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Full text of "Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen"

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Beiträge 


zur  künde  der 


indogermanischen  sprachen 


herausgegeben 


von 


Dr.  Adalbert  Bezzenberger. 


Dreizehnter  band. 


Göttingen, 

Vandenhoeck  und  Ruprecht's  verlag. 

1888. 


p 

S'ol 

ß4,  IS 


^^i$3^ 


Iiihalt 

Seite 

Die  degi^abdäs  bei  Trivikrama.  (Fortsetzung).    Von  R.  Pischel  -     -  1 

Schwedische  Wortforschung.     Von  Urik  Brate 21 

Beiträge  zur  altiranischen  grammatiU.    V.     Von  Chr.  liartholomae  -  54 

Sanskrit  vicchitti  „schminke".     Von  Th.  Zachariae 93 

Miscellen.     Von  K.  F.  Johansson     -     -          111 

Keltic  Notes.     Von  John  Strachan 128 

Nasale  sonanten  im  Lykischen.     Von    W.  Deeche        132 

Cena.     Von  Otto  Immisch - 139 

Wurzel  rädh-,  radh-  „ich  bringe  zu  fall".     Von   Walter  Prellwitz     -  142 

Litauisch  sa,  lett.  so-.     Von  A.  Bezzenberger    • 146 

Erwiderung.    Von  F.  Bechtel     -    - 148 

Briefe  an  Theodor  Benfey  von  H.  Brockhaus,  A.  Kuhn,  J.  B.  Biot, 

C.  Lottner,  Las.   Geiger,    W.  Corssen 152 

W.  Scherer.     (Nekrolog).     Von  F.  Bechtel 163 

Die  sprachform  der  altionischen  und  altattischen  lyrik.  (Fortsetzung). 

Von  A.  Fick 173 

Zu  den  märchen  der  tausend  und    einen  nacht.     Ein  Sendschreiben 

an  herrn  M.  J.  de  Goeje  in  Leiden  von  A.  Müller 222 

Avestica.     IL    L'Ahuna  Vairya.     IIL    Vis'tö.     Von  C  de  Harlez      -  245 

Lykische  Studien.    IIL     Von    W.  Deecke 258 

Avestä  cinvat-ustänem.     Von  Karl  Geldner 289 

Syntaktische  bemerkungen.     Von  A.  Bezzenberger 290 

Indogermanisch  ger.    Von   W.  Neisser 291 

ZvQiy^.    Von  A.  Bezzenberger     ----" 299 

Etymologien.     Von  Oskar    Wiedemann      ---. 300 

Etymologien.     Von  H.  D.  Müller   - 311 

<Pv0Cl;oos.    Von  A.  Fick 316 

August  Friedrich  Pott.     (Nekrolog).    Von  P.  Hörn 317 

Register.    Von   W.  Prellwitz 342 


Die  de9i9abdäs  bei  Trivikrama. 

(Fortsetzung').) 

ummiiho  \  uddano  \  pahattho^)  \  garvi  |  unmukhah^)  um- 
muho  II  udvadanah  1  dasya  säco  luk  *)  ]  uddano  \\  pradhrshtah 
pahattho »)  ||  „ummuho  \  uddano  \  pahattho  \  'hochmütig',  'stolz'. 
ummuho  kommt  von  unmukha,  uddano  von  udvadana,  indem  d 
mit  seinem  vocale  (also  die  silbe  da)  ausgefallen  ist,  pahattho 
von  pradhfshta". —  Die  erklärungen  von  ummuho,  das  auch  H.  D. 
1,  99  erwähnt  wird,  und  von  pahattho,  das  auch  H.  D.  6,  9 
steht,  sind  richtig.  Für  uddano  hat  H.  D.  1,  99  uttuno;  H.  D. 
1,  128  wird  uddäna  im  sinne  von  garvishtha  „sehr  stolz"  auf- 
geführt. In  der  Päiyalacchi  (im  folgenden  mit  P.  bezeichnet) 
findet  sich  v.  75  uttanuo,  das  Bühler  mit  ^uttanuka  erklärt. 
uddano  gehört  zu  Sanskrit  udvana,  das  B-R.  aus  dem  Käthaka 
in  der  bedeutung  „ansteigend"  belegen. 

lambä  \  valli  ^)  \  velli  ^)  \  villariä  ')  ]  vallari »)  j  ke^ah  ]  lam- 
banta  iti^)  lambä  \  vallivadi<>)  valli  velli  ^^)  \  vallarivad  i^^  vil- 
lariä ^3)  I  ader  ata  ih  i*)  svärthe  ka^  ca  |  tadvad  vallari  ca  || 
„lamhä  \  valli  \  velli  \  villariä  1  vallari  |  'haare'.  Sie  hängen 
herab  {yiamb),  daher  (heissen  sie)  lamhä.  Weil  sie  wie  eine 
Schlingpflanze  {valli)  sind,  (heissen  sie)  valli,  velli,  weil  wie  eine 
ranke  {vallari),  villariä,  indem  das  erste  a  (von  vallari)  zu  i 
wird  und  suffix  ka  ohne  änderung  des  sinnes  antritt.  Wegen 
der  ähnlichkeit  mit  ihr  (der  ranke)  auch  vallari'-''.  —  Ueber 
die  Wurzel  vall,  vell,  vill,  von  der  die  vier  letzten  worte  stam- 
men, vergleiche  man  diese  Zeitschrift  3,  263  ff.  —  H.  D.  7,  26 

*)  Um  Irrtümer  zu  vermeiden,  behalte  ich  dieselbe  Umschreibung 
bei  wie  in  den  beiden  ersten  artikeln:  3,  235  ff.  6,  84  ff.  "^)  B  pa- 
huththo.  ")  B  udaümukhah.  *)  B  susäco  yuk.  »)  B  valli.  ß)  B 
veli.  7)    B  Villa".         «)   öm.  B.         *)  B  lambatiti.         ")  B  vallivad. 

")  om.  B.         ")   A  vallavad    B  vallarivad.        *»)  AB  vallariä.         ^*)   B 
tüder  ata  uh   A  i. 

neiträge  z.  künde  d.  ind(;.  sprachen.    XUI.  \ 


2  R.  Pischel 

wird  lamba  in  der  bedeutung  „haar"  und  „kuhhürde"  aufge- 
führt. H.  D.  7,  32  stehen  valU,  vallari,  villari;  dazu  kommt 
in  gleicher  bedeutung  vella  (m.)  H.  D.  7,  94. 

jannaharo^)  \  raxah  |  yajSaharah  |  tatsvabhavatvat  ||  „jan- 
naharo  'Raxas'  von  yajnahara  *opferdieb',  weil  das  seine 
art  ist".  —  Die  etymologie  ist  richtig.  In  H.  D.  3,  43  wird 
jannohano  gelehrt,  das  =  *yajnäpahana  ist.  cfr.  yajnahan, 
yajnahana. 

janaütto  \  grämapradhänanarah  |  janaputrah  i  tadvad  äca- 
ratiti  ||  „janaütto  'die  hauptperson  im  dorfe'  von  janajmtra 
„Schmarotzer",  weil  sie  wie  dieser  sich  benimmt".  —  janaputra 
fehlt  bei  B-R.  Dass  es  ,, Schmarotzer",  ,, Schwindler",  „galan" 
bedeutet,  also  dasselbe  ist  wie  vätaputra,  schliesse  ich  aus  H.  D. 
3,  52,  wo  für  janaütto  die  beiden  bedeutungen:  ,, hauptperson 
im  dorfe"  (grämapradhänapurusha)  und  „Schwindler"  (vita) 
angegeben  werden.  Ich  glaube  ferner,  dass  mit  der  „haupt- 
person des  dorfes"  der  „barbier"  gemeint  ist.  Der  präkrittext 
von  H.  D.  lautet:  gämanividesu  janaütto  und  grämani  bedeutet 
nach  den  indischen  lexicographen  (auch  Vi^vakoga:  grämanir 
bhogike  patyau  pradhäne  näpite  'pi  ca  und  ^ägvata  v.  217) 
auch  „barbier".  Der  barbier  gehörte  zu  den  fünf  in  jedem 
dorfe  nötigen  handwerkern  (Ind.  stud.  13,  468);  war  er  doch 
bei  den  ceremonieen  des  haarschneidens  (cüdakarman)  und  bart- 
scheerens  (godänakarman)  notwendig.  Unter  den  6  personen, 
mit  denen  man  sich  nicht  einlassen  soll,  nennt  das  Mahabhä- 
ratam  5,  33,  80  (ed.  Bomb.)  den  vanakdma  näpita,  einen  barbier 
der  sich  gern  im  walde  herumtreibt.  Er  gehörte  eben  not- 
wendig ins  dorf.  Sein  ruf  war  ein  sehr  schlechter:  tiardnäin 
näpito  dhürtah  heisst  es  Pancatantra  3,  73  und  wenn  alle  ihre 
kunst  80  ausübten  wie  der  barbier  im  Dhürtasamagama  (p.  15  f. 
ed.  Cappeller),  war  ein  gebet  wie  AV.  8,  2,  17  für  jeden 
ratsam  der  sich  ihren  bänden  überliess.  Immerhin  gehörte  der 
barbier  nicht  zu  den  verachtetsten  menschen.  Manu  (4,  253) 
und  Yajriavalkya  (1,  166)  nennen  ihn  unter  den  ^üdräs  von 
dem  ein  zweigeborner  speise  annehmen  darf  und  der  hofbarbier 
(rfijanäpita ,  Kägikä,  zu  Pänini  6,  2,  63)  war  eine  angesehene 
person  (Oldenberg,  Buddha  p.  158  anm.  1).  Unter  den 
fünf  dorfhandwerkern  war   er  wohl  der  erste,   weil  er  bei  den 

*)  A  °  bharo. 


Die  de^i^abdäs  bei  Trivikrama.  3 

erwähnten  religiösen  handlungen  mitzuwirken  hatte  und  daraus 
ist  es  wohl  vor  allem  zu  erklären ,  dass  er  grämani  genannt 
wurde.  Vermutlich  war  er  schon  damals  in  Indien  wie  heut 
bei  uns  der  träger  der  neuigkeiten  und  auch  dadurch  „eine 
hauptperson  im  dorfe".  Zugleich  erklärt  dies,  dass  er  nicht 
im  besten  rufe  stand;  auch  seine  frau  (ndpiti)  fungierte  als 
düti  d.  h.  kupplerin  (B-R  s.  v,).  Darüber  dass  er  auch  heut 
noch  die  gleiche  Stellung  im  dorfe  hat  wie  im  alten  Indien, 
sehe  man  z.  b.  Dubois,  Moeurs  1,  69  if.  Nesfield,  Brief 
View  (Allahabad  1885)  §  97  u.  a.  —  Nur  so  ist  mir  Trivi- 
krama's  erklärung  verständlich. 

hamJiaharam  ^)  \  äranälam^)  \  therosanam^)  \  ambujam  | 
brahmagrham  hamhaharam^)  \  äräd  düre*)  samipe  ca  nälam^) 
astity  äranalam  ^)  \  dvitiyasyato  't  |  sthaviräsanam  therosa- 
nam ')  |  sthaviro  brahmä  ]  ata  ot  ||  „hamhaharam  \  dranälavi  \ 
therosanam  |  'lotos'.  hamhaharam  kommt  von  hrahmagrha 
„haus  des  Brahman";  sein  stengel  (näla)  ist  in  der  ferne  und 
nähe,  deswegen  heisst  er  äranalam.  Für  das  zweite  d  ist  a 
eingetreten,  therosanam  kommt  von  sthaviräsanam  „sitz  des 
Brahman"  (da)  sthavira  =  Brahman  (ist),  ä  ist  zu  o  gewor- 
den". —  Die  etymologie  von  hamhaharain ,  wofür  H.  D.  6,  91 
hambhaharani  steht,  ist  richtig;  Brahma's  sitz  ist  eine  lotos- 
blume  die  dem  nabel  des  Vishnu  entspriesst.  äranalam  (mit 
dentalem  l)  hat  Hemacandra  D.  1,  67,  der  bemerkt,  dass  das 
wort  in  der  bedeutung  „saurer  reisschleim"  aus  dem  Sanskrit 
kommt.  Die  etymologie  ist  dunkel,  therosanam  lautet  H.  D. 
5,  29  theräsanam  und  dies  bedeutet  in  der  that  „sitz  des 
Brahman".  thero  —  brahmä  wird  in  H.  D.  in  demselben  verse 
angeführt  und  sthavira  als  name  des  Brahman  hat  Hern.  Abhidh. 
211.  therosanam  ist  =  * sthavirävasanam  aus  sthavira  „Brah- 
man" und  *  ävasana  „wohnung". 

kalimam  8)  |  kanduttam  ^)  \  utpalam  |  keliyata  ^<')  iti  kali- 
mam^)  \  der^i)  dimah^^)  )  kandäd  uttikate i^)  udgacchatiti  kan- 
duttavi^^)  j  stau  iti  otve  krte  kandoUam^^)  j  „kalimam  I  kanduttam  \ 
'blauer    lotos'.     Er  bewegt  sich   spielend,    deswegen   heisst   er 

*)    A   vammaharam.  *)    A    °nälam     B    äranaam   laddhorosanam. 

")   A  vamma°     om.   B.  *)  B  adüre.  ^)    B  nälam.  ^)   A  °nälain 

B  °nalam.        ')  A  °hanam.        »j  B  kalimam.        »)  B  kamdottam.        >»)  B 
kelayata.         ")   07n.  A;    B  le.  '-)    B  dimam.         ")   B  kaindäd  utka- 

tikrte.         '')  B  kaindottam.         '^)  A  om.  von  stau  au. 

1' 


4  R.  Pischel 

kalimam.  Für  ^  ist  ima  eingetreten.  Er  steigt  aus  der  wurzel- 
knolle  auf,  daher  kanduttam.  Wenn  nach  Trivikrama  I,  2,  65 
für  u  eintritt  o,  lautet  das  wort  kandottam" .  —  Die  Übersetzung 
der  erklärung  von  kalima  ist  unsicher,  weil  die  lesart  nicht 
feststeht.  Ich  fasse  keliyate  als  denominativuni  zu  keli.  Ob 
der  richtige  lesart  ist,  ist  zweifelhaft;  B's  le  gibt  keinen  sinn, 
ebensowenig  ler,  an  das  man  zunächst  denkt.  T.'s  erklärung 
selbst  ist  natürlich  irrig,  ebenso  wie  die  von  kandutta.  Beide 
Worte  stehen  auch  H.  D.  2,  9,  letzteres  in  der  form  kandottam; 
in  der  form  kanduttam  findet  es  sich  auch  P.  v.  39  und  H.  P. 
2,  174,  zu  welcher  stelle  ich  reichliche  belege  gesammelt  habe, 
was  Aufrecht,  Ind.  Studien  16,  209  übersehen  hat.  Bühler 
im  Glossary  zur  P.  leitet  es  zweifelnd  von  kandavarta  ab  = 
„giving  sustenance  by  its  roots".  Im  Sanskrit  werden  aufge- 
führt: kandata,  kandota,  kandota,  kandottha,  verderbte  formen 
des  PrÄkritwortes. 

candojjam  |  raaniddhaam  \  kumudam  ]  sitotpalam  i)  |  can- 
drenoddyotyata  ^)  iti  candojjam  ^)  \  rajanidhvajam  *)  raani- 
ddhaam 11  „candojjam  \  raaniddhaam  |  'die  blute  der  weissen 
Wasserlilie'.  Sie  wird  vom  mond  erhellt,  deswegen  heisst  sie 
candojjam,  Sie  ist  die  fahne  der  nacht,  daher  raaniddhaam". 
Die  erklärung  von  candojjam,  das  auch  H.  D.  3,  4  (nebst 
candojjayam)  und  P,  39  {camdujjayam)  steht,  ist  nicht  richtig. 
Es  ist  =  candra+udyat  „durch  den  mond  aufgehend"  i.  e. 
„aufblühend".  Bühl  er  im  Glossary  zu  P.  erklärt  es  mit 
candra  +  udya,  ohne  die  bedeutung  von  udya  anzugeben. 

gharaandaam  ^)  \  mukuram  |  ghare  grhe  candravad  uddyo- 
tata  iti  jl  „gharaandaam  'spiegel',  weil  er  im  hause  wie  der  mond 
leuchtet".  —  H.  D.  2,  107:  gharayando  ädargah  ||  Die  bezeich- 
nung  „hausmond"  für  ,, spiegel"  ist  um  so  verständlicher,  als 
die  Spiegel  aus  metall  und  rund  waren;  cfr,  (idarcahimba  Ku- 
märas.  7,  22  (Mallinätha  =  darpanamaiidala),  ädarcamandala 
KirätArj.  5,  41  (Mallinätha  =  darpanabimba).  Als  ümä,  in 
neue  linnengewänder  gekleidet  den  neuen  Spiegel  in  die  band 
nimmt,  glänzt  sie:  paryäptacandreva  ^arattriyämä  Kumäras. 
7,  26. 

Msaialam^)  \  harmyaprshtham  ')   |  äkägatalavad    ääsata- 

*)    om.   B.  •)    A   candrenädyotata     B  caindre    dyotyata.  ^)   B 

canidrojjam.  *)  A  °dhvajah.  ^)  B  gharaadhdhaam;  otn.  von  ghare 
an.         «)  om.  B;  A  °talaiii.         ')  o?n.  B, 


Die  de9i9abdä8  bei  Trivikrama.  5 

la7n^)\\  „ädsafalam  'das  flache  dach  des  palastes',  weil  es  wie 
die  himmelsfläche  aussieht".  —  Auch  H.  D.  1,  72. 

änandavado  *)  |  uavavadhvä  ^)  raktärunavastram  |  pratha- 
raarajasvaläyä  raktaktapatah  *)  |  anandavishayatväd  änanda- 
vado^)  H  „änandavado  'das  vom  blut  einer  neuverheirateten  frau 
rote  gewand  und  das  vom  blut  einer  zum  ersten  mal  men- 
struierenden rote  gewand'.  Weil  es  gegenständ  der  freude  ist, 
deswegen  heisst  es  änandavado''.  —  Auch  H.  D.  1,  72.  Die 
erklärung  =  änandapata  ist  richtig;  das  wort  wird  Härävali 
V.  31  auch  im  Sanskrit  erwähnt  in  der  bedeutung  „gewand 
einer  neuvermählten"  (tiavodhdvastram).  Ueber  die  sitte,  welcher 
diese  bezeichnung  entstammt,  sehe  man  Weber,  Hala  v.  457. 
Ind.  Studien  16,  155.  Gubernatis,  Storia  comparata  degli 
usi  nuziali  in  Italia  e  presso  gli  altri  popoli  Indo  -  Europei. 
Milano  1869  p.  209.  Niebuhr,  Beschreibung  von  Arabien 
p.  35  ff,  u.  a. 

süraddhao  ^)\  \  divasah  |  süryo  dhvajo  yasyäsau  '^)  süra- 
ddhao  II  „stiraddhao  'tag'.  Weil  die  sonne  (sürya)  seine  fahne 
(dhvaja)  ist,  heisst  er  süraddhao".  —  Auch  H.  D.  8,  42. 

pallaviam  \  lax^raktam  ]  pallavitam»)  Iva  pallaviam^)  \\ 
„pallaviam  'mit  lack  rot  gefärbt',  weil  es  wie  junge  schöss- 
linge  aussieht".  —  Auch  H.  D.  6,  19.  P.  v.  268.  cfr.  B-R. 
s.  v.  pallavay. 

acchivadanam  \  nimilanam  |  axipaxmanäm  patanam  acchi- 
vadanam^^)\\  „acchivadanam  'das  schliessen  der  äugen';  weil 
die  augenwimpern  dabei  zufallen".  —  Auch  H.  D.  1,  39.  Hema- 
candra  bemerkt  dazu:  „Wenn  das  wort  auch  von  axipatana 
abgeleitet  ist,  so  wird  es  doch  hier  aufgeführt,  da  es  im 
Sanskrit  (in  dieser  bedeutung)  nicht  üblich  ist". 

nhanko  ii)  ]  vrshah  |  nihgankah  ^^)  nisanko  ^^)  \\  „ntsanko 
'stier',  (weil  er)  furchtlos  (ist)". 

elahilo  i*)  |  dhanavam^  ca  |  cakäräd  vrsha^  i^)  ca  ]  elabija- 
vat  16)  elahilo  \\  „elahilo  (bedeutet)  auch  'reich'.  Weil  'auch' 
gesagt  ist,  (bedeutet  es  wie  nisanko)  auch  'stier'.  Weil  er  wie 
Elabila  ist,  heisst  er  elabila".  —  Auch  H.  D.  1,  148  (elavilo).  — 


1)  A  °talam.  ^)  B  änadavatto.  ^)  A  °vadhvara.  *)  A  "äkta- 
vastram.  *)  B  °valo.  *)  B  süratbthao.  ')  A  yasya.  ')  B  eapal- 
lavam.         ®)   B  pallavitam.  >")   om.  B.  ")    A  nisainko     B  nisakko. 

»2)  B  niggakah.        *«)  A  ni°;   om.  B.        >*)  A  elavilo    B  elavilo.        ")  B 
vrxag.        ^^)  A  esbila°     B  elabilavat. 


6  H.  Pischel 

Elabila  ist  ein  beiname  Kuberas,  des  gottes  des  reichturas  nach 
seiner  mutter  Ilabila  d,  h.  „erdlochbewohnerin".  ejabila  ist  also 
für  einen  reichen  eine  ähnhche  bezeichnung  wie  bei  uns  „ein 
Krösus".  Wie  das  wort  zu  der  bedeutung  „stier"  kommt,  weiss 
ich  nicht  zu  sagen. 

suharao  i)  |  därikägrham  cataka^  ca  |  sukharatam ''')  astiti 
suharao  \\  „suharao  'bordell'  und  'sperling',  weil  der  beischlaf 
darin  angenehm  ist  (bordell)  und  weil  er  den  beischlaf  liebt 
(sperling)".  —  In  H.  D.  8,  56  lautet  das  wort,  durch  das 
metrum  geschützt,  suharao,  was  =  Sanskrit  suhharäga  ist. 

hatthamahattho^)  \  svasthah*)  |  hrshtag  cäsau  mahärthag 
ca  hatthamahattho^)  ||  „hatthamahattho  'gesund',  weil  er  ver- 
gnügt und  reich  ist".  —  Auch  H,  D.  8,  65.  —  Die  von  T. 
aufgestellte  etymologie  ist  wohl  richtig.  Ueber  tth  in  mahattho 
vergleiche  man  H.  P.  2,  33  Übersetzung. 

niinmisuo  ^)  |  yuva  j  nih^magrükah  nimm'/stoo  '^)  j  ader  ata 
it*)  11  „nimmtsuo  'Jüngling';  weil  er  bartlos  ist.  Für  das  erste 
a  ist  i  eingetreten".  —  In  H.  D,  4,  32  lautet  das  wort  nim- 
mamsü,  wozu  B's  lesart  nimmamsuo  stimmt  und  die  regeln 
H.  P,  1,  26.  2,  86.  Die  angäbe  in  beiden  handschriften  über 
den  eintritt  von  t  für  a  beweist  jedoch,  dass  T.  ein  anderes 
wort  vor  sich  hatte. 

jahanaroho  \  üruh  |  jaghanenäruhyata  iti  jahanaroho  ||  „ja- 
hanaroho  'schenke!' ,  weil  sich  das  hinterteil  auf  ihm  erhebt". 
— '  Auch  H.  D.  3,  44. 

palottaßho  ^)  \  aüjjhaharao  ^^)  \  rahasyabhedi  |  paryastajih- 
vah  palottaßho  ^^)  \  guhyaharah  aüjjhaharao  i^)  |  adav  adäga- 
mah  ^^)  II  „palottajiho  (und)  aüjjhaharao  'verräter  eines  geheim- 
nisses'.  palottajiho  kommt  von  paryastajihvah  'bewegliche 
zunge  habend',  aüjjhaharao  von  guhyahara  'ein  geheimniss 
weiter  bringend'.  Am  anfange  ist  a  zugetreten".  —  Die  beiden 
Wörter  auch  bei  H.  D.  6,  35  und  1,  43  (agujjhaharo).  —  H.  P. 
4,  166  hat  palottai  als  wurzelsubstitut  für  pratyagacchatij 
4,  200  für  prt/-//a.s«/a^«  und  4,  230  wird  es  von  -^lut  hergeleitet. 
palottam  erscheint  4,  258  noch  besonders  im  sinne  von  paryasta. 
Die  parallelstellen  aus  Trivikrama   sind   am  rande  meiner  aus- 


*)  B  subharao.        ')  A  sukhataram   B  sukhatamaram.  ')  B  hätha- 

mahätho.       *)  B  svastyarthah.       ^)  om.  B.       ^)  B  nimmamsuo.  ')  om.  B. 

•)  A  i.      *)  A  parnletta°  B  paloggajiho.      ")  B  ajhjhabharao.  ")  om.  B. 
")  B  abhujbjha°.         "')  B  ädau  vasägamah. 


Die  de9i9abdä8  bei  Trivikrama.  7 

gäbe  angegeben,  belege  in  der  Übersetzung.  Die  ■\/lut  fehlt 
ganz  bei  Whitney,  Roots  p.  149,  obwohl  sie  inschriftlich 
belegt  ist  und  jedenfalls  ebenso  grosses  recht  hat  als  Sanskrit- 
wurzel angesehen  zu  werden  wie  yiud.  In  den  neuindischen 
sprachen  ist  sie  weit  verbreitet.  2)alotta/i  ist  =  *pralutyati; 
anders  Paul  Goldschmidt,  Götting.  nachrichten  1874,  p.  521, 
Siegfried  Goldschmidt,  Präkrtica  p.  8.  —  aüjjhaharao  ist 
==  aguhyadharaka,  wie  H.  D.  1,  42  richtig  bemerkt  wird. 

nihimm  \  nidhuvanam  i)  |  suratam  i)  |  nibhrtam  nihuarn  ^)  \\ 
„nihuam  'beischlaf'  von  nibhrta  'geheim',  'verborgen'".  — 
H.  D.  4,  50  erhält  das  wort  die  bedeutungen  ,,ohne  beschäf- 
tigung",  „still",  „beischlaf".  In  den  beiden  ersten  bedeutungen 
ist  es  =  Skt.  nibhrta f  in  der  letzten  jedoch  =  Skt.  *nidhti' 
tarn  (n.)  „das  hin-  und  herbewegen",  wie  nidhuvanam;  dies 
beweist  H.  D.  4,  26,  wo  in  der  bedeutung  „beischlaf"  das  wort 
als  nihuam  •=  nidhütam  erscheint. 

abbuddhasiri  2)  |  manorath4dhikaphalapraptih  |  abuddha- 
5rih3)  I  pramuktädipäthad^)  dvitvam  jj  „abbuddhasiri  'grösseres 
glück  als  man  gewünscht',  von  abuddha^ri  mit  Verdopplung 
nach  Trivikrama  1,  4,  91  =  H.  P.  2,  97".  —  Die  Verdopp- 
lung ist  mir  dunkel. 

bahujdno^)  \  coro  dhürtag  ca  |  bahujöänah  bahujäno^)  j| 
„bahujäno  'dieb'  und  'schelm';  weil  er  viel  weiss".  —  In 
H.  D.  6,  92  wird  in  der  bedeutung  „bösewicht"  das  wort  bahu- 
muho  aufgeführt  =  Skt.  bahumukha. 

2)areo  \  pi^äcah  ')  |  paretavat  ^)  pareo  ^)  \  „pareo  'ein 
Pigäca;  weil  er  wie  ein  todter  aussieht".  —  Auch  H.  D.  6,  12. 
P.  V.  30  und  im  Skt.  bei  lexicographen. 

ujjallo  10)  I  balavan  |  ujjvalah  ")  |  daivadipathäd  dvitvam  || 
„ujjallo  'stark'  von  ujjvala.  Die  Verdopplung  nach  Triv.  1, 
4,  92  =  H.  P.  2,  99".  —  Auch  H.  P.  2,  174  (cfr.  Übersetzung). 
In  H.  D.  1,  97  wird  ein  substantivum  ujjallä  „gewaltthätigkeit" 
aufgeführt  und  1,  154  erscheint  unser  adjectivum  als  ojjallo 
gemäss  H.  P.  1,  116.  Die  wörter  setzen  einen  praesensstamm 
*ujjvalya-  voraus,  worüber  unten  bei  oallo. 

joi  1  vidyut  |  jyotih  j  dyoti  vä^^)  |1    Joi    'blitz';    von  jyotis 

1)  om.  B.         *)   B  ambumdha°.         »)  B  abudha°.  *)  B  amukta". 

6)   A  vahu°.           «)    A  vahu°;    om.  B.            ')    om.   B.  »)    B   paretah. 

»)   om.  B;    B  add.  viga *")    H  uvjalo.           ")  om.  B.           ")   B 

vidyut  jyotir  pä  (sie). 


8  R.  Pischel 

oder  *dyoti".  —  Auch  H.  D.  3,  49.  Man  vergleiche  band  6, 
101,  wo  statt  IV,  48  und  IV,  49  zu  lesen  ist  III,  48  und 
III,  49. 

bhingam  \  krshnam  |  bhrfigavat  bhingam  |  nilatvät^)  j  sam- 
skrtam  ity  eke  1|  „bhingam  'schwarz';  weil  es  wie  eine  biene 
ist,  wegen  der  schwärze.  Einige  sagen  es  sei  (auch  in  der 
bedeutung  'schwarz')  ein  Sanskritwort".  —    Auch  H.  D.  6,  104. 

—  „Schwarz"  dürfte  die  grundbedeutung  von  hhrnga  sein. 

niandhanam  |  paridhä,nam  |  nibadhyata  iti  niandhanam  j| 
„niandhanam  'gewand';  weil  es  festgebunden  wird".  —  Auch 
H.  D.  4,  38,  wo  in  derselben  bedeutung  auch  niamsanam  auf- 
geführt wird,  das  auch  P.  v.  69  und  mehrfach  im  Häla  er- 
scheint, niandhanam  ist  aus  nibandhanam  entstanden,  indem 
b  als  inlautend  behandelt,  also  zu  v  wurde,  was  dann  schwand. 

jahanüsuam  |  calanakam  |  jaghanäm^ukam  |  äto  binduna 
Baha  ütvam  I|  „jahanüsuarn  'Unterrock'.  Von  jaghanäinguka 
'hüftengewand',  indem  ä  +  anusvara  zu  ü  wurde".  —  Auch 
H.  D.  3,  45  {jahanüsavam).  —  Das  wort  ist  wohl  aus  jaghana 
und  utsuka  zusammengesetzt;  Hemacandra's  lesart  weist  auf 
jaghana  -f-  utsavu  hin. 

päurani  \  kavacah  |  prävaranakatvät  2)  pravarani  |  äder  ata 
ut  II  „pänrani  'panzer'  von  *prävarant ,  weil  'er  bedeckt.  Für 
das  erste  a  ist  u  eingetreten".  —  Auch  H.  D.  6,  43.  —  Sieh 
band  3,  p.  247  ff. 

oallo  I  apasärah  kampag  ca  |  apacalah  oallo  \  ^akäditvä-d 
dvitvam  ||  „oallo  'weggang'  und  'das  zittern'  von  *apacäla 
mit  Verdopplung  (des  l)  nach  Triv.  2,  4,  63  =  H.  P.  4,  230". 

—  In  H.  D.  1,  165  erhält  das  wort  die  vier  bedeutungen: 
umgeworfen  (paryasta),  das  zittern  (kampa),  kuhhürde  (goväta) 
und  hängend  (lambamäna),  bei  Trivikrama  3,  1,  132  die  bedeu- 
tung „zugedeckt"  (channa).  Ich  glaube,  dass  Trivikrama  ganz 
richtig  die  wurzel  des  wortes  gefunden  hat;  er  hätte  sich  nur 
nicht  auf  seine  regel  2,  4,  63  sondern  2,  4,  62  (in  Ms.  B  = 
2,  4,  58)  II  calasphuti  ll  =  Hemacandra  4,  231.  Vararuci  8,  53 
berufen  sollen.  Dort  wird  gelehrt,  dass  die  wurzeln  cal  und 
sphuf  ihren  auslaut  verdoppeln  können,  dass  man  also  cala'i 
und    callai,  2^hudai    und   phutta'i   sagen    könne.      Mit   andern 

*)  B  bhagam  krshnah  bhrmgavan  nilatvät  samakrta     A  bhr°|bhim- 
gam  I  krflhnam  |  nilatvät  |  om.  8a°  ity  eke.        *)  A  piävärakatvät. 


Die  de9i9abclä8  bei  Trivikrama.  9 

Worten  besagt  dies,  dass  die  wurzeln  cal  und  sphut  im  Prä,krit 
nach  der  L,  beziehungsweise  6.,  und  4.  conjugation  des  Sanskrit 
fiectieren.  Schon  Lassen,  Institutiones  p.  343  hat  hervor- 
gehoben, dass  im  Präkrit  wurzeln  nach  der  4.  classe  gehen, 
die  im  Sanskrit  selten  oder  nie  ihr  folgen.  Von  seinen  beiden 
beispielen  ist  jedoch  nur  ruccadl  =  Skt.  rocate  richtig;  jujjadi 
aber  ist  =  Skt.  yiijyate.  Dagegen  sind  anzuführen  die  von 
Vararuci  8,  52.  Hemacandra  4,  230.  Trivikrama  2,  4,  63  er- 
wähnten verba:  sakka'i  =  Skt.  gaknoti,  stehend  für  *9akyati, 
jimmai  —  Skt.  Jemati,  stehend  für  *jimyati  (cf.  H.  P.  4,  110), 
lagga'i  —  *lagyati,  pariattai  ==  *paryatyati;  palottai  =  *pra- 
lutyati.  Ferner  nach  H.  P.  4,  232  =  Varar.  8,  54.  Triv.  2, 
4,  61  die  composita  von  -y/mü,  wie  pamülm  neben  pamtlai, 
ummilla'i  neben  ummila'i.  Ausserdem  vajjadi  (in  der  Mähärä- 
shtri  vacca'i)  =  Skt.  *vrajyati  und  ApabhraipQa  vajja't  = 
*vadyati  (-y/vad),  das  auch  im  Pali  als  vajjati  erscheint.  Mit 
Childers  und  Kuhn  (Beiträge  zur  Pali-grammatik  p.  120) 
anzunehmen,  dass  die  form  ,  ebensowie  ahhiruyhati,  missver- 
ständlich aus  dem  gerundium  erwachsen  sei,  scheint  mir  schon 
wegen  des  Apabhram9a  unzulässig.  Ferner  weist  das  oben 
erwähnte  adj.  ujjallo  auf  *ujjvalyati  und  zu  erwähnen  sind 
ferner  thakka'i  (oben  3,  258  f.),  kukka'i  (oben  3,  256)  u.  a. 

Dass  eine  flexion  nach  der  4.  classe  vorliegt,  beweisen  fälle 
wie  H.  P.  4,  116  toda'i,  tuda'i,  tutta'i,  die  sämmtlich  auf  ■\ftrut 
zurückgehen  und  von  denen  die  zweite  form  =  Skt.  trutdti, 
die  dritte  =  tn'ityati  ist,  während  die  erste  ein  *  trötati  voraus- 
setzt, calla'i  aber  verhält  sich  zu  *  cälyati  wie  tutta'i  zu  triit- 
yati.  callai  liegt  ausserdem  vor  in  den  compositen  paallai 
H.  P.  4,  77,  wozu  payalla,  und  parialla'i  H.  P.  4,  162,  neben 
dem  ebendaselbst  auch  parialai  =  pariccdati  angeführt  wird. 
paallai  —  *pracalyati  hat  die  bedeutung  =  prasarati  und  oollo 
—  *apacalya  demgemäss  =  apasdra.  Das  wort  ist  in  der  von 
mir  oben  6,  86  besprochenen  weise  aus  dem  Prakritpraesens- 
stamme  gebildet,  *  apacalya  also,  wie  ich  nochmals  hervorheben 
will,  nur  eine  rückübersetzung.  Dass  *  apacalya  und  ähnliche 
formen  einst  wirklich  im  Skt.  vorhanden  gewesen  sind,  wird 
also  damit  durchaus  nicht  behauptet.  Die  bedeutung  ,,da3 
zittern"  erklärt  sich  aus  derselben  form;  in  der  bedeutung 
„kuhhürde"  setze  ich  als  grundform  an  *avacälya  „wohin  (die 
kühe)    zu   treiben    sind";    in    den    bedeutungen   „umgeworfen" 


10  R.  Pischel 

„hängend"  liegt  das  particip.  praet.  pass.  =  *avacalna  vor  und 
in  der  bedeutung  „zugedeckt"  *upacalna  (cfr.  oben  payallam). 
Genau  entsprechende  bildungen  sind  aus  dem  Ski  phuUa,  aus 
dem  Präkrit  Mwm//^a,  nimilla  (ymil)  —  *un-  "^  ni-milna.  Ganz 
anderer  ansieht  über  das  wort  oallo  und  seine  sippe  ist  Sieg- 
fried Goldschmidt,  Präkrtica  p.  10  ff.  Er  sucht  darin  die 
■^ü  mit  ä  und  meint  zu  ä-li  sei  das  p.  p.  p.  mit  Verkürzung 
gebildet  worden  allia  =  *alita;  dieses  allia  habe  die  spräche 
irrtümlich  als  all-ia  gefasst,  daraus  einen  verbalstamm  alla- 
abstrahiert  und  diesen  als  verbum  flectiert:  allai  u.  s.  w.  Das 
p.  p.  p.  dazu  sei  alla.  Das  ist  die  bekannte  geschichte  von 
der  dummen  spräche  und  dem  klugen  Junggrammatiker.  Abge- 
sehen von  allem  übrigen:  bei  Goldschmidt's  erklärung  bleibt 
das  doppelte  /  und  die  kürzung  des  i  völlig  dunkel.  Gegen 
G.'s  erklärung  hat  sich  mit  recht  schon  Weber  gewendet  zu 
Häla  v.  898  p.  483  f.  Weber  bemerkt  ganz  richtig,  dass  der 
mangel  des  samdhi  bei  oalla  und  paalla  bedenken  errege;  er 
selbst  will  „etwa"  die  Wörter  aus  ykarsh  herleiten  durch  die 
stufen:  karsh,  kaddh,  kall.  Für  pahalla'i  (nach  Goldschmidt 
1.  c.  p.  12  ist  das  h  „eingeschoben" !)  und  pariallaX  denkt 
Weber  an  ■]/val  und  bei  päsalla  an  affix  -IIa.  Dabei  werden 
aber  neue  Schwierigkeiten  geschaffen  und  die  alten  nicht  be- 
seitigt. Ein  lautwandel  karsh  :  kaddh  :  kall  ist  ganz  unerhört 
und  undenkbar  und  in  alliai  wird  das  i  nicht  erklärt.  Leu- 
mann  dachte  wegen  der  doppelconsonanz  an  ■\/vli  (Äupapatika 
Sütra,  glossar  s.  v.  parillenta).  Es  stimmt  diese  herleitung 
jedoch  nur  zu  wenigen  formen,  in  den  bedeutungen  fast  nirgends 
recht.  Das  wort  alliai  muss  meiner  meinung  nach  von  den 
übrigen  Wörtern  völlig  getrennt  werden.  Die  von  Hemacandra 
bereits  gegebene,  von  Weber  und  Goldschmidt  übernommene, 
herleitung  von  yii  mit  ä  scheitert,  wie  bemerkt,  an  zwei  unüber- 
windlichen lautlichen  Schwierigkeiten.  Das  //  weist,  wie  Leu- 
mann richtig  gesehen  hat,  auf  ursprünglichen  doppelanlaut  hin. 
Mir  scheint,  dass  nur  die  yi.  Qri,  ursprünglich  auch  p't  (in  com- 
positen  erhalten)  allen  anfordorungen  genügt.  Das  q,  sowie  die 
verwandten  sprachen  /.Xt  v-co  lat.  cli-vu-s  u.  s.  w.  (Fick  P,  62)  be- 
weisen, dass  das  Skt.  r  nur  dialektisch  ist.  In  pra^lita  hat  sich 
auch  im  Skt.  unter  dem  schütze  des  r  das  alte  l  in  einem  t.  t. 
erhalten,  ebenso  in  (^lish.  Altes  gl  wird  aber  im  Präkrit  teils 
mit  schwä  zu  sal,  sil,  wie  Skt.  gldghd  =  Präkrit  salähä,  Skt. 


Die  de^i^abdas  bei  Trivikrama.  11 

(^lokü  =•  Pr.  siloo ,  teils  zu  s  wie  sanho  =  (ßaxna,  teils  aber 
auch  zu  l,  wie  Skt.  Qlaxna  ==  Pr.  lariho,  Skt.  gläghati  == 
Pr.  lähai.  Altes  ^^/,  fZ^  nach  classe  6  würde  also  im  Präkrit 
ergeben  *siliai,  *salia'i  oder  lia'i  und  die  letztere  form  mit  ä 
muss  regelrecht  lauten  alliat  =  *äcliydti.  Zu  dieser  lautlich 
unanfechtbaren  herleitung  stimmt  die  bedeutung  durchaus.  Nach 
H.  P.  4,  54  (wo  allim  zu  lesen  ist  nach  H.  D.  1,  58)  bedeutet 
alliai  „sich  anschmiegen",  nach  4,  139  „sich  nähern" ;  in  beiden 
bedeutungen  ist  es  im  Häla  und  Setubandha  belegt  und  wird 
öfter  von  den  commentatoren  mit  mjri  übersetzt.  So  auch  in 
compositis  wie  samallim,  wie  auch  Häla  v.  532  zu  lesen  sein 
wird  wo  TW  samä^rmjati  übersetzen.  alUai  ist  also  von  oalla- 
paalla-  gänzlich  verschieden.  Ebenso  pahalla'i.  Nach  H.  P. 
4,  117.  H.  D.  6,  29  bedeutet  dieses  „hin  und  her  schwanken". 
Es  ist  >=  *  praghalyate.  Die  ^ghal  „werfen"  ist  im  Apa- 
bhramQa  belegt  und  in  den  neuindischen  sprachen  ungemein 
häufig  (H.  P.  wortverzeichniss  s.  v.  ghalla'i  und  Übersetzung  zu 
4,  334),  Verwandt  ist  *-^ghul  von  der  im  Präkrit  ghola'i,  gho- 
Ura,  paholira  u.  s.  w.  häufig  vorkommen,  päsallam  endlich 
erhält  H.  D.  6,  76  die  bedeutungen  „thür"  und  „schräg".  Es 
ist  Skt.  pärgva  mit  dem  Präkritaffix  -IIa,  wie  Weber  bereits 
gesehen  hat.  Beweisend  sind  Maräthi  qm^  „zurückgelehnt", 
„angelehnt";  Sindhi  mmp  „seitwärts". 

cavedi^)  |  karasarpputäghätah  2)  |  capeti')  jj  „cacedi  'schlag 
mit  geballter  faust'  von  capetl  'schlag  mit  flacher  band'".  — 
Das  wort  ist  nur  der  geringen  bedeutungsdifferenz  wegen  unter 
die  de^igabdäs  gestellt  worden,  vielleicht  auch  nur  weil  im 
Skt.  das  femininum  capeti  selten  ist.  Es  ist  vielleicht  erst  aus 
dem  Präkrit  eingedrungen.  In  H.  D.  3,  3  erhält  es  die  bedeu- 
tung „geballte  faust";  andere  gahen  ihm  nach  H.  nur  die 
bedeutung  von  samputa. 

ra'ilakkham  !  jaghanam  [  ratilaxma*)  |j  „ra'ilakkharn  'hinter- 
teil'  von  ratUaxma  'die  merkmale  des  liebesgenusses  habend' ". 
—  In  H.  D.  7,  13  erhält  das  wort  die  bedeutungen  „beischlaf" 
und  „hinterteil".  In  der  ersten  bedeutung  ist  es  =  ratilaxa, 
was  in  der  Härävali  v.  50  auch  als  Sanskritwort  angeführt 
wird  (B-R.  s.  v.). 

1)  B  pesarn.        *j  B  °taghätah.        ^)  om.  B.        *)  A  °laxyam. 


12  R.  Pischel 

vävado  I  kutumbii)  |  vyäprtah  I|  „vdvado  'hausherr',  'fami- 
lienvater'  von  vyäprta  'beschäftigt'".  —  Auch  H.  D.  7,  54. 

purilladevä  \  daityah  |  purabhäväh  purillä  j|  „purilladevä 
'dämonen';  weil  sie  ehemals  dawaren".  —  Auch  H.  D.  6,  55. 
In  H.  D.  6,  53  wird  purillo  im  sinne  von  „der  vorzüglichste" 
(pravara)  angeführt  und  gehört  in  dieser  bedeutung  zu  puras. 
Die  bildung  von  purillo  nach  H.  P.  2,  159. 

gosanno  \  mürkhah  2)  |  gosamjnah^)  [  pa^uprayatvät  *)  || 
„gosanno  'dummkopf  von  gosainjfia  'den  namen  ochse  habend', 
weil  er  dem  vieh  ähnlich  ist".  —  Auch  H.  D.  2,  97.  Die 
etymologie  Trivikrama's  ist  ganz  richtig,  go  wurde  als  Schimpf- 
wort gebraucht,  wie  z.  b.  Mahäbhärata  2,  77,  19.  3,  27,  27. 
5,  73,  19  (femin.)  beweist. 

imrahatto  |  bhirur  nishiddhag  ^)  ca  |  parah  ^atruh  ^)  \  tad- 
bhaktah  '^)  parahatto  ^)  |j  „parahatto  'furchtsam'  und  'ver- 
boten', von  para  'feind'  und  hhakta  'abhängig'  =  'von  dem 
feinde  abhängig"*.  —  In  H.  D.  6,  72  |lautet  das  wort  parih- 
hhanto.  So  lesen  an  der  zweiten  stelle  zeile  10  sämmtliche 
handschriften;  an  der  ersten  stelle  zeile  8  schwanken  sie  da- 
gegen beträchtlich.  A  liest  paravutto,  BF  paribhhatto,  G  parab- 
bhamto.  Aus  Trivikrama's  etymologie  .ergibt  sich,  dass  er 
parahatto  oder  parabhatto  vor  sich  hatte,  was  bei  H.  nicht  ins 
metrum  passt.  paribbhanto  ist  =  paribhrdnta,  was  wenigstens 
in  der  bedeutung  „furchtsam"  gut  stimmt,  parahatto  ist,  wie 
Triv.  annimmt,  =  parahhakta  „von  einem  andern  abhängig". 

caccikko  ^)  |  sthasakah  |  carcikä  ^o)  |  kadvitvaip  ^^)  puipstvam 
ca  II  „caccikko  'das  einsalben  des  körpers  mit  wohlriechenden 
Stoffen'  von  carcikä^  indem  k  verdoppelt  worden  und  das  wort 
masculinum  geworden  ist".  —  In  H.  D.  3,  4  erhält  das  wort 
die  allgemeinere  bedeutung  „geschmückt"  und  wird  adjectivisch 
verwendet.  H.  P.  2,  174  dagegen  wird  caccikkam  (neutr.)  in 
der  von  Triv.  angegebenen  bedeutung  aufgeführt,  die  H.  D.  3,  19 
caccd  erhält  =  carcä.  In  H.  Abhidhänac.  636  wird  carcikyam 
(v.  1.  carcikyam,  wie  Amara  hat)  als  Sanskritwort  angeführt. 
Diese   form   setzt    das   Präkritwort    voraus    und    zeigt   jeden- 

•»)  A  kutumbam.  «)  A  mukhah.  »)  A  ojnäkah.  *)  B  »pradhä- 
natvät.  ^)  B  nishpidaQ.  *)  A  para  jatrah  B  parag  gakrah.  ')  B 
tathhaktaQ  ra  *)  A  parabhatto.  •)  A  cacciko  B  cachchikko.  i")  A 
ca  —  (lücke).        ")  B  kor  dvitvam. 


Die  de9i9abdä8  bei  Trivikrama.  13 

falls,    dass  ich   band  3,  243  unter  gonikko  auf  der   richtigen 
fährte  war. 

kälam  \  tamisram  |  nilatvät  i|  „kälmn  'das  dunkel',  weil 
es  schwarz  ist".  —  Auch  H.  D.  2,  26.  Wie  im  Päli,  so  wird 
auch  im  Skt.  und  Prakrit  von  guten  drävidischen  Mss.  das 
wort  käla  ,, schwarz"  stets  mit  /  geschrieben. 

hhattio  1)  I  harih  ^)  |  vishnuh  |  jagatposhakatväd  bhartrkah  | 
rta  it  1  bhattio^)  \\  „hhattio  'Vishnu';  von  bhartrka  'erhalter', 
weil  er  die  weit  erhält,  r  ist  zu  i  geworden".  —  Auch  H.  D. 
6,  100.    H.  P.  2,  174. 

indaggidliümam  \  tuhinam  |  indrägnidhümah  |l  „indaggidhü- 
mam  'thau',  'schnee'  von  indrägnidhüma  'rauch  des  feuers 
des  Indra'".  —  Auch  H.  D.  1,  80,  wo  auch  in  gleicher  bedeu- 
tung  indaggi  aufgeführt  wird,  indrägnidhüma  wird  auch  von 
Sanskritlexicographen  angeführt  und  ist,  wie  viele  Wörter  dieser 
art,  ohne  zweifei  aus  dem  Prakrit  entlehnt,  indaggi  ist  = 
„feuer  des  Indra". 

pattharam  *)  |  pädatädanam  ^)  \  prastaravat  pattharam  | 
dulisahatvä,t  j|  „pattharam  'fusstritt',  weil  er  wie  ein  stein  ist, 
indem  man  ihn  schwer  erträgt".  —  H.  D.  6,  8  lautet  das  wort 
patthard  (femin.)  und  in  gleicher  bedeutung  werden  paddalä 
und  paddud  angeführt.  Das  wort  ist  wohl  aus  päd  +  stara 
(•y/star)  zusammengesetzt. 

oväao  6)  I  astakälali ')  |  apatapah  ^)  \  kio  väkärah  ^)  |j  ovdao 
'zeit  des  Sonnenuntergangs'  von  *apätapa  [i.  e.  apa  -f-  ätapa]. 
Für  ä  ist  vä  eingetreten".  —  In  H.  D.  1,  162  lautet  das  wort 
oäavo.  Dies  könnte  apa  -\-  ätapa  sein,  wie  Trivikrama  für  sein 
oväao  fälschlich  annimmt.  Aber  der  mangel  des  samdhi  erregt 
bedenken  und  so  wird  es  richtiger  sein,  das  wort  =  apaga  + 
ätapa  also  =  *apagäfapa  zu  setzen.  Man  vergleiche  ätapä- 
tyaya  „abendliche  kühle",  nirdtapä  „nacht".  Triv.'s  oväao  kann 
damit  nicht  zusammengebracht  werden.  Es  ist  entweder  = 
ava-(apa)  pdtaka  „das  herabfallen  (der  sonne)"  oder  apa-vätaka 
„die  zeit  der  windstille"  d.  h.  die  zeit  wo  sich  der  wind  legt, 
was  ja  am  abend  geschieht.  Man  vergleiche  schon  RV.  2, 
38,  2. 

piticchä^^)  I  mäud^^)  |   sakhi  |   pitrshvaseva   mätrkevai^) 

')  B  bhatio.  ^)  om.  B.  ^)  om.  B.  *)  B  padhdhäram.  «)  B 
pada°  ^)  B  oväalo.  ')  B  astäkälah.  ")  B  avapätah.  »)  B  ato 
pakärah.         '")  B  vimuchchä.         ")  B  niäumä.        '*)  B  mätrshvasrkeva. 


14  R.  Pischel 

hitakaritvät  \  piucchä^)  \  mduä^)  \\  „piucchd,  mäud  'freundin', 
weil  sie  wie  eine  tante  und  mutter  liebes  erweist".  —  Auch 
H.  D.  6,  49.  147.  Für  fqrys^  habe  ich  fqri-c-^r  ediert.  Da  das 
wort  dreimal  vorkommt,  so  dürfte  ich  trotz  der  leichten  Ver- 
wechslung von  s  und  j  nicht  falsch  gelesen  haben,  sondern 
wirklich  fqj^^T  in  den  handschriften  stehen.  Dass  Triv.  f^^^r 
gelesen,  zeigt  seine  etymologie  und  dass  dies  die  allein  richtige 
lesart  ist,  beweist  der  commentar  zu  Häla  v.  538:  piuccha- 
gabdena  pitrshvasä  Qva^rüh  sakhi  vocyata  iti  gathäko^akärah. 
Danach  verbessere  man  H.  D.  6,  49.  —  Dem  worte  mäuä  giebt 
H.  auch  die  bedeutung  „Durga". 

porattho^)  \  matsari  |  paurastyavat  ^)  porattho^)  |j  „porattho 
'neidisch',  weil  er  wie  Paurastya  ist".  —  Was  Triv.  mit  pau- 
rastya  gemeint  hat,  ist  nicht  sicher  zu  ermitteln.  Ich  vermute, 
dass  es  =  paulastya  zu  fassen  ist  und  entweder  als  eigenname 
=  Rävana  ist  (Wollheim,  Mythologie  p.  114),  oder  dass  es 
allgemein  =  „ein  räxasa"  ist  (B-R.  s.  v.).  Nach  H.  D.  6,  62, 
wo  mit  Triv.  gegen  die  Mss.  porattho  statt  poraccho  zu  lesen 
ist  (cfr.  A  zu  zeile  16),  bedeutet  es  ,,ein  schlechter  mensch" 
(durjanah).  Triv.'s  etymologie  ist  vielleicht  richtig,  wenn  man 
'paurastya  im  sinne  von  raxasa  nehmen  darf. 

doso  I  kopah  ]  ätmano  doshatvät  jj  „doso  'zom',  weil  er 
ein  charakterfehler  ist".  —  Auch  H.  D.  5,  56,  wo  das  wort 
auch  noch  die  bedeutung  „hälfte"  erhält.  Dazu  gehört  auch 
H.  D.  5,  51  dosdkaranam  „zom".  doso  „hälfte"  ist  ganz  abzu- 
trennen. Nach  H.  P.  1,  94  wird  im  Präkrit  dvi  (2)  zu  du, 
zuweilen  do;  so  wird  Skt.  dvividhah  zu  duviho,  dvivacanam  zu 
dovaanam.  Dieses  do  ist  der  alte  dual  dvau,  der  nicht  nur  in 
der  flexion  des  Zahlwortes  durchgeführt  worden  ist,  wie  instr. 
dohi,  abl.  dohinto,  gen.  donham,  sondern  auch  als  thema  in 
Zusammensetzungen  erscheint,  wie  dohäiam  =  dvidhäkrtam, 
domuho  —  dvimukhali  u.  a.  Sonach  steckt  auch  in  doso 
„hälfte"  das  zahlwort  dvi.  Was  -so  ist,  kann  ich  mit  Sicher- 
heit nicht  sagen,  doso  „zorn"  ist  dasselbe  wort  wie  doso  „hass", 
das  im  Päli  wie  in  der  Jaina-Mahärashtri  mehrfach  belegt  ist. 
Weber,  Childers,  Jacobi,  Leumann,  E.  Müller,  Klatt, 
(^ishabhapaiicä^ikä,  p.  475)  leiten  es    von  Skt.  dcesha    ab   und 

*)    B  Tiuohchä.       *)    B  mäuchchaä.       ')  A  porartho    B   poradhdbo. 
*)  A  paustyavat.         *)  A  plioraththo     B  paurauidho. 


Die  de9i9abdä8  bei  Trivikrama.  15 

zwar  E.  Müller  (Jainaprakrt  p.  23)  lautgesetzlich,  mit  annähme 
eines  Übergangs  von  ve  in  o,  Jacob i  (Ausgewählte  erzählungen 
p.  XXV  anm.  1)  junggrammatisch,  indem  er  meint,  dass  das 
„begrifflich  naheliegende  dosa  (Skt.  dosha)  'fehler' '  eingewirkt 
hat  resp.  damit  zusammengefallen  ist".  Dass  dvesha  nicht  laut- 
gesetzlich zu  doso  werden  kann,  liegt  auf  der  band  und  ist 
hier  um  so  unwahrscheinlicher,  als  die  regelmässige  Präkrit- 
form  heso  faktisch  vorhanden  ist  (Bhagavati  p.  186),  wie  auch 
dveshya  nur  heso  wird  (H.  P.  2,  92.  Häla  s.  v.  vesa;  cfr.  H.  D. 
7,  79  hesattanam)  und  vidvesha  im  Päli  viddeso  lautet.  Ein 
Übergang  von  ve  in  o  ist  undenkbar.  Das  vorkommen  von  beso 
und  viddeso  widerlegt  auch  Jacobi^s  annähme,  die  ja  im  wesent- 
lichen schon  Trivikrama  hat.  Mir  ist  kein  analoger  fall  be- 
kannt, in  dem  ein  begrifflich  naheliegendes  wort  in  solcher 
weise  auf  die  lautliche  gestalt  eines  andern  eingewirkt  hätte. 
Es  läge  dann  ebenso  nahe  an  beeinflussung  durch  rosha  zu 
denken.  Ich  glaube,  dass  doso  „zorn",  „hass"  in  der  that 
nichts  anderes  ist  als  Skt.  dosha.  Es  ist  bekannt,  dass  den 
Indern  die  sünde  und  die  leidenschaften  als  eine  Verdunkelung, 
ein  dunkel  der  seele  gelten  und  so  finden  wir  mehrfach,  dass 
Wörter  mit  der  grundbedeutung  „dunkelheit",  „finsterniss"  zu- 
gleich „Sünde",  „gebrechen"  bedeuten,  aber  auch  bestimmte 
einzelne  affecte  bezeichnen.  So  bedeutet  rajas  „dunkelheit" 
und  „leidenschaft"  und  Manu  12,  26  sagt,  dass  liebe  und  hass 
„dunkel"  genannt  würden :  ragadveshau  rajah  smrtam.  tamas 
„dunkel"  bedeutet  auch  „irrtum",  ,, Verblendung" ,  nach  den 
lexicographen  ,, sünde"  und  speciell  „kummer"  (goka)  und  diese 
letztere  bedeutung  erhält  es  auch  im  Prakrit  H.  D.  5,  1. 
tamisra  „dunkel"  bedeutet  nach  den  lexicographen  auch  „zorn" 
und  in  dieser  bedeutung  ist  tdmisra  oft  belegt.  Amaru  v.  49 
spricht  vom  „dunkel  des  groUs"  (mänandhakära)  und  ähnliches 
begegnet  überall.  Wir  sind  daher  berechtigt,  dasselbe  für  dosha 
anzunehmen.  Im  Petersburger  wörterbuche  werden  zwei  ver- 
schiedene dosha  angesetzt;  dosha  ,, abend",  „dunkel"  und  dosha 
„sünde",  ,, fehler".  Davon  ist  dosha  „dunkel"  nicht  gebräuch- 
lich, sondern  nur  das  femininum  dosha,  das  fast  nur  vedisch 
ist.  Die  klassische  spräche  gebraucht  jorrtc^osAa;  das  wieder  nur 
in  der  bedeutung  „dunkel",  „abend"  häufig  ist,  selten  in  der 
bedeutung  „sünde",  „Schlechtigkeit",  während  dosha  in  dieser 
letzteren   bedeutung   der   alten   spräche   ganz  fremd  ist.     Der 


16  R.  Pischel 

RV.  kennt  nur  doshd  „dunkel".  Dass  die  wörter  ganz  identisch 
sind,  haben  schon  Grassmann  (Wörterbuch  s.  v.  doshä)  und 
Bechtel  (Sinnliche  Wahrnehmungen  p.  165  anm.  1,  III)  er- 
kannt, indem  sie  doshä  „abend"  auf  ydush  „schädigen"  zurück- 
führten. Entscheidend  ist  das  de^iwort  dosäkaranmn  „zorn", 
in  welchem  das  alte  doshä  noch  vorliegt,  das  in  der  bedeutung 
,, nacht"  von  mir  oben  6,  101  im  Prakrit  auch  noch  in  dosä- 
raano  „mond"  nachgewiesen  worden  ist.  P^bendort  habe  ich 
auch  doso  „dunkel"  im  Prakrit  nachgewiesen.  Es  fehlt  also 
kein  einziges  glied  der  kette  und  das  wort  ist  ein  interessanter 
beleg  dafür,  dass  alte  wörter,  die  im  klassischen  Sanskrit  ver- 
schwunden oder  ungebräuchlich  sind,  im  Prakrit  weiter  fort- 
leben. Im  Päli  findet  sich  auch  noch  doso  als  adverbium 
„abends"  =  Skt.  doshas.  Für  die  -^dush  wird  also  ursprüng- 
lich eine  sinnliche  bedeutung  anzunehmen  sein,  etwa  „sich 
verdunkeln".  Für  dosha  aber  ist  die  bedeutungsentwicklung : 
1)  dunkel,  abend.  2)  sünde,  fehler.  3)  hass,  zorn.  Ebenso 
ist  es  bei  doshä.  Vermutlich  ist  bedeutung  3  ursprünglich  ein 
t.  t.  der  Buddhisten  und  Jainas. 

caccä  I  talähatih  |  carca  i)  |j  „caccä  'schlag  mit  der  flachen 
band'  von  carca".  —  In  H.  D.  3,  19  erhält  caccä  die  bedeu- 
tungen  „das  parfümieren  des  körpers"  und  „schlag  mit  aus- 
gestreckter band",  in  P.  v.  1 17  nur  die  erstere.  In  der  bedeu- 
tung „parfümieren"  „salben"  ist  es  =  Skt.  carca,  in  der 
bedeutung  „schlag*'  eher  *  cartyä  von  ycart.  Sollte  sich  die 
lesart  paricarcita  =  parivartita  Caurisuratapancä^ikä  v.  28  ed. 
Solf  bewähren,  so  wäre  von  einer  -y/carc  =  -yjcart  auch  caccä 
„schlag"  denkbar.  —  cfr.  oben  p.  12  caccikko. 

pamhalo  \  kesarah  |  paxmalavat  pamhalo^)  Jl  „^amhalo 
'Staubfaden',  weil  er  wie  eine  feder  (wimper?)  aussieht".  — 
Auch  H.  D.  6,  13,  wo  in  gleicher  bedeutung  pasareho  ange- 
führt wird.  P.  V.  246  erscheint  jpamhalayain  in  der  bedeutung 
„haarig",  die  es  auch  im  Skt.  hat. 

Tihandhayatthi^)  \  khandhamamso^)  \  bhujah  ||  skandhasya^) 
yashtih  khandhayatfht^)  |  skandham  mr^atiti')  khandhamamso ^)  \\ 


*)  om.  B.         ■')   otn.  B.  ")   A  khamdayyatti ,   darunter:   khandala- 

ththi  B  khaindalaththi.  *)  A  khaindhamdo  (sie)  B  khadamaso.  *)  AB 
Bkandasya.  *)  A  khamdayatti  B  khamdadeththi.  ')  A  ma  skanda 
mr^-ati.        "*)  A  dbaniso  superscr.  klmni     B  °jiiaso. 


Die  de^i^abdas  bei  Trivikrama.  17 

„khandhayatthi  (und)  khandhamamso  'der  arm',  weil  er  (gleich- 
sam) der  stock  der  schultern  ist  (°yatthi)  und  weil  er  die 
schultern  berührt  (°mamso)".  —  Auch  H.  D.  2,  71.  In  mamso 
könnte,  wie  Trivikrama  annimmt,  nach  H.  P.  1,  26.  2,  105  ein 
Skt  *mar§a  stecken.  Bedenklich  ist  aber,  dass  im  Präkrit,  wie 
im  klassischen  Sanskrit,  weder  das  simplex  -y/mar^  noch  ableit- 
ungen  gebräuchlich  sind.  Die  composita  bilden  dmariso,  parä- 
mariso  (H.  P.  Übersetzung  p.  75,  wo  paramar^a  statt  parä- 
marsha  zu  lesen  ist),  und  ^mmhusa'i  H.  P.  4,  184  =  H.  D.  6,  73 
weist  auf  den  anlaut  sm  hin,  der  sich  höchst  wahrscheinlich 
auch  in  einem  compositum  wie  *  skandhamarga  erhalten  haben 
würde.     Auch  mämsa  ist  schwerlich  darin  zu  suchen. 

aggiüo^)  \  tambakhm  \  indragopah^)  |j  agnivat  kayo  'syeti 
acjgiäo  \  tamrakrmih  ^)  tambakimi  \\  „aggido  \  tambakimi  'cocci- 
nelle'.  Weil  ihr  leib  (rot)  ist,  wie  das  feuer,  heisst  sie  aggido 
('feuerleib  habend');  tambakimi  ist  =  tamrakrmih  'Jerrote 
käfer'".  —  In  H.  D.  1,  53  lautet  das  erste  wort  aggio  ==  agni- 
kah,  das  auch  im  Skt.  die  bedeutung  ,,coccinelle"  bei  lexico- 
graphcn  erhält.  Trivikrama's  herleitung  von  aggido  ist  lautlich 
unanfechtbar,  tämrakrmi  wird  auch  im  Skt.  aufgeführt,  tamba- 
kimi auch  H.  D.  5,  6. 

vihädano^)  \  anarthah  ^)  |  vighatanah  0)  ||  „vihädano  'un- 
nütz' von  vighätana".  —  Auch  H.  D.  7,  71.     Zu  Vghat. 

joio  I  jyotiringanah  '^)  \  khadyotah  |  jyotishkah  ^)  joio  ^)  j| 
„joio  'elater  noctilucus'  von  jyotishka".  —  Auch  H.  D.  3,  50. 
Es  ist  =  *jyotidah. 

sinjiro  \  dhvanih  |  sihjä  ^iiijanam  eväsyeti  sinjiro  ^^^  ||  „s/ii- 
jiro  'ton',  weil  er  klingt".  —  Dies  scheint  mir  die  wahrschein- 
lichste herstellung  des  verderbten  textes.  Trivikrama  leitet  mit 
recht  sinjiro  ab  von  sinj'ä  nach  H.  P.  2,  159  und  erklärt  sinjä 
(=  Skt.  Qinjä)  mit  ginjanam,  was  bisher  im  Skt.  nicht  nach- 
gewiesen ist. 

joisam  \  joanä'^'^)  j  jodo'^^)  \  khajjoo  \  tärakä  ||  jyotisham 
joisain   I   dyotanä  joanä^^)   \   dyotah   jodo  1*)  |  tasya   dali^^)    j 

')  B  ahiäo.  ^)  AB  indrakopah.  ')  A  °krimi  B  "kriraih.  *)  A 
vibhädhano  B  vihäsano.  ^)  B  ana  —  —  ®)  A  vighätanah  B  vighä- 
tanam.  ')    B   jyotirimkhanam.  ®)    A   jyotixnah     B   jyotishkam. 

")  om.  B.  ")   A  tisimjiro  |  dhvani  |  simjä  |  Qinjänam  eva  simjiro  |I    B 

siro  dhvanih  jo  sijiro  (sie,  alles !).  ")  B  joano.  ^'^)  B  joso.  ^*j  A 
joanä  dyotanä.        '*)  B  so  (sie).        *^)  B  sah. 

BeitrUgf  x.  kuiida  d.  indjf.  spraclien.    Xlll.  2 


18  E.  Pischel 

khe*)  dyotata  iti  khajjoo^)  \\  ,Joisam  I  joand  |  jodo  \  khajjoo  | 
'stern'.  joisam  ist  Skt.  jyotisham,  joanä  ist  Skt.  dyotanä, 
jodo  ==  Skt.  dyotah  mit  Übergang  von  ta  in  da;  weil  er  am 
himmel  leuchtet  heisst  er  khajjoo".  —  H.  D.  3,  49  werden 
jodam  und  joisam  in  der  bedeutung  naxatra  „gestirn",  3,  50 
joanam  in  der  bedeutung  „äuge",  2,  69  khajjoo  „gestirn"  auf- 
geführt. Schwierigkeiten  macht  nur  jodo,  jodam,  das  mit  Trivi- 
krama  von  dyotah  abzuleiten,  nicht  angeht,  da  die  cerebra- 
lisierung  des  t  sonst  in  dieser  wurzel  nicht  vorkommt.  Ins 
Skt.  zurückübersetzt  ist  jodo  —  *yota  und  yotaka  wird  in  der 
bedeutung  „constellation",  -^yaut  in  der  bedeutung  „verbinden" 
aufgeführt.  Diese  worte  sind  ebenso  wie  die  wurzeln  jud  und 
jut  ohne  zweifei  nur  rückübersetzungen  der  in  allen  neuindi- 
schen sprachen  gebräuchlichen  -^jod  „verbinden"  und  ihrer 
zahlreichen  ableitungen:  M.  sftj^  Cr-  frVjöf  S.  sTtjur  (to  add  up) 
H.  5it|  (Hoernle,  Hindi  Roots  p.  47)"  U.  nW  Bihäri  sr^x 
MaithilT  siV?  B.  ?frj  ^r  u.  s.  w.  Im  Präkrit  jodiüna  Jacobi, 
Erzählungen  62,  14.  Zieht  man  Sindhi  stV^ttt  to  yoke  cattle, 
M.  ^zm  to  unite,  H.  ^%  be  joined  (Hoernle  1.  c.  p.  47),  ■^z 
a  fellow,  a  match  u.  s.  w.  in  betracht,  so  wird  man  wohl 
VstVj  als  secundärwurzel  zu  -/sTts-  ansehen  müssen.  Diese  mit 
Hoernle  auf  Skt.  yukta  zurückzuführen,  ist  mir  sehr  bedenk- 
lich, da  ich  die  theorie  S.  Goldschmidt's  von  der  herkunft 
„secundärer  verba  aus  part.  perf.  pass."  (Prakrtica  p.  8  ff.)  für 
durchaus  verfehlt  halte,  weil  auch  nicht  ein  einziges  seiner 
beispiele  auch  nur  annähernd  richtig  ist.  Ein  teil  davon  ist 
oben  p.  8  ff.  erklärt  worden.  Man  wird  wohl  in  ^V?^  ein  deno- 
minativum  von  yoktra  sehen  müssen  und  die  cerebralisierung 
wird  ohne  etymologischen  wert  sein,  wie  in  den  von  mir  ZDMG. 
35,  722  hervorgehobenen  fällen.  Es  lässt  sich  somit  vielleicht 
iür  jodo,  jodam  die  bedeutungsreihe  annehmen:  1)  Verbindung 
2)  paar  3)  constellation  (cfr.  yotaka)  4)  gestirn  (doppelstern  ?). 
Diese  herleitung  ist  aber  ganz  zweifelhaft,  da  Skt.  yoktra  im 
Präkrit  nur  jotta  wird:  Hala  v.  694,  wie  yukta  stets  nur  Jutta, 
daravallaho^)  \  kdaro^)  \  käntah  |!  daro  bhayam  |  taträpi 
vallabhah  daravallaho'^)  \  katarah")  j  viyogabhirutvat  |j    „dara- 

^)  AB  kha.         ^)   B  iti  khadyotatam  khajjoo.         ')  A  Oyallabho    B 
°vallaho.         ■*)  B  käaro  kätarah  käintah.        '^)  B  akäaro  viagabhiratvät. 


Die  de^i^abdäs  bei  Trivikrama.  19 

vallaho  \  käaro  \  'geliebter',  daro  bedeutet  'furcbt'.  Weil  er 
einem  auch  dabei  (i.  e.  wenn  man  furcht  vor  ihm  hat)  lieb  ist, 
heisst  er  daravaUoho;  käaro  ist  =  Skt.  katara  (furchtsam) 
weil  man  sich  vor  der  trennung  von  ihm  fürchtet".  —  dara- 
vallaho  auch  H.  D.  5,  37.  Für  käaro  hat  H.  D.  2,  58  käalo, 
doch  wird  erwähnt,  dass  andre  kaaro  lesen.  H.  gibt  ihm  auch 
die  bedeutung  „krähe"  (=  Skt.  käkala).  H.  P.  1,  254  wird 
für  kätara  die  form  kähalo  gefordert,  ein  wort,  das  H.  D.  2,  58 
noch  in  den  bedeutungen  „weich"  und  „schurke"  aufgeführt 
wird,  käaro  dürfte  =  kätara  „schüchtern"  sein  und  ähnlich 
wird  daravallaho  aufgefasst  werden  müssen. 

pandarango  \  mahe^varah  |  dhavalängakatvät i)  ]]  „panda- 
rango  '^iva',  weil  er  einen  weissen  körper  hat".  —  Auch  H,  D. 
6,  23  (=  Rudra).     Qiva's  körper  ist  mit  asche  bedeckt. 

hhoio  1  grämegah  ]  bhogam  2)  caratiti  ^)  bhogikah  *)  \\  „bimo 
'dorfherr',  'schulze';  weil  er  die  herrschaft  ausübt".  —  Auch 
H.  D.  6,  108.  Wohl  so  benannt,  weil  er  die  steuern  einnahm. 
Cfr.  auch  Skt.  bhogin,  bhogapati. 

saggaho  ^)  \  muktah  |  sushthu  ß)  agrahah  ')  svagrahah  || 
„saggaho  'befreit',  'frei',  weil  er  schwer  zu  fangen  ist".  — 
Das  ist  wohl  der  sinn  den  Trivikrama  mit  seiner  erklärung 
beabsichtigt.  In  H.  D.  8,  4  wird  es  im  commentar  erwähnt, 
P.  229  hat  es  im  sinne  von  „verfinstert";  wo  es  also  =  sagralia 
ist,  wie  Bühler  richtig  erklärt.  Vnsev  saggaho  ist  wohl  nichts 
anderes  als  Skt.  svargastha.  Man  vgl.  oben  3,  246  gäma- 
hanam. 

samkaro^)  \  rathyä  )  samkiryate  'treti  samkaro  ||  ,,sam- 
karo  'landstrasse',  weil  man  sich  dort  trifft  (vermischt)".  — 
Auch  H.  D.  8,  6,  wo  in  gleichem  sinne  noch  säht  aufgeführt 
wird. 

paaro  \  ardham  ]  darah  ardhe  j  prakarshena  dsLrsihpaaro^)  || 
„paaro  'hälfte'  von  dara  'hälfte'  und  pra,  das  einen  hohen 
grad  ausdrückt".  —  daram  „hälfte"  in  H.  D.  5,  33.  P.  v.  212. 

maimohini  \  surä  |  matimohini  i^)  ||  „ma'imohini  'berau- 
schendes getränk',    weil  es  die  sinne  verwirrt".  —  Auch  H.  D. 

*)  B  pämdarämgatvät.  ^)  A  bhaugam.  ^)  B  tvaratiti.  '')  A 
Ibhaugikah.  ^)   B  samgabhoga.  ^)    B  suththü.  ')   B  avagrahah. 

*j  B  samkaro.  ®)  B  paaro  pradarah  amdham  darah  adhyadarah  ardha 
pi'akarshena  darah  paaro  (sicl).  "*)  B  mohiniti  ima   mohini  surä  (sie). 

2* 


20  R.  Pischel 

6,  113  (maimoliani) ,  wo  in  gleiclier  bedeutung  auch  mm  auf- 
geführt wird  -=:  *madi. 

dhäräväso  \  dardurah  I  prävrshenyatvät  ^)  |j  ^^dhäräväso 
'frosch',  weil  er  zur  regenzeit  in  beziehung  steht".  —  Auch 
H.  D.  o,  63,  wo  das  wort  auch  noch  die  bedeutung  „wölke" 
erhält,  in  der  es  =  Skt.  dhärävarsha  ist.  In  der  bedeutung 
„frosch"  ist  es  ^^=  Skt.  *dhäräväga  „beim  regen  quakend"  von 
yväg.  RV.  7,  103,  1  —  3.  7.  Das  viel  besprochene  lateinische 
wort  für  „frosch"  räna  ist  nicht  =  *rac-sna  (Stolz  §  67, 
1,  a),  sondern  =  *rasna  von  y^ras;  cfr.  rasanam  mandükänam 
Brhatsamhita  28,  4.    Auch  räna  ist  also  =  „der  quaker". 

kamalain  |  äsyam  kalahag  ca  |j  kamaluvat  kamalam^)  \  kam 
mastam  malatiti  kamalam^)  \\  „kamalain  'mund'  und  *zank'; 
weil  er  wie  eine  lotosblüte  aussieht  (=  'mund')  und  weil  er 
den  köpf  (ka)  einnimmt  (erfüllt)  (=^  'zank')".  —  In  H.  D.  2,  54 
lautet  das  wort  kamalo  und  erhält  die  vier  bedeutungen  „topf", 
„trommel",  „mund"  und  „gazelle".  Zur  bedeutung  „mund"  ist 
das  wort  vielleicht  aus  dem  häufigen  vergleiche  mit  einer  lotos- 
blüte gekommen;  die  Verbindungen  äsyakamala,  mukhakamala, 
vadanakamala  sind  bekanntlich  sehr  häufig.  Für  die  erklärung 
der  übrigen  bedeutungen  fehlt  mir  jeder  anhält. 

venusäo  |  dhuaräo^)  \  bhramarah  j  venu9abdavac  chabdo 
yasyasau  venusäo  &)  |  samyuktasya  i^luk  ^)  \  dhruvarägah  ^)  |  sad4 
susvaratvat  |j  „venusäo  \  dhuaräo  \  'biene'.  Weil  ihr  summen 
wie  das  rauschen  des  Schilfrohres  ist,  heisst  sie  venusäo;  die 
verbundenen  consonanten  {hd  in  gahda)  sind  elidiert  worden. 
dhuaräo  kommt  von  dhruvaräga,  weil  sie  immer  schön  summt". 
—  Für  venusäo  hat  H.  D.  7,  78  venunäso,  für  dhuaräo  aber 
5,  57  dhuagäo.  venusäo  erkläre  ich  als  ^venusäda;  cfr.  pushka- 
rasäda  TS.  5,  5,  14,  das  einige  mit  bhramara  erklären.  Diese 
herleitung  wird  bestätigt  durch  Hemacandra's  venunäso  das  = 
Skt.  venunyäsa  ist,  worauf  auch  die  Variante  venunnäso  in 
Ms.  C  hinweist,  die  ebenso  richtig  ist  wie  venunäso,  bei  Hema- 
candra  aber  gegen  das  metrum  wäre,  dhuaräo  setze  ich  = 
*dhruvaräva  „beständig  summend".  Hemacandra's  dhuagäo, 
das  auch  P.  v.  11  hat,  ist  ^'Ulhruvagäya  „beständig  singend". 
Man   vergleiche  z.  b.  Raghuv.   9,  32   (ed.   Stenzler  ^  9,  29 

')  B  prävrshtyeshanyatvät.  *)  A  kamalam  |  kamalavat  |  ')  B  ka- 
malain kam  mastakam  raalayatiti  |  *)  A  suaräo.  ^)  B  vena»  ")  B 
luk.         ')  A  (lhrava°    B  dhrvagärah. 


Die  degi^abdas  bei  Trivikraraa.  21 

ed.  Paraba  3.  aufl.  Bombay  1886):  madhulihäm  madhudA^na- 
vi^äradäh  kurabakä  rffvakaranatäm  yayuh,  was  Mallinatha  er- 
klärt: bhrngäh  kurabakanäm  madhüni  pitva  Jagur  ity  arthah. 
Bühlers  erklärung  ~  dhüpakaya  scheitert  an  den  lautgesetzen. 

Damit  schliesst  der  gana  gahiddydh.  Trivikrama  bemerkt 
noch:  asmin  gane  liiigavyatyayah  prayogädhinah  „in  diesem 
gana  ist  der  geschlechtswechsel  vom  gebrauche  abhängig". 
Demgemäss  haben  bei  Hemacandra  die  worte  mehrfach  ein 
anderes  geschlecht  als  bei  Trivikrama;  so  z.  b.  Triv.  ghara- 
andaam,  Hern,  gharayando;  Triv.  pattharam,  Hem.  pattharä; 
Triv.  jodo,  Hem.  jodam;  Triv.  kamalam,  Hem.  kamalo  und 
andere. 

Ausser  den  beiden  von  mir  behandelten  ganas  finden  sich 
bei  Trivikrama  noch  drei:  2,  1,  30  varaittagäs  trnädyaih,  3,  1, 
132:  appunnagäh  ktena  und  3,  4,  71  jhadagas  tu  degyah  sid- 
dhäh,  das  letzte  sütram  der  grammatik.  Dieser  letzte  gana  ist 
der  umfangreichste,  findet  sich  aber  leider  nur  in  B  und  zwar 
in  so  verderbter  gestalt,  dass  eine  behandlung  ohne  neues 
handschriftliches  material  ganz  unmöglich  ist.  Der  gana  3, 
1,  132  giebt  nur  part.  praet.  pass.  und  eignet  sich  nicht  zu 
einer  besprechung  an  dieser  stelle,  da  weitaus  die  meisten  worte 
etymologisch  dunkel  sind.  Die  Wörter  des  gana  2,  1,  30  finden 
sich  meist  auch  in  der  Deginamamäla  und  da  die  bearbeitung 
des  zweiten  theiles  derselben  durch  Bühler  in  angriff  genommen 
ist,  so  glaube  ich  von  einer  behandlung  auch  dieses  gana  abstand 
nehmen  zu  können. 

Halle  (Saale).  R.  Pischel 


Schwedische  Wortforschung. 
1.   Göjemänad. 

Die  bedeutung  und  die  bisher  geltende  etymologie  von 
schwed.  göjemänad  ist  von  Th.  Wisen,  Nordisk  familjebok, 
artikel  Goe,  folgendermassen  erläutert.  „Der  könig  Torre  hatte 
zwei  söhne,  Nor  und  Gor,  und  eine  tochter  Goe.  Einmal  ver- 
schwand sie  und  das  verursachte,  dass  das  miävetrarblöt  einen 


22  Erik  Brate 

monat  später  als  sonst  gewöhnlich  angestellt  wurde;  dieser 
monat  wurde  dann  Goe-  oder  Göjemänad  genannt.  Nor  und 
Gor  spürten  ihrer  Schwester  nach  und  fanden  sie  zuletzt  in 
Hedemarken  bei  könig  Rolf  in  Berg,  der  sie  geraubt  und  ge- 
heiratet hatte.  Das  isl.  wort  göl  wird  auch  goe  geschrieben, 
welche  form  dem  in  norwegischen  dialekten  vorkommenden  gjö 
„dünner  schnee,  spurschnee"  besser  entspricht.  Auch  in  dem 
namen  Goe  finden  wir  also  die  Personifikation  einer  natur- 
erscheinung.  Göjemänad  ist  jetzt  die  schwedische  benennung 
von  februar,  obgleich  damit  ursprünglich  die  letzte  hälfte  des 
februar  und  die  erste  hälfte  des  märz  bezeichnet  wurde,  wie 
der  Torre-mänad  (dessen  namen  in  unseren  almanachen  zu 
Tors-mänad  entstellt  ist)  den  schluss  von  Januar  und  die  erste 
hälfte  von  februar  umfasste".  Nach  derselben  sage  hat  Torre- 
mänad,  Januar,  seinen  namen  nach  Torre  erhalten,  dem  die 
Finnen  in  diesem  monate  um  die  mitte  des  winters  opferten, 
damit  sie  viel  schnee  für  das  schneeschuhlaufen  kriegten.  Es 
liegt  auf  der  band,  dass  man  diesen  raythen  keine  entscheidende 
bedeutung  für  die  etyraologie  der  betrefi'enden  Wörter  beilegen 
kann;  von  willkürlichem  etymologisiren  enthält  die  ältere 
literatur  noch  manches  beispiel.  Hält  man  sich  an  die  namen 
selbst,  so  muss  erstens  isl.  göi  und  schwed.  göjemänad  geson- 
dert werden;  denn  sie  sind  formell  nicht  zu  identifizieren. 
Vermutlich  haben  sich  die  anhänger  der  Zusammenstellung  von 
göi  und  göje-  den  Zusammenhang  als  einen  Wechsel  von  goe 
und  dessen  umlaut  göje-  vorgestellt  und  ein  altes  ^geju-  scheint 
neuschwed.  göje-  ergeben  zu  können,  da  schwed.  blöja-  auf 
aschwed.  blöia,  isl.  bloja-  zurückgeht.  Indessen  diese  Zu- 
sammenstellungen sind  nicht  durchaus  befriedigend.  Die  isl. 
Schreibung  goe  erklärt  Vigfüsson  in  seinem  Wörterbuch  zu 
G6i  ganz  einfach  als  goe,  wodurch  die  stütze  für  eine  umge- 
lautete  form  des  monatnaraens  im  Isl.  wegfällt.  Ueber  norweg. 
gjö  f.  „spurschnee"  gibt  Aasen,  Norsk  ordbog  die  wenig  be- 
friedigende auskunft,  dass  die  form  etwas  zweifelhaft  ist,  da 
auch  ein  „Jo  (Gjo'^)"  in  der  bedeutung  „spur"  aufgezeichnet 
ist.  Dazu  vergleicht  er  das  wort  mit  dem  gjo  f.  „lauernde  und 
spähende  nachstellung"  der  schwedischen  dialekte,  welche  Zu- 
sammenstellung, wenn  sie  richtig  ist,  eine  ganz  andere  bedeu- 
tungsentwickelung  des  norw.  gjö  ,, spurschnee"  als  die  von 
Wisen  angenommene,  anzeigt.   Ich  halte  also  Wisens  etymologie 


Schwedische  Wortforschung.  23 

des  Wortes  goi  für  höchst  unsicher  und  eine  andere  etymologie 
für  erwünscht  und  glaube  auch  eine  solche  geben  zu  können, 
welche  mehr  befriedigt. 

Das  ö  in  dem  schwed.  göjemänad  kann  aus  vielen  Vor- 
stufen hervorgegangen  sein.  Ich  glaube,  dass  schwed.  göjemänad 
im  Isl.  * gygjar-mänaär  lauten  würde,  und  beziehe  göje-,  gygjctr- 
auf  isl.  ^ygr  f,  „an  ogress,  witch". 

Es  macht  etwas  Schwierigkeit,  den  angenommenen  laut- 
übergang  zu  erweisen,  weil  die  beweisenden  beispiele  spärlich 
und  unsicher  sind,  und  diese  Schwierigkeit  wird  die  Ursache 
sein,  dass  niemand  an  diese  Zusammenstellung  früher  gedacht 
hat,  obgleich  sie  sich  aus  anderen  gründen  (siehe  unten) 
empfiehlt.  Erstens  geht  aus  der  erschöpfenden  Sammlung  von 
beispielen  bei  Lyttkens  und  Wulff,  Svenska  spräkets  Ijudlära 
och  beteckningslära  s.  68  und  164  hervor,  dass  wenigstens 
nicht  in  der  Verbindung  -ygja-  y  im  schwed.  erhalten  ist.  Aus 
gygjar-  musste  zunächst  *gyjar  entstehen,  wie  gj  in  schwed. 
höja  aus  Iwgja ,  plöja  aus  pUgja  zu  j  geworden  ist  Dass 
*gyjar  im  Schwed.  zu  *göjar  werden  musste,  ist  aus  dem 
Dänischen  wahrscheinlich,  wo  dröj  dem  schwed.  dryg,  isl.  drjügr 
entspricht.  Innerhalb  des  Schwedischen  selbst  scheint  man 
den  nämlichen  Übergang  an  der  entsprechung  aschwed.  fryghp 
neuschwed.  fröjd  beobachten  zu  können,  wenn  die  entwickelung, 
wie  mir  wahrscheinlich  ist,  ohne  formellen  einfluss  von  d. 
freude  sich  vollzogen  hat,  vgl.  Tamm,  Om  fornnordiska  femi- 
nina,  afledda  pä  -ti  och  pä  -ij)a  s.  36.  Die  schwed.  wörter 
blygdj  dygd  haben  sich  dann  in  bezug  auf  das  g  an  die  Stamm- 
wörter, das  adj.  blyg,  und  das  verbum  duga,  angeschlossen. 
Absichtlich  habe  ich  bisher  das  schwed.  dröja  „zögern,  ver- 
weilen, dauern"  bei  seite  gelassen,  welches  aber  mit  einem 
schlage  den  Übergang  y  zu  ö  vor  j  im  Schwedischen  ausser 
zweifei  setzen  würde,    wäre   die  gewöhnliche   Zusammenstellung  ''\ 

davon  mit  isl^^^^^^^jto  make  to  keep  Ipnger,  lengtben"  ganz  ^^Sd 
sicher.  Ich  glaube,  dass  dies  der  fall  ist,  aber  vom  verbum 
dröja  finden  sich  bei  Rydqvist,  Svenska  spräkets  lagar  I,  69, 
III,  34,  VI,  80  nur  aschw.  dpii^a,  fr  am  drögha,  dröghilse, 
dröagffläl,  und  zwar  nioh't^'-*^s  der  ältesten  zeit  bezeugt.  Die 
rßfoglichkeit  wenigstens  bliebe  also  zu  berücksichtigen,  dass 
aschw.  drggäfa  eine  ähnliche^  bildung  ypm  adj.  isl.  dreigr  „that 
which  can  be  pulled  agawm",   tvic^gr   „ambigmws"  sei,    wie 


24  Erik  Brate 

isl.  drygja  vom  adj.  drjügr,  denn  die  bedeutung  könnte 
zwischen  diesen  möglichkeiten  nichts  entscheiden.  Hiermit 
hoöe  ich  indessen  erwiesen  zu  haben,  dass  isl.  *(jy(jjarmänaär 
sich  schwedisch  zu  göjemänad  entwickeln  musste  ^). 

*)  Die  entwickelung  der  aschw.  spirans  gh  im  Neuschw.,  worauf  sich 
die  obige  darstellung  vielfach  bezieht,  scheint  folgendermassen  vor  sich 
gegangen  zu  sein. 

a)  Aschw.  gh    wird    im    Neuschwed.    g,    gutturale    oder    palatalc    (vgl. 
Lyttkens  und  Wulff  a.  a.  o.  s.  199)  explosiva 

«)  in  betonten  silben  (also  im  auslaut  oder  vor  einem  folgenden 
consonanten,  wodurch  gh  mit  zur  silbe  der  vorhergehenden  sonanten 
gehört) 

1.  nach  a,  o,  u,  ä 

z.  b.  part.  lagd^  sagd  (aschw.  laghper,  saghper),  fogde  (aschw.  foghati)^ 
praet.  diigde  (aschw.  dughpi).     Die  beispielc  sind  sehr  spärlich. 

2.  auslautend  nach  allen  vokalen: 

z.  b.  lag  (aschw.  lagh) ,  teg  (aschw.  tegher) ,  mig  (aschw.  tnik,  tntgh), 
stig  (aschw.  stigher),  praet.  drog  (aschw.  drogh),  hug  (aschw.  hugher),  tyg 
(aschw.  tygh)^  trag  (aschw.  trogh). 

ß)  in  unbetonter  silbe,  ausser  vor  und  nach  i. 

1.  vor  vokal:   z.  b.  öga  (aschw.  ögha),   mage  (aschw.  maghi,  maghe), 
utsago  „aussage",  vredgas  (aschw.  vredhgas). 

2.  vor  konsonanten 

ögla  oder  ygla  ,,Ö8e"  zu  ögha,  egna  (aschw.  eghna),  cowp.  lägre,  hügre 
(aschw.  leeghri,  höghri). 

Stehen  die  Verbindungen  ghl,  ghn,  ghr  zwischen  zwei  vokalen,  so 
liegt  demnach  die  grenze  der  zwei  silben  vor  gh.  In  gn  ist  g  weiter 
gutturaler  nasal  geworden. 

b)  Aschw.  gh  wird  neaschwed.  J 
a)  in  betonten  silben 

wenn  noch  ein  consonant  auf  gh  folgt:  nach  [e,  i,  y]  a,  ü;  z.  b. 
friijd  (aschw.  frmghp) ;  hujd  (aschw.  höghp). 

ß)  in  unbetonter  silbe: 
1.  vor  i  oder  j;  z.  b. 
taji,  draji  in  Stockholm  statt  tagit^  dragit  der  Schriftsprache ;  hlija  (aschw. 
höghia),  läja  (aschw.  leghia;  aber  lega.,  aschw.  legha  subst.). 

2.  nach  i:  z.  b.  nadi  die  gewöhnliche  ausspräche  von  nadig  , .gnädig" 
vgl.  Kock,  Studier  öfvur  fornsvensk  Ijudlära  II,  s.  307. 

Ich  muss  des  raunies  wegen  darauf  verzichten,  die  einzelnen  aus- 
nahmen der  regel  zu  durchmustern ;  nur  die  grosse  ausnähme  muss  ich 
besprechen,  dass  aschw.  Igh,  rgh  neuschwed.  gewöhnlich  als  Ij,  rj  auftritt, 
obgleich  oft  lg,  rg  geschrieben  wird;  z.  b.  talg  (aschw.  talgherf  d.  talg), 
galge  (aschw.  galghi,  -e),  torg  (aschw.  torgh),  sarga  (aschw.  sargha).  Ganz 
vollständig  ist  doch  die  Vertretung  von  aschw.  Igh,  rgh  durch  neuschwed. 
(;,  rj   nicht   durchgeführt.      Schwed.   helgon    ist    aschw.  helgon,    schwed. 


Schwedische  Wortforschung.  25 

Eine  besonders  kräftige  stütze  für  meine  annähme,  dass 
schwed.  göjemändd  im  isl.  * gygjarmdnaär  sei ,  bietet  der 
umstand,  dass  der  narae  des  vorhergehenden  monats,  isl.  porri 
m.,  porra-mänaär ,  schwed.  l^orsmänad  „Januar",  sich  unge- 
zwungen zu  isl.  pHj-s  III.  ,,a  giaut"  stellen  lässt,  also  nach  dem 
masc.  zu  gygr  genannt  ist.  Dass  ein  rr  in  grammatischem 
Wechsel  mit  rs  stehen  kann ,  ist  durch  die  entsprechung  von 
got.  paursus  und  ahd.  durri,  isl.  ßurr  bezeugt.  In  der  that 
düH'te  Purs  derselben  sippe  angehören;  ai. ^^si^s  b^doi^tet 
„giehg,  lech^Bg4t^  ^ine  bedeutung,  welche  die  benennung  der 
"riesen  geben  konnie ,  wie  isl.  jgtimn  von  eta  zeigt.  Diese  ety- 
mologie  von  isi'.-;^i;a>'  ist  v6J3lJ,  G  rt«j^n,  Mytt^jJ^.  488^  gegeböß. 

Dass  diese  zwei  mouate  nach  den  riesen  genannt  wurden^ 
dürfte  darin  begründet  sein,  dass  die  Witterung  dieser  monate, 
frost  und  Schneesturm,  dem  wesen  des  riesengeschlechtes  ange- 
messen schien ,  vgl.  die  benennung  hrhnpursar.  Im  winter 
donnerte  Thor  nicht;  Jötunheims  bewohner  konnten  dann  unge- 
stört in  Midgard  hausen. 

Ehe  die  ableitung  des  göjemänad  aus  gygjarmänaär  als 
endgültig  erwiesen  betrachtet  werden  darf,  ist  noch  ein  formelles 
bedenken  zu  erledigen.  Die  älteste  bezeugte  form  des  wertes 
ist  göyomänat  Rydqvist,  Svenska  spräkets  lagar  VI,  173, 
deren  -o  auf  ein  schwaches  fem.  deuten  könnte.  Aber  der  beleg 
findet  sich  in  Variarum  rerum  vocabula  cum  sueca  inter- 
pretatione,  einem  Wörterbuch,  in  Stockholm  im  jähre  1538 
gedruckt,  und  ein  -o  zu  der  zeit  hat  geringe  beweiskraft,  da 
es  leicht  fälschlich  für  das  e  eingesetzt  werden  konnte,  wozu 
alle  unbetonten  vocale  in  gewissen  Stellungen  damals  geschwächt 
waren  —  eine  erscheinung,  die  gewiss  nicht  aus  dem  dänischen 
einfluss  allein  zu  erklären  ist.  Vgl.  So d ervall,  Hufvudepo- 
kerna  af  svenska  spräkets  utbildning  s.  56 1). 

morgon  aschw.  morghon.  Das  auftreten  von  neuschwed.  {;",  rj  statt  aschw. 
Igh,  rgh  beruht  auf  analogischem  einfluss.  Dieser  hat  in  den  verschie- 
denen fällen  verschiedenen  ausgangspunkt.  Bei  Wörtern  wie  torg,  galge 
ist  Ij  aus  Igh  in  der  form  mit  suffigiertem  artikel  torghit,  galghin  nach 
regel  b,  /?,  1  entstanden.  In  sarga  und  dgl.  ist  rj  analogisch  aus  Wörtern 
wie  sörja  (aschw.  sgrghta),  wo  rgh  nach  derselben  regel  j  ward,  oder  aus 
Wörter  wie  välj'a  (aschw.  vcelia),  wo  IJ  nicht  aus  Igh  entstanden  ist,  über- 
nommen. 

*)  Die  frage  nach   der  Schwächung  der   unbetonten  vokale  a,  o  za  e 


26  Erik  Brate 

Ist  also  schwed.  göjemänad  ein  isl.  * gygjarmänadr ,  was 
ist  dann  isl.  goi  f.?  Die  identische  bedeutung  spricht  für 
formelle  Verwandtschaft,  wenn  solche  möglich  ist.  Da  isl. 
ßorri  m.  eine  ausbildung  des  Stammes  */wrsa- 1)  zu  einem 
«-stamm,  *ßursan-,  *f)orsan-,  ist,  so  wird  göi  eine  entspre- 
chende ausbildung  des  in  gygr  enthaltenen  Stammes  sein,  und 
sein  stamm  kann  als  *gühin-  angesetzt  werden,  dessen  ü  sich 
nach  geltendem  gesetze  zu  ö  entwickeln  musste,  vgl.  isl.  pro, 
ae.  ßrüh  „trog"  und  Noreen,  Altisl.  gram.  §  762). 

Ich  habe  den  stamm  von  isl.  göi  f.   als  *gühin-   angesetzt, 

im  Bchlusse  der  aschw.  periode  und  nach  dem  neuen  aufschwung  dieser 
vokale  a,  o  in  unbetonter  silbe  in  der  reformationszeit  harrt  noch  auf 
eine  eingehende  Untersuchung,  welche  doch  von  Kock,  Studier  öfver 
fornsvensk  Ijudlära  II,  267  f.  angebahnt  ist.  Zur  beleuchtung  der  obigen 
annähme  in  bezug  auf  das  o  des  göyomanat  will  ich  einige  fälle  anführen, 
wo  aschw.  pl.  -or  im  Neuschwed.  von  pl.  -er  vertreten  wird,  und  umge- 
kehrt aschw.  pl.  -ar,  durch  neuschwed.  pl.  -or.  Es  ist  deutlich,  dass 
ein  solcher  übertritt  nur  durch  die  Zwischenstufe  -er,  die  gemeinschaft- 
liche Schwächung  der  beiden  pluralbildungen ,  gegangen  sein  kann  und 
durch  eine  ähnliche  fälschliche  einsetzung  von  o  wie  die  in  göyomanat 
erfolgte.  Aschw.  ganga,  pl.  -or  ist  neuschw.  gang,  pl.  -er,  aschw.  fargha, 
pl.  -or  neuschw. /är^,  pl.  -er,  aschw.  reghla,  pl.  -or  neuschwed.  regel^ 
pl.  regier,  aschw.  nota,  pl.  -or  neuschw.  not,  pl.  -er.  In  diesen  fällen 
liegt  also  die  Schwächung  in  der  neuen  spräche  vor.  Vorausgesetzt  wird 
sie  durch  folgende  entsprechungen :  aschw.  är ,  pl.  -a,  isl.  dr ,  pl.  -ar 
neuschw.  ara,  pl.  -or,  aschw.  for,  pl.  -ar  neuschw.  fara,  pl.  -or,  isl.  tag, 
pl.  -ar  neuschw.  taga,  pl.  -or.  Am  deutlichsten  ist  das  falsche  -or  für 
das  wort  ano^,,ah,nen"  bezeugt,  dänisch  pl.  Aner.  Der  dän.  pl.  Aner  ist 
nach  Säby,  Blandninger  udgivne  af  universitetsjubileets  danske  samfund 
h.  L,  8.  36  eigentlich  die  entlehnte  deutsche  zsg.  ahnherr  als  plural  umge- 
deutet, und  im  Schwed.  hat  dieser  plural  die  gestalt  des  plurals  der 
schwachen  feminina  angenommen. 

*)  Wegen  ae.  pyrs  sollte  man  denken,  dass  die  ansetzung  des  Stammes 
als  *  purst-  nötig  sei,  aber  da  isl.  porre  von  *pursa-  ausgehen  muss  und 
da  nach  Kluge,  Nominale  stammbildungslehre  §  3 — 5  sowohl  -a  als  -t 
zur  bildung  von  persönlichen  masculinis  verwandt  wird,  dürfte  es  erlaubt 
sein,  isl.  purs  und  ae.  Pyrs  als  stammverschiedene  bildungen  mit  derselben 
bedeutung  aufzufassen.  2)  In  „Äldre  Vestmannalagens  Ijudlära"  §  2, 
e,  8  und  unten  habe  ich  die  bisherige  fassung  des  entsprechenden  laut- 
gesetzes,  dass  im  Anord.  i  zu  e  vor  h  wird  (sieh  Noreen  §  77,  1)  berich- 
tigt. Es  musB  nunmehr  dieses  lautgesetz  über  den  Übergang  von  u  zu 
o  vor  h  entsprechend  anders  gefasst  werden.  Wie  altnord.  i,  wo  es 
antevocalisch  stand,  zue  geworden  ist,  muss  es  auch  ein  lautgesetz  geben, 
wonach  u  in  antevocaliscber  Stellung  zu  o  wird. 


