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Full text of "Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen"

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BEITRÄGE 


ZUR  KÜNDE  DER 


INDOGERMANISCHEN  SPRACHEN 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


m  ADALBERT  BEZZENBEßtlEß. 


DRITTER  BAND. 


GÖiTINGEN. 

VERLAG  VON  ROBERT  PEPPMÜLLER. 

1879. 


p 


9- 


^cT^Ü 


Inhalt. 

Seite 

Zur  homerischen  Wortforschung.     Von  F.  FrUhde           -              -  1 

Ueber  das  etruskische  Wort    lautni   und  seine  Verwandten.    Von 

W.  Deecke                -               -               -               -               -               -  26 

Lituanica.    Von  Ph.  Fortunatov              •               -               -               -  54 

ludütiae  und  bellum.     Von  Leo  Meyer                 -               -               -  74 

Hvaiva.     Von  Adalbert  Bezzenbeiujer       -               •               -               -  •  80 

Zum  mittelhochdeutschen  Wortschatz.    II.     Von  B.   Sprenger      •  82 

Miscellen.    Von  N.  Dossius  und  A.  Fick             -              -              -  87 
De  nominibus  graecis  in  aiog  aia  aiov  scripsit  Konradus  Zacher. 

Angezeigt  von  Rud.  P€j)pmüller           •               -               -               -  88 

Etymologische  Beiträge  aus  dem  Nordischen.     Von  Sophus  Bugge  97 

Die  Siegessäule   des  Damonon.    Von  August  Fick            -              -  121 

Ueber  den  homerischen  Comparativus  ß^naacüv.    Von  F.  Frühde  128 
Zur  Lehre  von  den  silbenbildenden  Consonanten.    Von  A.  Bezzen- 

berger           .......  133 

Arisch.     Von  H.  Zimmer          ....               -  137 

Die  deutsche  Abstractbildung  auf  ung.    Von  Leo  Met/er               •  151 

Gothisches  bn.     Von  Ijeo  Meyer             ....  152 

Hämus.     Von  Leo  Meyer          -               -               -               -               -  154 

Päli  acchati.     Von  jß.  Pischel                 ....  155 

Schwa  indogermanicum.     Von  August  Fick        ...  157 

Miscellen.    Von  A.  Fick   und  A.  Bezzenberger                   •               -  165 

Zum  mhd.  Wortschatz.    III.     Von  R.   Spreiiger                 -               -  175 

Die  Entstehung  der  indoiranischen  Palatalreihe.    Von  H.  Collitz  177 

Die  DeQiQabdäs  bei  Trivikrama.     Von  R.  Pischel               •               •  235 

Die  epirotischen  Inschriften  von  Dodona.    Von  A.  Fick                -  266 

Zur  Siegessäule  des  Damonon.     Von  R.  Meister               -               -  284 

Die  lateinischen  Präsentia  auf  -llo.     Von  F.  Frühde        -               -  285 

Zur  Inschi'ift   des  Damonon.    Von  H.  Röhl        •              -              -  309 

Zur  Beurteilung  der  attischen  Reduplication.     Von  A.  Bezzenberger  309 
Aäag  =  altind.  gravan  und  griechisches  yX  im  Anlaut.     Von  Leo 

Meyer         .......  316 

Etymologien.     Von  //.  Collitz  und  A.  Fick        -               -               -  321 
Zur  geschichte  der  deutschen  spräche  von  Wilhelm   Schere r. 

Angezeigt  von  H,  Zimmer.                  ....  324 

Register.    Von  H.  Collitz         -              -               -               -               -  332 


Zur  homerischen  Wortforschung. 

avXog.     avXcÜTtig.     öoXlxccvXog.     evavXog.     avXiov. 

Die  Ansicht,  dass  avXog  von  arjf.u  „wehe"  herzuleiten  sei, 
lässt  sich  nicht  eigentlich  widerlegen:  wie  ihr  von  Seiten  der 
Laute  augenscheinlich  nichts  entgegensteht,  so  sind  auch  die 
Bedeutungen  des  Wortes  nebst  seinen  Verwanten  und  Ableitun- 
gen aus  der  Grundvorstellung  des  Wehens  ohne  besondere 
Schwierigkeit  zu  gewinnen.  Denn  wenn  auch  ar]f^i,  bei  Homer 
nur  vom  Wehen  der  Winde  gebraucht  wird,  und  eine  Bezie- 
hung der  Wurzel  auf  das  Blasen  eines  Instrumentes  weder  im 
Griechischen  noch  in  anderen  Sprachen  nachweisbar  ist,  so 
muss  man  doch  die  Möglichkeit  zugeben,  dass  vom  Begriffe  des 
Wehens  durch  den  Mittelbegriff  des  Blasens  zu  dem  des  Blase- 
instrumentes,  der  Flöte  zu  gelangen  ist  (vgl.  skt.  dhamdni 
„Pfeife". „Yßnf^Äo/w  „blasen")  und  von  diesem  dann  weiter  zu 
dem  der  Röhre  und  der  länglichen  Höhlung,  wie  ja  auch  av~ 
gty^  und  ahd^^tt_jj,Pfei.fe"  weiterhin  „Röhije"  und  röhrenartig 
gehöhlte  Gegenstände  bezeichnen ;  so  würden  sich  also  die  Be- 
deutungen von  svavXog  „Flussbett"  und  avXojv  „Bergtal"  aus 
dem  Grundbegriffe  des  Wehens  begreifen  lassen.  Allein  wenn 
auch  die  Möglichkeit  dieser  Etymologie  nicht  in  Abrede  zu 
stellen  ist,  so  wird  man  doch  einer  Ableitung  der  Wörter, 
welche  eine  unmittelbarere  Vermittelung  der  Begriffe  ermög- 
licht, den  Vorzug  geben  müssen.  Ich  erkläre  avXng  aus  *dXf6g, 
wie  cpavXog  für  '*q)aXfog  =.  germ.  halva-  steht  (Fick  W  Öfterb'.  '*^ 
I  699),  und  identificire  es  mit  lat.  alvus.  Der  Grundbegriff 
dieses  Wortes  ist  „Höhlung";  es  bezeichnet  erstens,  wiefxotA/ör-— • 
den  hohlen  Leib  als  Canal,  durch  den  Speise  und  Tränt  ge- 
leitet werden;  der  Unterscheidung  von  alvus  superior  (in  enge- 
rer Beziehung  auch  für  Magen)  und  inferior  (Unterleib)  ent- 
spricht die  von  ^  avu)  v.al  rj  /.dzio  y.otXia,  wie  sich  die  Phrasen 
alvos  solvere ,   soluta  alvus  u.  a.  mit  -AOcXiav  Xvtiv  vergleichen ; 

Beiträge  z,  Kunde)  d.  ig.  Sprachen.  III.  -^ 


2  F.  Froehde 

zweitens  den  Mutterleib  wie  havliog  bei  Hippocrates ,  drittens 
den  aus  einem  ausgehöhlten  Stück  Holzes  bestehenden  Bienen- 
stock. Das  von  alvus  abgeleitete  alveus  bedeutet  verschieden- 
artige Dinge  mit  länglicher  Höhlung ,  wie  Canal ,  Graben ,  be- 
sonders aber  Flussbett. 

Die  Grundbedeutung  von  avXog  wird  von  Eustathius  1917,31 
im  Wesentlichen  richtig  angegeben :  avXog  ydg ,  cpaat ,  Ttäv 
TO  GTSvöv  y.  od-ev  xal  svavloi  azsvol  TtoraiiioL . . .  ov  yag  ä7vliog 
To  arevov  avXog,  äXXa  xb  y.OiXÖTrjtog  f.iEtf^yßv  XLVÖg'  OTtoiog 
y,al  (  avlog,  ett  öe  xal  o'i  avlwveg  xal  jy  avXa^  (vgl.  alveati 
sulci  bei  Cato  r.  r.  43,  1).  Dass  sich  aus  der  Grundbedeutung 
der  länglichen  Höhlung  der  Begriff  der  Flöte  ohne  Schwierig- 
keit ergibt,  bedarf  keiner  weiteren  Ausführung;  aber  auch  alle 
übrigen  Verwendungen  des  Wortes  finden  bei  dieser  Auffassung 
eine  einfache  und  sachgemässe  Erklärung.  P  297:  iy^&cpalog 
de  Tcaq  avXov  avadgauev  e^  WTeiXrjg  bezeichnet  avlog  (vgl.  Doe- 
derlein  Homer.  Glossarium  11)  die  Höhlung,  in  welche  der 
Speerschaft  eingefügt  war;  vgl.  Et.  M.  282,  12.  Schol.  T  t  156: 
TO  Tioilov  rfjg  STtLÖogaridog,  elg  o  hvl&eTat  tov  ^vlnv  xb 
ay.Qov.  Die  nämliche  Bedeutung  hat  das  Wort  ohne  Zweifel  in 
dem  Compositum  doUxavlog  l  156,  Beiwort  von  alyavir];  vgl. 
Eustath.  254,  38  o  ean  /naxgovg  avlovg  k'xovaac  rjyovv  ytocXo- 
Ti]tag  ETtiöogaTidcüv,  alg  6  tov  ^vXov  xavlbg  svlsTai.  —  ;j  18 
wird  mit  avXog  Ttayvg  aif-iarog  der  aus  den  Nasenlöchern  drin- 
gende röhrenartige  Blutstrahl  bezeichnet;  Eust.  1917,  30  avXbg 
de  vvv  xara  rovg  TtaXaiovg  XQOvvog,  E^ay.6vTia(.ia  a'ijuaxog, .... 
o  ÖE  Qtj&Eig  -AQOvvbg  ovy.  av  yctgicog  avkög  Xtyoizo  avrng,  äXla 
dicc  ro  E^  avloeiöwv  tlov  qivojv  E^Egysa^ai.  —  r  227  heisst  es 
von  der  Spange  des  Odysseus:  avTccg  ol  TtsQovrj  xqvgoIo  %e- 
zvKTO  I  avXolaiv  didvf^ioiat;  hier  sind  die  Oehre,  die  Henkel- 
löcher zum  Einfügen  der  Haken  gemeint,  die  sehr  wol  „Höh- 
lungen" heissen  können;  das  Eigentümliche  der  Spange  des 
Odysseus  bestand  darin,  dass  sie  zwei  Oehrlöcher  hatte.  Vgl. 
Faesi  z.  St.;  anders  Doederlein  Gloss.  11,  dem  Ameis,  Lex. 
hom.  ed.  Ebeling  und  andere  folgen.  Ebendieselbe  Bedeutung 
der  gehöhlten  Oeffnung  hat  avlog  in  dem  Compositum 

avXwTiig 
Beiwort  von  xqvcpdleia  E  182  u.  öfter,  welches  im  Et.  M.  170,4 
richtig  durch  xotl6g)&aX^iog  erklärt  wird;     vgl.  Hesych. :    e1- 
()og  7CEgiKt(paXaiag  Traga/inixetg  E^oiaag  xäg  twv  6q)daXfiüiv  OTtdg. 


Zur  homerischen  Wortforschung.  3 

Es  bezeichnet  einen  Helm  mit  Augenlöcbern,  wie  xo  yiöllov  von 
der  Augenhöhle  gebraucht  wird;  vgl,  Faesi  z.  St.,  Lex.  hotn. 
s.  V.  Anders  wird  das  Wort  in  den  Schollen  gefasst:  B.  D.  L 
E  182  TrsQLy.efpalaia  avXiov.ov  sxovarj,  %ad^  ov  TtrjyvvTai  o  X6- 
cpog.  A.  D  K  353  rj  tov  87i  avrfj  X6q)ov  dvaT€Taf.iEvov  s'xovoa 
li]  avlovg  exovaa,  elg  ovg  oi  Xöcpoi  ^aTanXelowai.  Dieser  Er- 
klärung folgen  Ameis,  La  Roche,  Düntzer  mit  Unrecht,  denn 
man  darf  dem  -toTiig  in  dem  Worte  unmöglich  eine  andere 
Bedeutung  beilegen,  als  sie  die  ähnlichen  Bildungen  ßloavQ- 
üjtig  ßoioTTig  yXavKcdTtig  sli^icoTtLg  KvviÖTiig  zeigen  ;  in  diesen  aber 
bezieht  es  sich  auf  das  Auge  und  den  Blick  im  eigentlichen 
Sinne. 

evavXog 
bedeutet  1)  das  Flussbett,  alveus  7/11  2)  den  Fluss,  den  Gra- 
ben selbst  0  283;  vgl.  Eust.  1046,  39  ra  iv  rolg  TtedioLg  -kol- 
"kwfiaxa  xal  6i  aravai  diwqvyßg.  Schol.  B.  L.  V  JI  71  evavXoi 
rä  Iv  OQEGC  KoiXcüf^iaTa-  ol  ös  areväg  öicoQvxccg'  avXol  yccQ 
Ttäv  t6  otevov  zal  ßad-v  y.al  STTiutjKeg,  3)  Bergtal,  die  von  zwei 
Bergen  eingeschlossene  muldenartige  Vertiefung  Hymn.  Ven.  75. 
124;  vgl.  Cava,  cavata  vallis,  cava  convallis,  y.öiXoL  totvoi  u.  a. 
Bei  Euripides  Phoen.  1573  Dind.  sind  Xsovvsg  l'vavXoi  „in  Höh- 
len befindliche  Löwen";  ähnlich  ist  svavXog  aufzufassen  bei 
Soph.  Phil.  158.    Endlich 

avXiüv 
bezeichnet  Hymn.  Merc.  95  ,iBergtal"  wie  svavXog,    später  be- 
sonders „Graben,  Canal,  Wasserleitung"  wie  alveus.   Apoll.  Lex. 
68,  26:  avXiüveg  ös  ol  s7Tif.ii]K£ig  Y.al  xolXoi  xottol. 

So  erklären  sich,  wie  mir  scheint,  nach  meiner  Etymologie 
die  verschiedenen  Gebrauchsweisen  von  avXög  leicht  und  ange- 
messen. Für  den  Uebertritt  des  /  in  die  Wurzelsilbe  nach  X 
kenne  ich  ausser  avXög  und  cpavXog  von  gemeingriechischen 
Wörtern  sichere  Beispiele  nicht;  in  den  Wörterbüchern  wird 
oavXog  „geziert,  vornehmtuerisch"  mit  oaXcc-Ktov  verbunden,  dem 
es  in  der  Tat  in  der  Bedeutung  sehr  nahe  steht,  doch  wird 
diese  Ableitung  zweifelhaft  durch  das  bei  Hesychios  aus  Krati- 
nos  angeführte  aavvog  gleicher  Bedeutung.  Im  Ionischen  zeigt 
den  Uebertritt  des  /  ovXog  --  att.  oXog  skt.  sarva  (Curtius 
Grundz.*  N.  662);  auch  Hesse  sich  der  Eigenname  MovXLog, 
den  verschiedene  homerische  Helden  führen,  auf  *MöXfiog  zu- 
rückführen und  mit  lat.  Mulvhis  vermitteln.     Oefter   fand   das 


4  F.  Froehde 

bezeichnete  Umspringen  des  /  nach  q  statt,  wie  in  vsvqov  aus 
*veQfov  =  lat.  nervus  und  in  avQog  „schnell"  aus  '*aQfog  — 
altbaktr.  aurva  (A.  Kuhn  KZ.  IV  42)  und  altn.  örr  (Bugge  KZ. 
XIX  403).  Ueber  TTccvQog  ist  Curtius  (Grundz.*  N.  351)  zwei- 
felhaft ;  für  die  Gleichsetzung  von|7ramogjmd  lat.  \parvus  spricht 
der  Accent,  denn  die  adjecti vischen  Stämme  auf  qo  sind  in 
Uebereinstimmung  mit  den  altindischen  auf  ra  in  der  Regel 
Oxytona  (Bopp  Vergl.  Gramm.  §  938);  von  den  bei  Kühner 
Ausführliche  Gramm.  1  405  angeführten  Ausnahmen:  ay.gog 
yavQog  yUaxQog  ^ovQog  ytovQog  Xäßqog  IrJQog  fiavqog  (.iwqog 
TtavQog  (pXavQog  XVQ^S  ßdgßaQog  sind  eigentlich  nur  zwei,  näm- 
lich a'/i-Qog  und  Xdß-Qog  als  solche  erwiesen.  Dasselbe  Krite- 
rium, welches  ja  niöht  ganz  sicher  ist,  möchte  ich  auch  für 
yavQog  geltend  machen,  welches  Curtius  (a.  0.  p.  468,  anders 
N.  122)  für  das  Ebenbild  von  skt.  garva  erklärt.  Ein  sicheres 
Beispiel  für  den  behandelten  Lautwandel  scheint  mir  noch 
■KQovQog  „spröde,  brüchig"  zu  sein,  in  Photius  Lexicon  durch 
&jd^QavGtog  erklärt;  der  Stamm  ^xQccQfo-  ist  identisch  mit  germ. 
hrarva-  in  altn.  hrörna  „gebrechlich  werden,  verfallen",  Bildung 
wie  fölna  „bleich  werden"  von  fölr,  germ.  Grundform  falva-  = 
pallo-  in  pallidus. 

In  anderen  Sprachen  vermag  ich  das  graecoitalische  alvos 
oder  sichere  Verwante  desselben  nicht  nachzuweisen.  Bopp 
(Gloss.)  verbindet  alvus  mit  skt.  ulva,  das  aber  Fick  (Wörterb. 
I  214)  richtiger  mit  lat.  vulva  identificirt;  über  das  von  Bopp 
ebendaselbst  verglichene  lit.  Ma  caverna  vgl.  Bezzenberger  Gott. 
Gel.  Anz.  1878  S.  208  f. 

T^iog. 

Ueber  i^iog,  Beiwort  des  Phoibos  O  365  Y  152  Hymn. 
Apoll.  120,  enthalten  die  Scholien  zur  ersten  Stelle  folgende 
Angaben:  r^'t«]  TO^ixi  /raga  trjv  acpeaiv  cwv  ßeXtUv  totL  dt 
STcid-erov  ^Ttoklcovog.  e^^Qrjzai  de  Y.ma  acpaiQsaiv  T^g  7CQi6rr]g 
avXXaßrjif  'Iv  ry  a^te  •  |tog  yaq  XiyLxai  xh  ßtXog  naqcc  xh  \svai. 
tvLOi  ds  ipiloig  civayLViooY.ovxEg  a-niöooav  laxQt,  ovx  ogO^tög, 
ircei  d-ewv  iaxQOv  Tlairjova  "Of.irjQog  /laQUÖiöwaiv.  D.  L^QioxaQ- 
Xog  öaovvei ,  a/ro  xrjg  easojg  xiov  ßeXwv  •  o'i  dt  rttql  xhv  Kqcx- 
xrjxa  ipiXüig  anb  x^g  laaewg'  xal  ov'xiog  tjruoO^r^oav  oi  yqcx^- 
/naxiTtoi  TtQog  SiacpoQOV  IxvfxoXoyiav  diacpoqiog  dvayivwaxeiv  dtl 
yoQ  x6  rj  UQO  q)(ovij£vxog  ifjiXovxaif  ijcig  rjia.  .  .     A.  .  .  .  o'i  öi 


Zur  homerischen  Wortforschung.  5 

Ttaqa.  trjv  l'aaiv  rj  xb  ievat.  fjXiog  ydg  eotiv.  B.  L.  Vgl.  Eu- 
stath.  1020,  16.  Von  diesen  drei  Ableitungen  sind  die  beiden 
letzten,  von  Ido/iiaL  und  Uvai,  auch  begrifflich  verfehlt,  denn 
weder  erscheint  Apollo  bei  Homer,  wie  Aristarch  erkannte,  als 
heilender  Gott  ( --  Tlatrjcov),  noch  als  die  „wandelnde,  am  Him- 
mel auf-  und  absteigende"  Sonne  (="Hhog  '^Ytteqimv).  Inder 
Sache  trifft  Aristarch  das  Richtige,  insofern  r/tog  wirklich  „Bo- 
genschütze" bedeutet,  aber  seine  Herleitung  von  %r^f.a  ist  laut- 
lich ebensowenig  möglich  als  die  beiden  anderen.  Die  Vocal- 
folge  in  Tjiog  kann  nicht  ursprünglich  sein;  sie  deutet  vielmehr 
auf  den  Ausfall  eines  Spiranten  zwischen  tj  und  t,  wie  folgende 
analoge  Formen  zeigen: 

öi]iog  bei  Alkman  ddfiog  „feindlich";  vgl.  dca  „in  der 
Schlacht"  und  lat.  perduellis  ,,Femd^^  ;p€rdueUio  „feindselige 
Handlung  gegen  das  Vaterland,  Hochverrat",  perduellwn  duel- 
lum  bellum  „feindseliges  Verhältnis  zwischen  zwei  Völkern, 
Krieg". 

rjtd-eog  aus  *d-fi-9-€fog  =  skt.  vidhdva  lat.  viduus  (Roth 
KZ.  19,  223). 

ijia  „Nahrung";  vgl.  d.   folgenden  Artikel. 

-r]io-  Suffix  in  ßaaiX^Log  arj/iirjiov  Nr]XT]iddr]g  u.  a.  aus  tj/io-. 
Zu  diesen  Bildungen  gehört  auch  dgrjiog,  welches  vom  Stamme 
aQeg  nicht  abgeleitet  werden  kann,  so  wenig  als  die  Foimen^L^Qrjog 
^LiQrji^'AQrja,  denn  ausfallendes  Sigma  hat  nur  in  dvoaiqojv  v  99,  wo 
sie  durch  das  Metrum  bedingt  ist,  Dehnung  des  vorhergehenden 
Vocals  zurückgelassen  *).  Vielmehr  gehören  diese  Formen  zu 
dem  im  Aeoli sehen   erhaltenen  Stamme  14q€v-   (Idgevog  ^IdqsvL 


*)     In   dem  häufigen  'leQÖ?  neben  'Uqö?  =  skt.  islnrd  hat  nicht  das 
ausgefallene  a  sondern  die   Arsis   die  Länge  bemrkt.    Dass  die  Formen 
XeQV'  /*'?*?«  X^QV^^  einen  Stamm  x^QfS-  enthalten ,   ist  sehr   zweifelhaft,  i 
Vielleicht  sind  diese  Wörter  mit  skt.  hrasvä  „minder,   gering,    unbedeu-l 
tend"  zu  verbinden,    so   dass  xsiqojv   (aeol.  X'^Q'^  ^^^  X^Q'^  nach  dem| 
Et.  Gud.  564,  7  bei  Ahrens  I  54)   und  yj^Q^^^°^  *^s   *x^'Qai(ov  *xiQ(naTos\ 
zu  erklären  und  mit   hräsiyams  hrusisWia  zu  identificiren  sind.     Die  alt-\ 
indischen  Wörter  stammen  von  hräsati  „sich  mindern,  weniger  werden" 
und  verhalten  sich  begriflflich   zu   diesem  wie  lat.  deterior  deterrimus   zu 
detero   „vermindern ,    schwächen".     Von  yfhras  gelangt  man  zu  gr.  x^Q^ 
durch  die  Mittelstufe  /fpfcr,   auf  der  die  Formen  x^Qf^^^  (^us  *x^Q^oj(m>) 
XfQfiÜTfQog  (aus   *xfQfOsÖT((ioi)  x^QV-  "•  f-  w.  (vgl.  vu  viig,  i^Crj^es  u.  a- 
neben  vlo;  tQiTjQog)  beruhen  würden. 


6  F.  Froehde 

^L^QEva  Ahrens  Diall.  I  38.  121),  und  wir  haben  in  der  Decli- 
nation  von  ^'-Aqrjg  die  Vermischung  zweier  verschiedener  Stämme, 
wie  sie  sich  auch  sonst  findet;  Zavg  Zev  —  Jiog  Jil  Jla, 
doQv  doQaxog ,  l4idqg  —  'Idddog  ^'AlÖl  u.  a. 

^lOBLg  E  36,  Beiwort  des  Skamander,  ist  noch  nicht  sicher 
erklärt.  Von  den  zahh-eichen  Deutungen,  die  man  in  Ebelings 
Lexicon  zusammengestellt  findet,  ist  mir  die  von  Benfey  Wurzel- 
lex.  I  43  gegebene  die  wahrscheinlichste.  Derselbe  identificirt 
den  Stamm  ^lo-,  von  dem  rjLOELg  abgeleitet  ist,  mit  skt.  äsyd- 
„Mund,  Rachen,  Oefi"nung,  Mündung",  so  dass  das  Wort  bedeu- 
tet „mündungsreich"  oder  „mit  tiefer  Mündung";  vgl.  Ebeling's 
Lexicon  s.  v. :  influit  enim  Scamander  (cf.  Forchh.)  in  mare  longe 
excurrenti  ostio.  Für  zweifellos  halte  ich  diese  Combination  nur 
deswegen  nicht,  weil  mir  die  Zusammengehörigkeit  von  rjnov 
„Ufer,  Küste",  von  dem  ^toeig  nicht  wol  getrennt  werden  kann, 
und  lat,  ora  (Benfey  a.  0.,  Leo  Meyer  Vgl.  Gramm.  I  345,  Fick 
Wörterb.  III  15)  mit  skt.  dsyd  lat.  ös  ostimn  wegen  der  feh- 
lenden Bedeutungsübergänge  nicht  sicher  scheint. 

TtaQYjLa  „Wangen"  für  '*7taQdHa;  vgl.  lesb.  na.qa.va.  (Cur- 
tius  Grundz.*  p.  405). 

T^hqig  „^hlüssel"  aus  yilrjfig  =  lat.  claois. 

^  ylrjLg  „Imtim)flock"  ^b*^xAj^//g,  F^Tm^iftMQ  zu  einem  ver- 
lorenen "^KlriJ^o-  ^S^at.  clavus\^ 

""■*"  Xrjidg  Xr^ig  X7]i^of.iai,  neuion.  li^irj  von  W.  lav  (Curtius  N. 
536).     Dazu  zieht  Faesi  zu  /  125 

dXi^iog  und  TtoXvXrjiog,  welche  Araeis  und  andere  mit  dem 
folgenden  verbinden;  völlig  überzeugend  ist  keine  von  beiden 
Erklärungen. 

XrJLOv  „Saatfeld"  für  '^Xccfiov  von  W.  lü  (Bugge  KZ.  20  ,10, 
Fick  Wörterb.  I  755). 

vrjidg  „Najade"  von  vdw  aeol.  vavio  skt.  W.  mu  (Curtius 
N.  443). 

vrjiog  „zum  Schiffe  gehörig"  von  vT]vg  lat.  navis. 

v^ig  „unwissend",  Bekker  vfjfig. 

nXrjiddeg  „Pleiaden"  von  W.  plu  in  lat.  pluo  nXeco;  sie 
sind  Töchter  der  nXr]wvr],  Tochter  des  Okeanos;  vgl.  ags.  fiö- 
van  fluere. 

neuion.  yg^iog  von  ygrjvg  (Legerlotz  KZ.  10,  376). 

neuion.  XQ1^^J->  von  XQ^og  XQalog  aus  Xßfiyoc,"  (oder  xqij^og'^) 
weitergebildet  wie  iXeyxsirj  iyxeirj  u.  a.  von  t'Xeyxog  tyyog;   aus 


Zur  homerischen  Wortforschung.  7 

^XQ^jelri    wurde    '*XQV^^V   ^^^  ^^^   '^^coleji.   TioXrji,    und  daraus 
Xqrjlrj  (s.  U.). 

QQTjixLr]  und  Qrjidiog  sind  unerklärt.  Kein  Ausfall  eines 
Spiranten  hat  stattgefunden  in  TJia  „ich  ging"  =  skt.  dyam ; 
diese  Bildung  kann  aber  mit  den  behandelten  nicht  verglichen 
werden. 

In  den  meisten  der  aufgeführten  Formen  ist  Digamma  aus- 
gefallen. Ein  völlig  sicheres  Beispiel  für  den  Ausfall  eines 
Sigma  findet  sich  nicht  unter  ihnen,  wenn  er  auch  für  rjLutv 
und  rjiÖEig  grosse  Wahrscheinlichkeit  hat;  doch  hindert  dies 
selbstverständlich  nicht,  in  rnog  einen  solchen  anzunehmen,  da 
ja  der  Ausfall  des  Sigma  zwischen  Vocalen  im  Griechischen 
Lautgesetz  ist.  Nun  wurde  i^iog  schon  von  alten  Grammatikern 
zusammengebracht  mit  liqLog,  ebenfalls  Beiwort  des  Apollo  z.  B. 
Soph.  Oed.  Tyr.  154.  1098,  aus  dem  man  es  durch  Aphaeresis 
des  Anlautes  hervorgehen  liess  (vgl.  Eustath.  1020,  16).  Die- 
ses iriiog  * )  aber  ist  ganz  ähnlich  gebildet  wie  sSC^Sgl^gii^ 
„Pfei1s<i|iütz"  von  ishu„^^  ^Wemu—  gr.  log  aus  "^äfog  (Fick 
Wörterb/'T^O)  und  äsa  „Bogen"  von  W.  as  Praes.  äsi/ati 
„schleudern,  schiesseu",  zu  dem  auch  der  Name  -^yccg^  St. 
^^avT-  aus  ^'"AojavT-  als  altes  Particip  (skt,  äsyant)  zu  zie- 
hen sein  wird.  Somit  ist  rjLog  abgeleitet  von  einem  Stamme 
'^0-  aus  *»yffo-  =  skt.  äsa  „Bogen"  und  bezeichnet  ApoUon  als 
To^iog,  in  Uebereinstimmung  mit  der  Ansicht  des  Aristarch 
und  ganz  entsprechend  den  Darstellungen  des  Gottes,  dessen 
gewöhnlichste  Attribute  ja  Pfeil  und  Bogen  sind.  „Apollo  ist 
immer  ganz  vorzugsweise  der  Schütze,  der  Ferntreffer  geblie- 
ben, daher  die  -alten  Cultusnamen  '^'Ey.aTog,  '^EzasQyog*'^),  'Exa- 


*)  Von  diesem  ii]iog  ist  ?^^ts^,,jaöh!a^nd,  klagend"  natürlich  ver- 
schieden; man  leitet  dasselbe  von  ii]  ab,  wie  (iiiog  von  «yot  kommen  soll; 
vielleicht  ist  es  zu  «S*i,,rmS4^  ?(5>i)^_für  ^Hi);«;«^  „Stimme,   Schall"    (Curtius 

Grundz.*  p.  390)  zu  ziehen.     ^ ^Xs:— 

**)  Üeber  'ExäeQyog  vgl.  Grohmnan  KZ.  12,  69  ff.  Derselbe  hält  an 
der  Deutung  „FerntrefFer",  in  der  das  ganze  Altertum  einig  war  und  die 
gewiss  auf  alter  Tradition  beruhte,  mit  Eecht  fest  (vgl.  durevadhä ,  Epi- 
theton Rudras),  schwankt  aber  in  Betreff  der  Erklärung  des  zweiten  Be- 
standteils zwischen  den  Wurzeln  skt.  varj  und  sarj.  Letztere  anzuneh- 
men scheint  mir  deshalb  nicht  ratsam,  weil  dieselbe  im  Germanischen 
(vrgl.  mhd.  slenker  „Schleuder"  slenkerstem  ,, Schleuderstein"  nhd.  schlen- 
kern) l  zeigt  und  also  auch  im  Griechischen  A  zu  erwarten  wäre.  In 
altn.  ilyngja  slöngva  ,, werfen,  schleudern"  ahd.  slingan  ,, flechten  (vgl.  skt. 


8  F.  Froehde 

ti]ßolos,  'Eyt^ßoXog,  To^iog,  die  episch  verzierten  yilvroto^og, 
agyrgoto^og  u.  s.  w."  (Preller  Mythol.  I  181). 

Ich  schliesse  hieran  noch  eine  Bemerkung  über  eine  an- 
dere, nicht  homerische  Bezeichnung  des  Apollon,  nämlich  ^o- 
^lag.  Diesen  Namen  führt  der  Gott  als  7tQ0cp^Tr]g  Jiog,  als 
Deuter  des  Willens  des  Zeus;  vgl.  Aesch.  Eum.  19:  Jiog  ttqo- 
qyrjtrjg  ^  sütI  Ao^lag.  Man  leitet  denselben  gewöhnlich  von 
den  lo^ol  xQrio(.ioi  des  Gottes  her.  Gegen  diese  Ansicht  be- 
merkt jedoch  Stein  zu  Herod.  I  91  mit  Recht,  dass  Xo^ög 
„krumm,  verdreht,  schief"  eine  wenig  treffende  Bezeichnung  des 
doppelsinnigen  Characters  dieser  Orakel  sein,  auch  einen  des 
Gottes  unwürdigen  Tadel  enthalten  würde,  zumal  da  der  Name 
Herod.  I  91,  IV  163  von  der  Pythia  selber  gebraucht  werde. 
Stein  selbst  führt  das  Wort  auf  die  Wurzel  Ivy.  „leuchten" 
aeol.-dor.  lox  oder  Xsv/.  zurück,  von  der  es  abgeleitet  sei  wie 
^Egv^lag  von  egv^to.  Allein  eine  Form  Xoyc  ist  meines  Wissens 
nicht  überliefert,  auch  wird  das  Eigenthümliche  des  ylo^iag 
nicht  treffend  bezeichnet,  wenn  der  Name  „der  Leuchtende"  be- 
deutete. Auf  die  folgende  Deutung  hat  mich  die  Erklärung  des 
Heraclit  bei  Plut.  de  Pyth.  or.  21  geführt:  6  ava^  ov  to  fxav- 
Tsiov  eOTi  xo  ev  jJeX(poig  ovre  leyst  ovts  y.QV7ti;ei  dkXa  arjfj.al- 
vei.  Vergleicht  man  nun  skt.  laksJiä  „Zeichen,  Mal"  lakshä- 
yati  „bezeichnen,  kennzeichnen,  mittelbar  oder  uneigentlich  be- 
zeichnen" Idkshman  „Mal,  Merkmal,  Zeichen"  lakslimand  „Mal, 
Zeichen  als  Bez.  des  Mondes"  (vgl.  ylo^w  Bezeichnung  der  Ar- 
temis) lakshya  „was  angedeutet,  mittelbar  bezeichnet  wird" 
läkshmanikä  „sich  auf  die  Zeichen  verstehend ,  uneigentlich  ge- 
meint, nicht  direct  unter  etwas  verstanden"  (ganz  wie  es  die 
XQrjOixoi  des  delphischen  Orakels  sind),  so  zeigt  sich  eine  so 
schlagende  Uebereinstimmung  zwischen  diesen  Wörtern  und  dem 

«^»SLjijflecbten"  sH^  „drSii^d,  winJknd")  nehme  ich  nicht  ein  Stocken 
der  Lautverschieburig  an,  sondern  eine  spätere  Senkung  des  regelrecht 
verschobenen  nk  zu  ng ,  wie  sie  auch  andere  Sprachen,  besonders  das 
Lateinische  zeigen;  ähnlich  findet  sich  neben  ags.  svincan  auch  svingan, 
neben  mhd.  swenkel  nhd.  Schwengel  u.  a.  —  Andrerseits  steht  der  Her- 
leitung von  varj  nichts  im  Wege;  denn  wenn  auch  diese  Wurzel  im 
Sanskrit  nicht  die  Bedeutung  „schleudern"  entwickelt  hat,  so  tritt  diese 
doch  hervor  in  den  zu  derselben  Wurzel  gehörigen  gr.  ^ö^tßoq  {axomtav 
(Pind.  Ol.  13,  90)  Qv/jßovaio  u.  a  Aehnlich  hat  XQinta  in  TfQnixfQawo; 
nach  0.  Meyers  zweifellos  richtiger  Erklärung  in  Curtius'  Studien  7,  180 
wie  torquere  die  Bedeutung  „schleudern". 


Zur  homerischen  Wortforschung.  9 

Nomen  ^o^iag^m  Laut  und  Begriff,  dass  man  an  der  Zusam- 
mengehörigkeit beider  nicht  wol  zweifeln  kann,  ^o^lag  ver- 
hält sich  in  begrifflicher  Beziehung  zu  lakshija  "ähnlich  wie 
TeiQEGiag  zu  rsgag  Plur.  leiQea.  und  bezeichnet  den  Gott  als 
JrjXiog. 

rjia.  —    Xia^of-iai.     aXlaOTog. 

Dass  in  ^la  „Speise,  Nahrung,  besondei-s  Wegezehrung" 
zwischen  ?j  und  c  ein  Spirant  ausgefallen  ist,  ergibt  sich  aus 
dem  Vorhergehenden;  dass  es  in  diesem  Falle  Digamraa  war, 
beweist  skt.  avasd  „Labung,  Nahrung,  besonders  Wegezehrung", 
wozu  dvasäyin  „nach  Zehrung  gehend",  von  Wurzel  av  „sätti- 
gen". Vielleicht  aber  beschränkt  sich  die  Verwantschaft  dieser 
Wörter  nicht  auf  die  Gemeinsamkeit  der  Wurzel,  sondern  sie 
erstreckt  sich  auch  auf  das  Suffix. 

G.  Meyer  hat  in  dieser  Zeitschrift  (I  81  ff.)  durch  eine 
Reihe  grösstenteils  sicherer  Beispiele  dargetan,  dass  der  Ueber- 
gang  von  ai  in  l  und  weiter  in  l  sich  schon  in  den  ältesten 
uns  erreichbaren  Perioden  der  griechischen  Sprache  zu  zeigen 
beginnt  und  zwar  sowol  in  Wurzel-  als  in  suffixalen  Silben. 
Zweifelhaft  scheint  mir  G.  Meyers  Ansicht,  dass  aiyiitio  (r  9 
xavrjxiatai)  und  aly.^g  {X  336  aixiog)  aus  deixito)  und  «etxjyg 
durch  die  Mittelstufen  alviitco  und  ar/j^g  hervorgegangen  seien 
(p.  84  f.).  Zwar  schreiben  die  Herausgeber  an  der  zweiten 
Stelle  aiTiiog  (Bekker  a/txag),  auch  war  man  schon  im  Altertum 
darüber  geteilter  Ansicht  (vgl.  Schol.  V  o\  fisv  diovllaßtog  avxo 
7tQoq)€Q0vvai ,  Ol  de  ovvsGTaXd-cti  cpaoi) :  da  aber  in  dem  ange- 
führten v.avrjy.LOTai  die  Zusammenziehung  von  au  in  ai  vorliegt 
und  in  ähnlicher  Weise  aiQto  P  724  neben  dem  sonstigen  aeigo) 
vorkommt,  so  ist  kein  ausreichender  Grund  vorhanden,  an  je- 
ner Stelle  ctixcog  zu  lesen  und  Uebergang  von  et  in  l  vor  einem 
Consonanten  anzunehmen,  der  jedenfalls  als  eine  Anomalie 
anzusehen  sein  würde.  Die  V^erkürzung  eines  ei  zu  l  ist  vor 
Vocalen  nicht  selten;  vor  Consonanten  zeigt  sie  von  G.  Meyers 
Beispielen  nur  nootd^Lov  B  506,  welches  als  Eigenname  für 
atyicog  nicht  recht  beweisend  ist,  Ameis'  Veränderung  des  v  194 
überlieferten  dkXoeidscc  in  dXXoidia  hat  keine  Gewähr;  die  Vo- 
calverschleifung  mag  hart  sein,  aber  die  Verkürzung  des  si  zu 
i  vor  dem  Consonanten  ist  es  nicht  minder.  Eher  kann  man 
sich  zum  Beweise  einer  solchen  auf  'IxeXog   berufen,    welches 


10  F.  Froehde 

aus  B^yielog  hervorgehen  zu  lassen  nahe  liegt,  doch  Hesse  wol 
auch  dieses  Beispiel  eine  andere  Auffassung  zu.  Meines  Erach- 
tens  sind  die  Formen  aiy,rjg  aly.lC,to  att.  alxia  aus  deix^g  aei- 
■/.iXoj  atiKEii]  in  derselben  Weise  entstanden  wie  oqu  ogäa^ac 
u.  a.  aus  OQaei  Sgcesod^aL,  für  die  die  Mittelstufen  ÖQua  oqaa- 
a&ac  vorliegen  (Leo  Meyer  KZ.  10,  47  ff.);  ebenso  entstand 
aiQw  aus  deipoj  durch  progressive  Assimilation. 

Andrerseits  werden  sich  zu  G.  Meyers  Beispielen  für  i  aus 
€1  gewiss  noch  manche  andere  hinzufügen  lassen.  So  z.  B.  ist 
'iXaönv  B  93  die  beglaubigtere  Lesart;  das  Wort  stammt  von  'fAiy, 
welches  ohne  Zweifel  aus  slItj  hervorgegangen  ist  (vgl.  auch  ofxlloq). 
Ueber  "^rTTf^rwv  bemerkt  Eustathios  1883,  35:  "Ytisqiwv  de  tjhog, 
rj  TtaTQOvvfÄL'KVjg  o  v-aza  UivdaQOV  ^Y7teQiovldr]g  s§  ov  ^Ytvsqo- 
vivDv  6  Tov  '^YjtEQLOVog  vibg  xal  y.axa  avy/.07triv  '^YTteQiCDV  ovto) 
yccQ  avzbv  6  /.iv&og  yeveaXoysl.  /;  STtid-eTiyiwg,  6  vtieq  '^{lag  liov. 
Welche  von  beiden  Auffassungen  die  richtige  ist,  weiss  ich  nicht 
zu  entscheiden,  glaube  aber,  dass  der  zweite  Bestandteil  des 
Wortes  jedenfalls  gleich  skt.  ayana  ist  1)  gehend,  Lauf,  Lauf 
der  Sonne  2)  patron.  Suffix;  vgl.  j^gen  des  Uebergangs  in  die 
/consonantische  Declination  z.  B.  vcQfifia==  ^\i:  £r*(iitiim,ä  lat. 
([_^£rbHiJ4s  (Fick  Wörterb.  I  142).  Ein  solches  aus  ei  entstande- 
nes l  hat^  sich  vor  dem  Vocale  zu  l  gekürzt  in  ffxm ,  welches 
Leo  Meyer  Vergl.  Gramm.  I  340,  Walter  KZ.  12,  385,  Curtius 
Grundz.*  N.  112,  Fick  Wörterb.  I  243,  Flach  oben  II.  p.  6  A. 
richtig  mit  skt.  chäyä  identificiren.  Als  ein  hierher  gehöriges 
Beispiel  betrachte  ich  auch  Xidto^ai  nebst  dliaavog,  die  von 
einem  Nominalstamme  *Am  abgeleitet  sind  wie  axid^co  daxia- 
OTog  von  axid.  Diesem  entspricht  skt.  Idya  „Rast,  Ruhe",  wo- 
her alaya  „rastlos",  welches  in  der  Bedeutung  schön  mit  dXia- 
GTog  „ohne  Aufhören,  ruhelos",  Beiwort  von  Ttölef-iog,  /-idxtj, 
Kfs/t\J  ^I^^^^Sf  yoog,  (övQead^at  übereinstimmt.  Die  altindischen  Wör- 
ter stammen  von  der  Wurzel  ^f  l^raes.  ü'j^te  „sich  schmiegen 
an,  sich  ducke^  sich  versteckt  halten,  liineinschlüpfen ,  ver- 
schwinden" m/lj^^sich  verstecken ,  sich  verkriechen ,  sich  ver- 
schlüpfen, vCTschwinden,  unsichtbar  .werden".  Zu  diesen  Bedeu- 
tungen aber  passen  die  von  Xi^jjj^fiaL ,  welches  von  den  alten 
Grammatikern  durch  exycXivctü^yci^^^a)  erklärt  wird,  vollkom- 
men, wie  folgende  Stellen  zeigen :  0  520  rot  de  M.eyr]g  ertöqov- 
aev  Idciv  •  6  6^  vicmi^a  Xiaad^etg  \  llovXvöd/^tag.  /.al  tov  jiuv 
dnriixßQozEV  d.  i.  „er  schmiegte  sich  darunter  hin,  duckte  sich" ; 


Zur  homerisclien  'W'ortforschung.  11 

€  462  (von  dem  aus  dem  Flusse  steigenden  Odysseus):  6  S'  «z 
Ttotaf-iolo  Xiaod^dg  \  ayotvq)  VTrexlivd-rj  „herausgeschlüpft";  0 
255  (vom  Achilleus,  der  vor  dem  Skamander  flieht):  vTtai&a 
öi  tölo  hao&€ig  \  cpEvy  6  ö'  ortiod^e  qewv  l'/tsro  „wegschlü- 
pfend"; 1296  d^uqil  ö'aga  acpt  hd^sro  xv/na  dakdaarjg  „schmiegte 
sich  weg,  wich  zurück";  d  838  (vom  Traumbilde):  tog  elTtiov 
GtaS^fj.olo  Ttagd  y.Xtj'iöa  Xiaod^T]  \  e<g /rvomg  «j^t/fOio  „verschwand". 

Was  den  Uebergang  von  et  in  t  in  suffixalen  Silben  anbe- 
trifft, so  sind  ohne  Zweifel  mit  G.  Meyer  (a.  0.  p.  87)  so  zu 
erklären  die  femininen  Abstracta  auf  la  neben  solchen  auf  eia 
aus  eaja.  Bei  Homer  sind  solche  Formen  nur  spärlich  vor- 
handen, finden  sich  aber;  vgl.  olKaj(psXirj  ^  223  neben  att. 
tocpeXia  und  locpsXsia,  dcpQadtrj  B  368  u.  sonst  von  dcpgaörjg, 
vioxsXtrj  T  411  von  vcoxsXijg  (att.);  in  diesen  Wörtern  wurde 
die  Form  auf  tr]  statt  der  sonst  üblichen  auf  elt]  deswegen  zu- 
gelassen, weil  letztere  für  den  Vers  nicht  verwendbar  war.  Die- 
ser Grund  passt  nicht  für  r/m,  dessen  i  in  der  Arsis  lang  ge- 
braucht wird  ß  289  otvXlooov  t  rfia  410  rjla  rfeQco/iisO-a  N  103 
ijla  TtiXovTai,  auch  ist  in  drjtcov  B  544  ein  aus  j  entstandenes 
suffixales  l  in  der  Arsis  gedehnt,  möglich  aber  ist  immerhin 
die  Annahme,  dass  rjla  aus  *t/£ta  und  dieses  aus  *dfeaja  ent- 
stand, so  dass  sich  die  Verwantschaft  von  rjca  und  skt.  avasd 
auch  auf  die  Gemeinsamkeit  des  s-Suffixes  erstreckt. 

Fick  Wörterb.  I  502  verbindet  avasd  mit  lat.  avena  aus 
*avesna  „Halm,  Hafer,  Fruchtgetreide"  und  ksl.  ovisü  lett.  ausas 
lit.  aviza  „Hafer",  die  also  eigentlich  „Futter,  frumentum"  be- 
deuten. Ganz  ähnlich  wird  rjia  gebraucht  £  368 :  tog  d'  dve/iiog 
tccrjg  rjicov  d^rjuwva  Tivd^r]  \  KaQq)aXi^iiov.  Hier  wird  das  Wort 
in  den  Scholien  durch  dy^a  erklärt.  Ameis  übersetzt  „Frucht- 
hülsen", Faesi  „Feldfrüchte  noch  mit  der  Spreu";  es  sind  wol 
trockene  Halme  (avena)  zu  verstehen  (vgl.  Eustath.  1445,  42 
ijia  ytvQLwg  xara  ^EQaTOGÜ^ivrjv  ogttqicüv  KaXd^iai)  oder  auch 
Spreu;  vgl.  das  Bedeutungsverhältnis  von  lat.  acus  „Spreu"  — 
got.  (fhs  „Aehre",  lat.  a(/Ha  „Halm,  Aehre"  —  gr.a%]^  „SprmliL^^. 
got.  uhmui,,S\)rG\i''  (Aufrecht  KZ.  1,  354).  Das  von  (jhsamma- 
tikern  überlifeferte  €ia  (vgl.  Hesych.  si'a  XiysTai  de  diavXXdßojg 
eiw  STtLay-emiov  ds  &l  ravrov  sgtlv  ijia  Kai  etw  oxav  ydq  xo 
fj  ytvTqiai  ßQiü/.ia  •  oxav  de  xo  s  ov  ßgco^taxa  dXX'  r/  X^QT^og  xal 
Tj  naqdd^eaLg  (Meineke  ri  -/.al  yqdoxig))  ist  wol  die  attische  Form 
von  rjia  (vgl.  Xda  :  Xrjirf). 


12  F.  Froehde 

tjXfpov.     dlq)eai  ßoLog. 

rjlrpnv  hat  bei  Homer  die  bestimmte  Bedeutung  „wert  sein, 
etwas  einbringen,  einen  Preis  eintragen"  und  steht  so  mit  An- 
gabe des  Preises  O  79  szazofißoiov  de  tol  tjXcpov  o  453  6  d' 
vuiv  fiVQiov  wvov  \  aX(poi  q  250  iva  f.iOL  ßloxov  TtoXvv  alcpoi; 
dem  entsprechend  bedeutet  dl<psaißoiog,  Beiwort  von  Ttagd-evog 
2  593  Hymn,  Ven,  119,  „Rinder  wert,  Rinder  eintragend". 
Schwierigkeit  macht  die  viel  behandelte  Stelle  v  383 ,  wo  in 
Beziehung  auf  den  Pluralis  ^elvoi  ausgesagt  wird  o^ev  x«  tol 
a^iov  aXq>oi,  während  nach  dem  gewöhnlichen  Gebrauche  der 
Pluralis  des  Verbums  zu  erwarten  war.  Um  diese  Schwierig- 
keit zu  entfernen,  hat  Bekker  Hom.  Bl.  I.  112  für  ahpoi  "^altpotv 
=  alcpoiEv  vermutet  und  die  meisten  Herausgeber  sind  jihm 
darin  gefolgt.  Allein  wenn  auch  die  Form  äXcpoiv  als  3.  Pars. 
Plur.  Opt.  nicht  mit  Bergk  Poet.  lyr.  gr.^  p.  487  eine  forma 
inaudita  zu  nennen  ist,  da  in  delphischen  Inschriften  derartige 
Optativformen  mehrfach  vorkommen  (Curtius  Verbum  H  88), 
so  ist  man  doch  schwerlich  berechtigt,  eine  solche  in  der  Lite- 
ratur nicht  nachgewiesene  Form  in  den  Homer  einzuführen. 
Nauck  (vgl.  Ameis-Hentze  Anh.  z.  St.)  will  aXtpoi  gewahrt  wis- 
sen und  nimmt  als  Subject  den  Inhalt  des  vorhergehenden 
Satzes  an,  so  dass  der  Sinn  wäre:  „von  denen  es  dir,  von  de- 
nen dir  das  einen  guten  Preis  einbringen  möchte",  Leichter 
scheint  mir,  wenn  nicht  od^ev  unrichtige  Ueberlieferung  und 
etwa  zu  lesen  ist  o  -/.ev  yi  xoi  cc^lov  alrpoL  oder  mit  Bentley 
o^Ev  xt  Tig,  die  Annahme,  dass  ahpoL  an  der  Stelle  die  pas- 
sive Bedeutung  „einkommen"  hat,  ähnlich  wie  svQLoyteiv,  durch 
welches  dXcpdvsLv  von  den  Alten  erklärt  wird,  ausser  „etwas 
einbringen,  einen  Preis  eintragen"  auch  absolut  „einkommen" 
bedeutet. 

Man  pflegt  nun  diese  Wörter  mit  lat.  labor  und  got.  c^- 
bfnms  ksl.  rctbf*lM  zusammenzustellen ;  allein  zu  letzteren  passen 
sie  auch  lautliclr' nicht  genau,  da  X  und  r  nicht  stimmen,  von 
allen  aber  scheidet  sie  die  völlig  divergirende  Bedeutung,  denn, 
lat.  labor  bedeutet  „angestrengte  Tätigkeit,  Beschwerde,  Last, 
Drangsal,  No|.",  ähnlich  got.  axJ*<(ftfis  mnog  altn.  erMU  ,,Müb 
sal,  kx\i^\\.yerMhr  „beschwerlich,  mühsam"  ksl.  rahota  „Knecht- 
schaft", Begriffe,  von  denen  in  den  griechischen  Wörtern  keine 
Spur  zu  finden  ist.  Dagegen  stimmen  diese  nebst  den  späteren 
dlqrri  (Tiiurj  Hes.  Schol.  A  2  593)  dXcprßta  „Lohn,  Preis"  ti^J 


Zur  homerischen  Wortforschung.  1'6 

aXcprjg  „einen  hohen  Preis  werf,   geschätzt"  xifialcpelv  „ehren" 
sehr  wol   zu   skt  ?^75Ä«^£^,etw9s-.eijaJbTin  (PW.  V  p.  1042) 

arhaU  „verdienen,  wert  sein,  Ansprüche  worauf  haben,  aufwie- 
gen" ^lit  Acc.  der  Sache)  aflt^kjß^  „ehren"  «>*Äia,  „würdig,  ver- 
dienend, kostend,  wert"  arffltd  „Wert,  üBlttHig-,  Pis^s"  maJiär- 
ghä  „von  grossem  Werte"  cafärghä  „hundert  (Rinder  u.  s.  w.) 
I  wert",  zend.  aj:*f% wert -«ißm"  arejaubr-  „Vfei^'',  lit.  algä  „Lohn'.'. 
Ich  setze  ähpi^  —  sjj;^  arghtT  lit.  algä ,  aXcpeiv  „erwerben"  = 
skt.  ärhati  (vgl.  wegen  d^er  Bedeutungsentwickelung  lat.  merere 
„verdienen,  wert  sein,  erwerben,  durch  Kauf  erwerben"  meri- 
tum  „Verdienst,  Lohn,  Wert,  Preis"),  dlq)eg-  in  rif.ial(p^g  und 
vielleicht  auch  in  dXq)Eaißoiog  —  zend.  arejanh. 

Als  die  griechischen  Vertreter  der  Wurzel  argh  betrachtet 
man  a^^f^^  „anfangen,  der  erste  sein,  herrschen"  ccQynq  „Anfang, 
Herrschaft"  (XQXcclog  ,, uranfänglich,  alt",  mit  denen  sicher  ver- 
want  sind  got.  raginon  i^ysfiovsvsiv  ßdurragineis  xexQaQyüv  u.  a.; 
allein  aus  der  Grundbedeutung  dieser  Wörter,  wie  sie  in  mhd. 
jagen  eminere  hervortritt,  die  in  den  angeführten  Ableitungen 
der  W.  argh  liegenden  Begriffe  zu  gewinnen  hat  doch,  wie 
auch  Curtius  Grundz.  N.  166  nicht  verkennt,  grosse  Schwierig- 
keiten. 

Ueber  (p  als  Vertreter  eines  ursprünglichen  gh  handelt 
Curtius  Grundz.*  p.  474  ff.  Derselbe  nimmt  eine  solche  Ent- 
stehung des  cf  von  gemeingriechischen  Wörtern  als  erwiesen 
nur  an  in  vicfo.  veicpEi  neben  lat.  ningins  7iives  ninguit  got. 
snaivs  lit.  snlgti  snegas,  ist  aber  geneigt  dieselbe  auch  anzuer- 
kennen in  klacpQog,  neben  welchem  bei  Hesychius  ekad-Qog  auf- 
bewahrt ist;  vgl.  alts.  lungre  „schnell",  skt.  W.  rangh  „rennen". 
Wenn  man  indes  bedenkt,  in  wie  zahlreichen  Fällen  tc  und  ß 
einem  indogermanischen  h  und  g  entsprechen ,  so  wäre  es  ge- 
radezu auffällig,  wenn  die  ganz  analoge  Lautentsprechung  von 
q)  (d-)  und  gh  sich  so  selten  finden  sollte.  Mir  gilt  als  ein 
anderes  sicheres  Beispiel  der  Art  mit  Anderen  o(pig  ==  lat.  ,a^- 
gyäfiit  ar^*»f  die  Wirkung  des  Nasals  ist  in  der  trochaeischen 
M.essung  {alolog  o(fig  M  208)  zu  erkennen.  Auch  stimme  ich 
Fick  bei,  wenn  er  Wörterb.  II  175  (fglaou)  „emporstarren, 
struppig  sein"  cpQi^  st.  (pQlA  (aus  ^■g)iQ'/.)  „rauhe  Oberfläche" 
cpQi^og  „emporstarrend."  mit  lat  hirtus  {&u.s  Viirctus  =  (pQi^ög; 
vgl.  fortis  artus  refertus  u.  a.)  hirsutus  aus  Viircsutus  „empor- 
starrend,   struppig,    rauh"   (besonders  von   den  Haaren;    vgl. 


14  F.  Froehde 

pQLaaoj  cpQi^  fpQi^og  cpQi^o&gi^  cpQi^o'/.6f.irjg)   und  |ab.  fircvs  Jat. 

\hircus  ..Bock'L.y erb i n d ei ;  da  aber  lat.  h  in  gebräuchlichen  Wör- 
Eern  der  Jjiteratur  nicht  gleich  urspr.  bh.  ist  (vgl.  die  Beispiele  *) 
bei  Ascoli  KZ.  17,  338),  so  muss  man  Entstehung  des  q>  aus 
gh  annehmen   und   Verwantschaft   der    Wörter    mit   W.  ghar-s 

jTLorrere.  Fick  hat  fejner  in  dieser  Zeitschrift  II  187  cpaiÖQog 
treffend  mit  lit.  g^^ntS  identificirt,  ebenso  ist  Bezzenbergers 
Vergleich  von  (ptQTEQog  rp^Qiatoi;  mit  lit.  ^t^T'ö'iSk^^^^^  (ob.  II.  p. 
191)  sehr  beachtenswert;  mit  dem"Ton  ihTTr"f^«»r«p«' 155)  be- 
handelten lit.  gaisas  lässt  sich  (paiog  (aus  *cpaio6q)  „schumm- 
rig,  dämmernd,  zwischen  Licht  und  Dunkel"  identificiren,  wie  (das 
allerdings  als  Appellativum  schlecht  bezeugte)  (palozog  mit gdistas. 
Von  v^cpcü  „nüchtern  sein"  ist  mir  keine  Etymologie  bekannt; 
sollte  das  Wort  nicht  mit  ahd.  mwhtanunnuohtu^^^  nüehtern 

gleicher  Wurzel  sein  ?     Grimm  (Gramm.  II  338)  erklärt  dasselbe 

'""zweifeliul  für  lateinisches  Lehnwort.  Wer  mit  Benfey  (Wurzellex. 
II  56),  Curtius  (Grundz.  N.  435),  Fick  (Wörterb.  I  648)  vs- 
(pQog  mit  ahd.  nioro  niero  altn.  nyra  vereinigt,  wird  nicht  um- 
hin können,  (p  auf  gh  zurückzuführen,  denn  für  den  Ausfall 
eines  b  zwischen  Vocalen  finden  sich  genau  entsprechende  Bei- 
spiele im  Germanischen  nicht,  wol  aber  konnte  nach  Analogie 
von  snaiva-  ahd.  sneo  neben  vicpa  ein  vorgermanisches  neghra- 
neghran-  gern),  nevra-  nevran-  und  dann  ahd.  nioro  altn.  nyra 
werden.  Das  lat.  nefrones  widerspricht  dieser  Annahme  nicht, 
denn  im  Lateinischen  ist,  entsprechend  dem  p  =  h  m  lupus 
palumbus  prope  popina  Epona  (Bildung  wie  Bellona  Pomona 
Ännona  für  *Annonona-)  und  dem  b  —  g  in  bos  boere  baculum 
bardus  bitere  bitumen  (Bugge  KZ.  19,  429),  /"  im  Anlaut  vor 
Vocalen   und   vor   r  regelrecht  Vertreter  des  gh;    vgl.  formus 


*)  Wenn  hiliim  und  ßlum  wirklich  identisch  sind,  so  erhält  dadurch 
Ficks  Erklärung  derselben  (ob.'  II.  p.  188)  eine  Bestätigung;  mir  scheint 
indes  die  Zusammc^ehörigkeit  beider  nicht  ausgemacht  und  die  Annah- 
me möglich,  dass ; /«)^gi  dem  f];-i^^lT''~;p4^c  ^T:n''*7^ijjttfT'^  ^Ipirh-iinrtrrn 
ist,  wie  skt.  irna  ,,Gräsr^raut,  Grashalm''  häufig  als  B?T5  der  Winzigkeit 
und  Wertlosigkeit  dient;  vgl.  trniknr  „einem  Grashalme  gleichachten" 
wie  nihUi  facere  „für  nichts  achten". '—"Aeröa  entspricht  dem  ahd.  gar- 
wii  „SchaafgarTie"  mii'ri  aus  rv  wie  in  fei-bui,  tnrha  -j=z  Tv(>ßr],  urbo  ne- 
l)en  urro,  wol  auch  \n\morhus  neben  ahd.  maro  „mürbe-'  und  sorbus, 
wenn  dieses  dem  griecbisclien  föof  (aus  "^a^ö^bVrenTspHJfTir"^ 


Zur  homerischen  Wortforschung.  15 

(=  d-£Q/,t6g  skt.  gJiarmd  altpr.  r/orme  got.  varmij,(in  *)  mit  v 
statt  des  im  Anlaut  nicht  vorkommenden  gv)  frio  (skt.  gjiar,:, 
shatl)  frendo^(sLgs.  grindan  verglichen  mit  ksl.  grimcdi)  fei  (ksl. 
zlüti).  Ascoli,  der  KZ.  17,  350  diesen  Gedanken  anregt,  ver- 
wirft ihn  mit  Unrecht.  Den  Regeln  Hübschmanns  (KZ.  23,  23) 
genügt  nicht  fundo  verglichen  mit  zend.  zaothra,  von  einigen 
unbelegten  glossematischen  Wörtern  wie  jariolari  neben  liL». 
zarnä  und  folus  neben  ksl.  zelije ,  die  in  der  Lit^Qrakrf§prache 
iiaridf^  und^^J*<^^].auJteöf  abgesehen.  Im  Inlaute  lateinischer 
Worter  wird  gJi  nach  n' (inrcK^v  vertreten  (anguis  unguis  nin- 
guis) ,  zwischen  Vocalen  durch  v  (nives  reduvia  favilla  „Glut- 
asche", wenn  man  es  mit  skt.  f/^i^^wa  ^,das  Verßl^eaji^  lit. 
degas  ;7Pe»«4iran^^**''9'5i«sl^  wol  auch  durch  h  ans  f  in  si- 
"Mlus  sißus  =  got.  sviglon  „pfeifen". 

X^yo).  —      aleLTTjQ.     vr^lelTig.     tjXltov. 

Dass  Irjyo)  vor  X  einen  Spiranten  aufgegeben  hat,  erweisen 
die  homerischen  P'ormen  aXlrjKTog  juETall^^avTL  ditoXh'i^r^g  u.  a. 
(Leo  Meyer  KZ.  23,  412).  Es  ist  der  Sprachwissenschaft  ge- 
lungen, für  den  grössten  Teil  derartiger  Verdoppelungen  einen 
Grund  zu  erkennen,  wie  für  iivvsrcE,  evvee  (Rumpf  Jahrb.  f. 
Phil.  1866  p.  75),  ivvvy]Tog,  aydvvLcpog,  evveoirj,  d{.i[xoQog,  q)i- 
ko/j-/j,SLdi]g,  eddsias,  TteqLOGaivco  (Delbrück  KZ.  17,239),  ivaaek- 
fiog,  iaaslowo  Y  59  nebst  stzl-  ttsql-  vrco-GOEioi  ( KZ.  22, 263) ; 
andere  wie  skltaacczo  sXXizdveve  rQiXXiaxog  TroXvXXiGTog,  ea- 
osva  k'oavTO  Xaoaaoog,  svf.if.isXir]g  (peQEf.ii^ieXlrjg'^'^)  bedürfen  noch 


*)     Dieses  Wort  zu  got.  viilan  ahcl.  walm  zu  stellen,  ist  des  r  wegen 
nicht  ratsam. 

**)  ini)ik(yöi}v  P  599  ist  wenig  bezeugt  und  daher  die  Annahme,  dass 
UySriv  X  278  eineH  anlautenden  Spiranten  aufgegeben  habe,  unsicher. 
Die  Wörter  bedeutend-  ,, ritzend,  streifend,  die  Oberfläche  verwundend", 
sie  werden  von  den  Alt^n  durch  iniipavd^rjv  erklärt  (vgl.  Schol.  A  ^599: 
f:Tii,\pavdi]V,  oGov  6i  Inc  noMs  tpavaai,  V/278  :  kiydriv^  äOTS  iTitli^rci,  6  iariv 
inupavaat  InLnoXuiwg  [x6vo^.^r]V  e'^io&ev  ini(fc(V€iKV  rotT  Oiäf-iiaog,  Eustath. 
1926,  31)  und  stimmen  so  s'^ön  zu  skt.  likh  ,, ritzen,  kratzen"  lekhana 
„aufritzend,  wund  machend,  slcWificirend''  lekhin  ,, ritzend,  streifend  an, 
berührend".  Andere  alte  Erkläri^lsv  umschreiljen  Uyö^v  durch  ^sßTtxaJs 
(Schol.  Q  X  278  B  P  599;  vgl.  Eust^.  a  0.  Xiyötjv  rb  ^sarixdJs,  inmo- 
l^g  —  wg  clno  tov  kil^fiv  -  Si^Xrj  6k  rj  roiavTt]  övofiaTonoUa  int  /xccQfxci- 
Qüiv  Xi&MV  xai  rtvojv  tocovtojv  ots  vsXco  ö're  aiSrjQw  ^vovtcu.  Diese  Er- 
klärung passt  begrifflich  nicht,    aber  dennoch  könnte  kiySi]v  zu  iniXi^ai 


16  F.  Froehde 

der  Aufklärung.  Dass  in  den  Aoristen  ellaße  efn/xad-e  (ellaxe 
Hymn.  Cer.  87  klhrce  Apoll.  Rhod.  2,  1032)  die  Verdoppelung 
auf  der  falschen  Analogie  von  elhrdrEVE  eXXioaccto  beruhe,  ist 
kaum  glaublich;  warum  findet  sie  sich  nicht  in  Imperfectis  und 
sigmatischen ,  sondern  gerade  in  scheinbar  starken  Aoristen? 
Die  Formen  sind  vielmehr  reduplicirte  Aoriste  und  entstanden 
aus  *bfxe[.iad^ov  *tXelaßov ,  aus  denen  sie,  um  versgerecht  zu 
werden,  ähnlich  verkürzt  wurden  wie  eTtecpvov  l/.hXExo  aus 
*E7rE(pEvov  '^t-AEy-elexo.  Um  vier-  und  mehrsilbige  Wörter  mit 
drei  und  mehr  Kürzen  für  den  Vers  verwenden  zu  können,  be- 
dienten sich  die  homerischen  Sänger  verschiedener  Mittel;  in 
den  angeführten  Formen  wurde  der  vor  dem  Nasale  oder  der 
Liquida  stehende  Vokal  synkopirt,  wie  es  auch  geschehen  ist 
in  ^vyaxqa  d^vyaxqag  ■dvyaxqag  und  in  OQd^o/.QaiQog ,  Beiwort 
von  ßocüv  und  vecov  (oQd^oyiSQCcxiov  Apoll.  Lex.  122,  34),  aus 
*-A€QaQos,  welches  von  xegag  abgeleitet  ist  wie  yegaQog  von 
ytqag;  enthielten  die  Wörter  keinen  Nasal  oder  keine  Liquida, 
so  wurde  ein  kurzer  Vocal  verlängert  oder  als  Länge  gebraucht, 
wie  rjV£/iiöeig  övai^XsyTJg  aTtodiead^at  (XTCOvho^ai  avecpeXog  'C,sq)v- 
QiT]  iTtixovog  u.  a.  beweisen  (Bekker  Hom.  Bl.  I  276). 

Was  nun  die  Etymologie  von  Irjyio  „erschlaffen  lassen, 
nachlassen"  betrifft,  so  stellt  Curtius  Grundz.^  N.  146  dasselbe 
sehr  richtig  zusammen  mit  XayaQog  lat.  langueo  laxus;  dass 
diese  ursprünglich  mit  s  anlauteten,  zeigen  altn.  slakr  ags.  sleac 
engl.  g/acA;  „schlaff  machen,  nachlassen"  ahd.  dach  „schlaff" 
niederd.  slßsk^Xlh^  „Dieses  slackernjihQr  ist  von  dem  Sing,  des 
Praet.  eines  vorauszusetzenden  altsächsischen  Wurzelverbs  *slecan 
=  „in  Tun  und  Kraft  nachlassen"  abgeleitet"  (Weigand).  Das 
1]  von  Iriyo)  ist  aus  a  +  Nasal  entstanden ,  wie  in  den  von  J. 
Schmidt  Voc.  I  118  ff.  behandelten  Fällen. 

Ein  anderes  Beispiel  für  den  Abfall  von  o  vor  l  bieten 
vielleicht*)  die  Formen  dXeixrjg  vi^kelxig  ijXixov,  die  sich  un- 
mittelbar von  dldof.iai  unmöglich  ableiten  lassen,  denn  die  An- 
gehören, da  skt.  Hkh  auch  „poliren,  glätten"  bedeutet;  dazu  stimmt  dann 
ferner  lat.  lima  ^^Feile"  %t(iLrs...wX'.Q'ben ,  feilen,  glätten,  poliren".  Frei- 
lich k(')nnten  U'iai  und  Itmare  auch  mit  altn.  slikr  „sleek,  smooth",  engl. 
aleek  „glätten"  zu  verbinden  sein,  da  die  beiden  klassischen  Sprachen 
den  Anlaut  al  nicht  haben. 

*)  Eine  von  dor  nieinigen  abweichende  Erklärung  von  «At/rijf  u. s.w. 
deutet  Fick  o.  I.  234  an,  ohne  dieselbe  jedoch  zu  begründen. 


Zur  homerischen  Wortforschung.  17 

sieht  Lobecks  (Pa,th.  376),   dass  dkeiTt]g  „Frevler"  von  dXi]tr]g 
„Landstreicher"  nur  levi  quadam  soni  declinatione ,    qua  Grae- 
cos  ad  colorandas   conjugatorum  significationes  saepe  usos  esse 
constat  verschieden  sei,  ist  nicht  im  Einklang  mit  den  Gesetzen 
der  Wortbildung.     Aber  auch  der  Annahme  blosser  Wurzelge- 
meinschaft  kann   ich   nicht  zustimmen,    da  das  Suffix  lt  (vgl. 
XÜqlt-  (.iskiT-  alcpLTov  u.  a.)  doch  sonst  nicht  zu  blt  und  olx  (vgl.  dXoL- 
x6g  bei  Eustath.  1529,  51)  gesteigert  erscheint.     Vielmehr  führt 
die  Betrachtung  analoger  Formen  wie  leLTtto  Xoltzoq  eIltcov  zu 
der  Annahme,  dass  die  Wörter  eine  Wurzel  Xlt  enthalten,  wel- 
che dasselbe  a  vor  sich  zeigt  wie  dsidco  dXEiq)co  dfislßio  dfivvo) 
drtußo)   (skt.   danibh   Bezzenberger   ob.   I  69)    dloai   (skt.   vas 
Leo  Meyer  KZ.  22,  530)  u.  a.     Nun  finde  ich  eine  der  Form  Xlt 
begrifflich  entsprechende  Wurzel  in  anderen  Sprachen  nicht ;  nimmt 
man  aber  Xix  entstanden  an  aus  oXlt,    welches  ja  im  Griechi- 
schen zu  XtT  werden  musste,  so  entspricht  diesem  genau  germ. 
W.  dtp  Jn^  got.  slei^a  „Schaden"   slei^  „schlimm,    gefährlich,  \ 
schäj^ch"  gaslMpjan  „schädigen"  alts.  südM  „schlimm,    böse"  \ 
sl0hmdd  „feindlich  gesinnt"  ags.\s/M/ie„verletzend,    schädlich,  ; 
schlimm,  dirus  ÖEivög  xaXertog,^'  sltdJian  gleich  dem.  t^on  rjXixov  \ 
vorausgesetzten  ^dXeiTO)   (vgl.  Eustath.  a.  0.)   laedere  ahd^.  ^^^f^^""^ 
(%^-«a;evui7  malus ,  iniquus ,  dirus.     Zu  den  Bedeutungen  dieser  . 

'^örter  stimmen  die  von  aXiTsad-ai  und  seinen  Verwanten  vor- 
trefflich. Das  griechische  Verbum  bedeutet  „verletzen"  und  zwar 
speciell  entweder  die  Götter:  !Ad-r]vaLi]v  dXixovxo  e  108,  dd-a- 
vdxovg  dXixiad^at  ö  378,  acp'  dXlxi^xai.  o/nooaag  T  265,  oder 
göttliche  Gebote:  Jidg  ecpexindg  ß  570. 586,  oder  ein  heiliges  Recht, 
wie  wenn  Achilleus  vom  Agamemnon  sagt  /  375 :  ex  yccQ  drj  f.i 
dTtdxrjae  aal  rjXixsv;  dem  entspricht  die  Bedeutung  von  dXelxrjg, 
r  28  vom  Paris  ausgesagt,  der  die  Rechte  des  Menelaos  ver- 
letzt hat,  und  v  121  von  den  Freiern,  sowie  die  von  vrjXelxig 
(vgl.  über  die  Form  Ameis-Hentze  zu  tt  317  Anh.  La  Roche 
Textkritik  S.  185)  7t  317  x  498  ^  418  von  den  pflichtgetreuen 
Mägden  (innoxius).  Die  in  den  germanischen  Wörtern  mehr- 
fach hervortretende  Bedeutung  „unbillig,  ungerecht,  feindlich 
gesinnt"  zeigt  dXixQog  Q  361,  wo  Athene  von  dem  ihren  Wün- 
schen entgegenhandelnden  Zeus  sagt ;  dXXa  itaxrjq  ov/nog,  (pgeal 
(.lalvexaL  ovx.  dya^fjOi'  oyr^ixXwg,  aliv  dXixgog,  efxoiv  /nevscov 
drtEQCüsvg;  hier  ist  es  synonym  mit  axfxXiog  und  Gegensatz  zu 
cpQEol  dyad^f]ai,  also  etwa  iniquus.     Abweichend  von  den  Alten 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen    III.  o 


18  F.  Proehde 

fassen  neuere  Erklärer  die  Worte  der  Kalypso  s  182 :  ^  d^  dXt- 
ZQog  y  saal  '/.al  ovy.  ccTtoqxjoXia  eidojg  als  scherzhaft  gesprochen 
auf;  ich  kann  keinen  Scherz  darin  finden,  vielmehr  wird  hier 
das  Wort  in  ganz  ähnlichem  Zusammenhange  gebraucht  wie 
slulliivurdt  Hei.  549,  zu  welcher  Stelle  Rückert  bemerkt;  „der 
feindselige  Worte  hat".  Die  Erklärung  liegt  in  der  Schilderung 
des  Benehmens  des  Herodes,  der  ganz  gegen  die  gebräuchliche 
Sitte  die  Gäste  sofort  mit  argwöhnischen  Worten  belästigt. 
In  der  Verbindung  öalfioaiv  elvac  dhzQog  W  595  bedeutet  das 
Wort  offensus,  vgl.  dXtTrjf^ievog  ^eolg  ö  807. 

Diefenbach  Vergl.  Wörterb.  II  267  erklärt  für  eine  „ziemlich 
sichere  Nebenwurzel"  von  sUß  die  in  altn.  slis  infortunium  slisa 
damnum  inferre  slas  laesio  slasa  laedere  erscheinende  W.  slas. 
Diese  aber  entspricht  vielmehr  der  altindischen  sras  in  srdmsati 
„in  Stücke  gehen,  zerfallen",  zu  der  sie  sich  hinsichtlich  der 
Bedeutung  verhält  wie  z.  B.  skt.  arddyati  zu  mdtti.  —  Fick 
Wörterb.  I  255  identificirt  germ.  sUp  mit  skt.  sridh  „fehlgehen, 
irren",  welches  im  Auslaut  abweicht  und  eher  zu  ags.  sltdan 
labi  slidor  lubricus  u.  a.  gehören  könnte. 

OTCvLo). 

Die  Aufeinanderfolge  der  Vocale  in  onvlo),  welches  auch 
attisch  ist,  kann  nicht  ursprünglich  sein,  denn  die  aeolischen 
Formen  (pvlo)  dXvio)  (Ahrens  Diall.  I  98,  Curtius  Verbum  I  211) 
lauten  in  der  homerischen  und  attischen  Sprache  (pvto  dlvto, 
während  in  den  etymologisch  aufgeklärten  Wörtern  mit  vc  -\- 
Vocal  zwischen  v  und  t  ein  Spirant  ausgefallen  ist.  Den  fe- 
mininen Participialformen  auf  via  entsprechen  die  altindischen 
auf  usM  {/tövia  —  vidüsht) ;  (Avla  steht  für  ^/nvaja  =  lit.  nntse 
für  ^musjä;  ^vidg  gehört  nicht  unmittelbar  zu  &voj,  sondern 
zu  der  mit  a  weitergebildeten  W^urzel  d^va  in  ^vazrjg  d^vatäg 
^i'aO^Xa  ksl.  dijchati  flare  (Curtius  Grundz.*  p.  259),  es  ent- 
spricht vielleicht  dem  lateinischen  furia,  dessen  r  aus  s  her- 
vorgegangen sein  muss,  sobald  der  Name  Fürius  (altl.  Fusios 
Corssen  Voc.  I.  230)  zu  furo  gehört;  von  dem  bei  Hesychios 
aufbewahrten  e'^vu  lässt  sich  nicht  entscheiden,  welchem  Dia- 
lecte  es  angehört,  und  da  die  Lesart  ^viwaiv  im  Hymn.  Merc. 
500  zweifelhaft  ist,  so  kann  man  nicht  mit  Sicherheit  ein  atti- 
sches oder  altionisches  Verbum  iyvuo  aufstellen.  J.  Schmidt 
Voc.  II  22*d  erklärt  jurjvQvid,    dem   das  erst   spät  auftretende 


Zur  homerischen  Wortforschung.  19 

TtaTQvwg  nachgebildet  ist,  aus  *mdturjä ;  ist  das  richtig,  so  ist 
auch  hier  die  Vocalfolge  unursprünglich.  Von  den  übrigen  ana- 
logen Bildungen  sind  meines  Wissens  Erklärungen  der  Form 
nicht  gegeben. 

Ich  zerlege  oitviio,  dessen  Bedeutung  klar  ist  (vgl,  Ebelings 
Lexicon),  in  o-7tva-jcü  und  identificire  et  mit  %ki. imshyati  „ge- 
deihen, aufziehen,  ernähren,  unterhalten,  wachsen  lassen,  erhal-^ 
ten,  bekommen,  besitzen,  hegen,  pflegen"  woher  jjushti  „Gedei- 
hen, Wachstum"  piishim  „Blüte,  Menstrualblut",  ]f)ushintd  in 
Blüte  stehend,  blühend,  menstruirend"  ])6slia  ,>Gedeihen,  Wachs- 
tum, Vermehrung,  das  Aufziehen,  Ernähren,  Unterhalten",  bin 
aber  wegen  der  Vermittelung  der  Bedeutungen  zweifelhaft,  nicht 
als  ob  ich  eine  solche  für  schwierig  hielte,  sondern  weil  sich 
verschiedene  Möglichkeiten  bieten.  Nach  Analogie  von  skt. 
bhartär  „Erhalter*  Ernährer,  Herr,  Gatte"  hhartrmati  „verhei- 
ratet" von  W.  hhar  „unterhalten,  hegen,  pflegen"  könnte  OTtviw, 
welches  nur  vom  Manne  gebraucht  und  mit  dem  Accusativus 
verbunden  wird,  ganz  allgemein  bezeichnen  „ein  Weib  unter- 
halten" ;  wahrscheinlicher  indes  sind  wol  folgende  Möglichkei- 
ten, aus  -^jmsh  den  Begriff  des  Heiratens  zu  gewinnen:  1)  mit 
püshpa  ist  vermutlich  identisch  lat.  puho-  in  piihens  puhesco, 
wozu  puber  „mannbar"  gehört,  mit  dem  schon  in  Ebelings 
Lexicon  ottvIo)  verglichen  wird;  2)  ypush  ist  Secundärbildung 
von  der  nur  in  einzelnen  Ableitungen  erhaltenen  -y^pu,  welcher 
Curtius  die  Bedeutung  „zeugen"  beilegt  (Grundz.*  S.  288);  ähn- 
lich verhalten  sich  zu  einander  altn.  ala  „zeugen"  und  got.  alan 
„ernähren,  aufziehen"  lat.  alo  u.  a.  So  zeigen  sich  verschiedene 
Wege,  um  *G-7ivajaj  mit  dem  auch  in  der  Praesensbildung 
genau  übereinstimmenden  püshyati  begrifflich  zu  vermitteln. 

OQGOd-VQT]. 

Doederlein  (Flom.  Gloss.  986)  befindet  sich  meines  Erach- 
tens  auf  dem  richtigen  Wege  zur  Erklärung  des  nur  %  126.  132. 
333  vorkommenden  oQOo&vqrj,  wenn  er  an  oqqoq  und  ovqd  an- 
knüpft. 

Ueber  die  Zusammengehörigkeit  dieser  beiden  Wörter  sind 
die  Ansichten  getheilt.  Während  Pott  Et.  Forsch.  ^  I.  123  und 
Curtius  Grundz.4  N.  505  dieselbe  behaupten,  wird  sie  von  an- 
deren wie  Pictet  (KZ.  6,  190j,  Bugge  (KZ.  20,  30),  Leo  Meyer 
(KZ.  23,  67),  Fick  (Wörterb.  I.  203)  bestritten  und  ovqoc  viel- 


20  F.  Froehde 

mehr  mit  skt.  varal^TfiiT^ß^^r,  Sch^v'ieif haar ,  Schweif"  ver- 
bunden, mit  dem  es  sich  völlig  zu  decken  scheint.  So  bestechend 
diese  Vergleichung  auch  ist,  so  glaube  ich  dennoch  Curtius  bei- 
stimmen zu  müssen,  einmal  weil  die  sicheiren  europ.  Verwanten 
des  altindisch^n  Wortes,  nämlich  lit.  Vß^^^  „SchwÖifti^ar  des 
Pferdes"  altn.'^^i  ;/Vogelsterz"  (Bugge  a!^(X)  al^Tw^^^,, We- 
del" (Fick  a.  0.)  X  für  g  im  Griechischen  erwarten  lassen,  wel- 
ches auch  in  dem  wahrscheinlich  dazu  gehörigen^to'^og  j^Mitbl^- 
haäT>v.BäHf  erscheint,  sodann  aus  folgendem  Grunde.  Von 
^vgd  lassen  Sieh  nicht  wol  trennen  das  homerische  ovQiaxog, 
wenn  dieses  auch  nicht  unmittelbar  von  ovqcc  abgeleitet  sein 
kann  wegen  des  i,  und  das  spätere  ovgaxog  (vgl.  zif^axog  vrj- 
Ttiaxog  u.  a.).  Das  letztere  bedeutet  bei  Aelian  de  an.  nat.  VI 
43:  OL  yaq  r}yEf.i6veg  (rwv  f.ivQf.irjV.iov)  dviQTTOvoi  %al  rovg  xa- 
Xovf.i8VOvg  ovqäxovg*)  rüiv  xaQ7tL(.iwv  öiaTQaysvzeg  toj  örjfio)  t(jj 
xccTio  QiTtxovai  die  Spitzen  der  Halme,  woran  die  Aehren  sitzen, 
und  entspricht  somit  begrifflich  genau  dem  lateinischen  urrun- 
cum  bei  Varro  r.  r.  I  48 :  quod  in  infima  spica,  appellatur  ur- 
runcum.  Bei  dieser  Uebereinstimmung  in  einem  so  individuel- 
len Begriffe  kann  wol  kein  Zweifel  sein  an  der  Richtigkeit  von 
Curtius'  Ansicht,  dass  die  beiden  Wörter  mit  einander  verwant 
sind.  Nun  entsteht  zwar  im  Lateinischen  rr  zuweilen  durch 
verschärfte  Aussprache  (Corssen  Sprachk.  p.  237),  aber  die  Fälle 
der  Art  sind  sehr  selten,  und  die  Annahme,  dass  urrwncum  für 
*urstmcum  (vgl.  averrimcare)  stehe,  hat  jedenfalls  viel  grössere 
Wahrscheinlichkeit.  Ist  aber  diese  Auffassung  richtig,  so  muss 
ovgaxog  und  somit  auch  ovqcc,  die  Zusammengehörigkeit  beider 
vorausgesetzt,  einst  nach  q  ein  a  enthalten  haben. 

Es  fragt  sich  nun  weiter,  ob  man  befugt  ist,  in  homeri- 
schen Wörtern  -ovq-  aus  -oqo-  hervorgehen  zu  lassen.  Leo 
Meyer  (KZ.  22,  541)  stellt  diesen  Lautwandel  für  die  homeri- 
sche Sprache  in  Abrede  und  man  muss  zugeben ,  dass  in  der 
Tat  ein  sicheres  Beispiel  für  denselben  nicht  beigebracht  ist, 
denn  dass  -AovQog  xovqtj  aus  '^'xogaog  ^yiogarj  entstanden  sind, 
kann  immerhin  nicht  für  sicher  erwiesen  gelten,  und  die  atti- 
schen Wörter  T^ovQevg  zoigd  u.  s.  w.  neben  den  bei  Hesychios 
aufbewahrten  xogaeig  xoqüovv,  mit  denen  sich  ovqoTtvyiov  (Eu- 


*)     l'eberliefert  \ni  oCqu/ovs;    Scaligers  Aenderung  in  ovQuij(ovg  ist 
unnötig;  die  Conjectur  ovQayovs  gibt  keinen  passenden  Sinn. 


Zur  homerischen  Wortforschung.  21 

stath.  906,  61)  neben  oqqoTTvyiov  vergleicht,  sind  für  das  Alt- 
ionische nicht  beweisend.  Man  ist  also,  um  den  Lautwandel 
von  -OQO-  in  -ovq-  in  homerischen  Wörtern  zu  behaupten,  auf 
den  analogen  von  -bqo-  in  -slq  angewiesen  und  schwerlich  be- 
rechtigt, etymologische  Combinationen  auf  demselben  zu  be- 
gründen. 

Um  nun  dennoch  die  Zusammengehörigkeit  von  ovqa  und 
OQQog  aufrecht  zu  erhalten,  sehe  ich  nur  eine  Möglichkeit,  näm- 
lich die  Annahme,  dass  die  Wurzel  beider  Wörter  gr.  foqa 
war.  Dass  anlautendes  /o  in  der  homerischen  wie  in  der  atti- 
schen Sprache  ov  werden  konnte,  beweisen  Formen  wie  ovqavog 
ovgiio  u.  a. ;  ein  aus  foga  zunächst  zu  erwartendes  ovga  aber 
ertrug  die  Sprache  seiner  Härte  wegen  nicht  und  so  entstand 
ovQcc,  während  im  attischen  oqqoq  qg  zu  qq  gew^orden  ist.  Dass 
ovQiaxog  —  ovqi]  kommt  nur  versbeginnend  vor  —  im  homeri- 
schen Verse  keine  Spuren  eines  Digamma  zeigen  kann,  bedarf 
kaum  der  Erwähnung.  Leo  Meyer  (KZ.  23,  53  ff.)  hat  bewie- 
sen ,  dass  das  Digamma  vor  den  dunkelen  Vocalen  o  und  w 
schon  in  der  homerischen  Sprache  in  den  meisten  Fällen  er- 
loschen ist.  Die  mit  ov  *)  aus  fo  anlautenden  Wörter  wie  ov- 
gavog,  ovQog,  ovQiaxog  können  selbstverständlich  kein  Digamma 
haben,  da  dasselbe,  mag  nun  das  ov  auf  dem  von  Leo  Meyer 
p.  65  bezeichneten  oder  auf  anderem  Wege  entstanden  sein 
(vgl.  den  analogen  Wandel  von  /«  zu  av  z.  B.  in  avX^  =  skt. 
vasra,  avdrj  neben  skt.  -^vad,  av^dvio  neben  germ.  yvahs  u.  a.), 
durch  V  reflectirt  wird  **).  Auch  in  einem  zweiten  Falle  kann 
ein  mit  o  =  urspr.  va  anlautendes  Wort  kein  Digamma  zeigen, 
nämlich  wenn  o  aus  fe  hervorgegangen  ist;  das  ist  der  Fall  z.B. 
in  oxBOcpi  für  fex^ocpt.  (vgl.  sx^ocpi  bei  Hesych.  (Fick  ob.  I.  59) 
und  lat.  veMs  St.  vehes-)  und  in  lovtofiai,  dessen  w  durch  Er- 
satzdehnung aus  oa  entstand  (vgl.  unten  fjvia),  aus  *f€avao/uaL 
von  *faovo~;  vgl.  lat.  venum  aus  *vesnum  skt.  vasnd. 

So  glaube  ich  meine  Annahme,  dass  ovqi]  und  OQQog  eine 
Wurzel  fOQG  idg.  vars  enthalten,  begründet  zu  haben,  oggog 
bedeutet  „das  Ende  des  Steissbeins,  woran  bei  den  Tieren  der 


*)  Wenn  als(|  or7.«jUof  vaiid  oükug  als  Beiwort  von  Gewändern,  Decken 
und  vom  Haare,  wie  Bekker  annimmt,  digammirt  sind,  so  kann  ihr  ov 
nicht  aus  jro  entstanden  sein. 

**)    Ueber  Formen  wie  iovQovv  Iw&ovv  vgl.  Ebel  KZ.  4,  166. 


22  F.  Froehde 

Schwanz  sitzt",  o^qonvyiov  „die  hervorstehenden  Schwanzfedern 
der  Vögel,  Stachel  der  Wespen,  Schwanzflossen  der  Fische", 
ovQolos  „alles  Aeusserste,  Letzte",  ovQiaxog  „das  äusserste  En- 
de", ovQayog  in  der  oben  angeführten  Stelle  aus  Aelian  „die 
Spitzen  der  Halme,  woran  die  Aehre  sitzt".  Doederlein  (a.  0.) 
stellt  dazu  auch  oqgoI'  tcov  ocqvwv  ol  laxaTOi  yevo/iievoi  Hes. 
(vgl.  jedoch  das  gleichbedeutende  sQaaL  l  222 ,  Gegensatz  zu 
TtQoyovoL  und  fihaaaai,  welches  man  zu  "gar]  „Tau"  zieht)  und 
oQGog  „Reis,  Schössling",  welches  auch  in  OQOoöccKvrj  „Keimna- 
ger" erscheint.  Denselben  Grundbegriff  des  Hervorstehenden, 
Hervorragenden  enthalten  skt.  vdrsMyams  „der  höhere,  obere, 
längere,  grössere"  vdrshishtha  „der  höchste,  oberste"  vdrshnan 
„Höhe,  das  Oberste,  das  Aeusserste,  die  Spitze".  Die  Heraus- 
geber des  Petersburger  Wörterbuchs  vermuten  wie  ich  glaube 
mit  Recht  Zusammenhang  dieser  Wörter  mit  v/shan  „hervor- 
ragend ,  männlich" ;  vielleicht  wird  die  letztere  Bedeutung  mit 
dem  Grundbegriffe  vermittelt  durch  vrshana  „Hoden" ;  vgl.  zend. 
erezi  gr.  ogyig  in  seinem  Verhältnis  zu  armen,  ordz  „Mann, 
männliches  Tier"  =  qui  testiculos  habet  (Hübschmann  KZ.  23, 
25  Anm.).  Die  Bedeutung  „Schwanz"  hat  das  Sanskrit  nicht 
ausgeprägt,  doch  lässt  sie  sich  aus  dem  Grundbegriffe  leicht 
gewinnen;  vgl.  z.  B.  lat.  cauda  skt.  skündate  „vorspringen" 
altn.  skuta  „vorspringen"  skuti  „vorspringender  Fels"  (Fick 
Wörterb.  I  232,  der  zu  diesen  Wörtern  auch  in  Beziehung  setzt 
gr.  G'/.v^a  „Brunst,  Geilheit",  vgl.  skt.  vrshäydte);  auch  wird  sie 
wol  vorausgesetzt  von  vrshin  „Pfau"  vrsha  „Ratte,  Maus".  Mit 
vrshin  verbindet  ovqi]  schon  Pictet  (KZ.  6,  190);  derselbe  ver- 
gleicht weiter  ers.  earr,  err  „Schyanz"  irr  „Fischschwanz" 
earräg  febrag  sciurus,  indem  er  in  ersteren  Abfall  eines  anlau- 
tenden f  ( =  urspr.  v)  annimmt.  Ob  diese  Annahme  richtig  ist, 
beurteile  ich  nicht ;  notwendig  wäre  sie  wol  nicht,  denn  wie  ne- 
ben den  Wurzeln  vardh  vark  vars  „regnen"  vank  —  ardh  ark 
ars  ank  (J.  Schmidt  Voc.  H  297),  so  steht  neben  vars  „her- 
vorragen, vorspringen"  ein  gleichbedeutendes  ars  in  rshvd  „em- 
porragend, hoch,  sublimis"  von  Pfosten,  Toren,  verschiedenen 
Gottheiten,  den  Gliedmassen  Indras  u.  a.  rshabhd  „männliches 
Tier,  Stier,  Bock,  Schwanz  eines  P]bers,  Schwanz  eines  Croco- 
dils,  das  Beste,  Edelste  seiner  Art";  vgl.  vrshabhd. 

OQOodxQTi  erklären  die  Alten  übereinstimmend  als  eine  vipr]lij 
oder  vxpTjXoTtQa  ^vqo;  vgl.  Schol  V  x  125  oQOod^Qi]'}  iv  T(p  tov 


Zur  homerischen  Wortforschung.  23 

OLTtov  evaviiip  roixfp  d^vqa  tjv  dt  rjg  eig  rov  d^ccla/nov  ^v  ava- 
ßrjvai,  svd^a  ta  ojtXa  eyieito.  emev  ds  ovrcDg,  ettsI  viprjXo- 
tega  rjv  e(p  iy  rjv  OQOvoai  y.al  dva^ogelv;  Apoll.  Lex.  122,  13 
OQOnd^vQTj  lATtioiv  d^vqa  vipr]li],  Si  rjg  tan  -Karaßahovra  oqov- 
aai,  o  sOTi  TtrjdrjOaL,  Vj  dviovza  nrjörjoaC,  öid  t6  ^irj  sy^eiv  ßa- 
^(.tovg;  Eustath.  1921,  15  ogao^vgr]  hxavd^a  ttccqcc  ro)  TtoirjTjj 
S^VQa  Tig  e7Ciai^f.iog  vipr^Xoregav  nqögßaoiv  s'xovaa,  elg  rjv  ovx 
olövTE  rjv  dveXd^Blv  xiva  urj  Slcc  ytXif^axog  l'aiog  ?/  aXXwg  Jtwg 
dvoQovoavra  üg  avT/jv;  ähnlich  Hesych.  Suidas  Et.  M.  Et.  Gud. 
Dass  es  eine  höher  gelegene,  obere  Tür  war,  ergibt  sich  auch, 
wie  Ameis  zu  x  132  mit  Recht  bemerkt,  aus  der  Verbindung 
dvaßaiveiv  dvd,  während  dieses  Verbum  sonst  bei  Homer  mit 
dem  blossen  Accusativ  oder  mit  slg  construirt  wird.  Diese  Tür 
führte  in  die  XavQt],  und  so  konnte  man  durch  sie  auf  den  Hof 
und  dann  weiter  auf  die  Strasse  gelangen  (e(psQs  ds  rj  roiavtrj 
oqaod^vQrj  tov  dvsXd^ovta  slg  avTrjv  S7tl  Tag  juerd  rov  TtQOÖo^inv 
d-vgag  trjg  avXrjg  Eustath.  a.  0.).  Deshalb  gibt  Odysseus  dem 
Eumaios,  der  dieser  Tür  zunächst  stand,  den  Befehl,  dieselbe 
zu  beobachten  (V.  129),  um,  falls  einer  der  Freier  versuchen 
sollte,  durch  sie  auf  die  Strasse  zu  gelangen  und  Hülfe  zu  ho- 
len (V.  133),  hinauszugehen  und  ihn  abzufangen,  denn  der  Aus- 
gang der  Xavqrj  in  den  Hof  war  in  unmittelbarer  Nähe  der 
Schwelle,  auf  der  die  Vier  standen  (V.  127).  Man  ist  nicht 
berechtigt,  von  dieser  Erklärung  der  Alten,  die  gewiss  auf  al- 
ter Tradition  beruht,  abzugehen;  sie  leidet  an  keinerlei  innerer 
UnWahrscheinlichkeit  und  wird  durch  die  dargelegte  Etymologie 
bestätigt,  vgl.  skt.  vdrsliiyaihs  „der  höhere,  obere"  vdrshishtha 
der  höchste,  oberste"  vdrshman  "die  Höhe,  das  Oberste"  rslwd 
sublimis  lit.  virszus  „das  Obere"  ksl.  vrichü  „Gipfel,  Höhe" 
(Fick  Wörterb.  II  699,  J.  Schmidt  Voc.  II  19,  Bezzenberger 
ob.  I  166). 

Von  0Qvvf.lL  lässt  sich  oQGod^vQrj  weder  lautlich  noch  be- 
grifflich ableiten,  denn  einmal  müsste  nach  den  Gesetzen  der 
Wortcomposition  das  Wort  bei  solcher  Abstammung  ^OQaid-vQrj 
lauten  (vgl.  OQoiXoxog  oqGiTtovg  oQOmtvnog  6Qaivsq)i]g),  sodann 
würde  ein  derartiges  Compositum  nach  Analogie  der  angeführ- 
ten Wörter  kaum  etwas  anderes  bedeuten  können  als  „die  Tür 
erregend  oder  erhebend";  vgl.  Autenrieth  bei  Hentze  Anh.  z. 
/  126.  Auch  OQaoTQialvrjg ,  Beiwort  des  Poseidon  bei  Pindar, 
heisst  nicht  „den  Dreizack  schwingend"   sondern    „mit  gewalti- 


24  F.  Froehde 

gern  Dreizack";  vgl.  altindische  Composita  wie  vrsharatha  „ei- 
nen gewaltigen  Wagen  habend"  vrsharagmi  „gewaltige  Zügel 
habend",  vrshagushma  „starkmutig"  u.  a.  Ueber  ÖQOoXoTteio) 
OQOoloTtog  wird  sich  erst  urteilen  lassen,  wenn  ihr  zweiter  Be- 
standteil erklärt  sein  wird. 

Der  vereinzelt  stehende  und  nur  an  zwei  Stellen  vorkom- 
mende Aorist  sdcpd^rj  wurde  von  Aristarch  (vgl:  Herodian  zu  N 
543)  zu  tTto^uuL  gezogen  und  durch  eTtr^aolovS-rjaBv  erklärt. 
Diese  Ansicht  verwirft  Herodian^  indem  er  geltend  macht,  dass 
die  aufgelöste  Form  säip&r]  nicht  gleich  sicpd^rj  oder  rj(pd^i]  sein 
könne,  da  weder  sl  noch  tj  von  Verben,  die  mit  «  anlauten,  in 
den  Formen  des  Praeteritums  in  ea  aufgelöst  werde;  er  folgt 
dem  Tyrannio,  welcher  die  Form  von  ccTtzw  ableitete.  Dass 
diese  Ableitung  nicht  richtig  sei,  zeigt  Curtius  Verbum  I  119  f. 
Derselbe  vertheidigt  die  Ansicht  des  Aristarch,  doch  hat  auch 
diese  ihre  grossen  Schwierigkeiten,  die  mir  Curtius  nicht  völlig 
beseitigt  zu  haben  scheint ;  denn  die  zur  Erklärung  des  a  her- 
angezogenen Formen  sTccQ(p&r]v  und  Tqaq)d^rjvai  sind  doch  nicht 
ganz  analog,  weil  hier  die  Umgebung  des  q  die  Erhaltung  resp. 
Neubildung  des  a  bewirkt  hat,  sodann  würde  ein  passiver  Ao- 
rist von  srto}  tractare,  den  Herodot  5,  81  TCEQL-£q)d-r]v  bildet, 
nicht  wol  „nachfolgen"  bedeuten  können,  der  Aorist  von  erco- 
fiai  aber  lautet  regelmässig  eart6(n(]v. 

Nach  dem  Zusammenhange,  in  welchem  das  Wort  steht  A"  543 
ixXivd^r]  (f  kTSQtoas  '/.dgr],  eni  ^  dajtig  tdcpd-rj 
"/.al  xoQvg'  d(xq)i  ös  ol  ^dvuTog  xvxo  d^v^iOQaiaT^g 
und  S  419 

X^tQog  ö^  £y,ßaXsv  syxog,  t^t  avT(p  ö^  dortig  kdip^rj 
Y.al  v.6Qvg'  dfig)l  öi  ol  ßgdxs  tevxscc  Tcoixlka  /«Axf^JJ 
muss  man  demselben  mit  Buttmann  Lex.  II  138  und  Curtius 
a.  0.  die  Bedeutung  „fiel,  stürzte  nach"  oder  „stürzte  auf  ihn" 
beilegen.  Da  es  nun  aber  der  Form  nach  Passivum  ist,  so 
muss  das  zugehörige  Activum  etwa  „hinwerfen,  auf  den  Boden 
werfen"  bedeutet  haben.  Diesen  Begriff  bezeichnet  skt.  vdpati 
„hinwerfen,  hinstreuen  (bes.  den  Samen),  hinstrecken,  auf  den 
Boden  niederwerfen",  zu  dem  tdq)d^rj  für  '*i/d(pd-r],  wie  man 
zugeben  wird,  lautlich  und  begrifflich  jedenfalls  viel  besser  passt 
als  zu   "fcü)  oder  cItitio.     Die  gegebene  Erklärung  hat  freilich 


Zur  homerischen  Wortforschung.  25 

den  Mangel,  dass  sie  das  Wort  im  Griechischen  isolirt,  viel- 
leicht aber  ist  dieser  Mangel  zu  beseitigen.  Ebel  KZ.  4,  167 
verbindet  tacpd-ri  mit  iccTtro)  „werfe".  Dieses  ist  eine  redupli- 
cirte  Form  wie  XLlalo/uai  Tixaivo)  IdAAw  iavw  (für  *lavajw  (vgl. 
avü)  avo)  ^Qavio)  aus  ^fifaGJw  mit  av  —  /«  wie  in  avXrj  — 
skt.  vasra),  in  der  ttt  aus  ttj  entstanden  ist.  Die  beiden  For- 
men können  nebeneinander  bestanden  haben  wie  d-saai,  und 
iai'ü).  Ich  würde  diese  Combination  für  sicher  halten,  wenn 
nicht  das  lateinische  jaeio  wäre,  mit  dem  Curtius  Grundz.*  p. 
455  und  Fick  Wörterb.  II  20U  iccTtTw  vereinigen.  Dieser  Ver- 
gleich ist  ansprechend  und  nicht  zu  widerlegen,  nur  darf  man 
die  beiden  Wörter  nicht  identificiren  wollen,  denn  anlautendes 
Jod  -j-  Vocal  ist  im  Griechischen  mit  Ausnahme  des  Eigenna- 
mens "idovsg  und  einiger  Schallwörter  (wie  ti^'^w  =  lat.  jugere 
Fick  Wörterb.  II  204),  die  ja  überhaupt  ihre  eigenen  Wege  ge- 
hen, nicht  durch  l  +  Vocal  vertreten  (vgl.  Curtius  Grundz.-^  p.  592) 
sondern  entweder  durch  ^  wie  in  ^slÜ  tsM  dCr]x^S  (=  skt  ijaJwd 
nach  Bezzenberger)  ^l^vcpov  -yfOcy  Kvf.irj  Uovrj  ^0}(i6g  oder  durch 
den  Spiritus  asper  wie  in  -y/dy  fjTtaQ  vf-ieig  va/.dvi]  og  rjvia,  mag 
dasselbe  zu  skt.  yam  gehören  oder,  was  auch  möglich  wäre, 
zu  ksl.  po-jasni  lorum,  wol  auch  in  szoLf-iog,  welches  in  der 
Bedeutung  von  szsog  doch  wesentlich  abweicht  und  der  grie- 
chische Repraesentant  des  altindischen  ydtati  sein  köniite,  des- 
sen Particip  yattd  „bedacht  auf,  bereit,  vorbereitet,  der  seine 
Massregeln  getroffen  hat"  bedeutet;  in  einigen  Fällen  wird  ur- 
spr.  ya  im  Griechischen  durch  ei  ol  reflectirt,  nämlich  in  £4- 
vuTSQsg  =  lat.  janitrices  und  ol'igptu  =  skt.  ydbhatl  (Fick  Wör- 
terb. I  182),  wie  ähnlich  urspr.  va  durch  ev  ov  av. 

Zu  der  Wurzel  von  laTtTO)  wird  auch  das  ccTta^  elQrj/nevov 
dmoBTtifi^  von  der  Here  ausgesagt  0  209,  zu  ziehen  sein.  Das 
Wort  ist  gebildet  wie  di.Laq%0E7iy]g  d\.iExqoEnv^g  rjdveTirig  dgrie- 
Ttrig  und  führt  auf  einen  Nominalstamm  ditxo- ^  den  ich  mit 
Osthoff  (Das  verbum  in  der  nominalcomposition  S.  145)  als 
Part.  Praet.  ansehe.  So  aufgefasst  bedeutet  dasselbe  „hinge- 
worfen redend''  d.  i.  „Worte  hinwerfend,  mit  Worten  um  sich 
werfend",  wie  laTtrcov  loyoig  bei  Soph.  Ajax  501;  vgl.  auch 
lateinische  Verbindungen  wie  jactare  minas,  probra,  jacere  con- 
tumeliam  u.  a.  Diese  Bedeutung  passt  durchaus  in  den  Zusam- 
menhang. Die  sonstigen  Erklärungen  des  Wortes  finden  sich 
in  Ebeling's  Lexicon  zusammengestellt.  F.  Froehde. 


26  W.  Deecke 


lieber  das  etruskische  Wort  lautni  und  seine 
Verwandten. 

Im  ersten  Hefte  meiner  „Etruskischen  Forschungen"  (p.56) 
findet  sich  folgende  Stelle:  „Schon  in  der  ^^Kritik"  (p.  23)  machte 
ich  darauf  aufmerksam,  dass  das  recht  häufig,  auch  in  Verbin- 
dung mit  et  er  vorkommende  Wort  lautni  unmöglich  überall, 
wie  Corssen  meinte,  einen  weiblichen  Familiennamen  Lautinia 
bedeuten  könne,  und  auch  hier  war  das  Richtige  bereits  ge- 
funden durch  Gamurrini,  der  im  Bullet.  dell'Inst.  Arch.  1874 
p.  13  in  höchst  scharfsinniger  Weise  die  Vermuthung  aufgestellt 
und  begründet  hat,  lautni  bezeichne  „libertus,  Freigelassener", 
das  gleichfalls  häufig  vorkommende  lautni 6a  „liberta.  Freige- 
lassene". Eine  vollständige  Prüfung  aller  betreffenden  Stellen 
hat  dies  für  mich  zur  höchsten  Wahrscheinlichkeit  erhoben, 
und  werde  ich  dies  in  einer  später»  Untersuchung  begründen".  — 
Diese  damals  versprochene  Untersuchung  gebe  ich  hier,  indem 
ich  zugleich  auf  meine  sonstigen  Besprechungen  des  Wortes 
verweise:  0.  Müller's  Etrusker  P,  505-6;  IP,  338;  354;  371; 
386  u.  s.  w. ;  Etrusk.  Lautlehre  aus  griech.  Lehnwörtern 
(in  dieser  Ztschr.  II,  161  ff.,  an  vielen  Stellen).  Der  gleichen 
Ansicht  ist  Fabretti  beigetreten  in  den  Appunti  epigrafici  II, 
p.  22-36,  wo  er  schon  eine  fleissige  Zusammenstellung  der  be- 
treffenden Inschriften  giebt,  auch  eine  Etymologie  des  Wortes 
versucht.  Corssen  hat  im  zweiten  Bande  der  „Sprache  der 
Etrusker"  (p.  595-9)  in  einer  längeren  Anmerkung  jene  Deu- 
tung bekämpft  und  seine  Auffassung  der  Wörter  als  Personen- 
namen aufrecht  erhalten,  aber  seine  gesammte  Beweisführung 
ruht  auf  falschen  oder  nichtigen  Grundlagen.  Ich  glaube  keine 
bessere  Widerlegung  geben  zu  können,  als  durch  die  Betrach- 
tung und,  soweit  nöthig,  Uebersetzung  sämmtlicher  in  Frage 
kommenden  Inschriften.  Den  Anfang  mache  die  von  Gamur- 
rini an  der  oben  citirten  Stelle  behandelte  bilinguis,  aus  der 
er  seine  Deutung  geschöpft  hat: 

1)   leuclepisis  lav[i]ni     F.  794  bis 
1-  phisius-  1-  lauci 
Die  Inschrift,  litt,  atram.  pictis,  wurde  von  einer,  seitdem  ver- 
lorenen,  urna  fict.  bei  Pet.  Nardi-Dei  in  Chiusi  im  April  1861 
durch  Mazzetti  copirt.     Die   schedae   desselben   geben   die   Va- 


üeber  das  etrusk.  Wort  lautni.  27 

rianten 

•••uecle-  cpisis"  rvtni 
und  am  Schlüsse   der   latein.  Zeile  Tluci   oder   buci,    buco. 
Es  ergiebt  sich  daraus,  nach  Garaurrini,  als  wahrscheinlich- 
ster Text 

leucle*  cpisis'  lavtni 

l'phisius  'l-l*  buco 
Die  lat.  Zeile  heisst  also  „Lucius  Phisius,  Freigelassener  des 
Lucius,  mit  dem  Beinamen  Buco";  die  etr.  „Leucle,  Freigelas- 
sener des  Phisi".  Der  Sclave  war  ein  Grieche  mit  Namen 
yl€vy.og,  ein  schon  in  der  Ilias  vorkommender  Name  {J  491), 
etr.  *leuce,  vgl.  Leuce  lat.  als  Name  von  Sclavinnen  C.  L 
L.  II,  4292;  III,  2393.  Davon  wurde,  wie  mehrfach  bei  Scla- 
vennamen,  mit  der  etr.  Deminutivendung  -le  (0.  Müll.  II^,  445) 
leucle  gebildet.  Lateinisch  lag  als  Vorname  am  nächsten 
Lucius,  griech.  ja  durch  yiev-Mog  wiedergegeben,  s.  II,  175, 
n.  176.  Der  lat.  Beiname  buco  findet  sich  wieder  im  C.  I. 
L.  III,  3789  und  ist,  nach  etr.  Weise,  mit  einfachem  c  geschrie- 
ben für  bucco  „Grossmaul"  J.  R.  N.  5812,  auch  buccio  ib. 
II,  4970,91  u.  sonst.  Der  Name  des  Herrn,  nach  etr.  Gewohn- 
heit aspirirt  (0.  Müll.  II 2,  413  u.  n.  150),  begegnet  lat.  als  pi- 
sius  C.  I.  L.V,5829,  weiblich  pisia  ebdt.  Es  entspricht  also 
deutlich  in  obiger  Inschrift  1  =  libertus  dem  etr.  lavtni. 
Das  schliessende  s  von  cpisis  ist  Genitivzeichen  (0.  Müll.  II 2, 
489). 

Aehnliche,  einfach  etruskische,  Inschriften  sind: 
2)  venzile  :  alfnis  :  lautni  F.  S.  S.  37 
auf  einer  chiusin.  olla  einer,  di  terracotta,  mit  lettere  nere. 
Auch  hier  führt  der  Sclave  einen  Deminutivnamen  auf  -le,  von 
venza  (0.  Müll.  P,  455),  das  selbst  wieder  Deminutiv  von 
venel(e)  oder  vener(e)  ist  (ebdt  IP,  490),  vgl.  die  ähnlichen 
Bildungen  larzile  neben  larza  und  lar  oder  lar6,  arnzle 
neben  arnza  und  arnö  u.  s.  w.  Der  Genitiv  venziles',  der- 
selben Person  angehörig,  findet  sich  in  der  aus  demselben  Grabe 
stammenden  Inschrift  F.  S.  S.  38,  s.  unten  n.  64.  In  einer 
andern  Inschrift  F.  771,  t.  XXXII.  auf  einem  chiusinischen 
Ziegel  fehlt  das  s'  des  Genitivs ,  wohl  in  Folge  nachlässiger 
Schreibung.     Interessant  aber  ist  die  bilinguis 

c'vensius-c  f*  caius-    F.  793 

vel  :  venzile  :  alfnalisle 


28  W.  Deecke 

auch  aus  Chiusi,  auf  einem  Travertinsarge.  Hier  entspricht 
vensius  dem  etr.  venzile,  wie  oben  l(ucius)  dem  leucle, 
beide  haben  aber  den  Schein  und  Werth  eines  Familiennamens 
angenommen,  vgl.  die  lat.  chius.  Inschriften,  wohl  aus  demsel- 
ben Grabe, 

c •  vensius  •  c'f*  |  caesia -natus    C.  I.  L.  I,  1368  bis 

a  vensi  calli    ebdt  1367. 
Ebenso  ist  etr.  arntile,    arntle,    arnzle  Familienname  ge- 
worden (0.  Müll.  12,  448).     Ueber  alfnalisle  s.  ebdt  II»,  496; 
alfnis'  ist  Genitiv  des  männl.  Gentilic.  alfni. 

3)  aule  :  alfnis'  :  lautni     F.  S.  S.  40 

auf  urna  fitt. ,  mit  lett.  rosse ,  aus  demselben  Grabe ,  wie  n.  2, 
und  vom  selben  Herren  freigelassen;    s.  noch  n.  46. 

4)  tama-velces'  |  lautni    F.  S.  S.  34 

auf  einem  chius.  Ziegel.  Der  Sclavenname,  lat.  Dama,  urspr. 
wohl  „Reh,  Gazelle"  (W.  Mohr  Quaestiones  gramm.  ad  cogn. 
Romana  pertinentes  p.  11;  doch  s.  auch  II,  172,  n.  142)  ist 
bekannt;  der  Familienname  des  Herrn  velce  ist  sonst  aspirirt 
velxe,  Genit.  velxes',  vel^esa  u.  s.  w.  (0.  Müll.  11^,  417  u. 
471). 

5)  pupli  :  petinates'  :  lautni 

eigne  Copie  einer  chius.  Urne;  der  dazu  gehörige  Ziegel  hat 

pupli  I  petinate[s']  |  lautni 
Der  aus  dem  Lateinischen  entlehnte  Vorname  pupli=Publius 
begegnet  auch  in  der  bilinguis  F.  1496  a  u.  b,  sowie  wahr- 
scheinlich F.  470.  Der  Name  des  Herrn,  urspr.  Beiname,  pe- 
tinate  bezeichnet  eigentlich  einen  Einwohner  einer  Stadt  *Pe- 
tinum  oder  Petina  (0.  Müll.  11^  440)  und  kommt  nicht  sel- 
ten vor. 

6)  auliu  :  camarines'  ]  lautni     Bull.  1874  p.  14 

auf  einer  chius.  olla  einer.,  in  lett.  nere.  Der  Name  auliu 
ist  durch  die  wahrscheinlich  deminutive  etr.  Endung  -iu  von 
aule  gebildet  wie  arntiu,  lartiu  von  arnt,  lart,  auch  arn- 
ziu  von  arnza,  doppelt  deminutiv  wie  arnzle  (0.  Müll.  11^, 
475);  doch  s.  II,  174,  n.  161.  Der  Name  des  Herrn  camarine 
ist  wieder  ein  Ethnikon,  entsprechend  dem  lat.  Camarinus 
(Val.  Max.  VI,  5,  1)  oder  Camerinus  (Beiname  der  gens  Sul- 
picia  Liv.  III,  31  fin.)  von  der  umbrischen  Stadt  Caraerinum 
(noch  jetzt  Camerino),  ursp.  wohl  ein  castellum,  wie  Ameri- 
num  neb.  Ameria,   oder  von  der  latinischen  üameria,  vgl. 


Heber  das  etrusk.  Wort  lautni.  29 

noch  die  umbrischen  Caraertes  und  den  alten  Namen  von 
Clusium  Camars  (0.  Müll.  P,  96),  auch  das  sicilische  Kaf.ia- 
QLva.  Eine  Inschrift  bei  Muratori  hat  Camarina-cliber- 
ta-Aprulla  (1145,  5);  im  C.  I.  L.  V  kommt  ömal  der  Gen- 
tilname  Camerius  vor.  Etruskisch  ist  camarine  ursprüng- 
lich auch  Beiname  und  erscheint  im  Genit.  camarinesa  bei 
einem  tlesna  (0.  Müll.  ll\  486;  F.  730);  auch  das  Femin. 
caraarinei  kommt  vor  (F.  508).  Von  einem  chius.  Ziegel 
habe  ich  copirt  aule  camarin  |  u.s.w. 

7)  veluanis'laul  tni     F.  1392 

rohe  Urne  von  Perugia;  nach  Conest.  Monum.  d.  Palazz.  p. 
128,  n.  233  ist  noch  der  Trennungspunct  nach  anis  erhalten. 
Die  Ableitung  velu  vom  Vornamen  vele  scheint  ein  drittes 
etr.  Kosesuffix  -u  zu  enthalten,  vgl.  aulu  von  aule,  vielleicht 
öepru  von  öepri  (=r  Tiberius);  velu  selbst  erscheint  als 
Vorname  F.  2327  bis  (s.  Corssen  II,  633).  Ausfall  eines  i  ist 
nach  den  etr.  Lautgesetzen  nicht  recht  wahrscheinlich,  doch  s. 
II,  174,  n.  161.  Der  männl.  Gentilname  ani  erscheint  auch  F. 
S.  S.  60,  Genit.  anis  F.  1601  (nach  Vermiglioli's  ohne  Zweifel 
richtiger  Lesung)  u.  s.  w.;  die  gewöhnliche  Form  ist  anie  (0. 
Müll.  112,  471.2). 

8)  le6e  ucrislanes  lautni     F.  S.  S.  66 

eingeritzt  auf  einem  chius.  ossuar.  di  terracotta.  Der  Name 
leöe  kann  das  griech.  yüj&og  sein,  schon  im  Homer  Name  ei- 
nes pelasgischen  Fürsten  (II.  B  843,  s.  0.  Müll.  P,  88,  n.  53), 
vgl.  II,  175,  n.  174;  es  ist  aber  auch  ein  häufiger  etr.  Fami- 
lienname mit  einer  Reihe  von  Ableitungen,  bisweilen  auch  un- 
aspirirt  (0.  Müll.  IP,  416),  und  es  könnte,  nach  römischer 
Weise,  der  Freigelassene  den  Familiennamen  des  Herrn  ange- 
nommen haben,  wofür  unten  andere  Beispiele  vorkommen  wer- 
den. Dazu  stimmt,  dass  ucrislane  wieder  ein  Ethnikon  und 
eigenthch  Beiname  ist  —  lat.  Ocriculanus,  von  der  umbr. 
Stadt  Ocriculum  oder  Ocriculi,  'Ox^/jcAot,  vgl.  über  die 
Assibilirung  des  c  0.  Müll.  IP,  430.  Es  könnte  also  der  Herr 
leöe  ucrislane  d.  h.  „Lethe  aus  Ocriculi"  geheissen  haben. 
Die  sonstigen  Stellen,  wo  ucrislane  vorkommt,  s.  F.  Gl.  col. 
1980  u.  2109.  Das  Femin.  leOia  kommt  zweimal  als  Name 
einer  Freigelassenen  vor  (s.  unten  n.  58  u.  59),  und  beide  In- 
schriften stehen  mit  der  eben  entwickelten  Auffassung  nicht  in 
Widerspruch,   da  in  beiden   nur  der  Vorname   der  Herrschaft 


30  W.  Deecke 

angegeben  ist.  Dagegen  erscheint  leöe  allerdings  in  n.  38  als 
Name  eines  Freigelassenen   neben   einem  andern  Herrennamen. 

9)  6ansi  :  vipis'  :  lautni  F.  778 
olla  sepulcr.  von  Chiusi,  aus  Pasquini's  Heften.  Fabretti's  Con- 
jectur  6ana,  schon  wegen  der  männl.  Form  lautni  unwahr- 
scheinlich, wird  widerlegt  durch  das  mehrfache  Vorkommen 
eines  männlichen  Gentil-  oder  Beinamens  Öansi,  Genit.  6an- 
sisa,  grade  in  Chiusi  und  Umgegend  (F.  8G7  ter  1  u.  Gl.  col. 
2072),  nebst  der  Ableitung  6ansina  (eig.  Cop.  aus  Orvieto), 
weibl.  6an Sinei  (2mal).  Ja,  ein  Freigelassener  oder  Sclave 
scheint  auch  auf  dem  chius.  Ziegel  F.  836  (t.  XXXH)  Öansi 
zulx^^is  bezeichnet  zu  sein.  Vielleicht  ist  identisch  8asi, 
Gen.  öasisa,  abgeleitet  6as'ini  (s.  unten  n.  13)  mit  ausge- 
stossenem  n  (0.  Müll.  H^,  434  ff.).  Der  Name  scheint  echt 
etruskisch,  und  mag  mit  6ana  verwandt  sein,  vgl.  vel-si  ne- 
ben vele,  num-si  neben  numa  (ebdt.  H^,  463). 

10)  atale  :  vilias  :  lautni  :    F.  596,  t.  XXX 

auf  einer  chius.  olla  fict. ,  jetzt  im  Florent.  Museum  (Conest. 
Inscriz.  Etr.  di  Fir.  t.  VH,  28,  p.  29).  Das  etr.  atale  ist  = 
gviech. '!ATtalog ;  auch  lat.  ist  Attalus  als  Beiname  und  Scla- 
venname  nicht  selten  (s.  die  Indices  zum  C.  I.  L.).  Das  Femin. 
atali  habe  ich  F.  1364  hergestellt  (II,  171,  n.  116).  Der  Name 
der  Herrschaft  sieht  zunächst  weiblich  aus:  da  aber  die  sonst 
immer  vorkommende  vollere  Genitivform  viliasa  an  allen  4 
Stellen  (F.  1011  bis  a,  f,  h  u.  P.  S.  215)  besser  männlich  zu 
deuten  ist,  und  als  weibliche  entsprechende  Form  viliania  er- 
scheint (F.  1011  bis  d  u.  g),  Beiname  der  seianti,  so  wird 
auch  an  obiger  Stelle  besser  ein  männlicher  Gentil-  oder  Bei- 
name vilia  angenommen,  vgl.  den  etr.  Namen  des  Zeus  tinia 
u.  0.  Müll.  IP,  376,  473  u.  489. 

Der  bisher  betrachteten  Form  von  Grabschriften  Freige- 
lassener gehören  nun  mit  mehr  oder  weniger  Sicherheit  noch 
eine  Reihe  anderer  an,  bei  denen  das  Wort  lautni  zu  latni 
verdünnt,  abgekürzt  geschrieben,  verstümmelt  (0.  Müll.  I^,  505; 
IP,  371)  oder  sonst  irgendwie  entstellt  ist. 

11)  arnziuslaiGesZatni    F.  1508 

auf  dem  Deckel  eines  perusin.  ossuar.  (Conest.  Mon.  d.  Palazz. 
p.  135,  n.  244).  Das  doppelte  Deminutiv  arnziu  ist  bereits 
erwähnt  worden  (n.  6).  Mit  obiger  Grabschrift  ist  auch  die 
der    Frau    des    Freigelassenen   gefunden   fjana  :  arz lud   puia 


lieber  das  etrusk.  Wort  lautni.  31 

F.  1507  (bisher  falsch  arznis'  gelesen),  die  wohl  selbst  auch 
Sclavin  gewesen  war,  da  sie  nur  mit  dem  Vornamen  bezeichnet 
ist.  Die  Verkürzung  arzius  entspricht  der  von  arza  (F.  1425) 
statt  arnza.  Ein  Sohn  Beider  ist  wohl  arnza  :  arnzius  | 
slaiOes'  F.  1511,  worin  slaifJes  auch  auf  den  Freigelassenen 
übergegangener  Familienname  des  Herrn  sein  kann,  s.  oben  n.  8. 
Der  Genitiv  silai6es'  (wohl  mit  eingeschobenem  i  0.  MülL  IP, 
357)  findet  sich  als  Gattenname  F.  1648,  auch  aus  Perugia. 

12)  lecusti'caspres-latni     F.  1218 

ebenso  (Conest-  ebdt  p.  158,  n.  283).  Schon  II,  175,  n.  175 
habe  ich  die  Vermuthung  aufgestellt,  dass  lecusti  =  ytr/vatiog 
(Steph.  Byz.)  einen  „ligurischen"  Sclaven  bezeichne,  und  dazu 
stimmt,  dass  der  männl.  Familien-  oder  Beiname  lecstini  (F. 
651,  nicht  lesstini,  s.  t.  XXXI),  lecstini  (F.  1671,  t. XXXVII, 
nicht  lecskini),  mit  eingeschobenem  oder  umgesetztem  u  lec- 
sutini  (F.  172,  t.  XXII)  von  Aiyvotlvog  abgeleitet  zu  sein 
scheint,  vgl.  0.  Müll.  IP,  348  (auch  n.  42)  u.  357.  So  finden 
sich  auch  lat.  die  Beinamen  Ligus  (EUendt  de  cogn.  et  agn. 
Rom.  p.  6;  Wilm.  I.  L.  n.  889;  vgl.  etr.  lecu  u.  lecs),  Li- 
gurius  (Wilm.  n.  1319)  u.  Ligustinus  (Ell.  p.  79;  C'l.  L. 
V,  dreimal).  Der  Anklang  an  den  Namen  lecetis  der  Fami- 
lie, in  deren  Grab  die  Aschenkiste  gefunden  wurde,  ist  wohl 
zufällig;  über  lecusta  s.  unten  n.  81.  Der  Name  des  Herrn 
caspre  ist  ein  häufiger  etr.  Familienname  (F.  Gl.  col.  797 
U.S.W.)  und  hängt  wohl  mit  dem  Beinamen  caspu  zusammen; 
in  lat.  etr.  Inschriften  erscheinen  casperius  und  caspo;  er- 
steres  kommt  auch  sonst  als  lat.  Gentilname  vor,  und  sicher- 
lich verwandt  ist  der  Name  der  sabinischen  Stadt  Casperia 
(0.  Müll.  11^  346).  Andrerseits  scheint  im  perusinischen  Grabe 
der  caspre  der  Genitiv  des  Mutternamens  casprial  einmal 
lat.  durch  scarpia- na  tus  übersetzt  zu  sein  (F.  1183),  also 
mit  kühner  Metathesis. 

13)  ane-6asini  |  latni     F.  131;  Gh  col.  624 

auf  einer  urna  in  Florenz.  Das  i  ist  verkürzt,  kann  aber  nicht 
anders  gelesen  werden.  Es  ist  dann  ane  der  auf  den  Freige- 
lassenen übergegangene,  nicht  seltene,  etr.  Familienname  des 
Herrn,  und  Oas'ini  ein  Beiname,  von  Oasi  (s.  n.  9)  gebildet, 
wie  Öeprini  von  Öepri,  ceisini  von  ceisi,  lecstini  von 
lecusti  u.  s.  w.  (s.  n.  12  u.  0.  Müll.  IP,  459).  Das  Femini- 
num dazu  scheint  erhalten  in  6as'nias'  (F.  1958,  t.  XXXVIII), 


32  W.  Deecke 

mit  ausgestossenem  i  (statt  6asna  F.  508  lese  ich  hastia). 
Der  Name  des  Herrn  fehlt  also  in  obiger  Inschrift  ganz,  s.  an- 
dre Beispiele  unten  u.  gleich  n.  14. 

14)  autu-vipli-lautni    F.  1869,  t.  XXXVII 

auf  einem  perusin.  operc.  ossuar.  Hier  ist  au  tu  der  Sclaven- 
name,  vielleicht  =  gr.  ^Avxayv  (II,  174,  n.  1G2),  vgl.  lat.  Au- 
to nis  f.  von  einem  Beinamen  Auto  C.  I.  L.  V,  7480;  auch 
C.  Autus  Narcissus  ebdt.  3500.  Vipli  ist  häufiger  etr.  Gen- 
tilname  =  lat.  Vibilius,  hier  auf  den  Freigelassenen  überge- 
gangen. Diese  Deutung  wird  sicher  durch  die  Grabschrift  der 
Frau  hasti  :  autus'  :  viplis  :  puia  F.  1587,  t. XXXVI,  wohl 
nur  zufällig  von  obiger  getrennt;  der  blosse  Vorname  scheint 
die  Frau  auch  als  Freigelassene  zu  kennzeichnen. 

15)  papi-plan  (  cur  |  lautni  F.  195,  t.  XXIII 

auf  einem  Ziegel  im  Florent.  Museum  (Conest.  p.  137,  t.  XLV, 
157).  Die  Nebenstriche  des  i  scheinen  zufälhge  Ritze;  papi 
findet  sich  wieder  auf  der  berühmten  campanisch-etrusk.  Gold- 
münze mit  vel  z  papi,  wahrscheinlich  „Vele  Papi,  Sohn  des 
Z  .  .  .  ■"  (Deecke  Etr.  Forsch.  II,  p.  5  u.  96),  osk.  paapi, 
paapii,  lat.  Papius,  vgl.  den  Beinamen  etr.  papa,  lat.  Pa- 
pa, Pap  US  u.  s.  w.  Der  zweite  Name  ist  wohl  abgekürzt  für 
plancures',  Genitiv  des  Beinamens  des  Herrn  (s.  n.  8),  vgl. 
plancure  als  etr.  Beinamen  F.  194  (t.  XXIII,  bisher  falsch 
gelesen  plancuncire  st.  plancure  n  c,  vielleicht  numas' 
clan)  u.  682,  ebenso  weibl.  plancuria  F.  678;  in  F.  196 
(Gl.  col.  1407)  ist  neben  plancure  der  Familienname  ausge- 
fallen. 

16)   seOras'  :  lauöni 

So  ist  herzustellen  aus  .  .  .  s'ectras'  :  lau'ni  auf  einer  Tra- 
vertinurne  von  Chiusi  (Bull.  1874  p.  215,  n.  28  nach  Vitt. 
Poggi),  von  Corssen  II,  593  zu  lau[t]ni  ergänzt;  aber  in 
Migliarini's  tesoro  607  a  (daraus  Conest.  p.  267,  n.  47  u. 
F.  648  bis)  steht,  mit  irriger  Weglassung  der  den  unleserlichen 
Anfang  bezeichnenden  Puncto,  s'ectras'  :  lauctni,  wonach 
beidemal  das  0  als  et  verlesen  ist,  s.  0.  Müll.  11^,  397,  n.  114. 
Der  Name  des  Freigelassenen  ist  verloren,  s'eöras'  ist  der  Ge- 
nitiv des  Vornamens  seiner  Herrin. 

17)   plautes  lautni     F.  686 

gemalt  auf  einem  chius.  Aschengefäss  von  Terracotta  (Mus. 
Chius.  p.  87,  n.  55  u.  p.  220,  n.  57).     Auch  hier  fehlt  der  Name 


lieber  das  etrusk.  Wort  lautni.  33 

des  Freigelassenen;  p  laut  es'  ist  Genitiv  des  Beinamens  des 
Herrn,  häufig  in  der  Familie  der  pumpu,  lat.  etr.  p  lau  tu  8, 
plotus  (0.  Müll.  112,  371), 

18)  Bep.u-clantial-autwi  F.  P.  S.  354 

unsicher  überliefert  von  einem  perusin.  ürnendeckel  (Conest. 
Mon.  Perug.  IV,  355,  n.  488  =  816).  Im  Anfang  ist  8ep[r]u 
oder  6ep[ri]u  zu  ergänzen,  s.  n.  6  u.  7,  Deminutiv  vom  Vor- 
namen Öepri  =  lat.  Tiber  ins  (0.  Müll.  P,  460);  am  Schlüsse 
ist  das  n  wohl  sicher,  und  dann  leicht  [IJautni  zu  ergänzen, 
so  dass  clantial  Genitiv  des  Gentilnamens  der  Herrin  ist,  aus 
einer  weitverbreiteten  Familie  (ebdt.  503;  IP,  389). 

19)  larO:  \  aules  |  latn    F.  1031  bis,  t.  XXXV 

auf  einer  Aschenurne  von  Cortona  (aus  Conest.  Spicil.  pr.  p. 
19,  nach  Sergardi),  das  erste  Wort  links  vom  Beschauer  ab- 
wärts ,  das  zweite  oben ,  das  dritte ,  offenbar  dem  ersten  sym- 
metrisch abgekürzt,  rechts.  Hier  ist  aules'  Genitiv  des  Vor- 
namens des  Herrn ;  der  Familienname  ergab  sich  ohne  Zweifel 
aus  den  übrigen  Inschriften  des  Grabes. 

20)  ap^uni  I  cumeres  I  lau    F.  S.  S.  25 

auf  einem  Ziegel  von  Chianciaüo  (Gamurr,  Bull.  1874,  p.  14; 
Brogi  las  apiuni).  Auf  der  dazu  gehörenden  Urne  ist  nur 
ap^uni  cum  erhalten  (ebdt.).  Die  Lesung  mit  1  ist  schon  als 
die  vollständigere  wahrscheinlicher  und  wird  bestätigt  durch  F. 
580  16  :  apiuni  :  ramöastia^lu,  ohne  Zweifel  auch  Grab- 
schrift eines  Freigelassenen,  da  ii&zw.  =  *0taffwy  von  Olaaog 
sein  wird,  vgl.  lat.  Thiasus,  Tiasus  als  Beiname  und  Name 
von  Freigelassenen  (Wilm.  I.  L.  Index  II,  p.  399).  Der  Sclave 
hiess  !A7toXlwviog  (s.  II,  171,  n.  115),  mit  dem  Beinamen  *0ta- 
aiüv,  seine  Herrin  mit  Vornamen  ramöa;  bei  seiner  Freilassung 
nahm  er  den  Vornamen  lar6  an  und  machte  apiuni  zum  Fa- 
miliennamen. In  der  obigen  Inschrift  dagegen  ist  apiuni  ein- 
ziger Name  des  Freigelassenen  geblieben.  Der  Name  des  Herrn 
cum  er  e  ist  nicht  selten,  s.  0.  Müll.  II 2,  450.  Eine  dritte  In- 
schrift mit  apiuni,  gleichfalls  von  einem  libertus  s.  unten  n. 
33.  Der  Genit.  fem.  aplunias  =  lArcolXwviag  begegnet  F. 
2095  quater;  andere  Stellen  sind  unsicher  (F.  1570?).  Latei- 
nisch ist  Apoll oni US,  -ia  als  Sclaven-  und  Freigelassenen- 
Name  häufig,  s.  die  Indices  zum  C.  I.  L. 

21)  cai  pumpual  1    F.  1626,  t.  XXXVH 

auf  einem  perusin.  Sargdeckel  „Gajus,  Freigelassener  der  Pum- 

Beiträgez.  Kuade  d.  ig.  Sprachen.  JII.  g 


34  W.  Deecke 

pui(a)".  Unten  werden  wir  noch  mehrere  Beispiele  der  Abkür- 
zung von  lautni  zu  blossem  1  finden,  vgl.  c  =  clan  (Sohn), 
s  =  sex  (Tochter)  u.  s.  w. 

22)  aepva  papasla  lavti    Co.  1,  976 

roth  gemalt  auf  einer  Aschenkiste  von  Chianciano.  Nach  Cors- 
sen's  eigener  Bemerkung  steht  eigentlich  aepvr  geschrieben,  und 
dazu  stimmt,  dass  F.  S.  S.  20  offenbar  dieselbe  Inschrift,  lücken- 
haft, als  a  pvr-papas'a  (ohne  lavti)  giebt.  Da  nun  eine  der 
im  selben  Grabe  gefundenen  lateinischen  Inschriften  thanna 
naeipurs  lautet  (Co.  I,  977  =  F.  S.  S.  21),  so  ergänzt  sich 
mit  Sicherheit 

[n]  a  e  p  V  r  •  p  a  p  a  s  1  a  •  1  a  V  t  M  [i] 
als  Gatte  der  thanna.  Das  v  steht  beidemal  statt  u,  durch 
römischen  Einfluss.  Der  Freigelassenen-Name  naepur  =  lat. 
*gnaevipuer  (Dativ  naepori  C.  I.  L.  I,  1539  e)  bestätigt 
aufs  glänzendste  die  Deutung  von  lautni;  vgl.  lat.  etr.  o  1  i- 
por  =  Auli  puer  F.  2011,  wahrscheinlich  etr.  aulup[ur] 
F.  1919  (s.  Addit.  Gl.  col.  2052)  u.  caipur  F.  1488,  t.  XXXVI. 
Corssen's  u.  meine  bisherigen  Vermuthungen  über  aepva  (0. 
Müll.  II 2,  384;  Bezz.  Ztschr.  II,  174,  n.  154)  fallen  hiermit  weg. 
Papasla,  wohl  richtiger  als  papas'a,  ist  Genitiv  des  Beina- 
mens des  Herrn,  papa,  s.  n.  15  und  wegen  des  -la  0.  Müll. 
112,  444  u.  491. 

23)  elmutie  latn  F.  Terzo  S.  (App.  Epigr.) 
gleichfalls  vorn  und  hinten  verstümmelt;  vielleicht  [v]el-mu- 
tie'latn[i],  worin  mutie  auf  den  Freigelassenen  übergegan- 
gener Familienname  des  Herrn  wäre,  vgl.  eine  Reihe  Gentilna- 
men  vom  Stamme  mut-  F.  Gl.  col.  1202,  darunter  das  ent- 
sprechende Femin.  mutia,  Gen.  mutias',  lat.  Mutius,  dazu 
der  Beiname  Mutienus  (C.  I.  L.  I,  1455);   vgl.  n.  92. 

Erweiterungen  des  bisher  betrachteten  Schemas  bieten  fol- 
gende Inschriften: 

24)  vGTaufe-upelsis'  |  lautni    F.  1723 

auf  einer  Aschenurne  von  Perugia.  Hier  ist  raufe,—  lat. Ru- 
fus  (0.  Müll.  II 2,  371),  der  frühere  Rufname  des  Sclaven,  dem 
Freigelassenen  als  Beiname  geblieben;  upelsi  ist  Gentilname 
des  Herrn,  auch  sonst  nicht  selten  (0.  Müll.  IP,  448),  vgl.  noch 
in  einer  lat.  etr.  Inschrift  den  Beinamen  Obelsianus  (Ver- 
migl.  Inscr.  Perus,  p.  32,  n.  .36). 

25)  cai  :  creice  |  Öurmnas*  lautni*     F.  1338 


üeber  das  etrusk.  Wort  lautni.  35 

auf  dem  Deckel  einer  perus.  Aschenkiste  aus  dem  Grabe  der 
8urm(a)na,  lat.  etr.  thormena  (0.  Müll.  IP,  341).  Der 
Beiname  creice  ist  =  Graecus,  FQulxog,  s.  II,  p.  172,  n. 
129,  und  kommt  auch  sonst  vor;  ja  im  Genit.  viell.  craicesa, 
s.  Co.  II,  586. 

26)  ve  :  fulu  |  ucrs  :  lautni  F.  602,  t.  XXXI 
chiusin.  Ziegel,  lieber  den  Beinamen  fulu,  auch  hulu  =  lat. 
Fullo(?)  s.  0.  Müll.  P,  501;  IP,  422.  Der  Name  des  Herrn 
lautet  F.  895  bis  ucar  (Beiname),  im  Genit.  auch  ucrsa  F. 
606  und  ucurs  F.  761,  vgl.  noch  ucrislane  (n.  8)  u.  uciri- 
nei  (0.  Müll.  IP,  346  u.  354),  sowie  lat.  Ocresia  oder  Ocri- 
sia,  die  Mutter  des  Mastarna. 

27)  laxu  öefris  I  spurinas  lau  F.  1896,  t.  XXXVII 
columna  sepulcr.  aus  Perugia.  Die  Ergänzung  zu  lau[tni]  ist 
zweifellos,  s.  n.  20;  la^u,  Rufname  des  einstigen  Sclaven,  ist 
Vorname  oder  =  Aäv.a}v,  lat.  Laco  (0.  Müll.  P,  465;  Bezz. 
Ztschr.  II,  p.  175,  n.  173).  Hier  ist  dem  Gentilnamen  des 
Herrn  spurina  (0.  Müll.  P,  469-70)  dessen  Vorname  Öefri 
beigefügt.    Ebenso : 

28)  la-velus  tins-  |  lautni-    F.  1509 

operc.  ossuar.  aus  dem  Grabe  der  tins'  zu  Perugia  (F.  1341- 
58),  vgl.  den  gleichen  Genitiv  velus'-tins'-  F.  1347;  la  ist 
=  larö. 

29)  capiu  !  ranazu|sautles'|lautni  F.  796,  t.  XXXII 
chiusin.  Travertincippus.  Der  Sclavenname  capiu  ist  griech. 
Kaniwv,  Krjjtiwv,  viell.  lat.  Caepio  (?),  s.  II,  p.  171,  n.  125. 
Im  Folgenden  theile  ich  ranazus  autle s':  ersteres  ist  Fami- 
lienname des  Herrn,  s.  ranazu  F.  692  bis,  ranazusa  F. 
1720  u.  s.  w.  (0.  Müll.  IP,  466),  auch  Beiname  (weibl.  rana- 
zu n  i  a  Co.  II,  586) ;  letzteres  Beiname  des  Herrn,  vgl.  anwies' 
F.  1845.  Es  verhält  sich  zu  autu  (n.  14)  ähnlich  wie  arntle 
zu  arnt,  leucle  zu  *leuce  u.  s.  w. 

30)  vd-sapu-au-1    F.  P.  S.  170  b 

kleine  Thonurne  von  Chiusi.  Die  Ergänzung  1  [autni]  ist  sicher, 
wie  in  n.  21;  sonst  stimmt  die  Anlage  zu  n.  24-6,  da  sapu  — 
gr.  2(x7tiov  ist  (II,  p.  173,  n.  139),  nur  dass  der  Vorname  des 
Herrn  au  =  aules'  angegeben  ist,  wie  in  n.  19. 

31)  DQ  causus  /ar6  cav  lautni  Co.  I,  1009 
Aschenkiste  im  Brit.  Museum.     Die  Interpunction  ist  von  Cors- 
sen  nicht  angegeben,    aber   die   Abtheilung  unzweifelhaft.     Er 

3* 


36  W.  Deecke 

deutet  cav  als  cav[le]  und  zwar  als  zweiten  Familiennamen; 
die  Abkürzung  erklärt  sich  aber  viel  leichter,  wenn  es  denselben 
Namen  wie  causus  enthält,  wie  denn  Corssen  selbst  (I,  965) 
eine  chius.  Buccheroschale  mit  aule  cavsusle  anführt,  und  in 
den  verwandten  Namen  der  Stamm  bald  als  caus-,  bald  als 
cavs-  erscheint  (0.  Müll.  IP,  386).  Da  das  schliessende  s  von 
causus  wohl  stammhaft  ist,  so  muss  der  Genitiv  *cavsusal 
gelautet  haben,  s.  ves'usal  F.  2554  quat.  u.  Etr.  Forsch.  I,  p. 
49  ff.;  0.  Müll.  IP,  493.  Ebenso  ist  larö  abgekürzt  für  lar- 
6al.  Wir  haben  dann  hier  den  sichern  Beweis,  dass,  wie  oben 
bereits  mehrfach  vermuthet  ist,  auch  bei  den  Etruskern  der 
Familienname  des  Herrn  auf  den  Freigelassenen  überging.  Vgl. 
noch  lat.  Causius  (Cosius),  Causo,  Causonius  (Ind.  zum 
C.  I.  L.).  Meine  Zusammenstellung  von  causus  mit  gr.  yav- 
ffog  II,  p.  175,  n.  168  würde  dann  hinfällig. 

Vielleicht  konnte  auch  die  Witwe  dem  Freigelassenen  den 
Gentilnamen  des  verstorbenen  Mannes  geben,  s, 

32)  16  :  arntni  :  creice  :  veizial  :  1    F.  593 

operc.  ossuar.  von  Travertin  aus  Chiusi,  verglichen  mit  laröi  : 
veizi  :  arntnisa  :  F.  759,  ebendorther.  Es  ist  wohl  kaum 
ein  Zweifel  übrig. 

Endlich  gehören  noch  einige  arg  verstümmelte  Inschriften 
mit  nachgestelltem  lautni  hierher: 

33)  apluni r6  Hv^tni  F.  1567,  s.  n.  20. 

34)  cae  0....S  laröal-  lavtn^  F.  2629,  t.  XLIV 

Stein  unbekannten  Ursprungs.  In  z.  ...^  steckt  wohl  der  Ge- 
nit.  des  Gentilnamens  des  Herrn,  etwa  z[etna]s;  der  Vorname 
wäre  dann  nachgestellt. 

35)  e I  rjii  t...  |  calisus-lautw«  F.  1960 

arca  iict.  von  Perugia  (bisher  lauts'  gelesen).  Der  Gentilname 
des  Herrn  calisu,  verwandt  mit  calisna,  -ni  u.  s.  w.,  bildet 
im  Femin.  calisunia  (0.  Müll.  II 2,  464-5  u.  478). 

In  einer  zweiten  Gruppe  von  Inschriften  geht  lautni  dem 
Namen  des  Herrn  oder  der  Herrin  voran.     Den  üebergang  bildet: 

36)  lautni  F.  1500 
larsiu-  varnas- 

operc.  einer  perus.  Urne,  Das  Deminutiv  larsiu  ist  vom  Vor- 
namen laris  gebildet,  wie  arntiu  von  arnt  u.  s.  w.,  s.  n.  6 
u.  0.  Müll.  P,  464;  doch  vgl.  Bezz.  Ztschr.  II,  p.  175,  n.  172. 
Der  Name  des  Herrn  varna  ist  häufig. 


Ueber  das  etrusk.  Wort  lautni.  37 

37)  lar6  lautni  pinas  Co.  I,  968 

schwarz  gemalt,  auf  einer  chius.  Aschenkiste.  Die  Interpunction 
fehlt,  wie  immer  bei  Corssen.  Der  zum  männlichen  Gentilna- 
men  pina  gehörende  weibliche  pinei  findet  sich  F.  P.  S.  149, 
der  Genit.  pinal  Co.  I,  1008. 

38)  leOe  lavtni  i  herines    F.  559,  t.  XXX 

chius.  Grabziegel,  s.  über  leöe  n.  8;  herine  ist  sehr  häufiger 
etr.  Familienname  (0.  Müll.  IP,  366). 

39)  certu  :  lautni  |  tlesnas  F.  546,  Gl.  col.  1826 
desgl.;  certu  ist  =  KeQÖwv,  lat.  Cerdo,  s.  II,  p.  172,  n.  126 
und  die  Indices  zum  CLL.;    tlesna  ist  gleichfalls   häufiger 
etr.  Gentilname. 

40)  cae- lautni  :  culteces     F.  P.  S.  179  bis  b 

roth  gemalt  auf  einer  chius.  Urne  von  terracotta;  vgl.  cult[e]ce 
auf  einem  Ziegel  von  ebdt.  (eigne  Copie),  cultana  u.  s.  w.  (0. 
Müll.  IP,  438). 

41)  veMatni-velus-     F.  1498 

eingehauen  und  roth  ausgemalt  auf  einem  perusin.  Sargdeckel. 
Hier  steht  nur  der  Vorname  des  Herrn,  den  der  Freigelassene 
wohl  von  demselben  angenommen  hat. 

42)  larö  :  lautni  :  |  pe/ias  :   F.  S.  S.  64 

chius.  Grabziegel;  dazu  olla  einer,  mit  schwarzgemalter  ver- 
stümmelter Inschrift: 

la-  lautn  |  pecia  ib.  63 
zu  ergänzen  la-lautn[i]  |  pecia[s].  Der  weibh  Gentilname 
pecia,  aspirirt  pexia  (0.  Müll.  IP,  414),  ist  verwandt  mit 
pacials  (F.  2365),  peciania  (F.  903),  pacinei,  pecniu.s.w. 
(0.  Müll.  II 2,  335),  vielleicht  ein  Beispiel  des  Umlauts  von  a 
zu  e  durch  ein  i  der  folgenden  Sylbe  (ebdt.  363).  Ueber  den 
weibl.  Genitiv  auf  -ias  s.  0.  Müll.  IP,  492. 

43)  cel  :  autni  parstial    F.  P.  S.  246 

Deckel  eines  chius.  ossuar.  silic.  nach  der  sehr  unsichern  Copie 
von  Brogi.    Ich  vermuthe: 

ve\  :  [Ijautni  :  Parstial 
s.  0.  Müll.  112,  405,  n.  128a  u.  371;  doch  vgl  auch  perstiesa, 
prestiesa  (ebdt.  364).    Jedenfalls  ist  das  letzte  Wort  Genit. 
des  Gentilnamens  der  Herrin. 

Weitere  Zusätze  finden  sich  bei: 

44)  tlapu  :  lautni  :  capznas' :  |  tar/isla  :  F.  1662 
arcula  fict.  von  Perugia.     Hier  ist  dem  Gentilnamen  des  Herrn 


38  W.  Deecke 

capzna,  der  nicht  selten  ist,  noch  der  Vorname  taryi  (0. 
Müll.  I^,  470)  beigefügt,  und  zwar  mit  der  doppelten  Genitiv- 
endung -sla  (ebdt.  II^,  444  u.  491).  Der  Name  des  Freigelas- 
senen tlapu  ist  ein  echt  etr.  Beiname,  mit  verschiedenen  Ab- 
leitungen, darunter  auch  mit  Umstellung  talpiu  (vgl.  zur  En- 
dung auliu  neb.  aulu),  so  dass  tlapu  zu  talape  (F.  446) 
für  *talpe  sich  verhält,  wie  aulu  zu  aule  u.  s.  w.  Lat.  etr. 
Thalpius,  Tlabivia,  Tlabonius  u.  s.  w.  (0.  Müll.  II»,  355), 
lat.  Talpius,  Talponius  (Indices  zum  C.  I.  L.).  Aehnlich, 
aber  mit  vorgesetztem  Vornamen  des  Herrn: 

45)  haspa-lavön.  ]  lö'clates  F.  170,  Gl.  col.  861 
Grabziegel  im  Florent.  Museum.  Da  nach  meiner  eigenen  An- 
schauung hinter  lavön  ein  Buchstabe  zerstört  ist,  ist  wohl  si- 
cher lavönfi]  zu  lesen.  Der  Name  des  Herrn  clate,  vielleicht 
für  clante,  kommt  auch  sonst  vor  (0.  Müll.  H 2,  389),  s.  n.  18. 
Der  Name  des  libertus  haspa  erinnert  an  griech. '^^Trag  (II, 
p.  175,  n.  167),  vgl.  lat.  Aspasius  (C.  I.  L.  III,  633),  doch 
könnte  er  auch  echt  etruskischer  Beiname  sein ;  vgl.  noch  den 
Genitiv  aspesa  F.  440  ter  c. 

46)  ^lunice  :  lautni  :  helu  :  alfnis  Bull.  1874,  p.  14 
roth  gemalt,  auf  einem  chius.  ossuar.  v.  terracotta,  aus  dem- 
selben Grabe,  wie  n.  2  u.  3,  und  denselben  Herrn  nennend. 
Weniger  wahrscheinlich  hat  F.  S.  S.  41  ilunice  und  alfnis. 
Der  Sclavenname  ist  =  gr.  Otloviytog  oder  Ilo?.vviy.og ,  IIolv- 
vsUrjg  (II,  p.  172,  n.  134),  vgl.  lat.  Philonicus,  Pilonicus  und 
Polynices  (Ind.  zum  C.  I.  L.) ;  ich  möchte  mich  jetzt  für  Erste- 
res  entscheiden.  In  helu  möchte  ich,  trotz  der  auffälligen 
Stellung,  einen  etruskischen  Beinamen  des  Freigelassenen  sehn, 
der  sich  zu  hele  (F.  Gl.  col.  567  ff.)  verhält,  wie  aulu  zu 
aule  u.  s.  w.  Das  Wort  kommt  nur  noch  einmal  (F.  1914 
A  21)  in  unklarem  Zusammenhange  vor,  aber  es  bildet  eine 
Reihe  abgeleiteter  Gentilnamen,  wie  helusna,  helvasi  u.  s.  w. 
(0.  Müll,  m,  387). 

47)  au'aulu'lautni'larcial    F.  1026  bis 

Thonurne  von  Cortona,  schwarz  aufgemalt.  Hier  hat  der  Bei- 
name aulu  seine  richtige  Stellung.  Etymologisch  ist  er  ent- 
weder Ableitung  von  aule  (s.  n.  7)  oder  =  gr.  u^vlcov,  AvX(äv 
(II,  p.  174,  n.  161),  vgl.  lat.  Aulonis  f.  C.  I.  L.  V,  4731. 
Der  Name  der  Herrin  larci(a),  eher  Gentil-  als  Vorname,  ge- 
hört einer  weit  verbreiteten  etr.  Familie  an  (0.  Müll.  P,  462). 


lieber  das  etrusk.  Wort  lautni.  39 

48)  1-pupuni  I  lautni  )  anainis  \  verus  F.  249 
Marmorurne  im  Flor.  Museum.  Der  Name  des  Herrn  anaini 
ist  sehr  häufig,  veru  ist  Beiname,  vgl.  veras'  (F.  872,  Genit.) 
und  den  Gentilnamen  veratru  (0.  Müll.  TP,  444).  Der  Name 
des  Freigelassenen  pupuni  für  pumpuni  (0.  Müll.  II 2,  435), 
lat.  etr.  Pomponius,  stammt  vielleicht  vom  Gentilnamen  der 
Herrin ,  welcher  der  Sclave  eigentlich  gehörte ,  und  nach  deren 
Tode  der  verwitwete  Gemahl  ihn  freiliess.  Wir  hätten  also  den 
umgekehrten  Fall,  wie  in  n.  32. 

"Wir  kommen  nun  zu  der  weiblichen  Form  lautnita 
u.  s.  w.  und  betrachten  die  Inschriften  in  gleicher  Gruppirung, 
zunächst : 

49)  setria-velci^ial  |  lautnita    F.   208,  t.  XXIII 

roth  gemalt,  urna  fict.  im  Flor.  Mus.  (die  Lesung  velcinal  ist 
falsch).  Ueber  den  Vornamen  setre,  weibl.  setrias.  0.  Müll. 
P,  469;  über  die  Endung  -ite,  weibl.  -iti(a)  ebdt.  IP,  441. 

50)  velia  tutnal  |  lautnita    F.  270,  t.  XXIII 
Grabziegel  im  Florent.  Mus.     Das  verstümmelte  Zeichen  hinter 
lautnita    ist   wohl    ein    zufälliger   Riss.     Der  Name  tutna, 
weibl.  tutni(a)  ist  sehr  häufig  (0.  Müll.  II 2,  337). 

51)  Öana  punp|nas'  lautniöa   Co.  I,  969 
Travertin-Aschenkrug  von  Chiusi,  die  Buchstaben  eingeritzt  und 
roth  gemalt.    Punpna   steht   wohl  für  *pumpuna  (0.  Müll. 
II 2,  334  u.  434);  den  Genitiv  in  vollerer  Form  enthält  die  gleich- 
zeitig gefundene  Inschrift  der  Gattin  Öanavetia  punpnasa. 

52)  <pil*«tis  :  serturus  :  latittiita.  F.  1773  =  711 
gemalt  auf  einer  Thonkiste,  wahrscheinlich  aus  Chiusi,  die,  eine 
Zeitlang  in  Florenz,  später  in  Perugia  war,  daher  in  verschie- 
denen Copieen  überliefert.  Die  Ungenauigkeit  der  Lesung  9  i : 
lotis  bei  Lanzi  ergiebt  sich  von  selbst;  lautnita  ist  erschlos- 
sen aus  den  beiden  Ueberlieferungen  lartnata  und  lautma. 
Der  Sclavinname  cpilutis  =  gr.  ^iXioTig,  Oilwxig  (II,  p.  173, 
n.  145),  kommt  auch  lat.  vor  Philotis  (C.  L  L.  V,  1422). 
Serturu  ist  häufiger  etr.  Gentilname  (0.  Müll.  IP,  452). 

53)  velicu  I  larist?"  al  lautn[i]16a  F.  814  bis 

chius.  Grabziegel.  Die  Abschrift  von  Mazzetti  in  Migliar. 
tesoro  528a  bei  Conest.  Insc.  Flor.  p.  267,  n.  45  enthält  zwei 
Ungenauigkeiten,  p  statt  i  (oder  e?)  und  Mangel  des  [i],  deren 
Aenderung  wohl  sicher  ist,  s.  noch  De  ecke  Etr.  Forsch.  I,  57, 
n.  138.     Das  i  in  larist/al  neben  Zarstial  (n.  43)  ist  eupho- 


40  W.  Deecke 

nisch  eingeschoben,  s.  0.  Müll.  II 2,  356.  Der  weibl.  Vorname 
oder  Beiname  velicu  scheint  von  velia  ebenso  abgeleitet,  wie 
öanicu  (F.  721  bis  c,  t.  XXXII)  von  öania,  s.  0.  Müll.  II^ 
480;   doch  s.  Bezz.  Ztschr.  II,  p.  174,  n.  165. 

54)  laröfa-s'alvis-lautn    F.  1733 

perus.  Kistendeckel.  Die  Ergänzung  lautn[ita]  oder  lautn[i9a) 
ist  sicher;  s'alvi,  lat.  etr.  Salvius  ist  häufig  (O.Müll.  P,  491; 
IP,  384);   vgl.  n.  71. 

Erweiterungen  finden  sich  in : 

55)  6 a na  :  titi  :  vescu|s'  :  lautniOa  F.  S.  S.  46  • 
eingeritzt  in  einen  chius-  Ziegel.  Hier  könnte  ein  ähnlicher 
Fall  vorliegen,  wie  in  n.  48,  aber  wahrscheinlicher  stammt  titi 
vom  Gentilnamen  des  Herrn,  dessen  Beiname  vescu  war, 
vgl.  weibl.  titia-vescunia  I  cavslinis  F.  928  u.  0.  Müll.  II 2, 
474  u.  478;  P,  501.  Dann  enthält  die  leider  im  Anfang  ver- 
stümmelte Inschrift  F.  S.  S.  47  .  .  .  .  laOi  :  heli  :  vescusa 
den  Namen  der  Gattin  des  titi'vescu. 

56)  sleparis'  :  alfnis  :  1  :  |  a/lesa  F.  134,  t.  XXII 
Ziegel  im  Flor.  Mus.,  selbst  revidirt.  Den  Namen  sleparis 
führt  auch  eine  Nymphe  auf  einem  Spiegel  (F.  2513),  und  ich 
habe  ihn  identificirt  mit  gr.  KlaOTiaxQis  (II,  p.  172,  n.  141), 
wie  denn  vielleicht  oben  cleparis'  zu  lesen  ist  (s'leprnal  F. 
259  bis  ist  unsicher  abgetheilt  und  von  zweifelhafter  Echtheit); 
vgl.  noch  lat.  etr.  clepatras  F.  975  (clepatra  F.  1056  bis  a 
scheint  unecht)  und  lat.  Cleopatra  als  Name  von  libertae 
(Ind.  zum  0.  I.  L.).  Ebenso  ist  axle,  Name  des  Gatten  der 
sleparis,  griechisch,  =  IdxLllevgy  s.  II,  p.  171,  n.  117  u.  p. 
165,  n.  41;  vgl.  lat.  Achilles  als  Name  von  liberti  (Ind.  zum 
C.  I.  L.).  Demnach  trage  ich  kein  Bedenken,  1  als  Sigle  für 
lautnita  oder  -iöa  zu  erklären,  s.  n.  21  u.  32. 

57)  .a'cutnal  lautniöa  |  — rnasa 

chius.  Ziegel,  eigne  Copie.  Vorn  ist  wohl  sicher  [l]a*  =  lar- 
6ia  zu  ergänzen;  der,  auch  hier  am  Schlüsse  angefügte,  Name 
des  Gatten  im  Genitiv  mag  [vis'cjenasa  gelautet  haben,  da 
weiter  unten  auf  dem  Ziegel  ar'vis'jcena  steht,  vgl.  visce, 
weibl.  V  i  s  c  i  (a) ,  v  i  s  c  e  n  e  i  als  Bei-  und  Familienname  0.  Müll. 
P,  500.  Auch  cut(a)na,  weibl.  cutn ei  ist  nicht  selten  (ebdt. 
\\\  336). 

Die  zweite  Gruppe,    bei  der  lautnita   vor  dem  Genitiv 
steht,  umfasst  folgende  Inschriften: 


lieber  das  etrusk.  Wort  lautni.  41 

58)  leeia^lautniöa-arntis     F.  650  bis 

chius.  Aschengefäss.  Leöia  ist  Femin.  zu  leöe,  s.  n.  8;  arn- 
tis  ist  ungewöhnlicher  Genitiv  statt  arntal,  arnöal,  wie 
laröis  (F.  1864)  statt  laröal,  vielleicht  latinisirt  (0.  Müll. 
IP,  489) ,  doch  will  ich  nicht  verhehlen ,  dass  mir  jetzt  beide 
Lesungen  zweifelhaft  geworden  sind,  diejenige  obiger  Inschrift 
wegen  der  möglichen  Identität  derselben  mit  der  folgenden: 

59)  leöia  lautniöa  arntial    Bull.  1874,  p.  15 

desgl.  (das  r  ist  zu  p  verstümmelt;  Corssen  I,  959  giebt  irrig 
leöial). 

60)  laröi -lautniöa  |  petrnas  F.  1663,  t.  XXXVII 
Grabziegel  von  Perugia.  Das  t  ist  zu  i  verstümmelt;  statt  des 
s  hat  Vermigl.  Inscr.  Perus,  p.  324,  n.  24  ein  t,  ich  vermu- 
thete  daher  petrna^;  doch  findet  sich  neben  dem  gewöhnlichen 
petr(u)ni,  weibl.  petr(u)ni(a)  =  lat.  Petronius,  -nia, 
allerdings  auch  F.  439  ter  ein  femin.  petrunai,  ein  masc. 
*petruna  voraussetzend;  vgl.  noch  neben  einander  Oeprina 
und  Öeprini,  steprna  und  steprni  u.  s.  w.  (0.  Müll.  II», 
452-3  u.  n.  230). 

61)  tretnei  |  lautniöa  |  seiantial  F.  S.  S.  48 
eingeritzt  auf  einem  chius.  Ziegel.  Der  Name  der  Herrin  sei- 
anti(a)  zum  masc.  seiante  ist  sehr  häufig;  tretnei  ist  viel- 
leicht =  trenOinei  (F.  1182,  s.  0.  Müll.  IP,  419,  n.  163), 
und  dies  könnte  eine  „Tarentinerin"  bezeichnen,  vgl.  lat.  Ta- 
rentinus  als  Name  eines  libertus  (I.  R.  N.  2903);  doch  vgl. 
auch  lat.  Tertinius,  -inia  (Ind.  z.  C.  I.  L.),  Letzteres  eine 
Freigelassene  bei  Wilm.  I.  L.  n.  249. 

62)  laröi- lautniöa  j  ^jresjnts  F.  250,  t.  XXIII 
Darunter  halb  lat.  laröi* lautwi^a  |  praesentes,  Grabziegel 
des  Florent.  Museums.  Das  etr.  p  vor  dem  latein.  von  prae- 
sentes ist  offenbar  verschrieben;  die  Ergänzungen  sind  sicher, 
wenn  auch  lautnita  (im  Text  nur  lautnit)  sehr  zusammen- 
gedrängt und  verstümmelt  ist;  eine  fünfte  Zeile  enthält  noch 
etr.  Öi  mit  kleineren  Lettern,  unklarer  Bedeutung.  Pres'nte, 
presnte  ist  ein  häufiger  etr.  Gentilname;  in  praesentes  sind 
beide  ursprüngliche  e  erhalten,  s.  0.  Müll.  IP,  341  u.  348 ;  lat. 
Praesentius  (C.  L  L.  V,  4097). 

63)  piuca-lautniöa-nu    Bull.  1874,  p.  12 

chius.  Urne  von  Travertin  (auch  Co.  I,  959).  Vom  i  ist  nur 
der  obere  Theil  erhalten,  so  dass  man  auch  p/uca  lesen  könnte. 


