anfangen, der erste sein, herrschen" ccQynq „Anfang,
Herrschaft" (XQXcclog ,, uranfänglich, alt", mit denen sicher ver-
want sind got. raginon i^ysfiovsvsiv ßdurragineis xexQaQyüv u. a.;
allein aus der Grundbedeutung dieser Wörter, wie sie in mhd.
jagen eminere hervortritt, die in den angeführten Ableitungen
der W. argh liegenden Begriffe zu gewinnen hat doch, wie
auch Curtius Grundz. N. 166 nicht verkennt, grosse Schwierig-
keiten.
Ueber (p als Vertreter eines ursprünglichen gh handelt
Curtius Grundz.* p. 474 ff. Derselbe nimmt eine solche Ent-
stehung des cf von gemeingriechischen Wörtern als erwiesen
nur an in vicfo. veicpEi neben lat. ningins 7iives ninguit got.
snaivs lit. snlgti snegas, ist aber geneigt dieselbe auch anzuer-
kennen in klacpQog, neben welchem bei Hesychius ekad-Qog auf-
bewahrt ist; vgl. alts. lungre „schnell", skt. W. rangh „rennen".
Wenn man indes bedenkt, in wie zahlreichen Fällen tc und ß
einem indogermanischen h und g entsprechen , so wäre es ge-
radezu auffällig, wenn die ganz analoge Lautentsprechung von
q) (d-) und gh sich so selten finden sollte. Mir gilt als ein
anderes sicheres Beispiel der Art mit Anderen o(pig == lat. ,a^-
gyäfiit ar^*»f die Wirkung des Nasals ist in der trochaeischen
M.essung {alolog o(fig M 208) zu erkennen. Auch stimme ich
Fick bei, wenn er Wörterb. II 175 (fglaou) „emporstarren,
struppig sein" cpQi^ st. (pQlA (aus ^■g)iQ'/.) „rauhe Oberfläche"
cpQi^og „emporstarrend." mit lat hirtus {&u.s Viirctus = (pQi^ög;
vgl. fortis artus refertus u. a.) hirsutus aus Viircsutus „empor-
starrend, struppig, rauh" (besonders von den Haaren; vgl.
14 F. Froehde
pQLaaoj cpQi^ fpQi^og cpQi^o&gi^ cpQi^o'/.6f.irjg) und |ab. fircvs Jat.
\hircus ..Bock'L.y erb i n d ei ; da aber lat. h in gebräuchlichen Wör-
Eern der Jjiteratur nicht gleich urspr. bh. ist (vgl. die Beispiele *)
bei Ascoli KZ. 17, 338), so muss man Entstehung des q> aus
gh annehmen und Verwantschaft der Wörter mit W. ghar-s
jTLorrere. Fick hat fejner in dieser Zeitschrift II 187 cpaiÖQog
treffend mit lit. g^^ntS identificirt, ebenso ist Bezzenbergers
Vergleich von (ptQTEQog rp^Qiatoi; mit lit. ^t^T'ö'iSk^^^^^ (ob. II. p.
191) sehr beachtenswert; mit dem"Ton ihTTr"f^«»r«p«' 155) be-
handelten lit. gaisas lässt sich (paiog (aus *cpaio6q) „schumm-
rig, dämmernd, zwischen Licht und Dunkel" identificiren, wie (das
allerdings als Appellativum schlecht bezeugte) (palozog mit gdistas.
Von v^cpcü „nüchtern sein" ist mir keine Etymologie bekannt;
sollte das Wort nicht mit ahd. mwhtanunnuohtu^^^ nüehtern
gleicher Wurzel sein ? Grimm (Gramm. II 338) erklärt dasselbe
'""zweifeliul für lateinisches Lehnwort. Wer mit Benfey (Wurzellex.
II 56), Curtius (Grundz. N. 435), Fick (Wörterb. I 648) vs-
(pQog mit ahd. nioro niero altn. nyra vereinigt, wird nicht um-
hin können, (p auf gh zurückzuführen, denn für den Ausfall
eines b zwischen Vocalen finden sich genau entsprechende Bei-
spiele im Germanischen nicht, wol aber konnte nach Analogie
von snaiva- ahd. sneo neben vicpa ein vorgermanisches neghra-
neghran- gern), nevra- nevran- und dann ahd. nioro altn. nyra
werden. Das lat. nefrones widerspricht dieser Annahme nicht,
denn im Lateinischen ist, entsprechend dem p = h m lupus
palumbus prope popina Epona (Bildung wie Bellona Pomona
Ännona für *Annonona-) und dem b — g in bos boere baculum
bardus bitere bitumen (Bugge KZ. 19, 429), /" im Anlaut vor
Vocalen und vor r regelrecht Vertreter des gh; vgl. formus
*) Wenn hiliim und ßlum wirklich identisch sind, so erhält dadurch
Ficks Erklärung derselben (ob.' II. p. 188) eine Bestätigung; mir scheint
indes die Zusammc^ehörigkeit beider nicht ausgemacht und die Annah-
me möglich, dass ; /«)^gi dem f];-i^^lT''~;p4^c ^T:n''*7^ijjttfT'^ ^Ipirh-iinrtrrn
ist, wie skt. irna ,,Gräsr^raut, Grashalm'' häufig als B?T5 der Winzigkeit
und Wertlosigkeit dient; vgl. trniknr „einem Grashalme gleichachten"
wie nihUi facere „für nichts achten". '—"Aeröa entspricht dem ahd. gar-
wii „SchaafgarTie" mii'ri aus rv wie in fei-bui, tnrha -j=z Tv(>ßr], urbo ne-
l)en urro, wol auch \n\morhus neben ahd. maro „mürbe-' und sorbus,
wenn dieses dem griecbisclien föof (aus "^a^ö^bVrenTspHJfTir"^
Zur homerischen Wortforschung. 15
(= d-£Q/,t6g skt. gJiarmd altpr. r/orme got. varmij,(in *) mit v
statt des im Anlaut nicht vorkommenden gv) frio (skt. gjiar,:,
shatl) frendo^(sLgs. grindan verglichen mit ksl. grimcdi) fei (ksl.
zlüti). Ascoli, der KZ. 17, 350 diesen Gedanken anregt, ver-
wirft ihn mit Unrecht. Den Regeln Hübschmanns (KZ. 23, 23)
genügt nicht fundo verglichen mit zend. zaothra, von einigen
unbelegten glossematischen Wörtern wie jariolari neben liL».
zarnä und folus neben ksl. zelije , die in der Lit^Qrakrf§prache
iiaridf^ und^^J*<^^].auJteöf abgesehen. Im Inlaute lateinischer
Worter wird gJi nach n' (inrcK^v vertreten (anguis unguis nin-
guis) , zwischen Vocalen durch v (nives reduvia favilla „Glut-
asche", wenn man es mit skt. f/^i^^wa ^,das Verßl^eaji^ lit.
degas ;7Pe»«4iran^^**''9'5i«sl^ wol auch durch h ans f in si-
"Mlus sißus = got. sviglon „pfeifen".
X^yo). — aleLTTjQ. vr^lelTig. tjXltov.
Dass Irjyo) vor X einen Spiranten aufgegeben hat, erweisen
die homerischen P'ormen aXlrjKTog juETall^^avTL ditoXh'i^r^g u. a.
(Leo Meyer KZ. 23, 412). Es ist der Sprachwissenschaft ge-
lungen, für den grössten Teil derartiger Verdoppelungen einen
Grund zu erkennen, wie für iivvsrcE, evvee (Rumpf Jahrb. f.
Phil. 1866 p. 75), ivvvy]Tog, aydvvLcpog, evveoirj, d{.i[xoQog, q)i-
ko/j-/j,SLdi]g, eddsias, TteqLOGaivco (Delbrück KZ. 17,239), ivaaek-
fiog, iaaslowo Y 59 nebst stzl- ttsql- vrco-GOEioi ( KZ. 22, 263) ;
andere wie skltaacczo sXXizdveve rQiXXiaxog TroXvXXiGTog, ea-
osva k'oavTO Xaoaaoog, svf.if.isXir]g (peQEf.ii^ieXlrjg'^'^) bedürfen noch
*) Dieses Wort zu got. viilan ahcl. walm zu stellen, ist des r wegen
nicht ratsam.
**) ini)ik(yöi}v P 599 ist wenig bezeugt und daher die Annahme, dass
UySriv X 278 eineH anlautenden Spiranten aufgegeben habe, unsicher.
Die Wörter bedeutend- ,, ritzend, streifend, die Oberfläche verwundend",
sie werden von den Alt^n durch iniipavd^rjv erklärt (vgl. Schol. A ^599:
f:Tii,\pavdi]V, oGov 6i Inc noMs tpavaai, V/278 : kiydriv^ äOTS iTitli^rci, 6 iariv
inupavaat InLnoXuiwg [x6vo^.^r]V e'^io&ev ini(fc(V€iKV rotT Oiäf-iiaog, Eustath.
1926, 31) und stimmen so s'^ön zu skt. likh ,, ritzen, kratzen" lekhana
„aufritzend, wund machend, slcWificirend'' lekhin ,, ritzend, streifend an,
berührend". Andere alte Erkläri^lsv umschreiljen Uyö^v durch ^sßTtxaJs
(Schol. Q X 278 B P 599; vgl. Eust^. a 0. Xiyötjv rb ^sarixdJs, inmo-
l^g — wg clno tov kil^fiv - Si^Xrj 6k rj roiavTt] övofiaTonoUa int /xccQfxci-
Qüiv Xi&MV xai rtvojv tocovtojv ots vsXco ö're aiSrjQw ^vovtcu. Diese Er-
klärung passt begrifflich nicht, aber dennoch könnte kiySi]v zu iniXi^ai
16 F. Froehde
der Aufklärung. Dass in den Aoristen ellaße efn/xad-e (ellaxe
Hymn. Cer. 87 klhrce Apoll. Rhod. 2, 1032) die Verdoppelung
auf der falschen Analogie von elhrdrEVE eXXioaccto beruhe, ist
kaum glaublich; warum findet sie sich nicht in Imperfectis und
sigmatischen , sondern gerade in scheinbar starken Aoristen?
Die Formen sind vielmehr reduplicirte Aoriste und entstanden
aus *bfxe[.iad^ov *tXelaßov , aus denen sie, um versgerecht zu
werden, ähnlich verkürzt wurden wie eTtecpvov l/.hXExo aus
*E7rE(pEvov '^t-AEy-elexo. Um vier- und mehrsilbige Wörter mit
drei und mehr Kürzen für den Vers verwenden zu können, be-
dienten sich die homerischen Sänger verschiedener Mittel; in
den angeführten Formen wurde der vor dem Nasale oder der
Liquida stehende Vokal synkopirt, wie es auch geschehen ist
in ^vyaxqa d^vyaxqag ■dvyaxqag und in OQd^o/.QaiQog , Beiwort
von ßocüv und vecov (oQd^oyiSQCcxiov Apoll. Lex. 122, 34), aus
*-A€QaQos, welches von xegag abgeleitet ist wie yegaQog von
ytqag; enthielten die Wörter keinen Nasal oder keine Liquida,
so wurde ein kurzer Vocal verlängert oder als Länge gebraucht,
wie rjV£/iiöeig övai^XsyTJg aTtodiead^at (XTCOvho^ai avecpeXog 'C,sq)v-
QiT] iTtixovog u. a. beweisen (Bekker Hom. Bl. I 276).
Was nun die Etymologie von Irjyio „erschlaffen lassen,
nachlassen" betrifft, so stellt Curtius Grundz.^ N. 146 dasselbe
sehr richtig zusammen mit XayaQog lat. langueo laxus; dass
diese ursprünglich mit s anlauteten, zeigen altn. slakr ags. sleac
engl. g/acA; „schlaff machen, nachlassen" ahd. dach „schlaff"
niederd. slßsk^Xlh^ „Dieses slackernjihQr ist von dem Sing, des
Praet. eines vorauszusetzenden altsächsischen Wurzelverbs *slecan
= „in Tun und Kraft nachlassen" abgeleitet" (Weigand). Das
1] von Iriyo) ist aus a + Nasal entstanden , wie in den von J.
Schmidt Voc. I 118 ff. behandelten Fällen.
Ein anderes Beispiel für den Abfall von o vor l bieten
vielleicht*) die Formen dXeixrjg vi^kelxig ijXixov, die sich un-
mittelbar von dldof.iai unmöglich ableiten lassen, denn die An-
gehören, da skt. Hkh auch „poliren, glätten" bedeutet; dazu stimmt dann
ferner lat. lima ^^Feile" %t(iLrs...wX'.Q'ben , feilen, glätten, poliren". Frei-
lich k(')nnten U'iai und Itmare auch mit altn. slikr „sleek, smooth", engl.
aleek „glätten" zu verbinden sein, da die beiden klassischen Sprachen
den Anlaut al nicht haben.
*) Eine von dor nieinigen abweichende Erklärung von «At/rijf u. s.w.
deutet Fick o. I. 234 an, ohne dieselbe jedoch zu begründen.
Zur homerischen Wortforschung. 17
sieht Lobecks (Pa,th. 376), dass dkeiTt]g „Frevler" von dXi]tr]g
„Landstreicher" nur levi quadam soni declinatione , qua Grae-
cos ad colorandas conjugatorum significationes saepe usos esse
constat verschieden sei, ist nicht im Einklang mit den Gesetzen
der Wortbildung. Aber auch der Annahme blosser Wurzelge-
meinschaft kann ich nicht zustimmen, da das Suffix lt (vgl.
XÜqlt- (.iskiT- alcpLTov u. a.) doch sonst nicht zu blt und olx (vgl. dXoL-
x6g bei Eustath. 1529, 51) gesteigert erscheint. Vielmehr führt
die Betrachtung analoger Formen wie leLTtto Xoltzoq eIltcov zu
der Annahme, dass die Wörter eine Wurzel Xlt enthalten, wel-
che dasselbe a vor sich zeigt wie dsidco dXEiq)co dfislßio dfivvo)
drtußo) (skt. danibh Bezzenberger ob. I 69) dloai (skt. vas
Leo Meyer KZ. 22, 530) u. a. Nun finde ich eine der Form Xlt
begrifflich entsprechende Wurzel in anderen Sprachen nicht ; nimmt
man aber Xix entstanden an aus oXlt, welches ja im Griechi-
schen zu XtT werden musste, so entspricht diesem genau germ.
W. dtp Jn^ got. slei^a „Schaden" slei^ „schlimm, gefährlich, \
schäj^ch" gaslMpjan „schädigen" alts. südM „schlimm, böse" \
sl0hmdd „feindlich gesinnt" ags.\s/M/ie„verletzend, schädlich, ;
schlimm, dirus ÖEivög xaXertog,^' sltdJian gleich dem. t^on rjXixov \
vorausgesetzten ^dXeiTO) (vgl. Eustath. a. 0.) laedere ahd^. ^^^f^^""^
(%^-«a;evui7 malus , iniquus , dirus. Zu den Bedeutungen dieser .
'^örter stimmen die von aXiTsad-ai und seinen Verwanten vor-
trefflich. Das griechische Verbum bedeutet „verletzen" und zwar
speciell entweder die Götter: !Ad-r]vaLi]v dXixovxo e 108, dd-a-
vdxovg dXixiad^at ö 378, acp' dXlxi^xai. o/nooaag T 265, oder
göttliche Gebote: Jidg ecpexindg ß 570. 586, oder ein heiliges Recht,
wie wenn Achilleus vom Agamemnon sagt / 375 : ex yccQ drj f.i
dTtdxrjae aal rjXixsv; dem entspricht die Bedeutung von dXelxrjg,
r 28 vom Paris ausgesagt, der die Rechte des Menelaos ver-
letzt hat, und v 121 von den Freiern, sowie die von vrjXelxig
(vgl. über die Form Ameis-Hentze zu tt 317 Anh. La Roche
Textkritik S. 185) 7t 317 x 498 ^ 418 von den pflichtgetreuen
Mägden (innoxius). Die in den germanischen Wörtern mehr-
fach hervortretende Bedeutung „unbillig, ungerecht, feindlich
gesinnt" zeigt dXixQog Q 361, wo Athene von dem ihren Wün-
schen entgegenhandelnden Zeus sagt ; dXXa itaxrjq ov/nog, (pgeal
(.lalvexaL ovx. dya^fjOi' oyr^ixXwg, aliv dXixgog, efxoiv /nevscov
drtEQCüsvg; hier ist es synonym mit axfxXiog und Gegensatz zu
cpQEol dyad^f]ai, also etwa iniquus. Abweichend von den Alten
Beiträge z. Kunde d. ig. Sprachen III. o
18 F. Proehde
fassen neuere Erklärer die Worte der Kalypso s 182 : ^ d^ dXt-
ZQog y saal '/.al ovy. ccTtoqxjoXia eidojg als scherzhaft gesprochen
auf; ich kann keinen Scherz darin finden, vielmehr wird hier
das Wort in ganz ähnlichem Zusammenhange gebraucht wie
slulliivurdt Hei. 549, zu welcher Stelle Rückert bemerkt; „der
feindselige Worte hat". Die Erklärung liegt in der Schilderung
des Benehmens des Herodes, der ganz gegen die gebräuchliche
Sitte die Gäste sofort mit argwöhnischen Worten belästigt.
In der Verbindung öalfioaiv elvac dhzQog W 595 bedeutet das
Wort offensus, vgl. dXtTrjf^ievog ^eolg ö 807.
Diefenbach Vergl. Wörterb. II 267 erklärt für eine „ziemlich
sichere Nebenwurzel" von sUß die in altn. slis infortunium slisa
damnum inferre slas laesio slasa laedere erscheinende W. slas.
Diese aber entspricht vielmehr der altindischen sras in srdmsati
„in Stücke gehen, zerfallen", zu der sie sich hinsichtlich der
Bedeutung verhält wie z. B. skt. arddyati zu mdtti. — Fick
Wörterb. I 255 identificirt germ. sUp mit skt. sridh „fehlgehen,
irren", welches im Auslaut abweicht und eher zu ags. sltdan
labi slidor lubricus u. a. gehören könnte.
OTCvLo).
Die Aufeinanderfolge der Vocale in onvlo), welches auch
attisch ist, kann nicht ursprünglich sein, denn die aeolischen
Formen (pvlo) dXvio) (Ahrens Diall. I 98, Curtius Verbum I 211)
lauten in der homerischen und attischen Sprache (pvto dlvto,
während in den etymologisch aufgeklärten Wörtern mit vc -\-
Vocal zwischen v und t ein Spirant ausgefallen ist. Den fe-
mininen Participialformen auf via entsprechen die altindischen
auf usM {/tövia — vidüsht) ; (Avla steht für ^/nvaja = lit. nntse
für ^musjä; ^vidg gehört nicht unmittelbar zu &voj, sondern
zu der mit a weitergebildeten W^urzel d^va in ^vazrjg d^vatäg
^i'aO^Xa ksl. dijchati flare (Curtius Grundz.* p. 259), es ent-
spricht vielleicht dem lateinischen furia, dessen r aus s her-
vorgegangen sein muss, sobald der Name Fürius (altl. Fusios
Corssen Voc. I. 230) zu furo gehört; von dem bei Hesychios
aufbewahrten e'^vu lässt sich nicht entscheiden, welchem Dia-
lecte es angehört, und da die Lesart ^viwaiv im Hymn. Merc.
500 zweifelhaft ist, so kann man nicht mit Sicherheit ein atti-
sches oder altionisches Verbum iyvuo aufstellen. J. Schmidt
Voc. II 22*d erklärt jurjvQvid, dem das erst spät auftretende
Zur homerischen Wortforschung. 19
TtaTQvwg nachgebildet ist, aus *mdturjä ; ist das richtig, so ist
auch hier die Vocalfolge unursprünglich. Von den übrigen ana-
logen Bildungen sind meines Wissens Erklärungen der Form
nicht gegeben.
Ich zerlege oitviio, dessen Bedeutung klar ist (vgl, Ebelings
Lexicon), in o-7tva-jcü und identificire et mit %ki. imshyati „ge-
deihen, aufziehen, ernähren, unterhalten, wachsen lassen, erhal-^
ten, bekommen, besitzen, hegen, pflegen" woher jjushti „Gedei-
hen, Wachstum" piishim „Blüte, Menstrualblut", ]f)ushintd in
Blüte stehend, blühend, menstruirend" ])6slia ,>Gedeihen, Wachs-
tum, Vermehrung, das Aufziehen, Ernähren, Unterhalten", bin
aber wegen der Vermittelung der Bedeutungen zweifelhaft, nicht
als ob ich eine solche für schwierig hielte, sondern weil sich
verschiedene Möglichkeiten bieten. Nach Analogie von skt.
bhartär „Erhalter* Ernährer, Herr, Gatte" hhartrmati „verhei-
ratet" von W. hhar „unterhalten, hegen, pflegen" könnte OTtviw,
welches nur vom Manne gebraucht und mit dem Accusativus
verbunden wird, ganz allgemein bezeichnen „ein Weib unter-
halten" ; wahrscheinlicher indes sind wol folgende Möglichkei-
ten, aus -^jmsh den Begriff des Heiratens zu gewinnen: 1) mit
püshpa ist vermutlich identisch lat. puho- in piihens puhesco,
wozu puber „mannbar" gehört, mit dem schon in Ebelings
Lexicon ottvIo) verglichen wird; 2) ypush ist Secundärbildung
von der nur in einzelnen Ableitungen erhaltenen -y^pu, welcher
Curtius die Bedeutung „zeugen" beilegt (Grundz.* S. 288); ähn-
lich verhalten sich zu einander altn. ala „zeugen" und got. alan
„ernähren, aufziehen" lat. alo u. a. So zeigen sich verschiedene
Wege, um *G-7ivajaj mit dem auch in der Praesensbildung
genau übereinstimmenden püshyati begrifflich zu vermitteln.
OQGOd-VQT].
Doederlein (Flom. Gloss. 986) befindet sich meines Erach-
tens auf dem richtigen Wege zur Erklärung des nur % 126. 132.
333 vorkommenden oQOo&vqrj, wenn er an oqqoq und ovqd an-
knüpft.
Ueber die Zusammengehörigkeit dieser beiden Wörter sind
die Ansichten getheilt. Während Pott Et. Forsch. ^ I. 123 und
Curtius Grundz.4 N. 505 dieselbe behaupten, wird sie von an-
deren wie Pictet (KZ. 6, 190j, Bugge (KZ. 20, 30), Leo Meyer
(KZ. 23, 67), Fick (Wörterb. I. 203) bestritten und ovqoc viel-
20 F. Froehde
mehr mit skt. varal^TfiiT^ß^^r, Sch^v'ieif haar , Schweif" ver-
bunden, mit dem es sich völlig zu decken scheint. So bestechend
diese Vergleichung auch ist, so glaube ich dennoch Curtius bei-
stimmen zu müssen, einmal weil die sicheiren europ. Verwanten
des altindisch^n Wortes, nämlich lit. Vß^^^ „SchwÖifti^ar des
Pferdes" altn.'^^i ;/Vogelsterz" (Bugge a!^(X) al^Tw^^^,, We-
del" (Fick a. 0.) X für g im Griechischen erwarten lassen, wel-
ches auch in dem wahrscheinlich dazu gehörigen^to'^og j^Mitbl^-
haäT>v.BäHf erscheint, sodann aus folgendem Grunde. Von
^vgd lassen Sieh nicht wol trennen das homerische ovQiaxog,
wenn dieses auch nicht unmittelbar von ovqcc abgeleitet sein
kann wegen des i, und das spätere ovgaxog (vgl. zif^axog vrj-
Ttiaxog u. a.). Das letztere bedeutet bei Aelian de an. nat. VI
43: OL yaq r}yEf.i6veg (rwv f.ivQf.irjV.iov) dviQTTOvoi %al rovg xa-
Xovf.i8VOvg ovqäxovg*) rüiv xaQ7tL(.iwv öiaTQaysvzeg toj örjfio) t(jj
xccTio QiTtxovai die Spitzen der Halme, woran die Aehren sitzen,
und entspricht somit begrifflich genau dem lateinischen urrun-
cum bei Varro r. r. I 48 : quod in infima spica, appellatur ur-
runcum. Bei dieser Uebereinstimmung in einem so individuel-
len Begriffe kann wol kein Zweifel sein an der Richtigkeit von
Curtius' Ansicht, dass die beiden Wörter mit einander verwant
sind. Nun entsteht zwar im Lateinischen rr zuweilen durch
verschärfte Aussprache (Corssen Sprachk. p. 237), aber die Fälle
der Art sind sehr selten, und die Annahme, dass urrwncum für
*urstmcum (vgl. averrimcare) stehe, hat jedenfalls viel grössere
Wahrscheinlichkeit. Ist aber diese Auffassung richtig, so muss
ovgaxog und somit auch ovqcc, die Zusammengehörigkeit beider
vorausgesetzt, einst nach q ein a enthalten haben.
Es fragt sich nun weiter, ob man befugt ist, in homeri-
schen Wörtern -ovq- aus -oqo- hervorgehen zu lassen. Leo
Meyer (KZ. 22, 541) stellt diesen Lautwandel für die homeri-
sche Sprache in Abrede und man muss zugeben , dass in der
Tat ein sicheres Beispiel für denselben nicht beigebracht ist,
denn dass -AovQog xovqtj aus '^'xogaog ^yiogarj entstanden sind,
kann immerhin nicht für sicher erwiesen gelten, und die atti-
schen Wörter T^ovQevg zoigd u. s. w. neben den bei Hesychios
aufbewahrten xogaeig xoqüovv, mit denen sich ovqoTtvyiov (Eu-
*) l'eberliefert \ni oCqu/ovs; Scaligers Aenderung in ovQuij(ovg ist
unnötig; die Conjectur ovQayovs gibt keinen passenden Sinn.
Zur homerischen Wortforschung. 21
stath. 906, 61) neben oqqoTTvyiov vergleicht, sind für das Alt-
ionische nicht beweisend. Man ist also, um den Lautwandel
von -OQO- in -ovq- in homerischen Wörtern zu behaupten, auf
den analogen von -bqo- in -slq angewiesen und schwerlich be-
rechtigt, etymologische Combinationen auf demselben zu be-
gründen.
Um nun dennoch die Zusammengehörigkeit von ovqa und
OQQog aufrecht zu erhalten, sehe ich nur eine Möglichkeit, näm-
lich die Annahme, dass die Wurzel beider Wörter gr. foqa
war. Dass anlautendes /o in der homerischen wie in der atti-
schen Sprache ov werden konnte, beweisen Formen wie ovqavog
ovgiio u. a. ; ein aus foga zunächst zu erwartendes ovga aber
ertrug die Sprache seiner Härte wegen nicht und so entstand
ovQcc, während im attischen oqqoq qg zu qq gew^orden ist. Dass
ovQiaxog — ovqi] kommt nur versbeginnend vor — im homeri-
schen Verse keine Spuren eines Digamma zeigen kann, bedarf
kaum der Erwähnung. Leo Meyer (KZ. 23, 53 ff.) hat bewie-
sen , dass das Digamma vor den dunkelen Vocalen o und w
schon in der homerischen Sprache in den meisten Fällen er-
loschen ist. Die mit ov *) aus fo anlautenden Wörter wie ov-
gavog, ovQog, ovQiaxog können selbstverständlich kein Digamma
haben, da dasselbe, mag nun das ov auf dem von Leo Meyer
p. 65 bezeichneten oder auf anderem Wege entstanden sein
(vgl. den analogen Wandel von /« zu av z. B. in avX^ = skt.
vasra, avdrj neben skt. -^vad, av^dvio neben germ. yvahs u. a.),
durch V reflectirt wird **). Auch in einem zweiten Falle kann
ein mit o = urspr. va anlautendes Wort kein Digamma zeigen,
nämlich wenn o aus fe hervorgegangen ist; das ist der Fall z.B.
in oxBOcpi für fex^ocpt. (vgl. sx^ocpi bei Hesych. (Fick ob. I. 59)
und lat. veMs St. vehes-) und in lovtofiai, dessen w durch Er-
satzdehnung aus oa entstand (vgl. unten fjvia), aus *f€avao/uaL
von *faovo~; vgl. lat. venum aus *vesnum skt. vasnd.
So glaube ich meine Annahme, dass ovqi] und OQQog eine
Wurzel fOQG idg. vars enthalten, begründet zu haben, oggog
bedeutet „das Ende des Steissbeins, woran bei den Tieren der
*) Wenn als(| or7.«jUof vaiid oükug als Beiwort von Gewändern, Decken
und vom Haare, wie Bekker annimmt, digammirt sind, so kann ihr ov
nicht aus jro entstanden sein.
**) Ueber Formen wie iovQovv Iw&ovv vgl. Ebel KZ. 4, 166.
22 F. Froehde
Schwanz sitzt", o^qonvyiov „die hervorstehenden Schwanzfedern
der Vögel, Stachel der Wespen, Schwanzflossen der Fische",
ovQolos „alles Aeusserste, Letzte", ovQiaxog „das äusserste En-
de", ovQayog in der oben angeführten Stelle aus Aelian „die
Spitzen der Halme, woran die Aehre sitzt". Doederlein (a. 0.)
stellt dazu auch oqgoI' tcov ocqvwv ol laxaTOi yevo/iievoi Hes.
(vgl. jedoch das gleichbedeutende sQaaL l 222 , Gegensatz zu
TtQoyovoL und fihaaaai, welches man zu "gar] „Tau" zieht) und
oQGog „Reis, Schössling", welches auch in OQOoöccKvrj „Keimna-
ger" erscheint. Denselben Grundbegriff des Hervorstehenden,
Hervorragenden enthalten skt. vdrsMyams „der höhere, obere,
längere, grössere" vdrshishtha „der höchste, oberste" vdrshnan
„Höhe, das Oberste, das Aeusserste, die Spitze". Die Heraus-
geber des Petersburger Wörterbuchs vermuten wie ich glaube
mit Recht Zusammenhang dieser Wörter mit v/shan „hervor-
ragend , männlich" ; vielleicht wird die letztere Bedeutung mit
dem Grundbegriffe vermittelt durch vrshana „Hoden" ; vgl. zend.
erezi gr. ogyig in seinem Verhältnis zu armen, ordz „Mann,
männliches Tier" = qui testiculos habet (Hübschmann KZ. 23,
25 Anm.). Die Bedeutung „Schwanz" hat das Sanskrit nicht
ausgeprägt, doch lässt sie sich aus dem Grundbegriffe leicht
gewinnen; vgl. z. B. lat. cauda skt. skündate „vorspringen"
altn. skuta „vorspringen" skuti „vorspringender Fels" (Fick
Wörterb. I 232, der zu diesen Wörtern auch in Beziehung setzt
gr. G'/.v^a „Brunst, Geilheit", vgl. skt. vrshäydte); auch wird sie
wol vorausgesetzt von vrshin „Pfau" vrsha „Ratte, Maus". Mit
vrshin verbindet ovqi] schon Pictet (KZ. 6, 190); derselbe ver-
gleicht weiter ers. earr, err „Schyanz" irr „Fischschwanz"
earräg febrag sciurus, indem er in ersteren Abfall eines anlau-
tenden f ( = urspr. v) annimmt. Ob diese Annahme richtig ist,
beurteile ich nicht ; notwendig wäre sie wol nicht, denn wie ne-
ben den Wurzeln vardh vark vars „regnen" vank — ardh ark
ars ank (J. Schmidt Voc. H 297), so steht neben vars „her-
vorragen, vorspringen" ein gleichbedeutendes ars in rshvd „em-
porragend, hoch, sublimis" von Pfosten, Toren, verschiedenen
Gottheiten, den Gliedmassen Indras u. a. rshabhd „männliches
Tier, Stier, Bock, Schwanz eines P]bers, Schwanz eines Croco-
dils, das Beste, Edelste seiner Art"; vgl. vrshabhd.
OQOodxQTi erklären die Alten übereinstimmend als eine vipr]lij
oder vxpTjXoTtQa ^vqo; vgl. Schol V x 125 oQOod^Qi]'} iv T(p tov
Zur homerischen Wortforschung. 23
OLTtov evaviiip roixfp d^vqa tjv dt rjg eig rov d^ccla/nov ^v ava-
ßrjvai, svd^a ta ojtXa eyieito. emev ds ovrcDg, ettsI viprjXo-
tega rjv e(p iy rjv OQOvoai y.al dva^ogelv; Apoll. Lex. 122, 13
OQOnd^vQTj lATtioiv d^vqa vipr]li], Si rjg tan -Karaßahovra oqov-
aai, o sOTi TtrjdrjOaL, Vj dviovza nrjörjoaC, öid t6 ^irj sy^eiv ßa-
^(.tovg; Eustath. 1921, 15 ogao^vgr] hxavd^a ttccqcc ro) TtoirjTjj
S^VQa Tig e7Ciai^f.iog vipr^Xoregav nqögßaoiv s'xovaa, elg rjv ovx
olövTE rjv dveXd^Blv xiva urj Slcc ytXif^axog l'aiog ?/ aXXwg Jtwg
dvoQovoavra üg avT/jv; ähnlich Hesych. Suidas Et. M. Et. Gud.
Dass es eine höher gelegene, obere Tür war, ergibt sich auch,
wie Ameis zu x 132 mit Recht bemerkt, aus der Verbindung
dvaßaiveiv dvd, während dieses Verbum sonst bei Homer mit
dem blossen Accusativ oder mit slg construirt wird. Diese Tür
führte in die XavQt], und so konnte man durch sie auf den Hof
und dann weiter auf die Strasse gelangen (e(psQs ds rj roiavtrj
oqaod^vQrj tov dvsXd^ovta slg avTrjv S7tl Tag juerd rov TtQOÖo^inv
d-vgag trjg avXrjg Eustath. a. 0.). Deshalb gibt Odysseus dem
Eumaios, der dieser Tür zunächst stand, den Befehl, dieselbe
zu beobachten (V. 129), um, falls einer der Freier versuchen
sollte, durch sie auf die Strasse zu gelangen und Hülfe zu ho-
len (V. 133), hinauszugehen und ihn abzufangen, denn der Aus-
gang der Xavqrj in den Hof war in unmittelbarer Nähe der
Schwelle, auf der die Vier standen (V. 127). Man ist nicht
berechtigt, von dieser Erklärung der Alten, die gewiss auf al-
ter Tradition beruht, abzugehen; sie leidet an keinerlei innerer
UnWahrscheinlichkeit und wird durch die dargelegte Etymologie
bestätigt, vgl. skt. vdrsliiyaihs „der höhere, obere" vdrshishtha
der höchste, oberste" vdrshman "die Höhe, das Oberste" rslwd
sublimis lit. virszus „das Obere" ksl. vrichü „Gipfel, Höhe"
(Fick Wörterb. II 699, J. Schmidt Voc. II 19, Bezzenberger
ob. I 166).
Von 0Qvvf.lL lässt sich oQGod^vQrj weder lautlich noch be-
grifflich ableiten, denn einmal müsste nach den Gesetzen der
Wortcomposition das Wort bei solcher Abstammung ^OQaid-vQrj
lauten (vgl. OQoiXoxog oqGiTtovg oQOmtvnog 6Qaivsq)i]g), sodann
würde ein derartiges Compositum nach Analogie der angeführ-
ten Wörter kaum etwas anderes bedeuten können als „die Tür
erregend oder erhebend"; vgl. Autenrieth bei Hentze Anh. z.
/ 126. Auch OQaoTQialvrjg , Beiwort des Poseidon bei Pindar,
heisst nicht „den Dreizack schwingend" sondern „mit gewalti-
24 F. Froehde
gern Dreizack"; vgl. altindische Composita wie vrsharatha „ei-
nen gewaltigen Wagen habend" vrsharagmi „gewaltige Zügel
habend", vrshagushma „starkmutig" u. a. Ueber ÖQOoXoTteio)
OQOoloTtog wird sich erst urteilen lassen, wenn ihr zweiter Be-
standteil erklärt sein wird.
Der vereinzelt stehende und nur an zwei Stellen vorkom-
mende Aorist sdcpd^rj wurde von Aristarch (vgl: Herodian zu N
543) zu tTto^uuL gezogen und durch eTtr^aolovS-rjaBv erklärt.
Diese Ansicht verwirft Herodian^ indem er geltend macht, dass
die aufgelöste Form säip&r] nicht gleich sicpd^rj oder rj(pd^i] sein
könne, da weder sl noch tj von Verben, die mit « anlauten, in
den Formen des Praeteritums in ea aufgelöst werde; er folgt
dem Tyrannio, welcher die Form von ccTtzw ableitete. Dass
diese Ableitung nicht richtig sei, zeigt Curtius Verbum I 119 f.
Derselbe vertheidigt die Ansicht des Aristarch, doch hat auch
diese ihre grossen Schwierigkeiten, die mir Curtius nicht völlig
beseitigt zu haben scheint ; denn die zur Erklärung des a her-
angezogenen Formen sTccQ(p&r]v und Tqaq)d^rjvai sind doch nicht
ganz analog, weil hier die Umgebung des q die Erhaltung resp.
Neubildung des a bewirkt hat, sodann würde ein passiver Ao-
rist von srto} tractare, den Herodot 5, 81 TCEQL-£q)d-r]v bildet,
nicht wol „nachfolgen" bedeuten können, der Aorist von erco-
fiai aber lautet regelmässig eart6(n(]v.
Nach dem Zusammenhange, in welchem das Wort steht A" 543
ixXivd^r] (f kTSQtoas '/.dgr], eni ^ dajtig tdcpd-rj
"/.al xoQvg' d(xq)i ös ol ^dvuTog xvxo d^v^iOQaiaT^g
und S 419
X^tQog ö^ £y,ßaXsv syxog, t^t avT(p ö^ dortig kdip^rj
Y.al v.6Qvg' dfig)l öi ol ßgdxs tevxscc Tcoixlka /«Axf^JJ
muss man demselben mit Buttmann Lex. II 138 und Curtius
a. 0. die Bedeutung „fiel, stürzte nach" oder „stürzte auf ihn"
beilegen. Da es nun aber der Form nach Passivum ist, so
muss das zugehörige Activum etwa „hinwerfen, auf den Boden
werfen" bedeutet haben. Diesen Begriff bezeichnet skt. vdpati
„hinwerfen, hinstreuen (bes. den Samen), hinstrecken, auf den
Boden niederwerfen", zu dem tdq)d^rj für '*i/d(pd-r], wie man
zugeben wird, lautlich und begrifflich jedenfalls viel besser passt
als zu "fcü) oder cItitio. Die gegebene Erklärung hat freilich
Zur homerischen Wortforschung. 25
den Mangel, dass sie das Wort im Griechischen isolirt, viel-
leicht aber ist dieser Mangel zu beseitigen. Ebel KZ. 4, 167
verbindet tacpd-ri mit iccTtro) „werfe". Dieses ist eine redupli-
cirte Form wie XLlalo/uai Tixaivo) IdAAw iavw (für *lavajw (vgl.
avü) avo) ^Qavio) aus ^fifaGJw mit av — /« wie in avXrj —
skt. vasra), in der ttt aus ttj entstanden ist. Die beiden For-
men können nebeneinander bestanden haben wie d-saai, und
iai'ü). Ich würde diese Combination für sicher halten, wenn
nicht das lateinische jaeio wäre, mit dem Curtius Grundz.* p.
455 und Fick Wörterb. II 20U iccTtTw vereinigen. Dieser Ver-
gleich ist ansprechend und nicht zu widerlegen, nur darf man
die beiden Wörter nicht identificiren wollen, denn anlautendes
Jod -j- Vocal ist im Griechischen mit Ausnahme des Eigenna-
mens "idovsg und einiger Schallwörter (wie ti^'^w = lat. jugere
Fick Wörterb. II 204), die ja überhaupt ihre eigenen Wege ge-
hen, nicht durch l + Vocal vertreten (vgl. Curtius Grundz.-^ p. 592)
sondern entweder durch ^ wie in ^slÜ tsM dCr]x^S (= skt ijaJwd
nach Bezzenberger) ^l^vcpov -yfOcy Kvf.irj Uovrj ^0}(i6g oder durch
den Spiritus asper wie in -y/dy fjTtaQ vf-ieig va/.dvi] og rjvia, mag
dasselbe zu skt. yam gehören oder, was auch möglich wäre,
zu ksl. po-jasni lorum, wol auch in szoLf-iog, welches in der
Bedeutung von szsog doch wesentlich abweicht und der grie-
chische Repraesentant des altindischen ydtati sein köniite, des-
sen Particip yattd „bedacht auf, bereit, vorbereitet, der seine
Massregeln getroffen hat" bedeutet; in einigen Fällen wird ur-
spr. ya im Griechischen durch ei ol reflectirt, nämlich in £4-
vuTSQsg = lat. janitrices und ol'igptu = skt. ydbhatl (Fick Wör-
terb. I 182), wie ähnlich urspr. va durch ev ov av.
Zu der Wurzel von laTtTO) wird auch das ccTta^ elQrj/nevov
dmoBTtifi^ von der Here ausgesagt 0 209, zu ziehen sein. Das
Wort ist gebildet wie di.Laq%0E7iy]g d\.iExqoEnv^g rjdveTirig dgrie-
Ttrig und führt auf einen Nominalstamm ditxo- ^ den ich mit
Osthoff (Das verbum in der nominalcomposition S. 145) als
Part. Praet. ansehe. So aufgefasst bedeutet dasselbe „hinge-
worfen redend'' d. i. „Worte hinwerfend, mit Worten um sich
werfend", wie laTtrcov loyoig bei Soph. Ajax 501; vgl. auch
lateinische Verbindungen wie jactare minas, probra, jacere con-
tumeliam u. a. Diese Bedeutung passt durchaus in den Zusam-
menhang. Die sonstigen Erklärungen des Wortes finden sich
in Ebeling's Lexicon zusammengestellt. F. Froehde.
26 W. Deecke
lieber das etruskische Wort lautni und seine
Verwandten.
Im ersten Hefte meiner „Etruskischen Forschungen" (p.56)
findet sich folgende Stelle: „Schon in der ^^Kritik" (p. 23) machte
ich darauf aufmerksam, dass das recht häufig, auch in Verbin-
dung mit et er vorkommende Wort lautni unmöglich überall,
wie Corssen meinte, einen weiblichen Familiennamen Lautinia
bedeuten könne, und auch hier war das Richtige bereits ge-
funden durch Gamurrini, der im Bullet. dell'Inst. Arch. 1874
p. 13 in höchst scharfsinniger Weise die Vermuthung aufgestellt
und begründet hat, lautni bezeichne „libertus, Freigelassener",
das gleichfalls häufig vorkommende lautni 6a „liberta. Freige-
lassene". Eine vollständige Prüfung aller betreffenden Stellen
hat dies für mich zur höchsten Wahrscheinlichkeit erhoben,
und werde ich dies in einer später» Untersuchung begründen". —
Diese damals versprochene Untersuchung gebe ich hier, indem
ich zugleich auf meine sonstigen Besprechungen des Wortes
verweise: 0. Müller's Etrusker P, 505-6; IP, 338; 354; 371;
386 u. s. w. ; Etrusk. Lautlehre aus griech. Lehnwörtern
(in dieser Ztschr. II, 161 ff., an vielen Stellen). Der gleichen
Ansicht ist Fabretti beigetreten in den Appunti epigrafici II,
p. 22-36, wo er schon eine fleissige Zusammenstellung der be-
treffenden Inschriften giebt, auch eine Etymologie des Wortes
versucht. Corssen hat im zweiten Bande der „Sprache der
Etrusker" (p. 595-9) in einer längeren Anmerkung jene Deu-
tung bekämpft und seine Auffassung der Wörter als Personen-
namen aufrecht erhalten, aber seine gesammte Beweisführung
ruht auf falschen oder nichtigen Grundlagen. Ich glaube keine
bessere Widerlegung geben zu können, als durch die Betrach-
tung und, soweit nöthig, Uebersetzung sämmtlicher in Frage
kommenden Inschriften. Den Anfang mache die von Gamur-
rini an der oben citirten Stelle behandelte bilinguis, aus der
er seine Deutung geschöpft hat:
1) leuclepisis lav[i]ni F. 794 bis
1- phisius- 1- lauci
Die Inschrift, litt, atram. pictis, wurde von einer, seitdem ver-
lorenen, urna fict. bei Pet. Nardi-Dei in Chiusi im April 1861
durch Mazzetti copirt. Die schedae desselben geben die Va-
üeber das etrusk. Wort lautni. 27
rianten
•••uecle- cpisis" rvtni
und am Schlüsse der latein. Zeile Tluci oder buci, buco.
Es ergiebt sich daraus, nach Garaurrini, als wahrscheinlich-
ster Text
leucle* cpisis' lavtni
l'phisius 'l-l* buco
Die lat. Zeile heisst also „Lucius Phisius, Freigelassener des
Lucius, mit dem Beinamen Buco"; die etr. „Leucle, Freigelas-
sener des Phisi". Der Sclave war ein Grieche mit Namen
yl€vy.og, ein schon in der Ilias vorkommender Name {J 491),
etr. *leuce, vgl. Leuce lat. als Name von Sclavinnen C. L
L. II, 4292; III, 2393. Davon wurde, wie mehrfach bei Scla-
vennamen, mit der etr. Deminutivendung -le (0. Müll. II^, 445)
leucle gebildet. Lateinisch lag als Vorname am nächsten
Lucius, griech. ja durch yiev-Mog wiedergegeben, s. II, 175,
n. 176. Der lat. Beiname buco findet sich wieder im C. I.
L. III, 3789 und ist, nach etr. Weise, mit einfachem c geschrie-
ben für bucco „Grossmaul" J. R. N. 5812, auch buccio ib.
II, 4970,91 u. sonst. Der Name des Herrn, nach etr. Gewohn-
heit aspirirt (0. Müll. II 2, 413 u. n. 150), begegnet lat. als pi-
sius C. I. L.V,5829, weiblich pisia ebdt. Es entspricht also
deutlich in obiger Inschrift 1 = libertus dem etr. lavtni.
Das schliessende s von cpisis ist Genitivzeichen (0. Müll. II 2,
489).
Aehnliche, einfach etruskische, Inschriften sind:
2) venzile : alfnis : lautni F. S. S. 37
auf einer chiusin. olla einer, di terracotta, mit lettere nere.
Auch hier führt der Sclave einen Deminutivnamen auf -le, von
venza (0. Müll. P, 455), das selbst wieder Deminutiv von
venel(e) oder vener(e) ist (ebdt IP, 490), vgl. die ähnlichen
Bildungen larzile neben larza und lar oder lar6, arnzle
neben arnza und arnö u. s. w. Der Genitiv venziles', der-
selben Person angehörig, findet sich in der aus demselben Grabe
stammenden Inschrift F. S. S. 38, s. unten n. 64. In einer
andern Inschrift F. 771, t. XXXII. auf einem chiusinischen
Ziegel fehlt das s' des Genitivs , wohl in Folge nachlässiger
Schreibung. Interessant aber ist die bilinguis
c'vensius-c f* caius- F. 793
vel : venzile : alfnalisle
28 W. Deecke
auch aus Chiusi, auf einem Travertinsarge. Hier entspricht
vensius dem etr. venzile, wie oben l(ucius) dem leucle,
beide haben aber den Schein und Werth eines Familiennamens
angenommen, vgl. die lat. chius. Inschriften, wohl aus demsel-
ben Grabe,
c • vensius • c'f* | caesia -natus C. I. L. I, 1368 bis
a vensi calli ebdt 1367.
Ebenso ist etr. arntile, arntle, arnzle Familienname ge-
worden (0. Müll. 12, 448). Ueber alfnalisle s. ebdt II», 496;
alfnis' ist Genitiv des männl. Gentilic. alfni.
3) aule : alfnis' : lautni F. S. S. 40
auf urna fitt. , mit lett. rosse , aus demselben Grabe , wie n. 2,
und vom selben Herren freigelassen; s. noch n. 46.
4) tama-velces' | lautni F. S. S. 34
auf einem chius. Ziegel. Der Sclavenname, lat. Dama, urspr.
wohl „Reh, Gazelle" (W. Mohr Quaestiones gramm. ad cogn.
Romana pertinentes p. 11; doch s. auch II, 172, n. 142) ist
bekannt; der Familienname des Herrn velce ist sonst aspirirt
velxe, Genit. velxes', vel^esa u. s. w. (0. Müll. 11^, 417 u.
471).
5) pupli : petinates' : lautni
eigne Copie einer chius. Urne; der dazu gehörige Ziegel hat
pupli I petinate[s'] | lautni
Der aus dem Lateinischen entlehnte Vorname pupli=Publius
begegnet auch in der bilinguis F. 1496 a u. b, sowie wahr-
scheinlich F. 470. Der Name des Herrn, urspr. Beiname, pe-
tinate bezeichnet eigentlich einen Einwohner einer Stadt *Pe-
tinum oder Petina (0. Müll. 11^ 440) und kommt nicht sel-
ten vor.
6) auliu : camarines' ] lautni Bull. 1874 p. 14
auf einer chius. olla einer., in lett. nere. Der Name auliu
ist durch die wahrscheinlich deminutive etr. Endung -iu von
aule gebildet wie arntiu, lartiu von arnt, lart, auch arn-
ziu von arnza, doppelt deminutiv wie arnzle (0. Müll. 11^,
475); doch s. II, 174, n. 161. Der Name des Herrn camarine
ist wieder ein Ethnikon, entsprechend dem lat. Camarinus
(Val. Max. VI, 5, 1) oder Camerinus (Beiname der gens Sul-
picia Liv. III, 31 fin.) von der umbrischen Stadt Caraerinum
(noch jetzt Camerino), ursp. wohl ein castellum, wie Ameri-
num neb. Ameria, oder von der latinischen üameria, vgl.
Heber das etrusk. Wort lautni. 29
noch die umbrischen Caraertes und den alten Namen von
Clusium Camars (0. Müll. P, 96), auch das sicilische Kaf.ia-
QLva. Eine Inschrift bei Muratori hat Camarina-cliber-
ta-Aprulla (1145, 5); im C. I. L. V kommt ömal der Gen-
tilname Camerius vor. Etruskisch ist camarine ursprüng-
lich auch Beiname und erscheint im Genit. camarinesa bei
einem tlesna (0. Müll. ll\ 486; F. 730); auch das Femin.
caraarinei kommt vor (F. 508). Von einem chius. Ziegel
habe ich copirt aule camarin | u.s.w.
7) veluanis'laul tni F. 1392
rohe Urne von Perugia; nach Conest. Monum. d. Palazz. p.
128, n. 233 ist noch der Trennungspunct nach anis erhalten.
Die Ableitung velu vom Vornamen vele scheint ein drittes
etr. Kosesuffix -u zu enthalten, vgl. aulu von aule, vielleicht
öepru von öepri (=r Tiberius); velu selbst erscheint als
Vorname F. 2327 bis (s. Corssen II, 633). Ausfall eines i ist
nach den etr. Lautgesetzen nicht recht wahrscheinlich, doch s.
II, 174, n. 161. Der männl. Gentilname ani erscheint auch F.
S. S. 60, Genit. anis F. 1601 (nach Vermiglioli's ohne Zweifel
richtiger Lesung) u. s. w.; die gewöhnliche Form ist anie (0.
Müll. 112, 471.2).
8) le6e ucrislanes lautni F. S. S. 66
eingeritzt auf einem chius. ossuar. di terracotta. Der Name
leöe kann das griech. yüj&og sein, schon im Homer Name ei-
nes pelasgischen Fürsten (II. B 843, s. 0. Müll. P, 88, n. 53),
vgl. II, 175, n. 174; es ist aber auch ein häufiger etr. Fami-
lienname mit einer Reihe von Ableitungen, bisweilen auch un-
aspirirt (0. Müll. IP, 416), und es könnte, nach römischer
Weise, der Freigelassene den Familiennamen des Herrn ange-
nommen haben, wofür unten andere Beispiele vorkommen wer-
den. Dazu stimmt, dass ucrislane wieder ein Ethnikon und
eigenthch Beiname ist — lat. Ocriculanus, von der umbr.
Stadt Ocriculum oder Ocriculi, 'Ox^/jcAot, vgl. über die
Assibilirung des c 0. Müll. IP, 430. Es könnte also der Herr
leöe ucrislane d. h. „Lethe aus Ocriculi" geheissen haben.
Die sonstigen Stellen, wo ucrislane vorkommt, s. F. Gl. col.
1980 u. 2109. Das Femin. leOia kommt zweimal als Name
einer Freigelassenen vor (s. unten n. 58 u. 59), und beide In-
schriften stehen mit der eben entwickelten Auffassung nicht in
Widerspruch, da in beiden nur der Vorname der Herrschaft
30 W. Deecke
angegeben ist. Dagegen erscheint leöe allerdings in n. 38 als
Name eines Freigelassenen neben einem andern Herrennamen.
9) 6ansi : vipis' : lautni F. 778
olla sepulcr. von Chiusi, aus Pasquini's Heften. Fabretti's Con-
jectur 6ana, schon wegen der männl. Form lautni unwahr-
scheinlich, wird widerlegt durch das mehrfache Vorkommen
eines männlichen Gentil- oder Beinamens Öansi, Genit. 6an-
sisa, grade in Chiusi und Umgegend (F. 8G7 ter 1 u. Gl. col.
2072), nebst der Ableitung 6ansina (eig. Cop. aus Orvieto),
weibl. 6an Sinei (2mal). Ja, ein Freigelassener oder Sclave
scheint auch auf dem chius. Ziegel F. 836 (t. XXXH) Öansi
zulx^^is bezeichnet zu sein. Vielleicht ist identisch 8asi,
Gen. öasisa, abgeleitet 6as'ini (s. unten n. 13) mit ausge-
stossenem n (0. Müll. H^, 434 ff.). Der Name scheint echt
etruskisch, und mag mit 6ana verwandt sein, vgl. vel-si ne-
ben vele, num-si neben numa (ebdt. H^, 463).
10) atale : vilias : lautni : F. 596, t. XXX
auf einer chius. olla fict. , jetzt im Florent. Museum (Conest.
Inscriz. Etr. di Fir. t. VH, 28, p. 29). Das etr. atale ist =
gviech. '!ATtalog ; auch lat. ist Attalus als Beiname und Scla-
venname nicht selten (s. die Indices zum C. I. L.). Das Femin.
atali habe ich F. 1364 hergestellt (II, 171, n. 116). Der Name
der Herrschaft sieht zunächst weiblich aus: da aber die sonst
immer vorkommende vollere Genitivform viliasa an allen 4
Stellen (F. 1011 bis a, f, h u. P. S. 215) besser männlich zu
deuten ist, und als weibliche entsprechende Form viliania er-
scheint (F. 1011 bis d u. g), Beiname der seianti, so wird
auch an obiger Stelle besser ein männlicher Gentil- oder Bei-
name vilia angenommen, vgl. den etr. Namen des Zeus tinia
u. 0. Müll. IP, 376, 473 u. 489.
Der bisher betrachteten Form von Grabschriften Freige-
lassener gehören nun mit mehr oder weniger Sicherheit noch
eine Reihe anderer an, bei denen das Wort lautni zu latni
verdünnt, abgekürzt geschrieben, verstümmelt (0. Müll. I^, 505;
IP, 371) oder sonst irgendwie entstellt ist.
11) arnziuslaiGesZatni F. 1508
auf dem Deckel eines perusin. ossuar. (Conest. Mon. d. Palazz.
p. 135, n. 244). Das doppelte Deminutiv arnziu ist bereits
erwähnt worden (n. 6). Mit obiger Grabschrift ist auch die
der Frau des Freigelassenen gefunden fjana : arz lud puia
lieber das etrusk. Wort lautni. 31
F. 1507 (bisher falsch arznis' gelesen), die wohl selbst auch
Sclavin gewesen war, da sie nur mit dem Vornamen bezeichnet
ist. Die Verkürzung arzius entspricht der von arza (F. 1425)
statt arnza. Ein Sohn Beider ist wohl arnza : arnzius |
slaiOes' F. 1511, worin slaifJes auch auf den Freigelassenen
übergegangener Familienname des Herrn sein kann, s. oben n. 8.
Der Genitiv silai6es' (wohl mit eingeschobenem i 0. MülL IP,
357) findet sich als Gattenname F. 1648, auch aus Perugia.
12) lecusti'caspres-latni F. 1218
ebenso (Conest- ebdt p. 158, n. 283). Schon II, 175, n. 175
habe ich die Vermuthung aufgestellt, dass lecusti = ytr/vatiog
(Steph. Byz.) einen „ligurischen" Sclaven bezeichne, und dazu
stimmt, dass der männl. Familien- oder Beiname lecstini (F.
651, nicht lesstini, s. t. XXXI), lecstini (F. 1671, t. XXXVII,
nicht lecskini), mit eingeschobenem oder umgesetztem u lec-
sutini (F. 172, t. XXII) von Aiyvotlvog abgeleitet zu sein
scheint, vgl. 0. Müll. IP, 348 (auch n. 42) u. 357. So finden
sich auch lat. die Beinamen Ligus (EUendt de cogn. et agn.
Rom. p. 6; Wilm. I. L. n. 889; vgl. etr. lecu u. lecs), Li-
gurius (Wilm. n. 1319) u. Ligustinus (Ell. p. 79; C'l. L.
V, dreimal). Der Anklang an den Namen lecetis der Fami-
lie, in deren Grab die Aschenkiste gefunden wurde, ist wohl
zufällig; über lecusta s. unten n. 81. Der Name des Herrn
caspre ist ein häufiger etr. Familienname (F. Gl. col. 797
U.S.W.) und hängt wohl mit dem Beinamen caspu zusammen;
in lat. etr. Inschriften erscheinen casperius und caspo; er-
steres kommt auch sonst als lat. Gentilname vor, und sicher-
lich verwandt ist der Name der sabinischen Stadt Casperia
(0. Müll. 11^ 346). Andrerseits scheint im perusinischen Grabe
der caspre der Genitiv des Mutternamens casprial einmal
lat. durch scarpia- na tus übersetzt zu sein (F. 1183), also
mit kühner Metathesis.
13) ane-6asini | latni F. 131; Gh col. 624
auf einer urna in Florenz. Das i ist verkürzt, kann aber nicht
anders gelesen werden. Es ist dann ane der auf den Freige-
lassenen übergegangene, nicht seltene, etr. Familienname des
Herrn, und Oas'ini ein Beiname, von Oasi (s. n. 9) gebildet,
wie Öeprini von Öepri, ceisini von ceisi, lecstini von
lecusti u. s. w. (s. n. 12 u. 0. Müll. IP, 459). Das Femini-
num dazu scheint erhalten in 6as'nias' (F. 1958, t. XXXVIII),
32 W. Deecke
mit ausgestossenem i (statt 6asna F. 508 lese ich hastia).
Der Name des Herrn fehlt also in obiger Inschrift ganz, s. an-
dre Beispiele unten u. gleich n. 14.
14) autu-vipli-lautni F. 1869, t. XXXVII
auf einem perusin. operc. ossuar. Hier ist au tu der Sclaven-
name, vielleicht = gr. ^Avxayv (II, 174, n. 1G2), vgl. lat. Au-
to nis f. von einem Beinamen Auto C. I. L. V, 7480; auch
C. Autus Narcissus ebdt. 3500. Vipli ist häufiger etr. Gen-
tilname = lat. Vibilius, hier auf den Freigelassenen überge-
gangen. Diese Deutung wird sicher durch die Grabschrift der
Frau hasti : autus' : viplis : puia F. 1587, t. XXXVI, wohl
nur zufällig von obiger getrennt; der blosse Vorname scheint
die Frau auch als Freigelassene zu kennzeichnen.
15) papi-plan ( cur | lautni F. 195, t. XXIII
auf einem Ziegel im Florent. Museum (Conest. p. 137, t. XLV,
157). Die Nebenstriche des i scheinen zufälhge Ritze; papi
findet sich wieder auf der berühmten campanisch-etrusk. Gold-
münze mit vel z papi, wahrscheinlich „Vele Papi, Sohn des
Z . . . ■" (Deecke Etr. Forsch. II, p. 5 u. 96), osk. paapi,
paapii, lat. Papius, vgl. den Beinamen etr. papa, lat. Pa-
pa, Pap US u. s. w. Der zweite Name ist wohl abgekürzt für
plancures', Genitiv des Beinamens des Herrn (s. n. 8), vgl.
plancure als etr. Beinamen F. 194 (t. XXIII, bisher falsch
gelesen plancuncire st. plancure n c, vielleicht numas'
clan) u. 682, ebenso weibl. plancuria F. 678; in F. 196
(Gl. col. 1407) ist neben plancure der Familienname ausge-
fallen.
16) seOras' : lauöni
So ist herzustellen aus . . . s'ectras' : lau'ni auf einer Tra-
vertinurne von Chiusi (Bull. 1874 p. 215, n. 28 nach Vitt.
Poggi), von Corssen II, 593 zu lau[t]ni ergänzt; aber in
Migliarini's tesoro 607 a (daraus Conest. p. 267, n. 47 u.
F. 648 bis) steht, mit irriger Weglassung der den unleserlichen
Anfang bezeichnenden Puncto, s'ectras' : lauctni, wonach
beidemal das 0 als et verlesen ist, s. 0. Müll. 11^, 397, n. 114.
Der Name des Freigelassenen ist verloren, s'eöras' ist der Ge-
nitiv des Vornamens seiner Herrin.
17) plautes lautni F. 686
gemalt auf einem chius. Aschengefäss von Terracotta (Mus.
Chius. p. 87, n. 55 u. p. 220, n. 57). Auch hier fehlt der Name
lieber das etrusk. Wort lautni. 33
des Freigelassenen; p laut es' ist Genitiv des Beinamens des
Herrn, häufig in der Familie der pumpu, lat. etr. p lau tu 8,
plotus (0. Müll. 112, 371),
18) Bep.u-clantial-autwi F. P. S. 354
unsicher überliefert von einem perusin. ürnendeckel (Conest.
Mon. Perug. IV, 355, n. 488 = 816). Im Anfang ist 8ep[r]u
oder 6ep[ri]u zu ergänzen, s. n. 6 u. 7, Deminutiv vom Vor-
namen Öepri = lat. Tiber ins (0. Müll. P, 460); am Schlüsse
ist das n wohl sicher, und dann leicht [IJautni zu ergänzen,
so dass clantial Genitiv des Gentilnamens der Herrin ist, aus
einer weitverbreiteten Familie (ebdt. 503; IP, 389).
19) larO: \ aules | latn F. 1031 bis, t. XXXV
auf einer Aschenurne von Cortona (aus Conest. Spicil. pr. p.
19, nach Sergardi), das erste Wort links vom Beschauer ab-
wärts , das zweite oben , das dritte , offenbar dem ersten sym-
metrisch abgekürzt, rechts. Hier ist aules' Genitiv des Vor-
namens des Herrn ; der Familienname ergab sich ohne Zweifel
aus den übrigen Inschriften des Grabes.
20) ap^uni I cumeres I lau F. S. S. 25
auf einem Ziegel von Chianciaüo (Gamurr, Bull. 1874, p. 14;
Brogi las apiuni). Auf der dazu gehörenden Urne ist nur
ap^uni cum erhalten (ebdt.). Die Lesung mit 1 ist schon als
die vollständigere wahrscheinlicher und wird bestätigt durch F.
580 16 : apiuni : ramöastia^lu, ohne Zweifel auch Grab-
schrift eines Freigelassenen, da ii&zw. = *0taffwy von Olaaog
sein wird, vgl. lat. Thiasus, Tiasus als Beiname und Name
von Freigelassenen (Wilm. I. L. Index II, p. 399). Der Sclave
hiess !A7toXlwviog (s. II, 171, n. 115), mit dem Beinamen *0ta-
aiüv, seine Herrin mit Vornamen ramöa; bei seiner Freilassung
nahm er den Vornamen lar6 an und machte apiuni zum Fa-
miliennamen. In der obigen Inschrift dagegen ist apiuni ein-
ziger Name des Freigelassenen geblieben. Der Name des Herrn
cum er e ist nicht selten, s. 0. Müll. II 2, 450. Eine dritte In-
schrift mit apiuni, gleichfalls von einem libertus s. unten n.
33. Der Genit. fem. aplunias = lArcolXwviag begegnet F.
2095 quater; andere Stellen sind unsicher (F. 1570?). Latei-
nisch ist Apoll oni US, -ia als Sclaven- und Freigelassenen-
Name häufig, s. die Indices zum C. I. L.
21) cai pumpual 1 F. 1626, t. XXXVH
auf einem perusin. Sargdeckel „Gajus, Freigelassener der Pum-
Beiträgez. Kuade d. ig. Sprachen. JII. g
34 W. Deecke
pui(a)". Unten werden wir noch mehrere Beispiele der Abkür-
zung von lautni zu blossem 1 finden, vgl. c = clan (Sohn),
s = sex (Tochter) u. s. w.
22) aepva papasla lavti Co. 1, 976
roth gemalt auf einer Aschenkiste von Chianciano. Nach Cors-
sen's eigener Bemerkung steht eigentlich aepvr geschrieben, und
dazu stimmt, dass F. S. S. 20 offenbar dieselbe Inschrift, lücken-
haft, als a pvr-papas'a (ohne lavti) giebt. Da nun eine der
im selben Grabe gefundenen lateinischen Inschriften thanna
naeipurs lautet (Co. I, 977 = F. S. S. 21), so ergänzt sich
mit Sicherheit
[n] a e p V r • p a p a s 1 a • 1 a V t M [i]
als Gatte der thanna. Das v steht beidemal statt u, durch
römischen Einfluss. Der Freigelassenen-Name naepur = lat.
*gnaevipuer (Dativ naepori C. I. L. I, 1539 e) bestätigt
aufs glänzendste die Deutung von lautni; vgl. lat. etr. o 1 i-
por = Auli puer F. 2011, wahrscheinlich etr. aulup[ur]
F. 1919 (s. Addit. Gl. col. 2052) u. caipur F. 1488, t. XXXVI.
Corssen's u. meine bisherigen Vermuthungen über aepva (0.
Müll. II 2, 384; Bezz. Ztschr. II, 174, n. 154) fallen hiermit weg.
Papasla, wohl richtiger als papas'a, ist Genitiv des Beina-
mens des Herrn, papa, s. n. 15 und wegen des -la 0. Müll.
112, 444 u. 491.
23) elmutie latn F. Terzo S. (App. Epigr.)
gleichfalls vorn und hinten verstümmelt; vielleicht [v]el-mu-
tie'latn[i], worin mutie auf den Freigelassenen übergegan-
gener Familienname des Herrn wäre, vgl. eine Reihe Gentilna-
men vom Stamme mut- F. Gl. col. 1202, darunter das ent-
sprechende Femin. mutia, Gen. mutias', lat. Mutius, dazu
der Beiname Mutienus (C. I. L. I, 1455); vgl. n. 92.
Erweiterungen des bisher betrachteten Schemas bieten fol-
gende Inschriften:
24) vGTaufe-upelsis' | lautni F. 1723
auf einer Aschenurne von Perugia. Hier ist raufe,— lat. Ru-
fus (0. Müll. II 2, 371), der frühere Rufname des Sclaven, dem
Freigelassenen als Beiname geblieben; upelsi ist Gentilname
des Herrn, auch sonst nicht selten (0. Müll. IP, 448), vgl. noch
in einer lat. etr. Inschrift den Beinamen Obelsianus (Ver-
migl. Inscr. Perus, p. 32, n. .36).
25) cai : creice | Öurmnas* lautni* F. 1338
üeber das etrusk. Wort lautni. 35
auf dem Deckel einer perus. Aschenkiste aus dem Grabe der
8urm(a)na, lat. etr. thormena (0. Müll. IP, 341). Der
Beiname creice ist = Graecus, FQulxog, s. II, p. 172, n.
129, und kommt auch sonst vor; ja im Genit. viell. craicesa,
s. Co. II, 586.
26) ve : fulu | ucrs : lautni F. 602, t. XXXI
chiusin. Ziegel, lieber den Beinamen fulu, auch hulu = lat.
Fullo(?) s. 0. Müll. P, 501; IP, 422. Der Name des Herrn
lautet F. 895 bis ucar (Beiname), im Genit. auch ucrsa F.
606 und ucurs F. 761, vgl. noch ucrislane (n. 8) u. uciri-
nei (0. Müll. IP, 346 u. 354), sowie lat. Ocresia oder Ocri-
sia, die Mutter des Mastarna.
27) laxu öefris I spurinas lau F. 1896, t. XXXVII
columna sepulcr. aus Perugia. Die Ergänzung zu lau[tni] ist
zweifellos, s. n. 20; la^u, Rufname des einstigen Sclaven, ist
Vorname oder = Aäv.a}v, lat. Laco (0. Müll. P, 465; Bezz.
Ztschr. II, p. 175, n. 173). Hier ist dem Gentilnamen des
Herrn spurina (0. Müll. P, 469-70) dessen Vorname Öefri
beigefügt. Ebenso :
28) la-velus tins- | lautni- F. 1509
operc. ossuar. aus dem Grabe der tins' zu Perugia (F. 1341-
58), vgl. den gleichen Genitiv velus'-tins'- F. 1347; la ist
= larö.
29) capiu ! ranazu|sautles'|lautni F. 796, t. XXXII
chiusin. Travertincippus. Der Sclavenname capiu ist griech.
Kaniwv, Krjjtiwv, viell. lat. Caepio (?), s. II, p. 171, n. 125.
Im Folgenden theile ich ranazus autle s': ersteres ist Fami-
lienname des Herrn, s. ranazu F. 692 bis, ranazusa F.
1720 u. s. w. (0. Müll. IP, 466), auch Beiname (weibl. rana-
zu n i a Co. II, 586) ; letzteres Beiname des Herrn, vgl. anwies'
F. 1845. Es verhält sich zu autu (n. 14) ähnlich wie arntle
zu arnt, leucle zu *leuce u. s. w.
30) vd-sapu-au-1 F. P. S. 170 b
kleine Thonurne von Chiusi. Die Ergänzung 1 [autni] ist sicher,
wie in n. 21; sonst stimmt die Anlage zu n. 24-6, da sapu —
gr. 2(x7tiov ist (II, p. 173, n. 139), nur dass der Vorname des
Herrn au = aules' angegeben ist, wie in n. 19.
31) DQ causus /ar6 cav lautni Co. I, 1009
Aschenkiste im Brit. Museum. Die Interpunction ist von Cors-
sen nicht angegeben, aber die Abtheilung unzweifelhaft. Er
3*
36 W. Deecke
deutet cav als cav[le] und zwar als zweiten Familiennamen;
die Abkürzung erklärt sich aber viel leichter, wenn es denselben
Namen wie causus enthält, wie denn Corssen selbst (I, 965)
eine chius. Buccheroschale mit aule cavsusle anführt, und in
den verwandten Namen der Stamm bald als caus-, bald als
cavs- erscheint (0. Müll. IP, 386). Da das schliessende s von
causus wohl stammhaft ist, so muss der Genitiv *cavsusal
gelautet haben, s. ves'usal F. 2554 quat. u. Etr. Forsch. I, p.
49 ff.; 0. Müll. IP, 493. Ebenso ist larö abgekürzt für lar-
6al. Wir haben dann hier den sichern Beweis, dass, wie oben
bereits mehrfach vermuthet ist, auch bei den Etruskern der
Familienname des Herrn auf den Freigelassenen überging. Vgl.
noch lat. Causius (Cosius), Causo, Causonius (Ind. zum
C. I. L.). Meine Zusammenstellung von causus mit gr. yav-
ffog II, p. 175, n. 168 würde dann hinfällig.
Vielleicht konnte auch die Witwe dem Freigelassenen den
Gentilnamen des verstorbenen Mannes geben, s,
32) 16 : arntni : creice : veizial : 1 F. 593
operc. ossuar. von Travertin aus Chiusi, verglichen mit laröi :
veizi : arntnisa : F. 759, ebendorther. Es ist wohl kaum
ein Zweifel übrig.
Endlich gehören noch einige arg verstümmelte Inschriften
mit nachgestelltem lautni hierher:
33) apluni r6 Hv^tni F. 1567, s. n. 20.
34) cae 0....S laröal- lavtn^ F. 2629, t. XLIV
Stein unbekannten Ursprungs. In z. ...^ steckt wohl der Ge-
nit. des Gentilnamens des Herrn, etwa z[etna]s; der Vorname
wäre dann nachgestellt.
35) e I rjii t... | calisus-lautw« F. 1960
arca iict. von Perugia (bisher lauts' gelesen). Der Gentilname
des Herrn calisu, verwandt mit calisna, -ni u. s. w., bildet
im Femin. calisunia (0. Müll. II 2, 464-5 u. 478).
In einer zweiten Gruppe von Inschriften geht lautni dem
Namen des Herrn oder der Herrin voran. Den üebergang bildet:
36) lautni F. 1500
larsiu- varnas-
operc. einer perus. Urne, Das Deminutiv larsiu ist vom Vor-
namen laris gebildet, wie arntiu von arnt u. s. w., s. n. 6
u. 0. Müll. P, 464; doch vgl. Bezz. Ztschr. II, p. 175, n. 172.
Der Name des Herrn varna ist häufig.
Ueber das etrusk. Wort lautni. 37
37) lar6 lautni pinas Co. I, 968
schwarz gemalt, auf einer chius. Aschenkiste. Die Interpunction
fehlt, wie immer bei Corssen. Der zum männlichen Gentilna-
men pina gehörende weibliche pinei findet sich F. P. S. 149,
der Genit. pinal Co. I, 1008.
38) leOe lavtni i herines F. 559, t. XXX
chius. Grabziegel, s. über leöe n. 8; herine ist sehr häufiger
etr. Familienname (0. Müll. IP, 366).
39) certu : lautni | tlesnas F. 546, Gl. col. 1826
desgl.; certu ist = KeQÖwv, lat. Cerdo, s. II, p. 172, n. 126
und die Indices zum CLL.; tlesna ist gleichfalls häufiger
etr. Gentilname.
40) cae- lautni : culteces F. P. S. 179 bis b
roth gemalt auf einer chius. Urne von terracotta; vgl. cult[e]ce
auf einem Ziegel von ebdt. (eigne Copie), cultana u. s. w. (0.
Müll. IP, 438).
41) veMatni-velus- F. 1498
eingehauen und roth ausgemalt auf einem perusin. Sargdeckel.
Hier steht nur der Vorname des Herrn, den der Freigelassene
wohl von demselben angenommen hat.
42) larö : lautni : | pe/ias : F. S. S. 64
chius. Grabziegel; dazu olla einer, mit schwarzgemalter ver-
stümmelter Inschrift:
la- lautn | pecia ib. 63
zu ergänzen la-lautn[i] | pecia[s]. Der weibh Gentilname
pecia, aspirirt pexia (0. Müll. IP, 414), ist verwandt mit
pacials (F. 2365), peciania (F. 903), pacinei, pecniu.s.w.
(0. Müll. II 2, 335), vielleicht ein Beispiel des Umlauts von a
zu e durch ein i der folgenden Sylbe (ebdt. 363). Ueber den
weibl. Genitiv auf -ias s. 0. Müll. IP, 492.
43) cel : autni parstial F. P. S. 246
Deckel eines chius. ossuar. silic. nach der sehr unsichern Copie
von Brogi. Ich vermuthe:
ve\ : [Ijautni : Parstial
s. 0. Müll. 112, 405, n. 128a u. 371; doch vgl auch perstiesa,
prestiesa (ebdt. 364). Jedenfalls ist das letzte Wort Genit.
des Gentilnamens der Herrin.
Weitere Zusätze finden sich bei:
44) tlapu : lautni : capznas' : | tar/isla : F. 1662
arcula fict. von Perugia. Hier ist dem Gentilnamen des Herrn
38 W. Deecke
capzna, der nicht selten ist, noch der Vorname taryi (0.
Müll. I^, 470) beigefügt, und zwar mit der doppelten Genitiv-
endung -sla (ebdt. II^, 444 u. 491). Der Name des Freigelas-
senen tlapu ist ein echt etr. Beiname, mit verschiedenen Ab-
leitungen, darunter auch mit Umstellung talpiu (vgl. zur En-
dung auliu neb. aulu), so dass tlapu zu talape (F. 446)
für *talpe sich verhält, wie aulu zu aule u. s. w. Lat. etr.
Thalpius, Tlabivia, Tlabonius u. s. w. (0. Müll. II», 355),
lat. Talpius, Talponius (Indices zum C. I. L.). Aehnlich,
aber mit vorgesetztem Vornamen des Herrn:
45) haspa-lavön. ] lö'clates F. 170, Gl. col. 861
Grabziegel im Florent. Museum. Da nach meiner eigenen An-
schauung hinter lavön ein Buchstabe zerstört ist, ist wohl si-
cher lavönfi] zu lesen. Der Name des Herrn clate, vielleicht
für clante, kommt auch sonst vor (0. Müll. H 2, 389), s. n. 18.
Der Name des libertus haspa erinnert an griech. '^^Trag (II,
p. 175, n. 167), vgl. lat. Aspasius (C. I. L. III, 633), doch
könnte er auch echt etruskischer Beiname sein ; vgl. noch den
Genitiv aspesa F. 440 ter c.
46) ^lunice : lautni : helu : alfnis Bull. 1874, p. 14
roth gemalt, auf einem chius. ossuar. v. terracotta, aus dem-
selben Grabe, wie n. 2 u. 3, und denselben Herrn nennend.
Weniger wahrscheinlich hat F. S. S. 41 ilunice und alfnis.
Der Sclavenname ist = gr. Otloviytog oder Ilo?.vviy.og , IIolv-
vsUrjg (II, p. 172, n. 134), vgl. lat. Philonicus, Pilonicus und
Polynices (Ind. zum C. I. L.) ; ich möchte mich jetzt für Erste-
res entscheiden. In helu möchte ich, trotz der auffälligen
Stellung, einen etruskischen Beinamen des Freigelassenen sehn,
der sich zu hele (F. Gl. col. 567 ff.) verhält, wie aulu zu
aule u. s. w. Das Wort kommt nur noch einmal (F. 1914
A 21) in unklarem Zusammenhange vor, aber es bildet eine
Reihe abgeleiteter Gentilnamen, wie helusna, helvasi u. s. w.
(0. Müll, m, 387).
47) au'aulu'lautni'larcial F. 1026 bis
Thonurne von Cortona, schwarz aufgemalt. Hier hat der Bei-
name aulu seine richtige Stellung. Etymologisch ist er ent-
weder Ableitung von aule (s. n. 7) oder = gr. u^vlcov, AvX(äv
(II, p. 174, n. 161), vgl. lat. Aulonis f. C. I. L. V, 4731.
Der Name der Herrin larci(a), eher Gentil- als Vorname, ge-
hört einer weit verbreiteten etr. Familie an (0. Müll. P, 462).
lieber das etrusk. Wort lautni. 39
48) 1-pupuni I lautni ) anainis \ verus F. 249
Marmorurne im Flor. Museum. Der Name des Herrn anaini
ist sehr häufig, veru ist Beiname, vgl. veras' (F. 872, Genit.)
und den Gentilnamen veratru (0. Müll. TP, 444). Der Name
des Freigelassenen pupuni für pumpuni (0. Müll. II 2, 435),
lat. etr. Pomponius, stammt vielleicht vom Gentilnamen der
Herrin , welcher der Sclave eigentlich gehörte , und nach deren
Tode der verwitwete Gemahl ihn freiliess. Wir hätten also den
umgekehrten Fall, wie in n. 32.
"Wir kommen nun zu der weiblichen Form lautnita
u. s. w. und betrachten die Inschriften in gleicher Gruppirung,
zunächst :
49) setria-velci^ial | lautnita F. 208, t. XXIII
roth gemalt, urna fict. im Flor. Mus. (die Lesung velcinal ist
falsch). Ueber den Vornamen setre, weibl. setrias. 0. Müll.
P, 469; über die Endung -ite, weibl. -iti(a) ebdt. IP, 441.
50) velia tutnal | lautnita F. 270, t. XXIII
Grabziegel im Florent. Mus. Das verstümmelte Zeichen hinter
lautnita ist wohl ein zufälliger Riss. Der Name tutna,
weibl. tutni(a) ist sehr häufig (0. Müll. II 2, 337).
51) Öana punp|nas' lautniöa Co. I, 969
Travertin-Aschenkrug von Chiusi, die Buchstaben eingeritzt und
roth gemalt. Punpna steht wohl für *pumpuna (0. Müll.
II 2, 334 u. 434); den Genitiv in vollerer Form enthält die gleich-
zeitig gefundene Inschrift der Gattin Öanavetia punpnasa.
52) <pil*«tis : serturus : latittiita. F. 1773 = 711
gemalt auf einer Thonkiste, wahrscheinlich aus Chiusi, die, eine
Zeitlang in Florenz, später in Perugia war, daher in verschie-
denen Copieen überliefert. Die Ungenauigkeit der Lesung 9 i :
lotis bei Lanzi ergiebt sich von selbst; lautnita ist erschlos-
sen aus den beiden Ueberlieferungen lartnata und lautma.
Der Sclavinname cpilutis = gr. ^iXioTig, Oilwxig (II, p. 173,
n. 145), kommt auch lat. vor Philotis (C. L L. V, 1422).
Serturu ist häufiger etr. Gentilname (0. Müll. IP, 452).
53) velicu I larist?" al lautn[i]16a F. 814 bis
chius. Grabziegel. Die Abschrift von Mazzetti in Migliar.
tesoro 528a bei Conest. Insc. Flor. p. 267, n. 45 enthält zwei
Ungenauigkeiten, p statt i (oder e?) und Mangel des [i], deren
Aenderung wohl sicher ist, s. noch De ecke Etr. Forsch. I, 57,
n. 138. Das i in larist/al neben Zarstial (n. 43) ist eupho-
40 W. Deecke
nisch eingeschoben, s. 0. Müll. II 2, 356. Der weibl. Vorname
oder Beiname velicu scheint von velia ebenso abgeleitet, wie
öanicu (F. 721 bis c, t. XXXII) von öania, s. 0. Müll. II^
480; doch s. Bezz. Ztschr. II, p. 174, n. 165.
54) laröfa-s'alvis-lautn F. 1733
perus. Kistendeckel. Die Ergänzung lautn[ita] oder lautn[i9a)
ist sicher; s'alvi, lat. etr. Salvius ist häufig (O.Müll. P, 491;
IP, 384); vgl. n. 71.
Erweiterungen finden sich in :
55) 6 a na : titi : vescu|s' : lautniOa F. S. S. 46 •
eingeritzt in einen chius- Ziegel. Hier könnte ein ähnlicher
Fall vorliegen, wie in n. 48, aber wahrscheinlicher stammt titi
vom Gentilnamen des Herrn, dessen Beiname vescu war,
vgl. weibl. titia-vescunia I cavslinis F. 928 u. 0. Müll. II 2,
474 u. 478; P, 501. Dann enthält die leider im Anfang ver-
stümmelte Inschrift F. S. S. 47 . . . . laOi : heli : vescusa
den Namen der Gattin des titi'vescu.
56) sleparis' : alfnis : 1 : | a/lesa F. 134, t. XXII
Ziegel im Flor. Mus., selbst revidirt. Den Namen sleparis
führt auch eine Nymphe auf einem Spiegel (F. 2513), und ich
habe ihn identificirt mit gr. KlaOTiaxQis (II, p. 172, n. 141),
wie denn vielleicht oben cleparis' zu lesen ist (s'leprnal F.
259 bis ist unsicher abgetheilt und von zweifelhafter Echtheit);
vgl. noch lat. etr. clepatras F. 975 (clepatra F. 1056 bis a
scheint unecht) und lat. Cleopatra als Name von libertae
(Ind. zum 0. I. L.). Ebenso ist axle, Name des Gatten der
sleparis, griechisch, = IdxLllevgy s. II, p. 171, n. 117 u. p.
165, n. 41; vgl. lat. Achilles als Name von liberti (Ind. zum
C. I. L.). Demnach trage ich kein Bedenken, 1 als Sigle für
lautnita oder -iöa zu erklären, s. n. 21 u. 32.
57) .a'cutnal lautniöa | — rnasa
chius. Ziegel, eigne Copie. Vorn ist wohl sicher [l]a* = lar-
6ia zu ergänzen; der, auch hier am Schlüsse angefügte, Name
des Gatten im Genitiv mag [vis'cjenasa gelautet haben, da
weiter unten auf dem Ziegel ar'vis'jcena steht, vgl. visce,
weibl. V i s c i (a) , v i s c e n e i als Bei- und Familienname 0. Müll.
P, 500. Auch cut(a)na, weibl. cutn ei ist nicht selten (ebdt.
\\\ 336).
Die zweite Gruppe, bei der lautnita vor dem Genitiv
steht, umfasst folgende Inschriften:
lieber das etrusk. Wort lautni. 41
58) leeia^lautniöa-arntis F. 650 bis
chius. Aschengefäss. Leöia ist Femin. zu leöe, s. n. 8; arn-
tis ist ungewöhnlicher Genitiv statt arntal, arnöal, wie
laröis (F. 1864) statt laröal, vielleicht latinisirt (0. Müll.
IP, 489) , doch will ich nicht verhehlen , dass mir jetzt beide
Lesungen zweifelhaft geworden sind, diejenige obiger Inschrift
wegen der möglichen Identität derselben mit der folgenden:
59) leöia lautniöa arntial Bull. 1874, p. 15
desgl. (das r ist zu p verstümmelt; Corssen I, 959 giebt irrig
leöial).
60) laröi -lautniöa | petrnas F. 1663, t. XXXVII
Grabziegel von Perugia. Das t ist zu i verstümmelt; statt des
s hat Vermigl. Inscr. Perus, p. 324, n. 24 ein t, ich vermu-
thete daher petrna^; doch findet sich neben dem gewöhnlichen
petr(u)ni, weibl. petr(u)ni(a) = lat. Petronius, -nia,
allerdings auch F. 439 ter ein femin. petrunai, ein masc.
*petruna voraussetzend; vgl. noch neben einander Oeprina
und Öeprini, steprna und steprni u. s. w. (0. Müll. II»,
452-3 u. n. 230).
61) tretnei | lautniöa | seiantial F. S. S. 48
eingeritzt auf einem chius. Ziegel. Der Name der Herrin sei-
anti(a) zum masc. seiante ist sehr häufig; tretnei ist viel-
leicht = trenOinei (F. 1182, s. 0. Müll. IP, 419, n. 163),
und dies könnte eine „Tarentinerin" bezeichnen, vgl. lat. Ta-
rentinus als Name eines libertus (I. R. N. 2903); doch vgl.
auch lat. Tertinius, -inia (Ind. z. C. I. L.), Letzteres eine
Freigelassene bei Wilm. I. L. n. 249.
62) laröi- lautniöa j ^jresjnts F. 250, t. XXIII
Darunter halb lat. laröi* lautwi^a | praesentes, Grabziegel
des Florent. Museums. Das etr. p vor dem latein. von prae-
sentes ist offenbar verschrieben; die Ergänzungen sind sicher,
wenn auch lautnita (im Text nur lautnit) sehr zusammen-
gedrängt und verstümmelt ist; eine fünfte Zeile enthält noch
etr. Öi mit kleineren Lettern, unklarer Bedeutung. Pres'nte,
presnte ist ein häufiger etr. Gentilname; in praesentes sind
beide ursprüngliche e erhalten, s. 0. Müll. IP, 341 u. 348 ; lat.
Praesentius (C. L L. V, 4097).
63) piuca-lautniöa-nu Bull. 1874, p. 12
chius. Urne von Travertin (auch Co. I, 959). Vom i ist nur
der obere Theil erhalten, so dass man auch p/uca lesen könnte.
42 W. Deecke
Beide Wörter klingen unetruskisch : ersteres erinnert an gr.
nsvTit] (II, p. 175, n. 179), vgl. das lat. cogn. Pinus (F. Gl.
col. 1397); letzteres an Ttloyirj, vgl. lat. Ploce C. I. L. III,
2583; doch ist auch an den ligurischen Namen Plauens zu
denken (Wilm. I. L. n. 872). Der Name der Herrschaft nu
ist abgekürzt, entweder aus dem Vornamen numas' oder einem
Gentilnamen, wie nuf(u)rznas' oder weibl. -nah
64) ramöa : lautniöa : venziles : F. S. S. 38
in rothen Lettern auf einem ossuar. von terracotta aus Chiusi ;
der dazu gehörende Ziegel trägt nur die Inschrift ramöa (ib.
39). Die Inschrift gehört, wie schon oben erwähnt, mit n. 2
zusammen, und entweder ist ramöa die Freigelassene eines
Freigelassenen (vgl. lat. 1. 1. r= liberti libertus Wilm. I. L.
n. 376), so dass venziles' Genitiv des Herrn ist, oder sie ist
Gattin des venzile und lautniöa steht absolut: mir scheint
Ersteres wahrscheinlicher.
Stark verstümmelt sind :
65) velia : lavtnit : rvs F. 171
Topfdeckel, einst im Flor. Mus., jetzt verloren (Lanzi II, 406
= 335, n. 242). Dazu der ebdt. erhaltene Ziegel mit
veMav | rvsina... F. 167, t. XXII
Ich vermuthe etwa rvsina[s'j oder rvsina [t es'] nach Analo-
gie der Ethnika auf -ate (0. Müll. IP, 440), s. n. 5 petina-
tes'; man würde so auf eine Stadt *Rusinum oder *Rusina
kommen, vgl. Rusellae, wie Sabinus und Sabellus, Ati-
num und Atella u. s. w. Zu vergleichen ist auch F. 885 bis
larö cae rusn... und F. 160 rus'ni.
66) vela-lautni-r-s F. 168, Gl. col. 1520
Ziegel im Flor. Mus. (Conest. Inscr. Flor. p. 116, t, XXXVI,
n. 133 bis). Diese bisherige Lesung ist falsch, da hinter lautni
nicht ein Punct ist, sondern ein nur halb erhaltener Strich,
Rest eines t; ebenso ist das r noch ziemlich deutlich als a er-
kennbar (s. Fabretti im Gl.), so dass ich an der Lesung
lautni^« nicht zweifle, lieber vela = velia, wie öa na statt
öania s. 0. Müll. P, 452. Das s steht für seöres' oder se-
6rias', oder einen abgekürzten Gentilnamen.
Erweiterungen enthalten :
67) la-veratrsa | lavtnita : purnal F. P. S. 251 bis h
Ziegel von Cetona aus dem Grabe der veratru (0. Müll. 11^
444). Ich sehe daher in veratrsa (ebdt. 349) den Genitiv
lieber das etrusk. Wort lautni. 43
des Gattennamens, und in purnal den Genitiv der Herrin;
letzterer Name ist häufig.
68) has?i haml.i.a | lautn*nuf' Conest. Mon. di Per. IV,
p. 351, n. 479 = 807
perusin. Sarg. Die Inschrift ist mehrfach unleserlich geworden
und daher mit starken Varianten copirt. Fabretti 1602,
t. XXXVII giebt
fasti hamw/a | lautninus
Der zweite Name könnte = gr. L^inintovla sein, vgl. lat, Ham-
monius I. R. N. 2714; Ammonius Wilm. I. L. n. 1501.
Den Schluss ergänze ich zu lautn[ita] nuf[(u)rznas'] oder
-nal] s. n. 63.
Eine dritte Hauptabtheilung bilden die Inschriften mit
lautn-eteri, über dessen muthmassliche Bedeutung ich mich
bereits in den Etr. Forsch. I, 58 ausgesprochen habe, vgl. 0.
Müll. P, 505-6. Da alle Inschriften dieser Art sich auf Män-
ner beziehn, steht lautn* wohl für lautni, obwohl die Er-
sparung des i sonderbar ist; eteri ist Ableitung von etera,
etwa = servilis.
69) arne-mu|sclena*la|röal*lautw | eteri F. 186 a,
t. xxn
Ziegel im Flor. Mus., selbst revidirt; dazu Topfdeckel mit
arn6'musclew[a] | [l]ar8al-lautn*ete[ri] ibid. 186b
Der Name musclena, sonst nicht vorkommend, hat etr. En-
dung (0. Müll. II 2, 457), der Rest aber erinnert an gr. Mov-
ay.€l{l)og, WlvG-ii6X{X)og, den Gründer von Croton, vgl. invaxXoi'
axoXioi bei Hesych; lat. Muscel(l)us, -cella (Ind. z. C. I.
L.); aber auch Mus, Musculus, Musculus, Musclosus
(ebdt.) als Beinamen.
70) vel : tetina[: titial :] | lawtn : ete[ri] F. 218 =
914, t. xxm u. xxxm
op. ossuar. aus Montepulciano im Flor. Museum, jetzt zerbro-
chen, aber aus den älteren Copieen mit Sicherheit zu ergänzen.
Der Familienname tetina (0. Müll. IP, 337) ist wohl eher
vom Herrn, als von der Herrin (tetinei) auf den Freigelasse-
nen übergegangen ; im ersteren Falle könnte titial Gentilname
der Herrin sein, wahrscheinlicher aber ist es Vorname (ib. I^,
471-2). Vgl. noch n. 32.
71) salv[i] precus lautn ( eter[i] F. 2578, P. S. p. 114
vgl. mit Co. I, t. IV, 1, p. 147, Grabstele in Neapel. Meine
44 W, Deecke
Herstellung ist sicher: die Querstriche des v und die beiden [i]
sind durch einen Bruch der Stele , der bisher nicht genügend
beachtet ist, zerstört worden. Vergleicht man s'alvis pre^u
F. 1734 aus dem perus. Grabe der s'alvi, so ergiebt sich, dass
die Stele wahrscheinlich dorther stammt, und dass s'alvi nicht
Vorname, wie vereinzelt lat. Salvius, sondern vom Herrn auf
den Freigelassenen übergegangener Gentilname ist, precus'
Genitiv des Beinamens des Herrn (0. Müll. H^, 415). Vgl. noch
n. 54, sowie 6, 8 u. s. w.
72) ar. . . .f arsa I lautneteri F. 1966
perus. Aschenurne, nach Vermigl. I. Per. p. 304, n. 349. Die
erste Zeile kann sehr verschieden ergänzt werden, ist aber viel-
leicht noch dazu verlesen. Der Freigelassene hiess wohl am 6;
schwerlich aber entspricht arsa dem lat. cogn. Arsa. Dann
würde f zum Namen des Herrn im Genitiv gehören, und die
Stellung wäre in ähnlicher Weise unregelmässig, wie in n. 46.
73) arn6al j lautn : eteri F. 2565 bis
verlorene arcula orig. ine, nach G o ri's Nachlass. Wahrschein-
lich fehlt der Anfang, vgl. n. 69.
74) lautn : eteri F. 1018 bis aa, t. XXXIV
operc. ossuar. von S. Antimo (Umgegend v. Chiusi), nach Car-
pellini's Heften. Die Inschrift ist wohl nur Fragment; sie
stammt aus einem Grabe der atini (0. Müll. II 2, 337), wie
zwei gleichzeitig gefundene Inschriften (F. 1018 bis a u. b) zei-
gen, mit deren erster Lanzi II, 456 = 385, n. 449 sie fälsch-
lich verschmolzen hat.
Einen Zusatz enthalten:
75) auleacricais' | lautn* eteri | ei's'ewis F. 1934 bis a,
t xxxvm
perus. Grabstele. Meine Lesung des letzten Wortes rechtfertigt
sich durch n. 76. Der Gentilname acri (0. Müll. IP, 349)
ist vom Herrn auf den Freigelassenen übergegangen, cais'- ist
Genit. des Vornamens des Herrn. Ist ei* = ein (n. 76, auch
F. 1914 B 17; 1915, lin. 2) und wirklich mit Corssen 1,465 =
lat. et zu deuten, so könnte ei(n)*s'enis dem lat. et socius
oder et heres der Grabschriften entsprechen.
76) 16 : avei : lautn : eteri : ein : senis | er.erf F.
1581, t. XXXVI
perus. Grabinschrift, ergänzt nach Co »est. Mon. Per. IV, 256,
n. 280 = 608. Meine Lesung s e n i s statt der bisherigen m e-
lieber das etrusk. Wort lautni 45
nis rechtfertigt sich durch n. 75; das letzte Wort ist verstüm-
melt und unklar. Schwierigkeit aber macht avei, das die ge-
wöhnliche Endung der Feminina hat (O.Müll. 112,475 ff.), wäh-
rend lautn : eteri in allen andern Fällen sich auf ein Mascu-
linum bezieht. Da aber ein männlicher Genitiv aveis' mehr-
fach vorkommt (0. Müll. IP, 374), und ein männlicher No-
minat. anei (F. 1555, t. XXXVI) neben einem Genitiv an eis'
(0. Müll, ebdt.) sichersteht, so trage ich kein Bedenken, auch
avei in der obigen Inschrift als Masculinum zu deuten. Da
ferner neben anei ein männl. Nomin. aneie vorkommt (F.
1088; 2297), so ist es wahrscheinlich, dass auch das männ-
liche avei aus *aveie verkürzt ist, vgl. den Abfall des e in
der männl. Endung -i neben -ie (0. Müll. IP, 472). Es fehlt
der Name der Herrschaft, wenn er nicht im Schlüsse steckt.
Ein Genitiv von lautneteri scheint erhalten in
77) [lajrÖ cutus seöres | [lajwtneters F. 1935 = 1988;
P. S. p. 109
perus. Grabstele, jetzt in Neapel, wie n. 71, schon von Cors-
sen I, 150 (nach t. IV, 4) richtig hergestellt. Wie auf andern
Stelen ähnlicher Art (s. n. 102), ist die Inschrift im Genitiv zu
denken und larö steht demnach für laröal; cutus' ist Genit.
des vom Herrn auf den Freigelassenen übergegangenen Fami-
liennamens, vgl. cutus F. 1887 bis d, t. XXXVII, cutus auf
einem Stein von Corneto (eig. Copie); seöres' ist Genitiv des
Vornamens des Herrn. Die Combination von cutus' mit gr.
KoTTog, KoTvg (Bezz. Ztschr. II, p. 175, n. 170) gebe ich jetzt
auf.
Es bleiben nun noch eine Anzahl Inschriften, die beson-
dere Formen, Unklarheiten, eigenthümliche Schwierigkeiten oder
starke Entstellungen darbieten.
78) [lajröia cafatis lautnes F. 1887 bis b, t. XXXVII
perus. Kistendeckel, von nicht ganz sichrer Ergänzung, und
mehrfach unklar^). Am wahrscheinHchsten ist cafatis Geni-
tiv des Gattennamens statt des gewöhnlichen cafates, vgl. lat.
etr. Cafatius und etr. vecnatisa (F. 764). Dann ist laut-
nes vielleicht Genitiv von lautni, für *1 autnies, und Appo-
^) Ich bemerke hier, dass falsche Analogie dazu geführt hat, in der
gleichzeitig gefundenen lat. Inschrift F. 1887 bis c am Schlüsse bisher
fatisatro zu lesen (0. Müll. II*, 559). Ich lese jetzt mit voller Sicher-
heit pansa tro und deute Letzteres mit Corssen = Tromentina.
46 W. Deecke
sition zucafatis, s. 0. Müll. II 2, 490. Einigermassen wird
dies bestätigt durch
79) cehen ; su6i : hinöiu : öues : sians : etve : Öaure :
lautnes'cle : caresri : aules : laröial : precuöuras'i :
F. 1915
erste Zeile der Wandinschrift von Torre di San Manno bei Pe-
rugia. Durch Vergleichung mit vel6uruscles auf einer Grab-
schrift von Orvieto (I, p. 97, n. 13) habe ich wahrscheinlich
gemacht, dass in lautnes'cle ein Genitiv lautnes' steckt (=
lautnes in n. 78), und dass das Suffix -cle vielleicht mit
clan „Sohn" zusammenhängt (ebdt. p. 99). Weitere Deutun-
gen wage ich nicht. — Eine andere Genitivform aber steckt
vielleicht in
80) 'ta'suti* I 'mucetis* | cneunas* | lautunis' F. 348
Tufcippus von Volterra. Ich deute „Dies (oder „hier") ist das
Grab (oder „Besitzthum") des Muceti, Freigelassenen des Cneu-
na" (Etr, Forsch. I, p. 54, n. 123). Der Name muceti ist
= lat. Mocetius, Mogetius (C. I. L. V, Index), davon de-
minutiver Beiname Mogetillus, -tilla u. s. w., gallischen oder
ligurischen Ursprungs, daher für einen Freigelassenen passend
(I, p. 107, n. 48). Ueber cneuna s. 0. Müll. IP, 384. In
lautunis' ist die Endung correct; das u könnte man der Iso-
lirtheit der Form wegen für eingeschoben halten (nach 0. Müll.
II 2, 354 ff.), doch kann es auch ursprünglich sein (ebdt. II 2,
338); vgl. lat. Laudonius (C. I. L. V, ömal), wie Tlabonius
neben etr. tlapuni, Petronius neben petruni, petrni (0.
Müll. IP, 355; 340). Es könnte dann das i von lau6inie,
lat. Lautinius (n.87) aus u geschwächt sein (ebdt. 359), oder
es liegen verschiedene Suffixe gleicher Bedeutung vor (ebdt.
360-1).
Eine weibliche Form lautni scheint in 3 Inschriften vor-
zukommen :
81) eana : lecusta : lawtni F. 1670, t. XXXVII
perus. Kistendeckel (das vergessene u ist nachträglich drüber-
geschrieben). Steht lecusta für *lecustia (wie vela, fJana
u. s. w.), als Femin. zu lecusti (n. 12), so ist lautni wohl
aus lautnita abgekürzt oder verstümmelt.
82) Öana : tretna : lautni F. 1814
desgl. (nach Vermigl. I. Per. p. 174, n. 29). Hier ist die
Ueberlieferung etwas unsicher, aber die einfachste Auskunft ist
Ueber das etrusk. Wort lautni. 47
auch hier dieselbe, wie in n. 81. Das regelmässige Femin.
tretnei kam n. 61 vor.
83) .... -lautni- vca«;la. F. 169, t. XXII
operc. ossuar. aus Volterra, jetzt im Flor. Museum. Da eine
Frau auf dem Deckel liegt, so ist vorne wahrscheinlich ein
weiblicher Vorname erloschen ; hinten ist das . v wohl sicher,
der letzte Buchstabe aber verstümmelt, so dass er auf verschie-
dene Art ergänzt werden kann (i oder 1 oder s'), und zweifel-
haft bleibt, ob das Wort männlich oder weiblich war. Zu ver-
gleichen sind caule, weibl. Genit. caulia.s (auch lat. etr. cau-
lias), daneben cavla, alleinstehend auf einer olla (F. 1384),
s. 0. Müll. II 2, 383. Endlich lautni, wenn es nicht wieder
für lautnita steht, könnte hier in der That weiblicher
Familienname sein. Dasselbe nämlich scheint bei 3 andern
Inschriften der Fall:
84) laröi-lutni-ceisis- F. 1191.
perusin. operc. ossuar. aus dem Grab der ceisi (cesi), s. 0.
Müll. P, 475. Auch hier könnte man lutni noch allenfalls
als Abkürzung fassen, viel natürlicher aber ist es Gentilname
und ceisi s' Name des Gatten im Genitiv. Wegen des u = au,
das allerdings im Appellativ lautni sich nie findet, vgl. 0.
Müll. 112, 371, Unsere Auffassung wird bestätigt durch die lat.
perus. Inschrift c'grania-c*f | ludniae gnata F. P. S. 363.
85) larti'lautnei-1-ril- XXXIII Con. Spie. See. p. 53
Deckel einer Alabasterurne mit Frauenbild, wahrscheinlich von
Volterra, jetzt in Mannheim (bei F. 2564 bis fehlt das 1-).
Hier entspricht lautnei sicher dem latein. Gentilicium Lauti-
nia (I. R. N. 619; Gruter 532, 5). Das 1- entspricht wohl
dem grade in volaterranischen Inschriften vorkommenden leine
(Corss. I, 525; Deecke Kritik p. 33).
86) 8ana-lavtnei F. 1031, t. XXXV
Kistendeckel von Alabaster aus Cortona, roth aufgemalt.
Die männliche Form des Gentilnamens steckt vielleicht in
87) 16 : lauctinie : 16 F. 648, t. XXXI
chius. Kistendeckel von Travertin, wenn, wie ich 0. Müll. II 2,
397, n. 114 vermuthet habe, lauOinie zu lesen ist, vgl. n. 16.
So begegnet auch lat. Lautinius I. R. N. n. 4682.
Es stehen demnach höchstens 5 Inschriften mit einem
Gentilnamen lautni 82 andern mit lautni, lautnita = li-
bertus, -ta gegenüber. Ich habe übrigens jenes Gentilicium
48 W. Deecke
immer anerkannt (0. Müll. P, 506; II 2, 371), ohne die Ver-
wandtschaft beider Wörter zu läugnen, natürlich so, dass das
Nom. propr. vom Appellativum abgeleitet sei, vgl. lat. Servius
(wenigstens nach der römischen Volksetymologie) von servus,
und, genau entsprechend, L. Libertius C. f., Inschrift aus
Vibo (Wilm. L L. n. 1820 = I. Neap. 23, Henz. 5956) von
libertus.
An Geschlecht unklar sind folgende Inschriften:
88) lautn F. 1116
perus. urna einer, aus dem Grabe der acsi, verstümmelt.
89) etan lautn F. P. S. 260
Stein über der Thür eines perus. Grabes, wohl unvollständig.
Ich habe II, p. 174, n. 164 gr. "Etäwv verglichen, doch vgl.
auch la- etan ei F. 1593.
90) ae..z..mrei-laut F. P. S. 339
perus. Urnendeckel, von unsichrer Lesung, vgl. amri6i — j^^ua-
Qvv^Log, -&ia (?) II, p. 174, n. 156.
91) -/est?^... I palautcarö F. 1996
perus. Grabstele, verstümmelt, vgl. x^stes, ^vestnas', auch
cestna u. s. w. (0. Müll. II 2, 413 u. 420), andrerseits cara-
6sle, lat. etr. cartlia (ebdt. 417). In -pa kann ein Beiname
stecken, wie papa, talpau.s.w.; dann wäre laut wohl männ-
lich = lautni.
92) velia : caine : muteni : tite : lautna : F. S. S. 42
mit rothen Lettern im Kreis, so dass der Anfang unsicher ist,
auf einem vas fictile von Chiusi. Gleichzeitig ist gefunden der
Ziegel velia : cainei | mutenia ib. 44, der^Gentil- und Bei-
namen vollständiger enthält, und ein ossuar. fict. mit schwar-
zen Lettern und der verstümmelten Inschrift — cainei: mu-
teni:. Der Gentilname caini, weibl. cainei ist sehr häufig
(0. Müll. P, 450), der Beiname mutenia gehört zu mutu,
weibl. mutui, mutia, mutainei u. s. w. F. Gl. col. 1202ff.;
er setzt ein männliches *mute voraus, vgl. nustenia zu nuste
u. n. 23 (0. Müll. II 2, 477). Da nun die dritte Inschrift den
Vornamen eingebüsst hat, ist bei ihr nicht nothwendig velia
zu ergänzen (vgl. F. S. S. 45 Öana : cainei : veZus'), und es
könnten die beiden ersten enger zusammengehören , wie denn
der Ziegel vor der Grabnische oft denselben Namen wie die in
der Nische befindliche Urne oder Kiste trägt, oft auch verkürzt.
Dann ist am Schlüsse wahrscheinlich tite[s] : lautn [it]a : zu
lieber das etrusk. Wort lautni. 49
lesen, wenn auch in der Ueberlieferung jeder Anhalt dazu fehlt.
Verbindet man aber die zweite und dritte Inschrift als einer
Person gehörig, so müsste man die erste mit tite beginnen und
noch grössere Aenderungen vornehmen (lautn?';velia[s'] u. s.w.).
Bedenklich ist die bilinguis:
93) lat. ... spedii-tuüio F. 934
etr. lautnata | serturus
Grabziegel von Montepulciano, nur von Lanzi II, 343 ~ 272,
n. 6 überliefert. Der lat. Gentilname Spedius ist nicht selten
(Ind. z. C. I. L.), lat. etr. findet sich dafür spedo F. 956-7
(C. I. L. I, p. 595), das anklingende etr. Femin. spitiui F.
1362 ist unsicher. Von tullio ist das erste 1 umgekehrt; die
Form ist neben spedii unklar. Die etr. Hälfte der Inschrift
stimmt auffällig zu n. 52, auch in der falschen Form lautnata
statt -nita, und es wird dadurch ihre Echtheit in hohem Grade
zweifelhaft. Retten könnte man sie nur, wenn man vor spe-
dii einen weiblichen Namen im Nominativ ergänzt und spedii
tullio [nis] als Genitiv des Gatten fasst; doch ist Tullio als
Beiname noch nicht bekannt und der Abfall der Endsilbe be-
denklich.
In unklarem Zusammenhange in grösseren Inschriften kommt
lautni, lautn • in folgenden Nummern vor:
94) caw«nas:lar8-lar8als':atnalc-clananjs'u6i lautni:
zivas-cerixu | u. s.w. F. 2335 (Co. I, t.XVII, 1)
Sargdeckel von Corneto. Den ersten Gentilnamen lese ich jetzt
wieder camnas (Etr. Forsch. I, p. 28, n. 49), vgl. lat. etr.
camnius (F. P. S. 251 ter k) und lat. Caminius (Ind. z. C.
I. L.), vielleicht auch Cammius (ebdt.). Von den um lautni
herumstehenden Wörtern ist an Präposition oder demonstrati-
ves Adverb; su6i heisst „Grab'' oder „Besitzthum" (Etr. Fo.
I, p. 53); zivas wiederholt sich in Zeile 4 obiger Inschrift und
wird von Corssen (I, 561) als Name erklärt, wie ebenso ceri-
Xu; aber Letzteres ist wegen der auf einem cippus im Grabe
der matuna bei Cervetri vorkommenden Form cerixunOe (F.
2600 aa, von mir selbst nach Autopsie verbessert) sicher kein
Name, und auch bei zivas ist die Sache sehr zweifelhaft, zumal
alle Verwandtschaft fehlt,
95) eulat- tanma- larezul | amevaxrlautnvel6inas'e|
s'tlaafunassleleöcaru | u.s.w. F. 1914, t. XXXVIII
die 3 ersten Zeilen des grossen cippus von Perugia, von mir
Beiträge z. Kunde d. ig. Sprachen III. a
50 W". Deecke
selbst revidirt. Hier folgt auf das jedenfalls verkürzt geschrie-
bene lautn (vielleicht = lautnes'cle, s. n. 79) der Genitiv
des Gentilnamens velöina, der sich im Laufe der Inschrift
noch vielfach wiederholt; mit ihm ist zweimal unmittelbar ver-
bunden der Gentilname afuna (A 17-18 u. B 15-16), der hier
durch es'tla von ihm getrennt ist, worin man demnach eine
Verbindungspartikel vermuthen könnte. Die vor lautn ste-
hende Lautgruppe aber scheint keinen Namen zu enthalten, so
dass man für lautn[es'cle] u. s. w. zu der Deutung gedrängt
wird: „die Freigelassenschaft des (Hauses der?) velöina und
afuna"; vgl. die lat. Grabschriften, welche die liberti oder
clientes gesetzt haben (Ind. z. C. I. L.).
96) eö : fanu : s'aOec : lavtn : pumpus ] scunus : u. s. w.
F. 2279, t. XLH (Co. I, 581)
Anfang der grossen Wandinschrift im Grabe der pumpu (Grotta
del Tifone) zu Corneto. Auch hier geht dem lavtn kein Name
voran: eö (Fabr. ei 6) scheint ein demonstratives Pronomen oder
Adverb; fanu und s'aöe-c zwei durch c .— ;;Und^' verbundene
Substantiva oder Verba. Dagegen folgt auf lautn wieder der
Genitiv eines männlichen Gentilnamens, also ;;Freigelassenschaft
des (Hauses der?) pumpu'^ In scunus kann ich, wegen
scuna (Ende ders. Inschr.), s'cuna und s'cune (F. 1914, mehr-
fach), escunac (F. 2335), keinen Namen erkennen.
97) eö : fanu : lautn : precus' : ipa u. s. w. F. 1915
aus der zweiten Zeile der Wandinschrift der Torre di S. Manno
bei Perugia, der Familie precu (s. n. 71) gehörig (vgl. n. 79).
Die Bedeutung von ipa ist dunkel; sonst erklärt sich Alles wie
in n. 96.
98) eÖhaunavcvausK..rv|na F. 2292, t. XLII
Fragment einer Wandinschrift von Corneto (Kellermann Bull.
1833 p. 60, n. 18), sehr entstellt. Ich vermuthe im Anfang
eö /"awM lsi\tn.
Es bleiben endlich noch gegen 20 Inschriften, in denen
irgend eine Form von lautni nur unsicher zu erkennen ist.
Dazu gehören:
99) lautwic-hectam;ei atiu^^e F. 800
roth gemalt auf einem chius. ossuar. , aber retouchirt und da-
her mehrfach unsicher (m statte, Ö statt c^ vor ei eine Lücke).
Da auf dem Deckel eine Frau liegt, habe ich II, p. 171, n. 121
hectam[n]ei als Femin. zu gr. '^Ey.avöfxvtag ^ -f^vag, -TiäTO/nvog
lieber das etrusk. Wort lautni. 51
(bes. lycisch-karisch) erklärt, vgl. lat. Hecatommus (C. I. L.
V, 5498, oder = '^ExarMw/nog?). Dann ist lautnic wohl zu
lautniö[a] zu ergänzen. In atiuce kann ce = ;;Und" stecken;
atiu wiederholt sich F. 1013 u. 1228 (Etr. Fo. II, p. 144) und
heisst vielleicht ,;Schwester" oder „Witwe".
100) al : aulatni : larcial F. P. S. 173 bis b
gemalt auf einem chius. Aschengefäss. Vergleicht man diese,
unsicher und wegen des al jedenfalls falsch überlieferte, In-
schrift mit n. 47 (F. 1026 bis)
au'aulu* lautni* larcial,
so wird es wahrscheinlich, dass zu verbessern und abzuthei-
len ist:
aw : au|,:] latni : larcial,
doch vgl. die Endungen -tna, -8 na, -6ne, -8ni 0. Müll. IP,
442-3.
101) autni : öufulöas | turce : F. 804, t. XXXII
kleine eherne Statue in Fermo (das a steht tiefer, das c sieht
fast wie ein s aus). Die Scheden von Vermigl. haben lautni.
Da der Sinn von öufulQas' — siehe die Verwandtschaft 0.
Müll. II 2, 355 — unklar ist, wage ich keine Entscheidung zu
treffen.
102) hermial capznasl|man's'exis*capzna F. 1899,
P. S. p. 109
perus. Grabstele im Mus. von Neapel, revidirt, aber missver-
standen von Corssen (I, t. IV, 2, p. 97), s. Etr. Forsch. I,
p. 62, n. 154. Wie ich 0. Müll. II 2, 493 entwickelt habe, bin
ich jetzt geneigt, das 1 von capznasl abzutrennen und als
Genitiv von lautnita zu fassen, so dass der Sinn ist: ;,(Denk-
säule) der Hermia, Freigelassenen des Capzna, Tochter der Ma-
nia. Capzna". Sonst könnte man 1 auch =lar6al oder lar-
eial fassen, im ersten Falle zu capznas, im zweiten zu man-
[ial] gehörig; in beiden Fällen wäre dann capzna als Gatte
der hermia zu fassen. Auch lat. ist Hermia Name von li-
bertae (Wilm. I. L. Ind.), s. II, p. 173, n. 149.
Die übrigen Inschriften übergehe ich hier, da sie zu un-
sicher überliefert sind oder der Nachweis, dass lautni u. s. w.
wahrscheinlich in ihnen enthalten sei, zu detaillirte Ausführung
verlangte. Es muss das einem Corpus Inscriptionum vorbehal-
ten bleiben. Gehn wir dagegen jetzt zur etymologischen Be-
trachtung von lautni u. s. w. über, so bietet sich in den er-
4*
52 W. Deecke
haltenen etruskischen Sprachresten kein Anhalt dar. Ferner
ist die durch seine Verwendung als Gentilicium und durch die
geschwächte Form latni nahegerückte Combination mit dem
etr. Familiennamen latini (0. Müll. IP, 459) = lat. Latinius
(Wilm. I. L. n. 2551) wegen der Kürze des a in Latium,
Latinus u. s. w. unbedingt zu verwerfen (0. Müll. I^, 506).
Ebensowenig aber ist Fabretti's (App. Epigr. p. 33 ff.) Ver-
bindung von lautni mit lat. lautia (dautia), lautitia u.s.w.
haltbar. Wenn er meint, dass der Begriff „Wäsche" in con-
cretem Sinne (von Wurzel lu, lat. lavere, laväre) zunächst
sich zu „Hausrath" erweitert habe, dann auf den lebendigen
Hausrath, die ;;Sclaven^'^ übergegangen sei, und davon dann das
Wort für ^^Freigelassene" abgeleitet worden, so ist erstens zu
bemerken, dass in jenen lat. Wörtern — um von der zweifel-
haften Etymologie ganz abzusehn, s. Corssen Aussprache P,
224, Note — der Begriff des _,^Glanzes, der Kostbarkeit, der
Pracht" liegt, und keineswegs jedes beliebige Hausgeräth mit
lautia bezeichnet wird; zweitens, dass der Begriffsübergang in
servus oder gar libertus durch Nichts belegt und viel zu
künstlich ist. Soll eine indogermanische Etymologie überhaupt
versucht werden, so würde ich lautni an griech. iXevd^eQog,
wovon Elevd-sQoo) ^^befreien, auch Sclaven"; arteXev&eQog ^^der
Freigelassene" anlehnen. Und zwar hat dies sicherlich nichts
mit Tislsyd-og oder eld-eiv zu thun, sondern setzt eine Wurzel
Xvd-, Weiterbildung von Xv-oj „lösen"; voraus; vgl. wegen des
Vorschlags eQvd-Qog, wegen der Vocalsteigerung sQwd^o), wegen
des d- und der Endung arad-eQog. Italisch entsprach die Wur-
zel luf, daher mit gleicher Endung, wie im Griechischen, lat.
iTber(us), alt loeber(us) i), worin oe aus oi, dies aus ou
geschwächt ist , ein bisher , auch in andern Wörtern , nicht er-
kannter Lautwandel, der aber durch die übrigen italischen For-
men sichergestellt wird; falisk. lofero- (o = ou), und mit Aus-
stossung des e des Suffixes osk. loufro-, lüvfro-. Die Ver-
schiedenheit des griechischen und italischen Diphthongs in der
Stammsilbe ergiebt als gemeinsame Grundform *lau6ero-; vgl.
noch lat. rüfo-, umbr. rofo-, etr. rauf-, ruvf-, raf- neben
^) Die Form loebesum (P. D. Exe. Fe. p. 121) ist falsch überlie-
fert oder das s secundär: das zeigt Ineb ertas (ebdt.) neben maiestas,
und alle übrigen italischen Formen.
Ueber das etrusk. Wort lautni. 53
griech. igev^-, von der Wurzel ru6 i). Nun könnte man etr.
lautni wegen der Nebenform lauft ni unmittelbar auf Wurzel
luö zurückführen und Psilosis annehmen (II, 185; 0. Müll. IP,
412 ff.) : dagegen aber sprechen die Seltenheit der Formen mit
6 (nur n. 16, 45, 87, und darunter 2 nicht ganz sicher), und
die lateinische Form Laut in ins, während Laudonius und
Ludnia sich' auf beide Weisen erklären lassen. Eher ist da-
her -tni als Endung, und zwar als zusammengesetzte Endung
zu fassen, entweder aus -tini (s. n. 87 u. 0. Müll. II 2, 442-3)
oder aus -tuni (s. n. 80), vielleicht ursprünglich -tinie oder
-tunie (s. n. 87, 78, 79 u. 0. Müll. II 2, 470-2). Zu verglei-
chen ist, der Analogie wegen, lat. libertus, falisk. loferto-,
abgeleitet lat. libertinus, spät libertinium. Es bliebe dann
etr. nur lau oder, falls Gunirung angenommen werden dürfte,
lu als Wurzel = gr. Xv.
Im Femininum kommt die Form auf -i6a llmal, die auf
-ita nur 7mal vor. Die Aspiration ist daher, wenn nicht ur-
sprünglich, doch früh durchgedrungen; jedenfalls aber liegt kein
d zu Grunde. Im Indogermanischen giebt es keine Motion auf
-ta oder -8 a, wohl aber werden weibliche Abstracta auf -tä ge-
bildet, z.B. lat. iuventa, senecta, majesta. Verführerisch
ist es, Genita Mana (Plin. XXIX, 4 (14), 58) als Femininum
zu einem *Genius Manus zu fassen, doch wäre es dann
schwerlich eine rein lateinische Form.
Die Composition lautnes'cle mit clan „Sohn" erinnert
an osk. lüvfrikünüss (Acc. pl.) „die Freigeborenen" = lat.
*liberi-genos (eig. -gonos).
Bei lautni demnach, wie bei andern etruskischen Wörtern,
finden sich merkwürdige Anklänge ans Indogermanische, ohne
dass doch die besondere Formung des Wortes, sowie seine ein-
heimischen Ableitungen eine strenge Parallele fänden. Auch hier
bleibt dasselbe Räthsel^).
^) Zu lat. i = ei = oi(oe) = ou vgl. man die neuhochdeutsche
Schwächung von iu ei^nerseits zu eu, andrerseits zu ie, wie in „fleuchst"
und „fliehest"; vgl. noch J. Schmidt in Kuhn's Ztschr. XXIII, p. 248.
^) Fabretti's während des Druckes erschienenes Terzo Suppl.
enthält noch 2 neue Inschriften aus Chiusi: n. 232 Oansi:petrus -.lautni
(ossuar., schwarz gem.), s. n. 9; und n. 258 arnO lautni | arnOal...n|
laröa.s velsi (teg., graff.), gegen Ende unklar.
W. Deecke.
54 Ph. Fortunatov
Lituanica. i)
I. Zu Geitler's litauischen Studien S. 76 ff.
Algoju algoti „ich heisse" ^) wird von Mikuckij (Proba li-
tovsko-russkago slovarja ^) , Versuch eines Htauisch-russischen
"Wörterbuchs) in den Bedeutungen „laut schreien, rufen, nen-
nen" angeführt, wobei auch auf algu algti dass. hingewiesen
ist. Vgl. griech. Xtyo) „reden, nennen", welches ich von leyat
„sammeln", lat. leyo ganz trenne. Die Wurzel alg , lag (oder
arg, rag, lat. argutus „rauschend, geschwätzig") „schreien, re-
den" ist verwandt mit ark, rak Fick^ 14. Zu derselben Gruppe
von Wörtern gehört wahrscheinlich auch griech. aAc'xrw^, aus
*aA,XTw^, „Hahn".
Dem Worte antris giebt Mikuckij nur die Bedeutung „ne-
kladenyj borovu", d.h. „unverschnittenes Schwein". Eigentlich
bedeutet antris wohl „mit Hoden versehen" und kommt her
von * antra- „Hode", mit welchem altslav. j^dro, altind. anda
verwandt sind, üeber die lit. Tenuis für Media s. J. Schmidt
Vocalismus H, 504.
Bei anzülas^), woher auzülas, „Eiche" ist die Nebenform
arzMas zu bemerken, die sich in der Liedersammlung von For-
tunatov und Miller findet, z. B. N. 56. Im lett. ohfols ist oh (ü)
aus an gebildet; das preuss. ausonis im Vocabular muss viel-
leicht ansonis gelesen werden, da die Aehnlichkeit der Schreib-
weise des n und u die genaue Bestimmung des Lautes unmög-
lich macht (vgl. Nesselmann, Ein deutsch-preussisch. Vocabu-
^) Das folgende war niedergeschrieben, bevor Bezzenberger's „Bei-
träge zur Geschichte der litauischen Sprache" (Göttingen 1877) erschie-
nen. Ich citire dieses Buch in den Anmerkungen mit „Bezzenberger".
*) Vgl. Bezzenberger 270 und 355. [In der Bedeutung „nennen",
„heissen" findet sich algoti sehr oft in Szyrwids punktay sakimu z. B.
didinos Diewu smvi alyodamas p, 30, algoiasi szunini p. 53, Apasztalas
daznay numirusius algoio miegunöieys p. 184 B.]
') In den Materialien zu einem vergleichenden und erklärenden
Wörterbuch und Grammatik, herausgegeben von der Petersburger Aka-
demie der Wissenschaften (in russischer Sprache), Band II, S. 170-176.
Mikuckij giebt hier nur Wörter mit dem anlautenden a.
*) Vgl. Bezzenberger 39.
Lituanica. 55
lariura S. 4 ; Thesaurus linguae prussicae S. 6, unter dem Worte
ankis) ^).
Apent „wieder" ist aus *api'pent entstanden, wie russ.
opjatt „wieder" (vgl. ope^tt im Lexicon palaeosloven. von Miklo-
sich) aus ^oh-pjatt. Vgl. lit. atpe^it, alt atpenti (Katechismus
V. J. 1547, Ausgabe von Bezzenberger, 16. 28), aus at-\-pentis
„Ferse" u. s. w. zusammengesetzt, altslav. mit einer anderen
Präposition vus-p^tt „zurück" ^).
Atlap)as, bei Geitler „geöffnet", hat bei Mik. (Mikuckij) die
Bedeutung „nicht zugeknöpft, mit unbedeckter Brust".