Schwedische  Wortforschung.  27 

denn  die  thatsächliche  declination  des  wortes  deutet  auf  einen 
solchen  stamm  oder  auf  *(/ühin-.  Ihn  mit  kurzem  i  anzusetzen 
bewegt  mich  die  erwägung,  dass  isl.  ßorre  eine  einfache  aus- 
bildung  mit  n  aus  dem  stamme  *pursa-,  *porsa-  ist;  dement- 
sprechend dürfte  dann  göe  auf  einen  stamm  *gühin-  mit  kurzem 
i  zurückgehen.  Dazu  kommt  noch  folgendes.  Der  stamm,  der 
mit  gygr  in  grammatischem  Wechsel  steht,  ist  nicht  allein  in 
isl.  göi  bezeugt.  Man  wird  ihn  ohne  Schwierigkeit  in  dem  gofar 
der  schwedischen  dialecte  erkennen,  einer  benennung  des  don- 
ners,  ursprünglich  gewiss  einem  beinamen  Thors.  Der  letztere 
teil  der  Zusammensetzung  gehört  zu  isl.  /(J^a,^n  der  bedeutung 
„to  d^roy,  maEKsto  pH^";  g^f<^r  ist  also  eigentlich  „der 
riesenvertilger".  Dieses  worfr^^macht  \iber  wahrscheinlich,  dass 
das  wort,  worauf  göi  f.  gebildet  ist,  die  allgemeinere  bedeutung 
,,riose"  gehabt  hat,  nicht  die  speziellere  einer  riesin.  Da  ae. 
pyrs  einen  i-stamm  ^^ursi-  voraussetzt,  so  ist  wahrscheinlich 
auch  ^dieses  wort  ein  «-stamm  gewesen  (*gühi-),  und  es  scheint 
mir  sehr  wahrscheinlich,  dass  dieser  «-stamm  in  dem  namen 
Gor  der  sage  vorliegt.  Als  volksetymologische  neuschöpfungen 
auf  grund  dieser  zsg.  sind  gewiss  die  dialektischen  Gohonden, 
Gogubben,  Torguhhen  u.  s.  w.  anzusehen. 

Hieraus  scheint  aber  zu  folgen,  dass  die  doppelheit  isl. 
pti^A  und  göi  nicht  ursprünglich  sein  kann,  da  alle  beide 
larsprÖnglich  „der  rife8«nmonat"  bedeuten.  Wahrscheinlich  ist 
göi  der  ältere  name,  wie**<^oV  die  ältere  bezeichnung  eines 
riesen  ist.  Als  die  benennung  purs  geläufig  ward,  wurde  auch 
ein  name  des  riesenmonats  aus  diesem  stamm  gebildet.  Als 
Stammwort  wurde  schliesslich  *(/dr  von  ^urs  ganz  verdrängt, 
aber  der  daraus  gebildete  monatsname  erhielt  sich  neben  dem 
mit  purs  gebildeten.  Do,  göi  als  fem.  flektiert  wurde,  porri  aber 
als  masc. ,  deutete  man  göi  zu  * gy^jii^-mUHoj^,  schwed.  ^Öj^^ 
mmtttd*^Qi  monat  der  riesrftf^n"  um  und  ordnete  die^'Äajnen 
in  der  tatsächlichen  reihenfolge  ein. 

In  isl]'>§i4£f.,^>ts^gam  '*gühin-,  *göin-,  haben  wir  einen  fall, 
woran  wir  mit  sicherhei?**feeobachten  können,  dass  i  auf  einen 
unmittelbar  vorhergehenden  vokal  nicht  umlautend  wirkt.  Dieses 
verhältniss  hat  mit  dem  a.  a.  o,  siehe  s.  26  not.  2  von  mir 
erwiesenen  gesetze,  dass  «',  u  antevocalisch  im  altnordischen  zu 
e,  0  werden,  eine  gewisse  Verwandtschaft.  Es  ist  nur  eine 
andere   äusserung   des   gutturalhaften   einflusses,    der   für   den 


28  Erik  Brate 

hiatus  durch  diesen  Übergang  bezeugt  wird.  Dann  folgt,  dass 
0  in  isl.  Sri,  got.  jühiza  (s.  Noreen,  Altisl.  gram.  §  76,  1, 
§  351,  anm.  3)  nicht  /-umlaut  von  ö  sein  kann,  sondern  nach 
der  syncope  von  i  durch  den  anord.  Ä-umlaut,  Noreen  §  68, 
entstanden  ist.  Dass  i  einen  unmittelbar  vorhergehenden  vocal 
nicht  umlautete,  ist  schon  von  Paul,  PB.  Beitr.  VI,  102  note 
und  ebenda  VII,  155  note  ausgesprochen  worden,  ist  aber  viel- 
fach unbeachtet  geblieben.  Ich  will  hier  von  dem  gewonnenen 
Standpunkte  aus  ein  paar  von  andern  irrig  beurteilte  fälle  zur 
erneuten  prüfung  aufnehmen. 

Burg,  Die  älteren  nordischen  runeninschriften  s.  136  be- 
spricht das  verhältniss  zwischen  dem  prät.  faihido  des  Einang- 
steines und  dem  isl./«;  facta,  /a^r  und  äussert :  „Lautgesetzlich 
konnte  nach  meiner  meinung  keine  form  des  verbs  nach  der 
ersten  das  aussehen  eines  nach  der  vierten  classe  gehenden 
gewinnen,  aus  (paL^idö  konnte  nicht  fäpa  werden,  wie  aus 
*8träwidö  sträpa,  sondern  nur  "^f^ßa;  wol  aber  konnte  nach 
der  analogie  von  *streyja  —  sträpa  zu  *  f^ja  ein  fäßa  gebildet 
und  aus  diesem  dann  ein  Infinitiv  fd,  wie  aus  sträpa  ein  inf. 
strd,  gefolgert  werden".  Die  thatsache,  dass  i  nicht  unmittelbar 
vorhergehenden  vokal  umlautet,  fordert  eben,  dass  das  isl.  prät. 
fdäa  die  lautgesetzliche  entwickelung  ist.  Die  verschiedenen 
stufen  waren:  "^faihiäa,  *fähiäa,  *fäiäa^  fääa  ^). 

Der  besprechung  des  zweiten  falles,  wo  die  nichtbeachtung 
des  umstandes,  dass  i  unmittelbar  vorhergehenden  vokal  nicht 
umlautet,  zur  irrigen  auffassung  der  betreffenden  spracherschei- 
nung  geführt  hat,  will  ich  einen  besondern  abschnitt  widmen. 


*)  Die  meisten  beispiele  von  der  urnord.  monophthongierung  von  ai 
zu  ä  vor  h  (s.  Noreen,  Altisl.  gram.  §  88,  1)  haben  geschlossene  silbe 
und  man  kann  nicht  annehmen,  dass  h  in  denjenigen  Wörtern,  wo  ai 
ursprünglich  im  silbenauslaut  vor  einem  h-  im  anlaut  der  folgenden  silbe 
stand,  dieselbe  Wirkung  hat  haben  können,  seit  es  im  anlaut  der  silbe 
zu  Spiritus  asper  geworden  war,  wie  das  ä  in  geschlossener  silbe,  welches 
lange  zeit  gutturale  spirans  blieb.  Es  scheint  daraus  zu  folgen,  dass 
die  monophthongierung  von  ai  zu  ü  vor  h  zu  einer  zeit  geschah,  wo 
noch  A  im  Nordischen  auch  intervokalisch  gutturale  spirans  war.  Das 
setzt  aber  für  den  Einang-stein  mit  erhaltenem  ai  vor  h  entweder  ein 
hohes  alter  voraus  oder  dialectische  abweichung.  Vgl.  hiermit  Hrate, 
Runologiska  spörsmäl  s.  4,  Äldre  Vestmannalagens  Ijudlära  §  3,  e,  8. 


Schwedische  Wortforschung.  29 

2.    Hä^t,  hingst. 

Leffler,  Tidskr.  f.  fil.  \i.  r.  IV,  287  lässt  die  wörter 
schwed.  hast,  isl.  hestr  m.  „a  horse"  und  schwed.  hingst,  d. 
hengst  aus  derselben  urgerm.  ^undform  *hanhista-  hervor- 
gehen. Aus  dieser  grundform  eMstand  teils  „ein  hänhista-, 
hqhista-,  teils  ein  hanglsta.  Aus  dek  ersten  form  wurde  nordisch 
h^str,  mit  kürzung  des  nasalvokales  Vor  st:  hestr  (vgl.  oss  mit 
vor  SS  gekürztem  ?^),  Aus  hanglsta  eitstand  die  deutsche  form 
hengst,  wovon  neuschwed.  hingst  eine  \ntlehnung  ist".  Alter- 
nativ wird  in  der  note  zur  erklärung  deK^^ kürzung  in  hestr  vor- 
geschlagen: „oder  haben  vielleicht  auf^  nordischem  gebiete 
h^sta-  und  hqtigista-  neben  einander  in  vörschiedenen  casibus 
bestanden  und  hat  die  letztere  form  die  küra,ung  des  vokals  in 
der  vorigen  veranlasst".  \ 

Nach  dem  zeugniss  von  isl.  göi,  fdäa  konnte  sich  die  grund- 
form *hähista-  nordisch  nicht  zu  h^str  entwickeln.  Nach  dem 
ausfall  von  h  musste  ä  vor  i  ohne  umlaut  bleiben;  i  selbst 
konnte  je  nach  der  läge  der  betonung  bleiben  oder  ausfallen. 
Die  möglichen  entwickelungen  des  Stammes  *  hähista-  waren 
also  zunächst  entweder  *häist  oder  *häst. 

Dass  isl.  hestr  nicht  umlauts-e  enthalten  kann,  zeigt  das 
histR  auf  dem  Rök-steine.  Wegen  dieser  ritzung  hat  auch 
Noreen,  Altisl.  gram.  §  264  Lefflers  grundform  *hähistoz  in 
*hlhistoz  geändert. 

Eine  weitere  möglichkeit  lässt  sich  jedoch  denken,  und  ich 
habe  in  Vorlesungen  dieselbe  als  die  vielleicht  richtige  vorge- 
tragen; dass  nämlich  äi  zu  ai,  ei  gekürzt  und  dann  zu  e 
monophthongiert  wurde  (s.  Noreen,  Altisl.  gram.  §  111  oder 
§  116).  Dadurch  würde  aus  *  hähista-  die  vokalisation  von 
isl.  hestr  entstehen. 

Für  diese  möglichkeit  spricht  die  ausspräche  des  wortes 
mit  geschlossenem  e  in  meinem  dialekt,  Norberg  in  Westmanland, 
welches  e  geradezu  die  allgemeine  schwedische  monophthongie- 
rung des  diphth.  ei  sein  dürfte  und  also  einem  isl.  *heistr  ent- 
sprechen würde.  Dazu  stimmen  die  formen  aus  Dalarne  (h)est, 
(hjist  Leksand,  hest  Gagnef,  St.  Skedvi,  Aspeboda,  hist  Boda. 
Das  i  dieser  formen  scheint  eine  kürzung  von  e  aus  ei  zu  sein, 
vgl.  isl.  gneisti,  schwed.  gnista,  isl.  fleinn  „spitze",  schwed. 
flintskaUig  „kahlköpfig",  isl.  kreista,  aschw.  kristn,  krysta.     Die 


30  Erik  Brate 

möglichkeit  ist  freilich  auch  zuzugeben,  dass  die  formen  mit  i 
aus  der  von  Noreen  angenommenen  grundform  ^Mhistoz  stam- 
men, denn  nach  meinen  erörterungen  über  die  Wandlung  von  i 
zu  e  vor  h  in  „Äldre  Vestmannalagens  Ijudlära"  §  2,  e,  8  sollte 
diese  grundform  "^hist,  aber  nicht  *  liest  ergeben.  Sonst  ist 
die  annähme  dieser  ablautenden  grundform  überflüssig  und 
sie  kann  nicht  das  dialektische  hest  erklären. 

Da  in  fääa  aus  *faiäa,  wofür  wohl  die  accentlage  *fäidä 
sicher  steht,  äi  zu  ä  wird,  setzt  die  in  rede  stehende  möglich- 
keit eine  accentlage  voraus,  wo  ä  unbetont  ist,  also  *hä{st- 
oder  *  ha  ist'-.  Von  diesen  zweien  verdient  zweifelsohne  die 
erste  accentlage  den  vorzug,  weil  sie  eine  directe  fortsetzung 
derjenigen  accentlage  ist,  welche  urgerm.  *hangista-  ergab. 

Was  hingst,  d.  hengst,  ahd.  hengist  m.  ,jwallach,  pferd  über- 
haupt" betrifft,  so  findet  sich  bei  Kluge,  Etym.  wb.  hengst,  die 
**annahme,  dass  es  eine  zsg.  sei,  deren  erster  teil  sich  zu  abulg. 

kom  „pferd"  stellte,  der  zweite  aber  unkl^-r^  wäre. 
*'*****^'"®^ür  j^äsf  ist  das  von  Leffler  nicht  erwähnte  vorkommen 
des  Wortes  auch  auf  westgerman.  Sprachgebiete  von  Wichtigkeit. 
Nach  Ettmüller,  Lexic.  anglosax.  s.  651  steht  Lex  Rip.  18: 
„quodsi  ingenuus  sonesti  i.  e.  duodecim  equas  cum  admissario, 
furatus  fuerit".  Das  -esti  muss  zur  sippe  von  hast  gehören; 
son-  ist  mit  ae.  smior  ,,grex"  gleichbedeutend,  was  aus  Ett- 
müUers  citat  aus  L.  Angl.  hervorgeht:  „qui  scrofas  sex  cum 
verre,  quod  dicunt  son,  furatus  est".  Welche  lautform  des 
Wortes  hast  diesem  -esti  zu  gründe  liegt,  ist  nicht  aus  dem 
Worte  selbst  zu  ersehen.  Ob  die  entwickelung  *  hähista-,  *  häista-, 
*heista-,  *hesta-  für  die  spräche  dieses  denkmals  denkbar  wäre, 
weiss  ich  gar  nicht.  Wäre  dies  möglich,  so  würde  das  wort 
gänzlich  mit  dem  hest  in  meinem  dialekte  übereinstiinmen. 

Da  ahd.  hengist  eine  zsg.  ist,  deren  erster  teil  klar,  deren 
letzter  aber  "völlig  unaufgeklärt  ist,  möchte  man  gerne  der 
ursprünglichen  lautform  dieses  letzten  gliedes  der  zsg.  nachzu- 
spüren suchen.  Formell  wäre  hengist  wie  messer  und  ahd. 
jiabissa  aufzufassen,  welche  von  Kluge,  KZ.  XXVI,  82  f.  erklärt 
sind.  Der  hauptaccent  hat  auf  dem  letzten  glied  der  zsg. 
geruht  und  dadurch  ist  der  anlaut  davon  nach  Verners  gesetz 
verschoben  worden.  Die  zsg.  braucht  nicht  von  dem  /a-stamme 
oder  t-stamme  abulg.  Jconh  gebildet  zu  sein,  sondern  kann  einen 
einfacheren   stamm   voraussetzen,   urgerm.  *han.    Sonst  ist  zu 


Schwedische  Wortforschung.  31 

beachten,  dass  auch  ein  staram  *hani  bei  der  angenommenen 
betonung  nach  dem  von  Paul,  PB.  Beitr.  VI,  144  aufgestellten 
gesetze  für  vokalausfall  nach  nebentoniger  silbe,  das  gewiss  in 
allen  germ.  sprachen  früher  als  die  sonstigen  gesetze  für 
vokalausfall  gegolten  hat,  sein  -i  verloren  haben  würde.  Vgl. 
as.  mezas  aus  *mat(i)-zdhs,  das  seinen  umlaut  freilich  von 
dem  Simplex  meti  erhalten  hat.  So  früh  ist  gewiss  dieser 
ausfall  von  vokal,  dass  es  unmöglich  ist,  den  /-umlaut  in  ae. 
hengest  durch  das  nach  diesem  gesetz  etwa  ausgefallene  i  in 
der  compositionsfuge  zu  erklären,  und  ich  sehe  nicht,  was  der 
annähme,  dass  dieser  ausfall  sogar  vor  dem  urgerm.  Schwund 
von  n  vor  h  läge,  entgegensteht.  y-''' 

Es  fragt  sich  ob  in  ahd.  henßiet',  ae.  hengest  das,  *  im 
letzten  gliede  ursprünglich  ist,  ^fi'  also  auch  in  (liesein  gliede 
als  selbständigem  wort  gebraiicht  finden  würde.  Ist  i  nicht 
ursprünglich,  so  kann  es  aus  e  entstanden  sein,  entweder  durch 
den  urgerman.  Übergang  von  e  zu  i  vor  einem  *  der  folgenden 
silbe,  oder  durch  Übergang  von  e  zu  i  in  unbetonter  silbe. 
Zur  annähme  der  ersten  dieser  möglichkeiten  haben  wir  keinen 
anlass;  es  bleibt  also  die  zweite.  Diese  fordert  die  annähme, 
dass  der  hauptton  von  dem  letzteren  auf  das  erste  glied  der 
zsg.  versetzt  worden  sei,  ein  Vorgang,  den  man  wol  der  langen 
zeit  zwischen  dem  Vernerschen  gesetze  und  der  ältesten  einzel- 
sprachlichen lautform  des  wertes  zutrauen  kann.  Die  Ver- 
setzung des  hauptaccentes  fände  darin  ihre  erklärung,  dass 
durch  die  Verschiebung  im  anlaut  des  letzten  glieds  der  zsg. 
oder  durch  das  aussterben  des  simplex  der  Zusammenhang  mit 
dem  simplex  nicht  mehr  empfunden,  sondern  das  wort  als  ein 
einfaches  betrachtet  wurde.  Vgl.  Pauls  erklärung  von  ae.  or^f, 
ondet^  beof  ==  ahd.  ur-heiz,  and-heiz,  bi-heiz  und  von  ae.  orod 
(oraä,  ord) ,  oredes  „halitus"  als  zum  verbum  edian  gehörig 
(Paul  und  Braunes  Beitr.  VII,  121  note  2),  sowie  Noreens 
erklärung  von  isl.  fjös,  schwed.  dial.  fäggus  Arkiv  III,  11 1). 

*)  Die  von  Noreen  daselbst  gegebene  erklärung  der  schwed.  präp.  hos 
„bei"  bedarf  einer  kleinen  modification  um  richtig  zu  sein.  Von  dem 
ausdruck :  „Was  weiter  die  obige  etymologie  für  isl.  ff'os  u.  a.  bestätigt, 
ist  der  umstand,  daM  nach  meiner  meinung  auch  das  unzusammengesetzte 
♦  AjJSN(gotr'*!Smsa,  ags^^^  auf  nordischem  gebiete  fortlebt, 

nämlich  in  derSstnordischwi  präp.  hos,  aschw.  und  adän.  hos",  kann  man 
wenigstens   nur  die  auffassung  erhalten,    dass  o  in  hos  der  alte  umlaut 


32  Erik  Brate 

Für  das  ahd.  hengist  wäre  die  annähme,  dass  -gist  aus 
-gest  durch  unbetontheit  entstanden  wäre,  gewiss  unbedenklich, 
s.  Braune,  Althochdeutsche  gram.  §  64,  b,  d.  Ob  das  für 
ae.  hengest  vorauszusetzende  ältere  *  hangist  auch  auf  dieselbe 
weise  aus  noch  älterem  *  hangest-  entstanden  sein  kann,  ist 
dagegen  fraglicher.  Im  Ae.  ist  nämlich  der  i-umlaut  sehr  früh, 
und  jener  Übergang  müsste  also  vor  dem  «-umlaut  erfolgt  sein. 
Ueber  die  muthmassliche  reihenfolge  der  ältesten  lautgesetze 
in  einem  englischen  dial.  s.  Brate,  Paul  und  Braunes  Beitr. 
X,  27  f.  Aber  da  e  in  urgerm.  zeit  in  unbetonter  Stellung  zu 
i  wird  (s.  Sievers,  Ags.  gram.  2  §  45,  2  anm.  1),  scheint  es 
nicht  gewagt,  dasselbe  für  eine  etwas  spätere  zeit  anzunehmen, 
zumal,  da  hier  dem  e  g  voranging,  dem  man  die  nämliche 
Wirkung  allein  zumuten  könnte,  vgl.  den  nordischen  e-umlaut 
vor  alten  ge,  ke  (Noreen,  Altisl.  gram.  §  64,  Arkiv  I,  152 
n.  2).  Ich  halte  es  also  für  möglich,  dass  -gist  in  ahd.  hengist, 
ae.  hengest  in  uralter  zeit  aus  -gest-  entstanden  sein  kann. 
Für  die  etymologie  des  demnach  möglichen  *-hesto,  -gesto  muss 
man  vor  allem  die   bei  Kluge,    Etym.  wb.   unter  „hengst"  ge- 

«.gebene  auskunft  verwerten,   dass  die  ältere  bedeutung  des  ahd. 

yienqist  ..ec\n\is  castratus"  war;  durch  die  annähme  der  gene- 
rellen bezeichnung  „pferd"  hindurch  gelangte  das  wort  nhd.  / 
(seit  dem  15.  Jahrhundert)  zur  bezeichnung  für  das  „unge-  ' 
schnittene  männliche  pferd".  Da  abulg.  | A:6)/Hl  , >P^^d|  überhaupt 
bedeutet,  muss  die  bedeutung  „equus  castratu^^'^^a^h  die  zsg. 
mit  *hesto-  entstanden  sein.  Bei  dieser  Sachlage  empfiehlt  es 
sich  sehr,  das  *hesto-,  wie  doc.  Noreen  mir  vorgeschlagen  hat, 


von  ä  sei,  was  aber  mit  Noreens  ausführungen  s.  38,  note  1  in  wider- 
sprach steht.  Auch  in  hos  muss  also  ö  durch  die  dehnung  des  vokals 
eines  urgerm.  *honso,  welches  aus  *hansd  durch  die  präpositionelle  an- 
wendung  und  daraus  folgende  unbetontheit  entstand  (Noreen,  Altisl. 
gram.  §  113,  Paul,  PB.  Beitr.  VI,  179)  erklärt  werden.  —  Zu  den  auf- 
geführten dialektformen  von  ^'6s  kommt  noch  das/öy's  in  meinem  dialekt, 
Norberg  in  Westmanland,  das  ich  nur  unter  der  annähme  von  M-uralaut 
des  e  des  ersten  glierles  y'e/m-  in  0  zu  erklären  weiss;  das  erste  glied 
hatte  den  hauptton,  das  letztere  ist  durch  die  unbetontheit  zn  j's  einge- 
schrumpft. Die  entwickelung  des  ersten  gliedes  war  also  *fehu-,  */eu-, 
*J'0u-  und  es  reiht  sich  dadurch  den  von  Bugge,  Arkiv  II,  250  f. 
gegebenen  beispielen  von  «-umlaut  des  e  zu  a  durch  u  an.  Der  s.  27 
und  28  e/wähnte  widei stand  des  hiatus  gegen  palatalumlaut  ist  natür- 
lich für  das  eintreten  des  labialumlautes  kein  binderniss. 


Schwedische  Wortforschung.  33 

mit  eben  dem  lat.  [castmre  zusammenzustellen ,  wenn  diese  Zu- 
sammenstellung laüTrTc!r"zu''rechtfertigen  ist.  Dies  erscheint 
möglich,  da  auch  sonst  lat.  a  dem  germ.  e  entspricht;  z.  b. 
isl.  mikillj  1.  magnuH,  gr.  (.dyag;  got.  fidvör,  1.  quafuor;  asächs. 
t^ur,  1.  labrum;  d.  eher,  1.  a^er  etc.  Von  dem  auftreten  eines 
uralten  i  als  a  im  Lat.  weiss  ich  aber  kein  beispiel  und  der 
etymologie  zu  liebe  scheint  es  mir  also  nicht  wahrscheinlich  zu 
sein,  dass  -gist  in  ahd.  hengist  uraltes  i  enthält. 


3.   Schwed.  fredag  und  die  urgermanische  Verschärfung 
von  j  und  w. 

Ueber  die  erscheinung,  dass  urg.  j ,  iv  im  anord.  durch 
99.))  99^f^>  ii^  Giot.  durch  ddj ,  ggw ,  in  den  westgerm.  sprachen 
dem  entsprechend  durch  doppeltes,;,  iv  zuweilen  vertreten  wird, 
während  in  anderen  fällen  diese  ,, Verschärfung"  auszubleiben 
scheint ,  ist  vieles  verhandelt  worden ,  und  so  jüngst  von 
Bechtel,  üötting.  nachrichten  1885,  nr.  6,  wo  auch  die 
früheren  ansichten  kurze  erwähnung  finden.  Bechtel  ist  zu 
seiner  ansieht  durch  Ficks  nachweis  in  diesen  Beitr.  IX,  317 — 
320,  angeregt,  „dass  idg.  j  im  Griechischen  zwischen  vokalen 
ausfällt,  wenn  der  alte  accent  vorhergegangen,  zu  iota  wird, 
wenn  der  alte  accent  gefolgt  ist".  Bewährt  sich  dies  gesetz, 
so  findet  es  Bechtel  wahrscheinlich,  dass  die  erscheinungen  der 
germanischen  Verschärfung  damit  in  Verbindung  stehen,  und 
sucht  dann  zu  erweisen,  „dass  die  Verschärfung  eintritt, 
wenn  der  alte  indogermanische  accent  unmittelbar 
folgt;  unterbleibt,  wenn  der  alte  accent  unmittelbar 
vorausgeht".  Der  eintritt  der  Verschärfung  würde  also  dem 
auftreten  des  i  im  Griechischen  entsprechen,  das  ausbleiben 
dem  des  j.  Von  dem  zusammenhange  der  Verschärfung  mit 
dem  von  Fick  nachgewiesenen  gesetze  bin  ich  lebhaft  über- 
zeugt, aber  es  kommt  mir  vor,  als  wäre  die  beziehung  der 
Verschärfung  zu  diesem  gesetze  gerade  die  umgekehrte,  so,  dass 
der  eintritt  der  Verschärfung  dem  auftreten  von ,/  entspricht,  das 
ausbleiben  dem  des  sonantischen  i.  Die  forscher,  welche  früher 
die  erscheinung  zu  erklären  gesucht  haben,  haben  nach  meiner 
meinung  darin  gefehlt,  dass  sie  über  die  natur  der  erscheinung 
nicht  klar  geworden  sind.  Sie  gehen  alle  von  j,  w  aus  und  es 
gilt  für  sie  zu  ermitteln,  unter  welchen  bedingungen  dieses  j',  w 

lieitrü^'e  /.  kuiidc  d.  indg.  sprachen.    Xill.  3 


34  Erik  Brate 

urgerm.  zu  jj,  ww  wird  und  unter  welchen  es  j,  tv  bleibt. 
Nach  meiner  meinung  ist  dieser  ausgangspunkt  unrichtig;  aus 
dem  alten  consonantischen  i  (das  ich  hier  i  schreibe) 
entwickelt  sich  immer  Verschärfung;  wo  die  Ver- 
schärfung auszubleiben  scheint,  war  die  Vorstufe 
nicht  consonantisches  i  (i) ,  sondern  vokalisches  (hier 
mit  i  bezeichnet).  Dieser  Wechsel  ist  also  nur  eine  äusserung 
des  allgemeinen  wechseis  von  i  und  i  bei  hiatus,  welchen 
Sievers,  PB.  Beitr.  V,  131  als  schon  für  die  indoeuropäische 
grundsprache  geltend  erwiesen  hat.  Dass  der  grund  dieses 
wechseis  von  i  und  i  ein  anderer,  als  die  Stellung  nach  kurzer 
oder  langer  Wurzelsilbe  sein  musste,  habe  ich,  ohne  Ficks  auf- 
satz  zu  kennen,  in  diesen  Beitr.  XI,  197  aus  daselbst  vorge- 
brachten umständen  erschlossen,  aber  ich  vermochte  damals 
den  wahren  Zusammenhang  nicht  einzusehen  und  vermutete  ein 
dem  von  Fick  aufgestellten  ganz  entgegengesetztes  princip. 
Diese  Vermutung  gebe  ich  hiermit  ganz  auf.  Ich  glaube,  dass 
Fick  die  regel  für  den  Wechsel  von  i  und  i  nach  vokal  im 
Griechischen  richtig  aufgestellt  habe,  aber  es  kommt  mir  vor- 
läufig nicht  darauf  an;  ich  sehe  ganz  von  dem  etwaigen  gründe 
des  wechseis  von  i  und  i  ab  und  behaupte  nur,  dass  wo  urger- 
manisch (wegen  des  accentes  oder  aus  anderen  Ursachen)  i 
intervokalisch  stand,  es  zu  m' gedehnt  wurde;  vokalisches«  erlitt 
zunächst  keine  änderung,  ging  aber  später  in  %  über.  Vgl.  wie 
im  Schwedischen  inter vokalisches  i  immer  lang  ist,  Lyttkens 
und  Wulff,  Svenska  spräkets  Ijudlära  och  beteckningslära 
s.  162,  und  vgl.  Orms  Schreibungen  e^^e,  fa^gerr,  deren  phone- 
tische geltung  als  eije^  f'aijer  Ten  Brink,  Haupts  Zs.  XIX,  213 
nachgewiesen  hat.  Es  steht  dann  auch  fest,  dass  in  der  flexion 
desselben  wertes  dieser  Wechsel  von  i  und  i  vorhanden  gewesen, 
vgl.  die  von  mir  a.  a.  orte  angeführten  umstände,  welche  dafür 
sprechen. 

Dass  man  nicht  früher  die  frage  nach  dem  eintreten  und 
nichteintreten  der  schärfung  auf  diese  einfache  weise  gelöst 
hat,  hängt  teils  von  Sievers'  formulierung  des  gesetzes  über  den 
Wechsel  von  i  und  i,  teils  von  einem  gewissen  „horror  vacui" 
ab:  man  hatte  eine  gewisse  scheu  hiatus  im  Urgermanischen 
oder  noch  mehr  in  der  indoeuropäischen  grundsprache  anzu- 
nehmen. Jeder  hiatus  musste  von  einem  parasitischem  conso- 
nanten    ausgefüllt    werden,    welches    verurteil,    wie    sonst    so 


Schwedische  Wortforschung.  35 

manches,  von  der  Überschätzung  des  Altindischen  und  Goti- 
schen als  zeugen  über  die  ursprachlichen  Verhältnisse  herrührte. 
Dass  die  obige  darstellung  des  Vorganges  das  richtige  trifft, 
dafür  zeugt  auch  der  umstand,  dass  die  Verschärfung  nicht 
nach  langer  Wurzelsilbe  auftritt.  In  dieser  Stellung  war  ja 
vokalisches  i  so  überwiegend  vorhanden,  dass  Sievers  das  Vor- 
handensein des  i  mit  der  Stellung  nach  langer  Wurzelsilbe  in 
Zusammenhang  setzte.  Vielleicht  wird  es  gelingen,  auch  nach 
langer  Wurzelsilbe  die  Verschärfung  nachzuweisen ,  wie  umge- 
kehrt fälle,  wo  die  Verschärfung  nach  kurzer  Wurzelsilbe  aus- 
bleibt, nachgewiesen  sind.  Dann  muss  man  natürlich  auch  in 
diesem  falle  die  möglichkeit  der  analogiebildung  zwischen  den 
accentlagen  zugeben  und  nicht  zu  strenge  fordern,  dass  die 
von  dem  germanischen  Wechsel  angezeigte  accentlage  immer 
den  alten  Verhältnissen  gerecht  sein  soll. 

Die  vokalischen  Verhältnisse  des  wortes  fredag  machen 
Schwierigkeit.  Die  aschwed.  formen  sind  nach  Rydqvist, 
Svenska  spräkets  lagar  VI  freadagher ,  fredagher.  Das  fria 
dagher  in  dem  alten  dialect  von  Gotland  zeugt,  dass  dieses 
aschw.  e,  wenn  isl.  vorhanden,  ein  S  wäre.  Zur  erklärung  der 
Vokalqualität  habe  ich  in  der  mit  diesen  aufsätzen  gleichzeitig 
gedruckten  abhandlung  ,,Äldre  Vestmannalagens  Ijudlära"  §  3, 
e,  8  ein  nordisches  lautgesetz  aufgestellt,  wonach  i,  i  antevo- 
kalisch  zu  e  wurde.  Nach  seiner  natur  wäre  dieses  lautgesetz 
eine  art  gutturalu miaut,  und  ich  stelle  dessen  Wirkung  als 
phonetische  erscheinung  dem  hindernden  einfluss  gleich,  den 
der  hiatus  bei  dem  i-umlaute  ausübt;  s.  o.  s.  28.  Für  das 
nähere  über  dieses  gesetz  verweise  ich  auf  meine  auseinander- 
setzung  a.  a.  o. ^ 

Das  wort  fredag ,  d.  freitag ,  ahd.  friatag  ist  bekanntlich 
mit  dem  namen  der  göttin  Frigg  zusammengesetzt.  Dass  der 
in  der  zsg.  enthaltene  gen.  sg.  der  alte  und  dass  der  isl.  gen. 
sg.  Friggjar  eine  neubildung  nach  dem  nom.  sg.  sein  muss, 
brauche  ich  J£aum,^zu  bemerken.  Das  wort  ist  etymologisch 
klar,  ai.  j3riy<^„garhm,  ge^^bte".  Ferner  steht  es  durch  das 
schwedische  wort  fest7*^ass  ofec^  gen.  sg.  keine  schärfung  hat, 
und  die  schärfung  dürfte  also  dem  nom.  sg.  angehören.  Da 
ein  Wechsel  der  betonung,  wonach  der  nom.  sg.  Schlussbetonung, 
der  gen.  sg.  aber  wurzelbetonung  hat,  so  viel  ich  weiss,  nicht 
erwiesen  ist,  sondern  immer  der  umgekehrte  Wechsel  stattfindet, 

3* 


36  Erik  Brate 

wo  überhaupt  ein  Wechsel  der  betonung  sich  wahrnehmen  lässt, 
so  folgt  gegen  Bechtel,  dass  die  schärfung  eintritt,  wenn  der 
alte  accent  unmittelbar  vorausgeht;  dass  sie  dagegen  unter- 
bleibt, wenn  der  alte  accent  unmittelbar  folgt.  Setzen  wir 
jetzt  den  Wechsel  von  i,  i  nach  Ficks  gesetz  ein,  so  ergibt  sich 
folgendes:  nom.  sg.  *friid  gibt  isl.  Frigg ;  gen.  sg.  '^fri-i-oz 
gibt  zunächst  *fri-öz,  schliesslich  aschw.  Frea-. 

Dieses  wort  zeigte  also,  mit  dem  ai.  priya  verglichen,  eine 
Versetzung  der  betonung  im  nom.  sg.  Dagegen  steht  die  alte 
etymologie  got.  freis  :  sskr.  iwiyds  mit  den  lautgesetzen  in 
völliger  Übereinstimmung,  ai.  prigds,  indo-eur.  *pri-i-ds,  ur- 
germ.  *fri-i-dz,  *frl-dz  gibt  eben  got.  freis.  Eine  Zwischen- 
stufe ^frijis  gab  es  also  nicht  und  got.  frijei  ist  gotisch  aus 
*fri-i  entwickelt. 

In  diesen  fällen  entspricht  also  der  eintritt  und  das  aus- 
bleiben der  Verschärfung  dem  vorkommen  von  i  und  i  nach 
Ficks  gesetz,  dass  «  bei  vorausgehendem,  i  bei  nachfolgen- 
dem hauptton  stand.  Aber  ich  wiederhole  es  nachdrücklich, 
die  erscheinung  der  Verschärfung  hängt  von  der  befindlichkeit 
eines  i  (u)  ab,  gleichviel  ob  dieses  durch  das  accentgesetz 
oder  sonst  irgendwie  entstanden  ist;  sie  hat  also  nur  insofern 
mit  der  betonung  zu  schaffen,  als  die  Verteilung  von  i  und  i, 
u  und  u  von  der  betonung  abhängt. 

Ich  werde  nicht  nötig  haben  das  zu  der  verschärfungs- 
frage  gehörige  material  nochmals  durchzusprechen.  Was  für 
und  gegen  die  annähme  ursprünglicher  betonung  vor  oder  nach 
dem  verschärften  laut  sich  sagen  lässt,  das  ist  schon  von 
forschem  vorgebracht,  welche  mehr  berufen  sind  die  urge- 
schichtlichen Verhältnisse  unseres  sprachstammes  zu  behandeln 
als  ich  es  bin.  Es  konnte  meine  aufgäbe  nur  die  sein,  die 
von  mir  im  anschluss  an  Fick  neugewonnene  anschauung 
darzustellen  und  an  einem  deutlichen  fall  die  richtigkeit  davon 
nachzuweisen.  Die  erklärung  der  übrigen  fälle  folgt  dann  so 
zu  sagen  von  selbst.  Im  grossen  und  ganzen  werden  dieselben 
beispiele  meine  erklärung  stützen,  welche  Kluge  zu  seiner  auf- 
fassung  bewogen.  Durch  Ficks  gesetz,  auf  die  germ.  sprachen 
übertragen,  sind  doch  keineswegs  die  gründe  des  wechseis  von  i 
und  i  erschöpft.  Dieses  gesetz  betrifft  nur  den  Wechsel  von  i 
und  i  nach  vokal;  auf  den  Wechsel  von  i  und  /  nach  konso- 
nanten  bezieht   es  sich   nicht.      Für  das   Germanische  ist   die 


Schwedische  Wortforschung.  37 

berechtigung  eines  i,  u  nach  kurzer  Wurzelsilbe  in  einigen 
fällen  der  eigentliche  gewinn  von  diesem  gesetze.  In  anderen 
fällen  muss  i,  u  nach  kurzer  Wurzelsilbe  eine  andere  erklärung 
haben  und  nach  langer  Wurzelsilbe  muss  ausser  Ficks  gesetz 
für  das  überwiegende  vorkommen  von  i  noch  etwas  als  erklä- 
rung hinzukommen. 

Ein  wort  muss  ich  doch  besonders  besprechen,  weil  es 
selbst  dunkel  ist  und  ßechtels  meinung  zu  stützen  schem<^  Es 
ist  das  aschw.  hosm^fa  „hausfrau".  Dass  dieses  worj^icht  zu 
frau  gehört,  scji^mt  die  vokalisation  e  zu  beweise^rfes  ist  eine 
von  isl.  hutp-ßi/gia,  aschw.  hits-fröa,  agntn^hus-froyia  (s. 
Rydqvi.«x,  Svenska  spräkets  lagar  II,  Spi^anz  verschiedene 
bilduflg  und  gehört  ohne  zweifei  der/^ppe  von  Frigg  an. 
Auch  von  dem  andern  worte  kommejrf^orraen  mit^  vor:  anorw. 
huspreyja.  Für  sp  hat  Noreen,/i^rkiv  I,  297  die  erklärung 
gegeben ,  dass  s  +  labiolabi^i^  f  lautgesetzlich  sp  ergeben, 
welcher  an  sich  wahrscheinliche  lautübergang  kaum  durch  ein 
zweites  beispiel  belegt  werden  kann.  Nach  anord.  lautgesetzen 
allein  kann  dies  p  sonst  nicht  erklärt  werden.  Falls  Noreens 
erklärung  von  sp  nicht  richtig  ist,  was  ich  jedoch  glaube, 
könnte  man  denken,  dass  p  durch  den  einfluss  des  tonlosen  s 
aus  b  entstanden  sei,  das  wiederum  mit  dem  f  von  Frigg, 
Freyj'a  in  grammatischem  Wechsel  stehe.  Das  setzt  voraus, 
dass  in  der  zsg.  *  hüsa-friiön ,  *  hüsa-frl-ön  der  hauptton  nach 
dem  f  gelegen  hat,  wodurch  dieses  zu  h,  h  ward.  Aber  es  ist 
nur  die  frage,  wie  weit  nach  f  der  hauptton  hat  stehen  müssen ; 
müsste  er  unmittelbar  nach  f  gestanden  haben,  so  stimmte  das 
wort  durch  das  ausbleiben  der  Verschärfung  zu  Bechtels  theorie ; 
stand  er  noch  weiter  vorwärts  auf  der  endung  des  wortes,  so 
stände  die  entwickelung  mit  meiner  theorie  in  Übereinstimmung. 
Und  ich  weiss  nicht,  was  die  annähme  hindert,  dass  der  haupt- 
ton auf  der  letzten  silbe  ruhte.  Das  wort  ist  zur  schwachen 
flexion  übergetreten,  ganz  wie  p/^rj,  isl.  l^ß^,  das  ebenfalls 
Schlussbetonung  hatte.  Es  scheint  dann  nfoglich,  dass  hier  der 
alte  nom.  sg.  ai.  ;^n|^sich  in  der  zsg.  erhalten  hat  und 
schwach  flectiert  wlörden  ist.  Was  das^^wort  besonders  dunkel 
macht,  ist  der  wfechsel  li^spfea^ Ißi^rea.  Es  kommt  noch  in 
ein  paar  zsg.  diese  abwandlung  von  hus  vor,  nämlich  einmal 
in  nötos  VGL.  II,  isl.  naut-hns,  und  mehrmals  in  dem  stadt- 
namen  Lgßos,  Löpos,    is\.   Ljöähüs  jetzt  Lödöse,    Rydqvist, 


38  Erik  Brate 

Svenska  spräkets  lagar  IV,  79.  Dass  die  abwandlung  von  u 
zu  0  mit  der  geringen  stärke  der  betonung  des  letzten  gliedes 
der  zsg. ,  dessen  Zusammenhang  mit  dem  simplex  oft  nicht 
empfunden  ward,  in  Zusammenhang  steht,  darauf  deutet,  dass 
im  aschw.  dat.  pl.  Lößesom  (s.  Rydqvist  II,  280)  in  der  unbe- 
tonten mittelsilbe  noch  eine  weitere  Schwächung  vorliegt.  Die 
kürzung  des  vokals  in  hüs  als  letztes  glied  der  zsg.  ist  eine 
folge  der  schwachen  betonung  dieses  gliedes;  dieselbe  kürzung 
würde  natürlich  erfolgen ,  wenn  hüs  als  erstes  glied  schwache 
betonung  hätte  und  dadurch  kann  auch  in  hosprea  die  kürzung 
erklärt  werden.  Dass  der  so  gekürzte  vokal  aschw.  als  o  auf- 
tritt, hängt  von  den  von  Kock,  Studier  öfver  fornsvensk 
Ijudlära  erwiesenen  gesetzen  für  den  Vokalwechsel  der  unbe- 
tonten Silben  ab.  Lypos  kommt  öfters  vor,  es  kann  also  in 
Schriften  mit  „vokalbalans"  auftreten  (s.  Kock,  s.  173);  in 
solchen  Schriften  ist  o  nach  der  langen  Wurzelsilbe  regelrecht. 
In  den  Schriften  mit  „vokalharmonie"  würde  höpos  regel- 
recht sein ,  denn  dieses  gesetz  fordert  o  nach  einer  Wurzel- 
silbe mit  o-laut,  geschlossenem  e-laut  oder  ö-laut.  Durch  die 
vokalharmonie  ist  vielleicht  nötos  zu  erklären  und  vielleicht 
auch  hosprea,  wobei  man  annehmen  müsste,  dass  die  vokal- 
harmonie auch  rückwärts  wirkte,  welche  möglichkeit  selten  in 
betracht  kommen  kann. 


4.   Schwed.  kalfdans  und  die  flexion  des  particium  praesentis. 

Rydqvist,  Svenska  spräkets  lagar  I,  420  hat  eine  anzahl 
bildungen  zusammengestellt,  welche  er  als  zum  part.  praes. 
gehörig  j^jkennt,  ohne  die  bezi^hung  ins  einzelne  zu  ermitteln. 
Es   sinrl  I  afjphw,'^^^r7a^>>Tw^^  ganganz  foter  das- 

jWOÜHbaue  le^e", 
_  ll-s  gutWliten  der 
taxatoren",  wighcenz  wakn  „mofüWaffe",  '&ifmHiz  mcep 
ofuanz  vimn  ,,gewährsleute",  havanzlösa  ^^angeiy,  mkfns  m 
,,es^"Wia^e'^S4j;id  mit  diesen  wird  noch  anorw.  sjänds  vitni)  bei' 
Vigfuss'on  sjdndz-vdttr  „an  eye-witness"  gleichgestellt.  Betreffs 
des  letzten  führt  Rydqvist  Munchs  erklärung  an,  dass  sjänds 
vitni  für  vitni  hins  sjdnda  „das  zeugniss  eines  sehenden,  augen- 
zeugen"  stehe  und  dass  -s  in  sjänds  diis  rückbleibsel  der  sonst 
fast  ausgestorbenen  starken  flexion  des  part.  praes.  sei,  welche 


selbe,  b^r<inz  tr^  „obstbl^m",  i^o^Tm^s  ?w^H^^' 
micetanz   mcen   „taxatoren",    mmanz   orpj  J^ 


Schwedische  Wortforschung.  39 

flexion  noch  der  got.  iiom.  sg.  saihvands  bewahrt,  vgl.  sf/tiar 
vitni,  asynar  vitni  mit  derselben  bdg.  Diese  treffende  erklär ung 
Munchs  verwirft  Rydqvist  mit  gründen,  welche  anzudeuten 
scheinen,  dass  er  Munchs  meinung  nicht  verstanden  hat.  Er 
selbst  scheint  am  meisten  geneigt  zu  sein,  das  -s  der  betref- 
fenden Wörter  als  eine  für  die  Zusammensetzung  geschaffene 
unrichtige  genitivbildung  anzusehen,  wie  es  isl.  hj'alpsmaär 
heisst,  obschon  das  simjjlex  hj'alp  nur  den  gen.  sg.  hjdpar 
bildet.  In  einigen  fällen  z.  b.  lofiianz  (mcenj  will  er  sogar 
das  erste  glied  der  zsg.  geradezu  als  einen  gen.  sg.,  wie  hj'alps- 
gebildet,  von  einem  subst.  lofuan  „versprechen",  auffassen. 

Obgleich  an  der  erklär  ung  Rydqvists  nichts  auszusetzen 
ist,  glaube  ich  doch,  dass  Munch  das  richtige  gesehen  hat, 
dass  also  diese  bildungen  den  gen.  sg.  der  alten  flexion  des 
part.  praes.  enthalten  und  genau  zum  griech.  gen.  sg.  -ovrog 
stimmen.  Dass  die  germ.  sprachen  diese  flexion  besessen  haben, 
zeigt  der  nom.  sg.  auf  -s  im  Gotischen;  als  nominativbildungen 
entsprechen  also  got.  itands  und  das  alte  part.  praes.  odovg 
„zahn"  aus  *od-ovT-g  einander  genau.  Die  syntactische  Ver- 
bindung ist  dieselbe  wie  in  IlQid/iioio  ßlt]  ,,der  gewaltige  Pria- 
mus",  aöyj(.ia  ßorjg  „ein  undeutliches  geschrei",  ccgtqwv  evcpQOvt] 
„sternhelle  nacht"  u.  a.  und  die  deutschen  nachbildungen  „er 
stiess  ihm  des  Schwertes  schärfe  in  den  leib";  „eröffnet  ist  des 
rachens  weite"  (Schiller);  „sie  flohen  auf  des  pfades  enge" 
(Uhland).  Vgl.  weiter  im  Aschw.  selbst  mep  ivreps  ivilia, 
meß  wreps  hcende,  mep  harms  hcende,  alle  mit  der  bdg.  „im 
zorn"  eigentl.  „mit  dem  willen,  der  band  eines  erzürnten" 
und  im  Lateinischen  die  bekannte  syntactische  construction  mit 
gen.  eines  part.  präs.  statt  eines  deutschen  subst.  abstractum 
z.  b.  addidit  et  aliam  fidentis  speciem  „ein  anderes  zeichen  der 
Zuversicht"  und  insbesondere  mit  gen.  plur.  z.  b.  velutl  fiammas 
spirantium  miraculo  attoniti  constitertmt  „sie  blieben  stehn 
betroffen  vom  wunder  des  scheinbaren  flammenspeiens",  Nägels- 
bach, Latein.  Stilistik  3.  aufl.  s.  93.  Dass  die  betreffenden 
nordischen  Verbindungen  dem  sinne  nach  vollkommen  mit  diesen 
alten  dichterischen  constructionen  der  classischen  sprachen 
übereinstimmen,  deutet  darauf,  dass  sie  auch  in  der  form  eine 
altertümlichkeit  bewahrt  haben. 

Die  altertümlichkeit  der  bildung  ist  aber  in  schwed.  ^»s;^ 
ganz  unverkennbar.     Dieses  wort  isT^ 


40  Erik  Brate 

noch  nicht  etymologisch  aufgeklärt.  Au  der  form  und  aus- 
spräche ist  es  als  eine  zsg.  erkenntlich,  deren  erstes  glied  kalf 
„das  kalb"  ist.  Das  zweite  glied  will  ich  als  gen.  sg.  part. 
präs.  des  in  den  nordischen  sprachen  §onst  ausgestorbenen 
verbums  auffassen,  welches  im  griech.  d^fjo^i  „gSugen",  ahd. 
^M«wa  ,,saiJg»Bi|^  auftritt.  Die  bedeutung  warte  also  „des  das 
kalb  saugenden"  und  zu  diesem  gen.  hat  man  ein  subst.  als 
„milch"  oder  dgl.  zu  ergänzen.  Vgl.  im  Griechischen  con- 
structionen  wie  iv  ''L4idov  „in  (der  wohnung)  Hades",  im  Lat. 
pugnatum  est  ad  Spei  (sc.  templum),  im  Deutschen  Werners 
(familie,  ungehörige)  haben  uns  heute  besucht  u.  s.  w.  Im 
Schwed.  finden  sich  beispiele,  dass  ein  ursprünglicher  gen.  sg. 
als  nom.  sg.  gebraucht  wird  z.  b.  skjuts,  gods,  siehe  Kock, 
Svensk  akcent  II,  121.  Das  in  rede  stehende  part.  präs.  würde 
indoeur.  in  gen.  sg.  *dhe-nt-6s  heissen,  urgerm.  nach  Verners 
gesetz  *  äe-nä-6s,  urnordisch  *dä-nd-as,  nach  der  anord.  syncope 
*dändsj  und  mit  kürzung  des  ä  vor  den  vielen  consonanten: 
*dands,  *dants,  welches  neuschwed.  schliesslich  -dans  wurde, 
wie  deutsch  Lorenz,  Franz  schwed.  Lorens,  Frans  sind.  Diese 
bildung  lehrt  zugleich,  dass  der  gen.  sg.  des  part.  präs.,  der 
ursprünglich  in  syntactischer  beziehung  als  ein  selbständiges 
wort  behandelt  wurde,  auf  der  entwickelungsstufe  der  nordi- 
schen sprachen  zu  einem  blossen  bildungselement  herabgesunken 
ist,  da  hier  gen.  sg.  masc.  mit  bezug  auf  ein  fem.,  die  kuh, 
steht. 

Aber  in  noch  einer  form  tritt  uns  dieselbe  bildung  ent- 
gegen. In  seinem  werke  IV,  441  behandelt  Rydqvist  schwed. 
oqvädingsord  „Schimpfwort".  Aschw.  heisst  dieses  wort  okua'pins 
orp ,  iikucepins  orp,  ukuaßins  orp,  nur  zwei  oder  drei  mal 
vqucepingz  orp,  wie  im  Neuschwed.,  oder  okuceßis  orp,  wie  isl. 
ukvddis-ord  „offensive  language".  Noreen,  Svenska  landsmälen 
I,  697  weist  auch  oqvcedhansord  nach.  Mit  recht  hebt  Rydqvist 
hervor,  dass  -ns  nicht  aus  -ngs  hervorgehen  kann,  weil  die 
Verbindung  ng  im  Aschwed.  durchgängig  erhalten  wird.  Da- 
gegen ist  es  leicht  verständlich,  dass  die  bildung  auf  -ins  zu 
-ings  analogisch  umgestaltet  wird;  vgl.  wie  im  Englischen  durch 
die  nämliche  analogie  -ing  die  endung  des  part.  präs.  geworden 
ist.  Die  Umbildung  zu  okuwßis  orp  liegt  auch  nahe.  Die  form 
auf  -ins  muss  also  die  alte  sein.  Vergleicht  man  dann  mit 
der  nebenform   dieses  wortes  oqvcedhansord   das   von   Rydqvist 


Schwedische  Wortforschung.  41 

erwähnte  oqvepins  vitr  ,,ein  unvernünftiges  tier"  eigentl.  „ein 
nicht  redendes",  welche  bildung  gänzlich  mit  den  oben  behan- 
delten übereinstimmt,  so  wird  man  nicht  zweifeln  können,  dass 
auch  diese  Zusammensetzungen  den  alten  gen.  sg.  des  part. 
präs.  enthalten.  Die  Verdrängung  des  t  zwischen  n  und  s  ist 
auf  analogischem  weg  geschehen  und  zwar  durch  association 
mit  dem  gen.  sg.  kva^pins  des  part.  pass.  kvcepin.  In  diesen 
bildungen  haben  wir  also  ein  suffix,  das  mit  demjenigen  der 
früher  behandelten  in  ablautswechsel  steht,  ein  indoeurop.  suffix 
-ent-,  das  vielleicht  im  lateinischen  -em^,  -entis  vorliegt. 

Dieselbe  bildung  enthält  das  Uddinsakr  „das  land  der 
unsterblichen''  der  isländischen  mythe.  Es  ist  also  formell 
*ü-dav-ind-s-ahr ,  aus  dem  regelrechten  part.  präs.  zu  deyja, 
*dav-ind-r.  Das  inlautende  v  ist  in  U-ddinsakr  durch  association 
mit  part.  pass.  ddinn  verdrängt  und  dieselbe  association  hat 
im  auslaute  das  d,  t  zwischen  n  und  s  schwinden  lassen.  In 
dem  letzteren  fand  der  wegfall  von  v  in  den  syncopierten 
formen  statt,  s.  Noreen,  Arkiv  I,  56. 

5.    Dualis  in  dem  altschwedischen   älteren  Westmanna- 
gesetze. 

Es  besteht  in  aschwed.  denkmälern  ein  wegfall  des  aus- 
lautenden -r  der  flexionsendungen  nach  vokal,  der,  immer  mehr 
um  sich  greifend,  im  fünfzehnten  jh.  soweit  gediehen  ist,  dass 
fast  jede  endung,  die  im  Isl.  auf  -r  nach  vokal  auslautete,  im 
Aschw.  vokalisch  auslautet.  Sieh  darüber  So  de  rvall,  Hufvud- 
epokerna  af  svenska  spräkets  utbildning  s.  17,  19,  58,  61.  Das 
gesetz,  wonach  das  -r  wegfällt  oder  bleibt,  ist  bisher  nicht 
ermittelt.  Einen  von  Kock,  Svensk  akcent  II,  s.  427  ge- 
machten versuch  den  wegfall  von  der  betonung  abhängig  zu 
machen  zurückweisend,  habe  ich  in  „Äldre  Vestmannalagens 
Ijudlära"  §  40  in  „Upsala  universitets  ärsskrift  1887"  zu  er- 
weisen gesucht,  dass  in  diesem  denkmal  dasselbe  gesetz  den 
Wegfall  von  -r  regele,  das  im  Englischen  für  den  wegfall  des 
auslautenden  -r  gilt.  Sweet,  Elementarbuch  des  gesprochenen 
Englisch  s.  XXVIII  gibt  das  gesetz  so  an:  „Im  E.  erscheint  r 
nur  vor  unmittelbar  ohne  pause  nachfolgendem  vokal";  es  fällt 
also  vor  konsonanten  und  in  pausa  weg.  Für  den  nachweis 
über   dieses    gesetz   des   Wegfalls  verweise   ich  auf  jene  arbeit; 


42  Erik  Brate 

hier  will  ich  einen  excurs  zu  meiner  dortigen  darstellung  vor- 
tragen. 

Nicht  alle  Wortklassen  nehmen  gleichen  anteil  an  dem 
wegfalle  von  -r.  Das  -r  der  verwandtschaftswörter  faßir,  mo^ir 
etc.  bleibt  im  grossen  und  ganzen  bestehen  und  im  plural  -ur 
(-or)  der  schwachen  fem.  fehlt  zuweilen  das  -r,  aber  „erst  um 
die  mitte  des  14.  jh.",  Södervall  s.  17. 

Im  älteren  Westmannagesetze  halten  auch  die  schwachen 
fem.  in  plur.  das  -r  zähe  fest.  Nora,  und  acc.  pl.  der  schwachen 
femin.  sind  21  mal  bezeugt;  aber  nur  zwei  mal  ohne  das  schlies- 
sende  -r.  Rücksichtlich  der  von  mir  aufgestellten  regel  für 
den  Wegfall  bleibt  in  diesen  formen  das  -r  der  regel  gemäss 
5 mal,  gegen  die  regel  11  mal,  während  in  3  fällen  mit  -r  es 
unsicher  ist,  ob  der  regel  nach  das  -r  bleiben  oder  wegfallen 
sollte.  Ich  habe  den  wegfall  des  -r  auch  zu  der  altnordischen 
Verschiedenheit  zweier  r-laute  (der  eine,  r ,  von  haus  aus  ein 
r-laut,  der  andere,  R,  aus  urgerm.  tönendem  s  entstanden)  in 
beziehung  gesetzt  und  zwar  so,  dass  r  durchaus  bleibt,  R 
meinem  gesetze  für  den  wegfall  unterliegt.  Dann  habe  ich  die 
beharrlichkeit  des  -r  im  pl.  der  schwachen  femin.  als  eine  an- 
gleichung  an  endungen  mit  -ur ,  besonders  an  diejenigen  der 
verwandtschaftswörter,  erklärt,  wodurch  der  plur.  die  endung 
-uR  mit  -ur  vertauschte. 

Bei  dieser  Sachlage  ist  man  berechtigt  nach  einer  beson- 
deren erklärung  für  die  zwei  fälle  zu  suchen,  in  welchen  das 
-r  im  acc.  pl.  der  schwachen  fem.  weggefallen  ist,  obgleich  die 
übrigen  zahlreichen  fälle  es  durchgängig  bewahren.  Es  gibt 
zwei  plurale  des  wertes  huna  „frau"  ohne  -r  und  es  kann  für  die 
erklärung  nicht  ohne  bedeutung  sein,  dass  alle  beide  mit  dem  Zahl- 
wort „zwei"  vereint  erscheinen.  Die  belege  sind:  iahi  twa  kunu 
oc  en  man  KrB  6  und  wiiis  manni  vm  tiva  kunu  KrB  9,  1. 
Die  bedeutung  und  die  von  dem  plur.  verschiedene  form  er- 
weisen, dass  wir  hier  einen  dualis  in  lebendigem  gebrauch  vor 
uns  haben.  Die  ursprüngliche  gestalt  dieses  duals  zu  ermitteln 
ist  dagegen  mit  einiger  Schwierigkeit  verbunden,  weil  das 
wort  huna  einer  declination  angehört,  deren  geschichte  sehr 
dunkel  ist. 

Möller,  PB.  Beitr.  VII,  542  hat  erwiesen,  dass  die  schwachen 
feminina  im  Germ,  aus  alten  ä-stämmen,  ü-stämraen  und  n- 
stämmen  entstanden  sind  und   dass  ihre  flexion  im  Nordischen 


Schwedische  Wortforschung.  43 

eine  derartige  zusammenschmelzung  der  flexion  der  fl-stämme 
und  derjenigen  der  /«-stamme  ist,  dass  in  allen  casibus  ausser 
dem  nom.  sg.  jene  den  vokal  des  stammschlusses ,  diese  den 
konsonanten  abgegeben  haben;  der  stamm  geht  also  auf  -ün 
aus.  Das  wort  kiina  ist  eben  ein  alter  ä-stamm,  griech.  yvv^, 
der  zu  dieser  flexion  übergetreten  ist.  Der  vorauszusetzende 
stamm  wäre  also  *kunün-,  und  es  ist  nur  die  frage,  welches 
die  endung  des  duals  war.  Vielleicht  lässt  sich  darüber  streiten ; 
ich  glaube,  dass  man  es  bei  der  tatsache  beruhen  lassen  kann, 
dass  ein  dualis,  gebildet  mit  dem  in  Griech.  zur  bildung  des 
dualis  von  w-stämmen,  dycov-s^  riyBf.i6v-e,  dsleplv-e  verwandten 
-€  ein  *hmün-e,  und  damit  das  kumi  des  Westmannagesetzes 
ergeben  würde,  ^kimüne  musste  sehr  früh  sein  -e  verlieren, 
s.  Paul,  PB.  Beitr.  VI,  144  f.  und  vgl.  urnord.  J)rawingan  auf 
dem  Tanum -steine,  witadalialaiban  auf  dem  Tune-steine  vgl. 
Burg,  Die  älteren  nordischen  Runeninschriften  s.  91,  127.  Es 
musste  also  "^kiman  entstehen,  welches  später  das  auslautende 
-n  einbüsste,  s.  Noreen,  Altisl.  gram.  §  220,  3. 

Dass  der  pl.  kunu  von  mir  richtig  als  dualis  gedeutet 
worden  ist,  wird  durch  das  vorkommen  von  noch  einem  alten 
dualis  in  demselben  denkmal  zur  gewissheit  erhoben.  Es  ist 
der  nom.  pl.  giizzmiu  KrB  6,  1,  2 mal.  Nachdem  die  Vor- 
schrift gegeben  ist :  Pcet  harn  skal  döpilsi  fa  cer  swen  barn  taki 
tica  men  oc  ena  kmiu.  ßön  sculu  kunna.  pater  noster.  oc 
credo.  cer  mö  harn  taki  twa  kunu  oc  en  man  wird  fortgesetzt: 
Langt  cer  til  kirkiu  fara  guzziuiu  sculu  harn  ivacta.  Sceghia 
swa  guzziuiu.  ivi  cerum  cei  f'ör  mcep  pcessu  harnni  ywi  scoghin 
etc.  Von  dem  betreffenden  worte  „pathe,  taufzeuge"  kommen 
in  dem  denkmal  sonst  folgende  formen  vor:  nom.  pl.  guzziuia 
1  mal ,  gozziuia  1  mal ;  acc.  pl.  guzziuia  1  mal ;  dat.  pl.  guz- 
ziuium  Iraal,  guzziuiu  Imal  und  dazu  noch  die  zsg.  guzziuia 
lagh  2  mal,  welche  wahrscheinlich  nicht  zu  diesem  wort,  sondern 
zu  isl.  gtiäsifjar  f.  pl.  „sponsorship"  gehört.  Ausser  dem  dat. 
pl.  auf  -u  wird  also  das  wort  durchaus  als  ein  mask.  «w- stamm 
flectiert.  Das  Isl.  hat  teils  das  mask,  guäsefi  „a  gossip,  god- 
father"  Oxf.,  ,,person  durch  geistliche  Verwandtschaft  mit  einem 
verbunden;  sowohl  von  männern  als  frauen  verwandt"  nach 
Fritz  n er,  teils  guctsifja  f.  „a  female  gossip"  Oxf.,  „frau,  die  im 
verhältniss  von  geistlicher  Verwandtschaft  zu  einem  steht"  und 
in  Oxf.,   nicht  bei  Fritzner  guäsifja  adj.  „god-relatives".     Dass 


44  Erik  Brate 

guzziuiu  nicht  das  fem.  isl.  guäsifja  sein  kann,  geht  aus  der 
Verwendung  hervor;  es  sind  die  pathen  sowol  von  männlichem 
als  weiblichem  geschlecht  gemeint,  nicht  nur  die  letzteren. 
Die  form  muss  also  zum  mask.  isl.  giiäsefi,  aschwed.  gupsivi 
gehören,  das  in  der  Verwendung  gen.  com.  ist.  Für  die  deu- 
tung  des  guzziuiu  als  dualis  knüpfe  ich  an  die  bemerkung  von 
Möller,  PB.  Beitr.  VII,  486  an,  dass  die  syntactische  regel: 
„masc.  +  fem.  wird  durch  den  plur.  neutr.  gegeben"  durch  den 
formellen  zusammenfall  von  nom.  dual.  masc.  und  nom.  acc. 
pl.  neutr.  ihre  erklärung  erhält.  Diese  syntactische  regel  konnte 
natürlich  nach  ihrem  aufkommen  mit  sich  führen,  dass  ein 
wirklicher  dualis  statt  des  plurals  verwandt  wurde,  wo  der 
plural  aus  mask.  und  fem.  bestand,  wie  das  hier  der  fall  ist. 
Die  ältere  form  dieses  duals  scheint  *-sihj-un-e  aus  * -sihj-'^-e 
zu  sein,  vgl.  in  bezug  auf  die  suffixform  ai.  näm-an-i  (Veda)  aus 
ie.  *7iöm-n-e  statt  des  jüngeren  ai.  näm-n-i  und  weiter  i.  d.  abl. 
näm-a-hhyäm  aus  ie.  *nöm-n-.  Dat.  i^].  guzziuiu  dürfte  auf  der 
anlehnung  des  nom.  dual,  guzziuiu  an  die  schwache  adjectiv- 
flexion  im  plural  beruhen. 

6.  Das  verbum  göra. 

Ueber  die  fiexion  und  die  wechselnden  formen  des  isl. 
gorva,  gjgrva  hat  Sievers,  Gott.  gel.  anzeigen  1883,  s.  55  f. 
folgende  erklärung  gegeben:  „Zu  gründe  liegt,  wie  meines 
Wissens  zuerst  Noreen,  Nyare  bidrag  II,  692  erkannt  hat,  ein 
germ.  adjectivstamm  garwu-,  fem.  garwia-  (nom.  *garwi-)\ 
daher  im  Nordischen  die  doppelformen  g^rr  und  gerr.  Hiervon 
abgeleitet  ist  ein  präsensstamm  garwio-,  die  grundlage  des 
verbums  gerva.  Nun  zeigt  die  flexion  der  verba  auf  rw  (Iw) 
in  den  älteren  ags.  denkmälern  die  eigenthümlichheit,  dass  das 
tv  da  wegfällt,  wo  der  alte  thema-vokal  als  i  erscheint,  d.  h. 
in  der  2.  3.  sing.  ind.  präs.,  dem  sing,  imp.,  dem  Präteritum 
und  participium  präteriti  (vgl.  meine  Ags.  gramm.  §  405,  5 
nebst  anm.  2).  Die  nordischen  formen  von  gerva  setzen  nun 
offenbar  dieselbe  eigenthümlichkeit  voraus,  die  demnach  als 
germanisch  zu  gelten  hat.  Es  sind  also  als  germ.  grundformen 
anzusetzen : 

Präs.  ind.  sg.  1  ganviö        ags.  gierwe 
2  garizi  gieres 


Schwedische  Wortforschung.  45 

Präs.  ind.  sg.  3  garidi  =  ags.  giered 
pl.  3  garivionäi  gierwaä. 

Imp.  sg.  gart  ags.  giere,  prät.  ind.  sg.  1  gariäo,  ags.  gie- 
rede,  part.  prät.  garidoz,  ags.  giered.  Im  Nordischen  entwickeln 
sich  hieraus  ohne  weiteres  inf.  gorva ,  1  sg.  gorvi  (wie  doemi), 
2.  3  sing,  gerr  (so  in  der  älteren  spräche  bisweilen  überliefert, 
später  durch  ^mr  nach  art  der  langsilbigen  ersetzt,  W immer, 
§  143,  2),  3.  pl.  gerva,  imp.  ger.  So  entsteht  im  präsens  laut- 
gesetzlich ein  Wechsel  zwischen  0  und  e,  sowie  ein  zweiter 
zwischen  formen  mit  und  ohne  iv ,  die  bald  zu  den  bekannten 
neubildungen  führen.  Das  Präteritum  hätte  lautgesetzlich  garda 
zu  lauten  (vgl.  berja — harda  u.  ä.)  und  so  heisst  die  form  aus- 
schliesslich auf  den  runensteinen  (geschrieben  3.  sg.  karpi,  pl. 
kar^u,  Wimmer,  Runeskriftens  oprindelse  249).  Diese  form 
ist  zwar  in  der  literarischen  periode  zunächst  meist  durch  neu- 
bildungen nach  dem  präsens,  gerdi,  gerdi,  ersetzt  worden;  doch 
geht  die  daneben  häufig  gebrauchte  form  gjgrdi  vielleicht  noch 
direct  auf  den  umgelauteten  ältesten  plural  ggrdu  zurück,  indem 
nur  der  palatale  anlaut  der  präsensformen  auf  das  Präteritum 
übertragen  wäre.  Möglich  ist  allerdings  ein  anderer  weg  der 
erklärung.  Als  participium  präteriti  zu  gera  wird  bekanntlich 
im  Nordischen  das  schon  oben  erwähnte  adj.  ggrr ,  gerr  ge- 
braucht, zumal  dessen  neutralform  ggrt.  Durch  diese  nahe 
beziehung  zwischen  participialadjectiv  und  verb  könnte  aller- 
dings auch  der  vocalismus  gerade  des  Präteritums  leicht  beein- 
flusst  worden  sein:  denn  auf  das  Präteritum  sind  die  formen 
mit  JQ  gewiss  einmal  beschränkt  gewesen,  wenn  sie  sich  auch 
hernach  weiter  ausbreiten  (vgl.  die  Zusammenstellungen  bei 
Gering,  Finnbogasaga  VI)".  Ich  habe  diese  erklärung  in 
extenso  abgedruckt,  weil  sie  kaum  kürzer  gegeben  werden 
konnte  und  die  folgende  darstellung  sich  auf  jeden  punkt  der- 
selben beziehen  muss.  Sievers  hält  das  isl.  gjgrva  für  eine 
secundäre,  aus  dem  prät  stammende  bildung  und  das  j  vor  p 
nur  als  ausdruck  der  palatalität  des  vom  präsensstamme  über- 
tragenen g  vor  dem  g  des  prät.  plur.  Ich  halte  diese  auffassung 
für  unrichtig  und  glaube,  dass  isl.  gjgrva  durch  brechung  aus 
*gerva  entstanden  ist.  Meine  gründe  sind  die  folgenden.  In 
dem  altschwedischen  älteren  Westmannagesetze,  dessen  lautlehre 
ich  neulich  eine  eingehende  Untersuchung  gewidmet  habe,  wird 
das  in  rede  stehende  verb  im  allgemeinen  mit  io  geschrieben,  gio7'a 


46  Erik  Brate 

im  inf.  14 mal,  präs.  ind.  3  sg.  gior  20 mal;  pass.  giors  3 mal; 
präs.  konj.  3  sg.  giori  3 mal,  prät.  ind.  3  sg.  giorpi  6 mal, 
giorpe  Imal,  3  pl.  giorjm  2 mal;  part.  prät.  nom.  sg.  mask.  ^^or 
Imal,  fem.  gior  Imal,  giorü,  Imal,  neutr.  giort  8 mal,  acc.  sg. 
iem. giora  Imal,  also  61  mal  mit  io.  Daneben  ini.  giöra  Imal; 
präs.  ind.  3  sg.  giör  2 mal,  pass.  giörs  Imal,  3  pl.  giöras  Imal, 
präs.  konj.  3  sg.  göri  1  mal ,  göriu  1  mal.  In  diesem  denkmal 
stimmt  die  entwickelung  des  «^-umlauts  von  a  im  ganzen  mit 
den  von  Kock,  Studier  öfver  fornsvensk  Ijudlära  II,  468  f. 
erwiesenen  gesetzen ,  obgleich  der  beispiele  wenige  sind ;  mit  o 
u:  subst.  hog,  afhog,  part.  prät.  hoggin,  huggin,  präs.  ind.  3  sg. 
hoggir  12 mal  (Imal  liöggir,  isl.  heggr),  3  pl.  hogga,  pron.  nokor 
in  18  belegen;  mit  ö;  pcenings  öll,  dat.  pl.  öldum,  dat.  sg. 
ölstuw.  Es  fehlt  also  an  beispielen,  wo  g  vor  r  stand,  aber  da 
die  entwickelung  des  ^<-umlautes  von  a  im  Neuschwed.  vor  l 
und  r  dieselbe  ist,  wird  man  das  auftreten  des  p  als  ö  auch 
vor  r  ganz  sicher  erschliessen  können.  Aber  dann  kann  giora 
nicht  den  w-umlaut  von  a  enthalten;  io  muss  wie  sonst  ge- 
wöhnlich in  dem  denkmal  die  brechung  von  e  sein  und  damit 
kommen  wir  auf  eine  Vorstufe  *gervan  zurück. 

Die  von  Sievers  nachgewiesenen,  aber  nicht  erklärten 
flexionseigenheiten  dieses  verbums  hat  Noreen  auf  der  dritten 
nordischen  philologenversammlung  zu  Stockholm  während  der 
diskussion  aus  der  flexion  von  ai.  karö-mi  pl.  kurv-dntl  abge- 
leitet. Ueber  den  konsonantismus  der  Wörter  werde  ich  unten 
handeln;  der  vokalismus  stimmt  nicht  ganz,  denn  zu  ^g'ervan 
erwartet  man  ai.  *car6-mi,  indoeur.  *kereti-mi;  es  dürfte  nicht 
gewagt  sein  anzunehmen,  dass  ai.  karömi  aus  dem  plural  kur- 
vdnti  das  k  übernommen  hat.  Die  indoeurop.  flexion  des  sg. 
und  3  pl.  war  also  die  folgende,  wobei  ich  gh-  für  k-  einsetze: 
1  sg.  *gher-eu-mi,  2  sg.  *gher-eu-si,  3  sg.  * gher-eti-ti ,  3  pl. 
*ghr-v-änti,  durch  ausgleichung  aus  dem  sg.  * gher-v-dnti.  Diese 
flexion  zeigt  die  doppelheit,  dass  v  in  einigen  formen  sich 
findet,  in  anderen  fehlt  und  zwar  in  denjenigen,  wo  nach 
Sievers'  nachweis  das  iv  im  Ae.  fehlte.  Das  zeugt  dafür,  dass 
Noreens  ableitung  der  flexion  des  verbums  gj^rva  aus  ai.  karömi 
richtig  ist,  auch  wenn  alle  einzelheiten  sich  nicht  dartun  lassen 
würden.  Der  einzige  punkt,  worüber  man  zweifeln  kann,  ist 
die  behandlung  des  eu  in  2.  3.  sg.,  aber  da  got.  sun/us  =  isl. 
synir  ist,  hat  Noreen  gewiss  das  recht  in  isl.  gerir  jenes  '*gher- 


Schwedische  Wortforschung.  47 

eu-si  wiederzufinden,  und  dasselbe  gilt  dann  auch  über  ae.  gieres, 
giereä.  Die  1  sg.  *gher-eu-mi  vertauscht  wie  die  >«/-verba  im 
allgemeinen  die  endung  -mi  gegen  -ö.  Das  *gher-eu-ö  gibt 
urgerm.  *ger-jo  isl.  ger,  wonach  2.  3.  sg.  gerr.  Aus  den  plural- 
formen entwickeln  sich  die  formen  mit  v:  *gher-v-dnti  gibt 
gerva,  gorva.  Man  erwartet,  dass  2.  3.  sg.  isl.  als  *girir  statt 
gerir  auftreten  soll,  wie  pl.  firäir  zu  fj'grär.  Diese  vokalisation 
ist  nordisch  verdrängt,  findet  sich  aber  in  as.  giriuuan,  sieh 
Leffler,  Tidskr.  for  filologie  N.  R.  II,  236  note.  Leffler  fasst, 
wie  ich,  isl.  gjorva  als  die  brechung  enthaltend  auf.  Neben 
diesem  *gervan  kam  nun  auch  das  vom  adj.  *garum-  gebildete 
^gariviaUf  ahd.  garawen,  isl.  gorva  vor  und  vermischte  sich 
damit,  da  so  viele  formen  in  der  litterarischen  zeit  des  nordi- 
schen für  beide  verba  eins  waren. 

Die  von  Noreen  gemachte  ableitung  der  eigentümlich- 
keiten  des  verbum  gjgrva  aus  der  flexion  von  ai.  karö-mi  trägt 
an  sich  das  gepräge  der  Wahrheit  und  hat  sich  ohne  erheb- 
lichere Schwierigkeit  durchführen  lassen.  Sie  bildet  darum 
einen  festen  punkt  von  wo  aus  der  anlautswechsel  sich  fest- 
stellen lässt,  denn  an  der  identität  der  Wörter  lässt  sich  nicht 
länger  zweifeln.  Noreen  wies  in  seinem  vertrag  auf  die  be- 
kannte entsprechung  got.  ga-  und  lat.  co-,  ai.  hrd  und  lat. 
cor  hin. 

Aber  der  Wechsel  im  anlaut  hat  ein  weiteres  gebiet.  Es 
scheint,  als  käme  eine  allgemeine  abstufung:  media  aspirata: 
explosiva  media:  explosiva  tenuis  vor,  obgleich  diese  stufen 
gewöhnlich  zu  je  zwei  vorkommen.  Für  den  inlaut  ist  allerlei 
Wechsel  der  konsonanten  von  andern  forschem  erwiesen.  Ich 
werde  hier  einige  gleichungen  vorführen ,  welche  solchen  Wechsel 
im  anlaut  zu  bezeugen  scheinen.  Ich  habe  dieselben  bei  Studium 
von  Kluges  Etymologischem  wörterbuche  der  deutschen 
spräche  notiert  und  verweise  deshalb  ein  für  allemal  auf  diese 
arbeit.  Die  bedeutung  ist  es  und  die  formelle  Übereinstimmung 
ausser  in  dem  in  rede  stehenden  punkt,  welche  bei  solchen 
gleichungen  entscheidend  sind.  Ich  werde  mich  darum  bemühen, 
nur  solche  beispiele  zu  wählen,  wo  die  Verwandtschaft  der 
bedeutung  unverkennbar  ist  und  an  welchen  in  formeller  bezie- 
hung  sonst  nichts  auszusetzen  ist.  Ich  fange  mit  beispielen  von 
demselben  anlautswechsel  wie  isl.  gjorva  :  ai.  karömi  an,  also 
Wechsel  von  indoeuropäischem    (ie.)  gh-  :  k-. 


48  Erik  Brate 

D.  gerste  ist  ie.  ^ßherzdä,  1.  hordeum^  ie.  *ghrzdejo.  Im  anlauts- 
wechsel  damit,  ie.  £■  voraussetzend,  steht  d.  fiivse,  a,]\$TimiiiJt^8Qj 
eiae  mehr  primäre  bildung,  deren  stamm  in  lat.  Ü^f'^^^-eH^f.  „die^" 
göttin  der  Saaten",  dichterisch  auch  „getreide'VStu?trittrT)ie  dritte 
stufe  liefert  vielleicht  d.  körn,  ahd.  chorn,  1.  gränum,  d.  hern, 
ahd.  Ji'erno,  welche  dann  für  ie.  *grsno-,  "^gersnon-  mit  ausfall 
oder  assimilation  des  s  stehen  würde,  vgl.  Mm,  ahd.  hirni  aus 
*hirzni.  Kluge,  Paul  und  Braune's  Beitr.  VIII,  520  f. 

Isl.  gjalla  st.  vb.  „to  yell",  gella  schw.  vb.  „to  yell",  isl. 
gjallr  „"also  speit  gallr  "^iging'",  vgl.  schwed.  gallskrika,  müssen 
mit  der  sippe  von  d.  hall,  hell,  isl.  Jivellr  in  etymologischem 
zusammenhange  stehen,  ^u  dieser  sippe  gehören  noch  di.Ttobmf^^ 
ahd.  Ji^slo^  ^'^^^f  ^^^'  ^^^"^^j  griec^>i«4i£»'  und  mit'^ ander- 
weitigem aiiTauts%echsel  Itrmiißll,  isl.  skmct.  lieber  diese 
sippe  vgl.  Noreen,  Arkiv  III,  22  note  2^).  In  isl.-schwed. 
kalla  liegt  die  dritte  stufe  mit  anlautendem  ie.  g  vor. 

^)  D.  grell  gehört  noch  derselben  sippe  an,  mit  einer  warzelvariation, 
die  bisher  wenig  beachtet  zu  sein  scheint.  Ich  führe  einige  beispiele 
davon   auf.     Bekannt  ist    der   gegensatz    zwischen   d.  sprechen   und  e.  to 

Ispeak.  Im  Ae.  kommt  spr^can,  speg^nT  nehen  einander  vor.  D.  schale, 
ahd.  scäla,  isl.  skel,  schwed.  skal',  dän.  Skal  sind  ohne  r,  welches  viel- 
leicht daneben  in  dän.  skreel  „schale",  skrcelle  „schälen".  Die  Zusammen- 
stellung ist  jedoch  unsicher,  da  es  denkbar  ist,  dass  dän.  skrcdle  mit 
schwed.  skräda  zusammengehört.  Dem  isl.  skeid  ,,a  kind  of  swiftsailing 
ship  of  war"  entspricht  ae.  scräd  „navis",  das  jedoch  nur  einmal  belegt 
zu  sein  scheint.  Schwed.  sprund  ist  das  deutsche  spund,  welches  wegen 
dieser  entsprechung  schwerlich  allein  auf  1.  puncto  „stich ,  loch ,  die  in 
eine  röhre  gemachte  Öffnung"  beruht,  wol  aber  davon  einwirkung  empfan- 
gen hat.  Schwed.  trut  „maul,  schnauze"  hat  in  meinem  dial.  die  form 
tut,  welche  ^ch  in  dän.  tud  „die  schnauze  eines  gefässes"  begegnet; 
i8l?*'(«jWs7h>^,vi^^5»<4js"  von  C.  Säve  zu  got.  vrisqan  ,,frucht  bringen" 
^^stellt^hat^eben  sicn^sl.  vaskr  „manly,  valiant".  Schwed.  tciti^,  dän. 
Ä^ÄI«  ist  d.  JißzHti^  daneben  steht  dän.»^r«?rf«^jucKfeij«  krat^sln".  Deutsch 
wintmi^,  sch^^d.  vift%la  ist  dän.  vri)»«^.  Neben  got.  gi^s  „betrübt, 
traurig  ,ae.  ffyr^i\,sor^^  steht  ae.  ^hsü^vt  „sorge"  und  dazu  noch  g^'n. 
Isl.  skreppa  f.  „\  scrip,  bag"  und  isl.  s^Sy^  ,,a  meJbsm|e,  bu^tjgl",  schwea. 
«Ä?555»^5i,^]^Cbeäjgl\  Die  zusinnmengehoHg^eit  von  d.  'ft5St;«Mc ,  ah*d.  tvßhan, 
mhd.  trahen,  trafkf  mit  d.  zS^Are,  ahd.  si^a)',  gr.  (}'«x^><sJst  wol  ''be- 
leuchtend. Dän.  vrti^l,  vrevl  eig^l.  „etwas  zh^ammengedrefei^"  danil\ 
„galimatias"  hängt  vielleicht  mit  d.  reiften  aus  *wrwtin  zusammenN  Dazu 
stellt.jäigh  ohne  r  isl.veifa_^^,to  wave,  vibrate"  und  noch  näher  das  v^nia 
in  meinem  QiinT75Veil't»WNMij»jö|^jgammendrehen".  Mit  schwed.  skratta  ,,(laiit)^ 
lachen"  ist  vielleicht  isl.  skutt-^m'^^(m\  language,  ranting",  skat{t)-yrdu8k 


Schwedische  Wortforschung.  49 

D.  ganSf  ahd.  gans,  ai.  hansä-,  jgr.  xw*  XV^og  vgl.  ahd. 
ganazzo''^^%.  o"hne  -s  bei  Kluge  fangen  mit  ie,  gh-  an.  Bestellt  ' 
der  anlautswechsel  gh- :  k-,  so  empfiehlt  sich  sehr  zu  dieser  sippe 
d.  hahn,  huhn  zu  stellen.  Mit  isl.  hlunka  „to  give  a  dull,  hoUow 
sound"  scheint  schwed.  glunka  „munkeln"  in  ähnlichem  anlauts- 
wechsel zu  stehen.  Im  Isl.  selbst  ist  dieser  Wechsel  zwischen 
^??J»»,,,to  sTliiiQpgiiJt^'',  d.  gJukm.,u\iS:'iM€t>-y^tzQ  ausströmen, 
dampfen (?)",  Gering,  (xTossar  zu  äen  liefern  der  Edda  s.  77, 
unverkennbar. 

Ein  ähnlicher  Wechsel  scheint  zwischen  schwed.  gump 
„steiss"  besonders  von  dem  sterze  der  vögel,  gumpa  „klotzig 
laufen",  guppa  „auf  und  nieder  hüpfen"  und  d.  humpeln,  isl. 
huppr  „hüft&^,  ahd.  huf  zu  bestehen. 

Diese  beispiele,  deren  etymologischer  Zusammenhang,  den 
zu  erweisenden  anlautswechsel  zugegeben,  wol  unzweifelhaft 
ist,  scheinen  mir  das  Vorhandensein  eines  solchen  wechseis 
unwiderleglich  darzutun.  In  einigen  fällen  kam  noch  der 
Wechsel  mit  anlautendem  ie.  g-  in  derselbigen  sippe  vor,  und 
ich  werde  jetzt  einige  beispiele  vorführen,  wo  der  anlauts- 
wechsel ie.  gh- :  g-  besteht.  D.  gT*iiin,  ahd.  ^«ioq^  „grünen", 
Q.  tOf^^/row  „waphsen"    sind    offenbar   mit  d.  kn 


to^'^ow  „waphsen"    sind    offenbar   mit  d.  kram,   gr.  ßqvo}^ 
k'fipQvov,  ie.  Wz.  *gru-  verwandt.    Yür  die  bMeutung  vgl.  das 
mit  kraut  teilweise  sich  deckende  schwed.  grottsoJI^r  „görai^e". . 
Schwed.  ^^>Hi^  ,,frofifi]h",  gro  Rydqvist  VI,  lb4  wol  aus  ' 
*gröä)   setzt    ie.  gtir-  vorauf.     Dagegen   weist _d,'^^*fc»«ii(e;  .^itdrl 
c^^84JL.   cÄrSto  auf  ie.  *qr-.     Diese  lautform   scheint  ^^  im 
aScawed.  A:Zotea '(aus  dem  16.  jh.)  Rydqvist  VI,  238  „kröte", 
dem  lAossa  (mit  geschlossenem  o  und  verdicktem  ?-laut)  meines 
dialektes  vorzuliegen.     Ohne  die  bedingungen   für  den  eintritt 
näher  angeben  zu  können  habe  ich  in  meinem  dialekte  mehrere 
l  für  r  bemerkt  z.  ßriSTiJ»«>,^^f*«idfii^^  g^^''^^  „grinsen",  Glimbo  aus 
Grindbo,   Ko\pb6,   Korpebo   geschrieben.     Das   geschlossene  o 

„to  bandy  high  words,  to  rail,  rant"  verwandt,  und  weiter  noch  schwed. 
skata  „die  elster",  denn  skratta  ist  gerade  die  schwedische  bezeichnung 
für  die  stimme  der  elster.  Ich  werde  mich  auf  diese  beispiele  be- 
schränken, aber  erwähne  zuletzt,  dass  mein  freund  doc.  K.  F.  Johansson 
mich  auf  die  Zusammenstellung  von  l.frango  und  1.  bhanäjmi  aufmerksam 
gemacht  hat.  Den  grund  der  erscheinung  kann  ich  im  einzelnen  nicht 
angeben,  aber  viele  von  den  beispielen  scheinen  doch  zu  zeigen,  dasa 
wir  hier  teilweise  mit  einem  w'pgfall    durch   dissimilation    zu   tun  haben. 

Beiträge  z.  kundo  d.  indg.  sprachen.    XIII.  4 


50  Erik  Brate 

weist  darauf  hin,  da§s  klossa  in  demselben  ablautswechsel  mit 
aihdydhf^,  A.  ' h:Me\ii^t ,  wie  ae.  sö^  „fuligo",  is\.  sßf^߀ 
„sjfoejj^,  8.  ltföller,'^gl.''Studien  III,  155  note. 
.^^y^  Isl.  gilja  „to  beguile  a  woman",  aschw.  gicel  mapir  „Ver- 
führer", giolscemi,  giolskaper,  gcelskaper  „unzucht"  setzen  ie.  gh- 
voraus;  isl.  einkili  „a  fondling",  d.  kj'cele,  schwed.  kela  „einen 
verzärteln"  ie.  g-. 

Ae.  gotigel-wcefre  „die  spinne"  braucht  nicht,  mit  ^^^^Wnktv^ 
„spinne",    isl.  T^igwWfTyw gXichen ,   als  eine  Volksetymologie 
aufgefasst  zu  werden,  wie  Kluge  thut. 

Isl.  garpr  „a  warlike  man,  but  often  with  the  notion  of  a 
bravo"  steht  mit  isl.  karp  n.  „bragging"  in  dem  anlautswechsel 
von  ie.  gh- :  g-. 

Zu  isl.  ^^atipn  ,,both  hands  held  together  in  the  form  of  a 
bowl"  stellt  sich  d.  kaufen,  s.  Kluge. 

Das  deutsche  garbe  scheint  nicht  von  dem  gleichbedeu- 
tenden \s\.  kjarf  n.^  kerfin.  „a  bunch,  wreath"  getrennt  werden 
zu  können,  obschon  für  beide  Wörter,  als  unverwandt  gefasst, 
gute  etymologien  sich  darbieten,  sieh  bei  Kluge,  Etym.  wb. 
garbe,  kerbe.  Diese  Wörter  setzen  also  den  anlautswechsel 
ie.  gh- :  g-  voraus. 

Den  indoeuropäischen  anlautswechsel  g- :  k-,  der  germanisch 
als  k- :  h-  auftreten   soll, ^zeigen  folgende  Wörter.    Got./':fc«j^ 
„sorge",  ae.  cfa^Uj  ahd.  chob*q,   d.  karfreüg  mit  der  sippe^von^ 
.  narm  verglichen. 

•s^erselbe  Wechsel  vermittelt   den  Zusammenhang  zwischen 
d.  Ä:a?J?!»^iund  mhd.  ^^^w. 

Engl.  ATwoifZ  „hügel",  ae>^«fi/Z.  d.  Bn^gew,  rahd.  "ÄTWi^m. 
„er^cEötte,,  klütopi^ß^  ülBelpl5^S£,,  und  afa.  hnel(ty^mot(l) 
„spitze,  gipfel,  hügel,  fcerg". 

D.  kring,  mhd.  krinc,  krank,  isl.  kring,  kringla  u.  a.  steht 
zu  d.  ring,  isl.  hringr  in  demselben  verhältniss. 

In  der  gutturalreihe  scheint  der  angenommene  Wechsel 
durch  diese  beispiele  gesichert  zu  sein.  Auch  in  der  labial- 
und  in  der  dentalreihe  findet  entsprechender  Wechsel  statt, 
obgleich  ich  weniger  beispiele  davon  aufgezeichnet  habe.  Für 
den  Wechsel  von  ie.  hh- : p-  hat  Bugge,  Svenska  landsmälen 
IV,  2,  8.  48  note,  53  note  zahlreiche  beispiele  gegeben. 

Zu  diesen  füge  ich  noch:  isl.  brana  f.  „a  freq.  name  of  a 


Schwedische  Wortforschung,  51 

cow  [brana  =  juvenca,  cited  by  Du  Gange  frora  old  Spanish 
Latin  deeds;  it  probably  came  into  Spain  with  the  Goths]" 
Oxf.    und    isl.  frenj'a  f.    poet.   „a  cow". 

Isl.  bmiia  ,',toHb«ttdi.'„  und  lat.  pcifulus  siehe  Bugge,  Kz. 
IX,  437.        ^*  ^..--'^4---^ 

Ae.  ^i^^„gl.om,  lionor"  und  ae.  *flcBcl  in  eigennnamen, 
mhd'.'  -v)M^m  un-vlät,  d.  tg^ath. 

Als  beispiele  eines  \vechsels  J-.'t^-  könnend./;/"«^,  ^q.  pce^ 
im  verhältniss  zu  der  nasalierten  wz.  von  ae.  feäa  m.  „fuss- 
gänger"  dienen. 

Durch  die  annähme  eines  wechseis  dh-  :  t-  erklärt  sich  das 
Xerhältniss  zwischen  A.utH^,  mhd.  tdftwß^y  tdtufen  und  d. 
fMt%(£n,  ahd.  dotttmu^^  ae.  p^H^ri,  isl.  poyja. 

ßin    durch  germanische   lautgesetze   nicht  zu  erklärender 
Wechsel    besteht    auch    zwischen    d.    truhe,    ahd.    truha    und! 
2iQ.  Prüh ,    isl.  pro,    zwischen  d.  troddcT^    dimin.  zu  ahd.  tvjüt^a] 
„fry^e"  und  d.  dißhf]  Q.e.  Pnßä,^is\.  pi^r;  aber  an  dem  deut-| 
sauen  tr-  lässt  sich  nicht  ersehen,   ob  urgerm.  tr-  oder  dr-  zu 
gründe  liegt;   für"*i^m^  ist  jenes   durch  Kluges   vergleichung 
mit  l?ög^vahrscheiulich ,    was  auf  einen  ie.  Wechsel  von  d- :  t- 
führen  würde.  ^ 

Dieser  wech^öl  ie.  d- :  t-  besteht  Zwischen  aschw.  Ü^ttce 
„stossen"  und/'ai.  tudämi,  1.  tundo  mit  derselben  bedejftung. 
D.  stossen  zei'gt  noch  eine  wurzelva:^iation  durch  anlautjpfades  s-. 
Derselbe  -Wechsel  scheint  in  isl.  toiita  „to  mutter,  mjfrmure  in 
a  low  vöice"  und  isl.  Pjöta  „to  emit  a  whistlin^  sou^iÖ,  to  howl" 
vorzukommen.  '  /'    / 

Ae.  kord  „figjtis,  coenum",    isl.  tord-^ll  „a  dung-lJBefl^'^'' 
gehen  auiTe'.  *mizdh-  zurück;  ahd.  dost  ^ist,  coenurh,  sterct 
Ra.  Graff,y^,  232    auf   ie.  *tuzto-  ^er  vielleicht  "^dhui 
compromiamormen    scheinen    ahd,  zßst  Glli. ,  ^^orst  F.  G/aff, 
V,  228,,/e,-^.r(^zu  sein.  /        .--^'^ 

Die  obigen  Zusammenstellungen  zeigen  meines  erachtens, 
dass  in  den  indoeuropäischen  sprachen  anlautend  in  derselben 
sippe  media  aspirata :  explosiva  media :  explosiva  tenuis  wechseln 
konnten,  ohne  dass  dieser  Wechsel  durch  die  Specialgesetze  der 
einzelnen  sprachen,  in  meinen  beispielen  meistens  durch  die 
der  germanischen,  zu  erklären  ist.  Für  einen  teil  der  fälle, 
welche  dem  anschein  nach  diesen  uralten  anlautswechsel  zeigen, 
hat  prof.  Bugge  in  einem  Vortrag  auf  der  dritten  nordischen 

4* 


52  Erik  Brate 

Philologenversammlung  zu  Stockholm  eine  ganz  andere  erklä- 
rung  entworfen.  Wegen  solcher  fälle,  wo  ie.  k,  p,  t  durch 
germ.  g-^  h-,  d-  im  anlaut  vertreten  werden,  schlägt  Bugge 
eine  ergänzung  zu  Verners  gesetz  vor.  Das  Verner'sche 
gesetz  betrifft  nach  bisheriger  annähme  den  anlaut  nicht,  aber 
nach  Bugge  sollten  auch  im  anlaut  die  aus  ie.  k,  p,  t  zunächst 
entstandenen  stimmlosen  Spiranten  A,  f,  ß  weiter  zu  stimm- 
haften Spiranten  g,  h,  ä  verschoben  werden ,  so  oft  die  dritte 
Silbe,  von  dem  anlaut  gerechnet,  den  hauptton  trug.  Von 
solchen  fällen  konnten  g-,  h-,  d-  auf  andere  fälle  übertragen 
werden,  wo  sie  lautgesetzlich  nicht  berechtigt  waren,  ein  aus- 
tausch  der  natürlich  oft  zwischen  zsg.  und  simplex  stattfinden 
musste.  So  ist  z.  b.  das  /"-  in  d.  f,ach  aus  ie.  p-  verschoben. 
D.  hlachfeld  würde  sein  h-  aus  /-  bei  einer  betonung  *flaha- 
felp-,  *hlaha-felp-  erhalten  haben.  Auch  innerhalb  der  flexion 
von  ftach  selbst  konnte  h-  entstehen  z.  b.  in  superl.  *flahisfd-, 
*blahistd,  vgl.  Kluge,  Paul  und  Braunes  Beitr.  VIII,  519  f. 
Diese  scharfsinnige  theorie  kann  aber  in  vielen  der  von  mir 
angeführten  fälle  nicht  aushelfen,  nämlich  überall  da,  wo 
andere  sprachen  auf  einen  Wechsel  von  media  aspirata  und 
tenuis  explosiva  als  entsprechung  des  germanischen  wechseis 
von  stimmhaften  und  stimmlosen  Spiranten  deuten,  und  ebenso 
werden  auch  diejenigen  fälle,  wo  germanische  stimmhafte  oder 
stimmlose  spirans  anlautend  in  beziehung  zu  germanischer 
tenuis  explosiva  steht,  von  Bugges  regel  ganz  unberührt  ge- 
lassen. Das  alles  kann  anlass  geben  an  der  gültigkeit  der 
letzteren  überhaupt  zu  zweifeln. 

Dass  es  inlautend  einen  Wechsel  zwischen  ie.  media  aspirata 
und  media  explosiva  oder  media  explosiva  und  tenuis  gibt, 
ist  von  mehreren  gezeigt  worden  z.  b.  J.  Schmidt,  Kz. 
XXV,  146,  Bugge,  Svenska  landsmälen  IV,  200,  263,  Ost- 
hoff,  Morphol.  untersuch.  IV,  328,  PB.  Beitr.  VIII,  256  f., 
Möller,  PB.  Beitr.  VII,  460,  Kz.  XXIV,  441,  517,  Kluge, 
Kz.  XXVI,  98  f,  PB.  Beitr.  IX,  180  f.,  W.  Schulze,  Kz. 
XXVII,  605,  V.  Fierlinger,  Kz.  XXVII,  478  f  note;  und 
diese  forscher  haben  meist  den  Wechsel  durch  combinatorischen 
einfiuss  nebenstehender  laute,  besonders  der  nasale,  zu  erklären 
gesucht.  Welche  gesetze  in  der  that  für  den  Wechsel  mass- 
gebend sind,  lässt  sich  gewiss  nur  auf  der  grundlage  einer 
weit  umfänglicheren  materialsammlung,  als  meine  gelegentliche 


Schwedische  Wortforschung.  53 

aufzeichnungen ,    darthun  und  ich    erlaube  mir   darüber  keiue 
Vermutung  ^). 

Nachtrag  zu  s.  33  ff.  Eine  ausgezeichnete  parallele  zu 
dem  Vorgang  bei  der  urgermanischen  vers,chärfung  und  deren 
entwickelung  im  Nordischen  bietet  das  '"Fseröische  dar.  )  In 
diesem  dialekte  wird  nach  Hammershai mb,  AnnaTei"*" f.  nord. 
oldkyndighed  1854  s.  244:  ,J  in  einzelnen  fällen  zwischen  zwei 
vokalen  als  ggj  ausgesprochen  z.  b.  troyja  'wams',  oyjar  'inseln', 
lyjur  'still,  w&rm',  niyjur  'neu',\veshalb  auch  in  diesen  fällen 
troyggja ,  lyggjur  gisschrieben  worden  (es  lautet  hier  wie  j  im 
engl.  joyy-.  Vgl.  weiter  s.  249:  „i  vor  einem  andern  vokal 
geht  nicht  mj,  wie  in  isl.,  über,  sondern  nimmt  ein  scharf 
ausgesprochenes  j  nach  sich  an,  das  gewöhnlich  ggj  wegen  der 
harten,  zischenden  ausspräche  geschrieben  wird;  also:  trijar 
oder  triggjar  (isl.  prj&r),  gleich  dem  gen.  pl.  dieses  wortes  in 
isl.  priggja  verschärft;  iernGr,f fggja  'hassen',  fncjgja  'freien^' 
— J^*^^'''^^^?*'^*^**^*^^i  s/g»^^ 'sehen'  etc.  Bei  der  färoisclicn 
verschärlung*^des  j  gfe'Kt  siciier  der  hauptaccent "voran  und 
bestätigt  somit  gegen  Bechtel  die  annähme,  dass  auch  bei  der 
urgermanischen  Verschärfung  der  hauptaccent  hat  vorausstehen 
können.  Zur  erklärung  des  urgerm.  wechseis  von  t  und  i  und 
des  überwiegenden  Vorkommens  des  i  nach  langer  Wurzelsilbe 
sind  die  ausführungen  von  Kock,  Studier  öfver  fornsvensk 
Ijudlära  II,  340  f.  über  den  aschwed.  vokalbalans  der  endungs- 
vokale zu  vergleichen,  vgl.  oben  s.  38.  Es  stellt  sich  dabei 
heraus,  dass  die  Stellung  nach  langer  Wurzelsilbe  durch  die 
lagerung  der  betonung  dieselbe  lautentwicklung  als  die  Stellung 
in  unbetonter  silbe  hervorruft. 