42  W.  Deecke 

Beide  Wörter  klingen  unetruskisch :  ersteres  erinnert  an  gr. 
nsvTit]  (II,  p.  175,  n.  179),  vgl.  das  lat.  cogn.  Pinus  (F.  Gl. 
col.  1397);  letzteres  an  Ttloyirj,  vgl.  lat.  Ploce  C.  I.  L.  III, 
2583;  doch  ist  auch  an  den  ligurischen  Namen  Plauens  zu 
denken  (Wilm.  I.  L.  n.  872).  Der  Name  der  Herrschaft  nu 
ist  abgekürzt,  entweder  aus  dem  Vornamen  numas'  oder  einem 
Gentilnamen,  wie  nuf(u)rznas'  oder  weibl.  -nah 

64)  ramöa  :  lautniöa  :  venziles  :    F.  S.  S.  38 

in  rothen  Lettern  auf  einem  ossuar.  von  terracotta  aus  Chiusi ; 
der  dazu  gehörende  Ziegel  trägt  nur  die  Inschrift  ramöa  (ib. 
39).  Die  Inschrift  gehört,  wie  schon  oben  erwähnt,  mit  n.  2 
zusammen,  und  entweder  ist  ramöa  die  Freigelassene  eines 
Freigelassenen  (vgl.  lat.  1.  1.  r=  liberti  libertus  Wilm.  I.  L. 
n.  376),  so  dass  venziles'  Genitiv  des  Herrn  ist,  oder  sie  ist 
Gattin  des  venzile  und  lautniöa  steht  absolut:  mir  scheint 
Ersteres  wahrscheinlicher. 
Stark  verstümmelt  sind : 

65)  velia  :  lavtnit  :  rvs     F.  171 

Topfdeckel,  einst  im  Flor.  Mus.,  jetzt  verloren  (Lanzi  II,  406 
=  335,  n.  242).     Dazu  der  ebdt.  erhaltene  Ziegel  mit 

veMav |  rvsina...  F.  167,  t.  XXII 

Ich  vermuthe  etwa  rvsina[s'j  oder  rvsina [t es']  nach  Analo- 
gie der  Ethnika  auf  -ate  (0.  Müll.  IP,  440),  s.  n.  5  petina- 
tes';  man  würde  so  auf  eine  Stadt  *Rusinum  oder  *Rusina 
kommen,  vgl.  Rusellae,  wie  Sabinus  und  Sabellus,  Ati- 
num  und  Atella  u.  s.  w.  Zu  vergleichen  ist  auch  F.  885  bis 
larö  cae  rusn...  und  F.  160  rus'ni. 

66)  vela-lautni-r-s  F.  168,  Gl.  col.  1520 

Ziegel  im  Flor.  Mus.  (Conest.  Inscr.  Flor.  p.  116,  t,  XXXVI, 
n.  133  bis).  Diese  bisherige  Lesung  ist  falsch,  da  hinter  lautni 
nicht  ein  Punct  ist,  sondern  ein  nur  halb  erhaltener  Strich, 
Rest  eines  t;  ebenso  ist  das  r  noch  ziemlich  deutlich  als  a  er- 
kennbar (s.  Fabretti  im  Gl.),  so  dass  ich  an  der  Lesung 
lautni^«  nicht  zweifle,  lieber  vela  =  velia,  wie  öa na  statt 
öania  s.  0.  Müll.  P,  452.  Das  s  steht  für  seöres'  oder  se- 
6rias',  oder  einen  abgekürzten  Gentilnamen. 
Erweiterungen  enthalten : 

67)  la-veratrsa  |  lavtnita  :  purnal  F.  P.  S.  251  bis  h 
Ziegel  von  Cetona  aus  dem  Grabe  der  veratru  (0.  Müll.  11^ 
444).     Ich   sehe   daher  in   veratrsa   (ebdt.  349)  den  Genitiv 


lieber  das  etrusk.  Wort  lautni.  43 

des  Gattennamens,  und  in  purnal  den  Genitiv  der  Herrin; 
letzterer  Name  ist  häufig. 

68)  has?i  haml.i.a  |  lautn*nuf'  Conest.  Mon.  di  Per.  IV, 

p.  351,  n.  479  =  807 
perusin.  Sarg.  Die  Inschrift  ist  mehrfach  unleserlich  geworden 
und  daher  mit  starken  Varianten  copirt.  Fabretti  1602, 
t.  XXXVII  giebt 

fasti  hamw/a  |  lautninus 
Der  zweite  Name  könnte  =  gr.  L^inintovla  sein,  vgl.  lat,  Ham- 
monius   I.   R.    N.   2714;    Ammonius  Wilm.  I.  L.   n.  1501. 
Den   Schluss   ergänze  ich  zu  lautn[ita]   nuf[(u)rznas']   oder 
-nal]  s.  n.  63. 

Eine  dritte  Hauptabtheilung  bilden  die  Inschriften  mit 
lautn-eteri,  über  dessen  muthmassliche  Bedeutung  ich  mich 
bereits  in  den  Etr.  Forsch.  I,  58  ausgesprochen  habe,  vgl.  0. 
Müll.  P,  505-6.  Da  alle  Inschriften  dieser  Art  sich  auf  Män- 
ner beziehn,  steht  lautn*  wohl  für  lautni,  obwohl  die  Er- 
sparung des  i  sonderbar  ist;  eteri  ist  Ableitung  von  etera, 
etwa  =  servilis. 

69)  arne-mu|sclena*la|röal*lautw  |  eteri     F.   186  a, 

t.  xxn 

Ziegel  im  Flor.  Mus.,  selbst  revidirt;  dazu  Topfdeckel  mit 

arn6'musclew[a]  |  [l]ar8al-lautn*ete[ri]  ibid.  186b 
Der  Name  musclena,  sonst  nicht  vorkommend,  hat  etr.  En- 
dung (0.  Müll.  II 2,  457),  der  Rest  aber  erinnert  an  gr.  Mov- 
ay.€l{l)og,  WlvG-ii6X{X)og,  den  Gründer  von  Croton,  vgl.  invaxXoi' 
axoXioi  bei  Hesych;  lat.  Muscel(l)us,  -cella  (Ind.  z.  C.  I. 
L.);  aber  auch  Mus,  Musculus,  Musculus,  Musclosus 
(ebdt.)  als  Beinamen. 

70)  vel  :  tetina[:  titial :]  |  lawtn  :  ete[ri]     F.  218  = 

914,  t.  xxm  u.  xxxm 

op.  ossuar.  aus  Montepulciano  im  Flor.  Museum,  jetzt  zerbro- 
chen, aber  aus  den  älteren  Copieen  mit  Sicherheit  zu  ergänzen. 
Der  Familienname  tetina  (0.  Müll.  IP,  337)  ist  wohl  eher 
vom  Herrn,  als  von  der  Herrin  (tetinei)  auf  den  Freigelasse- 
nen übergegangen ;  im  ersteren  Falle  könnte  titial  Gentilname 
der  Herrin  sein,  wahrscheinlicher  aber  ist  es  Vorname  (ib.  I^, 
471-2).     Vgl.  noch  n.  32. 

71)  salv[i]  precus  lautn  (  eter[i]  F.  2578,  P.  S.  p.  114 
vgl.  mit  Co.  I,  t.  IV,  1,  p.  147,    Grabstele  in   Neapel.     Meine 


44  W,  Deecke 

Herstellung  ist  sicher:  die  Querstriche  des  v  und  die  beiden  [i] 
sind  durch  einen  Bruch  der  Stele ,  der  bisher  nicht  genügend 
beachtet  ist,  zerstört  worden.  Vergleicht  man  s'alvis  pre^u 
F.  1734  aus  dem  perus.  Grabe  der  s'alvi,  so  ergiebt  sich,  dass 
die  Stele  wahrscheinlich  dorther  stammt,  und  dass  s'alvi  nicht 
Vorname,  wie  vereinzelt  lat.  Salvius,  sondern  vom  Herrn  auf 
den  Freigelassenen  übergegangener  Gentilname  ist,  precus' 
Genitiv  des  Beinamens  des  Herrn  (0.  Müll.  H^,  415).  Vgl.  noch 
n.  54,  sowie  6,  8  u.  s.  w. 

72)  ar. . .  .f  arsa  I  lautneteri    F.  1966 

perus.  Aschenurne,  nach  Vermigl.  I.  Per.  p.  304,  n.  349.  Die 
erste  Zeile  kann  sehr  verschieden  ergänzt  werden,  ist  aber  viel- 
leicht noch  dazu  verlesen.  Der  Freigelassene  hiess  wohl  am  6; 
schwerlich  aber  entspricht  arsa  dem  lat.  cogn.  Arsa.  Dann 
würde  f  zum  Namen  des  Herrn  im  Genitiv  gehören,  und  die 
Stellung  wäre  in  ähnlicher  Weise  unregelmässig,  wie  in  n.  46. 

73)  arn6al  j  lautn  :  eteri    F.  2565  bis 

verlorene  arcula  orig.  ine,  nach  G  o  ri's  Nachlass.  Wahrschein- 
lich fehlt  der  Anfang,  vgl.  n.  69. 

74)  lautn  :  eteri    F.  1018  bis  aa,  t.  XXXIV 

operc.  ossuar.  von  S.  Antimo  (Umgegend  v.  Chiusi),  nach  Car- 
pellini's  Heften.  Die  Inschrift  ist  wohl  nur  Fragment;  sie 
stammt  aus  einem  Grabe  der  atini  (0.  Müll.  II 2,  337),  wie 
zwei  gleichzeitig  gefundene  Inschriften  (F.  1018  bis  a  u.  b)  zei- 
gen, mit  deren  erster  Lanzi  II,  456  =  385,  n.  449  sie  fälsch- 
lich verschmolzen  hat. 

Einen  Zusatz  enthalten: 

75)  auleacricais'  |  lautn*  eteri  |  ei's'ewis  F.  1934  bis  a, 

t  xxxvm 

perus.  Grabstele.  Meine  Lesung  des  letzten  Wortes  rechtfertigt 
sich  durch  n.  76.  Der  Gentilname  acri  (0.  Müll.  IP,  349) 
ist  vom  Herrn  auf  den  Freigelassenen  übergegangen,  cais'-  ist 
Genit.  des  Vornamens  des  Herrn.  Ist  ei*  =  ein  (n.  76,  auch 
F.  1914  B  17;  1915,  lin.  2)  und  wirklich  mit  Corssen  1,465  = 
lat.  et  zu  deuten,  so  könnte  ei(n)*s'enis  dem  lat.  et  socius 
oder  et  heres  der  Grabschriften  entsprechen. 

76)  16  :  avei  :  lautn  :  eteri  :  ein  :  senis  |  er.erf   F. 

1581,  t.  XXXVI 
perus.  Grabinschrift,  ergänzt  nach  Co  »est.  Mon.  Per.  IV,  256, 
n.  280  =  608.     Meine  Lesung  s  e  n  i  s  statt  der  bisherigen  m  e- 


lieber  das  etrusk.  Wort  lautni  45 

nis  rechtfertigt  sich  durch  n.  75;  das  letzte  Wort  ist  verstüm- 
melt und  unklar.  Schwierigkeit  aber  macht  avei,  das  die  ge- 
wöhnliche Endung  der  Feminina  hat  (O.Müll.  112,475 ff.),  wäh- 
rend lautn  :  eteri  in  allen  andern  Fällen  sich  auf  ein  Mascu- 
linum  bezieht.  Da  aber  ein  männlicher  Genitiv  aveis'  mehr- 
fach vorkommt  (0.  Müll.  IP,  374),  und  ein  männlicher  No- 
minat.  anei  (F.  1555,  t.  XXXVI)  neben  einem  Genitiv  an  eis' 
(0.  Müll,  ebdt.)  sichersteht,  so  trage  ich  kein  Bedenken,  auch 
avei  in  der  obigen  Inschrift  als  Masculinum  zu  deuten.  Da 
ferner  neben  anei  ein  männl.  Nomin.  aneie  vorkommt  (F. 
1088;  2297),  so  ist  es  wahrscheinlich,  dass  auch  das  männ- 
liche avei  aus  *aveie  verkürzt  ist,  vgl.  den  Abfall  des  e  in 
der  männl.  Endung  -i  neben  -ie  (0.  Müll.  IP,  472).  Es  fehlt 
der  Name  der  Herrschaft,  wenn  er  nicht  im  Schlüsse  steckt. 
Ein  Genitiv  von  lautneteri  scheint  erhalten  in 

77)  [lajrÖ  cutus  seöres  |  [lajwtneters  F.  1935  =  1988; 

P.  S.  p.  109 
perus.  Grabstele,  jetzt  in  Neapel,  wie  n.  71,  schon  von  Cors- 
sen  I,  150  (nach  t.  IV,  4)  richtig  hergestellt.  Wie  auf  andern 
Stelen  ähnlicher  Art  (s.  n.  102),  ist  die  Inschrift  im  Genitiv  zu 
denken  und  larö  steht  demnach  für  laröal;  cutus'  ist  Genit. 
des  vom  Herrn  auf  den  Freigelassenen  übergegangenen  Fami- 
liennamens, vgl.  cutus  F.  1887  bis  d,  t.  XXXVII,  cutus  auf 
einem  Stein  von  Corneto  (eig.  Copie);  seöres'  ist  Genitiv  des 
Vornamens  des  Herrn.  Die  Combination  von  cutus'  mit  gr. 
KoTTog,  KoTvg  (Bezz.  Ztschr.  II,  p.  175,  n.  170)  gebe  ich  jetzt 
auf. 

Es  bleiben  nun  noch  eine  Anzahl  Inschriften,  die  beson- 
dere Formen,  Unklarheiten,  eigenthümliche  Schwierigkeiten  oder 
starke  Entstellungen  darbieten. 

78)  [lajröia  cafatis  lautnes  F.  1887  bis  b,  t.  XXXVII 
perus.  Kistendeckel,  von  nicht  ganz  sichrer  Ergänzung,  und 
mehrfach  unklar^).  Am  wahrscheinHchsten  ist  cafatis  Geni- 
tiv des  Gattennamens  statt  des  gewöhnlichen  cafates,  vgl.  lat. 
etr.  Cafatius  und  etr.  vecnatisa  (F.  764).  Dann  ist  laut- 
nes vielleicht  Genitiv  von  lautni,  für  *1  autnies,  und  Appo- 

^)  Ich  bemerke  hier,  dass  falsche  Analogie  dazu  geführt  hat,  in  der 
gleichzeitig  gefundenen  lat.  Inschrift  F.  1887  bis  c  am  Schlüsse  bisher 
fatisatro  zu  lesen  (0.  Müll.  II*,  559).  Ich  lese  jetzt  mit  voller  Sicher- 
heit pansa  tro  und  deute  Letzteres  mit  Corssen  =  Tromentina. 


46  W.  Deecke 

sition  zucafatis,  s.  0.  Müll.  II 2,  490.  Einigermassen  wird 
dies  bestätigt  durch 

79)  cehen  ;  su6i  :  hinöiu  :  öues  :  sians  :  etve  :  Öaure  : 
lautnes'cle  :  caresri  :  aules  :  laröial :  precuöuras'i : 
F.  1915 

erste  Zeile  der  Wandinschrift  von  Torre  di  San  Manno  bei  Pe- 
rugia. Durch  Vergleichung  mit  vel6uruscles  auf  einer  Grab- 
schrift von  Orvieto  (I,  p.  97,  n.  13)  habe  ich  wahrscheinlich 
gemacht,  dass  in  lautnes'cle  ein  Genitiv  lautnes'  steckt  (= 
lautnes  in  n.  78),  und  dass  das  Suffix  -cle  vielleicht  mit 
clan  „Sohn"  zusammenhängt  (ebdt.  p.  99).  Weitere  Deutun- 
gen wage  ich  nicht.  —  Eine  andere  Genitivform  aber  steckt 
vielleicht  in 

80)  'ta'suti*  I  'mucetis*  |  cneunas*  |  lautunis'  F.  348 
Tufcippus  von  Volterra.  Ich  deute  „Dies  (oder  „hier")  ist  das 
Grab  (oder  „Besitzthum")  des  Muceti,  Freigelassenen  des  Cneu- 
na"  (Etr,  Forsch.  I,  p.  54,  n.  123).  Der  Name  muceti  ist 
=  lat.  Mocetius,  Mogetius  (C.  I.  L.  V,  Index),  davon  de- 
minutiver Beiname  Mogetillus,  -tilla  u.  s.  w.,  gallischen  oder 
ligurischen  Ursprungs,  daher  für  einen  Freigelassenen  passend 
(I,  p.  107,  n.  48).  Ueber  cneuna  s.  0.  Müll.  IP,  384.  In 
lautunis'  ist  die  Endung  correct;  das  u  könnte  man  der  Iso- 
lirtheit  der  Form  wegen  für  eingeschoben  halten  (nach  0.  Müll. 
II 2,  354  ff.),  doch  kann  es  auch  ursprünglich  sein  (ebdt.  II 2, 
338);  vgl.  lat.  Laudonius  (C.  I.  L.  V,  ömal),  wie  Tlabonius 
neben  etr.  tlapuni,  Petronius  neben  petruni,  petrni  (0. 
Müll.  IP,  355;  340).  Es  könnte  dann  das  i  von  lau6inie, 
lat.  Lautinius  (n.87)  aus  u  geschwächt  sein  (ebdt.  359),  oder 
es  liegen  verschiedene  Suffixe  gleicher  Bedeutung  vor  (ebdt. 
360-1). 

Eine  weibliche  Form  lautni  scheint  in  3  Inschriften  vor- 
zukommen : 

81)  eana  :  lecusta  :  lawtni    F.  1670,  t.  XXXVII 
perus.  Kistendeckel   (das   vergessene  u  ist  nachträglich  drüber- 
geschrieben).     Steht  lecusta  für  *lecustia  (wie  vela,   fJana 
u.  s.  w.),  als  Femin.  zu  lecusti  (n.  12),   so  ist  lautni  wohl 
aus  lautnita  abgekürzt  oder  verstümmelt. 

82)  Öana  :  tretna  :  lautni     F.  1814 

desgl.   (nach   Vermigl.   I.   Per.   p.  174,   n.  29).     Hier  ist  die 
Ueberlieferung  etwas  unsicher,  aber  die  einfachste  Auskunft  ist 


Ueber  das  etrusk.  Wort  lautni.  47 

auch  hier  dieselbe,  wie  in  n.  81.  Das  regelmässige  Femin. 
tretnei  kam  n.  61  vor. 

83)  .... -lautni- vca«;la.     F.  169,  t.  XXII 

operc.  ossuar.  aus  Volterra,  jetzt  im  Flor.  Museum.  Da  eine 
Frau  auf  dem  Deckel  liegt,  so  ist  vorne  wahrscheinlich  ein 
weiblicher  Vorname  erloschen ;  hinten  ist  das  .  v  wohl  sicher, 
der  letzte  Buchstabe  aber  verstümmelt,  so  dass  er  auf  verschie- 
dene Art  ergänzt  werden  kann  (i  oder  1  oder  s'),  und  zweifel- 
haft bleibt,  ob  das  Wort  männlich  oder  weiblich  war.  Zu  ver- 
gleichen sind  caule,  weibl.  Genit.  caulia.s  (auch  lat.  etr.  cau- 
lias),  daneben  cavla,  alleinstehend  auf  einer  olla  (F.  1384), 
s.  0.  Müll.  II 2,  383.  Endlich  lautni,  wenn  es  nicht  wieder 
für  lautnita  steht,  könnte  hier  in  der  That  weiblicher 
Familienname  sein.  Dasselbe  nämlich  scheint  bei  3  andern 
Inschriften  der  Fall: 

84)  laröi-lutni-ceisis-    F.  1191. 

perusin.  operc.  ossuar.  aus  dem  Grab  der  ceisi  (cesi),  s.  0. 
Müll.  P,  475.  Auch  hier  könnte  man  lutni  noch  allenfalls 
als  Abkürzung  fassen,  viel  natürlicher  aber  ist  es  Gentilname 
und  ceisi s'  Name  des  Gatten  im  Genitiv.  Wegen  des  u  =  au, 
das  allerdings  im  Appellativ  lautni  sich  nie  findet,  vgl.  0. 
Müll.  112,  371,  Unsere  Auffassung  wird  bestätigt  durch  die  lat. 
perus.  Inschrift  c'grania-c*f  |  ludniae  gnata  F.  P.  S.  363. 

85)  larti'lautnei-1-ril-  XXXIII  Con.  Spie.  See.  p.  53 
Deckel  einer  Alabasterurne  mit  Frauenbild,  wahrscheinlich  von 
Volterra,  jetzt  in  Mannheim  (bei  F.  2564  bis  fehlt  das  1-). 
Hier  entspricht  lautnei  sicher  dem  latein.  Gentilicium  Lauti- 
nia  (I.  R.  N.  619;  Gruter  532,  5).  Das  1-  entspricht  wohl 
dem  grade  in  volaterranischen  Inschriften  vorkommenden  leine 
(Corss.  I,  525;   Deecke  Kritik  p.  33). 

86)  8ana-lavtnei    F.  1031,  t.  XXXV 
Kistendeckel  von  Alabaster  aus  Cortona,  roth  aufgemalt. 

Die  männliche  Form  des  Gentilnamens  steckt  vielleicht  in 

87)  16  :  lauctinie  :  16    F.  648,  t.  XXXI 

chius.  Kistendeckel  von  Travertin,  wenn,  wie  ich  0.  Müll.  II 2, 
397,  n.  114  vermuthet  habe,  lauOinie  zu  lesen  ist,  vgl.  n.  16. 
So  begegnet  auch  lat.  Lautinius  I.  R.  N.  n.  4682. 

Es  stehen  demnach  höchstens  5  Inschriften  mit  einem 
Gentilnamen  lautni  82  andern  mit  lautni,  lautnita  =  li- 
bertus,  -ta  gegenüber.     Ich  habe   übrigens  jenes  Gentilicium 


48  W.  Deecke 

immer  anerkannt  (0.  Müll.  P,  506;  II 2,  371),  ohne  die  Ver- 
wandtschaft beider  Wörter  zu  läugnen,  natürlich  so,  dass  das 
Nom.  propr.  vom  Appellativum  abgeleitet  sei,  vgl.  lat.  Servius 
(wenigstens  nach  der  römischen  Volksetymologie)  von  servus, 
und,  genau  entsprechend,  L.  Libertius  C.  f.,  Inschrift  aus 
Vibo  (Wilm.  L  L.  n.  1820  =  I.  Neap.  23,  Henz.  5956)  von 
libertus. 

An  Geschlecht  unklar  sind  folgende  Inschriften: 

88)  lautn    F.  1116 

perus.  urna  einer,  aus  dem  Grabe  der  acsi,  verstümmelt. 

89)  etan  lautn    F.  P.  S.  260 

Stein  über  der  Thür  eines  perus.  Grabes,  wohl  unvollständig. 
Ich  habe  II,  p.  174,  n.  164  gr.  "Etäwv  verglichen,  doch  vgl. 
auch  la- etan  ei  F.  1593. 

90)  ae..z..mrei-laut    F.  P.  S.  339 

perus.  Urnendeckel,  von  unsichrer  Lesung,  vgl.  amri6i  —  j^^ua- 
Qvv^Log,  -&ia  (?)  II,  p.  174,  n.  156. 

91)  -/est?^...  I  palautcarö    F.  1996 

perus.  Grabstele,  verstümmelt,  vgl.  x^stes,  ^vestnas',  auch 
cestna  u.  s.  w.  (0.  Müll.  II 2,  413  u.  420),  andrerseits  cara- 
6sle,  lat.  etr.  cartlia  (ebdt.  417).  In  -pa  kann  ein  Beiname 
stecken,  wie  papa,  talpau.s.w.;  dann  wäre  laut  wohl  männ- 
lich =  lautni. 

92)  velia  :  caine  :  muteni  :  tite  :  lautna  :  F.  S.  S.  42 
mit  rothen  Lettern  im  Kreis,  so  dass  der  Anfang  unsicher  ist, 
auf  einem  vas  fictile  von  Chiusi.  Gleichzeitig  ist  gefunden  der 
Ziegel  velia  :  cainei  |  mutenia  ib.  44,  der^Gentil-  und  Bei- 
namen vollständiger  enthält,  und  ein  ossuar.  fict.  mit  schwar- 
zen Lettern  und  der  verstümmelten  Inschrift  —  cainei:  mu- 
teni:. Der  Gentilname  caini,  weibl.  cainei  ist  sehr  häufig 
(0.  Müll.  P,  450),  der  Beiname  mutenia  gehört  zu  mutu, 
weibl.  mutui,  mutia,  mutainei  u.  s.  w.  F.  Gl.  col.  1202ff.; 
er  setzt  ein  männliches  *mute  voraus,  vgl.  nustenia  zu  nuste 
u.  n.  23  (0.  Müll.  II 2,  477).  Da  nun  die  dritte  Inschrift  den 
Vornamen  eingebüsst  hat,  ist  bei  ihr  nicht  nothwendig  velia 
zu  ergänzen  (vgl.  F.  S.  S.  45  Öana  :  cainei  :  veZus'),  und  es 
könnten  die  beiden  ersten  enger  zusammengehören ,  wie  denn 
der  Ziegel  vor  der  Grabnische  oft  denselben  Namen  wie  die  in 
der  Nische  befindliche  Urne  oder  Kiste  trägt,  oft  auch  verkürzt. 
Dann  ist  am  Schlüsse  wahrscheinlich  tite[s]  :  lautn  [it]a  :  zu 


lieber  das  etrusk.  Wort  lautni.  49 

lesen,  wenn  auch  in  der  Ueberlieferung  jeder  Anhalt  dazu  fehlt. 
Verbindet  man  aber  die  zweite  und  dritte  Inschrift  als  einer 
Person  gehörig,  so  müsste  man  die  erste  mit  tite  beginnen  und 
noch  grössere  Aenderungen  vornehmen  (lautn?';velia[s']  u. s.w.). 
Bedenklich  ist  die  bilinguis: 

93)  lat.  ...  spedii-tuüio    F.  934 
etr.  lautnata  |  serturus 

Grabziegel  von  Montepulciano,  nur  von  Lanzi  II,  343  ~  272, 
n.  6  überliefert.  Der  lat.  Gentilname  Spedius  ist  nicht  selten 
(Ind.  z.  C.  I.  L.),  lat.  etr.  findet  sich  dafür  spedo  F.  956-7 
(C.  I.  L.  I,  p.  595),  das  anklingende  etr.  Femin.  spitiui  F. 
1362  ist  unsicher.  Von  tullio  ist  das  erste  1  umgekehrt;  die 
Form  ist  neben  spedii  unklar.  Die  etr.  Hälfte  der  Inschrift 
stimmt  auffällig  zu  n.  52,  auch  in  der  falschen  Form  lautnata 
statt  -nita,  und  es  wird  dadurch  ihre  Echtheit  in  hohem  Grade 
zweifelhaft.  Retten  könnte  man  sie  nur,  wenn  man  vor  spe- 
dii einen  weiblichen  Namen  im  Nominativ  ergänzt  und  spedii 
tullio [nis]  als  Genitiv  des  Gatten  fasst;  doch  ist  Tullio  als 
Beiname  noch  nicht  bekannt  und  der  Abfall  der  Endsilbe  be- 
denklich. 

In  unklarem  Zusammenhange  in  grösseren  Inschriften  kommt 
lautni,  lautn  •  in  folgenden  Nummern  vor: 

94)  caw«nas:lar8-lar8als':atnalc-clananjs'u6i  lautni: 

zivas-cerixu  |  u.  s.w.  F.  2335  (Co.  I,  t.XVII,  1) 
Sargdeckel  von  Corneto.  Den  ersten  Gentilnamen  lese  ich  jetzt 
wieder  camnas  (Etr.  Forsch.  I,  p.  28,  n.  49),  vgl.  lat.  etr. 
camnius  (F.  P.  S.  251  ter  k)  und  lat.  Caminius  (Ind.  z.  C. 
I.  L.),  vielleicht  auch  Cammius  (ebdt.).  Von  den  um  lautni 
herumstehenden  Wörtern  ist  an  Präposition  oder  demonstrati- 
ves Adverb;  su6i  heisst  „Grab''  oder  „Besitzthum"  (Etr.  Fo. 
I,  p.  53);  zivas  wiederholt  sich  in  Zeile  4  obiger  Inschrift  und 
wird  von  Corssen  (I,  561)  als  Name  erklärt,  wie  ebenso  ceri- 
Xu;  aber  Letzteres  ist  wegen  der  auf  einem  cippus  im  Grabe 
der  matuna  bei  Cervetri  vorkommenden  Form  cerixunOe  (F. 
2600  aa,  von  mir  selbst  nach  Autopsie  verbessert)  sicher  kein 
Name,  und  auch  bei  zivas  ist  die  Sache  sehr  zweifelhaft,  zumal 
alle  Verwandtschaft  fehlt, 

95)  eulat-  tanma-  larezul  |  amevaxrlautnvel6inas'e| 

s'tlaafunassleleöcaru  |  u.s.w.  F.  1914,  t.  XXXVIII 
die  3  ersten  Zeilen   des   grossen  cippus  von  Perugia,   von  mir 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen    III.  a 


50  W".  Deecke 

selbst  revidirt.  Hier  folgt  auf  das  jedenfalls  verkürzt  geschrie- 
bene lautn  (vielleicht  =  lautnes'cle,  s.  n.  79)  der  Genitiv 
des  Gentilnamens  velöina,  der  sich  im  Laufe  der  Inschrift 
noch  vielfach  wiederholt;  mit  ihm  ist  zweimal  unmittelbar  ver- 
bunden der  Gentilname  afuna  (A  17-18  u.  B  15-16),  der  hier 
durch  es'tla  von  ihm  getrennt  ist,  worin  man  demnach  eine 
Verbindungspartikel  vermuthen  könnte.  Die  vor  lautn  ste- 
hende Lautgruppe  aber  scheint  keinen  Namen  zu  enthalten,  so 
dass  man  für  lautn[es'cle]  u.  s.  w.  zu  der  Deutung  gedrängt 
wird:  „die  Freigelassenschaft  des  (Hauses  der?)  velöina  und 
afuna";  vgl.  die  lat.  Grabschriften,  welche  die  liberti  oder 
clientes  gesetzt  haben  (Ind.  z.  C.  I.  L.). 

96)  eö  :  fanu  :  s'aOec  :  lavtn  :  pumpus  ]  scunus  :  u.  s.  w. 

F.  2279,  t.  XLH  (Co.  I,  581) 
Anfang  der  grossen  Wandinschrift  im  Grabe  der  pumpu  (Grotta 
del  Tifone)  zu  Corneto.  Auch  hier  geht  dem  lavtn  kein  Name 
voran:  eö  (Fabr.  ei 6)  scheint  ein  demonstratives  Pronomen  oder 
Adverb;  fanu  und  s'aöe-c  zwei  durch  c  .—  ;;Und^'  verbundene 
Substantiva  oder  Verba.  Dagegen  folgt  auf  lautn  wieder  der 
Genitiv  eines  männlichen  Gentilnamens,  also  ;;Freigelassenschaft 
des  (Hauses  der?)  pumpu'^  In  scunus  kann  ich,  wegen 
scuna  (Ende  ders.  Inschr.),  s'cuna  und  s'cune  (F.  1914,  mehr- 
fach), escunac  (F.  2335),  keinen  Namen  erkennen. 

97)  eö  :  fanu  :  lautn  :  precus'  :  ipa  u.  s.  w.  F.  1915 
aus  der  zweiten  Zeile  der  Wandinschrift  der  Torre  di  S.  Manno 
bei  Perugia,  der  Familie  precu  (s.  n.  71)  gehörig  (vgl.  n.  79). 
Die  Bedeutung  von  ipa  ist  dunkel;  sonst  erklärt  sich  Alles  wie 
in  n.  96. 

98)  eÖhaunavcvausK..rv|na    F.  2292,  t.  XLII 
Fragment  einer  Wandinschrift  von  Corneto  (Kellermann  Bull. 
1833  p.  60,  n.  18),   sehr  entstellt.     Ich  vermuthe  im   Anfang 
eö  /"awM  lsi\tn. 

Es  bleiben  endlich  noch  gegen  20  Inschriften,  in  denen 
irgend  eine  Form  von  lautni  nur  unsicher  zu  erkennen  ist. 
Dazu  gehören: 

99)  lautwic-hectam;ei  atiu^^e    F.  800 

roth  gemalt  auf  einem  chius.  ossuar. ,  aber  retouchirt  und  da- 
her mehrfach  unsicher  (m  statte,  Ö  statt  c^  vor  ei  eine  Lücke). 
Da  auf  dem  Deckel  eine  Frau  liegt,  habe  ich  II,  p.  171,  n.  121 
hectam[n]ei  als  Femin.  zu  gr.  '^Ey.avöfxvtag  ^  -f^vag,  -TiäTO/nvog 


lieber  das  etrusk.  Wort  lautni.  51 

(bes.  lycisch-karisch)  erklärt,  vgl.  lat.  Hecatommus  (C.  I.  L. 
V,  5498,  oder  =  '^ExarMw/nog?).  Dann  ist  lautnic  wohl  zu 
lautniö[a]  zu  ergänzen.  In  atiuce  kann  ce  =  ;;Und"  stecken; 
atiu  wiederholt  sich  F.  1013  u.  1228  (Etr.  Fo.  II,  p.  144)  und 
heisst  vielleicht  ,;Schwester"  oder  „Witwe". 

100)  al  :  aulatni  :  larcial  F.  P.  S.  173  bis  b 

gemalt  auf  einem  chius.  Aschengefäss.  Vergleicht  man  diese, 
unsicher  und  wegen  des  al  jedenfalls  falsch  überlieferte,  In- 
schrift mit  n.  47  (F.  1026  bis) 

au'aulu*  lautni*  larcial, 
so  wird  es  wahrscheinlich,   dass  zu  verbessern  und  abzuthei- 
len  ist: 

aw  :  au|,:]  latni  :  larcial, 
doch  vgl.  die  Endungen  -tna,  -8 na,  -6ne,  -8ni   0.  Müll.  IP, 
442-3. 

101)  autni  :  öufulöas  |  turce  :  F.  804,  t.  XXXII 
kleine  eherne  Statue  in  Fermo  (das  a  steht  tiefer,  das  c  sieht 
fast  wie  ein  s  aus).  Die  Scheden  von  Vermigl.  haben  lautni. 
Da  der  Sinn  von  öufulQas'  —  siehe  die  Verwandtschaft  0. 
Müll.  II 2,  355  —  unklar  ist,  wage  ich  keine  Entscheidung  zu 
treffen. 

102)  hermial   capznasl|man's'exis*capzna     F.   1899, 

P.  S.  p.  109 
perus.  Grabstele  im  Mus.  von  Neapel,  revidirt,  aber  missver- 
standen von  Corssen  (I,  t.  IV,  2,  p.  97),  s.  Etr.  Forsch.  I, 
p.  62,  n.  154.  Wie  ich  0.  Müll.  II 2,  493  entwickelt  habe,  bin 
ich  jetzt  geneigt,  das  1  von  capznasl  abzutrennen  und  als 
Genitiv  von  lautnita  zu  fassen,  so  dass  der  Sinn  ist:  ;,(Denk- 
säule)  der  Hermia,  Freigelassenen  des  Capzna,  Tochter  der  Ma- 
nia.  Capzna".  Sonst  könnte  man  1  auch  =lar6al  oder  lar- 
eial  fassen,  im  ersten  Falle  zu  capznas,  im  zweiten  zu  man- 
[ial]  gehörig;  in  beiden  Fällen  wäre  dann  capzna  als  Gatte 
der  hermia  zu  fassen.  Auch  lat.  ist  Hermia  Name  von  li- 
bertae  (Wilm.  I.  L.  Ind.),  s.  II,  p.  173,  n.  149. 

Die  übrigen  Inschriften  übergehe  ich  hier,  da  sie  zu  un- 
sicher überliefert  sind  oder  der  Nachweis,  dass  lautni  u.  s.  w. 
wahrscheinlich  in  ihnen  enthalten  sei,  zu  detaillirte  Ausführung 
verlangte.  Es  muss  das  einem  Corpus  Inscriptionum  vorbehal- 
ten bleiben.  Gehn  wir  dagegen  jetzt  zur  etymologischen  Be- 
trachtung von  lautni  u.  s.  w.  über,  so  bietet  sich  in  den  er- 

4* 


52  W.  Deecke 

haltenen  etruskischen  Sprachresten  kein  Anhalt  dar.  Ferner 
ist  die  durch  seine  Verwendung  als  Gentilicium  und  durch  die 
geschwächte  Form  latni  nahegerückte  Combination  mit  dem 
etr.  Familiennamen  latini  (0.  Müll.  IP,  459)  =  lat.  Latinius 
(Wilm.  I.  L.  n.  2551)  wegen  der  Kürze  des  a  in  Latium, 
Latinus  u.  s.  w.  unbedingt  zu  verwerfen  (0.  Müll.  I^,  506). 
Ebensowenig  aber  ist  Fabretti's  (App.  Epigr.  p.  33  ff.)  Ver- 
bindung von  lautni  mit  lat.  lautia  (dautia),  lautitia  u.s.w. 
haltbar.  Wenn  er  meint,  dass  der  Begriff  „Wäsche"  in  con- 
cretem  Sinne  (von  Wurzel  lu,  lat.  lavere,  laväre)  zunächst 
sich  zu  „Hausrath"  erweitert  habe,  dann  auf  den  lebendigen 
Hausrath,  die  ;;Sclaven^'^  übergegangen  sei,  und  davon  dann  das 
Wort  für  ^^Freigelassene"  abgeleitet  worden,  so  ist  erstens  zu 
bemerken,  dass  in  jenen  lat.  Wörtern  —  um  von  der  zweifel- 
haften Etymologie  ganz  abzusehn,  s.  Corssen  Aussprache  P, 
224,  Note  —  der  Begriff  des  _,^Glanzes,  der  Kostbarkeit,  der 
Pracht"  liegt,  und  keineswegs  jedes  beliebige  Hausgeräth  mit 
lautia  bezeichnet  wird;  zweitens,  dass  der  Begriffsübergang  in 
servus  oder  gar  libertus  durch  Nichts  belegt  und  viel  zu 
künstlich  ist.  Soll  eine  indogermanische  Etymologie  überhaupt 
versucht  werden,  so  würde  ich  lautni  an  griech.  iXevd^eQog, 
wovon  Elevd-sQoo)  ^^befreien,  auch  Sclaven";  arteXev&eQog  ^^der 
Freigelassene"  anlehnen.  Und  zwar  hat  dies  sicherlich  nichts 
mit  Tislsyd-og  oder  eld-eiv  zu  thun,  sondern  setzt  eine  Wurzel 
Xvd-,  Weiterbildung  von  Xv-oj  „lösen";  voraus;  vgl.  wegen  des 
Vorschlags  eQvd-Qog,  wegen  der  Vocalsteigerung  sQwd^o),  wegen 
des  d-  und  der  Endung  arad-eQog.  Italisch  entsprach  die  Wur- 
zel luf,  daher  mit  gleicher  Endung,  wie  im  Griechischen,  lat. 
iTber(us),  alt  loeber(us)  i),  worin  oe  aus  oi,  dies  aus  ou 
geschwächt  ist ,  ein  bisher ,  auch  in  andern  Wörtern ,  nicht  er- 
kannter Lautwandel,  der  aber  durch  die  übrigen  italischen  For- 
men sichergestellt  wird;  falisk.  lofero-  (o  =  ou),  und  mit  Aus- 
stossung  des  e  des  Suffixes  osk.  loufro-,  lüvfro-.  Die  Ver- 
schiedenheit des  griechischen  und  italischen  Diphthongs  in  der 
Stammsilbe  ergiebt  als  gemeinsame  Grundform  *lau6ero-;  vgl. 
noch  lat.  rüfo-,  umbr.  rofo-,  etr.  rauf-,  ruvf-,  raf-  neben 


^)  Die  Form  loebesum  (P.  D.  Exe.  Fe.  p.  121)  ist  falsch  überlie- 
fert oder  das  s  secundär:  das  zeigt  Ineb ertas  (ebdt.)  neben  maiestas, 
und  alle  übrigen  italischen  Formen. 


Ueber  das  etrusk.  Wort  lautni.  53 

griech.  igev^-,  von  der  Wurzel  ru6  i).  Nun  könnte  man  etr. 
lautni  wegen  der  Nebenform  lauft ni  unmittelbar  auf  Wurzel 
luö  zurückführen  und  Psilosis  annehmen  (II,  185;  0.  Müll.  IP, 
412  ff.) :  dagegen  aber  sprechen  die  Seltenheit  der  Formen  mit 
6  (nur  n.  16,  45,  87,  und  darunter  2  nicht  ganz  sicher),  und 
die  lateinische  Form  Laut  in  ins,  während  Laudonius  und 
Ludnia  sich'  auf  beide  Weisen  erklären  lassen.  Eher  ist  da- 
her -tni  als  Endung,  und  zwar  als  zusammengesetzte  Endung 
zu  fassen,  entweder  aus  -tini  (s.  n.  87  u.  0.  Müll.  II 2,  442-3) 
oder  aus  -tuni  (s.  n.  80),  vielleicht  ursprünglich  -tinie  oder 
-tunie  (s.  n.  87,  78,  79  u.  0.  Müll.  II 2,  470-2).  Zu  verglei- 
chen ist,  der  Analogie  wegen,  lat.  libertus,  falisk.  loferto-, 
abgeleitet  lat.  libertinus,  spät  libertinium.  Es  bliebe  dann 
etr.  nur  lau  oder,  falls  Gunirung  angenommen  werden  dürfte, 
lu  als  Wurzel  =  gr.  Xv. 

Im  Femininum  kommt  die  Form  auf  -i6a  llmal,  die  auf 
-ita  nur  7mal  vor.  Die  Aspiration  ist  daher,  wenn  nicht  ur- 
sprünglich, doch  früh  durchgedrungen;  jedenfalls  aber  liegt  kein 
d  zu  Grunde.  Im  Indogermanischen  giebt  es  keine  Motion  auf 
-ta  oder  -8  a,  wohl  aber  werden  weibliche  Abstracta  auf  -tä  ge- 
bildet, z.B.  lat.  iuventa,  senecta,  majesta.  Verführerisch 
ist  es,  Genita  Mana  (Plin.  XXIX,  4  (14),  58)  als  Femininum 
zu  einem  *Genius  Manus  zu  fassen,  doch  wäre  es  dann 
schwerlich  eine  rein  lateinische  Form. 

Die  Composition  lautnes'cle  mit  clan  „Sohn"  erinnert 
an  osk.  lüvfrikünüss  (Acc.  pl.)  „die  Freigeborenen"  =  lat. 
*liberi-genos  (eig.  -gonos). 

Bei  lautni  demnach,  wie  bei  andern  etruskischen  Wörtern, 
finden  sich  merkwürdige  Anklänge  ans  Indogermanische,  ohne 
dass  doch  die  besondere  Formung  des  Wortes,  sowie  seine  ein- 
heimischen Ableitungen  eine  strenge  Parallele  fänden.  Auch  hier 
bleibt  dasselbe  Räthsel^). 


^)  Zu  lat.  i  =  ei  =  oi(oe)  =  ou  vgl.  man  die  neuhochdeutsche 
Schwächung  von  iu  ei^nerseits  zu  eu,  andrerseits  zu  ie,  wie  in  „fleuchst" 
und  „fliehest";   vgl.  noch  J.  Schmidt  in  Kuhn's  Ztschr.  XXIII,  p.  248. 

^)  Fabretti's  während  des  Druckes  erschienenes  Terzo  Suppl. 
enthält  noch  2  neue  Inschriften  aus  Chiusi:  n.  232  Oansi:petrus  -.lautni 
(ossuar.,  schwarz  gem.),  s.  n.  9;  und  n.  258  arnO  lautni  |  arnOal...n| 
laröa.s  velsi  (teg.,  graff.),  gegen  Ende  unklar. 

W.  Deecke. 


54  Ph.  Fortunatov 


Lituanica.  i) 

I.     Zu  Geitler's  litauischen  Studien  S.  76  ff. 

Algoju  algoti  „ich  heisse"  ^)  wird  von  Mikuckij  (Proba  li- 
tovsko-russkago  slovarja  ^) ,  Versuch  eines  Htauisch-russischen 
"Wörterbuchs)  in  den  Bedeutungen  „laut  schreien,  rufen,  nen- 
nen" angeführt,  wobei  auch  auf  algu  algti  dass.  hingewiesen 
ist.  Vgl.  griech.  Xtyo)  „reden,  nennen",  welches  ich  von  leyat 
„sammeln",  lat.  leyo  ganz  trenne.  Die  Wurzel  alg ,  lag  (oder 
arg,  rag,  lat.  argutus  „rauschend,  geschwätzig")  „schreien,  re- 
den" ist  verwandt  mit  ark,  rak  Fick^  14.  Zu  derselben  Gruppe 
von  Wörtern  gehört  wahrscheinlich  auch  griech.  aAc'xrw^,  aus 
*aA,XTw^,  „Hahn". 

Dem  Worte  antris  giebt  Mikuckij  nur  die  Bedeutung  „ne- 
kladenyj  borovu",  d.h.  „unverschnittenes  Schwein".  Eigentlich 
bedeutet  antris  wohl  „mit  Hoden  versehen"  und  kommt  her 
von  *  antra-  „Hode",  mit  welchem  altslav.  j^dro,  altind.  anda 
verwandt  sind,  üeber  die  lit.  Tenuis  für  Media  s.  J.  Schmidt 
Vocalismus  H,  504. 

Bei  anzülas^),  woher  auzülas,  „Eiche"  ist  die  Nebenform 
arzMas  zu  bemerken,  die  sich  in  der  Liedersammlung  von  For- 
tunatov und  Miller  findet,  z.  B.  N.  56.  Im  lett.  ohfols  ist  oh  (ü) 
aus  an  gebildet;  das  preuss.  ausonis  im  Vocabular  muss  viel- 
leicht ansonis  gelesen  werden,  da  die  Aehnlichkeit  der  Schreib- 
weise des  n  und  u  die  genaue  Bestimmung  des  Lautes  unmög- 
lich macht  (vgl.  Nesselmann,  Ein  deutsch-preussisch.  Vocabu- 


^)  Das  folgende  war  niedergeschrieben,  bevor  Bezzenberger's  „Bei- 
träge zur  Geschichte  der  litauischen  Sprache"  (Göttingen  1877)  erschie- 
nen.   Ich  citire  dieses  Buch  in  den  Anmerkungen  mit  „Bezzenberger". 

*)  Vgl.  Bezzenberger  270  und  355.  [In  der  Bedeutung  „nennen", 
„heissen"  findet  sich  algoti  sehr  oft  in  Szyrwids  punktay  sakimu  z.  B. 
didinos  Diewu  smvi  alyodamas  p,  30,  algoiasi  szunini  p.  53,  Apasztalas 
daznay  numirusius  algoio  miegunöieys  p.  184  B.] 

')  In  den  Materialien  zu  einem  vergleichenden  und  erklärenden 
Wörterbuch  und  Grammatik,  herausgegeben  von  der  Petersburger  Aka- 
demie der  Wissenschaften  (in  russischer  Sprache),  Band  II,  S.  170-176. 
Mikuckij  giebt  hier  nur  Wörter  mit  dem  anlautenden  a. 

*)    Vgl.  Bezzenberger  39. 


Lituanica.  55 

lariura  S.  4 ;  Thesaurus  linguae  prussicae  S.  6,  unter  dem  Worte 
ankis)  ^). 

Apent  „wieder"  ist  aus  *api'pent  entstanden,  wie  russ. 
opjatt  „wieder"  (vgl.  ope^tt  im  Lexicon  palaeosloven.  von  Miklo- 
sich)  aus  ^oh-pjatt.  Vgl.  lit.  atpe^it,  alt  atpenti  (Katechismus 
V.  J.  1547,  Ausgabe  von  Bezzenberger,  16.  28),  aus  at-\-pentis 
„Ferse"  u.  s.  w.  zusammengesetzt,  altslav.  mit  einer  anderen 
Präposition  vus-p^tt  „zurück"  ^). 

Atlap)as,  bei  Geitler  „geöffnet",  hat  bei  Mik.  (Mikuckij)  die 
Bedeutung  „nicht  zugeknöpft,  mit  unbedeckter  Brust". 

Das  Wort  huris  „Haufe,  Heerde"  (lett.  huhra,  vgl.  altbaktr. 
büiri  „Fülle,  Menge",  altind.  bhüri  „viel")  findet  sich  auch  im 
Bukvars  zemaitiszkai-rusiszkas  von  Kreczinski  (Kovna.  1865.) 
S.  23  und  28,  in  Dowkont's  Daynes  z.  B.  N.  22  =  N.  266  bei 
Nesselm.  (ir  ukyr^^)  (==  isskyre)  ?mm^  jaunq  isz  seselü  (=  se- 
seliuj  *)  burio),  im  Wilnaer  Neuen  Testament  v.  J.  1816  (buris 
kiaiilu  {^— 'kiBM^w.)  „eine  Heerde  Schweine",  Matth.  8,  30).  Vgl. 
Kalbos  letuviszko  lezuvio  S.  42:  Ostlit.  burys  =  tulys. 

Druktas  „stark"  wird  jetzt  im  zemaitischen  gebraucht  (s. 
Juszka's  Kalbos  letuviszko  lezuvio  S.  20);  hierher  gehört  auch 
druktihe  „Stärke,  Festigkeit"  im  Katech.  v.  J.  1547  (23.  31; 
33.  21  Ausgabe  von  Bezzenb.).  Vgl.  preuss.  drüktai  „fest", 
podrüktinai  „ich  bestätige",  drücktawingiskan  „strenge,  ge- 
strenge". Das  k  in  druktas  ist  nicht  eingeschaltet,  wie  Juszka 
und  Geitler  meinen,  sondern  im  Gegentheil  das  gewöhnliche 
lit.  drütas,   driütas  ist  aus  druktas  entstanden,   wie  aus  dem 


^)  Ein  sicheres  Beispiel  für  das  preuss.  au  aus  an  im  Vocabular 
bietet  auctan  „Butter",  wo  für  das  d«  auch  oWe  dass.  bei  Grünau  spricht. 
Die  Wurzel  dieses  Wortes  ist  m>«7,, salben",  altind.  anj ,  lat.  unguere, 
allemann.  (Fick-^  6)  anko ,  aneno  „Butter".  [Vgl.  o.  II.  155;  schon  J. 
Schmidt  hat  Jen.  Liter.  Ztg.  1874  Art.  478  auctan  in  gleicher  Weise 
■wie  Fortunatov  und  ich  erklärt.  Die  Lesung  auctan  im  Voc.  hat  übri- 
gens keine  Gewähr,  auch  der  Schreibung  aucte  in  den  Handschriften  der 
Grunauschen  Chronik  ist  kein  Gewicht  beizulegen;  vgl.  meine  Bemer- 
kungen über  diese  Hss.  Gott.  Gel.  Anz.  1874  S.  1227  B.] 

2)  Ebenso  wird  atpenti  auch  von  Jagic  erklärt  (Archiv  für  slavische 
Philologie  IT,  369). 

')  Dowkont  gebraucht  ^  statt  ie  (==:  e)  in  der  dritten  Person  Prae- 
ter.   ?  bezeichnet  den  Mittellaut  zwischen  i  und  e. 

*)  ü  hat  bei  Dowkont  die  Bedeutung  von  u ,  „it  but  essanti  klmi 
M»"  (Einleitung  zu  den  Dajnes). 


56  Ph.  Fortunatov 


preuss.   drüktai  ersichtlich  ist.    Vgl.  an.  drügr ,  drjugr  „voll, 


stark",  drjügum  „sehr".     Ebenso  weist  lit.  lyte,  ^e^e  (Geitler  94);-ft*ki 

^figura.  In  beiden  Fällen  ist  der  vorhergehende  Vocal  lang. 
/  Die  Gruppe  kt  kann  in  der  litauischen  Sprache  auch  nach  dem 
Z  in  ^  übergehen,  z.  B.  SMi^^fs^„Sand"  =  lett.  smilkts ,  snidlts; 
hier  ist  die  Wurzel  dr^lbe  wie  in  smtdkus  =  lett.  sinalks 
„fejjiy'^nn",  simH^me  (GeitkfT.10)  „eine  Iü«iiligkeit".  Ferner 
vgl.  zaltis  —  zalktis  „Schlange"  (die  Form  zalktis  findet  sich 
bei  Geitler  S.  122,  und  ich  habe  sie  in  Büchern  angetroffen), 
lett.  falkts,  falksis,  faltis;  litis  „Rüssel,  Hauzahn"  =  lett.  ilkss, 
ilkse.  Uebrigens  ist  mir  die  Etymologie  dieser  Wörter  nicht 
bekannt. 

Die  FormlW*M.,^ich  bin"  gehört  nicht  aHein  der  Mundart 
von  Eurogalei,  soniiern  auch  anderen  russisch-litauischen  Mund- 
arten an  und  findet  »ich  oft  in  Büchern.  Dort,  ^*^o  das  e  im 
Anlaute  unbekannt  ist,\ird  diese  Yovm.iasmu,  odGr\ismiu  aus- 
gesprochen; siehe  z.  B.  Dii^auische  Volkslieder  von  l^rtunatov 
und  Miller  S.  11.  Vgl.  lQtt\jesmu  ^  -preuss.  ^mu.  Vielleicht 
hat  also  schon  in  der  urlitauiscl^sn  Sprache  eine  falsche  Ana- 
logie diese  Form  hervorgerufen. 

Für  gaudziu  gausti  (memel.  gaudu)  „tönen"  können  als 
weitere  Belege  dienen:  Kalbos  letuviszko  lezuvio  (z.  B.  S.  17: 
<jP;  ^  gaudz  kaip  czystos  balses  a  ir  e),  Daynas  von  Stanewicz 
(N.  21:  uzkit,  gauskit  ^)),  Daynes  von  Dowkont  (N.  33:  ko  gire 
gaudq?),  Lit.  Volkslieder  von  Nesselmann  (N.  49 :  ko  gire  gaude? 
N.  345 :  iie  gauskit  ^j^  mediizelei)  u.  s.  w.  Vgl.  im  Wörterbuche 
von  Nesselmann  gaudzu  gausti  „vom  Summen  der  Bienen  und 
Mücken,  den  Saiten  einer  Harfe  gebraucht".  Mit  diesem  gausti 
sind  verwandt  altslav.  gqdcf,  gqsti  cithara  canere,  russ.  gudett 
„dumpf  tönen".  Was  dagegen  gaudziu  gausti  „wehklagen"  (lett. 
gaust),  gaudus  „wehmüthig",  pa-si-güdyti  „sich  beklagen"  u.s.w. 
anlangt,  so  gehören  diese  Wörter  nebst  gedeti  „trauern"  zu  ei- 
ner anderen  Wurzel. 

Zu  den  Wörtern  kanakiek  (kanakek) ,  kanakieli  (kanakeli) 
„einige"  muss  man  hinzufügen :  kanakur  „mancher  Orten" 
(Kalbos  letuv.  lezuvio  S.  52),  kanakados  „manchmal  (a.  a.  0. 
S.  11).    Mit  diesem  ka^ia-  vgl.  altind.  -cana,  got.  -hun. 

*)    Nesselmann  N.  203  übersetzt:  „klaget". 

•)    In  der  Uebersetzung  von  Nesselmann  ist  „seufzend"  überflüssig. 


Lituanica.  57 

Kaipti  „hinsiechen,  kränkeln"  wird  auch  von  Mik.  ange- 
führt, welcher  es  richtig  mit  dem  russischen  cepeneti'  „erstar- 
ren, von  Gliedern"  vergleicht.  Im  Lexicon  palaeoslovenicum 
von  Miklosich  steht  cepeniti  se^  rigescere.  Nukaipo  übersetzt 
Mikuckij  durch  „okolelü",  d.h.  „ist  verreckt",  womit  vgl.  cech. 
Z'Cipati  „verrecken",  auf  welches  Geitler  S.  64  unter  dem  lit. 
kaipti  hinweist.  In  der  ost-litauischen  Mundart  wird  statt 
kaipti,  geihti  (Kalbos  letuv.  lezuvio  S.  40)  =  lett.  geiht  ge- 
braucht. 

Das  Wort  kasnikas  „Zopfband"  findet  sich  in  den  Lit. 
Volksliedern  von  Fortun. -Mill.,  z.  B.  N.  2,  auch  in  Geitler's 
Dajnos,  N.  24.  Kasnikas  ist  aus  kaspimkas  abgekürzt;  vgl. 
kaspine,  kaspinas  bei  Ness. 

Mit  kiltis  „Geschlecht,  Abkunft",  lett.  zilts  dass.  vgl.  alt- 
slav.  koleno  genus,  tribus,  celjadi  familia  ^). 

Zu  kereti  (bei  Mik.  keretis)  „Wurzel  fassen"  gehört  auch 
^-si-kereti  „sich  ausbreiten,  einnisten",  bei  Mik.  „Wurzel  fassen". 
Vgl.  altslav.  kore^  „Wurzel". 

Kretalas  „Sieb"  =  kretelas  bei  Mik.  Vgl.  lett.  kretulis 
„ein  Rihjensieb".  Von  krecziu  kresti  (lett.  krehst)  „schütteln, 
schüttelt".  X  \  - 

Mit  laipk{s  „Gerüst,  Bühne\ygl.  leptas  „ein  Steg  übe't-^s 
Wassel^'>  Upif^^^^^gQu''.  \. 

-^ Mit  mÄa?aF,',Fleck,  fetzen,  Stück"''TgJ.  russ.  loskutü  d^ss.  *), 

griech.  Aax/g^^^tzen",  lat.  lacer,  lacerare.    Kreczinski,  Bukyars 
zemaitiszkai-rusiszkas  S.  81,  hat  lekateUs  (lekatelis)  „hsii^^enK, 

Für  Unkieti  (linketi)  nimmt  Geitler  die  Bedeutung  „wün- 
schen, anstreben"  an,  welche  dem  Sinne  nach  in  der  von  ihm 
angeführten  Stelle  möglich  ist.     Linketi  in  der  Bedeutung  „Je- 


1)  Auch  clovekü  (aus  cilovekii),  russ.  celovekü  „Mensch"  kann  hier- 
her gehören  (s.  Zimmer  in  Jagic's  Archiv  II,  347),  aber  die  Bildung  die- 
ses Wortes  bleibt  für  mich  nicht  klar.  [Zu  den  von  dem  Herrn  Vf.  an- 
geführten Wörtern  gehört  auch  ^Kfttlqs  „Sta'raaja,  GeächlecTit"  bei  Szyrwid, 
punktay  sak.  3  {dioilika  kialu  aba  gimtniu  Izraelo),  das  sich  eng  anJSrt?^ 
,,Knie;  Knotjp,  Gelenk  (Glied,  nach  Kurschat)  am  Halm"  und  damit  an 
gr^^jfcfÄltrt'^änschliesst.  —  Zimmers  Erklärung  von  cloveku  wird  durch  lett. 
Ktlvek'eUs  widerlegt.    B.] 

')  Bezüglich  des  s  in  loskutü  vgl.  altslav.,  russ.  ploskü  =z  ahd.  _^aA; 
russ.  poloskati,  altslav-  plaskati  eluere  neben  plakati  lavare,  griech.  (nach 
der  mündlichen  Mittheilung  von  Th.  Korsch)  nakdaata,  mit  Svarabhakti, 
„besprengen,  benetzen". 


58  Ph.  Fortunatov 

Blandem  etwas  wünschen"  findet  sich  auch  in  Schleicher's  Glos- 
sar zum  Lesebuch.  Vgl.  griech.  lly^avza'  Ertid^vfiriactvta  He- 
sych. 

Linge  ist  von  Geitler  falsch  „Pfeifenrohr"  übersetzt;  bei 
Mik.  heisst  es :  „s'estü,  na  kotoromü  ves'ajutu  Ijuljku",  d.  i.  „die 
Stange,  an  welche  man  die  Schaukel  hängt".  Vgl.  lingoti 
„schweben,   sich  wiegen". 

Die  Form  lipsti  ist  fehlerhaft;  Mik.  führt  nur  das  Praesens 
lipst  „es  brennt"  an,  von  welchem  der  Infinitiv  Upti  lauten 
muss.    Vgl.  lett.  lipiJit  „ein  Licht  anzünden". 

Net  in  der  Bedeutung  „so  dass"  findet  sich  auch  in  den 
Lit.  Volksliedern  von  Fortun.-Mill. ,  z.  B.  N.  8  (niat  =  net). 
In  alten  Büchern  heisst  net  unter  Anderem  (s.  w.  u.)  „bis" 
(=  iki,  ik  im  N.  T.  v.  J.  1865),  z.  B. :  gJiie  neszinoja,  net  aii- 
clra  ateja  (Euangelias  bei  Epistolas  von  Willent  v.  J.  1579, 
Matth.  24,  39) ;  ir  schitai  szvaifde  ....  eia  pirma  jü,  net  ataia 
ir  stoveia  (a.  a.  0.  Matth.  2,  9) ;  uztiessa  sakäu  iumus,  zog  ne 
praszöks  toii  gimine,  net  wissa  tai  issipildis  (Postilla  von  Dauk- 
sza,  Luc.  21,  32,  Geitler  16)  =  isz  tiesos  sakau  jumus,  jog  ne 
praeis  ta  gimine,  net  viss  stosis  (N.  T.  v.  J.  1701),  in  den  Punk- 
tay  sakimu  von  Szyrwid  steht  hier,  wenigstens  bei  Geitler 
S.  17  1),  ne  (he  icisa  tag  issipildis)  ^).  Net  verbindet  sich  mit 
ik  z.  B.  in  folgender  Stelle:  valge  ir  giere,  vede  ir  usz  virü 
dave  net  ik  tos  dienos,  kuroje  ing  karablii  ieja  (Euang.  bei 
Epist.  von  Willent,  Matth.  24,  38).  Im  Suvalkischen  Gouver- 
nement wird  net  ik  in  dieser  Bedeutung  auch  jetzt  gebraucht: 
net  ik  denai  „bis  auf  den  Tag".  Net  „bis"  und  net  „so  dass" 
haben  einen  und  denselben  Ursprung,  aber  wie  sich  diese  Be- 
deutungen gebildet  haben,  ist  mir  nicht  klar. 

Pa-püszti  „schmücken"  findet  sich  in  der  medialen  Form 
pa-si-pouszti,  d.  i.  pasipüszti,  „sich  schmücken"  in  den  Daynes 
von  Dowkont  N.  32  (—  N.1269  Nesselm. ,  wo  die  ganze  Stro- 
phe nicht  übersetzt  ist).     Vgl.  lett.  pohst  „putzen,  schmücken". 

Pa-slauginti ,  pa-sloginti  „Jemandem  die  Arbeit  abnehmen, 
ihn  ersetzen"  ist  verwandt  mit  altslav.  sluga  servus,   Diener, 


*)  [Geitlers  Text  stimmt  hier  mit  dem  der  Montwidschen  Ausgabe 
der  Punktay  sakimu  genau  überein  B.] 

^)  Vgl.  Bezzenberger  304:  jai  noreczia,  idant  ghis  atliktu,  net  ätay- 
cziä  (aus  der  Postilla  v.  J.  1600,  Job.  21,  22). 


Lituanica.  59 

sluziti  ministrare,  russ.  sltiga  „Diener"  u.  s.  w.  Im  Wilnaer 
Kalender  von  Iwinski  für  das  Jahr  1851  finde  ich  das  Substan- 
tiv paslauga,  welches  die  Bedeutung  „Hilfe,  Hilfsleistung",  russ. 
posluga,  haben  kann  („kada  ankstie  kas  Mal  ir  pajem  pate 
jaunas,  turnet  daug  tiuodirbt  ir  jJCislaugos  sulaukt  gaunasj.  Das 
g  in  slaug-,  slav.  sing-  ziehe  ich  zur  Wurzel:  das  Primärsuffix 
-ga  existirt  nicht  im  Slavischen,  und  die  Beispiele,  welche  von 
Miklosich  (Die  Bildung  der  Nomina  im  Altslovenischen  S.  85 ; 
Vergl.  Gramm,  der  slavischen  Sprachen,  H,  280  ff.)  angeführt 
werden,  sind  anders  aufzufassen  i);  ebenso  ist  auch  in  der  li- 
tauischen Sprache  dieses  Primärsuffix  unbekannt,  und  in  kugis 
=  kujis  „Hammer"  (altslav.  kyj)^  eiga  =  eija  „Gang",  zlega 
=  zleja  „Tagesanbruch,  Morgendämmerung"  ist  das  g  aus  dem 
j  entstanden.  —  Gleichen  Ursprungs  mit  paslauginti  muss  auch 
das  Fut.  slaugysiu  in  Dowkont's  Daynes  N.  36  sein,  wo  man 
nicht  mit  der  Uebersetzung  von  Nesselmann  (N.  270)  „ich  bin 
dir  nicht  zur  Last  mehr"  übereinstimmen  kann,  weil  diese 
Worte  z.  B.  an  die  Schwester  gerichtet  keinen  Sinn  haben 
würden.  Vgl.  weiter  bei  Dowkont  N.  75:  tnanqs  ne  slauggsi, 
in  der  Uebersetzung  von  Nesselmann  (N.  353) :  „wirst  mir  nicht 
mehr  folgen" ;  N.  28 :  Sunkiü  darheliü  2)  ne  dirho,  Seno  tetuszio 
ne  klaus^,  Baitos  matusz^s  ^)  ne  slaug^.  In  allen  diesen  Fällen 
kann  slaugyti  im  Sinne  von  „die  Arbeit  abnehmen,  Hilfe  lei- 
sten, sich  Jemandes  annehmen"  aufgefasst  werden.  Hierher 
gehört  ebenfalls  sloginti  (vgl.  oben  pa-sloginti)  in  Nesselmann's 
Lit.  Volksliedern   N.  259,    wo  dieses  Wort  irrthümlich  durch 


*)  Altslav.  rozga  palmes  habe  ich  im  Commentar  zu  Sämaveda-äran- 
yaka-samhitä  (Moskau  1875)  S.  121  aus  der  "Wurzel  razg  erklärt  und  mit 
lit.  rezgiu  „ich  flechte",  altind.  rajju  ., Strick"  verglichen.  Dieselbe  Er- 
klärung von  altind.  rajju,  altslav.  rozga  wurde  später  von  Bezzenberger 
und  Fick  gegeben,  Beiträge  zur  Kunde  der  indogerm.  Sprachen  I,  68; 
172.  Mit  der  Wurzel  razg  ist  verwandt  auch  rag  in  altslav.  rogozü  fu- 
nis,  juncus,  storea  u.  s.  w.,  gr.  ^rjyog  „Teppich"  (anders  Curtius  Grundz.* 
185).  —  lieber  tnezga  ,, Baumsaft"  aus  der  Wurzel  mazg  s.  Fick''  151. 
Auch  in  plugü  snaga  giebt  es  keinen  Grund  ein  Suffix  -ga  anzunehmen, 
ebenso  in  struga ,  wo  die  ursprüngliche  Bedeutung  nicht  klar  ist.  — 

2)    lieber  ü  =  u  bei  Dowkont  s.  oben  S.  55  Anm.  4. 

^)  Nach  Geitler,  Lit.  Stud.  S.  57,  wird  das  ^  in  dieser  Form  auch 
von  Dauksza  oft  geschrieben.  Vgl.  Bezzenberger  129.  Aus  der  Bibel- 
übersetzung von  Bretkunas  habe  ich  nendres  =  nendrqs  notirt  {Er  nen- 
dres  noreiot  tvetsdett?  Matth.  11,  7). 


60  Ph.  Fortunatov 

„quälen,  zur  Last  fallen"  übersetzt  ist,  obgleich  der  Sinn  der 
Stelle  offenbar  gegen  eine  derartige  Auffassung  spricht:  indem 
die  Mutter  wegen  der  bevorstehenden  Trennung  von  der  Toch- 
ter sich  grämt,  fragt  sie  dieselbe:  Bau  sugrpzi,  dukruzyte? 
Bau  slogpi,  mano  i)  ?  Die  Tochter  antwortet :  Gr-^szte  ne  smjr\- 
sziu,  slogint  ne  slog?Jsm.  In  den  Neuen  Preussischen  Provincial- 
blättern  v.  J.  1855  hat  Pancritius  auf  den  Fehler  Nesselmann's 
hingewiesen  und  sloginti  hier  durch  „folgen,  den  Worten  an- 
derer Gehorsam  leisten"  übersetzt.  Ich  glaube  jedoch,  dass 
sloginti  dem  von  mir  oben  angeführten  slauginti  vollständig 
entspricht,  wie  man  es  auch  aus  pasloglnti  =  imslauginti  bei 
Geitler  sieht.  —  In  Bezug  auf  den  Sinn  von  slog(siu  in  N.  259 
Nesselm.  vgl.  N.  260:  Sugrpzte  asz  sugrpziu,  lankyte  aplanky- 
siii,  Bet  asz  tavi  (Dat.),  motute  mano,  darheliu  ne  darysiu.  — 
Ist  das  0  in  sloginti  aus  dem  &  entstanden?  Die  Wurzel  ist 
mir  nicht  bekannt. 

Zum  memelschen/se^ww  (e  =  e)  „sehr  tiefe  Stelle  im  Flusse" 
muss  man  das  zeraait.  seituva  (=:  setuva)  hinzufügen,  das  sich 
im  Mährchen  bei  Geitler  S.  23.  6  findet  (juriti  seituvose  „in  den 
Meerestiefen");  auch  im  Bukvars  von  Kreczinski  S.  40  steht 
sytuva  (y  =  e)  in  der  Bedeutung  gilums,  „Tiefe".  Vgl.  lett. 
seetus,  seetawa  „eine  tiefe  Stelle  im  Flusse".  Hierher  gehören 
auch  an.  stdhr  „demissus,  herabhängend",  sidh  „spät",  got.  sei- 
thus  „spät",  ahd.  sit  „darauf,  später",  nhd.  seit.  —  Altslav.  se- 
tinü  extremus  hat  einen  anderen  Vocal. 

Neben  skardas  „Blech"  findet  sich  auch  skarda  (Mik.),  vgl. 
lett.  skarda,  skahrds  und  preuss.  scarstis  im  Vocabular,  wie 
man  lesen  muss  statt  starstis  in   der  Ausgabe  von  Nesselmann. 

Skardyti  führt  Mik.  in  der  Bedeutung  „hauen"  an.  Ne- 
ben skardys  „steiles,  abschüssiges  Ufer"  weist  er  auch  auf  das 
Adject.  skardus  „steil"  hin.  Vgl.  Fick^  204,  205  und  skardu- 
mas  „Klippe"  Bezzenberger  322. 

Bei  skobst  skobti  „sauer  werden  (von  Bier)"  =  lett.  skahht 
ist  skirhstu  skirbti  dass.  (Mik.)  zu  bemerken ,  apskirbe^  penas 
„die  Milch  stinkend  geworden,  angekommen"  (Geitler  S.  77). 
Vgl.  lett.  schkerbs  „herbe,  bitter,  sauer".  Folglich  ist  das  lit. 
skob-  in  skobti,  skobas  „sauer"  aus  skarb-  (Wurzel  skarbh  = 


*)    Mano  („meine")  ist  hier  wahrscheinlich  ein  Fehler. 


Lituanica.  61 

skrabh  „kratzen,  schneiden"  ^)  =  skarp,  skrap)  entstanden.  Als 
analoge  Beispiele  können  folgende  dienen:  toszis  „Birkenrinde" 
=  lett.  talisis,  vgl.  lett.  tahrst,  tahst  „schälen" ;  kvocziu  —  kvar- 
cziu  „ich  mutmasse,  ahne";  snokszti  oder  sznokszU  „schnau- 
ben, schnarchen,  röcheln",  aus  *snarkszti ,  vgl.  snarglys  „Na- 
senschleim, Rotz",  lett.  schnargals  (vgl.  deutsch  schnarchen), 
preuss.  sno'xtis;  godulite  „Leckerbissen"  ( Bukvars  von  Kreczinski 
S.  85),  aus  ^gardulite,  vgl.  garduUs  „Geschmack,  Tunke,  Brühe 
oder  was  man  sonst  des  "Wohlgeschmackes  wegen  dazu  isst" 
(Ness.);  gotie  =  gote  „Mädchen"  (Geitler  84),  aus  *garte^  vgl. 
an.  gerdhr  „Jungfrau,  Frau". 

Mit  skomyti  „essen",  skomas  „Sinn  des  Geschmacks"  (Ness.), 
kann  man  altind.  cam  „schlürfen"  vergleichen. 

Mit  skototi  „Mangel  leiden"  vgl.  got.  skathjan  „schaden", 
ahd.  scadön,  scaden. 

Bei  skudurlinkas  „zerrissenes  Kleid"  ist  skuduras  =  kudu- 
ras  „Lumpen"  zu  bemerken  (Kurschat,  Deutsch-lit.  "Wörterbuch). 
Nesselmann  hat  kuderis,  kuduris  „Lappen,  Kodder".  Die  Wur- 
zel ist  skand,  skad,  altind.  skhad  „zerspalten",  altslav.  skc^dü 
pusillus,  brevis,  inops;  Fick^  200. 

Mit  dem  memelschen  strydza  (so?)  „Streit,  Debatte"  vgl. 
lett.  strihds,  strihde  „Streit",  german.  *strida-  (Fick^  910),  in- 
dogerman.  *stridh-.  In  dem  lat.  stlit-  muss  das  zweite  t  ebenso 
erklärt  werden,  wie  z.  B.  in  latere.  Hierher  gehört  wahrschein- 
lich auch  altslav.  trizna  certamen,  aus  *trizdna  (vgl.  altslav. 
hrazdna,  hrazna  sulcus,  sloven.  bulgar.  russ.  praznik  ^)  —  2k\t- 
s\si\.  2>razdrnikü  festum);  die  Gruppe  zd  ist  im  Adject.  trizdrnü 
certaminis  erhalten. 

Strubas  „verkleinert",  aus  dem  Wörterverzeichnisse  von 
Mikuckij,  ist  in  strubus  zu  ändern;  bei  Mik.  wenigstens  steht 
nur  diese  Form. 

Szelmo,  d.  i.  szelmü,  „Giebel"  (altslav.  sUme^  trabs,  sloven. 
sUme  „Dachfirst"),  von  Mik.  neben  szelmenis  angeführt,  findet 
sich  auch  in  Brodowki's  Lexicon,  nur  mit  einem  a  statt  e: 
szalmo  (=  szialmo,  szelmü?),  in  der  Bedeutung  „langer  Bal- 
ken".     Nesselmann   schreibt  szalma,    aber   bei  Brodowski   ist 

*)  Griech.  axuQicfog  (aus  axaQq,og).  lat.  scribo,  lett.  skraht  „schaben, 
kratzen",  russ.  skrebu  (Infin.  skresti)  „ich  schabe,  kratze"  u.  s.  w.  Vgl. 
Joh.  Schmidt  Vocalismus  II,  363. 

'^)     Im  Russischen  wird  ^jrazrf«JÄi7  geschrieben. 


62  Ph.  Fortunatov 

deutlich  ein  o,  und  nicht  ein  a,  am  Ende  dieses  Wortes  zu  er- 
kennen (im  litauisch-deutschen  Theile). 

Tviega  wird  im  Wilnaer  Kalender  für  das  Jahr  1 859  durch 
das  poln.  „zanogcica"  („zanokcica")  „Fingerwurm"  erklärt.  Vgl. 
tvenkia  tvenkti  „es  ist  schwühl ;  es  brennt,  schmerzt,  bei  krank- 
haften Entzündungen"  (Ness.). 

Vadaloti  führt  Mikuckij  in  der  Bedeutung  „volnovatT"  an; 
bei  Geitler,  aus  einer  Schrift  von  Dowkont,  heisst  vadaloti 
„wälzen". 

Vingrus  „scharfsinnig,  künstlich  gemacht",  nämlich  in 
vingrus  rasztelei  (;,künstlich  gemachte  Stickereien'^  kommt  auch 
in  der  Liedersammlung  von  Fortun.-Mill.  N.  63  vor.  Vgl.  bei 
Dowkont  N.  94  (=  N.  224  Ness.):  Mano  rasztelei  wenwingrije 
(bei  Rhesa:  wiwingreji)  saulei  railoint  (=  kaitinqntj  dar  pa- 
blizgieste,  wo  Nesselmann  tven-  in  wen-  geändert  hat.  Desselben 
Ursprungs  ist  auch  dasj  preuss.  ivtngriskan  „List"  (Katech.). 
Vgl.  lit.  vinge  „Krümmung"  u.  s.  w.    Fick^  177. 

IL     Lexikalische  Beiträge. 

Aikles  kojales  „schnelle,  flinke  Füsse".  Lit.  Volkslieder 
von  Fortun.-Mill.  N.  6.     Von  aite  =  eiti  „gehen".  **   - 

ymus,  d.  i.  aimus,  „schöne  Gestalt,  Form  habend"  (nur 
von/Menschen).  Historyia  szventa  von  Stanewicz  (Wylniuje 
3),  wo  am  Ende  die  Erklärung  einiger  Wörter  beigefügt  ist. 
Vgl.  aimieus  (=  aimiaus)  bei  Geitler  und  aimesnis  bei  Nessel- 
mann. Lit.  aimus  ist  verwandt  mit  dem  griech.  d/neivcüv.  Der 
Diphthong  ai  ist  hier  durch  die  Epenthese  gebildet,  wie  in 
Laima  „Schicksalsgöttin"  neben  lemti  „das  Schicksal  bestim- 
men". Ueber  die  Epenthese  im  Litauischen  s.  Joh.  Schmidt 
Vocalismus  II,  494  ff.  i) 

*)  [Mir  scheint  aimus  zunächst  „angenehm",  weiter  „hübsch,  gut-, 
vortrefflich"  zu  bedeuten  und  von  imti  nehmen  ebenso  gebildet  zu  sein, 
wie  dailm  „zart,  zierlich,  hübsch,  gut,  tüchtig,  ordentlich  u.  s.  w."  = 
lett.  däilach  „nett,  niedlich,  zierlich,  hübsch"  von  dilti  „schwinden"  = 
lett.  di'lt  u.  a,  „abnehmen,  abzehren,  mager  werden"  —  anders,  aber  un- 
richtig, urteilt  J.  Schmidt  Voc.  II.  486  über  daüüs  —  wie  gajü^  „heilbar" 
von  gyli  „heilen",  lanküs  „biegsam"  von  lenkti  „biegen",  kratus  „was 
«ich  leicht  erschüttert"  von  krSsti  (kreczü)  „schütteln",  varits  „kochbar" 
von  virti  (verdu)  „kochen",  atlaidüs  „versöhnlich"  von  atleisti  „vergeben", 
alogüa  „beschwerlich"  von  slegti  „beschweren"  u.  a.  m.  (Schleicher  Gram. 


Lituanica. 


63 


S.  105).  Diese  Adjectiva  bilden  innerhalb  der  nominalen  Bildungen  des 
Litauischen  eine  geschlossene  Kategorie ;  ich  halte  sie  für  ursprünglich 
participiale  Bildungen,  die  sich  im  Germanischen  an  Wörter  wie  got. 
{ä,nä-d-)nems,  (anda-)se!f«,  (vaila-)/nfc;Vs,  {\in-)qeps,  mhd.  gesbe,  an.  cst7\  vcsrr, 
frceffr,  fcerr  u.  s.  w.  und  damit  weiter  an  die  indogerm.  Bildung  des 
Part,  necess.  oder  Fut.  Pass.  anschliessen.  Mehr  darüber  bei  anderer 
Gelegenheit.    B.] 

*)  Lit,  ant ,  ant-  kommt  sowohl  von  anti ,  als  auch  von  anta  her 
(griech.  avia,  got.  anda)\  anta  erscheint  z.  B.  in  Forma  chrikstima, 
37,  9  nach  der  Ausgabe  von  Bezzenberger ,  in  Evangelias  bei  Epistolas 
von  Willent,  Rom.  8,  18  (anta  mnsu),  in  Kancyonotas,  tai  east  knigos 
psolmu  ir  giesmiu  dwasiszku  (von  Neuem  herausgegeben  in  Nita  im  J. 
1845),  z.  B.  anta  tos  tmisu  ziamibes ,  Ps.  33,  7.     Vgl.  Bezzenberger  71. 

^)  [Ich  halte  die  obige  Erklärung  von  inartinu  nicht  für  sicher;  der 
Vergleich  des  Artikels  „Roziuszam,  effero,  irrito,  inartinu"  mit  den  Arti- 
keln „Roziuszam  si^,  efferasco,  I-\nirstu"  und  „Hoziuszenie,  efferatio,  inir- 


Aitivaras  =  Aüvaras.  Pasakos  pritikimay  weselos  ir  gies- 
mes,  par  kunigu  K.  Olechnowicziu  (Wilniui.  Metuosi  1861), 
S.  80 ;  vgl.  auch  Mikuckij ,  Proba  litovsko-russkago  slovarja. 
Aus  Aitivaras  ist  *Äitjvaras,  Aiczvaras  (Geitler,  Lit.  Studien, 
S.  55)  entstanden,  wie  didzturtas  ^^reich"  (a.  a.  0.)  auf  ein  äl- 
teres *diditurtas  hinweist.  Vgl.  weiter:  ancz-,  z.  B.  in  ancz- 
tikti  „enträthseln^^,  anczmetine  pestis  (a.  a.  0.  S.  76),  aus  *anti, 
woher  auch  ant  (altind.  anti,  griech.  dvil,  lat.  anti-d)  i) ;  incz 
;;in",  aus  *inti,  woher  auch  int,  und  *inti  zerlege  ich  in  in  -}-  I 
enclitische  Partikel  -ti,  welche  z.  B.  in  idanti,  idant  ^^damit" 
erscheint,  wo  idan-  ganz  ebenso  gebildet  ist,  wie  kadan-  in 
kadangi  ^^wenn  nur,  weiF. 

Alsuju,  alsoju  „ich  athme'^.  Bukvars  zemaitiszkai-rusisz- 
kas  von  Kreczinski,  S.  22.  Lett.  alst  „schwer  athmen",  mit 
welchem  Mikuckij  (Filologiceskija  nabljudenija,  S.  20)  lit.  alsti 
„müdo^^ein^^  vergleicht. 

'J.rs^ii^==  skaistei  Adv.  „hellglänzend".  Kreczinski  82. 
Vgl.  reiszkiu  „ich  ojffenbare''^,  raiszkus  „offenbar,  klar",  wo  ei, 
ai  durch  die  Epenthese  gebildet  sind,  wie  in  raizgyti  „zusam- 
menschnüren" neben  ap-razgioti,  Frequ.  zu  apregzti  „bestricken", 
lieber  raizgyti  s.  Joh.  Schmidt  Vocalismus  II,  496. 

In-artinu  effero,  ferocem  reddo.  Szyrwid's  Dictionarium. 
Vgl.  arza  (aus  *arzda)  „Streit,  Uneinigkeit"  (Mik.,  Geitler  78), 
erzinu  (aus  *erzdinu)  „reizen"  (Schleicher  Glossar  zum  Lese- 
buch), griech.  SQsd^ca  ^).    Bezüglich  des  t  in  inartinu  vgl.  ertas 


Vi. 


jWC^ 


64  Ph.  Fortunatov 

geräumig,  ertwus  breit  (Geitler  82),  lett.  erts  geräumig,  breit 
und  lit.  ardvas  dass.,  lat.  arduus. 

Ätkaklauti  ,;Launen,  Grillen  haben^'  i).  Kreczinski  82. 
Von  kaklas  ^^Hals^^ 

Aldas  oder  audas  „ein  fröhliches  Hersingen";  aldo  oder 
audo  „er  singt,  sie  singen  fröhlich  her".  Dowkont's  Daynes, 
Einleitung  (pratarme):  Kajpogi  trumpq,  gaudftnq  linksmo  halso 
mes  wadinam  ligsziol  audo  arha  aldo  (d.  i.  audu,  atdu;  6  be- 
zeichnet den  Mittellaut  zwischen  ti  und  o),  fr  tejp  sakoma  te- 
hier:  „musü  wiraj  szijnq  (=  szmq)  piaudamis  (=  piatidami) 
audo  arha  aldo".  ^-. .  ,*  ^ » .  ■  ^ 

Augnus  ;,gross".  Historyia  szwentä  von  Stanewicz.  Von 
/  auxjti. 

Äuksztynaik  ^^zurück" :  Clavis  germanico-Hthuana,  ein  hand- 
schriftliches Wörterbuch  ^j.     Siehe  bei  Nesselm.  auksztynaikas. 

Bumbu  bumbeti  ^^murmeln,  in  den  Bart  brummen".  Gou- 
vernement Suvalki.  Vgl.  bambeti,  Schleicher's  Glossar  zum  Le- 
sebuch und  Fickä  131. 

Brekszma  (=  brekszma)  „Dämmerung".  Kreczinski  30. 
Vgl.  brekszti  bei  Nesselm.  und  brekszt  bei  Geitler;  poln.  brzask 
;;Morgendäramerung"^  russ.  brezgü  (statt  brezgü),  altind.  bhräg 
;;flimmern". 

JBurtas  oder  buj^s?  „Dieb".  Lit.  Volkslieder  von  Jus'ke- 
vic  N.  26:  «^«^ys^^i^*&wr^ws  (plur.),  .{^ir  werden  diesen  Dieb 
(„etogo  voriskd^)  verfolgen".  ^'^ 

; — -y  , 

timas^^  in  Szyrwids  Dictiotiarium  legt  die  Vermutung  nahe,  dass  inartimt 
als  i-nartinu  aufzufassen  sei,  vgl.  die  von  Nesselmann  Wbch.  S.  422  unter 
nirstü  aufgeführten  Wörter.     B.] 

*)  Vgl.  Bezzenberger  273:  atkaklas  ,, verkehrt"  :  nasrai  atkakluju  hus 
ischschakniti. 

*)  Dieses  Wörterbuch  ist  fast  vollständig  von  Nesselmann  erschöpft 
und  wird  von  demselben  unter  der  Abbreviatur  Qu.  (Quartbände)  citirt; 
siehe  Vorrede  zu  seinem  Wörterbuch,  S.  VI.  Wenig  neues  bieten  auch 
„Proverbia  quaedam  lithuanica'",  welche  im  Anhange  enthalten  sind.  In- 
teressant ist  jedoch  folgende  Redensart.  Im  Sinne  von  „mein  Weib  ist 
entbunden"  wird  hier  unter  Anderem  der  Ausdruck  angeführt:  müderes 
kojas pakulau,  d.h.  eigentlich:  „ich  habe  der  Frau  die  Beine  gebrochen". 
Vgl.  hiermit  die  russische  Redensart:  „zonka  nogu  slomala",  d.  h.  „das 
Frauchen  hat  Bein  gebrochen",  im  Sinne  von  ,,die  Frau  ist  entbunden" 
(s.  Opytü  oblastnago  velikoriisskago  slovarja,  unter  dem  Worte  „zonka"), 
ebenso  das  englische  „she  has  broken  a  leg",  von  einer  unehelichen  Ge- 
burt gesagt  (Germania,  herausgegeben  von  Pfeiffer,  V.  Jahrgang,  S.  480). 


Lituanica.  65 

Czinczifvti  ;;Schwanken,  sich  bewegen^^  Lit,  Volkslieder 
von  Fortun. -Mill.  N.  31. 

Danya  juru  ;,Meer\vog,el^.  _  Lexicon  lithuanico-germanicum 
von  Brodowski.  Vgl.  I)ange  „Qin  Fluss,  der  sich  bei  Memel  in 
das  Haff  ergiesst^*^  (Ness.),  lett.  donr/a  ^^kothige  Pfütze,  Meer- 
schlamm". 

Die  Präposition  do  wird  im  Suvalkischen  Gouvernement  im 
Ausdruck  kas  do  to  gebraucht,  z.  B.  kas  tau  do  to  „was  geht 
es  dich  an".  In  der  Bedeutung  von  kas  do  to  kann  kas  darho 
stehen,  wie  z.  B.  in  der  Liedersammlung  von  Fortun.-Mill.  N.  38 
statt  kas  tau  darho  auch  kas  tau  do  to  gesungen  wird,  lieber 
kas  darbo  siehe  Nesselmann's  Wörterbuch  unter  darhas.  Bei- 
spiele für  kas  do  to  aus  alten  Büchern:  Euangelias  bei  Episto- 
las  von  Willent,  Joh.  21,  22:  kas  tau  do  to;  Matth.  27,  5:  kas 
mumus  do  to;  N.  Testam,  v.  J.  1701,  Matth.  27,  5:  kas  mumus 
do  to  '^).  Vgl.  denselben  Gebrauch  der  Präposition  do  {—  lit. 
da-)  in  den  slavischen  Sprachen  (Miklosich  Vergl.  Gramm,  der 
slavisch.  Sprachen  IV,  52  Id),  z.  B.  russ.  „cto  tebe  do  etogo"; 
;;was  geht  es  dich  an".  —  Die  lit.  Präposition  (Partikel)  do  er- 
scheint auch  in  kas  do  „was  für  ein"  2)  (russ.  „cto  za")  statt  des 
gewöhnlichen  kas  per ,  z.  B. :  Kas  do  dyvai,  kas  do  navijneU 
(Geitler  63);  Ne  pazino,  kas  taj  do  pauksztelis  3)  (Dowkont's 
Daynes  N.  50).  Vgl.  oserb.  do  (mit  dem  Genit.)  in  „s'to  jo  to  do 
muza?"  „was  ist  das  für  ein  Mann?".  —  Lit.  do  entspricht 
lautlich  dem  altslav.  da  Conj.,  da-ze  Part.,  z.  B.  daze  do  us- 
que  ad. 

_^^^jfeÄ.,^^Wä1ifi§ch"  *).     LexicoltKlithuanico-gehoanicum I 


von   Brodowski.  "^.^^  ^^  ^^>,     ^ 

Erszketra  „Dornstrauch".  A..  a.  0.  Vgl.  erszkUis  „Dorn, 
Strauch"  Ness. 

Gaidra  =  dziova.  Kreczinski  84.  Vgl.  gedra.  Ein  sol- 
ches Schwanken  zwischen  ai  'uii'l  e  findet  sich  auch  z.  B.  in 
kaimas  (Lit.  Volkslieder  von  Förtun.-Mill.)  =  kemas  „Dorf". 

^)     Vgl.  Bezzenberger  244. 

^)     Vgl.  Bezzenberger  264. 

^)  Im  Wörterbuche  von  Kurschat  S.  478:  „was  für  ein  Vogel  ist 
das?"  Kas  tat  per  pauksztin?  —  Lit.  do  in  do  datigiaus  bei  Geitler  S.  63: 
81  ist  gleich  dem  da  aus  dar  „noch"  entstanden.  Vgl.  Schleicher's  Lit. 
Grammatik  S.  79  und  Lit.  Volkslieder  von  Fortun.-Mill.  S.  9.  Hierher 
gehört  auch  da  bfi  Bezzenberger  S.  264,  z.  B. :    O  kad  uns  da  kalbeja. 

*)     Vgl.  B^zzenbfrger  283:  eschketras  „Wallfisch". 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Spraohp.n.  III. 


,V/ 


(36  Ph,  Fortunatov 

Ganstus  „scliüchtern ,  furchtsam^'^.  Kreczinski  80.  Vgl. 
gandinu,  ganstumas  „Sclirecken'^^  (Geitler  83). 

Zemait.  grijzti  (=  grezti)  „2i\xi  einem  Instrumente  spielen"; 
grijzims  ;;Musik".  Kreczinski  79;  83;  29.  Dowkont's  Daynes 
N,  71 :  grijzkiet  grijziejelei  i)  ^^spielet,  Musikanten'^^  Lit.  Volks- 
lieder von  Jus'kevic  N.  16:  muzikeliii  grizancziu  (=  gryzan- 
cziu)  „der  spielenden  Musikanten". 

Inkstas,  gewöhnlieh  ^^Niere";  wird  im  Suvalkischen  Gouver- 
nement in  der  Bedeutung  „testiculus"  gebraucht,  ähnlich  dem 
altslav.  isto,  altnord.  eista  (Joh.  Schmidt  Vocalismus  11,  470), 
wie  man  es  aus  folgender  Stelle  in  einem  scherzhaften  Liede 
sehen  kann: 

Likite  sveiki,  gimines  ir  gentys, 
Kure  turite  subineje  dantis, 
Kure  szleivi  (krummbeinig)  ir  kuproti, 
Venu  inkstu  ^)  ir  kuiloti. 
In  der  von  Samuel  Boguslaw  Chylinski  im  Jahre  1660  in  Lon- 
don herausgegebenen  Bibel  '^),    lob  19,  27    heisst   inkstey   Plur. 
;,Inneres"  ^)  (=  duszia  ^^Seele"  in  der  Ribel  v.  J.  1858):  inksteg 
mano  lohay  ilgsta  j^rieglaupstiy  mano! 

Judaveczes  ^^schwarze  Brombeere".  Kreczinski  48.  Zusam- 
mengesetzt aus  Judas  —  jüdas  ^.schwarz"  und  aveczioa,  amczes 
Flur.'  „Himbeere". 

Kresnas  „Feuerbrand".  Senas  auksa  altorius  (ein  Gebet- 
buch), Ausgabe  v.  J.  1864,  Wilniuje,  S.  148:  katilai  mana  kaypo 
kresnas  iszdziuva  (Psalm  102,  4).  Die  Wurzel  ist  dieselbe  wie 
in  krosnis,  lett.  krahsns  „Ofen";  lett,  krehsls,  krehsla  ;;Dämrae- 


*)  Nesselmann  N.  271  hat  dies  in  gre^zkites  gre^zelei  creändert  und 
übersetzt:  „drehet  euch,  ihr  Tänzer". 

^)  Ueber  den  Sociativ  ohne  su  s,  Schleicher  Lit.  Gramm.  S.  2G9, 
Bezzenberger  S.  239. 

^)  Ich  citire  nach  Qvandt,  Einleituu}?  zur  Bibel  v.  J.  1735.  Die 
Bibel  von  Chylinski  habe  ich  bis  jetzt  nicht  gefunden  trotz  rneiner  An- 
fragen im  British  Museum  und  in  der  Petersburger  kaiserlichen  Biblio- 
thek. 

*)  Die  Meinung  von  Bezzenberger  S.40  über  die  Verwandtschaft  von 
inkstis  und  jszczins  wird  dadurch  bestätigt.  [Dass  inkstei/  an  der  von  dem 
Herrn  Vf.  angeführten  Stelle  (Iliol)  19,  27)  nicht  „Nieren"  bedeute,  halle 
ich  für  unsicher:  sie  lautet  in  der  Bibel  von  1869  Mano  inkjlai  fueß  i 
tnano  jirittylohjtijf  ,  in  de  Wette's  Uebersetzung:  ^[vor  Sehnsucht]  verzeh- 
ren sich  meine  Nieren  im  Busen.   B.J 


Lituanica. 


67 


rimg^^;  serb.  sloven.  Ja-esati  ,;Feuer  schlagen'^;  russ.  kresati,  cech. 
khsati,  i^oin.krzesac.  Vgl.  die  Wurzel'  kar^,  woraus  altiud.'  krshtut 
;;Scliwarz";  preuss.  ku-ünaii,  altslav.  r}rry/'f  (Fick-*  ;jS);  Ijt.  k<irs.cf(is 
;;heiss^'^  lett.  karst  oder  kahrst  ;,}ieiss  sein"^.  "" ■■•'•■■-"'"""^" 

Kulimas  „Spass".     Kreczinski  79. 

Kiimet ,  nekumet  ^^manchmaF'^.  Kreczinski  87.  Bei  Ness. 
kümet  _,_,wann?'^^ 

Laksztütl  ;;traurig,  kläglich  singen^' (?),  vom  Kuckuck.  Lit. 
Volkslieder  von  Fortun.-Mill.  N.  75. 

Laksztute  ,,NachtigalK     Fortun.-Mill.  N.  85. 

Lasavoju  ,^ieh  mache  Lärm".     Kreczinski  28. 

Ostlit^^^ifeJgyfe^4k^..Wolf".  Kalbos  letuv.  lezuvio  S.  42. 
Vgl.  /^hiiÄs  „w^"  bei  J^Jess.      **  "*-"^ """"" 

Partik?*^-//,s  in  nesangalis  =  nes ,  iiesa ,  nesanga  „denn". 
Clavis  gerrnanico-lithuana  ^). 

Liumptdi  ^^schwanken".  Fortun.-Mill.  N.  21.  Vgl.  lopszys 
„Wiege".       .,,.'' 

M/^_mts  (meras)  „t^jede".  Katechismus  v.  J.  1547,  26.  7 
nach  der  Ausgabe  jßdi  Bezzenberger.  Im  Texte  steht  der  Ac-  l 
eusativ  miera  (ßlmc.  miera  tarp  /r/'s/i  paim) ,  bei  welchem  d«***'  I 
Nomin.  Sinch  Snera  lauten  könnt^  aber  ich  we\m\G  injßrds  (me-  t 
ras)  auf  Grund  des  lett.  meers 'und  des  altslav.  0{rü  an.  An-  ' 
dere  Belege  für  das  lit.  meraa  „Friede"  ha])e'"ich  nicht.  —  Mit  \ 
dem  altslav.  -m/'rü  in  Vladhnirü  vgl.  das  lit.  waldimieras,  d.  i.  ; 
valdymeras  „Herrscher,  Gouverneur",  welches  von  Geitler  119  j 
aus  einem  zemaitischen  Buche  angeführt  ist.  --^ 

Mif/as  =  urüdas.  Kalbos  letuv.  lezuvio  S.  42.  Vgl.  mega 
„Verschlag"  Nesselmann  S.  390. 

Zemait.  na  =r-.  ne  „nicht"  ^).  Kalbos  letuv.  lezuvio  S,  11. 
Vgl.  ostlit.  ?üo-  aus  na'-\-a-  z.B.  bei  Szyrwid:  notmagna  (=''^va- 
atmayna)  immutabilitas,  nopireyzdetas  incuratus,  nnfamenu  non 
memini  u.  a.  Klein  sagt  über  diese  Erscheinung :  „«  in  crasi 
mutant  Wilnenses  in  o ,  ut  pokim  pro  po  akhn ,  votsh'ru  j^ro 
7ieatskirn''  (Granimatica  lituanica  S.  17),  aber  das  o  in  no-  ist 
natürlich  nicht  aus  einer  Verbindung  e-\-a  entstanden  ^). 


»»    V 


01 


^)     Vgl.  Bozzenberger  2C7:    kad(ni[/el,  tncldni/el  u.  a.,  wo  auch  auf  -li 
in  nnli  (Ness.)  hingewiesen  ist. 
^)     Vgl.  a.  a.  0.  302,  350.' 
^)     Anders  Bezzenberger  66. 

5* 


/-^ 


68  Ph.  Fortunatov 

No  verstärkt  den  Superlativ,  z.  B.  noplacziausias  „der  brei- 
teste". Gouvernement  Suvalki.  Vgl.  altslav.  7iai  (;,aliquoties 
comparativo  additur  ad  superlativum  indicandum"  Miklosich), 
nsloven.  naj,  na,  poln.  noj,  griech.  vrj,  val,  lat.  nae. 

Net  ;;Sondern"  (Conjunction).  Clavis  germanico-lithuana 
(Beispiele  sind  nicht  gegeben);  Postilla  von  Bretkunas  S.  393: 
tievas  ant  schos  szemes  waika  sawa  didei  mil,  a  ne  tiklai  mit, 
net  ir  paen  (^=^jmj;  detig  ir  prikopia  ^). 

j  iVe£^^^damit  nicht".  Euangelias  bei  Epistolas  von  Willent, 
Matth.  26,  42 :  tieve  mana,  jeigi  ne  gal  tas  kilikas  atstoti  nüg 
manes,  net  esch  (==  asz)  thq.  gercziq,  (=  gerczia  =  gercziau)  ^), 
Postilla  von  Bretkunas,  S.  366:  tieive,  iei  ne  gal  buti,  kaip 
schis  kelichs  nüg  manes  atimts  hut,  net  man  ghi  gereut.  Sogar 
im  N.  Testam.  v.  J.  1865  und  auch  in  der  Bibel  v.  J.  1858 
ist  das  Wort  net  an  dieser  Stelle  beibehalten  (net  asz  tq  ger- 
cziau).—  Szyrwid  führt  net  in  einer  anderen  Bedeutung:  ^,wenn 
nicht"  an  (vgl.  lett.  ne  in  der  Bedeutung  „wenn  nicht"),  und 
in  der  That  ist  net  in  alten  Texten  nicht  selten  „wenn  nicht" 
oder  „ausser  wenn"  ^).  Siehe  z.  B.  Katechismus  v.  J.  1547, 
15.  20  nach  der  Ausgabe  von  Bezzenberger :  ijrisch  kaplana 
skimdima  ne  prieleisi  net  pä  dweiu  alba  trijiu  Uudiniku;  Euang. 
bei  Epistel,  von  Willent:  nevienas  ne  gal  tu  szenkla  dariti  .  .  . 
net  Dievas  su  jü  butu  (Job.  3,  2) ;  ir  neviens  ne  paszyst  tieva, 
net  tiektai  sunus  (Matth.  11,  27).  In  der  Bibel  v.  J.  1858  ist 
dieses  net  stellenweise  beibehalten,  und  wird  nU,  d.  i.  net,  ge- 
schrieben, z.  B.  Luc.  17,  18:  argi  ney  iviens  n'  atsirqdo  .... 
nlt  szis  sivetimasis  (im  N.  T.  v.  J.  1865:  kaip  szis  sivetimasis). 
Net,  net  „damit  nicht",  „wenn  nicht"  ist  emphatische  Negation, 
mit  einer  enclitisclien  Partikel  zusammengesetzt. 

NiuniMi  =  neajszkeis  zodeis  dainiouti.  Dowkont's  Daynes, 
Einleitung. 

Zem.  omzdis  vamzdis.  Kreczinski  27.  Analog  sind :  overie 
(Geitler  99),  overiksztis  (Genawejte  97),  Okitis  (Genawejte  7), 
anta  (Mik.,  Geitler  76),  aus  vovere,  vovergksztis,  Vokytis  (—  Vo- 
ketis),  vanta  (vgl.  vanoti  „mit  dem  Badequast  peitschen,  schla- 
gen" Mik.). 


*)     Vgl.  Bezzenberger  304;  267,  wo  auch  neta  angeführt  ist. 
*»)     A.  a.  0.  304. 
'')     A.  a.  0. 


Lituanica.  69 

Pirkczia,  pirkcze  „Stube  im  Bauernhause".  Fortun. -Mill. 
N.  54,  1.  Mikuckjj  (Filologiceskija  nabljudenija  S.  37)  hat  pir- 
kia  „cernaja  izba'^,  bei  Nesselmann  aus  Szyrwid  heisst  pirke 
„Bäckerei,  Backhaus".  Die  Wurzel  ist  hier  dieselbe  wie  in 
pirksznys  „glühende  Asche",  lett.  spirksnis ,  spirgsti,  pirgfde 
„glühende  Asche,  Gluth  in  der  Asche",  nämlich  sparg  =  sprag 
(lit.  spirginti  ^,  spraginti,  sproginti  „braten",  altslav.  praziti, 
russ.  prjaziti).  Die  Form  pirkia  ist  aus  pirkczia  (=  pirgczia) 
entstanden,  ebenso  wie  hlake  „Wanze"  auf  ein  älteres  *blakte 
hinweist,  vgl.  lett.  blakts  dass. ,  lat.  blatta  (Fick^  378).  Die 
Stube  hat  also  hier  die  Benennung  von  dem  Heerde  oder  vom 
Heizen  erhalten,  woher  auch  die  Bedeutung  „Backhaus".  Vgl. 
poln.  komnata ,  russ.  kömmata  „Zimmer",  ahd.  chemindtd,  aus 
dem  lat.  caminata  (Miklosich,  Die  Fremdwörter  in  den  slavi- 
schen  Sprachen  S.  23).  In  der  russischen  provinciellen  Sprache 
bedeuteT''^^;e>i|,f  jon  )twr*te^^räuchern"  u.  s.  w.  (sloven. '  fcj«»'«i4, 
„heizen"),  die  Stube  im  Bauernhause  und  ebenso  aucIT^as 
Backhaus. 

Prieglaupstis  ~  preglobstis  „Schooss".  Die  Bibel  von  Chy- 
linski  (s.  oben)  2).  Das  au  ist  hier  aus  am  gebildet,  wie  auch 
e  in  glebijs  „Armvoll",  apglebti  „umfassen"  auf  ein  em  hinweist. 
Vgl.  globti  „umfassen,  umarmen",  preuss.  po-glabü  „er  umarmte", 
abglopte  „ein  Kranz,  welchen  die  Neuvermählte  aufsetzte"  (The- 
saurus linguae  prussicae),  ags.  clippan  „umarmen"  (Fick^  519). 

Priklei  =  kartei,  sunkei.     Kreczinski  23;  81.     Bei  Geitler 


*)  Aus  dem  lit.-slav.  spirff-  erkläre  ich  das  urslav.  *pirogü ,  russ. 
pirogü  „Mehlspeise,  eine  Art  Pastete",  cech.  piroh  „Mehlspeise,  Täsch- 
lein",  poln.  pirogi  plur.  „Mauitaschen,  gefüllte  Klösse",  *Pirog-ü  ist  aus 
pirg-  (=  spirg-)  durch  Vermittelung  von  pirg-  mit  der  Svarabhakti  gebil- 
det. Dieselbe  Art  von  Svarabhakti  kommt  in  *svdrog-ü  (urslav.,,a  =  ä)  ,, 
„deus  lucis"  vor,  vgl.  alto[d.  sua/v^a  jjHimmel''^  griech?OTA«<;^w  (auslB*!^^} 
„beätwU^len"  (Fick**  220).  Ebenso  ist  auch  *tvürog-Tt  „Quark**;"  russ.  tva- 
rogu  tvorogu,  neubulg.  poln.  tvarog,  cech.  tvaroh  aufzufassen  (mhd.  twarc, 
nhd.  Quark  ist  entlehnt).  Die  Wurzel  ist  wahrscheinlich  dieselbe  wie  in 
lit.  tvarka  ,, Ordnung",  Ivarkyti  ,, ordnen,  einrichten" ;  den  Guttural  kann 
man  als  Wurzeldeterminativ  zu  tvar  ,, fassen,  bilden"  erklären  (vgl.  griech. 
jvQÖg  „Käse",   lit.  kezq  tverti  „Käse  in  die  Form  fassen"). 

'^)  [An  derselben  Stelle  findet  sich  dicht  neben  prieglaiipßii/  ein  an- 
deres beachtenswertes  Wort :  Padarykim  Zmogu  ant  abroz'a  mufu  . .  .  ir 
tewießpatauja  and  .  .  .  wiffokio  flegiqcio  z'weries ,  kurfai  flqffia  and  z'ia 
mes.  B.] 


70  Ph.  Fortunatov 

priklijhe  _,; Widerwärtigkeit"^  pnkütis  (priklytis)  ;; Widerwärtig- 
keiten, Abscheu  empfinden".  Entlehnt  aus  dem  Slavischen: 
poln.  przykrtj  ;;lästig,  widrig",  russ.  provinc.  prikrijj  „herbe". 

Radastelis  (Demin)  „Rosenstock".     Fortun -Mill.  N.  42  i). 

Railotl  ;,wärmen"  von  der  Sonne.  Dowkont's  Daynes  N.  94 
(s.  oben)  und  in  der  Redensart  (patarle):  saule  zian^  railo  ;,die 
Sonne  wärmt  die  P>de". 

Rijklm  ;;Unordig"  (^  be  davado ,  he  redo).  Clavis  germ.- 
lithuana.     Vgl.  bei  Ness.  rykliu  kalheti  ^^stottern,  stammeln". 

Sajatütl  „blau  scheinen".     Fortun.-Mill.  N.  24. 

Samplaczel  „weit  und  breit".  Clavis  germ.-lithuana.  Vgl. 
bei  Ness.  samplata. 

Sauliegranzas  „Sonnenblume";  eigentlich  „Sonnenwende". 
Der  Wilnaer  Kalender  für  das  Jahr  1847.  Vgl.  lett.  saulgreefe, 
saules  (jrohß  dass. 

Sziurma  „kleine  Ruthe,  Gerthe".  Kreczinski  83.  (Bei 
Ness.  szurma    -  surma  „Pfeife".) 

Szarnus  „schnell";  szarnei  Adv.  Kreczinski  ^b\  28.  Vgl. 
altslav.  skorü  „schnell"  ^j.  Das  lit.  sz  entspricht  hier  dem  alt- 
slav.  sk,  wie  z.  B.  in  szokti  „springen";  altslav.  ,skakati. 

ISzmdrei  „scheel,  schielend".  Gouvernement  Suvalki.  Bei 
Ness.  znairei  und  aneirai. 

Szidavoü  ;;Spotten,  zum  Besten  haben";  szidorelis  (Demin.) 
,;Spötter".  Fortun.-Mill.  NN.  21  und  31.  Vgl.  szidüi  „keifen" 
Ness.  Entlehnt  aus  dem  Slavischen:  poln.  szydzic  ;;höhneu, 
spotten";  cech.  sidlti ,  im  Lexicon  palaeosloven.  von  Miklosich 
siditi  irridere  (spät  belegt). 

Szleivas  „krummbeinig".  Gouvernement  Suvalki  (s.  oben). 
Bei  Ness.  szUvingis  ;,ein  krummbeiniger  Mensch".  Vgl.  lat. 
clivus. 

Szvarkai  oder  szvarkus'^  Plur.  „Männerrock"  (im  Texte 
steht  der  Accus,  szvarkm).  Dowkont's  Daynes  N.  58  =^  N.  157 
Ness.  Im  Wörterbuche  von  Nesselmann  szarkas  „der  tuchene 
Ueberrock  der  Fischer";  szarkiis  ;;Männerrock".  Vgl.  lett. 
avahrki  Plur.  ;;Männerrock";  altslav.  sraka  vestis,  russ.  sorocka 


*)  Vpl.  Bez7.etil)erger  319:  Nu  fi'cii/p  rädihtds  randomiK ,  wo  die  ]]c- 
(leutnnpf  von  radantas  für  Bezzeiiberger  niclit  klai'  war.  Ilierlier  gehört 
aucl»  ;Yu/a«^rtt  „Dornen ,  Hecke"  bei  Bretkunas  (a.  a.  O.  .318).  Itadastas 
ist  also  ,, Heckenrose''. 

■■*)    Lit.  Skurey  „plötzlich,  schnell"  ßezzenberger  323  ist  entlehnt. 


Lituanica.  71 

„Hemd'^,  altnord.  sef-kr  (entlehnt?)  „langes  Kleid"  (Lottner, 
K.  Zeitschr.  XI,  174).  Dieselbe  Wurzel  findet  sich  in  lat.  sarcio 
(aus  *svarcio),  sarcina,  lit.  szarkuUs,  Plur.  szarkuczei  „die 
Strohbündelchen,  die  bei  dem  Dachdecken  unten  zunächst  der 
Traufe  zu  liegen  kommen"  (Ness.).  Das  lit.  szv ,  woher  sz,  ist 
hier  aus  dem  ursprünglichen  sv  entstanden.  Andere  Beispiele 
für  lit.  szv ,  sz  aus  dem  sv:  szvelpti,  szvilpti  „pfeifen",  lett. 
sivelpt ,  swilpeiit  dass. ,  griech.  odkTtiy^  (vgl.  Pott  WWB.  II,  1, 
723;  Curtius  Grundz.*  288);  szi/pMi^  szyp^oti  —  ostlit.  svipsoti 
(Kalbos  letuv.  lezuvio  40;  Geitler  tl4)  „durbl^^  die  Zähne  zie- 
hen, auslachen";  lett.  smfpiipht  „spot^";  vgl.  griech.  al^f^g 
(Lycophr.  1134)-  iadf.iog,  üLCphivv  i^uo/.iaad^ai ,  airpviaaaf  axi- 
/mA/ffat  Hesych.;  szvankszti  „schnauben,  wiehern,  heiser  reden"^ 
szvykszti  (szvygszti)  „heiser  reden",  vgl.  got.  ga-svogjan  „seuf- 
zen", svegnjdn ,  svignjan  „laut  frohlocken",  lat.  smgidtus  ^); 
su-sziqyqs  „faul,  verfault"  (vom  Holz),  vgl.  griech.  aij^cw,  aa- 
TtQog  —  afajtQog;  szurpti  „schaudern",  vgl.  altslav.  sverepu 
ferus,  saevus  (über  die  Svarabhakti  s.  Joh.  Schmidt  Vocalismus 
II,  67),  Würz,  svarp? ;  [szupuUs  „Wiege"  (Geitler  115),  lett. 
schujooht  „schaukeln",  Würz,  svap  (altslav.  svepiti  se^  agitari 
'~u.  s.w.)  Fick^  416;  szüntn  nzusti  „heiss--.werden",  sztiMfiii  „bNic.,, 
heh>..^hen''','''lett.  suhtn  sjsfs^-' „heiss  jvjßr^ß^',  vgl.  ahd.  swedan 
swat  „verschwelen",  nhd.  Schwadern;  szelmü,  szelmenis  „Giebel, 
Dachfirst"  (s.  oben),  lett.  felminis,  fchelminis  „Giebel",  altslav. 
slem^  trabs,  griech.  ael/na,  vgl.  altind.  svaru  „das  von  einem 
Stamm  abgeschnittene  lange  Holzstück";  S2:es2;wras  „der  Schwie- 
gervater der  Frau",  indogerm.  ^svakura-;  szeszi  „sechs",  lett.l 
seschi,  indogerm.  *svaks-. 

Ostlit.  tauta  =  gimine.    Kalbos  letuv.  lezuvio  S.  42.    Lett. 
tauta  „Art,  Geschlecht".     Vgl.  Fick^  365. 


*)  Anders  wird  singultus  von  Baudry  (Memoires  de  la  societe  de 
linguistique  de  Paris  I,  413)  erklärt,  nämlich  als  „conglutition",  von  sin- 
„cum"  und  *gulio  (vgl.  gula) ,  aber  hier  ist  ganz  ohne  Grund  die  Bedeu- 
tung ,,cum"  für  sin-  angenommen,  welche  doch  nirgends  hervortritt. 
Beiläufig  bemerke  ich ,  dass  sinceriis  nicht  in  sin-cerus  zu  theilen ,  wie 
Baudry  meint  (auch  Corssen  Aussprach^*  I,  376,  wo  sin-cerus  als  „ganz 
rein"  erklärt  wird),  sondern  mit  got.  ^vikris  „rein^,..JE5fischj^jiBBehttldig^' 
zu  vergleichen  ist.  Im  got.  svikns  (aus  *svinktia-)  erklärt  sich  das  k 
durch  das  folgende  n,  wie  in  taikns  „Zeichen",  an.  tdkn,  Würz,  dik;  über 
taikns  s.  Leo  Meyer  Die  Gothische  Sprache  §  13 


%^myyi^ 


72  Ph.  Forfcunatov 

Tyczia,  tytveikas  ;,sehr  viel"  („eine  l^rosse  Menge'O-  Cla- 
vis  germ.-lithiiana.  Vgl.  timtas  „Haufe'^  (Geitler  118),  tuntais 
„haufenweise"  (Ness.)- 

Vaina  „Tadel" i).  Die  Bibel  von  Bretkunas,  Psalm.  18,  24, 
wo  der  Gen.  loa'mos  in  nufarties  corrigirt  ist.  Bei  Ness.  isz- 
vainoti  „ausschelten";  vainiti  „verspotten".  Vgl.  lett.  ivaina 
„Schuld";  altslav.  vina. 

Wülinne  (v'dine)  „Armband"  =  rankte  riedas  (redas).  Cla- 
vis  germ.-lithuana. 

FeZMÄ;rtS;,Gespenst"^).  Clavis  germ.-lith.  Vgl.  velnias  „Texi- 
fel". 

Virptis  „Stange".  Kreczinski  40.  Vgl.  vlrbas  „Ruthe"; 
virbalas  „ein  hölzerner  Stab". 

Zmoymis,  d.  i.  zmojmis ,  Dat.  Plur.  (über  -mis  s.  w.  u.), 
statt  der  gewöhnlichen  Form  zmonems  „den  Leuten".  Histo- 
ryia  szwenta  von  Stanewicz :  Jozue  lipy  (=  lepe)  neszty  skrine 
sandaros  ir  zmoymis  eyty  paskuj.  Der  Stamm  zmoj  gehört  ei- 
gentlich dem  Nomin.  Sg.  und  ist  aus  zniü  gebildet;  vgl.  preuss. 
smoy  ,;Mann"  (Vocab.)  und  lit.  bei  Grodno  ahnoj ,  rudoj  für 
akmü,  rudü  (Kurschat  Gramm,  der  lit.  Sprache  S.  781).  — 
Der  Gebrauch  der  Endung  -mis,  -mi  im  Dativus  Pluralis  fin- 
det sich  auch  z.  B.  in  folgenden  Stellen:  tau  jumis  iszduo- 
siu?  (Senas  auksa  aitorius,  Ausgabe  vom  Jahre  1864,  Wilniuje 
S.  546);  douk  mumis  mejlq  sawa  (Szwgtas  giesmes,  Ausgabe  v. 
J.  1861,  Wilniuje,  S.  187);  hus  miimi  didis  tizimdelis  „e,v  wird 
uns  ein  grosser  Helfer  sein"  (Lit.  Volkslieder  von  Fortun. -Mill. 
S.  11);  ateis  mumi  pavasaris  (a.  a.  0.);  puikemi  staXt  puikem 
(^  puikems)  Dat.  Plur.  (a.  a.  0.  S.  202) ;  Petruj  ir  wisemis  jo 
mokitinemis  tq,  wis  pjasakikite  (Szwgtas  giesmes  S.  156).  Als 
Anlass  zu  einer  solchen  Verwendung  von  -mis  diente  der  Um- 
stand, dass  im  Instrum.  Plur.  neben  -mis  die  kürzere  Endung 
-)w«  (in  einigen  Gegenden  -m)  gebraucht  wird:  indem  das  i  in 
-mis  =  -ms  als  ein  blosser  Zusatz  erschien,  wurde  es  nach  einer 
falschen  Analogie  auch  auf  -ms  (alt  -mus),  -m  im  Dat.  Plur, 
ausgedehnt.  Vgl.  andere  Beispiele  bei  Bezzenberger  S.  241. 
Ebenso  erkläre  ich  jene  Fälle  S.  242,  wo  -mus  für  -ms  =  -mis 
in  Instrum.  Plur.  steht  (nach  der  Analogie  von  -mus  —  -ms  im 


Vgl.  Bezzenberger  336:  fwaina  „Fehler,  Gebrechen".! 


^)     Vgl.  a.  a.  0.  13:  weloka,  WeluTcä. 


Lituanica.  73 

Dat.  Plur.).  Anders  wird  diese  Erscheinung  von  Bezzenberger 
aufgefasst,  aber  nur  in  zwei  Beispielen  bei  ihm  sehe  ich  den 
wirklichen  Instrum.  Plur.  im  Sinne  des  Dat. ,  nämlich :  Pristos 
ischwedantziamus  Dicasiemus  ir  pamakslais  Welinu  (Bretkunas); 
Padwaiskai  pasake  schns  szodzius  Etmonals  (Bretk. ,  Bezzenb. 
Nachträge  und  Berichtigungen  S.  355),  Solche  Palle  kommen 
wohl  nur  selten  vor  und  sind  nach  der  Analogie  von  -mis  in 
Dativverwendung  gebildet.  In  idant  tiketu  M^lais  (Br.)  bleibt 
es  fraglich,  ob  nifJlais  (melais)  kein  richtiger  Instrum.  sei;  vgl. 
tiketis  mit  Instrum.  In  tamu  nussistebedami  (Br.)  ist  tamn  ein 
wirklicher  Dat. ;  vgl.  Euang.  bei  Epist.  von  Willent,  Luc.  2,  33 : 
tievas  ir  motina  stebeiosl  tiems  daiktams  (auch  in  den  slavischen 
Sprachen  steht  der  Dat.  bei  den  Verben  der  Verwunderung, 
Miklosich  Vergl.  Gramm,  IV,  613).  Ganz  unmöglich  scheint 
es  mir  in  uszdeia  tamu  kriszu  (Br.)  die  Form  tmmi  als  In- 
strum, aufzufassen  (für  tft).  Bezzenberger  ist  wahrscheinlich 
wegen  des  m  in  tamu  zu  dieser  Annahme  gekommen,  aber  im 
Instrum.  Sing,  der  a-Stämme  wird  n  (d.  i.  ii)  bei  Bretkunas 
nicht  gebraucht,  weil  u  hier  zunächst  aus  dem  ü  gebildet  ist. 
Nicht  selten  hat  Bretk,  in  dieser  Form  ü  (auch  ft),  d,  i.  einen 
^littellaut  zwischen  u  und  o  (z.B.  V,  Mos.  28,  22:  Ponas  tawe 
ischtiks  aptlnimmUfdnu/fjm,  karschcziü ,  degimmü,  sausumü,  nü- 
dingü  arü),  und  in  solchen  einzelnen  Fällen,  wie  pa  scheschu- 
Uu  Bezzenb.  124,  sehe  ich  im  u  einen  Schreibfehler  für  ü;  vgl. 
andrerseits  z.  B.  kas  iusü  für  kas  iiisu  Luc.  17,  7.  Wenn  man 
dem  Punkt  unter  dem  ii  in  tamu  irgend  einen  Werth  beimessen 
will,  so  muss  auch  hier  w  als  ü  aufgefasst  werden;  vgl.  bei 
Bretk.  Dativformen  herneMui,  (jrwamüyem  u.  a.,  Bezzenberger  65  i). 

Moskau,  Ph.  Fortimatov. 


*)  [Zu  den  obigen  wertvollen  Mitteilungen  erlaube  ich  mir  einen 
kleinen  Zusatz  zu  machen  durch  die  Mitteilung  von  vier  etymologisch 
oder  lautlich  beachtenswerten  Wörtern,  die  sich  in  Szyrwids  punktay  sa- 
kimu  finden,  die  überhaupt  manches  lexikalisch  brauchbare  enthalten: 

aprepti  (oder  aprepeti)  fassen,  begreifen :  0  gituma  turtu,  iszminties  ir 
z'inios  Diewo,  kayp  ne  apiimani  (sie!)  aba  ne  aprepiami  ira  suday  io  p.60; 
-repti,  verwant  mit  lat.  r apere ,  ist  Stammverbum  zu  rcples  „Zange"  = 
preuss.  raples  und  gewiss  auch  zu  ap-repnas  ,, vollkommen"  zgls.  272, 
„reichlich,  herrlich"  Geitler  S.  77. 

atdusis  Erholung  (=  atdicesis  zgls.  273) :    z'iraciugu  .  .  .   ieszko  z'mones. 


74  Leo  Meyer 


Indütiae  und  bellum. 

In  einer  eben  erschienenen  sehr  inhaltreichen  und  sehr  be- 
lehrenden Abhandlung  Ludwig  Lange's  in  Leipzig  über  den  Ur- 
sprung und  die  Geschichte  des  Wortes  duellum  „Zweikampf 
finden  sich  ein  paar  etymologische  Auseinandersetzungen,  denen 
beizustimmen  nicht  leicht  fällt  und  die  deshalb  zu  erneuter  Er- 
wägung auffordern,  ich  meine  insbesondere  die  über  die  Wörter 
bellum  und  indütiae. 

Das  letztere  wird  auf  eine  W^urzel  du  „ire,  subire,  ingredi" 
(Seite  26  und  27)  zurückgeführt  und  das  in  darin  für  das  alte 
negirende  Präfix  (also  =  gr.  dv-,  deutsch  tm-)  gehalten,  so 
dass  als  erste  Bedeutung  sich  ergeben  soll  „is  rerum  Status,  in 
qvo  tales  incursiones  ne  fierent  pactum  erat'':  „incursio'' 
aber  „exercitus  ex  Urbe  egressi  in  agros  hostium"  wird  als 
erste  Bedeutung  von  duellum  (bellum)  angenommen,  das  auch 
auf  jene  Wurzel  du  zurückgeführt  wird  und  somit  also  auch 
formell  einen  Gegensatz  zu  indütiae  bilden  würde. 

Eine  Wurzel  du  mit  der  Bedeutung  „gehen,  sich  bewegen" 
findet  sich  im  Sanskritwörterbuch  wirklich  aufgeführt,  aber 
doch  nur  mit  wenigen  Citaten  aus  grammatischen  Schriften,  so 
dass  ihr  also  für  uns  ein  wirkliches  Leben  gar  nicht  inne 
wohnt  und  die  Berechtigung  ihrer  Ansetzung  erst  andersher 
erwiesen  werden  müsste.  Böhtlingk  und  Roth  weisen  unter  du 
vergleichend  auf  das  bekannte  dru  „laufen",  scheinen  es  also 
für  eine  dialektische  Nebenform  des  letzteren  zu  halten,  wie  ja 
unter  den  nicht  belegten  sanskritischen  Wurzeln  überhaupt  ge- 
wiss manche  nur  dialektischem  formen  sein^^^erden.  \ 

Ohne  jenes  sanskritische  i(m%g[ehen,  sichN:^e wegen*  zu  er- 
wähnen ,  führt  auch  Fick  2^  130  in' der  Zusammenstellung  des 
Wortschatzes  dert  gräco-italischen  SprgLcheinheit  ein  ?#M>^geh«Q" 
auf,  das  er  an  früheren  Stellen  (P  111  und  6'24)  mit  dem  Zu-  | 
satz  „fortgehen  (eingehen)"   aufstellt:    unter  dem  Zugegebenen 


mariose  gitumam  (sie!)  ibrizdami  ir  tinay  be  atdusio  karc'iuose  ir  szat- 
tuose  wundenise,  kotay  gal  iz'kist,   trunka  p.  119. 

neyinuney  (d.i.  ne-r/^Huney;  vgl.  gessan  Nossolm.  S.  25"))  unauslöschlich: 
ugiiis  ne  gisuney  umziiiay  degins  p.  5. 

*wielus  (:=  vitlas)  gottlos:  Giminiesp  wielunciosi)  nusiusi  ii  p.  168:  ver- 
want  hiermit  ist  vielleicht  veltus  „unnütz"  Geitler  S.  120,    B,] 


Indütiae  und  bellum.  75 

ist  aber  nichts,  das  jenes  du  „gehen"  mit  einiger  Sicherheit  er- 
geben könnte.  An  erster  Stelle  finden  wir  in  jenem  gräco-ita- 
lischen  Wortschatze  nwiQYldu  dvu),  t'dvoa,  sövv ,  ötdvxa  „ein- 
gehen, eindringen  in,  untergehen"  eingereiht;  dabei  aber  han- 
delt sichs  gar  nicht  um  einfaches  „gehen",  sondern  um  das 
deutlich  specialisirte  „in  etwas  hineingehen,  eintauchen",  mit 
welcher  besonderen  Bedeutung  das  dvoj  auch  neben  den  weite- 
ren Anführungen  wieder  ganz  isolirt  steht.  So  wird  man  ent- 
schieden gedrängt,  für  dvio  sich  nach  ganz  anderem  Zusam- 
menhang umzusehen :  da  nun  aber  griechisches  d  ebensowohl 
als  lateinisches  b  auf  altes  (j  zurückführen  können  und  dann 
also  auch  unter  sicli  in  Zusammenhang  stehen,  so  scheint  das 
vereinzelt  stehende  pn-buere  „eintauchen"  zu  di'o)  {hdvoj)  zu 
rücken.  Fick  2^  159  allerdings  stellt  im-buere  als  zunachs' 
causatives  „tränken"  bedeutend  mit  i)6tus  „Trank"  und  bibere 
„trinken"  zusammen:  dabei  aber  bleiben  doch  Wendungen  wie 
opus  imbiiere  „ein  Werk  beginnen"  („sich  in  ein  Werk  versen- 
ken"), terräs  vomere  imbuere  „das  Land  mit  dem  Pfluge  an- 
greifen" („in  das  Land  eindringen")  und  andere  völlig  unver- 
ständlich. .^       '■*>». 

Weiter   stellt   Fick    zu  jenem   angenommenen  ?*<(  "^^'Se^nNs. 
sanskritisches  duvds-  „hinausstrebend,  unruhig",  zu  dössen  B^ 
deutung  im   Petersburger  Wörterbuch  ein   Fragezeichen  hinzu- 
gefügt ist;    dnvasand  „hinausstrebend"    (nur  Kigyedas  4,  6,  10 
von  Agnis'  Strahlen,  die  wie  Raubvögel  fliegen),:  ^^'f^^^^-J^o^ 
und  dura-  „fern",  die  alle  von  dvio  weit  abliegen  und  auch  in 
einem   alten  einfachen    „gehen"  schwerlich  ihre  genügende  Er^s 
klärung  finden.     Aus  dem  gothischen  ist  iavjitn  „thun,  inachen",^ 
das  eigentlich  „treiben,    fördern"   sei,    zu  gefügt  und  aus  dem 
Althochdeutschen   zawjmi   „machen",    zaivm  „von   Statten   ge- 
'hen",  reflexiv  „sich  \)QQ\\m\",  zuwen,  zou  [mitteldeutsch]  „sich 
eilig  vorwärts  bewegen,  ziehen" ;    weiter  aber  werden  noch  an- 
gereiht dr^v  „lamge" ^dücere  „führen"  und  das  zweite  Zahlwort 
dvü)  —  duö  und  daW  noch  mit  dem  T-Vocal  :f  difer?^^a;Trfw^^flie- 
hen",  ^^öt  Jage,  eileX-^md^^ft^^/^^^^^^^-^Se/S    denen  altin^ 
sches^^^^f^T  rfj'?^*y^„ losfahren  auf,    jagen"    zunächst  zur  Seite 
gestellt  wird,  das  auch  wieder  nur  bei  den  (irämmatikern  auf-      1 
tritt  und  der  weiter  bestätigenden  Belege  noch  bedarf. 

Wie  hohen  Werth   man  aber  auch  diesen  etymologischen 
Combinationen  beimessen  möge,  jedenfalls  reichen  sie  nicht  aus, 


76  Leo  Meyer 

eine  Wurzel  du  „gehen''  oder  „eingehen"  so  sicher  hinzustel- 
len, um  von  ihr  aus  wieder  getrost  weiter  construiren  zu  dür- 
fen, ohne  im  Einzelnen  jedesmal  lebendigen  Bedeutungszusam- 
menhang fest  im  Auge  zu  halten.  Man  hat  sich  bei  der  Prü- 
fung von  indütiae  erst  in  näheren  Gebieten  umzusehen,  ehe 
man  in  das  urindogermanische  Gebiet  hinaufsteigen  und  eine 
obendrein  nicht  ganz  ausreichend  begründete  Wui'zel  zu  Rathe 
ziehen  darf.  Dass  aber  indütiae  „Waffenstillstand"  und  bellum 
„Krieg"  von  dem  einfachen  Begriff  des  „Gehens"  ausgegangen 
seien,  kann  man  ohne  genauere  Motivirung  nur  als  im  höchsten 
Grade  unwahrscheinlich  bezeichnen :  warum  sollte  man  bei  dem 
„Eingehen"  sonst  eher  ein  ,,in  die  Feinde"  hinzudenken  kön- 
nen, als  etwa  „ins  Bett"  oder  „ins  Grab"  oder  „ins  Wasser" 
oder  „in  den  Wald"  oder  irgend  etwas  beliebiges  Anderes.  » 
Unter  den  von  Lange  (Seite  24}  angeführten  und  abgewie-  f 
senen   früheren  Erklärungsversuchen  findet  sich  auch  einer  des 

(berühmten  alten  Gerhard  Johann  Voss ,   der  allen  Ansprüchen, 
die  an   eine   methodische   Etymologie   gemacht  werden  können,  | 
f      genügt.     Der  genannte  holländische  Gelehrte  findet  in  indütiae  \ 
die  Wörter  /wc?«f  und  dtium  wieder. 
4..^.^-'"    W^^ährend  ich  in  meiner  vergleichenden  Grammatik  (1,  137), 
Awas  schon  Corssen  mit  vollstem  Recht  gescholten,   das  lateini- 
jsche  dtium  mit  oxvog  „Zögern"  zusammengestellt,   verbindet  es| 
(Fick  (2^242)  in  glücklichster  Weise  mit  dem  gothischen  aw%'a-|^ 
„öde"  und  anderen  ihm  sich  anschliessenden  Formen,  wornach  I 
(d^"at^auf  ein  altes  %«j^iM;>^L^jgLj;äckfü^^  gräco-italische 

Wurzel  giebt  Fick  ve  und  u  „mangeln",    so  dass  also   die  Be-     ^ 
handlung  des  Anlauts  von  ötium  (*mdium)  sich  unmittelbar  ver- 
gleicht mit   der   des   Anlauts  von  aumra  „Morgenröthe"  (Fick; 
2'  2)  neben  dem  'altindischen  vas  „hell  werden,  aufleuchten", \j " 
von  uiKjere  „vermehren"  (vergleiche  Fick  2^  3)  neben  dem  alt- 
indischen vaga-  „Raschheit,  Muth;  Stärke,  Kraft",   von  av^d- 
veai^uL  „wachsen"  neben  gothischera  vahsjan  und  anderen  ähn- 
lichen Formen :  wo  ursprünglich  der  Halbvocal  anlautete,  wurde 
er   später  bisweilen   an   die  zweite  Stelle  gedrängt  und  es  ent- 
wickelte   sich    der   Diphthong.      Es   wird    dadurch   sehr  wahr- 
scheinlich,   dass  mit  ötium   auch  vacüre   »ledig  sein,    frei  sein. 
Müsse  haben"  ganz  eng  zusammen  hängt,  das  1  i('1<  -  '  221)  mit     i 
altindischem    vakrd    ;, krumm",    und    vanc  :  rninati    „waiikeu,    l^ 
wackeln,    krumm  gehen,   schief  gehen"  zusaminSstellt.    Das 


^^vJ8^ 


Indütiae  und  bellum.  77 

abgeleitete  vacäre  würde  darnach  wohl  zunächst  auf  ein  nomi- 
nales *va-co  zurückführen. 

Ganz  ähnlich  wie  zum  'Qq\^^\q\'  ind-lgere  „bedürfen"  neben 
egrgtß-.Mhediirftig  sein"  sich  bildete,  konnte  neben  ötium  (*au- 
tium)  mit  Vocalschwächung  in  der  Zusammensetzung  auch  ein 
ind-iltiae  sich  bilden :  es  liegt  darin  das  nämliche  Vocalverhält- 
niss  vor  wie  in  accüsare  „anklagen"  neben  causa  „Grund, 
Schuld",  conclüdere  „einschliessen"  neben  claudere  ,,schliessen" 
und  anderen  Wörtern.  Ganz  consequent  ist  solche  Vocalschwä- 
chung im  Ijateinischen  nicht  eingetreten  und  so  mag  als  be- 
achtenswerth  auch  noch  angeführt  werden,  dass  Lange  (Seite  26) 
aus  alten  Cicerohandschriften  die  Form\  indofianini  beibringt. 

Dass  othmi  und  indütiae  im  Geschlecht  verschieden  sind, 
ist  von  untergeordneter  Bedeutung :  das  gleiche  Schwanken , 
kömmt  bei  dem  alten  ableitenden  Suffix  ia  (ja)  mehrfach  vor, 
wie  wenn  neben  dem  geläufigen  weiblichen  deliciae  „Ergötzlich- 
keit, Liebhaberei"  auch  ein /ungeschlechtiges) c?e/^■c^■wm  in  der 
gleichen  Bedeutung  auftritt  und  anderes  ähnlich.  Von  einem 
ableitenden  Suffix  ia  aber  kann  hier  zunächst  nur  die  Rede 
sein ;  die  t  in  ötium  sowohl  als  in  indütiae  können  nur  zunächst 
schon  zu  Grunde  liegenden  Nominalformen  {*auto-,  ^'ind-auto- 
„ geleert"?  „befreit"?)  angehören:  ein  fertiges  Suffix  ^i«  für  un- 
abgeleitete Nomina  anzusetzen ,  wie  es  noch  in  meiner  verglei- 
chenden Grammatik  (2,  386)  geschehen,  ist  man  nicht  berech- 
tigt, i 

Ueber  das  Bedeutungsverhältniss  vqij  indütiae  xmßi  Uium  noch  \ 
ausführlicher  zu  handeln,  ist  kaum  nöthig.  Während  in  ötium  \ 
die  allgemeine  Bedeutung  der  „Ruhe  von  Geschäften"  ganz  ge- 
läufig geblieben  ist,  die  doch  bekanntlich  auch  gar  nicht  selten 
auf  die  „Ruhe  von  Kriegsgeschäften",  also  „Frieden"  beschränkt 
wird,  hat  sich  für  indütiae  fast  ganz  die  Bedeutung  der  „(ver- 
tragsmässig  beschränkten  oder  vorübergehenden)  Ruhe  von 
Kriegsgeschäften",  also  „des  Waffenstillstandes"  festgesetzt  und 
Uebertragungen  auf  die  „Stille"  der  Nacht  (bei  Apulejus)  oder 
die  „Frist"  bei  Zahlung  der  Steuern  (bei  Cassiodor)  und  son- 
stige nicht  auf  Kriegswesen  bezügliche  Verhältnisse  sind  selten. 

Auch  über  die  Etymologie  von  helliim  mögen  noch  ein  paar 
Worte  angeschlossen  sein.  Selbstverständlich  hat  man  dabei 
von  der  ältesterreichbaren  lateinischen  Form,  also  duellum  aus- 
zugehen.    Bei   diesem   aber  kann  man  eben  so  wenig  an  jenes 


-t) 


78  Leo  Meyer 

bedenkliche  alte  du  „gehen,    eingehen"  denken,    als  dieses  bei     \ 
der  Erklärung  von  indütiae  in  Frage  kommen  konnte.  f 

Während^jnit  der  Bedeutung  ;,gehen,  eingehen"  ein  du  für  - 
das  Altindische  \noch  als  ganz  unerwiesen  gelten  muss,  ist  ei^j'i 
anderes  du  und  ^war  mit  der  Präsensform  ^^'^^f^^w/^^NJp  Altindi- 
schen ganz  lebendis:  es  bedeutet  intransitiv"\J>renn^,  vor  m- 
nerefr  Hitze  vergeheh,,  sich  verzehren,  vor  Kummer  vergehen, 
vor  Trauer  vergehen"  i^ä-du,  imri-du,  vi-du  ,,sich  verzehren, 
sich  abhärmen",  j>:jrrt-f/«\,, verbrennen")  und  transitiv  „breijnen, 
durch  Brand  Schmerzen  verursachen,  in  innere  Gluth  versetzen7"~" 
in  Feuer  versetzen,  in  Trauer  versetzen,  hart  mitnehmen"  {ahhi- 
dii  „brennen,  durch  Brand.  Schmerzen  verursachen",  prchdM^ 
,, quälen,  beunruhigen,  zusetzen",  vi-du  „durch  Brand  be- 
schädigen, durch  Brand  zerstöl?,en")  und  im  passiven  Particip 
dünd-  ,, gebrannt,  in  Gluth  versetzt,  in  Unruhe  versetzt,  mitge- 
nommen ,  gequält".  Dass  zu  dieser  Verbalgrund  form  das  ho- 
merische- dvrj  ,,Unglück ,  p]lend"  nebst  dvdav  (^r  Odyssee  20, 
195:  dXXa  d^sol  Siocügl  7tolv7cldyy.TOvg  dvd-Qconovg  ,, quälen  die 
Menschen,  i)rii^en  sie^  ins  Elend")  gehören,  liegt  auf  der  Hand, 
aber  auch |  o-p^y  j^ii^Qvz^''  wird  sich  ohne  Zweifel  daran 
schliessen.  Weiter  aber  gehören,  wie  auch  schon  von  Andern 
vermuthet  worden  ist  und  zum  Beispiel  auch  von  Lange  (S.  19) 
für  sehr  wahrscheinlich  gehalten  wird,  aus  der  homerischen 
Sprache  dazu  auch  noch  löaJFig  ,,Schlacht"  (nur  in  den  Ver- 
bindungen h  öafl  IvyQfi  Ilias  13,  286;  24,' T39  und  h  dafl 
ksvyaXij]  Ilias  14,  387  und  in  der  Zusammensetzung  dafiAvä- 
(.levog  „in  der  Schlacht  getödtet"  Ilias  21,  146  und  301),  örif- 
log  „feindlich"  „Feind"  nehst  hievEärfing  „die  Feinde  erwar- 
tend, den  Feinden  Stand  halteno^'Sd^/tori^g^,  Schlacht,  Kampf" 
dtj/wio  „feindselig  behandeln,  vernichten". 

Besonders  gern  schliesst  sieht  drjfiog  an  TtToXs^iog  (so  Ilias 
4,  281;  7,  119;  ]74;  17,  189;  19,  73;  21,  422),  wie  auch  das 
substantivische  örj/iori^g  sehr  oft  (Ilias  5,  348;  409;  7,  29: 
119;  174;  12,  181;  244;  13,  250;  16,  91;  20,  124)  mit  ttto- 
le/iiog  verbunden  erscheint.  Bei  dieser  engen  Verbindung  ge- 
rade des  Begriffes  „Kampf,  Krieg"  mit  jenem  U^4£^  (oder  wie 
raans  auch  nennen  mag  dav)  und  zwar  gerade  in  dem  dem 
Lateinischen  so  nahstehenden  Gebiete  des  Griechisch^i  kann' 
man  nicht  daran  zweifeln,  dass  auch  das  a\t\iiteiu\sche( duellum, 
spätere  bellum  „Krieg"  sich  hier  anschliesst. 


Indütiae  und  bellum.  79 

Es  würde  noch  übrig  bleiben,  über  die  Beschaffenheit  des 
suffixalen  Theiles  von  dueßüm  Aufschluss  zu  suchen.  Lange 
(Seite  28)  hält  es  für  "aas  Deminutiv  eines  vorauszusetzenden 
*duolum.  Von  vorn  herein  aber  ist  gewiss  gerade  bei  dem  Be- 
griff ;; Krieg"  der  Gedanke  an  eine  Deminutivbildung  sehr  we- 
nig nahe  liegend  und  dann  ist  hervorzuheben ,  dass  überhaupt 
von  den  lateinischen  Bildungen  mit  suffixalem  l,  die  man  frü- 
her unbedenklich  für  Deminutiva  gehalten,  viele  sicher  gar  nichts 
mit  wirklicher  Deminutivbildung  zu  thun  haben.  Vielleicht  darf 
man  bei  der  Bildung  von  duellum  an  eine  nahe  Verwandtschaft! 
der  Bildung  von  dudla  „Büssung"  denken,  das  Lange  (Seite  28) 
erwähnt,  bei  dem  man  aber  gewiss  nicht  damit  ausreicht,  wennj 
man  sagt,  luella  sei  geschrieben  für  luela.  Es  ist  neuerdings,! 
wenn  ich  nicht  irre  von  Johannes  Schmidt,  vermuthet  worden, 
dass  die  lateinischen  Bildungen  auf  -ella  aus  solchen  auf  -etla 
hervorgegangen  seien :  ist  damit  das  Rechte  getroffen,  so  könnte 
sehr  wohl  auch  duellum,  aus  einem  alten  duetlum  hervorgegan-^ 
gen  sein  und  in  griechischem  Gewände  etwa  ein  dvsd-lov  ent-| 
sprechen,  das  wie  yived-lov  „Abstammung"  und  ähnliche  Wör-j 
ter,  von  denen  in  meiner  Grammatik  2,  359  die  Rede  war,  ge- 
bildet wäre.  I 

Was  noch  das  lateinischel^Zow^i'a  J  alt  dautia  „Bewirthung 
fremder  Gesandtschaften"  anbetrifft,  das  Max  Müller,  wie 
Lange  (Seite  22)  in  durchaus  beifälliger  Weise  anführt,  mit 
dem  altindischen  dütd-  „Bote"  in  Verbindung  bringen  will,  mit 
dem  es  dann  weiter  auch  an  jenes  unsichere  du  „gehen"  an- 
geknüpft werden  soll,  so  darf  man  dabei  wohl  eher  an  einen 
Zusammenhang  mit  den  vedischen  \düvas-  n.  „Gabe"  „Vereh- 
rung (besonders  insofern  sie  in  Darbringung  von  Gaben  be- 
steht)" und  'dnrasjnti  ,, beschenken,  .schenken,  huldigen,  vereh- 
ren (besonders  durch  Gaben  oder  Dienst)"  denken.  Bei  der 
Zusammenstellung  des  lateinischen  dautia  (lautia)  mit  dem  alt- 
indischen dütd  ,,Bote"  ist  das  Lautverhältniss ,  da  altindischem 
ü  kein  lateinisches  au  gegenüber  zu  treten  pflegt,  ebenso  be- 
denklich als  das  Bedeutungsverhältniss :  ■  es  wäre  für  dautia 
etwa  die  Bedeutung  ,, Gesandtschaft"  zu  erwarten  gewesen.  Das 
unmittelbar  von  didä-  ,,Bote"  abgeleitete  vedische  dütia-  (spä- 
ter dü'tja-)  n.  bedeutet ,, Botschaft"  ,, Ausrichtung  der  Botschaft" 
„Dienst  oder  Pflicht  des  Boten"  und  ebenso  ist  auch  das  jün- 
gere sanskritische  dä'utja-  n.  „Botschaft,  Botenamt". 


80  A.  Bezzenberger 

Am  Allerwenigsten  möchten  wir  der  im  Anschluss  an  Ficks 
oben  angeführte  Zusammenstellungen  von  Lange  (Seite  20)  aus- 
gesprochenen Herleitung   des   lateinischen  dux  und  dücere  von 
dem   unsicher   construirten  \du  „gehen"   beistimmen ,   zu  deren 
formeller  Erläuterung   nichts    beigebracht   wird ,   als    dass   der 
Guttural  in   duc  der  Wurzel  du  zu  ihrer  näheren  Bestimmung 
(deterrainandae...  causa)  zugefügt  sei,  wie  zum  Beispiel  auch 
I  in  jacio  und  facio.     Wo  nun  aber  Verba  so  genau  mit  einan-| 
f  der  übereinstimmen,  wie  das  lateinische /f/wc^re  und  unser  deut-l 
sches  ziehen,  man  also  ihr  volles  Leben  irTeiiiS  uralte  Zeit  zu-| 
rückführen  kann,    da  bleibt  ohne  ganz  sicher   weiter  führende | 
Analogieen  jedes  weitere  Zerschneiden   ein    im   höchsten  Grade  \ 
Bfiissliches  Experiment ,    mit    dem    man    leicht    nur   zum   Tode  j 
bringt,    was  bis  dahin   noch   volles  Leben   hatte.     Soll  in  ducl 
der  Guttural  ein  determinirendes  oder  näher  bestimmendes  Ele- 
ment heissen,    so  wäre  zunächst  zu  erweisen,    wie  er  determi- 
nirt   oder   näher  bestimmt.     Dieser  Erweis  würde  aber  nur  zu 
erbringen  sein,  wenn  die  Wurzelformen  auf  k  in  weitestem  Um- 
fange einer  genauen  bezüglichen  Untersuchung  unterzogen  wür- 
den.     Vorläufig   scheint  für   dücere  und  ziehen   eine   Art  von 
Causalbedeutung  der  Wurzel  du  „gehen"  angenommen  zu  wer- 
den.    Weder   aber  trifft  ein  „gehen  machen"  die  Grundbedeu- 
tung von  dücere  und  ziehen  in  irgend  glücklicher  Weise,  noch 
ist  für   das   „determinirende"  k  von  Verbalgrundformen   über- 
haupt gerade  die  Causalbedeutung  nachgewiesen. 

Dorpat,  den  dritten  December  [2L  November]  1877. 

Leo  Meyer. 


Hvaiva. 

Dass  in  got.  hvaiva  ^j^wie"  ein^/^  ausgefallen  sei,  habe  ich 
schon  früher  vermutet  und  ich  bin  auf  diese  Vermutung  durch  lit. 
kek  „wieviel"  (lett.  zik,  z?k),  kekas,  keka(gi)  zurückgeführt,  an  die 
sich  got.  hvaiva,  wenn  man  es  —  wie  sinns  aus  *sihvns,  stiviti  aus 
*sti(/viti  (Fick  o.  L  187)  u.  s.  w.  —  als  aus  hvaihva  entstanden 
denkt,  auf  das  engste  anschliesst ;  die  Vertretung  von  lit.  e  (kek) 
durch  got.  ui  (hvaiva)  ist  nicht  aussergewöhnHch ,  vgl.  lit.  te, 
t'ems  und  got.  Pai ,  ßaim.  —  In  ihren  bedeutungen  entfernen 
sich  hvaiva  und  kek,  keka{gi),  kekas  etwas  von  einander,  aber 


Hvaiva.  8l 

doch  nicht  so  weit,  dass  es  schwer  fiele,  dieselben  zu  vermitteln  ; 
zur  begründung  dieser  behauptung  mag  es  genügen,  auf  z.  b. 
II  Kor.  1.  20  hvaiva  manaya  gahaita  gußs  und  lit.  Wendungen 
wie  kek  metikai  tu  iszUidai,  kek  daüg  u.  a.  (Kurschat  wbch.  I 
s.  V.  „wie"),  lett.  zik  ddrgs  zu  verweisen.  —  Ueber  das  vorkom- 
men von  hvaiva  im  althochdeutschen  vgl.  Müllenhoff  und  Sche- 
rer denkm.2  502.  —  Ueber  die  entstehung  von  kek  habe  ich  in 
der  kürze  zgls.  s.  170  gehandelt;  der  durch  vergleichung  von 
kek  und  hvaiva  sich  ergebende  stamm  kaika-  ist  aus  kajaka- 
entstanden,  wie  ebenso  die  für  lit.  t'ek,  kltas,  szitas  vorauszu- 
setzenden stamme  taika-,  kaita-,  szaita-  aus  tajaka- ,  kajata-, 
szajata-  entstanden  sind  i). 

Ich  knüpfe  hieran  noch  die  etymologien  einiger  gotischer, 
bez.  germanischer  Wörter,  die  ich  gerade  zur  band  habe.  Got. 
qairrus  „sanftmütig"  (Fick^  III.  54)  entspricht  genau  dem  lit. 
gur US  „locker,  bröckelig"  (Fick^  II.  548). —  UndarUijis,  aus  dem 
oft  missverstandenen  dativ  undarleijin  Eph.  3,8  zu  erschliessen, 
enthält  in  seinem  Schlussbestandteil  —  was  freilich  Diefenbach 
einst  nicht  glauben  wollte  —  das  lett.  Uijsch  „niedrig  ge- 
legen" (s.  darüber  Fick  o.  I.  333).  —  Braids  bedeutet  eigent- 
lich „ausgestreut,  ausgebreitet"  (vgl.  skr.  d-stirnd)  und  gehört 
zu  lit.  herü  „streuen" ;  anders,  aber  unrichtig  urteilt  J.  Schmidt 
voc.  I.  60,  86  über  braids.  —  Das  rätselhafte  gansjai  Gal.  6.  17 
ist  vielleicht  Schreibfehler  für  gausjai  vgl.  an.  gegsa  „in  heftige 
bewegung  bringen,  aufhetzen"  (Möbius  an.  glos.  s.  v.).  —  Bus- 
becks knauen  (hi.  tag  bonus  dies)  schliesst  sich  zunächst  an 
an.  ktidr  „tüchtig,  kräftig"  (Fick^  III.  41).  —  Desselben  cada- 
riou  „miles"  wird  einem  vulfilanischen  nom.  sg.  *gadriugs  ge- 
nau entsprechen.  —  Das  krimgotische  lista  „parum"  endlich 
erhält  durch  den  vergleich  mit  ksl.  lichü  „ermangelnd,  expers, 
privatus",  Usiti  „privare"  licht;  über  diese  vgl.  Fick^  IL  653, 
III.  272.  Adalhert  Bezzenberger. 


^)  Wenn  J.  Schmidt  Jen.  lit.-ztg.  1878  art.  191  die  bisherige  erklä- 
rung  von  szitus  für  vollkommen  befriedigend  erklärt,  so  wünschte  ich, 
dass  er  dieses  urteil  irgendwie  begründet  hätte ;  ich  halte  jene  erklärung 
für  sehr  wenig  befriedigend. 


Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachno.  III. 


82  R.  Sprenger 

Zum  mittelhochdeutschen  Wortschatz.    II. 

(Vgl.  Bd.  I.    S.  51.) 

her.  / 

ahd.  Mriy  her  ist  neuerdings  von  drei  Seiten  (Diefenbach, 
vergl.  wb.  d.  got.  spr.  2,  491 ;  Grimm,  kl.  sehr.  1,  140;  Kuhns 
zs.  7,  171)  zu  got.  hais  fackel  gestelt,  so  dass  die  ursprüngliche 
bedeutung  des  wortes  „glänzend,  leuchtend"  wäre,  welche  ety- 
mologie  auch  von  Lexer,  aber  nicht  one  ?  angefurt  wird.  Die- 
selbe erweist  sich  aber,  obgleich  lautlich  nichts  zu  erinnern  ist, 
als  unhaltbar,  weil  sich  noch  im  mhd.  eine  andere  viel  sinn- 
lichere bedeutung  als  ursprünglich  nachweisen  lässt.  In  Lara- 
prechts  Alexander  4487fg.  (Weism.)  heisst  es  von  Porus:  er  was 
vil  langer,  dan  der  kuninc  Alexander,  zweier  klaftere  unde 
mer.  Porus  was  starc  unde  Mr.  Es  ist  nun  aus  dem  zusam- 
menhange zu  schliessen ,  dass  her  hier  nicht  die  algemeine  be- 
deutung :  „erhaben,  vornem",  sondern  die  eines  synonimuras  von 
starc  hat.  Ferner  zeigt  die  ursprüngliche  sinnliche  bedeutung 
de's  Wortes  eine  bisher  übersehene  stelle  im  Anegenge  [b.  Hahn, 
Gedd.  des  12.  u.  13.  jrh.]  23,  18:  er  sprach  da^  sie  solde  sin 
fumfzic  chlafter  tief,  dreizecher  er  hiez  sei  lazzen  vollechleiche. 
Es  ist  von  Noa's  arche  die  rede,  und  entspricht  die  stelle  Ge- 
nes. VI,  15  trecentorum  cubitorum  erit  longitudo  arcae,  quin- 
quaginta  cubitorum  latitudo,  ettriginta  cubitorum  altitudo 
illius.  Es  ist  also  zu  lesen:  drtzec  her  erhiezcet.  Es  ist  also 
her  hier  =  altus.  Danach  wird  sich  das  wort  etymologisch 
zu  lat.  cPrus  in  pro-cerus  stellen,  über  dessen  weitere  etymolo- 
gie  ich  auf  Curtins*  154  verweise.  Dieses  entspricht  auch  in  sei- 
ner begriffsentwickluiig  merkwürdig  dem  deutschen  worte,  denn 
auch  die  übertragene  bedeutung  „vornem,  von  stände"  zeigt 
sich  in  dem  dazu  gehörigen  subst.  pl.  pro-ceres,  das  widerum 
dem  deutschen  subst.  herre  [ursprüngl.  heriro  adj.  comp.]  ent- 
spricht. Wie  sich  aus  der  grundbedeutung  gross  [kräftig  auf- 
geschossen] die  übrigen  bedeutungen  entwickeln,  ist  leicht  ein- 
^usehn.  Bedenken  erregen  könnte  nur  die  bedeutung  „froh, 
/•^heiter".  Doch  braucht  man  dies  nur  durch  ,, hochgemut"  wi- 
derzugeben und  daran  zu  erinnern,  dass  das  volk  noch  heute 
von  jemand ,  der  froher  Stimmung  ist ,  zu  sagen  pflegt :  „er  ist 
hoch".  Die  ebenfalls  sich  zeigende  bedeutung  heilig  braucht 
nur  durch  erhaben  ersetzt  zu  werden. 


Zum  mittelhochdeutschen  Wortschatz.  83 

tief 
bezeichnet,  was  im  mhd.  wb.  und  bei  Lexer  nicht  bemerkt  ist, 
nicht  nur  die  ausdehnung  in  die  höhe,  sondern  auch  die  breite. 
Noch  heute  sagt  man:  das  zimmer  ist  so  und  soviel  fufs  tief 
(=  breit).  Für  das  mhd.  ist  die  oben  angemerkte  stelle  aus 
dem  Anegenge  beweisend :  fumfzic  chlafter  tief  =  quinquaginta 
cubitorum  latitudo. 

In  Konrads  von  Fussesbrunnen  kindheit  Jesu  80,  22  heisst 
es  von  den  tieren  an  der  krippe: 

nu  begunde  starke  an  gedigen 

diu  vihe  unt  rümten  ir  7na^. 
Es  fragt  sich  was  dieses  mag  bedeutet.  Lexer  I,  2063  (im  mhd. 
wb.  feit  die  stelle)  hält  es  für  identisch  mit  dem  st.  n.  mag  = 
5,essen,  speise";  versteht  also  hier  das  futter  des  viens  darun- 
ter. Diese  Interpretation  erweist  sich  aber  als  bare  Unmöglich- 
keit, da  das  mhd.  verbum  rümen  =  „verlassen"  nur  von  ei- 
nem räume  gebraucht  werden  kann.  Auch  die  unter  dem 
vieh  ausgebreitete  streu  kann  es  kaum  bezeichnen.  Wir  könn- 
ten nun  versucht  sein  mag  in  vag  zu  ändern  nach  Albrecht  v. 
Halberstadt  35,  137.  da^  va^  rümen;  aber  dies  empfiehlt  sich 
schon  deshalb  nicht,  weil  auch  die  stark  abweichende  lassber- 
gische  handschrift  ebenfalls  deutlich  ;//mj-  überliefert.^^3yir  wer- 
den also  ein  mag  mit  der  bedeutung  eines  raumes  anzunemen 
haben.  Hier  entspricht  es  dem  stabulwn  der  lat.  vorläge:  Li- 
ber  de  infantia  Mariae  et  Christi  salvatoris  ed.  0,  Schade  cap. 
14  z.  anf. 

Dasselbe  wort  findet  sich  aber  auch  noch  an  einer  zweiten 
stelle,  im  Meister  Altswert  edd.  Holland  u.  Keller  190,  36:  des 
freut  ich  mich  von  herzen  glich  einem  falkenterzen,  dag  üg  dem 
mag  entrint.  Auch  diese  stelle  ist  Lexer  nicht  entgangen,  wird 
von  ihm  aber  höchst  künstlich  durch  „atzung  und  damit  ver- 
bundene abrichtung  des  falken",  freilich  nicht  one  beigesetztes  ?, 
erklärt.  Es  erklärt  sich,  nach  dem  vorausgegangenen  einfach 
als  der  käfig.  Dasselbe  wort  haben  wir  in  dem  altfr.  mes  — 
maison  zu  erkennen,  das  sich  z.  b.  in  Bartschens  Chrestomathie 
s.  49,  5  findet.  Genau  so  lautet  auch  die  altfr.  form  von  mag 
speise. 

sahsenveder. 
Dieses  auch  noch   bei   Lexer  feiende  wort  findet  sich  bei 

G* 


84  R.  Sprenger 

Heinrich  v.  Müglin  ed.  W.  Müller,  lied  V,  2,  5:  die  Sachsen 
feder  und  die  schelle  verlorn  in  irem  dinst  ich  habe,  sahs 
stf.  wird  nach  Mynsinger,  von  falken  und  hunden  3.,  als  die 
äusserste  schwanzspitze  des  falken  zu  erklären  sein,  .mhsenfe- 
der  sind  also  die  grossen  Schwanzfedern  des  vogels. 

hrunnen  sw.  v. 
—  hervorquellen  ist  im  mhd.  wb.  I,  270  a  belegt  mit  Tristan 
11202.  Im  deutschen  wb.  2,  435  ist  aber  überzeugend  darge- 
tan, dass  an  dieser  stelle  lobesbrunnen  —  fontes  laudis  [s.  auch 
Bechstein  z.  d.  st.]  zu  lesen  sei.  Dies  citat  durfte  daher  von 
Lexer  nicht  widerholt  werden.  Für  das  rahd.  bleibt  also  als 
einzig  nachweisbare  bedeutung  des  wortes  „mingere". 

frumen.  sw.  v. 
Kindh.  Jes.  97.  34: 

nu  kom  ein  man  von  der  stet 

unte  frumte  ein  spanbet. 
Es  passt  hier  keine  der  bisher  aufgeführten  bedeutungen  von 
frumen.  Die  [wenn  auch  nicht  direkte]  vorläge  der  stelle  ist 
evang.  Pseudo-Matthaei  c.  XXXVII  [Evangeha  apocrypha  ed. 
Tischendorf  s.  99]:  et  cum  esset  Joseph  faber  lignarius  .  .  .  ., 
contigit  ut  quidam  iuvenis  illi  faciendum  grabatum  cubitorum 
sex  demandaret.  Im  alten  Passional  (ed.  Hahn  1845)  48,  65 
ist  die  stelle  folgendermassen  umschrieben:  zeimal  quam  ein 
richer  man  (als  mir  daz  buch  hat  geseit  von  unseres  herren 
kintheit)  der  quam  zu  Josephe  hin  unde  hat  in  daz  er  sinen 
sin  dar  uf  an  arbeite  hete  unde  im  ein  spanbette  inachte  cet. 
Danach  ergibt  sich  hier  für  frmnen  die  bedeutung  „wünschen 
fordern  verlangen''.  Bekanntlich  wird  das  synon.  schaffen  noch 
heute  dialektisch  in  dieser  bedeutung  gebraucht  [„Schaffen's  » 
mäfs?"  fragen  die  bairischen  kelnerinnenj.  So  wird  sich  auch 
die  vielbehandelte  stelle  Nibel.  Z.  233,  2^  erklären:  doch  frum- 
tens  einen  kapelän  d.  h.  „sie  heischten  einen  kaplan",  nicht 
„sie  schafften  herbei",  wie  Lübben,  oder  „hielten",  wie  Holtz- 
mann  wollen.  Auch  Bartschens  erklärung  (Untersuchungen  üb. 
d.  Nibell.  s.  207)  scheint  weniger  passend. 

zUlose  1). 
Mit  dem  namen  zeitlose  bezeichnen  wir  die  bekannte  gift- 
pflanze,    deren    botanischer   name    Colchicum    auctumnale    ist. 

^)     Was  das  wort  im  mnd.  bezeichnet,  habe  ich  inzwischen  im  Kor- 
respondenzbl.  des  Vereins  für  niederd.  Sprachforschung  II,  65  gezeigt. 


Zum  mittelhochdeutschen  Wortschatz.  85 

Wenn  daher  zttlöse  im  mhd.  wb.  nicht  weiter  erklärt  wird,  so 
haben  wir  grund  zu  der  anname,  dass  die  Verfasser  diese  pflanze 
darunter  verstanden  haben.  Nun  finden  wir  aber  in  den  mit- 
telhochd.  gedichten  [Tund.  63,  44;  Warnung  HZ.  I,  1922,  2296 
u.  ö.]  das  wort  stets  in  Verbindung  mit  wolriechenden  blumen, 
besonders  mit  der  lilie  und  rose  aufgeführt.  Schon  danach  ist 
nicht  wahrscheinlich,  dass  es  die  giftpflanze  bezeichne.  Völlig 
verwerflich  aber  wird  diese  anname  erscheinen,  wenn  wir  sehen, 
dass  dieselbe  als  bildliche  bezeichnung  der  mutter  gottes  ge- 
braucht wird,  z.  b.  Erlösung  ed.  Bartsch  2259  du  lilje  viol  rosa, 
du  zarte  zitlosä  u.  5718  zitloselin  [Weitere  beispiele  mhd.  wb. 
III,  915b.  s.  auch  W.  Grimm  z.  gold.  schm.  XLIII,  1].  Denn 
es  ist  gar  nicht  anzunemen,  dass  Maria  mit  der  herbstzeitlose, 
die  vom  volke  mit  einem  ser  unererbietigen  namen  (s.  Grisebach, 
Flora  v.  Göttingen  s.  78)  bezeichnet  wird,  verglichen  werde.  Es 
schien  mir  daher  passend  nachzusehen,  ob  nicht  landschaftlich 
noch  eine  andere  pflanze  mit  diesem  namen  bezeichnet  werde. 
Ich  habe  nicht  lange  zu  suchen  brauchen.  Vilmar,  kurhess. 
Idiot.  467  fürt  zeitlose  als  benennung  der  massliebe  [bellis  per- 
ennis]  an,  die  auch  schon  ahd.  so  heilst.  Wir  dürfen  um  so 
weniger  anstand  nemen,  diese  für  die  hier  gemeinte  pflanze  zu 
erklären,  als  eine  andere  volkstümliche  bezeichnung  derselben: 
Marienblümchen  [auch  Chrysanthemum  wird  so  genannt]  auf  Zu- 
sammenhang mit  dem  Mariencultus  hinweist.  Sumerlaten  61, 31 
findet  sich  die  glosse  citamus  —  citelosa.  Was  citamus  sei,  ist 
dunkel.  Dafs  aber  das  deutsche  zUlöse  überhaupt  nur  um- 
deutschung  dieses  wortes  sei,  wie  Wackernagel  meint,  scheint 
mir  mit  Andresen,  über  deutsche  Volksetymologie  s.  9  nicht 
wahrscheinlich,  ich  halte  es  vielmer  für  die  Übersetzung  des 
lateinischen  beinamens  der  pflanze:  jjerennis.  Der  umstand, 
dass  dieselbe  stets  diu  schoene  zitlose  genant  wird,  gibt  zu  der 
Vermutung  anlass,  dass  man  hellis  fälschlich  als  adjectivum  ge- 
fasst  (=  bella)  und  demgemäss  übersetzt  habe. 