Das Wort huris „Haufe, Heerde" (lett. huhra, vgl. altbaktr.
büiri „Fülle, Menge", altind. bhüri „viel") findet sich auch im
Bukvars zemaitiszkai-rusiszkas von Kreczinski (Kovna. 1865.)
S. 23 und 28, in Dowkont's Daynes z. B. N. 22 = N. 266 bei
Nesselm. (ir ukyr^^) (== isskyre) ?mm^ jaunq isz seselü (= se-
seliuj *) burio), im Wilnaer Neuen Testament v. J. 1816 (buris
kiaiilu {^— 'kiBM^w.) „eine Heerde Schweine", Matth. 8, 30). Vgl.
Kalbos letuviszko lezuvio S. 42: Ostlit. burys = tulys.
Druktas „stark" wird jetzt im zemaitischen gebraucht (s.
Juszka's Kalbos letuviszko lezuvio S. 20); hierher gehört auch
druktihe „Stärke, Festigkeit" im Katech. v. J. 1547 (23. 31;
33. 21 Ausgabe von Bezzenb.). Vgl. preuss. drüktai „fest",
podrüktinai „ich bestätige", drücktawingiskan „strenge, ge-
strenge". Das k in druktas ist nicht eingeschaltet, wie Juszka
und Geitler meinen, sondern im Gegentheil das gewöhnliche
lit. drütas, driütas ist aus druktas entstanden, wie aus dem
^) Ein sicheres Beispiel für das preuss. au aus an im Vocabular
bietet auctan „Butter", wo für das d« auch oWe dass. bei Grünau spricht.
Die Wurzel dieses Wortes ist m>«7,, salben", altind. anj , lat. unguere,
allemann. (Fick-^ 6) anko , aneno „Butter". [Vgl. o. II. 155; schon J.
Schmidt hat Jen. Liter. Ztg. 1874 Art. 478 auctan in gleicher Weise
■wie Fortunatov und ich erklärt. Die Lesung auctan im Voc. hat übri-
gens keine Gewähr, auch der Schreibung aucte in den Handschriften der
Grunauschen Chronik ist kein Gewicht beizulegen; vgl. meine Bemer-
kungen über diese Hss. Gott. Gel. Anz. 1874 S. 1227 B.]
2) Ebenso wird atpenti auch von Jagic erklärt (Archiv für slavische
Philologie IT, 369).
') Dowkont gebraucht ^ statt ie (==: e) in der dritten Person Prae-
ter. ? bezeichnet den Mittellaut zwischen i und e.
*) ü hat bei Dowkont die Bedeutung von u , „it but essanti klmi
M»" (Einleitung zu den Dajnes).
56 Ph. Fortunatov
preuss. drüktai ersichtlich ist. Vgl. an. drügr , drjugr „voll,
stark", drjügum „sehr". Ebenso weist lit. lyte, ^e^e (Geitler 94);-ft*ki
^figura. In beiden Fällen ist der vorhergehende Vocal lang.
/ Die Gruppe kt kann in der litauischen Sprache auch nach dem
Z in ^ übergehen, z. B. SMi^^fs^„Sand" = lett. smilkts , snidlts;
hier ist die Wurzel dr^lbe wie in smtdkus = lett. sinalks
„fejjiy'^nn", simH^me (GeitkfT.10) „eine Iü«iiligkeit". Ferner
vgl. zaltis — zalktis „Schlange" (die Form zalktis findet sich
bei Geitler S. 122, und ich habe sie in Büchern angetroffen),
lett. falkts, falksis, faltis; litis „Rüssel, Hauzahn" = lett. ilkss,
ilkse. Uebrigens ist mir die Etymologie dieser Wörter nicht
bekannt.
Die FormlW*M.,^ich bin" gehört nicht aHein der Mundart
von Eurogalei, soniiern auch anderen russisch-litauischen Mund-
arten an und findet »ich oft in Büchern. Dort, ^*^o das e im
Anlaute unbekannt ist,\ird diese Yovm.iasmu, odGr\ismiu aus-
gesprochen; siehe z. B. Dii^auische Volkslieder von l^rtunatov
und Miller S. 11. Vgl. lQtt\jesmu ^ -preuss. ^mu. Vielleicht
hat also schon in der urlitauiscl^sn Sprache eine falsche Ana-
logie diese Form hervorgerufen.
Für gaudziu gausti (memel. gaudu) „tönen" können als
weitere Belege dienen: Kalbos letuviszko lezuvio (z. B. S. 17:
<jP; ^ gaudz kaip czystos balses a ir e), Daynas von Stanewicz
(N. 21: uzkit, gauskit ^)), Daynes von Dowkont (N. 33: ko gire
gaudq?), Lit. Volkslieder von Nesselmann (N. 49 : ko gire gaude?
N. 345 : iie gauskit ^j^ mediizelei) u. s. w. Vgl. im Wörterbuche
von Nesselmann gaudzu gausti „vom Summen der Bienen und
Mücken, den Saiten einer Harfe gebraucht". Mit diesem gausti
sind verwandt altslav. gqdcf, gqsti cithara canere, russ. gudett
„dumpf tönen". Was dagegen gaudziu gausti „wehklagen" (lett.
gaust), gaudus „wehmüthig", pa-si-güdyti „sich beklagen" u.s.w.
anlangt, so gehören diese Wörter nebst gedeti „trauern" zu ei-
ner anderen Wurzel.
Zu den Wörtern kanakiek (kanakek) , kanakieli (kanakeli)
„einige" muss man hinzufügen : kanakur „mancher Orten"
(Kalbos letuv. lezuvio S. 52), kanakados „manchmal (a. a. 0.
S. 11). Mit diesem ka^ia- vgl. altind. -cana, got. -hun.
*) Nesselmann N. 203 übersetzt: „klaget".
•) In der Uebersetzung von Nesselmann ist „seufzend" überflüssig.
Lituanica. 57
Kaipti „hinsiechen, kränkeln" wird auch von Mik. ange-
führt, welcher es richtig mit dem russischen cepeneti' „erstar-
ren, von Gliedern" vergleicht. Im Lexicon palaeoslovenicum
von Miklosich steht cepeniti se^ rigescere. Nukaipo übersetzt
Mikuckij durch „okolelü", d.h. „ist verreckt", womit vgl. cech.
Z'Cipati „verrecken", auf welches Geitler S. 64 unter dem lit.
kaipti hinweist. In der ost-litauischen Mundart wird statt
kaipti, geihti (Kalbos letuv. lezuvio S. 40) = lett. geiht ge-
braucht.
Das Wort kasnikas „Zopfband" findet sich in den Lit.
Volksliedern von Fortun. -Mill., z. B. N. 2, auch in Geitler's
Dajnos, N. 24. Kasnikas ist aus kaspimkas abgekürzt; vgl.
kaspine, kaspinas bei Ness.
Mit kiltis „Geschlecht, Abkunft", lett. zilts dass. vgl. alt-
slav. koleno genus, tribus, celjadi familia ^).
Zu kereti (bei Mik. keretis) „Wurzel fassen" gehört auch
^-si-kereti „sich ausbreiten, einnisten", bei Mik. „Wurzel fassen".
Vgl. altslav. kore^ „Wurzel".
Kretalas „Sieb" = kretelas bei Mik. Vgl. lett. kretulis
„ein Rihjensieb". Von krecziu kresti (lett. krehst) „schütteln,
schüttelt". X \ -
Mit laipk{s „Gerüst, Bühne\ygl. leptas „ein Steg übe't-^s
Wassel^'> Upif^^^^^gQu''. \.
-^ Mit mÄa?aF,',Fleck, fetzen, Stück"''TgJ. russ. loskutü d^ss. *),
griech. Aax/g^^^tzen", lat. lacer, lacerare. Kreczinski, Bukyars
zemaitiszkai-rusiszkas S. 81, hat lekateUs (lekatelis) „hsii^^enK,
Für Unkieti (linketi) nimmt Geitler die Bedeutung „wün-
schen, anstreben" an, welche dem Sinne nach in der von ihm
angeführten Stelle möglich ist. Linketi in der Bedeutung „Je-
1) Auch clovekü (aus cilovekii), russ. celovekü „Mensch" kann hier-
her gehören (s. Zimmer in Jagic's Archiv II, 347), aber die Bildung die-
ses Wortes bleibt für mich nicht klar. [Zu den von dem Herrn Vf. an-
geführten Wörtern gehört auch ^Kfttlqs „Sta'raaja, GeächlecTit" bei Szyrwid,
punktay sak. 3 {dioilika kialu aba gimtniu Izraelo), das sich eng anJSrt?^
,,Knie; Knotjp, Gelenk (Glied, nach Kurschat) am Halm" und damit an
gr^^jfcfÄltrt'^änschliesst. — Zimmers Erklärung von cloveku wird durch lett.
Ktlvek'eUs widerlegt. B.]
') Bezüglich des s in loskutü vgl. altslav., russ. ploskü =z ahd. _^aA;
russ. poloskati, altslav- plaskati eluere neben plakati lavare, griech. (nach
der mündlichen Mittheilung von Th. Korsch) nakdaata, mit Svarabhakti,
„besprengen, benetzen".
58 Ph. Fortunatov
Blandem etwas wünschen" findet sich auch in Schleicher's Glos-
sar zum Lesebuch. Vgl. griech. lly^avza' Ertid^vfiriactvta He-
sych.
Linge ist von Geitler falsch „Pfeifenrohr" übersetzt; bei
Mik. heisst es : „s'estü, na kotoromü ves'ajutu Ijuljku", d. i. „die
Stange, an welche man die Schaukel hängt". Vgl. lingoti
„schweben, sich wiegen".
Die Form lipsti ist fehlerhaft; Mik. führt nur das Praesens
lipst „es brennt" an, von welchem der Infinitiv Upti lauten
muss. Vgl. lett. lipiJit „ein Licht anzünden".
Net in der Bedeutung „so dass" findet sich auch in den
Lit. Volksliedern von Fortun.-Mill. , z. B. N. 8 (niat = net).
In alten Büchern heisst net unter Anderem (s. w. u.) „bis"
(= iki, ik im N. T. v. J. 1865), z. B. : gJiie neszinoja, net aii-
clra ateja (Euangelias bei Epistolas von Willent v. J. 1579,
Matth. 24, 39) ; ir schitai szvaifde .... eia pirma jü, net ataia
ir stoveia (a. a. 0. Matth. 2, 9) ; uztiessa sakäu iumus, zog ne
praszöks toii gimine, net wissa tai issipildis (Postilla von Dauk-
sza, Luc. 21, 32, Geitler 16) = isz tiesos sakau jumus, jog ne
praeis ta gimine, net viss stosis (N. T. v. J. 1701), in den Punk-
tay sakimu von Szyrwid steht hier, wenigstens bei Geitler
S. 17 1), ne (he icisa tag issipildis) ^). Net verbindet sich mit
ik z. B. in folgender Stelle: valge ir giere, vede ir usz virü
dave net ik tos dienos, kuroje ing karablii ieja (Euang. bei
Epist. von Willent, Matth. 24, 38). Im Suvalkischen Gouver-
nement wird net ik in dieser Bedeutung auch jetzt gebraucht:
net ik denai „bis auf den Tag". Net „bis" und net „so dass"
haben einen und denselben Ursprung, aber wie sich diese Be-
deutungen gebildet haben, ist mir nicht klar.
Pa-püszti „schmücken" findet sich in der medialen Form
pa-si-pouszti, d. i. pasipüszti, „sich schmücken" in den Daynes
von Dowkont N. 32 (— N.1269 Nesselm. , wo die ganze Stro-
phe nicht übersetzt ist). Vgl. lett. pohst „putzen, schmücken".
Pa-slauginti , pa-sloginti „Jemandem die Arbeit abnehmen,
ihn ersetzen" ist verwandt mit altslav. sluga servus, Diener,
*) [Geitlers Text stimmt hier mit dem der Montwidschen Ausgabe
der Punktay sakimu genau überein B.]
^) Vgl. Bezzenberger 304: jai noreczia, idant ghis atliktu, net ätay-
cziä (aus der Postilla v. J. 1600, Job. 21, 22).
Lituanica. 59
sluziti ministrare, russ. sltiga „Diener" u. s. w. Im Wilnaer
Kalender von Iwinski für das Jahr 1851 finde ich das Substan-
tiv paslauga, welches die Bedeutung „Hilfe, Hilfsleistung", russ.
posluga, haben kann („kada ankstie kas Mal ir pajem pate
jaunas, turnet daug tiuodirbt ir jJCislaugos sulaukt gaunasj. Das
g in slaug-, slav. sing- ziehe ich zur Wurzel: das Primärsuffix
-ga existirt nicht im Slavischen, und die Beispiele, welche von
Miklosich (Die Bildung der Nomina im Altslovenischen S. 85 ;
Vergl. Gramm, der slavischen Sprachen, H, 280 ff.) angeführt
werden, sind anders aufzufassen i); ebenso ist auch in der li-
tauischen Sprache dieses Primärsuffix unbekannt, und in kugis
= kujis „Hammer" (altslav. kyj)^ eiga = eija „Gang", zlega
= zleja „Tagesanbruch, Morgendämmerung" ist das g aus dem
j entstanden. — Gleichen Ursprungs mit paslauginti muss auch
das Fut. slaugysiu in Dowkont's Daynes N. 36 sein, wo man
nicht mit der Uebersetzung von Nesselmann (N. 270) „ich bin
dir nicht zur Last mehr" übereinstimmen kann, weil diese
Worte z. B. an die Schwester gerichtet keinen Sinn haben
würden. Vgl. weiter bei Dowkont N. 75: tnanqs ne slauggsi,
in der Uebersetzung von Nesselmann (N. 353) : „wirst mir nicht
mehr folgen" ; N. 28 : Sunkiü darheliü 2) ne dirho, Seno tetuszio
ne klaus^, Baitos matusz^s ^) ne slaug^. In allen diesen Fällen
kann slaugyti im Sinne von „die Arbeit abnehmen, Hilfe lei-
sten, sich Jemandes annehmen" aufgefasst werden. Hierher
gehört ebenfalls sloginti (vgl. oben pa-sloginti) in Nesselmann's
Lit. Volksliedern N. 259, wo dieses Wort irrthümlich durch
*) Altslav. rozga palmes habe ich im Commentar zu Sämaveda-äran-
yaka-samhitä (Moskau 1875) S. 121 aus der "Wurzel razg erklärt und mit
lit. rezgiu „ich flechte", altind. rajju ., Strick" verglichen. Dieselbe Er-
klärung von altind. rajju, altslav. rozga wurde später von Bezzenberger
und Fick gegeben, Beiträge zur Kunde der indogerm. Sprachen I, 68;
172. Mit der Wurzel razg ist verwandt auch rag in altslav. rogozü fu-
nis, juncus, storea u. s. w., gr. ^rjyog „Teppich" (anders Curtius Grundz.*
185). — lieber tnezga ,, Baumsaft" aus der Wurzel mazg s. Fick'' 151.
Auch in plugü snaga giebt es keinen Grund ein Suffix -ga anzunehmen,
ebenso in struga , wo die ursprüngliche Bedeutung nicht klar ist. —
2) lieber ü = u bei Dowkont s. oben S. 55 Anm. 4.
^) Nach Geitler, Lit. Stud. S. 57, wird das ^ in dieser Form auch
von Dauksza oft geschrieben. Vgl. Bezzenberger 129. Aus der Bibel-
übersetzung von Bretkunas habe ich nendres = nendrqs notirt {Er nen-
dres noreiot tvetsdett? Matth. 11, 7).
60 Ph. Fortunatov
„quälen, zur Last fallen" übersetzt ist, obgleich der Sinn der
Stelle offenbar gegen eine derartige Auffassung spricht: indem
die Mutter wegen der bevorstehenden Trennung von der Toch-
ter sich grämt, fragt sie dieselbe: Bau sugrpzi, dukruzyte?
Bau slogpi, mano i) ? Die Tochter antwortet : Gr-^szte ne smjr\-
sziu, slogint ne slog?Jsm. In den Neuen Preussischen Provincial-
blättern v. J. 1855 hat Pancritius auf den Fehler Nesselmann's
hingewiesen und sloginti hier durch „folgen, den Worten an-
derer Gehorsam leisten" übersetzt. Ich glaube jedoch, dass
sloginti dem von mir oben angeführten slauginti vollständig
entspricht, wie man es auch aus pasloglnti = imslauginti bei
Geitler sieht. — In Bezug auf den Sinn von slog(siu in N. 259
Nesselm. vgl. N. 260: Sugrpzte asz sugrpziu, lankyte aplanky-
siii, Bet asz tavi (Dat.), motute mano, darheliu ne darysiu. —
Ist das 0 in sloginti aus dem & entstanden? Die Wurzel ist
mir nicht bekannt.
Zum memelschen/se^ww (e = e) „sehr tiefe Stelle im Flusse"
muss man das zeraait. seituva (=: setuva) hinzufügen, das sich
im Mährchen bei Geitler S. 23. 6 findet (juriti seituvose „in den
Meerestiefen"); auch im Bukvars von Kreczinski S. 40 steht
sytuva (y = e) in der Bedeutung gilums, „Tiefe". Vgl. lett.
seetus, seetawa „eine tiefe Stelle im Flusse". Hierher gehören
auch an. stdhr „demissus, herabhängend", sidh „spät", got. sei-
thus „spät", ahd. sit „darauf, später", nhd. seit. — Altslav. se-
tinü extremus hat einen anderen Vocal.
Neben skardas „Blech" findet sich auch skarda (Mik.), vgl.
lett. skarda, skahrds und preuss. scarstis im Vocabular, wie
man lesen muss statt starstis in der Ausgabe von Nesselmann.
Skardyti führt Mik. in der Bedeutung „hauen" an. Ne-
ben skardys „steiles, abschüssiges Ufer" weist er auch auf das
Adject. skardus „steil" hin. Vgl. Fick^ 204, 205 und skardu-
mas „Klippe" Bezzenberger 322.
Bei skobst skobti „sauer werden (von Bier)" = lett. skahht
ist skirhstu skirbti dass. (Mik.) zu bemerken , apskirbe^ penas
„die Milch stinkend geworden, angekommen" (Geitler S. 77).
Vgl. lett. schkerbs „herbe, bitter, sauer". Folglich ist das lit.
skob- in skobti, skobas „sauer" aus skarb- (Wurzel skarbh =
*) Mano („meine") ist hier wahrscheinlich ein Fehler.
Lituanica. 61
skrabh „kratzen, schneiden" ^) = skarp, skrap) entstanden. Als
analoge Beispiele können folgende dienen: toszis „Birkenrinde"
= lett. talisis, vgl. lett. tahrst, tahst „schälen" ; kvocziu — kvar-
cziu „ich mutmasse, ahne"; snokszti oder sznokszU „schnau-
ben, schnarchen, röcheln", aus *snarkszti , vgl. snarglys „Na-
senschleim, Rotz", lett. schnargals (vgl. deutsch schnarchen),
preuss. sno'xtis; godulite „Leckerbissen" ( Bukvars von Kreczinski
S. 85), aus ^gardulite, vgl. garduUs „Geschmack, Tunke, Brühe
oder was man sonst des "Wohlgeschmackes wegen dazu isst"
(Ness.); gotie = gote „Mädchen" (Geitler 84), aus *garte^ vgl.
an. gerdhr „Jungfrau, Frau".
Mit skomyti „essen", skomas „Sinn des Geschmacks" (Ness.),
kann man altind. cam „schlürfen" vergleichen.
Mit skototi „Mangel leiden" vgl. got. skathjan „schaden",
ahd. scadön, scaden.
Bei skudurlinkas „zerrissenes Kleid" ist skuduras = kudu-
ras „Lumpen" zu bemerken (Kurschat, Deutsch-lit. "Wörterbuch).
Nesselmann hat kuderis, kuduris „Lappen, Kodder". Die Wur-
zel ist skand, skad, altind. skhad „zerspalten", altslav. skc^dü
pusillus, brevis, inops; Fick^ 200.
Mit dem memelschen strydza (so?) „Streit, Debatte" vgl.
lett. strihds, strihde „Streit", german. *strida- (Fick^ 910), in-
dogerman. *stridh-. In dem lat. stlit- muss das zweite t ebenso
erklärt werden, wie z. B. in latere. Hierher gehört wahrschein-
lich auch altslav. trizna certamen, aus *trizdna (vgl. altslav.
hrazdna, hrazna sulcus, sloven. bulgar. russ. praznik ^) — 2k\t-
s\si\. 2>razdrnikü festum); die Gruppe zd ist im Adject. trizdrnü
certaminis erhalten.
Strubas „verkleinert", aus dem Wörterverzeichnisse von
Mikuckij, ist in strubus zu ändern; bei Mik. wenigstens steht
nur diese Form.
Szelmo, d. i. szelmü, „Giebel" (altslav. sUme^ trabs, sloven.
sUme „Dachfirst"), von Mik. neben szelmenis angeführt, findet
sich auch in Brodowki's Lexicon, nur mit einem a statt e:
szalmo (= szialmo, szelmü?), in der Bedeutung „langer Bal-
ken". Nesselmann schreibt szalma, aber bei Brodowski ist
*) Griech. axuQicfog (aus axaQq,og). lat. scribo, lett. skraht „schaben,
kratzen", russ. skrebu (Infin. skresti) „ich schabe, kratze" u. s. w. Vgl.
Joh. Schmidt Vocalismus II, 363.
'^) Im Russischen wird ^jrazrf«JÄi7 geschrieben.
62 Ph. Fortunatov
deutlich ein o, und nicht ein a, am Ende dieses Wortes zu er-
kennen (im litauisch-deutschen Theile).
Tviega wird im Wilnaer Kalender für das Jahr 1 859 durch
das poln. „zanogcica" („zanokcica") „Fingerwurm" erklärt. Vgl.
tvenkia tvenkti „es ist schwühl ; es brennt, schmerzt, bei krank-
haften Entzündungen" (Ness.).
Vadaloti führt Mikuckij in der Bedeutung „volnovatT" an;
bei Geitler, aus einer Schrift von Dowkont, heisst vadaloti
„wälzen".
Vingrus „scharfsinnig, künstlich gemacht", nämlich in
vingrus rasztelei (;,künstlich gemachte Stickereien'^ kommt auch
in der Liedersammlung von Fortun.-Mill. N. 63 vor. Vgl. bei
Dowkont N. 94 (= N. 224 Ness.): Mano rasztelei wenwingrije
(bei Rhesa: wiwingreji) saulei railoint (= kaitinqntj dar pa-
blizgieste, wo Nesselmann tven- in wen- geändert hat. Desselben
Ursprungs ist auch dasj preuss. ivtngriskan „List" (Katech.).
Vgl. lit. vinge „Krümmung" u. s. w. Fick^ 177.
IL Lexikalische Beiträge.
Aikles kojales „schnelle, flinke Füsse". Lit. Volkslieder
von Fortun.-Mill. N. 6. Von aite = eiti „gehen". ** -
ymus, d. i. aimus, „schöne Gestalt, Form habend" (nur
von/Menschen). Historyia szventa von Stanewicz (Wylniuje
3), wo am Ende die Erklärung einiger Wörter beigefügt ist.
Vgl. aimieus (= aimiaus) bei Geitler und aimesnis bei Nessel-
mann. Lit. aimus ist verwandt mit dem griech. d/neivcüv. Der
Diphthong ai ist hier durch die Epenthese gebildet, wie in
Laima „Schicksalsgöttin" neben lemti „das Schicksal bestim-
men". Ueber die Epenthese im Litauischen s. Joh. Schmidt
Vocalismus II, 494 ff. i)
*) [Mir scheint aimus zunächst „angenehm", weiter „hübsch, gut-,
vortrefflich" zu bedeuten und von imti nehmen ebenso gebildet zu sein,
wie dailm „zart, zierlich, hübsch, gut, tüchtig, ordentlich u. s. w." =
lett. däilach „nett, niedlich, zierlich, hübsch" von dilti „schwinden" =
lett. di'lt u. a, „abnehmen, abzehren, mager werden" — anders, aber un-
richtig, urteilt J. Schmidt Voc. II. 486 über daüüs — wie gajü^ „heilbar"
von gyli „heilen", lanküs „biegsam" von lenkti „biegen", kratus „was
«ich leicht erschüttert" von krSsti (kreczü) „schütteln", varits „kochbar"
von virti (verdu) „kochen", atlaidüs „versöhnlich" von atleisti „vergeben",
alogüa „beschwerlich" von slegti „beschweren" u. a. m. (Schleicher Gram.
Lituanica.
63
S. 105). Diese Adjectiva bilden innerhalb der nominalen Bildungen des
Litauischen eine geschlossene Kategorie ; ich halte sie für ursprünglich
participiale Bildungen, die sich im Germanischen an Wörter wie got.
{ä,nä-d-)nems, (anda-)se!f«, (vaila-)/nfc;Vs, {\in-)qeps, mhd. gesbe, an. cst7\ vcsrr,
frceffr, fcerr u. s. w. und damit weiter an die indogerm. Bildung des
Part, necess. oder Fut. Pass. anschliessen. Mehr darüber bei anderer
Gelegenheit. B.]
*) Lit, ant , ant- kommt sowohl von anti , als auch von anta her
(griech. avia, got. anda)\ anta erscheint z. B. in Forma chrikstima,
37, 9 nach der Ausgabe von Bezzenberger , in Evangelias bei Epistolas
von Willent, Rom. 8, 18 (anta mnsu), in Kancyonotas, tai east knigos
psolmu ir giesmiu dwasiszku (von Neuem herausgegeben in Nita im J.
1845), z. B. anta tos tmisu ziamibes , Ps. 33, 7. Vgl. Bezzenberger 71.
^) [Ich halte die obige Erklärung von inartinu nicht für sicher; der
Vergleich des Artikels „Roziuszam, effero, irrito, inartinu" mit den Arti-
keln „Roziuszam si^, efferasco, I-\nirstu" und „Hoziuszenie, efferatio, inir-
Aitivaras = Aüvaras. Pasakos pritikimay weselos ir gies-
mes, par kunigu K. Olechnowicziu (Wilniui. Metuosi 1861),
S. 80 ; vgl. auch Mikuckij , Proba litovsko-russkago slovarja.
Aus Aitivaras ist *Äitjvaras, Aiczvaras (Geitler, Lit. Studien,
S. 55) entstanden, wie didzturtas ^^reich" (a. a. 0.) auf ein äl-
teres *diditurtas hinweist. Vgl. weiter: ancz-, z. B. in ancz-
tikti „enträthseln^^, anczmetine pestis (a. a. 0. S. 76), aus *anti,
woher auch ant (altind. anti, griech. dvil, lat. anti-d) i) ; incz
;;in", aus *inti, woher auch int, und *inti zerlege ich in in -}- I
enclitische Partikel -ti, welche z. B. in idanti, idant ^^damit"
erscheint, wo idan- ganz ebenso gebildet ist, wie kadan- in
kadangi ^^wenn nur, weiF.
Alsuju, alsoju „ich athme'^. Bukvars zemaitiszkai-rusisz-
kas von Kreczinski, S. 22. Lett. alst „schwer athmen", mit
welchem Mikuckij (Filologiceskija nabljudenija, S. 20) lit. alsti
„müdo^^ein^^ vergleicht.
'J.rs^ii^== skaistei Adv. „hellglänzend". Kreczinski 82.
Vgl. reiszkiu „ich ojffenbare''^, raiszkus „offenbar, klar", wo ei,
ai durch die Epenthese gebildet sind, wie in raizgyti „zusam-
menschnüren" neben ap-razgioti, Frequ. zu apregzti „bestricken",
lieber raizgyti s. Joh. Schmidt Vocalismus II, 496.
In-artinu effero, ferocem reddo. Szyrwid's Dictionarium.
Vgl. arza (aus *arzda) „Streit, Uneinigkeit" (Mik., Geitler 78),
erzinu (aus *erzdinu) „reizen" (Schleicher Glossar zum Lese-
buch), griech. SQsd^ca ^). Bezüglich des t in inartinu vgl. ertas
Vi.
jWC^
64 Ph. Fortunatov
geräumig, ertwus breit (Geitler 82), lett. erts geräumig, breit
und lit. ardvas dass., lat. arduus.
Ätkaklauti ,;Launen, Grillen haben^' i). Kreczinski 82.
Von kaklas ^^Hals^^
Aldas oder audas „ein fröhliches Hersingen"; aldo oder
audo „er singt, sie singen fröhlich her". Dowkont's Daynes,
Einleitung (pratarme): Kajpogi trumpq, gaudftnq linksmo halso
mes wadinam ligsziol audo arha aldo (d. i. audu, atdu; 6 be-
zeichnet den Mittellaut zwischen ti und o), fr tejp sakoma te-
hier: „musü wiraj szijnq (= szmq) piaudamis (= piatidami)
audo arha aldo". ^-. . ,* ^ » . ■ ^
Augnus ;,gross". Historyia szwentä von Stanewicz. Von
/ auxjti.
Äuksztynaik ^^zurück" : Clavis germanico-Hthuana, ein hand-
schriftliches Wörterbuch ^j. Siehe bei Nesselm. auksztynaikas.
Bumbu bumbeti ^^murmeln, in den Bart brummen". Gou-
vernement Suvalki. Vgl. bambeti, Schleicher's Glossar zum Le-
sebuch und Fickä 131.
Brekszma (= brekszma) „Dämmerung". Kreczinski 30.
Vgl. brekszti bei Nesselm. und brekszt bei Geitler; poln. brzask
;;Morgendäramerung"^ russ. brezgü (statt brezgü), altind. bhräg
;;flimmern".
JBurtas oder buj^s? „Dieb". Lit. Volkslieder von Jus'ke-
vic N. 26: «^«^ys^^i^*&wr^ws (plur.), .{^ir werden diesen Dieb
(„etogo voriskd^) verfolgen". ^'^
; — -y ,
timas^^ in Szyrwids Dictiotiarium legt die Vermutung nahe, dass inartimt
als i-nartinu aufzufassen sei, vgl. die von Nesselmann Wbch. S. 422 unter
nirstü aufgeführten Wörter. B.]
*) Vgl. Bezzenberger 273: atkaklas ,, verkehrt" : nasrai atkakluju hus
ischschakniti.
*) Dieses Wörterbuch ist fast vollständig von Nesselmann erschöpft
und wird von demselben unter der Abbreviatur Qu. (Quartbände) citirt;
siehe Vorrede zu seinem Wörterbuch, S. VI. Wenig neues bieten auch
„Proverbia quaedam lithuanica'", welche im Anhange enthalten sind. In-
teressant ist jedoch folgende Redensart. Im Sinne von „mein Weib ist
entbunden" wird hier unter Anderem der Ausdruck angeführt: müderes
kojas pakulau, d.h. eigentlich: „ich habe der Frau die Beine gebrochen".
Vgl. hiermit die russische Redensart: „zonka nogu slomala", d. h. „das
Frauchen hat Bein gebrochen", im Sinne von ,,die Frau ist entbunden"
(s. Opytü oblastnago velikoriisskago slovarja, unter dem Worte „zonka"),
ebenso das englische „she has broken a leg", von einer unehelichen Ge-
burt gesagt (Germania, herausgegeben von Pfeiffer, V. Jahrgang, S. 480).
Lituanica. 65
Czinczifvti ;;Schwanken, sich bewegen^^ Lit, Volkslieder
von Fortun. -Mill. N. 31.
Danya juru ;,Meer\vog,el^. _ Lexicon lithuanico-germanicum
von Brodowski. Vgl. I)ange „Qin Fluss, der sich bei Memel in
das Haff ergiesst^*^ (Ness.), lett. donr/a ^^kothige Pfütze, Meer-
schlamm".
Die Präposition do wird im Suvalkischen Gouvernement im
Ausdruck kas do to gebraucht, z. B. kas tau do to „was geht
es dich an". In der Bedeutung von kas do to kann kas darho
stehen, wie z. B. in der Liedersammlung von Fortun.-Mill. N. 38
statt kas tau darho auch kas tau do to gesungen wird, lieber
kas darbo siehe Nesselmann's Wörterbuch unter darhas. Bei-
spiele für kas do to aus alten Büchern: Euangelias bei Episto-
las von Willent, Joh. 21, 22: kas tau do to; Matth. 27, 5: kas
mumus do to; N. Testam, v. J. 1701, Matth. 27, 5: kas mumus
do to '^). Vgl. denselben Gebrauch der Präposition do {— lit.
da-) in den slavischen Sprachen (Miklosich Vergl. Gramm, der
slavisch. Sprachen IV, 52 Id), z. B. russ. „cto tebe do etogo";
;;was geht es dich an". — Die lit. Präposition (Partikel) do er-
scheint auch in kas do „was für ein" 2) (russ. „cto za") statt des
gewöhnlichen kas per , z. B. : Kas do dyvai, kas do navijneU
(Geitler 63); Ne pazino, kas taj do pauksztelis 3) (Dowkont's
Daynes N. 50). Vgl. oserb. do (mit dem Genit.) in „s'to jo to do
muza?" „was ist das für ein Mann?". — Lit. do entspricht
lautlich dem altslav. da Conj., da-ze Part., z. B. daze do us-
que ad.
_^^^jfeÄ.,^^Wä1ifi§ch" *). LexicoltKlithuanico-gehoanicum I
von Brodowski. "^.^^ ^^ ^^>, ^
Erszketra „Dornstrauch". A.. a. 0. Vgl. erszkUis „Dorn,
Strauch" Ness.
Gaidra = dziova. Kreczinski 84. Vgl. gedra. Ein sol-
ches Schwanken zwischen ai 'uii'l e findet sich auch z. B. in
kaimas (Lit. Volkslieder von Förtun.-Mill.) = kemas „Dorf".
^) Vgl. Bezzenberger 244.
^) Vgl. Bezzenberger 264.
^) Im Wörterbuche von Kurschat S. 478: „was für ein Vogel ist
das?" Kas tat per pauksztin? — Lit. do in do datigiaus bei Geitler S. 63:
81 ist gleich dem da aus dar „noch" entstanden. Vgl. Schleicher's Lit.
Grammatik S. 79 und Lit. Volkslieder von Fortun.-Mill. S. 9. Hierher
gehört auch da bfi Bezzenberger S. 264, z. B. : O kad uns da kalbeja.
*) Vgl. B^zzenbfrger 283: eschketras „Wallfisch".
Beiträge z. Kunde d. ig. Spraohp.n. III.
,V/
(36 Ph, Fortunatov
Ganstus „scliüchtern , furchtsam^'^. Kreczinski 80. Vgl.
gandinu, ganstumas „Sclirecken'^^ (Geitler 83).
Zemait. grijzti (= grezti) „2i\xi einem Instrumente spielen";
grijzims ;;Musik". Kreczinski 79; 83; 29. Dowkont's Daynes
N, 71 : grijzkiet grijziejelei i) ^^spielet, Musikanten'^^ Lit. Volks-
lieder von Jus'kevic N. 16: muzikeliii grizancziu (= gryzan-
cziu) „der spielenden Musikanten".
Inkstas, gewöhnlieh ^^Niere"; wird im Suvalkischen Gouver-
nement in der Bedeutung „testiculus" gebraucht, ähnlich dem
altslav. isto, altnord. eista (Joh. Schmidt Vocalismus 11, 470),
wie man es aus folgender Stelle in einem scherzhaften Liede
sehen kann:
Likite sveiki, gimines ir gentys,
Kure turite subineje dantis,
Kure szleivi (krummbeinig) ir kuproti,
Venu inkstu ^) ir kuiloti.
In der von Samuel Boguslaw Chylinski im Jahre 1660 in Lon-
don herausgegebenen Bibel '^), lob 19, 27 heisst inkstey Plur.
;,Inneres" ^) (= duszia ^^Seele" in der Ribel v. J. 1858): inksteg
mano lohay ilgsta j^rieglaupstiy mano!
Judaveczes ^^schwarze Brombeere". Kreczinski 48. Zusam-
mengesetzt aus Judas — jüdas ^.schwarz" und aveczioa, amczes
Flur.' „Himbeere".
Kresnas „Feuerbrand". Senas auksa altorius (ein Gebet-
buch), Ausgabe v. J. 1864, Wilniuje, S. 148: katilai mana kaypo
kresnas iszdziuva (Psalm 102, 4). Die Wurzel ist dieselbe wie
in krosnis, lett. krahsns „Ofen"; lett, krehsls, krehsla ;;Dämrae-
*) Nesselmann N. 271 hat dies in gre^zkites gre^zelei creändert und
übersetzt: „drehet euch, ihr Tänzer".
^) Ueber den Sociativ ohne su s, Schleicher Lit. Gramm. S. 2G9,
Bezzenberger S. 239.
^) Ich citire nach Qvandt, Einleituu}? zur Bibel v. J. 1735. Die
Bibel von Chylinski habe ich bis jetzt nicht gefunden trotz rneiner An-
fragen im British Museum und in der Petersburger kaiserlichen Biblio-
thek.
*) Die Meinung von Bezzenberger S.40 über die Verwandtschaft von
inkstis und jszczins wird dadurch bestätigt. [Dass inkstei/ an der von dem
Herrn Vf. angeführten Stelle (Iliol) 19, 27) nicht „Nieren" bedeute, halle
ich für unsicher: sie lautet in der Bibel von 1869 Mano inkjlai fueß i
tnano jirittylohjtijf , in de Wette's Uebersetzung: ^[vor Sehnsucht] verzeh-
ren sich meine Nieren im Busen. B.J
Lituanica.
67
rimg^^; serb. sloven. Ja-esati ,;Feuer schlagen'^; russ. kresati, cech.
khsati, i^oin.krzesac. Vgl. die Wurzel' kar^, woraus altiud.' krshtut
;;Scliwarz"; preuss. ku-ünaii, altslav. r}rry/'f (Fick-* ;jS); Ijt. k<irs.cf(is
;;heiss^'^ lett. karst oder kahrst ;,}ieiss sein"^. "" ■■•'•■■-"'"""^"
Kulimas „Spass". Kreczinski 79.
Kiimet , nekumet ^^manchmaF'^. Kreczinski 87. Bei Ness.
kümet _,_,wann?'^^
Laksztütl ;;traurig, kläglich singen^' (?), vom Kuckuck. Lit.
Volkslieder von Fortun.-Mill. N. 75.
Laksztute ,,NachtigalK Fortun.-Mill. N. 85.
Lasavoju ,^ieh mache Lärm". Kreczinski 28.
Ostlit^^^ifeJgyfe^4k^..Wolf". Kalbos letuv. lezuvio S. 42.
Vgl. /^hiiÄs „w^" bei J^Jess. ** "*-"^ """""
Partik?*^-//,s in nesangalis = nes , iiesa , nesanga „denn".
Clavis gerrnanico-lithuana ^).
Liumptdi ^^schwanken". Fortun.-Mill. N. 21. Vgl. lopszys
„Wiege". .,,.''
M/^_mts (meras) „t^jede". Katechismus v. J. 1547, 26. 7
nach der Ausgabe jßdi Bezzenberger. Im Texte steht der Ac- l
eusativ miera (ßlmc. miera tarp /r/'s/i paim) , bei welchem d«***' I
Nomin. Sinch Snera lauten könnt^ aber ich we\m\G injßrds (me- t
ras) auf Grund des lett. meers 'und des altslav. 0{rü an. An- '
dere Belege für das lit. meraa „Friede" ha])e'"ich nicht. — Mit \
dem altslav. -m/'rü in Vladhnirü vgl. das lit. waldimieras, d. i. ;
valdymeras „Herrscher, Gouverneur", welches von Geitler 119 j
aus einem zemaitischen Buche angeführt ist. --^
Mif/as = urüdas. Kalbos letuv. lezuvio S. 42. Vgl. mega
„Verschlag" Nesselmann S. 390.
Zemait. na =r-. ne „nicht" ^). Kalbos letuv. lezuvio S, 11.
Vgl. ostlit. ?üo- aus na'-\-a- z.B. bei Szyrwid: notmagna (=''^va-
atmayna) immutabilitas, nopireyzdetas incuratus, nnfamenu non
memini u. a. Klein sagt über diese Erscheinung : „« in crasi
mutant Wilnenses in o , ut pokim pro po akhn , votsh'ru j^ro
7ieatskirn'' (Granimatica lituanica S. 17), aber das o in no- ist
natürlich nicht aus einer Verbindung e-\-a entstanden ^).
»» V
01
^) Vgl. Bozzenberger 2C7: kad(ni[/el, tncldni/el u. a., wo auch auf -li
in nnli (Ness.) hingewiesen ist.
^) Vgl. a. a. 0. 302, 350.'
^) Anders Bezzenberger 66.
5*
/-^
68 Ph. Fortunatov
No verstärkt den Superlativ, z. B. noplacziausias „der brei-
teste". Gouvernement Suvalki. Vgl. altslav. 7iai (;,aliquoties
comparativo additur ad superlativum indicandum" Miklosich),
nsloven. naj, na, poln. noj, griech. vrj, val, lat. nae.
Net ;;Sondern" (Conjunction). Clavis germanico-lithuana
(Beispiele sind nicht gegeben); Postilla von Bretkunas S. 393:
tievas ant schos szemes waika sawa didei mil, a ne tiklai mit,
net ir paen (^=^jmj; detig ir prikopia ^).
j iVe£^^^damit nicht". Euangelias bei Epistolas von Willent,
Matth. 26, 42 : tieve mana, jeigi ne gal tas kilikas atstoti nüg
manes, net esch (== asz) thq. gercziq, (= gerczia = gercziau) ^),
Postilla von Bretkunas, S. 366: tieive, iei ne gal buti, kaip
schis kelichs nüg manes atimts hut, net man ghi gereut. Sogar
im N. Testam. v. J. 1865 und auch in der Bibel v. J. 1858
ist das Wort net an dieser Stelle beibehalten (net asz tq ger-
cziau).— Szyrwid führt net in einer anderen Bedeutung: ^,wenn
nicht" an (vgl. lett. ne in der Bedeutung „wenn nicht"), und
in der That ist net in alten Texten nicht selten „wenn nicht"
oder „ausser wenn" ^). Siehe z. B. Katechismus v. J. 1547,
15. 20 nach der Ausgabe von Bezzenberger : ijrisch kaplana
skimdima ne prieleisi net pä dweiu alba trijiu Uudiniku; Euang.
bei Epistel, von Willent: nevienas ne gal tu szenkla dariti . . .
net Dievas su jü butu (Job. 3, 2) ; ir neviens ne paszyst tieva,
net tiektai sunus (Matth. 11, 27). In der Bibel v. J. 1858 ist
dieses net stellenweise beibehalten, und wird nU, d. i. net, ge-
schrieben, z. B. Luc. 17, 18: argi ney iviens n' atsirqdo ....
nlt szis sivetimasis (im N. T. v. J. 1865: kaip szis sivetimasis).
Net, net „damit nicht", „wenn nicht" ist emphatische Negation,
mit einer enclitisclien Partikel zusammengesetzt.
NiuniMi = neajszkeis zodeis dainiouti. Dowkont's Daynes,
Einleitung.
Zem. omzdis vamzdis. Kreczinski 27. Analog sind : overie
(Geitler 99), overiksztis (Genawejte 97), Okitis (Genawejte 7),
anta (Mik., Geitler 76), aus vovere, vovergksztis, Vokytis (— Vo-
ketis), vanta (vgl. vanoti „mit dem Badequast peitschen, schla-
gen" Mik.).
*) Vgl. Bezzenberger 304; 267, wo auch neta angeführt ist.
*») A. a. 0. 304.
'') A. a. 0.
Lituanica. 69
Pirkczia, pirkcze „Stube im Bauernhause". Fortun. -Mill.
N. 54, 1. Mikuckjj (Filologiceskija nabljudenija S. 37) hat pir-
kia „cernaja izba'^, bei Nesselmann aus Szyrwid heisst pirke
„Bäckerei, Backhaus". Die Wurzel ist hier dieselbe wie in
pirksznys „glühende Asche", lett. spirksnis , spirgsti, pirgfde
„glühende Asche, Gluth in der Asche", nämlich sparg = sprag
(lit. spirginti ^, spraginti, sproginti „braten", altslav. praziti,
russ. prjaziti). Die Form pirkia ist aus pirkczia (= pirgczia)
entstanden, ebenso wie hlake „Wanze" auf ein älteres *blakte
hinweist, vgl. lett. blakts dass. , lat. blatta (Fick^ 378). Die
Stube hat also hier die Benennung von dem Heerde oder vom
Heizen erhalten, woher auch die Bedeutung „Backhaus". Vgl.
poln. komnata , russ. kömmata „Zimmer", ahd. chemindtd, aus
dem lat. caminata (Miklosich, Die Fremdwörter in den slavi-
schen Sprachen S. 23). In der russischen provinciellen Sprache
bedeuteT''^^;e>i|,f jon )twr*te^^räuchern" u. s. w. (sloven. ' fcj«»'«i4,
„heizen"), die Stube im Bauernhause und ebenso aucIT^as
Backhaus.
Prieglaupstis ~ preglobstis „Schooss". Die Bibel von Chy-
linski (s. oben) 2). Das au ist hier aus am gebildet, wie auch
e in glebijs „Armvoll", apglebti „umfassen" auf ein em hinweist.
Vgl. globti „umfassen, umarmen", preuss. po-glabü „er umarmte",
abglopte „ein Kranz, welchen die Neuvermählte aufsetzte" (The-
saurus linguae prussicae), ags. clippan „umarmen" (Fick^ 519).
Priklei = kartei, sunkei. Kreczinski 23; 81. Bei Geitler
*) Aus dem lit.-slav. spirff- erkläre ich das urslav. *pirogü , russ.
pirogü „Mehlspeise, eine Art Pastete", cech. piroh „Mehlspeise, Täsch-
lein", poln. pirogi plur. „Mauitaschen, gefüllte Klösse", *Pirog-ü ist aus
pirg- (= spirg-) durch Vermittelung von pirg- mit der Svarabhakti gebil-
det. Dieselbe Art von Svarabhakti kommt in *svdrog-ü (urslav.,,a = ä) ,,
„deus lucis" vor, vgl. alto[d. sua/v^a jjHimmel''^ griech?OTA«<;^w (auslB*!^^}
„beätwU^len" (Fick** 220). Ebenso ist auch *tvürog-Tt „Quark**;" russ. tva-
rogu tvorogu, neubulg. poln. tvarog, cech. tvaroh aufzufassen (mhd. twarc,
nhd. Quark ist entlehnt). Die Wurzel ist wahrscheinlich dieselbe wie in
lit. tvarka ,, Ordnung", Ivarkyti ,, ordnen, einrichten" ; den Guttural kann
man als Wurzeldeterminativ zu tvar ,, fassen, bilden" erklären (vgl. griech.
jvQÖg „Käse", lit. kezq tverti „Käse in die Form fassen").
'^) [An derselben Stelle findet sich dicht neben prieglaiipßii/ ein an-
deres beachtenswertes Wort : Padarykim Zmogu ant abroz'a mufu . . . ir
tewießpatauja and . . . wiffokio flegiqcio z'weries , kurfai flqffia and z'ia
mes. B.]
70 Ph. Fortunatov
priklijhe _,; Widerwärtigkeit"^ pnkütis (priklytis) ;; Widerwärtig-
keiten, Abscheu empfinden". Entlehnt aus dem Slavischen:
poln. przykrtj ;;lästig, widrig", russ. provinc. prikrijj „herbe".
Radastelis (Demin) „Rosenstock". Fortun -Mill. N. 42 i).
Railotl ;,wärmen" von der Sonne. Dowkont's Daynes N. 94
(s. oben) und in der Redensart (patarle): saule zian^ railo ;,die
Sonne wärmt die P>de".
Rijklm ;;Unordig" (^ be davado , he redo). Clavis germ.-
lithuana. Vgl. bei Ness. rykliu kalheti ^^stottern, stammeln".
Sajatütl „blau scheinen". Fortun.-Mill. N. 24.
Samplaczel „weit und breit". Clavis germ.-lithuana. Vgl.
bei Ness. samplata.
Sauliegranzas „Sonnenblume"; eigentlich „Sonnenwende".
Der Wilnaer Kalender für das Jahr 1847. Vgl. lett. saulgreefe,
saules (jrohß dass.
Sziurma „kleine Ruthe, Gerthe". Kreczinski 83. (Bei
Ness. szurma - surma „Pfeife".)
Szarnus „schnell"; szarnei Adv. Kreczinski ^b\ 28. Vgl.
altslav. skorü „schnell" ^j. Das lit. sz entspricht hier dem alt-
slav. sk, wie z. B. in szokti „springen"; altslav. ,skakati.
ISzmdrei „scheel, schielend". Gouvernement Suvalki. Bei
Ness. znairei und aneirai.
Szidavoü ;;Spotten, zum Besten haben"; szidorelis (Demin.)
,;Spötter". Fortun.-Mill. NN. 21 und 31. Vgl. szidüi „keifen"
Ness. Entlehnt aus dem Slavischen: poln. szydzic ;;höhneu,
spotten"; cech. sidlti , im Lexicon palaeosloven. von Miklosich
siditi irridere (spät belegt).
Szleivas „krummbeinig". Gouvernement Suvalki (s. oben).
Bei Ness. szUvingis ;,ein krummbeiniger Mensch". Vgl. lat.
clivus.
Szvarkai oder szvarkus'^ Plur. „Männerrock" (im Texte
steht der Accus, szvarkm). Dowkont's Daynes N. 58 =^ N. 157
Ness. Im Wörterbuche von Nesselmann szarkas „der tuchene
Ueberrock der Fischer"; szarkiis ;;Männerrock". Vgl. lett.
avahrki Plur. ;;Männerrock"; altslav. sraka vestis, russ. sorocka
*) Vpl. Bez7.etil)erger 319: Nu fi'cii/p rädihtds randomiK , wo die ]]c-
(leutnnpf von radantas für Bezzeiiberger niclit klai' war. Ilierlier gehört
aucl» ;Yu/a«^rtt „Dornen , Hecke" bei Bretkunas (a. a. O. .318). Itadastas
ist also ,, Heckenrose''.
■■*) Lit. Skurey „plötzlich, schnell" ßezzenberger 323 ist entlehnt.
Lituanica. 71
„Hemd'^, altnord. sef-kr (entlehnt?) „langes Kleid" (Lottner,
K. Zeitschr. XI, 174). Dieselbe Wurzel findet sich in lat. sarcio
(aus *svarcio), sarcina, lit. szarkuUs, Plur. szarkuczei „die
Strohbündelchen, die bei dem Dachdecken unten zunächst der
Traufe zu liegen kommen" (Ness.). Das lit. szv , woher sz, ist
hier aus dem ursprünglichen sv entstanden. Andere Beispiele
für lit. szv , sz aus dem sv: szvelpti, szvilpti „pfeifen", lett.
sivelpt , swilpeiit dass. , griech. odkTtiy^ (vgl. Pott WWB. II, 1,
723; Curtius Grundz.* 288); szi/pMi^ szyp^oti — ostlit. svipsoti
(Kalbos letuv. lezuvio 40; Geitler tl4) „durbl^^ die Zähne zie-
hen, auslachen"; lett. smfpiipht „spot^"; vgl. griech. al^f^g
(Lycophr. 1134)- iadf.iog, üLCphivv i^uo/.iaad^ai , airpviaaaf axi-
/mA/ffat Hesych.; szvankszti „schnauben, wiehern, heiser reden"^
szvykszti (szvygszti) „heiser reden", vgl. got. ga-svogjan „seuf-
zen", svegnjdn , svignjan „laut frohlocken", lat. smgidtus ^);
su-sziqyqs „faul, verfault" (vom Holz), vgl. griech. aij^cw, aa-
TtQog — afajtQog; szurpti „schaudern", vgl. altslav. sverepu
ferus, saevus (über die Svarabhakti s. Joh. Schmidt Vocalismus
II, 67), Würz, svarp? ; [szupuUs „Wiege" (Geitler 115), lett.
schujooht „schaukeln", Würz, svap (altslav. svepiti se^ agitari
'~u. s.w.) Fick^ 416; szüntn nzusti „heiss--.werden", sztiMfiii „bNic.,,
heh>..^hen''','''lett. suhtn sjsfs^-' „heiss jvjßr^ß^', vgl. ahd. swedan
swat „verschwelen", nhd. Schwadern; szelmü, szelmenis „Giebel,
Dachfirst" (s. oben), lett. felminis, fchelminis „Giebel", altslav.
slem^ trabs, griech. ael/na, vgl. altind. svaru „das von einem
Stamm abgeschnittene lange Holzstück"; S2:es2;wras „der Schwie-
gervater der Frau", indogerm. ^svakura-; szeszi „sechs", lett.l
seschi, indogerm. *svaks-.
Ostlit. tauta = gimine. Kalbos letuv. lezuvio S. 42. Lett.
tauta „Art, Geschlecht". Vgl. Fick^ 365.
*) Anders wird singultus von Baudry (Memoires de la societe de
linguistique de Paris I, 413) erklärt, nämlich als „conglutition", von sin-
„cum" und *gulio (vgl. gula) , aber hier ist ganz ohne Grund die Bedeu-
tung ,,cum" für sin- angenommen, welche doch nirgends hervortritt.
Beiläufig bemerke ich , dass sinceriis nicht in sin-cerus zu theilen , wie
Baudry meint (auch Corssen Aussprach^* I, 376, wo sin-cerus als „ganz
rein" erklärt wird), sondern mit got. ^vikris „rein^,..JE5fischj^jiBBehttldig^'
zu vergleichen ist. Im got. svikns (aus *svinktia-) erklärt sich das k
durch das folgende n, wie in taikns „Zeichen", an. tdkn, Würz, dik; über
taikns s. Leo Meyer Die Gothische Sprache § 13
%^myyi^
72 Ph. Forfcunatov
Tyczia, tytveikas ;,sehr viel" („eine l^rosse Menge'O- Cla-
vis germ.-lithiiana. Vgl. timtas „Haufe'^ (Geitler 118), tuntais
„haufenweise" (Ness.)-
Vaina „Tadel" i). Die Bibel von Bretkunas, Psalm. 18, 24,
wo der Gen. loa'mos in nufarties corrigirt ist. Bei Ness. isz-
vainoti „ausschelten"; vainiti „verspotten". Vgl. lett. ivaina
„Schuld"; altslav. vina.
Wülinne (v'dine) „Armband" = rankte riedas (redas). Cla-
vis germ.-lithuana.
FeZMÄ;rtS;,Gespenst"^). Clavis germ.-lith. Vgl. velnias „Texi-
fel".
Virptis „Stange". Kreczinski 40. Vgl. vlrbas „Ruthe";
virbalas „ein hölzerner Stab".
Zmoymis, d. i. zmojmis , Dat. Plur. (über -mis s. w. u.),
statt der gewöhnlichen Form zmonems „den Leuten". Histo-
ryia szwenta von Stanewicz : Jozue lipy (= lepe) neszty skrine
sandaros ir zmoymis eyty paskuj. Der Stamm zmoj gehört ei-
gentlich dem Nomin. Sg. und ist aus zniü gebildet; vgl. preuss.
smoy ,;Mann" (Vocab.) und lit. bei Grodno ahnoj , rudoj für
akmü, rudü (Kurschat Gramm, der lit. Sprache S. 781). —
Der Gebrauch der Endung -mis, -mi im Dativus Pluralis fin-
det sich auch z. B. in folgenden Stellen: tau jumis iszduo-
siu? (Senas auksa aitorius, Ausgabe vom Jahre 1864, Wilniuje
S. 546); douk mumis mejlq sawa (Szwgtas giesmes, Ausgabe v.
J. 1861, Wilniuje, S. 187); hus miimi didis tizimdelis „e,v wird
uns ein grosser Helfer sein" (Lit. Volkslieder von Fortun. -Mill.
S. 11); ateis mumi pavasaris (a. a. 0.); puikemi staXt puikem
(^ puikems) Dat. Plur. (a. a. 0. S. 202) ; Petruj ir wisemis jo
mokitinemis tq, wis pjasakikite (Szwgtas giesmes S. 156). Als
Anlass zu einer solchen Verwendung von -mis diente der Um-
stand, dass im Instrum. Plur. neben -mis die kürzere Endung
-)w« (in einigen Gegenden -m) gebraucht wird: indem das i in
-mis = -ms als ein blosser Zusatz erschien, wurde es nach einer
falschen Analogie auch auf -ms (alt -mus), -m im Dat. Plur,
ausgedehnt. Vgl. andere Beispiele bei Bezzenberger S. 241.
Ebenso erkläre ich jene Fälle S. 242, wo -mus für -ms = -mis
in Instrum. Plur. steht (nach der Analogie von -mus — -ms im
Vgl. Bezzenberger 336: fwaina „Fehler, Gebrechen".!
^) Vgl. a. a. 0. 13: weloka, WeluTcä.
Lituanica. 73
Dat. Plur.). Anders wird diese Erscheinung von Bezzenberger
aufgefasst, aber nur in zwei Beispielen bei ihm sehe ich den
wirklichen Instrum. Plur. im Sinne des Dat. , nämlich : Pristos
ischwedantziamus Dicasiemus ir pamakslais Welinu (Bretkunas);
Padwaiskai pasake schns szodzius Etmonals (Bretk. , Bezzenb.
Nachträge und Berichtigungen S. 355), Solche Palle kommen
wohl nur selten vor und sind nach der Analogie von -mis in
Dativverwendung gebildet. In idant tiketu M^lais (Br.) bleibt
es fraglich, ob nifJlais (melais) kein richtiger Instrum. sei; vgl.
tiketis mit Instrum. In tamu nussistebedami (Br.) ist tamn ein
wirklicher Dat. ; vgl. Euang. bei Epist. von Willent, Luc. 2, 33 :
tievas ir motina stebeiosl tiems daiktams (auch in den slavischen
Sprachen steht der Dat. bei den Verben der Verwunderung,
Miklosich Vergl. Gramm, IV, 613). Ganz unmöglich scheint
es mir in uszdeia tamu kriszu (Br.) die Form tmmi als In-
strum, aufzufassen (für tft). Bezzenberger ist wahrscheinlich
wegen des m in tamu zu dieser Annahme gekommen, aber im
Instrum. Sing, der a-Stämme wird n (d. i. ii) bei Bretkunas
nicht gebraucht, weil u hier zunächst aus dem ü gebildet ist.
Nicht selten hat Bretk, in dieser Form ü (auch ft), d, i. einen
^littellaut zwischen u und o (z.B. V, Mos. 28, 22: Ponas tawe
ischtiks aptlnimmUfdnu/fjm, karschcziü , degimmü, sausumü, nü-
dingü arü), und in solchen einzelnen Fällen, wie pa scheschu-
Uu Bezzenb. 124, sehe ich im u einen Schreibfehler für ü; vgl.
andrerseits z. B. kas iusü für kas iiisu Luc. 17, 7. Wenn man
dem Punkt unter dem ii in tamu irgend einen Werth beimessen
will, so muss auch hier w als ü aufgefasst werden; vgl. bei
Bretk. Dativformen herneMui, (jrwamüyem u. a., Bezzenberger 65 i).
Moskau, Ph. Fortimatov.
*) [Zu den obigen wertvollen Mitteilungen erlaube ich mir einen
kleinen Zusatz zu machen durch die Mitteilung von vier etymologisch
oder lautlich beachtenswerten Wörtern, die sich in Szyrwids punktay sa-
kimu finden, die überhaupt manches lexikalisch brauchbare enthalten:
aprepti (oder aprepeti) fassen, begreifen : 0 gituma turtu, iszminties ir
z'inios Diewo, kayp ne apiimani (sie!) aba ne aprepiami ira suday io p.60;
-repti, verwant mit lat. r apere , ist Stammverbum zu rcples „Zange" =
preuss. raples und gewiss auch zu ap-repnas ,, vollkommen" zgls. 272,
„reichlich, herrlich" Geitler S. 77.
atdusis Erholung (= atdicesis zgls. 273) : z'iraciugu . . . ieszko z'mones.
74 Leo Meyer
Indütiae und bellum.
In einer eben erschienenen sehr inhaltreichen und sehr be-
lehrenden Abhandlung Ludwig Lange's in Leipzig über den Ur-
sprung und die Geschichte des Wortes duellum „Zweikampf
finden sich ein paar etymologische Auseinandersetzungen, denen
beizustimmen nicht leicht fällt und die deshalb zu erneuter Er-
wägung auffordern, ich meine insbesondere die über die Wörter
bellum und indütiae.
Das letztere wird auf eine W^urzel du „ire, subire, ingredi"
(Seite 26 und 27) zurückgeführt und das in darin für das alte
negirende Präfix (also = gr. dv-, deutsch tm-) gehalten, so
dass als erste Bedeutung sich ergeben soll „is rerum Status, in
qvo tales incursiones ne fierent pactum erat'': „incursio''
aber „exercitus ex Urbe egressi in agros hostium" wird als
erste Bedeutung von duellum (bellum) angenommen, das auch
auf jene Wurzel du zurückgeführt wird und somit also auch
formell einen Gegensatz zu indütiae bilden würde.
Eine Wurzel du mit der Bedeutung „gehen, sich bewegen"
findet sich im Sanskritwörterbuch wirklich aufgeführt, aber
doch nur mit wenigen Citaten aus grammatischen Schriften, so
dass ihr also für uns ein wirkliches Leben gar nicht inne
wohnt und die Berechtigung ihrer Ansetzung erst andersher
erwiesen werden müsste. Böhtlingk und Roth weisen unter du
vergleichend auf das bekannte dru „laufen", scheinen es also
für eine dialektische Nebenform des letzteren zu halten, wie ja
unter den nicht belegten sanskritischen Wurzeln überhaupt ge-
wiss manche nur dialektischem formen sein^^^erden. \
Ohne jenes sanskritische i(m%g[ehen, sichN:^e wegen* zu er-
wähnen , führt auch Fick 2^ 130 in' der Zusammenstellung des
Wortschatzes dert gräco-italischen SprgLcheinheit ein ?#M>^geh«Q"
auf, das er an früheren Stellen (P 111 und 6'24) mit dem Zu- |
satz „fortgehen (eingehen)" aufstellt: unter dem Zugegebenen
mariose gitumam (sie!) ibrizdami ir tinay be atdusio karc'iuose ir szat-
tuose wundenise, kotay gal iz'kist, trunka p. 119.
neyinuney (d.i. ne-r/^Huney; vgl. gessan Nossolm. S. 25")) unauslöschlich:
ugiiis ne gisuney umziiiay degins p. 5.
*wielus (:= vitlas) gottlos: Giminiesp wielunciosi) nusiusi ii p. 168: ver-
want hiermit ist vielleicht veltus „unnütz" Geitler S. 120, B,]
Indütiae und bellum. 75
ist aber nichts, das jenes du „gehen" mit einiger Sicherheit er-
geben könnte. An erster Stelle finden wir in jenem gräco-ita-
lischen Wortschatze nwiQYldu dvu), t'dvoa, sövv , ötdvxa „ein-
gehen, eindringen in, untergehen" eingereiht; dabei aber han-
delt sichs gar nicht um einfaches „gehen", sondern um das
deutlich specialisirte „in etwas hineingehen, eintauchen", mit
welcher besonderen Bedeutung das dvoj auch neben den weite-
ren Anführungen wieder ganz isolirt steht. So wird man ent-
schieden gedrängt, für dvio sich nach ganz anderem Zusam-
menhang umzusehen : da nun aber griechisches d ebensowohl
als lateinisches b auf altes (j zurückführen können und dann
also auch unter sicli in Zusammenhang stehen, so scheint das
vereinzelt stehende pn-buere „eintauchen" zu di'o) {hdvoj) zu
rücken. Fick 2^ 159 allerdings stellt im-buere als zunachs'
causatives „tränken" bedeutend mit i)6tus „Trank" und bibere
„trinken" zusammen: dabei aber bleiben doch Wendungen wie
opus imbiiere „ein Werk beginnen" („sich in ein Werk versen-
ken"), terräs vomere imbuere „das Land mit dem Pfluge an-
greifen" („in das Land eindringen") und andere völlig unver-
ständlich. .^ '■*>».
Weiter stellt Fick zu jenem angenommenen ?*<( "^^'Se^nNs.
sanskritisches duvds- „hinausstrebend, unruhig", zu dössen B^
deutung im Petersburger Wörterbuch ein Fragezeichen hinzu-
gefügt ist; dnvasand „hinausstrebend" (nur Kigyedas 4, 6, 10
von Agnis' Strahlen, die wie Raubvögel fliegen),: ^^'f^^^^-J^o^
und dura- „fern", die alle von dvio weit abliegen und auch in
einem alten einfachen „gehen" schwerlich ihre genügende Er^s
klärung finden. Aus dem gothischen ist iavjitn „thun, inachen",^
das eigentlich „treiben, fördern" sei, zu gefügt und aus dem
Althochdeutschen zawjmi „machen", zaivm „von Statten ge-
'hen", reflexiv „sich \)QQ\\m\", zuwen, zou [mitteldeutsch] „sich
eilig vorwärts bewegen, ziehen" ; weiter aber werden noch an-
gereiht dr^v „lamge" ^dücere „führen" und das zweite Zahlwort
dvü) — duö und daW noch mit dem T-Vocal :f difer?^^a;Trfw^^flie-
hen", ^^öt Jage, eileX-^md^^ft^^/^^^^^^^-^Se/S denen altin^
sches^^^^f^T rfj'?^*y^„ losfahren auf, jagen" zunächst zur Seite
gestellt wird, das auch wieder nur bei den (irämmatikern auf- 1
tritt und der weiter bestätigenden Belege noch bedarf.
Wie hohen Werth man aber auch diesen etymologischen
Combinationen beimessen möge, jedenfalls reichen sie nicht aus,
76 Leo Meyer
eine Wurzel du „gehen'' oder „eingehen" so sicher hinzustel-
len, um von ihr aus wieder getrost weiter construiren zu dür-
fen, ohne im Einzelnen jedesmal lebendigen Bedeutungszusam-
menhang fest im Auge zu halten. Man hat sich bei der Prü-
fung von indütiae erst in näheren Gebieten umzusehen, ehe
man in das urindogermanische Gebiet hinaufsteigen und eine
obendrein nicht ganz ausreichend begründete Wui'zel zu Rathe
ziehen darf. Dass aber indütiae „Waffenstillstand" und bellum
„Krieg" von dem einfachen Begriff des „Gehens" ausgegangen
seien, kann man ohne genauere Motivirung nur als im höchsten
Grade unwahrscheinlich bezeichnen : warum sollte man bei dem
„Eingehen" sonst eher ein ,,in die Feinde" hinzudenken kön-
nen, als etwa „ins Bett" oder „ins Grab" oder „ins Wasser"
oder „in den Wald" oder irgend etwas beliebiges Anderes. »
Unter den von Lange (Seite 24} angeführten und abgewie- f
senen früheren Erklärungsversuchen findet sich auch einer des
(berühmten alten Gerhard Johann Voss , der allen Ansprüchen,
die an eine methodische Etymologie gemacht werden können, |
f genügt. Der genannte holländische Gelehrte findet in indütiae \
die Wörter /wc?«f und dtium wieder.
4..^.^-'" W^^ährend ich in meiner vergleichenden Grammatik (1, 137),
Awas schon Corssen mit vollstem Recht gescholten, das lateini-
jsche dtium mit oxvog „Zögern" zusammengestellt, verbindet es|
(Fick (2^242) in glücklichster Weise mit dem gothischen aw%'a-|^
„öde" und anderen ihm sich anschliessenden Formen, wornach I
(d^"at^auf ein altes %«j^iM;>^L^jgLj;äckfü^^ gräco-italische
Wurzel giebt Fick ve und u „mangeln", so dass also die Be- ^
handlung des Anlauts von ötium (*mdium) sich unmittelbar ver-
gleicht mit der des Anlauts von aumra „Morgenröthe" (Fick;
2' 2) neben dem 'altindischen vas „hell werden, aufleuchten", \j "
von uiKjere „vermehren" (vergleiche Fick 2^ 3) neben dem alt-
indischen vaga- „Raschheit, Muth; Stärke, Kraft", von av^d-
veai^uL „wachsen" neben gothischera vahsjan und anderen ähn-
lichen Formen : wo ursprünglich der Halbvocal anlautete, wurde
er später bisweilen an die zweite Stelle gedrängt und es ent-
wickelte sich der Diphthong. Es wird dadurch sehr wahr-
scheinlich, dass mit ötium auch vacüre »ledig sein, frei sein.
Müsse haben" ganz eng zusammen hängt, das 1 i('1< - ' 221) mit i
altindischem vakrd ;, krumm", und vanc : rninati „waiikeu, l^
wackeln, krumm gehen, schief gehen" zusaminSstellt. Das
^^vJ8^
Indütiae und bellum. 77
abgeleitete vacäre würde darnach wohl zunächst auf ein nomi-
nales *va-co zurückführen.
Ganz ähnlich wie zum 'Qq\^^\q\' ind-lgere „bedürfen" neben
egrgtß-.Mhediirftig sein" sich bildete, konnte neben ötium (*au-
tium) mit Vocalschwächung in der Zusammensetzung auch ein
ind-iltiae sich bilden : es liegt darin das nämliche Vocalverhält-
niss vor wie in accüsare „anklagen" neben causa „Grund,
Schuld", conclüdere „einschliessen" neben claudere ,,schliessen"
und anderen Wörtern. Ganz consequent ist solche Vocalschwä-
chung im Ijateinischen nicht eingetreten und so mag als be-
achtenswerth auch noch angeführt werden, dass Lange (Seite 26)
aus alten Cicerohandschriften die Form\ indofianini beibringt.
Dass othmi und indütiae im Geschlecht verschieden sind,
ist von untergeordneter Bedeutung : das gleiche Schwanken ,
kömmt bei dem alten ableitenden Suffix ia (ja) mehrfach vor,
wie wenn neben dem geläufigen weiblichen deliciae „Ergötzlich-
keit, Liebhaberei" auch ein /ungeschlechtiges) c?e/^■c^■wm in der
gleichen Bedeutung auftritt und anderes ähnlich. Von einem
ableitenden Suffix ia aber kann hier zunächst nur die Rede
sein ; die t in ötium sowohl als in indütiae können nur zunächst
schon zu Grunde liegenden Nominalformen {*auto-, ^'ind-auto-
„ geleert"? „befreit"?) angehören: ein fertiges Suffix ^i« für un-
abgeleitete Nomina anzusetzen , wie es noch in meiner verglei-
chenden Grammatik (2, 386) geschehen, ist man nicht berech-
tigt, i
Ueber das Bedeutungsverhältniss vqij indütiae xmßi Uium noch \
ausführlicher zu handeln, ist kaum nöthig. Während in ötium \
die allgemeine Bedeutung der „Ruhe von Geschäften" ganz ge-
läufig geblieben ist, die doch bekanntlich auch gar nicht selten
auf die „Ruhe von Kriegsgeschäften", also „Frieden" beschränkt
wird, hat sich für indütiae fast ganz die Bedeutung der „(ver-
tragsmässig beschränkten oder vorübergehenden) Ruhe von
Kriegsgeschäften", also „des Waffenstillstandes" festgesetzt und
Uebertragungen auf die „Stille" der Nacht (bei Apulejus) oder
die „Frist" bei Zahlung der Steuern (bei Cassiodor) und son-
stige nicht auf Kriegswesen bezügliche Verhältnisse sind selten.
Auch über die Etymologie von helliim mögen noch ein paar
Worte angeschlossen sein. Selbstverständlich hat man dabei
von der ältesterreichbaren lateinischen Form, also duellum aus-
zugehen. Bei diesem aber kann man eben so wenig an jenes
-t)
78 Leo Meyer
bedenkliche alte du „gehen, eingehen" denken, als dieses bei \
der Erklärung von indütiae in Frage kommen konnte. f
Während^jnit der Bedeutung ;,gehen, eingehen" ein du für -
das Altindische \noch als ganz unerwiesen gelten muss, ist ei^j'i
anderes du und ^war mit der Präsensform ^^'^^f^^w/^^NJp Altindi-
schen ganz lebendis: es bedeutet intransitiv"\J>renn^, vor m-
nerefr Hitze vergeheh,, sich verzehren, vor Kummer vergehen,
vor Trauer vergehen" i^ä-du, imri-du, vi-du ,,sich verzehren,
sich abhärmen", j>:jrrt-f/«\,, verbrennen") und transitiv „breijnen,
durch Brand Schmerzen verursachen, in innere Gluth versetzen7"~"
in Feuer versetzen, in Trauer versetzen, hart mitnehmen" {ahhi-
dii „brennen, durch Brand. Schmerzen verursachen", prchdM^
,, quälen, beunruhigen, zusetzen", vi-du „durch Brand be-
schädigen, durch Brand zerstöl?,en") und im passiven Particip
dünd- ,, gebrannt, in Gluth versetzt, in Unruhe versetzt, mitge-
nommen , gequält". Dass zu dieser Verbalgrund form das ho-
merische- dvrj ,,Unglück , p]lend" nebst dvdav (^r Odyssee 20,
195: dXXa d^sol Siocügl 7tolv7cldyy.TOvg dvd-Qconovg ,, quälen die
Menschen, i)rii^en sie^ ins Elend") gehören, liegt auf der Hand,
aber auch | o-p^y j^ii^Qvz^'' wird sich ohne Zweifel daran
schliessen. Weiter aber gehören, wie auch schon von Andern
vermuthet worden ist und zum Beispiel auch von Lange (S. 19)
für sehr wahrscheinlich gehalten wird, aus der homerischen
Sprache dazu auch noch löaJFig ,,Schlacht" (nur in den Ver-
bindungen h öafl IvyQfi Ilias 13, 286; 24,' T39 und h dafl
ksvyaXij] Ilias 14, 387 und in der Zusammensetzung dafiAvä-
(.levog „in der Schlacht getödtet" Ilias 21, 146 und 301), örif-
log „feindlich" „Feind" nehst hievEärfing „die Feinde erwar-
tend, den Feinden Stand halteno^'Sd^/tori^g^, Schlacht, Kampf"
dtj/wio „feindselig behandeln, vernichten".
Besonders gern schliesst sieht drjfiog an TtToXs^iog (so Ilias
4, 281; 7, 119; ]74; 17, 189; 19, 73; 21, 422), wie auch das
substantivische örj/iori^g sehr oft (Ilias 5, 348; 409; 7, 29:
119; 174; 12, 181; 244; 13, 250; 16, 91; 20, 124) mit ttto-
le/iiog verbunden erscheint. Bei dieser engen Verbindung ge-
rade des Begriffes „Kampf, Krieg" mit jenem U^4£^ (oder wie
raans auch nennen mag dav) und zwar gerade in dem dem
Lateinischen so nahstehenden Gebiete des Griechisch^i kann'
man nicht daran zweifeln, dass auch das a\t\iiteiu\sche( duellum,
spätere bellum „Krieg" sich hier anschliesst.
Indütiae und bellum. 79
Es würde noch übrig bleiben, über die Beschaffenheit des
suffixalen Theiles von dueßüm Aufschluss zu suchen. Lange
(Seite 28) hält es für "aas Deminutiv eines vorauszusetzenden
*duolum. Von vorn herein aber ist gewiss gerade bei dem Be-
griff ;; Krieg" der Gedanke an eine Deminutivbildung sehr we-
nig nahe liegend und dann ist hervorzuheben , dass überhaupt
von den lateinischen Bildungen mit suffixalem l, die man frü-
her unbedenklich für Deminutiva gehalten, viele sicher gar nichts
mit wirklicher Deminutivbildung zu thun haben. Vielleicht darf
man bei der Bildung von duellum an eine nahe Verwandtschaft!
der Bildung von dudla „Büssung" denken, das Lange (Seite 28)
erwähnt, bei dem man aber gewiss nicht damit ausreicht, wennj
man sagt, luella sei geschrieben für luela. Es ist neuerdings,!
wenn ich nicht irre von Johannes Schmidt, vermuthet worden,
dass die lateinischen Bildungen auf -ella aus solchen auf -etla
hervorgegangen seien : ist damit das Rechte getroffen, so könnte
sehr wohl auch duellum, aus einem alten duetlum hervorgegan-^
gen sein und in griechischem Gewände etwa ein dvsd-lov ent-|
sprechen, das wie yived-lov „Abstammung" und ähnliche Wör-j
ter, von denen in meiner Grammatik 2, 359 die Rede war, ge-
bildet wäre. I
Was noch das lateinischel^Zow^i'a J alt dautia „Bewirthung
fremder Gesandtschaften" anbetrifft, das Max Müller, wie
Lange (Seite 22) in durchaus beifälliger Weise anführt, mit
dem altindischen dütd- „Bote" in Verbindung bringen will, mit
dem es dann weiter auch an jenes unsichere du „gehen" an-
geknüpft werden soll, so darf man dabei wohl eher an einen
Zusammenhang mit den vedischen \düvas- n. „Gabe" „Vereh-
rung (besonders insofern sie in Darbringung von Gaben be-
steht)" und 'dnrasjnti ,, beschenken, .schenken, huldigen, vereh-
ren (besonders durch Gaben oder Dienst)" denken. Bei der
Zusammenstellung des lateinischen dautia (lautia) mit dem alt-
indischen dütd ,,Bote" ist das Lautverhältniss , da altindischem
ü kein lateinisches au gegenüber zu treten pflegt, ebenso be-
denklich als das Bedeutungsverhältniss : ■ es wäre für dautia
etwa die Bedeutung ,, Gesandtschaft" zu erwarten gewesen. Das
unmittelbar von didä- ,,Bote" abgeleitete vedische dütia- (spä-
ter dü'tja-) n. bedeutet ,, Botschaft" ,, Ausrichtung der Botschaft"
„Dienst oder Pflicht des Boten" und ebenso ist auch das jün-
gere sanskritische dä'utja- n. „Botschaft, Botenamt".
80 A. Bezzenberger
Am Allerwenigsten möchten wir der im Anschluss an Ficks
oben angeführte Zusammenstellungen von Lange (Seite 20) aus-
gesprochenen Herleitung des lateinischen dux und dücere von
dem unsicher construirten \du „gehen" beistimmen , zu deren
formeller Erläuterung nichts beigebracht wird , als dass der
Guttural in duc der Wurzel du zu ihrer näheren Bestimmung
(deterrainandae... causa) zugefügt sei, wie zum Beispiel auch
I in jacio und facio. Wo nun aber Verba so genau mit einan-|
f der übereinstimmen, wie das lateinische /f/wc^re und unser deut-l
sches ziehen, man also ihr volles Leben irTeiiiS uralte Zeit zu-|
rückführen kann, da bleibt ohne ganz sicher weiter führende |
Analogieen jedes weitere Zerschneiden ein im höchsten Grade \
Bfiissliches Experiment , mit dem man leicht nur zum Tode j
bringt, was bis dahin noch volles Leben hatte. Soll in ducl
der Guttural ein determinirendes oder näher bestimmendes Ele-
ment heissen, so wäre zunächst zu erweisen, wie er determi-
nirt oder näher bestimmt. Dieser Erweis würde aber nur zu
erbringen sein, wenn die Wurzelformen auf k in weitestem Um-
fange einer genauen bezüglichen Untersuchung unterzogen wür-
den. Vorläufig scheint für dücere und ziehen eine Art von
Causalbedeutung der Wurzel du „gehen" angenommen zu wer-
den. Weder aber trifft ein „gehen machen" die Grundbedeu-
tung von dücere und ziehen in irgend glücklicher Weise, noch
ist für das „determinirende" k von Verbalgrundformen über-
haupt gerade die Causalbedeutung nachgewiesen.
Dorpat, den dritten December [2L November] 1877.
Leo Meyer.
Hvaiva.
Dass in got. hvaiva ^j^wie" ein^/^ ausgefallen sei, habe ich
schon früher vermutet und ich bin auf diese Vermutung durch lit.
kek „wieviel" (lett. zik, z?k), kekas, keka(gi) zurückgeführt, an die
sich got. hvaiva, wenn man es — wie sinns aus *sihvns, stiviti aus
*sti(/viti (Fick o. L 187) u. s. w. — als aus hvaihva entstanden
denkt, auf das engste anschliesst ; die Vertretung von lit. e (kek)
durch got. ui (hvaiva) ist nicht aussergewöhnHch , vgl. lit. te,
t'ems und got. Pai , ßaim. — In ihren bedeutungen entfernen
sich hvaiva und kek, keka{gi), kekas etwas von einander, aber
Hvaiva. 8l
doch nicht so weit, dass es schwer fiele, dieselben zu vermitteln ;
zur begründung dieser behauptung mag es genügen, auf z. b.
II Kor. 1. 20 hvaiva manaya gahaita gußs und lit. Wendungen
wie kek metikai tu iszUidai, kek daüg u. a. (Kurschat wbch. I
s. V. „wie"), lett. zik ddrgs zu verweisen. — Ueber das vorkom-
men von hvaiva im althochdeutschen vgl. Müllenhoff und Sche-
rer denkm.2 502. — Ueber die entstehung von kek habe ich in
der kürze zgls. s. 170 gehandelt; der durch vergleichung von
kek und hvaiva sich ergebende stamm kaika- ist aus kajaka-
entstanden, wie ebenso die für lit. t'ek, kltas, szitas vorauszu-
setzenden stamme taika-, kaita-, szaita- aus tajaka- , kajata-,
szajata- entstanden sind i).
Ich knüpfe hieran noch die etymologien einiger gotischer,
bez. germanischer Wörter, die ich gerade zur band habe. Got.
qairrus „sanftmütig" (Fick^ III. 54) entspricht genau dem lit.
gur US „locker, bröckelig" (Fick^ II. 548). — UndarUijis, aus dem
oft missverstandenen dativ undarleijin Eph. 3,8 zu erschliessen,
enthält in seinem Schlussbestandteil — was freilich Diefenbach
einst nicht glauben wollte — das lett. Uijsch „niedrig ge-
legen" (s. darüber Fick o. I. 333). — Braids bedeutet eigent-
lich „ausgestreut, ausgebreitet" (vgl. skr. d-stirnd) und gehört
zu lit. herü „streuen" ; anders, aber unrichtig urteilt J. Schmidt
voc. I. 60, 86 über braids. — Das rätselhafte gansjai Gal. 6. 17
ist vielleicht Schreibfehler für gausjai vgl. an. gegsa „in heftige
bewegung bringen, aufhetzen" (Möbius an. glos. s. v.). — Bus-
becks knauen (hi. tag bonus dies) schliesst sich zunächst an
an. ktidr „tüchtig, kräftig" (Fick^ III. 41). — Desselben cada-
riou „miles" wird einem vulfilanischen nom. sg. *gadriugs ge-
nau entsprechen. — Das krimgotische lista „parum" endlich
erhält durch den vergleich mit ksl. lichü „ermangelnd, expers,
privatus", Usiti „privare" licht; über diese vgl. Fick^ IL 653,
III. 272. Adalhert Bezzenberger.
^) Wenn J. Schmidt Jen. lit.-ztg. 1878 art. 191 die bisherige erklä-
rung von szitus für vollkommen befriedigend erklärt, so wünschte ich,
dass er dieses urteil irgendwie begründet hätte ; ich halte jene erklärung
für sehr wenig befriedigend.
Beiträge z. Kunde d. ig. Sprachno. III.
82 R. Sprenger
Zum mittelhochdeutschen Wortschatz. II.
(Vgl. Bd. I. S. 51.)
her. /
ahd. Mriy her ist neuerdings von drei Seiten (Diefenbach,
vergl. wb. d. got. spr. 2, 491 ; Grimm, kl. sehr. 1, 140; Kuhns
zs. 7, 171) zu got. hais fackel gestelt, so dass die ursprüngliche
bedeutung des wortes „glänzend, leuchtend" wäre, welche ety-
mologie auch von Lexer, aber nicht one ? angefurt wird. Die-
selbe erweist sich aber, obgleich lautlich nichts zu erinnern ist,
als unhaltbar, weil sich noch im mhd. eine andere viel sinn-
lichere bedeutung als ursprünglich nachweisen lässt. In Lara-
prechts Alexander 4487fg. (Weism.) heisst es von Porus: er was
vil langer, dan der kuninc Alexander, zweier klaftere unde
mer. Porus was starc unde Mr. Es ist nun aus dem zusam-
menhange zu schliessen , dass her hier nicht die algemeine be-
deutung : „erhaben, vornem", sondern die eines synonimuras von
starc hat. Ferner zeigt die ursprüngliche sinnliche bedeutung
de's Wortes eine bisher übersehene stelle im Anegenge [b. Hahn,
Gedd. des 12. u. 13. jrh.] 23, 18: er sprach da^ sie solde sin
fumfzic chlafter tief, dreizecher er hiez sei lazzen vollechleiche.
Es ist von Noa's arche die rede, und entspricht die stelle Ge-
nes. VI, 15 trecentorum cubitorum erit longitudo arcae, quin-
quaginta cubitorum latitudo, ettriginta cubitorum altitudo
illius. Es ist also zu lesen: drtzec her erhiezcet. Es ist also
her hier = altus. Danach wird sich das wort etymologisch
zu lat. cPrus in pro-cerus stellen, über dessen weitere etymolo-
gie ich auf Curtins* 154 verweise. Dieses entspricht auch in sei-
ner begriffsentwickluiig merkwürdig dem deutschen worte, denn
auch die übertragene bedeutung „vornem, von stände" zeigt
sich in dem dazu gehörigen subst. pl. pro-ceres, das widerum
dem deutschen subst. herre [ursprüngl. heriro adj. comp.] ent-
spricht. Wie sich aus der grundbedeutung gross [kräftig auf-
geschossen] die übrigen bedeutungen entwickeln, ist leicht ein-
^usehn. Bedenken erregen könnte nur die bedeutung „froh,
/•^heiter". Doch braucht man dies nur durch ,, hochgemut" wi-
derzugeben und daran zu erinnern, dass das volk noch heute
von jemand , der froher Stimmung ist , zu sagen pflegt : „er ist
hoch". Die ebenfalls sich zeigende bedeutung heilig braucht
nur durch erhaben ersetzt zu werden.
Zum mittelhochdeutschen Wortschatz. 83
tief
bezeichnet, was im mhd. wb. und bei Lexer nicht bemerkt ist,
nicht nur die ausdehnung in die höhe, sondern auch die breite.
Noch heute sagt man: das zimmer ist so und soviel fufs tief
(= breit). Für das mhd. ist die oben angemerkte stelle aus
dem Anegenge beweisend : fumfzic chlafter tief = quinquaginta
cubitorum latitudo.
In Konrads von Fussesbrunnen kindheit Jesu 80, 22 heisst
es von den tieren an der krippe:
nu begunde starke an gedigen
diu vihe unt rümten ir 7na^.
Es fragt sich was dieses mag bedeutet. Lexer I, 2063 (im mhd.
wb. feit die stelle) hält es für identisch mit dem st. n. mag =
5,essen, speise"; versteht also hier das futter des viens darun-
ter. Diese Interpretation erweist sich aber als bare Unmöglich-
keit, da das mhd. verbum rümen = „verlassen" nur von ei-
nem räume gebraucht werden kann. Auch die unter dem
vieh ausgebreitete streu kann es kaum bezeichnen. Wir könn-
ten nun versucht sein mag in vag zu ändern nach Albrecht v.
Halberstadt 35, 137. da^ va^ rümen; aber dies empfiehlt sich
schon deshalb nicht, weil auch die stark abweichende lassber-
gische handschrift ebenfalls deutlich ;//mj- überliefert.^^3yir wer-
den also ein mag mit der bedeutung eines raumes anzunemen
haben. Hier entspricht es dem stabulwn der lat. vorläge: Li-
ber de infantia Mariae et Christi salvatoris ed. 0, Schade cap.
14 z. anf.
Dasselbe wort findet sich aber auch noch an einer zweiten
stelle, im Meister Altswert edd. Holland u. Keller 190, 36: des
freut ich mich von herzen glich einem falkenterzen, dag üg dem
mag entrint. Auch diese stelle ist Lexer nicht entgangen, wird
von ihm aber höchst künstlich durch „atzung und damit ver-
bundene abrichtung des falken", freilich nicht one beigesetztes ?,
erklärt. Es erklärt sich, nach dem vorausgegangenen einfach
als der käfig. Dasselbe wort haben wir in dem altfr. mes —
maison zu erkennen, das sich z. b. in Bartschens Chrestomathie
s. 49, 5 findet. Genau so lautet auch die altfr. form von mag
speise.
sahsenveder.
Dieses auch noch bei Lexer feiende wort findet sich bei
G*
84 R. Sprenger
Heinrich v. Müglin ed. W. Müller, lied V, 2, 5: die Sachsen
feder und die schelle verlorn in irem dinst ich habe, sahs
stf. wird nach Mynsinger, von falken und hunden 3., als die
äusserste schwanzspitze des falken zu erklären sein, .mhsenfe-
der sind also die grossen Schwanzfedern des vogels.
hrunnen sw. v.
— hervorquellen ist im mhd. wb. I, 270 a belegt mit Tristan
11202. Im deutschen wb. 2, 435 ist aber überzeugend darge-
tan, dass an dieser stelle lobesbrunnen — fontes laudis [s. auch
Bechstein z. d. st.] zu lesen sei. Dies citat durfte daher von
Lexer nicht widerholt werden. Für das rahd. bleibt also als
einzig nachweisbare bedeutung des wortes „mingere".
frumen. sw. v.
Kindh. Jes. 97. 34:
nu kom ein man von der stet
unte frumte ein spanbet.
Es passt hier keine der bisher aufgeführten bedeutungen von
frumen. Die [wenn auch nicht direkte] vorläge der stelle ist
evang. Pseudo-Matthaei c. XXXVII [Evangeha apocrypha ed.
Tischendorf s. 99]: et cum esset Joseph faber lignarius . . . .,
contigit ut quidam iuvenis illi faciendum grabatum cubitorum
sex demandaret. Im alten Passional (ed. Hahn 1845) 48, 65
ist die stelle folgendermassen umschrieben: zeimal quam ein
richer man (als mir daz buch hat geseit von unseres herren
kintheit) der quam zu Josephe hin unde hat in daz er sinen
sin dar uf an arbeite hete unde im ein spanbette inachte cet.
Danach ergibt sich hier für frmnen die bedeutung „wünschen
fordern verlangen''. Bekanntlich wird das synon. schaffen noch
heute dialektisch in dieser bedeutung gebraucht [„Schaffen's »
mäfs?" fragen die bairischen kelnerinnenj. So wird sich auch
die vielbehandelte stelle Nibel. Z. 233, 2^ erklären: doch frum-
tens einen kapelän d. h. „sie heischten einen kaplan", nicht
„sie schafften herbei", wie Lübben, oder „hielten", wie Holtz-
mann wollen. Auch Bartschens erklärung (Untersuchungen üb.
d. Nibell. s. 207) scheint weniger passend.
zUlose 1).
Mit dem namen zeitlose bezeichnen wir die bekannte gift-
pflanze, deren botanischer name Colchicum auctumnale ist.
^) Was das wort im mnd. bezeichnet, habe ich inzwischen im Kor-
respondenzbl. des Vereins für niederd. Sprachforschung II, 65 gezeigt.
Zum mittelhochdeutschen Wortschatz. 85
Wenn daher zttlöse im mhd. wb. nicht weiter erklärt wird, so
haben wir grund zu der anname, dass die Verfasser diese pflanze
darunter verstanden haben. Nun finden wir aber in den mit-
telhochd. gedichten [Tund. 63, 44; Warnung HZ. I, 1922, 2296
u. ö.] das wort stets in Verbindung mit wolriechenden blumen,
besonders mit der lilie und rose aufgeführt. Schon danach ist
nicht wahrscheinlich, dass es die giftpflanze bezeichne. Völlig
verwerflich aber wird diese anname erscheinen, wenn wir sehen,
dass dieselbe als bildliche bezeichnung der mutter gottes ge-
braucht wird, z. b. Erlösung ed. Bartsch 2259 du lilje viol rosa,
du zarte zitlosä u. 5718 zitloselin [Weitere beispiele mhd. wb.
III, 915b. s. auch W. Grimm z. gold. schm. XLIII, 1]. Denn
es ist gar nicht anzunemen, dass Maria mit der herbstzeitlose,
die vom volke mit einem ser unererbietigen namen (s. Grisebach,
Flora v. Göttingen s. 78) bezeichnet wird, verglichen werde. Es
schien mir daher passend nachzusehen, ob nicht landschaftlich
noch eine andere pflanze mit diesem namen bezeichnet werde.
Ich habe nicht lange zu suchen brauchen. Vilmar, kurhess.
Idiot. 467 fürt zeitlose als benennung der massliebe [bellis per-
ennis] an, die auch schon ahd. so heilst. Wir dürfen um so
weniger anstand nemen, diese für die hier gemeinte pflanze zu
erklären, als eine andere volkstümliche bezeichnung derselben:
Marienblümchen [auch Chrysanthemum wird so genannt] auf Zu-
sammenhang mit dem Mariencultus hinweist. Sumerlaten 61, 31
findet sich die glosse citamus — citelosa. Was citamus sei, ist
dunkel. Dafs aber das deutsche zUlöse überhaupt nur um-
deutschung dieses wortes sei, wie Wackernagel meint, scheint
mir mit Andresen, über deutsche Volksetymologie s. 9 nicht
wahrscheinlich, ich halte es vielmer für die Übersetzung des
lateinischen beinamens der pflanze: jjerennis. Der umstand,
dass dieselbe stets diu schoene zitlose genant wird, gibt zu der
Vermutung anlass, dass man hellis fälschlich als adjectivum ge-
fasst (= bella) und demgemäss übersetzt habe.
7nüs.
Sibote's Vrouwenzucht v. 508 (in der ausg. Gabt I, 54.
V. 498)
ja ich hiz sine katze müs
und nante sinen wint Rin.
Zu diesen versen hat sich der neuste herausgeber, H. Lambel,
86 E. Sprenger Zum mittelhochdeutschen Wortschatz,
jeglicher bemerkung enthalten. Wie dieselben in den Zusam-
menhang passen ist mir selbst nicht recht deutlich. Warschein-
lich haben wir es, wie bei 108 — 111, mit einer sprichwörtlichen
redensart zu tun. Soviel steht aber fest, dass die point^ der-
selben nicht darin liegen kann, dass die frau die ..dinge mit
verkerten namen benennt, wie Zingerle, Gerniatiia VII, 192
meint, der unter Rin wunderlicher weise dgB'lftul's Rhein ver-
steht. Nein, Ein ist ein hundename^^-der z. b. im Reineke
Vos 1770, 2517 erscheint. Ebensq,i^^w^<s hier nicht = mus,
maus, sondern ein kosename de;i?'''Katze7~cler noch heute m den
verschiedenen formen \nmiz^ m}^ müschen gebräucjjlich ist.
Vgl. darüber Höfer in jpfeiffers Germania 2, 168 ff. Auch pwse
(engl, puss holl. jiOßs) ist zu vergleichen, s. auc6 ScEmener,
biiir. wb. 2, ßßo. ■ ""''
Das deutsche müs ist wol direct aus dem mittellat. (ll.jh.)
musiOj, kater (= muriceps von mus maus ?) geworden, wie auch
ital. mucia, muscia span. miza, miz. Ueber letztere siehe Diez,
wbch. I, 276.
naget = angel.
Walth. 29, 13 sagt von dem ungeheuer, dem er den unge-
treuen mann vergleicht:
in shne stiegen honege lit ein giftic nagel.
sin wolkenlose^ lachen bringet scharpfen hagel
Pfeiffer (146, 8) erklärt nagel ^ ungula = angel, stachel, wäh-
rend Wilmanns nichts bemerkt. Der vergleich ist von der biene
genommen und bei den mhd. dichtem häufig [s. mbd. wb. u.
d. w.]. Das hat Pf. richtig gesehen, wenn er meint, dass nagel
hier = atujel, stachel sei. Beide wörter können aber nicht
etwa mit einander verwechselt werden, denn angel = aculeus
und nagel = unguis sind nach bedeutung und etymologie durch-
aus verschieden. Wenn daher nagel für angel hier durch den
reim gesichert ist, so bleibt nichts übrig als metathesis des n
anzunemen. Uebrigens kann ich die form noch weiter belegen
in Albers Tundalus 56, 26, wo nagel (: zagel) dem aculeus der
lat. vorläge entspricht. Sicher herzustellen ist sie auch 53, 13
na^jel : zagel (hs, zadel : nadel) s. meine schrift über Albers
Tundalus. dem Schreiber war hier wol die ungebräuchliche form
anstössig, ebenso wie dem Schreiber der Pariser liederhdschrift,
der an jener stelle bei Walther allerdingst höchst ungeschickt
snabel dafür setzte. B. Sprenger.
87
Miscellen.
Den 0. IL 338 f. von mir mitgeteilten Beispielen neugrie-
chischer Volksetymologie füge ich die folgenden hinzu:
1) Ein wildes Rankengewächs heisst in Epirus ^Oßgtjd d. i.
'EßQoia (e geht öfters in o über); darunter wird die ßQvwvrj
(ßqvcovig, ßQvwvla) der Alten zu verstehen sein.
2) Die Insel ^EXaiovaaa oder ^EIeovoo, heisst nach Bursian
II. 77 heute ^ayovaa, vgl. Xaycog.
3) Ein Dorf auf Kreta führt den Namen ^Evvea xwgjä, Bur-
sian erkennt hierin gewiss mit Recht das ^IvaxcoQtov der Alten.
4) riv'/.o(p8yyu , yXv'/,oxaQdtet (der Tag bricht schön an)
und ylvxavyrj sind offenbar aus '*lvy.o(feyyeL u. s. w. umgestal-
tet (vgl. Xvyirj, Xvxöq)iog, Xvy^avyig) , indem das Volk den ihm
unverständlichen ersten Teil dieser Wörter an ylvKog d. i. yXv-
yivg anschloss.
5) Die türkische Benennung Kretas Kirid d. i. „Wurf-
spiess" scheint durch Volksetymologie aus der neugr. Form des
Namens jener Insel Kq^ttj (spr. KqIti) entstanden zu sein.
N. Dossius.
6. Lat. rici-nu-s Viehlaus, Laus der Schafe, Hunde, Rin-
der entspricht dem lit. erke Schaflaus, nach Andern der Holz-
bock = lett. ehrze Kuhmilbe, die Buschlaus (= Holzbock).
Dazu gehört auch sskr. likshd Ei der Laus, Niss. Auf euro-
päischem Gebiet wird die Viehlaus erki-s oder erkio-s geheissen
haben. r
7. Zum ved. phalgü schimmernd, röthlich flimmernd (mit jLtC,
2)h = sp) stellt sich lett. spt^l^üht gläwaen, funkelp, wozu sß^l§lT vT
der Fuij^kelnd<^ auseklis der Morgenstern, sjm'lgums das Glän-
zen, spittgans uüd sjjüktans (spilganSy spiWansJ schillernd, glän-
zend.
8. In slacfQog leicht, flink, geschwind kann (p aus gh ent-
standen sein, wie in vsicpei. Dann gleichen genau ags. lungre
adv. celeriter, prompte, cito, confestim, mox, facile, as. lungar
„alacer", ahd. lunkar „strenuus" (s. KZs. 14. 306), welche zum
germ. lingan lang lungans, nhd. ge-lingen gehören. Nasalvoca-
lisches a = germ. un wie in Ixaröv = got. hund u. s. w.
9. Altirisch >«5£. pl. cfmm pes Z^ 49. steht für cox , wie
des8 Ö€^i6g für dex. Die voll« Form ist erhalten in i^gyerrc-
"M^og „Weissfuss", Nqjine eines Caledoniers bei^io Cassius 76,
16, Dem celtischen cbiw- entsprechen mhd. Jiah^ nhd. If^'^a^
Kniebug der Pferde, lat. co>a Hüfte, sskr. /r^Wfc^/m Ac^el ; Grund-
bedeutung ist „Gürtung, Gel^k'
A. Fick.
88 Rud, Peppmüller
De nominibus Graecis in aiog aia aiov scripsit Konradus Zaclier.
Halis Saxonum Max Niemeyer. 1877. VIII und 280 SS. 8.
Trotz der Blüthe , welcher sich grade die Beschäftigung mit der
griechischen Grammatik zu erfreuen hat, ist das Gebiet der Wortbil-
dung seit Lobeck doch nur wenig angebaut worden. Nur die Lehre
von den Compositis hat durch Justi, Clemm, Roediger, J^edde, G. Meyer,
K. Zacher u. a. eine eingehendere Behandlung erfahren: jetzt liegt uns
für jenen Zweig der Grammatik in der genannten Arbeit Zachers ein
grösserer für Philologen und Sprachvergleicher schätzenswerther Bei-
trag vor. -^
Gestützt auf ein sorgfältig gesammeltes und gesichtetes Material
geht Zacher im 1. Theil seiner Schrift zunächst die verschiedenen For-
men des Suffixes acos durch. Indem er über die Ausstossung des i
handelt, löst er zugleich den scheinbaren Widerspruch, dass die Les-
bier nach Angabe der Grammatiker das t des Diphthonges cti vor fol-
gendem Vokal unterdrückt hätten , während die lesbischen Inschriften,
gleich denen der meisten übrigen Dialekte, viel gewöhnlicher ai zeigen.
Wenn wir dagegen im attischen Dialekt eine gewisse Inconsequenz an-
treffen, so erklärt Z. dies Schwanken zugleich mit jenem Widerspruche
aus der allmählich zunehmenden , von Hartel zuerst nachgewiesenen
Verflüchtigung des j, die im 4. Jahrh. vor Chr. bis zu dem Grade ge-
kommen war, dass man zweifeln konnte, ob man den einfachen Vokal
oder nach ihm einen t-ähnlichen Hauch hörte. So ward aus aios, und
zwar zum Theil schon in vorhistorischer Zeit, ttos- Wenigstens ist dies
der bei weitem häufigste Ursprung des Suffixes, während sich Entste-
hung aus ((jrog nur bei uykccög, äevaog, ravaög — hier hätte statt auf
die Composita mit ravv- lieber auf die 'ravaimoSct fx^Xa' von i 464 und
hymn. in Ap. 304 verwiesen werden sollen — , den Compositis mit -Xaog,
und bei naaitfät] darthun lässt: denn noXvndfxqaos kommt als späte
Analogiebildung in der Anthologie nach meiner Ansicht gar nicht in
Betracht. Bei xe^aog hat Z. die Zusammenstellung mit cer-viis mit Recht
verworfen und eine Reihe xfQcta-fo-g , xiQniog, xiQaog aufgestellt, eine
Behauptung, die er durch die Vergleichung von xi^aia (cf. p. 81 f.) zur
Evidenz erhebt. Das zweite, über den Wechsel von tnog ued iritog han-
delnde Capitel sucht den wichtigen, bisher neuen Satz zu erweisen, dass
riiog die Stelle von aiog eigentlich nur dann vertreten kann, wenn das
« des Diphthonges nicht stammauslautend, sondern innerer Bestandtheil
des Wortes ist: sonst geht riiog auf tiog zurück. Dass Einzelnheiten
wie SQttxfiriiog Nie. und vfievi^iog diesem Gesetze nicht entsprechen, hätte
Z. ruhig zugeben sollen. Die Späteren liebten es eben, ihren Dichtun-
gen einen alterthümlichen Anstrich zu geben: kein Wunder, dass sie
bei dem Mangel eines lebendig schaffenden Sprachgefühls öfters zu Miss-
biJdungen kamen. In wiefern indess das auch von andern ausgespro-
chene Urtheil, Nikander sei ein Sprach ver derb er (Z. nennt ihn te-
Anzeige. 89
merarius vocabulorum inventor ac vitiator) , seine Geltung behaupten
kann, muss einer weiteren Untersuchung vorbehalten bleiben; für jetzt
verweisen wir auf G. Hermanns Recension von Schneidewins 'hom.
Hymnen auf Apollo' in den Jahrb. f. Philol. 18, 131.
Wenn so der Wechsel von aios und rjios auf sehr massige Gränzen
beschränkt ist, so wird der von aios und eiog (Cap. HI.) und aios und
eog (Cap. IV.) gradezu geleugnet: avleiog und avkuCa gehören verschie-
denen Zeiten an ^) : auch das Streben der Bedeutung wegen zu unter-
scheiden, hat hier, sowie bei vvfxtfalog und vvju<feiog, zu verschiede-
nen Bildungen geführt; anders freilich bei fiovaalog und fiovaelog, von
denen ersteres Pindar, letzteres Euripides eigenthümlich geblieben ist.
Die Vertauschung von aiog und eog, die in Inschriften und Handschrif-
ten häufig ist, beruht auf der monophthongischen Aussprache des ai:
sie ist entweder irrig, oder erst in einer Zeit aufgekommen, wo «t und
f durchaus verwechselt wurden. Das 5. und 6. Capitel, über die No-
mina auf eovg und die böotischen Wörter auf tjog , sind gleichsam An-
hänge zum 1. Theil, welche die Vollständigkeit verlangte. Es ist* hier
besonders die schwierige Frage nach dem Zusammenhange der Adjectiva
auf foi'f mit denen auf ovg eog eiog log ^), die Zacher mit Glück behan-
delt. Auch der Versuch die Endung sovg, die Lobeck bei i^eovg, xsQa-
f^fovg, xvTQSovg allein gelten lassen wollte '), aus einer Verbindung der
Suffixe 10 und <o zu erklären , von denen das i des crsteren (Zacher
vergleicht ^Edaojv und 'laaojv in einer Inschr. bei De Wette No. 257
und vieles andre) in e überging, hat, wenigstens auf den ersten Blick,
etwas ansprechendes.
Nachdem sich der Verfasser so im ersten Theile den Boden geeb-
net hat, stellt er sich im zweiten Theil die Aufgabe die verschieden-
artige Entstehung der Wörter auf acog, und zwar immer in engem Zu-
sammenhange mit ihrer Bedeutung und unter genauer Berücksichtigung
der Zeiten und Schriftsteller, bei denen sie vorkommen, in eingehender
Forschung zu verfolgen. Es liegt in der Natur der Sache, dass der
Verf. die Mittel für seine Erklärung vor allem aus dem Griechischen
nimmt, und nur wo es die Umstände mehr oder weniger erforderten,
auch andere Sprachen, namentlich das Deutsche, heranzieht. Bei der
Besprechung der einzelnen Wörter zeigt er philologischen Takt, Um
sieht in der Erwägung der einschlagenden Fragen, mögen dieselben
etymologischer, grammatischer oder sachlicher Natur sein, und ernstes
^) Z. findet es wunderbar, dass dies Wort Femininum ist, *quum
omnia substantiva, quae videantur posse subintelligi , neutrius sint gene-
ris: ut naqan^TCiafia, 7iQoxc(kvfi/ucc , aiQWfia al.' (p. 139): das zu ergän-
zende Wort ist axr]vri, wie die avkalai axrjrai bei Plut. Mor. 173 F be-
weisen. Vgl. Plut. Them. 26: Iv TccTg oäocnoQiatg vnb axrjvag xvxXo) nt-
QinsifQayfisvng ini röiv aQfiafia'^öiv noqtvea&ai.
2) 'Ueber den Uebergang von h in t' siehe G. Meyer Bd. I. p. 81 ff.
dieser Zeitschrift.
') Z. zeigt, dass auch die Formen f^stog, xegäfxfog, xsQafxoiJg, xsgä-
fiiog, xsqäfiHog, xsQa/jtttiog ; /urQulog und /vTQilog Gewähr haben, und
will nur xiqafimog bei Pol. 10, 44, 2 fallen lassen.
90 Eud. Peppmüller
Bemühen auch die Vorgänger — die alten Erklärer nicht ausgeschlos-
sen — zu ihrem Rechte kommen zu lassen. Mit Geschick und Methode
wird den einzelnen Wörtern auf mos ihre Stelle angewiesen, je nach
ihrer Entstehung aus ajriog oder uaiog, oder wo das Stammwort voka-
lisch auslautete, mit Rücksicht auf die stammhafte oder ableitende Na-
tur des «, wird sodann von den o-Stämmen gehandelt — ein Capitel,
in welchem der 2. Abschnitt 'nomina in aiog quae videntur verbalia'
wegen der Neuheit und Wahrscheinlichkeit der Erklärung von beson-
derem Interesse ist — und endlich die eigentliche Untersuchung mit
dem Satze abgeschlossen, dass aiog als selbständiges, an Stämme
der 3. Deklination angehängtes Suffix erst in sehr späten Zeiten auf-
tritt: vix ulla alia (terminatio) tarn originis suae semper sibi conscia
fuit quam haec. Den Schluss der Arbeit macht eine Behandlung der
Wörter, denen Z. eine bestimmte Stelle nicht anweisen mag.
Bei dem Ernst und der Gründlichkeit, mit welcher der Verf. seine
Aufgabe aufgefasst hat, kann es nicht fehlen, dass sich die Untersu-
chung über einzelne Wörter fast bis zum Umfange einer besonderen
Monographie ausgedehnt hat; so bei rlnonojuncdog, dnoTQonatog, ntila-
fivaZog und namentlich an der Stelle, wo yaZu mit der grossen Schaar
seiner Composita besprochen wird *). Aber diesen Untersuchungen wird
der klassische Philologe grade mit besonderer Theilnahme nachgehen.
Die Entwicklung zeigt , wie nQoajQÖnaiog eigentlich den schuldbelade-
nen Mann bezeichnet, der die Götter um Sühnung angeht {nQoajqinf:-
rra), dann den angeflehten Gott oder Dämon selbst, den zwar verfol-
genden, aber zuletzt doch sühnenden, bis es endlich — im Gegentheil
zu seiner ursprünglichen Bedeutung — auf den getödteten übertragen
ist, den Rächer des eigenen Todes. Einen ganz ähnlichen Entwick-
lungsgang hat das Wort naXafivatog genommen, das, wie dläoTtoQ, zu-
erst recht eigentlich den umherirrenden Ixtirjg bedeutet, — oor' ivl
7T«T(7jj {fiüra xaTcty.reivri aXJiwv i^lxtro Sfifiov (ü 480 f.) hätte Z. hinzufü-
gen können. IlaXufivcdog kommt von palari {nXa-vÜM) , KXäaxtaQ von
ttXäofiai. Nun erhält auch das homerische dnäXafxvog E 599, eine Bil-
dung mit « iTiiTUTixäv , einen passenden Sinn: wie ein irrender Mann,
der eine grosse Strecke Weges zurückgelegt hat, am Strom stehen
bleibt und zurückeilt, also weicht Diomedes vor Hektor zurück, der mit
Ares im Bunde anstürmt. Man wünschte nur, dass Z. den Eindruck
seiner Erklärung nicht durch den Gedanken an andere Möglichkeiten
(p. 239) wieder abgeschwächt hätte.
*) Wenn Z. p. 111 ff. nachweist, dass die Composita auf -yaiog dem
dorischen und ionischen Dialekt angehören und unter den Attikern m i t
Ausnahme von fyyatog und /ufdöycetog -aict nur von dem viel
umhergekommenen Xenophon begünstigt werden, so muss dies bei fnaö-
yawg — anders als Z. versucht — wohl daraus erklärt werden, dass
sich die Attiker hier seit Alters an den «t-Laut gewöhnt hatten, weil
fieaöyiuu fast zum nomen proprium geworden war. Man versteht darun-
ter bekanntlich die vierte, im Innern von Attika gelegene Ebene, die
vom Hymettus und Pantelicua begränzt wird.
Anzeige. 91
Verfehlt sind unter ntioaTQÖnaiog die Einendationsversuche der Ae-
Bchinesstelle de falsa le^. p. 158: 'Uaffer« ovv rcvtov ro{v) roiovrov aiirov
nQoGTQonatov , fxfj yccQ 6r] Tijg nöXews , wart iv vfilv dvaaTQ^iffOfhrtt ; xni
jriv fitv ixxkrjtjiav xct&aiQiTe , Iv St totg yprufiafxaai Sik tovxov rag fi)/ßf
noii^aead^i xai arQariav Tj nf^rjv fj vavrixrjv ixn^fijptrt ; xai fir\v oye 'Haio-
Sog Xiyei,
nolläxi TOI §vfi7iaaa TTÖXcg xctxov ävSQog dnrivQa,
og xev dXiTQuCvy xal aTiiaS-aXa firj/avdnriti.
Dass avxov , welches in den meisten Handschr. und bei Harpokration
fehlt und im cod. F radirt ist, aus Anlass der Worte '^rj yao Sri ^VS
noleoig'' hineingetragen ist, glaube ich auch; aber Z. hätte an diesen
"Worten nicht herumcorrigiren ^), sondern sie als Randerklärung, die in
den Text gedrungen ist und die ihrerseits des nunmehr geforderten
Gegensatzes wegen die Einfügung von airov veranlasst hat, gänzlich
entfernen sollen. Aeschines fordert seine Mitbürger auf den fluchbela-
denen Mensehen zu entfernen — der Scholiast meint sogar ihn zu töd-
ten. Warum er das für nöthig hält, geht aus dem folgenden Satze
und deutlich genug aus der Hesiodstelle hervor. Grade die energi-
sche Aufforderung: ^Edane ovv airov to[v) toiovtov n^oaT(>6naiov, äara
iv vfilv dvaOTQiiptad^ai; ist ihrer nachdrucksvolleu Kürze wegen vbn be-
sonderer Wirkung. Aber ein Erklärer merkte bei nnoaxQÖnaiov an '^^
yaq ärj T^f nöXewg sc. nqoaTQonaiog »/', und diese Worte sind nachträg-
lich eingedrungen.
Auch einige andere Stellen, welche Z. gelegentlich anführt, bedür-
fen der Verbesserung. So hätte er p. 194 im Scholion von Nie. Ther. 122 :
yQUiferai xal dXxairjv xccTaxgrjßTixäg- xvQiiog yitQ ^ tov Xiovxog oiiQci ctXxaia
xuXtlxai, oxi St cwx^g eavxov Inoxqvvei xui iyaiQfi etg dXxi^v j,atti
6' avxbv inoxQvvsi fxu/edaai'i^iu'^'' (11. Y, 171) das Homercitat nicht
unbeanstandet lassen sollen, trotzdem es in dieser Form auch in Schnei-
ders Nicandrea steht. Da dem Grammatiker nicht unbekannt sein
konnte, dass avxov überhaupt keine homerische Form ist, so liegt hier
ohne Zweifel eine einfache Verwechselung des Schreibers vor, von der
Art, wie sie Zacher selbst p. 38 ff. bespricht: auch der Grammatiker
schrieb, wie er im Homer fand, ie d' avxov inoxQvvH fxax^aaad^ai. Für
die Entstehung des Fehlers ist die Lesart des cod. D. — nach La Roche
der zweitbesten Homerhandschrift — , lehrreich; hier steht ail d' av-
xov. Dass auch die Stelle aus Theophr. caus. pl. HI, 22, 2: xa St
TiQodrivtfxa xwrv xtaQioxv r^xxov Iqvaißovvxar Sia yaQ xivrjaiv dnoGeltxai xal
dnonlnxH xo vyQÖv. 'Entl xal oxav vaavxog nvtvfxa intytvrjxat xal
näXiv in iXafi ßävy vv^ rjxxov x6 fitv yaQ S i^asiotv , 6 S' rjXiog
fi'^i? iniytvöfitvog ovx inoir\at arjijjiv , dXX^ dvt'^rj()dv^i] TiQoxtQov , welche
p. 201 unter Xo^ulog angeführt wird, schwerlich richtig überliefert ist,
hätte Z. wenigstens andeuten sollen. Wozu die Erwähnung der Nacht?
Hier muss etwas ähnliches im Text gestanden haben wie caus. pl. IV,
^) Er gibt vier Einfälle zur Auswahl: fiiaQÖv , dvatSij, fiidaxoQa
xrjg nöXecjg und xaxaytXdv xijg noXtwg.
Tt
92 Rud. Peppmüller
14, 3 : ^EqvaCßri 6f a^xpis tk idrt roij itfiOra/ietov iiyqoxj, St o noXv /iikv
vaavtos ov ytvtxai, xarmiXvvtxca yctQ. 'Eitv St rptxciSte ^ xal ÖQÖaoi
nletovs y^vMVTui xtcl 6 ^Xios iTtiXäßrj xal anvoia, 'ton ar^ntruf
SC o xal iv rois evnvoig xai fimtoQoig ^ttov, iv Se toTs xoilois xttl
SQoaoßolois fiäkXov. Ich schreibe: inii xal oiav vaavrog nvtvfiu
iniyivriTKi xai 6 r,kiog iniXäß)^ [^'i'^], ^ttov {bc. iQVGißomat; — wenu
nicht geradezu arinarai einzuschalten ist — ) rb fitv yaq (sc. nvtvfia)
Sieaetatv, 6 Se tjXios ev&vs Iniytvo^tvos oix inotrjae aijipiv. Die Stelle
war lückenhaft überliefert, und von dem Worte IJ^dlOZ waren nur die
ersten Buchstaben erhalten, die man zu IIAAIISI ergänzte. Ein zweiter
Schritt war dann die Einfügung von vv^^ das in Verbindung von Im-
XcifißävH bekanntlich ziemlich häufig ist.
Um zu erweisen, dass i^iov nicht aus Ja^cov , sondern aus jtj^iov
entstanden sei, führt Z. p. 71 eine Glosse des Hesychius an: i'ia' Xi-
ytxtti Sh xal SiGvXXäßwg elw Intaxfnreov Se, ei ravxöv iaxiv riia xal flu.
brav yuQ x6 rj yiyvrjxai, ßqöif^a , oxav Se xb e, ov ßQcS/Lia aXX' ^ x^Q^^^
xal ^ naqä&eaig. Hier bemerkt er, dass der Schluss der Glosse ver-
dorben sei, ohne die naheliegende Aenderung ^ xal naqdd^eaig in
Vorschlag zu bringen ^).
^) Wenn wir an derselben Stelle eine andre Glosse des Hesychios
in folgender Form lesen: eloi' öajiQiwv (cod. oaxQeoiv) xa xuS^äqfxaxa,
so weiss man nicht, ob sich der Verf. verschrieben hat — M. Schmidt
liest xaikÜQaia — , oder ob er eine stillschweigende Verbesserung hat vor-
nehmen wollen: denn zu ala£ erklärt Hesych.: xwv oanqCoiv xa xa&ÜQ-
fiaxa. Die Mittelzeitigkeit des i in ^la, das bald lang {N 103, ß 289,
410), bald kurz ist (S 363, fx 329), bald consonantisch gesprochen wer-
den muss {e 266 = i 212, e 368; Bekker hom. Bl. I. 52 f. will es un-
terschreiben), erklärt sich aus dem Ausfall des ^, das t) aus dem Ab-
fall des j; bei ti'a ist der Consonant unterdrückt. Denn der Zusammen-
hang mit Ceiä skr. java 'Gerste' leuchtet auch mir ein: ß 289 f. ist ^la
gradezu == aXipira, e 266 wird es mit oi//k 'Zubrot' zusammen genannt,
^e{Sü)()og agovQa heisst der Acker von einem hauptsächlichen Erzeug-
niss. Photius Erklärung r^ia • xrjv xwv oanQiwv xaXccfirjV macht den Zu-
sammenhang mit iia, eia nur noch deutlicher. Wenn i]ta N 103 vom
Frass wilder Thiere gebraucht wird, so wird das demjenigen nicht eben
auffallen, der weiss, dass auch Sa(g {Sl 43) so vorkommt. Aber an den
allermeisten Stellen ist i]ia so viel als alxog. Dass es auch e 368 f.: '£lg
(J" avtfiog ^atjg -qioyv S^Tj/n(bva xivä^y KaQ(f)aXioxv dieselbe Bedeutung habe,
könnte man A. Goebel Lexilogus zu Homer und den Homeriden I. 52 f.
zugeben: die Stelle bei Photius steht damit nicht im Widerspruch. Aber
Goebels Herleitung von \/"«jr hat viel geringere Wahrscheinlichkeit als
die gewöhnliche Deutung. Auch die Etymologie eines anderen von Z.
ebenfalls behandelten Wortes ist sehr unwahrscheinlich. Goebel meint näm-
lich (p. 46 f.), dass riu 'Poiße O 365, Y 152 (h. in Ap. 120) von -^ajr
'hauchen, tönen' (Curtius Gr. Et. No. 587) herkomme und den 'wohl-
tönenden Gott' bezeichne. Es soll bedeutungsvoll sein, dass es 'jedesmal
nur da stehe, wo Apollo als Kämpfer auftrete oder aufgetre-
ten sei'. Der Vocativ habe 'einen tiefsinnigen, ethischen Charakter', —
er bezeichne den, welcher 'sonst (!) mit Gesang und Saitenspiel sich und
die Götter ergötze'. Im ITymnua auf Apollo, wo eben die Geburt des Gottes
geschildert ist, würden die Worte "iJr*a a^, ijt« 4>oTßf , &eal X6ov vSaxi
xaXf^ {\20) dann recht eigen lauten; aber Goebel meint, hier sei »}« *or/?e
Anzeige. 93
In anderer Hinsicht, wo es sich darum handelt auszumitteln , ob
diese oder jene Wortform an einer Stelle berechtigt ist, hat freilich
auch die Textkritik durch Z. gewonnen ; so z. B. im Capitel 'de aiog
et fos alternantibus' p. 38 ft"., wo unter andern nachgewiesen wird, dass
atjfxaicK für aijfxeCa, arjfi^a ohne Gewähr ist und dass Xivalog in Xiveog,
ttxTaltt 'Hollunderbaum' in dxr^a zu verwandeln ist. oder wenn nachge-
wiesen wird, dass Pindar Ol. XIII, 81 nicht ytaö/^t^^ sondern entweder
yaa6;((p oder mit Verkürzung des Diphthongen ycaaö^ü} geschrieben hat,
weil die Form yä , deren sich die Griechen ausser den loniern und
Attikern bedienten, nicht aus yia, sondern nur aus yäa entstanden sein
könne. Bisher schreibt man trotz der Autorität der Handschr. mit
Böckh yeaöxM- Auch bei Hesiod Theog. 15 hat man der Form yeaö/(p
mit Unrecht den Vorzug gegeben : nur Köchly hat yaiao/a» im Text
gelassen, es aber durch ein f als verderbt bezeichnet, weil er an der
Verkürzung des ai Anstoss nahm. Jetzt sollte man die Möglichkeit der
Unterdrückung eines j anerkennen, und eine Conjektur, wie die von van
Herwerden quaestiunculae ep. et eleg. p. 52, welcher statt ovS^ xi egyioj'
"Efinaiov ovSk ßirjg v 377 f. oi}<J" sfinaiov "Egyojv ovSe ßirjg vorschlägt, sollte
füglich unterbleiben. Wie oft eine solche Correption vorkommt, lehrt
ein von Hartel hom. Stud. III. 11 ff. mitgetheiltes Verzeichniss, das Z.
p.8ff. in wesentlich berichtigter Form gibt ^). Bemerkenswerth ist die
bisher nicht hervorgehobene und doch schwerlich zufällige Thatsache,
dass sämmtliche 11 Formen von xoiovrog, roiöaSs und oiog , welche im
iamb. Trimeter Correption erfahren — Soph. Tr. 1075, Eur. Med. 626,
Aesch. Niobe fr. 159, Eur. Andr. 1074, Soph. Phil. 925, OR'1415, OC
262, 803, 1136, 1418, Tr. 742 — , sich an 2. Versstelle finden. Es
scheint danach doch, dass man die Verkürzung des Diphthongen bei
diesen Wörtern als eine Art Freiheit empfunden hat, und bedenkt man,
dass in attischen Inschriften vor Eukleides, wenn auch viel seltener,
neben noielv bereits noiTv vorkommt, während das i von xoiovrog, xoi~
öaSe und oiog nie ausgelassen wird, so wird man Bedenken tragen, diese
Wörter mit nomv auf ganz dieselbe Stufe zu stellen. Nur so viel leuch-
tet ein (vgl. Z. p. 9), dass bei den Tragikern entweder stets notlv oder
stets noceiv zu schreiben ist.
Anlass Z. zu widersprechen bietet in mancher Hinsicht das Capitel
über die paragoge ionica: nicht als ob er in der Hauptsache Lobeck
gegenüber nicht Recht hätte, wenn er behauptet, dass überaus viele
Substantiva, die ein gleich- oder ähnlichlautendes Adjectivum zur Seite
mit Bezug auf (das 10 Verse später vorkommende) Eli^ fioi xt&aglg xs
(für} xal xafxnvXa xö^a gebraucht! Wir halten (i)jitf, wie Z. p. 133, mit
^i£ für identisch und glauben, dass es ein aus alter Cultuspoesie stam-
mendes Epitheton ist. Dass wir von .dem Ausruf er.st in einem Hymnus
(h. Ap. P. 322: irjnaii^ov' ue(äaiv) eine sicherere Spur finden, kann unter
diesen Umständen kaum befremden.
^) Doch haben sich auch hier zwei Fehler eingeschlichen : an Stelle
von Soph. Tr. 1175 muss es 1075 heissen, und Eur. Andr. 1074 steht
xoiaaäe, nicht xotovöe. >
94 Rud. Peppmüller
haben, nicht von diesem Adjectivum abgreleitet sind, so dass ein Sub-
stantivum zu ergänzen wäre, sondern dass Substantiva und Adjectiva
gewissermassen Brüder sind 'diversis suf'fixis utraque ab eadem origine
derivata' (p. 98) : aber wenn er dann zum Belege für den Satz, dass viele
Substantiva abstracta, die von andern abgeleitet sind 'eaque plane
eadem qua prototypa utentia significatione' (p. 104), nicht
sowohl Derivata ihrer Prototypa, als vielmehr amplificirte Formen der-
selben seien, p. 106 f. eine Reihe von — Z. sagt mit Unrecht 'meist
dichterischen' — Substantivis auf -ufiu -rjfia -lOfia etc. anführt, die nur
dem Anscheine nach von Verbis auf ow aw tfw etc., in Wahrheit aber
von Substantivis herkämen, mit welchen sie auch die Bedeutung voll-
ständig theilen sollen, so treffen diese Behauptungen keineswegs durch-
aus zu.