*)  Auf  dem  gründe  der  erwiesenen  entsprechungen  lässt  sich  eine 
gute  etymologie  von  g.  kalkjö  gewinnen,  welche  in  hohem  grade  die 
annähme  des  wechseis  bestätigt,  ka-  ist  die  dritte  stufe,  ie.  *go-,  von 
dem  präfixe  wovon  1.  co-^  got.  ga-  die  zwei  anderen  stufen  zeigen.  -Ik- 
ist  die  vokalisch  und  konsonantisch  abgestufte  wz.  *legh  in  liegen.  Dem 
sinne  der  bildungselemente  nach  stimmt  also  got.  kalkjö  vollkommen  zu 
dem  gleichbedeutenden  lat.  concubma. 

.___      —  Erik  Brate^ 


54  Chr.  Bartholomae 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V*). 
XXI.    Gd.  aski^  j.  46'.  18. 

Im  literarischen  zentralblatt  1884,  sp.  930  habe  ich  darauf 
hingewiesen,  dass  das  armenische  es  „ich"  auf  ein  indoger- 
manisches *ek\  zurückzufüren  sei,  das  sich  zu.'^effiom  verhalte, 
wie  das  avestische  jus  zu  jüzem :  im  (absoluten)  auslaut  trat 
an  stelle  des  tönenden  der  entsprechende  tonlose  laut.  Wie 
idg.  eg-ihom  oder  egiom'^)  zu  eki ,  a,v.  jüzem  zu  Jzhs^verhalten 
sich  ferner  ai.  tvdm  zu  tu,  idam  zu  id  u.  a.  m.;  vgl.  Leskien, 
berichte  der  k.  sächs.  ges.  der  w. ,  phil.-hist.  kl.  1884,  s.  94  f. 
Dass  die  partikel  -om  (-mn^  -em)  speziell  bei  den  pronomina 
zur  hervorhebung  diente,  unterliegt  meines  erachten^  keinem 
zweifei.  In  den  altiranischen  hymnen  kommen  Jifeswm^^nd 
TiNj^Ju"  tatsächlich  nur  in  enklitischem  gebrauch  vor. 

Die  fürs  indogermanische  angesetzte  form  eki  „ich"  finde 
ich  nun  ausser  im  armenischen  auch  in  der  gathischen  form 
as/ciß  (j.  46.  18)  wieder,  worin  man  früher  eine  verbalform 
oder  eine  Verstärkung  des  folgenden  Superlativs  sehen  wollte. 
s  vor  ^  statt  s  beruht  auf  Übertragung;  vgl.  vlspaiie  j.  9.  27 
statt  vlsp°  u.  a.     Die  betr.  stelle: 

je  maihiä  jaos  ahmäi  askiß  vahisfä 

mahiä  istöis  vohü  köisem  manarohä 

ist  zu  übersetzen: 

,,wer  mir  hold  ist,  dem  verspreche  auch  ich  (meinerseits) 
in  gnaden  das  beste  aus  meinem  schätze".  Zur  bedeutun^von 
istai-    vgl.  j.  49.  12;   es    gehört  zu   got.  a^ÄViiS•^.  babe",    aiih^ 


iB^abe".  -'• •     •~™--*-       ^• 


W^"~%fX-^^' 


/Vz^ 


XXII.    Gd.  ^ä  j.  47.  3. 

In  Bezzenberger's  beitragen  X,  s.  271  n.  bemerkte  ich, 
dass  das  p  in  ptä  „vater"  etc.  nicht  ursprünglich  sei,  da  (ab- 
solut) anlautendes  p  vor  t  —  überhaupt  anlautender  verschluss- 
laut vor  verschlusslaut  —  schon  in  indogermanischer   zeit  ge- 

♦)  Vgl.  diese  beitrage  VII,  s.  185  ff.,  IX,  126  ff.,  299  ff.,  X,  s.  267  ff. 
Die  numerirten  noten  befinden  sich  am  schluss  des  ganzen. 


Beiträge  zur  altiranischen  gramniatik.    V.  55 

schwunden  ist  *).  Die  einer  „schwa"-losen  indogermanischen 
nominativform  direkt  entsprechende  avestische  form  müsste  tä 
lauten.  Ich  finde  dieselbe  an  der  oben  zitirten  gathastelle, 
welche  lautet: 

ahiß  manieus         tuem.  ahi  tä  spentö. 
Sie  schliesst  sich  enge  an   die  vorhergehende   strophe  an,    wo 
es  hiess: 

ahiä  manieus  spenistahiä  vahiStem 

hizuä  it^däis  vawheus  eeänü  mananhö 

ärmatöis  zastöihiä  siaoßanä  verezißß 

öiä  Icistl  huö  ptä  asahiä  mazdä 

d.  i.:  „Solcher  heihgen  gesinnung  (konkret:  dessen  der  so 
heilig  gesinnt  ist)  wartet  das  beste  los  (vgl.  str.  1);  in  ihrer 
(seiner)  zunge  reden  schliesst  sie  (er)  sich  an  den  guten  sinn, 
in  ihrer  (seiner)  bände  tun  an  die  gottesfürchtige  gesinnung 
an,  in  der  erkenntniss:  er,  Mazdah,  ist  der  vater  der  gerechtig- 
keit  (konkret:  des  gerechten)".  Nun  folgt:  „Dieser  gesinnung 
(konkret:  dem  der  so  gesinnt  ist)  bist  du  (auch  wirkhch)  der 
heilige  vater,  (er  der  ihm  die  glückspendende  kuh  geschaffen 
hat,  . . .)".     [S.  jetzt  ar.  forschungen  III,  s.  29.  Korr.-note.] 

Ueber  eeänü  ...  verezuiß  cf.  Geldner,  Kuhn's  Zeitschrift 
XXVIII,  s.  265,  wo  richtig  anuarstee  (jt.  5.  18)  verglichen 
wird.  Eigentlich  passt  vereziaj^  nur  zu  zastöihiä  siaoßanä,  ist 
aber  zeugmatisch  auch  zu  hizuä  uliS^is  zu  nehmen,  zu  dem 
man  ein  caokaß  ergänzen  muss.  —  öiä  ist  =  ai.  aja,  wie 
Spiegel,  vergl.  grammatik,  s.  324  richtig  angiebt.  öi  statt 
des  zu  erwartenden  ai  weiss  ich  nicht  zu  erklären.  In  den 
gatha's  findet  es  sich  ferner  in:  akövä  j.  51.  8  (1.  sg.  akt.), 
a^töiöi  j.  56'.  l,  isöiä  j.  33.  8  (=  ai.  Isäjä:  „wie  ich  dem  ketzer 
nach  kräften  ein  rechter  feind  sein  will,  so  ...")>  wöögo  j.  41.  3, 
urüdöiatä  j.  44.  20  (3  sg.  med.),  vätöiötü  j.  35.  6,  hädröiä 
j.  32.  7,  häßröiä  j.  43.  2  (1.  sg.  akt.).  Ueber  ein  andres  öi, 
das  für  blosses  i  steht,  cf.  verf.,  ar.  forschungen  II,  s.  130. 


XXIII.    Gd.  saregä  j.  29.  3. 

Das  richtige  hat  bereits  Spiegel,   common tar  II,    s.  208 

vermutet,   wo   bemerkt   wird:    Vielleicht  ist  es  aus  fjarS  „herr- 

*)  fedröi  =  aus  *ptrai  (j.  53.  4)  beweist  nichts  dagegen,  sondern  nur 

das,  dass  das  p  schon   in  voriranischer   zeit  wieder  restituirt  worden  ist. 

Vgl.  auch  unten  note  1. 


56  Chr.  Bartholomae 

Schaft"  und  jan  zusammengesetzt  und  heisst  „in  herrschaft 
schlagend".  In  der  tat  ist  saregä  ein  kompositum,  und  zwar 
aus  sar-  „genossenschaft,  bund"  (vgl.  verf,,  arische  forschun- 
genll,  s.  183 f.;  Geldner,  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII,  s.  195  f.) 
und  yä  =  ai.  hä,  nom.  sing,  zu  ar.  ghan-;  vgl.  verepremgä 
j.  44.  16.  saregan-  adj.  bedeutet  somit  „den  bund  brechend". 
Die  erste  zeile 

ahmäi  asä  nöi^  saregä 

aduaesö  gauöi  paiti .  mraua^ 
besagt  somit:  „kein  wirklich  wolwoUender  bricht  dem  rinde  den 
bund,  —  so  antwortete  er  ihm  — ".  Der  zwischen  mensch  und 
rind  bestehende  bund  wird  seitens  des  menschen  durch  schlechte 
behandlung  des  rindes  gebrochen,  und  das  ist's  ja,  worüber  sich 
das  rind  in  der  ersten  strophe  des  lieds  beklagt. 


XXIV.    Av.  hanuant huenuant. 

Der  jüngste  erklärer  des  worts  zerlegt  es  in  hu+an-{-vant- 
und  will  es  zu  häßra-  gestellt  wissen;  hu-an-uant-  soll  bedeuten 
„wo  es  sich  leicht  atmen  lässt,  angenehm,  lieb";  cf.  Geldner, 
Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII,  s.  197  f.  (anders  ebenda  XXV, 
s.  478  f.).  Ich  glaube  aber  nicht,  dass  es  Geldner  gelingen 
wird  irgendwo  im  veda  oder  avesta  eine  änliche  bildung  auf- 
zutreiben. In  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII,  s.  12  ff.  hoffe  ich  das 
verhältniss  von  gd.  heng  zu  ai.  svär  klargestellt  und  gezeigt  zu 
haben,  dass  heng  —  für  *suans  stehend  —  der  gen.  sing,  eines 
arischen  Stamms  suan-  ist,  der  in  der  flexion  mit  dem  stamm 
suar-  wechselte.  Der  gleiche  stamm  wie  dort  liegt  auch  in 
unserm  hanuant-,  gd.  henuant-  vor.  Es  entspricht  dies  somit 
dem  ai.  svärvant-  „licht,  himmlisch".  Vgl.:  asmanem  hanuantem 
„den  lichten  himmel",  gaiehe  hanuatö  „des  himmlischen  lebens", 
asä  henuätä  „mit  dem  himmlischen  Asa"  (vgl.  svärvant-  als 
beiname  des  Agni,  Indra,  der  Aditi,  Usas  und  überhaupt  der 
deva's:  rgv.  6.  50.  2);  endlich  hanuaiüs  verezö  asahe  „die 
lichten  statten  der  gerechtigkeit  oder  des  Asa",  vgl.  zum  aus- 
druck  vrgdne  svärvati  rgv.  10.  63.  15,  womit  doch  wol  —  im 
gegensatz  zu  pathjasu  „den  wegsamen,  bewonten  gegenden". 
dhänvasV'  „den  wüsten"  und  äpsü  „den  gewässern"  „der  luft- 
raum"  gemeint  sein  wird.  Unklar  bleibt  noch  henuaß  hanhus 
in  j.  53.  4.    Geldner,  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII,  s.  198  will 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  57 

haifhtis  als  nom.  subst.  zur  ysan-  stellen.  Dann  würde  sich 
ai.  sätih  svärvati  rgv.  1.  168.  7  vergleichen  lassen.  Aber  ich 
sehe  doch  nicht  recht,  wie  man  von  san-  auf  haioh-us  ge- 
langen soll. 

Zu  hanuaitis  asahe  verezö  j.  16.  7 ,  hanuaiüs  verezö  vsp. 
19.  2,  jt.  5.  1  f.  vgl.  Geidner,  Kuhn's  Zeitschrift  XXV,  s.  478  f. 
Spiegel  und  Justi  (s.  v.  verez-)  übersetzen  nach  Nerjosengh 
„die  glänzenden  taten  (werke)  der  reinheit  (des  Asa)".  Aber 
der  glossator  verstand  den  text  noch  besser  als  Nerjosengh, 
was  daraus  erhellt,  dass  er  der  pehleviversion  garötman  hinzu- 
fügt. Und  diese  selber?  Zu  j.  17.  42  (Spiegel)  lautet  der 
pehlevitext:  zak  i  nevak  karto  jasaräis  varzisno  jazbe^ünam: 
garötman.  Was  bedeutet  varzisno?  Muss  es  denn  „das  wirken" 
bedeuten?  Die  in  gr,  Uqyvv  vorliegende  wurzel,  welcher  wir 
den  sinn  „einfriedigen,  umfriedigen"  beizulegen  haben,  liegt 
auf  iranischem  gebiet  vor  in:  av.  verezena-,  varezäna-,  ap.  var- 
dana-  =  ai.  vxgana-  „umhegung,  umfriedigter  platz,  ge- 
schlossene niederlassung ,  dorfschaft"  auch  oppidum  (BR.), 
np.  barzan  „quartier,  Stadtviertel"  und  in  Ortsnamen  auf  verd 
und  gird  (cf.  Mordtmann,  Zeitschrift  der  d.  morgenl.  ges. 
XXXII,  s.  724  ff.).  Sollte  es  wirkhch  ganz  unmöglich  sein 
auch  unser  varzisn  zu  jenen  Wörtern  zu  stellen  ?  Das  gathische 
verezena-  wird  von  der  tradition  mit  väran  wiedergegeben,  und 
Nerjosengh  übersetzt  dieses  angebliche  värün  mit  svapawktis, 
svasrenis  oder  dgl.  Aber  värün  ist  doch  schwerlich  etwas 
andres  als  eine  inkorrekte  Schreibung  für  varzo.  Ist  dies  nun 
blos  eine  buchstäbliche  transskription  des  avestischen  worts 
oder  ein  achtes  pehleviwort  ?  Jedenfalls  ist  die  letztere  anname 
in  hinblick  auf  np.  barzan  nicht  one  weitres  abzuweisen. 


XXV.    Av.  aspa-vlra-ga  jt.  10.  101. 

Aus  meiner  abhandlung  über  die  avestischen  dualverbin- 
dungen  in  Bezzenberger's  beitragen  X,  s.  267  ff.  *)  ergiebt  sich, 
dass  die  Westergaard'sche  korrektur  aspa  viralca,  die  von 
Windischmann,    Spiegel,    Geldner   (Metrik,    s.  72)    und 

*)  Die  Worte  „da  antare  sonst  mit  dem  akkusativ  verbunden  wird" 
(a.  c,  8.  268  n.),  bitte  ich  zu  streichen.  Ich  habe  übersehen,  dass 
Geldner  antare-saire  verbinden  will. 


58  Chr.  Bartholoraae 

J.  Darmesteter  stillschweigend  angenommen  worden  ist,  un- 
möglich richtig  sein  kann.  In  der  tat  ist  der  handschriftliche 
text  ganz  tadellos;  derselbe  hat  aspa  viraga,  ein  nom.  sing,  zu 
aspa-vira-gan-,  adj.  „rosse  und  männer  zu  boden  schlagend".  Man 
vergleiche  hiezu  die  kurz  vorhergehenden  worte  nigainti  aspaeka 
paiti  viraeka.  aspa-vlra,  das  hier  als  erstes  compositionsglied 
fungirt,  ist  ein  weiteres  beispiel  zu  den  bei  verf.,  a.  a.  o.  auf- 
gezälten  dualverbindungen. 

Den  anlass  zu  jener  korrektur  gab  vermutlich  das  voraus- 
gehende warn,  wofür  West  er  gaard  uie  schreiben  wollte.  Aber 
auch  hier  ist  der  überlieferte  text  ganz  korrekt.  Nur  ist  uaia 
nicht,  wie  Geldner,  a.  a.  o.  es  nimmt,  gleich  ai.  ubhdjä  (akk. 
du.),  sondern  vielmehr  gleich  ai.  uhhaja  (adv.)  zu  setzen;  es 
bedeutet  „zu  beiden  Seiten,  rechts  und  links".  Ins  indische 
übersetzt  würde  das  sätzchen  lauten:  sa  pürvjö  gadäm  nihantj 
asveka  prati  vireka  saträ  frastqs  (oder  trastä)  träsajatj  uhhajä 
'svavlrahä. 


XXVI.    Av.  naua. 

Justi  im  handbuch,  s.  168  sagt  zu  2  naua  einfach,  es 
käme  von  1  na  „nicht",  one  sich  über  dessen  entstehung  zu 
äussern,  bemerkt  aber  zu  nauäß,  es  sei  dies  die  ältere  form 
von  naua.  Spiegel,  vergl.  grammatik,  s.  394  nimmt  für 
naua  eine  adverbialendung  va  an,  die  gleiche,  die  auch  in  aeua 
=  ai.  1  evä  vorliege.  In  der  tat  aber  ist  naua  nach  ausweis 
der  belegstellen  nichts  andres  als  das  indische  nd  va;  das 
enklitische  vä  ist  mit  dem  betonten  na  zusammengeschrieben. 
naua  bedeutet: 

1)  „oder  nicht";  cf.  v.  5.  25:  dätaß  paiti  draonäß  naua 
dätäß  „niag  das  Streitobjekt  rekognoszirt  oder  nicht  rekognoszirt 
sein"  (vgl.  Geldner,  Kuhn's  Zeitschrift  XXV,  s.  205); 

2)  verdoppelt  „weder  —  noch";  cf.  v.  3.  39  =  <9.  27 : 
naua  he  asti  kipa  naua  he  asti  äperetis  „für  den  gibt  es  weder 
strafe  noch  busse"; 

3)  „auch  nicht";  vorher  ist  ein  entsprechender  satz  mit 
naua  dem  sinn  nach  zu  ergänzen;  cf.  v.  18.  31:  naria  azem  .  . 
anaiwiästis  hunämi  „auch  ich  gebäre  nicht  one  beischlaf"; 
jt.  11.  3 :  naua  kis  mainiaua  jazata  . .  paitidrqm  nöiß  paiti- 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  59 

st(im  vldenti  „auch  keine  —  [man  erwartete  Icaio]  —  himm- 
lischen götter  vermögen  beihilfe  oder  beistand  zu  gewären'*; 

4)  „nicht  aber";  cf.  j.  11.  3:  naua  ahmi  pesö-särö  „ich 
bin  aber  kein  ausgestossener";  jt.  5.  50  =  19.  77. 

Das  zu  a.  1.  4,  v.  6.  32  bezeugte  nwaäß  ist  eine  zusammen- 
rückung aus  naua -{-aß,  =  „oder  aber  nicht";  vgl.  aääß. 


XXVII.    A\).ßakatä. 

Die  einwendungen ,  welche  Geldner  in  Kuhn's  Zeitschrift 
XXVIII,  s.  801  gegen  die  in  meinen  arischen  forschungen  II, 
s.  103  vorgetragene  erklärung  von  ßakatä  etc.  erhebt,  kann  ich 
nur  zum  geringsten  teil  für  berechtigt  erklären.  Vor  allem  ist 
es  mir  nicht  möglich  mich  Gelduer's  eigener  erklärung  anzu- 
schliessen.  Schon  die  ausdrucksweise  wäre  höchst  befremdlich. 
Die  stelle  —  z.  b.  —  Bh.  1.  42  f. :  ^saSam  .  hauv  .  agarhäjata  . 
garmapadahja .  mähjä  .  9  .  raukabis  .  ßakatä  .  aha  .  avaßä  .  ^Sa- 
sam  .  agarbäjatä  .  würde  nach  Geldner  wörtlich  übersetzt  be- 
sagen: „der  herrschaft  bemächtigte  er  sich;  vom  monat  gar- 
mapada  waren  9  tage  vorüber;  es  war;  da  bemächtigte  er  sich 
der  herrschaft".  Das  wäre  also  am  10.  gewesen !  —  Der  haupt- 
grund  aber,  warum  ich  Geldner's  erklärung  ablehnen  muss, 
ist  ein  syntaktischer,  als  3.  sing,  oder  plur.  des  praeteritums 
im  praeteritalen  sinn  müsste  das  wort  notwendig  mit  dem 
augment  verbunden  sein. 

Ich  stelle  für  die  wurzel  (ar.)  sak-  folgende  bedeutun- 
gen  auf: 

1)  „verlaufen,  verstreichen,  dahin  gehen,  vorübergehen"; 
vgl.  P W.  unter  3  i  2) ,  1  gatn  2) ,  1  ja  2) :  dazu  als  verbal- 
abstrakt sakatai-  „der  verlauf";  — 

2)  mit  ä  „sich  hinziehen  bis  — ,  einen  bestimmten  Zeit- 
punkt erreichen";  — 

3)  mit  parä  „von  einem  punkte  weg  zum  andern  hingehen, 
sich  hinziehen,  sich  erstrecken,  dauern";  — 

4)  mit  pra  „fortgehen,  vorübergehen,  aus  dieser  weit 
scheiden";  vgl.  PW.  unter  ?ti+pra  3).  —  Cf. : 

ad  1)  Bh.  1.  37 f.:  vija^nahja  .  malijä  .  14  .  raukabis  .ßakatä  . 
aha  .jadlj .  itdapatatä  „im  vjakhna-monat,  im  verlauf  des  14.  tags 
war  es,  dass  er  sich  empörte" ;  —  v.  iö.  8 :  jezi  näirika  vohunls 
aiwi .  vaenäß  jaß  he  ßrajÄj  limfna  sakänte  airime  gätüm  he  nishi- 


60  Chr.  Bartholomae 

äaeta  vispem  ä  ahmäß  jaß  he  Icaßwärö  ^safna  sakänte  „wenn 
die  frau  noch  blutstropfen  sehen  sollte,  nachdem  ihr  drei  nachte 
verstrichen  sind  (sein  werden),  so  soll  sie  ihren  platz  in  der 
abgeschiedenheit  beibehalten,  so  lange  bis  vier  nachte  ver- 
strichen sind  (sein  werden)".  Vgl.  v.  16.  9  ff.,  6.  43,  9.  33, 
19.  23.  Hauptsächlich  diese  stellen  sind  es,  die  Geldner 
gegen  meine  erklärung  von  pahatä  geltend  macht.  Wie  man 
ein  praeteritum  im  priorischen  nebensatz  im  deutschen  mehr- 
fach durch  das  plusquamperfekt  wiedergeben  muss,  so  hier  den 
futurischen  konjunktiv  durch  das  futurum  exactum.  Vgl.  Del- 
brück, syntaktische  forschungen  I,  s.  67,  II,  s.  114.  —  v.l.A 
glosse:  hapta  henti  hqminö  mätaha  panica  zaiana  askare  ,, (sonst) 
gibt  es  doch  sieben  Sommermonate,  (nachdem)  die  fünf  winter- 
monate  vorüber  gegangen  sind".  Das  jar  beginnt  mit  dem 
winter,  wie  der  tag  mit  der  nacht. 

ad  2)  V.  15.  8 :  jö  näirikqyn  jqm  apußrqm  . .  anaßa^tqm  para 
^sudrä  aui  franharezaiti  ,,wer  eine  niedergekommene  frau  be- 
schläft, die  ihre  zeit  noch  nicht  erreicht  (ihre  reinigungsfrist 
noch  nicht  abgewartet)  hat".  Vgl.  Geldner,  Kuhn's  Zeitschrift 
XXV,  s.  193;  bei  Darmesteter  wird  das  wort  ignorirt. 

ad  3)  nir.  fol.  71:  kahmäß  haha  apqm  vawuhinqm  frätis 
fragasaiti?  haha  hü.  va^säß  ä  hü  .fräsmö  .  däitim  para  (hds. 
pairi;  doch  s.  fol.  75)  saJcaiti  (?  °te)  „wann  beginnt  die  weihe 
der  guten  wasser?  Sie  dauert  von  Sonnenaufgang  bis  Sonnen- 
untergang".   Vgl.  Zendpahlavi  glossary,  s.  76  f. 

ad  4)  V.  5.  10:  frä  hama  saicinte  aßa  aiwigäme  „die  Sommer- 
zeit geht  vorüber;  da  in  der  folge  — ";  —  v.  19.  28:  pasica  iri- 
stahe  masiehe  pasha  frasa^tahe  masiehe  ,, nachdem  der  mensch 
gestorben,  nachdem  der  mensch  hinübergegangen  ist"  (Spiegel). 
Für  sakaüe  in  v.  18.  16  habe  ich  schon  in  Bezzenberger's 
beitragen  IX,  s.  311  eine  andre  erklärung  vorgeschlagen,  die 
es  mit  pehl.  sazldan  zusammen  bringt.  Ich  habe  keine  veran- 
lassung davon  abzugehen. 


XXVIII.    Zur  5.  und  9.  praesensklasse. 

1)   Gd.  debenaotä  j.  32.  5. 

In  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII,  s.  261  schreibt  Geldner: 
„In  debenaotä  steckt  wieder  ein  den  gramraatikern  so  fatales  e, 
das  noch  der  junggrammatischen  erlösung  harrt".     Dem  debe- 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  61 

naotä  kann  geholfen  werden.  Freilich  anders  wol,  als  Geldner 
annehmen  mag.  Ich  halte  nicht  das  zweite  e  für  svarabhaktisch, 
wie  es  jedenfalls  Geldner  tut,  sondern  das  erste,  und  teile 
d^h-enao-tä. 

db  =  ar.  dhh :  ist  die  wurzel  dahh-  „betrügen"  in  schwäch- 
ster gestalt.  Man  setzt  sie  ja  allerdings  gewönlich  mit  innerm 
nasal  an,  unter  hin  weis  auf  ai.  dadämhha,  damhhäjati  u.  a. 
Aber,  wenn  auch  diese  oder  jene  form  der  wurzel  einen  nasal 
aufzeigt,  so  ist  es  damit  noch  keineswegs  erwiesen,  dass  der- 
selbe von  alters  her  darin  heimisch  war.  Wurzeln,  deren  vokal 
vor  einem  geräuschlaut  stand ,  konnten  im  arischen  gar  leicht 
auf  dem  wege  der  analogie  zu  einem  nasal  kommen.  So  kann 
ai.  daddmbha  zu  dabhtioti  gar  leicht  nach  den  mustern  tastämhha 
zu  stabhnoti,  haskämbha  zu  skabhnoti  neu  gebildet  sein.  Dass 
aber  wirklich  dabh-  und  nicht  dambh-  als  wurzel  anzusetzen 
sei,  dafür  lassen  sich  folgende  gründe  geltend  machen:  1)  Im 
rgveda  kommt  der  nasal  überhaupt  nur  achtmal  vor,  und 
zwar  sechsmal  im  kaussale  und  zweimal  im  nominalstamm 
ddmbhana-;  später  nimmt  er  überhand.  So  hatrgv.  im  perfekt 
noch  dadabha,  aber  athv.  daddmbha.  —  2)  Das  avesta  hat 
nirgend  einen  nasal;  das  kaussale  lautet  hier  däbaieiti  gegen- 
über ai.  dambhdjati.  —  3)  Das  desiderativum  lautet  schon  in 
arischer  zeit  ^dibzha-ti  =  ai.  dipsa-ü,  av.  diwza-idmi ;  diese 
form  erklärt  sich  aber  nur  aus  einer  nasallosen  wurzel,  und 
zwar  aus  *  di-dbh-sa-ti.  Aus  dambh-  hätte  nur  *didahzhati 
hervorgehen  können. 

enao  =  ar.  anau:  setze  ich  gleich  idg.  y,neu  und  erkläre 
dies  für  eine  nebenform  von  nau,  dem  praesenssuffix  der  fünften 
klasse.  Ebenso  findet  sich  ja  auch  in  der  neunten  klasse  neben 
nä,  nl,  n  ein  an,  d.  i.  t^n ;  cf.  ai.  isanas,  isanat,  isananta  neben 
isndti,  ferner  krpänanfa  und  av.  pesanaiti  (cf.  verf.,  arische 
forschungen  II,  s.  95);  auch  im  griechischen  steht  -avcj  neben 
-vü).  Doch  flektirt  debenaotä  noch  unthematisch,  wärend  isanas 
etc.  in  die  thematische  konjugation  übergetreten  sind. 

2)    Gd.  zaranaemä  j.  28.  9. 

Zu  den  eben  erwänten  indisch -iranischen  formen  der 
neunten  klasse  gehört  auch  zaranaemä,  das  nicht,  wie  bisher 
allgemein  geschah,  in  zara-nae-ma  zu  zerlegen  ist  —  dann  wäre 
eben  zeren°  zu  erwarten  — ,  sondern  vielmehr  in  zar-anae-mä. 
Das   zwischen  z  und  r  stehende  a  ist  svarabhaktisch,   wie  in 


62  Chr.  Bartholomae 

zaraiö  „see"  neben  zraiö  =  ai.  gräjas,  zauruänem  neben  zruä- 
nem  }.  9.  11  u.  ö.     Die   flexion   ist   auch  hier  die  thematische. 

3)  Av.  spanuanti  jt.  21.  4,  spenua^  j.  51.  21,  hanuainti 
jt.  14.  46.  '^ 

Justi  stellte  im  handbuch  eine  wurzel  span-  „fördern, 
mehren"  auf,  zu  welcher  er  ausser  spanuanti  und  spenuaß  be- 
sonders auch  spenta-,  spaniah-,  spenista-  und  spänah-  gezogen 
wissen  wollte.  Unter  spenta-  finden  wir  dort  das  folgende: 
„vermehrend,  heilig  (zwei  bedeutungen,  welche  im  persischen 
religionssystem  identisch  sind;  der  heilige  ist  der,  der  dem 
Ahriman  abbruch  tut  und  die  macht  des  Ormuzd  vermehrt)". 
Auf  welche  tatsache  stützt  sich  diese  erklärung?  Doch  einzig 
und  allein  darauf,  dass  der  zendist  spenta  beharrlich  mit  afzünik 
wiedergibt  und  der  glossator  dies  im  sinn  von  „mehrend"  — 
aber  Nerjosengh  hat  fast  durchweg  mahat-  oder  gurav- 
„gross"  —  versteht.  Und  eben  zu  dem  zweck  ist  sie  gemacht, 
um  zwischen  spenta-  „heilig"  und  afzünik  „mehrend"  eine 
brücke  herzustellen.  Aber  die  texte  selber  unterstützen  diese 
meinung  in  keiner  weise.  Hier  bedeutet  spenta-  einfach  „heilig, 
sanctus^  und  nichts  andres.  Das  slav.  sve^t^  aber  und  das 
lit.  szvhnts,  beide  ebenfalls  „heilig"  bedeutend,  lassen  keinen 
zweifei  darüber  bestehen,  dass  das  wort  uralt  ist  und  seine 
bedeutung  „heilig"  längst  gehabt  hat,  ehe  ein  persisches  reli- 
gionssystem existirte.  Die  traditionelle  Übersetzung  von  spenta- 
mit  afzünik  „mehrend"  und  dessen  erklärung  beruht  lediglich 
auf  der  vagen  Vermutung  irgend  eines  avestagelehrten,  dem  es 
die  folgenden  generationen  träggläubig  nachgesagt  haben  2). 

Für  mich  existirt  eine  wurzel  span-  (,, mehren"  oder  dgl.) 
nicht.  Auch  spenuaß  und  spanuanti  setzen  eine  solche  nicht 
voraus.  Vielmehr  gehen  sie  auf  spha-  „proficere"  zurück  und 
zerlegen  sich  in  sp-  (=  ar.  sph-,  schwache  wurzelform)  +anu-, 
enu-  (=  ar.  anu)  -f  suff. ;  anii  aber,  d.  i.  idg.  '^nu  ist  die 
schwache  form  des  für  debenaotä  nachgewiesenen  praesens- 
suffixes.  Die  flexion  jedoch  —  wenigstens  die  von  spenuaß  — 
ist  die  thematische. 

hanuainti  wird  von  Justi  zur  wurzel  han-  „glänzen"  ge- 
zogen und  soll  mit  apa  ,,sie  machen  glanzlos,  d.  i.  erfolglos" 
bedeuten;  nach  Darmeste ter  sogar  ,,chant  away"  (cf.  etudes 
iraniennes  II,  s.  111),  verf.  in  seinem  altir.  verbum  erfand 
eine  wurzel  ^aw- „drehen".    Greldner  endlich,  drei  yasht,  s.  83 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  63 

bemerkt:  „hvanvainti  ist  ein  non  liquet.  Keine  der  bekannten 
wurzeln  hvan  will  passen".  In  der  tat,  hanuainti  gehört  auch 
zu  keiner  derselben ,  sondern  vielmehr  zu  smi-  (ai.  2  su)  „an- 
regen, antreiben",  mit  apa  „fort-,  zurücktreiben",  und  ist  aus 
SU-  (schwache  wurzelform)  +  anu  +  suff.  entstanden.  Dass 
aus  der  gleichen  wurzel  praesensbildungen  nach  der  fünften 
und  neunten  klasse  nebeneinander  vorkommen  —  vgl.  hu- 
näiil,  hunümi  — ,  ist  ganz  gewönlich;  so  z.  b.  ai.:  ksinati 
neben  ksinoti,  stj-nati  neben  stfnoti,  stahhnati  neben  stahhnoti 
u.  a.  m. 

Ihr  getreues  ebenbild  haben  diese  formen  im  griechischen. 
In  den  viel  besprochenen  homerischen  praesentien  (p&avto  (  = 
att.  q>&av(i))  und  'iv.ävof.iaL  kann  -ävio  nur  auf  -ävfto  zurück- 
gefürt  werden;  vgl.  Wackernagel,  Kuhns  Zeitschrift  XXV, 
8.  262.  (pd--avf-a)  aber  ist  aus  9>^ä-  genau  so  gebildet,  wie 
sp-anu-anti  aus  spä-;  und  nicht  nur  das,  es  ist  sogar  völlig 
das  gleiche  wort,  wie  das  schon  Bezzenberger  in  seinen 
Beiträgen  IX,  s.  252  erkannt  hat.  Die  dem  avestischen  und 
griechischen  verbum  zu  gründe  liegende  wurzel  ist  sphe-  (cf. 
ai.  sphäjate,  sl.  sjJeti,  lit.  speti),  bzw.  mit  metathese  der  konso- 
nanten  pshe-,  woraus  gr.  (pd^°;  vgl.  hierzu  verf. ,  arische 
forschungen  II,  s.  54  ff.  Die  veranlassung  freilich  zu  dieser 
und  änlichen  Umstellungen  ist  noch  in  dunkel  gehüllt.  Denkbar 
wäre  es,  dass  anlautendes  s  vor  verschlusslauten  nach  aus- 
lautendem s  verloren  ging  (vgl.  von  Fierlinger,  Kuhns  Zeit- 
schrift XXVIl,  s,  197),  nach  auslautendem  verschlusslaut  aber 
sich  umstellte.  Vgl.  G.  Meyer,  griech.  grammatik^,  §  248  ff. 
—  Neben  ixavco  mit  dem  suffix  ^mw  steht  rAvio^aL  aus  °vej^° 
mit  neu;  es  besteht  hier  dasselbe  Verhältnis  wie  in  der  neunten 
klasse  zwischen  ai.  imnat  mit  nn  und  isnät  mit  nä. 

Warscheinlich  gehört  auch  das  zu  jt.  10.  20  bezeugte  fra- 
stammintl  hierher,  das  sich  in  fra-st-anu-ainti  zerlegen  und 
zur  wurzel  sthä-  ziehen  lässt.  Die  worte  harentö  noi^  frasta- 
nuainti  besagen  „reitend  kommen  sie  nicht  vom  fleck";  vgl. 
dazu  ai.  sthä--\-prd  „aufbrechen".  Im  arischen  kommt  zwar 
sonst  ein  nasalpräsens  dieser  wurzel  nicht  vor;  aber  im  griechi- 
schen haben  wir  ozdvsL  und  eotavsv  ^  im  slavischen  stanq 
Einem  historischen  Zusammenhang  dieser  formen  soll  damit 
nicht  das  wort  geredet  werden. 


64  Chr.  Bartholomae 

4)    Av.  huqnmahi  j.  35.  5,  friqnmahi  j.  38.  4  *). 

Zu  den  formen  der  neunten  klasse  mit  an  statt  n  gehören 
weiter,  auch  die  beiden  eben  zitirten,  welche  als  1.  plur.  neben 
den  3.  sing,  hunäitl,  frinäß  stehen.  Den  Zusammenhang  von 
friqnmahi  mit  ai.  prlnlmdsi  hat  schon  de  Saussure,  memoire 
sur  le  Systeme  primitif,  s.  251  geant,  one  ihn  jedoch  richtig 
zu  erkennen.  Wenn  wir  annehmen,  dass  sich  die  arische 
gruppe  vokal  +  nasal  vor  nasal  im  avestischen  zum  nasalvokal 
+  nasal  gestaltete  —  und  dem  steht  nichts  im  wege,  da 
kamna-  aus  kab(h)nd-  entstanden  ist,  vgl.  kamhista-  und  verf,, 
handbuch,  §  138  — ,  so  lässt  sich  huqnmahi  auf  ar.  *su-an- 
mäsi  zurückfüren;  dies  aber  verhält  sich  zu  ai.  *su-na-ti  (= 
av.  hunäiti)  genau  so  wie  ai.  is-an-at  zu  is-nä-ti,  nur  dass 
jenes  noch  unthematisch  flektirt  ist.  Ueber  n  als  schwache  form 
des  praesenssuffixes  der  neunten  klasse  cf.  verf.,  arische 
forschungen  11,  s.  87. 

Endlich,  wie  sich  huqnmahi  zur  wurzel  sau-  stellt,  so  fri- 
qnmahi  zu  prat-.  Ueber  das  alter  dieser  bildung  mag  man 
wegen  des  anlauts  fri  zweifelhaft  sein.  Doch  vergleiche  man 
2i^.hijäj  das  nach  Osthoff s  richtiger  erklärung  (zur  geschichte 
des  perfekts,  s.  426)  aus  bhu-ne-t  hervorgegangen  ist.  *bhu-i^ 
in  bijä  aber  steht  zu  *bhü-ie-  in  ai.  bhüjät  im  gleichen  Ver- 
hältnis wie  *prt-y,n-  in  friqmahl  zu  *pri-n-  in  ai.  jprlnate. 

Ist  auch  dqnmahi  j.  68.  1  hierher  zu  ziehen? 


XXIX.    Gd.  agen  j.  48.  10. 

Man  hat uiaen  tasher  allgemein  (Spiegel,  Justi,  Roth, 
verf.)   als   3.  Tlur"  f  zuai.^  |^^!>3ff|,  ..ö%i^^  '  genommen.      Dem 
widerspricht  aber  derpalatal.     Ich  zerlege  a  (=  a)  +  gen  =  | 
ai.  hdn,  ar.  *ghans,  2.  sing,  praet.  zu  -y/ghan-;  vgl.  gen  in  j.  46.  12,  | 
das  ebenfalls  2.  sing,  praet.  ist,   aber  zu  ygam-  zu  gehören 
scheint.    Den  sinn  unsrer  stelle  hat  Roth  (Zeitschrift  der  d. 
morgenl.  ges.  XXV,  s.  228  f.)  im  wesentlichen  richtig  erkannt; 
daran  wird  auch  durch  Ludwig's  geschmackvolle   Übersetzung 
„wann  werden   sie  den  harn   dieser   begeisterung  wegpissen?" 
(der  rigveda  IV,  s.  233)  nichts  geändert.     Die  zeile 
kadä  agen  müßrem  ah^a  madahiß 

*    So  fast  alle  hdss.    Geldner  schreibt  one  grund  °qmaht. 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  65 

wird  besagen:   „Wann  wirst  du  (endlich  einmal)  dreinschlagen 
(mit  dem  blitz)  in  den  sudel  dieses  rauschtranks  ?" 


XXX.    Gd.  aköj^^.  51.  8,   ha^rj/a  \.  4S.  2. 

Schon  oben  s.  55  habe  ich  beme^ktf  dass  ich  diese  formen 
für  1.  sing,  halte,  im  gegensatz  zu  Geldnör's  auffassung  in 
Studien  zum  avesta  I,  s.  21.  In  ihrer  bedeutung  vergleichen 
sie  sich  mit  indischen  denominativen  wie  aghajäti  „unheil  zu- 
fügen wollen,  —  drohen",  dukhnnäjase  „unglück  bereiten  wollen, 
böses  antun  wollen"  u.  a.  m.  öi  steht  beidemale  für  ai;  cf. 
oben  s.  55. 

1)  Ui^tä    „ich    drohö   schlimmßgr,"  böses''^  '  zu    aka- 
j.  5i.  »fC^        ^^.^   -^'      _  -'  -  / 

hia^  wköia  dreguäü^  uStä  asem  je  dädre 

„schlimmes   drohe   ich.^em   ungläubigen;   heil  aber  (sei)  demi 
der  am  rechten  festhält!";  — 

2)  haprom  ^MJ^'^QxheissG  glü^",  zu  h^ra-;  cf.  j.  43.  2: 

'"^''ii^yf  ahmäi  ^^mspanc^mjji^istem 

ißpröiä  '""  ,vt«^ 

„und  dem  v^rheisse  ich  das  allerhöchste  glück". 


')" 


XXXI.    Gd.  enäJistä  j.  32.  6. 

Vgl.  Geldner,  Kuhn's  zeitschr.  XXVIII,  s.  261.  Die  ansieht, 
dass  unser  wort  mit  ai.  inaksati  zusammen  zu  stellen  sei,  habe 
ich  längst  aufgegeben.  Ueber  letzteres  vgl.  verf. ,  arische 
forschungen  II,  s.  91  f.  enä^stä  kann  schon  wegen  des  anlau- 
tenden e  nicht  zu  den  desiderativen  gezält  werden.  Es  ist 
vielmehr  praeteritum  vom  perfektstamm  (sog.  plusquamperfekt) 
der  Wurzel  ans-  „erreichen".  Die  grundform  ist  ar.  *cinästa  = 
idg.  *ennkite,  also  mit  „attischer"  reduplikation ,  wie  sie  ja 
bei  dieser  wurzel  häufig  genug  bezeugt  ist;  cf.  ai.  änqsa  — 
rjveyyia.  Schwierigkeit  macht  nur  das  ^.  Geldner  glaubt  sie 
dadurch  beseitigen  zu  können,  dass  er  die  form  zu  ai.  yaks- 
stellt.  Aber  ks  in  ai.  aks-  geht  auf  idg.  kis  zurück,  und  kist 
wird  im  iranischen  auch  nur  st,  ebenso  wie  kit  Ich  halte 
dafür,  dass  das  ^  obiger  form  in  gleicher  weise  zu  beurteilen 
ist,  wie  in  ßware^staraska  neben  pwörestä,  välisem  neben  väsem 

Beiträge  z.  künde  d.  indg.  sprachen.    Uli.  5 


66  Chr.  Bartholomae 

(v.  7,  41)  u.  a. :  es  ist  one  etymologischen  wert.  —  Bezüglich 
des  kurzen  anlauts  verweise  ich  auf  ai.  anagä,  anagjät  zu  ang-, 
anastam  rgv.  7.  45.  2  (aorist:  „jetzt  haben  seine  beiden  arme 
des  himmels  enden  erreicht")  zu  ans-  und  av.  anase  (s.  78). 


XXXII.    Gd.  ehm  =  ar.  asm. 

Im  altpersischen  geht  ar.  s  vor  m  ganz  verloren,  cf.  amlj 
=  ai.  dsmi*\  im  avestischen  anlautend  ebenfalls,  cf.  mahi  = 
ai.  smäsij  wärend  inlautendes  sm  zu  m  wird,  wofür  Geldner 
in  seiner  ausgäbe  ganz  mit  unrecht,  wie  ich  überzeugt  bin,  hm 
in  den  text  gesetzt  hat  (cf.  Kuhn's  literaturblatt  II,  s.  383). 
Dass  dies  angebliche  hn  in  seiner  ausspräche  dem  m  sehr 
nahe  gestanden  haben  muss,  zeigt  die  tatsache,  dass  es  auf 
ein  vorhergehendes  a  die  gleiche  Wirkung  äussert  wie  blosses  m. 
Im  gathadialekt  erscheint  ar.  a  vor  w  vielfach  als  e  (cf.  verf., 
handbuch,  §  6),  in  gleicher  gestalt  aber  auch,  was  ich  dort 
noch  verkannt  habe,  vor  hm.    Die  belege  sind: 

1)  ehmä  j.  29.  11,  34.  \,  43.  10;  =  ar.  *asma  „wir 
waren";  im  Jüngern  avesta  ahma,  vgl.  das  zitat  in  a.  3.  3. 

2)  mehmaidl  j.  45.  3,  amehmaidl  j.  35.  7;  =  ar.  *a-7nas- 
madhi  (mas  =  my.s),  1.  plur.  aor.  sigm.  med.  aus  yman-;  vgl. 
ai.  masija,  agasmahi  (-ygam-J. 

3)  grehma-  j.  32.  12 — 14;  =  ar.  *grasma~  zu  ai.  -y/gras-. 


XXXIII.    Gd.  Iciuisl,  kiuista  j.  51.  15,    34.  13. 

In  Kuhn's  Zeitschrift  XXVII,  s.  229  f.  wollte  Geldner 
statt  der  überlieferten  formen  Icöisl,  Jcoistä  lesen  und  als  aoriste 
zur  Wurzel  kais-  „versprechen"  stellen.  Man  kommt  aber, 
glaube  ich,  auch  one  korrektur  aus.  —  Dass  das  erste  i  svara- 
bhakti  ist,  wird  von  der  metrik  mit  Sicherheit  erwiesen.  Eine 
Wurzel  kuais-  anzusetzen  ist  unmöglich,    wegen   des   palatals, 

*)  Die  Roth'sche  erklärung  von  näisml  in  j.  12.  1  aus  näi  sml, 
welches  „ich  bin  nicht"  bedeuten  soll  (cf.  etudes  dediees  a  C.  Leemans), 
kann  ich  aus  zwei  gründen  nicht  für  richtig  halten:  1)  weil  es  ein  allein 
stehendes  nüi  „nicht"  nicht  gibt;  ap.  naij  ist  aus  naid  hervorgegangen, 
und  2)  —  der  hauptgrund  —  weil  ein  av.  sm  doch  nicht  auf  ar.  sm 
zurückgefürt  werden  kann.  Man  müsste  schon  analogiebildung  nach  asti 
annehmen. 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  67 

der  sich  eben  nur  vor  einem  hellen  vokal  entwickeln  konnte. 
Ich  teile  daher  hi-w-lj  ku-is-tä,  und  sehe  in  diesen  formen  ü- 
aoriste  einer  wurzel  kau-,  der  ich  die  bedeutung  „es  absehen 
auf  — ,  hoffen"  zuweise;  vgl.  ai.  -^kü,  äkütis.  Das  Je  ist  aus 
den  bildungen  mit  mittlerer  wurzelform  bezogen.  Dass  der 
?«-aorist  schwache  wurzelgestalt  aufweist,  ist  gegen  die  regel 
der  Sanskritgrammatik,  kommt  aber  im  veda  oft  genug  vor; 
vgl.  die  aufzälung  der  stamme  bei  Whitney,  wurzeln,  s.  226. 
—  Cf.:  j.  51.  15: 

tä  ve  vohü  manawhä  .  .  .  Iciulsi 
„das  erhoffe  ich  mir  von  eurer  gnade";  —  j.  34.  13: 
hia^  kiuistä  hudäbiö  mizdem  mazdä 

jehiä  tu  daprem 
,,was  von  den  frommen  als  Ion  erhofft  wird,  o  Mazdäh,  (näm- 
lich) dass  du  ihn  gewären  wirst".  [Jehiä  steht  für  ja^  ahiä 
(mlzdahiä).  Gegen  die  mehrzahl  der  hdss.  mit  Geld n er 
hudäbiö  zu  schreiben,  kann  ich  mich  nicht  entschliessen ;  vgl. 
Kuhn's  literaturblatt  II,  s.  386.  Aus  einem  thema  hudäh-  = 
ai.  sudtis-  kann  der  dativ  plur.  nur  entweder  hudazhiö  (=  ar. 
*  siiddzbhjas ,  ai.  sudahhjas)  oder  —  als  analogiebildung  in  an- 
lehnung  an  den  nom.  sing.  —  hudäbiö  lauten.] 


XXXIV.    Gd.  frärente  j.  46.  3. 

Das  wort  ist  nicht,  wie  man  es  früher  tat,  in  fra-\-arente, 
sondern  in  frä+rente  zu  zerlegen,  wie  eine  anzal  von  hdss. 
auch  wirklich  bietet,  rente  ist  =  ai.  rante  rgv.  7.  36.  3,  vgl. 
rmita,  und  gehört  wie  dies  zur  wurzel  ar-  „schicken,  sich  auf- 
machen". Whitney,  wurzeln,  s.  14  teilt  die  formen  der 
6.  praesensklasse  zu.  Aber  das  avestische  erete  j.  44.  12, 
3.  sing.,  zeigt,  dass  sie  richtiger  der  2.  zugewiesen  werden. 
Warscheinlich  sind  sie  auf  den  formen  des  unthematischen 
aorists  aufgebaut:  „aoristpraesentien" ;  vgl.  ai.  ärta,  arta,  av. 
ärem  (j.  43.  10;  unten,  s.  72).  Das  «  dieser  letzten  form  ist 
aus  der  kontraktion  des  augments  mit  dem  wurzelaulaut  ent- 
standen. Wenn  dagegen  das  zur  gleichen  wurzel  gehörige 
äresuä  in  j.  55.  12  so  richtig  überliefert  ist,  so  muss  es  seines 
ä  wegen  dem  perfektstamm  zugezält  werden. 


68  Chr.  Bartholomae 

XXXV.    Ap.  ak''un"V"j"t''a. 

Nach  einem  vokallos  zu  sprechenden  konsonantenzeichen 
wird  in  der  altpersischen  schrift  bekanntlich  ij  statt  blossen  / 
geschrieben;  vgl.  verf. ,  handbuch,  §  81  f.  In  der  anmerkung 
zu  §  82  sind  nur  drei  abweichungen  von  dieser  Schreibweise 
aufgefürt:  tj'a  etc.,  apanjäkam  und  akünavjata.  Die  erste  tja, 
tjam,  tjaij  etc.  bleibt  als  solche  bestehen;  dass  etwa  taja  ge- 
sprochen wurde,  halte  ich  nicht  für  warscheinlich.  —  Auf 
apanjäkam  in  der  grammatisch  und  orthographisch  gänzlich 
verluderten  Inschrift  des  Artaxerxes  Mnemon  ist  kein  gewicht 
zu  legen.  —  Endlich,  was  das  letzte  wort  betriift,  so  halte  ich 
jetzt  dessen  hergebrachte  lesung  und  erklarung  —  akünavjata: 
3,  sing,  praet.  med.  eines  aus  dem  praesensstamm  künav-  gebil- 
deten passivstamms ;  cf.  Spiegel,  keilinschriften  ^ ,  s.  190; 
verf.,  handbuch,  §  277  —  nicht  mehr  für  richtig.  Man  er- 
wartete doch  wenigstens  die  Schreibung  ak"un''V'jH''a.  Ich  lese 
jetzt  vielmehr  akünavajatä,  das  ich  als  3.  plur.  praet.  med. 
eines  aus  dem  praesensstamm  künav-  geformten  kausal- 
stamms  fasse.  Eine  3.  plur.  fügt  sich  besser  in  den  Zusammen- 
hang, insofern  so  der  Wechsel  des  Subjekts  vermieden  wird, 
und  ausserdem  wird  diese  fassung  durch  die  parallelstelle 
NRa  20  unterstützt.  Cf.:  tj'asäm  hakäma  a^ahj^)  ava  akünava 
(NRa  20)  gegenüber  tjasäm  hafcäma  a^ahj  . . .  ava  akünavajatä 
(Bh  1.  20)  und  j'apäsäm  hakäma  aßahj  ava^ä  akünavajatä  (Bh 
1.  24).  Dass  dort  das  aktiv,  hier  das  medium  gebraucht  ist, 
stört  mich  nicht;  ich  verweise  auf  den  unterschiedslosen  ge- 
brauch der  beiden  genera  bei  der  wurzel  bar-;  cf.  I  9:  manä 
hägim  ahara  gegen  Bh  1.  19:  manä  hägim  abaratä.  Werden 
ja  doch  sogar  zu  astij  „er  ist"  medialformen  gebildet.  So  wird 
man  auch  akünavatä  in  NRa  37  besser  als  3.  plur.  —  „was 
ich  ihnen  sagte,  das  taten  sie"  —  denn  mit  Spiegel  als 
3.  sing,  mit  passiver  bedeutung  nehmen.  Auch  das  macht  mich 
nicht  irre,  dass  das  kausale  im  gewönlichen  sinn  der  wurzel 
gebraucht  ist.  Eigentlich  kausative  bedeutung  lässt  sich  ja 
bei  keiner  der  belegten  altpersischen  kausalformen  mehr  mit 
Sicherheit  nachweisen  (doch  vgl.  die  note  4). 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  69 

XXXVI.    Ap.  f''r''h''r''V'")n". 

Wie  nach  einem  vokallos  zu  sprechenden  konsonanten- 
zeichen  ij  statt  j  geschrieben  wird  (cf.  oben),  so  auch  uv  statt 
v;  cf.  verf.,  handbuch,  §  81,  84.  Als  einzige  ausname  von 
dieser  orthographischen  regel  ist  an  letzterer  stelle  das  wort 
fraharvam  Bh  1.  11  aufgefürt.  Denn  statt  gäßvä,  wie  Spiegel 
in  Bh  1.  62,  66,  69  und  NRa  36  liest,  ist  sicherlich  vielmehr 
gäpavä  zu  lesen.  Spiegel  nimmt  gäpvä  als  instrumental  im 
sinn  des  lokativs,  unter  hinweis  auf  §  75  (s.  192).  Ich  vermisse 
aber  dort  die  belege,  gäpavä  ist  vielmehr  wirklicher  lokativ 
mit  postfigirtem  a,  ebenso  wie  dahjauvä;  vgl.  auch  dastajä  und 
verf.,  handbuch,  §  56.  —  Aber  auch  fraharvam  halte  ich 
nicht  für  die  richtige  lesung.  Man  dürfte  wenigstens  erwarten 
f<'r"h''r"v"m''  geschrieben  zu  finden.  Ich  denke  mir,  dass  harava-, 
wie  ich  lese,  identisch  ist  mit  dem  griech.  öloo-,  das  doch  nur 
aus  öXofo-,  nicht  etwa  aus  oXj^o-  entstanden  sein  kann.  Dann 
verhält  sich  ap.  harüva-  (ar.  *sarva-)  zu  harava-  (ar.  *sarava-) 
wie  gr.  olo-  (aus  *6lfo-)  zu  okoo-  (aus  *  oAo/o-).  Wir  haben 
es  also  mit  einem  abstufenden  nominalsuffix  zu  tun;  über  die 
verschiedenen  formen  des  suffixes  olo  etc.  vgl.  Wheeler,  der 
griechische  nominalakzent,  s.  23. 

Ich  benutze  diese  gelegenheit,  um  wieder  einmal  an  die 
schon  von  Windischmann  aufgestellte,  später  aber  —  wie 
z.  b.  aus  Bezzenberger's  bemerkungen  in  seinen  beitragen 
V,  s.  168  n.  hervorgeht  —  wieder  in  Vergessenheit  geratene 
gleichung  gr.  ccQiGTSQog  =  av.  vairiastära  zu  erinnern.  In 
jeder  der  drei  ersten  silben  des  worts,  das  offenbar  eine  kom- 
parativbildung  mit  doppeltem  suffix  ist,  weisen  hier  die  beiden 
sprachen  eine  andre  ablautsstufe  auf.  Als  dritte  form  zu  teqo-, 
tara-  stellt  sich  av.  ära-  in  apäJiära  (komp.  zu  dpänk-). 


Es  sei  mir  gestattet  im  anschluss  an  die  beiden  letzten 
artikel  noch  ein  par  weitrer  bemerkungen  zu  den  Spiegel'- 
schen  lesungen  altpersischer  Wörter  zu  machen. 

up'd"r''m''h''j''ä  (Spiegel  upadaranmahja) :  1.  iipadarmahjä. 
Spiegel's  lesung,  die  dem  susischen  humbadaranma  zu  gefallen 
gebt,  ist  nach  der  altpersischen  Orthographie  nicht  zu  recht- 
fertigen.   Nasale  werden   nur  vor  geräuschlauten   unbezeichnet 


70  Chr.  Bartholomae 

gelassen,  vor  nasalen  werden  sie  geschrieben;  cf.  kamnam.  Der 
name  des  in  rede  stehenden  Susiers  war  ebenso  gut  iranisch 
wie  der  seines  sones  Athrina  (asina).  Das  wort  mag  mit  av. 
zaremaia-  zusammenzustellen  sein. 

(/"ub"r"uv"  (Spiegel  gaubar uva):  ].  gauhrüva,  eigentlich 
„einer  der  stierbrauen  hat".  Im  griechischen  wird  das  alt- 
persische au  in  der  regel  durch  w  wiedergegeben,  cf.  Gaubrüva 
—  Fwßgvag,  Äuramazdä  —  '£2Q0f^d^rjg,  Vaumana  —  '£2f.iav6s, 
und  umgekehrt  im  altpersischen  griechisches  w  durch  au,  cf. 
Jaunä  —  'lojvla.  Das  lässt  schliessen,  dass  das  altpersische 
au  die  ausspräche  ou  gehabt  hat.     Vgl.  das  thessalische. 

Icij^lcr^m"  (Spiegel  ciyankaram):  1.  kijakaram,  d.  i.  kij'at- 
karam,  *icijankaram  wäre  auf  *kijant-karam  zurückzufüren, 
eine  schauderhafte  bildung. 

t"v"m"  (Spiegel  fuvm):  1.  tüvam  —  ai.  tvdm,  gd.  tiiem. 
Spiegels  anname,  dass  uv  in  der  mitte  der  Wörter  einige  male 
=  ü  stehe  (keilinschriften^,  s.  157,  180  f.),  lässt  sich  nur  mit  dem 
einen  parüvnäm  stützen ,  das  zweimal  in  NRa  und  zweimal  in 
P  vorkommt.  Die  inschrift  des  Artaxerxes  Ochus  ist  ganz 
verwarlost,  aber  auch  die  von  Naksirustem  zeigt  einige  abson- 
derlichkeiten ,  vgl.  verf.,  Bezzenberger's  beitrage  X,  s.  270. 
UV  vor  konsonanten  ist  entweder  =  uva  oder  falsch;  entspre- 
chend ij.  Länge  und  kürze  von  i  und  u  werden  im  altpersi- 
schen Schriftsystem  nicht  geschieden;  vgl.  verf.,  handbuch,  s. 5f. 
Danach  sind  die  altpersischen  beispiele  bei  Osthoff,  morpho- 
logische Untersuchungen  IV,  s.  40  ff.  zu  beurteilen. 

m'^wy'ah''j'*  (Spiegel  maniyähy)'.  1.  manijähaj,  medium 
statt  aktivum.  Die  form  kommt  nur  einmal  unverstümmelt  vor, 
nämlich  I  20;  aj  statt  aij  findet  sich  auch  sonst. 

f'uv'ja"  (Spiegel  JMüe'yä):  \.  jauvijä;  cf.  bX.  javj'd  (drei- 
silbig), np.  gül.     Zur  Schreibung  vgl.  av.  haetaoue  j.  53.  4. 

vz-'r^k"  (Spiegel  vazraka):  1.  vazarka.  Das  neupersische 
buzurg  weiet  auf  mittlem  r-vokal  hin;  cf.  Hüb  seh  mann, 
Kuhn's  Zeitschrift  XXVII,  s.  111. 

h"g"m"t"a"n"ij'' :  Spiegel  liest  hangmatänaij,  um  so  eine 
etymologie  des  worts  zu  gewinnen.  Aber  die  dabei  ange- 
nommene Wortbildung  wäre  ganz  barbarisch.  Das  griechische, 
aramäische,  assyrische,  susische  und  der  moderne  name  weisen 
auf  hagmatäna   hin,    wie  das  wort  auch  jedenfalls  zu  lesen  ist. 

h'um''V'' [r^k^'a]    (Spiegel    humavarkä):    1.    haumavarkä. 


Beitriäge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  71 

Spiegel  lässt  sich  durch  die  griechische  form  des  namens, 
l^/nvQyioi,  abhalten  haiinia°  zu  lesen.  Aber  für  hu  wird  ganz 
ausnamslos  blosses  u  geschrieben.  Die  Griechen  werden  also 
falsch  gehört  haben  (genau  wäre  'i2/iiaoQyioi ;  vgl.  oben),  hauma- 
varkä  sind  „die  hauma-  (söma-)wölfe".  Die  Sakä  haumavarkä 
scheinen  diesseits,  die  Sakä  tigraliaudä,  „die  spitzkappen-Saken", 
jenseits  des  Jaxartes  gewont  zu  haben ;  vgl.  die  reste  von  Bh.  5, 
aus  denen  hervorzugehen  scheint,  dass,  um  den  Sakuka  gefangen 
zu  nehmen,  ein  grösseres  wasser  überschritten  werden  musste. 
Sakuka  war  aber  jedenfalls  ein  spitzkappen-Sake,  das  geht  aus 
seinem  bild  aufs  deutlichste  hervor. 


XXXVII.    varänl  j.  53.  4,  —  °uarefa  j.  31.  10.  —  vairl- 
maidl  j.  35.  3. 

Aller  warscheinlichkeit  nach  hat  das  ar  in  jeder  dieser 
drei  formen  —  aus  wurzel  icar-  „erwälen,  sich  bekennen  zu  — " 
—  einen  andern  etymologischen  wert.  Zu  varänl  vergleicht 
sich  ai.  vdrat,  vdras;  ar  ist  hier  =  ar.  ar.  Tax.  vairlmaidi 
stellt  sich  ai.  vurlta;  ar  ist  —  rr.  Endlich  °uaretä  bringe  ich 
hinsichtlich  der  vokalisation  mit  ai.  gürta,  pürdhi  zusammen. 
ar  ist  also  —  f.  Die  3.  plur.  praet.  med.  varatä  —  j.  30.  5 
(,,da  entschieden  sich :  dafür  das  schlechteste  zu  tun  der  lügne- 
rische von  diesen  beiden  geistern,  für  das  rechte  aber  der 
heiligste  geist  .  .  und  diejenigen,  welche  . .  .")*)»  ^~-  ^^  —  steht 
entweder  für  vrr°  oder  das  a  ist  übertragen.  Geldner's  Vor- 
schlag (Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII,  s.  263)  vratä  zu  lesen,  muss 
ich  für  verfehlt  erachten;  ar.  vrata  wäre  *uruatä;  vgl.  verf, 
handbuch,  §  74. 


XXXVIII.    fear  aß  j.  46.  4. 

Geldner  schreibt  mit  ganz  wenigen  handschriften  Imräß, 
vermutlich  weil  er  es,  wie  auch  ich  früher,  zu  Imnr-  „bewegen" 

*)  Anders  neuerdings  Geldner,  Bezzenberger's  beitrage  XII,  s.  93, 
97.  Grammatische  gründe  sprechen  gegen  seine  Übersetzung.  1)  „vcrezyö 
ist  akk.  plur.  eines  adj.  verezi,  gebildet  wie  dhunt,  und  verbal  konstruirt". 
Ich  kenne  sonst  —  radikalstämme  ausgenommen  —  nur  akk.  plur.  auf 
•ts,  bzw.  -in,  -t«.  2)  Die  3.  sing,  praet.  med.  von  var-  sollte  eben  varetä 
geschrieben  sein,  wie  j.  31.  10;  doch  vgl.  verf.,  ga5-a's,  s.  13. 


72  Chr.  Bartholomae 

zieht.  Die  tradition  ist  hier  mit  ihrem  künisno  ganz  im  recht. 
Ich  nehme  hara^  jetzt  als  konjunktiv  des  unthematischen  aorists 
der  Wurzel  har-  „machen";  ai.  kdrat.  Ins  vedische  übersetzt 
würde  die  zeile  e  lauten:  sa  tän  purögäh  pathmän  sukitteh 
karat.  Vgl.  dazu  verf. ,  Zeitschrift  d.  dtsch.  mgl.  gesellschaft 
XXXVIII,  s.  119,  Bezzenberger's  beitrage  X,  s,  274.  —  Die 
übrigen  gathischen  aoristformen  aus  wurzel  kar-  sind:  Jcöreß 
j.  44.  7,  45.  ^  (=  ar.  Icart,  ai.  kar),  keremä  j.  40.  1  (ai. 
kfsva),  tcaraiti  j.  51.  1  (=  ai.  karati;  tradition  vabdünjen,  cf. 
s.  73)  und  karäne  j.  44.  17  (Geldner:  karäm;  doch  vgl.  die 
Varianten  und  verf.,  arische  forschungen  II,  s.  183).  Aus  dem 
Jüngern  avesta  noch  Icarenta  y.  2.  11  (astem  i^ra  fralcarenta 
„ein  heim  bereiteten  sich  da"). 


XXXIX.    däis  j.  43.  10. 

Justi,  handbuch,  s.  151  nimmt  däis  als  2.  sing.  konj. 
aor.,  verf.,  altiranisches  verbum,  s.  31  als  2.  sing.  opt.  aor. 
akt.  der  wurzel  da-  „geben".  Eines  ist  so  verkehrt  wie  das 
andre.  Auch  die  von  mir,  arische  forschungen  II,  s.  166  vor- 
geschlagene änderung  ist  abzuweisen,  däis  ist  eine  durchaus 
regelmässige  2.  sing.  inj.  akt.  des  s-aorists  der  wurzel  dhai- 
„warnehmen,  sein  augenmerk  richten  auf  — ",  gebildet  ganz 
wie  ai.  hhäis  zu  bhai-,  jäus  zu  iau-.  Nach  der  metrik  ist  zu 
lesen   (vgl.  verf.,  a.  a.  o.  III,  s.  11  ff.): 

djß  tu  möi  dais  dsem  \  Mä]^  mä  zdozaomi  \\ 

äramäiti  \  häkimno    l^  arem  \\  ; 
d.  i.  „Nimm  war  meines  opferlieds,  das  ich  ergiesse;    ergebnen 
sinns    hab    ich   dir's  jetzt   zugesendet",     äreni  ist  augmentirte 
aoristform   der   wurzel  ar-  „senden;    sich  aufmachen",     mä  ist 
ai.  sma;  cf,  verf.  a.  a.  o.  III,  s.  58. 


XL.    dlsemna-  j.  51.  1. 

Mit  den  drei  besten  handschriften  J  2,  K  5  und  Pt  4  lese 
ich  vidisemnäi.  °näiS  wie  Geldner  schreibt,  ist  durch  das 
folgende  siaopanäis  veranlasst.  Die  gleichmachung  der  aus- 
ginge benachbarter  wörter  ist  eine  gar  nicht  seltene  erschei- 
nung,    vgl.   z.  b.  j.  44.  10,    49.  4,    49.  5   {täiskä  vispäis   statt 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  73 

taelcä  vispäis,  vgl.  die  vorhergehende  strophe  und  verf.,  Kuhn's 
Zeitschrift  XXVIII,  s.  46),  51.  13  {peretä  äkä  siaii  peretö  — 
so  K  11  —  äkä,  vgl.  die  vorhergehende  strophe),  51.  15.  Die 
bildung  disemna-  entspricht  so  genau  wie  möglich  der  vedischen 
dhl'samäna-  rgv.  10.  26.  6:  part.  med.  des  s-aorists  aus  der 
Wurzel  dhai-  „warnehmen,  sein  augenmerk  richten  auf  — ". 
[So  richtig  P.  W.,  Grassmann  und  Delbrück;  anders  Whit- 
ney, wurzeln,  s.  83.]  —  Subjekt  des  ersten  satzes  der  strophe 
ist  vohü  lisa^rem  vairlm;  Jcaraiü  ist  als  konjunktiv  des  aorists 
zu  kar-  „machen"  zu  stellen,  cf.  s.  72;  die  tradition  hat  va- 
bdünjen;  Iza,  instr.  sing.,  mit  ai.  l'hate  zusammengehörig,  ist 
eine  bildung  aus  dem  desiderativstamm  wie  ai.  hhiksä  u.  a. 
(Whitney,  ind.  grammatik,  §  1149),  steht  also  für  ar.  *igzhä 
aus  Igxh+sä,  vgl.  Geldner,  Studien  I,  s.  64  ff.,  verf.,  a.  a.  o. 
III,  s.  52  f.  Danach  übersetze  ich:  „Der  gute,  liebe  (gott) 
Khsathra  erwirkt  für  den  das  günstigste  (wörtlich  „zuträg- 
lichste"), das  beste  los,  der  in  seinem  tun  mit  eifer  nach  dem 
rechten  strebt;  ihn  will  ich  jetzt  für  uns  zu  gewinnen  suchen". 


XLI.    siodum  j.  48.  7. 

So  bieten  sechs  der  besten  handschriften.  Geldner  schreibt 
jetzt  —  doch  vgl.  die  bemerkung  in  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII, 
s.  265  —  mit  J  2  siözdüm.  Ich  kann  das  nicht  billigen.  Dass 
zd  oder  zd  fälschlich  für  blosses  d  geschrieben  wird,  kommt 
zum  öftern  vor.  Man  vergleiche  z.  b.  j.  44.  20,  wo  vier  hand- 
schriften urnzdöiatä  statt  urüdöiatä  bieten;  ferner  j.  46.  11, 
wo  statt  Jiraodaß  —  vgl.  j.  51.  13  —  fünf  handschriften 
(darunter  J  2,  K  5,  4)  Jiraozda^  haben;  und  besonders  j.  32.  3, 
wo  statt  asrüdüm  in  fünf  handschriften  asrüzdüm,  in  zwei 
asrüzdüm  geschrieben  ist.  —  siödüm  ist  2.  plur.  inj.  med.  des 
i-praesens  der  wurzel  sä-  „wetzen,  schärfen",  paiti  siödüm  ist 
„rüstet  euch  gegen  — ,  macht  euch  bereit  gegen  — ".  — 
Geldner,  a.  a.  o.  stellt  damit  siasklß  j.  32.  16  zusammen. 
Ich  halte  es  für  sehr  bedenklich,  das  wort  für  eine  2.  sing,  zu 
nehmen.  ^Iß  hinter  dem  verbum  finitum  kommt  sonst  nirgend 
vor;  auch  im  rgveda  nicht.  Das  von  Grassmann  und  Geldner 
zitirte  dhdnvan-kid  rgv.  1.  135.  9  ist  sicher  nominalform,  cf. 
Ludwig,  rigveda  V,  s.  43. 


74  Chr.  Bartholomae 

XLII.    vldäitl  j.  51.  6 

gehört  nicht  zur  wurzel  dhä',  wie  ich  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII, 
s.  43  annam,  sondern  als  3.  sing.  konj.  praes.  akt.  zu  uaidh- 
(ai.  vidh-)  „[den  göttern]  dienen ,  sich  widmen ,  ergeben  sein". 
Die  a.  a.  o.  gegebene  Übersetzung  wird  dadurch  nicht  berürt. 
Vgl.  dazu  Geldner,  Kuhn's  Zeitschrift  XXVII,  s.  197.  —  Zur 
selben  wurzel  gehört  auch  vldö  j.  51.  18,  nom.  plur.  fem.,  in 
konkreter  bedeutung,  wie  ai.  ripas,  doisas,  nidas  u.  a.  m. 


XLIII.    frösiä^  j.  46.  8. 

Ich  zerlegte  früher  frö+asiä^.  Das  ist  falsch.  Solche 
kontraktionen  kommen  in  den  gatha's  nicht  vor.  Auch  die 
Zerlegung  von  fröretols  j.  46.  4  in  frö+eretöis  ist  verfehlt.  Es 
ist  entweder  frö .  iritöis  oder  frö .  rentöis  zu  lesen.  —  frösiäjß 
nun  ist  einfach  frö+siäß,  d.  i.  3.  sing.  konj.  akt.  des  ^-praesens 
aus  shä-  „schneiden",  =  ai.  Ichä-,  Jch.jäti;  hier  in  der  allge- 
meinern bedeutung  „verwunden,  verletzen,  etwas  zu  leide  tun". 
Zur  gleichen  wurzel  auch  säzdüm  (s-aorist)  j.  31.  18  und  aus 
dem  Jüngern  avesta  auasiäß  und  sänam  „stück".  Vgl.  verf., 
Kuhn's  Zeitschrift  XXVII,  s.  366  f.  —  frö  ist  hier  =  ai.  pro  (z.  b. 
rgv.  i.39.  5);  ebenso  j.  28.  11,  33.  8,  13,  45.  6,  46.  3,  5,  10, 
49.  6.  So  auch  apö  j.  32.  9  =  ai.  äpo  (z.  b.  rgv.  5.  48.  2). 
In  der  komposition  dagegen  —  so  beide  male  in  j.  46.  4  — 
entspricht  es  dem  ai.  puräs. 


XLIV.    morenden,   morenda^  j.  32.  9  ff. 

mörend-  —  auch  morend-  geschrieben  —  steht  nach  §  8 
meines  handbuchs  für  älteres  *marnd-  (vgl.  P  6).  Ich  füre 
das  jetzt  auf  ar.  *mfnd-  zurück  und  verweise  dazu  auf  das 
lange  i  in  vinasti  j.  31.  15. 


XLV.    nerefsaitl  j.  44.  3 

mu88  für  eine  recht  junge  bildung  gelten.  Das  beweist  die 
lautgruppe  fs  statt  ß.  Die  inchoative  praesensbildung,  im  alt- 
indischen nur  in  sehr  beschränktem  umfang  üblich  —  der 
rgveda  hat  nur  ikha-,  ukha-,  xlcha-,  gakha-,  jalcha-,  jukha-  und 


Beiträge  zur  altiranischen  graramatik.    V.  75 

vänicha-  —  hat  im  altiranischen  stark  überhand  genommen, 
ebenso  wie  im  griechischen  und  lateinischen.  Als  zweifellos 
junge  bildungen  des  Jüngern  avesta  erwäne  ich  noch  tafsa- 
und  hafsa-.  Grund  wie  oben.  —  Im  gathadialekt  finden  sich 
die  inchoativstämme :  a)  nerefsa-,  (jasa-,  jasa-,  peresa- ;  b)  isasa-, 
hlsasa-  (j.  32.  13,  vgl.  Geldner,  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII, 
s.  303;  hlsasa-,  dreisilbig,  ist  „beginnen  inne  zu  haben"  = 
„einnehmen"). 


XLVI.    Jisäi  j.  28.  3,  lisö  46.  2. 

Geld n er  schreibt  ^s°,  vgl.  auch  j.  65.  9.  Dann  beruht 
das  s  auf  Übertragung.  Die  lautgesetzliche  form  ist  jedenfalls 
die  mit  s.  —  Ich  stelle  beide  formen  zum  einfachen  themati- 
schen aorist  der  wurzel  kas-  (ai.  käs-)  oder  auch  ksä-.  Die 
gathische  bedeutung  ist  „warnehmen,  schauen  auf  — ,  bedacht 
sein  auf  — ".  Dagegen  ist  für  ^a^se  und  ^säta  j.  65.  9  die 
bedeutung  „mitteilen,  verkünden"  anzusetzen.  Auch  die  wurzel 
ka^s-  =  ai.  Jcaks-,  av.  Icas-  (verf.,  Bezzenberger's  beitrage  X, 
s.  209)  hat  ja  beide  bedeutungen.  Die  behauptung  übrigens, 
dass  ai.  Icaks-  sich  durch  reduplikation  aus  kas-  (käs-)  ent- 
wickelt habe,  ist  ganz  unhaltbar.  Ai.  kasß  ==  av.  Icaste  kann 
nur  aus  ^k^ekistai,  nicht  aber  aus  "^k^ek^stai  entstanden  sein. 


XL VII.    fisentä,  ^sentqm  j.  48.  5,  ^saetä  j.  41.  2, 
Tisaesa  j.  8.  5. 

Die  in  meinen  arischen  forschungen  II,  s.  168  für  ai.  ksa- 
trd-  =  av.  Tisapra-  und  ai.  ksdjati  —  av.  Tisaieiti  aufgestellte 
wurzel  ksä-  „walten,  macht  haben  über  — ,  beherrschen"  liegt 
deutlich  in  den  beiden  ersten  formen  zu  j.  48.  5  vor.  Die 
zeile : 

hüTisaprä  ^sentqm  \  md.ne  düse.^saßrä  ^seiUä  \\ 
bedarf  keiner  korrektur.  Es  ist  eine  ganz  normale  dzagati- 
zeile  mit  zäsur  nach  der  fünften  silbe;  vgl.  verf.,  a.  a.  o.  II, 
s.  28  f.;  III,  s.  11  ff.  (Die  betonung  Jm^s°,  düse.^s°  ist  durch 
den  gegensatz  bedingt.)  Da  das  praesens  von  ksä-  im  vedi- 
schen  wie  im  avestischen  nach  der  i-klasse  gebildet  wird, 
nehme  ich  jene  formen  als  3.  plur.  inj.,  bzw.  imp.  med.  des 
einfachen  thematischen  aorists.     Ebendazu  gehören  auch  ^saesa 


76  Chr.  Bartholomae 

und  ^saetä  als  2.  und  3.  opt.  med.  Das  medium  der  wurzel 
kommt  auch  sonst  vor:  ^saiamnö.  —  Wenn  in  j.  41.  2  hu^sa- 
ßrastü.ne  richtig  überliefert  und  tü.ne  nicht  etwa  aus  §  3 
und  4  hierher  verschleppt  ist ,  muss  tu  als  partikel ,  =  ai.  tu 
genommen  werden,  wärend  es  sonst  als  enklitischer  nominativ 
sing,  des  pron.  II,  pers.  fungirt. 

Zur  praesensbildung  ksdjati  —  ^sateiti  vgl.  hväjati  —  zhaieiti 
zu  zhtiä-  und  Hübschmann,  indogerm.  Vokalsystem,  s.  42. 
Ausser  in  diesen  formen  kommt  die  wurzel  Mä-  nur  noch  in 
ai.  adhiksitam  rgv.  10.  92.  14  vor.  Eine  i-wurzel  wird  aber 
dadurch  keineswegs  erwiesen.  Entweder  i  gehört  zum  suffix 
wie  in  tadit  u.  a. ,  oder  i  repräsentirt  die  schwache  vokalform 
zu  ä.  —  Die  Geldner'sche  Übersetzung  von  j.  32.  5c  halte 
ich  schon  desshalb  nicht  für  richtig,  weil  ^saieiti  sonst  überall 
in  den  gatha's  mit  dem  genitiv  verbunden  wird.  Statt  Jisaiö 
ist  wie  in  j.  31.  20  mit  Pt  4,  Jp  1,  K  4  Tisiö  (infinitiv  „zu  ver- 
derben") zu  lesen. 


XL VIII.    röißwen  j.  31.  7. 

Man  nimmt  allgemein  röipwen  als  3.  plur.  praet.  akt.  Ich 
halte  diese  erklärung  nicht  mehr  für  richtig.  Die  syntax 
spricht  ganz  entschieden  dagegen.  Ich  fasse  es  jetzt  als 
infinitiv.  Dann  ist  die  zeile  zu  übersetzen:  „Er  der  zuerst  es 
erdachte  mit  licht  die  räume  zu  erfüllen  — "  (wörtlich  „zu- 
sammenfliessen  zu  lassen").  —  tä  geht  auf  häprä.  Zur  kon- 
struktion  vgl.  j.  33.  6:  Ja  verezieidiäi  mantä  västnä;  j.  31.  8: 
ßß  pwä  menghl  .  .  jezim  stöi;  rgv.  7.  2.  7:  mdnje  väm  gätd- 
vedasä  jagddhjäi.  Der  form  nach  ist  röipiven  lokativ.  Etwas 
häufiger  finden  wir  den  dativausgang  des  gleichen  Suffixes  zur 
infinitivbildung  verwendet,  -uancii;  cf.  ai.  dävdne,  av.  vlduanöi. 
Auch  beim  suffix  -man  hat  sowol  der  dativ-  als  auch  der 
lokativausgang  zur  infinitivbildung  gedient;  vgl.  verf.,  Kuhn's 
Zeitschrift  XXVIII,  s.  20  und  22,  G.  Meyer,  griech.  gram- 
matik^  §  595  anm.  4,  Brugmann,  Iw.  Müller's  handbuch  II, 
s.  93  und  621.  Ein  genaues  analogon  dürfte  röipwen  im  griechi- 
schen haben;  cf.  G.  Meyer,  a.  a.  o.,  §  598  anm.  2.  —  Die 
stelle  j.  12.  1 ,  wo  die  zweite  hälfte  unserer  zeile  zitirt  wird, 
beweist  natürlich  nicht  das  geringste  gegen  meine  fassung. 
Sie  kann  höchstens  zeigen,   dass  das  genauere  verständniss  der 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  77 

gatha's  schon  recht  frühzeitig  verloren  gegangen  ist:  eine  tat- 
sache,  die  auch  noch  durch  andre,  oft  ganz  unvernünftige 
Zitate  erhärtet  wird. 


XLIX.    qStä  j.  43.  14. 

Ueberliefert  ist  frqstä,  das  zweifellos  in  fra  +  qstä  zu  zer- 
legen ist.  Geldner,  drei  yasht,  s.  38  scheint  an  der  nasa- 
liruug  anstoss  zu  nehmen.  Ich  halte  die  form  für  durchaus 
regelmässig.  Sie  darf  nur  nicht  als  aoristbildung  genommen 
werden,  qsta  ist  die  ganz  normale  3.  sing,  praet.  med.  zur 
vedischen  1.  plur.  konj.  med.  andmmahäi  rgv.  8.  27.  22,  gehört 
also  zum  praesens  der  7.  klasse  der  wurzel  ans-  „erreichen; 
reichen,  bringen".  Vgl.  dazu  ai.  ankte  und  andkti  zu  aTitg- 
„salben". 


L.    nisqsia  50.  2. 

Meine  erklärung  in  arische  forschungen  II,  s.  26  f.  ist 
ebenso  verkehrt  wie  die  Geldner'sche  in  Kuhn's  Zeitschrift 
XXVII,  s.  580.  Geldner  hat  aber  wenigstens  das  etymon 
getroffen,  qsiä  ist  1.  sing.  opt.  med.  aus  dem  schwachen  prae- 
sensstamm  7.  klasse  der  wurzel  ans-  „bringen";  vgl.  (^ta,  oben. 
Der  tonlose  zischlaut  in  nis  macht  keine  Schwierigkeit.  Laut- 
gesetzlich war  z  doch  nur  vor  tönenden  geräuschlauten  ent- 
standen. Man  vergleiche  dazu  duser epris  j.  49.  1  neben  duza- 
zobä  j.  46.  4;  erestialcä  j.  31.  12  neben  erezu^däi  j.  31.  19.  — 
Die  bedeutung  von  ans- +  nis  ist  „herausbringen,  erretten,  er- 
lösen". Das  vorhergehende  mä  ist  ai.  stna.  Danach  ist  zu 
übersetzen:  „die  warhaft  rechtschaffenen  unter  den  des  Sonnen- 
lichts sich  freuenden  menschen,  die  will  ich,  wenn  sie  im 
gericht  stehen,  herausbringen,  hin  zu  den  wonsitzen  der  ge- 
rechten", dä^em  nehme  ich  als  gen.  plur.,  vgl.  starein  j.  44.  3 
u.  a.  m. ;  dähuä  als  lok.  (des  ziels)  plur.  zu  dam-  „haus".  —  Man 
könnte  vielleicht  gegen  diese  fassung  die  tatsache  geltend  machen 
wollen,  dass  sonst  in  den  gatha's  das  postfigirte  ä  hinter  loka- 
tiven  nicht  zu  belegen  ist.  Der  einwand  ist  aber  nicht  stich- 
haltig, üeberall  wo  ä  unmittelbar  vor  oder  hinter  einem  lokativ 
steht,  ist  es  nach  ausweis  der  gatharhythmik  enklitisch  oder 
proklitisch  gesprochen  worden;   cf.  j.  34.  10:  |  ßwähmi  mäzdä 


78  Chr.  Bartholomae 

^§aßroi  ä  vöj^dßrä  \\  ;  man  beachte ,  dass  hier  Jp  1  und  K  4, 
zwei  der  besten  handschriften,  in  der  tat  ^saßröj^a  lesen;  ferner 
j.  48.  7,  49.  8,  10,  50.  4,  vgl.  die  neuausgabe.  Gegen  die 
herkömmliche  erklärung  von  dähuä  als  2.  sing.  imp.  von  dä- 
oder  dhä-  spricht  das  ä  vor  dem  suffix.  Ich  verlangte  diäuä, 
cf.  dlsä  j.  43.  7  und  ai.  dhisvd.  —  Bei  Ludwig's  Übersetzung 
unsrer  stelle  (rigveda  IV,  s.  275)  verstehe  ich  das  deutsch  nicht. 


LI.    vlstä  j.  46.  17. 

So  lese  ich  mit  K  5,  J  2  und  K4.  Geldner  vestä  nach 
Pt  4  und  den  meisten  andern  handschriften.  Aber  das  e  ist 
grammatisch  nicht  zu  rechtfertigen.  Der  zendist  (lekßm  .  .sä- 
tüned)  las  mit  S  1  u.  a.  ve  stä.  —  vlstä  steht  meines  erachtens 
für  ar.  *uinßa  oder  *uinpta  und  bildet  die  3.  sing,  praet.  med. 
zu  vlnasti  j.  31.  15,  gehört  also  zum  praesensstamm  7.  klasse 
der  Wurzel  uaid-  „finden;  verschaffen,  bewirken";  vgl.  nista 
V.  18.  16,  2,  plur.  zu  naid-,  verf. ,  arische  forschungen  II, 
s.  83  f.  —  Die  zeile 

hadä  vlstä  \  vahmeng  seraosä  rädawhö  || 
ist  zu   übersetzen:    „(wo)   er   immerdar  preislieder   sammt  ge- 
horsam im  tun  finden  soll  (,   er  der    den  gerechten  und   den 
ungerechten  scheiden  wird  . . .  der  gott  Mazdah)". 


LH.    anase  j.  44.  14. 

Die  Streichung  des  anlautenden  a  ist  nicht  gerechtfertigt. 
anäSe  ist  ein  aus  dem  attisch  reduplizirten  perfekt-  (oder  aorist-) 
stamm  mit  dem  suffix  -sai  gebildeter  infinitiv  der  wurzel  ans-, 
ä  ist  ^.  Im  übrigen  vgl.  enä^stä,  s.  65.  Das  suffix  -sai  tritt 
auch  im  indischen  einmal  hinter  einem  reduplizirten  tempus- 
stamm auf:  /cdrkrse  rgv.  10.  22.  1,  105.  4  (?  10.  74.  1,  fälsch- 
lich unbetont?).  An  der  ersten  stelle  ist  zu  übersetzen: 
„welcher  im  haus  der  dichter,  der  im  verborgenen  auch  im 
lied  zu  rümen  ist".  Aenlich  auch  an  der  zweiten  stelle.  Die 
herkömmliche  erklärung  von  IcärkYse  —  3.  sing.  int.  med.  — 
kann  ich  nicht  billigen.  Das  s  bleibt  dabei  unerklärt.  Mit 
aricase,  ginlse,  gäjise  und  den  übrigen  bei  Whitney,  wurzeln, 
s.  242  zusammengestellten  1.  sing.  konj.  med.  lässt  es  nicht  in 
Verbindung    bringen.     Dieselben    sind    doch    sicherlich   neubil- 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  79 

düngen  mit  dem  konjunktivausgang  des  sigmatischen  {s-  und 
is-)  aorists;  vgl.  J.  Schmidt,  Kuhn's  Zeitschrift  XX VII,  s.  326. 
Aber  die  3.  sing.?  —  Vgl.  unten  av.  rämhamhöi. 

LIII.    zaia^a  j.  6S.  1,   zaemä  j.  41.  4. 

Beide  gehören  —  als  2.  plur.  des  /-praesens,  bzw.  1.  plur. 
opt.  des  thematischen  aorists  —  zu  einer  wurzel  zä-,  zä-,  zhä- 
oder  zhä-  -  der  anlaut  ist  nicht  zu  ermitteln  — ,  welche 
„tenere"  bedeutet.  In  j.  53.  7  ist  zu  übersetzen:  „haltet  ihr 
fest  an  diesem  bund,  so  .  .  .";  zu  j.  41.  4:  „erwerben  wollen 
wir  ihn  und  uns  darin  behaupten  (=  ihn  behaupten,  behalten), 
0  Mazdah  Ahura,  in  deinem  langwärendem  schütz;  rüstig 
wollen  wir  durch  dich  werden  und  stark",  zaemä  Hesse  sich 
allerdings  auch  =  ai.  '^gema,  injunktiv  zu  zai-,  setzen,  aber 
der  vorausgehende  optativ  hanaemä  spricht  entschieden  da- 
gegen. —  Zur  gleichen  wurzel  gehört  auch  zazenti  j.  30.  10; 
vgl.  jetzt  Geldner,  Bezzenberger's  beitrage  XII,  s.  94,  100. 


LIV.    rämhatahöi  j.  28.  8. 

Ich  nehme  die  form  jetzt  als  1.  sing,  zu  ras-  „gönnen". 
Es  ist  eine  bildung  wie  ved.  aricase,  jagase;  vgl.  Delbrück, 
altind.  verbum,  s.  181,  Whitney,  ind.  grammatik,  §  894  d, 
897.  Vielleicht  macht  man  mir  auf  grund  dieser  erklärung 
wieder  einmal  den  Vorwurf  ein  „fanatiker  des  sanskrit"  zu 
sein.  Das  soll  mich  wenig  bekümmern.  Ich  halte  jede  bildung, 
die  ich  für  arisch  ansehe,  auch  im  avestischen  für  erlaubt  und 
möglich.  Uebrigens  findet  sich  im  avesta  auch  eines  jener 
auffälligen  medialpartizipien  auf  -asäna-,  welche  nach  Del- 
brück, altind.  verbum,  s.  234  und  Whitney,  ind.  grammatik, 
§  897  —  anders  J.  Schmidt,  Kuhn's  Zeitschrift  XXVII,  s.  326 
—  mit  diesen  1.  sing,  auf  -sai  im  Zusammenhang  stehen,  näm- 
lich manawhänö  jt.  19.  47,  49  (so  gewiss  zu  lesen).  Zur  er- 
klärung der  form  cf.  oben  s.  78.  —  Danach  isl  meine  Über- 
setzung in  arische  forschungen  II,  s.  145  f.  richtig  zu  stellen. 


LV.    väura-  j.  28.  5,  31.  3,  47.  6. 

Der  stamm  väura-  liegt  vor  in  väuräiie,  väuraiä  (1.  sing, 
opt.  med.,  cf.  verf.,  ar.  forschungen  II,  s.  65)  und  väuröimaidi. 


80  Chr.  Bartholomae 

Seine  Zugehörigkeit  zu  uar-  „erwälen,  sich  bekennen  zu-"  ist 
zweifellos.  Ebenso  sicher  ist  seine  bedeutung  „veranlassen  sich 
(zum  rechten  glauben)  zu  bekennen,  bekehren."  Die  bedeutung, 
sowie  —  in  zweiter  linie  —  die  thematische  flexionsweise  lässt 
es  geraten  erscheinen,  väura-  nicht  als  intensivstamm  zu  neh- 
men, sondern  als  stamm  des  reduplizirten,  kausativen  aorists. 
Bezüglich  des  reduplikationsvokals  lassen  sich  ai.  avävarlt  rgv. 
8.  89.  7  und  rärdnat  etc.  vergleichen,  welche  von  Whitney, 
wurzeln,  s.  162  und  224,  bzw.  vom  Petersburger  Wörterbuch, 
s.  V.  ran-  zum  reduplizirten  aorist  gezogen  werden.  Doch  ist 
das  freilich  sehr  problematisch. 


LVI.    vereztatqm  j.   48.  5. 

Ich  nehme  es  jetzt,  entgegen  der  ar.  forschungen  II,  s.  64 
ausgesprochenen  meinung  für  eine  3.  dual.  opt.  aor.  med.  Die 
form  ist  genau  so  gebildet  wie  ai.  jugjätäm  rgv.  7.  42.  1 ;  also 
verez-i-ätqm.  Der  dualis  bezieht  sich  auf  die  beiden  Subjekte: 
jaozdä  und  zqßem.  j'aozdä,  in  der  pehleviübersetzung  jOÄC^äsariÄ; 
ist  ein  neutrales  Substantiv,  wie  ai.  bhäs  u.  a.  —  aipi  ist  einfach 
„und,  auch." 


LVII.    mqzdazdüm  j.  53.  5,  mendaid-iai  j.  44.  8, 
men  j.  28.  4,  31.  5. 

Die  in  Bezzenberger's  beitragen  VIII,  s.  211  f.  ausgeführte 
meinung,  dass  men  die  schwächste  form  von  mänas-  sei,  ist  irrig 
und  wird  auch  durch  j.  48.  4  nicht  erwiesen;  manö  ist  hier 
infinitiv.  —  mqzdazdüm  ist  eine  bildung  wie  mazdänhödüm  und 
enthält  denselben  wurzelstamm  wie  dieses,  nur  in  stärkerer 
form,  nämlich  mendh-;  cf.  verf.,  ar.  forschungen  III,  s.  55  f. 
Wie  im  rgveda  neben  sraddddhänas  auch  srät  te  dadhämi 
u.  s.  w.,  mit  trennung  des  nomens  vom  verbum,  vorkommt,  so 
im  avesta  neben  mazdäwhödüm ,  mqzdazdüm  auch  men  gaire 
dade,  men/cä  daidiäi.  men  geht  auf  ar.  *tnant  (mit  t-  oder  d- 
aus  dh)  zurück,  wie  gd.  rapen  auf  ^rapant  (3.  plur.  praet.). 
Die  form  mc^  in  mqs  vaka  dapänahe  j.  9.  31  ist  zweifellos  erst 
sekundär  an  die  stelle  von  *men  getreten;  veranlassung  hiezu 
gab  das  nebeneinander  von  men  .  .  daäaiti  und  mqzdaäaiti.  — 
Die  form  mcndaidiäi  hat  mit  der  wurzel  dhä-  nichts  zu  schaffen ; 


Beiträge  zur  altiranischen  grammaük.    V.  81 

sie  ist  einfach  für  den  infinitiv  jener  wurzel  mandh-  anzusehen. 
Man  beachte  dass  auch  mend°  und  mond^  mehrfach  in  den 
handschriften  bezeugt  ist.  —  Statt  Ja  menff  j.  48.  2  (cf.  Geld- 
ner,  drei  yasht,  s.  86)  ist  jämeng,  d.  i.  ai.  jäman  zu  schreiben; 
so  muss  auch  der  zendist  gelesen  haben,  da  er  ja  meng  zu- 
sammen mit  damtk  wiedergibt*).  S.  auch  zend-pehl.-gl.  14. 10.  Die 
rhythmik  spricht  ebenfalls  dafür.  Es  ist  zu  übersetzen:  ,,Tu  es 
mir  kund,  da  du  es  ja  weisst,  o  Ahura,  noch  ehe  die  entschei- 
dung  im  kriegszug**)  eintritt:  Wird  der  gläubige,  o  Mazdah, 
den  ketzer  besiegen?"  j^ereßä  stelle  ich  mit  ai.  p^thak  „ge- 
schieden" zusammen.  —  vqs  in  j.  49.  4  ist  verbalform ;  cf. 
unten  s.  82. 


LVIII.    asfnn  j.  33.  2. 

Es  ist  ein  weiterer  akkusativischer  infinitiv  zu  den  bei 
verf.,  ar.  forschungen  II,  s.  141  aufgezählten.  In  j.  31.  22 
findet  sich  der  nominativ  dazu :  astis  ,, beistand",  a  ist  das  be- 
kannte praefix,  stim  gehört  zur  wurzel  sthä-.    Vermutlich  steht 

*)  Die  von  Geldner,  Bezzenberger's  beitrage  XII,  8.96  aufgestellte 
gleichung  av.  Jeinan-  (in  Jemä  j.  30.  3)  =  ai.  j'ämati-  kann  ich  nicht  für 
richtig  halten.     Av.  °em°   ist  ar.  und   ai.   °am°,   nicht   °äm°.  **)  Um 

einen  solchen  handelt  es  sich,  das  geht  auch  aus  der  vorhergehenden 
Strophe  (j.  48.  1)  hervor,  wo  ich  übersetze:  „Wenn  er  (der  prophet) 
erst  die  lüge  mittelst  der  warheit  (d.  h.  das  ketzervolk  mit  hülfe  der  gläu- 
bigen) überwunden  und  es  dadurch  erreicht  haben  wird,  dass  er  sich 
wirklich  heimisch  fült  (zu  ai.  ö'kas  etc.),  in  Sicherheit  vor  daiva's  und 
menschen :  dann  wird  er  laut  dein  lob  ertönen  lassen,  o  Ahura".  daibi- 
täriä  stelle  ich  auch  nach  den  neuesten  auffürungen  Geldner's  in  Kuhn's 
Zeitschrift  XXVIII,  s.  260  mit  ai.  düita  zusammen.  Das  schliessende  nä 
ist  dasselbe,  wie  in  apanä  und  japanä.  Meine  zu  j.  32.  3  in  Zeitschrift 
d.  dtsch.  mgl.  ges.  XXXVIII,  s.  122  f.  gegebene  Übersetzung  fügt  sich 
dem  Wortlaut  —  man  beachte ^'äi« !  —  viel  bequemer  als  die  Geldner'sche. 
—  Statt  qsasutä  ist  entweder  q^isastä  zu  lesen  oder  qsasnutä  (eine  intensiv- 
bildung  mit  beibehaltung  des  praesenscharakters,  was  ja  auch  sonst  vor- 
kommt; vgl.  ai.  pipinvtUhur  u.  a.).  Ich  ziehe  letztere  korrektur  wegen  spa- 
supä  in  j.  53.  6  vor.  Mit  rücksicht  auf  jt.  11.  5  lese  ich  spasnupä.  Geld- 
ner's erklärung  in  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII,  s.  199  fördert  nicht,  ja- 
sepwa-  in  jt.  13.  148  beweist  meines  erachtens  gar  nichts;  vgl.  jt.  13.  153 
und  die  Varianten.  Wenn  „der  irrationale  vokal  in  der  tat  die  kraft  hat 
nach  dem  zischlaut  die  spirans  zu  konserviren" ,  wie  konnte  er  denn 
gleichzeitig  den  wandel  von  s  in  s  hervorrufen?  Und  wo  soll  denn  über- 
haupt die  svarabhakti  zwischen  tonlosen  geräuschlauten  herkommen? 
Beiträife  z.  kundo  d.  indp.  sprachon.    XIII.  (J 


82  Chr.  Bartholomae 

astisfür  *a-sth-H-s;  vgl.  verf.,  a.  a.  o.,  s.  104,  118.  Bezüglich 
der  konstruktion  von  astlm  mit  dem  lokativ  verweise  ich  auf 
das  Petersburger  Wörterbuch  unter  sthä-  m.  a  6)  und  asthä-  1). 
Es  ist  zu  übersetzen:  „Wer  dem  ketzer  böses  antut  in  wort 
oder  gedanken  oder  tat,  oder  aber  dem  frommen  beizustehen 
bedacht  ist:  die  ..."  Im  avesta  stehen  den  ai.  formen  aus  4 
Icit'  solche  mit  ^  (=  ar.  th)  und  t  gegenüber,  die  sich  nicht 
vereinigen  lassen ;  vgl.  unten  s.  84.  Die  bedeutung  ist  ungefär 
die  gleiche.  Auch  h'köiferes  j.  32.  11  besagt  „sie  lassen  sich 
angelegen  sein,  sind  bedacht  auf  — ";  statt  dreguatö  ist  mit  Pt  4, 
S  1  dreguantö,  nom.  plur.  zu  lesen:  „die  ketzer,  welche  eifrig 
darauf  bedacht  sind,  die  hausfrauen  und  hausherrn  um  dem 
besitz  ihre  erbe  zu  bringen". 


LIX.    vq,s  j.  49.  4. 

Die  in  Bezzenberger's  beitragen  VIII,  s.  211  gegebene  er- 
klärung  nehme  ich  zurück;  vgl.  oben  s.  80  f.  Das  auslautende 
s  ist  der  lautgesetzliche  Vertreter  eines  arischen  st  (ar.  forschun- 
gen  II,  s.  81);  V({S  also  =  ar.  *uänsf,  3.  sing.  akt.  des  sigma- 
tischen  aorists  von  uan-,  hier  im  sinn  des  lateinischen  „delec- 
tare".  huarstäis  ist  nicht  instrumental,  sondern  aus  huarstä 
(nom.  plur.)  +  U  zusammengeflossen,  wie  j'äis  j.  28.  2  u.  a.  (wo- 
rüber demnächst  an  einem  andern  orte),  jaesqm  ist  so  viel  wie 
jaß  aesqm.  —  Es  ist  zu  übersetzen:  „Die  in  böslicher  absieht 
die  raserei  und  grausamkeit  durch  ihre  reden  unter  den  bauern 
verbreiten,  selber  one  feldbau ,  da  nur  deren  Übeltaten,  nicht 
ihre  guttaten  sie  ergötzen :  die  .  .  ."  Die  singularform  vqs  nach 
dem  plur.  huarstä  ist  ganz  normal;  vgl.  verf.,  ebenda. 
Ueber  die  bedeutung  von  aesema-  und  räma-  vgl.  verf.,  ar. 
forschungen  III,  s.  23  f. 