7nüs. 

Sibote's  Vrouwenzucht  v.  508    (in  der  ausg.  Gabt  I,  54. 
V.  498) 

ja  ich  hiz  sine  katze  müs 
und  nante  sinen  wint  Rin. 
Zu  diesen  versen  hat  sich  der  neuste  herausgeber,   H.  Lambel, 


86         E.  Sprenger  Zum  mittelhochdeutschen  Wortschatz, 

jeglicher  bemerkung  enthalten.  Wie  dieselben  in  den  Zusam- 
menhang passen  ist  mir  selbst  nicht  recht  deutlich.  Warschein- 
lich  haben  wir  es,  wie  bei  108 — 111,  mit  einer  sprichwörtlichen 
redensart  zu  tun.  Soviel  steht  aber  fest,  dass  die  point^  der- 
selben nicht  darin  liegen  kann,  dass  die  frau  die  ..dinge  mit 
verkerten  namen  benennt,  wie  Zingerle,  Gerniatiia  VII,  192 
meint,  der  unter  Rin  wunderlicher  weise  dgB'lftul's  Rhein  ver- 
steht. Nein,  Ein  ist  ein  hundename^^-der  z.  b.  im  Reineke 
Vos  1770,  2517  erscheint.  Ebensq,i^^w^<s  hier  nicht  =  mus, 
maus,  sondern  ein  kosename  de;i?'''Katze7~cler  noch  heute  m  den 
verschiedenen  formen  \nmiz^  m}^  müschen  gebräucjjlich  ist. 
Vgl.  darüber  Höfer  in  jpfeiffers  Germania  2,  168  ff.  Auch  pwse 
(engl,  puss  holl.  jiOßs)  ist  zu  vergleichen,  s.  auc6  ScEmener, 
biiir.  wb.  2,  ßßo.  ■  ""'' 

Das  deutsche  müs  ist  wol  direct  aus  dem  mittellat.  (ll.jh.) 
musiOj,  kater  (=  muriceps  von  mus  maus  ?)  geworden,  wie  auch 
ital.  mucia,  muscia  span.  miza,  miz.  Ueber  letztere  siehe  Diez, 
wbch.  I,  276. 

naget  =  angel. 
Walth.  29,  13  sagt  von  dem  ungeheuer,  dem  er  den  unge- 
treuen mann  vergleicht: 

in  shne  stiegen  honege  lit  ein  giftic  nagel. 

sin  wolkenlose^  lachen  bringet  scharpfen  hagel 
Pfeiffer  (146,  8)  erklärt  nagel ^  ungula  =  angel,  stachel,  wäh- 
rend Wilmanns  nichts  bemerkt.  Der  vergleich  ist  von  der  biene 
genommen  und  bei  den  mhd.  dichtem  häufig  [s.  mbd.  wb.  u. 
d.  w.].  Das  hat  Pf.  richtig  gesehen,  wenn  er  meint,  dass  nagel 
hier  =  atujel,  stachel  sei.  Beide  wörter  können  aber  nicht 
etwa  mit  einander  verwechselt  werden,  denn  angel  =  aculeus 
und  nagel  =  unguis  sind  nach  bedeutung  und  etymologie  durch- 
aus verschieden.  Wenn  daher  nagel  für  angel  hier  durch  den 
reim  gesichert  ist,  so  bleibt  nichts  übrig  als  metathesis  des  n 
anzunemen.  Uebrigens  kann  ich  die  form  noch  weiter  belegen 
in  Albers  Tundalus  56,  26,  wo  nagel  (:  zagel)  dem  aculeus  der 
lat.  vorläge  entspricht.  Sicher  herzustellen  ist  sie  auch  53,  13 
na^jel  :  zagel  (hs,  zadel  :  nadel)  s.  meine  schrift  über  Albers 
Tundalus.  dem  Schreiber  war  hier  wol  die  ungebräuchliche  form 
anstössig,  ebenso  wie  dem  Schreiber  der  Pariser  liederhdschrift, 
der  an  jener  stelle  bei  Walther  allerdingst  höchst  ungeschickt 
snabel  dafür  setzte.  B.  Sprenger. 


87 


Miscellen. 


Den  0.  IL  338  f.  von  mir  mitgeteilten  Beispielen  neugrie- 
chischer Volksetymologie  füge  ich  die  folgenden  hinzu: 

1)  Ein  wildes  Rankengewächs  heisst  in  Epirus  ^Oßgtjd  d.  i. 
'EßQoia  (e  geht  öfters  in  o  über);  darunter  wird  die  ßQvwvrj 
(ßqvcovig,  ßQvwvla)  der  Alten  zu  verstehen  sein. 

2)  Die  Insel  ^EXaiovaaa  oder  ^EIeovoo,  heisst  nach  Bursian 
II.  77  heute  ^ayovaa,  vgl.  Xaycog. 

3)  Ein  Dorf  auf  Kreta  führt  den  Namen  ^Evvea  xwgjä,  Bur- 
sian erkennt  hierin  gewiss  mit  Recht  das  ^IvaxcoQtov  der  Alten. 

4)  riv'/.o(p8yyu ,  yXv'/,oxaQdtet  (der  Tag  bricht  schön  an) 
und  ylvxavyrj  sind  offenbar  aus  '*lvy.o(feyyeL  u.  s.  w.  umgestal- 
tet (vgl.  Xvyirj,  Xvxöq)iog,  Xvy^avyig) ,  indem  das  Volk  den  ihm 
unverständlichen  ersten  Teil  dieser  Wörter  an  ylvKog  d.  i.  yXv- 
yivg  anschloss. 

5)  Die  türkische  Benennung  Kretas  Kirid  d.  i.  „Wurf- 
spiess"  scheint  durch  Volksetymologie  aus  der  neugr.  Form  des 
Namens  jener  Insel  Kq^ttj  (spr.  KqIti)  entstanden  zu  sein. 

N.  Dossius. 


6.  Lat.  rici-nu-s  Viehlaus,  Laus  der  Schafe,  Hunde,  Rin- 
der entspricht  dem  lit.  erke  Schaflaus,  nach  Andern  der  Holz- 
bock =  lett.  ehrze  Kuhmilbe,  die  Buschlaus  (=  Holzbock). 
Dazu  gehört  auch  sskr.  likshd  Ei  der  Laus,  Niss.  Auf  euro- 
päischem Gebiet  wird  die  Viehlaus  erki-s  oder  erkio-s  geheissen 
haben.  r 

7.  Zum  ved.  phalgü  schimmernd,  röthlich  flimmernd  (mit      jLtC, 
2)h  =  sp)  stellt  sich  lett.  spt^l^üht  gläwaen,  funkelp,  wozu  sß^l§lT  vT 
der  Fuij^kelnd<^  auseklis  der  Morgenstern,  sjm'lgums  das  Glän- 
zen, spittgans  uüd  sjjüktans  (spilganSy  spiWansJ  schillernd,  glän- 
zend. 

8.  In  slacfQog  leicht,  flink,  geschwind  kann  (p  aus  gh  ent- 
standen sein,  wie  in  vsicpei.  Dann  gleichen  genau  ags.  lungre 
adv.  celeriter,  prompte,  cito,  confestim,  mox,  facile,  as.  lungar 
„alacer",  ahd.  lunkar  „strenuus"  (s.  KZs.  14.  306),  welche  zum 
germ.  lingan  lang  lungans,  nhd.  ge-lingen  gehören.  Nasalvoca- 
lisches  a  =  germ.  un  wie  in  Ixaröv  =  got.  hund  u.  s.  w. 

9.  Altirisch  >«5£.  pl.  cfmm  pes  Z^  49.  steht  für  cox ,  wie 
des8  Ö€^i6g  für  dex.  Die  voll«  Form  ist  erhalten  in  i^gyerrc- 
"M^og  „Weissfuss",  Nqjine  eines  Caledoniers  bei^io  Cassius  76, 
16,  Dem  celtischen  cbiw-  entsprechen  mhd.  Jiah^  nhd.  If^'^a^ 
Kniebug  der  Pferde,  lat.  co>a  Hüfte,  sskr.  /r^Wfc^/m  Ac^el ;  Grund- 
bedeutung ist  „Gürtung,  Gel^k' 

A.  Fick. 


88  Rud,  Peppmüller 


De  nominibus  Graecis  in  aiog  aia  aiov  scripsit  Konradus  Zaclier. 
Halis  Saxonum  Max  Niemeyer.    1877.     VIII  und  280  SS.    8. 

Trotz  der  Blüthe ,  welcher  sich  grade  die  Beschäftigung  mit  der 
griechischen  Grammatik  zu  erfreuen  hat,  ist  das  Gebiet  der  Wortbil- 
dung seit  Lobeck  doch  nur  wenig  angebaut  worden.  Nur  die  Lehre 
von  den  Compositis  hat  durch  Justi,  Clemm,  Roediger,  J^edde,  G.  Meyer, 
K.  Zacher  u.  a.  eine  eingehendere  Behandlung  erfahren:  jetzt  liegt  uns 
für  jenen  Zweig  der  Grammatik  in  der  genannten  Arbeit  Zachers  ein 
grösserer  für  Philologen  und  Sprachvergleicher  schätzenswerther  Bei- 
trag vor.  -^ 

Gestützt  auf  ein  sorgfältig  gesammeltes  und  gesichtetes  Material 
geht  Zacher  im  1.  Theil  seiner  Schrift  zunächst  die  verschiedenen  For- 
men des  Suffixes  acos  durch.  Indem  er  über  die  Ausstossung  des  i 
handelt,  löst  er  zugleich  den  scheinbaren  Widerspruch,  dass  die  Les- 
bier nach  Angabe  der  Grammatiker  das  t  des  Diphthonges  cti  vor  fol- 
gendem Vokal  unterdrückt  hätten ,  während  die  lesbischen  Inschriften, 
gleich  denen  der  meisten  übrigen  Dialekte,  viel  gewöhnlicher  ai  zeigen. 
Wenn  wir  dagegen  im  attischen  Dialekt  eine  gewisse  Inconsequenz  an- 
treffen, so  erklärt  Z.  dies  Schwanken  zugleich  mit  jenem  Widerspruche 
aus  der  allmählich  zunehmenden ,  von  Hartel  zuerst  nachgewiesenen 
Verflüchtigung  des  j,  die  im  4.  Jahrh.  vor  Chr.  bis  zu  dem  Grade  ge- 
kommen war,  dass  man  zweifeln  konnte,  ob  man  den  einfachen  Vokal 
oder  nach  ihm  einen  t-ähnlichen  Hauch  hörte.  So  ward  aus  aios,  und 
zwar  zum  Theil  schon  in  vorhistorischer  Zeit,  ttos-  Wenigstens  ist  dies 
der  bei  weitem  häufigste  Ursprung  des  Suffixes,  während  sich  Entste- 
hung aus  ((jrog  nur  bei  uykccög,  äevaog,  ravaög  —  hier  hätte  statt  auf 
die  Composita  mit  ravv-  lieber  auf  die  'ravaimoSct  fx^Xa'  von  i  464  und 
hymn.  in  Ap.  304  verwiesen  werden  sollen  — ,  den  Compositis  mit  -Xaog, 
und  bei  naaitfät]  darthun  lässt:  denn  noXvndfxqaos  kommt  als  späte 
Analogiebildung  in  der  Anthologie  nach  meiner  Ansicht  gar  nicht  in 
Betracht.  Bei  xe^aog  hat  Z.  die  Zusammenstellung  mit  cer-viis  mit  Recht 
verworfen  und  eine  Reihe  xfQcta-fo-g ,  xiQniog,  xiQaog  aufgestellt,  eine 
Behauptung,  die  er  durch  die  Vergleichung  von  xi^aia  (cf.  p.  81  f.)  zur 
Evidenz  erhebt.  Das  zweite,  über  den  Wechsel  von  tnog  ued  iritog  han- 
delnde Capitel  sucht  den  wichtigen,  bisher  neuen  Satz  zu  erweisen,  dass 
riiog  die  Stelle  von  aiog  eigentlich  nur  dann  vertreten  kann,  wenn  das 
«  des  Diphthonges  nicht  stammauslautend,  sondern  innerer  Bestandtheil 
des  Wortes  ist:  sonst  geht  riiog  auf  tiog  zurück.  Dass  Einzelnheiten 
wie  SQttxfiriiog  Nie.  und  vfievi^iog  diesem  Gesetze  nicht  entsprechen,  hätte 
Z.  ruhig  zugeben  sollen.  Die  Späteren  liebten  es  eben,  ihren  Dichtun- 
gen einen  alterthümlichen  Anstrich  zu  geben:  kein  Wunder,  dass  sie 
bei  dem  Mangel  eines  lebendig  schaffenden  Sprachgefühls  öfters  zu  Miss- 
biJdungen  kamen.  In  wiefern  indess  das  auch  von  andern  ausgespro- 
chene Urtheil,   Nikander  sei  ein  Sprach  ver  derb  er  (Z.  nennt  ihn  te- 


Anzeige.  89 

merarius  vocabulorum  inventor  ac  vitiator) ,  seine  Geltung  behaupten 
kann,  muss  einer  weiteren  Untersuchung  vorbehalten  bleiben;  für  jetzt 
verweisen  wir  auf  G.  Hermanns  Recension  von  Schneidewins  'hom. 
Hymnen  auf  Apollo'  in  den  Jahrb.  f.  Philol.  18,  131. 

Wenn  so  der  Wechsel  von  aios  und  rjios  auf  sehr  massige  Gränzen 
beschränkt  ist,  so  wird  der  von  aios  und  eiog  (Cap.  HI.)  und  aios  und 
eog  (Cap.  IV.)  gradezu  geleugnet:  avleiog  und  avkuCa  gehören  verschie- 
denen Zeiten  an  ^) :  auch  das  Streben  der  Bedeutung  wegen  zu  unter- 
scheiden, hat  hier,  sowie  bei  vvfxtfalog  und  vvju<feiog,  zu  verschiede- 
nen Bildungen  geführt;  anders  freilich  bei  fiovaalog  und  fiovaelog,  von 
denen  ersteres  Pindar,  letzteres  Euripides  eigenthümlich  geblieben  ist. 
Die  Vertauschung  von  aiog  und  eog,  die  in  Inschriften  und  Handschrif- 
ten häufig  ist,  beruht  auf  der  monophthongischen  Aussprache  des  ai: 
sie  ist  entweder  irrig,  oder  erst  in  einer  Zeit  aufgekommen,  wo  «t  und 
f  durchaus  verwechselt  wurden.  Das  5.  und  6.  Capitel,  über  die  No- 
mina auf  eovg  und  die  böotischen  Wörter  auf  tjog ,  sind  gleichsam  An- 
hänge zum  1.  Theil,  welche  die  Vollständigkeit  verlangte.  Es  ist*  hier 
besonders  die  schwierige  Frage  nach  dem  Zusammenhange  der  Adjectiva 
auf  foi'f  mit  denen  auf  ovg  eog  eiog  log  ^),  die  Zacher  mit  Glück  behan- 
delt. Auch  der  Versuch  die  Endung  sovg,  die  Lobeck  bei  i^eovg,  xsQa- 
f^fovg,  xvTQSovg  allein  gelten  lassen  wollte  '),  aus  einer  Verbindung  der 
Suffixe  10  und  <o  zu  erklären ,  von  denen  das  i  des  crsteren  (Zacher 
vergleicht  ^Edaojv  und  'laaojv  in  einer  Inschr.  bei  De  Wette  No.  257 
und  vieles  andre)  in  e  überging,  hat,  wenigstens  auf  den  ersten  Blick, 
etwas  ansprechendes. 

Nachdem  sich  der  Verfasser  so  im  ersten  Theile  den  Boden  geeb- 
net hat,  stellt  er  sich  im  zweiten  Theil  die  Aufgabe  die  verschieden- 
artige Entstehung  der  Wörter  auf  acog,  und  zwar  immer  in  engem  Zu- 
sammenhange mit  ihrer  Bedeutung  und  unter  genauer  Berücksichtigung 
der  Zeiten  und  Schriftsteller,  bei  denen  sie  vorkommen,  in  eingehender 
Forschung  zu  verfolgen.  Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  dass  der 
Verf.  die  Mittel  für  seine  Erklärung  vor  allem  aus  dem  Griechischen 
nimmt,  und  nur  wo  es  die  Umstände  mehr  oder  weniger  erforderten, 
auch  andere  Sprachen,  namentlich  das  Deutsche,  heranzieht.  Bei  der 
Besprechung  der  einzelnen  Wörter  zeigt  er  philologischen  Takt,  Um 
sieht  in  der  Erwägung  der  einschlagenden  Fragen,  mögen  dieselben 
etymologischer,  grammatischer  oder  sachlicher  Natur  sein,  und  ernstes 


^)  Z.  findet  es  wunderbar,  dass  dies  Wort  Femininum  ist,  *quum 
omnia  substantiva,  quae  videantur  posse  subintelligi ,  neutrius  sint  gene- 
ris:  ut  naqan^TCiafia,  7iQoxc(kvfi/ucc ,  aiQWfia  al.'  (p.  139):  das  zu  ergän- 
zende Wort  ist  axr]vri,  wie  die  avkalai  axrjrai  bei  Plut.  Mor.  173  F  be- 
weisen. Vgl.  Plut.  Them.  26:  Iv  TccTg  oäocnoQiatg  vnb  axrjvag  xvxXo)  nt- 
QinsifQayfisvng  ini  röiv  aQfiafia'^öiv  noqtvea&ai. 

2)  'Ueber  den  Uebergang  von  h  in  t'  siehe  G.  Meyer  Bd.  I.  p.  81  ff. 
dieser  Zeitschrift. 

')  Z.  zeigt,  dass  auch  die  Formen  f^stog,  xegäfxfog,  xsQafxoiJg,  xsgä- 
fiiog,  xsqäfiHog,  xsQa/jtttiog ;  /urQulog  und  /vTQilog  Gewähr  haben,  und 
will  nur  xiqafimog  bei  Pol.  10,  44,  2  fallen  lassen. 


90  Eud.  Peppmüller 

Bemühen  auch  die  Vorgänger  —  die  alten  Erklärer  nicht  ausgeschlos- 
sen —  zu  ihrem  Rechte  kommen  zu  lassen.  Mit  Geschick  und  Methode 
wird  den  einzelnen  Wörtern  auf  mos  ihre  Stelle  angewiesen,  je  nach 
ihrer  Entstehung  aus  ajriog  oder  uaiog,  oder  wo  das  Stammwort  voka- 
lisch auslautete,  mit  Rücksicht  auf  die  stammhafte  oder  ableitende  Na- 
tur des  «,  wird  sodann  von  den  o-Stämmen  gehandelt  —  ein  Capitel, 
in  welchem  der  2.  Abschnitt  'nomina  in  aiog  quae  videntur  verbalia' 
wegen  der  Neuheit  und  Wahrscheinlichkeit  der  Erklärung  von  beson- 
derem Interesse  ist  —  und  endlich  die  eigentliche  Untersuchung  mit 
dem  Satze  abgeschlossen,  dass  aiog  als  selbständiges,  an  Stämme 
der  3.  Deklination  angehängtes  Suffix  erst  in  sehr  späten  Zeiten  auf- 
tritt: vix  ulla  alia  (terminatio)  tarn  originis  suae  semper  sibi  conscia 
fuit  quam  haec.  Den  Schluss  der  Arbeit  macht  eine  Behandlung  der 
Wörter,   denen  Z.  eine  bestimmte  Stelle  nicht  anweisen  mag. 

Bei  dem  Ernst  und  der  Gründlichkeit,  mit  welcher  der  Verf.  seine 
Aufgabe  aufgefasst  hat,  kann  es  nicht  fehlen,  dass  sich  die  Untersu- 
chung über  einzelne  Wörter  fast  bis  zum  Umfange  einer  besonderen 
Monographie  ausgedehnt  hat;  so  bei  rlnonojuncdog,  dnoTQonatog,  ntila- 
fivaZog  und  namentlich  an  der  Stelle,  wo  yaZu  mit  der  grossen  Schaar 
seiner  Composita  besprochen  wird  *).  Aber  diesen  Untersuchungen  wird 
der  klassische  Philologe  grade  mit  besonderer  Theilnahme  nachgehen. 
Die  Entwicklung  zeigt ,  wie  nQoajQÖnaiog  eigentlich  den  schuldbelade- 
nen Mann  bezeichnet,  der  die  Götter  um  Sühnung  angeht  {nQoajqinf:- 
rra),  dann  den  angeflehten  Gott  oder  Dämon  selbst,  den  zwar  verfol- 
genden, aber  zuletzt  doch  sühnenden,  bis  es  endlich  —  im  Gegentheil 
zu  seiner  ursprünglichen  Bedeutung  —  auf  den  getödteten  übertragen 
ist,  den  Rächer  des  eigenen  Todes.  Einen  ganz  ähnlichen  Entwick- 
lungsgang hat  das  Wort  naXafivatog  genommen,  das,  wie  dläoTtoQ,  zu- 
erst recht  eigentlich  den  umherirrenden  Ixtirjg  bedeutet,  —  oor'  ivl 
7T«T(7jj  {fiüra  xaTcty.reivri  aXJiwv  i^lxtro  Sfifiov  (ü  480  f.)  hätte  Z.  hinzufü- 
gen können.  IlaXufivcdog  kommt  von  palari  {nXa-vÜM) ,  KXäaxtaQ  von 
ttXäofiai.  Nun  erhält  auch  das  homerische  dnäXafxvog  E  599,  eine  Bil- 
dung mit  «  iTiiTUTixäv ,  einen  passenden  Sinn:  wie  ein  irrender  Mann, 
der  eine  grosse  Strecke  Weges  zurückgelegt  hat,  am  Strom  stehen 
bleibt  und  zurückeilt,  also  weicht  Diomedes  vor  Hektor  zurück,  der  mit 
Ares  im  Bunde  anstürmt.  Man  wünschte  nur,  dass  Z.  den  Eindruck 
seiner  Erklärung  nicht  durch  den  Gedanken  an  andere  Möglichkeiten 
(p.  239)  wieder  abgeschwächt  hätte. 


*)  Wenn  Z.  p.  111  ff.  nachweist,  dass  die  Composita  auf  -yaiog  dem 
dorischen  und  ionischen  Dialekt  angehören  und  unter  den  Attikern  m  i  t 
Ausnahme  von  fyyatog  und  /ufdöycetog  -aict  nur  von  dem  viel 
umhergekommenen  Xenophon  begünstigt  werden,  so  muss  dies  bei  fnaö- 
yawg  —  anders  als  Z.  versucht  —  wohl  daraus  erklärt  werden,  dass 
sich  die  Attiker  hier  seit  Alters  an  den  «t-Laut  gewöhnt  hatten,  weil 
fieaöyiuu  fast  zum  nomen  proprium  geworden  war.  Man  versteht  darun- 
ter bekanntlich  die  vierte,  im  Innern  von  Attika  gelegene  Ebene,  die 
vom  Hymettus  und  Pantelicua  begränzt  wird. 


Anzeige.  91 

Verfehlt  sind  unter  ntioaTQÖnaiog  die  Einendationsversuche  der  Ae- 
Bchinesstelle  de  falsa  le^.  p.  158:  'Uaffer«  ovv  rcvtov  ro{v)  roiovrov  aiirov 
nQoGTQonatov ,  fxfj  yccQ  6r]  Tijg  nöXews ,  wart  iv  vfilv  dvaaTQ^iffOfhrtt ;  xni 
jriv  fitv  ixxkrjtjiav  xct&aiQiTe ,  Iv  St  totg  yprufiafxaai  Sik  tovxov  rag  fi)/ßf 
noii^aead^i  xai  arQariav  Tj  nf^rjv  fj  vavrixrjv  ixn^fijptrt ;  xai  fir\v  oye  'Haio- 
Sog  Xiyei, 

nolläxi  TOI  §vfi7iaaa  TTÖXcg  xctxov  ävSQog  dnrivQa, 
og  xev  dXiTQuCvy  xal  aTiiaS-aXa  firj/avdnriti. 
Dass  avxov ,  welches  in  den  meisten  Handschr.  und  bei  Harpokration 
fehlt  und  im  cod.  F  radirt  ist,  aus  Anlass  der  Worte  '^rj  yao  Sri  ^VS 
noleoig''  hineingetragen  ist,  glaube  ich  auch;  aber  Z.  hätte  an  diesen 
"Worten  nicht  herumcorrigiren  ^),  sondern  sie  als  Randerklärung,  die  in 
den  Text  gedrungen  ist  und  die  ihrerseits  des  nunmehr  geforderten 
Gegensatzes  wegen  die  Einfügung  von  airov  veranlasst  hat,  gänzlich 
entfernen  sollen.  Aeschines  fordert  seine  Mitbürger  auf  den  fluchbela- 
denen Mensehen  zu  entfernen  —  der  Scholiast  meint  sogar  ihn  zu  töd- 
ten.  Warum  er  das  für  nöthig  hält,  geht  aus  dem  folgenden  Satze 
und  deutlich  genug  aus  der  Hesiodstelle  hervor.  Grade  die  energi- 
sche Aufforderung:  ^Edane  ovv  airov  to[v)  toiovtov  n^oaT(>6naiov,  äara 
iv  vfilv  dvaOTQiiptad^ai;  ist  ihrer  nachdrucksvolleu  Kürze  wegen  vbn  be- 
sonderer Wirkung.  Aber  ein  Erklärer  merkte  bei  nnoaxQÖnaiov  an  '^^ 
yaq  ärj  T^f  nöXewg  sc.  nqoaTQonaiog  »/',  und  diese  Worte  sind  nachträg- 
lich eingedrungen. 

Auch  einige  andere  Stellen,  welche  Z.  gelegentlich  anführt,  bedür- 
fen der  Verbesserung.  So  hätte  er  p.  194  im  Scholion  von  Nie.  Ther.  122  : 
yQUiferai  xal  dXxairjv  xccTaxgrjßTixäg-  xvQiiog  yitQ  ^  tov  Xiovxog  oiiQci  ctXxaia 
xuXtlxai,  oxi  St  cwx^g  eavxov  Inoxqvvei  xui  iyaiQfi  etg  dXxi^v  j,atti 
6'  avxbv  inoxQvvsi  fxu/edaai'i^iu'^''  (11.  Y,  171)  das  Homercitat  nicht 
unbeanstandet  lassen  sollen,  trotzdem  es  in  dieser  Form  auch  in  Schnei- 
ders Nicandrea  steht.  Da  dem  Grammatiker  nicht  unbekannt  sein 
konnte,  dass  avxov  überhaupt  keine  homerische  Form  ist,  so  liegt  hier 
ohne  Zweifel  eine  einfache  Verwechselung  des  Schreibers  vor,  von  der 
Art,  wie  sie  Zacher  selbst  p.  38  ff.  bespricht:  auch  der  Grammatiker 
schrieb,  wie  er  im  Homer  fand,  ie  d'  avxov  inoxQvvH  fxax^aaad^ai.  Für 
die  Entstehung  des  Fehlers  ist  die  Lesart  des  cod.  D.  —  nach  La  Roche 
der  zweitbesten  Homerhandschrift  — ,  lehrreich;  hier  steht  ail  d'  av- 
xov. Dass  auch  die  Stelle  aus  Theophr.  caus.  pl.  HI,  22,  2:  xa  St 
TiQodrivtfxa  xwrv  xtaQioxv  r^xxov  Iqvaißovvxar  Sia  yaQ  xivrjaiv  dnoGeltxai  xal 
dnonlnxH  xo  vyQÖv.  'Entl  xal  oxav  vaavxog  nvtvfxa  intytvrjxat  xal 
näXiv  in iXafi ßävy  vv^  rjxxov  x6  fitv  yaQ  S i^asiotv ,  6  S'  rjXiog 
fi'^i?  iniytvöfitvog  ovx  inoir\at  arjijjiv ,  dXX^  dvt'^rj()dv^i]  TiQoxtQov ,  welche 
p.  201  unter  Xo^ulog  angeführt  wird,  schwerlich  richtig  überliefert  ist, 
hätte  Z.  wenigstens  andeuten  sollen.  Wozu  die  Erwähnung  der  Nacht? 
Hier  muss  etwas  ähnliches  im  Text  gestanden  haben   wie   caus.    pl.  IV, 


^)     Er  gibt  vier  Einfälle  zur  Auswahl:     fiiaQÖv ,  dvatSij,  fiidaxoQa 
xrjg  nöXecjg  und  xaxaytXdv  xijg  noXtwg. 


Tt 


92  Rud.  Peppmüller 

14,  3 :  ^EqvaCßri  6f  a^xpis  tk  idrt  roij  itfiOra/ietov  iiyqoxj,  St  o  noXv  /iikv 
vaavtos  ov  ytvtxai,  xarmiXvvtxca  yctQ.  'Eitv  St  rptxciSte  ^  xal  ÖQÖaoi 
nletovs  y^vMVTui  xtcl  6  ^Xios  iTtiXäßrj  xal  anvoia,  'ton  ar^ntruf 
SC  o  xal  iv  rois  evnvoig  xai  fimtoQoig  ^ttov,  iv  Se  toTs  xoilois  xttl 
SQoaoßolois  fiäkXov.  Ich  schreibe:  inii  xal  oiav  vaavrog  nvtvfiu 
iniyivriTKi  xai  6  r,kiog  iniXäß)^  [^'i'^],  ^ttov  {bc.  iQVGißomat;  —  wenu 
nicht  geradezu  arinarai  einzuschalten  ist  — )  rb  fitv  yaq  (sc.  nvtvfia) 
Sieaetatv,  6  Se  tjXios  ev&vs  Iniytvo^tvos  oix  inotrjae  aijipiv.  Die  Stelle 
war  lückenhaft  überliefert,  und  von  dem  Worte  IJ^dlOZ  waren  nur  die 
ersten  Buchstaben  erhalten,  die  man  zu  IIAAIISI  ergänzte.  Ein  zweiter 
Schritt  war  dann  die  Einfügung  von  vv^^  das  in  Verbindung  von  Im- 
XcifißävH  bekanntlich  ziemlich  häufig  ist. 

Um  zu  erweisen,  dass  i^iov  nicht  aus  Ja^cov ,  sondern  aus  jtj^iov 
entstanden  sei,  führt  Z.  p.  71  eine  Glosse  des  Hesychius  an:  i'ia'  Xi- 
ytxtti  Sh  xal  SiGvXXäßwg  elw  Intaxfnreov  Se,  ei  ravxöv  iaxiv  riia  xal  flu. 
brav  yuQ  x6  rj  yiyvrjxai,  ßqöif^a ,  oxav  Se  xb  e,  ov  ßQcS/Lia  aXX'  ^  x^Q^^^ 
xal  ^  naqä&eaig.  Hier  bemerkt  er,  dass  der  Schluss  der  Glosse  ver- 
dorben sei,  ohne  die  naheliegende  Aenderung  ^  xal  naqdd^eaig  in 
Vorschlag  zu  bringen  ^). 


^)  Wenn  wir  an  derselben  Stelle  eine  andre  Glosse  des  Hesychios 
in  folgender  Form  lesen:  eloi'  öajiQiwv  (cod.  oaxQeoiv)  xa  xuS^äqfxaxa, 
so  weiss  man  nicht,  ob  sich  der  Verf.  verschrieben  hat  —  M.  Schmidt 
liest  xaikÜQaia  — ,  oder  ob  er  eine  stillschweigende  Verbesserung  hat  vor- 
nehmen wollen:  denn  zu  ala£  erklärt  Hesych.:  xwv  oanqCoiv  xa  xa&ÜQ- 
fiaxa.  Die  Mittelzeitigkeit  des  i  in  ^la,  das  bald  lang  {N  103,  ß  289, 
410),  bald  kurz  ist  (S  363,  fx  329),  bald  consonantisch  gesprochen  wer- 
den muss  {e  266  =  i  212,  e  368;  Bekker  hom.  Bl.  I.  52  f.  will  es  un- 
terschreiben), erklärt  sich  aus  dem  Ausfall  des  ^,  das  t)  aus  dem  Ab- 
fall des  j;  bei  ti'a  ist  der  Consonant  unterdrückt.  Denn  der  Zusammen- 
hang mit  Ceiä  skr.  java  'Gerste'  leuchtet  auch  mir  ein:  ß  289  f.  ist  ^la 
gradezu  ==  aXipira,  e  266  wird  es  mit  oi//k  'Zubrot'  zusammen  genannt, 
^e{Sü)()og  agovQa  heisst  der  Acker  von  einem  hauptsächlichen  Erzeug- 
niss.  Photius  Erklärung  r^ia  •  xrjv  xwv  oanQiwv  xaXccfirjV  macht  den  Zu- 
sammenhang mit  iia,  eia  nur  noch  deutlicher.  Wenn  i]ta  N  103  vom 
Frass  wilder  Thiere  gebraucht  wird,  so  wird  das  demjenigen  nicht  eben 
auffallen,  der  weiss,  dass  auch  Sa(g  {Sl  43)  so  vorkommt.  Aber  an  den 
allermeisten  Stellen  ist  i]ia  so  viel  als  alxog.  Dass  es  auch  e  368  f.:  '£lg 
(J"  avtfiog  ^atjg  -qioyv  S^Tj/n(bva  xivä^y  KaQ(f)aXioxv  dieselbe  Bedeutung  habe, 
könnte  man  A.  Goebel  Lexilogus  zu  Homer  und  den  Homeriden  I.  52  f. 
zugeben:  die  Stelle  bei  Photius  steht  damit  nicht  im  Widerspruch.  Aber 
Goebels  Herleitung  von  \/"«jr  hat  viel  geringere  Wahrscheinlichkeit  als 
die  gewöhnliche  Deutung.  Auch  die  Etymologie  eines  anderen  von  Z. 
ebenfalls  behandelten  Wortes  ist  sehr  unwahrscheinlich.  Goebel  meint  näm- 
lich (p.  46  f.),  dass  riu  'Poiße  O  365,  Y  152  (h.  in  Ap.  120)  von  -^ajr 
'hauchen,  tönen'  (Curtius  Gr.  Et.  No.  587)  herkomme  und  den  'wohl- 
tönenden Gott'  bezeichne.  Es  soll  bedeutungsvoll  sein,  dass  es  'jedesmal 
nur  da  stehe,  wo  Apollo  als  Kämpfer  auftrete  oder  aufgetre- 
ten sei'.  Der  Vocativ  habe  'einen  tiefsinnigen,  ethischen  Charakter',  — 
er  bezeichne  den,  welcher  'sonst  (!)  mit  Gesang  und  Saitenspiel  sich  und 
die  Götter  ergötze'.  Im  ITymnua  auf  Apollo,  wo  eben  die  Geburt  des  Gottes 
geschildert  ist,  würden  die  Worte  "iJr*a  a^,  ijt«  4>oTßf ,  &eal  X6ov  vSaxi 
xaXf^  {\20)  dann  recht  eigen  lauten;  aber  Goebel  meint,  hier  sei  »}«  *or/?e 


Anzeige.  93 

In  anderer  Hinsicht,  wo  es  sich  darum  handelt  auszumitteln ,  ob 
diese  oder  jene  Wortform  an  einer  Stelle  berechtigt  ist,  hat  freilich 
auch  die  Textkritik  durch  Z.  gewonnen ;  so  z.  B.  im  Capitel  'de  aiog 
et  fos  alternantibus'  p.  38  ft".,  wo  unter  andern  nachgewiesen  wird,  dass 
atjfxaicK  für  aijfxeCa,  arjfi^a  ohne  Gewähr  ist  und  dass  Xivalog  in  Xiveog, 
ttxTaltt  'Hollunderbaum'  in  dxr^a  zu  verwandeln  ist.  oder  wenn  nachge- 
wiesen wird,  dass  Pindar  Ol.  XIII,  81  nicht  ytaö/^t^^  sondern  entweder 
yaa6;((p  oder  mit  Verkürzung  des  Diphthongen  ycaaö^ü}  geschrieben  hat, 
weil  die  Form  yä ,  deren  sich  die  Griechen  ausser  den  loniern  und 
Attikern  bedienten,  nicht  aus  yia,  sondern  nur  aus  yäa  entstanden  sein 
könne.  Bisher  schreibt  man  trotz  der  Autorität  der  Handschr.  mit 
Böckh  yeaöxM-  Auch  bei  Hesiod  Theog.  15  hat  man  der  Form  yeaö/(p 
mit  Unrecht  den  Vorzug  gegeben :  nur  Köchly  hat  yaiao/a»  im  Text 
gelassen,  es  aber  durch  ein  f  als  verderbt  bezeichnet,  weil  er  an  der 
Verkürzung  des  ai  Anstoss  nahm.  Jetzt  sollte  man  die  Möglichkeit  der 
Unterdrückung  eines  j  anerkennen,  und  eine  Conjektur,  wie  die  von  van 
Herwerden  quaestiunculae  ep.  et  eleg.  p.  52,  welcher  statt  ovS^  xi  egyioj' 
"Efinaiov  ovSk  ßirjg  v  377  f.  oi}<J"  sfinaiov  "Egyojv  ovSe  ßirjg  vorschlägt,  sollte 
füglich  unterbleiben.  Wie  oft  eine  solche  Correption  vorkommt,  lehrt 
ein  von  Hartel  hom.  Stud.  III.  11  ff.  mitgetheiltes  Verzeichniss,  das  Z. 
p.8ff.  in  wesentlich  berichtigter  Form  gibt  ^).  Bemerkenswerth  ist  die 
bisher  nicht  hervorgehobene  und  doch  schwerlich  zufällige  Thatsache, 
dass  sämmtliche  11  Formen  von  xoiovrog,  roiöaSs  und  oiog ,  welche  im 
iamb.  Trimeter  Correption  erfahren  —  Soph.  Tr.  1075,  Eur.  Med.  626, 
Aesch.  Niobe  fr.  159,  Eur.  Andr.  1074,  Soph.  Phil.  925,  OR'1415,  OC 
262,  803,  1136,  1418,  Tr.  742  — ,  sich  an  2.  Versstelle  finden.  Es 
scheint  danach  doch,  dass  man  die  Verkürzung  des  Diphthongen  bei 
diesen  Wörtern  als  eine  Art  Freiheit  empfunden  hat,  und  bedenkt  man, 
dass  in  attischen  Inschriften  vor  Eukleides,  wenn  auch  viel  seltener, 
neben  noielv  bereits  noiTv  vorkommt,  während  das  i  von  xoiovrog,  xoi~ 
öaSe  und  oiog  nie  ausgelassen  wird,  so  wird  man  Bedenken  tragen,  diese 
Wörter  mit  nomv  auf  ganz  dieselbe  Stufe  zu  stellen.  Nur  so  viel  leuch- 
tet ein  (vgl.  Z.  p.  9),  dass  bei  den  Tragikern  entweder  stets  notlv  oder 
stets  noceiv  zu  schreiben  ist. 

Anlass  Z.  zu  widersprechen  bietet  in  mancher  Hinsicht  das  Capitel 
über  die  paragoge  ionica:  nicht  als  ob  er  in  der  Hauptsache  Lobeck 
gegenüber  nicht  Recht  hätte,  wenn  er  behauptet,  dass  überaus  viele 
Substantiva,  die  ein  gleich-  oder  ähnlichlautendes  Adjectivum  zur  Seite 


mit  Bezug  auf  (das  10  Verse  später  vorkommende)  Eli^  fioi  xt&aglg  xs 
(für}  xal  xafxnvXa  xö^a  gebraucht!  Wir  halten  (i)jitf,  wie  Z.  p.  133,  mit 
^i£  für  identisch  und  glauben,  dass  es  ein  aus  alter  Cultuspoesie  stam- 
mendes Epitheton  ist.  Dass  wir  von  .dem  Ausruf  er.st  in  einem  Hymnus 
(h.  Ap.  P.  322:  irjnaii^ov'  ue(äaiv)  eine  sicherere  Spur  finden,  kann  unter 
diesen  Umständen  kaum  befremden. 

^)  Doch  haben  sich  auch  hier  zwei  Fehler  eingeschlichen :  an  Stelle 
von  Soph.  Tr.  1175  muss  es  1075  heissen,  und  Eur.  Andr.  1074  steht 
xoiaaäe,  nicht  xotovöe.  > 


94  Rud.  Peppmüller 

haben,  nicht  von  diesem  Adjectivum  abgreleitet  sind,  so  dass  ein  Sub- 
stantivum  zu  ergänzen  wäre,  sondern  dass  Substantiva  und  Adjectiva 
gewissermassen  Brüder  sind  'diversis  suf'fixis  utraque  ab  eadem  origine 
derivata'  (p.  98) :  aber  wenn  er  dann  zum  Belege  für  den  Satz,  dass  viele 
Substantiva  abstracta,  die  von  andern  abgeleitet  sind  'eaque  plane 
eadem  qua  prototypa  utentia  significatione'  (p.  104),  nicht 
sowohl  Derivata  ihrer  Prototypa,  als  vielmehr  amplificirte  Formen  der- 
selben seien,  p.  106  f.  eine  Reihe  von  —  Z.  sagt  mit  Unrecht  'meist 
dichterischen'  —  Substantivis  auf  -ufiu  -rjfia  -lOfia  etc.  anführt,  die  nur 
dem  Anscheine  nach  von  Verbis  auf  ow  aw  tfw  etc.,  in  Wahrheit  aber 
von  Substantivis  herkämen,  mit  welchen  sie  auch  die  Bedeutung  voll- 
ständig theilen  sollen,  so  treffen  diese  Behauptungen  keineswegs  durch- 
aus zu. 

Schon  der  Umstand,  dass  von  den  85  Beispielen  des  Verzeichnisses, 
bei  dem  Vollständigkeit  wohl  nicht  beabsichtigt  w^ar*),  eigentlich  nur  6 
—  d^Toifia,  xiyxQoifxa,  oSia^a ^),  ninXmfxa,  nXtvQOifiu  und  SqöfyLtifitt  —  kein 
Verbum  zur  Seite  haben  ^) ,  hätte  Z.  vorsichtig  machen  sollen.  Und 
wenn  man  ferner  sieht,  wie  die  'amplificirte'  Form  immer  von  einem 
ihr  entsprechenden  Verbum  begleitet  wird,  wie  sich  zu  ßiog  nicht 
ßioTTjua,  sondern  ßiorevfia,  zu  rfd^cr  Sö'^aa^a,  zu  f^-og  f&ia[Ma  stellt  u.s. f., 
so  wird  man  sich  des  Eindrucks  nicht  erwehren  können,  dass  das  Ver- 
bum dem  Geiste  der  bildenden  zum  mindesten  mit  vorgeschwebt  hat, 
obwohl  nur  eine  Anzahl  der  angeführten  Wörter  auch  in  ihrer  Bedeu- 
tung unmittelbaren  Zusammenhang  mit  dem  Verbum  zeigt.  Ganz  deut- 
lich ist  dieser  bei  e^ia/ua  'Gewöhnung'  Xen.  Plat.,  kriQ^maxa  'Geschwätz', 
während  XiiQog  auch  s.  v.  a.  nugae,  tricae  ist,  fiir^rifia  'das  Zugemes- 
sene', besonders  das  dem  Soldaten  zugemessene  Mass,  dann  auch  der 
Sold,  was  fi^TQov  nie  bedeutet,  vöjuiafitc  'das  durch  das  Herkommen,  den 
vöfios  Eingeführte',  dann  Münze,  Mass  und  Gewicht,  wie  vöfiog  eben- 
falls nie  gebraucht  wird ,  olxTiOfia  'Wehklage',  nie  wie  o'ixTog  'Mitleid', 
olwvia/xtt  'Vorzeichen',  nie  'Raubvogel',  oixrjfia  Behausung  jeder  Art, 
aber  nie  wie  olxog  auch  Hauswesen,  Hausstand,  Geschlecht  und  Fa- 
milie, axrjvTjfiu  und  viel  gewöhnlicher  axrjvwfia  'Zelt,  Wohnung',  aber 
nie  wie  axtjvi^  auch  'Bühne',  ofarfv/j-tt  'fortgeschossener  Pfeil,  Pfeilschuss', 
aber  nicht  jeder  beliebige  Pfeil,  dytüvia^u  'das  durch  dytoviCf^&ai  her- 
vorgebrachte, die  bedeutende  Leistung'  —  selten  =  dytöv.  Auch  bei 
xfXa^i^f^ara*),  fifXfTtjfiaTU '^},  ja  selbst  bei  v6ar]fiit  (cf.  Aesch.  Prom.  976  f.) 

*)  Man  vermisst  u.  a.  Wörter  wie  ^tQfjvog  ^QT^rrj/xa,  xogvifi^  xoqv- 
(f>tü/iia,  XaXayrj  XctXäyr^fxu,  /nia&6g  fiCai^wfiH,  fiTaog  fifaTjfia,  aritfavog  gt(~ 
(fnvuifiK,  r()(vr]  r^^vaafia,  rvnog  Tvnwua,  (f>üßog  (fößrjfia,  (fovog  (fovevfia, 
/«pcf  XaQiixüjjLtn,  x^Qog  ^ÖQfvfitt. 

*)  Das  Wort  steht  nur  bei  Aesch.  Pers.  72.  Dindorf  fügt  hinzu: 
yoätffTat  iQfutfXK. 

')  Denn  bei  Sgä^rifia,  ^üihrifia  und  ni't&ri^a  zeigen  mehrere  Verbal- 
formen dieselbe  Bildung. 

*)  Cf.  Ar.  nub.  283  f. :  "va  .  .  .  ucfOQtofjfOa  Kai  noTafttSv  C«^^wj' 
xeXaSt'iuttj a  Kai  növTOV  x tXääovra  ßa^vßQouor. 

*)     Xen.  Cyr.  8,  1,  43:    ovg  rf"  av  xanaxtvuCiv  tig  to  äovXei/eiv,  tov- 


Anzeige.  95 

und  dem  einmaligen  dveiSia/na  (Herod.  II,  133)  machen  einzelne  Stellen 
die  Beziehung  zum  Verbum  klar.  Qv/nufia  heisst  'Zorn',  nicht  'Sinn', 
doCvT]fxa  'Schmauserei',  nicht  'Speise',  wie  d-oCvri  auch  vorkommt,  vorjfia 
ist  nie  'Denkkraft',  so  sehr  es  schon  bei  Homer  bisweilen  (T218,  ff  215, 
V  316,  82)  den  Anschein  hat,  xccnvia/j.K  'das  was  ßauch  macht,  Räu- 
cherwerk', nicht  'Rauch'  wie  xanvo;  u.  s.  w. 

Bei  andern  Wörtern  tritt  mehr  das  Mittel  oder  Werkzeug,  wodurch 
eine  Handlung  ausgeführt  wird,  hervor;  so  bei  anürrifxu  'Täuschungsmittel', 
a^ki]fj.a  ausser  'Kampfweise'  auch  'Arbeitsgeräth'  (Theoer.  21,  9);  la&i^- 
fnara,  ein  in  der  attischen  Prosa  ungebräuchliches  Wort,  bezeichnet 
'Kleidungsstücke',  äiairrjfxtiTa  sind  Lebensmittel  *)  oder  Einrichtungen. 
Aktiven  Sinn  haben  nttinä).rifi.a  'o  natnaliov^  i.  e.  6  nfqidxondjv,  6  iQev- 
vdSv  Hesych. ,  xgoTrjfia,  das  einen  durchtriebenen  Menschen  (Soph.  fr. 
784  D.  Rhes.  499)  —  nicht  wie  Tiamdltj  auch  feines  Mehl  —  und  ncerä- 
yrj^a,  das  einen  geschwätzigen  Menschen  (Men.  fr.  ine.  314)  bezeichnet. 

Andre  Wörter  haben  eine  zusammenfassende,  collektive  Bedeutung. 
/läxqvfitt  bezeichnet  nicht  'die  Thräne',  sondern  'das  Weinen,  Klagen' 
(Aesch.  Pers.  134,  Eur.  Andr.  91  ff.)  oder  den  Grund  des  Klagens,  'die 
Leiden'  (so  in  einem  Orakel  bei  Herod.  VII,  169),  Q(^(ofia  nicht  die  ein- 
zelne Wurzel,  sondern  das  'Wurzelwerk',  TeC;(tafj.a  nicht  die  Mauer,  son- 
dern die  Befestigung,  eine  Bedeutung  die  rH^og  freilich  ebenfalls  be- 
kommen hat,  x^oKXiüfia  ein  Verhau  und  erst  später  (bei  Polyb.  und 
Plut.)  wie  /«p«^  auch  eine  Pallisade.  Für  ÖQUfXTjfta  ist  in  dieser  Hin- 
sicht die  Stelle  interessant,  wo  Herodot  den  persischen  Postdienst 
beschreibt:  yieyovat,  yaQ  tos  oatav  uv  ri^sgimv  ^  ^  näaa  oSög,  roaoiroi 
innot  re  xal  avögsg  äLeajäat,  xara  rj/ufQrjaCrjv  öäbv  ixtißTrjv  innos  re  xal 
dvTjQ  Tsrayfiivog'  rovg  ovrt  vtcpnos,  ovx  o/ußQog ,  ov  xavfia,  ov  ri/f  tqyH 
fiTj  ov  xtaavvaai  tov  n Qoxfifisvov  f ai/raJ  S q6 fiov  Tr)%'  xayCaTriv  , ...  tovto 
t6  S QdfJ,r}fiK  rdjv  inniav  xakiovai  ITegaai  ciyyaQriiov.  Collektiv  steht 
auch  nixQOi^a  bei  Paus.  VIII,  15  '■Xid-ot  ovo  rj^fiofffi^voi  nqbg  dkkriXovg 
fisydXoi\  während  das  Wort  Eur.  Or.  442:  Oavetv  in  daxbiv  kevaCfXbt 
n^TQVjfiati  in  deutlicher  Beziehung  zu  Tiergöcj  steht. 

Nicht  selten  drücken  die  Wörter  auf  -^ct  einen  dem  Substantivura, 
mit  welchem  sie  verwandt  sind,  ähnlichen  Begriff  aus,  ohne  indess 
die  eigentliche  Bedeutung  jenes  Substantivums  annehmen  zu  können. 
Dies  ist  der  Fall  bei  dirwfxa  'Giebel',  von  der  Gestalt  des  sitzenden 
Adlers,  dessen  Name  freilich  denselben  Begriff  bezeichnen  kann,  xey- 
yQ(üficcTa'^),  das  nie  =  x^y/ooi  ist,  ftx6viafj.a  'Abbild',  ^vfnü^ct  'etwas  die 


rovg  ovre  fifletuv  lX(v^9eQ  (otr'  növwv  naQMQfxu  ovte  onla  xfxxija&ai 
fn^TQsnsv  ^ntfiElHto  J*',  onwg  firite  ußnoi  jxr^Te  unoroi  ttots  saoirro 
fkFv%)-fQCü}V  h'fxa  /j-eXiTT)  jLi  driov. 

^)  Vgl.  Xen.  Mem.  1,  6,  5:  rj  ttjv  äiairdv  fxov  (f>avXlC(ig,  tag  ijTTor 
fifV  vyieivd  ia&(ovrog  tf^ov  rj  aov,  tjttov  äk  ia^vv  naQ^^^ovia ;  r]  lög  X^Xe- 
nwTfQct  noQCaua&ai  tu  i/ju  rf  t«  trij  jW  «t«  t(üv  aüv  äid  rb  anavtuTf^d  re 
xal  TToXyreX^areQu  f'ivai; 

'^)  Vgl.  Eur.  Phoen.  1386:  'AXV  tv  nQoaijyov  danCöorv  xey/gmfxaaiv 
^0(p&ctX/j.6v. 


96  Rud.  Peppmüller  Anzeige. 

Cvjnt]  *)  Ersetzendes'  und  ß^QiyxujjuuTa  'simsartige  Einfassung'.  Man  be- 
greift es  nun  auch,  dass  Wörter  wie  xölnwfia ,  kvaarj/xa,  ^akttfi^vfxa, 
x^Sevfia,  Qi^tüfia,  ar6fj.wfia  nie  in  der  eigentlichen  Bedeutung  des 
stammverwandten  Substantivums  vorkommen.  Bei  ajöfitafia  ist  übri- 
gens der  Zusammenhang  mit  arofxoü)  wieder  sehr  klar :  wie  aiöfioiy.« 
1) 'Mündung' und  2) 'Verstählung,  Stahl,  Schärfe,  Kraft',  sowie  das  Härten 
des  Eisens  bezeichnet,  so  hat  arofioio  die  Bedeutungen  'mit  einer  Mün- 
dung versehen'  und  nächstdem  'stählen',  sowohl  im  eigentlichen  als 
uneigentlichen  Sinne  in  sich  vereinigt. 

Dass  die  Endung  fia  bei  einigen  Wörtern  —  ähnlich  wie  unser 
-lieh  und  andres  von  Z.  angeführtes  -  allerdings  fast  nur  amplificato- 
rischen  Charakter  trägt  und  aus  dem  Streben  nach  einem  volleren  Klange 
hervorgegangen  ist,  soll  nicht  geleugnet  werden.  Diese  Bildungenge- 
hören in  der  That  beinahe  alle  dem  jQayixos  xöfxnog  an,  ja  man  hat 
sie,  um  ihnen  noch  grösseres  Gewicht  zu  geben,  ganz  besonders  im 
Plural  verwendet;  daher  die  tffffjuco^ttr«,  ßQovrrjf^iaa,  SwQtifiara,  fisqifxvd- 
fxara,  öXokvyfMaTu^),  nXivQWjxttTtt,  TiejiltjfiaTa,  nvlto/xara,  nv^yiö/xara,  (fQov- 
orjfiara  u.  a.  Hier  findet  man  die  Analogiebildungen  n^nlufia,  nXiv- 
QCü^a  und  odiOfia ,   wie  oben  dfriafia  und  xsy/Qajfxara. 

Doch  wir  müssen  hier  abbrechen,  obgleich  grade  dies  Thema  noch 
zu  weiteren  Bemerkungen  viel  Stoff  böte.  Dass  man  auch  sonst  hin 
und  wieder  Anlass  zu  widersprechen  hätte  —  so  bei  i^ßaiög,  i/ivaios, 
oXxalog,  IlsXayaiog ,  der  Ableitung  von  xäkhfiog  aus  xaXög  statt  xäXXoi 
(p.  106,  242),  bei  yaotgala,  wo  wegen  der  verschiedenen  Bedeutung  von 
yüat^tt  doch  wohl  yoyyvXCg  zu  ergänzen  ist  —  liegt  in  der  Natur  der 
Sache  und  kann  das  Gesammturtheil  über  die  Arbeit  nicht  beeinträch- 
tigen. 

Die  Form  ist  leicht  und  flüssig,  ein  Vorzug,  der  für  die  Lektüre 
einer  grammatischen  Untersuchung  gewiss  zu  schätzen  ist :  kleinere  Ver- 
stösse wie  das  zweimalige  et  etiam  (p.  85,  8  —  9  und  p.  153,  31),  ac  vor 
Vokalen  und  h  (p.  122,  29  und  p.  164,  29)  quidni  c.  Indic.  (p.  99,  1) 
und  selbst  das  solöcistische  reliquia  (p.  77,  24)  kommen  kaum  in  Be- 
tracht.    P.  10,  23  ist  corripitur  für  reperitur  verschrieben. 

An  Druckfehlern  erwähne  ich  p.  69,  22  suffi  für  suffixi,  p.  96,  15 
proprius  für  propius,  p.  136,  11  in  der  Ueberschrift  «  femininis  für  a 
fem.,  p.  190,  31  i^ya^oi  für  -^ofxat,  p.  212,  20  deprecare  für  -ri,  und  un- 
ter den  die  Accentuation  betr.  Fehlern  p.  10,  3  aUrog  für  aUrog,  p.  106, 
33  deiog  für  ätrög,  p.  111,  25,  27  und  p.  126,  7  rturjöxog  für  ran^o^og, 
p.  208,  32  dXd&€  für  aXaäf,  p.  220,  32  raalv  für  räaiv,  p.  225,  7  'Edaars 
für  ^Hdaere  und  p.  225,  13  iäaei  für  -aai,  p.  234,  6  noTdfK^  für  norafiip. 

*)     Das  von  Z.  angeführte  Cvfiög  existirt  nicht. 

^)  Nebenbei  sei  bemerkt,  dass  Z.  das  Adj.  uXoXvyatog,  wenn  ich  mich 
recht  erinnere,  nicht  angeführt  hat. 

Halle  a.  d.  S.  Rud.  Peppmüller. 


97 


Etymologische  beitrage  aus  dem  nordischen. 

Für  die  norwegischen  mundarten  ist  meine  hauptquelle 
„Norsk  Ordbog  .  .  .  af  Ivar  Aasen",  Christiania  1873;  für  die 
schwedischen  „Svenskt  Dialekt-Lexikon  af  Johan  Ernst  Rietz", 
Lund  1867. 

Norweg.  dial.  hemhel,  lit.  hämha. 
In  der  landschaft  Hallingdalen  im  inneren  Norwegen  wird 
hemhel  masc.  für  nabel  gesagt;  dies  ist  offenbar  mit  dem  lit. 
hämha  f.  nabel  verwandt.  Vgl.  Fick  wörterb.  2,  615.  Als 
grundform  dürfen  wir  daher  wol  bhamhha  voraussetzen.  In 
norwegischen  Ortsnamen  kommt  ein  wortstamm  hamhl-  vor. 

Isl.  hiäa,  lat.  fidelia,  rtid-og. 
Lat.  fidelia  gefäss,  topf  (z.  b.  für  den  kalk  zum  anstrei- 
chen) hat  man  längst  richtig  mit  gr.  Ttt&og  raasc.  fass,  wein- 
fass,  TtL&dyLviq,  cpiddy.vr]  zusammengestellt.  Nahe  verwandte 
Wörter  mit  dem  «-vokale  kommen  auch  in  den  germanischen 
sprachen  vor:  isl.  hiäa  f.  vas  superne  adstrictum  (bei  Björn 
Haldorsen  fehlerhaft  hyäa  geschrieben),  norweg.  dial.  (Sönd- 
möre)  hide  neutr.,  german.  grundform  hidja-n  ?,  butterfass ;  nor- 
weg. dial.  hidne  neutr.,  germanische  grundform  hidnja-n?,  klei- 
nes gefäss  überhaupt.  Die  lat.,  griech.  und  nordischen  Wörter 
weisen  auf  eine  grundform  mit  hhidh-  hin.  Wörter  ähnlicher 
form  und  bedeutung,  welche  u  als  den  grundvokal  zeigen,  halte 
ich  hier  fern. 

Altn.  blistra,  lat.  fistula. 
Die  bedeutung  des  lat.  fistula  ist  mit  der  des  gr.  avQiy^ 
nahe  übereinstimmend.  Beide  bezeichnen  röhre  überhaupt,  je- 
den röhrenartig  ausgehöhlten  körper.  Die  hirtenpfeife  wird 
fistula  wie  avQiy^  genannt.  Beide  Wörter  werden  auf  ein  hoh- 
les geschwür  angewendet.  Plinius  nennt  die  röhrenartigen  ge- 
fässe  in  der  lunge  fistulae;  avQiyysg  sind  „die  in  die  lunge 
auslaufenden  enden  der  luftröhre".  Der  parallelismus  zeigt 
sich  auch  in  den  ableitungen;  so  heisst  z.  b.  der  pfeifer  lat. 
fisttdator ,   gr.  avQiazrjg.     Ob  die  fistula  sutoria  und  die  fistula, 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  UI.  y 


98  Sophus  Bugge 

welche  zum  okuliren  der  bäume  angewendet  wurde,  von  dem 
röhrenartigen  aussehen  des  Schaftes  ihren  namen  haben,  darf 
ich  nicht  bestimmen.  Allein  sicher  bleibt  es,  dass  fistula  nicht 
mit  Corssen  etymologisch  als  „spaltendes  Werkzeug"  gedeutet 
werden  kann.  Vielmehr  müssen  wir  für  avQiy^  und  fistula  die 
gleiche  grundbedeutung  vermuthen.  Wie  ovQiy^  zu  kslaw.  svi- 
riti  pfeifen,  svirükü  pfeife,  surüna  fistula,  lit.  surmä  pfeife  ge- 
hört (Fick  wörterb.  2,  268;  2,  693),  so  wird  die  wurzel  des 
lat.  fistula  „pfeifen"  bedeutet  haben.  Mein  früherer  versuch 
das  wort  etymologisch  zu  deuten  war  verfehlt.  Ich  vermuthe 
jetzt,  dass  fistula  durch  dissimilation  aus  fiistula  geändert  ist. 
Vgl.  6Xoq)vyiTlg  =  öXoq)Xvy,TLg ;  cpvyed-Xov  für  q)Xvy£^Xov;  ex- 
TTayXog  für  suTtlaylog;  ital.  fievole^  span.  prov.  fehle,  fr.  faible 
aus  fiebilis;  lat.  praestigiae  =  praestrigiae ,  pejerare  —  perje- 
rare.  Lat.  fistula  statt  fiistula  scheint  mir  mit  altn.  blistra, 
mit  dem  munde  pfeifen  oder  flöten,  auch  zischen  (von  den 
schlangen)  aus  derselben  wurzel  entstanden,  blistra  setzt  eine 
wurzel  blis  voraus;  vgl.  deutsch  fiistern  neben  fiismen,  fi ispern. 
Die  wurzelform  bhlis,  pfeifen,  ist  mit  bhlä,  fiare,  blähen,  ver- 
wandt; der  «-vokal  ist  für  die  bezeichnung  eines  feinen  lautes 
harakteristisch.    fistula  ist  wie  pustula  gebildet. 

German.  blötan,  lat.  fiämen. 
fiamen,  eigenpriester ,  fasst  man  gewöhnlich  als  „zünder", 
indem  man  es  mit  fiagrare,  fiamma  verbindet.  Die  möglichkeit 
dieser  deutung  lässt  sich  für  jetzt  kaum  bestreiten;  sicher  ist 
sie  jedoch  nicht,  da  die  anwendung  der  verbalwurzel  fiag  mit 
transitiver  bedeutung  vom  zünden  des  opfers  im  lateinischen 
nicht  nachgewiesen  ist.  Ich  nenne  hier  eine  andere  mögliche 
deutung,  die  freilich  im  lateinischen  selbst  sonst  keine  stütze 
findet,  welche  aber  von  der  seite  der  bedeutung  noch  näher 
liegt.  Das  allgemein-germanische  blotan  bedeutet  (die  götter) 
durch  Opfer  verehren,  mactare ;  daher  altn.  blöt  götterverehrung, 
opfer.  fiamen  lässt  sich  durch  altn.  blötgoäi  übersetzen,  blöt 
muss  im  lateinischen,  wenn  sich  die  wurzel  dort  findet,  noth- 
wendig  fiäd  lauten,  fiämen  kann  für  fiäd-men  wie  rämentum 
inv  räd-mentum  stehen.  Oder  die  wurzel  bhlä,  lat.  fia  in  fiämen 
kann  sich  im  Germanischen  zu  blfd  erweitert  haben. 


Etymologische  beitrage.  99 


Schwad,  dial.  hrind,  lit.  hredis. 
Schwed.  dial.  hrind  (in  Dalarne),  hrinn  statt  hrmd  (Jämt- 
land),  hrinde  (Herjedalen) ,  im  östlichen  Norwegen  bringe,  für 
hrinde,  elenn,  nur  vom  männlichen  thiere,  ist  mit  lit.  hredis, 
elenn,  lett.  hridis,  altpreuss.  hraydis  identisch;  vgl.  messap. 
ßQsvöog.  Diese  Zusammenstellung  findet  sich  schon  bei  Rietz 
svenskt  dialektlexikon.  Die  grundform  der  Wurzelsilbe  ist  also 
bhrendh. 

Altn.  brum,  gr.  ßQvo). 
Altn.  hrum  neutr.,  gemma  arborum,  frons,  ramus  frondens, 
setzt  eine  grundform  hhr-ma  voraus  und  ist  mit  gr.  ßqvü), 
strotzen  (vom  üppigen  hervorkeimen  der  pflanzen)  verwandt;  lat. 
frons,  frondis  scheint  aus  der  verwandten  wurzel  hhrandh  ent- 
standen.    Vgl.  Fick  wörterb.  2,  168. 

Altn.  dälkr,  neuir.  dealg. 
Altn.  dälkr  ist  spina  quo  pallium  continebatur ;  im  isländ. 
bedeutet  das  wort  auch  spina  dorsalis  piscium.  Es  gehört  zum 
altir.  delg,  neuir.  und  gael.  dealg  m.  „a  thorn,  a  skewer,  a  pin, 
a  bodkin,  a  prickle".  Die  irische  form  setzt  eine  grundform 
delga  (dhelga)  voraus.  Diese  scheint  mir  aus  dheg-la  entstan- 
den; vgl.  lit.  dagijs  dorn,  degti  stechen,  gr.  ■d-'^yio,  ^rjyaXeog, 
lat.  figo.  Stokes  (Remarks  —  to  Curtius  p.  28)  stellt  altir. 
delg  „brooch"  zu  bret.  dalchet  teuere,  skr.  darh;  allein  die 
bedeutungen  des  neuir.  dealg  lassen  sich  kaum  damit  vereinigen. 
dälkr  wird,  trotz  dem  k,  ein  lehnwort  sein. 

Altn.  dapr,  sanskr.  dabhra. 

Altn.  dajor  bezeichnet :  beschwert,  schwach ,  der  nicht  seine 
volle  stärke  hat,  z.  b.  vom  ermatteten,  auch  vom  licht,  und  ge- 
siebt; dann:  niedergeschlagen,  von  traurigem  ansehen,  dajjr, 
das  eine  vorgermanische  form  dhah-ra  voraussetzt,  ist  vielleicht 
mit  skr.  dahhrä,  wenig,  gering,  dürftig,  altbaktr.  dawra  iden- 
tisch. Man  vergleiche  das  verhältniss  des  altn.  hotn  zum  ind. 
hudhna. 

Das  adjectiv  dabhra  ist  von  skr.  dahh,  damhh,  schädigen, 
aTCfißiü   gebildet. 


100  Sophus  Bugge 

Altn.  dilkr,  d-rjXdtio. 
Zu  dhä  saugen,  säugen  gehören  u.  a.  skr.  dhärii  saugend, 
gr.  d^rjXri  zitze,  euter,  ^rjläCco,  sauge,  säuge,  gewiss  auch  lett. 
dtle  Säugling  (kalb  oder  lamm),  dilU  säugen,  lat,  filius^  umbr. 
sif  feliuf  wahrscheinlich  sues  lactentes.  Hierzu  noch  altn.  dilkr 
Säugling  (lamm,  kalb,  ferkel  oder  zicklein),  schwed.  dial.  diika, 
saugen,  dän.  dial.  düke. 

Altn.  dregg f  isl.  drmigr,   nhd.  trocken,  engl,  drg ,  TccQixog, 
zaQxvcü,  TQvyla. 

Engl,  dry  trocken,  ags.  dryge,  dHge ,  drege  (nicht  dri/ge 
mit  kurzem  vokale),  niedländ.  dt*^,  niedä'e^itsch  dre^  droege, 
WNme  setzen  eine  grundform  draugja-z  voraus.  Mit  unrecht 
vermuthete  Holtzmann  (altdeutsche  gr.  I,  211)  eine  gotische 
form  druggvs;  das  wort  entspricht  nicht  dem  skr.  dhruva.  Nahe 
verwandt  ist  ahdüyf'Dekmi ,  nhd.  trb<^en  (welches  Wackernagel 
irrig  als  part.  von  trecken,  ziehen,  erlriärt);  aus  einer  grund- 
form drugana-z,  eigentlich  prät.  particip.  pass.  eines  verbs 
dreugan.  Dazu  auch  ags.  drugian  arescere;  isl.  draugr  nach 
Björn  Haldorsen  arbor  arida  spec.  abies. 

Nach  strengen  lautregeln  würde  dieser  wurzel  drug ,  die 
mit  got.  gapairsan,  paursus,  dürr  natürlich  nichts  zu  thun  hat,, 
eine  vorgermanische  wurzelform  dhriigh  entsprechen.  Wenn 
wir  im  Griech.  verwandte  wörter  suchen,  ist  die  lautstufe  tqx 
zu  erwarten;  man  vergleiche  z.  b.  xoi%oq^  Teixoq  gegen  skr. 
dehi ,  got.  deigan.  Ich  vergleiche  daher  die  wurzel  rh^  in 
TccQlxog  etwas  getrocknetes,  pökelfleisch,  salzfisch,  ii^rttQdie ,  ra- 
Qt^^lljl^  austrockn^ ,  einpökeln ,  .^inbalsamieren ,  und  ohne  das 
eingeschobene  l  rclpj^iav  bestatten*"^€i^  einbSts^iJijiieren).  Die 
germanische  wurzelform  drug  verhält  sich  zur  griech.  tccqx  wie 
lit.  brukii  drängen  zum  lat.  farcio.  Ich  erkläre  das  n  als 
durch  einfluss  des  r  entstanden. 

TUQLyog  gehört  meiner  ansieht  nach  nicht  zur  wurzel  tsqg, 
tars,  wobei  man  ta^Qixog  erwarten  sollte. 

Dem  german.  dnig  würde  auch  in  betreff  des  vokales  gr. 
TQvx  genau  entsprechen.  Hierzu  stelle  ich  nach  Pott  in  Kuhns 
zeitschr.  19,  27  t^^^m,  trocTn»ea^  dörlP^i,  rgvyrj  trockenheit, 
dürre ,  XQv^y  hefen,  treSter,  rgvyia  hefe.  TQvyto  für  S^qvxm  wie 
jivvöa^  für  (fvvd^a^,    jrvgyog  für  (piqyog,    dte/iißio  für  dd^ffiffü). 


Etymologische  beitrage  101 

Mit  unrecht,  wie  mir  scheint,  vergleicht  Fick  wörterb.  1,  598; 
2,  569  TQvyo)  mit  altn.  ßurka ,  lat.  tergere,  lit.  trokszti.  Altn. 
ßurka  trocknen  ist  nach  gewöhnlicher  analegie  von  ßurr  = 
got.  pcmrsus  abgeleitet,  tergo  entspricht  nach  Froehde  (in 
Kuhns  zeitschr.  23,  312)  dem  gr.  TQißa).  Lit.  tr^ohe^üi,  dür,§t&if, 
stellt  Fick  selbst  1,  93,  wie  mir  scheint,  richtig  zu  skr.  tarsh. 
TQvyla,  hefen,  für  ^gvxla,  weicht  nur  im  vokale  ab  von  den 
ursprünghch  damit  identischen  altn,  dregg  gen.  dreggjar,  hefen, 
eng.  dregs ,  grundform  dragjä,  altpreuss.  dragios  f.  pl.  hefen, 
kslaw.  drozdijq  f.  pl.  hefen ;  vgl.  Fick  2,  589.  Wir  haben  also 
die  wurzelformen  german.  drag,  drug,  griech.  TaQx,  tüqix,  TQvy, 
sämmtlich  Variationen  von  derselben  urwurzel. 

In  den  indischen  Wurzelverzeichnissen  wird  ^r^^^H^ocl^ßji-^*' 
werden  neben^i^Äfa^ aufgeführt.  Mit  diesen  wurzelB-,-'<fie*iiicht 
willkürlich  erfunden  scheinen,  hat  schon  Kuhn  (zeitschr.  VII,  63) 
trocken ;  eng.  dnj  verglichen.  Ist  das  kk  in  dräkh  wie  in  skr. 
tiakha  zu  beurtheilen?  oder  ist  neben  dhragh  eine  wurzelform 
dhrak  anzunehmen  und  dazu  mit  Benary  lat.  fraces,  ölhefen, 
fracesco  zu  stellen? 

Altn.  eiä,  gr.  lo&fAog. 
Altn.  eid  neutr.  bezeichnet  isthmus,  landenge  zwischen 
zwei  seen;  auch  Versenkung,  wo  man  von  dem  einen  thale  zum 
anderen  leicht  hinübergehen  kann.  Das  wort  setzt  wahrschein- 
lich eine  grundform  ai-ta-m  voraus  und  ist  wol  jedenfalls  von 
der  Wurzel  i,  gehen,  gebildet,  wozu  u.  a.  got.  iddja  ging,  eid 
entspringt  also  derselben  wurzel  mit  dem  synonymen  gr.  lad^ftog. 

Altnord,  födr,  epirot.  Jeindtvqog. 

Neben  fadir,  gen.  födur,  accus,  födur,  vater,  kommt  im 
altnordischen  födr,  gen.  födrs,  accus,  födr  vor.  Die  letztere 
form  findet  sich  nur  in  der  ältesten  spräche  als  zweites  glied 
mehrerer  zusammengesetzten  namen  Odins:  alfödr  (aUfödrJ, 
herjafödr,  sigfödr,  valfödr.  Bei  einigen  dieser  namen  wechseln 
formen  auf  -födr  mit  denjenigen  aui -fadir:  sigfadir  kommt  neben 
sigfödr,  gen.  alfödur  neben  dem  nom.  alfödr  vor.  fadir  setzt  eine 
urgermanische  Stammform  fadar,  födr  dagegen  fad(u)ra  voraus. 

Das  Griechische  zeigt  eine  ganz  analoge  erscheinung.  Ne- 
ben dem  stamme  Ttateq  kommt  in  namen  ein  stamm  rtaxQO 
mit  paragogischem  o  vor:    lAvxircaxQogy  2(6n:avQog.     Noch  nä- 


102  Sophua  Bugge 

her  liegt  der  von  Curtius  erklärte  gottesname  Jeucdzvgo-g  d^sdg 
Traget  2Tv/Li(paioig  (Hesych.).  /JeiJcäzvQog  {JiTtÜTvqog)  verhält 
sich  zu  JuppUer,  wie  altn.  Sigföär  zu  Sigfaäir. 

Norweg.  dial.  gana,  lit.  geneti. 
Norweg.  dial.  gana,  ganne,  den  bäum  kappen,  auch:  das 
laub  am  bäume  abhauen,  setzt  eine  altnorweg.  form  gana,  prät. 
ganaäa  voraus  und  ist  von  der  wurzel  ghan,  schlagen,  gebil- 
det; vgl.  namentlich  lit.  genü,  geneti,  die  äste  am  bäume  be- 
hauen, den  bäum  kappen.     Siehe  Fick  wörterb.  2,  546. 


(\ 


Y't  }  Älln.  gjöta  vgl.  Ix^vg. 
Es  ist  erwiesen ,  dass  ix^vg ,  lit.  zuvls ,  altpreuss.  suckans 
accus,  pl.  d.  i.  zu-ka-ns,  armen,  tzükn  für  „fisch"  eine  grund- 
form  ghu  voraussetzen.  Pott  und  Fick  vermuthen,  dass  das 
wort  von  der  wurzel  x«>  gähnen,  abgeleitet  sei;  allein  „der 
gähner"  würde  für  den  fisch  eine  wenig  charakteristische  be- 
.  Zeichnung  sein,  ghu,  Ix^vg,  fisch,  scheint  mir  die  wurzelVy/iw, 
!xy.j^ fflessen ,  zu  enthalten.  Dem  griech.  xko  entspricht  ^ai" 
durch  ^,  vorgerman.  cl  weitergebildete  got.  giutan,  giessen,  altn, 
gjota.  Dies  wird  im  isländischen  in  der  bedeutung  „gebähren" 
„junge  werfen"  von  mehreren  thieren  angewendet,  vgl.  lat. 
fundere.  Norwegisch  gilt  gjota  nur  von  den  fischen:  laichen; 
diese  anwendung,  welche  auch  isländisch  ist,  kommt  schon  in 
der  alten  litteratur  vor:  gjöta  hrognum  sinum ;  davon  ^o^  neutr. 
die  laiche  (abstract),  auch  (concret)  der  laich,  der  im  isländ. 
gota  f.  genannt  wird.  Ich  vermuthe,  dass  diese  spezielle  an- 
wendung der  wurzel  schon  in  uralter  zeit  beiwohnte,  und  dass 
der  fisch  danach  benannt  ist.  Lit.  zuvls  eig.  „die  giesserin" 
wird  das  ursprüngliche  geschlecht  bewahrt  haben. 

Altn.  hd,  lit.  kanka. 
Altn.  ha,  präs.  hdr  oder  hdir ,  bezeichnet  plagen,  quälen, 
z.  b.  von  den  leiden  des  hungers.  Das  wort  kann  gotisch  häh- 
an  hähaida,  für  hanhan,  gelautet  haben.  Ich  vergleiche  lit. 
kanka  f.  quäl,  leiden,  kankinti  quälen,  die  Fick  zu  ■Kaxog^  aro- 
^axctKtj  stellt. 

Norweg.  dial.  hatra,  lit.  kdndu,  skr,  khäd. 
Unter  denjenigen  Worten,   welche  bisher  nur  in  den  slavo- 


Etymologische  beitrage.  103 

lettischen  oder  slawobaltischen  und  arischen  sprachen  nachge- 
wiesen sind,  nennt  J.  Schmidt  (verwandt,  d.  indog.  spr.  47)  lit. 
kändu,  kq'sti  beissen,  kslaw.  kffsu  statt  kqdsu  bissen,  ktisati 
beissen,  skr.  khäd ,  khädati  kauen,  zerbeissen,  essen,  fressen. 
Der  stamm  zeigt  sich  auch  im  germanischen :  norweg.  dial.  hat- 
ra  jucken,  die  haut  reizen,  stechen;  hatr  n.  jucken,  stechen; 
auch  stechende  insecte,  namentlich  mucken  und  fliegen.  Ganz 
ebenso  wird  der  wortstamm  im  Baltischen  angewendet:  lit. 
fcändu  wird  vom  stich  der  biene  und  anderer  insecte  gesagt; 
lett.  heisst  es  bites,  ohdes  ko'hfch  die  bienen,  mucken  stechen; 
kohda  oder  kohds  bedeutet  motte,  schabe,  made  (Ulmann). 
Weitere  vergleichungen  bei  Fick  wörterb.  1,  237. 

Norweg.  dial.  Jiempa,  gr.  ^.ofxßog. 
Norweg.  dial.  he^npa  fem.  bedeutet  angesetztes  band  oder 
schleife,  etwas  damit  zu  knüpfen  oder  aufzuhängen;  auch  ha- 
ken, klammer.  Die  grundform  scheint  liampjü.  Es  gehört  zu 
dem  synonymen  gr.  y.6(.ißog,  lit.  himhu,  kihti ,  sich  anhängen, 
stecken  bleiben,  haften,  vgl.  Fick  in  Bezzenbergers  beitr.  II,  187. 
Ahd.  haspa ,  nhd.  haspe ,  thürband,  mittels  dessen  die  thür  in 
die  angeln  gehängt  wird,  garnwinde,  ist  für  hapsa,  von  dersel- 
ben Wurzel  hap,  vorgerman.  kab,  hangen,  vgl.  lit.  kabeti  han- 
gen, kabinti  hängen,  kabe  haken.  Endlich  gehört  hieher  das 
mit  dem  lit.  kibti  synonyme  nhd.  hapern. 

Norweg.  dial.  herr,  kslaw.  srüchükü. 
Norweg.  dial.  herr  masc.  stärke,  elasticität,  muskelkraft; 
herren,  steif,  hart  können  vom  alten  Jiardr  nicht  abgeleitet 
werden.  Dasselbe  scheint  von  harren,  hart,  ungestüm,  rauh, 
zu  gelten.  Diese  Wörter  setzen  eine  vorgermanische  wurzelform 
kars  voraus;  vgl.  kslaw.  srüchükü  asper,  strachü  horror  Fick 
wörterb.  2,  696.  Hierzu  auch  altn.  herstr  asper,  herstask  ex- 
asperari;  deutsch  harren;  harsch,  vgl.  Grimm-Heyne  Deutsch. 
Wörterb.  IV,  2,  S.  498. 

Altn.  hcell,  lit.  kü'las. 

Altn.  hcell  masc,  gen.  hcels,  nora.  plur.  hcelar,  zugespitzter 

pfähl ,    pflock ;    besonders  ein  pfähl ,    woran  man  etwas  bindet, 

auch    ein    pflock    am  handgriffe    der   sense    scheint  aus  einer 

german.  urform  helja-z  entstanden  und  zu  lit.  külas  pfähl,  kir- 


104  Sophus  Bugge 

chenslaw.  kolu  pfähl,  pflock,  skr.  kila  masc.  zugespitztes  holz, 
pfähl,  pflock,  keil,  handgriff  zu  gehören.  Vgl.  Fick  wörterb. 
2,  535. 

Norweg.  dial.  karra,  lat.  garrio. 
Zu  der  wurzelform  gars  in  lat.  garrio,  kslaw.  ""^i«^^^???)^  so- 
nitus,  cachinnus,  lit.  g^tt^sas  ton,  sttmfl^e,  schall  (Fick  wörterb. 
1,  565)  gehört  norweg.  dial.  "kem^a,  prät.  karra  (ursprüngl.  kar- 
raäa),  gackern,  von  mehreren  vögeln,  besonders  von  den  Schnee- 
hühnern. 

Altn.  m?^WK^  lat.  lon^fmius. 

Der  gotische  stamm  •(i|^,(nomliLm*i;6;^entspricht  bekannt- 
lich dem  lat.  aevo  {nom.aevum,  s^m^Ta^pf^s^.  Mit  dem  lat. 
longaevu-s  ist  das  altn.  IctHgm'-r ,  der  .  lange  lebt  oder  dauert, 
völlig  identisch,  langcer  setzt  eine  germanische ,^rundform  langa- 
aivaz  voraus.  Davon  ist  TWngt^ct  f.  laftgß_^  däu^r,  grundform 
langaaivißä,  abgeleitet.  Es  verBält  sich  zum  lat.  longaevitas, 
stamm  longaevitati ,  wie  got.  jmida,  lat.  juventa  zu  juventas. 

Altn.  lewtr,  lit.  leps^ä,  Xajttmo. 

In  der  altnorwegischei^  dichtersprache  beamtet  lei^tr  neutr., 
auch  fem.  (pl.  leiptrar),  blitz.  In  der  Snorra  Edda.  wirdTfe^r 
als  poetische  bezeichnung  der  sonne  und  des  himmels  genannt ; 
auch  finden  wir  es  unter  den  poetischen  ausdrücken  für  schwert. 
Die  aufzählung  der  flüsse  Grimnismal  28  endet  mit  Gjöll  ok 
Leiptr  (d.  h.  die  strahlende)  „diese  strömen  den  menschen  nahe 
und  fallen  zur  Hei  hinab".  VonT^^pir  ist  das  verbum  ZelWa, 
prät.  le?p??!»Äi^bgeleitet ;  dies  bedeutet  strahlen ,  blinken  und 
wird  in  der  prosasprache  z.  b.  von  sternen  und  äugen  ange- 
wandt. 

Nach  fester  analogie  wechselt  die  Schreibung  leiptr  mit 
leiftr  und  leifstr;  die  form  leiftr  ist  die  ursprünglichste,  leif- 
tr  ist  durch  dasselbe  suffix  wie  die  neutra  föär,  got.  fo-dr  (ur- 
spr.  pä-tra-m),  fös-tr,  sldtr  statt  slali-tr  u.  s.  w..,  wie  die  femi- 
nina  got.  hlei-^ra,  deutsch  klaf-ter  u.  s.  w.  gebildet.  Die  Wur- 
zelsilbe leif  in  leiftr  entspricht  genau  dem  lit.  /Ij^in  7?^)^^>v 
flamme.  Dies  ist  mit  altpreuss.  7?)p*S<^^™^^»  ^^^^-  ^^^^«;  kien- 
fackel  und  gr.  Xäi-iTto)  derselben  wurzel  entsprungen.  Ueber 
das  verhältniss  der  vokale   s.  namentlich  J.  Schmidt  indogerm. 


Etymologische  beitrage.  105 

vocal.  I,  75.  Das  suffix  des  altn.  leiptr  ist  mit  demjenigen  des 
gr.  XafXTtriqQ  nahe  verwandt.  Auch  der  stamm  Xajxn  wird  (so 
im  roman.  lampo)  speziell  auf  den  blitz  angewandt. 

Altn.  liri,  gr.  Xäqoq. 
lägog,  der  name  eines  gefrässigen  seevogels,  findet  sich, 
wie  ich  vermuthe,  im  norden  wieder.  Ein  seevogel  heisst  altn. 
liri  masc. ,  norweg.  dial.  lira  fem.  (wird  puffinus  Anglorum 
oder  larus  übersetzt),  dän.  lire  (sterna  nigra).  Im  altn.  ist  ein 
kurzes  i  vor  r  öfter  verlängert:  sviri,  nacken,  =  ags.  siceora; 
firar,  männer,  von  den  Isländern  ftrar  ausgesprochen.  So  wird 
liri  vielleicht  einen  stamm  Uran  voraussetzen.  War  die  urgerma- 
nische Stammform  lerihan?  vgl.  altn.  firar  =  altsächs.  firihös. 

Altn.  nopä^umhr.  nß-U^f^ 

Nicht  nur  bei  mehreren  jafetisclSen  Völkern,  sondern  auch 
bei  den  Semiten  und  anderen  wird  die  südliche  himmelsgegend 
als  die  rechte  seite,  die  nördliche  als  die  linke  seite  bezeich- 
net, indem  die  verschiedenen  himmelsgegenden  nach  derjenigen 
Stellung  benannt  wurden,  welche  sie  zu  dem  gegen  die  aufge- 
hende sonne  in  frommer  anbetung  gewendeten  menschen  ein- 
nahmen.   Siehe  Pictet  Aryas  primitifs  II,  494  f. 

Kern  hat  nachgewiesen,  dass  ableitungen  von  der  wurzel 
tehs  =  sskr.  daksh  bei  den  Germanen  nicht  nur  „rechts",  son- 
dern auch  „süd"  bezeichneten.  Ich  suche  eine  andere  spur 
dieser  anschauung  in  der  germanischen  bezeichnung  des  nor- 
dens  nachzuweisen.  Altn.  wö»^.  norden  ist  dem  umbr.  ne)*tr4k^ 
link  (Aufrecht  u.  Kirchhoff  II,  219)  gleichzusetzen.  Dies  umbr. 
w^r^o.  .haben  die  genannten  forscher  gewiss  richtig  mit  griech. 
v€Qt€Qog  der  untere  identificiert ;  denn  bei  den  Umbrern  hiess, 
was  rechter  band  lag,  oben,  was  linker,  unten;  siehe  umbr. 
sprachdenkm.  II,  102.  Hiedurch  wird  meine  ziieammenstellung 
mit  altn.  norär  gestützt,  denn  „norden"  wurde  bei  unseren  vor- 
fahren als  die  untere  gegend  gedacht:  niär  ok  norär  liggr  Hel- 
vegr  Snorra  Edda  ed.  AM.  I,  178. 

Altn.  nyra,  gr.  v€q)Q6g. 
Fest.  p.  162  Müll.:  Pro  nefrendibus  alii  nefrundines  intel- 
ligunt,  quos  usus  recens-  dicit  vel  renes  vel  testiculos,  quos  La- 
nuvini  appellant  nebrundines,    Graeci  vstpQOvSf   Praenestini  ne- 


106  Sophus  Bugge 

frones.  Hierait  hat  man  längst  ahd.  nioro  niere  verbunden. 
Dies  scheint  jedoch  nur  verwandt,  nicht  identisch,  denn  altn. 
nyra  setzt  wol  eine  grundfonn  neuzö,  nicht  wewrö  voraus.  So- 
wol  das  griechische  als  das  italische  wort  verbindet  die  bedeu- 
tungen  „nieren"  und  „hoden".  Es  verdient  aufmerksamkeit, 
dass  die  bedeutung  „hoden"  auch  dem  germanischen  worte 
nicht  fremd  ist.  In  einem  alterthümlichen  dialecte  Norwegens 
(Söndmöre)  bedeutet  nyre  hode,  während  die  nieren  als  ryggja- 
nyre,  niere  des  rückens,  bezeichnet  werden.  In  dem  alten  got- 
ländischen  gesetze  findet  sich  vig-niauri  in  der  bedeutung  „te- 
sticulus".  Ebenso  bedeutet  kirchenslaw.  istesa  (vgl.  altn.  eista) 
sowohl  testiculi  als  renes. 

Altn.  orff  mhd.  tvorp,  lit.  vlrbas. 
Mhd.  worj),  deutsch,  dial.  worb,  altn.  orf  neutr.  bezeichnet 
sensenstiel.  Schmeller  und  Schwenck  verbinden  das  wort  mit 
got.  hvairban,  Diefenbach  goth.  wtb.  I,  201  mit  vairpan.  Beide 
deutungen  sind  lautlich  unmöglich.  Die  germanische  grundform 
ist  vorba.  Das  wort  bezeichnet  eigentlich  einen  hölzernen  stab 
überhaupt,  was  aus  den  an  Wendungen  des  wertes  in  verschie- 
denen schwedischen  dialecten  erhellt.  Rietz  erklärt  orv  „1)  lie- 
skaft;  2)  ox-ok;  3;  bage  uti  en  hästsele;  4)  träet  pä  en  räfsa, 
hvari  pinnarne  sitta  fästade;  5)  träställning  pä  en  lie  att  den 
afmejade  säden  mä  falla  jämnt".  ivorp,  orf  ist  mit  lit.  vlrbas 
m.  reis,  ruthe,  zweig,  bes.  von  birken,  kslaw.vrüba  f.  die  weide 
identisch.  Die  gemeinsame  grundform  ist  vrbha.  In  betreff 
des  vocales  der  Wurzelsilbe  verhält  sich  altn.  orf  zum  lit.  vlr- 
bas wie  altn.  ormr  zum  lit.  klrmis,  deutsch  icolf  zu  lit.  vllkas. 
Die  anwendung  des  schwed.  orv  ist  mit  derjenigen  des  lit.  von 
virbas  abgeleiteten  virbalas  nahe  verwandt:  ein  hölzerner  stab 
im  allg.,  daher  leitersprosse,  hölzerner  nagel,  hölzerne  Strickna- 
del, der  Sensenpflock  u.  s.  w. 

Altn.  siär,  lat.  \§etius. 
Weihrich  (Philologus  XXX,  425  CJ  liat  eine  lat.  form 
sectius  überzeugend  als  falsch  nachgewiesen.  Auch  die  Schrei- 
bung secim  ist  nicht  bewährt.  "Wir  müssen  also  von  der  form 
setius  ausgehen.  Die  etymologische  erklärung  Weihrichs  kann 
nicht  die  richtige  sein,  denn  wenn  das  comparativsuffix  an  sed 
getreten  wäre,  würde  sedius  entstanden  sein  (J.  Schmidt  in 
Kuhns  zeitschr.  XIX,  385). 


Etymologische  beitrage.  107 

Ich  identificire  setius  mit  dem  im  gebrauche  merkwürdig 
übereinstimmenden  altn.  siär.  Wie  setius  mit  minus,  so  ist 
siär  mit  mimir  synonym,  eigi  siär,  ekki  siär  mit  en  ist  = 
non  setius,  nihilo  setius  mit  quam  d.  i.  ebenso;  z.  b.  Flateyjar- 
bök  II,  38:  eru  vir  ekki  siär  öäalbornir  til  konungdöms  en 
kann.  Das  lat.  nihilo  \setiusj^  neque  eo  setius  nichts  desto  we- 
niger heisst  altn.  eigi  at  siär,  eigi  ßvi  siär,  wo  at  und  ßvi  der 
bedeutung  nach  dem  lat.  eo  entsprechen,  siär  wird  auch  als 
conjunction  in  der  bedeutung  von  quo  setius  „dass  nicht"  an- 
gewandt. Endlich  kann  siär  wie  setius  mit  einer  negation  ali- 
ter  bezeichnen :  eigi  siär  er  ßat  nichts  anders  verhält  es  sich. 
Dagegen  ist  die  absolute  bedeutung  des  lat.  setius  dem  altn. 
Worte  fremd. 

Das  formelle  verhältniss  macht  keine  Schwierigkeit.  siär, 
neben  dem  ein  superlativum  sizt  besteht,  setzt  eine  germani- 
sche grundform  sißiz  voraus,  die  mit  dem  lat.  setius  aus  einer 
Urform  sätjas  entstanden  ist.  Vgl.  z.  b.  lat.  reg  =  got.  reik 
=  skr.  rag'.  Verwandt  ist  altn.  siä  adv. ,  got.  seißu  spät,  lat. 
se-ru-s.  Die  wurzel  ist  skr.  sä,  präs.  sjati  zu  ende  führen, 
abschlieszen.  Siehe  meine  bemerkungen  über  serus  in  Curtius 
Studien  IV.  bd.,  2.  heft,  s.  352. 

Das  obige  hatte  ich  längst  zusammengestellt,  als  ich  bei 
Fick  vergl.  wtb.^  852  unter  german.  adj.  sithu  spät  die  bemer- 
kung  „vgl.  lat.  setius"  las.  Daneben  vergleicht  er  das  unbe- 
währte secius  mit  fjaatov. 

Altn.  skarpr,  skorpinn,  russ.  skorhnyti. 
Altn.  skarpr  bedeutet  zuweilen  scharf,  häufiger  jedoch 
trocken  und  seiner  trockenheit  wegen  hart,  rauh,  schrumpfig, 
auch  eingeschrumpft;  unfruchtbar,  vom  lande;  skorpinn,  ein- 
getrocknet, eingeschrumpft ;  skorpna,  eintrocknen,  einschrumpfen; 
skorpa,  crusta.  skorpinn  ist  eigentlich  prät.  pcp.  eines  starken 
verbums  (skerp>an)  —  skarp  —  skorpana.  Diese  Wörter  gehören 
zu  russ.  skorhnyti  siccari,  skorbeti  contrahi,  lit.  skrebju  skrebti 
trocken  werden,  skrehinti  trocken  machen,  die  Fick  2,  680  mit 
v.dQcp(x)  vergleicht.  Eine  nasalirte  nebenform  liegt  vor  in  mit- 
teldeutsch schrimpen,  schrampt ,  nhd.  schrmnpfen,  norweg.  dial. 
skreppa  skrapp  skroppen,  eintrocknen,  einschrumpfen,  dän. 
skrumpen  eingeschrumpft,  wie  im  griech.  KQdf.tßog,  trocken,  mit 
ytdQ(ftü,  dörre,  lasse  einschrumpfen,  verwandt  ist. 


108  Sophus  Bugge 

Norweg.  dial.  sladen,  kslaw.  sludinu. 
Fick  wtb.  2,  504  hat  eine  den  germanischen  und  slawo- 
baltischen  sprachen  gemeinsame  wurzel  slidh  gleiten  nachgewie- 
sen; vgl.  J.  Schmidt  vocal.  T,  58.  Auf  eine  nebenform  sladh 
deuten  die  von  Fick  angeführten  wörter  altn.  slöä  f.  spurweg, 
sloäi  m.  was  hinten  nachgeschleppt  wird,  sloeda  über  die  erde 
hin  schleppen,  welche  Wörter  in  betreff  der  bedeutung  dem 
kslaw.  sledü  m.  spur,  fährte,  nahe  treten.  Von  slod  ist  läpp. 
liiod  spur  entlehnt.  Die  wurzelform  sladh  kommt  noch  in  fol- 
genden germanischen  Wörtern  vor:  norweg.  dial.  slade  m.  {sla'e 
ausgesprochen)  ein  sanft  geneigtes,  fast  flaches  feld ;  in  anderen 
diall.  slane  (statt  sladne),  dän.  dial.  slade,  engl,  slade,  angel- 
sächs.  slced  (Alfreds  Orosius).  Norweg.  sladen,  auch  slad  und 
slanen  adj.  sanft  geneigt;  gotländ.  sladar ,  fem.  slad,  u.  m. 
Norweg.  sladen  schliesst  sich  dem  ksl.  sludinu  abhängig  statt 
slqdmit  (vgl.  sludy  f.  abhang)  nahe  an. 

Engl,  spink,  OTtlyyog. 

Fick  wörterb.2  1079;  ^l^  831  vergleicht  mit  arciUo  statt 
OTtiyyjw  piepen,  ajtl^a  statt  OTtiyyja  kleiner  piepender  vogel 
überhaupt,  GJtlyyog  dass.  Hesych.  das  deutsche  fink,  (anders  ^1, 
675).  Auch  die  vollständigere  form  mit  anlautendem  sp  ist  im 
germanischen  bewahrt:  engl,  spink  fink,  was  völlig  dem  gr. 
OTtlyyog  entspricht;  norweg.  dial.  spikkje  masc.  kleiner  piepen- 
der vogel  überhaupt,  besonders  sperling;  schon  Snorra  Edda 
II.  489  unter  vogelnamen  sjnki;  schwed.  dial.  spink,  spinke, 
spikke  m.,  dän.  dial.  spinke. 

spink  verhält  sich  zu  ß^ik  wie  altn.  skakkr  hinkend,  alt- 
dän.  skank  zu  hinken,  altn.  stjörr,  got.  sfiur  zu  ßjörr;  s.  meh- 
rere solche  nebenformen  bei  Kuhn  Ueber  das  alte  S  im  vierten 
bände  seiner  Zeitschrift. 

Neben  engl,  spink  erscheint  dialekt.  pink;  bair.  pienk.  For- 
men ohne  s  auch  in  den  britannischen  und  romanischen  sprachen 
wie  im  estn. ,  böhm.,  ungr. ,  s.  Deutsch,  wtb.  III.  1663,  Diez 
rem.  wtb.  pincione. 

Altn.  sveigr,  at/tiog. 
Man  hat  schon   öfter   aly^,   aiyaco ,    aiyrjXng  mit  altsächs. 
swigon,  ags.  swigian,  ahd.  swtken  schweigen,  ags.  swige  f.  si- 


Etymologische  beitrage.  109 

lentium,  ahd.  su-iJcalt  f.  silentium  zusammengestellt.  Wie  das 
unregelmaszige  lautverhältniss  erklärt  werden  soll,  ist  unsicher: 
ist  aiyi]  aus  aix^  durch  hauchentziehung  entstanden  ?  oder  ist  eine 
unregelmaszige  änderung  des  gutturales  im  german.  eingetreten? 
oder  sind  endlich,  wofür  ags.  sivicmi  cedere,  cessare,  u.  s.  w.  spre- 
chen könnte,  zwei  wurzelforraen  svig  gr.  ay,  german.  svikj  und 
svkjh,  german.  svig,  anzunehmen  ?  Jedenfalls  ist  einleuchtend,  dass 
aiyaiü  und  schweigen  zusammengehören  und  dasz  wir  für  das 
griechische  und  das  germanische  wort  dieselbe  bedeutungsent- 
wickelung  annehmen  müssen.  Das  germanische  zeigt,  wie  schon 
Grimm  deutsche  gram.  II,  7  erkannt  hat,  die  ursprüngliche  be- 
deutung,  denn  verwandt  sind  offenbar  ahd.  siveigian  compescere, 
gasweigan  premere,  mitigare  (Graff  8,  860  f.).  Ags.  swige,  gr. 
ötyi]  bedeuten  demnach  ursprünglich:  compressio  (vocis).  Die 
ursprüngliche,  sinnliche  bedeutung  der  wurzel  finde  ich  im 
griech.  al[x6s  bewahrt.  Dies  erkläre  ich  aus  aty/uog,  afiy/iiög. 
Vgl.  q)ii.i6g  wahrscheinlich  statt  ocpiyfiög  von  aipiyyco  (anders 
Fick  1079),  OTtlvog  statt  OTriyvog  zu  a/ti^w  statt  aTViyjco, 
GTtiyyjo),  yivofxm  statt  yiyvojuai,  siehe  Brugman  in  Curtius  Stu- 
dien IV,  104.  Die  bedeutung  des  griech.  aifiiog  „eingedrückt" 
stimmt  trefflich  überein  mit  der  des  nord.  sveigr,  eingebogenheit, 
z.  b.  im  dän.  svajrygged,  schwed.  dial.  svegryggad,  mit  eingedrücktem 
rücken.  Altn.  sveigja  bedeutet  wie  gr.  ai/noto  etwas  so  krüm- 
men, dass  es  in  der  mitte  eingebogen  wird.  Schwedische  dialecte 
haben  das  starke  stammverbum  sviga ,  sveg,  svigi  (in  urgerma- 
nischer form  svigan,  svaig,  svigana)  bewahrt;  es  bedeutet  sich 
biegen,  nachgeben  (wie  dasjenige,  welches  hart  gedrückt  wird). 
Eine  nebenwurzel  mit  dem  a-vokale  finden  wir  in  schwingen, 
altn.  svangr  eingefallen,  schmal',  schmächtig,  schwed.  dial. 
svhige,  dän.  svang  einbug  unter  dem  fusze.  Und  wie  ysvik, 
ags.  swican  neben  ysirig,  sungian,  so  besteht  ysvank,  ags.  swan- 
cor  schmächtig,  schlank  neben  y svang,  altn.  svangr.  Aus  dem 
westlichen  Norwegen  wird  mir  ein  mit  altn.  svigna  synonymes 
svagna  mitgetheilt. 

Altn.  sviri,  mhd.  swir,  lat.  surus,  sura,  gr.  aavQog,  skr.  svaru. 
Roth  hat  in  Kuhns  zeitschr.  XIX,  219  das  skr.  svaru  masc. 
behandelt;  es  bedeutet  „spelter,  pfähl,  starker  span",  „solche 
svaru  werden  als  pfähle  in  den  boden  gesteckt".  Dazu  hat 
Roth    gewiss    i-ichtig   germanische    Wörter    gestellt:    mhd.   swir 


110  Sophus  Bugge 

pfähl,  alt.  nhd.  schwir  pfähl,  besonders  zum  anbinden  der 
schiffe,  schwiren  festuca,  palus,  ags.  swer,  sweor,  sivyr  columna; 
davon  ahd.  suiron  firmare,  in  übertragener  bedeutung  gericht- 
lich bekräftigen.  Holtzmann  (altdeutsche  gr.  s.  188)  vermu- 
thet,  dass  stveor  aus  swirh  entstanden  sei;  vielleicht  war  die 
germanische  grundform  sveriha-z.  Eigenthümlich  hat  sich  die 
bedeutung  im  ags.  sweora  nacken,  altn.  sviri  nacken,  hals, 
schwed.  dial.  svire  entwickelt;  der  hals  wird  als  ein  pfähl  oder 
eine  säule,  die  den  köpf  trägt,  aufgefaszt. 

Roth  vergleicht  weiter  skr.  svaru  mit  dem  lat.  veru.  Dies 
kann  ich  nicht  biUigen:  erstens  weil  ein  anlautendes  s  vor  v, 
wie  Roth  selbst  bemerkt,  im  Latein  nicht  wegfällt;  zweitens 
weil  veru  deutlich  dem  gleichbedeutenden  com.  ber,  cymr.  ber- 
eu entspricht  (Beiträge  II,  156),  anlautendes  b  im  cymrischen 
repräsentirt  aber  nie  ursprüngliches  sv. 

Aus  dem  lateinischen  stelle  ich  zum  skr.  svaru  das  alte  sü- 
ru-s,  wovon  surculu-s  zweiglein,  schössling,  splitter  (statt  süro- 
culus)  das  deminutivum  ist.  Crebrisuro  apud  Ennium  significat 
Valium  crebris  suris,  id  est  palis,  munitum  Paul.  p.  59.  suri 
sunt  fustes  et  hypocoristicos  surculi  Fest.  286 ;  dazu  ein  citat  aus 
Ennius.  Dasselbe  citat  und  eine  ähnliche  erklärung  bei  Fest. 
p.  297  sq. 

süru-s  scheint  aus  einer  grundform  svära-s  wie  die  endung 
-türu-s  aus  tära-s  entstanden  zu  sein. 

Mit  Süru-s  ist,  wie  schon  Jul.  Scaliger  vermuthete,  sura 
wade,  Schienbein,  der  kleinere  schenkelknochen,  verwandt.  Für 
die  bedeutungsentwickelung  vergleiche  man  norweg.  dial.  legg- 
spik  der  vordere  theil  des  Schienbeines,  das  mit  spik  span, 
Splitter  zusammengesetzt  ist. 

Auch  die  von  Roth  vermuthete  Verwandtschaft  des  skr. 
svaru  mit  dem  gr.  oßelög  scheint  mir  namentlich  der  dialect- 
form  oöeXos  wegen  lautlich  unmöglich.  Jedoch  scheint  die  hier 
besprochene  Wortsippe  im  griech.  nicht  zu  fehlen.  Clemm  hat 
in  Curtius  Studien  III,  298  ff.  das  gr.  oavQtoTrJQ  sorgfältig  be- 
handelt. Die  von  ihm  gegebene  etymologische  erklärung  scheint 
mir  jedoch  unsicher,  denn  wenn  auch  accvQog  eidechse  von 
Clemm  ansprechend  als  „die  bewegliche"  gedeutet  ist,  wird  da- 
durch die  einstige  existenz  eines  subst.  aavQog  mit  der  bedeutung 
„schwänz"  nicht  bewiesen.  Und  wenn  ein  aavgog  „schwänz" 
existirt  hätte,    müsste   man   die  ursprüngliche  bedeutung   „die 


Etymologische  beitrage.  111 

bewegliche"  völlig  vergessen  haben,  ehe  man  das  wort  vom 
ende  des  speerschaftes  angewandt  hätte. 

Ich  wage  eine  andere  erklär ung.  aavQcoTi^Q  ist  „das  ende 
des  speerschaftes,  eine  art  von  eisernem  beschlag,  welcher  dazu 
diente,  die  lanze  in  der  erde  zu  befestigen  oder  auch  im  noth- 
fall  damit  zu  kämpfen".  Dass  der  stamm  oavgo  mit  derselben 
bedeutung  vorkam,  läszt  sich  aus  zwei  von  Clemm  angeführten 
glossen  bei  Hesychius  folgern:  aavQoßgi^sg  eyxog'  m  tov  aav- 
QiüzrJQog  ßagv.  v.al  ^l'axvXog  OTtiad^oßagsg  eyxog.  aavQO)zdig 
öoqaOL  Tolg  aavQtorrJQag  sxovai  TiaTa  tijg  STriöogaziöog. 

aavqo  erkläre  ich  am  liebsten  nach  bekannten  lautregeln 
aus  afaqfo;  dies  verhält  sich  zum  skr.  svaru,  wie  TtoXXog  statt 
TCoXfog  zu  Ttolvg. 

Von  oavQO  wurde  ein  verbum  aavQoco  befestige  (vgl.  ahd. 
suiron  firmare)  abgeleitet  und  davon  wieder  aavQcoTi^Qf  wodurch 
man  die  lanze  in  der  erde  befestigte ;  so  wurden  die  ind.  svaru 
in  den  boden  gesteckt.  Die  stamme  der  hier  behandelten  no- 
mina  in  den  verschiedenen  jafetischen  sprachen  sind  also  nicht 
identisch,  sondern  durch  verschiedene  (zum  theil  nicht  sichere) 
Suffixe  von  derselben  wurzel  ^var  gebildet. 

Altn.  ßefja,  skr.  tap. 

Skr.  tap  peinigen  bedeutet  mit  sam  einklemmen,  drücken, 
bedrängen,  mit  vi  auseinanderdrängen.  Die  bedeutung  drücken, 
drängen  kehrt,  wie  Fick  erkannt  hat,  bei  entsprechenden  Wör- 
tern der  germanischen  sprachen,  namentlich  des  nordischen, 
wieder :  altn.  ßöf  n.  gedränge ,  ßoefa  drängen ,  walken ,  ßofi  m. 
filz.  Siehe  Fick  wörterb.  1,  89.  Hieher  gehört  noch  ßefja, 
ßafcta,  pafiär  oder  pafär  premere,  subigere,  densare;  ßefja 
graut  Eyrbyggja  saga  s.  70,  üri  pafiär  Snorra  Edda  ed.  AM. 
I,  244 ,  aqua  pressus ,  qui  in  mari  diu  jacuerat.  ßef ,  grund- 
form  tajMJä,  verhält  sich  zwpoeß,  grundform  täpajä,  ungefähr 
wie  altn.  svef  beschwichtige,  grundform  svapajä,  zu  svcefi  ein- 
schläfere, beschwichtige,  tödte. 

Das  lit.  veraltete  tiibas  m.  (Kurschat)  oder  tubä  f.  (Nes- 
selm.)  filz,  altpreuss.  tubo  fem.  ist,  wie  Fick  ebenfalls  gesehen 
hat,  aus  dem  nordischen  entlehnt.  Vielleicht  wurde  es  in  so 
alter  zeit  aufgenommen,  dass  das  nordische  wort  noch  ßöba 
lautete.  Dies  ist  auch  in  die  finnischen  sprachen  übergegan- 
gen:  finn.  huopa,  veps.  hüb,  siehe  Thomsen. 


112  Sophus  Bugge  / 

■       \  / 

Altn.  ßrepj  osk.  triihom. 

Folgende  Wörter  sind  schon  öfter  zusammengestellt:  osk. 
triihom  ekak_=z  rfo>»n^m  hanCy  trib-arltkqvum  =  aedificare  (wozu 
auch  mehrere  umbr.  Wörter),  ir.  a-trab  Wohnung,  lit.  tröba  ge- 
bäude.  Verwandt  scheint  mir  altn.  ßrej)  neutr.  erhöhtes  fun- 
dament,  worauf  etwas  gebaut  ist;  was  auf  einem  erhöhten  fun- 
damente  aufgeführt  ist.  Osk.'  triibomj  lit.  troba  u.  s.  w.  stehen 
gewiss  mit!  trabs ,  jtrabes  in  Verbindung,  was  man  mit  TQUirrj^, 
fQCLtpri^  zusammenstellt.  Mit  altn.  ^re^Jst  ßref  synonym.  Im 
norden  wie  im  süden  findet  also  hier  schwanken  der  labiale 
statt. 

Mit  osk,  frUbom  u.  s.  w.   hat  dagegen  das  oft  damit  ver-1 
glichene  got.  ^awi^wol  nichts  zu  thun.    Dass  die  grundbedeu-i 
tung  dieses  wortes  ganz  verschieden,  ist,  wird  aus  den  folgenden  ; 
Zusammenstellungen  erhellen:  altn.  Ipyrp&^j   norweg.  dial.  7^^s^ 
j)»«i,  sich  massenhaft  zusammendrängen;   däss  altn. ^Q;^  einen 
häufen  menschen  bedeuten  konnte,  darf  man  nach  den  worten 
der  Snorra  Edda  Porp  er  ef  prir  ero  vermuthen.     Norweg.  dial. 
iÖK^,    fiänfe,  -z.  b.  lyon  kühen.    In  der  Schweiz  kann  ^  c?pr/".  Zu- 
sammenkunft,   besuch  bezeichnen.     Dass;  ^orp  schon  in  mehre- 
ren altgermanischen  sprachen  \turba,    congregatio  bezeichnete, 
wird  durch  romanische  Wörter  erwiesen: 

Span,  portug.  tropa,  fr.  troupe,  häufe  menschen,  prov.  trop 
herde,  span.  port.  prov.  frojMl,  fr.  troupeau  herde,  ital.  troppo, 
adv.  prov.  fr.  tt^p,  nitoin^  B;^is.  Diese  sind  sämmtlich ,  wie 
Joh.  Storm  gesehen  hat,  aus  de^  german.  ßorp  entlehnt.  Cur- 
tius  grundzüge^  226  hat  die  ursprüngliche  bedeutung  des  ger- 
man. ßorp  erkannt  und  das  wort  gewiss  richtig  mit  turba, 
TVQßtj  zusammengestellt. 

Altn.  varta,  ags.  wearr,  wearte,  gr.  OQog,  o^Qog. 
Böhtlingk-Roth  wörterb.  und  Fick  vergl.  wtb.  haben  eine 
Wurzel  vars  erheben  in  folgenden  Wörtern  nachgewiesen:  skr. 
varshmän  m.  höhe,  das  oberste,  vdrshman  n.  dasselbe,  das 
äusserste,  spitze,  varshijäs  der  höhere,  obere,  längere,  grössere, 
superl.  varshishfha,  varshu  lang?,  lit.  virszus  m.  spitze,  ober- 
flache,  \is\.\ yrtchü  m.  gipfel,  höhe,  lat.  Verruca  statt  versiica 
steile  höhe,  warze,  gr.  qlov  bergspitze,  vorgebirg,  statt  fqiaov, 
fiQaov.  Die  wurzel  ist  auch  im  germanischen  repräsentirt,  vgl. 
Diefenbach  goth.  wtb.  I,  203 :  Ags.  wem-r  callus,  nodus,  wearr- 


Etymologische  beitrage.  113 

ig  und  ivearriht  callosus,  nodosus.  wearr  setzt  eine  germani- 
sche grundform  varza-z  oder  warzu-z  voraus.  Nahe  verwandt  ist 
altn.  varta,  ags.  wearte,  ahd.  ivarza.  Dies  verhält  sich  zu  ivearr 
wie  sterz,  ags.  steort  cauda,  ahd.  üf  sfarzen  erigere  zu  starren, 
herzen  turgere,  ahd.  jmrzen  zu  p^rren  rigere,  vgl.  Grimm  dtsch. 
wtb.  2,  556.  vars  erheben  ist,  wie  Fick  bemerkt,  aus  einer 
einfacheren  wurzelform  var  erheben  erweitert.  Diese  wurzel  var 
erkenne  ich  in  gr.  ogog,  ion.  ovQog  berg,  das  nach  griechischen 
lautregeln  sich  mit  skr.  (/iri  kaum  zusammenstellen  lässt. 

Die  Wurzel  var  ist  mit^^^trfeß^eb'&n  (siehe  über  diese  Fick^ 
1021  f.),  OQvv^u,  orior  u.  s.  w.  parallel.  Man  vergleiche  na- 
mentlich var-dh  trans.  erhöhen,  gedeihen  machen,  intrans.  wach- 
sen, gedeihen  mit  ar-dh  gedeihen,  fördern;  vardhva,  skr.  ürdh- 
va,  oQd-og  mit  ardhva,  \'ä.t.^ßi:d0s,  A\tn^ir(^f..^T^s.  w.  Eine 
mit  vars  parallele  würzelform  ars  erheben  finde  ich  in  dem 
europ.  hrsa  arsch,  bürzel,  gi\.,Ji^<^.jalfc5-  aisyrass^  ahd.  mhd. 
jtr§^  Dieselbe  grundbedeutung  haben /i//rse/  von  hurzen  pro- 
ml^re,  tifrgere,  sterz  vgl.  stürzen  erigere.  Wie  oQQog,  ar^-^nx 
Wurzel  vars  erheben,  ebenso  verhält  sich  skr.  fshabha  stier  zu 
vrshabha  stier,  altbaktr.  arshan  mann  zu  skr.  vrshan  mann, 
arsh  fliessen,  herbeiströmen  zu  varsh  regnen.  Schon  Grimm 
(deutsch,  wtb.  u.  ar^)  hat  oqögs  zu  oQvv^^sJellt. 

Norweg.  dial.  vei,  gr.  olava. 
Fick  wörterb.^  I,  783  führt  gr.  olava,  dotterweide,  auf 
eine  grundform  vaituä  zurück.  In  einer  norweg.  raundart  be- 
zeichnet vei  f.,  plur.  veia  weide,  auch  wicke.  Die  altnorw. 
form  muss  vekt,  plur.  veiäar  gewesen  sein,  und  diese  kann  aus 
einer  urform  vaituä  regelmässig  entstanden  sein. 

Altn.  veig,  lit.  vekä. 
Im  neuisländ.|  bedeutet  ?Je?^r  m.  yigor,  valor,  eingimi  veigr 
er  i  ])v{  es  taugt  zu  nichts;  daneben  hat  Björn  Haldorsen 
veigalans  tenuis,  imbecillis,  vilis.  In  der  alten  litteratur  kommt 
zuweilen  veig  als  nomen  fem.  gen.  mit  der  bedeutung  vigor, 
valor  vor,  z.  b. :  spyrr  Oddr  födur  sinn,  hvar  hami  visi  lionum 
til  nökJmrs  vikings,  ßess  er  nökkur  veig  sS  i:  Orvar-Odds  saga 
Fornald.  sog.  II,  522.  Dies  v^if^i.,  vhgic^m.  ist  mit  lit.  vekä 
f.,  kirchenslaw.''"M«^m.  kraftj^  starke  jöllig  identisch.  Ueber 
diese    wörter    sieh  "l^ic^^'örterb.  2,  667.      Dass  k   hier   zu   g 

Ueiträge  z.  Kuuded.  ig.  Sprachen.   III.  g 


114  Sophus  Bugge 

verschoben  ist,    stimmt  mit   Verners   regel  überein,  denn  das 
lit.  wort  ist  oxytonirt. 

Altschwed.  wa^,  got.  vrißiis,  lit.  wora,  altbaktr.  ürä^  skr.  vrä, 

vräta,  vära. 
In  der  Vedasprache  heisst  vrä8  niasc.  (oder  fem.)  pl.  häufe, 
schaar;  altbaktr.  nach  Justi  üra  f.  schaar  (nur  acc.  pl.  nräo 
kommt  vor).  Nur  im  späteren  skr.  kommt  vära  m.  menge  vor. 
Dem  altbaktr.  üra  entspricht  wohl  unzweifelhaft  lit.  worä  f. 
eine  lange  reihe  von  gegenständen  hintereinander,  z.  b.  eine 
reihe  hintereinander  fahrender  wagen  oder  Schlitten,  eine  reihe 
gänse,  die  hintereinander  hergehen  u.  s.  w.  (Ness.).  Die  grund- 
form  ist  värä.  Nach  der  form  (mit  r)  und  der  bedeutung  des 
lit.  Wortes  dürfen  wir  die  wurzel  var  in  dieser  ableitung  weder 
mit  Fick  vgl.  wtb.  1,  211  als  sammeln,  wählen  noch  mit  Justi  als 
wälzen,  rollen  verstehen.  Das  wort  ist  vielmehr  von  der  Wur- 
zel var  in  der  bedeutung  „schliessen"  abzuleiten,  vgl.  für  die 
bedeutungsentwickelung  lett.  iveJirt  reihen,  wirknetees  kohpä  sich 
zusammenthun,  zusammenrottiren,  tvirksne  ein  grosser  häufe  ^). 
Mit  vräs  verwandt  ist  skr.  vrdta  m.  schaar,  häufen,  trupp,  ab- 
theilung  (von  kriegern  u.  s.  w.),  gilde,  genossen schaft,  in  der 
späteren  spräche  auch  schwärm  (von  bienen),  menge  überhaupt 
von  unbelebtem.  Dies  wort  hilft  uns  vielleicht  ein  germani- 
sches wort  zu  erklären.  Got.  vri^u-s  fem.  (Luc.  8  33:  so  vrißiis 
Uppstr.  nicht,  wie  bei  Bernhardt,  sa  vripus)  ist  schwein- 
hecrde.  vripii-s  ist,  wie  Holtzmann  altdeutsche  gr.  7  richtig 
gesehen  hat,  statt  vreßu-s,  wie  kvhni  st.  kvemi,  inu  st.  e.nu  u. 
m.  Dies  wird  durch  die  formen  der  anderen  germanischen 
sprachen  bewiesen:  ags.  vrce'ä,  dän.  vraad  12  stück  Schweine, 
altschwed,  vraß,  westfries.  torothe  (Diefenbach  goth.  wtb.  I,  437). 
Die  germanische  grundform  ist  folglich  vreßu-z ,  und  das  wort 
darf  hiernach  nicht  mit  Schwenk  und  Fick  vom  ags,  vr'utan 
drehen  ,  winden ,  binden  abgeleitet  werden,  vrißus  müsste  im 
altnorw.  rdä,  roCt  lauten ;  dies  ist  in  der  ableitung  r<kti  m.  por- 
cus  Snorra  Edda  ed.  AM.  II,  216  bewahrt.  Von  rddi  ist  wie- 
der rceäa    subans   SnE.   ibid.  gebildet;    damit  vergleiche   man 


^)     Das  Petersburger  Wörterbuch   erklärt  vra    al.s    begleitender  oder 
sich  zusammenBchlieBsender  häufe.     Das  letztere  scheint  mir  richtiger. 


Etymologische  beitrage.  115 

norweg.  dial.  rwda   in   der   brunst  sein,    dän.  dial.  vrad ,   vrtij 
subans,  nordfries.  wrud,  tvruss  subans. 

Das  germanische  vreßu-z  f.  schweinheerde  scheint  mit  dem 
skr.  vräta  nahe  verwandt. 

Altn.  okkr ,  schwed.  dial.  inh^  lat.  inguen. 

Die  ursprüngliche  bedeutung  des  lat.  inguen  hat  Joh. 
Schmidt  (vocalismus  I,  s.  81)  gewiss  richtig  bestimmt.  „Die 
grundbedeutung  ist  „geschwulst"  ohne  localisierung  am  körper, 
daher  es  eine  geschwulst  am  knie  bezeichnet.  .  .  .  Auf  eine  ge- 
schwulst der  genitalien  wendet  es  Lucilius  an.  Hieraus  erklärt 
sich  die  weitere  begriffsbeschränkung". 

Ich  vergleiche  mit  inguen  nordische  wörter:  schwed.  im 
dialecte  von  Westergötland  ink  blutgeschwür  der  thiere,  besonders 
der  pferde  (antiqvarisk  tidskrift  för  Sverige  II,  1C8).  Identisch 
mit  dem  schwed.  ink  ist  altn.  okkr  masc.  glans,  glandula,  tuber. 
Das  davon  abgeleitete  adject.  ekkvinn  glandulosus,  tuberosus, 
nodosus  (z.  b.  von  waden,  von  kuchen)  zeigt,  dasz  der  stamm 
von  ßkkr  ein  v  enthält,  ekkvinn  kommt  in  alten  gedichten  vor; 
okkr  ist  nur  im  neuisländ.  nachgewiesen,  was  zufällig  sein  musz. 

Altn.  okkr  stamm  ekkva?  verhält  sich  zum  schwed.  ink,  wie 
altn.  Sßkkva  zum  altschwed.  sinka,  altn.  stokkva  zum  altschwed. 
stinqva,  stinka.  okkr  ist  also  wol  einer  grundform  enkva-z  ent- 
sprungen; e  wird  im  altn.,  wie  der  dänische  Sprachforscher 
Lyngby  nachgewiesen  hat,  durch  ein  folgendes  vm  0  umgelau- 
tet. Im  gotischen  würde  olckr  igqvs ,  ekkvinn  igqveins  lauten. 
Lat.  inguen,  altn.  ekkr,  schwed.  ink  setzen  eine  europäische 
Urform  engvan  (engva?)  voi-aus. 

Altn.  bera  ut,  lat.  efferre. 
Die  specielle  anwendung  des  lat.  efferre,  gr.  sy.q^EQEiv,  einen 
todten   zum   grabe    hinaustragen,    bestatten,    kommt  auch   dem 
altn,  hera  üt  zu. 

Dän.  hurre,  wurzel  hhars. 
Zu  der  wurzel  hhars,  starren,  gehört  ausser  börste,  ahd. 
jparren,  starr  emporstehen ,  auch  d^i,x\.  hurre,  -^\.hirrer,  schwed. 
und  norweg.  dial.  harre  pl.  horrar ,  samenkopf  der  klette  (arc- 
tium  lappa) ,  auch  die  ganze  pflanze.  In  einer  norw.  mundart 
harre  figürlich  von  einem  trotzigen  kerle.  Der  germanische 
grundstamm  ist  horzan. 

8* 


116  Sophus  Bugge 

Norweg.  dial.  drogluft,  lit.  drt/zas. 
F'ick  wörterb.3  1,  634  stellt  lit.  dryza-s  streifig  mit  drezoti 
streichen  zu  skr.  dhrag  streichen,  altn.  draya.  Dies  wird  durch 
norwegische  Wörter  gestützt ,  die  zu  drcuja  gehören  und  die  in 
betreff  der  bedeutungsentwickelung  mit  lit.  dryzas  analog  sind: 
droglor  f.  pl.  flecken  oder  streifen,  besonders  auf  dem  wasser; 
droijlutt,  streifig  oder  fleckicht.  Wir  müssen  im  altnorw.  dragla, 
pl.  dröglur,  adj.  dröglottr  voraussetzen.  ^. 

Altn.  Eir,  eira,  ags.  är,  nhd.  ehre,  skr.  ish.  'J'' 
Dass  „ehre"  aus  einer  urgermanischeu  form  aizä  entstan- 
den ist,  wird  durch  altn.  eir,  Schonung,  Eir,  eira  bewiesen, 
denn  eine  grundform  airä  wäre  im  altn.,  wie  Holtzmann  nach- 
gewiesen hat,  dr  geworden.  Die  bedeutung  des  wortes  hat 
sich  am  besten  im  ags.  erhalten  :|_«r^J^nicht  nur  ehre,  sondern 
auch  /gratia,  favor,  miserjcordia^  beneficium,  auxilium.  Ich  ver- 
binde es  mit  skr.  ish  f.  labung,  erquickung,  kraft,  frische,  wol- 
sein,  gedeihen;  altbaktr.  izha  n.  f.  fülle,  speise,  segen.  Das 
angelsächsische  wie  das  arische  wort  wird  vom  segen  gottes 
angewendet.  Ags.  ärian,  altn.  eira,  schonen,  ags.  auch  gnädig 
sein,  grundform  aizjan,  entspricht  dem  ind.  ishajämi,  erfri- 
schen, stärken,  beleben.  \K\iji^~clx.a^bQz^i^^Q^  zugleicft.jeman- 
dem  dienlich  sein  oder  gefallen  (z.  b.  vom  essen),  was  der  in- 
dischen an  Wendung  näher  liegt.  Altn.  (j^^ijst^  die  götün  der 
heilkunst ;_  dadurch  wird  bestätigt,  dass  l(xo(.iai  m\i  skr.  isha-  ■ 
jümi  verwandt  ist,  wie  dies  Fick  annimmt.  Es  kommt  oft  vor, 
dass  die  eine  jafetische  spräche  den  diphthong  ai  zeigt,  wo  die 
andere  den  kurzen  /-vokal  hat;  so  lit.  peta-s  mittag  neben  skr. 

_.,£i^lLijai£lJ5gj^liliaJkl^^  mittag ;   ahd.  ]mcd  forderung 

lieben  ^'i^T^cchä  wünsch ;  B\ihi\kiv Xaeema  brennhölz  neben  skr.  ^ 

yj^hina.     Namentlicli    hebe  ich  hervor,   "cTass~*"das  italischo^maoiu. 
gott   (wovon   vo]Hk^e.<^ar-iij(rQm  =  kicrumund    der  samnitische 

"stacltnamc  \Aeser-nm)    neben    gr.  isQog,  lagog  steht,  denn  diese 
Wörter  sind  mit  skr.  ish,  germ.  aizä  nahe  verwandt. 

Altn.  fit,  skr.  padjä. 

Altn.  fit,  gen.  fitjar,    bezeichnet   die    zwischen  den  klauen 

befindliclie    haut   von    seevögeln    und    von    thieren  (wie  kühen, 

rennthieren  u.  m.);    poetisch   auch    planta    pedis :    hm  firäa  fit 

succubuit  virorum  pes,  verda  d  fitjum,  pedibus  insistere.     Jetzt 


Etymologische  beitrage.  117 

in  norwegischen  mundarten  fi  masc.  fuss  in  den  pflanzennamen 
.gaaseß  gänsefuss,  kraakeßt  krähenfuss  und  in  fjorfit  eig.  qua- 
drupes  d.  li.  eidechse.  Der  stamm  fifjä  ist  für  fetjä.  Identisch 
damit  ist  skr.  padjä  f.  pl.  fusstritte,  altbaktr.  paidhja  f.  fuss; 
gr.  7ii'Ca,  lit,  jjedzia  f.  stütze.  Altn.  fit  ist  zugleich  feuchte 
wiese  an  einem  ufer,  wie  TteCa  rand,  ufer  bezeichnen  kann.  In 
einer  norwegischen  mundart  nennt  man  das  ende  des  gewebes 
fit;  vgl.  Tzita  der  säum  am  kleide.  Das  compositum  fjorfit  ist 
mit  lit.  leiKjva'pedijs  leisefüssig,  lat.  acupedius,  gr.  T&ZQCcjteQog 
analog.  Altn.  fet  neutr.  bedeutet  schritt,  in  norweg.  mundarten 
auch  fussspur.  Dies  lautet  gen.  plur.  feta,  nie  fetja^  dat.  pl.  fe- 
tuntj  nie  fetjiiui;  dän.  fja'd.  Der  grundstamm  ist  also  feta, 
nicht,  wie  Fick^  3,  171  angiebt,  fatja.  Es  stimmt  in  betreff 
des  wurzelvokales  zu  Tttdov,  lat.  jwda  (Fick  ^  1,  136). 

Norweg.  dial.  föijra,  lit.  j^uriju. 
Norweg.  dial.  föyra  f.  loch  oder  spalt  in  einem  bäume; 
poren,  lockere  Substanz;  föijrast,  locker  werden;  föyrutt,  locker, 
porös.  Isl.  feira  (richtig  feijra),  hiatus,  nach  Björn  Haldorsen. 
Vgl.  lit.  piiriju  und  purinu,  auflockern.  Auch  gr.  TttoQog  gehört 
vielleicht  hieher. 

Altn.  hciUr  (adj.)  und  hdlfr. 
Skr.  cri^  crajati  entspricht  der  Wurzel  nach  bekanntlich 
dem  gr,  yiUvco,  lat.  incUnare ,  lit.  szleju,  deutsch  lehnen.  Die 
grundbedeutung  scheint  neigen,  anlehnen.  Eine  nebenform  zu 
gri  ist  skr.  gr^  gar,  die  in  mehreren  ableitungen  (garana^  gar- 
man  u.  s.  w.)  hervortritt.  Entsprechende  wurzelformen  kommen 
in  den  verwandten  europäischen  sprachen  vor.  Ich  nenne  hier 
nur  einzelne  wörter,  die  hieher  gehören.  Zuerst  altn.  hallr, 
vorwärts  geneigt,  ags.  heald,  ahd.  hold,  germanische  grundform 
halpa-z,  nicht,  wie  Fick^  3,  71  angiebt,  halda,  europäische 
grundform  Tcdl-ta.  Von  hli  =  skr.  gri  ist  altn.  hlict  seite  abge- 
leitet; daher  stelle  ich  lit.  szaüs  seite,  gegend,  landstrich  zu 
einer  wurzelform  szal  =  skr.  gar.  Dies  erklärt  uns  das  ger- 
manische halb.  Denn  von  altn.  hdlfr,  halb,  ist  hdlfa  pars  di- 
midia,  plaga,  regio  abgeleitet.  Daher  sehe  ich  in  got.  halbs 
eine  Weiterbildung  von  derselben  wurzel  hol. 


Sophus  B 


118 


Altn.  7«^,  skr. 

Zu  skr.  gf,  gftP,  liegen,  gr.  y.eif.iai  "gehört ^wahrscheinlich 
altn.  ^(f^neutr.,  auch  IW^  lager /^K^^iader  wild^^iiere ,  na- 
mentlich der  hären,  auch  der  schlänge.  Diese  combmärtion  ist, 
wenn  ich  mich  nicht  irre,  schon  vom  dänischen  Sprachforscher 
Lyngby  vorgeschlagen.  Combination  mit  skr.  kshi  ksheti  weilen, 
wohnen  bleibt  jedoch  möglich,  da  ^\t\\.\helmr=  skr.  kshema-s 
ist  und  da  altn.  heiär  vielleicht  zu  derselben  wurzel  gehört. 

Norweg.  dial.  hi(/la,  skr.  gikara. 
In   einer   alterthümlichen   raundart   Norwegens  (^^dmöre) 
bedeutet  m^^i^^v'i^^^'iü^m^,  tröpfeln,  wie  thau ;  «l^^i^iew.  fei- 
ner regen,    higla  scheint   verschieden   von  hecjla,    das   in\iner 
anderen  norweg.  mundart   (Hallingdal)    „in   tropfen  fallen' 'tjc- 
zeichnet  und  von  hmjl ,   hagel,  abgeleitet  ist;,  fernere  verwandt- 
/-ßchaft  ist  mir  jedoch  wahrsöl^nlich.    higla   stelle  ich  zu  skr. 
1  f/Ä:ara'Hgsc.  (gewöhnlich  pl.)  fe!^r  regen,   hera^lft%nende   tro- 
i  pfen,  yongfk^ikajatl,  tröpfeln,  ^^ben  (vom  feinenTSgeltenen 
I  regen).     Die  la!!§e  des  wurzelvokales  v^rd  speciell  indiscKsein. 


%^  Altn.  hjdlmr,  skr.  gar  man.  \ 

Altn.  hjMmr  bedeutet  nicht  nur  „heim",  sondern  auch  eine 
mit  einem  schutzdache  versehene  einrichtung,  die  dazu  dient 
das  ungedroschene  getreide  zu  bewahren.  So  wird  das  wort 
auch  im  altdänischen  und  noch  in  einer  norwegischen  gegend 
angewendet.  In  anderen  norwegischen  dialecten  bezeichnet  es 
schirm  von  dielen;  auch  dünne  haut  die  etwas  umgiebt  und 
hülse.  Hiernach  wii'd  es  klar  sein,  dass  hfäh^,  deutsch 
%dj^,  got.  IWms^  gei^anische  grundform  helma-z  wesentlich 
identisch  ist  mit  skr.  gdrl^an  n.  schirm,  Schutzdach,  hut,  obhut, 
Schutzrüstung.  Auch  die  i^SÄ^lsiichsische  fwjjvendung  des  Wortes 
lässt  sich  hierfür  anführen :  Ämk-helin^ijedeS^l^  Schirmherr. 
Der  indische  verbalstamm  gm'm(^  im  präs.  pHrt.  garmajant 
schirmend  (Rgveda )  ist  identisch  mit  dem  altnorw.  nominal- 
stamme hilmi  für  helmija,  nomin.  hüniir,  könig,  eig.  Schirmherr. 
Die  europäische  grundform  von  „heim"  ist  also  nicht  mit  Fick  ^ 
1,  527  mit  anlautendem  /r,  sondern  mit  ^  nojijh  seiner  bezeich- 
schrciben.  Das  anlautende  s^i^n  lit.  S2(T«)'>»^.  altpreuss. 
elm,  ist  ganz  regelmässig,  und  es  ist  kein  grund  vor- 
:t^i  m  ihnen  alte  entlehnung  aus  dem  germanischen  zu  ver- 
muthen. 


Etymologische  beitrage.  119 

Schwed.  dial.  /c?5i*»iii^  gr.  yoog.  ^ 

Auf  der  insel  Gotland  ImHm  n.  geheul,  wehklage;  kauma,  {M>^* 
prät.  haiimdä,  jammern,  wehklagen.  Zu  ypoi^  für  yofog,  geheul, 
wehklage;  yodw,  jammern,  wehklagen;  /o^pm^,  jammernd;  lit. 
ga^fj^J  gautf*^eu.\en  von  wölfen ;  durch  d  erwerfert  in  lit.  ^(*m4- 
us  wehmüthig ,  gandziu,  gaustl  wehklagen ,  jetzt  gewöhnlich 
heulen,  von  wölfen;  garnfmo^  wehklage.  Deutsche  wörter  bei 
Fick  3  3,  38.  Vgl.  Grimm  deutsch,  wtb. ,  wo  Hildebrand  bei 
kaum  die  schwedischen  wörter  schon  angeführt  hat. 

Altn.  kör,  skr.  gära. 
Altn.  k(h\^m.  bezeichnet  delSni^tio  longa  hominis  decrepiti 
vel  aegrotantisT^  bettlägerigkeit  (dan§^s|^ei  den  skalden  noxa, 
pernicies);  auch  bettlager,  besonders  vom  altersschwachen.  Vgl. 
die  Zusammensetzung  )vf*Ki]^4ceHi%^^^^^Qm  altersschwaches  bettlä- 
geriges weib.  A'5>Jvaus  einer  ^mndrötm  karä  scheint  mir  mit 
skr,  gära  alteFnd^  ^^^^?^*  ^^^^-i  a!l!<^schwäche  verwandt. 

Altn.  rjiipa  und  jarpi,  lett.  rubenis,  lit  erube. 
Mit  altn.  rß'qM  Schneehuhn  (lagopus  subalpinus)  ist  das 
von  Rietz  (Svenskt  Dialectlex.)  verglichene  lett.  ruhenis,  birk- 
huhn,  gewiss  verwandt.  Dagegen  altn.  jarpi,  haselhuhn  (tetrao 
Bonasia),  von  jarpr  braun ,  gehört  vielleicht  mit  lit.  eriibe,  je- 
rube,  haselhuhn,  zusammen. 

Norweg.  dial.  smyhe ,  deutsch  schmiele,  lit.  sniilga. 
Norwegisch  in  verschiedenen  nmndarten  smylve ,  smelve, 
smyle,  smile ,  smele  neutr.  aira  flexuosa,  schwed.  smile  aira 
praecox,  nhd.  schmiele  f.,  mhd.  smelehe.  Aasen  bemerkt  mit 
recht,  dass  die  norwegischen  formen  eine  ableitung  von  smalr, 
schmal  nicht  gestatten.  Diese  weisen  vielmehr  auf  eine 
Stammform  smylvi  für  smilvija.  smüvija  ist  aus  smelgvija  ent- 
standen, wie  aus  lit.  smilga,  schmiele,  lett.  smilga  zu  fol- 
gern ist;  vgl.  got.  snaks,  schnee,  mit  lit.  snegas.  Ist  das  poln. 
smialek,  schmiele,  aus  dem  deutschen  entlehnt? 

Mo 


„..--'■'^  Altn.  sfft^lit.  smq^.  f 

Altn.\^S^,  stetig,  namentlich  von  pferden  die  nicht  von 
der  stelle  wollen,  ist  identisch  mit  lit.  6^f»»^s.  nebenform  zu  dem 
mit  stadr   gleichbedeutenden   statüs.     Im  AJtn,  auch  mer  varä 


120  Sophus  Bngge 


(^^ 


ich  konn^^»'*mich  (vor  erstaunen)  nicht  von  der  stelle  be- 
wegen. Di^f^ermanisphe  grundform  ist  sfada-z.  Lat.  status, 
gr.  Giaj^,  skv.'jj^^td.  Fick^  2,  492  vergleicht  mit  \ii.\stata-s 
unriqilxig  ags.  s^^  dies  ist  =  altn.  'stinnr.  "   ~^ 

Altn.  [ste^Oj  V^^tatyti. 
Altn.  sfeäja,  ^ptiÄLstadda^  stellen,  Tj^tstellen,  anstellen,  an-  i 
ordnen,  gestatten;    grim^lform   stadjan;  ==***^i^   statmi ,  stB^ti,] 
stellen,  feststellen,  anstelleiv^ordnen. 


Altn.  stekkva,  lat.  tlnguo ,  gr.  Wy/w,  skr.  hig. 
Altn.  stekkva,  prät.  stökk,  prät.  pcp.  stokkinn  bezeichnet 
spritzen  (intrans.);  stokkinn  bespritzt,  poet.  (julli  stokkhi  sceing 
lectus  inauratus;  trans.  stekkva,  prät.  stekkßa  aspergere.  Das 
intransitive  stßkkva  setzt  eine  grundform  stenkvmi  voraus.  Ich 
vergleiche  damit  lat.  [tjn^uo^  Ht^yo^  gr.  riyyw,  skr.  tug,  tungdti, 
ausspritzen.  Das  indische  wort  bezeichnet  überhaupt  in  rasche, 
heftige  bewegung  setzen,  schlagen,  stossen;  ausdrücken,  hinaas- 
Bchnellen.  So  bezeichnet  altn.  stekkva,  prät.  stökk  plötzlich 
und  heftig  aus  seiner  vorigen  Stellung  herausfahren,  springen, 
got.  stigqvan  anstossen,  das  schon  von  Fick  3,  343  mit  skr. 
tug  verglichen  ist.  Got.  J)va}ian,  waschen,  gehört  nicht  mit  lat. 
tinguo,  gr.  Ttyyia  zusammen. 


^"  J^i.  swl^l^r,  mhd.  sw>>st^^  gr.  «Tfp,  atäq^  skr.  U^Wtor^  sm^ir. 

iwHi.  p>»<i2r  präpos.  mit  gen.  und  accus.,  ausS,  ohne  Tili 
den  altskchs.  psalmen  ^^^4^  mit  accus,  ist  mit  gr.  ctxEq  (ww) 
mit  gen.  ausser,  ohne  verwaiiclt.  German.  ond,  und  entspricht 
hier  dem  griech.  «r  wie  in  got.  hund  vgl.  e-xaroV,  n'mnda  vgl. 
tvvatog,  taihunda  vgl.  dixarog,  gaqvumßs  vgl.  ßäotg;  siehe  Karl 
Brugman  in  Curtius  Studien  IX,  325  f. 

Obgleich  das  griechische  wort  mit  spiritus  lenis  anfängt, 
ist  ein  s  im  anlaute  abgefallen,  wie  in  dd6X(f6g,  aloxog,  e'xco, 
o)v  u.  s.  w.  az€Q  bedeutet  zugleich  abgesondert  von,  fern  von. 
Damit  vergleiche  man  die  adverbiale  anwendung  des  germani- 
schen sunder,  abseits,  auf  eine  gesonderte  weise.  Das  germa- 
manische  d  setzt  eine  vorgermanische  form  mit  unbetonter 
Wurzelsilbe  voraus.  Nahe  verwandt,  obgleich  nicht  identisch, 
ist  das  vedische  ^«^^iftr^^^^ätJs^^  auch  mit  ablat.  ver- 
bunden.     Derselben    wurzel    enlspfmgt    das    vedische  \sarhlMs 


^er- 
imlMs 


Etymologische  beitrage.  121 

(wie  Roth  schreibt)  mit  vorangehendem  accus.,  \neb«n,  ausser, 
ohne.  Die  ursprünglichere  form  scheint  mir  ^,  sanitiir._  T3ies~ 
weicht  in  der  schlusssilbe  vom  gr.  ccTSQ'ah,  stimmt  dagegen  mit 
araQ,  hingegen,  doch,  jedoch,  aber.  Man  vergleiche  litaQxog 
mit  skr.  daturtha.  Dass  äräQ  mit  areq  nahe  verwandt  ist,  wird 
durch vjnhd.  sunder,  vielmehr,  gleichwol,_aber,  nhd.  sondern  be- 
stätigt. Roth  vergleicht  rniV  sanitus  sdtbaktr.  [hcmwre  mit  abl., 
ohne,  dem  eine  ind.  form  *sanur  entsprechen  würde.  Auch 
das  lat.  \sme  iist  verwandt.-:   h''"^'-^Kj 

Altn.  ßratnma,  lit.  tremti. 
Altn.  pramma,    prät.  prammaäa,    bedeutet  hart    auftreten 
(wie  z.  b.  der  bär),  trampeln,  stolpern.     Dies  ist  nahe  verwandt 
mit  lit.  ^rem/'u  tremti,  mit  den  füssen  stossen  oder  hart  auftre- 
ten,  trampeln,  lett.  tremt. 

Altn.  vanysni,  lat.  votnis,  gr.  vvig. 
Fick  wtb.  3  2,  249  f.  hat  gewiss  mit  recht  lat.  vömis  m. 
pflugschaar  mit  gr.  vvig,  vvng,  vvvrj  f.  pflugschaar  zusammen- 
gestellt. Als  grundform  nimmt  er  scharfsinnig  vosni  an.  Dies 
uralte  kulturwort  scheint  sich  auch  bei  den  Germanen  wieder- 
zufinden :  altn.  vangsni,  gen.  vangsna  masc.  pflugschaar ;  in  nor- 
wegischen mundarten  vangsne,  v&mjse,  vagsne,  vegsne,  früher 
auch  vagnsne;  ahd.  ivaganso,  im  Deutschen  in  vielen  Variatio- 
nen, s.  Lexer  mhd.  wtb.  icagense.  Die  grundform  wage  ich 
nicht  zu  bestimmen,  da  mir  der  Ursprung  des  wortes  unbe- 
kannt ist.     Vielleicht  vaghasnan,  vaghsni  zu  oxog. 

Isl.  volgr,  velgja,  lit.  vildaü. 
Isl.  volgr,  statt  vdlgr ,  lauwarm;    veigja,  lauwarm  machen. 
Ags.  wealg ,  lauwarm.     Vgl.  lit.  vildaü,  inldyti  das  wasser  lau- 
warm  machen.     Die   wurzel  ist  val;  für  das  g  in  volgr,  veigja 
Vgl.  altn.  telgja  neben  lat.  dolare. 

Christiania,  März  1878.  Sophus  Bugge. 


Die  Siegessäule  des  Damonon. 

Herr  Prof.  Dilthey  machte  mich  gütigst  darauf  aufmerk- 
sam, dass  von  der  berühmten  Siegesstele  des  Damonon  (Leake, 
Morea  III,  71.  72,  Keil  Analecta  epigraph.  et  onomatol.  p.  88 


122  A.  Fick 

seq.)  eine  neue  zuverlässigere  Abschrift  in  den  „Mittheilungen 
des  deutschen  archäologischen  Instituts  in  Athen"  II,  S.  318 
vorUege.  Da  die  Inschrift  zu  den  wenigen  Documenten  des 
lakonischen  Dialects  gehört,  welche  in  einem  vorionischen  Al- 
phabet geschrieben  sind  und  daher  für  die  Entwicklungsge- 
schichte dieses  Dialects  von  grösster  Bedeutung  ist,  mag  ein 
kurz  gefasster  Versuch  die  Inschrift  zu  lesen  hier  nicht  unpas- 
send Platz  finden 

Das  Denkmal  ist  ins  5.  Jahrhundert,  vielleicht  noch  höher 
hinaufzusetzen  und  ein  beredtes  Zeugniss  für  die  altberühmte  in:- 
TCOTQOcpia  des  alten  Spartas  vgl.  Paus.  VI,  2,  3  u^ajisöaif-iovioL 
[di  aga)  xorra  zrjv  ercioroäreiav  tov  IMrjöov  diered^rjoav  TtävTiov 
ffiXoTifidraTa  "^Ell^vcov  JiQog  %7t7Viov  TQOffdg  (es  folgen  Namen 
Twv  sy.  ^TTaQTrjg  iTtTtOTgörfcov). 

Die  Inschrift  ist  sehr  wohl  gegliedert.  Die  ersten  fünf 
Zeilen  (I)  enthalten  in  zwei  Hexametern  die  Widmung.  Der 
zweite  (II)  Satz  mit  Tdde  evUaiie  beginnend  entspricht  dem 
Satze  Z.  35  ff.  gleichen  Anfangs  (VII) ,  er  zählt  die  Siege  auf, 
welche  Damonon  ti^  avTiö  T6&Qi7t7io),  das  heisst  mit  iTtTtoig 
teXdoig  gewonnen.  Zwischen  den  beiden  mit  Tdde  evUaiie  be- 
ginnenden Sätzen  (II  und  VII)  sind  in  vier  Abschnitten  die  Siege 
aufgezählt,  w-elche  Damonon  ivHrjßtöiiaig  iiirrnoig,  das  heisst 
Ttwloig  mit  Fohlen  gewonnen.  Alle  diese  vier  Sätze  beginnen 
gleichmässig  mit  aal  und  enthalten  alle  den  Namen  des  Siegers 
Ja/iaovwv  und  das  Verb  vi-köv  im  Imperfect  tviKrj  gegenüber 
dem  svUaiiE  in  II  und  VII.  In  III,  IV,  V  wird  noch  hervor- 
gehoben, dass  die  ivJirjßcüHai  irirtTtoL  von  der  eignen  Zucht  des 
Siegers  gewesen  «x  räv  avvco  jfi7V7ttüv  xj^x  tw  avTio  iiiTtTTO) 
„gefallen  von  seinen  eignen  Stuten  und  seinem  eignen  Hengste". 
Dass  die  Betonung  der  eignen  Zucht  auf  Siegesdenkmälern  die- 
ser Art  auch  sonst  vorgekommen,  bezeugt  Paus.  VI,  1,  4: 
KXeoyivrjv  de  ^ilrjvov  ro  iTtty^a/itf^ia  to  eii  avTto  cpr^aiv  elvai 
twv  imxioQiwVy  £x  de  dyeXyg  avTOv  oixsiag  %7t7tii)  Tigarrj- 
aai  xsXrjTi. 

I.     1  dajiiovov    2  aved^exeaOavaia(i)    3  TToltaxoivixanag  4 
ravTaifaTOvöeg  5  TreTCOKarnvvvv. 
Jaf.a6viüv    dve^tjxe  Iddavaici    UoXLdxtt) 
VLV.djiag    xavtä  iiSt    ovö^g  Ttijvtoxa  rtSv  viv. 

Der  Name  Ja/movcov  kommt  sonst  nicht  vor.  Er  gehört 
zu  den  zweistämmigen  Kosenamen  und  ist  die  Abkürzung  eines 


Die  Siegessäule  des  Damonoii.  123 

Namens  der  Gruppe  Jaf.io-,  dessen  Anfang  mit  dem  Anlaut  des 
zweiten  Theiles  Jaf-iojv-  lautet.  Der  einzige  Name ,  auf  welchen 
diese  Beschreibung  passt,  ist  der  mehrfach  belegte  Name  Ja- 
/iiwva^,  zu  dem  daher  Ja/ntuvcov  als  Koseform  gehören  muss. 
Eine  Jtj/nojpaoaa  als  Stammmutter  der  spartanischen  Aegiden 
erwähnt  Paus.  III,  15,  8  i).  —  Man  könnte  übrigens  auch  Ja- 
f.i6vvLov  lesen;  dann  ist  zJa(.i6vviüV  —  ^ai.invi/.og,  wie  Kkio/nf^ig 
Tyrann  in  Methymna  identisch  ist  mit  Klso/.uvt]g  nach  Sau ppe 
im  Göttinger  Prorectoratsprogramm  1870.  dvs&rj^e  ergänzt  sich 
bei  metrischer  Lesung  des  Verses  von  selbst  zu  dvid^rj-Kcv. 

Idd^avctia  llohaxog  ist  der  epichorische  Name  der  Ldd^rjvä 
JloXiovxog,  wie  sie  bei  Paus.  III,  17,  3  heisst.  Sie  wurde  auf 
der  TloXig  oder  "^iAqonoXig  von  Sparta  verehrt,  wie  ihr  Name  sagt 
und  Pausanias  ausdrücklich  bezeugt  a.  a.  0. :  ^EvTavd-a  (näm- 
lich auf  der  dy.QÖnohg  von  Sparta)  ^40^rjvag  isqov  TtercoirjTai. 
üohovxov  '/.akovfievrjg  xal  XaX'/.ior/.ov  zrjg  avTrjg.  no?uaxog  ist 
contrahirt  aus  7toXidoxog,  welches  bei  Pindar  Ol.  V,  10  w  rco- 
liäoyB  Ilalldg  und  als  TroXirjoxog  bei  Apoll.  Rhod.  I,  312  vor- 
kommt; gebildet  ist  TCoXidoxog  wie  7TolLav6(.iog  auf  den  hera- 
kleotischen  Tafeln.  —  Die  Anfügung  des  l  an  !Ad-avaia  ist  unbe- 
denklich, weil  L  subscr.  sonst  geschrieben  wird,  und  am  Ende 
der  Zeilen  öfters  Buchstaben  verwischt  sind. 

TavTä  axs  „so,  wie"  sind  acht  dorische  Adverbien;  meist 
werden  die  auf  ä  mit  denen  auf  a  identificirt,  sind  aber  davon 
zu  scheiden.  Unserm  tüvtcc  so  entspricht  das  tawä  (demnach 
besser  ravTa  geschrieben)  in  /W/KOc;  ravTä  exec  ita  se  habet 
mens  Theoer.  XV,  18.     Vgl.  Ahrens  dial.  dor.  370  ff. 

ovdr]g  {=  ovdsig)  ist  als  acht  dorisch  nachzuweisen,  rjg  — 
elg  findet  sich  auf  den  tab.  Heracl,  ovd^  rjg  kviov  dvrl  tov 
ovöe  €lg  wird   aus  Rhinthon  angeführt  Ahrens  dial.  dor.  154. 

Tcri7toY.a  „irgendwo"   komnii  ausser  unserer   Stelle   nur  in 

^)  Zu  der  Sammlung  zweistämmiger  Kosenamen,  die  ich  Griech.  Per- 
sonennamen S.  XVI  gegeben,  füge  ich  hinzu:  Nny.ofxü)  Athenerin  \'t&ri- 
vaiov  V,  428  (=  Nixojuri(^fia)^  Tv/kqw  Athenerin  liS^nv.  V,  428  (=  Tvxa- 
qiii]),  "AQiOToyM  Tanagra  \40r\v.  IV,  298,  Aüorog  Tanagra  i^^ijr.  III,  169 
(=  AaoTifxoc;)^  "E§nxwv  =  'E^äxiOTos,  Ntonfica  Orchomenos  Arch.  des  Mis- 
sions Scientifiqnes  et  Litt.  IV,  486  vgl.  Nov/Jipn'teg,  ZvfA(fäg  =  ZvfjqoQog 
häufig  auf  jüngeren  attischen  Inschriften  z.  B.  Inscviptt.  Att.  aetatis  Rom. 
ed.  Di  tten  berger  nro.  122,  EvqQig  =  Ev(f()ävo}()  Dttb.  135,  Evnüg  = 
EvnoQog  Dttb.  1101,  nQoaöoxäg  —■  Tliioadöxiiiog  Dttb.   1155. 


124  A.  Fick 

dem  lakonischen  Epigramme  xiXia  Tcov.a  ßlßctvTi  TtXeiata  dt] 
tiov  7tr]7toy,a  bei  Ahrens  dial.  dor.  S.  363,  wo  Ahrens  mit 
Recht  die  Conjectur  /raVroza  abweist. 

rtov  vvv  der  Jetzigen,  Jetztlebenden,  ol  vvv  ist  auch  attisch 
=  Ol  vvv  avd^QWTCOL,  vgl.  dv  vvv  ßqoToi  tlaiv  bei  Homer. 

IL     6  Tad€€vrKaii£Öa(iLiovov)    7    TOiavTOT€^QL7t7to{i)    8  av- 

Togavwxuov   9  €vyaiaiioxoT£T(Qay.iv)    10  xaiad^avaiarsT- 

{qoxiv)   11   (■'/.)sXev{i[}vviaTef(Qay.iv). 

Tads  ivrKaiie  jJa/iiiöviov  rip  avTio  xsd^QiJCTtoj  avrbg  dvio- 

Xiiov   iv  raiaiioxco  zergaKiv   'Aal  14-d^dvaia  xtXQciy.iv  '/.rj- 

IsVlIVVia    TSTQCCXIV. 

SV  Faiaiioxco  halte  ich  für  sichere  P^mendation.  Entspre- 
chend heisst  es  Z.  24  xjyv  ^Qiovriag  „und  im  Bezirke  der 
Ariontia".  Verbindungen  wie  iv  !Ao>tlr]Ttiov  im  Heiligthume, 
Bezirke  des  Asklepios  sind  ja  vom  homerischen  elv  lAidao  = 
eiv  l4idao  do/iioiaiv  bekannt  und  geläufig  genug.  Unter  den  Zei- 
chen, die  ich  svlFaiaiioxco  gelesen,  sind  E  .  .  ^lA.  0X0  ganz 
sicher ,  das  N  sieht  fast  wie  ein  M  aus,  statt  /'  erscheint  bloss 
/,  das  ohne  Aenderung  zu  /'  zu  ergänzen  ist,  endlich  statt  H 
giebt  die  Abschrift  A,  jedoch  als  ganz  unsicher;  ähnlich  er- 
scheint der  schattenhafte  Ueberrest  der  beiden  H  in  ENHE- 
B0HA.L2  Z.  15  als  F  und  N.  —  Unter  dem  Beinamen  Faido- 
Xog  ( =  yairjoyog  Poseidon  bei  Homer)  wurde  Poseidon  in  Sparta 
verehrt  Paus.  III,  20,  2  tovtov  (vom  Phoibaion  bei  Therapne) 
öi  ov  Ttokv  FLooEidüvog  dcp8öTr^/.ev  legov  a7Ti/.lrjoiv  Faiaoxov. 
Xenoph.  bist.  Gr.  VI,  5,  30  rcQorjld^ov  o\  htneig  (der  Theba- 
ner)  elg  xbv  htTtoÖQOjiiov  elg  Faiaoxov,  „bis  zu  dem  Hippodrom 
zum  Heihgthume  des  Gaiaochos'^  Der  Verbindung  slg  Faiao- 
Xov  ist  iv  Faiaijöxco  unsrer  Inschrift  genau  parallel,  und  wie 
trefflich  die  Erwähnung  eines  Hippodroms  im  Bezirke  des  Gaiao- 
chos  zu  den  Rennsiegen  des  Damonon  im  Bezirke  desselben 
Gaiaochos  passt,  ist  nicht  noth  hervorzuheben. 

Krjlevjivvia  erscheint  ohne  Krasisvocal  in  xal  'EXevHvvia 
Z.  31.  Die  Krasis  von  ac  i  zu  jy  findet  sich  auch  in  xi^ktco 
avTÖi  iiiitTto)  Z.  16,  21,  29,  Ktjv  Liqioviiag  Z.  24;  sie  ist  acht 
dorisch  vgl.  Ahrens  dial.  dor.  p.  221,  der  unter  andern  Jtj^x  = 
Y.ai  ix  (Megarer  bei  Aristophanes  Achnin.  790)  und  x?jv  =  xal 
iv  aus  Alcman  beibringt  (xryv  /ceUx^aig  Alcm.  74  Bergk). 

Aber  was  sind  die  ^Ekeviivvia?  Ich  denke  doch,  die  ^Elev- 
aivia  ein  Fest  der  Demeter  'EXevaivia.     Das  v  ist  freilich  räth- 


Die  Siegessäule  des  Damonon.  125 

selhaft,  doch  nicht  räthselhafter  als  das  v  in  '4Qxdf.ivtL  der 
epidaurischen  Inschrift  C.  I.  1172.  Paus.  III,  20,  5  erwähnt 
am  Taygetos  ein  ^ij/urjTQog  hciy.h]Oiv  ^EXEvaiviag  \sq6v,  das  er 
III,  20,  7  schlechthin  'Elevaiviov  nennt.  Dass  an  dieses  Hei- 
ligthum  ein  Fest  sich  anschloss,  zeigt  Paus.  III,  G,  7  wo  ein  öqoj- 
fievov  svcavO-a  erwähnt  wird :  fix  rovzov  xov  "EXovg  ^oavov  K6~ 
Q7]g  rfjg  JrßiriTQog  iv  ^jidgaig  qrjTcäg  dvdyovoiv  ig  z6  ^Elevol- 
viov.  Diese  rjueQai  Qijzal  dürfen  wir  uns  ^Elsvoina  genannt 
denken  und  mit  den  'Eleviivvia  unsrer  Inschrift  identificiren.  — 
Da  jedoch  das  n  in  Z.  11  ganz  verwischt  und  in  xal  ^EXsv- 
Hvvia  Z.  31  nicht  ganz  deutlich  ist,  dürfen  wir  vielleicht  ^EXev- 
d^vvia  vermuthen,  und  kämen  damit  auf  ein  Fest  der  Ellei- 
&via.  Sicher  steht  Ellud^via  für  Elle/d^via,  wie  aus  den  Ne- 
benformen ^EXevd^va  und  'EXev&oj  hervorgeht ;  die  Verehrung  der 
Eileithyia  in  Sparta  bezeugt  Paus.  III,  14,  6  und  17,  1.  Doch 
enthält  bei  dieser  Vermuthung  der  Festname  ^EXev&vvia  ein 
räthselhaftes  v,  daher  scheint  es  mir  besser,  den  Spuren  der  In- 
schrift folgend  ^EXsvjivvia  zu  lesen  und  dies  als  ^EXevoivia  zu 
verstehen. 

Die  Endung  der  Zahladverbien  auf  xtv  =  xig  in  TsvQaxiy 
Z.  9,  10,  11,  34  JT€7ird/.iv  Z.  IG,  oxtcxtiiv  Z.  19,  25  ist  sonst 
nicht  belegt;  T£TQd/.Lv  verhält  sich  zu  TETQdy.ig  wie  q)iQOftev  zu 
(piQoueg. 

III.     12  xai7toHoidaiaöaf.iov(ov)    13  (€vix)eH€Xei(K)aiHoxeXe 

14  .  .  .  aav{To)ga(v)ioxiov  15  EVjiۧoiiaigiU7t7toi(g)   16 

He7tTay,iveyiTavavT0  17  Hi7i7tovy.e-Atoav{ro)HL7t7i{o). 

Kai  IloHoiöaia  Jctf-iioviov  svixr]  HiXei  '/.al  ilox    rjXt]  .  .  .  a 

avTog  dvioykov  svirtjßwiiaig  lliTruoig  JlSTtTccxiv  ex  räv  avtw 

HlTTTTWV    XJ^X    Tlö    aVTCÜ    HlTtTllO. 

Mit  IIoHoidaia  Poseidonsfest  vgl.  ToiTTOiioidavi  =  to)  Ho- 
HoidävL  auf  den  tän arischen  Inschriften  Hermes  III,  449  und 
mit  der  Bildung  des  Festnamens  nooEidaia,  TIoTiöaia  Posei- 
donsfest. 

HiXei  ist  Locativ  von  HeXog  „zu  Helos"  vgl.  Z.  19  QsvqIcc  „zu 
Theuria".  "EXog  die  bekannte  Stadt  am  lakonischen  Meerbusen 
wurde  unter  Alkamenes  von  den  Spartanern  erobert  Paus.  III, 
20,  6.  Die  halb  verloschenen  Züge  am  Ende  der  Z.  13  lassen 
sich  mit  Hülfe  von  Z.  30  //oxfiAe^fvtxe  zu  ho/.eXe  wiederherstel- 
len. E  ergänzt  sich  leicht  zu  H,  vom  O  ist  die  untere  Hälfte 
erhalten;  vom  K  der  untere  Hauptstrich,  EAE  ist  noch  ziem- 


12G  A.  Fick 

lieh  deutlich.  Z.  30  ist  versucht  ijo'aeKb  zu  deuten.  Mit  den 
hiirjßioHai  iiirtnoi  sind  junjre  Pferde  TttoXoi  im  Gegensatz  zu 
dem  TsS^QiTTTtov  der  uittoi  rtleiOL  gemeint;  die  Wettrennen  mit 
beiden  waren  gesondert,  vgl.  für  Olympia  Paus,  VI,  2,  2.  r^ßa 
wird  von  Thieren  selten  gesagt;  es  findet  sich  von  ßne  Hesiod. 
op.  438  Göttling  ^'/?/j$  /nevQov  k'xovTe,  tco  FQyaCsaO^at  dgiatio; 
svr]ßav  kommt  in  der  altern  Gräcität  nicht  vor  ,;in  der  fjßa 
sein";  fjßa  ist  hier  vom  Momente  des  Eintretens  der  Geschlechts- 
reife zu  verstehen,  ein  (Tcbraucli,  der  sich  als  spartanisch  nach- 
weisen lässt  in  der  Bezeichnung  der  Aufgebote  z.  B.  tcc  dexa 
mp  fjßrjg  =  o\  xa  8by.a.  acf  fjßrjg  das  erste  Aufgebot;  ra  xet- 
Tagduovra  d(f  fjßrjg  das  letzte  iVufgebot  Xenoph.  bist.  Gr.  II, 
4,  32,  VI,  4,  17.  rjßa  hat,  wie  aus  unsrer  altlakonischen  In- 
schrift erhellt,  achtes  gemeingriechisches  r].  Damit  stimmt  lo- 
krisch  Jießarav  Rhein.  Mus.  2G,  39,  thessalisch  rov  eißarä  (In- 
schrift von  Pharsalos  hgg.  von  Heuzey  im  Annuaire  de  l'as- 
sociation  pour  l'encouragement  des  etudes  grecques  1869  S. 
114  ff.).  Ebenso  haben  Pindar  und  Epicharm  stets  fjßa.  Das 
uäßaiov  auf  der  aeginetischen  Inschrift  C.  I.  2138  ist  kein  Tem- 
pel der  Hebe,  sondern  =  'Aßalov  ein  Tempel  des  Apollon 
idßalog ,  der  seinen  Namen  von  der  Stadt  lAßai  in  Phocis  hat. 
"Wenn  Theocrit  avaßog  V,  87.  VIII,  3  hat,  so  ist  dvt]ßog  zu 
corrigiren,  da  diesem  Meister  ein  so  arger  Schnitzer  nicht  zuzu- 
trauen ist;  Ecpaßog  auf  einer  Jüngern  äolischen  aftectirt  alter- 
thümlichen  Inschrift  von  Kyme  ist  ein  Fehler.  Ist  also  fjßa  die 
urgriechische  Form,  so  ist  Bezzenbergers  Zusammenstellung 
von  fjßa  mit  lit.  jecjti  vermögen,  nü-jega  Kraft  (o.  IL  190)  laut- 
lich ganz  unbedenklich  und  darf  für  richtig  gelten. 