Schon der Umstand, dass von den 85 Beispielen des Verzeichnisses,
bei dem Vollständigkeit wohl nicht beabsichtigt w^ar*), eigentlich nur 6
— d^Toifia, xiyxQoifxa, oSia^a ^), ninXmfxa, nXtvQOifiu und SqöfyLtifitt — kein
Verbum zur Seite haben ^) , hätte Z. vorsichtig machen sollen. Und
wenn man ferner sieht, wie die 'amplificirte' Form immer von einem
ihr entsprechenden Verbum begleitet wird, wie sich zu ßiog nicht
ßioTTjua, sondern ßiorevfia, zu rfd^cr Sö'^aa^a, zu f^-og f&ia[Ma stellt u.s. f.,
so wird man sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass das Ver-
bum dem Geiste der bildenden zum mindesten mit vorgeschwebt hat,
obwohl nur eine Anzahl der angeführten Wörter auch in ihrer Bedeu-
tung unmittelbaren Zusammenhang mit dem Verbum zeigt. Ganz deut-
lich ist dieser bei e^ia/ua 'Gewöhnung' Xen. Plat., kriQ^maxa 'Geschwätz',
während XiiQog auch s. v. a. nugae, tricae ist, fiir^rifia 'das Zugemes-
sene', besonders das dem Soldaten zugemessene Mass, dann auch der
Sold, was fi^TQov nie bedeutet, vöjuiafitc 'das durch das Herkommen, den
vöfios Eingeführte', dann Münze, Mass und Gewicht, wie vöfiog eben-
falls nie gebraucht wird , olxTiOfia 'Wehklage', nie wie o'ixTog 'Mitleid',
olwvia/xtt 'Vorzeichen', nie 'Raubvogel', oixrjfia Behausung jeder Art,
aber nie wie olxog auch Hauswesen, Hausstand, Geschlecht und Fa-
milie, axrjvTjfiu und viel gewöhnlicher axrjvwfia 'Zelt, Wohnung', aber
nie wie axtjvi^ auch 'Bühne', ofarfv/j-tt 'fortgeschossener Pfeil, Pfeilschuss',
aber nicht jeder beliebige Pfeil, dytüvia^u 'das durch dytoviCf^&ai her-
vorgebrachte, die bedeutende Leistung' — selten = dytöv. Auch bei
xfXa^i^f^ara*), fifXfTtjfiaTU '^}, ja selbst bei v6ar]fiit (cf. Aesch. Prom. 976 f.)
*) Man vermisst u. a. Wörter wie ^tQfjvog ^QT^rrj/xa, xogvifi^ xoqv-
(f>tü/iia, XaXayrj XctXäyr^fxu, /nia&6g fiCai^wfiH, fiTaog fifaTjfia, aritfavog gt(~
(fnvuifiK, r()(vr] r^^vaafia, rvnog Tvnwua, (f>üßog (fößrjfia, (fovog (fovevfia,
/«pcf XaQiixüjjLtn, x^Qog ^ÖQfvfitt.
*) Das Wort steht nur bei Aesch. Pers. 72. Dindorf fügt hinzu:
yoätffTat iQfutfXK.
') Denn bei Sgä^rifia, ^üihrifia und ni't&ri^a zeigen mehrere Verbal-
formen dieselbe Bildung.
*) Cf. Ar. nub. 283 f. : "va . . . ucfOQtofjfOa Kai noTafttSv C«^^wj'
xeXaSt'iuttj a Kai növTOV x tXääovra ßa^vßQouor.
*) Xen. Cyr. 8, 1, 43: ovg rf" av xanaxtvuCiv tig to äovXei/eiv, tov-
Anzeige. 95
und dem einmaligen dveiSia/na (Herod. II, 133) machen einzelne Stellen
die Beziehung zum Verbum klar. Qv/nufia heisst 'Zorn', nicht 'Sinn',
doCvT]fxa 'Schmauserei', nicht 'Speise', wie d-oCvri auch vorkommt, vorjfia
ist nie 'Denkkraft', so sehr es schon bei Homer bisweilen (T218, ff 215,
V 316, 82) den Anschein hat, xccnvia/j.K 'das was ßauch macht, Räu-
cherwerk', nicht 'Rauch' wie xanvo; u. s. w.
Bei andern Wörtern tritt mehr das Mittel oder Werkzeug, wodurch
eine Handlung ausgeführt wird, hervor; so bei anürrifxu 'Täuschungsmittel',
a^ki]fj.a ausser 'Kampfweise' auch 'Arbeitsgeräth' (Theoer. 21, 9); la&i^-
fnara, ein in der attischen Prosa ungebräuchliches Wort, bezeichnet
'Kleidungsstücke', äiairrjfxtiTa sind Lebensmittel *) oder Einrichtungen.
Aktiven Sinn haben nttinä).rifi.a 'o natnaliov^ i. e. 6 nfqidxondjv, 6 iQev-
vdSv Hesych. , xgoTrjfia, das einen durchtriebenen Menschen (Soph. fr.
784 D. Rhes. 499) — nicht wie Tiamdltj auch feines Mehl — und ncerä-
yrj^a, das einen geschwätzigen Menschen (Men. fr. ine. 314) bezeichnet.
Andre Wörter haben eine zusammenfassende, collektive Bedeutung.
/läxqvfitt bezeichnet nicht 'die Thräne', sondern 'das Weinen, Klagen'
(Aesch. Pers. 134, Eur. Andr. 91 ff.) oder den Grund des Klagens, 'die
Leiden' (so in einem Orakel bei Herod. VII, 169), Q(^(ofia nicht die ein-
zelne Wurzel, sondern das 'Wurzelwerk', TeC;(tafj.a nicht die Mauer, son-
dern die Befestigung, eine Bedeutung die rH^og freilich ebenfalls be-
kommen hat, x^oKXiüfia ein Verhau und erst später (bei Polyb. und
Plut.) wie /«p«^ auch eine Pallisade. Für ÖQUfXTjfta ist in dieser Hin-
sicht die Stelle interessant, wo Herodot den persischen Postdienst
beschreibt: yieyovat, yaQ tos oatav uv ri^sgimv ^ ^ näaa oSög, roaoiroi
innot re xal avögsg äLeajäat, xara rj/ufQrjaCrjv öäbv ixtißTrjv innos re xal
dvTjQ Tsrayfiivog' rovg ovrt vtcpnos, ovx o/ußQog , ov xavfia, ov ri/f tqyH
fiTj ov xtaavvaai tov n Qoxfifisvov f ai/raJ S q6 fiov Tr)%' xayCaTriv , ... tovto
t6 S QdfJ,r}fiK rdjv inniav xakiovai ITegaai ciyyaQriiov. Collektiv steht
auch nixQOi^a bei Paus. VIII, 15 '■Xid-ot ovo rj^fiofffi^voi nqbg dkkriXovg
fisydXoi\ während das Wort Eur. Or. 442: Oavetv in daxbiv kevaCfXbt
n^TQVjfiati in deutlicher Beziehung zu Tiergöcj steht.
Nicht selten drücken die Wörter auf -^ct einen dem Substantivura,
mit welchem sie verwandt sind, ähnlichen Begriff aus, ohne indess
die eigentliche Bedeutung jenes Substantivums annehmen zu können.
Dies ist der Fall bei dirwfxa 'Giebel', von der Gestalt des sitzenden
Adlers, dessen Name freilich denselben Begriff bezeichnen kann, xey-
yQ(üficcTa'^), das nie = x^y/ooi ist, ftx6viafj.a 'Abbild', ^vfnü^ct 'etwas die
rovg ovre fifletuv lX(v^9eQ (otr' növwv naQMQfxu ovte onla xfxxija&ai
fn^TQsnsv ^ntfiElHto J*', onwg firite ußnoi jxr^Te unoroi ttots saoirro
fkFv%)-fQCü}V h'fxa /j-eXiTT) jLi driov.
^) Vgl. Xen. Mem. 1, 6, 5: rj ttjv äiairdv fxov (f>avXlC(ig, tag ijTTor
fifV vyieivd ia&(ovrog tf^ov rj aov, tjttov äk ia^vv naQ^^^ovia ; r] lög X^Xe-
nwTfQct noQCaua&ai tu i/ju rf t« trij jW «t« t(üv aüv äid rb anavtuTf^d re
xal TToXyreX^areQu f'ivai;
'^) Vgl. Eur. Phoen. 1386: 'AXV tv nQoaijyov danCöorv xey/gmfxaaiv
^0(p&ctX/j.6v.
96 Rud. Peppmüller Anzeige.
Cvjnt] *) Ersetzendes' und ß^QiyxujjuuTa 'simsartige Einfassung'. Man be-
greift es nun auch, dass Wörter wie xölnwfia , kvaarj/xa, ^akttfi^vfxa,
x^Sevfia, Qi^tüfia, ar6fj.wfia nie in der eigentlichen Bedeutung des
stammverwandten Substantivums vorkommen. Bei ajöfitafia ist übri-
gens der Zusammenhang mit arofxoü) wieder sehr klar : wie aiöfioiy.«
1) 'Mündung' und 2) 'Verstählung, Stahl, Schärfe, Kraft', sowie das Härten
des Eisens bezeichnet, so hat arofioio die Bedeutungen 'mit einer Mün-
dung versehen' und nächstdem 'stählen', sowohl im eigentlichen als
uneigentlichen Sinne in sich vereinigt.
Dass die Endung fia bei einigen Wörtern — ähnlich wie unser
-lieh und andres von Z. angeführtes - allerdings fast nur amplificato-
rischen Charakter trägt und aus dem Streben nach einem volleren Klange
hervorgegangen ist, soll nicht geleugnet werden. Diese Bildungenge-
hören in der That beinahe alle dem jQayixos xöfxnog an, ja man hat
sie, um ihnen noch grösseres Gewicht zu geben, ganz besonders im
Plural verwendet; daher die tffffjuco^ttr«, ßQovrrjf^iaa, SwQtifiara, fisqifxvd-
fxara, öXokvyfMaTu^), nXivQWjxttTtt, TiejiltjfiaTa, nvlto/xara, nv^yiö/xara, (fQov-
orjfiara u. a. Hier findet man die Analogiebildungen n^nlufia, nXiv-
QCü^a und odiOfia , wie oben dfriafia und xsy/Qajfxara.
Doch wir müssen hier abbrechen, obgleich grade dies Thema noch
zu weiteren Bemerkungen viel Stoff böte. Dass man auch sonst hin
und wieder Anlass zu widersprechen hätte — so bei i^ßaiög, i/ivaios,
oXxalog, IlsXayaiog , der Ableitung von xäkhfiog aus xaXög statt xäXXoi
(p. 106, 242), bei yaotgala, wo wegen der verschiedenen Bedeutung von
yüat^tt doch wohl yoyyvXCg zu ergänzen ist — liegt in der Natur der
Sache und kann das Gesammturtheil über die Arbeit nicht beeinträch-
tigen.
Die Form ist leicht und flüssig, ein Vorzug, der für die Lektüre
einer grammatischen Untersuchung gewiss zu schätzen ist : kleinere Ver-
stösse wie das zweimalige et etiam (p. 85, 8 — 9 und p. 153, 31), ac vor
Vokalen und h (p. 122, 29 und p. 164, 29) quidni c. Indic. (p. 99, 1)
und selbst das solöcistische reliquia (p. 77, 24) kommen kaum in Be-
tracht. P. 10, 23 ist corripitur für reperitur verschrieben.
An Druckfehlern erwähne ich p. 69, 22 suffi für suffixi, p. 96, 15
proprius für propius, p. 136, 11 in der Ueberschrift « femininis für a
fem., p. 190, 31 i^ya^oi für -^ofxat, p. 212, 20 deprecare für -ri, und un-
ter den die Accentuation betr. Fehlern p. 10, 3 aUrog für aUrog, p. 106,
33 deiog für ätrög, p. 111, 25, 27 und p. 126, 7 rturjöxog für ran^o^og,
p. 208, 32 dXd&€ für aXaäf, p. 220, 32 raalv für räaiv, p. 225, 7 'Edaars
für ^Hdaere und p. 225, 13 iäaei für -aai, p. 234, 6 noTdfK^ für norafiip.
*) Das von Z. angeführte Cvfiög existirt nicht.
^) Nebenbei sei bemerkt, dass Z. das Adj. uXoXvyatog, wenn ich mich
recht erinnere, nicht angeführt hat.
Halle a. d. S. Rud. Peppmüller.
97
Etymologische beitrage aus dem nordischen.
Für die norwegischen mundarten ist meine hauptquelle
„Norsk Ordbog . . . af Ivar Aasen", Christiania 1873; für die
schwedischen „Svenskt Dialekt-Lexikon af Johan Ernst Rietz",
Lund 1867.
Norweg. dial. hemhel, lit. hämha.
In der landschaft Hallingdalen im inneren Norwegen wird
hemhel masc. für nabel gesagt; dies ist offenbar mit dem lit.
hämha f. nabel verwandt. Vgl. Fick wörterb. 2, 615. Als
grundform dürfen wir daher wol bhamhha voraussetzen. In
norwegischen Ortsnamen kommt ein wortstamm hamhl- vor.
Isl. hiäa, lat. fidelia, rtid-og.
Lat. fidelia gefäss, topf (z. b. für den kalk zum anstrei-
chen) hat man längst richtig mit gr. Ttt&og raasc. fass, wein-
fass, TtL&dyLviq, cpiddy.vr] zusammengestellt. Nahe verwandte
Wörter mit dem «-vokale kommen auch in den germanischen
sprachen vor: isl. hiäa f. vas superne adstrictum (bei Björn
Haldorsen fehlerhaft hyäa geschrieben), norweg. dial. (Sönd-
möre) hide neutr., german. grundform hidja-n ?, butterfass ; nor-
weg. dial. hidne neutr., germanische grundform hidnja-n?, klei-
nes gefäss überhaupt. Die lat., griech. und nordischen Wörter
weisen auf eine grundform mit hhidh- hin. Wörter ähnlicher
form und bedeutung, welche u als den grundvokal zeigen, halte
ich hier fern.
Altn. blistra, lat. fistula.
Die bedeutung des lat. fistula ist mit der des gr. avQiy^
nahe übereinstimmend. Beide bezeichnen röhre überhaupt, je-
den röhrenartig ausgehöhlten körper. Die hirtenpfeife wird
fistula wie avQiy^ genannt. Beide Wörter werden auf ein hoh-
les geschwür angewendet. Plinius nennt die röhrenartigen ge-
fässe in der lunge fistulae; avQiyysg sind „die in die lunge
auslaufenden enden der luftröhre". Der parallelismus zeigt
sich auch in den ableitungen; so heisst z. b. der pfeifer lat.
fisttdator , gr. avQiazrjg. Ob die fistula sutoria und die fistula,
Beiträge z. Kunde d. ig. Sprachen. UI. y
98 Sophus Bugge
welche zum okuliren der bäume angewendet wurde, von dem
röhrenartigen aussehen des Schaftes ihren namen haben, darf
ich nicht bestimmen. Allein sicher bleibt es, dass fistula nicht
mit Corssen etymologisch als „spaltendes Werkzeug" gedeutet
werden kann. Vielmehr müssen wir für avQiy^ und fistula die
gleiche grundbedeutung vermuthen. Wie ovQiy^ zu kslaw. svi-
riti pfeifen, svirükü pfeife, surüna fistula, lit. surmä pfeife ge-
hört (Fick wörterb. 2, 268; 2, 693), so wird die wurzel des
lat. fistula „pfeifen" bedeutet haben. Mein früherer versuch
das wort etymologisch zu deuten war verfehlt. Ich vermuthe
jetzt, dass fistula durch dissimilation aus fiistula geändert ist.
Vgl. 6Xoq)vyiTlg = öXoq)Xvy,TLg ; cpvyed-Xov für q)Xvy£^Xov; ex-
TTayXog für suTtlaylog; ital. fievole^ span. prov. fehle, fr. faible
aus fiebilis; lat. praestigiae = praestrigiae , pejerare — perje-
rare. Lat. fistula statt fiistula scheint mir mit altn. blistra,
mit dem munde pfeifen oder flöten, auch zischen (von den
schlangen) aus derselben wurzel entstanden, blistra setzt eine
wurzel blis voraus; vgl. deutsch fiistern neben fiismen, fi ispern.
Die wurzelform bhlis, pfeifen, ist mit bhlä, fiare, blähen, ver-
wandt; der «-vokal ist für die bezeichnung eines feinen lautes
harakteristisch. fistula ist wie pustula gebildet.
German. blötan, lat. fiämen.
fiamen, eigenpriester , fasst man gewöhnlich als „zünder",
indem man es mit fiagrare, fiamma verbindet. Die möglichkeit
dieser deutung lässt sich für jetzt kaum bestreiten; sicher ist
sie jedoch nicht, da die anwendung der verbalwurzel fiag mit
transitiver bedeutung vom zünden des opfers im lateinischen
nicht nachgewiesen ist. Ich nenne hier eine andere mögliche
deutung, die freilich im lateinischen selbst sonst keine stütze
findet, welche aber von der seite der bedeutung noch näher
liegt. Das allgemein-germanische blotan bedeutet (die götter)
durch Opfer verehren, mactare ; daher altn. blöt götterverehrung,
opfer. fiamen lässt sich durch altn. blötgoäi übersetzen, blöt
muss im lateinischen, wenn sich die wurzel dort findet, noth-
wendig fiäd lauten, fiämen kann für fiäd-men wie rämentum
inv räd-mentum stehen. Oder die wurzel bhlä, lat. fia in fiämen
kann sich im Germanischen zu blfd erweitert haben.
Etymologische beitrage. 99
Schwad, dial. hrind, lit. hredis.
Schwed. dial. hrind (in Dalarne), hrinn statt hrmd (Jämt-
land), hrinde (Herjedalen) , im östlichen Norwegen bringe, für
hrinde, elenn, nur vom männlichen thiere, ist mit lit. hredis,
elenn, lett. hridis, altpreuss. hraydis identisch; vgl. messap.
ßQsvöog. Diese Zusammenstellung findet sich schon bei Rietz
svenskt dialektlexikon. Die grundform der Wurzelsilbe ist also
bhrendh.
Altn. brum, gr. ßQvo).
Altn. hrum neutr., gemma arborum, frons, ramus frondens,
setzt eine grundform hhr-ma voraus und ist mit gr. ßqvü),
strotzen (vom üppigen hervorkeimen der pflanzen) verwandt; lat.
frons, frondis scheint aus der verwandten wurzel hhrandh ent-
standen. Vgl. Fick wörterb. 2, 168.
Altn. dälkr, neuir. dealg.
Altn. dälkr ist spina quo pallium continebatur ; im isländ.
bedeutet das wort auch spina dorsalis piscium. Es gehört zum
altir. delg, neuir. und gael. dealg m. „a thorn, a skewer, a pin,
a bodkin, a prickle". Die irische form setzt eine grundform
delga (dhelga) voraus. Diese scheint mir aus dheg-la entstan-
den; vgl. lit. dagijs dorn, degti stechen, gr. ■d-'^yio, ^rjyaXeog,
lat. figo. Stokes (Remarks — to Curtius p. 28) stellt altir.
delg „brooch" zu bret. dalchet teuere, skr. darh; allein die
bedeutungen des neuir. dealg lassen sich kaum damit vereinigen.
dälkr wird, trotz dem k, ein lehnwort sein.
Altn. dapr, sanskr. dabhra.
Altn. dajor bezeichnet : beschwert, schwach , der nicht seine
volle stärke hat, z. b. vom ermatteten, auch vom licht, und ge-
siebt; dann: niedergeschlagen, von traurigem ansehen, dajjr,
das eine vorgermanische form dhah-ra voraussetzt, ist vielleicht
mit skr. dahhrä, wenig, gering, dürftig, altbaktr. dawra iden-
tisch. Man vergleiche das verhältniss des altn. hotn zum ind.
hudhna.
Das adjectiv dabhra ist von skr. dahh, damhh, schädigen,
aTCfißiü gebildet.
100 Sophus Bugge
Altn. dilkr, d-rjXdtio.
Zu dhä saugen, säugen gehören u. a. skr. dhärii saugend,
gr. d^rjXri zitze, euter, ^rjläCco, sauge, säuge, gewiss auch lett.
dtle Säugling (kalb oder lamm), dilU säugen, lat, filius^ umbr.
sif feliuf wahrscheinlich sues lactentes. Hierzu noch altn. dilkr
Säugling (lamm, kalb, ferkel oder zicklein), schwed. dial. diika,
saugen, dän. dial. düke.
Altn. dregg f isl. drmigr, nhd. trocken, engl, drg , TccQixog,
zaQxvcü, TQvyla.
Engl, dry trocken, ags. dryge, dHge , drege (nicht dri/ge
mit kurzem vokale), niedländ. dt*^, niedä'e^itsch dre^ droege,
WNme setzen eine grundform draugja-z voraus. Mit unrecht
vermuthete Holtzmann (altdeutsche gr. I, 211) eine gotische
form druggvs; das wort entspricht nicht dem skr. dhruva. Nahe
verwandt ist ahdüyf'Dekmi , nhd. trb<^en (welches Wackernagel
irrig als part. von trecken, ziehen, erlriärt); aus einer grund-
form drugana-z, eigentlich prät. particip. pass. eines verbs
dreugan. Dazu auch ags. drugian arescere; isl. draugr nach
Björn Haldorsen arbor arida spec. abies.
Nach strengen lautregeln würde dieser wurzel drug , die
mit got. gapairsan, paursus, dürr natürlich nichts zu thun hat,,
eine vorgermanische wurzelform dhriigh entsprechen. Wenn
wir im Griech. verwandte wörter suchen, ist die lautstufe tqx
zu erwarten; man vergleiche z. b. xoi%oq^ Teixoq gegen skr.
dehi , got. deigan. Ich vergleiche daher die wurzel rh^ in
TccQlxog etwas getrocknetes, pökelfleisch, salzfisch, ii^rttQdie , ra-
Qt^^lljl^ austrockn^ , einpökeln , .^inbalsamieren , und ohne das
eingeschobene l rclpj^iav bestatten*"^€i^ einbSts^iJijiieren). Die
germanische wurzelform drug verhält sich zur griech. tccqx wie
lit. brukii drängen zum lat. farcio. Ich erkläre das n als
durch einfluss des r entstanden.
TUQLyog gehört meiner ansieht nach nicht zur wurzel tsqg,
tars, wobei man ta^Qixog erwarten sollte.
Dem german. dnig würde auch in betreff des vokales gr.
TQvx genau entsprechen. Hierzu stelle ich nach Pott in Kuhns
zeitschr. 19, 27 t^^^m, trocTn»ea^ dörlP^i, rgvyrj trockenheit,
dürre , XQv^y hefen, treSter, rgvyia hefe. TQvyto für S^qvxm wie
jivvöa^ für (fvvd^a^, jrvgyog für (piqyog, dte/iißio für dd^ffiffü).
Etymologische beitrage 101
Mit unrecht, wie mir scheint, vergleicht Fick wörterb. 1, 598;
2, 569 TQvyo) mit altn. ßurka , lat. tergere, lit. trokszti. Altn.
ßurka trocknen ist nach gewöhnlicher analegie von ßurr =
got. pcmrsus abgeleitet, tergo entspricht nach Froehde (in
Kuhns zeitschr. 23, 312) dem gr. TQißa). Lit. tr^ohe^üi, dür,§t&if,
stellt Fick selbst 1, 93, wie mir scheint, richtig zu skr. tarsh.
TQvyla, hefen, für ^gvxla, weicht nur im vokale ab von den
ursprünghch damit identischen altn, dregg gen. dreggjar, hefen,
eng. dregs , grundform dragjä, altpreuss. dragios f. pl. hefen,
kslaw. drozdijq f. pl. hefen ; vgl. Fick 2, 589. Wir haben also
die wurzelformen german. drag, drug, griech. TaQx, tüqix, TQvy,
sämmtlich Variationen von derselben urwurzel.
In den indischen Wurzelverzeichnissen wird ^r^^^H^ocl^ßji-^*'
werden neben^i^Äfa^ aufgeführt. Mit diesen wurzelB-,-'<fie*iiicht
willkürlich erfunden scheinen, hat schon Kuhn (zeitschr. VII, 63)
trocken ; eng. dnj verglichen. Ist das kk in dräkh wie in skr.
tiakha zu beurtheilen? oder ist neben dhragh eine wurzelform
dhrak anzunehmen und dazu mit Benary lat. fraces, ölhefen,
fracesco zu stellen?
Altn. eiä, gr. lo&fAog.
Altn. eid neutr. bezeichnet isthmus, landenge zwischen
zwei seen; auch Versenkung, wo man von dem einen thale zum
anderen leicht hinübergehen kann. Das wort setzt wahrschein-
lich eine grundform ai-ta-m voraus und ist wol jedenfalls von
der Wurzel i, gehen, gebildet, wozu u. a. got. iddja ging, eid
entspringt also derselben wurzel mit dem synonymen gr. lad^ftog.
Altnord, födr, epirot. Jeindtvqog.
Neben fadir, gen. födur, accus, födur, vater, kommt im
altnordischen födr, gen. födrs, accus, födr vor. Die letztere
form findet sich nur in der ältesten spräche als zweites glied
mehrerer zusammengesetzten namen Odins: alfödr (aUfödrJ,
herjafödr, sigfödr, valfödr. Bei einigen dieser namen wechseln
formen auf -födr mit denjenigen aui -fadir: sigfadir kommt neben
sigfödr, gen. alfödur neben dem nom. alfödr vor. fadir setzt eine
urgermanische Stammform fadar, födr dagegen fad(u)ra voraus.
Das Griechische zeigt eine ganz analoge erscheinung. Ne-
ben dem stamme Ttateq kommt in namen ein stamm rtaxQO
mit paragogischem o vor: lAvxircaxQogy 2(6n:avQog. Noch nä-
102 Sophua Bugge
her liegt der von Curtius erklärte gottesname Jeucdzvgo-g d^sdg
Traget 2Tv/Li(paioig (Hesych.). /JeiJcäzvQog {JiTtÜTvqog) verhält
sich zu JuppUer, wie altn. Sigföär zu Sigfaäir.
Norweg. dial. gana, lit. geneti.
Norweg. dial. gana, ganne, den bäum kappen, auch: das
laub am bäume abhauen, setzt eine altnorweg. form gana, prät.
ganaäa voraus und ist von der wurzel ghan, schlagen, gebil-
det; vgl. namentlich lit. genü, geneti, die äste am bäume be-
hauen, den bäum kappen. Siehe Fick wörterb. 2, 546.
(\
Y't } Älln. gjöta vgl. Ix^vg.
Es ist erwiesen , dass ix^vg , lit. zuvls , altpreuss. suckans
accus, pl. d. i. zu-ka-ns, armen, tzükn für „fisch" eine grund-
form ghu voraussetzen. Pott und Fick vermuthen, dass das
wort von der wurzel x«> gähnen, abgeleitet sei; allein „der
gähner" würde für den fisch eine wenig charakteristische be-
. Zeichnung sein, ghu, Ix^vg, fisch, scheint mir die wurzelVy/iw,
!xy.j^ fflessen , zu enthalten. Dem griech. xko entspricht ^ai"
durch ^, vorgerman. cl weitergebildete got. giutan, giessen, altn,
gjota. Dies wird im isländischen in der bedeutung „gebähren"
„junge werfen" von mehreren thieren angewendet, vgl. lat.
fundere. Norwegisch gilt gjota nur von den fischen: laichen;
diese anwendung, welche auch isländisch ist, kommt schon in
der alten litteratur vor: gjöta hrognum sinum ; davon ^o^ neutr.
die laiche (abstract), auch (concret) der laich, der im isländ.
gota f. genannt wird. Ich vermuthe, dass diese spezielle an-
wendung der wurzel schon in uralter zeit beiwohnte, und dass
der fisch danach benannt ist. Lit. zuvls eig. „die giesserin"
wird das ursprüngliche geschlecht bewahrt haben.
Altn. hd, lit. kanka.
Altn. ha, präs. hdr oder hdir , bezeichnet plagen, quälen,
z. b. von den leiden des hungers. Das wort kann gotisch häh-
an hähaida, für hanhan, gelautet haben. Ich vergleiche lit.
kanka f. quäl, leiden, kankinti quälen, die Fick zu ■Kaxog^ aro-
^axctKtj stellt.
Norweg. dial. hatra, lit. kdndu, skr, khäd.
Unter denjenigen Worten, welche bisher nur in den slavo-
Etymologische beitrage. 103
lettischen oder slawobaltischen und arischen sprachen nachge-
wiesen sind, nennt J. Schmidt (verwandt, d. indog. spr. 47) lit.
kändu, kq'sti beissen, kslaw. kffsu statt kqdsu bissen, ktisati
beissen, skr. khäd , khädati kauen, zerbeissen, essen, fressen.
Der stamm zeigt sich auch im germanischen : norweg. dial. hat-
ra jucken, die haut reizen, stechen; hatr n. jucken, stechen;
auch stechende insecte, namentlich mucken und fliegen. Ganz
ebenso wird der wortstamm im Baltischen angewendet: lit.
fcändu wird vom stich der biene und anderer insecte gesagt;
lett. heisst es bites, ohdes ko'hfch die bienen, mucken stechen;
kohda oder kohds bedeutet motte, schabe, made (Ulmann).
Weitere vergleichungen bei Fick wörterb. 1, 237.
Norweg. dial. Jiempa, gr. ^.ofxßog.
Norweg. dial. he^npa fem. bedeutet angesetztes band oder
schleife, etwas damit zu knüpfen oder aufzuhängen; auch ha-
ken, klammer. Die grundform scheint liampjü. Es gehört zu
dem synonymen gr. y.6(.ißog, lit. himhu, kihti , sich anhängen,
stecken bleiben, haften, vgl. Fick in Bezzenbergers beitr. II, 187.
Ahd. haspa , nhd. haspe , thürband, mittels dessen die thür in
die angeln gehängt wird, garnwinde, ist für hapsa, von dersel-
ben Wurzel hap, vorgerman. kab, hangen, vgl. lit. kabeti han-
gen, kabinti hängen, kabe haken. Endlich gehört hieher das
mit dem lit. kibti synonyme nhd. hapern.
Norweg. dial. herr, kslaw. srüchükü.
Norweg. dial. herr masc. stärke, elasticität, muskelkraft;
herren, steif, hart können vom alten Jiardr nicht abgeleitet
werden. Dasselbe scheint von harren, hart, ungestüm, rauh,
zu gelten. Diese Wörter setzen eine vorgermanische wurzelform
kars voraus; vgl. kslaw. srüchükü asper, strachü horror Fick
wörterb. 2, 696. Hierzu auch altn. herstr asper, herstask ex-
asperari; deutsch harren; harsch, vgl. Grimm-Heyne Deutsch.
Wörterb. IV, 2, S. 498.
Altn. hcell, lit. kü'las.
Altn. hcell masc, gen. hcels, nora. plur. hcelar, zugespitzter
pfähl , pflock ; besonders ein pfähl , woran man etwas bindet,
auch ein pflock am handgriffe der sense scheint aus einer
german. urform helja-z entstanden und zu lit. külas pfähl, kir-
104 Sophus Bugge
chenslaw. kolu pfähl, pflock, skr. kila masc. zugespitztes holz,
pfähl, pflock, keil, handgriff zu gehören. Vgl. Fick wörterb.
2, 535.
Norweg. dial. karra, lat. garrio.
Zu der wurzelform gars in lat. garrio, kslaw. ""^i«^^^???)^ so-
nitus, cachinnus, lit. g^tt^sas ton, sttmfl^e, schall (Fick wörterb.
1, 565) gehört norweg. dial. "kem^a, prät. karra (ursprüngl. kar-
raäa), gackern, von mehreren vögeln, besonders von den Schnee-
hühnern.
Altn. m?^WK^ lat. lon^fmius.
Der gotische stamm •(i|^,(nomliLm*i;6;^entspricht bekannt-
lich dem lat. aevo {nom.aevum, s^m^Ta^pf^s^. Mit dem lat.
longaevu-s ist das altn. IctHgm'-r , der . lange lebt oder dauert,
völlig identisch, langcer setzt eine germanische ,^rundform langa-
aivaz voraus. Davon ist TWngt^ct f. laftgß_^ däu^r, grundform
langaaivißä, abgeleitet. Es verBält sich zum lat. longaevitas,
stamm longaevitati , wie got. jmida, lat. juventa zu juventas.
Altn. lewtr, lit. leps^ä, Xajttmo.
In der altnorwegischei^ dichtersprache beamtet lei^tr neutr.,
auch fem. (pl. leiptrar), blitz. In der Snorra Edda. wirdTfe^r
als poetische bezeichnung der sonne und des himmels genannt ;
auch finden wir es unter den poetischen ausdrücken für schwert.
Die aufzählung der flüsse Grimnismal 28 endet mit Gjöll ok
Leiptr (d. h. die strahlende) „diese strömen den menschen nahe
und fallen zur Hei hinab". VonT^^pir ist das verbum ZelWa,
prät. le?p??!»Äi^bgeleitet ; dies bedeutet strahlen , blinken und
wird in der prosasprache z. b. von sternen und äugen ange-
wandt.
Nach fester analogie wechselt die Schreibung leiptr mit
leiftr und leifstr; die form leiftr ist die ursprünglichste, leif-
tr ist durch dasselbe suffix wie die neutra föär, got. fo-dr (ur-
spr. pä-tra-m), fös-tr, sldtr statt slali-tr u. s. w.., wie die femi-
nina got. hlei-^ra, deutsch klaf-ter u. s. w. gebildet. Die Wur-
zelsilbe leif in leiftr entspricht genau dem lit. /Ij^in 7?^)^^>v
flamme. Dies ist mit altpreuss. 7?)p*S<^^™^^» ^^^^- ^^^^«; kien-
fackel und gr. Xäi-iTto) derselben wurzel entsprungen. Ueber
das verhältniss der vokale s. namentlich J. Schmidt indogerm.
Etymologische beitrage. 105
vocal. I, 75. Das suffix des altn. leiptr ist mit demjenigen des
gr. XafXTtriqQ nahe verwandt. Auch der stamm Xajxn wird (so
im roman. lampo) speziell auf den blitz angewandt.
Altn. liri, gr. Xäqoq.
lägog, der name eines gefrässigen seevogels, findet sich,
wie ich vermuthe, im norden wieder. Ein seevogel heisst altn.
liri masc. , norweg. dial. lira fem. (wird puffinus Anglorum
oder larus übersetzt), dän. lire (sterna nigra). Im altn. ist ein
kurzes i vor r öfter verlängert: sviri, nacken, = ags. siceora;
firar, männer, von den Isländern ftrar ausgesprochen. So wird
liri vielleicht einen stamm Uran voraussetzen. War die urgerma-
nische Stammform lerihan? vgl. altn. firar = altsächs. firihös.
Altn. nopä^umhr. nß-U^f^
Nicht nur bei mehreren jafetisclSen Völkern, sondern auch
bei den Semiten und anderen wird die südliche himmelsgegend
als die rechte seite, die nördliche als die linke seite bezeich-
net, indem die verschiedenen himmelsgegenden nach derjenigen
Stellung benannt wurden, welche sie zu dem gegen die aufge-
hende sonne in frommer anbetung gewendeten menschen ein-
nahmen. Siehe Pictet Aryas primitifs II, 494 f.
Kern hat nachgewiesen, dass ableitungen von der wurzel
tehs = sskr. daksh bei den Germanen nicht nur „rechts", son-
dern auch „süd" bezeichneten. Ich suche eine andere spur
dieser anschauung in der germanischen bezeichnung des nor-
dens nachzuweisen. Altn. wö»^. norden ist dem umbr. ne)*tr4k^
link (Aufrecht u. Kirchhoff II, 219) gleichzusetzen. Dies umbr.
w^r^o. .haben die genannten forscher gewiss richtig mit griech.
v€Qt€Qog der untere identificiert ; denn bei den Umbrern hiess,
was rechter band lag, oben, was linker, unten; siehe umbr.
sprachdenkm. II, 102. Hiedurch wird meine ziieammenstellung
mit altn. norär gestützt, denn „norden" wurde bei unseren vor-
fahren als die untere gegend gedacht: niär ok norär liggr Hel-
vegr Snorra Edda ed. AM. I, 178.
Altn. nyra, gr. v€q)Q6g.
Fest. p. 162 Müll.: Pro nefrendibus alii nefrundines intel-
ligunt, quos usus recens- dicit vel renes vel testiculos, quos La-
nuvini appellant nebrundines, Graeci vstpQOvSf Praenestini ne-
106 Sophus Bugge
frones. Hierait hat man längst ahd. nioro niere verbunden.
Dies scheint jedoch nur verwandt, nicht identisch, denn altn.
nyra setzt wol eine grundfonn neuzö, nicht wewrö voraus. So-
wol das griechische als das italische wort verbindet die bedeu-
tungen „nieren" und „hoden". Es verdient aufmerksamkeit,
dass die bedeutung „hoden" auch dem germanischen worte
nicht fremd ist. In einem alterthümlichen dialecte Norwegens
(Söndmöre) bedeutet nyre hode, während die nieren als ryggja-
nyre, niere des rückens, bezeichnet werden. In dem alten got-
ländischen gesetze findet sich vig-niauri in der bedeutung „te-
sticulus". Ebenso bedeutet kirchenslaw. istesa (vgl. altn. eista)
sowohl testiculi als renes.
Altn. orff mhd. tvorp, lit. vlrbas.
Mhd. worj), deutsch, dial. worb, altn. orf neutr. bezeichnet
sensenstiel. Schmeller und Schwenck verbinden das wort mit
got. hvairban, Diefenbach goth. wtb. I, 201 mit vairpan. Beide
deutungen sind lautlich unmöglich. Die germanische grundform
ist vorba. Das wort bezeichnet eigentlich einen hölzernen stab
überhaupt, was aus den an Wendungen des wertes in verschie-
denen schwedischen dialecten erhellt. Rietz erklärt orv „1) lie-
skaft; 2) ox-ok; 3; bage uti en hästsele; 4) träet pä en räfsa,
hvari pinnarne sitta fästade; 5) träställning pä en lie att den
afmejade säden mä falla jämnt". ivorp, orf ist mit lit. vlrbas
m. reis, ruthe, zweig, bes. von birken, kslaw.vrüba f. die weide
identisch. Die gemeinsame grundform ist vrbha. In betreff
des vocales der Wurzelsilbe verhält sich altn. orf zum lit. vlr-
bas wie altn. ormr zum lit. klrmis, deutsch icolf zu lit. vllkas.
Die anwendung des schwed. orv ist mit derjenigen des lit. von
virbas abgeleiteten virbalas nahe verwandt: ein hölzerner stab
im allg., daher leitersprosse, hölzerner nagel, hölzerne Strickna-
del, der Sensenpflock u. s. w.
Altn. siär, lat. \§etius.
Weihrich (Philologus XXX, 425 CJ liat eine lat. form
sectius überzeugend als falsch nachgewiesen. Auch die Schrei-
bung secim ist nicht bewährt. "Wir müssen also von der form
setius ausgehen. Die etymologische erklärung Weihrichs kann
nicht die richtige sein, denn wenn das comparativsuffix an sed
getreten wäre, würde sedius entstanden sein (J. Schmidt in
Kuhns zeitschr. XIX, 385).
Etymologische beitrage. 107
Ich identificire setius mit dem im gebrauche merkwürdig
übereinstimmenden altn. siär. Wie setius mit minus, so ist
siär mit mimir synonym, eigi siär, ekki siär mit en ist =
non setius, nihilo setius mit quam d. i. ebenso; z. b. Flateyjar-
bök II, 38: eru vir ekki siär öäalbornir til konungdöms en
kann. Das lat. nihilo \setiusj^ neque eo setius nichts desto we-
niger heisst altn. eigi at siär, eigi ßvi siär, wo at und ßvi der
bedeutung nach dem lat. eo entsprechen, siär wird auch als
conjunction in der bedeutung von quo setius „dass nicht" an-
gewandt. Endlich kann siär wie setius mit einer negation ali-
ter bezeichnen : eigi siär er ßat nichts anders verhält es sich.
Dagegen ist die absolute bedeutung des lat. setius dem altn.
Worte fremd.
Das formelle verhältniss macht keine Schwierigkeit. siär,
neben dem ein superlativum sizt besteht, setzt eine germani-
sche grundform sißiz voraus, die mit dem lat. setius aus einer
Urform sätjas entstanden ist. Vgl. z. b. lat. reg = got. reik
= skr. rag'. Verwandt ist altn. siä adv. , got. seißu spät, lat.
se-ru-s. Die wurzel ist skr. sä, präs. sjati zu ende führen,
abschlieszen. Siehe meine bemerkungen über serus in Curtius
Studien IV. bd., 2. heft, s. 352.
Das obige hatte ich längst zusammengestellt, als ich bei
Fick vergl. wtb.^ 852 unter german. adj. sithu spät die bemer-
kung „vgl. lat. setius" las. Daneben vergleicht er das unbe-
währte secius mit fjaatov.
Altn. skarpr, skorpinn, russ. skorhnyti.
Altn. skarpr bedeutet zuweilen scharf, häufiger jedoch
trocken und seiner trockenheit wegen hart, rauh, schrumpfig,
auch eingeschrumpft; unfruchtbar, vom lande; skorpinn, ein-
getrocknet, eingeschrumpft ; skorpna, eintrocknen, einschrumpfen;
skorpa, crusta. skorpinn ist eigentlich prät. pcp. eines starken
verbums (skerp>an) — skarp — skorpana. Diese Wörter gehören
zu russ. skorhnyti siccari, skorbeti contrahi, lit. skrebju skrebti
trocken werden, skrehinti trocken machen, die Fick 2, 680 mit
v.dQcp(x) vergleicht. Eine nasalirte nebenform liegt vor in mit-
teldeutsch schrimpen, schrampt , nhd. schrmnpfen, norweg. dial.
skreppa skrapp skroppen, eintrocknen, einschrumpfen, dän.
skrumpen eingeschrumpft, wie im griech. KQdf.tßog, trocken, mit
ytdQ(ftü, dörre, lasse einschrumpfen, verwandt ist.
108 Sophus Bugge
Norweg. dial. sladen, kslaw. sludinu.
Fick wtb. 2, 504 hat eine den germanischen und slawo-
baltischen sprachen gemeinsame wurzel slidh gleiten nachgewie-
sen; vgl. J. Schmidt vocal. T, 58. Auf eine nebenform sladh
deuten die von Fick angeführten wörter altn. slöä f. spurweg,
sloäi m. was hinten nachgeschleppt wird, sloeda über die erde
hin schleppen, welche Wörter in betreff der bedeutung dem
kslaw. sledü m. spur, fährte, nahe treten. Von slod ist läpp.
liiod spur entlehnt. Die wurzelform sladh kommt noch in fol-
genden germanischen Wörtern vor: norweg. dial. slade m. {sla'e
ausgesprochen) ein sanft geneigtes, fast flaches feld ; in anderen
diall. slane (statt sladne), dän. dial. slade, engl, slade, angel-
sächs. slced (Alfreds Orosius). Norweg. sladen, auch slad und
slanen adj. sanft geneigt; gotländ. sladar , fem. slad, u. m.
Norweg. sladen schliesst sich dem ksl. sludinu abhängig statt
slqdmit (vgl. sludy f. abhang) nahe an.
Engl, spink, OTtlyyog.
Fick wörterb.2 1079; ^l^ 831 vergleicht mit arciUo statt
OTtiyyjw piepen, ajtl^a statt OTtiyyja kleiner piepender vogel
überhaupt, GJtlyyog dass. Hesych. das deutsche fink, (anders ^1,
675). Auch die vollständigere form mit anlautendem sp ist im
germanischen bewahrt: engl, spink fink, was völlig dem gr.
OTtlyyog entspricht; norweg. dial. spikkje masc. kleiner piepen-
der vogel überhaupt, besonders sperling; schon Snorra Edda
II. 489 unter vogelnamen sjnki; schwed. dial. spink, spinke,
spikke m., dän. dial. spinke.
spink verhält sich zu ß^ik wie altn. skakkr hinkend, alt-
dän. skank zu hinken, altn. stjörr, got. sfiur zu ßjörr; s. meh-
rere solche nebenformen bei Kuhn Ueber das alte S im vierten
bände seiner Zeitschrift.
Neben engl, spink erscheint dialekt. pink; bair. pienk. For-
men ohne s auch in den britannischen und romanischen sprachen
wie im estn. , böhm., ungr. , s. Deutsch, wtb. III. 1663, Diez
rem. wtb. pincione.
Altn. sveigr, at/tiog.
Man hat schon öfter aly^, aiyaco , aiyrjXng mit altsächs.
swigon, ags. swigian, ahd. swtken schweigen, ags. swige f. si-
Etymologische beitrage. 109
lentium, ahd. su-iJcalt f. silentium zusammengestellt. Wie das
unregelmaszige lautverhältniss erklärt werden soll, ist unsicher:
ist aiyi] aus aix^ durch hauchentziehung entstanden ? oder ist eine
unregelmaszige änderung des gutturales im german. eingetreten?
oder sind endlich, wofür ags. sivicmi cedere, cessare, u. s. w. spre-
chen könnte, zwei wurzelforraen svig gr. ay, german. svikj und
svkjh, german. svig, anzunehmen ? Jedenfalls ist einleuchtend, dass
aiyaiü und schweigen zusammengehören und dasz wir für das
griechische und das germanische wort dieselbe bedeutungsent-
wickelung annehmen müssen. Das germanische zeigt, wie schon
Grimm deutsche gram. II, 7 erkannt hat, die ursprüngliche be-
deutung, denn verwandt sind offenbar ahd. siveigian compescere,
gasweigan premere, mitigare (Graff 8, 860 f.). Ags. swige, gr.
ötyi] bedeuten demnach ursprünglich: compressio (vocis). Die
ursprüngliche, sinnliche bedeutung der wurzel finde ich im
griech. al[x6s bewahrt. Dies erkläre ich aus aty/uog, afiy/iiög.
Vgl. q)ii.i6g wahrscheinlich statt ocpiyfiög von aipiyyco (anders
Fick 1079), OTtlvog statt OTriyvog zu a/ti^w statt aTViyjco,
GTtiyyjo), yivofxm statt yiyvojuai, siehe Brugman in Curtius Stu-
dien IV, 104. Die bedeutung des griech. aifiiog „eingedrückt"
stimmt trefflich überein mit der des nord. sveigr, eingebogenheit,
z. b. im dän. svajrygged, schwed. dial. svegryggad, mit eingedrücktem
rücken. Altn. sveigja bedeutet wie gr. ai/noto etwas so krüm-
men, dass es in der mitte eingebogen wird. Schwedische dialecte
haben das starke stammverbum sviga , sveg, svigi (in urgerma-
nischer form svigan, svaig, svigana) bewahrt; es bedeutet sich
biegen, nachgeben (wie dasjenige, welches hart gedrückt wird).
Eine nebenwurzel mit dem a-vokale finden wir in schwingen,
altn. svangr eingefallen, schmal', schmächtig, schwed. dial.
svhige, dän. svang einbug unter dem fusze. Und wie ysvik,
ags. swican neben ysirig, sungian, so besteht ysvank, ags. swan-
cor schmächtig, schlank neben y svang, altn. svangr. Aus dem
westlichen Norwegen wird mir ein mit altn. svigna synonymes
svagna mitgetheilt.
Altn. sviri, mhd. swir, lat. surus, sura, gr. aavQog, skr. svaru.
Roth hat in Kuhns zeitschr. XIX, 219 das skr. svaru masc.
behandelt; es bedeutet „spelter, pfähl, starker span", „solche
svaru werden als pfähle in den boden gesteckt". Dazu hat
Roth gewiss i-ichtig germanische Wörter gestellt: mhd. swir
110 Sophus Bugge
pfähl, alt. nhd. schwir pfähl, besonders zum anbinden der
schiffe, schwiren festuca, palus, ags. swer, sweor, sivyr columna;
davon ahd. suiron firmare, in übertragener bedeutung gericht-
lich bekräftigen. Holtzmann (altdeutsche gr. s. 188) vermu-
thet, dass stveor aus swirh entstanden sei; vielleicht war die
germanische grundform sveriha-z. Eigenthümlich hat sich die
bedeutung im ags. sweora nacken, altn. sviri nacken, hals,
schwed. dial. svire entwickelt; der hals wird als ein pfähl oder
eine säule, die den köpf trägt, aufgefaszt.
Roth vergleicht weiter skr. svaru mit dem lat. veru. Dies
kann ich nicht biUigen: erstens weil ein anlautendes s vor v,
wie Roth selbst bemerkt, im Latein nicht wegfällt; zweitens
weil veru deutlich dem gleichbedeutenden com. ber, cymr. ber-
eu entspricht (Beiträge II, 156), anlautendes b im cymrischen
repräsentirt aber nie ursprüngliches sv.
Aus dem lateinischen stelle ich zum skr. svaru das alte sü-
ru-s, wovon surculu-s zweiglein, schössling, splitter (statt süro-
culus) das deminutivum ist. Crebrisuro apud Ennium significat
Valium crebris suris, id est palis, munitum Paul. p. 59. suri
sunt fustes et hypocoristicos surculi Fest. 286 ; dazu ein citat aus
Ennius. Dasselbe citat und eine ähnliche erklärung bei Fest.
p. 297 sq.
süru-s scheint aus einer grundform svära-s wie die endung
-türu-s aus tära-s entstanden zu sein.
Mit Süru-s ist, wie schon Jul. Scaliger vermuthete, sura
wade, Schienbein, der kleinere schenkelknochen, verwandt. Für
die bedeutungsentwickelung vergleiche man norweg. dial. legg-
spik der vordere theil des Schienbeines, das mit spik span,
Splitter zusammengesetzt ist.
Auch die von Roth vermuthete Verwandtschaft des skr.
svaru mit dem gr. oßelög scheint mir namentlich der dialect-
form oöeXos wegen lautlich unmöglich. Jedoch scheint die hier
besprochene Wortsippe im griech. nicht zu fehlen. Clemm hat
in Curtius Studien III, 298 ff. das gr. oavQtoTrJQ sorgfältig be-
handelt. Die von ihm gegebene etymologische erklärung scheint
mir jedoch unsicher, denn wenn auch accvQog eidechse von
Clemm ansprechend als „die bewegliche" gedeutet ist, wird da-
durch die einstige existenz eines subst. aavQog mit der bedeutung
„schwänz" nicht bewiesen. Und wenn ein aavgog „schwänz"
existirt hätte, müsste man die ursprüngliche bedeutung „die
Etymologische beitrage. 111
bewegliche" völlig vergessen haben, ehe man das wort vom
ende des speerschaftes angewandt hätte.
Ich wage eine andere erklär ung. aavQcoTi^Q ist „das ende
des speerschaftes, eine art von eisernem beschlag, welcher dazu
diente, die lanze in der erde zu befestigen oder auch im noth-
fall damit zu kämpfen". Dass der stamm oavgo mit derselben
bedeutung vorkam, läszt sich aus zwei von Clemm angeführten
glossen bei Hesychius folgern: aavQoßgi^sg eyxog' m tov aav-
QiüzrJQog ßagv. v.al ^l'axvXog OTtiad^oßagsg eyxog. aavQO)zdig
öoqaOL Tolg aavQtorrJQag sxovai TiaTa tijg STriöogaziöog.
aavqo erkläre ich am liebsten nach bekannten lautregeln
aus afaqfo; dies verhält sich zum skr. svaru, wie TtoXXog statt
TCoXfog zu Ttolvg.
Von oavQO wurde ein verbum aavQoco befestige (vgl. ahd.
suiron firmare) abgeleitet und davon wieder aavQcoTi^Qf wodurch
man die lanze in der erde befestigte ; so wurden die ind. svaru
in den boden gesteckt. Die stamme der hier behandelten no-
mina in den verschiedenen jafetischen sprachen sind also nicht
identisch, sondern durch verschiedene (zum theil nicht sichere)
Suffixe von derselben wurzel ^var gebildet.
Altn. ßefja, skr. tap.
Skr. tap peinigen bedeutet mit sam einklemmen, drücken,
bedrängen, mit vi auseinanderdrängen. Die bedeutung drücken,
drängen kehrt, wie Fick erkannt hat, bei entsprechenden Wör-
tern der germanischen sprachen, namentlich des nordischen,
wieder : altn. ßöf n. gedränge , ßoefa drängen , walken , ßofi m.
filz. Siehe Fick wörterb. 1, 89. Hieher gehört noch ßefja,
ßafcta, pafiär oder pafär premere, subigere, densare; ßefja
graut Eyrbyggja saga s. 70, üri pafiär Snorra Edda ed. AM.
I, 244 , aqua pressus , qui in mari diu jacuerat. ßef , grund-
form tajMJä, verhält sich zwpoeß, grundform täpajä, ungefähr
wie altn. svef beschwichtige, grundform svapajä, zu svcefi ein-
schläfere, beschwichtige, tödte.
Das lit. veraltete tiibas m. (Kurschat) oder tubä f. (Nes-
selm.) filz, altpreuss. tubo fem. ist, wie Fick ebenfalls gesehen
hat, aus dem nordischen entlehnt. Vielleicht wurde es in so
alter zeit aufgenommen, dass das nordische wort noch ßöba
lautete. Dies ist auch in die finnischen sprachen übergegan-
gen: finn. huopa, veps. hüb, siehe Thomsen.
112 Sophus Bugge /
■ \ /
Altn. ßrepj osk. triihom.
Folgende Wörter sind schon öfter zusammengestellt: osk.
triihom ekak_=z rfo>»n^m hanCy trib-arltkqvum = aedificare (wozu
auch mehrere umbr. Wörter), ir. a-trab Wohnung, lit. tröba ge-
bäude. Verwandt scheint mir altn. ßrej) neutr. erhöhtes fun-
dament, worauf etwas gebaut ist; was auf einem erhöhten fun-
damente aufgeführt ist. Osk.' triibomj lit. troba u. s. w. stehen
gewiss mit! trabs , jtrabes in Verbindung, was man mit TQUirrj^,
fQCLtpri^ zusammenstellt. Mit altn. ^re^Jst ßref synonym. Im
norden wie im süden findet also hier schwanken der labiale
statt.
Mit osk, frUbom u. s. w. hat dagegen das oft damit ver-1
glichene got. ^awi^wol nichts zu thun. Dass die grundbedeu-i
tung dieses wortes ganz verschieden, ist, wird aus den folgenden ;
Zusammenstellungen erhellen: altn. Ipyrp&^j norweg. dial. 7^^s^
j)»«i, sich massenhaft zusammendrängen; däss altn. ^Q;^ einen
häufen menschen bedeuten konnte, darf man nach den worten
der Snorra Edda Porp er ef prir ero vermuthen. Norweg. dial.
iÖK^, fiänfe, -z. b. lyon kühen. In der Schweiz kann ^ c?pr/". Zu-
sammenkunft, besuch bezeichnen. Dass; ^orp schon in mehre-
ren altgermanischen sprachen \turba, congregatio bezeichnete,
wird durch romanische Wörter erwiesen:
Span, portug. tropa, fr. troupe, häufe menschen, prov. trop
herde, span. port. prov. frojMl, fr. troupeau herde, ital. troppo,
adv. prov. fr. tt^p, nitoin^ B;^is. Diese sind sämmtlich , wie
Joh. Storm gesehen hat, aus de^ german. ßorp entlehnt. Cur-
tius grundzüge^ 226 hat die ursprüngliche bedeutung des ger-
man. ßorp erkannt und das wort gewiss richtig mit turba,
TVQßtj zusammengestellt.
Altn. varta, ags. wearr, wearte, gr. OQog, o^Qog.
Böhtlingk-Roth wörterb. und Fick vergl. wtb. haben eine
Wurzel vars erheben in folgenden Wörtern nachgewiesen: skr.
varshmän m. höhe, das oberste, vdrshman n. dasselbe, das
äusserste, spitze, varshijäs der höhere, obere, längere, grössere,
superl. varshishfha, varshu lang?, lit. virszus m. spitze, ober-
flache, \is\.\ yrtchü m. gipfel, höhe, lat. Verruca statt versiica
steile höhe, warze, gr. qlov bergspitze, vorgebirg, statt fqiaov,
fiQaov. Die wurzel ist auch im germanischen repräsentirt, vgl.
Diefenbach goth. wtb. I, 203 : Ags. wem-r callus, nodus, wearr-
Etymologische beitrage. 113
ig und ivearriht callosus, nodosus. wearr setzt eine germani-
sche grundform varza-z oder warzu-z voraus. Nahe verwandt ist
altn. varta, ags. wearte, ahd. ivarza. Dies verhält sich zu ivearr
wie sterz, ags. steort cauda, ahd. üf sfarzen erigere zu starren,
herzen turgere, ahd. jmrzen zu p^rren rigere, vgl. Grimm dtsch.
wtb. 2, 556. vars erheben ist, wie Fick bemerkt, aus einer
einfacheren wurzelform var erheben erweitert. Diese wurzel var
erkenne ich in gr. ogog, ion. ovQog berg, das nach griechischen
lautregeln sich mit skr. (/iri kaum zusammenstellen lässt.
Die Wurzel var ist mit^^^trfeß^eb'&n (siehe über diese Fick^
1021 f.), OQvv^u, orior u. s. w. parallel. Man vergleiche na-
mentlich var-dh trans. erhöhen, gedeihen machen, intrans. wach-
sen, gedeihen mit ar-dh gedeihen, fördern; vardhva, skr. ürdh-
va, oQd-og mit ardhva, \'ä.t.^ßi:d0s, A\tn^ir(^f..^T^s. w. Eine
mit vars parallele würzelform ars erheben finde ich in dem
europ. hrsa arsch, bürzel, gi\.,Ji^<^.jalfc5- aisyrass^ ahd. mhd.
jtr§^ Dieselbe grundbedeutung haben /i//rse/ von hurzen pro-
ml^re, tifrgere, sterz vgl. stürzen erigere. Wie oQQog, ar^-^nx
Wurzel vars erheben, ebenso verhält sich skr. fshabha stier zu
vrshabha stier, altbaktr. arshan mann zu skr. vrshan mann,
arsh fliessen, herbeiströmen zu varsh regnen. Schon Grimm
(deutsch, wtb. u. ar^) hat oqögs zu oQvv^^sJellt.
Norweg. dial. vei, gr. olava.
Fick wörterb.^ I, 783 führt gr. olava, dotterweide, auf
eine grundform vaituä zurück. In einer norweg. raundart be-
zeichnet vei f., plur. veia weide, auch wicke. Die altnorw.
form muss vekt, plur. veiäar gewesen sein, und diese kann aus
einer urform vaituä regelmässig entstanden sein.
Altn. veig, lit. vekä.
Im neuisländ.| bedeutet ?Je?^r m. yigor, valor, eingimi veigr
er i ])v{ es taugt zu nichts; daneben hat Björn Haldorsen
veigalans tenuis, imbecillis, vilis. In der alten litteratur kommt
zuweilen veig als nomen fem. gen. mit der bedeutung vigor,
valor vor, z. b. : spyrr Oddr födur sinn, hvar hami visi lionum
til nökJmrs vikings, ßess er nökkur veig sS i: Orvar-Odds saga
Fornald. sog. II, 522. Dies v^if^i., vhgic^m. ist mit lit. vekä
f., kirchenslaw.''"M«^m. kraftj^ starke jöllig identisch. Ueber
diese wörter sieh "l^ic^^'örterb. 2, 667. Dass k hier zu g
Ueiträge z. Kuuded. ig. Sprachen. III. g
114 Sophus Bugge
verschoben ist, stimmt mit Verners regel überein, denn das
lit. wort ist oxytonirt.
Altschwed. wa^, got. vrißiis, lit. wora, altbaktr. ürä^ skr. vrä,
vräta, vära.
In der Vedasprache heisst vrä8 niasc. (oder fem.) pl. häufe,
schaar; altbaktr. nach Justi üra f. schaar (nur acc. pl. nräo
kommt vor). Nur im späteren skr. kommt vära m. menge vor.
Dem altbaktr. üra entspricht wohl unzweifelhaft lit. worä f.
eine lange reihe von gegenständen hintereinander, z. b. eine
reihe hintereinander fahrender wagen oder Schlitten, eine reihe
gänse, die hintereinander hergehen u. s. w. (Ness.). Die grund-
form ist värä. Nach der form (mit r) und der bedeutung des
lit. Wortes dürfen wir die wurzel var in dieser ableitung weder
mit Fick vgl. wtb. 1, 211 als sammeln, wählen noch mit Justi als
wälzen, rollen verstehen. Das wort ist vielmehr von der Wur-
zel var in der bedeutung „schliessen" abzuleiten, vgl. für die
bedeutungsentwickelung lett. iveJirt reihen, wirknetees kohpä sich
zusammenthun, zusammenrottiren, tvirksne ein grosser häufe ^).
Mit vräs verwandt ist skr. vrdta m. schaar, häufen, trupp, ab-
theilung (von kriegern u. s. w.), gilde, genossen schaft, in der
späteren spräche auch schwärm (von bienen), menge überhaupt
von unbelebtem. Dies wort hilft uns vielleicht ein germani-
sches wort zu erklären. Got. vri^u-s fem. (Luc. 8 33: so vrißiis
Uppstr. nicht, wie bei Bernhardt, sa vripus) ist schwein-
hecrde. vripii-s ist, wie Holtzmann altdeutsche gr. 7 richtig
gesehen hat, statt vreßu-s, wie kvhni st. kvemi, inu st. e.nu u.
m. Dies wird durch die formen der anderen germanischen
sprachen bewiesen: ags. vrce'ä, dän. vraad 12 stück Schweine,
altschwed, vraß, westfries. torothe (Diefenbach goth. wtb. I, 437).
Die germanische grundform ist folglich vreßu-z , und das wort
darf hiernach nicht mit Schwenk und Fick vom ags, vr'utan
drehen , winden , binden abgeleitet werden, vrißus müsste im
altnorw. rdä, roCt lauten ; dies ist in der ableitung r<kti m. por-
cus Snorra Edda ed. AM. II, 216 bewahrt. Von rddi ist wie-
der rceäa subans SnE. ibid. gebildet; damit vergleiche man
^) Das Petersburger Wörterbuch erklärt vra al.s begleitender oder
sich zusammenBchlieBsender häufe. Das letztere scheint mir richtiger.
Etymologische beitrage. 115
norweg. dial. rwda in der brunst sein, dän. dial. vrad , vrtij
subans, nordfries. wrud, tvruss subans.
Das germanische vreßu-z f. schweinheerde scheint mit dem
skr. vräta nahe verwandt.
Altn. okkr , schwed. dial. inh^ lat. inguen.
Die ursprüngliche bedeutung des lat. inguen hat Joh.
Schmidt (vocalismus I, s. 81) gewiss richtig bestimmt. „Die
grundbedeutung ist „geschwulst" ohne localisierung am körper,
daher es eine geschwulst am knie bezeichnet. . . . Auf eine ge-
schwulst der genitalien wendet es Lucilius an. Hieraus erklärt
sich die weitere begriffsbeschränkung".
Ich vergleiche mit inguen nordische wörter: schwed. im
dialecte von Westergötland ink blutgeschwür der thiere, besonders
der pferde (antiqvarisk tidskrift för Sverige II, 1C8). Identisch
mit dem schwed. ink ist altn. okkr masc. glans, glandula, tuber.
Das davon abgeleitete adject. ekkvinn glandulosus, tuberosus,
nodosus (z. b. von waden, von kuchen) zeigt, dasz der stamm
von ßkkr ein v enthält, ekkvinn kommt in alten gedichten vor;
okkr ist nur im neuisländ. nachgewiesen, was zufällig sein musz.
Altn. okkr stamm ekkva? verhält sich zum schwed. ink, wie
altn. Sßkkva zum altschwed. sinka, altn. stokkva zum altschwed.
stinqva, stinka. okkr ist also wol einer grundform enkva-z ent-
sprungen; e wird im altn., wie der dänische Sprachforscher
Lyngby nachgewiesen hat, durch ein folgendes vm 0 umgelau-
tet. Im gotischen würde olckr igqvs , ekkvinn igqveins lauten.
Lat. inguen, altn. ekkr, schwed. ink setzen eine europäische
Urform engvan (engva?) voi-aus.
Altn. bera ut, lat. efferre.
Die specielle anwendung des lat. efferre, gr. sy.q^EQEiv, einen
todten zum grabe hinaustragen, bestatten, kommt auch dem
altn, hera üt zu.
Dän. hurre, wurzel hhars.
Zu der wurzel hhars, starren, gehört ausser börste, ahd.
jparren, starr emporstehen , auch d^i,x\. hurre, -^\.hirrer, schwed.
und norweg. dial. harre pl. horrar , samenkopf der klette (arc-
tium lappa) , auch die ganze pflanze. In einer norw. mundart
harre figürlich von einem trotzigen kerle. Der germanische
grundstamm ist horzan.
8*
116 Sophus Bugge
Norweg. dial. drogluft, lit. drt/zas.
F'ick wörterb.3 1, 634 stellt lit. dryza-s streifig mit drezoti
streichen zu skr. dhrag streichen, altn. draya. Dies wird durch
norwegische Wörter gestützt , die zu drcuja gehören und die in
betreff der bedeutungsentwickelung mit lit. dryzas analog sind:
droglor f. pl. flecken oder streifen, besonders auf dem wasser;
droijlutt, streifig oder fleckicht. Wir müssen im altnorw. dragla,
pl. dröglur, adj. dröglottr voraussetzen. ^.
Altn. Eir, eira, ags. är, nhd. ehre, skr. ish. 'J''
Dass „ehre" aus einer urgermanischeu form aizä entstan-
den ist, wird durch altn. eir, Schonung, Eir, eira bewiesen,
denn eine grundform airä wäre im altn., wie Holtzmann nach-
gewiesen hat, dr geworden. Die bedeutung des wortes hat
sich am besten im ags. erhalten :|_«r^J^nicht nur ehre, sondern
auch /gratia, favor, miserjcordia^ beneficium, auxilium. Ich ver-
binde es mit skr. ish f. labung, erquickung, kraft, frische, wol-
sein, gedeihen; altbaktr. izha n. f. fülle, speise, segen. Das
angelsächsische wie das arische wort wird vom segen gottes
angewendet. Ags. ärian, altn. eira, schonen, ags. auch gnädig
sein, grundform aizjan, entspricht dem ind. ishajämi, erfri-
schen, stärken, beleben. \K\iji^~clx.a^bQz^i^^Q^ zugleicft.jeman-
dem dienlich sein oder gefallen (z. b. vom essen), was der in-
dischen an Wendung näher liegt. Altn. (j^^ijst^ die götün der
heilkunst ;_ dadurch wird bestätigt, dass l(xo(.iai m\i skr. isha- ■
jümi verwandt ist, wie dies Fick annimmt. Es kommt oft vor,
dass die eine jafetische spräche den diphthong ai zeigt, wo die
andere den kurzen /-vokal hat; so lit. peta-s mittag neben skr.
_.,£i^lLijai£lJ5gj^liliaJkl^^ mittag ; ahd. ]mcd forderung
lieben ^'i^T^cchä wünsch ; B\ihi\kiv Xaeema brennhölz neben skr. ^
yj^hina. Namentlicli hebe ich hervor, "cTass~*"das italischo^maoiu.
gott (wovon vo]Hk^e.<^ar-iij(rQm = kicrumund der samnitische
"stacltnamc \Aeser-nm) neben gr. isQog, lagog steht, denn diese
Wörter sind mit skr. ish, germ. aizä nahe verwandt.
Altn. fit, skr. padjä.
Altn. fit, gen. fitjar, bezeichnet die zwischen den klauen
befindliclie haut von seevögeln und von thieren (wie kühen,
rennthieren u. m.); poetisch auch planta pedis : hm firäa fit
succubuit virorum pes, verda d fitjum, pedibus insistere. Jetzt
Etymologische beitrage. 117
in norwegischen mundarten fi masc. fuss in den pflanzennamen
.gaaseß gänsefuss, kraakeßt krähenfuss und in fjorfit eig. qua-
drupes d. li. eidechse. Der stamm fifjä ist für fetjä. Identisch
damit ist skr. padjä f. pl. fusstritte, altbaktr. paidhja f. fuss;
gr. 7ii'Ca, lit, jjedzia f. stütze. Altn. fit ist zugleich feuchte
wiese an einem ufer, wie TteCa rand, ufer bezeichnen kann. In
einer norwegischen mundart nennt man das ende des gewebes
fit; vgl. Tzita der säum am kleide. Das compositum fjorfit ist
mit lit. leiKjva'pedijs leisefüssig, lat. acupedius, gr. T&ZQCcjteQog
analog. Altn. fet neutr. bedeutet schritt, in norweg. mundarten
auch fussspur. Dies lautet gen. plur. feta, nie fetja^ dat. pl. fe-
tuntj nie fetjiiui; dän. fja'd. Der grundstamm ist also feta,
nicht, wie Fick^ 3, 171 angiebt, fatja. Es stimmt in betreff
des wurzelvokales zu Tttdov, lat. jwda (Fick ^ 1, 136).
Norweg. dial. föijra, lit. j^uriju.
Norweg. dial. föyra f. loch oder spalt in einem bäume;
poren, lockere Substanz; föijrast, locker werden; föyrutt, locker,
porös. Isl. feira (richtig feijra), hiatus, nach Björn Haldorsen.
Vgl. lit. piiriju und purinu, auflockern. Auch gr. TttoQog gehört
vielleicht hieher.
Altn. hciUr (adj.) und hdlfr.
Skr. cri^ crajati entspricht der Wurzel nach bekanntlich
dem gr, yiUvco, lat. incUnare , lit. szleju, deutsch lehnen. Die
grundbedeutung scheint neigen, anlehnen. Eine nebenform zu
gri ist skr. gr^ gar, die in mehreren ableitungen (garana^ gar-
man u. s. w.) hervortritt. Entsprechende wurzelformen kommen
in den verwandten europäischen sprachen vor. Ich nenne hier
nur einzelne wörter, die hieher gehören. Zuerst altn. hallr,
vorwärts geneigt, ags. heald, ahd. hold, germanische grundform
halpa-z, nicht, wie Fick^ 3, 71 angiebt, halda, europäische
grundform Tcdl-ta. Von hli = skr. gri ist altn. hlict seite abge-
leitet; daher stelle ich lit. szaüs seite, gegend, landstrich zu
einer wurzelform szal = skr. gar. Dies erklärt uns das ger-
manische halb. Denn von altn. hdlfr, halb, ist hdlfa pars di-
midia, plaga, regio abgeleitet. Daher sehe ich in got. halbs
eine Weiterbildung von derselben wurzel hol.
Sophus B
118
Altn. 7«^, skr.
Zu skr. gf, gftP, liegen, gr. y.eif.iai "gehört ^wahrscheinlich
altn. ^(f^neutr., auch IW^ lager /^K^^iader wild^^iiere , na-
mentlich der hären, auch der schlänge. Diese combmärtion ist,
wenn ich mich nicht irre, schon vom dänischen Sprachforscher
Lyngby vorgeschlagen. Combination mit skr. kshi ksheti weilen,
wohnen bleibt jedoch möglich, da ^\t\\.\helmr= skr. kshema-s
ist und da altn. heiär vielleicht zu derselben wurzel gehört.
Norweg. dial. hi(/la, skr. gikara.
In einer alterthümlichen raundart Norwegens (^^dmöre)
bedeutet m^^i^^v'i^^^'iü^m^, tröpfeln, wie thau ; «l^^i^iew. fei-
ner regen, higla scheint verschieden von hecjla, das in\iner
anderen norweg. mundart (Hallingdal) „in tropfen fallen' 'tjc-
zeichnet und von hmjl , hagel, abgeleitet ist;, fernere verwandt-
/-ßchaft ist mir jedoch wahrsöl^nlich. higla stelle ich zu skr.
1 f/Ä:ara'Hgsc. (gewöhnlich pl.) fe!^r regen, hera^lft%nende tro-
i pfen, yongfk^ikajatl, tröpfeln, ^^ben (vom feinenTSgeltenen
I regen). Die la!!§e des wurzelvokales v^rd speciell indiscKsein.
%^ Altn. hjdlmr, skr. gar man. \
Altn. hjMmr bedeutet nicht nur „heim", sondern auch eine
mit einem schutzdache versehene einrichtung, die dazu dient
das ungedroschene getreide zu bewahren. So wird das wort
auch im altdänischen und noch in einer norwegischen gegend
angewendet. In anderen norwegischen dialecten bezeichnet es
schirm von dielen; auch dünne haut die etwas umgiebt und
hülse. Hiernach wii'd es klar sein, dass hfäh^, deutsch
%dj^, got. IWms^ gei^anische grundform helma-z wesentlich
identisch ist mit skr. gdrl^an n. schirm, Schutzdach, hut, obhut,
Schutzrüstung. Auch die i^SÄ^lsiichsische fwjjvendung des Wortes
lässt sich hierfür anführen : Ämk-helin^ijedeS^l^ Schirmherr.
Der indische verbalstamm gm'm(^ im präs. pHrt. garmajant
schirmend (Rgveda ) ist identisch mit dem altnorw. nominal-
stamme hilmi für helmija, nomin. hüniir, könig, eig. Schirmherr.
Die europäische grundform von „heim" ist also nicht mit Fick ^
1, 527 mit anlautendem /r, sondern mit ^ nojijh seiner bezeich-
schrciben. Das anlautende s^i^n lit. S2(T«)'>»^. altpreuss.
elm, ist ganz regelmässig, und es ist kein grund vor-
:t^i m ihnen alte entlehnung aus dem germanischen zu ver-
muthen.
Etymologische beitrage. 119
Schwed. dial. /c?5i*»iii^ gr. yoog. ^
Auf der insel Gotland ImHm n. geheul, wehklage; kauma, {M>^*
prät. haiimdä, jammern, wehklagen. Zu ypoi^ für yofog, geheul,
wehklage; yodw, jammern, wehklagen; /o^pm^, jammernd; lit.
ga^fj^J gautf*^eu.\en von wölfen ; durch d erwerfert in lit. ^(*m4-
us wehmüthig , gandziu, gaustl wehklagen , jetzt gewöhnlich
heulen, von wölfen; garnfmo^ wehklage. Deutsche wörter bei
Fick 3 3, 38. Vgl. Grimm deutsch, wtb. , wo Hildebrand bei
kaum die schwedischen wörter schon angeführt hat.
Altn. kör, skr. gära.
Altn. k(h\^m. bezeichnet delSni^tio longa hominis decrepiti
vel aegrotantisT^ bettlägerigkeit (dan§^s|^ei den skalden noxa,
pernicies); auch bettlager, besonders vom altersschwachen. Vgl.
die Zusammensetzung )vf*Ki]^4ceHi%^^^^^Qm altersschwaches bettlä-
geriges weib. A'5>Jvaus einer ^mndrötm karä scheint mir mit
skr, gära alteFnd^ ^^^^?^* ^^^^-i a!l!<^schwäche verwandt.
Altn. rjiipa und jarpi, lett. rubenis, lit erube.
Mit altn. rß'qM Schneehuhn (lagopus subalpinus) ist das
von Rietz (Svenskt Dialectlex.) verglichene lett. ruhenis, birk-
huhn, gewiss verwandt. Dagegen altn. jarpi, haselhuhn (tetrao
Bonasia), von jarpr braun , gehört vielleicht mit lit. eriibe, je-
rube, haselhuhn, zusammen.
Norweg. dial. smyhe , deutsch schmiele, lit. sniilga.
Norwegisch in verschiedenen nmndarten smylve , smelve,
smyle, smile , smele neutr. aira flexuosa, schwed. smile aira
praecox, nhd. schmiele f., mhd. smelehe. Aasen bemerkt mit
recht, dass die norwegischen formen eine ableitung von smalr,
schmal nicht gestatten. Diese weisen vielmehr auf eine
Stammform smylvi für smilvija. smüvija ist aus smelgvija ent-
standen, wie aus lit. smilga, schmiele, lett. smilga zu fol-
gern ist; vgl. got. snaks, schnee, mit lit. snegas. Ist das poln.
smialek, schmiele, aus dem deutschen entlehnt?
Mo
„..--'■'^ Altn. sfft^lit. smq^. f
Altn.\^S^, stetig, namentlich von pferden die nicht von
der stelle wollen, ist identisch mit lit. 6^f»»^s. nebenform zu dem
mit stadr gleichbedeutenden statüs. Im AJtn, auch mer varä
120 Sophus Bngge
(^^
ich konn^^»'*mich (vor erstaunen) nicht von der stelle be-
wegen. Di^f^ermanisphe grundform ist sfada-z. Lat. status,
gr. Giaj^, skv.'jj^^td. Fick^ 2, 492 vergleicht mit \ii.\stata-s
unriqilxig ags. s^^ dies ist = altn. 'stinnr. " ~^
Altn. [ste^Oj V^^tatyti.
Altn. sfeäja, ^ptiÄLstadda^ stellen, Tj^tstellen, anstellen, an- i
ordnen, gestatten; grim^lform stadjan; ==***^i^ statmi , stB^ti,]
stellen, feststellen, anstelleiv^ordnen.
Altn. stekkva, lat. tlnguo , gr. Wy/w, skr. hig.
Altn. stekkva, prät. stökk, prät. pcp. stokkinn bezeichnet
spritzen (intrans.); stokkinn bespritzt, poet. (julli stokkhi sceing
lectus inauratus; trans. stekkva, prät. stekkßa aspergere. Das
intransitive stßkkva setzt eine grundform stenkvmi voraus. Ich
vergleiche damit lat. [tjn^uo^ Ht^yo^ gr. riyyw, skr. tug, tungdti,
ausspritzen. Das indische wort bezeichnet überhaupt in rasche,
heftige bewegung setzen, schlagen, stossen; ausdrücken, hinaas-
Bchnellen. So bezeichnet altn. stekkva, prät. stökk plötzlich
und heftig aus seiner vorigen Stellung herausfahren, springen,
got. stigqvan anstossen, das schon von Fick 3, 343 mit skr.
tug verglichen ist. Got. J)va}ian, waschen, gehört nicht mit lat.
tinguo, gr. Ttyyia zusammen.
^" J^i. swl^l^r, mhd. sw>>st^^ gr. «Tfp, atäq^ skr. U^Wtor^ sm^ir.
iwHi. p>»<i2r präpos. mit gen. und accus., ausS, ohne Tili
den altskchs. psalmen ^^^4^ mit accus, ist mit gr. ctxEq (ww)
mit gen. ausser, ohne verwaiiclt. German. ond, und entspricht
hier dem griech. «r wie in got. hund vgl. e-xaroV, n'mnda vgl.
tvvatog, taihunda vgl. dixarog, gaqvumßs vgl. ßäotg; siehe Karl
Brugman in Curtius Studien IX, 325 f.
Obgleich das griechische wort mit spiritus lenis anfängt,
ist ein s im anlaute abgefallen, wie in dd6X(f6g, aloxog, e'xco,
o)v u. s. w. az€Q bedeutet zugleich abgesondert von, fern von.
Damit vergleiche man die adverbiale anwendung des germani-
schen sunder, abseits, auf eine gesonderte weise. Das germa-
manische d setzt eine vorgermanische form mit unbetonter
Wurzelsilbe voraus. Nahe verwandt, obgleich nicht identisch,
ist das vedische ^«^^iftr^^^^ätJs^^ auch mit ablat. ver-
bunden. Derselben wurzel enlspfmgt das vedische \sarhlMs
^er-
imlMs
Etymologische beitrage. 121
(wie Roth schreibt) mit vorangehendem accus., \neb«n, ausser,
ohne. Die ursprünglichere form scheint mir ^, sanitiir._ T3ies~
weicht in der schlusssilbe vom gr. ccTSQ'ah, stimmt dagegen mit
araQ, hingegen, doch, jedoch, aber. Man vergleiche litaQxog
mit skr. daturtha. Dass äräQ mit areq nahe verwandt ist, wird
durch vjnhd. sunder, vielmehr, gleichwol,_aber, nhd. sondern be-
stätigt. Roth vergleicht rniV sanitus sdtbaktr. [hcmwre mit abl.,
ohne, dem eine ind. form *sanur entsprechen würde. Auch
das lat. \sme iist verwandt.-: h''"^'-^Kj
Altn. ßratnma, lit. tremti.
Altn. pramma, prät. prammaäa, bedeutet hart auftreten
(wie z. b. der bär), trampeln, stolpern. Dies ist nahe verwandt
mit lit. ^rem/'u tremti, mit den füssen stossen oder hart auftre-
ten, trampeln, lett. tremt.
Altn. vanysni, lat. votnis, gr. vvig.
Fick wtb. 3 2, 249 f. hat gewiss mit recht lat. vömis m.
pflugschaar mit gr. vvig, vvng, vvvrj f. pflugschaar zusammen-
gestellt. Als grundform nimmt er scharfsinnig vosni an. Dies
uralte kulturwort scheint sich auch bei den Germanen wieder-
zufinden : altn. vangsni, gen. vangsna masc. pflugschaar ; in nor-
wegischen mundarten vangsne, v&mjse, vagsne, vegsne, früher
auch vagnsne; ahd. ivaganso, im Deutschen in vielen Variatio-
nen, s. Lexer mhd. wtb. icagense. Die grundform wage ich
nicht zu bestimmen, da mir der Ursprung des wortes unbe-
kannt ist. Vielleicht vaghasnan, vaghsni zu oxog.
Isl. volgr, velgja, lit. vildaü.
Isl. volgr, statt vdlgr , lauwarm; veigja, lauwarm machen.
Ags. wealg , lauwarm. Vgl. lit. vildaü, inldyti das wasser lau-
warm machen. Die wurzel ist val; für das g in volgr, veigja
Vgl. altn. telgja neben lat. dolare.
Christiania, März 1878. Sophus Bugge.
Die Siegessäule des Damonon.
Herr Prof. Dilthey machte mich gütigst darauf aufmerk-
sam, dass von der berühmten Siegesstele des Damonon (Leake,
Morea III, 71. 72, Keil Analecta epigraph. et onomatol. p. 88
122 A. Fick
seq.) eine neue zuverlässigere Abschrift in den „Mittheilungen
des deutschen archäologischen Instituts in Athen" II, S. 318
vorUege. Da die Inschrift zu den wenigen Documenten des
lakonischen Dialects gehört, welche in einem vorionischen Al-
phabet geschrieben sind und daher für die Entwicklungsge-
schichte dieses Dialects von grösster Bedeutung ist, mag ein
kurz gefasster Versuch die Inschrift zu lesen hier nicht unpas-
send Platz finden
Das Denkmal ist ins 5. Jahrhundert, vielleicht noch höher
hinaufzusetzen und ein beredtes Zeugniss für die altberühmte in:-
TCOTQOcpia des alten Spartas vgl. Paus. VI, 2, 3 u^ajisöaif-iovioL
[di aga) xorra zrjv ercioroäreiav tov IMrjöov diered^rjoav TtävTiov
ffiXoTifidraTa "^Ell^vcov JiQog %7t7Viov TQOffdg (es folgen Namen
Twv sy. ^TTaQTrjg iTtTtOTgörfcov).
Die Inschrift ist sehr wohl gegliedert. Die ersten fünf
Zeilen (I) enthalten in zwei Hexametern die Widmung. Der
zweite (II) Satz mit Tdde evUaiie beginnend entspricht dem
Satze Z. 35 ff. gleichen Anfangs (VII) , er zählt die Siege auf,
welche Damonon ti^ avTiö T6&Qi7t7io), das heisst mit iTtTtoig
teXdoig gewonnen. Zwischen den beiden mit Tdde evUaiie be-
ginnenden Sätzen (II und VII) sind in vier Abschnitten die Siege
aufgezählt, w-elche Damonon ivHrjßtöiiaig iiirrnoig, das heisst
Ttwloig mit Fohlen gewonnen. Alle diese vier Sätze beginnen
gleichmässig mit aal und enthalten alle den Namen des Siegers
Ja/iaovwv und das Verb vi-köv im Imperfect tviKrj gegenüber
dem svUaiiE in II und VII. In III, IV, V wird noch hervor-
gehoben, dass die ivJirjßcüHai irirtTtoL von der eignen Zucht des
Siegers gewesen «x räv avvco jfi7V7ttüv xj^x tw avTio iiiTtTTO)
„gefallen von seinen eignen Stuten und seinem eignen Hengste".
Dass die Betonung der eignen Zucht auf Siegesdenkmälern die-
ser Art auch sonst vorgekommen, bezeugt Paus. VI, 1, 4:
KXeoyivrjv de ^ilrjvov ro iTtty^a/itf^ia to eii avTto cpr^aiv elvai
twv imxioQiwVy £x de dyeXyg avTOv oixsiag %7t7tii) Tigarrj-
aai xsXrjTi.
I. 1 dajiiovov 2 aved^exeaOavaia(i) 3 TToltaxoivixanag 4
ravTaifaTOvöeg 5 TreTCOKarnvvvv.
Jaf.a6viüv dve^tjxe Iddavaici UoXLdxtt)
VLV.djiag xavtä iiSt ovö^g Ttijvtoxa rtSv viv.
Der Name Ja/movcov kommt sonst nicht vor. Er gehört
zu den zweistämmigen Kosenamen und ist die Abkürzung eines
Die Siegessäule des Damonoii. 123
Namens der Gruppe Jaf.io-, dessen Anfang mit dem Anlaut des
zweiten Theiles Jaf-iojv- lautet. Der einzige Name , auf welchen
diese Beschreibung passt, ist der mehrfach belegte Name Ja-
/iiwva^, zu dem daher Ja/ntuvcov als Koseform gehören muss.
Eine Jtj/nojpaoaa als Stammmutter der spartanischen Aegiden
erwähnt Paus. III, 15, 8 i). — Man könnte übrigens auch Ja-
f.i6vvLov lesen; dann ist zJa(.i6vviüV — ^ai.invi/.og, wie Kkio/nf^ig
Tyrann in Methymna identisch ist mit Klso/.uvt]g nach Sau ppe
im Göttinger Prorectoratsprogramm 1870. dvs&rj^e ergänzt sich
bei metrischer Lesung des Verses von selbst zu dvid^rj-Kcv.
Idd^avctia llohaxog ist der epichorische Name der Ldd^rjvä
JloXiovxog, wie sie bei Paus. III, 17, 3 heisst. Sie wurde auf
der TloXig oder "^iAqonoXig von Sparta verehrt, wie ihr Name sagt
und Pausanias ausdrücklich bezeugt a. a. 0. : ^EvTavd-a (näm-
lich auf der dy.QÖnohg von Sparta) ^40^rjvag isqov TtercoirjTai.
üohovxov '/.akovfievrjg xal XaX'/.ior/.ov zrjg avTrjg. no?uaxog ist
contrahirt aus 7toXidoxog, welches bei Pindar Ol. V, 10 w rco-
liäoyB Ilalldg und als TroXirjoxog bei Apoll. Rhod. I, 312 vor-
kommt; gebildet ist TCoXidoxog wie 7TolLav6(.iog auf den hera-
kleotischen Tafeln. — Die Anfügung des l an !Ad-avaia ist unbe-
denklich, weil L subscr. sonst geschrieben wird, und am Ende
der Zeilen öfters Buchstaben verwischt sind.
TavTä axs „so, wie" sind acht dorische Adverbien; meist
werden die auf ä mit denen auf a identificirt, sind aber davon
zu scheiden. Unserm tüvtcc so entspricht das tawä (demnach
besser ravTa geschrieben) in /W/KOc; ravTä exec ita se habet
mens Theoer. XV, 18. Vgl. Ahrens dial. dor. 370 ff.
ovdr]g {= ovdsig) ist als acht dorisch nachzuweisen, rjg —
elg findet sich auf den tab. Heracl, ovd^ rjg kviov dvrl tov
ovöe €lg wird aus Rhinthon angeführt Ahrens dial. dor. 154.
Tcri7toY.a „irgendwo" komnii ausser unserer Stelle nur in
^) Zu der Sammlung zweistämmiger Kosenamen, die ich Griech. Per-
sonennamen S. XVI gegeben, füge ich hinzu: Nny.ofxü) Athenerin \'t&ri-
vaiov V, 428 (= Nixojuri(^fia)^ Tv/kqw Athenerin liS^nv. V, 428 (= Tvxa-
qiii]), "AQiOToyM Tanagra \40r\v. IV, 298, Aüorog Tanagra i^^ijr. III, 169
(= AaoTifxoc;)^ "E§nxwv = 'E^äxiOTos, Ntonfica Orchomenos Arch. des Mis-
sions Scientifiqnes et Litt. IV, 486 vgl. Nov/Jipn'teg, ZvfA(fäg = ZvfjqoQog
häufig auf jüngeren attischen Inschriften z. B. Inscviptt. Att. aetatis Rom.
ed. Di tten berger nro. 122, EvqQig = Ev(f()ävo}() Dttb. 135, Evnüg =
EvnoQog Dttb. 1101, nQoaöoxäg —■ Tliioadöxiiiog Dttb. 1155.
124 A. Fick
dem lakonischen Epigramme xiXia Tcov.a ßlßctvTi TtXeiata dt]
tiov 7tr]7toy,a bei Ahrens dial. dor. S. 363, wo Ahrens mit
Recht die Conjectur /raVroza abweist.
rtov vvv der Jetzigen, Jetztlebenden, ol vvv ist auch attisch
= Ol vvv avd^QWTCOL, vgl. dv vvv ßqoToi tlaiv bei Homer.
IL 6 Tad€€vrKaii£Öa(iLiovov) 7 TOiavTOT€^QL7t7to{i) 8 av-
Togavwxuov 9 €vyaiaiioxoT£T(Qay.iv) 10 xaiad^avaiarsT-
{qoxiv) 11 (■'/.)sXev{i[}vviaTef(Qay.iv).
Tads ivrKaiie jJa/iiiöviov rip avTio xsd^QiJCTtoj avrbg dvio-
Xiiov iv raiaiioxco zergaKiv 'Aal 14-d^dvaia xtXQciy.iv '/.rj-
IsVlIVVia TSTQCCXIV.
SV Faiaiioxco halte ich für sichere P^mendation. Entspre-
chend heisst es Z. 24 xjyv ^Qiovriag „und im Bezirke der
Ariontia". Verbindungen wie iv !Ao>tlr]Ttiov im Heiligthume,
Bezirke des Asklepios sind ja vom homerischen elv lAidao =
eiv l4idao do/iioiaiv bekannt und geläufig genug. Unter den Zei-
chen, die ich svlFaiaiioxco gelesen, sind E . . ^lA. 0X0 ganz
sicher , das N sieht fast wie ein M aus, statt /' erscheint bloss
/, das ohne Aenderung zu /' zu ergänzen ist, endlich statt H
giebt die Abschrift A, jedoch als ganz unsicher; ähnlich er-
scheint der schattenhafte Ueberrest der beiden H in ENHE-
B0HA.L2 Z. 15 als F und N. — Unter dem Beinamen Faido-
Xog ( = yairjoyog Poseidon bei Homer) wurde Poseidon in Sparta
verehrt Paus. III, 20, 2 tovtov (vom Phoibaion bei Therapne)
öi ov Ttokv FLooEidüvog dcp8öTr^/.ev legov a7Ti/.lrjoiv Faiaoxov.
Xenoph. bist. Gr. VI, 5, 30 rcQorjld^ov o\ htneig (der Theba-
ner) elg xbv htTtoÖQOjiiov elg Faiaoxov, „bis zu dem Hippodrom
zum Heihgthume des Gaiaochos'^ Der Verbindung slg Faiao-
Xov ist iv Faiaijöxco unsrer Inschrift genau parallel, und wie
trefflich die Erwähnung eines Hippodroms im Bezirke des Gaiao-
chos zu den Rennsiegen des Damonon im Bezirke desselben
Gaiaochos passt, ist nicht noth hervorzuheben.
Krjlevjivvia erscheint ohne Krasisvocal in xal 'EXevHvvia
Z. 31. Die Krasis von ac i zu jy findet sich auch in xi^ktco
avTÖi iiiitTto) Z. 16, 21, 29, Ktjv Liqioviiag Z. 24; sie ist acht
dorisch vgl. Ahrens dial. dor. p. 221, der unter andern Jtj^x =
Y.ai ix (Megarer bei Aristophanes Achnin. 790) und x?jv = xal
iv aus Alcman beibringt (xryv /ceUx^aig Alcm. 74 Bergk).
Aber was sind die ^Ekeviivvia? Ich denke doch, die ^Elev-
aivia ein Fest der Demeter 'EXevaivia. Das v ist freilich räth-
Die Siegessäule des Damonon. 125
selhaft, doch nicht räthselhafter als das v in '4Qxdf.ivtL der
epidaurischen Inschrift C. I. 1172. Paus. III, 20, 5 erwähnt
am Taygetos ein ^ij/urjTQog hciy.h]Oiv ^EXEvaiviag \sq6v, das er
III, 20, 7 schlechthin 'Elevaiviov nennt. Dass an dieses Hei-
ligthum ein Fest sich anschloss, zeigt Paus. III, G, 7 wo ein öqoj-
fievov svcavO-a erwähnt wird : fix rovzov xov "EXovg ^oavov K6~
Q7]g rfjg JrßiriTQog iv ^jidgaig qrjTcäg dvdyovoiv ig z6 ^Elevol-
viov. Diese rjueQai Qijzal dürfen wir uns ^Elsvoina genannt
denken und mit den 'Eleviivvia unsrer Inschrift identificiren. —
Da jedoch das n in Z. 11 ganz verwischt und in xal ^EXsv-
Hvvia Z. 31 nicht ganz deutlich ist, dürfen wir vielleicht ^EXev-
d^vvia vermuthen, und kämen damit auf ein Fest der Ellei-
&via. Sicher steht Ellud^via für Elle/d^via, wie aus den Ne-
benformen ^EXevd^va und 'EXev&oj hervorgeht ; die Verehrung der
Eileithyia in Sparta bezeugt Paus. III, 14, 6 und 17, 1. Doch
enthält bei dieser Vermuthung der Festname ^EXev&vvia ein
räthselhaftes v, daher scheint es mir besser, den Spuren der In-
schrift folgend ^EXsvjivvia zu lesen und dies als ^EXevoivia zu
verstehen.
Die Endung der Zahladverbien auf xtv = xig in TsvQaxiy
Z. 9, 10, 11, 34 JT€7ird/.iv Z. IG, oxtcxtiiv Z. 19, 25 ist sonst
nicht belegt; T£TQd/.Lv verhält sich zu TETQdy.ig wie q)iQOftev zu
(piQoueg.
III. 12 xai7toHoidaiaöaf.iov(ov) 13 (€vix)eH€Xei(K)aiHoxeXe
14 . . . aav{To)ga(v)ioxiov 15 EVjiۧoiiaigiU7t7toi(g) 16
He7tTay,iveyiTavavT0 17 Hi7i7tovy.e-Atoav{ro)HL7t7i{o).
Kai IloHoiöaia Jctf-iioviov svixr] HiXei '/.al ilox rjXt] . . . a
avTog dvioykov svirtjßwiiaig lliTruoig JlSTtTccxiv ex räv avtw
HlTTTTWV XJ^X Tlö aVTCÜ HlTtTllO.
Mit IIoHoidaia Poseidonsfest vgl. ToiTTOiioidavi = to) Ho-
HoidävL auf den tän arischen Inschriften Hermes III, 449 und
mit der Bildung des Festnamens nooEidaia, TIoTiöaia Posei-
donsfest.
HiXei ist Locativ von HeXog „zu Helos" vgl. Z. 19 QsvqIcc „zu
Theuria". "EXog die bekannte Stadt am lakonischen Meerbusen
wurde unter Alkamenes von den Spartanern erobert Paus. III,
20, 6. Die halb verloschenen Züge am Ende der Z. 13 lassen
sich mit Hülfe von Z. 30 //oxfiAe^fvtxe zu ho/.eXe wiederherstel-
len. E ergänzt sich leicht zu H, vom O ist die untere Hälfte
erhalten; vom K der untere Hauptstrich, EAE ist noch ziem-
12G A. Fick
lieh deutlich. Z. 30 ist versucht ijo'aeKb zu deuten. Mit den
hiirjßioHai iiirtnoi sind junjre Pferde TttoXoi im Gegensatz zu
dem TsS^QiTTTtov der uittoi rtleiOL gemeint; die Wettrennen mit
beiden waren gesondert, vgl. für Olympia Paus, VI, 2, 2. r^ßa
wird von Thieren selten gesagt; es findet sich von ßne Hesiod.
op. 438 Göttling ^'/?/j$ /nevQov k'xovTe, tco FQyaCsaO^at dgiatio;
svr]ßav kommt in der altern Gräcität nicht vor ,;in der fjßa
sein"; fjßa ist hier vom Momente des Eintretens der Geschlechts-
reife zu verstehen, ein (Tcbraucli, der sich als spartanisch nach-
weisen lässt in der Bezeichnung der Aufgebote z. B. tcc dexa
mp fjßrjg = o\ xa 8by.a. acf fjßrjg das erste Aufgebot; ra xet-
Tagduovra d(f fjßrjg das letzte iVufgebot Xenoph. bist. Gr. II,
4, 32, VI, 4, 17. rjßa hat, wie aus unsrer altlakonischen In-
schrift erhellt, achtes gemeingriechisches r]. Damit stimmt lo-
krisch Jießarav Rhein. Mus. 2G, 39, thessalisch rov eißarä (In-
schrift von Pharsalos hgg. von Heuzey im Annuaire de l'as-
sociation pour l'encouragement des etudes grecques 1869 S.
114 ff.). Ebenso haben Pindar und Epicharm stets fjßa. Das
uäßaiov auf der aeginetischen Inschrift C. I. 2138 ist kein Tem-
pel der Hebe, sondern = 'Aßalov ein Tempel des Apollon
idßalog , der seinen Namen von der Stadt lAßai in Phocis hat.
"Wenn Theocrit avaßog V, 87. VIII, 3 hat, so ist dvt]ßog zu
corrigiren, da diesem Meister ein so arger Schnitzer nicht zuzu-
trauen ist; Ecpaßog auf einer Jüngern äolischen aftectirt alter-
thümlichen Inschrift von Kyme ist ein Fehler. Ist also fjßa die
urgriechische Form, so ist Bezzenbergers Zusammenstellung
von fjßa mit lit. jecjti vermögen, nü-jega Kraft (o. IL 190) laut-
lich ganz unbedenklich und darf für richtig gelten.
IV. 18 yiai7tojioiöaiada/.iovov 19 (£v)iy.ed^€tQtai07i(Tayiiv)
20 avTogavioxiovev 21 Heßonaigm7t7to(ig) 22 exxavav-
TOHLTtrrov 23 KEy.roavTOHiTtTto.
Tiat Iloiioiöaia ^a^aoviov eviy.T^ QavQiq oxtccmv avxog
dvLO%uov EviirjßiÖHaig HiTViroLg Ix täv avxw iiLTtTtiov xi^x
TU) aVTiü HlTtTKO.
QevQiq oder Oetglai ist Locativ „zu Theuria" entsprechend
dem HiXsL Z. 13. „zu Helos". Die Stadt heisst sonst OovQta,
die Namensform Qevqia wird die alteinheimische sein, die frei-
lich bis jetzt noch nicht weiter belegt ist. Poseidonsfeste stim-
men gut zur Lage von Helos und Thuria: Helos lag am lako-
nischen, Thuria nahe dem messenischen Meerbusen, der von
Die Siegessäule des Damonon. 127
Thuria auch o OovQiatrjg xälTTog genannt wurde (Strabo VIII,
360).
V. 24 xevaQiovTiagevixs 25 da/iiopovoKTaxiv 26 avroga-
vioxiov 27 evjießoHaigmTtftoig 28 sxTavavroHiTtTiov
29 y.€KToavTOHt7t7to/.ai 30 HoxEXh^sviy.e.
KtjV ^QiovTtag svIkt] jJatiitovcov oxtukiv avvdg dvioy^iiov
iviTrjßcoJiaig Hur 7t o ig sx rüv avTco irlrnTtov x?yx tio avviö
HiTtTCiii ytal oV rjlr] '^evixy.
Mit 8v i^QiovTiag vergleicht sich Iv FataHaxco „im Bezirke
des Gaiaochos". Hiernach raüsste lAgLOvria der Name oder
Beiname einer Göttin oder Heroine sein. Ein solcher ist aber
nicht bekannt. Vielleicht ist ^Aqiovxla Lokalname und h lAqi-
ovviag „im Hippodromos von Ariontia" zu übersetzen. Nach
Analogie von ysgovaia — lakonisch ysQowia würde den Lauten
nach entsprechen i^giovoia Name einer Gegend in Chios Strabo
XIV, 645 : sld-^ rj l^Qiovaia xioQa tqüixeIu xal dlif.ievog otaditov
oaov TQidxovTcc , oivov agiarov q>e,Qnvoa ztov'^EXXrjvr/.cüv. Damit
sind wir freilich nicht weit gefördert, denn dass ev L^giovriag
unsrer Inschrift in Lakonien und nicht in Chios zu suchen, ist
wohl selbstverständHch.
Die Buchstaben Z. 29, 30 xaLiioxsls^sviKe stehen ganz si-
cher; es fragt sich wie sie zu lesen sind. Möglich sind, wenn
man iiox = oxa setzt, drei Lesungen L xal oV «Ae^' ivixi] —
oxa eA.6§s svixrj, J. -/.ai ox eAt]§ eviKrj = oxa eArj§6 svr/,r], o.
■/.al 6V r]Xr] ^^svlxr]. Da 1 und 2 keinen Sinn geben, muss man
wohl die dritte adoptiren und übersetzen „und jedesmal wenn
er fuhr (rjlr] lakonisch = rjXa = ijXas wie svlxrj — svixa =
ivlxae) trug er den vollständigen Sieg davon s^svUrj". Oder
sollte ganz anders zu theilen und in xsA«^'« (vgl. Z. 37 xaixsXe^)
ein Verb wie xelriTiUo stecken?
VI. 31 xttielsvjTvviada/.i(ovov) 32 evixeavrogavioxiov 33
evHsßoiiaLgHiTtTtoig 34 rsTQaxiv.
Kai ^EXsviivvia Jaf-iMviov ivixrj avrog dvLOxicov EvHrjßio-
Iiaig lliTtTtoig TEzqdxiv.
Zu ^Elsvjivvia vgl. Z. 11. Im Uebrigen ist der Satz klar.
VII. 35 TadsEVLx{d)HeEvvi.iai 36 . . TtqaT .... aixovd 37
. . . may.aixsXe^ . . 38 . . . . agßat . . . ev . .
Tdds Evixairs führt eine neue Reihe von Siegen ein, ent-
sprechend dem Tdös IvUaiu des zweiten Satzes. In den letz-
ten Zeilen lässt sich wenig mehr erkennen; Z. 36 itQux . . er-
128 F. Fröhde.
innert an das dorische TtQarog = Ttgcozog; für ^IKON ist
vielleicht vi IKON zu lesen und TCQccTog nalUtov (aXi^ dorisch
= ijXi^ Altersgenoss) zu ergänzen; das folgende J wäre dann
Rest des Namens Ja/moviov; Z. 3G ifiu ist vielleicht das End-
stück eines Festnamens auf 7/^a = aia \v\q l4Qref.iiaia, /Jiccaia;
xaiy.eXs^ endlich erinnert an Z. 30,
Die Damononinschrift ist den Schriftzügen nach älter als
die beiden tänarisclien, welche Kirchhof Hermes III, 449 ff.
behandelt, stimmt aber mit diesen in der Stufe des Dialects.
Inlautendes 2 wird durchgängig in H verwandelt, dagegen
kennt unsre Inschrift den Wandel von 0 in ^ nicht und ent-
hält ebensowenig eine Spur vom Rhotacismus des jungem la-
konischen Dialects. Wenn nun der Lakone des 5., ja nach
den tänarischen Inschriften der des beginnenden 4. Jahrhunderts
den Uebergang von ^ in a noch nicht kannte, wie kann dann
Alkmanim 7. Jahrhundert TvaQOsvoig frg. 1 (Bergk), 2€()d7Tvag4,
SV odXeaaL jlS, rjf^uaiajv 16, 5 aicov u. s. w. gesagt haben? Ist
nicht klar, dass die alten Alkmanischen Texte von Grammati-
kern nach dem Jüngern lakonischen Dialecte umgeformt sein
müssen? A. Fick.
Ueber den homerischen Comparativus ßqdaaiav.
Das nur K 226 vorkommende ßQaaacov wurde nach Aristo-
nikus von den (voralexandrinischen) Glossographen als Compa-
rativus von ßQttxvg aufgefasst, eine Ansicht, die Aristarch aus
dem gewiss unzureichenden Grunde verwarf, weil ßgaxvg bei
Homer nicht vorkomme. In der neueren Zeit zog man das
Wort nach dem Vorgange eines Teiles der späteren alten Gram-
matiker insgemein zu ßgaöCg, zu dem es, wie sich nicht leugnen
lässt, in der Bedeutung besser passt, bis Curtius Ind. lect.
aest. Kil. 1857, p. IV. vgl. Grundz. * p. 659 auf die Unmöglich-
keit hinwies, ßgaoacov aus ßqadUov zu erklären, und für die
Ableitung von ßga^vg, von dem ein Comparativus ßgaoacov nach
Hesychius vorhanden war, eintrat. Die folgenden Bemerkun-
gen bezwecken nicht Curtius' nach allen Seiten hin begründete
Auffassung anzufechten, sie wollen nur den Nachweis führen,
dass ßQccaaiov an und für sich dennoch als Comparativus von
ßqaövg angesehen werden könnte.
Gegen die Identificirung von ßqccdvg und skt. mrdü spre-
Bqdaoüjv. 129
chen folgende Gründe: 1) wenn die Lautfolge in Formen wie
d-UQOog, -AaQÖia, -Acegrog u. a. älter ist als die in ^gdoog, xga-
dla, ^QccTog (Schmidt Voc. II, 314), so ist auch aller Wahr-
scheinlichkeit nach die Wurzelform ßagö in ßägdiaxog ßagövTS-
Qog älter als ßgad in ßQaövg uTid seinen Ableitungen; folglich
müsste man, um das ß der ersteren mit dem ursprünglichen /n
zu vereinigen, entweder annehmen, dass hier ß vor dem Vocale
aus jU hervorgegangen sei, ein Lautwandel, für den wenigstens
im Jonischen und Attischen (vgl. Curtius Grundz. * S. 583) ein
sicheres Beispiel sonst nicht existirt, oder dass das später aus
*(.iQadvg laut gesetzlicli entstandene ßQaövg sein ß auf das ur-
sprüngliche ^^laQÖog übertragen habe , eine Annahme , der die
gleichartigen Fälle wie /iioQog /Liogrog: ßgovög, fj/nagTOv : ij/ußQO-
tov, sfxnXov : ßXc6ay.io, dßlaöecog (Hesych.) : df.iaXdvvo} nicht gün-
stig sind ; 2) die sicheren Verwanten von mrdü zeigen in den euro-
päischen Sprachen l: d(.Laldvvo} dßXadhog (Benfey Wurzellex. I,
509), ksl. niladü, germ. rnaUa- (Fick Wörterb. I, 175), und es ist
kaum wahrscheinlich, dass sich im Griechischen daneben noch
die Form mit q erhalten hat; 3) ßqaövg und mrdü entsprechen
sich begrifflich nicht unmittelbar, jenes bedeutet „trag, stumpf",
dieses „weich, zart, mild, sanft" , und wenn sich auch diese Be-
griffe mit einander vereinigen lassen, so wäre es doch immer-
hin auffällig, wenn das griechische Wort die ursprüngliche Be-
deutung ganz verloren und nur die secundäre erhalten hätte;
4) mit ßgaövg stimmt lat. hardus, das als entlehnt anzusehen
kein Grund vorliegt, begrifflich so genau überein, dass es un-
möglich ist, die beiden Wörter zu trennen, das lateinische h
aber lässt sich in keinem Falle aus m erklären.
Ich habe in dieser Zeitschrift I, 331 /?^a(Jüg und hardus
mit dem begrifflich genau entsprechenden altind. jada verbun-
den und Bezzenberger (ebendas. II, 130) sieht, wie ich glaube
mit Recht, in ßagdög den genauen Reflex des vedischen jdlhu.
Nun ist Ih bekanntlich eine vedische Schreibung für dh zwi-
schen Vocalen (vgl. drUha^ äshälha, ülhd, gülhd, tälhi, trlhä,
trnelhi, drlhä, pravolhdr, bälhä, milhd, mUhushfama, relhi u, a.
neben lidhd, äsMclha, udhä, tädhi u. s. w.), und es rauss so-
nach auch das Ih von jdlhu für dh stehen. Es erhebt sich
also die Frage, wie sich dieses dh zu dem d in jada einerseits
und zu dem d von /^(»ad?'^ andrerseits verhalte, dh entsteht im
Sanscrit auf mehrfache Weise, aber immer so, dass bei seiner
Beiträgo z. Kunde d. ig. Spraclieu. IJI. q
130 F. Fröhde
Erzeugung eine Aspirata beteiligt ist; selbst für dddhd aus
dan'ishträ nebst ddclhikä aus damshtrikä muss man wol Mittel-
formen mit sh-dhr- voraussetzen (vgl. gr. i^go- d-Xo- aus tqo-).
Von den geläufigsten Entstehungsweisen des dh, wie sie die
Formen trnedid , trndhds, trndhe , trnedhii^ dtrndha, dinddhäm,
mädhi, üdhdj sadhar medhra — tpidhi dviddhi tadln (2. Imp.
von tad) trndhve, ädviddhvam, änedhvam, dkrdhvam repräsenti-
ren, kann bei jälhu, wenn es mit jada und ßgadvg zu ver-
binden ist, nicht die Rede sein, vielmehr muss sein dh auf rdh
zurückgeführt werden. Dass die Cerebrale ihren Ursprung viel-
fach dem Ausfall eines r vor Dentalen verdanken, ist bekannt.
Ich lasse eine kleine Sammlung derartiger Formen, von denen
freilich nur einige vedisch sind, folgen:
katü, kätuka (ved.) = lit. kartüs (Fick W. I, 47).
käfa „Geflecht" aus *karta (Fick a. 0) = gr. -Avqtog
„Geflecht".
kdtä (ved.) = kartä (PW,).
MV« (ved.) „das Stirnbein mit seinen Vorsprüngen, Scheitel,
vorspringende Erhöhung, Berggipfel" aus ^kdrta, vgl. gr. yiQoooai
„die hervorspringenden Mauerzinnen", xqoooog „die an den En-
den des Gewebes hervorragenden Fäden", Kgozacpog „Schläfe,
Berggipfel". Das altind. Wort bedeutet auch „Krug", und man
könnte daher geneigt sein, auch Tigwoaog „Krug" dazuzustellen,
doch liegen diesem wol näher lit. krdgas „Kanne" preuss. krd-
gis „Krug" altir. crocann receptaculum u. a.; ahd. cröc cruoc
ags, crocc crüce u. a. sind keltische Lehnwörter.
kütyati „bersten" aus kart (PW.). Vgl. Schmidt Voc. II,
222.
küta (ved.) = hia (PW.)
khdti „Scharte" aus *skarti; vgl. altn. slcarä „Scharte"
(Fick W. I, 238> '
jüta „Flechte" aus *garta von W. "^gart — grath „flechten".
yidtati „tanzen, als Schauspieler etw. darstellen" neben
nrUjati dass. (vgl. Benfey Jubeo S. 41.)
jKitü „stechend" — nXccTvg „salzig" (Fick I, 149),
hhata = bhrtd „gemiethet" (PW.)
hätaka „golden" von *harta -- goth. gidß lat. lütum ksl.
zlato (Fick I, 81).
kathinä kathara „hart" aus *kartara = gr. -Kagtegog.
puthati „deuten, lesen" aus *partati, vgl. lat. inter-pretari
Egdaatov. 131
goth. frapjan lit. protas „Verstand" (Fick I, 149). Dazu ge-
hört wol auch der Name des Meergreises JlQcoTevg, der so seiner
Natur entsprechend bezeichnet ist.
khadate „brechen" = got. shreitan „reissen, spalten" mhd.
schranz „Riss, Bruch" (Fick I, 240),
khoda ,. hinkend" — got. halts „lahm" (Fick I, 47).
cü'da „Wulst", cüdä ,;einzelner Büschel von Haaren auf
dem Scheitel, Hahnenkanim, Gipfel", cüdälä Adj. „einen einzigen
Büschel Haare auf dem Kopfe habend", cülin „einen Kamm, ei-
nen Aufsatz auf dem Kopfe habend" (vom Vogel); vgl. ■koqvöo^
„Haubenlerche", in welchem v Svarabhakti ist.
gadayitnii —gardayitnu (PW.).
nadä (ved.) „Schilfrohr", fiä'di „Röhre, Canal, Flöte,
Strahl"; vgl. vägd-r^^ (Fick I, 129).
ädhyd „begütert, reich" von W. ardh (Benfey W^urzellex.
I, 75).
dudln' (ved.) = durdhi (Benfey G. G. A. 1873 S. 20)
aus dush -\- diu. Oder entstand hier das dh durch die Mit-
telstufe zh-dh aus sh -\- dh? Einen ähnlichen Zweifel hege
ich in Betreff der Composita düdäbha und düdd'g aus dush -f-
dabha, -dag , die , wie Benfey Gott. Nachr. 1876 S. 305 anzu-
nehmen geneigt ist, unmittelbar aus letzteren entstanden sein
können (vgl. shödagan aus shash -f ddgan), aber auch jene
Auffassung zulassen.
panate = TttQvavai (Benfey KZ. VHI, 1 ff., Curtius Grundz.
N. 358, Fick Wörterb. I, 137).
gand „Schaar, Reihe" gandyati; vgl. dysiQw (Leo Meyer
KZ. XXm, 411).
päni „Hand" aus ^parni (Pauli Körperteile p. 21 bei Cur-
tius Grundz.'' N. 345).
mänavd „Junge, Bube, Bursche" mänavikä „junges Mäd-
chen, Dirne"; \g\. f-islga^ „junges Mädchen", f.iEiQä-/.LOv „Junge"
(Curtius Grundz.^ p. 581).
Die aufgeführten Wortformen ^) beweisen , dass jdlhu aus
*) [Mit Erlaubniss des Herrn Vf. füge ich dem obigen Verzeichniss hin-
zu: kina m. „Schwiele, Narbe', dass ich auf *krna zurückführe (vgl.
präkr. isi, cliWii, hhinga, visi = skr. rshi, drshti , bhrnga, vrshin) und
dem lat. callus , culliun ,,die verhärtete dicke Haut am tierischen
Körper" gleichstelle; tad „schlagen, klopfen, verwunden, anstossen" das
9 *
132 F. Fröhde
«
■gardhü entstanden sein kann. Es ist also nun zu zeigen, dass
sich auch das d von jada auf ursprüngliches rdh zurückführen
lässt. Für diese Lautentsprechung habe ich folgende Beispiele :
ci/!da (s. 0.) aus '^kardha. Mit -KOQvdog ist identisch das
bei Hesych. aufbewahrte ^oqv&oq „eine Art TQoxllog'-', zu des-
sen ^ weiter stimmen xoQvd-iov „Hahn" (Hesych.), MQ&vg
„Haufe", xoQd^vExm (xv^a) „gipfelt sich" wie xogv^omai, xoqvq
St. y.OQvd^- „Haube", '/.OQvaaerai (xv/iia) — y.nQdvsTai, v.OQvcpov-
xai, Y.0QVOO0) eigentl. „behelme", dann verallgemeinert „be-
waffne, rüste". Die Wörter sind wahrscheinlich verwandt mit
v.OQvq)ri yiOQv/^ßog u. a. , so dass man eine gemeinsame Basis
kar kru an zunehmen hat, über die Fick in dieser Zeitschrift
I, 334 zu vergleichen ist.
nadd, verglichen mit vdQ&rj^, denn im griechischen Worte
Entstehung des d- aus d anzunehmen, scheint mir sehr bedenk-
lich. Vgl. Curtius Grundz. ■^ 511; über ^ai>d-6g und gaü^aivta
qad^dfÄLy^ teile ich die Ansicht Schmidts Voc. I, 97.
vadra „gross" — ßlw&Qog von yvardh.
Völlig gleichartige Beispiele kenne ich ausser diesen bis
jetzt nicht; vergleichbar aber ist die Entstehung des d in
mrläti = zend. marezhdä, aus ymars durch dhä weiter
gebildet (Benfey, Jubeo S. 25, Fick Wörterb. I, 394). Als eine
ähnhche Bildung betrachtet Bezzenberger Gott. Nachr. 1878
S. 264.
id, das er, was wol angängig ist, aus yaj -j- dhä hervor-
gehen lässt; die Analogie von ^;t</ aber gestattet auch die An-
nahme, dass id „anflehen, erbitten, preisen" aus ish „erstreben",
woher ishudhydti „anflehen, erbitten", und dhä entstanden
ist. — Die Herausgeber des Petersb. Wörterbuchs vernmten Zu-
sammenhang von
Md, als dessen Grundbedeutung sie vellicare ansetzen, mit
heshas ^) „Verwundung", zu dem es sich ähnlich verhalte wie
pid zu pish. In demselben Verhältnis zu einander stehen fer-
ner id f. „Erfrischung, Labung, Spende" und üh gleicher Be-
deutung; andere Beispiele bei Benfey Jubeo a. a. 0.
Benfey Jubeo S. 40 auf (ard zurückführte und ich dem lat. trüdo gleich-
stelle. B.]
*) Vielleicht gehört heshas zu himsati „verletzen, ein Leid antun,
schädigen, zu Nichte machen". — dfuheshan ,, dessen Rosse wiehern"
stammt natürlich von /n'shitti ,, wiehern" gleich lat. hiimio aus */tixmo.
Bgaoacüv. 133
Es ist noch übrig zu zeigen, dass auch das griechische ßgaöug
sich auf eine Grundform gardhu zurückführen lässt. Ueber
die Senkung der Aspirata zur Media handelt Curtius Grundz.*
S. 515 ff. Ganz geläufig ist dieser Lautwandel nach Nasalen i),
aber auch nach Liquiden kommt er mehrfach vor:
dgßög aQßdycig = skt. lirbha (Fick I, 24j.
agdü) vsottQÖ^g neben qa&aivtü gad^d/Luy^ altn. riäa alt-
schwed. vrkta (Schmidt Voc. I, 460 ff.).
ßoXßog = altn. kölfr (ob. I, 332).
■KOQÖvlt], -Kogvöog neben ytoqd^vg (Fick ob. I, 334).
nvqyog neben got. banrgs (Fick ob. I, 60).
So wurde urspr. ^ßaqd^vg — skt. jdlhu zunächst ßagövg
(vgl. ßagdiOTog, ßaQÖvTSQog) und dann weiter ßgadig. Zu *ßaQ-
d^vg aber kann der Comparativus ßQocaatov formell ebensowol
gehören, wie wir ßdaocov von ßad^vg, AQsloaiov von 'KQarvg,
xagtvg haben. F. Fröhde.
Zur lehre von den silbenbildenden consonanten.
V. Jagic hat zuerst im zusammenhange nachgewiesen, dass
den auf den silbenbildenden consonanten r und l beruhenden
altsloveu. lautgruppen rü (n) und lü {U) im Htauischen regel-
mässig die lautverbindungen ir und ü entsprechen (archiv f.
slav. phil. IIL 95 ff.; vgl. dazu Fick im IV. bände dieser bei-
trage s. 191 anm.). Ist der litauische teil dieser lautentspre-
chung altertümlicher, als der slavische? Von Jagic, Miklo-
sich u. a. wird diese frage bejaht; nach meiner meinung muss
^) Ein Beispiel der Art ist rjifmfoi „Erdbügel, Grabhügel" welches
ich mit altn. M^i^Erhöhung, Hügel" und lat^J»«*^ „Höcker, Hügel" ver-
binde; die Vocallänge in diesen erklärt sich ei-ahßh. durch den Ausfall
des Nasals. Schmidt's Vergleichung von TVftfSf^mii lit. dübe „Grube,
Loch, Grab" (Voc. I, 165) ist mir teils wegen der Verschiedenheit der Be-
deutungen teils deshalb bedenklich, weil sie jeden Zusammenhang des
Wortes mit lat. tiimnlus (vgl. Curtius Grundz.* p. 516, Fick Wörterb. H,
106) aufhebt. — rv/xßog für sich allein betrachtet, würde sich übrigens
auch mit skl. ttinga ,,hoch, Anhöhe" identificiren lassen.
h
134 A. Bezzenberger
sie verneint werden, denn wenigstens zwei werter lehren, dass
einst auch die baltischen sprachen r und l als silbenbildende
laute verwendeten und dass ihre regelmässigen reflexe der sil-
benbildenden consonanten r und l aus eben diesen lauten ent-
standen sind. Das eine dieser beiden Wörter ist lit. sttrna ,,reh"
= lett. stirna — altslov. srüna (nsl. c. sr7ia). Das baltische
stirna unterscheidet sich von dem entsprechenden slav. wort
wesentlich durch sein t; die entstehung desselben erklärt sich
nur durch die annähme, dass stirna auf derselben grundform
beruhe, wie altslov. srüna, also auf *srnä; denn im lit. wird t
nach s nur eingeschoben, wenn diesem r unmittelbar folgt, und
die möglichkeit, dass stirna durch metathese des r aus *strina
und weiter aus *srina entstanden sei, ist ausgeschlossen durch
die gesetzmässigkeit der Vertretung des auf silbenbildendem r
beruhenden altslov. rü durch lit. ir. — Das zweite wort, wel-
ches ich im sinne habe ist lit. \lgas „lang" = lett. ilgs =
= preuss. *ügas, das, ausser von Leskien ber. d. k. sächs.
ges. d. w. 1875 s. 136, wol allgemein dem altslov. cllüf/ü gleich-
gestellt wird. Aus *dilgas oder *delgas kann das baltische ilgas
nicht entstanden sein; seine lautform begreift sich nur unter
der Voraussetzung, dass sein ursprünglicher anlaut einst mit
dem folgenden l unmittelbar zusammentraf, also dass es auf
*dlgas beruht, wie altslov. dlügü auf *dlgu (Miklosich über
den Ursprung der worte von der form aslov. trut [Wien 1877]
s. 37). Aus *'dlgas entstand *lgaSj wie lit. abecela aus poln.
ahecadlo (Brückner litu-slav. stud. I. 6ij), lit. sölas — lett.
s'ols aus *sodlas, lit. ^eilüti aus *eidliiti (vf. zgls. ss. 91, 117,
apreuss. monatsschr. XV. 288); aus Hgas ging dann ügas her-
vor. In diesem ist also, wie in stirna, der baltische retiex eines
ßilbenbildenden consonanten aus einem solchen hervorgegangen.
Was von stirna und ilgas gilt, dass muss consequent von allen
analogen fällen behauptet werden; es ist also zu behaupten,
dass die baltischen lautgruppen ir, il, insofern sie den aslov.
auf den silbenbildenden consonanten r, l beruhenden lautgrup-
pen rü (ri), lü (li) regelmässig entsprechen, durchaus aus den
ßilbenbildenden consonanten r, l entstanden sind.
Den Silben bildenden consonanten r , l parallel geht silben-
bildendes n; von ihm findet sich in den lituslavischen sprachen
eine unverkennbare spur, und zwar in altslov. j^zykü „zunge"
Zur lehre von den silbenbildenden consonanten. 135
und preiiss. infuwis dass., die zu lat. dingim, lingiia, got. tuggö
gehören. Jene Wörter unterscheiden sich von diesen durch den
mangel des anlautenden dentals. Sie stehen dadurch auf einer
linie nur mit halt, ilgas i). In diesem ist, wie sich o. zeigte,
der Verlust des anlautenden d durch einen demselben früher
unmittelbar folgenden silbenbildenden consonanten herbeigeführt;
demnach ist zu vermuten, dass der in je^zykü und infmvis er-
scheinende mangel durch die gleiche Ursache verschuldet sei.
Diese Vermutung erhält volle bestätigung. Denn da dmgua und
tuggö genaue reflexe einer europ. ^dnghä sind, da silbenbilden-
des n im slav. durch ^^ in den baltischen sprachen durch iti
vertreten wird ^j — von späteren dialektischen weiterverwand-
lungen dieser laute sehe ich ab - , so steht der annähme ei-
ner mit dng^- beginnenden grundform vo j^zykü und infuwis
nichts im wege; da ferner der schwund des ursprünglichen an-
lautes dieser wörter durch eine bestimmte lautliche einwirkung
herbeigeführt sein muss, aber keiner der in ihren überlieferten
formen enthaltenen laute eine solche einwirkung ausgeübt ha-
ben kann, da sie also in vorhistorischer zeit einen laut enthal-
ten haben müssen, der fähig war, jenen schwund zu bewirken,
und da dieser laut, wie der tatbestand lehrt, nur silbenbilden-
des n gewesen sein kann, so ist die annähme jener grundform
geboten. Sie büsste ihr anlautendes d durch assimilation des-
selben an das folgende w ein (vgl. z. b. altslov. bufiq aus
*büdn(^) : dass diess nach der zeit der slavobaltischen sprachein-
heit geschehen sei, ist nicht zu beweisen.