LX.   Icagedö  j.  51.  20. 

Geldner,  Kuhn's  Zeitschrift  XXVII,  s.  228  erklärt  es 
richtig  als  verbalform.  Aber  eine  3.  dualis  kann  es  nicht  sein. 
Die  Verbindung  des  plurals  jazemnäwhö  mit  einem  verbum  in 
dual  halte  ich  für  unmöglich.  So  ungelenk  ist  die  spräche  der 
gathas  keineswegs.  Icagedö  ist  vielmehr  2.  plur.  inj.  akt.  —  aus 
dem  pcrfciktstumm ;  vgl.  Icagemä  j.  37.  3,  haguä  j.  46.  2  —  und 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  83 

geht  auf  ar.  */cagdhau  zurück,  dessen  au  aus  a  und  der  enkli- 
tischen Partikel  u  erwachsen  ist,  gdh  ist  gh  +  t.  Somit  ist  hagedö 
das  iranische  gegenstück  zu  dem  bei  Ost  ho  ff,  morph.  Unter- 
suchungen IV,  s,  255  und  Thurneysen,  Kuhn's  zeitschr.  XXVII, 
s.  174  besprochenen  ai.  dvistö  rgv.  7.  34.  12.  Man  beachte, 
dass  der  padatext  nicht  auflöst  —  er  hat  dvistö  iti  — ,  und  dass 
auch  das  metrum  die  kontrahirte  form  verlangt.  Ueber  die  Ver- 
tretung des  arischen  auslautenden  au  durch  av.  ö  vgl.  verf. 
Bezzenberger's  beitrage  IX,  s.  308,  312.  Dieselbe  ist  mir  jetzt 
nicht  mehr  zweifelhaft.  Weitre  sichere  beispiele  sind :  f'rö  —  ai. 
pro  und  apö  —  ai.  dpo  (beide  enthalten  ebenfalls  das  enklitische 
w,  cf.  oben  s.  74);  peretö,  aMö  (j.  51.  12.  lok.  sing,  der  au-  de- 
klination,  cf.  ai.  sä'nö,  vgl.  noch  oben  s.  73)*).  —  Ich  über- 
setze die  Strophe :  „So  spendet  uns  denn  alle  vereint  eure  hilfe, 
Asa  sammt  Vohumanah  und  die  mit  ihnen  gerufene  Armati: 
in  andacht  verehrt,  o  Mazdah,  gewärt  uns  euren  beistand."  — 
ase7n  ist  vokativ,  wie  j.  29.  2;  vgl.  verf.,  ar.  forschungen  III, 
s.  29  f.  —  Zeile  2  b  ist  wörtlich:  „vocata  quibuscum  Armatis". 
—  In  3  ist  mazda  statt  mazdä  zu  lesen;  beide  werden  in  den 
handschriften  oft  genug  verwechselt;  cf.  j.  28.  1,  2,  4,  6,  7,  8, 
10  u.  s.  w. 


LXI.    sasapa  j.  30.  11. 

In  ar.  forschungen  II,  s.  52  f.  nam  ich  sasa^ä  als  2.  plur. 
akt.  eines  ^-praesens  aus  einer  wurzel  sak-,  von  der  Voraus- 
setzung ausgehend,  dass  s  an  stelle  von  si  stehen  könne.  Aber 
diese  annähme  ist  für  die  spräche  der  gatha's  nicht  erweislich, 
jene  erklärung  also  nicht  zu  halten.  Ein  nach  a,  ä  stehendes 
gathisches  s  kann  folgende  werte  haben:  1.  =  ar.  rt,  2.  =  ar. 
^s  (d.  i.  idg.  hs\  3.  =  ar.  fch,  4.  vor  i  =  ar.  k.  Zur  gleichen 
Wurzel  mit  sasaßä  gehören  zweifellos  salisa^ ,  sa^sqs,  sasken, 
saskitstema  (verf.,  a.  a.  o.),  sowie  das  desiderativ  asi^sö. 
Danach  ist,  wie  mir  scheint,  nur  der  dritte  fall  möglich :  sasnßä 
geht  auf  ar.  *sakhatha  zurück.    Die  wurzel  ist  also  i^g.kiekuh-. 

*)  Versuchsweise  übersetze  ich :  „Nicht  schliesst  sich  ihm  der  Vaipier 
an,  an  der  brücke  des  kavischen  landes,  weil  er  (ihn)  den  Zarathustra 
Spitama  verhindern  will  das  zu  erreichen,  dass  .  .  .",  k°  peretö  z°  ist 
wol  eine  ortsbezeichnung.  —  Die  zeile  b  ist  wörtlich :  „weil  er  den  Z.  Sp. 
in  dieser  erreichung  (==  in  der  erreichung  dessen)  aufhalten  will". 

6* 


84  Chr.  Bartholomae 

Die  formen  daenösäka,  asäkaiö,  säkaiamna  widerlegen  diese 
anname  nicht.  Entweder  es  sind  neubildungen  —  idg.  hi  und 
kih  waren  ja  in  zalreichen  formen  zusammengefallen;  so  muss 
z.  b.  der  nom.  sing,  von  daenö.  säka  zweifellos  daenö.  sä^s  ge- 
lautet haben,  wie  änusha^s  zur  wurzel  sak oder  wir  haben 

zwei  parallelwurzeln,  mit  k  und  kh,  anzusetzen ;  vgl.  ai.  ketat> 
av.  höipa^,  oben  s.  82.  —  Ist  meine  erklärung  von  sasapa  rich- 
tig, so  muss  ai.  siksati  „er  versucht"  von  siksati  „er  lernt"  ety- 
mologisch getrennt  werden.  Ausser  im  desiderativ  und  den 
davon  abgeleiteten  Wörtern  würde  im  indischen  die  wurzel  sakh- 
—  sak-  „merken",  soviel  ich  sehe,  nur  noch  in  der  verwunder- 
lichen bildung  säktd-  „lehrer"  (im  froschlied,  rgv.  7.  103-  5) 
vorliegen. 

LXII.  hafsi  j.  43.  4. 
Ich  habe  früher  hafsl  im  anschluss  an  Justi  als  2.  sing, 
praes.  zur  3.  sing,  haptl  j.  31.  22  genommen  (handbuch  §  297). 
Ich  gebe  jetzt  diese  erklärung  auf.  Freilich  ist  die  stelle  ganz 
verzweifelt.  Den  hebel  zur  beseitigung  der  Schwierigkeit  bildet, 
glaube  ich,  die  fassung  des  worts  zastä.  zastä,  vom  zendisten 
überhaupt  nicht  übersetzt,  kann  nicht  instr.  sing,  zu  zasta- 
„band"  sein;  es  ist  vielmehr  akk.  plur.  neutr.  des  part.  perf. 
pass.  zasta-  zur  wurzel  zah-  „ausgehen,  verschwinden"  —  wozu 
zahiß  j.  60.  7  —  und  gehört  zusammen  mit  garemä  in  der 
vierten  zeile.  Auch  in  j.  9.  5  ist  das  Substantiv  garema-  im 
gegensatz  zum  indischen  gharmd-  als  neutrum  gebraucht,  tä 
zastä  .  .  pwahiä  garemä  äprö  osäMoganhö  sind  also  „die  erlo- 
schenen gluten  deines  dem  gerechten  helfenden  feuers".  Im  indi- 
schen wird  das  entsprechende  gas-  ebenfalls  vom  ausgehen  des  feuers 
gebraucht;  vgl.  die  im  petersb.  Wörterbuch  zitirte  stelle  des  sat. 
br.  2.  2.  2.  19:  agnim  .  .  .  'äsdjati  „er  macht  das  feuer  (durch 
besprengen  mit  wasser)  ausgehen".  —  Fürs  verbum  des  mit 
hiaß  (zeile  2)  beginnenden  satzes  sehe  ich  auä  an ;  d.  i.  2.  sing, 
praet.  akt.  zu  uä-  „wehen,  blasen",  mit  a  (ä)  „anwehen,  an- 
blasen, anfachen",  ja  steht  für  jaß  ta,  wie  so  oft,  und  nimmt 
das  vorhergehende  /«/«/wieder  auf.  Also:  „Dich  halte  ich  für 
den  starken  und  heiligen,  Mazdah,  weil  du  die  erloschenen, 
weil  du  sie  (wieder)  hafsi  anfachtest,  die  du  dem  ketzer  und 
dem  frommen  zum  geschenk  gabst,  die  gluten  deines  feuers". 
Ich  vermute,  dass  hafsi  —  (oder  hafsü,  wie  die  beiden   besten 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  85 

handschriften  J  2  und  K  5  lesen?)  —  ein  lokativ  pluralis  ist, 
auf  den  sich  das  folgende  ja  bezieht.  Der  ausgang  sl  statt  sü 
findet  sich  auch  in  strophe  7  der  selben  hymne:  aihl  pivahü 
gaePähü  tanumUä.  Man  vergleiche  dazu  den  griechischen  aus- 
gang -Ol.  Als  thema  kann  man  (ar.)  sap-,  sah-,  oder  in  hin- 
blick  auf  nafsü  auch  sapat-  oder  änlich  ansetzen.  Offenbar 
bedeutet  das  wort  etwas,  was  zur  feuererzeugung  gehört,  und 
zwar  nicht  das  instrument,  mit  welchem,  sondern  das  material, 
in  welchem  das  feuer  erzeugt  wurde.  Die  spezielle  bedeutung 
ist  kaum  zu  ermitteln.  Im  indischen  kommt  ein  par  mal  sdpas- 
,,penis"  vor.  War  die  grundbedeutung  etwa  ,,ror,  röre"?  Dann 
könnte  das  eventuell  damit  verwante  hafsl  etwa  besagen  „in 
den  rorfaseren,  im  rormark".  Beides  mag  man  wol  als  zunder 
verwendet  haben. 


LXIII.    aiohaia  j.  82.  16. 

Geldner,  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII,  s.  258  übersetzt  die 
letzte  zeile  der  strophe,  ,,wenn  ich  meine  lieben  um  mich  schare, 
um  räche  an  dem  ungläubigen  —  (richtig,  den  ungläubigen, 
vgl.  j.  46.  7,  8,  wonach  dregiiatö  akk.  plur.  sein  muss)  —  zu 
nehmen" ;  auf  s.  265  wird  mdhaiä  als  1.  sing,  kauss.  zu  as- 
„sein"  erklärt.  Schwerlich  richtig.  In  der  gesammten  indischen 
litteratur  kommt  von  1  as-  keine  einzige  kausalform  vor.  Ich 
ziehe  cmhaiä  als  1.  sing.  konj.  zu  der  im  petersb.  Wörterbuch 
aufgestellten  wurzel  st-  (sat-)  „reihen" ;  a  ist  praefix.  Man  ver- 
gleiche besonders  die  bedeutung  von  senä-  >haenä-.  hmß. 
amhaiä  ist  also:  „wenn  ich  .  .  zum  kämpf  ordne,  aufstelle". 


LXIV.   gauu  azi  j.  46.  19. 

Westergaard  und  Spiegel  (im  kommentar  II,  s.  382) 
lasen  gaiiä  azi.  Nach  Spiegel  wären  die  zeilen  c  und  d  der 
strophe  zu  übersetzen:  „dem  gewärt  man  als  Ion  die  jenseitige 
weit  sammt  allen  gutem,  den  von  mir  erlangten,  durch  die 
gehende  kuh".  Hang,  essays^,  s.  166  hat:  „to  him  the  first 
(earthly)  and  the  other  (spiritual)  life  will  be  granted  as  a  re- 
ward, together  with  all  goods  to  be  had  on  the  imperishable 
earth".  Dagegen  ist  folgendes  einzuwenden:  1)  hanente  kann 
nicht  heissen  „man  gewärt",     hau-  bedeutet  in  den  gatha's  nur 


86  Chr.  Bartholomae 

„erwerben,  verdienen",  vgl.  j.  41.  4,  44.  18,  54.  1,  und  wird 
nur  aktiv  gebraucht;  hanenü,  wie  Spiegel  liest,  steht  blos  in 
einer  handschrift.  hanente  muss  also  nominalform  sein,  dat.  sing, 
des  part.  praes.  Die  tradition  hat  ganz  richtig  argänlk.  2) 
gmiä  azl  ist  die  zweifellos  besser  verbürgte  lesart;  das  könnte 
aber  nur  nom.-akk.  dual,  sein;  der  instr.  sing,  wäre  gauä 
azm,  vgl.  vawhuiä  j.  33.  12,  51.  10,  vahehtä  j.  35.  9.  —  Ich 
nehme  gäiuJ  als  verbum  finitum,  und  zwar  als  1.  sing,  praes. 
aus  (fäu-  „verkünden;  verheissen",  wozu  ai.  gö'guve,  goguvänas; 
azi  als  infinitiv  zu  zai-  —  gai-  „ersiegen" ;  der  form  nach  ist  azl 
entweder  akk.  sing,  neutr.  oder  dat.  sing,  wie  Jfiti  jt.  10.  68, 
räiti  j.  40.  1  (cf.  verf. ,  a.  a.  o.,  §224).  mane.vista-  wird  wol 
heissen  müssen,  „auf  seine  gesinnung  hin  erprobt".  Danach 
übersetze  ich  die  strophe:  „Wer  mir,  dem  Zarathustra,  was 
meinem  willen  am  gemässesten  ist,  rechtschaffen  erfüllt :  ihm,  der 
den  Ion  verdient,  verheisse  ich,  dass  er  sammt  allen,  deren  ge- 
sinnung erprobt  ist,  das  andere  leben  sich  erwerben  wird. 
Solches  hast  du  mir  offenbart,  o  Mazdah,  der  du's  am  besten 
weisst."  —  Zu  sqs  (=  ar.  * shäntst)  vgl.  verf.,  a.  a.  o.  II,  s.  95  f. 
Die  bedeutung  ist  aber  doch  etwas  anders  anzusetzen,  als  dort 
geschehen.  Ich  postulire  für  shand-  als  grundbedeutung  „offen- 
baren; sich  offenbaren".  Erstere  auch  in  ai.  khändas-  und  av. 
asqsaß  v.  19.  15;  letztere  in  ai.  khantsi,  dichän,  av.  sqs  j.  43. 
11,  cf.  unten  s.  87.  Zu  haißim  varesaitl  vgl.  Geldner, 
Bezzenberger's  beitrage  XII,  s.  98. 


LXV.    didqs  j.  49.  9,  didainhe  j.  43.  11. 

Ich  stelle  beide  zn  einer  wurzel  ar.  dans-,  der  ich  die  be- 
deutung „einweihen,  weihen"  beilege,  didqs  ist  3.  sing,  praet. 
akt.  =  ar.  ^didanst,  didainhe  1.  sing,  praet.  med.,  beide  aus 
dem  praesensstamm ;  letzteres  nach  analogie  der  thematischen 
praesentien  flektirt.  Wegen  der  Schreibung  mit  nh  vgl.  Geld- 
ner,  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII,  s,  207.  —  sarem  didqs  ist 
„foedus  sa7iciet";  vgl.  zur  stelle  Geldner,  a.  a.  o.,  s.  196. 
Das  gegenteil,  das  „frangere  foedus'-\  wird  mit  der  wurzel  ghan- 
ausgedrückt;  cf.  sareg'ä  j.  29.  3,  verf.,  ar.  forschungen  III, 
s.  32.  —  An  der  zweiten  stelle  lesen  wir:  h^aß  ^smä.u^däis 
(als  kompositum)  didainhe  paouruim.  Ich  übersetze  die  strophe: 
„Als  den  heiligen,  o  Mazdah,  erkannt  ich  dich  da,  o  gott,  als  mich 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  87 

die  frommen  gedanken  überkamen,  als  ich  zum  ersten  mal  in 
eure  Sprüche  (wörtlich  „mit  . . .")  eingeweiht  wurde.  Da  ward 
ich  gewar,  dass  es  verderblich  sei  auf  menschen  zu  bauen 
(wörtlich  „als  verderblich  offenbarte  sich  mir  das  verlassen  auf 
menschen",  cf.  oben  s.  86).  Drum  will  ich  das  tun,  was  ihr 
mir  als  das  beste  verkündet  habt." 

Nunmehr  ergibt  sich  auch  one  weiteres  die  bedeutung  des 
jungavestischen  dahma-,  über  die  Geldner  in  seinen  Studien 
I,  s.  13  f.  noch  nicht  völlig  ins  klare  kommen  konnte,  dahma- 
ist  1.  „eingeweiht";  2.  „mit  eingeweihten  in  beziehung  stehend, 
ihnen  zugehörig"  u.  änl.  Die  „einweihung",  d.  h.  die  aufname 
in  den  religionsbund  der  zoroastrier  erfolgte  in  früheren  Zeiten 
nach  zurückgelegtem  15.  jar  und  damit  erlangter  geschlechts- 
reife  (jetzt,  bei  den  indischen  parsen  wenigstens  schon  nach 
dem  7.  jar);  von  da  ab  trägt  der  Parse  den  gürtel.  In  den 
gatha's  kommt  dahma-  nur  an  einer  stelle,  j.  32.  16  vor.  Ob 
es  dort  ganz  die  gleiche  bedeutung  hat  wie  später  oder  etwa 
„der  geweihte",  s.  v.  a.  der  priester  besagen  soll,  lässt  sich 
nicht  ausmachen.  Die  sitte  der  gürtung  ist  bekanntlich  auch 
dem  brahmanismus  eigen,  jedenfalls  also  uralt. 


LXVI.    Das  „wurzeldeterminativ"  d. 

Wir  finden  es  in  den  gatha's  bei  drei  verschiedenen 
wurzeln  vor:  marz-,  uais-  und  sias-. 

a)  marz-  „abwischen"  —  marzd-  „verzeihen,  gnädig  sein": 
merezdatä  j.  33.  11.  Die  gleiche  erweiterung  findet  sich  bekannt- 
lich auch  im  indischen:  m^-däta. 

b)  ua^s-  „schnellen,  schwingen"  (zum  gr.  diaaeiv)'.  uaßd- 
„schwingen,  schleudern  auf  — ":  vöizdaß  j.  32.  10.  Die  er- 
weiterte Wurzel  uaizd-  liegt  meines  erachtens  auch  im  vedischen 
vldupätmahhis  rgv.  1.  116.  2  vor,  einem  synonymon  von  äsu- 
hemabhis,  also  ungefär  „sausenden  flugs  dahin  eilend".  Die 
bedeutung  „unnachgiebig  fliegend"  (Roth;  Sajana  „halavad- 
utpatanäis",  Ludwig  „kräftig  fliegend")  sieht  allzu  künst- 
lich aus. 

c)  stas-  „zurücktreten  von  — ,  abtreten,  überlassen,  zurück- 
lassen" (ai.  sinästi)  —  siazd- ,, zurückweichen  von  oder  vor  — ": 
siazda^  j.  34.  9,  sizdiamnä  j.  32.  4.  An  ersterer  stelle  über- 
setze ich:   „vor  denen  fürwar  soll  man  zurückweichen,  so  weit 


88  Chr.  Eartholomae 

als  unsereins  vor  einem  wilden  khrafstra  (zurückweicht)",  aeihiö 
ist  ablativ,  aurunä  lirafsträ  instrumental;  über  diesen  Wechsel 
in  der  konstruktion  vgl.  Hübschmann,  zur  kasuslehre,  s.  264; 
Whitney,  ind.  grammatik,  §  283.  ahmaß  ist  akk.-nom.  ntr. 
zu  ahma-  und  hat  ganz  den  sinn  von  „unsereins".  So  auch 
j.  40.  1 :  „was  dir  unsereins  zu  gefallen  tut".  —  Wollte  man 
es  als  abl.  des  pron.  I.  pers.  fassen,  so  würde  man  eine  verbal- 
form in  der  1.  plur.,  und  zwar  von  transitiver  bedeutung,  er- 
gänzen müssen,  nämlich  „so  weit  als  wir  die  wilden  tiere  von 
uns  fernhalten".  Eine  unerträgliche  härte.  [Lautlich  ent- 
spricht ahmaß  meines  erachtens  genau  dem  lesbischen  «ju/ie, 
das  freilich  nur  mehr  als  akkusativ  verwendet  wird.  Vgl. 
übrigens  G.  Meyer,  griech.  grammatik  2,  §  421  anm.  Die  in 
letzter  zeit  mehrfach  wiederholte  gleichung:  aiiifie  =  av.  ahma 

—  z.  b.  G.  Meyer,  a.  a.  0. ,  §  414  anm.  1  —  halte  ich  für 
unrichtig,  ahma  kommt  nur  einmal  vor,  und  dazu  an  einer 
ganz  unsichern  und  späten  stelle:  jt.  1.  24;  vgl.  verf.,  hand- 
buch,  §  269.  Es  müsste  geradezu  einem  wunder  gleichgeachtet 
werden,  wenn  uns  in  einem  so  jungen  text  eine  so  alte  form 
erhalten  wäre.  Für  identisch  mit  ajLi^ie  und  ahmaj  erachte 
ich  auch  das  in  kompositen  auftretende  indische  asmad,  das 
man  gewönlich  für  den  ablativ  ansieht,  asmdtsakhä  ist  wie 
tddökäs  zu  beurteilen.  Akkusativ  und  ablativ  waren  ursprüng- 
lich durch  die  vokalisation  des  vor  d  stehenden  «-vokals  ge- 
schieden.] —  lieber  ^rafstra-  cf.  verf.,  ar.  forschungen  II, 
s.  142.  —  mas  gibt  der  zendist  hier  und  zu  j.  32.  3  durch 
kabed  „viel,  sehr"  wieder;  vgl.  verf.,  Bezzenberger's  beitrage 
VIII,  s.  232  f.  Es  ist  aber  doch  wol  „mensch,  man".  Im 
arischen  musste  der  nominalstamm  mart-  flektirt  werden: 
*mdrts,  *mdrtam,  *m^tä,  *mftds  etc.;  d.i.  uravestisch:  *märs, 
*mdsem,  mertd,  merto  u.  s.  w.  (verf.,  ar.  forschungen  II, 
8.  33  ff.).  Aus  dem  akk.  sing,  mdsem,  nom.  plur.  mdsö  u.  s.  w. 
wurde  nun  das  5  in  die  übrigen  formen  übertragen  und  gleich- 
zeitig ein  neuer  nom.  sing,  gebildet:  7nas;  vgl.  deres  j.  29.  1, 
ahümbis  j.  c^i.l9  (Geldner,  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII,  s.  205). 

—  asista-  (j.  60.  3),  das  Geldner,  Bezzenberger's  beitrage 
XII,  s.  100  fälschlich  mit  siazdaß  zusammenstellt,  gehört  viel- 
mehr zu  ai.  Ichinddmi  {s  ">  Ich  =  idg.  k\h);  cf.  hisidiaß 
jt.  8.  54.  Ueber  av.  shind°  vgl.  Hübschmann,  zeitschr.  d. 
dtsch.  mgl.  ges.  XXXVIU,  s.  424  f. 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  89 

LXVII.    Die  gathische   flexion  der   w-stämme. 

Nachtrag  zu  §  236  meines  handbuchs. 
I.   Wurzelstämme. 
Sing.  nom. :    ahü.  Cf.  ai.:  — 

dat.:      suie.  vibhve. 

Plur.  akk.:     awhuas[ka.  majöbhüvas, 

IL   Abgeleitete  stamme. 
Sing,  akk.:    tanuem,  taniim.  tanväm,  tanum 

instr. :  hizuä,  ?useurü.  tanvd . 

dat.:     tanuie,  ?usuruie.  tanve. 

gen.:     tanuö,  tanuas[/clß,  hiztiö;  tanväs; 

hizuä.  svasruds. 

Plur.  nom.:   pesö.  tanuö.  tanväs. 

instr.:  hizubis. 
lok. :  tanusi[jcä. 
Bemerkungen:  Statt  u  ist  an  allen  stellen  mw  zu  lesen: 
j.  45.  Ic  und  47.  2  b  sind  dzagati-zeilen.  —  °uie  im  dat.  sing, 
steht  für  °uue.  Die  «m- stamme  haben  in  den  hymnen  one 
ausname  °aue  oder  °auöi.  In  der  gatha  haptanghäti  kommt 
zweimal  ahu^e  vor.  —  tanüm  j.  33.  10  ist  zweisilbig,  um  also 
==  ar.  um  zu  setzen  *).  —  Ob  useurü  j.  34.  7  und  muru^ 
j.  32.  16  hierher  zu  ziehen  sind,  bleibt  mir  fraglich.  Ich  er- 
wartete °ü,  °aiie  (aw-stamm)  oder  °uä,  °uie  (ö-stamm).  Zu 
Geldner's    Übersetzung    beider    stellen   in    Kuhn's    Zeitschrift 

*)  Geldner's  behauptung  „zevtm  kann  nicht  =  skr.  havyatn  sein, 
denn  das  müsste  im  gathadialekt  zevyem  lauten"  (Bezzenberger's  beitrage 
XII,  s.  160)  verstehe  ich  nicht.  Die  Schreibung  °nem,  °uuem  kommt  ein 
par  mal,  die  abgekürzte  °»m,  °üm  ein  par  dutzend  male  vor;  vgl.  verf., 
die  gä^a's,  s.  10  f.  Uebrigens  hätte  auch  berücksichtigt  werden  sollen, 
dass  im  veda  vor  dem  infinitivausgang  -aje  stäts  die  schwache  wurzel- 
form auftritt;  in  sanäje  ist  a  Vertreter  der  nasalis  sonans.  —  zevlm  in 
j.  31.  4  ist  meines  erachtens  einfach  als  nom.  sing,  des  part.  fut.  pass. 
zu  nehmen  und  auf  asem  zu  beziehen.  Man  beachte  die  zäsur.  Zum 
zweiten  stoUen  ist  ein  nom.  plur.  zu  ergänzen.  Also:  „Wenn  Asa  zu 
erbitten,  (wenn)  es  Mazdah  und  die  götter  sind,  und  Asi  und  Armati:  so 
will  ich  flehen  . . .".  Vgl.  j.  30.  9  und  verf.,  ar.  forschungen  II,  s.  129  f. 
Geldner's  Übersetzung  dieser  strophe  (a.  a.  o. ,  s.  94)  ist  mit  dem  über- 
lieferten Wortlaut  nicht  vereinbar;  „Mazda  und  ASa,  ihr  geister"  wäre 
mazdä  asä  ahurä  (dual).  Die  ebenda  s.  161  gegebene  erklärung  von 
j.  28.  7  c  ist  etwas  stark  komplizirt. 


90  Chr.  Bartholomae 

XXVIII,  s.  264  f.  vgl.  oben  s.  73  und  verf. ,  ar.  forschungen 
III,  s.  64;  wegen  senghüs  vgl.  jetzt  auch  B  rüg  mann,  grund- 
riss,  §  290.  —  hizubls  (mit  u)  ist  der  analogie  der  aw-stämme 
gefolgt;  ebenso  tanusi[fcä;  über  das  i  dieser  form  cf.  oben  s.  84  f. 
Das  jüngere  avesta  hat  auch  tmiaoß,  tanunqm  u.  a.  m. 


LXVIII.    vlspeng,   awreng  j.  43.  15. 

Die  in  meinen  ar.  forschungen  II,  s.  157  gegebene  er- 
klärung  und  Übersetzung  ist  nicht  zu  halten.  Die  formen  sind 
ganz  gewönliche  akk.  plur.  mask.  Die  stelle  besagt:  „Mit 
ketzern  soll  sich  niemand  einlassen.  Denn  alle  rechtgläubigen 
machen  sie  zu  (glaubens-)  feinden."  Die  grundbedeutung  der 
Wurzel  ^stiau-  ist  wol  „sich  anschliessen  an  — ,  in  Verbindung, 
verkehr  treten  mit  — "  *)  (sequi);  dann  „willfaren,  zu  willen 
sein,  es  recht  machen"  (obsequi)  —  ,, zustimmen"  (in  ^snütem). 
Die  jungavestische  bedeutung  liegt  etwas  weiter  ab. 

Geldner's  erklärung  von  spenka  und  aspenkä  j.  34.  7, 
45.  9  (in  Kuhn's  Zeitschrift  XXVIII,  s.  264)  als  akk.  plur.  aus 
a-stämmen  halte  ich  trotz  seiner  berufung  auf  Roth  und 
J.  Darmesteter  für  bedenklich.  Maskuline  formen  können  es 
nicht  sein,  da  das  s  vor  kä  nicht  fehlen  dürfte.  Also  neu- 
trale? Eher  möchte  ich  sie  noch  für  akk.  sing,  der  ä-dekli- 
nation  halten ,  vgl.  tem  j.  51.  21,  53.  4  u.  a.  Nach  ursprünglich 
langem  a-vokal  ist  die  Schreibung  des  auslautenden  nasals  eine 
sehr  schwankende;  vgl.  dqm  —  dqti  (j.  44.  16,  45.  10)  =  ai. 
°dhäm;  damq.m  j.  48.  7,  46.  6  (wo  Geldner  gegen  die  bessern 
handschriften  °qn),  nämqm  j.  38.  4  (wo  Geldner  mit  einer 
handschrift  °q)  =  ar.  °än.  Ueber  den  grund  dieses  Schwan- 
kens vgl.  verf.,  handbuch,  §  47.  —  Warum  übrigens  hat 
Geldner  zu  j.  45.  9  gegen  die  autorität  der  vier  besten  hand- 
schriften spenfcä,  aspen/cä  aufgenommen,  statt  °nk°?  Es  ist 
dies,  so  viel  ich  sehe,  der  einzige  fall,  wo  in  der  neuausgabe 
n  vor  einem  verschlusslaut  geschrieben  ist. 


*)  So  wol  auch  i-  49.  1:  „Der  junge  Bendva,  der  mächtige,  läset  es 
nicht  zu  (wörtlich  „hält  mich  ab"),  dass  ich  mich  an  die  irrgläubigen 
mache,  (mit  den  irrgläubigen  verkehre,  natürlich  um  sie  zu  bekehren). 
Gerechter  Mazdah,  gut  ist  mein  unternehmen,  so  komm  denn  zu  mir  und 
steh  mir  zur  seite.    In  gnaden  schaffe,  dasa  er  zu  gründe  geht." 


Beiträge  zur  altiranischen  grammatik.    V.  91 


Noten. 

1)  von  Fierlinger,  Kuhn's  Zeitschrift  XXVII,  s.  478  f.  n. 
setzt  für  die  fälle,  wo  sich  ar.  Ich  und  eur.  g  entsprechen,  ein 
indogermanisches  y  (palatale  spirans)  an  und  stellt  dann  fürs 
armenische  die  gleichung  auf:  idg.  y  anl.  =  arm.  c,  inl.  =: 
arm.  s.  Als  beweise  gelten  ihm:  ai.  hdnus  :  ysvvg  :  cnaiit  und 
ai.  ahäm  :  syw  :  as.  Aber  für  ai.  mdhi  :  (.dya  :  mec  passt  jene 
gleichung  schon  nicht  mehr.  Am  ende  fügt  von  Fierlinger 
hinzu:  „Ig.  y  scheint  überall  aus  ^lA  entwickelt  zu  sein;  welches 
aber  waren  die  bedingungen  seines  entstehens?"  Da  wissen 
wir  gerade  so  viel  wie  zuvor,  die  Schwierigkeit  ist  nur  verlegt. 
Und  so  bleibt  denn  doch  schhesslich  nichts  andres  übrig,  als 
jene  differenz  zwischen  ar.  zh  und  eur.  g  (und  andere  mehr) 
auf  eine  ursprüngliche  dialektverschiedenheit  zurückzufüren.  — 
Uebrigens  wird  von  Fierlinger  aus  der  oben  zitirten  rezen- 
sion  auch  ersehen,  dass  er  mit  seiner  bemerkung  auf  s.  478 
keineswegs  im  recht  war.  Ich  bin  gern  bereit  meine  erklärung 
von  ^vyaTTjQ  —  duhitd  in  Kuhn's  Zeitschrift  XXVII,  s.  206  f. 
für  eine  weniger  umständliche  preis  zu  geben;  dass  aber  mit 
K luge's  ansatz  der  idg.  Stammformen  dhugatar-  und  dhuktr- 
alle  Schwierigkeiten  beseitigt  wären  —  wie  Hübschmann, 
Zeitschrift  der  dtsch.  morgenl.  ges.  XXXVIII,  s.  426  annimmt 
— ,  ist  durchaus  nicht  meine  meinung.  Ein  arisches  dhugitar- 
wäre  im  avestischen  zu  dugitar-  geworden.  Aber  auch  ange- 
nommen, das  i  wäre  wirklich  erst  im  avestischen  geschwunden 
—  vgl.  übrigens  ta,  s.  54  — ,  so  wäre  doch  sicherlich  duTitar- 
daraus  geworden,  nicht  aber  dugedar-,  du^dar-,  ^)  Ai.  mäta- 
risvan-  enthält,  wie  aus  der  flexion  deutlich  hervorgeht,  ein 
suffixales  dement;  cf.  akk.  sing,  mätarisvänam  gegen  vrtra- 
hänam,  vok.  sing,  matarisvas  gegen  v^trahan.  Aber  welches? 
Garbe,  Kuhns  Zeitschrift  XXIII,  s.  484  zerlegt  mätari-su-an, 
d.  i.  „schon  in  der  mutter  gewaltig" ,  mit  der  bemerkung ,  der 
akzent  sei  von  der  ursprünglichen  tonsilbe  (mätäri)  auf  die 
endsilbe  (des  ersten  kompositionsglieds)  gerückt.  Whitney, 
ind.  gramm.,  §  1277a  nimmt  das  suffix  van  an;  doch  vgl. 
wurzeln,  s.  176  die  bemerkung  zu  fw.  Ebenso  J.  Schmidt, 
Kuhn's  Zeitschrift  XXVI,  s.  358.  Aber  aus  -^smi-  -f  suffix  van- 
wäre  doch  nur  *süüaw- hervorgegangen.  Vermutlich  von  dieser  er- 


92  Chr.  Bartholomae 

wägung  ausgehend  hat  Lanman,  journ.  of  the  american  or. 
SOG.  X,  s.  529  if.  mätarisvan-  unter  die  a/?-(C)stärame  einge- 
reiht (doch  vgl.  s.  527,  536  und  559  unten).  Aber  da  macht 
wieder  der  vokativ  mätarisvas  und  die  femininalbildung  mata- 
rUvari  Schwierigkeit.  Und  dann  eben  vor  allem  der  akzent! 
—  Sollte  es  nicht  richtiger  sein,  mätdr-isvan-  zu  teilen?  isvan- 
wäre  das  gegenstück  zum  avestischen  isuan-,  und  mätdr  ein 
letztes  Überbleibsel  der  in  av.  sästars  u.  a.  vorliegenden  alt- 
arischen genitivbildung  (cf.  verf.,  arische  forschungen  II,  s.  110). 
Dann  würde  alles  klappen.  Akzent  (cf.  Whitney,  gramm. 
a.  a.  0.)  und  flexion.  Die  ursprüngliche  bedeutung  wäre  „der 
über  seine  mutter  herr  wird",  zunächst  ein  epitheton  des  harten 
(männlichen)  reibholzes,  weil  es  —  d.  h.  das  von  ihm  erzeugte 
feuer  —  das  weiche  (weibliche,  die  mutter)  verzehrt,  dann  aber 
auch  des  feuers  selbst.  Dass  mätarisvan-  ein  alter,  nur  mehr 
halb  verstandener  ausdruck  war,  unterliegt  keinem  zweifei. 
Und  dass  sich  eben  in  solchen  ausdrücken  alte  formen  und 
Wörter,  die  sonst  längst  aus  dem  gebrauch  geschwunden  sind, 
bergen  und  erhalten  können,  habe  ich  früher  (arische  forschun- 
gen I,  s.  70  f.)  für  pätir  ddn  nachgewiesen.  Schwierigkeit 
macht  —  ich  verkenne  das  nicht  —  das  zu  rgv.  10.  120.  9 
bezeugte  mätaribhvarls ,  wofür  übrigens  an  der  parallelstelle 
athv.  20.  107.  12  mätarisvarl  steht.  Es  lässt  sich  aber  denken, 
dass  es  eine  späte  auf  falscher  auffassung  und  Zerlegung  von 
mätarisvan-  beruhende  nachbildung  sei.  —  Wie  rnätarisvan-  ist 
auch  Yyisvan-  (P.  W.:  n.  pr.  eines  Schützlings  von  Indra) 
gebildet,  f-g-isvan-  würde,  der  obigen  fassung  entsprechend, 
als  „liedermächtig"  zu  deuten  sein.  Bez.  g  vergleiche  man 
Ygmin-,  fgmija-  und  G.  Meyer,  griech.  gramm. 3,  s.  201  (wo 
noch  weitere  litteraturangaben) ,  Möller,  Kuhn's  Zeitschrift 
XXIV,  s.  457  f.  —  Endlich  durgihhisvanö  rgv.  1.  52.  6  (Böht- 
lingk:  „(etwa)  unaufhaltsam  schwellend";  Grassmann:  „des 
schwer  zu  fassenden";  Ludwig:  „dem  bös  packenden  hunde") 
nehme  ich  nicht  als  genitiv,  sondern  als  nominativ,  zu  beziehen 
auf  Indra,  und  erkläre  es  als  kompositum  aus  durgj-'hh-  +  isvanä- 
(cf.  vagvand-,  satvand-)  mit  dem  akzent  des  ersten  glieds  (cf. 
Whitney,  gramm.,  §  1268).  Dadurch  gewinnt  meines  erach- 
tens  auch  der  sinn  der  stelle.     Ich  übersetze: 

v^trdsja  jdt  pravane         dtirg^bhisvanö 
nigaghdntha        hänvör  hidra  tanjatüm 


Beiträge  zur  altiranischen  graramatik.    V.  93 

„als  du,  o  Indra,  harr  werdend  auch  des  schwer  zu  fassenden, 
dem  Vrtra  jählings  den  donnerkeil  in  die  fresse  schlugst". 
')  Auch  azäpä  j.  50.  7  (2.  plur.),  das  man  nach  Roth's  Vor- 
gang zur  Wurzel  az-  „treiben"  gestellt  hat,  ist  vielleicht  davon  zu 
trennen  und  als  konjunktiv  des  aorists  von  zha-  z=z  ai.  ha- 
„sich  aufmachen"  mit  dem  praefix  a  (==  ä)  zu  nehmen 

jäiS  azäJ5ä        mahmäi  hißtä  auamhe 
heisst:   „wenn   ihr  euch   mit  ihnen  (den  rossen)  aufmacht,   so 
kommt  zu  meinem  beistand".  *)   Oder  apahj'a.    Aber  der 

von  Spiegel,  keilinschriften^,  s.  85  gegen  die  lesung  aßahj 
erhobene  einwand  ist  nicht  stichhaltig,  aßahj  wäre  ai.  äsqsi, 
wie  apaham  =  ai.  dsqsatn.  Das  dort  geforderte  *  d§ähj  wäre 
eine  missbildung.  Zu  gunsten  der  lesung  apahja  und  dessen 
erklärung  als  3.  sing.  impf.  pass.  mit  aktiver  endung  lässt  sich 
nur  mehr  das  eine  pahjämahj  anfüren  in  Bh  i.  6  f.  ==  a  9  ff. : 
avahjarädij  vajam  ha^ämanisijä  pahjämahj  „desswegen  werden 
wir  Hakhamanisja  genannt".  Wie  aber,  wenn  vajam  auch  als 
akkusativ  fungirte  und  statt  pahjämahj  vielmehr  pahaj'ämahj 
(=  ai.  sqsdjämasi)  zu  lesen  wäre  (also  ,,desshalb  lassen  wir 
uns  H.  nennen")?  Die  Verwendung  von  vajam  als  akkusativ 
ist  nicht  ärger  als  im  indischen  die  von  ävam  und  j'uvdm  als 
nominativ. 

Münster  i./W.  Chr.  Bartholomae. 


Sanskrit  vicchltti  schminke. 

Ein    beitrag    zur    bedeutungslehre. 

Die  nachstehende  abhandlung  ist  eine  weitere  ausführung 
und  begründung  der  kurzen  bemerkungen,  die  ich  in  den 
Göttingischen  gelehrten  anzeigen  1885  p.  381  f.  über  die  be- 
deutungen  des  sanskritwortes  vicchitti  veröffentlicht  habe.  Hier 
gehe  ich  näher  ein  auf  die  besonders  auffällige  bedeutung  von 
vicchitti,  welche  von  den  indischen  lexicographen  als  angaräga, 
von  Böhtlingk  im  PWB.  als  „schminke"  angesetzt  wird. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  das  Petersburger  Wörter- 
buch sowie  Böhtlingks  Sanskritwörterbuch  in  kürzerer  fassung 
für  die  vorliegende  arbeit  benutzt  worden  sind.    Doch  habe  ich, 


94  Th.  Zachariae 

wie  jeder  kundige  leicht  sehen  wird,  eine  umfangreiche  sanskrit- 
und  präkrtliteratur  selbständig  durchforscht;  auch  habe  ich 
werke  zu  rate  ziehen  können,  die  noch  ungedruckt  und  nur 
wenigen  ausser  mir  zugänglich  sind.  Aus  diesem  gründe  dürften 
meine  mitteilungen  auch  für  solche  interesse  besitzen,  die  mit 
den  ergebnissen  der  Untersuchung   nicht  einverstanden  sind.  — 

Was  zunächst  die  form,  die  Orthographie  von  vicchitti 
betrifft,  so  habe  ich  nur  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass 
das  wort  unter  den  ädidantijoshthya ,  d.  h.  unter  den  Wörtern, 
die  mit  v  beginnen,  aufgeführt  wird  in  Mahe^vara's  ^abdabhe- 
daprakäga  II,  14  p.  509  ed.  Borooah. 

Die  bedeutungen  von  vicchitti  bespreche  ich  nach  der 
reihenfolge  im  PWB.  Die  erste  bedeutung:  Unterbrechung, 
Störung,  hemmung,  aufhebung  kommt  für  uns  nicht  weiter  in 
betracht,  da  sie  sich  aus  der  etymologie  vi-chid-ti  ohne 
Schwierigkeit  ergiebt  und  aus  älteren  und  neueren  texten 
belegt  werden  kann.  Bedeutung  5)  und  6)  im  PWB.,  die  den 
fehlerhaften  Calcuttaer  ausgaben  der  indischen  lexica  ent- 
stammen, müssen  gestrichen  werden,  vgl.  meine  Beiträge  z.  ind. 
lexicogr.  p.  87,  GGA.  1885  p.  381,  und  Borooah's  Compre- 
hensive  grammar  III,  1  p.  387  unter  vicchitti.  Somit  bleiben 
drei  eigentümliche  bedeutungen  von  vicchitti,  bedeutung  2)  3) 
4)  im  PWB.,  zu  besprechen  übrig,  nämlich  zunächst 

vicchitti  „strikingness", 
eine  ungewöhnliche,  absonderliche,  piquante  auffassung  oder 
darstellung  PWB.  Für  diesen  gebrauch  citiert  Böhtlingk 
fünf  stellen  aus  dem  Sahityadarpana  und  eine  aus  dem  Kuva- 
layananda,  also  aus  zwei  rhetorischen  werken.  —  Ich  weiss 
nicht,  ob  dieser  gebrauch  ganz  modern  und  ob  er  nur  auf 
rhetorische  werke  beschränkt  ist.  Bei  den  ältesten  rhetorikern 
die  uns  erhalten  sind,  z.  b.  bei  Vamana,  ist  mir  vicchitti  nicht 
begegnet.  Nur  im  Sahityadarpana  habe  ich  vicchitti  öfters, 
und  zwar  in  der  regel  mit  vigesha  verbunden,  gelesen.  In  der 
englischen  Übersetzung  des  Sahityadarpana  wird  vicchittivicesha 
gewöhnUch  mit  „peculiar  strikingness"  wiedergegeben.  Daher 
habe  ich  oben,  der  kürze  halber,  vicchitti  —  strikingness 
gesetzt. 

Aehnlich  wie  vicchitti  werden  im  Sahityadarpana  gebraucht, 
wenigstens  in  der  englischen  Übersetzung  ähnlich  wiedergegeben, 


Sanskrit  vicchitti  schminke.  95 

die  ausdrücke  catnatkära,  camatkäritva  (staunen,  Überraschung) 
und  vaicitrija,  vaicitrt/avigesha  (mannigfaltigkeit ,  verschieden- 
artigkeit, Seltsamkeit).  Ich  mache  hierauf  nicht  ohne  absieht 
aufmerksam.  Es  wird  weiter  unten  eine  stelle  besprochen 
werden,  in  der  vicchitti  mit  camatkdra  glossiert  worden  ist. 
Im  übrigen  soll  uns  vicchitti  strikingness  nicht  weiter  beschäf- 
tigen. Nur  so  viel  will  ich  noch  bemerken,  dass  nach  meiner 
ansieht  diese  bedeutung  von  vicchitti  mit  viccheda,  vicchedana 
„unterschied,  das  unterscheiden"  auf  eine  linie  zu  stellen  ist. 
Vgl.  noch  Sahrdayalilä  II,  20. 

Ein  zweiter  eigentümlicher,  technischer  gebrauch  von  vi- 
cchitti findet  sich  in  den  lehrbüchern  der  dramatik  und  rhetorik. 
Hier  bedeutet 

vicchitti  einfachheit  in  der  kleidung, 
simplicity  in  dress  Sähityad.,  translation  p.  81.  86,  eine  durch 
ihre  einfachheit  reizende  toilette  PWB.,  neglect  of  dress  and 
Ornaments  through  mental  agitation  Wilson,  Select  specimens 
of  the  theatre  of  the  Hindus  P  p.  XL  VI.  Die  vicchitti  gehört 
zu  den  reizen  des  schönen  geschlechtes.  Auf  die  details  kann 
ich  hier  nicht  eingehn:  ich  verweise  auf  Wilson  a.  a.  o.  und 
die  stellen  die  Böhtlingk  unter  vicchitti  und  häva  citiert. 

Wie  vicchitti  zu  der  speciellen  bedeutung  „einfachheit  in 
der  kleidung,  einfacher  anzug"  gekommen  ist,  muss  vorläufig 
dahingestellt  bleiben.  Ich  möchte  nur  darauf  hinweisen,  dass 
ausdrücke  wie  nyäsa,  vinyäm,  racanä  bei  der  definition  der 
vicchitti  verwendet  werden,  —  ausdrücke,  die,  wie  sich  nachher 
zeigen  wird,  fast  Synonyma  von  vicchitti  sind.  Vgl.  z.  b. 
mandanänädarani/dso  vicchitti  rüpadarpatak 

Amara  ed.  Bomb.  1877  p.  48  comm.;  oder 

dkalparacanälpapi  vicchittih  käntiposhakrt 

Da^arüpa  II,  36;  katipayahhüshanavinyäso  vicchittih  Rasa- 
taramgini  ed.  Regnaud  p.  58;  s.  auch  GGA.  1885  p.  381  f., 
Mallinätha  zu  Magha  8,  70.  Diese  Verwendung  der  ausdrücke 
nydsa  u.  s.  f.  drängt  zu  der  Vermutung,  dass  ein  Zusammen- 
hang besteht  zwischen  der  technischen  bedeutung  von  vicchitti 
„einfacher  anzug"  und  der  dritten  eigentümlichen  bedeutung 
des  Wortes^),   die  nunmehr  ausführlich  besprochen  werden  soll. 

^)  Vgl.  unten   s.   98  das  citat  aus  dem  comm.  des  Qriniväsäcärya  z. 


96  Th.  Zachariae 


vicchitti  schminke. 


So  Böhtlingk,  wohl  mit  rücksicht  auf  die  indischen 
lexica  und  die  stelle  ^äk.  164. 

Für  diese  bedeutung  von  vicchitti  möchte  ich,  nach  genauer 
betrachtung  der  stellen  wo  das  wort  vorkommt  in  der  literatur, 
in  den  Wörterbüchern  und  commentaren,  die  folgenden  bedeu- 
tungen  einsetzen: 

1)  vicchitti  zunächst  allgemein:  anordnung;  das  anlegen, 
anthun;  das  auftragen  z.  b.  von  färben;  gebraucht  wie  mjäsa, 
vinyäsa,  racanä,  viracanä  am  ende  eines  compositums.  Dann 
speciell:  das  auftragen  von  (das  beziehen  mit)  strichen  und 
zeichen  auf  das  gesiebt  und  andere  teile  des  körpers  mit 
moschus  u.  8.  w.  (vgl.  PWB.  unter  jja^raJ/mw^a) ;  colouring 
the  body  with  coloured  unguents  Wilson  s.  v.  vicchitti;  vgl. 
nyäsa  „das  auftragen  mystischer  zeichen  auf  verschiedene  teile 
des  körpers". 

2)  die  durch  das  auftragen  von  sandelsalbe  u.  dgl.  ent- 
standenen zeichen,  striche,  streifen,  linien  {=  pattrahhanga, 
pattrarekhä  u.  s.  f.,  vgl.  PWB.),  also  „das  resultat  der  hand- 
lung"  (Lindner,  Altind.  nominalbildung  p.  21  f.:  Heerdegen, 
Untersuchungen  zur  lat.  Semasiologie  II,  40);  dann  überhaupt 
strich,  streifen,  reihe,  linie,  s.  v.  a.  rekhä  u.  s,  f. 

Ist  die  bedeutungsentwickelung  bis  hierher  richtig,  so  kann 
vicchitti  sicher  auch  bedeuten  —  auch  wenn  sich  kein  beleg 
für  diese  bedeutung  finden  sollte  -- 

3)  salbe,  schminke,  also  „das  mittel  der  handlung"  (vgl. 
gr.  svTQLXpig);  indisch:  vicchidyate  'nayä  vicchitiih  vgl.  Benfey 
Vollst,  gramm.  §  351. 

Aus  den  indischen  (homonymischen)  Wörterbüchern  gehört 
hierher  die  erklärung  von  vicchitti  mit  angaräga  d.  h.  1)  smea- 
ring  the  body  with  unguents  of  sandal  etc.  2)  the  perfume  or 
unguent    so   applied    (nach    Goldstücker).     Was   die    syno- 

^äk.  164,  und  die  beispiele  für  die  vicchitti  in  den  rhetorischen  werken, 
wie  Kumäras.  7,  17;  ^igup.  8,  70;  Sarasvatik,  p.  307:  vibMshanddinäm 
anädaravinydso  vicchittir  yathä,  — 

anguni  candanarajahparidhüsaräni 

tdmbülardgasulahho  'dharapallava^  ca  | 

acchdnj'ane  ca  nayane  vaaanam  taniyah 

kdutdsu  hhiishanam  idam  vihhavac  ca  ceshali  || 


Sanskrit  vicchitti  schminke.  97 

nymischen  Wörterbücher  betrifft,  so  fehlt  vicchitti  noch  im 
Amarako^a.  Der  älteste  lexicograph  der  das  wort  berücksich- 
tigt hat  ist  vielleicht  Rabhasa,  vgl.  das  citat  im  Amara  ed. 
Bomb.  p.  164  comm.,  wo  vicchitti  als  synonym  von  hashäya 
und  angaräga  aufgeführt  wird.  Nach  Trik.  II,  6,  40  ist  vicchitti 
ein  synonym  von  kashäya  und  saniälamhhana.  Uebrigens  ist 
kein  grosses  gewicht  auf  die  tatsache  zu  legen,  dass  die  sanskrit- 
lexicographen  vicchitti  mit  angaräga  erklären.  Wahrschein- 
lich ist  angaräga  nichts  weiter  als  eine  glosse  zu  vicchitti  in 
einer  bestimmten  stelle,  —  in  der  noch  zu  besprechenden  stelle 
^äk.  1G4.  Vgl.  im  allgemeinen  meine  Beitr.  z.  ind.  lex.  p.  26  ff. 
37  ff.  Viel  wichtiger  und  interessanter  für  uns  ist  die  angäbe, 
die  wir  in  einem  prak  rtwörterbuche  finden.  Wir  lesen  in 
Dhanapäla's  Päiyalacchi  v.  116:  vinnäso  vicchitti.  Hier  wird 
also  vicchitti  geradezu  =  vinnäsa  (skr.  vinydsa)  gesetzt.  Beide 
Synonyma  giebt  B  übler  mit  arrangement  wieder,  s.  diese  zschr. 
IV,  159.  160.  Ob  danach  im  Trikändagesha  III,  3,  184  vinyäsa 
statt  vinäga  gelesen  werden  muss  (s.  GGA,  1885  p.  381  f.), 
bleibe  dahingestellt.  Uns  genügt  hier  das  zeugniss  eines  indi- 
schen lexicographen  für  vicchitti  =  vinyäsa.  Dass  aber  vicchitti 
diese  bedeutung,  sowie  die  anderen  von  mir  oben  aufgestellten 
bedeutungen  wirklich  hat,  wird  sich  ergeben,  wenn  wir  zu- 
nächst betrachten 

vicchitti  in  der  sanskrit-  und  prakrtliteratur. 
vicchitti  kommt  in  der  ,, klassischen"  sanskritliteratur  nicht 
häufig  vor.  Nur  einmal  haben  das  wort  gebraucht  —  soweit 
meine  beobachtungen  reichen  —  Kälidäsa,  Subandhu,  Bana, 
Mägha;  niemals  Bharavi,  Dandin,  Bhavabhüti,  Rajagekhara, 
Bilhana,  ^riharsha.  Es  mag  auffällig  erscheinen,  dass  vicchitti 
von  einigen  der  berühmtesten  autoren  sehr  selten  gebraucht, 
von  anderen  wiederum  gänzlich  gemieden  wird:  noch  auf- 
fälliger ist,  dass  das  wort,  wo  es  überhaupt  vorkommt  in  der 
„klassischen"  literatur,  fast  immer  die  von  mir  aufgestellten 
bedeutungen  hat.     Folgende  stellen  kommen  in  betracht: 

Kalidasa,  ^äk.  164  Böhtl.  vicchittigeshaih  surasundarindm 

varnair  atni likhanti.     Die  mir  bekannten  neueren  ausleger 

und  Übersetzer  geben  hier  vicchitti  mit  schminke  wieder.  So 
übersetzt  Fritze 

Mit  färben,  Überreste  sind's  der  schminke 

Beiträge  z.  kimde  d.  indg.  sprachen.    XIU.  7 


98  Th.  Zachariae 

Der  himmelsschönen,  schreiben  deine  that 
Die  götter  auf  des  wunderbaums  gewänder. 

Von  den  erklärungen  der  indischen  scholiasten  kenne  ich 
nur  die,  welche  Williams  in  seiner  ausgäbe  anführt.  Hier 
wäre  höchstens  die  (schwerlich  correct  mitgeteilte)  glosse  des 
Kätayavema  zu  beachten.  —  Ich  halte  die  Übersetzung  „schminke" 
nicht  für  falsch,  meine  aber,  dass  man  auch  übersetzen  könnte: 
mit  den  färben,  die  übrig  geblieben  sind  von  dem  bemalen, 
dem  bestreichen  des  körpers,  dem  auftragen  von  strichen,  varna 
ist  gewissermassen  doppelsinnig:  färbe  zum  schreiben,  und  färbe 
zum  bestreichen  des  körpers,  vgl.  Böhtlingk  unter  varna  und 
varnaka.  Man  könnte  auch  viccMfti  etwas  frei  mit  toilette^) 
wiedergeben ,  vgl.  amgaräasesa  Häla  189  (seife  die)  von  der 
toilette  zurückgeblieben  (Weber). 

Subandhu,  Väsavadatta  138,  7  ed.  Jivansinda.  j'aladevatä- 
candanavicchittibhir  iva  phenaräjihhir  upättarämaniyakam  (ja- 
lanidhim  apagyat)  —  267,  4  ed.  Hall,  wo  die  v.  1.  jaladeva- 
takucacandana°  zu  beachten.  Nach  dem  indischen  comm.  ist 
vicchitti  =  comatkära.  Ich  kann  diese  sonderbare  erklärung 
(vgl.  oben  s.  95)  nur  für  den  fall  gelten  lassen,  dass  vicchitti 
hier  doppelsinnig  gebraucht  sein  sollte.  Böhtlingk  im 
kürzeren  Wörterbuch  übersetzt:  eine  durch  ihre  einfachheit 
reizende  toilette.  —  Hier  meine  Übersetzung.  Das  wort  vicchitti 
steht  offenbar  parallel  und  ist  daher  gleichbedeutend  mit  räji 
und  den  vorhergehenden  ausdrücken  2)  manjari,  samtati  (nach 

^)  Das  obige  war  bereits  niedergeschrieben,  als  ich  von  Pischel 
genauere  mitteilungen  über  verschiedene  indische  scholien  zu  Qäk.  164 
erhielt.  Candra^ekhara  und  Räghavabhatta  erklären  vicchitti  mit  angardga 
(daher  vicchitti  =  angardga  bei  den  lexicographen !).  Das  scholion  des 
Qriniväsäcarya  ist  interessant  und  verdient  wohl  ganz  mitgeteilt  zu 
werden,  soweit  es  sich  auf  vicchitti  bezieht:  vicchitti^eshaih  vicchitter  ava- 
cishtaih  varnaih  kunkumakastürikdäivarnakaih  \  vicchittir  ndma  khclanddinä 
anädarena  stokdddnam  |  uktarn  ca 

svalpo  'py  anddardn  nydsah  kunkumddes  svamandane  | 
yd  pardm  janayec  chobhum  sd  vicchittir  uddhrtcti  || 
Wie  man  sieht,  fasst  Qriniväsa  vicchitti  in  der  technischen  bedeutung 
„einfacher  anzug"  (s.  0.).  Das  citat,  welches  der  scholiast  beibringt  (aus 
der  Vaijayanti?),  ist  bemerkenswert,  weil  darin  das  auftragen  von  safran 
u.  s.  w.  als  besonders  characteristisch  für  die  vicchitti  hingestellt  wird. 
*)  Beiläufig  mache  ich  auf  das  hier  vorkommende  seltene  sanskritwort 
dtarpana  aufmerksam,  =  dlepana,  mangaldlepana  bei  den  lexicographen; 
cfr.  dippana  Häla  166,  Hem.  Deg.  I,  78. 


Sanskrit  vicchitti  schminke.  99 

dem  comm.  s.  v.  a.  samühä)  und  dhdrd  (Bollensen,  Urva^i 
p.  399),  die  alle  „streifen,  reihe"  u.  dgl.  bedeuten  oder  doch 
bedeuten  können.  Kurz,  candanavicchittiist  s&ndelstreiien^ 
wie  phenaräji:  schaumstreifen;  (kuca-)candanavicchitti  ist  ein 
ausdruck,  ein  compositum  wie  candanavigeshakabhakti  Qiq.  10, 84, 
kucakrshndgurupankapattralatä  Käd.  57,  11,  candanapattralekhä 
Subhashitävali  1487. 

Bäna,  Kädambari  ed.  Peterson,  Bombay  1879,  p.  56,  3 
harinäm  dänavicchittih  ^).  Wenn  ich  recht  sehe,  ist  ddnavicchitti 
hier  doppelsinnig  so  gut  wie  andere  ausdrücke  in  dem  satze 
Käd.  55,  16  ff.,  vgl.  Petersons  noten.  Zunächst  ist  ddna 
doppelsinnig;  es  bedeutet  das  freigebige  spenden  von  gaben 
und  geschenken,  und  die  beim  elephanten  zur  brunstzeit  aus 
den  schlafen  quellende  flüssigkeit.  Bollensen  zur  Urva^i 
p.  422  f.  Der  ausdruck  dänavicchitti  aber  bedeutet  1)  Unter- 
brechung, aufhebung  der  spenden,  2)  brunstsaftstreifen; 
es  ist  das  ein  seltener  ausdruck,  den  Bäna  nur  gebraucht,  um 
einen  doppelsinn  hervorzurufen,  während  er  sonst,  wie  auch 
andere  autoren,  ddnalekhä,  madalekhä,  dänaräji  u.  s.  w.  sagt: 
Käd.  59,  18.  65,  21.  Ragh.  2,  7.  Kirät.  7,  35.  gigup.  17,  57. 
Ind.  Sprüche  (immer  nach  ed.  11  citiert)  227.  5789.  6322. 
Setub.  1,  63.  Der  ausdruck  ddnavicchitti  findet  sich  auch,  und 
zwar  ebenfalls  doppelsinnig,  in  dem  (wohl  erfundenen)  beispiele, 
das  Mahendra  im  comm.  zu  Hemacandra's  Anekärthasamgraha 
für  vicchitti  =  viccheda  anführt: 

na  hhäti  dänavicchittih  prahhünäm  dantinäm  iva. 

Mag  ha,  (^igupälavadha  16,  84  vicchittir  navacandanena 
vapushah.  Mallinätha  glossiert  vicchitti  mit  älepana,  Böhtlingk 
im  kürzeren  Wörterbuch  übersetzt:  schminke.  Ich  übersetze: 
das  bestreichen  des  körpers  mit  frischem  sandel;  das  beziehen 
des  körpers  mit  strichen  aus  frischem  sandel.  Man  beachte 
wie  vicchitti  construiert  wird.  Uebrigens  ist  vicchitti  auch  hier 
wieder  doppelsinnig:  es  bedeutet  auch  viyoga  (Mall.),  das  er- 
mangeln (Böhtl.). 

Pari  mala  2),  Navasähasänkacarita  (unediert)  11,  17: 

^)  Man  beachte  den  unmittelbar  vorhergehenden  ausdruck  kucahhanga 
„lines  painted  on  the  breasts"  (Peterson).  ^)  Parimala  oder  Padraa- 
gupta,  söhn  des  Mrgänkagupta,  lebte  unter  den  königen  Väkpatiräja  und 
Sindhuräja  von  üjjayini  (ende  des  10.  Jh.).  Er  war  ein  Zeitgenosse  des 
Dhanapäla,  des  Verfassers  der  Päiyalacchi;  s.  Bühl  er  in  dieser  Zeitschrift 

7* 


100  Th.  Zachariae 

sa  citravarnavicchittihärinor  avanigvarah  \ 
Criharsha  iva  samghattam  cakre  hänamayürayoh  \ 

In  dieser  stelle  haben  wir  es  ebenfalls  mit  doppelsinnig- 
keiten  zu  thun:  aber  das  wort  vicchitti,  auf  das  es  uns  allein 
ankommt,  ist  glücklicherweise  nicht  doppelsinnig,  es  hat  hier 
ganz  deutlich  die  bedeutung  vinyäsa.  —  Von  dem  könige  Sin- 
dhuräja,  der  sich  auf  der  jagd  befindet,  wird  gesagt,  dass  er 
pfauen  erlegte,  oder,  wie  Parimala  sich  ausdrückt,  dass  er 
einen  zusammenstoss  verursachte  zwischen  pfeilen  und 
pfauen;  geradewie  der  könig  Harsha  eine  Verbindung  ver- 
anlasste zwischen  (den  beiden  berühmten  dichtem)  Bäna  und 
Mayüra.  Worauf  Parimala  anspielt,  ist  nicht  ganz  sicher  und 
für  uns  gleichgültig  (doch  vgl.  z.  b.  Müller-Cappeller, 
Indien  p.  282  ff,).  Von  den  pfeilen,  den  pfauen  und  den  beiden 
dichtem  heisst  es  nun,  dass  sie  entzückten  (härin)  durch  die 
bunte  oder  wunderbare  Zusammenstellung  {vinyäsa,  arrange- 
ment)  der  varna,  d.  h.  der  färben  und  buchstaben.  Was 
die  pfauen  betrifft,  so  bedarf  der  ausdruck  vaniaincchitti  keiner 
erläuterung.  Die  pfeile  entzückten  durch  ihr  farbenarrange- 
ment,  wenn  sie  nämlich  bemalt  waren:  man  kann  aber  auch 
daran  denken,  dass  die  pfeile  des  schützen  namensaufschrift, 
prahartur  ndmäksharäni ,  trugen  (Urvagi  p.  78,  13);  dann 
bedeutet  varna  buchstabe,  schriftzug,  wie  Urv.  78,  10.  Letztere 
bedeutung  allein  passt  für  varnavicchitti  in  bezug  auf  die  beiden 
dichter  und  ihre  berühmten  literarischen  corapositionen. 
In  diesem  falle  ist  vicchitti  deutlich  so  gebraucht,  wie  sonst 
nyäsa,  vinyäsa  (vgl.  Böhtlingk  unter  diesen  ww.)  hinter 
Wörtern  wie  akshara,  pada,  varna  u.  s.  f. 

Den  ausdruck  varnavicchitti  kann  ich  noch  nachweisen 
aus  der  Sahrdayalila  des  Ruyyaka  II,  9  (varnavicchittinä- 
nätvam) ,  wo  man  übersetzen  kann :  das  auftragen  von  färben, 
oder :  farbenarrangement. 

Im  präkrt  ^c\i&mi  vicchitti  sehr  selten  vorzukommen.  Ich 
kenne  nur  die  stelle  Hala  780  deha  vicchittim  (dlepanam  schol.), 
„streicht  frisch  an"  Weber,  der  zu  dieser  Übersetzung  be- 
merkt,  er  habe  dabei  an   das  weissen  der  wände  gedacht.  — 

IV,  71  ff.  —  Bei  der  interpretation  der  oben   besprochenen  stelle  ist  mir 
Bühl  er  behülflich  gewesen. 


Sanskrit  vicchitti  schminke.  101 

Sollte    vicchitti    hier    nicht    „das    beziehen    des    körpers    mit 
strichen"  bedeuten? 

vicchitti  bei  den  lexicographen  und  commentatoren. 

P'ast  noch  wichtiger  als  die  aus  der  literatur  beigebrachten 
stellen  sind  für  die  festsetzung  der  bedeutungen  von  vicchitti 
die  stellen  in  den  Wörterbüchern  und  commentaren,  wo  vicchitti 
verwendet  wird  zur  erklärung  anderer  sanskritwörter. 
Die  Wörter  freilich,  zu  deren  erklärung  vicchitti  zu  dienen  pflegt, 
sind  leider  vieldeutig,  und  ich  muss  offen  gestehen,  dass  es  mir 
nicht  immer  gelungen  ist,  die  bedeutungen  der  glossierten  Wörter 
und  ihrer  glosse  vicchitti  genau  zu  bestimmen.  —  Die  folgenden 
mitteilungen  stammen  grösstenteils  aus  den  commentaren  zum 
Anekarthasamgraha  des  Hemacandra  und  zum  Mankhako^a  (s. 
bereits  meine  Beitr.  z.  ind.  lex.  p.  50). 

Drei  Wörter  sind  es  besonders,  die  mit  vicchitti  glossiert 
werden :  hhanga,  bhangi,  bhakti  —  Wörter ,  über  deren  mannig- 
faltige bedeutungen  man  sich  jetzt  am  besten  in  Böhtlingks 
kürzerem  Wörterbuch  informiert.     Die  einzelnen  glossen  sind: 

hhanga  =  vicchitti  Hern.,  d.  h.  strich,  linie.  Die  bedeutung 
ist  aufgestellt  für  das  compositum  pattrahhanga  (vgl.  oben  und 
Petersen  z.  Kad.  13,  20.  56,  3),  wie  sich  ergiebt  aus  dem 
beispiel,  welches  der  commentator  Mahendrasüri  citiert: 

Paulomtkuca'pattrahhangaracanäcäturyam  adhyäpitah  (aus 
dem  Anargharaghava  des  Murari,  act  II). 

Im  Mankhakoga  wird  bhanga,  ausser  mit  bheda,  ürmi,  u.  s.  f., 
mit  bhakti  erklärt,  und  im  commentar  dazu  wird  bemerkt: 

taramgabhrübhangety  ddau  bhaktau,  vicchittau.  (Das  citat 
aus  der  Urva^i,  v.  115.)  Da  Mankha  die  bedeutung  bhakti 
neben  bheda  aufstellt,  so  ist  es  kaum  zweifelhaft,  dass  wir 
bhakti  und  somit  auch  vicchitti  als  „strich,  reihe,  linie"  zu  fassen 
haben,  auch  wenn  wir  uns  mit  der  Interpretation  der  worte 
taramgabhrübhanga,  wie  sie  von  Mankha  angedeutet  wird,  nicht 
einverstanden  erklären  können.  Für  Mankha  ist  bhrübhanga, 
das  sonst  allerdings  „das  verziehen  der  brauen"  bedeutet, 
offenbar  s.  v.  a.  bhrülekhä  vgl.  z.  b.  Balarämäyana  p.  120,  2; 
Vikramänkacarita  8,  78: 

bhridekhäyiigalam  bhäti  tasydg  catulacakshtishah 
pattradvayiva  haritä  ndsävangasija  nirgatä, 
vfO  paltradvayl  =  pattrabhangadvayi.    Gebogene  (gewölbte,  ge- 


102  Th.  Zachariae 

schweifte,  geschwungene)  brauen  bilden  aber  eine  Wellenlinie 
und  werden  daher  mit  wellen  verglichen:  Bollen sen  z.  Urva^i 
p.  429;  Mahaviracarita  VI,  9  taramgahhangi  hhruvau  (=  äya- 
talekhe  hhruvau  Borooah  in  seiner  ausgäbe  p.  227;  wogende 
brauen  Böhtlingk  Spr.  4878);  Ragh.  16,  63  hhangyo  bhru- 
väm  upamdnam  (?).  Auf  den  gebrauch  der  wörter  für  „welle" 
bei  vergleichungen  werde  ich  noch  einmal  zurückkommen.  Jetzt 
wende  ich  mich  zu  den  glossen  des  schon  erwähnten  wortes  bhakti. 

hhakti  =  hhangi  Hem. ;  Mahendra  erklärt  hhangi  mit  vic- 
chifti.  Was  bedeutet  nun  vicchitti?  „It  may  mean  fracture", 
bemerkt  Borooah  Compr.  Grammar  III,  1  notes  p.  69  zu 
meiner  mitteilung  Beitr.  z.  ind.  lex.  p.  50.  Gewiss;  aber  was 
für  eine  bedeutung  der  scholiast  im  äuge  hat,  ergiebt  sich,  wenn 
man  die  stelle  nachschlägt,  die  ich  a.  a.  o.  aus  Mahendra's 
commentar  beigebracht  habe.  Als  beleg  für  bhakti  in  der  be- 
deutung hhangi  oder  vicchitti  citiert  Mahendra  Kumäras.  3,  30. 
Hier  aber  bedeutet  bhakti,  und  folglich  auch  hhangi  und  vicchitti^ 
nach  Mallinätha:  racanä.  So  glossiert  er  hhakti  auch  sonst, 
z.  b.  zu  Kumär.  8,  69,  Qi9up.  10,  84.  Mit  racanä  meint  er 
aber  rekhä,  wie  er  zu  Megh.  19  ausdrücklich  bemerkt:  bhaktayo 
racanäh,  rekhä  iti  yävat.  Böhtlingk  endlich  hat  neuerdings 
in  seinem  kürzeren  Wörterbuch  für  hhakti  Kum.  3,  30.  8,  69  u.  s,  f. 
die  bedeutung  „strich,  linie"  aufgestellt. 

Mankha  setzt  hhakti  direct  gleich  vicchitti  und  citiert  im 
comm.  als  beleg  Megh.  19:  bhakticcheda.  Mallinatha's  glosse 
dazu  ist  soeben  mitgeteilt.  Böhtlingk  im  kürzeren  Wörterbuch 
übersetzt  den  ausdruck:  gebrochene,  nebeneinander  laufende 
striche.    Vgl.  auch  Stenzler  z.  d.  st. 

Schliesslich  hhangi  (hhangi).  Dieses  wort  wird  von  Mankha 
und  Hemacandra  mit  hhakti  erklärt;  in  den  commentaren  wird 
hhakti  weiter  mit  vicchitti  glossiert  mit  folgendem  belege  für 
hhangi  ==  hhakti: 

hhangihhir  angikrtam  äyatäkshyäh 
(v.  1.  änatängyäh).  Ich  kann  diese  stelle  leider  nicht  nach- 
weisen und  will  mir  daher  über  die  bedeutung  von  hhangi 
(hhakti,  vicchitti),  die  die  lexicographen  hier  im  äuge  haben, 
kein  bestimmtes  urteil  erlauben.  Doch  ist  es  nach  allem  was 
ich  angeführt  habe  kaum  zweifelhaft,  dass  hhanga  (gewisser- 
massen  ein  gekürztes  pattrahhanga),  hhangi,  hhakti  und  vicchitti 
als  Synonyma  mit  der  bedeutung  „strich,  linie"  angesehen  wer- 


Sanskrit  vicchitti  schminke.  103 

den  müssen.  Uebrigens  wird  bhangi  auch  sonst  noch  mit  vi- 
cchitti erklärt  —  was  gemeint  ist,  bleibe  dahingestellt  — :  Amara 
ed.  Bomb.  p.  359  comm. ;  Ganaratnam.  p.  77,  7  bhangibhangigab- 
dau  vicchitiiparyäyau.  In  den  scholien  zu  Naish.  10,  37  wird 
grngär abhängt  ^)  mit  crngdravicchitti  glossiert.  —  In  diesem  Zu- 
sammenhang muss  erwähnt  werden,  dass  Kaiinga  nach  dem 
PWB.  bhangi  mit  vinyäsa  erklärt  hat.  Dieses  vinyäsa  ist  viel- 
leicht glosse  zu  einem  ausdruck  wie  pattrabhangl  und  daher 
mit  „streifen"  zu  übersetzen.  Vgl.  auch  Mallinätha  z.  Qiq.  7, 
22,  wo  ZeMa  streifen  mit  vinyäsa  glossiert  wird.  Nach  PWB 
VII,  1782  ist  unter  vinyäsa  „toilet,  fashion"  zu  verstehn,  welche 
bedeutung  von  bhangi  Kern  in  seiner  Übersetzung 2)  von  Varäh. 
Brh.  S.  242,  n.  1  (=  Journal  of  the  R.  A.  S.,  N.  S.  VI,  310) 
festgestellt  hat.  Dem  sei  wie  ihm  wolle:  interessant  ist  die 
thatsache,  dass  bhangi,  wie  vicchitti,  gleich  vinyäsa  gesetzt  wird. 

Es  bleiben  zwei  fälle  zu  besprechen  übrig,  wo  die  glosse 
vicchitti  schwerlich  als  ein  synonym  von  bhakti  u.  s.  f.  „strich, 
linie"  gefasst  werden  kann.  Nach  Hemacandra  bedeutet  ürmi 
„welle"  auch  bhanga.  Dieses  bhanga  glossiert  Mahendra  mit 
vicchitti  und  citiert  für  diese  bedeutung  von  ürmi  (zugleich  für 
die  bedeutungen  prakäga  und  vastrasamhocalekhä)  das  vermut- 
lich erfundene  beispiel 

vatanirmitavastrormi  narmapätram  babhüva  sä. 

Nehmen  wir  noch  hinzu,  dass  ürmikä  mit  vastrabhanga^) 
erklärt  wird,  und  bedenken  wir,  dass  bhanga  neben  vastra- 
samkocalekhä  als  bedeutung  von   ürmi  erscheint*):   so   ergiebt 

*)  Derselbe  ausdruck  =  crngäraceshtita  11,  32  schol.,  cfr.  1,  145.  — 
Qriharsha  im  Naishadhac.  und  Bilhana  im  Vikramänkac.  haben  bhangi 
ziemlich  häufig  gebraucht.  In  den  scholien  zum  Naish.  wird  das  wort 
meist  unbestimmt  mit  raeanä-,  äkära-,  prakdravicesha  glossiert.  Ein 
kühner,  aber  nach  dem  oben  bemerkten  nicht  auffälliger  gebrauch  findet 
eich  Naish.  21,  41 :  bhrnff abhängt ,  s.  v.  a.  bhramarapankti,  bienenreihe. 
*)  Kern  übersetzt  hier  bhangdnjana  mit  toilet- collyrium.  Ich  habe  von 
meinem  Standpunkt  aus  Wenig  dagegen  einzuwenden:  bhanga  steht  wohl 
für  pattrabhanga.  ■)  Vgl.  PWB.  s.  v.  urmikä.  Für  die  bedtg  „finger- 
ring"  citiert  Mahendra  ^igup.  17,  8,  für  alle  übrigen  (!)  bedtgen  von 
ürmikä  ein  beispiel,  das  schwerlich  einem  texte  entnommen  ist:  ürtnikä- 
bhir  vibhdnty  etd  nadivadhvo  latd  iva.  *)  F'alten  können  sehr  wohl  mit 
wellen  verglichen  werden;  die  erklärung  von  urmi  oder  ürmikä  mit 
bhanga  oder  vastrabhanga  ist  daher  nicht  auffällig.  Wenn  aber  ein  an- 
deres wort  für  welle,  tararnga,  nach  einem  lexicographen  bei  Ujjvaladatta 


104  Th.  Zachariae 

sich  als  wahrscheinliche  bedeutung  für  hhanga  und  dessen  glosse 
vicchitti:  bruch,  d.  h.  falte  (in  einem  kleide).  Vielleicht  liegt 
diese  bedeutung  von  vicchitti  vor  im  comm.  z.  Naish.  16,  85, 
wo  nivi  „schürz",  das  sonst  =  vastragranthi,  vastrabandha  ge- 
setzt zu  werden  pflegt,  mit  bhangtnibaddhanäbhicumbitavastra- 
vicchitti  erklärt  wird.  Oder  ist  vicchitti  auch  hier  s.  v.  a. 
vinyäsa?  — 

Ich  habe  in  dem  eben  besprochenen  falle  geglaubt,  die  be- 
deutung „falte"  für  vicchitti  aufstellen  zu  müssen.  Es  besteht 
aber  ein  inniger  Zusammenhang  zwischen  dieser  und  der  bisher 
angenommenen  bedeutung  „linie".  Denn  —  um  es  kurz  zu 
sagen  —  wo  falten  sind,  da  sind  auch  linien.  Ich  will  ver- 
suchen, diess  an  einem  beispiel  zu  erläutern. 

Was  runzelig  oder  faltig  ist,  wird  im  sanskrit  gern  mit 
einer  welle  —  •ürmi,  taramga^),  vici  etc.  —  verglichen.  Oder 
es  werden  auch  falten  geradezu  mit  wellen  identificiert  (cora- 
posita  werden  in  diesem  falle  mit  eva  aufgelöst).  Häufig  finden 
sich  solche  vergleichungen,  identificierungen  u.  s.  f.  bei  den  be- 
rühmten drei  hautfalten  (vali),  der  trivali  oder  dem  valitrayam. 
Folgende  stellen  sind  mir  zur  band:  taramgahdritrivali,  vali- 
trayataramgitä  Kathas.  59 ,  5.  84,  7  (citiert  im  PWB.  unter 
härin,  taramgita) ;  trivalitaramgaka  Mahävirac.  II,  21;  thouv- 
vellavalttaramgam  uaram  Karpüram.  II,  1;  taramgd  valayah 
die  falten  sind  wellen  Ind.  spr.  1037  cfr.  1269;  valivicih  QiQup. 
10,  59.  Mallinatha  z.  Kirat.  8 ,  24  erklärt  (madhyeshu)  valt- 
vibhangishu^)  mit  ürmimatsu.  Wenn  aber  falten  mit  wellen  ver- 
glichen, oder  falten  als  wellen  bezeichnet  werden,  so  kann  man 
auch  an  linien,  an  Wellenlinien,  denken.  So  wird  tmni, 
wie  oben  bemerkt,  auch  mit  vastrasamkocalekhd  erklärt,  und  bei 
den  vali  ist  öfters  von  rekhäs  (streifen,  linien)  u.  dgl.  die  rede. 
Mallinatha  glossiert  vaUshii  Kumär.  5,  24  mit  udararekhdsu ; 
valikriyä  Kirat.  8,  52  mit  rekhdbandha;  und  valikdh  Qi^up. 
3,  53  mit  trivalyäkhyd  madhyarekhdh.  Ind.  spr.  6238  heisst  es 
von  dem  valitrayam,  dass   es  „schon  durch  linien  bezeichnet" 


z.  Un,  1,  119  die  bedeutungen  vastra  und  hhanga  haben  soll,  so  ist  diese 
angäbe  auffällig  und  schwerlich  correct  überliefert. 

')  Vgl.  * carmataramga  runzel.  *)  An  den  faltenwogenden  mitten 
Rückert,  Jahrbb.  f.  wiss.  kritik  1831,  I,  s.  22,  wo  über  die  trivalt  ge- 
handelt wird. 


Sanskrit  vicchitti  schminke.  105 

sei.  Väsavadattä  einleitung  v.  3  valivibhangäh  *)  wird  im  comm. 
mit  trivalipanktayah  glossiert.  In  dem  lexicon  Vaijayanti  wird 
voll  mit  madhyamarekhormi  erklärt.  Ich  fasse  nämlich  in  dem 
citat  aus  der  Vaijayanti  im  comm.  z.  ^ig.  3,  53  — 

valt  madhyamarekhormijirnatvaggrhadärushu  — 
madhyamarekJwrmi  als  eine  bedeutung  (anders  Stenzler,  De 
lexicogr.  sanscr.  principiis  p.  27)  und  schlage  vor,  die  bedeutung 
welle  (ürmi)  von  vali  aus  unseren  sanskritwörterbüchern  zu  ent- 
fernen. Dass  meine  auffassung  die  richtige  ist,  erhellt  auch  aus 
der  Anekarthadhvanimanjari ,  wo  vali  gleich  strhnadhyahhä- 
gormi^)  gesetzt  wird. 

Die  letzte  glosse  die  ich  zu  erwähnen  habe  findet  sich  im 
comm.  z.  Ragh.  13,  69.  Hier  glossiert  Mallinätha  hhangi  „ab- 
satz,  stufe"  mit  vicchitti.  Megh.  60,  wo  das  wort  hhangi  eben- 
falls stufe  bedeuten  soll,  glossiert  Mallinätha  mit  parvan  (in 
der  mir  vorliegenden  ausgäbe;  anders  Schütz,  Meghadüta 
p.  25).  Es  ist  kaum  nötig  zu  bemerken,  dass  die  bei  Mallinätha 
vorliegende  Verwendung  von  vicchitti  in  der  bedeutung  „absatz, 
stufe"  wenig  auffallend  ist,  so  wenig  wie  der  vorhin  besprochene 
gebrauch  „bruch,  falte"  bei  Mahendra. 

Zur  etymologie  von  vicchitti. 

Wir  sind  jetzt  vorbereitet  auf  die  erörterung  der  frage: 
wie  ist  es  möglich,  dass  das  wort  vicchitti,  das  doch  augen- 
scheinlich zu  Wurzel  chid  gehört,  alle  die  bedeutungen  hat,  in 
denen  es  wie  wir  gesehen  haben  gebraucht  wird?  Wie  lassen 
sich  die  bedeutungen  von  vicchitti  vereinigen  mit  den  bedeu- 
tungen der  ^'\chid^(vicchidj  spalten,  scheiden,  trennen,  teilen  ^  ^ 
u.  s.  f.?  —  Es  soll  versuciit  werden  zu  zeigen,  wie  vicchitti  zu  ^'^-i 
seinen  bedeutungen  gekommen  ist;  und  zwar  hauptsächlich  in 
der  weise,  dass  ausdrücke  von  ähnlicher  grundbedeutung  wie  vic- 
chitti zur  vergleichung  mit  diesem  worte  herbeigezogen  werden. 

Vorweg  bemerke  ich,  dass  sich  der  folgende  kleine  beitrag 
zur  Semasiologie  und  etymologie  fast  ausschliesslich  auf  die  s.  96 

^)  Vgl.  valibhanga  Subhäshitävali  2131.  —  In  den  schollen  zu  Naish. 
10,  74  wird  valivibhanga  mit  valivinyusa  glossiert.  ^j  Hier  bedeutet 
stri  natürlich  „weib",  nicht  „femininum" ,  wie  Borooah  zu  glauben 
scheint,  wenn  er  Compr.  Grammar  III,  1  p.  299  drucken  lässt:  halih  stri 
madhydbhdgormir  balif  earma  jaräkrti. 


^ 


106  Th.  Zachariae 

aufgestellten  bedeutungen  bezieht.  Wer  im  folgenden  genauere 
nachweise  und  belege  verraisst,  sei  ein  für  allemal  auf  die 
Petersburger  Wörterbücher  verwiesen. 

Das  wort  vicchüti,  welches  gebraucht  wird  wie  vinyäsa,  an- 
garaga,  pattrabhanga  u.  s.  f.,  könnte  gefasst  werden  als: 
durchbrechung.  Vgl.  Mägha  16,  84  vicchittir  navacandanena 
vapushah;  der  körper  wird  von  sandelstrichen  durchbrochen. 
Das  mittel  der  durchbrechung  steht,  wie  zu  erwarten,  im  instru- 
mental i).  Oder:  vicchitti  heisst  eigentlich  zerteilung,  dann 
Verteilung  (z.  b.  von  salbe  auf  den  körper).  Es  vergleicht 
sich  der  gebrauch  von  vibhaj,  besonders  von  vibhakta  in  stellen 
wie  Kumär.  7,  15.  18,  ^igup.  4,  5.  Am  besten  aber  vergleicht 
sich  bhakti,  das  oft  erwähnte  synonym  von  vicchitti.  Beiden 
Wörtern  ist  ja  auch  die  bedeutung  „linie"  gemeinsam  (vgl. 
übrigens  noch  rekhä,  ein  geritzter  streifen,  hnie  PWB.).  Es 
wird  nicht  überflüssig  sein,  hier  anzuführen,  wie  Böhtlingk 
im  kürzeren  Wörterbuch  die  bedeutungen  von  bhakti  entwickelt, 
speciell  wie  er  zu  der  bedeutung  „linie"  gelangt:  bhakti  aus- 
teilung,  Verteilung;  ...teil;  ...teilung,  s.  v.  a.  das  beziehen 
mit  strichen ;  strich,  linie ;  reihe.  Ferner  mache  ich  aufmerksam 
auf  bhagga  =-  lipta  Hem.  Deq.  6,  99;  auf  chur,  churiia,  vi- 
cchurita  PWB.;  auf  den  merkwürdigen  gebrauch  von  bhinna 
(vibhinna,  bhidura),  construiert  mit  dem  instrumental  oder  am 
ende  eines  compositums  stehend,  in  der  bedeutung  „vermischt, 
verbunden  mit".  Ueber  diesen  gebrauch  von  bhinna  hat 
C.  Schütz  gehandelt  in  der  Halleschen  allg.  lit.-zeitung  1844 
II  p.  972  und  in  seiner  übers,  des  Meghadfita  p.  24  f.  Ob  die 
von  Schütz  gegebene  erklärung  des  gebrauches  von  bhi?ina 
richtig  ist,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  Jedenfalls  ist  das 
scheinbar  unmögliche  im  sanskrit  möglich  geworden.  Ein  kunst- 
dichter wie  Mägha  durfte  schreiben 

vicchiUir  navacandanena  vapusho  bhinna  'dharo  'laktakaih 
Qig.  16,  84,  wo  vicchitti  bedeutet  —  um  es  kurz  auszudrücken 
—    Verbindung   mit,    und   trennung  von    (viyoga   Mall.),    und 
bhinna:  verbunden  mit  (yukta)  und  getrennt  von  (viyukta). 

Schliesslich  habe  ich  viddha  (auch  anuviddha  u.  s.  f.)  zu 
erwähnen,  das  ähnlich  wie  bhinna  gebraucht  wird;  s.  Osthoff, 

')  Man   darf  wohl  vergleichen  vapur  vihhaktam  navayauvanena  Ku- 
märas.  I,  32. 


Sanskrit  vicchitti  schminke.  107 

Morphol.  Untersuchungen  IV  (1881)  p.  79,  der  darauf  auf- 
merksam macht,  dass  die  sanskritwurzel  vyadh  den  weiteren 
gebrauch  des  damit  zusammengestellten  lat.  dividere  teilt,  u.  a. 
die  aus  „spalten,  trennen,  isolieren"  specialisierte  bedeutung 
„durch  Isolierung  hervorheben,  auszeichnen  i),  verzieren",  allge- 
meiner „behaften,  versehen  mit".  Vgl.  noch  lat.  distinguo, 
und  gr.  aristo.  — 

Zu  vicchitti  (das  bestreichen  mit)  salbe  stimmt  gut  das 
particip  vicchinna,  das  nicht  nur  „getrennt"  u.  dgl.,  sondern 
auch  „gesalbt"  bedeutet  —  wenigstens  nach  den  lexicographen, 
z.  b.  nach  Hemacandra,  der  vicchinna  mit  samdlahdha  (= 
carcita,  Mahendra)  erklärt.  Indessen  ist  vicchinna  in  dieser 
bedeutung  noch  nicht  nachgewiesen;  auch  das  beispiel,  das 
Mahendra  dafür  anführt  (zugleich  für  die  bedeutungen  kutila 
und  vibhakta!),  macht  nicht  den  eindruck,  als  sei  es  einem 
texte  entnommen.  Vielleicht  ist  samälabdha  falsche  lesart. 
Mankha  nämlich  —  was  Mahendra  zu  H.  an.  nicht  übersehen 
hat  —  liest  samäpti  statt  samälabdha  (s.  bereits  z.  ^ä- 
5vata  522) : 

samäptau  ca  vibhaJde  ca  vicchinnam  trishu. 

Was  Mankha  meint,  wenn  er  vicchinna  mit  samäpti  erklärt, 
erhellt  aus  dem  beispiel,  das  er  im  comm.  citiert  aus  seinem 
eigenen  kävya  ^rikanthacarita  (II,  51;  cfr.  Subhashitävali  179): 
die  bedeutung  samäpti  ist  aufgestellt  für  avicchinna  „ununter- 
brochen". — 

Das  ist  alles  was  ich  jetzt  beibringen  kann  um  die  Zuge- 
hörigkeit des  Wortes  vicchitti  in  einigen  seiner  auffälligsten 
bedeutungen  zur  w.  chid  zu  erweisen.  Wem  diese  Zugehörigkeit 
nicht  einleuchtet,  dem  wird  nur  übrig  bleiben  anzunehmen, 
dass  Wörter  verschiedenen  Ursprungs  in  vicchitti  zusam- 
mengefallen sind  (vgl.  meine  Beitr.  z.  ind.  lex.  s.  56  ff.).  Die 
Vermutung  liegt  sehr  nahe,  dass  ein  präkrtwort  vicchitti 
mit  den  eigentümlichen  bedeutungen  vinyäsa  u.  s.  f.  in  das 
classische  sanskrit  übergegangen  ist.  Auf  keinen  fall  kann  die 
frage  nach  dem  etwaigen  prakrtischen  Ursprung  von  vicchitti 
hier  umgangen  werden.     Fragen  wir  zuerst  allgemein: 

*)  Vgl.  hier  wiederum  das  bereits  erwähnte  part.  vibhakta  (mit 
vigeahita  glossiert  z.  b.  von  Mallinätha  zu  Kumär.  7,  15).  —  Ist  vicchitti 
vielleicht  zu  fassen  als  „auszeichnung,  Verzierung,  schmuck"  (cfr.  di- 
stinctio)  ? 


108  Th.  Zachariae 

Ist  vicchitti  ein  präkrtwort? 

Wahrscheinlich  ist  es  durchaus,  dass  vicchitti  in  der  einen 
oder  anderen  hedeutung  ein  präkrtwort  ist:  zunächst  deshalb, 
weil  es  zu  den  kunstausdrücken  im  alamkära^ästra  gehört. 
Hier  begegnet  nämlich  gar  manches  wort,  das  für  präkrtisch 
gehalten  werden  muss.  Ich  erinnere  an  avahitthd,  das  schon 
im  PWB.  aus  dem  präkrt  erklärt  worden  ist  (cfr.  präkr.  hittha, 
ähiitha:  ich  hoffe  auf  diese  wörter  zurückkommen  zu  können). 
Und  wenn  wir  speciell  „the  charms  of  the  fair  sex",  zu  denen 
die  vicchitti  gehört,  durchmustern,  so  finden  wir  da  ausdrücke 
wie  hibhoka  (vivvoha?),  mottdyita,  kuttamifa^)  u.  a.  m. ,  aus- 
drücke, die  ihren  präkrtischen  Ursprung  an  der  stirn  tragen. 
Wenn  wir  ferner  die  wörter  durchgehn,  die,  wie  vicchitti  selbst, 
das  bestreichen  (mit  salbe)  oder  salbe  bedeuten,  so  treffen  wir 
Wörter  an,  die  vielleicht  aus  dem  präkrt  stammen,  carcd, 
im  Sanskrit  selten  (?),  wird  von  Hemacandra  Deg.  III,  19  als 
degigabda  (caccä)  aufgeführt.  Ebenda  II,  98  comm,  heisst  es, 
gomuha  werde  nicht  aufgeführt,  weil  es  aus  skr.  gomukha  ent- 
standen sei.  Offenbar  war  gomuha  in  älteren  Sammlungen  von 
degigabdäs  enthalten,  sonst  wäre  Hemacandra's  bemerkung  kaum 
zu  begreifen.  Uebrigens  hat  Mägha  bekanntlich  gomukha  ge- 
braucht. Verdächtig  ist  auch  sthdsaka ,  das  allerdings  im 
Sanskrit  vorkommt ,  z.  b.  bei  Bäna ,  von  anderen  classischen 
autoren  aber  beharrlich  gemieden  wird.  Ich  erinnere  noch  an 
ucchädana,  präkrtisch  für  utsädana  (PWB.). 

Endlich  haben  wir  ein  directes  zeugniss  dafür,  dass  vi- 
cchitti ein  präkrtwort,  ein  degigabda  ist,  in  dem  scholion  des 
Sädhärana  z.  Häla  780:  vicchittir  alepane  degi.  Freilich  ist 
hierauf  nicht  viel  gewicht  zu  legen,  ebenso  wenig  darauf,  dass 
vicchitti  in  der  Päiyalacchi  erwähnt  wird  (vgl.  diese  zeitschr. 
IV,  76  ff.).  Bemerkenswert  ist  nur,  dass  Dhanapäla  vicchitti 
^=  vinyäsa  setzt. 

Sollte  vicchitti,  etwa  in  der  soeben  angeführten  hedeutung, 
wirklich  ein  präkrtwort  sein,  so  ist  es  ja  leicht  zu  begreifen, 
wie  das  wort  ins  sanskrit  aufgenommen,  wie  es  sogar  von 
einem  Kälidäsa  gebraucht  werden  konnte:  präkr.  vicchitti  ist 
dem    sanskritworte    vicchitti    vollkommen    gleich.      Der    Inder 


*)  Vgl.  Päiyal.  70;    Hem.  Präkrtgr.  IV,   168;   wegen   mottdyita   auch 
Sarasvatik.  p.  5,  2  (lud.  Studien  16,  208). 


Sanskrit  vicchitti  schminke.  109 

würde  sagen:  vicchitti  hat  eine  vyiitpatW^),  eine  etymologie,  im 
Sanskrit ;  vicchidyate  'nayä  vicchedanam  vä  vicchittih  (Ma- 
hendra).  Ob  sich  alle  Bedeutungen  des  Wortes  mit  den 
bedeutungen  der  w.  chid  vereinigen  lassen,  ist  dem  Inder 
gleichgültig. 

Für  die  erklärung  von  vicchitti  aus  dem  präkrt  bieten  sich, 
soweit  ich  sehe,  zwei  möglichkeiten. 

vicchitti  aus  vikshipti. 

Diese  etymologie,  von  Bühler  aufgestellt  in  dieser  zschr. 
IV,  159,  empfiehlt  sich  wegen  der  gleichsetzung  von  vinyäsa 
und  vicchitti  Päiy.  116:  wie  vinyäsa  zu  as,  so  vicchitti  zu 
hship.    Danach  wäre  vicchitti  eigentlich  das  bewerfen  mit,    das 

auftragen,  anlegen (iniectus,  ETtißoXiq).     Vgl.  kshepa  = 

lepana  in  der  Medini,  wohl  eine  glosse  zu  gorocanäkshepa 
Kumär.  7,  17,  wo  Mallinätha  kshepa  mit  vinyäsa  erklärt;  räani- 
kkhevo  Malavik.  41,  1  Bollensen  cfr.  räarehävinnäso  40,  14; 
und  sajalavastünäm  vikshepah  (glosse  zu  carcä)  Kä,vyädarQa 
2,  104  comm. 

Ist  aber  vicchitti  aus  vikshipti  lautgesetzlich  möglich?  Streng 
genommen  nicht;  wir  hätten  *vikkhitti  zu  erwarten,  da  z.  b. 
vikshipta  im  präkrt  zu  vikkhitta  wird.  Doch  schwanken  viele 
Wörter  in  den  präkrtdialekten  zwischen  kkh  und  cch  gegenüber 
skr.  ksh  (Pischel  z.  Hem.  II,  3.  17  ff.,  GGA.  1881  s.  1322  f.). 
Man  könnte  daher  vicchitti  für  eine  dialektische  nebenform  von 
vikkhitti  halten,  die  sich  in  einer  speciellen  bedeutung  fest- 
gesetzt hat;  vicchitti  und  vikkhitti  wären  den  präkrtischen 
doppelformen  zuzurechnen,  mit  deren  entwickelung,  wie 
bekannt,  öfters  bedeutungsdifferenzierung  band  in  band  ge- 
gangen ist  (S.  Goldschmidt  K.  Z.  25,  612  f.).  Ich  erinnere 
nur  an  khana  :  charia ,  khamä:chamä;  an  pekkhadi :  pecchai; 
wegen  vikkhitti  :  vicchitti  speciell  an  den  Wechsel  zwischen 
ukkhitta  und  ucchitta  im  Setubandha  (cfr.  Päiyal.  p.  121,  Hem. 

')  Ein  degya  oder  de^iQabda  ist  ein  wort.  das  keine  etymologie  hat 
(avyutpattimant).  Ein  solches  wort  soll  man  nicht  gebrauchen.  Ind. 
Studien  16,  208  f.  Wenn  aber  ein  mahäkavi,  wie  z.  b.  Kälidäsa,  einen 
degya  gebraucht  hat,  so  darf  man  das  nachahmen;  aus  dem  doshatvam 
kann  ein  gunatvam  werden.  Vämana  V,  1 ,  13.  Sarasvatik.  I,  104  p.  35 
ed.  Borooah. 


110  Th.  Zachariae     Sanskrit  vicchitti  schminke. 

Beq.  1,  124).  Die  letzten  beiden  formen  vergleiche  ich  natür- 
lich nur  insofern,  als  sie  zur  w.  kship  gehören. 

Die  Bühlersche  etymologie  Hesse  sich  durch  den  hinweis 
darauf  bestreiten,  dass  vikshipti  im  sanskrit  nicht  vorkommt. 
Indessen  werden  präkrtwörter  durchaus  nicht  bloss  von  ferti- 
gen sanskritwörtern  gebildet  (s.  oben  bd.  XI,  326  f.);  auch 
lässt  sich  gegen  die  form  vikshipti  schwerlich  etwas  einwenden, 
vgl.  kshipti,  utkshipti,  samkshipti,  und  Ganaratnam.  p.  475,  6, 
wo  vikshipti  factisch  gebildet  wird  {vicchitti  steht  zufällig  da- 
neben). 

Sollte  sich  zu  gunsten  der  Bühlerschen  etymologie  an- 
führen lassen,  dass  wörter  wie  kshipti,  dkshiptikd,  samkshipti 
kunstausdrücke,  besonders  in  der  dramatik,  sind? 

vicchitti  zu  chiv   „berühren". 

Ohne  lautgesetzliche  Schwierigkeiten  lässt  sich  vicchitti  ab- 
leiten von  der  bekannten  prakrtwurzel  chiv  „berühren,  anfassen", 
einem  Substitut  von  skr,  sparg  Hern.  IV,  182.  Formen  von 
chiv  kommen  zumal  im  Hala  häufig  vor;  das  part.  lautet  chitta, 
s.  Hala,  index,  und  Viddhagälabh.  II,  16  (ed.  Calc.  1883  p.  68, 
mit  skr.  sikta  übersetzt).  Mit  dem  praefix  vi  findet  sich  chiv 
im  Kalpasütra:  vicchippamäna  berührt  (zu  dem  passivstamme 
chippa  Hern.  IV,  257).  Gegen  die  bildung  vicchitti  liesse  sich 
sonach  schwerlich  etwas  einwenden:  aber  auch  der  gebrauch 
des  Wortes  erklärt  sich  in  manchen  fällen  ziemlich  leicht,  wenn 
als  ursprüngliche  bedeutung  „berührung"  angenommen  wird. 
Man  denke  an  vicchittir  navacandanena  berührung  d.  h.  be- 
streichung  mit  frischem  sandel  Qiq.  16,  84  (vgl.  lat.  tangere)^ 
an  varnavicchitti  Sahrdayalilä  2,  9  cfr.  ^ak.  164.  Die  beste 
analogie  für  den  bedeutungsübergang  —  wenn  man  von  einem 
solchen  überhaupt  reden  will  —  bietet  das  wort,  welches  ja 
nach  Purushottama  ein  synonym  von  vicchitti  ist:  skr.  samä- 
lambhana  (samälambha) ,  eigentlich  das  anfassen,  berühren, 
dann  das  salben,  die  salbe.  Vgl.  PWB.  unter  labh+samd, 
samärambhana,  samälambha,  samälambhana. 

Königsberg  i.  Fr.  Th.  Zachariae. 


K.  F.  Johansson     Miscelleo.  111 


Bliscellen. 