IV.     18    yiai7tojioiöaiada/.iovov     19    (£v)iy.ed^€tQtai07i(Tayiiv) 

20  avTogavioxiovev  21  Heßonaigm7t7to(ig)  22  exxavav- 

TOHLTtrrov  23  KEy.roavTOHiTtTto. 

Tiat  Iloiioiöaia   ^a^aoviov    eviy.T^    QavQiq    oxtccmv  avxog 

dvLO%uov  EviirjßiÖHaig  HiTViroLg  Ix  täv  avxw  iiLTtTtiov  xi^x 

TU)    aVTiü    HlTtTKO. 

QevQiq  oder  Oetglai  ist  Locativ  „zu  Theuria"  entsprechend 
dem  HiXsL  Z.  13.  „zu  Helos".  Die  Stadt  heisst  sonst  OovQta, 
die  Namensform  Qevqia  wird  die  alteinheimische  sein,  die  frei- 
lich bis  jetzt  noch  nicht  weiter  belegt  ist.  Poseidonsfeste  stim- 
men gut  zur  Lage  von  Helos  und  Thuria:  Helos  lag  am  lako- 
nischen, Thuria   nahe   dem   messenischen   Meerbusen,    der  von 


Die  Siegessäule  des  Damonon.  127 

Thuria  auch  o  OovQiatrjg  xälTTog  genannt  wurde  (Strabo  VIII, 
360). 

V.     24  xevaQiovTiagevixs    25   da/iiopovoKTaxiv     26  avroga- 

vioxiov    27   evjießoHaigmTtftoig    28   sxTavavroHiTtTiov 

29  y.€KToavTOHt7t7to/.ai  30  HoxEXh^sviy.e. 

KtjV  ^QiovTtag  svIkt]  jJatiitovcov  oxtukiv    avvdg    dvioy^iiov 

iviTrjßcoJiaig  Hur 7t o ig  sx  rüv  avTco  irlrnTtov  x?yx  tio  avviö 

HiTtTCiii  ytal  oV  rjlr]  '^evixy. 

Mit  8v  i^QiovTiag  vergleicht  sich  Iv  FataHaxco  „im  Bezirke 

des  Gaiaochos".     Hiernach    raüsste  lAgLOvria   der   Name    oder 

Beiname  einer  Göttin  oder  Heroine  sein.     Ein  solcher  ist  aber 

nicht  bekannt.     Vielleicht  ist  ^Aqiovxla  Lokalname  und  h  lAqi- 

ovviag   „im  Hippodromos    von   Ariontia"  zu  übersetzen.     Nach 

Analogie  von  ysgovaia  —  lakonisch  ysQowia  würde  den  Lauten 

nach  entsprechen  i^giovoia  Name  einer  Gegend  in  Chios  Strabo 

XIV,  645 :  sld-^  rj  l^Qiovaia  xioQa  tqüixeIu  xal  dlif.ievog  otaditov 

oaov  TQidxovTcc ,  oivov  agiarov  q>e,Qnvoa  ztov'^EXXrjvr/.cüv.     Damit 

sind  wir  freilich  nicht  weit    gefördert,    denn  dass  ev  L^giovriag 

unsrer  Inschrift  in  Lakonien  und  nicht  in  Chios  zu  suchen,  ist 

wohl  selbstverständHch. 

Die  Buchstaben  Z.  29,  30  xaLiioxsls^sviKe  stehen  ganz  si- 
cher; es  fragt  sich  wie  sie  zu  lesen  sind.  Möglich  sind,  wenn 
man  iiox  =  oxa  setzt,  drei  Lesungen  L  xal  oV  «Ae^'  ivixi]  — 
oxa  eA.6§s  svixrj,  J.  -/.ai  ox  eAt]§  eviKrj  =  oxa  eArj§6  svr/,r],  o. 
■/.al  6V  r]Xr]  ^^svlxr].  Da  1  und  2  keinen  Sinn  geben,  muss  man 
wohl  die  dritte  adoptiren  und  übersetzen  „und  jedesmal  wenn 
er  fuhr  (rjlr]  lakonisch  =  rjXa  =  ijXas  wie  svlxrj  —  svixa  = 
ivlxae)  trug  er  den  vollständigen  Sieg  davon  s^svUrj".  Oder 
sollte  ganz  anders  zu  theilen  und  in  xsA«^'«  (vgl.  Z.  37  xaixsXe^) 
ein  Verb  wie  xelriTiUo  stecken? 

VI.     31    xttielsvjTvviada/.i(ovov)     32  evixeavrogavioxiov     33 
evHsßoiiaLgHiTtTtoig  34  rsTQaxiv. 
Kai  ^EXsviivvia  Jaf-iMviov  ivixrj  avrog  dvLOxicov  EvHrjßio- 
Iiaig  lliTtTtoig  TEzqdxiv. 
Zu  ^Elsvjivvia  vgl.  Z.  11.     Im  Uebrigen  ist  der  Satz  klar. 
VII.     35    TadsEVLx{d)HeEvvi.iai    36    .  .  TtqaT  ....  aixovd    37 
.  . .  may.aixsXe^  .  .  38  .  .  .  .  agßat  .  .  .  ev  .  . 
Tdds  Evixairs  führt  eine  neue  Reihe  von  Siegen  ein,    ent- 
sprechend dem  Tdös  IvUaiu  des  zweiten  Satzes.     In  den  letz- 
ten Zeilen  lässt  sich  wenig   mehr  erkennen;   Z.  36  itQux  .  .  er- 


128  F.  Fröhde. 

innert  an  das  dorische  TtQarog  =  Ttgcozog;  für  ^IKON  ist 
vielleicht  vi  IKON  zu  lesen  und  TCQccTog  nalUtov  (aXi^  dorisch 
=  ijXi^  Altersgenoss)  zu  ergänzen;  das  folgende  J  wäre  dann 
Rest  des  Namens  Ja/moviov;  Z.  3G  ifiu  ist  vielleicht  das  End- 
stück eines  Festnamens  auf  7/^a  =  aia  \v\q  l4Qref.iiaia,  /Jiccaia; 
xaiy.eXs^  endlich  erinnert  an  Z.  30, 

Die  Damononinschrift  ist  den  Schriftzügen  nach  älter  als 
die  beiden  tänarisclien,  welche  Kirchhof  Hermes  III,  449  ff. 
behandelt,  stimmt  aber  mit  diesen  in  der  Stufe  des  Dialects. 
Inlautendes  2  wird  durchgängig  in  H  verwandelt,  dagegen 
kennt  unsre  Inschrift  den  Wandel  von  0  in  ^  nicht  und  ent- 
hält ebensowenig  eine  Spur  vom  Rhotacismus  des  jungem  la- 
konischen Dialects.  Wenn  nun  der  Lakone  des  5.,  ja  nach 
den  tänarischen  Inschriften  der  des  beginnenden  4.  Jahrhunderts 
den  Uebergang  von  ^  in  a  noch  nicht  kannte,  wie  kann  dann 
Alkmanim  7.  Jahrhundert  TvaQOsvoig  frg.  1  (Bergk),  2€()d7Tvag4, 
SV  odXeaaL  jlS,  rjf^uaiajv  16,  5  aicov  u.  s.  w.  gesagt  haben?  Ist 
nicht  klar,  dass  die  alten  Alkmanischen  Texte  von  Grammati- 
kern nach  dem  Jüngern  lakonischen  Dialecte  umgeformt  sein 
müssen?  A.  Fick. 


Ueber  den  homerischen  Comparativus  ßqdaaiav. 

Das  nur  K  226  vorkommende  ßQaaacov  wurde  nach  Aristo- 
nikus  von  den  (voralexandrinischen)  Glossographen  als  Compa- 
rativus von  ßQttxvg  aufgefasst,  eine  Ansicht,  die  Aristarch  aus 
dem  gewiss  unzureichenden  Grunde  verwarf,  weil  ßgaxvg  bei 
Homer  nicht  vorkomme.  In  der  neueren  Zeit  zog  man  das 
Wort  nach  dem  Vorgange  eines  Teiles  der  späteren  alten  Gram- 
matiker insgemein  zu  ßgaöCg,  zu  dem  es,  wie  sich  nicht  leugnen 
lässt,  in  der  Bedeutung  besser  passt,  bis  Curtius  Ind.  lect. 
aest.  Kil.  1857,  p.  IV.  vgl.  Grundz.  *  p.  659  auf  die  Unmöglich- 
keit hinwies,  ßgaoacov  aus  ßqadUov  zu  erklären,  und  für  die 
Ableitung  von  ßga^vg,  von  dem  ein  Comparativus  ßgaoacov  nach 
Hesychius  vorhanden  war,  eintrat.  Die  folgenden  Bemerkun- 
gen bezwecken  nicht  Curtius'  nach  allen  Seiten  hin  begründete 
Auffassung  anzufechten,  sie  wollen  nur  den  Nachweis  führen, 
dass  ßQccaaiov  an  und  für  sich  dennoch  als  Comparativus  von 
ßqaövg  angesehen  werden  könnte. 

Gegen  die  Identificirung  von  ßqccdvg  und  skt.  mrdü  spre- 


Bqdaoüjv.  129 

chen  folgende  Gründe:  1)  wenn  die  Lautfolge  in  Formen  wie 
d-UQOog,  -AaQÖia,  -Acegrog  u.  a.  älter  ist  als  die  in  ^gdoog,  xga- 
dla,  ^QccTog  (Schmidt  Voc.  II,  314),  so  ist  auch  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  die  Wurzelform  ßagö  in  ßägdiaxog  ßagövTS- 
Qog  älter  als  ßgad  in  ßQaövg  uTid  seinen  Ableitungen;  folglich 
müsste  man,  um  das  ß  der  ersteren  mit  dem  ursprünglichen  /n 
zu  vereinigen,  entweder  annehmen,  dass  hier  ß  vor  dem  Vocale 
aus  jU  hervorgegangen  sei,  ein  Lautwandel,  für  den  wenigstens 
im  Jonischen  und  Attischen  (vgl.  Curtius  Grundz.  *  S.  583)  ein 
sicheres  Beispiel  sonst  nicht  existirt,  oder  dass  das  später  aus 
*(.iQadvg  laut  gesetzlicli  entstandene  ßQaövg  sein  ß  auf  das  ur- 
sprüngliche ^^laQÖog  übertragen  habe ,  eine  Annahme ,  der  die 
gleichartigen  Fälle  wie  /iioQog  /Liogrog:  ßgovög,  fj/nagTOv :  ij/ußQO- 
tov,  sfxnXov :  ßXc6ay.io,  dßlaöecog  (Hesych.) :  df.iaXdvvo}  nicht  gün- 
stig sind ;  2)  die  sicheren  Verwanten  von  mrdü  zeigen  in  den  euro- 
päischen Sprachen  l:  d(.Laldvvo}  dßXadhog  (Benfey  Wurzellex.  I, 
509),  ksl.  niladü,  germ.  rnaUa-  (Fick  Wörterb.  I,  175),  und  es  ist 
kaum  wahrscheinlich,  dass  sich  im  Griechischen  daneben  noch 
die  Form  mit  q  erhalten  hat;  3)  ßqaövg  und  mrdü  entsprechen 
sich  begrifflich  nicht  unmittelbar,  jenes  bedeutet  „trag,  stumpf", 
dieses  „weich,  zart,  mild,  sanft" ,  und  wenn  sich  auch  diese  Be- 
griffe mit  einander  vereinigen  lassen,  so  wäre  es  doch  immer- 
hin auffällig,  wenn  das  griechische  Wort  die  ursprüngliche  Be- 
deutung ganz  verloren  und  nur  die  secundäre  erhalten  hätte; 
4)  mit  ßgaövg  stimmt  lat.  hardus,  das  als  entlehnt  anzusehen 
kein  Grund  vorliegt,  begrifflich  so  genau  überein,  dass  es  un- 
möglich ist,  die  beiden  Wörter  zu  trennen,  das  lateinische  h 
aber  lässt  sich  in  keinem  Falle  aus  m  erklären. 

Ich  habe  in  dieser  Zeitschrift  I,  331  /?^a(Jüg  und  hardus 
mit  dem  begrifflich  genau  entsprechenden  altind.  jada  verbun- 
den und  Bezzenberger  (ebendas.  II,  130)  sieht,  wie  ich  glaube 
mit  Recht,  in  ßagdög  den  genauen  Reflex  des  vedischen  jdlhu. 
Nun  ist  Ih  bekanntlich  eine  vedische  Schreibung  für  dh  zwi- 
schen Vocalen  (vgl.  drUha^  äshälha,  ülhd,  gülhd,  tälhi,  trlhä, 
trnelhi,  drlhä,  pravolhdr,  bälhä,  milhd,  mUhushfama,  relhi  u,  a. 
neben  lidhd,  äsMclha,  udhä,  tädhi  u.  s.  w.),  und  es  rauss  so- 
nach auch  das  Ih  von  jdlhu  für  dh  stehen.  Es  erhebt  sich 
also  die  Frage,  wie  sich  dieses  dh  zu  dem  d  in  jada  einerseits 
und  zu  dem  d  von  /^(»ad?'^  andrerseits  verhalte,  dh  entsteht  im 
Sanscrit  auf  mehrfache  Weise,    aber  immer  so,   dass  bei  seiner 

Beiträgo  z.  Kunde  d.  ig.  Spraclieu.  IJI.  q 


130  F.  Fröhde 

Erzeugung  eine  Aspirata  beteiligt  ist;  selbst  für  dddhd  aus 
dan'ishträ  nebst  ddclhikä  aus  damshtrikä  muss  man  wol  Mittel- 
formen mit  sh-dhr-  voraussetzen  (vgl.  gr.  i^go-  d-Xo-  aus  tqo-). 
Von  den  geläufigsten  Entstehungsweisen  des  dh,  wie  sie  die 
Formen  trnedid ,  trndhds,  trndhe ,  trnedhii^  dtrndha,  dinddhäm, 
mädhi,  üdhdj  sadhar  medhra  —  tpidhi  dviddhi  tadln  (2.  Imp. 
von  tad)  trndhve,  ädviddhvam,  änedhvam,  dkrdhvam  repräsenti- 
ren,  kann  bei  jälhu,  wenn  es  mit  jada  und  ßgadvg  zu  ver- 
binden ist,  nicht  die  Rede  sein,  vielmehr  muss  sein  dh  auf  rdh 
zurückgeführt  werden.  Dass  die  Cerebrale  ihren  Ursprung  viel- 
fach dem  Ausfall  eines  r  vor  Dentalen  verdanken,  ist  bekannt. 
Ich  lasse  eine  kleine  Sammlung  derartiger  Formen,  von  denen 
freilich  nur  einige  vedisch  sind,  folgen: 

katü,  kätuka  (ved.)   =  lit.  kartüs  (Fick  W.  I,  47). 

käfa  „Geflecht"  aus  *karta  (Fick  a.  0)  =  gr.  -Avqtog 
„Geflecht". 

kdtä  (ved.)  =  kartä  (PW,). 

MV«  (ved.)  „das  Stirnbein  mit  seinen  Vorsprüngen,  Scheitel, 
vorspringende  Erhöhung,  Berggipfel"  aus  ^kdrta,  vgl.  gr.  yiQoooai 
„die  hervorspringenden  Mauerzinnen",  xqoooog  „die  an  den  En- 
den des  Gewebes  hervorragenden  Fäden",  Kgozacpog  „Schläfe, 
Berggipfel".  Das  altind.  Wort  bedeutet  auch  „Krug",  und  man 
könnte  daher  geneigt  sein,  auch  Tigwoaog  „Krug"  dazuzustellen, 
doch  liegen  diesem  wol  näher  lit.  krdgas  „Kanne"  preuss.  krd- 
gis  „Krug"  altir.  crocann  receptaculum  u.  a.;  ahd.  cröc  cruoc 
ags,  crocc  crüce  u.  a.  sind  keltische  Lehnwörter. 

kütyati  „bersten"  aus  kart  (PW.).  Vgl.  Schmidt  Voc.  II, 
222. 

küta  (ved.)  =  hia  (PW.) 

khdti  „Scharte"  aus  *skarti;  vgl.  altn.  slcarä  „Scharte" 
(Fick  W.  I,  238>  ' 

jüta  „Flechte"  aus  *garta  von  W.  "^gart  —  grath  „flechten". 

yidtati  „tanzen,  als  Schauspieler  etw.  darstellen"  neben 
nrUjati  dass.  (vgl.  Benfey  Jubeo  S.  41.) 

jKitü  „stechend"  —   nXccTvg  „salzig"  (Fick  I,  149), 

hhata  =  bhrtd  „gemiethet"  (PW.) 

hätaka  „golden"  von  *harta  --  goth.  gidß  lat.  lütum  ksl. 
zlato  (Fick  I,  81). 

kathinä  kathara  „hart"  aus  *kartara  =  gr.  -Kagtegog. 

puthati  „deuten,   lesen"  aus  *partati,  vgl.  lat.  inter-pretari 


Egdaatov.  131 

goth.  frapjan  lit.  protas  „Verstand"  (Fick  I,  149).  Dazu  ge- 
hört wol  auch  der  Name  des  Meergreises  JlQcoTevg,  der  so  seiner 
Natur  entsprechend  bezeichnet  ist. 

khadate  „brechen"  =  got.  shreitan  „reissen,  spalten"  mhd. 
schranz  „Riss,  Bruch"  (Fick  I,  240), 

khoda  ,. hinkend"  —  got.  halts  „lahm"  (Fick  I,  47). 

cü'da  „Wulst",  cüdä  ,;einzelner  Büschel  von  Haaren  auf 
dem  Scheitel,  Hahnenkanim,  Gipfel",  cüdälä  Adj.  „einen  einzigen 
Büschel  Haare  auf  dem  Kopfe  habend",  cülin  „einen  Kamm,  ei- 
nen Aufsatz  auf  dem  Kopfe  habend"  (vom  Vogel);  vgl.  ■koqvöo^ 
„Haubenlerche",  in  welchem  v  Svarabhakti  ist. 

gadayitnii  —gardayitnu  (PW.). 

nadä  (ved.)  „Schilfrohr",  fiä'di  „Röhre,  Canal,  Flöte, 
Strahl";  vgl.  vägd-r^^  (Fick  I,  129). 

ädhyd  „begütert,  reich"  von  W.  ardh  (Benfey  W^urzellex. 
I,  75). 

dudln'  (ved.)  =  durdhi  (Benfey  G.  G.  A.  1873  S.  20) 
aus  dush  -\-  diu.  Oder  entstand  hier  das  dh  durch  die  Mit- 
telstufe zh-dh  aus  sh  -\-  dh?  Einen  ähnlichen  Zweifel  hege 
ich  in  Betreff  der  Composita  düdäbha  und  düdd'g  aus  dush  -f- 
dabha,  -dag ,  die ,  wie  Benfey  Gott.  Nachr.  1876  S.  305  anzu- 
nehmen geneigt  ist,  unmittelbar  aus  letzteren  entstanden  sein 
können  (vgl.  shödagan  aus  shash  -f  ddgan),  aber  auch  jene 
Auffassung  zulassen. 

panate  =  TttQvavai  (Benfey  KZ.  VHI,  1  ff.,  Curtius  Grundz. 
N.  358,  Fick  Wörterb.  I,  137). 

gand  „Schaar,  Reihe"  gandyati;  vgl.  dysiQw  (Leo  Meyer 
KZ.  XXm,  411). 

päni  „Hand"  aus  ^parni  (Pauli  Körperteile  p.  21  bei  Cur- 
tius Grundz.''  N.  345). 

mänavd  „Junge,  Bube,  Bursche"  mänavikä  „junges  Mäd- 
chen, Dirne";  \g\.  f-islga^  „junges  Mädchen",  f.iEiQä-/.LOv  „Junge" 
(Curtius  Grundz.^  p.  581). 

Die   aufgeführten  Wortformen  ^)   beweisen ,  dass  jdlhu  aus 


*)  [Mit  Erlaubniss  des  Herrn  Vf.  füge  ich  dem  obigen  Verzeichniss  hin- 
zu: kina  m.  „Schwiele,  Narbe',  dass  ich  auf  *krna  zurückführe  (vgl. 
präkr.  isi,  cliWii,  hhinga,  visi  =  skr.  rshi,  drshti ,  bhrnga,  vrshin)  und 
dem  lat.  callus ,  culliun  ,,die  verhärtete  dicke  Haut  am  tierischen 
Körper"    gleichstelle;    tad  „schlagen,  klopfen,  verwunden,  anstossen"  das 

9  * 


132  F.  Fröhde 


« 


■gardhü  entstanden  sein  kann.  Es  ist  also  nun  zu  zeigen,  dass 
sich  auch  das  d  von  jada  auf  ursprüngliches  rdh  zurückführen 
lässt.     Für  diese  Lautentsprechung  habe  ich  folgende  Beispiele : 

ci/!da  (s.  0.)  aus  '^kardha.  Mit  -KOQvdog  ist  identisch  das 
bei  Hesych.  aufbewahrte  ^oqv&oq  „eine  Art  TQoxllog'-',  zu  des- 
sen ^  weiter  stimmen  xoQvd-iov  „Hahn"  (Hesych.),  MQ&vg 
„Haufe",  xoQd^vExm  (xv^a)  „gipfelt  sich"  wie  xogv^omai,  xoqvq 
St.  y.OQvd^-  „Haube",  '/.OQvaaerai  (xv/iia)  —  y.nQdvsTai,  v.OQvcpov- 
xai,  Y.0QVOO0)  eigentl.  „behelme",  dann  verallgemeinert  „be- 
waffne, rüste".  Die  Wörter  sind  wahrscheinlich  verwandt  mit 
v.OQvq)ri  yiOQv/^ßog  u.  a. ,  so  dass  man  eine  gemeinsame  Basis 
kar  kru  an  zunehmen  hat,  über  die  Fick  in  dieser  Zeitschrift 
I,  334  zu  vergleichen  ist. 

nadd,  verglichen  mit  vdQ&rj^,  denn  im  griechischen  Worte 
Entstehung  des  d-  aus  d  anzunehmen,  scheint  mir  sehr  bedenk- 
lich. Vgl.  Curtius  Grundz.  ■^  511;  über  ^ai>d-6g  und  gaü^aivta 
qad^dfÄLy^  teile  ich  die  Ansicht  Schmidts  Voc.  I,  97. 

vadra  „gross"  —  ßlw&Qog  von  yvardh. 

Völlig  gleichartige  Beispiele  kenne  ich  ausser  diesen  bis 
jetzt  nicht;  vergleichbar  aber  ist  die  Entstehung  des  d  in 

mrläti  =  zend.  marezhdä,  aus  ymars  durch  dhä  weiter 
gebildet  (Benfey,  Jubeo  S.  25,  Fick  Wörterb.  I,  394).  Als  eine 
ähnhche  Bildung  betrachtet  Bezzenberger  Gott.  Nachr.  1878 
S.  264. 

id,  das  er,  was  wol  angängig  ist,  aus  yaj  -j-  dhä  hervor- 
gehen lässt;  die  Analogie  von  ^;t</  aber  gestattet  auch  die  An- 
nahme, dass  id  „anflehen,  erbitten,  preisen"  aus  ish  „erstreben", 
woher  ishudhydti  „anflehen,  erbitten",  und  dhä  entstanden 
ist.  —  Die  Herausgeber  des  Petersb.  Wörterbuchs  vernmten  Zu- 
sammenhang von 

Md,  als  dessen  Grundbedeutung  sie  vellicare  ansetzen,  mit 
heshas  ^)  „Verwundung",  zu  dem  es  sich  ähnlich  verhalte  wie 
pid  zu  pish.  In  demselben  Verhältnis  zu  einander  stehen  fer- 
ner id  f.  „Erfrischung,  Labung,  Spende"  und  üh  gleicher  Be- 
deutung; andere  Beispiele  bei  Benfey  Jubeo  a.  a.  0. 

Benfey  Jubeo  S.  40  auf  (ard  zurückführte  und  ich  dem  lat.  trüdo  gleich- 
stelle.   B.] 

*)  Vielleicht  gehört  heshas  zu  himsati  „verletzen,  ein  Leid  antun, 
schädigen,  zu  Nichte  machen".  —  dfuheshan  ,, dessen  Rosse  wiehern" 
stammt  natürlich  von  /n'shitti  ,, wiehern"  gleich  lat.  hiimio  aus  */tixmo. 


Bgaoacüv.  133 

Es  ist  noch  übrig  zu  zeigen,  dass  auch  das  griechische  ßgaöug 
sich  auf  eine  Grundform  gardhu  zurückführen  lässt.  Ueber 
die  Senkung  der  Aspirata  zur  Media  handelt  Curtius  Grundz.* 
S.  515  ff.  Ganz  geläufig  ist  dieser  Lautwandel  nach  Nasalen  i), 
aber  auch  nach  Liquiden  kommt  er  mehrfach  vor: 

dgßög  aQßdycig  =  skt.  lirbha  (Fick  I,  24j. 

agdü)  vsottQÖ^g  neben  qa&aivtü  gad^d/Luy^  altn.  riäa  alt- 
schwed.  vrkta  (Schmidt  Voc.  I,  460  ff.). 

ßoXßog  =  altn.  kölfr  (ob.  I,  332). 

■KOQÖvlt],  -Kogvöog  neben  ytoqd^vg  (Fick  ob.  I,  334). 

nvqyog  neben  got.  banrgs  (Fick  ob.  I,  60). 

So  wurde  urspr.  ^ßaqd^vg  —  skt.  jdlhu  zunächst  ßagövg 
(vgl.  ßagdiOTog,  ßaQÖvTSQog)  und  dann  weiter  ßgadig.  Zu  *ßaQ- 
d^vg  aber  kann  der  Comparativus  ßQocaatov  formell  ebensowol 
gehören,  wie  wir  ßdaocov  von  ßad^vg,  AQsloaiov  von  'KQarvg, 
xagtvg  haben.  F.  Fröhde. 


Zur  lehre  von  den  silbenbildenden  consonanten. 

V.  Jagic  hat  zuerst  im  zusammenhange  nachgewiesen,  dass 
den  auf  den  silbenbildenden  consonanten  r  und  l  beruhenden 
altsloveu.  lautgruppen  rü  (n)  und  lü  {U)  im  Htauischen  regel- 
mässig die  lautverbindungen  ir  und  ü  entsprechen  (archiv  f. 
slav.  phil.  IIL  95  ff.;  vgl.  dazu  Fick  im  IV.  bände  dieser  bei- 
trage s.  191  anm.).  Ist  der  litauische  teil  dieser  lautentspre- 
chung  altertümlicher,  als  der  slavische?  Von  Jagic,  Miklo- 
sich  u.  a.  wird  diese  frage  bejaht;  nach  meiner  meinung  muss 


^)  Ein  Beispiel  der  Art  ist  rjifmfoi  „Erdbügel,  Grabhügel"  welches 
ich  mit  altn.  M^i^Erhöhung,  Hügel"  und  lat^J»«*^  „Höcker,  Hügel"  ver- 
binde; die  Vocallänge  in  diesen  erklärt  sich  ei-ahßh.  durch  den  Ausfall 
des  Nasals.  Schmidt's  Vergleichung  von  TVftfSf^mii  lit.  dübe  „Grube, 
Loch,  Grab"  (Voc.  I,  165)  ist  mir  teils  wegen  der  Verschiedenheit  der  Be- 
deutungen teils  deshalb  bedenklich,  weil  sie  jeden  Zusammenhang  des 
Wortes  mit  lat.  tiimnlus  (vgl.  Curtius  Grundz.*  p.  516,  Fick  Wörterb.  H, 
106)  aufhebt.  —  rv/xßog  für  sich  allein  betrachtet,  würde  sich  übrigens 
auch  mit  skl.  ttinga  ,,hoch,  Anhöhe"  identificiren  lassen. 


h 


134  A.  Bezzenberger 

sie  verneint  werden,  denn  wenigstens  zwei  werter  lehren,  dass 
einst  auch  die  baltischen  sprachen  r  und  l  als  silbenbildende 
laute  verwendeten  und  dass  ihre  regelmässigen  reflexe  der  sil- 
benbildenden consonanten  r  und  l  aus  eben  diesen  lauten  ent- 
standen sind.  Das  eine  dieser  beiden  Wörter  ist  lit.  sttrna  ,,reh" 
=  lett.  stirna  —  altslov.  srüna  (nsl.  c.  sr7ia).  Das  baltische 
stirna  unterscheidet  sich  von  dem  entsprechenden  slav.  wort 
wesentlich  durch  sein  t;  die  entstehung  desselben  erklärt  sich 
nur  durch  die  annähme,  dass  stirna  auf  derselben  grundform 
beruhe,  wie  altslov.  srüna,  also  auf  *srnä;  denn  im  lit.  wird  t 
nach  s  nur  eingeschoben,  wenn  diesem  r  unmittelbar  folgt,  und 
die  möglichkeit,  dass  stirna  durch  metathese  des  r  aus  *strina 
und  weiter  aus  *srina  entstanden  sei,  ist  ausgeschlossen  durch 
die  gesetzmässigkeit  der  Vertretung  des  auf  silbenbildendem  r 
beruhenden  altslov.  rü  durch  lit.  ir.  —  Das  zweite  wort,  wel- 
ches ich  im  sinne  habe  ist  lit.  \lgas  „lang"  =  lett.  ilgs  = 
=  preuss.  *ügas,  das,  ausser  von  Leskien  ber.  d.  k.  sächs. 
ges.  d.  w.  1875  s.  136,  wol  allgemein  dem  altslov.  cllüf/ü  gleich- 
gestellt wird.  Aus  *dilgas  oder  *delgas  kann  das  baltische  ilgas 
nicht  entstanden  sein;  seine  lautform  begreift  sich  nur  unter 
der  Voraussetzung,  dass  sein  ursprünglicher  anlaut  einst  mit 
dem  folgenden  l  unmittelbar  zusammentraf,  also  dass  es  auf 
*dlgas  beruht,  wie  altslov.  dlügü  auf  *dlgu  (Miklosich  über 
den  Ursprung  der  worte  von  der  form  aslov.  trut  [Wien  1877] 
s.  37).  Aus  *'dlgas  entstand  *lgaSj  wie  lit.  abecela  aus  poln. 
ahecadlo  (Brückner  litu-slav.  stud.  I.  6ij),  lit.  sölas  —  lett. 
s'ols  aus  *sodlas,  lit.  ^eilüti  aus  *eidliiti  (vf.  zgls.  ss.  91,  117, 
apreuss.  monatsschr.  XV.  288);  aus  Hgas  ging  dann  ügas  her- 
vor. In  diesem  ist  also,  wie  in  stirna,  der  baltische  retiex  eines 
ßilbenbildenden  consonanten  aus  einem  solchen  hervorgegangen. 
Was  von  stirna  und  ilgas  gilt,  dass  muss  consequent  von  allen 
analogen  fällen  behauptet  werden;  es  ist  also  zu  behaupten, 
dass  die  baltischen  lautgruppen  ir,  il,  insofern  sie  den  aslov. 
auf  den  silbenbildenden  consonanten  r,  l  beruhenden  lautgrup- 
pen rü  (ri),  lü  (li)  regelmässig  entsprechen,  durchaus  aus  den 
ßilbenbildenden  consonanten  r,  l  entstanden  sind. 

Den  Silben  bildenden  consonanten  r ,  l  parallel  geht  silben- 
bildendes n;  von  ihm  findet  sich  in  den  lituslavischen  sprachen 
eine  unverkennbare  spur,   und   zwar  in  altslov.  j^zykü  „zunge" 


Zur  lehre  von  den  silbenbildenden  consonanten.  135 

und  preiiss.  infuwis  dass.,  die  zu  lat.  dingim,  lingiia,  got.  tuggö 
gehören.  Jene  Wörter  unterscheiden  sich  von  diesen  durch  den 
mangel  des  anlautenden  dentals.  Sie  stehen  dadurch  auf  einer 
linie  nur  mit  halt,  ilgas  i).  In  diesem  ist,  wie  sich  o.  zeigte, 
der  Verlust  des  anlautenden  d  durch  einen  demselben  früher 
unmittelbar  folgenden  silbenbildenden  consonanten  herbeigeführt; 
demnach  ist  zu  vermuten,  dass  der  in  je^zykü  und  infmvis  er- 
scheinende mangel  durch  die  gleiche  Ursache  verschuldet  sei. 
Diese  Vermutung  erhält  volle  bestätigung.  Denn  da  dmgua  und 
tuggö  genaue  reflexe  einer  europ.  ^dnghä  sind,  da  silbenbilden- 
des n  im  slav.  durch  ^^  in  den  baltischen  sprachen  durch  iti 
vertreten  wird  ^j  —  von  späteren  dialektischen  weiterverwand- 
lungen  dieser  laute  sehe  ich  ab  -  ,  so  steht  der  annähme  ei- 
ner mit  dng^-  beginnenden  grundform  vo  j^zykü  und  infuwis 
nichts  im  wege;  da  ferner  der  schwund  des  ursprünglichen  an- 
lautes  dieser  wörter  durch  eine  bestimmte  lautliche  einwirkung 
herbeigeführt  sein  muss,  aber  keiner  der  in  ihren  überlieferten 
formen  enthaltenen  laute  eine  solche  einwirkung  ausgeübt  ha- 
ben kann,  da  sie  also  in  vorhistorischer  zeit  einen  laut  enthal- 
ten haben  müssen,  der  fähig  war,  jenen  schwund  zu  bewirken, 
und  da  dieser  laut,  wie  der  tatbestand  lehrt,  nur  silbenbilden- 
des n  gewesen  sein  kann,  so  ist  die  annähme  jener  grundform 
geboten.  Sie  büsste  ihr  anlautendes  d  durch  assimilation  des- 
selben an  das  folgende  w  ein  (vgl.  z.  b.  altslov.  bufiq  aus 
*büdn(^) :  dass  diess  nach  der  zeit  der  slavobaltischen  sprachein- 
heit  geschehen  sei,  ist  nicht  zu  beweisen. 

Stirna,  ilgas  und  je^ztjhü,  infuivis  lehren  also,  dass  die  bal- 
tischen sprachen  (bez.  die  baltische  grundsprache)  r,  l  als  sil- 
benbildende laute  kannten  und  dass  in  der  slavobalt.  grund- 
sprache silbenbildendes  n  vorkam.  Aber  diese  wörter  lehren 
noch  etwas  anderes,  nämhch  das,  dass  die  silbenbildenden  con- 
sonanten 7',  l,  n  ganz  dieselben  Wirkungen  ausüben  können, 
welche  sie  da,  wo  sie  keine  silbenbildende  function  haben,  aus- 
zuüben fähig  sind,  dass  es  also  —  worauf  u.  a.  schon  Miklo- 


^)  Ueber  lit.  algä  „lohn"  das  früher  mit  unrecht  zu  altslov.  dlügü 
,,debitiini"  zusammengestellt  wurde,  vgl.  Fröhde  o.  s.  13. 

^)  Vgl.  z.  b.  aslov.  dcv^fü,  lit.  devhitas,  preuss.  newJnts,  (lett.  devifäis) 
und  got.  ninnda,  gr.  svvarog;  aslov.  {pa)m^ti,  lit.  {at)mint\8  und  got.  {(ja)- 
munds,  lat.  mens,  skr.  mati;  aslov.  itnq  und  lat.  nonien,  gr.  ovofia  \x.  b.  \i . 


136  A.  Bezzenberger 

sich  vgl.   gram.  II,   p.  VII  hingewiesen  hat  —   verkehrt  ist, 
jene  schlechthin  als  „vocale"   zu  bezeichnen. 

Wie  in  den  slavobaltischen  sprachen,  so  finden  sich,  me 
mir  scheint,  auch  im  griechischen  einige  tatsachen,  welche  be- 
weisen, dass  hier  einst  an  stelle  der  gewöhnlichen  reflexe  sil- 
benbildender consonanten  diese  consonanten  selbst  standen. 
Ich  erinnere  zunächst  an  den  in  der  bekannten  grabschrift  des 
Arniadas  erscheinenden  acc.  sg.  ßaQvd/nsvov  =  (.taQva^ievov 
(Cauer  del.  n.  23,  Curtius  grdz.^  s.  583,  P'ranz  arch.  ztg. 
Jahrg.  1846  s.  279,  Mommsen  ui.  dial.  s.  35  anm.  48,  Ross 
arch.  aufs.  II.  575,  n.  jahrb.  f.  phil.  u.  pädag.  bd.  6Ü  s.  544). 
Was  zur  erklärung  der  form  ßaQvaf.ievov  bislang  vorgebracht 
ist,  befriedigt  nicht;  zweifellos  wurde  der  in  ihm  vollzogene 
Übergang  von  fx  m  ß  durch  das  folgende  q  bewirkt.  Das  war 
aber  nur  möglich,  wenn  das  q  einst  jenem  (x  unmittelbar  folgte, 
wenn  also  /iiaQvdf.ievov  einst  * (.iqv(x(.ievov  oder  *f.iQavd(iEvov  lau- 
tete. Die  Annahme  der  letzteren  diese  formen  ist  haltlos,  die 
der  ersteren  findet  eine  bestätigung  an  dem  skr.  mrnati;  ich 
führe  demnach  (.laQvä^evov  auf  *f.iQvcci.isvov  zurück,  aus  dem 
gleichmässig  jenes  und  —  vermittelt  durch  '^'ßQvai-iavov  —  ßag- 
vdfuevov  entstehen  konnte.  Nach  meiner  meinung  zeigt  sich 
also  in  ßagvccf-isvor  eine  spur  von  dem  vorkommen  des  silben- 
bildenden r  im  griechischen. 

Jaovg  =  lat.  detisus  kann  den  griechischen  lautgesetzen 
nach  weder  aus  *davavg  noch  aus  ^ösvovg,  sondern  nur  aus 
*dvavg  entstanden  sein.  Diese  form  muss  die  urgriechische 
spräche  noch  nach  der  Zeit  besessen  haben,  in  der  sie  zwischen 
vocalen  stehendes  inlautendes  a  gesetzmässig  beseitigte.  Denn 
wäre  das  silbenbildende  v  von  '■'^■övGvg  schon  vor,  oder  während 
jener  zeit  zu  a  geworden,  so  wäre  jenes  zweifellos  zu  davg  ge- 
worden. 

In  S^gaavg,  -^gdoog,  d^Qaavvio  und  nQCcaov  ist,  wie  in  da- 
avg,  a  zwischen  vocalen  bewahrt,  deren  erster  aus  einem  sil- 
benbildenden consonanten  erwachsen  ist.  Es  liegt  nahe,  auch 
hier  die  bewahrung  des  a  als  zeugniss  dafür  zu  benutzen,  dass 
der  silbenbildende  consonant  einst  selbst  an  stelle  seines  reflexes 
stand,  und  Tigäanv  =  lat.  porrum  darf  allerdings  zum  beweise 
dafür  angeführt  werden,  da  ein  *7idQonv  neben  ihm  nicht  über- 
liefert ist;  ^gaavg,  •d^gäoog^  d^Qaovvia  dagegen  haben  dafür  keine 


Zur  lehre  von  den  silbenbildenden  consonanten.  137 

rechte  beweiskraft,  da  neben  ihnen  d^uQOvg,  d-agoog,  d^aqovvo) 
vorkommen  und  hiernach  demjenigen,  welcher  das  vorkommen 
eines  silbenbildenden  r  im  griechischen  bezweifelt,  die  möglich- 
keit  concedirt  werden  muss,  dass  die  in  jenen  enthaltene  silbe 
d^qao-  nicht  direct  aus  d^QO-,  sondern  aus  d^aga-  entstanden  ist. 
Endlich  noch  eins!  Miklosich  nimmt  an,  dass  z.  b.  skr. 
mrti  einst  wie  das  serb.  mrti  gelautet  habe.  Ist  diese  ansieht, 
die  sichtlich  immer  weiteres  terrain  gewinnt,  richtig,  so  muss 
behauptet  werden,  dass  das  silbenbildende  r  im  altindischen 
eine  von  dem  nicht-silbenbildenden  r  verschiedene  ausspräche 
schon  vor  der  zeit  annahm,  in  welcher  sich  die  auf  die  behand- 
lung  des  auslautenden  visarga  bezüglichen  regeln  entwickelten, 
denn  ohne  diese  annähme  ist  ein  wort  wie  nirrti  —  da  die  un- 
mittelbare folge  zweier  r  im  altindischen  verboten  ist  —  durch- 
aus unverständhch. .  Vielleicht  ist  aber  anzunehmen,  dass  sil- 
benbildendes r  und  ebenso  silbenbildendes  l  und  n  von  den  r, 
l,  n,  welche  nicht  silbenbildende  function  haben,  in  der  aus- 
spräche überhaupt  verschieden  seien.  Darauf  hin  weist  manches, 
wie  z.  b.  der  umstand,  dass  man  im  altslov.  dlügü  findet,  wäh- 
rend hier  doch  d  sonst  vor  l  eingebüsst  wird;  aber  es  wäre 
verfehlt,  deshalb  die  silbenbildenden  consonannten  als  „vocale" 
zu  bezeichnen;  denn  sie  können  consonantisch  wirken:  diess 
nachzuweisen  und  zugleich  einige  directe  spuren  des  Vorkom- 
mens silbenbildender  consonanten  in  den  slavobaltischen  spra- 
chen und  im  griechischen  nachzuweisen,  war  der  zweck  dieser 
Zeilen.  Ädalhert  Bezzenherger. 


Arisch. 


In  meiner  Schrift  'Die  Nominalsuffixe  a  und  ä  in  den  ger- 
manischen Sprachen'  habe  ich  mich  Scherer  darin  angeschlos- 
sen, dass  ich  sämmtliche  Glieder  unseres  Sprachstammes  unter 
dem  Namen  'arisch'  zusammenfasste ,  und  die  asiatischen  Ver- 
wandten Ostarier  nannte,  die  europäischen  Stämme  Westarier. 
Seite  5  bemerkte  ich  noch,  um  Missverständnissen  über  meine 
Absicht  vorzubeugen:  'Ich  bediene  mich  des  Ausdrucks  arisch 
statt  indogermanisch  oder  indoeuropäisch,  ohne  jedoch  damit 
sagen  zu  wollen,    er  sei  richtiger  als  jene;   kürzer  und  beque- 


138  H.  Zimmer 

mer  ist  er  jedenfalls',  womit  ich,  ohne  dass  ich  es  damals 
merkte,  nur  einen  Gedanken  M.  Müllers  aus  seiner  Strassbur- 
ger  Antrittsvorlesung  'Ueber  die  Resultate  der  Sprachwissen- 
schaft' wiederholte  (ibid.  S.  11).  Alsbald  wurde  mir  folgende 
Abfertigung  zu  Theil ;  Beiträge  zur  Geschichte  d.  deutschen  Spr. 
III,  6  schrieb  Herr  Dr.  Osthoff,  die  Gelegenheit  an  den  Haa- 
ren herbeiziehend,  mit  der  ihm  eigenen  Breite :  'Man  mag  über 
die  treffendste  Bezeichnung  der  Sprachen  unseres  Stammes  den- 
ken wie  man  will.  Jedenfalls  aber,  wenn  man  so  darüber 
denkt  wie  Zimmer,  der  erklärt  Seite  5  Anm. :  'er  bediene  sich 
etc.  s.  0.:  unstreitig  ist  dann  der  Gebrauch  des  Terminus 
'arisch'  für  eine  nicht  zu  billigende  Laune  zu  halten.  Es  klingt 
ungefähr  gerade  so,  als  wollte  Jemand  anstatt  'germanische 
Sprachen'  den  Ausdruck  'teutonisch'  in  Vorschlag  bringen,  nicht 
desshalb  etwa,  weil  dieser  richtiger  sei  als  jener,  sondern  weil 
er  hübscher  laute.  Nach  einer  einheitlichen  Terminologie  in 
der  Benennung  unseres  Sprachstammes  muss  nachgerade  doch 
gestrebt  werden  i)  und  da  haben  von  allen  Benennungen,  objec- 
tiv  geurtheilt,  doch  nur  entweder  'indogermanisch'  oder  'indo- 
europäisch' Aussicht  auf  Dauer.  Wem  'indogermanisch'  zu  lang 
ist,  der  kann  ja,  namentlich  in  einem  Druckwerke  Abkürzun- 
gen gebrauchen:  'indog.'  oder  gar  'idg.'.  Eines  hat  bloss  Herr 
Dr.  Osthoff  vergessen :  zu  bemerken,  wie  man  in  einem  'Sprech- 
werke' sich  helfen  soll.  Habe  ich  denn  in  'hübscher  Laune' 
den  Ausdruck  in  Vorschlag  gebracht?  habe  ich  nicht  vielmehr 
denselben  im  Anschluss  an  eines  der  bedeutendsten  sprachwis- 
senschaftlichen Werke  der  letzten  25  Jahre  verwendet?  Und 
was  nun  die  'objective'  Beurtheilung  der  Aussicht  auf  Dauer 
anlangt,  so  scheint  mir  die  nicht  zu  Ungunsten  von  'arisch' 
auszufallen.  Abgesehen  davon,  dass  in  Deutschland  sonst  schon 
vielfach  in  Schrift  (vgl.  Max  Müllers  Werke)  und  Wort  der 
Ausdruck  'arisch'  in  dem  von  mir  verwendeten  Sinne  gebraucht 
wird  2),  hat  Herr  Dr.  Osthoff  vielleicht  einmal  in  die  neuere 
sprachwissenschaftliche  Litteratur  Englands  geschaut?    Hier  be- 


*)  Dies  erinnert  sehr  an  die  pathetische  Aufforderung  Holtzmanns, 
Germania  IV,  1. 

*]  Auch  mein  Lehrer  R.  Roth  spricht  es  alljährlich  in  seinen 
von  Hunderten  von  Zuhörern  besuchten  Vorlesungen  über  allgemeine  Re- 
ligionsgcschichte  aus,  dass  die  Verwendung  des  Wortes  'Arier'  für  'Indo- 
germanen'  kein  Fehler  sei;   vgl.  auch  ZDMG.  VI,  fi7  Ü". 


Arisch.  139 

dürfte  er  sicherlich  der  Leuchte  des  Diogenes,  um  ein  'indog.', 
*idg.'  anzutreffen.  Und  wenn  er  Kenntniss  nimmt  von  den  Ar- 
beiten französ.,  italien.  und  slav.  Gelehrten,  so  wird  er  'arisch' 
vielfach  unbeanstandet  für  die  ihm  lieberen  Bezeichnungen  fin- 
den. Doch  ich  habe  es  schon  längst  aufgegeben,  mich  über 
obige  Worte  zu  wundern;  hat  doch  Herr  Professor  Dr.  Osthoff 
seit  dem  keinen  Bogen  seiner  'Druckwerke'  erscheinen  lassen, 
in  dem  er  nicht,  zum  Mindesten  in  einer  Anmerkung,  mich  als 
einen  Menschen  darzustellen  sucht,  dem  'der  Sinn  für  verschro- 
bene Constructionen'  in  höherem  Grade  eigen  ist  als  anderen 
Sterblichen,  und  dies  Alles,  weil  ich  einmal  den  Muth  hatte 
zu  zeigen  und  es  auszusprechen,  dass  eines  der  'Druckwerke' 
des  Herrn  Prof.  Dr.  Osthoff  das  Verdienst  hat,  'eine  der  deut- 
schen Grammatik  eigenthüm liehe  Erscheinung  wieder  zur  Dis- 
cussion  gebracht  zu  haben,  dass  es  eine  Reihe  von  Fragen  in 
einem  etwas  anderen  Lichte  erscheinen  lässt  als  sie  gewöhnlich 
aufgefasst  wurden,  überhaupt  die  Lösung  des  Problems  auf  dem 
auch  meines  Erachtens  einzig  möglichen  Wege  erstrebt,  aber 
nicht  eine  nach  allen  Seiten  hin  genügende,  irgendwie  abschlie- 
ssende Beantwortung  der  Frage  im  Entferntesten  gewährt'.  — 

Ganz  anderer  Art  als  die  Einwürfe  des  Herrn  Dr.  Osthoff 
sind  die  Einwände  die  ein  anderer  Kritiker  der  obengenannten 
Schrift  mir  gemacht  hat,  A.  Bezzenberger ,  Gott.  gel.  Anz. 
1876,  Seite  1566.  Anm.:  'Der  Herr  Verfasser  gebraucht  den 
völlig  fehlerhaften  Ausdruck  'arisch'  statt  'indogermanisch' 
und  motiviert  das  durch  die  Bemerkung,  jener  sei  kürzer  und 
bequemer  als  dieser.  Was  würde  er  sagen,  wenn  ein  moderner 
Sprachforscher  z.  B.  die  kurzen  und  bequemen  Ausdrücke  'hart' 
und  'weich'  statt  'tonlos'  und  'tönend'  brauchte'  ?  Im  Folgen- 
den will  ich  es  versuchen,  ihn  zu  überzeugen,  dass  der  Aus- 
druck 'arisch'  nicht  nur  nicht  'fehlerhaft'  ist  für  sämmtliche 
Glieder  unseres  Sprachstammes,  sondern  sogar  'richtiger'  als 
'indogermanisch',  dass  die  Angehörigen  des  Urvolkes  sich  'arya' 
nannten  in  der  Zeit  ihrer  Gemeinsamkeit  als  es  noch  keine 
Inder  und  Germanen  gab. 

Das  Wort  arija  kommt  auch  bei  europäischen  Gliedern 
unseres  Sprachstammes  vor  und  zwar  bei  den  Kelten,  den  am 
weitesten  nach  Westen  vorgeschobenen.  Es  liegt  im  Altir. 
mehrfach  Ableitungen  unzweifelhaft  zu  Grunde.  Zuerst  dem 
Namen    des  Landes,    das   diese    westlichsten    der  Keltenstämme 


140  H.  Zimmer 

bewohnen.  Dies  hat  Pictet  schon  längst  erkannt  in  seinem 
Aufsatz  'Iren  und  Arier'  Beitr.  f.  vergl.  Spr,  I,  81  ff.  (vgl.  Pott, 
etym.  Forsch,  erste  Aufl.  II,  87),  nur  dass  er  zu  viel  bewei- 
sen wollte  und  dadurch  bewirkte,  dass  man  das  Kind  mit  dem 
Bade  ausschüttete. 

Als  Name  der  'grünen  Insel'  begegnet  uns  bei  Ptolemaeus 
lovEQvia,  Aristoteles  ^legvrj  für  *^If€Qvrj;  ferner  kommt  bei  Ptol. 
^IovIqvlol  vor  als  Name  eines  Volkes  in  Irland,  ^Iovsqvlq  als  eine 
Stadt  daselbst;  Cäsar  hat  Bell.  Gall.  V,  13,  2  Hibernia,  ebenso 
Tacitus,  Ann.  XII,  35.  Agric.  24;  spätere  Schriftsteller,  näher 
an  die  Form  des  Ptolem.  herantretend,  bieten  Juverna  (Mela 
de  Chorogr.  III,  6,  53  Müllenhoff,  Germania  antiqua  p.  85, 
vgl.  Juven.  II,  160)  oder  Jerne  (Glaud.  Land.  Stil.  2,  251);  in 
Vita  Columbae  III,  21  steht  'in  tua  everniU  patria'  (Stokes, 
Three  Ir.  Glossaries  p.  LXIII  Anm.),  im  Book  of  Armagh  ei- 
ner Dubliner  Handschrift  aus  dem  Anfang  des  neunten  Jahr- 
hunderts (Stokes,  Goid.2  83):  'Et  ibi  scilicet  in  sinu  noctis 
virum  venientem  quasi  ex  Hihernione  cui  nomen  victoricus,  cum 
sepistolis  innumerabilibus  vidi,  et  dedit  mihi  unam  ex  his  et 
legi  principium  epistolse  continentem  vox  Hyhernionacum'  (Sto- 
kes, Three  Ir.  Gloss.  p.  LXIII,  Anm.;  Gramm.  Celt.2  776).  Im 
Mittelkymr.  haben  wir  ewyrdonic  hibernicus  (Mab.  2,  386. 
Gramm.  Celt.2  850),  neukymr.  i^t  Iwerddon  {i)  Ireland  (Iwer- 
ddoneg  the  irisch  tongue,  kverddonig  relating  to  Ireland  (Owen, 
Diction.).  Als  älteste  einheimische  Benennung  lernen  wir  ken- 
nen Nom.  Sg.  Eriu  (Cormac's  gl.  s.  Elg.),  Genet.  Brenn,  Herenn 
Fiaccs  Hymn.  13.  19.  41.  52.  61,  Colm.  Hymn.  46.  48.  u.  s.), 
Dat.  Erinn  (F.  H.  15),  Eirinn  (Cormac  s.  airber),  Accus.  Erinn 
(Cormac)  Gramm.  Celt.^  265  ff.  Jetzt  heisst  das  Land  im  Gäl. 
Eirinn  (Armstrong  Diction. ;  vgl.  'Tachair  Eirinn  ri  Suaran  nan 
long^  es  trifft  zusammen  Eirinn  (d.  h.  triath  Eirinn,  näml.  Cu- 
chuUin)  mit  Suaran  dem  Helden  der  Schiffe'  Fionnghal  I,  483), 
ebenso  nach  O'Brien  (Irisch-engl.  Dict.)  neuir.  'Eirin,  rather 
erin'  während  O'Reilly,  Diction.  Eirinn  als  einen  obliquen  Ca- 
sus zu  Eire  'Ireland'  bezeichnet;  dies  wird,  wie  sicher  das 
ältere,  so  auch  das  richtigere  sein,  denn  auch  O'Donovan,  Ir. 
Gramm.  Seite  106  gibt  Nom:  Eire,  Genet.  Eireann. 

Die  Deutungen  Pictets  und  anderer,  die  noch  näher  er- 
wähnt w^erden  sollen,  giengen  von  dem  Bestreben  aus,  diese 
Namen    unter   einen   Hut   zu    bringen.       Pictet   zerlegt    daher 


Arisch.  141 

'lovEQvia ,  Hihernia  (das  h  der  klassischen  Schriftsteller  ist  im 
Anlaut  der  keltischen  Wörter  unursprünglich  wie  in  germ. 
Herminones,  Hermunduri  Gramm.  Celt.^  4G)  in  '/ot-,  Ih-  und 
-EQvia,  ernia;  letzteres  Wort  setzt  er  dem  irischen  Erm,  Erenn 
gleich,  '/of-,  ib-  soll  sein  neuir.  ihh  land,  tribe  of  people 
(O'Reilly),  skrt.  ibJia  Gesinde,  Hauswesen,  Familie:  "^Ibh- enia 
also  'das  Land  der  Ernen  oder  Iren'.  Hierbei  hat  ihm  nun 
O'Reilly  —  auch  O'Brien  hat  dasselbe  —  einen  schlimmen 
Streich  gespielt;  ihh  ist  wie  Stokes,  Ir.  Gloss,  S  67  Note  zeigt, 
kein  Wort  in  der  lebendigen  Sprache,  sondern  nur  der  Dat. 
Plur.  von  o  oder  ua  Neffe,  Abkömmling  (altir.  Nom,  aue,  Dat. 
Plur.  auib  Gr.  C.a  33.  56.  229.  260.  640  u.  ö.)  und  aus  Ver- 
bindungen wie  ^mac  ind  fhirdana  da  ihh  Birnn'  d.  h.  'der  Sohn 
des  Dichters  aus  dem  Geschlecht  (wörtl.  den  Nachkommen)  des 
B.'  von  O'Reilly  wie  vieles  ähnliche  gefolgert;  so  steht  z.  B. 
Lib.  Armagh  18  a  2  (Goidel.  p.  86)  der  Acc.  Plur.  'la  auu 
ce7iselich\  beim  'Geschlecht  (den  Nachkommen)  des  Censelach'. 
Ein  anderer  Versuch  die  verschiedenen  Formen  zu  vereini- 
gen, wird  von  Stokes,  Irisch  Gl,  p.  67  mitgetheilt.  Als  ihren 
Urheber  dürfen  wir,  obwohl  er  nicht  genannt  wird,  den  verstor- 
benen Dr.  Siegfried  betrachten.  Es  heisst  daselbst:  ^Herinn, 
which  certainly  is  a  stem  in  nn,  iver-inn  being  the  base  in 
the  nom.,  gen.  and  dat.,  iver  -ann  in  the  acc,  represents  a 
petrified  avarasma  (cf.  skr.  avara  posterion,  western,  declined 
with  the  pronominal  -sma,  Ir.  iar  after,  aniar  in  the  west). 
By  weakening  the  vowels,  dropping  the  final  a,  and  changing 
m  into  n  (cf.  sni  ,-sfiiQ^  ex  asmi)  we  obtain  ivarisn.  From  iva- 
risn  herimi  may  have  arisen,  by  the  assimilation  of  the  8  (cf. 
immunn  =  skrt.  abhyasmän  =  nhd.  um  uns)  the  passage  of 
V  into  a  spiritus  asper,  the  shifting  of  bis  breathing,  and  the 
drawing  together  of  the  i-a  thus  produced  (cf.  erthuaiscertach 
gl.  euro  aquilo,  Book  of  Armagh  188,  b.  2  =  iarthuaiscerd- 
dach  gl.  etesiarum  Z,  777):  — 

Nom.  Sg.  herinn  =  hiarinn  =  iharinn  r=  ivarinn 
G.  herenn  —  hiarinn-as  —  ivarinn-as 
D.  and  Locativ  herinn  =  hiarinn-i  =  ivarinn-i 
A.  herenn  =  hiarenn-en  (-in?)  ==  ivarannen  (-in?)'. 
Stokes  selbst  nennt  1.  c.  S.  159    diese  Theorie  'extremely  inge- 
nious',   zieht  es  aber   mit  Recht  vor,  nicht  daran  zu  glauben. 
Für  ihn   steht  blos  fest   'that  Herinn   is  nothing   but   Ivernya^ 


142  H.  Zimmer 

the  V  having  passed  iiito  spiritus  asper,  which  has  then  shifted, 
the  e  standig  for  i,  the  nn  for  ni/,  as  in  the  Prakrit  anna  from 
skrt.  anya,  the  0.  Ir.  moirchenn,  from  morticinium'.  Three  Ir. 
gloss.  p.  LXIII,  wo  er  den  alten  Nom.  Eriu  kannte,  nimmt  er 
nun  als  Grundform  Everio  oder  Iverio  an  und  hierin  ist  ihm 
neuerdings  Rhys,  Revue  Celt.  II.  115  ff.  gefolgt.  Rhys  zeigt 
daselbst  schön,  dass  im  Kymr.  vielfach  wie  im  Got  (tvaddje, 
daddjan)  dem  y  ein  d  vorgeschlagen  wird,  also  nkymr.  rhydd 
(free,  liberal)  gleich  got  freis,  skrt.  priya,  nkymr.  trydydd  (ter- 
tius)  gleich  skrt.  trtiya  ist;  ebenso  erklärt  er  Iwerddon  als  ob- 
liquen Casus  (Acc.)  eines  alten  Iverjo- ,  Everjo- ,  das  Stokes  an 
dem  letztgenannten  Orte  annimmt. 

Mit  der  Erklärung  von  kymr.  etverddonic,  Iwerddon  wird 
es  wohl  seine  Richtigkeit  haben;  aber  ich  kann  mich  nicht  da- 
zu entschliessen ,  die  einheimische  Form  des  Namens  Eriu  (Ge- 
netiv Erenn)  hieraus  abzuleiten.  Hiergegen  protestiert  die  laut- 
liche Gestalt  des  Namens.  Aus  einem  alten  ^Everjo-,  Iverjo- 
hätte  nur  lerjo-  werden  können  und  weiter  nichts.  Wenn  ein 
altes  Everjo-  von  avara-  abgeleitet,  also  'Westland',  wie  Stokes, 
Three  Ir.  gl.  pag.  LXIII.  vermuthet,  zu  Grunde  läge,  so  zeigt 
das  Irische  sonnenklar  was  daraus  entstanden  wäre:  iar  (pos- 
terior, occidens)  in  aniar  (in,  ab  occidente)  Gramm.  C.^  57. 
iar-{n)  (d.  i.  altes  *avaram)  post,  iarum  postea,  iarthar  We- 
sten. Wenn  der  Urheber  der  oben  dargelegten  Theorie  Irisch 
gl.  S.  G7  als  Beleg  für  Zusammenziehung  von  ia  in  e  anführt 
erthuahcertach  gl.  euroaquilo  (Lib.  Ardm.  188  b.  2)  gleich  iar- 
thuaiscerddaeh  gl.  etesiarum  Gramm.  0.^810,  so  ist  er  in  offen- 
barem Irrthum.  Tuascert  bedeutet  nordwärts  (Gramm.  C.^  612. 
F.  Ad.  30.  Goid.  13.)  wie  tuaith  (Gr.  C.^  243.  612.  504.  Goid. 
78),  in  erthuaiscertach  'nordöstlich'  ist  er  gleich  air  Osten 
(vgl.  anairtiiäid  inter  orientem  et  septentrionera)  wie  z.  B,  die 
gall.  Partikel  are-  (Are-morica,  Are-late)  im  Altir.  sowol  als 
air-  wie  er-  erscheint:  airegem  (quaerimonia),  eregim  (idem), 
erigmea  (quserellas)  u.  s.  f.  Gramm.  Celt.^  868.  Da  nun  iar  nur 
die  westliche  Richtung  bezeichnet,  so  kann  iarthuaiscerddach 
(gl.  etesiarum,  flatu)  nur  meinen,  wie  Ebel,  Gr.  C*  612  Anm. 
richtig  sieht,  'ventorum  fiantium  inter  occasum  et  septentrio- 
nem'. 

Ein  Beispiel  für  Zusammenziehung  eines  ia,  das  nach  Aus- 
fall  trennender   Consenanten    (s,  v,  p)    entstanden   ist,    könnte 


Arisch.  143 

ich  anführen:  Aus  altem  *aisarna-  gleich  got.  eisarn  ist  in 
den  keltischen  Sprachen  lautgesetzlich  geworden  altir.  iarn 
(ferrum),  iarnach  ferreus,  ianuüde  (id.),  altk.  mttelk.  hat/am, 
nkymr.  haiarn,  liaearn,  kornisch  heirnior  (ferrarius),  arem. 
hoiani  (Gr.  C.»  52.  104.  lOG.  123.  778.  Goid.  77.  F.  A.  130). 
Sanctäns  Hymnus  14  (Goidel.  pag.  147)  lesen  wir  aber:  ^Äin- 
siunn  crist  arcechnernbas  arthein  arthretan  torhas'  'Es  beschütze 
uns  Christus  vor  jedem  Tod  durchs  Eisen  (ernbas),  vor  Feuer, 
vor  dem  brausenden  Meer'.  Der  Glossator  hat  zu  arcechnern- 
bas richtig  arcechniarnbas  und  das  Metrum  erweist  die  Einsil- 
bigkeit. Ebenso  heisst  es  in  einer  von  Hennessy  in  seinem 
schönen  Aufsatz  'The  ancient  Godess  of  War'  mitgetheilten 
Strophe  aus  dem  Book    of  Leinster  5,  b,  2: 

Badb   is  Macha  met  indbäis  Morrigan  fotla  felbdis 
Ind  lema  ind  äga  ernbais  ingena  ana  Ernmais. 

*Badb  and  Macha,  rieh  the  störe,  Morrigan  who  dispenses 
confusion  Compassers  of  death  by  the  sword,  noble  daughters 
of  Ernmas'  Revue  Gelt.  I,  37.  Will  nun  wirklich  Jemand  aus 
diesen  Stellen,  in  denen  ein  altir.  Heiliger  und  ein  Barde  von 
den  Musen  bedrängt  iarn  im  Compositum  zu  ern  zusam- 
menziehen, während  das  Wort  sonst  überall  bis  ins  Neuirische 
und  Gälische  iarn  iaran  heisst,  die  Berechtigung  herleiten,  das 
alte  Eriu,  Erinn,  das  nur  so  und  nicht  anders  erscheint,  aus 
lerin,  lerinn  erklären  zu  dürfen? 

Liegt  denn  irgend  ein  histor.  Grund  vor,  aus  dem  man  Iwerd- 
don  ^lovEQVLa  und  Eriu  (Erenn)  absolut  zusammenbringen  will? 
Im  Gegentheil.  Wir  wissen,  dass  die  Iren  in  alter  Zeit  ver- 
schiedene Namen  hatten :  clan  na  Scot ,  clan  na  Fened  (filii 
Scotorum,  filii  Venedorum,  cf.  kymr.  Gwynedd),  do  thuataib 
Fene  (popularibus  Feniorum)  predigt  Patrik  (Fiaccs  Hymn.  40, 
Gramm.  Celt.^  IX,  Anm.),  ferner  der  heutige  gaoidheal,  über  des- 
sen Vorkommen  in  den  altern  Texten  Gr.  C.  1.  c.  gehandelt 
wird.  Sodann  ist  zu  beachten,  dass  wenn  ^lovegvia,  Ilibernia, 
Jiwerna  zu  kymr.  Iwerddon  zum  Theil  stimmt,  dies  darin  seinen 
Grund  haben  kann,  dass  Griechen  und  Römer  die  ersten  Nachrich- 
ten über  Irland  von  den  Britanni  oder  gar  von  den  festländischen 
Stammesgenossen  derselben,  den  GalUern,  bekamen.  Bezeichnete 
nun  Iwerddon,  ^loveqvia  'Westland',  wie  Stokes  annimmt,  so 
liegt  auf  der  Hand,  dass  die  Iren  sich  so  nicht  selbst  nannten, 
ebenso  wenig   wie   die  alten  Deutschen    sich  Germani  nannten; 


144  H.  Zimmer 

es  ist  dann  ein  Name,  den  die  Britannischen  Stämme  ihren 
noch  weiter  als  sie  westwärts  gezogenen  Angehörigen  gaben; 
wie  ja  die  Iren  selbst  ein  Tuailwiht'miha  (woher  engl.  Thomond) 
und  Deasmhihnha  unterschieden  und  die  Bewohner  letzterer 
Gegend  einfach  dhi  (dextri,  meridionales)  nannten  Gr.  Celt.^ 
57.  Anni.;  vgl.  Sanas  Chormaic  s.  airber.  Hierzu  würde  vor- 
trefflich passen,  dass  bei  den  Nordgermanen,  die  wie  die  irische 
Heldensage  erweist,^  schon  frühe  in  Irland  gefürchtete  Gäste 
waren,  das  Volk  Irar  heisst;  sie  lernten  eben  kennen,  wie  sich 
das  Volk  selbst  nannte;  ebenso  ags.  Ira,  Ire. 

Und  dazu  kommt  noch  ein  durchschlagender  Grund  aus 
der  einheimischen  Ueberlieferung.  Man  mag  über  die  Versuche 
der  beiden  grossen  irischen  Geschichtswerke  —  der  'Annais  of 
the  four  masters'  und  Geoffrey  Keatings  History  —  und  der 
vielen  andern  analistischen  Werke,  die  Geschichte  Irlands  bis 
zur  Sündfluth  hinaufzuführen,  urtheilen  wie  man  will',  so  viel 
steht  fest,  dass  in  den  zahlreichen  Genealogien  der  Hauptfami- 
lien Irlands,  die  bis  auf  Noah  zurückgeführt  werden,  nie  oder 
höchst  selten  gemachte  Namen  vorkommen.  Entweder  sind  es 
solche  Gebilde  wie  gr,  ^wXog  etc.,  also  post  festum  aus  Völ- 
kernamen etc.  erschlossen  —  so  führt  die  Mutter  der  gleich  zu 
nennenden  Brüder  den  Namen  Scota  —  oder  es  sind  echte 
wirkliche  Namen,  wie  sie  noch  heute  überall  in  Irland  sich  fin- 
den. Es  ist  nun  fast  einstimmige  Ueberlieferung  der  mittelir. 
Annalisten,  dass  der  grösste  Theil  der  irischen  Familien  abstamme 
do  mhaccaibh  Mileadh  (von  den  Söhnen  Milidh's):  do  chloind 
Ir  acus  do  chloind  Ebhir  acus  do  chloind  Eremhoin  (dem  Ge- 
schlecht des  Ir,  des  Ehher  und  des  Eremhon).  Von  Ir  sollen 
herkommen  die  Familien  von  Uladh;  von  Ehher  die  Familien 
des  Süden  von  Irland  wie  O'Brien,  Mac  Carthy  u.  s.  w.  i);  von 
Eremhon  die  grossen  Geschlechter  von  Connacht  und  Leinster, 
als  da  sind  O'Conor,  Mac  Murroch  etc.  (O'Curry,  Lectures  147 
— 157.  194.  207.  447  ff.).  Eremhon  ist  lautlich  gleich  dem 
Ariommms  lliati  fil.  Boius  Grut.  670,  3  (Gramm.  Celt.^  773) 
und   von  Ario-  ebenso   abgeleitet,    wie  Ceuo-mani,   Viro-manus, 


*)  'Oir  as  do  shiol  Eimhir  Meicc  Mileadh  gheinsiot  30  Righ  do  rioghaib 
Ereann  agus  61  do  naomhaibh'  'Denn  du  bist  vom  Geschlecht  des  Ebhir  des 
Sohnes  des  Milcad,  von  dem  abstammten  30  Könige  Irlands  und  61  Hei- 
lige', sagt.  O'CIery  in  seiner  Dedication  der  Annals  of  the   four  Masters. 


Arisch.  145 

Ger-mani  etc.     Wichtig  ist,    dass   neben   Ir   der   mehr  hervor- 
tretende Bruder  Ehher  {Ewer  gesprochen)  erscheint. 

Zwei  Möglichkeiten  liegen  hier  vor:  Entweder  ist  Ebher 
nur  aus  einer  alten  Bezeichnung  des  Landes  geschlossen,  was 
ich  wegen  der  im  "Verlaufe  zu  entwickelnden  Gründe  für  ganz 
unwahrscheinlich  halte  —  oder  es  ist  ein  alter  Name  des  Vol- 
kes der  Iren  von  dem  Hibernia ,  lovtQvia,  Iiverddon  abgeleitet 
sind.  In  diesem  Falle  ist  ou,  kymr.  iv  und  das  v  in  der  Vita 
Columbae :  evernili  nur  Bezeichnung  der  Infectio  mollis  des  iri- 
schen h  !)_,  die,  wie  sich  erweisen  lässt,  schon  in  den  ältesten 
irischen  Glossen  vorhanden  ist.  Ich  will  hier  nur  darauf  hin- 
weisen, dass  in  Folge  der  'Infectio  mollis'  der  Name  Eher  in 
einem  unserer  ältesten  irischen  Texte  in  einer  Form  vorliegt, 
die  sein  Incognito  bis  jetzt  gewahrt  hat.  Fiaccs  Hymnus  37 
heisst  es: 

'Meicc  Emir  meicc  Erimon  lotar  huili  la  cisaV 
was  Stokes  übersetzt  'Emers  sons,  Eremon's  sons,  all  went  to 
Hell'.  Meicc  Emir  meicc  Erimon  ist  eine  Bezeichnung  sämmtlicher 
Iren  an  unserer  Stelle  und  ist  völlig  gleich  'cland  Ebhir  acus 
cland  Eremhoin'  (oben).  Es  steht  also,  da  durch  die  Infectio 
mollis  sowohl  h  (bh)  als  m  (?nh)  in  den  Laut  to  zusammenfal- 
len ,  hier  Emir  d.  h.  Emhir  geschrieben  für  Ebir  d.  h.  Ebhir  ^). 
Erimon  in  der  Verbindung   'meicc  Erimon'  kann   nur  Genetiv 


^)  Wäre  das  kymr.  Wort  nicht  Wiedergabe  eines  ir.  Ebher-,  aus 
Eber-  entstanden,  sondern  selbständige  Entwickelung  aus  altem  Eber-,  so 
raüsste  es  daselbst  lauten  I/erddon,  eferddonic  statt  Iwerddon. 

^)  Der  umgekehrte  Vorgang,  dass  in  Folge  des  Zusammenfalls  der 
Laute  b  und  m  in  gewissen  Stellungen  in  dem  Laute  w  (neuir.  bh,  inh 
geschrieben)  nun  auch  b  an  Stelle  eines  ursprünglichen  m  geschrieben 
wird,  liegt  in  demselben  Fiaccs  Hymnus  Vers  8  vor: 

Forruih  a  chois  forsindleicc  'er  (seil.  Patrik)  setzte  seinen  Fuss  auf 
den  Stein'.  Forriiib  ist  glaich  forruim  posuit  (Book  of  Arm.  18  b.  1); 
forriiimtis  sie  mögen  bauen  (ibid.),  fuirvii  ponit,  diarofuirmed  als  ge- 
setzt wurde,  foruirim  posuit  (Goid.  32)  lit.  remiü,  remti  stützen  dem 
Causativ  von  rimü,  rhnti  ruhen  (Zeitschr.  für.  vgl.  Sprachf.  24,  212). 
Fernerhin  hat  derselbe  Liber  Hymnorum  in  der  Vorrede  zu  L'ltans 
Hymnus  (Goid.  134)  in  corromarbtais  iarnabaruch  'dass  sie  getödtet  wür- 
den am  andern  Morgen'  iartmbarach  für  iarnamharach;  vergl.  neuir. 
tnärach  adv.  to  morrow,  air  na  7nhdrach,  ara  mhärach  on  the  next  day. 
Auch  in  der  Vorrede  zu  ^Martine  te  deprecor'  steht:  Venu  tra  Oengua 
dochnm  dale  arrabarach  'Es  kam  Oongus  am  andern  Morgen  zur  Ver- 
sammlung'. 

Beiträge  E.  Kunde  d.  ig.  .Sprachon.  III.  ja 


146  H.  Zimmer 

Sgl.  eines  masculinen  an-stammes  sein,  wie  er  aujch  Gramm. 
Celt.2  264  aufgefasst  wird,  und  nach  Analogie  yon  ibrithemqn  :  _ 
hrithem  ist  der  Nom.  Sg.  als  Erem  oder  Airem  zu  erschliessen, 
was  einem  alten  Äryaman  Laut  für  Laut  entspricht.  Es  findet 
sich  denn  auch  der  Nom.  öfters,  so  bei  O'Curry,  Lectures  54 
aus  den  Annalen  Flann  Mainistrech's  (f  1056)  ein  Eochaidh 
Airemh,  der  zu  Augustus  Zeit  in  Irland  geherrscht  haben  soll. 
Mittelirisch  Erimhon  ist  dann  entweder  entstanden  wie  der  No- 
minativ Erinn  für  altes  EriUj  durch  Eindringen  des  n  aus  den 
obliquen  Casus,  oder  es  ist  eine  alte  Weiterbildung  und  ent- 
spricht wie  oben  vermuthet  dem  Ariomanus  Bolus.  ^)  ^ 
Wir  lernen  alsolEbher  als  Stammvater  der  Iren  (neben! 
Airemh)  kennen  aus  einem"  allen  Hymnus,  cTen  die  Tradition- 
des  XL  Jahrh.  Fiacc  von  Sleibte,  dem  Schüler  Patricks  zu-  ' 
schreibt,  also  um  500  p.  Chr.  entstehen  lässt,  und  der  sicher- 
lich nicht  jünger  als  der  Anfang  des  8.  Jahrhunderts  sein  kann 
wegen  der  Bezüge  auf  Tara,  wie  schon  Leo,  Commentatio  de 
carmine  vetusto  Hibernico  pag.  5  erkannte.  Iberi,  Hiberi  tref- 
fen wir  auch  zu  Mithridates  Zeiten  in  Vorder-Asien,  sie  hal- 
ten sich  selbst  für  Nachkommen  der  Thessaler  (Tacitus,  Annal. 
VI,  40;  vgl.  XII,  44-51,  XIV,  23),  waren  daher  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  Abkömmlinge  der  Keltenhorden,  die  zur 
Zeit   der   Diadochenkämpfe   Macedonien,  Thessalien  und   Grie- 


^)  Wenn  Stokes  Remarks  sec.  ed.  78  an  SuUivan  tadelt,  dass  er 
jE7-eman  'ploughman'  ansetzt  statt  airem  und  es  für  eine  ebenso  unver- 
zeihliche Sünde  ansieht  wie  etwa  lat.  aratoris  ^  canjionis  als  Nom.  Sg.  zu 
nehmen,  so  urtheilt  er  doch  viel  zu  streng  gegen  die  'Native  scholars'. 
Hat  er  nicht  selbst  ein  Jahr  vor  SuUivan  (1873)  denselben  Fehler  ge- 
macht, indem  er  Goid.^  131  meicc  Erimon  übersetzt  mit  Eremoii's  sons 
und  bemerkt  'with  Ere7no7i  Siegfried  compared  skrt.  Aryamaji'  —  was 
übrigens  schon  längst  durch  Pictet  geschehen  war,  Beitr.  für  vergl.  Spr. 
I,  91.  'Eremmis  sons'  müsste  altir.  sein  '■maicc  Eremoin  oder  Eremuin'. 
Und  warum  bricht  Stokes  über  O'Beirne  Crowe  so  unbarmherzig  den 
Stab  (1.  c.  54  ff.),  wenn  derselbe  z.  B.  ein  rosnaidet  mit  'they  strong- 
swim'  üljersetzt,  also  die  elementare  Erscheinung  vergisst,  dass  ro  {tcqo) 
dem  Präsens  vorgesetzt,  demselben  den  Sinn  eines  Präteritums  vorleiht? 
Ist  doch  'Mr.  Crowe's  absurd  'they  strong-swim' ,  unbesehen  aufgenom- 
men wurden  in  Curtius,  Grundz.*  No.  443  'sie  schwimmen  staik'.  Wir 
müssen  den  'Native  scholars'  höchst  dankbar  sein  ,  dass  sie  uns  die 
handschriftlichen  Schätze  zugänglich  machen,  auf  ihre  Irrthümer  braucht 
man  nicht  hineinzufallen. 


Arisch.  147 

cheuland  verheerten  und  zum  Theil  unter  dem  Namen  Gälater 
in  Kleinasien  ein  selbstständiges  Königreich  gründeten.  Iheri 
erscheinen  ferner  in  Nordspanien  im  Verein  mit  echt  keltischen 
Namen,  llöerm^bezeichnete  ursprünglich  nur  die  Landschaft 
zwischen  den  Pyrenäen  und  dem  Ebro  (Diefenbach,  Celt.  II, 
5  if. ,  vgl.  Humbold,  Untersuch,  über  d.  UrljewT^SpanT^Ö) ;  von  i 
hier  aus  sollen  nach  Tacitus,  Agric.  11  die  Bewohner  Britan- 
niens eingewandert  sein:  'torti  plerumque  crines  et  posita  con- 
tra Hispania  lliberos  veteres  traiecisse  easque  sedes  (scilic.  Bri- 
tanniam)  occupasse  lidem  faciunt';  aus  Spanien  kommen  nach 
der  einstimmigen  Ueberlieferung  der  irischen  Tradition  die 
Söhne  des  Mileacüi,  die  oben  genannten  Ir ,  Ebher ,  Eremlwn.  — 
So  viel  steht  nach  Allem  fest:  Ir  (vgl.  altn.  Irar,  ags.  Ira, 
Ire)  und  Ebher  liegen  nebeneinander  wie  Eriii  (Gen.  Erenn) 
und  Hihernia,  Iwerddon ;  beide  sind  streng  aus  einander  zu 
halten  i). 

Die  Deutungen  neuerer  ir.  Lexicogr. ,  wornach  Eriu  ent- 
standen sein  soll  aus  iar-fhonn  (the  western  land)  oder  iar-inn 
für  iar-innis  (the  western  isle),  oder  i-iaru'm  (Island  of  iron, 
copper)  brauche  ich  kaum  zu  erwähnen;  über  Zeuss  Versuch, 
Gramm.  Celt  ^  74  Ir  hat  Ebel  dadurch  sein  Urtheil  abgegeben, 
dass  er  ihn  in  der  zweiten  Auflage  unterdrückte. 

Welches  ist  nun  die  Etymologie  von  Eriu  (Gen.  Erenn)? 
Ich  schliesse  mich  Bietet  an,  der  es  aus  dem  ältesten  Volksna- 
men der  Iren  ableitet,  der  etwa  Er  oder  Eir  nach  ihm  gelau- 
tet haben  muss,  und  der  ausser  dem  erwähnten  Ariotnanus- 
Erimo7i,  Airem{-Äryaman)  noch  in  einer  Reihe  von  mittelir. 
Namen  vorliegt,  die  Bietet  1.  c.  S.  88  £f.  erwähnt.  Dieser  alte 
Name  war  nun  kein  anderer,  als  der  mit  dem  die  asiatischen 
Stammesgenossen  sich  nennen  Anja-.  Zwei  Möglichkeiten  lie- 
gen vor,  die  Form  des  Namens  für  das  Land  zu  erklären: 
1)  Eriu  (Gen.  Erenn)  ist  völlig  gleich  altb.  airyana  arisch, 
Pehlevi  erän ,  np.  irän  Name  des  Landes.  Das  Irische  theilt 
nämlich  mit  den  südeuropäischen  Sprachen  die  Neigung,  in  vo- 
calisch   auslautenden  Suffixen   den  Vocal   fallen  zu  lassen  (gr. 


*)  Die  von  Rhys  1.  c.  geforderte  Grundform  Iverja  für  kymr.  Iioer- 
ddon  liegt  thatsächlich  vor  in  Iheriu ,  wenn  man  sich  dazu  entschliessen 
will,  wie  ich  oben  gethan ,  das  kymr.  Wort  nicht  als  eine  kymr.  Entwick- 
lung aus  demselben  anzusehen  —  müsste  Iferddon  heissen  —  sondern 
als  eine  Widergabe  eines    nach   ir.  Lautgesetzen  entstandenen  *lhheria. 

10* 


148  H.  Zimmer 

cpvXa^,  xad^aiQü):  xa&aQO-).  Aus  Arijans  wurde  Eriu  wie  aus 
Acc.  Plur.  *ferans  ein  firu.  Der  doppelte  Nasal  in  Brenn, 
ErinUf  wofür  mittelir.  vielfach  Erend,  Erind  geschrieben  wird 
(Gramm.  C.^  64^  Änm.),  ist  dann  ebenso  aufzufassen  wie  in 
anmann  (nomina),  amnann-n  (nominum),  amnannaib  (nomini- 
bus),  wofür  die  mittelir.  Quellen  ebenfalls  häufig  anmand  etc. 
bieten;  es  bezeichnet  den  Status  durus  des  w  (Gramm.  Celt.^  41, 
Stokes,  Remarks  13  Anm.)  wie  dies  in  den  neutr.  wan-Stäm- 
men  deutlich  hervortritt.  Es  lässt  sich  aber  auch  2.  anneh- 
men, dass  das  nn  ursprünglich;  dann  ist  das  Wort  abgeleitet 
von  Arya-  wie  Arduenna  silva  von  ardva-  (ir.  ard)  =  skrt. 
ürdhva,  lat.  arduus,  Vesunna  von  vesu-  in  Vesubi-  äni,  Cebemia, 
Vienna,  Clarenna,  Ravemia  etc.  (Gramm.  C.^  774;  Glück,  Kelt. 
Namen  4.  57.),  und  das  Suffix  lautet  wieder  consonantisch  aus. 
Das  Verhalten  der  Silbe  ya  in  Eriu:  Erenn,  Erinn  (Eirinn) 
ist  ebenso  wie  in  airmitiu:  airmiten,  airmitin;  toimtiu:  toim- 
ten,  toimtin  d.  h.  es  ist  in  den  schwachen  Casus  (Accussativ 
ist  durch  den  Dativ  verdrängt)  vor  den  ursprünglich  betonten 
Casusendungen  schwache  Stammbildung  eingetreten. 

Betrachten  wir  nun  noch  die  übrigen  Wörter,  die  auf  das 
alte  flf>'^-  zurückgehen.  In  erster  Linie  steht  altir./^e  Gen. 
,^35ftfi;^^gr!&cepe^  priämg),  Nom.  Plur.  a?>^  ( principes)  osni  erig 
(gl.  honesti  nos)  Gramm?'  Celt.2  57.  259  fif.  765.  809.  Dieses 
aire  aus  *aireks  wie  se  aus  *sex,  mö  aus  *mox,  ri  aus  ^'rix. 
Gen.  airech  ist  vollständig  gleich  skrt.  äryaka  ehrenwerther, 
ehrwürdiger  Mann  i),  nur  dass  es  mit  k  weitergebildet  ist  statt 
S*  -kü'     In    O'Davorens    Gloss.   wird   aire  durch  fal  (prerogative, 

privilege)  erklärt,  an  einer  andern  Stelle  ^ime  no  fal'  d.  h.  » 
mächtig^-eich  oder  Previlegium'  2)  und  im  Sanas  Chormaic  lesen  1 
wir  A^  diu  da  cach  ard  is  aimn  'Aire  ist  auch  der  Name  für  '■. 
llesjöofie',  wozu  eine  andere  von  O'Don.  suppl.  angeführte  Er-  -, 
L'ung  aus  H.  3.  18  tritt:  aire  d.  aimn  coitchen  dogach  grdidh  1 
flatha  i  tuaith  *Aire  ist  der  gemeinsame  Name  für  jeden  Grad  \ 
der  Herrschaft  im  Volke'.  Es  hat  demnach  aire  (ärgaka)  viel-  \ 
fach  den  prägnantem  Sinn,  der  in  germ.  Wörtern  wie  kuninga'  I 


*)   Vergleiche  ^^j^   (Babylonia,    Chaldaea) ,    das  nur  ein  arabisiertes  | 
»!y.i  ist.     Müller,  Essai  sur  le  Pehlevi  pag.  298.  «.«— ^ 

•)(_^je  gleich  altir.  imde    abiuidans,   opulentiis  Gr.  C."  G4.  470.  711. 
792.  Gold.  121.  F.  Ad.  78. 


Arisch,  149 

i 
Angehöriger  desfkuni  xar  ff^o/ifv  d.i.  Edler,  ßmdana-  der  be- 
stimmte VolksangeKorige,  der  Herrscher,  hervortritt,  öfters  ist 
es  wie  skrt.  kri/ä  (vgl.  Mahidhara  zu  Väj.  S.  XXVI,  3)  nur 
ehrenvolle  Bezeiclinung :  ?'Herr'.  Die  aus  H.  3.  18  gegebene 
Erklärung  wird  illustriert  durch  eine  andere  Mittheilung  O'Don., 
wonach  die  Stufen  im  Staate  folgende  sind:  1)  fer  mhidhhtha, 
2)  höaire,  3)  aire  desa,  4)  aire  echta,  5)  aire  drd,  6)  aire  tuisi, 
7)  aire  forgaill,  8)  rigli.  Es  kommt  also  unter  dem  König 
zuerst  der  iJ^j^  fm^gaül,  'yfho  had  a  hundred  warriors,  he 
was  the  person  who  presided  at  the  majiing  of  convenants  and 
who  saw  them  fulfilled' i),  dann  der  JMre  tuisi  'he  was  the 
leader  in  battles'  2)  O'Don.  Ueber  die  Uebrigen  macht  O'Do- 
novan  keine  näheren  Angaben;  der  böeire  ist  noch  Gr.  C.^  259 
aus  Senchas   Mör  60  belegt  (homo  dives  armentis). 

Von  aire  (Gen.  airech)  ist  abgeleitel'^^t^?«ii^.('^fr«^^ 
^atus  (^r.  C  2  74,  213.  223.  430.  63irilT2:  K  Ad."  252),j 
■a^:sgde  pr^tens,  pn^t!»g^is  (Gr.  C.  74.  213.  276.  712.  792. 
912."^.  Ad.  \L  82).  Fernzuhalten  \si\airclienn  principium, 
airhkimtech  prin^)s  (Gr.  C.2  10.  72.  183.  227.  300.  343.  868. 
F.  AdlNi^O) ,  es  ist  aus  air  =  gall.  are  {Äre-morica,  Arelate) 
und  ce7in  caput  componiert  wie  kymr.  mrbennig  princeps^us- 
weist,  gleicht  also  einem  ags.  eaxlgestedu&T^'''^^"''"^'''^''''''^'''''"^'^ 
Ein  interessantes  Compositum  von  aire  (ärgaka)  ist  ruire 
Gen.  ruirecJi,  Nom.  Plur.  reraig  domini  (Colm.  Hymn.  4.  27. 
29.  44.  Gr.  C.^  252.  302.  633.  809).  Von  dem  Glossator  zu 
Colm.  Hymn.  wird  es  überall  durch  rori  'grosser  König'  erklärt, 
ähnlich  wie  er  auch  (Glosse  36)  altir.  fiadii  dominus  (=  *ve- 
dant  oder  *vedhant)  durch  fodia  (lautlich  =  vasudevas)  .i.  dia 
maith  'guter  Gott'  etymologisiert.  An  Zusammensetzung  aus  ro 
Intensivpartikel  und  aire  kann  nicht  gezweifelt  werden.  Er- 
stere  begegnet  in  ähnlicher  Weise  noch  oft  röiha  gl.  vinolentum, 
roolach  gl.  crapulatus  vino  (zu  61  potus)  rollca  pejor  (aus  olca, 
Comp,  zu  olc  malus)  Gr.  C.^  745.  864.  1040.  Goid.  59.  roimde 
sehr  zahlreich  F.  Ad.  78.  roitu  grosser  Durst,  rouacht  grosse 
Kälte,  rouasal   sehr   edel  LU.  33^    Nach  einem  Citat  O'Don. 


*)    forgall  institutio,  testimonium,    Eid,  Versprechen  Gr.  C*  33.  223. 
326.  477.  875.  919.  Goid.   123.  . 

'■')     altir.  tmts  initium  Gr.  C.^  25.  50.  56.  110.  ^tossoch  initium,  ^ojsecA  I 
praestane,  primus  —  kymr.  iouisauc  Gr.  C.^  50.  74.  75.  216.  224.  810.  811  .T 
998.  etc. 


150  H.  Zimmer 

suppl.  ist  H  rig  ein  Häuptling,  der  sieben  niedere  Häuptlinge 
unter  sich  hat,  ein  ri  ruirech  ein  solcher,  dem  nur  drei  unter- 
geben sind.  Es  wird  wohl  die  Stelle  des  ntire  (d.  i.  ro  aire) 
der  des  aire  ärd  in  der  oben  aufgeführten  Stufenfolge  entspre- 
chen. 

Fassen  wir  kurz  zusammen :  Die  Iren  nannten  sich  in 
alter  Zeit  wie  ihre  asiatischen  Stammesbrüder  AKi/n^  diese 
Form  könnte  noch  vorliegen  in  dem  Namen  des  Stammvaters 
Ir  {Irar,  Ire).  Abgeleitet  sind  davon  ausser  Personen  wie  Ario- 
manus-E7-emon,  Äirem-Äryaman  u.  a.  der  Name  des  Landes 
Eriu  {Aryana-)  und  der  Ehrentitel  aire  (ärijaka),  ruire  {ro- 
alre)  dominus,  princeps.  ^lovegvia,  Hihernia,  Iicerddon  steht 
mit  dem  Namen  E^'iu  in  keinem  etymologischen  Zusammenhang. 
Den  Namen  Arya  müssen  die  Iren  aus  ihrer  Urheimath  mit- 
gebracht haben  i);  er  muss  eine  Benennung  gewesen  sein,  die 
sich  die  Glieder  unseres  Sprachstammes  noch  in  der  Zeit  ihres 
Zusammenseins  selbst  beilegten:  es  ist  daher  'arisch'  nicht  nur 
kürzer  und  bequemer  als  'indogermanisch'  oder  'indoeuropäisch', 
sondern,  was  noch  wichtiger  ist,  die  allein  richtige  Bezeichnung. 
Ich  will  Niemand  auffordern  oder  veranlassen,  in  seinen  'Druck- 
werken' ein  ihm  ans  Herz  gewachsenes  'indog.'  oder  'idg.'  nun 
aufzugeben,  darf  aber  nach  meinen  Darlegungen  wohl  verlan- 
gen, dass  man  die  Verwendung  'arisch'  in  dem  Sinne  von  'in- 
dogermanisch' oder  'indoeuropäisch'  nicht  mehr  als  eine  ein- 
fache von  mir  ausgehande  'Laune'  darzustellen  sucht. 

Zur  Beruhigung  für  Herrn  Prof.  Dr.  Osthoff  und  gewisser- 
massen  als  Approbation  für  ihn  will  ich  nachträglich  noch 
hinzufügen,  dass  Windisch,  Beitr.  zur  Geschichte  d.  d.  Spr.  IV, 
211  unter  Hinweis  auf  gr.  cpvla^  zu  aire  Gen.  airech  bemerkt: 
'Vielleicht  mit  skrt.  ärj/aka-  verwandt'.  Ebendaselbst  Seite  232 
steht:  *Airem  Nom.  prop.  für  vorhistor.  Arema  (Aria-mä), 
Genet.  Areman,  Eremon ;  vgl.  skrt.  Aryamä,  Stamm  Aryaman'; 
und  da  "Windisch  endlich  1.  c.  270  schreibt:  Suffix  iami,  schwa- 


*)  Das  Fehlen  des  Namens  Arya  bei  den  übrigen  westarischen  Stäm- 
men ist  nicht  wunderbarer  als  das  Verhältniss  von  Varuna:  ovQavog, 
ostar.  bhaga,  haga:  slav.  hogö-,  haben  doch  Ostarisch  und  Keltisch  auch 
allein  das  Femininum  der  3  und  4  Zahl  bewahrt;  teoir  (3)  cetheoir  (4) 
für  *iesore8,  *cethesores  gleich  skrt.  tisras ,  cafasras  (Ebel,  Beitr.  zur  vgl. 
Spr.  I,  430  £F.  Windisch,  Beitr.  zur  Gesch.  d.  deutschen  Spr.  IV,  220. 
224). 


Arisch.  •  151 

che  Form  inn,  ist  enthalten  in  Eriu  Irland,  Genet.  Erenn  (für 
(Erhinas),  so  wird  er  auch  den  dritten  keltischen  Zeugen  für 
das  Vorhandensein  eines  gemeinsamen  Namens  der  Glieder  un- 
seres Sprachstammes  vor  der  Trennung:  altir.  Eriu  (Gen, 
Erenn)  gleich  '^Aryana-  unbeanstandet  gelten  lassen. 

Berlin,  17.  Mai  1878.  Heinrich  Zimmer. 


Die  deutsche  Abstractbildung  auf  ung. 

Schon  im  sechsten  Bande  (Seite  7)  der  Kuhnschen  Zeit- 
schrift habe  ich  bei  Besprechung  des  gothischen  jugga-  'jung' 
im  Verhältniss  zum  lateinischen  juvenco-  auf  die  Entwicklung 
der  zahlreichen  deutschen  Bildungen  auf  ing  aus  solchen  auf 
den  Nasal,  denen  sich  noch  die  alte  Suffixform  ka  anschloss, 
hingewiesen.  Mit  den  Bildungen  auf  ing  aber  hängen  die  auf 
twg  aufs  Engste  zusammen :  ihr  Unterschied  ist  zum  Theil  nur 
ein  dialektischer.  Ganz  wie  in  singen  und  gesungen  und  den 
ähnlichen  Formen  trat  das  eine  Mal  ein  i,  das  andere  Mal  ein 
M  an  die  Stelle  des  selben  alten  zu  Grunde  liegenden  a. 

Auch  durch  fast  alle  übrigen  indogermanischen  Sprachen 
lassen  sich  verwandte  Wortgebilde  verfolgen,  sie  finden  sich  im 
Griechischen  und  Lateinischen,  im  Littauischen ,  im  Slavischen 
und  sonst.  Für  dieses  Mal  sei  der  vergleichende  Blick  aber 
nur  auf  das  Altindische  gerichtet.  Hier  kömmt  dabei  ein  be- 
sonderes Lautverhältniss  in  Frage,  das  in  Benfeys  vollständiger 
Grammatik  der  Sanskritsprache  §  83,  2  und  §  69  aufgeführt 
ist:  Nominalgrundformen  auf  n  verlieren  diesen  Nasal  vor  con- 
sonantisch  (ausser  mit  j)  anlautenden  secundären  Suffixen, 
ebenso  wie  vor  anderen  Grundformen  in  der  Zusammensetzung 
und  vor  den  mit  hh  und  s  anlautenden  Casussuffixen.  So  bil- 
dete sich  aus  ragan-  'König'  mit  dem  Suffix  ka  ein  rdgakä- 
'kleiner  König'  (Rgvedas  8,  21,  18),  ganz  wie  auf  der  anderen 
Seite  zum  Beispiel  räga-2mträ-  'Königssohn'  (Rgvedas  10,  40,  3) 
und  rä'ga-jmtra-  'Könige  zu  Söhnen  habend'  (Rgvedas  2,  27,  7) 
oder  wie  die  Casusformen  rd'gasu  (Rgvedas  8,  90,  5),  rd'gahhjas 
(Rgvedas    1,  139,  7;   2,  27,  1;    3;  12)  und  rä'gabhis  (Rgvedas 


152  Leo  Meyer 

1,  20,  5;  40,  8;  4,  34,  11;  7,  83,  6  und  10,  42,  10).  Aus 
uddn-  'Wasser'  bildete  sich  neben  dem  Pluralinstrumental 
uddbhis  Rgvedas  1,  85,  5;  104,  4  und  sonst)  und  Zusammen- 
setzungen wie  uda-vähd  'Wasser  bringend'  (Rgvedas  1,  38,  9 
und  5,  58,  3)  und  uda-prüU  'in  Wasser  schwimmend'  (Rgvedas 
4,  45,  4;  5,  74,  4  und  sonst)  mit  dem  Suffix  ka  die  Form 
udakd-  'Wasser'  (Rgvedas  1,  161,  8;  10;  164,  7  und  sonst), 
die  auch  in  den  Zusammensetzungen  an-udahd-  'wasserlos' 
(Rgvedas  7,  50,  4)  und  dpa-udaka-  'vom  Wasser  entfernt' 
(Rgvedas  1,  116,  3)  entgegentritt.  Sicher  hiehergehörige  wei- 
tere Formen  auf  ka  bietet  der  Rgvedas  nicht,  vielleicht  aber 
führt  noch  der  Eigenname  Sdumaka  (Rgvedas  4,  15,  9)  unmit- 
telbar auf  saumdn-  'Somabereiter'  (Rgvedas  1,  18,  1)  zurück, 
und  dann  lässt  sich  vielleicht  auch  noch  aus  pdvakd  'hell,  hell- 
strahlend, flammend'  zunächst  ein  ^pdvan-  folgern,  wie  wir  auch 
schon  bei  anderer  Gelegenheit  vermutheten. 

Da  unsere  Abstracta  auf  ung  früher  auf  unge  ausgehen, 
in  althochdeutscher  Zeit  auf  unga,  in  ihnen  also  alte  Feminina 
auf  gedehntes  d  enthalten  sind,  so  würde  sich  beispielsweise 
an  der  Stelle  unseres  Biegung  ein  altindisches  %hau(jakä,  unse- 
res Zeihung  ein  altindisches  *daigakd,  unseres  Steigung  ein 
'^staighakä  ansetzen  lassen,  die  der  Reihe  nach  auf  rauthmass- 
liche  *bhaugan,  '^daigan,  *staighan-  zurückführen  könnten,  und 
andere  Formen  ähnlich. 

Dorpat,  den  4.  Januar  1878  [23.  December  1877]. 

Leo  Meyer. 


Gothisches  bn. 

Dass  das  Doppel-w  in  unserem  Stimme  durch  Assimilation 
aus  älterem  mn  hervorging,  wird  durch  das  althochdeutsche 
stimna  erwiesen.  Im  G ethischen  steht  stibtia  gegenüber.  Dass 
hierin  wieder  eine  noch  alterthüm liebere  Form  vorliege  und  in 
jenem  stimna  das  mn  durch  Lautanähnlichung  erst  aus  b7i  ent- 
standen sei,  gilt  allgemein  als  feststehend:  bieten  doch  das  Grie- 
chische und  Lateinische  den  nämlichen  Lautübergang  zum  Bei- 
spiel in  scamnum  'Bank'  (aus  *scabnum,  neben  scabellum  'Bank- 


Gothisches  bn.  153 

chen'),  as^ivog  'ehrwürdig'  (aus  *oeßvdg,  neben  aeßeod^ac  'ver- 
ehren'), €QS/iiv6g  'dunkel'  (aus  '^fqeßvog,  neben  eqeßog  'Dunkel- 
heit') und  sonst.  Dass  nun  aber  das  Griechische  und  Lateini- 
sche nicht  direct  für  das  Germanische  beweisen  können,  zeigt 
zum  Beispiel  das  Altnordische  in  seinem  nefna  'nennen'  dem 
gothischen  namnjan  gegenüber  und  in  seinem  nafn  'Name'  ne- 
ben gothischem  naman-,  in  denen  deutlich  /"«  aus  älterem  mn 
hervorging,  während  man  von  vorn  herein  wohl  eher  den  um- 
gekehrten Lautübergang  für  natürlich  gehalten  haben  würde. 

Für  wirklich  erwiesen  würde  die  historische  Reihenfolge 
stibna-sfimnastimnie  erst  gelten  können,  wenn  sie  von  etymolo- 
gischer Seite  ausreichend  gestützt  wäre.  Was  soll  man  nun 
aber  dazu  sagen,  wenn  zum  Beispiel  Weigand  in  seinem  sonst 
so  vortrefflichen  Wörterbuche  annimmt,  Stimme  sei  von  einem 
muthmasslichen  gothischen  Wurzelverbum  *stihan  'gegründet 
und  fest  sein,  stützen'  abgeleitet  und  bezeichne  ursprünglich 
'den  gleichsam  gegründeten  und  festen  d.  h.  eigenthümlichen 
Laut,  durch  welchen  sich  ein  lebendes  Wesen  von  dem  andern 
unterscheide"?  Wenn  bei  der  Erwägung  der  Lautverhältnisse 
schon  längst  als  unabweislich  gilt,  in  vorsichtigster  Weise  den 
Analogien  gerecht  zu  werden,  soll  da  bei  der  Construction  von 
Bedeutungszusammenhängen  gelegentlich  noch  immer  die  mass- 
loseste Willkühr  und  Vernachlässigung  aller  Analogie  gelten? 

Ist  das  Hervorgehen  von  sfimna  aus  stihna  nicht  ganz  un- 
zweifelhaft und  das  umgekehrte  möglich ,  so  tritt  die  Wahr- 
scheinlichkeit heraus,  dass  in  stimna  sowohl  das  m  als  das  n 
suffixal  sind,  also  eine  alte  Suffixform  mna  vorliegt  und  dann 
ein  ganz  naher  Zusammenhang  mit  den  griechischen  av6-/iiaT- 
•Mund'  und  otcü-/.ivXo-  'gesprächig,  redselig'  besteht  und  weiter- 
hin dann  auch  wohl,  wie  ihn  auch  Fick  bei  diesen  letzteren 
Wörtern  annimmt,  mit  dem  altindischen  stan  :  stänati  'don- 
nern, dröhnen'  'brüllen,  brausen'  und  vielleicht  mit  stämi'i-  (nur 
Rgvedas  7,  20,  9),  für  das  Böhtlingk  und  Roth  die  Bedeutung 
'brüllend ,  donnernd'  vermuthen,  das  aber  Grassmann  mit  'Seuf- 
zen' erklärt  und  Ludwig  mit  'beredt'  übersetzt. 

Gothisches  mn  kennen  wir  sonst  nur  in  namnjan  'nennen' 
das  von  naman-  'Name'  abgeleitet  wurde,  und  in  den  Pluralca- 
sus dieses  Namens  (Accusativ  namna  Markus  3,  17;  Dativ 
namnam  Johanneserklärung  5 ,  und  Genetiv  namne  Efeser  1, 
21  und  Johanneserklärung  5),   wo  es   also  durch  die  zur  Seite 


154  Leo  Meyer 

liegende  Ausgangsform  leicht  gezcliützt  bleiben  konnte;  wurde 
es  sonst  vermieden,  so  liegt  die  Annahme  noch  besonders  nah, 
dass  letzteres  auch  in  mehreren  Abstractbildungen  geschah,  die 
theils  inneres  suffixales  Im,  theils  fn  zeigen  —  was,  wie  ich 
nachträglich  bemerke,  auch  Paul  im  ersten  Bande  seiner  Bei- 
träge, S.  157  Anm.  vermuthet  hat.  Das  letztere  haben  wir  in 
dem  weiblichen  vundufnjd-  'Wunde'  (nur  Markus  3,  10)  und 
dem  ungeschlechtigen  valdufnja-  'Gewalt' ,  das  ziemlich  oft  vor- 
kömmt. In  diesen  beiden  Formen  könnte  also  das  fn  ganz  so 
entstanden  sein,  wie  in  den  oben  genannten  altnordischen  nafn 
und  nefna.  Mit  innerem  hn  begegnen  das  weibliche  fraistuhnjä- 
'Versuchung'  und  die  ungeschlechtigen  fastubnja-  'Haltung,  Beob- 
achtung'; fastuhnja-  'das  Fasten'  und  vituhnja-  'Kenntniss'.  Das 
letztere  würde  sich,  wenn  sein  h  vor  w  wirklich  aus  m  her- 
vorging, nah  an  eine  ähnliche  Bildung  wie  das  griechische 
sldrjf^iov-  'wissend,  kundig'  (etwa  ein  *löo/iiov-,  *fido/^ov-)  an- 
schliessen. 

Dorpat,  den  8.  Januar  1878  [27.  December  1877]. 

Leo  Meyer. 


Hämus. 


Hämvs  'Haken',  insbesondere  'Angelhaken,  Angel'  stellt 
Fick  2^,  79  zum  griechischen  ix«/'og^ 'gekrümmt' ,  was  gewiss 
nur  als  eine  sehr  ansprechende  Combination  bezeichnet  werden 
kann,  da  dabei  eben  so  wohl  die  Form  als  die  Bedeutung  von 
hämus  auf  das  be^te  berücksiclmgt  worden  ist.  Leider  aber 
wird  ]QnQ^'^ttiJ^lg^(%(^l^>^.*:^^v^(.l^  Hesychios  ange-\ 

führt,  dessen  Quellen  wir  in  allen  Einzelheiten  zu  wenig  con-' 
trolliren  können,  und  dazu  kömmt,  dass  gar  nicht  gelingen  will, 
es  etwa  noch  genauer  etj^mologisch  zu  bestimmen,  da  doch 
Ficks  unsicher  ausgesprochene  Vermuthung,  dass  es  etwa  von 
einem  griechisch  -  italischen  x''^  >  indogermanischen  ghä  *klaf- 
end,  auseinander  tretend'  ausgegangen  sei,  allzu  wenig  wahr- 
scheinlich ist.  Hesychios  führt  auch  noch  ein  ytn^g  'ge- 
krümmt' 'eng'  (yb^v  •  xa/iiTtvlov,  oxtröv)  auf,  das  Lobeck  in 
seinem    Rhematikon\( Seite  47)    ohne    eingehendere    Erklärung 


Hämus.  155 

neben  Y.(xf.i7},tw,  yvocfiTttu),  yaßipog^  ya//(pay«i1^ zusammen  mit  je- 
nem x«|Kog  aufführt. 

Das  lateinische  hämus  gehört  zu  denjenigen  Wörtern,  die 
bisweilen  auch  ohne  ihr  anlautendes  h  auftreten,  wie  zum  Bei- 
spiel in  dem  abgeleiteten__a?wa^ws  *^^^%!  ^^^  Lucrez  2 ,  405 
(Jiaec  mggis  .ainätis  inter  se  nexa  ienen)  und  445  (haec  magis 
ämätis  inter  sese  esse  necessest),  statt  dessen  doch  wenige  Verse 
später  (468  ,  .  nee  tarnen  haec  retinertirmu^a  neceSsmu^t)  auch 
wieder  die  Form  mit  h  gebraucht  ist.  So  liegt  die  Vermuthung 
sehr  nah,  dass  das  h  in  hämus  gar  keinen  tieferen  etymologi- 
schen Grund  hat.  Dann  aber  ist  nicht  wohl  daran  zu  zweifeln, 
dass  ämus  ebenso  wie  zum  Beispiel  lümen  'Licht'  (für  lucmen) 
vor  seinem  inneren  m  einen  alten  harten  Guttural  einbüsste 
und  sich  eng  an  die  alte  "Wurzelform  ak  oder^^j2,«^-*bi^gen,_^ 
krümmen'  anschliesst,  jpa  der  zum  Beispiel  das  altindische 
o^iifiK^eJjpgefi^  ( gg^i'!mknd-  Jmit  gebogenem  ,  Knie') ,  cHoy^U^"" 
'gebogen'  o/xog  —  lat.  jj^^jS^s^^^daken ,  Widerhaken'  ^altind. 
ImßM  m.  'Haken,  Klamm^^r',  das  altindische  att/a<ftrs  'H^JtewT**' 
AngelTiaken'  und  zahlreiche  andere  Bildungen  ausgingen,  wie 
sie  Fick  2^,  5—7  zusammengeordnet  hat. 

Dorpat,  den  27.  [15.]  April  1878.  Leo  Meyer. 


Päli   acchati. 


Ascoli  (Kritische  Studien  zur  Sprachwissenschaft  übersetzt 
von  Merzdorf-Mangold.  Weimar  1878  p.  265  note  49)  meint, 
Präkrit  accha't  —  Päli  acchati  gehe  auf  ein  vorauszusetzendes 
Sanskritfuturum  '^ätsyati  oder  ^ätsyate  von  wurzel  äs  zurück. 
Er  beruft  sich  auf  dakkhati,  als  auf  einen  analogen  fall.  In- 
dess  die  sache  liegt  anders,  dakkhati,  der  regelmässige  Ver- 
treter von  Sanskrit  drakshyati ,  erscheint  in  den  alten  Päli- 
texten  factisch  noch  als  futurum,  wie  zuerst  Childers  nachge- 
wiesen hat  (Beiträge  zur  vgl.  sprachf.  VII,  451 ;  cfr.  Dictionary 
s.  V.  passati).  Ein  schönes  beispiel,  das  Childers  nicht  hat, 
findet  sich  im  Brahmajalasuttam  p.  57,  10  ff.  (Sept  Suttas  Pä- 
lis  par  M.  P.  Grimblot  Paris  1876):  ucchinnabhavanettiko  bhik- 
khave  Tathägatassa   käyo   titthati;  yav'    assa  käyo   thassati  ^), 


^)    Dass  die  wurzel  sthd  im  Päli  und  Präkrit  ihr  cerebrales  th  falscher 


156  E,.  Pischel  Pali  acchati. 

tava  Dam  dakkhinti  deva  manussa ;  kayassa  bhedä  uddham 
jivitapariyädana  nam  na  dakkhinti  deva  manussa.  So  ist  der 
text  der  jammervollen  ausgäbe  zu  verbessern.  „0  ihr  priester, 
der  leib  des  Tathagata  in  dem  die  begier  vernichtet  ist,  bleibt 
(noch).  So  lange  sein  leib  bleiben  wird,  so  lange  werden  ihn 
götter  und  menschen  sehen.  Nach  der  auflösung  des  leibes, 
nach  beendigung  des  lebens,  werden  ihn  götter  und  menschen 
nicht  sehen".  Häufig  erscheint  dakJchinti  auch  am  ende  der 
suttas  in  der  phrase  .  .  .  cakkhumanto  rüpdnl  dakkhintUi  ;,da- 
mit  die  sehenden  die  formen  (=  dinge)  sehen"  z.  b.  Sept  Sut- 
tas p.  153,  14.  160,  11.  310,  G  u.  s.  w. 

Ganz  anders  verhjilt  es  sich  mit  acchati.  Nachgewiesen  ist 
es  bisher  nur  aus  dem  Khuddakanikäya ,  und  zwar  die  formen 
acchanti,  accJti,  acchissati.  Childers  s.  v.  und  p.  613.  Ich  habe 
noch  acchi  aufgezeichnet  aus  Dathävamso  IV,  23:  Sugatadasa- 
nadhätura  välukathüpakucchim  j  thapitam  upacaranto  acchi 
gumbantarasmim  ||  „Er  hielt  sich  in  einem  dickicht  auf,  indem 
er  die  in  dem  stüpa  aus  sand  befindliche  zahnreliquie  des  Su- 
gata  verehrte".  Nirgends,  weder  im  Pali  noch  im  Prakrit,  lässt 
sich  die  leiseste  spur  einer  einstigen  futurischen  bedeutung 
nachweisen  und  es  ist  schon  an  und  für  sich  im  höchsten  grade 
unwahrscheinlich,  dass  eine  form  ^ätstjate,  die  auch  nicht  im 
entferntesten  an  ein  präsens  erinnert,  wie  dies  bei  dakkhati  der 
fall  ist,  ein  präsens  acchati  hervorgerufen  haben  sollte.  Ascoli 
sagt,  ich  hätte  den  Ursprung  der  wurzel  für  dunkel  erklärt. 
Allerdings  habe  ich  dies  an  der  von  ihm  angeführten  stelle  ge- 
than,  aber  bald  darauf  habe  ich  in  den  Göttinger  gelehrten 
anzeigen  1875  p.  627  f.  eine  erklärung  gegeben,  die  mir  vor 
der  Ascolischen  den  vorzug  zu  verdienen  scheint.  Ich  glaube 
nämlich,  dass  acchati  für  äs-ska-ti  steht,  wie  icchati  für  is-ska-ti 
und  ucchati  für  us-ska-ti.  Das  wort  ist  also  zu  Curtius  Ver- 
bum  IS  273  ff.  zu  stellen  i).  Den  entwicklungsgang  von  ska  zu 
ccha  hat  Ascoli  wohl  am  richtigsten  dargestellt.  — 

Kiel,  1.  October  1878.  R.  Pischel. 

analogie  verdanke,  ist  Osthoff  (Jenaer  Literaturzeitung  1878  p.  486)  „völ- 
lig einleuchtend",  weil  er  weder  Pali  noch  Prakrit  versteht.  Die  cere- 
bralißirung  im  Prakrit  kann  auf  so  wohlfeile  weise  nicht  erklärt  werden. 
*)  E.  Kuhn  erklärt  acch  aus  as  -\-  c/t.  cfr.  E.  Müller,  Jainapräkrit 
p.  66.     Die  herleitung  von  äs  scheint  mir  richtiger. 


157 


Schwa  indogermanicum. 

Band  IV  S.  167  ff.  dieser  Zeitschrift  glaube  ich  nachge- 
wiesen zu  haben,  dass  der  Ablaut  des  Aorists  im  Griechischen 
und  Sanskrit  sowie  des  zweiten  Perfectstammes  im  Griechischen, 
Deutschen  und  Sanskrit  auf  einem  einheitlichen  Principe  be- 
ruhen. Wenn  dieses  Princip  jedoch  für  die  Stämme  mit  e  im 
Präsens,  o  im  starken  Perfectstamme  so  gefasst  wurde,  dass 
durch  Wirkung  des  Accents  dieses  e,  o  im  Aorist-  und  zweiten 
Perfectstamme  ausgestossen  werde,  so  steht  dem  entgegen,  dass 
dann  Aoristbildungen  wie  ved.  vurtta  mtimurat,  gr.  ßaXe  rdfis 
unerklärt  bleiben,  für  xramv  u.  s.  w.  ein  neues  Princip,  näm- 
lich Theilvocal  angenommen  werden  muss,  im  Perfect  das  Ver- 
hältniss  von  ved.  titirüs  zu  cakrüs,  got.  qiimans  haürans  zu 
ved.  jagmänds  babhränds  ganz  unerklärt  bleibt.  Auch  sind  ja 
die  Wurzelsilben  in  dqay.e  ved.  drgan  und  öedaQ/nsvog  ved.  cakrmd 
got.  baürgum  nicht  eigentlich  vocallos,  sondern  enthalten  Vo- 
cal  genug,  um  ihr  r  eine  Silbe  bilden  zu  lassen.  Ich  gehe  da- 
her, um  das  einheitliche  Princip,  welches  ja  offenbar  zu  Grunde 
liegt,  zu  gewinnen,  versuchsweise  jetzt  von  der  Vocalschwä- 
chung  statt  von  der  Vocalausstossung  aus  und  stelle  den  Satz 
auf:  durch  Wirkung  des  Accents  können  die  Vocale  e,  o  zu  e, 
ö,  blossen  Vocalanstössen  herabgedrückt  werden,  für  welche 
dann  facultativ,  besonders  —  jedoch  wie  die  folgenden  Beispiele 
zeigen  werden,  durchaus  nicht  durchgreifend  —  in  offener  Silbe, 
Vocalausstossung  eintreten  kann.  Dieses  ursprüngliche  e  ö, 
das  ich  der  Kürze  wegen  Schwa  nenne,  erscheint  im  Sanskrit 
meist  als  /  t  (vor  und  hinter  Labialen  auch  als  u  ü) ,  im  Zend 
als  e  i,  im  Griechischen  vorwiegend  als  a,  im  Deutschen  als  o 
(got.  u) ;  silbenbildende  j,  v,  n,  r,  l  sind  Formen  der  Schwabil- 
dung. 

Jetzt  wird  auch  das  Verhältniss  von  got.  um  in  vHum  zu 
vidmä  fiöfisv  klar.  Im  got.  -um  ist  kein  Theilvocal  eingetre- 
ten ,  es  entspricht  auch  gar  nicht  dem  ved.  -md,  gr.  -ftev,  son- 
der dem  ved.  -imd  in  dadägimd  u.  s.  w.  sowie  dem  griech. 
-ai-iev  in  7te(pv-Kaf.uv  u.  s.  w. ;  das  griech.  a  in  yayovct-g  ent- 
spricht dem  skr.  i  in  tatdrdi-tha  u.  s.  w.  Ist  nun  im  Perfect- 
stamme die  Wandlung  des  auslautenden  Vocals  des  vollen 
Stammes  in  Schwa  (gertp.:  (jone  c/öue)  das  Ursprüngliche,  wofür 


158  A.  Fick 

Vocalausstossung  nur  in  secundärer  Vertretung  eintritt,  so  exi- 
stirt  ursprünglich  gar  kein  conson antisch -auslautender  Per- 
fectstamm.  Ebenso  wenig  freilich  ein  entsprechender  Präsens- 
stamm, man  vergleiche  nur  ved,  hrdvimi  =  zend.  mraomi  Gf. 
mrdvemi,  zend.  vacemi  —  ved.  väpnf,,  skr.  rodiml  zend  raogtä 
lit.  rdudmi,  wo  wie  im  Perfect  Schwa  und  Vocalausstossung 
wechseln;  selbst  neben  esmi  bin  muss  ein  gleichwerthiges  esomi 
angesetzt  werden,  weil  sich  sonst  lat.  osk.  sii7n  nie  begreifen 
lässt.  —  Im  Aorist  ist  das  auslautende  Schwa  erhalten  im  a 
der  griech.  Aoriste  t^evag  elrtag  e'/.rjag  wie  im  /  des  ved.  dtärima 
wir  retteten  vgl.  IxEvauev,  und  im  i  der  zweiten  und  dritten 
atäris,  atärit;  dem  griechischen  Stamme  yrjQa  entspricht  genau 
ved.  järi  in  ajdrishus  sie  alterten.  Damit  wäre  denn  erwiesen, 
dass  Stämme  wie  ed  bhid  ruk  ursprünglich  gar  nicht  existirten, 
sondern  erst  aus  ede  bhide  ruke  hervorgegangen  sind;  die  in- 
dische Wurzeltheorie  mit  allen  ihren  verkehrten  Consequenzen 
(Thema-  und  Bindevocal,  Guna  u.  s.  w.)  wäre  damit  definitiv 
beseitigt. 

Bevor  ich  die  Schwabildung  im  Griechischen  betrachte, 
sei  noch  einer  tiefgreifenden  Differenz  zwischen  Europäern  und 
Ariern  im  Schwa  gedacht. 

Den  europäischen  drei  Reihen  d  :  a,  e  :  e,  6:0  müsste  ari- 
sches ä  :  a  entsprechen.  Aber  dasjenige  a,  welches  die  Verkür- 
zung von  d  ist,  hat  sich  im  Arischen  sehr  selten  (unter  dem 
Einflüsse  des  Accents)  erhalten  wie  in  tasthd-thiis ,  tasthä-tus: 
tasthau;  der  Regel  nach  entspricht  den  europäischen  drei  Rei- 
hen arisches  ä:  Schwa,  mit  welchem  Schwa  dann,  wie  immer, 
Vocalausstossung  wechselt,  wie  in  dsthdt  :  ästhi-ta,  dstJii-ran  : 
dsth-us;  tasthau  :  tasthi-md  :  tasth-üs ;  dddhdmi  :  dadhmds ; 
dädäsi  :  daddhi.  Im  Zend  entspricht  diesem  Schwa  regel- 
mässig ebenfalls  Schwa,  also  e  und  i,  wie  in  dademaide  =  ved. 
dddmahe,  miti  Mass  =  ved.  miti;  ist  im  Zend  der  VoUvocal 
eingetreten  wie  in  gtäta  —  ved.  sthitd,  data  —  ved.  hitä,  so 
ist  die  parallele  Schwabildung  des  Sanskrit  als  das  Ursprüng- 
liche und  gemeinsam  Arische  zu  betrachten ,  weil  sie  die  Wir- 
kung des  ursprünglichen  Accents  zeigt.  Das  i  in  ved.  sthitd 
kann  daher  mit  dem  a  in  aracog  (azä  :  ara-zog  vgl.  d^t]  :  d^e- 
Tog ,  dio  :  do-tog)  gar  nicht  verglichen  werden ;  das  i  in  sthitds 
ist  niemals  a  gewesen,  sondern  Schwa,  und  kann  daher  auch 
mit    Vocalausstossung    wechseln ,    mau    vgl.    devä-tta  ( —  deva- 


Schwa  indogormanicum.  159 

crtä)  gottgegeben  mit  sthitd,  dhitä  oder  zend.  fedhro  ptä  = 
pita  mit  ved.  j9?Ya  Vater,  wofür  die  arische  Grundform  peta 
ist,  neben  europ.  pater  Vater. 

Bereits  Benfey  verglich  die  Aoristreduplication  sskr.  ajijdm, 
arpipäm  mit  der  griechischen  in  V^yayov,  egvycajiov,  ijviTtaTtov. 
Wir  können  jetzt  die  vöUige  Identität  beider  Bildungen  bewei- 
sen: das  i  in  ajijdm,  arjnpdm  ist  Schwa  und  muss  daher  im 
Griechischen  als  a  erscheinen,  also  ä'jijam  =  ^yayov.  Da  nun 
aber  jedes  Schwa  auch  ausgestossen  werden  kann ,  so  dürfen 
wir  der  Bildung  iQv/My.ov  ganz  gleich  setzen :  avelxai  =  svex"- 
nai  1). 

Dem  a  in  d-vydrrjg  entspricht  regelrecht  i  im  ved.  duhitdr, 
daneben  finden  wir  dhugJi'td'r  im  got.  daüJdar  lit.  dukte ,  wie 
neben  slväreQeg  lat.  janitrices:  skr.  yä'tar  (=  ijdn^tar)  liegt. 

Das  homerische  Suffix  -ra  entspricht  durchaus  dem  lat.  -t, 
dem  vedischen  -t  :  TteQLxlvat  Umwohner  ist  vom  ved.  j:>«ri7i;s/i/^ 
umwohnend,  iTtTtöra  vom  lat.  eques  tis  nicht  zu  scheiden;  ra 
wie  lat.  ved.  t  beruhen  auf  dem  verkürzten  Suffix  -to,  aus  dem 
te  —  gr.  ra  und  damit  identisches  f  —  lat.  ved.  t  wurde. 

Die  griechischen  Suffixe  avo,  aiva,  öavo,  afio ,  ag,  ago, 
ctXo,  y.aXo,  afo,  ag  haben  in  ihrem  a  kein  Ur-a  conservirt, 
sondern  dieses  a  ist  Schwa,  muss  desshalb  sanskritischen  i  ent- 
sprechen und  kann  wie  jedes  Schwa  auch  ausgestossen  werden, 
so  dass  die  Suffixe  vo,  ovo,  f.io  u.  s.  w.  als  identisch  mit  jenen 
volleren  Formen  anzusehen  sind. 

Hierfür  gebe  ich  einige  Beispiele,  so  weit  ich  sie  bis  jetzt 
gesammelt:  davcdvr]  neben  lat.  dammum  Gf.  dapeno ,  Idccvöv  n. 
ved.  annä  n.  Speise  Gf.  edenön,  lat  asiniis  n.  ovog  Gf.  osenos, 


*)  [Hiernach  können  die  Aoristformen  mit  aa,  wie  Ixäkeaaas  xüXea- 
aav,  y^Xuaauv,  tluaatv  i^riXuaauv  u.  s .  w.  zu  den  skr.  Aoristformen  der 
VI.  Classe  gestellt  werden:  a^aa,  a^aag,  d^aarov ,  d'aürriv,  a"aä/j.e{v), 
a^ aars  entsprechen  laut  für  laut  den  skr.  endungen  süha7n,  sis  (d.  i. 
s^sis),  sisli'tam  ,  sis/rfäm ,  sisirma,  sisfCta.  Die  zu  verbis  puris  gehöri- 
gen gewöhnlichen  Aoriste  mit  einfachem  ff  sind  aus  jenen  entstanden ;  ge- 
gen ihre  Zusammenstellung  mit  den  skr.  Aoristformen  der  IV.  cl.  spricht 
der  Umstand,  dass  einfaches  a  zwischen  Vocalen  sonst  regelmässig  einge- 
büsst  wird.  —  Die  von  Leskien  in  Curtius'  Stud.  II.  67  ff.  aufgestellte 
Erklärung  der  Aoristformen  mit  aa  mag  wie  andere  ,, junggrammatische'* 
Abenteuerlichkeiten  auf  sich  beruhen.     B  ]. 


160  A.  Kck 

lat.  acinus  Beere  n.  Ö^va^  ^f'>yyvr]  Birne.  —  fir]y.£dav6g  neben 
fiaxeövog  schlank.  —  xty.taiva  neben  sskr.  takshni'  Zimmer- 
mannsfrau. Ebenso  steht  ovofialvto  zu  got.  namnja,  eyid^a'iQio 
zu  ixO^Qog  1). 

y.ald(.nq  neben  lat.  culmus  nhd.  Hahn  Gf.  kalemo,  rcaläf.irj 
n.  lat.  7Ja?)Ha  ir.  Tawras.  folmds'-'^ii^^d,  7rX6y.a^iog  =  TtXoyjiog 
Geflecht.       ^- 

eaQ  — ■  fsilaQ  ist  —  iiol.  J=rjQ  zend.  vanhri  Frühling.  — 
'laQog  entspricht  genau  dem  ved.  ishirä,  daneben  mit  Ausstos- 
sung  des  Schwa  'iQog;  neben  vefagng  liegt  armen  nor  neu, 
neben  aivagog  :  aiv-ö-Qog  und  neben  ved.  rudhird:  igi^S^Qog, 
ksl.  rüdrü  roth,  wie  ved.  dhvasrd  neben  dhvasird  stiebend. 

Neben  -/.scpalT^  liegt  yießli]   got.  gihla,    v.iyy.aXog  =  x/vxAog 
Wippsterz,  y.äy.aXov    Ringmauer   neben    Y.iyvXig  Gatter  ,^_J7a!^i>s^ 
G^ifeK.  n«feßö„^bi.  s'^ff^'-S^ö^bi^jI  -—  Das  Suffix  v.aXo  in  ößQmaXcc 
(pßQta  Thierjunge  vgl.  ved.  agriyd  erstgeboren)  vergleicht  Cur- 
tius  richtig  mit  dem  deminutiven   lat.  cido ,  -clo. 

y.qavaj-ög  neben  lat.  cernuus ,  ravaog  (=  lett.  ilvs),  xeQa- 
/6g:  lat.  cervus,  oyöofog  (aus  oyd^fog  nach  Äscoli,  wie  nach 
demselben  Vßdo(.iog  aus  eßÖ^^og  —  preuss.  sepfmas):  lat.  odä- 
vus  (worin  ä  später  gedehntes  Schwa  ist)  enthalten  Schwa  vor 
dem  Suffix  /o. 

yiQsfag  entspricht  genau  dem  ved.  hravisj  damit  ist  den 
Neutris  auf  ag  ihr  Ort  augewiesen :  sie  entsprechen  durchaus 
den  ved.  zend.  Neutren  auf  is  und  enthalten  wie  diese  vor  dem 
s  ein  aus  dem  vollen  Stammauslaute  e  o  (z.  B.  in  -/.Xefo-g  = 
ved.  grdvas)  durch  Schwächung  entstandenes  Schwa  (=  sskr. 
zend.  i  =  griech.  a). 


*)  [Ich  bemerke  auf  Ficks  Veranlassung  gelegentlich  der  Formen 
rixzttiva,  ovofxctCvta,  i/&niQ(o,  in  welchen  sich  Epenthese  eines  c  zeigt,  dass 
das  Griechische  nur  diese  Epenthese  kennt  (nicht  die  eines  v),  dass  dieselbe 
aber  nur  da,  da  aber  gesetzmässig  und  allgemein-griech.  eintritt,  wo  ein  als 
Schwa  aufzufassendes  «  von  r,  Q  -\-  i  (bez.  j)  gefolgt  ist.  In  allen  an- 
deren Fällen  wird,  wie  besonders  das  Aeolische  zeigt,  t  (J)  dem  vorher- 
gehenden Consonanten  assimilirt  und  es  tritt  keine  Epenthese  ein.  ][)ahj; 
heisst  esyS«/rw  (aus  ßt'J(o)  =z  \ai.  vemo\a(fclf^«^^u3  aTimtt)  vgl.  lii 
/ttiQü^aus  xa/^)  vgl.  lat.  horior ,  Aü^i*^^(au8 
l^gtjL  wje?S«oi.  8.  w.,  aber  aXlos  (auf  dasdialekt.  "(dkos  ist  nichts  zu 
geben)  =  lat.  aliiis,  ^äklov  =  lat.  vielins,  fj^aao;  =  lat.  mediun,  xölXa 
vgl.  1  it.  klijei,  äol.  r^vvoi,  oi^QO),  (fiS^QQui,  (iy^(j()w,  if^iQ^ta ,  dt()p(o,  fy^QQ<a 
u.  s.  w.    B.J. 


Schwa  indogermanicum.  161 

Unter  den  angeführten  und  noch  weiter  unten  anzuführen- 
den Beispielen  findet  sich  Manches,  was  Joh.  Schmidt  (Vo- 
caHsmus  II,  1  ff.)  durch  Theilvocal  (Svarabhakti)  deuten  würde 
oder  gedeutet  hat.  Es  wird  einer  besonderen  Untersuchung 
bedürfen,  um  die  Gebiete  des  Schwa  und  des  Theilvocals  gegen 
einander  abzugrenzen  ;  dies  ist  freilich  erst  dann  möglich,  wenn 
wir  uns  vorher  darüber  verständigt  haben ,  welche  Form  der 
„Wurzel",  oder  wie  Bezzenberger  richtiger  gesagt  wissen 
will,  dem  „einfachen  (nicht  componirten)  indogermanischen 
Worte"  zuzuschreiben  ist ;  dass  die  Sprache  von  jeher  aus  Wör- 
tern und  nie  aus  „Wurzeln"  bestanden,  ist  wohl  selbstver- 
ständlich. 

In  der  hierunter  folgenden  Sammlung  weiterer  Beispiele 
bezeichnet  Gf.  „Grundform",  vv.  „voUvokaliscli". 

(if.ia  zugleich  vgl.  lat.  simul  simitu,  ved.  sumdd  mit  = 
smäd  =  zend.  maf  mit.  Gf.  söm-.  Vv.  ofi6-g  —  ved.  samä-s. 

a^id-y.ig  einmal  neben  /na  in  f.iä-y.ElXa  (vgl.  dl-xskXa)  und 
in  /.liow^  (—  f.ia-tovv^)  einhufig.     Vgl.  ved.  sumdd  =  smdd. 

dfiTj  (x(.i6-&ev  irgend  ein,  vgl.  got.  siim-s  irgend  einer,  ved. 
simä  jeder.     Vv.  ved.  sama  irgend  einer. 

avla^,  lola^  neben  dl^  Furche.  Gf.  ccfoh/.,  vgl.  evldY.a 
Pflugschaar,  ved.  tirkä  Pflug. 

ßcclavog  Eichel  vgl.  lit.  cjüe,  ksl.  zelc^dt,  lat.  glans. 

ßttQvg  vgl.  ]^t.j/z(mis.,  ,goi.  Jcaur-s,  ved.  gurü.  Gf.  gverü. 
""^ciQveg  '  devöga   vgl.  lit.  g}re  Wald;    dazu   auch   umbrisch 
berva  —  lat.  verim  (nach  Bugge  Altital.  Studien  S.  77). 

ßöäXXuo  sauge  neben  yia-ßlisi,  y.a-ßXi&ei  •  xaraTtlvei;  Vv.  in 
ßdsXXa  Blutigel. 

ydlaxTog  g.  neben  ylay.TO-q)dyog ,  yXdyog,  lat.  lacti-s  = 
gvlaJctos;  das  Verb  ist  enthalten  in  ßadslsyel  •  d/Lulyei  Hesych, 
gebildet  wie  aeXayaco  :  osXag.  .->-■-  — 

yaXoiog,  lat.  glös,  ksl.  zlüva. 

ydyyaf-iov  Netz  (=  fassendes)  vgl.  o-y/io-g  (=  so-gomo-s) 
Schwaden  zu  ye/j.  fassen,  yivro  fasste,  ya/irj  nehmen  =  hei- 
rathen. 

yaX^-vt]  neben  yXfj-vog  vgl.  ysXdio. 

dafiCco  ÖEÖaLy/iivog  vgl.  ksl.  dvignq,  stossen,  Gf.  deveg  oder 
doveg  (altlat.  dvellum  vgl.  ksl.  po-dvigü  certamen). 

sXaxvg  (—  i-Xeyv)  lat.  levis,  ksl.  Itg^d^jü  lefftj^t.     Vgl.  ved.  ^/ 
rhdt  gering  neben  raghü.  '  ^ 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Spraohpn.  III.  ji 


162  A.  Fick 

saxccga  Heerd  (s-axoga)  vgl.  mhd.  schor-sfein,  Schornstein: 
vv.  ksl.  skvrada,  mhd.  schart  Bratpfanne. 

öaQvXlog  maked.  Eiche  vgl.  ÖQvg  Eiche:  öoqv. 

da7,TvXos  Finger,  lat.  digitus,  Gf.  deketös. 

diödaxü)  lehre,  lat.  disco  lerne,  Gf.  deksko :   vv.  lat.  doceo. 

y.aiv6g,  Tto-xalviog  neu,  ksl.  po-cinq  poc^ti  anfangen,  lat. 
re-cens. 

xaxx?;,  lit.  szikti  cacare,    Gf.  keq.     Vv.  nÖTtqog,  sskr.  gäkrt. 

xaAa  in  yiala-vQOip  krummer  Stab  vgl.  xlä-a)  biegen,  lat. 
recellere. 

tcuXeo)  y,aX^~T(jüQ  neben  ytl^-tcoQ  y.ixX^aa(o,  lat.  caldre,  ahd. 
holen  nhd.  holen. 

y.aXid  Nest,  Hütte  vgl.  ved.  kuläya  Hülle,  Nest,  got.  hlija 
Hütte  =  *hleja  (nach  Bezzenberger). 

y.aix(XQa  Wölbung,  lat.  camurus  vgl.  skr.  ktnar  sich  biegen, 
zend.  kameredha. 

Tiafisiv  entspricht  im  a  dem  i  im  ved.  gimt  Werk,  o  in 
UQü-y-o/Liog  dem  a  im  ved.  gdma  arbeitend,  gdmi  Werk. 

■üd/^iagog  =    an.  humarr  nhd.  Hummer. 

xccQa  Haupt  =  xap,  e/rt  xa^  =  zend.  gat-e  (für  fire  j;ßre), 
>iaQr]-yioiLi6(x)v  neben  ^qij-ös/hvov,  Y-go-xacpog^  ay-HQO-g  vgl.  ved. 
giras  n.  Haupt.  Vv.  in  -Kogorj  an.  hjarsi  neben  ved.  gtrshd, 
girshdn,  worin  «r  =  r. 

xa^og  Betäubung,  y-agoco  betäuben,  lit.  kurtus,  lett.  kurls  taub. 

xa^/rdg  Handwurzel  vgl.  ved.  kulj^hd-s  Knöchel. 

ycdüiiava  •  y.aaavf.iaTa  Hesych  vgl.  lit.  szikszna  f.  Leder,  Gf. 
keskeno-. 

Xaxctlvü)  behacke,  lat.  ligo  Hacke. 

fzaXccxog,  fiaXdaao),  lat.  mulceo. 

l^dqvaf-iai,  Inschrift:  ßaQvd(.ievov  (weil  (.tag  =  (xqa),  ved. 
mrna-,  (lagaivu)  ist  merenijö. 

(idxofxai,  f.idxr]  vgl.  lat.  di-7nicare,  mactare,  lit.  muszti 
schlagen,  Gf.  meka ;  /ndxcciga  zu  }(£y.£(ov  =  \2it.\mucra^ 

TtaXaatr],  rtaXaiavi^  Handbreite,  lit.  plasztakä  flache  Hand, 
^Handbreite.  _^_^  ,  * 

/         7zaXd}if],    lat.  j^i^rt/IrT  7«w^^^,>lt§Schs.   folmös  Hand,  Gf.l 
polümo  öder  peTemo.  '  — .^— --— 

■jtdgog  vor  =  skr.  purds  =  ngoa  in  ngoa-d^e  vor  =  Tr^ca 
in  Ttqia-ßvg^  Comparativ  ^^/y  =  lat.  ^rms  =  got.  fauris  zu 
/awr  vor.     Ved.  pürva  —  ksl.  prüvü. 


Schwa  indogermanioum. 


163 


rrara- 


TtC 


fVOV 


e  Sei 


=  Tcxa  m 


ft£-7tTa-/nai;  zu  Ttexa'Pvvf.a. 

TtQccoov  =  lat.  porrum  vgl.  engl,  furz  Strauch,  wie  yigdvov 
lat.  cornus  Cornelia. 

7TQay.v6v  bei  Hesych    vgl.  ved.  prgni,  ahd.  forhana  Forelle; 
daneben  TtQsycvog. 

qdöauvog  ==  QÖda/iivog,  gadi^  =  lat.  rädix  vgl.  nhd.  Würz. 

qad^ccyew  (vgl.  sßQcczccyrjoav  •  sipo^rjaav  Hesych),    ^a&artv- 
yit,ü)  ZM^&og.  /  "N^^ 

qyiaqixpJh>(4sar\\ßQri,  Id^i^ym^re. 

äol.  G7taÖL0v  '—   ötadiov,  GF.  'ay.JeÖLOv,  weil  sonst  die  Pa- 
latalisirung  von  ex/  zu  gt  nicht  hätte  eintreten  können. 

öTiaQrov  zu  aTCsiqa  vgl.  acpvQig,  OTtvqadog. 

OTQaßaXog  neben  argeßkog,  OTQoßog. 
ßoTQCiTtroi  blitzen  neben  azegoTTi]. 

öfpalqa   Ball   (==  oneQJa)   vgl.    lit.  5^2>hj^  Kügei«mjen 


steche,  lit.  spuke  Nadel  {spelekje-). 

GcpaQayew  rauschen  vgl.  ved.  sphürjäyat  rauschend,  dacpd- 
Qayog  Luftröhre  vgl.  lit.  springu  würge  hinunter,  Gf.  sperenge-. 

GfcaQyT]  neben  GcpQLydio  strotzen,  lett.  splrg-t  frisch  sein. 

rdyyr]  rancor  vgl.  nhd.  gestunken. 

xaXa-  dulden  neben  rXa,  tIyj  vgl.  ahd.  dolen  dulden. 

Tavd^aqvto)  neben  tolS-oqvggo)  erschüttern  vgl.  lit.  drugis 
Fieber,  ksl.  drüg  zittern. 

raxvg  schnell  neben  ved.  täku,  lit.  tekti  laufen,  Gf.  teküs  g. 
tekevos.  /  wie  in  f.id%of.iat,  (.idxaiqa  w.  s. 

tavg  stark  =  ved.  tuvi-  stark,  Gf.  fove. 

TezraQeg  neben  TtsGGVQsg,  Gf.  yi/erfegsg;  ritUQxog  =  tk- 
TQazog  —  ved.  caturthä,  Gf.  ketvertö-s  —  lit.  ketvlrtas. 

qidqv^  Schlund,   lat.  frümen  (frug-men) \  Gf.  cpereg. 

(paQs-TQTj,  dl~q)Qog  zu  q)iQ(x)  trage. 

(pvlaGGO)  bewache  =  lit.  zvilgiu  sehe,  Gf.  glweleghjo.  Vgl. 
got.  glaggvus. 

XaAxog  Erz,  lit.  gelezts,  ksl.  zelezo  Eisen,  Gf.  ghelegho-? 

Xci^icti,  lat.  hu7nus  homo,  got.  guma  neben  lit.  zmü  Mensch, 
zend.  zdo  zemä  ==  ved.  j'mä.   Vv.  lit.  zem-,  zeme,  ksl.  zemo-,  zemlja. 

Indem  durch  Vocalentziehung  aus  /«  /o,  qe  go,  oqe  GqOy 
yf€  yfo  der  Reihe  nach  v  %v  g-av  yv  entstehen,   daneben  aber 

11* 


1/] 


164  A.  Fick 

Formen  mit  Schwa  (~  a)  vorkommen,  entstellt  der  Schein,  als 
ob  V  mit  a  im  Griechichen   wechseln  könnte.     So  in: 

^VQSog  Thürstein    neben   -d^aigog  Thürangel    vgl.   ksl.   dvtri 
Thür,  Gf.  dhverjö  vgl.  sskr.  duryä. 

avQ^  äol.   =  odg^  Fleisch,   Gf.  aj^og^.  v 

rj  y.vh^  neben  lat.  caliofy'-^.  alttat*  .ca^^'^>^^*'<«;^^^^W«;  oecMq. 

fij\i,M    ^i^^*'*'i^^  neben  -/.ähi^i^o  Välze,  Gf.  qelivö.   "  ^ 
ß^'    VAjQva  bei  Hesych.   neben  xQaviov:  vv.  got.  hvairnei. 

OY.v'kXco,  KOOxvXficcTia  neben  axdlXo)  vgl.  lat.  quisquiUae. 
axvTog  Leder  — -  böot.  artaxog  Leder. 
(ö*p|fäftfi;Becher  ^:  |(Jxo?l^iesc  GefäSg»j5chiff. 
«/i;(itg"'^rsaminlüng"(a;'i;(»«rrg,    ayv^dZio)    neben   ayagig- 
dd-QoiOf^iög  rj  ftl^O^og  Hesych.  vgl.  dygöf-ievog,  ved.  gräma  Schaar. 
Zu  dysiQco,  dyeQsad^at. 

yvvi]  neben    böot.    ßavd   Weib,   vgl.    ved.  gnä  zend.  ghena 
Weib,  Gf.  gvenä.  Vv.  got.  qino,  ksl.  zena. 

Zuweilen  erscheint  das  Schwa  als  v  durch  Wirkung  labia- 
len Anlauts,  so  in: 

Cu^^hß  Mühle  neben  ■  waX^fröoac.Mehl ,  ksl. | mtlMi  mahlen,  lit. 
nrnt^i  Mehl;  vv.  lat.  imki^got.  tm 


"""■  '^tti'afa^'Schnurrbart  neben  iiidota^  Mund. 
\jivdog  neben  /naddio  lat.  madeo,   Gf.  möd-. 
Tcvqyog  vgl.  ,,Burg"  neben  ütQyauov,   gall.  Wif^gomiim.  ^ 
ag)VQ6v  Knöchel,  ved.  sphurdti,  lit.  spiriü,  nhd.  Spur^  ^porn 
vgl.  doTtaiQü)  =  lit.  spiriü  schlage  hinten  aus. 

acpvQig  Korb  zu   orcdgrov  :  arteiQa;    aTtvgadog  Schaflorbeer 
zu  ocpcTiQa  Ball,  lit.  spira  Kügelchen,  Schaflorbeer. 
■/    Schwa  erscheint  im  Griechischen  als  o  in: 
/  ßQOTog  ==  ved.  tnjidj  amrtci. 

~"do}uyog  —  lit  .^ös^  \B\.dlugUf  ssj^r.jlir(/hd  =  zend.  daregha. 
dQoaog  Thau  (—  drosos,  daher    behauptete  sich    o   wie  in 
&Qaovg,  TVQdGov)  zu  got.  ufar-trusyijcm  übersprengen. 
■/.olXa  Leim  vgl.  litr'/;^'^Vi.  Lfiiu. 
iy.ovig  öog  Niss  vgl., ags.\//w/Yy(;  nlid.   X/ß.^ 
yCoQvZa  Schnupfen,  ahd.  ^ro5*"nhd.  Ji'ol:. 
OQoyvia  =  ogyria  Klafter  zu  OQsyco. 
QOfiog  Wurm  Hesych.  vgl.  got.  vaurms. 
Ebenso  in  den  dialectischen  aiQotog  —  GTQaTog,  vgl.  ved. 
d'Strta,   anishtrfa,    xogl^a  =  XQuölt],   rjfiißQOTov  neben  djuagveiv 
u.  s.  w. 


Schwa  indogermanicum.  165 

Sc'hwa  wechselt  mit  Vocalausstossung  auch  in: 
ycQr/i'tj,  Quelle  zu  ved.  hirä-ti  giesst  aus,   vgl. \ x^ov-vo-g  zu 
ved.  krivi  in.  Wasserbehälter.  """"" 

-    ved.    carma-mna    Gerber   eigentlich  „Hauttreter"    vgl.    lit. 
min-ti  treten,  gerben,  minikas  Gerber;  dazu  auch  [xdxeioai  pl. 
f.  tretend   bei  Sapplio  zu  f.i<xTYjf.ii  —  /iiev-Tri^u  trete. 
..lat.  Jnws  neben  ved.  tirdSj  Gf.  tere^^ 
lit.  szeszkas,  szeszha  Iltis  ==  ved.  kagiJca   Wiesel,    worin  l 
—  Schwa  ist.     Lit.  szesz  =  kesz  durch  Lautanziehung. 

y^A\usrd  röthlich  m.    Stier  findet   sich   wieder  im  umbri- 
schen  y^^/V-o  eine  Farbe  des  Stieres  bezeichnend.   Gi.</i^sr6-. 

lat.  ^/'?h^^deckt  sicnlffti^i^wr^a  in  f'^^^ffjttkid,, ivü ll^ftjüatfi 
oskisch  p-a^o^/T^^SS^^^lat.  aratmkn^^^  — ^"^     A^Pzcik. 


Miscellen. 


1.  Altirisch   sndthe  filum   Zeuss  2  S.  16  gehört  zu  ahd. 
^^jMit^nhd.  Schnur,  got.  s5^^o ,  FleetTtwerk,  Itö^rb;    das  Verb  ist 

cDtlialtcii    im    lett.    tslTtij^snat   l'üCIti?!-    zusanniicndrchen,   snäte 
sndtene  Decke,  Umschlag^^it&h   der  Weiber. 

2.  Altirisch  hrig  valor    kann   für  bring  breng   stehen  vgl. 
ligifn  =  lingo   lecke ,  ps__=_  census_  Zins,    mis  gen.  =  mensis.  _ 
Dann  stimmt  es  aufs  Schönste  zum  lit.  bringstu  bringau  bringti, 
pabringti  theuer  werden,  brangiis  theuer,  lett.  bra'ngs  und  bre'ngs 
prächtig,  kostbar,  vortrefflich,  tüchtig. 

3.  Cambrisches  ch  ist  im  Auslaut  meist  aus  s  =  ks  her- 
vorgegangen ,  wie  in  chwech  =  sechs ,  '^h==  Ochse j  uch  su- 
pra  vgl.  i>'i//t  ksl.  vyso-kü  Grundform  -^uqso  hoch./  Darnach  ist 
das  Adjectiv  ^T^5r€4,,^^w'^cÄ. ...laetus  aus  ijc^o-  "Bststanden  und  von 
Zeuss^  126  richtig  mit  dem  altbritischen  Stadtnamen  Ovt^alla 
zusammengestellt.  Mit,  diesem  altceltischen  ""ht^o-s,  vd3pe4os  hei- 
ter stimmt  genau  ksl.  vetf^  heiter  =  prÖH^s!  1*«^/)^  fröhlich 
mit  s  —  X  wie  in  ksl./osi  =  Achse.  Die  Herkauft  Von  \vKfl'e 
=  lat.  «^?5<<^r?^hHJ^)SBS  u.  s.  w.  liegt  '"trtrf-ÄeiuJl^d. 

""■""  4.  Wie  zend.  urutfa  an  ved^ra^a_(Roth.  Ueber  Ya9na 
31  S.  14),  so  schliesst  sich  zend.  urvi  „wuchtend"  in  unri-gara 
mit  wuchtigem  Haupt;  urvi-kaodha   mit  wuchtigem  Helm,  urvi- 


Q^K 


166  Miscellen. 

verethra  wuchtig  siegend  an  ved.  vräyas  n.  erdrückende  Ge- 
walt, Uebermacht,  und  vU  (=  vri)  zusammendrücken,  erkni- 
cken, mit  welchem  Geld n er  Metrik  des  jüngeren  Avesta  S. 
43  f.  zend.  urvaenant  verglichen  hat.  Ist  nun  die  Annahme 
richtig,  dass  v  im  Griechischen  als  ß  erscheinen  kann,  so  darf 
dem  zend.  urvi-  das  griech.  ßQi  „wuchten"  in  ßgL-^nvog,  ßgi- 
agog,  ßgi^o)  gleichgestellt  werden.  —  Anders  wird  ßQt,  erklärt 
von  Fröhde  o.  I.  251. 

5.  Zu  lat.  cötes  Felsen,  cos  Wetstein,  cautes  Spitzstein 
gehört  lett.  schk'aute  die  Kante,  schk'auteris  die  scharfe  Kante 
an  einem  Steine.  Ebenso  ist  Tthqa  Fels  eigentlich  die  „Kante" 
und  entspricht  dem  lat.  -quetro-  Kante  in  tri-quetrus  dreikantig; 
lat.  saxum  Fels  ist  —  germ.  sahsa-  Schneide,  sskr.  agman  Stein 
vgl.  lit.  akmü'  und  ax^jy;  endlich  „Kante"  wird  niederdeutsch 
für  „Fels"  gesagt,  so  in  dem  bekannten  Farbenspruche  von  Hel- 
goland: „Rod  is  de  Kant".      / 

6.  Umbrisc]i_j>|^  j>o^kommt  in  der  häufig  wiederkeh- 
renden Phrase  altumbr.^^eri  vinu  keri  jpuni  feitii  =  neuumbr. 
heri  vinu  heri  x>oni  feiiu  vor.  Dass  mit  pöni  eine  Flüssigkeit 
bezeichnet  werde,  dafür  spricht  die  Zusammenstellung  mit  iunu 

=  lat.  vino    „mit  Wein,"    sowie    die   ungezwungene,   auch  von  iaW 
Huschke  vorgeschlagene,   Herleitung   des  Wortes   von  lat"^^' 
trinken,  wovon  es  durch  w  gebildet  ist  wie  äol.  ^l?wj;£>'  trinken, 
_ei'7h*iig£^tr]!I^^  s.  w.      ÜmbriscK''fe?)7?»-> 

heisst  also  „mitrrank".     Was  für  ein  Trank  gemeint  ist,  lasst 
sich  dadurch   bestimmen,  dass   im    alten  Latein  eine  Ableitung 
von  |9o  trinken  existirt,  die   ihrer  Bildung    nach    ebenfalls  ein- 
fach „Trank"  bedeutet,  aber  zur  Bezeichnung   eines  bestimm-, 
ten  Trankes  verwendet  wird.    Es  ist  (Jies  ^p^f»s^  eia,,bei  Plai^us! 
u.  )^  häufiges  Wort,    welches   eine\Misöh*i^   von  W^si^r  ^äit|, 
J^^SisJ^SS^^c)^?®^^^^^  als  gewöhnlicher  Trank  diente  und  'daherl 
schlechtweg  ,^der Jmi^Qk^  genannt  ist,   denn  ^^«c^ist  von^'^JosL 
trinken  -^geleitet,   wie"  esca   ( =    ed-sca)  Speise   von  ed  essen. 
Wie  nun  ^bx;a   „Trank"   das   mit   Essig  gemischte  Wasser  be- 
zeichnete,  so  wird    das   umbrische  ponl-   „Trank"   dieselbe  als 
gewöhnlicher  Trank  dienende  Mischung   bezeichnet   haben,  und 
wir    dürfen  daher   die   umbrische  Formel   heri  vinu,    heri  imni 
feitu  mit  vel  vino  vel  posca  facito  übersetzen. 

7.  Hesychs  Glosse  Felxavog  •  6  Zevg  nccQcc  Kqrjoiv  wird 
bestätigt   und    berichtigt  durch  Münzen   der    kretischen  Stadt 


Miscellen.  167 

Oaiarog,  welche  die  Legende  FeXxav  und  Felxccvog  als  Namen 
des  Stadtgottes  von  Phaistos  tragen.  Man  hat  den  Namen 
Fel^avog  für  semitisch  ausgegeben,  ohne  allen  Grund.  Viel- 
mehr ist  FeXxccvog  von  feXa  glänzen  abzuleiten,  das  in  der 
Form  /AcK  auch  in  dem  Gottesnamen  'HfXey.TioQ  '^Yneglcov  der 
Sonnengott  bei  Homer  wie  in  den  mythischen  Namen  ^HXixtQa 
und  ^HlsxTQvtüv  erscheint.  Gleichen  Stammes  ist  auch  aßka^ 
{=  d~/Xa^)  •  X(xf.i7TQwg.  Kvtiqlol  bei  Hesych,  welches  für  Di- 
gamma  beweist.  Für  FeXxavog  erscheint  kretisch  FeXxccvog  nach 
einer  wohlbezeugten  Eigenthümlichkeit  des  kretischen  Dialects 
die  alte  Tenuis  zu  aspiriren.  So  lesen  wir  inschriftlich  i^/a- 
fiavia  =  l4xdf^iavTa ,  2idxog  •  6  ttov  Kovgijttov  Ttar^g  ist  = 
^wxog,  daxsXiov  •  tquxv  Kg^tsg  gehört  zu  dayieX^g  u.  s.  w. 
Vgl.  Hei  big  de  dialecto  Cretica.  Plaviae  1873  p.  13. 

Dürfen  wir  demnach  als  Grundform  des  alten  Gottesna- 
mens unbedenklich  FeXyiavog  ansetzen,  so  liegt  doch  wohl  auf 
der  Hand,  dass  dieser  mit  dem  italischen  Volcänus  —  Vulcä- 
nus  identisch  ist;  zur  Vocaldifferenz  vergleiche  man  d/^iXyco: 
lat.  mulgeo.  Zu  Vulcänus  hat  man  sskr.  ulkä  Feuerbrand,  ved. 
varcas  Glanz  gestellt.  Zu  dieser  Gleichsetzung  des  FeXxavog 
mit  dem  Volcänus,  der  in  seinem  Wesen  dem  '^'HcpaLOxog  ent- 
spricht, passt  nun  auch  sehr  schön  der  Name  der  Stadt,  worin 
FeXxccvog  =  Volcänus  =  ^'Hcpaiotog  verehrt  wurde,  nämlich 
OaiOTog.  Gewiss  mit  Recht  hat  Bezzenberger  den  Namen 
"H(paiOTog  in  'H  und  (paiotog  zerlegt  und  im  letztern  lit.  gais- 
tas  =  nhd.  Geist  wiedergefunden  (o.  II.  155).  Dies  zweite 
Element  des  Gottesnamens  bildet  den  Stadtnamen  Oaiarög  und 
wir  erhalten  den  Satz :  In  Oauotog  wurde  der  sonst  "H-cpai- 
axog  genannte  Gott  als  FeXxccvog  —    Volcänus  verehrt, 

8.  Dem  sskr.  asma-  Stamm  des  pron.  1.  pers.  entspricht 
bekanntlich  ccf.ii.ie-  =  ^/Wfi-  in  a(.i[.ieg ,  i^f.ietg  wir.  asma  ist  bis- 
her meist  (vgl.  jedoch  Scher  er  ZGDS.^  S.  233)  auf  einen 
Stamm  a  zurückgeführt.  Dies  ist  falsch,  wie  got^nns,  unsis, 
jMwsar  zeigt  Vielmehr  ist  sskr.  a  =  griech.  a  in  asma,  a^ijus 
als  n  anzusetzen,  Grundform  also  n-sme.  Dieses  n  ist  verkürzt 
aus  dem  Pronominalstamme  1.  pers.  ne-,  welcher  im  sskr.  naSj 
jgr.  »'t5t,  sXildii.  niSf  lat.  no$^\^\.  namü,  preuss/j^owsq«  erscheint,  lljfß) 
und" von  Bezzenberger  auch  im  Affix  der  1.  sg.  imperat. 
des  Sanskrit,  wie  karavd-ni  und  in  k'q)eQ0-v  nachgewiesen  ist 
(0.  IL  135). 


168  Miscellen. 

9.  JcoQt^eg  TE  TQtj^^g  Odyss.  19,  177/1^  immer  yiehtigV^ 
mit  TQLCfvXoL  ,l|^reistämmig"  übersetzt;  es^ezieht  sicli  TjOt^f^f^^ 
auf  die  bekannt^,  Dreitheilung  dpr  Dorier  in  Hylleer,  Dymanen 
und  Pamphylen.  ^^uch  etymcjMgisch  bedeutet  iQLyai^  dreistäm- 
mig; es  ist  nämlidlb  aus  ^^f (»//a  und  /tx  zusammengesetzt  und 
dieses  fi^,  ist'  identfech^mit  sskr.  p%^.^endN{^;  3\t^Q,H^.  vith 
Ill?i4^  Srafe^in,T3lan.  "^asselbe  Elenlent  liegt  in  0^»j^«x£ffTf 
ker,  w.ie  es  auA  in  osltiscli^  Völkernamen  Avie  ElHiro-vices,  _ 
Ordo-vheSf  Brm^vUe^lLem^^^  erscheint. 
"^  10.  Bugge  stellt  altital.  Studien  S.  45  E  oskisch  carla 
Brod,  haranter  —  pascuntur  und  die  Götternamen  lat.  Ceres, 
Cerus  {=  Cerrus)  Cereria,  oskr.  Kerri  dat.,  umbr.  Cerfo-  sehr 
ansprechend  zu  y.0Qevvvf.u  y^ogog,  lit.  szeriü  szerti  füttern, 
deutsch:  Hirse.  Der  Stamm  cers-  in  den  Götternaraen  erinnert 
an  yioqeg  in  yt.0QeiVvvf.ii  ohne  jedoch  damit  identisch  zu  sein: 
XOQSVVV-/LU  ist  gebildet  wie  ved.  vadhasnü,  vrdhasnü,  während 
avvv  in  den  Verben  auf  avvvixi  dem  ved.  ishnu  z.  B.  in  carishnü 
entspricht.  Nehmen  wir  Kerso-  als  Grundform  der  cerealischen 
Götternamen,  so  scheint  sich  dieses  Kerso-  auch  als  altgriechi- 
sclie  Götterbezeichnung  nachweisen  zu  lassen.  Der  Kabiren- 
dienst  wird  von  den  Alten  stets  auf  Demeter  =  Ceres  bezogen, 
daher  Jfrjf.ii]TrjQ  KaßBiqia  an  der  Spitze  der  Kabiren  steht. 
Die  Namen  der  Kabiren  überliefert  Mnaseas  von  Patrai  Schol. 
Apoll.  Rhod.  I.  917,  C.  Mueller  Fragm.  bist.  Graec.  vol.  III.  p. 
154  i4^ieqoQ,  ui^iöxeQoa,  l^^ioxsqaog.  lä^ieqog  fiev  ovv  eonv 
Tj  JtjiiirjTrjQ,  Li^LÖxegaa  de  rj  n£QG€q)6vr],  l4^L(r/.eQoog  öi  6  "Iddrjg. 
Id^L-,  l4^L0-  in  diesen  Namen  heisst  „bringend'^  und  ist  direct 
zu  d^iftev  aor.  zu  ayw  zu  stellen ;  lA^i-eqog  heisst  „Begier  brin- 
gend" und  ist  Vollname  zu  "'Egog,  ^'Eqwg  dem  Namen  des  Gottes 
von  Thespiai;  !A^i6xsQOog,  -oa  heisst  „Sättigung  bringend"  und 
ist  Vollname  zu  lat.  Ceres,  Ce7TUs',  osk.  Kerri,  umbr.  Cerfo-. 
Ebenso  stehen  zu  einander  lat.  almus  als  Götterbeiwort  und 
cpvv-dlfXLog  Beiname  des  Zeus,  Poseidon  u.  s.  w. 

11.  /Lettisch  m^m.  Quelle,  das  so  in  den  Wörterbüchern 
von  Lange,  Stender,  Ulmann  und  in  der  emendirten  letti- 
schen Bibel  v.  J.  1877  (z.  B.  Job.  4.  14  tas  uhdens,  ko  es  tam 
dohschu,  eeksch  wi»fta  taps  par  uhdens-awotu)  geschrieben 
wird,  aber  als  arüts  aufzufassen  ist,  wie  halodis,  ha'hrgotees, 
ga'lwotajs  u.  s.  w.  in  den  genannten  Quellen  ak  balüdi,\  här- 
gütls,  ga'lvütdis,  entspricht  genau  dem  vedischen  aü?W^m.  Bi 


Miscellen. 