Stirna, ilgas und je^ztjhü, infuivis lehren also, dass die bal-
tischen sprachen (bez. die baltische grundsprache) r, l als sil-
benbildende laute kannten und dass in der slavobalt. grund-
sprache silbenbildendes n vorkam. Aber diese wörter lehren
noch etwas anderes, nämhch das, dass die silbenbildenden con-
sonanten 7', l, n ganz dieselben Wirkungen ausüben können,
welche sie da, wo sie keine silbenbildende function haben, aus-
zuüben fähig sind, dass es also — worauf u. a. schon Miklo-
^) Ueber lit. algä „lohn" das früher mit unrecht zu altslov. dlügü
,,debitiini" zusammengestellt wurde, vgl. Fröhde o. s. 13.
^) Vgl. z. b. aslov. dcv^fü, lit. devhitas, preuss. newJnts, (lett. devifäis)
und got. ninnda, gr. svvarog; aslov. {pa)m^ti, lit. {at)mint\8 und got. {(ja)-
munds, lat. mens, skr. mati; aslov. itnq und lat. nonien, gr. ovofia \x. b. \i .
136 A. Bezzenberger
sich vgl. gram. II, p. VII hingewiesen hat — verkehrt ist,
jene schlechthin als „vocale" zu bezeichnen.
Wie in den slavobaltischen sprachen, so finden sich, me
mir scheint, auch im griechischen einige tatsachen, welche be-
weisen, dass hier einst an stelle der gewöhnlichen reflexe sil-
benbildender consonanten diese consonanten selbst standen.
Ich erinnere zunächst an den in der bekannten grabschrift des
Arniadas erscheinenden acc. sg. ßaQvd/nsvov = (.taQva^ievov
(Cauer del. n. 23, Curtius grdz.^ s. 583, P'ranz arch. ztg.
Jahrg. 1846 s. 279, Mommsen ui. dial. s. 35 anm. 48, Ross
arch. aufs. II. 575, n. jahrb. f. phil. u. pädag. bd. 6Ü s. 544).
Was zur erklärung der form ßaQvaf.ievov bislang vorgebracht
ist, befriedigt nicht; zweifellos wurde der in ihm vollzogene
Übergang von fx m ß durch das folgende q bewirkt. Das war
aber nur möglich, wenn das q einst jenem (x unmittelbar folgte,
wenn also /iiaQvdf.ievov einst * (.iqv(x(.ievov oder *f.iQavd(iEvov lau-
tete. Die Annahme der letzteren diese formen ist haltlos, die
der ersteren findet eine bestätigung an dem skr. mrnati; ich
führe demnach (.laQvä^evov auf *f.iQvcci.isvov zurück, aus dem
gleichmässig jenes und — vermittelt durch '^'ßQvai-iavov — ßag-
vdfuevov entstehen konnte. Nach meiner meinung zeigt sich
also in ßagvccf-isvor eine spur von dem vorkommen des silben-
bildenden r im griechischen.
Jaovg = lat. detisus kann den griechischen lautgesetzen
nach weder aus *davavg noch aus ^ösvovg, sondern nur aus
*dvavg entstanden sein. Diese form muss die urgriechische
spräche noch nach der Zeit besessen haben, in der sie zwischen
vocalen stehendes inlautendes a gesetzmässig beseitigte. Denn
wäre das silbenbildende v von '■'^■övGvg schon vor, oder während
jener zeit zu a geworden, so wäre jenes zweifellos zu davg ge-
worden.
In S^gaavg, -^gdoog, d^Qaavvio und nQCcaov ist, wie in da-
avg, a zwischen vocalen bewahrt, deren erster aus einem sil-
benbildenden consonanten erwachsen ist. Es liegt nahe, auch
hier die bewahrung des a als zeugniss dafür zu benutzen, dass
der silbenbildende consonant einst selbst an stelle seines reflexes
stand, und Tigäanv = lat. porrum darf allerdings zum beweise
dafür angeführt werden, da ein *7idQonv neben ihm nicht über-
liefert ist; ^gaavg, •d^gäoog^ d^Qaovvia dagegen haben dafür keine
Zur lehre von den silbenbildenden consonanten. 137
rechte beweiskraft, da neben ihnen d^uQOvg, d-agoog, d^aqovvo)
vorkommen und hiernach demjenigen, welcher das vorkommen
eines silbenbildenden r im griechischen bezweifelt, die möglich-
keit concedirt werden muss, dass die in jenen enthaltene silbe
d^qao- nicht direct aus d^QO-, sondern aus d^aga- entstanden ist.
Endlich noch eins! Miklosich nimmt an, dass z. b. skr.
mrti einst wie das serb. mrti gelautet habe. Ist diese ansieht,
die sichtlich immer weiteres terrain gewinnt, richtig, so muss
behauptet werden, dass das silbenbildende r im altindischen
eine von dem nicht-silbenbildenden r verschiedene ausspräche
schon vor der zeit annahm, in welcher sich die auf die behand-
lung des auslautenden visarga bezüglichen regeln entwickelten,
denn ohne diese annähme ist ein wort wie nirrti — da die un-
mittelbare folge zweier r im altindischen verboten ist — durch-
aus unverständhch. . Vielleicht ist aber anzunehmen, dass sil-
benbildendes r und ebenso silbenbildendes l und n von den r,
l, n, welche nicht silbenbildende function haben, in der aus-
spräche überhaupt verschieden seien. Darauf hin weist manches,
wie z. b. der umstand, dass man im altslov. dlügü findet, wäh-
rend hier doch d sonst vor l eingebüsst wird; aber es wäre
verfehlt, deshalb die silbenbildenden consonannten als „vocale"
zu bezeichnen; denn sie können consonantisch wirken: diess
nachzuweisen und zugleich einige directe spuren des Vorkom-
mens silbenbildender consonanten in den slavobaltischen spra-
chen und im griechischen nachzuweisen, war der zweck dieser
Zeilen. Ädalhert Bezzenherger.
Arisch.
In meiner Schrift 'Die Nominalsuffixe a und ä in den ger-
manischen Sprachen' habe ich mich Scherer darin angeschlos-
sen, dass ich sämmtliche Glieder unseres Sprachstammes unter
dem Namen 'arisch' zusammenfasste , und die asiatischen Ver-
wandten Ostarier nannte, die europäischen Stämme Westarier.
Seite 5 bemerkte ich noch, um Missverständnissen über meine
Absicht vorzubeugen: 'Ich bediene mich des Ausdrucks arisch
statt indogermanisch oder indoeuropäisch, ohne jedoch damit
sagen zu wollen, er sei richtiger als jene; kürzer und beque-
138 H. Zimmer
mer ist er jedenfalls', womit ich, ohne dass ich es damals
merkte, nur einen Gedanken M. Müllers aus seiner Strassbur-
ger Antrittsvorlesung 'Ueber die Resultate der Sprachwissen-
schaft' wiederholte (ibid. S. 11). Alsbald wurde mir folgende
Abfertigung zu Theil ; Beiträge zur Geschichte d. deutschen Spr.
III, 6 schrieb Herr Dr. Osthoff, die Gelegenheit an den Haa-
ren herbeiziehend, mit der ihm eigenen Breite : 'Man mag über
die treffendste Bezeichnung der Sprachen unseres Stammes den-
ken wie man will. Jedenfalls aber, wenn man so darüber
denkt wie Zimmer, der erklärt Seite 5 Anm. : 'er bediene sich
etc. s. 0.: unstreitig ist dann der Gebrauch des Terminus
'arisch' für eine nicht zu billigende Laune zu halten. Es klingt
ungefähr gerade so, als wollte Jemand anstatt 'germanische
Sprachen' den Ausdruck 'teutonisch' in Vorschlag bringen, nicht
desshalb etwa, weil dieser richtiger sei als jener, sondern weil
er hübscher laute. Nach einer einheitlichen Terminologie in
der Benennung unseres Sprachstammes muss nachgerade doch
gestrebt werden i) und da haben von allen Benennungen, objec-
tiv geurtheilt, doch nur entweder 'indogermanisch' oder 'indo-
europäisch' Aussicht auf Dauer. Wem 'indogermanisch' zu lang
ist, der kann ja, namentlich in einem Druckwerke Abkürzun-
gen gebrauchen: 'indog.' oder gar 'idg.'. Eines hat bloss Herr
Dr. Osthoff vergessen : zu bemerken, wie man in einem 'Sprech-
werke' sich helfen soll. Habe ich denn in 'hübscher Laune'
den Ausdruck in Vorschlag gebracht? habe ich nicht vielmehr
denselben im Anschluss an eines der bedeutendsten sprachwis-
senschaftlichen Werke der letzten 25 Jahre verwendet? Und
was nun die 'objective' Beurtheilung der Aussicht auf Dauer
anlangt, so scheint mir die nicht zu Ungunsten von 'arisch'
auszufallen. Abgesehen davon, dass in Deutschland sonst schon
vielfach in Schrift (vgl. Max Müllers Werke) und Wort der
Ausdruck 'arisch' in dem von mir verwendeten Sinne gebraucht
wird 2), hat Herr Dr. Osthoff vielleicht einmal in die neuere
sprachwissenschaftliche Litteratur Englands geschaut? Hier be-
*) Dies erinnert sehr an die pathetische Aufforderung Holtzmanns,
Germania IV, 1.
*] Auch mein Lehrer R. Roth spricht es alljährlich in seinen
von Hunderten von Zuhörern besuchten Vorlesungen über allgemeine Re-
ligionsgcschichte aus, dass die Verwendung des Wortes 'Arier' für 'Indo-
germanen' kein Fehler sei; vgl. auch ZDMG. VI, fi7 Ü".
Arisch. 139
dürfte er sicherlich der Leuchte des Diogenes, um ein 'indog.',
*idg.' anzutreffen. Und wenn er Kenntniss nimmt von den Ar-
beiten französ., italien. und slav. Gelehrten, so wird er 'arisch'
vielfach unbeanstandet für die ihm lieberen Bezeichnungen fin-
den. Doch ich habe es schon längst aufgegeben, mich über
obige Worte zu wundern; hat doch Herr Professor Dr. Osthoff
seit dem keinen Bogen seiner 'Druckwerke' erscheinen lassen,
in dem er nicht, zum Mindesten in einer Anmerkung, mich als
einen Menschen darzustellen sucht, dem 'der Sinn für verschro-
bene Constructionen' in höherem Grade eigen ist als anderen
Sterblichen, und dies Alles, weil ich einmal den Muth hatte
zu zeigen und es auszusprechen, dass eines der 'Druckwerke'
des Herrn Prof. Dr. Osthoff das Verdienst hat, 'eine der deut-
schen Grammatik eigenthüm liehe Erscheinung wieder zur Dis-
cussion gebracht zu haben, dass es eine Reihe von Fragen in
einem etwas anderen Lichte erscheinen lässt als sie gewöhnlich
aufgefasst wurden, überhaupt die Lösung des Problems auf dem
auch meines Erachtens einzig möglichen Wege erstrebt, aber
nicht eine nach allen Seiten hin genügende, irgendwie abschlie-
ssende Beantwortung der Frage im Entferntesten gewährt'. —
Ganz anderer Art als die Einwürfe des Herrn Dr. Osthoff
sind die Einwände die ein anderer Kritiker der obengenannten
Schrift mir gemacht hat, A. Bezzenberger , Gott. gel. Anz.
1876, Seite 1566. Anm.: 'Der Herr Verfasser gebraucht den
völlig fehlerhaften Ausdruck 'arisch' statt 'indogermanisch'
und motiviert das durch die Bemerkung, jener sei kürzer und
bequemer als dieser. Was würde er sagen, wenn ein moderner
Sprachforscher z. B. die kurzen und bequemen Ausdrücke 'hart'
und 'weich' statt 'tonlos' und 'tönend' brauchte' ? Im Folgen-
den will ich es versuchen, ihn zu überzeugen, dass der Aus-
druck 'arisch' nicht nur nicht 'fehlerhaft' ist für sämmtliche
Glieder unseres Sprachstammes, sondern sogar 'richtiger' als
'indogermanisch', dass die Angehörigen des Urvolkes sich 'arya'
nannten in der Zeit ihrer Gemeinsamkeit als es noch keine
Inder und Germanen gab.
Das Wort arija kommt auch bei europäischen Gliedern
unseres Sprachstammes vor und zwar bei den Kelten, den am
weitesten nach Westen vorgeschobenen. Es liegt im Altir.
mehrfach Ableitungen unzweifelhaft zu Grunde. Zuerst dem
Namen des Landes, das diese westlichsten der Keltenstämme
140 H. Zimmer
bewohnen. Dies hat Pictet schon längst erkannt in seinem
Aufsatz 'Iren und Arier' Beitr. f. vergl. Spr, I, 81 ff. (vgl. Pott,
etym. Forsch, erste Aufl. II, 87), nur dass er zu viel bewei-
sen wollte und dadurch bewirkte, dass man das Kind mit dem
Bade ausschüttete.
Als Name der 'grünen Insel' begegnet uns bei Ptolemaeus
lovEQvia, Aristoteles ^legvrj für *^If€Qvrj; ferner kommt bei Ptol.
^IovIqvlol vor als Name eines Volkes in Irland, ^Iovsqvlq als eine
Stadt daselbst; Cäsar hat Bell. Gall. V, 13, 2 Hibernia, ebenso
Tacitus, Ann. XII, 35. Agric. 24; spätere Schriftsteller, näher
an die Form des Ptolem. herantretend, bieten Juverna (Mela
de Chorogr. III, 6, 53 Müllenhoff, Germania antiqua p. 85,
vgl. Juven. II, 160) oder Jerne (Glaud. Land. Stil. 2, 251); in
Vita Columbae III, 21 steht 'in tua everniU patria' (Stokes,
Three Ir. Glossaries p. LXIII Anm.), im Book of Armagh ei-
ner Dubliner Handschrift aus dem Anfang des neunten Jahr-
hunderts (Stokes, Goid.2 83): 'Et ibi scilicet in sinu noctis
virum venientem quasi ex Hihernione cui nomen victoricus, cum
sepistolis innumerabilibus vidi, et dedit mihi unam ex his et
legi principium epistolse continentem vox Hyhernionacum' (Sto-
kes, Three Ir. Gloss. p. LXIII, Anm.; Gramm. Celt.2 776). Im
Mittelkymr. haben wir ewyrdonic hibernicus (Mab. 2, 386.
Gramm. Celt.2 850), neukymr. i^t Iwerddon {i) Ireland (Iwer-
ddoneg the irisch tongue, kverddonig relating to Ireland (Owen,
Diction.). Als älteste einheimische Benennung lernen wir ken-
nen Nom. Sg. Eriu (Cormac's gl. s. Elg.), Genet. Brenn, Herenn
Fiaccs Hymn. 13. 19. 41. 52. 61, Colm. Hymn. 46. 48. u. s.),
Dat. Erinn (F. H. 15), Eirinn (Cormac s. airber), Accus. Erinn
(Cormac) Gramm. Celt.^ 265 ff. Jetzt heisst das Land im Gäl.
Eirinn (Armstrong Diction. ; vgl. 'Tachair Eirinn ri Suaran nan
long^ es trifft zusammen Eirinn (d. h. triath Eirinn, näml. Cu-
chuUin) mit Suaran dem Helden der Schiffe' Fionnghal I, 483),
ebenso nach O'Brien (Irisch-engl. Dict.) neuir. 'Eirin, rather
erin' während O'Reilly, Diction. Eirinn als einen obliquen Ca-
sus zu Eire 'Ireland' bezeichnet; dies wird, wie sicher das
ältere, so auch das richtigere sein, denn auch O'Donovan, Ir.
Gramm. Seite 106 gibt Nom: Eire, Genet. Eireann.
Die Deutungen Pictets und anderer, die noch näher er-
wähnt w^erden sollen, giengen von dem Bestreben aus, diese
Namen unter einen Hut zu bringen. Pictet zerlegt daher
Arisch. 141
'lovEQvia , Hihernia (das h der klassischen Schriftsteller ist im
Anlaut der keltischen Wörter unursprünglich wie in germ.
Herminones, Hermunduri Gramm. Celt.^ 4G) in '/ot-, Ih- und
-EQvia, ernia; letzteres Wort setzt er dem irischen Erm, Erenn
gleich, '/of-, ib- soll sein neuir. ihh land, tribe of people
(O'Reilly), skrt. ibJia Gesinde, Hauswesen, Familie: "^Ibh- enia
also 'das Land der Ernen oder Iren'. Hierbei hat ihm nun
O'Reilly — auch O'Brien hat dasselbe — einen schlimmen
Streich gespielt; ihh ist wie Stokes, Ir. Gloss, S 67 Note zeigt,
kein Wort in der lebendigen Sprache, sondern nur der Dat.
Plur. von o oder ua Neffe, Abkömmling (altir. Nom, aue, Dat.
Plur. auib Gr. C.a 33. 56. 229. 260. 640 u. ö.) und aus Ver-
bindungen wie ^mac ind fhirdana da ihh Birnn' d. h. 'der Sohn
des Dichters aus dem Geschlecht (wörtl. den Nachkommen) des
B.' von O'Reilly wie vieles ähnliche gefolgert; so steht z. B.
Lib. Armagh 18 a 2 (Goidel. p. 86) der Acc. Plur. 'la auu
ce7iselich\ beim 'Geschlecht (den Nachkommen) des Censelach'.
Ein anderer Versuch die verschiedenen Formen zu vereini-
gen, wird von Stokes, Irisch Gl, p. 67 mitgetheilt. Als ihren
Urheber dürfen wir, obwohl er nicht genannt wird, den verstor-
benen Dr. Siegfried betrachten. Es heisst daselbst: ^Herinn,
which certainly is a stem in nn, iver-inn being the base in
the nom., gen. and dat., iver -ann in the acc, represents a
petrified avarasma (cf. skr. avara posterion, western, declined
with the pronominal -sma, Ir. iar after, aniar in the west).
By weakening the vowels, dropping the final a, and changing
m into n (cf. sni ,-sfiiQ^ ex asmi) we obtain ivarisn. From iva-
risn herimi may have arisen, by the assimilation of the 8 (cf.
immunn = skrt. abhyasmän = nhd. um uns) the passage of
V into a spiritus asper, the shifting of bis breathing, and the
drawing together of the i-a thus produced (cf. erthuaiscertach
gl. euro aquilo, Book of Armagh 188, b. 2 = iarthuaiscerd-
dach gl. etesiarum Z, 777): —
Nom. Sg. herinn = hiarinn = iharinn r= ivarinn
G. herenn — hiarinn-as — ivarinn-as
D. and Locativ herinn = hiarinn-i = ivarinn-i
A. herenn = hiarenn-en (-in?) == ivarannen (-in?)'.
Stokes selbst nennt 1. c. S. 159 diese Theorie 'extremely inge-
nious', zieht es aber mit Recht vor, nicht daran zu glauben.
Für ihn steht blos fest 'that Herinn is nothing but Ivernya^
142 H. Zimmer
the V having passed iiito spiritus asper, which has then shifted,
the e standig for i, the nn for ni/, as in the Prakrit anna from
skrt. anya, the 0. Ir. moirchenn, from morticinium'. Three Ir.
gloss. p. LXIII, wo er den alten Nom. Eriu kannte, nimmt er
nun als Grundform Everio oder Iverio an und hierin ist ihm
neuerdings Rhys, Revue Celt. II. 115 ff. gefolgt. Rhys zeigt
daselbst schön, dass im Kymr. vielfach wie im Got (tvaddje,
daddjan) dem y ein d vorgeschlagen wird, also nkymr. rhydd
(free, liberal) gleich got freis, skrt. priya, nkymr. trydydd (ter-
tius) gleich skrt. trtiya ist; ebenso erklärt er Iwerddon als ob-
liquen Casus (Acc.) eines alten Iverjo- , Everjo- , das Stokes an
dem letztgenannten Orte annimmt.
Mit der Erklärung von kymr. etverddonic, Iwerddon wird
es wohl seine Richtigkeit haben; aber ich kann mich nicht da-
zu entschliessen , die einheimische Form des Namens Eriu (Ge-
netiv Erenn) hieraus abzuleiten. Hiergegen protestiert die laut-
liche Gestalt des Namens. Aus einem alten ^Everjo-, Iverjo-
hätte nur lerjo- werden können und weiter nichts. Wenn ein
altes Everjo- von avara- abgeleitet, also 'Westland', wie Stokes,
Three Ir. gl. pag. LXIII. vermuthet, zu Grunde läge, so zeigt
das Irische sonnenklar was daraus entstanden wäre: iar (pos-
terior, occidens) in aniar (in, ab occidente) Gramm. C.^ 57.
iar-{n) (d. i. altes *avaram) post, iarum postea, iarthar We-
sten. Wenn der Urheber der oben dargelegten Theorie Irisch
gl. S. G7 als Beleg für Zusammenziehung von ia in e anführt
erthuahcertach gl. euroaquilo (Lib. Ardm. 188 b. 2) gleich iar-
thuaiscerddaeh gl. etesiarum Gramm. 0.^810, so ist er in offen-
barem Irrthum. Tuascert bedeutet nordwärts (Gramm. C.^ 612.
F. Ad. 30. Goid. 13.) wie tuaith (Gr. C.^ 243. 612. 504. Goid.
78), in erthuaiscertach 'nordöstlich' ist er gleich air Osten
(vgl. anairtiiäid inter orientem et septentrionera) wie z. B, die
gall. Partikel are- (Are-morica, Are-late) im Altir. sowol als
air- wie er- erscheint: airegem (quaerimonia), eregim (idem),
erigmea (quserellas) u. s. f. Gramm. Celt.^ 868. Da nun iar nur
die westliche Richtung bezeichnet, so kann iarthuaiscerddach
(gl. etesiarum, flatu) nur meinen, wie Ebel, Gr. C* 612 Anm.
richtig sieht, 'ventorum fiantium inter occasum et septentrio-
nem'.
Ein Beispiel für Zusammenziehung eines ia, das nach Aus-
fall trennender Consenanten (s, v, p) entstanden ist, könnte
Arisch. 143
ich anführen: Aus altem *aisarna- gleich got. eisarn ist in
den keltischen Sprachen lautgesetzlich geworden altir. iarn
(ferrum), iarnach ferreus, ianuüde (id.), altk. mttelk. hat/am,
nkymr. haiarn, liaearn, kornisch heirnior (ferrarius), arem.
hoiani (Gr. C.» 52. 104. lOG. 123. 778. Goid. 77. F. A. 130).
Sanctäns Hymnus 14 (Goidel. pag. 147) lesen wir aber: ^Äin-
siunn crist arcechnernbas arthein arthretan torhas' 'Es beschütze
uns Christus vor jedem Tod durchs Eisen (ernbas), vor Feuer,
vor dem brausenden Meer'. Der Glossator hat zu arcechnern-
bas richtig arcechniarnbas und das Metrum erweist die Einsil-
bigkeit. Ebenso heisst es in einer von Hennessy in seinem
schönen Aufsatz 'The ancient Godess of War' mitgetheilten
Strophe aus dem Book of Leinster 5, b, 2:
Badb is Macha met indbäis Morrigan fotla felbdis
Ind lema ind äga ernbais ingena ana Ernmais.
*Badb and Macha, rieh the störe, Morrigan who dispenses
confusion Compassers of death by the sword, noble daughters
of Ernmas' Revue Gelt. I, 37. Will nun wirklich Jemand aus
diesen Stellen, in denen ein altir. Heiliger und ein Barde von
den Musen bedrängt iarn im Compositum zu ern zusam-
menziehen, während das Wort sonst überall bis ins Neuirische
und Gälische iarn iaran heisst, die Berechtigung herleiten, das
alte Eriu, Erinn, das nur so und nicht anders erscheint, aus
lerin, lerinn erklären zu dürfen?
Liegt denn irgend ein histor. Grund vor, aus dem man Iwerd-
don ^lovEQVLa und Eriu (Erenn) absolut zusammenbringen will?
Im Gegentheil. Wir wissen, dass die Iren in alter Zeit ver-
schiedene Namen hatten : clan na Scot , clan na Fened (filii
Scotorum, filii Venedorum, cf. kymr. Gwynedd), do thuataib
Fene (popularibus Feniorum) predigt Patrik (Fiaccs Hymn. 40,
Gramm. Celt.^ IX, Anm.), ferner der heutige gaoidheal, über des-
sen Vorkommen in den altern Texten Gr. C. 1. c. gehandelt
wird. Sodann ist zu beachten, dass wenn ^lovegvia, Ilibernia,
Jiwerna zu kymr. Iwerddon zum Theil stimmt, dies darin seinen
Grund haben kann, dass Griechen und Römer die ersten Nachrich-
ten über Irland von den Britanni oder gar von den festländischen
Stammesgenossen derselben, den GalUern, bekamen. Bezeichnete
nun Iwerddon, ^loveqvia 'Westland', wie Stokes annimmt, so
liegt auf der Hand, dass die Iren sich so nicht selbst nannten,
ebenso wenig wie die alten Deutschen sich Germani nannten;
144 H. Zimmer
es ist dann ein Name, den die Britannischen Stämme ihren
noch weiter als sie westwärts gezogenen Angehörigen gaben;
wie ja die Iren selbst ein Tuailwiht'miha (woher engl. Thomond)
und Deasmhihnha unterschieden und die Bewohner letzterer
Gegend einfach dhi (dextri, meridionales) nannten Gr. Celt.^
57. Anni.; vgl. Sanas Chormaic s. airber. Hierzu würde vor-
trefflich passen, dass bei den Nordgermanen, die wie die irische
Heldensage erweist,^ schon frühe in Irland gefürchtete Gäste
waren, das Volk Irar heisst; sie lernten eben kennen, wie sich
das Volk selbst nannte; ebenso ags. Ira, Ire.
Und dazu kommt noch ein durchschlagender Grund aus
der einheimischen Ueberlieferung. Man mag über die Versuche
der beiden grossen irischen Geschichtswerke — der 'Annais of
the four masters' und Geoffrey Keatings History — und der
vielen andern analistischen Werke, die Geschichte Irlands bis
zur Sündfluth hinaufzuführen, urtheilen wie man will', so viel
steht fest, dass in den zahlreichen Genealogien der Hauptfami-
lien Irlands, die bis auf Noah zurückgeführt werden, nie oder
höchst selten gemachte Namen vorkommen. Entweder sind es
solche Gebilde wie gr, ^wXog etc., also post festum aus Völ-
kernamen etc. erschlossen — so führt die Mutter der gleich zu
nennenden Brüder den Namen Scota — oder es sind echte
wirkliche Namen, wie sie noch heute überall in Irland sich fin-
den. Es ist nun fast einstimmige Ueberlieferung der mittelir.
Annalisten, dass der grösste Theil der irischen Familien abstamme
do mhaccaibh Mileadh (von den Söhnen Milidh's): do chloind
Ir acus do chloind Ebhir acus do chloind Eremhoin (dem Ge-
schlecht des Ir, des Ehher und des Eremhon). Von Ir sollen
herkommen die Familien von Uladh; von Ehher die Familien
des Süden von Irland wie O'Brien, Mac Carthy u. s. w. i); von
Eremhon die grossen Geschlechter von Connacht und Leinster,
als da sind O'Conor, Mac Murroch etc. (O'Curry, Lectures 147
— 157. 194. 207. 447 ff.). Eremhon ist lautlich gleich dem
Ariommms lliati fil. Boius Grut. 670, 3 (Gramm. Celt.^ 773)
und von Ario- ebenso abgeleitet, wie Ceuo-mani, Viro-manus,
*) 'Oir as do shiol Eimhir Meicc Mileadh gheinsiot 30 Righ do rioghaib
Ereann agus 61 do naomhaibh' 'Denn du bist vom Geschlecht des Ebhir des
Sohnes des Milcad, von dem abstammten 30 Könige Irlands und 61 Hei-
lige', sagt. O'CIery in seiner Dedication der Annals of the four Masters.
Arisch. 145
Ger-mani etc. Wichtig ist, dass neben Ir der mehr hervor-
tretende Bruder Ehher {Ewer gesprochen) erscheint.
Zwei Möglichkeiten liegen hier vor: Entweder ist Ebher
nur aus einer alten Bezeichnung des Landes geschlossen, was
ich wegen der im "Verlaufe zu entwickelnden Gründe für ganz
unwahrscheinlich halte — oder es ist ein alter Name des Vol-
kes der Iren von dem Hibernia , lovtQvia, Iiverddon abgeleitet
sind. In diesem Falle ist ou, kymr. iv und das v in der Vita
Columbae : evernili nur Bezeichnung der Infectio mollis des iri-
schen h !)_, die, wie sich erweisen lässt, schon in den ältesten
irischen Glossen vorhanden ist. Ich will hier nur darauf hin-
weisen, dass in Folge der 'Infectio mollis' der Name Eher in
einem unserer ältesten irischen Texte in einer Form vorliegt,
die sein Incognito bis jetzt gewahrt hat. Fiaccs Hymnus 37
heisst es:
'Meicc Emir meicc Erimon lotar huili la cisaV
was Stokes übersetzt 'Emers sons, Eremon's sons, all went to
Hell'. Meicc Emir meicc Erimon ist eine Bezeichnung sämmtlicher
Iren an unserer Stelle und ist völlig gleich 'cland Ebhir acus
cland Eremhoin' (oben). Es steht also, da durch die Infectio
mollis sowohl h (bh) als m (?nh) in den Laut to zusammenfal-
len , hier Emir d. h. Emhir geschrieben für Ebir d. h. Ebhir ^).
Erimon in der Verbindung 'meicc Erimon' kann nur Genetiv
^) Wäre das kymr. Wort nicht Wiedergabe eines ir. Ebher-, aus
Eber- entstanden, sondern selbständige Entwickelung aus altem Eber-, so
raüsste es daselbst lauten I/erddon, eferddonic statt Iwerddon.
^) Der umgekehrte Vorgang, dass in Folge des Zusammenfalls der
Laute b und m in gewissen Stellungen in dem Laute w (neuir. bh, inh
geschrieben) nun auch b an Stelle eines ursprünglichen m geschrieben
wird, liegt in demselben Fiaccs Hymnus Vers 8 vor:
Forruih a chois forsindleicc 'er (seil. Patrik) setzte seinen Fuss auf
den Stein'. Forriiib ist glaich forruim posuit (Book of Arm. 18 b. 1);
forriiimtis sie mögen bauen (ibid.), fuirvii ponit, diarofuirmed als ge-
setzt wurde, foruirim posuit (Goid. 32) lit. remiü, remti stützen dem
Causativ von rimü, rhnti ruhen (Zeitschr. für. vgl. Sprachf. 24, 212).
Fernerhin hat derselbe Liber Hymnorum in der Vorrede zu L'ltans
Hymnus (Goid. 134) in corromarbtais iarnabaruch 'dass sie getödtet wür-
den am andern Morgen' iartmbarach für iarnamharach; vergl. neuir.
tnärach adv. to morrow, air na 7nhdrach, ara mhärach on the next day.
Auch in der Vorrede zu ^Martine te deprecor' steht: Venu tra Oengua
dochnm dale arrabarach 'Es kam Oongus am andern Morgen zur Ver-
sammlung'.
Beiträge E. Kunde d. ig. .Sprachon. III. ja
146 H. Zimmer
Sgl. eines masculinen an-stammes sein, wie er aujch Gramm.
Celt.2 264 aufgefasst wird, und nach Analogie yon ibrithemqn : _
hrithem ist der Nom. Sg. als Erem oder Airem zu erschliessen,
was einem alten Äryaman Laut für Laut entspricht. Es findet
sich denn auch der Nom. öfters, so bei O'Curry, Lectures 54
aus den Annalen Flann Mainistrech's (f 1056) ein Eochaidh
Airemh, der zu Augustus Zeit in Irland geherrscht haben soll.
Mittelirisch Erimhon ist dann entweder entstanden wie der No-
minativ Erinn für altes EriUj durch Eindringen des n aus den
obliquen Casus, oder es ist eine alte Weiterbildung und ent-
spricht wie oben vermuthet dem Ariomanus Bolus. ^) ^
Wir lernen alsolEbher als Stammvater der Iren (neben!
Airemh) kennen aus einem" allen Hymnus, cTen die Tradition-
des XL Jahrh. Fiacc von Sleibte, dem Schüler Patricks zu- '
schreibt, also um 500 p. Chr. entstehen lässt, und der sicher-
lich nicht jünger als der Anfang des 8. Jahrhunderts sein kann
wegen der Bezüge auf Tara, wie schon Leo, Commentatio de
carmine vetusto Hibernico pag. 5 erkannte. Iberi, Hiberi tref-
fen wir auch zu Mithridates Zeiten in Vorder-Asien, sie hal-
ten sich selbst für Nachkommen der Thessaler (Tacitus, Annal.
VI, 40; vgl. XII, 44-51, XIV, 23), waren daher aller Wahr-
scheinlichkeit nach Abkömmlinge der Keltenhorden, die zur
Zeit der Diadochenkämpfe Macedonien, Thessalien und Grie-
^) Wenn Stokes Remarks sec. ed. 78 an SuUivan tadelt, dass er
jE7-eman 'ploughman' ansetzt statt airem und es für eine ebenso unver-
zeihliche Sünde ansieht wie etwa lat. aratoris ^ canjionis als Nom. Sg. zu
nehmen, so urtheilt er doch viel zu streng gegen die 'Native scholars'.
Hat er nicht selbst ein Jahr vor SuUivan (1873) denselben Fehler ge-
macht, indem er Goid.^ 131 meicc Erimon übersetzt mit Eremoii's sons
und bemerkt 'with Ere7no7i Siegfried compared skrt. Aryamaji' — was
übrigens schon längst durch Pictet geschehen war, Beitr. für vergl. Spr.
I, 91. 'Eremmis sons' müsste altir. sein '■maicc Eremoin oder Eremuin'.
Und warum bricht Stokes über O'Beirne Crowe so unbarmherzig den
Stab (1. c. 54 ff.), wenn derselbe z. B. ein rosnaidet mit 'they strong-
swim' üljersetzt, also die elementare Erscheinung vergisst, dass ro {tcqo)
dem Präsens vorgesetzt, demselben den Sinn eines Präteritums vorleiht?
Ist doch 'Mr. Crowe's absurd 'they strong-swim' , unbesehen aufgenom-
men wurden in Curtius, Grundz.* No. 443 'sie schwimmen staik'. Wir
müssen den 'Native scholars' höchst dankbar sein , dass sie uns die
handschriftlichen Schätze zugänglich machen, auf ihre Irrthümer braucht
man nicht hineinzufallen.
Arisch. 147
cheuland verheerten und zum Theil unter dem Namen Gälater
in Kleinasien ein selbstständiges Königreich gründeten. Iheri
erscheinen ferner in Nordspanien im Verein mit echt keltischen
Namen, llöerm^bezeichnete ursprünglich nur die Landschaft
zwischen den Pyrenäen und dem Ebro (Diefenbach, Celt. II,
5 if. , vgl. Humbold, Untersuch, über d. UrljewT^SpanT^Ö) ; von i
hier aus sollen nach Tacitus, Agric. 11 die Bewohner Britan-
niens eingewandert sein: 'torti plerumque crines et posita con-
tra Hispania lliberos veteres traiecisse easque sedes (scilic. Bri-
tanniam) occupasse lidem faciunt'; aus Spanien kommen nach
der einstimmigen Ueberlieferung der irischen Tradition die
Söhne des Mileacüi, die oben genannten Ir , Ebher , Eremlwn. —
So viel steht nach Allem fest: Ir (vgl. altn. Irar, ags. Ira,
Ire) und Ebher liegen nebeneinander wie Eriii (Gen. Erenn)
und Hihernia, Iwerddon ; beide sind streng aus einander zu
halten i).
Die Deutungen neuerer ir. Lexicogr. , wornach Eriu ent-
standen sein soll aus iar-fhonn (the western land) oder iar-inn
für iar-innis (the western isle), oder i-iaru'm (Island of iron,
copper) brauche ich kaum zu erwähnen; über Zeuss Versuch,
Gramm. Celt ^ 74 Ir hat Ebel dadurch sein Urtheil abgegeben,
dass er ihn in der zweiten Auflage unterdrückte.
Welches ist nun die Etymologie von Eriu (Gen. Erenn)?
Ich schliesse mich Bietet an, der es aus dem ältesten Volksna-
men der Iren ableitet, der etwa Er oder Eir nach ihm gelau-
tet haben muss, und der ausser dem erwähnten Ariotnanus-
Erimo7i, Airem{-Äryaman) noch in einer Reihe von mittelir.
Namen vorliegt, die Bietet 1. c. S. 88 £f. erwähnt. Dieser alte
Name war nun kein anderer, als der mit dem die asiatischen
Stammesgenossen sich nennen Anja-. Zwei Möglichkeiten lie-
gen vor, die Form des Namens für das Land zu erklären:
1) Eriu (Gen. Erenn) ist völlig gleich altb. airyana arisch,
Pehlevi erän , np. irän Name des Landes. Das Irische theilt
nämlich mit den südeuropäischen Sprachen die Neigung, in vo-
calisch auslautenden Suffixen den Vocal fallen zu lassen (gr.
*) Die von Rhys 1. c. geforderte Grundform Iverja für kymr. Iioer-
ddon liegt thatsächlich vor in Iheriu , wenn man sich dazu entschliessen
will, wie ich oben gethan , das kymr. Wort nicht als eine kymr. Entwick-
lung aus demselben anzusehen — müsste Iferddon heissen — sondern
als eine Widergabe eines nach ir. Lautgesetzen entstandenen *lhheria.
10*
148 H. Zimmer
cpvXa^, xad^aiQü): xa&aQO-). Aus Arijans wurde Eriu wie aus
Acc. Plur. *ferans ein firu. Der doppelte Nasal in Brenn,
ErinUf wofür mittelir. vielfach Erend, Erind geschrieben wird
(Gramm. C.^ 64^ Änm.), ist dann ebenso aufzufassen wie in
anmann (nomina), amnann-n (nominum), amnannaib (nomini-
bus), wofür die mittelir. Quellen ebenfalls häufig anmand etc.
bieten; es bezeichnet den Status durus des w (Gramm. Celt.^ 41,
Stokes, Remarks 13 Anm.) wie dies in den neutr. wan-Stäm-
men deutlich hervortritt. Es lässt sich aber auch 2. anneh-
men, dass das nn ursprünglich; dann ist das Wort abgeleitet
von Arya- wie Arduenna silva von ardva- (ir. ard) = skrt.
ürdhva, lat. arduus, Vesunna von vesu- in Vesubi- äni, Cebemia,
Vienna, Clarenna, Ravemia etc. (Gramm. C.^ 774; Glück, Kelt.
Namen 4. 57.), und das Suffix lautet wieder consonantisch aus.
Das Verhalten der Silbe ya in Eriu: Erenn, Erinn (Eirinn)
ist ebenso wie in airmitiu: airmiten, airmitin; toimtiu: toim-
ten, toimtin d. h. es ist in den schwachen Casus (Accussativ
ist durch den Dativ verdrängt) vor den ursprünglich betonten
Casusendungen schwache Stammbildung eingetreten.
Betrachten wir nun noch die übrigen Wörter, die auf das
alte flf>'^- zurückgehen. In erster Linie steht altir./^e Gen.
,^35ftfi;^^gr!&cepe^ priämg), Nom. Plur. a?>^ ( principes) osni erig
(gl. honesti nos) Gramm?' Celt.2 57. 259 fif. 765. 809. Dieses
aire aus *aireks wie se aus *sex, mö aus *mox, ri aus ^'rix.
Gen. airech ist vollständig gleich skrt. äryaka ehrenwerther,
ehrwürdiger Mann i), nur dass es mit k weitergebildet ist statt
S* -kü' In O'Davorens Gloss. wird aire durch fal (prerogative,
privilege) erklärt, an einer andern Stelle ^ime no fal' d. h. »
mächtig^-eich oder Previlegium' 2) und im Sanas Chormaic lesen 1
wir A^ diu da cach ard is aimn 'Aire ist auch der Name für '■.
llesjöofie', wozu eine andere von O'Don. suppl. angeführte Er- -,
L'ung aus H. 3. 18 tritt: aire d. aimn coitchen dogach grdidh 1
flatha i tuaith *Aire ist der gemeinsame Name für jeden Grad \
der Herrschaft im Volke'. Es hat demnach aire (ärgaka) viel- \
fach den prägnantem Sinn, der in germ. Wörtern wie kuninga' I
*) Vergleiche ^^j^ (Babylonia, Chaldaea) , das nur ein arabisiertes |
»!y.i ist. Müller, Essai sur le Pehlevi pag. 298. «.«— ^
•)(_^je gleich altir. imde abiuidans, opulentiis Gr. C." G4. 470. 711.
792. Gold. 121. F. Ad. 78.
Arisch, 149
i
Angehöriger desfkuni xar ff^o/ifv d.i. Edler, ßmdana- der be-
stimmte VolksangeKorige, der Herrscher, hervortritt, öfters ist
es wie skrt. kri/ä (vgl. Mahidhara zu Väj. S. XXVI, 3) nur
ehrenvolle Bezeiclinung : ?'Herr'. Die aus H. 3. 18 gegebene
Erklärung wird illustriert durch eine andere Mittheilung O'Don.,
wonach die Stufen im Staate folgende sind: 1) fer mhidhhtha,
2) höaire, 3) aire desa, 4) aire echta, 5) aire drd, 6) aire tuisi,
7) aire forgaill, 8) rigli. Es kommt also unter dem König
zuerst der iJ^j^ fm^gaül, 'yfho had a hundred warriors, he
was the person who presided at the majiing of convenants and
who saw them fulfilled' i), dann der JMre tuisi 'he was the
leader in battles' 2) O'Don. Ueber die Uebrigen macht O'Do-
novan keine näheren Angaben; der böeire ist noch Gr. C.^ 259
aus Senchas Mör 60 belegt (homo dives armentis).
Von aire (Gen. airech) ist abgeleitel'^^t^?«ii^.('^fr«^^
^atus (^r. C 2 74, 213. 223. 430. 63irilT2: K Ad." 252),j
■a^:sgde pr^tens, pn^t!»g^is (Gr. C. 74. 213. 276. 712. 792.
912."^. Ad. \L 82). Fernzuhalten \si\airclienn principium,
airhkimtech prin^)s (Gr. C.2 10. 72. 183. 227. 300. 343. 868.
F. AdlNi^O) , es ist aus air = gall. are {Äre-morica, Arelate)
und ce7in caput componiert wie kymr. mrbennig princeps^us-
weist, gleicht also einem ags. eaxlgestedu&T^'''^^"''"^'''^''''''^'''''"^'^
Ein interessantes Compositum von aire (ärgaka) ist ruire
Gen. ruirecJi, Nom. Plur. reraig domini (Colm. Hymn. 4. 27.
29. 44. Gr. C.^ 252. 302. 633. 809). Von dem Glossator zu
Colm. Hymn. wird es überall durch rori 'grosser König' erklärt,
ähnlich wie er auch (Glosse 36) altir. fiadii dominus (= *ve-
dant oder *vedhant) durch fodia (lautlich = vasudevas) .i. dia
maith 'guter Gott' etymologisiert. An Zusammensetzung aus ro
Intensivpartikel und aire kann nicht gezweifelt werden. Er-
stere begegnet in ähnlicher Weise noch oft röiha gl. vinolentum,
roolach gl. crapulatus vino (zu 61 potus) rollca pejor (aus olca,
Comp, zu olc malus) Gr. C.^ 745. 864. 1040. Goid. 59. roimde
sehr zahlreich F. Ad. 78. roitu grosser Durst, rouacht grosse
Kälte, rouasal sehr edel LU. 33^ Nach einem Citat O'Don.
*) forgall institutio, testimonium, Eid, Versprechen Gr. C* 33. 223.
326. 477. 875. 919. Goid. 123. .
'■') altir. tmts initium Gr. C.^ 25. 50. 56. 110. ^tossoch initium, ^ojsecA I
praestane, primus — kymr. iouisauc Gr. C.^ 50. 74. 75. 216. 224. 810. 811 .T
998. etc.
150 H. Zimmer
suppl. ist H rig ein Häuptling, der sieben niedere Häuptlinge
unter sich hat, ein ri ruirech ein solcher, dem nur drei unter-
geben sind. Es wird wohl die Stelle des ntire (d. i. ro aire)
der des aire ärd in der oben aufgeführten Stufenfolge entspre-
chen.
Fassen wir kurz zusammen : Die Iren nannten sich in
alter Zeit wie ihre asiatischen Stammesbrüder AKi/n^ diese
Form könnte noch vorliegen in dem Namen des Stammvaters
Ir {Irar, Ire). Abgeleitet sind davon ausser Personen wie Ario-
manus-E7-emon, Äirem-Äryaman u. a. der Name des Landes
Eriu {Aryana-) und der Ehrentitel aire (ärijaka), ruire {ro-
alre) dominus, princeps. ^lovegvia, Hihernia, Iicerddon steht
mit dem Namen E^'iu in keinem etymologischen Zusammenhang.
Den Namen Arya müssen die Iren aus ihrer Urheimath mit-
gebracht haben i); er muss eine Benennung gewesen sein, die
sich die Glieder unseres Sprachstammes noch in der Zeit ihres
Zusammenseins selbst beilegten: es ist daher 'arisch' nicht nur
kürzer und bequemer als 'indogermanisch' oder 'indoeuropäisch',
sondern, was noch wichtiger ist, die allein richtige Bezeichnung.
Ich will Niemand auffordern oder veranlassen, in seinen 'Druck-
werken' ein ihm ans Herz gewachsenes 'indog.' oder 'idg.' nun
aufzugeben, darf aber nach meinen Darlegungen wohl verlan-
gen, dass man die Verwendung 'arisch' in dem Sinne von 'in-
dogermanisch' oder 'indoeuropäisch' nicht mehr als eine ein-
fache von mir ausgehande 'Laune' darzustellen sucht.
Zur Beruhigung für Herrn Prof. Dr. Osthoff und gewisser-
massen als Approbation für ihn will ich nachträglich noch
hinzufügen, dass Windisch, Beitr. zur Geschichte d. d. Spr. IV,
211 unter Hinweis auf gr. cpvla^ zu aire Gen. airech bemerkt:
'Vielleicht mit skrt. ärj/aka- verwandt'. Ebendaselbst Seite 232
steht: *Airem Nom. prop. für vorhistor. Arema (Aria-mä),
Genet. Areman, Eremon ; vgl. skrt. Aryamä, Stamm Aryaman';
und da "Windisch endlich 1. c. 270 schreibt: Suffix iami, schwa-
*) Das Fehlen des Namens Arya bei den übrigen westarischen Stäm-
men ist nicht wunderbarer als das Verhältniss von Varuna: ovQavog,
ostar. bhaga, haga: slav. hogö-, haben doch Ostarisch und Keltisch auch
allein das Femininum der 3 und 4 Zahl bewahrt; teoir (3) cetheoir (4)
für *iesore8, *cethesores gleich skrt. tisras , cafasras (Ebel, Beitr. zur vgl.
Spr. I, 430 £F. Windisch, Beitr. zur Gesch. d. deutschen Spr. IV, 220.
224).
Arisch. • 151
che Form inn, ist enthalten in Eriu Irland, Genet. Erenn (für
(Erhinas), so wird er auch den dritten keltischen Zeugen für
das Vorhandensein eines gemeinsamen Namens der Glieder un-
seres Sprachstammes vor der Trennung: altir. Eriu (Gen,
Erenn) gleich '^Aryana- unbeanstandet gelten lassen.
Berlin, 17. Mai 1878. Heinrich Zimmer.
Die deutsche Abstractbildung auf ung.
Schon im sechsten Bande (Seite 7) der Kuhnschen Zeit-
schrift habe ich bei Besprechung des gothischen jugga- 'jung'
im Verhältniss zum lateinischen juvenco- auf die Entwicklung
der zahlreichen deutschen Bildungen auf ing aus solchen auf
den Nasal, denen sich noch die alte Suffixform ka anschloss,
hingewiesen. Mit den Bildungen auf ing aber hängen die auf
twg aufs Engste zusammen : ihr Unterschied ist zum Theil nur
ein dialektischer. Ganz wie in singen und gesungen und den
ähnlichen Formen trat das eine Mal ein i, das andere Mal ein
M an die Stelle des selben alten zu Grunde liegenden a.
Auch durch fast alle übrigen indogermanischen Sprachen
lassen sich verwandte Wortgebilde verfolgen, sie finden sich im
Griechischen und Lateinischen, im Littauischen , im Slavischen
und sonst. Für dieses Mal sei der vergleichende Blick aber
nur auf das Altindische gerichtet. Hier kömmt dabei ein be-
sonderes Lautverhältniss in Frage, das in Benfeys vollständiger
Grammatik der Sanskritsprache § 83, 2 und § 69 aufgeführt
ist: Nominalgrundformen auf n verlieren diesen Nasal vor con-
sonantisch (ausser mit j) anlautenden secundären Suffixen,
ebenso wie vor anderen Grundformen in der Zusammensetzung
und vor den mit hh und s anlautenden Casussuffixen. So bil-
dete sich aus ragan- 'König' mit dem Suffix ka ein rdgakä-
'kleiner König' (Rgvedas 8, 21, 18), ganz wie auf der anderen
Seite zum Beispiel räga-2mträ- 'Königssohn' (Rgvedas 10, 40, 3)
und rä'ga-jmtra- 'Könige zu Söhnen habend' (Rgvedas 2, 27, 7)
oder wie die Casusformen rd'gasu (Rgvedas 8, 90, 5), rd'gahhjas
(Rgvedas 1, 139, 7; 2, 27, 1; 3; 12) und rä'gabhis (Rgvedas
152 Leo Meyer
1, 20, 5; 40, 8; 4, 34, 11; 7, 83, 6 und 10, 42, 10). Aus
uddn- 'Wasser' bildete sich neben dem Pluralinstrumental
uddbhis Rgvedas 1, 85, 5; 104, 4 und sonst) und Zusammen-
setzungen wie uda-vähd 'Wasser bringend' (Rgvedas 1, 38, 9
und 5, 58, 3) und uda-prüU 'in Wasser schwimmend' (Rgvedas
4, 45, 4; 5, 74, 4 und sonst) mit dem Suffix ka die Form
udakd- 'Wasser' (Rgvedas 1, 161, 8; 10; 164, 7 und sonst),
die auch in den Zusammensetzungen an-udahd- 'wasserlos'
(Rgvedas 7, 50, 4) und dpa-udaka- 'vom Wasser entfernt'
(Rgvedas 1, 116, 3) entgegentritt. Sicher hiehergehörige wei-
tere Formen auf ka bietet der Rgvedas nicht, vielleicht aber
führt noch der Eigenname Sdumaka (Rgvedas 4, 15, 9) unmit-
telbar auf saumdn- 'Somabereiter' (Rgvedas 1, 18, 1) zurück,
und dann lässt sich vielleicht auch noch aus pdvakd 'hell, hell-
strahlend, flammend' zunächst ein ^pdvan- folgern, wie wir auch
schon bei anderer Gelegenheit vermutheten.
Da unsere Abstracta auf ung früher auf unge ausgehen,
in althochdeutscher Zeit auf unga, in ihnen also alte Feminina
auf gedehntes d enthalten sind, so würde sich beispielsweise
an der Stelle unseres Biegung ein altindisches %hau(jakä, unse-
res Zeihung ein altindisches *daigakd, unseres Steigung ein
'^staighakä ansetzen lassen, die der Reihe nach auf rauthmass-
liche *bhaugan, '^daigan, *staighan- zurückführen könnten, und
andere Formen ähnlich.
Dorpat, den 4. Januar 1878 [23. December 1877].
Leo Meyer.
Gothisches bn.
Dass das Doppel-w in unserem Stimme durch Assimilation
aus älterem mn hervorging, wird durch das althochdeutsche
stimna erwiesen. Im G ethischen steht stibtia gegenüber. Dass
hierin wieder eine noch alterthüm liebere Form vorliege und in
jenem stimna das mn durch Lautanähnlichung erst aus b7i ent-
standen sei, gilt allgemein als feststehend: bieten doch das Grie-
chische und Lateinische den nämlichen Lautübergang zum Bei-
spiel in scamnum 'Bank' (aus *scabnum, neben scabellum 'Bank-
Gothisches bn. 153
chen'), as^ivog 'ehrwürdig' (aus *oeßvdg, neben aeßeod^ac 'ver-
ehren'), €QS/iiv6g 'dunkel' (aus '^fqeßvog, neben eqeßog 'Dunkel-
heit') und sonst. Dass nun aber das Griechische und Lateini-
sche nicht direct für das Germanische beweisen können, zeigt
zum Beispiel das Altnordische in seinem nefna 'nennen' dem
gothischen namnjan gegenüber und in seinem nafn 'Name' ne-
ben gothischem naman-, in denen deutlich /"« aus älterem mn
hervorging, während man von vorn herein wohl eher den um-
gekehrten Lautübergang für natürlich gehalten haben würde.
Für wirklich erwiesen würde die historische Reihenfolge
stibna-sfimnastimnie erst gelten können, wenn sie von etymolo-
gischer Seite ausreichend gestützt wäre. Was soll man nun
aber dazu sagen, wenn zum Beispiel Weigand in seinem sonst
so vortrefflichen Wörterbuche annimmt, Stimme sei von einem
muthmasslichen gothischen Wurzelverbum *stihan 'gegründet
und fest sein, stützen' abgeleitet und bezeichne ursprünglich
'den gleichsam gegründeten und festen d. h. eigenthümlichen
Laut, durch welchen sich ein lebendes Wesen von dem andern
unterscheide"? Wenn bei der Erwägung der Lautverhältnisse
schon längst als unabweislich gilt, in vorsichtigster Weise den
Analogien gerecht zu werden, soll da bei der Construction von
Bedeutungszusammenhängen gelegentlich noch immer die mass-
loseste Willkühr und Vernachlässigung aller Analogie gelten?
Ist das Hervorgehen von sfimna aus stihna nicht ganz un-
zweifelhaft und das umgekehrte möglich , so tritt die Wahr-
scheinlichkeit heraus, dass in stimna sowohl das m als das n
suffixal sind, also eine alte Suffixform mna vorliegt und dann
ein ganz naher Zusammenhang mit den griechischen av6-/iiaT-
•Mund' und otcü-/.ivXo- 'gesprächig, redselig' besteht und weiter-
hin dann auch wohl, wie ihn auch Fick bei diesen letzteren
Wörtern annimmt, mit dem altindischen stan : stänati 'don-
nern, dröhnen' 'brüllen, brausen' und vielleicht mit stämi'i- (nur
Rgvedas 7, 20, 9), für das Böhtlingk und Roth die Bedeutung
'brüllend , donnernd' vermuthen, das aber Grassmann mit 'Seuf-
zen' erklärt und Ludwig mit 'beredt' übersetzt.
Gothisches mn kennen wir sonst nur in namnjan 'nennen'
das von naman- 'Name' abgeleitet wurde, und in den Pluralca-
sus dieses Namens (Accusativ namna Markus 3, 17; Dativ
namnam Johanneserklärung 5 , und Genetiv namne Efeser 1,
21 und Johanneserklärung 5), wo es also durch die zur Seite
154 Leo Meyer
liegende Ausgangsform leicht gezcliützt bleiben konnte; wurde
es sonst vermieden, so liegt die Annahme noch besonders nah,
dass letzteres auch in mehreren Abstractbildungen geschah, die
theils inneres suffixales Im, theils fn zeigen — was, wie ich
nachträglich bemerke, auch Paul im ersten Bande seiner Bei-
träge, S. 157 Anm. vermuthet hat. Das letztere haben wir in
dem weiblichen vundufnjd- 'Wunde' (nur Markus 3, 10) und
dem ungeschlechtigen valdufnja- 'Gewalt' , das ziemlich oft vor-
kömmt. In diesen beiden Formen könnte also das fn ganz so
entstanden sein, wie in den oben genannten altnordischen nafn
und nefna. Mit innerem hn begegnen das weibliche fraistuhnjä-
'Versuchung' und die ungeschlechtigen fastubnja- 'Haltung, Beob-
achtung'; fastuhnja- 'das Fasten' und vituhnja- 'Kenntniss'. Das
letztere würde sich, wenn sein h vor w wirklich aus m her-
vorging, nah an eine ähnliche Bildung wie das griechische
sldrjf^iov- 'wissend, kundig' (etwa ein *löo/iiov-, *fido/^ov-) an-
schliessen.
Dorpat, den 8. Januar 1878 [27. December 1877].
Leo Meyer.
Hämus.
Hämvs 'Haken', insbesondere 'Angelhaken, Angel' stellt
Fick 2^, 79 zum griechischen ix«/'og^ 'gekrümmt' , was gewiss
nur als eine sehr ansprechende Combination bezeichnet werden
kann, da dabei eben so wohl die Form als die Bedeutung von
hämus auf das be^te berücksiclmgt worden ist. Leider aber
wird ]QnQ^'^ttiJ^lg^(%(^l^>^.*:^^v^(.l^ Hesychios ange-\
führt, dessen Quellen wir in allen Einzelheiten zu wenig con-'
trolliren können, und dazu kömmt, dass gar nicht gelingen will,
es etwa noch genauer etj^mologisch zu bestimmen, da doch
Ficks unsicher ausgesprochene Vermuthung, dass es etwa von
einem griechisch - italischen x''^ > indogermanischen ghä *klaf-
end, auseinander tretend' ausgegangen sei, allzu wenig wahr-
scheinlich ist. Hesychios führt auch noch ein ytn^g 'ge-
krümmt' 'eng' (yb^v • xa/iiTtvlov, oxtröv) auf, das Lobeck in
seinem Rhematikon\( Seite 47) ohne eingehendere Erklärung
Hämus. 155
neben Y.(xf.i7},tw, yvocfiTttu), yaßipog^ ya//(pay«i1^ zusammen mit je-
nem x«|Kog aufführt.
Das lateinische hämus gehört zu denjenigen Wörtern, die
bisweilen auch ohne ihr anlautendes h auftreten, wie zum Bei-
spiel in dem abgeleiteten__a?wa^ws *^^^%! ^^^ Lucrez 2 , 405
(Jiaec mggis .ainätis inter se nexa ienen) und 445 (haec magis
ämätis inter sese esse necessest), statt dessen doch wenige Verse
später (468 , . nee tarnen haec retinertirmu^a neceSsmu^t) auch
wieder die Form mit h gebraucht ist. So liegt die Vermuthung
sehr nah, dass das h in hämus gar keinen tieferen etymologi-
schen Grund hat. Dann aber ist nicht wohl daran zu zweifeln,
dass ämus ebenso wie zum Beispiel lümen 'Licht' (für lucmen)
vor seinem inneren m einen alten harten Guttural einbüsste
und sich eng an die alte "Wurzelform ak oder^^j2,«^-*bi^gen,_^
krümmen' anschliesst, jpa der zum Beispiel das altindische
o^iifiK^eJjpgefi^ ( gg^i'!mknd- Jmit gebogenem , Knie') , cHoy^U^""
'gebogen' o/xog — lat. jj^^jS^s^^^daken , Widerhaken' ^altind.
ImßM m. 'Haken, Klamm^^r', das altindische att/a<ftrs 'H^JtewT**'
AngelTiaken' und zahlreiche andere Bildungen ausgingen, wie
sie Fick 2^, 5—7 zusammengeordnet hat.
Dorpat, den 27. [15.] April 1878. Leo Meyer.
Päli acchati.
Ascoli (Kritische Studien zur Sprachwissenschaft übersetzt
von Merzdorf-Mangold. Weimar 1878 p. 265 note 49) meint,
Präkrit accha't — Päli acchati gehe auf ein vorauszusetzendes
Sanskritfuturum '^ätsyati oder ^ätsyate von wurzel äs zurück.
Er beruft sich auf dakkhati, als auf einen analogen fall. In-
dess die sache liegt anders, dakkhati, der regelmässige Ver-
treter von Sanskrit drakshyati , erscheint in den alten Päli-
texten factisch noch als futurum, wie zuerst Childers nachge-
wiesen hat (Beiträge zur vgl. sprachf. VII, 451 ; cfr. Dictionary
s. V. passati). Ein schönes beispiel, das Childers nicht hat,
findet sich im Brahmajalasuttam p. 57, 10 ff. (Sept Suttas Pä-
lis par M. P. Grimblot Paris 1876): ucchinnabhavanettiko bhik-
khave Tathägatassa käyo titthati; yav' assa käyo thassati ^),
^) Dass die wurzel sthd im Päli und Präkrit ihr cerebrales th falscher
156 E,. Pischel Pali acchati.
tava Dam dakkhinti deva manussa ; kayassa bhedä uddham
jivitapariyädana nam na dakkhinti deva manussa. So ist der
text der jammervollen ausgäbe zu verbessern. „0 ihr priester,
der leib des Tathagata in dem die begier vernichtet ist, bleibt
(noch). So lange sein leib bleiben wird, so lange werden ihn
götter und menschen sehen. Nach der auflösung des leibes,
nach beendigung des lebens, werden ihn götter und menschen
nicht sehen". Häufig erscheint dakJchinti auch am ende der
suttas in der phrase . . . cakkhumanto rüpdnl dakkhintUi ;,da-
mit die sehenden die formen (= dinge) sehen" z. b. Sept Sut-
tas p. 153, 14. 160, 11. 310, G u. s. w.
Ganz anders verhjilt es sich mit acchati. Nachgewiesen ist
es bisher nur aus dem Khuddakanikäya , und zwar die formen
acchanti, accJti, acchissati. Childers s. v. und p. 613. Ich habe
noch acchi aufgezeichnet aus Dathävamso IV, 23: Sugatadasa-
nadhätura välukathüpakucchim j thapitam upacaranto acchi
gumbantarasmim || „Er hielt sich in einem dickicht auf, indem
er die in dem stüpa aus sand befindliche zahnreliquie des Su-
gata verehrte". Nirgends, weder im Pali noch im Prakrit, lässt
sich die leiseste spur einer einstigen futurischen bedeutung
nachweisen und es ist schon an und für sich im höchsten grade
unwahrscheinlich, dass eine form ^ätstjate, die auch nicht im
entferntesten an ein präsens erinnert, wie dies bei dakkhati der
fall ist, ein präsens acchati hervorgerufen haben sollte. Ascoli
sagt, ich hätte den Ursprung der wurzel für dunkel erklärt.
Allerdings habe ich dies an der von ihm angeführten stelle ge-
than, aber bald darauf habe ich in den Göttinger gelehrten
anzeigen 1875 p. 627 f. eine erklärung gegeben, die mir vor
der Ascolischen den vorzug zu verdienen scheint. Ich glaube
nämlich, dass acchati für äs-ska-ti steht, wie icchati für is-ska-ti
und ucchati für us-ska-ti. Das wort ist also zu Curtius Ver-
bum IS 273 ff. zu stellen i). Den entwicklungsgang von ska zu
ccha hat Ascoli wohl am richtigsten dargestellt. —
Kiel, 1. October 1878. R. Pischel.
analogie verdanke, ist Osthoff (Jenaer Literaturzeitung 1878 p. 486) „völ-
lig einleuchtend", weil er weder Pali noch Prakrit versteht. Die cere-
bralißirung im Prakrit kann auf so wohlfeile weise nicht erklärt werden.
*) E. Kuhn erklärt acch aus as -\- c/t. cfr. E. Müller, Jainapräkrit
p. 66. Die herleitung von äs scheint mir richtiger.
157
Schwa indogermanicum.
Band IV S. 167 ff. dieser Zeitschrift glaube ich nachge-
wiesen zu haben, dass der Ablaut des Aorists im Griechischen
und Sanskrit sowie des zweiten Perfectstammes im Griechischen,
Deutschen und Sanskrit auf einem einheitlichen Principe be-
ruhen. Wenn dieses Princip jedoch für die Stämme mit e im
Präsens, o im starken Perfectstamme so gefasst wurde, dass
durch Wirkung des Accents dieses e, o im Aorist- und zweiten
Perfectstamme ausgestossen werde, so steht dem entgegen, dass
dann Aoristbildungen wie ved. vurtta mtimurat, gr. ßaXe rdfis
unerklärt bleiben, für xramv u. s. w. ein neues Princip, näm-
lich Theilvocal angenommen werden muss, im Perfect das Ver-
hältniss von ved. titirüs zu cakrüs, got. qiimans haürans zu
ved. jagmänds babhränds ganz unerklärt bleibt. Auch sind ja
die Wurzelsilben in dqay.e ved. drgan und öedaQ/nsvog ved. cakrmd
got. baürgum nicht eigentlich vocallos, sondern enthalten Vo-
cal genug, um ihr r eine Silbe bilden zu lassen. Ich gehe da-
her, um das einheitliche Princip, welches ja offenbar zu Grunde
liegt, zu gewinnen, versuchsweise jetzt von der Vocalschwä-
chung statt von der Vocalausstossung aus und stelle den Satz
auf: durch Wirkung des Accents können die Vocale e, o zu e,
ö, blossen Vocalanstössen herabgedrückt werden, für welche
dann facultativ, besonders — jedoch wie die folgenden Beispiele
zeigen werden, durchaus nicht durchgreifend — in offener Silbe,
Vocalausstossung eintreten kann. Dieses ursprüngliche e ö,
das ich der Kürze wegen Schwa nenne, erscheint im Sanskrit
meist als / t (vor und hinter Labialen auch als u ü) , im Zend
als e i, im Griechischen vorwiegend als a, im Deutschen als o
(got. u) ; silbenbildende j, v, n, r, l sind Formen der Schwabil-
dung.
Jetzt wird auch das Verhältniss von got. um in vHum zu
vidmä fiöfisv klar. Im got. -um ist kein Theilvocal eingetre-
ten , es entspricht auch gar nicht dem ved. -md, gr. -ftev, son-
der dem ved. -imd in dadägimd u. s. w. sowie dem griech.
-ai-iev in 7te(pv-Kaf.uv u. s. w. ; das griech. a in yayovct-g ent-
spricht dem skr. i in tatdrdi-tha u. s. w. Ist nun im Perfect-
stamme die Wandlung des auslautenden Vocals des vollen
Stammes in Schwa (gertp.: (jone c/öue) das Ursprüngliche, wofür
158 A. Fick
Vocalausstossung nur in secundärer Vertretung eintritt, so exi-
stirt ursprünglich gar kein conson antisch -auslautender Per-
fectstamm. Ebenso wenig freilich ein entsprechender Präsens-
stamm, man vergleiche nur ved, hrdvimi = zend. mraomi Gf.
mrdvemi, zend. vacemi — ved. väpnf,, skr. rodiml zend raogtä
lit. rdudmi, wo wie im Perfect Schwa und Vocalausstossung
wechseln; selbst neben esmi bin muss ein gleichwerthiges esomi
angesetzt werden, weil sich sonst lat. osk. sii7n nie begreifen
lässt. — Im Aorist ist das auslautende Schwa erhalten im a
der griech. Aoriste t^evag elrtag e'/.rjag wie im / des ved. dtärima
wir retteten vgl. IxEvauev, und im i der zweiten und dritten
atäris, atärit; dem griechischen Stamme yrjQa entspricht genau
ved. järi in ajdrishus sie alterten. Damit wäre denn erwiesen,
dass Stämme wie ed bhid ruk ursprünglich gar nicht existirten,
sondern erst aus ede bhide ruke hervorgegangen sind; die in-
dische Wurzeltheorie mit allen ihren verkehrten Consequenzen
(Thema- und Bindevocal, Guna u. s. w.) wäre damit definitiv
beseitigt.
Bevor ich die Schwabildung im Griechischen betrachte,
sei noch einer tiefgreifenden Differenz zwischen Europäern und
Ariern im Schwa gedacht.
Den europäischen drei Reihen d : a, e : e, 6:0 müsste ari-
sches ä : a entsprechen. Aber dasjenige a, welches die Verkür-
zung von d ist, hat sich im Arischen sehr selten (unter dem
Einflüsse des Accents) erhalten wie in tasthd-thiis , tasthä-tus:
tasthau; der Regel nach entspricht den europäischen drei Rei-
hen arisches ä: Schwa, mit welchem Schwa dann, wie immer,
Vocalausstossung wechselt, wie in dsthdt : ästhi-ta, dstJii-ran :
dsth-us; tasthau : tasthi-md : tasth-üs ; dddhdmi : dadhmds ;
dädäsi : daddhi. Im Zend entspricht diesem Schwa regel-
mässig ebenfalls Schwa, also e und i, wie in dademaide = ved.
dddmahe, miti Mass = ved. miti; ist im Zend der VoUvocal
eingetreten wie in gtäta — ved. sthitd, data — ved. hitä, so
ist die parallele Schwabildung des Sanskrit als das Ursprüng-
liche und gemeinsam Arische zu betrachten , weil sie die Wir-
kung des ursprünglichen Accents zeigt. Das i in ved. sthitd
kann daher mit dem a in aracog (azä : ara-zog vgl. d^t] : d^e-
Tog , dio : do-tog) gar nicht verglichen werden ; das i in sthitds
ist niemals a gewesen, sondern Schwa, und kann daher auch
mit Vocalausstossung wechseln , mau vgl. devä-tta ( — deva-
Schwa indogormanicum. 159
crtä) gottgegeben mit sthitd, dhitä oder zend. fedhro ptä =
pita mit ved. j9?Ya Vater, wofür die arische Grundform peta
ist, neben europ. pater Vater.
Bereits Benfey verglich die Aoristreduplication sskr. ajijdm,
arpipäm mit der griechischen in V^yayov, egvycajiov, ijviTtaTtov.
Wir können jetzt die vöUige Identität beider Bildungen bewei-
sen: das i in ajijdm, arjnpdm ist Schwa und muss daher im
Griechischen als a erscheinen, also ä'jijam = ^yayov. Da nun
aber jedes Schwa auch ausgestossen werden kann , so dürfen
wir der Bildung iQv/My.ov ganz gleich setzen : avelxai = svex"-
nai 1).
Dem a in d-vydrrjg entspricht regelrecht i im ved. duhitdr,
daneben finden wir dhugJi'td'r im got. daüJdar lit. dukte , wie
neben slväreQeg lat. janitrices: skr. yä'tar (= ijdn^tar) liegt.
Das homerische Suffix -ra entspricht durchaus dem lat. -t,
dem vedischen -t : TteQLxlvat Umwohner ist vom ved. j:>«ri7i;s/i/^
umwohnend, iTtTtöra vom lat. eques tis nicht zu scheiden; ra
wie lat. ved. t beruhen auf dem verkürzten Suffix -to, aus dem
te — gr. ra und damit identisches f — lat. ved. t wurde.
Die griechischen Suffixe avo, aiva, öavo, afio , ag, ago,
ctXo, y.aXo, afo, ag haben in ihrem a kein Ur-a conservirt,
sondern dieses a ist Schwa, muss desshalb sanskritischen i ent-
sprechen und kann wie jedes Schwa auch ausgestossen werden,
so dass die Suffixe vo, ovo, f.io u. s. w. als identisch mit jenen
volleren Formen anzusehen sind.
Hierfür gebe ich einige Beispiele, so weit ich sie bis jetzt
gesammelt: davcdvr] neben lat. dammum Gf. dapeno , Idccvöv n.
ved. annä n. Speise Gf. edenön, lat asiniis n. ovog Gf. osenos,
*) [Hiernach können die Aoristformen mit aa, wie Ixäkeaaas xüXea-
aav, y^Xuaauv, tluaatv i^riXuaauv u. s . w. zu den skr. Aoristformen der
VI. Classe gestellt werden: a^aa, a^aag, d^aarov , d'aürriv, a"aä/j.e{v),
a^ aars entsprechen laut für laut den skr. endungen süha7n, sis (d. i.
s^sis), sisli'tam , sis/rfäm , sisirma, sisfCta. Die zu verbis puris gehöri-
gen gewöhnlichen Aoriste mit einfachem ff sind aus jenen entstanden ; ge-
gen ihre Zusammenstellung mit den skr. Aoristformen der IV. cl. spricht
der Umstand, dass einfaches a zwischen Vocalen sonst regelmässig einge-
büsst wird. — Die von Leskien in Curtius' Stud. II. 67 ff. aufgestellte
Erklärung der Aoristformen mit aa mag wie andere ,, junggrammatische'*
Abenteuerlichkeiten auf sich beruhen. B ].
160 A. Kck
lat. acinus Beere n. Ö^va^ ^f'>yyvr] Birne. — fir]y.£dav6g neben
fiaxeövog schlank. — xty.taiva neben sskr. takshni' Zimmer-
mannsfrau. Ebenso steht ovofialvto zu got. namnja, eyid^a'iQio
zu ixO^Qog 1).
y.ald(.nq neben lat. culmus nhd. Hahn Gf. kalemo, rcaläf.irj
n. lat. 7Ja?)Ha ir. Tawras. folmds'-'^ii^^d, 7rX6y.a^iog = TtXoyjiog
Geflecht. ^-
eaQ — ■ fsilaQ ist — iiol. J=rjQ zend. vanhri Frühling. —
'laQog entspricht genau dem ved. ishirä, daneben mit Ausstos-
sung des Schwa 'iQog; neben vefagng liegt armen nor neu,
neben aivagog : aiv-ö-Qog und neben ved. rudhird: igi^S^Qog,
ksl. rüdrü roth, wie ved. dhvasrd neben dhvasird stiebend.
Neben -/.scpalT^ liegt yießli] got. gihla, v.iyy.aXog = x/vxAog
Wippsterz, y.äy.aXov Ringmauer neben Y.iyvXig Gatter ,^_J7a!^i>s^
G^ifeK. n«feßö„^bi. s'^ff^'-S^ö^bi^jI -— Das Suffix v.aXo in ößQmaXcc
(pßQta Thierjunge vgl. ved. agriyd erstgeboren) vergleicht Cur-
tius richtig mit dem deminutiven lat. cido , -clo.
y.qavaj-ög neben lat. cernuus , ravaog (= lett. ilvs), xeQa-
/6g: lat. cervus, oyöofog (aus oyd^fog nach Äscoli, wie nach
demselben Vßdo(.iog aus eßÖ^^og — preuss. sepfmas): lat. odä-
vus (worin ä später gedehntes Schwa ist) enthalten Schwa vor
dem Suffix /o.
yiQsfag entspricht genau dem ved. hravisj damit ist den
Neutris auf ag ihr Ort augewiesen : sie entsprechen durchaus
den ved. zend. Neutren auf is und enthalten wie diese vor dem
s ein aus dem vollen Stammauslaute e o (z. B. in -/.Xefo-g =
ved. grdvas) durch Schwächung entstandenes Schwa (= sskr.
zend. i = griech. a).
*) [Ich bemerke auf Ficks Veranlassung gelegentlich der Formen
rixzttiva, ovofxctCvta, i/&niQ(o, in welchen sich Epenthese eines c zeigt, dass
das Griechische nur diese Epenthese kennt (nicht die eines v), dass dieselbe
aber nur da, da aber gesetzmässig und allgemein-griech. eintritt, wo ein als
Schwa aufzufassendes « von r, Q -\- i (bez. j) gefolgt ist. In allen an-
deren Fällen wird, wie besonders das Aeolische zeigt, t (J) dem vorher-
gehenden Consonanten assimilirt und es tritt keine Epenthese ein. ][)ahj;
heisst esyS«/rw (aus ßt'J(o) =z \ai. vemo\a(fclf^«^^u3 aTimtt) vgl. lii
/ttiQü^aus xa/^) vgl. lat. horior , Aü^i*^^(au8
l^gtjL wje?S«oi. 8. w., aber aXlos (auf dasdialekt. "(dkos ist nichts zu
geben) = lat. aliiis, ^äklov = lat. vielins, fj^aao; = lat. mediun, xölXa
vgl. 1 it. klijei, äol. r^vvoi, oi^QO), (fiS^QQui, (iy^(j()w, if^iQ^ta , dt()p(o, fy^QQ<a
u. s. w. B.J.
Schwa indogermanicum. 161
Unter den angeführten und noch weiter unten anzuführen-
den Beispielen findet sich Manches, was Joh. Schmidt (Vo-
caHsmus II, 1 ff.) durch Theilvocal (Svarabhakti) deuten würde
oder gedeutet hat. Es wird einer besonderen Untersuchung
bedürfen, um die Gebiete des Schwa und des Theilvocals gegen
einander abzugrenzen ; dies ist freilich erst dann möglich, wenn
wir uns vorher darüber verständigt haben , welche Form der
„Wurzel", oder wie Bezzenberger richtiger gesagt wissen
will, dem „einfachen (nicht componirten) indogermanischen
Worte" zuzuschreiben ist ; dass die Sprache von jeher aus Wör-
tern und nie aus „Wurzeln" bestanden, ist wohl selbstver-
ständlich.
In der hierunter folgenden Sammlung weiterer Beispiele
bezeichnet Gf. „Grundform", vv. „voUvokaliscli".
(if.ia zugleich vgl. lat. simul simitu, ved. sumdd mit =
smäd = zend. maf mit. Gf. söm-. Vv. ofi6-g — ved. samä-s.
a^id-y.ig einmal neben /na in f.iä-y.ElXa (vgl. dl-xskXa) und
in /.liow^ (— f.ia-tovv^) einhufig. Vgl. ved. sumdd = smdd.
dfiTj (x(.i6-&ev irgend ein, vgl. got. siim-s irgend einer, ved.
simä jeder. Vv. ved. sama irgend einer.
avla^, lola^ neben dl^ Furche. Gf. ccfoh/., vgl. evldY.a
Pflugschaar, ved. tirkä Pflug.
ßcclavog Eichel vgl. lit. cjüe, ksl. zelc^dt, lat. glans.
ßttQvg vgl. ]^t.j/z(mis., ,goi. Jcaur-s, ved. gurü. Gf. gverü.
""^ciQveg ' devöga vgl. lit. g}re Wald; dazu auch umbrisch
berva — lat. verim (nach Bugge Altital. Studien S. 77).
ßöäXXuo sauge neben yia-ßlisi, y.a-ßXi&ei • xaraTtlvei; Vv. in
ßdsXXa Blutigel.
ydlaxTog g. neben ylay.TO-q)dyog , yXdyog, lat. lacti-s =
gvlaJctos; das Verb ist enthalten in ßadslsyel • d/Lulyei Hesych,
gebildet wie aeXayaco : osXag. .->-■- —
yaXoiog, lat. glös, ksl. zlüva.
ydyyaf-iov Netz (= fassendes) vgl. o-y/io-g (= so-gomo-s)
Schwaden zu ye/j. fassen, yivro fasste, ya/irj nehmen = hei-
rathen.
yaX^-vt] neben yXfj-vog vgl. ysXdio.
dafiCco ÖEÖaLy/iivog vgl. ksl. dvignq, stossen, Gf. deveg oder
doveg (altlat. dvellum vgl. ksl. po-dvigü certamen).
sXaxvg (— i-Xeyv) lat. levis, ksl. Itg^d^jü lefftj^t. Vgl. ved. ^/
rhdt gering neben raghü. ' ^
Beiträge z. Kunde d. ig. Spraohpn. III. ji
162 A. Fick
saxccga Heerd (s-axoga) vgl. mhd. schor-sfein, Schornstein:
vv. ksl. skvrada, mhd. schart Bratpfanne.
öaQvXlog maked. Eiche vgl. ÖQvg Eiche: öoqv.
da7,TvXos Finger, lat. digitus, Gf. deketös.
diödaxü) lehre, lat. disco lerne, Gf. deksko : vv. lat. doceo.
y.aiv6g, Tto-xalviog neu, ksl. po-cinq poc^ti anfangen, lat.
re-cens.
xaxx?;, lit. szikti cacare, Gf. keq. Vv. nÖTtqog, sskr. gäkrt.
xaAa in yiala-vQOip krummer Stab vgl. xlä-a) biegen, lat.
recellere.
tcuXeo) y,aX^~T(jüQ neben ytl^-tcoQ y.ixX^aa(o, lat. caldre, ahd.
holen nhd. holen.
y.aXid Nest, Hütte vgl. ved. kuläya Hülle, Nest, got. hlija
Hütte = *hleja (nach Bezzenberger).
y.aix(XQa Wölbung, lat. camurus vgl. skr. ktnar sich biegen,
zend. kameredha.
Tiafisiv entspricht im a dem i im ved. gimt Werk, o in
UQü-y-o/Liog dem a im ved. gdma arbeitend, gdmi Werk.
■üd/^iagog = an. humarr nhd. Hummer.
xccQa Haupt = xap, e/rt xa^ = zend. gat-e (für fire j;ßre),
>iaQr]-yioiLi6(x)v neben ^qij-ös/hvov, Y-go-xacpog^ ay-HQO-g vgl. ved.
giras n. Haupt. Vv. in -Kogorj an. hjarsi neben ved. gtrshd,
girshdn, worin «r = r.
xa^og Betäubung, y-agoco betäuben, lit. kurtus, lett. kurls taub.
xa^/rdg Handwurzel vgl. ved. kulj^hd-s Knöchel.
ycdüiiava • y.aaavf.iaTa Hesych vgl. lit. szikszna f. Leder, Gf.
keskeno-.
Xaxctlvü) behacke, lat. ligo Hacke.
fzaXccxog, fiaXdaao), lat. mulceo.
l^dqvaf-iai, Inschrift: ßaQvd(.ievov (weil (.tag = (xqa), ved.
mrna-, (lagaivu) ist merenijö.
(idxofxai, f.idxr] vgl. lat. di-7nicare, mactare, lit. muszti
schlagen, Gf. meka ; /ndxcciga zu }(£y.£(ov = \2it.\mucra^
TtaXaatr], rtaXaiavi^ Handbreite, lit. plasztakä flache Hand,
^Handbreite. _^_^ , *
/ 7zaXd}if], lat. j^i^rt/IrT 7«w^^^,>lt§Schs. folmös Hand, Gf.l
polümo öder peTemo. ' — .^— --—
■jtdgog vor = skr. purds = ngoa in ngoa-d^e vor = Tr^ca
in Ttqia-ßvg^ Comparativ ^^/y = lat. ^rms = got. fauris zu
/awr vor. Ved. pürva — ksl. prüvü.
Schwa indogermanioum.
163
rrara-
TtC
fVOV
e Sei
= Tcxa m
ft£-7tTa-/nai; zu Ttexa'Pvvf.a.
TtQccoov = lat. porrum vgl. engl, furz Strauch, wie yigdvov
lat. cornus Cornelia.
7TQay.v6v bei Hesych vgl. ved. prgni, ahd. forhana Forelle;
daneben TtQsycvog.
qdöauvog == QÖda/iivog, gadi^ = lat. rädix vgl. nhd. Würz.
qad^ccyew (vgl. sßQcczccyrjoav • sipo^rjaav Hesych), ^a&artv-
yit,ü) ZM^&og. / "N^^
qyiaqixpJh>(4sar\\ßQri, Id^i^ym^re.
äol. G7taÖL0v '— ötadiov, GF. 'ay.JeÖLOv, weil sonst die Pa-
latalisirung von ex/ zu gt nicht hätte eintreten können.
öTiaQrov zu aTCsiqa vgl. acpvQig, OTtvqadog.
OTQaßaXog neben argeßkog, OTQoßog.
ßoTQCiTtroi blitzen neben azegoTTi].
öfpalqa Ball (== oneQJa) vgl. lit. 5^2>hj^ Kügei«mjen
steche, lit. spuke Nadel {spelekje-).
GcpaQayew rauschen vgl. ved. sphürjäyat rauschend, dacpd-
Qayog Luftröhre vgl. lit. springu würge hinunter, Gf. sperenge-.
GfcaQyT] neben GcpQLydio strotzen, lett. splrg-t frisch sein.
rdyyr] rancor vgl. nhd. gestunken.
xaXa- dulden neben rXa, tIyj vgl. ahd. dolen dulden.
Tavd^aqvto) neben tolS-oqvggo) erschüttern vgl. lit. drugis
Fieber, ksl. drüg zittern.
raxvg schnell neben ved. täku, lit. tekti laufen, Gf. teküs g.
tekevos. / wie in f.id%of.iat, (.idxaiqa w. s.
tavg stark = ved. tuvi- stark, Gf. fove.
TezraQeg neben TtsGGVQsg, Gf. yi/erfegsg; ritUQxog = tk-
TQazog — ved. caturthä, Gf. ketvertö-s — lit. ketvlrtas.
qidqv^ Schlund, lat. frümen (frug-men) \ Gf. cpereg.
(paQs-TQTj, dl~q)Qog zu q)iQ(x) trage.
(pvlaGGO) bewache = lit. zvilgiu sehe, Gf. glweleghjo. Vgl.
got. glaggvus.
XaAxog Erz, lit. gelezts, ksl. zelezo Eisen, Gf. ghelegho-?
Xci^icti, lat. hu7nus homo, got. guma neben lit. zmü Mensch,
zend. zdo zemä == ved. j'mä. Vv. lit. zem-, zeme, ksl. zemo-, zemlja.
Indem durch Vocalentziehung aus /« /o, qe go, oqe GqOy
yf€ yfo der Reihe nach v %v g-av yv entstehen, daneben aber
11*
1/]
164 A. Fick
Formen mit Schwa (~ a) vorkommen, entstellt der Schein, als
ob V mit a im Griechichen wechseln könnte. So in:
^VQSog Thürstein neben -d^aigog Thürangel vgl. ksl. dvtri
Thür, Gf. dhverjö vgl. sskr. duryä.
avQ^ äol. = odg^ Fleisch, Gf. aj^og^. v
rj y.vh^ neben lat. caliofy'-^. alttat* .ca^^'^>^^*'<«;^^^^W«; oecMq.
fij\i,M ^i^^*'*'i^^ neben -/.ähi^i^o Välze, Gf. qelivö. " ^
ß^' VAjQva bei Hesych. neben xQaviov: vv. got. hvairnei.
OY.v'kXco, KOOxvXficcTia neben axdlXo) vgl. lat. quisquiUae.
axvTog Leder — - böot. artaxog Leder.
(ö*p|fäftfi;Becher ^: |(Jxo?l^iesc GefäSg»j5chiff.
«/i;(itg"'^rsaminlüng"(a;'i;(»«rrg, ayv^dZio) neben ayagig-
dd-QoiOf^iög rj ftl^O^og Hesych. vgl. dygöf-ievog, ved. gräma Schaar.
Zu dysiQco, dyeQsad^at.
yvvi] neben böot. ßavd Weib, vgl. ved. gnä zend. ghena
Weib, Gf. gvenä. Vv. got. qino, ksl. zena.
Zuweilen erscheint das Schwa als v durch Wirkung labia-
len Anlauts, so in:
Cu^^hß Mühle neben ■ waX^fröoac.Mehl , ksl. | mtlMi mahlen, lit.
nrnt^i Mehl; vv. lat. imki^got. tm
"""■ '^tti'afa^'Schnurrbart neben iiidota^ Mund.
\jivdog neben /naddio lat. madeo, Gf. möd-.
Tcvqyog vgl. ,,Burg" neben ütQyauov, gall. Wif^gomiim. ^
ag)VQ6v Knöchel, ved. sphurdti, lit. spiriü, nhd. Spur^ ^porn
vgl. doTtaiQü) = lit. spiriü schlage hinten aus.
acpvQig Korb zu orcdgrov : arteiQa; aTtvgadog Schaflorbeer
zu ocpcTiQa Ball, lit. spira Kügelchen, Schaflorbeer.
■/ Schwa erscheint im Griechischen als o in:
/ ßQOTog == ved. tnjidj amrtci.
~"do}uyog — lit .^ös^ \B\.dlugUf ssj^r.jlir(/hd = zend. daregha.
dQoaog Thau (— drosos, daher behauptete sich o wie in
&Qaovg, TVQdGov) zu got. ufar-trusyijcm übersprengen.
■/.olXa Leim vgl. litr'/;^'^Vi. Lfiiu.
iy.ovig öog Niss vgl., ags.\//w/Yy(; nlid. X/ß.^
yCoQvZa Schnupfen, ahd. ^ro5*"nhd. Ji'ol:.
OQoyvia = ogyria Klafter zu OQsyco.
QOfiog Wurm Hesych. vgl. got. vaurms.
Ebenso in den dialectischen aiQotog — GTQaTog, vgl. ved.
d'Strta, anishtrfa, xogl^a = XQuölt], rjfiißQOTov neben djuagveiv
u. s. w.
Schwa indogermanicum. 165
Sc'hwa wechselt mit Vocalausstossung auch in:
ycQr/i'tj, Quelle zu ved. hirä-ti giesst aus, vgl. \ x^ov-vo-g zu
ved. krivi in. Wasserbehälter. """""
- ved. carma-mna Gerber eigentlich „Hauttreter" vgl. lit.
min-ti treten, gerben, minikas Gerber; dazu auch [xdxeioai pl.
f. tretend bei Sapplio zu f.i<xTYjf.ii — /iiev-Tri^u trete.
..lat. Jnws neben ved. tirdSj Gf. tere^^
lit. szeszkas, szeszha Iltis == ved. kagiJca Wiesel, worin l
— Schwa ist. Lit. szesz = kesz durch Lautanziehung.
y^A\usrd röthlich m. Stier findet sich wieder im umbri-
schen y^^/V-o eine Farbe des Stieres bezeichnend. Gi.</i^sr6-.
lat. ^/'?h^^deckt sicnlffti^i^wr^a in f'^^^ffjttkid,, ivü ll^ftjüatfi
oskisch p-a^o^/T^^SS^^^lat. aratmkn^^^ — ^"^ A^Pzcik.
Miscellen.
1. Altirisch sndthe filum Zeuss 2 S. 16 gehört zu ahd.
^^jMit^nhd. Schnur, got. s5^^o , FleetTtwerk, Itö^rb; das Verb ist
cDtlialtcii im lett. tslTtij^snat l'üCIti?!- zusanniicndrchen, snäte
sndtene Decke, Umschlag^^it&h der Weiber.
2. Altirisch hrig valor kann für bring breng stehen vgl.
ligifn = lingo lecke , ps__=_ census_ Zins, mis gen. = mensis. _
Dann stimmt es aufs Schönste zum lit. bringstu bringau bringti,
pabringti theuer werden, brangiis theuer, lett. bra'ngs und bre'ngs
prächtig, kostbar, vortrefflich, tüchtig.
3. Cambrisches ch ist im Auslaut meist aus s = ks her-
vorgegangen , wie in chwech = sechs , '^h== Ochse j uch su-
pra vgl. i>'i//t ksl. vyso-kü Grundform -^uqso hoch./ Darnach ist
das Adjectiv ^T^5r€4,,^^w'^cÄ. ...laetus aus ijc^o- "Bststanden und von
Zeuss^ 126 richtig mit dem altbritischen Stadtnamen Ovt^alla
zusammengestellt. Mit, diesem altceltischen ""ht^o-s, vd3pe4os hei-
ter stimmt genau ksl. vetf^ heiter = prÖH^s! 1*«^/)^ fröhlich
mit s — X wie in ksl./osi = Achse. Die Herkauft Von \vKfl'e
= lat. «^?5<<^r?^hHJ^)SBS u. s. w. liegt '"trtrf-ÄeiuJl^d.
""■"" 4. Wie zend. urutfa an ved^ra^a_(Roth. Ueber Ya9na
31 S. 14), so schliesst sich zend. urvi „wuchtend" in unri-gara
mit wuchtigem Haupt; urvi-kaodha mit wuchtigem Helm, urvi-
Q^K
166 Miscellen.
verethra wuchtig siegend an ved. vräyas n. erdrückende Ge-
walt, Uebermacht, und vU (= vri) zusammendrücken, erkni-
cken, mit welchem Geld n er Metrik des jüngeren Avesta S.
43 f. zend. urvaenant verglichen hat. Ist nun die Annahme
richtig, dass v im Griechischen als ß erscheinen kann, so darf
dem zend. urvi- das griech. ßQi „wuchten" in ßgL-^nvog, ßgi-
agog, ßgi^o) gleichgestellt werden. — Anders wird ßQt, erklärt
von Fröhde o. I. 251.
5. Zu lat. cötes Felsen, cos Wetstein, cautes Spitzstein
gehört lett. schk'aute die Kante, schk'auteris die scharfe Kante
an einem Steine. Ebenso ist Tthqa Fels eigentlich die „Kante"
und entspricht dem lat. -quetro- Kante in tri-quetrus dreikantig;
lat. saxum Fels ist — germ. sahsa- Schneide, sskr. agman Stein
vgl. lit. akmü' und ax^jy; endlich „Kante" wird niederdeutsch
für „Fels" gesagt, so in dem bekannten Farbenspruche von Hel-
goland: „Rod is de Kant". /
6. Umbrisc]i_j>|^ j>o^kommt in der häufig wiederkeh-
renden Phrase altumbr.^^eri vinu keri jpuni feitii = neuumbr.
heri vinu heri x>oni feiiu vor. Dass mit pöni eine Flüssigkeit
bezeichnet werde, dafür spricht die Zusammenstellung mit iunu
= lat. vino „mit Wein," sowie die ungezwungene, auch von iaW
Huschke vorgeschlagene, Herleitung des Wortes von lat"^^'
trinken, wovon es durch w gebildet ist wie äol. ^l?wj;£>' trinken,
_ei'7h*iig£^tr]!I^^ s. w. ÜmbriscK''fe?)7?»->
heisst also „mitrrank". Was für ein Trank gemeint ist, lasst
sich dadurch bestimmen, dass im alten Latein eine Ableitung
von |9o trinken existirt, die ihrer Bildung nach ebenfalls ein-
fach „Trank" bedeutet, aber zur Bezeichnung eines bestimm-,
ten Trankes verwendet wird. Es ist (Jies ^p^f»s^ eia,,bei Plai^us!
u. )^ häufiges Wort, welches eine\Misöh*i^ von W^si^r ^äit|,
J^^SisJ^SS^^c)^?®^^^^^ als gewöhnlicher Trank diente und 'daherl
schlechtweg ,^der Jmi^Qk^ genannt ist, denn ^^«c^ist von^'^JosL
trinken -^geleitet, wie" esca ( = ed-sca) Speise von ed essen.
Wie nun ^bx;a „Trank" das mit Essig gemischte Wasser be-
zeichnete, so wird das umbrische ponl- „Trank" dieselbe als
gewöhnlicher Trank dienende Mischung bezeichnet haben, und
wir dürfen daher die umbrische Formel heri vinu, heri imni
feitu mit vel vino vel posca facito übersetzen.
7. Hesychs Glosse Felxavog • 6 Zevg nccQcc Kqrjoiv wird
bestätigt und berichtigt durch Münzen der kretischen Stadt
Miscellen. 167
Oaiarog, welche die Legende FeXxav und Felxccvog als Namen
des Stadtgottes von Phaistos tragen. Man hat den Namen
Fel^avog für semitisch ausgegeben, ohne allen Grund. Viel-
mehr ist FeXxccvog von feXa glänzen abzuleiten, das in der
Form /AcK auch in dem Gottesnamen 'HfXey.TioQ '^Yneglcov der
Sonnengott bei Homer wie in den mythischen Namen ^HXixtQa
und ^HlsxTQvtüv erscheint. Gleichen Stammes ist auch aßka^
{= d~/Xa^) • X(xf.i7TQwg. Kvtiqlol bei Hesych, welches für Di-
gamma beweist. Für FeXxavog erscheint kretisch FeXxccvog nach
einer wohlbezeugten Eigenthümlichkeit des kretischen Dialects
die alte Tenuis zu aspiriren. So lesen wir inschriftlich i^/a-
fiavia = l4xdf^iavTa , 2idxog • 6 ttov Kovgijttov Ttar^g ist =
^wxog, daxsXiov • tquxv Kg^tsg gehört zu dayieX^g u. s. w.
Vgl. Hei big de dialecto Cretica. Plaviae 1873 p. 13.
Dürfen wir demnach als Grundform des alten Gottesna-
mens unbedenklich FeXyiavog ansetzen, so liegt doch wohl auf
der Hand, dass dieser mit dem italischen Volcänus — Vulcä-
nus identisch ist; zur Vocaldifferenz vergleiche man d/^iXyco:
lat. mulgeo. Zu Vulcänus hat man sskr. ulkä Feuerbrand, ved.
varcas Glanz gestellt. Zu dieser Gleichsetzung des FeXxavog
mit dem Volcänus, der in seinem Wesen dem '^'HcpaLOxog ent-
spricht, passt nun auch sehr schön der Name der Stadt, worin
FeXxccvog = Volcänus = ^'Hcpaiotog verehrt wurde, nämlich
OaiOTog. Gewiss mit Recht hat Bezzenberger den Namen
"H(paiOTog in 'H und (paiotog zerlegt und im letztern lit. gais-
tas = nhd. Geist wiedergefunden (o. II. 155). Dies zweite
Element des Gottesnamens bildet den Stadtnamen Oaiarög und
wir erhalten den Satz : In Oauotog wurde der sonst "H-cpai-
axog genannte Gott als FeXxccvog — Volcänus verehrt,
8. Dem sskr. asma- Stamm des pron. 1. pers. entspricht
bekanntlich ccf.ii.ie- = ^/Wfi- in a(.i[.ieg , i^f.ietg wir. asma ist bis-
her meist (vgl. jedoch Scher er ZGDS.^ S. 233) auf einen
Stamm a zurückgeführt. Dies ist falsch, wie got^nns, unsis,
jMwsar zeigt Vielmehr ist sskr. a = griech. a in asma, a^ijus
als n anzusetzen, Grundform also n-sme. Dieses n ist verkürzt
aus dem Pronominalstamme 1. pers. ne-, welcher im sskr. naSj
jgr. »'t5t, sXildii. niSf lat. no$^\^\. namü, preuss/j^owsq« erscheint, lljfß)
und" von Bezzenberger auch im Affix der 1. sg. imperat.
des Sanskrit, wie karavd-ni und in k'q)eQ0-v nachgewiesen ist
(0. IL 135).
168 Miscellen.
9. JcoQt^eg TE TQtj^^g Odyss. 19, 177/1^ immer yiehtigV^
mit TQLCfvXoL ,l|^reistämmig" übersetzt; es^ezieht sicli TjOt^f^f^^
auf die bekannt^, Dreitheilung dpr Dorier in Hylleer, Dymanen
und Pamphylen. ^^uch etymcjMgisch bedeutet iQLyai^ dreistäm-
mig; es ist nämlidlb aus ^^f (»//a und /tx zusammengesetzt und
dieses fi^, ist' identfech^mit sskr. p%^.^endN{^; 3\t^Q,H^. vith
Ill?i4^ Srafe^in,T3lan. "^asselbe Elenlent liegt in 0^»j^«x£ffTf
ker, w.ie es auA in osltiscli^ Völkernamen Avie ElHiro-vices, _
Ordo-vheSf Brm^vUe^lLem^^^ erscheint.
"^ 10. Bugge stellt altital. Studien S. 45 E oskisch carla
Brod, haranter — pascuntur und die Götternamen lat. Ceres,
Cerus {= Cerrus) Cereria, oskr. Kerri dat., umbr. Cerfo- sehr
ansprechend zu y.0Qevvvf.u y^ogog, lit. szeriü szerti füttern,
deutsch: Hirse. Der Stamm cers- in den Götternaraen erinnert
an yioqeg in yt.0QeiVvvf.ii ohne jedoch damit identisch zu sein:
XOQSVVV-/LU ist gebildet wie ved. vadhasnü, vrdhasnü, während
avvv in den Verben auf avvvixi dem ved. ishnu z. B. in carishnü
entspricht. Nehmen wir Kerso- als Grundform der cerealischen
Götternamen, so scheint sich dieses Kerso- auch als altgriechi-
sclie Götterbezeichnung nachweisen zu lassen. Der Kabiren-
dienst wird von den Alten stets auf Demeter = Ceres bezogen,
daher Jfrjf.ii]TrjQ KaßBiqia an der Spitze der Kabiren steht.
Die Namen der Kabiren überliefert Mnaseas von Patrai Schol.
Apoll. Rhod. I. 917, C. Mueller Fragm. bist. Graec. vol. III. p.
154 i4^ieqoQ, ui^iöxeQoa, l^^ioxsqaog. lä^ieqog fiev ovv eonv
Tj JtjiiirjTrjQ, Li^LÖxegaa de rj n£QG€q)6vr], l4^L(r/.eQoog öi 6 "Iddrjg.
Id^L-, l4^L0- in diesen Namen heisst „bringend'^ und ist direct
zu d^iftev aor. zu ayw zu stellen ; lA^i-eqog heisst „Begier brin-
gend" und ist Vollname zu "'Egog, ^'Eqwg dem Namen des Gottes
von Thespiai; !A^i6xsQOog, -oa heisst „Sättigung bringend" und
ist Vollname zu lat. Ceres, Ce7TUs', osk. Kerri, umbr. Cerfo-.
Ebenso stehen zu einander lat. almus als Götterbeiwort und
cpvv-dlfXLog Beiname des Zeus, Poseidon u. s. w.
11. /Lettisch m^m. Quelle, das so in den Wörterbüchern
von Lange, Stender, Ulmann und in der emendirten letti-
schen Bibel v. J. 1877 (z. B. Job. 4. 14 tas uhdens, ko es tam
dohschu, eeksch wi»fta taps par uhdens-awotu) geschrieben
wird, aber als arüts aufzufassen ist, wie halodis, ha'hrgotees,
ga'lwotajs u. s. w. in den genannten Quellen ak balüdi,\ här-
gütls, ga'lvütdis, entspricht genau dem vedischen aü?W^m. Bi
Miscellen.
169
nen. Entsprechend der Herleitung von der Präposition ved.
\dva ab, heriab — lat. au- in mi-fero, die auf europäischem Bo-
den nach Analogie von cctco, tzqÖ , vnö avo gelautet haben wird,
ist als europäische (jrundforrn,az'o^d-s anzusetzen. Hierfür
spricht auch das ü in lett^^M'fai^ "Während nämlich die litaui-
schen o-Laute (o und ü) sowol europäischem ä als ö (resp. o)
gegenüberliegen, entsprechen die o-Laute der lettischen Schrift-
sprache, ü^ 5; WO sie nicht nasalen Ursprungs sind, durchaus
südeuropäischem ö; resp. o, während Jtgttj^ dem südeurop. ä
entspricht (wie in lett. ?näte neben ht.jmote, lat. mäter; brdlis
neben \it.' hrölis, lat. f rater ; stät stellen,~"rieBen lit. sioti, lat.
spare u, s. w.}r*^Bcffspiele fürllett. Ö; ?I = südeurop. ö, ö sind:
_^(5^i^g^Sct5Äfi, Binsen: qJ'h«^^"dof. S^Sii^^ dore ein in einen
Waldbaum gehauener Bienenstoclc (vgl. Dfegnffl. drava): öoqv;
du geben: diöco/iu, lat. dos, donum ;\g()la Nest, Lager: yioleös;
güvs Kuh: ßovg, lat. hos, ksl. (/ovqdo ; jöks Scherz: lat. jocus]
jüsfa Gürtel: Ca)vvy/iii\um't^ci
Thejl: vouog ('^);mst^_nS^^
^-y^of\;. uga Beere: lat. ll^P«K(aus '''o^%ajs^j!
"""l^i^^ßS^i^e , vgl. ^Btf%jg, "l^»«^,- östa Eaü
Schwiegersohn : yvtorog Verw!indter (?).
löma
i>Ä4^ lat.^
at. osttum; fnots
Diese Beobachtung
spricht für Collitz's Auffassung des o als eines gemeinsam
europäischen, so Gott will auch ursprachlichen Vocals neben
e und a. Ä. Fiele.
j^^'^
J
12. Arisch dhbhu. Zuw^eilen sind wurzeln durch ein suffixa-
les dement u == va erweitert, vgl. gr. eXvco lat. volvo got. valvison,
{af-)valvjan, lat. volümen = gr. eilvf-ia, gr. sIvtqov — skr. va-
rilfra, lat. volütus ■= skr. tdüta neben skr. vdlate asl. valitij valjati
lett. vilät fFick wbch. ^ I. 776); gr. rgvio asl. truti, tryti und skr.
turv avest. taurv sowie skr. tarutär , tdrusha neben gr. teiqo)
(Fick a. a. o. s. 595); gvoiKai skr. varutdr, vdrütha neben skr.
vrnöti lat. vereor (Fröhde Kzs. 22. 265 f., vgl. J, Schmidt
voc. II. 262) u. a. Eine solche erweiterung hat auch die in
skr. dahh „jemd. etwas anhaben, antun, schädigen, versehren,
benachteiligen, verletzen; täuschen, im stich lassen, hinterge-
hen", avest. dab „betrügen", gr. che/nßw „schädigen, täuschen"
(o. I. 69, 169) enthaltene wurzel erfahren und zwar in der
weise, dass beim antritt des suffixalen elements der vocal der
170 Miscellen.
Wurzelsilbe zum schwa verflüchtigt, bez. eingebüsst wurde (vgl.
0. TQvo), QvojiiaL = fQvo(.iai, ulüta d. i. *vlüta), so dass die
wurzelform dh'hhu (nach Ficks Schreibung dJThhu) entstand;
dieselbe ist einstweilen nur in den arischen sprachen nachzu-
weisen und zwar in folgenden formen:
1) in avest. ädehaomä und alpidehdvayat (s. Justi wbch.
s. 159 unter debu). Die erste dieser formen erscheint y. 30.
6: ayao noit eres vishyatä daevacinä, yyat is ädebaoma; die
zweite y. 31, 17: vidvao vidushe mraotü, mä evidvao aipidebä-
vayat. Beide verse stehen in ahunavaitistrophen (vgl. Geld-
ner metrik p. VII, Hang sitzungsber. d. Münchener akad.
phil.-hist. cl. 1872 s. 97), in beiden ist des metrums wegen der
in der Wurzelsilbe von ädebaoma, aipidehävayat stehende vocal
nicht zu lesen (vgl. Roth über yagna 31 s. 11) — damit er-
ledigt sich die frage, ob in dem zuletzt angeführten verse aipU
dehdvayat, aipidehävayat oder aipidibävayat — Justis lesart
aipidebäväyat (chrestom. p. 420) wird wohl nur druckfehler
sein; woher Barth olomae d. altir. verb. s. 186 den conjunc-
tiv aip't-debävajäd hat, weiss ich nicht — zu lesen sei (Haug
gathas I. 147), und es mag nur daran erinnert werden, dass
diese lesarten sich ebenso zu einander und zu dem durch das
metrum geforderten aipidbävayat verhalten, wie die lesarten
hademöi, hademoi, hadimöi, (hadimoi) y. 44. 9, 46. 14 W. =
43. 9, 45. 14 Sp. zu einander und zu dem nach ausweis des
metrums an ihrer stelle zu lesenden hadmöi (vgl. Hübsch-
mann Kzs. 24. 333 n.). — Was die grammatische erklärung
der formen ädebaoma und aipidebäväyat anlangt, so ist jene I.
pl. imperf. ind. und zeigt dieselbe abnorme gunirung, wie die
formen frerenavainti yt. 13. 46 und kerenaon (kerenäun) y. 30.
9; aipidebäväyat ist III. sg. imperf. ind. nach der X. conj.-cl.
(nach mä in conjunctiv. sinne). Dass von debu das verbalthema
debävaya gebildet wurde (wie frdvaya von fru, drävaya von
dru) und nicht *dehvaya, wie skr. pinvaya von pinv d. i. pinu,
(vgl. avest. fra-pinaoiti), hat nichts auffallendes, am wenigsten
in einer spräche, die aus dem präsensstamm erenu die III. sg.
aor. pas. erenävi y. 9. 3, 4 W. gebildet hat (Burnouf etudes
sur la langue et sur les textes zends p. 138; unverständlich ist
mir, wie Justi, Spiegel altbaktr. gram. s. 254 und Ludwig
inf. i. veda s. 103 diese form als III. imperf. pas. erklären
können).
Miscellen. 171
2) in altind. ddhhuta und dnatidbkuta. Das erste dieser
Wörter, das in vedischen und nachvedischen Schriften nicht sel-
ten vorkommt, wird nigh. III. 3. durch maliant übersetzt, von
Säyana durch dgcarija (rv. I. 25. 11), ägcaryakara (I. 18. 6;
IX, 85. 4), ägmryabhüta (I. 120. 4, 142. 3; IL 7. 6, 26. 4; V.
10. 2, m. 4t', VIII. 13. 19; X. 152. 1), ägcaryarüpojjeta (V.
2. 12), maJmnt (I. 94. 12. 13, 120. 4, 142. 10; IL 26. 4; V.
23. 2, 66. 4; VI. 8. 3, 15. 2; VIII. 26. 21, 43. 24; IX. 20. 5,
24. 6, 83. 4, 85. 4; X. 105. 7), vicitrakarman (VIII. 26. 21),
ramaniya (IL 7. 6) und abhüta iva adya kshane hhavitä, adya
dvir hliavad abhütam iva sat (I. 142. 3. 10), von Mahidhara
durch d(;caryat'üpa, anatiyasadrga (vs. XL 70), mahant (XXI.
20), acintyagakU (XXXII. 13) glossirt ; aus nir. I. 6 ist für seine
erklärung nichts zu holen. Es findet sich im rgveda auch in
den compositen ddbhutakratu V. 70. 4; VIII. 23. 8 und ddbhutai-
nas V. 87. 7 ; VIII. 67 (56). 7 ; jenes erklärt Sayana durch
dgcaryakarman und bahuvidhaprajna, cltrakarman, dieses durch
apdpa und abhütapdpa. — Das wort dnatidbkuta findet sich
nur rv. VIII. 90 (79). 3: brahmä ta indra girvanah kriyante
anatidbhutä, wozu Säyana bemerkt: sarvanatikramya na bha-
vanti I Indragunavyäpakäni | yathärthabhütanity arthah | . Her-
vorgehoben mag noch werden, dass im padatext dnatidbhutd
in dnati<S dbhutä getrennt ist.
Ädbhuta wird meist als eine Verstümmlung von atibhüta
erklärt. Gegen diese erklärung spricht; dass sonst weder ati-
zu *at-, noch bhüta zu *bhuta verkürzt ist; ferner widerspricht
ihr anatidbhutä, das, wie der augenschein, der sicherste führer,
lehrt, von ddbhuta nicht zu trennen und in an- -ati-dbhuta zu
zerlegen ist, wie z. b. anatidrgyd in an- -ati-drgya, dnapacyuta
in ati- -apa-cyuta, dnäkrta in an- -ä-krta u. s. w. Hiernach
kann ddbhuta nur als a ^nv.-\-dbhuta aufgefasst werden. In
anatidbhutä und ddbhuta steckt also als letzter bestandteil
dbhuta; diess ist, wie wieder der augenschein zeigt, eine par-
ticipiale bildung einer verbalen basis dbhu, die bei der innigen
verwantschaft zwischen veda und avesta mit dem o. besproche-
nen avest. verbalthema debu zu identificiren ist. Da die be-
deutungen desselben gewiss dieselben waren, wie die von dab
= ved. dahh, und da ddhhuta seiner bildung nach mit ved.
ddabdha „der täuschung unzugänglich, sicher, treu; unangeta-
stet, unantastbar; lauter, rein, integer" auf einer linie steht, so
172 Miscellen.
ist anzunehmen, dass die bedeutungen des letzteren denen von
ädhhuta nicht fern lagen, und es fragt sich, ob diesem diesel-
ben an den stellen rv. I. 18. G (= vs. XXXII. 13, sv. I. 2. 2.
3. 7), 94. 13, 120. 4, 142. 3. 10 (=. av. V. 27. 10), 170. 1;
II. 7. 6 (= vs. XL 70), 26. 4; V. 10. 2, 23. 2, 66. 4; VI. 8. 3,
15. 2; VIII. 13. 19, 26. 21, 43. 24; IX. 20. 5 (= sv. II. 3. 2. 4.
5), 24. 6 (= SV. IL 3. 2. 3. 5), 83. 4, 85. 4 (sahasranithah gata-
dhäro adbhuta indräyenduli pavate, vgl. das. v. 3: adabdha
indo pavase madintama ätmä u. s. w.); X. 152. 1 (vgl. av. I.
20. 4) nicht zuzuschreiben sind. An anderen stellen freilich,
an welchen ddhhuta vorkommt, kann es jene bedeutungen nicht
gehabt haben; so rv. I. 25. 11 (vigvany adbhuta cikitvän abhi
pagyati), I. 77. 3 (adbhutasya rathih), I. 94. 12 (helo ädbhutah),
X. 105. 7 (adbhutam na rajah), wo ädhhuta die bedeutungen
„wunderbar, gewaltig, unsichtbar" zeigt. Diess begründet aber
keinen einwand gegen das bisher gesagte, da diese bedeutungen
sich leicht aus den bedeutungen „der täuschung unzugänglich,
unantastbar" entwickeln konnten, denn das, was nicht getäuscht,
nicht verletzt werden kann, ist ja das überirdische, übermensch-
liche und darum wunderbare, gewaltige, unsichtbare. Die be-
deutung „unsichtbar" zeigt, worauf schon wiederholt hinge-
wiesen ist, adbhuta besonders deutlich rv. IV, 2. 12, auf welche
stelle ich w. u. zurückkommen werde, und in dem compositum
ddhhutainas (s o.), einem beiwort der Maruts und Adityas. In
dem compositum ddbhutakrafu dagegen hat ädhhuta die ur-
sprüngliche bedeutung „untrüglich" : mit adbhufakratü werden
rv. V. 70. 4 Mitra und Varuna angeredet, deren cakshus rv.
VI. 51. 1 ddabdham genannt wird; die rv. VIII. 25. 3 vigväve-
dasä heissen und von welchen der eine im Mihir-yasht als
adhaoyamno , adliaoyö, anaiundrukhtd bezeichnet wird. Ädbhuta-
kratu heisst ferner Agni rv. VIII. 23. 8, der rv. I. 76. 2 ddab-
dhah puraetd' ; I. 128. 1 ddabdho hotd; II. 9 6, VI. 7. 7, X.
128. 6 ddabdho gopä'h-, IV. 4. 3 pdyür ädabdhah; V. 19. 4
ddabdho däbhah genannt wird. Ädhhutakratu entspricht be-
grifflich genau dem avest. adhaoyökhraiu, wie yt. 12. 1 Ormezd
heisst (unmittelbar daneben adhaoyö, vigpö-indhväo ; vgl. adbhu-
fakratü und viQvävedas als epitheta von Mitra- Varuna).
Die bedeutung von änatidbhufa fasst man am besten als
„nicht zu übertrügen" ; die brähmd änaiidbhutä sind dann preis-
lieder — brähmd hier nach Säyaiia soviel wie stoträni — , denen
Miscellen. 173
der trug nichts anhaben kann, deren Wirksamkeit durch irgend
welche ranke nicht vereitelt werden kann. — Oder ist dnatidbhii-
ta soviel als satyd? Vgl. satyä'ny uktha rv. "VI. 67. 10.
Ich habe schliesslich noch einen punkt zu berühren. An
der schon erwähnten stelle rv. IV. 2. 12 steht: kavim ga^asuh
kaväyö J dabdha nidhärayanto düryäsv äyöh | atas tvam dr'9yän
agna etän padbhih pa9yer adbhutan aryä evaih ,,den weisen
unterwiesen die untrüglichen (Grassmann : 'treuen', Ludwig:
'unbetörten') weisen, [ihn] hinabtragend zu den türen der men-
schen I von hier aus magst du, o Agni, mit den blicken die
sichtbaren [und] die unsichtbaren als ein holder nach gewohn-
heit sehen". Hier erscheinen ädabdha und ddbJmfa in verschie-
dener bedeutung neben einander, und dieser umstand kann zu
einem einwand gegen meine meinung, dass jene Wörter wesent-
lich identisch seien, benutzt werden. Indessen es lässt sich aus
ihm doch höchstens nur das schliessen, dass der etymologische
Zusammenhang jener Wörter dem dichter jenes verses nicht
mehr klar war; diess beweist aber nichts gegen jenen Zusam-
menhang und meine erklärung von adbhuta.
13. Zu Neues formenlehr e I, 288. Die von Varro 1. 1. 8.
74 (Müller) — neque oportebat consuetudinem notare, alios
dicere boum greges, alios boverum ; et signa alios lomn, alios
loverum etc. — überlieferten genitive pl. Joverum, boverum
sind nicht durch „falsche analogie" entstanden, sondern von
den stammen Joves-, boves- gebildet, die im altnordischen wie-
derzuerkennen sind. Hier schliessen sich an lat. Joves-, boves-
die in den formen Tyrr, Tyrs, Tifri, Tyr (nebenformen von
Tyr, Tys, Tyvi, Ty) und hyr enthaltenen stamme. Die letzt-
genannte form wird im dat. und acc. gebraucht, wenn kyr als
beiname verwendet wird (Wimmer an. gr. s. 53) z. b. in der
Verbindung Simon kyr ; in derselben Verwendung zeigt das wort
syr „sau" den dat. und acc. syr, genit. syrs und syrar, sürar.
Nachdem erkannt ist, dass der dat.-acc. kyr den lat. stamm
boves- reflectire, werden wir kein bedenken tragen, die formen
syr, syfs, syrar, sürar an den in lat. sneris , suere (Varro 5.
210, vgl. Neue a. a. o. s. 180) enthaltenen stamm sues- anzu-
schliessen.
Den lat. stamm boves- auch in dem homer. dat. ßoeaai
und dem skr. compositum yoshpad wiederzuerkennen, trage ich
bedenken ; eher könnte man an den stamm sues- ausser an. syr
174 Miscellen.
u. 8. w. gr. vg- in vg-rtiled^og , vg-TtoXog, vg-TtoXio) anschlie-
ssen. Aber auch dieses wäre unsicher, da diese formen sehr
jung sind.
14. BaatXsvg. J. Wackernagel hat treffend bemerkt,
dass *ßdailog als grundlage von ßaaiXsvg durch die femininalfor-
men ßaaiXr], ßaoiXig, ßaciXiaoa erwiesen werde, und dass bei al-
len deutungsversuchen jenes wertes von dieser grundform auszu-
gehen sei (Kzs. 24. 297). Ich tue diess, indem ich den stamm
*ßaaiXo- (BdaiXog kommt als name vor) in ßaai-Xo- zerlege,
in Xo mit Wackernagel a. a. o. das zur bildung von kosenamen
häufig verwendete suffix -Xo- sehe (vgl. Fick gr. personenna-
men p, LI) und ßaai- dem avest. jaiti „haus, familie" (ver-
schieden von zainti in framinti) und dem lit. gimtis „das na-
türliche geschlecht" (vgl. cfi7M^/ „faiöiäii",' lett. dpf^mt^i „ge-
burt, stand, geschlecht", dj^th- Jc^^s^^t^ gleichstelle.
Nach dieser erklärung entsprach der griechische ßaaiXsvg voll-
ständig dem germanischen könig, „dem geschlechtsherrn".
15. Zu Ficks identificirung des homerischen Suffixes tu
mit dem latein. und altind. suffix t o. s. 159 ist zu bemerken,
dass jenes in dieser verkürzten form in der homerischen sprä-
che selbst zu erkennen ist, nämlich in den Wörtern IrtTtoavvT^
und To^oovvr], die weder von ircTTog to^ov , noch direct von
iTtTtÖTa Toyota (bez. iTtTtorrjg ro^ÖTr^g) abgeleitet sein können,
sondern aus *i7t7tOT^avvrj *TO^OT^avvr] , ^TtTtoTOvvrj ^To^oravvr]
entstanden sein werden (vgl. TOQßoavvr] : vdgßog, ßQid^oovvrj:
ßqid^og). Wie sie sind gebildet deOTtoovvT], in welchem ein dem
Worte dEGnoTrjg zu gründe liegendes ^deoTtoT^ , ^ÖEortoT ent-
halten ist, dessen Schlussteil dem lat. pot in compot- impot-
entspricht, und xXErctoGvvr^, dQy]aToavvr], die aus yiXsTtT^avvr],
öqi^GT'ovvrj entstanden, indem das schwa derselben gemäss der
regel, dem suffix ovvrj ein o vorausgehen zu lassen (L. Meyer
vgl. gram. IL 544), in o überging. — Weiter erlaube ich 'mir
zu der citirten arbeit Ficks noch zu bemerken, dass den Suf-
fixen gr. ag und skr. is, wenn dieselben dort mit recht combi-
nirt und auf früheres ^s zurückgeführt sind, das germ. suffix
-uz in z. b. ags. sigoVf ahd. sign gleichzustellen ist, und dass
wir auf grund der in ihr gegebenen nachweise das an mjök
„much; very; much, almost, very nearly but not quite" (grund-
form '*meku = '^meli) dem gr. idya. (grundform ixef) direct
vergleichen dürfen. Adalbert ßezzenberger.
175
Zum mhd. Wortschatz. III.
schär 1).
Parziväl 463, 15. dö Lucifer fuor die hellevart,
- mit schär ein mensche nach im wart
got worhte Ü5 der erden
Adamen den werden.
. mit schär wurde als ächte lesart von Lachmann aufgenom-
men, wärend Dg nach schar interpungieren. Dazu bemerkt
Bech, Germania VII, 298 : 'was das circumflectierte schär hier
bedeuten soll, ist nicht einzusehen ; auch wüsste ich nicht, was
gegen die interpunction hinter schar, wie sie Dg hat, einzu-
wenden wäre'. Er erklärt sich dann für San-Martes Über-
setzung; 'als Lucifer zur hölle gefaren war mit seiner schar'.
Dagegen ist aber zweierlei einzuwenden. Erstens ist es nem-
lich auffallend, dass das mit schar, was ja auch ganz unnötig
ist, da man bei der erwähnung Lucifers immer zugleich an die
schar seiner notgestallen (cf. v. 5) denken wird, so nachklappt.
Zweitens müsste es auch notwendig, wenn Bechs erklärung
richtig sein solte, mit siner schar heissen; die von ihm beige-
brachten stellen sind anderer art. Lachmann musste wol gu-
ten grund haben hier von der sonst von im bevorzugten hs. D
abzuweichen, d. h. die stelle anders verstehen, als Bech. Mir
scheint nun mit schär unbedingt zu mensche zu gehören und
erkläre ich es mir als germanisirte form des altfr. char, chair,
welches 'fleisch, menschliche natur' bezeichnet. 7mt schär ein
mensche wäre demnach genau gleich dem ausdruck Walthers im
leiche v. 80: ein man nach menschlicher art. mit steht hier,
wie im mhd. öfter, zur bezeichnung des Stoffes aus dem etwas
gemacht ist [s. Lexer u. d. W.]. Im altfranzösischen solte
man sich meiner ansieht nach öfter rats holen, wenn ein sonst
nicht zu erklärendes wort im mhd. aufstösst. Die spräche war
ja so reichlich mit fremden bestandteilen gemischt! (vgl. auch
die erkll. von maz und müz 0. ss. 83, 86).
*) als besonderes wort nimmt es auch Lexer in den soeben erschie-
nen nachtragen s. 358, weiss es jedoch ebenfalls nicht zu erklären.
176 R. Sprenger Zum mhd. Wortschatz.
zeigen
in einer bisher nicht belegten bedeutung findet sich in Albers
Tundalus 13, 69.
66. di gotes hüs si merten
diu gevallen waren nidere
diu zimbertens hin widere
si begunden dar üf zeigen
ir lehen und ir eigen
sich selben dar zuo
bediu spat unde fruo
zuo allem guote bereit.
des habent si di schcenheit.
Die entsprechende stelle der visio Tundali ed. 0. Schade
s. 21, 16 lautet: Hec arbor typus est sancte ecclesie, et isti
qui sub ea sunt viri et femine constructores et defensores
erant sanctarum ecclesiarum, et pro beneficiis, que sanctis ec-
clesins largiebantur, ipsarum fraternitatem consecuti sunt, zei-
gen gibt also hier das lat. largiri wider und hat speciell die
bedeutung des 'testamentarisch verraachens' i). An eine verderb-
niss brauchen wir um so weniger zu denken, als auch für das
lautlich entsprechende lat. dicere sich diese bedeutung nach-
weisen lässt. Vgl. Plaut mil. 3. 1. 113: {nam) mea bona meis
cognatis dicam, inter eos partiam und Afran. ap. Non. p. 280,
26: dotis paululum vicino dicam. Zu der stelle des Tundalus
stelt sich noch Wigalois 5748 (149, 4) ff. do gap si im mitfröuden
da drigec huohe ze eigen und hieg im % zeigen dag beste hüs
als er si bat, dag ietider stuont in der stat, wo zeigen von allen
handschriften überliefert wird. Es wird demnach auch Virgi-
nal 974, 19 ich wil in gerne seigen Up guot unde dar zuo laut
nicht die starke änderung des herausgebers von gerne seigen in
geben z'eigen (s. z. dst.) anzunemen, sondern seigen einfach in
zeigen zu ändern sein. Dies jetzt zur richtigstellung meiner
bemerkung in Bartschs Germania XXII; 271. R. Sprenger.
^) 80 spricht auch bei Spervogel (Minnes. Frül. 25. 15) ein vater zu
Beinen sönen: ichn kan iu nilit gezeigen diu lehen noch diu eigen, 'ich
kann euch nicht lehen noch eigen hinterlassen'.
177
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe.