1.    Piuralia  tantum  von  Ortsnamen  im  Griechischen 
und  Lateinischen. 

Oft  kann  man  die  Ursache  finden,  warum  stadt-  und  Orts- 
namen nur  im  pluralis  vorkommen;  gewöhnlich  ist  das  ver- 
hältniss  so,  dass  der  name  von  einem  appellativum  gebildet 
ist,  das  nur  oder  doch  häufig  in  der  mehrzahl  angewendet 
wurde.  So  kann  z.  b.  eine  stadt  nach  einer  Völkerschaft,  nach 
den  Umgebungen ,  nach  teilen ,  aus  denen  sie  besteht ,  nach  in 
ihr  befindlichen  gegenständen  u.  s.  f.  benannt  werden.  Im 
allgemeinen  aber  ist  kein  anlass  oder  annehmbarer  grund  zu 
erkennen,  warum  ein  nomen  proprium  im  pluralis  auftritt.  Es 
ist  freilich  wahr,  dass  die  meisten  namen  sehr  oder  ganz  unklar 
sind,  und  dass  man  deshalb  nach  ihnen  oder  über  sie 
nicht  gerade  viel  urteilen  kann;  nichtsdestoweniger  aber 
muss  man,  wie  mir  scheint,  aus  dem  minder  gewöhnlichen 
gebrauch  von  pluralischen  Ortsnamen  im  allgemeinen  (ausser 
wenn  namen  von  Völkerschaften  analogice  für  Ortsnamen  zur 
regel  geworden  sind)  schliessen,  dass  mehrere  der  betr.  alten 
sehr  zahlreichen  piuralia  tantum  doch  wohl  anders  zu  deuten 
sind,  besonders  wenn  nichts  in  ihrer  bedeutung  und  der  geo- 
graphischen läge  der  betr.  orte  für  einen  ursprünglichen  plural 
zu  sprechen  scheint.  Ich  glaube  nun,  dass  mehrere  auf  andere 
weise  gedeutet  werden  können ,  und  zwar  wage  ich  folgende 
erklärung  vorzuschlagen.  Ich  glaube,  dass  mehrere  mehrzahlige 
Ortsnamen  ursprüngliche  lokative  sing,  sind,  die  bei  dem  all- 
mählichen schwinden  der  lokative  missverstanden  und  nur  infolge 
der  äusseren  gleichheit  der  form  als  nom.  plur.  angewendet 
worden  sind.  Sowohl  im  Griechischen  als  im  Lateinischen 
waren  hierfür  die  Verhältnisse  günstig:  lok.  -ot  von  der  o- 
deklination  =  n.  pl.  derselben  dekl.;  dasselbe  gilt  lok.  sing, 
und  n.  pl.  der  ä-dekl.;  und  im  Lateinischen  lok.  -i  (domi)  — 
n.  pl.,  lok.  -m  (RomcB)  =  n.  pl.  Als  allgemeine  behauptung 
darf  ich  wohl  aufstellen:  mehrere  griechische  stadt- 
namen  auf-ot,  -at  sind  ursprüngliche  lok.  sing.;  das- 
selbe gilt  von  mehreren  lateinischen  namen  auf  -i,  -ce.  Die  lateini- 
schen auslautsgesetze  sind  dieser  behauptung  kaum  hinderlich; 
selbst   wenn   die   regeln    Osthof fs   (Perf.    195  ff.)   stichhaltig 


112  K.  F.  Johansson 

sein  sollten,  dürfte  es  nicht  schwer  sein,  sie  mit  meiner  an- 
nähme in  einklang  zu  bringen.  —  Es  ist  bekannt,  dass 
besonders  von  Ortsnamen  die  kasusform,  die  am  meisten  ge- 
braucht wird,  mehr  und  mehr  isoliert  zu  werden  pflegt  und  so 
die  hauptsächlichste  und  fast  ausschliessende  benennung  eines 
ortes  werden  kann.  In  den  heutigen  sprachen  ist  es  gar  nicht 
selten,  dass  oblique  kasusformen  als  nora.  aufgefasst  werden; 
wie  viel  leichter  kann  dies  der  fall  sein,  wenn  schon  die  äussere 
form  durch  gleichheit  dazu  einladet.  „Wie  die  bezeichnung 
gewöhnlich  von  der  angäbe  des  ortes,  wo  etwas  geschieht  oder 
sich  befindet,  ausgeht  und  dafür  am  häufigsten  verwendet 
wird,  so  wird  der  dabei  gebrauchte  casus  massgebend",  sagt 
Paul  Princ.i  p.  156.  Daselbst  werden  mehrere  namen  ange- 
führt, die  vom  dativ  ausgegangen  sind,  sei  es  mit  oder  ohne 
Präposition:  Baden,  Bergen,  Brunnen,  Hausen,  Münden,  Staufen, 
'felden,  -hofen,  -kirchen,  Altenburg  u.  s.  f.,  Ambach,  Amberg, 
Amsteg,  Imhof,  Unterwaiden  u.  s.  w.  Beispiele  aus  dem  Schwe- 
dischen sind  Upsala,  Valla  u.  a.  namen  auf  -a  (gen.),  Falun 
(dat.)  vergl.  Tamm  Svenska  ord  belysta  genom  slav.  och  halt, 
spräken  Upsala  1881,  p.  16.  Auch  im  späteren  Latein  begegnet 
uns  dieselbe  erscheinung.  „Der  abl.  in  lokativischer  funktion 
vertritt  hier  die  stelle  des  nom.,  akk.  von  Ortsnamen,  Consentius 
K.  V,  349,  4:  Interdum  efferuntur  novo  modo  et  quasi  mono- 
ptota  ut  Curibus,  Trallibus,  Turribus,  Sulcis;  auf  sard.  In- 
schriften des  3.  Jahrhunderts  CIL.  X,  7996;  8077;  auf  afrik. 
VIII,  758;  in  den  itinerarien  des  4.  Jahrhunderts ;  Stobis,  Tobis 
Jord.;  auf  Merowingermünzen  D'Arbois  40;  45;  59;  ital.  i, 
frz.  s  und  ai  =  aco"  (W.  Meyer  Grröbers  grundriss  der 
roman.  philologie  I,  370).  Dass  aus  völkernamen  entstandene 
landsnamen  {Polen,  Hessen  u.  s.  w.)  obgleich  in  anderer  richtung 
sing,  geworden  sind,  ist  fast  dieselbe  psychologische  erschei- 
nung. —  Ich  werde  jetzt  einige  beispiele  anführen,  wo  es  mir 
annehmbar  scheint,  dass  ursprüngliche  lokative  zu  gründe  liegen. 
Jelcpol,  äol.  Bil(poi  (rücksichtlich  ß  und  d,  vergl.  ßelfpig, 
delcpig  u.  s.  w.  s.  J.  Schmidt  KZ.  XXV,  152).  CurtiusEt.» 
479  sagt:  „wohl  von  seiner  läge  in  einer  tiefen  schlucht  benannt" 
und  die  faktische  geographische  läge  der  stadt  bewahrheitet 
diese  worte  (vergl.  Kiepert  Lehrb.  d.  a.  geogr.  p.  288).  Wenn 
dem  aber  so  ist,  so  erscheint  es  uns  ziemlich  unmotiviert,  den 
platz  „die  schluckten"  statt  vielmehr  „die  schlucht"  zu  benennen. 


Miscelleil.  1 13 

Nach  meiner  meinung  steht  JEXq)ol  begrifflich  ungefähr  auf 
einer  linie  mit  den  oben  angeführten  Imhof,  Amberg,  Unter- 
waiden u.  s.  w.  und  ist  ein  ebensolcher  lok.  wie  oixoi,  ^lad-fioX 
(G.  Meyer  Gr.»,  339  ff.,  Brugmann  Gr.  gr.  p.  59).  Die 
accentuation  darf  nicht  befremden  (vergl.  Haussen  KZ.  XXVII, 
614  ff,),  denn  der  accent  konnte  leicht  umgebildet  werden,  seit 
das  wort  als  n.  pl.  aufgefasst  zu  werden  anfing.  —  Ein  anderes 
beispiel  scheint  mir  in  l^d^rjvaL  zu  stecken.  Bury  hat  (BB. 
VII,  340),  wie  ich  glaube  mit  recht,  l4d^^vai  aus  ymedh  in 
f.i£a(a)og,  1.  medius,  s.  madhija,  g.  midj'is  hergeleitet  und  andere 
gr.  namen  verglichen,  unter  welchen  Med^iovr]  besonders  wichtig 
ist.  Diese  beiden  namen  liefern  nämlich  nicht  nur  ein  gutes 
beispiel  für  die  erscheinung  des  qualitativen  ablautes 
(Fick  GGA.  1881,  44  ff.,  Möller  Paul  und  Braune's  Beitr.  VII, 
492  ff.  u.  a.)  f.t€&ü)-v-  :  dd^^-v ;  sondern  sie  sind  auch  von  wert 
für  die  beurteilung  des   quantitativen  ablautes  in   zwei- 

silbigen  basen:  me'dh  —  medhe — medhe  wie  gen  (s.  pf.  Ja- 
jäna  vgl.  g.  qens  :  yvvrf)  .;.4jtß«4,,( vergl.  yEve-triQ)  :  gne  (gnä, 
gnö,  vgl.  yv^aiog,  1.  natus,  yvcorog) ,  s.  Verf  De  derivatis  verbis 
contractis  linguae  gr.  quaest.  Upsala  1886  p.  92  ff.  Die  zwei- 
silbige form  medhe  kann  wenigstens  dann  als  zweisilbig  er- 
scheinen, wenn  der  eine  vokal  gleichzeitig  qualitativen  ablaut 
aufweist:  medho,  medhö  (vergl.  cpiqu)  und  octi<ea-cpoQog,  wo  -cpogo- 
hinsichtlich  des  quantitativen  ablautes  etwa  -(pioQ-  oder  -cpqw- 
gleich  ist).  *dd-r]-v  fasse  ich  als  einen  lok.  auf  -w  (ohne  -i) 
(Whitney  Gr.  §  425,  J.  Schmidt  KZ.  XXVII,  306,  Brug- 
mann Gr.  gr.  §  82  u.  s.  w.).  Hinsichtlich  der  langen  Stamm- 
form *d&t]-v  vergl.  zd.  hakhmeng  u.  a.,  gr.  d6i.ir]v  und  (pegr^v 
(Bartholomae  KZ.  XXVIII,  22,  Hdb.  d.  altir.  dial.  p.  85, 
Brugmann  Hdb.  d.  kl.  alt.-wiss.  II  p.  621).  *l4d^t]-v  bedeutete 
ursprünglich  „in  der  mitte".  Davon  ist  ein  adj.  *d9-r]vog  „in 
der  mitte  seiend"  abgeleitet  und  !A&r]vai  (Ttolsi,  z.  b.)  bedeutete 
„in  der  mittelstadt";  als  es  nicht  mehr  als  lok.  verstanden 
wurde,  wurde  es  als  n.  pl.  aufgefasst.  ^A&t]vaL  ttöXel  kann,  so 
scheint  mir,  etwa  mit  einem  ueaai,  noXei  verglichen  werden.  Viel- 
leicht ist  die  Stadt  benannt  nach  der  geographischen  läge  und  der 
bedeutenden  machtstellung  in  dem  bunde  von  Städten,  zu  dessen 
haupt  Theseus  nach  der  sage  Athen  machte.  —  Auf  dieselbe 
weise  wie  ^^i>rjvai  möchte  ich  hinsichtlich  der  form  auch  Mv- 

Beiträge  z.  kimdo  d.  indg.  spraclisn.    XIII.  8 


114  K.  F.  Johansson 

TirjvaL  erklären;  darf  man  in  d.  schmuck  dieselbe  w-formation, 
vom  schwachen  stamm  gebildet  etwa  wie  s.  dg-na-  (:  ägmi-)  u.  s.  w. 
sehen?  Andere  griechische  namen,  die  möglicherweise  dieselbe 
erledigung  finden,  sind  hinsichtlich  ihrer  etymologie  zu  unklar, 
um  mit  einiger  Sicherheit  für  meine  meinung  in  anspruch  ge- 
nommen werden  zu  können.  In  Qrjßai  konnte  man  um  so 
besser  einen  lok.  von  sing.  Qtjßä  (vergl.  QrjßuLyev^g,  Qrjßaiog 
u.  a.)  sehen,  als  eben  der  sing.  Qrjßcc  möglicherweise  die  ur- 
sprünglichere obgleich  obsolete  form  ist,  die  dann  von  der 
neugebildeten  missverstandenen  Qrjßai  ausgedrängt  worden  wäre. 
Vgl.  die  unten  angeführten  namen.  Namen,  die  deutlich  aus 
adjektiven  entstanden  sind,  z.  b. '^jc^ßi  mögen  etwa  aus  *ax^a£, 
tcoXel  u.  s.  w.  entstanden  sein  (vergl.  axQOTtohg,  fast  in  einer 
jeden  stadt).  2vQdycovoaL  von  einem  adj.  -fsvT-  konnte  ehedem 
avQaKovauL  ^coIsl  sein,  ganz  wie  in  OoivLyiovoa,  ^EgiKovaa  (rto- 
Atg)  der  n.  sing,  den  sieg  davon  getragen  hat.  2vQccxovaaL 
aber  ist  doch  höchst  unsicher,  man  vergl.  die  fünf  theile  der 
Stadt  {Näoog,  IdxQCLÖivrj  u.  s.  w.).  —  Andere  griechische  namen, 
welche  hier  in  betracht  kommen  und  welche  vielleicht  wenig- 
stens teilweise  als  meiner  meinung  günstig  befunden  werden, 
sind:  TlXataiau  (auch  sing.  TlXazaLo)^  OeaTtial  (auch  sing. 
QsuTtia),  ^EXsvd^SQal,  Kwnai,  FeQOvd^Qat  (reQavd^Qai),  ÜQuaial 
(auch  ngaaia),  nargai,  Odgai  (auch  (Dago),  'L^ßat  oder  l4ßal 
(auch  'L4ßa),  ^fivxXat  (auch  l/4/.ivxXa),  ^Ogveal,  Klewval,  ^iyai 
(auch  u4lyd),  u4lyalai,  u4lyaial  (u4lyEial)  u.  s.  w. 

Gehen  wir  zum  Lateinischen  über,  so  sehen  wir  von  den 
vom  Griechischen  abgeleiteten  namen  ab.  Von  den  rein  latei- 
nischen könnte  vielleicht  Fundi  am  nächsten  mit  gr.  Jslcpol 
verglichen  werden;  Fundi  wäre  dann  ==  s.  hudhne  der  form 
nach.  Den  stadtnamen  Velürce  möchte  ich  folgendermassen 
auffassen.  In  *veli-ter  sehe  ich  einen  lok.  (-te)-r ,  etwa  „im 
thale"  (Persson  Studia  etymologica  Upsala  1886,  p.  100  ff., 
114).  Von  diesem  lok.  aus  konnte  dann  ein  adj.  auf -o  gebildet 
werden:  *velitro-  oder  *velitero-  (vergl.  dygorsgog,  OQSorsQog 
1.  paluster,  equester,  *netnesier  in  Nemesfrinus  Brugmann  KZ. 
XXIV,  20  n.  1;  sinister  —  dgLOvegog,  dexter  =  ds^iTegog, 
Sequester),  welches  sein  gegenstück  in  dem  aus  dem  s-stamme 
ausgehendem  volsc.  Velestrom  (=  1.  Veliternorum)  hat:  „im 
thale  seiend".  Von  diesem  adj.  konnte  man  einen  lok.  velitrai 
(urhe)  „in  der  thal (stadt)"   bilden,    und  dieser  könnte  mit 


Miscellen.  115 

^u4&rjvaL  verglichen  werden.  Ich  versage  es  mir,  alle  anderen, 
hier  in  betracht  kommenden  lateinischen  namen  anzuführen 
und  zu  besprechen,  und  beschränke  mich  darauf,  nur  die 
wichtigsten  derselben  zu  erwähnen:  Fcesulce,  Pisce,  Volaterrce, 
Busellw,  (Esquilice),  Antemnce,  Fidence,  Verulce,  Minturnce, 
Formice,  Fregellce,  Acerrce,  Stahice,  Aecce,  Herdoniw,  Cannce, 
Ccelice,  Budice,  Lupice,  Volsinn,  Falerii,  Volci,  Tarquinii,  Car- 
seoli,  Barduli,  Bubi,  Vocei,  Thurii  u.  a.  —  Zum  Schlüsse 
betone  ich,  dass  das  vorstehende  nur  ein  erklärungsversuch 
ist,  der  natürlich  nicht  auf  Sicherheit  anspruch  erheben  kann. 


2.    Gr.  dyad^og  und  verwandtes. 

Man  hat,  ganz  natürUch,  ayad^og  mit  germ.  *g6äa-  (g. 
göds,  isl.  gödr,  ags.  göd,  ahd.  guot  u.  s.  w.)  zusammenstellen 
wollen  (Lottner  KZ.  XI,  197,  Grassmann  das.  XII,  129, 
vgl.  Vanicek  Wb.  371  ff.),  und  noch  neuerdings  haben  Möller 
(P.-B.  Beitr.  VII,  501)  und  Fröhde  (BB.  VIII,  165)  Zusam- 
menhang dieser  Wörter  vermutet.  "Wegen  der  lautlichen  Schwie- 
rigkeiten, die  mit  dieser  vergleichung  verbunden  sind,  stellt 
sich  dagegen  J.  Schmidt  (KZ.  XXV,  650)  ablehnend  zu  ihr 
und  Kluge  (Wörterb.  unter  gut)  erklärt:  „Zusammenhang  mit 
dyad^ög  ist  unmöglich".  Nichts  destoweniger  will  ich  die 
berechtigung  dieser  Zusammenstellung  näher  zu  begründen 
suchen. 

Zunächst  möchte  ich  mit  einigen  Worten  auf  einen  quan- 
titativen ablaut,  den  ich  in  meiner  abhandlung  De  derivatis 
verbis  contractis  cet.  p.  92  ff.  in  hauptsächlicher  Übereinstim- 
mung mit  Fick,  Danielsson  u.  a.  kurz  besprochen  habe, 
und  den  ich  sehr  bald  mit  ausführlicher  beispielsammlung 
näher  zu  begründen  hoffe,  die  aufmerksamkeit  lenken;  am 
besten  könnte  dieser  ablaut  gleichgewichts-  od.  schwebe- 
ablaut  benannt  werden.  Dieser  ablaut  besteht  darin,  dass 
zwei  einzeitige  silben,  wenn  sie  unter  einem  gemeinsamen 
hauptaccente  ausgesprochen  werden,  mit  einer  zweizeitigen  silbe 
etwa  identisch  sind;  er  wird  reguhert  nach  der  silbe,  auf 
welcher  der  stärkste  exspiratorische  ton  ruhte.  Natürlich  lassen 
sich  viele  formen  dieses  ablauts,  zumal  bei  reducierten  vocalen, 
denken  und  mögen  auch  wirklich  vorgekommen  sein;  aber  für 
jetzt  denke  ich   mir  hauptsächlich   nur  drei  eigentliche  stufen 

8* 


116  K.  F,  Johanäson 

der  mit  hauptton  gesprochenen  formen.     Ich  wähle  als  beispiel 

ge  n  (ge  n(d),  ge  nd)  —  gene  —  {gdue  ,  g(d)ne')  gne.  Alle  diese 
formen  konnten  verkürzt  werden  {gen,  gne  [gdnd]  [und  noch 
mehr  gdn,  gnd  {g(djn(d))  gin^  und  gnj),  und  die  so  entstandenen 
Silben  konnten  den  hauptton  tragen  entweder,  weil  das  hier 
besprochene  gesetz  ausgestorben  war ,  oder  weil  der  ton  auf 
andere  silben  verteilt  werden  konnte.  Man  hat  bisher  gewöhn- 
lich die  s.  g.  wurzeln  einsilbig  angesetzt.  Es  folgt  von  selbst, 
dass  ich,  wenn  und  so  weit  man  mit  wurzeln  theoretisch 
operiren  darf,  sie  lieber  als  zwei-  (oder  mehr-)silbig  denke 
(wie  z.  b.  ganz  oder  zum  teil  Fick,  Paul,  De  Saussure, 
Möller,  Danielsson  u.  a.),  und  dass,  wenn  ein  regel- 
mässiger ablaut  in  einer  wortgruppe  vorzuliegen  scheint,  die 
zu  gründe  liegende  wurzel  eher  langvokalisch  als  kurzvokalisch 
zu  denken  ist,  was  ich  hier  wegen  Osthoffs  übrigens  oft 
sehr  scharfsinniger  erörterungen  in  seinem  buche  Zur  gesch. 
des  perf.  bemerkt  haben  will.  Es  kommt  übrigens  hier  nicht 
darauf  an  diese  frage  näher  zu  verfolgen.  Statt  der  „wurzel" 
gen  setze  ich  also  gene  (oder  gen  oder  gne)  an. 

Denken  wir  uns  eine  „base"  *aghadh,  so  ergibt  dieselbe 
ein  griechisches  *axccd^og  >  dyia&og,  das  in  der  Hesych.  glosse 
daa&ov  '  dyad^ov  entgegentritt.  Wenn  wir  ferner  in  demselben 
idg.  paradigma  sowohl  *  aghadho-  als  "^aghdlio-  ansetzen  (wozu 
wir  zweifellos  berechtigt  sind),  so  folgt  aus  *aghdho-  ein  *agdho- 
(Bartholomae  Ar.  forsch.  I,  3  ff.,  KZ.  XXVII,  206  f.,  vergl. 
auch  Kluge  Paul-Braune  Beitr.  IX,  152  f.).  Aus  *aghadho- 
und  *  agdho-  konnte  leicht  durch  kontamination  *agadho-  ent- 
stehen, und  die  erklärung  wird  in  der  hauptsache  dieselbe,  wie 
die  von  Bartholomae  für  die  formen  von  gr.  O^vydctjQ,  s.  duhitä 
u.  s.  w,  aufgestellte.  Gehen  wir  nun  zu  den  übrigen  ablauts- 
formen  unseres  wortes  über,  so  müssen  wir  uns  eine  form 
*ägh(d)dh  d.  h.  sowohl  äghdli  als  mit  beibehaltenem  9  *äghadh 
vorstellen;  hieraus  konnte  durch  eine  ähnliche  kontamination 
wie  die  obige  eine  form  *ägadh  herausspringen.  Ich  wage  die 
vermuthung,  das  dies  ügadh  der  Ursprung  des  gr.  rjydd^eog  sei, 
das  einer  volksetymologischen  anlehnung  an  d^wg  oder  d^ia 
seine  endung  verdanken  kann;  könnte  nicht  die  bedeutung 
reich,  prächtig  (oder  nach  einer  andern  grundbedeutung 
der  sippe:   passend   u.  s.  w.)    ebensogut    für    die   betr.  Hom. 


Miscellen.  117 

stellen  (z.  b,  Z  133,  d  702)  passen,  als  z.  b.  hochheilig 
u.  s.  w.,  die  man  auf  grund  der  angeblichen  etyraologie  statuirt 
hat?  Der  auf  die  letzte  silbe  schwebende  accent  ergab  end- 
lich die  form  *gliädh,  welche  leicht  im  germ.  st.  fföda-  erkannt 
wird;  von  den  von  Fick  Wb.  II,  546  und  Fröhde  a.  o. 
citierten  Wörtern  möchte  ich  wenigstens  lett.  gäds  „habe,  besitz- 
tum"  und  möglicherweise  auch  andres  hierher  ziehen.  Ich 
denke  also  rjyaO--  :  äxaS^-,  dyad--  :  god-  =  gen  :  gene  :  gne.  — 
Nur  wenige  werte  habe  ich  von  kypr.  atad-ög  (SGD.  37,  3; 
54,  4,  vgl.  Ahrens  Phil.  XXXV,  p.  21;  Siegismund  C.  st.  IX, 
99;  C.  st.  VII,  235,  239  lesen  Deecke  u.  Siegismund  dys»^) 
zu  sagen;  dies  kann,  wenn  es  richtig  gelesen  ist,  gegen  meine 
anseinandersetzung  keine  instanz  bilden,  wenn  dyad^og  in  der 
weise,  wie  ich  hervorgehoben  habe,  entstanden  ist.  Dann  ist 
ccLad^og  laut  speciell  gr.  lautgesetzen  aus  dyad-og  entwickelt 
(vgl.  J.  Schmidt  KZ.  XXV,  145  ff.,  G.  Meyer  Gr.^  §  194). 


3.   'Ix^vg  und  verwandtes. 

Fick  hat  mit  recht  h/^vg  mit  lit.  zuvls  (g.  zuves),  apr. 
suckans  (a.  pl.  i.  e.  zukans),  vgl.  lit.  zukmistras  „fisch meister", 
Rrm.jukn  {g.  jkan)  Wb.  I,  585;  II,  82;  KZ.  XXII,  383,  vgl 
Hübschraann  Arm.  st.  p.  40,  Brugmann  Grundriss  p.  304, 
G.  Meyer  Gr.^  §  259,  zusammengestellt.  Bartholomae  (Ar. 
forsch.  II,  56)  hat  ix^vg  u.  s.  w.  eine  idg.  grundform 
*gizhii-s  zu  gründe  legen  wollen,  die  er  für  die  ursprünglichste 
hält.  Aber  wenn  die  Zusammenstellung,  die  ich  machen  werde, 
richtig  ist,  scheint  mir  als  idg.  grundform  nicht  ^gizhü-s, 
sondern  *ghiju-s  vorausgesetzt  werden  zu  müssen  —  es  sei 
denn,  dass  Bartholomae  eine  von  zwei  möglichkeiten  be- 
weisen könnte :  entweder  dass  gizh  =  gr.  yd-  —  lit.  z  —  germ.  gj, 
oder  dass  urspr.  gJnj  nur  durch  eine  idg.  grundform  gizh, 
gr.  x^  —  bt.  z  —  germ.  gj  werden  konnte ,  was  wohl  noch 
unmöglich  ist.  —  Aus  der  grundform  *  ghjü-s  lässt  sich  mittels 
einer  prothese  (s.  G.  Meyer  Gr.'^  §  102)  lyS-vg  in  derselben 
weise  erklären  wie  lyßsg,  x^^S^  s.  hyds,  lat.  heri,  hes(-ternus), 
got.  gis(-tradags ,  von  *ghis?)  aus  einer  idg.  grundform 
*ghij€s,  oder  i-xrlvog  im  verhältniss  zu  s.  gi/enä-  (<  idg. 
*kja:.ina-,  vgl.  G.  Meyer  Gr.'  §  253  anm.,  259,  Bartholomae 


118  K.  F.  Johansson 

Ar.  forsch.  I,  20).  Die  lit.  form  erledigt  sich  leicht  aus  gh\j 
(lit.  ziuvls  kommt  auch  vor,  Bezzenberger  BB.  VIII,  112) 
und  Pr.  und  Arm.  möchten  nicht  dagegen  sprechen. 

Die  oben  aufgestellte  grundform  wird  nun  meiner  meinung 
nach  von  folgenden  nordischen  Wörtern  gestützt,  die  ich  mit 
den  vorher  angeführten  zusammenstellen  will.  Im  Neuschwedi- 
schen kommt  ein  wort  gös  als  name  einer  fischart  (Perca  Lucio- 
perca)  vor.  Dass  dies  wort  mit  einer  nord.  grundform  *gjus- 
zusammenhängt ,  leuchtet  hervor  aus  der  Schreibung  gyus  des 
14.  jahrh.  (Schlyter  VGL.  XIV,  Rydqvist  Sv.  spräkets  lagar 
II,  300,  III,  69).  Dass  in  einer  oder  mehreren  sprachen  eine 
allgemeine  benennung  einer  specifischen  oder  artbenennung  einer 
oder  mehrerer  anderer  sprachen  entspricht,  ist  ja  sehr  gewöhn- 
lich. Das  einzige,  wodurch  idg.  ghiju-  und  schw.  gj'us-  in  der 
form  sich  unterscheiden,  ist,  dass  gj'us-  eine  ableitung  mit 
s-suffix  sein  muss.  Die  Verschiedenheit  der  schwedischen  formen 
gös  und  gj'us  muss  aus  einer  altschwed.  doppelheit  gjus-  und 
*gjys-  erklärt  werden.  Diese  beiden  formen  aber  müssen  oder 
können  wenigstens  aus  verschiedenen  kasusformen  hervorge- 
gangen sein.  Nun  kommt  auch  im  Schwedischen  ein  name 
eines  raubvogels  (Falco  Halisetus)  fisk-ljuse  oder  fisk-ljus  vor. 
Diese  Schreibung  ist  nicht  alt,  denn  in  der  bibel  Gustavs  des  I 
wird  das  wort  fiska-giusen  geschrieben.  "Wir  müssen  also  auch 
hier  eine  ältere  form  form  gjus  oder  gjuse  annehmen  (fisk-gjus 
in  den  Wörterbüchern  von  Lind  und  Serenius,  vgl.  Ryd- 
qvist V,  257;  estnisch  -  schw.  dius  nach  Freudenthal 
Upplysningar  om  Rägö-  och  Wichterpalmälet  i  Estland  p.  168, 
184).  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  diese  vogelart  nach 
ihrer  lebensweise  so  benannt  ist,  und  dass  gjuse  (an-  st.)  etwa 
dasselbe  wie  flscher  ist.  Die  verdeutlichende  Zusammensetzung 
fisk-gjus(e)  wird  entstanden  sein,  als  man  anfing,  die  ursprüng- 
liche bedeutung  zu  vergessen  (vgl.  Kluge  Wörterb.  unter  Wind- 
hund; ferner  schwed.  gärdsgärd  u.  s.  w.).  In  Zusammenhang 
hiermit  stehen  auch  die  isl. ,  norw.  namen  derselben  vogelart 
isl.  gjödr,  norw.  dial.  fiske-j0,  fiske-jon  (Daa  Svensk-norsk 
haandordbog),  ßske-gjod,  -jo,  -jo  (Aasen  Norsk  ordbog).  Die 
letztangeführten  formen  müssen  auf  einen  stamm  *ghijut6- 
zurückgeführt  werden. 


Miscellen.  119 

^4.    Gr.  a/ii^vog,  a/.trjvaL  u.  S.  W.  / 

2'/<^»'og/(theocr.   VIII,   46,    H)^iocl.   Theog.   594  u^.  w.; 
a f-irfvoi^yTO  (.ieIlgowv  y,al   orfim/^v  a&gota/iia.     tct   6Jt  ayyeia 
a^i^vf] ^es.) ,    Gf-irjvaL'  xiov   kfelLoatov   ol  y,rjQod6xoi^  tjtol   al 
■^jyxMT  Hes.  u.  a.  Wörter  dasafbst  scheinen   im  allg^einen  eine 
Sammlung,    gesammelte    masse    und    eine/   platz    für 
eine  Sammlung   irgendwelcher  urt  zu  bedeuten;    auf  bienen 
u.  s.  w.  specialisiert  bedeuten  sie  1)  bienen  schwärm  u.  s.  w., 
2)  bienenkorb  u.  s.  w.,   kommen  aber  auch  in  allgemeinerer 
anwendung    vor,    z.  b.    o/iirjvog  Xoyiov  u.  a.     Ich    schlage   vor, 
diese    sippe    zur    wurzel   seme    zu    ziehen,    die    einheit    und 
Identität,     gleichheit    und     Zusammensein     ausdrückt. 
Diese   wurzel   kehrt    in   sehr   vielen  Wörtern  der   meisten    idg. 
sprachen  wieder;  ich  werde  sie  hier  nicht  näher  verfolgen,  will 
aber   die   hauptsächlichsten    ablautsformen    (durch   schwebe- 
ablaut    entstanden)    verzeichnen:   *säjn-  >  zd.  Mma-   „der- 
selbe,   gleich"',   abg.  samü   „selbst",   vermutlich   auch   s.  sämi, 
^/iii,  1.  semi  „halb";  ags.  f/e-som,  isl.  sSmr,  söma,  somi,  a,s.  somi 
aschw.  soema  (nach  Noreen):  *seme,  somo  >  s.  samd  „gleich, 
derselbe",  zd.  hama  ,, gleich",  g.  sama,  6fiö-g,  o(.i,OLog,  möglicher- 
weise   s.   sama    (enclit.)    „irgend    einer,    irgend    wer,   jeder"  : 
*s(9)mäx   >  s.  part.  smä   (vgl.  asma-kam  u.  s.  w.),    vgl.   auch 
s.  samü-nd  (entweder  s(9)mä,  snitna  oder  mit  vollvokal  durch 
analogie  sa^nä  <  semä,  somä,  sama).      Die   übrigen    kürzeren 
formen  dieser  wurzel  l.  seni-,  eig,  s.  smä  (smd-d),  simd  „jeder", 
aj.i6g,   g.  swms,  *  sm-  (a-ua^  u.  s.  w.)   will  ich   nur  angedeutet 
haben  (übrigens  vgl.  Hübschmann  Vocalsyst,  p.  105  f.,  174, 
Osthoff  Perf.    481,   575  f.,    De   Saussure    Mem.   95,   275,| 
J.  Schmidt  KZ.  XXV,  1  u.  a.).    Ich   glaube,   dass   oi-irj-  der; 
oben  verzeichneten  form  sma^  zunächst  steht  und  hinsichtlich; 
der   bildung   ziemlich   genau    mit    s.  samä-nä-   (vgl,  sdma-na-)  % 
und  mit  g.  samana  (vgl.  Mahlowl.  v.  p.  67p  ahd.  zi-samene,  \ 
mhd.   ze-samene,  ahd.  vb.  samanön,   as.  samnön,  ags.  samnian,  i 
altisl.   samna    übereinstimmt.      Hinsichtlich    der    verschiedenen  | 
ableitungssuffixe  in  Of-iiivog,  afxfjvac  und  z.  b.   1.  simul,  simiUs, 
6f.iaX6g  glaube  ich  vergleichen  zu  ^^en  einerseits  die  oben 
angeführten    formen ,    anderseits-''mhd.   sai^d€fi^  ndl.   za>jji,eieftf* 
schw.    samla.      Ich    glaijt>e"  demnach    nicht,    in    dieser    sippe 
(vgl.  Kluge  Nom.  stammbilduugslehre  einl.)  innerhalb  der  ger- 


120  K.  F.  Johansson 

manischen  sprachen  eine  lautliche  vertauschung  zwischen  n 
und  l  annehmen  zu  dürfen.  —  Hinsichtlich  des  anlautes  ai-i- 
verweise  ich  auf  G.  Meyer  Gr.2  §  246,  Brugmann  Grund- 
riss  p.  421. 


5.   6ot.  alj)f)äu  und  verwandtes.  '^^ 

Das  got.  aipßau  „oder,  wo  nicht,  sonst,  vielleicht,  gewiss"  * 
ist  bisher  in  mehreren  weisen  gedeutet  worden;  die  haupt- 
sächlichsten versuche  bis  zum  j.  1873  sind  von  Bezzenberger 
Got.  adv.  p.  93  f.  verzeichnet  und  kritisirt.  Im  allgemeinen 
ist  aißßau  so  verstanden,  als  ob  ai  zeichen  für  kurzes  e  wäre 
(vgl.  Braune  Got.  gr,  §  20),  wobei  man  sich  natürlich  auf 
ahd.  eddo,  isl.  eäa,  eotr  gestützt  hat.  Hinsichtlich  der  erklärung 
hat  man  früher  wegen  der  as.  formen  efäo  u.  s.  w.,  afr.  ieftha 
(s.  unten)  am  allgemeinsten  eine  assimilation  einer  labialen 
Spirant  an/  im  Ahd.,  Got.,  Ags.,  Aisl.  angenommen  (Holtz- 
mann  Ad.  gr.  I,  1,  156;  2,  66;  Paul  P.-B.  Beitr.  IV,  384 
vgl.  VI,  248;  Piper  Spr.  u.  lit.  Deutschlands  p.  263).  Diese 
behauptung  lässt  teils  das  got.  ai  (==  e)  unerklärt,  teils  mangelt 
es  für  eine  solche  assimilation  vollends,  so  viel  ich  weiss,  an 
beispielen  in  den  genannten  sprachen  (vgl.  Bezzenberger 
a.  0.).  Ferner  hat  Mahlow  (Die  1.  v.  p.  159)  angenommen, 
dass  aißpau  (ahd.  eddo)  für  *i-h-ßau  steht,  und  Meringer  bei 
Singer  (P.-B.  Beitr.  XII,  211  f.)  hat  gleichfalls  aißßau  durch 
assimilation  aus  *aih-pau  entstehen  lassen  und  aih-  =  1.  ec- 
gestellt.  Sowohl  Mahlow  als  Meringer  und  Singer  haben 
sich  natürlich  auf  die  bekannte  got.  assimilation  nipßan  < 
nih  pan,  summaißpan  <  sumaih  ßan  u.  s.  w.  (Braune  Got.  gr. 
§  62  a.  3)  gestützt;  und  unzweifelhaft  ist  die  Schreibung  aip^au 
damit  erledigt.  Aber  abgesehen  davon,  dass  man  nicht  eigent- 
lich weiss,  um  welches  lat.  ec-  es  sich  bei  Singer  handelt  — 
entweder  ec  aus  ecce  u.  s.  w.  abstrahirt  (was  ziemlich  proble- 
matisch ist,  denn  ecce  kann  wenigstens  gar  wohl  aus  *e-ce 
mit  deiktischem  e-  [vgl.  ecastor  u.  s.  w.]  entstanden  sein)  oder 
pron.-  und  präp.-st.  ec  in  1.  ec-,  ex,  u.  eh-,  ehe-.  Ix  (ich  sehe 
hier  von  sl.  izu,  lit.  isz  u.  s.  w.  ab,  vgl.  G.  Meyer  Gr.  gr.^ 
p.  269  n.  2)  —  abgesehen  davon  ist  die  Zusammenstellung 
meiner  meinung  nach  recht  bedenklich  aus  dem  gründe,  dass 
man  genötigt  ist,  aip^au  (sowohl)  von  (afr.  ieftha  u.  s.  w.,  was 


Miscellen.  121 

jedenfalls  nötig  ist,  s.  unten,  als  von)  ahd.  eddo,  isl.  eäa  u.  s.  w. 
zu  scheiden,  weil  eine  derartige  assimilation  in  diesen  sprachen 
weder  sicher  bezeugt  ist,  noch,  wie  ich  glaube,  belegt  werden 
kann;  hp  >  pp  scheint  nämlich  eine  specifisch  gotische  laut- 
veränderung  zu  sein,  die  in  der  faktischen  litteratur  von  einem 
beziehungsweise  geringen  anfang  in  Zuwachs  begriffen  ist.  Bez- 
zen berger  a.  o.  hat  recht  darin,  dass  aippau  als  aippau  zu 
schreiben  ist,  aber  seine  eigene  zurückführung  auf  einen  st.  ifa 
scheitert  eben  an  der  Schreibung  aip-  und  möglicherweise  auch 
an  den  ahd.  formen  od(d)o ,  oda  u.  s.  w.  Wenn  dem  so  ist, 
scheint  es  nicht  anmasslich,  eine  neue  erklärung  vorzubringen, 
besonders  wenn  man  dadurch  einige  bis  jetzt  unerklärte  Wörter 
zur  selben  sippe  führen  kann.  Jedenfalls  muss  aippau  von 
as.  efdo^  afr.  ieftha  geschieden  werden. 

Zunächst  folgt  ein  resume  der  formen  die  man  aus  ver- 
schiedenen gründen  in  einer  oder  anderen  hinsieht  mit  aippau 
zusammengestellt  hat,  und  von  denen  hier  aus  dem  einen  oder 
dem  andern  gründe  gehandelt  werden  muss. 

A.  Hd.  1)  Ahd.  eddo,  odo,  oddo,  oda  (Graff  I,  147),  erdo, 
Order  (vgl.  widar  :  loirdar);  2)  mhd.  ode,  od,  oder. 

B.  Nd.  a)  And.  1)  as.  efäo,  efda,  ettha  (Mon.  3408,  eftha 
Cott.),  etlho  Mon.  und  eftha  Cott.  1329,  1696,  1721,  1830; 
ohtho  (Mon.  3629,  eftha  Cott).  2)  Ags.  odde,  oä(ä)a,  eääa 
(anorth.),  epa  (Rushworth  Gloss.).  3)  Afr.  ieftha,  ioftha,  oftha 
(ofte).  b)  Mnd.  edder,  odder  u.  s.  w. ,  übrigens  s.  Paul  P.-B. 
Beitr.  VI,  258.  Von  den  nordischen  {eäa,  eär  u.  s.  w.)  wie 
von  den  übrigen  hier  zu  behandelnden  Wörtern  s.  unten. 

Wenn  Singer  (a.  o.)  nun  behauptet,  dass  in  Zusammen- 
hang mit  *  aih-pau  as.  efäo,  afr.  ieftha  sich  leicht  erklären  lassen 
„aus  dem  bekannten  spirantenwechsel" ,  so  bekenne  ich,  dass 
ich  nicht  weiss,  welchen  Wechsel  er  meint.  Es  ist  wohl  bekannt, 
dass  got.  und  hd.  ft  im  Mfr.  (Tr.  capit.)  und  in  nd.  dialekten 
in  ht  übergeht  (Müllenhoff  u.  Scherer  Denkm.»  XVII,  580; 
Piper  p.  267,  273;  Franck  Mnl.  gr.  p.  75;  Lübben  Mnd. 
gr.  p.  61  u.  s.  w.),  aber  für  den  umgekehrten  hergang  wüsste 
ich  nur  nfr.  ht  >  ft  zu  belegen  (Denkm.^  XVIII,  Piper 
270),  das  auch  mnd.,  aber  selten  ist  (Lübben  Mnd.  gr.  p.  61). 
Dass  vollends  die  Verbindung  fp  in  den  altnd.  dialekten  in  hp 
übergegangen  sei,  ist  nicht  wohl  zu  behaupten  (ich  kenne  nur 
ohtho  Mon.  3629),   noch   weniger  das  umgekehrte  (hp   >  fP), 


122  K.  F.  Johansson 

was  nach  Singer,  soweit  ich  sehen  kann,  anzuerkennen  wäre. 
Ich  glaube  demnach  behaupten  zu  können,  dass  die  betr. 
formen  mit  lab.  spirant  nicht  aus  einer  grundform  *  ehßau  zu 
erklären  seien.  Wir  sehen  uns  demnach  genötigt,  wenigstens 
zwei  wesentlich  verschiedene  grundformen  für  die  oben  ver- 
zeichneten Wörter  in  den  germ.  sprachen  anzuerkennen.  Aber 
hauptsächlich  nur  diese  zwei,  was  ich  im  folgenden  zu  beweisen 
suchen  will;  denn  ich  glaube  nicht,  dass  got.  aipßau  von  den 
ahd.,  ags.  und  isl.  Wörtern  zu  trennen  ist.  Von  den  oben 
verzeichneten  formen  gehören  zur  gruppe  1:  g.  aippau,  ahd. 
eddo,  od(d)o  u.  s.  w.,  die  daraus  entstandenen  mhd.  formen, 
as.  ettha,  eftho,  ags.  oMe  u.  s.w.,  die  damit  in  Verbindung 
stehenden  mnd.  formen;  isl.  eda,  edr  u.  s.  w.  Zur  gruppe  2: 
as.  efda,  efdo^  eftha  und  ohiho,  afr.  ieftha,  ioftha,  oftha. 

Wir  wollen  erst  die  2.  gruppe  erledigen,  Mahlow  (Die 
1.  V.  p.  159)  wie  auch  andere  (vgl.  Paul  P.-B.  Beitr.  IV,  384) 
sieht  im  ersten  teile  demente ,  die  mit  got.  jahai,  ihai,  iba, 
ahd.  ibu,  as.  ef,  ags.  gif,  afr.  j'ef,  jof,  isl.  «/,  ef  u.  s.  w.  zu- 
sammenhangen;  ausserdem  berücksichtigt  er  ahd.  wJöT;  oha,  ubi, 
mhd.  obe,  as.  afr.  of,  mnl.  of)  aschw.  of,  adän.  of.  Ich  sehe 
mich  genötigt,  diese  formen  ein  wenig  zu  besprechen,  wobei 
ich  mich  zum  teil  auf  einige  gedanken  über  die  Wörter,  die 
Mahlow  (a.  o.),  Bremer  (P.-B.  Beitr.  XI,  36;  50)  und 
Noreen  (in  Vorlesungen  1886)  geäussert  haben,  stütze. 

Es  ist  wohl  jetzt  von  wenigen  verkannt,  dass  wir  in  diesen 
Wörtern,  wie  in  den  got.  adv.  auf  -ba  (anders  Bezzenberger 
Got.  adv.  p.  17  ff.)  einen  idg.  pron.-st.  bho — bhe  (bhö — bhe)  oder 
vielleicht  zweisilbig  ebhe  (ebho  u.  s.  w.,  woraus  durch  schwebe- 
ablaut  mehrere  formen)  zu  sehen  haben,  der  teils  als  selbst- 
ständiges wort,  teils  in  Zusammensetzungen,  teils  als  kasus- 
suffix,  teils  als  ableitungs-suffix  auftritt  (s.  Bezzenberger 
Got.  adv.  p.  19  ff.  und  Seh  er  er  ZGDS.^,  402,  Mahlow  a.  o.). 
Diesen  stamm  möchte  ich  durch  ablaut  folgendermassen  ge- 
spaltet sehen:  ebh(9) ,  öbh(d),  äbh(9)^)  :  ebhe  u.  s.  w.  ;  (d)bhe, 
(d)bhö,  (d)bhä.  Von  den  beiden  ersten  stufen  kann  ich  nicht 
sichere  ausläufer  bezeugen,  vgl.  indessen  s.  abh-i,  abhitas,  i(p-i- 

^)  Es  ist  hier  nicht  der  ort  zu  begründen,  warum  ich  glaube  be- 
haupten zu  können,  dass  U  sowohl  mit  e  (und  ö)  als  «  mit  c  (und  ö)  schon 
idg.  ablautete ;  und  dass  es  mehr  stufen  von  quantitativem  ablaut  gegeben 
hat,  als  gewöhnlich  angenommen  wird  z.  b.  e-e-afaJ-i-CsJ-nvM-stnie. 


Miscellen.  123 

(Osthoff  MU.  IV,  227  ff.)  u.  s.  w.:  cpri,  zd.  H  lit.  bä,  ar-bä, 
got.  ba  {ßauh  ba  Job.  11,  25  s.  Bezzenberger  Got.  adv. 
p.  68);  ausserdem  gehört  hierher:  lit.  abu,  abi :  s.  u-bhä,  u-bäu, 
cifi-qxo,  \.  am-bo,  g.  bai  (s.  Kluge  Wb,  unter  beide).  In  Zu- 
sammensetzungen haben  wir  also  bereits  diesen  stamm  bezeugt 
(u-bhä,  äf.i-q)0))  ^).  Als  kasussuffix  tritt  dieser  pronominalstamm 
sehr  häufig  auf  2).  Als  ableitungssuffix  fungirt  er  (von  einem 
kasus  ausgehend)  möglicherweise  in  gr.  Wörtern  auf  -(pog  =* 
s.  -bha  (vgl.  besonders  s.  gi-bha-m  =  gl-ghra). 

Ebenso  wie  1.  i-bi  ein  kasus  von  dem  demonstrativen  st. 
ei — oi — i,  womit  rel.  ie — io—i  identisch  ist  (durch  ablaut  aus  einem 
st.  eie  u.  s.  w.),  so  scheinen  mir  die  germanischen  formen  *iB- 
in  isl.  if  auf  fast  derselben  idg.  grundform  *i-bh-i  (oder  einer 
anderen  M-formation)  zu  beruhen.  Hinsichtlich  der  bedeutung 
hat  Noreen  mit  recht  verglichen  schw.  der-est  =  wenn,  vgl. 
d.  ivo ,  wofern.  Ich  möchte  vermuten ,  dass  1.  i-  bei  (vgl.  tibei 
=  abg.  te-be)  auf  ein  idg.  *i-bhoi  oder  *i-bhai  zurückzuführen 
und  mit  dem  got.  i-bai  identisch  sei.  Allerdings  können  wir 
weiter  gehen.  Ich  sehe  mit  Persson  (St.  et.  p.  95  n.  2)  in 
o-tf-QO,  (und  to-cp-Qo)  eine  formation,  die  mit  st.  bho — bhe  aus- 
gebildet ist  und  glaube  mit  ebendemselben ,  dass  *io-q)-Y ; 
*io-cp-L  =  1.  am-f-r,  am-b-r  :  aix-(p-i  sich  verhält;  wurden  nun 
Y  und  i  als  die  eigentlichen  träger  der   kasusbedeutung   auf- 

^)  Mit  u-bhä,  afi-ffw  sind  zu  vergleichen  (f-(pw  {acpm  od.  (fcpai,  ö(pd5e, 
2  du.),  ebenso  a-tfta-i,  a-tpoi-tv  (3  du.).  MitMahlow  nehme  ich  an,  dass 
die  pron.  mit  ß-tf-  auf  einem  anaphorischen  st.  ese  beruhen  (hinsichtlich 
der  etyraologie  anders  B  rüg  mann  KZ.  XXVII,  399  und  n.  2,  vgl. 
Baunack  Mem.  d.  1.  soc.  d.  ling.  "V,  14).  Mit  Brugmann  (Gr.  gr.  §  97) 
glaube  ich  ferner ,  dass  a-(pC{v)  (wesentlich ,  obschon  mit  schon  idg. 
reducirtem  vokal  =  1.  se-bei  <  idg.  *se-bhaxi),  den  übrigen  pluralformen 
zu  gründe  liegt,  obschon  es  sich  nicht  verkennen  lässt,  dass  seinerseits 
a(f)-(ä  (vgl.  ä/x-(fwi)  ebenso  ursprünglich  sein  kann  (vgl.  Wackernagel 
KZ.  XXVIII,  139).  2)  It.  *.fo-s  >  o.-u.  *-fo~s,  1.  -bu-s,  gall.  -ßo;  mit 
jjo-/e-suffix  vermehrt:  *bhe-ie  u.  s.  w.  >  *-6Aa,-/ in  1.  ti-bei,  u.  te-fe, 
0.  si-fei,  sab.  se-fei,  womit  ich  abg.  te-b^^  se-be  für  völlig  identisch  ansehe 
(vgl.  Leskien  Decl.  p.  143,  146  f.),  *-bh-ia^  in  s.  (ved.)  d.  sg.  tü-bh-ya 
und  tü-bhyam,  i.  d.  ab.  d.  -bhyä-m,  zd.  -bya  {iübhyam :  tübhya  =  s.  -bhyäm  : 
zd.  -byä  =  zd.  bya  : -byäm,  Bartholomae  Hdb.  p.  67  f.),  s.  d.  ab.  pl. 
-bh-ya-s;  und  als  die  schwächste  form  *-bh-i  in  -ipi,  -tfi-v  kelt.  *-bi-m 
B.  -bhi-s  {-(ft-v  : -bhyatn,  -bhyäm  ^^  -bhis  : -bhyas)  (zuletzt  hat  von  den 
ftA-kasus  gehandelt  V.  Henry  Mem.  d.  1.  s,  d.  ling.  VI  p.  14  des  separat- 
abdruckes).  —  «fi-ifiu  .•  dfi-tpl  =  O'tfü  :  a-(fi. 


124  K.  F.  JohanRson 

gefasst  (anfangs  r  und  i  nur  um  die  schon  in  (p  vielleicht 
steckende  lokalbedeutung  zu  verdeutlichen),  so  konnte  incp 
leicht  als  stamm  gedeutet  werden  (vgl.  l'-rpi-og  :  J-cpi).  Denken 
wir  uns  uun  in  dem  relat.-demonstr.  st.  qualitativen  [und 
quantitativen]  ablaut  iebh — iohh — [ibhj^  so  haben  wir  die  stamme 
für  ags.gif,  möglicherweise  'ä,h\.  ef  (<.  jebh-),  g.jabai  (<.  jobh-), 
g.  ibaij  (<  ibh-)  (nach  Noreen).  Zu  diesen  stammen  ge- 
hört nun,  wie  ich  glaube,  das  erste  glied  der  unter  gr.  1 
angeführten  formen  und  zwar  as.,  afr.  ef-  (vgl.  die  konj.  ef), 
afr.  ief-  (konj.  ief,  ags.  gif),  iof-  (konj.  iof)^).  Mit  den  ge- 
nannten vergleicht  sich  ungezwungen  lit.  iJeXb  „wenn"  u.  s.  w., 
was   doch  Ficks  kombinationen  unglaubli^T'raacßr'^ —  Hin- 

^)  Beiläufig^-'tt'lTl  ich  bemerkt,tor5en ,  dass  die  stj^s^te**^.  ef,  efan 
,,zweifel"^j>*rflr  aschw.  icBv,  aMt,ai^Ja7  isl.  vb.  efa  „zvpjreln"  nach  Noreen 
aus  del*  konj.  herzuleiten"^seien  (anders  vgl.  Kluge  Wb.  unter  2  ob, 
Fick  Wb.  III,  20,  Bezzenberger  Got.  adv.  p.  19  f.,  89  ff).  *»)  Mög- 
licherweise liegt  es  nicht  von  dem  ziele  dieses  artikelchöns  so  ganz  fern, 
mit  einigen  werten  die  übrigen  germ.  formen  für  o5  zu  berühren.  Wie 
wir  gesehen  haben,  gehen  die  oben  im  text  angeführten  formen  auf  einen 
stamm  * jehh—johh—ibh  zurück.  Paul  (P.-B.  Beitr.  VI,  248)  scheint  ahd. 
uha,  oha,  übt,  mhd.  obe,  ob,  op,  as.  afr.  of  (af  Mon.  1523),  vgl.  afr.  of-fha, 
mnl.  ob,  adän.  aschw.  of  (auf  welche  letzteren  beispiele  mich  Noreen 
aufmerksam  macht)  mit  den  im  texte  verzeichneten  formen  vermitteln 
zu  wollen.  Ich  glaube ,  dies  ist  kaum  möglich.  Vielleicht  wird  man 
einige  beispiele  vorbringen  können,  in  welchen  im  Ahd.  u.  s.  w.  ein  c 
(auf  welcher  weise  je  entstanden)  unter  irgend  welchen  bedingungen 
(z.  b.  unbetonung)  sich  in  o  verändert  haben  kann  (vgl.  odo  :  eddo,  wola  : 
wela,  g.  vaila  (Braune  Ahd.  gr.  §  25  a.  1),  oder  ein  ursprünglicher 
ablautswechsel  erkennbar  wäre  (in  welchem  fall  o  in  unbetonter  silbe 
erhalten  wäre,  vgl.  Paul  P.-B.  Beitr.  VI,  179  ff.,  Noreen  Altisl.  gr. 
§  113  u.  8.  w.) ;  aber  wie  ist  es  möglich  einen  urspr.  at.  jebh — ibh  mit 
einem  st.  ebh—obh  zu  vermitteln?  Mir  scheinen  zwei  möglichkeiten  zur 
erklärung  denkbar.  Entweder:  wir  haben  im  st.  ebhe  eine  schwebe- 
ablautsform  *  äxbh-  statuiert.  Wenn  wir  nun  *  öbh-  oder  *  äbh-  annehmen, 
würde  es  ahd.  *uob,  und  ich  denke  dies  könnte  in  den  oft  unbetonten 
proklitischen  konj.  verkürzt  werden  ob-,  üb-;  oder:  ahd.  ubi  ist  direkt 
mit  1.  ubl,  übet  zu  vergleichen,  so  dass  got.  ibai  :  1.  ibl  =  ahd.  übe: 
1.  Mit  (ahd.  oba  :  g.  iba  —  ahd.  übe :  g.  ibai).  Ich  sehe  nämlich  nicht  ein, 
warum  nicht  vom  pron.-st.  u  {au-,  vgl.  av-rög,  s.  ti-ta)  ein  ic-bi  hergeleitet 
werden  konnte  (vgl.  u-bhd)  wie  ibi  aus  st.  »  («/-  s.  e-tad).  Die  relative 
bedeutung  ist  jedenfalls  sekundär.  Vgl.  Bersu  Guttur.  p.  145;  Da- 
nielsson  Gr.  anm.  I,  p.  16  n.  2.  —  Ich  gebe  gern  zu,  dass  dies  alles 
nichts  als  unsichere  Vermutungen  sind. 


Miscellen.  125 

sichtlich  der  kasusformen  werden  got.  jabai,  ibai  lok.  sein 
wie  ahd.  übe;  got.  iba  <  *ibhe  oder  * ibiiö  (woraus  ahd.  ibu) 
oder  ^ibhoi  (nach  J.  Schmidt  KZ.  XXVI,  42  ff.,  Hanssen  KZ. 
XXVII,  614  f.). 

Ich  gehe  jetzt  zur  andern  gruppe  über.  Oben  habe  ich 
hervorgehoben,  dass  diese  formen  kaum  durch  assimilation 
eines  labialen  oder  eines  gutturalen  Spiranten  entstanden  seien. 
Ich  glaube  aber,  dass  es  einen  pron.-st.  ete  gegeben  habe,  den 
ich  folgendermassen ,  durch  schwebe  -  ablaut  variiert ,  ansetze : 
*aj  :  *  ete  :  *  tä^.  Zu  *tä^  gehört  wahrscheinlich  ti],  lit.  te^ 
got.  ßan-de,  (xa-)Tw;  kürzere  formen  sind  die  gewöhnlichen 
pron.-stämme  to,  te  und  tu  (td)  in  (xa-)ra.  Zur  mittleren 
form  könnte  man  möglicherweise  rechnen  lit.  ata-,  abg.  otü; 
übrigens  vgl.  1.  et-,  et-i,  s.  ät-i  und  als  noch  kürzere  form  1.  at 
(übrigens  s,  Fickj-Wb.  III,  36).  Denselben  stamm  erkenne  ich 
in  s.  dt-ra  (dt-räj.  Wir  können  nicht  umhin  mit  dträ  as.  adro, 
ags.  cedre,  edre  („eilend,  alsbald^  zeitig,  früh";  hinsichtlich  der  .^  • 
bedeutung  lok.  >  temp.  vgl.    1.  illico/h\  sur  h  chaiiip,   d.  auf  \_4 

(^erjÄi^p)''zu  y^^^  ,^"'"' 

Gehen  wir  nun  zum  Isl.  über,  so  begegnen  uns  ein  paar 
Wörter,  die  kaum  von  as.  adro  geschieden  werden  können:  ich 
meine  ddr  („früher,  eher,  sonst")  und  ddan  („früher,  jüngst", 
Fritzner  Ordb.  p.  6  f.).  Diese  formen  müssen  auf  et  zurück- 
geführt werden,  und  hierin  sehe  ich  einen  beweis  dafür,  dass 
wir  in  der  „wurzel"  ete  auch  die  erste  ablautsform  annehmen 
können. 

Dies  et-  ist  es  nun ,  was  ich  in  hinblick  auf  einige  bald 
zu  behandelnde  formen  in  got.  aippau  erkennen  will.  Zunächst 
möchte  ich  aber  betonen,  dass  e^-  im  Got.  als  aiß-  erscheinen 
konnte,  und  zwar  wenn  entweder  die  silbe  ep-  oder  das  ganze 
wort  im  satze  unbetont  war.  Dies  aber  ist  sowohl  apriori 
leicht  zu  verstehen,  als  auch  aus  formen  der  übrigen  sprachen 
erkennbar.  Dass  ein  in  nicht  haupttoniger  silbe  stehendes  e 
im  Got.  mit  ai  bezeichnet  ist,  habe  ich  in  meiner  abhandlung 
De  derivatis  verbis  contractis  p.  186  f.  zu  zeigen  gesucht  (vgl. 
g.  sijais  —  1.  sies ;  red.  z.  b.  in  saisö ,  vgl.  die  lange  redupl. 
im  Skr.,  Zd.  und  Gr.,  Whitney  Gr.  §  786,  Bartholomae 
Hdb.  p.  142,  vgl.  Ost  hoff  Perf.  56  ff.;  vaila  =  *  vela  >  in 
hauptton.  silbe,  anorw.  val,  Noreen  Aisl.  gr.  §  356)  und  ich 
möchte  jetzt  aippau  als  beispiel  derselben  rogel  ansehen. 


126  K.  F.  Johansson 

Hinsichtlich  der  verhindung  der  beiden  Zusammensetzungs- 
glieder leuchtet  es  von  selbst  ein,  dass  sie  nicht  früher  als  in 
germ.  zeit  vor  sich  gegangen  ist  —  im  anderen  fall  wäre  ihre 
entwickelung  eine  ganz  andre  gewesen  (Kluge  P.-B.  Beitr. 
IX,  150  f.;  OsthoffPerf.  560f.;  Brugmann  Grundriss  p.  344, 
384,  394,  vgl.  Mü.  III,  131  ff.)  —  das  heisst:  wir  müssen 
germ.  -//-  ansetzen.  Wäre  nun  das  wort  hauptbetont  gewesen, 
so  hätten  wir  wahrscheinlich  im  Ahd.  in  ihm  -it- ,  ebenso  im 
Isl.  ('^äi(t)o,  *ät(t)a)  (Kluge  P.-B.  Beitr.  IX,  159  f.,  Brate 
ib.  X,  35  f.,  einiges  wird  auch  von  Liden  in  einem  bald  im 
Arkiv  f.  n.  fil.  erscheinenden  aufsatze  vorgebracht).  Wir  finden 
aber  statt  dessen  im  Ahd.  dd,  d,  im  Isl.  ä.  Dies  kann,  so 
scheint  mir,  nur  auf  zwei  weisen  erklärt  werden:  entweder 
ist  die  entwicklung  der  germ.  kombination  //  in  nicht  haupt- 
toniger  silbe  anders  als  sonst  vor  sich  gegangen  (d.  h.  ßß  = 
da  y  dd  statt  #),  oder  zufolge  eben  derselben  unbetontheit 
ist  pp  erst  in  p  (vgl.  Paul  P.-B.  Beitr.  IV,  384  f.,  407,  anm.) 
übergegangen  und  daraus  ist  ahd.  d,  isl.  d  entstanden,  ahd. 
eddo  aber  vielleicht  durch  eine  kontamination  zu  stände  gekom- 
men.    Hier  bin  ich  indessen  nicht  im  stände,  zu  entscheiden. 

Irre  ich  mich  nun  nicht  sehr,  so  finden  wir  in  den  nordi- 
schen sprachen  ausser  im  Isländischen  spuren  auch  der  be- 
tonten form  unseres  wortes,  die  bisher  nur  nicht  richtig 
gedeutet  sind.  Es  sind  dies:  schw.  äter,  dän.  und  norw.  atter, 
die  auf  altn.  äter,  atter  zurückgehen  müssen.  Und  in  aschw. 
gesetzurk.  begegnet  sowol  atter  als  meist  ater  (>  nschwed.  äter) 
„zurück,  wiederum"  u.  s.  w.  Im  Aschw.  kommen  ater,  attcer, 
atter,  atir,  atr  (Gottl.  L.)  wechselnd  vor  (Rydqvist  V^^ä; 
III,  7);  atter  (mit  gem.  muta)  ist  am  wenigsten  gebräuchlich: 
Westm.  L.,  einmal  (attcer)  in  ÖGL.;  das  gewöhnlichste  ist  ater, 
atir.  In  derselben  bedeutung  kommt  nun,  am  frühesten  im 
älteren  VGL,  apter  vor;  doch  fast  gleichzeitig  ater.  Man  hat 
nun  gewöhnlich  (so  Rydqvist  II,  441;  III,  7;  V,  90)  atter 
und  ater  aus  apter  durch  assimilation  hergeleitet.  Ich  bin 
durch  Noreen  belehrt  worden,  dass  im  Anord.  kein  ein- 
ziges sicheres  beispiel  einer  derartigen  assimilation  i)  vor- 
liegt. Uebrigens  kommt  ja  sowohl  atter  als  ater  fast  gleich- 
zeitig vor;  endlich  ist  ater,  das  wol  apriori  als  mit  atter 
zusammenhängend  angesehen  werden  muss,  weder  direkt  aus 
*)  Vereinzelt  nschw.  iitter  .•  efter. 


Miscellen.  127 

atter^  noch  weniger  aus  apter  herleitbar.  Ich  will  deshalb 
atter  und  ater  völlig  von  apter  scheiden  und  sehe  in  den 
deutschen  sprachen  einen  guten  grund  hierfür.  As.  eft  „wieder, 
von  neuem"  u.  s.  w.  =  ecld  (Freckenh.  344,  475  u.  s.  w.), 
ags.  eft,  mnd.  echt  ,, wiederum",  efte,  ifte,  ofte  „wenn,  ob,  oder, 
vielleicht"  (Lübben  Mnd.  gr.  p.  129),  afr.  ofte,  mnl.  ochte, 
ofte  „oder"  u.  s.  w.  (Franck  Mnl.  gr.  p.  75),  die  in  der 
nächsten  beziehung  zu  g.  afta,  isl.  apt,  ept,  rökst.  aft  (Bugge 
Antiquarisk  tidskrift  för  Sverige  V,  [1828]  p.  116  f.)  stehen, 
müssen  sowohl  von  g.  a^p^u^  ahd.^^^^^  als  von  as.  efäo, 
afr.  ieftha  geschieden  werden.  Diese  genannten  Wörter  stehen 
aber,  glaube  ich,  in  demselben  etymologischen  verhältniss  zu 
isl.  aptr,  eptir,  aschw.  apter  (von  ablaut  und  den  verschiedenen 
gestaltungen  des  Suffixes  sehe  ich  hier  ganz  ab),  wie  atter,  ater 
meiner  meinung  nach  zu  aippau,  eddo,  eäa  u.  s.  w.  —  Hin- 
sichtlich der  bedeutung  findet  sich  ein  Wechsel  „wieder, 
wiederum  —  aber  —  oder  —  wenn,  ob"  statt,  vgl.  1.  aut : 
autem,  ast  u.  s.  w. 

Ich  wende  mich  jetzt  zur  lautlichen  begründung  meiner 
Zusammenstellung.  Ich  stelle  mir  vor,  dass  wir  hier  wirklich 
einen  ausläufer  der  germanischen  betonten  form  vor  uns 
haben  —  was  auch  in  Wechselbeziehung  zu  der  verschiedenen 
bedeutung  zu  stehen  scheint  —  und  dass  aus  germ.  *^Pp-, 
nord.  *ätt-  nach  oben  angeführten  beispielen  sich  entwickelt 
hat.  Diese  form  ward,  wenn  betont,  zu  *ät-  in  ater.  Aber 
wenn,  ehe  wirklich  *ätt-  in  ät-  übergegangen  war,  "^  ätt-  durch 
neuen  verlust  des  haupttones  zu  ätf-  verkürzt  ward,  so  konnte 
davon  die  form  atter  gebildet  werden,  die  jedenfalls  im  Schw. 
nicht  häufig  ist,  dagegen  im  Dan.  und  Norw.  fast  zur  allein- 
herrschaft  gelangt  ist.  Hinsichtlich  des  suff.  vgl.  isl.  eäa  :  eär 
=  *ätta  :  ater. 

Vom  letzten  teile  der  behandelten  zusammengesetzten 
Wörter  haben  gehandelt  Bezzenberger  (Got.  adv.  p.  95)  und 
Paul  (P.-B.  Beitr.  IV,  383  ff.;  376).  Ich  will  nur  hinzufügen, 
dass  Pauls  gleichsetzung  paii  =  *täm  (1.  tarn)  kaum  möglich 
ist.  Warum  nicht  annehmen,  dass  Pau  auf  idg.  *  tä^  +  u  zurück- 
gehe? Doch  hierüber  kann  ich  nicht  mit  einiger  Sicherheit 
urteilen. 

Wie  aber  ist  die  vokalisation  o  in  od(d)o,  oder,  oääe  '(:  eddo, 
eäa)  zu  erklären?     Paul  ist  (P.-B.  Beitr.  VI,  247,  vgl.  Mab  low 


128  K.  F.  Johansson    Miscellen. 

Die  1.  V.  p.  158  f.)  geneigt  darin  einen  a blaut  zu  sehen,  der 
seiner  qualität  nach  durch  proklisis  bestimmt  sei.  Könnte 
man  vielleicht  vermuten ,  dass  wir  eigentlich  einen  ablaut 
e/-  ;  ö/-  haben,  so  dass  gleichwie  tp  >  eddo,  so  auch  ö^  zu 
od(d)o  sich  verkürzt  hat?  —  Die  form  erdo,  order  (Singer 
P.-B.  Beitr.  XII,  211)  hindert  jedenfalls  nicht  die  obigen  Zu- 
sammenstellungen; erdo  :  ed(d)o  :  wirdar  :  widar. 

Upsala.  Karl  Ferdinand  Johansson. 


Keltic  Notes  1). 

1.   The  t-preterite. 

The  material  of  this  article  is  derived  mainly  from  the 
exhaustive  coUections  of  Whitley  Stokes  and  Windisch 
(Kuhn's  Beiträge  VII.  24—28,  VIII.  442—448),  from  a  dis- 
cussion  of  the  Welsh  forms  by  Rhys  (Revue  Celtique  VI. 
24 — 35)  and  from  the  Grammatica  Celtica  and  Windisch's 
Irish  Grammar.  The  latest  explanation  of  this  formation  is, 
so  far  as  I  know,  that  of  Windisch  (Beiträge  1.  c),  who 
finds  in  it  a  suffix  -to-  as  in  Lat.  ßecto.  To  this  there 
are  several  objections:  he  quotes  no  instances  of  this  suffix  in 
Keltic,  except  the  doubtful  bert,  dicam,  which  will  be  discussed 
later:  we  shall  also  see  that  there  are  some  phonetic  difficulties. 
A  surer  link  of  connection  may  perhaps  be  found  between  the 
^-preterite  and  the  idg.  verbalsystem,  when  we  observe  that  the 
3  Singular  of  the  ^-preterite  is  identical  in  form  with  the 
3  Singular  of  the  non-thematic  aorist  middle,  with  such  forms 
as  Gr.  (OQTO,  di-Kto  (Monro  Homeric  Grammar  §  13),  Skr.  arta, 
ahhakta  (Whitney  §  834),  Zd.  aokhta,  vanta  (Spiegel  Alter. 
Sprach.  §276.  Bartholomae  Altiran.  verb.  §  104).  Ir.  do-hert, 
W.  kemerth,  Corn.  cemert  (=  kemherth) :  hherto  =  no  hered,  W. 
cymeret  (K.Z.  XXVII.  178) :  hJiereto.  Some  of  the  ^preterites  seem 
to  have  aorist  forms  corresponding  to  them  in  other  languages; 
riarfad ,  qusesivit  =  Zd.  aokhta  (for  avakhta.  Geldner 
Metrik  3).  ^ 

*)  I  must  express   my  Obligation  to  Mr.  Stokes  for  his  kindness  in 
looking  over  these  notes  and  suggesting  some  corrections. 


J.  Ötrachan     Keltic  Kotes.  129 

locht  1),  pres.  comhoing,  break,  cf.  Skr.  abhakta.  abhakta  is  at- 
tached  to  bhcrj  divide,  not  bhanj  break,  but  the  meanings 
are  so  similar  that  it  is  probable  that  bhaüj  is  an  Idg. 
nasalised  form  of  bhaj  (otherwise  Brugmann  M.  U. 
III.  155).  „mad  bocht",  (gut  brach  sie,  d.  i.  erntete  sie. 
W indisch)  is  at  all  events  very  like  Skr.  „sarve  bhejire 
manasah  sukham".  P.  W.  V.  149. 
do-ind-nacht,  tribuit:  cf.  Skr.  active  aorist  aw«^;  wrt^  (Grass - 

mann  Wb.  719). 
W.  gtumt,  feriit:  Skr.  vanta  3  plur.  (Grassmann  Wb.  514). 
nn  between  consonants  becomes  regularly  na  e.  g.  atnata 
=  atnnta.  But  the  combination  vmita  may  have  been 
treated  differently.  P.  W.  gives  no  instance  of  initial 
vn  in  Sanskrit.  The  different  or  rather  contrary  mea- 
nings oivan  may  be  derived,  with  Grassmann,  from  the 
fundamental  notion  of  striving  after.  cf.  the  various 
meanings  of  Lat.  'peto. 
do-m-roi-sechtatar ,    mihi    succurrerunt    —    do-m-rü-sectatar : 

cf.  Skr.  reduplicated   stem   sishak-. 
do-sn-acht,    he  drove   them  away,   may  be  compared  with  a 
Greek   pluperfect  form  -^xro.     Such   aorists  from    roots 
beginning  with  a  vowel  would   in  Greek   naturally    tend 
to  attach  themselves  to  the  pluperfect. 
Such   ^-preterites    as   have  no    corresponding  aorist  forms 
in   other   languages  may   be   either  Idg.    forms  lost   elsewhere, 
or  new  creations  after  the  old  modeis. 

The  above  explanation  accounts  for  the  absence,  in  the 
old  language,  of  the  e-infection  which,  on  Windisch's  hypo- 
thesis  we  should  expect  in  some  of  the  ^-preterites.  Forms 
ending  in  et  prove  nothing,  as  et  seems  to  prevent  e-infection. 
But  *  ernte  should  have  become  eit  or  euit,  dornte ,  deit,  as 
senti,  seit,  or  seuit,  denti,  deit  (Stokes  K.  Z.  XXVIII.  61).  On 
the  other  band  * emto  would  become  et,  as  centom,  cU. 
Similarly  rt .  It .  admit  of  infection.  The  middle  Irish  forms 
with  infection,  like  «^rwift/r^Windisch  Irish  Gramm ar  §267) 
can  hardly  be  said  to  disprove  my  theory;  they  are  probably 
due   to   the    second    person    or    to    the  perfect.     arroHt  offers 

')  We  have  perhaps  an  example  of  the  active  aorist  in  comhach,  (gl. 
fregit).    Stokes,  Beiträge,  VII.  7. 

Beiträge  z.  kundo  <l.  indgr.  sprachen.    XIII.  9 


130  J.  Strachan 

difficulties:  it  may  be  due  to  contamination  of  arroet  and 
arroU,  or  it  may  be  merely  a  difference  of  spelling  (cf.  Thurn- 
eysen  Revue  Celtique  VI.  155), 

In  Idg.  the  weak  grade  of  the  root  appeared  in  this 
formation.  In  the  individual  languages  there  are  also  traces 
of  the  middle  grade  (mittelstufe).  Many  of  the  Keltic  forms 
as  acht,  w.  aefh,  bocht,  sechtatar  may  represent  the  weak  grade. 
As  for  do-ind-nacht^  nag  appears  in  weak  forms  in  Skr.,  so  that 
if  there  was  an  Idg.  ablaut  neki  yJci  (Skr.  nag  ag)  the  two 
forms  must  soon  have  been  confused.  fact  finds  its  parallel  in 
Zd.  aohhta.  In  roots  ending  in  a  nasal  the  Irish  vocalisatiou 
might  be  either  strong  or  weak  i).  If  I  am  right  in  assuming 
only  one  root  van,  its  Idg.  form  must  have  been  ven  (Lat. 
Venus,  venerari)y  and  Welsh  guant  can  represent  Idg.  vyto, 
not  Idg.  vento  (Zimmer  K.  Z.  XXVII.  450.  note).  Many  of 
the  remaining  forms  may  have  arisen  within  the  Keltic  lan- 
guages themselves.  Proportions  like  aig  :  acht  =  seich  :  sech- 
tatar =  meil :  x  =  geil :  x  would  easily  lead  to  forms  like 
melt,  gelt. 

Beyond  the  3.  singular  this  aorist  has  disappeared.  The 
reason  for  this  is  probably  the  great  difference  of  form  pro- 
duced  by  phonetic  change.  If  then  the  other  persona  of  the 
^-preterite  are  due  to  analogy,  on  what  model  were  they 
formed?     S tokos   has   already  suggested    that   the    i    of   the 

*)  It  is  possible  that  forms  like  do-rSt  may  be  either  active  or  middle, 
as  it  is  doubtful  whether  final  nt  was  lost  (Windisch  Irish  Grammar 
§  104a.  Brugmann  V.  G.  1.  77.  512.  566).  üutside  the  verb  I  have 
found  no  certain  instance  either  of  its  loss  or  of  its  retention.  If  it  were 
certain  that  benim,  strike,  came  from  gh.^en,  the  forms  dorod-ba,  absci- 
dat,  arenindar-be  ut  abigat,  rafor-ha,  accomplished,  would  be  most  easily 
explained  as  =  ben-t,  Idg.  gh^ent.  In  that  case  forms  like  arrodibai, 
intercidit,  codofobath,  ut  incideret,  codufoibither ,  ut  succidatur,  which 
show  no  traces  of  a  nasal,  must  be  analogical  formations,  partly  after 
the  Substantive  verb,  partly  after  verbs  like,  renim,  where  the  «  is  a 
present  suffix  (cf.  Osthoff  Perfect  519.  520).  Job.  Schmidt  (K.  Z. 
XXV.  171)  however,  connects  benim  with  Goth.  banja  (F.  IIP.  196) 
without  explaining  how  beim  a  blow  can  come  from  an  a«  root.  b^im, 
pl.  nom.  bemeti,  in  Old-Ir.  might  =  beimen  (cf.  Old-Slav.  biti  strike)  or 
benmen:  Gaelic  beum,  pl.  beuman,  seens  to  decide  in  favour  of  the  latter, 
as  intervocalic  m  becomes  mh  (Ebel  Beiträge  III.  11).  If  bei?»,  comes 
from  gh^en^    it  is  most  natural  to  derive  benim  from  the  same  root. 


Keltic  Notes.  131 

2.  Singular  coraes  from  the  perfect.  If  we  extend  this  to  the 
1.  Singular,  the  singular  is  explained  —  Irisli  ro-burt,  ro-hirt, 
ro-bert  (unaccented  ru-bart),  like  ro-charus,  ro-charis,  ro-char  : 
Welsh  ceint,  ceint-ost,  cant,  like  cereis,  cereis,  caras.  In  Welsli 
as    in   later    Irish    i   has    sometimes    made   its    way    into    the 

3.  singular. 

Sometimes  in  Irish  the  3.  singular  form  has  extended  itself 
to  the  other  persons  e.  g.  doret,  defendi,  arro4it,  accepi,  im- 
rualadsa,  offendi,  ni  comtacht-su  non  quaesivisti  (unaccented 
form  of  comtecht).  Is  there  any  form,  by  which  these  could 
have  been  influenced,  in  which  the  three  persons  are  the  same? 
The  only  form  is  the  preterite  passive,  rocMt,  dor eiset, 
asrobrad,  furecht,  etc.  This  then  must  have  been  the  infiuence 
at  work. 

The  plural  is  plainly  formed  after  that  of  the  perfect; 
corapare  ru-bartmar ,  ru-bariid,  ru-bartatar,  with  cechnammar, 
cechnid,  cechnatar.    No  plural  forms  have  been  found  in  Welsh. 

Some  ^-forms  are  found  in  the  later  language  with  a 
future  meaning,  as  at-bert,  dicam,  bertait,  ferent.  One  is 
tempted  to  discover  the  starting  point  of  these  forms  in  the 
aorist  indicative  used  as  an  injunctive^). 

2.  Dative  singular  of  a-stems. 

Brugmann  (Vergleichende  Grammatik  I.  510),  assu- 
ming  that  the  Irish  dative  of  a-stems  represents  an  Idg, 
dative,  finds  difficulty  in  accounting  for  the  apparently  different 
treatment  of  äi  and  öi  in  the  a-  and  o-stems.  He  justly 
remarks  that  it  is  not  likely  that  äi  should  have  become  z, 
and  at  the  same  time  öi,  ö.  The  difficulty  disappears  if  we 
assume  that  the  Irish  dative  is  not  a  true  dative  but  a  locative 
(the  dative  in  Greek  has  been  frequently  replaced  by  a  loca- 
tive. Gustav  Meyer  Gr.  Gram.  §  347 — 351).  tuathai  becomes 
regularly  tuathl,  tuaith^).  This  explains  how  i  got  into  the 
genitive  and  accusative  of  a-stems. 

3.  Vocative  plural  of  o-stems. 

It  is  not  probable  that  Idg.  ös  should  have  been  preserved 

^)  Since  the  above  was  written,  another  explanation  of  forms  like 
hertait  Las  been  given  by  Zimmer  (K.  Z.  XXVIII.  313).  ^)  The  diph- 
thong  ua  does  not  concern  us  here,  cf.  Brugmann  V.  G.  57. 

9* 


132  W.  Deecke 

in  the  vocative  plural,  while  in  the  nominative  it  was  replaced 
by  t.  Rather  must  we  see  in  e.  g.  a  Bomanu  (GL  Quirites), 
not  an  old  vocative  but  an  accusative  like  that  found  after 
Latin  o,  as  in,  o  miseras  hominum  mentes  (Madvig  Lat.  gram. 
§  236.  Roby  Lat.  gram.  §  1128).  So  too  in  other  stems, 
e.  g.  cara^  friend,  nom.  pl.  carit,  acc.  voc.  cairtea  :  cathir,  town, 
cathraiff,  cathracha  :  brithem,  judge,  hrithemain,  hrithemna. 

4.   Eclipsis  destituens. 

A  phenomenon  akin  to  this  is  found  in  modern  Gaelic. 
The  tenues  and  mediae  are  pronounced  differently  according 
as  they  are  preceded  by  a  nasal  or  not.  If  not  preceded  by 
a  nasal  they  are  voiceless,  if  preceded  by  a  nasal,  voiced. 
Thus  cu,  a.  dog,  but  ang  gu,  written  an  cu  the  dog.  Similarly 
in  duine,  a  man,  the  d  is  voiceless,  but  in  an  duine,  the  man, 
if  I  may  trust  my  ear,  d  is  voiced.  This  diiference  is  not 
marked  in  writing. 

Manchester.  John  Strachan. 


Nasale  sonanten  im  Lykischen. 

J.  P.  Six  hat  in  einem  briefe  an  mich  vom  25.  Januar  d.  j. 
zuerst  die  Vermutung  ausgesprochen  und  durch  eine  anzahl  von 
Zusammenstellungen  und  Umschreibungen  begründet,  dass  der 
von  Mor.  Schmidt  durch  /;  von  mir  durch  f  d.  i.  nasaliertes 
i  wiedergegebene  lykische  buchstube  i,  den  ich  schon  bisweilen 
etymologisch  einer  indogermanischen  nasalis  sonans  gleichge- 
setzt hatte  (art.  I,  125;  133  unter  pddöx(ta;  139  unter  s^topäh; 
auch  149,  nt.  1  khes^j  no^,  st[ta),  vielmehr  durch  y,  zu  bezeichnen, 
also  wirkliche,  und  zwar  dentale,  nasalis  sonans  sei. 
Dieser  geniale  gedanke  des  verdienten  forschers  bestätigte  sich 
mir  sofort,  nicht  nur  durch  eine  reihe  neuer  naheliegender 
gründe  und  combinationen,  sondern  auch  durch  die  auffindung 
der  entsprechenden  labialen  nasalis  sonans  m  in  dem  von 
Mor.  Schmidt  durch  a,  von  mir  bisher  durch  q  d.  i.  nasaliertes 
a  umschriebenen  lykischen  buchstaben  X.  Die  palatale  und 
Velare  nasalis  sonans  fehlen. 


Nasale  sonanten  im  Lykischen.  133 

Die  wesentlichsten  für  die  obige  gleichsetzung  spre- 
chenden gründe  sind  folgende: 

I.  die  wähl  der  zeichen:  sie  entsprechen,  das  eine  dem 
jonisch-griechischen,  das  andere  dem  chalcidisch- griechischen 
zeichen  für  ^;  dieser  in  seinem  griechischen  lautwert  für  die 
Lykier  unbrauchbare  buchstabe  folgt  aber  im  griechischen 
aiphabet  auf  W;  n,  so  dass  sich  im  lykischen  aiphabet  die 
sonanten  nasalen  ^^  m  oder  m,  y.  an  die  consonantischen  an- 
schlössen Das  jonisch-griechische  /  hat  lykisch  in  der  form 
-|-  den  lautwert  h;  für  lyk.  x  dient  das  chalcidisch-griechische 
"^^  {—  Jon.  xp).  Die  Lykier  haben  also  bei  der  bildung  ihres 
alphabets  beide  arten  des  griechischen  alphabets  vorliegend 
gehabt  und  benutzt.  Statt  des  einheitlichen  ^  brauchen  sie 
doppelconsonanz,  theils  xss,  seltner  x^j  einmal  vielleicht  kss 
St.  X.  N.  39,  theils  x^^- 

IL  die  Verwendung  der  zeichen:  consonantisches  m 
findet  sich  im  lykischen,  ausser  vor  vocalen,  nur  vor  l  und  r, 
und  zwar  anlautend  und  inlautend ;  n  ist  vor  consonanten  stets 
geschwunden;  s.  z.  b.  die  verbalendungen  -öte,  -ötö  =  idg.  -onti, 
-onto.  Die  wenigen  scheinbaren  ausnahmen  beruhn  auf  unsichrer 
lesung;  ungenaue  Schreibung  ist  p^m^ränwe  Lim.  5,  3,  sonst  stets 
pi^träi^ne.  Das  sonante  m  dagegen  steht  vor  p,  m,  u,  isoliert 
auch  im  auslaut,  sogar  vor  der  enklitika  te-  (art.  I,  143,  n.  2) 
in  masxx'tftHci'  St.  X.  W.  65  (s.  68);  ^  bezeichnet  die  nasalis 
sonans  vor  t,  n  und  regelmässig  im  auslaut,  in  compositis  auch 
vor  guttural  in  äpt^x^xc^h  Lim.  31,  1  (art,  I,  132,  n.  21)  und 
vor  labial  z.  b.  in  äpy^podö  Kyan.  1,  5;  nicht  ganz  sicher  in 
lesung  und  trennung  ist  obrayi^dabrala  Ant.  1,  7;  andre  Unregel- 
mässigkeiten sind  auf  falsche  lesung  zurückzuführen. 

III.    Umschreibungen  von  eigennamen: 

1)  '^tareiäosähä  =  Jageiov  (art.  I,  146,  n.  12;  e  näherte 
sich  im  laut  dem  i,  o  dem  u)  St.  X.  0,  59;  vgl.  jetzt,  neben 
dem  1.  1.  von  mir  schon  angeführten  neugr.  vt  =  d,  auch  noch 
die  hieroglyphisch-ägypt.  Schreibung  ntrius.  Analog  steht  dann 
7rip  r=  b  —  neugr.  f.i7t  im  namen  mpara,  componiert  art(t)o- 
mpara  (art.  I,  127,  n.  4);  s.  das  von  mir  schon  verglichene 
liQTaßÜQLog;  die  verdumpfung  in  art(t)o-  ist  wohl  dem  m  zuzu- 
schreiben; s.  ärta-xsserazahä  =  ^Aqxa^eg^ov  (art.  I,  128,  n.  7). 
Die  früheren  Schreibungen  pareiäosähä  und  art(t)oqpara  waren 
weit  unwahrscheinlicher. 


134  W.  Deecke 

2)  ari^na  =  "Aqva,  einheimischer  name  der  stadt  Xanthos 
(art.  I,  136,  n.  7).  Nie  findet  sich  in  dem  namen  oder  seinen 
ableitungen  ein  t,  so  dass  schon  aus  dem  gründe,  wie  Six 
richtig  bemerkt,  die  Umschreibung  arpia  bedenklich  war. 
Hier  scheint  ri  (nicht  n)  der  gleitlaut.  Analog  gebildet  ist 
pn^na  „omog",  woher  pr^nava  ,,olma'\  (ä)pry,navatö  „wx/^cro" 
u.  s.  w.;  8.  art.  I,  134  unter  kezzapr'Q^na  und  art.  III.  Wenn 
der  Stadtname  py.[nara]  griechisch  durch  xä  Tlivaga,  richtiger 
wohl  1^  nivdqa,  wiedergegeben  wird  (art.  I,  137),  so  yg\.  pttara 
=  zd  ndTOQa,  richtiger  tj  Tlaidga  (ebdt.);  ähnlich  erinnert 
der  ml.  eigenname  ^^wwoMA  (genit.)  Pin.  3,  2,  jetzt  durch  Benn- 
dorf  gesichert  (art.  I,  138,  n.  7),  an  kypr.  IIvvTog  neben 
nlvvTog. 

3)  triYimele  „lykisch,  Lykier"  (art.  I,  151,  n.  2),  griechisch 
TeQullfjg,  TQS^llr]g  u.  s.  w.,  niemals  *  TQafiäXrjg,  was  man  nach 
der  frühern  Umschreibung  trqmele  hätte  erwarten  müssen ;  Tqi- 
/iiillg  yij  ist  an  composita  mit  tql-  angelehnt;  der  lelegische 
könig  TgdßßTqXog  ist  fernzuhalten.  Ebenso  steckt  der  stadt- 
name  Tsqurjaaog,  Tegf-isöög  wahrscheinlich  in  fpnmes  St.  X.  0. 
50;  acc.  triirimesn  ebdt.  29;  Pin.  2,  2  (nach  Benndorf).  Auch 
hier  haben  wir  ini  als  gleitlaut. 

4)  der  ml.  eigenname  sppyiaza  (art.  I,  127,  n.  3)  ist  dem- 
nach nicht  mit  iran.  gpita-  (gr.  ^Ttiza-),  sondern  mit  iran. 
gpenta-  „heilig"  zusammenzustellen;  s.  gr.  2(pevöa-ddtr]g. 

IV.  Die  gleitlaute.  Ausser  den  unter  III  schon  ange- 
führten beispielen  gehören  hierher  folgende: 

1)  die  Präposition  «pri,  wohl  adverbial  gebrauchter  accu- 
sativ,  =  idg.  *epm,  zum  ind.  ^locativ  dpi,  gr.  etzL,  idg.  epi, 
verbindet  sich  i^it|lyEr*^»ri»»j^  zu  *äp'^nöne  „enkel", 

eig.  „nachkind";  s.  gr.  srtiyovog,  sTttyov^  Hier  scheint  n  äer 
gleitlaut.  Von  öne  findet  sich  der  dat.  sg.  öne  Myr.  2,  2;  der 
acc.  sg.  önfej  Myr.  6,  2;  der  gen.  pl.  önähe  Myr.  5,  3;  St.  X. 
S.  24;  von  dem  compositum  der  dat.  sg.  äpy^nöne  X.  2,  4; 
vielleicht  [äp^Jnöne  Kyan.  1,  3;  der  dat.  pl.  [äp^Jnönä  Myr. 
5,  2;  vgl.  art.  I,  131  unter  ap'Q.ütama.  Ebenso  giebt  öpri  mit 
der  verbalform  äpeiätö  „er  bestimmte",  die  z.  b.  X.  1,  5  u.  6 
vorkommt,  das  compositum  äp'Q.näpeiätö  Ky.  1,  2,  vielleicht 
herzustellen  ebdt.  4.  Ein  dritter  fall  ist  pär-äpri-n-ästtä  St.  X. 
W.  51;  s.  jiiiräp'p.:  Lim.  42,  5;  asttä  St.  X.  0.  50;  sä-i-ästtä- 
bäle  ebdt.  0.  2.  —  Das  ursprüngliche  ^  ist  vor  p  erhalten  in 


Nasale  sonanten  im  Lykischen.  135 

dem  oben  citierten  säepr^i :  pablüte ,  aus  säe  äpm;  sonst  bleibt 
das  ri  auch  vor  p  z.  b.  in  den  verbalformen  äp'rb-podö  Myr.  3,  5 ; 
Kyan.  1,  5;  äp'^-po'^tö  Lim.  17b,  2,  wo  das  zweite  ?i  den  ton 
haben  muss  =  idg.  y,,  da  es  sonst  geschwunden  wäre.  Dass 
der  gleitlaut  aber  nicht  immer  vor  vocalen  eintritt,  zeigt, 
ausser  dem  oben  citierten  eigennamen  apy,ütama  Myr.  3,  2,  z.  b. 
äpi^  äbttä  Lira.  9,  2  =  eti  avtolg;  s.  art,  I,  141.  Die  neben- 
form  apy,  hat  auch  apy,tade  St.  X.  W.  33,  neben  äp'Q.tade 
ebdt.  N.  56. 

2)  einige  ml.  eigennamen  haben  nach  consonanten  das 
Suffix  -mma  statt  -m«:  pexmma,  hrexnima,  ddarssmma,  auch 
nach  r  (sonans):  padrmma;  s.  art.  I,  129  u.  vgl.  noch  orssmme- 
käze  ebdt.  148;  ferner  mopmmä  „einfach"  Rhod.  b,  9;  topTtimä 
„doppelt"  Ant.  4,  4.  Bei  der  Umschreibung  -qma  war  der 
unterschied  vom  suffix  -ama  räthselhaft;  s.  %ttarama  =  Ktd- 
QapioQ,  zahama,  ap^iUama,  art.  I,  131.  Vergleiche  noch  zu 
jenem  das  idg.  superlativsuffix  -tirimo;  auch  Zahlwörter  wie 
septnimo,  deJcmmo,  wo  aber  das  m  zum  stamme  zu  gehören 
scheint. 

3)  nominales ,  ursp.  adjectivisches  suffix  -'^ne  (nicht 
-^ne)  z.  b. 

xbedöi^ne  „königlich",  von  x^^dä  „könig";  s.  art.  I,  140 
vädräy^ne    und  vädrönne_^,ysvvalog'^    Rhod.  a,  2;    b,  3  u.  6, 

von  vädre  '^ib  y^^og",  Ant.  3,  4;  s.  art.  III. 
priträi^ne^'TAm^  11,  6;  14,  6;  neben  py,nträ'y,ne  Lim.  5,  3; 
siehe  oben, 
vgl.  noch  den  namen  ddäpi^näväh  (genet.)  art.  I,  147,  n.  15 
neben  dem  subst.  ddäepnäoxez  Sura  4;  ferner  äsä-dä-'TLnäva 
„nachkommenschaft",  art.  I,  145,  unter  äsä-däplöme;  auch  das 
demonstrativ  äbö'^nö,  äbö-^mi  (acc.  sg.  fem.)  in  den  bilinguen 
==  tovzo,  tovtI,  eig.  TavTr]v,  mit  den  weiteren  Varianten  äbörf,nü, 
äbunnö,  äbunnö,  daneben  äbönö  u.  s.  w. ;  idg.  z.  b.  neunnö-  „der 
neunte";  s.  noch  lyk.  tresi^ne  St.  X.  Or^  zu  m»^  „cmiimal?" 
W.  70;  N.  52.  — """^^  — — ^«r    ^^^n, 

4)  adject.  suff.  -'cnne,  vielleicht  zu  ind.  -vin;  z.  b. 
xbedävQ^ne  St.  X.  N.  47;  s.  ybedöi^yie 

tonävv^ne  St.  X.  W.  62;  N.  64 

trälävme  St.  X.  W.  40  (s.  noch  0.  13);  vgl.  traleiä  W.  42 

bosavvy,n...  St.  X.  W.  41;  vgl  x^^a-^ose  N.  42. 


136 


W.  Deecke 


5)   der  münzname: 
ammüma  Lim.  5,  3   (viel   wahrscheinlicher,    als   das   frühere 

aqmiima)',  daneben: 
ümmüma  Lim.  13,  3  u.  4;  Rhod,  b,  3. 

Die  verdumpfung  des  a  zn  ü  ist  wohl  durch  das  m  ver- 
ursacht; s.  den  acc.  sg.  der  nomina  auf  -a,  der  ü  neben  a  hat 
z.  b.  ladü  und  lada  „yvv^siiKa"  von  i^da  ,^ftim" ;  auch  oben 
aHo-  (für  arta-)  vor  m.        ^S*  \ 

V.    Etymologieen: 

1)  /Jt^^Ä'H^geboren ,  kind'VvPart.  mWpass.  =  i^^S^v,t6- 
von  gen  „zeugen" 

pdää-xv-ta  s.  art.  I,  133 

kähe-xv^ta  St.  X.  N.  13 
sowie  in  den  ableitungen: 

Xrdlah  (genet.)  art.  I,  130,  n.  12—13,  wahrscheinlich  =  lat. 
„principis";  nebst  xV'^^^^pünä  ebdt.  139 

Xntänobäh  (genet.)  ebdt.,  n.  9 

XV'to^vata    „verwandter",    in    verschiedenen   casus    und    ablei- 
tungen; auch  xV'tävätä  Pin.  2,  2 

XV'tabora,  x'&t^bäeme,  pjrito&ose  u.  s.  w. 

Daneben  begegnet  nun  auch  * xvßß^'f^Tad^'^  =jße^.*gy,nö- 
also  nicht  mit  gleitlaut ;  s.  z.  b.  id^f%.-nü-.  Erhalten  sind  der 
nom.  pl.  x^waÄrt  St.  X.  0.  58;  der  gen.  pl.  xv-^ahe  X.  4,  3; 
St.  X.  S.  24,  herzustellen  X.  6,  3;  Lim.  10,  4;  und  eine  ablei- 
tung  pfriwe/ä . .  St.  X.  W.  18.  —  Part.  pft.  pass.  können  auch 
ar'^na  und  pry^na  sein  (s.  ob.  u.  art.  III),  etwa  von  är  und  per. 

2)  sy^ta  —  idg.  k\nt6-  100:  Lim.  14,  6;  Rhod.  b,  4;  vgl. 
den  ml.  eigennamen  sy.topäh  (genet.)  art.  I,  139,  n.  10  neben 
'Enaro/uvag ;  vielleicht  gehören  auch  hierher  tosy,tete  St.  X.  S.  7 
(s.  to-  =  2)  und  tauresigiä  ebdt.  W.  68. 

3)  noiniüta  Lim.  36,  3  w  9000,  aus  neuri,-tüsy,tä,  dessen  s 

gehn    musste    und    mit    dem    rf, 
,  wie  ind.  pdnSan,  beruht  kbesigi,' 

worin  s  aus  afficiertem  guttural 
ischen ;  s.  s^  „yfnd" ;  sä(e)  „quis, 


zwischen    sonanten    in    h    ül 
schwand.     Auf  analogiebildui 
füta  Lim.  13,  3  u.  4  ==  5001 
entstanden  ist,  wie  oft  im 
iT^;  ^'ä  „£|"^.  s.  w..„ 
4)o<«  und  )N;^„hin? 
schiedenencömpositenf^s.  art. 
altlat,    en;   s.  gr.  «vrl^, 
ntös.  X 


erweitert  y,tä('e)pe,  beide  in  ver- 
das  71  ist  tiefstufe  zu  gr.  iv, 
hergestelltem   e,    für   *dt6i   aus 


Nasale  sonanten  im  Lykischen.  137 

5)  acc.  sg.  auf -^;  aus  -71;  s.  oben  äprn,  äpti,  und  trrnmesxt, 
und  vgl.  noch: 

eiiinesy,  St.  X.  0.  27  =  'Itoyinov;  davor  ein  ähnlicher  accus., 
von  dem  nur  . . .  es?i  erhalten ;  vorhergeht  säxssadrapahe  : 
irijimele...  „und  von  Satrapen:   den  lykischen  •  .  .";    es 
folgt  sppartaze,   atünazfej    „den  spartanischen,  atheni- 
schen" u.  s.  w.  s.  art.  IL 
Aehnliche  bildungen  sind: 
Xäreuazy,    St.  X.  W.  45;   53;    acc.    sg.    eines   adjectivs    vom 
fürstennamen  läreua,    den   ich   nicht  mehr  für  weiblich 
halte  (s.  art.  I,  135,  n.  1),  da  das  münzenbild  nach  Six 
eine  göttin  ist 
vezUasppaziQ,  St.  X.  N.  49;  ebenso  von  *vezUasppa  =  altpers. 

Vistäspa  =  '  YaTciaTtrjg 
smrnnaz'^  ebdt.  50,  von  smrnna  —  2fiVQva 
tnömäzv.  ebdt.  W.  28;  s.  den  stadtnamen  Mov/naatog;  ferner 
losTSi,  Lim.  16a,  2,  object  zu  pri^navatä  „olxoöoi.isV^ ;  daneben: 
losü  :  i^trah'^  Lim.  6,  2 
losütrah'^  Myr.  6,  2; 
vgl.   einerseits   tros'ri,   aros^;   andrerseits  flahv.,  xhah'Q,,  xhehi/j^f 
poväiähi^L   (neben  poväiahä  St.  X.  S.  19)  u.  s.  w.;   das   s   geht 
auf  einen  guttural  zurück,   das  h  auf  s;  vgl.  z.  b.  zu  ^osy  alt- 
keit. Zö^cfw  (acc.)  ,,§3f^'^'',J5ez?.vBeitr.  XI,  115;    zu  x^<^^^  viel- 
Tä^  xba(hj  Lim.  5,  3  =  bactr.  Usvas  =  6,  u.  s.  w. 

6)  verbalformen  auf  -nie  —  idg.  -'^ti;  -^tö  =  idg.  -'^fo; 
vielleicht  -^Ltä  =  idg.  -'>}tdi;  z.  b. 

'Qtäpe-tas'Q,te  Myr.  5,  2  „hinein   thun   sie",   eig.  „geben  sie"; 

von   tas  =  gr.  dwx,    idg.  döJc;   vgl.   tase,  täse  u.  s.  w. 

art.  III;   sonst   steht   in   der   gleichen  Verbindung  i^itäpe- 

töte,  einmal  -taute,  von  tä  =  dw,  idg.  dö,  und  -önte,  -ünte 

=  idg.  -o-nti. 
äpfjb :  pontö  Lim.  17  b,  2;  dass  das  ^  zum  suffix  gehört,  zeigt 

äp^  :  podö  Myr.  3,  5;    äp^tpodö   Kyan.  1,  5;   s.  art.  III; 

wahrscheinlich  war  hier  das  tt  betont  (s.  ob.). 

7)  im  namen  hmprüma  (art.  I,  135,  n.  4)  steckt  vielleicht 
hip,-  =  idg.  sm-.  ind.  sa-,  lat.  sim-. 

VI.  Die  analogie  der  sonanten  liquiden  r  und  l, 
die  zwar  nicht  eigene  zeichen  besitzen,  aber  neben  den  con- 
sonantischen  in  grossem   umfange    vorkommen,    z.  t.  mit  deut- 


138  W.  Deecke 

lieber  entstehung  durch  Verkürzung  der  betreffenden  silbe.    Die 
wicbtigsten  fälle  sind: 

1)  im  an  laut;  vgl.  i^ta,  Tripara: 

rtto  Lim.  36,  2,  neben  ortto,  orto-,  h-rottla,  h-ortto-;   s.  art. 