169 


nen.  Entsprechend  der  Herleitung  von  der  Präposition  ved. 
\dva  ab,  heriab  —  lat.  au-  in  mi-fero,  die  auf  europäischem  Bo- 
den nach  Analogie  von  cctco,  tzqÖ  ,  vnö  avo  gelautet  haben  wird, 
ist  als  europäische  (jrundforrn,az'o^d-s  anzusetzen.  Hierfür 
spricht  auch  das  ü  in  lett^^M'fai^  "Während  nämlich  die  litaui- 
schen o-Laute  (o  und  ü)  sowol  europäischem  ä  als  ö  (resp.  o) 
gegenüberliegen,  entsprechen  die  o-Laute  der  lettischen  Schrift- 
sprache, ü^  5;  WO  sie  nicht  nasalen  Ursprungs  sind,  durchaus 
südeuropäischem  ö;  resp.  o,  während  Jtgttj^  dem  südeurop.  ä 
entspricht  (wie  in  lett.  ?näte  neben  ht.jmote,  lat.  mäter;  brdlis 
neben  \it.' hrölis,  lat.  f rater ;  stät  stellen,~"rieBen  lit.  sioti,  lat. 
spare  u,  s.  w.}r*^Bcffspiele  fürllett.  Ö;  ?I  =  südeurop.  ö,  ö  sind: 
_^(5^i^g^Sct5Äfi,  Binsen:  qJ'h«^^"dof.  S^Sii^^  dore  ein  in  einen 
Waldbaum  gehauener  Bienenstoclc  (vgl.  Dfegnffl.  drava):  öoqv; 
du  geben:  diöco/iu,  lat.  dos,  donum ;\g()la  Nest,  Lager:  yioleös; 
güvs  Kuh:  ßovg,  lat.    hos,  ksl.  (/ovqdo ;  jöks  Scherz:    lat.  jocus] 


jüsfa  Gürtel:  Ca)vvy/iii\um't^ci 

Thejl:   vouog  ('^);mst^_nS^^ 
^-y^of\;.  uga  Beere:  lat.  ll^P«K(aus  '''o^%ajs^j! 
"""l^i^^ßS^i^e ,    vgl.  ^Btf%jg,  "l^»«^,-    östa  Eaü 

Schwiegersohn  :  yvtorog  Verw!indter  (?). 


löma 
i>Ä4^  lat.^ 

at.  osttum;  fnots 
Diese  Beobachtung 


spricht  für  Collitz's  Auffassung  des  o  als  eines  gemeinsam 
europäischen,  so  Gott  will  auch  ursprachlichen  Vocals  neben 
e  und  a.  Ä.  Fiele. 


j^^'^ 


J 


12.  Arisch  dhbhu.  Zuw^eilen  sind  wurzeln  durch  ein  suffixa- 
les dement  u  ==  va  erweitert,  vgl.  gr.  eXvco  lat.  volvo  got.  valvison, 
{af-)valvjan,  lat.  volümen  =  gr.  eilvf-ia,  gr.  sIvtqov  —  skr.  va- 
rilfra,  lat.  volütus  ■=  skr.  tdüta  neben  skr.  vdlate  asl.  valitij  valjati 
lett.  vilät  fFick  wbch.  ^  I.  776);  gr.  rgvio  asl.  truti,  tryti  und  skr. 
turv  avest.  taurv  sowie  skr.  tarutär ,  tdrusha  neben  gr.  teiqo) 
(Fick  a.  a.  o.  s.  595);  gvoiKai  skr.  varutdr,  vdrütha  neben  skr. 
vrnöti  lat.  vereor  (Fröhde  Kzs.  22.  265  f.,  vgl.  J,  Schmidt 
voc.  II.  262)  u.  a.  Eine  solche  erweiterung  hat  auch  die  in 
skr.  dahh  „jemd.  etwas  anhaben,  antun,  schädigen,  versehren, 
benachteiligen,  verletzen;  täuschen,  im  stich  lassen,  hinterge- 
hen", avest.  dab  „betrügen",  gr.  che/nßw  „schädigen,  täuschen" 
(o.  I.  69,  169)  enthaltene  wurzel  erfahren  und  zwar  in  der 
weise,  dass  beim  antritt   des  suffixalen    elements  der  vocal  der 


170  Miscellen. 

Wurzelsilbe  zum  schwa  verflüchtigt,  bez.  eingebüsst  wurde  (vgl. 
0.  TQvo),  QvojiiaL  =  fQvo(.iai,  ulüta  d.  i.  *vlüta),  so  dass  die 
wurzelform  dh'hhu  (nach  Ficks  Schreibung  dJThhu)  entstand; 
dieselbe  ist  einstweilen  nur  in  den  arischen  sprachen  nachzu- 
weisen und  zwar  in  folgenden  formen: 

1)  in  avest.  ädehaomä  und  alpidehdvayat  (s.  Justi  wbch. 
s.  159  unter  debu).  Die  erste  dieser  formen  erscheint  y.  30. 
6:  ayao  noit  eres  vishyatä  daevacinä,  yyat  is  ädebaoma;  die 
zweite  y.  31,  17:  vidvao  vidushe  mraotü,  mä  evidvao  aipidebä- 
vayat.  Beide  verse  stehen  in  ahunavaitistrophen  (vgl.  Geld- 
ner metrik  p.  VII,  Hang  sitzungsber.  d.  Münchener  akad. 
phil.-hist.  cl.  1872  s.  97),  in  beiden  ist  des  metrums  wegen  der 
in  der  Wurzelsilbe  von  ädebaoma,  aipidehävayat  stehende  vocal 
nicht  zu  lesen  (vgl.  Roth  über  yagna  31  s.  11)  —  damit  er- 
ledigt sich  die  frage,  ob  in  dem  zuletzt  angeführten  verse  aipU 
dehdvayat,  aipidehävayat  oder  aipidibävayat  —  Justis  lesart 
aipidebäväyat  (chrestom.  p.  420)  wird  wohl  nur  druckfehler 
sein;  woher  Barth olomae  d.  altir.  verb.  s.  186  den  conjunc- 
tiv  aip't-debävajäd  hat,  weiss  ich  nicht  —  zu  lesen  sei  (Haug 
gathas  I.  147),  und  es  mag  nur  daran  erinnert  werden,  dass 
diese  lesarten  sich  ebenso  zu  einander  und  zu  dem  durch  das 
metrum  geforderten  aipidbävayat  verhalten,  wie  die  lesarten 
hademöi,  hademoi,  hadimöi,  (hadimoi)  y.  44.  9,  46.  14  W.  = 
43.  9,  45.  14  Sp.  zu  einander  und  zu  dem  nach  ausweis  des 
metrums  an  ihrer  stelle  zu  lesenden  hadmöi  (vgl.  Hübsch- 
mann Kzs.  24.  333  n.).  —  Was  die  grammatische  erklärung 
der  formen  ädebaoma  und  aipidebäväyat  anlangt,  so  ist  jene  I. 
pl.  imperf.  ind.  und  zeigt  dieselbe  abnorme  gunirung,  wie  die 
formen  frerenavainti  yt.  13.  46  und  kerenaon  (kerenäun)  y.  30. 
9;  aipidebäväyat  ist  III.  sg.  imperf.  ind.  nach  der  X.  conj.-cl. 
(nach  mä  in  conjunctiv.  sinne).  Dass  von  debu  das  verbalthema 
debävaya  gebildet  wurde  (wie  frdvaya  von  fru,  drävaya  von 
dru)  und  nicht  *dehvaya,  wie  skr.  pinvaya  von  pinv  d.  i.  pinu, 
(vgl.  avest.  fra-pinaoiti),  hat  nichts  auffallendes,  am  wenigsten 
in  einer  spräche,  die  aus  dem  präsensstamm  erenu  die  III.  sg. 
aor.  pas.  erenävi  y.  9.  3,  4  W.  gebildet  hat  (Burnouf  etudes 
sur  la  langue  et  sur  les  textes  zends  p.  138;  unverständlich  ist 
mir,  wie  Justi,  Spiegel  altbaktr.  gram.  s.  254  und  Ludwig 
inf.  i.  veda  s.  103  diese  form  als  III.  imperf.  pas.  erklären 
können). 


Miscellen.  171 

2)  in  altind.  ddhhuta  und  dnatidbkuta.  Das  erste  dieser 
Wörter,  das  in  vedischen  und  nachvedischen  Schriften  nicht  sel- 
ten vorkommt,  wird  nigh.  III.  3.  durch  maliant  übersetzt,  von 
Säyana  durch  dgcarija  (rv.  I.  25.  11),  ägcaryakara  (I.  18.  6; 
IX,  85.  4),  ägmryabhüta  (I.  120.  4,  142.  3;  IL  7.  6,  26.  4;  V. 
10.  2,  m.  4t',  VIII.  13.  19;  X.  152.  1),  ägcaryarüpojjeta  (V. 
2.  12),  maJmnt  (I.  94.  12.  13,    120.  4,   142.  10;   IL  26.  4;  V. 

23.  2,  66.  4;  VI.  8.  3,  15.  2;  VIII.  26.  21,  43.  24;  IX.  20.  5, 

24.  6,  83.  4,  85.  4;  X.  105.  7),  vicitrakarman  (VIII.  26.  21), 
ramaniya  (IL  7.  6)  und  abhüta  iva  adya  kshane  hhavitä,  adya 
dvir  hliavad  abhütam  iva  sat  (I.  142.  3.  10),  von  Mahidhara 
durch  d(;caryat'üpa,  anatiyasadrga  (vs.  XL  70),  mahant  (XXI. 
20),  acintyagakU  (XXXII.  13)  glossirt ;  aus  nir.  I.  6  ist  für  seine 
erklärung  nichts  zu  holen.  Es  findet  sich  im  rgveda  auch  in 
den  compositen  ddbhutakratu  V.  70.  4;  VIII.  23.  8  und  ddbhutai- 
nas  V.  87.  7 ;  VIII.  67  (56).  7 ;  jenes  erklärt  Sayana  durch 
dgcaryakarman  und  bahuvidhaprajna,  cltrakarman,  dieses  durch 
apdpa  und  abhütapdpa.  —  Das  wort  dnatidbkuta  findet  sich 
nur  rv.  VIII.  90  (79).  3:  brahmä  ta  indra  girvanah  kriyante 
anatidbhutä,  wozu  Säyana  bemerkt:  sarvanatikramya  na  bha- 
vanti  I  Indragunavyäpakäni  |  yathärthabhütanity  arthah  |  .  Her- 
vorgehoben mag  noch  werden,  dass  im  padatext  dnatidbhutd 
in  dnati<S  dbhutä  getrennt  ist. 

Ädbhuta  wird  meist  als  eine  Verstümmlung  von  atibhüta 
erklärt.  Gegen  diese  erklärung  spricht;  dass  sonst  weder  ati- 
zu  *at-,  noch  bhüta  zu  *bhuta  verkürzt  ist;  ferner  widerspricht 
ihr  anatidbhutä,  das,  wie  der  augenschein,  der  sicherste  führer, 
lehrt,  von  ddbhuta  nicht  zu  trennen  und  in  an-  -ati-dbhuta  zu 
zerlegen  ist,  wie  z.  b.  anatidrgyd  in  an-  -ati-drgya,  dnapacyuta 
in  ati-  -apa-cyuta,  dnäkrta  in  an-  -ä-krta  u.  s.  w.  Hiernach 
kann  ddbhuta  nur  als  a  ^nv.-\-dbhuta  aufgefasst  werden.  In 
anatidbhutä  und  ddbhuta  steckt  also  als  letzter  bestandteil 
dbhuta;  diess  ist,  wie  wieder  der  augenschein  zeigt,  eine  par- 
ticipiale  bildung  einer  verbalen  basis  dbhu,  die  bei  der  innigen 
verwantschaft  zwischen  veda  und  avesta  mit  dem  o.  besproche- 
nen avest.  verbalthema  debu  zu  identificiren  ist.  Da  die  be- 
deutungen  desselben  gewiss  dieselben  waren,  wie  die  von  dab 
=  ved.  dahh,  und  da  ddhhuta  seiner  bildung  nach  mit  ved. 
ddabdha  „der  täuschung  unzugänglich,  sicher,  treu;  unangeta- 
stet, unantastbar;  lauter,  rein,  integer"  auf  einer  linie  steht,  so 


172  Miscellen. 

ist  anzunehmen,  dass  die  bedeutungen  des  letzteren  denen  von 
ädhhuta  nicht  fern  lagen,  und  es  fragt  sich,  ob  diesem  diesel- 
ben an  den  stellen  rv.  I.  18.  G  (=  vs.  XXXII.  13,  sv.  I.  2.  2. 
3.  7),  94.  13,  120.  4,  142.  3.  10  (=.  av.  V.  27.  10),  170.  1; 
II.  7.  6  (=  vs.  XL  70),  26.  4;  V.  10.  2,  23.  2,  66.  4;  VI.  8.  3, 
15.  2;  VIII.  13.  19,  26.  21,  43.  24;  IX.  20.  5  (=  sv.  II.  3.  2.  4. 
5),  24.  6  (=  SV.  IL  3.  2.  3.  5),  83.  4,  85.  4  (sahasranithah  gata- 
dhäro  adbhuta  indräyenduli  pavate,  vgl.  das.  v.  3:  adabdha 
indo  pavase  madintama  ätmä  u.  s.  w.);  X.  152.  1  (vgl.  av.  I. 
20.  4)  nicht  zuzuschreiben  sind.  An  anderen  stellen  freilich, 
an  welchen  ddhhuta  vorkommt,  kann  es  jene  bedeutungen  nicht 
gehabt  haben;  so  rv.  I.  25.  11  (vigvany  adbhuta  cikitvän  abhi 
pagyati),  I.  77.  3  (adbhutasya  rathih),  I.  94.  12  (helo  ädbhutah), 
X.  105.  7  (adbhutam  na  rajah),  wo  ädhhuta  die  bedeutungen 
„wunderbar,  gewaltig,  unsichtbar"  zeigt.  Diess  begründet  aber 
keinen  einwand  gegen  das  bisher  gesagte,  da  diese  bedeutungen 
sich  leicht  aus  den  bedeutungen  „der  täuschung  unzugänglich, 
unantastbar"  entwickeln  konnten,  denn  das,  was  nicht  getäuscht, 
nicht  verletzt  werden  kann,  ist  ja  das  überirdische,  übermensch- 
liche und  darum  wunderbare,  gewaltige,  unsichtbare.  Die  be- 
deutung  „unsichtbar"  zeigt,  worauf  schon  wiederholt  hinge- 
wiesen ist,  adbhuta  besonders  deutlich  rv.  IV,  2.  12,  auf  welche 
stelle  ich  w.  u.  zurückkommen  werde,  und  in  dem  compositum 
ddhhutainas  (s  o.),  einem  beiwort  der  Maruts  und  Adityas.  In 
dem  compositum  ddbhutakrafu  dagegen  hat  ädhhuta  die  ur- 
sprüngliche bedeutung  „untrüglich" :  mit  adbhufakratü  werden 
rv.  V.  70.  4  Mitra  und  Varuna  angeredet,  deren  cakshus  rv. 
VI.  51.  1  ddabdham  genannt  wird;  die  rv.  VIII.  25.  3  vigväve- 
dasä  heissen  und  von  welchen  der  eine  im  Mihir-yasht  als 
adhaoyamno ,  adliaoyö,  anaiundrukhtd  bezeichnet  wird.  Ädbhuta- 
kratu  heisst  ferner  Agni  rv.  VIII.  23.  8,  der  rv.  I.  76.  2  ddab- 
dhah  puraetd' ;  I.  128.  1  ddabdho  hotd;  II.  9  6,  VI.  7.  7,  X. 
128.  6  ddabdho  gopä'h-,  IV.  4.  3  pdyür  ädabdhah;  V.  19.  4 
ddabdho  däbhah  genannt  wird.  Ädhhutakratu  entspricht  be- 
grifflich genau  dem  avest.  adhaoyökhraiu,  wie  yt.  12.  1  Ormezd 
heisst  (unmittelbar  daneben  adhaoyö,  vigpö-indhväo ;  vgl.  adbhu- 
fakratü und  viQvävedas  als  epitheta  von  Mitra- Varuna). 

Die  bedeutung  von  änatidbhufa  fasst  man  am  besten  als 
„nicht  zu  übertrügen" ;  die  brähmd  änaiidbhutä  sind  dann  preis- 
lieder  —  brähmd  hier  nach  Säyaiia  soviel  wie  stoträni  — ,  denen 


Miscellen.  173 

der  trug  nichts  anhaben  kann,  deren  Wirksamkeit  durch  irgend 
welche  ranke  nicht  vereitelt  werden  kann.  —  Oder  ist  dnatidbhii- 
ta  soviel  als  satyd?     Vgl.  satyä'ny  uktha    rv.  "VI.  67.  10. 

Ich  habe  schliesslich  noch  einen  punkt  zu  berühren.  An 
der  schon  erwähnten  stelle  rv.  IV.  2.  12  steht:  kavim  ga^asuh 
kaväyö  J  dabdha  nidhärayanto  düryäsv  äyöh  |  atas  tvam  dr'9yän 
agna  etän  padbhih  pa9yer  adbhutan  aryä  evaih  ,,den  weisen 
unterwiesen  die  untrüglichen  (Grassmann :  'treuen',  Ludwig: 
'unbetörten')  weisen,  [ihn]  hinabtragend  zu  den  türen  der  men- 
schen I  von  hier  aus  magst  du,  o  Agni,  mit  den  blicken  die 
sichtbaren  [und]  die  unsichtbaren  als  ein  holder  nach  gewohn- 
heit  sehen".  Hier  erscheinen  ädabdha  und  ddbJmfa  in  verschie- 
dener bedeutung  neben  einander,  und  dieser  umstand  kann  zu 
einem  einwand  gegen  meine  meinung,  dass  jene  Wörter  wesent- 
lich identisch  seien,  benutzt  werden.  Indessen  es  lässt  sich  aus 
ihm  doch  höchstens  nur  das  schliessen,  dass  der  etymologische 
Zusammenhang  jener  Wörter  dem  dichter  jenes  verses  nicht 
mehr  klar  war;  diess  beweist  aber  nichts  gegen  jenen  Zusam- 
menhang und  meine  erklärung  von  adbhuta. 

13.  Zu  Neues  formenlehr e  I,  288.  Die  von  Varro  1.  1.  8. 
74  (Müller)  —  neque  oportebat  consuetudinem  notare,  alios 
dicere  boum  greges,  alios  boverum ;  et  signa  alios  lomn,  alios 
loverum  etc.  —  überlieferten  genitive  pl.  Joverum,  boverum 
sind  nicht  durch  „falsche  analogie"  entstanden,  sondern  von 
den  stammen  Joves-,  boves-  gebildet,  die  im  altnordischen  wie- 
derzuerkennen sind.  Hier  schliessen  sich  an  lat.  Joves-,  boves- 
die  in  den  formen  Tyrr,  Tyrs,  Tifri,  Tyr  (nebenformen  von 
Tyr,  Tys,  Tyvi,  Ty)  und  hyr  enthaltenen  stamme.  Die  letzt- 
genannte form  wird  im  dat.  und  acc.  gebraucht,  wenn  kyr  als 
beiname  verwendet  wird  (Wimmer  an.  gr.  s.  53)  z.  b.  in  der 
Verbindung  Simon  kyr ;  in  derselben  Verwendung  zeigt  das  wort 
syr  „sau"  den  dat.  und  acc.  syr,  genit.  syrs  und  syrar,  sürar. 
Nachdem  erkannt  ist,  dass  der  dat.-acc.  kyr  den  lat.  stamm 
boves-  reflectire,  werden  wir  kein  bedenken  tragen,  die  formen 
syr,  syfs,  syrar,  sürar  an  den  in  lat.  sneris ,  suere  (Varro  5. 
210,  vgl.  Neue  a.  a.  o.  s.  180)  enthaltenen  stamm  sues-  anzu- 
schliessen. 

Den  lat.  stamm  boves-  auch  in  dem  homer.  dat.  ßoeaai 
und  dem  skr.  compositum  yoshpad  wiederzuerkennen,  trage  ich 
bedenken ;  eher  könnte  man  an  den  stamm  sues-  ausser  an.  syr 


174  Miscellen. 

u.  8.  w.  gr.  vg-  in  vg-rtiled^og ,  vg-TtoXog,  vg-TtoXio)  anschlie- 
ssen.  Aber  auch  dieses  wäre  unsicher,  da  diese  formen  sehr 
jung  sind. 

14.  BaatXsvg.  J.  Wackernagel  hat  treffend  bemerkt, 
dass  *ßdailog  als  grundlage  von  ßaaiXsvg  durch  die  femininalfor- 
men  ßaaiXr],  ßaoiXig,  ßaciXiaoa  erwiesen  werde,  und  dass  bei  al- 
len deutungsversuchen  jenes  wertes  von  dieser  grundform  auszu- 
gehen sei  (Kzs.  24.  297).  Ich  tue  diess,  indem  ich  den  stamm 
*ßaaiXo-  (BdaiXog  kommt  als  name  vor)  in  ßaai-Xo-  zerlege, 
in  Xo  mit  Wackernagel  a.  a.  o.  das  zur  bildung  von  kosenamen 
häufig  verwendete  suffix  -Xo-  sehe  (vgl.  Fick  gr.  personenna- 
men  p,  LI)  und  ßaai-  dem  avest.  jaiti  „haus,  familie"  (ver- 
schieden von  zainti  in  framinti)  und  dem  lit.  gimtis  „das  na- 
türliche geschlecht"  (vgl.  cfi7M^/  „faiöiäii",'  lett.  dpf^mt^i  „ge- 
burt,  stand,  geschlecht",  dj^th- Jc^^s^^t^  gleichstelle. 
Nach  dieser  erklärung  entsprach  der  griechische  ßaaiXsvg  voll- 
ständig dem  germanischen  könig,  „dem  geschlechtsherrn". 

15.  Zu  Ficks  identificirung  des  homerischen  Suffixes  tu 
mit  dem  latein.  und  altind.  suffix  t  o.  s.  159  ist  zu  bemerken, 
dass  jenes  in  dieser  verkürzten  form  in  der  homerischen  sprä- 
che selbst  zu  erkennen  ist,  nämlich  in  den  Wörtern  IrtTtoavvT^ 
und  To^oovvr],  die  weder  von  ircTTog  to^ov  ,  noch  direct  von 
iTtTtÖTa  Toyota  (bez.  iTtTtorrjg  ro^ÖTr^g)  abgeleitet  sein  können, 
sondern  aus  *i7t7tOT^avvrj  *TO^OT^avvr] ,  ^TtTtoTOvvrj  ^To^oravvr] 
entstanden  sein  werden  (vgl.  TOQßoavvr]  :  vdgßog,  ßQid^oovvrj: 
ßqid^og).  Wie  sie  sind  gebildet  deOTtoovvT],  in  welchem  ein  dem 
Worte  dEGnoTrjg  zu  gründe  liegendes  ^deoTtoT^ ,  ^ÖEortoT  ent- 
halten ist,  dessen  Schlussteil  dem  lat.  pot  in  compot-  impot- 
entspricht,  und  xXErctoGvvr^,  dQy]aToavvr],  die  aus  yiXsTtT^avvr], 
öqi^GT'ovvrj  entstanden,  indem  das  schwa  derselben  gemäss  der 
regel,  dem  suffix  ovvrj  ein  o  vorausgehen  zu  lassen  (L.  Meyer 
vgl.  gram.  IL  544),  in  o  überging.  —  Weiter  erlaube  ich  'mir 
zu  der  citirten  arbeit  Ficks  noch  zu  bemerken,  dass  den  Suf- 
fixen gr.  ag  und  skr.  is,  wenn  dieselben  dort  mit  recht  combi- 
nirt  und  auf  früheres  ^s  zurückgeführt  sind,  das  germ.  suffix 
-uz  in  z.  b.  ags.  sigoVf  ahd.  sign  gleichzustellen  ist,  und  dass 
wir  auf  grund  der  in  ihr  gegebenen  nachweise  das  an  mjök 
„much;  very;  much,  almost,  very  nearly  but  not  quite"  (grund- 
form '*meku  =  '^meli)  dem  gr.  idya.  (grundform  ixef)  direct 
vergleichen  dürfen.  Adalbert  ßezzenberger. 


175 


Zum  mhd.  Wortschatz.  III. 

schär  1). 

Parziväl  463,   15.    dö  Lucifer  fuor  die  hellevart, 

-     mit  schär  ein  mensche  nach  im  wart 
got  worhte  Ü5  der  erden 
Adamen  den  werden. 

.  mit  schär  wurde  als  ächte  lesart  von  Lachmann  aufgenom- 
men, wärend  Dg  nach  schar  interpungieren.  Dazu  bemerkt 
Bech,  Germania  VII,  298 :  'was  das  circumflectierte  schär  hier 
bedeuten  soll,  ist  nicht  einzusehen ;  auch  wüsste  ich  nicht,  was 
gegen  die  interpunction  hinter  schar,  wie  sie  Dg  hat,  einzu- 
wenden wäre'.  Er  erklärt  sich  dann  für  San-Martes  Über- 
setzung; 'als  Lucifer  zur  hölle  gefaren  war  mit  seiner  schar'. 
Dagegen  ist  aber  zweierlei  einzuwenden.  Erstens  ist  es  nem- 
lich  auffallend,  dass  das  mit  schar,  was  ja  auch  ganz  unnötig 
ist,  da  man  bei  der  erwähnung  Lucifers  immer  zugleich  an  die 
schar  seiner  notgestallen  (cf.  v.  5)  denken  wird,  so  nachklappt. 
Zweitens  müsste  es  auch  notwendig,  wenn  Bechs  erklärung 
richtig  sein  solte,  mit  siner  schar  heissen;  die  von  ihm  beige- 
brachten stellen  sind  anderer  art.  Lachmann  musste  wol  gu- 
ten grund  haben  hier  von  der  sonst  von  im  bevorzugten  hs.  D 
abzuweichen,  d.  h.  die  stelle  anders  verstehen,  als  Bech.  Mir 
scheint  nun  mit  schär  unbedingt  zu  mensche  zu  gehören  und 
erkläre  ich  es  mir  als  germanisirte  form  des  altfr.  char,  chair, 
welches  'fleisch,  menschliche  natur'  bezeichnet.  7mt  schär  ein 
mensche  wäre  demnach  genau  gleich  dem  ausdruck  Walthers  im 
leiche  v.  80:  ein  man  nach  menschlicher  art.  mit  steht  hier, 
wie  im  mhd.  öfter,  zur  bezeichnung  des  Stoffes  aus  dem  etwas 
gemacht  ist  [s.  Lexer  u.  d.  W.].  Im  altfranzösischen  solte 
man  sich  meiner  ansieht  nach  öfter  rats  holen,  wenn  ein  sonst 
nicht  zu  erklärendes  wort  im  mhd.  aufstösst.  Die  spräche  war 
ja  so  reichlich  mit  fremden  bestandteilen  gemischt!  (vgl.  auch 
die  erkll.  von  maz  und  müz  0.  ss.  83,  86). 


*)    als  besonderes  wort  nimmt  es  auch  Lexer  in  den  soeben  erschie- 
nen nachtragen  s.  358,  weiss  es  jedoch  ebenfalls  nicht  zu  erklären. 


176  R.  Sprenger     Zum  mhd.  Wortschatz. 

zeigen 
in  einer  bisher  nicht  belegten   bedeutung  findet   sich  in  Albers 
Tundalus  13,  69. 

66.     di  gotes  hüs  si  merten 

diu  gevallen  waren  nidere 

diu  zimbertens  hin  widere 

si  begunden  dar  üf  zeigen 

ir  lehen  und  ir  eigen 

sich  selben  dar  zuo 

bediu  spat  unde  fruo 

zuo  allem  guote  bereit. 

des  habent  si  di  schcenheit. 
Die  entsprechende  stelle  der  visio  Tundali  ed.  0.  Schade 
s.  21,  16  lautet:  Hec  arbor  typus  est  sancte  ecclesie,  et  isti 
qui  sub  ea  sunt  viri  et  femine  constructores  et  defensores 
erant  sanctarum  ecclesiarum,  et  pro  beneficiis,  que  sanctis  ec- 
clesins  largiebantur,  ipsarum  fraternitatem  consecuti  sunt,  zei- 
gen gibt  also  hier  das  lat.  largiri  wider  und  hat  speciell  die 
bedeutung  des  'testamentarisch  verraachens'  i).  An  eine  verderb- 
niss  brauchen  wir  um  so  weniger  zu  denken,  als  auch  für  das 
lautlich  entsprechende  lat.  dicere  sich  diese  bedeutung  nach- 
weisen lässt.  Vgl.  Plaut  mil.  3.  1.  113:  {nam)  mea  bona  meis 
cognatis  dicam,  inter  eos  partiam  und  Afran.  ap.  Non.  p.  280, 
26:  dotis  paululum  vicino  dicam.  Zu  der  stelle  des  Tundalus 
stelt  sich  noch  Wigalois  5748  (149, 4)  ff.  do  gap  si  im  mitfröuden 
da  drigec  huohe  ze  eigen  und  hieg  im  %  zeigen  dag  beste  hüs 
als  er  si  bat,  dag  ietider  stuont  in  der  stat,  wo  zeigen  von  allen 
handschriften  überliefert  wird.  Es  wird  demnach  auch  Virgi- 
nal  974,  19  ich  wil  in  gerne  seigen  Up  guot  unde  dar  zuo  laut 
nicht  die  starke  änderung  des  herausgebers  von  gerne  seigen  in 
geben  z'eigen  (s.  z.  dst.)  anzunemen,  sondern  seigen  einfach  in 
zeigen  zu  ändern  sein.  Dies  jetzt  zur  richtigstellung  meiner 
bemerkung  in  Bartschs  Germania  XXII;  271.        R.  Sprenger. 

^)  80  spricht  auch  bei  Spervogel  (Minnes.  Frül.  25.  15)  ein  vater  zu 
Beinen  sönen:  ichn  kan  iu  nilit  gezeigen  diu  lehen  noch  diu  eigen,  'ich 
kann  euch  nicht  lehen  noch  eigen  hinterlassen'. 


177 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe. 

„Es  ist  ein  gewaltiger  satz",  sagt  J,  Grimm  GDS.  274, 
„den  uns  sanskrit  und  gotische  spräche  zur  schau  tragen,  dass 
es  ursprünglich  nur  drei  kurze  vokale  gibt,  a  i  u".  J.  Grimm 
bekennt  sich  mit  diesen  Worten  zu  einer  ansieht,  welche  in  ih- 
rem kernpunkte  auch  heute  noch  von  den  meisten  Sprachfor- 
schern geteilt  wird:  dass  die  drei  vokale  a  i  u  die  grundvo- 
kale darstellen,  aus  denen  alle  übrigen  vokale  abgeleitet  seien, 
und  dass  die  indogermanische  grundsprache  nur  diese  drei  vo- 
kalqualitäten  unterschieden  habe.  Freilich  die  eine  stütze,  auf 
welche  J.  Grimm  jene  ansieht  baut,  kann  heute  nicht  mehr  als 
solche  gelten,  nachdem  von  Müllenhoff  erkannt  ist,  dass  der 
dreivokalische  lautstand  des  gotischen  auf  einen  gemeingerma- 
nischen fünfvokalischen  lautstand  zurückgeht,  indem  die  be- 
treffenden gotischen  /  und  u  nicht  die  älteren  Vorstufen  der  e 
und  0  anderer  germanischer  dialekte  darstellen,  sondern  in  den 
gotischen  i  und  u  die  altgermanischen  e  und  o  zusammenge- 
fallen sind  (vgl.  Scherer  zGDS.  7  [=  249  f.];  Bezzenberger, 
Ueber  die  a-reihe  der  gotischen  spräche,  Göttingen  1874,  und 
z.  b.  noch  Weinhold ,  Mhd.  gramm. ,  Paderborn  1877  s.  7). 
Aber  auch  die  andere  von  Grimm  herbeigezogene  stütze  hat  be- 
reits angefangen  zu  wanken.  Schon  im  jähre  1837  hat  Benfey  in 
der  Halleschen  Allgemeinen  literaturzeitung,  ergänzungsbl.  s.  911 
sich  dahin  geäussert :  man  müsse  es  als  entschieden  fraglich  be- 
trachten, ob  nicht  die  griech.  a  €  o  den  älteren  lautstand  darstel- 
len als  das  sanskr.  a ;  und  dieser  zweifei  an  der  ursprünglichkeit 
des  sskr.  a  war  nicht  so  ungerechtfertigt,  wie  G.  Curtius,  Philolo- 
gie und  sprachvergleichung2  G9  meinte.  Es  lässt  sich  aus  den 
indoiranischen  sprachen  selbst  der  nachweis  führen,  dass  in 
ihnen  einst  das  e  vorhanden  war ,  und  zwar  liegt  der  beweis 
hierfür,  wie  ich  das  bereits  in  diesen  Beitr,  IL  306  ausgesprochen 
habe,  in  der  indoiranischen  palatalbildung.  Dieser  letztere 
punkt  ist  es,  den  ich  in  den  folgenden  blättern  etwas  näher 
auszuführen  gedenke.  Es  wird  dabei  erforderlich  sein,  die 
frage  nach  der  entstehung  der  indoiranischen  palatale  im  all- 
gemeinen zu  stellen.  Denn  wir  werden  die  existenz  eines  grund- 
sprachlichen e  auf  grund  jener  palatale  nur  dann  mit  bestimmt- 

Beiträee  z,  Kunde  d.  ig,  Spraohflu.  III.  12 


178  H.  Collitz 

heit  behaupten  dürfen,  wenn  wir  im  stände  sein  werden,  diese 
laute  überhaupt  aus  einem  durchgreifenden,  einheitlichen  prin- 
cipe herzuleiten,  dessen  konsequente  durchführung  die  annäh- 
me des  e  als  eine  notwendige  und  unumgängliche  erscheinen 
lässt. 

C.  I.     Die  indoiranischen  palatale  und  gutturale  in  ihrem 
Verhältnis  zu  den  grundsprachlichen  gutturalen. 

Ueber  die  geschichte  der  indoiranischen  palatale  und  gut- 
turale ist  ein  neues  licht  verbreitet  durch  die  Untersuchungen, 
welche  As  coli  in  seiner  Fonologia  comparata  del  sanscrito  del 
greco  e  del  latino  (Corsi  di  glottologia  L),  Torino  eFirenze  1870  i) 
angestellt  hat.  Ascoh  hat  hier  §§.  23—25.  34—36  den  nach- 
weis  geführt,  dass  in  den  altindischen  palatalen  j  und  h  zwei 
ursprünglich  verschiedene  laute  zusammengeflossen  sind:  ein- 
mal die  media  und  aspirata  zu  dem  palatal  c ,  die  im  Avesta 
durch  j  reflektiert  werden ;  zweitens  die  media  und  aspirata  zu 
dem  Zischlaut  g,  welche  im  Avesta  als  z  erscheinen.  So  ent- 
spricht dem  sskr.  yiij-  das  av.  yuj- ,  dem  sskr.  druh-  das  av. 
druj-  (=  druzh-),  während  dem  sskr.  mrj-  das  av.  marez-, 
dem  sskr.  drh-  das  av.  darez-  gegenübersteht.  Im  sanskrit 
selbst  sind  die  beiden  arten  des  j  und  h,  sofern  sie  im  stamm- 
auslaute stehen,  besonders  kenntlich  an  der  verschiedenen  be- 
handlung,  welche  sie  vor  suffixalem  t  erfahren.  Hier  werden 
die  j  und  h  der  ersten  gattung  analog  dem  c  behandelt,  d.  h. 
statt  j  -}-  t  erscheint  kt,  z.  b.  yuj- ,  part.  yuk-tä-,  statt  h  -^  t 
erscheint  gdh,  z.  b.  druh-,  part.  drug-dhä-;  die  j'  und  h  der 
zweiten  gattung  hingegen  werden  analog  dem  g  umgewandelt, 
d.  h..  j  -\-  t  wird  sht,  z.  b.  mrj-,  part.  mrsh-tä-,  h  -\-  t  wird  dh 
(für  ddh,  daher  mit  ersatzdehnung) ,  z.  b.  drh-,  part.  dr-dhd-, 
lih- ,  part.  li-dhä-.  (Vgl.  dazu  Joh.  Schmidt,  Die  verwant- 
schaftsverhältnisse  der  indog.  sprachen,  Weimar  1872,  s.  10  ff. ; 
S.  Goldschmidt,  ZDMG.  bd.  27  (1873)  s.  710  fl'.;  Hübschmann 
KZ.  23,  h.  1  (1875)  s.  20  ff",  und  h.  4  (1876)  s.  384  ff.;  Ben- 
fey,  Die  zwei  tönenden  Zischlaute  der  arischen  periode  und  des 


^)  Vorlesungen  über  die  vergleichende  lautlehre  des  sanskrit,  des 
griechischen  und  des  lateinischen  von  G.  J.  Ascoli.  Uebersetzt  von 
Bazzigher  und  Schweizer-Sidler,  Halle  1872.  —  (Die  Seitenzahlen  des  Ori- 
ginals sind  vom  3.  bogen  an  in  der  Übersetzung  angegeben). 


Die  entstehung  der  indoiranisclien  palatalreihe.  179 

ältesten  sanskrits,  Gott,  nachr.  1876  st.  13,  s.  297—323).  — 
Es  ist  diese  entdeckung  Ascolis  für  die  auffassung  der  indo- 
iranischen gutturale  und  palatale  um  so  mehr  von  grundlegen- 
der bedeutung ,  als  sich  damit  dem  italienischen  gelehrten  die 
"wichtige  tatsache  ergab,  dass  bereits  in  gemein-indoiranischer 
zeit  neben  einer  guttural-  und  einer  palatalreihe  auch  eine  voll 
ausgebildete  zischlautreihe  i)  bestand,  so  dass  wir  für  jene  pe- 
riode  folgende  drei  typen  als  fortsetzer  grundsprachlicher  gut- 
turale zu  unterscheiden  haben: 

Tennis  Media  Aspirata 

1)  Gutturale :  k  (sskr.  av.  k)    g  (sskr.  av.  g)    gh  (sskr.  gh,  av.  g) 

2)  Palatale:     ä;' (sskr. av.  c)    /  (sskr.  av.  y)    g'h  (sskr.  h,  av.  J) 

3)  Zischlaute;  c  (sskr. av.c)     z  (sskr.j,£iY.z)    zh  (sskr.  A^  ay.  z) 

Wie  nun  erklärt  sich  das  bestehen  dieser  drei  reihen?  in 
welchem  Verhältnisse  stehen  dieselben  zu  den  gutturalen  der 
übrigen  indogermanischen  sprachen  und  zu  denjenigen  der  in- 
dogermanischen grundsprache  ? 

Ascoli  beantwortet  diese  fragen  in  dem  oben  angeführten 
werke  dahin,  dass  bereits  die  indogermanische  grundsprache 
drei  verschiedene  gutturalreihen  besessen  habe,  nämlich  eine 
gruppe  reiner  gutturale  und  zwei  gruppen  afficierter  gutturale. 
Doch  ist  dabei  wol  zu  beachten,    dass  unter   den  drei  von  A. 


^)  Gegen  die  herleitung  des  sskr.  J  aus  indoir.  z  hat  sich  Fr.  Mül- 
ler ausgesprochen,  Grundriss  der  Sprachwissenschaft  I,  1  (Wien  1876) 
s.  147  anm.,  und  in  dem  aufsatze :  Die  gutturallaute  der  indog.  sprachen, 
Wiener  sitzungsber.  bd.  LXXXIX  (1878)  s.  3—16.  Fr.  Müller  geht  von 
der  grundsprache  direkt  zum  altindischen  und  andrerseits  direkt  zum  ira- 
nischen über,  ohne  sich  darüber  klar  zu  äussern,  wie  wir  uns  den  be- 
stand der  gutturale  in  der  indoiramschen  periode  zu  denken  haben.  War 
dasjenige  altind.  J ,  welchem  im  Avesta  ein  zischlaut  entspricht,  von  je- 
her ein  palatal,  so  müsste  ja  dies  J  in  der  indoiran.  periode  identisch 
gewesen  sein  mit  dem  J ,  welches  auch  im  Avesta  durch  J  reflektiert 
wird;  es  wäre  also  die  Unterscheidung  der  beiden  reihen  im  iranischen 
unbegreiflich.  Man  kommt  eben  nicht  aus  ohne  die  annähme,  dass  in 
dem  sskr.  j  und  h  zwei  ursprünglich  verschiedene  laute  zusammengeflos- 
sen sind.  Da  nun  der  Übergang  eines  Zischlautes  in  einen  palatal  laut- 
lich durchaus  gerechtfertigt  ist,  und  da  das  sskr.  c  mit  dem  iran.  c  auf 
einen  indoiran.  zischlaut  zurückgeht,  so  ist  nichts  dagegen  einzuwenden, 
wenn  man  auch  die  media  und  aspirata  zu  diesem  p  aus  einem  indoira- 
nischen Zischlaute  herleitet,  zumal  dieselben  im  Avesta  eben  als  Zisch- 
laute vorliegen. 

12* 


180  H.  Collitz 

statuierten  grimdspr?i  chlichen  reihen  nur  eine  (die  dritte)  sich 
mit  einer  der  drei  indoiranischen  reihen  (nämhch  der  zisch- 
lautreihe) vollkommen  deckt,  während  die  beiden  übrigen  indo- 
iran.  reihen  durch  eine  teilweise  Verschiebung  der  beiden  ande- 
ren grundsprachlichen  reihen  zu  stände  kommen  (vgl.  die  Über- 
sicht in  der  Fonol.  s.  193). 

I.  Die  indoiranischen  reinen  gutturale  betrachtet  Ascoli 
als  die  regelrechten  fortsetzer  grundsprachlicher  reiner  guttu- 
rale. Auch  in  den  europäischen  sprachen  werden  dieselben 
durch  reine  gutturale  vertreten ,  und  so  verharren  in  diesem 
falle  sämmtliche  indogermanische  sprachen  in  dem  ursprüng- 
lichen zustande  (Fonol.  s.  32,  96,  178  ff.). 

Aber  nicht  allein  reine  gutturale  fungieren  im  indoirani- 
schen als  fortsetzer  der  grundsprachlichen  reihe  Ic,  g,  gli,  son- 
dern zum  teil  auch  palatale.  Diese  palatale,  denen  in  den 
europäischen  sprachen  ein  einfacher  guttural  gegenübersteht, 
sind  als  eine  jüngere,  speciell  indoiranische  Umgestaltung  ur- 
sprünglicher gutturale  zu  betrachten  (a.  o.  s.  85.  117.  178  ff.). 

II.  Wol  zu  unterscheiden  von  diesen  jüngeren  palatalen 
ist  eine  zweite,  ältere  schiebt  der  palatale,  welche  jedoch  nicht 
lautlich,  sondern  nur  historisch  von  jener  ersten  abteilung  un- 
terschieden ist.  Diese  palatale  sind  deshalb  als  älter  anzuse- 
hen ,  weil  sie  in  den  südeuropäischen  sprachen  und  im  germa- 
nischen eine  besondere,  zwar  nicht  qualitative,  aber  doch  quan- 
titative entsprechung  finden.  Es  entsprechen  ihnen  hier  guttu- 
rale mit  einem  anhaftenden  demente,  das  zunächst  als  labialer 
nachklang  auftritt  (z.  b.  lat.  qu  —  got.  hv) ,  dann  weiter  den 
Übergang  in  labiale  (griech.  tt,  ß  lat.  h  u.  s.  w.)  oder  auch 
dentale  (griech.  r,  d)  veranlasst.  In  diesem  falle  ist  die  Ur- 
sache der  indoiranischen  palatalisierung  in  der  indogermanischen 
grundsprache  zu  suchen,  denn  diese  palatalreihe  geht  gemein- 
sam mit  der  europ.  /i;''-reihe  auf  eine  grundsprachliche  reihe  mit 
unbestimmter  affektion  {ky  gy  ghy)  zurück  ^).      In  den  lettosla- 


*)  Die  indoiranischen  palatale  in  gewissen  fällen  aus  der  vei'bindung 
von  gutturalen  mit  nachfolgendem  v  zu  erklären,  hat  zuerst  A.  Kuhn 
KZ.  I.  (1852)  128  f.  versucht.  In  umfassenderer  weise  ist  dieselbe  an- 
sieht von  Grassmann  KZ.  IX.  (1860)  15  ff.  vorgetragen;  doch  ist  zu  be- 
achten dass  Gr.  die  lautverbindungen  k*"  gv  gJiv  nicht  allein  als  vorstufo 
indoiranischer  palatale,  sondern  ebensowol  als  Vorstufe  indoiran.  reiner 
gutturale  ansah.     Wesentlich  in  Übereinstimmung  mit  Grassmann  äussert 


Die  entstehmig  der  indoiranischen  palatalreihe.  181 

vischen  sprachen  ist  keine  spur  dieser  affektion  vorhanden;  es 
ist  anzunehmen,  dass  dieselbe  dort  geschwunden  ist  (a.  o.  s. 
84  ff.  127  ff.  190  f.). 

III.  Den  indoiranischen  Zischlauten  endlich  stehen  auch 
in  den  lettoslavischen  sprachen  zischlaute  gegenüber  (slav.  s,  z 
-—  lit.  sz ,  z):  sie  sind  mit  letzteren  gemeinschaftlich  auf  eine 
grundsprachliche  reihe  mit  palataler  affektion  {k'  g'  gh')  zurück- 
zuführen 1).  Wenn  in  den  südeuropäischen  sprachen  und  im 
germanischen  an  stelle  dieser  afficierten  reihe  reine  gutturale 
begegnen,  so  ist  hier  die  palatale  affektion  wieder  aufgegeben 
(a.  0.  s.  56.  118.  190). 

Hiernach  würde  also  das  Verhältnis  der  grundsprachlichen 
gutturale  zu  den  indoiranischen  fortsetzern  folgendes  sein: 

1)  Grundsprachliche  reine  gutturale: 

h  (indoir.  k,  k')  g  (indoir.  g,  g)  gh  (indoir.  ghj  g'h) 

2)  Grundspracliliche  gutturale   mit  unbestimmter  affektion: 

ky  (indoir.  k')  gy  (indoir.  g)  ghy  (indoir.  g'li) 

3)  Grundsprachliche  gutturale  mit  palataler  affektion: 

W  (indoir.  c)  g^  (indoir.  z)  gJv  (indoir.  zh). 

Nur  ungern  habe  ich  mich  auf  diese  darlegung  der  ansich- 
ten  Ascolis  über  die  grundsprachlichen  gutturale  eingelassen, 
denn  es  ist  seitdem  ein  besseres  System  der  gutturale  auf- 
gestellt.     Doch    ich  hielt  es   für  geboten,  jene  theorie  ihren 


sich  über  diesen  punkt  Leo  Meyer,  Vergl.  gramm.  I,  (1861)  s.  29  f.  36  f. 
Nicht  gebilligt  dagegen  wurde  die  auffassung  Gr.'s  von  Curtius,  Gr.  Et.* 
8.  450  f.,  Corssen,  Ausspr.  u.  Voc.  I^  67  ff.,  Delbrück  in  der  Zeitschr.  f. 
deutsche  philologie  I  (1869)  s.  20  f. ,  Schleicher,  Comp.'  159  u.  s. 

^)  Die  Übereinstimmung  der  iranischen  und  der  slavolettischen  spra- 
chen in  der  wiedergäbe  ursprünglicher  gutturale  durch  zischlaute  war 
auch  Bopp  und  Schleicher  nicht  entgangen.  Aber  Bopp  (Vergl.  gramm. 
I.^  XIX  f.  39.  126  f.)  hatte  hieraus  auf  eine  spätere  trennung  der  Slavo- 
letten  von  den  Ariern  geschlossen,  während  Schleicher  (Ksl.  formenl.  s. 
97  ff.  108  ff.;  K.  Beitr.  I.  HO  ff.)  die  ganze  Übereinstimmung  für  eine 
wesentlich  zufällige  hielt  und  nur  die  tatsache  glaubte  konstatieren  zu 
dürfen  „dass  in  den  Wörtern,  in  welchen  der  ursprüngliche  guttural  in 
der  einen  spräche  verändert  wird ,  er  meist  auch  in  den  anderen  spra- 
chen einer  wenn  auch  je  nach  der  art  der  spräche  verschiedenen  ent- 
stellung  unterworfen  ist"  (Ksl.  formenl.  108).  Ausserdem  darf  nicht  un- 
erwähnt bleiben,  dass  Pott,  Wurzelwtb.  I.  (1867)  s.  494  ff.,  u.  III.  (1871) 
s.  46  ff.  die  Verschiedenheit  zwischen  sskr.  k  und  p  aus  einer  früheren 
periode  herzuleiten  suchte. 


182  H.  Collitz 

grundzügen  nach  vorzuführen,  weil  man  öfter  Ascoli  die  auf- 
stelluug  von  ansichten  zuschreibt,  welche  in  Wirklichkeit  nicht 
von  ihm,  sondern  von  anderen  gelehrten  herrühren.  Noch  we- 
niger gern  lasse  ich  mich  auf  eine  polemik  gegen  dieselbe 
ein.  Aber  ich  darf  auch  diese  nicht  umgehen,  weil  Ascoli  in 
den  Studj  critici  II.  (Roma  Torino  Firenze  1877)  s.  27  ff.  i) 
bei  seinen  alten  aufstellungen  stehen  bleibt  und  sich  gegen 
neuere  auffassungen,  soweit  dieselben  nicht  mit  seiner  theorie 
übereinstimmen,  durchweg  ablehnend  verhält. 

Das  System  Ascolis  basiert  auf  der  Voraussetzung,  dass  ein 
engerer  Zusammenhang  zwischen  einem  teile  der  indoiranischen 
palatale  und  der  europäischen  Ä;''-reihe  (wenn  ich  mich  dieses 
ausdrucks  bedienen  darf)  bestehe.  Von  dieser  Voraussetzung 
ausgehend  konstruiert  A.  eine  besondere  A;/-reihe;  von  dieser 
Voraussetzung  ausgehend  zerlegt  er  die  indoiranischen  palatale 
in  eine  jüngere  und  eine  ältere  schiebt.  Aber  diese  Voraus- 
setzung trifft  nicht  zu. 

Zunächst  ist  hervorzuheben,  dass  der  europäischen  k^-ieihe 
in  den  indoiranischen  sprachen  nicht  nur  palatale,  sondern 
ebensowol  reine  gutturale  gegenüberliegen.  Zwar  heisst  es  lat. 
qui-s  =  av.  eis;  lat.  qui-d  ==  sskr.  ci-d:  aber  es  heisst  auch 
lat.  quo-d,  08k.ijpü-d,  got.  hva  =  sskr.  ka-d;  got.  hva-s  =  sskr. 
Jca-s;  lat.  ^uo-t  '^'ssk\kä-ti ;  griech.  rrcU^ggo-g,  o^\m)ü-türü-s 
(acc.  pl.),  goty^i'a-/ar  =  sskr.  ka-tarä-s.  Zwar  entsprTcIit  dem 
griech.  ßio-g  =  got.  qiu-s  das  sskr.  jiva-s:  aber  dem  griech. 
ßaivio  =  got.  qimaß  steht  im  sanskrit  gani-  gegenüber;  das 
griech.  ßagv-g  wird  durch  sskr.  gurü-s,  das  griech.  ßov-g,  lat. 
hos  durch  sskr.  gaus  reflektiert.  Erklärt  man  nun  mit  A.  in 
fällen  wie  ci-d  =  lat.  qui-d  das  c  und  das  qu  als  verschiedene 
äusserungen  derselben  grundsprachlichen  affektion,  wie  will  man 
dann  das  k  =  qti  in  dem  Schema  ka-d  =  quo-d  auffassen? 
Vergeblich  sehen  wir  uns  denn  auch  bei  A,  nach  einer  klaren 
und  unumwundenen  antwort  um  auf  die  frage ,  warum  es  im 
sanskrit  nicht  '^cad  ==  quod  oder  '*cas  =  got.  hvas  heisst.  Um- 
sonst versuchen  wir  uns  bei  seinem  System  die  gleichung  kata- 
rds  =  rtövBQog  zu  erklären;  nur  die  gleichuDg  katards  = 
Y.6T€Qog  würde  ja   in  das  System  passen,   und  doch  erklärt  A. 

*)  Kritische  Studien  zur  Sprachwissenschaft  von  G.  J.  Ascoli.  Au- 
torisierte Übersetzung  von  Reinhold  Merzdorf,  zu  ende  geführt  von  Bern- 
ahrd  Mangold.    Weimar  1878,  s.  XXIII  anm.  7. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  183 

(s.  89)  das  Jon.  xoregog  aus  kvoteros.  Wollen  wir  uns  seine 
hypothese  aneignen,  so  müssen  wir  eben  diese  Widersprüche 
als  solche  mit  in  den  kauf  nehmen. 

In  anderen  fällen  sucht  A.  die  gleichung  indoiran.  Je  = 
europ.  k"  dadurch  zu  beseitigen ,  dass  er  in  fällen  wie  jecnr, 
vermis  u.  a.  das  v  für  einen  jüngeren ,  einzelnen  europäischen 
sprachen  eigentümlichen  schmarotzerlaut  ausgibt  (s.  85).  Es 
wird  also  tatsächlich  nicht  allein  die  indoiranische  palatalreihe, 
sondern  auch  die  europäische  k^-ieihe  in  zwei  teile  zerrissen. 
Nun  aber  steht  es  fest,  und  A.  selbst  gesteht  dies  (s.  88)  zu, 
dass  sich  nicht  leicht  ein  sicheres  beispiel  für  den  Übergang 
von  k  in  kv  innerhalb  einer  indogermanischen  spräche  nach- 
weisen lässt,  während  umgekehrt  der  Übergang  von  kv  in  k 
durch  zahlreiche  fälle  bezeugt  wird.  Deshalb  werden  wir  nicht 
mit  A.  (s.  86)  schliessen :  weil  in  sskr.  vacas  ein  palatal  er- 
scheint, ist  das  k"  =  griech.  tt  in  ertog  älter  als  das  k  = 
lat.  c  in  vocare  und  vox ;  weil  aber  in  sskr.  yakrt  ein  reiner 
guttural  erscheint,  ist  umgekehrt  das  k  =  lat.  c  in  jecur  älter 
als  das  k"  =  griech.  7t  in  rjTtaQ.  Vielmehr  werden  wir  sa- 
gen: wenn  in  vocare  und  vox  das  c  aus  k"  entstanden  ist,  so 
wird  auch  in  jecur  =  rjrtaQ  das  c  aus  k"  entstanden  sein ;  es 
ist  also  anzunehmen,  dass  europäischem  k"  ebensowol  indoira- 
nisches k  als  indoiranisches  k'  gegenüberliegt. 

Das  von  A.  aufgestellte  System  verträgt  sieb  nicht  mit  den 
tatsachen  der  vergleichenden  lautlebre.  Dasselbe  verträgt  sich 
aber  ebensowenig  mit  denjenigen  beobachtungen  über  das  Ver- 
hältnis der  gutturale  zu  den  palatalen,  welche  uns  die  indoira- 
nischen sprachen  selbst  an  die  band  geben.  Ein  beispiel  statt 
vieler  mag  genügen. 

Bekanntlich  ist  bei  einer  reihe  von  stammen  in  der  ver- 
balflexion  im  allgemeinen  der  palatal  eingetreten,  während  in 
einer  anzahl  zugehöriger  nominalbildungen  der  guttural  erhal- 
ten bleibt.  (Vgl.  Bopp,  Krit.  gramm.  der  sskr.  spr.^  s.  381; 
Benfey,  Vollst,  gramm.  §§.  368.  378  u.  s. ;  Ascoli,  Fonologia 
§§.  13.  15.  24.  25.  35;  Lindner,  Altind.  nominalbildung,  Jena 
1878,  s.  12  ff.  1)).    Es  heisst  ^aca-^i  aber  vi-päka-;  roca-tesiber 


^)  Es  muss  hervorgehoben  werden,  dass  Lindner  a.  o.  noch  in  der 
unrichtigen  anschauung  befangen  ist,  es  liege  in  jenen  nominibus  eine 
rückverwandlung  des  palatals  in  den  guttural  vor. 


184  H.  Collitz 

röM-;  ri-reca  aber  pra-rekd- ;  yoja-te  aber  yoga-;  doha-te 
aber  dogha-  u.  s.  w.  Wer  ohne  verurteil  an  die  betrachtung 
dieses  Verhältnisses  herangeht,  der  wird  sich  der  Überzeugung 
nicht  verschliessen  können,  dass  die  bewahrung  des  gutturals  im 
nomen  in  den  angeführten  fällen  durchgängig  auf  einem  glei- 
chen principe  beruht,  und  dass  andrerseits  für  die  palatalisie- 
rung  im  verbum  in  dem  einen  falle  dieselbe  erklärung  muss 
angewandt  werden,  wie  in  dem  anderen  falle.  —  Damit  aber 
halte  man  die  konsequenzen  zusammen,  welche  sich  aus  den 
aufstellungen  Ascolis  ergeben.  A.  führt  das  qu  von  coquo  und 
linquo  mit  dem  k'  in  pdca-ti  und  rireca  auf  ein  grundsprach- 
liches ky  zurück  (Fonol.  s.  84).  Dem  k'  in  rocate  aber  steht 
in  den  europ.  sprachen  nicht  k"  sondern  k  gegenüber  (griech. 
levyiog,  lat.  lucere,  got.  liuhap  u.  s.  w.) ;  A.  also  muss  dasselbe 
auf  ein  grundsprachliches  k  zurückführen.  Wir  hätten  demnach 
im  ersteren  falle  den  palatal  als  den  reflex  einer  grundsprach- 
lichen affektion,  im  zweiten  falle  als  das  produkt  einer  ganz 
jungen  alterierung  zu  betrachten.  Damit  ist  der  weg  zu  einer 
einheitlichen  erklärung  der  angeführten  fälle  abgeschnitten. 
Weiter  aber  steht  nicht  allein  dem  verbalen  k' ,  sondern  auch 
dem  nominalen  k  in  den  europäischen  sprachen  teils  k" ,  teils 
h  zur  Seite :  es  bestehen  die  gleichungen  -rekd-  (in  pra-rekd-) 
=  XoiTtö-g,  rokd-  =  kevy,ö-g.  Indoiranisches  k  ist  nach  A.  Ver- 
treter eines  grundsprachlichen  k;  der  reine  guttural  in  pra- 
rekd-  also  ebenso  wie  in  rokd-  würde  auf  grundsprachliches  k 
zurückgehen.  Griechisches  7t  aber  ist  Vertreter  eines  grund- 
sprachlichen  ky ;  es  hätte  also  loirto-g  in  Übereinstimmung  mit 
leiTCü)  in  der  grundsprache  ky  gehabt.  Was  für  ein  guttural 
nun  kommt  der  grundsprachlichen  form  zu,  welche  dem  ved. 
-rekd-  und  dem  griech.  loiTc6-g  zu  gründe  liegt?  Sollen  wir  das 
h  in  -rekd-  als  Umwandlung  eines  ky  betrachten?  das  wider- 
spricht dem  Systeme  Ascolis-  Sollen  wir  es  als  Vertreter  eines 
grundsprachlichen  k  auffassen?  das  widerspricht  abermals  dem 
Systeme  Ascolis,  denn  es  bleibt  loirtö-g  unerklärt,  und  A. 
muss  ja  doch  das  c  in  rireca  mit  dem  rc  in  Xeluo)  auf  ein  ky 
zurückführen.     Also  was  tun? 

Dasselbe  dilemma,  wie  es  bei  diesen  nur  beispielsweise  an- 
geführten formen  zum  Vorschein  kommt,  wiederholt  sich  in  ei- 
ner menge  ähnlicher  fälle.  Wir  geraten  stets  in  ein  labyrinth, 
für  welches  uns  Ascoli  den  Ariadnefaden  nicht  mitgegeben  hat. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  185 

Wir  versuclien  alle  möglichen  wege  der  erklärung,  und  kom- 
men immer  nur  zu  dem  einen  resultate,  dass  innerhalb  der 
schranken  des  von  A.  aufgestellten  systemes  eine  erklärung 
überhaupt  nicht  möglich  ist.  Denn  die  möglichkeit  einer  er- 
klärung erhält  man  erst  dann ,  wenn  man  die  annähme  einer 
grundsprachlichen  Ä;^-reihe  wie  die  annähme  einer  doppelten 
Schicht  von  palatalen  aufgibt,  wenn  man  als  Vorstufe  der  pa- 
latale  durchgängig  dieselben  gutturale  ansieht,  die  palatalisie- 
rung  als  einen  einheitlichen  akt  betrachtet  und  als  einziges  mo- 
tiv  derselben  nicht  eine  unbestimmte  grundsprachliche  affektion, 
sondern  einen  ganz  bestimmten ,  innerhalb  einer  bestimmten 
epoche  der  indoiranischen  Sprachgeschichte  wirkenden  faktor 
anerkennt. 

Auf  grund  des  Ascolischen  gutturalsystemes  also  lässt  sich 
eine  befriedigende  erklärung  der  indoiranischen  palatalbildung 
nicht  geben:  wol  aber  lässt  sich  eine  solche  geben  bei  derjenigen 
auffassung  der  gutturalfrage,  welche  Fick,  Die  ehemalige  sprach- 
einheit  der  Indogermanen  Europas,  Göttingen  1873,  s.  2 — 34  an- 
gebahnt hat  1). 

Das  resultat  der  ausführungen  Ficks  lässt  sich  in  folgende 
Sätze  zusammenfassen.  Die  indogermanische  grundsprache  be- 
sass  zwei  Maute :  k  und  k.  Der  regelrechte  Vertreter  des  ^  ist 
in  den  indoiran.  sprachen  ein  zischlaut,  in  den  europäischen 
sprachen  ein  reines  k,  das  im  slavischen  als  s,  im  litauischen 
als  sz  erscheint.  Der  regelrechte  Vertreter  des  grundsprach- 
lichen k  hingegen  ist  in  den  indoiranischen  sprachen  ein  reiner 
guttural,  an  dessen  stelle  nachträglich  zum  teil  ein  palatal  ge- 
treten ist;  in  den  europäischen  sprachen  ein  k",  das  im  slavo- 
lettischen  als  k  erscheint.  In  den  süd europäischen  sprachen 
und  im  germanischen  hat  dieses  k''  vielfach  seine  affektion  auf- 
gegeben, und  ist  in  diesem  falle  von  den  fortsetzern  des  grund- 
sprachlichen k^  nicht  mehr  verschieden.  Das  Verhältnis  dieser 
beiden  Ä;-reihen  stellt  sich  demnach  folgendermassen : 


^)  Auf  denselben  weg,  wie  ihn  Fick  eingeschlagen  hat,  war  schon 
früher  von  Havet  in  seiner  anzeige  von  Joh.  Schmidts  Verwantschafts- 
verhältnissen  in  der  Revue  critique  vom  23.  nov.  1872  hingewiesen.  Man 
vergleiche  noch  die  anzeige  Havets  von  Ficks  Spracheinheit  in  der  Rev. 
crit.  vom  7.  märz  1874. 


186  H.  Collitz 

*k  =  indoir.  k,  k'  —  europ.  k"  (k),  slavolett.  k 
*^  =  indoir.  <}  =  europ.  k^  slav.  s,  lit.  sz. 
Vergleicht  man  dieses  System  mit  dem  von  Ascoli  aufge- 
stellten, so  mag  man  ja,  wie  es  öfter  geschehen  ist,  sagen,  dass 
beide  sich  in  wesentlicher  Übereinstimmung  befinden.  Es  kommt 
eben  darauf  an ,  was  man  unter  einer  „Übereinstimmung"  ver- 
steht, und  wie  weit  man  den  begriff  „wesentlich"  ausdehnt. 
Man  kann  ja  mit  demselben  rechte  sagen,  dass  sich  Ascoli  in 
wesenthcher  Übereinstimmung  mit  Bopp,  Pott,  Grassmann  u.  s.  w. 
befinde,  und  kann  auf  diesem  wege  zu  dem  befriedigenden  be- 
wusstsein  gelangen,  dass  von  Bopp  bis  auf  die  neuzeit  so  ziem- 
lich alle  Sprachforscher  in  bezug  auf  die  gutturalfrage  in  we- 
sentlicher Übereinstimmung  sich  befunden  haben.  Nur  vergesse 
man  dabei  nicht,  dass  die  gegensätze,  welche  das  System  Ficks 
von  demjenigen  Ascolis  trennen,  zum  teil  schroffer  und  ein- 
schneidender sind  als  diejenigen,  welche  zwischen  Ascoli  und 
dessen  Vorgängern  bestehen. 

Alle  früheren  darstellungen,  diejenige  Ascolis  eingerechnet, 
giengen  von  dem  satze  aus,  dass  der  regelrechte  Vertreter  eines 
indoiranischen  k  auch  in  den  europäischen  sprachen  ein  k  sei, 
und  dass  beide  k  aus  einem  grundsprachlichen  k  herzuleiten 
seien.  Diese  auffassung  scheint  durchaus  natürlich  und  auf  den 
ersten  blick  unumgänglich,  und  sie  ist  auch  bis  auf  Fick  von 
niemandem  beanstandet.  Um  so  höher  ist  es  anzuschlagen, 
dass  Fick  derselben  definitiv  ein  ende  gemacht  hat.  —  Damit 
hängt  aufs  engste  ein  anderer  punkt  zusammen.  Keine  der 
früheren  auffassungen  hatte  das  rätsei  des  europäischen  k"  zu 
lösen  vermocht.  Kuhn,  Grassmann,  Leo  Meyer  (vgl.  ob.  s.  180  f. 
anm.),  Curtius  (KZ.  III.  401  ff.,  Gr.  Et.*  s.  450  f.),  Ascoli:  sie 
alle  hatten  entweder  einen  engeren  Zusammenhang  zwischen  in- 
doiranischem k'  und  europäischem  k"  angenommen,  oder  hatten 
das  V  als  eine  willkürlich  auftretende  affektion  angesehen.  Fick 
hat  diesen  fehler  vermieden  und  hat  zuerst  eine  haltbare  erklä- 
rung  des  k"  aufgestellt,  indem  er  die  Identität  desselben  mit 
dem  asiatischen  k  (resp.  k')  nachwies.  —  Si  duo  faciunt  idem, 
non  est  idem:  das  gilt  auch  von  der  ansetzung  des  b  bei  Ascoli 
und  des  h  bei  Fick.  Nach  Ascoli  ist  in  den  südeuropäischen 
sprachen  und  im  germanischen  keine  spur  des  k'  bewahrt,  son- 
dern die  ursprüngliche  affektion  ist  hier  wieder  geheilt;  die 
ansetzung  des  k'  gründet  sich  also   bei  ihm   einzig  und  allein 


Die  enfcstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.         187 

auf  die  indoiranische  und  die  slavolettische  Sprachgruppe.  Da- 
hingegen erscheint  bei  Fick  das  k  der  südeuropäischen  sprachen 
(— germanischem /O  gegenüber  dem  zischlaut  des  indoiranischen 
und  slavolettischen  ebensosehr  am  platze,  wie  das  südeuropäi- 
sche k"  {=.  german.  Iiv)  gegenüber  slavolettischem  und  indo- 
iranischem k  oder  k':  nicht  ein  teil  der  indogermanischen  spra- 
chen, sondern  sämmtliche  sprachzweige  unseres  Stammes  zeugen 
für  das  bestehen  eines  ^;. 

Die  theorie  Ascolis  i)  hat,  so  viel  ich  weiss,  vor  dem  buche 
Ficks  nirgends  anklang  und  Zustimmung  gefunden.  Erst  nach- 
dem Fick  das  ei  auf  die  spitze  gestellt  hat,  sieht  man,  dass 
schon  Ascoli  zum  teil  auf  dem  richtigen  wege  war,  und  nun 
ist  man  allzusehr  bereit,  zu  vergessen,  dass  Ascoli  in  manchen 
punkten  gänzlich  fehlgegriffen  hat,  und  es  ist,  als  suche  man 
sich  einzureden,  Ascoli  sei  schon  zum  ziele  gekommen;  zumal 
ja  Fick  seinerseits  (Spracheinheit  s.  V)  bescheiden  genug  war, 
die  entdeckung  der  beiden  grundsprachlichen  ^--laute  nicht  sich, 
sondern  dem  italienischen  gelehrten  zuzuschreiben.  Eben  dar- 
aus aber  erwächst  für  andere  die  pflicht,  hervorzuheben,  dass, 
so  gross  auch  die  Verdienste  Ascolis  für  die  aufhellung  der 
gutturalverhältnisse  sind,  doch  die  eigentliche  lösung  der  frage 
nicht  von  Ascoli,  sondern  von  Fick  gefunden  ist. 

Fick  jedoch  war  im  unrecht,  wenn  er  (Spracheinheit  s.  34 — 
37)  die  annähme  einer  Verschiedenheit  der  grundsprachlichen  gut- 
turale auf  das  gebiet  der  tenuis  beschränkt  wissen  wollte.  Vgl. 
Job.  Schmidt,  Jen.  lit.-ztg.  1874  art,  201;  Hübschmann,  KZ. 
23,  s.  20  ff.;  Herm.  Möller,  Die  palatalreihe  der  indog.  grund- 
sprache  im  germanischen  (Leipz.  1875)  s.  16 — 26;  Fröhde  in 
diesen  Beitr.  I.  (1877)  s.  328;  Ascoli,  Studj  critici  IL  25  f.; 
und  etwa  noch  T.  le  Marchant  Douse,.  Grimms  law  (London 
1876)  s.  135—169;  Leskien,  Die  deklination  im  slavisch-lit.  und 
germanischen  (Leipz.  1876)  s.  XXIV;  Hübschmann,  ZDMG. 
bd.  30  (Leipz.  1876)  s.  776.  Es  sind  vielmehr  die  Verhältnisse 
der  gutturalen  media  und  aspirata  ganz  analog  den  Verhältnis- 
sen der  tenuis  zu  beurteilen.  Dabei  ist  hervorzuheben,  dass 
sich  das  hauptverdienst  um   die    darlegung  der  geschichte  der 


^)  Ich  spreche  hier  selbstverständlich  nur  von  der  hypothese  Ascolis 
über  die  grundsprachlichen  gutturalreihen,  nicht  von  seiner  epochema- 
chenden entdeckung  der  indoiranischen  Zischlaute. 


188  H.  CoUitz 

media  und  aspirata  Ascoli  erworben  hat  durch  den  nachweis 
des  zwiefachen  Ursprunges  der  laute  j  und  h  des  sanskrit  und 
die  daraus  resultierende  aufdeckung  der  indoiranischen  zisch- 
lautreihe. —  Wollen  wir  für  die  gesammten  indogermanischen 
sprachen  zu  einer  richtigen  beurteilung  der  gutturalen  media 
und  aspirata  gelangen,  so  ist  (wie  dies  für  die  indoiranischen 
und  slavolettischen  sprachen  von  Hübschmann,  für  die  übrigen 
indog.  sprachen  zuerst  von  Möller  a.  o.  geschehen  ist)  das  Sy- 
stem Ascolis  nach  raassgabe  der  von  Fick  für  die  tenuis  auf- 
gestellten ansichten  zu  modificieren.  Es  sind  demnach  auch 
hier  für  die  grundsprache  zwei  verschiedene  typen  anzunehmen. 
Und  zwar  ist  die  indoiranische  media  und  aspirata  der  zisch- 
lautreihe auf  eine  grundsprachliche  media  und  aspirata  zurück- 
zuführen, welche  dem  k  Ficks  gleichsteht;  dieselben  werden  in 
den  slavolettischen  sprachen  gleichfalls  durch  Zischlaute,  in  den 
übrigen  europäischen  sprachen  aber  durch  ausläufer  eines  rei- 
nen g  und  gh  repräsentiert.  Andrerseits  sind  die  gutturale  und 
palatale  media  und  aspirata  des  indoiranischen  lautsystems  aus 
einer  grundsprachlichen  media  und  aspirata  herzuleiten,  welche 
mit  dem  indogermanischen  k  Ficks  auf  einer  stufe  steht ;  in  den 
slavolettischen  sprachen  erscheinen  dieselben  als  reine  guttu- 
rale, welche  dann  im  slavischen  später  teilweis  in  palatale 
übergehen;  in  den  südeuropäischen  sprachen  dagegen  und  im 
germanischen  stellen  sich  die  dieser  media  und  aspirata  ent- 
sprechenden laute  als  Umwandlungen  eines  g"  und  gh"  dar,  ge- 
nau ebenso,  wie  dem  indoiranischen  /.;  oder  h'  hier  ein  k*' 
gegenübersteht.  In  dieser  weise  also  ist  das  System  zweier  k- 
reihen  zu  einem  System  zweier  gutturalreihen  zu  erweitern  i). 


^)  Auf  äic  einwendungen ,  welche  gegen  die  annähme  zweier  guttu- 
ralreihen auf  grund  einzelner  abweichungen  erhoben  sind,  ausführlicher  ein- 
zugehen ist  hier,  wo  ea  wesentlich  auf  eine  Orientierung  im  allgemeinen  an- 
kommt, nicht  der  ort.  Ich  denke  von  dieser  annähme  mit  G.  Curtius  (Stud. 
VII. 269):  „einzelne  scheinbare  oder  wirkliche  ausnahmen  machen  mich  darin 
ebenso  wenig  irre,  wie  in  der  tatsache  der  ersten  deutschen  lautverschie- 
bung".  Und  ich  hege  weiter  mit  Curtius  die  hoffnung,  dass  es  mit  der  zeit  ge- 
lingen wird,  diese  ausnahmen  mehr  und  mehr  aufzuhellen.  Unter  die 
scheinbaren  ausnahmen  rechne  ich  z.  b.  die  folgenden  beiden  fälle:  1) 
Man  pflegt  gr.  Xevx6-g,  lat.  luccre,  got.  liuhap  u.  s.  w.  mit  sskr.  rite-  (III. 
8g.  med.  roca-t^  =  av.  ruc-  (caus.  raoca-ya-)  zu  verbinden  (F.  I.  199. 
412.  756;  C  no.  88).  Dabei  aber  muss  auffallen,  dass  sich  im  südeuro- 
päischen  und  germanischen  keine  spur  des  zu  erwartenden  kv  zeigt.    Die 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  189 

Noch  nach  einer  anderen  seite  hin  bedarf  Ficks  System  der 
weiterführung.  Fick,  Spracheinheit  s.  31  spricht  sich  dahin 
aus,  dass  wir  den  physiologischen  wert  der  beiden  grundsprach- 
lichen Ä:-laute  schwer  bestimmen  können,  dass  wir  aber  ganz 
genau  bestimmen  können,  wie  das  europäische  einheitsvolk  den 
reflex  des  ursprachlichen  k  ausgesprochen  hat,  nämlich  als  k", 
d.  h.  ein  durch  ein  mehr  oder  minder  stark  ausgesprochenes 
nachschlagendes  v  modificiertes  k.  Hiergegen  ist  folgendes  ein- 
zuwenden. Die  indoiranischen  gutturallaute  stehen  physiologisch 
genau  auf  derselben  stufe  wie  die  lettoslavischen :  das  Verhält- 
nis beider  zu  den  südeuropäischen  und  germanischen  guttural- 
lauten  ist  genau  dasselbe.  Haben  wir  als  Vorstufe  des  slavo- 
lettischen  k  das  k"  zu  betrachten,  auf  welches  die  entsprechen- 
den südeuropäischen  und  germanischen  laute  zurückgehen,  so 
steht  nichts  im  wege,  dasselbe  k"  auch  als  Vorstufe  des  indoira- 
nischen k  (resp.  k')  anzusehen,  und  dem  grund sprachlichen 
laute,  welchen  Fick  als  k  bezeichnet,  den  wert  k''  beizulegen. 
Ergibt  sich  auf  diese  weise,  dass  für  die  erste  Ä;-reihe  die  eu- 
rop.  sprachen  (mit  ausnähme  des  slavolettischen)  den  ursprüng- 
lichen lautstand  —  von  späteren  Umwandlungen  wie  z.  b.  von 
dem  übergange  des  k"  in  k  abgesehen  —  gewahrt  haben,  be- 
achten wir  dann  ferner,  dass  der  Übergang  von  k  in  k>  und 
weiter  in  einen  Zischlaut  auch  sonst  oft  genug  sich  nachweisen 


Schwierigkeit  wird  gehoben,  wenn  man  dem  k  der  europäischen  formen 
das  in  ved.  rücat-  hell  licht,  vorliegende  c  gleichstellt.  2)  Bei  Priscian 
X.  11  (bd.  I.  s.  503  f.  H.)  wird  die  form  linguo  für  das  sonst  gebräuch- 
liche lingo  angeführt  (vgl.  Corssen,  Krit.  beitr.  s.  68  f.;  Ascoli,  Fonol. 
§.  35  anm.  7).  Man  könnte  daran  denken,  jene  form  für  eine  Umgestal- 
tung des  regelrechten  limjo  zu  erklären;  das  in  lingua  lautlich  gerecht- 
fertigte u  einerseits  und  das  nebeneinanderliegen  von  unguo  und  ungo, 
iinguo  und  tingo  andrerseits  könnten  zu  einer  solchen  neubildung  anlass 
gegeben  haben.  Wahrscheinlicher  ist  mir,  dass  jene  form  einzig  auf  ei- 
ner corruption  des  textes  unserer  handschriften  beruht;  denn  wir  sind 
schwerlich  berechtigt,  auf  grund  dieser  isoliert  dastehenden  Überliefe- 
rung der  lebenden  spräche  eine  in  der  literatur  sonst  nicht  zu  belegende 
doppelformation  zu  vindicieren ,  zumal  in  denselben  handschriften  gele- 
gentlich auch  pingiio,  stingo  u.  s.  w-  geschrieben  steht.  Für  eine  ände- 
rung  des  textes  stehen  verschiedene  wege  offen;  die  ursprüngliche  lesart 
mag  etwa  unguo  unxi  ut  lingo  Unxi  et  pingo  pinxi  oder  unguo  unxi  et  tin- 
guo  tinxi  ut  jtingo  pinxi  gewesen  sein.  Jedenfalls  begründet  dieses  lingtio 
keinen  einwand  gegen  die  annähme  zweier  grundsprachlicher  ^-laute. 


190  H.  Collitz 

lässt  (wofür  ja  nur  auf  Schleicher,  Sprachvergl.  Untersuchungen 
II,  Bonn  1848,  verwiesen  zu  werden  braucht):  so  liegt  die  an- 
nähme nahe,  dass  auch  in  der  zweiten  Ä;-reihe  die  südeuropäi- 
schen sprachen  mit  ihrem  einfachen  k  (=  german.  h)  den  ur- 
sprünglichen lautstand  bewahrt  haben.  Dem  h  der  grundspra- 
che  würde  demnach  der  physiologische  wert  eines  einfachen 
„reinen"  k  zukommen. 

Zu  demselben  resultate  werden  wir  auch  ohne  die  zu- 
hülfenahme  der  europäischen  Spracheinheit  geführt.  In  den 
indoiranischen  und  slavolettischen  sprachen  erscheinen  (von 
sekundären  Umwandlungen  abgesehen)  die  fortsetzer  der  ersten 
grundsprachhchen  reihe  (der  Ä;-reihe  Ficks)  als  einfache  guttu- 
rale, die  fortsetzer  der  zweiten  grundsprachhchen  reihe  (der 
^- reihe  Ficks)  als  Zischlaute;  den  ersteren  entsprechen  im  süd- 
europäischen und  germanischen  (wiederum  die  sekundären  Um- 
wandlungen abgerechnet)  guttural  mit  nachklingendem  halbvo- 
kal  V,  den  letzteren  dagegen  reine  gutturale.     Also: 

I.  reihe  II.  reihe 

indoir.  u.  slavolett. :         k    g    gh  g    z    zh 

südeurop.  u.  german.:     k"  g*'  gh"  k    g    gh 

Wer  diesem  tatbestand  gegenüber  mit  Möller  i)  und  Les- 
kien (vgl.  ob.  s.  187)  sich  für  die  annähme  entscheidet,  dass 
die  erste  reihe  in  der  grundsprache  rein  guttural  und  die  zweite 
palatal  gewesen  sei,  der  wählt  unter  den  beiden  vorhandenen 
möglichkeiten  gerade  diejenige,  welche  am  wenigsten  wahr- 
scheinlich ist.  Möller  und  Leskien  müssen  einmal  annehmen, 
dass  das  palatale  k,  welches  die  Vorstufe  des  indoiranischen 
und  slavolettischen  Zischlautes  bildet,  in  den  südeuropäischen 
sprachen  sich  in  gutturales  k  verwandelt  habe.  Dies  wider- 
spricht dem  allgemeinen  lautlichen  grundsatze,  dass  zwar  häu- 
fig eine  hintere  artikulationssteile   durch  eine  weiter  nach  vorn 


*)  Auch  in  seiner  neuesten  arbeit  „Epenthese  vor  k-lauten  im  ger- 
manischen als  Wirkung  des  volaren  oder  palatalen  Charakters  des  wurzel- 
auslauts"  (KZ.  bd.  24)  hält  Möller  an  der  anschauung  fest,  dass  im  ger- 
manischen eine  palatalreihe  bestanden  habe,  indem  er  sich  zur  stütze  sei- 
ner ansieht  auf  das  heikle  gebiet  der  epenthese  begibt.  Ich  bedaure  den 
hierauf  bezüglichen  annahmen  Möllers  nur  in  sehr  wenigen  fällen  beistim 
men  zu  können,  freue  mich  aber,  in  einer  anderen  wichtigen  frage  mit 
M.  einer  Ansicht  zu  sein ,  nämlich  in  bezug  auf  die  theorie  des  ab- 
lauts,  zu  welcher  sich  M.  s.  92  ff.  seines  aufsatzes  bekennt. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  191 

gelegene,  nicht  aber  umgekehrt  eine  vordere  durch  eine  weiter 
nach  hinten  gelegene  ersetzt  wird,  und  dass  eine  palatale  af- 
fektion,  wenn  sie  einmal  vorhanden  ist,  nicht  wieder  zu  schwin- 
den pflegt.  (Vgl.  Curtius.  Gr.  Et.^  s.  27.  438;  Sievers,  Laut- 
physiologie s.  131 ;  Joh.  Schmidt,  Jen.  lit.-ztg.  1877,  art.  247.  i)) 
Beide  müssen  weiter  annehmen,  dass  ursprüngliches  k  in  den 
europäischen  sprachen  (ausser  slavolett.)  zu  k"  geworden  sei. 
Auch  diese  annähme  ist  abzuweisen,  denn  auch  sie  widerspricht 
den  allgemeinen  gesetzen  (wenigstens  den  uns  bekannten  allge- 
meinen gesetzen)  des  lautwandels.  Es  kennen  alle  europäischen 
sprachen,  welche  das  k"  besitzen,  auch  den  Übergang  desselben 
in  k  (vgl.  Fick,  Spracheinheit  s.  6  ff.  13  f.  20.  24;  Zimmer, 
Ostgermanisch  und  westgermanisch  [ztschr.  f.  deutsch,  altert. 
XIX.J  s.  11  ff.),  das  altirische  verwandelt  das  gemeinkeltische 
qu  (=gallobrit.^j)  durchgängig  in  k  (geschrieben  c),  und  ebenso 
wird  im  französischen  das  ursprüngliche  und  in  der  schrift 
noch  beibehaltene  qu  durchweg  als  k  gesprochen ;  aber  nirgends 
zeigt  sich  in  den  europäischen  sprachen  eine  ähnliche  neigung, 
das  k,  welches  einem  sskr.  g  entspricht^  in  qu  umzuwandeln  ^). 


*)  Freilich  hat  Möller  diesen  letzteren  Vorgang  an  verschiedenen 
stellen  seiner  oben  citierten  schrift  „lieber  die  palatalreihe  der  idg.  grund- 
sprache  im  germ."  angenommen,  und  Ascoli  sagt  in  den  Studj  crit.  II.  28, 
er  habe  denselben  im  Arch.  glott.  ital.  II.  113  f.  457  für  das  sardische 
erwiesen.  Ob  Möller  und  Ascoli  recht  haben,  weiss  ich  nicht;  gesetzt 
aber  sie  hätten  recht,  so  wären  doch  die  von  ihnen  herangezogenen  fälle 
als  singulare  ausnahmen  anzusehen,  ausnahmen,  welche  nicht  berechtigen, 
über  die  sonst  geltende  regel  sich  hinwegzusetzen.  Auf  keinen  fall  aber 
ist  es  zu  billigen,  wenn  Ascoli  (Studj.  crit.  a.  o.)  die  „heilung"  eines  k> 
zu  k  mit  dem  aufgeben  der  aspiration  auf  eine  stufe  stellt. 

2)  In  den  von  Kuhn  KZ.  12,  147  (vgl.  Curtius  Gr.  Et.*  s.  452)  auf 
grund  einer  schrift  von  Varming  angeführten  beispielen  aus  einer  däni- 
schen mundart  ist  das  auftreten  des  kv  durch  den  folgenden  vokal  be- 
dingt, während  das  auftreten  der  grundsprachlichen  gutturale  von  der 
qualität  des  folgenden  vokales  unabhängig  ist. 

Es  mag  hier  noch  eine  andere  bemerkung  platz  finden.  Curtius  Gr. 
Et.*  s.  450  findet  es  nicht  wahrscheinlich  „dass  die  indogermanische  Ur- 
sprache von  der  harten  lautgruppe  kv  namentlich  im  auslaut  von  wur- 
zeln einen  so  ausgedehnten  gebrauch  gemacht  haben  sollte".  Aber  C. 
schreibt  doch  auf  der  vorhergehenden  seite  jene  lautgruppe  der  graeco- 
italischen  periode  zu ;  dürfen  wir  dieser  ,,grundsprache"  härtere  laut- 
gruppen  zumuten,  als  der  indogermanischen?  darf  zumal  Curtius  dies 
tun,  der  doch  (Gr.  Et.*  s.  411  f.  722)  als  grundrichtung  des  lautwandels 


192  H.  Collitz 

Jene  annähme  also,  welche  einer  identificierung  der  grund- 
sprachlichen „k  und  Tc"  mit  den  Brückeschen  k^  und  k^  gleich- 
kommt, ist  aufzugeben.  Nicht  von  dem  indoiranischen  und  sla- 
volettischen  gutturalbestand e  ist  auszugehen,  sondern  vielmehr 
der  südeuropäische  und  germanische  lautstand  ist  für  die  re- 
konstruktion  der  grundsprachlichen  gutturale  zu  gründe  zu 
legen. 

Dieser  letztere  weg  ist  von  Havet  in  seinem  klaren  und 
lehrreichen  aufsatze:  La  question  des  deux  k  arioeuropeens  in 
den  Memoires  de  la  societe  de  linguistique ,  tome  II  (fasc.  4. 
Paris  1874)  s.  266  if.  eingeschlagen  i),  in  welchem  derselbe  zu 
dem  resultate  geführt  wird,  dass  als  Vorstufe  des  sskr,  k  ein 
grundsprachliches  kw,  als  Vorstufe  des  sskr.  q  ein  grund sprach- 
liches k  anzusetzen  sei.  Freilich  darf  man  in  diesem  falle  den 
ausdruck  kiv  nicht  allzu  wörtlich  nehmen.  Es  wird  am  rich- 
tigsten sein,  den  grundsprachlichen  laut,  um  welchen  es  sich 
hier  handelt,  mit  dem  lat.  qu  zu  identificieren.  Wie  dieses  als 
ein  einheitlicher  laut  gilt  (vgl.  Ascoli,  Fonol.  s.  61  f.  mitanm.5), 
so  wird  man  auch  in  dem  grundsprachlichen  laute  den  labia- 
len halbvokal  als  eng  vereinigt  mit  dem  vorausgehenden  guttu- 
ral sich  zu  denken  haben,  ebenso  eng  etwa,  wie  nach  Brücke 
(Grundz.2  81  ff.)  in  dem  laute,  welchen  wir  mit  seh  bezeichnen, 
die  artikulation  des  s  mit  derjenigen  des  %  verbunden  ist.  Die- 
sen guttural  selbst  aber  wird  man  mit  dem  Brückeschen  k^ 
identificieren  dürfen,  während  andrerseits  das  k,  welches  die 
Vorstufe  des  europ.  k  und  des  sskr.  c  bildet,  am  passendsten 
als  das  k"^  Brückes  betrachtet  wird.  Und  so  läuft  denn  die 
hier  vertretene  auffassung  wesentlich  auf  dasselbe  hinaus,    was 


die  schwächun  g  oder  Verwitterung  ansieht,  und  gerade  den  ältesten  spra- 
chen eine  kräftige  artikulation  zuschreibt?  Uebrigens  findet  sich  die 
treffendste  entkräftigung  jenes  einwandes  bei  C.  selbst,  wenn  er  (a.  o. 
451)  den  umstand  als  beachtenswert  bezeichnet,  dass  die  meisten  fälle 
des  labialismus  und  dentalismus  sich  in  solchen  fällen  finden ,  in  denen 
die  vorausgesetzten  lautgruppen  kv ,  gv  u.  s.  w.  leicht  sprechbar  waren. 
Man  darf  eben  nicht  vergessen,  dass  die  spräche  der  alten  Indogerraa- 
nen  in  der  periode,  um  welche  es  sich  bei  dieser  frage  handelt,  nicht 
aus  nackten  wurzeln  bestand,  sondern  ebenso  wie  die  unsrige  in  leben- 
digen und  vollkommen  ausgebildeten  Wörtern  sich  bewegte. 

*)  Ascoli  zwar,  Studj.  crit.  II.  29  (=  s.  XXV  d.  üb.),  ist  mit  den 
deduktionen  Havets  nicht  einverstanden ,  aber  es  ist  A.  nicht  gelungen, 
einen  stichhaltigen  einwand  gegen  dieselben  vorzubringen. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.         193 

schon  vor  dem  erscheinen  von  Ascolis  Fonologia  von  Scherer 
über  diese  Verhältnisse  gelehrt  ist.  Scherer  nämlich  erklärt  z. 
GDS.  73  (=  "  137)  das  k^  für  die  normale  germanische  guttu- 
ralartikulation,  und  bemerkt  dann  s.  85  (—  ^  150)  in  bezug  auf 
das  lat.  qu  und  got.  hv:  „alle  diese  laute  werden  uns  vollkom- 
men verständlich,  wenn  wir  annehmen,  dass  die  Arier  einst 
auch  die  dritte  gutturalartikulation,  das  arabische  Qaf  besassen, 
und  diese  überall  ursprünglich  statuieren ,  wo  wir  in  den  uns 
bekannten  sprachen  qu  oder  die  vertretenden  p  und  hv  treffen". 

Was  für  die  tenuis  gilt,  das  ist  auch  für  die  media  und 
aspirata  anzunehmen.  Wir  werden  uns  demnach  die  gestalt  der 
beiden  gutturalreihen  in  der  grundsprache  ganz  so  zu  denken 
haben,  wie  sie  oben  s.  190  als  Vorstufe  des  südeuropäischen 
und  germanischen  angesetzt  sind,  nämlich  die  erste  reihe  als 
k*',  g*",  gh"  (oder  wenn  man  will  k",  ^",  gh'*),  die  zweite  reihe 
als  k,  g,  gh. 

Man  hat  sich  in  neuerer  zeit  gewöhnt,  die  beiden  guttural- 
reihen durch  nebengesetzte  zahlen  zu  unterscheiden.  Diese  be- 
zeichnung  aber  ist  in  doppelter  hinsieht  unpraktisch.  Einer- 
seits herrscht  keine  Übereinstimmung  in  der  bezeichnung,  denn 
Hübschmann  bezeichnet  mit  k  den  laut,  welchen  Havet  mit  k^ 
bezeichnet,  und  Hübschmann  nennt  k^  den  laut,  welchen  Ha- 
vet k^  nennt,  während  noch  andere  (im  anschluss  an  die  von 
Sievers  in  seiner  lautphysiologie  gewählten  zeichen)  für  das  k^ 
Havets  ein  k^  und  für  sein  k^  ein  k^  einsetzen.  Andrerseits 
haben  die  ausdrücke  k^  und  k^  bereits  ihre  Verwertung  gefun- 
den als  graphische  darstellungen  eines  lautphysiologischen  Un- 
terschiedes, und  es  kann  leicht  zu  Verwirrungen  anlass  geben, 
wenn  man  dieselben  ausserdem  noch  zur  bezeichnung  eines  da- 
von unabhängigen  lauthistorischen  Unterschiedes  verwendet. 

Stimmt  man  den  oben  entwickelten  ansichten  bei,  so  liegt 
es  nahe,  diesen  Schwierigkeiten  in  der  weise  aus  dem  wege  zu 
gehen,  dass  man  die  grundsprachlichen  repräsentanten  der  er- 
sten reihe  etwa  mit  q  g  gh,  die  repräsentanten  der  zweiten 
reihe  aber  einfach  mit  k  g  gh  bezeichnet  ^). 

Ich  schliesse  diese  auseinandersetzungen  mit  einer  tabella- 
rischen Übersicht  des  gutturalbestandes  der  einzelsprachen. 


*)    Will   man   die  letztere   reihe   noch   deutlicher  kennzeichnen,    so 
mag  man  dafür  k  g  gh  schreiben. 

Beiträge  2.  Kunde  d.  ig.  Spraohsn.  III.  X8 


194  H.  Collitz 

I.     Die  fortsetzer  der  grundsprachlichen  g'-reihe: 

1)  Idg.  2  =  indoir.  k,  c  =  slav.  k,  c,  c  =  lit.  k  =  griech. 
TT,  7t7t,  T,  TT,  X,  XK  =  lat.  qu,  c  —  gallobrit.  |J;  k  = 
ir.  c  =  germ.  hv,  h. 

2)  Idg.  g  =  sskr.  g,  j  =  av.  ^;  gh,  j,  zh  =  slav.  g,  z,z^ 
lit.  ^  =  griech.  ß,  d,  y  =  lat.  ^M;  h,  v,  g  =  kelt.  J,  ^ 
=  germ.  q,  k. 

3)  Idg.  gÄ  =  sskr.  gh^  h  =  av.  g,  gh,  j  =  slav.  g,  z,  z  = 
lit.  ^  ==  griech.  q),  d^,  x  =  lat.  A;  /';  gu,  v,  g  =  kelt.  ^ 
=  germ.  gv,  g. 

IL     Die  fortsetzer  der  grundsprachlichen  Ä:-reihe. 

1)  Idg.  k  =  indoir.  c  ~  slav.  s  =  lit.  sz  =  griech.  x  = 
lat.  c  —  kelt.  c  =  germ.  h. 

2)  Idg.  g  ==  sskr.  J  =  av.  0  =  slav.  z  =  lit.  2  =  griech. 
y  =  lat.  g  —  kelt.  ^  =  germ.  k. 

3)  Idg.  ^/i  =  sskr.  A  =  av.  0  =  slav.  z  =  lit.  i  =  griech. 
X  =  lat.  /i;  f,g  =  kelt.  ^  =  germ.  g. 


C.  II.    Die  indoiranischen  palatale  in  ihrem  Verhältnis  zu  den 
indoiranischen  gutturalen. 

Von  den  drei  oben  s.  179  aufgeführten  indoiranischen  kon- 
sonantenreihen  bildet  die  zischlautreihe  die  fortsetzung  der 
grundsprachlichen  Ä;-reihe,  während  die  guttural-  und  die  pala- 
talreihe gemeinschaftlich  auf  die  grundsprachliche  g-reihe  zu- 
rückgehen. Unsre  aufgäbe  ist  es  jetzt,  zu  untersuchen,  durch 
welche  momente  die  Spaltung  der  alten  g-reihe  in  die  beiden 
kategorien  der  gutturale  und  palatale  sich  vollzogen  hat.  • 

Die  Untersuchung  wird  dadurch  erschwert,  dass  in  dem 
sskr.  j  und  h  die  media  und  aspirata  der  zischlautreihe  mit 
der  media  und  aspirata  der  palatalreihe  zusammengeflossen 
sind.  In  das  gebiet  unsrer  aufgäbe  fallen  nur  diejenigen  j  und 
h,  welche  sich  durch  einen  regelmässigen  Wechsel  mit  guttura- 
len oder  durch  ihren  reflex  im  Avesta  als  glieder  der  palatal- 
reihe ausweisen,  während  wir  alle  diejenigen  sanskr.  j  und  h 
von  unsrer  Untersuchung  ausschliessen ,  welche  nach  den  oben 
s.  178  f.  angegebenen  kriterien  als  Umwandlungen  eines  indoira- 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  195 

nischen  Zischlautes  ^)  anzusehen  sind.  Im  einzelnen  freilich  ist 
die  bestimmung  eines  j  und  h  oft  nicht  leicht.  Hübschmann 
hat  KZ.  23,  384  ff.  den  versuch  gemacht,  für  eine  ziemliche 
reihe  von  fällen  die  Scheidung  zwischen  den  beiden  arten  durch- 
zuführen. Indem  ich  im  allgemeinen  auf  jenen  aufsatz  verweise, 
beschränke  ich  mich  hier  darauf,  einige  wörter  zu  besprechen, 
bei  denen  ich  mich  genötigt  sehe  von  H.  abzuweichen. 

Die   aspirata   in    ved.  mamh-    (oder  mah-)    „herrlich   sein, 
schenken''  wird  von  H.  s.  391   wegen  des  zugehörigen  Substan- 
tivs maghd-m  n.  „reichtum,  geschenk"  '^"^'  UJldfticg,"j^^^^^,_B?^^"     -  — 
talreihe  gerechnet.     Aber  aus  dem  nebeneinanderliegen  von  in-  ^ 

doir.  \naighd-s  „wölke"  (sskr.  meßhq-s^,ßty.,__maegha-)  und  mai-  A-'w"^ 

zha-ti  (ssKE 'mi^ä-W/"ä,\/Yra-maezaiti;  vgl.  Fick^  I,  398)  ^),  so 
wie  aus  indoir.  mdzhas  n.  „grosse,  herrlichkeit ,  fülle"  (ved. 
mdhas,  av.  mazo),  mazhdt-  „gross,  herrlich"  (ved.  mahdt-,  av. 
mazat)  u.  a.  geht  hervor,  dass  das  aus  maghd-m  ( ~  av.  maga-) 
von  H.  entnommene  argument  kein  entscheidendes  ist.  Jeden- 
falls ist,  wie  Benfey,  Gott,  nachr.  1876  s.  323  erkannt  hat, 
das  j  in  ved.  majmdn-  als  fortsetzung  eines  früheren  Zischlau- 
tes anzusehen. 

Aus  dem  nachved.  nom.  ürk  folgert  H.  s.  387 ,  dass  das  j 
in  dem  stamme  ürj-  ein  ächter  palatal  sei.  Aber  jener  zeuge 
muss  als  ein  sehr  verdächtiger  bezeichnet  werden  wegen  der 
Unsicherheit,  die  zum  teil  schon  im  Veda  und  noch  mehr  im 
späteren  sanskrit  bei  der  Scheidung  des  ausl.  v  und  k  hervor- 
tritt. (Vgl.  Ascoli,  Fonol.  s.  106  mit  anm.  8)  u.  9);  Benfey, 
Gott,  nachr.  1876  s.  302;  Hübschmann,  KZ.  23,  390  u.  392; 
Bezzenberger,  Beitr.  II,  152  anm.)  Offenbar  gehört  ürj-  „kraft- 
trunk,  opfertrunk,  kraft"  (das  für  vrj-  steht,  wie  ürnomi  für 
vrnomi;  siehe  über  ür  =  r  hinter  labialen  Schleicher,  Comp.^ 
s.  22.  37,  vgl.  Schmidt,  Voc.  II,  235)  zusammen  mit  vrjdna-s 


^)  Der  Übergang  des  indoiran.  z  (welches  ich  mit  Ascoli  ansetze)  in 
sskr.  j  ist  analog  dem  Übergänge  eines  w  in  bw ,  z  in  dz  u.  s.  w.,  das 
heisst :  es  ist  der  tönenden  spirans  der  entsprechende  tönende  verschluss- 
laut vorgeschoben.  Man  vgl.  über  derartige  fälle  Scherer  zGDS.^  135  f.  — 
Ueber  das  chronologische  Verhältnis  von  J  und  d^  im  slavischen  sind  die 
ansichten  geteilt.  Man  sehe  einerseits  Miklosich,  Asl.  lautlehre^  1878 
s.  255,  und  andrerseits  Potebnja  im  Archiv  f.  slav.  philol.  III,  365. 

*)  Aehnlich  stehen  einander  gegenüber  ved.  vä'Ja-  m.  kraft  =  av. 
vdza-  m.,  und  ved.  öjas-  n.  kraft  =  av.  aojanh-  n. 

13* 


196  H.  CoUitz 

G  rassra.,  wtb.  3.  vrjdna-)  „kraft";  und  man  entschliesst  sich 
schwer,  das  letztere  sowie  das  gleichlautende  vrjdna-  „opfer- 
stätte ,  niederlassung ,  gemeinde"  zu  trennen  von  av.  v^K£zena- 
(=  varezäna-)  „Wirksamkeit,  schutzverwantschaft ,  nachbäir- 
schaft".  Der  diesen  Wörtern  zu  gründe  liegende  verbalstamm 
ist  erhalten  in  a^^^^,^2ar^-  „wirken",  das  sich  genau  deckt  mit 
griech.  qe^io  und  got.  vaiirkjm;  qe^w  hat  die  grundbedeutung 
am  treuesten  bewährt,  es  heisst  1)  wirken,  2)  opfern.  (Vgl. 
die  zum  teil  abweichenden  Zusammenstellungen  von  Curtius  nr. 
141.  151;  Fickä  I,  214.  422.)  —  Dass  zwischen  ved.  vraj-,,  ge- 
hen, wandern"  nna^vOrez-  „wirl^en",  uzvarsti-  „SLnss'öhnnng" 
ein  etymologischer  Zusammenhang  bestehe,  wie  H.  s.  390  an- 
nimmt, ist  unwahrscheinlich. 

Ebensowenig  vermag  ich  Hübschmann  beizustimmen,  wenn 
er  s.  388  dem  ved.  dkr^-  „dahinziehen,  daTitnstrgichen"  das 
av.  dräjanh-  „länge"  an  die  seite  setzt.  Es  beweist  dieses  wort 
für  dhraj-  ebensowenig  etwas,  wie  ved.  ^7^a-^>lang".  Denn 
dhraj-  heisst  nicht  „in  die  lange  ziehen"  oder  „lang^ätn  sein", 
sondern  „eilend  dahinziehen,  gleiten,  fliegen".  Daher  ist  auch 
die  vergleichung  mit  griech.  ^«'Ayw,  lit.  drezoti  (richtiger  dry- 
zoti)  und  germ.  dragan  bei  Fick^  I,  117  bedenklich.  Wäre 
Fick  a.  0.  berechtigt,  für  dhraj  eine  grundforra  dhargh  aufzu- 
stellen, so  würde  ich  dazu  griech.  Tqs%io  stellen.  Freilich  be- 
hauptet Hübschraann  a.  o.,  grundform  sei  nicht  dhargh  sondern 
dharg ;  aber  sicher  ist  das  keineswegs. 

Wenn  H.  (s.  391)  für  ved.^  dijjj-  „bestreichen,  verkitten" 
(vgl.  deht-  f.  „aufwurf,  wall")  aus  dem  nachved.  degdhi,  dig- 
dha-  echten  palatal  folgert,  und  dann  (s.  395)  die  ansieht  auf- 
stellt, in  diz-  „aufwerfen"  habe  das  zend  für  sich  die  ent- 
wickelung  des  palatals  zum  Zischlaute  vollzogen:  so  nehme  ich 
lieber  au,  dass  in  jenen  späteren  sanskritformen  der  reflex  des 
palatals  an  stelle  der  fortsetzung  des  Zischlautes  eingedrun- 
gen ist. 

Noch  in  einem  zweiten  beispiele  glaubt  H.  (s.  395)  eine 
innerhalb  des  zend  eingetretene  sonderentwickelung  des  j  zu  z 
zu  finden,  nämlich  m^aeshaza:  jedenfalls  mit  unrecht.  Wäre 
das  j  in  sskr.  bhishaj-  echter  palatal,  so  müsste  nach  einer 
weiter  unten  zu  entwickelnden  regel  das  zugehörige  Substantiv 
*bh€shaga-  lauten.  Ved,  bheshajd-  und  av.  haeshaza-  weisen  auf 
ein  iudoir.  bhaishazd-  zurück.     Das  k  in  ved.  bhishdkti,  bhishdk- 


Die  entstehuDg  der  indoiranischen  palatalreihe.         197 

tamam  und  ahhishnak  und  das  </  in  hhishdg-  sind  zu  beurteilen 
wie  das  k  in  a-srdk  und  das  g  in  asrgrmn,  asrgran  u.  s.  w. 
von  srj-  (pt.  srshtd-)  =  av.  harez-. 

Damit  fällt  die  annähme  Hübsehmanns,  das  zend  sei  „in 
der  entwickelung  von  g'^ ,  gh^  aus  g,  gh  einige  male  weiter  ge- 
gangen als  das  sanskrit". 

Doch  nun  zur  sache. 

Für  die  erklärung  der  indoiranischen  palatalbildung  ist 
auszugehen  von  der  tatsache,  dass  dem  aus  einem  guttural 
entstandenen  griech.  r  (vgl.  Curtius,  Gr.  Et.*  s.  479  ff.;  Ascoli, 
Fonol.  indo-it.-gr.  §  21 ;  Fick,  Spracheinheit  s.  17  ff.  i))  in  den 
indoiranischen  sprachen  nicht  die  gutturale  sondern  stets  die 
palatale  tenuis  gegenüberliegt.  Dem  griech.  ti  entspricht  das 
ved.  cid  —  av.  cit,  dem  griech.  re  das  ved.  ca  •=  av.  ca,  dem 
griech.  zhtaQeg  das  ved.  catvä'ras  =  av.  cathwdro,  dem  griech. 
Ttivre  das  ved.  jpanca  ==  av.  panca,  dem  griech.  n-  in  tl-ai-g 
und  d7t6-ri(Ti-g  das  ved.  ci-  in  dpa-citi-s  f.  =  av,  ci-  in  cithi-  f. 
Die  Übereinstimmung,  welche  sich  hier  zeigt,  wird  noch  auf- 
fallender, wenn  wir  einige  verwante  Wörter  heranziehen.  Er- 
stens: ved.  ca  und  ka-tard-s  gehören  demselben  pronominal- 
stamme an,  ebenso  wie  griech.  rs  und  norego-g,  lat.  que  und 
uter,  got.  (u)h  und  Jwa-par^).  In  dem  ved.  ca  =  av.  ca  = 
griech.  te  hat  der  guttural  übereinstimmend  eine  Wandlung 
nach  der  palatalen  seite  hin  erlitten,  in  dem  ved.  katards  = 
av.  katäro  ==  noTsqog  liegt  übereinstimmend  der   regelmässige 


^)  Es  ist  ferner  zu  vergleichen  Job.  Schmidt,  Jen.  lit.-ztg.  1874,  art. 
201;  Curtius,  griech.  t  und  sskr.  k\  Stud.  VII  (1875)  s.  265—272;  Job. 
Schmidt,  Jen.  Ut.-ztg.  1875,  art.  588;  Bezzenberger  GGA.  1875,  s.  1318 
ff.  —  Uebrigens  bedarf  die  nachstehende  argumentation  jetzt  in  einigen 
punkten  einer  modification.  Aus  Bezzenberger's  Zusammenstellung  (Beitr. 
IV,  325  f.)  von  griech.  «vtv|,  afjinv^  mit  ved.  ankucä-  ergibt  sich,  dasa 
die  palatalen  vokale  des  griechischen  mit  denjenigen  der  indoiran.  spra- 
chen sich  nicht  völlig  decken,  indem  im  griechischen  ausser  f  und  o  auch 
V  (als  ü)  eine  palatale  Wirkung  ausüben  kann. 

")  Die  Partikel  ca  ^=  Tt  =  lat.  que  bedeutet  ursprünglich  „wie". 
Dieses  „wie"  kann  entweder  indefiniten  sinn  haben,  und  die  bedeutung 
„irgendwie"  annehmen  —  so  in  dem  ved.  kac  ca,  in  orf,  in  qiiisque;  oder 
es  kann  komparativ  gebraucht  werden  in  der  bedeutung  „ebensowie" 
(=  ,,und")  —  und  letzteres  ist  die  gewöhnliche  bedeutung  des  wortes 
wenn  es  allein  steht. 


198  H.  Collitz 

reflex  eines  grundsprachlichen  q  vor.  Zweitens:  zu  dem  verbal- 
stamme ci-  „büssen"  gehören  im  Avesta  die  substantiva  cithi-  f. 
und  kaend-  f.  „busse",  wie  im  griechischen  zu  ri-vo)  die  ent- 
sprechenden substantiva  rlai-g  und  rroiv^  (Fick^  I,  301)  i). 
In  cithi-  =  riüL-g  liegt  dieselbe  palatalisierung**)  vor,  wie  in  ca 
=  Tf;  in  kaena  =  tcolvvi  dieselbe  regelmässige  Vertretung  des 
gutturals,  wie  in  katdrö  =  Ttorego-g. 

Es  ist  die  ansieht  aufgestellt,  dass  das  zusammentreffen 
des  griechischen  mit  den  asiatischen  sprachen  in  dieser  palata- 
lisierung auf  einen  proethnischen  Zusammenhang  der  Griechen 
und  Asiaten  hinweise ,  indem  man  annahm  dass  die  palatali- 
sierung von  beiden  völkergruppen  gemeinsam  und  zu  gleicher 
zeit  vollzogen  sei.  Aber  das  ist  nicht  zu  erweisen  und  meiner 
ansieht  nach  auch  nicht  wahrscheinlich.  Sehen  wir  doch  pa- 
latalisierung gerade  vor  folgendem  i  und  e  ganz  unabhängig  von 
einander  in  den  verschiedensten  sprachen  sich  vollziehen!  Man 
müsste  dann  auch  annehmen,  dass  die  palatalisierung  im  sla- 
vischen  mit  jener  erscheinung  in  einem  historischen  zusammen- 
hange stehe,  denn  auch  das  slavische  stimmt  in  der  Verteilung 
der  palatale  in  den  angeführten  beispielen,  soweit  dieselben  dort 
erhalten  sind  (asl.  ci-to,  vgl.  ved.  cid;  asl.  cetijrije  =  ved. 
catväras;  asl.  kotoryj  =  ved.  katard-s)  genau  zum  griechischen 
und  Sanskrit. 

Vorsichtiger  wird  es  sein,  jene  auffallende  Übereinstimmung 


*)  Griech.  noivri  lässt  sich  lautlich  und  begrifflich  von  tIvoi  ebenso 
wenig  trennen,  wie  von  av.  haena.  Das  lat.  poena  kann  diese  Zusammen- 
stellung nicht  erschüttern ;  wer  dem  lateinischen  worte  zu  liebe  mit  Pott, 
Wz.-wtb.  I,  1107  und  Curtius,  Gr.  Et.  nr.  373  für  notv^  eine  wurzel  pu 
aufstellt,  der  verstösst  gegen  die  griechischen  lautgesetze. 

*)  Dass  diese  bezeichnung  auch  für  das  griechische  berechtigt  ist, 
ergiebt  sich  leicht,  wenn  man  die  tatsache ,  dass  ein  solches  r  sich  nur 
vor  hellen  vokalen  findet,  mit  dem  zusammenhält,  was  Brücke,  Grundz. 
der  lautphys.**  85  (vgl.  Sievers,  Lautphysiologie  s.  131)  über  die  palata- 
lisierung lehrt.  —  Man  wird  anzunehmen  haben,  dass  dieses  t  durch  die 
mittelstufe  eines  wirklichen  palatals  hindurchgegangen  ist,  wobei  zu  be- 
achten ist,  dass  sich  öfter  in  den  slavischen  sprachen  dental  an  stelle  eines 
früheren  palatals  findet,  freilich  in  der  regel  nur  beim  zusammentreffen 
mehrerer  erweichter  laute  als  eine  art  dissimilation ,  vgl.  z.  b.  poln. 
trzewa  eingeweide  =  asl.  crSva;  poln.  trzoda  herde  =  asl.  crida,  russ. 
cereda.  Wenig  gewicht  aber  ist  zu  legen  auf  Schreibungen  wie  Ttianris 
=  altp.  Caiipis  (Ebel,  KZ.  13,  276;  Curtius,  Gr.  Et*,  s.  491). 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.         199 

zwischen  griechisch  und  indoiranisch  nicht  auf  einen  äusseren 
historischen  Zusammenhang,  sondern  auf  einen  inneren  kausal- 
nexus  zurückzuführen,  also  die  gleiche  Wirkung  einer  gleichen 
Ursache  darin  zu  erkennen. 

Welches  nun  war  die  gleiche  Ursache?  Es  ist  schon  be- 
merkt, dass  im  griechischen  die  palatalisierung  vor  i  und  e  ein- 
tritt. Das  i  erscheint  auch  im  sanskrit  als  i;  statt  des  e  aber 
treffen  wir  dort  a  an.  Man  nahm  bisher  fast  allgemein  an, 
dass  dieses  a  die  Vorstufe  des  europäischen  e  bilde;  aber  eben 
die  palatalisierung  beweist,  dass  das  umgekehrte  der  fall  ist 
Wenn  in  riOL-g  =  av.  cithi-  übereinstimmend  palatalisierung  ein- 
getreten ist,  in  Tcoiv^  —  av.  kaena  hingegen  die  regelmässige 
fortsetzung  des  grundsprachlichen  q  vorliegt,  so  ist  nicht  zu 
bezweifeln,  dass  diese  gleiche  differenzierung  des  anlautes  in 
der  gleichen  Verschiedenheit  des  folgenden  vokals  ihre  begrün- 
dung  findet.  Nun  aber  ist  der  gleichung  Tiac-g  :  rtoivrj  = 
cithi-  :  kaena  ganz  analog  die  gleichung  r«  :  tcotsqo-q  =  ca  : 
katarä-s.  Wir  haben  also  anzunehmen ,  dass  auch  .  die  Ver- 
schiedenheit des  anlautes  in  sskr.  ca  =  re  und  in  sskr.  katarä-s 
—  7tÖT£Q0-g  durch  die  Verschiedenheit  des  folgenden  vokales 
bedingt  ist.  Und  wenn  nun  in  re  und  TtoxEQO-g  eine  differenz 
der  vokale  stattfindet,  in  ca  und  katarä-s  aber  eine  solche  diffe- 
renz nicht  vorliegt,  so  folgt  weiter,  dass  der  erstere  zustand 
der  ältere,  der  letztere  zustand  der  jüngere  ist.  Die  palatali- 
sierung hat  also  in  den  indoiranischen  sprachen  stattgefunden 
in  einer  periode,  wo  in  diesen  sprachen  zwischen  den  vokalen, 
welche  jetzt  als  a  erscheinen,  noch  eine  der  griechischen  vokal- 
qualität  analoge  Verschiedenheit  herrschte.  Im  griechischen 
ist  die  Scheidung  der  vokale  bewahrt,  in  den  indoiranischen 
sprachen  sind  die  ursprünglich  ebenfalls  geschiedenen  vokale 
nachher  zu  a  zusammengeflossen.  Nur  an  ihrer  verschiedenen 
Wirkung  sind  auch  hier  diese  verschiedenen  vokale  noch  jetzt 
zu  erkennen;  denn  die  palatalisierung  ist  als  Überrest  jener  vor- 
historischen periode  auch  in  historischer  zeit  geblieben. 

Der  schluss  also,  welchen  wir  aus  der  übereinstimmenden 
palatalisierung  ziehen,  welche  sich  in  den  angeführten  beispielen 
kundgab,  ist  folgender: 

Die  palatalisierung  ist  in  den  indoiranischen 
sprachen  ebenso  wie  im  griechischen,  im  altslovenischen  und 
in    einer    reihe    anderer   sprachen    abhängig    von  der  be- 


200  H.  Collitz 

schaffenheit  des  folgenden  lautes.  Der  ursprüng- 
liche guttural  gieng  in  den  palatal  über  vor  folgen- 
dem i  und  e  (welches  letztere  in  dem  uns  vorliegenden  zu- 
stande der  indoiranischen  sprachen  als  a  erscheint);  der  gut- 
tural blieb  erhalten  vor  anderen  vokalen  als  i  und 
e  (also  vor  u  und  vor  demjenigen  a,  welches  in  den  europäi- 
schen sprachen  durch  o  oder  a  vertreten  wird)  und  vorkon- 
sonanten.  Abweichungen  von  diesem  gesetze  sind  sekundär. 
Es  gilt  jetzt  zu  zeigen,  dass  die  erklärung  der  palatale, 
welche  uns  jene  speciellen  beispiele  an  die  band  gegeben  haben, 
auch  ganz  im  allgemeinen  auf  die  indoiranische  palatalbildung 
ihre  anwendung  findet. 

i.  Palatalisierung  findet  statt  vor  ursprünglich  folgendem  i  und  e. 

1)  Palatalisierung  vor  P): 

Es  sind  bereits  angeführt  die  beispiele: 

av.  eis,  cis-ca  =  rt-ff,  lat.  qui-s,  quis-que  (F.  I,  33;     C. 
nr.  650).  —  Ueber  ved.  ki-s  vgl.  unten  s.  206. 

ved.  ci-d,  av.  ci-t  =  «,  lat.  qui-d.  (a.  o.). 

ved.   dpa-ci-ti-,  av.   ci-thi-    —    vi-ai-g,   aTto-Ti-ai-g  (F.   I, 
34;  C.  nr.  649). 

Dazu  mögen  genannt  werdMj»«*..^,,^^^^^ 

vedrTrr<rjf-.gläi?5!«Qd  =  av.  cithra-  (F!"!l,"'iil9).        ^ 
1^    ved.  ^^  (III.  sg.  mM.  ciMtTfyi  ahrn^ziaen,  beabsjjifttigen  = 
av.  cit-  (III.  sg.  cinagti)  (a.  o.  318). 
-^  •             ved.  clm^J.  eiulHQht,  an^ta^jht  =  av.  c^^ft^,  (a.  o.  319).% 
AtX.^           ved.   cih  wahrnefeatiön  (III.  sg.  conj.  vi-cinavat)   =   a^^.  Ä^ 
(III.   sg.   ]^ot.  ■m-cin6if)^\o.   318) ;( vgl.    rttvv-v6-g  (Bezzeiib.,'^^ 
Beitr.  II,  272). \  X^  V...  ■---,»- — ^ -— 

ved.  ji-  siegen  (part.  jitd-)  =  av.  ji-  (inf.  jidyäi)  (F.  I, 
323j.  I 

ved//ya-  f.  kraft,  gewalt  (in  paramajyä' -  s)  —  gr.  ^ia-J. 
(F.  a.  o;  ürnr.  639).  ^-^' 

ved,  ji/a-  f.  (\.jia-)  —  av.  jyä-  f. ;  gr,  ßi6-g (F.  a.  o ;  C.  nr.  641). 


*)  Auf  den  umstand  dass  i  im  indoiranischen  palatalisierung  bewirke, 
ist  Bühon  von  Ascüli,  Fonol.  s.  42.  111  (allerdings  mit  einiger  zurück» 
haltung)  aufmerksam  gemacht ;  in  bestimmter  form  ist  derselbe  satz  von 
Hübschmann,  KZ.  23,  28  u.  386  f.  ausgesprochen.  (Vgl.  auch  Lindner, 
Altind.  norainalbildg.  s.  13) . 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.        201 

ved.  jyä'  (III.  sg.  jind-ti)  altern,  jyäyas  älter  =  zendp.  gl. 
jinäiti  (III.  sg.),  av.  jyäiti',  lat.  vietus.  (F.  a.  o.;  Hübschm.  KZ. 
23,  388).  1) 

ved.  ji-  beleben,  eilen,  fordern  (III.  sg.  jind'ti  u.  jinvati)  = 
av.  ji-  (III.  pl.  desid.  jijisheMi).     (F.  a.  o.). 

ved.  jiv-  (III.  sg.  jivati)  leben,  jivä-  lebend  =  av.  jwya-, 
jiti-  f.;  siitp.  jiva-;  gr.  ßlo-g;  lat.  wo,  üm;^«;  altir.  bin;  asl. 
i/y^;  i?W;  lit.  gyvas;  got.  g-ms  (P\  I,  324;  C.  nr.  640). 

ved.  ßrä-  rasch,  eifrig  =  av.  jira,  daemaßra-  (F.  a.  o.). 

Dass  in  diesen  gemeinsam  indoiranischen  bildungen  wirk- 
lich das  folgende  i  die  palatalisierung  veranlasste,  zeigt  sich 
noch  deutlicher  bei  der  berücksichtigung  einiger  verwanter 
Wörter,  in  welchen  der  ursprüngliche  guttural  unter  dem  schütze 
des  folgenden  vokales  intakt  geblieben  ist.  Wie  neben  av. 
cithi-  =  riat-g  das  bereits  erwähnte  av.  kaenä-  =  Ttoivv,  so" 
liegt  neben  citra-  glänzend  ved.  M%  m.  ^1»»«,,  li«l\t,  baj^nerT 
av.  dürae-kaeta- ,  got.  hahi^-s  m.,  an.  heh^i-  n.  (F.^I,  30l); 
neben  cit-  beabsichtigen  ved.  lce*ft!Kjii.  absftjfet^Nville  =  preuss. 
qmüs^ij^.  a.  o.);  neBöij  ji-  siegen,  gewinnen  und  dem  in  jiva- 
zu  gründe  liegenden  ji-  leben  ved.  gäya-  m.  wolujsitz,  haus- 
st^hd^av.  ^tt^«t^."1cfe«Ä.^^ 

Die  bis  jetzt""heigehräcEten  beispiele  bezogen  sich  auf  den 
anlaut;  ganz  dieselbe  regel  aber  gilt  auch  für  den  inlaut.  (Der 
auslaut,  d.  h.  der  wortauslaut,  nicht  der  sogenannte  „wurzel- 
auslaut"  kommt  hier  nicht  in  betracht,  da  im  wirklichen  aus- 
laut bekanntlich  der  guttural  bleibt.  Vgl.  Benfey,  Vollst,  sskr. 
gr.  §§.  6Q.  83  und  Schleicher,  Comp,  a  164). 

Es  tritt  dies  besonders  hervor  in  fällen  wie: 

ved.    arHyiQ.,   arci^-  n.   strahl,  Ixi^i^n-,   arnri<ffymiMrciv(U'     ^KAM 
strahlend:  arkd^^-w..  stralH,      ^^  ^'^  "^ 

apikina-  wesftteiw,,^^  adv.  w&rtkki^ 

arväcind-  u.  arväcina-  hergewandt:  arväkd- n,  likhQ.  (Vgl. 
;pdräc-  abgewandt:  pardkä-  n.  ferne). 

präcina-  nach  vorne  gerichtet,  hervorragend,  östlich: 
prdktät  adv.  von  vorne 

anücind-  auf  einander  folgend:  änükä-m  adv.  der  reihe 
nach. 


*)   Davon   ist  zu   trennen  sskr.  jindti  wegnehmen  =  av.  zinät,  altp. 
dind,  vgl.  Hü  bschm.  KZ.  23,  b.  22  anm.  S90,  896,  Casusl.  s.  192. 


202  H.  CoUitz 

praüctna-  u.  praticmd-  zugewandt:  prätika-  n.  antlitz  (= 
das  zugewandte). 

samicind-  einander  zugewandt:  samikä-  n.  kämpf  (==  treffen). 

rcishama-  glänzend:  r'kvan-  glänzend. 

rocis-  n.  licht ;  ^okä-  m.  licht. 

gd^'  i.  kraft,  ^^"gacWot^'^'^T^ig','  gdcishtha-  der  stärkste: 
gdkman-  n.,  gäka-  m.  kraft. 

güci-  leuchtend :  gukrd-  leuchtend. 

gocis-  n.  licht,  gocishmat-  leuchtend,  göcishtha-  der  glän- 
zendste: goka-  m.  licht. 

/  sdc/«^m.  beglBitftr :  säkd-m  adv.  zugleich. 

'    oßyafi-  stärker,  ö'jishtha-  der  stärkste:  ugrä-  stark,  mächtig. 

tejiyas-  schärfer,  tejishtha-  sehr  scharf:  tigmd-  scharf. 

hhuji-  f.  genuss:  hhoga-  m.  genuss. 

Im  Avestaj^,,       ^^ 

o^Nß-  der  schlecfiteste :  aka-  scn!h8<;^t. 

afs-iacin-  wasserströmend,  hu-aiwi-tacina-  schnell  herbei- 
eilend, vi-tacina-  auflösend:  taka-  laufend,  takhma-  schnell, 
stark,  vi-takhti-  f.  auflösung. 

raocinavant-  glänzend:  raokshna-  glänzend. 

fra-  ginhana-  (m.)  balken,  steg:  fra-gkemba-  m.  pfeiler. 

gaoci-  m.  brand,  glänz,  caocinavant-  brennend :  ätare-gaoka- 
m.  feuerbrand.  _^ 

c%ii- kräftige  «(yVs^-  der  stärkste:  w^?b«<^  stai;k,  vgl.  aogarey 
n,  hülfe.  \^  -— ^ 

/      dräjista-  der  längste:  daregha-  lang. 

^raojista-  sehr  lügnerisch:  draogha-  lügnerisch. 

az)ti%^m.  =  ved.  ahi-  m.  soW^nge. 

izhinavant-  scharf ,^^0Ä^-ar.s^^-lsit  spitzer   lanze:   tighra 
spitz 

Dieselbe  Wirkung  wie  i  übt  das  aus  i  entstandene  (und  oft 
noch  als  i  zu  lesende)  g: 

/vßd.  apäcgd-  (1.  apäciä-)  westlich:  dpäk  adv.  westlich. 
^upa-vdbcya-  (\.  upa-väcia-)  anzureden:  wp«-??ttÄ:a- m.  anrede. 

^gitjga-  (1.  yüjia-)  n.  bündnis,  genosseasc^aft :  t^ii-  n. 
geschlecht.  "^ 

^^%53^-  lenTtstqn,  biegsam:  hTitfj4-m.  windyng,  ring. 

^Vi^ya-  ([.  hhoßa)  n.  genuss:  hhoga-  m.  genuss. 
/  dHhfü-  ra.  TMim.  "^tn^r^glia-  trügeriach. 
^■^v.  acPfy40'  krähiger:  ugftr^-  krn^tig 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  203 

8chn^il.\ved.  raghus 
voraus  lugenoT^^fe^a-  lügnÖsisch. 

Ehe  ich  die  ausnahmen  der  hier  vorgeführten  regel  in  be- 
tracht  ziehe,  wird  es  angemessen  sein,  zur  allgemeinen  Orien- 
tierung einen  blick  auf  die  palatalverhältnisse  der  slavischen 
sprachen  zu  werfen.  Im  altslovenischen  gilt  hinsichtlich  der 
palatalisierung  dieselbe  regel,  welche  wir  für  die  indoiranischen 
sprachen  nachzuweisen  suchen :  die  gutturale  bleiben  vor  kon- 
sonanten  und  vor  anderen  vokalen  als  i  und  e,  während  sie 
vor  i-  und  e-vokalen  (d.  h.  z  i  e  e)  zu  palatalen  werden.  Vgl. 
Schleicher,  Ksl.  formenl.  s.  151  f.;  Miklosich,  Altslov.  lautlehre^ 
1878,  s.  239  ff.)  ^).  Sehen  wir  uns  nun  in  den  neueren  slavi- 
schen sprachen  um,  so  begegnen  uns  hier  häufig  auch  vor  i  und 
e  gutturale.  Es  wird  niemandem  einfallen,  auf  grund  dieser 
lautverbindungen  ki,  gi  u.  s.  w.  der  jüngeren  dialekte  die  tat- 
sache  in  zweifei  zu  ziehen,  dass  im  altslovenischen  die  palata- 
lisierung durch  i  und  e  veranlasst  sei ;  sondern  es  ist  klar,  dass 
derartige  lautverbindungen  sekundär  sind,  und  eine  alterierung 
des  ursprünglichen  Verhältnisses  darstellen.  Und  zwar  sind 
dieselben  auf  eine  zweifache  weise  entstanden.  Es  können  die 
vokale  i  und  e  an  stelle  eines  anderen  vokales  eingetreten  (oder 
auch  zwischen  konsonanten  neu  entwickelt)  sein,  oder  es  können 
die  gutturale  die  stelle  früherer  palatale  eingenommen  haben. 


*)  Das  slavische  kennt  eine  doppelte  art  der  palatalisierung,  je  nach- 
dem das  Produkt  derselben  ein  dentaler  oder  palataler  sibilant  ist.  Mit 
recht  verwirft  Miklosich,  Asl.  lautl. ^,  s.  257  die  herkömmliche  zurück- 
führung  dieser  Verschiedenheit  auf  eine  verschiedene  Wirkung  der  wort- 
bildungs-  und  flexionselemente,  indem  er  statt  dessen  die  auffassung  vor- 
trägt, dass  die  palatale  Umwandlung  eine  ältere,  die  dentale  eine  jüngere 
Schicht  der  palatalisierung  darstellt.  Ich  glaube  diese  ansieht  Miklosichs 
bekräftigen  zu  können  durch  den  nachweis,  welchen  ich  an  einem  ande- 
ren orte  anzutreten  gedenke)  dass  die  palatale  Umwandlung  ihre  stelle 
hat  vor  demjenigen  i  und  e,  welches  auf  europäisches  (und  grundsprach- 
liches) i,  S,  ei  zurückgeht,  die  dentale  Verwandlung  aber  vor  demjenigen 
i  und  e,  welches  erst  innerhalb  des  slavischen  aus  ursprünglichem  oi  (oder 
ai)  entstanden  ist,  z.  b.  asl.  carovatt  (aus  cer°)  zaubern,  vgl.  lit.  kereti  (F. 
II,  532);  aber  asl.  cena  pretium  =  gr.  noivr^,  grdf.  qoinä.  Die  erstere 
Umwandlung  hat  darnach  stattgefunden  zu  der  zeit,  wo  das  slavische  die 
alten  diphthouge  noch  als  solche  besass,  die  zweite  zu  einer  zeit,  wo  es 
dieselben  bereits  verloren  hatte. 


204  H.  Collitz 

Der  erstere  fall  ist  der  häufigere  vgl.  russ.  volki  (acc.  pl.  von 
volkü  wolf)  =asl. vlük.y ;  poln.  kipied sieden,  aufwallen  =  asl. kypett; 
poln.  gibki  geschmeidig  —  asl.  gyhükyj;  poln.  nogi  (nom.  pl. 
von  noga  fuss)  —  asl.  nogy ;  poln.  okien  (gen.  pl.  von  okno 
fenster)  =  asl.  oknüx  poln.  ogiert  feuer— asl.  o^rmu.s.  w.  Der  letz- 
tere fall,  (also  sekundärer  eintritt  des  gutturals  an  stelle  eines 
früheren  palatals)  kommt  öfter  z.  b.  im  russischen  vor.  Doch 
hat  in  derartigen  Fällen  nicht  etwa  auf  lautlichem  wege  eine 
rückkehr  des  palatals  zu  seiner  gutturalen  Vorstufe  stattgefunden, 
sondern  es  ist  durch  die  mehrzahl  der  formen,  welche  den  gut- 
tural bewahrt  hatten,  die  minorität  der  formen,  welche  regel- 
recht den  palatal  aufweisen  sollten,  auf  formalem  wege  beein- 
flusst:  es  hat  also  analogiebildung  stattgefunden.  Unter  diesen 
gesichtspunkt  fallen  z.  b.  russ.  ruke,  noge  für  ruce,  noze  (Mi- 
klosich,  Vergl,  graram.  I,  402,  Potebnja  im  Arch.  f.  slav.  phi- 
lol.  III,  h.  2,  1878,  s.  358)  u.  a. :  scheinbar  eine  bewahrung 
des  gutturals,  welcher  die  Vorstufe  des  aslov.  palatals  bildet, 
in  Wahrheit  eine  Verdrängung  des  alten  palatals  durch  den 
guttural  der  benachbarten  formen  i). 

Kehren  wir  nach  dieser  abschweifung  wieder  zurück  zu  den  in- 
doiranischen palatalen.  Da  sich  die  indischen  und  die  iranischen 
sprachen  in  bezug  auf  die  palatalisierung  im  allgemeinen  in  voller 
Übereinstimmung  befinden,  so  wird  mit  recht  angenommen,  dass  die 
palatalisierung  schon  in  jener  alten  zeit  stattfand,  wo  die  beiden 
nachher  getrennten  völkergruppen  noch  einen  gemeinsamen 
stamm  bildeten.  (Vgl.  Ascoli,  Fouol.  s.  48.  112).  Wir  werden 
anzunehmen  haben,  dass  die  uns  aus  historischer  zeit  bekann- 
ten indischen  und  iranischen  sprachen  zu  der  vorauszusetzenden 
indoiranischen    grundsprache    etwa   in    demselben    Verhältnisse 


*)  Im  umbrischen  „sehen  wir  das  k  von  nominalstämmen  nach  der 
o-dekl.,  die  auf  ko  auslauten,  sich  regelmässig  durch  alle  kasus  hindurch 
behaupten,  so  in:  Nahurce  (dat.),  JSiJiarcer  (gen.);  Tesenakes,  Tese- 
nocir  (abl.  pl.);  todceir  (abl.  pl.);  Tursce  (Tusce),  Tiiscer;  vuke  (gen.  sg,). 
Nur  neben  pujrike  (publicol.  fpuprikes  (publici)  findet  sich  auch 
puprige,  pupriges  und  zwar  "auf  einer  und  dei'selben  tafel.  .  .  . 
Ausserdem  findet  sich  k  in  dem  nominativ  pacer  von  dem  thema  pacri; 
vor  i  in  dem  einzigen  fratreci  von  dem  thema  fratreco  (nomin.  fra- 
treks,  frairexs).'''-  So  Aufr.-Kirchh.  I,  72.  Man  erkennt  leicht,  dass  in 
den  vor  e  und  t  erscheinenden  gutturalen  (nach  der  sonst  im  umbrischen 
geltenden  regel,  wäre  statt  dessen  der  sibilaut  p  zu  erwarten)  auch  hier 
ein  produkt  der  analogiebildung  vorliegt. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.        205 

stehen,  wie  die  neueren  slavischen  sprachen  zum  altslovenischen. 
Und  wie  nun  jedes  lautgesetz  seine  bestimmte,  chronologisch 
begrenzte  epoche  hat,  nach  deren  ablauf  es  zu  wirken  aufhört 
(vgl.  Job.  Schmidt,  Voc.  I,  44.  II,  462  f.  KZ.  23,  281), 
wie  die  palatalisierung  vor  i  und  e  in  den  slavischen  sprachen 
von  bestimmten  zeitlichen  grenzen  umschlossen  war,  so  dass 
neuere  slavische  sprachen  vielfach  gutturale  vor  i  und  e  auf- 
weisen; so  haben  wir  zu  erwarten,  dass  auch  in  den  indoira- 
nischen sprachen  nicht  immerfort  zu  allen  zeiten  die  gutturale 
dem  einflusse  eines  nachfolgenden  palatalen  vokales  unterlagen; 
vielmehr  ist  es  natürlich ,  dass  der  in  rede  stehende  lautüber- 
gang  zu  einer  bestimmten  zeit  abgeschlossen  war  und  dass  nun 
eine  periode  eintrat,  in  welcher  der  Verbindung  der  gutturale 
mit  folgendem  i  und  e  kein  hindernis  mehr  im  wege  stand. 
Finden  wir  demnach  in  einer  indoiranischen  spräche  z.  b.  vor 
i  einen  guttural,  während  gewichtige  gründe  für  die  annähme 
sprechen,  dass  in  altindoiranischer  zeit  vor  i  palatalisierung 
eintrat :  so  haben  wir  solche  gutturale  nicht  etwa  als  Überreste 
eines  prähistorischen  zustandes,  als  gerettete  trümmer  aus  dem 
grossen  Schiffbruche  der  gutturale  anzusehen,  sondern  wir  ha- 
ben anzunehmen,  dass  derartige  Verbindungen  sekundär  sind, 
und  dass  entweder  das  i  an  stelle  eines  anderen  vokales  ge- 
treten ist,  oder  dass  formübertragung  des  gutturals  in  das  ur- 
sprüngliche gebiet  des  palatals  stattgefunden  hat.  Instruktiv 
sind  hierfür  besonders  solche  beispiele,  wo  nebeneinander  die 
regelmässige  und  die  unregelmässige  lautgestaltung  vorliegen, 
sei  es  innerhalb  ein  und  derselben  spräche,  oder  sei  es  in  der 
weise,  dass  die  eine  der  beiden  sprachgruppen  die  regelrechte 
gestaltung  aufweist,  während  die  andere  eine  Störung  des  ur- 
sprünglichen Verhältnisses  hat  eintreten  lassen. 

Die  entwickelung  des  l  ist  sekundär  in  beispielen  wie:         t 

ved.  Mri-  m.   sänger,    Mrin-  preisend,   m.  sänger;  Jcärin-/ 
preisend,  m.  sänger. 

ved.  giri-  m.  berg:  av.  (/airi-  m.  berg.      / 

ved.  gir-  erhaben,  erhebend,  preisend,  m."  lobhed:   av.  gar- 
(111.  pl.  gerente)  preisen,  gar-  n.  ehrwürdigkeit. 

ved.  girnä-  (für  grnä-),  part.  von  gar-  verschlingen. 

av.  hiryeU  (III.  sg.  praes.  pass.),  kiryeinte  (III.  pl.)  von  kar- 
machen. 

Vgl.   über    sskr.   i    für   ß,   Benfey,  Or.   und  Occ.  I,   237. 


206  H.  Collitz- 

257  n. ,  Schleicher,  Comp.  ^  s.  21  f.^  über  av.  i  für  a  ebd.  s. 
39;  über  sskr.  ir,  tr  =  r  Benfey,  Vollst,  sskr.  gr.  §§  59,  57  3), 
Schleicher  a.  o.  22. 

Der  palatal  ist  auf  dem  wege  der  formübertragung  durch 
den  guttural  ersetzt  in  fällen  wie; 

ved.  ki-s  wer,  ki-m  warum,  mä'-kim  nimmer,  ki-yat-  wie 
viel,  wie  gross,  ki-vat-  wie  weit  (vgl.  ved.  kd-s,  kd-m,  kä-dj 
kd-ya-,  kä-ti-,  ka-tard-,  ka-tamd-  u.  s.  w.):  av.  eis  wer,  ci-m, 
ci-m  wen,  ci-na-  wer.  —  Die  vedischen  formen  bieten  eine  der 
auffälligsten  Verletzungen  der  aufgestellten  regel.  Dass  diese 
Verletzung  aber  sekundär  ist,  und  allein  dem  sanskrit  zur  last 
fällt,  geht  zur  genüge  daraus  hervor,  dass  im  x\vesta  in  den 
entsprechenden  formen  überall  vor  i  der  regelrechte  palatal 
vorliegt.  Es  ist  umgekehrt  im  Avesta  der  palatal  auch  auf 
solche  formen  des  pronominalstammes  ka:ci  ausgedehnt,  wel- 
che, wie  wir  später  sehen  werden,  ursprünglich  und  im  Veda 
den  guttural  haben,  z.  b.  caiti  wie  viel  =  ved.  kati.  So  tritt  in 
beiden  sprachgruppen  die  neigung  hervor,  durch  erweiterung 
entweder  des  gutturalen  oder  des  palatalen  gebietes  die  ur- 
sprüngliche formverschiedenheit  auszugleichen,  und  die  alt- 
indoiranische  scharfe  Zweiteilung  zu  verwischen. 

ved.  arkin-  strahlend,  singend  (vgl.  arkd-  m.  strahl,  ge- 
sang):  «rem- strahlend  (Grr.)  oder  singend  (B.-R.),  arci-  m.  strahl. 

ved.  anükya-  (1.  aniikia-)  m.  rückgrat  (von  *änüka-,  vgl. 
das  adv.  dnükd-m  der  reihe  nach) :  anüctnd-  aufeinanderfolgend. 

ved.  cikitvds-  part.  perf.  von  cit-  wahrnehmen,  beabsichtigen 

(vgl.  ciketa  I.  sg.  perf.),  cikit-  kundig,  av.  dkithwäo,  nom.  sg. 

m.  part.  perf.  zu  cit-  denken.  Vd.  18,  134.  135  (vgl.  ciköitares, 

III.  pl.  perf.  und  s.  Bartholomae,  Altiran.  vb.  s.  79):  av.  ava- 

cicitJmsMm  acc.  sg.  f.  part.  perf.  von  cit-,  Vd.  18,  134. 

/        ved.  ökivds-  gefallen  findend  Rv.  VI,  59,  3,  ökya-  (1.  dk(a-) 

{  heimatlich ,    n.    gefallen ,  fheimatstätte  (vgl.   ö'kas-  n.    gefallen, 

\heimatstätte) :  ücivds-  part.  perf.  von  uc-  gefallen  finden. 

ved.  vi-rökin-  leuchtend  (vgl.  vi-rökd-  m.  das  leuchten): 
rdcis-  n.  licht,  av.  raocinavant-  glänzend. 

ved.  upa-väkya  (1.  upa-väkia-)  anzureden  (vgl.  upa-vdkd 
m.  anrede):  upa-vacya  (1.  upa-vacia-)  anzureden. 

ved.  gäkln-,  gä'kin-,  gäkind-  kräftig  (vgl.  gdkd-  stark,  gä'ka- 
m.,  gakman-  n.  kraft):  gäci-  (in  comp.),  gdci-  f.  kraft. 

ved.  jigivds-  part.  perf.,  jigye  I.  sg.  perf.  med.  von  ji-  sie- 


z. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.         207 

gen,  gewinnen  (vgl.  jigaya,  III.  sg.  perf.),  jigtsha-  desid.  von 
ji-  erlangen ;  av.  jijishentiy  III.  pl.  desid.  von  ji-  leben,  jijishäite 
III.  sg.  conj.  desid.  von  ji-  verlangen,  lieben. 
y/  ,. ved.  tigitd-  scharf  Rv.  I,  143,  5  u.  II,  30,  9  (vgl.  tigmd- 
scharf):  tejishtha-  sehr  scharf,  av.  tizhi-däthra-  scharfzahnig. 
^  ved.  dräghiyas-  länger,  dra ghishtha-  am  längsten  (vgl. 
dirghd-  lang,  dräghmmi-  länge):  av.  dräjista-  am  längsten. 

ved.  yogya-  (1.  yogia)  f.  sträng,  werk  (vgl.  yoga-  m.  an- 
schirrung, werk):  yüjya-  (1.  yüjia-)  verbündet,  von  yuj-  an- 
schirren, Zusammenjochen,  verbinden. 

Alle  diese  ausnahmen  sind  der  art,  dass  sie  sich  leicht  als 
jüngere  abweichungen  und  Umgestaltungen  dokumentieren,  und 
somit  nur  einen  beweis  dafür  abgeben,  dass  innerhalb  der  in- 
doiranischen sprachen  die  neigung  herrscht,  die  alte  unverständ- 
lich gewordene  und  vielfach  unbequeme  Scheidung  zwischen 
gutturalen  und  palatalen  durch  formübertragung  mehr  und  mehr 
auszugleichen. 

2)  Palatalisierung  vor  ursprünglich  folgendem  e^): 
Für  die  theorie,  dass  das  indoiranische  a,  wo  es  einem  eu- 


*)  Auf  den  einfluss  des  e  bei  der  palatalisierung  ist  zuerst  von 
mir  ob.  II,  (1878)  s.  305  hingewiesen,  wo  ich  mich  bei  der  erörterung 
der  frage  nach  dem  gegenseitigen  Verhältnisse  des  europäischen  und  des 
indoiranischen  vokalismus  folgendermaassen  ausdrückte:  „Die  priorität 
des  europäischen  vokalismus  lässt  sich  in  einem  grundlegenden  punkte 
aus  den  arischen  sprachen  selbst  nachweisen :  darch  die  annähme  eines 
grundsprachlichen  e  löst  sich  nicht  allein  das  rätsei  des  europäischen 
vokalismus,  sondern  auch  das  der  arischen  palatalbildung.  Den  beweis 
für  diese  letztere  behauptung  hoffe  ich  binnen  kurzer  zeit  den  mitforschern  vor- 
legen zu  können".  Inzwischen  ist  dieselbe  ansieht  ohne  nennung  meines 
namens  aber  mit  hinzufügung  von  beispielen  noch  einmal  veröffentlicht 
von  Osthoff  in  den  Morphol.  unters.  I  (Leipzig  1878)  s.  116  ff.  anm.,  und 
zwar  als  ein  gedanke  Karl  Verners,  welchen  derselbe  ihm  vor  IV2  his 
2  Jahren  ausgesprochen  und  dessen  ric  htigkeit  sich  ihm  inzwischen  im- 
mer mehr  bestätigt  habe.  Herr  0.  wird  dabei  nicht  die  absieht  gehabt 
haben,  mir  mein  rechtmässiges  eigentum  zu  entreissen.  Er  musste  wis- 
sen, dass  das  anrecht  auf  eine  wissenschaftliche  entdeekung  nicht  da- 
durch erworben  wird,  dass  man  dieselbe  unter  der  band  ausspricht,  son- 
dern dadurch ,  dass  man  dieselbe  publiciert.  Auch  ich  habe  diesen  ge- 
danken  vor  mehr  als  2  jähren  mündlich  ausgesprochen,  nämlich  gegen 
ende  des  sommersemesters  1876  gegenüber  herrn  dr.  Bezzenberger  und 
herrn  professor  Fick,  später  auch  gegenüber  herrn  professor  Benfey.  Aber 
ich  habe  es  nicht  für  nötig  gehalten,  diesen  umstand  damals  mit  zu  pu- 


208  H.  Collitz 

ropäischen  e  gegenüber  liegt,  aus  diesem  e  entstanden  ist,  und 
dass  dieses  e  im  alt-indoiranischen  palatalisierung  bewirkt  hat  i), 
treten  zunächst  die  bereits  oben  s.  197  iF.  herangezogenen  for- 
men ein:  '»-^ä)i. 

ved.  ca,  av.  ca  =  gr.  t«,  lat  que^  got.  (u)h  (F.  I,  32 ;  C.  nr.  647). 

ved.  catvä'ras,  av.  cathwärö  —  gr,  xtTTaqeg,  umbr.  petu7'-, 
lat.  quatuor^),  gall.  pettir,  altir.  cethir,  got  fidvör,  asl.  ceüjrije, 
lit.  A;e^wW  (F.  I,  37 ;  C.  nr.  648). 

blicieren.  Herr  0.  also  wird,  als  er  jene  anmerkung  drucken  Hess,  noch 
nicht  erfahren  haben ,  dass  die  dort  vorgetragene  ansieht  bereits  ausge- 
sprochen war.  Warum  aber  benutzte  derselbe  nicht  nachher  die  gelegen- 
heit,  um  sich  vor  dem  verdacht  einer  inkorrekten  handlungsweise  zu 
schützen?  Er  fand  noch  zeit  s.  207 — 212  anm.  seiner  schrift  gegen  jenen 
meinen  aufsatz  zu  polemisieren;  er  hätte  den  räum  nicht  scheuen  sollen, 
um  gleichzeitig  an  jener  stelle  mir  in  betreff  der  palatale  gerecht  zu 
werden.  —  Auch  herr  professor  Hübschmann  in  Strassburg  veröffentlicht 
vor  kurzem  (KZ.  24,  409  f.)  dieselbe  ansieht  mit  berufung  auf  Verner, 
Osthoff  und  Brugman.  H.  stimmt  auch  darin  mit  mir  überein,  dass  er 
dem  laute,  welchen  man  bisher  als  a  ansetzte,  und  welchen  Amelung, 
Brugman  u.  Osthoff  als  a-laut  («i)  bezeichnen,  ebenso  wie  ich  den  wert 
e  beilegt.  H.  gibt  s.  411  ff.  einen  nachtrag,  datiert  vom  11.  juli  1878.  Er 
kommt  dabei  s.  415  auf  die  palatalfrage  zurück,  und  erwähnt  dabei  z. 
b.  Fr.  Müllers  kürzlich  erschienene  schrift  über  die  gutturallaute.  Wes- 
halb hat  H.  an  dieser  stelle  meine  ansieht  unerwähnt  gelassen?  Sind  die 
buchhändlerischen  Verbindungen  nach  Strassburg  so  erschwert,  dass  das 
im  mai  ausgegebene  heft  dieser  Beiträge  noch  an  fang  juli  nicht  in  H.'s 
bänden  war? 

*)  Der  angenommene  lautwandel  ist  ein  ähnlicher,  wie  er  vorliegt 
in  asl.  ca,  za  aus  ki- ,  yl-.  (Vgl.  Miklosich,  Vergl.  gramm.  P  14  ff., 
Schleicher,  Ksl.  formenl.  s.  100,  151  f.,  Comp.^  s.  293,  Potebnja  im  Arch. 
f.  slav.  philol.  HI  (1878)  364  ff.,  Miklosich,  Asl.  lautlehre»  s.  50  f.  — 
Ich  gedenke  auf  die  Streitfrage  nach  der  entstehung  dieses  ca  und  2ia 
an  anderer  stelle  etwas  genauer  einzugehen  und  beschränke  mich  deshalb 
hier  auf  die  bemerkung,  dass  es  meiner  ansieht  nach  nicht  angeht,  für 
i  als  urslavische  geltung  ja  hinzustellen,  und  dass  nicht  k^:  kja :  ca  son- 
dern Äe:  ci,:  cü  als  die  der  historischen  entwickelung  entsprechende 
reihenfolge  anzusehen  ist).  Doch  trifft  diese  analogie  nicht  vollständig 
zu.  Denn  im  indoiranischen  ist  das  a  von  dem  vorhergehenden  palatal 
seinem  Ursprünge  nach  eben  so  unabhängig  wie  z.  b.  in  poln.  czarny  für 
czerny  aus  kersna-  (Schmidt,  Voc.  II,  41;  Fick,  Wtb  "  II,  540),  während 
im  slavischen  (wie  in  den  von  Möller,  Die  palatalreihe  etc.  s.  31  u.  s., 
Epenthese  vor  A-lauten  etc.  s.  95  f.  angezogenen  beispielen)  die  färbung 
des  e  zu  a  eben  durch  den  vorhergehenden  palatal  bedingt  ist. 

')  Lat.  quatuor  ist  wol  aus  *quetuor  entstanden,  wie  sätitm  aus 
*seturn  neben  sero,   rätus  neben  reor^  pütulus  aus  *petulus  u.  a. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  209 

Dazu  kommen : 
ved.    cakrd-   m.  n.,    av.    cakhra-    n.  rad  =  %vY.Xo-g,    ags. 
hveol  (F.  I,  37;  C.  nr.  81)  i). 

ved.  carü-  m.  kessel,  topf  =  an.  hver-r  m.  (F.  I,  44.  III,  93).  f 
ved.  ßffffmus^n.   ba>»i^  miJSfe«j|eil)  =  got. ■5'^l^i4jS.    l;^t,,X^^ 
wiS%iij|j^Leo  Meyer ,  Vergl.  gramm.  I,  38;    Fick  ob.  I,  335).        ■ 
"""^     ved.  järd-mi  singen,  tonen  =  ahd.  quiru  (Grassm.  wtb.  s.  v. ; 

Hübschm.  KZ.  23,  388;  vgl.  F.  I,  322.  III,  42). 
/  ved.  hdn-mi,  av.  jan-  schlagen,  töten  —   gr.  d^elvco,  lit.  ginü, 

"asl.  se>2(j^Benfey,  er.  wz.-lex7Tr,  277;  vgl.  F.  I,  464). 

ved.  nctNi§-  n.  gfti^Jdie  entstehung  des  h  aus  gh  wird  bezeugt 
durch  dasgieicMäit.  gharhd-s)  —  d-sgog-  n.  sommer,  vgl.  ^€Qfj.6-s 
warm,  heiss  (Benfey ,  Wz.-lex.  II,  195  f. ;  C.  nr.  651 ;  anders  F.  1, 81). 


^)  Ascoli  ist  im  irrtum,  wenn  er  (Fonol.  §.  20  anm.  5)  mit  beru- 
fung  auf  Grimm  das  ags.  wort  aus  einem  indog.  *kvaukra  oder  *kvukra 
herleitet.  Allerdings  wollte  J.  Grimm,  Gramm.  I*  370  das  eo  in  ags. 
hveol  als  diphthong  fassen ;  aber  diese  auffassung  ist  schon  deshalb  un- 
haltbar, weil  dabei  das  mit  hveol  oflenbar  identische  altn.  hvel  uner- 
klärt bleibt.  —  Zacher,  Das  got.  aiphabet  Vulfilas  und  das  runen- 
alphabet  (Leipz.  1855)  s.  113  —  116  nahm  ein  hveol  (mit  eo  als  brechung) 
und  ein  hveöl  (mit  eo  als  diphthong)  an,  von  denen  er  ersteres  mit 
griech.  xlQxog,  letzteres  mit  xvxXog  zu  identificiren  suchte.  Das  ist  ei- 
nerseits an  sich  wenig  wahrscheinlich ,  andrerseits  sind  die  argumente 
durch  welche  Z.  ein  diphthongisches  eo  für  das  ags.  zu  erweisen  sucht, 
nicht  durchschlagend,  und  endlich  spricht  nicht  zu  gunsten  dieser  an- 
nähme, dass  Z.  dabei  genöthigt  ist,  xvxkos  aus  *xvxvXos  herzuleiten.  — 
Vielmehr  erklären  sich  die  verschiedenen  formen  des  wortes  im  ger- 
manischen aus  der  bei  Fick,  Wtb.^  III,  94  angesetzten  grundform 
hvehvla-.  Je  nach  der  verschiedenen  behandlung,  welche  den  hier 
entstandenen  lautgruppen  in  den  einzelnen  dialekten  zu  teil  wurde, 
entwickelten  sich  aus  dieser  (nach  wirkung  des  vokalischen  auslautsge- 
setzes) :  ags.  (s.  Grein,  Sprachschatz  der  ags.  dichter  II,  119;  Leo,  Ags. 
glossar  II,  124)  hveovol ,  hveogul ,  hveogel^  hveohl,  hveol  (hveohl  ans  hveh^^l, 
wie  eoh  equus  aus  eh" ,  feoh  peeus  aus  fek",  feorh  vita  =  got.  fairhvus, 
ahd.  ferah,  vgl.  Holtzmann,  Altd.  gramm.  I,  187.  189  ;  über  den  Wechsel 
des  v  und  g  ebd.  211  f.);  engl,  wheel;  altn.  hvel  („later  form  hjöl;  the 
vowel  was  prob,  long,  qs.  hvel'-'',  Cleasby-Vigfusson  299);  schwed,  (Ryd- 
quist,  Svenska  sprSkets  lagar  III,  82)  hiul,  Maul;  dän.  hjul;  fries.  ßal, 
saterl.  jule,  jole^  wel^  ostfr.  weyel  (spinnrad);  mnl.  wiel;  mnd.  weel 
(s.  Richthofen,  Altfries,  wtb.  s.  737,  Zacher  a.  o.  113).  —  Germ,  hvehvla- 
ist  entstanden  aus  europ.  qeqlo-;  zu  dieser  grundform  verhält  sich  griech. 
xvxXo-g  (als  x^fxXo-g)  wie  vnvo-g  zu  eur.  svepno-s  (lat.  somnu-s ,  altu. 
svefn,  vgl.  F.  I,  841). 
Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  III.  ^4 


210  H.  Collitz 

ve^Jdni-  f.  weib  in  vittd-jäni-^^.  a.  av.,  ßni-  =  got.  qPn-s 
(F.  I,  320ir^9).  y)'-i..A^-  ^ 

ved.  cä'ru-  lieb  :  hom.  TrjXv-yexo-g  (Sonne  KZ.  14,  331 ; 
doch  vgl.  Curtius,  Gr.  Et.^  s.  482). 

Was  für  die  vokale  e  und  e  gilt,  das  gilt  auch  für  e  in 
der  Verbindung  mit  i,  d.  h.  für  den   diphthong  ei  i). 

Derselbe  ist  im  indoiranischen  zu  ai  geworden,  und  da- 
durch mit  demjenigen  ai  zusammengefallen,  welches  in  den 
europäischen  sprachen  als  oi  oder  ai  erscheint.  Die  ursprüng- 
liche Verschiedenheit  dieser  diphthonge  auch  im  indoiranischen 
wird  bezeugt  durch  fälle  wie: 

ved.  cäya-te  =  Tsle-rai  (vgl.  über  griech.  ei,  und  die  über- 
einstimmende praesensbildung  J.  Schmidt,  Voc.  I,  142,  G.  Meyer 
in  diesen  Beitr.  I,  82,  Sauppe  im  Gott.  ind.  lect.  1876/7  s.  9  ff.) 
gegenüber  av.  kaenä  =  TtOLvrj  (s.  ob.  197  ff.). 

ved.  jdya-te  verhält  sich  zu  gäya-  m.  =  av.  gaya-  wie 
gr.  ^(p&eU-TaL  (daraus  (pd^ietai,  vgl.  G.  Meyer,  a.  o.)  zu  *(pd-oiä- 
(daraus  q)d^6rj,  vgl.  Fick  in  diesen  Beitr.  I,  15)  ^j. 

Durch  die  annähme  eines  grundsprachlichen  und  indoira- 
nischen e  erklärt  sich  denn  auch  der  umstand,  dass  in  der  re- 
duplikation  die  gutturale  durch  die  palatale  ersetzt  werden. 
Man  könnte  zwar  a  priori  geneigt  sein,  diese  erscheinung  als 
dissimilation  anzusehen,  und  so  hat  denn  auch  Havet  in  den 
Memoires  de  la  soc.  de  ling,  II.  270  versucht,  cakdra  aus 
grundsprachlichera  ka-kivära  für  kiva-kwära  herzuleiten,  unter 
vergleichung  von  Tie-cpiXrjyia :  da  aber  muss  man  zunächst  fra- 
gen, weshalb  wir  im  sanskrit  nicht  <^akära  vorfinden.  Es 
spricht  überhaupt  nichts  für  die  annähme,  dass  hier  dissimila- 
tion vorliege,  und  es  spricht  mehreres    gegen  dieselbe.     Weder 


^)  Die  frage  wie  sich  der  indoir.  diphthong  au  {=  sskr.  ö,  av.  ao) 
in  bezug  auf  die  palatalisierung  verhält,  muss  ich  unbeantwortet  lassen, 
da  hier  meiner  ansieht  nach  das  vergleichbare  material  nicht  ausreicht, 
um  sichere  Schlüsse  daraus  zu  ziehen.  Uebrigens  involviert  die  cxi- 
ßtenz  eines  grundsprachl.  e  und  ei  zugleich  die  annähme  eines  grund- 
eprachl.  eu,  in  folge  der  gleichung  indoir.  a  :  ai  :  au  =  eur.  e,  a  (o)  .• 
ei,  ai  {oi)  :  eu,  au  {ou). 

*)  Dass  in  solchen  fallen  die  Verschiedenheit  des  anlauts  durch  die 
Verschiedenheit  des  folgenden  vokales  bedingt  ist,  bemerkt  auch  Brug- 
raan  in  den  Morph,  Unters.  I,  19  anm. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  211 

die  lautfolge  zweier  gutturale,  noch  die  lautfolge  zweier  palatale 
wird  im  indoiranischen  vermieden.  Es  heisst  im  Rigveda  kar- 
kdndhu-  m.,  karkari-  f.,  gdngä-  f.,  gungu-  t,  gdrgara-  m., 
ghanäghand-,  und  andrerseits  cacarä-,  cardcarä-,  cdrcara-,  ci- 
ccikd-j  ßßnvdthus  (von  jinv-)  u.  s.  w.  Es  heisst  im  Avesta 
kahrkana-  m.,  kahrkaga-  m.,  aber  avacicithushtm  (von  cH-), 
ßjish-,  ßjishanuha,  ßßshäite  u.  a.  Für  die  erklärung  dieser  und 
ähnlicher  erscheinungen  ist  die  annähme  einer  dissimilation  nicht 
ausreichend.  Suchen  wir  also  nach  einer  anderen  auffassung. 
In  der  perfektreduplikation  liegt  auf  Seiten  der  europäi- 
schen sprachen  der  reduplikationsvokal  als  e  vor;  in  den  in- 
doiranischen sprachen  erscheint  nicht  allein  das  dem  europäi- 
schen e  entsprechende  a,  sondern  auch  i  und  u  (s.  für  den 
Rigveda  und  das  Avesta:  Delbr.,  Altind.  vb.  s.  113  ff.,  Bartho- 
lomae,  Altiran.  vb.  s.  83  ff.).  Man  pflegt  diesen  letzteren  zustand 
für  den  ursprünglicheren  zu  halten,  indem  man  die  regel  auf- 
stellt, dass  in  der  grundsprache  die  «-wurzeln  mit  a,  die  i-wur- 
zeln  mit  i,  die  w-wurzeln  mit  u  reduplicierten ;  dieses  Verhältnis 
sei  im  indoiranischen  bewahrt,  während  in  den  europäischen 
sprachen  das  e  durch  die  überwiegende  analogie  der  a-wurzeln 
eingetreten  sei  (Vgl.  Schleicher,  Comp.^  716.  718.  722;  Curtius, 
Verbum  II,  123  i);  Windisch  KZ.  23,  222  f.;  Brugman  KZ. 
24,  12  anm.).  Im  gegensatze  dazu  steht  die  von  Bezzenberger 
in  den  Gott.  gel.  anz.  1875  st.  42  s.  1338  anm.  aufgestellte 
ansieht,  dass  „in  den  reduplicierten  temporibus  der  indogerm. 
grundsprache  in  der  ihrer  Spaltung  unmittelbar  vorausgehenden 
zeit  nicht  der  wurzelvokal,  sondern  a  in  der  reduplikationssilbe 
stand".  Ich  halte  diese  letztere  auffassung  für  die  richtige.  Zu 
gunsten  derselben  und  gegen  die  gewöhnliche  ansieht  sprechen 
wesentlich  folgende  erwägungen:  1)  Man  darf  die  frage  nach 
der  beschaffenheit  einer  bestimmten  art  der  reduplikation  zu 
der  zeit  unmittelbar  vor  der  trennung  oder  differenzierung 
der  einzelsprachen  nicht  verwechseln  mit  der  frage  nach  der 
ursprünglichen  gestalt  der  reduplikation  als  solcher.  So  wenig 
die  uns  vorliegende  perfektreduplikation  in   einer  vollständigen 


*)     Curtius  nimmt  an,  „dass  in  der  zeit  der  gemeinschaft  eine  feste    ä 
regel  noch  nicht   galt".     Ich    gestehe   dem   gegenüber,    dass  ich  in  der  | 
annähme    eines    grundsprachlichen    chaos    hier    wie  in    anderen  fällen  | 
nicht  sowol   eine   antwort  auf   die  betreffende  frage   zu  sehen  vermag, 
als  das  geständnis,  dass  hier  eine  zu  beantwortende  frage  vorliege. 

14* 


212  H.  Collitz 

doppelsetzung  des  Stammes  besteht,  so  wenig  braucht  diese  so- 
genannte reduplikation  den  ursprünglichen  wurzelvokal  zu  ent- 
halten. Der  schluss  also,  „die  indoiranische  reduplikationsweise 
muss  deshalb  als  die  grundsprachliche  reduplikationsweise  gel- 
ten, weil  in  ihr  der  wurzelvokal  erscheint",  ist  unzulässig. 
Will  man  aber  trotzdem  bei  der  entscheid ung  unsrer  frage  auf 
die  urgestalt  der  reduplikation  rücksicht  nehmen,  so  behaupte 
ich,  dass  nicht  der  indoiranische  sondern  der  europäische  redu- 
plikationstypus  der  altindogermanischen  urreduplikation  am 
nächsten  steht.  Nach  der  von  Fick  in  diesen  Beitr.  IV,  167  ff. 
entwickelten  theorie  (vgl.  auch  Brugman  KZ.  24,  288  f.  und 
H.  Möller,  Epenthese  vor  k-lauten  [KZ.  bd.  24]  s.  92  ff.  des 
sonderabdr.)  ist  das  i  und  u  der  „i-  und  w- wurzeln"  erst  aus 
einem  diphthong  entstanden,  den  wir  nach  massgabe  der  euro- 
päischen sprachen  als  ei  und  eu  anzusetzen  haben.  Demnach 
stehen  IsiTtio  und  q)€vyo}  auf  einer  stufe  mit  verben  wie  dsgyco- 
(xai;  und  wie  dieses  mit  e  -  sskr.  a  {dedoQxa  —  daddrga) 
redupliciert  und  nicht  etwa  mit  r,  so  kann  auch  das  ursprüng- 
liche ei  und  eu  in  der  perfektreduplikation  durch  e  ersetzt  sein. 
Von  vorn  herein  also  hat  die  europäische  reduplikationsweise 
mindestens  ebensogrosses  anrecht  auf  ursprünglichkeit,  wie  die 
asiatische.  —  2)  Kein  positives  argument  spricht  für  die  an- 
nähme, dass  dem  indoiranischen  i  und  u  der  perfektreduplika- 
tion die  Priorität  vor  dem  europäischen  e  gebühre;  wol  aber 
spricht  für  die  entgegengesetzte  annähme  der  umstand,  dass 
sich  innerhalb  der  europäischen  sprachen  die  neigung  nachwei- 
sen lässt,  den  vokal  der  reduplikationssilbe  an  den  vokal  der 
Stammsilbe  zu  assimilieren.  Es  ist  bereits  von  Bezzenberger 
GGA.  a.  0.  auf  die  analogie  lateinischer  bildungen  hingewiesen. 
Dort  steht  mo-mordi  für  älteres  me-mordi,  po-posci  für  älteres 
pe-posci,  spo-p)ondi  für  spe-pondi ,  j^u-piigl  für  pe-pugi ,  cu-curri 
für  ce-curri.  (Die  nicht  assimilierten  formen  werden  von  Gell. 
VII  9  aus  altrömischen  dichtem  überliefert;  vgl.  Neue  II  ^  463  ff, 
Kühner,  Ausf.  gr.  d.  lat.  spr.  I  483  anm.  1).  Ausserdem  sei 
erinnert  an  ir.  ca-chain  neben  älterem  ce-chuin  (Windisch  KZ. 
23,  222).  —  Diese  assimilation  im  gebiete  der  europäischen 
sprachen  fällt  für  die  beantwortung  unsrer  frage  schwer  ins 
gewicht.  Wie  das  lateinische  in  jenen  füllen  die  reduplikation 
mit  dem  Stammvokal  an  stelle  der  älteren  reduplikation  mit  e 
gesetzt  hat,  so  dürfen  wir  z.  b.  für  ved.  hu-hJmjmahe  ein  älteres 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.         213 

*ba-bhujmdhe,  für  ved.  ri-rice  ein  älteres  "'ra-rice  voraussetzen. 
Dabei  ist  anzunehmen,  dass  die  assimilation  in  den  „nicht  ge- 
steigerten" formen  des  perfekts  begonnen  hat,  und  erst  durch 
formübertragung  auf  die  „gesteigerten"  singularformen  ausge- 
dehnt wurde;  es  ist  ferner  anzunehmen,  dass  dieser  ganze  assi- 
milationsprocess  bereits  in  der  gemeinsam  indoiranischen  zeit 
vor  sich  gegangen  ist,  da  die  indoiranische  reduplikationsweise 
in  allen  wesentlichen  punkten  mit  der  indischen  übereinstimmt.  — 
3)  Entscheidend  für  die  richtigkeit  der  hier  vertretenen  auffas- 
sung  sind  die  beiden  vedischen  perfekta  ba-bhü'va  von  bhü- 
sein,  werden,  und  sa-sü'va  von  sü-  gebären.  (Vgl.  Benfey, 
Vollst,  sskr.  gr.  §.  826  bem.  4)  u.  §.  829,  Kurze  sskr.  gr.  §. 
227,  Or.  und  Occ.  I  400  anm.  400,  Schleicher,  Comp,  a  719.) 
Beide  formen  sind  offenbar  reste  einer  alten,  später  aufgegebe- 
nen bildungsweise,  deren  existenz  für  die  indoiran.  zeit  durch 
den  übereinstimmenden  reduplikationsvokal  in  ba-bhü'va  und  av. 
baväva  (III.  sg.  perf.  von  bn-,  vgl.  bühvare,  III.  pl.)  sicher  gestellt 
wird.  Für  sasuva  tritt  in  der  späteren  spräche  die  jüngere  as- 
similierte form  su-shä'va,  pl.  su-shumä  ein,  welche  auch  schon 
in  den  Veden  das  perfektum  zu  sii-  „pressen"  bildet. 