„Es ist ein gewaltiger satz", sagt J, Grimm GDS. 274,
„den uns sanskrit und gotische spräche zur schau tragen, dass
es ursprünglich nur drei kurze vokale gibt, a i u". J. Grimm
bekennt sich mit diesen Worten zu einer ansieht, welche in ih-
rem kernpunkte auch heute noch von den meisten Sprachfor-
schern geteilt wird: dass die drei vokale a i u die grundvo-
kale darstellen, aus denen alle übrigen vokale abgeleitet seien,
und dass die indogermanische grundsprache nur diese drei vo-
kalqualitäten unterschieden habe. Freilich die eine stütze, auf
welche J. Grimm jene ansieht baut, kann heute nicht mehr als
solche gelten, nachdem von Müllenhoff erkannt ist, dass der
dreivokalische lautstand des gotischen auf einen gemeingerma-
nischen fünfvokalischen lautstand zurückgeht, indem die be-
treffenden gotischen / und u nicht die älteren Vorstufen der e
und 0 anderer germanischer dialekte darstellen, sondern in den
gotischen i und u die altgermanischen e und o zusammenge-
fallen sind (vgl. Scherer zGDS. 7 [= 249 f.]; Bezzenberger,
Ueber die a-reihe der gotischen spräche, Göttingen 1874, und
z. b. noch Weinhold , Mhd. gramm. , Paderborn 1877 s. 7).
Aber auch die andere von Grimm herbeigezogene stütze hat be-
reits angefangen zu wanken. Schon im jähre 1837 hat Benfey in
der Halleschen Allgemeinen literaturzeitung, ergänzungsbl. s. 911
sich dahin geäussert : man müsse es als entschieden fraglich be-
trachten, ob nicht die griech. a € o den älteren lautstand darstel-
len als das sanskr. a ; und dieser zweifei an der ursprünglichkeit
des sskr. a war nicht so ungerechtfertigt, wie G. Curtius, Philolo-
gie und sprachvergleichung2 G9 meinte. Es lässt sich aus den
indoiranischen sprachen selbst der nachweis führen, dass in
ihnen einst das e vorhanden war , und zwar liegt der beweis
hierfür, wie ich das bereits in diesen Beitr, IL 306 ausgesprochen
habe, in der indoiranischen palatalbildung. Dieser letztere
punkt ist es, den ich in den folgenden blättern etwas näher
auszuführen gedenke. Es wird dabei erforderlich sein, die
frage nach der entstehung der indoiranischen palatale im all-
gemeinen zu stellen. Denn wir werden die existenz eines grund-
sprachlichen e auf grund jener palatale nur dann mit bestimmt-
Beiträee z, Kunde d. ig, Spraohflu. III. 12
178 H. Collitz
heit behaupten dürfen, wenn wir im stände sein werden, diese
laute überhaupt aus einem durchgreifenden, einheitlichen prin-
cipe herzuleiten, dessen konsequente durchführung die annäh-
me des e als eine notwendige und unumgängliche erscheinen
lässt.
C. I. Die indoiranischen palatale und gutturale in ihrem
Verhältnis zu den grundsprachlichen gutturalen.
Ueber die geschichte der indoiranischen palatale und gut-
turale ist ein neues licht verbreitet durch die Untersuchungen,
welche As coli in seiner Fonologia comparata del sanscrito del
greco e del latino (Corsi di glottologia L), Torino eFirenze 1870 i)
angestellt hat. Ascoh hat hier §§. 23—25. 34—36 den nach-
weis geführt, dass in den altindischen palatalen j und h zwei
ursprünglich verschiedene laute zusammengeflossen sind: ein-
mal die media und aspirata zu dem palatal c , die im Avesta
durch j reflektiert werden ; zweitens die media und aspirata zu
dem Zischlaut g, welche im Avesta als z erscheinen. So ent-
spricht dem sskr. yiij- das av. yuj- , dem sskr. druh- das av.
druj- (= druzh-), während dem sskr. mrj- das av. marez-,
dem sskr. drh- das av. darez- gegenübersteht. Im sanskrit
selbst sind die beiden arten des j und h, sofern sie im stamm-
auslaute stehen, besonders kenntlich an der verschiedenen be-
handlung, welche sie vor suffixalem t erfahren. Hier werden
die j und h der ersten gattung analog dem c behandelt, d. h.
statt j -}- t erscheint kt, z. b. yuj- , part. yuk-tä-, statt h -^ t
erscheint gdh, z. b. druh-, part. drug-dhä-; die j' und h der
zweiten gattung hingegen werden analog dem g umgewandelt,
d. h.. j -\- t wird sht, z. b. mrj-, part. mrsh-tä-, h -\- t wird dh
(für ddh, daher mit ersatzdehnung) , z. b. drh-, part. dr-dhd-,
lih- , part. li-dhä-. (Vgl. dazu Joh. Schmidt, Die verwant-
schaftsverhältnisse der indog. sprachen, Weimar 1872, s. 10 ff. ;
S. Goldschmidt, ZDMG. bd. 27 (1873) s. 710 fl'.; Hübschmann
KZ. 23, h. 1 (1875) s. 20 ff", und h. 4 (1876) s. 384 ff.; Ben-
fey, Die zwei tönenden Zischlaute der arischen periode und des
^) Vorlesungen über die vergleichende lautlehre des sanskrit, des
griechischen und des lateinischen von G. J. Ascoli. Uebersetzt von
Bazzigher und Schweizer-Sidler, Halle 1872. — (Die Seitenzahlen des Ori-
ginals sind vom 3. bogen an in der Übersetzung angegeben).
Die entstehung der indoiranisclien palatalreihe. 179
ältesten sanskrits, Gott, nachr. 1876 st. 13, s. 297—323). —
Es ist diese entdeckung Ascolis für die auffassung der indo-
iranischen gutturale und palatale um so mehr von grundlegen-
der bedeutung , als sich damit dem italienischen gelehrten die
"wichtige tatsache ergab, dass bereits in gemein-indoiranischer
zeit neben einer guttural- und einer palatalreihe auch eine voll
ausgebildete zischlautreihe i) bestand, so dass wir für jene pe-
riode folgende drei typen als fortsetzer grundsprachlicher gut-
turale zu unterscheiden haben:
Tennis Media Aspirata
1) Gutturale : k (sskr. av. k) g (sskr. av. g) gh (sskr. gh, av. g)
2) Palatale: ä;' (sskr. av. c) / (sskr. av. y) g'h (sskr. h, av. J)
3) Zischlaute; c (sskr. av.c) z (sskr.j,£iY.z) zh (sskr. A^ ay. z)
Wie nun erklärt sich das bestehen dieser drei reihen? in
welchem Verhältnisse stehen dieselben zu den gutturalen der
übrigen indogermanischen sprachen und zu denjenigen der in-
dogermanischen grundsprache ?
Ascoli beantwortet diese fragen in dem oben angeführten
werke dahin, dass bereits die indogermanische grundsprache
drei verschiedene gutturalreihen besessen habe, nämlich eine
gruppe reiner gutturale und zwei gruppen afficierter gutturale.
Doch ist dabei wol zu beachten, dass unter den drei von A.
^) Gegen die herleitung des sskr. J aus indoir. z hat sich Fr. Mül-
ler ausgesprochen, Grundriss der Sprachwissenschaft I, 1 (Wien 1876)
s. 147 anm., und in dem aufsatze : Die gutturallaute der indog. sprachen,
Wiener sitzungsber. bd. LXXXIX (1878) s. 3—16. Fr. Müller geht von
der grundsprache direkt zum altindischen und andrerseits direkt zum ira-
nischen über, ohne sich darüber klar zu äussern, wie wir uns den be-
stand der gutturale in der indoiramschen periode zu denken haben. War
dasjenige altind. J , welchem im Avesta ein zischlaut entspricht, von je-
her ein palatal, so müsste ja dies J in der indoiran. periode identisch
gewesen sein mit dem J , welches auch im Avesta durch J reflektiert
wird; es wäre also die Unterscheidung der beiden reihen im iranischen
unbegreiflich. Man kommt eben nicht aus ohne die annähme, dass in
dem sskr. j und h zwei ursprünglich verschiedene laute zusammengeflos-
sen sind. Da nun der Übergang eines Zischlautes in einen palatal laut-
lich durchaus gerechtfertigt ist, und da das sskr. c mit dem iran. c auf
einen indoiran. zischlaut zurückgeht, so ist nichts dagegen einzuwenden,
wenn man auch die media und aspirata zu diesem p aus einem indoira-
nischen Zischlaute herleitet, zumal dieselben im Avesta eben als Zisch-
laute vorliegen.
12*
180 H. Collitz
statuierten grimdspr?i chlichen reihen nur eine (die dritte) sich
mit einer der drei indoiranischen reihen (nämhch der zisch-
lautreihe) vollkommen deckt, während die beiden übrigen indo-
iran. reihen durch eine teilweise Verschiebung der beiden ande-
ren grundsprachlichen reihen zu stände kommen (vgl. die Über-
sicht in der Fonol. s. 193).
I. Die indoiranischen reinen gutturale betrachtet Ascoli
als die regelrechten fortsetzer grundsprachlicher reiner guttu-
rale. Auch in den europäischen sprachen werden dieselben
durch reine gutturale vertreten , und so verharren in diesem
falle sämmtliche indogermanische sprachen in dem ursprüng-
lichen zustande (Fonol. s. 32, 96, 178 ff.).
Aber nicht allein reine gutturale fungieren im indoirani-
schen als fortsetzer der grundsprachlichen reihe Ic, g, gli, son-
dern zum teil auch palatale. Diese palatale, denen in den
europäischen sprachen ein einfacher guttural gegenübersteht,
sind als eine jüngere, speciell indoiranische Umgestaltung ur-
sprünglicher gutturale zu betrachten (a. o. s. 85. 117. 178 ff.).
II. Wol zu unterscheiden von diesen jüngeren palatalen
ist eine zweite, ältere schiebt der palatale, welche jedoch nicht
lautlich, sondern nur historisch von jener ersten abteilung un-
terschieden ist. Diese palatale sind deshalb als älter anzuse-
hen , weil sie in den südeuropäischen sprachen und im germa-
nischen eine besondere, zwar nicht qualitative, aber doch quan-
titative entsprechung finden. Es entsprechen ihnen hier guttu-
rale mit einem anhaftenden demente, das zunächst als labialer
nachklang auftritt (z. b. lat. qu — got. hv) , dann weiter den
Übergang in labiale (griech. tt, ß lat. h u. s. w.) oder auch
dentale (griech. r, d) veranlasst. In diesem falle ist die Ur-
sache der indoiranischen palatalisierung in der indogermanischen
grundsprache zu suchen, denn diese palatalreihe geht gemein-
sam mit der europ. /i;''-reihe auf eine grundsprachliche reihe mit
unbestimmter affektion {ky gy ghy) zurück ^). In den lettosla-
*) Die indoiranischen palatale in gewissen fällen aus der vei'bindung
von gutturalen mit nachfolgendem v zu erklären, hat zuerst A. Kuhn
KZ. I. (1852) 128 f. versucht. In umfassenderer weise ist dieselbe an-
sieht von Grassmann KZ. IX. (1860) 15 ff. vorgetragen; doch ist zu be-
achten dass Gr. die lautverbindungen k*" gv gJiv nicht allein als vorstufo
indoiranischer palatale, sondern ebensowol als Vorstufe indoiran. reiner
gutturale ansah. Wesentlich in Übereinstimmung mit Grassmann äussert
Die entstehmig der indoiranischen palatalreihe. 181
vischen sprachen ist keine spur dieser affektion vorhanden; es
ist anzunehmen, dass dieselbe dort geschwunden ist (a. o. s.
84 ff. 127 ff. 190 f.).
III. Den indoiranischen Zischlauten endlich stehen auch
in den lettoslavischen sprachen zischlaute gegenüber (slav. s, z
-— lit. sz , z): sie sind mit letzteren gemeinschaftlich auf eine
grundsprachliche reihe mit palataler affektion {k' g' gh') zurück-
zuführen 1). Wenn in den südeuropäischen sprachen und im
germanischen an stelle dieser afficierten reihe reine gutturale
begegnen, so ist hier die palatale affektion wieder aufgegeben
(a. 0. s. 56. 118. 190).
Hiernach würde also das Verhältnis der grundsprachlichen
gutturale zu den indoiranischen fortsetzern folgendes sein:
1) Grundsprachliche reine gutturale:
h (indoir. k, k') g (indoir. g, g) gh (indoir. ghj g'h)
2) Grundspracliliche gutturale mit unbestimmter affektion:
ky (indoir. k') gy (indoir. g) ghy (indoir. g'li)
3) Grundsprachliche gutturale mit palataler affektion:
W (indoir. c) g^ (indoir. z) gJv (indoir. zh).
Nur ungern habe ich mich auf diese darlegung der ansich-
ten Ascolis über die grundsprachlichen gutturale eingelassen,
denn es ist seitdem ein besseres System der gutturale auf-
gestellt. Doch ich hielt es für geboten, jene theorie ihren
sich über diesen punkt Leo Meyer, Vergl. gramm. I, (1861) s. 29 f. 36 f.
Nicht gebilligt dagegen wurde die auffassung Gr.'s von Curtius, Gr. Et.*
8. 450 f., Corssen, Ausspr. u. Voc. I^ 67 ff., Delbrück in der Zeitschr. f.
deutsche philologie I (1869) s. 20 f. , Schleicher, Comp.' 159 u. s.
^) Die Übereinstimmung der iranischen und der slavolettischen spra-
chen in der wiedergäbe ursprünglicher gutturale durch zischlaute war
auch Bopp und Schleicher nicht entgangen. Aber Bopp (Vergl. gramm.
I.^ XIX f. 39. 126 f.) hatte hieraus auf eine spätere trennung der Slavo-
letten von den Ariern geschlossen, während Schleicher (Ksl. formenl. s.
97 ff. 108 ff.; K. Beitr. I. HO ff.) die ganze Übereinstimmung für eine
wesentlich zufällige hielt und nur die tatsache glaubte konstatieren zu
dürfen „dass in den Wörtern, in welchen der ursprüngliche guttural in
der einen spräche verändert wird , er meist auch in den anderen spra-
chen einer wenn auch je nach der art der spräche verschiedenen ent-
stellung unterworfen ist" (Ksl. formenl. 108). Ausserdem darf nicht un-
erwähnt bleiben, dass Pott, Wurzelwtb. I. (1867) s. 494 ff., u. III. (1871)
s. 46 ff. die Verschiedenheit zwischen sskr. k und p aus einer früheren
periode herzuleiten suchte.
182 H. Collitz
grundzügen nach vorzuführen, weil man öfter Ascoli die auf-
stelluug von ansichten zuschreibt, welche in Wirklichkeit nicht
von ihm, sondern von anderen gelehrten herrühren. Noch we-
niger gern lasse ich mich auf eine polemik gegen dieselbe
ein. Aber ich darf auch diese nicht umgehen, weil Ascoli in
den Studj critici II. (Roma Torino Firenze 1877) s. 27 ff. i)
bei seinen alten aufstellungen stehen bleibt und sich gegen
neuere auffassungen, soweit dieselben nicht mit seiner theorie
übereinstimmen, durchweg ablehnend verhält.
Das System Ascolis basiert auf der Voraussetzung, dass ein
engerer Zusammenhang zwischen einem teile der indoiranischen
palatale und der europäischen Ä;''-reihe (wenn ich mich dieses
ausdrucks bedienen darf) bestehe. Von dieser Voraussetzung
ausgehend konstruiert A. eine besondere A;/-reihe; von dieser
Voraussetzung ausgehend zerlegt er die indoiranischen palatale
in eine jüngere und eine ältere schiebt. Aber diese Voraus-
setzung trifft nicht zu.
Zunächst ist hervorzuheben, dass der europäischen k^-ieihe
in den indoiranischen sprachen nicht nur palatale, sondern
ebensowol reine gutturale gegenüberliegen. Zwar heisst es lat.
qui-s = av. eis; lat. qui-d == sskr. ci-d: aber es heisst auch
lat. quo-d, 08k.ijpü-d, got. hva = sskr. ka-d; got. hva-s = sskr.
Jca-s; lat. ^uo-t '^'ssk\kä-ti ; griech. rrcU^ggo-g, o^\m)ü-türü-s
(acc. pl.), goty^i'a-/ar = sskr. ka-tarä-s. Zwar entsprTcIit dem
griech. ßio-g = got. qiu-s das sskr. jiva-s: aber dem griech.
ßaivio = got. qimaß steht im sanskrit gani- gegenüber; das
griech. ßagv-g wird durch sskr. gurü-s, das griech. ßov-g, lat.
hos durch sskr. gaus reflektiert. Erklärt man nun mit A. in
fällen wie ci-d = lat. qui-d das c und das qu als verschiedene
äusserungen derselben grundsprachlichen affektion, wie will man
dann das k = qti in dem Schema ka-d = quo-d auffassen?
Vergeblich sehen wir uns denn auch bei A, nach einer klaren
und unumwundenen antwort um auf die frage , warum es im
sanskrit nicht '^cad == quod oder '*cas = got. hvas heisst. Um-
sonst versuchen wir uns bei seinem System die gleichung kata-
rds = rtövBQog zu erklären; nur die gleichuDg katards =
Y.6T€Qog würde ja in das System passen, und doch erklärt A.
*) Kritische Studien zur Sprachwissenschaft von G. J. Ascoli. Au-
torisierte Übersetzung von Reinhold Merzdorf, zu ende geführt von Bern-
ahrd Mangold. Weimar 1878, s. XXIII anm. 7.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 183
(s. 89) das Jon. xoregog aus kvoteros. Wollen wir uns seine
hypothese aneignen, so müssen wir eben diese Widersprüche
als solche mit in den kauf nehmen.
In anderen fällen sucht A. die gleichung indoiran. Je =
europ. k" dadurch zu beseitigen , dass er in fällen wie jecnr,
vermis u. a. das v für einen jüngeren , einzelnen europäischen
sprachen eigentümlichen schmarotzerlaut ausgibt (s. 85). Es
wird also tatsächlich nicht allein die indoiranische palatalreihe,
sondern auch die europäische k^-ieihe in zwei teile zerrissen.
Nun aber steht es fest, und A. selbst gesteht dies (s. 88) zu,
dass sich nicht leicht ein sicheres beispiel für den Übergang
von k in kv innerhalb einer indogermanischen spräche nach-
weisen lässt, während umgekehrt der Übergang von kv in k
durch zahlreiche fälle bezeugt wird. Deshalb werden wir nicht
mit A. (s. 86) schliessen : weil in sskr. vacas ein palatal er-
scheint, ist das k" = griech. tt in ertog älter als das k =
lat. c in vocare und vox ; weil aber in sskr. yakrt ein reiner
guttural erscheint, ist umgekehrt das k = lat. c in jecur älter
als das k" = griech. 7t in rjTtaQ. Vielmehr werden wir sa-
gen: wenn in vocare und vox das c aus k" entstanden ist, so
wird auch in jecur = rjrtaQ das c aus k" entstanden sein ; es
ist also anzunehmen, dass europäischem k" ebensowol indoira-
nisches k als indoiranisches k' gegenüberliegt.
Das von A. aufgestellte System verträgt sieb nicht mit den
tatsachen der vergleichenden lautlebre. Dasselbe verträgt sich
aber ebensowenig mit denjenigen beobachtungen über das Ver-
hältnis der gutturale zu den palatalen, welche uns die indoira-
nischen sprachen selbst an die band geben. Ein beispiel statt
vieler mag genügen.
Bekanntlich ist bei einer reihe von stammen in der ver-
balflexion im allgemeinen der palatal eingetreten, während in
einer anzahl zugehöriger nominalbildungen der guttural erhal-
ten bleibt. (Vgl. Bopp, Krit. gramm. der sskr. spr.^ s. 381;
Benfey, Vollst, gramm. §§. 368. 378 u. s. ; Ascoli, Fonologia
§§. 13. 15. 24. 25. 35; Lindner, Altind. nominalbildung, Jena
1878, s. 12 ff. 1)). Es heisst ^aca-^i aber vi-päka-; roca-tesiber
^) Es muss hervorgehoben werden, dass Lindner a. o. noch in der
unrichtigen anschauung befangen ist, es liege in jenen nominibus eine
rückverwandlung des palatals in den guttural vor.
184 H. Collitz
röM-; ri-reca aber pra-rekd- ; yoja-te aber yoga-; doha-te
aber dogha- u. s. w. Wer ohne verurteil an die betrachtung
dieses Verhältnisses herangeht, der wird sich der Überzeugung
nicht verschliessen können, dass die bewahrung des gutturals im
nomen in den angeführten fällen durchgängig auf einem glei-
chen principe beruht, und dass andrerseits für die palatalisie-
rung im verbum in dem einen falle dieselbe erklärung muss
angewandt werden, wie in dem anderen falle. — Damit aber
halte man die konsequenzen zusammen, welche sich aus den
aufstellungen Ascolis ergeben. A. führt das qu von coquo und
linquo mit dem k' in pdca-ti und rireca auf ein grundsprach-
liches ky zurück (Fonol. s. 84). Dem k' in rocate aber steht
in den europ. sprachen nicht k" sondern k gegenüber (griech.
levyiog, lat. lucere, got. liuhap u. s. w.) ; A. also muss dasselbe
auf ein grundsprachliches k zurückführen. Wir hätten demnach
im ersteren falle den palatal als den reflex einer grundsprach-
lichen affektion, im zweiten falle als das produkt einer ganz
jungen alterierung zu betrachten. Damit ist der weg zu einer
einheitlichen erklärung der angeführten fälle abgeschnitten.
Weiter aber steht nicht allein dem verbalen k' , sondern auch
dem nominalen k in den europäischen sprachen teils k" , teils
h zur Seite : es bestehen die gleichungen -rekd- (in pra-rekd-)
= XoiTtö-g, rokd- = kevy,ö-g. Indoiranisches k ist nach A. Ver-
treter eines grundsprachlichen k; der reine guttural in pra-
rekd- also ebenso wie in rokd- würde auf grundsprachliches k
zurückgehen. Griechisches 7t aber ist Vertreter eines grund-
sprachlichen ky ; es hätte also loirto-g in Übereinstimmung mit
leiTCü) in der grundsprache ky gehabt. Was für ein guttural
nun kommt der grundsprachlichen form zu, welche dem ved.
-rekd- und dem griech. loiTc6-g zu gründe liegt? Sollen wir das
h in -rekd- als Umwandlung eines ky betrachten? das wider-
spricht dem Systeme Ascolis- Sollen wir es als Vertreter eines
grundsprachlichen k auffassen? das widerspricht abermals dem
Systeme Ascolis, denn es bleibt loirtö-g unerklärt, und A.
muss ja doch das c in rireca mit dem rc in Xeluo) auf ein ky
zurückführen. Also was tun?
Dasselbe dilemma, wie es bei diesen nur beispielsweise an-
geführten formen zum Vorschein kommt, wiederholt sich in ei-
ner menge ähnlicher fälle. Wir geraten stets in ein labyrinth,
für welches uns Ascoli den Ariadnefaden nicht mitgegeben hat.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 185
Wir versuclien alle möglichen wege der erklärung, und kom-
men immer nur zu dem einen resultate, dass innerhalb der
schranken des von A. aufgestellten systemes eine erklärung
überhaupt nicht möglich ist. Denn die möglichkeit einer er-
klärung erhält man erst dann , wenn man die annähme einer
grundsprachlichen Ä;^-reihe wie die annähme einer doppelten
Schicht von palatalen aufgibt, wenn man als Vorstufe der pa-
latale durchgängig dieselben gutturale ansieht, die palatalisie-
rung als einen einheitlichen akt betrachtet und als einziges mo-
tiv derselben nicht eine unbestimmte grundsprachliche affektion,
sondern einen ganz bestimmten , innerhalb einer bestimmten
epoche der indoiranischen Sprachgeschichte wirkenden faktor
anerkennt.
Auf grund des Ascolischen gutturalsystemes also lässt sich
eine befriedigende erklärung der indoiranischen palatalbildung
nicht geben: wol aber lässt sich eine solche geben bei derjenigen
auffassung der gutturalfrage, welche Fick, Die ehemalige sprach-
einheit der Indogermanen Europas, Göttingen 1873, s. 2 — 34 an-
gebahnt hat 1).
Das resultat der ausführungen Ficks lässt sich in folgende
Sätze zusammenfassen. Die indogermanische grundsprache be-
sass zwei Maute : k und k. Der regelrechte Vertreter des ^ ist
in den indoiran. sprachen ein zischlaut, in den europäischen
sprachen ein reines k, das im slavischen als s, im litauischen
als sz erscheint. Der regelrechte Vertreter des grundsprach-
lichen k hingegen ist in den indoiranischen sprachen ein reiner
guttural, an dessen stelle nachträglich zum teil ein palatal ge-
treten ist; in den europäischen sprachen ein k", das im slavo-
lettischen als k erscheint. In den süd europäischen sprachen
und im germanischen hat dieses k'' vielfach seine affektion auf-
gegeben, und ist in diesem falle von den fortsetzern des grund-
sprachlichen k^ nicht mehr verschieden. Das Verhältnis dieser
beiden Ä;-reihen stellt sich demnach folgendermassen :
^) Auf denselben weg, wie ihn Fick eingeschlagen hat, war schon
früher von Havet in seiner anzeige von Joh. Schmidts Verwantschafts-
verhältnissen in der Revue critique vom 23. nov. 1872 hingewiesen. Man
vergleiche noch die anzeige Havets von Ficks Spracheinheit in der Rev.
crit. vom 7. märz 1874.
186 H. Collitz
*k = indoir. k, k' — europ. k" (k), slavolett. k
*^ = indoir. <} = europ. k^ slav. s, lit. sz.
Vergleicht man dieses System mit dem von Ascoli aufge-
stellten, so mag man ja, wie es öfter geschehen ist, sagen, dass
beide sich in wesentlicher Übereinstimmung befinden. Es kommt
eben darauf an , was man unter einer „Übereinstimmung" ver-
steht, und wie weit man den begriff „wesentlich" ausdehnt.
Man kann ja mit demselben rechte sagen, dass sich Ascoli in
wesenthcher Übereinstimmung mit Bopp, Pott, Grassmann u. s. w.
befinde, und kann auf diesem wege zu dem befriedigenden be-
wusstsein gelangen, dass von Bopp bis auf die neuzeit so ziem-
lich alle Sprachforscher in bezug auf die gutturalfrage in we-
sentlicher Übereinstimmung sich befunden haben. Nur vergesse
man dabei nicht, dass die gegensätze, welche das System Ficks
von demjenigen Ascolis trennen, zum teil schroffer und ein-
schneidender sind als diejenigen, welche zwischen Ascoli und
dessen Vorgängern bestehen.
Alle früheren darstellungen, diejenige Ascolis eingerechnet,
giengen von dem satze aus, dass der regelrechte Vertreter eines
indoiranischen k auch in den europäischen sprachen ein k sei,
und dass beide k aus einem grundsprachlichen k herzuleiten
seien. Diese auffassung scheint durchaus natürlich und auf den
ersten blick unumgänglich, und sie ist auch bis auf Fick von
niemandem beanstandet. Um so höher ist es anzuschlagen,
dass Fick derselben definitiv ein ende gemacht hat. — Damit
hängt aufs engste ein anderer punkt zusammen. Keine der
früheren auffassungen hatte das rätsei des europäischen k" zu
lösen vermocht. Kuhn, Grassmann, Leo Meyer (vgl. ob. s. 180 f.
anm.), Curtius (KZ. III. 401 ff., Gr. Et.* s. 450 f.), Ascoli: sie
alle hatten entweder einen engeren Zusammenhang zwischen in-
doiranischem k' und europäischem k" angenommen, oder hatten
das V als eine willkürlich auftretende affektion angesehen. Fick
hat diesen fehler vermieden und hat zuerst eine haltbare erklä-
rung des k" aufgestellt, indem er die Identität desselben mit
dem asiatischen k (resp. k') nachwies. — Si duo faciunt idem,
non est idem: das gilt auch von der ansetzung des b bei Ascoli
und des h bei Fick. Nach Ascoli ist in den südeuropäischen
sprachen und im germanischen keine spur des k' bewahrt, son-
dern die ursprüngliche affektion ist hier wieder geheilt; die
ansetzung des k' gründet sich also bei ihm einzig und allein
Die enfcstehung der indoiranischen palatalreihe. 187
auf die indoiranische und die slavolettische Sprachgruppe. Da-
hingegen erscheint bei Fick das k der südeuropäischen sprachen
(— germanischem /O gegenüber dem zischlaut des indoiranischen
und slavolettischen ebensosehr am platze, wie das südeuropäi-
sche k" {=. german. Iiv) gegenüber slavolettischem und indo-
iranischem k oder k': nicht ein teil der indogermanischen spra-
chen, sondern sämmtliche sprachzweige unseres Stammes zeugen
für das bestehen eines ^;.
Die theorie Ascolis i) hat, so viel ich weiss, vor dem buche
Ficks nirgends anklang und Zustimmung gefunden. Erst nach-
dem Fick das ei auf die spitze gestellt hat, sieht man, dass
schon Ascoli zum teil auf dem richtigen wege war, und nun
ist man allzusehr bereit, zu vergessen, dass Ascoli in manchen
punkten gänzlich fehlgegriffen hat, und es ist, als suche man
sich einzureden, Ascoli sei schon zum ziele gekommen; zumal
ja Fick seinerseits (Spracheinheit s. V) bescheiden genug war,
die entdeckung der beiden grundsprachlichen ^--laute nicht sich,
sondern dem italienischen gelehrten zuzuschreiben. Eben dar-
aus aber erwächst für andere die pflicht, hervorzuheben, dass,
so gross auch die Verdienste Ascolis für die aufhellung der
gutturalverhältnisse sind, doch die eigentliche lösung der frage
nicht von Ascoli, sondern von Fick gefunden ist.
Fick jedoch war im unrecht, wenn er (Spracheinheit s. 34 —
37) die annähme einer Verschiedenheit der grundsprachlichen gut-
turale auf das gebiet der tenuis beschränkt wissen wollte. Vgl.
Job. Schmidt, Jen. lit.-ztg. 1874 art, 201; Hübschmann, KZ.
23, s. 20 ff.; Herm. Möller, Die palatalreihe der indog. grund-
sprache im germanischen (Leipz. 1875) s. 16 — 26; Fröhde in
diesen Beitr. I. (1877) s. 328; Ascoli, Studj critici IL 25 f.;
und etwa noch T. le Marchant Douse,. Grimms law (London
1876) s. 135—169; Leskien, Die deklination im slavisch-lit. und
germanischen (Leipz. 1876) s. XXIV; Hübschmann, ZDMG.
bd. 30 (Leipz. 1876) s. 776. Es sind vielmehr die Verhältnisse
der gutturalen media und aspirata ganz analog den Verhältnis-
sen der tenuis zu beurteilen. Dabei ist hervorzuheben, dass
sich das hauptverdienst um die darlegung der geschichte der
^) Ich spreche hier selbstverständlich nur von der hypothese Ascolis
über die grundsprachlichen gutturalreihen, nicht von seiner epochema-
chenden entdeckung der indoiranischen Zischlaute.
188 H. CoUitz
media und aspirata Ascoli erworben hat durch den nachweis
des zwiefachen Ursprunges der laute j und h des sanskrit und
die daraus resultierende aufdeckung der indoiranischen zisch-
lautreihe. — Wollen wir für die gesammten indogermanischen
sprachen zu einer richtigen beurteilung der gutturalen media
und aspirata gelangen, so ist (wie dies für die indoiranischen
und slavolettischen sprachen von Hübschmann, für die übrigen
indog. sprachen zuerst von Möller a. o. geschehen ist) das Sy-
stem Ascolis nach raassgabe der von Fick für die tenuis auf-
gestellten ansichten zu modificieren. Es sind demnach auch
hier für die grundsprache zwei verschiedene typen anzunehmen.
Und zwar ist die indoiranische media und aspirata der zisch-
lautreihe auf eine grundsprachliche media und aspirata zurück-
zuführen, welche dem k Ficks gleichsteht; dieselben werden in
den slavolettischen sprachen gleichfalls durch Zischlaute, in den
übrigen europäischen sprachen aber durch ausläufer eines rei-
nen g und gh repräsentiert. Andrerseits sind die gutturale und
palatale media und aspirata des indoiranischen lautsystems aus
einer grundsprachlichen media und aspirata herzuleiten, welche
mit dem indogermanischen k Ficks auf einer stufe steht ; in den
slavolettischen sprachen erscheinen dieselben als reine guttu-
rale, welche dann im slavischen später teilweis in palatale
übergehen; in den südeuropäischen sprachen dagegen und im
germanischen stellen sich die dieser media und aspirata ent-
sprechenden laute als Umwandlungen eines g" und gh" dar, ge-
nau ebenso, wie dem indoiranischen /.; oder h' hier ein k*'
gegenübersteht. In dieser weise also ist das System zweier k-
reihen zu einem System zweier gutturalreihen zu erweitern i).
^) Auf äic einwendungen , welche gegen die annähme zweier guttu-
ralreihen auf grund einzelner abweichungen erhoben sind, ausführlicher ein-
zugehen ist hier, wo ea wesentlich auf eine Orientierung im allgemeinen an-
kommt, nicht der ort. Ich denke von dieser annähme mit G. Curtius (Stud.
VII. 269): „einzelne scheinbare oder wirkliche ausnahmen machen mich darin
ebenso wenig irre, wie in der tatsache der ersten deutschen lautverschie-
bung". Und ich hege weiter mit Curtius die hoffnung, dass es mit der zeit ge-
lingen wird, diese ausnahmen mehr und mehr aufzuhellen. Unter die
scheinbaren ausnahmen rechne ich z. b. die folgenden beiden fälle: 1)
Man pflegt gr. Xevx6-g, lat. luccre, got. liuhap u. s. w. mit sskr. rite- (III.
8g. med. roca-t^ = av. ruc- (caus. raoca-ya-) zu verbinden (F. I. 199.
412. 756; C no. 88). Dabei aber muss auffallen, dass sich im südeuro-
päischen und germanischen keine spur des zu erwartenden kv zeigt. Die
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 189
Noch nach einer anderen seite hin bedarf Ficks System der
weiterführung. Fick, Spracheinheit s. 31 spricht sich dahin
aus, dass wir den physiologischen wert der beiden grundsprach-
lichen Ä:-laute schwer bestimmen können, dass wir aber ganz
genau bestimmen können, wie das europäische einheitsvolk den
reflex des ursprachlichen k ausgesprochen hat, nämlich als k",
d. h. ein durch ein mehr oder minder stark ausgesprochenes
nachschlagendes v modificiertes k. Hiergegen ist folgendes ein-
zuwenden. Die indoiranischen gutturallaute stehen physiologisch
genau auf derselben stufe wie die lettoslavischen : das Verhält-
nis beider zu den südeuropäischen und germanischen guttural-
lauten ist genau dasselbe. Haben wir als Vorstufe des slavo-
lettischen k das k" zu betrachten, auf welches die entsprechen-
den südeuropäischen und germanischen laute zurückgehen, so
steht nichts im wege, dasselbe k" auch als Vorstufe des indoira-
nischen k (resp. k') anzusehen, und dem grund sprachlichen
laute, welchen Fick als k bezeichnet, den wert k'' beizulegen.
Ergibt sich auf diese weise, dass für die erste Ä;-reihe die eu-
rop. sprachen (mit ausnähme des slavolettischen) den ursprüng-
lichen lautstand — von späteren Umwandlungen wie z. b. von
dem übergange des k" in k abgesehen — gewahrt haben, be-
achten wir dann ferner, dass der Übergang von k in k> und
weiter in einen Zischlaut auch sonst oft genug sich nachweisen
Schwierigkeit wird gehoben, wenn man dem k der europäischen formen
das in ved. rücat- hell licht, vorliegende c gleichstellt. 2) Bei Priscian
X. 11 (bd. I. s. 503 f. H.) wird die form linguo für das sonst gebräuch-
liche lingo angeführt (vgl. Corssen, Krit. beitr. s. 68 f.; Ascoli, Fonol.
§. 35 anm. 7). Man könnte daran denken, jene form für eine Umgestal-
tung des regelrechten limjo zu erklären; das in lingua lautlich gerecht-
fertigte u einerseits und das nebeneinanderliegen von unguo und ungo,
iinguo und tingo andrerseits könnten zu einer solchen neubildung anlass
gegeben haben. Wahrscheinlicher ist mir, dass jene form einzig auf ei-
ner corruption des textes unserer handschriften beruht; denn wir sind
schwerlich berechtigt, auf grund dieser isoliert dastehenden Überliefe-
rung der lebenden spräche eine in der literatur sonst nicht zu belegende
doppelformation zu vindicieren , zumal in denselben handschriften gele-
gentlich auch pingiio, stingo u. s. w- geschrieben steht. Für eine ände-
rung des textes stehen verschiedene wege offen; die ursprüngliche lesart
mag etwa unguo unxi ut lingo Unxi et pingo pinxi oder unguo unxi et tin-
guo tinxi ut jtingo pinxi gewesen sein. Jedenfalls begründet dieses lingtio
keinen einwand gegen die annähme zweier grundsprachlicher ^-laute.
190 H. Collitz
lässt (wofür ja nur auf Schleicher, Sprachvergl. Untersuchungen
II, Bonn 1848, verwiesen zu werden braucht): so liegt die an-
nähme nahe, dass auch in der zweiten Ä;-reihe die südeuropäi-
schen sprachen mit ihrem einfachen k (= german. h) den ur-
sprünglichen lautstand bewahrt haben. Dem h der grundspra-
che würde demnach der physiologische wert eines einfachen
„reinen" k zukommen.
Zu demselben resultate werden wir auch ohne die zu-
hülfenahme der europäischen Spracheinheit geführt. In den
indoiranischen und slavolettischen sprachen erscheinen (von
sekundären Umwandlungen abgesehen) die fortsetzer der ersten
grundsprachhchen reihe (der Ä;-reihe Ficks) als einfache guttu-
rale, die fortsetzer der zweiten grundsprachhchen reihe (der
^- reihe Ficks) als Zischlaute; den ersteren entsprechen im süd-
europäischen und germanischen (wiederum die sekundären Um-
wandlungen abgerechnet) guttural mit nachklingendem halbvo-
kal V, den letzteren dagegen reine gutturale. Also:
I. reihe II. reihe
indoir. u. slavolett. : k g gh g z zh
südeurop. u. german.: k" g*' gh" k g gh
Wer diesem tatbestand gegenüber mit Möller i) und Les-
kien (vgl. ob. s. 187) sich für die annähme entscheidet, dass
die erste reihe in der grundsprache rein guttural und die zweite
palatal gewesen sei, der wählt unter den beiden vorhandenen
möglichkeiten gerade diejenige, welche am wenigsten wahr-
scheinlich ist. Möller und Leskien müssen einmal annehmen,
dass das palatale k, welches die Vorstufe des indoiranischen
und slavolettischen Zischlautes bildet, in den südeuropäischen
sprachen sich in gutturales k verwandelt habe. Dies wider-
spricht dem allgemeinen lautlichen grundsatze, dass zwar häu-
fig eine hintere artikulationssteile durch eine weiter nach vorn
*) Auch in seiner neuesten arbeit „Epenthese vor k-lauten im ger-
manischen als Wirkung des volaren oder palatalen Charakters des wurzel-
auslauts" (KZ. bd. 24) hält Möller an der anschauung fest, dass im ger-
manischen eine palatalreihe bestanden habe, indem er sich zur stütze sei-
ner ansieht auf das heikle gebiet der epenthese begibt. Ich bedaure den
hierauf bezüglichen annahmen Möllers nur in sehr wenigen fällen beistim
men zu können, freue mich aber, in einer anderen wichtigen frage mit
M. einer Ansicht zu sein , nämlich in bezug auf die theorie des ab-
lauts, zu welcher sich M. s. 92 ff. seines aufsatzes bekennt.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 191
gelegene, nicht aber umgekehrt eine vordere durch eine weiter
nach hinten gelegene ersetzt wird, und dass eine palatale af-
fektion, wenn sie einmal vorhanden ist, nicht wieder zu schwin-
den pflegt. (Vgl. Curtius. Gr. Et.^ s. 27. 438; Sievers, Laut-
physiologie s. 131 ; Joh. Schmidt, Jen. lit.-ztg. 1877, art. 247. i))
Beide müssen weiter annehmen, dass ursprüngliches k in den
europäischen sprachen (ausser slavolett.) zu k" geworden sei.
Auch diese annähme ist abzuweisen, denn auch sie widerspricht
den allgemeinen gesetzen (wenigstens den uns bekannten allge-
meinen gesetzen) des lautwandels. Es kennen alle europäischen
sprachen, welche das k" besitzen, auch den Übergang desselben
in k (vgl. Fick, Spracheinheit s. 6 ff. 13 f. 20. 24; Zimmer,
Ostgermanisch und westgermanisch [ztschr. f. deutsch, altert.
XIX.J s. 11 ff.), das altirische verwandelt das gemeinkeltische
qu (=gallobrit.^j) durchgängig in k (geschrieben c), und ebenso
wird im französischen das ursprüngliche und in der schrift
noch beibehaltene qu durchweg als k gesprochen ; aber nirgends
zeigt sich in den europäischen sprachen eine ähnliche neigung,
das k, welches einem sskr. g entspricht^ in qu umzuwandeln ^).
*) Freilich hat Möller diesen letzteren Vorgang an verschiedenen
stellen seiner oben citierten schrift „lieber die palatalreihe der idg. grund-
sprache im germ." angenommen, und Ascoli sagt in den Studj crit. II. 28,
er habe denselben im Arch. glott. ital. II. 113 f. 457 für das sardische
erwiesen. Ob Möller und Ascoli recht haben, weiss ich nicht; gesetzt
aber sie hätten recht, so wären doch die von ihnen herangezogenen fälle
als singulare ausnahmen anzusehen, ausnahmen, welche nicht berechtigen,
über die sonst geltende regel sich hinwegzusetzen. Auf keinen fall aber
ist es zu billigen, wenn Ascoli (Studj. crit. a. o.) die „heilung" eines k>
zu k mit dem aufgeben der aspiration auf eine stufe stellt.
2) In den von Kuhn KZ. 12, 147 (vgl. Curtius Gr. Et.* s. 452) auf
grund einer schrift von Varming angeführten beispielen aus einer däni-
schen mundart ist das auftreten des kv durch den folgenden vokal be-
dingt, während das auftreten der grundsprachlichen gutturale von der
qualität des folgenden vokales unabhängig ist.
Es mag hier noch eine andere bemerkung platz finden. Curtius Gr.
Et.* s. 450 findet es nicht wahrscheinlich „dass die indogermanische Ur-
sprache von der harten lautgruppe kv namentlich im auslaut von wur-
zeln einen so ausgedehnten gebrauch gemacht haben sollte". Aber C.
schreibt doch auf der vorhergehenden seite jene lautgruppe der graeco-
italischen periode zu ; dürfen wir dieser ,,grundsprache" härtere laut-
gruppen zumuten, als der indogermanischen? darf zumal Curtius dies
tun, der doch (Gr. Et.* s. 411 f. 722) als grundrichtung des lautwandels
192 H. Collitz
Jene annähme also, welche einer identificierung der grund-
sprachlichen „k und Tc" mit den Brückeschen k^ und k^ gleich-
kommt, ist aufzugeben. Nicht von dem indoiranischen und sla-
volettischen gutturalbestand e ist auszugehen, sondern vielmehr
der südeuropäische und germanische lautstand ist für die re-
konstruktion der grundsprachlichen gutturale zu gründe zu
legen.
Dieser letztere weg ist von Havet in seinem klaren und
lehrreichen aufsatze: La question des deux k arioeuropeens in
den Memoires de la societe de linguistique , tome II (fasc. 4.
Paris 1874) s. 266 if. eingeschlagen i), in welchem derselbe zu
dem resultate geführt wird, dass als Vorstufe des sskr, k ein
grundsprachliches kw, als Vorstufe des sskr. q ein grund sprach-
liches k anzusetzen sei. Freilich darf man in diesem falle den
ausdruck kiv nicht allzu wörtlich nehmen. Es wird am rich-
tigsten sein, den grundsprachlichen laut, um welchen es sich
hier handelt, mit dem lat. qu zu identificieren. Wie dieses als
ein einheitlicher laut gilt (vgl. Ascoli, Fonol. s. 61 f. mitanm.5),
so wird man auch in dem grundsprachlichen laute den labia-
len halbvokal als eng vereinigt mit dem vorausgehenden guttu-
ral sich zu denken haben, ebenso eng etwa, wie nach Brücke
(Grundz.2 81 ff.) in dem laute, welchen wir mit seh bezeichnen,
die artikulation des s mit derjenigen des % verbunden ist. Die-
sen guttural selbst aber wird man mit dem Brückeschen k^
identificieren dürfen, während andrerseits das k, welches die
Vorstufe des europ. k und des sskr. c bildet, am passendsten
als das k"^ Brückes betrachtet wird. Und so läuft denn die
hier vertretene auffassung wesentlich auf dasselbe hinaus, was
die schwächun g oder Verwitterung ansieht, und gerade den ältesten spra-
chen eine kräftige artikulation zuschreibt? Uebrigens findet sich die
treffendste entkräftigung jenes einwandes bei C. selbst, wenn er (a. o.
451) den umstand als beachtenswert bezeichnet, dass die meisten fälle
des labialismus und dentalismus sich in solchen fällen finden , in denen
die vorausgesetzten lautgruppen kv , gv u. s. w. leicht sprechbar waren.
Man darf eben nicht vergessen, dass die spräche der alten Indogerraa-
nen in der periode, um welche es sich bei dieser frage handelt, nicht
aus nackten wurzeln bestand, sondern ebenso wie die unsrige in leben-
digen und vollkommen ausgebildeten Wörtern sich bewegte.
*) Ascoli zwar, Studj. crit. II. 29 (= s. XXV d. üb.), ist mit den
deduktionen Havets nicht einverstanden , aber es ist A. nicht gelungen,
einen stichhaltigen einwand gegen dieselben vorzubringen.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 193
schon vor dem erscheinen von Ascolis Fonologia von Scherer
über diese Verhältnisse gelehrt ist. Scherer nämlich erklärt z.
GDS. 73 (= " 137) das k^ für die normale germanische guttu-
ralartikulation, und bemerkt dann s. 85 (— ^ 150) in bezug auf
das lat. qu und got. hv: „alle diese laute werden uns vollkom-
men verständlich, wenn wir annehmen, dass die Arier einst
auch die dritte gutturalartikulation, das arabische Qaf besassen,
und diese überall ursprünglich statuieren , wo wir in den uns
bekannten sprachen qu oder die vertretenden p und hv treffen".
Was für die tenuis gilt, das ist auch für die media und
aspirata anzunehmen. Wir werden uns demnach die gestalt der
beiden gutturalreihen in der grundsprache ganz so zu denken
haben, wie sie oben s. 190 als Vorstufe des südeuropäischen
und germanischen angesetzt sind, nämlich die erste reihe als
k*', g*", gh" (oder wenn man will k", ^", gh'*), die zweite reihe
als k, g, gh.
Man hat sich in neuerer zeit gewöhnt, die beiden guttural-
reihen durch nebengesetzte zahlen zu unterscheiden. Diese be-
zeichnung aber ist in doppelter hinsieht unpraktisch. Einer-
seits herrscht keine Übereinstimmung in der bezeichnung, denn
Hübschmann bezeichnet mit k den laut, welchen Havet mit k^
bezeichnet, und Hübschmann nennt k^ den laut, welchen Ha-
vet k^ nennt, während noch andere (im anschluss an die von
Sievers in seiner lautphysiologie gewählten zeichen) für das k^
Havets ein k^ und für sein k^ ein k^ einsetzen. Andrerseits
haben die ausdrücke k^ und k^ bereits ihre Verwertung gefun-
den als graphische darstellungen eines lautphysiologischen Un-
terschiedes, und es kann leicht zu Verwirrungen anlass geben,
wenn man dieselben ausserdem noch zur bezeichnung eines da-
von unabhängigen lauthistorischen Unterschiedes verwendet.
Stimmt man den oben entwickelten ansichten bei, so liegt
es nahe, diesen Schwierigkeiten in der weise aus dem wege zu
gehen, dass man die grundsprachlichen repräsentanten der er-
sten reihe etwa mit q g gh, die repräsentanten der zweiten
reihe aber einfach mit k g gh bezeichnet ^).
Ich schliesse diese auseinandersetzungen mit einer tabella-
rischen Übersicht des gutturalbestandes der einzelsprachen.
*) Will man die letztere reihe noch deutlicher kennzeichnen, so
mag man dafür k g gh schreiben.
Beiträge 2. Kunde d. ig. Spraohsn. III. X8
194 H. Collitz
I. Die fortsetzer der grundsprachlichen g'-reihe:
1) Idg. 2 = indoir. k, c = slav. k, c, c = lit. k = griech.
TT, 7t7t, T, TT, X, XK = lat. qu, c — gallobrit. |J; k =
ir. c = germ. hv, h.
2) Idg. g = sskr. g, j = av. ^; gh, j, zh = slav. g, z,z^
lit. ^ = griech. ß, d, y = lat. ^M; h, v, g = kelt. J, ^
= germ. q, k.
3) Idg. gÄ = sskr. gh^ h = av. g, gh, j = slav. g, z, z =
lit. ^ == griech. q), d^, x = lat. A; /'; gu, v, g = kelt. ^
= germ. gv, g.
IL Die fortsetzer der grundsprachlichen Ä:-reihe.
1) Idg. k = indoir. c ~ slav. s = lit. sz = griech. x =
lat. c — kelt. c = germ. h.
2) Idg. g == sskr. J = av. 0 = slav. z = lit. 2 = griech.
y = lat. g — kelt. ^ = germ. k.
3) Idg. ^/i = sskr. A = av. 0 = slav. z = lit. i = griech.
X = lat. /i; f,g = kelt. ^ = germ. g.
C. II. Die indoiranischen palatale in ihrem Verhältnis zu den
indoiranischen gutturalen.
Von den drei oben s. 179 aufgeführten indoiranischen kon-
sonantenreihen bildet die zischlautreihe die fortsetzung der
grundsprachlichen Ä;-reihe, während die guttural- und die pala-
talreihe gemeinschaftlich auf die grundsprachliche g-reihe zu-
rückgehen. Unsre aufgäbe ist es jetzt, zu untersuchen, durch
welche momente die Spaltung der alten g-reihe in die beiden
kategorien der gutturale und palatale sich vollzogen hat. •
Die Untersuchung wird dadurch erschwert, dass in dem
sskr. j und h die media und aspirata der zischlautreihe mit
der media und aspirata der palatalreihe zusammengeflossen
sind. In das gebiet unsrer aufgäbe fallen nur diejenigen j und
h, welche sich durch einen regelmässigen Wechsel mit guttura-
len oder durch ihren reflex im Avesta als glieder der palatal-
reihe ausweisen, während wir alle diejenigen sanskr. j und h
von unsrer Untersuchung ausschliessen , welche nach den oben
s. 178 f. angegebenen kriterien als Umwandlungen eines indoira-
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 195
nischen Zischlautes ^) anzusehen sind. Im einzelnen freilich ist
die bestimmung eines j und h oft nicht leicht. Hübschmann
hat KZ. 23, 384 ff. den versuch gemacht, für eine ziemliche
reihe von fällen die Scheidung zwischen den beiden arten durch-
zuführen. Indem ich im allgemeinen auf jenen aufsatz verweise,
beschränke ich mich hier darauf, einige wörter zu besprechen,
bei denen ich mich genötigt sehe von H. abzuweichen.
Die aspirata in ved. mamh- (oder mah-) „herrlich sein,
schenken'' wird von H. s. 391 wegen des zugehörigen Substan-
tivs maghd-m n. „reichtum, geschenk" '^"^' UJldfticg,"j^^^^^,_B?^^" - —
talreihe gerechnet. Aber aus dem nebeneinanderliegen von in- ^
doir. \naighd-s „wölke" (sskr. meßhq-s^,ßty.,__maegha-) und mai- A-'w"^
zha-ti (ssKE 'mi^ä-W/"ä,\/Yra-maezaiti; vgl. Fick^ I, 398) ^), so
wie aus indoir. mdzhas n. „grosse, herrlichkeit , fülle" (ved.
mdhas, av. mazo), mazhdt- „gross, herrlich" (ved. mahdt-, av.
mazat) u. a. geht hervor, dass das aus maghd-m ( ~ av. maga-)
von H. entnommene argument kein entscheidendes ist. Jeden-
falls ist, wie Benfey, Gott, nachr. 1876 s. 323 erkannt hat,
das j in ved. majmdn- als fortsetzung eines früheren Zischlau-
tes anzusehen.
Aus dem nachved. nom. ürk folgert H. s. 387 , dass das j
in dem stamme ürj- ein ächter palatal sei. Aber jener zeuge
muss als ein sehr verdächtiger bezeichnet werden wegen der
Unsicherheit, die zum teil schon im Veda und noch mehr im
späteren sanskrit bei der Scheidung des ausl. v und k hervor-
tritt. (Vgl. Ascoli, Fonol. s. 106 mit anm. 8) u. 9); Benfey,
Gott, nachr. 1876 s. 302; Hübschmann, KZ. 23, 390 u. 392;
Bezzenberger, Beitr. II, 152 anm.) Offenbar gehört ürj- „kraft-
trunk, opfertrunk, kraft" (das für vrj- steht, wie ürnomi für
vrnomi; siehe über ür = r hinter labialen Schleicher, Comp.^
s. 22. 37, vgl. Schmidt, Voc. II, 235) zusammen mit vrjdna-s
^) Der Übergang des indoiran. z (welches ich mit Ascoli ansetze) in
sskr. j ist analog dem Übergänge eines w in bw , z in dz u. s. w., das
heisst : es ist der tönenden spirans der entsprechende tönende verschluss-
laut vorgeschoben. Man vgl. über derartige fälle Scherer zGDS.^ 135 f. —
Ueber das chronologische Verhältnis von J und d^ im slavischen sind die
ansichten geteilt. Man sehe einerseits Miklosich, Asl. lautlehre^ 1878
s. 255, und andrerseits Potebnja im Archiv f. slav. philol. III, 365.
*) Aehnlich stehen einander gegenüber ved. vä'Ja- m. kraft = av.
vdza- m., und ved. öjas- n. kraft = av. aojanh- n.
13*
196 H. CoUitz
G rassra., wtb. 3. vrjdna-) „kraft"; und man entschliesst sich
schwer, das letztere sowie das gleichlautende vrjdna- „opfer-
stätte , niederlassung , gemeinde" zu trennen von av. v^K£zena-
(= varezäna-) „Wirksamkeit, schutzverwantschaft , nachbäir-
schaft". Der diesen Wörtern zu gründe liegende verbalstamm
ist erhalten in a^^^^,^2ar^- „wirken", das sich genau deckt mit
griech. qe^io und got. vaiirkjm; qe^w hat die grundbedeutung
am treuesten bewährt, es heisst 1) wirken, 2) opfern. (Vgl.
die zum teil abweichenden Zusammenstellungen von Curtius nr.
141. 151; Fickä I, 214. 422.) — Dass zwischen ved. vraj-,, ge-
hen, wandern" nna^vOrez- „wirl^en", uzvarsti- „SLnss'öhnnng"
ein etymologischer Zusammenhang bestehe, wie H. s. 390 an-
nimmt, ist unwahrscheinlich.
Ebensowenig vermag ich Hübschmann beizustimmen, wenn
er s. 388 dem ved. dkr^- „dahinziehen, daTitnstrgichen" das
av. dräjanh- „länge" an die seite setzt. Es beweist dieses wort
für dhraj- ebensowenig etwas, wie ved. ^7^a-^>lang". Denn
dhraj- heisst nicht „in die lange ziehen" oder „lang^ätn sein",
sondern „eilend dahinziehen, gleiten, fliegen". Daher ist auch
die vergleichung mit griech. ^«'Ayw, lit. drezoti (richtiger dry-
zoti) und germ. dragan bei Fick^ I, 117 bedenklich. Wäre
Fick a. 0. berechtigt, für dhraj eine grundforra dhargh aufzu-
stellen, so würde ich dazu griech. Tqs%io stellen. Freilich be-
hauptet Hübschraann a. o., grundform sei nicht dhargh sondern
dharg ; aber sicher ist das keineswegs.
Wenn H. (s. 391) für ved.^ dijjj- „bestreichen, verkitten"
(vgl. deht- f. „aufwurf, wall") aus dem nachved. degdhi, dig-
dha- echten palatal folgert, und dann (s. 395) die ansieht auf-
stellt, in diz- „aufwerfen" habe das zend für sich die ent-
wickelung des palatals zum Zischlaute vollzogen: so nehme ich
lieber au, dass in jenen späteren sanskritformen der reflex des
palatals an stelle der fortsetzung des Zischlautes eingedrun-
gen ist.
Noch in einem zweiten beispiele glaubt H. (s. 395) eine
innerhalb des zend eingetretene sonderentwickelung des j zu z
zu finden, nämlich m^aeshaza: jedenfalls mit unrecht. Wäre
das j in sskr. bhishaj- echter palatal, so müsste nach einer
weiter unten zu entwickelnden regel das zugehörige Substantiv
*bh€shaga- lauten. Ved, bheshajd- und av. haeshaza- weisen auf
ein iudoir. bhaishazd- zurück. Das k in ved. bhishdkti, bhishdk-
Die entstehuDg der indoiranischen palatalreihe. 197
tamam und ahhishnak und das </ in hhishdg- sind zu beurteilen
wie das k in a-srdk und das g in asrgrmn, asrgran u. s. w.
von srj- (pt. srshtd-) = av. harez-.
Damit fällt die annähme Hübsehmanns, das zend sei „in
der entwickelung von g'^ , gh^ aus g, gh einige male weiter ge-
gangen als das sanskrit".
Doch nun zur sache.
Für die erklärung der indoiranischen palatalbildung ist
auszugehen von der tatsache, dass dem aus einem guttural
entstandenen griech. r (vgl. Curtius, Gr. Et.* s. 479 ff.; Ascoli,
Fonol. indo-it.-gr. § 21 ; Fick, Spracheinheit s. 17 ff. i)) in den
indoiranischen sprachen nicht die gutturale sondern stets die
palatale tenuis gegenüberliegt. Dem griech. ti entspricht das
ved. cid — av. cit, dem griech. re das ved. ca •= av. ca, dem
griech. zhtaQeg das ved. catvä'ras = av. cathwdro, dem griech.
Ttivre das ved. jpanca == av. panca, dem griech. n- in tl-ai-g
und d7t6-ri(Ti-g das ved. ci- in dpa-citi-s f. = av, ci- in cithi- f.
Die Übereinstimmung, welche sich hier zeigt, wird noch auf-
fallender, wenn wir einige verwante Wörter heranziehen. Er-
stens: ved. ca und ka-tard-s gehören demselben pronominal-
stamme an, ebenso wie griech. rs und norego-g, lat. que und
uter, got. (u)h und Jwa-par^). In dem ved. ca = av. ca =
griech. te hat der guttural übereinstimmend eine Wandlung
nach der palatalen seite hin erlitten, in dem ved. katards =
av. katäro == noTsqog liegt übereinstimmend der regelmässige
^) Es ist ferner zu vergleichen Job. Schmidt, Jen. lit.-ztg. 1874, art.
201; Curtius, griech. t und sskr. k\ Stud. VII (1875) s. 265—272; Job.
Schmidt, Jen. Ut.-ztg. 1875, art. 588; Bezzenberger GGA. 1875, s. 1318
ff. — Uebrigens bedarf die nachstehende argumentation jetzt in einigen
punkten einer modification. Aus Bezzenberger's Zusammenstellung (Beitr.
IV, 325 f.) von griech. «vtv|, afjinv^ mit ved. ankucä- ergibt sich, dasa
die palatalen vokale des griechischen mit denjenigen der indoiran. spra-
chen sich nicht völlig decken, indem im griechischen ausser f und o auch
V (als ü) eine palatale Wirkung ausüben kann.
") Die Partikel ca ^= Tt = lat. que bedeutet ursprünglich „wie".
Dieses „wie" kann entweder indefiniten sinn haben, und die bedeutung
„irgendwie" annehmen — so in dem ved. kac ca, in orf, in qiiisque; oder
es kann komparativ gebraucht werden in der bedeutung „ebensowie"
(= ,,und") — und letzteres ist die gewöhnliche bedeutung des wortes
wenn es allein steht.
198 H. Collitz
reflex eines grundsprachlichen q vor. Zweitens: zu dem verbal-
stamme ci- „büssen" gehören im Avesta die substantiva cithi- f.
und kaend- f. „busse", wie im griechischen zu ri-vo) die ent-
sprechenden substantiva rlai-g und rroiv^ (Fick^ I, 301) i).
In cithi- = riüL-g liegt dieselbe palatalisierung**) vor, wie in ca
= Tf; in kaena = tcolvvi dieselbe regelmässige Vertretung des
gutturals, wie in katdrö = Ttorego-g.
Es ist die ansieht aufgestellt, dass das zusammentreffen
des griechischen mit den asiatischen sprachen in dieser palata-
lisierung auf einen proethnischen Zusammenhang der Griechen
und Asiaten hinweise , indem man annahm dass die palatali-
sierung von beiden völkergruppen gemeinsam und zu gleicher
zeit vollzogen sei. Aber das ist nicht zu erweisen und meiner
ansieht nach auch nicht wahrscheinlich. Sehen wir doch pa-
latalisierung gerade vor folgendem i und e ganz unabhängig von
einander in den verschiedensten sprachen sich vollziehen! Man
müsste dann auch annehmen, dass die palatalisierung im sla-
vischen mit jener erscheinung in einem historischen zusammen-
hange stehe, denn auch das slavische stimmt in der Verteilung
der palatale in den angeführten beispielen, soweit dieselben dort
erhalten sind (asl. ci-to, vgl. ved. cid; asl. cetijrije = ved.
catväras; asl. kotoryj = ved. katard-s) genau zum griechischen
und Sanskrit.
Vorsichtiger wird es sein, jene auffallende Übereinstimmung
*) Griech. noivri lässt sich lautlich und begrifflich von tIvoi ebenso
wenig trennen, wie von av. haena. Das lat. poena kann diese Zusammen-
stellung nicht erschüttern ; wer dem lateinischen worte zu liebe mit Pott,
Wz.-wtb. I, 1107 und Curtius, Gr. Et. nr. 373 für notv^ eine wurzel pu
aufstellt, der verstösst gegen die griechischen lautgesetze.
*) Dass diese bezeichnung auch für das griechische berechtigt ist,
ergiebt sich leicht, wenn man die tatsache , dass ein solches r sich nur
vor hellen vokalen findet, mit dem zusammenhält, was Brücke, Grundz.
der lautphys.** 85 (vgl. Sievers, Lautphysiologie s. 131) über die palata-
lisierung lehrt. — Man wird anzunehmen haben, dass dieses t durch die
mittelstufe eines wirklichen palatals hindurchgegangen ist, wobei zu be-
achten ist, dass sich öfter in den slavischen sprachen dental an stelle eines
früheren palatals findet, freilich in der regel nur beim zusammentreffen
mehrerer erweichter laute als eine art dissimilation , vgl. z. b. poln.
trzewa eingeweide = asl. crSva; poln. trzoda herde = asl. crida, russ.
cereda. Wenig gewicht aber ist zu legen auf Schreibungen wie Ttianris
= altp. Caiipis (Ebel, KZ. 13, 276; Curtius, Gr. Et*, s. 491).
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 199
zwischen griechisch und indoiranisch nicht auf einen äusseren
historischen Zusammenhang, sondern auf einen inneren kausal-
nexus zurückzuführen, also die gleiche Wirkung einer gleichen
Ursache darin zu erkennen.
Welches nun war die gleiche Ursache? Es ist schon be-
merkt, dass im griechischen die palatalisierung vor i und e ein-
tritt. Das i erscheint auch im sanskrit als i; statt des e aber
treffen wir dort a an. Man nahm bisher fast allgemein an,
dass dieses a die Vorstufe des europäischen e bilde; aber eben
die palatalisierung beweist, dass das umgekehrte der fall ist
Wenn in riOL-g = av. cithi- übereinstimmend palatalisierung ein-
getreten ist, in Tcoiv^ — av. kaena hingegen die regelmässige
fortsetzung des grundsprachlichen q vorliegt, so ist nicht zu
bezweifeln, dass diese gleiche differenzierung des anlautes in
der gleichen Verschiedenheit des folgenden vokals ihre begrün-
dung findet. Nun aber ist der gleichung Tiac-g : rtoivrj =
cithi- : kaena ganz analog die gleichung r« : tcotsqo-q = ca :
katarä-s. Wir haben also anzunehmen , dass auch . die Ver-
schiedenheit des anlautes in sskr. ca = re und in sskr. katarä-s
— 7tÖT£Q0-g durch die Verschiedenheit des folgenden vokales
bedingt ist. Und wenn nun in re und TtoxEQO-g eine differenz
der vokale stattfindet, in ca und katarä-s aber eine solche diffe-
renz nicht vorliegt, so folgt weiter, dass der erstere zustand
der ältere, der letztere zustand der jüngere ist. Die palatali-
sierung hat also in den indoiranischen sprachen stattgefunden
in einer periode, wo in diesen sprachen zwischen den vokalen,
welche jetzt als a erscheinen, noch eine der griechischen vokal-
qualität analoge Verschiedenheit herrschte. Im griechischen
ist die Scheidung der vokale bewahrt, in den indoiranischen
sprachen sind die ursprünglich ebenfalls geschiedenen vokale
nachher zu a zusammengeflossen. Nur an ihrer verschiedenen
Wirkung sind auch hier diese verschiedenen vokale noch jetzt
zu erkennen; denn die palatalisierung ist als Überrest jener vor-
historischen periode auch in historischer zeit geblieben.
Der schluss also, welchen wir aus der übereinstimmenden
palatalisierung ziehen, welche sich in den angeführten beispielen
kundgab, ist folgender:
Die palatalisierung ist in den indoiranischen
sprachen ebenso wie im griechischen, im altslovenischen und
in einer reihe anderer sprachen abhängig von der be-
200 H. Collitz
schaffenheit des folgenden lautes. Der ursprüng-
liche guttural gieng in den palatal über vor folgen-
dem i und e (welches letztere in dem uns vorliegenden zu-
stande der indoiranischen sprachen als a erscheint); der gut-
tural blieb erhalten vor anderen vokalen als i und
e (also vor u und vor demjenigen a, welches in den europäi-
schen sprachen durch o oder a vertreten wird) und vorkon-
sonanten. Abweichungen von diesem gesetze sind sekundär.
Es gilt jetzt zu zeigen, dass die erklärung der palatale,
welche uns jene speciellen beispiele an die band gegeben haben,
auch ganz im allgemeinen auf die indoiranische palatalbildung
ihre anwendung findet.
i. Palatalisierung findet statt vor ursprünglich folgendem i und e.
1) Palatalisierung vor P):
Es sind bereits angeführt die beispiele:
av. eis, cis-ca = rt-ff, lat. qui-s, quis-que (F. I, 33; C.
nr. 650). — Ueber ved. ki-s vgl. unten s. 206.
ved. ci-d, av. ci-t = «, lat. qui-d. (a. o.).
ved. dpa-ci-ti-, av. ci-thi- — vi-ai-g, aTto-Ti-ai-g (F. I,
34; C. nr. 649).
Dazu mögen genannt werdMj»«*..^,,^^^^^
vedrTrr<rjf-.gläi?5!«Qd = av. cithra- (F!"!l,"'iil9). ^
1^ ved. ^^ (III. sg. mM. ciMtTfyi ahrn^ziaen, beabsjjifttigen =
av. cit- (III. sg. cinagti) (a. o. 318).
-^ • ved. clm^J. eiulHQht, an^ta^jht = av. c^^ft^, (a. o. 319).%
AtX.^ ved. cih wahrnefeatiön (III. sg. conj. vi-cinavat) = a^^. Ä^
(III. sg. ]^ot. ■m-cin6if)^\o. 318) ;( vgl. rttvv-v6-g (Bezzeiib.,'^^
Beitr. II, 272). \ X^ V... ■---,»- — ^ -—
ved. ji- siegen (part. jitd-) = av. ji- (inf. jidyäi) (F. I,
323j. I
ved//ya- f. kraft, gewalt (in paramajyä' - s) — gr. ^ia-J.
(F. a. o; ürnr. 639). ^-^'
ved, ji/a- f. (\.jia-) — av. jyä- f. ; gr, ßi6-g (F. a. o ; C. nr. 641).
*) Auf den umstand dass i im indoiranischen palatalisierung bewirke,
ist Bühon von Ascüli, Fonol. s. 42. 111 (allerdings mit einiger zurück»
haltung) aufmerksam gemacht ; in bestimmter form ist derselbe satz von
Hübschmann, KZ. 23, 28 u. 386 f. ausgesprochen. (Vgl. auch Lindner,
Altind. norainalbildg. s. 13) .
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 201
ved. jyä' (III. sg. jind-ti) altern, jyäyas älter = zendp. gl.
jinäiti (III. sg.), av. jyäiti', lat. vietus. (F. a. o.; Hübschm. KZ.
23, 388). 1)
ved. ji- beleben, eilen, fordern (III. sg. jind'ti u. jinvati) =
av. ji- (III. pl. desid. jijisheMi). (F. a. o.).
ved. jiv- (III. sg. jivati) leben, jivä- lebend = av. jwya-,
jiti- f.; siitp. jiva-; gr. ßlo-g; lat. wo, üm;^«; altir. bin; asl.
i/y^; i?W; lit. gyvas; got. g-ms (P\ I, 324; C. nr. 640).
ved. ßrä- rasch, eifrig = av. jira, daemaßra- (F. a. o.).
Dass in diesen gemeinsam indoiranischen bildungen wirk-
lich das folgende i die palatalisierung veranlasste, zeigt sich
noch deutlicher bei der berücksichtigung einiger verwanter
Wörter, in welchen der ursprüngliche guttural unter dem schütze
des folgenden vokales intakt geblieben ist. Wie neben av.
cithi- = riat-g das bereits erwähnte av. kaenä- = Ttoivv, so"
liegt neben citra- glänzend ved. M% m. ^1»»«,, li«l\t, baj^nerT
av. dürae-kaeta- , got. hahi^-s m., an. heh^i- n. (F.^I, 30l);
neben cit- beabsichtigen ved. lce*ft!Kjii. absftjfet^Nville = preuss.
qmüs^ij^. a. o.); neBöij ji- siegen, gewinnen und dem in jiva-
zu gründe liegenden ji- leben ved. gäya- m. wolujsitz, haus-
st^hd^av. ^tt^«t^."1cfe«Ä.^^
Die bis jetzt""heigehräcEten beispiele bezogen sich auf den
anlaut; ganz dieselbe regel aber gilt auch für den inlaut. (Der
auslaut, d. h. der wortauslaut, nicht der sogenannte „wurzel-
auslaut" kommt hier nicht in betracht, da im wirklichen aus-
laut bekanntlich der guttural bleibt. Vgl. Benfey, Vollst, sskr.
gr. §§. 6Q. 83 und Schleicher, Comp, a 164).
Es tritt dies besonders hervor in fällen wie:
ved. arHyiQ., arci^- n. strahl, Ixi^i^n-, arnri<ffymiMrciv(U' ^KAM
strahlend: arkd^^-w.. stralH, ^^ ^'^ "^
apikina- wesftteiw,,^^ adv. w&rtkki^
arväcind- u. arväcina- hergewandt: arväkd- n, likhQ. (Vgl.
;pdräc- abgewandt: pardkä- n. ferne).
präcina- nach vorne gerichtet, hervorragend, östlich:
prdktät adv. von vorne
anücind- auf einander folgend: änükä-m adv. der reihe
nach.
*) Davon ist zu trennen sskr. jindti wegnehmen = av. zinät, altp.
dind, vgl. Hü bschm. KZ. 23, b. 22 anm. S90, 896, Casusl. s. 192.
202 H. CoUitz
praüctna- u. praticmd- zugewandt: prätika- n. antlitz (=
das zugewandte).
samicind- einander zugewandt: samikä- n. kämpf (== treffen).
rcishama- glänzend: r'kvan- glänzend.
rocis- n. licht ; ^okä- m. licht.
gd^' i. kraft, ^^"gacWot^'^'^T^ig',' gdcishtha- der stärkste:
gdkman- n., gäka- m. kraft.
güci- leuchtend : gukrd- leuchtend.
gocis- n. licht, gocishmat- leuchtend, göcishtha- der glän-
zendste: goka- m. licht.
/ sdc/«^m. beglBitftr : säkd-m adv. zugleich.
' oßyafi- stärker, ö'jishtha- der stärkste: ugrä- stark, mächtig.
tejiyas- schärfer, tejishtha- sehr scharf: tigmd- scharf.
hhuji- f. genuss: hhoga- m. genuss.
Im Avestaj^,, ^^
o^Nß- der schlecfiteste : aka- scn!h8<;^t.
afs-iacin- wasserströmend, hu-aiwi-tacina- schnell herbei-
eilend, vi-tacina- auflösend: taka- laufend, takhma- schnell,
stark, vi-takhti- f. auflösung.
raocinavant- glänzend: raokshna- glänzend.
fra- ginhana- (m.) balken, steg: fra-gkemba- m. pfeiler.
gaoci- m. brand, glänz, caocinavant- brennend : ätare-gaoka-
m. feuerbrand. _^
c%ii- kräftige «(yVs^- der stärkste: w^?b«<^ stai;k, vgl. aogarey
n, hülfe. \^ -— ^
/ dräjista- der längste: daregha- lang.
^raojista- sehr lügnerisch: draogha- lügnerisch.
az)ti%^m. = ved. ahi- m. soW^nge.
izhinavant- scharf ,^^0Ä^-ar.s^^-lsit spitzer lanze: tighra
spitz
Dieselbe Wirkung wie i übt das aus i entstandene (und oft
noch als i zu lesende) g:
/vßd. apäcgd- (1. apäciä-) westlich: dpäk adv. westlich.
^upa-vdbcya- (\. upa-väcia-) anzureden: wp«-??ttÄ:a- m. anrede.
^gitjga- (1. yüjia-) n. bündnis, genosseasc^aft : t^ii- n.
geschlecht. "^
^^%53^- lenTtstqn, biegsam: hTitfj4-m. windyng, ring.
^Vi^ya- ([. hhoßa) n. genuss: hhoga- m. genuss.
/ dHhfü- ra. TMim. "^tn^r^glia- trügeriach.
^■^v. acPfy40' krähiger: ugftr^- krn^tig
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 203
8chn^il.\ved. raghus
voraus lugenoT^^fe^a- lügnÖsisch.
Ehe ich die ausnahmen der hier vorgeführten regel in be-
tracht ziehe, wird es angemessen sein, zur allgemeinen Orien-
tierung einen blick auf die palatalverhältnisse der slavischen
sprachen zu werfen. Im altslovenischen gilt hinsichtlich der
palatalisierung dieselbe regel, welche wir für die indoiranischen
sprachen nachzuweisen suchen : die gutturale bleiben vor kon-
sonanten und vor anderen vokalen als i und e, während sie
vor i- und e-vokalen (d. h. z i e e) zu palatalen werden. Vgl.
Schleicher, Ksl. formenl. s. 151 f.; Miklosich, Altslov. lautlehre^
1878, s. 239 ff.) ^). Sehen wir uns nun in den neueren slavi-
schen sprachen um, so begegnen uns hier häufig auch vor i und
e gutturale. Es wird niemandem einfallen, auf grund dieser
lautverbindungen ki, gi u. s. w. der jüngeren dialekte die tat-
sache in zweifei zu ziehen, dass im altslovenischen die palata-
lisierung durch i und e veranlasst sei ; sondern es ist klar, dass
derartige lautverbindungen sekundär sind, und eine alterierung
des ursprünglichen Verhältnisses darstellen. Und zwar sind
dieselben auf eine zweifache weise entstanden. Es können die
vokale i und e an stelle eines anderen vokales eingetreten (oder
auch zwischen konsonanten neu entwickelt) sein, oder es können
die gutturale die stelle früherer palatale eingenommen haben.
*) Das slavische kennt eine doppelte art der palatalisierung, je nach-
dem das Produkt derselben ein dentaler oder palataler sibilant ist. Mit
recht verwirft Miklosich, Asl. lautl. ^, s. 257 die herkömmliche zurück-
führung dieser Verschiedenheit auf eine verschiedene Wirkung der wort-
bildungs- und flexionselemente, indem er statt dessen die auffassung vor-
trägt, dass die palatale Umwandlung eine ältere, die dentale eine jüngere
Schicht der palatalisierung darstellt. Ich glaube diese ansieht Miklosichs
bekräftigen zu können durch den nachweis, welchen ich an einem ande-
ren orte anzutreten gedenke) dass die palatale Umwandlung ihre stelle
hat vor demjenigen i und e, welches auf europäisches (und grundsprach-
liches) i, S, ei zurückgeht, die dentale Verwandlung aber vor demjenigen
i und e, welches erst innerhalb des slavischen aus ursprünglichem oi (oder
ai) entstanden ist, z. b. asl. carovatt (aus cer°) zaubern, vgl. lit. kereti (F.
II, 532); aber asl. cena pretium = gr. noivr^, grdf. qoinä. Die erstere
Umwandlung hat darnach stattgefunden zu der zeit, wo das slavische die
alten diphthouge noch als solche besass, die zweite zu einer zeit, wo es
dieselben bereits verloren hatte.
204 H. Collitz
Der erstere fall ist der häufigere vgl. russ. volki (acc. pl. von
volkü wolf) =asl. vlük.y ; poln. kipied sieden, aufwallen = asl. kypett;
poln. gibki geschmeidig — asl. gyhükyj; poln. nogi (nom. pl.
von noga fuss) — asl. nogy ; poln. okien (gen. pl. von okno
fenster) = asl. oknüx poln. ogiert feuer— asl. o^rmu.s. w. Der letz-
tere fall, (also sekundärer eintritt des gutturals an stelle eines
früheren palatals) kommt öfter z. b. im russischen vor. Doch
hat in derartigen Fällen nicht etwa auf lautlichem wege eine
rückkehr des palatals zu seiner gutturalen Vorstufe stattgefunden,
sondern es ist durch die mehrzahl der formen, welche den gut-
tural bewahrt hatten, die minorität der formen, welche regel-
recht den palatal aufweisen sollten, auf formalem wege beein-
flusst: es hat also analogiebildung stattgefunden. Unter diesen
gesichtspunkt fallen z. b. russ. ruke, noge für ruce, noze (Mi-
klosich, Vergl, graram. I, 402, Potebnja im Arch. f. slav. phi-
lol. III, h. 2, 1878, s. 358) u. a. : scheinbar eine bewahrung
des gutturals, welcher die Vorstufe des aslov. palatals bildet,
in Wahrheit eine Verdrängung des alten palatals durch den
guttural der benachbarten formen i).
Kehren wir nach dieser abschweifung wieder zurück zu den in-
doiranischen palatalen. Da sich die indischen und die iranischen
sprachen in bezug auf die palatalisierung im allgemeinen in voller
Übereinstimmung befinden, so wird mit recht angenommen, dass die
palatalisierung schon in jener alten zeit stattfand, wo die beiden
nachher getrennten völkergruppen noch einen gemeinsamen
stamm bildeten. (Vgl. Ascoli, Fouol. s. 48. 112). Wir werden
anzunehmen haben, dass die uns aus historischer zeit bekann-
ten indischen und iranischen sprachen zu der vorauszusetzenden
indoiranischen grundsprache etwa in demselben Verhältnisse
*) Im umbrischen „sehen wir das k von nominalstämmen nach der
o-dekl., die auf ko auslauten, sich regelmässig durch alle kasus hindurch
behaupten, so in: Nahurce (dat.), JSiJiarcer (gen.); Tesenakes, Tese-
nocir (abl. pl.); todceir (abl. pl.); Tursce (Tusce), Tiiscer; vuke (gen. sg,).
Nur neben pujrike (publicol. fpuprikes (publici) findet sich auch
puprige, pupriges und zwar "auf einer und dei'selben tafel. . . .
Ausserdem findet sich k in dem nominativ pacer von dem thema pacri;
vor i in dem einzigen fratreci von dem thema fratreco (nomin. fra-
treks, frairexs).'''- So Aufr.-Kirchh. I, 72. Man erkennt leicht, dass in
den vor e und t erscheinenden gutturalen (nach der sonst im umbrischen
geltenden regel, wäre statt dessen der sibilaut p zu erwarten) auch hier
ein produkt der analogiebildung vorliegt.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 205
stehen, wie die neueren slavischen sprachen zum altslovenischen.
Und wie nun jedes lautgesetz seine bestimmte, chronologisch
begrenzte epoche hat, nach deren ablauf es zu wirken aufhört
(vgl. Job. Schmidt, Voc. I, 44. II, 462 f. KZ. 23, 281),
wie die palatalisierung vor i und e in den slavischen sprachen
von bestimmten zeitlichen grenzen umschlossen war, so dass
neuere slavische sprachen vielfach gutturale vor i und e auf-
weisen; so haben wir zu erwarten, dass auch in den indoira-
nischen sprachen nicht immerfort zu allen zeiten die gutturale
dem einflusse eines nachfolgenden palatalen vokales unterlagen;
vielmehr ist es natürlich , dass der in rede stehende lautüber-
gang zu einer bestimmten zeit abgeschlossen war und dass nun
eine periode eintrat, in welcher der Verbindung der gutturale
mit folgendem i und e kein hindernis mehr im wege stand.
Finden wir demnach in einer indoiranischen spräche z. b. vor
i einen guttural, während gewichtige gründe für die annähme
sprechen, dass in altindoiranischer zeit vor i palatalisierung
eintrat : so haben wir solche gutturale nicht etwa als Überreste
eines prähistorischen zustandes, als gerettete trümmer aus dem
grossen Schiffbruche der gutturale anzusehen, sondern wir ha-
ben anzunehmen, dass derartige Verbindungen sekundär sind,
und dass entweder das i an stelle eines anderen vokales ge-
treten ist, oder dass formübertragung des gutturals in das ur-
sprüngliche gebiet des palatals stattgefunden hat. Instruktiv
sind hierfür besonders solche beispiele, wo nebeneinander die
regelmässige und die unregelmässige lautgestaltung vorliegen,
sei es innerhalb ein und derselben spräche, oder sei es in der
weise, dass die eine der beiden sprachgruppen die regelrechte
gestaltung aufweist, während die andere eine Störung des ur-
sprünglichen Verhältnisses hat eintreten lassen.
Die entwickelung des l ist sekundär in beispielen wie: t
ved. Mri- m. sänger, Mrin- preisend, m. sänger; Jcärin-/
preisend, m. sänger.
ved. giri- m. berg: av. (/airi- m. berg. /
ved. gir- erhaben, erhebend, preisend, m." lobhed: av. gar-
(111. pl. gerente) preisen, gar- n. ehrwürdigkeit.
ved. girnä- (für grnä-), part. von gar- verschlingen.
av. hiryeU (III. sg. praes. pass.), kiryeinte (III. pl.) von kar-
machen.
Vgl. über sskr. i für ß, Benfey, Or. und Occ. I, 237.
206 H. Collitz-
257 n. , Schleicher, Comp. ^ s. 21 f.^ über av. i für a ebd. s.
39; über sskr. ir, tr = r Benfey, Vollst, sskr. gr. §§ 59, 57 3),
Schleicher a. o. 22.
Der palatal ist auf dem wege der formübertragung durch
den guttural ersetzt in fällen wie;
ved. ki-s wer, ki-m warum, mä'-kim nimmer, ki-yat- wie
viel, wie gross, ki-vat- wie weit (vgl. ved. kd-s, kd-m, kä-dj
kd-ya-, kä-ti-, ka-tard-, ka-tamd- u. s. w.): av. eis wer, ci-m,
ci-m wen, ci-na- wer. — Die vedischen formen bieten eine der
auffälligsten Verletzungen der aufgestellten regel. Dass diese
Verletzung aber sekundär ist, und allein dem sanskrit zur last
fällt, geht zur genüge daraus hervor, dass im x\vesta in den
entsprechenden formen überall vor i der regelrechte palatal
vorliegt. Es ist umgekehrt im Avesta der palatal auch auf
solche formen des pronominalstammes ka:ci ausgedehnt, wel-
che, wie wir später sehen werden, ursprünglich und im Veda
den guttural haben, z. b. caiti wie viel = ved. kati. So tritt in
beiden sprachgruppen die neigung hervor, durch erweiterung
entweder des gutturalen oder des palatalen gebietes die ur-
sprüngliche formverschiedenheit auszugleichen, und die alt-
indoiranische scharfe Zweiteilung zu verwischen.
ved. arkin- strahlend, singend (vgl. arkd- m. strahl, ge-
sang): «rem- strahlend (Grr.) oder singend (B.-R.), arci- m. strahl.
ved. anükya- (1. aniikia-) m. rückgrat (von *änüka-, vgl.
das adv. dnükd-m der reihe nach) : anüctnd- aufeinanderfolgend.
ved. cikitvds- part. perf. von cit- wahrnehmen, beabsichtigen
(vgl. ciketa I. sg. perf.), cikit- kundig, av. dkithwäo, nom. sg.
m. part. perf. zu cit- denken. Vd. 18, 134. 135 (vgl. ciköitares,
III. pl. perf. und s. Bartholomae, Altiran. vb. s. 79): av. ava-
cicitJmsMm acc. sg. f. part. perf. von cit-, Vd. 18, 134.
/ ved. ökivds- gefallen findend Rv. VI, 59, 3, ökya- (1. dk(a-)
{ heimatlich , n. gefallen , fheimatstätte (vgl. ö'kas- n. gefallen,
\heimatstätte) : ücivds- part. perf. von uc- gefallen finden.
ved. vi-rökin- leuchtend (vgl. vi-rökd- m. das leuchten):
rdcis- n. licht, av. raocinavant- glänzend.
ved. upa-väkya (1. upa-väkia-) anzureden (vgl. upa-vdkd
m. anrede): upa-vacya (1. upa-vacia-) anzureden.
ved. gäkln-, gä'kin-, gäkind- kräftig (vgl. gdkd- stark, gä'ka-
m., gakman- n. kraft): gäci- (in comp.), gdci- f. kraft.
ved. jigivds- part. perf., jigye I. sg. perf. med. von ji- sie-
z.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 207
gen, gewinnen (vgl. jigaya, III. sg. perf.), jigtsha- desid. von
ji- erlangen ; av. jijishentiy III. pl. desid. von ji- leben, jijishäite
III. sg. conj. desid. von ji- verlangen, lieben.
y/ ,. ved. tigitd- scharf Rv. I, 143, 5 u. II, 30, 9 (vgl. tigmd-
scharf): tejishtha- sehr scharf, av. tizhi-däthra- scharfzahnig.
^ ved. dräghiyas- länger, dra ghishtha- am längsten (vgl.
dirghd- lang, dräghmmi- länge): av. dräjista- am längsten.
ved. yogya- (1. yogia) f. sträng, werk (vgl. yoga- m. an-
schirrung, werk): yüjya- (1. yüjia-) verbündet, von yuj- an-
schirren, Zusammenjochen, verbinden.
Alle diese ausnahmen sind der art, dass sie sich leicht als
jüngere abweichungen und Umgestaltungen dokumentieren, und
somit nur einen beweis dafür abgeben, dass innerhalb der in-
doiranischen sprachen die neigung herrscht, die alte unverständ-
lich gewordene und vielfach unbequeme Scheidung zwischen
gutturalen und palatalen durch formübertragung mehr und mehr
auszugleichen.
2) Palatalisierung vor ursprünglich folgendem e^):
Für die theorie, dass das indoiranische a, wo es einem eu-
*) Auf den einfluss des e bei der palatalisierung ist zuerst von
mir ob. II, (1878) s. 305 hingewiesen, wo ich mich bei der erörterung
der frage nach dem gegenseitigen Verhältnisse des europäischen und des
indoiranischen vokalismus folgendermaassen ausdrückte: „Die priorität
des europäischen vokalismus lässt sich in einem grundlegenden punkte
aus den arischen sprachen selbst nachweisen : darch die annähme eines
grundsprachlichen e löst sich nicht allein das rätsei des europäischen
vokalismus, sondern auch das der arischen palatalbildung. Den beweis
für diese letztere behauptung hoffe ich binnen kurzer zeit den mitforschern vor-
legen zu können". Inzwischen ist dieselbe ansieht ohne nennung meines
namens aber mit hinzufügung von beispielen noch einmal veröffentlicht
von Osthoff in den Morphol. unters. I (Leipzig 1878) s. 116 ff. anm., und
zwar als ein gedanke Karl Verners, welchen derselbe ihm vor IV2 his
2 Jahren ausgesprochen und dessen ric htigkeit sich ihm inzwischen im-
mer mehr bestätigt habe. Herr 0. wird dabei nicht die absieht gehabt
haben, mir mein rechtmässiges eigentum zu entreissen. Er musste wis-
sen, dass das anrecht auf eine wissenschaftliche entdeekung nicht da-
durch erworben wird, dass man dieselbe unter der band ausspricht, son-
dern dadurch , dass man dieselbe publiciert. Auch ich habe diesen ge-
danken vor mehr als 2 jähren mündlich ausgesprochen, nämlich gegen
ende des sommersemesters 1876 gegenüber herrn dr. Bezzenberger und
herrn professor Fick, später auch gegenüber herrn professor Benfey. Aber
ich habe es nicht für nötig gehalten, diesen umstand damals mit zu pu-
208 H. Collitz
ropäischen e gegenüber liegt, aus diesem e entstanden ist, und
dass dieses e im alt-indoiranischen palatalisierung bewirkt hat i),
treten zunächst die bereits oben s. 197 iF. herangezogenen for-
men ein: '»-^ä)i.
ved. ca, av. ca = gr. t«, lat que^ got. (u)h (F. I, 32 ; C. nr. 647).
ved. catvä'ras, av. cathwärö — gr, xtTTaqeg, umbr. petu7'-,
lat. quatuor^), gall. pettir, altir. cethir, got fidvör, asl. ceüjrije,
lit. A;e^wW (F. I, 37 ; C. nr. 648).
blicieren. Herr 0. also wird, als er jene anmerkung drucken Hess, noch
nicht erfahren haben , dass die dort vorgetragene ansieht bereits ausge-
sprochen war. Warum aber benutzte derselbe nicht nachher die gelegen-
heit, um sich vor dem verdacht einer inkorrekten handlungsweise zu
schützen? Er fand noch zeit s. 207 — 212 anm. seiner schrift gegen jenen
meinen aufsatz zu polemisieren; er hätte den räum nicht scheuen sollen,
um gleichzeitig an jener stelle mir in betreff der palatale gerecht zu
werden. — Auch herr professor Hübschmann in Strassburg veröffentlicht
vor kurzem (KZ. 24, 409 f.) dieselbe ansieht mit berufung auf Verner,
Osthoff und Brugman. H. stimmt auch darin mit mir überein, dass er
dem laute, welchen man bisher als a ansetzte, und welchen Amelung,
Brugman u. Osthoff als a-laut («i) bezeichnen, ebenso wie ich den wert
e beilegt. H. gibt s. 411 ff. einen nachtrag, datiert vom 11. juli 1878. Er
kommt dabei s. 415 auf die palatalfrage zurück, und erwähnt dabei z.
b. Fr. Müllers kürzlich erschienene schrift über die gutturallaute. Wes-
halb hat H. an dieser stelle meine ansieht unerwähnt gelassen? Sind die
buchhändlerischen Verbindungen nach Strassburg so erschwert, dass das
im mai ausgegebene heft dieser Beiträge noch an fang juli nicht in H.'s
bänden war?
*) Der angenommene lautwandel ist ein ähnlicher, wie er vorliegt
in asl. ca, za aus ki- , yl-. (Vgl. Miklosich, Vergl. gramm. P 14 ff.,
Schleicher, Ksl. formenl. s. 100, 151 f., Comp.^ s. 293, Potebnja im Arch.
f. slav. philol. HI (1878) 364 ff., Miklosich, Asl. lautlehre» s. 50 f. —
Ich gedenke auf die Streitfrage nach der entstehung dieses ca und 2ia
an anderer stelle etwas genauer einzugehen und beschränke mich deshalb
hier auf die bemerkung, dass es meiner ansieht nach nicht angeht, für
i als urslavische geltung ja hinzustellen, und dass nicht k^: kja : ca son-
dern Äe: ci,: cü als die der historischen entwickelung entsprechende
reihenfolge anzusehen ist). Doch trifft diese analogie nicht vollständig
zu. Denn im indoiranischen ist das a von dem vorhergehenden palatal
seinem Ursprünge nach eben so unabhängig wie z. b. in poln. czarny für
czerny aus kersna- (Schmidt, Voc. II, 41; Fick, Wtb " II, 540), während
im slavischen (wie in den von Möller, Die palatalreihe etc. s. 31 u. s.,
Epenthese vor A-lauten etc. s. 95 f. angezogenen beispielen) die färbung
des e zu a eben durch den vorhergehenden palatal bedingt ist.
') Lat. quatuor ist wol aus *quetuor entstanden, wie sätitm aus
*seturn neben sero, rätus neben reor^ pütulus aus *petulus u. a.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 209
Dazu kommen :
ved. cakrd- m. n., av. cakhra- n. rad = %vY.Xo-g, ags.
hveol (F. I, 37; C. nr. 81) i).
ved. carü- m. kessel, topf = an. hver-r m. (F. I, 44. III, 93). f
ved. ßffffmus^n. ba>»i^ miJSfe«j|eil) = got. ■5'^l^i4jS. l;^t,,X^^
wiS%iij|j^Leo Meyer , Vergl. gramm. I, 38; Fick ob. I, 335). ■
"""^ ved. järd-mi singen, tonen = ahd. quiru (Grassm. wtb. s. v. ;
Hübschm. KZ. 23, 388; vgl. F. I, 322. III, 42).
/ ved. hdn-mi, av. jan- schlagen, töten — gr. d^elvco, lit. ginü,
"asl. se>2(j^Benfey, er. wz.-lex7Tr, 277; vgl. F. I, 464).
ved. nctNi§- n. gfti^Jdie entstehung des h aus gh wird bezeugt
durch dasgieicMäit. gharhd-s) — d-sgog- n. sommer, vgl. ^€Qfj.6-s
warm, heiss (Benfey , Wz.-lex. II, 195 f. ; C. nr. 651 ; anders F. 1, 81).
^) Ascoli ist im irrtum, wenn er (Fonol. §. 20 anm. 5) mit beru-
fung auf Grimm das ags. wort aus einem indog. *kvaukra oder *kvukra
herleitet. Allerdings wollte J. Grimm, Gramm. I* 370 das eo in ags.
hveol als diphthong fassen ; aber diese auffassung ist schon deshalb un-
haltbar, weil dabei das mit hveol oflenbar identische altn. hvel uner-
klärt bleibt. — Zacher, Das got. aiphabet Vulfilas und das runen-
alphabet (Leipz. 1855) s. 113 — 116 nahm ein hveol (mit eo als brechung)
und ein hveöl (mit eo als diphthong) an, von denen er ersteres mit
griech. xlQxog, letzteres mit xvxXog zu identificiren suchte. Das ist ei-
nerseits an sich wenig wahrscheinlich , andrerseits sind die argumente
durch welche Z. ein diphthongisches eo für das ags. zu erweisen sucht,
nicht durchschlagend, und endlich spricht nicht zu gunsten dieser an-
nähme, dass Z. dabei genöthigt ist, xvxkos aus *xvxvXos herzuleiten. —
Vielmehr erklären sich die verschiedenen formen des wortes im ger-
manischen aus der bei Fick, Wtb.^ III, 94 angesetzten grundform
hvehvla-. Je nach der verschiedenen behandlung, welche den hier
entstandenen lautgruppen in den einzelnen dialekten zu teil wurde,
entwickelten sich aus dieser (nach wirkung des vokalischen auslautsge-
setzes) : ags. (s. Grein, Sprachschatz der ags. dichter II, 119; Leo, Ags.
glossar II, 124) hveovol , hveogul , hveogel^ hveohl, hveol (hveohl ans hveh^^l,
wie eoh equus aus eh" , feoh peeus aus fek", feorh vita = got. fairhvus,
ahd. ferah, vgl. Holtzmann, Altd. gramm. I, 187. 189 ; über den Wechsel
des v und g ebd. 211 f.); engl, wheel; altn. hvel („later form hjöl; the
vowel was prob, long, qs. hvel'-'', Cleasby-Vigfusson 299); schwed, (Ryd-
quist, Svenska sprSkets lagar III, 82) hiul, Maul; dän. hjul; fries. ßal,
saterl. jule, jole^ wel^ ostfr. weyel (spinnrad); mnl. wiel; mnd. weel
(s. Richthofen, Altfries, wtb. s. 737, Zacher a. o. 113). — Germ, hvehvla-
ist entstanden aus europ. qeqlo-; zu dieser grundform verhält sich griech.
xvxXo-g (als x^fxXo-g) wie vnvo-g zu eur. svepno-s (lat. somnu-s , altu.
svefn, vgl. F. I, 841).
Beiträge z. Kunde d. ig. Sprachen. III. ^4
210 H. Collitz
ve^Jdni- f. weib in vittd-jäni-^^. a. av., ßni- = got. qPn-s
(F. I, 320ir^9). y)'-i..A^- ^
ved. cä'ru- lieb : hom. TrjXv-yexo-g (Sonne KZ. 14, 331 ;
doch vgl. Curtius, Gr. Et.^ s. 482).
Was für die vokale e und e gilt, das gilt auch für e in
der Verbindung mit i, d. h. für den diphthong ei i).
Derselbe ist im indoiranischen zu ai geworden, und da-
durch mit demjenigen ai zusammengefallen, welches in den
europäischen sprachen als oi oder ai erscheint. Die ursprüng-
liche Verschiedenheit dieser diphthonge auch im indoiranischen
wird bezeugt durch fälle wie:
ved. cäya-te = Tsle-rai (vgl. über griech. ei, und die über-
einstimmende praesensbildung J. Schmidt, Voc. I, 142, G. Meyer
in diesen Beitr. I, 82, Sauppe im Gott. ind. lect. 1876/7 s. 9 ff.)
gegenüber av. kaenä = TtOLvrj (s. ob. 197 ff.).
ved. jdya-te verhält sich zu gäya- m. = av. gaya- wie
gr. ^(p&eU-TaL (daraus (pd^ietai, vgl. G. Meyer, a. o.) zu *(pd-oiä-
(daraus q)d^6rj, vgl. Fick in diesen Beitr. I, 15) ^j.
Durch die annähme eines grundsprachlichen und indoira-
nischen e erklärt sich denn auch der umstand, dass in der re-
duplikation die gutturale durch die palatale ersetzt werden.
Man könnte zwar a priori geneigt sein, diese erscheinung als
dissimilation anzusehen, und so hat denn auch Havet in den
Memoires de la soc. de ling, II. 270 versucht, cakdra aus
grundsprachlichera ka-kivära für kiva-kwära herzuleiten, unter
vergleichung von Tie-cpiXrjyia : da aber muss man zunächst fra-
gen, weshalb wir im sanskrit nicht <^akära vorfinden. Es
spricht überhaupt nichts für die annähme, dass hier dissimila-
tion vorliege, und es spricht mehreres gegen dieselbe. Weder
^) Die frage wie sich der indoir. diphthong au {= sskr. ö, av. ao)
in bezug auf die palatalisierung verhält, muss ich unbeantwortet lassen,
da hier meiner ansieht nach das vergleichbare material nicht ausreicht,
um sichere Schlüsse daraus zu ziehen. Uebrigens involviert die cxi-
ßtenz eines grundsprachl. e und ei zugleich die annähme eines grund-
eprachl. eu, in folge der gleichung indoir. a : ai : au = eur. e, a (o) .•
ei, ai {oi) : eu, au {ou).
*) Dass in solchen fallen die Verschiedenheit des anlauts durch die
Verschiedenheit des folgenden vokales bedingt ist, bemerkt auch Brug-
raan in den Morph, Unters. I, 19 anm.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 211
die lautfolge zweier gutturale, noch die lautfolge zweier palatale
wird im indoiranischen vermieden. Es heisst im Rigveda kar-
kdndhu- m., karkari- f., gdngä- f., gungu- t, gdrgara- m.,
ghanäghand-, und andrerseits cacarä-, cardcarä-, cdrcara-, ci-
ccikd-j ßßnvdthus (von jinv-) u. s. w. Es heisst im Avesta
kahrkana- m., kahrkaga- m., aber avacicithushtm (von cH-),
ßjish-, ßjishanuha, ßßshäite u. a. Für die erklärung dieser und
ähnlicher erscheinungen ist die annähme einer dissimilation nicht
ausreichend. Suchen wir also nach einer anderen auffassung.
In der perfektreduplikation liegt auf Seiten der europäi-
schen sprachen der reduplikationsvokal als e vor; in den in-
doiranischen sprachen erscheint nicht allein das dem europäi-
schen e entsprechende a, sondern auch i und u (s. für den
Rigveda und das Avesta: Delbr., Altind. vb. s. 113 ff., Bartho-
lomae, Altiran. vb. s. 83 ff.). Man pflegt diesen letzteren zustand
für den ursprünglicheren zu halten, indem man die regel auf-
stellt, dass in der grundsprache die «-wurzeln mit a, die i-wur-
zeln mit i, die w-wurzeln mit u reduplicierten ; dieses Verhältnis
sei im indoiranischen bewahrt, während in den europäischen
sprachen das e durch die überwiegende analogie der a-wurzeln
eingetreten sei (Vgl. Schleicher, Comp.^ 716. 718. 722; Curtius,
Verbum II, 123 i); Windisch KZ. 23, 222 f.; Brugman KZ.
24, 12 anm.). Im gegensatze dazu steht die von Bezzenberger
in den Gott. gel. anz. 1875 st. 42 s. 1338 anm. aufgestellte
ansieht, dass „in den reduplicierten temporibus der indogerm.
grundsprache in der ihrer Spaltung unmittelbar vorausgehenden
zeit nicht der wurzelvokal, sondern a in der reduplikationssilbe
stand". Ich halte diese letztere auffassung für die richtige. Zu
gunsten derselben und gegen die gewöhnliche ansieht sprechen
wesentlich folgende erwägungen: 1) Man darf die frage nach
der beschaffenheit einer bestimmten art der reduplikation zu
der zeit unmittelbar vor der trennung oder differenzierung
der einzelsprachen nicht verwechseln mit der frage nach der
ursprünglichen gestalt der reduplikation als solcher. So wenig
die uns vorliegende perfektreduplikation in einer vollständigen
*) Curtius nimmt an, „dass in der zeit der gemeinschaft eine feste ä
regel noch nicht galt". Ich gestehe dem gegenüber, dass ich in der |
annähme eines grundsprachlichen chaos hier wie in anderen fällen |
nicht sowol eine antwort auf die betreffende frage zu sehen vermag,
als das geständnis, dass hier eine zu beantwortende frage vorliege.
14*
212 H. Collitz
doppelsetzung des Stammes besteht, so wenig braucht diese so-
genannte reduplikation den ursprünglichen wurzelvokal zu ent-
halten. Der schluss also, „die indoiranische reduplikationsweise
muss deshalb als die grundsprachliche reduplikationsweise gel-
ten, weil in ihr der wurzelvokal erscheint", ist unzulässig.
Will man aber trotzdem bei der entscheid ung unsrer frage auf
die urgestalt der reduplikation rücksicht nehmen, so behaupte
ich, dass nicht der indoiranische sondern der europäische redu-
plikationstypus der altindogermanischen urreduplikation am
nächsten steht. Nach der von Fick in diesen Beitr. IV, 167 ff.
entwickelten theorie (vgl. auch Brugman KZ. 24, 288 f. und
H. Möller, Epenthese vor k-lauten [KZ. bd. 24] s. 92 ff. des
sonderabdr.) ist das i und u der „i- und w- wurzeln" erst aus
einem diphthong entstanden, den wir nach massgabe der euro-
päischen sprachen als ei und eu anzusetzen haben. Demnach
stehen IsiTtio und q)€vyo} auf einer stufe mit verben wie dsgyco-
(xai; und wie dieses mit e - sskr. a {dedoQxa — daddrga)
redupliciert und nicht etwa mit r, so kann auch das ursprüng-
liche ei und eu in der perfektreduplikation durch e ersetzt sein.
Von vorn herein also hat die europäische reduplikationsweise
mindestens ebensogrosses anrecht auf ursprünglichkeit, wie die
asiatische. — 2) Kein positives argument spricht für die an-
nähme, dass dem indoiranischen i und u der perfektreduplika-
tion die Priorität vor dem europäischen e gebühre; wol aber
spricht für die entgegengesetzte annähme der umstand, dass
sich innerhalb der europäischen sprachen die neigung nachwei-
sen lässt, den vokal der reduplikationssilbe an den vokal der
Stammsilbe zu assimilieren. Es ist bereits von Bezzenberger
GGA. a. 0. auf die analogie lateinischer bildungen hingewiesen.
Dort steht mo-mordi für älteres me-mordi, po-posci für älteres
pe-posci, spo-p)ondi für spe-pondi , j^u-piigl für pe-pugi , cu-curri
für ce-curri. (Die nicht assimilierten formen werden von Gell.
VII 9 aus altrömischen dichtem überliefert; vgl. Neue II ^ 463 ff,
Kühner, Ausf. gr. d. lat. spr. I 483 anm. 1). Ausserdem sei
erinnert an ir. ca-chain neben älterem ce-chuin (Windisch KZ.
23, 222). — Diese assimilation im gebiete der europäischen
sprachen fällt für die beantwortung unsrer frage schwer ins
gewicht. Wie das lateinische in jenen füllen die reduplikation
mit dem Stammvokal an stelle der älteren reduplikation mit e
gesetzt hat, so dürfen wir z. b. für ved. hu-hJmjmahe ein älteres
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 213
*ba-bhujmdhe, für ved. ri-rice ein älteres "'ra-rice voraussetzen.
Dabei ist anzunehmen, dass die assimilation in den „nicht ge-
steigerten" formen des perfekts begonnen hat, und erst durch
formübertragung auf die „gesteigerten" singularformen ausge-
dehnt wurde; es ist ferner anzunehmen, dass dieser ganze assi-
milationsprocess bereits in der gemeinsam indoiranischen zeit
vor sich gegangen ist, da die indoiranische reduplikationsweise
in allen wesentlichen punkten mit der indischen übereinstimmt. —
3) Entscheidend für die richtigkeit der hier vertretenen auffas-
sung sind die beiden vedischen perfekta ba-bhü'va von bhü-
sein, werden, und sa-sü'va von sü- gebären. (Vgl. Benfey,
Vollst, sskr. gr. §. 826 bem. 4) u. §. 829, Kurze sskr. gr. §.
227, Or. und Occ. I 400 anm. 400, Schleicher, Comp, a 719.)
Beide formen sind offenbar reste einer alten, später aufgegebe-
nen bildungsweise, deren existenz für die indoiran. zeit durch
den übereinstimmenden reduplikationsvokal in ba-bhü'va und av.
baväva (III. sg. perf. von bn-, vgl. bühvare, III. pl.) sicher gestellt
wird. Für sasuva tritt in der späteren spräche die jüngere as-
similierte form su-shä'va, pl. su-shumä ein, welche auch schon
in den Veden das perfektum zu sii- „pressen" bildet.
Demnach sind wir berechtigt, auch für eine frühere pe-
riode der indoiranischen sprachen die allgemeine perfektredu-
plikation mit e (das dann später zu a wurde) vorauszusetzen:
dieses e bewirkte palatalisierung wie das e in grundsp. qe =
indoir. ca. Das aus e entstandene a hielt sich in der redupli-
kationssilbe überall, wo der Stammvokal des perfekts keine
weitere Umwandlung veranlasste; es wurde zu i oder u assimi-
liert da, wo die schwachen perfektformen den Stammvokal ^
oder u hatten. — Es ergibt sich also, wenn diese ansichten
richtig sind, für die Chronologie der indoiranischen lautge-
schichte der wichtige anhaltspunkt, dass die assimilation des
reduplikationsvokales an den Stammvokal jünger ist, als die pa-
latalisierung der gutturale und als der verlust des alten e i).
*) Als gesichert freilich lässt sich diese chronologische reihenfolge
nicht hinstellen. Fest steht nur, dass die palatalisierung älter ist als
die Umwandlung des e der reduplikationssilbe zu a. Im übrigen ist es
möglich, dass die assimilation bereits vor der zeit der palatalisierung
eingetreten war, dass dann vor dem e der ,,a-wurzeln" und vor dem i
der „t-wurzeln" regelrecht palatalisierung eintrat, und dass nachher
durch die überwiegende analogie dieser beiden klassen der palatal auch
auf die an zahl weit geringeren w-wurzeln ausgedehnt wurde. Für diese
214 H. Collitz
Aehnliches wie von der perfektreduplikation gilt auch von
der reduplikation im aorist und präsens. In bezug auf die
letztere geht meine ansieht dahin, dass in der grundsprache
durchweg, wie im griechischen, die reduplikation mit i herrschte,
dass also i ebenso das Charakteristikum der präsensreduplika-
tion bildete, wie das e den charakteristischen vokal der perfekt-
reduplikation darstellt. Die abweichungen von diesem Systeme
im indoiranischen sind dann dem einflusse der perfektredupli-
kation zuzuschreiben. Es scheint mir diese auffassung ein-
facher und natürlicher, als die gewöhnliche ansieht (z. b. bei
Delbr., Altind. vb. s. 105, Curtius, Griech. vb. I^ 156), dass
das griechische i auf einer Verallgemeinerung beruhe. Ein nähe-
res eingehen auf die frage versage ich mir hier, da es für die
erklärung der palatalisierung auf eins herauskommt, ob man hier
ein ursprüngliches i oder e annimmt.
Im scharfen gegensatze aber zu den genannten reduplika-
tionsweisen, in welchen nicht eine wirkliche doppelung, sondern
gewissermassen nur eine andeutung der Verdoppelung vorliegt,
steht die reduplikation der verstärkten verba, also der intensiva.
Alles weist darauf hin, dass bei der grundsprachlichen intensiv-
bildung, wenn nicht eine wirkliche Verdoppelung, so doch eine
der doppelsetzung noch nahestehende reduplikationsweise, zum
teil auch eine Verstärkung gegenüber der Stammsilbe stattfand.
Wenn nun im indoiranischen auch bei dieser intensivbildung
palatalisierung eintritt in formen wie ved. car-kar-mi von kar-
rühmen, can-krama-ta von kram- schreiten, jal-gula-s und jdr-
guräna-s von gar- verschlingen, jo-guväna-s von gu- tönen, av.
care-keremahi von kar- Y. 57. 9. 11 (vgl. Delbr. a. o., s. 130 £f.,
Bartholomae a. o., s. 90 ff): so kann eine derartige palatisie-
rung unmöglich als eine rein lautliche entwickelung angesehen
werden. Auf den richtigen weg weist das nebeneinanderliegen
von formen wie cani-shkadat und kani-skkan von skand- sprin-
gen, oder ghäni-ghnat neben jan-ghana-t von hau- schlagen.
auflfassung könnte man av. kukhshnvdna- und kukJishnvisa- von khshnu-
„zufrieden sein" anführen (vgl. Bartholomae, a. o., s. 77. 93). Aber es
fragt sich ob auf diese formen so viel gewicht zu legen ist. Schon das
danebenstehende cikhshnusha- muss bedenken erregen, und ebenso die
tatsache, dass im sanskrit von einer solchen ausnahmstellung der «-wur-
zeln keine spur erscheint. Es wäre möglich, dass jene beiden avesti-
schen formen auf einer späteren anlehuung an die intensivreduplikation
beruhen.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 215
Nur eine der beiden formationen darf als die ältere gelten,
und es kann kein zweifei darüber bestehen, dass ursprünglich
der intensivreduplikation hier der guttural zukam, und dass
das eindringen des palatals wesentlich auf dem einflusse der
präsens- und perfektreduplikation beruht. Nur bei dieser an-
nähme erklären sich die von Benfey, Vollst, gr. §. 167 (vgl.
§. 255 bem.) und in den Gott. gel. anz. 1864 st. 39 s. 1539 ff.
beigebrachten fälle, wo in intensiven verbal- und nominalbil-
dungen der guttural erhalten blieb. Erwägt man, dass von den
verbalen intensivbildungen im späteren sanskrit nur kö-ku- (oder
ko-küya-) und auch dieses nur sporadisch den guttural bewahrt,
erwägt man ferner die mehrfach im verlaufe unserer darstel-
lung hervorgehobene neigung der indoiranischen sprachen, die
mannigfachen differenzen, welche das eintreten der palatalisie-
rung bewirkt hatte, nachträglich durch formübertragung auszu-
gleichen, so wird man in der vorgetragenen annähme keine
Schwierigkeiten finden. Die palatalisierung in der reduplikation
des einfachen verbs war durch das e oder i der reduplikations-
silbe hervorgerufen; das bewusstsein dieses Ursprunges der pa-
latale musste sehwinden, nachdem das e teils zu a geworden,
teils (und zwar wahrscheinlich erst nach dem übergange in a)
an die i und u der Stammsilbe assimiliert war; es musste
scheinen, als gebe schon allein die reduplikation einen grund
zur palatalisierung ab, und es war natürlich, dass dem hieraus
sich ergebenden principe mehr und mehr auch diejenige redu-
plikation anheimfiel, in welcher ursprünglich der guttural voll ^)
berechtigt war.
Ich gehe zur erörterung der palatale vor ursprünglich fol-
gendem e im inlaute über.
Zunächst muss hier erinnert werden an ved. ^panca, av.
panca — gr. Ttivve, lat. qninque, gall. pempe, dMiv. cötc] lit.
penki, got. iimf (F. 3 I, 136 ; C. nr. 629).
*) Es soll damit nicht gesagt sein, dass bei allen arten der inten-
sivreduplikation ausschliesslich der guttural lautlich zu rechtfertigen ist.
Vielmehr ist es mir wahrscheinlich, dass z. b. in bildungen wie cä-kdna-s
von kan- gefallen finden, das ä auf ein grundspraclüiches e zurückgeht,
und somit die palatalisierung in solchen fällen eine regelrechte ist.
Leider lassen uns hinsichtlich der intensivbildung die verwanten spra-
chen sehr im stiche.
216
H. Collitz
Q
Sodann ist auf die regel i) aufmerksam zu machen, dass
die sogenannten as-stämme, welche in den europäischen spra-
chen als es-stämrae vorliegen, vor dem urspr. e ( = indoiran. a)
des Suffixes palatalisierung eintreten lassen. So:
ved. väcas- n. wort, su-väcas- schön redend, av. vacanh- n.
wort : ved. väkd- m. sprach, av. vakhdhwa- n. wort. — Vgl. gr.
sTtog (stamm stceg-) n. wort (F. 3 I, 204; C. nr. 620).
"' ved. vdrcas- n. glänz, av. as-varecanh- sehr glänzend, va-
recanJivant- glänzend. 'W-v
ved. (svdncas- ==) su-dncas- sich leicht wendend, gewandt»,
(beiwort des Agni, Rv. V, 37, 1): ankä- m. haken (= der um- \
gebogene). -. ,_--•
.- — ved. gatärcas- = gatd-rcas- hundertfach zu preisen : rkvan-
preisend, glänzend, arkd- m. preislied, glänz.
ved. vyäcas- n. umfang, von vyac- umfassen.
av. tacanh- n. lauf : taka- laufend, n. lauf.
av. raocanh- n. glänz (vgl. ved. rocis- n. licht, glänz) : av.
raokhshna- glänzend, ved. rokä- m. licht.
av. Jiaecanh- n. trockenheit : hiku- trocken.
ved. rajas- n. luftraum. — Vgl?"?»«!. er*e^j gr. eqeßog, got.
,3 I,' 407; C* s. 472 f.; Ascoli, Fonol. §. 26, 4 ; Hübsch-^
jnann, KZ. 23, 22; de Lagarde, Armenische Studien s.^^Kl nr.
ugrd-, B^Si^ra-
n., av. ao^f^h' n. kraft T
vei
kräftig
ved. tydjas- n. wurfwaffe, angriif : tydgä- m. hingäbe des
lebens.
ved. tejas- n. schärfe : tigmd- scharf.
ved. su-bhö'jas- reichlich nährend : hhö'ga- m. genuss.
ved. änjas- n. salbe, von anj- salben.
av. arejanh- n. preis (vgl. ved. arhdnä f. verdienst, ge-
bühr) : ved. (sahasrarghd- =) sahasra-arghd- von tausendfa-
chem werte.
ved. dohas- n. die melkung : dughd- milchend.
ved. vdta-ramhas- windschnell : raghü- schnell.
av. dräjanh- n. länge : daregha-, ved. dirghd- lang.
*) Lindner, Altind. nominalbildung s. 13 £f, unterscheidet hier wie
in manchen anderen punkten, welche das Verhältnis der palatale zu den
gutturalen betreffen, nicht genügend zwischen der regel und den sekun-
dären ausnahmen der regel.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 217
In den europäischen sprachen erscheint bei den hierher
gehörigen neutris das suffix -es- im nom -voc.-acc. sg. in der
form -OS- : griech. v£(pog, ysvog, lat. genus, ir. nem (Ebel bei
Schleicher, Comp. ^ 505), asl. nebo. Wer ein grundsprachliches
e annimmt, der wird auch diesen ablaut zwischen e und o der
grundsprache zuschreiben (vgl. Brugman KZ. 24, 16 ff.) und
wird ferner annehmen, dass in der periode der palatalisierung
des alt-indoiranischen im nom.-voc.-acc. dieser stamme der gut-
tural erhalten blieb, während in allen übrigen kasus der pala-
tal eintrat. Demnach ist z. b. für den nom. vacas ein älteres
*vakas und für dieses ein älteres *vekos vorauszusetzen, wäh-
rend der gen. vacas-as auf älteres veces-os zurückgeht; ebenso
wie im altslovenischen von dem stamme oces- „äuge" der nom.-
voc.-acc. oko (aus *okos) lautet, während in allen übrigen ka-
sus (von dem jüngeren stamme oci- des du. abgesehen) der
stamm oces- erscheint. — Als dann das alte e mit dem alten
0 ^) in a zusammengeflossen war, und nun die kategorie der
ursprünglichen es-stämme durchweg das suffix -as aufwies : da
musste vor dem einheitlichen vokal des Suffixes auch eine ein-
heitliche behandlung des gutturals als naturgemäss erscheinen.
An die stelle des alten nom.-voc.-acc. sg. *vakas trat die mit
dem stamme der übrigen kasus übereinstimmende form vacas,
ganz ebenso wie an stelle der ved. I. sg. vi-vakmi im späteren
Sanskrit die mit vacas-, väc- u. s. w. im konsonanten überein-
stimmende form vacjni trat.
Ohne ausnahmen freilich ist auch diese regel nicht.
Aus dem Avesta ist allein zu erwähnen das subst. aoganh-
n. hülfe, nebst dem adj. aogazdäo hülfreich (vgl. aogare- n.
hülfe).
Etwas zahlreicher sind die ausnahmen im Rigveda. Den
richtigen ausgangspunkt für die beurteilung derselben bietet
das einmal (Rv. X, 96, 4) vorkommende adjektiv sahdsra-gdkas-
„tausendflammig". Ein Substantiv *gdkas- „flamme" existiert
*) Die gründe für die annähme eines grundsprachlichen o (=
griech.-lat. o) liegen nicht auf dem gebiete der indoiran. palatalbildung,
wol aber glaube ich das bestehen dieses o auf grund anderer Verhält-
nisse als wahrscheinlich erweisen zu können. Ich bitte also hier einst-
weilen den ausdruck „grundspracbliches o" zu gestatten; will man das
nicht tun, so mag man dafür das sanskr. a einsetzen: für die erklärung
der palatale kommt beides auf dasselbe hinaus.
218 H. Collitz
ausserhalb dieser komposition nicht, wol aber ein gleichbedeu-
tendes goka- m. Das angeführte kompositum ist oJBfenbar zu
einer zeit gebildet, wo die periode der palatalisierung längst
verflossen war, und man für die regel, dass bei den as-stämmen
palatalisierung eintritt, kein Verständnis mehr hatte; man bil-
dete zu dem a-stamme goka-, der nach einer später zu erör-
ternden regel den guttural bewahrt, einen adjektivischen as-
stamm, und übertrug dabei den guttural des ersteren ohne
weitere abänderung auch auf den letzteren.
Fester hat sich der sekundäre guttural eingenistet in dem
Worte okas- m. „behagen, heimat, wohnstätte", mit den adjek-
tivischen kompositis tdd-okas-, sdm-okas- u. a. Das zu gründe
liegende Substantiv oka- wird von grammatikern angeführt (s.
das Petersb. Wtb. I, 1117); es ist ausserdem im Rv. erhalten in
dem adverbialen kompositum dur-oka-m „ungewöhnlich" nebst
dur-oka-gocis- „ausserordentlich leuchtend", und wird vorausge-
setzt durch (okya- =) okta- „heimatlich", n. „behagen, heimat,
Wohnsitz". — Wir sahen oben s. 206, dass auch bei dem (zu
demselben stamme wie okas- gehörenden) adj. ökivds- „gefal-
len findend" (neben dem part. perf. ücivds-) der palatal durch
den guttural verdrängt ist.
Ved. dnkas- n. „biegung, krümmung" (Rv. IV, 40, 4) hat
seinen guttural erst durch anlehnung an ankd- m. „haken"
= „krümmung") erhalten; eine unmittelbare vergleichung mit
gr. ayyiog (F.^ I, 7; C. nr. 1) ist also unzulässig.
Aehnliches gilt von agas- n. ,,sünde, unrecht", einer Um-
bildung des aus dn-dga- (= dn-agas-) ,,sündlos, schuldlos" zu
erschliessenden *äga-. Die vergleichung von agas- mit griech.
ayog (Benfey, Wz.-lex. I, 149; C. nr. 116; F. ^ 1,9) vermag ich
nicht als richtig anzuerkennen, auch abgesehen davon, dass sie
der hier entwickelten regel widerspricht. Die bedeutungen bei-
der Wörter sind keineswegs identisch, das d von ä'gas darf dem
a von ayog nicht unmittelbar gleichgestellt werden; endlich
fällt schwer ins gewicht, dass Homer dieses wort ayog über-
haupt nicht kennt i).
Schwieriger zu beurteilen sind die beiden noch übrig
^) Ich führe also diese abweichungen auf heteroklisie zurück, und
halte es für unrichtig, anzunehmen, dass in derartigen nominibue der
ursprüngliche guttural von den formen mit der alten endung -os aus
eingedrungen sei.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 219
bleibenden ausnahmen im Rigveda: hhdrgas- n. „glänz", und
das nur an einer stelle begegnendgadj. gö-nyoghas- (Rv. IX,
97, 10). Man pflegt das erstere mit bhräj- „glänzen" zusam-
menzustellen (F. 3 I, 152 f. ; C. nr. 16T5T^a3^iirch aber wird der
guttural nur noch auffallender und unregelmässiger, denn das
J in bhräj- geht mit dem z in av. hardz- auf einen alten Zisch-
laut zurück, der im sanskrit nie zum guttural wird. Diese Zu-
sammenstellung also ist etwas problematisch, und in folge des-
sen auch die vergleichungen, welche man bei Fick I, 153 s. v.
hhargas findet. Ebenso ist das wort go -nyoghas- etymolo-
gisch vollkommen dunkel. Ich muss beide wörter als einen
unerklärten rest bestehen lassen, meine aber, dass diese ihrer
herkunft nach dunklen wörter die regel, welche in etymologisch
klaren Wörtern deutlich vorliegt, nicht umstossen können.
Mit übergehung einiger anderer kategorien der nominalbil-
dung 1), über die ich aus dem einen oder dem anderen gründe
eine sichere entscheidung nicht zu treiffen weiss, wende ich mich
ZU einer kurzen betrachtung des sogenannten a-suffixes im ver-
bum. Bekanntlich tritt hier im allgemeinen 2) durchweg pala-
talisierung ein, und vor allem dieser umstand ist es gewesen,
der zur aufstellung des satzes anlass gegeben hat, dass „im
Wurzelauslaut" für den guttural der palatal eintrete. Aber so
gewiss die flexion der verba und nomina in der grundsprache
voll und ganz ausgebildet war, so gewiss sprachen die Indoira-
nier nicht in wurzeln, sondern in Wörtern, und so gewiss ist es
verkehrt, der anschauung zu huldigen, als führe in den uns
vorliegenden indogerm. sprachen die wurzel ein gesondertes,
von verbum und nomen abgetrenntes dasein. Wollen wir die
entstehung der palatale aus den gutturalen begreifen, so haben
wir zu untersuchen, welche momente in einer nominal- oder
einer verbalform eine solche Umwandlung herbeiführen konn-
^) Es kommt z. b. in betracht, dass in den suffixlosen nominibus
wie väc- vor vokalisch anlautender endung sowie in den bildungen auf
-ana- wie pdca-na-m im Rv. durchweg der palatal erscheint.
2) Ausnahmen sind bes. im späteren sanskrit nicht selten; man
findet dieselben in Westergaards Radices unter den auf gutturale aus-
lautenden wurzeln. Derartige „wurzeln" beruhen fast stets auf einer
verbalen Verwendung ursprünglicher nominalthemen, in welchen letzte-
ren regelrecht der guttural stand.