I,   149,  n.  20;  vgl.  ind.  rtd,  rtü. 
rbbenäzes  St.  X.  W.  53;  neben  ärbhena,  ärbhe;  s.  art.  I,  136, 
n.  8;   vgl.  ind.  vBü.     In  diesem   falle   könnte,   trotz  der 
trennenden  wort-interpunction ,   sandhi-krasis  eingetreten 
sein,    da   ein    e  vorhergeht;    s.  L.  11,  5   hrppebäeiä   — 
hrppe  äbäeiä. 
rppe  Lim.  19,  3;  s.  unten  hr2)pe 
Ibbäväle  Ant.  1,  6 
Ibeiöe  St.  X.  W.  40. 

Auch  in  diesen  beiden  fällen  möchte,  trotz  der  inter- 
punction ,  krasis  vorliegen :  es  geht  ä  vorher  und  ein  anlau- 
tendes a  scheint  abgefallen ;  s.  albaxü,  albmolü,  albrünakä,  albüpä 
u.  8.  Vf.     Unsicher  ist:  Ibä  Ant.  1,  4. 

2)  im  inlaut  zwischen  consonanten,  wobei  in  der 
regel  der  folgende  consonant  verdoppelt  ist,  indem  er  in 
einen  implosiven,  zur  vorhergehenden  silbe  gehörigen,  und  einen 
explosiven  teil  zerlegt  ward,  der  die  folgende  silbe  anlautete, 
also  z.  b.  trb-be;  erst  dadurch  wird  die  sonantische  natur  der 
liquida  vollkommen.     Beispiele  sind: 

a)  trbbe  und  viele  verwandte  formen,  s.  trbböneme  art.  I, 
144,  n.  4;  sogar  trbbde  St.  X.  N.  38;  W.  27;  34;  vgl.  lyk.-gr. 
TQsße-XvaLog,   Tgeßhöai,  TQsßevvarwv 

zrbblü  St.  X.  N.  41;  45;  daneben  viell.  [zjrblö  Ant.  1,  7 
xrblla  Ant.  1,  8;  xrbblatü  St.  X.  N.  63 
urbble  St.  X.  W.  26;  urblale  Ant.  1,  4 
mrbbönäde  St.  X.  S.  33;  0.  5 
vgl.  ind.  gr})d,  dr})ika,  srbinda,  nrbähü  u.  s.  w. 

b)  prddärüt . . .  Lim.  30,  1 ;  vgl.  ind.  prdäJcu. 

c)  trpplö  St.  X.  N.  54,  neben  tbeplö  ebdt.;  trppale  ebdt. 
W.  28;  trppalao  W.  46;  vgl.  trzzohe  und  treia,  treiärö,  treso 
(neben  tbeso),  tresi^ne,  zur  wurzel  fer  ==  3;  s.  ind.  tr-tija. 

zrppädon...   St.  X.  W.  6;    zrppodäenä  0.  46;   vgl.   zeröpla, 

zeroplä;  kaum  ^aQTtrjSojv. 
hrppe,  auch   hrppae  Kad.  1,  2;   hrpe  Myr.  4,  2;    rppe  Lim. 

19,  3,  neben  hre;  s.  noch  hrzze; 


Nasale  senanten  im  Lykischen.  139 

vgl.  tTTipäemäh,  tiripävöte  art.  I,  144,  n.  6;  ztripdä  St,  X.  W.  45; 
hmprüma  u.  s.  w.;  ind.  trpdla,  srprd,  nrpdlni  u.  s.  w. 

d)  ho-mrxxü  St.  X.  S.  50;  vgl.  mrsxxü  W.  12;  mrsxxate 
W.  24;  andrerseits  masxx^  W.  65;  68;  s.  ind.  mrgajds,  mrgdt^ 
mrsä  u.  s.  w. 

e)  przzö  St.  X.  S.  23;  przzä. ..  S.  28;  przzede  Lim.  32,  1, 
neben  parzza  N.  2;  pa[rzz]a  X.  5  c,  1;  parza  St.  X.  N.  14  zu 
altpers.  pärsa-,  gr.  IleQai^q;  s.  art.  I,  128 

trzzobe  Lim.  13,  4;  s.  trpplö 
hrzze,  6 mal  „obere";  s.  hrppe,  hre 

krzzünasä  St.  X.  S.  48,  zu  XsQo6vr]aog?,  doch  s.  auch  x^'ssöne 
St.  X.  0.  52; 
vgl.  ind.  prsat,  trsü,  hrsitd,  grsu,  krsnd  u.  s.  w. 

f )  mrmmdepä  St.  X.  N.  33 ;  mrmmd  ...  N.  38 ;  mrmmas . . . 
N.  44;  auch  wohl  mrm...  W.  48;  vgl.  ind.  nrmdnas,  nrmnä 
u.  8.  w.;  auch  lyk.  padrmma;  s.  ob. 

g)  koprlle  u.  s.  w.,  s.  art.  I,  147,  n.  7;  vgl.  KvßeQvla%og 
prllöle  St.  X.  W.  46;    daneben  perle,   aber  auch  prle,  prl, 

prlaraema    St.  X.  W.  9;    s.  art.  I,   148;    gr.  ^^Ttiglai, 

lATtSQQaiTWV 

h)  smrnnaz^  St.  X.  N.  50;  s.  ob.  gr.  ^fivQva?;  vgl.  ind. 
mrnmäja 

i)  xphP^^^^^  A.nt.  1,  7,  redupliciert ;  y^.  pllove  St.  X.  W.  61, 
sonst  im  anlaut  pl-. 

Buchs weiler.  W.  Deecke. 


Cena. 

Eine  etymologie  dieses  wertes,  über  welches  befriedigendes 
meines  wissens  bisher  noch  nicht  vorgetragen  ist,  hat  von  fol- 
genden thatsachen  auszugehen:  . 

1)  Fesl^ts^p.  339:  ^^scensas ^^^^.  nu4w  cenas  .  quae  autem 
.  .  .  .  habebant  etN.jjro  ceni(s)  .  .  .".  Pat^s  bietet:  „scensas 
Sabini  cenas  dicebantT^^^^yp^  autem  nunc  plandia  sunt,  cenas 
dicebant  et  pro  cenis  vesp^lfsas  appellabant\  Schon  Paulus 
las   also  scensas  im  Festus.     Darnach   fehlt  j^er   grund,    mit 


140  Otto  Immisch 

Henop  De  linkua  Sabina  p.  54,  Aufrecht'^.  Kirchhof^  II, 
358,  Corssen  l\  327,  Goetze  Stud. I,  2, 168  Sicaligers  sce^as 
anzunehmen,  sce^as  ist  eben  sabinisch,  scei^nas  wäre  lal^- 
nisch,  wie  Mü  11  eX richtig  anmerkt,  vergl.  aik;b  Mommsem 
U.  D.  p.  354.  \  \ 

2)  Altlat.  cesna  Festus  p.  209. 

3)  Altumbr.  liegt  vor:  ^ersim'ii,  gehmmtur^  neuumbr.  sesna. 
Bei  diesen  formen  ist  von  vornherfein  festzuhalten ,  wovon  auch 
Bücheier  Umbr.  p.  153  nicht  hätte  abweichen  sollen,  dass 
die  epichorische  schrift  niemals  rs  für  <f  setzt.  An  der  nicht- 
beachtung  dieser  thatsache  "scheitert  die  Meyer-Corssen'sche 
erklärung  (Krit.  beitr.  p.  455). 

Dies  die  Überlieferung.    Sie  ermöglicht  folgende  aufstellung : 

1)  Der  sabinischen  form  liegt  ein  theraa  scend  zu  gründe, 
dasselbe,  was  uns  in  griech.  axedccvw/iiL  begegnet  und  auf  w.  ska 
„schneiden,  teilen,  spalten"  zurückführt.  Der  nasal  begegnet 
wieder  in  lat.  scandvla  (Curtius  Grdz.  ^  246).  Betreffs  der 
bedeutung  vergl.  griech.  dd'Cg  neben  daCtoi,  öalto.  Man  bildete 
von  scend  ein  scendia,  vergl.  prand-iu-m.  Dieses  wurde  zu 
scensa,  wie  wir  aus  Verg.  A.  VII,  706  Clausus  für  Claudius 
gerade  als  sabinisch  kennen.  Vergl.  osk.  Bansae  mit  dem 
EN.  Bandius. 

2)  Das  Lateinische  geht  von  der  nicht  nasalirten  form 
sced  aus  (vergl.  pre-hend-o  und  hed-era)  i).  Mit  abfall  des 
anl.  s  (vergl.  cutis,  scutum,  Corssen  Krit.  beitr.  p.  442)  wird 
aus  *ced-na  cena,  wobei  die  durchgangsstufe  das  bezeugte 
cesna  war. 

3)  Die  eigentliche  Schwierigkeit  biet^  nicht  die  sabinische,    / 
sondern  die  umbrische  form,  die  wir  als^|W<a  ansetzen  dürfen.  | 
Woher  nun  hier,   wenn  rs  nicht  für  d  genon^en  werden  darf,  f 
das  r  vor  s? 

Meine  meinung  ist  diese.  Nach  massgabe  der  form  arveitu 
für  aäveitu,  die  tab.  I  b,  16  mit  AK.  I,  84  not.  2  zu  bezweifeln 
kein  grund  vorliegt,  dürfen  wir  annehmen,  dass  ä  auf  den  alten 
tafeln,  wenn  auch  nicht  zu  rs,  so  doch  bisweilen  zu  r  werden 
konnte.     Folgte  nun  gar  auf(f,  den  mittellaut  zwischen  r  und 

*)  Auch  scheda  könnte  hierher  gehören  und  braucht  nicht  entlehnt 
zu  sein,  sondern  dem  Griech.  nur,  wie  die  form  schida  (nach  Charisius 
p.  115,  12  K.)  sein  h  zu  verdanken.  Ital  schegyia  setzt  doch  wohl  vulgär- 
lat.  tcedia  voraus. 


Cena.  141 

s,  ein  anderes  s,  so  war  ein  ausweichen  des  et  zu  r  völlig  natür- 
lich. So  steht  tab.  III,  5  der  abl.  mersus,  für  meäs-us.  Wir 
gehen  demnach  durchaus  sicher,  wenn  wir  auch  gers-na  auf 
geäs-na  zurückführen.  Das  umbrische  wort  stimmt  also  im 
abfall  des  anl.  s  und  im  suffix  mit  der  lateinischen  bildung. 
Dagegen  ist  der  stamm  im  ümbrischen  ein  neutraler  sigma- 
stamm:  geäs,  der  sich  einem  griech.  aueöog,  lat.  cedus  ver- 
gleichen Hesse.  In  dem  laute  d  für  d  haben  wir  alsdann  die 
nachwirkung  des  ausgestossnen  vocals  der  zweiten  silbe  zu  er- 
blicken, ganz  wie  in  meäs  =  lat.  *  modus,  eris,  cf.  modes-tus, 
moder-amen. 

Betreffs  der  bildung  geäs-na  vergl.  lat.  aes,  umbr.  ahesnes, 
lat.  Vesper  und  vesperna,  letztres  nach  Paulus  gleichfalls  be- 
zeichnung  einer  mahlzeit. 

Der  genitiv  plur.  eines  weiblichen  adjectivums,  der  in 
umbr.  gersiaru,  d.  i.  also  ceäs-m-rum,  ausserdem  vorliegt,  stellt 
eine  etwas  andre  bildung  dar.  Es  verhält  sich  nämlich  geds 
zu  geäs-ia-rum,  wie  lat.  Venus  zu  Veneriarum.  Wollte  man 
nach  Büchelers  der  deutlichkeit  so  nützlichen  art  die  ümbri- 
schen formen  latinisieren,  so  müsste  man  für  neuumbr.  shna 
cederna,  für  altumbr.  cersnatur  cedernati,  für  gersiaru  cederia- 
rum  bilden. 

Zum  Schlüsse  eine  blosse  vermutun^f  Das  dunkle  wort 
silicernium  (leichenschmaus)  ist  seit  ^aliger  oft^)  mit  cena 
in  Verbindung  gebracht  worden,  pÜne  dass  man  das  lautliche 
auseinandergehen  beider,  noch  dazu  durch  ähnliche  bedeutung 
verbundner  Wörter  gerechtfertigt  hätte.  Das  treffliche  Philo- 
xenusglossar  enthält  nun  folgende,  dünkt  mich,  beachtenswerte 
notiz :  Silicernium  ■  tveq^utivov  .  Xvxvovg  yaq  anteiv  ev  rtivd^u 
ov  d-i^ig .  TtaQayrjQrjiiq,'^).  Nun  heisst  hj^vog  lateinisch  ?Mcerwa; 
_ ^ j _ _— _— 

^)  Aufrecht,  KZ.  VIII,  211.  Breal,  Tables  Eugub.  p.  246  not., 
Bücheier  Lex.  ital.  p.  XIII,  Umbr.  p.  35.  129,  siehe  Servius  ad  Verg. 
A.  V,  92.  ^)  nuQcty^QTjfia  bezieht  sich  offenbar  auf  die  stelle  Terent. 
Ad.  4,  2,  48.  Sonach  empfiehlt  sich  die  glosse  durch  gute  gelehrsamkeit. 
Vielleicht  geht  sie  auf  Festus  zurück,  wie  denn  in  einem  aus  Nonius  ent- 
nommenen fragmente  Varros  das  hier  gebrauchte  wort  TiegiSemrov  als 
offenbares  glossem  zu  silicernium  wiederkehrt  (Vahlen,  Conj.  p.  64). 
Siehe  auch  Loewe  Prodr.  p.  194.  Festus  scheint  (p.  294)  die  ansieht 
des  Verrius,  beiläufig  die  hauptautorität  für  Corssens  etymologie  (P  443), 
zu  bekämpfen.     Paulus  (p.  295)  ist  ganz  verwirrt.     Der  von  ihm  citierte 


142  Walter  Prellwitz 


sollte  daher  das  „mahl  ohne  lamp^f^  nicht  sed-lucernium  ge- 
nannt worden  sein  ?  (vgl.  sed-itio  q\^.  Die  lautlichen  Schwierig- 
keiten, um  von  hier  aus  Q,\xi  äMcernium  zu  kommen,  scheinen 
mir  nicht  allzu  gross.  D^egen  weiss  ich  meine  Vermutung 
sachlich  aus  der   altenydfeciplina  funebris  nicht  zu  begründen. 

Otto  Immisch. 


Wurzel  radh-,  radh-    „ich  bringe  zu  fall",   ein  beitrag 
zur  bedeutungsentwicklung. 

Lat.  läbor,  lähi  und  gr.  X^&ofiai  können  beide  auf  eine 
Wurzel  *lädh-  zurückgehen  und  sie  werden  einander  gleich  zu 
setzen  sein,  sobald  sich  ihre  bedeutungen  auf  eine  gemeinsame 
zurückführen  lassen.  Zweifellos  müsste  der  Urbedeutung  läbor 
„ich  gleite,  strauchele,  komme  zu  fall"  näher  stehen  als  Xiqd^o[xai, 
„ich  vergesse".  Setzen  wir  jenes  „ich  komme  zu  fall"  als  ge- 
meinsame bedeutung  der  media  lähor  und  li]d-o/Liai  an,  so  muss 
das  activum  Aj^'^w,  Xavd-dva)  „ich  bringe  zu  fall"  heissen.  In 
der  that  ist  dieses,  behaupte  ich,  die  eigentliche  bedeutung  von 
Xi]d^(ji)  und  nicht,  wie  alle  unsere  Wörterbücher  angeben  „ver- 
borgen sein". 

X^d^SL  (xs  ,,es  entgeht  mir"  stellt  sich  durchaus  dem  lat. 
fallit  me  zur  seite.  Wenn  wir  einen  gegenständ  nicht  bemerken, 
so  geben  wir  die  schuld  an  seinem  unbemerkt-bleiben  ihm  selbst 
und  nicht  uns,  indem  wir  ihn  als  handelndes  subject  hinstellen, 
welches  uns  „entgeht",  „fugit"  oder  „praeterit" ,  und  uns  „zu 
fall  bringt"  fallit,  Xrjd^ei..  Z.  b.  IL  XV,  461  dXX'  ov  Xrj&e  Jibg 
TtvKLvbv  voov;  IL  XXIV,  563  xat  Ö8  ae  y^yvoja/LO)^  TlQiafxe,  (pqe- 
aiv,  ovde  fXE  Xrji^^eig,  ottl  d-eiov  xig  a*  ^ye  d^odg  sul  v^ag  ^^xaitav 
„du  täuschest  mich  nicht  darüber"  könnte  man  übersetzen, 
natürlich  ohne  jede  moralische  beziehung.  Wie  verfehlt  die 
hergebrachte  annähme  einer  grundbedeutung  „verborgen  sein" 
ist,  zeigt  der  fall,  wo  als  subject  ein  drittes  gedacht  wird, 
welches   uns   an   der  Wahrnehmung,    der   geistigen   auifassung 

Caeciliusvers  spricht  gegen  das,   was  er  sagt,  und  diente  vielleicht  dem 
Festus  gegen  Verrius. 


Wurzel  rädh-,  radh-  u,  s.  w.  143 

eines  gegenständes  verhindert:  z.  b.  Od.  XX,  85  vTtvog  eTve- 
Xrjoev  anävTiüv,  II.  XV,  60  ocpQa  .  .  (Iqis)  'Exroga  XeXd&jj 
odvvdtüv.  Besonders  merkwürdig  ist  II.  II,  600:  ai  öi  (Movaac) 
XoX(xioä(.ievai  rcrjQov  &eoav  (Qd/uvQiv),  avTccQ  doidijv  d^eaTteairjv 
dq)iXovxo  y.ai  ey-X^Xad-ov  y.id^aQiaTvv.  Hier  scheint  der 
accusativus  geradezu  die  Übersetzung  zu  forden  „sie  brachten 
zu  fall,  verdarben  sein  zitherspiel".  Indessen  kann  derselbe 
auch  einer  assimilation  oder  attraction  an  den  vorhergehenden 
accusativus  doLÖrjv  d-aGTteoirjv  {dcpelovto)  seine  wähl  verdanken 
und  den  zu  erwartenden  genetivus  (si^Xlkad-ov  avtbv)  xid^agi- 
axvog  vertreten.  —  Hierher  gehören  jedenfalls  die  composita 
Xad^Ly,r]drig  (f.iaC6g  II.  XXII,  83)  und  Xad^icpd^oyyog  (d-dvazog 
Hesd.  sc.  131).  Sie  bedeuten  „die  sorge  bezw.  die  stimme  zu 
fall  bringend"  d.  i.  „bezähmend"  bezw.  „vernichtend". 

Diese  aus  den  klassischen  sprachen  erschlossene  wurzel 
lädh-,  ladh-,  nasaliert  landh-  (Xavd-dvio)  findet  sich  im  Alt- 
indischen in  den  genau  entsprechenden  formen  radh,  randh. 
Das  verbum  rdndhyati  bedeutet  1)  „jmdm.  (d.)  erliegen,  ihm 
unterthan  werden",  2)  „jmd.  (a.)  einer  person  oder  einem  zu- 
stand (d.)  in  die  gewalt  geben,  unterwerfen",  3)  „jmd.  (a.) 
unterwerfen".  Dieses  „unterwerfen"  ist  gleich  dem  „zu  fall 
bringen",  und  jenes  „erliegen"  entspricht  läbi  „zu  fall  kommen" 
(vgl.  unten  raddhä,  radhrd,  rändhra). 

In  gr.  X^&oi-ial  tivog  „ich  vergesse  etwas"   zeigt    sich   das 
ursprünglich  unbegrenzte  gebiet  der  apperception  unserer  wurzel 
beschränkt  auf  das  gedächtnis.    Mit  seinem  gedächtnis  bei  einer 
Sache  zu  fall  kommen,   so  dass  man  ihrer  nicht  habhaft  wird, 
sie  verliert,  heisst  vergessen.     Unser  „ven^e^eti",  engl,  to  forget, 
ist  zusammengesetzt   aus  got.  gitan,  j^.  geta,   engl,  to  get  ,^s^l> 
reichen,   erlangen"    und  ver- ,   q^^  for  im  sinne  des  gr^a^af 
„vorbei";  vgl.  auch  mhd.  vetmiochen  „nicht  achten,^, *#gessen"  | 
und  mhd.  jjieruochen  „ge|;»fien ,   sorgen".     Diese  beziehung  auf  * 
das  geäächtnis  ist  im>4pätern  Griechisch  die  einzige,  bei  Homer 
ist  der  gebrauch   bekanntlich    ein  weiterer:   dX^fjg,  xdqfxrig  Xiq- 
d^eod^ai  geht  auf  die  Willenskraft,  nicht  auf  das  gedächtnis. 

Zu  Xrj&of.iaL  gehört  das  substantivum  Xrjd^rj  ursprl.  „das 
wanken,  der  fall",  in  bezug  auf  das  gedächtnis  „das  vergessen". 
Z.  b.  II.  II,  33  dXXd  av  afjGiv  e'xe  q)QSolv,  (xiqde  as  Xri&rj  aigsito). 
Seine  alte  unbeschränkte  bedeutung  zeigt  sich  in  dem  adjek- 
tivum  d-Xi]&i']g.    Dieses  heisst  „ohne  wanken",  also  von  personen 


144  Walter  Prell witz 

(IL  XII,  433)  „zuverlässig",  von  Worten  „untrüglich,  wahr", 
von  Sachen  „echt".     (Vgl.  Xad-gog^  alaoTog  unten.) 

Lat.  läbor  hat  die  ursprüngliche  bedeutung  klar  erhalten 
und  wird  auch  auf  die  Sittlichkeit  (in  officio  läbi  Cic.)  und  das 
gedächtnis  bezogen.  Dem  griechischen  gebrauch  entsprechen 
Verbindungen  wie  memoria  läbi  (Suet.)  oder  memoria  lahat  (Liv.) 
von  dem  abgeleiteten  labare  (zum  ablaut  Xa&slv,  ai.  radh)  und 
läbida  memoria.  Zu  läbi  gehören  auch  läbes,  läbor,  läborare 
und  lassus. 

läbes  heisst  wie  Ajf^jy  „das  gleiten,  der  fall"  (z.  b.  montis, 
corporis),  „das  abgleiten"  d.  i.  jeder  fehler,  der  die  erreichung 
einer  gewissen  Vollkommenheit  vereitelt.  Daher  bezeichnet  es 
ebenso  gut  den  fehler  in  der  färbe  (victima  labe  carens  Hör.; 
sit  sine  labe  toga  Ov.),  wie  in  den  sitten  und  der  ehre  {illa 
läbes  et  ignominia  Cic;  abolere  läbem  priöris  ignominiae  Tac), 
gerade  wie  wir  Deutschen  „rein"  und  „fleck"  mit  den  vorstel- 
lungsgruppen  von  färbe,  sitten,  ehre  u.  a.  appercipieren ,  je 
nach  dem  Zusammenhang.  Die  eigentliche  bedeutung  von  läbes 
zeigt  das  abgeleitete  läbosus  {iter  Lucil.)  „glitschig".  Eine  not- 
wendigkeit  oder  auch  nur  möglichkeit,  läbes  „Schandfleck"  von 
läbes  „einsturz"  zu  trennen  und  zu  gr.  Xwßrj  (ai.  lajjä,  Fick 
o.  VII,  270)  zu  stellen,  liegt  durchaus  nicht  vor.  Hier  erwähne 
ich  ai.  rändhra ,  für  welches  die  bedeutungen  „öfi'nung,  spalte, 
höhlung,  fehler,  mangel,  blosse"  (B.  R.)  angegeben  werden. 
„Spalte"  ist  da  als  fehler  in  der  fortlaufenden  Oberfläche  auf- 
gefasst. 

Lat.  läbor  darf  weder  zu  dXcpdvü),  noch  zu  nhd.  arbeit, 
noch  zu  Xa/ußdvto,  IdcpvQov  gestellt  werden.  Diese  bisher  ge- 
machten vergleichungen  werden  allein  durch  die  bedeutung  des 
lateinischen  wortes  schon  hinreichend  widerlegt.  Denn  läbor 
heisst  „plage,  quäl,  anstrengung,  bemühung"  und  läborare  „sich 
plagen,  geplagt  sein".  Die  sich  selten  findende  bedeutung 
„Unternehmung,  arbeit"  und  „unternehmen,  erstreben"  erlangen 
diese  worte  nur  durch  die  deuthche  hinweisung  auf  den  zweck, 
grade  wie  unser  „sich  um  etwas  plagen"  z.  b.  bonae  metiti 
läborare,  Sen.;  nihil  laboro,  nisi  ut  salvus  sis,  Cic;  labor  belli, 
Verg.  Ich  meine ,  dass  läbor  von  läbi  (läbäre)  abgeleitet  ist, 
wie  amor  von  amäre  und  zunächst  den  zustand  des  „zufall- 
kommens,  gleitens"  bezeichnet.  In  einen  solchen  zustand  gerät 
man  besonders  auf  schlechten  wegen  {iter  läbosum,  Lucil.)  und 


Wurzel  rädh-,  radh-  u.  s.  w.  145 

beim  fortscliaifen  einer  grossen  last  (sub  onere  läbitur  Petr.), 
und  so  kommt  lähor  zu  der  bedeutung  „plage,  not,  anstrengung" 
und  kann  auch  die  arbeitsamkeit  bezeicTuieu,  deren  kennzöicheia 
und  folge  jener  zustand  ist. 

Das  participium  perf.  pass.  lapsus  ist  in  dieser  gestalt 
ohne  zweifei  junger  entstehung.  Hätte  nämlich  läbor  wirklich 
einen  jo-stamm,  so  hätten  wir  entsprechend  scriptus  von  scribo 
vielmehr  *laptus,  nicht  lapsus  zu  erwarten.  Ist  aber  die  wurzel 
idg.  rädh-,  so  kann  idg.  '"radh-tö-,  ai.  raddhd  „unterworfen" 
(„zu  fall  gebracht")  im  Lateinischen  lautgesetzlich  nur  lassm 
entsprechen,  da  idg.  dht,  dt,  U  im  Lateinischen  nach  langem 
vokal  zu  s,  nach  kurzem  zu  ss  wird:  fisiis,  fissum,  cessum  (vgl. 
Froehde  o.  I,  208).  Dieses  alte  participium  zu  läbor  haben 
wir  nun  in  dem  adjectivum  lassus  „müde"  anzuerkennen.  Seine 
bedeutung  eigl.  „ausgeglitt^i^  hingesunken"  zeigt  ai.  radhrd 
„erliegend,  matt",  welchem  lautlich  gr.  Xccd-qög  •  Xad-galog  (Hes.) 
bis  auf  den  ton  entspricht.  Doch  hat  dies  activen  sinn  „heim^ 
lieh",  d.  i.  „zu  fall  bringend",  (die  auffassung)  ,, vereitelnd". 
Für  lassus  vergl  z.  b.  lasso  papavera  collo  (Verg.)  und  lapsi 
ocelli,  lapsa  catena  (Prop.),  caput  labens  (Lucan.),  lapsae  genae 
(Sen.  poet.)  und  lassa  cervix  (Sen.).  Später  wurde  der  Zu- 
sammenhang zwischen  lassus  und  labor  äusserlich  wieder  herge- 
stellt, indem  man  die  labialis  des  praesens  in  das  participium 
einsetzte:  lapsus.  Wo  aber  jener  Zusammenhang  aus  dem  be- 
wusstsein  geschwunden  war,  blieb  lassus.  Im  Griechischen 
scheint  sich  das  part.  p.  erhalten  zu  haben  in  aXaaTog^l)  ,,in- 
victus"  (a%og,  Ttevd-og)  und  2)  mit  activer  bedeutung  „non  vin- 
cens,  ferens"  d.  h.  elend,  unglücklich;  daher  älaordv  zürnen 
„moleste  ferre".  akdatcog  1)  „bösewicht,  2)  räcliende  gottheit" 
würde  ich  direct'  gieic^^aHyraddhar  „bezwinger,  Unterdrücker, 
peiniger,  quäler"  setzen,  wenn  das  (prothetische ?)  a  nicht  be- 
denklich machte. 

Endlich  finden  sich  auch  auf  baltischem  Sprachgebiet  einige 
Vertreter  unserer  wurzel,  nämlich  lett.  lafcha  „fehler,  gebrechen" 
(aus  *  lad  ja;  vgl.  lat.  läbes),  und  init  ausschliesslicher  beziehung 
auf  die  sitten  lit.  paloda  „Übermut,  zügellosigkeit",  palodau 
„leichtfertig,  zügellos  leben",  palodusiai  „zügellos". 

Königsberg  i.  P.  Walter  Prellwitz. 


Beiträge  z.  knndo  d.  indfj.  sprachen.    XIII.  10 


146  A.  Bezzenberger 


Litauisch  sa,  lettisch  so-. 

In  zwei  alten  litauischen  texten,  der  Bretken'schen  bibelüber- 
setzung  und  der  Übersetzung  der  Margarita  theologica,  begegnet, 
hier  als  präfix  und  präposition,  dort  nur  als  präfix,  einigemal  sa 
statt  SU  (Beiträge  z.  gesch.  d.  lit.  spräche  s.  246,  248).  Ruhig^)  und 
Mielcke  erwähnen  diese  form,  jedoch  nur  als  präfix,  und  der 
letztere  hat  sie  offenbar  aus  dem  lexicon  des  ersteren,  welcher 
dafür  aber  keine  belege  gibt,  herübergenommen.  In  dem  Wörter- 
buch Kurschats  und  in  demjenigen  Nesselmanns  fehlt  sa 
dagegen,  und  in  dem  letzteren  ist  ausdrücklich  bemerkt:  „Im 
separaten  gebrauche,  mit  dem  Instrumentalis  des  nomens,  sowie 
in  der  verbalcomposition  hat  sie  [sc.  die  präposition  sq]  sich 
bereits  überall  in  su  abgeschwächt".  Unter  diesen  umständen 
ist  es  sehr  interessant,  dass  sä  als  präfix  und  präposition  heute 
noch  in  einem  durchaus  nicht  kleinen  und  nicht  etwa  an  das 
Lettische  angrenzenden  bezirke  des  preussischen  Litauens  an 
stelle  von  su  gebraucht  wird.  Ich  habe  es  in  dieser  Verwendung 
in  den  kirchspielen Norkitten,  Obehlischken,  Jodlauken,  Didlacken, 
Neramersdorf,  Balle then,  Kleszowen  und  Gawaiten  gefunden, 
d.  h.  im  westlichen  teile  Südlitauens,  wo  im  allgemeinen  anders 
als  in  dem  östlichen  teile  dieses  gebietes  gesprochen  wird.  Ganz 
genau  die  grenzen  seines  Vorkommens  festzustellen,  ist  mir  bei 
der  teilweise  sehr  grossen  spärlichkeit  der  litauischen  bevölke- 
rung  in  den  betr.  gegenden  noch  nicht  gelungen,  doch  steht 
jedenfalls  fest,  dass  um  Karalene  und  in  den  parochien  Nie- 
budzen,  Enzuhnen,  Pillupönen,  Mehlkehmen,  Szittkehmen  und 
Dubeninken  su,  nicht  sa  gebraucht  wird.  Ich  gebe  nun  einige 
belege  für  das  letztere. 

sarinkhnq  „Versammlung",  Wiepeningken  (kirchsp.  Norkitten); 

salmte  „falten",  sa  dew'  „ä  dieu",  Obehlischken; 

samhkst  „zusammenknüpfen",  Drutschlauken  (kirchsp.  Jod- 
lauken) ; 

sasejims  „Versammlung"  (=  sasiejimas),  sa  manlm  „mit  mir", 
Kohlischken  (kirchsp.  Didlacken); 


zu,  zcr' 


„Sä,  auch  Sa,  inseparab.  wird  vor  Sü,  mit,  gebrauchet,  und  heisset 


Litauisch  sa,  lettisch  so-.  147 

sadzüs  „wird  vertrocknen",  sa  taivim  „mit  dir",  Kollatischken 

(kirchsp.  Nemmersdorf) ; 
satinkam   „wir    kommen    überein",    sa  jdticzu    „mit    einem 

ochsen",  Neu-Rogaischen  (kirchsp.  Bailethen); 
sagrqzyt  „ringen"  (die  hände),   sa  lazdä   „mit  einem  stock", 

Uszballen  (kirchsp.  Kleszowen); 
sammzt  „zerschlagen",  sa  pönu  „mit  dem  herrn",  Kurnehnen 
(kirchsp.  Gawaiten). 
Hin  und  wieder  wird   neben   und   statt  des  landesüblichen 
sa  SU  gebraucht,    das   dann   aber  immer  leicht  als  eindringling 
aus    der   Schriftsprache    zu   erkennen  ist.     Von  sq  ist  sa  voll- 
kommen zu  trennen,   wie  sich  aus  z.  b.  sänkalas  Obehlischken, 
sdszlaivas  Drutschlauken,  sdspara  Kohlischken  ergibt,  und  dass 
es  etwa  eine  lautliche  Umwandlung  von  su  sei,  ist  ganz  unmög- 
lich.    Dies  sa    (das  vielleicht   auch   in   salik   Brugmann  Lit. 
Volkslieder  u.  s.  w.  s.  343  enthalten  ist)  ist  also  mit  dem  letti- 
schen sa  zu  identificieren. 

Wie  hiernach  sa,  so  ist  nun  auch  sq-,  san-  als  litauisch- 
lettisch anzuerkennen  i).  Es  geht  darauf  sicher  das  so  der 
lettischen  Wörter  soUakam  „zusammen",  somafgas  „spülicht", 
sowaras  „bindeholz"  (an  einer  holzegge)  und  sowäerds  „namens- 
bruder"  zurück,  welche  in  Saussen  gebraucht  werden.  Ihr  o 
wird,  wie  mir  herr  J.  Kaulin  mitteilt,  ebenso  wie  das  o  ('&,  o) 
von  koks,  slota,  sols,  soma  ausgesprochen.  Derselbe  herr  hat 
festgestellt,  dass  in  der  mundart  von  Saussen  weder  ä  noch  ä 
TM  5  wird,  dass  ebenda  das  präfix  sa  nur  als  sa  oder  sä  er- 
scheint (vgl.  0.  XII  215  ff.)  und  z.  b.  neben  somafgas  das 
verbum  satnafgät  steht.  An  das  ganz  anders  ausgesprochene 
russische  präfix  so  lässt  sich  dies  so  nicht  anschliessen,  und  so 
scheint  mir  meine  zurückführung  des  letzteren  auf  san-,  sq- 
keinem  zweifei  zu  unterliegen.  Hiernach  darf  man  vermuten, 
dass  sq-  auch  in  den  im  Ulmann'schen  Wörterbuch  aufge- 
führten compositis  sowa'hrdis  (sowa'hrdneeks ,  sowa'hrnis) ,  so- 
mafgas (vgl.  0.  somafgas,  sowäerds)  und  so'hars,  sohmakschas 
(sohmakstawas ,  sohmesti^  sohmestatvas ,  sohmasta),  sohmiski^), 
soriba  (soraihs,  soruhs),  sotvihsts,  sowi'hst,  sowihst  enthalten  sei, 

*)  Auch  als  preussisch,  vgl.  Gott.  gel.  anz.  1874  s.  1248.        ®)   =  lit. 
samiszkai  „vermengt,  durcheinander". 

10* 


148  F.  Bechtel 

und  für  soriba  (;  soraibs  =  lit.  arihis  :  araikis,  Beitr.  z.  gesell. 
d.  lit.  spr.  s.  63)  lässt  sich  diese  Vermutung  sogar  beweisen, 
da  dies  wort  nicht  nur  von  Liborius  Depkin  (geb.  in  Sissegal), 
sondern  auch  im  gesangbuch  von  1587  (25.  3)  gebraucht  ist. 
Andrerseits  ist  sie  in  bezug  auf  soivi'hst  und  sotvlhst  nicht  eben 
wahrscheinlich,  da  sich  aus  dem  Litauischen  und  aus  den 
lettischen  Wörtern,  welche  sicher  so-  =  sq-  enthalten,  ergibt, 
dass  sqp-  seine  berechtigte  Stellung  nur  in  der  nominalzusammen- 
setzung  hat  und  in  der  verbalzusammensetzung  sowie  in  prä- 
positionaler  Verwendung  durch  sa- ,  bez.  su~  i)  vertreten  wird. 
Ganz  dasselbe  verhältniss  bestand  ehedem,  wenn  ich  mich  nicht 
sehr  irre,  auch  in  den  slavischen  sprachen,  die  jedoch  sa  ver- 
loren haben  und  deren  s^  aus  s<^  entstanden  sein  soll,  während 
es  doch  auf  das  beste  zu  lit.  su  stimmt.  Vgl.  hierbei  J.  Schmidt 
K.  zs.  XXVI  24. 

A.  Bezzenherger. 


Erwiderung. 

Herr  Brugmann  hat  mit  dem  fünften  halbbande  des  von 
Iwan  Müller  herausgegebenen  handbuches  der  klassischen  alter- 
tumswissenschaft  eine  vom  april  1886  datierte  erklärung  ver- 
treiben lassen,  welche  den  von  mir  Phil.  anz.  1886.  1  ff.  gegen 
seine  darstellung  der  griechischen  grammatik  erhobenen  Vorwurf 
der  Parteilichkeit  zu  entkräften  sucht.  Diese  erklärung  hat  auf 
mich  keinen  eindruck  gemacht. 

Herr  Br.  meint  mich  dadurch  zu  widerlegen,  dass  er  aus- 
führt, die  anzahl  der  stellen,  an  denen  er  nicht-junggram- 
matische arbeiten  unberücksichtigt  lasse,  stehe  in  keinem 
Verhältnisse  zu  der  anzahl  der  stellen,  an  denen  er  nicht-jung- 
grammatische arbeiten  erwähne.  Da  herr  Br.  bei  bloss  dreien 
von  den  acht  gelehrten,  deren  abhandlungen  ich  ihm  entgegen- 
gehalten  habe,    ein   seinem   gerechtigkeitssinne   günstiges   ver- 

^)  Sumafgas  und  sunahki  im  ültnann'schen  Wörterbuch  sind  offenbare 
lituanismeu. 


Erwiderung'.  149 

hältnis  herauszurechnen  vermag,  beweisen  seine  zahlen  schon 
darum  wenig.  Aber  auch  aus  zwei  anderen  gründen  wenig. 
Erstens  hat  herr  Br.  nicht  angegeben,  wie  oft  er  junggram- 
matische Schriften  citiere  und  wie  oft  er  sie  noch  hätte  citieren 
müssen.  Von  s.  14  bis  s,  50  seines  buches  hat  herr  Br.  eigene 
aufsätze  gegen  70,  aufsätze  des  herrn  Osthotf  gegen  80  mal 
angezogen:  es  bleibt  ihm  überlassen  auszurechnen,  ob  das  Ver- 
hältnis der  angezogenen  und  der  nicht  angezogenen  stellen  sich 
wie  60  :  2 ,  wie  5:5,  oder  wie  0  :  1  gestalte.  —  Zweitens  ist 
nicht  allein  von  belang,  wie  oft  herr  Br.  nicht  citiert  hat, 
sondern  auch  was  er  nicht  citiert  hat.  Herr  Br.  erwähnt 
Amelung  nicht,  obwol  seine  ersten  arbeiten  keinen  principiellen 
fortschritt  gegen  Amelung  bezeichnen.  Er  verschweigt  den 
gegen  ihn  gerichteten  aufsatz  von  Collitz,  obwol  hier  zuerst 
der  für  die  reconstruction  des  ursprachlichen  vocalismus  maass- 
gebende  gesichtspunkt  geltend  gemacht  worden  ist.  Er  sagt 
kein  wort  davon,  dass  er  in  der  auifassung  und  in  der  trans- 
scription  der  einen  ^•-reihe  Collitz  folgt,  handelt  über  die 
palatale,  ohne  Collitz  zu  erwähnen.  Er  trägt  zwei  entdeckungen 
Scherers  vor,  ohne  deren  urheber  zu  nennen.  Er  hält  es  nicht 
für  nötig  an  der  stelle,  wo  er  von  dem  ursprünglichen  accente 
der  griechischen  präpositionen  handelt,  Benfeys  zu  gedenken. 
Es  ist  gewis  nur  böser  wille  von  mir,  dass  ich  nicht  begreifen 
mag,  warum  es  immer  nicht-junggrammatiker  sind,  deren  beste 
gedanken  von  herrn  Br.  ohne  directe  Verweisung  eingeführt 
werden.  Aber  ich  möchte  doch  sehen,  welcher  lärm  geschlagen 
würde,  wenn  jemand  in  nachahmung  der  citiermethode  des 
herrn  Br.  dessen  Curtius'  Studien  IX.  367  ff.  veröffentlichte 
abhandlung  damit  gewürdigt  zu  haben  glaubte,  dass  er  auf 
Collitz'  oder  Schmidt's  kritik  der  letzteren  verwiese. 

Mich  hat  der  „parteigedanke  von  vornherein  verblendet", 
und  in  der  argen  Verblendung  habe  ich  nicht  bedacht,  dass 
die  litteraturan gaben  des  herrn  Br.  durch  „gewisse  rücksichten" 
könnten  bedingt  gewesen  sein.  Herr  Br.  spricht  von  der  rück- 
sicht  auf  den  räum,  von  der  rücksicht  auf  den  zweck  des 
handbuches. 

Rücksicht  auf  den  räum  hat  herrn  Br.  veranlasst  mit 
,, Vorliebe  solche  stellen"  zu  citieren,  ,,wo  möglichst  viel  litteratur 
über  die  betr.  frage  zusammengetragen''  sei:  es  habe  sich  ,,nur 
um  eine  kleine  auswahl  von   belegstelleu"   handeln   können.  — 


150  F.  Bechtel 

Wie  klein  die  auswahl  von  belegsteilen  ausgefallen   ist,  mögen 
folgende  beispiele  zeigen: 

1)  S.  25  z.  7  V.  u.:  „Osthoff  M.  U.  2,  14  f.,  143  f.  4,  362. 
367.  398.  Vf.  ebd.  2,  154  ff." 

2)  S.  26  z.  11  V.  u. :  „Osthoff  P.-Br.  B.  3,  52.  M.  U.  2,  144ff, 
Vf.  C.  St.  9,  325.  385,  K.  Z.  24,  258  f.,  M.  U.  2,  151  f., 
Fick  Bezz.  B.  4,  167  ff.,  de  Saiissure  Mem.  6  ff." 

3)  S.  27  z.  6  V.  0.:  „Osthoff  M.  U.  2,  14  f.,  143  f.  4,  362. 
367.  398,  Z.  G.  d.  P.  439.  450,  Vf.  M.  U.  2,  154  ff" 

Wieder  ist  es  nur  der  böse  wille,  der  mich  nicht  begreifen 
lässt,  warum  in  einem  buche,  das  eine  einzige  von  ihm  gelehrte 
tatsache  mit  zeilen  von  litteratur  belegt,  der  räum  knapp  zu 
werden  droht,  sobald  es  sich  um  nennung  nicht-junggrammati- 
scher leistungen  handelt  i).  Und  in  der  durch  meinen  bösen 
willen  verursachten  Verblendung  habe  ich,  was  er  gar  nicht 
gerügt  hat,  herrn  Br.  wirklich  ein  mal  unrecht  getan,  indem  ich 
ihn  für  eine  hypothese  verantwortlich  machte,  die  nicht  von 
ihm  aufgestellt  sondern  nur  gebilligt  ist.  Herr  Br.  schreibt 
Griechische  grammatik  p.  16:  „Der  spir.  asper  in  vrto,  vttsq, 
vöojQ  u.  a.  bei  ursprünglichem  anlaut  u  . . .  deutet  auf  Übergang 
von  anlautendem  u-  in  iu  im  Urgriechischen  (§  12).  Ueber 
die  von  grammatikern  überlieferten  Itvsq,  Yxpog  etc.  s.  Mahlow 
D.  1.  V.  16  f.,  Meister  Gr.  D.  1,  46  f."  Ich  habe  geglaubt,  die 
im  ersten  satze  ausgesprochene  Vermutung  rühre  von  herrn  Br. 
her  und  darum  das  geringe  maass  von  vorsieht,  womit  er  eigene 
gedanken  vorträgt,  getadelt.  Allein  es  liegt  wieder  eine  raum- 
ersparnis  vor:  das  citat  „Mahlow  D.  1.  V.  16  f."  bezieht  sich 
auf  jenen  ersten  satz  mit,  was  ich  in  dem  eifer  „alles  zu  ent- 
stellen" mir  habe  entgehn  lassen. 

^)  Philol,  anz.  1886,  7  habe  ich  herrn  Br.  vorgehalten,  dass  er  zu 
§  71 ,  wo  er  von  der  Umwandlung  alter  m-stämme  in  «-stamme  handelt, 
Bezzenbergers  Vorgang  nicht  erwähnt  habe.  Darauf  entgegnet  er  mir,  er 
habe  dort  überhaupt  niemanden  citiert,  „vermutlich  weil  mir  die  sache 
einfach  und  an  sich  klar  erschien".  Hätte  er  aber  belege  geben  wollen, 
80  hätte  er  auch  sich  selbst  (Stud.  IX.  308)  citieren  müssen.  Ehe  herr 
Br.  erwiderte,  hätte  er  die  von  mir  angeführte  abhandlung  Bezzenbergers 
sich  ansehen  sollen:  er  würde  dann  gefunden  haben,  dass  dort  die  ent- 
stehung  der  flexion  eig  :  evög  gerade  so  gelehrt  wird  wie  Er  sie  in  dem 
satze:  „sondern  auch  nach  dem  vorbild  von  *fV?"  u.  s.  f.  lehrt  —  eine 
lehre,  die  so  wenig  „an  sich  selbst  klar"  ist,  dass  sie  noch  in  der 
zweiten  aufläge  der  G.  Meyer'schen  grammatik  (§  178)  fehlt. 


Erwiderung.  151. 

Dann  die  rücksicht  auf  den  zweck  des  handbuches.  Zweck 
des  handbuches  ist  belehrung  des  anfangers.  „Im  interesse  des 
anfängers  erwähnte  ich  gelegentlich  auch  solche  arbeiten,  die 
zwar  nichts  wesentlich  neues  bieten,  aber  leicht  und  gut  orien- 
tieren". Hier  kommt  alles  darauf  an,  was  man  unter  „gut" 
orientieren  verstehn  will.  Was  herr  Br.  darunter  versteht, 
zeigt  er  in  dem  paragraphen,  in  dem  die  litteratur  genannt 
wird,  bei  der  der  anfanger  belehrung  über  methodische  fragen 
suchen  kann:  er  citiert  die  junggrammatische  litteratur  voll- 
ständig, von  den  gegen  die  junggrammatische  methode  gerich- 
teten arbeiten  schweigt  er.  Ich  habe  zwei  der  letzteren  lier- 
vorgehoben:  Bezzenbergers  recension  des  ersten  bandes  der 
Morphologischen  Untersuchungen ,  und  Schmidts  abhandlung 
K.  Z.  XXVI.  329  ff.  Herr  Br.  entgegnet,  er  habe  diese  arbeiten 
übergangen,  „weil  sie  nichts  enthalten,  was  zugleich  neu  und 
richtig  wäre".  Auf  das  „neu"  kann  es  -  wenn  ich  nicht 
abermals  eine  ,,krittelei"  begehe  —  nicht  ankommen,  da  herr 
Br.  „im  interesse  des  anfängers  gelegentlich  auch  solche  arbei- 
ten" erwähnt,  ,,die  zwar  nichts  wesentlich  neues  bieten,  aber 
leicht  und  gut  orientieren".  So  enthalten  also  jene  erörterungen 
fehler,  welche  es  dem  anfanger  unmöglich  machen  sich  aus 
ihnen  „leicht  und  gut"  zu  orientieren?  Das  ist  mir  nicht 
bekannt:  mit  Bezzenberger  trifft  Schuchardts  kritik  der  jung- 
grammatischen lehren  vielfach  zusammen  (Schuchardt,  lieber 
die  lautgesetze,  Berlin  1886),  und  wie  wolbegründet  Schmidts 
Warnungen  gewesen  sind,  zeigen  die,  z.  t.  von  mir  besprochenen, 
partieen  des  Br.'schen  buches,  an  welchen  herr  Br.  sie  in  den 
wind  geschlagen  hat.  So  wie  die  Sachen  liegen,  fürchte  ich, 
dass  auch  Schuchardts  schrift  nicht  „gut"  orientiert,  also  vor 
Johns  abhandlung  lieber  die  methodischen  principien  der  sog. 
Junggrammatiker  zurückstehn   muss. 

Der  rücksicht  auf  den  räum  wie  auf  das  interesse  des 
anfängers  zusammen  muss  man  es  zuschreiben,  dass  herr  Br. 
darlegungen,  die  er  „für  verfehlt  oder  wenigstens  nicht  för- 
dernd" hielt,  übergehn  zu  dürfen  glaubte.  Nun  wird  der 
anfanger  in  herrn  Br.'s  buche  darüber  belehrt,  dass  herr  B. 
gr.  (ptQO)  auf  idg.  bher-\-o  +  a''  zurückführe  (s.  29.  72),  und  das 
System  des  griechischen  z-perfectums  durch  eine  einzige  von 
den  sprechenden  nicht  begriffene  perfectform  öidtoyia  hervor- 
gerufen sein   lasse  (s.  87);    dass   herr  Osthoff"  eoTd/M  in  *«ffrä 


152  Briefe  an  Theodor  Benfey. 

plus  Partikel  xa  zerlege  (ebenda),  das  anlautende  a  von  adXog 
als  aus  dem  satzinlaute  übertragen  betrachte  (s.  20),  gr.  vrtsQ- 
q)laXog  als  vneq-cpj^-ialo-g  deute  (s.  20.  27),  (.iväof.t<XL  als  deno- 
minativum  zu  einem  nomen  *fiva,  erkläre  (s.  36) ,  eine  tonlose 
und  eine  nebentonige  form  der  tiefstufe  „glaubhaft  ermittelt" 
habe  (s.  27),  das  suffix  -gi  des  dativus  pluralis  sich  als  „Um- 
bildung von  -SU  nach  der  analogie  des  loc.  sg.  -t,  vielleicht 
unter  mitwirkung  von  -(fi"  denke  (s.  63).  Nur  der  böse  wille 
kann  sich  darüber  wundern,  dass  herr  Br.  bei  der  beschränkt- 
beit  des  ihm  zugemessenen  raumes  es  für  nötiger  erachtet  hat 
den  anfänger  von  derartigen  einfallen  zu  unterrichten,  als 
etwa  ihm  zu  sagen,  wo  Fick  versucht  habe  über  die  vor  den 
Suffixen  erscheinenden  vocale  von  d^vyd-triQ,  ysvs-Tr^Q^  6(.i6-aoai 
etwas  besseres  ausfindig  zu  machen  als  herr  Br.  selber. 

Ich  bleibe  bei  meiner  behauptung,  dass  herrn  Br.'s  Grie- 
chische grammatik  eine  parteischrift  ist,  wie  wir  sie  bisher 
nicht  erlebt  hatten.  Ob  herr  Br.  darum  an  meinen  bösen  oder 
guten  willen  glauben  mag,  ist  mir  ganz  gleichgiltig :  2ol  (xtv 
tavta  öohsvvt'  eotio,  if.ioi  de  Tocöe. 

F.  Bechtel. 


Briefe  an  Theodor  Benfey. 
1.   Von  Hermann  Brockhaus. 

Hochgeehrter  herr  doctor! 
Entschuldigen  Sie  es,  dass  ich  Ihre  freundliche  Zuschrift  vom  vorigen 
monate  erst  so  spät  beantworte,  Sie  können  leicht  denken,  wie  lebhaft 
mich  Ihr  plan  interessirte,  uns  eine  neue  grammatik  der  sanskrit-sprache 
zu  geben,  deren  bedürfniss  jeder  lehrer  und  kenner  der  spräche  seit 
lange  fühlt.  Bopp  ist  ganz  hinter  den  massigsten  forderungen  der  jetzigen 
zeit  weit  zurückgeblieben,  und  doch  ist  sein  buch  das  einzige,  das  man 
hat  und  daher  zu  gründe  legen  muss.  Die  grammatik  endlich  einmal  auf 
der  alten  lebenden  spräche  zu  basiren ,  und  diesen  stoflF  mit  geistvoller 
vergleichung  zu  durchdringen ,  ist  eine  nicht  länger  aufzuschiebende 
forderung  der  orientalischen  philologie.  Ihre  ausgedehnte  kenntniss  der 
veda-sprache  und  scharfsinnige  analyse  der  verwandten  idiome  befähigt 
Sie  vor  allen  zu  einem  solchen  werke.  Ich  habe  daher  auch  meinen 
brüdern  eifrigst  zu  der  Übernahme  des  verlags  zugeredet  und  ein  sehr 
geneigtes  ohr  für  das  unternehmen  gefunden.  Was  definitiv  beschlossen 
worden  ist,  weiss  ich  nicht,  doch  hoffe  ich  das  erwünschte. 


Briefe  an  Theodor  Benfey.  153 

Anf  Ihre  arbeit  über  Rawlinson  und  die  keilinschriften  im  allge- 
meinen bin  ich  sehr  gespannt.  Diese  inschrift  des  Darius  ist  ein  kost- 
bares document,  so  einfach,  klar  und  bestimmt  in  seiner  ausdrucksweise. 
Wer  hätte  vor  10  jähren  noch  ein  solches  zeugniss  der  ältesten  geschichte 
erwartet,  und  geglaubt,  dass  ein  solches  document  mit  solcher  leichtig- 
keit  und  Sicherheit  würde  entziffert  und  übersetzt  werden  können.  Gelingt 
es  Botta,  wie  Rawlinson  es  andeutet,  die  assyrischen  Inschriften  zu  ent- 
ziffern, 80  muss  das,  bei  der  grossen  menge  und  ausdehnung  derselben, 
nothwendig  eine  totale  revolution  in  der  ältesten  geschichte  und  ethno- 
graphie  des  alten  Orients  geben.  Möchte  sich  Bottas  entdeckung  als 
wahr  bewähren. 

Ueber  die  nothwendigkeit  einer  baldigen  herausgäbe  des  ganzen 
Rig-veda,  in  text  und  Übersetzung,  nebst  vollständigem  Wortregister,  bin 
ich  natürlich  ganz  mit  Ihnen  einverstanden.  Müller's  arbeit  gehört  zu 
den  colossalsten  Unternehmungen,  denn  er  giebt  den  text  als  sanhitä- 
päda  und  pada-päda,  beides  mit  accenten,  den  vollständigen  Sayana,  eine 
Übersetzung  des  textes  und  commentars,  und  wort-index.  Er  ist  noch 
jung,  hat  muth  und  ausdauer,  und  sind  die  äusseren  Verhältnisse  günstig, 
80  zweifle  ich  nicht  an  dem  gelingen.  Aber  wie  lange  wird  es  dauern, 
ehe  das  ganze  vollendet  sein  wird!  Da  geht  ein  menschenleben  darüber 
hin ,  und  dann  wird  das  buch  so  enorm  theuer  werden ,  dass  es  sich 
niemand  kaufen  kann.  Ob  es  aber  je  zur  ausführung  kommen  wird, 
weiss  ich  nicht ;  meine  erfahrungen  in  der  buchhändlerischen  weit  geben 
mir  dazu  nur  geringe  hoffnung.  Ein  blosser  textabdruck  u.  s.  w.  dächte 
ich  müsste  kräftige  Unterstützung  von  der  gelehrten  weit  finden.  Wagen 
Sie  doch  das  unternehmen ,  fangen  Sie  es  allein  an ,  ich  bin  überzeugt, 
Sie  finden  dann  bald  die  unterstützende  kaufmännische  band.  Wollen 
Sie  aber  auf  die  letztere  warten,  dass  sie  Ihnen  geboten  wird,  ehe  Sie 
anfangen,  so  zweifle  ich,  dass  sie  Ihnen  wird  geboten  werden. 

Wie  steht  es  mit  dem  Säma?  Ich  habe  Ihr  glossar  mit  vergnügen 
gelesen ;  es  wird  uns  unendlich  im  verständniss  der  veden  im  allgemeinen 
helfen.  Nehmen  Sie  Rosens  Rig  ganz  auf?  Wird  Roths  Nirukti  wirk- 
lich gedruckt,  oder  ist  dazu  noch  keine  aussieht?  Ich  habe  mir  hier  alle 
mühe  gegeben,  einen  Verleger  zu  finden;  es  ist  mir  aber  nicht  geglückt. 
Mit  der  ausgezeichnetsten  hochachtung 
Ihr  ergebenster 

Hermann  Brockhaus. 
Leipzig,  16.  decbr.  1846. 


2.  Von  Adalbert  Kuhn. 

Berlin,  2.  nov.  1859. 
Werthester  herr  professor! 
Ich  muss  um  entsohuldigung  bitten,  wenn  ich  Ihre  beiden  Zuschriften 
erst  jetzt   beantworte,    aber  der    semesterschluss    und   eine   kleine  reise 
nach  dem  Harz,  die  ich  mit  Weber  und  Kiepert  unternahm,  haben  mich 


154  Briefe  an  Theodor  Benfey. 

einige  zeit  an  der  regelrechten  abwicklung  meiner  geschäfte  gehindert. 
Haben  Sie  zunächst  besten  dank  für  Ihre  Zusendungen,  die  möglichst 
bald  gedruckt  werden  sollen.  Leider  hat  sich  das  erscheinen  des  schluss- 
heftes  des  8.  bandes  dadurch  etwas  verzögert,  dass  der  bearbeiter  des 
index  herr  cand.  Arendt  nach  Ungarn  übergesiedelt  ist;  jetzt  indess  ist 
es  im  druck  fertig  und  nun  soll  es  mit  dem  9.  bände  frisch  vorwärts 
gehen.  Da  indess  schon  eine  reihe  von  aufsätzen  seit  längerer  zeit  liegen, 
Sie  auch  den  wünsch  aussprechen,  dass  der  ganze  abschnitt  auf  einmal 
gedruckt  werden  möge,  so  muss  ich  denselben  bis  zum  2.  und  3.  heft, 
die  dann  zusammenerscheinen  sollen,  liegen  lassen.  Hoffentlich  dauert 
Ihnen  dies  nicht  zu  lange  (ich  denke,  dass  wir  etwa  so  im  Januar  damit 
fertig  werden);  im  andern  falle  würde  ich  um  weitere  bestimmung  bitten. 
Die  einfügung  der  nachtrage  werde  ich  besorgen  und  Ihnen  auch  recht- 
zeitig eine  revision  zugehen  lassen. 

Ihre  treffliche  arbeit  über  die  märchen  habe  ich  zwar  bis  jetzt  nur 
flüchtig  geniessen  können,  da  zum  soliden  genuas  auch  der  feste  einband 
gehört,  unsre  berliner  buchbinder  sich  aber  leider  stets  allzulange  zeit 
zur  Vollendung  ihrer  werke  lassen;  indess  habe  ich  doch  auch  schon 
durch  den  flüchtigen  genuss  gelegenheit  genug  gehabt,  die  bahn  bre- 
chende arbeit  zu  bewundern ,  die  gewiss  noch  rechtzeitig  mancher  über- 
kühnen mythenforschung,  wie  sie  in  den  letzten  jähren  mehrfach  geführt 
sind,  die  bahn  versperrt.  Ich  habe  in  meinen  anzeigen  in  Zarncke's 
centralblatt  oft  vergeblich  gewarnt,  man  möge  nicht  alle  deutschen 
märchen  auch  als  ursprünglich  deutsch  und  gar  als  deutschheidnische 
mythen  ansehen,  da  ihre  weite  Verbreitung  bei  andern  Völkern  jedenfalls 
die  Untersuchung,  wo  sie  ursprünglich  seien,  unerlässlich  machte,  aber 
es  wollte  nur  wenig  verfangen.  Ihre  Untersuchungen,  die  uns  von  vielen 
die  alten  quellen  aufweisen,  machen  nun  dem  ein  ende  und  das  freut 
mich  ungemein.  Ich  freue  mich,  bei  rechter  müsse  an  das  Studium  des 
Werkes  kommen  zu  können. 

Vor  etwa  4  wochen  habe  ich  ein  exemplar  meiner  herabkunft  des 
feuers  und  göttertranks  an  Sie  abgehen  lassen,  das  hoffentlich  nun  in 
Ihren  bänden  sein  wird.  Sie  haben  den  Vorläufer  desselben  mit  für  mich 
so  ermuthigenden  worten  in  den  gött.  gel.  anzeigen  begrüsst,  dass  ich 
Sie  wohl  bitten  möchte,  dem  nun  vollständigen  werkchen  eine  freund- 
liche beurtheilung  angedeihen  zu  lassen.  Ich  bin  mir  der  schwächen 
desselben  wohl  bewusst,  aber  sie  zu  heben  lag  nicht  überall  ganz  in 
meiner  macht;  es  ist  ein  erster  grösserer  versuch  dieser  art  und  ich 
wollte  endlich  einmal  abschliessen ,  um  zu  neuen  arbeiten  kommen  zu 
können.  So  wird  sich  sicher  im  einzelnen  vieles  besser  begründen  lassen, 
manches  wird  auch  vielleicht  bei  strengerer  prüfung  fallen  müssen,  aber 
im  grossen  und  ganzen  hoffe  ich  den  mythos  als  einen  indogermanischen 
sicher  gestellt  zu  haben  und  muss  nun  erwarten ,  ob  diese  Zuversicht 
durch  das  urtheil  meiner  mitforscher  bestärkt  oder  erschüttert  wird. 
Ich  bitte  Sie  daher  mit  der  fülle  der  Ihnen  so  reichlich  zu  geböte 
stehenden  mittel  ein  solches  zu  sprechen  und  werde  Ihnen  für  ein 
solches  dankbar  sein. 


Briefe  an  Theodor  Benfey.  155 

Mit  den  besten    empfehlungen   und  grüssen,    auch  von  Weber,    der 
über  brahmagavi  nichts  beizubringen  weiss, 

Ihr 
ergebener 

A.  Kuhn. 


3.  Von  J.  B.  Biot. 

Monsieur 

La  lettre  que  vous  m'avez  fait  l'honneur  de  m'adresser,  en  data  du 
3.  de  ce  mois,  m'a  cause  un  sensible  plaisir;  non  seulement  par  les  sen- 
timents  d'approbation  bienveillante  que  j'y  trouve  exprimes,  mais  encore, 
et  plus  peut-etre,  parcequ'elle  m'ouvre  pres  de  vous,  une  voie  de  con- 
sultation  eclairee,  a  laquelle  je  suis  tres  heureux  de  pouvoir  recourir, 
etant  independante  de  tout  parti  pris  ä  l'avance,  comme  il  le  faut  dans 
les  recherches  de  critique,  pour  arriver  ä  la  verite.  Lorsque,  il  y  a  22 
ans,  je  fus  conduit,  sans  l'avoir  prevu,  ä  decouvrir  l'identite  astrono- 
mique  des  28  sieou  chinois,  avec  les  28  nakshatras  Hindous,  qui  n'en 
etaient  que  la  reproduction  deguisee,  je  ne  connaissais  ces  nakshatras 
que  par  la  description  et  l'analyse  detaillee  que  Colebrooke  en  avait 
donnee  d'apres  le  Süria-Siddhänta,  et  c'etait  ainsi  exclusivement  ä  ceux-lä 
que  l'identification  s'appliquait.  Le  rejet  absolu  que  Mr.  Weber  crut 
pouvoir  opposer  ä  cette  derivation,  en  la  declarant  tout  simplement 
impossible,  me  fit  comprendre  que,  sous  ce  memo  nom  de  Nakshatras 
nous  entendions  probablement ,  lui  et  moi,  des  institutions  d'epoques  et 
de  nature  differentes,  dont  l'une,  indigene  et  propre  ä  l'Inde,  aurait  etee 
remplacee  posterieurement  par  celie  qui  derive  des  sieou.  Je  m'attachai 
donc  ä  isoler  cette  derniere  question  de  l'autre ;  et  ä  demander  aux 
indianistes  de  vouloir  bien  nous  definir  positiveraent,  d'apres  des  textes 
vediques  d'une  originalite  incontestable ,  en  quoi  ces  nakshatras  priraitifs 
consistaient. 

Dans  la  lettre  que  j'eus  l'honneur  de  vous  ecrire  ä  ce  sujet,  je  ne 
pretendais  nullement  vous  presenter ,  de  ce  probleme ,  une  solutition  que 
j'osasse  regardor  comme  certaine,  ou  seulement  comme  acceptable  au 
Premier  abord.  Cela  n'aurait  nullement  convenu  ä  l'incompetence  qui 
je  me  reconnais ,  en  pareille  matiere.  Mon  but  unique  etait  d'indiquer, 
par  un  exemple  possible  le  genre  de  Solutions  aux  quelles  il  me 
paraissait  raisonnable  de  tendre:  non  pas  de  Celles  qui  supposeraient 
l'emploi  des  theories  astronomiques  et  mathematiques,  mais  seulement 
l'intuition  attentive  des  phenomenes  Celestes  les  plus  apparents.  Encore, 
dans  ce  cas  meme,  il  ne  faudrait  les  appuyer  que  sur  des  faits  distincte- 
ment  enonces,  et  non  pas  sur  des  inductions  tirees  de  mots  qui  peuvent 
avoir  plusieurs  sens.  Ainsi,  dans  le  passage  du  Rig-veda,  cite  par  Mr. 
Max  Muller,  si  le  mot  nakshatra  a,  comme  vous  le  pensez,  le  sens  ge- 
nerique  d'astre,  on  ne  peut  plus  y  voir  que  l'enonce  d'un  simple  fait 
de  toute  evidence,  et  non  pas  l'indication  d'une  institution  astronomique, 
fondee   sur   des   divisions    stellaires    du    ciel,    teile   que   les    astronomes 


156  Briefe  an  Theodor  Benfey. 

Hindous  en   ont,    depuis,   attache  l'idee   au   mot  Nakshatra.    Mais  il  ne 
m'appartient  pas  de  me  hasarder  dans  ces  doraaines  de  la  philologie. 

'A  propos  du  travail  qua  Mr.  Weber  prepare  sur  les  nakshatras, 
j'ai  oui  dirc  qu'il  se  propose  de  rassembler  les  textes  des  calendriers 
attaches  aux  ouvrages  vediques,  sous  le  nom  de  Jyotisha.  Ce  sera  une 
publication  importante,  et  qui  pourra  fournir  beaucoup  de  lumieres.  Car, 
deja,  cclui  de  ces  calendriers  dont  Colebrooke  a  donne  un  trop  court 
extrait,  porte  les  marques  evidentes  d'un  travail  moderne.  En  sera-t'il 
ainsi  des  autres?  Mais,  pour  que  cette  coUection  ait  toute  l'utilite  qu'on 
en  peut  attendre,  il  est  bien  ä  desirer  que  Mr.  Weber  nous  donne,  non 
pas  seulement  la  traduction,  mais  le  texte  sanscrit  de  ces  documents. 
Car,  par  la  iiberte  d'interpretation  que  permettent  souvent  les  mots, 
dont  se  composent  des  texts  pareils,  il  n'est  pas  rare,  que  les  traducteurs 
y  introduisent  insciemment  leurs  idees  propres  ä  la  place  de  la  signi- 
fication  precise.  Par  exemple,  dans  son  expose  de  l'astronomie  chinoise, 
Ideler,  trouvant  les  sieou  designes  par  la  denomination  d'hotellerie, 
lieu  de  passage,  il  en  a  fait,  de  son  autorite  privee,  des  mansions 
lunaires,  specialite  dont  on  ne  trouve  aucune  indication  quelconque 
dans  les  textes  chinois,  et  qui  est  essentiellement  contraire,  ä  la  nature 
ainsi  qu'ä  la  generalite  de  leur  emploi  pour  fixer  les  positions  de  tous 
les  astres  doues  de  mouvements  propres,  quand  ils  passent  au  meridien. 
Mais  l'idee  des  mansions  lunaires,  accreditee  alors  parmi  les  orien- 
talistes,  a  prevalu  dans  son  esprit  sur  la  simple  verite  qui  s'offrait  si 
naturellement  ä  lui. 

Adieu  Monsieur!  je  vous  retourne  cordialement  tous  vos  souhaits  de 
bonne  annee,  et  je  vous  prie  de  vouloir  bien  permettre  que  je  vous 
entretienne  quelque  fois  de  cette  astronomie  primitive  de  l'Inde,  sur 
laquelle  vous  pouvez  si  bien  nous  instruire. 

J'ai  l'honneur  d'etre,  avec  la  plus  haute  consideration, 
Monsieur 
Votre  tres  humble  et  obeissant  serviteur 
J.  B.  Biot. 
Paris  le  13  janvier  1862. 


4.  Von  C.  Lottner. 

Trinity  College  Library  Dublin  11/2.  63. 

Geehrtester  herr  professor! 
Der  brief,  den  Sie  an  herrn  professor  Max  Müller  hinsichtlich  Sieg- 
fried's  richteten,  hat  diesen  veranlasst,  sich  an  mich  zu  wenden,  um 
nähere  auskunft  über  des  verstorbnen  wissenschaftliches  treiben  zu  er- 
halten. So  weit  die  persönlichen  Verhältnisse  des  verstorbnen  in  betracht 
kommen,  wird  Ihnen  der  eingelegte  brief  des  bruders  die  nötige  auf- 
klärung  verschaffen.  Sollten  Sie  in  dieser  hinsieht  mehr  wünschen ,  so 
bitte  ich  Sie,  sich  direct  an  den  genannten  herrn  zu  wenden.  Hinzuzu- 
fügen  scheint  mir  namentlich  noch,   dass   er  mit  Whitley  Stokes    sehr 


Briefe  an  Theodor  Benfey.  157 

innig  vertraut  gewesen,  und  dass  eine  zwar  kurzlebige,  aber  sehr  warme 
Freundschaft  zwischen  ihm  und  dem  gründer  der  celtischen  philologie 
existirte. 

Der  plan,  der  Siegfried  nach  England  brachte,  war  eine  vergleichende 
grammatik  der  celtischen  sprachen  in  der  weise  der  Dietz'schen  oder 
Grimm'schen  zu  schreiben.  Hierin  wurde  er  durch  Zeuss'  werk  überholt, 
dessen  treuer  Verehrer  und  Parteigänger  er  seitdem  geblieben.  Er  selbst 
hat  sich  dahn  namentlich  auf  das  Studium  derjenigen  teile  des  celtischen 
altertums  geworfen,  die  liclit  über  die  mythologie  zu  verbreiten  im  stände 
sind.  Demnach  hat  er  mit  Zugrundelegung  der  bücher  von  De  Wal 
(De  moedergodinnen  und  Mythologiae  septentrionalis  reliquiae)  und  herbei- 
ziehung neuerer  inschriften  eine  kritische  Sammlung  aller  altceltischen 
götternamen  anzulegen  begonnen,  die  sich  unter  seinen  papieren  findet. 
Diese  hat  er  dann  einerseits  mit  den  irischen  und  welschen  traditionen, 
andererseits  mit  der  allgemeinen  indogermanischen  mythologie  zu  ver- 
mitteln gesucht,  so  dass  er  z.  b.  nachwies,  eine  irische  persönlichkeit 
Nuad  (acc.  Nuadat  i.  e.  =  *gall.  NUDANT)  der  Schmidt  sei  der  Nudd 
der  Welschen  und  der  Dens  Nudens  lateinischer  inschriften  Galliens. 
Aehnliches  der  art  finden'Sie  von  ihm  angeführt  in  Stokes  Three  Irish 
Glossaries  p.  XIX  ül*er  Triath  =  Trita  Aptya  und  über  Brigantia  ibid. 
p.  XXXIII.  Es  steht  zu  hoffen,  dass  mir  von  dr.  Todd,  dem  die  familie 
seine  papiere  Übermacht  hat,  die  definitive  herausgäbe  dieser  Sammlung 
celtischer  götter  übertragen  wird. 

Ein  andrer  punkt,  in  dem  S.  sehr  ausgezeichnetes  geleistet  hat,  ist 
der  anteil,  den  er  an  der  entzifferung  der  gallischen  inschriften  hat.  Die 
Vaison-inschrift  z.  b.  hat  er  zuerst  richtig  gelesen  (Kuhn  Beiträge  I  451), 
desgleichen  die  von  Nismes  (AGA6  MATP6B0  N6MAYCIKAB0  vid.  Stokes 
abhandlung  über  gallische  inschriften  in  Beiträge  II).  Die  arbeit,  über 
die  er  gestorben  ist,  und  deren  redaction  mir  übertragen  ist,  ist  eine 
erklärung  der  amuletinschrift  von  Poitiers,  1858  gefunden,  und  nach 
seiner  entdeckung  gegen  einen  dämon  Dontaurios  gerichtet,  halb  lateinisch 
und  halb  gallisch.  Es  v^ird  diese  arbeit  zunächst  der  irischen  academie 
als  Vortrag  mitgeteilt  und  demnächst,  wie  ich  hoffe,  gedruckt  werden, 
wo  es  Ihnen  an  einem  exemplar  nicht  mangeln  soll. 

Noch  fand  ich  unter  seinen  papieren  einen  ziemlich  vollständigen 
entwurf  eines  handbuchs  der  vergl.  gram,  des  Skr.,  Gr.,  Lat.  so  wie  frag- 
mente  einer  vergleichung  des  Zend  und  Sanskrit. 

Ich  bin  gern  bereit,  weitere  auskunft  zu  erteilen,  falls  das  obige  für 
Ihren  zweck  nicht  genügt.  Die  inschriften  und  celtische  mythologie 
bleiben  immer  sein  bedeutendstes. 

Mit  ausgezeichneter  hochachtung 

C.  Lottner. 

Dublin  Trinity  College  Library  7/3.  63. 
Geehrtester  herr  professor, 
Es  ist  mir  für   den  augenblick   und   an  diesem  orte  kaum  möglich, 
über   Siegfried's   lebensverhältnisse  vor    seiner  Übersiedlung  nach  Irland 


158  Briefe  an  Theodor  Benfey. 

etwas  näheres  in  erfahrung  zu  bringen,  ausser  was  ich  durch  seinen 
bruder  in  dem  Ihnen  eingehändigten  briefe  bereits  erkundet  habe.  Ich 
möchte  Sie  daher  bitten,  zunächst  selber  aus  den  in  Ihren  bänden  befind- 
lichen notizen  einen  kurzen  berioht  über  ihn  in  Ihrer  Zeitschrift  aufzu- 
setzen. Im  anfsmge  des  april  werde  ich  der  Irish  Academy  die  von  mir 
redigirte  abhandlung  über  die  Dontaurios-inschrift,  die  ich  teils  nach  S.'s 
mündlichen  mitteilungen  teils  nach  seinen  papieren  aufgesetzt  habe,  vor- 
legen und  wir  werden  sie  ohne  zweifei  danach  drucken.  Sollten  Sie 
dann  für  gut  befinden ,  Sie  für  Ihr  Journal  zu  übersetzen ,  so  würde  von 
selten  der  hiesigen  wohl  schwerlich  etwas  im  wege  stehen.  Siegfried's 
litterarischer  nachlass  ist  in  den  bänden  von  dr.  Todd,  des  hiesigen 
Oberbibliothekars,  ich  zweifle  aber  wenig,  dass  mir  demnächst  die  werth- 
vollen  teile  übergeben  werden.  Namentlich  aus  den  Sammlungen  über 
celtische  mythologie  lässt  sich  zweifelsohne  ein  anständiges  und  werth- 
volles  buch  herstellen,  das  beste  denkmal,  das  dem  verstorbnen  gesetzt 
werden  kann,     S.'s  todestag  war  der  10.  jan. 

Ich  bin  für  den  äugen  blick  durch  die  pflichten  meiner  neuen  Stellung 
als  lehrer  des  Sanskrit  etwas  stark  in  anspruch  genommen  und  werde  in 
nächster  zeit  kaum  eigne  arbeiten  veröff'entlichen  können.  Da  Sie  mir 
aber  Ihr  Journal  so  freundlich  als  ableiter  meiner  etwaigen  ideen  an- 
bieten ,  so  will  ich  doch  immerhin  gleich  von  ferne  anfragen ,  ob  Sie 
geneigt  wären  mythologischen  artikeln  —  nicht  grade  heute,  oder 
morgen,  aber  im  fortschritt  der  zeit  —  räum  zu  gewähren,  die  zum 
zweck  hätten  der  jetzt  etwas  stolz  sich  so  nennenden  vergleichenden 
mythologie  den  fehdehandschuh  hinzuwerfen.  Ich  kann  mich  nicht 
überzeugen,  dass  die  jetzige  sonnen-  oder  donner-götter-theorie  in  dieser 
ihrer  einseitigkeit  das  richtige  trifft;  kann  nicht  glauben,  dass  man  die 
fülle  des  griechischen  und  indischen  mythus  durch  diese  ärmlichen 
kategorieen  begreifen  kann.  Ebensowenig  will  mir  scheinen,  dass  man 
so  leichtfertig  die  etymologie  für  mythologische  zwecke  handhaben  darf, 
wie  dies  in  den  fällen  der  TsX/iveg  =  druhas ,  des  "Hifataros  u.  a.  von 
grossen  gelehrten  geschehen  ist.  Es  kann  nichts  helfen,  uns  durch  Illu- 
sionen über  unsere  Unwissenheit  zu  täuschen.  Diese  neue  manier  aber, 
etwa  Apollo  zu  einer  form  von  Rudra,  und  dann  diesen  zum  donner- 
himmel  zu  machen,  führt  nur  zu  eingebildetem  wissen. 

Mit  ausgezeichneter  hochachtung 

Ihr  ergebenster 

C.  Lottner. 


Trinity  College  Dublin  25/1.  66. 

Geehrtester  herr  professor, 

Es  versteht  sich  von  selbst,    dass  ich  nicht  umhin  kann,    mich  für 

die  tochter  eines  landsmannes  zu  interessiren,  der  als  gelehrter  in  einem 

fache  berühmt  ist,  in  dem  ich  es  leider  bisher  vergeblich  versucht  habe, 

etwas   zu    leisten.     Wenn   ich   fräulein   Benfey   irgendwie   nützlich   sein 


Briefe  an  Theodor  Benfey.  159 

kann,  so  können  Sie  versichert  sein,  dass  ich  die  gelegenheit  dazu  nicht 
verpassen  werde.  Wir  sind  hier  der  Deutschen  so  wenige,  und  unter 
diesen  wenigen  sind  wieder  so  wenige  von  bildung  und  erziehung,  dasa 
wir  hier  mehr  als  irgendwo  auf  einander  angewiesen  sind.  Hinsichtlich 
der  politischen  aufregung  machen  Sie  sich  wohl  zu  viel  angst.  Bei 
allem  gerede  ist  ja  bis  jetzt  nichts  herausgekommen. 

An  Hincks  halte  ich  es  für  besser,  sich  nicht  zu  wenden.  ^ 

Wie  geht  es  Ihrer  Zeitschrift?  In  der  letzten  nummer  ist  ein  auf- 1 
Satz  über  das  Beja  von  F.  Müller.  Dieser  trifft  in  seinem  nachweis  | 
semitischer  affinitäten  in  afrikanischen  sprachen  zum  teil  mit  einem  | 
aufsatz  von  mir  zusammen  ,,0n  sisterfamilies  of  languages,  especially  | 
those  connected  with  the  Semitic",  der  vor  einigen  jähren  in  den  Trans- 
actions  of  the  Philologicae  Society  of  London  erschien;  aber,  wie  es 
scheint,  in  Deutschland  nicht  bekannt  geworden  ist.  Machen  Sie  doch 
F.  M.  einmal  darauf  aufmerksam.  Es  freut  mich,  dass  er  mit  reicherem 
material,  —  mir  stand  damals  nur  Galla,  Saho  und  einiges  Berber  zu 
geböte  —  doch  wesentlich  zu  denselben  resultaten  kommt,  wie  ich. 
Auch  Ihnen  muss  dies  ganz  besonders  erfreulich  sein,  denn  Sie  haben 
in  dieser  hinsieht  bahn  gebrochen  mit  Ihrem  buche  über  das  Koptische, 
das  Ihr  Göttinger  koUege,  der  13.  der  kleinen  propheten,  zur  zeit  seines 
erscheinens,  als  unmoralische  ausgeburt  der  Julirevolution  erkannt  hatte. 
Ewald  ist  hier,  wie  auch  in  andern  feldern,  durch  die  Weiterentwicklung 
der  Wissenschaft  lügen  gestraft  worden.  Er  hat  überhaupt  als  Sprach- 
forscher Unglück.  Rödiger  und  Gesenius  sind  auch  von  ihm  „abgetan" 
worden,  weil  sie  das  Arabische  und  seine  casusflexion  für  antiker  als 
das  Hebräische  erklärten.  Seit  aber  diese  letztere  flexion  auf  den  assy- 
rischen monumenten  zum  Vorschein  gekommen,  wird  es  wohl  dabei 
bleiben,  dass  Ewald  sich  geirrt  hat.  Das  macht  ihn  aber,  wie  es  scheint, 
in  seinem  papsttum  nicht  irre. 

Ist  Ihnen  irgendwo  einmal  ein  vocabular  des  Neger-Englischen  der 
Sklavenstaaten  in  die  bände  gekommen,  oder  anderer  europäischer 
sprachen ,  wie  sie  von  negersklaven  gebraucht  werden?  Ich  habe  nur 
eins  dergleichen  aus  Surinam  auftreiben  können.  Beiläufig,  ich  glaube 
nicht,  dass  der  von  Ihnen  in  den  G.  G.  A.  beschriebene  dialect  von 
Curagao  wirklich  eine  organische  romanische  mundart  sein  kann.  Eine 
solche  Zersetzung  aller  flexion  ist  unerhört,  ausser  wo  romanische  oder 
germanische  sprachen  den  Negern  oder  Indianern  anheimfallen.  Sind 
die  angeblichen  sardischen  funde  in  Deutschland  gegenständ  der  discus- 
sion  geworden?  Mir  kamen  sie  ungemein  bedenklich  vor,  ich  habe  nur 
eine  kurze  notiz  in  der  Satur-Day-Review  gesehen.  Verzeihen  Sie  die 
vielen  fragen.  Man  lebt  hier  am  ende  der  civilisirten  weit  „unter  larven 
die  einzige  fühlende  brüst".     Mit  dem  beantworten  nehmen  Sie  sich  zeit. 

Ergebenst 

C.  Lottner. 


160  Briefe  an  Theodor  Benfey. 

5.   Von  Lazarus  Geiger. 

Hochgeehrter  herr  professor! 

Durch  Ihre  so  theilnehmend  eingehende  als  gehaltreiche  Zuschrift 
haben  Sie  mir  eine  unendliche  freude  bereitet,  schon  darum,  weil  sie 
mir  eine  lange  ersehnte  gelegenheit  gibt,  Ihnen  persönlich  gegenüber- 
tretend die  dankbare  Verehrung  auszusprechen,  mit  welcher  ich  seit 
Jahren  in  Ihren  Schriften  mannigfache  belehrung ,  leitung  und  förderung 
gefunden  habe.  Ein  solches  gefühl  kann  Ihnen  freilich  weder  neu  noch 
unerwartet  sein;  denn  ich  bin  ja  nur  einer  von  vielen,  welche  Ihnen 
nicht  nur  für  sprachliche  erkenntniss ,  sondern  auch  für  das  wahre  und 
unverfälschte  verständniss  der  vedaliteratur  zu  gleicher  dankbarkeit 
verbunden  sind,  wenn  schon  ich  mir  vielleicht  schmeicheln  darf,  auf  Ihre 
Worte  aufmerksamer  als  mancher  andere  zu  sein.  Dass  Sie  meiner  nur 
erst  beginnenden  thätigkeit  Ihre  theihiahme  zuwenden  und  meine  Vor- 
bereitungen der  aufgalie,  die  ich  mir  gestellt,  nicht  unangemessen  finden, 
hat  mir  zu  wahrer  ermuthigung  gereicht,  und  lässt  mich  die  hoffnung 
fassen ,  wenn  ich  erst  zu  speciellerer  ausführung  werde  gelangt  sein 
können,  mit  Ihren  meinungen  nicht  in  Widerspruch  gefunden  zu  werden. 
Die  darstellung  in  dem  bis  jetzt  veröfFentlichten  theile  leidet,  wie  ich 
mir  wohl  bewusst  bin,  an  manchen  Schwierigkeiten;  zum  theil  werden 
dieselben  vielleicht  einige  entschuldigung  in  der  art  finden,  wie  ich  in 
einer  längeren  reihe  von  jähren  den  stoff  in  mir  auszubilden  und  umzu- 
gestalten hatte,  indess  die  Wissenschaft  ihn  täglich  vermehrte  und  ver- 
änderte; zum  theil  mögen  sie  aber  auch  in  der  that  unvermeidlich 
gewesen  sein ,  wenn  ich  nicht  meine  besondere  philosophische  Welt- 
anschauung ganz  von  den  sprachwissenschaftlichen  fragen  trennen  wollte. 
Diess  letztere  zu  thun  konnte  ich  mich  nicht  entschliessen,  da  ich  gerade 
die  trennung  zwischen  philosophie  und  specieller  erfahrungswissenschaft 
aufgehoben  wissen  wollte,  und  glaube,  dass  die  philosophie  überall  sofort 
da  ist,  wenn  wir  einen  naturgegenstand,  auch  empirisch,  soweit  uns  eben 
möglich,  in  seine  gründe  und  anfange  verfolgen;  und  so  sah  ich  mich 
denn  gezwungen,  speculative  ansichten,  die  eigentlich  ein  System  aus- 
machen sollen,  gelegentlich  anzudeuten,  ohne  sie  doch  schon  im  zusam- 
menhange aussprechen  zu  können:  was,  wie  ich  fürchte,  oft  —  und  viel- 
leicht den  philosophischsten  leser  am  meisten  —  stören  muss.  Ich  glaube 
nur  soviel  fest  versichern  zu  dürfen,  dass  ich  niemals  von  der  speculation 
aus  auf  die  thatsachen  übergegangen  bin  und  diese  nach  jener  zu  deuteln 
versucht  habe,  sondern  dass  die  allgemeinen  erklärungen  sich  mir  immer 
als  wirkliche  resultate  des  lernens  und  des  denkens  über  die  erfahrenen 
thatsachen  ergeben  und  aufgedrängt  haben.  Uebrigens  wird  in  den  fol- 
genden theilen  schon  der  natur  der  sache  nach  das  speculative  fast  ganz 
zurücktreten. 

Eine  öffentliche  anzeige  und  besprechung  von  Ihrer  seite  zu  erfahren, 
ist  ein  gedanke,  den  ich  nicht  zu  äussern  gewagt  haben  würde,  wenn  Sie 
nicht   selbst   in   Ihrem  mir   so   werthen  briefe  eine   möglichkeit   davon 


Briefe  an  Theodor  Benfey.  161 

andeuteten.  So  aber  will  ich  mich  nicht  scheuen,  Ihnen  oflfen  zu  ge- 
stehen, wie  erfreulich  mir  die  aussieht  wäre,  eine  jener  kritiken,  die  mir 
stets  80  lehrreich  gewesen  sind,  nun  an  meine  eignen  versuche  angeknüpft 
zu  sehen. 

Haben  Sie  nochmals,  hochgeehrter  herr  professor!  innigen  dank  für 
die  freude,  die  Sie  mir  durch  Ihre  schönen  worte  bereitet  haben !  Möge 
Wohlsein  und  ungetrübte  freudigkeit  Sie  stets  zu  unser  aller  nutzen  und 
freude  in  Ihrer  segensreichen  Wirksamkeit  stärken  und  fördern! 

Ihr 

Sie  verehrender 

L.  Geiger. 
Frankfurt  a/M.  den  12.  juni  1868. 


6.   Von  Wilhelm  Corssen. 

Lichterfelde  bei  Berlin,  Villa  Göthestrasse  2.    15.  7.  73. 
Hochgeehrter  herr. 

Da  Ihre  vollständige  grammatik  der  sanskritsprache  seit  jähren  mein 
steter  rathgeber  ist,  und  da  Sie  trotz  gewisser  Verschiedenheiten  der 
ansichten,  die  zwischen  uns  bestehen,  doch  einer  seite  meiner  sprachlichen 
arbeiten  Ihre  anerkennung  nicht  versagt  haben ,  so  wage  ich  es ,  an  Sie 
die  ergebenste  bitte  zu  richten,  mir  in  einer  frage  des  Sanskrit  freund- 
lichst eine  briefliche  auskunft  geben  zu  wollen. 

Sie  lehren  in  Ihrer  sanskritgrammatik  s.  353  f. ,  dass  im  Sanskrit 
denominative  verba  durch  anfügung  des  Suffixes  S  an  nominalstämme 
gebildet  werden,  das  mit  auslautendem  «  des  Stammes  zu  ä  verschmilzt, 
und  vor  dem  i  und  u  gunirt  werden.  Als  ein  denominativum  der  ersten 
art  führen  Sie  an  mälä'-ti  für  *mälä~a-ti  (a.  o.  s.  354).  Dagegen  behauptet 
G.  Curtius  neuerdings,  die  form  mälä'-ti  stamme  lediglich  aus  dem  ziem- 
lich späten  grammatischen  hülfsbuch  Siddhanta-Kaumudi;  von  einem 
wirklichen  gebrauche  solcher  formen  könne  garnicht  die  rede  sein,  das 
übliche  causativum  von  mala  heisse  vielmehr  mäla-ja-ti  u.  s.  w.  (Das 
verbum  der  griechischen  spr.  s.  330.  331).  Ich  erlaube  mir  daher,  die 
fragen  an  Sie  zu  richten: 

1.  Ist  es  gegründet  dass  mäld-ti  niemals  im  wirklichen  Sprachge- 
brauch vorkommt,  und  dass  es  eine  reine  fiction  eines  gram- 
matikers  ist? 

2.  Welche  denominative  verba  giebt  es  sonst  noch  im  Sanskrit,  die 
durch  anfügung  des  verbalsuffixes  ä  an  nominalstämme  auf «  ge- 
bildet sind  ? 

Sie  würden  mich  verpflichten ,  wenn  Sie  aus  dem  schätze  Ihrer 
kenntniss  des  Sanskrit,  zu  dem  ich  jedenfalls  mehr  vertrauen  habe,  als 
zu  den  orakelnden  aussprüchen,  die  bei  Curtius  immer  mehr  die  stelle 
strenger  beweisführung  vertreten,  über  die  beiden  vorstehenden  fragen 
eine  auskunft  ertheilen  und  mir  gestatten  wollen,  vorkommenden  falles 
mich  auf  Ihre  mir  mitgetheilte  ansieht  berufen  zu  dürfen. 
Beiträge  z.  kunde  d.  indg.  sprachen.    XIII.  11 


162  Briefe  an  Theodor  Benfey. 

Meine  zeit  und  arbeitskraft  reicht  leider  nicht  aus,  um  mir  einerseits 
den  Sprachstoff,  den  ich  bearbeiten  will ,  aus  den  gräbern  Italiens  zu 
holen,  andrerseits  auch  noch  quellenstudium  des  Sanskrit  zu  treiben,  was 
ich  ja  sehr  wünschte.  Deshalb  sehe  ich  mich  genöthigt,  zu  Ihnen  meine 
Zuflucht  zu  nehmen. 

Hochachtungsvoll 

Ihr  ganz  ergebenster 

W.  Corssen. 

Lichterfelde  bei  Berlin,  Villa  Göthestrasse  2.    22.  8.  73. 

Hochgeehrter  herr. 

Für  die  schnelle  und  eingehende  art,  in  der  Sie  meine  anfragen  in 
betreff  der  sanskritischen  verbalformen  zu  beantworten  die  freundlichkeit 
hatten,  fühle  ich  mich  gedrungen,  Ihnen  meinen  aufrichtigen  und  ganz 
ergebensten  dank  zu  sagen. 

Ausser  der  unmittelbaren  antwort  auf  meine  fragen,  sind  mir  Ihre 
mittheilungen  über  die  hohe  bedeutung  der  indischen  grammatiker  für 
unsere  kenntniss  des  Sanskrit  lehrreich  und  willkommen  gewesen.  Ich 
habe  nie  begriffen,  wie  gelehrte,  welche  dieselben  so  wenig  eingehend 
studiert  haben,  wie  ich,  grammatiker,  die  sich  doch  durch  die  auffindung 
des  begriffes  der  wortwurzel  ein  unsterbliches  verdienst  um  die  Sprach- 
wissenschaft erworben  haben,  so  bald  es  ihnen  beliebt,  in  dem  lichte 
erscheinen  lassen  können,  als  wären  ihre  angaben  über  wurzeln  und 
wortformen  ihrer  muttersprache  zum  grossen  theil  hirngespinste  und  er- 
findungen.  Ich  bin  immer  der  ansieht  gewesen,  dass  man  auch  auf 
grammatiker  den  rechtsgrundsatz  anwenden  müsse:  Quisque  praesumitur 
bonus,  donec  probetur  contrarium,  dass  man  ihre  angaben  für  richtig 
halten  müsse,  wenn  nicht  im  einzelnen  fall  bestimmte  und  ausreichende 
gründe  dagegen  sprächen.  Ihre  mittheilungen  belehren  mich,  dass  auch 
für  die  erforschung  des  Sanskrit  dieses  verfahren  höchst  nothwendig  und 
von  grosser  Wichtigkeit  und  trageweite  ist. 

Ich  darf  also  nun  annehmen,  dass  Sie  mir  die  erlaubniss  gegeben 
haben,  stellen  Ihres  briefes  in  einer  später  zu  veröffentlichenden  schrift 
wörtlich  abdrucken  zu  lassen. 

Mit  dem  wünsche  für  Ihr  allseitiges  Wohlergehen  empfehle  ich  mich 
Ihrem  ferneren  wohlwollen. 

Mit  vorzüglicher  hochachtung 

Ihr  ganz  ergebenster 

W.  Corsaen. 


Wilhelm  Scherer.  163 


Wilhelm  Scherer. 

Als  ich  mich  in  den  herbstferien  des  jahres  1876  nach  Strassburg 
überzusiedeln  rüstete,  um  dort  deutschen  Studien  obzuliegen,  ahnte  ich 
nicht,  dass  das  gleiche  buch,  aus  dem  ich  Scherers  wissenschaftliche 
persönlichkeit  kennen  zu  lernen  mich  soeben  bemühte,  mir  zehn  jähre 
später  zur  grundlage  einer  öffentlichen  Würdigung  des  ertrages  dienen 
müsste,  den  Scherers  leben  der  Sprachwissenschaft  zugeführt  hat.  Und 
als  der  mann,  der  dieses  buch  geschrieben,  hn  october  jenes  jahres  mir 
zum  ersten  male  gegenüberstand,  war  es  mir  zwar  sofort  klar,  dass  der 
Zauber  seines  wesens  mich  mein  leben  lang  nicht  mehr  los  lassen  würde; 
aber  jeden  gedanken  daran,  dass  diese  von  dem  feuer  und  von  der  kraft 
der  Jugend  durchströmte  gestalt  nach  wenigen  jähren  gebrochen  sein 
würde,  hätte  ich  angesichts  derselben  weit  von  mir  gewiesen.  Das  er- 
schütternde ereignis  des  vergangenen  sechsten  august  hat  aufs  neue  ge- 
zeigt, wie  schmerzlich  die  erwartung  trügen  kann,  die  auf  menschen 
gesetzt  ist:  die  kühnsten  entwürfe  haben  sich  in  den  letzten  monaten 
mit  todesahnungen  gekreuzt,  und  die  todesahnungen  haben  schliesslich 
recht  behalten. 

Unter  den  mancherlei  planen,  mit  welchen  Scherer  sich  getragen  hat, 
war  auch  der,  eine  grammatische  gesellschaft  ins  leben  zu  rufen  und  bei 
dieser  veranlassung  zu  den  grammatischen  Studien  zurückzukehren.  Seit 
er  seinen  ersten  Wirkungskreis  zu  Wien  (1872)  verlassen  hatte,  war  bei 
ihm  die  grammatik  in  den  hintergrund  getreten:  in  Strassburg  beschäf- 
tigt er  sich  zunächst  mit  der  alten,  dann  mit  der  neueren  litteratur; 
dem  coUegen  Müllenhoffs  (seit  1877)  liegt  die  moderne  deutsche  litteratur 
und  zuletzt  die  poetik  am  herzen.  Die  recensionen  und  aufsätze  sprach- 
wissenschaftlichen Inhalts,  die  er  in  Strassburg  und  Berlin  geschrieben 
hat,  enthalten  bloss  weitere  ausführungen  einzelner  gedanken,  welche  in 
dem  hauptwerke  der  Wiener  periode,  dem  buche  „Zur  geschichte  der 
deutschen  spräche"  angedeutet  sind.  Zwar  ist  ende  1878  eine  zweite 
aufläge  dieses  buches  in  die  weit  gegangen.  Aber  Scherer  hat  sie  selbst 
als  „halbes  werk"  bezeichnet;  und  in  der  tat,  wer  den  wahren  Scherer 
kennen  lernen  will,  der  darf  nicht  diese  zweite  aufläge  in  die  band 
nehmen,  deren  Vorzüge  vor  der  ersten  nur  darin  bestehn,  dass  sie  das 
principielle  mehr  hervorhebt  und  die  aus  der  litteraturgeschichte  ge- 
wonnene epochentheorie  auf  die  Sprachgeschichte  überträgt,  im  übrigen 
aber  deutlich  verrät,  dass  sie  die  bearbeitung  eines  werkes  ist,  das  über- 
haupt keine  bearbeitung  vertrug.  So  wird  die  frage,  was  die  Sprach- 
wissenschaft Scherer  zu  danken  habe,  gleichbedeutend  mit  der  frage, 
worin  die  Verdienste  der  aufsätze  bestehn,  welche  der  fünfundzwanzig- 
jährige gelehrte  während  des  sommers  1866  niedergeschrieben  und  im 
frühjahre  1868  unter  dem  titel  „Zur  geschichte  der  deutschen  spräche" 
hat  erscheinen  lassen. 

Die  aufgäbe  der  deutschen  philologie  definiert  Scherer  in  der  Grimm- 


164  Wilhelm  Scherer. 

biographie  als  „die  grosse  arbeit  nationaler  Selbsterkenntnis,  welche 
nicht  anders  gedacht  werden  könne  als  auf  geschichtlichem  wege".  Die 
deutsche  grammatik,  als  ein  teil  dieser  philologie,  soll  nach  Scherer  „eine 
geschichte  des  geistigen  lebens  sein,  insoweit  dieses  in  der  spräche  sich 
niederschlägt;  sie  muss  daher  ihren  gang  gleich  einer  historischen  dar- 
stellung  nehmen  und  von  epoche  zu  epoche  den  sprachstand  schildern; 
sie  muss  den  gesammten  Wortschatz  in  ihre  betrachtung  einbeziehen;  sie 
muss  die  letzten  geistigen  gründe  für  die  sprachlichen  erscheinungen 
Buchen"  (s.  221).  Diese  forderungen  waren  von  Jakob  Grimm  nur  zum 
teile  erfüllt.  Nach  zwei  selten  hin  steht  er  unter  dem  banne  romanti- 
scher beschränkung.  Einmal:  er  fragt  nicht  nach  den  letzten  geistigen 
gründen  der  sprachlichen  erscheinungen,  nach  den  geschichtlichen  grund- 
lagen  der  sprachlichen  Veränderungen,  „Selten  zieht  er  die  blumen  mit 
der  Wurzel  aus,  allzu  oft  pflückt  er  sie  über  der  erde  nur  oder  reisst 
blos  die  bluten  ab Ueberall,  wo  poetisches  verständniss  nicht  aus- 
reichte, wo  mühsame  gedankenmässige  erörterung  und  erwägung  logischer 
und  psychologischer  momente  allein  zum  ziele  führen  konnte,  da  ergreift 
ihn  nicht  einmal  das  verlangen,  den  webenden  sprachgeist  bei  seinem 
geschäfte  zu  belauschen.  Er  betrachtet  das  gewebe ,  beschreibt  uns  die 
Zeichnung;  wie  die  fäden  geschlungen  wurden,  kümmert  ihn  nicht" 
(s.  218).  Und  das  andere  ist:  Jakob  Grimms  Interesse  hängt  vorwiegend 
an  der  älteren  periode  der  Sprachgeschichte.  Je  mehr  die  spräche  ihre 
sinnliche  frische  verliert,  je  mehr  die  begriffe  aufwachen,  die  in  dem 
sinnlichen  schlummerten,  desto  weniger  zieht  sie  ihn  an.  —  Es  gilt  als  das 
merkmal  des  auserlesenen  geistes,  dass  er  die  schranken  der  Überlieferung 
erkennt ,  in  welcher  er  erzogen  worden  ist.  Es  bleibt  für  alle  zeiten 
Scherers  glänzendes  verdienst,  inmitten  der  freudigsten  Verehrung  für 
Jakob  Grimm  klar  durchschaut  zu  haben ,  nach  welchen  richtungen  die 
grammatik  einer  weiterführung  bedürfe.  Er  ist  dadurch  gleich  bei  seinem 
ersten  selbstständigen  auftreten  umstürzend,  bahnbrechend  geworden. 