Demnach  sind  wir  berechtigt,  auch  für  eine  frühere  pe- 
riode  der  indoiranischen  sprachen  die  allgemeine  perfektredu- 
plikation  mit  e  (das  dann  später  zu  a  wurde)  vorauszusetzen: 
dieses  e  bewirkte  palatalisierung  wie  das  e  in  grundsp.  qe  = 
indoir.  ca.  Das  aus  e  entstandene  a  hielt  sich  in  der  redupli- 
kationssilbe  überall,  wo  der  Stammvokal  des  perfekts  keine 
weitere  Umwandlung  veranlasste;  es  wurde  zu  i  oder  u  assimi- 
liert da,  wo  die  schwachen  perfektformen  den  Stammvokal  ^ 
oder  u  hatten.  —  Es  ergibt  sich  also,  wenn  diese  ansichten 
richtig  sind,  für  die  Chronologie  der  indoiranischen  lautge- 
schichte  der  wichtige  anhaltspunkt,  dass  die  assimilation  des 
reduplikationsvokales  an  den  Stammvokal  jünger  ist,  als  die  pa- 
latalisierung der  gutturale  und  als  der  verlust  des  alten  e  i). 

*)  Als  gesichert  freilich  lässt  sich  diese  chronologische  reihenfolge 
nicht  hinstellen.  Fest  steht  nur,  dass  die  palatalisierung  älter  ist  als 
die  Umwandlung  des  e  der  reduplikationssilbe  zu  a.  Im  übrigen  ist  es 
möglich,  dass  die  assimilation  bereits  vor  der  zeit  der  palatalisierung 
eingetreten  war,  dass  dann  vor  dem  e  der  ,,a-wurzeln"  und  vor  dem  i 
der  „t-wurzeln"  regelrecht  palatalisierung  eintrat,  und  dass  nachher 
durch  die  überwiegende  analogie  dieser  beiden  klassen  der  palatal  auch 
auf  die  an  zahl  weit  geringeren  w-wurzeln  ausgedehnt  wurde.    Für  diese 


214  H.  Collitz 

Aehnliches  wie  von  der  perfektreduplikation  gilt  auch  von 
der  reduplikation  im  aorist  und  präsens.  In  bezug  auf  die 
letztere  geht  meine  ansieht  dahin,  dass  in  der  grundsprache 
durchweg,  wie  im  griechischen,  die  reduplikation  mit  i  herrschte, 
dass  also  i  ebenso  das  Charakteristikum  der  präsensreduplika- 
tion  bildete,  wie  das  e  den  charakteristischen  vokal  der  perfekt- 
reduplikation darstellt.  Die  abweichungen  von  diesem  Systeme 
im  indoiranischen  sind  dann  dem  einflusse  der  perfektredupli- 
kation zuzuschreiben.  Es  scheint  mir  diese  auffassung  ein- 
facher und  natürlicher,  als  die  gewöhnliche  ansieht  (z.  b.  bei 
Delbr.,  Altind.  vb.  s.  105,  Curtius,  Griech.  vb.  I^  156),  dass 
das  griechische  i  auf  einer  Verallgemeinerung  beruhe.  Ein  nähe- 
res eingehen  auf  die  frage  versage  ich  mir  hier,  da  es  für  die 
erklärung  der  palatalisierung  auf  eins  herauskommt,  ob  man  hier 
ein  ursprüngliches  i  oder  e  annimmt. 

Im  scharfen  gegensatze  aber  zu  den  genannten  reduplika- 
tionsweisen, in  welchen  nicht  eine  wirkliche  doppelung,  sondern 
gewissermassen  nur  eine  andeutung  der  Verdoppelung  vorliegt, 
steht  die  reduplikation  der  verstärkten  verba,  also  der  intensiva. 
Alles  weist  darauf  hin,  dass  bei  der  grundsprachlichen  intensiv- 
bildung,  wenn  nicht  eine  wirkliche  Verdoppelung,  so  doch  eine 
der  doppelsetzung  noch  nahestehende  reduplikationsweise,  zum 
teil  auch  eine  Verstärkung  gegenüber  der  Stammsilbe  stattfand. 
Wenn  nun  im  indoiranischen  auch  bei  dieser  intensivbildung 
palatalisierung  eintritt  in  formen  wie  ved.  car-kar-mi  von  kar- 
rühmen,  can-krama-ta  von  kram-  schreiten,  jal-gula-s  und  jdr- 
guräna-s  von  gar-  verschlingen,  jo-guväna-s  von  gu-  tönen,  av. 
care-keremahi  von  kar-  Y.  57.  9.  11  (vgl.  Delbr.  a.  o.,  s.  130  £f., 
Bartholomae  a.  o.,  s.  90  ff):  so  kann  eine  derartige  palatisie- 
rung  unmöglich  als  eine  rein  lautliche  entwickelung  angesehen 
werden.  Auf  den  richtigen  weg  weist  das  nebeneinanderliegen 
von  formen  wie  cani-shkadat  und  kani-skkan  von  skand-  sprin- 
gen,   oder  ghäni-ghnat   neben  jan-ghana-t  von   hau-  schlagen. 

auflfassung  könnte  man  av.  kukhshnvdna-  und  kukJishnvisa-  von  khshnu- 
„zufrieden  sein"  anführen  (vgl.  Bartholomae,  a.  o.,  s.  77.  93).  Aber  es 
fragt  sich  ob  auf  diese  formen  so  viel  gewicht  zu  legen  ist.  Schon  das 
danebenstehende  cikhshnusha-  muss  bedenken  erregen,  und  ebenso  die 
tatsache,  dass  im  sanskrit  von  einer  solchen  ausnahmstellung  der  «-wur- 
zeln keine  spur  erscheint.  Es  wäre  möglich,  dass  jene  beiden  avesti- 
schen  formen  auf  einer  späteren  anlehuung  an  die  intensivreduplikation 
beruhen. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  215 

Nur  eine  der  beiden  formationen  darf  als  die  ältere  gelten, 
und  es  kann  kein  zweifei  darüber  bestehen,  dass  ursprünglich 
der  intensivreduplikation  hier  der  guttural  zukam,  und  dass 
das  eindringen  des  palatals  wesentlich  auf  dem  einflusse  der 
präsens-  und  perfektreduplikation  beruht.  Nur  bei  dieser  an- 
nähme erklären  sich  die  von  Benfey,  Vollst,  gr.  §.  167  (vgl. 
§.  255  bem.)  und  in  den  Gott.  gel.  anz.  1864  st.  39  s.  1539  ff. 
beigebrachten  fälle,  wo  in  intensiven  verbal-  und  nominalbil- 
dungen  der  guttural  erhalten  blieb.  Erwägt  man,  dass  von  den 
verbalen  intensivbildungen  im  späteren  sanskrit  nur  kö-ku-  (oder 
ko-küya-)  und  auch  dieses  nur  sporadisch  den  guttural  bewahrt, 
erwägt  man  ferner  die  mehrfach  im  verlaufe  unserer  darstel- 
lung  hervorgehobene  neigung  der  indoiranischen  sprachen,  die 
mannigfachen  differenzen,  welche  das  eintreten  der  palatalisie- 
rung  bewirkt  hatte,  nachträglich  durch  formübertragung  auszu- 
gleichen, so  wird  man  in  der  vorgetragenen  annähme  keine 
Schwierigkeiten  finden.  Die  palatalisierung  in  der  reduplikation 
des  einfachen  verbs  war  durch  das  e  oder  i  der  reduplikations- 
silbe  hervorgerufen;  das  bewusstsein  dieses  Ursprunges  der  pa- 
latale  musste  sehwinden,  nachdem  das  e  teils  zu  a  geworden, 
teils  (und  zwar  wahrscheinlich  erst  nach  dem  übergange  in  a) 
an  die  i  und  u  der  Stammsilbe  assimiliert  war;  es  musste 
scheinen,  als  gebe  schon  allein  die  reduplikation  einen  grund 
zur  palatalisierung  ab,  und  es  war  natürlich,  dass  dem  hieraus 
sich  ergebenden  principe  mehr  und  mehr  auch  diejenige  redu- 
plikation anheimfiel,  in  welcher  ursprünglich  der  guttural  voll  ^) 
berechtigt  war. 

Ich  gehe  zur  erörterung  der  palatale  vor  ursprünglich  fol- 
gendem e  im  inlaute  über. 

Zunächst  muss  hier  erinnert  werden  an  ved.  ^panca,  av. 
panca  —  gr.  Ttivve,  lat.  qninque,  gall.  pempe,  dMiv.  cötc]  lit. 
penki,  got.  iimf  (F.  3  I,  136 ;  C.  nr.  629). 


*)  Es  soll  damit  nicht  gesagt  sein,  dass  bei  allen  arten  der  inten- 
sivreduplikation ausschliesslich  der  guttural  lautlich  zu  rechtfertigen  ist. 
Vielmehr  ist  es  mir  wahrscheinlich,  dass  z.  b.  in  bildungen  wie  cä-kdna-s 
von  kan-  gefallen  finden,  das  ä  auf  ein  grundspraclüiches  e  zurückgeht, 
und  somit  die  palatalisierung  in  solchen  fällen  eine  regelrechte  ist. 
Leider  lassen  uns  hinsichtlich  der  intensivbildung  die  verwanten  spra- 
chen sehr  im  stiche. 


216 


H.  Collitz 


Q 


Sodann  ist  auf  die  regel  i)  aufmerksam  zu  machen,  dass 
die  sogenannten  as-stämme,  welche  in  den  europäischen  spra- 
chen als  es-stämrae  vorliegen,  vor  dem  urspr.  e  ( =  indoiran.  a) 
des  Suffixes  palatalisierung  eintreten  lassen.     So: 

ved.  väcas-  n.  wort,  su-väcas-  schön  redend,  av.  vacanh-  n. 
wort :  ved.  väkd-  m.  sprach,  av.  vakhdhwa-  n.  wort.  —  Vgl.  gr. 
sTtog  (stamm  stceg-)  n.  wort  (F.  3  I,  204;  C.  nr.  620). 
"'      ved.  vdrcas-  n.  glänz,  av.  as-varecanh-   sehr  glänzend,  va- 
recanJivant-  glänzend.  'W-v 

ved.  (svdncas-  ==)  su-dncas-  sich  leicht  wendend,   gewandt», 
(beiwort  des  Agni,  Rv.  V,  37,  1):  ankä-  m.  haken  (=  der  um-  \ 

gebogene).  -. ,_--• 

.- —  ved.  gatärcas-  =  gatd-rcas-  hundertfach  zu  preisen  :  rkvan- 
preisend,  glänzend,  arkd-  m.  preislied,  glänz. 

ved.  vyäcas-  n.  umfang,  von  vyac-  umfassen. 

av.  tacanh-  n.  lauf :  taka-  laufend,  n.  lauf. 

av.  raocanh-  n.  glänz  (vgl.  ved.  rocis-  n.  licht,  glänz)  :  av. 
raokhshna-  glänzend,  ved.  rokä-  m.  licht. 

av.  Jiaecanh-  n.  trockenheit  :  hiku-  trocken. 

ved.  rajas-  n.  luftraum.  —  Vgl?"?»«!.  er*e^j  gr.  eqeßog,  got. 
,3  I,'  407;  C*  s.  472  f.;  Ascoli,  Fonol.  §.  26,  4 ;  Hübsch-^ 
jnann,  KZ.  23,  22;  de  Lagarde,  Armenische  Studien   s.^^Kl  nr. 

ugrd-,  B^Si^ra- 


n.,  av.  ao^f^h'  n.  kraft  T 


vei 
kräftig 

ved.  tydjas-  n.  wurfwaffe,  angriif  :  tydgä-  m.  hingäbe  des 
lebens. 

ved.  tejas-  n.  schärfe  :  tigmd-  scharf. 

ved.  su-bhö'jas-  reichlich  nährend  :  hhö'ga-  m.  genuss. 

ved.  änjas-  n.  salbe,  von  anj-  salben. 

av.  arejanh-  n.  preis  (vgl.  ved.  arhdnä  f.  verdienst,  ge- 
bühr) :  ved.  (sahasrarghd-  =)  sahasra-arghd-  von  tausendfa- 
chem werte. 

ved.  dohas-  n.  die  melkung  :  dughd-  milchend. 

ved.  vdta-ramhas-  windschnell  :  raghü-  schnell. 

av.  dräjanh-  n.  länge  :  daregha-,  ved.  dirghd-  lang. 


*)  Lindner,  Altind.  nominalbildung  s.  13  £f,  unterscheidet  hier  wie 
in  manchen  anderen  punkten,  welche  das  Verhältnis  der  palatale  zu  den 
gutturalen  betreffen,  nicht  genügend  zwischen  der  regel  und  den  sekun- 
dären ausnahmen  der  regel. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  217 

In  den  europäischen  sprachen  erscheint  bei  den  hierher 
gehörigen  neutris  das  suffix  -es-  im  nom  -voc.-acc.  sg.  in  der 
form  -OS-  :  griech.  v£(pog,  ysvog,  lat.  genus,  ir.  nem  (Ebel  bei 
Schleicher,  Comp.  ^  505),  asl.  nebo.  Wer  ein  grundsprachliches 
e  annimmt,  der  wird  auch  diesen  ablaut  zwischen  e  und  o  der 
grundsprache  zuschreiben  (vgl.  Brugman  KZ.  24,  16  ff.)  und 
wird  ferner  annehmen,  dass  in  der  periode  der  palatalisierung 
des  alt-indoiranischen  im  nom.-voc.-acc.  dieser  stamme  der  gut- 
tural erhalten  blieb,  während  in  allen  übrigen  kasus  der  pala- 
tal  eintrat.  Demnach  ist  z.  b.  für  den  nom.  vacas  ein  älteres 
*vakas  und  für  dieses  ein  älteres  *vekos  vorauszusetzen,  wäh- 
rend der  gen.  vacas-as  auf  älteres  veces-os  zurückgeht;  ebenso 
wie  im  altslovenischen  von  dem  stamme  oces-  „äuge"  der  nom.- 
voc.-acc.  oko  (aus  *okos)  lautet,  während  in  allen  übrigen  ka- 
sus (von  dem  jüngeren  stamme  oci-  des  du.  abgesehen)  der 
stamm  oces-  erscheint.  —  Als  dann  das  alte  e  mit  dem  alten 
0  ^)  in  a  zusammengeflossen  war,  und  nun  die  kategorie  der 
ursprünglichen  es-stämme  durchweg  das  suffix  -as  aufwies  :  da 
musste  vor  dem  einheitlichen  vokal  des  Suffixes  auch  eine  ein- 
heitliche behandlung  des  gutturals  als  naturgemäss  erscheinen. 
An  die  stelle  des  alten  nom.-voc.-acc.  sg.  *vakas  trat  die  mit 
dem  stamme  der  übrigen  kasus  übereinstimmende  form  vacas, 
ganz  ebenso  wie  an  stelle  der  ved.  I.  sg.  vi-vakmi  im  späteren 
Sanskrit  die  mit  vacas-,  väc-  u.  s.  w.  im  konsonanten  überein- 
stimmende form  vacjni  trat. 

Ohne  ausnahmen  freilich  ist  auch  diese  regel  nicht. 

Aus  dem  Avesta  ist  allein  zu  erwähnen  das  subst.  aoganh- 
n.  hülfe,  nebst  dem  adj.  aogazdäo  hülfreich  (vgl.  aogare-  n. 
hülfe). 

Etwas  zahlreicher  sind  die  ausnahmen  im  Rigveda.  Den 
richtigen  ausgangspunkt  für  die  beurteilung  derselben  bietet 
das  einmal  (Rv.  X,  96,  4)  vorkommende  adjektiv  sahdsra-gdkas- 
„tausendflammig".    Ein   Substantiv  *gdkas-   „flamme"    existiert 


*)  Die  gründe  für  die  annähme  eines  grundsprachlichen  o  (= 
griech.-lat.  o)  liegen  nicht  auf  dem  gebiete  der  indoiran.  palatalbildung, 
wol  aber  glaube  ich  das  bestehen  dieses  o  auf  grund  anderer  Verhält- 
nisse als  wahrscheinlich  erweisen  zu  können.  Ich  bitte  also  hier  einst- 
weilen den  ausdruck  „grundspracbliches  o"  zu  gestatten;  will  man  das 
nicht  tun,  so  mag  man  dafür  das  sanskr.  a  einsetzen:  für  die  erklärung 
der  palatale  kommt  beides  auf  dasselbe  hinaus. 


218  H.  Collitz 

ausserhalb  dieser  komposition  nicht,  wol  aber  ein  gleichbedeu- 
tendes goka-  m.  Das  angeführte  kompositum  ist  oJBfenbar  zu 
einer  zeit  gebildet,  wo  die  periode  der  palatalisierung  längst 
verflossen  war,  und  man  für  die  regel,  dass  bei  den  as-stämmen 
palatalisierung  eintritt,  kein  Verständnis  mehr  hatte;  man  bil- 
dete zu  dem  a-stamme  goka-,  der  nach  einer  später  zu  erör- 
ternden regel  den  guttural  bewahrt,  einen  adjektivischen  as- 
stamm,  und  übertrug  dabei  den  guttural  des  ersteren  ohne 
weitere  abänderung  auch  auf  den  letzteren. 

Fester  hat  sich  der  sekundäre  guttural  eingenistet  in  dem 
Worte  okas-  m.  „behagen,  heimat,  wohnstätte",  mit  den  adjek- 
tivischen kompositis  tdd-okas-,  sdm-okas-  u.  a.  Das  zu  gründe 
liegende  Substantiv  oka-  wird  von  grammatikern  angeführt  (s. 
das  Petersb.  Wtb.  I,  1117);  es  ist  ausserdem  im  Rv.  erhalten  in 
dem  adverbialen  kompositum  dur-oka-m  „ungewöhnlich"  nebst 
dur-oka-gocis-  „ausserordentlich  leuchtend",  und  wird  vorausge- 
setzt durch  (okya-  =)  okta-  „heimatlich",  n.  „behagen,  heimat, 
Wohnsitz".  —  Wir  sahen  oben  s.  206,  dass  auch  bei  dem  (zu 
demselben  stamme  wie  okas-  gehörenden)  adj.  ökivds-  „gefal- 
len findend"  (neben  dem  part.  perf.  ücivds-)  der  palatal  durch 
den  guttural  verdrängt  ist. 

Ved.  dnkas-  n.  „biegung,  krümmung"  (Rv.  IV,  40,  4)  hat 
seinen  guttural  erst  durch  anlehnung  an  ankd-  m.  „haken" 
=  „krümmung")  erhalten;  eine  unmittelbare  vergleichung  mit 
gr.  ayyiog  (F.^  I,  7;  C.  nr.  1)  ist  also  unzulässig. 

Aehnliches  gilt  von  agas-  n.  ,,sünde,  unrecht",  einer  Um- 
bildung des  aus  dn-dga-  (=  dn-agas-)  ,,sündlos,  schuldlos"  zu 
erschliessenden  *äga-.  Die  vergleichung  von  agas-  mit  griech. 
ayog  (Benfey,  Wz.-lex.  I,  149;  C.  nr.  116;  F.  ^  1,9)  vermag  ich 
nicht  als  richtig  anzuerkennen,  auch  abgesehen  davon,  dass  sie 
der  hier  entwickelten  regel  widerspricht.  Die  bedeutungen  bei- 
der Wörter  sind  keineswegs  identisch,  das  d  von  ä'gas  darf  dem 
a  von  ayog  nicht  unmittelbar  gleichgestellt  werden;  endlich 
fällt  schwer  ins  gewicht,  dass  Homer  dieses  wort  ayog  über- 
haupt nicht  kennt  i). 

Schwieriger    zu   beurteilen     sind    die   beiden   noch    übrig 

^)  Ich  führe  also  diese  abweichungen  auf  heteroklisie  zurück,  und 
halte  es  für  unrichtig,  anzunehmen,  dass  in  derartigen  nominibue  der 
ursprüngliche  guttural  von  den  formen  mit  der  alten  endung  -os  aus 
eingedrungen  sei. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.         219 

bleibenden  ausnahmen  im  Rigveda:  hhdrgas-  n.  „glänz",  und 
das  nur  an  einer  stelle  begegnendgadj.  gö-nyoghas-  (Rv.  IX, 
97,  10).  Man  pflegt  das  erstere  mit  bhräj-  „glänzen"  zusam- 
menzustellen (F.  3  I,  152  f. ;  C.  nr.  16T5T^a3^iirch  aber  wird  der 
guttural  nur  noch  auffallender  und  unregelmässiger,  denn  das 
J  in  bhräj-  geht  mit  dem  z  in  av.  hardz-  auf  einen  alten  Zisch- 
laut zurück,  der  im  sanskrit  nie  zum  guttural  wird.  Diese  Zu- 
sammenstellung also  ist  etwas  problematisch,  und  in  folge  des- 
sen auch  die  vergleichungen,  welche  man  bei  Fick  I,  153  s.  v. 
hhargas  findet.  Ebenso  ist  das  wort  go -nyoghas-  etymolo- 
gisch vollkommen  dunkel.  Ich  muss  beide  wörter  als  einen 
unerklärten  rest  bestehen  lassen,  meine  aber,  dass  diese  ihrer 
herkunft  nach  dunklen  wörter  die  regel,  welche  in  etymologisch 
klaren  Wörtern  deutlich  vorliegt,   nicht  umstossen  können. 

Mit  übergehung  einiger  anderer  kategorien  der  nominalbil- 
dung  1),  über  die  ich  aus  dem  einen  oder  dem  anderen  gründe 
eine  sichere  entscheidung  nicht  zu  treiffen  weiss,  wende  ich  mich 
ZU  einer  kurzen  betrachtung  des  sogenannten  a-suffixes  im  ver- 
bum.  Bekanntlich  tritt  hier  im  allgemeinen  2)  durchweg  pala- 
talisierung  ein,  und  vor  allem  dieser  umstand  ist  es  gewesen, 
der  zur  aufstellung  des  satzes  anlass  gegeben  hat,  dass  „im 
Wurzelauslaut"  für  den  guttural  der  palatal  eintrete.  Aber  so 
gewiss  die  flexion  der  verba  und  nomina  in  der  grundsprache 
voll  und  ganz  ausgebildet  war,  so  gewiss  sprachen  die  Indoira- 
nier  nicht  in  wurzeln,  sondern  in  Wörtern,  und  so  gewiss  ist  es 
verkehrt,  der  anschauung  zu  huldigen,  als  führe  in  den  uns 
vorliegenden  indogerm.  sprachen  die  wurzel  ein  gesondertes, 
von  verbum  und  nomen  abgetrenntes  dasein.  Wollen  wir  die 
entstehung  der  palatale  aus  den  gutturalen  begreifen,  so  haben 
wir  zu  untersuchen,  welche  momente  in  einer  nominal-  oder 
einer  verbalform  eine   solche   Umwandlung  herbeiführen  konn- 


^)  Es  kommt  z.  b.  in  betracht,  dass  in  den  suffixlosen  nominibus 
wie  väc-  vor  vokalisch  anlautender  endung  sowie  in  den  bildungen  auf 
-ana-  wie  pdca-na-m  im  Rv.  durchweg  der  palatal  erscheint. 

2)  Ausnahmen  sind  bes.  im  späteren  sanskrit  nicht  selten;  man 
findet  dieselben  in  Westergaards  Radices  unter  den  auf  gutturale  aus- 
lautenden wurzeln.  Derartige  „wurzeln"  beruhen  fast  stets  auf  einer 
verbalen  Verwendung  ursprünglicher  nominalthemen,  in  welchen  letzte- 
ren regelrecht  der  guttural  stand. 


220  H.  ColHtz 

ten.  Wer  statt  dessen  von  dem  palatal  der  wurzel  spricht, 
der  ergreift  statt  des  gegenständes  selbst  seinen  schatten,  und 
bietet  uns  eine  phrase  statt  einer  klaren  und  bestimmten  ant- 
wort;  ganz  davon  zu  geschweigen,  dass  im  „auslaut",  nach  dem 
was  die  indoiran.  sprachen  uns  lehren,  nicht  der  palatal,  son- 
dern eben  der  guttural  stehen  sollte. 

Das  sogenannte  a-suffix  des  verbums  oder  der  „themati- 
sche vokal"  erscheint  in  den  europäischen  sprachen  teils  als  e, 
teils  als  o  (a).  Das  e  musste  im  indoiranischen  palatalisierung 
bewirken,  wie  es  unter  denselben  Verhältnissen  palatalisierung 
bewirkt  hat  im  altslovenischen,  —  Es  sei  zur  vergleichung  die 
flexion  des  ind.  praes.  akt.  von  dem  verbum  sskr.  pdcd-mi  = 
asl.  pekq  „koche"  hierhergesetzt: 


sg- 


du. 


Sskr. 

Asl. 

päcä-mi 

pekq, 

päca-si 

pece-U 

pdca-ti 

pece-tü 

päcd-vas 

pece-ve 

päca-thas 

pece-ta 

pdca-tas 

pece-te 

pdcä-mas 

pece-mü 

päca-tha 

pece-te 

päca-nti 

pekqtü 

pl. 


Wie  nun  das  altslovenische  die  e-färbung  des  thematischen 
vokales  und  damit  zugleich  den  palatal  auch  auf  die  I.  du.  und 
die  I.  pl.  ausgedehnt  hat  (das  o  ist  erhalten  im  einfachen  aorist), 
so  ist  anzunehmen,  dass  auf  Seiten  der  indoiranischen  sprachen, 
nachdem  überall  die  einheitliche  färbung  des  thematischen  vo- 
kales zu  a  eingetreten  war,  der  palatal  auf  alle  formen  ausge- 
dehnt wurde,  in  welchen  ein  thematischer  vokal  vorlag  i).  So 
mochte  es   denn  scheinen,   als  komme  überhaupt  dem  verbum 


')  Ein  höchst  wichtiges  und  interessantes  analogen  für  diese  er- 
scheinung  bietet  das  kleinrussische.  Hier  ist  dialektisch  (s.  Miklosich, 
Vergl.  gramm.  IIP  274)  in  der  flexion  pecu  (statt  peku),  peces,  pece, 
pecem,  pecete,  pecut'  (statt  pekut'}  auf  dem  wege  der  analogiebildung 
(vgl.  Brückner  im  Arch.  f.  slav.  philol.  III,  237)  auch  der  rest  nachge- 
holt, welchen  das  altslovenische  noch  hatte  bestehen  lassen,  und  somit 
eine  durchgängige  palatalisierung  hergestellt.  Das  sanskrit  steht  hier  in 
demselben  Verhältnisse  zum  altindoiranischcn,  wie  das  kleinrussische 
zum  altslavischen. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe,  221 

der  palatal  zu,  und  es  kann  nicht  aufifallen,  wenn  in  den  in- 
doiran.  sprachen  die  neigung  herrscht,  überall  im  verbum  den 
guttural  durch  den  palatal  zu  ersetzen,  wo  dieses  nicht  ein  fol- 
gender stummer  konsonant  verbietet,  oder  sonstige  momente 
eine  erhaltende  kraft  ausüben.  Vor  dem  psychologisch  durch- 
aus natürlichen  principe,  in  einem  einheitlichen  formensystem 
eine  einheitliche  behandlung  des  konsonanten  durchzuführen, 
musste  der  alte  durch  ein  der  spräche  fremd  gewordenes  mo- 
ment  bewirkte  lautliche  Wechsel  zwischen  guttural  und  palatal 
weichen,  so  dass  dieser  austausch  an  den  stellen,  wo  er  als 
unmotiviert  erschien,  zu  gunsten  der  numerisch  überwiegenden 
palatale  aufgegeben  wurde. 


II.    Der  ursprüngliche  guttural  bleibt  vor  anderen  lauten 
als  i  und  e. 

1)  Gutturale  vor  a: 

Während  vor  demjenigen  a,  welches  einem  europäischen  e 
entspricht ,  im  indoiranischen  der  palatal  eintritt,  bleibt  der 
ursprüngliche  guttural  gewahrt  vor  demjenigen  a,  welches  in 
den  europäischen  sprachen  durch  o  oder  a  reflektiert  wird: 

So  im  anlaut: 

ved.  kd-s,  kä-d,  av.  kö,  ka-t  :  lit.  ka-s,  got.  hva-s,  hva 
(F.X^T'C.  nr.  631). 

ved.  ka-tard-s,  av.  katärö  :  gr.  Tto-rsQO-g,  osk.  pü-türü-s 
(acc.  pl.),  lat.  n-ter,  asl.  ko-toryj ,  lit.  ka-trä-s ,  got.  hvaßar  (F. 
I,  33;  C.  nr.  631,  vgl.  o.  s.  197  ff.). 

ved.  kd-ti  =  lat.  quo-t  (a.  o.).  j 

"ved.  ka-da   :  lit.  kadä  (a.  o.). 

In  av.  cahijä  (gen.);  cahmäi  (dat.),  cat,  caiti  ist  der  in  sskr. 
kasya,  kasmäi,  kad,  kati  erhaltene  regelrechte  guttural  durch 
den  nur  in  ca  =  r«  und  ci-  =  ri-  lautlich  gerechtfertigten 
palatal  verdrängt  worden.     Vgl.  ob.  s.  206. 

vfed.  kdksha-  m.  gurtgegend,  achselgrube  :  lat.  coxa,  ahd. 
hahsajF.  L  36). 

ved.  kaküd-  f.  gipfel,  kaküdmat-  mit   einem  höcker  verse- 
hen, Ä:aMM5'~i--gipfel,  iöcker  :  lat.  cacümen  (a.  c). 
'"'"^ed.  gä-  gehen,  av.  gä-  :  gr.  (dor.)  ßa-JFTTr^3 ;  C.  nr.  634). 

sskr.  -gara-  verschlingend,  av.  -gara-  in  nare-gara-  mien- 


222  H.  Collitz 

sehen  verschlingend  (bei  Justi  im  nachtr.) : 
(F.  I,  70;  C.  nr.  643). 

ved.  gdrhha-  m.  mutterleib,  leibesfrucht,  av.  garewa-  m.  : 
gr.  (Hsch.)  öoXcp6-g  (F.  I,  74;  C.  nr.  645). 

ved.  gharmä-  m.  glut ,  av.  garema  heiss  :  lat.  formu-s, 
altpr.  gorme.  —  Im  griechischen  steht  d^€Q-iii6-g  statt  des  zu 
erwartenden  *(poQ-in6-g  wol  mit  anlehnung  an  &€Qog  =  hdras 
und  d^£QOfj.ai  (vgl.  ob.  s.  209). 

ved.  ghand-  m.  vernichter,  Vernichtung,  neben  hdn-mi,  av. 
ghana-  tötend  (Yt.  24,  50)  neben  jan-  ^)  :  gr.  q)6vo-s  neben 
8-fcs-(pvov  und  d-eivto  (vgl.  ob.  s.  209).  —  Diese  von  Pott,  Et. 
F.  1 1  255  und  Benfey,  Wz.-lex.  II  277  vertretene  gleichsetzung 
ist  von  Curtius  (Gr.  Et.  nr.  311  u.  410)  und  Fick  (Wtb.s  II 
117.  164)  zu  gunsten  anderer  vergleichungen  aufgegeben  wor- 
den: meiner  ansieht  nach  mit  unrecht.  Eine  ausführliche 
rechtfertigung  der  älteren  vergleichung  würde  hier  zu  weit  ab- 
führen, ich  muss  eine  solche  auf  eine  andere  gelegenheit  ver- 
schieben. 

Dieselbe  regel  gilt  für  das  ai  ( =  sskr.  e,  vor  vokalen  ag), 
welchem  ein  europ.  oi  oder  ai  gegenüberliegt.     Das  zeigen: 

av.  kaena  busse  =  gr.  Ttoivri  (vgl.  ob.  s.  198). 

ved.  ketü-  m.  licht,  banner,  vgl.  keta-  ra.  absieht,  wille, 
av.  dürae-kaeta-  fernhin  bemerklich  :  got.  haidu-s  art,  weise, 
nhd.  -heit  (F.  I,  35.  III,  56). 

ved.  kdya-,  av.  kaya  (?)  :  gr.  rtolo-g,  asl.  koj  (vgl.  Scherer, 
zGßS.  2  412). 
^      ved.  gdya-  m.  hausstand,  wohnsitz,  av.  gaya-  leben,  neben 
*  dem  präsensst.  jdya-  (vgl.  ob.  s.  210)  ^). 
\        Endlieh  gehört  hierher: 

f"^  ved.  gau-s,   av.  gäu-s   (stamm  gav-)  =    gr.   ßov-g  (stamm 
\^o/-),  lat.  bos,  ir.  bö,  ahd.  chuo  (F.  I,  76;  C.  nr.  644). 

Was  den  inlaut  betrifft,  so  wird  der  aufgestellte  satz  be- 
stätigt durch  die  behandlung;  welche  der  ursprüngliche  guttu- 
ral in  der  umfangreichen  kategorie  der  a-stämme  erfährt.  Das 
sogenannte  a-suffix  erscheint  in  den  europäischen  sprachen  als 


*)  In  av.  j'anu-  schlagend,  ava-jana-  tötend  u.  a.  steht  j  durch  an- 
lehnung an  jan-. 

')  Dem  gegenüber  ist  in  ved.  -jayä-  gewinnend,  av.  jaya-  m.  ge- 
winn, anlehnung  an  das  j  des  verbs  nicht  zu  verkennen. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.         223 

0  (=  lit.  u.  germ.  a)  i),  und  aus  diesem  umstände  erklärt  sich 
die  bereits  ob.  s.  183  u.  s.  hervorgehobene  regel  dass  in  der- 
artigen bildungen  der  guttural,  von  vereinzelten  ausnahmen  ab- 
gesehen, durchweg  bewahrt  wird. 

SoJ2  ii3]i  Rigveda:       .,,v^i=»-.«-«^*i, 
^ankd-  m.  haken  :  ac-  (anc-)  biegen. 

arkd-  m.  strahl,  lied  :   drcä-mi,  strahle,  singe. 

-äka-,  -ika-,  -üka-  in  äpäka-  von  fern  kommend,  üpdka- 
nahe  verbunden,  paräkd-  n.  die  ferne,  abhi'ka-  n.  das  entge- 
gentreten, samikä-  n.  kämpf,  prdtika-  n.  antlitz,  änükd-m 
nach  der  reihe  u.  a.  :  -de-,  -ic-,  -üc-  in  dpäc-  rückwärts  ge- 
wandt, pdräc-  abgewandt,  pratic-  (==  prati-ac-)  zugewandt, 
anüc-  (=  anu-äc-)  nachfolgend. 

-oka-  in  dur-oka-m  ungewöhnlich  :  uc-  (praes.-st.  ucya-) 
gern  tun. 

tökä-  n.  nachkommenschaft  :  tue-  f.  nachkommenschaft. 

'pdka-  in  vi-pdka~  reif,  grta-paka-  gar  gekocht  u.  a.  :  j^ac- 
(III.  sg.  pdca-ti)  kochen. 

markd-  m.  Verfinsterung  (Rv.  X,  27,  20)  :  mrc-  (caus.  mar- 
cdya-X  versehren. 

i-rekd-  in  pra-rekd-  m^  überfluss,   ni~rekd-  m.  nähe,  haus-  /"^^^ 
stand  j  ric-  (perf.  rireca)  lassen. 

m.  und    rokq-  m.    li^^4  ^oÄ;a-   freier   räum    (lich- 

(III.  sg.  rö'c^tH^)  leuch^^^ 

m.  Spruch,  upa-väkd-  m.  anrede,  adhi-vdkd-  m.  für-  1 

spräche,  rta-väkd-   m.  fromme  rede  :  väc-  f.  rede,  spräche.         I 

vrka-  m.  wolf,  av.  vehrka-  m.  =  gr.  Xv^o-g,  asl.  vlükü, 
lit.  vUka-s,  got.  vulf-s  (F.  I,  213;  C.  nr.  89). 

vraskd-  in  yüpa-vraskä-  den  pfosten  behauend  (Rv.  I, 
^Jß2^)  :  vragc-  (praes.  vrgcd-ti)  behauen. 

su-gdka-  leicht  ausführbar,  gäkd-  stark,  m.  gehülfe,  gä'ka-  \  |4  ) 

m.  kraft  :  gdct-  f.  kraft.  ,- 

^)  Mit  einziger  ausnähme  des  voc.  sg.,  wo  übereinstimmend  e  er- 
scheint, und  demnach  grundsprachliches  e  anzusetzen  ist. 

^)  Es  sind  in  diese  Übersicht  im  allgemeinen  nur  solche  noniina 
aufgenommen,  welche  sich  mit  einiger  deutlichkeit  an  einen  daneben- 
liegenden verbalstamm  anschliessen,  oder  durch  das  zeugnis  der  ver- 
Wanten  sprachen  als  grundsprachliche  bildungen  sich  erweisen.  Ausge- 
schlossen sind  demnach  wörter  wie  ved.  naka-  m.  himraelsgewölbe, 
kacaplakä-  m.,  phaligä-  m.  behälter,  p-hga-  n.  hörn,  av.  ara^ka-  m.  neid, 
nava-pikha-  neunknotig,  magha-  m.  loch,  cparegha-  m.  zacken  u.  a. 


224  H.  Collitz 

guka-  m.  papagei  (Rv.  I,  50,  12)  :  güci-  glänzend. 

coka-  m.  licht,  flamme,  arka-gokä-  m.  strahlenflamme  : 
gocä-mi  leuchte. 

seka-  m.  guss  :  sie-  (praes.-st.  sincd-  u.  seca-)  giessen. 

-ka-,  deminutiv  Suffix,  =  av.  -ka-;  vgl.  die  beispiele  bei 
Grassmann,  Wtb.  sp.  1703  u.  Justi,  Handb.  s.  375,  §.  338. 

hhdga-  m.  segenspender,  segen,  a-hhaga-  m.  teilnehmer, 
su-hhdga-  glücklich,  saü-hhaga-  n.  glück,  bhägd-  m.  anteil,  se- 
gen, su-bhägd-  reich  :  bhdjd-mi  zuteilen. 

bhangd-  m.  durchb recher,  abhi-bhangd-  zerbrechend  :  bhanj- 
(III.  sg.  bhandk-ti)  brechen. 

bhogd-  m.  windung,  ring  :  bhuj-  (praes.-st.  bhujd-)  biegen. 

bhoga-  m.  genuss  :  bhuj-  {III.  sg.  med.  bhoja-te)  geme- 
ssen. 

tyägä-  m.  hingäbe  des  lebens  :  tyaj-  Verstössen,   hingeben. 

mrgd-  n.  wild  :  av.  meregha-  m.  vogel  (F.  I,  394). 

yugd-  m.  joch,  gespann,  geschlecht,  cdtur-yuga-  vierspännig,  | 
yoga-  m.  anschirrung,  unternehniung,  dgva-yöga-  mit  rossen  be-  1 
spannt  :  yuj-  (praes.-st.  yunaj-,  yuja-,  yoja-)  anschirren,  zu-  | 
rüsten,  verbinden.  ' 

hrd-rögä-  m.  herzkrankheit  (gebrechen)  Rv.  I,  50,  11 :  ruj- 
(praes.-st.  rujd-)  brechen. 

abhi-vegd-  m.  erregung  :  vij-  (pt.  vik-td-)  weichen,  zerstreut, 
erschreckt  sein. 

a-nishangä-  ohne  wehrgehänge  :  ni-saj-  anhängen. 

-varga-  in  pari-vargä-  m.  beseitigung,  prä-vargä-  überwäl- 
tigend, siegreich,  sam-vdrga-  m.  gewinn,  beute  :  vrj-  (III.  sg. 
vrndk-ti)  wenden. 

sdrga-  m.  guss,  ström,  geschoss,  pra-sargd-  u.  pra-sdrga- 
m.  das  hervorströmen,  vi-sargd-  m.  das  entlassen,  aufhören  : 
srj'  (praes.-st.  srjä-)  ausgiessen,  entsenden.  —  Es  ist  in  diesen 
beispielen  ein  übergreifen  der  regel  anzuerkennen,  denn  das 
part.  lautet  srsh-td-,  die  III.  sg.  aor.  med.  ä-srsh-ta  :  formen, 
welche  das  j  als  fortsetzer  des  indoiranischen  in  av.  harez-  be- 
wahrten Zischlautes  erweisen.  Dasselbe  iibergreifen  des  guttu- 
rals  zeigt  sich  in  mehreren  plqpf.-  und  aor.-formen  {dsa-srg-ram, 
ä-srg-ram,  ä-srg-ran,  s.  Grassm.  wtb.  sp.  1575).  \ 

aghd-  schlimm,  n.  übel;  unheil,  av.  (agha-  böse,  n.  übel.  — 
Sind  diese  Wörter,  wie  man  gewöhnlich  annimmt,  mit- ved. 
anhas-  n.  =  av.  äzanh-  n.  zu  verbinden  (C.  nr.  166 ;  F.  I,  264  ;1 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe. 


225 


Grassm.,  Justi  u.  s.  w.),  so  verhalten  sie  sich  zu  denselben,  wie 
särga-  zu  srj-  —  av.  harez-. 

-arc/ha-  in  {sahasrän/hd-  =)  sahasra-arghä-  tausend- 
fachen wert  habend :  arh-  verdienen,  wert  sein.     , 

dirghd-  lang    ==    av.  duregha-.     Vgl.    griech.  'doXixo-g,  lit. 


Ü 


Uga-s,\a,s\.  dlügü  (F.  I,  388;  C.  nr.  167;  vgl.  Bezzenb.  ob.  s.  134). 

äfi<^7<«- liiTlcKeriH,  f.  niilchkuh,  su-dügha-  schön  milchend, 
dogha-  m.  das  melken  —  erlangen,  su-dogha-  reichlich  spen- 
dend :  dnh-  (praes.-st.  duh-  =  dugh-,  dvhä-,  doha-)  melken, 
spenden. 

Idrö'gha-    arglistig  :  drüh-    m.    beleidiger,    f.   beleidigung, 
argliäET  "" 

maghd-  n.  reichtum,  geschenk,  dgvä-niagha-  reich  an  ros- 
sen. —  Das  Verhältnis  von  maghd-  zu  mariih-  (III.  sg.  pr.  med. 
mdmha-te)  herrlich  sein,  schenken,  u.  mah-  (praes.-st.  mafia-) 
herrlich  sein,  verherrlichen,  schenken,  ist  wahrscheinlich  daS' 
selbe,  wie  das  von  sarga-  zu  srj-.    Vgl.  ob.  s.  195. 

mSghd-  m.  wölke   =   av.  maegha-  m. 

mögha-  eitel,  vergeblich  :  muh-  (praes.-st.  mühya-)  irre 
werden,  fehlschlagen. 

derselben  regel  folgen  im  Avesta: 
,  a^^~75ehiecht,  u.  das   b(5se,"schlitüine;  superl.  aefHß-  seiir 
schlecht.  V 

^^„joka-^-'mi^Ms^e&smif'-ygl.  ved.  mkd-  m.  na^^n. 

fajca-  laufend,  n.  IsMiifdc-  (IllSg.  praes.  Yra-tacaiti)  lau- 
fen, tacanh-  n.  lauf.  \A/lAlJl 

na<jic-])äkq-    leichen   \brennend,|  urusda-päka-  unreinigkeit  '  IX-^*^ 
erbrennend  :  pan-  kochen,  häm-pfic-,  fra-pac-  verbrennen. 

mahrka-  m.  tod  :  marenc-  töten. 

ni-mraoka-  m.  abfluss  :  mruc-,  vgl.  para-mruc-  sich  weg- 
stehlen. 

raeka-  m.  esse  :  ric-  (caus.  raecaya-)  ausgiessen  (nach 
Justi). 

fra-väka-  n.  das  hersagen,  aussprechen  :  fra-rac- aussprechen. 

vehrka-  m,  wolf  —  ved.  vfka-. 

dtare-gaoka-  m.  feuerbrand,  güka-  leuchtend,  m.  licht,  Seh- 
kraft :  Quc-  (praes.-st.  gaoca-)  brennen. 

cragka-  m.  hagel  :  gragc-  (praes.-st.  gragca-)  tropfen,  hageln. 

fra-shaeka-  m.  vergiessung  :  fra-hic-  (III.  pl.  fra-shincanti) 
vergiessen. 

üeiträgo  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  III.  15 


226  H.  Collitz 

',areha-  ra.  abwerfung  :  harec-  abwerfen. 
ii^ggoAa-doppelt  geschärft  :  tizhi-  (in  tizhi-däthra-  u.  a.) 
scharf.  —  Vgl.  ved.  tejas-  n.    schneide,  hitze,  eifer. 

bagha-  m.  gott  —  ved.  hlidga-,  ?l^\.  hogii  (F.  I,  381). 
I  hiiffha-,  hdfjha-  m.  f.  teil,  stück  :  haj-  (III.  sg.  impf,  hazhat, 
also"  hicMlfitt  Justi  als  haz-  anzusetzen;    vgl.  auch  Hübschm. 
KZ.  23,  388)  verteilen,  geben,  opfern.    —    Ved.  hhdga-,  hhägd- 
m.  (F.  I,  381). 

mazga-  in  mazga-vanf-  reich  an  mark  (vgl.  ved.  majjän- 
m.  mark),  asl.  mozgü  m.   (F.  I,  395). 

vaegha-  m.  schlag,  wucht,  fra-vaegha-  vorwärts  schlagend  : 
vij-  (part.  7ii-vikh-ta)  schlagen.  —    Vgl.  sskr.  vega-  m.  (F.  I,  428). 

agha-  n.  böse,  n.  das  böse,   das  übel  =  ved.  aghd-. 

zanga-  ni.  der  obere    fuss,   ved.  jdnghd-  f.   der  untere  teil 
des  beines.  —  Vgl.  Yed.  jdmhas-  n.  weg,  gang  (F.  I,  322). 
(daregha-  lang  =  ved.  dtrghd-. 

r/rao^/<rt-' lügnerisch  (sup.  dranjista-)  m.  lüge  :  druj-  fpraes.- 
st.  druzha-)  lügen.  —  Vgl.  ved.  drogha-  (F.  I,  348). 

maga-  n.  grosse,  Verherrlichung  =  ved.  maghd-  n.  (F.  1, 388). 

maSgha-  m.  wölke  =  ved.  meghä-  (F.  I,  398;  C.  nr.  175). 

Qdiri-haoglia-  schmutz  reinigend  :  huj-  reinigen. 

Die  aufgestellten  beispiele  stellen  die  regel  dar.  Es  stellt 
sich  uns  nunmehr  die  aufgäbe,  die  ausnahmen  dieser  regel  im 
Rigveda  und  Avesta  in  betracht  zu  ziehen,  und  womöglich  das 
motiv  der  unregelmässigen  behandlung  aufzudecken. 

VedT>w«4t,,mir  Rv.  V,  32,  G   als  adv.  im  instr.  pl.  ii^*fHh 
_)  ,^?Orrr-p|»e>V. Htu;:;;^ —  Vgl.  uccä  instr.  sg.  als  adv.  „oben". 

f  '     wT&Wciiur  Rv.  I,  116,  22   als  adv.  im   abl.  sg. ^)?k<^  »»von^.. 
i  unten",  nebfen   w^<J<^'.    —    Vgl.    nicä    instr.  sg.   von  {n//ac-  =) 


niac-  als  adv.  „von  unten". 

Xjardcd-,  nur  als  adv.  im  instr.  pl.  paräcais  „in  weiter  ferne" 
od.  „in  weite  ferne".  —  Vgl.  pärdc-  in  die  ferne  gewandt. 

prdcd-  nur  Rv.  I,  83,  2  im  instr.  pl.  präcais  „vorwärts".  — 
Vgl.  präc-  vorwärts. 

cucd-  rein,  liell,  nur  Rv.  X,  2^,  6  in  dem  versschlusse  ^uea- 
ydr,  ca  Qucd.sga  ca.  —  Vgl.  rulcl-  leuchtend,  rein,  hell. 

saca-  in  der  einmal  vorkonmienden  komposition  <(-sac((- 
dvish-as  (voc.)  Rv.  VIII,  20,  24;  nach  Böhtl.-Roth  u.  Grassni. 
„den  nicht  ergebenen  verfolgend,  hassend",  nach  Ludwig  (Uebers, 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  227 

.bd.  II  s.  320)   „denen  kein  hasser  folgt".  —  Vgl.  sac-  (III.  sg. 
praes.  med.  sdca-te)  geleiten,  folgen,  huldigen. 

tunjä-  m.  andrang,    nur   Rv.  I,  7,  7    in    der    Verbindung 
tunje-funje,  —  Vgl.  tuj-  (praes.-st.  tunjä-)  andringen. 

bhöjd-  freigebig.   —   Vgl.  bhüj-  (praest.-st.    hhoja-)   genuss 
sch/b%n 

nur  Rv.  VIII,  51,2  neben  a 


£_«f^N|5M:.^öa.ge.nossen, 
Vgl  sa-yuj^-  vereint  mit.   i. 

^"a-rujd-  zerbrechend,  nur  Rv.  VIII,  45,  13  im  parallelismus 
mit  dhanam-jayd- ;  valam-rujd-  höhlen  zerbrechend,  nur  Rv.  III, 
45,  2.  —  Vgl.  ruj-  (praes.-st.  rujd-)  zerbrechen. 

vmfj4e;^  erschrecKt,'''^end,  nur  Rv.  I,  140,  3.  —  VgiT'lJ'^fd^ir^ 
(intens,  zu  »»s^t.)  erschreckt  weichen. 

doha-  m.   das  melken,    nur  Rv.  X,  42,  2.    —    Vgl.    duh-\ 
(praest.-st.  doha-)  melken. 

abhi-dröhd-  m.  beleidigung,  Rv.  VII,  89,  5  u.  X,  1G4,  4.  — 
Vgl.  abhi-drüh-  beleidigend  ^). 

Av.  uz-raoca-  f.   das   leuchten,  Y.  19,  48.    —    Vgl.  mc-  | 

5Br=st.  raoca-)  leuchten. 

vareca-   hell,    offenbar,   Y.  32,  14.    —    Vgl.  varecanh-   in 
varecanJwant-  glänzend. 

QÜca-  klar,  Yt.  30,  2;  caoca-   m.  brand,  brennen.  —   Vgl. 
cuc-  (praes.-st.  gaoca-)  brennen,  caoci-  m.  brand. 

büja-  m.  reinigung  Y.  31,  13.  —  Vgl.  buj-  reinigen. 

baröithrö-taezha-  m.  holzhaueraxt.  —    Vgl.  tizhi-  (in  com- 
pos.)  scharf  ^). 

Ich  habe  über  diese  ausnahmen   nicht  viel  zu   sagen,  ob- 


*)  Ved.  ki'ja-  ni.  sporn ,  dhvujä-  m.  od.  ii.  fahne,  bfja-  n.  same, 
uru-hjä-  weit  geöffnet,  vraj'd-  m.  stall,  bürde,  münja-  m.  schilfgras,  här- 
jaha-  m.  eiiter,  sind  etymogisch  unklar.  Es  ist  also  nicht  zu  entschei- 
den, ob  j  und  h  in  diesen  Wörtern  als  echter  palatal  oder  als  Vertreter 
eines  Zischlautes  zu  fassen  sind. 

*)  Nicht  in  den  text  aufgenommen  sind  av.  vicica-  m.  mörtel, 
baoca-  rein  (Yt.  15,  47).  dareja-  f,  nom.  pr.  eines  flusses,  herej'a-  m. 
Sehnsucht,  verlangen,  mithrö-vaoja-  falschredend  (Yt.  19,  95),  ä-yaoja- 
kräftig  (Yt.  15,  47),  vwaoj'a-  entreissend  (15,  47),  hha-  f.  n.  Wachstum, 
fülle.  —  Für  den  Y.  64,  27.  29  belegten  gen.  pl.  airiricinäm  (al.  airirx- 
candm)  braucht  man  nicht  mit  Jnsti  airirica-  als  thema  aufzustellen, 
sondern  kann  ebensowol  airiricin-  (oder  airirican-)  ansetzen. 

15  • 


228  H.  Collitz      •  ' 

gleich  sich  recht  wol  über  derartige  fälle  eine  monographie 
schreiben  Hesse,  um  an  ihnen  zu  zeigen,  auf  welche  weise  die 
spräche  sich  weiterentwickelt,  fremd  gewordene  principien  be- 
seitigt und  abgestorbene  äste  durch  neue  sprösslinge  ersetzt. 
Die  betreffenden  formen  sind  neubildungen,  die  auf  dem  wege 
der  anlehnung  und  contamination  zu  stände  gekommen  sind; 
hervorgegangen  aus  dem  bestrebeU;  den  begrifflichen  Zusammen- 
hang verwanter  wörter  nicht  durch  eine  überreichliche  lautliche 
Verschiedenheit  zu  verwischen.  In  der  regel  ist  neben  dem 
palatal  noch  der  alte  guttural  nachweisbar.  Oft  sind  die  jün- 
geren formen  nur  ana^  layöfXBva,  „bildungen  des  augenblicks", 
die  für  eine  bestimmte  wendung  geschaifen  sind  und  nur  in 
dieser  wendung  existieren;  in  andern  fällen  ist  das  Verhältnis 
zwischen  älterer  und  jüngerer  formation  durch  begriffliche  dif- 
ferenzierung  in  der  art  geregelt,  dass  einem  worte  in  seiner 
ursprünglichen  bedeutung  der  guttural  verblieb,  während  in 
der  weiter  abgeleiteten  bedeutung  der  guttural  durch  den  pala- 
tal ersetzt  wurde.  ~  Eine  anwendung  dieser  allgemeinen  ge- 
sichtspunkte  auf  die  einzelnen  hier  angeführten  fälle  zu  ma- 
chen, dazu  wird  der  leser  durch  die  beigefügten  bemerkungen 
selbst  in  den  stand  gesetzt  sein. 


2)    Gutturale  vor  w. 

Für  die  behandlung  der  gutturale  vor  folgendem  u  und  v 
gilt  dieselbe  regel,  welche  für  das  a  =  europ.  o  (od.  a)  aufge- 
stellt ist.  Unter  normalen  Verhältnissen  bleibt  der  guttural 
unversehrt;  wenn  ausnahmsweise  ein  palatal  erscheint,  so  ist 
derselbe  (von  einigen  besonderen  fällen  abgesehen)  nicht  un- 
mittelbar und  auf  rein  lautHchem  wege  entwickelt,  sondern 
durch  anlehnung  an  verwante  formen  eingedrungen. 

Regelrecht  sind  behandelt  z.  b. : 

ved.  lu-  in  kti-tas  von  wo,  hii-tra-,  kii-ha ,  (kva  — )  ktia- 
WO;  wohin:  av.  hi-  in  hu-tha  wie,  ku-dd  wann,  ku-thra,  kvd 
wie^wo,  wohin,  wann  (F.  I,  802). 

r^  ved.  kiimhhd-  m.  topf,  krug  :  av.  khiimha-  m.  topf  (F.  I,  3<)3).  // 
ved.  (fuh-  (praes.-st.   (juha-  u.  ijvha-)  :  av.  guz-  (praes.-st.      i 
I         yuza-4^rhQYgQXi  (F.  I,  315;  Hübschmann  KZ.  23,  391  anm.  393).     [/ 

befestigt. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.         229 


ved.  tdku-,  takvä-  rasch,  eilend;   neben  av.  tue-  (praes.-st.  

tacci-yeuen,  laufen.  j\    ^ 

ved.   pakvä-    geko_cht^^reif ;    neben  x^ac-  (praes.-st.  pdca-)  ,     ^ 

kochen,  reifen  lassen.  iViK^  l^^tAM^ 

ved.  sa-i/üf/van-  gefährte,  sva-ijügvan-  eigener  genos^;  ne-  ^i/u^xil^J 
ben  sa-yuj-  vereint,  sra-i/uj-  sich  selbst  anschirrend.  ^    rf" 

ved.j^>^«e'''i6SF;   nghea-T^??^:^'^        rire'ca)  frei  lassen,  leer       '     ^f 
macEejij:!!^  "'^^'"^^^  .-  -  •     ~  ^^-«™4 ^ 


ved.  rkm-,  r'livat- ,  rkvan-  singend ;  neben  rc-  (praes.-st. 
nrca-)  singen,  rc-  f.  lied.  i 

ved.  raghü-  schnell;  neben  raihh-  (praes.-st.  ramha-)  eilen,    W"^^^^ 
rdmhi-  f.  eile,  schnell,  vata-ramhas-  windschnell. 

av.   hihi-,    hikräo   trocken;    neben   hie-   (caus.    haecaya-)   L»-^ 
trocknen. 

av.  cagakmtema  gelehrtester,  voc.  sg.  superl.  zu  ^QaQakhvdo, 
pt.  i^erf.  von   cac-  (caus.  gäcai/a-)  lernen. 

av.  vaokushe,  dat.  sg.  von  *vaokfwdo,  pt.  perf.  von  mc- 
(praes.-ßt.  vaoca-)  sprechen. 

Die  ausnahmen  erklären  sich  im  allgemeinen,  wie  die  aus- 
nahmen von  der  palatalisierung  vor  ursprünglichem  i.  Entwe- 
der ist  das  u  (resp.  v)  hinter  dem  palatal,  oder  es  ist  der  pa- 
latal  vor  dem  u  „unregelmässig",  d.  h.  zu  einer  zeit  eingetre- 
ten, in  welcher  der  process  der  palatalisierung  fertig  und  ab- 
geschlossen war. 

Ersteres  ist  der  fall  in  av.  cvant-  „quantus,  qualis",  jva-  u. 
jvant-  lebend;  zu  erklären,  wie  bereits  bei  Fick,  Vergl.  wtb.^ 
I,  301  gelehrt  wird,  aus  *civant-  i)  (der  ursprünglichen  form 
für  sskr.  kivant-),  jiva-  u.  Jivant-. 

Letzteres  hat  vor  allem  stattgefunden  im  altind.  gerfekt. 
Während  im  Avesta  vor  dem  suffixalen  -£^^  desj)art  ^ 

perf.  durchgängig  der  guttural  bewahrt  ist  (vgl.  Justi,  Handb. 
s.  373  §.  300,  Bartholomae,  Altiran.  vb.  s.  77.  156  f.),  ist  er  im 

gigveda  vor  dem  u  —  v  des  part.  und  vor  der  personalendung 

-US  nur  zum  teil  erhalten,  in  anderen  fällen  aber  durch  den 
palatal  anderer  verbalformen  verdrängt  worden.  Es  kommen 
hier  in  betracht : 

anrcüs  (III.  pl.)  :    arc-  singen. 

')     Dagegen  ist  in  av.  cii  „wie''  Vd.  5,  68  das  c  wol  aus  anlehuung 
an  et-  und  ca-  zu  erklären. 


230  H.  Collitz 

ücüshe  (dat.  sg.  part.)  :  uc-   gefallen  finden,  gewohnt  sein. 
ririkvä'msas  (nom.pl.  pt.) :   ric-  (III.   sg.  rindk-ti)   lassen, 
hingeb^.  ^*\^  ''"'V. 

V     [rtirwsiii    (IH-  pl-)»   sibGr*nirukvan   (nom.   sg.   pt.)  :  /*H£- 
lethsijten.  ^  N^ 

(ücus  (III.  pl.)  :  vac-  sprfifito,  sagen. 
vivikvän  (nom.  sjg.  pt)  :  vic-  (praes.-st.  vinnk-)   scheiden, 
unterscheiden. 

vivyacus   (III.  pl.  perf.),  avivyacus  (III.  pl.   plqpf.)  :  vyae- 
(praes.-st.  vivyak-)   umfassen.   —    Diese   beiden  bildungen  ver- 
raten sich    auch  durch    die    starke  stammesform    an  stelle  der 
im  plural  allein  berechtigten  schwachen  als  unurspi^ünglich. 
|___,„,.„-— fe/fcws  (III.  pl.) :  gak-  stark  sein,  vermögen,    ''v'f  r  j 

gugtikvän  (nom.  sg.  pt.),  gugukvä msas  (nom.  pl.  pt.)  :  guc- 
glänzen. 

a-sagcushi  (nom.  sg.  fem.)   unvergleichlich  :  sac-   (praes.-st. 
sagca-)  folgen. 

sishicus  (III.  pl.)  :  sie-,  giessen,  ausgiessen. 
rVQ^H.'A'*-'        vavrjus  (III.  pl.);  vavarjüshinäm  (gen.  pl.  part.)  :  vrj-  wen- 
den, f  /^;.         I   ^^.^' 
IduhuSj  duduhus  (III.  pl.)  :  duh-  melken.  O    '>    \ 
Die  palatale  erklären  sich  aus  der  ob.  s.  220  hervorgeho- 
benen neigung,  im  verbum  die  palatalisierung  durchzuführen. 

Im  nomen  sind  ausnahmen  äusserst  selten.     Mit  Sicherheit 
däli  als  eine  solche  bezeichnet  werden : 
/''^       ved.    drühvan-    beleidigend,    beschädigend  (Rv.   I,  25,  14; 
/    VI,  22,  8;  X,  99,  7),  a-drukvan-  (nur  Rv.  V,  70,  2  im  voc.  du.) 
l    nicht  schädigend.  —  Vgl.  drüh-,  a-driih-  i). 

3)  Gutturale  vor  konsonanten. 
Dass  vor  explosiven  und  vor  tonlosen  Spiranten  stets  der 
guttural  bleibt,  ist  bekannt  (vgl.  z.  b.  Schleicher,  Comp.  ^  164). 
Eben  dasselbe  aber  gilt  ursprünglich  auch  für  tönende  dauer- 
laute, mit  ausnähme  natürlich  des  y.  Da  über  letzteres  sowie 
über  »'  bereits   oben  s.  202  f  u.    228  ff.   gehandelt  ist,   so  gilt 


')    Unerklärt  rmiss  ich  lassen  die  anl.  palatale  in  einigen  etymologisch 
unklaren  Wörtern,    wie  ved.    ni-cumjnwd-  (Rv.  YIII,  82,  22)   und  ctn^jmN. 
(nom.  pr.  eines  dämons).     Die  sogen,    wz.  cxd-   aber   gehört  nicht  hier-^N. 
her,  denn  sie  begegnet  nur  in  der  „gesteigerten"  form  coda-. 


Die  entstehung  der  indoiraniKchen  palatalreihe.  231 

es  hier  nur   noch,  die    richtigkeit  des  aufgestellten  satzes  für 
m,  n  und  r  zu  erweisen. 

^  Im  Avesta  ist,  so  viel  ich  sehe,  das  ursprüngliche  Verhält- 
nis durchaus~treu  Tewa'Effr'"  ' ""      """"^       -— ~*—  ->'-.~.-^^, 
Tor '  w  ; 
akhma-  stark,  kräftig  :  tancista-  sehr  stark. 

n.  ^äft*e,.,^ed.  Mr>fri7S8Weomfn«asg|iaft. 

34,  5)    I.  pl.  perf.   vÖfr-'-Äftfi;;,^.  sg.  praes. 
vaoca-cä)  spFeclien7*Sagen. 

f^^hman-  n.  Versammlung  :  ved.  vijcdc-  umfasse^^^^ 

st.  haca-)  folgen.  "  ...«--^ 

yaoJchmaide  (Yt.  4,  1),   I.  pl.  med.  von  yuj-    (I.  sg.  yaojä)  \ 

verbinden,  anspannen.  -  '■"    "^ 

ä-c/emat  III.  sg.  impf.,  jayhmyäm  I.  sg.  pot.,  jaghmat  III.  sg 
conj.  u.  s.  w.  :  jam-  (III.  sg.  pot.  jamyät)  gehen. 

hereyhmya-shaeta-  n.    wünschenswerter   besitz  :  hereja-   m. 
Sehnsucht,  verlangen. 
^  Vor  n: 

«-^.         vyäklma-  sich  versammelnd,   m.   versammler,   n.  Versamm- 
lung.    Vgl.  vyäkkman. 

hk/him-  trocken  :  haecanh-  n.  trockenheit. 

(fhmii-  f.  (nom.  ^k^)  weib  =  ved.  Tpr^tUJ-  A 

mayhna-  nackt    —rQ^.fnagnd-   (Vgl.  F.  I,  124;    Bezzenb.        Cx 
ob.  II,  152;  Fröhde  ob.  I,  328;  "fOToüerT Epenthese  vor  'CTiu^ 
ten  s.  11  anm.  des  sonderabdr.) 

yhna-  schlagend,  tötend,  yhnya-  tötlich,  jaglmvCw-  schla- 
gend, ashava-yhnya-  n.  mord  eines  reinen,  daevo-ghnita-  die 
Devs  schlagend,  verethra-ghna-  m.  sieg,  hazanra-ghna-  n.  tö- 
tung  von  tausenden  :  jan-  (praes.-st.  Jana-)  schlagen,  ashava- 
jan-  reine  tötend,  daevo-jata-  von  den  Devs  geschlagen,  verethra- 
jan-  siegreich,  liazanra-jun-  tausendtöter. 
Vor  r.  "■ 


khratu-  m.  Weisheit,  verstand  =  ved.  krdtu-  m.  kraft,  ein- 
sieht, begeisterung. 

khruc-  (praes.-st.  khraoca-)  rufen,  schreien  —  ved.  kru^- 
(praes.-st.  kroga-)  schreien. 

cakJira-  n.  rad  =  ved.  cakrd-  m.  n. 

^nkhra-  rot  —  ved.  gnkrd-  hell,  leuchtend;  neben  guc- 
(praes.-st.  ^aoca-)  brennen. 


0Q^        H.  CoUitz 

hikhra-  ii.  flüssigkeit,  unreinigkeit  :  hie-   (III.  sg.   hincaiti) 
ausgiessen. 

^iariva-  m.  nacken  =  ved.  griva-  f.  nacken. 

nghra- ^i2^rk,  kräftig  =  ved.  ugrä-;  neben  aojanh-  n.  kraft. 
<  tighra-  spitz  :  tizlii-  (in  compos.)  spitz. 


ug  : 


Im  grossen  und  ganzen   wird  dieselbe  regel  auch  noch  im 
Rigveda  beobachtet. 
Vor  m: 

iirtikmä-  glänzend,  m.  gold,  vi-rükmat-  glänzend  :  röcis-  n. 
glänz. 

vdkman-  n.  anrufung,  {väkmya-  =)  vdkmia-  preisend,  an- 
rufend :  vdcas-  n.  wort,  lied. 

vivakmi,  I.  sg.  praes.  von  vac-  sprechen. 

gdkman-  n.  kraft,  werk,   rd'kman-  n.  kraft,   cagmd-  kräf- 
tig :  gäct-  f.  kraft. 

säktnaft-"BrgQ\eii,  genossenschaft  :  säoip,'  m.  begleiter^  freund. 

tigmä-  scharf,  spitz  'J^ejas-  n.  schärfe,  schneide, 
m.  länge  :  "av"  ai'Ttjistiir  der  längste. 


J,^"— >  /^-^"^   kr 


Vor  n: 

Qoknu-  {gakfidv-),  praes.-st.    von  cac-  (=  gak-)  können. 
vagnii-  m.  tönen,  getöse  :  vac-  sprechen,  rauschen. 
gna-  f.  göttliches  weib,  göttin  =  av.  ghena-  f. 
agni-  m.  feuer  =  lat.    igni-s  m.,    lit.  ugni-s  f.,    asl.  ogni- 
m.  (F.  I,  9). 

nagnd-  nackt  =  av.  maghna-. 

jighna-  (praes.-st.),  ghnänti  (III.pl.),  ghnant-  {])'a.rt.),jaghmis- 
(pt.  perf.)  u.  s.  w.  :  han-  (I.  sg.  hanmi)  schlagen,  töten. 
Vor  r: 
krätu-  m.  kraft,  einsieht,  wille  ~  av.  khratu-. 
kram-  (praes.-st.  krdma-  u.  krama-)  schreiten  :  car-  gehen. 
cakrd-  n.  m.  rad  =  av.  cakhra-, 
gakrä-  stark  ;  gdci-  f.  kraft.      v  ÄV      ' 
Qukrd-  leuchtend  7  QÜci-  leuchtend. 
ä-sakra-  nicht  versiegend  :  a-sagcdt-  nicht  versiegend. 
vdvakre,    III.  pl.  pf.    med.  zM^vak-  od.  vac-   brausen   (Rv. 
VII,  21,  3) 

grivct-  f.  nacken  =  av.  grtva-  m. 

ugrd-  kräftig,  mächtig  =  av.  ughra-,  neben  ojas-  n.  kraft, 
macht  =  av.  aojanh-. 


Die  entstehung  der  indoiranischen  palatalreihe.  233 

ghrarhsd-  m,  sonnenglut,  Sonnenschein  :  hdras-  n.  flamme, 
(vgl.  ghrna-  f.  1)  sonnenglut  2)  feuerglut.) 

Als  sichere  ausnahmen  können  in  der  nominalbildung  mei- 
ner ansieht  nach  nur  gelten: 

bhujmdn-  reich  an  einsenkungen,  d.  h.  tälern  (Rv.  I,  65,  5 
u.  Välakhilya-hymn.  2,  2). 

öjmdn-  m.  kraft,  Rv.  VI,  47,  27;  wenn  man  nicht  das  ^' 
des  letzteren  auf  das  z  des  av.  vaz-  beziehen  will. 

Häufig  dagegen  sind   die   ausnahmen  in   der  verbalflexion, 
insofern  hier  fast  regelmässig  vor   den  mit  m  und  r  anlauten- 
den personalendungen  der   palatal,    welcher  vor  den  vokalisch 
anlautenden  endungen  steht,  beibehalten  wird. 
Vor  m: 

mumucmdhe  :  muc-  lösen. 

anjmas  :  anj-  salben. 

huhhujmähe  :  bhuj-  geniessen. 

yundjmi,  yiijmahe,  ayujmahi ,  ijnyujma  :  yuj-  anschirren. 
Vor   r;" 

mumu'cre   :  muc-  lösen. 

riricre   :  rlc-  lassen. 

änojre  :  anj-  salben. 

biihhujrire   :  bhuj-  geniessen. 

dyujran,  yuyujre   :  yuj-  anschirren. 

vivijre  :  vij-  weichen. 

duhre,  duhrate,  duduhre    :  duh-  melken. 

Berücksichtigt  man,  dass  an  stelle  des  ved.  vivakmi  in  der 
späteren  spräche  vacmi  tritt,  dass  also  vor  unseren  äugen  die 
uniformierung  auf  kosten  der  gutturale  um  sich  greift,  so  kann 
kein  zweifei  darüber  bestehen,  dass  nur  die  feste  regel  des  Avesta 
anrecht  auf  ursprünglichkeit  hat,  nicht  aber  das  im  Rigveda 
hervortretende  schwanken  zwischen  dem  typus  vivakmi  einerseits 
und  dem  typus  yundjmi  andrerseits. 


Es  war  nicht  meine  absieht,  im  vorstehenden  das  reiche 
material,  welches  für  die  hier  behandelten,  fragen  in  den  indoi- 
ranischen sprachen  vorliegt,  zu  erschöpfen ;  vielmehr  kam  es 
mir  wesentlich  darauf  an,  durch  heranziehung  charakteristischer 
beispiele  aus  dem  Rigveda  und  dem  Avesta  die  allgemeine  regel 
zu  rechtfertigen,  welche  oben  s.  199  f.  aufgestellt  wurde,  und  da- 


234     H.  Collitz    Die  entstehuiig  der  indoiran.  palatalreihe. 

mit  die  hauptgesichtspunkte  festzustellen,  von  denen  man  für  die 
historische  erklärung  der  palatale  und  für  die  beurteilung  des 
indoiranischen  vokalismus  auszugehen  hat.  Wenn  ich  dabei 
häufig  zu  der  annähme  von  formübertragung  meine  Zuflucht 
habe  nehmen  müssen ,  so  hoffe  ich,  dass  man  mir  deshalb  kei- 
nen Vorwurf  machen  wird.  Es  bleibt  eben  nur  die  wähl,  ent- 
weder auf  eine  erklärung  der  palatale  überhaupt  zu  verzichten, 
und  alle  die  anhaltspunkte  von  der  band  zu  weisen,  welche  die 
indoiranischen  sprachen  selbst  und  die  verwanten  sprachen  bie- 
ten; oder  andrerseits  von  feststehenden  punkten  auszugehen, 
und  schritt  für  schritt  den  weg  zu  verfolgen  ,  welcher  hier  vor- 
gezeichnet ist,  auch  auf  die  gefahr  hin,  dass  dieser  weg  zuwei- 
len durch  unwirtliche  gegenden  führt.  Freilich  muss  einem 
jeden  die  entscheidung  überlassen  werden,  ob  er  gewillt  ist,  mit 
uns  das  letztere  verfahren  einzuschlagen.  Dass  aber  in  der 
tat  bedeutende  Störungen  des  ursprünglichen  Verhältnisses  zwi- 
schen gutturalen  und  palatalen  stattgefunden  haben,  und  dass 
sich  nur  bei  dieser  annähme  der  zustand  jener  laute  in  den 
uns  vorliegenden  indoiranischen  sprachen  begreifen  lässt,  das 
hat  bereits  Schleicher  zur  genüge  erkannt,  wenn  er  (Comp.  ^ 
164)  sagt:  „es  scheint,  als  habe  die  spräche  den  ursprünglich 
rein  lautphysiologischen  Wechsel  der  gutturale  mit  den  palata- 
len dazu  benutzt,  um  mittels  desselben  bezieh ungsunterschiede 
auszudrücken". 


Nachträge. 


Zu  s.  210  z.  11.  —  Ved.  ceta-  (praes.-st.  von  cit-  wahrnebnicn,  er- 
Bcheinen):  keiü-  m.,  av.  dürae-kaeta-  (s.  222). 

Zu  8.  211  z.  24.  —  Bereits  Th.  Nölting  fragt  in  seiner  schril't 
,,Ueber  den  genetischen  Zusammenhang  des  aoristus  II.  mit  dem  per- 
fectum  II.  der  griechischen  spräche"  (progr.  v.  Wismar,  1843)  s.  31: 
Sollen  wir  annehmen,  dass  das  e  im  griech.,  e  im  latcin.  und  ai  im  got. 
Schwächungen  der  ursprünglichen  wurzelvokale  sind  und  dass  das  sansk. 
hier  den  früheren  zustand  bewahrt  habe,  oder  dürfen  wir  glauben,  wie 
sich  momordi,  pu^mgi  u.  s.  w.,  ohne  zwcifel  durch  assimilation  an  den 
vokal  der  wurzel,  erst  später  statt  memordi,  pepugi  gebildet  haben,  so 
sei  es  auch  im  sanskrit  der  fall  gewesen  und  babhüva,  sasuva  seien  restc 
jener  älteren  regel?  —  Vgl.  G.  Curtius,  Verb.  d.  griech.  spr.  P  109  f. 

H.  Collitz. 


235 


K 


Die  de9i9abdäs  bei  Trivikrama. 

Die  indischen  ^raimtgrammatiker  theilen  diö  Prakritworte 
in  drei  Massen  :  in  tatsamäs,  tadbhaväs  und  d e gy ä s  oder" 
de^igabdas.  tatsamäs  „ihm  gleich"  heissen  die  wörter, 
die  im  Präkrit  dieselbe  gestalt  behalten  wie  im  Sanskrit;  so 
z.  b.  aüjali,  kara,  guna  etc.  tadbhaväs  „von  ihm  stam- 
mend" heissen  die  Präkritwörter ,  die  zwar  vom  Sanskrit  abge- 
leitet sind,  aber  in  einer  dem  Präkrit  eigenthümlichen  form  er- 
scheinen, wie  potthao  :=  pustaka,  puriso  =  purusha, 
vediso  =  vetasa  u.  s.  w.,  also  die  grosse  masse  der  Prä- 
kritwörter. (de9yäs  „provinziell",\„volksthümlich"  heissen  zu- 
nächst alle  im  Präkrit  gebrauchten  wörter,  die  sich  nicht  auf 
eine  Sanskritwurzel  zurückführen  lassen,  oder  richtiger,  von  den 
grammatikern  nicht  darauf  zurückgeführt  werden  können,  wie 
akko  „böte",  tatti  „sorge",  tuppo  „fett",  „ölig"  etc.,  sodann 
aber  auch  solche,  die  zwar  deutlich  auf  eine  Sanskritwurzel 
zurückgehen,  aber  im  Sanskrit  keine  genau  entsprechende  form 
haben,  wie  päso  „äuge"  von  ypa9,  pagyati,  oder  die  aus 
Sanskritelementen  bestehen,  aber  im  Präkrit  eine  eigenthümliche, 
im  Sanskrit  nicht  vorhandene,  bedeutung  haben,  wie  amayanig- 
gamo  „mond"  aus__amrta  „nectar"umd  nirgama  „das  her- 
auskommen" ~  „von  dem  der  nectar  kommt"  [Hemacandra 
fälschlich  =  amrtän  nirgamo  yasya,  cfr.  Aufrecht,  ZDMG. 
28,  106.],  endlich  aber  auch  wörter,  die  im  Sanskrit  nur  selten 
gebraucht  werden,  wie  jälüro  „Strudel"  u.  s.  w. 

Die  grammatiker  schwanken  oft  sehr,  welcher  klasse  unter 
diesen  dreien  sie  ein  Präkritwort  zutheilen  sollen.  Je  nach 
dem  grade  seiner  belesenheit  im  Sanskrit  und  seiner  geschick- 
lichkeit  im  etymologisieren,  rechnet  der  eine  grammatiker  oder 
scholiast  ein  wort  unter  die  degyäs,  welches  der  andere  als 
tatsama  oder  tadbhava  erklärt.  Viel  mühe  geben  sich  die 
grammatiker  und  scholiasten  mit  der  erklärung  aber  meist 
nicht.  Wie  neuerdings  in  der  Sprachvergleichung  alles,  was 
man  nicht  erklären  kann,  als  „analogiebildung"  bezeichnet 
wird,  so  stecken  die  indischen  grammatiker  und  scholiasten  alle 
Wörter  die  sie  nicht  aus  dem  Sanskrit  herleiten  können,  in  den 
„grossen  sack"  der  de^igabdäs    und   sind  dann  mit  dieser  „er- 


236  R.  Pischel 

klärung"  nicht  weniger  zufrieden  wie  die  liebhaber  der  analo- 
gie.  Es  sind  grosse  Sammlungen  solcher  de5i9abdäs  in  eigenen 
werken  auf  uns  gekommen,  von  denen  zwei  von  Bühler  ent- 
deckt worden  sind,  die  Paiyalacchi  und  Hemacandra's  Degi- 
namamalä.  Ausserdem  hat  der  grammatiker  Trivikrama,  den 
ich  De  grammaticis  Pracriticis  p.  27  ff.  ans  licht  gezogen  habe, 
in  einigen  capiteln  seines  werkes  eine  grössere  zahl  solcher 
Worte  zusammengestellt,  die  ich  hier  veröffentliche.  Ich  habe 
zwei  handschriften  benutzt,  nämhch  ausser  der  1.  c.  p.  27  be- 
schriebenen handschrift  in  Granthacharacter  (A)  noch  eine  ab- 
schrift  in  Devanägari  von  dem  in  Grantha  geschriebenen  MS. 
Taiijore  lOOOG  (B),  die  ich  Dr.  BurneH's  aufopfernder  gute  ver- 
danke. Unter  den  von  Trivikrama  erwähnten  Wörtern  findet  sich 
eine  ganze  anzahl  solcher,  die  unzweifelhaft  auf  Sanskritworte 
direkt  zurückgehen.  In  der  that  bezeichnet  er  sie  selbst  nicht 
als  degyas,  sondern  leitet  sie  mit  ausnähme  der  wörter  in 
capitel  III,  1,  132  von  Sanskritworten  ab,  während  Hemacandra 
sie,  soweit  er  sie  überhaupt  hat,  grösstentheils  unter  die  de^yas 
rechnet,  und  zwar  meist  mit  vollem  rechte.  Die  degigabdäs 
sind  für  die  vergleichende  Sprachforschung  von  hoher  Wichtig- 
keit. Schon  die  dhatväde^as  „wurzelsubstitute"  bei  Hema- 
candra IV,  2 — 209  können  eine  ahnung  davon  geben,  ein  wie 
reiches  sprachliches  material,  das  wir  im  Sanskrit  vergeblich 
suchen,  die  Prakritsprachcn  erhalten  haben.  Viele  wurzeln  des 
dhatupatha  z.  b.  die  die  Sprachforscher  als  „unbelegt"  für  die 
zwecke  der  Sprachvergleichung  nicht  benutzen  zu  dürfen  glau- 
ben, erscheinen  im  Präkrit  in  lebendigem  z.  th.  sehr  häufigem 
gebrauch,  sind  also  keineswegs  „erfindungen"  der  grammatiker. 
Da  eine  probe,  wie  man  in  Indien  etymologisiert,  nicht  ohne 
interesse  sein  dürfte,  theile  ich  Trivikrama's  etymologien  in 
text  und  Übersetzung  mit.  Die  richtige  etymologie  ist  meist 
schwer  zu  finden  und  von  mir  oft  nicht  erbracht  worden. 

1)  Trivikrama  I,  3,  105. 

gono  j  gauh  |  svärthe  nah  |  —  juä^ÄJ^"^*^^  S<^  «H 
Ohne  den  sinn  des  wortes  zu  ändern  istria  angetreten". 
Mit  gono  beginnt  auch  der  gana  bei  Hemac.  II,  174,  —  B-R. 
s.  v,  gona;  Puli  goiT«  ;nirW«MÄ„§4^. ;  Dhammapadam  170,  1 
als  Schimpfwort;  vgl.  unten  bei  baillo).  Das  wort  ist  häu- 
fig in  der  Mrcchakatikä,  p.  97,  äTToS,  20.  99,  12.  100, 
13.  107,  18.  U2,    17.  117,    15.  118,  5.   12.  14.  24.  122,   15. 


Die  deci9abdäs  bei  Trivikrama.  237  1 

132,    16.     An  den  beiden  letzten  stellen  ist  das  wort  neutrum, 
ein  Wechsel  des  geschlechts  über  den  ich  de  gr.  Präer.  p.  4  ff. 
gehandelt  habe.    —    gona   steht    für   *gorna   (wie  gana  für 
*garna,   pana  für   *parna  —  Leo  Meyer  KZ.  23,  411)  von! 
der  Wurzel  gur  „brüllen",  „brummen",  die  in  den  neuindischen  |  'f^^^ 
sprachen  gebpiuchlichigl, ;    Sindl\i^^^jgji;*5änu  _to^.^p[|flj*45---snarl;|       «/^t/tT*- 
(kijarAtr'gui--vuiTr'"'lo    growl;    to  snarl^at,   to  rumhle:    Ürdü] 
-'^ii  IT  äiiA   to  growl:  ^hlr^\nsJi^gnrJ:J^¥fr^gro^w\.     ITier- • 
her  auch  llgveda  I,  173,  2.     Y)n:   wiirzel    ist   eine  modification  | 
von  i.jgar  (Johannes  Schmidt,  Vocahsmus  II,  221).     Sehr  klar 
ist   sie  noch   erhalten    in  Marathi  ^tMy^m   a  cow,    buUock   or 
bunälQ,    ürdü    gorü    an   ox,    a  cow  und   zigeauensc^T^^^g       ' 
^^f^"?    ,,o5fe«e'T^  g u r o^n n i   i^k^ih",    gur 6m i  „basston"  (Lie- 
bich); Paspati  hat  guri,  giiruv,^^hse",  Smart-Crofton^g^oj^^ 
roni,  gröv,  Mayo-Quindale  (El  Gitanismo  Madrid  1870)  gor- 
vio.     Anderes  bei  Pott,  Zigeuner  II,  p.  141.     Ascoh,  Zigeuneri-" 
sches    p.  GS.      Die  Deginämamälä    hat    noch    ein   w:)Tt    g  o  n  o 
„zeuge",  das  ebenfalls  zu  yi.  gar  (cfr.  bei  Fick  P,   72  4. gar) 
gehören  dürfte,    in    der   bedeutung   „aussagend".     Ein  anderes 
gona    bieten   uns    die    neuindischen    sprachen.      Marathi  gon 
(fem.)  a  large  sack;  gona  (mascul.)  a  large  grainsack  or  other 
packsack;   goni    a   pack-sack,    sackcloth;    gon-tä    a  buUockl 
grain-sack;    Urdu  gon,    zigeunerisch    gono   „sack"   (Pott,  Zi- ^ 
geuner  II,    136.    Liebich  p.  138.     Smart-Crofton  p.  79.    Mayo 
Quindale  p.  35).     Sindhi  güni    coarse  sackcloth,  Gujarati  gun 
(fem.)  a  bag    of  coarse    cloth,   Bangali  gun    a  sack.  cfr.  B-R. 
s.  V.  goni.    Childers  s.  v.  gonako.     Ob  die  im  Marathi  gon- 
tä  erhaltene   speciellere   bedeutung   die    ursprüngliche    ist  und 
das  wort  mit  gono  „rind"   zusammenhängt,  wage  ich  nicht  zu 
entscheiden.     Es  würde  in  diesem    falle  für   ein  ursprüngliches 
*gaurna  stehen  müssen.     Indess  das  lange  ü  in  Sindhi,  sowie 
besonders  das  kurze  u  in  Gujarati  und  Bangäli  machen  erheb- 
liche Schwierigkeiten.     Vielleicht  gehört  das  wort  in  eine  klasse  l 
mit  Skt.  guna  ,,faden",  „strick",  das  aber  seiner  herkunft  nach  1 
auch  noch  ganz  dunkel  ist.  * 

golä  I  godä  1)  I  godävari  |  dasya  Iah  |  golä  samskrte  J 
piti  kecit  '^).  \\  „golä  von  godä  —  godävari  (ein  fluss  im 
Dekhän).  da  ist  zu  la  geworden.  Nach  einigen  findet  sich 
golä   auch  im  Sanskrit".  —    B-R.  s.  v.   gola  7  (g).     Hemac. 

^j  Olli.  B.     *)  Dieser  satz  fehlt  in  A. 


238  R.  Pischel 

bemerkt  in  der  De^inamamala:  atra  golacabdali  samskrtasarao 
j  pi  kavinära  nätiprasiddha  ity  upattah  |  „das  wort  gola  ist 
hier  aufgeführt  worden,  obwohl  es  ein  samskrtasama  ist, 
weil  es  den  dichtem  nicht  sehr  bekannt  ist".  —  Im  Hüla 
(Weber  s.  v.  Godä)  liegt  mehrfach  die  form  godä  vor,  die 
die  Vermittlung  bildet  zwischen  godä,  und  golä  oder  gola, 
wie  die  drävidischen  handschriften  genauer  schreiben.  Indess 
geben  die  MSS.  des  Hala  auch  vielfach  gola  (ZDMGr.  28  zu  v. 
177.  192  (hinter  golä  steht  tu  he  Hemac.  I,  104)  196.  So 
auch  Hemac.  II,  174.  194.  Nach  der  Deginämaraälä  bedeutet 
golä,  auch  „kuh".  Es  steht  dann  für  älteres  *gorä  und  gehört 
zu  der  vorher  besprochenen  wurzel  gur. 

osäyanam  1)  |  apoQänam  ^j  |  äpo  3)  ity  asya  o  *)  |  ga- 
kärat  paro  yakärägamah  |  osägabdo  niharaväci  de^yah  tatkano 
vä,  I  osäyanam  ^).  —  „osäyanam  („das  mundausspülen"?) 
kommt  von  äpogänam.  äpo  ist  zu  o  geworden  und  hin- 
ter ga  ist  ein  ya  getreten.  Oder:  osä  ist  das  deQiwort\j)sä 
das  „nebel",  „thau"  bedeutet  und  anam  =  kano,  osä- 
yanam also  (etymologisch)  —  thautropfen".  —  Die  bedeutung 
von  Sanskrit  äpogäna  ist  nicht  ganz  gesichert.  B-R.  nach- 
trage s.  V.  nehmen  die  von  „mundausspülen"  an.  Die  zweite 
von  Triv.  gegebene  haarsträubende,  in  Indien  aber  gar  nicht  be- 
fremdende, etymologie  scheint  mir  aber  darauf  hinzudeuten, 
dass  es  „sprengen  mit  wasser"  oder  dgl.  bedeutet.  Das  ya  in 
osäyanam  ist  das  euphonische  ya  Hemac.  I,  180.  Triv.  I,  3, 
10,  das  in  Triv.'s  handschriften  fast  nie  geschrieben  wird,  das 
ich  aber  der  deutlichkeit  wegen  einfüge,  wo  es  sich  mit  den 
regeln  der  grammatiker  verträgt.  Da  die  bedeutung  von  osäa- 
nam  nicht  sieber  ist,  ist  es  besser  von  einer  erklärung  des 
Wortes  abzusehen.  —  Das  von  Triv.  erwähnte  degiwort  osä 
wird  auch  in  Hemac.'s  Deginämamä,lä  erwähnt  I,  106  und  mit 
nigäjalam  (thau)  und  jhijnam  (kälte)  erklärt.  P]s  ist  —  Skt.  / 
ava9yä  von  -y/gyä  mit  ava  und  liegt  im  Gujaräti,  Urdu  os 
„thau"  vor.  Wie  Skt.  avagya  zu  osä,,  so  wird  das  gleichbe- 
deutende avagyä-ya  im  Präkrit  zu  osäa,  was  Urvagi  15,  11 
steht.  Bollensen  edirt  ossäa°,  aber  die  handschrift  B  (und 
bis  auf  einen  Schreibfehler  auch   P),  die  ed.  Calc.  1830  p.  16, 


*)  A  osännam.     *)  A  apoQänam   (cfr.  die  v.  1.    zu    Yäjnavalkya  I,  31. 
106).     B  äpogänam.    *)  A  apo.    *)  B  otvam.    '^)  AB  osaanam. 


Die  deci9abdas  bei  Trivikrama.  239 

14,  Lenz  13,  11  und  die  dravidische  recension  p.  62G,  11  mei- 
ner ausgäbe  haben  richtig  osaa°. 

vanai  |   vanarajili  |  räkärasya  i)   luk  |  .    /,vanai  „baum- 
reihe",  „wald"    kommt    von  vanaräji,  indem   rir^a^üsgefalTeri"' 
ist".  —  Hemac.  in   der  Deginamamala  (H.  D.)  hat  dumäliya 
vanai  also   ■--   drumälikä   (druma  +  2.  äli  -j-  kali  svär- 
the)  und  im  commentar   erklärt  er  es  mit  vrxapaiiktih.  — 

talladam  j  tallam  j  talpam  |  ladvitvain  2)  palopali  svär- 
the  do  vä  |  talladam  |  tallam  |  dvitväbhäve  talam  \\  .  — 
„talladam  i  tallam  „lager"  von  talpa;  indem  la  verdoppelt 
wird,  pa  ausfällt  und  da  ohne  Sinnesänderung  antritt,  entste- 
hen talladam  und  tallam;  wenn  die  Verdopplung  (des  la) 
nicht  eintritt,  talam".  —  In  H.  D.  werden  talam  und  talla- 
dam mit  Qayyä  erklärt.  Ueber  dali  svärthe  cfr.  Hemac. 
IV,  429.  —  Das  wort  hängt  vielleicht  mit  Skt.  tala  zusam- 
men; von  talpa  müsste  es  tapp  am  lauten. 

thovo  j  thevo^)  |  thokko  |  stokah  j  kasya  vatvam  ota 
etvam  ca  vä  *)  |  thovo  |  thevo  ^)  |  sevädipathad  dvitve  |  thok- 
ko |1  .   —   Sieh  Hemac.  II,  125.  — 

viruam  ]  viruddham  |  samyuktasya  luk  |1  —  „viruam 
„feindselig",  „widersprechend"  etc.  von  viruddha,  indem  der 
verbundene  consonant  (ddh)   ausfällt."    —    Zu  y3.  ru? 

Ao  I  agali  I  Qaradädipäthad  antyahalo  Jtvam^)  dirghag  ^)  ca 
ao  il  ,^a>8^.,\väs^"  von  äpah,  indem  der  endconsonant  (p)  nach  ^ 
~der  regel  garao^  s.  w.  in  a  überging  und  Verlängerung  ein-  ' 
trat".  —  Die  worte  garadädipathad  beziehen  sich  auf  die 
regel  Trivikrama  I,  1,  36  ==  Hemac,  I,  18.  Nach  ansieht  der 
indischen  grammatiker  geht  nämlich  der  endconsonant  von  Wör- 
tern wie  garad,  bhishaj,  pravrsh  u.  s.  w.  in  a  über,  weil 
sie  im  Präkrit  sarao,  bhisao,  päuso  bilden.  Die  wörter 
sind,  z.  th.  mit  geschlechtswechsel,  in  die  vocalische  declination 
übergetreten.  Zu  diesen  wörterntriiL^aueiH^ä  0 ,  das  man  am 
besten  auf  das  neutruHi^j4iarS''''^^sser"  zurückführt,  das  von 
Ujjvaladatta  zu  Unädisütra  II,  58  (äpascabdo  J  py  asti) 
bezeugt  wird  und  das  nicht  mit  B-R.  nachtrage  s.  v.  zu  be- 
zweifeln ist.  Das  wort  fällt  dann  unter  die  hauptpögel  Triv.  I, 
1,  49  =^  Hemac.  I,  32.  Auch  das  Päli^h|^-^^^  als  mascul. ; 
Childers  s.  v.    Ernst  Kuhn:  Beiträge  zur'^^fpgfammatik  p.  67  ^). 

')  B  rephasyn.  •*)  B  tadvitva;  om.  A,  ^)  B  thevvo.  *;  B  om.  vä. 
^)   A  otviun  B  tva.     **)  B  dirghatvam.    ')  cfr.  Sept.  Suttas  Pälis  p.  123,  20. 


240  R.  Pischel 

Auf  den  nom.  plur,  möchte  ich  äo  ebensowenig  zurückführen, 
wie  Päli  sarado  Präkrit  sarao  mit  Childers  auf  den  nom. 
plur.  caradas.  —  Hemac.  hat  sowohl  in  der  Prakrit-gramraa- 
tikll,  174,  wie  in  der  Decinaraamälä  I,  61  äü  (sämmtHcheMSS.). 

goso  I  gosargali  |  pratyüshah  |  rgasya  i)  säco  ^)  luk  ||  — 
,.goso  von  gosarga  „tagesanbruch".  rg  ist  sammt  dem  vo- 
cale  (a)  elidiert  worden".  —  B-R.  s.  v.  goge  und  gosa  2)  wo- 
zu man  Vigvakosha  sa  5  füge:  goso  gandharasoshasoh.  — 
Das  wort  findet  sich  (wie  schon  B-R.  nachtrage  bemerken) 
bei  Häla  23.  107  im  locativ  gose  und  ibid.  A.  42  im  locativ 
gosammi.  Die  scholiasten  erklären  es  mit  prätar,  prabhäte 
oder  übersetzen  es  direkt  mit  gose.  — 

vosiranam  ^)  |  vyutsarjanam  |  vyudo  vo  |  ras  srjiti  *)  jasya 
rah  I  rta  itvam  ca  !|  „vosiranam  von  vyutsarjanam  „das 
verlassen",  „fahren  lassen".  Aus  vyud  ist  vo  geworden,  für  ja 
ist  nach  der  regel:  „In  der  wurzel  sarj  wird  der  endconso- 
nant  zu  ra"  (Triv.  II,  4,  59  =  Hemac.  IV,  229),  ra  eingetreten 
und  r  ist  zu  i  geworden  (nämlich  in  der  wurzel  srj)".  —  Es 
ist  =  Skt.  *vyapasaranam.  cfr.  B-R.  s.  v.  vyapasäranam. 

dhi-r-atthu  ^)  |  dhig  astu  |  gasya  rah  II  „dhi-r-atthu 
aus  dhig  astu  „schände  über!  pfui  über!"  ga  ist  zu  ra  ge- 
worden'*. Das  r  findet  sich  in  dieser  Verbindung  auch  im  Päli: 
Minayeff  Grammaire  Pähe  §  41.  Jät.  59,  9.  155,  10.  11.  Der 
commentar  zu  letzterer  stelle  sagt:  dhi-r-atthü  ti  garaha- 
natthe  nipäto.  —  Das  wort  auch  bei  Hemac.  II,  174.  Ueber 
die  natur  des  r  bin  ich  ebensowenig  im  klaren  wie  Ernst  Kuhn : 
Beiträge  zur  Pali-gr.  p.  63  anm.  '■) 

pattheväam  |  patheyam  |  tho  dvitvam  vakäragama9  *') 
ca  11  „pattheväam  von  patheyam  „wegekost";  tha  ist  ver- 
doppelt worden  (=    ttha)  und  die  silbe  va  ist  zugetreten".  — 

velambo'')  |  vidambanä  |  ita  et  |  do  Iah  |  näkärasya  ca 
luk  il  „velambo  von  vidambanä  „Verspottung",  i  ist  zu  e,  da 
zu  la  geworden  und  nä  ist  abgefallen".  —  Auch  in  H.  D.  —  Es 
setzt  ein  Skt.  vaidamba  voraus  und  ist  richtiger  velambo 
zu  schreiben. 

bhäyam  **)  |  bhälam  |  lasya  yah  ||  „bhäyam  von  bhälam 
„stirn".    la  ist  zu  ya  geworden". — 

•)  B  gasya.  ''')  om.  B.  ")  B  vosiranam.  *)  B  ra  srjatiti.  ")  B  dhi- 
rattlm.  *)  [cfr.  jetzt  Bezzenborger  ,  Beitr.  IV,  340,  aiini.  2.]  *)  A  va°. 
';  B  orn.  von  velamlto  bis  karillam.    ")  A  bhäain. 


Die  de9i9abdäs  bei  Trivikrama.  241 

bulumbulo  i)  |  budbudah  |  dakärayor  Iah  \  samyuktayor 
madhye  bindur  ^)  uc  ca  |  bulumbulo  j]  —  „bulumbulo  vor 
bülWriida  „bi^se".     Die  beiden  da  sind   zu"  la  geworden  und 


-'zwischeVdie  vermiaidenen  consonanten  (db)  sind  anusvära  und 
u  getreten".  —  Auch  in  H.  D. 

karillam  |  kariram  j  rasya  llah  ||  —  „karillam  von  kari- 
ram  „rohrschössling";  ra  ist  zu  IIa  geworden".  —  Auch  in 
H.  D.  und  dort  mit  vamgäükurah  erklärt.  Man  beachte, 
wie  Triv.  bemüht  ist  die  Sanskritoriginale  aufzufinden,  die  er 
sich  dann  auf  seine  weise  zergliedert,  cfr.  unter  vanai,  talla- 
dam,  dhaniä,  gonikko  u.  s.  w.  Dadurch  gewinnt  gerade 
dieses  capitel  ein  besonderes  Interesse. 

^4  ^j  I  y^^  I  yo  luk  li  „üu  von  yükü  „laus",  ya  ist  ab- 
gefalleri*V--  Päli  üka  ÜM  ük'O.  Ueber  d€n  abfall  des  ya 
E.  Müller,  Jainapräkrit  p.  36.  Auch  in  H.  D.  cfr.  Maräthi  ü 
(plural  uva)  und  ü'fia^  Bangali  u'fe'un,  während  Sindhi  jumä, 
jüm  Urdüjün  Gujaräii  ju,  juu,  zigeunerisch  jtt^a,  j^ 
{Liebich  t^ciwJ!^^.  166  verglichen  mit  p.  218  d.  h.  cuV;  an- 
deres  bei  Potr^  Zigeuner  II,  214  f.)  das  ya  regelrecht  in  ja 
gewandelt  habenN^ 

doggam  I  yugmam  ]  yor  do  \\  „doggam  von  yugmam 
„paar".  Für  yu  ist  do  eingetreten".  Auch  in  H.  D.  cfr.  Cur- 
tius  Grundzüge*  618  ff.  und  unten  dosinä.  Das  o  in  dog- 
gam regelrecht  für  u  nach  Triv.  I,  2,  65  —  Vararuci  I,  20. 
Hemac.  1,  116. 

dhaniä  |  dhanyä  |  priyatamä  |  yakärat*)  pürvam  itvam  5)  || 
„dhaniä  von  dhanyä  in  der  bedeutung  „geliebte",  „gattin". 
Vor  ya  ist  i  eingetreten".  —  Das  ya  muss  dann  nach  Triv.  I, 
3,  8  =  Hemac.  I,  177  ausfallen.  In  H.  D.  wird  das  wort  mit 
priyä  erklärt.  Triv.'s  etymologie  ist  natürlich  falsch.  In  H. 
D.  wird  auch  ein  wort  dhani  ^  bhäryä  „gattin"  erwähnt, 
das  die  richtige  herleitung  des  wertes  an  die  band  gibt,  dhani 
ist  femin.  zu  *dha-na  von  yS.dhä  (dha),  dhaniä  also  = 
dhanikä  femin.  zu  *dhanaka  „säugend".  In  der  that  füh- 
ren die  indischen  lexicographen  auch  im  Sanskrit  ein  wort 
dhanika^jn  der  bedeutung  „gutes  weih"  „junges  weih",  „weih" 
überhaupt  auf.  B-R.  s.  v.  dhanika  3)  und  s.  v.  dhanikä, 
wozu  ich  noch  das  zeugniss   des  Mahegvara  Vi^vakosha    v.  56 


r 


*)  A  bulubulo.     *)  A  bir.duh.     »)  A  yuüä.     *)  A  dhät.     »j  B  itvam. 
liuitrügc  i:.  Kuudo  d.  ig.  Sprachen.  III.  26 


242  R.  Pischel 

fügen  kann:  dhanika  striyam.  Das  wort  gehört  also  zu 
Curtius  Grundzüge  ^  p.  252  no.  307,  Fick  vgl.  Wörterbuch  P, 
114  f.  Zu  derselben  sippe  gehört  ferner  dhanyä  „amrae" 
B-R.  s.  V.  dhanya  3.)  a)  und  Vi^vakosha  v.  1372  dhanyä 
dhätryamalakyog  ca  ),dhanyä  bedeutet  „am me"  und  „iny- 
robalanenbaum".  Das  einzige  bedenken,  das  sich  gegen  diese 
herleitung  von  dhanika  erheben  könnte,  ist,  dass  die  indischen 
lexicographen  auch  ein  raasculinum  dhanika  „ehemann"  an- 
führen, B-R.  s.v.  und  Vigvakosha  v.  56:  dhanikah  sadhu- 
dhanyäkadhaveshu  „dhanika  bedeutet  „gut",  „korian- 
der",  „ehemann".  Ist  das  wort  nicht  erst  aus  dhanika  er- 
schlossen, was  ich  glaube,  so  dürfte  es  von  dhanika  ganz  zu 
trennen  und  zu  dhanika  von  dhana  zu  stellen  sein.  cfr. 
M.  dhani  S.  G.  dhani  a  proprietor  or  owner,  lord,  master  etc., 
das  ein  besonderes  femin.  bildet,  nämlich  M.  dhanin  G. 
dhaniyäni  S.  dhanyäni  cfr.  Trumpp,  Sindhi  grammar 
p.  101  f.  Beames  II,  164  ff"   — 

nivvahanam  ^)  \  udvahanam  \  vivähah  |  ukärasya  nih  ||  — 
„nivvahanam  von  udvahanam  „das  heimführen",  „hei- 
rathen".  u  ist  zu  ni  geworden".  —  Das  wort  ist  natürlich  = 
Skt.  nirvahanam,  das  aber  im  Skt.  die  hier  gelehrte  bedeu- 
tung  nicht  hat. 

muvvahai  |  udvahati  |  ukärasya  rauh  ||  „muvvaha'i  von 
udvahati  (-/vah  mit  ud)  „heimführen",  „heirathen".  u  ist 
mu  geworden".  —  Auch  bei  Hemac.  II,  174.  Es  wäre  wün- 
schenswerth,  dieses  wort  in  einem  texte  belegt  zu  finden. 

dhik  dhik  |  chi  cchi  |  dhasya  chah  |j  „dhik  dhik  wird  zu 
chi  cchi.  Für  dha  ist  cha  eingetreten".  Auch  bei  Hemac. 
II,  174.  chi,  chi,  chih,  che  che  etc.  als  interjectionen  zum 
ausdruck  des  tadeis,  der  Verachtung,  des  ekels  etc.  auch  in 
M.  G.  B.  S.  U. 

vädi  1  vrtih  |  rta  at  2)  |  tasya^)  datvam  *)  ||  „vädi  von 
vrti  „hecke",  „zäun";  r  ist  za  ä,  ta  zu  da  geworden".  — 
Auch  in  H.  D.  Das  Sanskrit  väti,  von  dem  vädi  kommt, 
hat  nicht  genau  dieselbe  bedeutung,  sondern  bedeutet  „eingeheg- 
ter platz",  „garten".  Von  den  neuindischen  sprachen  entspricht 
genau  S.  vädi  a  hedge,  fence.  cfr.  G.  väd  (fem.)  a  hedge, 
fence;  U.  bar  (i.  e.  =  väd).  Daneben  ist  aber  vädi  vädiä 
auch  genau  =  Skt.  väti.    Häla  v.8.9.  (Weber,  ZDMG.'28,  351). 

'j  A  niva°.    •^)  A  a.     "j  B  takära.    *)   B  thatvam. 


Die  de9i9abdäs  bei  Trivikrama.  243 

gahillo  1)  I  grahilah  ^j  |  lo  ^)  dvitvam  1|  —  „gahillo  von 
grahila  „annehmend",  la  ist  verdoppelt  worden".  —  Auch 
in  H.  D.  erwähnt,  aber  als  gahilo. 

gonikko  |  gonikali  |  gaväm  anikas  samühah  gonikali  |  ko 
dvitvam  II  —  „gon  ikko  von  gonika.  gonika  bedeutet  „reihe, 
menge  von  rindern",  „rinderheerde".  ka  ist  verdoppelt  wor- 
den". —  In  H.  D.  wird  das  wort  mit  go samühah  erklärt. 
Das  Skt.  wort  gonika  hat  Trivikrama  wohl  seiner  etymologie 
(aus  go  -f-  anika)  zu  liebe  erfunden.  Ich  bin  geneigt  go- 
nikko auf  ein  ursprüngliches  *gaurnikya  zurückzuführen, 
das  von  *gornika  gebildet  wäre,  wie  näsikya  von  nasikä 
oder  direkt  von  *gorna  durch  ein  adjectiv  *gaurnika  (wie 
gaunika  von  guna)  mittelst  dieses  suffixes  ya  (wie  grä- 
mikya  von  gramika).  Das  geschlecht  macht  in  keinem  falle 
irgend  welche  Schwierigkeiten,     cfr.  unter  gono.  — 

airajuvai*)  |  anarahü'')  |  navavadhüh  0)  (  a'iraju- 
vai  ^)  I  acirayuvatih  |  apürvety  arthali  |  anarahü  |  navavadh- 
üli  ^)  I  nakäravakärayor  atvanatve  vasya  ca  rah  \\  —  „airaju- 
vai  und  afran^Ujü  bedeuten  „jun^;e">-fi;2;U",  „neuvermählte"._ 
airajuval  ist  =  acirayuvatih  „erst  seit  kutzem  junge  frau" 
d.h.  „ganz  neu  (vermählt)"^  anarahü  kommt  von  navavadhü, 
indem  na  und  va  in  a  und  na  übergegangen  sind  und  va  zu 
ra  geworden  ist".  —  H.  D.  hat  airajuvai  und  anuvahua.  — 
airajuvai  dürfte  in  der  that  so  zu  erklären  sein  wie  Triv. 
es  deutet,  wenn  man  nicht  etwa  die  deutung  „vor  kurzem  noch 
Jungfrau"  vorzieht.  Das  wort  gehört  zu  der  klasse  der  degi- 
Qabdäs,  die  wie  amayaniggamo  „mond"  (p.  235),  imdamaha- 
kämuo  „hund"  (eigentlich:  „liebhaber  der  opferfeste  des  In- 
dra";  auch  im  Skt.  cfr.  B-R.  s.  v.  indramahakämuka),  ab- 
bhapisäo  „Rahu"  =  abhrapi9äca  „wolkendämon",  acchi- 
vadanam  „schliessen  der  äugen"  =  axipatana  u.  s.  w.  von 
den  Präkritdichtern  —  oft  höchst  poetisch  und  sinnreich  —  er- 
funden w^orden  sind  und  die  eigentlich  kein  recht  haben  unter 
den  deQigabdäs  zu  stehen.  —  ay^afTäliu  is^,4****^'l'-''*^er  erste 
theil  ana  dürfte  die  von  Hemäc.  II,  Wtf^  Triv.  Ü,  1,  61  ei-- 
wälmte  alte  form  des  a  privativum  sein.  Die  grammatiker  leh- 
ren, dass  ana  im  sinne  von  nan  stehe.     Ich  habe  in  dem  von 


^j  B  gahillo.     *)  A  grhilah   B    grahilah.     ^)  B  tlvilo,      *j  A  airajulai; 
oni.  B.    **)  om.  B.     °}  om.  A.     '')  om.  A. 

16* 


244 


R.  Pißchel 


N 


Hemac. beigebrachten  beispiele  anacimtiam  amunamti,  ana 
getrennt  geschrieben,  verführt  durch  Trivikrama,    der  das  bei- 
spiel  ana  cimtiam  munamti  liest  und  es  mit  na  cintitam    f 
jänanti  übersetzt.     Siegfried   GoldS»limidt   hat   aber  kürzlich  ^^^ 
\  nachgewiesen,    dass    im   Prakrit  äÄ^    die    stelle   de>^va  l>*iva- 
Itivum    Te¥ti:itt  (2DMU^„ 32>Q^ff^/^i(^   seinen  beispielen  ist 
[nur  anacchunnä  nicht  sicTTe^^cfa  anucchunna,  an  dem  er 
anstoss  nimmt,  sehr  gut  für  anocchunna  stehen  kann.    Dieses 
Ana  =  ana  ist  nun  auch  den  neuindischen,  sprachen  geläufig, 
flrumpp,  Sindhi  grammar  p.  80.  bemerkt:   ,v£he_'»«ga:yj^J£ä.Kr-^-- 
ticle  ^,V   is   only  used^'^vith  adjective'^a.iia  chiel^'wrfla  parti- 
cipies  and  Gerundives,   rarely    witli  adjectives"    (cfr.  anaciiii- 
tiain  =  acintitam)    und   er  gibt  p.  81    als   beispiele:  "ä«*^ 
thiä!«k^  „impossible"   (tBii«s&o   gerundium    zu  t^mu^jii),  ana- 
puccho    „unasked",    anavesäho  „unbelieving" ,   anavesahi 
„unbelief".    Aber  in  §^  wird  es  häuSg  aucK  zur  bildung  negie- 
render   adjectiva    von    Substantiven    gebraucht;    so    wird    von 
khambhu  „feder"   ein  adjecti'^anakhambho    „oh^  federn" 
geHIH^et;    von    ganati    „das    zahlen",     ein   adj.   iknaSsuiati 


,,un^ä>hlj)ar,  unzäMig" ,  von  dä,dhi  „hart"  ein  adj.  anadadhy^o 
„ohne  hart",  „unoäTtig"  von  ./vMg^^pJatdii,  .ein  adj.  affa:v4t^_ 
„pTätJlQ§^*  u.  s.  w.  Ebenso  ist  ana  im  Gujaratl  ganz  gebräuch- 
lich. Von  gafiHiimi  „pasgend",  „gefallend"  wird  äf^^^) -jfl^iija- 
ttNji  „unbeliebt",  voi^rax}  „ehemann"  wird  alrr^var"'';;^»«^ 
ge^le"  gebildet  u.  s.w.  (cfr.  Clarkson:  A  grammar  of  the 
Gujaräti  Language  Bombay  1847  p.  129.)  an(a)var  dürfte 
eine  analogie  zu  anarahü  sein,  nur  müsste  in  rahü  das  ge- 
gentheil  von  var  stecken  (yrah?).  ana  ist  auch  dem  M.  nicht 
fremd.  Es  liegt  vor  inan(a) -van  i,  an(a)°  „barfuss";  an(a)- 
niTinu  „veraclitung",  ana-mrni.-iTicni  ,, verachten",  ana-f;ruta 
„nicht  gehört",  uiicrli()rt" ,  a,n(;i)-liit  ,,iiac;hthril",  ,7scliaden*i 
U.S.W,  ebenso  im  l'rdu  aii(aj-jaii  „umvissend",  aii(a)-de1ijiä 
„unsichtbar",  an(a)-süna  „uugehört",  an(a)-sikh  „unge- 
lehrt" u.  8.  w.  (Dowson,  A  grammar  of  the  Urdu  Language 
London  1872  p.  106;  Shakespear  s.  s.  v.  v.);  ferner  im  Paii- 
^äjbh  an(a)-jän  „unwissend",  an(a)-paria  (i.  e.  an(a)- 
padiä)  „ungelesen"  (A  Grammar  of  the  Panjäbi  Language 
Lodiäna  1851  p.  14).  Wir  findeK  ana-  (d^s  in  deii'^smeisten 
neuindischen  spi;£ichen,4i|^^n-  gesprochen  wim)  also  iinSPra- 
krit,  im Marathi,  Qki|iarMiS4J^^^'""^Q^t^^  TiepaS^E 


..-■^ 


Die  de9i9abdäs  bei  Trivikrama.  245 

vor  in  den  in  der  De^inämamälä  erwähnten  degiworten:  ana- 
cchiäram  erklärt  mit  acchinnam,  ana-rämao  erklärt 
mit  aratih  (yram),  ana-rikko  erklärt  mit  xanarahitah  | 
niravasarah  |  ana-happanayam  erklärt  mit  anashtam 
und  endlich  glaube  ich  so  auch  den  schwierigen  buddhistischen 
t.  t.  Päli  anamatai^^o  sauisäro  richtig  erklären  zu  können. 
Childers  s.  v.  zerlegte  das  wort  in  a  -f-  amrta  -j-  agra  und 
übersetzte  es  mit:  a  revolution    of    being   (samsäro),  which  * 

does  not  end  in  Nirväna.  Mir  scheint  es  richtiger  ana- 
mataggo  zu  theilen  =  ana  -f-  mrta  -j-  agra  „eine  existenz 
in  der  der  tod  nicht  das^iicfe  ist"  „die  mit  dem  tode  nicht 
aufhört".  Danach  kann  es  keinem  zweifei  unterliegen,  dass 
Benfey  recht  hat,  wenn  er  unser  ana  in  den  vedischen  worten 
ananukrtya,  anänuda,  ananudishta,  ananubhüti  sucht, 
in  denen  sonst  eine  „dehnung  des  anlautes",  gänzlich  unmoti- 
viert ist.  ana  ist  srnmi»  'üCCfSb  aufindisehein  boden  in  weitestem 
umfange  nachgewiesen  und  es  ist  nicht  im  entferntesten  daran 
zu  denken ,  dass  das  zweite  a  nur  als  svar^tbhakti  oder  als 
parasitischer  vocal  aufzufassen  sei.  Indispfe^ana-,  altbaktpisebC^ 
ana-,  griech.  a^fitf«€fi^d.  una-  beweigßif  sicher,  dass.."^f  ana- 
als  inTogejcHf^ische  grundform  aflzusetzen  habefiT  cfr.  Gustav 
J^eyertÄur  geschichte  der  ind^ermanischen  stammbildung  und 
declination  p.  11  f.  Bezzenberger,  Beiträge  z.  k.  d.  i.  spr.  I, 
p.  337  gegen  Johannes  Schmidt,  KZ.  23,  271  ff.  fi^Al 

amayä  i)  |  asuräh  |  sukärarephayor   mayau  |i  amayä  von         »A.'^e»»-*^ 

'**'gelre!9n".  —  Hemac.  II,  174  und  Degin.  I,  6  hat  agayo, 
agayä  =  dänavah,  asurah.  amaya  ist  lautlich  = 
amrtäh. 

panavannä  2)  |  pamcävannä  ^)  \  pancapai^cägat  [ 
stör  *)  äder  nah  |  cä^ator  na  °)  |  panavannä  ||  dvitiyasyäta  ^) 
ä  cä9ator  ^)  nä,  s)  |  pamcävannä  ||  —  panavannä  |  pani- 
cävannä  von  paücapaiicägat  „55".  Für  die  erste  conso- 
nantengruppe  (iic)  ist  na  eingetreten,  für  cä  und  §at  (in  pan- 
cägat)  nä;  so  entsteht  panavannä.  Indem  für  das  zweite 
a,  ä  und  für  cä  und  Qat,  nä  eintritt,  entsteht  paincä- 
vannä".  —  cfr.  Hemac.  II,  174.  Beames  II,  137.  141. 

^)  A  amaä  B  ämaä.  ä)  B  panna°.  ^)  B  pannä°.  *)  B  ist  hier  ganz 
verderbt ;  der  text  ist  nach  A.  ^)  A  nnä.  ®)  A  dvitiyasya  khuta  ')  A 
cägato.     *)  A  nnä. 


246  R.  Pischel 

gamahanam  |  grämasthänara  |  sthäkarasya  ^)  hah  ||  „gk- 
mahanara  von  grämasthanam.  sthä  ist  zu  ha  geworden". 
Auch  in  H.  D.  So  absurd  die  erklärungTrivikrama's  auch  auf  den 
ersten  blick  erscheint,  so  kommt  sie  doch  der  Wahrheit  sehr  nahe. 
ämahanain  bedeutet  zunächst:  „platz  auf  dem  ein  dorf  liegt", 
ann'T^äorr"  uBerhaupt.  Danach  wird  gamahanam  für  älteres 
*gamathanam  von  wurzel  stha-  stehen.  Die  kürze  des  wur- 
zelvocals  erklärt  sich  leicht  aus  dem  accent.  cfr.  Prakrit  utthai. 
Für  diese  herleitung  spricht  Marathi  gämv-thal  „the  site  of  a 
village"  aus  gram a  +  sthala,  wie  gamahanam  aus  grama 
-}-*sthana=  sthana.  Ueber  das  dentale  th  cfr.  Hemac. IV,  16. 

tevannä  ^)  |  tripaücäcat  |  ita  et  ^)  \  cägator  ^)  nä  ^)  \\  „te- 
vannä  von  tripaücäcat  „33".  i  ist  zu  e  und  cä  und  gat 
sind  zu  na  geworden",     cfr.  Hemac.  II,  174.  Beames  II,  139. 

ghusimam  ^)  \  ghusrnam  6)  |  no  mah  '')  \\  „ghusimam 
von  ghusrnam  „safran".  na  ist  zu  ma  geworden".  Hemac. 
I,  128  und  H.  D.  liest  ghusinam,  bezeichnet  es  danach  nicht 
als  de^igabda,  sondern  bemerkt :  atra  ghusinam  kunkumam 
iti  ghusrnagabdasambhavam.  — 

chattä  ä)  I  chatä'')  |  takarasya  lO)  ttah  ii)  ||  „chattä  von 
chata  „lichtglanz".  ta  ist  zu  tta  geworden".  —  H.  D.  hat 
chada  |  vidyut  j,  wo  chatä  regelrecht  ta  zu  da  gewandelt  hat. 
cfr.  damit  B-R.  s.  v.  chatabhä  und  nachtrage  s.  v.  chatä. 
Unklar  ist  die  bedeutung  von  chada  Malatimadhava  51,  2. 

baillo  i2j  I  balivardah  |  rdo  i^)  Hah  i*)  |  livayor  ^^)  it- 
vam  16)  II  „baillo  von  balivardah.  rda  ist  zu  IIa  geworden 
und  für  li  und  va  ist  i  eingetreten".  —  Auch  Hemac.  II,  174 
und  in  H.  D.  Weber  Häla  v.  242.  279  schreibt  vaillo  und 
führt  es  p.  29  auf  *vahillo  von  wurzel  vah  zurück,  indem 
er  ausfall  des  ha  annimmt.  Ich  habe  schon  Jenaer  Literatur- 
zeitung 1875  p.  795  bemerkt,  dass  diese  herleitung  gänzlich 
unhaltbar  ist.  ha  fällt  im  Prakrit  nie  aus;  ua  und  uaha, 
die  Weber  als  analoge  fälle  anführt,  sind  ganz  anders  zu  er- 
klären, wie  meine  anmerkung  zu  Hemac.  II,  211  zeigen  wird; 
cfr.  später  in  der  fortsetzung  dieser  abhandlung  unter  oppam; 
huavaa  Hala  v.  215   ist  falsche  lesart  für  huavaha  (ZDMG. 

1)  B  stha°.  2)  B  tewannam.  »)  A  e  B  etat.  *)  A  cägato.  «)  A 
nnä.  ^)  B  su  °.  ')  B  addit :  rkärasya  utvam  (sie).  *)  A  chathtlio  B 
chattä.  »)  B  chatto.  '")  A  tä°.  ")  B  tah.  *  ")  A  va°  B°  llo.  ")  B 
vrdär.     ")  AB  Iah.     ^^)  A  luvayoh  B  liyo.     ")  A.  i. 


Die  de^i^abdäs  bei  Trivikrama.  247 

28,401),  uhaaattha°  v.  280  wahrscheinlich  auch,  obwohl  Weber 
ZDMG.  28,  417  keine  v.  1.  anführt,  gehört  auch  gar  nicht  hier- 
her, da  h  a  hier  am  anfange  des  Wortes  abgefallen  sein  würde ; 
ebenso  ist  airahaa°  Hala  v.  201  falsche  lesart  für  arairai° 
(ZDMG.  28,  398),  Hala  A.  10  ist  laüha°  falsche  lesart  für 
ladaha°,  die  sich  für  dieses  degiwort  (cfr.  auch  B-R.  s.  v.) 
auch  Mälatim.  94,  8.  95,  7  findet,  während  Hala  v.  7.  Bälar. 
57,  18  die  richtige  form  steht.  Ebenso  sind  iejja  Hala  v.  235 
(ZDMG.  28,  406)  und  diaehi  Hala  A.  16  falsche  lesarten  und 
addao  (Spiegel;  auch  in  H.  D.)  hat  mit  ädarga  nichts  zu 
thun,  sondern  gehört  zu  davai  „zeigen"  Hemac.  IV,  32  und 
meine  anmerkung  dazu,  ist  also  =  *adavo.  S.'s  lesart  addahe 
(ZDMG.  28,  400)  ist  falsch.  Der  ausfall  des  ha  in  ^vahillo 
stände  also  ganz  vereinzelt.  Ausserdem  wird  das  wort  mit  ba 
im  anlaut  geschrieben.  In  H.  D.  steht  es  unter  ba  und  ba° 
schreibt  auch  die  Teluguhandschrift  T  des  Hala  in  vers  242. 
So  steht  auch  richtig:  Mrcch.  69,  8.  96,  12.  19.  99,  8.  101, 
"2.2.  ViddhaQ.  149,  4»  Karp.  25,  19^  und  Mrcch.  164,  15  ist 
va°  nur  druckfehler.  Endlich  lautet  das  wort  in  M 
G.  b-^1.  Ibaillo  hat  offenbar  gleiche  Wurzel  mit  bala  „kraft", 
,£t^^^',  und  be^li^tet  wie  Targog  —  st  hü  ras  den  ;,starken", 
"■j^ai^^n".  Es  setz!"  ein  '^ailya  =  balya  in  der  Bedeutung 
„stark"^voraus.  Wie  gono  im  Päli,  so  wird  baiilo  im 
krit  auH*»«jQ|T  „dumföSi^"  gebraucht,  wie  dies  in  den  neuind. 
sprachen  auch  geschieht.  ^  In  der  einleitung  zu  H.  D,  wird 
es  ausdrücklich .  erwähnt  und  belegt  wird  es  durch  Hemac. 
IV,  412.  — 

pauranam  ^)  |  pamguranam  |  pravaranam  ]  dvitiyasyäta 
uh  ^)  I  pauranam  |1  vasya  nguh  |  pamguranam  ^)  ||  „paura- 
nam I  pamguranam  )  von  pravaranam  „Überwurf,  mantel". 
Indem  für  das  zweite  a  ein  u  eintritt,  entsteht  pauranam'; 
indem  va  in  ngu  übergeht,  pamguranara".  —  Hemac.  I, 
175  hat  die  wörter  in  einem  besonderen  sütram  zusammenge- 
stellt, auf  das  er  in  H.  D.  verweist.  —  Für  pauranam  hat 
das  Pali  die  form  papuranam  neben  parupanam,  wie  auch 
die  verba  päpurati  und  parupati  neben  einander  hergehen. 
Man  kann  schwerlich  läugnen,  dass  die  formen  wirklich  von 
yvar  mit  pra  und  ä  stammen;    Childers  s.  v.  parupati  (cfr. 

*)  B  hat  päguranam  |  pauranam  \  .    ^}  B  °yasyätumah.    ')  B  paggura- 
nam  und  addit:   päguranam  |  vasya  guräde^ah  |  . 


248  R.  Pischel 

auch  KP.  p.  45)  hat  für  den  Übergang  von  v  in  p  genügende 
und  sichere   beispiele   beigebracht  und   für  die  metathesis  ver- 
gleicht   er   treffend  Singhalesisch  bijurupu   „citrone"  =  Skt. 
bijapüra.     Für  Prakrit  päuranam  haben  wir  als  grundform 
nur  *prävuranam  anzusetzen.     In  H.  D.  wird  auch  paurani 
„panzer"  erwähnt,   das  ebenfalls  hierher  gehört.   —    Zu  pani- 
guranaip.  ist  M.  paragh(a)rün  „shawl,   cloak"   etc.  gehörig, 
welches  von  dem  verbum  pamghar-nem  to  throw  on;  to  cast 
loosely  around   the  body    (a  shawl,    cloak   etc.)    stammt.     Als 
Wurzel   ergibt  sich   somit  deutlich  ghar  und  dies   ist  das  von 
Vopadeva    erwähnte    ghr    chädane    „bedecken"    „einhüllen" 
Dhätupatha  32,  107,  von  dem  auch  das  degiwort  gharo  „wall" 
stammt;  cfr.  Skt.?*  vajptfna,  ^,wall"  ,  „dämm"  von  yi^jrffr.     Die 
Wurzel  hat  sich  g^l^et  aus  grab  (garh,  grh) ;  cfr.  B-R.  s.  v. 
grabh  14)    und  Pali,  Prakrit,   neuindisch/ ghar a   „hads"   aus 
grha,  oder  vielleicht  richtiger  neben  grHa^.  bereits  aus  g Kar 
gebildet,     grha,  ghara  bedeutet    das    haus    als  das    ^  SHyqh 
aüfrrekmejide"  „eirT^crhliessende"  „umhütrendö**€tc.     Grassmanri'sT 
annaFme   Wörterbuch   s.v.  grabh,    dass  yhar  ==    ursprüngli- 
chem ghar    sei,    ist   irrthümlich.     Es   ist    ==   bhar    und  man 
darf  es  nibht  hierher  ziehen.'     Auch   decken   sich   grabh   und 
har  in  der    bedeutung   durchaus   nicht.      Der   anusvara  macht 
keine  Schwierigkeiten;    er   ist    rein    accessorisch    wie    in    einer 
grossen    anzahl    von  fällen  im  Pali,  Prakrit  und  namentlich  in 
den  neuindischen  sprachen,  besonders  vor  gutturalen  und  wenn 
die  Sktconsonantengruppe  ursprünglich  ein  r  enthielt,  wie  Pra- 
krit darnsanam  =  Skt.    dargana;   vamko  =    vakra.     In 
den  neuindischen  sprachen  wird  dann  der  vorhergehende  vocal 
meistens   verlängert,  so   wird  Pali   vanko  Prakrit   vainko  in 
M.  zu  värak   G.  vamkum  B.  bä'^ka   (cfr.   meine   anmerkung 
zu  Hemac.  I,  26)  u.  s.  w.  i),    so  dass    pamghar-nem    auch 
für  pra-ghar  stehen  kann,  gar   nicht  auf  pra-ä-ghar  zu- 
rückgeführt zu   werden  braucht,     cfr.  Beames   I,  318  ff.    Kuhn 
Paligr.  p.  33  f.     Paliwörter  wie  die  von  Kuhn  angeführten  van- 
giso  =  Skt.  vagi9a,  naiigarain  =  nagaram,  uranga  = 
uraga  entsprechen  genau.  —  Aus  -j/ghar  entwickelte  sich  mit 


^)  Für  linguistcn,  die  den  neueren  indischen  sprachen  ferner  ste- 
hen, sei  bemerkt,  dass  canka  bei  Lassen,  Instit.  Präer.  p.  278,  was 
Joh.  Schmidt,  Vocalismus  II,  228  citiert,  falsche  lesart  für  vatTka  ist. 
cakra  wird  nur  zu  cakko. 


Die  de9i9abdä8  bei  Trivikrama.  249 

färbung  des  a  zu  u  (Job.  Schmidt  1.  c.  II,  221  ff.)  die  -y/ghur 
und  in  M.  ist  päm-ghur-nem  in  denselben  bedeutungen  wie 
päm-ghar-nem  ganz  gebräuchlich.  So  kommen  wir  endlich 
zu  unserem  de^i^abda  pamguranam,  das  pam-gur-anam 
zu  theilen  ist  und  die  aspiration  der  wurzel  verloren  hat.  cfr» 
gar  „besprengen",  neben  ghar;  Altbaktrisch  gar  „ergreifen" 
neben  ghar,  Päli  digaccha  neben  j i g h a c c iTaT^" KkiTTglTa t- 
sa,  wenn  es  nicht  vielmehr  —  *jigratsä  von  -y/gras  ist; 
jedenfalls  hängen  y2.gar,  gras  und  ghas  zusammen,  cfr. 
Curtius  Grundzüge*  p.  471.  Fick  P,  71. 

lakudo  I  lagudah  ]  gasya  ^)  kah  1|  „lakudo  für  laguda 
„keule",  „knüttel".  Für  ga  ist  ka  eingetreten".  —  lakudo, 
wofür  H.  D.  lakkudo  hat,  stammt  von  Skt.  lal^ijLta  B-R.  s.v. 
cfr.  M.  lat^.ldShs(masc.)  und  laTcfe^Ä  a  large  stick  Gr->1&- 
1fe*(^)^.(f)  a 'stii^k,  staff.  la:^a)J^Tir--w.Qpd;  U.  lakri  "(i.~e. 
lakdi)  wob^,  a  sfeff,  stf«l^  und  noch  genauer  stimmend  M. 
l^i:ud  und  lajp-küd  woodj.a^.öeniffröir'stick;  U.  lakut  a  istjck, 
a  smaTh«ta|f;  S.  r^i^*i4j<^  w9i&4ign.  —  Das  Skt.  hat  beidB 
tonlose  in  tönende  verwandelt;  so  auch  Pali  hb-^m,J^a  club,  a 
mallet.  Das  Skr.  lagudo  ist  ganz  wie  eine  form  des  Jaina- 
präkrit  gebildet.  Aus  den  neuindischen  sprachen  ergibt  sich 
mit  Sicherheit,  dass  wir  als  grundform  *lakata  mit  der  grund- 
bedeutung  „stock",  ,;keule",  nicht,  wie  man  von  vornherein 
geneigt  sein  möchte  zu  glauben,  „holz"  anzusetzen  haben. 
Umgekehrt  ist  es  z.  b.  mit  käshtha,  das  zuerst  „holz"  bedeu- 
tet und  diese  bedeutuug  auch  in  den  neuindischen  sprachen 
vorwiegend  behalten  hat;  daneben  hat  sich  aber  in  S.  käthu 
M.  G.  B.  käthi  U.  käth  zigeunerisch  gasht,  kasht  auch  die 
bedeutung  „stock",    ,,stan^e'^'^t\vicKe!'C" ^  *la- 

kata  ergibt  sich  lak   von   der   auch    S.  J^c.-„u:^u  a   Walking  i 
stjak;"   staff  kommt,    das  =   Skt.  *lak-'ana  ist.     Diese  wurzel  I 
hat  sich,  soviel  ich  weiss,   in  den   neuindischen  sprachen  selb- 
ständig nicht  erhalten.     Bei  oberflächhcher^trachtung  könntg 
es  erscheinen,    als   ob    sie  in   S.  lagiirrfu    to  strike,    Kashlniri 
14g.tt-n'  (Leech  p.  564)  layun   fEdgeworth   p.  1059)_to^Jaefttr""^ 
^lasha  1-Äik  (imp.  läy^Uiif-to  beat,  strike.  Leitner  1,  16.  17), 
M.Jlßk^^emG.  IL^-'^i'^ani,  die  unter  anderm  auch  to  strikt,  hit 
etc.  bedeuten,  vorläge.   Das  wäre  aber  ein  grober  irrthum.   Diese 


*)  B  gakärasya. 


250  R.  Pischel 

verba  gehen  alle  auf  Skt.  lag- na  zurück  und  sind  denominativa, 
wie  namentlich  das  Sindhi  g  und  das  lange  a  in^.  G.  beweisen.  '■- 
Dagegen  wird>-,5aan  schwerlich  umhin  können;  A'?^'^5(^.,jJ^^^f*4Qi^i, 
Ko^^*fyi^  „ausscMftgßn"  und  auchAa^  hierherzuziehen,  so  ; 
aus  die  zusammensteirül^v^it  calxjind  annähme  des  abfalls  1 
eines  k  im  griechischen  und  metathesis  (Curtius  Grundzüge  *| 
p.  364)  noch  bedenklicher  wird,  als  sie  es  schon  war.  i 

asaragho  |  ästhä  |  thäkärasya  amghali  |1  „asamgho  von 
ästhä  „hoffnung".  Für  thä  ist  amgha  eingetreten".  Ueber 
dieses  wort  und  das  verbum  asainghai  habe  ich  schon  de  gr. 
Präer.  p.  5  ff.  gehandelt;  andere  beispiele  habe  ich  in  der  an- 
merkung  zu  Hemac.  IV,  35  aufgeführt.  Die  richtige  erklärung 
hat  Bollensen  gegeben,  der  äsaingho  auf  wurzel  cams  zurück- 
führt, cfr.  Präkrit  sam,g4räi  und  säh-tii  „sagen"  bei  Hemac. 
IV,  2  Altbaktr.  (^anh  und  Joh.  Schmidt,  Vocalismus  I,  35. 
Garrez  hat  bereits  richtig  -M;' sä  mg- nem  verglichen.  W^eber, 
ZDMG.  28,  3G9  *). 

cheno  ^)  |  stenali  |  stoh  chah  ||  „cheno  von  stena  „dieb", 
sta  ist  zu  cha  geworden",  —  cheno  steht  für  *chedna  von 
der  Wurzel  chid  und  ist  =  „einbrecher".  Man  vergleiche 
Manu  IX,  276:  samdhini  chittvä  tu  ye  cauryam  rätrau 
kurvanti  taskaräli  und  Mrcch.  47,  9  wo  unter  den  vier 
niitteln,  die  ein  dieb  anwenden  soll  um  ein  loch  in  der  mauer 
zu  bewirken,  auch  chedanam  }„das  durchbrechen"  genannt 
wird,  das  zur  anwendung  kommt,  wenn  die  mauer  aus  unge- 
brannten ziegeln  besteht. 

dosinä  |  jyotsnä  |  jyor  do  nät  2)  pürvam  itvam  ||  „dosinä 
von  jyotsnä  „mondschein".  ja  und  ya  sind  zu  da  geworden 
und  vor  na  ist  i  getreten".  Vgl.  oben  doggam  und  Weber, 
Ind.  Stud.  XIV,  255  f.  Palj  d^^s^na^^U  „elTtaJielle  "Tiacht" 
bei  Minayeff,  Grammaire  Pälie  §.^7  p.  54.  Sept  Suttas  Pälfs 
p.ll3.  In  H.  D.  lautet  das  wort  dosini  und  es  wird  dort  auch 
dosäniam  =  nirmalikrtam  „hell,  klar  gemacht"   erwähnt. 

*)  Joh.  Schmidt  führt  1.  c.  nach  Deliiis  aus  dem  Präkrit  äeäsedu 
•  =  ägamsayatu  an.  Delius  hat  die  stelle  nicht  angegeben,  der  er 
diese  form  entnommen  hat.  Sie  steht  Micch.  3,  13,  wo  Stenzler  rich- 
tig äsäsentu  liest.  Stenzler  übersetzt  es  mit  äyäsatäm,  D.  und  die 
ed.  Calc.  und  der  commentator  (Regnaud  I,  12)  ägamsantäm.  Es 
kommt  aber  von  Ygvas  mit  ä  und  te  ist  als  accusativ  zu  fassen,  (cfr. 
Göttinger  gel    anz.  1877,  p.  1066). 

*)  B  chano.     *)  A  snät. 


Die  de9i9abdä8  bei  Trivikrama.  251 

hijja  1)  1  hyas  2)  |  ya  3)  ijj^  4)  y  „hijjä  von  hyas  „ge- 
stern". Für  ya  ist  ijjä  eingetreten".  Pali  liiyyo  und 
hiyo.  —  Die  endung  in  hijja  ist  ablativisch  =  Skt.  *hyät; 
daher  wohl  auch  in  hyas.  (Benfey  Vollst,  gr.  §.  782.  p.  843). 

kakkhaclo  |  karkagah  |  ka^oh  '^)  khadau  ^)\\  „kakkhado 
von  karka^ah   „rauh",  „hart".     Für   ka    und    9a   sind  kha 
und  da  eingetreten".     H.  D.  hat  kakkhaclo  |  pinah  j   und  H. 
bemerkt     dazu:     karkagaväci    tu     samskrtabhava     eva 
„wenn  es  aber  „rauh",  „hart"   bedeutet,    ist  es  ein  tadbhava". 
In  der  that  führen  die  indischen  lexicographen  kakkhata  als  \ 
Sanskritwort  an,     B-R.  s.  v.  und  nachtrage.     Im  Dhätupradipa  | 
wird  nach  Ujjvaladatta   zu  Unädisütra  IV,  81  das  wort  auf  1      p 
die  wurzeUkakkhVjlachen"   zurückgeführt;    damit   verglichen 
Tst  TrivikraTOa  ein  v<)rsichtiger  etymolog.  cfr.  Urdu  khurkhura 
„rauh"  und  Fick  P,  46.     kakkhata  ist  ein   ins  Skt.  zurück- 
übersetztes vulgäres  wort.     cfr.  M.  khatkhatit  dry  and  hard, 
stiff  from  dryness;  Pali  kakkhalo  Childers  s.  v.  Ras.  20,  15. 
Jat.  187,  9.  13.     Müller,  Jainaprakrit  p.  28. 

tealisa  |  tricatvärim^at  [  ita  e  |  catvayoh  a  ]  ro  Iah  | 
viin^atyädipäthad  bindoc  '^)  gluk  ^)  ||  „teälisä  von  tricatvä- 
rimgat  „43".  i  ist  zu  e,  ca  und  tva  sind  zu  a,  ra  zu  la  ge- 
worden. Nach  der  regel  über  vim^ati  u.  s.  w.  (Triv.  I,  1, 
48  =  Hemac.  I,  28)  ist  der  anusvära  ausgefallen  und  der  vor- 
hergehende vocal  verlängert  worden".  Hemacandra  braucht 
zur  erklärung  von  formen  wie  visä  „zwanzig"  etc.  zwei  regeln 
(I,  28  und  I,  92).  Nach  Trivikrama's  terminologie  ist  durch 
seine  regel  11  viin^atishu  tya  glopal  |1  nicht  bloss  der  noth- 
wendige  abfall  der  endung  ti,  sondern  auch  die  nothwendige 
Verlängerung  des  vocales  i  angedeutet.  Zur  form:  Beames 
II,  139. 

kattam  j  kalatram  |  lasya  ^)  saco  ^^)  luk  |1  „kattam  von 
kalatram  „ehefrau".  la  ist  sammt  seinem  vocale  elidiert 
worden". 

kalabü  11)  |  aläbüh  1^)  |  akarasya  kah  |  akärasya  hras- 
vah  II  kalabü  von  alabü  „flaschengurke".  a  ist  in  ka  über- 
gegangen und  a  ist  gekürzt  worden".     H.  D.  hat  ausser  kalabü 

^)  A  hijä.  2)  A  hye  B  bhyah.  ^)  B  yakärasya.  *)  A  ijä.  •''•)  A  kago. 
«)  A  khado.  ')  A  bindo  B  bimdo.  «j  B  luk.  »)  B  lasya.  ")  B  säcor. 
")  B  kalabü.  ^'^)  B  alobü.  ")  Das  folgende  ist  B's  lesart.  A  ist  ganz 
verstümmelt  und  hat  nur:  dvitiyätä  ko  te  (sie). 


252  R.  Pischel 

noch  k  u  u  a ,  erklärt  aber  beide  etwas  abweichend  im  texte  mit 
turabikaranka,  im  commentar  mit  tumbipätram  „ein  aus 
einer  fiaschengurke  gemachtes  gefäss".  Diese  bedeutung  kann 
übrigens  auch  in  Triv.'s  alabü  liegen,  cfr.  B-R.  s.  v.  alabu  2).  — 

naliam  ^)  \  nihelanam  2)  |  nilayali  |  idator  vyatyayah  | 
naliam  ^)  |  yo  nah  |  lat  pürvara  ^)  he  |  nihelanam  ^)  1|  —  „na- 
liam und  nihelanam  von  nilayali  „versteck",  „wohnstätte". 
i  und  a  sind  umgetreten,  so  entstand  naliam.  ya  ist  in  na 
übergegangen  und  vor  la  ist  he  eingetreten,  so  entstand  ni- 
helanam". —  Beide  worte  auch  in  H.  D.  und  mit  grham 
erklärt;  nihelanam  auch  bei  Hemac.  II,  174.  Jainaprakrit 
nibhelanam  Müllerp.  34.  Die  wurzel  ist  bhil  =  *bhid  = 
bhid.     cfr.  bil  und  bila. 

nikkado  6)  |  nigcalah  |  gcaloh  kadau  ||  „nikkado  von 
nigcalah  „unbeweglich".  Qca  und  la  sind  zu  ka  und  da 
geworden".  In  H.  D.  wird  nikkadam  mit  kathinam  „steif" 
erklärt.  Es  geht  auf  eine  Sktform  "nishkata  zurück,  durch 
die  die  wurzel  kat  „gehen"  Dhatupatha  9,  33  belegt  wird. 
Zu  dieser  wurzel  wird  auch  kata  ^,zeit"  gehören.  •:  Ihre  grund- 
form  wird  *kart  gewesen  sein  und^  2.  kart  bei  B-R.  und  Fick 
P,  47  nicht  weit  davon  abliegen.  — 

niräso  ■')  |  nr^amsah  |  ^amkarasya  ra  ||  „niräso  von 
nr^amsah,  „niederträchtig".  Die  silbe  9 am  ist  zu  rä  gewor- 
den". — 

nipphamso^)  |  nistrimgah  |  strikarasya  phali  |]  „nip- 
phamso  von  nistrimga  „grausam".  Die  silbe  stri  ist  zu 
pha  geworden".  In  H.  D.  findet  sich  das  wort,  soweit  ich 
sehe,  nicht.  Dagegen  erwähnt  Hem.  in  derselben  bedeutung  ni- 
pphariso,  erläutert  durch  adaya,  nirdaya.  nipphamso 
und  nipphariso  gehen  beide  auf  ein  Sktwort  *nihsparQa  zu- 
rück,    cfr.  Hemac.  IV,  182.    Benfey,  Gott,  nachr.  187G  p.  631. 

vihumduo  ^)  [  vidhumtudah  |  to  dah  II  „vihumduo  von 
vidhumtudah  „Rahu";  ta  ist  zu  da  geworden".  Auch  in 
H.  D.  und  mit  Rähu  erklärt,  cfr.  B-R.  s.  v.  vidhumtuda. 
Triv.'s  etymologie  ist  hier  gewiss  richtig. 

»)  A  na°  B  iii°.  ^)  B  ni°  A  nihelanam.  »j  a  na°  B  nali°.  *)  A  pür- 
vah.  ^)  A  nihelanam.  ^)  A  nikado;  B  liest:  nikkaso  |  ni^cayah  |  Qcayoh 
kasau  |  nikkaso  |  nigcalah  |  valoh  kasau  j)  .  ')  A  nir°.  *)  A  nishshaso  B 
niphphasso.  ®)  A  vihudduo  B  vihussio  [s  und  d  sind  im  Grantfaa  über- 
aus ähnlich  und  werden  in  B  beständig  verwechselt]. 


Die  de9i9abdäs  bei  Trivikraraa.  253 

pahio  1)  I  mathitah  |  mah    pah  ||  „pahio   von   mathitah    |^ 
„umgerührt"  „geschüttelt",     ma  ist  zu  pa  geworden".  —  Auch    | 

in      TT       T^  -  — ■«<K-.<-v^^*>ttifrtiNi>i!i>i^,ifir|-r«K 

kheJi^am  2)  |  khelam  ^)  \  lo  ddah  *)  ||  „kheddam  von 
khela  (spief)>sJF'ür  la  ist  dda  eingetreten".  Auch  bei  Hemac. 
II,  174  und  mit  kah  svärthe  im  Apabhrain^a:  kheddayam 
IV,  422,  10  wo  gelehrt  wird:  1|  kridäyah  kheddahl]  Ein 
verbum  kheddai  erscheint  Hemac.  IV,  168  unter  den  synony- 
men von" r am  und  offenbar  verwandt  ist  das  ebendaselbst  er- 
wähnte s a ip - k h u d d a i". .  Das  Pali  hat  ktii d d ä  (spiel,  scherz) . 
Childers  s.  v.  Sindhi  kh^^  (f.)  (spiel),  khecianu  (spielen), 
wo  d  auf  altes  dd  hinweist.  Trumpp,  Sindhi  Grammar  p.  17. 
Dass  alle  diese  wörter  mit  ykrid  verwandt  sind,  liegt  auf  der 
hand  und  ist  für  das  Pali  längst  erkannt,  richtig  erklärt  hat 
sie  aber  noch  niemand.  Allgemein  wird  angenommen,  die  aspi- 
ration  des  k  ?ei  dem  Einflüsse  des  folgenden  r  zuzuschreiben. 
Diese  aspirierende  kraft  des  r  hinter  einem  consonanten  ist  ein 
märchen,  das  sich  unbewiesen,  aber  desto  eifriger  geglaubt, 
in  der  sprachwissenschaftlichen  literatur  fortpflanzt.  Auf  dem 
ganzen  gebiete  der  Prakritsprachen  wie  der  neuindischen,  so- 
weit wir  sie  bis  jetzt  überblicken,  gibt  es  nicht  ein  einziges 
beispiel  von  kh  =  Skt.  kr,  vielmehr  wird  kr  im  anlaut  zu  k, 
im'inlaut  zu  kk.  Ernst  Kuhn,  Beiträge  zur  Pali-grammatik 
p.  49  führt  ausser  khiddä  noch  ykhums  an,  von  der  er 
sagt  dass  sie  vielleicht  zu  Skt.  kru9  gehöre.  Ich  habe  diese 
Wurzel  noch  gefunden :  Dhammapadam  263,  24  khumsito  und 
Jätakam  191,  5  khumsenti  in  der  nähe  von  akkosanti  von 
ykru^  _mit  ä.  Sie  bedeutet:  „anschreien",  „schimpfen", 
„schmähen"  etc.  E.  Kuhn  hat  ganz  recht;  die  wurzel  gehört 
zu  ykrug,  nur  ist  sie  nicht  mit  ihr  identisch  noch  aus  ihr 
selbst  entstanden.  Das  ms  der  wurzel  khums  weist  uns  mit 
nothwendigkeit  auf  Skt.  r^,  wir  erhalten  also  zunächst 
*ykhurg.  kh  aber  führt  uns  auf  altes  sk,  wie  z.  b.  Päli, 
Präkrit  khandho  =  Skt.  skandha  ist  und  im  inlaut  bekannt- 
lich altes  sk  meist  zu  kkh  wird.  Wir  erhalten  also  als  grund- 
form  *yskurg,  d.  h.  indogermanisches  skark  Fick  Wörter- 
buch P,  242;  Spracheinheit  p.  114,   wobei  man  beachte,    dass 


1)  B  pahilaththitah.     2)  B  khedam  ]  khedam  |  .   »)  B  khalam.     *)  B 
lom  dah  |  vellam  |  . 


254  R.  Pischel 

das  Päli  s  auf  k^  weist,  ebenso  wie  das  q  in  kruc  auf  indo- 
german.  kruk^  (=  kark^)  nicht  kruk,  wie  Fick  Sprachein- 
heit p.  88,  Wörterbuch  I  \  42  ansetzt.  Hier  steht  also  kh  für 
altes  sk;  ebenso  ist  es  aber  bei  khedda'i  und  seinen  verwand- 
ten, dd  weist  zurück  auf  Skt.  rd  —  cfr.  chaddai  —  char- 
dati,  maddio  =  marditali,  kavaddo  =  kapardah  u.  a.  f\ 
Hemac.  II,  3G;  e  vor  doppelconsonanz  ist  =^altem  i  und  kh  = 


sk,  (^e  grundfoi'm  zu  khedda'i  ist  also  *skiSd-ati,  die  wur- 
,^^zel_j^s1»Nyrd  =  vindpgerm.iikaxd,, springend  Fick  P  232. 
skird  ist  genau  —  unserem  scherzen  mhd.  scherzen,  schirzen 
„lustig  springen",  wie  schon  Fick  gesehen  hat.  Ebenso  ist  also 
kheddam  =  *skird-am,  khiddä  =  *skird-ä.  Daraus  folgt 
aber,  dass  auch  Skt.  krid  für  älteres  skard  steht;  abfall  eines 
s  hat,  wie  ich  nachträglich  bemerkt  habe,  schon  Grassmann  s.  v. 
krid  angenommen.  Die  entwicklungsreihe  ist  die  von  Joh.  Schmidt 
so  schön  dargestellte  :  ar,  ir  (iri),  ri  Vocalismus  II,  240. 
254  ff.  Das  s  ist  in  krid  abgefallen,  wie  in  dem  aus  derselben 
grundforiiV"sk>gird  entstandenenjcij>4.|kürd)  „springen".  Sindhi 
k  u  d^1gb»4^  töTea^^lttmpj,  ^y,  das'em^Präkilt^^jrai  *kuddai  er- 
scliiiesse'n  Tasst.  Wie  aber  das  Präkrit  in  seinemKheddai  uns 
noch  auf  den  alten  anlaut  sk  hinweist,  so  auch  in  samkhudda'i 
„spielen",  „sich  ergötzen",  für  *sam-skurd-ati  und  in  degi 
khuddiam  „beischlaf",  eigentlich  „bespringung"  =  *skurdi- 
tam  (H.D.  II,  75).  Das  eine  tritt  beweisend  ein  für  das  andere.  Im 
Dhätupatha 2, 21  wird  auch  khurd,  khürd  (spielen;  kridayam 
eva)  erwähnt,  das  Sktvorbild  für  sam-khuddai.  Es  ist  also 
auch  irrthümlich  zu  sagen,  ykhel  sei  aus-y/krid  entstanden.  Aus 
kridati  vedisch  krilati  bildet  das  P4U,kU^ti'  ^^^  Prakrit 
Jili^i^  wie  aus  kr  1  da,.  Pali  Präkrit  ki|ä  wird,  aus  kridanam, 
kilanam.  Diese  formen  sind  in  der  that  direct  aus  krid  entstan- 
~Ben  und  haben  daher  nur  k  nicht  kh  im  anlaut.  khel  dagegen 
stammt  direkt  von  skird.  Dasein  khel  ist  wie  bei  kheddai 
aus  i  hervorgegangen  vor  ursprünglicher  doppelconsonanz;  *skir- 
dati,  *khiddai,  kheddai,  khellai,  khelai  ist  die  ent- 
wicklungsreihe und  khellamti  ist  uns  überliefert  im  Apa- 
bbramga  bei  Hemac.  IV,  382.  khel  ist  im  Skt.  erst  spät 
nachweisbar,  weil  aus  dem  Prakrit  eingewandert,  aber  ein  gu- 
tes alte^,wort,  •s/^ie  Maräthi<kheP>k£m  to  play,  sport  mTt"JwJ[)2- 
reichen  ablettmigerty  Sindhi  kh^^n^nu,  Gujar4ti  khel -v um, 
I     Bangäli  kheT'*J4i^Ui*(i^  kheT^"ft*,j/üriya  khepHi^zigeune- 


Die   de9i9abdäs  bei  Trivikrama.  255 

risch  khei^ava  t)^weisen.  Im  Pali  ist  die  wurzel  bisher  nicht 
"näcKgewieseJs^  Ich^fe^ftii  sie  belegen  aus  Dathävamso  I,  41: 
carimsu  khelam  padasa  va  pafgulä,  wo  aber  jedenfalls 
k  hei  am  zu  schreiben  ist.  Das  wort  ist  adverbialisch  gebraucht: 
„spielend  (d.  h.  mit  spielender  leichtigkeit)  wandelten  die  lah- 
men zu  fuss".  Die  Zigeuner  haben  auch"pb«j^-aTa;;Hp4«9y^.^^^ 
kclapcn  (spiel,  tan?;)  etc.  mit  Verlust  der  aspiration  und  ebenso 
schon  das  Skt.  ke'^i  neben  k^>^,  keläy,  kelaka  u.  a.  Hof- 
fentlich ist  nun  der  aspirierende  einfluss  des  r  in  diesem  worte 
aus  der  weit  geschafft. 

koliram  ^)  |  kuruvindam  |  padmarägavi^eshah  |  ukärayor  ä) 
oditau  3)  I  ro  Iah  ^)  vindayoQ  ca  rah  1  koliram  ^)  |j  „koliram 
von  kuruvindam  „eine  art  rubin".  Für  die  beiden  u  sind  o 
und  i,  für  ra  ist  la  und  für  die  silben  vin,  da,  ist  ra  einge- 
treten".    Auch  in  H.  D. 

viusaggo  ^^)  1  vyutsargah  |  vyudor  viu  ß)  |1  „viusaggo  von 
vyutsargah  „das  entlassen,  aufgeben,  die  freimachung  von". 
Für  vi  ^und  ud  ist  viu  eingetreten".  Die  etymologie  Triv.'s 
ist  richtig.  In  der  Bhagavati  II,  184  (cfr.  Müller,  Jainapräkrit 
p.  42)  erscheint  die  form  mit  ss  als  viussaggo.  Aber  hier, 
wie  Hemac.  II,  174,  haben  die  handschriften  nur  viusaggo. 

samghayanam')  |  samhananam  ]  hasya  ^)  ghah  ^),  ader 
no  yah  II  „samghayanam  von  samhananam  ,,körper".  ha 
ist  zu  gh  und  das  erste  na  zu  ya  geworden".  Auch  in  H.  D. 
und  mit  gariram  erklärt.  Triv.  hat  die  wurzel  richtig  er- 
kannt, samghayanam  steht  für  *samhatanam,  *sam- 
ghatanam.     cfr.  Sanskrit  samghäta  und  Hemac.  I,  264. 

ghaano  ^)  |  gayanah  ]  go  ghah  |I  „ghaano  für  gayana'h. 
ga  ist  zu  gha  geworden".  Ueber  die  bedeutung  des  wortes 
sehe  man  meine  anmerkung  zu  H.  II,  174. 

dhemkuno  ^^)  |  matkunah  |  mato  ^i)  dhem  ^'^)  ||  „dhem- 
kuno  von  matkunah  ,,wanze".  mat  ist  zu  dhem  gewor- 
den". Auch  in  H.  Di^'wo"  ausserdem  noch  dhamkuno  er- 
wähnt wird.  M.  dhekün,  dhemkün.  Die  wurzel  ist  damy 
„beissen",  „stechen".  Schon  im  Pali  dasati  ist  der  wurzelan^ 
laut  cerebral,    ebenso  in   der  Mäharäshtri  nach  Hemac.  I,  218 

1)  A  koliram.  ^)  A  add.  udutoh.  =*)  AB  oditau.  *)  AH  Iah.  ^)  A 
kolaram.  ^a)  ß  viusamgo.  *)  B  vyudosh  thah.  ')  A  ghaanam  B  saghaa- 
nam.  **)  om.  A.  ^)  A  yäano,  ")  A  dfmkuno.  ")  B  to.  ")  A  dem 
B  dhe. 


256  R.  Pischel 

und  in  den  neuindischen  sprachen :  Beames  I,  225.  Wie  ^ams 
zu  (Qarih)  samgh  wurde  (oben  p.  250),  so  dam 5  zu  damkh, 
wo  das  verschiedene  ergebniss  von  s  und  q  beacht;enswerth  j 
ist.  Diese  form  damkh  liegt  uns  treu  vor  in  M.  )damkh-j 
nem  „beissen"  „stechen",  damkh  „biss",  „stich  eines  giftigen 
thieres",  während  im  Uriya  damk-iba  „stechen"  verlust  der 
aspiration  und  in  Sindhi  damganu„  beissen",  „stechen",  damg- 
ini  „biss,  stich  eines  giftigen  insects",  damgu  (dasselbe) 
ausserdem  noch  Übergang  in  den  tönenden  laut  eingetreten  ist. 
Für  unser  wort  müssen  wir  als  grundform  im  Prakrit  *damkh- 
ano  ansetzen,  woraus  *dhamkano,  dhamkuno  (H.  D.)  mit 
„umtreten  des  hauches"  hervorging.  Das  e  in  M.  dhemkün, 
unserem  dhemkuno  und  noch  klarer  in  M.  dhekün  ohne  den 
nasal,  von  dag,  könnte  ein  beispiel  für  die  von  H.  Möller 
scharfsinnig  begründete  hypothese  der  epenthese  als  Wirkung 
des  Wurzelauslauts  geben.  Indess  der  ganze  Vorgang  ist  mir 
noch  zweifelhaft  und  dhekün  hier  wohl  sicher  jüngere  form 
als  dhemkün.  Wie  dem  auch  sei,  das  ist  unbestreitbar,  dass 
alle  angeführten  formen  auch  der  neuindischen  sprachen  auf  k  ^ 
als  ursprünglichen  wurzelauslaut  hinweisen.  Nicht  immer  stim- 
men aber  alle  indischen  dialecte  in  bezug  auf  die  behandlung 
der  beiden  k-laute  so  schön  überein.  Allerdings  ist  in  der 
mehrzahl  der  fälle  im  Pali,  Prakrit  und  den  neuindischen  spra- 
chen an  stelle  von  k  1  =  Skt.  q  der  regelrechte  Vertreter  s  ge- 
treten, aber  ausnahmen  sind  namentlich  in  den  neuindischen 
sprachen  nicht  selten.  Eine  solche  ausnähme  ist  z.  b.  akko 
„böte"    (oben  p.    235)    das    auf  wurzel  ak    „eilen"   nicht  ak  ^ 


j 
krit  kukkäi,  kokJfcäi;  die  die  grammatiker   als  Substitute  für  f 

har  mit  vi-a  anführen   (cfr.  B-R.  s.  v.  p.  1530  zeile  9  v.  u.);  ;; 

ferner  in  M.  kuk-nem  „krähen",  komk-nem  (über  die  nasale  } 

oben  248)    „heulen"   (vom    hunde) ,    „krähen"   (im   dialect  von  1 

Ilajäpür  auch  komkeiiem;).   G.  kok-vum  „krähen";  B.  ko^k-| 

alte  „winseln",  „stöhnen";  S.  ücülff-anu   „schreien",   „krach- ^ 

c  7.en!:L^mlQn" ;    U.  kük-nä  j,sj^lucFzen",  „schreien'nTe'berall^ 
alsoJl^uk;    trotzdem    hat   das  Skt.  kru<;  d.  h.    setzt  Icp^lc  ^ 

^^^jrfiraus.  cfr.  oben'p.  253  f.    Die  grenzen  sind  also  auch  ain  indi- 
schem boden  selbst  schwankend.     Eine  wissenschaftlichere  und 


Die  deci9abdäs  bei  Trivikrama.  257 

gründlichere  behaiidlung  der  neueren  indischen  sprachen  vom  Päli 
und  den  inschriften  des  Agoka  abwärts,  als  ihnen  Beames  hat  zu 
theil  werden  lassen,  wird  auch  für  die  stammbaumfrage  man- 
ches interessante  resultat  ergeben. 

kakudham  |  kakudam  |  do  dhah  ||  „kakudham  von 
kakuda  „gipfel".  Für  da  ist  dha  eingetreten".  —  Die  aspi- 
ration  hat  auch  das  Päli  kakudho.  Bei  Hemac.  I,  225  er- 
scheint die  echte  Präkritform  kaüham,  deren  h  auf  älteres 
dh  zurückgeht  und  nicht  mit  Paul  Goldschmidt:  Göttinger 
nachrichten  1874  p.  473  als  zur  Vermeidung  des  hiatus  einge- 
schoben zu  erklären  ist.  cfr.  KP.  p.  40.  Schon  im  Veda  fin- 
det sich  kakuha,  das  man  ebensogut  auf  kakudha  als  auf 
kakubha  zurückführen  kann.  Die  de^i-form  mit  dh  ist  jeden- 
falls älter  als  die  Sktform  ohne  aspiration. 

sevälain  |  jambälam  i)  ]  jamo  se^)  \\  „sevalam  von  jam- 
bajam.  Für  jam  ist  se  eingetreten",  H.  D.  hat:  jambälam 
jalanili  |  gevälam  ity  arthali  |  jalanili^abdo  yadi  samskrte  na 
rüdhas  tadä  decyali  ||  sevälara  und  jambälam  sind  also 
namen  einer  Wasserpflanze,  die  als  ^aivalam  oder  gaivälam 
bekannter  istalsals  gevälam.  —  M.  geval  und  9eväl,  aber 
auch  mit  s  im  anlaut,  wie  zuweilen  auch  in  Sanskrit  MSS. 

khuddao  |  xullakah  (  lo  dah  \\  „khuddao  „klein"  von 
xullaka;  la  ist  zu  da  geworden".  —  khuddao  ist  natürlich 
=  xudrakah,  wird  aber  auch  von  Hemac.  II,  174  =  xul- 
lakah gesetzt.  Das  Päli  khuddako  hat  cerebralisierung  nicht 
eintreten  lassen. 

vadduaro  ^)  \  brhattarah  |  had  *)  ity  asya  duh  ^)  |  „vad- 
duaro  „grösser"  von  brhattara.  Für  hat  ist  du  eingetre- 
ten". —  In  H.  D.  wird  ein  degipositiv  vaddo  |  mahän  ||  über- 
liefert und  im  AmarakoQa  III,  2,  10  das  Skt.-original  vadra 
„gross".  Im  Apabhramga  sind  die  davon  abgeleiteten  substan- 
tiva  vaddattanu  und.  vaddappanu  (grosse,  macht),  beide  = 
Skt.  *vadratvana  sehr  häufig;  cfr.  das  wortverzeichniss  zum 
Hemac.  Das  wort  ist  im  lebendigen  gebrauche  im(^Urdüjbarä 
(d.  h.  badä)  „gross,  bar äpä,  baräi  „grosse",  Hindi  barä- 
pan  und  barappan  „grosse".  Shakespear  hat  in  seinem  Hin- 
düstäni   Wörterbuch    die   worte    bereits   richtig   auf  vadra  zu- 


*)  A  jabbälam.     ^)  A  «tatt  dessen:  se  jam  ily  asya  |  .     ^)  A  vaduaro. 
*)  B  brhad.     '')  b'  vidhu. 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  III.  J7 


258  R.  Pischel 

rückgeführt.  In  M.  ist  das  wort^bada  ,,gross"  nach  Molesworth 
wenig  gebräuchlich,  dagegen  ist  es  das  übliche  wort  in  S.  und 
zwar  weist  das  d  in  vado  „gross",  vadai  „grosse"  u.a.  wieder 
deutlich  auf  ursprüngliches  doppeltes  d  hin.  cfr.  oben  p,  253. 
Sehr  schön  stimmt  damit  auch  das  zigeunerische  baro,  baro 
„gross",  baro pen  „grosse"  (Hindi  barapp an).  Pott  II,  411  ff., 
das  den  comparativ  bareder  (Paspati)  oder  baridir  (Liebich) 
bildet.  Danach  sollte  man  bei  Trivikrama  statt  vadduaro  mit 
u  eher  vaddaaro  mit  a  erwarten;  u  haben  indess  beide  hand- 
schriften.  Dagegen  hat  Hemac.  II,  174  vaddayaram,  wo  ich 
fälschlich  ba°  corrigiert  habe.  —  cfr.  unten  p.  263  vicldiram. 
atthakkam  ^)  |  akandam  |  kändayos  thakau  ^)  \\  „atthak- 
kam  von  akandam  (ohne  grund,  mit  unrecht).  Für  kaiida 
sind  tha  und  ka  eingetreten".  —  Auch  in  H.  D.  wird  das  wort 
mit  tth  geschrieben  und  so  ist  also  Hemac.  II,  174  statt 
acchakkam  zu  lesen.  —  Die  erklärung  des  wortes  gibt  uns 
Hemac.  IV,  16  =  Trivikrama  II,  4,  127  an  die  band.  Wir 
lernen  dort  ein  wort  thakkai  „stehen"  kennen,  über  dessen 
vorkommen  in  den  neuind.  sprachen  und  der  literatur  meine 
anmerkung  auskunft  gibt.  Dieses  thakkai  steht  für  Skt. 
*stha-k-ya-ti  d.  h.  es  erscheint  die  wurzel  stha  durch  das  de- 
terminativ k  erweitert.  Von  *sthak  kann  ein  substantivum 
abgeleitet  werden  *stliakya  „ort"  „stelle",  Präkrit  *thak- 
kam  oder  thakko.  Letzteres  wird  in  H.  D.  überliefert  und 
mit  avasarah  „gelegenheit" ,  „günstiger  augenblick"  erklärt. 
Die  bedeutungsentwicklung  von  *thakko  ,,ort"  „platz"  zu 
thakko  „gelegenheit"  ist  genau  dieselbe  die  sthäna  im  Skt. 
durchgemacht  hat.  Bekanntlich  wird  §  thjjjft^iin  Skt.  überaus 
häufig  im  sinne  von  „mit  recht"  und  asthäne  von  „mit  un- 
recht", „ohne  grund"  gebraucht.  Diese  bedeutung  ist  auch  im 
Prakrit  ganz  gebräuchlich,  z.  b.  Mälavika  35,  13  thäne  kkhu 
kädaram  me  hiaam  „mit  recht  ist  mein  herz  besorgt";  37,  16 
thäne  kkhu  sankidam  me  hiaam  „mit  recht  ist  mein  herz 
voll  besorgniss".  (^ak.  123,  7  thäne  kkhu  .  .  .  imassa  kära- 
nädo  saüntalä  kilammadi  „mit  gutem  gründe  härmt  ^akun- 
tala  um  ihn  sich  ab"  (Fritze);  p.  154,  8  thane  kkhu  munia- 
nena  savvadamana  tti  kidanämadheo  si  „dich  nannten 
den  allbezwinger  ganz  mit  recht  die  weisen"  (Fritze);  Urv. 
44,  7    thäne  iam    pi   deisaddena   uccariadi    „mit   recht 

*)  A  athakam  B  aththakam      ^)  B  tarkakau. 