220 H. ColHtz
ten. Wer statt dessen von dem palatal der wurzel spricht,
der ergreift statt des gegenständes selbst seinen schatten, und
bietet uns eine phrase statt einer klaren und bestimmten ant-
wort; ganz davon zu geschweigen, dass im „auslaut", nach dem
was die indoiran. sprachen uns lehren, nicht der palatal, son-
dern eben der guttural stehen sollte.
Das sogenannte a-suffix des verbums oder der „themati-
sche vokal" erscheint in den europäischen sprachen teils als e,
teils als o (a). Das e musste im indoiranischen palatalisierung
bewirken, wie es unter denselben Verhältnissen palatalisierung
bewirkt hat im altslovenischen, — Es sei zur vergleichung die
flexion des ind. praes. akt. von dem verbum sskr. pdcd-mi =
asl. pekq „koche" hierhergesetzt:
sg-
du.
Sskr.
Asl.
päcä-mi
pekq,
päca-si
pece-U
pdca-ti
pece-tü
päcd-vas
pece-ve
päca-thas
pece-ta
pdca-tas
pece-te
pdcä-mas
pece-mü
päca-tha
pece-te
päca-nti
pekqtü
pl.
Wie nun das altslovenische die e-färbung des thematischen
vokales und damit zugleich den palatal auch auf die I. du. und
die I. pl. ausgedehnt hat (das o ist erhalten im einfachen aorist),
so ist anzunehmen, dass auf Seiten der indoiranischen sprachen,
nachdem überall die einheitliche färbung des thematischen vo-
kales zu a eingetreten war, der palatal auf alle formen ausge-
dehnt wurde, in welchen ein thematischer vokal vorlag i). So
mochte es denn scheinen, als komme überhaupt dem verbum
') Ein höchst wichtiges und interessantes analogen für diese er-
scheinung bietet das kleinrussische. Hier ist dialektisch (s. Miklosich,
Vergl. gramm. IIP 274) in der flexion pecu (statt peku), peces, pece,
pecem, pecete, pecut' (statt pekut'} auf dem wege der analogiebildung
(vgl. Brückner im Arch. f. slav. philol. III, 237) auch der rest nachge-
holt, welchen das altslovenische noch hatte bestehen lassen, und somit
eine durchgängige palatalisierung hergestellt. Das sanskrit steht hier in
demselben Verhältnisse zum altindoiranischcn, wie das kleinrussische
zum altslavischen.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe, 221
der palatal zu, und es kann nicht aufifallen, wenn in den in-
doiran. sprachen die neigung herrscht, überall im verbum den
guttural durch den palatal zu ersetzen, wo dieses nicht ein fol-
gender stummer konsonant verbietet, oder sonstige momente
eine erhaltende kraft ausüben. Vor dem psychologisch durch-
aus natürlichen principe, in einem einheitlichen formensystem
eine einheitliche behandlung des konsonanten durchzuführen,
musste der alte durch ein der spräche fremd gewordenes mo-
ment bewirkte lautliche Wechsel zwischen guttural und palatal
weichen, so dass dieser austausch an den stellen, wo er als
unmotiviert erschien, zu gunsten der numerisch überwiegenden
palatale aufgegeben wurde.
II. Der ursprüngliche guttural bleibt vor anderen lauten
als i und e.
1) Gutturale vor a:
Während vor demjenigen a, welches einem europäischen e
entspricht , im indoiranischen der palatal eintritt, bleibt der
ursprüngliche guttural gewahrt vor demjenigen a, welches in
den europäischen sprachen durch o oder a reflektiert wird:
So im anlaut:
ved. kd-s, kä-d, av. kö, ka-t : lit. ka-s, got. hva-s, hva
(F.X^T'C. nr. 631).
ved. ka-tard-s, av. katärö : gr. Tto-rsQO-g, osk. pü-türü-s
(acc. pl.), lat. n-ter, asl. ko-toryj , lit. ka-trä-s , got. hvaßar (F.
I, 33; C. nr. 631, vgl. o. s. 197 ff.).
ved. kd-ti = lat. quo-t (a. o.). j
"ved. ka-da : lit. kadä (a. o.).
In av. cahijä (gen.); cahmäi (dat.), cat, caiti ist der in sskr.
kasya, kasmäi, kad, kati erhaltene regelrechte guttural durch
den nur in ca = r« und ci- = ri- lautlich gerechtfertigten
palatal verdrängt worden. Vgl. ob. s. 206.
vfed. kdksha- m. gurtgegend, achselgrube : lat. coxa, ahd.
hahsajF. L 36).
ved. kaküd- f. gipfel, kaküdmat- mit einem höcker verse-
hen, Ä:aMM5'~i--gipfel, iöcker : lat. cacümen (a. c).
'"'"^ed. gä- gehen, av. gä- : gr. (dor.) ßa-JFTTr^3 ; C. nr. 634).
sskr. -gara- verschlingend, av. -gara- in nare-gara- mien-
222 H. Collitz
sehen verschlingend (bei Justi im nachtr.) :
(F. I, 70; C. nr. 643).
ved. gdrhha- m. mutterleib, leibesfrucht, av. garewa- m. :
gr. (Hsch.) öoXcp6-g (F. I, 74; C. nr. 645).
ved. gharmä- m. glut , av. garema heiss : lat. formu-s,
altpr. gorme. — Im griechischen steht d^€Q-iii6-g statt des zu
erwartenden *(poQ-in6-g wol mit anlehnung an &€Qog = hdras
und d^£QOfj.ai (vgl. ob. s. 209).
ved. ghand- m. vernichter, Vernichtung, neben hdn-mi, av.
ghana- tötend (Yt. 24, 50) neben jan- ^) : gr. q)6vo-s neben
8-fcs-(pvov und d-eivto (vgl. ob. s. 209). — Diese von Pott, Et.
F. 1 1 255 und Benfey, Wz.-lex. II 277 vertretene gleichsetzung
ist von Curtius (Gr. Et. nr. 311 u. 410) und Fick (Wtb.s II
117. 164) zu gunsten anderer vergleichungen aufgegeben wor-
den: meiner ansieht nach mit unrecht. Eine ausführliche
rechtfertigung der älteren vergleichung würde hier zu weit ab-
führen, ich muss eine solche auf eine andere gelegenheit ver-
schieben.
Dieselbe regel gilt für das ai ( = sskr. e, vor vokalen ag),
welchem ein europ. oi oder ai gegenüberliegt. Das zeigen:
av. kaena busse = gr. Ttoivri (vgl. ob. s. 198).
ved. ketü- m. licht, banner, vgl. keta- ra. absieht, wille,
av. dürae-kaeta- fernhin bemerklich : got. haidu-s art, weise,
nhd. -heit (F. I, 35. III, 56).
ved. kdya-, av. kaya (?) : gr. rtolo-g, asl. koj (vgl. Scherer,
zGßS. 2 412).
^ ved. gdya- m. hausstand, wohnsitz, av. gaya- leben, neben
* dem präsensst. jdya- (vgl. ob. s. 210) ^).
\ Endlieh gehört hierher:
f"^ ved. gau-s, av. gäu-s (stamm gav-) = gr. ßov-g (stamm
\^o/-), lat. bos, ir. bö, ahd. chuo (F. I, 76; C. nr. 644).
Was den inlaut betrifft, so wird der aufgestellte satz be-
stätigt durch die behandlung; welche der ursprüngliche guttu-
ral in der umfangreichen kategorie der a-stämme erfährt. Das
sogenannte a-suffix erscheint in den europäischen sprachen als
*) In av. j'anu- schlagend, ava-jana- tötend u. a. steht j durch an-
lehnung an jan-.
') Dem gegenüber ist in ved. -jayä- gewinnend, av. jaya- m. ge-
winn, anlehnung an das j des verbs nicht zu verkennen.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 223
0 (= lit. u. germ. a) i), und aus diesem umstände erklärt sich
die bereits ob. s. 183 u. s. hervorgehobene regel dass in der-
artigen bildungen der guttural, von vereinzelten ausnahmen ab-
gesehen, durchweg bewahrt wird.
SoJ2 ii3]i Rigveda: .,,v^i=»-.«-«^*i,
^ankd- m. haken : ac- (anc-) biegen.
arkd- m. strahl, lied : drcä-mi, strahle, singe.
-äka-, -ika-, -üka- in äpäka- von fern kommend, üpdka-
nahe verbunden, paräkd- n. die ferne, abhi'ka- n. das entge-
gentreten, samikä- n. kämpf, prdtika- n. antlitz, änükd-m
nach der reihe u. a. : -de-, -ic-, -üc- in dpäc- rückwärts ge-
wandt, pdräc- abgewandt, pratic- (== prati-ac-) zugewandt,
anüc- (= anu-äc-) nachfolgend.
-oka- in dur-oka-m ungewöhnlich : uc- (praes.-st. ucya-)
gern tun.
tökä- n. nachkommenschaft : tue- f. nachkommenschaft.
'pdka- in vi-pdka~ reif, grta-paka- gar gekocht u. a. : j^ac-
(III. sg. pdca-ti) kochen.
markd- m. Verfinsterung (Rv. X, 27, 20) : mrc- (caus. mar-
cdya-X versehren.
i-rekd- in pra-rekd- m^ überfluss, ni~rekd- m. nähe, haus- /"^^^
stand j ric- (perf. rireca) lassen.
m. und rokq- m. li^^4 ^oÄ;a- freier räum (lich-
(III. sg. rö'c^tH^) leuch^^^
m. Spruch, upa-väkd- m. anrede, adhi-vdkd- m. für- 1
spräche, rta-väkd- m. fromme rede : väc- f. rede, spräche. I
vrka- m. wolf, av. vehrka- m. = gr. Xv^o-g, asl. vlükü,
lit. vUka-s, got. vulf-s (F. I, 213; C. nr. 89).
vraskd- in yüpa-vraskä- den pfosten behauend (Rv. I,
^Jß2^) : vragc- (praes. vrgcd-ti) behauen.
su-gdka- leicht ausführbar, gäkd- stark, m. gehülfe, gä'ka- \ |4 )
m. kraft : gdct- f. kraft. ,-
^) Mit einziger ausnähme des voc. sg., wo übereinstimmend e er-
scheint, und demnach grundsprachliches e anzusetzen ist.
^) Es sind in diese Übersicht im allgemeinen nur solche noniina
aufgenommen, welche sich mit einiger deutlichkeit an einen daneben-
liegenden verbalstamm anschliessen, oder durch das zeugnis der ver-
Wanten sprachen als grundsprachliche bildungen sich erweisen. Ausge-
schlossen sind demnach wörter wie ved. naka- m. himraelsgewölbe,
kacaplakä- m., phaligä- m. behälter, p-hga- n. hörn, av. ara^ka- m. neid,
nava-pikha- neunknotig, magha- m. loch, cparegha- m. zacken u. a.
224 H. Collitz
guka- m. papagei (Rv. I, 50, 12) : güci- glänzend.
coka- m. licht, flamme, arka-gokä- m. strahlenflamme :
gocä-mi leuchte.
seka- m. guss : sie- (praes.-st. sincd- u. seca-) giessen.
-ka-, deminutiv Suffix, = av. -ka-; vgl. die beispiele bei
Grassmann, Wtb. sp. 1703 u. Justi, Handb. s. 375, §. 338.
hhdga- m. segenspender, segen, a-hhaga- m. teilnehmer,
su-hhdga- glücklich, saü-hhaga- n. glück, bhägd- m. anteil, se-
gen, su-bhägd- reich : bhdjd-mi zuteilen.
bhangd- m. durchb recher, abhi-bhangd- zerbrechend : bhanj-
(III. sg. bhandk-ti) brechen.
bhogd- m. windung, ring : bhuj- (praes.-st. bhujd-) biegen.
bhoga- m. genuss : bhuj- {III. sg. med. bhoja-te) geme-
ssen.
tyägä- m. hingäbe des lebens : tyaj- Verstössen, hingeben.
mrgd- n. wild : av. meregha- m. vogel (F. I, 394).
yugd- m. joch, gespann, geschlecht, cdtur-yuga- vierspännig, |
yoga- m. anschirrung, unternehniung, dgva-yöga- mit rossen be- 1
spannt : yuj- (praes.-st. yunaj-, yuja-, yoja-) anschirren, zu- |
rüsten, verbinden. '
hrd-rögä- m. herzkrankheit (gebrechen) Rv. I, 50, 11 : ruj-
(praes.-st. rujd-) brechen.
abhi-vegd- m. erregung : vij- (pt. vik-td-) weichen, zerstreut,
erschreckt sein.
a-nishangä- ohne wehrgehänge : ni-saj- anhängen.
-varga- in pari-vargä- m. beseitigung, prä-vargä- überwäl-
tigend, siegreich, sam-vdrga- m. gewinn, beute : vrj- (III. sg.
vrndk-ti) wenden.
sdrga- m. guss, ström, geschoss, pra-sargd- u. pra-sdrga-
m. das hervorströmen, vi-sargd- m. das entlassen, aufhören :
srj' (praes.-st. srjä-) ausgiessen, entsenden. — Es ist in diesen
beispielen ein übergreifen der regel anzuerkennen, denn das
part. lautet srsh-td-, die III. sg. aor. med. ä-srsh-ta : formen,
welche das j als fortsetzer des indoiranischen in av. harez- be-
wahrten Zischlautes erweisen. Dasselbe iibergreifen des guttu-
rals zeigt sich in mehreren plqpf.- und aor.-formen {dsa-srg-ram,
ä-srg-ram, ä-srg-ran, s. Grassm. wtb. sp. 1575). \
aghd- schlimm, n. übel; unheil, av. (agha- böse, n. übel. —
Sind diese Wörter, wie man gewöhnlich annimmt, mit- ved.
anhas- n. = av. äzanh- n. zu verbinden (C. nr. 166 ; F. I, 264 ;1
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe.
225
Grassm., Justi u. s. w.), so verhalten sie sich zu denselben, wie
särga- zu srj- — av. harez-.
-arc/ha- in {sahasrän/hd- =) sahasra-arghä- tausend-
fachen wert habend : arh- verdienen, wert sein. ,
dirghd- lang == av. duregha-. Vgl. griech. 'doXixo-g, lit.
Ü
Uga-s,\a,s\. dlügü (F. I, 388; C. nr. 167; vgl. Bezzenb. ob. s. 134).
äfi<^7<«- liiTlcKeriH, f. niilchkuh, su-dügha- schön milchend,
dogha- m. das melken — erlangen, su-dogha- reichlich spen-
dend : dnh- (praes.-st. duh- = dugh-, dvhä-, doha-) melken,
spenden.
Idrö'gha- arglistig : drüh- m. beleidiger, f. beleidigung,
argliäET ""
maghd- n. reichtum, geschenk, dgvä-niagha- reich an ros-
sen. — Das Verhältnis von maghd- zu mariih- (III. sg. pr. med.
mdmha-te) herrlich sein, schenken, u. mah- (praes.-st. mafia-)
herrlich sein, verherrlichen, schenken, ist wahrscheinlich daS'
selbe, wie das von sarga- zu srj-. Vgl. ob. s. 195.
mSghd- m. wölke = av. maegha- m.
mögha- eitel, vergeblich : muh- (praes.-st. mühya-) irre
werden, fehlschlagen.
derselben regel folgen im Avesta:
, a^^~75ehiecht, u. das b(5se,"schlitüine; superl. aefHß- seiir
schlecht. V
^^„joka-^-'mi^Ms^e&smif'-ygl. ved. mkd- m. na^^n.
fajca- laufend, n. IsMiifdc- (IllSg. praes. Yra-tacaiti) lau-
fen, tacanh- n. lauf. \A/lAlJl
na<jic-])äkq- leichen \brennend,| urusda-päka- unreinigkeit ' IX-^*^
erbrennend : pan- kochen, häm-pfic-, fra-pac- verbrennen.
mahrka- m. tod : marenc- töten.
ni-mraoka- m. abfluss : mruc-, vgl. para-mruc- sich weg-
stehlen.
raeka- m. esse : ric- (caus. raecaya-) ausgiessen (nach
Justi).
fra-väka- n. das hersagen, aussprechen : fra-rac- aussprechen.
vehrka- m, wolf — ved. vfka-.
dtare-gaoka- m. feuerbrand, güka- leuchtend, m. licht, Seh-
kraft : Quc- (praes.-st. gaoca-) brennen.
cragka- m. hagel : gragc- (praes.-st. gragca-) tropfen, hageln.
fra-shaeka- m. vergiessung : fra-hic- (III. pl. fra-shincanti)
vergiessen.
üeiträgo z. Kunde d. ig. Sprachen. III. 15
226 H. Collitz
',areha- ra. abwerfung : harec- abwerfen.
ii^ggoAa-doppelt geschärft : tizhi- (in tizhi-däthra- u. a.)
scharf. — Vgl. ved. tejas- n. schneide, hitze, eifer.
bagha- m. gott — ved. hlidga-, ?l^\. hogii (F. I, 381).
I hiiffha-, hdfjha- m. f. teil, stück : haj- (III. sg. impf, hazhat,
also" hicMlfitt Justi als haz- anzusetzen; vgl. auch Hübschm.
KZ. 23, 388) verteilen, geben, opfern. — Ved. hhdga-, hhägd-
m. (F. I, 381).
mazga- in mazga-vanf- reich an mark (vgl. ved. majjän-
m. mark), asl. mozgü m. (F. I, 395).
vaegha- m. schlag, wucht, fra-vaegha- vorwärts schlagend :
vij- (part. 7ii-vikh-ta) schlagen. — Vgl. sskr. vega- m. (F. I, 428).
agha- n. böse, n. das böse, das übel = ved. aghd-.
zanga- ni. der obere fuss, ved. jdnghd- f. der untere teil
des beines. — Vgl. Yed. jdmhas- n. weg, gang (F. I, 322).
(daregha- lang = ved. dtrghd-.
r/rao^/<rt-' lügnerisch (sup. dranjista-) m. lüge : druj- fpraes.-
st. druzha-) lügen. — Vgl. ved. drogha- (F. I, 348).
maga- n. grosse, Verherrlichung = ved. maghd- n. (F. 1, 388).
maSgha- m. wölke = ved. meghä- (F. I, 398; C. nr. 175).
Qdiri-haoglia- schmutz reinigend : huj- reinigen.
Die aufgestellten beispiele stellen die regel dar. Es stellt
sich uns nunmehr die aufgäbe, die ausnahmen dieser regel im
Rigveda und Avesta in betracht zu ziehen, und womöglich das
motiv der unregelmässigen behandlung aufzudecken.
VedT>w«4t,,mir Rv. V, 32, G als adv. im instr. pl. ii^*fHh
_) ,^?Orrr-p|»e>V. Htu;:;;^ — Vgl. uccä instr. sg. als adv. „oben".
f ' wT&Wciiur Rv. I, 116, 22 als adv. im abl. sg. ^)?k<^ »»von^..
i unten", nebfen w^<J<^'. — Vgl. nicä instr. sg. von {n//ac- =)
niac- als adv. „von unten".
Xjardcd-, nur als adv. im instr. pl. paräcais „in weiter ferne"
od. „in weite ferne". — Vgl. pärdc- in die ferne gewandt.
prdcd- nur Rv. I, 83, 2 im instr. pl. präcais „vorwärts". —
Vgl. präc- vorwärts.
cucd- rein, liell, nur Rv. X, 2^, 6 in dem versschlusse ^uea-
ydr, ca Qucd.sga ca. — Vgl. rulcl- leuchtend, rein, hell.
saca- in der einmal vorkonmienden komposition <(-sac((-
dvish-as (voc.) Rv. VIII, 20, 24; nach Böhtl.-Roth u. Grassni.
„den nicht ergebenen verfolgend, hassend", nach Ludwig (Uebers,
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 227
.bd. II s. 320) „denen kein hasser folgt". — Vgl. sac- (III. sg.
praes. med. sdca-te) geleiten, folgen, huldigen.
tunjä- m. andrang, nur Rv. I, 7, 7 in der Verbindung
tunje-funje, — Vgl. tuj- (praes.-st. tunjä-) andringen.
bhöjd- freigebig. — Vgl. bhüj- (praest.-st. hhoja-) genuss
sch/b%n
nur Rv. VIII, 51,2 neben a
£_«f^N|5M:.^öa.ge.nossen,
Vgl sa-yuj^- vereint mit. i.
^"a-rujd- zerbrechend, nur Rv. VIII, 45, 13 im parallelismus
mit dhanam-jayd- ; valam-rujd- höhlen zerbrechend, nur Rv. III,
45, 2. — Vgl. ruj- (praes.-st. rujd-) zerbrechen.
vmfj4e;^ erschrecKt,'''^end, nur Rv. I, 140, 3. — VgiT'lJ'^fd^ir^
(intens, zu »»s^t.) erschreckt weichen.
doha- m. das melken, nur Rv. X, 42, 2. — Vgl. duh-\
(praest.-st. doha-) melken.
abhi-dröhd- m. beleidigung, Rv. VII, 89, 5 u. X, 1G4, 4. —
Vgl. abhi-drüh- beleidigend ^).
Av. uz-raoca- f. das leuchten, Y. 19, 48. — Vgl. mc- |
5Br=st. raoca-) leuchten.
vareca- hell, offenbar, Y. 32, 14. — Vgl. varecanh- in
varecanJwant- glänzend.
QÜca- klar, Yt. 30, 2; caoca- m. brand, brennen. — Vgl.
cuc- (praes.-st. gaoca-) brennen, caoci- m. brand.
büja- m. reinigung Y. 31, 13. — Vgl. buj- reinigen.
baröithrö-taezha- m. holzhaueraxt. — Vgl. tizhi- (in com-
pos.) scharf ^).
Ich habe über diese ausnahmen nicht viel zu sagen, ob-
*) Ved. ki'ja- ni. sporn , dhvujä- m. od. ii. fahne, bfja- n. same,
uru-hjä- weit geöffnet, vraj'd- m. stall, bürde, münja- m. schilfgras, här-
jaha- m. eiiter, sind etymogisch unklar. Es ist also nicht zu entschei-
den, ob j und h in diesen Wörtern als echter palatal oder als Vertreter
eines Zischlautes zu fassen sind.
*) Nicht in den text aufgenommen sind av. vicica- m. mörtel,
baoca- rein (Yt. 15, 47). dareja- f, nom. pr. eines flusses, herej'a- m.
Sehnsucht, verlangen, mithrö-vaoja- falschredend (Yt. 19, 95), ä-yaoja-
kräftig (Yt. 15, 47), vwaoj'a- entreissend (15, 47), hha- f. n. Wachstum,
fülle. — Für den Y. 64, 27. 29 belegten gen. pl. airiricinäm (al. airirx-
candm) braucht man nicht mit Jnsti airirica- als thema aufzustellen,
sondern kann ebensowol airiricin- (oder airirican-) ansetzen.
15 •
228 H. Collitz • '
gleich sich recht wol über derartige fälle eine monographie
schreiben Hesse, um an ihnen zu zeigen, auf welche weise die
spräche sich weiterentwickelt, fremd gewordene principien be-
seitigt und abgestorbene äste durch neue sprösslinge ersetzt.
Die betreffenden formen sind neubildungen, die auf dem wege
der anlehnung und contamination zu stände gekommen sind;
hervorgegangen aus dem bestrebeU; den begrifflichen Zusammen-
hang verwanter wörter nicht durch eine überreichliche lautliche
Verschiedenheit zu verwischen. In der regel ist neben dem
palatal noch der alte guttural nachweisbar. Oft sind die jün-
geren formen nur ana^ layöfXBva, „bildungen des augenblicks",
die für eine bestimmte wendung geschaifen sind und nur in
dieser wendung existieren; in andern fällen ist das Verhältnis
zwischen älterer und jüngerer formation durch begriffliche dif-
ferenzierung in der art geregelt, dass einem worte in seiner
ursprünglichen bedeutung der guttural verblieb, während in
der weiter abgeleiteten bedeutung der guttural durch den pala-
tal ersetzt wurde. ~ Eine anwendung dieser allgemeinen ge-
sichtspunkte auf die einzelnen hier angeführten fälle zu ma-
chen, dazu wird der leser durch die beigefügten bemerkungen
selbst in den stand gesetzt sein.
2) Gutturale vor w.
Für die behandlung der gutturale vor folgendem u und v
gilt dieselbe regel, welche für das a = europ. o (od. a) aufge-
stellt ist. Unter normalen Verhältnissen bleibt der guttural
unversehrt; wenn ausnahmsweise ein palatal erscheint, so ist
derselbe (von einigen besonderen fällen abgesehen) nicht un-
mittelbar und auf rein lautHchem wege entwickelt, sondern
durch anlehnung an verwante formen eingedrungen.
Regelrecht sind behandelt z. b. :
ved. lu- in kti-tas von wo, hii-tra-, kii-ha , (kva — ) ktia-
WO; wohin: av. hi- in hu-tha wie, ku-dd wann, ku-thra, kvd
wie^wo, wohin, wann (F. I, 802).
r^ ved. kiimhhd- m. topf, krug : av. khiimha- m. topf (F. I, 3<)3). //
ved. (fuh- (praes.-st. (juha- u. ijvha-) : av. guz- (praes.-st. i
I yuza-4^rhQYgQXi (F. I, 315; Hübschmann KZ. 23, 391 anm. 393). [/
befestigt.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 229
ved. tdku-, takvä- rasch, eilend; neben av. tue- (praes.-st.
tacci-yeuen, laufen. j\ ^
ved. pakvä- geko_cht^^reif ; neben x^ac- (praes.-st. pdca-) , ^
kochen, reifen lassen. iViK^ l^^tAM^
ved. sa-i/üf/van- gefährte, sva-ijügvan- eigener genos^; ne- ^i/u^xil^J
ben sa-yuj- vereint, sra-i/uj- sich selbst anschirrend. ^ rf"
ved.j^>^«e'''i6SF; nghea-T^??^:^'^ rire'ca) frei lassen, leer ' ^f
macEejij:!!^ "'^^'"^^^ .- - • ~ ^^-«™4 ^
ved. rkm-, r'livat- , rkvan- singend ; neben rc- (praes.-st.
nrca-) singen, rc- f. lied. i
ved. raghü- schnell; neben raihh- (praes.-st. ramha-) eilen, W"^^^^
rdmhi- f. eile, schnell, vata-ramhas- windschnell.
av. hihi-, hikräo trocken; neben hie- (caus. haecaya-) L»-^
trocknen.
av. cagakmtema gelehrtester, voc. sg. superl. zu ^QaQakhvdo,
pt. i^erf. von cac- (caus. gäcai/a-) lernen.
av. vaokushe, dat. sg. von *vaokfwdo, pt. perf. von mc-
(praes.-ßt. vaoca-) sprechen.
Die ausnahmen erklären sich im allgemeinen, wie die aus-
nahmen von der palatalisierung vor ursprünglichem i. Entwe-
der ist das u (resp. v) hinter dem palatal, oder es ist der pa-
latal vor dem u „unregelmässig", d. h. zu einer zeit eingetre-
ten, in welcher der process der palatalisierung fertig und ab-
geschlossen war.
Ersteres ist der fall in av. cvant- „quantus, qualis", jva- u.
jvant- lebend; zu erklären, wie bereits bei Fick, Vergl. wtb.^
I, 301 gelehrt wird, aus *civant- i) (der ursprünglichen form
für sskr. kivant-), jiva- u. Jivant-.
Letzteres hat vor allem stattgefunden im altind. gerfekt.
Während im Avesta vor dem suffixalen -£^^ desj)art ^
perf. durchgängig der guttural bewahrt ist (vgl. Justi, Handb.
s. 373 §. 300, Bartholomae, Altiran. vb. s. 77. 156 f.), ist er im
gigveda vor dem u — v des part. und vor der personalendung
-US nur zum teil erhalten, in anderen fällen aber durch den
palatal anderer verbalformen verdrängt worden. Es kommen
hier in betracht :
anrcüs (III. pl.) : arc- singen.
') Dagegen ist in av. cii „wie'' Vd. 5, 68 das c wol aus anlehuung
an et- und ca- zu erklären.
230 H. Collitz
ücüshe (dat. sg. part.) : uc- gefallen finden, gewohnt sein.
ririkvä'msas (nom.pl. pt.) : ric- (III. sg. rindk-ti) lassen,
hingeb^. ^*\^ ''"'V.
V [rtirwsiii (IH- pl-)» sibGr*nirukvan (nom. sg. pt.) : /*H£-
lethsijten. ^ N^
(ücus (III. pl.) : vac- sprfifito, sagen.
vivikvän (nom. sjg. pt) : vic- (praes.-st. vinnk-) scheiden,
unterscheiden.
vivyacus (III. pl. perf.), avivyacus (III. pl. plqpf.) : vyae-
(praes.-st. vivyak-) umfassen. — Diese beiden bildungen ver-
raten sich auch durch die starke stammesform an stelle der
im plural allein berechtigten schwachen als unurspi^ünglich.
|___,„,.„-— fe/fcws (III. pl.) : gak- stark sein, vermögen, ''v'f r j
gugtikvän (nom. sg. pt.), gugukvä msas (nom. pl. pt.) : guc-
glänzen.
a-sagcushi (nom. sg. fem.) unvergleichlich : sac- (praes.-st.
sagca-) folgen.
sishicus (III. pl.) : sie-, giessen, ausgiessen.
rVQ^H.'A'*-' vavrjus (III. pl.); vavarjüshinäm (gen. pl. part.) : vrj- wen-
den, f /^;. I ^^.^'
IduhuSj duduhus (III. pl.) : duh- melken. O '> \
Die palatale erklären sich aus der ob. s. 220 hervorgeho-
benen neigung, im verbum die palatalisierung durchzuführen.
Im nomen sind ausnahmen äusserst selten. Mit Sicherheit
däli als eine solche bezeichnet werden :
/''^ ved. drühvan- beleidigend, beschädigend (Rv. I, 25, 14;
/ VI, 22, 8; X, 99, 7), a-drukvan- (nur Rv. V, 70, 2 im voc. du.)
l nicht schädigend. — Vgl. drüh-, a-driih- i).
3) Gutturale vor konsonanten.
Dass vor explosiven und vor tonlosen Spiranten stets der
guttural bleibt, ist bekannt (vgl. z. b. Schleicher, Comp. ^ 164).
Eben dasselbe aber gilt ursprünglich auch für tönende dauer-
laute, mit ausnähme natürlich des y. Da über letzteres sowie
über »' bereits oben s. 202 f u. 228 ff. gehandelt ist, so gilt
') Unerklärt rmiss ich lassen die anl. palatale in einigen etymologisch
unklaren Wörtern, wie ved. ni-cumjnwd- (Rv. YIII, 82, 22) und ctn^jmN.
(nom. pr. eines dämons). Die sogen, wz. cxd- aber gehört nicht hier-^N.
her, denn sie begegnet nur in der „gesteigerten" form coda-.
Die entstehung der indoiraniKchen palatalreihe. 231
es hier nur noch, die richtigkeit des aufgestellten satzes für
m, n und r zu erweisen.
^ Im Avesta ist, so viel ich sehe, das ursprüngliche Verhält-
nis durchaus~treu Tewa'Effr'" ' "" """"^ -— ~*— ->'-.~.-^^,
Tor ' w ;
akhma- stark, kräftig : tancista- sehr stark.
n. ^äft*e,.,^ed. Mr>fri7S8Weomfn«asg|iaft.
34, 5) I. pl. perf. vÖfr-'-Äftfi;;,^. sg. praes.
vaoca-cä) spFeclien7*Sagen.
f^^hman- n. Versammlung : ved. vijcdc- umfasse^^^^
st. haca-) folgen. " ...«--^
yaoJchmaide (Yt. 4, 1), I. pl. med. von yuj- (I. sg. yaojä) \
verbinden, anspannen. - '■" "^
ä-c/emat III. sg. impf., jayhmyäm I. sg. pot., jaghmat III. sg
conj. u. s. w. : jam- (III. sg. pot. jamyät) gehen.
hereyhmya-shaeta- n. wünschenswerter besitz : hereja- m.
Sehnsucht, verlangen.
^ Vor n:
«-^. vyäklma- sich versammelnd, m. versammler, n. Versamm-
lung. Vgl. vyäkkman.
hk/him- trocken : haecanh- n. trockenheit.
(fhmii- f. (nom. ^k^) weib = ved. Tpr^tUJ- A
mayhna- nackt —rQ^.fnagnd- (Vgl. F. I, 124; Bezzenb. Cx
ob. II, 152; Fröhde ob. I, 328; "fOToüerT Epenthese vor 'CTiu^
ten s. 11 anm. des sonderabdr.)
yhna- schlagend, tötend, yhnya- tötlich, jaglmvCw- schla-
gend, ashava-yhnya- n. mord eines reinen, daevo-ghnita- die
Devs schlagend, verethra-ghna- m. sieg, hazanra-ghna- n. tö-
tung von tausenden : jan- (praes.-st. Jana-) schlagen, ashava-
jan- reine tötend, daevo-jata- von den Devs geschlagen, verethra-
jan- siegreich, liazanra-jun- tausendtöter.
Vor r. "■
khratu- m. Weisheit, verstand = ved. krdtu- m. kraft, ein-
sieht, begeisterung.
khruc- (praes.-st. khraoca-) rufen, schreien — ved. kru^-
(praes.-st. kroga-) schreien.
cakJira- n. rad = ved. cakrd- m. n.
^nkhra- rot — ved. gnkrd- hell, leuchtend; neben guc-
(praes.-st. ^aoca-) brennen.
0Q^ H. CoUitz
hikhra- ii. flüssigkeit, unreinigkeit : hie- (III. sg. hincaiti)
ausgiessen.
^iariva- m. nacken = ved. griva- f. nacken.
nghra- ^i2^rk, kräftig = ved. ugrä-; neben aojanh- n. kraft.
< tighra- spitz : tizlii- (in compos.) spitz.
ug :
Im grossen und ganzen wird dieselbe regel auch noch im
Rigveda beobachtet.
Vor m:
iirtikmä- glänzend, m. gold, vi-rükmat- glänzend : röcis- n.
glänz.
vdkman- n. anrufung, {väkmya- =) vdkmia- preisend, an-
rufend : vdcas- n. wort, lied.
vivakmi, I. sg. praes. von vac- sprechen.
gdkman- n. kraft, werk, rd'kman- n. kraft, cagmd- kräf-
tig : gäct- f. kraft.
säktnaft-"BrgQ\eii, genossenschaft : säoip,' m. begleiter^ freund.
tigmä- scharf, spitz 'J^ejas- n. schärfe, schneide,
m. länge : "av" ai'Ttjistiir der längste.
J,^"— > /^-^"^ kr
Vor n:
Qoknu- {gakfidv-), praes.-st. von cac- (= gak-) können.
vagnii- m. tönen, getöse : vac- sprechen, rauschen.
gna- f. göttliches weib, göttin = av. ghena- f.
agni- m. feuer = lat. igni-s m., lit. ugni-s f., asl. ogni-
m. (F. I, 9).
nagnd- nackt = av. maghna-.
jighna- (praes.-st.), ghnänti (III.pl.), ghnant- {])'a.rt.),jaghmis-
(pt. perf.) u. s. w. : han- (I. sg. hanmi) schlagen, töten.
Vor r:
krätu- m. kraft, einsieht, wille ~ av. khratu-.
kram- (praes.-st. krdma- u. krama-) schreiten : car- gehen.
cakrd- n. m. rad = av. cakhra-,
gakrä- stark ; gdci- f. kraft. v ÄV '
Qukrd- leuchtend 7 QÜci- leuchtend.
ä-sakra- nicht versiegend : a-sagcdt- nicht versiegend.
vdvakre, III. pl. pf. med. zM^vak- od. vac- brausen (Rv.
VII, 21, 3)
grivct- f. nacken = av. grtva- m.
ugrd- kräftig, mächtig = av. ughra-, neben ojas- n. kraft,
macht = av. aojanh-.
Die entstehung der indoiranischen palatalreihe. 233
ghrarhsd- m, sonnenglut, Sonnenschein : hdras- n. flamme,
(vgl. ghrna- f. 1) sonnenglut 2) feuerglut.)
Als sichere ausnahmen können in der nominalbildung mei-
ner ansieht nach nur gelten:
bhujmdn- reich an einsenkungen, d. h. tälern (Rv. I, 65, 5
u. Välakhilya-hymn. 2, 2).
öjmdn- m. kraft, Rv. VI, 47, 27; wenn man nicht das ^'
des letzteren auf das z des av. vaz- beziehen will.
Häufig dagegen sind die ausnahmen in der verbalflexion,
insofern hier fast regelmässig vor den mit m und r anlauten-
den personalendungen der palatal, welcher vor den vokalisch
anlautenden endungen steht, beibehalten wird.
Vor m:
mumucmdhe : muc- lösen.
anjmas : anj- salben.
huhhujmähe : bhuj- geniessen.
yundjmi, yiijmahe, ayujmahi , ijnyujma : yuj- anschirren.
Vor r;"
mumu'cre : muc- lösen.
riricre : rlc- lassen.
änojre : anj- salben.
biihhujrire : bhuj- geniessen.
dyujran, yuyujre : yuj- anschirren.
vivijre : vij- weichen.
duhre, duhrate, duduhre : duh- melken.
Berücksichtigt man, dass an stelle des ved. vivakmi in der
späteren spräche vacmi tritt, dass also vor unseren äugen die
uniformierung auf kosten der gutturale um sich greift, so kann
kein zweifei darüber bestehen, dass nur die feste regel des Avesta
anrecht auf ursprünglichkeit hat, nicht aber das im Rigveda
hervortretende schwanken zwischen dem typus vivakmi einerseits
und dem typus yundjmi andrerseits.
Es war nicht meine absieht, im vorstehenden das reiche
material, welches für die hier behandelten, fragen in den indoi-
ranischen sprachen vorliegt, zu erschöpfen ; vielmehr kam es
mir wesentlich darauf an, durch heranziehung charakteristischer
beispiele aus dem Rigveda und dem Avesta die allgemeine regel
zu rechtfertigen, welche oben s. 199 f. aufgestellt wurde, und da-
234 H. Collitz Die entstehuiig der indoiran. palatalreihe.
mit die hauptgesichtspunkte festzustellen, von denen man für die
historische erklärung der palatale und für die beurteilung des
indoiranischen vokalismus auszugehen hat. Wenn ich dabei
häufig zu der annähme von formübertragung meine Zuflucht
habe nehmen müssen , so hoffe ich, dass man mir deshalb kei-
nen Vorwurf machen wird. Es bleibt eben nur die wähl, ent-
weder auf eine erklärung der palatale überhaupt zu verzichten,
und alle die anhaltspunkte von der band zu weisen, welche die
indoiranischen sprachen selbst und die verwanten sprachen bie-
ten; oder andrerseits von feststehenden punkten auszugehen,
und schritt für schritt den weg zu verfolgen , welcher hier vor-
gezeichnet ist, auch auf die gefahr hin, dass dieser weg zuwei-
len durch unwirtliche gegenden führt. Freilich muss einem
jeden die entscheidung überlassen werden, ob er gewillt ist, mit
uns das letztere verfahren einzuschlagen. Dass aber in der
tat bedeutende Störungen des ursprünglichen Verhältnisses zwi-
schen gutturalen und palatalen stattgefunden haben, und dass
sich nur bei dieser annähme der zustand jener laute in den
uns vorliegenden indoiranischen sprachen begreifen lässt, das
hat bereits Schleicher zur genüge erkannt, wenn er (Comp. ^
164) sagt: „es scheint, als habe die spräche den ursprünglich
rein lautphysiologischen Wechsel der gutturale mit den palata-
len dazu benutzt, um mittels desselben bezieh ungsunterschiede
auszudrücken".
Nachträge.
Zu s. 210 z. 11. — Ved. ceta- (praes.-st. von cit- wahrnebnicn, er-
Bcheinen): keiü- m., av. dürae-kaeta- (s. 222).
Zu 8. 211 z. 24. — Bereits Th. Nölting fragt in seiner schril't
,,Ueber den genetischen Zusammenhang des aoristus II. mit dem per-
fectum II. der griechischen spräche" (progr. v. Wismar, 1843) s. 31:
Sollen wir annehmen, dass das e im griech., e im latcin. und ai im got.
Schwächungen der ursprünglichen wurzelvokale sind und dass das sansk.
hier den früheren zustand bewahrt habe, oder dürfen wir glauben, wie
sich momordi, pu^mgi u. s. w., ohne zwcifel durch assimilation an den
vokal der wurzel, erst später statt memordi, pepugi gebildet haben, so
sei es auch im sanskrit der fall gewesen und babhüva, sasuva seien restc
jener älteren regel? — Vgl. G. Curtius, Verb. d. griech. spr. P 109 f.
H. Collitz.
235
K
Die de9i9abdäs bei Trivikrama.
Die indischen ^raimtgrammatiker theilen diö Prakritworte
in drei Massen : in tatsamäs, tadbhaväs und d e gy ä s oder"
de^igabdas. tatsamäs „ihm gleich" heissen die wörter,
die im Präkrit dieselbe gestalt behalten wie im Sanskrit; so
z. b. aüjali, kara, guna etc. tadbhaväs „von ihm stam-
mend" heissen die Präkritwörter , die zwar vom Sanskrit abge-
leitet sind, aber in einer dem Präkrit eigenthümlichen form er-
scheinen, wie potthao := pustaka, puriso = purusha,
vediso = vetasa u. s. w., also die grosse masse der Prä-
kritwörter. (de9yäs „provinziell",\„volksthümlich" heissen zu-
nächst alle im Präkrit gebrauchten wörter, die sich nicht auf
eine Sanskritwurzel zurückführen lassen, oder richtiger, von den
grammatikern nicht darauf zurückgeführt werden können, wie
akko „böte", tatti „sorge", tuppo „fett", „ölig" etc., sodann
aber auch solche, die zwar deutlich auf eine Sanskritwurzel
zurückgehen, aber im Sanskrit keine genau entsprechende form
haben, wie päso „äuge" von ypa9, pagyati, oder die aus
Sanskritelementen bestehen, aber im Präkrit eine eigenthümliche,
im Sanskrit nicht vorhandene, bedeutung haben, wie amayanig-
gamo „mond" aus__amrta „nectar"umd nirgama „das her-
auskommen" ~ „von dem der nectar kommt" [Hemacandra
fälschlich = amrtän nirgamo yasya, cfr. Aufrecht, ZDMG.
28, 106.], endlich aber auch wörter, die im Sanskrit nur selten
gebraucht werden, wie jälüro „Strudel" u. s. w.
Die grammatiker schwanken oft sehr, welcher klasse unter
diesen dreien sie ein Präkritwort zutheilen sollen. Je nach
dem grade seiner belesenheit im Sanskrit und seiner geschick-
lichkeit im etymologisieren, rechnet der eine grammatiker oder
scholiast ein wort unter die degyäs, welches der andere als
tatsama oder tadbhava erklärt. Viel mühe geben sich die
grammatiker und scholiasten mit der erklärung aber meist
nicht. Wie neuerdings in der Sprachvergleichung alles, was
man nicht erklären kann, als „analogiebildung" bezeichnet
wird, so stecken die indischen grammatiker und scholiasten alle
Wörter die sie nicht aus dem Sanskrit herleiten können, in den
„grossen sack" der de^igabdäs und sind dann mit dieser „er-
236 R. Pischel
klärung" nicht weniger zufrieden wie die liebhaber der analo-
gie. Es sind grosse Sammlungen solcher de5i9abdäs in eigenen
werken auf uns gekommen, von denen zwei von Bühler ent-
deckt worden sind, die Paiyalacchi und Hemacandra's Degi-
namamalä. Ausserdem hat der grammatiker Trivikrama, den
ich De grammaticis Pracriticis p. 27 ff. ans licht gezogen habe,
in einigen capiteln seines werkes eine grössere zahl solcher
Worte zusammengestellt, die ich hier veröffentliche. Ich habe
zwei handschriften benutzt, nämhch ausser der 1. c. p. 27 be-
schriebenen handschrift in Granthacharacter (A) noch eine ab-
schrift in Devanägari von dem in Grantha geschriebenen MS.
Taiijore lOOOG (B), die ich Dr. BurneH's aufopfernder gute ver-
danke. Unter den von Trivikrama erwähnten Wörtern findet sich
eine ganze anzahl solcher, die unzweifelhaft auf Sanskritworte
direkt zurückgehen. In der that bezeichnet er sie selbst nicht
als degyas, sondern leitet sie mit ausnähme der wörter in
capitel III, 1, 132 von Sanskritworten ab, während Hemacandra
sie, soweit er sie überhaupt hat, grösstentheils unter die de^yas
rechnet, und zwar meist mit vollem rechte. Die degigabdäs
sind für die vergleichende Sprachforschung von hoher Wichtig-
keit. Schon die dhatväde^as „wurzelsubstitute" bei Hema-
candra IV, 2 — 209 können eine ahnung davon geben, ein wie
reiches sprachliches material, das wir im Sanskrit vergeblich
suchen, die Prakritsprachcn erhalten haben. Viele wurzeln des
dhatupatha z. b. die die Sprachforscher als „unbelegt" für die
zwecke der Sprachvergleichung nicht benutzen zu dürfen glau-
ben, erscheinen im Präkrit in lebendigem z. th. sehr häufigem
gebrauch, sind also keineswegs „erfindungen" der grammatiker.
Da eine probe, wie man in Indien etymologisiert, nicht ohne
interesse sein dürfte, theile ich Trivikrama's etymologien in
text und Übersetzung mit. Die richtige etymologie ist meist
schwer zu finden und von mir oft nicht erbracht worden.
1) Trivikrama I, 3, 105.
gono j gauh | svärthe nah | — juä^ÄJ^"^*^^ S<^ «H
Ohne den sinn des wortes zu ändern istria angetreten".
Mit gono beginnt auch der gana bei Hemac. II, 174, — B-R.
s. v, gona; Puli goiT« ;nirW«MÄ„§4^. ; Dhammapadam 170, 1
als Schimpfwort; vgl. unten bei baillo). Das wort ist häu-
fig in der Mrcchakatikä, p. 97, äTToS, 20. 99, 12. 100,
13. 107, 18. U2, 17. 117, 15. 118, 5. 12. 14. 24. 122, 15.
Die deci9abdäs bei Trivikrama. 237 1
132, 16. An den beiden letzten stellen ist das wort neutrum,
ein Wechsel des geschlechts über den ich de gr. Präer. p. 4 ff.
gehandelt habe. — gona steht für *gorna (wie gana für
*garna, pana für *parna — Leo Meyer KZ. 23, 411) von!
der Wurzel gur „brüllen", „brummen", die in den neuindischen | 'f^^^
sprachen gebpiuchlichigl, ; Sindl\i^^^jgji;*5änu _to^.^p[|flj*45---snarl;| «/^t/tT*-
(kijarAtr'gui--vuiTr'"'lo growl; to snarl^at, to rumhle: Ürdü]
-'^ii IT äiiA to growl: ^hlr^\nsJi^gnrJ:J^¥fr^gro^w\. ITier- •
her auch llgveda I, 173, 2. Y)n: wiirzel ist eine modification |
von i.jgar (Johannes Schmidt, Vocahsmus II, 221). Sehr klar
ist sie noch erhalten in Marathi ^tMy^m a cow, buUock or
bunälQ, ürdü gorü an ox, a cow und zigeauensc^T^^^g '
^^f^"? ,,o5fe«e'T^ g u r o^n n i i^k^ih", gur 6m i „basston" (Lie-
bich); Paspati hat guri, giiruv,^^hse", Smart-Crofton^g^oj^^
roni, gröv, Mayo-Quindale (El Gitanismo Madrid 1870) gor-
vio. Anderes bei Pott, Zigeuner II, p. 141. Ascoh, Zigeuneri-"
sches p. GS. Die Deginämamälä hat noch ein w:)Tt g o n o
„zeuge", das ebenfalls zu yi. gar (cfr. bei Fick P, 72 4. gar)
gehören dürfte, in der bedeutung „aussagend". Ein anderes
gona bieten uns die neuindischen sprachen. Marathi gon
(fem.) a large sack; gona (mascul.) a large grainsack or other
packsack; goni a pack-sack, sackcloth; gon-tä a buUockl
grain-sack; Urdu gon, zigeunerisch gono „sack" (Pott, Zi- ^
geuner II, 136. Liebich p. 138. Smart-Crofton p. 79. Mayo
Quindale p. 35). Sindhi güni coarse sackcloth, Gujarati gun
(fem.) a bag of coarse cloth, Bangali gun a sack. cfr. B-R.
s. V. goni. Childers s. v. gonako. Ob die im Marathi gon-
tä erhaltene speciellere bedeutung die ursprüngliche ist und
das wort mit gono „rind" zusammenhängt, wage ich nicht zu
entscheiden. Es würde in diesem falle für ein ursprüngliches
*gaurna stehen müssen. Indess das lange ü in Sindhi, sowie
besonders das kurze u in Gujarati und Bangäli machen erheb-
liche Schwierigkeiten. Vielleicht gehört das wort in eine klasse l
mit Skt. guna ,,faden", „strick", das aber seiner herkunft nach 1
auch noch ganz dunkel ist. *
golä I godä 1) I godävari | dasya Iah | golä samskrte J
piti kecit '^). \\ „golä von godä — godävari (ein fluss im
Dekhän). da ist zu la geworden. Nach einigen findet sich
golä auch im Sanskrit". — B-R. s. v. gola 7 (g). Hemac.
^j Olli. B. *) Dieser satz fehlt in A.
238 R. Pischel
bemerkt in der De^inamamala: atra golacabdali samskrtasarao
j pi kavinära nätiprasiddha ity upattah | „das wort gola ist
hier aufgeführt worden, obwohl es ein samskrtasama ist,
weil es den dichtem nicht sehr bekannt ist". — Im Hüla
(Weber s. v. Godä) liegt mehrfach die form godä vor, die
die Vermittlung bildet zwischen godä, und golä oder gola,
wie die drävidischen handschriften genauer schreiben. Indess
geben die MSS. des Hala auch vielfach gola (ZDMGr. 28 zu v.
177. 192 (hinter golä steht tu he Hemac. I, 104) 196. So
auch Hemac. II, 174. 194. Nach der Deginämaraälä bedeutet
golä, auch „kuh". Es steht dann für älteres *gorä und gehört
zu der vorher besprochenen wurzel gur.
osäyanam 1) | apoQänam ^j | äpo 3) ity asya o *) | ga-
kärat paro yakärägamah | osägabdo niharaväci de^yah tatkano
vä, I osäyanam ^). — „osäyanam („das mundausspülen"?)
kommt von äpogänam. äpo ist zu o geworden und hin-
ter ga ist ein ya getreten. Oder: osä ist das deQiwort\j)sä
das „nebel", „thau" bedeutet und anam = kano, osä-
yanam also (etymologisch) — thautropfen". — Die bedeutung
von Sanskrit äpogäna ist nicht ganz gesichert. B-R. nach-
trage s. V. nehmen die von „mundausspülen" an. Die zweite
von Triv. gegebene haarsträubende, in Indien aber gar nicht be-
fremdende, etymologie scheint mir aber darauf hinzudeuten,
dass es „sprengen mit wasser" oder dgl. bedeutet. Das ya in
osäyanam ist das euphonische ya Hemac. I, 180. Triv. I, 3,
10, das in Triv.'s handschriften fast nie geschrieben wird, das
ich aber der deutlichkeit wegen einfüge, wo es sich mit den
regeln der grammatiker verträgt. Da die bedeutung von osäa-
nam nicht sieber ist, ist es besser von einer erklärung des
Wortes abzusehen. — Das von Triv. erwähnte degiwort osä
wird auch in Hemac.'s Deginämamä,lä erwähnt I, 106 und mit
nigäjalam (thau) und jhijnam (kälte) erklärt. P]s ist — Skt. /
ava9yä von -y/gyä mit ava und liegt im Gujaräti, Urdu os
„thau" vor. Wie Skt. avagya zu osä,, so wird das gleichbe-
deutende avagyä-ya im Präkrit zu osäa, was Urvagi 15, 11
steht. Bollensen edirt ossäa°, aber die handschrift B (und
bis auf einen Schreibfehler auch P), die ed. Calc. 1830 p. 16,
*) A osännam. *) A apoQänam (cfr. die v. 1. zu Yäjnavalkya I, 31.
106). B äpogänam. *) A apo. *) B otvam. '^) AB osaanam.
Die deci9abdas bei Trivikrama. 239
14, Lenz 13, 11 und die dravidische recension p. 62G, 11 mei-
ner ausgäbe haben richtig osaa°.
vanai | vanarajili | räkärasya i) luk | . /,vanai „baum-
reihe", „wald" kommt von vanaräji, indem rir^a^üsgefalTeri"'
ist". — Hemac. in der Deginamamala (H. D.) hat dumäliya
vanai also ■-- drumälikä (druma + 2. äli -j- kali svär-
the) und im commentar erklärt er es mit vrxapaiiktih. —
talladam j tallam j talpam | ladvitvain 2) palopali svär-
the do vä | talladam | tallam | dvitväbhäve talam \\ . —
„talladam i tallam „lager" von talpa; indem la verdoppelt
wird, pa ausfällt und da ohne Sinnesänderung antritt, entste-
hen talladam und tallam; wenn die Verdopplung (des la)
nicht eintritt, talam". — In H. D. werden talam und talla-
dam mit Qayyä erklärt. Ueber dali svärthe cfr. Hemac.
IV, 429. — Das wort hängt vielleicht mit Skt. tala zusam-
men; von talpa müsste es tapp am lauten.
thovo j thevo^) | thokko | stokah j kasya vatvam ota
etvam ca vä *) | thovo | thevo ^) | sevädipathad dvitve | thok-
ko |1 . — Sieh Hemac. II, 125. —
viruam ] viruddham | samyuktasya luk |1 — „viruam
„feindselig", „widersprechend" etc. von viruddha, indem der
verbundene consonant (ddh) ausfällt." — Zu y3. ru?
Ao I agali I Qaradädipäthad antyahalo Jtvam^) dirghag ^) ca
ao il ,^a>8^.,\väs^" von äpah, indem der endconsonant (p) nach ^
~der regel garao^ s. w. in a überging und Verlängerung ein- '
trat". — Die worte garadädipathad beziehen sich auf die
regel Trivikrama I, 1, 36 == Hemac, I, 18. Nach ansieht der
indischen grammatiker geht nämlich der endconsonant von Wör-
tern wie garad, bhishaj, pravrsh u. s. w. in a über, weil
sie im Präkrit sarao, bhisao, päuso bilden. Die wörter
sind, z. th. mit geschlechtswechsel, in die vocalische declination
übergetreten. Zu diesen wörterntriiL^aueiH^ä 0 , das man am
besten auf das neutruHi^j4iarS''''^^sser" zurückführt, das von
Ujjvaladatta zu Unädisütra II, 58 (äpascabdo J py asti)
bezeugt wird und das nicht mit B-R. nachtrage s. v. zu be-
zweifeln ist. Das wort fällt dann unter die hauptpögel Triv. I,
1, 49 =^ Hemac. I, 32. Auch das Päli^h|^-^^^ als mascul. ;
Childers s. v. Ernst Kuhn: Beiträge zur'^^fpgfammatik p. 67 ^).
') B rephasyn. •*) B tadvitva; om. A, ^) B thevvo. *; B om. vä.
^) A otviun B tva. **) B dirghatvam. ') cfr. Sept. Suttas Pälis p. 123, 20.
240 R. Pischel
Auf den nom. plur, möchte ich äo ebensowenig zurückführen,
wie Päli sarado Präkrit sarao mit Childers auf den nom.
plur. caradas. — Hemac. hat sowohl in der Prakrit-gramraa-
tikll, 174, wie in der Decinaraamälä I, 61 äü (sämmtHcheMSS.).
goso I gosargali | pratyüshah | rgasya i) säco ^) luk || —
,.goso von gosarga „tagesanbruch". rg ist sammt dem vo-
cale (a) elidiert worden". — B-R. s. v. goge und gosa 2) wo-
zu man Vigvakosha sa 5 füge: goso gandharasoshasoh. —
Das wort findet sich (wie schon B-R. nachtrage bemerken)
bei Häla 23. 107 im locativ gose und ibid. A. 42 im locativ
gosammi. Die scholiasten erklären es mit prätar, prabhäte
oder übersetzen es direkt mit gose. —
vosiranam ^) | vyutsarjanam | vyudo vo | ras srjiti *) jasya
rah I rta itvam ca !| „vosiranam von vyutsarjanam „das
verlassen", „fahren lassen". Aus vyud ist vo geworden, für ja
ist nach der regel: „In der wurzel sarj wird der endconso-
nant zu ra" (Triv. II, 4, 59 = Hemac. IV, 229), ra eingetreten
und r ist zu i geworden (nämlich in der wurzel srj)". — Es
ist = Skt. *vyapasaranam. cfr. B-R. s. v. vyapasäranam.
dhi-r-atthu ^) | dhig astu | gasya rah II „dhi-r-atthu
aus dhig astu „schände über! pfui über!" ga ist zu ra ge-
worden'*. Das r findet sich in dieser Verbindung auch im Päli:
Minayeff Grammaire Pähe § 41. Jät. 59, 9. 155, 10. 11. Der
commentar zu letzterer stelle sagt: dhi-r-atthü ti garaha-
natthe nipäto. — Das wort auch bei Hemac. II, 174. Ueber
die natur des r bin ich ebensowenig im klaren wie Ernst Kuhn :
Beiträge zur Pali-gr. p. 63 anm. '■)
pattheväam | patheyam | tho dvitvam vakäragama9 *')
ca 11 „pattheväam von patheyam „wegekost"; tha ist ver-
doppelt worden (= ttha) und die silbe va ist zugetreten". —
velambo'') | vidambanä | ita et | do Iah | näkärasya ca
luk il „velambo von vidambanä „Verspottung", i ist zu e, da
zu la geworden und nä ist abgefallen". — Auch in H. D. — Es
setzt ein Skt. vaidamba voraus und ist richtiger velambo
zu schreiben.
bhäyam **) | bhälam | lasya yah || „bhäyam von bhälam
„stirn". la ist zu ya geworden". —
•) B gasya. ''') om. B. ") B vosiranam. *) B ra srjatiti. ") B dhi-
rattlm. *) [cfr. jetzt Bezzenborger , Beitr. IV, 340, aiini. 2.] *) A va°.
'; B orn. von velamlto bis karillam. ") A bhäain.
Die de9i9abdäs bei Trivikrama. 241
bulumbulo i) | budbudah | dakärayor Iah \ samyuktayor
madhye bindur ^) uc ca | bulumbulo j] — „bulumbulo vor
bülWriida „bi^se". Die beiden da sind zu" la geworden und
-'zwischeVdie vermiaidenen consonanten (db) sind anusvära und
u getreten". — Auch in H. D.
karillam | kariram j rasya llah || — „karillam von kari-
ram „rohrschössling"; ra ist zu IIa geworden". — Auch in
H. D. und dort mit vamgäükurah erklärt. Man beachte,
wie Triv. bemüht ist die Sanskritoriginale aufzufinden, die er
sich dann auf seine weise zergliedert, cfr. unter vanai, talla-
dam, dhaniä, gonikko u. s. w. Dadurch gewinnt gerade
dieses capitel ein besonderes Interesse.
^4 ^j I y^^ I yo luk li „üu von yükü „laus", ya ist ab-
gefalleri*V-- Päli üka ÜM ük'O. Ueber d€n abfall des ya
E. Müller, Jainapräkrit p. 36. Auch in H. D. cfr. Maräthi ü
(plural uva) und ü'fia^ Bangali u'fe'un, während Sindhi jumä,
jüm Urdüjün Gujaräii ju, juu, zigeunerisch jtt^a, j^
{Liebich t^ciwJ!^^. 166 verglichen mit p. 218 d. h. cuV; an-
deres bei Potr^ Zigeuner II, 214 f.) das ya regelrecht in ja
gewandelt habenN^
doggam I yugmam ] yor do \\ „doggam von yugmam
„paar". Für yu ist do eingetreten". Auch in H. D. cfr. Cur-
tius Grundzüge* 618 ff. und unten dosinä. Das o in dog-
gam regelrecht für u nach Triv. I, 2, 65 — Vararuci I, 20.
Hemac. 1, 116.
dhaniä | dhanyä | priyatamä | yakärat*) pürvam itvam 5) ||
„dhaniä von dhanyä in der bedeutung „geliebte", „gattin".
Vor ya ist i eingetreten". — Das ya muss dann nach Triv. I,
3, 8 = Hemac. I, 177 ausfallen. In H. D. wird das wort mit
priyä erklärt. Triv.'s etymologie ist natürlich falsch. In H.
D. wird auch ein wort dhani ^ bhäryä „gattin" erwähnt,
das die richtige herleitung des wertes an die band gibt, dhani
ist femin. zu *dha-na von yS.dhä (dha), dhaniä also =
dhanikä femin. zu *dhanaka „säugend". In der that füh-
ren die indischen lexicographen auch im Sanskrit ein wort
dhanika^jn der bedeutung „gutes weih" „junges weih", „weih"
überhaupt auf. B-R. s. v. dhanika 3) und s. v. dhanikä,
wozu ich noch das zeugniss des Mahegvara Vi^vakosha v. 56
r
*) A bulubulo. *) A bir.duh. ») A yuüä. *) A dhät. »j B itvam.
liuitrügc i:. Kuudo d. ig. Sprachen. III. 26
242 R. Pischel
fügen kann: dhanika striyam. Das wort gehört also zu
Curtius Grundzüge ^ p. 252 no. 307, Fick vgl. Wörterbuch P,
114 f. Zu derselben sippe gehört ferner dhanyä „amrae"
B-R. s. V. dhanya 3.) a) und Vi^vakosha v. 1372 dhanyä
dhätryamalakyog ca ),dhanyä bedeutet „am me" und „iny-
robalanenbaum". Das einzige bedenken, das sich gegen diese
herleitung von dhanika erheben könnte, ist, dass die indischen
lexicographen auch ein raasculinum dhanika „ehemann" an-
führen, B-R. s.v. und Vigvakosha v. 56: dhanikah sadhu-
dhanyäkadhaveshu „dhanika bedeutet „gut", „korian-
der", „ehemann". Ist das wort nicht erst aus dhanika er-
schlossen, was ich glaube, so dürfte es von dhanika ganz zu
trennen und zu dhanika von dhana zu stellen sein. cfr.
M. dhani S. G. dhani a proprietor or owner, lord, master etc.,
das ein besonderes femin. bildet, nämlich M. dhanin G.
dhaniyäni S. dhanyäni cfr. Trumpp, Sindhi grammar
p. 101 f. Beames II, 164 ff" —
nivvahanam ^) \ udvahanam \ vivähah | ukärasya nih || —
„nivvahanam von udvahanam „das heimführen", „hei-
rathen". u ist zu ni geworden". — Das wort ist natürlich =
Skt. nirvahanam, das aber im Skt. die hier gelehrte bedeu-
tung nicht hat.
muvvahai | udvahati | ukärasya rauh || „muvvaha'i von
udvahati (-/vah mit ud) „heimführen", „heirathen". u ist
mu geworden". — Auch bei Hemac. II, 174. Es wäre wün-
schenswerth, dieses wort in einem texte belegt zu finden.
dhik dhik | chi cchi | dhasya chah |j „dhik dhik wird zu
chi cchi. Für dha ist cha eingetreten". Auch bei Hemac.
II, 174. chi, chi, chih, che che etc. als interjectionen zum
ausdruck des tadeis, der Verachtung, des ekels etc. auch in
M. G. B. S. U.
vädi 1 vrtih | rta at 2) | tasya^) datvam *) || „vädi von
vrti „hecke", „zäun"; r ist za ä, ta zu da geworden". —
Auch in H. D. Das Sanskrit väti, von dem vädi kommt,
hat nicht genau dieselbe bedeutung, sondern bedeutet „eingeheg-
ter platz", „garten". Von den neuindischen sprachen entspricht
genau S. vädi a hedge, fence. cfr. G. väd (fem.) a hedge,
fence; U. bar (i. e. = väd). Daneben ist aber vädi vädiä
auch genau = Skt. väti. Häla v.8.9. (Weber, ZDMG.'28, 351).
'j A niva°. •^) A a. "j B takära. *) B thatvam.
Die de9i9abdäs bei Trivikrama. 243
gahillo 1) I grahilah ^j | lo ^) dvitvam 1| — „gahillo von
grahila „annehmend", la ist verdoppelt worden". — Auch
in H. D. erwähnt, aber als gahilo.
gonikko | gonikali | gaväm anikas samühah gonikali | ko
dvitvam II — „gon ikko von gonika. gonika bedeutet „reihe,
menge von rindern", „rinderheerde". ka ist verdoppelt wor-
den". — In H. D. wird das wort mit go samühah erklärt.
Das Skt. wort gonika hat Trivikrama wohl seiner etymologie
(aus go -f- anika) zu liebe erfunden. Ich bin geneigt go-
nikko auf ein ursprüngliches *gaurnikya zurückzuführen,
das von *gornika gebildet wäre, wie näsikya von nasikä
oder direkt von *gorna durch ein adjectiv *gaurnika (wie
gaunika von guna) mittelst dieses suffixes ya (wie grä-
mikya von gramika). Das geschlecht macht in keinem falle
irgend welche Schwierigkeiten, cfr. unter gono. —
airajuvai*) | anarahü'') | navavadhüh 0) ( a'iraju-
vai ^) I acirayuvatih | apürvety arthali | anarahü | navavadh-
üli ^) I nakäravakärayor atvanatve vasya ca rah \\ — „airaju-
vai und afran^Ujü bedeuten „jun^;e">-fi;2;U", „neuvermählte"._
airajuval ist = acirayuvatih „erst seit kutzem junge frau"
d.h. „ganz neu (vermählt)"^ anarahü kommt von navavadhü,
indem na und va in a und na übergegangen sind und va zu
ra geworden ist". — H. D. hat airajuvai und anuvahua. —
airajuvai dürfte in der that so zu erklären sein wie Triv.
es deutet, wenn man nicht etwa die deutung „vor kurzem noch
Jungfrau" vorzieht. Das wort gehört zu der klasse der degi-
Qabdäs, die wie amayaniggamo „mond" (p. 235), imdamaha-
kämuo „hund" (eigentlich: „liebhaber der opferfeste des In-
dra"; auch im Skt. cfr. B-R. s. v. indramahakämuka), ab-
bhapisäo „Rahu" = abhrapi9äca „wolkendämon", acchi-
vadanam „schliessen der äugen" = axipatana u. s. w. von
den Präkritdichtern — oft höchst poetisch und sinnreich — er-
funden w^orden sind und die eigentlich kein recht haben unter
den deQigabdäs zu stehen. — ay^afTäliu is^,4****^'l'-''*^er erste
theil ana dürfte die von Hemäc. II, Wtf^ Triv. Ü, 1, 61 ei--
wälmte alte form des a privativum sein. Die grammatiker leh-
ren, dass ana im sinne von nan stehe. Ich habe in dem von
^j B gahillo. *) A grhilah B grahilah. ^) B tlvilo, *j A airajulai;
oni. B. **) om. B. °} om. A. '') om. A.
16*
244
R. Pißchel
N
Hemac. beigebrachten beispiele anacimtiam amunamti, ana
getrennt geschrieben, verführt durch Trivikrama, der das bei-
spiel ana cimtiam munamti liest und es mit na cintitam f
jänanti übersetzt. Siegfried GoldS»limidt hat aber kürzlich ^^^
\ nachgewiesen, dass im Prakrit äÄ^ die stelle de>^va l>*iva-
Itivum Te¥ti:itt (2DMU^„ 32>Q^ff^/^i(^ seinen beispielen ist
[nur anacchunnä nicht sicTTe^^cfa anucchunna, an dem er
anstoss nimmt, sehr gut für anocchunna stehen kann. Dieses
Ana = ana ist nun auch den neuindischen, sprachen geläufig,
flrumpp, Sindhi grammar p. 80. bemerkt: ,v£he_'»«ga:yj^J£ä.Kr-^--
ticle ^,V is only used^'^vith adjective'^a.iia chiel^'wrfla parti-
cipies and Gerundives, rarely witli adjectives" (cfr. anaciiii-
tiain = acintitam) und er gibt p. 81 als beispiele: "ä«*^
thiä!«k^ „impossible" (tBii«s&o gerundium zu t^mu^jii), ana-
puccho „unasked", anavesäho „unbelieving" , anavesahi
„unbelief". Aber in §^ wird es häuSg aucK zur bildung negie-
render adjectiva von Substantiven gebraucht; so wird von
khambhu „feder" ein adjecti'^anakhambho „oh^ federn"
geHIH^et; von ganati „das zahlen", ein adj. iknaSsuiati
,,un^ä>hlj)ar, unzäMig" , von dä,dhi „hart" ein adj. anadadhy^o
„ohne hart", „unoäTtig" von ./vMg^^pJatdii, .ein adj. affa:v4t^_
„pTätJlQ§^* u. s. w. Ebenso ist ana im Gujaratl ganz gebräuch-
lich. Von gafiHiimi „pasgend", „gefallend" wird äf^^^) -jfl^iija-
ttNji „unbeliebt", voi^rax} „ehemann" wird alrr^var"'';;^»«^
ge^le" gebildet u. s.w. (cfr. Clarkson: A grammar of the
Gujaräti Language Bombay 1847 p. 129.) an(a)var dürfte
eine analogie zu anarahü sein, nur müsste in rahü das ge-
gentheil von var stecken (yrah?). ana ist auch dem M. nicht
fremd. Es liegt vor inan(a) -van i, an(a)° „barfuss"; an(a)-
niTinu „veraclitung", ana-mrni.-iTicni ,, verachten", ana-f;ruta
„nicht gehört", uiicrli()rt" , a,n(;i)-liit ,,iiac;hthril", ,7scliaden*i
U.S.W, ebenso im l'rdu aii(aj-jaii „umvissend", aii(a)-de1ijiä
„unsichtbar", an(a)-süna „uugehört", an(a)-sikh „unge-
lehrt" u. 8. w. (Dowson, A grammar of the Urdu Language
London 1872 p. 106; Shakespear s. s. v. v.); ferner im Paii-
^äjbh an(a)-jän „unwissend", an(a)-paria (i. e. an(a)-
padiä) „ungelesen" (A Grammar of the Panjäbi Language
Lodiäna 1851 p. 14). Wir findeK ana- (d^s in deii'^smeisten
neuindischen spi;£ichen,4i|^^n- gesprochen wim) also iinSPra-
krit, im Marathi, Qki|iarMiS4J^^^'""^Q^t^^ TiepaS^E
..-■^
Die de9i9abdäs bei Trivikrama. 245
vor in den in der De^inämamälä erwähnten degiworten: ana-
cchiäram erklärt mit acchinnam, ana-rämao erklärt
mit aratih (yram), ana-rikko erklärt mit xanarahitah |
niravasarah | ana-happanayam erklärt mit anashtam
und endlich glaube ich so auch den schwierigen buddhistischen
t. t. Päli anamatai^^o sauisäro richtig erklären zu können.
Childers s. v. zerlegte das wort in a -f- amrta -j- agra und
übersetzte es mit: a revolution of being (samsäro), which *
does not end in Nirväna. Mir scheint es richtiger ana-
mataggo zu theilen = ana -f- mrta -j- agra „eine existenz
in der der tod nicht das^iicfe ist" „die mit dem tode nicht
aufhört". Danach kann es keinem zweifei unterliegen, dass
Benfey recht hat, wenn er unser ana in den vedischen worten
ananukrtya, anänuda, ananudishta, ananubhüti sucht,
in denen sonst eine „dehnung des anlautes", gänzlich unmoti-
viert ist. ana ist srnmi» 'üCCfSb aufindisehein boden in weitestem
umfange nachgewiesen und es ist nicht im entferntesten daran
zu denken , dass das zweite a nur als svar^tbhakti oder als
parasitischer vocal aufzufassen sei. Indispfe^ana-, altbaktpisebC^
ana-, griech. a^fitf«€fi^d. una- beweigßif sicher, dass.."^f ana-
als inTogejcHf^ische grundform aflzusetzen habefiT cfr. Gustav
J^eyertÄur geschichte der ind^ermanischen stammbildung und
declination p. 11 f. Bezzenberger, Beiträge z. k. d. i. spr. I,
p. 337 gegen Johannes Schmidt, KZ. 23, 271 ff. fi^Al
amayä i) | asuräh | sukärarephayor mayau |i amayä von »A.'^e»»-*^
'**'gelre!9n". — Hemac. II, 174 und Degin. I, 6 hat agayo,
agayä = dänavah, asurah. amaya ist lautlich =
amrtäh.
panavannä 2) | pamcävannä ^) \ pancapai^cägat [
stör *) äder nah | cä^ator na °) | panavannä || dvitiyasyäta ^)
ä cä9ator ^) nä, s) | pamcävannä || — panavannä | pani-
cävannä von paücapaiicägat „55". Für die erste conso-
nantengruppe (iic) ist na eingetreten, für cä und §at (in pan-
cägat) nä; so entsteht panavannä. Indem für das zweite
a, ä und für cä und Qat, nä eintritt, entsteht paincä-
vannä". — cfr. Hemac. II, 174. Beames II, 137. 141.
^) A amaä B ämaä. ä) B panna°. ^) B pannä°. *) B ist hier ganz
verderbt ; der text ist nach A. ^) A nnä. ®) A dvitiyasya khuta ') A
cägato. *) A nnä.
246 R. Pischel
gamahanam | grämasthänara | sthäkarasya ^) hah || „gk-
mahanara von grämasthanam. sthä ist zu ha geworden".
Auch in H. D. So absurd die erklärungTrivikrama's auch auf den
ersten blick erscheint, so kommt sie doch der Wahrheit sehr nahe.
ämahanain bedeutet zunächst: „platz auf dem ein dorf liegt",
ann'T^äorr" uBerhaupt. Danach wird gamahanam für älteres
*gamathanam von wurzel stha- stehen. Die kürze des wur-
zelvocals erklärt sich leicht aus dem accent. cfr. Prakrit utthai.
Für diese herleitung spricht Marathi gämv-thal „the site of a
village" aus gram a + sthala, wie gamahanam aus grama
-}-*sthana= sthana. Ueber das dentale th cfr. Hemac. IV, 16.
tevannä ^) | tripaücäcat | ita et ^) \ cägator ^) nä ^) \\ „te-
vannä von tripaücäcat „33". i ist zu e und cä und gat
sind zu na geworden", cfr. Hemac. II, 174. Beames II, 139.
ghusimam ^) \ ghusrnam 6) | no mah '') \\ „ghusimam
von ghusrnam „safran". na ist zu ma geworden". Hemac.
I, 128 und H. D. liest ghusinam, bezeichnet es danach nicht
als de^igabda, sondern bemerkt : atra ghusinam kunkumam
iti ghusrnagabdasambhavam. —
chattä ä) I chatä'') | takarasya lO) ttah ii) || „chattä von
chata „lichtglanz". ta ist zu tta geworden". — H. D. hat
chada | vidyut j, wo chatä regelrecht ta zu da gewandelt hat.
cfr. damit B-R. s. v. chatabhä und nachtrage s. v. chatä.
Unklar ist die bedeutung von chada Malatimadhava 51, 2.
baillo i2j I balivardah | rdo i^) Hah i*) | livayor ^^) it-
vam 16) II „baillo von balivardah. rda ist zu IIa geworden
und für li und va ist i eingetreten". — Auch Hemac. II, 174
und in H. D. Weber Häla v. 242. 279 schreibt vaillo und
führt es p. 29 auf *vahillo von wurzel vah zurück, indem
er ausfall des ha annimmt. Ich habe schon Jenaer Literatur-
zeitung 1875 p. 795 bemerkt, dass diese herleitung gänzlich
unhaltbar ist. ha fällt im Prakrit nie aus; ua und uaha,
die Weber als analoge fälle anführt, sind ganz anders zu er-
klären, wie meine anmerkung zu Hemac. II, 211 zeigen wird;
cfr. später in der fortsetzung dieser abhandlung unter oppam;
huavaa Hala v. 215 ist falsche lesart für huavaha (ZDMG.
1) B stha°. 2) B tewannam. ») A e B etat. *) A cägato. «) A
nnä. ^) B su °. ') B addit : rkärasya utvam (sie). *) A chathtlio B
chattä. ») B chatto. '") A tä°. ") B tah. * ") A va° B° llo. ") B
vrdär. ") AB Iah. ^^) A luvayoh B liyo. ") A. i.
Die de^i^abdäs bei Trivikrama. 247
28,401), uhaaattha° v. 280 wahrscheinlich auch, obwohl Weber
ZDMG. 28, 417 keine v. 1. anführt, gehört auch gar nicht hier-
her, da h a hier am anfange des Wortes abgefallen sein würde ;
ebenso ist airahaa° Hala v. 201 falsche lesart für arairai°
(ZDMG. 28, 398), Hala A. 10 ist laüha° falsche lesart für
ladaha°, die sich für dieses degiwort (cfr. auch B-R. s. v.)
auch Mälatim. 94, 8. 95, 7 findet, während Hala v. 7. Bälar.
57, 18 die richtige form steht. Ebenso sind iejja Hala v. 235
(ZDMG. 28, 406) und diaehi Hala A. 16 falsche lesarten und
addao (Spiegel; auch in H. D.) hat mit ädarga nichts zu
thun, sondern gehört zu davai „zeigen" Hemac. IV, 32 und
meine anmerkung dazu, ist also = *adavo. S.'s lesart addahe
(ZDMG. 28, 400) ist falsch. Der ausfall des ha in ^vahillo
stände also ganz vereinzelt. Ausserdem wird das wort mit ba
im anlaut geschrieben. In H. D. steht es unter ba und ba°
schreibt auch die Teluguhandschrift T des Hala in vers 242.
So steht auch richtig: Mrcch. 69, 8. 96, 12. 19. 99, 8. 101,
"2.2. ViddhaQ. 149, 4» Karp. 25, 19^ und Mrcch. 164, 15 ist
va° nur druckfehler. Endlich lautet das wort in M
G. b-^1. Ibaillo hat offenbar gleiche Wurzel mit bala „kraft",
,£t^^^', und be^li^tet wie Targog — st hü ras den ;,starken",
"■j^ai^^n". Es setz!" ein '^ailya = balya in der Bedeutung
„stark"^voraus. Wie gono im Päli, so wird baiilo im
krit auH*»«jQ|T „dumföSi^" gebraucht, wie dies in den neuind.
sprachen auch geschieht. ^ In der einleitung zu H. D, wird
es ausdrücklich . erwähnt und belegt wird es durch Hemac.
IV, 412. —
pauranam ^) | pamguranam | pravaranam ] dvitiyasyäta
uh ^) I pauranam |1 vasya nguh | pamguranam ^) || „paura-
nam I pamguranam ) von pravaranam „Überwurf, mantel".
Indem für das zweite a ein u eintritt, entsteht pauranam';
indem va in ngu übergeht, pamguranara". — Hemac. I,
175 hat die wörter in einem besonderen sütram zusammenge-
stellt, auf das er in H. D. verweist. — Für pauranam hat
das Pali die form papuranam neben parupanam, wie auch
die verba päpurati und parupati neben einander hergehen.
Man kann schwerlich läugnen, dass die formen wirklich von
yvar mit pra und ä stammen; Childers s. v. parupati (cfr.
*) B hat päguranam | pauranam \ . ^} B °yasyätumah. ') B paggura-
nam und addit: päguranam | vasya guräde^ah | .
248 R. Pischel
auch KP. p. 45) hat für den Übergang von v in p genügende
und sichere beispiele beigebracht und für die metathesis ver-
gleicht er treffend Singhalesisch bijurupu „citrone" = Skt.
bijapüra. Für Prakrit päuranam haben wir als grundform
nur *prävuranam anzusetzen. In H. D. wird auch paurani
„panzer" erwähnt, das ebenfalls hierher gehört. — Zu pani-
guranaip. ist M. paragh(a)rün „shawl, cloak" etc. gehörig,
welches von dem verbum pamghar-nem to throw on; to cast
loosely around the body (a shawl, cloak etc.) stammt. Als
Wurzel ergibt sich somit deutlich ghar und dies ist das von
Vopadeva erwähnte ghr chädane „bedecken" „einhüllen"
Dhätupatha 32, 107, von dem auch das degiwort gharo „wall"
stammt; cfr. Skt.?* vajptfna, ^,wall" , „dämm" von yi^jrffr. Die
Wurzel hat sich g^l^et aus grab (garh, grh) ; cfr. B-R. s. v.
grabh 14) und Pali, Prakrit, neuindisch/ ghar a „hads" aus
grha, oder vielleicht richtiger neben grHa^. bereits aus g Kar
gebildet, grha, ghara bedeutet das haus als das ^ SHyqh
aüfrrekmejide" „eirT^crhliessende" „umhütrendö**€tc. Grassmanri'sT
annaFme Wörterbuch s.v. grabh, dass yhar == ursprüngli-
chem ghar sei, ist irrthümlich. Es ist == bhar und man
darf es nibht hierher ziehen.' Auch decken sich grabh und
har in der bedeutung durchaus nicht. Der anusvara macht
keine Schwierigkeiten; er ist rein accessorisch wie in einer
grossen anzahl von fällen im Pali, Prakrit und namentlich in
den neuindischen sprachen, besonders vor gutturalen und wenn
die Sktconsonantengruppe ursprünglich ein r enthielt, wie Pra-
krit darnsanam = Skt. dargana; vamko = vakra. In
den neuindischen sprachen wird dann der vorhergehende vocal
meistens verlängert, so wird Pali vanko Prakrit vainko in
M. zu värak G. vamkum B. bä'^ka (cfr. meine anmerkung
zu Hemac. I, 26) u. s. w. i), so dass pamghar-nem auch
für pra-ghar stehen kann, gar nicht auf pra-ä-ghar zu-
rückgeführt zu werden braucht, cfr. Beames I, 318 ff. Kuhn
Paligr. p. 33 f. Paliwörter wie die von Kuhn angeführten van-
giso = Skt. vagi9a, naiigarain = nagaram, uranga =
uraga entsprechen genau. — Aus -j/ghar entwickelte sich mit
^) Für linguistcn, die den neueren indischen sprachen ferner ste-
hen, sei bemerkt, dass canka bei Lassen, Instit. Präer. p. 278, was
Joh. Schmidt, Vocalismus II, 228 citiert, falsche lesart für vatTka ist.
cakra wird nur zu cakko.
Die de9i9abdä8 bei Trivikrama. 249
färbung des a zu u (Job. Schmidt 1. c. II, 221 ff.) die -y/ghur
und in M. ist päm-ghur-nem in denselben bedeutungen wie
päm-ghar-nem ganz gebräuchlich. So kommen wir endlich
zu unserem de^i^abda pamguranam, das pam-gur-anam
zu theilen ist und die aspiration der wurzel verloren hat. cfr»
gar „besprengen", neben ghar; Altbaktrisch gar „ergreifen"
neben ghar, Päli digaccha neben j i g h a c c iTaT^" KkiTTglTa t-
sa, wenn es nicht vielmehr — *jigratsä von -y/gras ist;
jedenfalls hängen y2.gar, gras und ghas zusammen, cfr.
Curtius Grundzüge* p. 471. Fick P, 71.
lakudo I lagudah ] gasya ^) kah 1| „lakudo für laguda
„keule", „knüttel". Für ga ist ka eingetreten". — lakudo,
wofür H. D. lakkudo hat, stammt von Skt. lal^ijLta B-R. s.v.
cfr. M. lat^.ldShs(masc.) und laTcfe^Ä a large stick Gr->1&-
1fe*(^)^.(f) a 'stii^k, staff. la:^a)J^Tir--w.Qpd; U. lakri "(i.~e.
lakdi) wob^, a sfeff, stf«l^ und noch genauer stimmend M.
l^i:ud und lajp-küd woodj.a^.öeniffröir'stick; U. lakut a istjck,
a smaTh«ta|f; S. r^i^*i4j<^ w9i&4ign. — Das Skt. hat beidB
tonlose in tönende verwandelt; so auch Pali hb-^m,J^a club, a
mallet. Das Skr. lagudo ist ganz wie eine form des Jaina-
präkrit gebildet. Aus den neuindischen sprachen ergibt sich
mit Sicherheit, dass wir als grundform *lakata mit der grund-
bedeutung „stock", ,;keule", nicht, wie man von vornherein
geneigt sein möchte zu glauben, „holz" anzusetzen haben.
Umgekehrt ist es z. b. mit käshtha, das zuerst „holz" bedeu-
tet und diese bedeutuug auch in den neuindischen sprachen
vorwiegend behalten hat; daneben hat sich aber in S. käthu
M. G. B. käthi U. käth zigeunerisch gasht, kasht auch die
bedeutung „stock", ,,stan^e'^'^t\vicKe!'C" ^ *la-
kata ergibt sich lak von der auch S. J^c.-„u:^u a Walking i
stjak;" staff kommt, das = Skt. *lak-'ana ist. Diese wurzel I
hat sich, soviel ich weiss, in den neuindischen sprachen selb-
ständig nicht erhalten. Bei oberflächhcher^trachtung könntg
es erscheinen, als ob sie in S. lagiirrfu to strike, Kashlniri
14g.tt-n' (Leech p. 564) layun fEdgeworth p. 1059)_to^Jaefttr""^
^lasha 1-Äik (imp. läy^Uiif-to beat, strike. Leitner 1, 16. 17),
M.Jlßk^^emG. IL^-'^i'^ani, die unter anderm auch to strikt, hit
etc. bedeuten, vorläge. Das wäre aber ein grober irrthum. Diese
*) B gakärasya.
250 R. Pischel
verba gehen alle auf Skt. lag- na zurück und sind denominativa,
wie namentlich das Sindhi g und das lange a in^. G. beweisen. '■-
Dagegen wird>-,5aan schwerlich umhin können; A'?^'^5(^.,jJ^^^f*4Qi^i,
Ko^^*fyi^ „ausscMftgßn" und auchAa^ hierherzuziehen, so ;
aus die zusammensteirül^v^it calxjind annähme des abfalls 1
eines k im griechischen und metathesis (Curtius Grundzüge *|
p. 364) noch bedenklicher wird, als sie es schon war. i
asaragho | ästhä | thäkärasya amghali |1 „asamgho von
ästhä „hoffnung". Für thä ist amgha eingetreten". Ueber
dieses wort und das verbum asainghai habe ich schon de gr.
Präer. p. 5 ff. gehandelt; andere beispiele habe ich in der an-
merkung zu Hemac. IV, 35 aufgeführt. Die richtige erklärung
hat Bollensen gegeben, der äsaingho auf wurzel cams zurück-
führt, cfr. Präkrit sam,g4räi und säh-tii „sagen" bei Hemac.
IV, 2 Altbaktr. (^anh und Joh. Schmidt, Vocalismus I, 35.
Garrez hat bereits richtig -M;' sä mg- nem verglichen. W^eber,
ZDMG. 28, 3G9 *).
cheno ^) | stenali | stoh chah || „cheno von stena „dieb",
sta ist zu cha geworden", — cheno steht für *chedna von
der Wurzel chid und ist = „einbrecher". Man vergleiche
Manu IX, 276: samdhini chittvä tu ye cauryam rätrau
kurvanti taskaräli und Mrcch. 47, 9 wo unter den vier
niitteln, die ein dieb anwenden soll um ein loch in der mauer
zu bewirken, auch chedanam }„das durchbrechen" genannt
wird, das zur anwendung kommt, wenn die mauer aus unge-
brannten ziegeln besteht.
dosinä | jyotsnä | jyor do nät 2) pürvam itvam || „dosinä
von jyotsnä „mondschein". ja und ya sind zu da geworden
und vor na ist i getreten". Vgl. oben doggam und Weber,
Ind. Stud. XIV, 255 f. Palj d^^s^na^^U „elTtaJielle "Tiacht"
bei Minayeff, Grammaire Pälie §.^7 p. 54. Sept Suttas Pälfs
p.ll3. In H. D. lautet das wort dosini und es wird dort auch
dosäniam = nirmalikrtam „hell, klar gemacht" erwähnt.
*) Joh. Schmidt führt 1. c. nach Deliiis aus dem Präkrit äeäsedu
• = ägamsayatu an. Delius hat die stelle nicht angegeben, der er
diese form entnommen hat. Sie steht Micch. 3, 13, wo Stenzler rich-
tig äsäsentu liest. Stenzler übersetzt es mit äyäsatäm, D. und die
ed. Calc. und der commentator (Regnaud I, 12) ägamsantäm. Es
kommt aber von Ygvas mit ä und te ist als accusativ zu fassen, (cfr.
Göttinger gel anz. 1877, p. 1066).
*) B chano. *) A snät.
Die de9i9abdä8 bei Trivikrama. 251
hijja 1) 1 hyas 2) | ya 3) ijj^ 4) y „hijjä von hyas „ge-
stern". Für ya ist ijjä eingetreten". Pali liiyyo und
hiyo. — Die endung in hijja ist ablativisch = Skt. *hyät;
daher wohl auch in hyas. (Benfey Vollst, gr. §. 782. p. 843).
kakkhaclo | karkagah | ka^oh '^) khadau ^)\\ „kakkhado
von karka^ah „rauh", „hart". Für ka und 9a sind kha
und da eingetreten". H. D. hat kakkhaclo | pinah j und H.
bemerkt dazu: karkagaväci tu samskrtabhava eva
„wenn es aber „rauh", „hart" bedeutet, ist es ein tadbhava".
In der that führen die indischen lexicographen kakkhata als \
Sanskritwort an, B-R. s. v. und nachtrage. Im Dhätupradipa |
wird nach Ujjvaladatta zu Unädisütra IV, 81 das wort auf 1 p
die wurzeUkakkhVjlachen" zurückgeführt; damit verglichen
Tst TrivikraTOa ein v<)rsichtiger etymolog. cfr. Urdu khurkhura
„rauh" und Fick P, 46. kakkhata ist ein ins Skt. zurück-
übersetztes vulgäres wort. cfr. M. khatkhatit dry and hard,
stiff from dryness; Pali kakkhalo Childers s. v. Ras. 20, 15.
Jat. 187, 9. 13. Müller, Jainaprakrit p. 28.
tealisa | tricatvärim^at [ ita e | catvayoh a ] ro Iah |
viin^atyädipäthad bindoc '^) gluk ^) || „teälisä von tricatvä-
rimgat „43". i ist zu e, ca und tva sind zu a, ra zu la ge-
worden. Nach der regel über vim^ati u. s. w. (Triv. I, 1,
48 = Hemac. I, 28) ist der anusvära ausgefallen und der vor-
hergehende vocal verlängert worden". Hemacandra braucht
zur erklärung von formen wie visä „zwanzig" etc. zwei regeln
(I, 28 und I, 92). Nach Trivikrama's terminologie ist durch
seine regel 11 viin^atishu tya glopal |1 nicht bloss der noth-
wendige abfall der endung ti, sondern auch die nothwendige
Verlängerung des vocales i angedeutet. Zur form: Beames
II, 139.
kattam j kalatram | lasya ^) saco ^^) luk |1 „kattam von
kalatram „ehefrau". la ist sammt seinem vocale elidiert
worden".
kalabü 11) | aläbüh 1^) | akarasya kah | akärasya hras-
vah II kalabü von alabü „flaschengurke". a ist in ka über-
gegangen und a ist gekürzt worden". H. D. hat ausser kalabü
^) A hijä. 2) A hye B bhyah. ^) B yakärasya. *) A ijä. •''•) A kago.
«) A khado. ') A bindo B bimdo. «j B luk. ») B lasya. ") B säcor.
") B kalabü. ^'^) B alobü. ") Das folgende ist B's lesart. A ist ganz
verstümmelt und hat nur: dvitiyätä ko te (sie).
252 R. Pischel
noch k u u a , erklärt aber beide etwas abweichend im texte mit
turabikaranka, im commentar mit tumbipätram „ein aus
einer fiaschengurke gemachtes gefäss". Diese bedeutung kann
übrigens auch in Triv.'s alabü liegen, cfr. B-R. s. v. alabu 2). —
naliam ^) \ nihelanam 2) | nilayali | idator vyatyayah |
naliam ^) | yo nah | lat pürvara ^) he | nihelanam ^) 1| — „na-
liam und nihelanam von nilayali „versteck", „wohnstätte".
i und a sind umgetreten, so entstand naliam. ya ist in na
übergegangen und vor la ist he eingetreten, so entstand ni-
helanam". — Beide worte auch in H. D. und mit grham
erklärt; nihelanam auch bei Hemac. II, 174. Jainaprakrit
nibhelanam Müllerp. 34. Die wurzel ist bhil = *bhid =
bhid. cfr. bil und bila.
nikkado 6) | nigcalah | gcaloh kadau || „nikkado von
nigcalah „unbeweglich". Qca und la sind zu ka und da
geworden". In H. D. wird nikkadam mit kathinam „steif"
erklärt. Es geht auf eine Sktform "nishkata zurück, durch
die die wurzel kat „gehen" Dhatupatha 9, 33 belegt wird.
Zu dieser wurzel wird auch kata ^,zeit" gehören. •: Ihre grund-
form wird *kart gewesen sein und^ 2. kart bei B-R. und Fick
P, 47 nicht weit davon abliegen. —
niräso ■') | nr^amsah | ^amkarasya ra || „niräso von
nr^amsah, „niederträchtig". Die silbe 9 am ist zu rä gewor-
den". —
nipphamso^) | nistrimgah | strikarasya phali |] „nip-
phamso von nistrimga „grausam". Die silbe stri ist zu
pha geworden". In H. D. findet sich das wort, soweit ich
sehe, nicht. Dagegen erwähnt Hem. in derselben bedeutung ni-
pphariso, erläutert durch adaya, nirdaya. nipphamso
und nipphariso gehen beide auf ein Sktwort *nihsparQa zu-
rück, cfr. Hemac. IV, 182. Benfey, Gott, nachr. 187G p. 631.
vihumduo ^) [ vidhumtudah | to dah II „vihumduo von
vidhumtudah „Rahu"; ta ist zu da geworden". Auch in
H. D. und mit Rähu erklärt, cfr. B-R. s. v. vidhumtuda.
Triv.'s etymologie ist hier gewiss richtig.
») A na° B iii°. ^) B ni° A nihelanam. »j a na° B nali°. *) A pür-
vah. ^) A nihelanam. ^) A nikado; B liest: nikkaso | ni^cayah | Qcayoh
kasau | nikkaso | nigcalah | valoh kasau j) . ') A nir°. *) A nishshaso B
niphphasso. ®) A vihudduo B vihussio [s und d sind im Grantfaa über-
aus ähnlich und werden in B beständig verwechselt].
Die de9i9abdäs bei Trivikraraa. 253
pahio 1) I mathitah | mah pah || „pahio von mathitah |^
„umgerührt" „geschüttelt", ma ist zu pa geworden". — Auch |
in TT T^ - — ■«<K-.<-v^^*>ttifrtiNi>i!i>i^,ifir|-r«K
kheJi^am 2) | khelam ^) \ lo ddah *) || „kheddam von
khela (spief)>sJF'ür la ist dda eingetreten". Auch bei Hemac.
II, 174 und mit kah svärthe im Apabhrain^a: kheddayam
IV, 422, 10 wo gelehrt wird: 1| kridäyah kheddahl] Ein
verbum kheddai erscheint Hemac. IV, 168 unter den synony-
men von" r am und offenbar verwandt ist das ebendaselbst er-
wähnte s a ip - k h u d d a i". . Das Pali hat ktii d d ä (spiel, scherz) .
Childers s. v. Sindhi kh^^ (f.) (spiel), khecianu (spielen),
wo d auf altes dd hinweist. Trumpp, Sindhi Grammar p. 17.
Dass alle diese wörter mit ykrid verwandt sind, liegt auf der
hand und ist für das Pali längst erkannt, richtig erklärt hat
sie aber noch niemand. Allgemein wird angenommen, die aspi-
ration des k ?ei dem Einflüsse des folgenden r zuzuschreiben.
Diese aspirierende kraft des r hinter einem consonanten ist ein
märchen, das sich unbewiesen, aber desto eifriger geglaubt,
in der sprachwissenschaftlichen literatur fortpflanzt. Auf dem
ganzen gebiete der Prakritsprachen wie der neuindischen, so-
weit wir sie bis jetzt überblicken, gibt es nicht ein einziges
beispiel von kh = Skt. kr, vielmehr wird kr im anlaut zu k,
im'inlaut zu kk. Ernst Kuhn, Beiträge zur Pali-grammatik
p. 49 führt ausser khiddä noch ykhums an, von der er
sagt dass sie vielleicht zu Skt. kru9 gehöre. Ich habe diese
Wurzel noch gefunden : Dhammapadam 263, 24 khumsito und
Jätakam 191, 5 khumsenti in der nähe von akkosanti von
ykru^ _mit ä. Sie bedeutet: „anschreien", „schimpfen",
„schmähen" etc. E. Kuhn hat ganz recht; die wurzel gehört
zu ykrug, nur ist sie nicht mit ihr identisch noch aus ihr
selbst entstanden. Das ms der wurzel khums weist uns mit
nothwendigkeit auf Skt. r^, wir erhalten also zunächst
*ykhurg. kh aber führt uns auf altes sk, wie z. b. Päli,
Präkrit khandho = Skt. skandha ist und im inlaut bekannt-
lich altes sk meist zu kkh wird. Wir erhalten also als grund-
form *yskurg, d. h. indogermanisches skark Fick Wörter-
buch P, 242; Spracheinheit p. 114, wobei man beachte, dass
1) B pahilaththitah. 2) B khedam ] khedam | . ») B khalam. *) B
lom dah | vellam | .
254 R. Pischel
das Päli s auf k^ weist, ebenso wie das q in kruc auf indo-
german. kruk^ (= kark^) nicht kruk, wie Fick Sprachein-
heit p. 88, Wörterbuch I \ 42 ansetzt. Hier steht also kh für
altes sk; ebenso ist es aber bei khedda'i und seinen verwand-
ten, dd weist zurück auf Skt. rd — cfr. chaddai — char-
dati, maddio = marditali, kavaddo = kapardah u. a. f\
Hemac. II, 3G; e vor doppelconsonanz ist =^altem i und kh =
sk, (^e grundfoi'm zu khedda'i ist also *skiSd-ati, die wur-
,^^zel_j^s1»Nyrd = vindpgerm.iikaxd,, springend Fick P 232.
skird ist genau — unserem scherzen mhd. scherzen, schirzen
„lustig springen", wie schon Fick gesehen hat. Ebenso ist also
kheddam = *skird-am, khiddä = *skird-ä. Daraus folgt
aber, dass auch Skt. krid für älteres skard steht; abfall eines
s hat, wie ich nachträglich bemerkt habe, schon Grassmann s. v.
krid angenommen. Die entwicklungsreihe ist die von Joh. Schmidt
so schön dargestellte : ar, ir (iri), ri Vocalismus II, 240.
254 ff. Das s ist in krid abgefallen, wie in dem aus derselben
grundforiiV"sk>gird entstandenenjcij>4.|kürd) „springen". Sindhi
k u d^1gb»4^ töTea^^lttmpj, ^y, das'em^Präkilt^^jrai *kuddai er-
scliiiesse'n Tasst. Wie aber das Präkrit in seinemKheddai uns
noch auf den alten anlaut sk hinweist, so auch in samkhudda'i
„spielen", „sich ergötzen", für *sam-skurd-ati und in degi
khuddiam „beischlaf", eigentlich „bespringung" = *skurdi-
tam (H.D. II, 75). Das eine tritt beweisend ein für das andere. Im
Dhätupatha 2, 21 wird auch khurd, khürd (spielen; kridayam
eva) erwähnt, das Sktvorbild für sam-khuddai. Es ist also
auch irrthümlich zu sagen, ykhel sei aus-y/krid entstanden. Aus
kridati vedisch krilati bildet das P4U,kU^ti' ^^^ Prakrit
Jili^i^ wie aus kr 1 da,. Pali Präkrit ki|ä wird, aus kridanam,
kilanam. Diese formen sind in der that direct aus krid entstan-
~Ben und haben daher nur k nicht kh im anlaut. khel dagegen
stammt direkt von skird. Dasein khel ist wie bei kheddai
aus i hervorgegangen vor ursprünglicher doppelconsonanz; *skir-
dati, *khiddai, kheddai, khellai, khelai ist die ent-
wicklungsreihe und khellamti ist uns überliefert im Apa-
bbramga bei Hemac. IV, 382. khel ist im Skt. erst spät
nachweisbar, weil aus dem Prakrit eingewandert, aber ein gu-
tes alte^,wort, •s/^ie Maräthi<kheP>k£m to play, sport mTt"JwJ[)2-
reichen ablettmigerty Sindhi kh^^n^nu, Gujar4ti khel -v um,
I Bangäli kheT'*J4i^Ui*(i^ kheT^"ft*,j/üriya khepHi^zigeune-
Die de9i9abdäs bei Trivikrama. 255
risch khei^ava t)^weisen. Im Pali ist die wurzel bisher nicht
"näcKgewieseJs^ Ich^fe^ftii sie belegen aus Dathävamso I, 41:
carimsu khelam padasa va pafgulä, wo aber jedenfalls
k hei am zu schreiben ist. Das wort ist adverbialisch gebraucht:
„spielend (d. h. mit spielender leichtigkeit) wandelten die lah-
men zu fuss". Die Zigeuner haben auch"pb«j^-aTa;;Hp4«9y^.^^^
kclapcn (spiel, tan?;) etc. mit Verlust der aspiration und ebenso
schon das Skt. ke'^i neben k^>^, keläy, kelaka u. a. Hof-
fentlich ist nun der aspirierende einfluss des r in diesem worte
aus der weit geschafft.
koliram ^) | kuruvindam | padmarägavi^eshah | ukärayor ä)
oditau 3) I ro Iah ^) vindayoQ ca rah 1 koliram ^) |j „koliram
von kuruvindam „eine art rubin". Für die beiden u sind o
und i, für ra ist la und für die silben vin, da, ist ra einge-
treten". Auch in H. D.
viusaggo ^^) 1 vyutsargah | vyudor viu ß) |1 „viusaggo von
vyutsargah „das entlassen, aufgeben, die freimachung von".
Für vi ^und ud ist viu eingetreten". Die etymologie Triv.'s
ist richtig. In der Bhagavati II, 184 (cfr. Müller, Jainapräkrit
p. 42) erscheint die form mit ss als viussaggo. Aber hier,
wie Hemac. II, 174, haben die handschriften nur viusaggo.
samghayanam') | samhananam ] hasya ^) ghah ^), ader
no yah II „samghayanam von samhananam ,,körper". ha
ist zu gh und das erste na zu ya geworden". Auch in H. D.
und mit gariram erklärt. Triv. hat die wurzel richtig er-
kannt, samghayanam steht für *samhatanam, *sam-
ghatanam. cfr. Sanskrit samghäta und Hemac. I, 264.
ghaano ^) | gayanah ] go ghah |I „ghaano für gayana'h.
ga ist zu gha geworden". Ueber die bedeutung des wortes
sehe man meine anmerkung zu H. II, 174.
dhemkuno ^^) | matkunah | mato ^i) dhem ^'^) || „dhem-
kuno von matkunah ,,wanze". mat ist zu dhem gewor-
den". Auch in H. Di^'wo" ausserdem noch dhamkuno er-
wähnt wird. M. dhekün, dhemkün. Die wurzel ist damy
„beissen", „stechen". Schon im Pali dasati ist der wurzelan^
laut cerebral, ebenso in der Mäharäshtri nach Hemac. I, 218
1) A koliram. ^) A add. udutoh. =*) AB oditau. *) AH Iah. ^) A
kolaram. ^a) ß viusamgo. *) B vyudosh thah. ') A ghaanam B saghaa-
nam. **) om. A. ^) A yäano, ") A dfmkuno. ") B to. ") A dem
B dhe.
256 R. Pischel
und in den neuindischen sprachen : Beames I, 225. Wie ^ams
zu (Qarih) samgh wurde (oben p. 250), so dam 5 zu damkh,
wo das verschiedene ergebniss von s und q beacht;enswerth j
ist. Diese form damkh liegt uns treu vor in M. )damkh-j
nem „beissen" „stechen", damkh „biss", „stich eines giftigen
thieres", während im Uriya damk-iba „stechen" verlust der
aspiration und in Sindhi damganu„ beissen", „stechen", damg-
ini „biss, stich eines giftigen insects", damgu (dasselbe)
ausserdem noch Übergang in den tönenden laut eingetreten ist.
Für unser wort müssen wir als grundform im Prakrit *damkh-
ano ansetzen, woraus *dhamkano, dhamkuno (H. D.) mit
„umtreten des hauches" hervorging. Das e in M. dhemkün,
unserem dhemkuno und noch klarer in M. dhekün ohne den
nasal, von dag, könnte ein beispiel für die von H. Möller
scharfsinnig begründete hypothese der epenthese als Wirkung
des Wurzelauslauts geben. Indess der ganze Vorgang ist mir
noch zweifelhaft und dhekün hier wohl sicher jüngere form
als dhemkün. Wie dem auch sei, das ist unbestreitbar, dass
alle angeführten formen auch der neuindischen sprachen auf k ^
als ursprünglichen wurzelauslaut hinweisen. Nicht immer stim-
men aber alle indischen dialecte in bezug auf die behandlung
der beiden k-laute so schön überein. Allerdings ist in der
mehrzahl der fälle im Pali, Prakrit und den neuindischen spra-
chen an stelle von k 1 = Skt. q der regelrechte Vertreter s ge-
treten, aber ausnahmen sind namentlich in den neuindischen
sprachen nicht selten. Eine solche ausnähme ist z. b. akko
„böte" (oben p. 235) das auf wurzel ak „eilen" nicht ak ^
j
krit kukkäi, kokJfcäi; die die grammatiker als Substitute für f
har mit vi-a anführen (cfr. B-R. s. v. p. 1530 zeile 9 v. u.); ;;
ferner in M. kuk-nem „krähen", komk-nem (über die nasale }
oben 248) „heulen" (vom hunde) , „krähen" (im dialect von 1
Ilajäpür auch komkeiiem;). G. kok-vum „krähen"; B. ko^k-|
alte „winseln", „stöhnen"; S. ücülff-anu „schreien", „krach- ^
c 7.en!:L^mlQn" ; U. kük-nä j,sj^lucFzen", „schreien'nTe'berall^
alsoJl^uk; trotzdem hat das Skt. kru<; d. h. setzt Icp^lc ^
^^^jrfiraus. cfr. oben'p. 253 f. Die grenzen sind also auch ain indi-
schem boden selbst schwankend. Eine wissenschaftlichere und
Die deci9abdäs bei Trivikrama. 257
gründlichere behaiidlung der neueren indischen sprachen vom Päli
und den inschriften des Agoka abwärts, als ihnen Beames hat zu
theil werden lassen, wird auch für die stammbaumfrage man-
ches interessante resultat ergeben.
kakudham | kakudam | do dhah || „kakudham von
kakuda „gipfel". Für da ist dha eingetreten". — Die aspi-
ration hat auch das Päli kakudho. Bei Hemac. I, 225 er-
scheint die echte Präkritform kaüham, deren h auf älteres
dh zurückgeht und nicht mit Paul Goldschmidt: Göttinger
nachrichten 1874 p. 473 als zur Vermeidung des hiatus einge-
schoben zu erklären ist. cfr. KP. p. 40. Schon im Veda fin-
det sich kakuha, das man ebensogut auf kakudha als auf
kakubha zurückführen kann. Die de^i-form mit dh ist jeden-
falls älter als die Sktform ohne aspiration.
sevälain | jambälam i) ] jamo se^) \\ „sevalam von jam-
bajam. Für jam ist se eingetreten", H. D. hat: jambälam
jalanili | gevälam ity arthali | jalanili^abdo yadi samskrte na
rüdhas tadä decyali || sevälara und jambälam sind also
namen einer Wasserpflanze, die als ^aivalam oder gaivälam
bekannter istalsals gevälam. — M. geval und 9eväl, aber
auch mit s im anlaut, wie zuweilen auch in Sanskrit MSS.
khuddao | xullakah ( lo dah \\ „khuddao „klein" von
xullaka; la ist zu da geworden". — khuddao ist natürlich
= xudrakah, wird aber auch von Hemac. II, 174 = xul-
lakah gesetzt. Das Päli khuddako hat cerebralisierung nicht
eintreten lassen.
vadduaro ^) \ brhattarah | had *) ity asya duh ^) | „vad-
duaro „grösser" von brhattara. Für hat ist du eingetre-
ten". — In H. D. wird ein degipositiv vaddo | mahän || über-
liefert und im AmarakoQa III, 2, 10 das Skt.-original vadra
„gross". Im Apabhramga sind die davon abgeleiteten substan-
tiva vaddattanu und. vaddappanu (grosse, macht), beide =
Skt. *vadratvana sehr häufig; cfr. das wortverzeichniss zum
Hemac. Das wort ist im lebendigen gebrauche im(^Urdüjbarä
(d. h. badä) „gross, bar äpä, baräi „grosse", Hindi barä-
pan und barappan „grosse". Shakespear hat in seinem Hin-
düstäni Wörterbuch die worte bereits richtig auf vadra zu-
*) A jabbälam. ^) A «tatt dessen: se jam ily asya | . ^) A vaduaro.
*) B brhad. '') b' vidhu.
Beiträge z. Kunde d. ig. Sprachen. III. J7
258 R. Pischel
rückgeführt. In M. ist das wort^bada ,,gross" nach Molesworth
wenig gebräuchlich, dagegen ist es das übliche wort in S. und
zwar weist das d in vado „gross", vadai „grosse" u.a. wieder
deutlich auf ursprüngliches doppeltes d hin. cfr. oben p, 253.
Sehr schön stimmt damit auch das zigeunerische baro, baro
„gross", baro pen „grosse" (Hindi barapp an). Pott II, 411 ff.,
das den comparativ bareder (Paspati) oder baridir (Liebich)
bildet. Danach sollte man bei Trivikrama statt vadduaro mit
u eher vaddaaro mit a erwarten; u haben indess beide hand-
schriften. Dagegen hat Hemac. II, 174 vaddayaram, wo ich
fälschlich ba° corrigiert habe. — cfr. unten p. 263 vicldiram.
atthakkam ^) | akandam | kändayos thakau ^) \\ „atthak-
kam von akandam (ohne grund, mit unrecht). Für kaiida
sind tha und ka eingetreten". — Auch in H. D. wird das wort
mit tth geschrieben und so ist also Hemac. II, 174 statt
acchakkam zu lesen. — Die erklärung des wortes gibt uns
Hemac. IV, 16 = Trivikrama II, 4, 127 an die band. Wir
lernen dort ein wort thakkai „stehen" kennen, über dessen
vorkommen in den neuind. sprachen und der literatur meine
anmerkung auskunft gibt. Dieses thakkai steht für Skt.
*stha-k-ya-ti d. h. es erscheint die wurzel stha durch das de-
terminativ k erweitert. Von *sthak kann ein substantivum
abgeleitet werden *stliakya „ort" „stelle", Präkrit *thak-
kam oder thakko. Letzteres wird in H. D. überliefert und
mit avasarah „gelegenheit" , „günstiger augenblick" erklärt.
Die bedeutungsentwicklung von *thakko ,,ort" „platz" zu
thakko „gelegenheit" ist genau dieselbe die sthäna im Skt.
durchgemacht hat. Bekanntlich wird § thjjjft^iin Skt. überaus
häufig im sinne von „mit recht" und asthäne von „mit un-
recht", „ohne grund" gebraucht. Diese bedeutung ist auch im
Prakrit ganz gebräuchlich, z. b. Mälavika 35, 13 thäne kkhu
kädaram me hiaam „mit recht ist mein herz besorgt"; 37, 16
thäne kkhu sankidam me hiaam „mit recht ist mein herz
voll besorgniss". (^ak. 123, 7 thäne kkhu . . . imassa kära-
nädo saüntalä kilammadi „mit gutem gründe härmt ^akun-
tala um ihn sich ab" (Fritze); p. 154, 8 thane kkhu munia-
nena savvadamana tti kidanämadheo si „dich nannten
den allbezwinger ganz mit recht die weisen" (Fritze); Urv.
44, 7 thäne iam pi deisaddena uccariadi „mit recht
*) A athakam B aththakam ^) B tarkakau.
Die de9i9abdä8 bei Trivikrama. 259
wird auch sie königin genannt" u. s. w. Ebenso thakko als
avyayibhavam mit a privativum att hakkam, wo tth noch
auf den alten anlaut sth hinweist, wie atthäna — asthäna
z. b. Mrcch. 169, 11. Der Wechsel von th und th in sthä
und seinen ableitungen im Prakrit ist zu bekannt, um dabei zu
verweilen. —
änuam | ananam | äder ata uh | dvitiyasya no i) luk ||
änuam von änana „gesiebt". Das erste a ist zu u geworden
und das zweite na ausgefallen". Auch in H. D. und mit
mukha erklärt. — änuam .— Skt. *ä-nu-ta-m part. perf.
pass. von yS. nu mit a, wörtlich: „das zugewendete".
samgolli 2) | samghatah| | ghätayor 3) golli *) |1 „sam-
golli von samghäta „menge" „klumpen", ghäta ist zu golli
geworden". — Auch in H. D. neben samgello und mit sa-
mühali erklärt. — Prakrit samgolli steht lautgesetzlich für
Skt. *samgulyä d. h. sam-gul-yä; als wurzel ergibt sich
also gul. samgello steht fürSkt. *sani-gil-yas, die wurzel
ist also gil. Beide wurzeln, gul wie gil, weisen auf älteres
gal zurück, das uns überliefert ist in sam-gal-ai = saiji-
ghatate Hemac. IV, 113. Neben gal findet sich gad in
Sindbi gad-anu to meet, collect, ioin und Marathi sam^-gad-
nein to link, join, or unite together. Dadurch werden wir mit
nothwendigkeit auf die grundform gar hingewiesen, die wurzel
5. gar beiFick P, 73. Wie aus 5. gar im griech. y€Q und yvQ
entstand (Curtius, Grundzüge ^ p. 705), so aus gal im Prakrit
gil und gul. cfr. auch Brugman, Studien VII, 305 ff. —
säraari ^) | Qälmalih | lo luk dvitväbhävaQ ca ^) || „sajnari
von ^älmali (woUbaum). la ist ausgefallen und nicht Ver-
dopplung (des ma nach Hemac. II, 89) eingetreten". — Auch
in H. D.
bhimoram '; | himorah s) | ho bhah ^) \\ „bhimoram von
himora. Für ha ist bha eingetreten". Auch bei Hemac. II,
174, aber auch im Prakrit als mascul. — Ich kenne das wort
weder aus dem Sanskrit noch aus irgend einer der neueren
sprachen. Es wird wohl eine pflanze oder dergleichen be-
zeichnen.
abbä^o) I ambä | bindor luk bo i*) dvitvam ca || „abbä
*) AB no. 2) 3 saggolam. ") B aghätayata | *) B rgollam. *) A
sämaiü ; B addit: gamali. '^) Dahinter fehlt offenbar in A B: lo rah|.
') AB hi°. ») om. B. ^) AB hi)h. "») A avvä. ") A vo.
17'
f**4^>«^>^ ' "*^
260 K. Pischel
von a in b ä (mutter). Der anusvara ist elidiert und b a verdop-
pelt worden". — Es bleibt zweifelhaft, ob nicht avvä die
richtigere form ist. In H. D, hat die mehrzahl der handschrif-
ten accä. v
s .1 v V i 1) I süci I Uta ili casya dvir ukto ^) vah ^) \\ „svNiA
von suKi (nadel). ü ist zu i und ca zu vva geworden". —
Auch in m D. Das Substantiv sivvi steht für Skt. *sivyä
oder *sivyä von*"'Y§*«».oder"""5'1"^fc..^ähen), die in allen neuindi-
schen sprachen gebräuchlich ist: Pali: siolsiati; M.. 9T%i*,ft£m,
G. giv'^^^uija, S. siIt-säj^u, Kashmiri 3TiT'*4i,£jZigeiMi«(B^^
slv-Äxa^^nd sü>^%4x^' Nicht so treu haben die Avurzel er-
halten: B. si-äite, U. si-nä, Ghilghiti si-öki, Astori si-
öno, Kalasha si-sik (imperativ: si). Man könnte an Wur-
zel si, si, denken (Grassmann, KZ. 11, 5), aber das ist schon
der bedeutung wegen unwahrscheinlich; auch auf siu zurück-^
zugehen (wie im Altbulgar. siti aus *sjuti), ist^"Mraiese
sprachen nicht zulässig; vielmehr hat einfach wegfall des v der
Skt.-wurzel stattgefunden. . Ueber die verwandten europäischen
sprachen : ^/Fick P, 229../ Job. Schmidt, Vocalismus II, 408.
Von der würze! siv ist gebildet: S. sib-ini (nadel}, sib-ino
(näharbeit), unser sivvi und das in II. D. daneben erwähnte .
sivvini (nadel), dem das Sindhi-wort entspricht, zigeu1ar_ _
ap?!f«^»ai^ Urdu siV^»^ ^^!ü*ßiL' ^^ ^^^^ ^^ U. das alte v
sich zeigt; auf suv dagegen ffehen zurück: M. ^tN^^ (päwl^^- 'j
del) zigeun. suv (nadel), U. siN4 (für süv-ä packnadel), S.
suTSi^to.). Auch M. S. '^^•i^na^el) kann, wegen der kürze
des u, atrekt von suv hergeleitet werden für *suv-i; möglich
bleibt aber auch die herleitung von Skt. süci, das schon
Unädisütra IV, 93 von siv mit suffix ca (cat) hergeleitet wird,
während Ujjvaladatta zu IV, 138 es irrthümlich auf sucay
zurückführt. Sicher geht auf'SfftMU^urück U. ^<(na?1^), so
wie Kashmiri sat»ftdi (nadel) (Leech), das nur lehnwort aus
dem Persischen ^("ö^yin ist, wie auch Urdu hat. — Uebrigens
dürfte diese Zusammenstellung zeigen, dass von einer „graecoi-
talischen" wurzel su (Curtius, Grundzüge* 385 Vanicek Wör-
terbuch p, 1041) füglich nicht die rede sein kann. —
vambhi *) | väni \ no mbhah ^) 1| „vambhi von vuni
(stimme, rede). Für n a ist m b h a eingetreten". — Ob wir mit
») B siphphi. '^) B uktah. ") B phah. *) B pamblii B vaohmi.
^} B hiiiam.
Die de9i9abdäs bei Trivikrama. 261
A mbha oder mit B mlia lesen, läuft auf eins hinaus; cfr,
Hemac. II, 74. Richtiger würde das wort bambhi geschrie-
ben; es ist ein tadbhava und = Skt. brahmi „rede", „göttin
der rede". — ——--■.«.•„,.,.. ^^■»->-«'-"<-^^^.,^.«.-,.;„ ., ,
j acchamdo | svacchandah | svasya i) jah ^) || „jacchamdo
von svacchanda (eigener wille). sva ist zu j a geworden". —
Auch in H. D. Das wort — yad (pron. relat.) -f- chanda.
talaro | talavarah | purädhyaxah | vasya säca9 ^luk || „ta-
laro von talavara d. h. stadtaufseher. va ist mit dem vo-
cale ausgefallen". Auch in H. D. und mit nagararaxakah
erklärt. — talaro geht zurück auf Maräthi talvär = Skt.
*talavara. talvär ist nach Molesworth s. v. um Solapür:
„an officer answering to caughula elsewhere". caughulä
ist: „an officer of a village". [„H« is under the Patil (the
head managing officer of a village) and performs the active
duties"]. Also eine art polizeimeister. Das wort zerlegt sich
in Skt tala „grund", „boden", in M. auch a place of encamp-
ment or a camp und a tract of ground, und Skt. vära von
yi.var in der bedeutung „Schützer". Aus talavara entstand
talaro wie z. b. parao aus pävärao = prävaraka, päro
aus payäro = präkara, käläsam aus käläyasam, in-
dovo aus indagovo = indragopa, pavidham aus pä-
yavidham = pädapitha u. a. cfr. Hemac. I, 267 — 271.
kuddamä) j kutukam 3) j tor *) luk ko dvir ukto dah ||
„kuddam von kutukam (heftiger wünsch, neugier). tu ist
elidiert worden und für ka ist dda eingetreten". Auch bei
Hemac. II, 174 und belegt im Apabhram9a bei Hemac. IV,
396, 4 und in der form koddam (instr. koddiua) IV, 422,
9. — In H. D. werden kudam, kuddam und koddam er-
wähnt und mit accaryam (wunder, das worüber man sich
wundert) erklärt, also — Ursache der neugier. Im Sanskrit
wird ein Substantiv kudyam (neugier) aufgeführt (B-R.
s. V.). Wir erhalten somit als wurzel kud, die mit kut in
kut-ukam, kautukam (und kutühala?) verwandt sein
wird. Im Petersburger Wörterbuch wird eine wurzel kut „aus-
breiten" aufgeführt und bemerkt, dass sie eine zur erklärung
von kutapa aufgestellte sautra-wurzel sei. Ich weiss nicht, ob
diese bemerkung schon im Qabdakalpadruma gemacht wird,
der mir leider nicht zugänglich ist, oder von Böhtlingk her-
^) ora. A. 2) A kuddam. ») A ku°. *) B to.
262 R. Pischel
rührt. Jedenfalls operiert auch Ujjvaladatta zu Unadisütra IV,
111 mit einer wurzel kut die er zur erklärung von kuclya
(wand) annimmt: || kauter duk ca | kudyam bhittih || . Für
diese wäre die bedeutung „ausbreiten", „sich ausbreiten" sehr
angemessen, die dann auch der wurzel kucl ursprünglich zu-
käme. Denkt man an die bedeutungsentwicklung von OQsyco,
so erscheint es nicht unmöglich auch unser kud-am, kuddam
= kudyam auf diese wurzel kut, kud zurückzuführen. Es
bleiben aber Schwierigkeiten, namentlich die erklärung des d,
die ich nicht zu lösen weiss.
anudivam^) | dinamukham | anu pagcäd divä diuam
yasya 2) anudivam ^) \\ „anudivam „tagesanbruch". Weil es
danach tag wird, deswegen heisst es anudivam." Die erklä-
rung ist schwerlich richtig. Fassen wir anu mit Trivikrama
in der bedeutung von pagcat, so wäre anudivam kaum an-
ders zu erklären als mit: II anu pagcäd divasasya (oder
dinasya etc.) yat tat Ij „das was hinter dem tage kommt",
also das gegentheil von dem was das wort bedeutet. So ist
anugava „den kühen folgend", anubalam „nachtrab" =
„was hinter dem beere kommt", anuratham = rathasya
pagcät, anuprshthasamsthitali (Raghuv. 19, 28) =
prshthasya pa^cat samsthitah etc. Mir scheint es da-
her besser a n u im sinne von „um- herum", „gegen" , „zur zeit
von" zu fassen. Interessant ist die form diva, die Trivikrama
in seiner erklärung gebraucht. Im Petersburger Wörterbuch
werden unter di.va p. 621 eine reihe von stellen angeführt, in
denen diva als nom. sing, verwendet erscheint, wie hier bei
Triv. Die herausgeber nehmen an, dass in diesen stellen der
adverbialisch gebrauchte instrumental diva als subject verwen-
det sei. Das wird für alle analogieschwärmer sehr überzeu-
gend sein; diva sah aus wie ein femin., in folge falscher ana-
logie wurde es dann als solches behandelt. Wie fast überall,
so ist aber auch hier die falsche analogie leerer dunst, divä
ist wirkliches, echtes femininum, aus div gebildet, wie Skt.
girä aus gir, digä aus dig, väcä aus väc, xudhä aus
xudh, dhura aus dhur, griyä aus ^ri u. s. w., formen die
im Präkrit und Päli allein üblich sind. Ich glaube nicht, dass
diese wörter sich aus dem accus, sing, heraus gebildet haben,
*) B flnudipam. *) B statt dessen: 110 vam. ') B anuda§cavam.
Die de^i^abdas bei Trivikraraa. 263
wie Storck und Ernst Kuhn annehmen. Man müsste dann
Pali, Prakrit diso, giro, dhuro etc. erwarten als masculina,
was bei dem bekannten genuswechsel namenthch im Prakrit
gar nicht auffällig wäre, sich aber nie findet. Dass aus accu-
sativen wie disam, giram, dhuram sich nach analogie von
Präkritaccusativen wie kannam zu kanya, malam zu mala
etc. die nominative disä, girä, dhurä gebildet haben sollen,
ist durchaus unwahrscheinlich. Diese nominative sind lediglich
geschaffen worden, um die consonantisch auslautenden feminina
als feminina zu kennzeichnen. Das Prakrit konnte nach seinen
auslautsgesetzen keine nominative wie gir, dik, dhür, xut
väk dulden, sie hätten zu gi, di, dhü, khü (oder chü), vä
werden müssen , also zu lauter nominalen missgebilden, die dem
character der spräche fremd sind. Nicht falsche analogie hat
diese formen auf -a geschaffen, sondern der trieb nach
deutlichkeit und Schönheit, sowie der zwang der auslautsge-
setze. Ins Sanskrit sind solche feminina erst aus den der Volks-
sprache näher stehenden dialecten gekommen. Für meine an-
sieht treten beweisend ein feminina wie Pali gävi, vaci, Jaina-
prakrit disi und vaci (E. Müller, p. 53), in denen die sprä-
che zur characterisierung des femin. die zweite femininale en-
dung i wählte, cfr. auch Skt. pur, purä, puri. — Auch
anudivam ist aus div mit suffix a weitergebildet.
sattharo [ samstarah | bindor luk || „sattharo von
samstara (streu, lager). Der anusvära ist ausgefallen". —
Hemacandra bemerkt in der Deginamamala mit recht, dass
sattharo von srastara stamme. Es ist also ein tadbhavam.
viddirami) | vistarah | stäkarasya 2) ddih 3) |] „viddi-
ram von vistära (ausdehnung, umfang), stä ist zu drli
geworden". Auch in H. D. und mit äbhogo raudram ca
erklärt. — Das wort hängt zusammen mit dem oben p. 257 f.
besprochenen worte vaddo „gross". Das suffix ist das im
Prakrit überaus beliebte suffix ira bei Hemac. II, 159, das als
krt-suffix noch häufiger ist: Hemac. II, 145. Häla p. 68.
vili'*) [ vici^) I CO. lall ^j || „v iH^o» .vl1ß4-43^elle, woge)^.^
ca ist zu la geworden". Auch in H. D. und mit tarangah
"erklärt. — Als wurzel bietet sich zunächst vel calane Dhä-
1) A vidi° B vissiram. «) B sta°. ») A dih B sih. *) B vili. ^) B
luld. vibi ca. ®) B add. co bah.