Indes  hat  Scherer  nicht  nur  gefordert;  er  hat,  was  er  forderte, 
selbst  zu  einem  teile  zu  leisten  sich  bemüht.  Das  hauptproblem  des 
buches  „Zur  geschichte  der  deutschen  spräche"  ist  kein  geringeres  als 
der  versuch ,  den  satz  Wilhelm  von  Humboldts :  „die  lautform  hängt 
genau  mit  der  gesammtanlage  der  nation  zusammen"  an  der  deutschen 
Ursprache  zu  bewähren.  Also  das  eine,  was  Scherer  an  Jakob  Grimm 
vermisst  hatte,  die  erforschung  der  tieferen  gründe  der  sprachlichen  er- 
scheinungen, hat  er  bereits  in  einen  ,,hauptvorwurf"  zusammengedrängt: 
„die  entstehung  unserer  nation ,  von  einer  besondern  seite  angesehen, 
macht  den  hauptvorwurf  des  gegenwärtigen  buches  aus"  (Widmung  s.  IX). 
Und  die  energie,  mit  der  er  den  zweiten  fehler  Jakobs  Grimms  zu  ver- 
meiden bestrebt  war,  spricht  sich  in  der  Verwerfung  der  herkömmlichen 
Unterscheidung  von  entwickelung  und  verfall  der  spräche  und  in  der 
aufstellung  des  grundsatzes  der  „wechselseitigen  erhellung"  aus,  den  er 
in  grammatik  wie  in  litteraturgeschichte  anzuwenden  pflegte. 

Mit  den  werten,  welche  Scherer  bei  Jakob  Grimms  tode  schrieb: 
„Nicht   dies   ist    das   entscheidende    an    der   Wirksamkeit  eines   grossen 


Wilhelm  Scherer.  165 

mannes,  wie  wenig  er  seinen  nachfolgern  zu  tun  übrig  gelassen,  sondern 
wie  hoch  die  ziele  waren,  die  er  verfolgt,  wie  gross  der  anstoss,  den  er 
gegeben"  (Jakob  Grimra  s.  344)  —  hat  der  jünger  selbst  den  maassstab 
bestimmt,  mit  dem  er  geraessen  werden  muss.  Eine  einzige  entdeckung 
hat  die  scharfsinnigsten  corabinationen ,  mit  welchen  Scherer  die  ent- 
stehung  der  deutschen  spräche  erklärt  zu  haben  schien,  über  den  häufen 
geworfen.  An  das  höchste  ziel,  nach  dem  er  vorzudringen  suchte,  ist 
er  nicht  gelangt.  Aber  in  dem  streben  nach  dem  ziele  hat  er  die  auf- 
fassung  der  der  deutschen  grammatik  und  der  grammatik  überhaupt 
gesteckten  aufgäbe  so  umgestaltet,  hat  er  eine  solche  reihe  hochwichtiger 
fragen  teils  in  fluss  gebracht,  teils  der  lösung  entgegen  geführt  oder 
erledigt,  dass  wir  sagen  müssen:  die  anregungen,  die  Scherers  buch  ge- 
geben, ziehen  ihre  kreise  bis  in  unsere  tage  hinein,  und  noch  die  kom- 
menden tage  werden  sie  verspüren. 

Wer  sich  das  problem  stellte  die  lautform  einer  spräche  aus  dem 
geistigen  charakter  der  nation  herzuleiten,  hatte  eine  reihe  nicht  der 
kleinsten  aufgaben  zu  lösen.  Er  musste  erstens  jene  lautform  genau 
kennen  lernen.  Er  musste  zweitens  feststellen,  welche  speci eilen  er- 
scheinungen  diese  lautform  zur  individualität  stempeln.  Er  musste 
drittens  untersuchen,  welche  physiologischen  und  psychologischen  tat- 
sachen  durch  die  als  charakteristisch  erkannten  lautveränderungen  zum 
ausdrucke  gebracht  würden.  Und  wenn  er  über  den  geistigen  charakter 
der  nation  sich  klar  geworden  war,  so  hatte  er  viertens  zu  zeigen,  dass 
die  als  charakteristisch  erkannten  physiologischen  und  psychologischen 
tatsachen  zu  dem  fundamente  des  nationalcharakters  sich  verhalten  wie 
Wirkung  zu  Ursache.  Durch  inangriffnahme  dieser  vier  aufgaben  ist 
Scherer  nach  drei  selten  hin  bahnbrechend  geworden :  er  hat  erstens  auf 
reconstruction  der  deutschen  Ursprache  gedrungen;  er  hat  zweitens  die 
Verbindung  der  deutschen  grammatik  mit  der  Sprachwissenschaft,  welcher 
Jakob  Grimm  die  entdeckung  des  begrifFs  „lautgesetz"  verdankte,  wieder 
hergestellt;  er  hat  endlich  den  grund  zu  einer  vertieften  behandlung 
grammatischer  fragen  überhaupt  gelegt. 

„Auf  dem  satze  von  der  ursprünglichen  einheit  aller  germanischen 
sprachen  ruht  das  ganze  gebäude  unserer  Sprachgeschichte.  Diese  ein- 
heit so  scharf  und  bestimmt  zu  construiren,  als  möglich,  ist  ihre  erste 
pflicht Jakob  Grimms  ....  Vorstellungen  von  der  Ursprache  ent- 
lehnt er  allzu  ausschliesslich  dem  Gothischen.  Obwohl  er  theoretisch 
nicht  zweifelte,  dieses  sei  nur  die  älteste  und  ähnlichste  tochter  der  ver- 
lorenen mutter,  so  vermisst  man  doch  in  seiner  praxia  die  consequente 
anwendung  der  theoretischen  einsieht"  (Jakob  Grimm  s.  215).  Der 
gedanke  der  reconstruction  einer  urspi  ache  war  nicht  neu :  schon  1852 
hatte  Schleicher  die  notwendigkeit  eingesehen  die  spräche  des  indoger- 
manischen urvolkes  wieder  her  zu  stellen,  und  1860  war  er  auf  die 
„deutsche  grundsprache"  zu  sprechen  gekommen.  Wie  sehr  aber  die 
deutsche  grammatik  in  den  bahnen  weiter  gieng,  die  ihr  begründer  ihr 
gewiesen  hatte,  ergibt  sich  daraus,  dass  die  wichtigste  zu  Jakob  Grimms 
lebzeiten    auf   dem    gebiete    des   Deutschen   gemachte   entdeckung   aus- 


166  Wilhelm  Scherer. 

Bchliesslich  das  Gothische  berücksichtigt:  1852  stellt  Westphal  das 
„auslautsgesetz  des  Gothischen"  auf.  Wer  darauf  ausgieng  die  germanische 
lautform  aus  der  gesammtanlage  der  nation  herzuleiten,  mueste  jene  laut- 
form erst  gewinnen,  gewinnen  durch  sorgfältige  vergleichung  der  ältesten 
dialekte  und  hervorhebung  des  allen  dialekten  geraeinsamen.  So  ver- 
wandelt sich  das  „auslautsgesetz  des  Gothischen"  unter  Scherers  hand  in 
das  „auslautsgesetz  des  Germanischen";  und  wenn  wir  heute  an  ein 
gemeingermanisches  vocalisches  auslautsgesetz  im  sinne  Scherers  nicht 
mehr  glauben  und  das  auslautsgesetz  der  consonanten  etwas  anders 
formulieren :  so  wird  hierdurch  die  tatsache  nicht  geändert ,  dass  wir 
seit  Scherer  zu  ergründen  suchen,  welche  lautgesetze  in  der  Ursprache 
gewirkt  haben,  wie  gross  ihr  formenreichtum  gewesen  sei,  welchen 
Sprachschatz  sie  besessen  habe.  Es  ist  unnötig  zu  zeigen,  welchen  nutzen 
diese  historische  betrachtungsweise  für  die  deutsche  grammatik  abge- 
worfen habe;  ich  will  nur  kurz  daran  erinnern,  dass  es  Scherer  durch  ihre 
anwendung  gelungen  ist  die  gesichtspunkte  anzugeben,  nach  denen  die 
Umgestaltung  ehemals  reduplicierender  verba  in  ablautende  erfolgt  ist, 
und  dass  die  formen  der  einzelnen  dialekte  erst  durch  sie  dem  Verständ- 
nisse näher  gebracht  sind.  Aber  Scherers  bemühen  gieng  über  die 
deutsche  Ursprache  hinaus.  ,,Die  gruppen  der  Völker  und  sprachen  soll 
die  forschung  ergründen,  welche  das  erste  resultat  der  diflferenzirung 
waren,  und  wie  sie  selbst  wieder  ferner  sich  spalteten"  (a.  a.  o.).  Die 
erste  Spaltung  der  Germanen  hatte  Müllenhoff  schon  bei  Tacitus  ge- 
funden. Scherer  war  der  erste,  der  für  MüUenhoffs  fund  einen  sprach- 
lichen beweis  beizubringen  wusste.  Wer  heute  eine  besonderheit  der 
westgermanischen  sprachgruppe  entdeckt,  darf  nicht  vergessen,  dass 
Scherer  die  erste  entdeckt  hat. 

„Wie  er  seine  grössten  erfolge  fast  nur  durch  die  beschränkung  auf 
die  weit    der   germanischen    sprachen    erlangt   hatte,   so  war    ihm  eine 

neigung  geblieben,   den  blick  auf  dieselben  festzuheften Ueberall, 

wo  die  erklärung  irgend  einer  sprachlichen  erscheinung  rein  aus  der 
germanischen  spräche  möglich  schien  .  .  .  . ,  ging  er  über  deren  kreis 
nicht  hinaus".  So  Scherer  über  Jakob  Grimm  s.  209.  Da  Scherer 
an  zweiter  stelle  die  frage  zu  beantworten  hatte,  durch  welche  Ver- 
änderungen die  germanische  Sondersprache  zur  individualität  gestempelt 
worden  sei,  so  musste  er  von  der  beschränkung,  in  der  er  den  altmeister 
befangen  wusste,  sich  frei  gemacht  haben :  denn  ohne  vergleichung  keine 
erkenntnis  des  charakteiistischen.  Es  gilt  jetzt  für  selbstverständlich, 
dass  niemand  mit  aussieht  auf  erfolg  grammatische  Studien  betreiben 
kann,  der  sich  nicht  die  fähigkeit  erworben  hat  über  die  zaunpfähle  der 
einzelsprache  hinaus  zu  sehen;  und  wenn  die  einsieht  in  die  geschichte 
der  deutschen  spräche  heut  zu  tage  weiter  fortgeschritten  ist  als  das 
Verständnis  der  griechischen  oder  gar  der  lateinischen  grammatik,  so 
kommt  das  daher,  dass  die  deutschen  philologen  früher  und  lebhafter 
darnach  gestrebt  haben  sprachwissenschaftliche  und  philologische  bildung 
zu  vereinigen,  als  die  classischen.  Weniger  selbstverständlich  ist  die 
anerkennung,  dass  Scherer  derjenige  deutsche  philologe  war,  welcher  die 


Wilhelm  Scherer.  167 

notwendigkeit  jener  Vereinigung  zuerst  betonte  und  durch  das  gewicht 
seiner  ergebnisse  auch  weitere  kreise  von  derselben  überzeugte.  Es  ist 
kein  zufall,  dass  die  folgenschwersten  entdeckungen ,  welche  auf  dem 
gebiete  der  vergleichenden  gramniatik  in  neuester  zeit  gemacht  sind,  an 
Probleme  der  deutschen  grammatik  sich  anknüpfen:  die  lösung  der 
letzteren  war  durch  Scherers  eindringenden  Scharfsinn  so  weit  vorbereitet, 
dass  jemand,  der  mit  frischer  kraft  die  Untersuchung  an  der  stelle  wieder 
aufnahm,  wo  Scherer  sie  gelassen  hatte,  aussieht  hatte  ganz  zum  ziele 
zu  gelangen.  Wie  Benfey  die  ablautsverhältnisse  des  indischen,  so  hat 
Scherer  die  des  starken  deutschen  perfects  mit  dem  alten  indogermani- 
schen accente  in  Verbindung  gebracht.  Amelung  folgte  dem  vorgange 
Scherers,  gelangte  zunächst  zur  erkenntnis  sylbenbildender  liquidä  (Die 
bildung  der  tempusstämme  durch  vocalsteigerung  s.  53)  und  damit  zur 
richtigen  Würdigung  des  deutschen  o,  im  verlaufe  seiner  auf  das  gesammt- 
gebiet  des  ablautes  gerichteten  Studien  zu  der  Überzeugung,  dass  der 
glaube  an  die  altertümlichkeit  des  arischen  vocalismus  auf  einem  wan- 
kenden gründe  ruhe  (Kuhn's  Zeitschrift  XXII.  369).  Der  gleiche  accent, 
der  den  Wechsel  der  vocale  im  starken  perfecte  regelt,  bestimmt  auch 
den  umfang  der  Verschiebung  der  vorgermanischen  tenuis:  das  ist  der 
inhalt  der  entdeckung  Verners.  Die  gesetze  des  grammatischen  wechseis 
der  vocale  erkannte  Scherer  im  accente;  während  Scherer  die  Ursache 
des  grammatischen  wechseis  der  consonanten  wo  anders  suchte,  aber 
doch  wenigstens  suchte,  entdeckte  sie  Verner  in  dem  gleichen  accente. 
Mit  Verners  nachweise  fiel  allerdings  ein  ganzes  gebäude  Scherer'scher 
Schlüsse  zusammen.  Aber  die  waffen  waren  in  Scherers  feuer  geschmiedet, 
und  der  geschlagene  freute  sich  des  gewinnes,  den  der  sieger  der  Sprach- 
wissenschaft in  den  schooss  legte:  der  entdeckung  des  ersten  ausnahme- 
losen lautgesetzes  und  der  schärfung  der  methode,  die  dieser  fund  im 
gefolge  hatte. 

Als  die  sprachlichen  erscheinungen ,  welche  die  specifische  lautform 
des  Germanischen  ausmachen,  hatte  Scherer  erkannt:  die  betonung  der 
wurzelsylbe;  die  lautverschiebung ;  die  beseitigung  der  vocale  der  end- 
sylben.  Alle  drei  dachte  er  in  innigster  Verbindung  unter  einander: 
lautverschiebung  und  vocalisches  auslautsgesetz  betrachtete  er  als  Wir- 
kungen des  germanischen  accentprincipes.  Die  beweise  entnahm  er  der 
Physiologie.  Um  dem  vorwürfe,  den  er  gegen  Jakob  Grimm  geäussert 
hatte:  „Er  hielt  sich  oft  zu  wenig  den  lebendigen  tönenden  laut  gegen- 
wärtig und  blieb  mehrfach  an  dem  äusserlichen  des  buchstabens  haften" 
(a.  a.  0.  208)  —  seinerseis  nicht  anheim  zu  fallen,  arbeitete  er  sich  in 
die  von  Brücke  begründete  hilfswissenschaft  der  physiologie  ein  und 
suchte  einheitliche  gesichtspunkte  zu  finden,  unter  denen  die  fülle  der 
erscheinungen  sich  vereinigen  Hesse.  Als  das  wesen  der  lautverschiebung 
fand  er  erleichterung  der  consonantischen  articulation.  Die  erleichterung 
der  consonantischen  articulation  begründete  er  mit  der  bevorzugung  der 
vocale.  Die  bevorzugung  der  vocale  stellte  er  als  folge  der  durch  den 
neuen  accent  geschaffenen  wortmelodie  hin.  Das  wesen  der  germanischen 
wortmelodie    ist    tonverstärkung    der    stammsylbe,     tonverstärkung    der 


168  Wilhelm  Scherer. 

stammsylbe  bedingung  der  Vernichtung  der  auslautenden  vocale.  Also 
lautverschiebung  und  vocalisches  auslautsgesetz  Wirkungen  der  neuen 
betonung.  Woher  aber  die  neue  betonung?  Woher  die  vertausch ung 
des  freien  mit  dem  gebundenen  accente?  Hier  gilt  es  eine  psycholo- 
gische tatsache  zu  begreifen:  die  tatsache,  dass  das  stoffliche,  gegen- 
ständliche element  des  wortes  in  der  Vorstellung  des  Germanen  das 
gesammtinteresse  erlangt  hat.  Scherer  leitet  sie  ab  aus  dem  grundzuge 
des  germanischen  nationalcharakters ,  der  im  leben  wie  im  style  der 
nationalen  poesie  zum  ausdrucke  gelange:  aus  der  leidenschaft. 

Ergreifenderes  als  die  hierher  gehörigen  capitel  hat  Scherer  nicht 
mehr  geschrieben.  Es  gibt  kein  buch,  in  welchem  fragen  der  laut- 
geschichte  in  eine  solche  tiefe  verfolgt  würden.  Freilich  sind  Scherers 
combinationen  als  gescheitert  zu  betrachten :  wir  wissen  durch  Verner, 
dass  die  lautverschiebung  älter  ist  als  das  neue  accentprincip.  Aber 
dadurch  wird  das  verdienst  der  kühnen  entwickelung  nicht  wesentlich 
berührt.  Nicht  nur,  dass  er  im  laufe  derselben  die  Untersuchung  wichtiger 
fragen  erheblich  förderte,  wie  die  der  lautverschiebung,  der  auslautsge- 
setze.  Der  hauptfortschritt  liegt  in  der  heranziehung  der  physiologie 
und  Psychologie  zur  aufhellung  sprachlicher  erscheinungen ,  also  in  der 
methode. 

Scherer  hat  wiederholt  anerkannt,  dass  Rudolf  von  Raumer  der  erste 
philologe  gewesen  sei,  der  die  notwendigheit  physiologischer  erörterungen 
betont  habe.  Zwar  hat  Raumer  auf  Schleicher  gewirkt,  der  in  der  1848 
erschienenen  monographie  über  den  zetacismus  (Sprachvergleichende 
Untersuchungen,  erster  teil)  auf  s.  119  ff.  die  physiologische  erklärung 
der  beobachteten  erscheinung  zu  geben  und  die  verschiedenen  formen 
derselben  unter  dem  einheitlichen  gesichtspunkte  der  quantitativen  oder 
qualitativen  assimilation  einzuordnen  suchte^).  Gleichwol  hat  erst  die 
musterhafte  klarheit,  mit  der  Scherer  (s.  33—62)  die  von  den  physiologen 
ermittelten  grundtatsachen  den  philologen  vor  äugen  führte,  sowie  der 
erfolg,  mit  dem  er  selbst  von  denselben  gebrauch  machte,  das  eis  ge- 
brochen. Es  gibt  heute  wenige  leute,  die  nicht  wüssten,  wodurch  aspirata 
von  affricata,  aspirata  und  afi'ricata  von  spirans  sich  unterschieden;  viel- 
leicht hat  es  vor  Scherer  eben  so  wenige  gegeben,  die  diese  unterschiede 
gekannt  haben.  Wie  fruchtbar  die  Wirkung  physiologischer  kenntnis 
sein  könne,  hat  Scherer  nicht  nur  durch  seine  behandlung  der  lautver- 
schiebung bewiesen;  ihm  bleibt  auch  das  verdienst  das  wesen  des  Um- 
lautes in  der  moullierung  erkannt,  den  ersten  bestandteil  der  angelsächsi- 
schen brechungen  eo  und  ea  richtig  als  ce  bestimmt,  endlich  den  weg 
beschrieben  zu  haben,  den  urgermanisch  au  bis  zu  ags.  eä  zurückgelegt 
hat.  Seit  Scherer  wird  von  jedem,  der  fragen  der  lautgeschichte  be- 
handelt, verlangt,  nicht  dass  er  auf  ein  physiologisches  system  schwöre, 
aber   dass   er  den  versuch   mache   einen  auf  dem  steine  oder  auf  dem 


*)  Auf  diese  stelle  des  Schleicher'schen  werkes,  das  ich  seit  jähren 
nicht  mehr  in  der  band  gehabt  hatte,  bin  ich  erst  wieder  durch  Hoffory 
aufmerksam  gemacht  worden. 


Wilhelm  Scherer.  169 

pergamente  bezeugten  lautwandel  in  das  leben  umzusetzen.  Wenn  z.  b.  die 
Kreter  um  500  kvaaS^S^at, ,  ngöd^d^a  statt  Jiiiaaa&ai,  nQoa&a  schreiben,  so 
haben  wir  daraus  zu  lernen,  dass  die  urgriechische  aspirata  der  dental- 
reihe auf  Kreta  um  500  bereits  zu  spirans  geworden  war.  Ich  will 
übrigens  noch  anführen,  dass  Scherer  im  College  als  einleitungswissen- 
schaft  nicht  lautphysiologie  sondern  eine  neu  zu  schaflfende  allgemeine 
lautlehre  zu  bezeichnen  pflegte,  die  nicht  nur  alle  denkbaren  lauttypen 
zusammenfassen  sondern  auch  eine  möglichst  vollständige  Sammlung  der 
in  den  verschiedensten ,  toten  und  lebenden ,  sprachen  zur  geltung  ge- 
langenden lautübergänge  anzustreben  hätte.  Man  sieht  hieraus,  auf  welch 
breite  grundlage  er  die  lautphysiologische  betrachtung  gestellt  zu  sehen 
wünschte. 

Für  noch  verdienstlicher  halte  ich  Scherers  unternehmen  die  Sprach- 
geschichte durch  hereinziehen  der  psychologie  zu  erhellen.  Man  hat  ihn 
in  den  letzten  jähren  gerne  darum  gefeiert,  dass  er  das  princip  der 
formübertragung  zu  ehren  gebracht  hat.  Wäre  er  hierbei  stehn  ge- 
blieben, so  würde  ihn  der  gleiche  Vorwurf  treffen,  den  Schuchardt 
jüngst  in  seiner  klassischen  schrift  Ueber  die  lautgesetze  (s.  33)  gegen 
die  Junggrammatiker  erhoben  hat:  „dass  sie  davon  absehen  die  laut- 
gesetze selbst  zu  begreifen ,  jedoch  die  ausnahmen  durchaus  begriffen 
haben  wollen".  Ich  habe  oben  ausgeführt,  dass  er  das  germanische 
accentprincip  als  psychologische  tatsache  zu  verstehn  gesucht  habe.  Von 
den  psychischen  gründen,  die  bei  einem  lautübergänge  mitwirken  oder 
ihn  allein  entscheiden  könnten,  handelt  er  s.  36  der  zweiten  aufläge;  er 
macht  Unaufmerksamkeit,  trägheit,  hastigkeit  oder  langsarakeit,  sachliche 
leidenschaft  oder  behagliche  Schönrednerei,  änderungen  des  geschmackes, 
moden,  nachgeahmtes  spiel  mit  klängen  geltend.  Durch  die  bemühung 
psychologische  motive  des  lautwandels  zu  finden  gerät  Scherer  nicht  nur 
in  einen  gegensatz  zu  seinen  Vorgängern,  die  nach  den  letzten  gründen 
der  lautgesetze  überhaupt  nicht  fragten,  sondern  auch  zu  manchen 
Sprachforschern  der  gegenwart,  welche  lautveränderungen  von  dem  ein- 
flusse  nur  physiologischer  factoren  abhängig  gedacht,  psychologische 
Wirkungen  allein  in  der  analogiebildung  anerkannt  wissen  wollen.  Wie- 
derum berührt  sich  Schuchardt  mit  Scherer,  wenn  er  s.  7  von  lautgesetzen 
spricht,  welche  ,, psychologisch  bedingt  sind",  und  wenn  er  (a.  a.  o  s.  13) 
schreibt:  ,,Wenn  ich  die  lautgesetze  nicht  schlechtweg  mit  den  gesetzen 
der  modetrachten  vergleichen  will,  so  scheinen  sie  mir  doch  in  grossem 
umfange  sache  der  mode,  d.  h.  der  bewussten  oder  doch  halbbewussten 
nachahmung  zu  sein". 

Allerdings  ist  es  richtig,  dass  Scherer  den  psychologischen  factor 
des  sprachlichen  lebens  auch  dadurch  in  den  Vordergrund  gerückt  hat, 
dass  er  die  einwirkung  begrifflicher  associationen  stärker  betont  hat  als 
seine  Vorgänger.  Aber  in  der  art,  wie  er  das  erklärungsprincip  der 
falschen  analogie  gehandhabt  wissen  wollte,  unterscheidet  er  sich  eben 
so  stark  von  seinen  nachfolgern,  wie  etwa  von  Schleicher.  Das  führt 
uns  etwas  tiefer  in  die  frage  nach  Scherers  sprachwissenschaftlichen 
principien  hinein. 

Beiträge  z.  kundo  d.  indg.  sprachen.    XIII.  IS 


170  Wilhelm  Scherer. 

Der  neuerdings  wieder  von  Schuchardt  geltend  gemachte  satz :  „Laut- 
gesetze sind  nur  empirische  gesetze"  (s.  33)  ist  von  Scherer  schon  in  der 
Grimmbiographie  s.  207  zwischen  den  zeilen,  in  der  zweiten  aufläge  der 
Geschichte  der  deutschen  spräche  s.  17  mit  nackten  werten  ausgesprochen 
worden.  Weiter  ausgeführt  ist  er  Anz.  f.  deutsches  altert.  X.  378  f.  Es 
heisst  da:  „Lautgesetze  sind  an  zeit  und  ort  gebunden;  sie  sind  weder 
allgemeingiltig  noch  ewig;  sie  sind  nur  tatsachen,  die  ihren  grund  in 
gesetzen  haben  müssen,  welche  gesetze  wir  aber  noch  vergeblich  suchen. 
Von  der  ganzen  theoretischen  erwägung  hängt  aber  praktisch  wenig  ab. 
Von  praktischem  werte  ist  nur  die  frage,  ob  lautgesetze  ausnahmslos 
wirken,  ausnahmslos  in  dem  sinn,  den  wir  in  der  Sprachwissenschaft 
immer  damit  verbinden,  nämlich  für  die  bestimmte  entwickelungsstufe 
einer  bestimmten  spräche  ....  Aehnlich  glauben  ja  auch  wir  z.  b.  das 
vocalische  auslautsgesetz  oder  die  hochdeutsche  lautverschiebung  auch 
dort  wo  sie  später  ganz  durchgeführt  wurde  in  nur  geteilter  durchfüh- 
rung,  also  in  allmählicher  entwickelung  zu  beobachten;  und  es  darf 
daher  immerhin  gefragt  werden,  ob  solche  lautliche  moden,  solche  laut- 
neigungen  nicht  auch  local  und  temporär  Unterbrechungen  ihrer  ent- 
wickelung erfahren,  stecken  bleiben  können  und  daher  vielleicht  nicht 
zur  allgemeinen  Wirkung  und  durchführung  gelangen.  Vermutlich  aber 
wird  auch  dann  sich  der  grund  erforschen  lassen  oder  wenigstens  ein 
bestimmter  grund  vorausgesetzt  werden  dürfen,  aus  welchem  die  nur 
bedingte  ausbreitung,  die  unvollständige  durchführung  sich  erklärt".  In 
dem  letzten  satze  ist  das  ,, vermutlich"  von  interesse :  Scherer  hat  nicht 
aus  den  äugen  verloren,  dass  die  lehre  von  der  ausnahmelosigkeit  der 
lautgesetze  ein  postulat  sei;  er  hat  auch  hierin  Schuchardts  beifall  ge- 
funden, der  a.  a.  o.  s.  29  zu  dem  resultate  kommt,  die  lehre  von  der 
ausnahmelosigkeit  der  lautgesetze  lasse  sich  eben  so  wenig  auf  deductivem 
wie  auf  inductivem  wege  beweisen.  ,, Vermutlich  wird  . . .  sich  der  grund 
erforschen  lassen,  oder  wenigstens  ein  bestimmter  grund  vorausgesetzt 
werden  dürfen,  aus  welchem  die  nur  bedingte  ausbreitung,  die  unvoll- 
ständige durchführung  sich  erklärt".  Welcher  art  wird  dieser  grund 
sein ,  wenn  wir  von  der  Störung  durch  ein  anderes  lautgesetz  absehen  ? 
Die  Junggrammatiker  geben  nur  Einen  zu:  falsche  analogie;  falsche  ana- 
logie  wird  überall  statuiert,  wo  die  lautgesetze  zur  erklärung  einer  form 
nicht  ausreichen.  Nicht  nur  Schuchardt  widerspricht  hier,  der  auf  die 
Sprachmischung  als  eine  quelle  solcher  Störungen  hinweist  (s.  33);  auch 
für  Scherer  ist  die  formübertragung  nur  das  vornehmste  und  in  den 
meisten  fällen  zutreffende  erklärungsprincip  gewesen,  er  hat  bis  zu  seinem 
tode  daran  festgehalten,  dass  es  auch  andere  weniger  häufige  modalitäten 
der  durchkreuzung  eines  lautgesetzes  gebe,  dass  vor  allem  das  princip 
der  differenzierung  auch  in  älteren  perioden  anwendung  gestatte.  Und 
was  ich  für  noch  wichtiger  halte :  Scherer  hat  sich  nicht  damit  begnügt 
die  grenzen ,  innerhalb  deren  die  Wirkungen  der  analogie  sich  geltend 
machen,  einseitig  durch  ziehung  der  grenzen  zu  bestimmen,  innerhalb 
deren  die  lautgesetze  sich  als  wirksam  erweisen,  also  —  die  analogfie 
einmal  als  einzige  quelle  psychologischer  Störungen  vorausgesetzt  —  eine 


Wilhelm  Scherer.  171 

analogistische  erklärung  lediglich  ..negativ  durch  das  nichtVorhandensein 
einer  lautlichen"  (J.  Schmidt  KZ.  XXVI.  330)  zu  begründen;  es  zeugt 
von  seinem  hohen  wisseuschafliicben  sinne,  dass  er  schon  im  jähre  1867 
eine  principielle  Untersuchung  der  frage  verlangte,  in  welchem  umfange 
der  process  der  formübertrt^ung  sich  geltend  machen  könnte,  und  selbst 
einige  der  gesichtspuukte  bezeichnete,  welche  die  Untersuchung  festzu- 
halten hätte.  Er  hat  dadurch  jede  Verantwortung  für  die  Übertreibung 
des  neuen  principes  von  vorne  herein  abgelehnt.  —  Aber  allerdings  war 
er  entschlossen  die  formübertragung  auch  für  die  ältesten  und  älteren 
Sprachperioden  heranzuziehen,  wenn  sie  ihm  eine  einleuchtende  erklärung 
an  die  hand  zu  geben  schien;  denn  er  Hess  die  Unterscheidung  zwischen 
entwickelung  und  verfall  in  der  spräche  nicht  gelten,  gewahrte  überall 
bloss  entwickelung .  bloss  geschieht« ,  und  vermochte  zwischen  vorhi- 
storisch und  historisch  keinen  anderen  untei schied  zu  entdecken,  „als 
die  wesentlich  andere  beschaffenheit  der  quellen"  (Widmung  s.  VIII). 
Daher  machte  er  front  gegen  die  suffixidentificierungen,  front  gegen  die 
verstümmelungstheorieen ;  daher  aber  auch  warf  er  die  jüngeren  sprach- 
phasen  nicht  als  corrupt  bei  seite,  sondern  suchte  das  wirken  der  sprach- 
bildenden factoren  an  den  genauer  bekannten  erscheinungeu  jüngerer 
und  jüngster  dialekte  kennen  zu  lernen,  um  es  in  die  Vergangenheit  zu 
projicieren.  Gleiche  Ursachen,  gleiche  Wirkungen.  Lehren  uns  die 
modernen  sprachen  die  analogie  als  einen  factor  des  sprachlichen  lebens 
kennen,  so  sind  wir  im  principe  berechtigt  die  analogie  auch  für  ältere 
Sprachperioden  herbeizuziehen.  Ueber  den  umfanf^,  iu  dem  dieses  princip 
zur  anwendung  zu  kommen  habe,  ist  damit  gar  nichts  ausgesagt. 

Die  lösung  des  grossen  problems,  das  Scherer  aufgeworfen  hatte, 
führte  ihn  mehrfach  über  die  germanische  Ursprache  hinaus.  Manche 
formansätze  verlangten  eine  rechtfertigung.  Diese  bringt  er  in  dem 
umfangreichen  abschnitte  seines  buches  nach,  welcher  sich  mit  den 
wichtigsten  fragen  der  germanischen  formenlehre  beschäftigt.  Auch  hier 
offenbart  sich  sein  streben  die  Untersuchung  auf  möglichst  breitem 
hintergrunde  und  bis  auf  den  äussersten  punkt  hinaus  zu  führen.  Er 
behandelt  die  tatsachen  der  deutschen  formenlehre  mit  steter  herein- 
ziehung der  formengebung  der  verwandten  sprachen,  und  lässt  seine 
arbeit  in  eine  analyse  der  flexivischen  form  der  ursprache  auslaufen. 
Im  einzelnen  ist  hier  vieles  geglückt.  Dass  die  ursprache  eine  ö-  und 
eine  mi-conjugation  besessen  habe,  hat  Scherer  zuerst  gesehen.  Dass  die 
nominative  Txoi/urjr ,  6oxi^q,  Svsfttvijs  nicht  mittelst  s  sondern  durch 
dehnung  des  stammvocals  gebildet  sind,  hat  Scherer  erkannt.  Dass  in 
einigen  personal-  und  verbalfonnen  wie  sskr.  ayam,  idatn,  lat.  emem, 
sskr.  gacchatäm  eine  partikel  festgewachsen  sei,  ist  Scherers  gedanke. 
Die  gleichsetzung  von  got.  mm^  mit  sskr.  as-md-  rührt  von  Scherer  her. 
Dass  wir  iu  sskr.  bhäratät,  gr.  (f^iQ^Tto,  osk.  Hkitüd  ablative  sehen,  tun 
wir  nach  Scherers  vorgange.  Von  den  allgemeinen  gedanken,  die  er  ver- 
fochten hat ,  halte  ich  den  für  den  zukunftsreichsten ,  dass  viele  stamm- 
bildangssuf&xe  flexionssufhxe  sind.    Scherer  selbst  hat  das  a  der  a-stämme 


172  Wilhelm  Scherer. 

für  ein  locativsuffix  erklärt.  Das  war  freilich  verfehlt.  Aber  welche 
berechtigung  dem  gedanken  an  sich  zukomme,  wird  klar,  wenn  wir  der 
neuesten  erklärung  gedenken,  welche  die  formen  Sov^arog,  Sovquti,  iJTiaTog, 
^nart  erfahren  haben.  Was  von  doigan,  ijnuTi  gilt,  muss  auch  von 
ilmdt,  wahr  sein.  Vielleicht  lassen  sich  sämmtliche  consonantische  stamme 
so  auflösen,  sicher  die  n-  und  »•-stamme.  Und  vielleicht  besitzt  einmal 
jemand  den  mut  auszusprechen  und  zu  zeigen,  dass  die  ei-  und  ew-stämme 
auf  den  o-stämmen,  die  ew-stämme  auf  den  «-stammen  beruhen. 

Die  Wirkungen  von  Scherers  werke  sind  der  gesammten  Wissenschaft 
zu  gute  gekommen.  Wer  das  glück  hat  sein  schüler  gewesen,  und  das 
besondere  glück  seines  näheren  Verkehrs  gewürdigt  worden  zu  sein, 
kennt  noch  eine  höhere  art  seiner  Wirkung:  die  Wirkung  seiner  persön- 
lichkeit. Ein  mensch  mit  der  fähigkeit  auf  jede  frage  einzugehn,  ge- 
sichtspunkte  für  ihre  beantwortung  festzustellen  und  sofort  zu  erkennen, 
welche  tragweite  ihr  zukomme;  mit  dem  guten  willen  jedem  seine  zeit 
und  kraft  zu  widmen,  woferne  er  nur  selber  guten  willen  sah;  mit  einer 
objectivität,  die  auch  dem  gegner  gerechtigkeit  widerfahren  Hess  und  von 
ihm  zu  lernen  suchte ;  von  einer  reinheit  und  einem  adel  der  gesinnung, 
die  ihn  dazu  beföhigten  auch  in  die  persönlichen  angelegenheiten  derer, 
die  ihm  anvertraut  waren,  als  gewissensrat  einzugreifen.  Ich  betrachte 
es  als  eine  der  freundlichsten  führungen  meines  lebens,  dass  ich  ihn  in 
der  glanzzeit  seines  wirkens  habe  kennen  lernen  und  in  schweren  inneren 
kämpfen  ihm  habe  nahe  treten  dürfen.  Und  wenn  es  in  dem  schmerze 
darüber,  dass  wir  ihn  so  frühe  verloren  haben,  einen  trost  gibt,  so  ist  es 
der,  welchen  der  grosseste  unter  den  Deutschen  in  die  worte  gefasst 
hat:  Er  war  unser! 

Göttingen,  Fritz  Bechtel. 


173 


Die  sprachform  der  altionischen  und  altattischen  lyrik. 

(Fortsetzung). 

Nachträglich  habe  ich  noch  Euenos  von  Faros  unter  die 
altionischen  dichter  aufgenommen.  Es  ist  nicht  wohl  zu  be- 
zweifeln, dass  die  uns  von  Aristoteles  unter  Euenos  namen 
aufbewahrten  bruchstücke  von  dem  älteren  ICuenos,  nicht  von 
dem  Zeitgenossen  des  Sokrates  herrühren :  wie  würde  sie  sonst 
Aristoteles  als  belege  citirt  haben?  Ebenfalls  von  diesem  alten 
Euenos  stammen,  wie  bereits  Bergk  und  Härtung  erkannt 
haben,  die  drei  stücke,  welche  uns  in  der  unter  Theognis  namen 
gehenden  Sammlung  v.  467—96,  667—82  und  1345—50  er- 
halten sind.  Der  beweis  für  467—96  liegt  darin,  dass  v.  472 
dieser  elegie 

näv  yctQ  dvavxalov  XQi}i.i  dvujQov  eq)v 
mit  der  unerheblichen  abweichung  nqäyfx  für  /e^^tf'  (zu  gründe 
liegt  beiden  lesungen  das  altionische  Trgrjxficc  s.  Bechtel  Ion. 
inschr.  s,  107  [Chios])  von  Aristoteles  als  ausspruch  des  Euenos 
citirt  wird;  für  667—82  und  1345 — 50  wird  Euenos  autorschaft 
durch  die  anrede  an  den  Simonides,  an  welchen  auch  die  verse 
467  —  96  gerichtet  sind,  verbürgt. 

Für  den  älteren  Euenos  spricht  auch  der  einfach  klare 
Inhalt  der  fraglichen  stücke,  welche  von  dem  verkünstelten 
tone  der  elegie  zu  Sokrates  zeit  weit  ab  liegt  und  vor  allen 
dingen  die  sprachform,  welche  rein  altionisch  ist  und  keinerlei 
eiuwirkung  des  epos  zeigt. 

Frg.  9,  1  ist  zwar  i'uevai  überliefert,  aber  der  sinn  fordert 
fulvai  und  es  ist  wohl  zweifellos  EMENAI  aus  dem  missver- 
standenen MENAI  =  jitslvat,  hervorgegangen,  üebrigens  würde 
das  metrum  auch  erlauben ,  e/nsvai  durch  das  ionische  elvat 
zu  ersetzen. 

Theognis  490:  ttjv  de  ^6oIg  auivdeig  widerspricht  d^solg 
{oTtivösig)  der  alten  las,  welche  d^soiai  fordert,  aber  die  ände- 
rung  von  d^eolg  in  d^eÜL  ist  sachlich  ganz  unbedenklich  —  vgl. 
z.  b.  die  Spendeformel  ixasxvrat'  xäXet  d^söv  —  und  wird  noch 
mehr  erleichtert  durch  die  alte  parische  schrift,  welche  o  durch 
Q,  10  durch  0  ausdrückte:  es  wäre  dann  OEOIITTENAEII  d.i. 
d^eiüL  a/rivöeig  in  sehr  verzeihlicher  weise  als  d^eolg  anivöaig 
aufgefasst,  vgl.  Bechtel  Ion.  inschr.  s.  52. 

lieiüafe'o  i.  kuudo  d.  indg.  sprachen.    XUI.  13 


174  A.  Fick 

An  die  reste  der  neueren  ionischen  lyrik  habe  ich  noch 
die  elegieen  des  Simonides  von  Keos  angeschlossen.  Die  spräche 
dieser  stücke  zeigt  ganz  deuthch  die  homerische  einwirkung: 
vaisTaovTEQ  84,  ssittbv  85,  2,  ovaai  85,  4,  yrjQaae/uev  85,  9, 
Tcorl  85,  13,  dvacpQOövväiov  86;  dazu  kommt  die  jüngere  form 
olg  {TavTTjt.)  85,  11  für  olai. 

Nach  84,  3  oi  te  itoXiv  rkav/.oin,  KoQivd-iov  aarv  vi/nnvrsg 
ist  V.  1  des  korinthischen  epigramms  96  w  ^eiv\  svvöqov  7cot^ 
ivaiofxev  aorv  KoQivd^ov  zu  schreiben:  c5  §ivf\  suvögowetuoiisg 
Ttoxa  /äoTv  KoQLvd^ov.  Der  grund  zur  änderung  ist  klar.  Dass 
das  epigramm  ursprünglich  gut  korinthisch  abgefasst  war,  wird 
durch  die  dialectgemässe  kürze  in  Usgoag  verbürgt.  Das 
ganze  ist  zu  gestalten: 

£2  ^tvf- ,  avvÖQOv  v£/iiof.i£g  n,0Y.a  fäoTv  KoqIvS-ov, 

vvv  d    äf-i    ^XfavTog  väaog  s^sl  ^aXa/Lug' 
ivd^dös  (DoLvioaag  väfag  xat  Uegoag  hlövxeg 
'/.al  Mrjdovg  luQctv  '^EXläd'  lfQvoäf.iEd^a. 


Archilochos  3,  4  ist  dd(.iovEg  statt  öaifioveg  zu  schreiben. 
Das  wort  bedeutet  „kundig",  muss  also  aus  dem  homerischen 
öarj(x(x)v  entstanden  sein;  dieses  kann  aber  ionisch  nur  zu 
däf.ioiv  contrahirt  werden,  wie  vmdrjTE  zu  vixccte,  Javdrj 
zu  Java. 

Nach  den  ältesten  inschriften  der  Inselias  habe  ich  bei 
Archilochos  rio  statt  sco  geschrieben,  indem  ich  annehme,  dass 
der  quantitätswechsel  sich  erst  innerhalb  des  diphthongs 
vollzog. 

Frg.  57  ist  wohl  xeQOjTTXdarrjv  statt  -/.EQOTtXdaTrjv  zu 
schreiben:  zeqco-  ist  aus  -/.EQao-  contrahirt,  denn  die  locke 
heisst  xigag  vgl.  ^  385  xegd'  dylaä.  In  der  alten  parischen 
Schrift  wurde  o  durch  Q,  co  durch  0  bezeichnet. 

Frg.  119  ist  wohl  besser  nach  rrjvsßla,  trjvsßlog  bei 
Hesych:  TTqvEßla  statt  trivEXXa  zu  schreiben:  xriveß  gehört  zu 
xovaß-itü,  %  ist  hier  palatal  vor  hellem  vocal  {rf). 


Bei  Semonides  erklären  sich  die  messungen  l4tdrjg  1,  14. 
7,  117,  oQov&vqrjg  17  und  nuvXvnov  29  daraus,  dass  dieser 
dichter   im   gegensatze    zu   Archilochos   keine   auflösungen   im 


Die  sprachform  der  altionischen  und  altattischen  lyrik.     175 

iambus  zulässt:  er  musste  sich  also  bei  Wörtern  von  anapästi- 
scher und  sonstiger  widerstrebenden  messung  mit  ictusdeh- 
nungen  behelfen. 

Frg.  20  ist  aliiia  (al^a)  nicht  zu  ändern.  Das  wort  heisst 
hier  aber  nicht  „blut"  sondern  „sinn,  einsieht"  und  verhält 
sich  zu  a%[.uov  „kundig"  {E  49  ai/nova  ^r'jQr]g)  wozu  ai/uvXiog 
gehört  und  das  auch  in  namen  wie  i^vög-aificov ,  '^I/iTtaif^tav 
vorkommt,  wie  /.ivt^juiov  zu  f-irrj/iia.  d  611  bedeuten  die  worte 
aifiarog  loa   dyaO^olo  „du  bist  von  guter  einsieht". 


Mimnerm.  2,  10  ist  an  dem  überlieferten  drj  red^vcevai  wohl 
nicht  zu  ändern :  mit  der  messung  von  t^&vdvat,  vgl.  Simonides 
von  Keos  99  ovds  Tsd^vaai  &av6vteg. 

Die  beiden  beispiele  für  offenes  «o,  eo)  im  verb  auf  «w  bei 
Mimnerm,  die  einzigen  in  der  altionischen  poesie  vor  540  v.  Chr. 
sind  nicht  stichhaltig.     In  Mimnerm.  14,  3 — 4 

yivöcov  l-rtTiOf.idxiov  Ttvyciväg  xlovsovra  ffdXavyag 
Egf-iLOv  hf-i  tieölov  cpwta  q)€QeijneXirjV 
liegt  offenbar  eine  absichtliche  nachahmung  der  epischen  spräche 
vor,  insbesondere  von  E  96 

^vvvovt    a/Li  7Ctdlov  ttqo  fe^ev  xXoveovra  cpdXavyag 
es   fällt   also    die    abweichung    vom    dialecte    des    dichters    im 
offenen  v,Xovi.ovv(x  unter  die  rubrik  der  citate. 

Auch  T&Xiiov  Mimnerm  11,  3  ist  kein  zweifelloses  beispiel 
einer  offenen  form  der  verba  auf  ho:  man  könnte  ja  mit 
leichter  änderung  reXeoiov  schreiben  {teXlaag  steht  im  vorher- 
gehenden verse)  oder  an  ein  ionisches  gegenbild  des  homeri- 
schen reXeiio  {zeX^io  oder  TeXeto)?)  denken.  Sonach  ist  die 
regel,  wonach  die  älteren  ionischen  dichter  vor  540  v.  Chr. 
nur  die  contrahirten  formen  der  verba  auf  sto  anwenden,  eine 
ausnahmlose. 


Phokyl.  1,  2  ist  zu  schreiben:  xat  ös  ÜQOxXfjg  ^egiog. 
Die  nachbildungen  dieses  distichons,  welche  unter  Demodokos 
namen  gehen,  zeigen  deutlich,  dass  im  vierten  halbverse  de 
gestanden  hat:  Demod.  2,  2  nQOuXirjg  di  Xlog  (Xiov?)  und 
3,  2  xat  KivvQrjg  öe  KiXi^.  Ferner  ist  nach  Bechtel  Ion. 
inschr.   s.  68   nur  —  xXijg  nicht  —  xXirjg  auf  inschriften   der 

13* 


176  A.  Fick 

zwölf  Städte   zu  belegen,    was  allein  entscheidend  wäre,    wenn 
Phokylides  noch  der  älteren  las  angehörte. 

A.  Aeltere  lonier. 

I.    l/iQx^Xoxov  üagiov  (700 — 660  v.  Chr.). 
las  der  Kykladen. 

1 
'jB/|Ut  ö'  sycü  ^egciTttüv  (.lev  'EwaXioio  d^eolo 
Tial  Mova^ov  igaröv  ömqov  eniaTafxevoq 

2 
Ev  öoqI  fisv  /.loi  ftdCa  /n£f.iayfi€V7i,  ev  öoqI  (J*  olvog 
'lauuQixög,  nlvu)  S'  ev  öoqI  /lexliftivog. 

3 
Ov  TOL  nolX  sTi  xo^a  lavvaaexai,  ovdi  ^a^ieiai 
Oipavöövai,  svt'  av  ör]  /ncolov  ^L4Qr^g  ovvdyrji 
EV  neöicot'  §i(pewv  ds  tioXvotovov  toasxai  tgyov 
TavTTig  yccQ  Tiävoi  ödf.iovag  eiol  fidxfig 
5  öeanoTaL  Evßoirig  öovqI  ■kXvtoI 

4 
u4XX   aye^  avv  xio&wvi  ^o^g  öid  aik^iara  vriög 

cpoLva  -Kai  y.oiXoiv  inx)y.Q.x    a(psXy.E  'mdwv, 
aygu  ö    olvov  egvd^qbv  dyto  iQvyög'  ovds  ydg  Tifxüg 
VTicptiv  iv  cpvXaxTiL  TT^ide  dvv7ia6f.i€&a. 

5 
dii^  ocüXrjvog  sg  avyog 

6 
\>4aTcldi  /.lav  2ci'Cu)v  tig  dydXlevaiy  tiv  nagd.  &d(.tvioL 

tvtog  dfxüJfiijTOv  KdXkiTtov  ovx  id^sliov 
avTog  ö    €^i(pvyov  d^avdxov  xeXog'  daitig  i^ieivri 
SQQetio'  i^avTig  y,Ti]aoj.iai  ov  jcax/w. 

7 
Seivia  övo^tvioLV  Xvyqd  xaqitofxevoi 

8 
u4.laifAid7i,  öeiXov  (xev  iniQQTjoiv  j-iaXadaiviov 
ovdug  dv  judXa  uoXX'  ifUQoevia  ndi^oi. 

ITqos  JlifitxUa   9 

KTJjäaa  /.liv  arovoevta^  JleglxXeeg,  ovde  Tig  datöJv 

lÄe(.i(p6f.ievog  d^aXiiig  Tiq^perav  ovds  nöXig' 
TOLOvg  yoQ  xard  nvfia  7toXv(pXoiaßoio  iyaXdaoriß 


Die  sprachform  d.  altion.  n,  altatt.  lyrik.    A.  I.  ArchilochoR.     177 

eyiXvaev,  olöaXaoi'g  6^  d/ii(p    oövvriia   sx^^f-tav 
5  7iXevf.iovag'  aXXd  &eoi  ydg  dvrixtaTOiai  xaxoJoiv, 
10  (fix ,  ETci  ■KQaTEQ'iiy  tXtijuoovvtiv  edsoav 
qxxQjiiaKOV'  aXXote  tJ'  aXXog  e'xsL  toöe'  vvv  f.tsv  eg  ruLir^g 

ETQdrreO^,  aifiaröev  d*  f-'X^iog  dvaüTevofiev, 
e^avTig  (f  eregovg  S7t    df.i6iipsTai'  dXXd  rd^iOTu 
10  tXr(t;B  ywuixelov  nivd^og  dTtwodfÄEVOi. 

10 

KQVTtTCüi-UV  d^  dvLTiQcc  Tloo Biöriiovog  avaxzog 
dwQa 
..........     ^    ......     .  11 

IloXXd  d'  evTtXoxduovg  t^Xiag  dXög  iv  TteXdyeaaiv 
^eaodjLievoi  yXvxsQOv  voatov 

12 

Ei  Y.ÜVOV  yterpoXriv  /.al  x^Q^^vtu  jueXri 
'' H(paiOTog  ycad^aQoloiv  sv  üfiaaiv  di^Kpertovrjd^ri 

13 

OvTS  Ti  ydg  xXaicov  i'^aojLiai  oI'te  y.dy.iov 
^ifjOiü  TEQTcioXdg  y.ctl  ^aXiag  expirtijDv. 

14 
rXavx,  STcUavQog  dvrjQ  roaonv  cpiXog,  tote  f^idxr/^cii 

16 
ndvTa  Tv'xfi  'Acti  /.lolga,  neQLxXeeg,  dvdgl  diöwaiv 

"'lafjßoi.   T(ilfiiTqa  20 
KXaiw  zd   Qaaicov,  ov  rd  MayvrjTwv  Y.ai^d 

21 
'^"Hde  S"  cüOT   ovov  qdxig 
VaT7iy.ev  vXrig  dyqirig  s7tiaT£q)^g' 
ov  ydg  ti  xaXog  x^Q^S  ^vö'  srpif.iEQog 
Oid'  EQCiTÖg,  olog  d(.i(pl  2iQiog  godg. 

22 
Kai  ^i    ovt'  Idftßtov  ovte  tEQTttüXiiov  (.ieXel 

23 
'Ft'/ag  ExovTEg  xvf-tdrwv  sv  avxaoiv 

24 
Kai  Srj'  Ttinovgog  wüte  Kdg  xExX^aofAai 

25 
Ov  (.lOL  rd  rvyrio  rdv  rroXvxQvaov  jueXbi, 
ovö^  uXe  y.o')  ilie  ^r^Xog,  ovo'  dyaiofxai. 


178  A.  Fick 

d^ecüv  sgya,  (.leydXriq  6'  ovx  sqsm  rvQavvidog' 
aTtOTtQO&Ev  yccQ  eariv  ocfd^al^f-iiov  e^wv. 

.  .  'O  ä*  ^at-Tig  '/MQZEQoq  /.irjlozQoq^av 

^' 4va^^'A7toXXov^  xai  ov  ravg  /niv  alriovg 
öiifÄaive  xal  oq)rig  oXXv    log  tisq  oXXveig. 

ÖiTiv  udvAd[.ißsog  Ttaiöa  tt^v  vtcsqtsqtiv 

^'Exovaa  ^aXXov  f^ivgolvTig  ersQTreTO 
Qodiig  TS  y.aXov  avif^og,  r  ös  ol  x6/nri 
Mf.iQvg  KaTeoKiaKe  xat  /Li€zdq)Qeva 

^Eof.ivQLX(.iivag  xo.«ag 
xat  ar^^og,  cog  av  y,al  ysqcov  rjgdaaaTO 

OvY,  av  (.ivQOLöL  yQTJvg  sava^  TiXelffeto 

'Qg  TC€Q  ydg  auXcoi  ßqvtov  rj  Sgrn^  dv^g 
rj  0Qv^  eßgvte,  xvßöa  d'  rjv  Ttovmf.dv7i. 

Kar'  oiKov  eotQwcpaTO  dvoy.avrjg  ßdßa^ 

Jlgög  Toly^ov  e^Xlv&rjoav  iv  TtaXivaylicot, 

Kvxpavtsg  vßgiv  dd^goriv  aTtacpXoaav 

u4XX   aXXog  dXXcoi  xagöiriv  ialverav 

XalxTiv  art   ojftwv  evkvtI  A,By.aQ(.iivog 

nQüvd^rjxe  Tiaial  öeItivov  airiveg  (pEQWv 

Bovg  iazlv  r^ulv  sgyarrig  ev  oIxltil 
xoQMVog,  egyiov  cögig  ovöa/naig  .  . 

Toiov  ydg  avXr^  EQ'Kog  di.iq)LdidQO(.iBv 

It^fiiad^l  ydg  ae  7td(i7tav  ov  ÖLa^of^sv 


26 
27 

28 
29 

30 

31 
32 

33 
34 
35 
36 
37 
38 
39 

40 
41 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    A.  I.  Archilochos.     179 

42 


EoXiiv  yccQ  a?yXriv  olöa  tüiovvov  rpviav 
uiiaoiv 

"lazTi  Y.ctx    ^'i^'r\y  ■/jvf.iaTOi;  re  xavif.iav 

lVlETiQxof.iai  OB,  ovfußoXov  7toie6f.ievos 

TQiaivav  aaXriv  xat  ■/.vßsQvrijriv  o6(pov 

0rjXi]Ta,  vv-ATiüt)  Ttegl  itoXiv  TCoXe6f.i6ve 

I^XjC  (XTteQQwyaal  f^oi 
fivarjo  rivovTsg 


Q  XiTceQvfJTeg  rcoXlzai,  xai-iä  örj  ovvUte 
QrjiiiaT 

^H  ndgav  xcd  ov/.a  'A,üva  v.a.1  ^aXaoaiov  ßiov 

'^Üg  UaveXXTivMv  ö'itvg  ig  Qdaov  avvEÖQaf.iev 

Mr]d'  6  TavtdXav  Xid^og 
T'^ad'  VTtsQ  V710OV  yiQSjiidad^io 

rXavx\  oga,  ßad^vg  yag  ^ötj  '/,vf,iaoiv  jagäoostai 
/tovTog,  d[X(fi  S  ayiga  Fvqtiov  ogi^öv  lOTatai  vag)og, 
OTi/iia  xeifxiovog'  y-ix^vel  ^  s^  ccEXrtTiTig  (poßog. 

Kai  veavg  i^dqovvE'  vUrig  d'  iv  ^Eoloi  Tteigata 

QeöIov  Ti^Evai  Tcc  ndvTa-  jcoXXd-Kug  fiEv  in  y.ay.cdv 
dvÖQCtg  OQd^ovoiv  ixEXaivrii  -AEiitivovg  etvI  xd-ovi, 
7toXX(x'/.Lg  d'  dvaxQETiovoL  /.al  (A.dX!  sv  ßEßTinovag 
V7cziavg  yiXivova  '  ercEita  rtoXXd  ylvsTai  x,ay,d 

Tcal  ßlov  XQWV^  TtXavätai  y.al  vöov  nagrpQog. 


43 
44 
45 
46 
47 

48 

Ttrqctjxttqa  oO 


51 
52 
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54 

55 

56 


180  A.  Fick 


Tov  '/.eQiüTrXdoTTiv  aeiöe  VXavi^ov 

Ov  (piketü  ^ilyav  OTQaxriybv  ovös  diariETiXiyiAevov 
ovdi  ßoargvxoiOL  yavqov  ovo'  VTte^VQrjjiievov, 
dlXcc  [.lOi  a^itytQog  rig  eXr]  /.al  Ttegl  ■/.vrif.iag  Iduv 
Qoixog,  dacfaXeöjg  ßeßTi^tog  Ttoaai,  '/.agöirig  Ttkicüg. 

^Emd  yciQ  ve/.Qtov  ixtoovtiov^  ovg  s/näQipaiiitv  rtoaiv, 
XeiXiOi  (povrjsg  el/iiev 

^Eq^Iti,  XTii  drjVT*  avoXßog  dd^Qot^etai  otQarog; 

"EXrrof.iai,  TtoXXohg  fiiv  avTtov  ^eiQiog  xatavavei 
o^vg  ilkd^i7r(ov 

'Eq^Uov,  eTi]Tv/iiov  yctQ  ^vvog  dvd^Qionoia  ^^Agr^g 

Ov  Tig  aldoTog  /lut'  darwv  xdvaQi&fiiog  d-avwv 
ylvsTOL'  x«?^*'  ^^  f^idXkov  tov  toco  diioy-Of^iev 

Ov  yccQ  iaXd  xaraS^aravai  ■/.agropeiv  ht    dvögaoiv 

'^Ev  d'  ertiOTa(.icti  ^liya 
TOV  xa/wg  Ti  dgcovra  dsivoTa   dvxafXEißsoiycti  xaxwg. 

Qvfxe,  d^vfx   df-iTfi^dvoiai  y.7i6saiv  nvmo/iieve, 

dvd  d'  s'xEO,  /iiiviov  (5'  dXe^eo  rtQöoßaXwv  haviiov 

origvov  iv  dÖMiöiv  ix^gcov  tcXtioiov  -KaTaarad^eig 

aa(paX€cdg  •  ytal  jiirjTe  viy.c!jv  df^iq)ddriv  dydXXeo 

jiirjte  vr/.Tid^ug  ev  oXmoi  -/MiavcBOiov  odvgeo' 

dXXd  xaQToioLv  re  xaiQB  y.al  xayiolffiv  daxdXa 

(itj  Xiriv  yiyvcoaxs  6^  olog  Qvaiiiög  dvd^Qw/tovg  s'xei. 


ov  yccQ  drj  nagd  (plXcov  drtdvxso 


....  (■idx'^ja  ^€  ^^S  tJ^,  war«  diipicov  Ttiüvy 
log  egew 

Nvv  di  ^ripcpiXog  (xev  ägxei,  ^ri6(piXog  d'  imagarely 


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69 


Die  sprachforin  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    A.  I,  Archilochos.     181 
ylTloq)iXioi  de  Ttccvta  yieirai,  ytTi6(fiXoq  ^  axovitco. 


Tolog  dvd^QwnoLOi  ^t/zog,  FkavTLE,  yteTttivrio  rcai, 
yivetai,  d^vriTola,  oy-oItiv  Zevg  Eq>^  ri^isQTiv  ayrjt, 
Y,al  cpQOvdvai  toi ,  oKoLoia   svxvQeioaiv  ggy^aaiv. 

Ei  yctQ  (og  i^uol  yevoiTO  x^qa  NsoßovlTig  d-Lyüv 

Kai  Tceaüv  öq'^gttiv  etz   da^ov  narti  yaorgi  yuarega 
TtQoaßalüv  itnjgovg  re  f-irjQola 

"Hjußlaxov,  y.at  xav  xiv    aklov  ^(J'  ani  -/.ixi^aato 

XQr]jiiccT(ov  cceItttov  ovdsv  eotiv  ovo'  ctTiio^otov, 
ovdi  d^avjiidaiov,  ejtei  ö^  Zevg  TtajrjQ  'OXvjUTtuov 
SY.  jLieaTyLtßQiTig  e&rjUE  vv/x    aTtoyiQvipag  cpdng 
TiUov  IdfiTtovTog'  Xvygov  S'  ^Xd-^  sn   dv&gtoTtovg  öerrg. 
EX  öe  xdv  -Kai  Ttiaxd  Ttdvxa  ytdrtisX/rra  yiverai 
dvögaoiv  f-irjöiig  id-^  vjitECov  Eiaogwv  d-av^ia^ETO), 
fiTj^  otav  SeXcpioi  d^rJQsg  dvza^iELipcüVTai  vn/ii6v 
EvdXiov  xal  a(piv  d^aXdaarig  '^etjvtu  xv^ara 
q^lXtEQ    TiTieigofü  yevrjrai,  toloi  d'  vXeyiv  ogng 

KXvd-'y  ava^^HcpaiOTE  xai  f.ioi  avft/itaxog  yavvav^iEvwi 
YXecog  yevEo,  xf^Q^^^^  ^'  ^m  neg  ;fa^/C£at 

^vTog  E^dgxf^v  ngog  avXov  yisaßiov  rrai'^ova 

'Qg  Jiovvvooi    avaxTog  xaXov  l^dg^ai  ^teXog 
olöa  did^vgaf-tßov,  oivtoi  avvxegavviüO^eig  cpgivag 

.  .  .  TtoXXov  Öe  Ttivcov  xai  x<^Xixg7iTOV  f.iEd^v 

OVTE  Tl/HOV  uaEVEvy.(6v  .   . 

ovÖE  ^17^  y.Xrjd^Eig  {vcp    Ty-tEiov)  rjXd^eg^  oia  ötj  cpiXog' 

dXXd  ü    \  yaaxrig  voov  xe  xai  cpgEvag  JiagrQ'ayEv 

ug  dvaideiTiv 

^EgaaiLioviÖTi  Xagiöme,  XQVf^^  ^^^  ysXolov 

igew^  TtoXv  rpi'Xxaif  Exaigiov,  xegipeai  ö*  dKOvcov 


VO 

71 

72 

73 
74 


75 

76 

77 

78 


79 


182  A.  Fiele 

80 

(DiXüv  OTvyvov  TiEQ  Eovxa  i^rjös  ÖLaliysa&ai 

81 

Aariöv  d'  oi  fxsv  xavoTtia^sv  rjioctv,  dl  de  TCoXloi 

82 

/drijuriTQL  TS  XBiQag  dvi^iov 

.     .     . 83 

Eiod^ev  h'yiaaTOS  Erttvev,  iv  öi  ßa^xiviLOLv 

"EnondoC  84 
JvoxrivoQ  svxEi/iiai  TCoi^tüL 
aipvxog,  xaXsjcTiiaL  ^eüv  oövviiiaiv  sktiti 
7t£7taQU€vog  Öl   oütsojv 

85 
L^A^a  |u'  6  XvoifxeXtjg^  w'  raiQe,  Säf-ivatai,  Ttod-og 

86 
^Ivog  Tig  dvd^QWTtiov  ods, 
hg  aq   ccXiottt]^  xatfiTOg  ^vvewvItiv 
e'f^iEi^av 

87 

^Ogäig  'iv   ear   exEivog  viprjXög  Ttdyog 

TQTiyvg  XE  y.al  JtaXlvyiOTog^ 
SV  Tiöi  xdd^rji^iai  gt^v  eXacpQito)v  /nayriv 

.     .    .   " 88 

Q  Zev,  TccizEQ  Zev,  oov  (X8V  ovQctvov  ngdvog^ 

Gl)  d'  EQy    E7t*  dvd^Qiönoiv  bqaig 
XsiJüQyd  y.m  &£UiGT(i,  Gol  öe  d^rjqUov 
vßqig  TS  xal  Ölkti  fj.iXEi 

89 
'EqeÖ)  tlv   vf-ilv  aivov,  lo  KriQVxiÖTi 

dyvviÄEvri^  GY.vzdX'ri' 
rtii^riyiog  rjEt  ä^rjQiojv  drtoyiQid^Eig 

f.iovvog  dv    sGxatiTiv' 
Ttüi  (J*  dg^  dXojTti^^  ytEQÖaXii  ovvtivteto 
TtvKvbv  s'xovGa  vnov. 
90 

^OTtTQlül    EQSlÖOf-lEVOV 

91 

TonqvÖE  d\  10  nid^7iY.E,  ti^v  Tcvyriv  excov; 

92 
^Efxkb  6*  eAÜvog  ov  '/MTairgdc^cTaL 


Die  ßprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    A.  I.  Archilochos.     183 

93 


Till   JLISV   vd(i)Q    ECpOQU 

SokocpQOvovaa  x^?'>  ^tjvsQrii  de  tcvq 

nätEQ  uivy.df.ißci,  'Aoiov  IqtQaow  zoös; 

rig  aag  Ttag'^eiQe  cpgivag, 
heg  to  ttqIv  ^OTiQuad^a;  vvv  de  drj  rtoXvg 

daröioi  cpaiveat,  yeXiog. 

Tig  aga  daljutov  xat  tsov  xoAw^fiVoc;; 

^'Oqtiov  (f  kvooqfia^rig  {.leyav 
aXag  te  xal  zgctTreCav 

^H  ÖS  ol  adS^ri 
(og  u  X*  ovov  üqiTiviog 
'K^Xtüvog  stiXt^ij.vqev  otQvyriqxiyov 

(Daivofxsvov  y.ay.bv  oYxaö^  ayead^ac 

Zav  TtdteQ,  yd/nov  fxev  ovn  idaiadfiTiv 

OvY.ed-^  6f4wg  d-dkkeig  dnaXbv  XQÖa'  %dQ(peTai  ydq  ^di] 

IloXkdg  ÖE  tvcpldg  Ev^EXvag  eöe^ü) 

Y(p   ^dov^g  oaleofXEvri  xoqiovti 


94 


Toiog  yctQ  q)iX6zrizog  SQtog  vnö  '/.aQÖiriv  ilvad^Eig 

noXXriv  v.a.%'  dyXvv  o/a/iidTcov  e'xevoev, 
xXEifJag  EX.  GTrid^Ewv  diaXccg  q>Q£vag 

EvTS  TtQog  ad-Xa  di^fiog  iqd^QotCEto, 
EV  6e  Batovaiddrig 

ntioaaovoav  lög  ts  rtEQÖLVM 

ndQsX&e,  yEvvaiog  yoQ  ug 

Nai  val  /.id  firntovog  X^^U^ 


95 
96 

97 

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108 


184  A.  Fick 

109 
'f3g  d   av  as  S^coiii  Xaßoi 

_  110 

Mrj  reo  ^eXafiTri'yov  Tv%oig 

111 
^Ef-iTikr^  ifjso  T€  xai  (pllov 

112 
^Biüjg  yaQ  ovdsv  srpQovsov 

114 
ÜEVTrjY.ovt'  avÖQiov  Xirts  Koigarnv  i^Ttiog  Tlooeidriov 

115 
Kai  ßrioaag  oqsiov  dvOTtaiTtalog,  olog  Tqv  scp'  ^ßfig 

116 

"Oy/uog  iK.ay.6v  öe  yiqQung  y.ad^aiQEi 

118 

IIoll^  old'  aXutnri^y  aX)^  sxlvog  ev  fiSya 

iis  'Hqnxkitt    119 
Tijveßka  KaXXlvixs' 
XaXg    ava^  '^HQCixXssg 
avTog  T€  TidioXriog  alxfiTitai  ovo' 
rrjveßXa  v.aXXiviY.£. 

'lößnx/oc    1  äO 

j7y.i7itqog  ayvfig  -Kai  y-OQVig  tt^  navriyvQLV  oißojv 

i'i  aSrii.(av   tiötOv   122 
K^g  aTiertgiöd^rj  ov.vTa 

123 

124 

125 

126 

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128 
129 


^.AlÖwv  VTt    avXrjtrJQog 
Ilag  avrjQ  aTteoKoXv/CTEV 
.  .  ^ax'^v  üq)iv  Zevg  aöiotiev  avovriv 
.  .  nvQog  6^  rjv  avtiZi  tpBXpäXv^ 
GvQ'^nv  aTtearvTia^ov 
.  .  df-ivögriv  xofpaJ'  h^aXBOf-isvog 
.  .   Qccaov  de  t'^v  rgig  olttgriv  noXiv 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    A.  II.  Buenos.     185 

130 


131 
132 
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134 
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137 
138 
139 


.  TiQOTUVio  xuQa  xat  TiQo'ioaofxai 

•  xo^'j^v  yciQ  ovx  l'x^ig  ig)   fjTtati, 

.  ftoöea  drj  nüd^i,  tifXLcotavoi, 

.  v6/,iOvg  de  Kgrjtixovg  diöäaxeTai 
AvÖQag  df-KfUgißag 
(Dvfia  (xrjQicüv  (.iBxa^ 
(f^UQül  fxoxi^itovia 
.  .  .  \vag  ÖS  f-ieöecüv  d/red^Qiaev 
.  .  .  TCoXkög  d*  äcpQog  rjv  rtegl  öxofxa 

Wörter: 

113  Qagyijlia.  121  xQvoof.d^eiQ.  140  7t aqdoy.6g 
feucht.  141  xj^^üAoff  (schreibe  xfii^ü'Aog).  142  Qv'ta7iof.iai. 
154  d  ytQiüxog  =  axoa/.iog  xal  dXa^cov.  160  dqyiliTcijg. 
165  ixtev la f.i€voi.  169  xe'aTat  6*  sv  Xtiwl.  170  x£i  „dort". 
175  KqetJtti  =  KQrjTrj?  176  y,Qoaivuv  eTii^v^elv.  177 
xvQTT]  aiörjQci  (schreibe  aidriQri).  178  y.vg>cov  =  xaxog 
Kai  olsd^Qiog.  184  jxvadxvTli  «^/«rtg,  drifj.og,  7taxela 
benennungen  der  rtoqviq.  185  fivaxrjg  =  nvaxog  niere,  aidölov. 
189  o^vri  (=  lanze)  noTaxo,  187  Ttai^Tiooai  von  TcaxTog 
älter  als  Tir^xrog.  191  qiö^  g.  quyög  =  gd^  traube.  193 
axeX'^TteQog'  vrjTtiog.  195  tqcc/hlv  tov  oqqov.  196  tqL- 
XovXog  =  ovXÖtqi^.     193  x^Qdf^ßii. 

II.    Evrjvav  Tlaglov  (vor  540  v.  Chr.). 

1 
IloXXoia    dvTiXsyuv  /iiiv  e&og  tcbqI  navxbg  öf.ioitüg, 

OQdwg  d'  dvTtXiyeiv,  ovxeTi  tovt    sv  td^ei  • 

nal  TTQog  /U6V  TovTovg  dgnsl  Xoyog  eig  6  vcaXawg- 

„aol  fiiv  TuZta  öoxeovT   tatw,  ifiol  öi  rord«". 


186  A.  Fick 

5  Tovg  avvsTOvg  ö'  av  tig  Tteiasie  zccxiora  Xeycov  ev, 
oi  7VSQ  -Kai  QTiiotTig  eial  didaa^aUifig. 

BäKyav  /uixQOv  agiarov,  o  f.t^  noXv  firjd^  skäxiOTOV 
earl  yag  ij  XvTiTig  aixiog  rj  ßavirig, 

Xaigei  xiQvd/nevog  de  tqigIv  vvf^cpriioi  TeraQTog' 
TTyiiog  Y.al  d^aXäfxoid'  iarlv  fTOi/notarog' 
5  €1  ÖS  TtoXvg  Ttvsvoeiev,  dnsoTQaTitai  f^sv  eqcjTag, 
ßartTiCsL  d'  VTTvtot  ysLTOVL  Tov  ^avdjav. 

'^Hyeofxai  aocpLrig  uvai,  (Aeqog  ovx  eXdxiöTOv 
OQd^iog  yiyvwGxeiv  olog  e^aarog  dvrjQ. 

Ilgog  aoqiiriL  i-iiv  tyuv  tÖX^tiv  f.iäXa  oi(.i(pOQ6v  eojiv, 
XiOQig  öi  ßXaßeqii  -Kai  xaTiorriTa  (pegst. 

TlolXaxig  dvd^QCOTtiov  ogyii  voov  s^exdXvipev 
'KQvmöf.iBvov  /naviTig  navXv  xegeioTsgov. 

^H  öiog  r/  XvTtri  naig  nargl  Ttdvxa  XQO^ov 


4 


CYßQcg) 

7]  Tig  xegdaivova    ovdev,  öutog  ddixel. 

8 
Mt]Ö£va  Twvä'  deyiovta  (.leveiv  ycaTSQVxe  nag  r^ilv  Theog.467 

(xride  ^vga^e  xeXsv    ovx  e^eXovz^  uvai. 
l^i^i)^  evöovT   STviyeigE,  ^iincovlöii,  ov  tiv   av  riiuidv 

^logjixd^ivT    ol'vcüi  f.iaXd-aY.dg  vrrvog  sXrji,  470 

5  f.i'^TS  TOV  dygvTtveovra  y.eXi.v   dt'/.ovva  ycaO-€vdeiv' 
Tiäv  ydg  avavxalov  rtg'^xf^    dvLiigbv  s'cpv. 
TiOL  nivuv  ^  sO^t'XovTi  Tiagaaraöav  oIvoxoutü)' 

ov  Ttdaag  vvxrag  yiverat,  dßgd  nad^üv. 
avxdg  syw  —  (.istqov  ydg  s'xio  tueXiridiog  oivov  —  475 

10  vTtvov  Xvoiy.dY.av  firTJao/iiai,  ol'^aö    iiov, 

rj^ü)  ö*  tüj  olvog  pfa^ffiffrarog  dvögl  rts/toad^ai  • 

övt'  exL  ydg  v^cpu  ovxe  Xiriv  fite^vco. 
og  ö'  av  vTtegßdXXrjt  /töaiog  /iiitgov,  ovxsxi  y.ävog 

T^g  avxdv  yXwGöTig  xagxegog  ovöi  voov,  480 

15  (.ivd^üxaL  d'  drtdXafivay  xd  vricpooi  yivexai  alaxgd' 
aldÜTai  (J'  i'göwv  ovdtv,  oxav  ^le&vrjiy 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    A.  II.  Buenos.     187 

TO  TtQiv  icbv  oiöcpQwv,  TOTE  v^TTiog'  ccllcc  ov  Toirca 

yLyvwoiicüv  /m^   rilv    oivov  v/tegßoXdöriv, 
dXl^  ?y  TiQiv  /iis^veiv  vTtavioxaao  —  f.n^  os  ßiäaS^oj        485 
20  yaorriQ  üg  te  xökov  Xcctqiv  Ecp7i(.teQiov  — 

rj  naqewv  firj  rclve'  ov  d*  ev^es  tovto  /navaiov 

xioriXlEig  olei  '  rovvE'/.d  xoi  (.isd^vEig' 
71  fXEV  yccQ  cpegsTat  q>LXoT'^aiog,  i^,  ^*  Ttgö^iEiTai, 

zilV    ÖS    &EiüL    OTtkVÖEig,    TTIV    6*    ETIL   X^Q^i   ^X^^?'  490 

25  aQveia^at  S*  ovy.  olöag'  dviAri^iog  öe  rot  ovrog, 
dg  Ttolkdg  nlvcov  ii^  ti  (.idiaLOv  eqeI. 
vf-iüg  S'  £v  /nv^äo^E  naqa  y.qriTrJQL  (.lEvovxEg, 

aXlriXcov  kgidog  drjqiv  EQvy.6(XEV0i, 
eg  TO  i-iEaov  cpojvEOvxEg,  öfiwg  evl  Y.ai  awccTtaaiv  495 

30  yovTiog  ovfX7t6aiov  yivEvai  ovy.  d%aQL. 

9 
B\  fXEv  yQriiiat'  e'xoi^h,  2if.iwviÖ7i,  oid  tieq  rjiöri,   Theogn.  667 

ovx  dv  dvaivoLfiriv  %o~lg   dyad^diai  ovveojv. 
vvv  ÖS  fiE  yiyvwGKOvra  nctQSQXE'cai^  sif^l  d'  dgxovog 

XQTji-ioovvrii,  Tio'KXwv  yvovg  tveq  dfiEivov  eVt,  670 

5  (wvExa  vvv  (fEQO/xEad^a  y.a^  \oxla  XEvy.d  ßaXovTsg 
MriXi&v  iy  ttÖvtov  vvazcc  öid  övocpsQi^v 
avTläv  d'  ovK  id^Elovaiv  vuEQßdXXEL  öe  ^dXaoaa 

a^KpOTEQCov  Toixcov  Tj  jiidXa  Tig  x<^^^^(^S 
OcöiCEXaL,   oV  EQÖOVÖf   y.vßsQVTlXTlV  f^EV   ETtavGav  675 

10  EoXov,  oxig  cpvXayTiv  eixev  E7tLOxaf.iEvo)g' 

XQTQf-ictxa  6*  dQTtdtovGL  ßltit,  yoGfiog  ö^  aTtoXioXs, 
öaGfiög  ö*  ovysx"  ^iGog  yivExai  ig  xo  (xeoov, 
cpoQXTiyol  ö*  aQxavGi,  yaxol  ö^  dyad^wv  yad^vnEqdEV. 

Ö£i/.{aivco,  l-irj  y(og  vavv  yctxd  yvi-ia  7rir]i.  680 

15  tavxd  f.i0L  TiLViyd^cjt)  yEyQViif.iEva  xoTo*  dyai^oXaiV 
yiyviüoyot  d'  dv  xig  yal  ya^ög,  rjv  Gocpbg  tjl. 

_  10 

naiöoq)iXäv  öe  xl  xeqttvov,  ETtEi  xor«  xat  raw/j-ijösog  Th.  1345 

rjQaxo  yal  Kgoviörig,  dd-avdxiov  ßaaiXsvg, 
aQTxd^ag  ö"  sg   OXv^irrov  dviiyayE,  yal  ixiv  sd^rjye 
öalfiova  TcaiÖElr^g  dvd-og  exovx    SQavov. 
5  ovxco  (Atj  d^aviiaLE,  2i/iicovlöri,  (WVEya  ydyco 

E§E(pdvi^v  yaXov  natöbg  eqcüxi  öa(.iEig.  1350 


188  A.  Fick 

"JEnri   11 

0rl/ni  TtolvxQOviTiv  fisXtTTiv  fxüvaiy  qiiXe,  -Kai  drj  (9  Bergk) 
xaviriv  avd^QwnoLöL  Televttoaav  (pvaiv  uvai. 


III.    KaXXivov  ^Eqieaiov  (um  G80). 

MexQtg  T£o  ytaToc/ieia^s;  kot   alm/^iov  e^ere  i^vfxdv, 

(xi  vioL;  ov'Ä.  aidüai]^  dficpiTregiATiovag, 
lüde  lir]v  /neTievteg;  iv  elQTJvrji,  de  öo^ieive 

rjG&ai,  draQ  rcölefiog  y^av  anaoav  txsL 

5  xa/  tig  dnod^vrjiaAijov  vataz   dxovTioaTü). 

Tif.ifj€v  te  yoQ  Igtl  xat  dyXaov  dvdgi  /.lax^oi^ai 

yfjg  TttQi  y.al  naidwv  xovgidirig  x   dXoym) 
öva/^evaoLv  ^dvazog  ös  tot   k'aosvai,  1_€vts  /mv  av]  öt] 
(.idlQai  e^tixlcoacoa,  dXXd  Tig  li^vg  I'tcü 
10  h'vxog  dvaoy6(A.Bvog  Aal  vn    dorciöog  dlaifiov  tjtoq 
e%Gag  to  jcqwtov  ^iyvvf.i£vov  TToXifiov. 
ob  ydg  xiog  d^dvaxöv  ye  (pvyeiv  ei/^iuQfxevov  sotiv 
cxvÖq,  oJd*  tl  TTQoyovojv  Vji,  yivog  d&avaTiov. 
TiokXdxi  drfiotrjTa  cpvycov  y.al  dovnov  'dxovTOJV 
15  ÜQyeTai,  iv  d^  oly-wl  fxöiQa  myev  ^avdtov 

dXX^  o  /MV  ovA  ep7crjg  öi](xuji  cpiXog  ovdi  Tto^uvog, 

tÖv  S'  öXiyog  GTEvdysL  -/.al  /üyag,  i]v  xi  7idd^i]c' 
XrjwL  yäq  av/inavTi  noS-og  y.QctTeQÖcpQOvog  avÖQog 

d^vrjiaxovTog'  tojiov  d'  cc^iog  Tqf.iLi}iMV 
(x)g  71EQ  ydg  fiiv  nvqyov  iv  öcpi^aXfiolaiv  oqcüGiv 
egöei  ydg  noXXwv  d^ia  udvvog  höv. 

Eis  ^Ca  2 
2f.ivgvaiovg  d'  eXsi^gov  .  . 

(.ivrjoaL  ö'  «l'  KOTS  toi  fajgia  TiaXd  ßoüv 

3 
Nvv  d"  eni  Ki/.i/iegiiüv  azgaTog  Igxeiai  oßgi/noegydiv 

4 
Tg^geag  avögag  aycov 

^HGiovrjag  die  Hellenen  in  Asien  vgl.  ^HGiovelg-  oi  Tt^v^Aaiav 
ohovvTsg  "EXXrjveg  Hesych  und  Steph.  Byz.  s.  v.  ^HGiovia. 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik,    A.  IV.  Semonides.     189 


IV.    2r] /iicüvlösio  'AfiOQyiav  {2af.ilav)  (um  675). 

i2  Ttat,  Tslog  /nsv  Zevg  k'xsi  ßaQvxTvnog 
navTiüv  oa    egxi  xal  zid^rja   oxvji  d^eXei' 
vovg  d*  ovyf.  sri    dvS^Qionoioiv  aXX  ercrj/neQOi 
a  drj  ßoxä  K,ö(OjxEv,  ovdiv  siöoreg, 
5  oxwg  enaoTOv  ixTeXetT^aei  d^eog. 
slTttg  ÖS  navTcig  xaTtirreid^sirj  TQScpei 
aTtQi^Y.xov  OQ/.iaivovTag  •  m  f.iiv  ^(xeQr]v 
fiivavoLv  eX&üv,  oi  ö*  stsiov  rregiTgoTtag. 
viioTa  ^  ovöeig,  og  tig  ov  öoxei  ßgoxcöv 

10  TtXoviüii  TS  y.ayad^oiöLv  ei^ead^ai  teXog. 
(fd^dvei  ös  Tov  (.lev  yrjgag  atrjXov  Xaßöv, 
nglv  TtQf-i    1'y.rjTai'  rovg  ös  övarrjvoi  voool 
cp&eiQovai  &vr]Tiöv  tovg  ö*  ^qtjl  ösd/ur]jiisvovg 
Ttif-iTtEi  fisXaivTjg  ^^tdrjg  vno  %d^ov6g' 

15  Ol  6"  h  d^aXdoarjL  XalXaTti  yiXovso/^ievoi 
v.ai  Tiv/iiaaLv  noXXoiai  noQq^vQrjg  dXog 
d'vrjiaxovoLv,  evz    av  ev  övvrjawvtaL  t/jTqv 
Ol  ö"  dvxovtjv  rjipavTO  övar^vioi  (a.6q(x)i 
xavTaiQ£Toi  Xslrcovaiv  rjXiov  cpdog. 

20  ovTO)  xaxMV  (XTi    ovdiv  dXXd  {.ivqiai 
ßQOToTai  x^geg  /.dvsTiicpQaoTOi  övai 
Y.ai  7iri(.iaT    sariv  ei  d'  sinoi  rcid^oiato 
ovY.  av  Tiaxiov  igoifiev,  ovd'  iu    aXyeaiv 
y.axoTa   l'xovTsg  ^vfiov  dixitjoifxad^a. 

Tai}  (.lEv  d-avövTog  ovx.  dv  iv&vfioi/ne&a, 
si  Ti  (pQOvoX^iEv,  nXelov  rmsgr^g  ^irjg. 


TloXXog  ydg  ijf.uv  sgti  red^vdrai  X^ovog, 
tcü^ev  ö'  dQi&ixoji  Tiavqa  v.al  xaxfJg  eViy. 

ndfiTiav  d*  a(j.a)(xog  ov  xig  ovS'  dxiqqiog 

"udd^TqXog  Xtctzwi  TtuXog  cHg  d/na  tgexei 

rvvaixög  ovSev  XQW^  dv^g  Aj/t^erat 
iaXrjg  df.(sivov  ovöi  Qiyiov  xax^g. 

Beiträge  z.  kimde  d.  indg.  sprachen.    XUI.  ][4 


190  A.  Fick 


XwqIq  yvvaiyiog  ^edg  ertoirjasv  voov 
T«  TtQoka'  rrjv  (.iev  i§  vog  ravvvQixog, 
xrji  Ttävc    dv   oIkov  ßogßoQioi-  7teq)VQ!xeva 
cexoafttt  nelrai^  xal  ■/.vXivdexai  xö|Wtt/' 
5  avTTj  6"  alovTog  aTtXvTOiö'  ev  eif.iaaiv 
SV  xoTTglriiaiv  ^fusvrj  malvsTai. 

xr^v  S'  £^  dXiTQTJg  S-eög  ed^r^^i    aAcu7r«/og 
yvval)ia,  tcccvtcov  l'ÖQiv '  ovds  f.uv  Y.aY.iöv 
XsXr]d-€v  ovdsv,  ovöi  tcov  djueivovwv. 

10  ro  jusv  yciQ  avxwv  slTts  TtoXkdmg  ymxov, 
x6  ö"  iaXov '  oQyrjv  d'  aXkox    dXXolrjv  s'xsi. 
XTjv  (f  £z  y.vv6g  Xixagyov,  avxo/Li^xoQu, 
r]  Ttdvx   aAOvaai,  ndvxa  §  elösvai  i^sXei, 
7tdvxr]L  öi  TtaTtxaivovGa  v.al  TrXavcü/iiivrj 

15  X€Xr]}isv,  tjv  xai  firjdiv'  dv&Qwrtwv  ogai. 
TtavaeiE  ö'  av  /alv  ouV  drtuXriaag  dvrjQ, 
ovo'  et  xoXoid-ug  s^agä^siev  Xid^coi 
odovxag,  ovx   dv  /iieiXix(og  inyd^eöfisvog, 
ovo   si  Ttaga  ^eivoiaiv  i^/navrj  xvyoL' 

20  dXt^  s/iiTtedcijg  dTtgrjxxov  avovrjv  sx^i. 

xrjv  de  nXdoavxsg  ytfivT]v  ^OXifATiioi 
eöcjxav  dvögl  rtYjQÖv  ovxe  yag  yiaxov, 
ovS*  sgXov  ovÖsv  olÖs  xoiavxrj  yvvrj^ 
EQyov  ÖS  fiovvov  sod^iuv  STviaxaxai' 

25  y.ovS'  rjv  ytayiov  xsi/-töjva  noi^arji  d-sog, 
Qiyidaa  dicpqov  aaaov  sXyiexaL  rcvQog. 

xriv  ö   €z  d-aXdaar^g,  rj  dv    sv  cpqeolv  vosl, 
X7]v  (.isv  yeXai  xs  xal  ysyrjd-sv  ^jLisQrjv 
STtaivsoec  f.uv  ^ävog  sv  ddj.ioio'  idtov 

30  „ovy.  eoxiv  dXXrj  x^ade  Xco'twv  yvvi^ 
iv  TtaOLV  dvd^QWTtOLOiv  ovds  TcaXXlcov". 
xrjv  ö    ovY.  dvsTa;6g  olV  sv  6q)d^aX(.i6la    iöeiv, 
ovö^  aoaov  sXd^üv,  dXXd.  (.laivExai  xöxe 
ccTtXrjxov,  log  tveq  d(.i(fi  xsxvoiaiv  xvcov ' 

35  d/ueiXcxog  ds  Ttäau  xditod^vf^lr] 

EX^Qolaiv  loa  xat  cpiXoiai  ylvExai, 
wg  TtEQ  ^dXaaaa  noXXdyi.ig  (.tsv  dxQE^iqg 
Eax7]%   uTtTjUiüv,  x^Qf^^  vavxTjiaiv  fiiya 
O^EQEog  SV  loqrji,  TtoXXaAig  ös  /.talvExai 


Die  sprachform  d.  altion.  n.  alfcatt.  lyrik.    A.  IV.  Semonides.     191 

40  ßaQVKTVTtotoi  ycvjuaaiv  (poQeofxevrj. 

43  TTjv  d'  ex  nsXidvrjg  xal  TtaXivtgißeog  ovov, 

^  avv  T    arävyirjL  avv  %    sviTT^iaiv  juoyig 
45  tOTSQ^sv  CUV  anavxa  y^al  TTovrjaazo 

ageoTa'  Tocfga  d'  sa&lei  uiv  iv  /hvxcol 

/TQOVV^,    7lQ0fj/UaQ,    EOd^lEL    S'     STt     SOXOCQTJL' 

o/Liiog  de  xat  Ttgog  e'gyov  dcpgodiaiov 

eX^ovT    excngov  ov  riv    tov  ede^aro. 
50  trjv  6*  ey.  yccX^g,  övaTijvov  ol^vgöv  yevog. 

TCEivrji  yag  ov  ti  yt.aXbv  ov^  S7tif.iegov 

TTgoaeariv,  ovde  tegrtvov,  ovo'  egäöf.iiov  • 

evvrig  d'  d?<.rjv^g  eariv  dq^goöialrjg, 

TOP  J'  avdga  tov  nXäd^ovra  vavalr]t  didol' 
55  ycXimovaa  d'  egösi  noXXd  yeivovag  xaxd, 

advara  ö^  igd  TtoXXd'Kig  -/.aTeo^isi. 

XTjv  d^  Yjtnog  dßgrj  xaLierjoa'  eyeivavo, 

r/  öovXi    sgya  xat  dvrjv  TtegLTgertei' 

•KOVT    av  (xvXrjg  xpavaeiev,  ovre  iiiooy.ivov 
60  ageiev,  ovte  xörtgov  e^  ol'yiov  ßdloi^ 

ovre  Ttgög  invov  daß6Xi]v  dXeo^evrj 

XtoLT  '  dvdvKTji  6*  avdga  rtoiätai  qiiXov. 

Xdvxai  de  ndarjg  T^f-iegrjg  arto  gvTtov 

öig,  dXXoze  Tgig,  '/.al  f.ivgoia   dXelcpexaL' 
65  aul  de  xaiti^v  ey.TBVLa(.ievr]v  cpogel 

ßad^slav,  dvd^eixoioiv  eaxiaai^ivi^v. 

■naXov  fitev  wv  d^erjf-ia  zoiavTrj  yvvrj 

(iXXoiai,  TioL  S'  e'xovTL  ylverai,  v.ay.6v. 
71  T?}v  §  ex  7tid-rjy.ofV'  tovto  d^  diay.gid6v 

Zevg  dvdgdoLv  (.leyLOzov  Lorcaaev  ytanov. 

alaxiora  (.lev  TcgoGcorta'  TOLavTtj  yvvri 

aioiv  dC  aarsog  naoiv  darolaiv  yeXtog' 
75  SU   avxeva  ßgaxela,  xtve/rat  ixöyig^ 

artvyog,  avtonwXog'  al  xaXag  avi^g, 

og  Tig  y-ay-ov  towvtov  avyaXiLSTai. 

di]VT]  de  ndvra  y.al  rgoTtovg  iTtlaraTai, 

lijg  Tteg  Ttld^rjKog,  ovde  ol  yeXiog  fxsXsi. 
80  ov^  dv  TLv    €v  eg^eiev,  dXXd  tovt   ogai, 

y,al  TOVTO  näoav  rifxegtjv  ßovXeveTai, 

oxojg  XLV   wg  iieyiGTOv  eg^eiev  y,ay,6v. 

Ti^v  d*  ey  fueXiaarjg-  t/jv  ztg  bvtvxbI  Xaßwv 

14* 


192  A.  Fick 

"/.uvrjL  yaQ  6ir]L  ficojuog  ov  rtqoaitiavsi' 
85  d-dXXsL  (5'  VTt'  avtrjg  xa/rai'^firat  ßiog' 
q)iXrj  08  avv  (piXeovri  yr]QäayieL  rcoai,, 
texovaa  y.aXbv  ycovvo^ccTiXvTOv  yivog' 
xccQiTtQETtrjg  ߀v  ev  yvvai^l  yiverai 
7rdar]iai,  d^slr]  ö*  d}.ig)id8ÖQ0inev  x^^'S' 
90  ovo'  SV  yvvai^lv  rjöerat.  yia&t] /.levrj, 
oaav  Xsyovaiv  dcpQodioiofvg  Xöyavg. 

toiag  ywulxag  dvögaaiv  y^agitsTai 
Zeig  Tag  dgiarag  y.ccl  jToXvq^QadeGzdzag' 
rd  ^  alXa  cpvXa  xavTo.  jurjyav^o  ^log 
95  sotiv  TS  7trjfxa  xat  tcuq^  dvögaaiv  fiivei. 


7  A 


Zevg  ydg  fxsyiOTOV  tovi    i/tolrjasv  xayicv 

yvvaixag'  r]v  rt.  xal  doAewaiv  cocpeXäv, 

s'xovTL  TOI  [xdXLOTa  ylvsTai  xanov. 

ov  ydQ  KOT   evcpQüiv  ijfisgrjv  disqyeTai 
5  ctTiaaav,  og  Tig  avv  yvvaiyil  yivevai'  100 

ov^  aixpa  Xifuöv  omirjg  aTicoaeTai, 

Ex^QOv  avvofürjTrJQa,  övafxsvrj  d-eov. 

dvrjQ  d'  OTttv  iidXiOTa  d^vfirjöeiv  öoxiji. 

yf.aT   oJkov  ij  d^eov  fiotgav  rj  dvd-QWTtorv  xdqiv, 
10  svQOvaa  /^öi/j.ov  sg  (J-dyqv  -KOQvaoeTai.  105 

OY,ov  yvvrj  ydq  eotiv,  ovS'  lg  olxirjv 

^üvov  (.loXovta  TtQOcpQOvojg  SexolaTO. 

rj  Tig  de  toi  (xdXLOTa  owfpgovelv  doxfit, 

avTrj  (xeyLOTa  Tvvydvei  Xtoßco/iievrj' 
15  xexV^OTog  ydq  dvdqog  —  di  de  yeitoveg  110 

XcciQOva   dgcüVTsg  xat  tov,  log  a^iagTdvei. 

Trjv  rjv  (J'  e^aoTog  aiveaei  i.i£f.ivrjfxivog 

ywaiTia,  ttjv  ös  TOvueQOv  (.uo[.irjOEtaL' 

XoTqv  d'  tyovTsg  (xoHgav  oi  yiyvtuay.of.iev. 
20  Zevg  ydq  (.leyioiov  tovz    STtolrjaev  xanov  115 

y.al  ösafiov  d/,iq)id^rjxev  dQQr]XT0v  6€Qr]i, 

e^  ov  ze  Tovg  fxsv  l^tSrjg  söt^azo 

ywaimg  ilvex   dfiq)iör]Qnoiiiivavg. 

8 

.  ,  ,  .  oig  TtßQ  l'vxeXvg  xarayXodv 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik,    A.  IV.  Semonides.     193 
9 


TQiOQxov  evQiov  ea^iovT    ccTreiXeTO 
Ti  ravza  /naxQiov  dicc  X6y(ov  aviÖQCifÄOv; 
Ölov  TS  xwog  WBOV  Maiavögiov 
27tXaxv   di-iTtsxovttg  avTix   lyitivov  dr/.r]v 

Olol,    TOÖ^    ri(.liv    EQTIETOV    TtagSTlTaTO, 

rö  ^(ottüv  Y.dyf.LöTOv  exr/^rat  ßiov. 

Ovx,  av  TIS  ovTw  daanioia   ev  ovQeaiv 
dvfjQ  Xeovr'  eöeioev  ovds  rragdaXiv 
f.iovvog  arevvyQfjt  avfiTteawv  iv  djqaTiwi 

Qvvvoiai  Tsv&ig,  xcDßiolat  ^logideg 

Ki^X€iq)ö/.ir]v  (.iVQOLOL  %al  d^vcüf.iaaiv 

xal  ßa-K%dqi'  nal  yÜQ  Tig  ef^Ttogog  rtagijv 

Kai  TTJg  OTtiai^ev  ogao&vQTjg  i^Xaccfir]v 

Kai  aavXa  ßaivwv  XrtTtog  wg  xoQCüVirjg 

H  zvcpXog  rj  rig  axviTCog  7]  fxiXav  ßXeJttav 

Qvovai  Nvf.iq)riia    rjSe  Maiddog  t6y.(j)l' 
ovTOi,  ydg  dvÖQwv  ali.i   s'xovai  7toi(.ieviov 

2vv  Trogöaxotaiv  suTtEaovTeg  ii/.taaiv 

2vv  noQÖayiolaiv  u;.iaaiv  aeaayf^iivot 

.  .  TtoXXd  (xiv  drj  TtQOv^rtovrji,  TrjXifißQore 

Evravd^a  /.tevroi  rigog  e^  lAxaLirjg 
TqofjiiXiog  ^avfiaarog,  ov  xaTrjyayov 


10 

11 
12 
13 

14 

15 
16 

17 
18 
19 
20 

21 

(21a) 

22 

23 


194  A.  Fick 

Yv  cjg  ajTEvaa  zwg  suiOTvla  XQsa 
Igwatl'  xal  yccQ  ov  xaitwg  eTciOTa/iiai 

^'EdcDxev  ovöeig  ovo'  aQvarrjQa  ZQvyog 

l^Ttb  TQaTte^av  uXe  x«t  itonfjQLa 

^VTt]  de  (po^ij  xilXog  l/iQyf-lri  -^vki^ 

^ÖTtXag  sTiivei  tiov  OTtia&iwv  rioöwv 

üovXvTtov  Öl^^/^lEPOg 

jyirjQiwv  Ö£davf.isv(üv 


2iavv  Tta^Eiav 


24 

25 
26 
27 
28 
29 
30 
31  A 
31 B 


Einzelne  wörter: 

32  r}'ia  „wegzehrung".  33  y,(XQ-^aQa.  34  Y.sQKiÖTt blu' 
fj  arvarrj.  3b  y.0QÖvXrj'  zo  sn:aQ(.i(x.  36  Y.vßrjßov  — ''Icoveg 
Tov  f^irjTQayvQxrjv  "Kai  ydXXov  vvv  aaXovf^evov  ovTcog  ^if.uüVLdr]g. 
37  Mvaöjv  Xelav.  38  vrjOTrjg  nüchtern.  39  TagaLTj  = 
TQaaid.     40  iprjvög'  6  g)dlaxQog. 


V.    Miixv€Qf.iov  KoXorptoviov  (etwa  600 — 560). 

Tig  ÖS  ßlog,  zi  de  zsQJtvbv  azeg  XQvaijg  IdffQodizr^g; 

zeO^vairjv,  ote  /hol  jin]'/.eci  ravxa  (.leXoi, 
XQVTtTaSlr]  (fiXörr^g  y.al  /teiXiya  öcoga  xat  evvrj' 

Ol    Tjßrjg  avi^rj  yiveTUc  dg/taXia 
5  avögdoiv  i^öe  yvvai§iv  ercel  d'  odvvrjQov  eneXÜ^rji 

yyjqag,  o  x    alayQOv  6f.aog  aal  y.aXöv  dvöga  xi^el, 
aisi  fiev  rpgevag  ducpl  Kay.al  xeigovai  f.iigL(xvaL, 

ov^  avydg  ngooogwv  xegnexai,  ^eXiov, 
aXX   ex^gog  /lev  Tiaiaiv,  dxi/xaaxog  öe  yvvai^iv 
10  ovxcjg  dgyaXiov  y^gag  ed^rjyie  d^eög. 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    A.  V.  Mimnermos.    195 


*H(.iüg  6*  ola  z£  rpvlla  (pht  TtoXvav^iog  ojQrji 

rjQog,  ov    alip'  uvyrJLO   au^eTai  TqsXiov, 
Toia   l'xeXoi  rtrjxviov  hcl  xqovov  avS-eaiv  i]ßi]g 

regnoi-ied^a,  ngog  ^ecöv  eidoTsg  ovxe  >ia'/.6v 
5  ovr*  ayad^ov  KrJQeg  ös  TragearriTiiaaL  /.leXuLvai, 

r]  fxev  f'xovaa  riXog  yi^gaog  ccQyaXiov, 
tj  (J'  steQrj  ^avdtOLO'  (.dvvvd^a  de  yLvexcti  *^ßrjg 

xagnog,  ooov  t    ercl  yrjv  GTiiövarai,  rjeXiog' 
avTccQ  i/irjv  öfj  tovto  zeXog  Ttaga^iEiipezat  toQrjg, 
10  avtr^a  ör]  red^vdvai  ßeXTtov  rj  ßiorog' 

TtoXXd  yccQ  SV  d^vf^iwc  xaxd  yivezai'  ccXXoze  x    oixog 

%qv%dhiai^  rtEVLiqg  d'  tqy    öövvrjQci  TteXei' 
aXXog  ö'  au  Ttalöiov  ertiSeieTaL,  lov  te  {.laXiaza 

If-iÜQOJV  'Aazä  yr^g  sQXSzai  eig  ^Atdr^v 
15  aXXog  vdvoov  e'xet  d^v(.ioq)d^6QOV  ovöe  zig  k'aziv 

ävd-Qcortcov,  tüi  Zevg  /nfj  xayid  noXXct  öidol. 