Die  de9i9abdä8  bei  Trivikrama.  259 

wird  auch  sie  königin  genannt"  u.  s.  w.  Ebenso  thakko  als 
avyayibhavam  mit  a  privativum  att hakkam,  wo  tth  noch 
auf  den  alten  anlaut  sth  hinweist,  wie  atthäna  —  asthäna 
z.  b.  Mrcch.  169,  11.  Der  Wechsel  von  th  und  th  in  sthä 
und  seinen  ableitungen  im  Prakrit  ist  zu  bekannt,  um  dabei  zu 
verweilen.  — 

änuam  |  ananam  |  äder  ata  uh  |  dvitiyasya  no  i)  luk  || 
änuam  von  änana  „gesiebt".  Das  erste  a  ist  zu  u  geworden 
und  das  zweite  na  ausgefallen".  Auch  in  H.  D.  und  mit 
mukha  erklärt.  —  änuam  .—  Skt.  *ä-nu-ta-m  part.  perf. 
pass.  von  yS.  nu  mit  a,  wörtlich:  „das  zugewendete". 

samgolli  2)  |  samghatah|  |  ghätayor  3)  golli  *)  |1  „sam- 
golli  von  samghäta  „menge"  „klumpen",  ghäta  ist  zu  golli 
geworden".  —  Auch  in  H.  D.  neben  samgello  und  mit  sa- 
mühali  erklärt.  —  Prakrit  samgolli  steht  lautgesetzlich  für 
Skt.  *samgulyä  d.  h.  sam-gul-yä;  als  wurzel  ergibt  sich 
also  gul.  samgello  steht  fürSkt.  *sani-gil-yas,  die  wurzel 
ist  also  gil.  Beide  wurzeln,  gul  wie  gil,  weisen  auf  älteres 
gal  zurück,  das  uns  überliefert  ist  in  sam-gal-ai  =  saiji- 
ghatate  Hemac.  IV,  113.  Neben  gal  findet  sich  gad  in 
Sindbi  gad-anu  to  meet,  collect,  ioin  und  Marathi  sam^-gad- 
nein  to  link,  join,  or  unite  together.  Dadurch  werden  wir  mit 
nothwendigkeit  auf  die  grundform  gar  hingewiesen,  die  wurzel 
5.  gar  beiFick  P,  73.  Wie  aus  5.  gar  im  griech.  y€Q  und  yvQ 
entstand  (Curtius,  Grundzüge  ^  p.  705),  so  aus  gal  im  Prakrit 
gil  und  gul.     cfr.  auch  Brugman,  Studien  VII,  305  ff.  — 

säraari  ^)  |  Qälmalih  |  lo  luk  dvitväbhävaQ  ca  ^)  ||  „sajnari 
von  ^älmali  (woUbaum).  la  ist  ausgefallen  und  nicht  Ver- 
dopplung (des  ma  nach  Hemac.  II,  89)  eingetreten".  —  Auch 
in  H.  D. 

bhimoram  ';  |  himorah  s)  |  ho  bhah  ^)  \\  „bhimoram  von 
himora.  Für  ha  ist  bha  eingetreten".  Auch  bei  Hemac.  II, 
174,  aber  auch  im  Prakrit  als  mascul.  —  Ich  kenne  das  wort 
weder  aus  dem  Sanskrit  noch  aus  irgend  einer  der  neueren 
sprachen.  Es  wird  wohl  eine  pflanze  oder  dergleichen  be- 
zeichnen. 

abbä^o)   I  ambä  |  bindor   luk  bo  i*)   dvitvam  ca  ||  „abbä 

*)  AB  no.  2)  3  saggolam.  ")  B  aghätayata  |  *)  B  rgollam.  *)  A 
sämaiü ;  B  addit:  gamali.  '^)  Dahinter  fehlt  offenbar  in  A  B:  lo  rah|. 
')  AB  hi°.     »)  om.  B.     ^)  AB  hi)h.     "»)  A  avvä.     ")  A  vo. 

17' 


f**4^>«^>^  '  "*^ 


260  K.  Pischel 

von  a  in  b  ä  (mutter).  Der  anusvara  ist  elidiert  und  b  a  verdop- 
pelt worden".  —  Es  bleibt  zweifelhaft,  ob  nicht  avvä  die 
richtigere  form  ist.  In  H.  D,  hat  die  mehrzahl  der  handschrif- 
ten  accä.  v 

s .1  v V  i  1)  I  süci  I  Uta  ili  casya  dvir  ukto  ^)  vah  ^)  \\  „svNiA 
von  suKi  (nadel).  ü  ist  zu  i  und  ca  zu  vva  geworden".  — 
Auch  in  m  D.  Das  Substantiv  sivvi  steht  für  Skt.  *sivyä 
oder  *sivyä  von*"'Y§*«».oder"""5'1"^fc..^ähen),  die  in  allen  neuindi- 
schen sprachen  gebräuchlich  ist:  Pali:  siolsiati;  M..  9T%i*,ft£m, 
G.  giv'^^^uija,  S.  siIt-säj^u,  Kashmiri  3TiT'*4i,£jZigeiMi«(B^^ 
slv-Äxa^^nd  sü>^%4x^'  Nicht  so  treu  haben  die  Avurzel  er- 
halten: B.  si-äite,  U.  si-nä,  Ghilghiti  si-öki,  Astori  si- 
öno,  Kalasha  si-sik  (imperativ:  si).  Man  könnte  an  Wur- 
zel si,  si,  denken  (Grassmann,  KZ.  11,  5),  aber  das  ist  schon 
der  bedeutung  wegen  unwahrscheinlich;  auch  auf  siu  zurück-^ 
zugehen  (wie  im  Altbulgar.  siti  aus  *sjuti),  ist^"Mraiese 
sprachen  nicht  zulässig;  vielmehr  hat  einfach  wegfall  des  v  der 
Skt.-wurzel  stattgefunden. .  Ueber  die  verwandten  europäischen 
sprachen :  ^/Fick  P,  229../  Job.  Schmidt,  Vocalismus  II,  408. 
Von  der  würze!  siv  ist  gebildet:  S.  sib-ini  (nadel},  sib-ino 
(näharbeit),  unser  sivvi  und  das  in  II.  D.  daneben  erwähnte  . 
sivvini  (nadel),  dem  das  Sindhi-wort  entspricht,  zigeu1ar_  _ 
ap?!f«^»ai^  Urdu  siV^»^  ^^!ü*ßiL'  ^^  ^^^^  ^^  U.  das  alte  v 
sich  zeigt;  auf  suv  dagegen  ffehen  zurück:  M.  ^tN^^  (päwl^^-  'j 
del)  zigeun.  suv  (nadel),  U.  siN4  (für  süv-ä  packnadel),  S. 
suTSi^to.).  Auch  M.  S.  '^^•i^na^el)  kann,  wegen  der  kürze 
des  u,  atrekt  von  suv  hergeleitet  werden  für  *suv-i;  möglich 
bleibt  aber  auch  die  herleitung  von  Skt.  süci,  das  schon 
Unädisütra  IV,  93  von  siv  mit  suffix  ca  (cat)  hergeleitet  wird, 
während  Ujjvaladatta  zu  IV,  138  es  irrthümlich  auf  sucay 
zurückführt.  Sicher  geht  auf'SfftMU^urück  U.  ^<(na?1^),  so 
wie  Kashmiri  sat»ftdi  (nadel)  (Leech),  das  nur  lehnwort  aus 
dem  Persischen  ^("ö^yin  ist,  wie  auch  Urdu  hat.  —  Uebrigens 
dürfte  diese  Zusammenstellung  zeigen,  dass  von  einer  „graecoi- 
talischen"  wurzel  su  (Curtius,  Grundzüge*  385  Vanicek  Wör- 
terbuch p,  1041)  füglich  nicht  die  rede  sein  kann.   — 

vambhi  *)   |   väni  \  no  mbhah  ^)    1|   „vambhi    von    vuni 
(stimme,  rede).     Für  n  a  ist  m  b  h  a  eingetreten".  —  Ob  wir  mit 

»)    B  siphphi.      '^)   B  uktah.      ")   B  phah.      *)    B  pamblii    B   vaohmi. 
^}  B  hiiiam. 


Die  de9i9abdäs  bei  Trivikrama.  261 

A  mbha  oder  mit  B  mlia  lesen,  läuft  auf  eins  hinaus;  cfr, 
Hemac.  II,  74.  Richtiger  würde  das  wort  bambhi  geschrie- 
ben; es  ist  ein  tadbhava  und  =  Skt.  brahmi  „rede",  „göttin 
der  rede".  —  ——--■.«.•„,.,.. ^^■»->-«'-"<-^^^.,^.«.-,.;„ ., , 

j  acchamdo  |  svacchandah  |  svasya  i)  jah  ^)  ||  „jacchamdo 
von  svacchanda  (eigener  wille).  sva  ist  zu  j  a  geworden".  — 
Auch  in  H.  D.     Das   wort  —  yad  (pron.  relat.)  -f-  chanda. 

talaro  |  talavarah  |  purädhyaxah  |  vasya  säca9  ^luk  ||  „ta- 
laro  von  talavara  d.  h.  stadtaufseher.  va  ist  mit  dem  vo- 
cale  ausgefallen".  Auch  in  H.  D.  und  mit  nagararaxakah 
erklärt.  —  talaro  geht  zurück  auf  Maräthi  talvär  =  Skt. 
*talavara.  talvär  ist  nach  Molesworth  s.  v.  um  Solapür: 
„an  officer  answering  to  caughula  elsewhere".  caughulä 
ist:  „an  officer  of  a  village".  [„H«  is  under  the  Patil  (the 
head  managing  officer  of  a  village)  and  performs  the  active 
duties"].  Also  eine  art  polizeimeister.  Das  wort  zerlegt  sich 
in  Skt  tala  „grund",  „boden",  in  M.  auch  a  place  of  encamp- 
ment  or  a  camp  und  a  tract  of  ground,  und  Skt.  vära  von 
yi.var  in  der  bedeutung  „Schützer".  Aus  talavara  entstand 
talaro  wie  z.  b.  parao  aus  pävärao  =  prävaraka,  päro 
aus  payäro  =  präkara,  käläsam  aus  käläyasam,  in- 
dovo  aus  indagovo  =  indragopa,  pavidham  aus  pä- 
yavidham  =  pädapitha  u.  a.     cfr.  Hemac.  I,  267 — 271. 

kuddamä)  j  kutukam  3)  j  tor  *)  luk  ko  dvir  ukto  dah  || 
„kuddam  von  kutukam  (heftiger  wünsch,  neugier).  tu  ist 
elidiert  worden  und  für  ka  ist  dda  eingetreten".  Auch  bei 
Hemac.  II,  174  und  belegt  im  Apabhram9a  bei  Hemac.  IV, 
396,  4  und  in  der  form  koddam  (instr.  koddiua)  IV,  422, 
9.  —  In  H.  D.  werden  kudam,  kuddam  und  koddam  er- 
wähnt und  mit  accaryam  (wunder,  das  worüber  man  sich 
wundert)  erklärt,  also  —  Ursache  der  neugier.  Im  Sanskrit 
wird  ein  Substantiv  kudyam  (neugier)  aufgeführt  (B-R. 
s.  V.).  Wir  erhalten  somit  als  wurzel  kud,  die  mit  kut  in 
kut-ukam,  kautukam  (und  kutühala?)  verwandt  sein 
wird.  Im  Petersburger  Wörterbuch  wird  eine  wurzel  kut  „aus- 
breiten" aufgeführt  und  bemerkt,  dass  sie  eine  zur  erklärung 
von  kutapa  aufgestellte  sautra-wurzel  sei.  Ich  weiss  nicht,  ob 
diese  bemerkung  schon  im  Qabdakalpadruma  gemacht  wird, 
der  mir  leider  nicht  zugänglich  ist,  oder  von  Böhtlingk  her- 
^)  ora.  A.     2)  A  kuddam.     »)  A  ku°.     *)  B  to. 


262  R.  Pischel 

rührt.  Jedenfalls  operiert  auch  Ujjvaladatta  zu  Unadisütra  IV, 
111  mit  einer  wurzel  kut  die  er  zur  erklärung  von  kuclya 
(wand)  annimmt:  ||  kauter  duk  ca  |  kudyam  bhittih  ||  .  Für 
diese  wäre  die  bedeutung  „ausbreiten",  „sich  ausbreiten"  sehr 
angemessen,  die  dann  auch  der  wurzel  kucl  ursprünglich  zu- 
käme. Denkt  man  an  die  bedeutungsentwicklung  von  OQsyco, 
so  erscheint  es  nicht  unmöglich  auch  unser  kud-am,  kuddam 
=  kudyam  auf  diese  wurzel  kut,  kud  zurückzuführen.  Es 
bleiben  aber  Schwierigkeiten,  namentlich  die  erklärung  des  d, 
die  ich  nicht  zu  lösen  weiss. 

anudivam^)  |  dinamukham  |  anu  pagcäd  divä  diuam 
yasya  2)  anudivam  ^)  \\  „anudivam  „tagesanbruch".  Weil  es 
danach  tag  wird,  deswegen  heisst  es  anudivam."  Die  erklä- 
rung ist  schwerlich  richtig.  Fassen  wir  anu  mit  Trivikrama 
in  der  bedeutung  von  pagcat,  so  wäre  anudivam  kaum  an- 
ders zu  erklären  als  mit:  II  anu  pagcäd  divasasya  (oder 
dinasya  etc.)  yat  tat  Ij  „das  was  hinter  dem  tage  kommt", 
also  das  gegentheil  von  dem  was  das  wort  bedeutet.  So  ist 
anugava  „den  kühen  folgend",  anubalam  „nachtrab"  = 
„was  hinter  dem  beere  kommt",  anuratham  =  rathasya 
pagcät,  anuprshthasamsthitali  (Raghuv.  19,  28)  = 
prshthasya  pa^cat  samsthitah  etc.  Mir  scheint  es  da- 
her besser  a  n  u  im  sinne  von  „um-  herum",  „gegen" ,  „zur  zeit 
von"  zu  fassen.  Interessant  ist  die  form  diva,  die  Trivikrama 
in  seiner  erklärung  gebraucht.  Im  Petersburger  Wörterbuch 
werden  unter  di.va  p.  621  eine  reihe  von  stellen  angeführt,  in 
denen  diva  als  nom.  sing,  verwendet  erscheint,  wie  hier  bei 
Triv.  Die  herausgeber  nehmen  an,  dass  in  diesen  stellen  der 
adverbialisch  gebrauchte  instrumental  diva  als  subject  verwen- 
det sei.  Das  wird  für  alle  analogieschwärmer  sehr  überzeu- 
gend sein;  diva  sah  aus  wie  ein  femin.,  in  folge  falscher  ana- 
logie  wurde  es  dann  als  solches  behandelt.  Wie  fast  überall, 
so  ist  aber  auch  hier  die  falsche  analogie  leerer  dunst,  divä 
ist  wirkliches,  echtes  femininum,  aus  div  gebildet,  wie  Skt. 
girä  aus  gir,  digä  aus  dig,  väcä  aus  väc,  xudhä  aus 
xudh,  dhura  aus  dhur,  griyä  aus  ^ri  u.  s.  w.,  formen  die 
im  Präkrit  und  Päli  allein  üblich  sind.  Ich  glaube  nicht,  dass 
diese  wörter  sich  aus  dem  accus,  sing,    heraus  gebildet  haben, 


*)  B  flnudipam.     *)  B  statt  dessen:  110  vam.     ')  B  anuda§cavam. 


Die  de^i^abdas  bei  Trivikraraa.  263 

wie  Storck  und  Ernst  Kuhn  annehmen.  Man  müsste  dann 
Pali,  Prakrit  diso,  giro,  dhuro  etc.  erwarten  als  masculina, 
was  bei  dem  bekannten  genuswechsel  namenthch  im  Prakrit 
gar  nicht  auffällig  wäre,  sich  aber  nie  findet.  Dass  aus  accu- 
sativen  wie  disam,  giram,  dhuram  sich  nach  analogie  von 
Präkritaccusativen  wie  kannam  zu  kanya,  malam  zu  mala 
etc.  die  nominative  disä,  girä,  dhurä  gebildet  haben  sollen, 
ist  durchaus  unwahrscheinlich.  Diese  nominative  sind  lediglich 
geschaffen  worden,  um  die  consonantisch  auslautenden  feminina 
als  feminina  zu  kennzeichnen.  Das  Prakrit  konnte  nach  seinen 
auslautsgesetzen  keine  nominative  wie  gir,  dik,  dhür,  xut 
väk  dulden,  sie  hätten  zu  gi,  di,  dhü,  khü  (oder  chü),  vä 
werden  müssen ,  also  zu  lauter  nominalen  missgebilden,  die  dem 
character  der  spräche  fremd  sind.  Nicht  falsche  analogie  hat 
diese  formen  auf  -a  geschaffen,  sondern  der  trieb  nach 
deutlichkeit  und  Schönheit,  sowie  der  zwang  der  auslautsge- 
setze.  Ins  Sanskrit  sind  solche  feminina  erst  aus  den  der  Volks- 
sprache näher  stehenden  dialecten  gekommen.  Für  meine  an- 
sieht treten  beweisend  ein  feminina  wie  Pali  gävi,  vaci,  Jaina- 
prakrit  disi  und  vaci  (E.  Müller,  p.  53),  in  denen  die  sprä- 
che zur  characterisierung  des  femin.  die  zweite  femininale  en- 
dung  i  wählte,  cfr.  auch  Skt.  pur,  purä,  puri.  —  Auch 
anudivam  ist  aus  div  mit  suffix  a  weitergebildet. 

sattharo  [  samstarah  |  bindor  luk  ||  „sattharo  von 
samstara  (streu,  lager).  Der  anusvära  ist  ausgefallen". — 
Hemacandra  bemerkt  in  der  Deginamamala  mit  recht,  dass 
sattharo  von  srastara  stamme.     Es  ist  also  ein  tadbhavam. 

viddirami)  |  vistarah  |  stäkarasya  2)  ddih  3)  |]  „viddi- 
ram  von  vistära  (ausdehnung,  umfang),  stä  ist  zu  drli 
geworden".  Auch  in  H.  D.  und  mit  äbhogo  raudram  ca 
erklärt.  —  Das  wort  hängt  zusammen  mit  dem  oben  p.  257  f. 
besprochenen  worte  vaddo  „gross".  Das  suffix  ist  das  im 
Prakrit  überaus  beliebte  suffix  ira  bei  Hemac.  II,  159,  das  als 
krt-suffix  noch  häufiger  ist:    Hemac.  II,  145.  Häla  p.  68. 

vili'*)  [  vici^)  I  CO.  lall  ^j  ||  „v  iH^o»  .vl1ß4-43^elle,  woge)^.^ 
ca  ist  zu  la  geworden".    Auch  in  H.  D.  und  mit  tarangah 
"erklärt.  —   Als  wurzel  bietet   sich  zunächst  vel  calane  Dhä- 


1)  A  vidi°  B  vissiram.    «)  B  sta°.     »)  A  dih  B  sih.    *)  B  vili.    ^)  B 
luld.  vibi  ca.     ®)  B  add.  co  bah. 


264  R.  Pischel 

tupätha  15,  28,  häufig  in  der  forii^vellAbei  Hemao,  IV,  168 
unter  den  synonymen  von  ram  aufgeführt.  Aelter  als  vell  ist 
aber  die  wurzelform  vall  inivaUi  (schlingpfiänze),  das  im 
Präkrit  velli  lautet  (Hemac.  I,  58);  ebenso  M.  vel  (f.),  veli; 
G.  vel,  velo  (m.)  U.  bei.  Unzweifelhaft  hängt  auch  damit | 
zusammen  vHA  (fiuth,  im  gegensatz  zur  ebbe).  /v^^_ 
erscheint  im  "M.  wieder_a£"W^) ,  Sindhi  viri  il)  genaiPün^ 
ser  vili,  da  S.  altes  Sanskritisch-Prakritisches  1  in  der  mitte 
*^er  wörte  fast  durchweg  in  r  wandelt,  wie  dies  auch  in  andern 
dialecten  im  munde  des  Volkes  geschieht  (Beames  I,  247),  eine 
lauterscheinung,  die  wohl  zu  beachten  ist  von  denen  die,  wie 
Fick,  aus  dem  fehlen  des  1  in  den  eranischen  sprachen  capital 
schlagen  wollen  für  eine  europäische  grundsprache.  Man  hat 
noch  nicht  beachtet,  dass  das  Sanskrit  zwei  1-laute  besitzt,  die 
in  dem  Devanägari  aiphabet  zusammengefallen  sind,  in  den  mit 
drävidischer  schrift  geschriebenen  handschriften  von  Sanskrit- 
werken, wie  in  den  Singhalesischen  handschriften  von  Paliwer- 
ken  aber  noch  genau  unterschieden  werden.  Diese  alphabete 
haben  zwei  verschiedene  zeichen  für  das  1  entsprechend  dem 
vedischen  1  a  und  1  a ,  im  gebrauche  aber  von  ihm  sich  unter- 
scheidend. Ich  denke  darauf  zurückzukommen,  sobald  meine 
Sammlungen  aus  drävidischen  quellen  einigermassen  vollständig 
sein  werden,  zu  gleicher  zeit  hoffe  ich  dann  auch  die  ifrage 
über  V  und  b  im  Sanskrit  klar  zu  stellen.  —  Die  wurzelform 
*vall,  ist  natürlich  so  nicht  ursprünglich,  sondern  geht  auf 
yval  zurück,  über  die  B-R.  zu  vergleichen  ist.  Die  sogenannte 
Wurzel  vell  ist  erst  aus  dem  Prakrit  ins  Sanskrit  gekommen, 
wie  viele  Wörter  und  wurzeln  der  späteren  Sanskritliteratur, 
die  ja  theilweise  nur  Übersetzungen  oder  bearbeitungen  von 
Präkritwerken  enthält.  Die  mehrzahl  der  stellen,  an  denen 
vell  im  Sanskrit  erscheint,  stammt  aus  dem  Kathäsaritsägara 
(sieh  B-R.  s.  v.),  einer  bearbeitung  der  in  Pai^äci  geschriebe- 
nen Brhatkathä.  Im  Präkrit  ist  vella'i,  namentlich  in  Verbin- 
dung mit  ud  als  UV  vella'i  sehr  häufig  und  es  finden  sich 
auch  die  adjective  velliro  und  uvvelliro,  sowie  mehrfach 
das  Substantiv  uvvella.  Ich  habe  die  stellen  in  der  anmer- 
kung  zu  Hemac.  IV,  223  gesammelt.  Wir  müssen  also  das  11 
aus  dem  Präkrit  erklären.  Da  die  wurzel  v  a  1  ist ,  so  kann  es 
nur  stehen  für  ly  oder  Iv.  Die  verwandten  sprachen  griech. 
ik-v-ü)  für  j^eK-V'ü),   lat.  vol-v-o,  goth.  val-v-j-an  zeigen, 


■  .■■^tTi*^5*;r*'^V^'' 


Die  deQi9abdä8  bei  Trivikrama.  265. 

dass  wir  als  grimdform  *val-v-a-ti  anzusetzen  haben,  das 
ganz  regelrecht  im  Prakrit  zu  *vallai  werden  muss,  wie  Skt. 
bilva  im  Pali  billo,  Skt.  khalväta  im  Päli  khalläta,  Pra- 
krit khallido  wird.  Prakrit  vellai  weist  uns  aber  zurück  auf 
*vilvati  und  dies  wird  auf  das  genaueste  reflectirt  durch  das! 
griech.  ^filfen  =4  tAAet,  eine  echt  prakritische  form.  l'A/lw 
Vjst^lso  =  filfo)  nicht  —  j-iljio  wie  noch  Vanicek,  Wörter 
buch  p.  913  meint."  cfr.  Curtius,  Verbuin  I^,  301.  Unser  vili 
(welle)  zeigt  das  i  noch  treuer  als  vellai;  vili  steht  für 
*vilvi,  *villi  genau  nach  den  regeln  die  für  die  neuindischen 
sprachen  im  gegensatz  zu  den  Prakritsprachen  gelten.  Ebenso 
steht  valli  für  *valvi,  Prakrit  velli,  neuindisch  veli,  vel 
für  *vilvi.  Es  hat  also  kein  Übergang  von  Skt.  a  in  Prakrit 
e  stattgefunden,  sondern  das  e  geht  regelrecht  auf  altes  i  zu- 
rück. —  Ueber  die  verwandten  sprachen :  Fick  Wörterbuch  1 3, 
212,  Spracheinheit  p.  249,  der  sich  namentlich|jlj.M  und  ür- 
mi  für  *varmi  hat  entgehen  lassen,  die  Curtius  Grundzüge* 
no.  527  verzeichnet.  Danach  kann  wol  kaum  mehr  bezweifelt 
werden,  dass  wir  als  indogermanische  grundform  bereits  valv- 
ansetzen  müssen,  wie  schon  Brugman,  Studien  VII,  335  ver- 
muthet  hat,  aus  dem  sich  frühzeitig  vilv-  entwickelte.  Aus 
vilv-  dürfte  sich  auch  das  e,  i  erklären  in  den  Wörtern,  die 
Joh.  Schmidt,  Vocalismus  II,  421  mit  recht  zu  unserer  wurzel 
gezogen  hat.  Zur  bedeutungsentwicklung  ist  auch  vakra 
„krumm",  dann  „hinterlistig",  ebenso  kutila,  jihma  u.  a.  zu 
vergleichen.  —  vici  (welle)  hat  mit  vili  nichts  zu  thun.  Es 
steht,  wie  schon  Benfey  Glossar  zur  Chrestomathie  s.  v.  richtig 
bemerkt  hat,  für  *vyaci  von  yac  (anc)  mit  vi.  Derselbe 
scharfsinnige  gelehrte  hat,  wie  ich  eben  finde,  auch  Yklio  be- 
reits =  /slfio  gesetzt  (Griech.  Wurzellexicon  II,  302).  Die 
über  vell  daselbst  ausgesprochene  ansieht,  dass  es  gunirtes  vil 
sei,  war  damals  durchaus  natürlich,  wird  aber  gewiss  von  Ben- 
fey jetzt  nicht  mehr  festgehalten  werden,  vell  ist  auch  nicht 
=  vell,  sondern  sicher  als  vell  zu  bezeichnen,  wie  ja  das 
Prakrit  S  und  o  besitzt.  — 

Forts,  folgt. 

Kiel.  -ß.  Pischel. 


266  A.  Fick 


Die  epirotischen  Inschriften  von  Dodona. 

Die  Aufdeckung  des  altheiligen  Dodona,  durch  welche  Hr. 
ConstantinCarapanos  sich  den  Dank  der  gesammten  Wissen- 
schaft verdient  hat,  wird  anregend  auf  alle  Zweige  der  Alter- 
thumswissenschaft  einwirken.  Auch  die  Sprachforschung  ist 
Hrn.  Carapanos  für  sein  hochherziges  Unternehmen  ver- 
pflichtet, da  die  aufgefundenen  zahlreichen  Inschriften  uns  end- 
lich einen  Einblick  in  den  altepiroti sehen  Dialect  verstatten. 
Bisher  auf  wenige  dürftige  Glossen  bei  Hesych,  Münzaufschrif- 
ten und  Namen  beschränkt,  vermochten  wir  uns  vom  Epiroti- 
schen Dialect  nur  ein  sehr  ungenügendes  Bild  zu  machen;  das 
Missverständniss  einiger  Stellen  des  Thucydides,  der  die  Epi- 
roten, jedoch  nur  mit  Rücksicht  auf  ihren  Bildungsgrad,  Bar- 
baren nennt,  verführte  manche  Forscher,  die  Epiroten  für  spät 
hellenisirte  Ungriechen  zu  halten,  die  dann  mit  den  alten  Hly- 
riern  und  den  modernen  Albanesen  in  einen  Topf  gethan  wur- 
den. Allen  diesen  unklaren  Vorstellungen  ist  jetzt  ein  jähes 
Ende  bereitet,  die  Wiege  des  Hellenenthums  ist  vom  Verdachte 
der  Barbarei  gereinigt  und  die  Inschriften  von  Dodona  lassen 
uns  den  alten  Dialect  von  Epirus  bereits  in  seinen  Haupt- 
umrissen erkennen  als  einen  der  nordgriechischen  Dialecte,  die, 
einander  zum  Verwechseln  ähnlich,  von  dem  Cap  Akrokeraunia 
bis  nach  Böotien  und  Südthessalien  sich  hinziehen. 

Die  Inschriften  von  Dodona  sind  nicht  alle  epirotischen 
Ursprungs,  die  Weihinschriften  nennen  oft  Fremde  als  Stifter, 
auch  die  Anfragen  an  den  Gott  rühren  meist  von  Auswärtigen  her; 
ich  beschränke  mich  in  der  folgenden  Uebersicht  auf  diejenigen 
Inschriften,  welche  sicher  epirotischen  Ursprungs  und  dadurch 
geeignet  sind,  uns  den  Dialect  von  Epirus  kennen  zu  lehren. 
Es  sind  dies  die  amtlichen  Urkunden  der  Epiroten  und  Mo- 
losser,  welches  theils  (I)  die  Ertheilung  von  Bürger-  und  Ehren- 
rechten, theils  (II)  Freilassungen  enthalten,  denen  (III)  sich  ei- 
nige andere  vermischten  Inhalts  sich  anschliessen.  Die  Inschrif- 
ten sind  abgebildet  in:  Dodone  et  ses  Ruines  par  Constantin 
Carapanos,  Paris  1878,  Tom.  II,  Pl(anche)  XXVHbis  XXXIII. 


Die  epirotischen  Inschriften  von  Dodona.  267 

I.  Verleihung  von  Bürger-  und  Ehrenrechten  seitens  der  Epiroten 

und  Molosser. 

Das  Bürgerrecht  ertheilen  die  Urkunden: 

C.  PI.  XXVII,  3.  1  {ßaaiX€vov)Too{ak)£^avdQOV€7i(i) 
2    fiolo(aoiü)v       3    (7tQoaraTa)aQia{To)f.iaxovo/.i(pa      4    (Xeoa- 

yQa/ii)/iiaT6o(oö)£iiieveöa/iiov     5    (€)öo^ET{a)i€xXr]aittiTtov 

6  (a7t€iQtüzavy/.Tr]a(jüV€veQy€Taa£  7  ((ovdtaTEXei)7toXeiT£iav}iTr]aoj 
8  {viöoin€ivyiai,)y€V€ai. 

BaaiXevovTog  L^Xs^dvÖQOv  hrti  MoXoooiov  TtQoaräta  ^Aqloto- 

l-idxov  ^Oi-iqiaXsog  yga^ftaveog  di  Meveödfiov edo^e  rät 

iy^Xr^GiaL  tmv  LäneiQWTciv,  Kttjocdv  evegyszag  etov  diaTeXei,  7to- 
Xeitelav  Kttqöiovl  d6f.iuv  zal  ysvsai. 

Die  Zeilen  scheinen  rechts  vollständig,  vorn  fehlen  9  —  11 
Buchstaben,  die  zweite  Zeile  enthält  nur  das  Wort  i^oXo(aa(o)v, 
welches  wohl  hinter  {TtgooTara)  Z.  3.  aus  Versehen  ausgelassen 
war  und  nachträglich  eingefügt  ist.  —  Z.  8.  do/neiv  ist  ergänzt 
nach  XXVIII,  2  TtQo^svlav  öof-iEiv. 

Der  König  Alexandros  unserer  Inschrift  ist  Avohl  nicht  Ale- 
xandres II,  der  Sohn  des  Pyrrhos,  sondern  Alexandros  I,  Sohn 
des  Neoptolemos,  Bruder  der  Olympias,  der  Mutter  Alexanders 
des  Grossen,  der  bis  332  a.  Chr.  regierte.  Darnach  ist  unsere 
Inschrift  in  die  Mitte  des  4.  Jahrh.  a.  Chr.  zu  setzen. 

Z.  3.  4.  ^Of.i(fa{Xiog)  oder  ^'0(.i(paXog  gehört  als  Stamm- 
name zu  ldQiOTOf.idxov',  die  Wiederherstellung  war  möglich 
durch  die  Vergleichung  mit  PI.  XXXI,  2  wo  zweimal  MoXoaaol 
^'0/iiq)aX£g  Xif.u6Xioi  d.  h.  „Molosser  vom  Stamm  der  Omphaler 
aus  der  (unbekannten)  Stadt  Chimolos  oder  Chimola"  vor- 
kommen. Ptolemäos  III,  14,  7  erwähnt  Hekatompedon,  Om- 
phalion  und  Elaeus  als  Städte  des  inneren  Chaoniens;  „'0/ii(fa- 
Xifjsg  werden  von  Rhianos  als  ein  epirotischer  Stamm  neben 
den  Parauaeern  aufgeführt,  sassen  also  wahrscheinlich  im  Nor- 
den Chaoniens  nicht  weit  vom  Aoos"  (Bursian  Geogr.  v. 
Griechenland  I,  S.  19.  20);  bei  Steph.  Byz.  TlaQavaioi-  ed-vog 
Qe07tQU}riy.6v.  '^Piavog  iv  TETcxQTf^  OeoaaXiyitüv  „avv  di IlaQavaiovg 
xai  d/.ivf^iovag  'Of.i(paXifjag^^.  Ein  unlösbarer  Widerspruch  zwi- 
schen diesen  Angaben  ist  eigentlich  nicht  vorhanden;  die  Om- 
phaler mögen  ursprünglich  den  Chaonen  angehört,  später  den 
Molossern  beigetreten  sein;  zur  Zeit  unserer  Inschriften  waren 
sie  Molosser. 


268  A.  Fick 

Steph.  Byz.  '0(.icpccXiov  (zörcog  Kqrjzi^g  ichjaiov  Qevcüv  ytal 
Kviooaov)  .  eOTi  nal  QeTTallag  gehört  wohl  nicht  hierher. 

PI.  XXXII,  5.  1  {ßaaiXevovto)aciXe^{avdQovE7tL7tQo)  2 
(aTata^ioloa)aa}vßaxx{(^voa)  —  3  (yQaf.iiiiaTevo)vToad€(Jv(v£dQOia- 

^loXoaawv)    4   (y,aiaviii/iiaxcü)vTa)v/iio?.(oaaiov   —   5 

tOTtoXereiav 

BaaiXevovTog  L^Xe^dvögov,  irtl  Ttgooräxa  MoXoaaoiv  Bdx- 
Xiovog  — ,  yQaf.if.iaxevovxog  ds  avviöqoig  MoXoaawv  y.al  av/ujLidx(ov 
Tiov  MoXoaatüv  —  to  TtoXerdav  — . 

Die  Inschrift  ist  den  Schriftzügen  nach  viel  jünger  als  die 
vorige;  wir  werden  daher  unter  dem  König  Alexandros  den 
Sohn  des  Pyrrhos  zu  verstehen  haben;  die  Inschrift  fällt  dem- 
nach etwa  in's  Jahr  260  v.  Chr. 

Für  jBa/x(tuvog)  Z.  2  kann  man  auch  Bdxxi^og,  Baxxiov, 
Baxxl^^^i  BaxxvXov  oder  Baxx^Xiöa  ergänzen.  Die  Schreibung 
Baxx  —  findet  sich  auch  sonst  z.  B.  bei  Wescher-Foucart, 
Inscriptions  de  Delphes  18,  Z.    246   Bdxxiog,   ebenso  208,    9. 

(ygaiii(.iat£vo)vTog  de  ov{vedQoig)  ist  restituirt  nach  C.  T.  I, 
1 14  Z.  2. :  yQaiif-iaxEvovTog  öi  avviÖQOig  Joy.i(.iov  rov  KsfpaXivov 
ToQvdalov. 

PI.    XXIX,   2.      1    (aTQa)Tayo{ovvToatt7Te)iQiü     2    (rava)- 

vTivoo{vv.Xad^ia)j:ovXa      'dt....  onio tviay.oa     4 

dE^avd{QOV7tod^od)co(xa  5  yQctxpai f.iBvovn6)T;itavBy.  6  xA(jyff)- 
tav{daiiiaQ)xovTOvda  7  iLi€aaxc(i(ovxaia)iTOVfi€  8  vovTtoXixei- 
av€do)^£toia  9  a7teiQO}r(xio{'TToXna)v€if.tEv  10  (d)a/iiaQxovö(a- 
(.u(xaxciio)vy.a     11  {i,)of.iOLOvxoLoa{XXoioa7t)ei     12  (»(w)ra(ta). 

2TQatayovvxog  IdneiQcoTciv  '^vrivoov  KXad^idrov   Xac  .... 

07110 iviaxog  zle^dvÖQOv  7to&6diof.ia  yQaipafihov   noti 

%dv  sKTiXr^aiav  Jaf-idgxov  rov  Jaf.iia  l^xoiov  y.al  ahovfiivov 
TioXiTEiav ,  l'do^E  To7g  ArtBtQwraig  noXltav  elfiev  zfd/uoQxov 
Jafxia  lAxoibv  y,al  ofioiov  roig  dXXoig  i^TreiQOJzaig. 

Der  Anfang  ist  ergänzt  nach  I,  114  ^TQaTayovvrog  l47t€i- 
Qwtäv  lAvtivöov  KXa&idtov,  {7tod^nd)cü/iia  nach  derselben  In- 
schrift Z.  4  7io&6dw/iia  ygaipa/itivov  xtX.  Xa  .  .  .  .  omo 

iviOTiog  Je^dvÖQov  scheint  Magistratsnamen  im  Nominativ  enthal- 
ten zu  haben,  vgl.  C.  I,  114  |-P|  d.  i.  nQooxdtag  ytvtov  EvqioTtiog. 

PI.  XXXII,  6.  1  Xoaaiova  2  yevei&Qaa  3  vTievötoö  4 
aaedw^e    5  vTtoXiTe     6  rovaTt. 


Die  epirotischen  Inschriften  von  Dodona.  269 

Das  Fragment  lässt  sich  nicht  völlig  wiederherstellen;  man 
kann  etwa  lesen  1  (ä  lV[o)Xoaotov  a{vf.ii.iaxia)  2  (yivvi-  oder 
M€Ta-)yev€L  OQaa{vßovXov)  3  (olycov)vTL  sv  y/a)S(cüvai,)  4 
{diä  eveQyealjag  i'dtaxe    5  — v  7toXii;e(iav)    6  (elg)  xov  ci7t(avTa 

XQOVOV.) 

PL  XXXIII,  4.  1  a  2  oaacov  3  xravo  4  avi.io  5 
oXizei     6  (OQCüta    7  oji. 

Lässt  wenige  Ergänzungen  zu:  2  (Mol)caaüiv  4  (T)av 
Mo(loaacüv)     5  (7r)oA«raa     6  (0£od)w^wi2'. 

PL  XXXIII,  6.     1  ZELavd-ev     2  zoa(.iay.e    3  vnatofioi. 

Es  handelt  sich  um  die  Ertheilung  des  Bürgerrechts  an 
QevdoTog  Mayceöiov,  welcher  Name  sich  ergiebt,  wenn  wir  Z.  1 
&ev  mit  Z.  2  Too^iay.E  vergleichen:  Der  Inhalt  war  etwa:  Da 
beantragt  worden  Z.  1  {7ToXi)teiav  0€v{dÖTcoi  Ma-Aedovi  dofieiv) 
und  da  Z.  2  (0£t'(Jo)rog  ili^az£(()'aV  evegyerag  scov  diaTsXel)  so 
beschlossen  die  Epiroten  (TtoXixav  sl/uev  Qsvöoto)v  -Kai  0/.10L- 
{ov  xolg  aXXoigl^TtsiQwraig).  Es  scheint  dieselbe  Formel  vor- 
zuliegen, \fie  PL  XXIX,  2. 

Verleihung  der  Proxenie  enthalten  die  folgenden  Inschriften. 

C.  I,  114.  Sehr  wohl  erhaltene  Steininschrift;  ich  gebe 
sie  gleich  in  Transscription. 

!Aya&aL  Tvycn. 

^TQarayovvTogLdtTrsiQOJTäv  !Avtlv6ov  KXa&i  \  dtov,  yqui-if-ia- 
ZEvovTog  öe  GvviÖQOig  Jo'Ai(.LOv  I  Tov  KEfpaXivov  ToQvdalov  yaf.u- 
Xiov  Ef.1  Bovvi/xaig  extI  |  xal  eItiÜÖi,  p^  yixuav  EvQwrciog,  Tio&odco^a 
yqaipafXEVOV  ^voa  |  via  tov  NfKoXaov  KaguoTtov  TtEQL  rcgo^Eviag 
Falcüi  /JaCßVTTOi  \  '^Pevvuol  BQEvzEalvoi  xal  oi7toXoyit,o^Evov  zav 
evvoLav  av  |  s^ojv  diavEXEl  710x1  xovg  L^TtEiQwxag,  61  ag  oI'exo  öeiv 
xif.ta  I  d^rjf.iEv  avxovl,  eöo^e  zolgl47tEiQioxaig  ttqo^evov  Eif-iEv  avxbv\ 
rdiov  JdtovTiov  "^Pevviov  BqevxeöXvov  v.al  avzov  y.al  exyo  |  vovg 
vTtocQXEiv  de  avzMi  xat  dziXEiav  Y.ai  evziXEiav  y.al  daqxx  \  Xeiuv 
xat  TtoXtf-iov  xal  Elgdvag  xd  a/rc  ^TtEigcozccv  xal  yäg  |  xat 
ol'Aiag  syyixaaiv  iv  14tceiqoi  y.al  zd  Xomd  XL(.iia  rtdvxa  \  oaa  xal 
(xolg  d)XXoig  rcQO^ivoig. 

Spuren  des  eindringenden  Itacismus  finden  sich  in  dem 
Monatsnamen  laftiXiov  neben  dem  attischen  raf^rjXioav,  wie  in 


270  A.  Fick 

Bovvif.taig ,  bei  Steph.  Byz.  Bovveif-ia  geschrieben ;  dagegen  ist 
S/.TL  wohl  verschrieben  für  exroft  —  exzai,  da  das«  ja  sonst 
gewahrt  ist.  Das  Schwanken  zwischen  oi  und  toi  in  der  Dativ- 
endung :  FaltüL  Ja'CovTtoi,  '^Pevviwi  Bqevtsoivol,  iv  IdndQOi  fin- 
det sicli  ebenso  in  den  Inschr.  der  benachbarten  Akarnanen 
z.  B.  Id&iqv.  I,  253.  Ebenso  schreibt  unsre  Inschrift  outo 
statt  ouero. 

Die  Inschrift  ist  an  den  Ausgang  des  dritten  Jahrhunderts 
zu  setzen.  Das  ergiebt  sich  einmal  aus  der  Erwähnung  des 
Strategen  als  des  obersten  Beamten  des  Bundes,  aber  auch  aus 
dem  Namen  des  mit  der  Proxenie  beschenkten  Brentesiners. 
Dieser  führt  drei  Namen  nach  Römischer  Weise  und  den  Römi- 
schen Vornamen  Fdiog.  Hieraus  folgt,  dass  Brundisium  zur 
Zeit  der  Abfassung  unsrer  Inschrift  bereits  Römische  Colonie 
war;  sie  wurde  dies  aber  510  a.  U.  =  244  vor  Chr.  Die  Na- 
men JaCovTtog  und  ^PevvtOQ  sind  von  acht  messapischem  Klange, 
mit  JdCovTtog  vergleiche  man  die  Messapischen  Namen  JaCi^iag, 
Ja.Zofj.ag,  JaC.ihovag,  Dasimmms,  mit  ^Plvviog  den  Namen  des 
Sallentiners  Malennius  Dasummi  filius  sowie  des  Messapiers 
Ennius.    S.  Mommsen  Unterital.  Dial.  S.  71  f. 

s(.i  BovvLfxaig  Z.  3  enthält  die  erste  inschriftliche  Erwäh- 
nung der  Stadt,  welche  Steph.  Byz.  Bovveifia  nennt :  Bovveijiia, 
/colig  ^HrtsiQOVy  otösTtqiog,  Ktiof-ia  'Odvaaecog,  rjv  eKTiae  jtXrjalov 
Tgaf-iTtvag,  Xaßwv  xQr]oi.t6v  il^eiv  Ttqog  avdqag  „di  ovy,  l'aaat. 
^dXaoaav".  ßovv  ovv  d^voag  eKTiae.  Vgl.  Steph.  Byz.  Tqafi- 
Tiva '  TtöXig  irig  ^HTteiqov  Ttlrjoiov  BowlfKüv.  Die  Bemerkung 
des  gelehrten  Byzantiners ,  Boivsif.ia  sei  neutral  {ovöeTtgiog) 
zu  gebrauchen,  wird  durch  unsre  Inschrift  als  irrig  erwiesen. 

PI.  XXVIII,  1.  1  {d-)enarv{xa)  2  (&e)odo}QOvaxo(xiovaQ 
3  (ye)d^irjiiioXooaoinQO^e  4  (vov)E7toir]aavavTOvycaL  5  i'yEV€a)v- 
•/.aiaacpaXeiav  G  {evaTtEiQ)ioiyf.aitv.{yovoig)  7  {sd(x)v.avve)i.ino).e-' 
f.iü)i     8  (yMieveigavai). 

Qeog  xvya.  QeoöioQov  2rojniov  IdQyei^Lrj  MoXoaool  jtQo^e- 
vov  F.7toir]oav  avrov  Y.al  yEvedv  zal  dacpdkeiav  iv  idTVEiQML 
avTtüt  xal  Exyovoig  kdcoKav  e(.i  /coXEfio)i  xal  av  slgdvai. 

Z.  2  giebt  die  Abbildung  J^,  von  Carapanos  ^N  ge- 
lesen. Mir  scheint  der  letzte  Buchstab  ein  P,  was  die  Abbil- 
dung als  zweiten  Strich  des  N  giebt ,  ist  der  Bruch  der  Platte. 
Liest  man  JP . .  QIH,   so   gewinnt  man  als  Bürgernamen   des 


Die  epirotischen  Inschriften  von  Dodona,  271 

OeoöwQog  :  l^gysO^i^  acc.  von  !AQyEd-t€vg,  Einwohner  von  14q- 
ye&ia,  welche  Stadt  auch  in  den  Inscriptions  de  Delphes  von 
Wäschern.  I'oucart  24  vorkommt:  acJöf^ia  yvvaiY.Eiovaovof.ia 
Nixala  ro  yivog  t^  ^gyed^lag.  Mit  diesem  '.Aqyed^ia  ist  sicher- 
lich identisch  Argithea  bei  Liv.  38,  1  „Argitheam,  id  enim  Ca- 
put Athamaniae  erat".  QeööioQog  war  also  ein  Athamane  aus 
Argethia;  der  Name  QeödioQog  kam  auch  bei  den  Athamanen 
vor,  das  folgt  aus  dem  Namen  des  athamanichen  Ortes  Theudo- 
ria,  den  Liv.  1.  1.  erwähnt. 

PI.  XXVllI,  2.  1  {d^Boa)rvyiaayad-a  2  {£rtirc)QoaTaTa- 
Xev  3  {x)ccQOvaq)iy.o(.iEvio  4  viTtTtoa^eveoGTet  5  {aio)ceQ(.iü}- 
voaaeXL  6  vioaedo^ezoia  7  fioXocaoia/tQO  8  ^eviaydofisiv 
9  Toiaay.QayavTi-     10  vag. 

Qeog  Tvya  dyad^a.  ^Enl  TtQOorära  .AevxaQov  d(piy,o/neva)v 
^IrtTtood^evEog  Telaiog  "Egf-icovog  ^eliviog  söo^e  xoXg  Moloaaolg 
TtQO^eviav  döfisiv  roig  L^/nQayavTivoig. 

Z.  4.  5  C.  liest  TeixsQintovog,  welches  kein  Name  ist.  Vor 
EPMi2N02  sieht  man  ein  <  ,  welches  nicht  die  Rechtshälfte 
eines  X  sondern  die  untere  Hälfte  eines  2  ist;  wir  erhalten 
also  Tel...  gy  welches  sich  leicht  zu  TEiaiog,  Genetiv  zu  Tsl- 
aig  ergänzen  lässt.  —  Der  Name  2ihvig  gen.  ^Ekiviog  scheint 
neu.  Da  ein  Akragantiner ,  also  ein  Sikeliot  ihn  führt,  leite 
ich  ihn  von  ^elivovg,  dem  sikelischen  Flusse  ab.  Eine  ganz 
ähnliche  Verkürzung  findet  sich  schon  bei  Homer  in  dem  Na- 
men ^drviog,  welcher,  wie  Homer  selbst  andeutet,  vom  Fluss- 
namen ^arvioEig  herzuleiten  ist :  B  443  ^diviov  —  'HvoTtldrjv, 
ov  aqa  vv/ncpr^  xey.e  vrjig  dfivfuüv  "Hvorci  ßovKoleovTi  naq  ox&ag 
SazviOEVTog. 

Ateleia  verleiht  die  Inschrift  PI.  XXVII,  1. 
1    d^s'"~Tvx{ay.)?.Eiü/iiaxci)iaTivTaviOLav     2  fijLiaxoiTtovaTVEiQto- 
TavEÖtüxavE     3  vartEiQOiLatEXEiavE     4  itißaoiXEoavEOTiro     5  Xe- 

(.lOVaXE^avÖQOV       6    E7ll7TQ0OTaÖEQy.a(.l0       7    X0GOü)V'/.aUVTEXEiaV. 

Qeog  rvx^-  KlEcoftaxioi  l^Tivrävi  ol  ovfif.iaxoi  tüv  l47tEi- 
Qü)Tav  l'diüKav  av  L^TtEigioL  ccTEXsiav,  enl  ßaoiXaog  NeotctoXs- 
(.lov  IdXE^dvÖQOv ,  htl  7tQoaTd(ra)  ^egyia  MoXoaoiov  Y.al  aws- 
Xsiav. 

Die  Inschrift  ist  nicht  ohne  Fehler;  Ttgoata  ist  verschrie- 
ben für  TtQoovdia  (vgl.  ftQOOTdva  XXVIII,  2;   XXXII,  1  Ttqoa- 


272  A.  Fick 

axdta  XXIX,  3;  XXX,  2  u.  s.  w.);  die  Worte  y.ai  ivreXeiav 
sollten  eigentlich  hinter  dcsUiav  Z.  3  stehen,  wie  schon  C.  ge- 
sehen, der  Abschreiber  versah  sich  am  gleichen  Ausgange  bei- 
der Wörter  und  fügte  das  ausgelassene  xal  ewileiav  nachträg- 
lich ans  Ende  mit  etwas  kleineren  Buchstaben,  erst  die  letzten 
Zeichen  lav  haben  die  Höhe  der  übrigen. 

Neoptolemos,  der  Sohn  Alexanders,  regierte  bis  etwa  295, 
wo  er  von  Pyrrhus  beseitigt  wurde.  Hiernach  lässt  sich  die 
Abfassungszeit  unserer  Inschrift  etwa  ins  Jahr  300  setzen. 

Der  Name  /ltQy.ag  (auch  PI.  XXX,  4)  ist  neu;  er  schliesst 
sich  an  die  Gruppe  JiQY.ü)v  y/eQxvkog  :  J i^Y-iTtnog. 

Ertheilung  von  Epigamie  enthält  PI.  XXXIII,  2. 

1  oeaxvxcc  2  TtLQwxaia  3  ivavto  4  7tLya(.u  5  aaloae 
6  aXXoa       Iqoo     8  .ur. 

Wie  es  scheint,  handelt  es  sich  um  die  Ertheilung  der 
S7tiyaf.ua  an  die  Thessaler  (5  (0^€a)aalog),  oder  einen  Geoaalog; 
es  lässt  sieht  nichts  weiter  herstellen  als  1  ^edg  (OEJS  =  &EJS) 
vielleicht  =  d^ea  in  d^iG-(paTog,  Oso-Ttgcorog)  xvya  2  (^A)iii- 
QtoTOig  (edo^e)  3  (d6/it€)iv  avTo(ig)  4  {8)7tiyai^i(av)  7  (sTfl 
7t)Qoa{Täxa)  8  {7io)Xi.x{eiag)  oder  srtl  rcQOOxdxa  nohx(€iöa\ 
so  dass  TTolix  —  der  Anfang  des  Namens  des  Prostates  wäre. 
PI.  XXXII,  1  Z.  4  steht  rtQoaxaxa  tcoXlx  — ;  hierzu  bemerkt 
Ran  gäbe  Archäol.  Zeitung  XXXVI,  S.  118  scharfsinnig,  mit 
tioXlx  —  müsse  der  Name  des  Prostates  beginnen,  und  aller- 
dings, wenn  der  Amtstitel  Ttqooxäxag  MoloooöJv  lautete ,  so  ist 
kaum  glaublich,  dass  daneben  TVQOOxdxag  TtoXixeiag  üblich  war. 


II.    Freiiassung;surkun(Icn. 

PI.  XXXI,  1.  1  {ßaaiX£vovxooaXe)^avd{QOij)  2  {nqoaxa- 
T€)vovxoaaaßvQ(w)  3  {vooi.ioXo)ooui}vovoneQvov  4  {y.aQxa)xov- 
aftvfivwvde     5   — (a)(pirjxif€iöva —     6  (eX)£vS-€QOvxova(vxov)     7 

—  {f.4aQx)vQta^—      8  — yeXwv —      9  —  oasv —      10  — (€v)qü)tci- 
(oa) —     11  —aioa —     12  — /o — ). 

BaaiXevovxog  L4Xe^dvdQ0v,  nqoataxevovxog  2aßvQiovog  Mo- 
Xoaaiöv  ^OvoTctQvov  KaQxäxov,  ii4(xv(.ivu)v  de  —  dcphjxi  feidvg  — 

—  sXev&eQov  xov   avxov  —  MdqxvQeg  S  —  ViXwv  —  og  Ev  — 
EvQwntog  —  aiog  —  /o  — . 


Die  epirotischen  Inschriften  von  Dodona.  273 

Z.  1  ^avd  ist  ganz  deutlich,  die  Ergänzung  daher  unbe- 
denklich. Z.  2  ^aßvQ(iovog)  ist  restituirt  nach  'L^ansrog  (lies 
4Xx£Tog)  ^aßvQOi'veiog  „Sabyrons  Sohn"  Z.  34  der  Pharsali- 
schen  Inschrift  hgg.  von  Heuzey,  Annuaire  de  l'association 
pour  l'encouragement  des  etudes  Grecques  1869  S.  114,  wo- 
durch wir  einen  nordgriechischen  Namen  2aßvQiov  kennen  ler- 
nen. Z.  3  ^OvoTteqvog  ist  ein  epirotischer  Stammname,  der 
auch  PI.  XXVII,  2  Oikcov  ^OvoTteqvog,  (DiXo^evov  ^OvoTtiqvov 
vorkommt.  Dasselbe  Ethnikon  erkenne  ich  XXXIII,  3  Z.  2  in 
Qvov'AaQTa  d.  i.  ^Ovotcsqvov  Kaqza-,  Mit  Kaqza-  beginnt  ein 
zweites  Ethnikon,  welches  in  unsrer  Inschrift  mit  -tov  endigt. 
Darnach  habe  ich  'Ovotcsqvov  KaQzccTOv  ergänzt.  Sabyron 
führt  auf  unsrer  Inschrift  demnach  ein  doppeltes  Ethnikon: 
Onoperner  von  Karta,  ähnlich  heisst  es  in  der  mit  gleicher 
Schrift  geschriebenen  Inschrift  XXXI,  2  MoXoaaol  ^'0(.i(palEg 
XiftwXiOL,  wo  sogar  drei  Ethnika  verbunden  sind. 

Zu  L4fnvf.ivcov  Z.  4  vergleiche  St.  Byz.  ^!A(.iv(.ivol,  ed^vog 
'HTtsigcoTiTiov,  ^Piavog  ....  Xiytxai  Y.ai  l4/iiv/nvaiog  v.(xi  iAf.iv- 
(.ivaia.  Steph.  Byz.  ^lyeaxaioL,  oi  OsoTtgcüTol ,  cctio  rivog  .Al- 
yf.GTOv  GTQaztjyov,  wgiA (.iv f.iv alo i  ctTtb  Id (.iv (.lvov.  Steph.  Byz. 
s.  V.  Xaovia.  —  y.al  6  ügo^svog  ös  '/.azaXsywv  avTOvg  (die  Epei- 
roten)  cprjai  „Xdoveg  GeOTtgtoTol  Tvi.i(paioi  IJagavaloc  !A(.ivf.io- 
veg  (\\es^L4/iivjiivoi)  ^!AßavTeg  KaoowTtoL^^.  Unsere  Stelle  ent- 
hält die  erste  inschriftliche  Erwähnung  dieses  epirotischen 
Stammes.  Z.  8  {Ev)QwnL{og)  ist  ergänzt  nach  yLviav  EvQcSTTiog 
C.  I,  114;  ein  epirotischer  Ort  Europos  ist  sonst  nicht  bekannt. 

Mit  Z.  5.  6  (ä)(pü]Ti  fslövg  —  {iX)evd-€QOv  tÖ(v  avxov)  vgl. 
XXX,  5    d(f)rjy.E  idvTißoXog  —  iXevS^SQOV  !AvdQO(.ievri    tov   avTOv. 

Digamma  findet  sich  ausser  in  feidvg  Z.  4  nur  noch  in 
dem  Eigennamen  /aTvidag  XXIX,  3.  Es  scheint  der  Gebrauch 
des  Digamma  sich  danach  nur  in  Eigennamen  erhalten  zu  haben. 

PI.  XXXI,  2.  Z.  1  (dii)vaorAa{iöi(x}vai)  2  — {a)7tiQ(a- 
(tav) —  3  — vovT{oa) —  4  — (aya)S-aiTvxcc{i)  5  — {f.i)ax(oa)- 
veoTtaTQaTt —  6  -  {(.ioX)ooooLO(.icpaXEOxi(.uc{XiOL)  7  (r)ai()Va- 
aü)fxaTayvvai(y,£ia)  8  {T£aa)aQaoiaovof.iaTaq)iXiüfj. —  9  — daficc- 
eXevd^€Qa/iiaQT(vQea)  10  — (7t)avoavta€x,TiüQavdQ —  11  — (ejxro- 
QoaaX'Ki, —     12  — aviy.avaQg)iöiaL  . .     13  — {(.i)EVEXaov(.ioXoooi    14 

{Of.iCpaX)sGXLflOiXLOl. 

Jii  Ndni  -/.al  Jitovui  —  lÄmqimav  —  TtqoGxaTEvovxog  — 

licilräge  z.  Kuode  d.  ig.  Spracbou.  Itl.  28 


214  A.  Fick 

dya&äi  Tvyai  — !-iccxog  NeoTtccTQa  TI —  MoXooaol  ^'Of-icpulag 
Xif-iioXiOL  ICC  Yölu  aoj/iiaTa  ywacxeia  zeaoaQa,  oig  dvof-iara  0iltb 

M ddua    ikev&sQa.     MaQTVQ&g    —    Havoavia  "EyiTiOQ 

^vöq ^'£'/.TOQog   l4Xy.L  —  —g   Niaäv  aQcpiöiai . .  —  Dlsve- 

läov  Moloaol  ''0/itq)aXeg  Xi/mohoi, 

Die  erste  Zeile  kann  nur  vaoLxa  d.  i.  z/tt  Ndoi  y.ai  zIlm- 
vai  gelesen  werden;  vgl.  PI.  XXVII,  2  wo  {Jiog)  Ndov  xal 
Juovag  am  Schlüsse  der  Freilassungsurkunde  steht. 

Die  Freilassenden  wie  die  Zeugen  sind  Moloaaol  ^'O^icpakeg 
XificoXioL  d.  h.  Molosser  vom  Stamme  der  Omphaler  ('Of.i(pa- 
Xirjeg  von  Rhianos  genannt)  aus  dem  (unbekannten)  Orte  Xi/nco- 
Xog  oder  Xi/ntoXa.  Die  Namen  Z.  12  scheinen  verschrieben, 
etwa  Niy.äv  l4(pQodiGLOv?    NeoTtdxqa  Ti.  5.  vgl.  W.  F.  369. 

PI.  XXXI,  o  und  4  sind,  wie  Rangabe  Archäol.  Zeitung 
XXXVI  S.  117  ft'.  sehr  richtig  erkannt  hat,  Stücke  derselben 
Urkunde,  die  aus  neun  Zeilen  bestand.  Die  Zeile  scheint  bis 
50  Buchstaben  enthalten  zu  haben: 

1    {ayad^rjLTv)vt^ißaaiX€vov(zoa7iToXsiLiaiovaXe^)av(dQOv)       2 

(e7tivaiaQ)yovd£af.ivvavdQo{v) ..Xa {aq)rf/)Ev^o  —   3  

Xiaxavd^aQav£X{€vd^)£Qav(avTav}iai)y£v{oae-^)yev£aa  A{£iOTOvarca)v- 

Ta%QOvov(.irj£^£OOTio{d£y.a)vd^aQaof.iriiy£vciy.a'ca—    5 {iooov)aaa- 

KQaT£Qaiovd^vyaTQ(oaxai£X)£vd-£QCca£iavd£Tia£ffa    G    {TCzrjTaujav)- 

TaarjTaoy£V£aa y£V£ttyLV£od-io'/.aTavo(.i —  7 (v)o(.iova~ 

TtüV£(p(a7CTo)^£V(ovf.irjT£iCTi]iiiaTaaXX  8 oavTOii<aiy£V 

aavr^avTagxavd^agaa     9  avTaarj£yyov(cüv) y.rjTai. 

l4yad^^t  Tvxrji.  BaoiXEcovzog  nToX£/.iaiov  !AX£^dvdQov,  hil 
vaidgyov  da  ^/LivvdvÖQOv  .  Xa —  d(prjy.£v  Jo  —  Xig  Kard^dgav 
sXevdtgap  avTav  y.al  ytvog  Iv.  y£V£ag  £ig  xov  anavta  yqovov. 
Mrj  i^eaoTco  de  Kavd^dqag  f^u^dsva  ^ava  —  (og  ovoag  Kgave- 
gaiov  ^vyatQog  xal  sXEv^tQag.  Eldv  St  rig  tcpdTtTTjTca  rj  acrag 
ij  rag  y£V£äg  —  y£V£d  yivtad^io  ■/.aidvoiiog  —  v6f.iovg  rtov  ecpa- 
TtTO/iiavcüv  /LnJT£  y.Tt]uaTa  dXXd  —  avzol  xal  y£V£d  —  aav  rj  av- 
rag  Kavd^dQag  —  avrag  rj   tyyovwv  —  y.tjxai. 

Den  ersten  Buchstaben  der  zweiten  Zeile  lese  ich  als  % 
(nicht  als  x)  und  ergänze  tTil  vaidqyov  de  nach  XXIX,  3  sttI 
vaidgxov  M£V£ydQf.iou. 

Mit  Eig  tbv  arcavta  XQ()^<>^  '^-  4  vgl.  W.  F.  227  el£v&£Qog 
6ifi£v  Tov  7cdvTa  xQ<'>vf>v,  mit  Eldv  de  tig  icpdTCTrjTai  Z.  5.  W.  F. 
34  El  öt  cig  za  e(pd/tTt]Tai   MeXiaaag  hcl  xaraöov?uaiii(oi  /.rX. 


Die  epirotischen  Inschriften  von  Dodona.  275 

Mit  Z.  5  {cog  öv)aag  KqaTSQaiov  d-vyaTiqng  xal  sX)evd^fQag 
vergleiche  man  W.  F.  270.  Hier  verkauft  Menekratea  unter 
Zustimmung  iln-es  Sohnes  Theudotos  dem  Pythischen  Apoll  die 
Kallikratea  i(p'  clive  skevd-sQa  elfisv  y.(xl  ^vyärrjq  ^looixag  xal 
^EQf.ioyeveog  rov  z/ioa-aovQida  x,al  dväqiaTCTog  ajto  rcavTcov  xov 
Ttdvra  xQOvov,  rcodovoa  6  yia  d^eXrj  xal  aTtozQSxovaa  olg  xa  O^slrj. 
Hieraus  geht  auch  hervor,  dass  der  Freilassende  unsrer  Ur- 
kunde durchaus  nicht  Krateraios  gewesen  sein  muss;  der  Name 
des  Manumissor  ist  vielmehr  in  dem  —  Xig  vor  Kav^dgav  Z.  3 
zu  suchen.  Die  Zeilen  6—9  vermag  ich  nicht  wiederherzustel- 
len; einen  Restitutionsversuch  unternimmt  Rangabe  a.a.O., 
der  jedoch  die  Lücke  zwischen  den  beiden  Bruchstücken  zu 
gross  annimmt. 

PL  XXX,  4.  1  ayad^aiTvxccL  2  atQaxayovvroaaTTEiQO)- 
Tavav  3  dqovLY.ovvyxeatovacprj/.e  4  elsvd^sQav(piXiaTavvei  5  xav- 
ÖQogaveQoiTaraXaL  6  avaT&Kvoof-iaQtvQeoöo  7  y.if.iooßoLOY.ovEv- 
Qvvova  8  d€QyiaavTioxoo/.isve  9  (pvXevavdqoxooviy.o  10  /iiaxov- 
taXaiavEoßo     11  la^ioaveiyiavdQovoTtov     12  oa. 

yiyad^üii    xvxctL.      ^TQUTayovvzog    lAnsiQOJxav    'AvöqovIkov 

Yy/JoTOV  dcp^xe  ilEvS-egav  (DiXiorav  NetxavdQog  lAvEQoixa  Ta- 

laidv  (xxE'Kvog.   MccQxvQsg  J6y.Lf.iog    Boiaxov,    Evqvvovg   JiQ/.a, 

udvTioxog  MevEcpvXev,  ^L^vÖQOxog  Nixof.idxov  TaXaiavEg,  Bolaxog 

NEixdvÖQOv  ^Orvovog. 

Die  Ethnica  "Fyx«ff^og ,  TaXaidv,  ^Ortovog  sind  sonst  nicht 
belegt;  gebildet  '\%t'"YyxBOxog  wie  JoEOOxog  XXX,  5,  TaXaidv 
pl.  laXaiävEg  wie  ^S-a^iävEg,  ^iviävEg,  l4/.aQvävEg,  Idxivxävsg, 
.AQ'/.xävEg,  z/v/.iävEg,  EvQvxavEg  u.  s.  w. 

Z.  5.  IdvEQoixa  —  ^vÖQ-oixa  enthält  auffallend  genug  den 
starken  Stamm  dvEQ,  Z.  8.  9  MsvEcpvXEv  muss  bis  auf  Weiteres 
als  Schreibfehler  für  MEVEq)vXov  gelten.  Im  Uebrigen  ist  Alles 
klar. 

PI.  XXX,  5.  1    ayad^aixvxaioxQaxayovvx     2  ooanEiqio- 

xavXvaaviaxaQioTtov  3  7tQOöOxaxEvovToaf.ioXoootovExeXaov  4  /ra- 
QCOQOvafpr]y.EavxißoXoovixavoQoadG  5  EGOxoaEXEvd-EQOvavdQOLiEvrj- 
xovavxov  6  (ax)EyvooojvftaQxvQEaayEXaooaxioxovXvy,oq)QCüv  7  (av)- 
XLOXovdE^avdqooAEcpaXovayEXaioo     8  (av)i}caxovyoX7taioi. 

l^yad^äi  xvxcci.  ^xqaxayovvxog  J.7tEiqcoxav  vlvaavia  Ka- 
qojTTov,  rcqooOTaxEvovxog   JVIoXoaoiöv   ^ExeXdov   Ilaqcoqov   dcpfjxE 

18* 


276  A.  Fick 

l4vzi'ßoXog  NLy.avoQng  zlösootog  slevd^SQOV  l4vdQ0/ii€vr]  töv  av- 
Tov  ttZ€Kvog  oiv.  MaQTVQtg  l4yf:Xaog  Idxioyov  (sie),  yiv/.6(pQ0iv 
l4vti6xov,  ^£^avö(jog  KsqxxXov,  ^Ay&XaiOg  o  l^vixaTOv  KoX7caini. 

Der  Strateg  unsrer  Inschrift  ^voaviag  KaQiÖTtog  ist  iden- 
tisch mit  dem  Antragsteller  der  Inschrift  T.  I,  114  Tco&ödcojna 
yQaipaf.iEvov  ^voavia  rov  NixoXdov  Kagito/rov ;  darnach  scheint 
KaqwTtov  Z.  2  nachlässige  Schreibung  für  Kagiomov  zu  sein. 
Hängen  mit  diesen  Kariopen  die  Kagsg  zusammen,  die  Rhianos 
„SV  zfj  ^  {QeaaaXrKiov):  stttcc  de  jJwveTclvoi,  draq  öüoy.aidev.a 
KaQsg'^  als  epirotischen  Stamm  erwähnte?  (s.  Steph.  Byz.  s.  v. 
^cov€tt7voi). 

Z.  3.  4  ^ExsXäov  IlaQcoQov.  ndgioQOL  hiess  mit  einheimi- 
schem Namen  der  Epirotenstamm,  den  Strabo  nagcogaim  nennt: 
326  ^HTtELQOJTai  d  elai  y.al  ^/iig)iXoxoi  v.al  —  MoXottoI  te  y.ai 
4d^af.i(xveg  xal  ^Yd^iyteg  y.al  Tvf.icpaioL  (xal  ^Ogeavai)  TlaQio- 
galol  TS  y.al  lizivxäveg.  Der  Sitz  der  ndgcogoi  liisst  sich  be- 
stimmen nach  Strabo  325,  wo  es  heisst,  der  Aratthos  entspringe 
fx  Tvf.i(prjg  OQOvg  xal  rrjg  UaQCOQaiag. 

Z.  4.  5  ^AvxißoXog  Nixavogog  JönGGTog.  Die  Doesten 
(oder  Dyesten,  das  o  in  unsrer  Inschrift  ist  nicht  ganz  deut- 
lich) glaube  ich  wiederzufinden  bei  Strabo  326.  Hier  bieten 
die  Hss.  TtXy^oiov  de  rtov  (in  Illyrien,  nördlich  von  Epeiros)  xat 
Ta  aqyvQela  xd  av  z/af,iaaxicp  TrsQiaadvsoxe  avveaxrjaavxo 
xi]v  övvaoxEiav  y.xX.;  Meineke  liest  usql  a  Jvf.axac  xrA.,  was 
vielleicht  durch  den  Joeooxog  unsrer  Inschrift  bestätigt  wird; 
dass  die  Molosser  weit  nach  Illyrien  hinein  geherrscht ,  ist  be- 
kannt. 

Z.  8  CAv)Lv.dxov,  der  Vatername  des  letzten  Zeugen  ,  ist 
sichere  Emendation :  ldvi/.ctxog  ist  der  einzige  griechische  Name, 
der  auf  i'/.axog  endigt. 

Verschrieben  ist  Z.  6  14ti6xou  für  ^Avci6yoi\  Z.  7  ^AytXaioo 
für  lAytXoLiog  6. 

Die  KoX-rtaioL  vermag    ich  sonst  nicht  nachzuweisen. 

PI.  XXVII,  2.  1  {aTtE)XvGavyQVTTü}vaxoiÖB^f.vi  2  (x)c:(t- 
X)voEi-^todoxooaXe^Lf.iayna  3  aa(fi)v0^ayaXüiOoa^evi-ofiaQxv  4 
Qea(.toXXoooiovavdQoy.'/(.ctoöo}öco  5  vaioafpiXinoa6(o))dcüvaioo(piXo- 
^tvooöio  6  öü)vaioaÖQai7toaöcodiüvai()oayiXaioaÖM  7  öiovaioa- 
y.l)aivvoipoi  vaxoaa/iivvavÖQoadco  <S  öcovaiagDgea/rioxcoroi  didoy.i  - 
/iioaXaQiuutoa  iJ  TreiavÖQoaeXeaioa/iUvavdQoaxiaioaaXs^a  10  vögoa- 


Die  epirotischen  Inschriften  von  Dodona.  277 

xi(xioodeiviovoo^ov%aQovrpiXL7t7to{o)  1 1  q)il(ovovo7t£Qvoas7ti7tQo- 
atavarpLlo^     12  £vovovo7C£Qv{ovdioa)vaovdicüvaa. 

LijibXvaav  l^QV7Vcova  zoids  ^sviKai.  Xvou  QsSdozog  IdXe^l- 
(.laxog  2af.diya  Fälaid^og  Bevvg.  MccQTVQeg  Molloooiov  livöqov.- 
xag  Jtodcovaiog,  (Dilutog  Jcodiovalog,  (Dilo^evog  JtodcDvaXog, 
jQaiTtog  JtüSiovalog,  L^yiXaiog  zfcodiovaiog,  Kgalvvg  OoivaTog^ 
^Af-LvvavÖQog  Awöojvalog.  Ggeorcioziov  o^de  J6y.Li.ing  ylaQLOaiog^ 
IlelavÖQog  ^EXealog,  Mevavögog  Tialog,  l^Xä^avÖQog  Tialog, 
Jdviov  6  'O^ovxccQOv,  (DiXiJiTtng,  (DiXwv  ^OvoTteqvog,  'Erti  tzqo- 
azccza  (DiXo^evov  ^Ovotcsqvov.     Jibg  Naov  Jicovag. 

dyteXvaav,  schon  von  Egger  ergänzt,  vergleiche  PI. 
XXXII,  1  MsvsXao^g)  —  ov  drtiXvioe).  FQVTtwva  (vgl.  ygvTtog 
als  Beiname)  scheint  mir  besser  als  TqvTCiova,  der  erste  Buch- 
stab des  Namens  ist  oben  zerstört. 

^sviKac  ergänzt  schon  Egg  er,  statt  /.qiosl  lese  ich  Xvoei 
nach  XXXII,  4,  wo  Z.  3  dieselbe  Phrase  ^svi7.m  Xvgl  f.i  — 
deutlichst  geschrieben  vorliegt;  was  eine  ^eviy.d  Xvaig  sei,  mag 
hier  unerörtert  bleiben.  Die  Namen  der  Freilassenden  sind 
QtodoTog  ^Xe^ifiaxog  2afiv&a  FaXaLd^og  und  Biwg.  2ai.wd^a 
ist  Frauenname  (wie  denn  freilassende  Frauen  in  den  Delphi- 
schen Freilassungsurkunden  ungefähr  eben  so  oft  wie  Männer 
vorkommen),  der  bei  der  Nossis  von  Lokroi  sich  findet:  Anthol. 
Palat.  VI,  275  xaiQOiadv  xol  eoims  xouäv  cctto  rdv  L4q)Q0ÖiTav  j 
dvd-€f.ta  Y.ey.QV(paXov  rövöe  Xaßelv  2aj.iv^ag  xrA.  —  FdXai^og 
ist  neu,  erinnert  an  FaXalorrjg,  Name  eines  Athamanen;  ebenso 
ist  Sevug  bis  jetzt  noch  nicht  weiter  zu  belegen ,  wohl  aber 
SevvXXog  z.  B.  Kirch  hoff  Inscriptt.  Att.  433.  Gebildet  ist 
Btvvg  wie  ZrjXvg,  '^Hqvg,  'leQvg,  "iTt^cvg,  ÜQazvg,  (PiXvg,  (Divxvg. 
Zeugen  der  Freilassung  sind  sieben  Molosser  und  ebensoviele 
Thesproten.  Beider  Namen  enthalten  manches  Besondere. 
ldvdQ6'/.'/.ag  ist  zweistämmiger  Kosename  mit  verdoppelter  Con- 
sonanz  nach  einem  im  Griechischen  nicht  häufigen  Typus  ge- 
bildet 1) 


')  Beispiele  für  diese  Form  der  Kosenamcnbildmig  sind:  liffd^ovvoj 
(für  \!<fjdovrira)  Tanagräerin  liSrjvaiov  IV,  298;  zla^otfiiöag  Orchomenos 
€.  I.  1568  (wo  unrichtig  ^AMOTOI/IAZ  statt  /1AM0T&I/1AZ  gelesen 
wird)  zw  AKfAo&oog,  /lafxo&oiSag;  'iJ^uTTf  Jott/j  Böoterin  [inv  ^EfintSoTifia)'. 
"Endlos  für  'jE/fAtto?;  'E/ffj.u(ov  schon  bei  Homer;  ©foxxw  Thebanerin 
Keil  Syll.  inscr.  Boeot.  p-  73  ;  KXsof.tfj.ig  =^  Klsofj^vrjg  Methymnäer 
Sauppe,    Göttinger  Programm  1870;    Nixottoj   Tanagräerin  Ad^r^v.   IV, 


278  A.  Fick 

jQce-ircog  Z.  G  (für  JgGcirtTtog  wie  WikiTtog  Z.  5  für  0l- 
hrtnog)  ist  ein  neuer  Name;  dazu  scheint  als  Kosename  „6 
Jqrlg  xov  Jqtj"  Bekker  Anecdd.  1188  zu  gehören,  wie  der 
homerische  Name  Jgrjaog  einen  Vollnamen  (wie  jQr]a-i7trtog) 
voraussetzt.  —  'AyllaLog  steht  zu  ^AyUaiog  XXX,  5  wie  "Ayi- 
loxog  {Ni-Ksa  ^Hleiog)  Archäol.  Zeitung  XXXVI,  39  zu  ''AyiXo- 
%og  oder  wie  l4QylXo%og  zu  IdqyiXoyog;  die  Formen  mit  «  sind 
die  älteren.  —  Der  Name  Kqaivvg  ist  neu;  er  ist  gebildet  wie 
Sevvg  s.  o.  von  Kqaive-  zu  ^gaivw,  wozu  auch  die  Nereiden- 
namen Ev-y.QdvTrj  :  KgavTco  und  der  Mannsname  Kqccvtwq  ge- 
hören. Ooivävog  ist  Name  eines  unbekannten  Stammes  der 
Molosser,  der  auch  PI.  XXIX,  3  vorkommt.  —  In  dem  Ver- 
zeichniss  der  sieben  Thesprotischen  Zeugen  ist  QQaaTtwrüJv  ver- 
schrieben für  QeaTtQtoTwv,  wie  der  Name  PL  XXXII,  3  geschrie- 
ben wird,  ebenso  Ueiavögog  für  IIsioavdQog',  den  Vaternamen 
des  Jeivwv  liest  Egger  als  Qo^ovxcxqov,  was  kein  Name  ist. 
Nun  geht  ein  Riss  durch  das  0,  ich  lese  daher  00  statt  00 
und  gewinne  dadurch  den  möglichen  Namen  ^O^ovyägrjg,  worin 
ov  die  alte  Aussprache  des  v  als  u  bezeichnet,  welche  allen 
Griechen  ausser  den  Joniern  - Attikern  ursprünglich  eigen  war. 
Gebildet  ist^O^ovydQrjg  im  zweiten  Theile  wie  Ji]fio~xceQrjg  u. s.  w., 
im  ersten  wie^O^-^enig,  ^O^ov -[.layog  böot.,  'O^vXog.  ^Ovörceqvog 
scheint  Name  eines  Geschlechts,  der  ebenso  PI.  XXXI,  1  und 
PI.  XXXIII,  3  vorkommt. 

PI.  XXX,  2.  1  E7ti7TQOoorarafj.o  2  XooawvxegyalovTt 
3  €ialogaq)T]'/.&rjQa(>:)  4  l€iöaaai07taTQo{v)  5  {E)roif.i(xyovelev- 
d^s^Q)  6  {o)vay.aLavTovoY.{aL)  7  {€yC)yovova!.iaQT{y)  8  {Q)E07ie- 
XeMvxeQCi(d)  9  (Qo)oayeXaoaf.iey{ioo)  10  {a(iv)(.ivoaöai.ioizaox{E) 
11  {Qa)dQoad-€vdoTOOx(€)    11  (Qa)dQ007toXv^€voi!     13   . .  .  aaaog. 

^EtzI  TtQOOorära  JMoXoooiov  Kecfdlov  TIeiaXog  dq)TJ^E  ^Hga- 
'/.Xeiöag  ^coTtargov  '^Eroi^iaxov  eXevd^aQovg  xat  avxovg  xal  ixyo- 
vovg.  MccQTvgeg  UeXitov  X^gaögog,  LiyiXaog  Miviog  ^!A(.iv{.ivog, 
Ja(.ioitag  XiqaÖQog,   Gevöorog  XsQaÖQog,  UoXv^Evog  .  .  .  aaaog. 

üeiaXog  Z.  2.  3  bezeichnet  die  Herkunft  des  KerpaXog  und 
geht  auf  HiaXeia  wie  ^'Oi.icpaXeg  auf  'OjiKfdXiov.  IlidXeia'  tio- 
Xig  QeaaaXiyirj  vjtb  ro   KeQy.eviy.ov  oQog  Steph.  Byz.    war  eine 


299;   Sivoxxtx)  Tanagräerin   l-iS^^v.  IV,   299;  ^^iloxrls  Tanagräerin  ui&rjv. 
III,  171. 


Die  epirotischen  Inschriften  von  Dodona.  279 

Grenzstadt  zwischen  Epirus  und  Thessalien ;  Steph.  Byzant 
nennt  sie  QeoaaXix/j ,  aber  das  Kerketiongebirg,  unter  dem  sie 
lag,  gehört  zu  Epirus  (nach  Bursian  Griech.  Geogr.  I,  13). 
Z.  5  habe  ich  CE)Toi^iaxov  statt  des  unmöglichen  Namens  Toi- 
(.layßv  geschrieben;  '^Erol/naxog  steht  iür  '^ETOijtiojuaxog  me  '^Etoi- 
f.iaQiöag  für  ^ETOi(.iOf.iaQidag  und  enthält  vorn  '^Etoi/lio-  wie 
^ETOijLwuX^g,  'Eroi/nagidag,  '^Erol^irj.  —  Der  Stammname  Xiqa- 
ÖQog  ist  sonst  nicht  nachgewiesen,  zu  (^'A[.iv)f.ivog  vgl.  XXXI,  1 

id(.lV[.lVtOV    ÖS. 

PI.  XXX,  3.  1  {&enoT)vxcaE7ti7tQOGz{axai.ioXoGao)v)  2 
aagiOToßoilaxai—     3 o(piXi7toveXev{^SQova(fitvTL) 

4  (E7tLX)vaei(.iaqxvrEod —  5  .  .  .  iooXaiÄioy.oga(.ia —  6  .  .  .  oaq- 
yi(d^i6va)da/ii  —     7  — lov. 

Qeog  Tvxat.  'Errl  rcQoarctTa  MoXoaacüv  Miviog  ^AqioroßovXa 
'Kai  —  — g  (DiXinov  iXevd^sgov  acpUvri,  ertl  Xvoei.  MccQzvQsg 
J  —  — log^  u4af.doy.og  l4ua g  l^gytd^uvg  Ja^i lov. 

8711  XvoEL  ist  ergänzt  nach  XXXII^  1  {e7t)iXvo8L.  Die  übri- 
gen Ergänzungen  sind  nur  Versuche. 

PL  XXXII,  1.        1 {fi)evaXao{o)  ...     2 ov- 

aTtEXv{OEv)       3    {Ert)iXva£iTQiiü{vf.iva)      4   {vErci^ftQootataTtoXit 

5  (.  .  .  .)(pEidoXaov/iiaQ  6  {t)vQEoaQi.iEvooaXE^  7  avdqoGavö g 

8  cpELÖvXaEv  ....  XoL    9  XcüttolXvoo oo     10  /.EXaid^oo. 

—  MsvsXaog  —  ov  aTriXvoEV  sni  Xvoei  tqiwv  f.iväv  stiI 
TtQoaTdxa  UoXiziaqxov)  0EiöoXaov.      MccQtvQEg  "L^Qfisvog  l^Xs- 

^avdqog  l4vdiQ0fiEvr])g  0EiövXa  Ev KoiXiotcoi  Avog  — og  Ke- 

Xaid^og. 

4  ETtl  XvoEL  TQuöv  (.iväv  gegen  Entrichtung  von  3  Minen. 
So  nach  Ran  gäbe  Archäol.  Zeitung  XXXVI,  118.  f.iväv  tqlwv 
ist  eine  sehr  häufige  Loskaufsumme  in  den  Delphischen  Frei- 
lassungsurkunden. 

Rangabe  bemerkt  a.  a.  0.  mit  Recht,  dass  tvoXlt  den 
Anfang  des  Namens  des  Prostates  bilde;  die  einzigen  Namen 
die  hier  in  Betracht  kommen,  sind  TloXixag,  TToXiTEidag,  JToXIt- 
oQxog;  der  erste  ist  zu  kurz,  also  ist  einer  der  beiden  andern 
zu  setzen.  Z.  7  ist  statt  des  Ungeheuers  0EidvXaEvg  zu  schrei- 
ben 0EiövXa  Ev — ,  0EiövXag  ist  gebildet  wie  JrjßvXag  u.  a. 
KeXaid-og  Z.  10  XXX,  1  auch  XXXIII,  1,  ist  Name  eines  ejji- 
rotischen   Stammes  vgl.   Steph.  Byz.  KiXai&oi,  s&vog  Oeotvqü}- 


280  A.  Fick 

tiTLOv  TtQOoeyJg  tfj   OetTaXia.     '^Piavög   d'.   XiyovTai   xat  Kelai 
^dg.     Vermuthlioh  die  ^Yd^iY.eg  Homers. 

PL  XXXIII,  1  ist  mit  XXXIII,  11  zu  verbinden. 

1   dioö      2    QcoQoa/tQoo      3  Xai^ov/iiaQ(Tv)QEOToi6     4 

a€a/iißvay.€X{ai)d^oaq)iXX    5  eiaoy,iXai^oa. 

NN  Jiodiovaiog  NN  ndgwQog  —  TtgooTarwovrog  NN  Ke- 
Xai&ov.  MdqxvQeg  toi  da  .  .  af.ißvg  KsXai^og,  QiXX  .  .  .  eiag  Ki- 
Xaid^og. 

KiXatd^og  ist  jüngere  Schreibung  für  KsXaLd^og,  wie  L^yl- 
Xaiog  neben  L^yeXaiog,  IdyiXaog. 

PI.  XXX,  1.  1  (d')€oa(tv)x(xccycc^ccßo-,(ayioa)  2  (poqfxio- 
voa£X€vi.xaav{ti)  3  q)cc£vxiJt)sXsvd-€Qavacpi8v(Tiav)  4  toiaTtavTcov- 
■Kaiziovey.yo{viovav)  5  Tavycaiy€voosKyev£aa{€7t€ißoi)  6  axoaxai- 
dauvayoQaT£X{€VTaa)      7   tüVTLy,aiq)OQf.iia}f,oarjßa(arjL .  .)      8  7t£i- 

ad-aL07iaiy.ad^£Xri{Lf.iaQTvq)     9  £aXayoQogßaT£Xa)i 10   Xoa- 

07tXaLvoo7toXv7t{£id^riöOTt)     11  XaLvoooi(.uaoy.£Xa{id^og). 

0£Og  Tvxa  ccya&d.  BoloKog  Q)OQf.tLOVog  ^Ex£viY.a  Idvxicpa  Ev- 
yw  sX£vd^€Qav  dq'Uvn  avtol  ocTt  avtiov  v.al  tujv  s/.yovcov  avTccv 
Y.ai  yivog  Iv.  yaveag,  £7t£iäv  BoiOKog  y.al  ^afivayoQa  TEXevzdawvn 
nal  (DoQixiöy.og  rjßäorji  .  .  Tteiad^ai  OTtai  yf.a  d^sXrji.  M(XQTVQ£g 
yldyoQog  BuTaXcoi  — Xog  ^0/rXalvog,  noXv7t£id-r]g  'OjtXalvog,  2i- 
/iiiag  KeXai&og. 

Der  letzte  Buchstabe  Z.  2  scheint  N,  Z.  3  lese  ich  statt 
0yl(EYXn)  0^  und  gewinne  dadurch  zwei  mögliche  Namen: 
l4v{Ti)cfaEvxcü;  mit  ^Avrlcpa  gen.  m.  vgl.  Idvzicpdtrjg^  "^vti(pog, 
lAvtKfiov,  mit  Evxio'.  Eirxwv  Evxrjviog.  — 

Z.  7.  8  T€X(£VTda)cüVTL  ist  hergestellt  nach  ähnlichen  Be- 
stimmungen in  den  delphischen  Freilassungsurkunden  z.  B.  W. 
F.  189,  12  'Eual  di  */a  T£X£VTdorji  KgiTÖdaiiiog,  iXavd^aQOL  I'otwv 
Maicpdrag  xal  l4i.if.ua  xzX.  200,  4  ^Ertel  de  xo  TsXEvraorji  Miv- 
avögog,  sXavd^EQOi  sovtwv  xrA.  52,  9  S7t£l  de  xa  z£X£vzdöiovTL 
KaXXiOTQaxog  y.al  Qav/.iiov  "mX.  — 

Z.  7  rjßdörjL  habe  ich  ergänzt  nach  den  ähnlichen  Bestim- 
mungen W.  F.  306  ITaga/iuivdTü)  ös  Evrvxog  rtagd  ^aoTtav  — 
axQi  ov  y.a  6  vag  avzov  GEOcpiXog  sv  dXiv.iav  eX&iov  yvvaly.a 
Xdßrji;  300,  7  naga/navirtü  de  uivdbg  nag  l4y^aiov  axgi  xa 
avöga  Xdßrji  L^yrjaiov  xtA. 

In  — 7i£ia&ai  onai    xa  d^tXrji  muss  ein  Ausdruck  für   die 


Die  epirotischen  Inschriften  von  Dodona.  281 

freie  Bewegung  der  Freigelassenen  liegen,  entsprechend  den 
P'ormeln  der  delphischen  Inschriften:  Ttoeovaa  b  yia  ^elrjL  yial 
ciTtOTQexovoa  olg  xa  d-slt]L  z.  B.  W.  F.  301,  Ttoiovaai  b  xa  d^a- 
IwvTi,  xai  Ttogevoj-ievaL  oig  xa  O^eltovri  290,  Ttoeovaav  b  xa  d^e- 
h]L  xal  et  d^slrjt  323,  Jtoieiv  b  xa  &sXi]l,  uf.iEv  el  xa  i^ilrjt,  336, 
dvaoTQeq)6fievov  et  xa  d-elrji  321. 

PI.  XXXII,  4,  1  d-eoaTvxaif.i€vioalva{avia£Q/ii)  2  lova- 
sQ(j.(x)V7t'co(Ktf.iaLOv)  3  ^6vixatXvaia{7t£kvaav)  4  itiaQTVQEoaye- 
la{og 5  {TQi7to)XiaioLÖafÄOG(&evr^g). 

Qeog  xv^ai.  Miviog  ^voavia  'Eg/mova  "Egf-icüv  Jflroksfxaiov 
^evixäi,  Xvai  aTteXvaav.  MagTigeg  IdyiXaog  —  TquioXIolol 
Jafxoö&ivrig. 

Z.  1  scheint  der  achte  Buchstabe  ein  verlesenes  l  zu  sein; 
C.  liest  V,  aber  ^Yftevoig  ist  kein  Name.  —  Xlolol  Z.  5  ergänzt 
sich  zu  TgiTioXloLOi  vgl.  TgiTtohaooi,  td^vog  GsoTCQCDzixdv, 
ovg  xal  TQLTVoliaaiovg  xmIci  ^Fiavög  ev  toi  TtevTexaidexavo) 
Steph.  Byz.  s.  v. 

PI.  XXXIII,  5.  1  . .  arpLrjOL —  2  .  cpiXod^Lv —  3  aiysve- 
avxa —  4  öTovartav  —  5  eracpiXoG —    6  {(.ia)QTVQac —  7  — ava — . 

Etwa  —  dfpirjöL  tXevd-eqav  0iX6&iv  avtdv  xal  yevedv  xal  — 
elg  Tov  arcavTa  xqovov  l4QeTdq)LXog'  MccQrvQeg  — ava — . 

PI.  XXXIII,  7  sind  nur  wenige  Worte  zu  erkennen :  Z.  3 
MttQTVQsg,  Z.  4 — 5  KsrpidXov),  Z.  5  Evywv  'ÖTtXalvog  oder 
'ÖTtovog.  Mit  dem  sonderbaren  Ethnikon  ^Ojtovog  hängt  viel- 
leicht zusammen  St.  Byz.  'Eicovia,  TtoXig,  /}  vvv  ^A^ßqaxia 
(jj  TtQOTSQOv  naqaXta). 

Freilassungen  in  der  Form  der  Weihung  an  Zeus  Naios 
enthalten  die  Inschriften: 

PI.  XXV,  1  (auf  einem  Spiegel).  rtoXv^eva  \  xayt  j  vav- 
Tid-t]  I  TiToidt  \  xaLXQTjuaTa. 

HoXv^eva  Täyrjv  dvxLd^YjTL  twl  Jl  xal  XQ^f^^^^c^- 

Täytj  ist  Name  der  dem  Zeus  geweihten  Sklavin  „Polyxena 
weiht  dem  Zeus  die  Tage  und  deren  Habe",  vgl.  z.  B.  'Av€&rjxe 
^laxQicov  ATieiQOJTag  twl  IIoHoidavt  '^HqaxXidav  avtbv  xal 
tavTio  Hermes  III,  449. 

PI.  XXIX,  4.     1  —aivaioi  2  — covai  3  — sasvxiov  4  — /nvcov. 


282  A.  Fick 

Etwa  Jd  dvtiü^rjGL  Naiot  /.al  Juovai.  MaQVVQsg  Evxiov  — 
Mvcüv. 

PI.  XXXIII,  12.        1  — Ttixtaa —  2  —o/na —  3  —  vaoiyia — . 
Wie  es  scheint  wird  ein  aiS/ita  avögelov,  ojl  ^EnrAiaq  ovof.ia, 
Jii  NdoL  xal  Jibivai  geweiht. 

Eine  Freilassung  in  der  Form  eines  Loskaufes  enthält  PI. 
XXIX,  3: 

1  d-€o(aTv)x(Xf^ccTvöiyia  2  7to{lv^)svove^E7tQiato  3  (7taQÖ)ci- 
f.io^evaaf.ivaa  4  (aQ)yvQiov/iiaQTVQ€a  b  aXe^avcügfamdaa  6  ..o- 
TtaiooEvxlsLÖctö  7  (€7c)ivataQX0Vfi£V£yaQ  8  (^f.iov)Eni7tQOOOTaTai.wX 
9  (oaa)ovay6alvoa     10  — g?  (foivaroi. 

Oeog  Tv^a.  MarvöUa  Uolv^ivov  i^sTtgiaTO  Ttdq  Ja^-io- 
^£vag  /iivag  aQyvQiov.  MccQTVQsg  Idle^ävioq  favTidag  ^'/.ortalog 
EtTilsidag.  'Eni  vaiccQXOv  MevsyaQ(.iov ,  irtl  TTQOOOTata  Mo- 
Xoaaov  'Ayia.     Avog  —  — g  (DoiväToi. 

Z.  5  faTTidag,  Digamma  kommt  sonst  nur  noch  XXXI,  1 
(d)rpir]zi,  /sldvg  vor,  —  Der  valagxog  ist  der  Oberpriester  des 
Zeus  Naios.  —  Der  Prostates  hiess  wohl  MoloaaSg  l4yea  Molos- 
sos Sohn  des  Ageas.  —  Der  Name  ylvog  findet  sich  auch 
XXXII,  1,  vgl.  ylviüv  EvQWTtLog  T.  I,  114.  —  Der  Stammname 
OoivaTog  auch  XXVII,  2  KqaXvvg  (Doivarog.  —  Das  sonderbare 
Zeichen  Z.  10  zwischen  <?  und  (p  weiss  ich  nicht  zu  deuten. 


III.    Inschriften  verschiedenen  Inhalts. 

PI.  XXXII,  3.  1  — vaywvod^e  —  2  ÖQO/uayov  —  3  wv- 
d^sartQcor  —     4  — TOivaixoiev  —    5  —exa. 

Bezieht  sich  auf  die  JSdia,  die  heiligen  Festspiele  zu  Eh- 
ren des  Zeus  Naios,  vgl.  PI.  XXV,  2  Irrt  dywvod^ha  Mayd-ca 
IlaQ^aiov  Ja  Ndov  (sie)  xat  JuovaL.  Die  vai'KOiev  —  sind 
wohl  vaiKol  svO^vvoL  ?  Demnach  etwa  zu  lesen :  —  rov  dycovo- 
i^hav  .  .  .  l4vdQO(.idyov  xö  xoivov  tojv  QeortqioTwv  xal  oi  vaixol 

PI.  XXXII,  7  vielleicht  eine  Schenkungsurkunde: 
1  aKOQ —     2  avTa}i>:aty(ev€ai)    3  £7ti7tQoaTa(ia)     4  oadiw- 
Xea  —     5  oyoooQiaT{rig) — {f.iol)     G  oooiovbTCi  —  7  {d^aooxvya. 


Die  epirotischen  Inschriften  von  Dodona  283 

Z.  5  — oxog  'OQidT{rjg)  bezieht  sich  vielleicht  auf  den  nur 
von  Livius  45,  26  erwähnten  Ort  Horreum. 

PI.   XXIX,    1.  1    iyeooTvya (r)     2    aiav/iif.i{oQLai) 

3  diöcoTi, (x)    4  airaeTiiTtola    5  aTtavraaQOv  6  QavayxoaaioL 

7  Xeif-iiovaETt  8  ad^egiioiafme  9  Xovan:aQxoTai:<(ai)  10  oiy.o- 
Ttedov     11  (s)rti7rQoaTTa     12  (liiv)aacovoa     13  (x£)?.aid-ov. 

Rangabe  Archäol.  Zeitung  XXXVI,  S.  116  denkt  an  eine 
Schenkung  der  Stadt  Dodona  an  die  Syramachie  der  Epiroten 
und  ergänzt  darnach  Z.  2  rat  GV(.i(.iaxiaL ;  da  aber  die  Zeile 
nicht  mehr  als  höchstens  15  Buchstaben  enthalten  zu  haben 
scheint,  so  lässt  sich  eine  Ergänzung  im  Sinne  Rangabe's 
nicht  vornehmen.  Ich  ergänze  Z.  2  xai  avfi/noQLai  und  nehme 
an ,  dass  Z.  1  der  Name  des  Schenkenden  gestanden ;  Ver- 
mächtnisse an  die  Symmorien  kamen  auch  sonst  vor,  vgl. 
Mommsen  Rom.  Geschichte ^  699. —  dy  Koaaioi,  stt  Idf^egicüi, 
7tdQ  Kotai  hat  Rangabe  richtig  als  Ortsbezeichnungen  mit 
den  Präpositionen  dvd,  STtl,  Ttaqd  erkannt.  ■ —  Z.  3.  4.  5  {%)al 
%d  hiinoXa  (xrtavxa.  Es  ist  nicht  zu  ändern;  ETiinoXa  ist  so- 
viel als  iTtiTtXa  und  eine  dialectische  Nebenform  dieses  Wortes.  — 
Z.  12  Statt  Mvdoiovog  kann  man  auch  ^rdacovog,  OQdaayvog, 
Qqdocüvog  ergänzen.     Das  Ganze  ist  etwa  zu  lesen : 

Qebg  xvya.  [IdyLg)  zäi  ov(.if.ioqiaL  didtoTL  Tctv  yäv  -/.al  td 
erciTtoXa  ccTtavza,  dqovqav  dy  Koooojl,  Xeif.iiova  etv  ^^aquoi, 
df.i7tiXovg  Ttaq  Köxai  v.a.1  olxOTtedov.  ^EtzI  7iQoaT{d)xa  Mvdoio- 
vog KeXai^ov. 

PI.  XXXIII,  3.  1  — oevrtle  —  2  — QvovvLaqxa  —  3  ov- 
ygaf-iixa  —     4  — ayevvaiov. 

Die  zweite  Zeile  enthält  die  Ethnika  (Ovo7te)qvov  Kaqta- 
(idvov)  oder  Kaqzdirov),  vgl.  S.  273,  Z.  3  und  4  die  Namen  des 
Schreibers  yqaf.ii.ia{i:evovTog  oder  yqafxi.ia{rsog)  .  ..  a  Fewalov. 
Das  Ethnikon  Fevvalog  ist  wohl  zweifellos  identisch  mit  dem 
von  Rhianos  erwähnten  Molossei  stamme  der  revoaioi,  bei  Steph. 
Byz.  revoaioi,  td-vog  Moloooiag,  artö  Favöov  dqyovzog  avTWv, 
'^Piavog  TeTdqrrj  QemjaXiyMv. 

Die  hiermit,  bis  auf  wenige  allzuwinzige  Bruchstücke  und 
die  Inschrift  PL  XXXII,  2  wiedergegebenen  öffentlichen  Urkun- 
den der  Molosser  und  Epiroten,  welche  Carapanos  Ausgra- 


284  A.  Fick     Die  epirot.  Inschriften  von  Dodona. 

bung  von  Dodona  ans  Licht  gebracht,  sind  die  einzigen  zuver- 
lässigen Quellen  des  epirotischen  Dialects.  Die  Weihinschrifteu 
sowie  die  Bleitäfelchen  PI.  XXXIV — XL  stammen  grossentheils 
von  Ausländern,  sicher  epirotischen  Ursprungs  sind  nur  wenige. 
Auch  das  dialectisch  interessante  Stück  PL  XXXVII,  4  scheint 
mir  nicht  von  einem  Epiroten  geschrieben  zu  sein.  Ich  er- 
wähne dasselbe  wegen  Z,  1.  2  (TCOQSvö/iuvos)  07ivoy.adoY.rjL  d.  i. 
OTivg  yia  öo/.rji  „wohin  es  beliebt",  wodurch  wieder  einmal  eine 
Grammatikerangabe  gerettet  wird.  Ammon.  de  dijßf.  (Ahrens 
dial,  dor.  361)  sagt  Ttvg  —  trjv  slg  totcov  orjfiaaiav  drjXol  und 
belegt  dies  7cvg  mit  einer  Stelle  des  Sophron:  Tvvg  elg  juvxov 
xaradvjj.  Ohne  allen  Grund  ändert  Ahrens  niig  in  uolg,  das 
ja  allerding  häufiger  z.  B  in  den  Delphischen  Freilassungsur- 
kunden vorkommt.  Tivg  ist  ganz  richtig ;  es  ist  jetzt  durch  die 
oben  citirte  Stelle  unsrer  Bleiinschrift  oitvg  xa  öox^l  bestätigt 
und  vor  Correcturversuchen  gesichert. 

Schliesslich  bemerke  ich,  dass  ich  die  Uebersicht,  welche 
nach  Rhein.  Mus.  XXXIV,  160  neuerdings  Bursian  von  den 
Ergebnissen  der  dodonäischen  Ausgrabung  geliefert  (Sitzungsbe- 
richte der  bayer.  Akademie,  philos.  philol.  Classe  vom  1.  Juni 
1878),  bisher  nicht  habe  zu  Gesichte  bekommen  können. 

A.  Fick. 


Zur  Siegessäule  des  Damonon. 

Die  Deutung  von  Z.  30  ist  Fick  in  seiner  Besprechung 
der  Damononinschrift  o,  S.  127  noch  nicht  gelungen.  Ich 
glaube,  dass  die  fraglichen  Worte  zu  lesen  sind  /.al  o  xslrj^ 
ivUrj  und  nehme  dabei  vjhj^  als  lakonische  Form  für  ytekrjg  in 
Anspruch,  die  denselben  Metaplasmus  zeigt  wie  xXc<§  (xA^xa 
und  Tiläzag  auf  der  Mysterieninschrift  von  Andania  Z.  92.  93) 
und  OQvi§  (Ahrens  II  S.  243).  Dasselbe  Wort  xe'Aiyl  kehrt 
Z.  37  und,  wenn  ich  nicht  irre,  Z.  13  am  Schluss  wieder,  wo 
auch  Fick  oy.ske  aus  den  Spuren  herausliest.  An  dieser  letzte- 
ren Stelle  kann  auf  6  xfAry^  nicht  wie  in  Z.  30  fvi'xr]  gefolgt 
sein,  denn  in  der  14.  Zeile  steht  vor  aurog  dvioxicov  ein  deut- 
liches ^,  das  auch  von  der  Leake 'sehen  Abschrift  gegeben 
wird.     Es  scheinen  drei   Zeichen  davor  zu  ergänzen  sein;   viel- 


R.  Meister     Zur  Siegessäule  des  Damonon.  285 

leicht  HAMyi  =  a/m,  das  auch  Z.  30  in  Uebereinstimmung 
mit  der  geringen  Spur  eines  Zeichens,  die  von  den  Herausge- 
bern (Mittheilungen  des  deutschen  archäologischen  Instituts  in 
Athen  II  S.  319)  ergänzend  angemerkt  wird,  nach  hLY.rj  ge- 
schrieben werden  könnte.  Also  in  den  sieben  Wettkämpfen  zu 
Helos  und  in  den  acht,  welche  zu  Ehren  der  noch  unbekannten 
Ariontia  abgehalten  wurden,  siegte  Damonon  sowohl  mit  seinem 
Füllengespann  als  auch  mit  seinem  Rennpferd. 

Zu  bemerken  ist  übrigens,  dass  nach  Tansanias  V,  8,  3 
Rennen  für  Füllengespanne  in  Olympia  erst  seit  Ol.  99  einge- 
führt wurden.  Anderswo  muss  das  also  wohl  schon  eher  ge- 
schehen sein. 

Schliesslich  will  ich  noch  darauf  hinweisen,  dass  der  Diph- 
thong OL  im  Poseidonnamen  den  Arkadern  mit  den  Lakoniern 
gemeinsam  war.  Neben  Iloooidävog  auf  der  schon  früher  be- 
kannten tegeatischen  Inschrift  Rang.  2238.  Lebas  335*  stellt 
sich  auf  der  von  Foucart  gefundenen  Inschrift  von  Mantinea 
(Lebas  352p)  noaoiö[a]iag,  wie  für  IloGoidXiag  auch  Röhl 
(Mittheilungen  des  Instituts  in  Athen  I  S.  233)  vermuthet. 
Leipzig.      •  R.  Meister. 


Die  lateinischen  Praesentia  auf  -Uo. 

Ueber  die  Bildung  der  lateinischen  Präsentia  mit  dem 
Ausgange  -Uo  herrscht  keine  Uebereinstimmung  der  Ansichten. 
Corssen  erklärt  Krit.  Beitr.  307  £  Voc.2  I  225  das  //  von 
fallo  cello  jJßlio  pollit  tollo  aus  Ij,  das  von  veMo  aus  Iv,  Voc.  II 
158  dagegen  das  letztere  aus  In,  mit  Zustimmung  G.  Meyers 
(Nasalstämme  S.  lOG),  der  die  gleiche  Entstehung  des  II  ausser- 
dem auch  m\eello  „rage"  annimmt,  Curtius  scheint  zu  einer 
abgeschlossenen  TJeberzeugung  in  der  Frage  nicht  gelangt  zu 
sein,  wenn  er  Grundz.  ^  S.  220  bemerkt,  dass  tollo  „vielleicht" 
mit  Corssen  aus  toljo  zu  erklären  sei,  oder  Verb.  I  290  die 
Identificirung  von  ocfdllco  und  fallo  nur  unter  der  Bedingung 
für  möglich  erklärt,  dass  auch  im  Lateinischen  gelegentlich  Ij 
zu  II  werde.  Auch  Schleicher  (Compend.^  §.  293)  schwankt; 
er  hält  es  für  das  Wahrscheinhchste,  dass  die  genannten  Verba 
zur  Ja-Classe  gehören,  lässt  aber  die  Möglichkeit  offen,  dass 
ihr  //    aus   hi   assimilirt    ist;   eine   dritte    von   ihm   aufgestellte 


286  F.  Froh  de 

Vermuthung,  dass  vielleicht  das  Lateinische  die  Verdoppelung 
selbst  als  eine  ihm  eigentümliche  neue  Art  der  Präsensverstär- 
kung gebraucht  habe,  lässt  sich  nicht  weiter  begründen.  Fick 
endlich  (zuletzt  in  dieser  Zeitschrift  II  207)  neigt  dazu,  in  dem 
II  der  bezeichneten  Präsentia  nichts  weiter  zu  sehen  als  eine 
durch  geschärfte  Aussprache  aus  einfachem  l  entstandene  Ver- 
doppelung. 

Ich  versuche  im  Folgenden  den  Nachweis  zu  führen ,  dass 
dieses  II  Assimilation  aus  In  ist,  und  werde  zu  diesem  Behufe 
zuerst  die  Entstehung  des  II  im  Lateinischen  einer  eingehende- 
ren Untersuchung  unterwerfen.  Da  nun  aber  das  II  von  meh- 
reren in  Rede  stehenden  Bildungen  auch  in  abgeleiteten  Ver- 
ben und  Nominalformen  erscheint,  so  wird  es  zweitens  nötig 
sein  festzustellen,  in  wieweit  im  Lateinischen  die  hier  in  Be- 
tracht kommenden  Präsensstämme  als  Nominalstämme  gebraucht 
werden.  Ich  werde  dann  drittens  zusammenstellen,  was  sich 
von  Seiten  der  Etymologie   für  meine  Auffassung  ergiebt. 

I.    Die  Entstehung  des  iL 

II  entsteht  im  Lateinischen  auf  zweifache  Weise:  1.  durch 
geschärfte  Aussprache  aus  /;  2.  durch  Assimilation. 

1.     II  aus  1. 

Nicht  überall,  wo  sich  II  neben  l  findet,  ist  dasselbe  aus 
diesem  durch  geschärfte  Aussprache  entstanden ;  häufig  ist  um- 
gekehrt l  aus  U  durch  Vereinfachung  der  Doppelconsonanz  her- 
vorgegangen. Eine  solche  tritt  indess  nur  ein  in  zwei  Fällen: 
1.  bei  vorhergehenden  von  Natur  langen  Vocalen,  nach  denen 
II  nicht  sprechbar  war;  2.  nach  kurzem  Vocale  bei  folgendem 
/.  weil  „vor  diesem  das  zweite  l  in  der  Verbindung  lli  zu  schwach 
mitklang,  um  deutlich  gehört  zu  werden  und  daher  häufig  nicht 
geschrieben  wurde"  (Brambach,  Neugestaltung  der  lat.  Ortho- 
graphie p.  258).  Entstehung  des  l  aus  //  ist  für  folgende  Wör- 
ter anzunehmen: 

haVtStmcius  (Or.  inscr.  4066)  neben  baufMa  (Schneider  Lat. 
Gramm.  I  409,  Brambach  Hülfsbüchlein  für  lat.  Rechtschrei- 
bung p.  27).  Das  Wort  stammt  von  ßaXki^M  in  der  vorauszu- 
setzenden eigentliclum  Bedeutung  „werfen".    ^^ 

Duilms^ehen  DuH^iti.^,  alt  DiieHi^s  (Brambach  a.  0.  p.  35) 


Die  lateinischen  Präsentia  auf*  -llo.  287 

Der  Name  ist  abgeleitet  von  du\llum ,  dessen  //  jedenfalls  auf 
Assimilation  beruht.  Das  nämliclte  Schwanken  zwischen  l  und 
II  zeigt  sich  auch  in  anderen  Namen  (bei  Schneider  a.  0.  408, 
Corssen  Voc.  I  227),  deren  Grundstämme  grösstenteils  verschie- 
den angesetzt  werden  können.  Vereinfachung  der  Doppelconso- 
nanz  ist  wol  anzunehmen  in  Figelia ,  Caerelia  neben  Figellius 
Caerellius,  die  auf  den  Deminutivstämmen  pgello-  caeseUo-  be- 
ruhen. Ebenso  wird  zu  urteilen  sein  über  Aqiulms  (Ellendt  zu 
Cic.  de  or.  II  45,  188)  neben  AqiiüUus  (Klotz  Jahrb.  f  Phil. 
Bd.  17,  202»,  für  die  sich  leicht  ein  Deminutivstamm  ^aquillo- 
aus  *aquilu-lo  von  aquüiis  (Paul.  Epit.  p.  2&)  construiren  lässt. 
Neben  ButUius  ist  kein  *.Ri(tillms  überliefert,  muss  aber  wol 
vorausgesetzt  werden,  wenn  man  nicht  annehmen  will,  dass 
das  i  durch  die  falsche  Analogie  von  Namen  wie  Sennlius 
Manilius  hervorgerufen  ist;  Schmidt's  Ansicht  (Voc.  II  346), 
dass  l  auch  im  Lateinischen  dehnende  Kraft  ausübe,  scheint 
mir  durch  die  dafür  angeführten  Beispiele  belua  und  ■pülex 
nicht  bewiesen  (s.  u.).  Wenn  PH^h(s  unmittelbar  y^on  jjetUus 
„düniv^ager"  stammt,'  so  muss  in  7^?i<(Zms  Entstehun^*'^4ßs  II 
aus  i  ang*§Bommen  w^^en.  Noch  unklarer  sind  die  Grunds^ 
stamme  von  LncAlms  Po2)ffi%s  u.  a.,  neben  denen  Lucillius  Po- 
pillius  bestehen. 

zlico  (Ritschi  zu  Plaut.  Trin.  608)  für  illico  aus  in  loco 
„auf  der  Stelle". 

Messälina  (Lachmann  Comment.  Lucret.  p.  32)  neben  Mes- 
salla  aus  '^Messänula  wie  HlsjxtUus  aus  *Hispdnulus  (Corssen 
Voc.  II  531).  Für  MessaUa  findet  sich  auch  Messäla,  während 
Hispälus  schlecht  bezeugt  ist  (Brambach  a.  0.  p.  47). 

mustela  aus  mnstella  (Plaut.  Stich.  499  R.).  Das  Wort 
entstand  aus  *mustedida,  einer  Bildung  wie  acredida,  ficedula, 
monedula,  nifedula,  aus  dem  es  zusammengezogen  ist  wie  7ii- 
tella  (Mart.  V  37  ed.  Schneidewin)  aus  nitedula  (Lachmann 
a.  0.  p.  204) ;  das  bei  Plin.  bist.  nat.  8,  57  ed.  Sillig  überhe- 
ferte  nitela ,  welches  von  Lachmann  (a.  0.  p.  33)  verworfen 
wird,  verhält  sich  zu  nitella  wie  mustela  zu  mustella.  Die 
Schreibung  mit  //  ist  die  etymologisch  richtige,  denn  dl  wird 
im  Lateinischen,  ausser  etwa  nach  Diphthongen,  regelmässig  II, 
wie  die  Formen  grallae  rcdlum  sella  lapillus  pelluvlum  Bullus 
(W.  rudh)  TuUus  (W.  tud  in  Tudümms)  beweisen;  fUum 
kann  weder  für  '^ßd-Jmn  stehen   und  mit  fides  „Saite"  verwant 


288  F.  Fröhde 

sein,  noch  lasst  es  sich  von  W.  hhandli,  die  in  offendimenttim 
und  offendices  erscheint  (Schmidt  Voc.  I  127),  ableiten,  sondern 
ist  wahrscheinlich  mit  Fick  (Beitr.  II  188)  zu  lit.  g/ßla  „Sehne" 
zu  stellen.  Gewöhnlich  erklärt  man  seala  aus  *scandla;  es 
hindert  aber  nichts  die  Annahme,  dass  das  Wort  aus  *scmul-sla 
durch  die  Mittelstufen  '^scansla  *scasla  entstand  (wie  pilum  vi- 
lis  u.  a.  aus  *pinslmn  *vislis)  und  das  Suffix  sla  (in  äla  mala 
pdlus  telum  velum  u.  a.)  enthält,  über  welches  Osthoff  (Forsch. 
I  p.  190  if.)  zu  vergleichen  ist.  Ebenso  muss  j)äla  „Spaten" 
erklärt  werden,  wenn  es  mit  Osthoff  (a.  0.  p.  163)  zu  pando 
und  nicht  wie  ixtstinum  zu  W.  pas  in  ksl.  pachati  (ob.  I  195) 
zu  ziehen  ist.  Dagegen  kann  caelum  „Meissel"  für  *caed-lum 
stehen ,  weil  U  nach  dem  Diphthongen  nicht  sprechbar  war.  — 
/  olim  neben  oUus  ,, jener".  Das  Jl  des  letzteren  entstand 
/aus  nl,  ist  also  ursprünglicher;  der  Grundstamm  ono-  ent- 
I  spricht  dem  lit.  ana-  skt.  ana-  (P'ick  Wörterb.  I  122). 
'  paelex  pelex  aus  pellex.  üeber  die  Schreibung  vgl.  Fleck- 
eisen Fünfzig  Artikel  23).  Das  Wort  ist  das  griechische  rcäl- 
la§;  wäre  es  acht  lateinisch,  so  würde  die  Vereinfachung  der 
Doppelconsonanz  nicht  eingetreten  sein.  Wegen  des  Vocals 
vgl.  pessulus:  Jtdaaalog. 

Paidina  2)aulisper  paulatim  paulo  neben  Pmdlus  Paidla 
Polla.  Die  Schreibung  der  Wörter  schwankt;  genauere  Nach- 
weise gibt  Corssen  Voc.  II  531.  1025.  Das  U  muss  etymolo- 
gisch begründet  sein,  denn  an  Entstehung  durch  geschärfte 
Aussprache  nach  dem  Diphthonge  ist  nicht  zu  denken.  Cors- 
sen erklärt  den  Stamm  pjaullo-  wol  richtig  aus  pau-lu-lo,  wie 
Stella  hilla  stilla  u.  a.  aus  *stelu-la  *hilu-la  *stüida  (aus  *sterida 
*hirula  *stirula)  entstanden.  Andrerseits  wird  Lachmanns  Er- 
klärung des  II  in  paullo  aus  cl  durch  Corssens  Einwand,  dass 
e  vor  l  nicht  ausfalle,  wie  deutlich  zeigen  sollen  die  [dichteri- 
schen] Formen  periclum  poclutn  oraclum  u.  s.  w.  (Voc.  I  641  A.), 
nicht  widerlegt;  denn  II  entstand  aus  cl  in  villa  aus  *incula 
und  in  vervella,  Deminutivum  von  vervex.  Das  Deminutivum 
pauxillus  ist  wol  Analogiebildung  nach  den  ganz  verschiedenen 
paxillus  axilla  u.  s.  w. 

Polio  neben  besser  bezeugtem  PoUio  (Brambach  Neugest. 
p.  260).  Der  Name  wird  abzuleiten  sein  von  polleo,  dessen  II 
aus  In  entstand  (s.  u.).  ""^  " 

Solitaurilia  (Festus    p.  293  M.)  neben  sollus;  vgl.  Corssen 


Die  lateinischen  Präsentia  auf  -llo.  289 

Beitr.  316.  Das  II  des  letzteren  ist  Assimilation  von  Iv ,  also 
ursprünglicher.  Schlecht  bezeugt  sind  die  Formen  solers  soli- 
curia  soliferreus  solemnis  für  sollers  u.  s.  w.  (Corssen  a.  0. 
Voc.  I  225,  Brambach  Hülfsbüchlein  p.  GO). 

vilicus  (Ritschi  Prol.  p.  102,  Brambach  a.  0.  p.  65)  für 
villieus,  wie  Ellendt  Cic.  de  or.  I  58  schreibt,  von  villa,  dessen 
II  auf  Assimilation  beruht  (s.  o.). 

Keine  Gewähr  hat  Lachmanns  stilicidium  (Brambach  Neugest. 
p.  260).  Andere  Wörter  sind  etymologisch  unklar  und  lassen 
daher  nicht  erkennen,  ob  die  Schreibung  mit  einfachem  oder 
die  mit  doppeltem  l  die  ursprünglichere  ist.  Allia  Alliensis 
sind  besser  bezeugt  als  Alia  (bei  Plut.  lAliag)  und  Äliensis 
(Wagner  Orth.  Vergil.  415,  Brambach  Hülfsbüchlein  p.  24); 
ebenso  ist  die  Ueberlieferung  für  die  Schreibungen  Sallustms 
(Schneider  a.  0.  p.  414)  und  Sallentini  (Brambach  a.  0.  p.  59); 
stelio  dagegen  (Lachmann  a.  0.  p.  33)  wird  von  Brambach 
(a.  0.)  mit  Recht  verworfen. 

Andrerseits  nun  ist  II  aus  l  durch  Schärfung  der  Aus- 
sprache entstanden  in  folgenden  Wörtern: 

allium  aus  älkim.  Dieses  ist  die  ältere  Form,  überliefert 
z.  B.  Plaut.  Most.  48  R.  (Brambach  Hülfsbüchlein  p.  24,  Wag- 
ner Orthogr.  Vergil.  416);  die  jüngere  Form  allium  z.  B.  Plin. 
h.  n.  19,  6  wird  von  Probus  verworfen.  Das  Wort  ist  abge- 
leitet von  älmn  „wilder  Knoblauch"  und  wol  verwant  mit  skt. 
älü  „Wurzelknolle"  (P.  W.  V  1122).  Zusammenhang  mit  aXläg 
„Wurst"  ist  nicht  erwiesen. 

altitclnari  nebett~afecm«r/.  "--^handschriftlich  sind  beide  For- 
men gleich  gut  bezeugt  (Brambach  a.  0.  p.  24).  Die  Etymo- 
logie entscheidet  für  die  Priorität  des  einfachen  l,  denn  der 
Stamm  ähi-,  von  dem  das  Wort  abgeleitet  ist,  entspricht  (vgl. 
Cloatius  yerus  bei  Gellius  16,  22)  dem  griech.  «Av-  in  dhvta^ 
dessen  a  bei  Homer  mit  Ausnahme  einer  Stelle  t  398  aller- 
dings kurz,  bei  den  attischen  Dichtern  dagegen  z.  B.  Soph. 
Phil.  173.  1194  Electra  135  Dind.  lang  ist.  Die  Länge  er- 
scheint ferner  in  i]Xa6g  {cpqsvag  ß  243),  welches  sich  zu  tjXv- 
verhält  wie  ddelq^eog  zu  deXipv-,  i^id^eog  skt.  indhdva  zu  skt. 
vidhüy  hang  zu  eVü-  in  tTV(.iog  u.  a.  ahm)  bedeutet  ,>«i;^irrt, 
aussie¥--.§ich  sein  vor  Schmerz  oder  Freude"  und  stimmt  so  wei- 
ter zu  altn.'^fi^;^  „trüTiken"  (Meiti  laetitia  convivalis. 

hellna  aus  belua  (Brambach  a.  0.  p.  27).     Die  spate  Schrei- 

Deiträge  z.  Kiiade  d.  ig.  SprarhGu.  lil.  j^Q 


290  F.  Fröhde 

bung  mit  II  verdankt  ihren  Ursprung  wol  der  Ableitung  von 
bellum  (Paul.  Epit.  p.  33 ;  vgl.  Schneider  Lat  Gramm.  I  410). 
Job.  Schmidt  (Voc.  II  347)  versucht  das  einfache  l  etymolo- 
gisch zu  begründen,  indem  er  das  Wort  mit  gr.  cpdkXr]  (fä'kr] 
identificirt  und  dieses  aus  (fäXfrj  erklärt.  Von  Seiten  der  Be- 
deutung ist  diese  Etymologie  sehr  ansprechend,  in  lautlicher 
Beziehung  jedoch  nicht  ohne  Bedenken.  Namentlich  finde  ich 
kein  Beispiel,  welches  bewiese,    dass  das  Suffix  va  sein  /;  nach 

I  im  Lateinischen  vocalisirte,  denn  dichterische  Formen  wie 
silua  jMms_^}}^iviV  pelvis  (Laber.,  Caecil.  bei  Nonius  p.  543,  27) 
sind  für  belua  natürlich  nicht  beweisend,  während  Iv  eine  im 
Lateinischen  sehr  beliebte  Lautverbindung  ist.  Auch  Schmidts 
Erklärung  der  Länge  des  e,  die  er  der  dehnenden  Kraft  des  l 
zuschreibt,  überzeugt  nicht,  weil  sichere  Beispiele  für  eine  auf 
solche  Weise  entstandene  Vocallänge  im  Lateinischen  fehlen; 
Pictets  Vergleichung  von  j^^lex  mit  skt.  ptilaka  „eine  Art  Un- 
geziefer" (vgl.  Curtius  Grundz.  ^  N.  562)  gilt  mir  als  ein  sol- 
ches nicht. 

calUdus  „weissstirnig"  aus  ^'cCiUdus  umbr.  kaleruf  q^Wx^os 

(Aufrecht    u.   Kirchhoft'    II   210,    Job.  Schmidt    Voc.  II    354). 

, Weitere  Combinationen  bei  Schmidt  a.  0.  und  Fick  Beitr.  II  197. 

cucullus  „Hülle"  neben  skt.  kükuki.  „Hülse"  (Schmidt  a.O. 

II  226).  Das  abgeleitete  cla:r>Hllo  wird  bei  Cato  r.  r.  2,  3  mit 
einfachem  l  g'Ssebrieben,  welches  entweder  ursprünglich  oder  vor 
dem  i  aus  U  entstaffden  ist. 

{cücntkiä  „Kukvii^"  (Hör.  Serm.  I  7,  31  Holder)  neben  äl- 
terem cucülus  (Plaut.  Trin.  245  R.).  Etymologisch  lässt  sich 
die  Priorität  des  /  nicht  sicher  begründen.  Entweder  entstand 
das  Wort  aus  ^'awüg-lits  und  beruht  auf  dem  im  gr.  zdxxt'^ 
erscheinenden  Stamme  x^SMug/-,  oder  es  stammt  von  der  Wur- 
zel cncu-  lit.  k^^ö^^X^iixtiusN.  HG,  Fick  Wörterb.  I  50)  di- 
rect  ab.  ^'**" 

-ella-  aus  -ela.  Die  ältere  Form  des  Suffixes  ist  -ela 
(Schneider  Gramm.  I  414,  Brambach  Neugest.  p.  259);  sie  hat 
sich  bis  in  die  sinkende  Kaiserzeit  erhalten  bei  vorhergehender 
langer  Silbe    (Lachraann  Comment.    Lucret.    p.  203):    candela 


*)  Wäre  niclit  das  griecli.  nekUi,  so  würdo  man  diese  Form  für 
die.  iilttrn  lialttn  und  mit  skt.  jmltivt  idfintificiren  dürfen;  pehu's  würde 
sich  zu  ilir  vorliaUen  wie  dicht.  7ni/vits  zu  miluus. 


Die  lateinischen  Präsentia  auf  -llo.  291 

cantela  corruptela  clientela  custodela  mandatela  suadela  sutela 
tiitela.  Dass  auch  in  den  bezüglichen  Bildungen  mit  vorherge- 
hender kurzer  Silbe  wie  querela  ehemals  einfaches  l  geschrie- 
ben wurde ,  bezeugt  Papirian  bei  Cassiod.  p.  2290  P.  ausdrück- 
lich: querela  apud  Latinos  per  unum  1  scribebatur,  sicuti 
suadela,  tutela,  candela.  ..  nunc  autem  etiam  querella 
per  duo  1  scribitur.  Hier  aber  trat  in  nicht  fest  zu  bestimmen- 
der Zeit  auch  //  ein;  querella  und  medella  finden  sich  im  Ed. 
Diocl.  (301  n.  Chr.)  und  in  nicht  datirbaren  Inschriften  bei 
Corssen  Voc.  I  22Q;  handschriftlich  bezeugt  ist  ohsequella  bei 
Plaut.  Asin.  I  1,  50,  fitf/ella  bei  Cato  (Prise.  I  88  H.),  querella 
bei'  Virgil  (Ribbeck  Prol.  429),  medella^  sequella  bei  Gel- 
lius  IV  13,  VII  1,  9H. ;  dagegen  confu(/ela  obsequela  bei  Paul. 
Epit.  39.  192,  fovela,  monela,  sequela  bei  TertuUian.  Die  Ver- 
doppelung des  l  kann  durch  die  falsche  Analogie  der  Deminu- 
tiva  auf  ella,  von  denen  die  überwiegende  Mehrzahl  gerade 
kurze  Stammsilbe  zeigt  wie  capella,  tahella,  ecdella ,  patella  u.s.  w., 
hervorgerufen  sein.  Es  fragt  sich  nun,  wie  die  Länge  des  e  in 
dem  Suffixe  zu  erklären  ist.  Da  ich  ela  für  die  ältere  Form 
desselben  halte,  so  kann  ich  der  Ansicht  Schmidts,  der  (Voc. 
II  360  A.)  ella  dem  gr.  eiylrj  z.  B.  in  ysvad-lrj  gleich  setzt, 
nicht  zustimmen,  denn  f-Laut  +  /  wird  im  Lateinischen  II 
(s.  o,),  ein  durch  Assimilation  entstandenes  U  aber  bleibt  ausser 
in  den  bezeichneten  Fällen  erhalten;  die  Formen  Duelonai 
tahelai  im  SC.  de  Bac.  können  hier  natürlich  nicht  in  Betracht 
kommen,  auch  helvela  bei  Paul.  Epit.  103  muss,  wenn  es  rich- 
tig überliefert  und  nicht  helvola  zu  lesen  ist,  aus  der  Zeit  stam- 
men, wo  die  Doppelconsonanz  nicht  geschrieben  wurde.  Ein 
dem  des  Suffixes  -ela  vergleichbares  e  zeigen  im  Lateinischen 
zwei  Klassen  von  Wörtern:  1.  Ableitungen  von  Verbis  auf  eo 
esco  2.  solche  von  S-Stämmen.  Zur  ersten  Art  gehören  For- 
men wie  acelum  moneta  obsoletus  quietus  valetudo  mucedo  rare- 
facio  fridicetum  arhoretum.  Da  nun  einem  Teile  der  Nomina 
auf  -ela  solche  Verba  zur  Seite  stehen :  candela  fovela  medela 
monela  nitela  suadela  assldda  (Paul.  Epit.  p.  19),  so  steht  der 
Ansicht  Schleichers  (Comp.*  §.  220),  dass  die  Stämme  snade- 
cande-  u.  s.  w.  in  mede-la  cande-la  und  in  suadeo  candeo  iden- 
tisch seien,  nichts  entgegen;  die  übrigen  Formen  wären  als 
Analogiebildungen  anzusehen,  wie  sie  auch  Schmidts  Auffassung 
anzunehmen    nötigt.       Indes    scheint    mir   folgende    Erklärung 

19* 


292  F.  Fröhde 

den  Vorzug  zu  verdienen.  Die  lateinische  Sprache  besitzt  eine 
grosse  Anzahl  von  femininen  S-Stämmen,  die  sich  teils  an 
Verba  der  zweiten,  teils  an  solche  der  dritten  Conjugation  an- 
lehnen :  sordes  puhes  proles  scabres  tahes  u.  a.  —  caedes  lahes 
Ines  strues  vehes  u,  a.  Die  auf  solchen  Stämmen  beruhenden 
Ableitungen  zeigen  meist  e:  laMcula  nubecula  proletarms  fa- 
nielicus  fidelis.  Das  letzte  besonders  legt  die  Vermutung  nahe, 
dass  luela  in  ähnlicher  Weise  von  Ines  abgeleitet  ist ,  die  Grund- 
formen der  übrigen  Bildungen  auf  -ela  aber  durch  diese  ver- 
drängt wurden;  hdela  clientela  und  einige  andere  wüilien  auch 
nach  dieser  Auffassung  für  Analogiebildungen  gelten  müssen. 

fellare  neben  felare.  Ersteres  findet  sich  z.  B.  Martral. 
ed.  Schneidewin  XII  59.  79  XIV'  74  u.  öfter;  letzteres  ist 
nach  Bücheier  (Jahrb.  f.  Phil.  1863  S.  780)  die  besser  beglau- 
bigte Form.     Die  Priorität  des  l  wird  erwiesen  durch  gr.  -^-j^Aj/ 

^  &r]Xd^(o.     Es    erscheint   auch   in    filrm^^  ,,So._hn"    umbr.   feliv- 
„jung"   (von    Tieren),   wenn   diese   wie   lett.    d^}8.  „Sohn"  (Fick,^ 
Beitr.    II  213)    hierher   gehören    und   nicht    wegen    des    b   von 
messap.  Miras  alban.  bilj  „Sohn"  (Stier  KZ.  VI  147),  von  denen  \ 
sie  nicht  getrennt  werden  können,    auf  eine  mit  bh  anlautende  | 
Wurzel   zurückgeführt  werden^  müssen.      In   diesem  Falle  böte  1 
sich  skt.  bala  ,.jungv  junges   Tiei^Tfewibe"  mit  h  aus  bh  wie  es 
auch  J(t?flf  „Kraft;  Stärke"  zeigt,  verglichen  mit  gernr"'"&w^£<jt;in 

I  altn.  ^<^lT3^'-«trenuü§  "föiiiis  u.  a.;   keltische  Verwante  weist  nacft* 
JZimraer  KZ.  24,  210.     ""  ..-,-^-~-  ---^^      -^ 

I  '^  pttleus  pÜleum  neben  gr.  rcllog.  Vgl.  Fleckeisen  Fünfzig 
Artikel  25,  Curtius  Grundz.  ^  S.  277. 

Zweifelhaft  ist  es,  ob  gleicher  Ursprung  des  II  anzuneh- 
men sei  in  folgenden  Formen: 

n^Uuari  neben  U'&hij^-i.  Ross  (Rhein.  Mus.  VIII  296)  lei- 
tet das  Wort  von  gr^^^  x*T^^  iiol.  "jf^fl^g  aus  '^/tAyog  oder 
*XeXj^og  her,  so  dass  das  allerdings  besser  bezeugte  II  (Bram- 
bach  Hülfsbüchl.  p.  41)  durch  Assimilation  entstanden  und  also 
ursprünglicher  wäre.  Da  aber  ein  solches  II,  wie  gezeigt  ist, 
nur  in  bestimmten  Fällen  zu  l  vereinfacht  wird,  die  hier  nicht 
vorliegen,  so  vermag  ich  dieser  Erklärung,  die  auch  der  Bedeu- 
tung wegen  bedenkhch  ist,  nicht  beizutreten.  Viel  wahrschein- 
licher ist  Ficks  Ansicht  (Wörterb.  ^  s.  v>gtJT);v4ass  ^?'?«<<^7  die 
ursprüngHchere  Form  u;id  der  Stamm  helo-,  auf  dem  dasseft)e 
ruhen   kann,    dem   germC^Ö>»^r  jn    aj^?*^^ 


Die  lateinischen  Präsentia  auf  -llo.  293 

gleichzusetzen  sei ;  e  entsteht  in  voraugusteischer  Zeit  allerdings 
nur  in  der  Sprache  der  Landleute  aus  ai  (Corssen  Voc.  I  689), 
doch  liesse  sich  annehmen,  dass  europ.  haila-  im  Lateinischen 
zunächst   zu   ^'heüo-   (vgl.  z.  B.   altl,  veico  —  gr.  /o7xo-)   und 
dieses  zu  helo-  (vgl.  levis  =  leiog)  geworden  wäre.     Vielleicht  / 
aber  steht  fielo-  für  *hes-lo-  und  gehört  zu  skt.  <7^«*&,^freS3en",  j 
woher  ghfjsß   „Fresser"    cßctsmard  „gefrässig"    r/hikä   „Futter" 
gr.  ^*ii<j^  „Fölie^'"  (für  "^xsalog  wie  x'A^ot  aus  *x€oIiol). 
'-"^'  loUiffo   (Ysivro   1.  1.  V  79  M.    Cic.   de   div.  II  70,  145    ed. 
Giese)   neben   lolk/o    (Plaut.   Gas.  II  8,  58).      Etymologisch    ist 
das  Wort  dunkel;   dadurch   dass  letzteres   die  ältere  Form  ist, 
wird  die  Priorität  des  l  noch    nicht  erwiesen  (vgl.  olim  vilicus 
ilico). 

millia  (Gorssen  Voc.  I  226)  neben  milia  (Brambach  Neu- 
gestaltung 260;.  Gb  dem  einfachen  oder  dem  doppelten  l  die 
Priorität  zukomme,  könnte  nur  die  Etymologie  entscheiden,  und 
diese  lässt  im  Stich,  denn  Gorssens  Herleitung  des  Wortes  von 
skt.  -\/mil  „sich  vereinigen"  hat  nichts  Ueberzeugendes  und 
seine  Zusammenstellung  mit  f^iv^ia  (Havet  Memoires  de  la  soc. 
de  ling.  III  415,  J.  Schmidt  Voc.  II  368)  ist  wegen  der  laut- 
lichen Differenzen  sehr  wenig  wahrscheinlich. 

/  Unzulässig  ist  die  Annahme  derselben  Entstehung  des  II  in  I 
\jolla  neben  aula  und  osk.  hla-ni.  Zwar  liegt  es  nahe,  Iden-  | 
tität  der  beiden  Formen  anzunehmen,  da  aber  ollu  constant  mit 
doppeltem  /-  geschrieben  wird ,  während  sich  in  den  übrigen  Bei- 
spielen für  II  aus  l  stets  ein  Schwanken  in  der  Schreibung 
zeigt,  so  ist  das  Wort  mit  Gorssen  (KZ.  11,  360  Voc.  I  349) 
aus  ölu-la  zu  erklären  und  als  Deminutivum  zu  fassen.  Ebenso 
halte  ich  jetzt  die  Vergleichung  von 

pidlus  mit  gr.  TtioXog   und   got.  fula,  der  ich  früher  zuge- 
stimmt habe,   nicht  mehr  für  richtig,    sondern  stelle  das  Wort    ;; 
nebst  pükis  und  piitül.i(s    mit  Fick  (Wörterb.   I    147)   zu   skt. 
puk:a  „Junges"  ksl.  pnta  „junger  Vogel"  u.  a.     Ob  | 

'      ^ethis  mit  rtjUa  skt.  tala  ahd.  cMQ^(¥\ckdi.  0.  I  601)  ver-  I 

want  ist,   lasse  ich   dahingestellt;   jedenfalls   entstand  es  nicht  | 
aus  Ulus,  da  sein  II  fest  ist. 

Ueber  späte  Schreibungen  wie  mallo,  camelliis  u.  a.  für 
malo  camehis  vgl.  Schneider  a.  0.  p.  418. 

In  diesen  Fällen  entstand  U  aus  l  nach  langem  Vocale, 
der  dann  verkürzt  wurde.     Es  fragt  sich   nun,   ob  auch  nach 


.^' 


294  F.  Fröhde 

kurzem  Vocale  einfaches  l  durch  Schärfung  der  Aussprache 
verdoppelt  wird.  Corssen  Voc.  I  227  erklärt  so  das  U  der 
Formen 

rellkjio  relliquiae,  die  mir  anders  aufzufassen  scheinen. 
Die  Verdoppelung  des  Consonanten  hat  etymologischen  Grund 
in  den  Perfectbildungen  reccidi  repperi  reppuli  rettudi  rettuU, 
die  aus  ^rececidi  u.  s.  w.  entstanden,  indem  das  e  in  der  Um- 
gebung des  gleichen  Consonanten  ausfiel  (Buttmann  bei  Schnei- 
der a.  0.  I  598,  Neue  Formenl.  II  364,  Corssen  Voc.  II  407). 
Aehnlich  zu  beurteilen  sind  die  Praesentia  reddo  und  redduco? 
für  welches  letztere  sich  erst  seit  Catull  reduco,  bei  Plautus  an 
einer  Stelle  (Pers.  659)  reduco  findet,  das,  wenn  die  Ueberlie- 
ferung  richtig  ist,  aus  redduco  durch  Vereinfachung  der  Dop- 
pelconsonanz  unter  Dehnung  des  vorhergehenden  Vocals  ent- 
standen sein  muss  wie  credo  aus  *creddo.  Die  in  diesen  Compo- 
sitis  erscheinende  Form  der  Praeposition  red  darf  nicht  mit 
Corssen  Voc.  II  465  aus  *red  erklärt  und  als  Ablativus  be- 
trachtet werden,  da  ihr  e  stets  kurz  ist,  abweichend  von  dem 
von  Corssen  verglichenen  sed ,  sondern  ist,  wie  schon  Grass- 
mann (KZ.  23,  576)  erkannte,  aus  redt  hervorgegangen,  wel- 
ches in  redwivHS  erhalten  ist.  Das  i  von  redi  aber  ist  aus  Ö 
geschwächt,  wie  das  des  ganz  gleich  gebildeten  indi  in  indigena 
indigetes ;  vgl.  die  älteren  Formen  endo  (Ennius),  endojacito, 
endoitmm,  itidu,  induperator  (Ennius)  indugredl  {Lucrei.)  u.  s.  w. 
"Wie  indi  den  Endvocal  vor  Vocalen  abwirft  in  indoles  induo 
u.  a.,  so  auch  redi  in  redeo  redarguo  u.  a.  Demgemäss  ent- 
standen reddo  und  redduco  aus  *redido  ^redidtico  wie  retuli  aus 
*retetuli,  Stella  aus  *stelula  (^stenda),  Formen  wie  dixti  aus 
dixisti  (Corssen  Voc.  II  560).  Auch  in  rellatum  (Terent.  Phorm. 
Prol.  21  Lucret.  II  1001  lex  Thor.)  muss  das  II  etymologischen 
Grund  haben.  Da  latus  aus  *tlatus  =  xhjzoq  entstanden  ist, 
80  wird  man  am  einfachsten  annehmen,  dass  rellatum  altes 
*retlatum  reflectirt,  obwohl  es  auch  durch  *redlatum  aus  *re- 
dilatum  geworden  sein  könnte  wie  pelluvium  aus  '*pediluvium. 
Auf  Grund  dieser  Formen  nun,  in  denen  die  Verdoppelung  des 
Consonanten  etymologisch  begründet  ist,  haben  die  dactylischen 
Dichter  auch  eine  Anzahl  von  Compositis  mit  re  wie  relUg/o 
relliquiae  rellicims  (Lucret.,  vgl.  Schneider  a.  0.  p.  584)  rec- 
ceptus  rellictus  (Lucil.)  u.  a.  mit  doppeltem  Consonanten  ge- 
schrieben (Schneider  a.  0.,  L.  Müller  de  re  metr.  p.  362,  Cors- 


Die  lateinischen  Präsentia  auf  -llo.  295 

sen  Voc.  II  466)  Es  ist  also  die  falsche  Analogie,  welche  diese 
Formen  ins  Leben  rief,  nicht  Schärfung  der  Aussprache,  noch 
auch  allein  metrischer  Zwang,  der  bei  receptus  relictus  ja  über- 
haupt nicht  vorlag.  Ebenso  ist  über  reicere  (Lucret.  II  714) 
reiciat  (V  641  VI  81)  rejeefa  (II  110)  zu  urteilen,  nur  dass 
hier  die  ungebräuchliche  Doppelconsonanz  jj  vereinfacht  und 
daher  der  kurze  Vocal  gedehnt  wurde. 

Als  ein  Beispiel  für  II  aus  l  nach  kurzem  Vocal  führt 
Schneider  (a.  0.  p.  412)  PaUafiimi  an  mehreren  Stellen  des 
Martial  an,  wo  Schneidewin  richtiger  Pälatium  schreibt  (vgl. 
Pälatualis  bei  Ennins  Ann.  225  Vahlen).  Das  wurzelhafte  a  des 
Wortes  ist  kurz,  wie  auch  skt^9WK«  „Burg"  beweist,  mit  dem  es_ 


stammgleich  ist;  vgl.  palatia  caeli  (Ovid.  Met.  I  76)  „HimmelS' 
bürg",  Pälatium  imperii  arx  (Tac.  Hist.  III  70)  u.  a.'-Terünons 
Palatinus  ist  der  Burgberg,  dem  von  püra  abgeleiteten  pm^m, 

'T^niTSer  "Burg  bfefindlich"   entspricht  griech.  IlaXXäg  aus  JlaX^    ' 

Jdd-g   „Burggöttin";  vgl.  TToXiag. 

"^'^   Die  Entstehung  des  U  aus  I  nach  kurzem  Vocale  wird  also 
durch  diese  Beispiele  nicht  bewiesen. 

Das  Resultat  der  vorstehenden  Untersuchung  ist  der  An- 
nahme P'icks,  dass  die  Praesentia  fallo  cello  pello  vello  u.  s.  w. 
für  *fälo  *celo  *pelo  *velo  stehen,  nicht  günstig,  da  ihr  II  con- 
stant  ist,  in  den  nicht  eben  zahlreichen  Wörtern  aber,  in  denen 
man  Grund  hat,  Entstehung  des  II  aus  l  anzunehmen,  beide 
Schreibungen  neben  einander  bestehen. 

2.     11  durch  Assimilation  entstanden. 

Die  zahlreichen  durch  Assimilation  besonders  aus  rl  nl  dl 
entstandenen  II  in  secundären  Ableitungen  dürfen  hier,  als  für 
die  vorliegende  Frage  nicht  in  Betracht  kommend,  übergangen 
werden.  Auch  kann  in  den  Präsensbildungen  auf  -llo  von  ei- 
ner regressiven  Assimilation,  wie  sie  in  ralhim,  sella  u.  a.  er- 
scheint, nicht  die  Rede  sein,  da  ein  präsensbildendes  l  nicht 
existirt.  Durch  progressive  Assimilation  nun  entsteht  II  im  La- 
teinischen aus  Is  It  Iv  In,  nicht  aus  Ij. 
1,  II  ==  Is. 

Diese  Assimilation  nehme  ich  mit  Corssen  (Beitr.  308)  und 
Anderen  an  in 

collus  Collum  =  germ.  halsa-  „Hals"  und  in  velle  aus  *velse. 

Dass   für   letzteres   etwa   die  Mittelstufe  *velere  vorauszu- 


296  F.  Froh  de 

setzen  sei,  ist  deshalb  unwahrscheinlich,  weil  die  Form  gewiss 
schon  vor  dem  Eintreten  des  Rhotacismus  bestand.  Bugge 
(Jahrb.  f.  Phil.  1872  S.  107)  erklärt  auch  das  II  von  vello  aus 
wurzelhaftem  Is,  weist  aber  eine  entsprechende  Wurzel  idg.  vars 
nicht  nach;  eine  solche  enthält  das  in  der  Bedeutung  nicht  zu 
fern  liegende  verro  gr.  qvoTätio  germ.  werran,  jedoch  ist 
schwerlich  anzunehmen,  jedenfalls  nicht  zu  beweisen,  dass  verro 
und  vello  ursprünglich  identisch  seien. 
2,  II  =  lt. 

Diese  Assimilation  wird  man  anerkennen  müssen  in  den 
Superlativen 

facillimus  gracillimus  humillimus  simillimus,  in  denen  An- 
dere mittelbaren  Uebergang  des  It  in  II  annehmen.  Is  ist  im 
Lateinischen  stets  unursprünglich  wie  rs;  wo  es  sich  findet 
(vgl.  celsus  nmlsum  u.  s.  w.),  ist  es  aus  II  hervorgegangen.  Ein 
so  entstandenes  Is  aber  bleibt  in  der  Regel  erhalten,  und  es 
wäre  eine  Unregelmässigkeit,  wenn  in  den  bezeichneten  Super- 
lativformen aus  It  entwickeltes  secundäres  Is  sich  weiter  zu  II 
gestaltet  hätte.  Ebenso  muss  in  den  jedenfalls  in  gleicher 
Weise  zu  erklärenden  Superlativen  auf  errimus  unmittelbarer 
Uebergang  des  rt  in  rr  angenommen  werden.  Zwar  gibt  es 
für  diese  Assimilation  im  Lateinischen  sonst  kein  Beispiel,  aber 
es  fehlen  solche  auch  für  rr  aus  secundärem  rs;  auch  die 
Superlativendung  issimus  ist  insofern  unregelmässig,  als  ihr  ss 
aus  ursprünglichem  st  zwischen  Vocalen  enstanden  ist  (s.  o.  I 
205).  Curtius  bei  Schleicher  Comp.  *  S.  255  vermutet,  dass  die 
Formen  celerrimus  facillimus  u.  s.  w.  aus  *celeristimus  *faci- 
listimus  durch  die  Mittelstufen  "^celerstimus  *facilstimus  hervor- 
gegangen sein.  Diese  Erklärung  würde  die  angeregten  Schwie- 
rigkeiten beseitigen,  aber  man  sieht  keinen  Grund,  warum 
*celeristimus  *facilistimus  nicht  ebensowol  zu  *celerissimus  *fa- 
cilissimus  geworden  sind  wie  *nohiUstimus  zu  nohiUssimus. 

It  scheint  ferner  zu  II  geworden  in 

mell-  =  gr.  (xeXir-   goth.  ^mt^^  und  in  dem  den  Eindruck 
*  gleicher  Bildung  machenden    n        ^ 
\         feil-  =  skt.  Tittr4CKth*äQ^,g^\\c\\''  skl.  zlüti  „Galle"  (Cur- 

\tiu8  N.  200).  \         -- 

I  ?,,ll  ^  Iv.  ^ 

Corssen  (Beitr.  313  ff.  Voc.  I  225)  nimmt  diese  Entstehung 
des  II  an  in  sollus  nebst  sollers  sollemnis  solUferreus  sollicitus, 


Die  lateinischen  Präsentia  auf  -Uo.  297 

palleo,  pollen,  pellis,  valhim,  vallus,  vallis,  vello,  mollis,  die  ich 
grösstenteils  anders  auffasse.  Iv  ist  im  Lateinischen  eine  sehr 
beliebte  Lautfolge,  was  Fick  bestimmt,  die  Assimilation  dessel- 
ben zu  II  überhaupt  zu  bestreiten ;  vgl.  jedoch  Corssen  Sprachk. 
212.     Für  sicher  halte  ich  die  beiden  Gleichungen: 

sollus  =  gr.  oXoQ  ion.  ovXog  skt.  sdrva  (Curtius  N.  662, 
Corssen  a.  0.  Sprachk.  a.  0.,  Fick  Wörterb.  I  228)  und 

pallo-  in  palleo  iKillor  pallidns  =  germ.  falva-  lit.  pälvas 
(Curtius  N.  352,  Corssen  a.  0.).  Zweifelhaft  ist  Corssens  Ver- 
bindung von  pollen  und  pulv-is  „Staub";  letzteres  gehört  zu 
skt.  cdrvati  „zermalmen",  woher  cürna  „feiner  Staub,  Mehl, 
Pulver",  mit  p  —  skt.  c  wie  öfter. 
4,  II  =  In. 

Aus  In  entstand  II  in  folgenden  Wörtern:  | 

lm{la  „Wasserblase"  =  germ.  ^dtrUii:;^  aus  *bf)lm  in  ahd.  J 
polla  „Wasserblase"  altn.  bblLa  ebullire  (Schmidt  Voc.  II  . 
225).  Weigand\^( Wörterb.  1  192)  erklärt  das  althochdeutsche  ; 
Wort  für  entlehnt.  In  diesem  Falle  würde  sich  hulla  mit  ahd.  ! 
quellan  verbinden  lassen,  dessen  II  aus  In  entstanden  sein  kann.  [ 

callus  callum  „verhärtete  Haut,  Schwiele,  Schwarte"  =  skt.  * 
kina  ,, Schwiele"    aus  *karna  (Bezzenberger  Beitr.  III    131  A.). 

cella  „Kammer"  =  skt.  girind  „Kammer";  vgl.  garana 
„Schutzdach,  Hütte"  (Schmidt  Voc.  II  251).  Das  mit  girind 
gleich  gebildete  altind.  *t)»*^i^,,RiiMi«asl"  entsjjtwktv  dem  ahd. 
rimmcn-  „tü?t4^1"!''""*^' " ^.....'•-.      -^..,.,,,     ,....,._ 

c^rt^  „Hügel"  =  gr.  /.oXcüvog  lit.  ^?W>i<j^  ,3^1^"  (Cur- 
tius Grundz.   N.  6S,  Fick  Wörterb.  I  528).  ' 

cüTtmt^  „Sack"  —  gr.  -ji^kuk  xöTlf^^Qc  „Scheide".  Ein 
Grund,  das  lateinische  Wort  für  entlehnt  zu  halten,  liegt  nicht 
vor;  vielmehr  spricht  gegen  diese  Annahme  der  Umstand,  dass 
dasselbe  nie  die  Bedeutung  von  yioXsog  hat.  Sind  aber  die 
Wörter  urverwant,  so  lassen  sie  sich  nur  aus  einer  Grundform 
*cohieJos  oder  *colvejos  herleiten;  letztere  ist  unwahrscheinlich, 
üeber  die  Schreibung  cüleiis  vgl.  Brambach  Hülfsb.  S.  32^ 

foHMß  aus  ^ibkips  —  germ.   bcdla-  aus  B^*i(i-  in  mhd.  "?>is(Z 
„Ball"  ahd.  ftofi^-«-  folUculus  u.  a.  (Schmidt  Voc:'  II  225). 
^'-—'(jdllus  „Hahn"  aus  '^'galHo-  ^  ßevm.  kalla-  aus  '^'kalna-  in 
f  alti^'^^fcwi^  „das"~Rlrföa^_Schreieu"    kalla   SijS^^ii^ckallon    „rufen, 

schreien";  vgl.  skt.  grnä'ti  „rufen". 
Mattes  „Häminef",   malleolus  „Brandpfeil"   aus  *malnejos 


298  F.  Fröhde 

=^  altn.  m^sltiir  „tlfiOK^  Hanrtaer"  («>  —  urspr.  ajas)  Mi^ln 
„Feuer"  russ.  molnija  , »Blitz".  Verwant  sind  ksl.  lM^^ü'^tt)«lU 
„HätlMKier"  (Schmidt  Voc.  II 131);  vgl.  skt.  mmaVi  „zermahnen". 

mottls  aus  ^molnis  —  ^leiXi-xog  „weich,  sanft"  äol.  juekh- 
Xog  aus  "^/nelvr/og,  gleicher  Wurzel  mit  fialaKog  lat.  mältus. 
Auch  das  Griechische  liebt  die  Lautverbindung  Xv  nicht;  es 
verwandelt  dieselbe  entweder  in  Xl  {oXXvm,  eXXog  „Hirschkalb", 
niXXa),  welches  dann  unter  Ersatzdehnung  des  vorhergehenden 
Vocals  oft  vereinfacht  wird  {'/.ovXeog,  ovXo/nevng,  ßovXofxai  äol. 
ßoXXof-iaL,  eiXco  aus  fäXvio  [Brugman  Stud.  4,  122].  arjy'Ai;  äol. 
ardXXa,  fjXog  dial.  yäXXog)  oder  schiebt  i  ein  wie  in  ueXlvrj  = 
'IST'mälnä  (Fick  Wörterb.  I  719).      -s 

"^     ^«?W*^„Ha!iJt^=  lit.  phi^e'  got.  0H;^  gr.  TttHti  (Fick  a.  0. 
667,  Schmidt  Noc>ll  67).        ' 

]ioUeo,  Denominativum  von  einem  verlorenen  Adjectivstamme 
pollo-  aus  *jJolno~  =  germ.  *folna-  in  got.  fulls,  lit.  pilnas,  gr. 
TToXXog  aus  *7roAvog.    Vgl.  KZ.  22,  257. 

pullus  „grau"  aus  *pelnos  (wegen  des  u  vgl.  Schmidt  Voc. 
ll"§67y~^  kypr.  TtiXvog  att.  7r€XX6g  (Fick  Beitr.  I  62). 
..««-— *^^^^^^.  ^^2otte"  =    lit.  vUna  ksl.  v?t*«.a  got.  vm^öt  skt.  lirnä   j 

I     „Wolle"  vgl.  skt.  vrnöti  -     — ..^,~..»— ■— '-'^— — -, — |. 

L*^        v^Z^MS   aus   *velnos  =  gr.  A^vog    für   fXrjvog   aus    *j^iXvog  I 
(Fick  Wörterb,  II  236). 

f'a??ws  „Pfahl"  —  fjXog  dial.  /«AAocj  Grundf.  fdXvog  (Cur- 
tius  Grundz.  N.  531);  vgl.  skt.  vmoti.    Gleicher  W^urzel  ist 

vallmik^  aus  *«;a7>^.-  =  germ.  ralla-  aus  *valifa'^^  in  ahd. 
mhd.  ival  ags.  veal  „UferHnd"  üits,.  w^kZ,  die  als  Lehnwörlefzu 
betrachten  kein  Grund  vorliegt,  lett.  iFtffmsJiJsdlum ,  iral'het  cir- 
cumvaUare;   vgl.  skt.  varanä  „Wall,  Damm."      " 

Wahrscheinlich  ist  auch  das  11  von  callis,  masc.  und  fem., 
aus  hl  entstanden,  wie  das  von  collis  und  follis,  doch  ist  ein 
Stamm  calni-  in  anderen  Sprachen  nicht  nachzuweisen.  —  val- 
lis  wird  von  Curtius  (Grundz.  N.  530)  mit  dem  Namen  ^HXig 
identificirt  und  mit  Corssen  aus  *valvis  erklärt;  es  ist  aber 
ebensowol  möglich,  dass  die  beiden  W^örter,  wenn  sie  wirklich 
identisch  sind  (vgl.  die  Form  valles),  aus  einer  Grundform  *val- 
nk  hervorgegangen  sind,  welches  im  Griechischen  zu  rjXig  wer- 
den konnte;  vgl.  aTrjXrj,  ijXog  und  das  verwandte  rjXv-  in  rjXv- 
Q\ov{7iediov)  aus  /aXvv-  =  altn.  rrTfj'n^r  aus  *vcdmi-  irTWUii 
„FSei&^da  vöUr  bei  Grimm"TfrytIi."2  7Bo^  """    ^ 


Die  lateinischen  Präsentia  auf  -llo.  299 

Es  ist  nun  noch  übrig  zu  untersuchen,  ob  dem  Lateinischen 
auch  die  Assimilation  von  Ij  zu  II  zu  zuerkennen  ist.  Da  er- 
steres  in  dieser  Sprache  als  li  erscheint  und  eine  Abneigung 
derselben  gegen  diese  Lautfolge  sich  durchaus  nicht  wahrneh- 
men lässt  (vgl.  Formen  wie  alius  folium  salio,  denen  im  Grie- 
chischen allog  (fvllov  aXlofiai  gegenüberstehen,  cilium  lolium 
mulier  solium  [---=  ahd.  stvelU]  spolium),  so  ist  der  Uebergang 
von  Ij  in  II  von  Curtius  Ind.  lect.  Kiel.  aest.  1856  p.  4  f.  für 
das  Lateinische  in  Abrede  gestellt  worden,  und  es  bedarf  je- 
denfalls angesichts  der  angeführten  Tatsache  schlagender  Bei- 
spiele, um  diesen  Lautwandel  glaublich  zu  machen.  Ein  sol- 
ches scheint  Corssen  (Beitr.  311)  von  Nominalformen  pullus 
„grau"  zu  sein,  das  er  mit  7CoXi6g  identificirt ;  das  Wort  lässt 
sich  jedoch,  wie  oben  gezeigt  ist,  anders  erklären.  Was  ferner 
das  oskische  cälo  betrifft,  welches  von  Corssen  dem  lat.  ciUa 
gleichgesetzt  und  als  Beweis  dafür  angeführt  wird,  „dass  auch 
auf  italischem  Sprachboden  diese  Assimilation  heimisch  war", 
so  ist  dasselbe  von  Fick  (Beitr.  I  170)  viel  richtiger  mit  dem 
germ.  alla-  „all,  ganz"  vermittelt  worden;  übrigens  würde  die 
Verbindung  der  italischen  Wörter  vielmehr  gegen  Corssens  An- 
nahme des  Uebergangs  von  IJ  in  II  im  Lateinischen  spre- 
chen. Corssen  findet  weiter,  dass  die  Uebereinstimmung  der 
Verbalformen 

Mb  •     a(p6UJ^l  skt.  sphalayami 

cbl^  x^*»Uü  kalÄ^ami 

pello  pollit  TtdlXcü  spharayämi 

toUo  tulyämi 

„zu  einleuchtend  sei,  als  dass  man  glauben  könnte,  das  U  in 
den  lateinischen  Wörtern  sei  völlig  anderen  Ursprungs  als  das 
XI  in  den  griechischen".  Die  Identificirung  von  toUo  und  tul- 
yämi würde  allerdings  nahe  liegen,  wenn  diese  Präsensform  be- 
legt wäre;  allein  weder  ßöhlingk-Roth  noch  Westergaard,  auf 
den  Corssen  verweist,  noch  Delbrück  (Altind.  Verb.  §.  181) 
führen  sie  an.  Die  übrigen  Gleichungen  Corssens  aber  sind 
auch  sonst  nicht  frei  von  Bedenken.  Dass  die  Endung  der 
Causalia  -aijämi,  welche  sonst  im  Lateinischen  durch  ö  aus  ajo 
(celo  sedo  domo)  oder  eo  (doceo  moneo  noceo)  oder  io  (söpio) 
reflectirt  wird,  gerade  in  den  Formen  fallo  cello  ^wllo  zu  jo  ge- 
worden sein  sollte ,  ist  sehr  unwahrscheinlich.  Wenn  also  fallo 
mit  ofpdXXü),  was  Fick  (KZ.   22,  104)   auch  aus  einem  anderen 


800  F.  Fröhde 

Grunde  bestreitet,  identisch  wäre  und  dieses,  wie  die  causale  Be- 
deutung wahrscheinlich  macht,  dem  skt.  sphdldi/ämi  gleichzu- 
setzen ist,  so  müsste  doch  sein  II  anderen  Ursprungs  sein  als  das 
AA  des  griechischen  Wortes.  Die  Verbindung  von  percello  „nieder- 
werfen, niederschmettern,  treffen,  zu  Grunde  richten"  ferner  mit 
gr.  y.elXo)  „treiben,  anlanden"  ist  auch  wegen  der  Verschieden- 
heit der  Bedeutungen  sicher  unrichtig,  die  von  pello  mit  TtaXlo) 
„schwingen,  zucken,  beben"  wenigstens  nicht  zwingend.  Was 
endlich  das  nur  bei  Festus  p.  242  angeführte  und  durch  pila 
ludit  erklärte  pollit  anbetrifft,  so  wird  es  von  Anderen  als  Deno- 
minativum  gefasst  und  ist  bei  seiner  Vereinzelung  nicht  geeig- 
net, Corssens  Annahme  genügend  zu  stützen.  Es  erscheint 
diese  hiernach  nicht  als  erwiesen. 