264 R. Pischel
tupätha 15, 28, häufig in der forii^vellAbei Hemao, IV, 168
unter den synonymen von ram aufgeführt. Aelter als vell ist
aber die wurzelform vall inivaUi (schlingpfiänze), das im
Präkrit velli lautet (Hemac. I, 58); ebenso M. vel (f.), veli;
G. vel, velo (m.) U. bei. Unzweifelhaft hängt auch damit |
zusammen vHA (fiuth, im gegensatz zur ebbe). /v^^_
erscheint im "M. wieder_a£"W^) , Sindhi viri il) genaiPün^
ser vili, da S. altes Sanskritisch-Prakritisches 1 in der mitte
*^er wörte fast durchweg in r wandelt, wie dies auch in andern
dialecten im munde des Volkes geschieht (Beames I, 247), eine
lauterscheinung, die wohl zu beachten ist von denen die, wie
Fick, aus dem fehlen des 1 in den eranischen sprachen capital
schlagen wollen für eine europäische grundsprache. Man hat
noch nicht beachtet, dass das Sanskrit zwei 1-laute besitzt, die
in dem Devanägari aiphabet zusammengefallen sind, in den mit
drävidischer schrift geschriebenen handschriften von Sanskrit-
werken, wie in den Singhalesischen handschriften von Paliwer-
ken aber noch genau unterschieden werden. Diese alphabete
haben zwei verschiedene zeichen für das 1 entsprechend dem
vedischen 1 a und 1 a , im gebrauche aber von ihm sich unter-
scheidend. Ich denke darauf zurückzukommen, sobald meine
Sammlungen aus drävidischen quellen einigermassen vollständig
sein werden, zu gleicher zeit hoffe ich dann auch die ifrage
über V und b im Sanskrit klar zu stellen. — Die wurzelform
*vall, ist natürlich so nicht ursprünglich, sondern geht auf
yval zurück, über die B-R. zu vergleichen ist. Die sogenannte
Wurzel vell ist erst aus dem Prakrit ins Sanskrit gekommen,
wie viele Wörter und wurzeln der späteren Sanskritliteratur,
die ja theilweise nur Übersetzungen oder bearbeitungen von
Präkritwerken enthält. Die mehrzahl der stellen, an denen
vell im Sanskrit erscheint, stammt aus dem Kathäsaritsägara
(sieh B-R. s. v.), einer bearbeitung der in Pai^äci geschriebe-
nen Brhatkathä. Im Präkrit ist vella'i, namentlich in Verbin-
dung mit ud als UV vella'i sehr häufig und es finden sich
auch die adjective velliro und uvvelliro, sowie mehrfach
das Substantiv uvvella. Ich habe die stellen in der anmer-
kung zu Hemac. IV, 223 gesammelt. Wir müssen also das 11
aus dem Präkrit erklären. Da die wurzel v a 1 ist , so kann es
nur stehen für ly oder Iv. Die verwandten sprachen griech.
ik-v-ü) für j^eK-V'ü), lat. vol-v-o, goth. val-v-j-an zeigen,
■ .■■^tTi*^5*;r*'^V^''
Die deQi9abdä8 bei Trivikrama. 265.
dass wir als grimdform *val-v-a-ti anzusetzen haben, das
ganz regelrecht im Prakrit zu *vallai werden muss, wie Skt.
bilva im Pali billo, Skt. khalväta im Päli khalläta, Pra-
krit khallido wird. Prakrit vellai weist uns aber zurück auf
*vilvati und dies wird auf das genaueste reflectirt durch das!
griech. ^filfen =4 tAAet, eine echt prakritische form. l'A/lw
Vjst^lso = filfo) nicht — j-iljio wie noch Vanicek, Wörter
buch p. 913 meint." cfr. Curtius, Verbuin I^, 301. Unser vili
(welle) zeigt das i noch treuer als vellai; vili steht für
*vilvi, *villi genau nach den regeln die für die neuindischen
sprachen im gegensatz zu den Prakritsprachen gelten. Ebenso
steht valli für *valvi, Prakrit velli, neuindisch veli, vel
für *vilvi. Es hat also kein Übergang von Skt. a in Prakrit
e stattgefunden, sondern das e geht regelrecht auf altes i zu-
rück. — Ueber die verwandten sprachen : Fick Wörterbuch 1 3,
212, Spracheinheit p. 249, der sich namentlich|jlj.M und ür-
mi für *varmi hat entgehen lassen, die Curtius Grundzüge*
no. 527 verzeichnet. Danach kann wol kaum mehr bezweifelt
werden, dass wir als indogermanische grundform bereits valv-
ansetzen müssen, wie schon Brugman, Studien VII, 335 ver-
muthet hat, aus dem sich frühzeitig vilv- entwickelte. Aus
vilv- dürfte sich auch das e, i erklären in den Wörtern, die
Joh. Schmidt, Vocalismus II, 421 mit recht zu unserer wurzel
gezogen hat. Zur bedeutungsentwicklung ist auch vakra
„krumm", dann „hinterlistig", ebenso kutila, jihma u. a. zu
vergleichen. — vici (welle) hat mit vili nichts zu thun. Es
steht, wie schon Benfey Glossar zur Chrestomathie s. v. richtig
bemerkt hat, für *vyaci von yac (anc) mit vi. Derselbe
scharfsinnige gelehrte hat, wie ich eben finde, auch Yklio be-
reits = /slfio gesetzt (Griech. Wurzellexicon II, 302). Die
über vell daselbst ausgesprochene ansieht, dass es gunirtes vil
sei, war damals durchaus natürlich, wird aber gewiss von Ben-
fey jetzt nicht mehr festgehalten werden, vell ist auch nicht
= vell, sondern sicher als vell zu bezeichnen, wie ja das
Prakrit S und o besitzt. —
Forts, folgt.
Kiel. -ß. Pischel.
266 A. Fick
Die epirotischen Inschriften von Dodona.
Die Aufdeckung des altheiligen Dodona, durch welche Hr.
ConstantinCarapanos sich den Dank der gesammten Wissen-
schaft verdient hat, wird anregend auf alle Zweige der Alter-
thumswissenschaft einwirken. Auch die Sprachforschung ist
Hrn. Carapanos für sein hochherziges Unternehmen ver-
pflichtet, da die aufgefundenen zahlreichen Inschriften uns end-
lich einen Einblick in den altepiroti sehen Dialect verstatten.
Bisher auf wenige dürftige Glossen bei Hesych, Münzaufschrif-
ten und Namen beschränkt, vermochten wir uns vom Epiroti-
schen Dialect nur ein sehr ungenügendes Bild zu machen; das
Missverständniss einiger Stellen des Thucydides, der die Epi-
roten, jedoch nur mit Rücksicht auf ihren Bildungsgrad, Bar-
baren nennt, verführte manche Forscher, die Epiroten für spät
hellenisirte Ungriechen zu halten, die dann mit den alten Hly-
riern und den modernen Albanesen in einen Topf gethan wur-
den. Allen diesen unklaren Vorstellungen ist jetzt ein jähes
Ende bereitet, die Wiege des Hellenenthums ist vom Verdachte
der Barbarei gereinigt und die Inschriften von Dodona lassen
uns den alten Dialect von Epirus bereits in seinen Haupt-
umrissen erkennen als einen der nordgriechischen Dialecte, die,
einander zum Verwechseln ähnlich, von dem Cap Akrokeraunia
bis nach Böotien und Südthessalien sich hinziehen.
Die Inschriften von Dodona sind nicht alle epirotischen
Ursprungs, die Weihinschriften nennen oft Fremde als Stifter,
auch die Anfragen an den Gott rühren meist von Auswärtigen her;
ich beschränke mich in der folgenden Uebersicht auf diejenigen
Inschriften, welche sicher epirotischen Ursprungs und dadurch
geeignet sind, uns den Dialect von Epirus kennen zu lehren.
Es sind dies die amtlichen Urkunden der Epiroten und Mo-
losser, welches theils (I) die Ertheilung von Bürger- und Ehren-
rechten, theils (II) Freilassungen enthalten, denen (III) sich ei-
nige andere vermischten Inhalts sich anschliessen. Die Inschrif-
ten sind abgebildet in: Dodone et ses Ruines par Constantin
Carapanos, Paris 1878, Tom. II, Pl(anche) XXVHbis XXXIII.
Die epirotischen Inschriften von Dodona. 267
I. Verleihung von Bürger- und Ehrenrechten seitens der Epiroten
und Molosser.
Das Bürgerrecht ertheilen die Urkunden:
C. PI. XXVII, 3. 1 {ßaaiX€vov)Too{ak)£^avdQOV€7i(i)
2 fiolo(aoiü)v 3 (7tQoaraTa)aQia{To)f.iaxovo/.i(pa 4 (Xeoa-
yQa/ii)/iiaT6o(oö)£iiieveöa/iiov 5 (€)öo^ET{a)i€xXr]aittiTtov
6 (a7t€iQtüzavy/.Tr]a(jüV€veQy€Taa£ 7 ((ovdtaTEXei)7toXeiT£iav}iTr]aoj
8 {viöoin€ivyiai,)y€V€ai.
BaaiXevovTog L^Xs^dvÖQOv hrti MoXoooiov TtQoaräta ^Aqloto-
l-idxov ^Oi-iqiaXsog yga^ftaveog di Meveödfiov edo^e rät
iy^Xr^GiaL tmv LäneiQWTciv, Kttjocdv evegyszag etov diaTeXei, 7to-
Xeitelav Kttqöiovl d6f.iuv zal ysvsai.
Die Zeilen scheinen rechts vollständig, vorn fehlen 9 — 11
Buchstaben, die zweite Zeile enthält nur das Wort i^oXo(aa(o)v,
welches wohl hinter {TtgooTara) Z. 3. aus Versehen ausgelassen
war und nachträglich eingefügt ist. — Z. 8. do/neiv ist ergänzt
nach XXVIII, 2 TtQo^svlav öof-iEiv.
Der König Alexandros unserer Inschrift ist Avohl nicht Ale-
xandres II, der Sohn des Pyrrhos, sondern Alexandros I, Sohn
des Neoptolemos, Bruder der Olympias, der Mutter Alexanders
des Grossen, der bis 332 a. Chr. regierte. Darnach ist unsere
Inschrift in die Mitte des 4. Jahrh. a. Chr. zu setzen.
Z. 3. 4. ^Of.i(fa{Xiog) oder ^'0(.i(paXog gehört als Stamm-
name zu ldQiOTOf.idxov', die Wiederherstellung war möglich
durch die Vergleichung mit PI. XXXI, 2 wo zweimal MoXoaaol
^'0/iiq)aX£g Xif.u6Xioi d. h. „Molosser vom Stamm der Omphaler
aus der (unbekannten) Stadt Chimolos oder Chimola" vor-
kommen. Ptolemäos III, 14, 7 erwähnt Hekatompedon, Om-
phalion und Elaeus als Städte des inneren Chaoniens; „'0/ii(fa-
Xifjsg werden von Rhianos als ein epirotischer Stamm neben
den Parauaeern aufgeführt, sassen also wahrscheinlich im Nor-
den Chaoniens nicht weit vom Aoos" (Bursian Geogr. v.
Griechenland I, S. 19. 20); bei Steph. Byz. TlaQavaioi- ed-vog
Qe07tQU}riy.6v. '^Piavog iv TETcxQTf^ OeoaaXiyitüv „avv di IlaQavaiovg
xai d/.ivf^iovag 'Of.i(paXifjag^^. Ein unlösbarer Widerspruch zwi-
schen diesen Angaben ist eigentlich nicht vorhanden; die Om-
phaler mögen ursprünglich den Chaonen angehört, später den
Molossern beigetreten sein; zur Zeit unserer Inschriften waren
sie Molosser.
268 A. Fick
Steph. Byz. '0(.icpccXiov (zörcog Kqrjzi^g ichjaiov Qevcüv ytal
Kviooaov) . eOTi nal QeTTallag gehört wohl nicht hierher.
PI. XXXII, 5. 1 {ßaaiXevovto)aciXe^{avdQovE7tL7tQo) 2
(aTata^ioloa)aa}vßaxx{(^voa) — 3 (yQaf.iiiiaTevo)vToad€(Jv(v£dQOia-
^loXoaawv) 4 (y,aiaviii/iiaxcü)vTa)v/iio?.(oaaiov — 5
tOTtoXereiav
BaaiXevovTog L^Xe^dvögov, irtl Ttgooräxa MoXoaaoiv Bdx-
Xiovog — , yQaf.if.iaxevovxog ds avviöqoig MoXoaawv y.al av/ujLidx(ov
Tiov MoXoaatüv — to TtoXerdav — .
Die Inschrift ist den Schriftzügen nach viel jünger als die
vorige; wir werden daher unter dem König Alexandros den
Sohn des Pyrrhos zu verstehen haben; die Inschrift fällt dem-
nach etwa in's Jahr 260 v. Chr.
Für jBa/x(tuvog) Z. 2 kann man auch Bdxxi^og, Baxxiov,
Baxxl^^^i BaxxvXov oder Baxx^Xiöa ergänzen. Die Schreibung
Baxx — findet sich auch sonst z. B. bei Wescher-Foucart,
Inscriptions de Delphes 18, Z. 246 Bdxxiog, ebenso 208, 9.
(ygaiii(.iat£vo)vTog de ov{vedQoig) ist restituirt nach C. T. I,
1 14 Z. 2. : yQaiif-iaxEvovTog öi avviÖQOig Joy.i(.iov rov KsfpaXivov
ToQvdalov.
PI. XXIX, 2. 1 (aTQa)Tayo{ovvToatt7Te)iQiü 2 (rava)-
vTivoo{vv.Xad^ia)j:ovXa 'dt.... onio tviay.oa 4
dE^avd{QOV7tod^od)co(xa 5 yQctxpai f.iBvovn6)T;itavBy. 6 xA(jyff)-
tav{daiiiaQ)xovTOvda 7 iLi€aaxc(i(ovxaia)iTOVfi€ 8 vovTtoXixei-
av€do)^£toia 9 a7teiQO}r(xio{'TToXna)v€if.tEv 10 (d)a/iiaQxovö(a-
(.u(xaxciio)vy.a 11 {i,)of.iOLOvxoLoa{XXoioa7t)ei 12 (»(w)ra(ta).
2TQatayovvxog IdneiQcoTciv '^vrivoov KXad^idrov Xac ....
07110 iviaxog zle^dvÖQOv 7to&6diof.ia yQaipafihov noti
%dv sKTiXr^aiav Jaf-idgxov rov Jaf.iia l^xoiov y.al ahovfiivov
TioXiTEiav , l'do^E To7g ArtBtQwraig noXltav elfiev zfd/uoQxov
Jafxia lAxoibv y,al ofioiov roig dXXoig i^TreiQOJzaig.
Der Anfang ist ergänzt nach I, 114 ^TQaTayovvrog l47t€i-
Qwtäv lAvtivöov KXa&idtov, {7tod^nd)cü/iia nach derselben In-
schrift Z. 4 7io&6dw/iia ygaipa/itivov xtX. Xa . . . . omo
iviOTiog Je^dvÖQov scheint Magistratsnamen im Nominativ enthal-
ten zu haben, vgl. C. I, 114 |-P| d. i. nQooxdtag ytvtov EvqioTtiog.
PI. XXXII, 6. 1 Xoaaiova 2 yevei&Qaa 3 vTievötoö 4
aaedw^e 5 vTtoXiTe 6 rovaTt.
Die epirotischen Inschriften von Dodona. 269
Das Fragment lässt sich nicht völlig wiederherstellen; man
kann etwa lesen 1 (ä lV[o)Xoaotov a{vf.ii.iaxia) 2 (yivvi- oder
M€Ta-)yev€L OQaa{vßovXov) 3 (olycov)vTL sv y/a)S(cüvai,) 4
{diä eveQyealjag i'dtaxe 5 — v 7toXii;e(iav) 6 (elg) xov ci7t(avTa
XQOVOV.)
PL XXXIII, 4. 1 a 2 oaacov 3 xravo 4 avi.io 5
oXizei 6 (OQCüta 7 oji.
Lässt wenige Ergänzungen zu: 2 (Mol)caaüiv 4 (T)av
Mo(loaacüv) 5 (7r)oA«raa 6 (0£od)w^wi2'.
PL XXXIII, 6. 1 ZELavd-ev 2 zoa(.iay.e 3 vnatofioi.
Es handelt sich um die Ertheilung des Bürgerrechts an
QevdoTog Mayceöiov, welcher Name sich ergiebt, wenn wir Z. 1
&ev mit Z. 2 Too^iay.E vergleichen: Der Inhalt war etwa: Da
beantragt worden Z. 1 {7ToXi)teiav 0€v{dÖTcoi Ma-Aedovi dofieiv)
und da Z. 2 (0£t'(Jo)rog ili^az£(()'aV evegyerag scov diaTsXel) so
beschlossen die Epiroten (TtoXixav sl/uev Qsvöoto)v -Kai 0/.10L-
{ov xolg aXXoigl^TtsiQwraig). Es scheint dieselbe Formel vor-
zuliegen, \fie PL XXIX, 2.
Verleihung der Proxenie enthalten die folgenden Inschriften.
C. I, 114. Sehr wohl erhaltene Steininschrift; ich gebe
sie gleich in Transscription.
!Aya&aL Tvycn.
^TQarayovvTogLdtTrsiQOJTäv !Avtlv6ov KXa&i \ dtov, yqui-if-ia-
ZEvovTog öe GvviÖQOig Jo'Ai(.LOv I Tov KEfpaXivov ToQvdalov yaf.u-
Xiov Ef.1 Bovvi/xaig extI | xal eItiÜÖi, p^ yixuav EvQwrciog, Tio&odco^a
yqaipafXEVOV ^voa | via tov NfKoXaov KaguoTtov TtEQL rcgo^Eviag
Falcüi /JaCßVTTOi \ '^Pevvuol BQEvzEalvoi xal oi7toXoyit,o^Evov zav
evvoLav av | s^ojv diavEXEl 710x1 xovg L^TtEiQwxag, 61 ag oI'exo öeiv
xif.ta I d^rjf.iEv avxovl, eöo^e zolgl47tEiQioxaig ttqo^evov Eif-iEv avxbv\
rdiov JdtovTiov "^Pevviov BqevxeöXvov v.al avzov y.al exyo | vovg
vTtocQXEiv de avzMi xat dziXEiav Y.ai evziXEiav y.al daqxx \ Xeiuv
xat TtoXtf-iov xal Elgdvag xd a/rc ^TtEigcozccv xal yäg | xat
ol'Aiag syyixaaiv iv 14tceiqoi y.al zd Xomd XL(.iia rtdvxa \ oaa xal
(xolg d)XXoig rcQO^ivoig.
Spuren des eindringenden Itacismus finden sich in dem
Monatsnamen laftiXiov neben dem attischen raf^rjXioav, wie in
270 A. Fick
Bovvif.taig , bei Steph. Byz. Bovveif-ia geschrieben ; dagegen ist
S/.TL wohl verschrieben für exroft — exzai, da das« ja sonst
gewahrt ist. Das Schwanken zwischen oi und toi in der Dativ-
endung : FaltüL Ja'CovTtoi, '^Pevviwi Bqevtsoivol, iv IdndQOi fin-
det sicli ebenso in den Inschr. der benachbarten Akarnanen
z. B. Id&iqv. I, 253. Ebenso schreibt unsre Inschrift outo
statt ouero.
Die Inschrift ist an den Ausgang des dritten Jahrhunderts
zu setzen. Das ergiebt sich einmal aus der Erwähnung des
Strategen als des obersten Beamten des Bundes, aber auch aus
dem Namen des mit der Proxenie beschenkten Brentesiners.
Dieser führt drei Namen nach Römischer Weise und den Römi-
schen Vornamen Fdiog. Hieraus folgt, dass Brundisium zur
Zeit der Abfassung unsrer Inschrift bereits Römische Colonie
war; sie wurde dies aber 510 a. U. = 244 vor Chr. Die Na-
men JaCovTtog und ^PevvtOQ sind von acht messapischem Klange,
mit JdCovTtog vergleiche man die Messapischen Namen JaCi^iag,
Ja.Zofj.ag, JaC.ihovag, Dasimmms, mit ^Plvviog den Namen des
Sallentiners Malennius Dasummi filius sowie des Messapiers
Ennius. S. Mommsen Unterital. Dial. S. 71 f.
s(.i BovvLfxaig Z. 3 enthält die erste inschriftliche Erwäh-
nung der Stadt, welche Steph. Byz. Bovveifia nennt : Bovveijiia,
/colig ^HrtsiQOVy otösTtqiog, Ktiof-ia 'Odvaaecog, rjv eKTiae jtXrjalov
Tgaf-iTtvag, Xaßwv xQr]oi.t6v il^eiv Ttqog avdqag „di ovy, l'aaat.
^dXaoaav". ßovv ovv d^voag eKTiae. Vgl. Steph. Byz. Tqafi-
Tiva ' TtöXig irig ^HTteiqov Ttlrjoiov BowlfKüv. Die Bemerkung
des gelehrten Byzantiners , Boivsif.ia sei neutral {ovöeTtgiog)
zu gebrauchen, wird durch unsre Inschrift als irrig erwiesen.
PI. XXVIII, 1. 1 {d-)enarv{xa) 2 (&e)odo}QOvaxo(xiovaQ
3 (ye)d^irjiiioXooaoinQO^e 4 (vov)E7toir]aavavTOvycaL 5 i'yEV€a)v-
•/.aiaacpaXeiav G {evaTtEiQ)ioiyf.aitv.{yovoig) 7 {sd(x)v.avve)i.ino).e-'
f.iü)i 8 (yMieveigavai).
Qeog xvya. QeoöioQov 2rojniov IdQyei^Lrj MoXoaool jtQo^e-
vov F.7toir]oav avrov Y.al yEvedv zal dacpdkeiav iv idTVEiQML
avTtüt xal Exyovoig kdcoKav e(.i /coXEfio)i xal av slgdvai.
Z. 2 giebt die Abbildung J^, von Carapanos ^N ge-
lesen. Mir scheint der letzte Buchstab ein P, was die Abbil-
dung als zweiten Strich des N giebt , ist der Bruch der Platte.
Liest man JP . . QIH, so gewinnt man als Bürgernamen des
Die epirotischen Inschriften von Dodona, 271
OeoöwQog : l^gysO^i^ acc. von !AQyEd-t€vg, Einwohner von 14q-
ye&ia, welche Stadt auch in den Inscriptions de Delphes von
Wäschern. I'oucart 24 vorkommt: acJöf^ia yvvaiY.Eiovaovof.ia
Nixala ro yivog t^ ^gyed^lag. Mit diesem '.Aqyed^ia ist sicher-
lich identisch Argithea bei Liv. 38, 1 „Argitheam, id enim Ca-
put Athamaniae erat". QeööioQog war also ein Athamane aus
Argethia; der Name QeödioQog kam auch bei den Athamanen
vor, das folgt aus dem Namen des athamanichen Ortes Theudo-
ria, den Liv. 1. 1. erwähnt.
PI. XXVllI, 2. 1 {d^Boa)rvyiaayad-a 2 {£rtirc)QoaTaTa-
Xev 3 {x)ccQOvaq)iy.o(.iEvio 4 viTtTtoa^eveoGTet 5 {aio)ceQ(.iü}-
voaaeXL 6 vioaedo^ezoia 7 fioXocaoia/tQO 8 ^eviaydofisiv
9 Toiaay.QayavTi- 10 vag.
Qeog Tvya dyad^a. ^Enl TtQOorära .AevxaQov d(piy,o/neva)v
^IrtTtood^evEog Telaiog "Egf-icovog ^eliviog söo^e xoXg Moloaaolg
TtQO^eviav döfisiv roig L^/nQayavTivoig.
Z. 4. 5 C. liest TeixsQintovog, welches kein Name ist. Vor
EPMi2N02 sieht man ein < , welches nicht die Rechtshälfte
eines X sondern die untere Hälfte eines 2 ist; wir erhalten
also Tel... gy welches sich leicht zu TEiaiog, Genetiv zu Tsl-
aig ergänzen lässt. — Der Name 2ihvig gen. ^Ekiviog scheint
neu. Da ein Akragantiner , also ein Sikeliot ihn führt, leite
ich ihn von ^elivovg, dem sikelischen Flusse ab. Eine ganz
ähnliche Verkürzung findet sich schon bei Homer in dem Na-
men ^drviog, welcher, wie Homer selbst andeutet, vom Fluss-
namen ^arvioEig herzuleiten ist : B 443 ^diviov — 'HvoTtldrjv,
ov aqa vv/ncpr^ xey.e vrjig dfivfuüv "Hvorci ßovKoleovTi naq ox&ag
SazviOEVTog.
Ateleia verleiht die Inschrift PI. XXVII, 1.
1 d^s'"~Tvx{ay.)?.Eiü/iiaxci)iaTivTaviOLav 2 fijLiaxoiTtovaTVEiQto-
TavEÖtüxavE 3 vartEiQOiLatEXEiavE 4 itißaoiXEoavEOTiro 5 Xe-
(.lOVaXE^avÖQOV 6 E7ll7TQ0OTaÖEQy.a(.l0 7 X0GOü)V'/.aUVTEXEiaV.
Qeog rvx^- KlEcoftaxioi l^Tivrävi ol ovfif.iaxoi tüv l47tEi-
Qü)Tav l'diüKav av L^TtEigioL ccTEXsiav, enl ßaoiXaog NeotctoXs-
(.lov IdXE^dvÖQOv , htl 7tQoaTd(ra) ^egyia MoXoaoiov Y.al aws-
Xsiav.
Die Inschrift ist nicht ohne Fehler; Ttgoata ist verschrie-
ben für TtQoovdia (vgl. ftQOOTdva XXVIII, 2; XXXII, 1 Ttqoa-
272 A. Fick
axdta XXIX, 3; XXX, 2 u. s. w.); die Worte y.ai ivreXeiav
sollten eigentlich hinter dcsUiav Z. 3 stehen, wie schon C. ge-
sehen, der Abschreiber versah sich am gleichen Ausgange bei-
der Wörter und fügte das ausgelassene xal ewileiav nachträg-
lich ans Ende mit etwas kleineren Buchstaben, erst die letzten
Zeichen lav haben die Höhe der übrigen.
Neoptolemos, der Sohn Alexanders, regierte bis etwa 295,
wo er von Pyrrhus beseitigt wurde. Hiernach lässt sich die
Abfassungszeit unserer Inschrift etwa ins Jahr 300 setzen.
Der Name /ltQy.ag (auch PI. XXX, 4) ist neu; er schliesst
sich an die Gruppe JiQY.ü)v y/eQxvkog : J i^Y-iTtnog.
Ertheilung von Epigamie enthält PI. XXXIII, 2.
1 oeaxvxcc 2 TtLQwxaia 3 ivavto 4 7tLya(.u 5 aaloae
6 aXXoa Iqoo 8 .ur.
Wie es scheint, handelt es sich um die Ertheilung der
S7tiyaf.ua an die Thessaler (5 (0^€a)aalog), oder einen Geoaalog;
es lässt sieht nichts weiter herstellen als 1 ^edg (OEJS = &EJS)
vielleicht = d^ea in d^iG-(paTog, Oso-Ttgcorog) xvya 2 (^A)iii-
QtoTOig (edo^e) 3 (d6/it€)iv avTo(ig) 4 {8)7tiyai^i(av) 7 (sTfl
7t)Qoa{Täxa) 8 {7io)Xi.x{eiag) oder srtl rcQOOxdxa nohx(€iöa\
so dass TTolix — der Anfang des Namens des Prostates wäre.
PI. XXXII, 1 Z. 4 steht rtQoaxaxa tcoXlx — ; hierzu bemerkt
Ran gäbe Archäol. Zeitung XXXVI, S. 118 scharfsinnig, mit
tioXlx — müsse der Name des Prostates beginnen, und aller-
dings, wenn der Amtstitel Ttqooxäxag MoloooöJv lautete , so ist
kaum glaublich, dass daneben TVQOOxdxag TtoXixeiag üblich war.
II. Freiiassung;surkun(Icn.
PI. XXXI, 1. 1 {ßaaiX£vovxooaXe)^avd{QOij) 2 {nqoaxa-
T€)vovxoaaaßvQ(w) 3 {vooi.ioXo)ooui}vovoneQvov 4 {y.aQxa)xov-
aftvfivwvde 5 — (a)(pirjxif€iöva — 6 (eX)£vS-€QOvxova(vxov) 7
— {f.4aQx)vQta^— 8 — yeXwv — 9 — oasv — 10 — (€v)qü)tci-
(oa) — 11 —aioa — 12 — /o — ).
BaaiXevovxog L4Xe^dvdQ0v, nqoataxevovxog 2aßvQiovog Mo-
Xoaaiöv ^OvoTctQvov KaQxäxov, ii4(xv(.ivu)v de — dcphjxi feidvg —
— sXev&eQov xov avxov — MdqxvQeg S — ViXwv — og Ev —
EvQwntog — aiog — /o — .
Die epirotischen Inschriften von Dodona. 273
Z. 1 ^avd ist ganz deutlich, die Ergänzung daher unbe-
denklich. Z. 2 ^aßvQ(iovog) ist restituirt nach 'L^ansrog (lies
4Xx£Tog) ^aßvQOi'veiog „Sabyrons Sohn" Z. 34 der Pharsali-
schen Inschrift hgg. von Heuzey, Annuaire de l'association
pour l'encouragement des etudes Grecques 1869 S. 114, wo-
durch wir einen nordgriechischen Namen 2aßvQiov kennen ler-
nen. Z. 3 ^OvoTteqvog ist ein epirotischer Stammname, der
auch PI. XXVII, 2 Oikcov ^OvoTteqvog, (DiXo^evov ^OvoTtiqvov
vorkommt. Dasselbe Ethnikon erkenne ich XXXIII, 3 Z. 2 in
Qvov'AaQTa d. i. ^Ovotcsqvov Kaqza-, Mit Kaqza- beginnt ein
zweites Ethnikon, welches in unsrer Inschrift mit -tov endigt.
Darnach habe ich 'Ovotcsqvov KaQzccTOv ergänzt. Sabyron
führt auf unsrer Inschrift demnach ein doppeltes Ethnikon:
Onoperner von Karta, ähnlich heisst es in der mit gleicher
Schrift geschriebenen Inschrift XXXI, 2 MoXoaaol ^'0(.i(palEg
XiftwXiOL, wo sogar drei Ethnika verbunden sind.
Zu L4fnvf.ivcov Z. 4 vergleiche St. Byz. ^!A(.iv(.ivol, ed^vog
'HTtsigcoTiTiov, ^Piavog .... Xiytxai Y.ai l4/iiv/nvaiog v.(xi iAf.iv-
(.ivaia. Steph. Byz. ^lyeaxaioL, oi OsoTtgcüTol , cctio rivog .Al-
yf.GTOv GTQaztjyov, wgiA (.iv f.iv alo i ctTtb Id (.iv (.lvov. Steph. Byz.
s. V. Xaovia. — y.al 6 ügo^svog ös '/.azaXsywv avTOvg (die Epei-
roten) cprjai „Xdoveg GeOTtgtoTol Tvi.i(paioi IJagavaloc !A(.ivf.io-
veg (\\es^L4/iivjiivoi) ^!AßavTeg KaoowTtoL^^. Unsere Stelle ent-
hält die erste inschriftliche Erwähnung dieses epirotischen
Stammes. Z. 8 {Ev)QwnL{og) ist ergänzt nach yLviav EvQcSTTiog
C. I, 114; ein epirotischer Ort Europos ist sonst nicht bekannt.
Mit Z. 5. 6 (ä)(pü]Ti fslövg — {iX)evd-€QOv tÖ(v avxov) vgl.
XXX, 5 d(f)rjy.E idvTißoXog — iXevS^SQOV !AvdQO(.ievri tov avTOv.
Digamma findet sich ausser in feidvg Z. 4 nur noch in
dem Eigennamen /aTvidag XXIX, 3. Es scheint der Gebrauch
des Digamma sich danach nur in Eigennamen erhalten zu haben.
PI. XXXI, 2. Z. 1 (dii)vaorAa{iöi(x}vai) 2 — {a)7tiQ(a-
(tav) — 3 — vovT{oa) — 4 — (aya)S-aiTvxcc{i) 5 — {f.i)ax(oa)-
veoTtaTQaTt — 6 - {(.ioX)ooooLO(.icpaXEOxi(.uc{XiOL) 7 (r)ai()Va-
aü)fxaTayvvai(y,£ia) 8 {T£aa)aQaoiaovof.iaTaq)iXiüfj. — 9 — daficc-
eXevd^€Qa/iiaQT(vQea) 10 — (7t)avoavta€x,TiüQavdQ — 11 — (ejxro-
QoaaX'Ki, — 12 — aviy.avaQg)iöiaL . . 13 — {(.i)EVEXaov(.ioXoooi 14
{Of.iCpaX)sGXLflOiXLOl.
Jii Ndni -/.al Jitovui — lÄmqimav — TtqoGxaTEvovxog —
licilräge z. Kuode d. ig. Spracbou. Itl. 28
214 A. Fick
dya&äi Tvyai — !-iccxog NeoTtccTQa TI — MoXooaol ^'Of-icpulag
Xif-iioXiOL ICC Yölu aoj/iiaTa ywacxeia zeaoaQa, oig dvof-iara 0iltb
M ddua ikev&sQa. MaQTVQ&g — Havoavia "EyiTiOQ
^vöq ^'£'/.TOQog l4Xy.L — —g Niaäv aQcpiöiai . . — Dlsve-
läov Moloaol ''0/itq)aXeg Xi/mohoi,
Die erste Zeile kann nur vaoLxa d. i. z/tt Ndoi y.ai zIlm-
vai gelesen werden; vgl. PI. XXVII, 2 wo {Jiog) Ndov xal
Juovag am Schlüsse der Freilassungsurkunde steht.
Die Freilassenden wie die Zeugen sind Moloaaol ^'O^icpakeg
XificoXioL d. h. Molosser vom Stamme der Omphaler ('Of.i(pa-
Xirjeg von Rhianos genannt) aus dem (unbekannten) Orte Xi/nco-
Xog oder Xi/ntoXa. Die Namen Z. 12 scheinen verschrieben,
etwa Niy.äv l4(pQodiGLOv? NeoTtdxqa Ti. 5. vgl. W. F. 369.
PI. XXXI, o und 4 sind, wie Rangabe Archäol. Zeitung
XXXVI S. 117 ft'. sehr richtig erkannt hat, Stücke derselben
Urkunde, die aus neun Zeilen bestand. Die Zeile scheint bis
50 Buchstaben enthalten zu haben:
1 {ayad^rjLTv)vt^ißaaiX€vov(zoa7iToXsiLiaiovaXe^)av(dQOv) 2
(e7tivaiaQ)yovd£af.ivvavdQo{v) ..Xa {aq)rf/)Ev^o — 3
Xiaxavd^aQav£X{€vd^)£Qav(avTav}iai)y£v{oae-^)yev£aa A{£iOTOvarca)v-
Ta%QOvov(.irj£^£OOTio{d£y.a)vd^aQaof.iriiy£vciy.a'ca— 5 {iooov)aaa-
KQaT£Qaiovd^vyaTQ(oaxai£X)£vd-£QCca£iavd£Tia£ffa G {TCzrjTaujav)-
TaarjTaoy£V£aa y£V£ttyLV£od-io'/.aTavo(.i — 7 (v)o(.iova~
TtüV£(p(a7CTo)^£V(ovf.irjT£iCTi]iiiaTaaXX 8 oavTOii<aiy£V
aavr^avTagxavd^agaa 9 avTaarj£yyov(cüv) y.rjTai.
l4yad^^t Tvxrji. BaoiXEcovzog nToX£/.iaiov !AX£^dvdQov, hil
vaidgyov da ^/LivvdvÖQOv . Xa — d(prjy.£v Jo — Xig Kard^dgav
sXevdtgap avTav y.al ytvog Iv. y£V£ag £ig xov anavta yqovov.
Mrj i^eaoTco de Kavd^dqag f^u^dsva ^ava — (og ovoag Kgave-
gaiov ^vyatQog xal sXEv^tQag. Eldv St rig tcpdTtTTjTca rj acrag
ij rag y£V£äg — y£V£d yivtad^io ■/.aidvoiiog — v6f.iovg rtov ecpa-
TtTO/iiavcüv /LnJT£ y.Tt]uaTa dXXd — avzol xal y£V£d — aav rj av-
rag Kavd^dQag — avrag rj tyyovwv — y.tjxai.
Den ersten Buchstaben der zweiten Zeile lese ich als %
(nicht als x) und ergänze tTil vaidqyov de nach XXIX, 3 sttI
vaidgxov M£V£ydQf.iou.
Mit Eig tbv arcavta XQ()^<>^ '^- 4 vgl. W. F. 227 el£v&£Qog
6ifi£v Tov 7cdvTa xQ<'>vf>v, mit Eldv de tig icpdTCTrjTai Z. 5. W. F.
34 El öt cig za e(pd/tTt]Tai MeXiaaag hcl xaraöov?uaiii(oi /.rX.
Die epirotischen Inschriften von Dodona. 275
Mit Z. 5 {cog öv)aag KqaTSQaiov d-vyaTiqng xal sX)evd^fQag
vergleiche man W. F. 270. Hier verkauft Menekratea unter
Zustimmung iln-es Sohnes Theudotos dem Pythischen Apoll die
Kallikratea i(p' clive skevd-sQa elfisv y.(xl ^vyärrjq ^looixag xal
^EQf.ioyeveog rov z/ioa-aovQida x,al dväqiaTCTog ajto rcavTcov xov
Ttdvra xQOvov, rcodovoa 6 yia d^eXrj xal aTtozQSxovaa olg xa O^slrj.
Hieraus geht auch hervor, dass der Freilassende unsrer Ur-
kunde durchaus nicht Krateraios gewesen sein muss; der Name
des Manumissor ist vielmehr in dem — Xig vor Kav^dgav Z. 3
zu suchen. Die Zeilen 6—9 vermag ich nicht wiederherzustel-
len; einen Restitutionsversuch unternimmt Rangabe a.a.O.,
der jedoch die Lücke zwischen den beiden Bruchstücken zu
gross annimmt.
PL XXX, 4. 1 ayad^aiTvxccL 2 atQaxayovvroaaTTEiQO)-
Tavav 3 dqovLY.ovvyxeatovacprj/.e 4 elsvd^sQav(piXiaTavvei 5 xav-
ÖQogaveQoiTaraXaL 6 avaT&Kvoof-iaQtvQeoöo 7 y.if.iooßoLOY.ovEv-
Qvvova 8 d€QyiaavTioxoo/.isve 9 (pvXevavdqoxooviy.o 10 /iiaxov-
taXaiavEoßo 11 la^ioaveiyiavdQovoTtov 12 oa.
yiyad^üii xvxctL. ^TQUTayovvzog lAnsiQOJxav 'AvöqovIkov
Yy/JoTOV dcp^xe ilEvS-egav (DiXiorav NetxavdQog lAvEQoixa Ta-
laidv (xxE'Kvog. MccQxvQsg J6y.Lf.iog Boiaxov, Evqvvovg JiQ/.a,
udvTioxog MevEcpvXev, ^L^vÖQOxog Nixof.idxov TaXaiavEg, Bolaxog
NEixdvÖQOv ^Orvovog.
Die Ethnica "Fyx«ff^og , TaXaidv, ^Ortovog sind sonst nicht
belegt; gebildet '\%t'"YyxBOxog wie JoEOOxog XXX, 5, TaXaidv
pl. laXaiävEg wie ^S-a^iävEg, ^iviävEg, l4/.aQvävEg, Idxivxävsg,
.AQ'/.xävEg, z/v/.iävEg, EvQvxavEg u. s. w.
Z. 5. IdvEQoixa — ^vÖQ-oixa enthält auffallend genug den
starken Stamm dvEQ, Z. 8. 9 MsvEcpvXEv muss bis auf Weiteres
als Schreibfehler für MEVEq)vXov gelten. Im Uebrigen ist Alles
klar.
PI. XXX, 5. 1 ayad^aixvxaioxQaxayovvx 2 ooanEiqio-
xavXvaaviaxaQioTtov 3 7tQOöOxaxEvovToaf.ioXoootovExeXaov 4 /ra-
QCOQOvafpr]y.EavxißoXoovixavoQoadG 5 EGOxoaEXEvd-EQOvavdQOLiEvrj-
xovavxov 6 (ax)EyvooojvftaQxvQEaayEXaooaxioxovXvy,oq)QCüv 7 (av)-
XLOXovdE^avdqooAEcpaXovayEXaioo 8 (av)i}caxovyoX7taioi.
l^yad^äi xvxcci. ^xqaxayovvxog J.7tEiqcoxav vlvaavia Ka-
qojTTov, rcqooOTaxEvovxog JVIoXoaoiöv ^ExeXdov Ilaqcoqov dcpfjxE
18*
276 A. Fick
l4vzi'ßoXog NLy.avoQng zlösootog slevd^SQOV l4vdQ0/ii€vr] töv av-
Tov ttZ€Kvog oiv. MaQTVQtg l4yf:Xaog Idxioyov (sie), yiv/.6(pQ0iv
l4vti6xov, ^£^avö(jog KsqxxXov, ^Ay&XaiOg o l^vixaTOv KoX7caini.
Der Strateg unsrer Inschrift ^voaviag KaQiÖTtog ist iden-
tisch mit dem Antragsteller der Inschrift T. I, 114 Tco&ödcojna
yQaipaf.iEvov ^voavia rov NixoXdov Kagito/rov ; darnach scheint
KaqwTtov Z. 2 nachlässige Schreibung für Kagiomov zu sein.
Hängen mit diesen Kariopen die Kagsg zusammen, die Rhianos
„SV zfj ^ {QeaaaXrKiov): stttcc de jJwveTclvoi, draq öüoy.aidev.a
KaQsg'^ als epirotischen Stamm erwähnte? (s. Steph. Byz. s. v.
^cov€tt7voi).
Z. 3. 4 ^ExsXäov IlaQcoQov. ndgioQOL hiess mit einheimi-
schem Namen der Epirotenstamm, den Strabo nagcogaim nennt:
326 ^HTtELQOJTai d elai y.al ^/iig)iXoxoi v.al — MoXottoI te y.ai
4d^af.i(xveg xal ^Yd^iyteg y.al Tvf.icpaioL (xal ^Ogeavai) TlaQio-
galol TS y.al lizivxäveg. Der Sitz der ndgcogoi liisst sich be-
stimmen nach Strabo 325, wo es heisst, der Aratthos entspringe
fx Tvf.i(prjg OQOvg xal rrjg UaQCOQaiag.
Z. 4. 5 ^AvxißoXog Nixavogog JönGGTog. Die Doesten
(oder Dyesten, das o in unsrer Inschrift ist nicht ganz deut-
lich) glaube ich wiederzufinden bei Strabo 326. Hier bieten
die Hss. TtXy^oiov de rtov (in Illyrien, nördlich von Epeiros) xat
Ta aqyvQela xd av z/af,iaaxicp TrsQiaadvsoxe avveaxrjaavxo
xi]v övvaoxEiav y.xX.; Meineke liest usql a Jvf.axac xrA., was
vielleicht durch den Joeooxog unsrer Inschrift bestätigt wird;
dass die Molosser weit nach Illyrien hinein geherrscht , ist be-
kannt.
Z. 8 CAv)Lv.dxov, der Vatername des letzten Zeugen , ist
sichere Emendation : ldvi/.ctxog ist der einzige griechische Name,
der auf i'/.axog endigt.
Verschrieben ist Z. 6 14ti6xou für ^Avci6yoi\ Z. 7 ^AytXaioo
für lAytXoLiog 6.
Die KoX-rtaioL vermag ich sonst nicht nachzuweisen.
PI. XXVII, 2. 1 {aTtE)XvGavyQVTTü}vaxoiÖB^f.vi 2 (x)c:(t-
X)voEi-^todoxooaXe^Lf.iayna 3 aa(fi)v0^ayaXüiOoa^evi-ofiaQxv 4
Qea(.toXXoooiovavdQoy.'/(.ctoöo}öco 5 vaioafpiXinoa6(o))dcüvaioo(piXo-
^tvooöio 6 öü)vaioaÖQai7toaöcodiüvai()oayiXaioaÖM 7 öiovaioa-
y.l)aivvoipoi vaxoaa/iivvavÖQoadco <S öcovaiagDgea/rioxcoroi didoy.i -
/iioaXaQiuutoa iJ TreiavÖQoaeXeaioa/iUvavdQoaxiaioaaXs^a 10 vögoa-
Die epirotischen Inschriften von Dodona. 277
xi(xioodeiviovoo^ov%aQovrpiXL7t7to{o) 1 1 q)il(ovovo7t£Qvoas7ti7tQo-
atavarpLlo^ 12 £vovovo7C£Qv{ovdioa)vaovdicüvaa.
LijibXvaav l^QV7Vcova zoids ^sviKai. Xvou QsSdozog IdXe^l-
(.laxog 2af.diya Fälaid^og Bevvg. MccQTVQeg Molloooiov livöqov.-
xag Jtodcovaiog, (Dilutog Jcodiovalog, (Dilo^evog JtodcDvaXog,
jQaiTtog JtüSiovalog, L^yiXaiog zfcodiovaiog, Kgalvvg OoivaTog^
^Af-LvvavÖQog Awöojvalog. Ggeorcioziov o^de J6y.Li.ing ylaQLOaiog^
IlelavÖQog ^EXealog, Mevavögog Tialog, l^Xä^avÖQog Tialog,
Jdviov 6 'O^ovxccQOv, (DiXiJiTtng, (DiXwv ^OvoTteqvog, 'Erti tzqo-
azccza (DiXo^evov ^Ovotcsqvov. Jibg Naov Jicovag.
dyteXvaav, schon von Egger ergänzt, vergleiche PI.
XXXII, 1 MsvsXao^g) — ov drtiXvioe). FQVTtwva (vgl. ygvTtog
als Beiname) scheint mir besser als TqvTCiova, der erste Buch-
stab des Namens ist oben zerstört.
^sviKac ergänzt schon Egg er, statt /.qiosl lese ich Xvoei
nach XXXII, 4, wo Z. 3 dieselbe Phrase ^svi7.m Xvgl f.i —
deutlichst geschrieben vorliegt; was eine ^eviy.d Xvaig sei, mag
hier unerörtert bleiben. Die Namen der Freilassenden sind
QtodoTog ^Xe^ifiaxog 2afiv&a FaXaLd^og und Biwg. 2ai.wd^a
ist Frauenname (wie denn freilassende Frauen in den Delphi-
schen Freilassungsurkunden ungefähr eben so oft wie Männer
vorkommen), der bei der Nossis von Lokroi sich findet: Anthol.
Palat. VI, 275 xaiQOiadv xol eoims xouäv cctto rdv L4q)Q0ÖiTav j
dvd-€f.ta Y.ey.QV(paXov rövöe Xaßelv 2aj.iv^ag xrA. — FdXai^og
ist neu, erinnert an FaXalorrjg, Name eines Athamanen; ebenso
ist Sevug bis jetzt noch nicht weiter zu belegen , wohl aber
SevvXXog z. B. Kirch hoff Inscriptt. Att. 433. Gebildet ist
Btvvg wie ZrjXvg, '^Hqvg, 'leQvg, "iTt^cvg, ÜQazvg, (PiXvg, (Divxvg.
Zeugen der Freilassung sind sieben Molosser und ebensoviele
Thesproten. Beider Namen enthalten manches Besondere.
ldvdQ6'/.'/.ag ist zweistämmiger Kosename mit verdoppelter Con-
sonanz nach einem im Griechischen nicht häufigen Typus ge-
bildet 1)
') Beispiele für diese Form der Kosenamcnbildmig sind: liffd^ovvoj
(für \!<fjdovrira) Tanagräerin liSrjvaiov IV, 298; zla^otfiiöag Orchomenos
€. I. 1568 (wo unrichtig ^AMOTOI/IAZ statt /1AM0T&I/1AZ gelesen
wird) zw AKfAo&oog, /lafxo&oiSag; 'iJ^uTTf Jott/j Böoterin [inv ^EfintSoTifia)'.
"Endlos für 'jE/fAtto?; 'E/ffj.u(ov schon bei Homer; ©foxxw Thebanerin
Keil Syll. inscr. Boeot. p- 73 ; KXsof.tfj.ig =^ Klsofj^vrjg Methymnäer
Sauppe, Göttinger Programm 1870; Nixottoj Tanagräerin Ad^r^v. IV,
278 A. Fick
jQce-ircog Z. G (für JgGcirtTtog wie WikiTtog Z. 5 für 0l-
hrtnog) ist ein neuer Name; dazu scheint als Kosename „6
Jqrlg xov Jqtj" Bekker Anecdd. 1188 zu gehören, wie der
homerische Name Jgrjaog einen Vollnamen (wie jQr]a-i7trtog)
voraussetzt. — 'AyllaLog steht zu ^AyUaiog XXX, 5 wie "Ayi-
loxog {Ni-Ksa ^Hleiog) Archäol. Zeitung XXXVI, 39 zu ''AyiXo-
%og oder wie l4QylXo%og zu IdqyiXoyog; die Formen mit « sind
die älteren. — Der Name Kqaivvg ist neu; er ist gebildet wie
Sevvg s. o. von Kqaive- zu ^gaivw, wozu auch die Nereiden-
namen Ev-y.QdvTrj : KgavTco und der Mannsname Kqccvtwq ge-
hören. Ooivävog ist Name eines unbekannten Stammes der
Molosser, der auch PI. XXIX, 3 vorkommt. — In dem Ver-
zeichniss der sieben Thesprotischen Zeugen ist QQaaTtwrüJv ver-
schrieben für QeaTtQtoTwv, wie der Name PL XXXII, 3 geschrie-
ben wird, ebenso Ueiavögog für IIsioavdQog', den Vaternamen
des Jeivwv liest Egger als Qo^ovxcxqov, was kein Name ist.
Nun geht ein Riss durch das 0, ich lese daher 00 statt 00
und gewinne dadurch den möglichen Namen ^O^ovyägrjg, worin
ov die alte Aussprache des v als u bezeichnet, welche allen
Griechen ausser den Joniern - Attikern ursprünglich eigen war.
Gebildet ist^O^ovydQrjg im zweiten Theile wie Ji]fio~xceQrjg u. s. w.,
im ersten wie^O^-^enig, ^O^ov -[.layog böot., 'O^vXog. ^Ovörceqvog
scheint Name eines Geschlechts, der ebenso PI. XXXI, 1 und
PI. XXXIII, 3 vorkommt.
PI. XXX, 2. 1 E7ti7TQOoorarafj.o 2 XooawvxegyalovTt
3 €ialogaq)T]'/.&rjQa(>:) 4 l€iöaaai07taTQo{v) 5 {E)roif.i(xyovelev-
d^s^Q) 6 {o)vay.aLavTovoY.{aL) 7 {€yC)yovova!.iaQT{y) 8 {Q)E07ie-
XeMvxeQCi(d) 9 (Qo)oayeXaoaf.iey{ioo) 10 {a(iv)(.ivoaöai.ioizaox{E)
11 {Qa)dQoad-€vdoTOOx(€) 11 (Qa)dQ007toXv^€voi! 13 . . . aaaog.
^EtzI TtQOOorära JMoXoooiov Kecfdlov TIeiaXog dq)TJ^E ^Hga-
'/.Xeiöag ^coTtargov '^Eroi^iaxov eXevd^aQovg xat avxovg xal ixyo-
vovg. MccQTvgeg UeXitov X^gaögog, LiyiXaog Miviog ^!A(.iv{.ivog,
Ja(.ioitag XiqaÖQog, Gevöorog XsQaÖQog, UoXv^Evog . . . aaaog.
üeiaXog Z. 2. 3 bezeichnet die Herkunft des KerpaXog und
geht auf HiaXeia wie ^'Oi.icpaXeg auf 'OjiKfdXiov. IlidXeia' tio-
Xig QeaaaXiyirj vjtb ro KeQy.eviy.ov oQog Steph. Byz. war eine
299; Sivoxxtx) Tanagräerin l-iS^^v. IV, 299; ^^iloxrls Tanagräerin ui&rjv.
III, 171.
Die epirotischen Inschriften von Dodona. 279
Grenzstadt zwischen Epirus und Thessalien ; Steph. Byzant
nennt sie QeoaaXix/j , aber das Kerketiongebirg, unter dem sie
lag, gehört zu Epirus (nach Bursian Griech. Geogr. I, 13).
Z. 5 habe ich CE)Toi^iaxov statt des unmöglichen Namens Toi-
(.layßv geschrieben; '^Erol/naxog steht iür '^ETOijtiojuaxog me '^Etoi-
f.iaQiöag für ^ETOi(.iOf.iaQidag und enthält vorn '^Etoi/lio- wie
^ETOijLwuX^g, 'Eroi/nagidag, '^Erol^irj. — Der Stammname Xiqa-
ÖQog ist sonst nicht nachgewiesen, zu (^'A[.iv)f.ivog vgl. XXXI, 1
id(.lV[.lVtOV ÖS.
PI. XXX, 3. 1 {&enoT)vxcaE7ti7tQOGz{axai.ioXoGao)v) 2
aagiOToßoilaxai— 3 o(piXi7toveXev{^SQova(fitvTL)
4 (E7tLX)vaei(.iaqxvrEod — 5 . . . iooXaiÄioy.oga(.ia — 6 . . . oaq-
yi(d^i6va)da/ii — 7 — lov.
Qeog Tvxat. 'Errl rcQoarctTa MoXoaacüv Miviog ^AqioroßovXa
'Kai — — g (DiXinov iXevd^sgov acpUvri, ertl Xvoei. MccQzvQsg
J — — log^ u4af.doy.og l4ua g l^gytd^uvg Ja^i lov.
8711 XvoEL ist ergänzt nach XXXII^ 1 {e7t)iXvo8L. Die übri-
gen Ergänzungen sind nur Versuche.
PL XXXII, 1. 1 {fi)evaXao{o) ... 2 ov-
aTtEXv{OEv) 3 {Ert)iXva£iTQiiü{vf.iva) 4 {vErci^ftQootataTtoXit
5 (. . . .)(pEidoXaov/iiaQ 6 {t)vQEoaQi.iEvooaXE^ 7 avdqoGavö g
8 cpELÖvXaEv .... XoL 9 XcüttolXvoo oo 10 /.EXaid^oo.
— MsvsXaog — ov aTriXvoEV sni Xvoei tqiwv f.iväv stiI
TtQoaTdxa UoXiziaqxov) 0EiöoXaov. MccQtvQEg "L^Qfisvog l^Xs-
^avdqog l4vdiQ0fiEvr])g 0EiövXa Ev KoiXiotcoi Avog — og Ke-
Xaid^og.
4 ETtl XvoEL TQuöv (.iväv gegen Entrichtung von 3 Minen.
So nach Ran gäbe Archäol. Zeitung XXXVI, 118. f.iväv tqlwv
ist eine sehr häufige Loskaufsumme in den Delphischen Frei-
lassungsurkunden.
Rangabe bemerkt a. a. 0. mit Recht, dass tvoXlt den
Anfang des Namens des Prostates bilde; die einzigen Namen
die hier in Betracht kommen, sind TloXixag, TToXiTEidag, JToXIt-
oQxog; der erste ist zu kurz, also ist einer der beiden andern
zu setzen. Z. 7 ist statt des Ungeheuers 0EidvXaEvg zu schrei-
ben 0EiövXa Ev — , 0EiövXag ist gebildet wie JrjßvXag u. a.
KeXaid-og Z. 10 XXX, 1 auch XXXIII, 1, ist Name eines ejji-
rotischen Stammes vgl. Steph. Byz. KiXai&oi, s&vog Oeotvqü}-
280 A. Fick
tiTLOv TtQOoeyJg tfj OetTaXia. '^Piavög d'. XiyovTai xat Kelai
^dg. Vermuthlioh die ^Yd^iY.eg Homers.
PL XXXIII, 1 ist mit XXXIII, 11 zu verbinden.
1 dioö 2 QcoQoa/tQoo 3 Xai^ov/iiaQ(Tv)QEOToi6 4
a€a/iißvay.€X{ai)d^oaq)iXX 5 eiaoy,iXai^oa.
NN Jiodiovaiog NN ndgwQog — TtgooTarwovrog NN Ke-
Xai&ov. MdqxvQeg toi da . . af.ißvg KsXai^og, QiXX . . . eiag Ki-
Xaid^og.
KiXatd^og ist jüngere Schreibung für KsXaLd^og, wie L^yl-
Xaiog neben L^yeXaiog, IdyiXaog.
PI. XXX, 1. 1 (d')€oa(tv)x(xccycc^ccßo-,(ayioa) 2 (poqfxio-
voa£X€vi.xaav{ti) 3 q)cc£vxiJt)sXsvd-€Qavacpi8v(Tiav) 4 toiaTtavTcov-
■Kaiziovey.yo{viovav) 5 Tavycaiy€voosKyev£aa{€7t€ißoi) 6 axoaxai-
dauvayoQaT£X{€VTaa) 7 tüVTLy,aiq)OQf.iia}f,oarjßa(arjL . .) 8 7t£i-
ad-aL07iaiy.ad^£Xri{Lf.iaQTvq) 9 £aXayoQogßaT£Xa)i 10 Xoa-
07tXaLvoo7toXv7t{£id^riöOTt) 11 XaLvoooi(.uaoy.£Xa{id^og).
0£Og Tvxa ccya&d. BoloKog Q)OQf.tLOVog ^Ex£viY.a Idvxicpa Ev-
yw sX£vd^€Qav dq'Uvn avtol ocTt avtiov v.al tujv s/.yovcov avTccv
Y.ai yivog Iv. yaveag, £7t£iäv BoiOKog y.al ^afivayoQa TEXevzdawvn
nal (DoQixiöy.og rjßäorji . . Tteiad^ai OTtai yf.a d^sXrji. M(XQTVQ£g
yldyoQog BuTaXcoi — Xog ^0/rXalvog, noXv7t£id-r]g 'OjtXalvog, 2i-
/iiiag KeXai&og.
Der letzte Buchstabe Z. 2 scheint N, Z. 3 lese ich statt
0yl(EYXn) 0^ und gewinne dadurch zwei mögliche Namen:
l4v{Ti)cfaEvxcü; mit ^Avrlcpa gen. m. vgl. Idvzicpdtrjg^ "^vti(pog,
lAvtKfiov, mit Evxio'. Eirxwv Evxrjviog. —
Z. 7. 8 T€X(£VTda)cüVTL ist hergestellt nach ähnlichen Be-
stimmungen in den delphischen Freilassungsurkunden z. B. W.
F. 189, 12 'Eual di */a T£X£VTdorji KgiTÖdaiiiog, iXavd^aQOL I'otwv
Maicpdrag xal l4i.if.ua xzX. 200, 4 ^Ertel de xo TsXEvraorji Miv-
avögog, sXavd^EQOi sovtwv xrA. 52, 9 S7t£l de xa z£X£vzdöiovTL
KaXXiOTQaxog y.al Qav/.iiov "mX. —
Z. 7 rjßdörjL habe ich ergänzt nach den ähnlichen Bestim-
mungen W. F. 306 ITaga/iuivdTü) ös Evrvxog rtagd ^aoTtav —
axQi ov y.a 6 vag avzov GEOcpiXog sv dXiv.iav eX&iov yvvaly.a
Xdßrji; 300, 7 naga/navirtü de uivdbg nag l4y^aiov axgi xa
avöga Xdßrji L^yrjaiov xtA.
In — 7i£ia&ai onai xa d^tXrji muss ein Ausdruck für die
Die epirotischen Inschriften von Dodona. 281
freie Bewegung der Freigelassenen liegen, entsprechend den
P'ormeln der delphischen Inschriften: Ttoeovaa b yia ^elrjL yial
ciTtOTQexovoa olg xa d-slt]L z. B. W. F. 301, Ttoiovaai b xa d^a-
IwvTi, xai Ttogevoj-ievaL oig xa O^eltovri 290, Ttoeovaav b xa d^e-
h]L xal et d^slrjt 323, Jtoieiv b xa &sXi]l, uf.iEv el xa i^ilrjt, 336,
dvaoTQeq)6fievov et xa d-elrji 321.
PI. XXXII, 4, 1 d-eoaTvxaif.i€vioalva{avia£Q/ii) 2 lova-
sQ(j.(x)V7t'co(Ktf.iaLOv) 3 ^6vixatXvaia{7t£kvaav) 4 itiaQTVQEoaye-
la{og 5 {TQi7to)XiaioLÖafÄOG(&evr^g).
Qeog xv^ai. Miviog ^voavia 'Eg/mova "Egf-icüv Jflroksfxaiov
^evixäi, Xvai aTteXvaav. MagTigeg IdyiXaog — TquioXIolol
Jafxoö&ivrig.
Z. 1 scheint der achte Buchstabe ein verlesenes l zu sein;
C. liest V, aber ^Yftevoig ist kein Name. — Xlolol Z. 5 ergänzt
sich zu TgiTioXloLOi vgl. TgiTtohaooi, td^vog GsoTCQCDzixdv,
ovg xal TQLTVoliaaiovg xmIci ^Fiavög ev toi TtevTexaidexavo)
Steph. Byz. s. v.
PI. XXXIII, 5. 1 . . arpLrjOL — 2 . cpiXod^Lv — 3 aiysve-
avxa — 4 öTovartav — 5 eracpiXoG — 6 {(.ia)QTVQac — 7 — ava — .
Etwa — dfpirjöL tXevd-eqav 0iX6&iv avtdv xal yevedv xal —
elg Tov arcavTa xqovov l4QeTdq)LXog' MccQrvQeg — ava — .
PI. XXXIII, 7 sind nur wenige Worte zu erkennen : Z. 3
MttQTVQsg, Z. 4 — 5 KsrpidXov), Z. 5 Evywv 'ÖTtXalvog oder
'ÖTtovog. Mit dem sonderbaren Ethnikon ^Ojtovog hängt viel-
leicht zusammen St. Byz. 'Eicovia, TtoXig, /} vvv ^A^ßqaxia
(jj TtQOTSQOv naqaXta).
Freilassungen in der Form der Weihung an Zeus Naios
enthalten die Inschriften:
PI. XXV, 1 (auf einem Spiegel). rtoXv^eva \ xayt j vav-
Tid-t] I TiToidt \ xaLXQTjuaTa.
HoXv^eva Täyrjv dvxLd^YjTL twl Jl xal XQ^f^^^^c^-
Täytj ist Name der dem Zeus geweihten Sklavin „Polyxena
weiht dem Zeus die Tage und deren Habe", vgl. z. B. 'Av€&rjxe
^laxQicov ATieiQOJTag twl IIoHoidavt '^HqaxXidav avtbv xal
tavTio Hermes III, 449.
PI. XXIX, 4. 1 —aivaioi 2 — covai 3 — sasvxiov 4 — /nvcov.
282 A. Fick
Etwa Jd dvtiü^rjGL Naiot /.al Juovai. MaQVVQsg Evxiov —
Mvcüv.
PI. XXXIII, 12. 1 — Ttixtaa — 2 —o/na — 3 — vaoiyia — .
Wie es scheint wird ein aiS/ita avögelov, ojl ^EnrAiaq ovof.ia,
Jii NdoL xal Jibivai geweiht.
Eine Freilassung in der Form eines Loskaufes enthält PI.
XXIX, 3:
1 d-€o(aTv)x(Xf^ccTvöiyia 2 7to{lv^)svove^E7tQiato 3 (7taQÖ)ci-
f.io^evaaf.ivaa 4 (aQ)yvQiov/iiaQTVQ€a b aXe^avcügfamdaa 6 ..o-
TtaiooEvxlsLÖctö 7 (€7c)ivataQX0Vfi£V£yaQ 8 (^f.iov)Eni7tQOOOTaTai.wX
9 (oaa)ovay6alvoa 10 — g? (foivaroi.
Oeog Tv^a. MarvöUa Uolv^ivov i^sTtgiaTO Ttdq Ja^-io-
^£vag /iivag aQyvQiov. MccQTVQsg Idle^ävioq favTidag ^'/.ortalog
EtTilsidag. 'Eni vaiccQXOv MevsyaQ(.iov , irtl TTQOOOTata Mo-
Xoaaov 'Ayia. Avog — — g (DoiväToi.
Z. 5 faTTidag, Digamma kommt sonst nur noch XXXI, 1
(d)rpir]zi, /sldvg vor, — Der valagxog ist der Oberpriester des
Zeus Naios. — Der Prostates hiess wohl MoloaaSg l4yea Molos-
sos Sohn des Ageas. — Der Name ylvog findet sich auch
XXXII, 1, vgl. ylviüv EvQWTtLog T. I, 114. — Der Stammname
OoivaTog auch XXVII, 2 KqaXvvg (Doivarog. — Das sonderbare
Zeichen Z. 10 zwischen <? und (p weiss ich nicht zu deuten.
III. Inschriften verschiedenen Inhalts.
PI. XXXII, 3. 1 — vaywvod^e — 2 ÖQO/uayov — 3 wv-
d^sartQcor — 4 — TOivaixoiev — 5 —exa.
Bezieht sich auf die JSdia, die heiligen Festspiele zu Eh-
ren des Zeus Naios, vgl. PI. XXV, 2 Irrt dywvod^ha Mayd-ca
IlaQ^aiov Ja Ndov (sie) xat JuovaL. Die vai'KOiev — sind
wohl vaiKol svO^vvoL ? Demnach etwa zu lesen : — rov dycovo-
i^hav . . . l4vdQO(.idyov xö xoivov tojv QeortqioTwv xal oi vaixol
PI. XXXII, 7 vielleicht eine Schenkungsurkunde:
1 aKOQ — 2 avTa}i>:aty(ev€ai) 3 £7ti7tQoaTa(ia) 4 oadiw-
Xea — 5 oyoooQiaT{rig) — {f.iol) G oooiovbTCi — 7 {d^aooxvya.
Die epirotischen Inschriften von Dodona 283
Z. 5 — oxog 'OQidT{rjg) bezieht sich vielleicht auf den nur
von Livius 45, 26 erwähnten Ort Horreum.
PI. XXIX, 1. 1 iyeooTvya (r) 2 aiav/iif.i{oQLai)
3 diöcoTi, (x) 4 airaeTiiTtola 5 aTtavraaQOv 6 QavayxoaaioL
7 Xeif-iiovaETt 8 ad^egiioiafme 9 Xovan:aQxoTai:<(ai) 10 oiy.o-
Ttedov 11 (s)rti7rQoaTTa 12 (liiv)aacovoa 13 (x£)?.aid-ov.
Rangabe Archäol. Zeitung XXXVI, S. 116 denkt an eine
Schenkung der Stadt Dodona an die Syramachie der Epiroten
und ergänzt darnach Z. 2 rat GV(.i(.iaxiaL ; da aber die Zeile
nicht mehr als höchstens 15 Buchstaben enthalten zu haben
scheint, so lässt sich eine Ergänzung im Sinne Rangabe's
nicht vornehmen. Ich ergänze Z. 2 xai avfi/noQLai und nehme
an , dass Z. 1 der Name des Schenkenden gestanden ; Ver-
mächtnisse an die Symmorien kamen auch sonst vor, vgl.
Mommsen Rom. Geschichte ^ 699. — dy Koaaioi, stt Idf^egicüi,
7tdQ Kotai hat Rangabe richtig als Ortsbezeichnungen mit
den Präpositionen dvd, STtl, Ttaqd erkannt. ■ — Z. 3. 4. 5 {%)al
%d hiinoXa (xrtavxa. Es ist nicht zu ändern; ETiinoXa ist so-
viel als iTtiTtXa und eine dialectische Nebenform dieses Wortes. —
Z. 12 Statt Mvdoiovog kann man auch ^rdacovog, OQdaayvog,
Qqdocüvog ergänzen. Das Ganze ist etwa zu lesen :
Qebg xvya. [IdyLg) zäi ov(.if.ioqiaL didtoTL Tctv yäv -/.al td
erciTtoXa ccTtavza, dqovqav dy Koooojl, Xeif.iiova etv ^^aquoi,
df.i7tiXovg Ttaq Köxai v.a.1 olxOTtedov. ^EtzI 7iQoaT{d)xa Mvdoio-
vog KeXai^ov.
PI. XXXIII, 3. 1 — oevrtle — 2 — QvovvLaqxa — 3 ov-
ygaf-iixa — 4 — ayevvaiov.
Die zweite Zeile enthält die Ethnika (Ovo7te)qvov Kaqta-
(idvov) oder Kaqzdirov), vgl. S. 273, Z. 3 und 4 die Namen des
Schreibers yqaf.ii.ia{i:evovTog oder yqafxi.ia{rsog) . .. a Fewalov.
Das Ethnikon Fevvalog ist wohl zweifellos identisch mit dem
von Rhianos erwähnten Molossei stamme der revoaioi, bei Steph.
Byz. revoaioi, td-vog Moloooiag, artö Favöov dqyovzog avTWv,
'^Piavog TeTdqrrj QemjaXiyMv.
Die hiermit, bis auf wenige allzuwinzige Bruchstücke und
die Inschrift PL XXXII, 2 wiedergegebenen öffentlichen Urkun-
den der Molosser und Epiroten, welche Carapanos Ausgra-
284 A. Fick Die epirot. Inschriften von Dodona.
bung von Dodona ans Licht gebracht, sind die einzigen zuver-
lässigen Quellen des epirotischen Dialects. Die Weihinschrifteu
sowie die Bleitäfelchen PI. XXXIV — XL stammen grossentheils
von Ausländern, sicher epirotischen Ursprungs sind nur wenige.
Auch das dialectisch interessante Stück PL XXXVII, 4 scheint
mir nicht von einem Epiroten geschrieben zu sein. Ich er-
wähne dasselbe wegen Z, 1. 2 (TCOQSvö/iuvos) 07ivoy.adoY.rjL d. i.
OTivg yia öo/.rji „wohin es beliebt", wodurch wieder einmal eine
Grammatikerangabe gerettet wird. Ammon. de dijßf. (Ahrens
dial, dor. 361) sagt Ttvg — trjv slg totcov orjfiaaiav drjXol und
belegt dies 7cvg mit einer Stelle des Sophron: Tvvg elg juvxov
xaradvjj. Ohne allen Grund ändert Ahrens niig in uolg, das
ja allerding häufiger z. B in den Delphischen Freilassungsur-
kunden vorkommt. Tivg ist ganz richtig ; es ist jetzt durch die
oben citirte Stelle unsrer Bleiinschrift oitvg xa öox^l bestätigt
und vor Correcturversuchen gesichert.
Schliesslich bemerke ich, dass ich die Uebersicht, welche
nach Rhein. Mus. XXXIV, 160 neuerdings Bursian von den
Ergebnissen der dodonäischen Ausgrabung geliefert (Sitzungsbe-
richte der bayer. Akademie, philos. philol. Classe vom 1. Juni
1878), bisher nicht habe zu Gesichte bekommen können.
A. Fick.
Zur Siegessäule des Damonon.
Die Deutung von Z. 30 ist Fick in seiner Besprechung
der Damononinschrift o, S. 127 noch nicht gelungen. Ich
glaube, dass die fraglichen Worte zu lesen sind /.al o xslrj^
ivUrj und nehme dabei vjhj^ als lakonische Form für ytekrjg in
Anspruch, die denselben Metaplasmus zeigt wie xXc<§ (xA^xa
und Tiläzag auf der Mysterieninschrift von Andania Z. 92. 93)
und OQvi§ (Ahrens II S. 243). Dasselbe Wort xe'Aiyl kehrt
Z. 37 und, wenn ich nicht irre, Z. 13 am Schluss wieder, wo
auch Fick oy.ske aus den Spuren herausliest. An dieser letzte-
ren Stelle kann auf 6 xfAry^ nicht wie in Z. 30 fvi'xr] gefolgt
sein, denn in der 14. Zeile steht vor aurog dvioxicov ein deut-
liches ^, das auch von der Leake 'sehen Abschrift gegeben
wird. Es scheinen drei Zeichen davor zu ergänzen sein; viel-
R. Meister Zur Siegessäule des Damonon. 285
leicht HAMyi = a/m, das auch Z. 30 in Uebereinstimmung
mit der geringen Spur eines Zeichens, die von den Herausge-
bern (Mittheilungen des deutschen archäologischen Instituts in
Athen II S. 319) ergänzend angemerkt wird, nach hLY.rj ge-
schrieben werden könnte. Also in den sieben Wettkämpfen zu
Helos und in den acht, welche zu Ehren der noch unbekannten
Ariontia abgehalten wurden, siegte Damonon sowohl mit seinem
Füllengespann als auch mit seinem Rennpferd.
Zu bemerken ist übrigens, dass nach Tansanias V, 8, 3
Rennen für Füllengespanne in Olympia erst seit Ol. 99 einge-
führt wurden. Anderswo muss das also wohl schon eher ge-
schehen sein.
Schliesslich will ich noch darauf hinweisen, dass der Diph-
thong OL im Poseidonnamen den Arkadern mit den Lakoniern
gemeinsam war. Neben Iloooidävog auf der schon früher be-
kannten tegeatischen Inschrift Rang. 2238. Lebas 335* stellt
sich auf der von Foucart gefundenen Inschrift von Mantinea
(Lebas 352p) noaoiö[a]iag, wie für IloGoidXiag auch Röhl
(Mittheilungen des Instituts in Athen I S. 233) vermuthet.
Leipzig. • R. Meister.
Die lateinischen Praesentia auf -Uo.
Ueber die Bildung der lateinischen Präsentia mit dem
Ausgange -Uo herrscht keine Uebereinstimmung der Ansichten.
Corssen erklärt Krit. Beitr. 307 £ Voc.2 I 225 das // von
fallo cello jJßlio pollit tollo aus Ij, das von veMo aus Iv, Voc. II
158 dagegen das letztere aus In, mit Zustimmung G. Meyers
(Nasalstämme S. lOG), der die gleiche Entstehung des II ausser-
dem auch m\eello „rage" annimmt, Curtius scheint zu einer
abgeschlossenen TJeberzeugung in der Frage nicht gelangt zu
sein, wenn er Grundz. ^ S. 220 bemerkt, dass tollo „vielleicht"
mit Corssen aus toljo zu erklären sei, oder Verb. I 290 die
Identificirung von ocfdllco und fallo nur unter der Bedingung
für möglich erklärt, dass auch im Lateinischen gelegentlich Ij
zu II werde. Auch Schleicher (Compend.^ §. 293) schwankt;
er hält es für das Wahrscheinhchste, dass die genannten Verba
zur Ja-Classe gehören, lässt aber die Möglichkeit offen, dass
ihr // aus hi assimilirt ist; eine dritte von ihm aufgestellte
286 F. Froh de
Vermuthung, dass vielleicht das Lateinische die Verdoppelung
selbst als eine ihm eigentümliche neue Art der Präsensverstär-
kung gebraucht habe, lässt sich nicht weiter begründen. Fick
endlich (zuletzt in dieser Zeitschrift II 207) neigt dazu, in dem
II der bezeichneten Präsentia nichts weiter zu sehen als eine
durch geschärfte Aussprache aus einfachem l entstandene Ver-
doppelung.
Ich versuche im Folgenden den Nachweis zu führen , dass
dieses II Assimilation aus In ist, und werde zu diesem Behufe
zuerst die Entstehung des II im Lateinischen einer eingehende-
ren Untersuchung unterwerfen. Da nun aber das II von meh-
reren in Rede stehenden Bildungen auch in abgeleiteten Ver-
ben und Nominalformen erscheint, so wird es zweitens nötig
sein festzustellen, in wieweit im Lateinischen die hier in Be-
tracht kommenden Präsensstämme als Nominalstämme gebraucht
werden. Ich werde dann drittens zusammenstellen, was sich
von Seiten der Etymologie für meine Auffassung ergiebt.
I. Die Entstehung des iL
II entsteht im Lateinischen auf zweifache Weise: 1. durch
geschärfte Aussprache aus /; 2. durch Assimilation.
1. II aus 1.
Nicht überall, wo sich II neben l findet, ist dasselbe aus
diesem durch geschärfte Aussprache entstanden ; häufig ist um-
gekehrt l aus U durch Vereinfachung der Doppelconsonanz her-
vorgegangen. Eine solche tritt indess nur ein in zwei Fällen:
1. bei vorhergehenden von Natur langen Vocalen, nach denen
II nicht sprechbar war; 2. nach kurzem Vocale bei folgendem
/. weil „vor diesem das zweite l in der Verbindung lli zu schwach
mitklang, um deutlich gehört zu werden und daher häufig nicht
geschrieben wurde" (Brambach, Neugestaltung der lat. Ortho-
graphie p. 258). Entstehung des l aus // ist für folgende Wör-
ter anzunehmen:
haVtStmcius (Or. inscr. 4066) neben baufMa (Schneider Lat.
Gramm. I 409, Brambach Hülfsbüchlein für lat. Rechtschrei-
bung p. 27). Das Wort stammt von ßaXki^M in der vorauszu-
setzenden eigentliclum Bedeutung „werfen". ^^
Duilms^ehen DuH^iti.^, alt DiieHi^s (Brambach a. 0. p. 35)
Die lateinischen Präsentia auf* -llo. 287
Der Name ist abgeleitet von du\llum , dessen // jedenfalls auf
Assimilation beruht. Das nämliclte Schwanken zwischen l und
II zeigt sich auch in anderen Namen (bei Schneider a. 0. 408,
Corssen Voc. I 227), deren Grundstämme grösstenteils verschie-
den angesetzt werden können. Vereinfachung der Doppelconso-
nanz ist wol anzunehmen in Figelia , Caerelia neben Figellius
Caerellius, die auf den Deminutivstämmen pgello- caeseUo- be-
ruhen. Ebenso wird zu urteilen sein über Aqiulms (Ellendt zu
Cic. de or. II 45, 188) neben AqiiüUus (Klotz Jahrb. f Phil.
Bd. 17, 202», für die sich leicht ein Deminutivstamm ^aquillo-
aus *aquilu-lo von aquüiis (Paul. Epit. p. 2&) construiren lässt.
Neben ButUius ist kein *.Ri(tillms überliefert, muss aber wol
vorausgesetzt werden, wenn man nicht annehmen will, dass
das i durch die falsche Analogie von Namen wie Sennlius
Manilius hervorgerufen ist; Schmidt's Ansicht (Voc. II 346),
dass l auch im Lateinischen dehnende Kraft ausübe, scheint
mir durch die dafür angeführten Beispiele belua und ■pülex
nicht bewiesen (s. u.). Wenn PH^h(s unmittelbar y^on jjetUus
„düniv^ager" stammt,' so muss in 7^?i<(Zms Entstehun^*'^4ßs II
aus i ang*§Bommen w^^en. Noch unklarer sind die Grunds^
stamme von LncAlms Po2)ffi%s u. a., neben denen Lucillius Po-
pillius bestehen.
zlico (Ritschi zu Plaut. Trin. 608) für illico aus in loco
„auf der Stelle".
Messälina (Lachmann Comment. Lucret. p. 32) neben Mes-
salla aus '^Messänula wie HlsjxtUus aus *Hispdnulus (Corssen
Voc. II 531). Für MessaUa findet sich auch Messäla, während
Hispälus schlecht bezeugt ist (Brambach a. 0. p. 47).
mustela aus mnstella (Plaut. Stich. 499 R.). Das Wort
entstand aus *mustedida, einer Bildung wie acredida, ficedula,
monedula, nifedula, aus dem es zusammengezogen ist wie 7ii-
tella (Mart. V 37 ed. Schneidewin) aus nitedula (Lachmann
a. 0. p. 204) ; das bei Plin. bist. nat. 8, 57 ed. Sillig überhe-
ferte nitela , welches von Lachmann (a. 0. p. 33) verworfen
wird, verhält sich zu nitella wie mustela zu mustella. Die
Schreibung mit // ist die etymologisch richtige, denn dl wird
im Lateinischen, ausser etwa nach Diphthongen, regelmässig II,
wie die Formen grallae rcdlum sella lapillus pelluvlum Bullus
(W. rudh) TuUus (W. tud in Tudümms) beweisen; fUum
kann weder für '^ßd-Jmn stehen und mit fides „Saite" verwant
288 F. Fröhde
sein, noch lasst es sich von W. hhandli, die in offendimenttim
und offendices erscheint (Schmidt Voc. I 127), ableiten, sondern
ist wahrscheinlich mit Fick (Beitr. II 188) zu lit. g/ßla „Sehne"
zu stellen. Gewöhnlich erklärt man seala aus *scandla; es
hindert aber nichts die Annahme, dass das Wort aus *scmul-sla
durch die Mittelstufen '^scansla *scasla entstand (wie pilum vi-
lis u. a. aus *pinslmn *vislis) und das Suffix sla (in äla mala
pdlus telum velum u. a.) enthält, über welches Osthoff (Forsch.
I p. 190 if.) zu vergleichen ist. Ebenso muss j)äla „Spaten"
erklärt werden, wenn es mit Osthoff (a. 0. p. 163) zu pando
und nicht wie ixtstinum zu W. pas in ksl. pachati (ob. I 195)
zu ziehen ist. Dagegen kann caelum „Meissel" für *caed-lum
stehen , weil U nach dem Diphthongen nicht sprechbar war. —
/ olim neben oUus ,, jener". Das Jl des letzteren entstand
/aus nl, ist also ursprünglicher; der Grundstamm ono- ent-
I spricht dem lit. ana- skt. ana- (P'ick Wörterb. I 122).
' paelex pelex aus pellex. üeber die Schreibung vgl. Fleck-
eisen Fünfzig Artikel 23). Das Wort ist das griechische rcäl-
la§; wäre es acht lateinisch, so würde die Vereinfachung der
Doppelconsonanz nicht eingetreten sein. Wegen des Vocals
vgl. pessulus: Jtdaaalog.
Paidina 2)aulisper paulatim paulo neben Pmdlus Paidla
Polla. Die Schreibung der Wörter schwankt; genauere Nach-
weise gibt Corssen Voc. II 531. 1025. Das U muss etymolo-
gisch begründet sein, denn an Entstehung durch geschärfte
Aussprache nach dem Diphthonge ist nicht zu denken. Cors-
sen erklärt den Stamm pjaullo- wol richtig aus pau-lu-lo, wie
Stella hilla stilla u. a. aus *stelu-la *hilu-la *stüida (aus *sterida
*hirula *stirula) entstanden. Andrerseits wird Lachmanns Er-
klärung des II in paullo aus cl durch Corssens Einwand, dass
e vor l nicht ausfalle, wie deutlich zeigen sollen die [dichteri-
schen] Formen periclum poclutn oraclum u. s. w. (Voc. I 641 A.),
nicht widerlegt; denn II entstand aus cl in villa aus *incula
und in vervella, Deminutivum von vervex. Das Deminutivum
pauxillus ist wol Analogiebildung nach den ganz verschiedenen
paxillus axilla u. s. w.
Polio neben besser bezeugtem PoUio (Brambach Neugest.
p. 260). Der Name wird abzuleiten sein von polleo, dessen II
aus In entstand (s. u.). ""^ "
Solitaurilia (Festus p. 293 M.) neben sollus; vgl. Corssen
Die lateinischen Präsentia auf -llo. 289
Beitr. 316. Das II des letzteren ist Assimilation von Iv , also
ursprünglicher. Schlecht bezeugt sind die Formen solers soli-
curia soliferreus solemnis für sollers u. s. w. (Corssen a. 0.
Voc. I 225, Brambach Hülfsbüchlein p. GO).
vilicus (Ritschi Prol. p. 102, Brambach a. 0. p. 65) für
villieus, wie Ellendt Cic. de or. I 58 schreibt, von villa, dessen
II auf Assimilation beruht (s. o.).
Keine Gewähr hat Lachmanns stilicidium (Brambach Neugest.
p. 260). Andere Wörter sind etymologisch unklar und lassen
daher nicht erkennen, ob die Schreibung mit einfachem oder
die mit doppeltem l die ursprünglichere ist. Allia Alliensis
sind besser bezeugt als Alia (bei Plut. lAliag) und Äliensis
(Wagner Orth. Vergil. 415, Brambach Hülfsbüchlein p. 24);
ebenso ist die Ueberlieferung für die Schreibungen Sallustms
(Schneider a. 0. p. 414) und Sallentini (Brambach a. 0. p. 59);
stelio dagegen (Lachmann a. 0. p. 33) wird von Brambach
(a. 0.) mit Recht verworfen.
Andrerseits nun ist II aus l durch Schärfung der Aus-
sprache entstanden in folgenden Wörtern:
allium aus älkim. Dieses ist die ältere Form, überliefert
z. B. Plaut. Most. 48 R. (Brambach Hülfsbüchlein p. 24, Wag-
ner Orthogr. Vergil. 416); die jüngere Form allium z. B. Plin.
h. n. 19, 6 wird von Probus verworfen. Das Wort ist abge-
leitet von älmn „wilder Knoblauch" und wol verwant mit skt.
älü „Wurzelknolle" (P. W. V 1122). Zusammenhang mit aXläg
„Wurst" ist nicht erwiesen.
altitclnari nebett~afecm«r/. "--^handschriftlich sind beide For-
men gleich gut bezeugt (Brambach a. 0. p. 24). Die Etymo-
logie entscheidet für die Priorität des einfachen l, denn der
Stamm ähi-, von dem das Wort abgeleitet ist, entspricht (vgl.
Cloatius yerus bei Gellius 16, 22) dem griech. «Av- in dhvta^
dessen a bei Homer mit Ausnahme einer Stelle t 398 aller-
dings kurz, bei den attischen Dichtern dagegen z. B. Soph.
Phil. 173. 1194 Electra 135 Dind. lang ist. Die Länge er-
scheint ferner in i]Xa6g {cpqsvag ß 243), welches sich zu tjXv-
verhält wie ddelq^eog zu deXipv-, i^id^eog skt. indhdva zu skt.
vidhüy hang zu eVü- in tTV(.iog u. a. ahm) bedeutet ,>«i;^irrt,
aussie¥--.§ich sein vor Schmerz oder Freude" und stimmt so wei-
ter zu altn.'^fi^;^ „trüTiken" (Meiti laetitia convivalis.
hellna aus belua (Brambach a. 0. p. 27). Die spate Schrei-
Deiträge z. Kiiade d. ig. SprarhGu. lil. j^Q
290 F. Fröhde
bung mit II verdankt ihren Ursprung wol der Ableitung von
bellum (Paul. Epit. p. 33 ; vgl. Schneider Lat Gramm. I 410).
Job. Schmidt (Voc. II 347) versucht das einfache l etymolo-
gisch zu begründen, indem er das Wort mit gr. cpdkXr] (fä'kr]
identificirt und dieses aus (fäXfrj erklärt. Von Seiten der Be-
deutung ist diese Etymologie sehr ansprechend, in lautlicher
Beziehung jedoch nicht ohne Bedenken. Namentlich finde ich
kein Beispiel, welches bewiese, dass das Suffix va sein /; nach
I im Lateinischen vocalisirte, denn dichterische Formen wie
silua jMms_^}}^iviV pelvis (Laber., Caecil. bei Nonius p. 543, 27)
sind für belua natürlich nicht beweisend, während Iv eine im
Lateinischen sehr beliebte Lautverbindung ist. Auch Schmidts
Erklärung der Länge des e, die er der dehnenden Kraft des l
zuschreibt, überzeugt nicht, weil sichere Beispiele für eine auf
solche Weise entstandene Vocallänge im Lateinischen fehlen;
Pictets Vergleichung von j^^lex mit skt. ptilaka „eine Art Un-
geziefer" (vgl. Curtius Grundz. ^ N. 562) gilt mir als ein sol-
ches nicht.
calUdus „weissstirnig" aus ^'cCiUdus umbr. kaleruf q^Wx^os
(Aufrecht u. Kirchhoft' II 210, Job. Schmidt Voc. II 354).
, Weitere Combinationen bei Schmidt a. 0. und Fick Beitr. II 197.
cucullus „Hülle" neben skt. kükuki. „Hülse" (Schmidt a.O.
II 226). Das abgeleitete cla:r>Hllo wird bei Cato r. r. 2, 3 mit
einfachem l g'Ssebrieben, welches entweder ursprünglich oder vor
dem i aus U entstaffden ist.
{cücntkiä „Kukvii^" (Hör. Serm. I 7, 31 Holder) neben äl-
terem cucülus (Plaut. Trin. 245 R.). Etymologisch lässt sich
die Priorität des / nicht sicher begründen. Entweder entstand
das Wort aus ^'awüg-lits und beruht auf dem im gr. zdxxt'^
erscheinenden Stamme x^SMug/-, oder es stammt von der Wur-
zel cncu- lit. k^^ö^^X^iixtiusN. HG, Fick Wörterb. I 50) di-
rect ab. ^'**"
-ella- aus -ela. Die ältere Form des Suffixes ist -ela
(Schneider Gramm. I 414, Brambach Neugest. p. 259); sie hat
sich bis in die sinkende Kaiserzeit erhalten bei vorhergehender
langer Silbe (Lachraann Comment. Lucret. p. 203): candela
*) Wäre niclit das griecli. nekUi, so würdo man diese Form für
die. iilttrn lialttn und mit skt. jmltivt idfintificiren dürfen; pehu's würde
sich zu ilir vorliaUen wie dicht. 7ni/vits zu miluus.
Die lateinischen Präsentia auf -llo. 291
cantela corruptela clientela custodela mandatela suadela sutela
tiitela. Dass auch in den bezüglichen Bildungen mit vorherge-
hender kurzer Silbe wie querela ehemals einfaches l geschrie-
ben wurde , bezeugt Papirian bei Cassiod. p. 2290 P. ausdrück-
lich: querela apud Latinos per unum 1 scribebatur, sicuti
suadela, tutela, candela. .. nunc autem etiam querella
per duo 1 scribitur. Hier aber trat in nicht fest zu bestimmen-
der Zeit auch // ein; querella und medella finden sich im Ed.
Diocl. (301 n. Chr.) und in nicht datirbaren Inschriften bei
Corssen Voc. I 22Q; handschriftlich bezeugt ist ohsequella bei
Plaut. Asin. I 1, 50, fitf/ella bei Cato (Prise. I 88 H.), querella
bei' Virgil (Ribbeck Prol. 429), medella^ sequella bei Gel-
lius IV 13, VII 1, 9H. ; dagegen confu(/ela obsequela bei Paul.
Epit. 39. 192, fovela, monela, sequela bei TertuUian. Die Ver-
doppelung des l kann durch die falsche Analogie der Deminu-
tiva auf ella, von denen die überwiegende Mehrzahl gerade
kurze Stammsilbe zeigt wie capella, tahella, ecdella , patella u.s. w.,
hervorgerufen sein. Es fragt sich nun, wie die Länge des e in
dem Suffixe zu erklären ist. Da ich ela für die ältere Form
desselben halte, so kann ich der Ansicht Schmidts, der (Voc.
II 360 A.) ella dem gr. eiylrj z. B. in ysvad-lrj gleich setzt,
nicht zustimmen, denn f-Laut + / wird im Lateinischen II
(s. o,), ein durch Assimilation entstandenes U aber bleibt ausser
in den bezeichneten Fällen erhalten; die Formen Duelonai
tahelai im SC. de Bac. können hier natürlich nicht in Betracht
kommen, auch helvela bei Paul. Epit. 103 muss, wenn es rich-
tig überliefert und nicht helvola zu lesen ist, aus der Zeit stam-
men, wo die Doppelconsonanz nicht geschrieben wurde. Ein
dem des Suffixes -ela vergleichbares e zeigen im Lateinischen
zwei Klassen von Wörtern: 1. Ableitungen von Verbis auf eo
esco 2. solche von S-Stämmen. Zur ersten Art gehören For-
men wie acelum moneta obsoletus quietus valetudo mucedo rare-
facio fridicetum arhoretum. Da nun einem Teile der Nomina
auf -ela solche Verba zur Seite stehen : candela fovela medela
monela nitela suadela assldda (Paul. Epit. p. 19), so steht der
Ansicht Schleichers (Comp.* §. 220), dass die Stämme snade-
cande- u. s. w. in mede-la cande-la und in suadeo candeo iden-
tisch seien, nichts entgegen; die übrigen Formen wären als
Analogiebildungen anzusehen, wie sie auch Schmidts Auffassung
anzunehmen nötigt. Indes scheint mir folgende Erklärung
19*
292 F. Fröhde
den Vorzug zu verdienen. Die lateinische Sprache besitzt eine
grosse Anzahl von femininen S-Stämmen, die sich teils an
Verba der zweiten, teils an solche der dritten Conjugation an-
lehnen : sordes puhes proles scabres tahes u. a. — caedes lahes
Ines strues vehes u, a. Die auf solchen Stämmen beruhenden
Ableitungen zeigen meist e: laMcula nubecula proletarms fa-
nielicus fidelis. Das letzte besonders legt die Vermutung nahe,
dass luela in ähnlicher Weise von Ines abgeleitet ist , die Grund-
formen der übrigen Bildungen auf -ela aber durch diese ver-
drängt wurden; hdela clientela und einige andere wüilien auch
nach dieser Auffassung für Analogiebildungen gelten müssen.
fellare neben felare. Ersteres findet sich z. B. Martral.
ed. Schneidewin XII 59. 79 XIV' 74 u. öfter; letzteres ist
nach Bücheier (Jahrb. f. Phil. 1863 S. 780) die besser beglau-
bigte Form. Die Priorität des l wird erwiesen durch gr. -^-j^Aj/
^ &r]Xd^(o. Es erscheint auch in filrm^^ ,,So._hn" umbr. feliv-
„jung" (von Tieren), wenn diese wie lett. d^}8. „Sohn" (Fick,^
Beitr. II 213) hierher gehören und nicht wegen des b von
messap. Miras alban. bilj „Sohn" (Stier KZ. VI 147), von denen \
sie nicht getrennt werden können, auf eine mit bh anlautende |
Wurzel zurückgeführt werden^ müssen. In diesem Falle böte 1
sich skt. bala ,.jungv junges Tiei^Tfewibe" mit h aus bh wie es
auch J(t?flf „Kraft; Stärke" zeigt, verglichen mit gernr"'"&w^£<jt;in
I altn. ^<^lT3^'-«trenuü§ "föiiiis u. a.; keltische Verwante weist nacft*
JZimraer KZ. 24, 210. "" ..-,-^-~- ---^^ -^
I '^ pttleus pÜleum neben gr. rcllog. Vgl. Fleckeisen Fünfzig
Artikel 25, Curtius Grundz. ^ S. 277.
Zweifelhaft ist es, ob gleicher Ursprung des II anzuneh-
men sei in folgenden Formen:
n^Uuari neben U'&hij^-i. Ross (Rhein. Mus. VIII 296) lei-
tet das Wort von gr^^^ x*T^^ iiol. "jf^fl^g aus '^/tAyog oder
*XeXj^og her, so dass das allerdings besser bezeugte II (Bram-
bach Hülfsbüchl. p. 41) durch Assimilation entstanden und also
ursprünglicher wäre. Da aber ein solches II, wie gezeigt ist,
nur in bestimmten Fällen zu l vereinfacht wird, die hier nicht
vorliegen, so vermag ich dieser Erklärung, die auch der Bedeu-
tung wegen bedenkhch ist, nicht beizutreten. Viel wahrschein-
licher ist Ficks Ansicht (Wörterb. ^ s. v>gtJT);v4ass ^?'?«<<^7 die
ursprüngHchere Form u;id der Stamm helo-, auf dem dasseft)e
ruhen kann, dem germC^Ö>»^r jn aj^?*^^
Die lateinischen Präsentia auf -llo. 293
gleichzusetzen sei ; e entsteht in voraugusteischer Zeit allerdings
nur in der Sprache der Landleute aus ai (Corssen Voc. I 689),
doch liesse sich annehmen, dass europ. haila- im Lateinischen
zunächst zu ^'heüo- (vgl. z. B. altl, veico — gr. /o7xo-) und
dieses zu helo- (vgl. levis = leiog) geworden wäre. Vielleicht /
aber steht fielo- für *hes-lo- und gehört zu skt. <7^«*&,^freS3en", j
woher ghfjsß „Fresser" cßctsmard „gefrässig" r/hikä „Futter"
gr. ^*ii<j^ „Fölie^'" (für "^xsalog wie x'A^ot aus *x€oIiol).
'-"^' loUiffo (Ysivro 1. 1. V 79 M. Cic. de div. II 70, 145 ed.
Giese) neben lolk/o (Plaut. Gas. II 8, 58). Etymologisch ist
das Wort dunkel; dadurch dass letzteres die ältere Form ist,
wird die Priorität des l noch nicht erwiesen (vgl. olim vilicus
ilico).
millia (Gorssen Voc. I 226) neben milia (Brambach Neu-
gestaltung 260;. Gb dem einfachen oder dem doppelten l die
Priorität zukomme, könnte nur die Etymologie entscheiden, und
diese lässt im Stich, denn Gorssens Herleitung des Wortes von
skt. -\/mil „sich vereinigen" hat nichts Ueberzeugendes und
seine Zusammenstellung mit f^iv^ia (Havet Memoires de la soc.
de ling. III 415, J. Schmidt Voc. II 368) ist wegen der laut-
lichen Differenzen sehr wenig wahrscheinlich.
/ Unzulässig ist die Annahme derselben Entstehung des II in I
\jolla neben aula und osk. hla-ni. Zwar liegt es nahe, Iden- |
tität der beiden Formen anzunehmen, da aber ollu constant mit
doppeltem /- geschrieben wird , während sich in den übrigen Bei-
spielen für II aus l stets ein Schwanken in der Schreibung
zeigt, so ist das Wort mit Gorssen (KZ. 11, 360 Voc. I 349)
aus ölu-la zu erklären und als Deminutivum zu fassen. Ebenso
halte ich jetzt die Vergleichung von
pidlus mit gr. TtioXog und got. fula, der ich früher zuge-
stimmt habe, nicht mehr für richtig, sondern stelle das Wort ;;
nebst pükis und piitül.i(s mit Fick (Wörterb. I 147) zu skt.
puk:a „Junges" ksl. pnta „junger Vogel" u. a. Ob |
' ^ethis mit rtjUa skt. tala ahd. cMQ^(¥\ckdi. 0. I 601) ver- I
want ist, lasse ich dahingestellt; jedenfalls entstand es nicht |
aus Ulus, da sein II fest ist.
Ueber späte Schreibungen wie mallo, camelliis u. a. für
malo camehis vgl. Schneider a. 0. p. 418.
In diesen Fällen entstand U aus l nach langem Vocale,
der dann verkürzt wurde. Es fragt sich nun, ob auch nach
.^'
294 F. Fröhde
kurzem Vocale einfaches l durch Schärfung der Aussprache
verdoppelt wird. Corssen Voc. I 227 erklärt so das U der
Formen
rellkjio relliquiae, die mir anders aufzufassen scheinen.
Die Verdoppelung des Consonanten hat etymologischen Grund
in den Perfectbildungen reccidi repperi reppuli rettudi rettuU,
die aus ^rececidi u. s. w. entstanden, indem das e in der Um-
gebung des gleichen Consonanten ausfiel (Buttmann bei Schnei-
der a. 0. I 598, Neue Formenl. II 364, Corssen Voc. II 407).
Aehnlich zu beurteilen sind die Praesentia reddo und redduco?
für welches letztere sich erst seit Catull reduco, bei Plautus an
einer Stelle (Pers. 659) reduco findet, das, wenn die Ueberlie-
ferung richtig ist, aus redduco durch Vereinfachung der Dop-
pelconsonanz unter Dehnung des vorhergehenden Vocals ent-
standen sein muss wie credo aus *creddo. Die in diesen Compo-
sitis erscheinende Form der Praeposition red darf nicht mit
Corssen Voc. II 465 aus *red erklärt und als Ablativus be-
trachtet werden, da ihr e stets kurz ist, abweichend von dem
von Corssen verglichenen sed , sondern ist, wie schon Grass-
mann (KZ. 23, 576) erkannte, aus redt hervorgegangen, wel-
ches in redwivHS erhalten ist. Das i von redi aber ist aus Ö
geschwächt, wie das des ganz gleich gebildeten indi in indigena
indigetes ; vgl. die älteren Formen endo (Ennius), endojacito,
endoitmm, itidu, induperator (Ennius) indugredl {Lucrei.) u. s. w.
"Wie indi den Endvocal vor Vocalen abwirft in indoles induo
u. a., so auch redi in redeo redarguo u. a. Demgemäss ent-
standen reddo und redduco aus *redido ^redidtico wie retuli aus
*retetuli, Stella aus *stelula (^stenda), Formen wie dixti aus
dixisti (Corssen Voc. II 560). Auch in rellatum (Terent. Phorm.
Prol. 21 Lucret. II 1001 lex Thor.) muss das II etymologischen
Grund haben. Da latus aus *tlatus = xhjzoq entstanden ist,
80 wird man am einfachsten annehmen, dass rellatum altes
*retlatum reflectirt, obwohl es auch durch *redlatum aus *re-
dilatum geworden sein könnte wie pelluvium aus '*pediluvium.
Auf Grund dieser Formen nun, in denen die Verdoppelung des
Consonanten etymologisch begründet ist, haben die dactylischen
Dichter auch eine Anzahl von Compositis mit re wie relUg/o
relliquiae rellicims (Lucret., vgl. Schneider a. 0. p. 584) rec-
ceptus rellictus (Lucil.) u. a. mit doppeltem Consonanten ge-
schrieben (Schneider a. 0., L. Müller de re metr. p. 362, Cors-
Die lateinischen Präsentia auf -llo. 295
sen Voc. II 466) Es ist also die falsche Analogie, welche diese
Formen ins Leben rief, nicht Schärfung der Aussprache, noch
auch allein metrischer Zwang, der bei receptus relictus ja über-
haupt nicht vorlag. Ebenso ist über reicere (Lucret. II 714)
reiciat (V 641 VI 81) rejeefa (II 110) zu urteilen, nur dass
hier die ungebräuchliche Doppelconsonanz jj vereinfacht und
daher der kurze Vocal gedehnt wurde.
Als ein Beispiel für II aus l nach kurzem Vocal führt
Schneider (a. 0. p. 412) PaUafiimi an mehreren Stellen des
Martial an, wo Schneidewin richtiger Pälatium schreibt (vgl.
Pälatualis bei Ennins Ann. 225 Vahlen). Das wurzelhafte a des
Wortes ist kurz, wie auch skt^9WK« „Burg" beweist, mit dem es_
stammgleich ist; vgl. palatia caeli (Ovid. Met. I 76) „HimmelS'
bürg", Pälatium imperii arx (Tac. Hist. III 70) u. a.'-Terünons
Palatinus ist der Burgberg, dem von püra abgeleiteten pm^m,
'T^niTSer "Burg bfefindlich" entspricht griech. IlaXXäg aus JlaX^ '
Jdd-g „Burggöttin"; vgl. TToXiag.
"^'^ Die Entstehung des U aus I nach kurzem Vocale wird also
durch diese Beispiele nicht bewiesen.
Das Resultat der vorstehenden Untersuchung ist der An-
nahme P'icks, dass die Praesentia fallo cello pello vello u. s. w.
für *fälo *celo *pelo *velo stehen, nicht günstig, da ihr II con-
stant ist, in den nicht eben zahlreichen Wörtern aber, in denen
man Grund hat, Entstehung des II aus l anzunehmen, beide
Schreibungen neben einander bestehen.
2. 11 durch Assimilation entstanden.
Die zahlreichen durch Assimilation besonders aus rl nl dl
entstandenen II in secundären Ableitungen dürfen hier, als für
die vorliegende Frage nicht in Betracht kommend, übergangen
werden. Auch kann in den Präsensbildungen auf -llo von ei-
ner regressiven Assimilation, wie sie in ralhim, sella u. a. er-
scheint, nicht die Rede sein, da ein präsensbildendes l nicht
existirt. Durch progressive Assimilation nun entsteht II im La-
teinischen aus Is It Iv In, nicht aus Ij.
1, II == Is.
Diese Assimilation nehme ich mit Corssen (Beitr. 308) und
Anderen an in
collus Collum = germ. halsa- „Hals" und in velle aus *velse.
Dass für letzteres etwa die Mittelstufe *velere vorauszu-
296 F. Froh de
setzen sei, ist deshalb unwahrscheinlich, weil die Form gewiss
schon vor dem Eintreten des Rhotacismus bestand. Bugge
(Jahrb. f. Phil. 1872 S. 107) erklärt auch das II von vello aus
wurzelhaftem Is, weist aber eine entsprechende Wurzel idg. vars
nicht nach; eine solche enthält das in der Bedeutung nicht zu
fern liegende verro gr. qvoTätio germ. werran, jedoch ist
schwerlich anzunehmen, jedenfalls nicht zu beweisen, dass verro
und vello ursprünglich identisch seien.
2, II = lt.
Diese Assimilation wird man anerkennen müssen in den
Superlativen
facillimus gracillimus humillimus simillimus, in denen An-
dere mittelbaren Uebergang des It in II annehmen. Is ist im
Lateinischen stets unursprünglich wie rs; wo es sich findet
(vgl. celsus nmlsum u. s. w.), ist es aus II hervorgegangen. Ein
so entstandenes Is aber bleibt in der Regel erhalten, und es
wäre eine Unregelmässigkeit, wenn in den bezeichneten Super-
lativformen aus It entwickeltes secundäres Is sich weiter zu II
gestaltet hätte. Ebenso muss in den jedenfalls in gleicher
Weise zu erklärenden Superlativen auf errimus unmittelbarer
Uebergang des rt in rr angenommen werden. Zwar gibt es
für diese Assimilation im Lateinischen sonst kein Beispiel, aber
es fehlen solche auch für rr aus secundärem rs; auch die
Superlativendung issimus ist insofern unregelmässig, als ihr ss
aus ursprünglichem st zwischen Vocalen enstanden ist (s. o. I
205). Curtius bei Schleicher Comp. * S. 255 vermutet, dass die
Formen celerrimus facillimus u. s. w. aus *celeristimus *faci-
listimus durch die Mittelstufen "^celerstimus *facilstimus hervor-
gegangen sein. Diese Erklärung würde die angeregten Schwie-
rigkeiten beseitigen, aber man sieht keinen Grund, warum
*celeristimus *facilistimus nicht ebensowol zu *celerissimus *fa-
cilissimus geworden sind wie *nohiUstimus zu nohiUssimus.
It scheint ferner zu II geworden in
mell- = gr. (xeXir- goth. ^mt^^ und in dem den Eindruck
* gleicher Bildung machenden n ^
\ feil- = skt. Tittr4CKth*äQ^,g^\\c\\'' skl. zlüti „Galle" (Cur-
\tiu8 N. 200). \ --
I ?,,ll ^ Iv. ^
Corssen (Beitr. 313 ff. Voc. I 225) nimmt diese Entstehung
des II an in sollus nebst sollers sollemnis solUferreus sollicitus,
Die lateinischen Präsentia auf -Uo. 297
palleo, pollen, pellis, valhim, vallus, vallis, vello, mollis, die ich
grösstenteils anders auffasse. Iv ist im Lateinischen eine sehr
beliebte Lautfolge, was Fick bestimmt, die Assimilation dessel-
ben zu II überhaupt zu bestreiten ; vgl. jedoch Corssen Sprachk.
212. Für sicher halte ich die beiden Gleichungen:
sollus = gr. oXoQ ion. ovXog skt. sdrva (Curtius N. 662,
Corssen a. 0. Sprachk. a. 0., Fick Wörterb. I 228) und
pallo- in palleo iKillor pallidns = germ. falva- lit. pälvas
(Curtius N. 352, Corssen a. 0.). Zweifelhaft ist Corssens Ver-
bindung von pollen und pulv-is „Staub"; letzteres gehört zu
skt. cdrvati „zermalmen", woher cürna „feiner Staub, Mehl,
Pulver", mit p — skt. c wie öfter.
4, II = In.
Aus In entstand II in folgenden Wörtern: |
lm{la „Wasserblase" = germ. ^dtrUii:;^ aus *bf)lm in ahd. J
polla „Wasserblase" altn. bblLa ebullire (Schmidt Voc. II .
225). Weigand\^( Wörterb. 1 192) erklärt das althochdeutsche ;
Wort für entlehnt. In diesem Falle würde sich hulla mit ahd. !
quellan verbinden lassen, dessen II aus In entstanden sein kann. [
callus callum „verhärtete Haut, Schwiele, Schwarte" = skt. *
kina ,, Schwiele" aus *karna (Bezzenberger Beitr. III 131 A.).
cella „Kammer" = skt. girind „Kammer"; vgl. garana
„Schutzdach, Hütte" (Schmidt Voc. II 251). Das mit girind
gleich gebildete altind. *t)»*^i^,,RiiMi«asl" entsjjtwktv dem ahd.
rimmcn- „tü?t4^1"!''""*^' " ^.....'•-. -^..,.,,, ,....,._
c^rt^ „Hügel" = gr. /.oXcüvog lit. ^?W>i<j^ ,3^1^" (Cur-
tius Grundz. N. 6S, Fick Wörterb. I 528). '
cüTtmt^ „Sack" — gr. -ji^kuk xöTlf^^Qc „Scheide". Ein
Grund, das lateinische Wort für entlehnt zu halten, liegt nicht
vor; vielmehr spricht gegen diese Annahme der Umstand, dass
dasselbe nie die Bedeutung von yioXsog hat. Sind aber die
Wörter urverwant, so lassen sie sich nur aus einer Grundform
*cohieJos oder *colvejos herleiten; letztere ist unwahrscheinlich,
üeber die Schreibung cüleiis vgl. Brambach Hülfsb. S. 32^
foHMß aus ^ibkips — germ. bcdla- aus B^*i(i- in mhd. "?>is(Z
„Ball" ahd. ftofi^-«- folUculus u. a. (Schmidt Voc:' II 225).
^'-—'(jdllus „Hahn" aus '^'galHo- ^ ßevm. kalla- aus '^'kalna- in
f alti^'^^fcwi^ „das"~Rlrföa^_Schreieu" kalla SijS^^ii^ckallon „rufen,
schreien"; vgl. skt. grnä'ti „rufen".
Mattes „Häminef", malleolus „Brandpfeil" aus *malnejos
298 F. Fröhde
=^ altn. m^sltiir „tlfiOK^ Hanrtaer" («> — urspr. ajas) Mi^ln
„Feuer" russ. molnija , »Blitz". Verwant sind ksl. lM^^ü'^tt)«lU
„HätlMKier" (Schmidt Voc. II 131); vgl. skt. mmaVi „zermahnen".
mottls aus ^molnis — ^leiXi-xog „weich, sanft" äol. juekh-
Xog aus "^/nelvr/og, gleicher Wurzel mit fialaKog lat. mältus.
Auch das Griechische liebt die Lautverbindung Xv nicht; es
verwandelt dieselbe entweder in Xl {oXXvm, eXXog „Hirschkalb",
niXXa), welches dann unter Ersatzdehnung des vorhergehenden
Vocals oft vereinfacht wird {'/.ovXeog, ovXo/nevng, ßovXofxai äol.
ßoXXof-iaL, eiXco aus fäXvio [Brugman Stud. 4, 122]. arjy'Ai; äol.
ardXXa, fjXog dial. yäXXog) oder schiebt i ein wie in ueXlvrj =
'IST'mälnä (Fick Wörterb. I 719). -s
"^ ^«?W*^„Ha!iJt^= lit. phi^e' got. 0H;^ gr. TttHti (Fick a. 0.
667, Schmidt Noc>ll 67). '
]ioUeo, Denominativum von einem verlorenen Adjectivstamme
pollo- aus *jJolno~ = germ. *folna- in got. fulls, lit. pilnas, gr.
TToXXog aus *7roAvog. Vgl. KZ. 22, 257.
pullus „grau" aus *pelnos (wegen des u vgl. Schmidt Voc.
ll"§67y~^ kypr. TtiXvog att. 7r€XX6g (Fick Beitr. I 62).
..««-— *^^^^^^. ^^2otte" = lit. vUna ksl. v?t*«.a got. vm^öt skt. lirnä j
I „Wolle" vgl. skt. vrnöti - — ..^,~..»— ■— '-'^— — -, — |.
L*^ v^Z^MS aus *velnos = gr. A^vog für fXrjvog aus *j^iXvog I
(Fick Wörterb, II 236).
f'a??ws „Pfahl" — fjXog dial. /«AAocj Grundf. fdXvog (Cur-
tius Grundz. N. 531); vgl. skt. vmoti. Gleicher W^urzel ist
vallmik^ aus *«;a7>^.- = germ. ralla- aus *valifa'^^ in ahd.
mhd. ival ags. veal „UferHnd" üits,. w^kZ, die als Lehnwörlefzu
betrachten kein Grund vorliegt, lett. iFtffmsJiJsdlum , iral'het cir-
cumvaUare; vgl. skt. varanä „Wall, Damm." "
Wahrscheinlich ist auch das 11 von callis, masc. und fem.,
aus hl entstanden, wie das von collis und follis, doch ist ein
Stamm calni- in anderen Sprachen nicht nachzuweisen. — val-
lis wird von Curtius (Grundz. N. 530) mit dem Namen ^HXig
identificirt und mit Corssen aus *valvis erklärt; es ist aber
ebensowol möglich, dass die beiden W^örter, wenn sie wirklich
identisch sind (vgl. die Form valles), aus einer Grundform *val-
nk hervorgegangen sind, welches im Griechischen zu rjXig wer-
den konnte; vgl. aTrjXrj, ijXog und das verwandte rjXv- in rjXv-
Q\ov{7iediov) aus /aXvv- = altn. rrTfj'n^r aus *vcdmi- irTWUii
„FSei&^da vöUr bei Grimm"TfrytIi."2 7Bo^ """ ^
Die lateinischen Präsentia auf -llo. 299
Es ist nun noch übrig zu untersuchen, ob dem Lateinischen
auch die Assimilation von Ij zu II zu zuerkennen ist. Da er-
steres in dieser Sprache als li erscheint und eine Abneigung
derselben gegen diese Lautfolge sich durchaus nicht wahrneh-
men lässt (vgl. Formen wie alius folium salio, denen im Grie-
chischen allog (fvllov aXlofiai gegenüberstehen, cilium lolium
mulier solium [---= ahd. stvelU] spolium), so ist der Uebergang
von Ij in II von Curtius Ind. lect. Kiel. aest. 1856 p. 4 f. für
das Lateinische in Abrede gestellt worden, und es bedarf je-
denfalls angesichts der angeführten Tatsache schlagender Bei-
spiele, um diesen Lautwandel glaublich zu machen. Ein sol-
ches scheint Corssen (Beitr. 311) von Nominalformen pullus
„grau" zu sein, das er mit 7CoXi6g identificirt ; das Wort lässt
sich jedoch, wie oben gezeigt ist, anders erklären. Was ferner
das oskische cälo betrifft, welches von Corssen dem lat. ciUa
gleichgesetzt und als Beweis dafür angeführt wird, „dass auch
auf italischem Sprachboden diese Assimilation heimisch war",
so ist dasselbe von Fick (Beitr. I 170) viel richtiger mit dem
germ. alla- „all, ganz" vermittelt worden; übrigens würde die
Verbindung der italischen Wörter vielmehr gegen Corssens An-
nahme des Uebergangs von IJ in II im Lateinischen spre-
chen. Corssen findet weiter, dass die Uebereinstimmung der
Verbalformen
Mb • a(p6UJ^l skt. sphalayami
cbl^ x^*»Uü kalÄ^ami
pello pollit TtdlXcü spharayämi
toUo tulyämi
„zu einleuchtend sei, als dass man glauben könnte, das U in
den lateinischen Wörtern sei völlig anderen Ursprungs als das
XI in den griechischen". Die Identificirung von toUo und tul-
yämi würde allerdings nahe liegen, wenn diese Präsensform be-
legt wäre; allein weder ßöhlingk-Roth noch Westergaard, auf
den Corssen verweist, noch Delbrück (Altind. Verb. §. 181)
führen sie an. Die übrigen Gleichungen Corssens aber sind
auch sonst nicht frei von Bedenken. Dass die Endung der
Causalia -aijämi, welche sonst im Lateinischen durch ö aus ajo
(celo sedo domo) oder eo (doceo moneo noceo) oder io (söpio)
reflectirt wird, gerade in den Formen fallo cello ^wllo zu jo ge-
worden sein sollte , ist sehr unwahrscheinlich. Wenn also fallo
mit ofpdXXü), was Fick (KZ. 22, 104) auch aus einem anderen
800 F. Fröhde
Grunde bestreitet, identisch wäre und dieses, wie die causale Be-
deutung wahrscheinlich macht, dem skt. sphdldi/ämi gleichzu-
setzen ist, so müsste doch sein II anderen Ursprungs sein als das
AA des griechischen Wortes. Die Verbindung von percello „nieder-
werfen, niederschmettern, treffen, zu Grunde richten" ferner mit
gr. y.elXo) „treiben, anlanden" ist auch wegen der Verschieden-
heit der Bedeutungen sicher unrichtig, die von pello mit TtaXlo)
„schwingen, zucken, beben" wenigstens nicht zwingend. Was
endlich das nur bei Festus p. 242 angeführte und durch pila
ludit erklärte pollit anbetrifft, so wird es von Anderen als Deno-
minativum gefasst und ist bei seiner Vereinzelung nicht geeig-
net, Corssens Annahme genügend zu stützen. Es erscheint
diese hiernach nicht als erwiesen.
Bei weitem am häufigsten ist, wie sich gezeigt hat, II aus
In entstanden; da nun urspr. na- ein sehr geläufiges Präsens-
suffix ist, so ergibt sich die höchste Wahrscheinlichkeit für
meine Ansicht, dass auch in den Präsensformen auf -Uo diese
Entstehung des II anzunehmen ist.
il. Die Präsensstämme der Jod- und Nasalklasse in der
Wortbildung.
Das II von mehreren Präsensformen «uf -Uo erscheint auch
in abgeleiteten Verbis und in der Nomiualbildung. Es sind
dies folgende:
-cello „rage empor" : excelUo antecelleo praecelleo.
-cello „schlage" : procella.
cillo „beuge" : oscillum „Schaukel" oscülare ^^schaukeln"
oscillatio „das Schaukeln" für *ohs-cillimi (vgl. suscenseo).
fallo : falla fallax; vgl. auch fefelli.
pello : appfMare compiellare interpellare Pellonia.
tollo : tolleno.
vello : vellico pannuvelliiim; vgl. auch velli.
Es wird also zu fragen sein, ob sich nicht auch hieraus
ein Kriterium für die P^ntscheidung der P'rage gewinnen lässt.
Vergleicht man nun die angeführten Bildungen mit entsprechenden
Formen , die zu Verbis der Jod-Klasse einerseits und zu solchen
der Nasalklasse andrerseits gehören, so ergibt sich, -dass sie
von jenen abweichen, mit diesem dagegen übereinstimmen. Das
Die lateinischen Präsentia auf -llo. 301
Jod der erstercn ist im Lateinischen auf das Präsens und die
zu ihm gehörigen Tempora beschränkt; es erscheint ausserdem
höchstens noch in wenigen Ableitungen, die sich auch sonst
dem Präsensstamm anschliessen :
ajo aus *agjo : negare adagium axamenta Äjus. In letz-
terem den Präsensstanim zu sehen, nötigt nichts; vgl. Seja für
^Segja u. a. ajo entstand zunächst aus ^ajjo, indem das g von
^'agjo vor dem j patalisirt, dann demselben assirailirt wurde, so
dass folgende Entwickelungsreihe anzusetzen ist : ^'agjo *agjo *ajjo
njo. Ebenso sind die übrigen gleichartigen Fälle zu beurteilen,
in denen Corssen Voc. I 306 unmittelbaren Ausfall des g an-
nimmt, nämlich pidejum, major , mejo (für ^mijo aus *'rmgjo),
raja (KZ. 22, 253), Seja, Veji.
capio : occupare capax princeps (aus principo-) auaqiari
capulum decipula muscipula capedo capio (vgl. regio legio u. a.)
praecipuus capesso reouperare captus captio captor u. a. über
capistrum, in dessen i Osthoff KZ. 23, 313 das von capio
sucht, vgl. ob. I 185.
facio : aedificare efficax magfiificus perfica praefica facilis
(aus facolo-y vgl. similis — 6f.iaX6g und facidtas) officma (aus
opißctna, abgeleitet von einem ^-Stamm) facesso fac-in-us (mit
doppeltem Suffix wie jecinoris itineris) factus factor factio u. a.
Ueber proficisci s. u.
fodio : fodare (Paul. Epit. p. 84) fodicare (basirt auf /bc^o-
wie dlhicare u. s. w. auf cdbo-) fodtna (vgl. officma) fossiis
fossa fossor fossura.
fugio : profugus fuga fugare perfuga confugitmi (vgl. con-
jugium u. a.) fiigela. Ueber fugito s. u.
jacio : jaceo jacidum jactus jactor jactare jactura u. a.
lacio : delicatus deliciae illecebrae delectare lacesso u. a. ;
pellax 2^Mäcia können zu der Wurzel dieser Wörter nicht ge-
hören, sondern weisen auf ein verlorenes Verbum *peMo „ver-
locken", zu dem vielleicht jcälla^ zu ziehen ist.
morior : mortuus morti- u. a.
pario : parare opiparus pauper partus parturio.
quatio : quatefacio quassus u. a.
rapio : rapax usmpare rapma raptiis raptim u. a. Ueber
rapidus s. u.
sjwcio : ])rosj)iciis despicna despicatus conspicari suspicari
SKspicio perspicax persincujis specida speculum species (vgl.
302 F. Fröhde
acies u. s. w.) specimen (vgl. regimen tegimen u. a.) sjjectns
spedare u. a.
sa^no : sapor. lieber sapidus s. u.
Das ;" der Verba dieser Klasse erfuhr in der Flexion vor
i und e eine doppelte Behandlung: entweder wurde es ausge-
stossen (vgl. (Mcit reicit ohex) oder es verschmolz mit dem fol-
genden i und e ZM t (vgl. is adhse sini u. a. aus iis adiisse
siem). So entstanden einerseits die Formen capjis capit capmms
capitis capito capitur u. a. — cape caperis caperem capjere ^)
(dagegen skt. pushyäse sdhyase u. a.), andrerseits salts salhnvs
salitis Holh'em sältre salt u. a. In der älteren Sprache finden
wir bei denselben Verbis ein Schwanken zwischen beiden Bil-
dungsweisen (Struve Lat. Decl. u. Conj. 200, Neue Formenl. 318,
Corssen Voc. II 542, Osthoff Forsch. I 96); mit der Zeit aber
ordnete sich das Verhältniss in der Art, dass ein Teil der
Verba, die oben angeführten, der ersten, andere wie farcio fulcio
liaurio operio sarcio der zweiten Weise folgten. Indem nun
diese im Praesens und in den zu diesem Tempus gehörigen
Formen den Verbis der «-Conjugation gleich wurden, ist es
klärlich, wenn von ihnen auch einzelne Nominalformen wie von
Verbis der letzteren Art gebildet wurden , wie farcvmen j)avt-
iuentum pavwula fulcimentum (neben dem älteren fulmentum
fulmenta), in deren i also nicht eigentlich das Präsenssuffix der
Verba der Jod-Klasse zu sehen ist. Auf dieselbe Weise sind
wol die Formen cupivi cupitum concupisco zu erklären. Dage-
gen kann Corssen Recht haben, wenn er (Voc. II 284) das i
von 2^^'oficisror für identisch hält mit dem von proficif. Wenn
in tremesco ingemisco paciscor u. a. das inchoative sco an den
Praesensstamm getreten ist, ebenso wie in lahasco tahesco -dor-
misco, wenn ferner im Griechischen derartige Bildungen nicht
nur von der einfachen und der reduplicirten Wurzel ausgehen
{Uo'/.o) rLTvav.o(.iai) , sondern auch von den Tempusstämmen
(6X«(7X£ 'iteö/.e Ydso'/.e (pdvea/.e el'^aoae), so ist kein Grund zu
erkennen, warum nicht auch proficiscor vom Präsensstamm ab-
geleitet sein sollte. — Fraglich ist es, ob fugito vom Partici-
^) Anders fasst die Sache üsthoft in Curtius' Studien IX 282; er
nimmt an, dass für das Spracligffühl nicht cnjno sondern aqn als Prä-
sensstamm galt und dass die Sprache eine „falsche Folgerung" tat, in-
dem sie cajno an tego masä. Zu solcher Annahme scheint mir kein
ausreichender Grnnd vorhanden zu sein.
Die lateinischen Präsentia auf -llo. 303
pialstamme fugito- abgeleitet ist oder das i von fiigit enthält.
Augenscheinlich vom Präsensstamm gebildet sind Formen wie
agitare, dlt age-tare, quaerltare visitare fimditare u. a., und es
hindert daher nichts, auch fugito in derselben Weise zu erklä-
ren. Das Suffix ta tritt im Altindischen sowol an die Wurzel
als an den Präsensstamra ; letzteres ist der Fall in dargatd
„sichtbar" pacatd „gekocht" hharatd „zu pflegen" yajatd „zu
verehren" hargatä „begehrenswert" von hdryämi „gern wollen,
sich es wol gehen lassen" (Lindner Altind. Nominalbild. S. 38).
Letzterem entspricht genau gr. x«'(»«^o- (aus xaQJarö-) in xat-
q&tI^(o; andere Formen der Art sind egrceTOv (.uvsTog dgiöslxe-
Tog u. a. (Osthoff KZ. 24, 416 ff.). Gleicher Bildung ist im
Lateinischen leuceto- in Leucesie Lucetnis, dessen eu zeigt, dass
es vom Präsensstamm gebildet ist (vgl. agtöaUsTog); dieser
Stamm leuceto- wird genau reflectirt durch got. liuhadd-
„Licht". — Corssen (Voc. II 302) stellt auch das / der Adjec-
tiva cupidits rapidus sapidus dem der Präsentia capit rapit sa-
pit wol mit Recht gleich (vgl. rahidus fluidus vividus, wenn
dieses von vivo stammt und nicht von vivo- wie solidus von
solo-), obwol hier auch andere Auffassungen möglich sind.
Mit diesen Bildungen aber, wenn sie wirklich den Prä-
sensstamm enthalten, lassen sich die Formen appellare excellere
fallax vellicare nicht vergleichen ; vielmehr sind diesen zu Seite
zu stellen occupare conspicari usurpare, jacere, rapax capax
efficax, fodicare, und von diesen weichen sie ab. Dagegen bie-
ten genaue Analogien die Verba der Nasalklasse. Diese zer-
fällt in zwei Abteilungen, deren erste die Bildungen mit inne-
rem Nasal, die zweite diejenigen Verba umfasst, deren Präsens
durch den Antritt von urspr. na nu an die Wurzel gebildet
wird. Von beiden Arten finden sich Nominalstämme und ab-
geleitete Verbii, die den Präseusstamm enthalten:
ß{nda „Schleuder" : fundo fimdito „schleudern".
Pahda „Göttin tles Eröffnöös" : pttmia,
unda „Woge" : skt. itnqUi „queHea".
cünnilingus : lingo. -- — »
? taftgußQ^ : ^Irjyt^'^''
pendeo : pernio.
pfso „Mörser" imisio : jjinso. Ob pinsare vom Präsens-
oder vom Participialstarame pimo- abgeleitet ist, weiss ich nicht
zu entscheiden. Ebenso ist es zweifelhaft, ob
304 F. Fröhde
insiiyare neben distinguo den Nasal aufgegeben hat oder
gebildet ist wie celare sklare (Schmidt Voc. I lOG). Diesem
vergleichbar ist
profityare confligatus neben fligere aus *fiinyere = got.
bliyyvan (Schmidt a. 0. 108). Dass figo nicht das i von dico
enthält, wird durch jjrofiigare erwiesen ; denn ein solches i er-
scheint im Lateinischen nie i) in abgeleiteten Verbis.
Ausfall des Nasals nimmt Schmidt (a. 0. 107) mit Wahr-
scheinlichkeit an in
^bliqitHsobUqt(are'''Y^en linquier lit. Ihikti, obwoliT «ujch
hier die Mögltbhkeit nicht atisgeschlossen ist, dass däs-i dieser
Wörter auf Vocalsteigerung beruhi; vgl. sagus indägari u. a.
neben sägax äyo.
— DenPräsensstamm enthalten ferner folgende Wörter: >
j ArnuS^ skt. ^hm „Fluss" : skt. rMü^t. rmtum (KZ. 22,'
I 256). Dazu gehört aucncter Name ahd/J5r?»4.Ä2;^ei Stntbo Ftfvqc-i
^) Ebensowenig das ans eu entstandene 4 von Präsensformen wie
dür.o Vgl.:
dico : dicare dedicare prae.dicnre gr. iSixä^o).
düco : edücare.
liqui : Itquare liquere, wozu llquor; das von Lucrez (I 454) gebil-
dete liquor steht vereinzelt da (vgl. Corssen Voc. I 503).
cio : cleo.
, (li^vj : Video,
/got. leihvan : licet liceri.
jQfv^^wj^Obeo.
antvSü} : stüdeo (sehr zweifelhaft).
Anderen abgeleiteten Verbis der Art wie piidet lübet nlteo p7(/ct tl-
tare stehen gunirte Präsensstämme nicht zur Seite. i^Stipare ist wol
Causale zu OTitfoi (vgl. o. histujare) ; intilare bedarf noch der Aufklä-
rung. Das i von libare ist nicht aus dem « von ktCßta entstanden son-
dern aus dem ot von Xoißri (vgl. Libvr sabin. Loebasins); lat. if entspricht
oft europ. ai gr. ot, z. B. in vinuin vicus 'Itpus [lippus) lim neben oJi'os
oixog dkoKfri germ. laisd (Fick Wörterb. 1 755). Aehnlich ist das ü von
lüceo nicht das aus europ. en entstandene von Lücetius und lümen (aus
*leucmen == altn. Ij'ömi), denen dieses regelrecht zukommt, sondern führt
auf europ. au (vgl. lit. laukas); vgl..^t/MS altl. »-o'^m« = got. rauds,
yrüdiis rSdus aus raiidiis , Ulcus = germ. lauha-, n^gae neben naucum,
nir/a lit. raukä, Iura neben XavQr] (Bezzenberger Beitr. IV 332) und
andere Formen bei Corssen Voc. I G60. Wörter, welche die Silbe ri
enthalten, wie riden stridco irritare (von rito- = germ. vraipu- in nltn.
reidhr) kommen hier nicht in Betracht, weil ri nicht ursprünglich ist.
Die lateinischen Präsentia auf -llo. 305
cornu got. haurna- : skt. gi-nd'ti „zerbrechen"; ähnlich
stehen neben einander skt. dhrshnü : dhrshnöti, tanü : tanöti u. a.
fornus „Ofen" als „brennender" : got. brinnan ags. beor-
nan „brennen".
gallus „Hahn" (s. o.) als „rufender, krähender" : skt.
grnd'ti.
malleus „Hammer" (s. o.) als „zerschmetternder" : skt.
mpiä'ti. .
;)rw>to „I^le''Si^ *X>rmna als „glulj^nde, sprÖtode" :
skt. pruslimife „s^tzenK *■ ^
^cammm aus *scab^:mt^v gl. seaMf%mi)a\s „stüt^
skt. s^aMwafK«,stiitzen". ^"^^^v^ ■'-^''****w r) ?***
" vdUum (s. 0.) als „schützendes" : skt. vmöti. -'-
vanmis : vannere. *
incUnus inclmare : cillere „beugen" gr. x hivoi aus *y.Xivj(i}
äol. ■Kkmvüi ahd. hihi,en.
'Ttmo"T"tm'ere7
consternare ahd. stornen : sternere (vgl. Fick Wörterb.
I 825).
aspernari spernari spemax : spernere.
Die Formen desinare und desinator sind nicht sicher be-
glaubigt (vgl. Müller zu Fest. p. 72); propinare = jtQorrivio
ist entlehnt. Umbr. acno- = germ. aigna- (Möller KZ. 24, 447)
enthält das passive Suffix na, nicht das von agnöti; dasselbe
ist wol auch von cunnus, das ich (ob. I 330) im Stamme mit
kushnati identificirt habe, anzunehmen.
Die Verba appellare compellm-e oscillare machen ganz den
Eindruck gleicher Bildung mit consternare aspernari; man
könnte versucht sein, in diesen Bildungen die älteren Reflexe
der neunten indischen Verbalklasse zu sehen.
Das aus dieser Betrachtung gezogene Kriterium für die
Entscheidung der vorliegenden Frage mag nicht ganz sicher
sein, immerhin aber scheint es mir geeignet, die Wahrschein-
lichkeit meiner Auffassung der Präsentia auf -llo zu erhöhen.
lil. Etymologie der lateinischen Präsentia auf -llo.
1) ceUe^ ^:>6!r^i»i4Lj,niederschlagen, zerschmettern, erschla-
gen, erlegen (leaenainfi^i Stat. Ach. I 169), inoie Flucht
Beiträge»!. Kunde d. ig. Sprachen. 111. OQ %
KUk
306 F. Fröhde
schlagen (hostes), brechen (potentiam), zerstören, vernichten,
zu Grunde richten" procello TtsQiTQSTtio (Gloss. Philox.) se pro-
cellere „sich hinstrecken" recello „zurückschnellen" — skt.
crnati „brechen, zerbrechen, erlegen" (Feinde, Wild) parä° „zer-
schmettern" gtrnd „zerbrochen, zermalmt, ^stört, zu Grunde
gerichtet" garana „Mord, Todschlag" gr. "/X^Kj^ „Schlachtge-
tümmel" x^d>«<5i „scTitegej^ in die Flucht schlagen" (vgl. skt.
hhagnä „in die Flucht geschlagen" von hhanäkti „brechen>szerbre-
chen, zerstören"). Dazu gehört ferner gr. xAofes^rechen, zeüjj^re-
chen, abbrechen", mit dem Fick (KZ. 20, 357) perhü() verbin
Benfey (KZ. 8, 2) stellt das lateinische Wort dem alti'üd. krncfti
„verletzen, tödten" gleich , welches wol im Grunde mit gpiä'ti
identisch ist. So ergiebt sich die Möglichkeit, auch die von
Fick ferner verglichenen slavischen und .litauischen Wörter wie
lit. kälti „hämmern, schmiedeij" I^^?^^s „gesöh^agen, gehämmert"
kdltas „Meissel" ksl.l ^^K,,,^t^^iw^^^die im Arnaute von grnati \
abweichen, auf dieselbe Wurzel zuru^zu führen. Auch Formen
mit älterem r sind in den europäischen Sprachen erhalten wie
v.eQavv6g ,,der treffende, einschlagende Blitz" xf-odtCio „zerstö
ren" yieoag lat. cor;m got. haurn „ Hprj3Ll,_x3;g^^^j£d, Verder-
ben" ü. a.
2) *"?&We «rage emj^" in celsus excello. Eine entspre-
chende Präsen^feildung finde %h in anderen Sprachen nicht; für
die Annahme, dass das II des Wortes aus In entstand, spricht
jedochfJ&Wis = lit. JcShim gr. xo^^T»«tf^c (Corssen JBeitr. 308,
G. Meyerlsfasalst. 109), da!^ sich zu diesem cello verhält wie
■aXovog zum ersten.
3) cillo „beuge'' (Festus p. 194: oscillum Santra dici ait
quod OS cillant, id est inclinent, praecipitesque efferantur) aus
*cilno; vgl. 1^1^ ahd. lilinen. Dazu motacüla „Bachstelze"
(vgl. Varro 1. 1. öS 7ST''quoH'^''semper movet caudam) und gr.
Y.iX'KovQog, dessen XX ebenfalls aus Xv entstand. Oder stehen
die Wörter in Beziehung zu skt.\ A^/«^/ff(L,.;jScliwanken, sich hin
und herbewegen, sich wiegen'' (oscillare)? ^
4; fallo ;,fehr gehen machen, täuschen, betrügen" Pass.
„sich irren", wozu^/W/A/r/r/r ^/U-iiikc", .m^ -falno = "skt. hnmcffr
„zu Falle bringen, fehlgehen machen" hvrnatl „krumme Wege
machen" caus. „in die Irre führen, täuschen" Med. „sich irren",
wozu hrüt „Anlass zum Fehlgehen, Falle" AjY?iön7_j;, straucheln,
irren, das Ziel verfehlen". Die gleiche Begriffsentwickelung"
Die lateinischen Präsentia auf -llo. 307
zeigen verschiedene Wurzeln; vgl. z. skt. vdncati „wanken, tau-
meln, schief gehen" vancäyati „entgehen (vgl. fallit me), täu-
schen, hintergehen, betrügen" «;«lr« „krumm, gebogen, unred-
lich, hinterlistig" ; dhvdrati „beugen, zu Falle bringen" dhrüti
„Verführung" dhru dhrut, am Ende eines Compositums „täu-
schend" ; skhdlati u. Anderes bei Schmidt Voc. II 421. Das
griechische (fr]l6g „betrügerisch, täuschend", welches zweifellos
mit fallo verwant ist (Curtius Grundz. * S. 376, Fick KZ. 22,
104), widerstrebt dieser Auffassung nicht, da auch (p aus ghv
hervorgegangen sein kann; vgl. (ftjg ^i]q: lit. zverh (nach
Fick). Die alte Zusammenstellung des lat. Wortes mit aqxxXlo)
germ. fallan wird von Fick (a. 0.) aus zwei Gründen bestrit-
ten: erstens weil fallo von der sinnlichen Bedeutung des gr.
acpdXXo) „zu Falle bringen" keine Spur zeige, sodann weil f im
Lateinischen nicht ursprünglichem sp entspreche. Der erste
dieser Gründe scheint mir nicht stichhaltig, da auch fallo die
Bedeutung „fehl gehen machen" zeigt z. B. Liv. 21, 36: glacie
in prono citius pedes fallente; Gurt. 4, 38: gradum firmare
non poterant, cum saxa lubrica vestigium fallerent u. s. Da-
gegen wird man den zweiten Grund Ficks gegen die Verbin-
dung \on[fallo und ocpaXXw anerkennen müssen; von den fünf
Beispielen für lat. f '— urspr. sp , die man angenommen hat,
kommt fiinda sicher in Wegfall, da es unmöglich von funditare
„schleudern" getrennt werden kann, und auch die übrigen las-
sen andere Auffassungen zu, wie Fick zeigt. Wenn man aber
dennoch, unter der Annahme, dass ursp. sp bereits in grae-
co italischer Zeit zu sph geworden sei, faUo von ocpdXXo)
und ahd. fallan nicht trennen zu dürfen glaubt, so wird es
nahe liegen, die drei Verba zu identificiren ; nun aber ist germ.
II immer aus In entstanden und so würde man also auch im
lateinischen und griechischen Worte gleiche Entstehung des II
annehmen müssen.
^)l2^'MWllQ, „NQvzögQvn, aufschieben" wird nur von Festus
(p. 253: promeliere est ex opinione Verri litem promovere)
erwähnt; es gehört wol nebst remeligo „Verzögerung" (Festus
p. 277) zu gr. fteXXoj, welches auch die transitive Bedeutung
„verzögern, aufschieben" hat, vgl. fieXXrjfia „Verzögerung, Auf-
schub". Das XX dieses Wortes ist constant (f.iEXXrjao) u. s. w.)
und kann sehr wol aus Xv entstanden sein.
6) j9^Z?o „stossen, schlagen, treiben, stossend oder schla-
20*
/
308 F. Fröhde Die lateinischen Präsentia auf -llo.
gend in Bewegung setzen^ aus '^pelno — gr. \^iXva(.iai TtiXvdio,
wozu TtiXag rteXd^o), wol auch TsixeaiTiXi^Trjg. Die (jruH3^
deutung dieser Wörter ist nach Curtius (Grundz. ^ S. 278) „auf
efwas schlagen, stossen, treffen" ; vgl. Verbindungen wie Ttdvrag
TtsXaaa x&ovi (0 272) „schlug, streckte zur Erde", xov devQ
"avefxog TtsXaaae (i 34) „trieb hierher", rag (vrjag) Kqi^ttj STte-
Xaaaev {y 291) „trieb heran, appulit", vjy'a^ TtQogsrciXvaTO vr]vg
(v 95) „appellebatur",x i^^re Bedeutungsentwickelung entspricht
der von skt. tadtt „nahe" von(r?P(5t^,sch^»en". TeixeaiTtXtiTiqg,
wenn es hierher gehört, bedeutet „mäüer!fefscliütternd" (vgl.
muros ariete pulsare).
7) tollo „hebe". Eine entsprechende Präsensbildung weiss
ich aus anderen Sprachen nicht beizubringen.
8) vello „ausrupfen, ausreissen, abpflücken, scheeren" aus
*velno ~ skt. lunä'ti „abschneiden (Gras, Getraide u. a.), pflü-
cken, nagen, zerschneiden, zerreissen", wozu Idva „das Abschnei-
den, Abpflücken, Schur, Wolle" wie vellus, welches meist die
abgeschorene Wolle bezeichnet und von Varro (1. 1. 5, 130:
vela ab eo quod vellus lana tonsa universa ovis. Id dictum
quod vellebant) von vello abgeleitet wird. Aehnlich verhalten
sich hinsichtlich der Bedeutung zu einander lat. l><«;f^ „röpfßn,
pflücken" und lit. herpu „schneiden, scheeren". Die Wurzel-
form lü im Sanskrit kann nicht ursprünglich' sein. Bugge (KZ.
20, 2 ff.) zeigt, dass ru, lu mehrfach aus urspr. var entstan-
den ist und zwar schon in indogermanischer Zeit. Er führt
als Beispiele für diese Lautentwickelung an die Wurzeln skt.
rudh altbactr. rud germ. lud „wachsen" neben vardh in glei-
cher Bedeutung, skt. altb. nie europ. lue „leuchten" neben skt.
vdrcas altb. vafeeanh „Glanz" lat. Volcanus, skt. rudh altb.
rud „zurückhalten" aus vardh, welches Bezzenberger Beitr. II
191 im Germanischen nachweist, ferner skt. rüpä „Gestalt"
neben vdrpas, rürä „hitzig" neben ksl. varü xavfia, skt. lüncati
„rupfen, ausreissen" neben '^^ffoM^ „alTRtm^ zerr»is§en". KZ.
22, 2G9 habe ich auf die Möglichkeit hingewiesen, rnj „bre-
chen" (europ. liuj) aus vrag zu erklären und mit gr.^^'^^'^'^
jniederd. i/'r«^s(Miw9?k.>*;^i^„SchmsölHamer" zu vereinigen.
In demselben lautlichen Verhältniss stehen zu einander skt.
^^pz^j^H^uclisf^Nu^d lat. i^l^ttj^, skt. /«/>Aa^L-,^¥erlangen, mektm,
an sich zieh^, caus. betören, an sich locken, zu verführen
suchen" = eiiröp. hihh und lit. rWnnti „locken, anlocken", mit
H. ßöhl Zur Inschrift des üamonon. 309
welchem Bezzenberger Beitr. IV 314 gr. sXerfaiQO/naL verbin-
det. — Die Wurzel var, aus der lü entstand, erscheint noch in
m/na .^Wunde" = gr. pvk-^ ans *f^¥iq; wenn vulnus, wie man
gewöhnlich annimmt, unmittelbar zu diesen Wörtern gehört,
so wäre in demselben ursprüngliches In erhalten, wofür ich
sonst kein Beispiel wüsste.
Liegnitz. F. Fröhde.
Zur Inschrift des Damonon.
Zu dieser Inschrift, welche A. Fick in diesen Beiträgen
S. 121 ff. behandelt hat, mögen folgende Nachträge hier eine
Stelle finden.
Z. 9. Ein mir vorliegender wohlgelungener Abklatsch, den
ich der Güte des Herrn Professor Matsas, ehemals in Sparta,
zur Zeit in Chalkis, verdanke, zeigt schlechthin
=^/^IAiAOYO
ev yaiaoxco; ein innerer Asper war in diesem Worte nicht ge-
schrieben.
Z. 13 und 30. Die fragliche Stelle wird zu lesen sein:
•/.al 6 xeXrj^ hUrj , und es möchten diese Worte das erste Mal
als Parenthese zu fassen sein, das zweite Mal sind sie Anhäng-
sel an den vorhergehenden Satz. Kelt]^ gegenüber dem ge-
meingriechischen yielTjg lässt sich mit lat. celox zusammen-
stellen.
Z. 16 sTtraxiv und oft. Zahladverbia auf -/uv kommen
zwar auch in einer aus Fourmont's Abschrift längst bekannten,
erweisHch läconischen Inschrift, C. I. 1511, vor, waren aber
dort, weil es an Analogien fehlte, unerkannt geblieben.
Berlin. H. Bohl.
Zur beurteilung der attischen reduplication.
Die zu vocalisch anlautenden causalien und verben der X.
conj.-cl. gehörigen reduplicirten aoriste des sanskrit sind in
folgender weise zu gruppiren:
1) Die reduplication beruht auf dem anfang der die grund-
lage der reduplicirten form bildenden verbalen basis.
310 A. Bezzenberger
a) der vocalische anlaut dieser basis ist unverändert er-
halten: ävavadhirat (d. i. a — av- - ava - dhtraf , vgl.
gr. de- - dvg - Tvxrjy.cc i)), aga^vat, svägacvat (Benfey
vollst, gram. s. 385 f.);
b) anlautendes a derselben erscheint als / (d. i. schwä) :
äciksham, ätittat (dtittat, vgl. unten ättitat) , ädiddat
(vgl. unten äddidat), ähihhram (Benfey a. a. o. ss.
90, 385).
2) Die reduplication beruht auf dem ende der verbalen
basis ,
a) vor dem consonanten der reduplicationssilbe erscheint
voller vocal: dncakat, ändadhat, ärtathat, audadhat
(aujadhat , vgl. unten audidhat) , aunanat (Pan. 3. 1.
51, vgl. unten aiminat) ünanat (Benfey a. a. o. §.
844, kurze gramm. s. 165 §. 267);
b) vor jenem consonanten erscheint vocalschwächung (i,
d.i. schwä, für a; m für o bez. ava): ärpipam (mä...
arpipam) av. 12. 1. 35, ättitat, äddidat^), ärcicat ^),
ärjijat bhattikavy. 15. 43 (s. B.-R. I. 427), ärdidat «),
aindidhat, airshyiyat, audidhat (aujidhat), auninaf ^),
aundidat^) 3), aubjijat ^)f aurnunuvat (Benfey vollst,
gram. s. 385).
*) Analog erklärt Yäska nir. 2. 3 *cakadräti : drätiti gatikutsanä
kadrätiti drätikutsanä cakadräti kadrätiti sato 'S narthako <s bhyäsah
etc.
^) Diese formen führt Vopadeva 18. 1 an; ärdidat erwähnt auch
Pänini 3. 1. 51.
^) Bopp vgl. gram. ^ II. 466 beurteilte die formen auninam, aundi-
dam unrichtig , indem er meinte , ihr i sei aus u, bez. ?< entstanden.
Sie sind nicht zu trennen in aun-in-ain aund-id-mn , sondern in auni-na-m
aundi-da-m — -na-, -da- sind die reduplicationssilben — , und ihr i ist
nicht aus u, ü entstanden, sondern aus dem a, welches in ünayis (una-i/a)
TV. 1. 53. 3, *unda-ya erscheint. Den beweis für die richtigkeit dieser be-
hauptung liefert aurnunuvat (vgl. urmmavishati, -nuvi'shati, -nushaii Pän. 7.
2. 49 und ünymäva das. 6. 1. 8, bhattik. 14. 103). Consequent ist nun
natürlich nicht äb-ibhr-am, äc-tf-am, a-fi-vrt-am u. s.w. zu teilen, sondern
ub-ibhra-m, d^-i^a-m , a-vi-vrta-m , vgl. Fick in diesen boitr. IV.^ 168 f.
— Selbstverständlich ist üni (in auninat) arpi in arpipam u. s. w. iden-
tisch mit mit in ilnita, arpi in arpita u. s. w. ; das i dieser formen ist
weder aus aya entstanden, noch grundlage von aya, sondern aus a ge-
schwächt, wie in bubodhishi-shydmi , rdjayi-shydmi, ce^i-ta u. s. w. : das
beweisen unsere aoriste, gr. aiQi-TÖs, iiyi-fio'xv , lat. exerci-tus, taci-tua
Zur beurteilung der attischen reduplication. 311
Nicht mit Sicherheit lassen sich diesen gruppen einordnen
die aoristformen ämamat rv. 9. 114. 4, 10. 59. 8, vs. 16. 47,
av. 6. 37. 3, 10. 5. 23 — die man, nur formell betrachtet,
auch dem plusquamperfectum zuweisen kann, s. w. u. — , äti-
tat (Pan. 1. 1. 59, 6. 1. 11), äpipat ^) , ägigat (Pän. 1. 1. 59),
aililat (Fan. 3. 1. 51, Vopad. 18. 1), präninat pardninat (Pän.
8. 4. 21), denn ämamat kann sowol zu la) als zu 2a) gehören,
aililat lässt sich sowol zu la) als zu 2b) stellen, und dtitat
äpipat, dgigat, präninat^ pardninat lassen sich ebensowol der
gruppe Ib) als der gruppe 2 b) unterordnen.
Aehnlichen zweifeln unterliegt die beurteilung der griech.
aoristformen alahAOig, ijyays ayayev, rjxaxe dy.äxovTO, Ttaq^Tva^e
dnacpoiTO, rjgaQS agagov, ojqoqs : aXak^ioig kann den skr. grup-
pen 1 a) und 1 b) angeschlossen werden ; die weiter genannten
ausser ojqoqs — vgl. über sie Benfey kurze skr.-gram. s. 50,
or. u. occ. III. 65, Bopp vgl. gram. ^ II. 466, Fick o. s. 159
— lassen sich zu den aufgestellten skr. gruppen 1 a), 1 b) und
2b) stellen (da schwä im griech. als a erscheint); ojqoqs end-
lich — vgl. tüQSTO —fügt sich sowol der gruppe 1 a) wie 2a). —
Dagegen entsprechen rjvsy/iov ivsy/isiv, evsvItvsv ihrer bildung
nach zweifellos den unter 1 a) aufgeführten sanskritformen, und
ebenso sicher sind ^Qv^a'/.ov fqvv.c(v.sslv , ^viTcaTis mit drpipam
u. s. w. fgruppe 2 b)) auf eine stufe zu stellen.
Nicht nur aoristformen, sondern auch perfectformen der
altindischen Sprache zeigen attische reduplication, wenn auch
Delbrück altind. verb. s. 111, wo ihm dmamat an diese redu-
plicationsweise erinnerte, das leugnet; ich verweise auf ändmga
rv. 4. 23. 2; 8. 24. 17, 57. 8, dnagma rv. 10. 31. 3, änagd
rv. 3. 60. 1. 2; 4. 36. 4; 10. 62. 1, dnaguh rv. 1. 52. 14, 110.
4, 151. 9, 164. 23; 2. 23. 2, 24. 6; 3. 60. 3; 5. 10. 3; 6. 22.
4; 8. 3. 13. 16, 12. 20. 21; 9. 22. 3. 5, Cinage rv. 1. 84. 6;
5. 7. 8, 81. 5; 9. 48. 5; 10. 96. 7, 100. 2, anagydmYN. 6. 26.
7 und anaje rv. 1. 102. 1, 161. 4, 188. 9; 8. 52. ij dnajre
rv. 1. 87. 1 , anajydt rv. 10. 31. 4, änajäna rv. 1. 108. 4 (über
(dagegen deletus : deleo, vgl. lit. av'eti : aviü). Die stamme tlnni/a, arpaya
u. 8. w. sind also nur erweiterungen der stamme üna, arpa u.s. w. Vgl.
Scher er zgds.* s. 289, anm. 1.
^) In der brbadäranyakopanishad 4. 5. 14 erscheint die merkwür-
dige form äptptpat] B.-R. I. 650 erklären sie für „ungramm. aor. für
äpipat". Sie erinnert sofort an dy-riyo-^tt.
312 A. Bezzenberger
anajd rv. 5. 54. 1 s. Benfey über die mit r anlautenden personal-
endungen s. 5 anm.). Die formen dnagma (aus dn(a)mQma, vgl.
Benfey k.gram. §.243, J. Schmidt K. zs. 23. 269 anm. 1) dna-
f« U.S.W, stehen neben ändmQa wie cachadydt rv. 10. 73. 9 ne-
ben cachanda das. 7.63. 3, tostoMwÄ das. 8. 83. 11 neben tastdmbha
das. 1. 67. 5, vividüh das. 71. 2 neben vivMa das. 3. 32. 4,
virurucüh das. 4. 7. 1 neben ruröca das. 4. 5. 15. Dieses ver-
hältniss lässt, meine ich, keinen zweifei -gegen die ansieht auf-
kommen, dass arhQ, anj als „wurzeln" von dndmga, dndnja zu
betrachten, und dass die letzteren mit attischer reduplication
gebildet sind — dass also die erklärungen dieser formen, wel-
che Delbrück a. a. o. s. 113 f. und Windisch K. zs. 21.
408 geben, unrichtig sind. — Freilich unterscheiden sich
dndmga, dnagma, dnagd, dnagüh, dnage, dnagydm, dnaje, dnaj-
re, änajdna von den in gleicher weise gebildeten griech. per-
fectformen €dr]do)g, onoma u. s. w. dadurch, dass sie im anlaut
langen vocal zeigen, während diese in der reduplicationssilbe
kurzen vokal enthalten. Dieser unterschied ist indessen irrele-
vant; man erinnere sich einerseits, dass altind. reduplicirte per-
fectformen auch sonst sehr häufig langen vocal in der redu-
plicationssilbe zeigen, und anderseits, dass das o. angeführte
anajyät (in dem ebenso wenig „metrische kürzung" statt gefun-
den hat, wie z. b. in dem von dem padatext gebotenen na-
nama rv. 1. 48. 8 , 2. 33. 12) ebenso wie die angeführten
griech. formen mit kurzem vocal anlautet. Mit anajyät ist in
dieser hinsieht andha rv. 8. 48. 5, das mit Ludwig übers. I.
s. 194 als I. sg. perf. aufzufassen ist, auf eine stufe zu stellen,
wenn es zu amh gehört und sein ä aus ä entstand. Aber das
ist unsicher, denn es kann auch zu nah gehören und aus
n(a)naha entstanden sein, wie uvaca aus r(a)vaca. Ein ähn-
licher zweifei entsteht bei ändga rv. 6. 16. 26, das auf n(a)-
nd'ga (-y/nag) zurückgeführt werden darf, und nicht auf dndmga
(■\/amgJ zurückgeführt werden muss.
Die besprochenen formen dndmga, dtiajS u. s. w. sind at-
tisch reduplicirte formen von wurzelverben , deren anlautender
vocal von einer consonantengruppe gefolgt ist. Es fragt sich,
ob auch von primären verben von der gestalt vocal -f- conso-
nant in der altindischen spräche perfecta mit attischer redupli-
cation gebildet , und wie dieselben durchconjugirt wurden.
Beide fragen lassen sich, wie ich glaube, beantworten.
Zur beurteilung der attischen redupUcation. 313
Im rv. 8. 66. 10 (= 77. 10 Müller) lesen wir:
viQvet tä vishnur äbharad urukramas tveshitah |
gatäm mahishän ksliirapakäm odanam varähäm indra
emusham ||
Die letzten worte dieses verses (varäham indra emusham)
sind nir. 5. 4 citirt. Eine erklärung des Wortes emusham ist
hier nicht gegeben ; gleichwol führt Sayana eine solche aus dem
niruktam an : emusham || ä ityasya sthäne chandasa ekarah ||
amusham udakasya moshakam ityarthah || niruktapaksha evam |.
Die neueren exegeten des rgveda haben sich mit recht weder
durch diese erklärung, noch durch den von Sayana (z. d. st.)
weiter mitgeteilten itihäsa bestimmen lassen , emusham auf ä-
mwsÄ zurückzuführen ; vielmehr sehen Roth (p. w. I. 367) und
Grass mann (wbch. c. 89) in ihm den acc. sg. msc. des part.
perf. redupl. von am, und diese ansieht scheint Ludwig zu
teilen, der unser wort mit ,, schrecklich" übersetzt (Grass-
mann: „wild"). Ich halte sie für nicht ganz richtig; gegen
sie sprechen zwei gründe, die allerdings je für sich nicht ent-
scheidend sind (vgl. Benfey vollst, gram. s. 313 anm. 1), aber
durch ihr zusamraentreifen entscheidend werden: 1) emusham
zeigt nicht die starke form des Suffixes des part. perf. red , die
im acc. sg. msc. dieses particips der regel nach erscheinen muss,
2) es zeigt nicht die regelmässige betonung des schwächsten
Stammes dieses particips (man erwartet emusham für emivams-
am). Will man diesen tatsachen gerecht werden, ohne sich
von jener ansieht weit zu entfernen, so wird man annehmen
müssen, dass emusham acc. sg. msc. eines Stammes emvshd- sei,
der sich aus dem schwächsten stamm des part. perf. red.
(emüs-), vermutlich nachdem derselbe verallgemeinert war (vgl.
vidüs), entwickelt habe wie ndhusha (nahushd) aus nähus, mä-
nusha aus mdnus (Benfey Hermes, Minos, Tartaros s. 15 f.),
avest. vithusha- vsp. 6 W. aus inthus vd. 4. 54 W. (vtdhvdo).
In gleicher weise sind , wie ich glaube, der stamm agüsha- (mit
beachtenswertem ä) und der stamm pvyü'sha (mit verlorener
reduplication) entstanden; der letztere würde dann an die fle-
xion des verbs dt (I. sg. perf. red. ätm didiye) und die avest.
formen apipiiüshhn, apipijüshinäm anzuschliessen sein. Die letz-
teren zeigen im gegensatz zu vUhushi, vithusMm u. a. dehnung
des inlautenden m; dieselbe dehnung erscheint in den avest.
formen jaghmüshim jaghmiishyäo jaghmüstemö und in den
314 A. Bezzenberger
altind. stammen ärüsha neben arushd, tdrüshas neben tdrusha,
ddägiishtara neben ddägus. Dieselbe dehnung zeigt endlich
das nach B -R. I. 1098 im gatapathabrähmanam 14. 1. 2. 11
und in der kathaka-recension des yajurveda 25. 2 vorkommende
wort emüshd neben unserem emushäm. Das käthakam ist mir
nicht zugänglich ; an der erwähnten stelle des erst genannten
Werkes steht: iam emüshä iti vardhä üjjhaghäna. Hier finden
wir den nom. sg. msc. eines Stammes emüshä — dass emushdm
nichts als der dazu gehörige acc. sg. msc. sei und dass ich es
mit recht auf einen «-stamm zurückgeführt habe, muss, denke
ich, jedem einleuchten.
Zu emushd tritt vyemänäh, das in der kä^ikä angeführte
part. perf med. von vi-am (Panini ed. Böhtl. IL 297). Wie
diese form zu erklären sei, hat Benfey kurze skr. gram. s. 214
angedeutet und damit implicite auch die erklärung der aus
emüshä erschlossenen participialen Stammform emüs- gegeben,
indem er vyemänäh hinsichtlich seines e mit z. b. neme rv. 1.
57, 5 (-^nam), menire aitareyabr. 7. 18 (^man) verglich. Ich
ziehe hieraus nur die gebotenen consequenzen , indem ich sage:
neme und menire setzen die flexion nanä'ma nanmüs nanme,
mamä'na mamnüs mamnire voraus — folglich setzen emüs- und
vyemänäh die flexion amd'ma ammüs voraus — folglich gehö-
ren emüs- bez. emushäm und vyemänäh dem attisch reduplicir-
ten perfect von am, einem primären verb von der gestalt vo-
cal -f* consonant, an. Damit sind die oben aufgeworfenen fra-
gen hinreichend beantwortet , und es mag hier nur bemerkt
werden, dass das o. S. 311 erwähnte ämamat sich formell als
plusquamperfectform ^) zu dem erschlossenen amd'ma stel-
len lässt; syntaktische Schwierigkeiten stehen dem jedoch ent-
gegen. — Ueber die von dem erschlossenen amä'ma abwei-
chenden (regelmässigen) altind. perfecthildungen von verben der
gestalt a -\- consonant (wie ada, ä'ra, äva, asa) werde ich bei
anderer gelegenheit handeln.
Emus- unterscheidet sich von idrjdiog wesentlich; hier ist
der wurzelvocal gedehnt, dort ist er geschwunden. Eine Unter-
suchung dieses Unterschiedes kann ich hier nicht unternehmen
*) Mit bezug auf Delbrück a. a. o. 8. 122 bftmerke ich, dass,
wenn ich nicht irre, zuerst Holtzniann ü. d. ablaut (1844) 8.34 alt-
ind. plusquamperfectformen angenommen hat. Für eine solche erklärte
er z. b ane^am (vgl. De Ib. 8. 111).
Zur beurteilung der attischen reduplication. 315
und erinnere nur daran, dass in den bekannten skr. intensiven
atatyate ardryate aga^yate (Vopad. 20. 4) dieselbe dehnung er-
scheint, wie in kdrjdtog {sö)]doTai). Zusammenhang zwischen
der intensiv- und der perfectbildung wird mehrfach behauptet,
so von A. Ludwig inf. i. veda s. 120.
Nicht nur in aoristen, perfecten und intensiven hat die alt-
indische spräche die attische reduplication angewendet, sondern
auch in ihren desiderativen ; dieselben stimmen in dieser be-
ziehung bekanntlich durchaus mit den o. besprochenen aoristen
überein und brauchen deshalb hier nicht weiter untersucht zu
werden.
/" Dass dal armenische die attische reduplication kannte, hat
Bopp vgl. gram. 3 II. §. 5S7 an dom aorist arar/ (vgl. t'jQaQov,
MQaQtov) nachgewiesen. Auch in einigen avestischen formen, in
\irtrithare und in urürudhusa , glaubte er dieselbe zu erkennen
(a. a. 0. SS. 468, 532); seine auffassung der erst genannten form,
leben welcher noch der gen. plur. msc. part. perf. iririthiishäm
y. 24. 5 (var. iririthushäm) = y. 26. 6, vsp. 11. 7 W. zu nen-
nen ist, ist tadellos, sehr zweifelhaft ist dagegen seine auffas-
sung von urürudhusa, das kürzlich von Geldner metrik s. 42
und Bartholomä altir. verb. s. 42 verschieden erklärt ist
und neben dem aväurüraodha y. 1. 21 W. und urüraogt y. 51.
12, das Bartholomä a. a. o. s. 88 als plusquamperfectform er-
klärt, zu erwähnen sind. Denn die formen raodhahe , raodhefiti,
raoge, raogta u. s. w. verglichen mit der tatsache, dass der an-
lautende vocal sowol von urürudhusa (Geldner a. a. o.) als von
urüraogt metrisch keine stelle hat, machen es wahrscheinlich,
dass er in diesen formen und in aväurüraodha unursprünglich
sei (Hang gathas II. 114).
Ein keltisches perfectum mit attischer reduplication ist ir.
*anac, wenn man es dem skr. änämga oder dem skr. ändnca
gleichstellt (Windisch K. zs. 21. 412). ^Ausserdem scheint die
attische reduplication den keltischen sprachen fremd zu sein.
Einen noch weiteren hinteigrund kann man der attischen
reduplication durch die heranziehung von schallwörtern geben
(skr. arare, ididi, ulülu; lit. ulut tdutut , ultda; bulg. olele ;
russ. dial. oleliko [Miklosich lex. s. 501]; gr. ototot ottoto-
TOt, drtaTtai {drcarcaTCcc], sleXev sleleXeXev, dXaXd, ololvtia
u. s. w.), doch mag es hier genügen, auf sie hingewiesen zu
haben. Ädalbert Bezzenberger.
316 Leo Meyer
^aag = altind. gräVan und griechisches yX im Anlaut.
Im zweiten Bande dieser Beiträge, Seite 270 und 271, ist
von ihrem verehrten Herausgeber der Zusammenhang des grie-
chischen XaccQ „Stein" mit dem altindischen gravan-, „Stein",
der unter Andeferi schön von Benfey in seinem Wurzellexikon
(2, 1842, S. 8) anerkannt worden ist, als sehr unwahrschein-
lich bezeichnet und eine neue Vermuthung über den etymolo-
gischen Zusammenhang jenes griechischen Wortes aufgestellt,
die unseres Erachtens nicht das Rechte trifft.
Wie nun aber viel schmerzlicher empfunden zu werden
pflegt, wenn ein völlig Unschuldiger durch richterlichen Irrthum
als Verbrecher gestraft wird, als wenn viele Verbrecher ganz
ohne Strafe ausgehen, so scheint uns die Wahrung und Ver-
theidigung einer auf dem Gebiet der Sprachwissenschaft wirk-
lich erkannten, dann doch wieder in Zweifel gezogenen Wahr-
heit von viel höherem Werth zu sein, als viele neue und ganz
unsichere Combinationen. Und wir wollen versuchen, noch ei-
niges weiter begründende für die Ansetzung : Xaag = altind.
gravan- anzuführen. Wir fassen dabei nur das besonders ins
Auge, was zu dem am oben angeführten Orte ausgesprochenen
Bedenken die Hauptveranlassung gegeben. Dass Xaag für Xa-
avg eingetreten sein kann, wie im Griechischen auch sonst det
Nasal oft spurlos vor dem Zischlaut geschwunden ist und dass
dann auch der Nasal für den Wortstamm selbst aufgegeben
werden konnte, wollen wir hier nicht ausführlicher darlegen
und bezüglich des alten inneren /, also einer anzunehmenden
alten Form Xafag, nur wieder darauf hinweisen, dass dafür
schon Benfey am angeführten Orte die dialektisclie Form Xevq
„Stein" und das daraus geleitete Xevelv „steinigen" als bewei-
send hervorgehoben hat. DarTfewicht ^^söT'TTSw'eßißs betont
auch Sophus Bugge wieder im neunzehnten Bande der Kuhn-
schen Zeitschrift, Seite 432, wo er belehrt, dass mit Xäag =
altind. gravan- auch das altnordische männliche kU überein-
stimme, das einen „Stein" bezeichnet, „der in ein Gewebe ge-
hängt wird, um es ausgespannt zu halten", oder auch zum Be-
hängen der Fischernetze gebraucht wird.
Als ein Bedenken gegen die Annahme der völligen Ueber-
einstimmung des griechischen l,aag und altindischen gravan-
uiaag = altind. grävan und griechisches yX im Anlaut. 317
wird an dem oben näher bezeichneten Orte angegeben, dass
ein dem altindischen grd'van- entsprechendes griechisches Wort
nach Ausweis anderer europäischer Wörter, die mit ihm zusam-
mengehören, wie des irischen hrö, des gothischen qvairnus, des
russischen zernovü und des littauischen girnos, aller Wahrschein-
lichkeit nach nicht ^, sondern q an Stelle des r in grävan
zeigen würde. Ohne dabei auf das Verhältniss des l zum r
weiter einzugehen, möchten wir dagegen nur hervorheben, dass
die angeführten Wörter aus dem Gothischen, Russischen und
Littauischen schon ihrer Bildung nach ziemlich weit von grä-
van- und Xaag abliegen ; wenn aber Windisch, auf den an er-
ster Stelle verwiesen wird, in Kuhns Beiträgen (8, 430), das
irische bro mit dem altindischen grä'van- geradezu identificirt
hat, so steht dem die weit auseinanderliegende Bedeutung die-
ser beiden Wörter entschieden entgegen. Das irische hrö wird
mit der Bedeutung „Mühle" angeführt und ebenso das zuge-
hörige kornische hroti und kymrische hreuan : das altindische
grä'van- dagegen heisst „Stein, Felsblock", weiter aber „Berg"
und „Wolke". Wenn nun aber auch jenes gravan- im Rgvedas
ausschliesslich von den Steinen, mit denen der Somasaft ausge-
schlagen oder ausgepresst wird, gebraucht wird, so bleibt dabei
doch zu bemerken, dass das „Ausschlagen" und „Pressen" noch
immer weit absteht von der Hauptthätigkeit, um die sichs in
alten Mühlen handelt, vom „Mahlen, Reiben, Drehen".
Als Hauptbedenken gegen die Identificirung von gravan
und Xaag wird nun aber an erster Stelle ausgesprochen, dass
der Abfall eines Gutturals vor X ausser für Xa^, Aajcr/^w, wo
er durch die Folge des gleichen Gutturals bewirkt worden sei,
nicht behauptet werden könne. Wir sehen hier wieder ganz ab
von den beiden letzt angeführten Wörtern, in denen sichs um
den Abfall eines anlautenden alten x handelt, da für uns in
Xafag der Abfall eines alten y vor X vorliegt, auf welches Laut-
verhältniss wir noch etwas näher eingehen wollen.
Erwiesen scheint uns die Möglichkeit des Abfalls eines
anlautenden alten y vor X zunächst durch Xi]f.ü] neben yXrj/nrj
und dem lateinischen grdmiae, deren engste Zusammengehörig-
keit wir bei der ganz frappant übereinstimmenden und dazu
ganz eigenthümlich entwickelten Bedeutung von „Augenbutter"
mit Fick 2^ 94 im Gegensatz zu der im ersten Bande dieser
Beiträge, Seite 339, mitgetheilten Combination, bei der auch
318 Leo Meyer
das niederdeutsche olm oder ulm „Fäulniss in den Bäumen"
herangezogen wird, für ganz unzweifelhaft halten.
Weiter scheint uns von Bedeutung, dass neben lä^oq „Möwe"
auch die Form yldqog angeführt wird.
Schon bei anderer Gelegenheit habe ich betont, dass Xafx-
ßävEiv sich unmittelbar an das altindische girihh „ergreifen" :
grbhnati „er ergreift" anschliesst. Bei der vermeintlich beque-
meren Zusammenstellung mit dem altindischen labh, das im
Rgvedas nur dreimal mit dem Präfix ä- in der Bedeutung „an-
greifen, anpacken" und zwar nur in zwei der jüngsten Hymnen
(10, 87, 7 und 10, 130, 7) vorkömmt, bleiben die Perfectfor-
men «l'Aj^^a und ei!Xrjf.i(j^aL und das homerische sllaße (Ilias 5,
83; 8, 371; 452; 11, 402; 14, 475 und sonst) völlig unerklärt.
Diese Formen können aber nicht auf reiner Willkühr beruhen.
Und wenn Georg Curtius in seinem an werthvollen neuen Ge-
danken so überaus armen Werke über das griechische Verbum
meint, dass der Schlüssel zu €ilr]cpa und den ähnlichen Perfec-
ten gewiss in der Metathesis zu suchen sei {Eilrjcpa aus k%h]cpa
aus ikiXrjfpa aus Xelrjcpa), so möchten wir doch das lieber als
eine unfruchtbare Spielerei mit Lauten bezeichnen.
Für Uooea^ai „flehen, anflehen, erflehen" werden wir über
den alten Anlaut durch das augmentirte ilXiadiurjv (Odyssee 11,
35 und 13, 273) und weiter zum Beispiel auch durch die Bil-
dungen TtoXv-lharov „vielerfleht" (Odyssee 5, 445) und tql-IXi-
arog „dreimal erfleht" (Ilias 8, 488) belehrt und für das un-
mittelbar zugehörige XiTavevsiv „flehen" durch die augmentir-
ten eXXiTavavE (Ilias 22, 414; Bekker hest de XLtdvevB) und
eXXitdvevaa (Odyssee 10, 481). Zu Grunde liegt das altindische
gardh „wornach streben, heftig verlangen" : grdhjati „er strebt,
er verlangt", dessen Aspirate im Griechischen gradezu durch
die Tenuis vertreten zu sein scheint, wie das gleiche Lautver-
hältniss auch sonst begegnet. Fick 2^ 221 ordnet Xiaaead-at
einem gräcoitalischen *li „biegen" unter, was weder den oben
angeführten homerischen Formen Rechnung trägt, noch von
Seiten der Bedeutung sich irgend empfiehlt. Die Zusammen-
stellung jenes altindischen gardh „wornach streben, heftig ver-
langen" aber mit dem Lateinischen gradi „schreiten" (Fick 2^
90) halte ich für unrichtig, weil das altindische gardh niemals
„schreiten" oder auch nur entfernt Aehnliches bedeutet.
Dass Xoxog „Schaar, Kriegerschaar" (bei Homer nur Odyssee
^äag = altind. grävan und griechisches yX im Anlaut. 319
20, 49) altes anlautendes y verlor, wird durch das Gegenüber-
stehen des lateinischen grex „Herde, Schaar" wahrscheinlich
gemacht. Möglicherweise stimmt damit auch das altindische
grhd- „Haus, Familie" überein.
Vor etwa drei Jahren schon habe ich an anderem Orte in
einem besonderen Aufsatze die Etymologie des griechischen
Xiysiv „sammeln" darzulegen und zu zeigen versucht, dass das
Wort ursprünglich auch ein anlautendes y gehabt. Hier mag
in der Beziehung auf die Perfectform el'loxa und etXeyftai, die
noch niemand anders zu erklären gewusst hat, wieder hinzu-
weisen genügen.
Auch für XayxdvsLv „durchs Loos erlangen" erweist das
zugehörige Perfect eikrjxa den Verlust eines ursprünglich an-
lautenden Consonanten, der wohl auch ein y gewesen sein mag,
wenn auch bisher nicht gelungen ist, tiefer in die Geschichte
des Wortes einzudringen. Das altindische (/Iah „würfeln , im
Würfelspiel gewinnen", dass zuerst und öfter in Mahäbharatam
auftritt, wird man kaum vergleichen dürfen.
Benfey hat in seinem Wurzellexikou (2, Seite 138) auch
das griechische Xl/iidg „Hunger" als eines alten anlautenden y
beraubt hingestellt durch die unmittelbare Zusammenstellung
mit dem schon oben genannten altindischen gardh „wornach
streben, heftig verlangen", mit dem andererseits auch das go-
thische gredus „Hunger" ganz eng zusammenhängt.
Weiter mag vermuthungsweise auch noch auf den nahen
Zusammenhang von läog, alt läfog, „Kriegsvolk" mit dem alt-
indischen gräma- m. Anzahl von Menschen, Schaar, Haufe",
namentlich „Heerhaufe" hingewiesen sein, das von dem griechi-
schen Worte sich vielleicht nur durch die Suffixform {ma statt
vd) unterscheidet und weiter ohne Zweifel auch eng zusammen-
hängt mit dem altindischen ganci (aus yarnd, garnä) m. „Schaar".
Man wird nicht daran zweifeln können, dass unter den
griechischen Wörtern mit anlautendem l auch noch manches
andere eines alten anlautenden / vor jenem X wird verlustig
gegangen sein, wir wollen aber das hier nicht weiter verfolgen,
um die oben von uns behandelte Frage auch noch von der
Kehrseite zu beleuchten.
Entspricht denn nicht regelmässig ein griechi-
sches yX dem gr oder gl des altindischen Anlauts?
Vielmehr niemals, so weit unser Blick reicht.
320 Leo Meyer ytäag = altind. grävan u. griech. yX im Anlaut.
Ein paar betreffende Beispiele führen wir noch an.
Das griechische yXvwg „süss" stellt Fick 2^ 132 nebst
dem gleichbedeutenden und wohl auch schwerlich davon zu
trennenden lateinischen diilcis unter ein gräcoitalisches *dulku-,
wobei also für jenes griechische Wort eine Art von Assimila-
tion würde anzunehmen sein und seinem yl also durchaus kein
altindisches gr oder gl gegenüber stehen könnte.
Auch für yXdyog „Milch" und yla-^To-cpayog „Milch essend"
scheint uns die Annahme einer Assimilation und die unseres
Wissens zuerst von Benfey ausgesprochene Zurückführung auf
d-f^eXyeiv, melketi und das lateinische mulgere die meiste Wahr-
scheinlichkeit zu haben. Das von Fick 2 ^ 95 angesetzte gräco-
italische *glaM lässt sich über das Griechisch-Lateinische nicht
zurückverfolgen.
Unter einem jgräcoitalischen ]*(/rtry „kerben" werden bei
Fick 2 3 91 neben yQd(f€iv „ritzfen, schreiben" auch yXdcpaiv
„kratzen, aushöhlen" und yXvxpsLv „aushöhlen, ausschnitzen"
zusammengestellt, ohne dass dabei auch bis zum Altindischen
hinausgegriffen würde. Unseres Erachtens besteht bei den an-
geführten Wörtern auch ein Zusammenhang mit den lateinischen
scribere „schreiben", scalpere „kratzen, scharren" und sculpere
„schnitzen, meisseln" : es ist dabei zu beachten, dass die an-
lautende Consonantenverbindung otcX- im Griechischen so gut
wie nur in aycXrjQog „trocken, hart" und den zugehörigen Bildun-
gen vorkömmt, anlautendes axQ- aber überhaupt ungriechisch ist.
Das schon oben genannte yX^/.iT] „Augenbutter" mit der
Nebenform Xrjjnr] ist über das Griechischlateinische hinaus nicht
mit Sicherheit zu verfolgen.
Mit yXecpuQov „Augenlied", einer dialektischen Nebenform
von ßXicpoQOv , stellt Fick 1 ^ 574 das kirchenslavische gliiMti
,;blicken" zusammen und bemerkt dazu, dass es sonst nicht j
nachzuweisen sei.
Zu dem schon oben genannten altindischen gardh ,^wonacli
streben , heftig verlangen" stellt Fick 1 ^ 567 das griechische
yXlxsad^ac „verlangen, begehren" und deutet es zunächst aus
yXid--aK€ad^ai. Es ist dabei zu bemerken, dass jenes gardh
noch in keiner einzigen zugehörigen altindischen Form die an-
lautende Consonantenverbindung gr aufweist.
Noch ist aus Fick 1^ 574 und 575anzuführei^die Ver-
einigung der Formen 'y/j/v5?~;;§chaustück" 7>l,m'j^ „Aug^l
3l^;^rn"
Etymologien. 321
und yXav:i6g „glänzend" unter einer europäischen Form *gvar
und *gval „leuchten, glühen", der auch die altindischen gvarä-
„Gluth", güri^ : gitrvafi „verbrennen" und gval : gvdlati „glü-
hen" zugesellt werden , so dass sichs also auch dabei wieder
nicht um einen altindischen Anlaut gl oder gr handeln würde.
Wir brechen damit unsere Ausführungen ab, da sie unse-
res Erachtens wohl als ausreichend gelten dürfen, die Zusam-
menstellung des griechischen Xaag mit dem altindischen grä'van-
als eine sehr wohl begründete zu erweisen.
Dorpat, den 4. November [russisch 23. October] 1878.
Leo Meyer.
Etymologien.
1. Gr. ricpQa, lat. favilla, febris.
Fröhde (ob. s. 15) hat erkannt, dass lat. fav-Ula zu sskr.
dah- = lit. ^^..(beide = '^dheQh-) „brennen" gehört. Ich
glaube ebendahin lat. feb-ri-s „fieber" i) (= „brand", wie asl.
zegavica f. „febris" neben zegovati „urere" und zegü m., zega f.
„ardor"; vgl. J. Schmidt K. beitr. VI 140, Miklosich asb.
lautl.3 246) ^), sowie ^^c^rew-qa „asche' (vgl. l^itdeglis „glimmen-
der feuerbrand" = lit/m^?^»» „feuerbrand") ziehen zu müssen.
Die Vertretung einer urspr. asp. -|~ ^sp. durch ten. + asp. im
griechischen ist regelrecht; cp = gh reiht sich den von Fröhde
ob. s. 13 f. gesammelten beispielen an. Im suffixe vergleicht
sich xäip-Qa- mit dem von indischen grammatikern zu dah-
„brennen" angeführten dah-rd- m. ^). — Der Zusammenstellung
von„j.€^-ßa mit sskr. tajpaSj lat. tepor , tepidus u. s. w. (Cur-
tius gr. et. 3 s. 457, Fick wtb.^ I 593 u. s.) scheint mir das
q) des griechischen wortes im wege zu stehen; aspiration einer
*) Man pflegt febris mit fervere zu verbinden, indem man es aus
*ferhris erklärt; so Grassmann KZ. 11, 88, Ascoli ebd. 17, 340,
Cor äsen ausspr. P 102.
*) Auch /c6-rM-?/s „reinigend, sühnend", das Joh. Schmidt KZ.
15, 158 zu fesiae, feriae stellt, könnte hierher gehören.
^) Nach den schol. zu Unädis. 2, 13 bedentot das wort „feuer",
nach üjjval. „Waldbrand"; s. B.-R. III 565. — Uebrigens ist dah-rä-,
wie das h (statt gh) zeigt, eine jüngere bildung.
Beiträge 7. Kunde d. ig. Sprachen, III. 21
322 Etymologien.
tenuis vor folgendem r liegt allerdings in spätgriechischen bei-
spielen unverkennbar vor, ist aber für die homerische spräche
durch Curtius (a. o. 456 f.) meiner ansieht nach nicht erwiesen.
Noch sei bemerkt, dass Tsq^qa nicht mit Curtius als Substanti-
vierung des adjektivs Tecp-QO-g „aschgrau" gefasst werden darf;
das zeigt einerseits die betonung (tsq)Q6g — nicht TstfQog, wie
bei C. steht — gegen Tsq>Qa), andrerseits ist rt^^a homerisch,
während t€q)Q6g (= recpQO-eidfjg , s. Fick in Curt. stud. IX
174) zuerst bei Aristoteles belegt ist.
2. Gr. Qiyog, lat. frigus = *srigos.
Gr. qiyog, glyeöavog, qiyio) werden herkömmlich identificiert
mit lat. frtgus, frigidiis, frigeo. An der Zusammenstellung die-
ser Wörter ^) ist meiner ansieht nach festzuhalten. Aufzugeben
aber ist die annähme, der grundform komme labialer anlaut
zu, der dann im griechischen eingebüsst sei (Curtius gr. et.
n. 514); denn anl. cp fällt sonst im griechischen nicht ab. Die
Schwierigkeit, welche der anlaut bereitet, löst sich vollkommen,
wenn man eine grundform srtgos ansetzt. Zu dieser grdf. ver-
hält sich qiyog, wie qeo) sich zu urspr. srevo {— sskr. srdvd-mi)
verhält 2); die mittelstufe zwischen dem urspr. sr- und dem
daraus entstandenen q- liegt vor in formen wie eqqlya {P 175),
l'qqiy (H 114), eqqiyrjai (r353), sqqlyrjoav (M 208) u. a., die
auf gleicher stufe stehen mit eqqeov (x 393) aus e-srevo-ti (vgl.
Curtius gr. vb. P 117. II 129). Auch den lateinischen lautge-
setzen wird man gerecht durch ansetzung eines anlautenden sr.
Bekanntlich wird in einer reihe von fällen urspr. inl. sr im la-
teinischen durch hr reflectiert. So steht sohrmu-s, con-sobrtnu-s
für *sosr-tnu-s, ^con-sosr-mu-s {^'sosr- : *sosdr- in sorur-em —
ved. svasr- in sväsr-dm, gen. pl. ; svasär- in svdsdr-am, acc. sg. ;
4nu-s = lit. -yna-s in seser-yna-s, vgl. F.^ II 287); fenebrae
f. *tem(e)s-rae =-- ved. täm(i)s-rä f. (Ebel KZ. 14, 77 f. Kuhn
ebd. 14, 222 f. u. 15, 238 f.); cerehru-m f. ceres-m-m, vgl.
sskr. Qi'ras- n. (F. I 58); weitere beispiele bei Fick wtb. ^ I
*) Fick (wtb.^ II 175) vergleicht frigere mit gr. (fQlaoiiv. Aber
frtgere steht in seiner bedcutinig dorn gr. ^TyiTi' näher, und das x von
(f'QTx- stimmt niclit zu dem -ff von frig-,
'^) Weitere (jedoch zum teil zweifelhafte) beispiele für gr. (5- — -•
urspr. sr- verzeichnet Fröhde KZ. 22, 267 f.
Etymologien. 323
839 und B rüg man in Curt. stud. 1X393. Man pflegte frü-
her anzunehmen, sr habe sich zunächst zu st7', sodann durch
die mittelstufen sd^r, sfr zu sbr, und endlich zu br entwickelt
(z. b. Ebel a. o. , Kuhn a. o. , Schleicher comp.^ 254. 256,
J. Schmidt KZ. 15, 158 fi*., Fick wtb. I 839); dabei bleibt
unerklärt, weshalb die lautgruppe str , gegen welche sonst im
lateinischen keine abneigung herrscht, gerade in diesem falle
wieder beseitigt wäre. Eine wahrscheinlichere erklärung dieses
br ergibt sich, nachdem Bugge (KZ 22, 418 ff.) den Übergang
eines urspr. s zu /' auf italischem boden, namentlich im umbri-
schen, für eine anzahl von fällen nachgewiesen, und (ebd.
435 ff.) belege für diesen Übergang aus romanischen, keltischen
und germanischen dialekten beigebracht hat (vgl. Brugman
a. 0.). Es ist danach anzunehmen , dass in der Verbindung sr
im lateinischen das s zu dem von Brücke (grundz. ^ 53 f.) mit
s* bezeichneten laute, d. i. dem ^ der Neugriechen und dem
scharfen th der Engländer wurde. Das so entstandene ^r
wurde im lat. zu fr (s. über lat. /"aus S- As coli KZ. 17, 253 f.
336 f.), und ging im inlaute weiterhin in br über, wie *rud--ro-
= gr. B-Qvi)--Q6-, sskr. rudh(i)-rä- zu *ruf-ro- (vgl. rüfus) und
weiter zu rub-ro- (rub{e)r, rubru-m) umgestaltet ist. Da im an-
laute /' == ^ erhalten bleibt (As coli a. o.), so werden wir das
fr- in frigus als die regelrechte Vorstufe des inl. auf sr zurück-
gehenden br betrachten dürfen. — Als weiterer beleg für anl.
fr aus sr darf frdgu-m „erdbeere" = gr. qa^, gen. qäyog f.
„beere" bes. „Weinbeere" (Fröhde KZ. 22, 269) gelten.
H. Collüz.
3) Mit ylajuäv „triefäugig sein", wovon Bezzenberger
0. I. 339 mit recht lr]iLiäv abgetrennt hat, yXia * aölla, yliz-
,tov' yXoiov (Hesych) und ylola „schmutziges öl" vergleiche
tlett. glemas, glemi „schleim", glemesis „Schnecke, muschel", ^
gl^ws „was sich zieht wie dicker schleim = trag, indolent,
weichlicl), zerbrechlich", gliwe „der grüne schleim auf dem,*,
Yi asser" ,1 glits „glatt" = lit. glitüs „glatt, klebrig, schlüpferig, '* |
schleimig", (bleichen Ursprungs ist ahd. clenan, chlenan , „kle-
ben, schmieren".
4) Lett. feiju fit „hervorblühen, zum Vorschein kommen"
ist das Stammwort zu fids = lit. zedas „blüthe". Zu ihm ge-
hört weiter got. hijans, vgl. ahd. kinan „keimen". A. Fick,
21
324 H. Zimmer
Zur Geschichte der deutschen Sprache von "Willielm Scherer.
Zweite Ausgabe. Berlin Weidmannsche Buchhandlung. 1878.
XXIII und 660 SS. 8.
Wenige Jahre nach Jacob Grimm's Hinscheiden erschien Scherers
Werk Zur Geschichte der deutschen Sprache. Der Begründer der histo-
rischen und vergleichenden Grammatik der deutschen Sprache war in den
letzten 20 Jahren seines Lebens durch die Thätigkeit am deutschen Wör-
terbuch so sehr in Anspruch genommen, dass es ihm selbst versagt blieb,
mit Berücksichtigung der inzwischen erreichten Resultate der comparati-
ven Grammatik eine erneute Lösung höchst wichtiger Probleme deutscher
Sprachgeschichte zu versuc"hen. Ad. Holtzmann's und Theodor Jacobi's
Untersuchungen, die leider Anfänge blieben, sind das einzig Erfreuliche,
was das Studium deutscher Specialgrammatik aus dieser Zeit aufzuwei-
sen hat. Andere zeigten sich in ihren grammatischen Arbeiten so unfä-
hig , die neu hinzugekommenen Hilfsmittel zu benutzen und damit über
die vom Altmeister gelegten Grundlagen hinaus zu gehen, dass es Jacob
Grimm bange um solche Nachfolger wurde , wie er es unverholen aus-
sprach.
Die aus dem Gesammtfortschritt des grammatischen Studiums resul-
tierenden Forderungen in Bezug auf die Specialforschung deutscher Gram-
matik wurden zuerst voll und ganz erfüllt von Scherer in seinem ge-
nannten Werke; es hat aber noch ein grösseres Verdienst: es eröffnete
der Forschung neue Wege und gewann dadurch eine Bedeutung, die weit
über den Rahmen der deutschen Specialgrammatik hinaus reicht. Ein
Decennium ist vei-flossen bis zu einer zweiten Ausgabe, die nun vorliegt;
ein verhältnissmässig kurzer Zeitraum und doch ist er für die Geschichte
der vergleichenden Sprachwissenschaft überhaupt und das grammatische
Studium der germanischen Sprachen insbesondere von hervorragendster
Bedeutung. Er hat eine Bewegung hervorgerufen , in Mitten der wir
augenblicklich noch stehen und deren Resultate sich noch nicht absehen
lassen. Einen bedeutenden Antheil hieran hat, wie bemerkt, Scherers
Werk. Ein zukünftiger Geschichtschreiber der germanischen Sprachwis-
senschaft wird mit ihm eine neue, die zweite Periode beginnen, die ver-
gleichende Grammatik der arischen Sprachen wird anerkennen müssen,
dass die durch Schleicher eingeführte aber vielfach nur äusserlich ange-
wendete Methode der naturwissenschaftlichen Forschung erst durch Sche-
rers Hand in der Sprachwissenschaft ihre volle Vcrwerthung gefunden
hat.
Lautphysiologie und das Princip der Analogie sind die beiden neuen
Hilfsmittel, welche Scherer handhaben lehrte; sie wendete er mit Erfolg
an, um im Elinzelnen zu zeigen, dass die allgemein geltende Unterschei-
dung zwischen F/utwicklung und Verfall der Sprache auf einem Irrthum
beruhe: „Ich habe überall nur P^ntwicklung wahrgenommen" bekannte er
in der Widmung, Wie neu diese Hilfsmittel den meisten Sprachforschern
Anzeige. 325
waren , können wir am besten ersehen aua den Kritiken der ersten Auf-
lage. Mit welch vornehmer Geringschätzung wurden die lautphysiologi-
schen Erörterungen abgethan! acht Jahre später erschienen Grundzüge
der Lautphysiologie zur Einführung in das Studium der Lautlehre der
indogermanischen Sprachen. Nicht minder hartnäckig verschloss man
sich anfangs gegen den Satz: „In zwei unaufhörlich wiederkehrenden
Processen scheint so ziemlich das gesammte geistige Leben der Sprache
beschlossen: in Uebertragung und Diflferenzierung" ; erst durch Leskien
wurde dies Princip, die Analogiebildung, in den Augen vieler hoffähig
gemacht. Die Erkenntniss muss manchen sehr plötzlich überkommen
haben, da sich sonst kaum erklären lässt, wie jede andere Erwägung ihm
so total in den sprachlichen Untersuchungen könnte abhanden gegangen
sein : augenblicklich scheint die falsche Analogie bei einigen Sprachfor-
schern die einzig mögliche Denkform zu sein. Scherer war sich dessen
sehr wohl bewusst, dass dies Princip in ungeschickten Händen nicht ganz
ungefährlich für die Wissenschaft ist, denn er sagt Seite 177: „Es wäre
sehr verdienstlich , wenn Jemand solches Aufdrängen , solche Formüber-
tragung oder Wirkung der falschen Analogie einmal im allgemeinsten
Zusammenhange erörterte und namentlich die Einschränkungen
festzustellen suchte, innerhalb deren dieser Vorgang sich
halten muss." Letztere Forderung hat in den neuesten Forschungen,
die mit dem Hilfsmittel der Analogiebildung gearbeitet sind, so gut wie
keine Berücksichtigung gefunden.
Wie verhält sich nun die zweite Ausgabe gegenüber dem hervorge-
rufenen allseitigen Fortschritt der grammatischen Forschung auf den Ge-
bieten der allgemeinen comparativen Grammatik und der Specialgramma-
tik der germanischen Sprachen ? Sie ist, wenn auch im Aeusseren vielfach
verändert und sicher verbessert, im Wesentlichen wenig anders geworden.
Nicht als ob Scherer von der Vollkommenheit seiner ersten Arbeit ein-
genommen gegen den Fortschritt der Wissenschaft blind wäre, nein:
„Dass ich mehr nicht liefern konnte, wissen Sie genau; Sie haben mich
oft genug bei der Arbeit getroff'en : diese hat auch ihre physischen Gren-
zen", diese der Widmung an Müllenhoif entnommenen Worte geben uns
den Grund an. Wenn in der That Scherer sich vor die Alternative ge-
stellt sah, entweder die erste Auflage unverändert abdrucken zu lassen
oder für den Fall einer vollständigen Umarbeitung das Werk auf Jahre
hinaus, vielleicht für immer dem alljährlich grösser werdenden Kreise
des sprachwissenschaftlichen Publicums zu entziehen — nun dann ver-
diente er sich sicherlich schon Dank für eine Entscheidung in ersterer
Richtung. Noch viel mehr kann er denselben beanspruchen durch den
eingeschlagenen Mittelweg: verschlechtert ist nichts am Buche und vie-
les besser, überzeugender geworden.
Mit einigem Recht wurde der ersten Ausgabe des Werkes ein Vor-
wurf in Bezug auf Darstellung und Anordnung des behandelten Stoffes
gemacht Diesem Uebelstand ist, soweit dies ohne gänzliche Umarbei-
tung möglich war, abgeholfen worden. Ein einleitendes, neu hinzuge-
kommenes Kapitel handelt über die Epochen der deutschen Sprachge-
326 H. Zimmer
schichte. Das zweite Kapitel „Principien" vereinigt eine Reihe Apho-
rismen zur Methodologie der Sprachwissenschaft, die in erster Ausgabe
durch das Werk zerstreut standen; hinzugekommen ist einzelnes aus ei-
nem Aufsatze in den preussischen Jahrbüchern. Im Vordergrund der
sprachwissenschaftlichen Untersuchung steht seit kurzer Zeit der „Vocal-
wandel", der in Scherers Werk das dritte Kapitel füllt; der Text weist
gegenüber der ersten Auflage fast keine Veränderungen nach, in den
Anmerkungen ist mehrfach kurz hingedeutet auf die neuere Litteratur,
die seitdem schon wieder um mehrere Werke bereichert worden ist Am
meisten wird dem neuesten Stand der Wissenschaft gerecht das vierte
Kapitel, das ,,die Lautverschiebungen" betrachtet. Die Darstellung der
germanischen Auslautgesetze (Kapitel 5) ist im Wesentlichen unverändert
geblieben ; das ablehnende Verhalten gegen die neueren Behandlungen
dieser Fragen hat Scherer im Anhang Seite 605 ff. motiviert.
Vielfach umgestaltet und bedeutend erweitert ist das ,,Verbum" (Ka-
pitel 6). Zu den angefeindetsten neuen Gedanken der ersten Ausgabe
gehört auch der, dass die Unterscheidung der Verba auf ä und mi eine
ursprüngliche sei. Scherer hält an seiner Anschauung fest. Mit vollem
Recht; eine unbefangene Prüfung jeder einzelnen westar. Sprache führt
darauf. Auch altir. asbiur dico, forchun praecipio lassen sich nur aus
*bhard, *canä erklären, wie Windisch in Paul u. Braune's Beitr. IV, 235,
260 ff. zeigt. Daneben erscheinen nun im Altir. Formen wie berimm,
tiagivvn ; Stokes sah Beitr. VI, 465 in ihnen spätere Anfügung eines pro-
nominalen Elementes -mmi. Dem widerspricht Windisch theilweise und
mit Recht; aber seine Deutung ist meines Erachtens absolut unzulässig.
Ich lasse ihn zuerst selbst reden. „Die Form berimm kann nicht un-
mittelbar aus biur entstanden sein, auch nicht aus dessen Vorform beru,
bero wie der Augenschein lehrt. Wenn in späteren Handschriften be-
ruim, tiaguim geschrieben wird, so ist dies eine Eigenheit der späteren
Orthographie, im Altir. wird nur entweder -im oder -aim, beides auch
mit mm geschrieben. Die Formen berimm und biur sind auf irischem
Sprachgebiete als von einander unabhängige Formen zu betrachten.
Kommt somit das europäische bharä , dessen Nachkomme das alte biur
ist, für die Erklärung des altir. berimm nicht in Betracht, so bleibt
uns, wenn wir diese Form organisch erklären wollen, nur übrig, es mit
dem arischen bhartnni zu versuchen. Gesetzt den Fall, diese Bildung
wäre im Keltischen fortgeführt worden, so müsste sie altir. beraim, be-
riin lauten". Wenn, wie Windisch zeigt, altir. biur das westarische
bhdrä vertritt, so geht die Annahme, dass das Irische das cstariscbe
bhärämi daneben soll fortgeführt haben bis etwa um's 8. Jahrh. nach
Chr., wo es plötzlich behufs Bildung einer conjuncten und absoluten
Flexion die „Typen" schied, über mein Vorstellungsvermögen. Das Iri-
sche selbst belehrt uns eines bessern. Vorerst will ich constatieren,
dass die allgemeine Bezeichnung der Formen in -im als „forma abso-
luta" sehr irreführend ist; Z" 429 sind aus den ältesten Denkmälern
nur 8 Formen in -im absolut, aber 2 3 Formen in im conjunct
belegt! Sehen wir uns nun die Vertheilung der Formen von Typus
Anzeige. 327
biur und berim näher an, so ergibt eich weiterhin die Thatsache, dass
gewisse Verba den Typus hiur gar nicht kennen, sondern nur die For-
men in im sowohl absolut als conjunct: benim ferio, inarbenim jaceo,
do/uibmm succido, doimdibiiim abscido , arachrinim difficiscor etc.; es
sind die Verba, deren Praesensstammbildung der indi-
schen 2. Ilauptconju'gation entspricht, hier ist die Endung
ursprünglich und darum so unbestritten, dass die Neigung zur Unter-
scheidung zwischen conjuncter und absoluter Flexion nicht eindringt.
Weiterhin, neben den beiden Typen biur und berim lässt sich noch ein
dritter beobachten, den Stokes in seiner Darstellung des altir. Verbums
in Beitr. VI. VII. besonders belegt hat: biru. Hier liegt die Unur-
sprünglichkeit klar zu Tage und ist von Windisch auch erkannt wor-
den; biur verhält sich zu caru, wie got. Jinpa (cf. ah A. ßndu) : salbo, gr.
(fe'QO) : Tificico d. h. u in caru ist regelrecht erhalten, weil es das in biur,
forchun durch Epenthese ira Auslaut verschwundene u plus d reprae-
sentiert. „Wenn sich hier in 1. Conjugation neben dem conjuncten
Typus asbiur dico der absolute Tyjius tiagu {biru) nachweisen lässt, so
möchte ich hier eine Bildung nach Analogie der 2. Conjugation caru
erblicken, eingeführt im Dienste der Tendenz, den Unterschied von
conjuncter und absoluter Flexion durchzuführen" bemerkt Windisch 1. c.
263. Nun ganz gleich schliesse ich: Wenn sich in der irischen 1. Con-
jugation, in der zusammengefallen sind die der altind. Klasse 1 . 4 (erste
Ilauptconjugation) und der altind. zweiten Hauptconjugation entspre-
chenden Praesensbildungen, neben dem conjuncten Typus asbiur der
absolute Typus berim findet, so möchte ich hier bei den a-Stämmcn
eine Uebertragung von Praesensstämmen, entsprechend der indischen
zweiten Hauptconjugation, erblicken, eingeführt im Dienste der Ten-
denz, den Unterschied von conjuncter und absoluter Flexion durchzu-
führen. Es kreuzten sich also hier 2 Analogiebildungen und letztere
trug den Sieg davon; die Formen auf itn verdrängten schliesslich alle
anderen, wie dies im Britannischen, das ja in der Formenlehre schon
in seinen ältesten Denkmälern kaum ans Neuir. heranreicht, bereits
früher eingetreten war. Windisch wird dem entgegenhalten, dass be-
rimm nicht unmittelbar aus biur entstanden sein kann, wie der „Augen-
schein lehrt". Wer wird sich die Sache aber auch so äusserlich vor-
stellen. Gewiss hat man nicht ein »w» von benim , arachrinim etc. los-
gelöst und an biur gehängt. Aber die Uebereinstimmung von renid,
renam , renid, renait (= prnäti , prnlmas) oder crenid, crenam, crenid,
crenait (= krlnäti) mit berid , beram, berid, berait oder melid , melatn,
melid, melait schuf ein berim nach renim , crenim , leniin. Schliesslich
lässt sich noch ein directer Beweis erbringen, dass die Endung im bei
den a-Stämmen {berim, tiagaim) ganz junge Analogiebildung ist. Ich
muss mich hier auf Andeutungen beschränken und auf spätere Unter-
suchungen über den altir. Accent verweisen. Das Altir. hatte noch ira
Wesentlichen den altarischen Accent, namentlich vermochte es noch,
bestimmte Stamm- und Wortbildungssuffixe zu betonen, wie gewisse
lautliche Veränderungen mit absoluter Sicherheit ergeben. So war vor
328 H. Zimmer
anderm in den ziemlich stark vertretenen Verben, die den indischen
Praesensbildungen von Klasse 5 und 9 entsprechen, die Wurzel unbe-
tont. Es trug also in benim etc. im den Accent, wie aus Unterdrückung
des Wurzelvocals in dofuibnim , doimdibnim erhellt; die Praepositionen
waren wie noch im Neuir. tonlose Proklitika. Und nun sehe man : neben
forcongur ^) praecipio steht ein forchongrimm 7? 428. 429, neben ateoch
(aus ad-teoch) precor ein atchim! Es ward mit der Endung die Accen-
tuation übertragen; wäre die Endung im bei den a-Verben etwas gleich
altes wie die interne Flexion, so sind ad-teoch und ad-tchim als P'ort-
setzung der indogerm. Typen *tekä und Hekämi neben einander unlös-
bare Räthsel. —
Für Erklärung des m in ahd. salböm , habim sind die von Scherer
neu gegebenen Erörterungen Seite 265 flf. wichtig; die Sache wird
durch sie noch um vieles sicherer.
Seite 221 ff. werden die Spuren der verschiedenen altarischen Prae-
sensbildungen , die sich noch in den germanischen Sprachen erkennen
lassen, zusammengestellt. Hieran schliesst sich dann die Betrachtung
der starken Verba nach Klassen geordnet, bei einzelnen Klassen sind
die Repräsentanten aus den germ. Sprachen zusammengestellt. Was
die ablautenden Verba der a-Klasse anlangt, für die drei Unterabthci-
lungen angenommen werden : geban , neman, bendan, so kann ich Sche-
rer in Bezug auf die Entstehung des Pluralablautes des Praeteritums
von Abtheilung 1 und 2 nicht beistimmen. Er sieht in gebum, nemum
lautgesetzlich entstandene Formen. Seite 234 wird got. varth, vaürthun
auf dieselbe Grundform mit ind. vavärta , vävrtus zurückgeführt , nur
dass Verlust der Reduplicationssilbe eintrat. Warum soll dann nicht
beran, neman mit bar, baürtnn, nam, numum gotisch ablauten? Sehen
wir uns um, so liegt dieser allein zu erwartende Ablaut in man : »»«-
num, skal : skulum vor; die Gleichung man : munum = fi^fiova : fxi-
/nafiev ist doch wohl ebenso zwingend wie die von Scherer aus dem
Indischen herbeigezogene für die dritte Unterabtheilung. Die Plurale
berum, nemum (auch die meisten von Unterabtheilung 1) sind Analogie-
bildungen nach uralten Mustern , die ich nach der von Scherer ange-
gebenen Weise entstanden denke; lautgesetzlich sind zum Beispiel auch
die meisten e der aus dem Indischen hierher gehörigen Formen nicht
raotivierbar, vgl. Job. Schmidt Zeitschr. f. vgl. Spr. 24, 319, Hübsch-
mann, ebend. 405 Anm. 2. Ebenso vermag ich nicht Scherers Ansicht
über den Pluralablaut des Perfectums seiner o-Klasse zu theilen ; die i-
und u-Klasse zeigen deutlich, dass wir zu erwarten haben hof : habum.
Diese Stammgetitaltung ist, wie Seite 257 richtig nachgewiesen wird,
im Altirischen vorhanden. Windisch hat sein irriges Paradigma in
Zeitschr. f. vgl. Sprachf. 23, 250 in der eben erschienenen „Kurzge-
fassten Irischen Grammatik" §. 290 berichtigt.
Vieles in diesem Kapitel kreuzt sich mit Ansichten, die Fick in
*) u vollständige Assimilation aus *garu wie tabur do, forchun
doceo zu Y^can.
Anzeige, 329
einem Aufsatz in diesen Beitr. 4, 167 fT. und Kluge in seinen Beiträ-
gen zur Geschichte des german. Verbums (Quellen u. Forsch. XXXII)
gleichzeitig entwickelt haben. Die Ausgangspunkte sind zum Theil
sehr verschieden; die vokaliscbe Frage kommt bei endgültiger Ent-
scheidung in erster Linie in Betracht. Da ausser den Arbeiten der
beiden genannten Gelehrten noch von drei Seiten hierher einschlagende
Untersuchungen in nächster Zeit erscheinen sollen, so muss ich vorläu-
fig auf eine weitere Discussion einzelner Punkte verzichten.
Eine Etymologie in diesem Kapitel Seite 247, die auf Fick Wörter-
buch I, 242 zurückgeht , fordert meinen Widerspruch heraus : „skrt.
khyä d. i. ski-ä sichtbar sein, scheinen" wird mit lat. scire verglichen.
Achten wir jedoch einmal auf die Flexion der sogenannten Wurzel
khyä im Veda und berücksichtigen die Angaben indischer Lehrbücher
der Phonetik, so kommen wir zu ganz anderen Resultaten. Von den
Wurzeln khyä und dhä sind nach Delbrücks Zusammenstellung Altind.
Verb. 85 folgende parallele Formen belegt: äkhyam adhäm, khyds
dhas, äkhyat ädhät, khyät dhüt, khyatam dhatam etc.; kurz, abhikhyaya
abgerechnet, kennt der Veda in den zahlreichen belegten Formen keine
Wurzel khyä, „es wird ganz so flectiert, wie etwa der Stamm sxca-
oder ruha-, namentlich ist zu beachten, dass die dritte Person Pluralis
auf an ausgeht und nicht auf us wie ädus etc." Delbrück, 1. c. 87.
Gleichwol kann sich Delbrück nicht von Annahme einer Wurzel khyä
trennen, indem er sich in einem wunderlichen circulus vitiosus bewegt:
wir müssen Wurzeln mit ä anderweitig annehmen ; aber beweist das
etwas für eine Wurzel khyäf kann ich nicht mit demselben Recht, mit
dem Delbrück an die Flexion von sica- erinnert, sagen, es ist dieselbe
Flexion wie syati, syatam, syatu? Dann kämen wir auf eine Wurzel khä,
wenn wir rein äusserlich weiter schlössen. Eine solche nehme ich nicht
an; die Wurzel steckt viel mehr, wie sich erweisen lässt, in kh. Be-
kanntlich sind dydti, syäti, gyäti, chyäti (vgl. Pänini 7, 3, 71) Präsentia
nach der 4. Klasse von Wurzeln auf ä respective o; das Präsenssuffix
trug wie noch das als Passiv verwendete Atmanepada ausweist den Ton,
vor dem *daydti, *cayäti etc. zu dydti, cydti wurden wie aus *tarshynti,
darhydti etc. tfshyati dfhyati; der Vocal zeugt hier gegen den Accent
(vgl. Begemann, Bedeutung des schwachen Präteritums S. 7). So führe
ich vedisch khydti zuerst auf ein *ksydti und weiter *kasydti zurück;
die Wurzel ist also kas, die in caksh reduplicirt vorliegt.
Hier kommen die indischen Grammatiker zur Hülfe. Vorab die
Bemerkung, dass dieselben einen Zusammenhang zwischen den Wurzeln
khyä und caksh statuieren (Panini 2, 4, 54—55). Väjasaneyi-Prätigakhya
4, 8, 16 findet sich nun die Regel: khyäteh khayau kasait Gärgyah sa-
khyokhyamukhyavarjam d. i. in der Wurzel khyä spricht (schreibt vor)
Gärgya ks für khy : ausgenommen sind sakhya, ukhya, mukhya", Hier-
durch wird nun auch, wie Weber, Ind. -Streifen 2, 128 sah, eine Regel
des Rk-Präti^äkhya klar 1, 431, wo es heisst: khyätau khakärayakärä
u eke. „In der Wurzel khyä setzen einige die Buchstaben kh und y".
^aunaka ist also derselben Ansicht wie Gärgya, dass ksati die richtige
330 H, Zimmer
Aussprache eei, für die andere khyati sprächen. Uvata sagt zu letzte-
rer Stelle denn auch : khyäterdhätoh kakarasakarayoh sthüne khakäraya-
karau kartavyau manyante. „Man ist der Ansicht, dass in der Wurzel
khya die Laute kh und y an Stelle der Laute k und s anzuwenden
sind". Wir haben somit die sichersten Zeugnisse der Lehrbücher der
Phonetik, dass in der in der Form khya in grammatischen Lehrbüchern
recipierten Wui-zel dialectisch ks gesprochen wurde, also nach den im
Rigveda belegten Formen die 3. Sgl. Präsentis ksäti und khydti lautete.
Annahme eines Uebergangs von s in y oder umgekehrt ist weder aus
Sanskrit- noch Präkrit-Lautgesetzen zu begründen; es würde auch eine
andere Angabc des Kk-Prätigäkhya nicht erklärt werden können. Wir
werden somit auf die Nothwcndigkeit geführt von ksyüti auszugehen,
welche Form aus kasyäti entstand. Nach Lautgesetzen, die man präkri-
tisch nennt, die aber einfach die der nicht litterarisch gehemmten Volks-
sprache sind und die in der Sprache der vedischen Lieder vielfach als
wirksam nachgewiesen sind (zuerst Weber Väj. S. specimen 2, 204 flf.
Ind. Stud. 2, 87. Benfey Vedica 133 ö'.), konnte die Form ksyati einer
zweifachen Behandlung unterliegen:
L ks (respect. ksh) wird zu kkh^ das im Anlaut einfach geschrie-
V)cn wird ; also Päli rukkho khina = Sanskrit vrksha, kshhia. So ent-
stand khyati. Bei vortretender vokalisch anlautender Präposition oder
Augment musste demnach die Form kkhydti eintreten wie Päli khipati:
papikkhipati ; dies ist nun in der Tliat der Fall: Vajas. PrätiQ. 4, 6, 10
wird zu der Regel, dass die Verdopplung der Aspiraten durch die ent-
sprechenden Nicht-Aspiraten geschehe, als Beispiel angeführt vikkhyäya;
Vaj. S. 11, 20, woher die Form genommen, liest unser Text vikhyaya
(cakshushä tvamabhi tishtha prtanya(ah). Zu derselben Regel llk-Prätiy.
1, 379 findet sich das Beispiel vi hyukkhyam vu'masü Rv. 1, 109, 1 und
Rk-PrätiQ. 1, 397 wird durch die Regel khakare cainamudayc kakärah
khyäterdhätoh „ebenso ist (nach Qäkalya) k abhinihita, wenn kh folgt, in
der Wurzel ÄÄyä" vorgeschrieben, dass z. B. in der Stelle Rv. 4, 14, 1
ükhyat devah zu sprechen ist ak-khyat devah. Dies ist als (^'äkalalehre
angegeben, da Qaunaka selbst (1, 431) ksati aussprach. M. Müller
meinte, das k vor kh sei erst durch Krania (1, 378) entstanden, allein
hierin liegt ein direkter Widerspruch mit Abhinidhäna. Ist Müllers
Ansicht hierüber richtig (zu 1, 393), so schliesscn sich Krama und
Abhinidana absolut aus und die Doppelconsonanz in ak-khyat muss aus
anderen Gründen, aus Assimilation erklärt werden.
IL In ksyati konnte ein anderes Lautgesetz der Volkssprachen
wirken: sy wurde zu ss assimilirt wie Päli a«*a, Ivkassa, mantissa =
Skrt. asya, lokasya, mannshya. Dann entstand die Form kssüti, die nicht
anders wie ksati geschrieben werden konnte. So sprachen Gärgya und
wohl auch (.Jaunaka. Dass das s nun wirklich mehr als ein einfaches s
repräsentirte, dafür haben wir endlich noch hinreichende Beweise. In
der oben gegebenen Stelle Vaj. S. Prätig. 4, 8, 16 schreibt Codex A
küfau und dies pas.'^t aufs trefflichste: Der Berliner Codex der Käthaka-
Schule (Recension des schwarzen Yajus) schreibt fast durchweg die For-
Anzeige. 331
men der vermeintlichen Wurzel khyä in der Gestalt von k^ä: vgl. We-
ber Ind. Streifen 2, 211. Nun kommen auch die Calcuttaer Scholien
zu Pänini 2, 4, 54 zu ihrem Recht und vor allem Katyäyana (Böhtlingk
Pänini 2, 103), der k^ä für die ursprüngliche Wurzel erklärt: kcä ist
keine Erfindung Kätyäyana's und k steht nicht für primitives kh, wie
Böthlingk vermuthet. Das c dient hier zur Wiedergabe des aus Assi-
milation entstanden scharfen s-Lautes (ss). — Auch Yaska's Etymologie
von rkshah (Nir. 3. 20) „die Bären, das Siebengestirn" : rkshä udlrnä-
niva khyäyante „wie aufgegangene (Gestirne nakshaträni) werden sie ge-
sehen {dr^yante Durga) aus Wurzel Ir -\- khyä wird nur recht verständ-
lich, wenn er für die in Form khya grammatisch recipierte Wurzel die
Aussprache ksä kannte.
Recapituliren wir: Die zahlreichen Formen des Kigveda (s. Grass-
mann Spalte 375) erweisen der „Wurzel khyä schauen" in den Special-
temporibus eine Flexion khyä'mi, khydsi, khyäti wie syä'mi, sydsi, aydti,
dyä'mi, dydsi dydti etc. ; bei vorangehendem Vocal tritt nach den Lehr-
büchern der Phonetik -kkhya- ein und da die Aussprache ak-khyat ist,
so muss eine aus Assimilation entstandene Doppelconsonanz vorliegen.
Andererseits herrschte dialektisch ksä'mi, ksdsi, ksdti, wo das s einen
geschärften Laut repräsentirt und daher auch f geschrieben wird. So-
mit kommen wir auf eine Flexion ksyü'mi, ksydsi, ksydti, die aus ur-
sprünglichem kasyami, kasyäsi, kasydti entstanden ist wie dyä'mi aus
dayä'mi, hrshyämi aus harshyä'mi, dfhyami aus darhyä'mi etc. (Delbrück
Altind. Verb. 163 weitere Formen). Wurzel ist also kas „sehen" nach
4. Klasse flectiert. Der durch Lautgesetze etymologisch unkenntlich ge-
wordene Präsensstamm musste zu falschen Bildungen in den allgemei-
nen Temporibus führen. Der Kigveda kennt erst die einmal vorkom-
mende Form cakhyathus und das zweimal belegte ahhikhyäya.
Nunmehr sind wir in der Lage uns nach Verwandten im Kreise der
übrigen arischen Sprachen umzusehen. Das Präsens kasyä, kasyasi,
kasyati ist im Irischen der gewöhnliche Ausdruck für „sehen". Win-
disch hat Kuhn's Zeitschr. 21, 424 altir. docin, adchiu, video auf einen
Präsensstamm kesya- zurückgeführt, den ich nun im Indischen nachge-
wiesen habe. Die Wurzel kas tritt im Irischen klar zu Tage: adchess
Visum est (Z* 478) geht auf kastd, der Plural aichessa visi sunt steht
Goid. 149, imcaisiu circumspectio, remcaisiu Providentia (Z^ 800) sind aus
-cas-tion- entstanden, cais oculus aus *casti Beitr. f. vgl. Spr. 6, 460 N.
Die „Wurzel khyä'''' ist daher bei Scherer Seite 247 zu streichen
und gehört als weiterer Beleg auf Seite 226.
Fast unverändert ist in der zweiten Ausgabe Kapitel 7 — 12, nahezu
die Hälfte des Werkes geblieben. Ein Anhang Seite 602—640 vereinigt
mehrere Excurse, zumTheil polemischen Inhalts, die sich nicht an ein-
zelnen Stellen einfügen Hessen: Dänische Flüstermedia, die althoch-
deutschen Endsilben, zur Accent- und Lautlehre, Physiologie und Me-
trik, der altgermanische Vers. Ein sorgfältiges, von Dr. Collitz ausge-
arbeitetes Sach- und Wortregister schliesst das Ganze ab.
Berlin, Januar 1879. Heinrich Zimmer.
332
Register.
I. Sachregister.
Ablaut: pluralablaut im german.
praetcritum 328.
Analogiebilflungen: im iiido-
iranischen 206 f. 214 f. 217 fl".
220 f. 226 f. 229 f. 233 ; im latein.
288. 291. 295; im umbriscben 204
n. ; im german. 328; im slavi-
schen 204.
Arisch: 137 ff.
Bedeutungsübergänge: höh-
lung, pfeife 1 f.; minder, schlech-
ter 5n. ; ähre, spreu 11; verdie-
nen, wert sein 13 ; gras, Winzigkeit
14 n.; zeugen, ernähren 19; her-
vorstehendos, schwänz 22; aus-
gestreut, breit 81; niere, hoden
106; pfähl, Schienbein 110;
schliessen, häufen 114; kante,
fels 166; holz, stange 249; ort,
gelegenheit 258; krumm, hinter-
listig 265; zu falle bringen, täu-
schen 306 f. ; nähern , schlagen
308; pflücken, scheren 308.
Betonung der adjekt. auf -(po- im
griech. 4.
Deklination: vokalisch ausl. fe-
minina im präkrit gegenüber kon-
sonantisch ausl. im Sanskrit 263;
Übergang vokalischer stamme in
die konsonantische dekl. im grie-
chischen 10; stamme auf -fo- ne-
ben solchen auf -v- im griech.
289; gen. pl. Joverum , boverum
im lat. 173.
Determinativ A:im präkrit 258.
Dissimilation bei r und / im
griech. und latein. 98.
Epenthese: des v[/) im griech.
3 f. 111; nur i-epenthose im
griech., und zwar ausschliesslich
bei « (= schwa) 160n.
Inschriften: griechische 121 ff.
(vgl. 284 f. 309) 266 ff.; etruski-
sche 26 ff.
Konjugation: die sskr. aoriste
auf -sisham und die griech. auf
-aaa 159n. — Lat. präsentia auf
•llo 285 ff.; das j der J-klasse im
lat. auf den präsensstamm be-
schränkt 301 f.; flpxion der j-
klasse im latein. 302 f. ; abgelei-
tete verba vom präsens der n-
klasse im lat. 303 ff. — Unter-
scheidung der verba auf -d und
-mi im irischen 326 ff.
Konsonanten:
gr u nd spr.: y-reihc u. A-reihe
178 ff.; zum Verhältnis von r und
/ im iudogerm. 204. 306. 317.
indoiran.: gutturale und pa-
latale 177 ff. (palatale vor t und
urspr. e 200 ff., gutturale vor a,
u und vor konsonanten 221 ff.).
s an skr.: zweifaches j und h
178 fi. 194 ff.; t, d, dh aus rt,
rd, rdh 130 ff.; zwei verschiedene
flaute 264.
präkr. : kh z= urspr. sk 253 f.;
k gegenüber sskr. c 256 ; acces-
sorischer anusvära 248; verlust
der aspiration 249.
griech.: tt, t == y 197 ff.;
if aus yh 13 f. 87. 307. 322. —
Anl. j vor vok. wird f oder spir.
asp. 25 ; anl. spir, len. aus s
120; anl. yl 316 ff.; anl. X aus
sl 16 f.; anl. fi, v aus yfi, yv
109; ßuQ- (= ßQ-) aus mi-^ 136.
— Inl. Iv wird Xl oder Xtv 298;
inl. 7IT aus 7r;'25; inl. ff nach sil-
benbildenden kons, bewahrt 136 f.
— Aspiration der tenuis im kreti-
schen 167; Senkung der asp. zur
med. noch liquiden 133; urspr.
asp. — asp. wird ten. — asp. oder
ten. — med. 100.
umbrisch: k, c vor e und i
204 n.
latein.: p aus k, b aus ff, f
aus gh 14 f. 331 ; p = sskr. c
297; anl. fr, inl. bj- aus sr 322;
inl. rb aus rv 14 n. — Inl. l aus
II durch Vereinfachung der doppel-
konsonanz 286 ff.; II aus /durch
schärfung der ausspräche 289 ff. ;
// aus Is, It, Iv, In (nicht Ij) durch
assimilation 295 ff.
8 1 a V i 8 c h : gutturale vor i und
e 203 f.; c und c 203 n. 208 n.;
anl. ;^- aus dn- 134 f ; inl. s aus
ks 165.
litauisch: anl. t7- (= /-) aus
dl- 134; sttr- (^ str-) aus sr- 134.
p reu SS.: tw- («-) aus dn 135.
Register.
333
german.: inl. ng aus wä: 8n.;
V aus gv 119; got. inl. bn aus
nm 152 ff.
Kosenamen: griechische 123 n.
Nomina: die griech. auf -r«
identisch mit den ved. auf -t und
den lat. auf -t 159. 174; lat. no-
mina, die den präsensstamm der
nasalklasse enthalten 303 ff.;
deutsche abstrakta auf -ung 151 f.
Reduplikation: grundsprachl.
mit e im perfekt 210 ff.; mit i
im präsens 214; griech. mit i
25. — Spuren der attischen re-
duplikation im sanskrit 309 ff.;
im armenischen 315; im avesta
315; im irischen 315.
Suffixe: sskr. -is, gr. -«?, germ.
-uz 160. 174; gr. -aio- 88 ff.;
gr. -»jtö- 5 ; lat. -ela aus -ella 287 ;
-ella aus -ela 290 ff.; -sla- im lat.
288 ; -ta- an den präsensstamm
tretend 303.
Superlative: lat. auf -illimus
und -errimus 296.
Vokale: (-» dereinen indog. spr.
neben ai der anderen 116).
grün d spr.: schwa = sskr.
? (ü) = av. e, i == gr. « = germ.
o (m) 157 ff.; e {e, ei, eu) 177.
207 ff.; o 169. 217; aul. ru, lu
aus var 308 f.
indoir.: a (d, ai, au) aus «
{e', ei, ew) 207ff.; sekund. » 29 f.
sskr.: t aus a geschwächt 310 n.
griech.: anl. ov aus fo, o aus
^f, ttv aus ^a 21 ; anl. h, oi aus
ja, (V, ov, av aus va, 25 ; v und
o als schwa 164; / aus «9 f.;
T] aus « -}- nasal 116; Wechsel zw.
f und o (EnovCa: 'Ouovog) 281;
inl. w unursprüuglich 18 f; -?jt-
durch ausfall eines Spiranten ent-
standen 5 ff. ; vokalsynkope und
vokal Verlängerung im homer.verse
16.
lat. : a aus e 208 n.; e in lehnw.
= gr. a 268 ; i = ei = oi (oe) ==
ou 53 n.; i aus m" (ot) 304 n.; i
aus m 303 f. ; ti aus ou (au) 304 n.
lit.: e = got. ai 80.
lett.: ö, w = südeurop. ö, Ö
169.
g e rm. : i = lat. e 107 ; ti durch
einfliuss des r 100; altn. or, ol =
lit. ir, il 106; altr. i vor r ge-
dehnt 105.
Volksetymologie: beispiele aus
dem neugrieeh. 87.
Wurzelerweiterung durch suf-
fixales M 169 f.
Wurzeln: vokalisch anlautende
neben solchen mit anlautendem
V 22. 113.
II. Wortregister.
Sanskrit.
id 132
krnati 306
aknä 155
irina 297
keli 255
aghä 224
ish 116
w. kram 232
aiika 155
id 132
w. krid 253 f.
aiikas 218
ulkä 167
w. kruQ 253 f. 256
adbhuta 171 ff.
ürj- 195
w. kgä 331
äna- (neg.) 244 f.
ürdhvä 113
w. kshi 118
änatidbhuta 171 ff.
ürmi 265
w. khäd 102 f.
arghä, ärhati 13
rshabhä 22. 113
w. khyä 329 ff.
w. ardh 113
rshvä 22
w. khel 253 ff. 806
w. arsh 113
emushä 313 f.
w. gardh (gfdhyati)
avatä 168
okas 218
318 ff.
avasä 9 ff.
ojas 195
gana 319
asthäne 258
kakuhä 257
garva 4
aQman 166
kakkhata 251
w. gur =: gar 237
asma 167
kaksha 87
grnäti 297
aihhas 224
kathara, kathinä 130
grbhnati 318
agas 218
w.'kat 252'
grhä'319
äpas 239
w. kas 329 ff.
göna 236 f.
äsa 7
kina 131 n. 297
go-nyoghas 219
äsyä 6
kila 261
gola 237 f.
älü 289
w. kut, kud 261 f.
gOQB 240
334
Register.
gosa 240
grama 319
grävan 316 fi'.
w. glah 319
ghana 222
gharmä 15. 209. 222
gharshati 15
w. ghas 293
w. caksh 329
cärvati 297
cüda, cülin 131 f.
cürna 297
jadä 129
jälhu 129 ff.
jarä 119
jüta 130
w. jvar, jval 321
w. tad 131 n.
w. tap 111
tuiiga 133 n.
w. tuj 120
dabhrä 99
dahana 15
dahrä 321
divä 262 f.
w. dih 196
w. du 74 t. 78 f.
w. dräkh 101
dhanikä, dhanyä 241 f.
w. dhraj 115. 196
nadä 132
nirrti 137
pathati 130
padyä 116 f.
pitu 116
w. pid 132
pur, purä, puri 263
püra 295
pushyati 19
phalgü 87
bäla 292
bhargas 219
bhishaj 196 f.
w. mah, rnamh 195. 225
inrläti 132
mrdü 128 f.
mrnati 136
yätati 25
w. yam 25
w. rarigh 13
rÜQat 189 n,
lakuta 249
laksha, lakshya 8 f.
lagudo 249
läva 308
likshä 87
w. likh 15n.
lunSti lubhäti 308
lopägä 308
vadra 132. 257
väpati 24
varana 298
varcas 167
w. vardh 113
w. varsh 113
värshman 22 f. 112
valli 264
vasnä 21
vaja 195
väti 242
vära 114
viQ 168
vici 265
vrjäna 195 f.
vishan 22. 113
vrshabha 113
w. vei, vell 263 f.
vyeniänah 314
vrana 309
vrayas 166
vrä, vräla 114
w. gar, qr 117
Qärman 118
w. Qi 118
gikära 118
yrnäti 306
gevälam, Qaivalam 257
w. gri 117
-Qokas 217 f.
sanutar, sanitur 120 f.
sarga 224
sarva 3
w. siv, siv 260
w. srj 224
sthita 120
Bthäne 258
srämsati 18
w. sridh 18
svaru 109 f.
w. han 209. 222
haras 209. 222
hiräsati 132 n.
w. hid 132
heshas 132
hyas 251
hrasvä 5n.
hrunati, hvrnati 306
hväiati 306."
Päli.
acchati 155 f.
anamataggo 245
äpo 239
likä, üko 241
kakudho 257
kakkhalo 251
khiddä 253
khuddako 257
w. khums 253
khelam (khelam) 255
gono 236 f. '
ghara 248
dasati 255
dosinä 250
päpurati, pärupati
247 f.
lagulo 249
sarado 240
sibbati 260
biyyo, hiyo 251.
Präkr it.
airajuvai 243
akko 256
acca 1. avvä 260
accha'i 155 f.
atthäna 258
anarahü 243 ff.
anudivam 262 f.
atthakkam (acchak-
kam) 258
abbä'259 f.
amayä 245
äo 239 f.
änuam 259
äsäsedu (ä8ä8entu)250 n.
äsamgho 250
utthäi 246
üä 241
osäyanam 238 f.
kaüham 257
kakudham 257
kakkhadö 251
kattam 251
karillam 241
kalabü"251 f.
kuuä 252
kukkai 256
kuddam, kudam 261 f.
kokkai' 256
koddam 261 f.
koliram 255
khiiddäo 257
khuddiam 254
kheddam , kheddai
253 f.*
khellamti 254
gahillo* 243
gämahanam 246
golä 237 f."
gono 236 f.
gonikko 243
goso 240
ghara 248
Register,
335
ghäano 255
ghäro 248
ghusimam, (ghusinam)
246 '
canka 1. vanka 248 n.
cbattä, chadä 246
chi, cchi 242
cheno 250
jacchamdo 261
jambälam 257
thane 258
dhemkuno (dhamkuno)
■ 255 f.'
naliam 252
nikkado 252
nipphariso 252
niphamso 252
niräso 252
nivvahanam 242
nihelanam 252
taläro '261
talladam, tallam 239
teälisä 251
tevannä 246
thakkai, thakko 258 f.
thokko 239
thovo, thevo 239
doggam 241
dosinä, dosini, dosä-
niam 250
dhania 241 f.
dhi-r-atthu 240
pattheväam 240
panavannä 245
pahio 253
pamguranam 247 ff.
pamcävannä 245
päuranam 247 f.
päurani 248
baiUo 246 f.
bulumbulo 241
bhäyam 240
bhimoram 259
lakudo, lakkudo 249 f.
vaillo s. baillo
vambhi (= bambhi)
260 f.
vadduaro, vaddo 257 f.
vaddayaram 258
vaiiai 289
vädi 242
viusaggo 255
viddiram 263
viiuiraduo 252
vili 263 ff.
velambo 240
velli," vellai 264 f.
V08iranam 240
Battharo 263
sarao 239 f.
sam- khuddai 253 f.
sam-galai 259
samgolli, samgello 259
samghai 250
samghayanam 255
sämari 259
säha'i 250
sivvi, sivvini 260
sevälam 257
hijjä 251.
Av estisch,
aipi-debävayat 170
airirieinäm 227 n.
aoganh 217
aojaiih 195
aurva 4
ana- (neg.) 245
arej 1 3
arshan 113
ädebaomä 170
izha 116
urvaenant 166
urvi 165 f.
Uta 114
erezi 22
kaena 198 f.
ghana 222
jaiti 174
w. Jan 222
zaothra 15
dawra 99
nas 167
paidhya 117
varez, verezena 196
väza 195
viQ 168.
Griechisch.
äßXct^ (Hsch.) = «-
j^ktt^ 167
dyxvlog 155
iiyos 218
Aiag 7
((!x(C(0, utxiijs 9 f.
axfiT) 166
akihrig 15 ff.
nXiTQÖg 17 f.
aXvui 289
dkffialßoiog 12 ff.
Kfiaytiv 167. 320
äfi/iisg 167
dvd- (neg.) 245
^^lo-xegaog 168
uTTTOsnrig 25
dqriiog 5
(tQxetv 13
dT^jußbj 99
ÜTfQ, draQ 120 f.
(tvkög, aiiXüinvg 1 ff.
avkuyv 3
ßaQvdfievov 136
ßctailevg 173
ßUifUQov 320
ßkto&QÖg 132
ßQÜaatav 128 ff,
ßQiuQog, ßold^ü) 166
ßqvoi 99
yavqog 4
Fek/dvog (Hsch.) =
FeX/dvog 166 f.
yXdyog 320
yXafiäv 323
yXÜQog 318
yXavxög 321
yXd(f)HV, yXv(ftiv 320
yXi(f)aQov 320
yXri^ri 317. 320
yX^vog, yXi^vrj 320
yXitt 323
yXCrrov 323
yXoCa 323
yXvxvg 320
yoog 119
ygdifHv 320
«y«/- 5. 78
6aaiig 136
^HnuTVQog (epirot.)
101 f.
SsanoavvT} 174
Sriiog [äd^iog) 5. 78
i^vri 78 ^
^QTjGTOavVJ] 174
id(fr)^rj 24
eivdtfQfg 25
'ExdfQyog 7
tXa(fQ6g(iXa&Q6g Hsch.)
13. 87
nev»e()og 52 f.
eXXaßs 16
iivu 264
l/ufic(»( 16
evavXog 3
ensqvov 222
'iroifiog 25
Via 5. 9 ff. 92 n.
TJCd-fog 5
Vioeig, riitiv 6
riiog 4 ff. 92 n.
^Xtog 289
riXog (dial. ydXXog] 298
^HXtg 298
riXirov 15 ff.
riXvaiov 298
336
Register.
ijXtfov 12 ff.
ij/zfi? 167
"HififeißTos 167
»fCi'io 209. 222
»(Xyü} 196
S^^Qog, »eQfio; 15. 209.
222
»rjyü} 99
»TjXd^to 100
;9^^«aj;? 136 f.
Sqn-jrixfg 168
^i/tß? 18 ^
iäo^ai 116
^Ii'ovig 25
iänxbi 25
IfQOS, iUQOS 116
/»Jtof 7n. 93 n.
?;Aw 265
roi/Ao? 20
tnnoavvri 174
/ff*^d? 101
fiJfw 25
/;f;!^j;f 102
xßzof 102
xa(>Tfpof 130
xä^tfto 107
XHfiav 118
x^ATjf, dor. z^AjjI 284.
309.
xiQas, xfQaitoi 306
xfpawo? 306
xjjp 306
xCXlovQos .306
xA«a> 306
xXinroavvri 174
xi/Vw 117. 306
xXövo; 306
xoilfd?, xoi/>lfdff 297
xoiwrdf 306
xöfißog 103
xöpof 168
xÖQLÖog 131
xdpi/f, xoQÜ^vg etc. 132
XOVQOg, XOVQT] 20
XQcifAßog 107
xgavQog 4
A««f 316 ff.
Aa^a^d? 16
ila)';fßi'ftr 319
i«f, i«xT/fcü 250. 317
Xufißdrfiv 318
Xdfinui 104. f.
ißdf 319
Aß^of 105. 318
Xiyiiv 319
ifi/xdc 188 n.
Xtyg 316
A^ycü 15 ff.
Xj^fjüi 317. 320. 323
XiaCofiai 10
XiySrjv 15n.
AF^d? 319
XCaata&ai 318
^of/ß? 8 f.
Ad/o? 318
fittXuxög 298
^f^ß 174
fi({Xt.;(og (äol. fxiXXixog)
298
/i^AAoi 307
MovXiog 3
/iwß 18
rßp,^>j| 132
v^QTfQog 105
reiJQOv 4
vsifQÖg 14. 105
rjjÄfrrtff 15 ff.
v^(fü) 14
rtüt 167
^ßr^d? 132
oyxog 155
o/ffw 113
of^cü 25
o>lo?, Jon. ovXog 3
onvlbi 18 f.
oTTCf 284
d^*df 113
oQ&öxQttiQog 46
OQVV^l 113
opo?, Jon. oupo? 112 f.
o^^o? 19 ff. 112 f.
ogao&vQi] 19 ff.
op/t? 22
oJAj? 309
oi;(ȧ 19 ff.
ov(i{c(/og 20
d^t? 13
naXXäg 295
navQog 4
TT^cTor 117
7I^?ß 117
niXag, nfXäCfn 308
n^TQa 166
71/^^0? 97
nlXvafiai, niXväoi 308
Ti/^o? 97
TTOM'»} 198 f.
JJoaoiSäv 285
nQciaov 136
IlQiüTivg 131
71 vf 284
nÜQog 117
öait^aCvta, ^af^dfiiy^ 132
^ißl 323
^^Cw 196
^i>o? 322 f.
jj/or 112
aavXog [aavvög) 3
aavQog 109 ff.
(Xt^ßw 108 f.
(Tf/idf 108 f.
crxtß 10
<rx>l»jpdf 320
anCyyog 108
ffTßrdf 120
otjJAjj 298
atfjäXXü) 307
TÜQi/og, xaQx^'^ 100
riyyo} 120
rHXiGt7iXr{irig 308
T^(fga, TftfQÖg 321
ro^oavvT) 174
TQ^/O) 196
TQiXai$ 168
Tgvyo), TQvyla 100
Tvfißog 133 n.
Ti5()^>j 112
vj'tTjf 165
iVtf 121
'YneQVwv 10
(fiaiög 14
'PaiOTog 167
(favXog 1. 3
yjjÄdf 307,
(fiövog 222
(fQiaaü), (pQi'^og 13 f.
(f>vT-äXtfiog 168
XUfiög 154
X^i^Vh X^^Q^^ {^».o\. XV'
Qüiv, x^^^f^)' X^-
Qe(ü)v 5n.
//w 102
;fad? 14 n. 293
tov^o^ai 21.
Messapisch.
ßqMog 99.
Etrusk i s eh.
lautni 26 ff.
Italisch.
acno (umbr.) 305
Aesernia (samn.) 116
allium 289
allucinari 289
almus 168
alviis, alveus I f.
amätus 155
anguis 13
Annona 14
Register.
337
appellare 305
arduus 113
Arnus 304
aspern ari 305
bardus 'l29
bellum 74 ff.
bellua 289 f.
buUa 297
callis 298
callum 297
callus 131 n.
caria (osk.) 168
cautes 166
-cello 285. 295. 299 f.
305 f.
celox 309
Ceres, Cerus 168
gerfo (umbr.) 168
cillo 300. 306
coUis 306
compellare 305
consternare 305
cornu 305. 306
cos 166
coxa 87
cucullus 290
cuUeus 297
cunnus 305
dautia 79
densus 136
deterior 5n.
dolare 121
ducere 80
duellum 77 f.
Duilius 286 f.
dulcis 320
efferre 115
esar- istrom (volsk.)
116
fallaciae 306
fallo 285. 295. 299 f.
306 f.
farcio 100
fariolari == hariolari 15
favilla 15. 321
febris 321
februus 321 n.
fei 15
feliuf (umbr.) 100
fidelia 97
figo 99
filius 100. 292
filum 14 n. 287 f.
fircus (sab.) 14
fistula 97 f.
flamen 98
folus =r holus 15
formus 14. 222
fornus 305
fraces 101
fragum 323
frendo 15
frigus, frigeo, frigidua
322 f.
frio 15
frons, frondis 99
fuudo 15
furia 18
gallus 297. 305
garrio 104
grado 318
grämiae 317
hämus 154 f.
helluari 292 f.
herba 14 n.
hilum 14 n.
hinnio 132 n.
hircus 14
hirtus, hirsutus 13
incilare 304 n.
inclinare 117. 305
indütiae 77 fl.
inguen 115
inter-pretari 130
irritare 304 n.
jacio 25
karanter (osk.) 168
Kerri (osk.) 168
langueo 16
lautia 79
laxus 16
Leucesie, Leucetius
303
über 52 f.
libare 304 n.
lima 16 n.
lingua 135
linio 305
loeber 52
lofero, loferto (falisk.)
52 f.
longaevus 104
loufro, lüvfro (osk.) 52
lücere 188 n. 304 n.
malleus 297. 305
maltus 298
mollis 298
morbus Hn.
motacilla 306
mulgere 167. 320
Mulvius 3
mustela 287
nefrones (pranest.) 14.
105 f.
nefrundines, nebrundi-
nes 105
Beiträge x. Kunde d. ig. Sprachen. III.
nertro (umbr.) 105
nervus 4
nis, nos 167
nitela 287
olim 288
orior 113
6s-, ostium 6
oscillare 305
otium 76 f.
päla 288
Palatium 295
pallidus 4
parvus 4
pauUo 288
peda 117
pello 285. 295. 299 f.
307 f.
poena 198n.
porrum 136
posca 166
promello 307
pruna 305
puber 19
puUus 293. 299
pulvis 297
puni, poni (umbr.) 166
red(i)- 294
reicere 295
relligio 294
relliquiae 294
remeligo 307
ricinus '87
saxum 166
scäla 288
scalpere, sculpere 320
scamnum 305
scribere 320
serus 107
setius 106 f.
sibilus, sifilus 15
sine 121
sorbus 14n.
Status 120
stipare 304 n.
surus, sura 109 f.
tinguo 120
tollo 285. 299 f. 308
tüber 133 n.
Tullus 287
tumulus 133 n.
turba 112
triibom (osk.) 112
tri-quetrus 166
trudo 132 n.
uncus 155
urruncum 20
vallis 298
Valium 298. 305
22
338
Register.
vannuB 805
vegeo 165
vello 285. 295. 300.
308 f.
vellus 308
venum 21
Verruca 112
veru 110
vioreo 165
villus 298
volvo 264
vomis 121 .
Vulcänus 167
vulmus 309
vulpes 308.
Keltisch,
adchiu, atchessa 331
aire 148 f.
atrab 112
ber (körn.) 110
beren (kymr.) 110
brig 165
bro 317
caie 331
coss 87
dealg (neuir.) 99
delg 99
dociu 331
Eriu 140 ff.
gwych, gwech.(kambr,)
165
Hibernia 140 ff.
im-caisiu 331
'lovfQvia 140 ff.
Iwerdon (nkynir.)140ff.
Oii^aXXtt (brit.) 165
rem-caisiu 331
ruire 149 f.
snäthe 165
-vices (gall.) 168.
Slavisch.
veselü 165
vrüba 106
vrichü 23. 112
vdka 113
glipati 320
grimati 15
grochotü 104
dlügü 134
drozdije 101
zega 321
zernovü (russ.) 317
zlüti 15
zelije 15
istesa 106
klati 306
kolü 104
lichü, lisiti 81
molnija (russ.) 298
namü 167
skorbnyti (russ.) 107
sludinü 108
sledü 108
srüna 134
srüchükü 103
strachü 103
s'mialek (poln.) 119
po-jasnl 25
clovekü 57
j^zykü 134 f.
Pr eussisch.
braydis 99
dragios 101
gorme 15. 222
insuwis 135
lopis 104
nouson 167
salmis 118
suckaas 102
wessals 165.
Litauisch. *)
algä 13
angl« 13
akmft' 166
bamba 97
berti 81
brangüs, bringti 165
bredis 99
bruku 100
dagys 99
degas 15
degti 99
drezoti 115. 196
dryzas 115
dübe 133n.
erke 87
erube 119
gaisas 14
garsas 104
gauti, gausti 119
geneti 102
gimtis 174
girnos 317
gurüs 81
ilgas 134
jerube 119
kabeti 103
kalnas 306
kälti 306
kändu 102 f.
kanka 102
kek 80 f.
kibti 103
kitas 81
kölas 103
lepana 104
muse 18
pedzia 117
petus 116
protas 131
puriju 117
skrebti 107
smilga 119
snegas 119
statas 119 f.
statyti 120
stirna 134
szalis 117
szalmas 118
szerti 168
szitas 81
Bzleju 117
tek 81
tremti 121
troba 112
troksztu 101
tübas, tubä 111
vekä 113
vilbinti 308
vildyti 121
virbas 106
virszus 23. 112
vorä 114
zarnä 15
zedas 323
zuvis 102.
Lettisch.
awots 168 f.
bra'ngs, bre'ngs 165
bridis 99
dile 100
dfi'mta 174
ehrze 87
glemas 323
glews 323
gliwe 323
glits 323
ilgs 134
kohda 103
labpa 104
') Die „Lituanica" s. 54—73 sind in folge ihrer alphabetischen an-
ordnung im index nicht wieder aufgeführt.
Register.
339
leijsch 81
ruberis 119
ffds 323
fjt 323
Bchk'aute 166
Bmilga 119
snät 165
spilktans 67
spu'lgot, spu'lgis 87
stirna 134
tremt 121
walnis 298.
Gotisch,
braids 81
cadariou (Busbeck) 81
fra^jan 131
gansjai (1. gaasjai) 81
giutan 102
gredus 319
halbs 117
haurn 806
hilms 118
hvaiva 80 f.
kijans 323
knauen (Busb.) 81
lieta (Busb.) 81
liuhaj 188 n.
qairnus 317
qairrus 81
8ei|)u 107
sleij)a 17
snaivs 119
snorjo 165
sviglön 15
tuggö 135
baurp 112
fvahan 120
undarleijis 87
uns, unsar 167
valvjan 264
varmjan 15
vaurkjan 196
vrij)us 114.
Altno rdis eh.
ars 113
ballr 292
bera üt 115
blistra 97 f.
blot 98
botn 99
brum 99
dalkr 99
dapr 99
dilkr 100
dregg 100 f.
cid 101
eir, eira 116
eista 106
fet 117
firar 105
fit 116 f.
födr 101 f.
fölr, fölna 4
geysa 81
gjöta 102
ha 192
h«ll 103
hälfr 117
hallr 117
heimr 118
herstr 103
hid 118
hjälmr 118
hjol 209 n.
hlid 117
hrörna 4
jarpi 119
kalla 297
kle 316
knar 81
kör 119
kyr 173
langsed 104
langser 104
leiftr 104
leiptr 104 f.
liri 105
mjök 174
mjölnir 298
nordr 103
nyra 14. 105 f.
orf 106
irkkr 115
ölr 289
ördugr 113
örr 4
rass 113
reidr 304 n.
rjüpa 119
sid 107
sidr 106 f.
skarpr, skorpinn 107
slakr 16
slikr 16 n.
slis 18
slod 108
slyngja, slöngva 7n.
spiki 108
stadr 119 f.
stedja 120
stinnr 120
stakkva 120
sundr 120
svangr 109
Bveigr 108 f.
svigna 109
Bviri 109 f.
sy'r 173
telgja 121
Ty'rr 173
faefja 111
pof, J)oefa, J)6fi 111
')orp 112
)ramina 121
)rep, J)ref 112
)üfa 133 n.
)urka 101
)yrpa8k 112
vangsni 121
varta 112 f.
veig 113
völlr 298.
Isländis eh.
bida 97
draugr 100
feira 117
volgr, velgja 121,
Norwegisch,
bembel 97
borre 115
bringe 99
droglutt 115
fit 117
fjorfit 117
föyra 117
gana 102
hagl, hegla 118
harren 103
hatra 102 f.
hempa 103
herr 103
higla 118
hilmir 118
karra 104
lira 105
rseda 115
skreppa 107
sladen 108
smylve, smelve, smile
119
spikkje 108
svagna 109
torpast 112
vangsne, vegsne 121
vei 113.
Schwedisch,
borre 115
brind 99
dilka 100
340
Register.
ink 115
kaum 119
emile 119
spink, spikke 108
Bvänge 109
evegryggad 109
sviga 109
Bvire 110
vraj) 114.
Dänisch,
burre 115
dilke 100
lire 105
skrumpen 107
elade 108
spinke 108
8vajrygged 109
Bvang 109
vrad, vrSj 115
vraad 114.
Angelsächsis eh.
är 116
dry ge , drige , drege
100
drugian 100
grindan 15
heald 117
hveol 209 n.
hingre 87
slsed 108
eleac 16
slidan 18
BÜdhan 17
steort 113
stid 120
svancor 109
sveora HO
Bver, sveor, svyr 110
svican 109
svige 108 f.
Bvigian 108
veal 298
vealg 121
vrsed 114
vearr, vearle 112 f.
Englis eh.
dregs 101
dry 100 f.
pink 108
Berichtigung.
S. 284 Z. 12 ff. ist zu lesen: — nvg in noTg, das ja allerdings besser
zu ols wohin stimmen würde, welches häufiger, z. B. in den
Delphischen Freilassungsurkunden vorkommt.
Black 16
slade 108
sleek 16n.
ppink 108.
A Itfricsisch.
fial 209 n.
wal 298
wrolhe 114
wrud, wruss 115.
Altsächsisch,
firihös 105
lungar, lungre 13. 87
slidhi 17
sundir 120
Bwigön 108 f.
Althoch deutsch.
ars 113
challon 297
fallan 307
garwä 14 n.
hald 117
haspa 103
hlincn 306
Hrin 304
kinan 323
lunkar 87
nioro 14. 106
nuohtarnin 14
parrßu 115
quellan 297
Ein 304
rinnan 297
slach 16
slingan 7n.
snuor 165
starzen 113
Bweigian 109
Bwiken 108
swikali 109
swiron HO
trukan 100
una- 245
waganso 121
wal 298
warza 113.
Mittelho chd.
ars 113
brunnen 84
frumen 84
hahse 87
her 82
lingen 87
maz 83
müs 85 f.
nagel = angel 86
nüehtern 14
sahsenveder 83 f.
schär 175
smelhe 119
Sterz 113
sunder 120 f.
swir 109 f.
wagense 121
wal 298
worp 106
zeigen 176
zitlose 84 f.
Neuhochdeu tsch.
blähen 98
berste 115
bürzel 113
dorf 112
ehre 116
fink 108
^istern, flismen , flis-
pern 93
gelingen 87
halb 117
hapern 103
harren 103
harsch 103
heim 118
hespe 103
hesse 87
hirse 168
lehnen 117
Schmiele 119
schnür 165
schrumpfen 107
shweigen 109
schwingen 109
schwir, schwiren 110
sondern 121
trocken 100 f.
ziehen 80.
Drmk von E. A. Hutli in (JöUingen.
P Beiträge zur Kunde der indo-
501 germanischen Sprachen
B4
Bd. 3
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