Bei  weitem  am  häufigsten  ist,  wie  sich  gezeigt  hat,  II  aus 
In  entstanden;  da  nun  urspr.  na-  ein  sehr  geläufiges  Präsens- 
suffix ist,  so  ergibt  sich  die  höchste  Wahrscheinlichkeit  für 
meine  Ansicht,  dass  auch  in  den  Präsensformen  auf  -Uo  diese 
Entstehung  des  II  anzunehmen  ist. 


il.    Die  Präsensstämme  der  Jod-  und  Nasalklasse  in  der 
Wortbildung. 

Das  II  von  mehreren  Präsensformen  «uf  -Uo  erscheint  auch 
in  abgeleiteten  Verbis  und  in  der  Nomiualbildung.  Es  sind 
dies  folgende: 

-cello  „rage  empor"  :  excelUo  antecelleo  praecelleo. 

-cello  „schlage"  :  procella. 

cillo  „beuge"  :  oscillum  „Schaukel"  oscülare  ^^schaukeln" 
oscillatio  „das  Schaukeln"  für  *ohs-cillimi  (vgl.  suscenseo). 

fallo  :  falla  fallax;  vgl.  auch  fefelli. 

pello  :  appfMare   compiellare  interpellare  Pellonia. 

tollo  :  tolleno. 

vello  :  vellico  pannuvelliiim;  vgl.  auch  velli. 

Es  wird  also  zu  fragen  sein,  ob  sich  nicht  auch  hieraus 
ein  Kriterium  für  die  P^ntscheidung  der  P'rage  gewinnen  lässt. 
Vergleicht  man  nun  die  angeführten  Bildungen  mit  entsprechenden 
Formen ,  die  zu  Verbis  der  Jod-Klasse  einerseits  und  zu  solchen 
der  Nasalklasse  andrerseits  gehören,  so  ergibt  sich,  -dass  sie 
von  jenen  abweichen,  mit  diesem  dagegen  übereinstimmen.     Das 


Die  lateinischen  Präsentia  auf  -llo.  301 

Jod  der  erstercn  ist  im  Lateinischen  auf  das  Präsens  und  die 
zu  ihm  gehörigen  Tempora  beschränkt;  es  erscheint  ausserdem 
höchstens  noch  in  wenigen  Ableitungen,  die  sich  auch  sonst 
dem  Präsensstamm  anschliessen : 

ajo  aus  *agjo  :  negare  adagium  axamenta  Äjus.  In  letz- 
terem den  Präsensstanim  zu  sehen,  nötigt  nichts;  vgl.  Seja  für 
^Segja  u.  a.  ajo  entstand  zunächst  aus  ^ajjo,  indem  das  g  von 
^'agjo  vor  dem  j  patalisirt,  dann  demselben  assirailirt  wurde,  so 
dass  folgende  Entwickelungsreihe  anzusetzen  ist :  ^'agjo  *agjo  *ajjo 
njo.  Ebenso  sind  die  übrigen  gleichartigen  Fälle  zu  beurteilen, 
in  denen  Corssen  Voc.  I  306  unmittelbaren  Ausfall  des  g  an- 
nimmt, nämlich  pidejum,  major ,  mejo  (für  ^mijo  aus  *'rmgjo), 
raja  (KZ.  22,  253),  Seja,  Veji. 

capio  :  occupare  capax  princeps  (aus  principo-)  auaqiari 
capulum  decipula  muscipula  capedo  capio  (vgl.  regio  legio  u.  a.) 
praecipuus  capesso  reouperare  captus  captio  captor  u.  a.  über 
capistrum,  in  dessen  i  Osthoff  KZ.  23,  313  das  von  capio 
sucht,  vgl.  ob.  I  185. 

facio  :  aedificare  efficax  magfiificus  perfica  praefica  facilis 
(aus  facolo-y  vgl.  similis  —  6f.iaX6g  und  facidtas)  officma  (aus 
opißctna,  abgeleitet  von  einem  ^-Stamm)  facesso  fac-in-us  (mit 
doppeltem  Suffix  wie  jecinoris  itineris)  factus  factor  factio  u.  a. 
Ueber  proficisci  s.  u. 

fodio  :  fodare  (Paul.  Epit.  p.  84)  fodicare  (basirt  auf /bc^o- 
wie  dlhicare  u.  s.  w.  auf  cdbo-)  fodtna  (vgl.  officma)  fossiis 
fossa  fossor  fossura. 

fugio  :  profugus  fuga  fugare  perfuga  confugitmi  (vgl.  con- 
jugium  u.  a.)  fiigela.     Ueber  fugito  s.  u. 

jacio  :  jaceo  jacidum  jactus  jactor  jactare  jactura  u.  a. 

lacio  :  delicatus  deliciae  illecebrae  delectare  lacesso  u.  a. ; 
pellax  2^Mäcia  können  zu  der  Wurzel  dieser  Wörter  nicht  ge- 
hören, sondern  weisen  auf  ein  verlorenes  Verbum  *peMo  „ver- 
locken", zu  dem  vielleicht  jcälla^  zu  ziehen  ist. 

morior  :  mortuus  morti-  u.  a. 

pario  :  parare  opiparus  pauper  partus  parturio. 

quatio  :  quatefacio  quassus  u.  a. 

rapio  :  rapax  usmpare  rapma  raptiis  raptim  u.  a.  Ueber 
rapidus  s.  u. 

sjwcio  :  ])rosj)iciis  despicna  despicatus  conspicari  suspicari 
SKspicio   perspicax    persincujis    specida   speculum   species    (vgl. 


302  F.  Fröhde 

acies  u.  s.  w.)  specimen  (vgl.  regimen  tegimen  u.  a.)  sjjectns 
spedare  u.  a. 

sa^no  :  sapor.     lieber  sapidus  s.  u. 

Das  ;"  der  Verba  dieser  Klasse  erfuhr  in  der  Flexion  vor 
i  und  e  eine  doppelte  Behandlung:  entweder  wurde  es  ausge- 
stossen  (vgl.  (Mcit  reicit  ohex)  oder  es  verschmolz  mit  dem  fol- 
genden i  und  e  ZM  t  (vgl.  is  adhse  sini  u.  a.  aus  iis  adiisse 
siem).  So  entstanden  einerseits  die  Formen  capjis  capit  capmms 
capitis  capito  capitur  u.  a.  —  cape  caperis  caperem  capjere  ^) 
(dagegen  skt.  pushyäse  sdhyase  u.  a.),  andrerseits  salts  salhnvs 
salitis  Holh'em  sältre  salt  u.  a.  In  der  älteren  Sprache  finden 
wir  bei  denselben  Verbis  ein  Schwanken  zwischen  beiden  Bil- 
dungsweisen (Struve  Lat.  Decl.  u.  Conj.  200,  Neue  Formenl.  318, 
Corssen  Voc.  II  542,  Osthoff  Forsch.  I  96);  mit  der  Zeit  aber 
ordnete  sich  das  Verhältniss  in  der  Art,  dass  ein  Teil  der 
Verba,  die  oben  angeführten,  der  ersten,  andere  wie  farcio  fulcio 
liaurio  operio  sarcio  der  zweiten  Weise  folgten.  Indem  nun 
diese  im  Praesens  und  in  den  zu  diesem  Tempus  gehörigen 
Formen  den  Verbis  der  «-Conjugation  gleich  wurden,  ist  es 
klärlich,  wenn  von  ihnen  auch  einzelne  Nominalformen  wie  von 
Verbis  der  letzteren  Art  gebildet  wurden ,  wie  farcvmen  j)avt- 
iuentum  pavwula  fulcimentum  (neben  dem  älteren  fulmentum 
fulmenta),  in  deren  i  also  nicht  eigentlich  das  Präsenssuffix  der 
Verba  der  Jod-Klasse  zu  sehen  ist.  Auf  dieselbe  Weise  sind 
wol  die  Formen  cupivi  cupitum  concupisco  zu  erklären.  Dage- 
gen kann  Corssen  Recht  haben,  wenn  er  (Voc.  II  284)  das  i 
von  2^^'oficisror  für  identisch  hält  mit  dem  von  proficif.  Wenn 
in  tremesco  ingemisco  paciscor  u.  a.  das  inchoative  sco  an  den 
Praesensstamm  getreten  ist,  ebenso  wie  in  lahasco  tahesco  -dor- 
misco,  wenn  ferner  im  Griechischen  derartige  Bildungen  nicht 
nur  von  der  einfachen  und  der  reduplicirten  Wurzel  ausgehen 
{Uo'/.o)  rLTvav.o(.iai) ,  sondern  auch  von  den  Tempusstämmen 
(6X«(7X£  'iteö/.e  Ydso'/.e  (pdvea/.e  el'^aoae),  so  ist  kein  Grund  zu 
erkennen,  warum  nicht  auch  proficiscor  vom  Präsensstamm  ab- 
geleitet sein  sollte.   —  Fraglich   ist  es,    ob  fugito  vom  Partici- 

^)  Anders  fasst  die  Sache  üsthoft  in  Curtius'  Studien  IX  282;  er 
nimmt  an,  dass  für  das  Spracligffühl  nicht  cnjno  sondern  aqn  als  Prä- 
sensstamm galt  und  dass  die  Sprache  eine  „falsche  Folgerung"  tat,  in- 
dem sie  cajno  an  tego  masä.  Zu  solcher  Annahme  scheint  mir  kein 
ausreichender  Grnnd  vorhanden  zu  sein. 


Die  lateinischen  Präsentia  auf  -llo.  303 

pialstamme  fugito-  abgeleitet  ist  oder  das  i  von  fiigit  enthält. 
Augenscheinlich  vom  Präsensstamm  gebildet  sind  Formen  wie 
agitare,  dlt  age-tare,  quaerltare  visitare  fimditare  u.  a.,  und  es 
hindert  daher  nichts,  auch  fugito  in  derselben  Weise  zu  erklä- 
ren. Das  Suffix  ta  tritt  im  Altindischen  sowol  an  die  Wurzel 
als  an  den  Präsensstamra ;  letzteres  ist  der  Fall  in  dargatd 
„sichtbar"  pacatd  „gekocht"  hharatd  „zu  pflegen"  yajatd  „zu 
verehren"  hargatä  „begehrenswert"  von  hdryämi  „gern  wollen, 
sich  es  wol  gehen  lassen"  (Lindner  Altind.  Nominalbild.  S.  38). 
Letzterem  entspricht  genau  gr.  x«'(»«^o-  (aus  xaQJarö-)  in  xat- 
q&tI^(o;  andere  Formen  der  Art  sind  egrceTOv  (.uvsTog  dgiöslxe- 
Tog  u.  a.  (Osthoff  KZ.  24,  416  ff.).  Gleicher  Bildung  ist  im 
Lateinischen  leuceto-  in  Leucesie  Lucetnis,  dessen  eu  zeigt,  dass 
es  vom  Präsensstamm  gebildet  ist  (vgl.  agtöaUsTog);  dieser 
Stamm  leuceto-  wird  genau  reflectirt  durch  got.  liuhadd- 
„Licht".  —  Corssen  (Voc.  II  302)  stellt  auch  das  /  der  Adjec- 
tiva  cupidits  rapidus  sapidus  dem  der  Präsentia  capit  rapit  sa- 
pit  wol  mit  Recht  gleich  (vgl.  rahidus  fluidus  vividus,  wenn 
dieses  von  vivo  stammt  und  nicht  von  vivo-  wie  solidus  von 
solo-),  obwol  hier  auch  andere  Auffassungen  möglich  sind. 

Mit  diesen  Bildungen  aber,  wenn  sie  wirklich  den  Prä- 
sensstamm enthalten,  lassen  sich  die  Formen  appellare  excellere 
fallax  vellicare  nicht  vergleichen ;  vielmehr  sind  diesen  zu  Seite 
zu  stellen  occupare  conspicari  usurpare,  jacere,  rapax  capax 
efficax,  fodicare,  und  von  diesen  weichen  sie  ab.  Dagegen  bie- 
ten genaue  Analogien  die  Verba  der  Nasalklasse.  Diese  zer- 
fällt in  zwei  Abteilungen,  deren  erste  die  Bildungen  mit  inne- 
rem Nasal,  die  zweite  diejenigen  Verba  umfasst,  deren  Präsens 
durch  den  Antritt  von  urspr.  na  nu  an  die  Wurzel  gebildet 
wird.  Von  beiden  Arten  finden  sich  Nominalstämme  und  ab- 
geleitete Verbii,  die  den  Präseusstamm  enthalten: 

ß{nda  „Schleuder"  :  fundo  fimdito  „schleudern". 

Pahda  „Göttin  tles  Eröffnöös"  :  pttmia, 

unda  „Woge"  :  skt.  itnqUi  „queHea". 

cünnilingus  :  lingo.  -- — » 

?  taftgußQ^ :  ^Irjyt^'^'' 

pendeo  :  pernio. 

pfso  „Mörser"  imisio  :  jjinso.  Ob  pinsare  vom  Präsens- 
oder vom  Participialstarame  pimo-  abgeleitet  ist,  weiss  ich  nicht 
zu  entscheiden.     Ebenso  ist  es  zweifelhaft,  ob 


304  F.  Fröhde 

insiiyare  neben  distinguo  den  Nasal  aufgegeben  hat  oder 
gebildet  ist  wie  celare  sklare  (Schmidt  Voc.  I  lOG).  Diesem 
vergleichbar  ist 

profityare  confligatus  neben  fligere  aus  *fiinyere  =  got. 
bliyyvan  (Schmidt  a.  0.  108).  Dass  figo  nicht  das  i  von  dico 
enthält,  wird  durch  jjrofiigare  erwiesen ;  denn  ein  solches  i  er- 
scheint im  Lateinischen  nie  i)  in  abgeleiteten  Verbis. 

Ausfall  des  Nasals  nimmt  Schmidt  (a.  0.  107)  mit  Wahr- 
scheinlichkeit an  in 

^bliqitHsobUqt(are'''Y^en  linquier  lit.    Ihikti,    obwoliT  «ujch 
hier  die  Mögltbhkeit  nicht  atisgeschlossen  ist,  dass  däs-i  dieser 
Wörter  auf  Vocalsteigerung  beruhi;  vgl.   sagus  indägari  u.  a. 
neben  sägax  äyo. 
—  DenPräsensstamm  enthalten  ferner  folgende  Wörter:  > 

j  ArnuS^  skt.  ^hm  „Fluss"  :  skt.  rMü^t.  rmtum  (KZ.  22,' 

I  256).  Dazu  gehört  aucncter  Name  ahd/J5r?»4.Ä2;^ei  Stntbo  Ftfvqc-i 

^)  Ebensowenig  das  ans  eu  entstandene  4  von  Präsensformen  wie 
dür.o  Vgl.: 

dico  :  dicare  dedicare  prae.dicnre  gr.  iSixä^o). 

düco  :  edücare. 

liqui  :  Itquare  liquere,  wozu  llquor;  das  von  Lucrez  (I  454)  gebil- 
dete liquor  steht  vereinzelt    da  (vgl.  Corssen  Voc.  I  503). 

cio  :   cleo. 
,  (li^vj  :  Video, 
/got.  leihvan  :  licet  liceri. 
jQfv^^wj^Obeo. 

antvSü}  :  stüdeo  (sehr  zweifelhaft). 

Anderen  abgeleiteten  Verbis  der  Art  wie  piidet  lübet  nlteo  p7(/ct  tl- 
tare  stehen  gunirte  Präsensstämme  nicht  zur  Seite.  i^Stipare  ist  wol 
Causale  zu  OTitfoi  (vgl.  o.  histujare) ;  intilare  bedarf  noch  der  Aufklä- 
rung. Das  i  von  libare  ist  nicht  aus  dem  «  von  ktCßta  entstanden  son- 
dern aus  dem  ot  von  Xoißri  (vgl.  Libvr  sabin.  Loebasins);  lat.  if  entspricht 
oft  europ.  ai  gr.  ot,  z.  B.  in  vinuin  vicus  'Itpus  [lippus)  lim  neben  oJi'os 
oixog  dkoKfri  germ.  laisd  (Fick  Wörterb.  1  755).  Aehnlich  ist  das  ü  von 
lüceo  nicht  das  aus  europ.  en  entstandene  von  Lücetius  und  lümen  (aus 
*leucmen  ==  altn.  Ij'ömi),  denen  dieses  regelrecht  zukommt,  sondern  führt 
auf  europ.  au  (vgl.  lit.  laukas);  vgl..^t/MS  altl.  »-o'^m«  =  got.  rauds, 
yrüdiis  rSdus  aus  raiidiis ,  Ulcus  =  germ.  lauha-,  n^gae  neben  naucum, 
nir/a  lit.  raukä,  Iura  neben  XavQr]  (Bezzenberger  Beitr.  IV  332)  und 
andere  Formen  bei  Corssen  Voc.  I  G60.  Wörter,  welche  die  Silbe  ri 
enthalten,  wie  riden  stridco  irritare  (von  rito-  =  germ.  vraipu-  in  nltn. 
reidhr)    kommen  hier  nicht  in  Betracht,    weil  ri   nicht  ursprünglich  ist. 


Die  lateinischen  Präsentia  auf  -llo.  305 

cornu  got.  haurna-  :  skt.  gi-nd'ti  „zerbrechen";  ähnlich 
stehen  neben  einander  skt.  dhrshnü  :  dhrshnöti,  tanü  :  tanöti  u.  a. 

fornus  „Ofen"  als  „brennender"  :  got.  brinnan  ags.  beor- 
nan  „brennen". 

gallus  „Hahn"  (s.  o.)  als  „rufender,  krähender"  :  skt. 
grnd'ti. 

malleus  „Hammer"  (s.  o.)  als  „zerschmetternder"  :  skt. 
mpiä'ti.  . 

;)rw>to  „I^le''Si^  *X>rmna  als  „glulj^nde,  sprÖtode"  : 
skt.  pruslimife  „s^tzenK  *■  ^ 

^cammm  aus  *scab^:mt^v  gl.  seaMf%mi)a\s  „stüt^ 
skt.  s^aMwafK«,stiitzen".      ^"^^^v^  ■'-^''****w       r)    ?*** 

"        vdUum  (s.  0.)  als  „schützendes"  :  skt.  vmöti.  -'- 

vanmis  :  vannere.  * 

incUnus  inclmare  :  cillere  „beugen"  gr.  x  hivoi  aus  *y.Xivj(i} 
äol.  ■Kkmvüi  ahd.  hihi,en. 

'Ttmo"T"tm'ere7 

consternare  ahd.  stornen  :  sternere  (vgl.  Fick  Wörterb. 
I  825). 

aspernari  spernari  spemax  :  spernere. 

Die  Formen  desinare  und  desinator  sind  nicht  sicher  be- 
glaubigt (vgl.  Müller  zu  Fest.  p.  72);  propinare  =  jtQorrivio 
ist  entlehnt.  Umbr.  acno-  =  germ.  aigna-  (Möller  KZ.  24,  447) 
enthält  das  passive  Suffix  na,  nicht  das  von  agnöti;  dasselbe 
ist  wol  auch  von  cunnus,  das  ich  (ob.  I  330)  im  Stamme  mit 
kushnati  identificirt  habe,  anzunehmen. 

Die  Verba  appellare  compellm-e  oscillare  machen  ganz  den 
Eindruck  gleicher  Bildung  mit  consternare  aspernari;  man 
könnte  versucht  sein,  in  diesen  Bildungen  die  älteren  Reflexe 
der  neunten  indischen  Verbalklasse  zu  sehen. 

Das  aus  dieser  Betrachtung  gezogene  Kriterium  für  die 
Entscheidung  der  vorliegenden  Frage  mag  nicht  ganz  sicher 
sein,  immerhin  aber  scheint  es  mir  geeignet,  die  Wahrschein- 
lichkeit meiner  Auffassung   der  Präsentia  auf  -llo  zu  erhöhen. 


lil.    Etymologie  der  lateinischen  Präsentia  auf  -llo. 


1)  ceUe^  ^:>6!r^i»i4Lj,niederschlagen,  zerschmettern,  erschla- 
gen,   erlegen    (leaenainfi^i    Stat.    Ach.  I  169),   inoie  Flucht 

Beiträge»!.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  111.  OQ  % 


KUk 


306  F.  Fröhde 

schlagen  (hostes),  brechen  (potentiam),  zerstören,  vernichten, 
zu  Grunde  richten"  procello  TtsQiTQSTtio  (Gloss.  Philox.)  se  pro- 
cellere  „sich  hinstrecken"  recello  „zurückschnellen"  —  skt. 
crnati  „brechen,  zerbrechen,  erlegen"  (Feinde,  Wild)  parä°  „zer- 
schmettern" gtrnd  „zerbrochen,  zermalmt,  ^stört,  zu  Grunde 
gerichtet"  garana  „Mord,  Todschlag"  gr.  "/X^Kj^  „Schlachtge- 
tümmel" x^d>«<5i  „scTitegej^  in  die  Flucht  schlagen"  (vgl.  skt. 
hhagnä  „in  die  Flucht  geschlagen"  von  hhanäkti  „brechen>szerbre- 
chen,  zerstören").  Dazu  gehört  ferner  gr.  xAofes^rechen,  zeüjj^re- 
chen,  abbrechen",  mit  dem  Fick  (KZ.  20,  357)  perhü()  verbin 
Benfey  (KZ.  8,  2)  stellt  das  lateinische  Wort  dem  alti'üd.  krncfti 
„verletzen,  tödten"  gleich ,  welches  wol  im  Grunde  mit  gpiä'ti 
identisch  ist.  So  ergiebt  sich  die  Möglichkeit,  auch  die  von 
Fick  ferner  verglichenen  slavischen  und  .litauischen  Wörter  wie 
lit.  kälti  „hämmern,  schmiedeij"  I^^?^^s  „gesöh^agen,  gehämmert" 
kdltas  „Meissel"  ksl.l  ^^K,,,^t^^iw^^^die  im  Arnaute  von  grnati  \ 
abweichen,  auf  dieselbe  Wurzel  zuru^zu führen.  Auch  Formen 
mit  älterem  r  sind  in  den  europäischen  Sprachen  erhalten  wie 
v.eQavv6g  ,,der  treffende,  einschlagende  Blitz"  xf-odtCio  „zerstö 
ren"  yieoag  lat.  cor;m  got.  haurn  „  Hprj3Ll,_x3;g^^^j£d,  Verder- 
ben" ü.  a. 

2)  *"?&We  «rage  emj^"  in  celsus  excello.  Eine  entspre- 
chende Präsen^feildung  finde %h  in  anderen  Sprachen  nicht;  für 
die  Annahme,  dass  das  II  des  Wortes  aus  In  entstand,  spricht 
jedochfJ&Wis  =  lit.  JcShim  gr.  xo^^T»«tf^c  (Corssen  JBeitr.  308, 
G.  Meyerlsfasalst.  109),  da!^  sich  zu  diesem  cello  verhält  wie 
■aXovog  zum  ersten. 

3)  cillo  „beuge''  (Festus  p.  194:  oscillum  Santra  dici  ait 
quod  OS  cillant,  id  est  inclinent,  praecipitesque  efferantur)  aus 
*cilno;  vgl.  1^1^  ahd.  lilinen.  Dazu  motacüla  „Bachstelze" 
(vgl.  Varro  1.  1.  öS  7ST''quoH'^''semper  movet  caudam)  und  gr. 
Y.iX'KovQog,  dessen  XX  ebenfalls  aus  Xv  entstand.  Oder  stehen 
die  Wörter  in  Beziehung  zu  skt.\  A^/«^/ff(L,.;jScliwanken,  sich  hin 
und  herbewegen,  sich  wiegen''  (oscillare)?  ^ 

4;  fallo  ;,fehr  gehen  machen,  täuschen,  betrügen"  Pass. 
„sich  irren",  wozu^/W/A/r/r/r  ^/U-iiikc",  .m^  -falno  =  "skt.  hnmcffr 
„zu  Falle  bringen,  fehlgehen  machen"  hvrnatl  „krumme  Wege 
machen"  caus.  „in  die  Irre  führen,  täuschen"  Med.  „sich  irren", 
wozu  hrüt  „Anlass  zum  Fehlgehen,  Falle"  AjY?iön7_j;, straucheln, 
irren,   das  Ziel    verfehlen".      Die    gleiche    Begriffsentwickelung" 


Die  lateinischen  Präsentia  auf  -llo.  307 

zeigen  verschiedene  Wurzeln;  vgl.  z.  skt.  vdncati  „wanken,  tau- 
meln, schief  gehen"  vancäyati  „entgehen  (vgl.  fallit  me),  täu- 
schen, hintergehen,  betrügen"  «;«lr«  „krumm,  gebogen,  unred- 
lich, hinterlistig" ;  dhvdrati  „beugen,  zu  Falle  bringen"  dhrüti 
„Verführung"  dhru  dhrut,  am  Ende  eines  Compositums  „täu- 
schend" ;  skhdlati  u.  Anderes  bei  Schmidt  Voc.  II  421.  Das 
griechische  (fr]l6g  „betrügerisch,  täuschend",  welches  zweifellos 
mit  fallo  verwant  ist  (Curtius  Grundz.  *  S.  376,  Fick  KZ.  22, 
104),  widerstrebt  dieser  Auffassung  nicht,  da  auch  (p  aus  ghv 
hervorgegangen  sein  kann;  vgl.  (ftjg  ^i]q:  lit.  zverh  (nach 
Fick).  Die  alte  Zusammenstellung  des  lat.  Wortes  mit  aqxxXlo) 
germ.  fallan  wird  von  Fick  (a.  0.)  aus  zwei  Gründen  bestrit- 
ten: erstens  weil  fallo  von  der  sinnlichen  Bedeutung  des  gr. 
acpdXXo)  „zu  Falle  bringen"  keine  Spur  zeige,  sodann  weil  f  im 
Lateinischen  nicht  ursprünglichem  sp  entspreche.  Der  erste 
dieser  Gründe  scheint  mir  nicht  stichhaltig,  da  auch  fallo  die 
Bedeutung  „fehl  gehen  machen"  zeigt  z.  B.  Liv.  21,  36:  glacie 
in  prono  citius  pedes  fallente;  Gurt.  4,  38:  gradum  firmare 
non  poterant,  cum  saxa  lubrica  vestigium  fallerent  u.  s.  Da- 
gegen wird  man  den  zweiten  Grund  Ficks  gegen  die  Verbin- 
dung \on[fallo  und  ocpaXXw  anerkennen  müssen;  von  den  fünf 
Beispielen  für  lat.  f  '—  urspr.  sp ,  die  man  angenommen  hat, 
kommt  fiinda  sicher  in  Wegfall,  da  es  unmöglich  von  funditare 
„schleudern"  getrennt  werden  kann,  und  auch  die  übrigen  las- 
sen andere  Auffassungen  zu,  wie  Fick  zeigt.  Wenn  man  aber 
dennoch,  unter  der  Annahme,  dass  ursp.  sp  bereits  in  grae- 
co italischer  Zeit  zu  sph  geworden  sei,  faUo  von  ocpdXXo) 
und  ahd.  fallan  nicht  trennen  zu  dürfen  glaubt,  so  wird  es 
nahe  liegen,  die  drei  Verba  zu  identificiren ;  nun  aber  ist  germ. 
II  immer  aus  In  entstanden  und  so  würde  man  also  auch  im 
lateinischen  und  griechischen  Worte  gleiche  Entstehung  des  II 
annehmen  müssen. 

^)l2^'MWllQ,  „NQvzögQvn,  aufschieben"  wird  nur  von  Festus 
(p.  253:  promeliere  est  ex  opinione  Verri  litem  promovere) 
erwähnt;  es  gehört  wol  nebst  remeligo  „Verzögerung"  (Festus 
p.  277)  zu  gr.  fteXXoj,  welches  auch  die  transitive  Bedeutung 
„verzögern,  aufschieben"  hat,  vgl.  fieXXrjfia  „Verzögerung,  Auf- 
schub". Das  XX  dieses  Wortes  ist  constant  (f.iEXXrjao)  u.  s.  w.) 
und  kann  sehr  wol  aus  Xv  entstanden  sein. 

6)  j9^Z?o   „stossen,  schlagen,    treiben,    stossend  oder  schla- 

20* 


/ 


308  F.  Fröhde     Die  lateinischen  Präsentia  auf  -llo. 

gend  in  Bewegung  setzen^  aus  '^pelno  —  gr.  \^iXva(.iai  TtiXvdio, 
wozu  TtiXag  rteXd^o),  wol  auch  TsixeaiTiXi^Trjg.  Die  (jruH3^ 
deutung  dieser  Wörter  ist  nach  Curtius  (Grundz.  ^  S.  278)  „auf 
efwas  schlagen,  stossen,  treffen" ;  vgl.  Verbindungen  wie  Ttdvrag 
TtsXaaa  x&ovi  (0  272)  „schlug,  streckte  zur  Erde",  xov  devQ 
"avefxog  TtsXaaae  (i  34)  „trieb  hierher",  rag  (vrjag)  Kqi^ttj  STte- 
Xaaaev  {y  291)  „trieb  heran,  appulit",  vjy'a^  TtQogsrciXvaTO  vr]vg 
(v  95)  „appellebatur",x  i^^re  Bedeutungsentwickelung  entspricht 
der  von  skt.  tadtt  „nahe"  von(r?P(5t^,sch^»en".  TeixeaiTtXtiTiqg, 
wenn  es  hierher  gehört,  bedeutet  „mäüer!fefscliütternd"  (vgl. 
muros  ariete  pulsare). 

7)  tollo  „hebe".  Eine  entsprechende  Präsensbildung  weiss 
ich  aus  anderen  Sprachen  nicht  beizubringen. 

8)  vello  „ausrupfen,  ausreissen,  abpflücken,  scheeren"  aus 
*velno  ~  skt.  lunä'ti  „abschneiden  (Gras,  Getraide  u.  a.),  pflü- 
cken, nagen,  zerschneiden,  zerreissen",  wozu  Idva  „das  Abschnei- 
den, Abpflücken,  Schur,  Wolle"  wie  vellus,  welches  meist  die 
abgeschorene  Wolle  bezeichnet  und  von  Varro  (1.  1.  5,  130: 
vela  ab  eo  quod  vellus  lana  tonsa  universa  ovis.  Id  dictum 
quod  vellebant)  von  vello  abgeleitet  wird.  Aehnlich  verhalten 
sich  hinsichtlich  der  Bedeutung  zu  einander  lat.  l><«;f^  „röpfßn, 
pflücken"  und  lit.  herpu  „schneiden,  scheeren".  Die  Wurzel- 
form lü  im  Sanskrit  kann  nicht  ursprünglich'  sein.  Bugge  (KZ. 
20,  2  ff.)  zeigt,  dass  ru,  lu  mehrfach  aus  urspr.  var  entstan- 
den ist  und  zwar  schon  in  indogermanischer  Zeit.  Er  führt 
als  Beispiele  für  diese  Lautentwickelung  an  die  Wurzeln  skt. 
rudh  altbactr.  rud  germ.  lud  „wachsen"  neben  vardh  in  glei- 
cher Bedeutung,  skt.  altb.  nie  europ.  lue  „leuchten"  neben  skt. 
vdrcas  altb.  vafeeanh  „Glanz"  lat.  Volcanus,  skt.  rudh  altb. 
rud  „zurückhalten"  aus  vardh,  welches  Bezzenberger  Beitr.  II 
191  im  Germanischen  nachweist,  ferner  skt.  rüpä  „Gestalt" 
neben  vdrpas,  rürä  „hitzig"  neben  ksl.  varü  xavfia,  skt.  lüncati 
„rupfen,  ausreissen"  neben  '^^ffoM^  „alTRtm^  zerr»is§en".  KZ. 
22,  2G9  habe  ich  auf  die  Möglichkeit  hingewiesen,  rnj  „bre- 
chen" (europ.  liuj)   aus  vrag   zu   erklären   und   mit  gr.^^'^^'^'^ 

jniederd.  i/'r«^s(Miw9?k.>*;^i^„SchmsölHamer"  zu  vereinigen. 
In  demselben  lautlichen  Verhältniss  stehen  zu  einander  skt. 
^^pz^j^H^uclisf^Nu^d  lat.  i^l^ttj^,  skt.  /«/>Aa^L-,^¥erlangen,  mektm, 
an  sich  zieh^,  caus.  betören,  an  sich  locken,  zu  verführen 
suchen"  =  eiiröp.  hihh  und  lit.  rWnnti  „locken,  anlocken",  mit 


H.  ßöhl     Zur  Inschrift  des  üamonon.  309 

welchem  Bezzenberger  Beitr.  IV  314  gr.  sXerfaiQO/naL  verbin- 
det. —  Die  Wurzel  var,  aus  der  lü  entstand,  erscheint  noch  in 
m/na  .^Wunde"  =  gr.  pvk-^  ans  *f^¥iq;  wenn  vulnus,  wie  man 
gewöhnlich  annimmt,  unmittelbar  zu  diesen  Wörtern  gehört, 
so  wäre  in  demselben  ursprüngliches  In  erhalten,  wofür  ich 
sonst  kein  Beispiel  wüsste. 

Liegnitz.  F.  Fröhde. 


Zur  Inschrift  des  Damonon. 

Zu  dieser  Inschrift,  welche  A.  Fick  in  diesen  Beiträgen 
S.  121  ff.  behandelt  hat,  mögen  folgende  Nachträge  hier  eine 
Stelle  finden. 

Z.  9.  Ein  mir  vorliegender  wohlgelungener  Abklatsch,  den 
ich  der  Güte  des  Herrn  Professor  Matsas,  ehemals  in  Sparta, 
zur  Zeit  in  Chalkis,  verdanke,  zeigt  schlechthin 

=^/^IAiAOYO 

ev  yaiaoxco;  ein  innerer  Asper  war  in  diesem  Worte  nicht  ge- 
schrieben. 

Z.  13  und  30.  Die  fragliche  Stelle  wird  zu  lesen  sein: 
•/.al  6  xeXrj^  hUrj ,  und  es  möchten  diese  Worte  das  erste  Mal 
als  Parenthese  zu  fassen  sein,  das  zweite  Mal  sind  sie  Anhäng- 
sel an  den  vorhergehenden  Satz.  Kelt]^  gegenüber  dem  ge- 
meingriechischen yielTjg  lässt  sich  mit  lat.  celox  zusammen- 
stellen. 

Z.  16  sTtraxiv  und  oft.  Zahladverbia  auf  -/uv  kommen 
zwar  auch  in  einer  aus  Fourmont's  Abschrift  längst  bekannten, 
erweisHch  läconischen  Inschrift,  C.  I.  1511,  vor,  waren  aber 
dort,  weil  es  an  Analogien  fehlte,  unerkannt  geblieben. 

Berlin.  H.  Bohl. 


Zur  beurteilung  der  attischen  reduplication. 

Die  zu  vocalisch  anlautenden  causalien  und  verben  der  X. 
conj.-cl.  gehörigen  reduplicirten  aoriste  des  sanskrit  sind  in 
folgender  weise  zu  gruppiren: 

1)  Die  reduplication  beruht  auf  dem  anfang  der  die  grund- 
lage  der  reduplicirten  form  bildenden  verbalen  basis. 


310  A.  Bezzenberger 

a)  der  vocalische  anlaut  dieser  basis  ist  unverändert  er- 
halten: ävavadhirat  (d.  i.  a — av- -  ava  -  dhtraf ,  vgl. 
gr.  de- - dvg - Tvxrjy.cc  i)),  aga^vat,  svägacvat  (Benfey 
vollst,  gram.  s.  385  f.); 

b)  anlautendes  a  derselben  erscheint  als  /  (d.  i.  schwä) : 
äciksham,  ätittat  (dtittat,  vgl.  unten  ättitat) ,  ädiddat 
(vgl.  unten  äddidat),  ähihhram  (Benfey  a.  a.  o.  ss. 
90,  385). 

2)  Die  reduplication  beruht    auf   dem    ende    der   verbalen 
basis , 

a)  vor  dem  consonanten  der  reduplicationssilbe  erscheint 
voller  vocal:  dncakat,  ändadhat,  ärtathat,  audadhat 
(aujadhat ,  vgl.  unten  audidhat) ,  aunanat  (Pan.  3.  1. 
51,  vgl.  unten  aiminat)  ünanat  (Benfey  a.  a.  o.  §. 
844,    kurze  gramm.    s.  165  §.  267); 

b)  vor  jenem  consonanten  erscheint  vocalschwächung  (i, 
d.i.  schwä,  für  a;  m  für  o  bez.  ava):  ärpipam  (mä... 
arpipam)  av.  12.  1.  35,  ättitat,  äddidat^),  ärcicat  ^), 
ärjijat  bhattikavy.  15.  43  (s.  B.-R.  I.  427),  ärdidat «), 
aindidhat,  airshyiyat,  audidhat  (aujidhat),  auninaf  ^), 
aundidat^)  3),  aubjijat  ^)f  aurnunuvat  (Benfey  vollst, 
gram.  s.  385). 


*)  Analog  erklärt  Yäska  nir.  2.  3  *cakadräti :  drätiti  gatikutsanä 
kadrätiti  drätikutsanä  cakadräti  kadrätiti  sato  'S  narthako  <s  bhyäsah 
etc. 

^)  Diese  formen  führt  Vopadeva  18.  1  an;  ärdidat  erwähnt  auch 
Pänini  3.  1.  51. 

^)  Bopp  vgl.  gram.  ^  II.  466  beurteilte  die  formen  auninam,  aundi- 
dam  unrichtig  ,  indem  er  meinte ,  ihr  i  sei  aus  u,  bez.  ?<  entstanden. 
Sie  sind  nicht  zu  trennen  in  aun-in-ain  aund-id-mn  ,  sondern  in  auni-na-m 
aundi-da-m  —  -na-,  -da-  sind  die  reduplicationssilben  — ,  und  ihr  i  ist 
nicht  aus  u,  ü  entstanden,  sondern  aus  dem  a,  welches  in  ünayis  (una-i/a) 
TV.  1.  53.  3,  *unda-ya  erscheint.  Den  beweis  für  die  richtigkeit  dieser  be- 
hauptung  liefert  aurnunuvat  (vgl.  urmmavishati,  -nuvi'shati,  -nushaii  Pän.  7. 
2.  49  und  ünymäva  das.  6.  1.  8,  bhattik.  14.  103).  Consequent  ist  nun 
natürlich  nicht  äb-ibhr-am,  äc-tf-am,  a-fi-vrt-am  u. s.w.  zu  teilen,  sondern 
ub-ibhra-m,  d^-i^a-m  ,  a-vi-vrta-m ,  vgl.  Fick  in  diesen  boitr.  IV.^  168  f. 
—  Selbstverständlich  ist  üni  (in  auninat)  arpi  in  arpipam  u.  s.  w.  iden- 
tisch mit  mit  in  ilnita,  arpi  in  arpita  u.  s.  w. ;  das  i  dieser  formen  ist 
weder  aus  aya  entstanden,  noch  grundlage  von  aya,  sondern  aus  a  ge- 
schwächt, wie  in  bubodhishi-shydmi ,  rdjayi-shydmi,  ce^i-ta  u.  s.  w. :  das 
beweisen  unsere  aoriste,  gr.  aiQi-TÖs,    iiyi-fio'xv ,    lat.  exerci-tus,   taci-tua 


Zur  beurteilung  der  attischen  reduplication.  311 

Nicht  mit  Sicherheit  lassen  sich  diesen  gruppen  einordnen 
die  aoristformen  ämamat  rv.  9.  114.  4,  10.  59.  8,  vs.  16.  47, 
av.  6.  37.  3,  10.  5.  23  —  die  man,  nur  formell  betrachtet, 
auch  dem  plusquamperfectum  zuweisen  kann,  s.  w.  u.  — ,  äti- 
tat  (Pan.  1.  1.  59,  6.  1.  11),  äpipat  ^) ,  ägigat  (Pän.  1.  1.  59), 
aililat  (Fan.  3.  1.  51,  Vopad.  18.  1),  präninat  pardninat  (Pän. 
8.  4.  21),  denn  ämamat  kann  sowol  zu  la)  als  zu  2a)  gehören, 
aililat  lässt  sich  sowol  zu  la)  als  zu  2b)  stellen,  und  dtitat 
äpipat,  dgigat,  präninat^  pardninat  lassen  sich  ebensowol  der 
gruppe  Ib)  als  der  gruppe  2  b)  unterordnen. 

Aehnlichen  zweifeln  unterliegt  die  beurteilung  der  griech. 
aoristformen  alahAOig,  ijyays  ayayev,  rjxaxe  dy.äxovTO,  Ttaq^Tva^e 
dnacpoiTO,  rjgaQS  agagov,  ojqoqs  :  aXak^ioig  kann  den  skr.  grup- 
pen 1  a)  und  1  b)  angeschlossen  werden ;  die  weiter  genannten 
ausser  ojqoqs  —  vgl.  über  sie  Benfey  kurze  skr.-gram.  s.  50, 
or.  u.  occ.  III.  65,  Bopp  vgl.  gram.  ^  II.  466,  Fick  o.  s.  159 
—  lassen  sich  zu  den  aufgestellten  skr.  gruppen  1  a),  1  b)  und 
2b)  stellen  (da  schwä  im  griech.  als  a  erscheint);  ojqoqs  end- 
lich —  vgl.  tüQSTO  —fügt  sich  sowol  der  gruppe  1  a)  wie  2a).  — 
Dagegen  entsprechen  rjvsy/iov  ivsy/isiv,  evsvItvsv  ihrer  bildung 
nach  zweifellos  den  unter  1  a)  aufgeführten  sanskritformen,  und 
ebenso  sicher  sind  ^Qv^a'/.ov  fqvv.c(v.sslv  ,  ^viTcaTis  mit  drpipam 
u.  s.  w.  fgruppe  2  b))  auf  eine  stufe  zu  stellen. 

Nicht  nur  aoristformen,  sondern  auch  perfectformen  der 
altindischen  Sprache  zeigen  attische  reduplication,  wenn  auch 
Delbrück  altind.  verb.  s.  111,  wo  ihm  dmamat  an  diese  redu- 
plicationsweise  erinnerte,  das  leugnet;  ich  verweise  auf  ändmga 
rv.  4.  23.  2;  8.  24.  17,  57.  8,  dnagma  rv.  10.  31.  3,  änagd 
rv.  3.  60.  1.  2;  4.  36.  4;  10.  62.  1,  dnaguh  rv.  1.  52.  14,  110. 

4,  151.  9,  164.  23;  2.  23.  2,  24.  6;  3.  60.  3;  5.  10.  3;  6.  22. 
4;  8.  3.  13.  16,   12.   20.  21;    9.  22.    3.   5,  Cinage  rv.  1.  84.  6; 

5.  7.  8,  81.  5;  9.  48.  5;  10.  96.  7,  100.  2,  anagydmYN.  6.  26. 
7  und  anaje  rv.  1.  102.  1,  161.  4,  188.  9;  8.  52.  ij  dnajre 
rv.  1.  87.  1 ,  anajydt  rv.  10.  31.  4,  änajäna   rv.  1.  108.  4  (über 


(dagegen  deletus  :  deleo,  vgl.  lit.  av'eti  :  aviü).  Die  stamme  tlnni/a,  arpaya 
u.  8.  w.  sind  also  nur  erweiterungen  der  stamme  üna,  arpa  u.s.  w.  Vgl. 
Scher  er  zgds.*  s.  289,  anm.  1. 

^)  In  der  brbadäranyakopanishad  4.  5.  14  erscheint  die  merkwür- 
dige form  äptptpat]  B.-R.  I.  650  erklären  sie  für  „ungramm.  aor.  für 
äpipat".     Sie  erinnert  sofort  an  dy-riyo-^tt. 


312  A.  Bezzenberger 

anajd  rv.  5.  54.  1  s.  Benfey  über  die  mit  r  anlautenden  personal- 
endungen  s.  5  anm.).  Die  formen  dnagma  (aus  dn(a)mQma,  vgl. 
Benfey  k.gram.  §.243,  J.  Schmidt  K.  zs.  23.  269  anm.  1)  dna- 
f« U.S.W,  stehen  neben  ändmQa  wie  cachadydt  rv.  10.  73.  9  ne- 
ben cachanda  das.  7.63. 3,  tostoMwÄ  das.  8. 83. 11  neben  tastdmbha 
das.  1.  67.  5,  vividüh  das.  71.  2  neben  vivMa  das.  3.  32.  4, 
virurucüh  das.  4.  7.  1  neben  ruröca  das.  4.  5.  15.  Dieses  ver- 
hältniss  lässt,  meine  ich,  keinen  zweifei -gegen  die  ansieht  auf- 
kommen, dass  arhQ,  anj  als  „wurzeln"  von  dndmga,  dndnja  zu 
betrachten,  und  dass  die  letzteren  mit  attischer  reduplication 
gebildet  sind  —  dass  also  die  erklärungen  dieser  formen,  wel- 
che Delbrück  a.  a.  o.  s.  113  f.  und  Windisch  K.  zs.  21. 
408  geben,  unrichtig  sind.  —  Freilich  unterscheiden  sich 
dndmga,  dnagma,  dnagd,  dnagüh,  dnage,  dnagydm,  dnaje,  dnaj- 
re,  änajdna  von  den  in  gleicher  weise  gebildeten  griech.  per- 
fectformen  €dr]do)g,  onoma  u.  s.  w.  dadurch,  dass  sie  im  anlaut 
langen  vocal  zeigen,  während  diese  in  der  reduplicationssilbe 
kurzen  vokal  enthalten.  Dieser  unterschied  ist  indessen  irrele- 
vant; man  erinnere  sich  einerseits,  dass  altind.  reduplicirte  per- 
fectformen  auch  sonst  sehr  häufig  langen  vocal  in  der  redu- 
plicationssilbe zeigen,  und  anderseits,  dass  das  o.  angeführte 
anajyät  (in  dem  ebenso  wenig  „metrische  kürzung"  statt  gefun- 
den hat,  wie  z.  b.  in  dem  von  dem  padatext  gebotenen  na- 
nama  rv.  1.  48.  8 ,  2.  33.  12)  ebenso  wie  die  angeführten 
griech.  formen  mit  kurzem  vocal  anlautet.  Mit  anajyät  ist  in 
dieser  hinsieht  andha  rv.  8.  48.  5,  das  mit  Ludwig  übers.  I. 
s.  194  als  I.  sg.  perf.  aufzufassen  ist,  auf  eine  stufe  zu  stellen, 
wenn  es  zu  amh  gehört  und  sein  ä  aus  ä  entstand.  Aber  das 
ist  unsicher,  denn  es  kann  auch  zu  nah  gehören  und  aus 
n(a)naha  entstanden  sein,  wie  uvaca  aus  r(a)vaca.  Ein  ähn- 
licher zweifei  entsteht  bei  ändga  rv.  6.  16.  26,  das  auf  n(a)- 
nd'ga  (-y/nag)  zurückgeführt  werden  darf,  und  nicht  auf  dndmga 
(■\/amgJ  zurückgeführt  werden  muss. 

Die  besprochenen  formen  dndmga,  dtiajS  u.  s.  w.  sind  at- 
tisch reduplicirte  formen  von  wurzelverben ,  deren  anlautender 
vocal  von  einer  consonantengruppe  gefolgt  ist.  Es  fragt  sich, 
ob  auch  von  primären  verben  von  der  gestalt  vocal  -f-  conso- 
nant  in  der  altindischen  spräche  perfecta  mit  attischer  redupli- 
cation gebildet ,  und  wie  dieselben  durchconjugirt  wurden. 
Beide  fragen  lassen  sich,  wie  ich  glaube,  beantworten. 


Zur  beurteilung  der  attischen  redupUcation.  313 

Im  rv.  8.  66.  10  (=  77.  10  Müller)  lesen  wir: 
viQvet  tä  vishnur  äbharad  urukramas  tveshitah  | 
gatäm  mahishän  ksliirapakäm  odanam  varähäm   indra 

emusham  || 

Die  letzten  worte  dieses  verses  (varäham  indra  emusham) 
sind  nir.  5.  4  citirt.  Eine  erklärung  des  Wortes  emusham  ist 
hier  nicht  gegeben ;  gleichwol  führt  Sayana  eine  solche  aus  dem 
niruktam  an  :  emusham  ||  ä  ityasya  sthäne  chandasa  ekarah  || 
amusham  udakasya  moshakam  ityarthah  ||  niruktapaksha  evam  |. 
Die  neueren  exegeten  des  rgveda  haben  sich  mit  recht  weder 
durch  diese  erklärung,  noch  durch  den  von  Sayana  (z.  d.  st.) 
weiter  mitgeteilten  itihäsa  bestimmen  lassen ,  emusham  auf  ä- 
mwsÄ  zurückzuführen ;  vielmehr  sehen  Roth  (p.  w.  I.  367)  und 
Grass  mann  (wbch.  c.  89)  in  ihm  den  acc.  sg.  msc.  des  part. 
perf.  redupl.  von  am,  und  diese  ansieht  scheint  Ludwig  zu 
teilen,  der  unser  wort  mit  ,, schrecklich"  übersetzt  (Grass- 
mann: „wild").  Ich  halte  sie  für  nicht  ganz  richtig;  gegen 
sie  sprechen  zwei  gründe,  die  allerdings  je  für  sich  nicht  ent- 
scheidend sind  (vgl.  Benfey  vollst,  gram.  s.  313  anm.  1),  aber 
durch  ihr  zusamraentreifen  entscheidend  werden:  1)  emusham 
zeigt  nicht  die  starke  form  des  Suffixes  des  part.  perf.  red ,  die 
im  acc.  sg.  msc.  dieses  particips  der  regel  nach  erscheinen  muss, 
2)  es  zeigt  nicht  die  regelmässige  betonung  des  schwächsten 
Stammes  dieses  particips  (man  erwartet  emusham  für  emivams- 
am).  Will  man  diesen  tatsachen  gerecht  werden,  ohne  sich 
von  jener  ansieht  weit  zu  entfernen,  so  wird  man  annehmen 
müssen,  dass  emusham  acc.  sg.  msc.  eines  Stammes  emvshd-  sei, 
der  sich  aus  dem  schwächsten  stamm  des  part.  perf.  red. 
(emüs-),  vermutlich  nachdem  derselbe  verallgemeinert  war  (vgl. 
vidüs),  entwickelt  habe  wie  ndhusha  (nahushd)  aus  nähus,  mä- 
nusha  aus  mdnus  (Benfey  Hermes,  Minos,  Tartaros  s.  15  f.), 
avest.  vithusha-  vsp.  6  W.  aus  inthus  vd.  4.  54  W.  (vtdhvdo). 
In  gleicher  weise  sind ,  wie  ich  glaube,  der  stamm  agüsha-  (mit 
beachtenswertem  ä)  und  der  stamm  pvyü'sha  (mit  verlorener 
reduplication)  entstanden;  der  letztere  würde  dann  an  die  fle- 
xion  des  verbs  dt  (I.  sg.  perf.  red.  ätm  didiye)  und  die  avest. 
formen  apipiiüshhn,  apipijüshinäm  anzuschliessen  sein.  Die  letz- 
teren zeigen  im  gegensatz  zu  vUhushi,  vithusMm  u.  a.  dehnung 
des  inlautenden  m;  dieselbe  dehnung  erscheint  in  den  avest. 
formen    jaghmüshim   jaghmiishyäo   jaghmüstemö    und    in    den 


314  A.  Bezzenberger 

altind.  stammen  ärüsha  neben  arushd,  tdrüshas  neben  tdrusha, 
ddägiishtara  neben  ddägus.  Dieselbe  dehnung  zeigt  endlich 
das  nach  B  -R.  I.  1098  im  gatapathabrähmanam  14.  1.  2.  11 
und  in  der  kathaka-recension  des  yajurveda  25.  2  vorkommende 
wort  emüshd  neben  unserem  emushäm.  Das  käthakam  ist  mir 
nicht  zugänglich ;  an  der  erwähnten  stelle  des  erst  genannten 
Werkes  steht:  iam  emüshä  iti  vardhä  üjjhaghäna.  Hier  finden 
wir  den  nom.  sg.  msc.  eines  Stammes  emüshä  —  dass  emushdm 
nichts  als  der  dazu  gehörige  acc.  sg.  msc.  sei  und  dass  ich  es 
mit  recht  auf  einen  «-stamm  zurückgeführt  habe,  muss,  denke 
ich,  jedem  einleuchten. 

Zu  emushd  tritt  vyemänäh,  das  in  der  kä^ikä  angeführte 
part.  perf  med.  von  vi-am  (Panini  ed.  Böhtl.  IL  297).  Wie 
diese  form  zu  erklären  sei,  hat  Benfey  kurze  skr. gram.  s.  214 
angedeutet  und  damit  implicite  auch  die  erklärung  der  aus 
emüshä  erschlossenen  participialen  Stammform  emüs-  gegeben, 
indem  er  vyemänäh  hinsichtlich  seines  e  mit  z.  b.  neme  rv.  1. 
57,  5  (-^nam),  menire  aitareyabr.  7.  18  (^man)  verglich.  Ich 
ziehe  hieraus  nur  die  gebotenen  consequenzen ,  indem  ich  sage: 
neme  und  menire  setzen  die  flexion  nanä'ma  nanmüs  nanme, 
mamä'na  mamnüs  mamnire  voraus  —  folglich  setzen  emüs-  und 
vyemänäh  die  flexion  amd'ma  ammüs  voraus  —  folglich  gehö- 
ren emüs-  bez.  emushäm  und  vyemänäh  dem  attisch  reduplicir- 
ten  perfect  von  am,  einem  primären  verb  von  der  gestalt  vo- 
cal  -f*  consonant,  an.  Damit  sind  die  oben  aufgeworfenen  fra- 
gen hinreichend  beantwortet ,  und  es  mag  hier  nur  bemerkt 
werden,  dass  das  o.  S.  311  erwähnte  ämamat  sich  formell  als 
plusquamperfectform  ^)  zu  dem  erschlossenen  amd'ma  stel- 
len lässt;  syntaktische  Schwierigkeiten  stehen  dem  jedoch  ent- 
gegen. —  Ueber  die  von  dem  erschlossenen  amä'ma  abwei- 
chenden (regelmässigen)  altind.  perfecthildungen  von  verben  der 
gestalt  a  -\-  consonant  (wie  ada,  ä'ra,  äva,  asa)  werde  ich  bei 
anderer  gelegenheit  handeln. 

Emus-  unterscheidet  sich  von  idrjdiog  wesentlich;  hier  ist 
der  wurzelvocal  gedehnt,  dort  ist  er  geschwunden.  Eine  Unter- 
suchung dieses  Unterschiedes  kann  ich   hier  nicht  unternehmen 


*)  Mit  bezug  auf  Delbrück  a.  a.  o.  8.  122  bftmerke  ich,  dass, 
wenn  ich  nicht  irre,  zuerst  Holtzniann  ü.  d.  ablaut  (1844)  8.34  alt- 
ind. plusquamperfectformen  angenommen  hat.  Für  eine  solche  erklärte 
er  z.  b    ane^am  (vgl.  De  Ib.  8.  111). 


Zur  beurteilung  der  attischen  reduplication.  315 

und  erinnere  nur  daran,  dass  in  den  bekannten  skr.  intensiven 
atatyate  ardryate  aga^yate  (Vopad.  20.  4)  dieselbe  dehnung  er- 
scheint, wie  in  kdrjdtog  {sö)]doTai).  Zusammenhang  zwischen 
der  intensiv-  und  der  perfectbildung  wird  mehrfach  behauptet, 
so  von  A.  Ludwig  inf.  i.  veda  s.  120. 

Nicht  nur  in  aoristen,  perfecten  und  intensiven  hat  die  alt- 
indische spräche  die  attische  reduplication  angewendet,  sondern 
auch  in  ihren  desiderativen ;  dieselben  stimmen  in  dieser  be- 
ziehung  bekanntlich  durchaus  mit  den  o.  besprochenen  aoristen 
überein  und  brauchen  deshalb  hier  nicht  weiter  untersucht  zu 
werden. 

/"  Dass  dal  armenische  die  attische  reduplication  kannte,  hat 
Bopp  vgl.  gram.  3  II.  §.  5S7  an  dom  aorist  arar/  (vgl.  t'jQaQov, 
MQaQtov)  nachgewiesen.  Auch  in  einigen  avestischen  formen,  in 
\irtrithare  und  in  urürudhusa ,  glaubte  er  dieselbe  zu  erkennen 
(a.  a.  0.  SS.  468,  532);  seine  auffassung  der  erst  genannten  form, 
leben  welcher  noch  der  gen.  plur.  msc.  part.  perf.  iririthiishäm 
y.  24.  5  (var.  iririthushäm)  =  y.  26.  6,  vsp.  11.  7  W.  zu  nen- 
nen ist,  ist  tadellos,  sehr  zweifelhaft  ist  dagegen  seine  auffas- 
sung von  urürudhusa,  das  kürzlich  von  Geldner  metrik  s.  42 
und  Bartholomä  altir.  verb.  s.  42  verschieden  erklärt  ist 
und  neben  dem  aväurüraodha  y.  1.  21  W.  und  urüraogt  y.  51. 
12,  das  Bartholomä  a.  a.  o.  s.  88  als  plusquamperfectform  er- 
klärt, zu  erwähnen  sind.  Denn  die  formen  raodhahe ,  raodhefiti, 
raoge,  raogta  u.  s.  w.  verglichen  mit  der  tatsache,  dass  der  an- 
lautende vocal  sowol  von  urürudhusa  (Geldner  a.  a.  o.)  als  von 
urüraogt  metrisch  keine  stelle  hat,  machen  es  wahrscheinlich, 
dass  er  in  diesen  formen  und  in  aväurüraodha  unursprünglich 
sei  (Hang  gathas  II.  114). 

Ein  keltisches  perfectum  mit  attischer  reduplication  ist  ir. 
*anac,  wenn  man  es  dem  skr.  änämga  oder  dem  skr.  ändnca 
gleichstellt  (Windisch  K.  zs.  21.  412).  ^Ausserdem  scheint  die 
attische  reduplication  den  keltischen  sprachen  fremd  zu  sein. 

Einen  noch  weiteren  hinteigrund  kann  man  der  attischen 
reduplication  durch  die  heranziehung  von  schallwörtern  geben 
(skr.  arare,  ididi,  ulülu;  lit.  ulut  tdutut ,  ultda;  bulg.  olele ; 
russ.  dial.  oleliko  [Miklosich  lex.  s.  501];  gr.  ototot  ottoto- 
TOt,  drtaTtai  {drcarcaTCcc],  sleXev  sleleXeXev,  dXaXd,  ololvtia 
u.  s.  w.),  doch  mag  es  hier  genügen,  auf  sie  hingewiesen  zu 
haben.  Ädalbert  Bezzenberger. 


316  Leo  Meyer 


^aag  =  altind.  gräVan  und  griechisches  yX  im  Anlaut. 

Im  zweiten  Bande  dieser  Beiträge,  Seite  270  und  271,  ist 
von  ihrem  verehrten  Herausgeber  der  Zusammenhang  des  grie- 
chischen XaccQ  „Stein"  mit  dem  altindischen  gravan-,  „Stein", 
der  unter  Andeferi  schön  von  Benfey  in  seinem  Wurzellexikon 
(2,  1842,  S.  8)  anerkannt  worden  ist,  als  sehr  unwahrschein- 
lich bezeichnet  und  eine  neue  Vermuthung  über  den  etymolo- 
gischen Zusammenhang  jenes  griechischen  Wortes  aufgestellt, 
die  unseres  Erachtens  nicht  das  Rechte  trifft. 

Wie  nun  aber  viel  schmerzlicher  empfunden  zu  werden 
pflegt,  wenn  ein  völlig  Unschuldiger  durch  richterlichen  Irrthum 
als  Verbrecher  gestraft  wird,  als  wenn  viele  Verbrecher  ganz 
ohne  Strafe  ausgehen,  so  scheint  uns  die  Wahrung  und  Ver- 
theidigung  einer  auf  dem  Gebiet  der  Sprachwissenschaft  wirk- 
lich erkannten,  dann  doch  wieder  in  Zweifel  gezogenen  Wahr- 
heit von  viel  höherem  Werth  zu  sein,  als  viele  neue  und  ganz 
unsichere  Combinationen.  Und  wir  wollen  versuchen,  noch  ei- 
niges weiter  begründende  für  die  Ansetzung  :  Xaag  =  altind. 
gravan-  anzuführen.  Wir  fassen  dabei  nur  das  besonders  ins 
Auge,  was  zu  dem  am  oben  angeführten  Orte  ausgesprochenen 
Bedenken  die  Hauptveranlassung  gegeben.  Dass  Xaag  für  Xa- 
avg  eingetreten  sein  kann,  wie  im  Griechischen  auch  sonst  det 
Nasal  oft  spurlos  vor  dem  Zischlaut  geschwunden  ist  und  dass 
dann  auch  der  Nasal  für  den  Wortstamm  selbst  aufgegeben 
werden  konnte,  wollen  wir  hier  nicht  ausführlicher  darlegen 
und  bezüglich  des  alten  inneren  /,  also  einer  anzunehmenden 
alten  Form  Xafag,  nur  wieder  darauf  hinweisen,  dass  dafür 
schon  Benfey  am  angeführten  Orte  die  dialektisclie  Form  Xevq 
„Stein"  und  das  daraus  geleitete  Xevelv  „steinigen"  als  bewei- 
send hervorgehoben  hat.  DarTfewicht  ^^söT'TTSw'eßißs  betont 
auch  Sophus  Bugge  wieder  im  neunzehnten  Bande  der  Kuhn- 
schen  Zeitschrift,  Seite  432,  wo  er  belehrt,  dass  mit  Xäag  = 
altind.  gravan-  auch  das  altnordische  männliche  kU  überein- 
stimme, das  einen  „Stein"  bezeichnet,  „der  in  ein  Gewebe  ge- 
hängt wird,  um  es  ausgespannt  zu  halten",  oder  auch  zum  Be- 
hängen der  Fischernetze  gebraucht  wird. 

Als  ein  Bedenken  gegen  die  Annahme  der  völligen  Ueber- 
einstimmung   des  griechischen  l,aag    und   altindischen  gravan- 


uiaag  =  altind.  grävan  und  griechisches  yX  im  Anlaut.      317 

wird  an  dem  oben  näher  bezeichneten  Orte  angegeben,  dass 
ein  dem  altindischen  grd'van-  entsprechendes  griechisches  Wort 
nach  Ausweis  anderer  europäischer  Wörter,  die  mit  ihm  zusam- 
mengehören, wie  des  irischen  hrö,  des  gothischen  qvairnus,  des 
russischen  zernovü  und  des  littauischen  girnos,  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  nicht  ^,  sondern  q  an  Stelle  des  r  in  grävan 
zeigen  würde.  Ohne  dabei  auf  das  Verhältniss  des  l  zum  r 
weiter  einzugehen,  möchten  wir  dagegen  nur  hervorheben,  dass 
die  angeführten  Wörter  aus  dem  Gothischen,  Russischen  und 
Littauischen  schon  ihrer  Bildung  nach  ziemlich  weit  von  grä- 
van- und  Xaag  abliegen  ;  wenn  aber  Windisch,  auf  den  an  er- 
ster Stelle  verwiesen  wird,  in  Kuhns  Beiträgen  (8,  430),  das 
irische  bro  mit  dem  altindischen  grä'van-  geradezu  identificirt 
hat,  so  steht  dem  die  weit  auseinanderliegende  Bedeutung  die- 
ser beiden  Wörter  entschieden  entgegen.  Das  irische  hrö  wird 
mit  der  Bedeutung  „Mühle"  angeführt  und  ebenso  das  zuge- 
hörige kornische  hroti  und  kymrische  hreuan  :  das  altindische 
grä'van-  dagegen  heisst  „Stein,  Felsblock",  weiter  aber  „Berg" 
und  „Wolke".  Wenn  nun  aber  auch  jenes  gravan-  im  Rgvedas 
ausschliesslich  von  den  Steinen,  mit  denen  der  Somasaft  ausge- 
schlagen oder  ausgepresst  wird,  gebraucht  wird,  so  bleibt  dabei 
doch  zu  bemerken,  dass  das  „Ausschlagen"  und  „Pressen"  noch 
immer  weit  absteht  von  der  Hauptthätigkeit,  um  die  sichs  in 
alten  Mühlen  handelt,  vom  „Mahlen,  Reiben,  Drehen". 

Als  Hauptbedenken  gegen  die  Identificirung  von  gravan 
und  Xaag  wird  nun  aber  an  erster  Stelle  ausgesprochen,  dass 
der  Abfall  eines  Gutturals  vor  X  ausser  für  Xa^,  Aajcr/^w,  wo 
er  durch  die  Folge  des  gleichen  Gutturals  bewirkt  worden  sei, 
nicht  behauptet  werden  könne.  Wir  sehen  hier  wieder  ganz  ab 
von  den  beiden  letzt  angeführten  Wörtern,  in  denen  sichs  um 
den  Abfall  eines  anlautenden  alten  x  handelt,  da  für  uns  in 
Xafag  der  Abfall  eines  alten  y  vor  X  vorliegt,  auf  welches  Laut- 
verhältniss  wir  noch  etwas  näher  eingehen  wollen. 

Erwiesen  scheint  uns  die  Möglichkeit  des  Abfalls  eines 
anlautenden  alten  y  vor  X  zunächst  durch  Xi]f.ü]  neben  yXrj/nrj 
und  dem  lateinischen  grdmiae,  deren  engste  Zusammengehörig- 
keit wir  bei  der  ganz  frappant  übereinstimmenden  und  dazu 
ganz  eigenthümlich  entwickelten  Bedeutung  von  „Augenbutter" 
mit  Fick  2^  94  im  Gegensatz  zu  der  im  ersten  Bande  dieser 
Beiträge,   Seite  339,  mitgetheilten  Combination,   bei    der    auch 


318  Leo  Meyer 

das  niederdeutsche  olm  oder  ulm  „Fäulniss  in  den  Bäumen" 
herangezogen  wird,  für  ganz  unzweifelhaft  halten. 

Weiter  scheint  uns  von  Bedeutung,  dass  neben  lä^oq  „Möwe" 
auch  die  Form  yldqog  angeführt  wird. 

Schon  bei  anderer  Gelegenheit  habe  ich  betont,  dass  Xafx- 
ßävEiv  sich  unmittelbar  an  das  altindische  girihh  „ergreifen"  : 
grbhnati  „er  ergreift"  anschliesst.  Bei  der  vermeintlich  beque- 
meren Zusammenstellung  mit  dem  altindischen  labh,  das  im 
Rgvedas  nur  dreimal  mit  dem  Präfix  ä-  in  der  Bedeutung  „an- 
greifen, anpacken"  und  zwar  nur  in  zwei  der  jüngsten  Hymnen 
(10,  87,  7  und  10,  130,  7)  vorkömmt,  bleiben  die  Perfectfor- 
men  «l'Aj^^a  und  ei!Xrjf.i(j^aL  und  das  homerische  sllaße  (Ilias  5, 
83;  8,  371;  452;  11,  402;  14,  475  und  sonst)  völlig  unerklärt. 
Diese  Formen  können  aber  nicht  auf  reiner  Willkühr  beruhen. 
Und  wenn  Georg  Curtius  in  seinem  an  werthvollen  neuen  Ge- 
danken so  überaus  armen  Werke  über  das  griechische  Verbum 
meint,  dass  der  Schlüssel  zu  €ilr]cpa  und  den  ähnlichen  Perfec- 
ten  gewiss  in  der  Metathesis  zu  suchen  sei  {Eilrjcpa  aus  k%h]cpa 
aus  ikiXrjfpa  aus  Xelrjcpa),  so  möchten  wir  doch  das  lieber  als 
eine  unfruchtbare  Spielerei  mit  Lauten  bezeichnen. 

Für  Uooea^ai  „flehen,  anflehen,  erflehen"  werden  wir  über 
den  alten  Anlaut  durch  das  augmentirte  ilXiadiurjv  (Odyssee  11, 
35  und  13,  273)  und  weiter  zum  Beispiel  auch  durch  die  Bil- 
dungen TtoXv-lharov  „vielerfleht"  (Odyssee  5,  445)  und  tql-IXi- 
arog  „dreimal  erfleht"  (Ilias  8,  488)  belehrt  und  für  das  un- 
mittelbar zugehörige  XiTavevsiv  „flehen"  durch  die  augmentir- 
ten  eXXiTavavE  (Ilias  22,  414;  Bekker  hest  de  XLtdvevB)  und 
eXXitdvevaa  (Odyssee  10,  481).  Zu  Grunde  liegt  das  altindische 
gardh  „wornach  streben,  heftig  verlangen"  :  grdhjati  „er  strebt, 
er  verlangt",  dessen  Aspirate  im  Griechischen  gradezu  durch 
die  Tenuis  vertreten  zu  sein  scheint,  wie  das  gleiche  Lautver- 
hältniss  auch  sonst  begegnet.  Fick  2^  221  ordnet  Xiaaead-at 
einem  gräcoitalischen  *li  „biegen"  unter,  was  weder  den  oben 
angeführten  homerischen  Formen  Rechnung  trägt,  noch  von 
Seiten  der  Bedeutung  sich  irgend  empfiehlt.  Die  Zusammen- 
stellung jenes  altindischen  gardh  „wornach  streben,  heftig  ver- 
langen" aber  mit  dem  Lateinischen  gradi  „schreiten"  (Fick  2^ 
90)  halte  ich  für  unrichtig,  weil  das  altindische  gardh  niemals 
„schreiten"  oder  auch  nur  entfernt  Aehnliches  bedeutet. 

Dass  Xoxog  „Schaar,  Kriegerschaar"  (bei  Homer  nur  Odyssee 


^äag  =  altind.  grävan  und  griechisches  yX  im  Anlaut.     319 

20,  49)  altes  anlautendes  y  verlor,  wird  durch  das  Gegenüber- 
stehen des  lateinischen  grex  „Herde,  Schaar"  wahrscheinlich 
gemacht.  Möglicherweise  stimmt  damit  auch  das  altindische 
grhd-  „Haus,  Familie"  überein. 

Vor  etwa  drei  Jahren  schon  habe  ich  an  anderem  Orte  in 
einem  besonderen  Aufsatze  die  Etymologie  des  griechischen 
Xiysiv  „sammeln"  darzulegen  und  zu  zeigen  versucht,  dass  das 
Wort  ursprünglich  auch  ein  anlautendes  y  gehabt.  Hier  mag 
in  der  Beziehung  auf  die  Perfectform  el'loxa  und  etXeyftai,  die 
noch  niemand  anders  zu  erklären  gewusst  hat,  wieder  hinzu- 
weisen genügen. 

Auch  für  XayxdvsLv  „durchs  Loos  erlangen"  erweist  das 
zugehörige  Perfect  eikrjxa  den  Verlust  eines  ursprünglich  an- 
lautenden Consonanten,  der  wohl  auch  ein  y  gewesen  sein  mag, 
wenn  auch  bisher  nicht  gelungen  ist,  tiefer  in  die  Geschichte 
des  Wortes  einzudringen.  Das  altindische  (/Iah  „würfeln ,  im 
Würfelspiel  gewinnen",  dass  zuerst  und  öfter  in  Mahäbharatam 
auftritt,  wird  man  kaum  vergleichen  dürfen. 

Benfey  hat  in  seinem  Wurzellexikou  (2,  Seite  138)  auch 
das  griechische  Xl/iidg  „Hunger"  als  eines  alten  anlautenden  y 
beraubt  hingestellt  durch  die  unmittelbare  Zusammenstellung 
mit  dem  schon  oben  genannten  altindischen  gardh  „wornach 
streben,  heftig  verlangen",  mit  dem  andererseits  auch  das  go- 
thische  gredus  „Hunger"  ganz  eng  zusammenhängt. 

Weiter  mag  vermuthungsweise  auch  noch  auf  den  nahen 
Zusammenhang  von  läog,  alt  läfog,  „Kriegsvolk"  mit  dem  alt- 
indischen gräma-  m.  Anzahl  von  Menschen,  Schaar,  Haufe", 
namentlich  „Heerhaufe"  hingewiesen  sein,  das  von  dem  griechi- 
schen Worte  sich  vielleicht  nur  durch  die  Suffixform  {ma  statt 
vd)  unterscheidet  und  weiter  ohne  Zweifel  auch  eng  zusammen- 
hängt mit  dem  altindischen  ganci  (aus  yarnd,  garnä)  m.  „Schaar". 

Man  wird  nicht  daran  zweifeln  können,  dass  unter  den 
griechischen  Wörtern  mit  anlautendem  l  auch  noch  manches 
andere  eines  alten  anlautenden  /  vor  jenem  X  wird  verlustig 
gegangen  sein,  wir  wollen  aber  das  hier  nicht  weiter  verfolgen, 
um  die  oben  von  uns  behandelte  Frage  auch  noch  von  der 
Kehrseite  zu  beleuchten. 

Entspricht  denn  nicht  regelmässig  ein  griechi- 
sches yX  dem  gr  oder  gl  des  altindischen  Anlauts? 
Vielmehr  niemals,  so  weit  unser  Blick  reicht. 


320     Leo  Meyer    ytäag  =  altind.  grävan  u.  griech.  yX  im  Anlaut. 

Ein  paar  betreffende  Beispiele   führen  wir  noch  an. 

Das  griechische  yXvwg  „süss"  stellt  Fick  2^  132  nebst 
dem  gleichbedeutenden  und  wohl  auch  schwerlich  davon  zu 
trennenden  lateinischen  diilcis  unter  ein  gräcoitalisches  *dulku-, 
wobei  also  für  jenes  griechische  Wort  eine  Art  von  Assimila- 
tion würde  anzunehmen  sein  und  seinem  yl  also  durchaus  kein 
altindisches  gr  oder  gl  gegenüber  stehen  könnte. 

Auch  für  yXdyog  „Milch"  und  yla-^To-cpayog  „Milch  essend" 
scheint  uns  die  Annahme  einer  Assimilation  und  die  unseres 
Wissens  zuerst  von  Benfey  ausgesprochene  Zurückführung  auf 
d-f^eXyeiv,  melketi  und  das  lateinische  mulgere  die  meiste  Wahr- 
scheinlichkeit zu  haben.  Das  von  Fick  2  ^  95  angesetzte  gräco- 
italische  *glaM  lässt  sich  über  das  Griechisch-Lateinische  nicht 
zurückverfolgen. 

Unter  einem  jgräcoitalischen  ]*(/rtry  „kerben"  werden  bei 
Fick  2  3  91  neben  yQd(f€iv  „ritzfen,  schreiben"  auch  yXdcpaiv 
„kratzen,  aushöhlen"  und  yXvxpsLv  „aushöhlen,  ausschnitzen" 
zusammengestellt,  ohne  dass  dabei  auch  bis  zum  Altindischen 
hinausgegriffen  würde.  Unseres  Erachtens  besteht  bei  den  an- 
geführten Wörtern  auch  ein  Zusammenhang  mit  den  lateinischen 
scribere  „schreiben",  scalpere  „kratzen,  scharren"  und  sculpere 
„schnitzen,  meisseln"  :  es  ist  dabei  zu  beachten,  dass  die  an- 
lautende Consonantenverbindung  otcX-  im  Griechischen  so  gut 
wie  nur  in  aycXrjQog  „trocken,  hart"  und  den  zugehörigen  Bildun- 
gen vorkömmt,  anlautendes  axQ-  aber  überhaupt  ungriechisch  ist. 

Das  schon  oben  genannte  yX^/.iT]  „Augenbutter"  mit  der 
Nebenform  Xrjjnr]  ist  über  das  Griechischlateinische  hinaus  nicht 
mit  Sicherheit  zu  verfolgen. 

Mit  yXecpuQov  „Augenlied",  einer  dialektischen  Nebenform 
von  ßXicpoQOv  ,  stellt  Fick  1  ^  574  das  kirchenslavische  gliiMti 
,;blicken"  zusammen  und  bemerkt  dazu,  dass  es  sonst  nicht  j 
nachzuweisen  sei. 

Zu  dem  schon  oben  genannten  altindischen  gardh  ,^wonacli 
streben ,  heftig  verlangen"  stellt  Fick  1  ^  567  das  griechische 
yXlxsad^ac  „verlangen,  begehren"  und  deutet  es  zunächst  aus 
yXid--aK€ad^ai.  Es  ist  dabei  zu  bemerken,  dass  jenes  gardh 
noch  in  keiner  einzigen  zugehörigen  altindischen  Form  die  an- 
lautende Consonantenverbindung  gr  aufweist. 

Noch  ist  aus  Fick  1^  574  und  575anzuführei^die  Ver- 
einigung der  Formen  'y/j/v5?~;;§chaustück"  7>l,m'j^  „Aug^l 


3l^;^rn" 


Etymologien.  321 

und  yXav:i6g  „glänzend"  unter  einer  europäischen  Form  *gvar 
und  *gval  „leuchten,  glühen",  der  auch  die  altindischen  gvarä- 
„Gluth",  güri^  :  gitrvafi  „verbrennen"  und  gval  :  gvdlati  „glü- 
hen" zugesellt  werden ,  so  dass  sichs  also  auch  dabei  wieder 
nicht  um  einen   altindischen  Anlaut  gl  oder  gr  handeln  würde. 

Wir  brechen  damit  unsere  Ausführungen  ab,  da  sie  unse- 
res Erachtens  wohl  als  ausreichend  gelten  dürfen,  die  Zusam- 
menstellung des  griechischen  Xaag  mit  dem  altindischen  grä'van- 
als  eine  sehr  wohl  begründete  zu  erweisen. 

Dorpat,  den  4.  November  [russisch  23.  October]  1878. 

Leo  Meyer. 


Etymologien. 


1.  Gr.  ricpQa,  lat.  favilla,  febris. 
Fröhde  (ob.  s.  15)  hat  erkannt,  dass  lat.  fav-Ula  zu  sskr. 
dah-  =  lit.  ^^..(beide  =  '^dheQh-)  „brennen"  gehört.  Ich 
glaube  ebendahin  lat.  feb-ri-s  „fieber"  i)  (=  „brand",  wie  asl. 
zegavica  f.  „febris"  neben  zegovati  „urere"  und  zegü  m.,  zega  f. 
„ardor";  vgl.  J.  Schmidt  K.  beitr.  VI  140,  Miklosich  asb. 
lautl.3  246)  ^),  sowie  ^^c^rew-qa  „asche'  (vgl.  l^itdeglis  „glimmen- 
der feuerbrand"  =  lit/m^?^»»  „feuerbrand")  ziehen  zu  müssen. 
Die  Vertretung  einer  urspr.  asp.  -|~  ^sp.  durch  ten.  +  asp.  im 
griechischen  ist  regelrecht;  cp  =  gh  reiht  sich  den  von  Fröhde 
ob.  s.  13  f.  gesammelten  beispielen  an.  Im  suffixe  vergleicht 
sich  xäip-Qa-  mit  dem  von  indischen  grammatikern  zu  dah- 
„brennen"  angeführten  dah-rd-  m.  ^).  —  Der  Zusammenstellung 
von„j.€^-ßa  mit  sskr.  tajpaSj  lat.  tepor ,  tepidus  u.  s.  w.  (Cur- 
tius  gr.  et.  3  s.  457,  Fick  wtb.^  I  593  u.  s.)  scheint  mir  das 
q)  des  griechischen  wortes  im  wege  zu  stehen;  aspiration  einer 


*)  Man  pflegt  febris  mit  fervere  zu  verbinden,  indem  man  es  aus 
*ferhris  erklärt;  so  Grassmann  KZ.  11,  88,  Ascoli  ebd.  17,  340, 
Cor  äsen  ausspr.  P  102. 

*)  Auch /c6-rM-?/s  „reinigend,  sühnend",  das  Joh.  Schmidt  KZ. 
15,  158  zu  fesiae,  feriae  stellt,  könnte  hierher  gehören. 

^)  Nach  den  schol.  zu  Unädis.  2,  13  bedentot  das  wort  „feuer", 
nach  üjjval.  „Waldbrand";  s.  B.-R.  III  565.  —  Uebrigens  ist  dah-rä-, 
wie  das  h  (statt  gh)  zeigt,  eine  jüngere  bildung. 

Beiträge  7.  Kunde  d.  ig.  Sprachen,  III.  21 


322  Etymologien. 

tenuis  vor  folgendem  r  liegt  allerdings  in  spätgriechischen  bei- 
spielen  unverkennbar  vor,  ist  aber  für  die  homerische  spräche 
durch  Curtius  (a.  o.  456  f.)  meiner  ansieht  nach  nicht  erwiesen. 
Noch  sei  bemerkt,  dass  Tsq^qa  nicht  mit  Curtius  als  Substanti- 
vierung des  adjektivs  Tecp-QO-g  „aschgrau"  gefasst  werden  darf; 
das  zeigt  einerseits  die  betonung  (tsq)Q6g  —  nicht  TstfQog,  wie 
bei  C.  steht  —  gegen  Tsq>Qa),  andrerseits  ist  rt^^a  homerisch, 
während  t€q)Q6g  (=  recpQO-eidfjg ,  s.  Fick  in  Curt.  stud.  IX 
174)  zuerst  bei  Aristoteles  belegt  ist. 

2.  Gr.  Qiyog,  lat.  frigus  =  *srigos. 
Gr.  qiyog,  glyeöavog,  qiyio)  werden  herkömmlich  identificiert 
mit  lat.  frtgus,  frigidiis,  frigeo.  An  der  Zusammenstellung  die- 
ser Wörter  ^)  ist  meiner  ansieht  nach  festzuhalten.  Aufzugeben 
aber  ist  die  annähme,  der  grundform  komme  labialer  anlaut 
zu,  der  dann  im  griechischen  eingebüsst  sei  (Curtius  gr.  et. 
n.  514);  denn  anl.  cp  fällt  sonst  im  griechischen  nicht  ab.  Die 
Schwierigkeit,  welche  der  anlaut  bereitet,  löst  sich  vollkommen, 
wenn  man  eine  grundform  srtgos  ansetzt.  Zu  dieser  grdf.  ver- 
hält sich  qiyog,  wie  qeo)  sich  zu  urspr.  srevo  {—  sskr.  srdvd-mi) 
verhält  2);  die  mittelstufe  zwischen  dem  urspr.  sr-  und  dem 
daraus  entstandenen  q-  liegt  vor  in  formen  wie  eqqlya  {P  175), 
l'qqiy  (H  114),  eqqiyrjai  (r353),  sqqlyrjoav  (M  208)  u.  a.,  die 
auf  gleicher  stufe  stehen  mit  eqqeov  (x  393)  aus  e-srevo-ti  (vgl. 
Curtius  gr.  vb.  P  117.  II  129).  Auch  den  lateinischen  lautge- 
setzen  wird  man  gerecht  durch  ansetzung  eines  anlautenden  sr. 
Bekanntlich  wird  in  einer  reihe  von  fällen  urspr.  inl.  sr  im  la- 
teinischen durch  hr  reflectiert.  So  steht  sohrmu-s,  con-sobrtnu-s 
für  *sosr-tnu-s,  ^con-sosr-mu-s  {^'sosr-  :  *sosdr-  in  sorur-em  — 
ved.  svasr-  in  sväsr-dm,  gen.  pl.  ;  svasär-  in  svdsdr-am,  acc.  sg. ; 
4nu-s  =  lit.  -yna-s  in  seser-yna-s,  vgl.  F.^  II  287);  fenebrae 
f.  *tem(e)s-rae  =--  ved.  täm(i)s-rä  f.  (Ebel  KZ.  14,  77  f.  Kuhn 
ebd.  14,  222  f.  u.  15,  238  f.);  cerehru-m  f.  ceres-m-m,  vgl. 
sskr.  Qi'ras-  n.  (F.  I  58);    weitere  beispiele   bei  Fick  wtb.  ^  I 


*)  Fick  (wtb.^  II  175)  vergleicht  frigere  mit  gr.  (fQlaoiiv.  Aber 
frtgere  steht  in  seiner  bedcutinig  dorn  gr.  ^TyiTi'  näher,  und  das  x  von 
(f'QTx-  stimmt  niclit  zu  dem  -ff  von  frig-, 

'^)  Weitere  (jedoch  zum  teil  zweifelhafte)  beispiele  für  gr.  (5-  — -• 
urspr.  sr-  verzeichnet  Fröhde  KZ.  22,  267  f. 


Etymologien.  323 

839  und  B rüg  man  in  Curt.  stud.  1X393.  Man  pflegte  frü- 
her anzunehmen,  sr  habe  sich  zunächst  zu  st7',  sodann  durch 
die  mittelstufen  sd^r,  sfr  zu  sbr,  und  endlich  zu  br  entwickelt 
(z.  b.  Ebel  a.  o. ,  Kuhn  a.  o. ,  Schleicher  comp.^  254.  256, 
J.  Schmidt  KZ.  15,  158  fi*.,  Fick  wtb.  I  839);  dabei  bleibt 
unerklärt,  weshalb  die  lautgruppe  str ,  gegen  welche  sonst  im 
lateinischen  keine  abneigung  herrscht,  gerade  in  diesem  falle 
wieder  beseitigt  wäre.  Eine  wahrscheinlichere  erklärung  dieses 
br  ergibt  sich,  nachdem  Bugge  (KZ  22,  418  ff.)  den  Übergang 
eines  urspr.  s  zu  /'  auf  italischem  boden,  namentlich  im  umbri- 
schen,  für  eine  anzahl  von  fällen  nachgewiesen,  und  (ebd. 
435  ff.)  belege  für  diesen  Übergang  aus  romanischen,  keltischen 
und  germanischen  dialekten  beigebracht  hat  (vgl.  Brugman 
a.  0.).  Es  ist  danach  anzunehmen ,  dass  in  der  Verbindung  sr 
im  lateinischen  das  s  zu  dem  von  Brücke  (grundz. ^  53  f.)  mit 
s*  bezeichneten  laute,  d.  i.  dem  ^  der  Neugriechen  und  dem 
scharfen  th  der  Engländer  wurde.  Das  so  entstandene  ^r 
wurde  im  lat.  zu  fr  (s.  über  lat.  /"aus  S-  As  coli  KZ.  17,  253  f. 
336  f.),  und  ging  im  inlaute  weiterhin  in  br  über,  wie  *rud--ro- 
=  gr.  B-Qvi)--Q6-,  sskr.  rudh(i)-rä-  zu  *ruf-ro-  (vgl.  rüfus)  und 
weiter  zu  rub-ro-  (rub{e)r,  rubru-m)  umgestaltet  ist.  Da  im  an- 
laute /'  ==  ^  erhalten  bleibt  (As coli  a.  o.),  so  werden  wir  das 
fr-  in  frigus  als  die  regelrechte  Vorstufe  des  inl.  auf  sr  zurück- 
gehenden br  betrachten  dürfen.  —  Als  weiterer  beleg  für  anl. 
fr  aus  sr  darf  frdgu-m  „erdbeere"  =  gr.  qa^,  gen.  qäyog  f. 
„beere"  bes.  „Weinbeere"  (Fröhde  KZ.  22,  269)  gelten. 

H.  Collüz. 

3)  Mit  ylajuäv  „triefäugig  sein",  wovon  Bezzenberger 
0.  I.  339  mit  recht  lr]iLiäv  abgetrennt  hat,  yXia  *  aölla,    yliz- 

,tov'   yXoiov  (Hesych)    und    ylola   „schmutziges   öl"    vergleiche 
tlett.  glemas,    glemi   „schleim",  glemesis   „Schnecke,    muschel",  ^ 
gl^ws  „was    sich   zieht   wie   dicker    schleim  =  trag,    indolent, 
weichlicl),  zerbrechlich",  gliwe    „der  grüne    schleim    auf    dem,*, 
Yi asser" ,1  glits  „glatt"  =    lit.  glitüs  „glatt,  klebrig,  schlüpferig, '*  | 
schleimig",     (bleichen  Ursprungs  ist  ahd.  clenan,  chlenan ,  „kle- 
ben, schmieren". 

4)  Lett.  feiju  fit  „hervorblühen,  zum  Vorschein  kommen" 
ist  das  Stammwort  zu  fids  =  lit.  zedas  „blüthe".  Zu  ihm  ge- 
hört weiter  got.  hijans,  vgl.  ahd.  kinan  „keimen".      A.  Fick, 


21 


324  H.  Zimmer 


Zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache  von  "Willielm  Scherer. 
Zweite  Ausgabe.  Berlin  Weidmannsche  Buchhandlung.  1878. 
XXIII  und  660  SS.     8. 

Wenige  Jahre  nach  Jacob  Grimm's  Hinscheiden  erschien  Scherers 
Werk  Zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache.  Der  Begründer  der  histo- 
rischen und  vergleichenden  Grammatik  der  deutschen  Sprache  war  in  den 
letzten  20  Jahren  seines  Lebens  durch  die  Thätigkeit  am  deutschen  Wör- 
terbuch so  sehr  in  Anspruch  genommen,  dass  es  ihm  selbst  versagt  blieb, 
mit  Berücksichtigung  der  inzwischen  erreichten  Resultate  der  comparati- 
ven  Grammatik  eine  erneute  Lösung  höchst  wichtiger  Probleme  deutscher 
Sprachgeschichte  zu  versuc"hen.  Ad.  Holtzmann's  und  Theodor  Jacobi's 
Untersuchungen,  die  leider  Anfänge  blieben,  sind  das  einzig  Erfreuliche, 
was  das  Studium  deutscher  Specialgrammatik  aus  dieser  Zeit  aufzuwei- 
sen hat.  Andere  zeigten  sich  in  ihren  grammatischen  Arbeiten  so  unfä- 
hig ,  die  neu  hinzugekommenen  Hilfsmittel  zu  benutzen  und  damit  über 
die  vom  Altmeister  gelegten  Grundlagen  hinaus  zu  gehen,  dass  es  Jacob 
Grimm  bange  um  solche  Nachfolger  wurde ,  wie  er  es  unverholen  aus- 
sprach. 

Die  aus  dem  Gesammtfortschritt  des  grammatischen  Studiums  resul- 
tierenden Forderungen  in  Bezug  auf  die  Specialforschung  deutscher  Gram- 
matik wurden  zuerst  voll  und  ganz  erfüllt  von  Scherer  in  seinem  ge- 
nannten Werke;  es  hat  aber  noch  ein  grösseres  Verdienst:  es  eröffnete 
der  Forschung  neue  Wege  und  gewann  dadurch  eine  Bedeutung,  die  weit 
über  den  Rahmen  der  deutschen  Specialgrammatik  hinaus  reicht.  Ein 
Decennium  ist  vei-flossen  bis  zu  einer  zweiten  Ausgabe,  die  nun  vorliegt; 
ein  verhältnissmässig  kurzer  Zeitraum  und  doch  ist  er  für  die  Geschichte 
der  vergleichenden  Sprachwissenschaft  überhaupt  und  das  grammatische 
Studium  der  germanischen  Sprachen  insbesondere  von  hervorragendster 
Bedeutung.  Er  hat  eine  Bewegung  hervorgerufen ,  in  Mitten  der  wir 
augenblicklich  noch  stehen  und  deren  Resultate  sich  noch  nicht  absehen 
lassen.  Einen  bedeutenden  Antheil  hieran  hat,  wie  bemerkt,  Scherers 
Werk.  Ein  zukünftiger  Geschichtschreiber  der  germanischen  Sprachwis- 
senschaft wird  mit  ihm  eine  neue,  die  zweite  Periode  beginnen,  die  ver- 
gleichende Grammatik  der  arischen  Sprachen  wird  anerkennen  müssen, 
dass  die  durch  Schleicher  eingeführte  aber  vielfach  nur  äusserlich  ange- 
wendete Methode  der  naturwissenschaftlichen  Forschung  erst  durch  Sche- 
rers Hand  in  der  Sprachwissenschaft  ihre  volle  Vcrwerthung  gefunden 
hat. 

Lautphysiologie  und  das  Princip  der  Analogie  sind  die  beiden  neuen 
Hilfsmittel,  welche  Scherer  handhaben  lehrte;  sie  wendete  er  mit  Erfolg 
an,  um  im  Elinzelnen  zu  zeigen,  dass  die  allgemein  geltende  Unterschei- 
dung zwischen  F/utwicklung  und  Verfall  der  Sprache  auf  einem  Irrthum 
beruhe:  „Ich  habe  überall  nur  P^ntwicklung  wahrgenommen"  bekannte  er 
in  der  Widmung,     Wie  neu  diese  Hilfsmittel  den  meisten  Sprachforschern 


Anzeige.  325 

waren ,  können  wir  am  besten  ersehen  aua  den  Kritiken  der  ersten  Auf- 
lage. Mit  welch  vornehmer  Geringschätzung  wurden  die  lautphysiologi- 
schen Erörterungen  abgethan!  acht  Jahre  später  erschienen  Grundzüge 
der  Lautphysiologie  zur  Einführung  in  das  Studium  der  Lautlehre  der 
indogermanischen  Sprachen.  Nicht  minder  hartnäckig  verschloss  man 
sich  anfangs  gegen  den  Satz:  „In  zwei  unaufhörlich  wiederkehrenden 
Processen  scheint  so  ziemlich  das  gesammte  geistige  Leben  der  Sprache 
beschlossen:  in  Uebertragung  und  Diflferenzierung" ;  erst  durch  Leskien 
wurde  dies  Princip,  die  Analogiebildung,  in  den  Augen  vieler  hoffähig 
gemacht.  Die  Erkenntniss  muss  manchen  sehr  plötzlich  überkommen 
haben,  da  sich  sonst  kaum  erklären  lässt,  wie  jede  andere  Erwägung  ihm 
so  total  in  den  sprachlichen  Untersuchungen  könnte  abhanden  gegangen 
sein :  augenblicklich  scheint  die  falsche  Analogie  bei  einigen  Sprachfor- 
schern die  einzig  mögliche  Denkform  zu  sein.  Scherer  war  sich  dessen 
sehr  wohl  bewusst,  dass  dies  Princip  in  ungeschickten  Händen  nicht  ganz 
ungefährlich  für  die  Wissenschaft  ist,  denn  er  sagt  Seite  177:  „Es  wäre 
sehr  verdienstlich ,  wenn  Jemand  solches  Aufdrängen ,  solche  Formüber- 
tragung oder  Wirkung  der  falschen  Analogie  einmal  im  allgemeinsten 
Zusammenhange  erörterte  und  namentlich  die  Einschränkungen 
festzustellen  suchte,  innerhalb  deren  dieser  Vorgang  sich 
halten  muss."  Letztere  Forderung  hat  in  den  neuesten  Forschungen, 
die  mit  dem  Hilfsmittel  der  Analogiebildung  gearbeitet  sind,  so  gut  wie 
keine  Berücksichtigung  gefunden. 

Wie  verhält  sich  nun  die  zweite  Ausgabe  gegenüber  dem  hervorge- 
rufenen allseitigen  Fortschritt  der  grammatischen  Forschung  auf  den  Ge- 
bieten der  allgemeinen  comparativen  Grammatik  und  der  Specialgramma- 
tik der  germanischen  Sprachen  ?  Sie  ist,  wenn  auch  im  Aeusseren  vielfach 
verändert  und  sicher  verbessert,  im  Wesentlichen  wenig  anders  geworden. 
Nicht  als  ob  Scherer  von  der  Vollkommenheit  seiner  ersten  Arbeit  ein- 
genommen gegen  den  Fortschritt  der  Wissenschaft  blind  wäre,  nein: 
„Dass  ich  mehr  nicht  liefern  konnte,  wissen  Sie  genau;  Sie  haben  mich 
oft  genug  bei  der  Arbeit  getroff'en :  diese  hat  auch  ihre  physischen  Gren- 
zen", diese  der  Widmung  an  Müllenhoif  entnommenen  Worte  geben  uns 
den  Grund  an.  Wenn  in  der  That  Scherer  sich  vor  die  Alternative  ge- 
stellt sah,  entweder  die  erste  Auflage  unverändert  abdrucken  zu  lassen 
oder  für  den  Fall  einer  vollständigen  Umarbeitung  das  Werk  auf  Jahre 
hinaus,  vielleicht  für  immer  dem  alljährlich  grösser  werdenden  Kreise 
des  sprachwissenschaftlichen  Publicums  zu  entziehen  —  nun  dann  ver- 
diente er  sich  sicherlich  schon  Dank  für  eine  Entscheidung  in  ersterer 
Richtung.  Noch  viel  mehr  kann  er  denselben  beanspruchen  durch  den 
eingeschlagenen  Mittelweg:  verschlechtert  ist  nichts  am  Buche  und  vie- 
les besser,   überzeugender  geworden. 

Mit  einigem  Recht  wurde  der  ersten  Ausgabe  des  Werkes  ein  Vor- 
wurf in  Bezug  auf  Darstellung  und  Anordnung  des  behandelten  Stoffes 
gemacht  Diesem  Uebelstand  ist,  soweit  dies  ohne  gänzliche  Umarbei- 
tung möglich  war,  abgeholfen  worden.  Ein  einleitendes,  neu  hinzuge- 
kommenes  Kapitel  handelt  über  die   Epochen  der  deutschen  Sprachge- 


326  H.  Zimmer 

schichte.  Das  zweite  Kapitel  „Principien"  vereinigt  eine  Reihe  Apho- 
rismen zur  Methodologie  der  Sprachwissenschaft,  die  in  erster  Ausgabe 
durch  das  Werk  zerstreut  standen;  hinzugekommen  ist  einzelnes  aus  ei- 
nem Aufsatze  in  den  preussischen  Jahrbüchern.  Im  Vordergrund  der 
sprachwissenschaftlichen  Untersuchung  steht  seit  kurzer  Zeit  der  „Vocal- 
wandel",  der  in  Scherers  Werk  das  dritte  Kapitel  füllt;  der  Text  weist 
gegenüber  der  ersten  Auflage  fast  keine  Veränderungen  nach,  in  den 
Anmerkungen  ist  mehrfach  kurz  hingedeutet  auf  die  neuere  Litteratur, 
die  seitdem  schon  wieder  um  mehrere  Werke  bereichert  worden  ist  Am 
meisten  wird  dem  neuesten  Stand  der  Wissenschaft  gerecht  das  vierte 
Kapitel,  das  ,,die  Lautverschiebungen"  betrachtet.  Die  Darstellung  der 
germanischen  Auslautgesetze  (Kapitel  5)  ist  im  Wesentlichen  unverändert 
geblieben ;  das  ablehnende  Verhalten  gegen  die  neueren  Behandlungen 
dieser  Fragen  hat  Scherer  im  Anhang  Seite  605  ff.  motiviert. 

Vielfach  umgestaltet  und  bedeutend  erweitert  ist  das  ,,Verbum"  (Ka- 
pitel 6).    Zu  den   angefeindetsten   neuen  Gedanken   der  ersten   Ausgabe 
gehört  auch  der,    dass  die  Unterscheidung  der  Verba  auf  ä  und  mi  eine 
ursprüngliche  sei.     Scherer  hält  an  seiner  Anschauung  fest.     Mit  vollem 
Recht;    eine  unbefangene  Prüfung  jeder  einzelnen  westar.  Sprache   führt 
darauf.     Auch  altir.  asbiur  dico,    forchun   praecipio   lassen    sich  nur  aus 
*bhard,  *canä  erklären,  wie  Windisch  in  Paul  u.  Braune's  Beitr.  IV,  235, 
260  ff.   zeigt.     Daneben  erscheinen  nun  im   Altir.   Formen  wie   berimm, 
tiagivvn ;  Stokes  sah  Beitr.  VI,  465  in  ihnen  spätere  Anfügung  eines  pro- 
nominalen Elementes  -mmi.     Dem  widerspricht  Windisch  theilweise  und 
mit  Recht;  aber  seine  Deutung  ist  meines  Erachtens  absolut  unzulässig. 
Ich   lasse   ihn    zuerst  selbst  reden.     „Die  Form  berimm  kann  nicht  un- 
mittelbar aus  biur  entstanden  sein,  auch  nicht  aus  dessen  Vorform  beru, 
bero  wie  der  Augenschein  lehrt.     Wenn   in   späteren   Handschriften  be- 
ruim,  tiaguim  geschrieben  wird,  so  ist  dies  eine  Eigenheit  der  späteren 
Orthographie,  im  Altir.  wird  nur  entweder  -im  oder  -aim,   beides  auch 
mit  mm   geschrieben.    Die  Formen  berimm  und  biur  sind  auf  irischem 
Sprachgebiete   als    von    einander    unabhängige   Formen    zu   betrachten. 
Kommt  somit  das  europäische  bharä ,  dessen  Nachkomme  das  alte  biur 
ist,    für  die  Erklärung  des  altir.  berimm  nicht  in  Betracht,    so  bleibt 
uns,  wenn  wir  diese  Form  organisch  erklären  wollen,  nur  übrig,  es  mit 
dem  arischen  bhartnni  zu  versuchen.     Gesetzt  den    Fall,    diese  Bildung 
wäre  im  Keltischen  fortgeführt  worden,    so  müsste  sie  altir.  beraim,  be- 
riin  lauten".     Wenn,    wie   Windisch   zeigt,    altir.  biur  das   westarische 
bhdrä  vertritt,   so   geht  die   Annahme,    dass  das  Irische  das  cstariscbe 
bhärämi  daneben   soll   fortgeführt  haben   bis  etwa  um's  8.  Jahrh.  nach 
Chr.,    wo  es   plötzlich   behufs   Bildung  einer   conjuncten    und  absoluten 
Flexion  die  „Typen"  schied,  über  mein  Vorstellungsvermögen.    Das  Iri- 
sche  selbst   belehrt  uns   eines  bessern.     Vorerst  will  ich  constatieren, 
dass   die  allgemeine    Bezeichnung  der  Formen  in  -im  als  „forma  abso- 
luta" sehr  irreführend  ist;    Z"  429  sind   aus   den  ältesten   Denkmälern 
nur  8  Formen  in  -im  absolut,    aber   2  3   Formen    in   im   conjunct 
belegt!     Sehen   wir  uns   nun  die  Vertheilung  der  Formen  von  Typus 


Anzeige.  327 

biur  und  berim  näher  an,  so  ergibt  eich  weiterhin  die  Thatsache,  dass 
gewisse  Verba  den  Typus  hiur  gar  nicht  kennen,  sondern  nur  die  For- 
men in  im  sowohl  absolut  als  conjunct:  benim  ferio,  inarbenim  jaceo, 
do/uibmm  succido,  doimdibiiim  abscido ,  arachrinim  difficiscor  etc.;  es 
sind  die  Verba,  deren  Praesensstammbildung  der  indi- 
schen 2.  Ilauptconju'gation  entspricht,  hier  ist  die  Endung 
ursprünglich  und  darum  so  unbestritten,  dass  die  Neigung  zur  Unter- 
scheidung zwischen  conjuncter  und  absoluter  Flexion  nicht  eindringt. 
Weiterhin,  neben  den  beiden  Typen  biur  und  berim  lässt  sich  noch  ein 
dritter  beobachten,  den  Stokes  in  seiner  Darstellung  des  altir.  Verbums 
in  Beitr.  VI.  VII.  besonders  belegt  hat:  biru.  Hier  liegt  die  Unur- 
sprünglichkeit  klar  zu  Tage  und  ist  von  Windisch  auch  erkannt  wor- 
den; biur  verhält  sich  zu  caru,  wie  got.  Jinpa  (cf.  ah A.  ßndu)  :  salbo,  gr. 
(fe'QO) :  Tificico  d.  h.  u  in  caru  ist  regelrecht  erhalten,  weil  es  das  in  biur, 
forchun  durch  Epenthese  ira  Auslaut  verschwundene  u  plus  d  reprae- 
sentiert.  „Wenn  sich  hier  in  1.  Conjugation  neben  dem  conjuncten 
Typus  asbiur  dico  der  absolute  Tyjius  tiagu  {biru)  nachweisen  lässt,  so 
möchte  ich  hier  eine  Bildung  nach  Analogie  der  2.  Conjugation  caru 
erblicken,  eingeführt  im  Dienste  der  Tendenz,  den  Unterschied  von 
conjuncter  und  absoluter  Flexion  durchzuführen"  bemerkt  Windisch  1.  c. 
263.  Nun  ganz  gleich  schliesse  ich:  Wenn  sich  in  der  irischen  1.  Con- 
jugation, in  der  zusammengefallen  sind  die  der  altind.  Klasse  1 .  4  (erste 
Ilauptconjugation)  und  der  altind.  zweiten  Hauptconjugation  entspre- 
chenden Praesensbildungen,  neben  dem  conjuncten  Typus  asbiur  der 
absolute  Typus  berim  findet,  so  möchte  ich  hier  bei  den  a-Stämmcn 
eine  Uebertragung  von  Praesensstämmen,  entsprechend  der  indischen 
zweiten  Hauptconjugation,  erblicken,  eingeführt  im  Dienste  der  Ten- 
denz, den  Unterschied  von  conjuncter  und  absoluter  Flexion  durchzu- 
führen. Es  kreuzten  sich  also  hier  2  Analogiebildungen  und  letztere 
trug  den  Sieg  davon;  die  Formen  auf  itn  verdrängten  schliesslich  alle 
anderen,  wie  dies  im  Britannischen,  das  ja  in  der  Formenlehre  schon 
in  seinen  ältesten  Denkmälern  kaum  ans  Neuir.  heranreicht,  bereits 
früher  eingetreten  war.  Windisch  wird  dem  entgegenhalten,  dass  be- 
rimm  nicht  unmittelbar  aus  biur  entstanden  sein  kann,  wie  der  „Augen- 
schein lehrt".  Wer  wird  sich  die  Sache  aber  auch  so  äusserlich  vor- 
stellen. Gewiss  hat  man  nicht  ein  »w»  von  benim ,  arachrinim  etc.  los- 
gelöst und  an  biur  gehängt.  Aber  die  Uebereinstimmung  von  renid, 
renam ,  renid,  renait  (=  prnäti ,  prnlmas)  oder  crenid,  crenam,  crenid, 
crenait  (=  krlnäti)  mit  berid ,  beram,  berid,  berait  oder  melid ,  melatn, 
melid,  melait  schuf  ein  berim  nach  renim ,  crenim ,  leniin.  Schliesslich 
lässt  sich  noch  ein  directer  Beweis  erbringen,  dass  die  Endung  im  bei 
den  a-Stämmen  {berim,  tiagaim)  ganz  junge  Analogiebildung  ist.  Ich 
muss  mich  hier  auf  Andeutungen  beschränken  und  auf  spätere  Unter- 
suchungen über  den  altir.  Accent  verweisen.  Das  Altir.  hatte  noch  ira 
Wesentlichen  den  altarischen  Accent,  namentlich  vermochte  es  noch, 
bestimmte  Stamm-  und  Wortbildungssuffixe  zu  betonen,  wie  gewisse 
lautliche  Veränderungen  mit  absoluter  Sicherheit  ergeben.     So  war  vor 


328  H.  Zimmer 

anderm  in  den  ziemlich  stark  vertretenen  Verben,  die  den  indischen 
Praesensbildungen  von  Klasse  5  und  9  entsprechen,  die  Wurzel  unbe- 
tont. Es  trug  also  in  benim  etc.  im  den  Accent,  wie  aus  Unterdrückung 
des  Wurzelvocals  in  dofuibnim ,  doimdibnim  erhellt;  die  Praepositionen 
waren  wie  noch  im  Neuir.  tonlose  Proklitika.  Und  nun  sehe  man  :  neben 
forcongur  ^)  praecipio  steht  ein  forchongrimm  7?  428.  429,  neben  ateoch 
(aus  ad-teoch)  precor  ein  atchim!  Es  ward  mit  der  Endung  die  Accen- 
tuation  übertragen;  wäre  die  Endung  im  bei  den  a-Verben  etwas  gleich 
altes  wie  die  interne  Flexion,  so  sind  ad-teoch  und  ad-tchim  als  P'ort- 
setzung  der  indogerm.  Typen  *tekä  und  Hekämi  neben  einander  unlös- 
bare Räthsel.  — 

Für  Erklärung  des  m  in  ahd.  salböm ,  habim  sind  die  von  Scherer 
neu  gegebenen  Erörterungen  Seite  265  flf.  wichtig;  die  Sache  wird 
durch  sie   noch  um  vieles  sicherer. 

Seite  221  ff.  werden  die  Spuren  der  verschiedenen  altarischen  Prae- 
sensbildungen ,  die  sich  noch  in  den  germanischen  Sprachen  erkennen 
lassen,  zusammengestellt.  Hieran  schliesst  sich  dann  die  Betrachtung 
der  starken  Verba  nach  Klassen  geordnet,  bei  einzelnen  Klassen  sind 
die  Repräsentanten  aus  den  germ.  Sprachen  zusammengestellt.  Was 
die  ablautenden  Verba  der  a-Klasse  anlangt,  für  die  drei  Unterabthci- 
lungen  angenommen  werden :  geban ,  neman,  bendan,  so  kann  ich  Sche- 
rer in  Bezug  auf  die  Entstehung  des  Pluralablautes  des  Praeteritums 
von  Abtheilung  1  und  2  nicht  beistimmen.  Er  sieht  in  gebum,  nemum 
lautgesetzlich  entstandene  Formen.  Seite  234  wird  got.  varth,  vaürthun 
auf  dieselbe  Grundform  mit  ind.  vavärta ,  vävrtus  zurückgeführt ,  nur 
dass  Verlust  der  Reduplicationssilbe  eintrat.  Warum  soll  dann  nicht 
beran,  neman  mit  bar,  baürtnn,  nam,  numum  gotisch  ablauten?  Sehen 
wir  uns  um,  so  liegt  dieser  allein  zu  erwartende  Ablaut  in  man  :  »»«- 
num,  skal  :  skulum  vor;  die  Gleichung  man  :  munum  =  fi^fiova  :  fxi- 
/nafiev  ist  doch  wohl  ebenso  zwingend  wie  die  von  Scherer  aus  dem 
Indischen  herbeigezogene  für  die  dritte  Unterabtheilung.  Die  Plurale 
berum,  nemum  (auch  die  meisten  von  Unterabtheilung  1)  sind  Analogie- 
bildungen nach  uralten  Mustern ,  die  ich  nach  der  von  Scherer  ange- 
gebenen Weise  entstanden  denke;  lautgesetzlich  sind  zum  Beispiel  auch 
die  meisten  e  der  aus  dem  Indischen  hierher  gehörigen  Formen  nicht 
raotivierbar,  vgl.  Job.  Schmidt  Zeitschr.  f.  vgl.  Spr.  24,  319,  Hübsch- 
mann, ebend.  405  Anm.  2.  Ebenso  vermag  ich  nicht  Scherers  Ansicht 
über  den  Pluralablaut  des  Perfectums  seiner  o-Klasse  zu  theilen ;  die  i- 
und  u-Klasse  zeigen  deutlich,  dass  wir  zu  erwarten  haben  hof  :  habum. 
Diese  Stammgetitaltung  ist,  wie  Seite  257  richtig  nachgewiesen  wird, 
im  Altirischen  vorhanden.  Windisch  hat  sein  irriges  Paradigma  in 
Zeitschr.  f.  vgl.  Sprachf.  23,  250  in  der  eben  erschienenen  „Kurzge- 
fassten  Irischen  Grammatik"  §.  290  berichtigt. 

Vieles  in   diesem  Kapitel   kreuzt   sich   mit  Ansichten,   die  Fick   in 


*)     u  vollständige    Assimilation    aus   *garu   wie    tabur   do,    forchun 
doceo  zu  Y^can. 


Anzeige,  329 

einem  Aufsatz  in  diesen  Beitr.  4,  167  fT.  und  Kluge  in  seinen  Beiträ- 
gen zur  Geschichte  des  german.  Verbums  (Quellen  u.  Forsch.  XXXII) 
gleichzeitig  entwickelt  haben.  Die  Ausgangspunkte  sind  zum  Theil 
sehr  verschieden;  die  vokaliscbe  Frage  kommt  bei  endgültiger  Ent- 
scheidung in  erster  Linie  in  Betracht.  Da  ausser  den  Arbeiten  der 
beiden  genannten  Gelehrten  noch  von  drei  Seiten  hierher  einschlagende 
Untersuchungen  in  nächster  Zeit  erscheinen  sollen,  so  muss  ich  vorläu- 
fig auf  eine  weitere  Discussion  einzelner  Punkte  verzichten. 

Eine  Etymologie  in  diesem  Kapitel  Seite  247,  die  auf  Fick  Wörter- 
buch I,  242  zurückgeht ,  fordert  meinen  Widerspruch  heraus :  „skrt. 
khyä  d.  i.  ski-ä  sichtbar  sein,  scheinen"  wird  mit  lat.  scire  verglichen. 
Achten  wir  jedoch  einmal  auf  die  Flexion  der  sogenannten  Wurzel 
khyä  im  Veda  und  berücksichtigen  die  Angaben  indischer  Lehrbücher 
der  Phonetik,  so  kommen  wir  zu  ganz  anderen  Resultaten.  Von  den 
Wurzeln  khyä  und  dhä  sind  nach  Delbrücks  Zusammenstellung  Altind. 
Verb.  85  folgende  parallele  Formen  belegt:  äkhyam  adhäm,  khyds 
dhas,  äkhyat  ädhät,  khyät  dhüt,  khyatam  dhatam  etc.;  kurz,  abhikhyaya 
abgerechnet,  kennt  der  Veda  in  den  zahlreichen  belegten  Formen  keine 
Wurzel  khyä,  „es  wird  ganz  so  flectiert,  wie  etwa  der  Stamm  sxca- 
oder  ruha-,  namentlich  ist  zu  beachten,  dass  die  dritte  Person  Pluralis 
auf  an  ausgeht  und  nicht  auf  us  wie  ädus  etc."  Delbrück,  1.  c.  87. 
Gleichwol  kann  sich  Delbrück  nicht  von  Annahme  einer  Wurzel  khyä 
trennen,  indem  er  sich  in  einem  wunderlichen  circulus  vitiosus  bewegt: 
wir  müssen  Wurzeln  mit  ä  anderweitig  annehmen ;  aber  beweist  das 
etwas  für  eine  Wurzel  khyäf  kann  ich  nicht  mit  demselben  Recht,  mit 
dem  Delbrück  an  die  Flexion  von  sica-  erinnert,  sagen,  es  ist  dieselbe 
Flexion  wie  syati,  syatam,  syatu?  Dann  kämen  wir  auf  eine  Wurzel  khä, 
wenn  wir  rein  äusserlich  weiter  schlössen.  Eine  solche  nehme  ich  nicht 
an;  die  Wurzel  steckt  viel  mehr,  wie  sich  erweisen  lässt,  in  kh.  Be- 
kanntlich sind  dydti,  syäti,  gyäti,  chyäti  (vgl.  Pänini  7,  3,  71)  Präsentia 
nach  der  4.  Klasse  von  Wurzeln  auf  ä  respective  o;  das  Präsenssuffix 
trug  wie  noch  das  als  Passiv  verwendete  Atmanepada  ausweist  den  Ton, 
vor  dem  *daydti,  *cayäti  etc.  zu  dydti,  cydti  wurden  wie  aus  *tarshynti, 
darhydti  etc.  tfshyati  dfhyati;  der  Vocal  zeugt  hier  gegen  den  Accent 
(vgl.  Begemann,  Bedeutung  des  schwachen  Präteritums  S.  7).  So  führe 
ich  vedisch  khydti  zuerst  auf  ein  *ksydti  und  weiter  *kasydti  zurück; 
die  Wurzel  ist  also  kas,  die  in  caksh  reduplicirt  vorliegt. 

Hier  kommen  die  indischen  Grammatiker  zur  Hülfe.  Vorab  die 
Bemerkung,  dass  dieselben  einen  Zusammenhang  zwischen  den  Wurzeln 
khyä  und  caksh  statuieren  (Panini  2,  4,  54—55).  Väjasaneyi-Prätigakhya 
4,  8,  16  findet  sich  nun  die  Regel:  khyäteh  khayau  kasait  Gärgyah  sa- 
khyokhyamukhyavarjam  d.  i.  in  der  Wurzel  khyä  spricht  (schreibt  vor) 
Gärgya  ks  für  khy :  ausgenommen  sind  sakhya,  ukhya,  mukhya",  Hier- 
durch wird  nun  auch,  wie  Weber,  Ind. -Streifen  2,  128  sah,  eine  Regel 
des  Rk-Präti^äkhya  klar  1,  431,  wo  es  heisst:  khyätau  khakärayakärä 
u  eke.  „In  der  Wurzel  khyä  setzen  einige  die  Buchstaben  kh  und  y". 
^aunaka  ist  also  derselben  Ansicht  wie  Gärgya,  dass   ksati  die  richtige 


330  H,  Zimmer 

Aussprache  eei,  für  die  andere  khyati  sprächen.  Uvata  sagt  zu  letzte- 
rer Stelle  denn  auch :  khyäterdhätoh  kakarasakarayoh  sthüne  khakäraya- 
karau  kartavyau  manyante.  „Man  ist  der  Ansicht,  dass  in  der  Wurzel 
khya  die  Laute  kh  und  y  an  Stelle  der  Laute  k  und  s  anzuwenden 
sind".  Wir  haben  somit  die  sichersten  Zeugnisse  der  Lehrbücher  der 
Phonetik,  dass  in  der  in  der  Form  khya  in  grammatischen  Lehrbüchern 
recipierten  Wui-zel  dialectisch  ks  gesprochen  wurde,  also  nach  den  im 
Rigveda  belegten  Formen  die  3.  Sgl.  Präsentis  ksäti  und  khydti  lautete. 
Annahme  eines  Uebergangs  von  s  in  y  oder  umgekehrt  ist  weder  aus 
Sanskrit-  noch  Präkrit-Lautgesetzen  zu  begründen;  es  würde  auch  eine 
andere  Angabc  des  Kk-Prätigäkhya  nicht  erklärt  werden  können.  Wir 
werden  somit  auf  die  Nothwcndigkeit  geführt  von  ksyüti  auszugehen, 
welche  Form  aus  kasyäti  entstand.  Nach  Lautgesetzen,  die  man  präkri- 
tisch nennt,  die  aber  einfach  die  der  nicht  litterarisch  gehemmten  Volks- 
sprache sind  und  die  in  der  Sprache  der  vedischen  Lieder  vielfach  als 
wirksam  nachgewiesen  sind  (zuerst  Weber  Väj.  S.  specimen  2,  204  flf. 
Ind.  Stud.  2,  87.  Benfey  Vedica  133  ö'.),  konnte  die  Form  ksyati  einer 
zweifachen  Behandlung  unterliegen: 

L  ks  (respect.  ksh)  wird  zu  kkh^  das  im  Anlaut  einfach  geschrie- 
V)cn  wird ;  also  Päli  rukkho  khina  =  Sanskrit  vrksha,  kshhia.  So  ent- 
stand khyati.  Bei  vortretender  vokalisch  anlautender  Präposition  oder 
Augment  musste  demnach  die  Form  kkhydti  eintreten  wie  Päli  khipati: 
papikkhipati ;  dies  ist  nun  in  der  Tliat  der  Fall:  Vajas.  PrätiQ.  4,  6,  10 
wird  zu  der  Regel,  dass  die  Verdopplung  der  Aspiraten  durch  die  ent- 
sprechenden Nicht-Aspiraten  geschehe,  als  Beispiel  angeführt  vikkhyäya; 
Vaj.  S.  11,  20,  woher  die  Form  genommen,  liest  unser  Text  vikhyaya 
(cakshushä  tvamabhi  tishtha  prtanya(ah).  Zu  derselben  Regel  llk-Prätiy. 
1,  379  findet  sich  das  Beispiel  vi  hyukkhyam  vu'masü  Rv.  1,  109,  1  und 
Rk-PrätiQ.  1,  397  wird  durch  die  Regel  khakare  cainamudayc  kakärah 
khyäterdhätoh  „ebenso  ist  (nach  Qäkalya)  k  abhinihita,  wenn  kh  folgt,  in 
der  Wurzel  ÄÄyä"  vorgeschrieben,  dass  z.  B.  in  der  Stelle  Rv.  4,  14,  1 
ükhyat  devah  zu  sprechen  ist  ak-khyat  devah.  Dies  ist  als  (^'äkalalehre 
angegeben,  da  Qaunaka  selbst  (1,  431)  ksati  aussprach.  M.  Müller 
meinte,  das  k  vor  kh  sei  erst  durch  Krania  (1,  378)  entstanden,  allein 
hierin  liegt  ein  direkter  Widerspruch  mit  Abhinidhäna.  Ist  Müllers 
Ansicht  hierüber  richtig  (zu  1,  393),  so  schliesscn  sich  Krama  und 
Abhinidana  absolut  aus  und  die  Doppelconsonanz  in  ak-khyat  muss  aus 
anderen  Gründen,  aus  Assimilation  erklärt  werden. 

IL  In  ksyati  konnte  ein  anderes  Lautgesetz  der  Volkssprachen 
wirken:  sy  wurde  zu  ss  assimilirt  wie  Päli  a«*a,  Ivkassa,  mantissa  = 
Skrt.  asya,  lokasya,  mannshya.  Dann  entstand  die  Form  kssüti,  die  nicht 
anders  wie  ksati  geschrieben  werden  konnte.  So  sprachen  Gärgya  und 
wohl  auch  (.Jaunaka.  Dass  das  s  nun  wirklich  mehr  als  ein  einfaches  s 
repräsentirte,  dafür  haben  wir  endlich  noch  hinreichende  Beweise.  In 
der  oben  gegebenen  Stelle  Vaj.  S.  Prätig.  4,  8,  16  schreibt  Codex  A 
küfau  und  dies  pas.'^t  aufs  trefflichste:  Der  Berliner  Codex  der  Käthaka- 
Schule  (Recension  des  schwarzen  Yajus)  schreibt  fast  durchweg  die  For- 


Anzeige.  331 

men  der  vermeintlichen  Wurzel  khyä  in  der  Gestalt  von  k^ä:  vgl.  We- 
ber Ind.  Streifen  2,  211.  Nun  kommen  auch  die  Calcuttaer  Scholien 
zu  Pänini  2,  4,  54  zu  ihrem  Recht  und  vor  allem  Katyäyana  (Böhtlingk 
Pänini  2,  103),  der  k^ä  für  die  ursprüngliche  Wurzel  erklärt:  kcä  ist 
keine  Erfindung  Kätyäyana's  und  k  steht  nicht  für  primitives  kh,  wie 
Böthlingk  vermuthet.  Das  c  dient  hier  zur  Wiedergabe  des  aus  Assi- 
milation entstanden  scharfen  s-Lautes  (ss).  —  Auch  Yaska's  Etymologie 
von  rkshah  (Nir.  3.  20)  „die  Bären,  das  Siebengestirn"  :  rkshä  udlrnä- 
niva  khyäyante  „wie  aufgegangene  (Gestirne  nakshaträni)  werden  sie  ge- 
sehen {dr^yante  Durga)  aus  Wurzel  Ir  -\-  khyä  wird  nur  recht  verständ- 
lich, wenn  er  für  die  in  Form  khya  grammatisch  recipierte  Wurzel  die 
Aussprache  ksä  kannte. 

Recapituliren  wir:  Die  zahlreichen  Formen  des  Kigveda  (s.  Grass- 
mann Spalte  375)  erweisen  der  „Wurzel  khyä  schauen"  in  den  Special- 
temporibus  eine  Flexion  khyä'mi,  khydsi,  khyäti  wie  syä'mi,  sydsi,  aydti, 
dyä'mi,  dydsi  dydti  etc. ;  bei  vorangehendem  Vocal  tritt  nach  den  Lehr- 
büchern der  Phonetik  -kkhya-  ein  und  da  die  Aussprache  ak-khyat  ist, 
so  muss  eine  aus  Assimilation  entstandene  Doppelconsonanz  vorliegen. 
Andererseits  herrschte  dialektisch  ksä'mi,  ksdsi,  ksdti,  wo  das  s  einen 
geschärften  Laut  repräsentirt  und  daher  auch  f  geschrieben  wird.  So- 
mit kommen  wir  auf  eine  Flexion  ksyü'mi,  ksydsi,  ksydti,  die  aus  ur- 
sprünglichem kasyami,  kasyäsi,  kasydti  entstanden  ist  wie  dyä'mi  aus 
dayä'mi,  hrshyämi  aus  harshyä'mi,  dfhyami  aus  darhyä'mi  etc.  (Delbrück 
Altind.  Verb.  163  weitere  Formen).  Wurzel  ist  also  kas  „sehen"  nach 
4.  Klasse  flectiert.  Der  durch  Lautgesetze  etymologisch  unkenntlich  ge- 
wordene Präsensstamm  musste  zu  falschen  Bildungen  in  den  allgemei- 
nen Temporibus  führen.  Der  Kigveda  kennt  erst  die  einmal  vorkom- 
mende Form  cakhyathus  und  das  zweimal  belegte  ahhikhyäya. 

Nunmehr  sind  wir  in  der  Lage  uns  nach  Verwandten  im  Kreise  der 
übrigen  arischen  Sprachen  umzusehen.  Das  Präsens  kasyä,  kasyasi, 
kasyati  ist  im  Irischen  der  gewöhnliche  Ausdruck  für  „sehen".  Win- 
disch hat  Kuhn's  Zeitschr.  21,  424  altir.  docin,  adchiu,  video  auf  einen 
Präsensstamm  kesya-  zurückgeführt,  den  ich  nun  im  Indischen  nachge- 
wiesen habe.  Die  Wurzel  kas  tritt  im  Irischen  klar  zu  Tage:  adchess 
Visum  est  (Z*  478)  geht  auf  kastd,  der  Plural  aichessa  visi  sunt  steht 
Goid.  149,  imcaisiu  circumspectio,  remcaisiu  Providentia  (Z^  800)  sind  aus 
-cas-tion-  entstanden,    cais  oculus  aus  *casti  Beitr.  f.  vgl.  Spr.  6,  460  N. 

Die  „Wurzel  khyä''''  ist  daher  bei  Scherer  Seite  247  zu  streichen 
und  gehört  als  weiterer  Beleg  auf  Seite  226. 

Fast  unverändert  ist  in  der  zweiten  Ausgabe  Kapitel  7  —  12,  nahezu 
die  Hälfte  des  Werkes  geblieben.  Ein  Anhang  Seite  602—640  vereinigt 
mehrere  Excurse,  zumTheil  polemischen  Inhalts,  die  sich  nicht  an  ein- 
zelnen Stellen  einfügen  Hessen:  Dänische  Flüstermedia,  die  althoch- 
deutschen Endsilben,  zur  Accent-  und  Lautlehre,  Physiologie  und  Me- 
trik, der  altgermanische  Vers.  Ein  sorgfältiges,  von  Dr.  Collitz  ausge- 
arbeitetes Sach-  und  Wortregister  schliesst  das  Ganze  ab. 

Berlin,  Januar  1879.  Heinrich  Zimmer. 


332 


Register. 

I.     Sachregister. 


Ablaut:  pluralablaut  im  german. 
praetcritum  328. 

Analogiebilflungen:  im  iiido- 
iranischen  206  f.  214  f.  217  fl". 
220  f.  226  f.  229  f.  233  ;  im  latein. 
288.  291.  295;  im  umbriscben  204 
n. ;  im  german.  328;  im  slavi- 
schen  204. 

Arisch:  137  ff. 

Bedeutungsübergänge:  höh- 
lung,  pfeife  1  f.;  minder,  schlech- 
ter 5n. ;  ähre,  spreu  11;  verdie- 
nen, wert  sein  13 ;  gras,  Winzigkeit 
14 n.;  zeugen,  ernähren  19;  her- 
vorstehendos, schwänz  22;  aus- 
gestreut, breit  81;  niere,  hoden 
106;  pfähl,  Schienbein  110; 
schliessen,  häufen  114;  kante, 
fels  166;  holz,  stange  249;  ort, 
gelegenheit  258;  krumm,  hinter- 
listig 265;  zu  falle  bringen,  täu- 
schen 306  f. ;  nähern ,  schlagen 
308;  pflücken,  scheren  308. 

Betonung  der  adjekt.  auf -(po- im 
griech.  4. 

Deklination:  vokalisch  ausl.  fe- 
minina  im  präkrit  gegenüber  kon- 
sonantisch ausl.  im  Sanskrit  263; 
Übergang  vokalischer  stamme  in 
die  konsonantische  dekl.  im  grie- 
chischen 10;  stamme  auf -fo-  ne- 
ben solchen  auf  -v-  im  griech. 
289;  gen.  pl.  Joverum ,  boverum 
im  lat.  173. 

Determinativ  A:im  präkrit  258. 

Dissimilation  bei  r  und  /  im 
griech.  und  latein.  98. 

Epenthese:  des  v[/)  im  griech. 
3  f.  111;  nur  i-epenthose  im 
griech.,  und  zwar  ausschliesslich 
bei  «  (=    schwa)  160n. 

Inschriften:  griechische  121  ff. 
(vgl.  284  f.  309)  266  ff.;  etruski- 
sche  26  ff. 

Konjugation:  die  sskr.  aoriste 
auf  -sisham  und  die  griech.  auf 
-aaa  159n.  —  Lat.  präsentia  auf 
•llo  285  ff.;  das  j  der  J-klasse  im 
lat.  auf  den  präsensstamm  be- 
schränkt 301  f.;  flpxion  der  j- 
klasse  im  latein.  302  f. ;  abgelei- 
tete   verba    vom   präsens   der  n- 


klasse    im   lat.    303  ff.  —  Unter- 
scheidung  der  verba  auf  -d  und 
-mi  im  irischen  326  ff. 
Konsonanten: 

gr  u  nd  spr.:  y-reihc  u.  A-reihe 
178  ff.;  zum  Verhältnis  von  r  und 
/  im  iudogerm.  204.  306.  317. 

indoiran.:  gutturale  und  pa- 
latale  177  ff.  (palatale  vor  t  und 
urspr.  e  200  ff.,  gutturale  vor  a, 
u  und    vor  konsonanten  221  ff.). 

s  an  skr.:  zweifaches  j  und  h 
178  fi.  194  ff.;  t,  d,  dh  aus  rt, 
rd,  rdh  130  ff.;  zwei  verschiedene 
flaute  264. 

präkr. :  kh  z=  urspr.  sk  253  f.; 
k  gegenüber  sskr.  c  256 ;  acces- 
sorischer  anusvära  248;  verlust 
der  aspiration  249. 

griech.:  tt,  t  ==  y  197  ff.; 
if  aus  yh  13  f.  87.  307.  322.  — 
Anl.  j  vor  vok.  wird  f  oder  spir. 
asp.  25 ;  anl.  spir,  len.  aus  s 
120;  anl.  yl  316  ff.;  anl.  X  aus 
sl  16  f.;  anl.  fi,  v  aus  yfi,  yv 
109;  ßuQ-  (=  ßQ-)    aus  mi-^  136. 

—  Inl.  Iv  wird  Xl  oder  Xtv  298; 
inl.  7IT  aus  7r;'25;  inl.  ff  nach  sil- 
benbildenden kons,  bewahrt  136  f. 

—  Aspiration  der  tenuis  im  kreti- 
schen 167;  Senkung  der  asp.  zur 
med.  noch  liquiden  133;  urspr. 
asp.  —  asp.  wird  ten.  —  asp.  oder 
ten.  —  med.  100. 

umbrisch:  k,  c  vor  e  und  i 
204  n. 

latein.:  p  aus  k,  b  aus  ff,  f 
aus  gh  14  f.  331  ;  p  =  sskr.  c 
297;  anl.  fr,  inl.  bj-  aus  sr  322; 
inl.  rb  aus  rv  14  n.  —  Inl.  l  aus 
II  durch  Vereinfachung  der  doppel- 
konsonanz  286  ff.;  II  aus  /durch 
schärfung  der  ausspräche  289  ff. ; 
//  aus  Is,  It,  Iv,  In  (nicht  Ij)  durch 
assimilation  295  ff. 

8 1  a  V  i  8  c  h  :  gutturale  vor  i  und 
e  203  f.;  c  und  c  203 n.  208 n.; 
anl.  ;^-  aus  dn-  134  f ;  inl.  s  aus 
ks  165. 

litauisch:  anl.  t7-  (=  /-)  aus 
dl-  134;  sttr-  (^    str-)  aus  sr-  134. 

p  reu  SS.:  tw-  («-)    aus   dn  135. 


Register. 


333 


german.:  inl.  ng  aus  wä:  8n.; 

V  aus   gv  119;    got.  inl.    bn   aus 

nm  152  ff. 
Kosenamen:    griechische  123  n. 
Nomina:      die    griech.     auf     -r« 

identisch  mit  den  ved.  auf  -t  und 

den  lat.  auf  -t  159.  174;  lat.  no- 

mina,  die  den  präsensstamm  der 

nasalklasse     enthalten     303     ff.; 

deutsche  abstrakta  auf  -ung  151  f. 
Reduplikation:      grundsprachl. 

mit  e  im   perfekt  210  ff.;    mit  i 

im   präsens    214;    griech.    mit   i 

25.  —  Spuren  der    attischen  re- 

duplikation    im   sanskrit  309  ff.; 

im  armenischen  315;   im  avesta 

315;  im  irischen  315. 
Suffixe:  sskr.  -is,  gr.  -«?,  germ. 

-uz    160.    174;    gr.   -aio-    88    ff.; 

gr.  -»jtö-  5 ;  lat.  -ela  aus  -ella  287 ; 

-ella  aus  -ela  290  ff.;  -sla-  im  lat. 

288 ;    -ta-    an    den  präsensstamm 

tretend  303. 
Superlative:     lat.    auf    -illimus 

und  -errimus  296. 
Vokale:  (-»  dereinen  indog.  spr. 

neben  ai  der  anderen  116). 
grün d spr.:    schwa    =    sskr. 

?  (ü)  =  av.  e,  i  ==  gr.  «  =  germ. 

o  (m)    157    ff.;    e  {e,    ei,   eu)  177. 

207  ff.;    o    169.  217;    aul.  ru,    lu 

aus  var  308  f. 


indoir.:  a  (d,  ai,  au)  aus  « 
{e',  ei,  ew)  207ff.;  sekund.  »  29  f. 
sskr.:  t  aus  a  geschwächt 310 n. 
griech.:  anl.  ov  aus  fo,  o  aus 
^f,  ttv  aus  ^a  21  ;  anl.  h,  oi  aus 
ja,  (V,  ov,  av  aus  va,  25 ;  v  und 
o  als  schwa  164;  /  aus  «9  f.; 
T]  aus  «  -}-  nasal  116;  Wechsel  zw. 
f  und  o  (EnovCa:  'Ouovog)  281; 
inl.  w  unursprüuglich  18  f;  -?jt- 
durch  ausfall  eines  Spiranten  ent- 
standen 5  ff. ;  vokalsynkope  und 
vokal  Verlängerung  im  homer.verse 
16. 

lat. :  a  aus  e  208 n.;  e  in  lehnw. 
=  gr.  a  268 ;  i  =  ei  =  oi  (oe)  == 
ou  53  n.;  i  aus  m"  (ot)  304  n.;  i 
aus  m  303  f. ;  ti  aus  ou  (au)  304  n. 
lit.:  e  =  got.  ai  80. 
lett.:  ö,  w  =  südeurop.  ö,  Ö 
169. 

g  e  rm. :  i  =  lat.  e  107 ;  ti  durch 
einfliuss  des  r  100;  altn.  or,  ol  = 
lit.  ir,  il  106;    altr.    i  vor   r  ge- 
dehnt 105. 
Volksetymologie:  beispiele  aus 

dem  neugrieeh.  87. 
Wurzelerweiterung  durch  suf- 
fixales M  169  f. 
Wurzeln:    vokalisch    anlautende 
neben   solchen    mit  anlautendem 
V  22.  113. 


II.     Wortregister. 


Sanskrit. 

id  132 

krnati  306 

aknä  155 

irina  297 

keli  255 

aghä  224 

ish  116 

w.  kram  232 

aiika  155 

id  132 

w.  krid  253  f. 

aiikas  218 

ulkä  167 

w.  kruQ  253  f.  256 

adbhuta  171  ff. 

ürj-  195 

w.  kgä  331 

äna-  (neg.)  244  f. 

ürdhvä  113 

w.  kshi  118 

änatidbhuta  171   ff. 

ürmi  265 

w.  khäd  102  f. 

arghä,  ärhati  13 

rshabhä  22.  113 

w.  khyä  329  ff. 

w.  ardh  113 

rshvä  22 

w.  khel  253  ff.  806 

w.  arsh  113 

emushä  313  f. 

w.  gardh  (gfdhyati) 

avatä  168 

okas  218 

318  ff. 

avasä  9  ff. 

ojas  195 

gana  319 

asthäne  258 

kakuhä  257 

garva  4 

aQman  166 

kakkhata  251 

w.  gur  =:  gar  237 

asma  167 

kaksha  87 

grnäti  297 

aihhas  224 

kathara,  kathinä  130 

grbhnati  318 

agas  218 

w.'kat  252' 

grhä'319 

äpas  239 

w.  kas  329  ff. 

göna  236  f. 

äsa  7 

kina  131  n.  297 

go-nyoghas  219 

äsyä  6 

kila  261 

gola  237  f. 

älü  289 

w.  kut,  kud  261  f. 

gOQB  240 

334 


Register. 


gosa  240 

grama  319 

grävan  316  fi'. 

w.  glah  319 

ghana  222 

gharmä  15.  209.  222 

gharshati  15 

w.  ghas  293 

w.  caksh  329 

cärvati  297 

cüda,  cülin  131  f. 

cürna  297 

jadä  129 

jälhu  129  ff. 

jarä  119 

jüta  130 

w.  jvar,  jval  321 

w.  tad  131  n. 

w.  tap   111 

tuiiga  133  n. 

w.  tuj  120 

dabhrä  99 

dahana  15 

dahrä  321 

divä  262  f. 

w.  dih  196 

w.  du  74  t.  78  f. 

w.  dräkh  101 

dhanikä,  dhanyä  241  f. 

w.  dhraj  115.  196 

nadä  132 

nirrti  137 

pathati  130 

padyä  116  f. 

pitu  116 

w.  pid  132 

pur,  purä,  puri  263 

püra  295 

pushyati  19 

phalgü  87 

bäla  292 

bhargas  219 

bhishaj  196  f. 

w.  mah,  rnamh  195. 225 

inrläti  132 

mrdü  128  f. 

mrnati  136 

yätati  25 

w.  yam  25 

w.  rarigh  13 

rÜQat  189  n, 

lakuta  249 

laksha,  lakshya  8  f. 

lagudo  249 

läva  308 

likshä  87 

w.  likh  15n. 

lunSti  lubhäti  308 


lopägä  308 

vadra  132.  257 

väpati  24 

varana  298 

varcas  167 

w.  vardh  113 

w.  varsh  113 

värshman  22  f.  112 

valli  264 

vasnä  21 

vaja  195 

väti  242 

vära  114 

viQ  168 

vici  265 

vrjäna  195  f. 

vishan  22.  113 

vrshabha  113 

w.  vei,  vell  263  f. 

vyeniänah  314 

vrana  309 

vrayas  166 

vrä,  vräla  114 

w.  gar,  qr  117 

Qärman  118 

w.  Qi  118 

gikära  118 

yrnäti  306 

gevälam,  Qaivalam  257 

w.  gri  117 

-Qokas  217  f. 

sanutar,  sanitur  120  f. 

sarga  224 

sarva  3 

w.  siv,  siv  260 

w.  srj  224 

sthita  120 

Bthäne  258 

srämsati  18 

w.  sridh  18 

svaru  109  f. 

w.  han  209.  222 

haras  209.  222 

hiräsati  132  n. 

w.  hid  132 

heshas  132 

hyas  251 

hrasvä  5n. 

hrunati,  hvrnati  306 

hväiati  306." 

Päli. 
acchati  155  f. 
anamataggo  245 
äpo  239 
likä,  üko  241 
kakudho  257 
kakkhalo  251 


khiddä  253 
khuddako  257 
w.  khums  253 
khelam  (khelam)  255 
gono  236  f.  ' 
ghara  248 
dasati  255 
dosinä  250 
päpurati,    pärupati 

247  f. 
lagulo  249 
sarado  240 
sibbati  260 
biyyo,  hiyo  251. 

Präkr  it. 
airajuvai  243 
akko  256 
acca  1.  avvä  260 
accha'i  155  f. 
atthäna  258 
anarahü  243  ff. 
anudivam  262  f. 
atthakkam    (acchak- 

kam)  258 
abbä'259  f. 
amayä  245 
äo  239  f. 
änuam  259 

äsäsedu  (ä8ä8entu)250  n. 
äsamgho  250 
utthäi  246 
üä  241 

osäyanam  238  f. 
kaüham  257 
kakudham  257 
kakkhadö  251 
kattam  251 
karillam  241 
kalabü"251  f. 
kuuä  252 
kukkai  256 

kuddam,  kudam  261  f. 
kokkai'  256 
koddam  261  f. 
koliram  255 
khiiddäo  257 
khuddiam  254 
kheddam ,     kheddai 

253  f.* 
khellamti  254 
gahillo*  243 
gämahanam  246 
golä  237  f." 
gono  236  f. 
gonikko  243 
goso  240 
ghara  248 


Register, 


335 


ghäano  255 
ghäro  248 
ghusimam,   (ghusinam) 

246      ' 
canka  1.   vanka    248  n. 
cbattä,  chadä  246 
chi,  cchi  242 
cheno  250 
jacchamdo  261 
jambälam  257 
thane  258 

dhemkuno  (dhamkuno) 
■  255  f.' 
naliam  252 
nikkado  252 
nipphariso  252 
niphamso  252 
niräso  252 
nivvahanam  242 
nihelanam  252 
taläro  '261 

talladam,  tallam  239 
teälisä  251 
tevannä  246 
thakkai,  thakko  258  f. 
thokko  239 
thovo,  thevo  239 
doggam  241 
dosinä,    dosini,     dosä- 

niam  250 
dhania  241  f. 
dhi-r-atthu  240 
pattheväam  240 
panavannä  245 
pahio  253 

pamguranam  247  ff. 
pamcävannä  245 
päuranam  247  f. 
päurani  248 
baiUo  246  f. 
bulumbulo  241 
bhäyam  240 
bhimoram  259 
lakudo,  lakkudo  249  f. 
vaillo  s.  baillo 
vambhi    (=  bambhi) 

260  f. 
vadduaro,  vaddo  257  f. 
vaddayaram  258 
vaiiai  289 
vädi  242 
viusaggo  255 
viddiram  263 
viiuiraduo  252 
vili  263  ff. 
velambo  240 
velli,"  vellai  264  f. 
V08iranam  240 


Battharo  263 

sarao  239  f. 

sam-  khuddai  253  f. 

sam-galai  259 

samgolli,  samgello  259 

samghai  250 

samghayanam  255 

sämari  259 

säha'i  250 

sivvi,  sivvini  260 

sevälam  257 

hijjä  251. 

Av  estisch, 
aipi-debävayat  170 
airirieinäm  227  n. 
aoganh  217 
aojaiih  195 
aurva  4 
ana-  (neg.)  245 
arej    1 3 
arshan  113 
ädebaomä  170 
izha  116 
urvaenant  166 
urvi  165  f. 
Uta  114 
erezi  22 
kaena  198  f. 
ghana  222 
jaiti  174 
w.  Jan  222 
zaothra  15 
dawra  99 
nas  167 
paidhya  117 
varez,  verezena  196 
väza  195 
viQ  168. 

Griechisch. 
äßXct^  (Hsch.)     =   «- 

j^ktt^  167 
dyxvlog  155 
iiyos  218 
Aiag  7 

((!x(C(0,  utxiijs  9  f. 
axfiT)   166 
akihrig  15  ff. 
nXiTQÖg  17  f. 
aXvui  289 
dkffialßoiog  12  ff. 
Kfiaytiv  167.  320 
äfi/iisg  167 
dvd-  (neg.)  245 
^^lo-xegaog  168 
uTTTOsnrig  25 
dqriiog  5 


(tQxetv  13 

dT^jußbj  99 

ÜTfQ,  draQ  120  f. 

(tvkög,  aiiXüinvg  1   ff. 

avkuyv  3 

ßaQvdfievov  136 

ßctailevg  173 

ßUifUQov  320 

ßkto&QÖg  132 

ßQÜaatav  128  ff, 

ßQiuQog,  ßold^ü)  166 

ßqvoi  99 

yavqog  4 

Fek/dvog    (Hsch.)    = 

FeX/dvog  166  f. 
yXdyog  320 
yXafiäv  323 
yXÜQog  318 
yXavxög  321 
yXd(f)HV,  yXv(ftiv  320 
yXi(f)aQov  320 
yXri^ri  317.  320 
yX^vog,  yXi^vrj  320 
yXitt  323 
yXCrrov  323 
yXoCa  323 
yXvxvg  320 
yoog  119 
ygdifHv  320 
«y«/-  5.  78 
6aaiig  136 
^HnuTVQog    (epirot.) 

101  f. 
SsanoavvT}  174 
Sriiog  [äd^iog)  5.  78 
i^vri  78   ^ 
^QTjGTOavVJ]    174 

id(fr)^rj  24 
eivdtfQfg  25 
'ExdfQyog  7 
tXa(fQ6g(iXa&Q6g  Hsch.) 

13.  87 
nev»e()og  52  f. 
eXXaßs   16 
iivu  264 
l/ufic(»(  16 
evavXog  3 
ensqvov  222 
'iroifiog  25 
Via  5.  9  ff.  92  n. 
TJCd-fog  5 
Vioeig,  riitiv  6 
riiog  4  ff.  92  n. 
^Xtog  289 

riXog  (dial.  ydXXog]   298 
^HXtg  298 
riXirov  15  ff. 
riXvaiov  298 


336 


Register. 


ijXtfov  12  ff. 

ij/zfi?  167 

"HififeißTos  167 

»fCi'io  209.  222 

»(Xyü}  196 

S^^Qog,  »eQfio;  15.  209. 

222 
»rjyü}  99 
»TjXd^to  100 
;9^^«aj;?  136  f. 
Sqn-jrixfg  168 
^i/tß?  18     ^ 
iäo^ai  116 
^Ii'ovig  25 
iänxbi  25 

IfQOS,    iUQOS    116 

/»Jtof  7n.  93  n. 

?;Aw  265 

roi/Ao?  20 

tnnoavvri  174 

/ff*^d?  101 

fiJfw  25 

/;f;!^j;f  102 

xßzof  102 

xa(>Tfpof  130 

xä^tfto  107 

XHfiav  118 

x^ATjf,    dor.  z^AjjI  284. 

309. 
xiQas,  xfQaitoi  306 
xfpawo?  306 
xjjp  306 
xCXlovQos  .306 
xA«a>  306 
xXinroavvri  174 
xi/Vw  117.  306 
xXövo;  306 
xoilfd?,  xoi/>lfdff  297 
xoiwrdf  306 
xöfißog  103 
xöpof  168 
xÖQLÖog  131 
xdpi/f,  xoQÜ^vg  etc.    132 

XOVQOg,    XOVQT]    20 

XQcifAßog  107 
xgavQog  4 
A««f  316  ff. 
Aa^a^d?  16 
ila)';fßi'ftr  319 
i«f,  i«xT/fcü  250.  317 
Xufißdrfiv  318 
Xdfinui  104.  f. 
ißdf  319 
Aß^of  105.  318 
Xiyiiv  319 
ifi/xdc  188  n. 
Xtyg  316 
A^ycü  15  ff. 


Xj^fjüi  317.  320.  323 

XiaCofiai  10 

XiySrjv  15n. 

AF^d?  319 

XCaata&ai  318 

^of/ß?  8  f. 

Ad/o?  318 

fittXuxög  298 

^f^ß   174 

fi({Xt.;(og  (äol.  fxiXXixog) 

298 
/i^AAoi  307 
MovXiog  3 
/iwß   18 
rßp,^>j|   132 
v^QTfQog  105 
reiJQOv  4 
vsifQÖg  14.  105 
rjjÄfrrtff  15  ff. 
v^(fü)  14 
rtüt  167 
^ßr^d?  132 
oyxog  155 
o/ffw  113 
of^cü  25 

o>lo?,  Jon.  ovXog  3 
onvlbi  18  f. 
oTTCf  284 
d^*df  113 
oQ&öxQttiQog  46 

OQVV^l    113 

opo?,  Jon.   oupo?  112  f. 

o^^o?  19  ff.   112  f. 

ogao&vQi]  19  ff. 

op/t?  22 

oJAj?  309 

oi;(ȧ  19  ff. 

ov(i{c(/og  20 

d^t?  13 

naXXäg  295 

navQog  4 

TT^cTor  117 

7I^?ß    117 

niXag,  nfXäCfn  308 

n^TQa  166 

71/^^0?  97 

nlXvafiai,  niXväoi  308 

Ti/^o?  97 

TTOM'»}     198    f. 

JJoaoiSäv  285 

nQciaov  136 

IlQiüTivg  131 

71  vf  284 

nÜQog  117 

öait^aCvta,  ^af^dfiiy^  132 

^ißl  323 

^^Cw  196 

^i>o?  322  f. 


jj/or  112 

aavXog  [aavvög)  3 
aavQog  109  ff. 
(Xt^ßw  108  f. 
(Tf/idf  108  f. 
crxtß  10 
<rx>l»jpdf  320 
anCyyog  108 
ffTßrdf   120 
otjJAjj  298 
atfjäXXü)  307 
TÜQi/og,  xaQx^'^  100 
riyyo}  120 
rHXiGt7iXr{irig  308 
T^(fga,  TftfQÖg  321 
ro^oavvT)  174 

TQ^/O)   196 

TQiXai$  168 

Tgvyo),  TQvyla  100 

Tvfißog  133  n. 

Ti5()^>j  112 

vj'tTjf  165 

iVtf  121 

'YneQVwv  10 

(fiaiög  14 

'PaiOTog  167 

(favXog  1.  3 

yjjÄdf  307, 

(fiövog  222 

(fQiaaü),  (pQi'^og  13  f. 

(f>vT-äXtfiog  168 

XUfiög  154 

X^i^Vh  X^^Q^^  {^».o\.  XV' 

Qüiv,     x^^^f^)'     X^- 

Qe(ü)v  5n. 
//w  102 
;fad?  14  n.  293 
tov^o^ai  21. 

Messapisch. 
ßqMog  99. 

Etrusk  i  s  eh. 

lautni  26  ff. 

Italisch. 

acno  (umbr.)  305 
Aesernia  (samn.)  116 
allium  289 
allucinari  289 
almus  168 
alviis,  alveus  I  f. 
amätus  155 
anguis  13 
Annona  14 


Register. 


337 


appellare  305 

arduus  113 

Arnus  304 

aspern ari  305 

bardus  'l29 

bellum    74  ff. 

bellua  289  f. 

buUa  297 

callis  298 

callum  297 

callus  131  n. 

caria  (osk.)  168 

cautes  166 

-cello  285.  295.   299  f. 

305  f. 
celox  309 
Ceres,  Cerus  168 
gerfo  (umbr.)  168 
cillo  300.  306 
coUis  306 
compellare  305 
consternare  305 
cornu  305.  306 
cos  166 

coxa  87 
cucullus  290 
cuUeus  297 
cunnus  305 
dautia  79 
densus  136 
deterior  5n. 
dolare  121 
ducere  80 
duellum  77  f. 
Duilius  286  f. 
dulcis  320 
efferre  115 
esar-  istrom    (volsk.) 

116 
fallaciae  306 
fallo  285.   295.   299  f. 

306  f. 
farcio  100 

fariolari  ==  hariolari  15 

favilla  15.  321 

febris  321 

februus  321  n. 

fei  15 

feliuf  (umbr.)  100 

fidelia  97 

figo  99 

filius  100.  292 

filum  14 n.  287  f. 

fircus  (sab.)  14 

fistula  97  f. 

flamen  98 

folus  =r  holus  15 

formus  14.  222 


fornus  305 

fraces  101 

fragum  323 

frendo  15 

frigus,  frigeo,  frigidua 

322  f. 
frio  15 

frons,  frondis  99 
fuudo  15 
furia  18 
gallus  297.  305 
garrio  104 
grado  318 
grämiae  317 
hämus  154  f. 
helluari  292  f. 
herba  14  n. 
hilum  14  n. 
hinnio  132  n. 
hircus  14 
hirtus,  hirsutus  13 
incilare  304  n. 
inclinare  117.  305 
indütiae  77  fl. 
inguen  115 
inter-pretari  130 
irritare  304  n. 
jacio  25 

karanter  (osk.)  168 
Kerri  (osk.)  168 
langueo  16 
lautia  79 
laxus  16 
Leucesie,  Leucetius 

303 
über  52  f. 
libare  304  n. 
lima  16  n. 
lingua  135 
linio  305 
loeber  52 
lofero,  loferto  (falisk.) 

52  f. 
longaevus  104 
loufro,  lüvfro  (osk.)  52 
lücere  188  n.  304  n. 
malleus  297.  305 
maltus  298 
mollis  298 
morbus  Hn. 
motacilla  306 
mulgere  167.  320 
Mulvius  3 
mustela  287 
nefrones  (pranest.)  14. 

105  f. 
nefrundines,  nebrundi- 

nes  105 


Beiträge  x.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  III. 


nertro  (umbr.)  105 

nervus  4 

nis,  nos  167 

nitela  287 

olim  288 

orior  113 

6s-,  ostium  6 

oscillare  305 

otium  76  f. 

päla  288 

Palatium  295 

pallidus  4 

parvus  4 

pauUo  288 

peda  117 

pello  285.   295.  299  f. 

307  f. 
poena  198n. 
porrum  136 
posca    166 
promello  307 
pruna  305 
puber  19 
puUus  293.  299 
pulvis  297 

puni,  poni  (umbr.)  166 
red(i)-  294 
reicere  295 
relligio  294 
relliquiae  294 
remeligo  307 
ricinus  '87 
saxum  166 
scäla  288 

scalpere,  sculpere  320 
scamnum  305 
scribere  320 
serus  107 
setius  106  f. 
sibilus,  sifilus  15 
sine  121 
sorbus  14n. 
Status  120 
stipare  304  n. 
surus,  sura  109  f. 
tinguo  120 
tollo  285.  299  f.  308 
tüber  133  n. 
Tullus  287 
tumulus  133  n. 
turba  112 
triibom  (osk.)  112 
tri-quetrus  166 
trudo  132  n. 
uncus  155 
urruncum  20 
vallis  298 
Valium  298.  305 

22 


338 


Register. 


vannuB  805 

vegeo  165 

vello    285.    295.    300. 

308  f. 
vellus  308 
venum  21 
Verruca  112 
veru  110 
vioreo  165 
villus  298 
volvo  264 
vomis  121   . 
Vulcänus  167 
vulmus  309 
vulpes  308. 

Keltisch, 
adchiu,  atchessa  331 
aire  148  f. 
atrab  112 
ber  (körn.)  110 
beren  (kymr.)  110 
brig  165 
bro  317 
caie  331 
coss  87 

dealg  (neuir.)  99 
delg  99 
dociu  331 
Eriu  140  ff. 
gwych,  gwech.(kambr,) 

165 
Hibernia  140  ff. 
im-caisiu  331 
'lovfQvia  140  ff. 
Iwerdon  (nkynir.)140ff. 
Oii^aXXtt  (brit.)  165 
rem-caisiu  331 
ruire  149  f. 
snäthe  165 
-vices  (gall.)  168. 

Slavisch. 
veselü  165 
vrüba  106 
vrichü  23.  112 
vdka  113 
glipati  320 
grimati  15 
grochotü  104 
dlügü  134 
drozdije  101 
zega  321 

zernovü  (russ.)  317 
zlüti  15 


zelije  15 
istesa  106 
klati  306 
kolü  104 
lichü,  lisiti  81 
molnija  (russ.)  298 
namü  167 

skorbnyti  (russ.)  107 
sludinü  108 
sledü  108 
srüna  134 
srüchükü  103 
strachü  103 
s'mialek  (poln.)  119 
po-jasnl  25 
clovekü  57 
j^zykü  134  f. 

Pr  eussisch. 
braydis  99 
dragios  101 
gorme  15.  222 
insuwis  135 
lopis  104 
nouson  167 
salmis  118 
suckaas  102 
wessals  165. 

Litauisch.  *) 
algä  13 
angl«  13 
akmft'  166 
bamba  97 
berti  81 

brangüs,  bringti  165 
bredis  99 
bruku  100 
dagys  99 
degas  15 
degti  99 
drezoti  115.   196 
dryzas  115 
dübe  133n. 
erke  87 
erube  119 
gaisas  14 
garsas  104 
gauti,  gausti  119 
geneti  102 
gimtis  174 
girnos  317 
gurüs  81 
ilgas  134 
jerube  119 


kabeti  103 
kalnas  306 
kälti  306 
kändu  102  f. 
kanka  102 
kek  80  f. 
kibti  103 
kitas  81 
kölas  103 
lepana  104 
muse  18 
pedzia  117 
petus  116 
protas  131 
puriju  117 
skrebti  107 
smilga  119 
snegas  119 
statas  119  f. 
statyti  120 
stirna  134 
szalis  117 
szalmas  118 
szerti  168 
szitas  81 
Bzleju  117 
tek  81 
tremti  121 
troba  112 
troksztu  101 
tübas,  tubä  111 
vekä  113 
vilbinti  308 
vildyti  121 
virbas  106 
virszus  23.  112 
vorä  114 
zarnä  15 
zedas  323 
zuvis  102. 

Lettisch. 

awots  168  f. 

bra'ngs,  bre'ngs  165 

bridis  99 

dile  100 

dfi'mta  174 

ehrze  87 

glemas  323 

glews  323 

gliwe  323 

glits  323 

ilgs  134 

kohda  103 

labpa  104 


')     Die  „Lituanica"  s.  54—73  sind  in  folge  ihrer  alphabetischen  an- 
ordnung  im  index  nicht  wieder  aufgeführt. 


Register. 


339 


leijsch  81 
ruberis  119 
ffds  323 
fjt  323 

Bchk'aute  166 
Bmilga  119 
snät  165 
spilktans  67 
spu'lgot,  spu'lgis  87 
stirna  134 
tremt  121 
walnis  298. 

Gotisch, 
braids  81 

cadariou  (Busbeck)  81 
fra^jan  131 
gansjai  (1.  gaasjai)   81 
giutan  102 
gredus  319 
halbs  117 
haurn  806 
hilms  118 
hvaiva  80  f. 
kijans  323 
knauen  (Busb.)  81 
lieta  (Busb.)  81 
liuhaj  188  n. 
qairnus  317 
qairrus  81 
8ei|)u  107 
sleij)a  17 
snaivs  119 
snorjo  165 
sviglön  15 
tuggö  135 
baurp  112 
fvahan  120 
undarleijis  87 
uns,  unsar  167 
valvjan  264 
varmjan  15 
vaurkjan  196 
vrij)us  114. 

Altno  rdis  eh. 
ars  113 
ballr  292 
bera  üt  115 
blistra  97  f. 
blot  98 
botn  99 
brum  99 
dalkr  99 
dapr  99 
dilkr  100 
dregg  100  f. 
cid  101 


eir,  eira  116 

eista  106 

fet  117 

firar  105 

fit  116  f. 

födr  101  f. 

fölr,  fölna  4 

geysa  81 

gjöta  102 

ha  192 

h«ll  103 

hälfr  117 

hallr  117 

heimr  118 

herstr  103 

hid  118 

hjälmr  118 

hjol  209  n. 

hlid  117 

hrörna  4 

jarpi  119 

kalla  297 

kle  316 

knar  81 

kör  119 

kyr  173 

langsed  104 

langser  104 

leiftr  104 

leiptr  104  f. 

liri  105 

mjök  174 

mjölnir  298 

nordr  103 

nyra  14.  105  f. 

orf  106 

irkkr  115 

ölr  289 

ördugr  113 

örr  4 

rass  113 

reidr  304  n. 

rjüpa  119 

sid  107 

sidr  106  f. 

skarpr,  skorpinn  107 

slakr  16 

slikr  16  n. 

slis  18 

slod  108 

slyngja,  slöngva  7n. 

spiki  108 

stadr  119  f. 

stedja  120 

stinnr  120 

stakkva  120 

sundr  120 

svangr  109 


Bveigr  108  f. 

svigna  109 

Bviri  109  f. 

sy'r  173 

telgja  121 

Ty'rr  173 

faefja  111 

pof,  J)oefa,  J)6fi  111 

')orp  112 

)ramina  121 

)rep,  J)ref  112 

)üfa  133  n. 

)urka  101 

)yrpa8k  112 
vangsni  121 
varta  112  f. 
veig  113 
völlr  298. 

Isländis  eh. 

bida  97 
draugr  100 
feira  117 
volgr,  velgja  121, 

Norwegisch, 
bembel  97 
borre  115 
bringe  99 
droglutt  115 
fit  117 
fjorfit  117 
föyra  117 
gana  102 
hagl,  hegla  118 
harren  103 
hatra  102  f. 
hempa  103 
herr  103 
higla  118 
hilmir  118 
karra  104 
lira  105 
rseda  115 
skreppa  107 
sladen  108 
smylve,  smelve,   smile 

119 
spikkje  108 
svagna  109 
torpast  112 
vangsne,  vegsne  121 
vei  113. 

Schwedisch, 
borre  115 
brind  99 
dilka  100 


340 


Register. 


ink  115 
kaum  119 
emile  119 
spink,  spikke   108 
Bvänge  109 
evegryggad    109 
sviga  109 
Bvire  110 
vraj)  114. 

Dänisch, 
burre  115 
dilke  100 
lire  105 
skrumpen  107 
elade  108 
spinke  108 
8vajrygged  109 
Bvang  109 
vrad,  vrSj  115 
vraad  114. 

Angelsächsis  eh. 
är  116 
dry ge ,    drige ,    drege 

100 
drugian  100 
grindan  15 
heald  117 
hveol  209  n. 
hingre  87 
slsed  108 
eleac  16 
slidan  18 
BÜdhan  17 
steort  113 
stid  120 
svancor  109 
sveora  HO 

Bver,  sveor,  svyr  110 
svican  109 
svige  108  f. 
Bvigian  108 
veal  298 
vealg  121 
vrsed  114 
vearr,  vearle  112  f. 

Englis  eh. 
dregs  101 
dry  100  f. 
pink  108 

Berichtigung. 
S.  284  Z.  12  ff.  ist  zu  lesen:  —  nvg  in  noTg,  das  ja  allerdings  besser 
zu  ols  wohin   stimmen   würde,    welches   häufiger,    z.  B.    in  den 
Delphischen  Freilassungsurkunden  vorkommt. 


Black  16 
slade  108 
sleek  16n. 
ppink  108. 

A  Itfricsisch. 
fial  209  n. 
wal  298 
wrolhe  114 
wrud,  wruss  115. 

Altsächsisch, 
firihös  105 

lungar,  lungre  13.  87 
slidhi  17 
sundir   120 
Bwigön  108  f. 

Althoch  deutsch. 

ars  113 
challon  297 
fallan  307 
garwä  14  n. 
hald  117 
haspa  103 
hlincn  306 
Hrin  304 
kinan  323 
lunkar  87 
nioro  14.  106 
nuohtarnin  14 
parrßu  115 
quellan  297 
Ein  304 
rinnan  297 
slach  16 
slingan  7n. 
snuor  165 
starzen  113 
Bweigian  109 
Bwiken  108 
swikali  109 
swiron  HO 
trukan  100 
una-  245 
waganso  121 
wal  298 
warza  113. 

Mittelho  chd. 
ars  113 


brunnen  84 
frumen  84 
hahse  87 
her  82 
lingen  87 
maz  83 
müs  85  f. 
nagel  =  angel  86 
nüehtern  14 
sahsenveder  83  f. 
schär  175 
smelhe  119 
Sterz  113 
sunder  120  f. 
swir  109  f. 
wagense  121 
wal  298 
worp  106 
zeigen  176 
zitlose  84  f. 

Neuhochdeu  tsch. 
blähen  98 
berste  115 
bürzel  113 
dorf  112 
ehre  116 
fink  108 
^istern,    flismen ,    flis- 

pern  93 
gelingen  87 
halb  117 
hapern  103 
harren  103 
harsch  103 
heim   118 
hespe  103 
hesse  87 
hirse  168 
lehnen  117 
Schmiele  119 
schnür  165 
schrumpfen  107 
shweigen  109 
schwingen  109 
schwir,  schwiren  110 
sondern  121 
trocken  100  f. 
ziehen  80. 


Drmk  von  E.  A.  Hutli  in  (JöUingen. 


P  Beiträge  zur  Kunde  der  indo- 

501  germanischen  Sprachen 

B4 
Bd.  3 


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