Tb  rtqlv  stov  ^äXXiazog,  ETcrjv  naQafieiipezaL  ojqt], 
ovds  Ttat^Q  Tcaialv  zlfiiog  ovze  (piXog 

Tid^tüvwt,  fniv  edtoAev  s'xsiv  'Kaxöv  ag)d^LZOv  o  Zevg 
yriQag,  o  xai  d-avdrov  glytov  ccQyaXeov 

u4vziy.a  (lOL  'A,azd  (.isv  xQoirjv  qiei  aoTtezog  iögiog, 

Ttzoiüif-iai  ö^  iaogiöv  ccvd^og  OjLirjXLTilrjg 
zsQTCvöv  6f.iwg  Kai  y.aX6v,  enel  tzXeov  oicpeXev  alvaf 

dX^  oXiyoxQovLov  yivezm  log  nag  ovag 
5  fjßrj  zifiijeoaa'  zö  d'  dgyaXsov  y.al  d[xoQ(pov 

yfjgag  VTtsg  'A,e(paXrjg  avzm   vnsQy.Qei.iazai, 
ixi^QOv  öf.uüg  /.al  dzi(.iov,  o  x   ayvwazov  zid^el  avdga, 

ßXdjtzEi  6'  ocpd-dX/iiovg  Kai  voov  dfKpixvd^ev. 


El  ydg  azeg  vovatov  ze  y.al  dgyaXecov  fxeXedwvewv 
e^rj'Kovzaezrj  uolga  yiixOL  ^avdzov 


dXrjdslr]  de  Ttageazoj 

aol  xat  iiJ,ol,  ndvziov  XQVf^'^^  di'Kcaözazov. 

'Hf.iüg  (J'  aiTtv  HvXov  NrjXi^iov  aazv  XiTvovzeg 


6 


8 


9 


196  A.  Pick 

ifiBQzijv  ^airjv  vtvalv  ccTtiTCousd^a, 
ig  d    EQaxrjv  KoXorpiüva  ßir]v  vtvsqotiXov  exovteg 
u,t,6f.ie^  agyalstjg  vßgiog  i^ye/uSveg' 
5  xu&ev  d   avT   l4ler]vzog  arc   oqvvusvol  Ttotafxolo 
d^ewv  ßovXiJL  2fAVQVi]v  uXofxev  ^loXlöa. 

Ovdi  y,OT   av  /uiya  xcoag  dvi^yaysv  avtig  ^Iijacov 

i§  .^irig,  xeXeaag  äXyivoeaaav  odov, 
vßQiOTTjL  IleXirji  TeXetov  xfxXertrJQeg  aed-Xav, 

ovo    av  irt   *£2xBavdv  yiaXöv  Xxovto  qoov 

^l^TSO)    T€    TtÖXlV,    TO&L   T     (OXSOg  'HsXlOlO 

dxTiveg  xqvowi  y.ELatm  ev  d^aXd/nwi,, 
n^savov  TtaQct  x^Xog,  i'v    coixsto  d^etog  ^Irjoiov 

HiXiog  (iiiv  ydg  Ttövov  iiXaxsv  rjfiaTa  TtdvTtt, 

ovdi  "KOT   af.i7tavaig  ylvezai  ovös/iua 
utTtoiaiv  TS  y,al  amcüi,  irret  QOÖoöd^rvXog  ^Hojg 

'£2Heavdv  rcQoXLTtavo'  ovQavov  uaavaßfji' 
5  röv  i-iiv  ydq  öid  y.v/iia  (pigei  TtoXvrjQatog  evvrj 

yiüviXr],  ^HcpaiaTcyv  xe^atv  iXrjXa/iivrj 
XQVödv  TijLi^evzog,  vrvortTSQog,  dyigov  in    vdwq 

ivöovx    dqnctXioig  x^^Qov  dn   'EaTtsQiöwv 
yrjav  ig  ^l&ioTtiov,  Xva.  örj  d^oov  aqfxa  -Kai  Xtittoi 
10  katäo ,  ocpQ^  ^Hwg  T^giyiveia  ixoXtjl' 

i'vd-'  irtißrj  q    itigiov  6xio)v  ^YTiegiovog  v\6g. 

Ov  fiiv  örj  xeivov  ye  f.Uvog  xal  dyrjvoga  i^v/növ 

toiov  i(.uö  TTQOTeQCüv  Tteviyofxaiy  ol  f.uv  Ydov 
yivdwv  i7tTt0f.idxo)v  Ttvmvdg  y.XoveovTa  cpdXavyag 

Egf-iLOv  cifx  Ttediov,  (fwxa  (p€QU/iieXir]V' 
zov  fiiv  dq    ov  i^oxB  7id(.ircav  if.ii(x\paTO  JlaXXdg  Idd-rivrj 

öqiiiiv  /nivog  xqadirjg,  evx    o  y   dvd  rtqo^idxovg 
oevoix\  al/^axoivxog  iv  vafiivrji  TtoXifxoio 

JtiY.qd  Xia^ojuevog  öva(.itviwv  ßiXea' 
ov  ydq  xig  xüvov  Srjiojv  s/t    d[xsiv6xEqog  cpcög 

eayiev  iTtoixBOi^ai  cpvXörcidog  Tiqaxeqfjg 
SQyov,  ox   avyfjiaiv  (piqex'  ui^eXog  rjsXioio. 


11 


12 


14 


Die  sprachform  d.  altion.  u  altatt.  lyrik.    A.  VI.  Hipponax.     197 

15 
Kai  fXLV  ETI    dvd^Qwnovg  ßä^ig  txsi  xalerti^. 

16 
^^gyalirjg  alel  ßd^iog  U/luvoi 

17 
üalovag  avögag  aywv,  iva  te  y-Kutov  yivog  Xtitimv 

VI.    ^[7trtvivay,rog  'Eq)eaiov  xat  KXa^o^evlov  (um  560). 

BißXCov  -^,  1 
^'EßiooE  Mairjg  nalda,  KvXXrjvrig  TTceXf-ivv 

^Eq/li^  Y.vvavxcij  Mrjioviatl  KavSavXa, 
qxüQidv  iralge,  ösvqo  uoi  oxaTtaQÖevoai. 

2 
Kmiav  6    o  TtavddXrjrog  rj/uogog  yiavrjg 
TOiövSe  öoKfvrjg  y.Xddov  sxcov  .  .  . 

KoQa^iiibv  f^iv  i^/nq)i€Oiiisvr]  Xwrtog 

TIoXlv  xa&aiQEiv  xat  XQaörjiai  ßdXXeod^at 

BdXXovTsg  sv  XeifÄcSvi  y,al  QartltovTsg 
TiQccörjioi  xal  O'uXXrjiaiv,  wg  neq  (pÜQfxa'^ov 


Jet  <J'  avTov  kg  (päQ(.ia-KOv  exTtoii^aaad^ai. 

KacprjL  TtaQB^cov  Xoxdöag  tb  y.al  fiaCctv 
xofc  tvqöv,  oiov  iod^iovai  q)äQf.iaxoL 

ndXai  yccQ  avTovg  nqoodsxovrai  y^doy.ovTsg 
i^qädag  l/ovrag,  wg  e'xovai  (päQ/.iaxoi 

uii^ioL  yevrjxai  ^r]Qog,  sv  öe  tcoi  &vfxm 
qxxQiiiaKog  dxd^eig  ertrdMg  gaTtiad^elij 

Qg  OL  /iiiv  dyel  BovnäXoiL  xaTtjQCüVTO 

Ti  TtÖL  tdXavTi  BovTtdXioi  avv(6iv,riaag; 

A-AOvooLx   'iTtTtwva-KTog'  ov  yocQ  dXX^  rj^w 


9 

11 
12 
13 


198  A.  Fick 

Q  KXat,oi.iEVLOi,  BovTcaXog  xe.  xa^rjvig 

14 
TovroLOL  d^^Ttcüv  Tovg  ^Eqvd^QaUov  Ttalöag 
cprj  /itr]TQO-AOizag  BovnaXog  ovv  IdQtjttjt 
"Kvit/utv  ipih^e  xbv  övo(6vv/iiov  xccqtvov 

15 
TiwQE  ....  odevE  xrjv  S7tl  ^jiivQvrjV 
id^t  öia  uivöiüv  Tiaga  rov  L^ttccXsü)  rv/ußov 

y.ai  arjfxa  IvyEoj  xal OTrjXrjv 

ytal  /iivi^/iiaT    TtdXf.ivöog, 

TtQog  TjXiov  dvvovxa  yaoTsga  xgeipag. 

16 
'Eq^^,  (pi^  ^Eqiäy,  MaiaÖEv,  KvkXrjviE, 
irtevxo^ctl  TOI,  yiagza  yccQ  xaKoig  Qiyio 

17 

^ög  xXaXvav  ^ImtüivaAXL,  '/,aQxa  yaq  Qiyw 
'/,al  ßa/^ßaxv^cü 

18 

^6g  x^ottvai'  ^IitTtwvaxxt  xal  yiv/taoaiaKt]v 
xat  aajiißaXlayia  yida'K€Qlay.ag  nal  xQvoov 
axavrjgag  i^^yiovra  xovxeqov  xolxov 

19 

Efiol  ydg  ovx  eöionag  ovve  xw  ^Amrav 
daaslav,  iv  xEificovi  (paQfiaxov  glyaog, 
ovx'  daxeQrjiac  xovg  Ttööag  öaaEirjiaiv 
EXQvifjag,  cog  fxi]  fxot,  x^l^^^Xa  Qtjyvvxai. 

20 
'Efiol  Ö€  nXovxog,  iaxi  yaq  Xirjv  xvcpXog, 
ig  xwiKi    iXd^ibv  ovdäfi    urtEV  '[rtrccova^, 
öidiüf.il  xoi  (A-väg  dgyvgov  TQti]X,ovxa, 
y.ai  noXX  tx  dXXa  •  xag  (pgevag  yaq  deiXaiog. 

21  A 
^Egetü  yctQ  ovxio'  KvXXiqvie  Maiddog  'Eq/h^ 

21 B 

Tovg  avÖQag  xovxovg  6dvvr\  niaXEt  Qiyf]Xrj 

22  A 
Maxagiog  og  xig  ^r]Qa(v)€i  .  .  . 

22  B 

KaixoL  y   e{^v)(jdvov  aviov  tl  if^eXeig  diöaio 


Die  Bprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    A.  VI.  Hipponax.     199 

23 

MadüivTa  dfj  xal  oanqov 

Bißliov  B  26 
l4'/.rjQaTOV  de  trjv  aTtaQvirjV  l/«t 

'E^  dSi^Xoiv  ßißUoxv  28 
Xqovoq  öe  (fEvytxuo  oe  (.trjde  ug  ccQyog 

29 

30 

30  B 

31 

32 

33 
34 
35 


z/v'  ijjiUQai  ywaiTiog  uaiv  rjÖLOtai, 
ozav  yanrji  zig  xäxg)6Qi]L  zed^v^ycvLav 

ß  Ziev  TtuT&Q,  d^ewv  ^OXvfiTtitov  rtdXfiv 

Tl  jiioi  ovK  eöw^^ag  xqvoov,  ägyvQöv  TtdXf.ivv; 

^Anö  o    oXioeiBv  Agze/mg,  ai  de  ^WTtoXXfov 

Haq   (Ol  av  XevuoTtETtXov  ijf.i€Qr]v  fieivag 
Ttgdg  f.iEv  -/.vvTJaeiv  tov  0Xvijaiiov  ^EQini]v 

^'ExpLOE  xaTteXovasv  daxagi^ovra 

2v/,rjv  fiiXaivav,  d^inekov  xaoiyvijtrjv 

0  f.i8v  yag  avTiov  rjai'xfJL  ts  xal  Qvörjv 
d^vvviöa  T€  y.al  uvaoioxbv  i^fnigag  Jtdoag 
daivvfievog,  wg  /tag  yiauxpcx'ATqvog  evvavxog, 
Y-atirpaye  örj  tov  y,Xijgov  löoxe.  xg^  axdrtTEiv 
Ttitgag  ogelag,  avxa  f.ietgia  rgcoyoyv, 
xal  y.gid^Lv6v  y.oXXiY.a,  dovXiov  xögi^ov 

Ovyc  attayöcg  ts  xal  ?My(Jüg  •/.araßgvY.ajv 
ov  TYjyavUag  ar]odf.ioiai  (pag/iidooojv, 
ot;(f  aTtavizag  Ktjgioiaiv  sf-ißduziov 

0  6   i^oXiad^wv  ixeTeve  rrjv  xgdi^ißrjv 
rrjv  ETTxdcpvXXov,  r]v  i)-vsaxe  Uavöwgrjt 
QagyrjXioLOLv  svxvtov  rtgo  (pag/iidxov 

Ev,  TisXXidog  nivovteg'  ov  ydg  ^v  avzrji 
xvXi^,  o  Ttaig  ydg  efirteaiov  xazijga^ev 


36 


37 


38 


200  A.  Pick 


sy,  6s  rrjg  niXlrjg 

STVivov,  aXloT   avTog,  alXoT   'Aqrjtr^ 
TtQwmvev 

2ftovd^L  T€  xal  GTtXayrvoioiv  dygir^g  x^i'QOv 

ßa^xccQi  de  Tccg  Qivag 

rjXsKpop'  eoTL  S*  oid  tieq  ytQOHog 


En    dg/^dtcov  ts  xal  Ggeiyätov  /twlcov 
Xevxwv  loiv  zot    svyvg  ^iXiav  TtvQyoyv 
ccTtrjvaQiad^ri  P^aog,  A\viü)v  7tdXf.ivg 

KaY,oiai  öwao)  ttjv  tzoXvotovov  ipvx^jv, 
tjv  fXYj  aTtovtsfiiprjig  cog  rayiotd  /.loi  KQii^swv 
l.Uöi[xvov^  wg  civ  dXcpLTOv  noii]aü)/nai 
Tivxscüva  Ttlveiv  cpctQf.iay.ov  rcovrjQirjg 

(l^VaQTlWl)   TtXdvTjTl  TtQOOTttaicov  yioXioL 

yal  Mvaaiv,  ov  wttoXXcdv 

avuTiEV  dvÖQÖiv  awcpQOvsoraTOv  rcdvitov 

Kai  Tovg  aoXoUovg,  i}v  Xdßwai,  TTSQvdai^ 
0Qvyag  (xev  ig  MiXrjrov  dXcfiTevaovTag 

Qiyei  (J'  oTiiad^e  t^g  noXrjog  iv  2fivQvrji 
fteta^v  Tgrjxelrjg  ts  ycal  .AeTtQtjg  dy.Tfjg 

Eg  axQOv  eXtiojv,  cog  nsq  dXXävxa  xpvyiov 

Minvrj  syaTOfii]xav£,  firjyeTi  yqdipyjig 
o(piv  tQLTjQeog  iv  TioXvJ^vyioi  tolxtoL 
an    ifxßoXov  cpEvyovxa  Ttqbg  yvßeQvrjtr]v 
avtrj  ydg  iozi  avf.i(poQrj  te  xat  yXrjidojv, 
viyvQta  xal  odßavvi,  twi  xvßEQvrJTi]i, 
tjv  avTov  (Wffig  TCüVTiyvrjf.uov  di^yi]i. 

"ETteiTu  fidXd-fji  Trjv  rgörtiv  TtagaxQEiaag 


39 

40 
41 

42 
43 


44 
45 

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48 
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.50 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    A.  VT.  Hipponax.    201 

51 

^0  S*  avtiyt    ild-ihv  avv  tqioloi  ftocQvvQOiv, 
OKOv  vbv  EQTtiv  0  GTiOTog  y,a7ti]}.€vei, 
avS^Qto/tov  rjVQ£  rrjv  atiyrjv  o(p€XXovTa 
—  ov  yocQ  TtaQYjv  bcpeX/iia  —  Jtvd^fiivi  aTOißrjg. 

Kai  ^uv  v.aXvrtteig,  log  x^^QaÖQLOV  TCEQvag. 

IdXiü  avTi-K   dXXriXoiOiv  e/ußißa^avreg 

KQiyrj  Ö€  ve^QÜv  avyelog  ts  y.al  -Kr^qv^ 

"ilfXL^ev  alfia  xal  xoX^v  iziXrjaev 

^EQi-i^g  ds  2r]iii(üvaxTog  axoXov&rjaag 

2iq>iüvi  XeTTTWi  xovTti&rifKx  tezQtjvag 

2T(x^ovaiv  üjg  ttbq  sg  TQortij'iov  acmyiog 

KaXeKpa  qöölvov  tjÖv  xal  Xinog  rtVQoZ 


ÜQÖg  Tijv  ixaQiXriv  xovg  Ttodag  ts  d-SQfiaivcüv 
(fwidag  %    e'xcüv  ov  Ttaverai 

Trjv  Qiva  xat  rfjv  (xv^av  e^agd^aoa 

XXovvTqg  dvrJQ  od'*  saTreQr^g  yiarevSovra 
an    cov  eovoev 

Ol  ö'  odovTsg  iv  yvä&oiat  navteg  ey.K€yiivrJTaL 

.  .  eyw  öe  öe^iwi  nag*  ^AQri%Yjt 
y,veq)alog  sXd^wv  giodlioi  xaTr]vXla&r]v 

MaXlg,  xdvfffxfi*  xat  /xs  deortOTeca  ßsßqdv 
Xaxovta  Xlaao/nal  oe  fxrl  ganltsad-ai 

Kai  vvv  ocQSiaig  avxivov  fie  noirjoai 


52 
53 
54 
55  A 
55  B 
56 
57 
58 
59 

60 
61 

62 
63 

64 
65 


202  A.  Fiele 

66 
ExQcotev  (eld^cüv  log)  xvinivdig  ig  XavQrjv 

67 
Ev  TS  TafiislcoL  xal  %a^evvi(aL  yvfxvöv 

68  A 
TtQog  zo  2ivdixdv  di(xacpayf.ia 

68  B 
arjrtir^g  vnoacpayfxa 

69 
TtaaTtaXifjcpdyov  yQOfxcpiv 

70A 
ßoXßitov  yiaaiyvi]TT]v 

.  .  .  .  cog  ^E(psalrj  diXcpa^ 

71 
üoXXrjv  (.ictQiXriv  dvd^gaxiüv 

73 

'OXlya  cpQOvövaiv  oi  xdXiv  nsTtioyiöteg 

74 
Ov  f.iOL  dixaicog  f.ioi%og  dXöjvat  doxel 
KgiTirjg  o  Xlog  ev  xaawQixwc  dovXwi 

75 

dq)Bw 

TOVTOV  tÖv  STtxddovXov 

_  76 

^aifidi  de  aeo  ro  x^^og  (dg  sqwöiov 

_  77 

....  KQtag  e»  fxoXoßQLzeio  avog 

T(TQ(iftfTQCC     78 

MrjTQOTiiiiü}!,  ötjvte  (.is  xQtj  xm  ayiörcoL  dixd^ead^ai, 

79 
Kai  di/.dCead^ai  BiavTog  tov  IlQtrjviog  ^Qtaowv 

80 
Mr^df:  ^OLfivXXeiv  ^eßeölrjv  ia^dS'  Ix  Ka/xavdtoXov 

81 
.  .  ,  aTeq)avov  eixov  noxxvfi^Xcov  xat  /nlvd-rjg 

82 
KvTtQiiov  ße/iog  (payovai  xd^iad^ovaliov  tvvqov 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    A.  VI.  Hipponax,    203 

83 
yldßexs  /.leo  taiftciTia,  xot//w  BovTtaXcw  xbv  ocp&akfxov 
äficpide^iog  yäq  uui  v.ovy.  a^iaqxavix)  v.bn%oiv 

84 
.  .  .  Iv/iiXKoi  TIS  ccvTOv  TTjv  TQu^iv  %   vTTOQydoaai 

'E^dfiSTQa  85 
Mdvaa  ^toi  EvQVfisdovTiddrj,  ttjv  rcovTOXocQvßdiv, 
Tiijv  svyaaTQifidxctiQccv,  og  ead^iei,  ov  xard  yioafxov^ 
uvsTt,  oxwg  xfjr](plöi.  xayidg  yiayiov  oirov  oXtjrat 
ßofvXrji  öi^ixoair]L  naqcc  d^lv    dkog  aTQvysToto 


tI  lue  a^iQucpoia    driTccXleig 

Köig  Ttagd  Kvrpovv  rjkd^e; 

uirjov  dd-qrjoag 

^Eq^irj  fudy-OQ,  (av  yaQ)  xar'  vrtvov  oidag  syQTqaauv 

£t'  (.lOL  yivoLTO  TtaQ&evog  ^aXrj  te  y.al  xtquva 

'0  Ki^aiQibv  AvdioLOiv  ev  %OQoioi  Banxecov 

Kai  ■Kviarii  Tivd  d^v/xiijaag 

Ol  d^eol  Tcc  deiTtva  TavrdXoiC  dovxeg 


86 
87 
88 
89 
90 
91 
92 
93 


96  ytQadit]g  vouog.  —  98  aßdr^g-  /udati^.  —  100  adrjKe 
ßovXrj.   —    101  dl  lag  =  ahg?   —    102  dlißag'    6   veycQog. 

—  103  dgiialir]-  rj  TQoq)i^.  —  104  dQix<^^i(X''  klettere.  — 
105  o  aaßolog  =  rj  aaßokog. —  106  ßdgayxog  =  ßqdyxog. 

—  108  ßarTctQitsiv.  —  109  ßsßQevd^vö/iisvov  (w?).  — 
114  ^(.ilavÖQOv  semivirum.  —  115  d-svtiv  =  Tsvd^iv  ==  rev- 
^ida.  —  117  TiaaiOQiTLv  =  TTOQvrjv.  —  118  Prise.  VII,  7 
„Hipponax  evTid-eg  hqlt^  pro  x^tra".  —  119  y.Qoy.vÖ£iXog, 
rj  yiQOxodeiXog'  to}vg)iov  (.u-kqÖv.  —  125  xö  Xvxvov  =  o 
Xvxvog.  —  127  fii€aarjyvöoQ7toxEaxr]g.  —  129  vrjvlaxov 
phrygisch.  —  130  TtaQey.vrif.idvvx o'  iraQenLTtoQsvovxo  hri- 
TTovcog.  —  131  TcaiicpaXrj  aat'  Idelv.  —  135  qvcpelv  qoq)siv. 

—  134  fft'XOT^ay/dj^g. —  l?fb  X ETQay.lvriv  xrjv  d-Qiöay.a.  — 


204  A.  Fick 

136  vxrjv  TTjv  lovXida.  —    137   cpOQ/nlov   TtXsyfia  tl  \piad'~ 
wdeg.  —  139  y^^eiqoxwXov  töv  t^v  xeiqa  TZETtrjQwftevov. 


VII.    TvQxaiov  yldxcüvog  (lonist,  7.  jahrh.). 

I  EirvofiCa  2 
-AvTOg  yaq  Kqoviwv^  xaXXiGTScpdvov  noGig'Hqrjq^ 

Zevg  ^HQaxXelöaig  Trjvde  dsdcoxs  rroXiv 
oiaiv  a/ua  rtgoXiTtovreg  ^Eqlveov  '^veuöevra 

EVQelav  TlekoTtog  vrjaov  dTiiY,6(.iEd^a. 

3 

,^  q)iXoxQi]!^c(tla  ^TCccQTav  oXet^  aXXo  ydq  oudev" 

loÖE  yciQ  ccQyvQÖTO^og  dva^  ixaEQyog  ^^nöXXoiv 
XQvaow^rjg  s'xQrj  itiovog  €§  dövrov. 

4 

Ooißov  dxovaavTsg  Uvd-wvöd^Ev  oixad^  evizav 

/navTEiag  ze  d-EOv  v.al  teXei^vt'  ervEa' 
agxsiv  /HSV  ßavXrjg  d^EOTi,j.nqrovg  ßaoiXrjag, 

(HOL  i-ieXei  ^TcaQTtjg  l(.iEQ6EOoa  TtoXig, 
5  JCQEoßvysvfjg  te  ysQOvxag'  ErtEixa  ös  drjuözag  avdqag  5 

Ev&Eiaig  Q^TQr]ia    dvxaTta/iEißofXEvavg 
[iv^üad^ai  te  xa  Y.a.Xd.  xal  eqdeiv  Ttdvxa  diy.aia^ 

f^rjö'  STrißovXEVEiv  TfjiÖE  noXi^xL  -/.amv), 
ö^f-iov  de  TrXrjd^EL  VLxr]v  xat  xdqxog  ercEod^aL' 
10  Oölßog  ydq  tieqI  xwv  tod^  dvi(pr]VE  TtoXi.  10 


'H/xExiQcoL  ßaoiXffC,  d^soiac  cpiXwL  QE07t6f.i7ttüi, 

ov  dia  MegoiJvtjv  iiXo(.iEv  evqvxoqov, 
MEaai]vrjv,  dya&rjv  /uev  dgavv,  dyad^fjv  de  (pvxEvuv 

af.i(p    avxTjv  d'  sjAdxovx'  svvea  nai  öeic    ixt] 
5  vü)XEfXE(og  ahi,  xaXaaicpQOva  d^v/ibv  s'xovxEg, 

aixfit]xal  naxeqiüv  ^/.lExegcov  naxeqEg' 
elyioGxojL  ö'  oi  /aev  xaxd  Ttiova  egya  XiTtovxsg 

cpsvyov  ^Id^cüfiaiiüv  ez  (xeydXwv  OQttov. 

"ßg  TCEQ  ovoi  fAEydXoia    axO^eoi  xEigofiEvoi,, 
ÖEanoavvoioi  (piqovxeg  dvavxalrjg  v/cd  Xvygrjg 
ijfiiav  Ttaviog  oaov  xaQnov  aqovQa  (psQSt. 


o 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    A.  VIT.  Tyrtaios.     205 

7 
^eOTTÖrag  oiiLioj^ovreg  of-iiog  aXoxoi  ts  xal  avToi, 
€VT€  Tiv    ovXo[.itvt]  fiolgu  y,L%OL  i^aVCCTOV. 

II.   'Yno^TJyMt.   10 

Ted^vävat  yao  xakov  etcI  TtQo/ndxoiai  Tieoövxa 

dvÖQ    dyaiybv  rtagl  tji  Ttatqidi  juoQvd^ievov. 
trjv  d    avTOV  TtQoXirtovva  fCoXiv  'Kai  Ttlovag  dygovg 

TtTiOXSVUV    rcdvTÜiV    SGT     dvitjQOTUTOV, 

5  7rXaC6f.i€vov  avv  /.ir^rgl  cpiXrjL  xal  Ttargl  yegovTc  5 

Ttaial  T€  ovv  fAiy.Qolg  'aovqiöitji,  t   aXöxtoi'. 
ix^Qog  fxsv  yaQ  toloi  (.lerioaeTai,  cwg  av  Ixt^rai 

XQrj/iioavvrji  r   el'xcov  xal  aTvysgfji  nevirjt^ 
alaxvvsL  re  yevog,  kütcc  6^  dyXaov  elöog  iXevxet, 
10  Träaa  ö'  dtiiuiq  y.al  xazorjjg  ETterai.  10 

ei  ($'  ovTtog  dvögög  zov  dXcofiivov  ovöefii'  coqt] 
yivETai,  ovT    aiocog  ovz    orcig  ovo    eXeog, 
d-vf-UÖL  yyjg  ttIql  Trjode  /iiaxcof.ied^a  ytal  negl  naldtov 
^vrjiaxto/iiev  ipvx£töv  f.irjKhi  (psidof-ievoi, 
15  w  veoi,  dXXd  /LidxEO&e  naq   dXXi]Xoiai  (.levorveg,  15 

liiTjöi  q>vyrjg  aiayQ^g  ccqxets  iiir]ds  cpoßov, 
dXXd  jiieyav  noiüod^B  y.al  dXm/nov  iv  (fgeol  d^v(.i6v, 

/iii^di  q)iXoipvxäT   dvägdai  /naQvdf-ievoL' 
Tovg  Ö€  7zaXaioT€Qavg,  lov  ovy.eTL  yovvax'  EXaq)Qdj 
20  /ii^  YMtaXeiTinvrEg  cfsvysTE,  rovg  yaqaovg'  20 

cuaxQov  ydq  dt)  tovto  /«er«  TtQOftdxoiai  rtEGÖwa 

"KElod^ai    TCQOOd^E   VECüV    avÖQtt    TtaXaiOTEQOV, 

rjörj  Xev/mv  exovtu  xagt]  ttoXiov  te  yevsiov^ 
d^vf-iov  dnoxpvxovt'  aX'Uf.iov  iv  jiovirji, 
25  ai/iiaTOEVT    alöoTa  (piXr^id'  iv  x^QOiv  exovtu  —  25 

alaxgd  rd  y    og^d^aX^ioig  xat  VEfteorjTOv  lö&iv  — 
yal  XQ^(^  yvjiivco&EVTa'  velol  öe  te  rtdvT    irtEOinEV, 

ocpQ    iqaTrjg  rjßrjg  dyXaov  dvd^og  e'x^l  • 
avögccOL  f.iEv  d^r]r]Tdg  lÖEtv,  igarog  di  yvvai^lvy 
30  ^toög  E(üv,  Y.aXog  d'  iv  TTQOixdxoioi  Ttaatov.  30 

11 

^XX   'HganXEiog  ydg  dviynjtov  yivog  iazs, 
S^agoEiT,  (TV  'KO)  ZEvg  avxtva  Xo^ov  EX£t' 

fxr]d   dvÖQiov  nXrjiyvv  öeii-iaivETE,  (.iriÖE  (poßüad^E^ 
id^ig  (5'  ig  Tiqof.idxovg  donlö    avfjQ  ixETco, 

Heitiägc  z.  künde  d.  indjf.  sprachen.    Xlll.  15 


206  A.  Fick 

5  exd^QYjv  f.isv  i^ivyf]v  &ef.isvog,  ^avdrov  de  ^teXatvag  5 

/.fjgag  of-icog  avyrjia   '^eXioio  cpiXag. 
l'oTS  yaQ"AQr]og  TtoXvdaxQvov  egy   äidrjXcf 
€v  ö'  OQyfjv  sdcLrjt'  ccgyaleav  rtoXifiav, 
xal  d^a(.ia  cpevyövvwv  te  dicoyinvTiov  re  yeyevad^e, 
10  10  vsot,  a/ncporegiov  d*  sg  -Mgov  ijXäoaxs.  10 

Oi  IA.8V  yccQ  toXf-udai  naq    aXh]XniaL  (.isvovteg 

sg  T    avtoaxeöir]v  y.ai  TtQO/ndyavg  levai, 
TcavQOTEQoc  &vrjia}iavai,  oacfvoi  de  Xrjov  ortiaaco 
TQsaodvTCüv  (J'  dvögtüv  7i6ca    drtoXwX'  dgerrj. 
15  ovöslg  dv  xoze  ravta  Xeytov  dvvoeiev  e'jtaara,  15 

ooa,  rjv  alaxQce  Ttd&rji,  ylverai  dvögl  xa^id' 
ägnaXeov  ydg  OTtiod^e  f-ierdq^gerov  iori  öatCeiv 

dvögög  cpevyovzog  ör^tcoL  sv  TcoXi/iiioi' 
aiaxQOg  ^^  «öt^^  vmvg  yiaTay.si/ii£Vog  ev  xovirjLaiv 
20  vioTOv  OTtLöd^  aly/ii^i  öovQog  f.Xr]Xa/ii8vog.  20 

dXXd  tig  €v  diaßdg  /^levsTO)  noaiv  dfxcpoTeQOiaiv 

atr^Qiyd^elg  htl  y^g,  xüXog  oöovai  öayiwv, 
firjQOvg  TS  Kvi]f.iag  ts  y.dT(ü  v.al  arsQva  ycal  co^ovg 
doTtidog  evgehjg  yaorgl  y.aXvipd/iisvog' 
25  öe^LTeQr]t  d'  sv  y,B4.qi  Tivaootro)  oßgi/iiov  e'vxog,  25 

■KLvuxco  de  X6(pov  öeivnv  vrceg  XECpaXrjg' 
egScDV  (5'  oßgi/iia  egya  diöaaY.eöd^io  TtoXe/itiCEiv, 

firjS*  exTog  ßeXetov  eOTÜcM  dayilö^  s'xiov. 
dXXd  Tig  Ivyvg  l(bv  avToaxsdbv  evyei  /naKQwi 
30  rj  ^iq>£L  ovrdtiov  örjiov  ixvdq   eXerw  30 

y.(xl  Ttoda  tcccq  rtodl  d^ug  y.al  ert  aanidog  aGTtid'  eQeiaag, 

ev  de  X6(pov  te  Xdcptoi  xai  :ivverjv  xvverjL 
xal  OTegvov  oteQvwi  TrerrXrj/iievog  avdqi  f^iaxead-io 
rj  ^L(peog  y.(x>7rriv  rj  doQv  fiayiQOv  eXiov. 
35  vi-iHg  ($*,  Oi  yvfxvTJtsg,  vn   darclöog  dXXo&ev  dXXog  35 

mwaaovieg  /.isydXoig  ßdXXeze  x^Q^^<^^i^oig, 
dovqaai  xs  ^eöxoIolv  dxovTiCovTsg  ig  avTOvg, 
loloL  TtavoTtXoiat  TrXrjoiov  lardf-uvoL. 


12 


Ovt'  av  (xvrioai(.iriv  ovt    ev  Xoyioi  dvöga  rid^ei/iirjv, 

ovTS  Ttoötov  dgerrig  ovxe  naXaia(.ioavvr]g, 
ov6*  ei  KvxXojntov  (xev  exoi  f^eye&og  te  ßlrjv  t«, 
vixcoirj  de  d^iiov  QQrjtmov  BoQerjv, 
5  ovd'  el  Tid^oivoio  qtvrjv  xaqieovsQog  Etr^, 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    A.  VII.  Tyrtaios.    207 

ft'kovTolrj  di  Mideco  xal  Kivvqeio  /iiaXiov, 
ovo'  £1  TavTaXiÖEO}  IliXoTiog  ßaaikevregog  «t'jj, 

yXtdaoav  ö'  ^^öqtJotov  f.iuXix6yi)QVv  l'^oi, 
ovd'  ei  Tvaaav  exoi  do^av  jcXtjv  ^ovqiöoq  akyi^g' 
10  ov  yccQ  avTjQ  dyaS^og  ylverai  sv  TCoXef.uoi,  10 

ei  (.iTj  TerXair]   uev  oqöjv  (pövov  ai/.iaTO£VTa 
Tial  dijitüv  OQsyoiT   svyvd^ev  laxdfxevog. 
r]d^  agsTT],  rdS*  as&Xov  sv  dv&gojrroiaiv  agiOTOv 
'mXXioxöv  xe  (psgeiv  yivevat  avögl  vetoi. 
15  ^vvov  (J'  eaXöv  xovxo  vroXrfv  xe  Ttavzi  xe  dtjfxoji  15 

(ig  xig  dvrjQ  öiaßag  ev  TiQOfiäxoiOL  iiievr]L 
v(jüXef.i£iog,  aloxgijg  de  (pvyijg  erti  tzccvxv  Xd^rjxai, 

ifjvxtjv  y.al  i^vuov  xX^j/iiova  TiaQ^e/nevog^ 
d^aqGvvrjL  (J'  tTceoiv  xbv  nXi]OL0V  avöga  rcageaxdg' 
20  ovxog  dvrjQ  dya&og  yivexai  ev  TtoXefxvoi.'  20 

aiipa  de  dvo(.ieveiov  dvÖQiöv  exgeipe  qxxXavyag 

XQrjxelag,  artovdrjL  x    eoxe^e  y^vf^icc  fACcxrjg' 
og  <}'  avx'  ev  tiqo(.i(xxolol  Tteacov  g)iXov  coXeoe  &vjli6v, 
aoxv  xe  zal  Xrjovg  Kai  naxeq    ev^Xetaag, 
25  TtoXXd  öid  axegvoio  xal  doTtiöog  6iiig>aXoeaar]g  25 

xat  diä  d^cSgrjY.og  jcgoad^ev  eXt]Xa/.ievog, 
TOP  ^  oXocpvQOvxai  (.lev  ojiaog  veot  ijde  yegovreg, 

ccQyaXeioL  xe  Ttod^wi  rtäoa  xfxj^de  rtöXig' 
Tiat  xv(.ißog  xat  Ttaideg  ev  dvd-QCortOLO    agtarj/^nL 
30  xat  Ttaidcov  ncudeg  xat  yevog  e^OTtlaco.  30 

ovöi  y-oxs  xXeog  eaXöv  aTtoXXvxai,  Oüd*  6vof.i   avxov^ 

dXX^  V7T0  yfjg  rteg  ewv  ylvexac  dd-dvaxog, 
ov  XIV   dgiaxevovxa  (xevovxd  xe  (xaQvd(xev6v  xe 
yrjg  rceqL  y.al  nalöwv  d-ovQog  ^.Agrig  oXearji. 
35  el  de  cpvyrjt  /^ev  x^^a  xaviqXeyeog  d^aväxoLO,  35 

viy.Tqoag  d'  alxi^ifjg  dyXaov  evxog  eXrji, 
Ttdvxeg  futv  xif.icoaiv  6f.iiög  veoi  i^de  TtaXaioi^ 

TioXXct  de  xeQTtva  Tta&tov  egxexai  eig  l^tdrjv 
yrjQdaxtov  doxoiat  (.lexartgeTteL,  ovde  xig  avxöv 
40  ßXdrcxuv  ovd^  aldovg  ovxe  dizrjg  ed^eXei,  40 

Ttdvxeg  6"  ev  d-ioycoLOtv  of-iiHg  veot  oX  xe  xolx   avxov 

eiKOva    €X  x^^QV?  '^^  "^^  TtaXoLLoxeqoi. 
xavxr]g  vvv  xig  dvrjQ  dgexrig  eg  xeg^ax"  iyiiad-at, 
Tteigdad-oj  S^viuol,  (.iri  fiexieig  TtoXif^orv, 


15* 


208  A.  Fick 

viYd^cjvog  de  XeovTog  s'xmv  iv  airj^eai,  d^v^öv. 
Tlqiv  dQETrjg  TtsXdaaL  T€Qf.iaaiv  rj  ^avävov 


13 
14 


B.   Jüngere  lonier. 

1.    IdvaT^QsovTog  Tr]l(yv  (von  540  ab). 

Eis  '^QTffilV     1 

rofvvdv(.iai  a\  sXacprjßoke, 
^avd^ij  Ttai  Jiög^  dygiiov 

öioTtoiv  '.AQTS^a  d^rjQwv ' 
■t]  Y.OV  vvv  STtl  ytrjd-dov 
5  dlviqiOLV  ^Quai-xagdlcüv 
(xvÖqiov  saxarogätg  noXiv 
%aiqma  '  ov  yag  dvr]/n€Qavg 

7Zoi(.iaLvsig  TtoXi^iag. 


ßva^,  tut  dafxdXrjg^'EQwg 
■Kai  NvfKpai,  Y.vav(jüTiideg 

TCOQcpvqij  x   ^A(fqo6i%r] 
avjUTraiCovaiv  e7tiaTQ€(pt]i  ö* 
5  viprjXwv  X0Qvq>ag  oqsiov^ 
yavvov/iiai  ae'  ov  S'  eviuev^g 
«A^'  i^iniv,  X£X(XQiajLi€vrjg  d' 

evxcüXrjg  eTraxoveiv. 
KXeoßovXcüt  (J'  dya^og  yevao 
10  av(.ißovXog'  tÖv  efxbv  d'  tqioz^ 

w  JedwoBy  öexsaO^ai. 

KXeoßovXov  fiiv  i'ywy^  sqscü, 

KXeoßavXioL  d*  emf-iaivo^iaiy 

KXsoß&uXov  de  di,oaxe(o 

ii  Ttai  TtaQd^ivLOv  ßXinwv, 
di^rj/iiai  ae,  av  ^  ov  xoeig, 
ovx  elöoig,  oti  Ttjg  efiiig 
ipvxfjg  •^vioxeveig. 


Eis  /llowaov  2 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.     B.  I.  Anakreon.     209 

5 

Meig  (lev  ötj  Iloaidrjiiov 
e'aTr]X€v,  vecpeXai  d'  vdsi 

X€i(jL(ävBg  xaTccyavaiv. 

7 
.  .  .  ov  yccQ  rjg  ijnol  y 
daTSjLKprjg 


Kdyio  d"  ovr*  av  l4f^aXd^€tjg 
ßovXolf.irjv  xsgag,  ovz    errj 
Ttevti^^ovra  tb  -Kdiiatov 
TaQTtjaaov  ßaaiXevaai. 

.  .  .  tl  Xlrjv  rrsTfjL 
avQivyiav  xotAwre^a 
OT^&r]  xQeiaäfÄBvog  fxvQVJi; 

^\)g  <J'  viprjXä  V€V(jDfiivog 

....  TtoXXa  d*  SQißQOfxov 
^sovvaov 

(yi)%  ^EXXtjv  ccTtaXrjv  xccaiv 
^evTilnrewv  sttl  öiveai 

Ovtog  drjvte  QaXvaioig 
tiXXev  Tovg  y.vavaa7Tidag 

2cpaiQr]i  Srjvre  {.le  rcoQ(fVQ^i, 
ßdXXiov  xQvaoxofirjg  ^'Eqwg 
vTqvi  7tOLy.iXoa(X(.ißäXtoL 

ovfÄTtalteiv  TTQoxaXeltai' 
Tj  o ,  eOTiv  yag  an    bvktitov 


10 
11 

12  A 
12  B 
13B 

14 


210  A.  Pick 

XevKrj  yaQ,  y.aTa/x€ii(pstai, 

TTQÖg  (5'  aXXnv  rivcc  xdönsi. 

15 
Ov  drjvi    efXTisdög  uja-l^ 
ovo    daroXai  TtQoarjvrjg 

16 
Mvd^ltai  de,  IVleyiarrj, 
SV  vijowi,  dien: ovo IV 
(]Svf^q)6wv)  Uqov  datv. 

17 
^HgiotTjOa  f.isv  Itqiov  Xstttov  (.u^qov  drcouldg, 
olvov  d^  l^eniov  v.d6ov,  vvv  S*  dßQwg  eqöaoaav 
tpdlXio  7Tr]y,Tida  ttjl  (filrji  xiof^d^cov  Ttd'Cd    aßgrif. 

18 

xpdXXco  (5'  fitxoort  (^vdov) 

XOQÖrjiaiv  fxayddr]v  exoiv,  co  uievuaaTii,  ov  d    rjßäis 

19 
Wgd^eig  ötjvt   arrd  yievYMÖog 
7reTQT]g  sg  tvoXlov  xtJ/ua  ytoXvf-ißcj  fued-vcov  eqioti,. 

20 

Ti'g  8Qaa(xir]v 

ZQSXpag  d^V(.ibv  sg  rjßrjv  tsgevcov  rjfXiOTtcDV  vn    avXwv 
OQxäxai, ; 

21 
§avd^rji  (J'  EvQVTtvXfji  (ÄtXei 

6    TtSQlCpOQrjTOg  i^QTif.l(üV 

21  A 
ttqIv  fiev  e'xcDV  ßeQ߀(Jiov,  y,aXv  fifiax^  8aq)rj/.a)fi€va, 
'Kai  ^vXivovg  dazQaydXovg  iv  coai,  xat  xpiXöv  rcegl 

rtXevQrJLGi  (öeg/ii   tjel)  ßoog, 
vrinXvxov  iiXvixa.  xaz^g  doTtiöog,  dgronoXiaiv 
5  xai^eXoTioQvoiaiv  of-uXecöv  6  7tovr]QÖg  l^Qxii-iwv, 
yiißdr]lov  evQioyccov  ßiov 
TioXXd  f.iiv  ev  öovqI  öei^elg  av^iva,  rcoXXxt  §  sv  tqoxcoi, 
TioXXd  de  vwTOV  oyivrivr^i  ^daxiyi  d-io/xixä^elg,  yi6/ur]v 
TTwycüvd  T   rAT£TiXf.ievog. 
10  vvv  d'  eicißatvEL  aaTivewv,  XQvaea  q)OQe(Jöv  xaTegfiaza 
Ttalg  o  KvxTjg,  xal  axiadia^r^v  eXeq^avrivr^v  cpoqel 
avTCjog  yvvai^lv  .  .  . 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.     B.  I.  Anakreon.     211 

22 


2i^aXov  eldov  iv  xoqml  Tttjxzid^  txovxa  AaXrjv 

23 

'E>t  rtotafioiv  ^ Ttavegxojiiai  navtct  cpiqovoa  Xa/urtgcc 

24 

l^varcsTO^iai  diy  Ttgbg  'OXv/urcov  TtreQvyeaai  /.ovepaig 

dia  tov^'Eqiüt'  ov  yctg  sfj.ol  Ttalg  s&elei  avvrjßäv 

25 

(^'Egtog),  tog  (x   iaiöwv  yiveiov 

VTtOTtöhov  xQvoo(faüviov  TVTEQvytov  drJTaig 

TcaQaTtitBtai, 

26 

Xeigd  %    i^ydvioi  ßaXäv 

27 

HXie  xalXiXaiiiTreTr] 

28 
lAoTtida  glipag  notafxov  -KaXXiQÖov  rtaQ    ox&ag 

29 

....  syut  ö'  an   avxig  <pvyov  wWe  xoxxf^ 

30 
Tov  f.ivQonoi6v  ^QOf-irjV  ^iqÖtclv  d  xo/n^oti 

31 
JaxQvosaadv  x    iqilXipev  alxn^v 

32 
^Qivoxoei  ^  df-icpinoXog  (.lehxQOv 
olvov,  TQiytvad-ov  TisXißrjv  a'xovoa 

33 

Ovo'  dgyvQst]  xa'  xor'  eXafXTiB  n€i&w 

36 

^IvoTtttd^rj  TtatQid'  enoipouai 

38 

l4ar]f.tti)v  V718Q  SQ^idTiüv  (pogeöf-iai. 

39 

nXeyiTCtg  vTtod^v/niöag 

rtsql  atrid^BOi  Xiovlvag  e^evxo 


ae  yag  (prj' 

TaQyTqXiog  sf^ij-ieXeiog 

dl,OY,ÜV 


40 


212  A.  Fick 

41 
'O  MeyiOTrjg  d'  o  (piXorpQwv  deaa  drj  fifjveg,  STtsl  ts 
ateqxxvdvrai  re  Xvyioi  xal  xqvya.  nlvEi  ueXirjd^ 

42 
Kad^aQtji  6*  £v  :teX8ßrji  itIvte  ze  y.al  TQÜg  dva%üo^o}v 

43 
JIoXiol  f.i8V  rifiiv  rjöi]  TiQOTafpoi  yiäqy]  te  Xsvxov, 
XCCQiEOaa  ö    ovxst    ijßf]  nccQa^  yrjgaXot  6*  oöovreg. 

yXvuEQÖv  d'  ovxETL  TCoXXog  ßiozov  xQOvog  XsXeiTtTaL' 
dia  ravT    dvaovaXvXio  d^aind   TocQTaQOv  dsöomiüg. 

Idtdtio  yccQ  SOZI  öeivög  f^vxog,  dgyaX^  d'  ig  avzov 
'Äccd^odog'  Kai  yag  SToliiov  xazaßdvzt  (.itj  ^vaßrjvaL. 

^'Egauai  (de)  zol  avvrjßäv  yagizövv  e'x^ig  yäq  rjd-og 

^EfÄS  yag  (vioi)  Xöywv  eivexa  Ttaiöeg  av  cpiXolsv 
XdQiSvxa  uev  yaQ  aidio,  x«^t€>'rß  ö'  olöa  Xi^ai 

^AazQaydXoi  d'  Eqiazog  eialv  /navlai  zs  y.al  Y,vdoi(xoi 

ÜQog  2/iif()6(rjv   47 

MeydXwi  örjvze  (.i  'Egiog  sy.oip€v  loazs  x^^XyiEvg 
/ceXsxsi,  x^iusQirji  d'  eXovaev  sv  x^Q^^Q'^^ 


44 
45 

46 


lditiY.UQag  ö^  dTtaX^g  '/,6f.irjg  ai^icofiov  avd^og 

QQrjiKifjv^  aiovza  x^^^^^ 

llrto  (.101  &ctvüv  yivoiz  •  ov  ydq  av  aXXrj 
Xvaig  iy.  ttovcov  yivoiz'  ovöa/iid  zcovde. 

u^yuvdig  old  zs  veßqov  veo&rjXrj 
yaXad^r^vov,  oaz*  ev  vXrji  Tuego^aarjg 
dftoXsKpi^eig  vno  jurjzgdg  inzo^&r] 

^iva^iojQoi  TtoXe^ii^ovoi  O^lqwqoI 

2nisXbv  /.oczaßov  dvxvXrji  dait,wv 


48 
49 
50 

51 

52 

53 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.     B.  I.  Anakreon.     213 

54 
EftL  ö   o(pQvaiv  aekivwv  aTe(faviay.ovg 
d^e/itevoi  ^dXsiav  OQTrjV  aydywfXBv 
JeovvowL 


Jbovvgov  aavXai  BaaaaQideg 

Ovo    av  (ii    idasig  jtie&vovz   oinaö'  drtsld^eiv; 

0iXr]  yciQ  €1  ^evoio ,  moov  de  /iie  dixpBwvta  rtiuv 

lAno  S"  e^EiXsTO  &sa(.iov  /.leyav 

Exövaa  xi&cöva  öcogidCeiv 

Kai  /ii    ETtißiüxov  xara  yslrovag  Ttoii^aetg 

ITagd  dtjvTe  IIvd^6f.i(xvdQ0v 
y.aTedvv  "EqtoTa  cpevycov 

0€Q     VÖWQ,    cp€Q^    olvOV,    CO    TtOl, 

cpiqE  6^  dvd^Ef.idvvTag  i^filv 
aTstpavovg,  svikov,  log  drj 
TtQog  "Eqwtu  TtvKtaXitio. 

ulyE  or],  (p€Q    r]f.uv^  w  Ttai, 
Hekۧt]v,  o^ojg  d/nvariv 
TtQOTtito,  td  (.18V  dex   ev^^g 
vdarog,  t«  rtevte  ö'  olvov 
xvdd-avg,  log  dvvßQiotl 
dvd  drjVTS  ßaaaaQtjaio 

Aye  drjvTs,  ^jyx^V  ovtw 
natdyo}i  ts  xdXaXrjriÖL 
2yiv&iyn^v  Ttöoiv  nciQ^  otvioL 
f-ieXeTcof-iEv,  dXXd  xaXo7g 
vrtonivovTeg  ev  v'f.ivoig 

Xd^oviov  d'  if-iavidv  ^yov 


56 
57 

58 
59 
60 
61 

62 


63 


64 


214  A.  Fick 

Tov  Eqiotu  yciQ  tov  aßgov 
ILieXof.iai  ßqvovTa  ^irgaLg 
TtoXvavd^auoiö'  aslöuv 
ode  yccQ  ^€tdv  dvvaati]g, 
ode  xal  ßqoTOvg  dafxdtu 

akXa  7tQ67tLve, 

QaÖLVovg,  w  (fiXe,  f.it]Qovg 

HSvf.isl€g,  xagUcoa  xsltdoi 

Mväzai  örjvre  (paXaxQog'L^ke^ig 

KaXXl-KOfAOi  xovqai  Jiog  togxrjaavT'  sXacpQitig 

ÖQOoloTtog  jLiev  ^L^grjg  q)Llel  fxsvaix(A.rjv 

Ovt€  yoQ  ^fÄSXEQBiov  ovT€  ^aXov 

Nvv  6'  oTto  /iiiv  OTetpavog  nöXewg  oXmXbv 

^GTBqig,  ovxE  a   eyu)  (piXaw  ovt  yirteXXijg 

BovXtvai,  rj7t8Q07c6g  {vig)  ^^Iv  eivai 

eyoi  ÖS  /higeco 

Tiavzag  oaoi  x&oviavg  e'xovai  QvOfxavg 
"Kai  xct^^^tovg'  /Lieudi^r]x.ä  a\  co  Msyiaz^, 
zwv  aßay.LCo[Äevojv 

IlwXa  QQYjiAirj,  %l  örj  fie  Xo^ov  ofu/naaiv  ßXinovaa 
vt^Xecüg  q)£vyeig,  doxeig  öe  (x  ovdev  eidivat  aocpov; 


65 


66 

67 
68 
69 
70 

71 

72 

72  B 

73 

74 


75 


la^i  TOI,  y.dXwg  fiiv  av  toi  tov  x^^^^ov  EfißdXoi^i, 
rjviag  d'  «/wv  aTQsq)Oi^ii  g   df.t(pi  TSQ/naza  ÖQÖf.iov. 

vvv  de  XsifAÜvdg  ts  ßoaxrji  Y.ovq)d  ts  GxiQTtoaa  7caiCeig, 
de^iöv  yccQ  iTtTtooÜQiqv  ovy.  eyßig  E7t£f.ißdTrjy. 


Die  sprachtorm  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.     B.  I.  Anakreon.     215 

76 
KXv&l  [ISO  yeQovTog  eved-eige  XQ^oorceTtXs  xovqtj 

11 
Evte  fxoi  Xsvyial  /.leXalvr^ia    dvaf.ie^il^ovTai  tgl^sg 

78 
(^Ev)  ^leXajucpvXXiüL  ddq)vrji  yiXoiqfji  t'  eXairjc  TavTaXiCeL 

79 
Kolfxiaov  6i,  Zev^  o6Xoiy.ov  g)d^dvyov 

80 

80  A 
81 

82 

83 


^id  Ö€Qi]v  €xoi//£  jLiioarjv 

Kaödi  XcüTvog  eaxiO&tj 

ai  de  /nso  g>Qiv€g 

«xxfixwqp^rat. 

'Eyco  d'  e'xcov  aytvTtcpov  ^Eq^icovi 
Twc  uievy.oX6(f(n}  f^eQvdv  e^sTtivov 

^'^^ipdvovg  d'  dvrjQ  rgeig  syiaatog  uxev 
Tovg  fxiv  Qodivavg,  xov  de  NavTiQariTrjv 

^Eaze  ^evoLöi  fieiXixoia    eotyiozeg 
atiyrjg  xe  /.lovvov  %al  nvqbg  y.sxQVjf.ievoLg 

ndXat  'A.OX    Tjoav  dXmuot  MiXijoioi 

Kai  ^dXa/Liog,  ev  xül  xüvog  ov-/,  eyrjf.iev,  dXX^  eyi^juaro 


84 

85 
86 

87 


Kvi^rj  Tig  ijörj  y.ai  Ttervuga  yivofxaL 
arjv  did  fnagyoavvrjv. 

88 
Kov  (.wkXov  ev  ^vqtjioi  di^rjioiv  ßaXcov 
ijavxog  xazevdet 

89 
EgecS  xe  öi]vx€  xovx  egew 
y.al  (.laivofxat  v.ov  ixaivof4.ai 

90 
Mrj^  lüOXB  xv/iia  tcovxiov 

XdXaCe^  xrJL  7toXv}iQdxr]i 


216  A.  Fiele 

avv  raoTQodiüQTji  xara/Jdiyv 
Ttivovoa  rrjv  srtiaTiov. 

zfiä  dt]  vre  KagiyiovQytog 
oxdvoio  x^Q^  tid^tf-ievai 

O  (xev  d-eXiüv  fudxea^ai,, 
TtageOTi  yccQ,  (.laxsoi^^io 

TtoXXolaL  ydg  fniXsig 


91 


92 


93 


"EXtytltt   94 


95 

96 
97 
98 
99 


Ov  q)iXeio,  og  yiQrjTrJQi  jidqa  tcXuol  olvonoT(xtfov 

vEiY-sa  ytal  uoXejLiov  öa^iQvoevra  Xeyet,, 
aXX    og  Tig  Movaeiov  te  xat  dyXad  öwq  L^cpgoöiTrjg 

av(.i(iiayiov  i.Qarrjg  fivijiayieTaL  €V(pQoovvfjg. 

Ovdi  Ti  TOL  TtQog  d^vfxov^  ofxwg  ys  fiivo)  ff    döodatiog 

Ovxeri  QQr]iKlrjg  (rtojXov)  s7tiaTQ€q)0fiaL 
OtvoTtOTt^g  di  7t€7roir]/nai, 
cpQOvxida  firj  ^azex^v 

^vyßv  d'  ^lyeideo)  QrjOEog  sotI  Xvgrj 

^En  lyQttfXfia   100 
^ßötjQUiv  TTQO  ^avovTa  TOP  alvoßlrjV  ^^yäd^wva 

Ttaa    STtl  TtvQTiaiijg  ijd'  eßorjoe  7c6Xtg' 
ov  Tiva  yccQ  zoiövde  vicov  6  cpiXalf-tazog  ^-Aqrig 

rjvaQiaev  aTvyegrjg  iv  aTQoq)dXivyi  ^idxrjg. 


II.    Seivo(fdv£og  KoXorputviov  y.al  ^EXf-dieio  (dichtete 
etwa  von  540  an). 

'EXtyiTtt   1 
Nvv  ydq  drj  ^artedov  yia&agov  x«e  X^Q^^  drtdvtiov 

y.al  -KvXi^eg'  nXe^-Tcivg  6*  d^Kpitli^u  aiecpdvovg, 
aXXog  S'  evioöeg  (.ivqov  ev  q>idXr]i  Tvagayctvet, 

•/.QrjTriQ  d'  1'atrjY.tv  fjearog  sv(pQoavvrjg- 


Die  sprachtbrm  d.  alfcion.  u.  altatt.  lyrik.    B.  II.  Xenophanes.    217 

5  aXXog  d'  otvog  iTo7f.iog,  og  ov  xori  cpriOi  7CQodt6auv, 

(.leiXiXog  ev  y.eQdi^ioLo\  avi^eog  oCofievog' 
ev  de  i-iiaüLa   dyvr)v  6af.irjV  XißavwTog  i'rjatv, 

ipvxQOv  (J'  ioTiv  vöcoQ  'Kai  yXvxv  Tial  xaif^aQOV 
Ttagyieivrai  d'  ccqtoi  ^avi^oi  ysQaqrj  xe  TQanetct 
10  TVQciv  xal  uiXiiog  niovog  d%d^O(xevri  • 

ßwjiiog  d   dv&eoiv  dv  zo  (.Uoov  ndvxrji  TtaTtv-Kaaxai, 

fioXrrrj  (J'  d(.i(fig  e'xsi  öiofiaza  y.al  &aXirj. 
XQfj  Ö€  rcgdjTOv  /uiv  &€Öv  v(.iväv  evq)QOvag  avögag 

£vq>rjinoig  [.ivd^oig  Tial  xad^agolai,  Xöyoig, 
15  GTteioavTag  ds  nal  €v§ai.isvavg  tcc  öi^iaia  dvvaad-ai 

TTQtjoGuv  —  xavta  yag  cov  iarv  TtQOxtiQOteQOv 
ovA  vßqig  —  TtivEiv  oyioaov  xev  e'xcDV  aTriKOLO 

oXy-ad^  avsv  7tQort6Xov,  j.iri  Tcdvv  yrjQaXiog' 
dvÖQWv  d'  aivüv  tovtov,  dg  ioXa  nuov  dvacpalvei, 
20  cog  rjt  (.ivr^fidawr],  v.ai  tov,  og  df-icp'  dQETrjg, 

ov  Ti  fiidxctg  öiirvet   Tmqvwv  ovös  FiyarTOjv, 

ovde  TS  KsvTavQwv,  nXdo(.i(XTa  xmv  TtQOTSQcov^ 
t]  OTaaiag  ocpsöavdg'  töio'  ovösv  xq^otov  I'vsotiv 

d^acov  de  TtQOf-irjd^elrjv  aiiv  e'xuv  dyad-^v. 

2 
l/iXX'  el  f.isv  TaxvTYJXL  vtoöiov  vUr^v  tig  ocqüito, 

rj  Tievza&Xevwv,  tvi^a  zfiog  xäi-ievog 
Trag  JJlaao  gorjia    ev  ^0Xvy.7VLrii,  ii  xe  naXalcov, 

rj  xal  7tv'/.xoavvr]v  dXytvöeoaav  s'xcov, 
ö  fil'  TS  xö  öeivbv  aed^Xov,  o  7ravagdxiov  xaXiovaiVy 

daxöiöLV  x'  ut]  Kvögoxegog  Ttgoaogäv, 
'/.ai  X£  7cgo£Ögir]v  q)av€grjv  iv  dywoiv  agoixo, 

xat  yisv  alt'  el'r]  örjuoalwv  xxedvwv 
EY.  TiöXeoyg  y.ai  ÖuJgov,  o  o\  xet/ii^Xiov  eirj' 
10  EL  xe  xal  iTTTtoiaiv,  xavxa  x    oniavza  Xdxoi, 

ovK  Eiüv  (i^iog,  ojOTtEg  iyoj'  gcojiirjg  ydg  dinEivcüv 

dvögüv  i^S'  Xtiikov  rjf.iexEgr]  aocpir]. 
dXX!  slzf]  f.idXa  xovxo  rof-ä^Exac'  ovöi  öUaiov 

jtgoY.givuv  gojfir]v  xfjg  dya&fjg  ao(pitjg, 
15  ovxe  ydg  eI  Tivuxrjg  dya&og  Xrjoloi  jUEXsir], 

ovr    eI  TtEVxaö^Xäv,  ovve  TtaXaiai.ioavvr}V, 
ovde  fiiv  eI  xaxvifjxi  jiodwv,  xö  rtig  iaxL  Ttgoxi^ov 

gcofxrig  ooa    dvögiov  egy'  iv  dydvi  tvsXei, 
%ovvE¥.Ev  dv  dt)  fiüXXov  EV  Evvo(A.irji  TtöXig  E\rj, 


218  A.  Fick 

20  a^iTiQOv  6   dv  n  TCoXei  xoiQ(.ia  yivoix^  hil  tiöl, 

et  Tig  ded-Xevtüv  vixiot  Iliaao  nag    ox^ccg' 
ov  yccQ  Ttiaivei  ravta  {.iv^ohg  TTolswg. 

3 
*AßQoavvag  di  ^la&övrsg  dvcocpslsag  rcagd  yivdwv, 

ocpga  TVQavvirjg  rjaav  dvsv  avvyeQ^g, 

rjiaav  eig  ayogtjv  TtavaXovgysa  qxxge   k'xovreg^ 

ov  (.leiovg  looTtEg  x^Xiol  eig  srtiTrav 

5  avxccleoi,  xaiir^LOiv  dyalXöuevoi  Tavafjioiv, 

aaKr]TÖla   6öf.irjv  xg^if^ccot^  devö/nsvoi. 

4 
Ovöe  ■KBv  iv  xvXiyii  Ttgörsgov  xsgdaeie  rig  oivov 
Ivxrjg,  aAA'  vdwg  i^ai  xaTv/tegd^e  (xsd^v. 

5 
Jlifxxpag  ydg  xcolfjv  sglcpov,  oxsXog  fjgao  rtlov 

ravgov  Xagivdv,  Tif.iLOv  dvögl  Xaxsiv, 
Tov  xXsog  'EXldöa  Ttaaav  arcEi^ETai  ovo*  aTtoX^^si, 
eax    av  doiddwv  rji  yevog  'EXXadixswv. 

6 
Nvv  avT   aXXov  snu^i  Xöyov,  dei^o)  de  TisXevd-ov 

Kai  KOTS  fxiv  aTvq)eXitoiiisvov  oy.vXaxog  Tragiovxa 

q)aolv  irtoiXTigai,  y.al  rode  q)dod^ai  STtog' 
TtavouL  f^Tjöe  gduiV,  inel  rj  (piXov  dvigog  iariv 

yjvx^,  TTjV  syvwv  (p&£v^ainsvr]g  auov. 

7 
Hdiq  ö'  STtvd  %   mai  xal  s^^x.ovt'  sviavTol 

ßXrjötgiCpvTBg  siiirjv  q)govTid'  dv   ^EXXdöa  y^v 
«X  yevexr^g  di  rot'  rjaav  ieUoai  Ttivre  re  Ttgog  xolg, 

EiTteg  iydt  rcegi  xcSvö'  olöa  Xiyuv  ixvficog. 

.  8 
^Avdgbg  yrjgivTog  ttoXXov  dcpavgoTsgog 

III.    0ü)7cvXldeio  MiXrjöiov  (etwa  530). 

^EXeytta  1 
Kai  Tode  OojuvXidea)'  ^egioi  ytaxor  ovy.  o  f.iiv,  og  ^  ov' 
ndvteg,  nXrjv  Hgo'/Xiog'  xal  de  JlgoxX^g  ytsgtog. 

"Enr)   3 
Kai  Tods  WioxvXiöeo)'  xsTogoiv  ano  twvö'  syevovro 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    B.  III.  Phokylides.    219 

<pvla  yvvaiv.f.uov  rj  ftiv  y.vv6g,  rj  di  /ueliaarjg, 
t]  öi  acog  ßXoaiQfjg,  ij  d'  l'n-rrav  xatrrjiaorjg' 
tvcpoQog  ijöe,  taxela,  TrsQiÖQn/iiog,  eldog  dgiaTTj- 
5  i]  di  ovog  ßXnavQfjg,  nvr    av  -/.axi]  ovdi  juev  saX^' 
rj  öf.  xvvog,  yaXt/rrj  re  xal  ayqiog'  Tq  de  nsXiaarjg 
olyrnvo/iiog  t    ayad-rj  xal  ffiiaraTai  SQyäteod^af 
rjg  ev%eo,  cpik'  stoiqs,  Xa^äv  yd/nav  iueQÖevvog. 

4 
Kai  tööe  OcüAvXiöeco'  xl  ttXsov,  ysvog  evysvsg  eivai^ 
ola   ovT   SV  /iiv&oia    eTtetUi  xägig  ovt*  evl  ßovXrji; 

5 

Kai  Toöe  OwxvXiöeco'  noXig  kv  axoTiiXcot  xard  noajuov 
olxeoivaa  afiiKQrj  ngiaacov  Nlvov  dcpQatvovarfi. 

6 

Kai  TOÖE  0a}'KvXiösio  ■  xqtq  toi  tov  haiQOv  haiQtOL 
(pQOVTiCuv,  aoa   av  jisQLyovyvtioai  TioXlTat, 

7 
XQrjiZ,(jiiv  TtXovTOv  fX£X6Tr]v  e'xs  Ttiovog  dygciv' 
dygbv  ydq  t€  Xiyovaiv  l^fiaX&sir]g  xsQag  uvat. 

8 
NvxTog  ßovXeveiv,  vvxTog  de  TOt,  o^vTegr]  (pQijv 
dvÖQaaiv  '^avxiTj  d'  aQeTijv  diCtjfievcüi  eaXrj. 

TIoXXoL  TOL  doxeovoi  aaocpQoveg  e/j^fisvai  dvdgEg, 
ahv  Y-OGficüi  avelxovTsg,  eXa(pQ6vooi  tvsq  eovrsg. 

Jiteoi^ai  ßiOTijv,  dgerr^v  d',  OTav  rji,  ßiog  rjdrj. 

Xgrj  d^  SV  aviiTtoaicoi  xt'A/xwv  7t€Qiviaaof.i€vdwv 
r^dea  xioTiXXovTa  y.ad^rjf.iEvov  oivoTioTdueiv. 

HoXXd  /^leaoiaiv  dgiava'  (.liaog  d^eXio  ev  tcoXei  eivat. 
Ilald^  eT    eovxa  XQ^^^  (Tiva)  yiaXd  didaa'Ä,e(.iev  egya 
IIoXX'  dTtaTTjd^rjvai  diCrifXEVov  ef-i^Evai  eaXov 

^.AXX'  aga  dai(.toveg  uolv  Ire    dvdqäaiv  dXXoTE  aXXot, 
Ol  liiev  errEQXOuf'vav  yiazcw  dveqag  ey.Xvaaad^ai 


9 

10 
11 

12 

13 
14 
15 


220  A.  Fick 

16 
(Kai  Toöe  OioxvXidecü)'  XQrjavrjg  yiaxov  eu^ievai  dvögög 
ipevyeiv,  /n^  ae  y    dviijar]i  Ttagd  y.aiqbv  dTiaiTetov. 

17 
^Ev  de  diytaioavvrji  avll^ßörjv  rcaa   dQStrj  ^aviv. 

IV.    L4vavito  (jedenfalls  jünger  als  Hipponax). 

XcuXiccfißoi   1 
^'AnokXov^  og  xof  /tfjXov  rj  Ilvd^cöv  e'xsig, 
rj  Nd^ov  rj  MiXtjtov  rj  d^eirjV  KXdgov 
t'xeo  Tiar'  Iqvjv  rj  ^ycvd^ag  drcai^eai 

2 
Xqvoov  Xiyu  Tlv^egfiog  wg  ovdev  TcilXa 

3 

EY  tig  xazuQ^aL  xqvoov  ev  döf^oig  ttovXvv 
"Kai  av'Aa  ßaid  '/.al  öv    rj  XQÜg  dvi^qcoTcovg, 
yvoit]  '/  ooioL  ra  ama  tov  xqvoov  KQeaaio. 

4 

xa/  ae  noXKov  dvd^Qio/ciov 

syd)  q)iXeio  /.idXiava,  val  (xd  tt^v  y.Qdf.ißrjv 

TergdfifTQU  5 
Hqi  f.iiv  XQOf.iiog  agiOTog,  dvd^ir^g  de  x^^A'^n' 
Twv  (d^egu)  xaXwv  ö'  (XQiaTov  'KcoQig  Ijc  ovurjg  cpvklcw' 
^öv  (J'  eod^ieiv  xificciQ^/S  (pd^ivo/tcogiafiiöi  xQeiag' 
deX(payiog  ö\  oxav  TgarteßGL  zal  TtarediGiv,  ead^iuv 
5  xot  xvvwv  avTYj  tot'  aqrj  aal  laywv  xdlcoytrixcov. 
olog  avT,  ocav  d^egog  t   r]i  %rixeTcti  ßaßQd^coaiv. 
ELta  ^  iarlv  «x  d^aXdoarig  d^vvtog  ov  xaxbv  ßQ(Jöf.ia, 
aXXd  Ttdoiv  Ix^veooLV  s/iiTtQSTirjg  sv  fitoatoTcoi. 
ßovg  de  niavdug,   dov.ew  (.lev,  xat  /^isaecov  vvktojv  'qdvg 
10  }i^(.ieQrjg 

V.    2i-/.iiovidew  Keiov. 

^Eksytia  81 
Ei  d*  aqa  vifi^oai^  x^vyareQ  zltog,  bg  tig  aqiatog, 
d'^iog  ^yii^rivaiiüv  i^eziXeoas  (.wvog. 

82 
Mrjdev  di.ittqteiv  eoil  ^edv  xa^  ndvra  ^aioqOovv. 


Die  sprachform  d.  altion.  u.  altatt.  lyrik.    B,  V.  Simonides.     22t 

84 
Miaooi  d    0%  T   ^EcpvQTiv  rcoXvTtida^a  vautdovreg, 
rcavTOiTig  aQExrj^  XÖQLsg  Iv  noXsfxiOi. 

0%  TS  Ttoliv  rlavKOio,  Koqivd^iov  aovv,  vifiovTeg 

dl  Ttt/nir^v  aviiöv  (.tdQTvv  ed^evzo  Ttovcov 
5  XQ^odi'  TijurjjEVTog  iv  ai&aQf  y.al  aq>iv  ds^et  5 

avTtüv  T    svQsiav  yiX^iöova  xal  Ttaxiqüjv ' 
^eivodoKiov  yccQ  dgiavog  6  x^uffog  ev  al&€Qi  Id/HTtiov. 

85 
Ovdev  iv  dv&QWTTOiai  (.livei  XQij^i    tfXTtedov  alei' 

ev  de  tö  yidXliarov  Xiog  eeiTtev  dvrjQ' 
o%7i  Tteq  cpvXXcüv  yeveri,  rolri  de  xat  dvdQwv 

TtavQOL  f-f^v  d^vjiTiöv  ö'vaaL  öe^df-tevoi 
5  areQVOia    ivy.aze&svTO'  TidoeoTi  ydq  iXrtig  eyidavtoL,  5 

dvÖQCÖv  71  xe  vecüv  or^&eaiv  i^icpvexai. 
d-vriTCüv  d'  6<pQa  rig  dvd^og  exrit  TtoXviqQaTOv  rjßjig 

•Kovcpov  e'xcüv  d^vf-iov  noXl^  dxeXeGxa.  voel' 
ovre  yccQ  iXTvlö"  e'xei  yrjQaae/.tEV  ovxe  d^avuad-ai,, 
10  ov^  vyirjg  ozav  ^i,  g)Q0VTid'  e'xet  naficcTav.  10 

viJTtioi,  otg  ravTTiL  nelxaL  voog^  ovöe  XoaoLV 

wg  XQÖvog  ead^  ^ß^ig  ^f-cel  ßiöxoL    oXlyog 
&v7iToid' '  dXXd.  av  ravza  (.lad^tov  ßiöxov  tcotI  xeQfxa 

ipvxiii  x(öv  dyad^wv  rXi^d-L  ;fa^fCo7<fiJ'Og. 


olvov  dfxvvToga  övocpqoovvdwv 

Zsvg  TtdvTcov  avrdg  (pdQfxaxa  f.ioivvog  e'xei. 

Hv  aq   ertog  roo    aXriiteg,  ot   ov  fiovov  voaxog  aiaav, 

dXXd  TL  Kai  x^^^U^  olvog  e'xeiv  id^eXei' 
ov  yaQ  drtößXrjTOv  Jiovvoiov  ovöe  yiyagTOv. 

Ä.  Fick. 

(Schluss  folgt.) 


86 
87 
88 


Beiträge  z.  künde  d.  indg.  sprachen.    XHI.  Iß 


222  A.  Müller 


Zu  den  märchen  der  tausend  und  einen  nacht. 

Ein   Sendschreiben    an   laerrn   M.  J.  d  e  G  o  ej  e    in  Leiden  von 
A.  Müller  in  Königsberg. 

Hochverehrter  herr! 

Eine  äussere  veranlassung  ist  der  grund  gewesen,  dass  ich 
zu  Ihrem  aufsatze  „De  arabische  nachtvertellingen"  im  „Gids" 
vom  September  1886,  welchen  mir  zu  senden  Sie  die  gute  hatten, 
und  zu  dem  ebenfalls  von  Ihnen  mir  nachgewiesenen  Essay 
eines  ungenannten,  aber  vortrefflichen  kenners  in  der  Edinburgh 
review  (no.  335,  july  1886)  auch  die  übrige  litteratur  über  die 
1001  nacht  verglichen  habe  —  soweit  mir  diese  hier  zu  geböte 
steht.  Leider  ist  die  hiesige  bibliothek  (nicht  durch  ihres 
bibliothekars  schuld,  sondern  vermöge  der  schlimmen  Unzu- 
länglichkeit ihrer  mittel)  für  dieses  wie  für  nur  zu  viele  gebiete 
höchst  lückenhaft:  weder  Galland,  sei  es  in  Caussin's,  sei  es 
in  einem  anderen  druck,  noch  Hammer-Zinserling,  noch  Scott, 
Macnaghten,  ja  nicht  einmal  Weil's  zweite  ausgäbe  (1872) 
stehen  zu  meiner  Verfügung,  und  ein  buch  wie  Russell's 
Natural  history  of  Aleppo  glänzt  in  unseren  bücherschätzen 
ebenfalls  durch  abwesenheit.  Einen  gewissen  ersatz  boten 
mir,  als  ich  mich  über  einige  der  vielen  fragen,  die  bei  jeder 
beschäftigung  mit  der  1001  nacht  auf  schritt  und  tritt  auf- 
tauchen, zu  unterrichten  versuchte,  die  15  bändchen  der  Bres- 
lauer Übersetzung  von  1825,  welche  in  den  „Vorberichten"  zu 
I.  X.  XL  XII.  XIII  das  in  den  vorreden  von  Galland,  Caussin, 
Scott  und  Hammer  steckende  material  nebst  einigen  anderen 
notizen,  wenn  auch  in  ziemlicher,  Unordnung,  darbieten;  daneben 
die  unendlich  langathmige,  mit  einer  fülle  überflüssiger  gelehr- 
samkeit  überladene,  doch  im  einzelnen  manches  gute  enthal- 
tende abhandlung  A.  Th.  Hartmann's^)  „Tausend  und  eine 
nacht  und  ihre  bearbeitungen ,  historisch -kritisch  beleuchtet", 
in  der  Zeitschrift  „Hermes,  oder  kritisches  Jahrbuch  der  literätur" 
bd.  XXX  (Leipzig  1828),  s.  157—199;  XXXHI  (1829),  75— 
124;  309-332;  XXXIV  (1830),  260—287,  auf  welche  ich  durch 

*)  Der  name  des  Verfassers  ist  verschwiegen,   ergibt  sich  aber  aus 
den  solbstcitateu  XXX,  s.  180.  183. 


Sendschreiben.  223 

M.  J.  Müller's  citat  (Bay.  sitzungsb.  1863,  II,  40)  aufmerksam 
geworden  bin:  trotzdem  bin  ich  mir  der  gefahr  des  mi3erfolges 
durchaus  bewusst,  wenn  ich  es  im  folgenden  unternehme,  Ihnen 
ein  paar  gesichtspuncte  vorzutragen,  welche  mir  die  betrach- 
tung  des  Stoffes  nahegelegt  hat,  und  bitte  von  vorn  herein  um 
nachsieht,  wenn  ich  aus  unkenntniss  sündigen  sollte. 

Vorab  gestatten  Sie  mir  einen  bewundernden  glückwunsch 
zu  dem  glänzenden  nachweise  der  identität  von  Scheherazade 
und  Esther,  den  nicht  allein  Kuenen  (Histor.-crit.  onderzoek, 
2.  druk,  I  ult.,  wie  ich  von  Ihnen  erfahre)  als  völlig  gelungen 
betrachten  wird.  Völlig  gelungen  auch ,  wenn  man  den  vor- 
behält macht,  dass  im  Fihrist  (304,  11),  wie  im  hebräischen 
texte  des  b.  Esther  c.  2,  wenn  ich  recht  sehe,  nicht  grade 
gesagt  ist,  dass  die  regelmässige  tödtung  der  dem  könige  zuge- 
führten mädchen,  bezw.  ihre  Verweisung  in  das  frauenhaus  und 
die  Zuführung  anderer  Jungfrauen  „elken  dag"  (s.  4  Ihrer 
abband lung)  geschehen  sei;  ich  glaube,  die  textworte  können 
so  verstanden  werden,  müssen  aber  nicht  mit  notwendigkeit 
mehr  bedeuten,  als  dass  jedesmal,  wenn  der  könig  eine  Jungfrau 
wünschte  (und  sofern  er,  nach  dem  b.  Esther,  nicht  ausdrück- 
lich eine  der  ihm  schon  bekannt  gewordenen  verlangte) ,  eine 
neue  gebracht  wurde.  Indes  ist  das  unwesentlich.  —  Besondere 
folgerungen  übrigens  werden  sich  auch  aus  der  thatsache  nicht 
ziehen  lassen,  dass  heute  noch  im  judenquartier  von  Hamadan 
das  grab  Esthers  gezeigt  und  von  den  persischen  Juden  in 
hohen  ehren  gehalten  wird^);  eher  dürfte  es  als  ein  beleg  für 
sonstige  berührungen  des  persischen  Judentums  mit  der  national- 
persischen tradition  in's  gewicht  fallen,  dass  der  l^/stxap  oder 
^uiiLcx^aq  des  buches  Tobit  (1,  21;  14,  10)  neben  sich  einen 
feind  hat,  dessen  name  zwar  im  gewöhnlichen  texte,  vielleicht  ^) 
unter  dem  einflusse  der  Esther-geschichte ,  Idfxav  lautet,  der 
aber  in  anderen  recensionen  Naßag,  Naßaö  oder  Nadaß  heisst 
—  denn  dieses  wort  erinnert  stark  an  Nadan,  den  undankbaren 
neffen  des  weisen  HeiJ^ar,  der  ja  nichts  ist  als  eben  der  wie 
Salomo ,  Daniel  u.  s.  w.  in  die  arabische  erzählungslitteratur  ^) 

^)  Polak,  Persien,  I,  26. 

*)  Vgl.  Fritz 8 che  (Kurzgefasstes  exegetisches  handbuch  zu  den 
apokryphen  des  A.  T.  von  0.  F.  Fritzsche  u.  C.  L.  W.  Grimm.  II.  Lief. 
Leipzig  1853)  zu  Tobit  14,  10. 

•)  Wenn  auch  nicht  in  der  1001  nacht  selbst,  in  deren  eignen  hss. 

16* 


224  A.  Müller 

übergegangene  Achiachar;  dass  aber  Nadan,  wie  Heikar's 
undankbarer  neffe  schon  in  der  syrischen  version  seiner  ge- 
schichte  heisst  i) ,    persisch  ist ,   versteht  sich  von  selbst. 

"Was  die  überlieferten  Zeugnisse  für  das  persische  buch  Aifi 
iüL^Jl  betrifft,  so  ist  mir  eine  bemerkung  sehr  auffällig  gewesen, 
die  ich  in  der  Breslau  er  Übersetzung  (bd.  I,  vorbericht,  s.  XX, 
note  zu  XIX;  bd,  XIII,  vorb.,  s.  XXXI)  und  bei  Hartmann 
(Hermes  XXXIII,  s.  77)  fand,  und  nach  welcher  ein  buch 
namens  Hezar  efsane  von  einem  hofdichter  Machmud's  von 
Gazna,  namens  Rasti  verfasst  (versificiert?)  worden  sei:  dies 
berichte  Firdusi  in  der  vorrede  zum  Schahnameh.  Nachdem 
ich  mir  die  überflüssige  mühe  genommen,  die  letztere  in  Vullers' 
ausgäbe  und  Mohl's  Übersetzung  mit  dem  erwarteten  negativen 
erfolge  durchzusehen,  kam  ich  endlich  durch  Hartmann's 
citat  s.  76  note  *  auf  die  oder  eine  quelle  der  sache,  nämlich 
die  notiz  v.  Hammer's  in  den  „Jahrbüchern  der  literatur" 
bd.  VI,  Wien  1819,  wo  es  s.  237  (anm.  zu  236)  heisst:  „Nach 
„dem  Vorredner  des  Schahname  (s.  notice  sur  le  Schahname 
„de  Ferdoussi  et  traduction  de  plusieurs  pieces  relatives  ä  ce 
„poeme,  ouvrage  posthume  de  Mr.  de  Wallenhourg.  Vienne 
„1810  p.  52)  war  der  persische  dichter  Rasti,  welcher  am 
„hofe  Sultan  Mahmuds  des  Gafnewiden  lebte,  der  Verfasser 
„der  tausend  mährchen  (Hesar  Efssane)".  Es  werden  also  die 
Breslauer  und  Hartmann  (obwohl  dieser  s.  77  anm.  ein 
originalcitat  aus  Wallenburg  hat)  Vorredner  und  Vorrede 
verwechselt  haben  ^) ,  und  von  einem  zeugnis  Firdusi's  selbst 
kann  nicht  die  rede  sein;  die  stelle  wird  in  einer  der  pieces 
relatives  ä  ce  poeme  vorkommen,  da  mir  aber  das  buch  Wal- 
lenburg's  nicht  zugänglich  ist,  kann  ich  der  sache  nicht  weiter 
nachgehen. 

es  jedenfalls  bis  jetzt  nicht  nachgewiesen  ist:  ich  erwähne  das,  weil  z.  b. 
auch  Cornill  in  seiner  verdienstlichen  schrift  über  die  ,, weisen  phi- 
losophen"  (vgl.  Ztschr.  der  d.  m.  g.  XXXI,  506)  s.  19  die  geschichte 
Heikar's  als  ,, eines  der  berühmtesten  märchen  der  1001  nacht"  bezeichnet, 
und  Benfey  Orient  und  occident  II,  159  an  dieselbe  Zugehörigkeit  sogar 
weitergehende  Schlüsse  knüpft. 

*)  Vgl.  G.  Hoffmann,  Auszüge  aus  syr.  akten  pers.  märtyrer  (Bei- 
träge f.  d.  künde  des  Morgenl.  VII,  3),  s.  182. 

^)  Denn  dass  zu  den  bekannten  eigentümlichkeiten  von  Hammer's 
deutsch  etwa  auch  gehöre,  dass  er  „Vorredner"  für  ,, vorrede"  sage,  ist 
doch  kaum  anzunehmen,  wenngleich  nicht  von  vorn  herein  unmöglich. 


Sendschreiben.  225 

Ich  komme  nun  zu  der  hauptsache,  zu  der  vielbesprochenen 
frage  über  die  entstehung  und  Überlieferung  der  1001  nacht. 
Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  ich  hier  nicht  beabsichtige, 
diese  frage  unter  heranziehung  aller  einzelheiten  und  mit 
berücksichtigung  aller  von  den  verschiedensten  selten  herbei- 
gezogenen beweisgründe  ausführlich  zu  erörtern;  ich  möchte 
nur  den  augenblicklichen  stand  derselben  mir  vergegenwärtigen 
und  im  anschluss  daran  mir  klar  werden,  in  wieweit  sie  bereits 
gelöst  ist,  ob  man  etwa  über  das  bisher  ermittelte  hinausgehen 
kann,  und  welcher  mittel  man  sich  dazu  bedienen  müsste. 
Fest  steht  bekanntlich  folgendes: 

1)  Um  die  mitte  des  10.  Jahrhunderts  (Mas'üdi  IV,  90  i); 
Fihrist  304)  gab  es  in  Bagdad  ein  vielleicht  schon  viel  früher 
aus  dem  Persischen  übersetztes  buch  „Die  tausend  novellen", 
das  im  munde  der  leute  [es  war  also  im  volke  beliebt]  ge- 
wöhnlich „Die  tausend  [oder  tausend  und  ein  ^J]  nachte"  hiess. 
Dasselbe  enthielt  in  1000  nachten  etwas  weniger  als  200  er- 
zählungen,  eingekleidet  in  eine  rahmenerzählung  vom  könig, 
der  Scheherazade  und  ihrer  kammerfrau  Dinarzade,  die  sowohl 
in  bezug  auf  den  anfang  als  in  bezug  auf  die  lösung  in  der 
1000.  (oder  1001.)  nacht  mit  der  rahmenerzählung  der  in 
unsern  modernen  handschriften  den  titel  xLJ^  äJlJ  v>,äJi  tra- 
genden Sammlungen  in  allen  hauptpunkten  übereinstimmt. 

2)  Ungefähr  um  dieselbe  zeit  (möglicherweise  etwas,  aber 
kaum  viel  früher)  verfasste,  wahrscheinlich  ebenfalls  zu  Bagdad, 

*)  Hammer  hat  Mas'üdi's  bekannte  stelle,  wie  er  zu  anfang  seines 
artikels  Journ.  as.  X,  253  andeutet,  lange  vor  niederschrift  des  letzteren 
entdeckt  gehabt.  Er  theilte  sie  zuerst  de  Sacy  in  dem  briefe  vom  j.  1805 
aus  Constantinopel  mit,  welchen  Caussin  in  der  vorrede  zu  seiner  ausgäbe 
Galland's  erwähnt,  ohne  indes  [wenn  anders  seine  vorrede  in  der  Breslauer 
übers.  XIII,  vorb.  s.  VI  richtig  wiedergegeben  ist]  Mas'üdi's  notiz  zu 
berücksichtigen.  Nachher  soll  diese  von  La  n  gl  es  in  der  einleitung  seiner 
Sindbad-ausgabe  veröffentlicht  worden  sein  (Bresl.  übers.  I,  vorb.  s.  XIX), 
ohne  nennung  vonHammer's  namen,  so  dass  es  zweifelhaft  bleibt,  ob  Langles 
sie  nicht  ebenfalls  selbständig  gefunden  hat.  Jedenfalls  ist  ihm  nachher 
dies  verdienst  mehrfach  zugeschrieben  worden ,  wogegen  Hammer  in 
den  Wiener  Jahrbüchern  a.  a.  o.  s.  236  anm.  reklamiert. 

^)  Zu  Fleischer's  note  über  den  gebrauch  von  1001  (Gloss.  Hab.  4) 
können  die  von  Hartmann  (Hermes  XXX,  192)  weiter  angeführten  bei- 
spiele  (die  dort  erwähnte  Wiener  hs.  ist  Flügel  I,  362  no.  387)  zuge- 
zogen werden. 


226  A.  Müller 

nach  Fihrist  304,  20  Abu  Abdallah  Mohammed  el-G'ahsijäri 
„ein  buch,  für  das  er  1000  erzählungen  aus  den  erzählungen 
„der  Araber  und  Perser  und  Griechen  auswählte,  jedes  stück 
„für  sich,  ohne  Zusammenhang  mit  dem  anderen;  und  er  hatte 
„[dazu]  geschichtenerzähler  1)  kommen  lassen,  von  denen  er 
„das  beste  von  dem,  was  sie  wussten  und  konnten,  entlehnte; 
„auch  wählte  er  von  [oder  aus]  den  erzählungs-  und  geschichts- 
„büchern,  was  ihm  gut  gefiel  und  brauchbar  war  2);  so  bekam 
„er  aus  diesem  [materiale]  480  nachte  zusammen,  jede  nacht 
„eine  vollständige,  fünfzig  blätter  oder  weniger  oder  mehr  um- 
„fassende  geschichte;  dann  ereilte  ihn  der  tod  vor  der  aus- 
„führung  der  von  ihm  gehegten  absieht,  tausend  geschichten 
„voll  zu  machen;  und  ich  habe  davon  eine  anzahl  bände 
„gesehen,  von  der  band  des  Abu't-0  aijib,  des  bruders  Schafi'i's 
„[geschrieben]", 

3)  Derselbe  Verfasser  bezeugt  für  seine  zeit  das  Vorhan- 
densein einer  ausgedehnten  erzählungslitteratur  aus  indischen, 
persischen,  byeantinischen  und  arabischen  quellen.  Unter  den 
betreffenden  werken  nennt  er  ausser  vielen  andern  das  buch 
Sindbad,  das  buch  Schimäs,  Kalila  und  Dimna,  das  buch 
von  Schehrtzäd  und  Parwez  (305,  10);  ferner  darstellungen 
der  abenteuer  berühmter  liebespaare  aus  der  arabischen  heiden- 
zeit  und  dem  Islam,  und  als  besondere  specialitäten  (308,  3) 
geschichten  von  liebeshändeln  zwischen  menschen  und  dschinnen 
und  (308,  14)  erzählungen  über  „wunder  des  meeres  u.  dergl." 

4)  Ueber  die  ganze,  hier  unter  1 — 3  bezeichnete  litteratur 
heisst  es  am  ende  des  betreffenden  abschnittes  (308,  9;  in 
308,  14  haben  wir  einen  nachtrag  zu  sehen):  „Es  sagt  Mo- 
„hammed  Ihn  Ishak  [der  Verfasser  des  Fihrist]:  Es  waren  die 
„geschichten  und  erzählungen  gesucht  und  begehrt  in  den  tagen 
„der  Abbasidenchalifen,  besonders  aber  in  den  tagen  des  Mok- 
„tadir;   daher  machten   sich   dann  die  Schreiber  3)  an  das  ver- 

*)  So  übersetze  ich  ohne  bedenken  QjvoL*fci?,  wenn  es  auch  zunächst 
nur  conversation  machende  abendgäste  bedeutet;  ob  es  ge- 
werbsmässige erzähler  waren,  ist  für  mich  ohne  belang,  wenngleich 
ich  es  nach  dem  Wortlaute  des  folgenden  als  wahrscheinlich  betrachte. 

*)  Ich  glaube  das  ^Uolj  qI^^  mit  dem  U  vorher  zusammen  nehmen 
zu  müssen;  sonnst  könnte  man  auch  übersetzen:  ,,Nun  war  er  ein  tüch- 
tiger [mann]  und  so  .  ." 

')  oy^JT    \«Ä-*,o  kann  meiner   ansieht    nach    nur  den  sinn  haben: 


Sendschreiben.  227 

„fassen  von  gefälschtem  zeug;  und  zu  denen,  welche  derartiges 
„zusammenstoppelten,  gehörten " 

5)  Ibn  Sa'id's  citat  (bei  Makrizi,  Chitat  II,  181)  bezeugt, 
dass  es  vor  650  (1250)  in  Aegypten  ein  buch  mit  namen  „Die 
1001  nacht"  gab,  das  einen  romanhaften  inhalt  hatte. 

6)  Abu'l-Mahäsin  erwähnt  (vor  875  =  1470)  den  jetzt  in 
der  1001  nacht  eine  rolle  spielenden  Ahmed  ed-Denef  in  einer 
weise,  die  auf  kenntnis  der  betreffenden  partie  des  uns  vor- 
liegenden buches  der  1001  nacht  zu  deuten  scheint. 

7)  Das  uns  in  verschiedenen  recensionen  vorliegende  werk, 
welches  in  den  handschriften  als  1001  nacht  bezeichnet  wird, 
hat  ausser  dem  titel  mit  dem  unter  1)  genannten  die  rahmen- 
erzählung  gemein. 

Aus  diesen  thatsachen  ergibt  sich  der  unabweisbare  schluss, 
dass  ein  direkter  Zusammenhang  zwischen  unserer  1001  nacht 
und  den  xiLvi!  J\-J>  besteht;  es  fragt  sich  nur,  wie  man  sich 
denselben  vorzustellen  hat.  Hammer  war  bekanntlich  der 
ansieht,  und  Burton i)  folgt  ihm  heute  noch  in  derselben, 
dass  die  ».jLmoI  S^  nach  ihrer  Übertragung  in's  Arabische  in 
der  art  weiter  überliefert  worden  seien ,  dass  allmählich  die 
meisten  der  persischen  geschichten  durch  solche  arabischen 
Ursprunges  verdrängt  und  auch  die  noch  gebliebenen  im  stil 
wie  im  kostüm  der  handelnden  personen  so  weit  verändert 
wurden,  dass  sie  von  jenen  sich  nicht  mehr  unterscheiden. 
Dagegen  hat,  nach  deSacy,  insbesondere  La  ne  geltend  gemacht, 
dass  die  durchaus  arabische  färbung,  welche  das  in  ton  und 
auffassung  vollkommen  einheitliche  ganze  trage,  die  Voraus- 
setzung ausschliesse,  es  sei  von  einem  nichtaraber  aufgezeichnet; 
und  zwar  könne  dies,  wie  aus  allen  eine  chronologische  fixie- 
rung  gestattenden  oder  fordernden  daten  hervorgehe,  nicht 
früher  als  kurz  vor  ende  der  mamlukenherrschaft  in  Aegypten 

Die  [ungelehrten,  gewerbsmässig  mit  bücherabschreiben  sich  beschäfti- 
genden] copisten  machten  sich  an  das  [ihnen  gar  nicht  zukommende] 
geschäft,  die  bücherverfasser  zu  spielen.  Es  ist  damit  etwa  gemeint,  was 
wir  heute  ausdrücken  würden:  ,,die  buchhändler  thaten  sich  als  schrift- 
steiler auf". 

^)  Da  mir  Burtons  Übersetzung  unzugänglich  ist,  habe  ich  seine 
ansieht  nur  aus  dem  kurzen  referat  in  der  Academy  (no.  767,  jan.  15, 
1887,  p.  43)  kennen  zu  lernen  vermocht. 


228  A.  Müller 

geschehen  sein,  ja  vielleicht  müsse  man  dafür  bis  in  die  zeit 
gleich  nach  der  osmanischen  eroberung  herabgehen  —  dieser 
endtermin  ist  ja  durch  die  datierung  von  Galland's  hs.  auf 
955  (1548)  gesichert.    Einen  Zusammenhang  mit  den  iüL«ol  ^^ 

weist  Lane  nicht  geradezu  ab;  aber  er  macht  geltend,  dass 
alle  bekannten  vollständigen  hss.  in  so  weit  mit  einander  über- 
einstimmen, dass  es  nöthig  sei,  sie  als  Vertreter  eines  und  des- 
selben grundwerkes  anzusehen,  dessen  niederschrift  um  die 
gedachte  zeit  aus  jenen  daten  sich  ergebe.  Lane  will  (III,  739) 
die  möglichkeit  nicht  leugnen,  dass  eine  der  vielleicht  mehrfach 
zu  stände  gekommenen  nachahmungen  der  «JL^-s!  j\^  als  „im- 

mediate  model,  and  in  some  degree  as  the  groundwork''  der 
1001  nacht  gedient  habe,  aber  er  kann  sich  nicht  vorstellen 
„that  the  latter  work  is  merely  the  last  of  several  editions  of 
the  former,  augmented  in  successive  ages". 

Da  Hammer  in  seiner  weise  sich  auf  autoritatives  hin- 
werfen seiner  ansieht  beschränkt,  Lane  die  seinige  mit  grosser 
umsieht,  unter  verwerthung  aller  möglichen  einzelheiten ,  mit 
ruhiger  Sicherheit  aus  jeder  thatsache  genau  das,  und  eben 
nur  das,  was  sie  bedeutet,  ableitend  begründet  hat,  so  ist  es 
kein  wunder,  dass  seine  ablehnung  eines  Versuches,  über  das 
unmittelbar  erreichbare  hinauszugehen,  fast  durchweg  beifall 
gefunden  hat,  auch  bei  Ihnen,  und  selbst  bei  dem  Edinburgher 
essayisten,  der  sonst  geneigt  ist,  den  Ursprung  wenigstens  der 
Stoffe  ziemlich  weit  hinaufzurücken.  Nur  darin  weichen  Sie 
beide  von  Lane  ab,  dass  Sie  die  herstellung  des  unseren  hand- 
schriften  zu  gründe  liegenden  ganzen  nicht  bis  in  die  zeit  der 
osmanischen  eroberung  Aegyptens  hinabrücken,  sondern  etwas 
früher  ansetzen  wollen :  Sie  aus  dem  oben  unter  6  angeführten, 
der  Essayist  (s.  190.  192)  aus  anderen  gründen,  von  welchen 
mir  erheblich  nur  zwei  erscheinen,  nämlich  dass  kein  später 
als  Saladdin  in  Aegypten  regiert  habender  herrscher  in  der 
1001  nacht  vorkommt,  und  dass  sich  darin  eine  auffallende 
unbekanntschaft  mit  den  am  hofe  der  Mamluken  üblichen  titeln 
und  ämtern  und  der  charakteristischen  militärorganisation  ihres 
Staates  an  den  tag  lege.  Letztere  beobachtung  hatte  Lane 
geneigt  gemacht,  die  aufzeichnung  der  1001  nacht  bis  in  die 
türkische  zeit  herunter  zu  datieren;  für  beide  fälle  hat  sie 
ebenso    wie    das    fehlen    der    Mamlukensultane    das    mishche, 


Sendschreiben.  229 

welches  immer  dem  argumentum  e  silentio  anhaftet  i).  Jeden- 
falls haben  Sie  beide  in  dem  anderen  punkte  recht,  dass  Sie 
Lane's  chronologischen  einzelmerkmalen  in  der  hauptsache 
keinen  grossen  werth  beilegen;  Lane  selbst  hat  mehr  als  ein- 
mal, um  der  unmöglichen  herabsetzung  der  abfassungszeit  bis 
unter  das  datum  von  Galland's  hs.  aus  dem  wege  zu  gehen, 
solche  daten  als  zusätze  von  copistenhand  bezeichnen  müssen, 
und  was  im  einen  falle  nöthig  ist,  muss  auch  in  anderen  für 
möglich  gelten.  Von  allen  diesen  daten  halte  ich  mit  Ihnen 
nur  eins  für  wirklich  beweiskräftig:  die  rote,  blaue,  gelbe  und 
weisse  färbung  der  wunderfische  in  der  erzählung  vom  fischer 
und  dem  geist,  deren  Zusammenhang  mit  Näsir's  edikt  vom 
j.  700  (1301)  mir  unzweifelhaft  erscheint  —  denn  hier  ist  das 
datum  nicht  äusserlich  hinzugefügt,  sondern  mit  der  fabel  selbst 
so  verwachsen,  dass  man  es  nicht  wegstreichen  kann,  ohne  den 
Zusammenhang  zu  stören.  Somit  würde  es  bei  Lane's  resultat 
mit  der  von  Ihnen  angegebenen  modification  sein  bewenden 
haben,  wenn  nicht  von  einer  anderen  seite  her  sich  bedenken 
erhöben,  welche  mir  ziemlich  schwerwiegend  erscheinen  wollen. 
Lane  hat  wirklich  nachgewiesen,  dass  —  um  einmal  philo- 
logisch zu  reden  —  die  ihm  vorliegenden  Versionen  der  1001 
nacht,  d.  h.  die  ausgaben  von  Bulak,  Calcutta  und  Breslau  und 
die  durch  Hammer-Trebutien's  Übersetzung  vertretene  jetzige 
Petersburger  hs.,  auf  einen  archetypus  zurückgehen,  der  gegen 
ende  der  Mamlukenzeit  in  Cairo  geschrieben  ist:  mir  scheint 
es  eine  gewagte  Verallgemeinerung  eines  an  sich  richtigen 
resultates,  wenn  er  diesen  archetypus  (ich  will  ihn  mit  A  be- 
zeichnen) einfach  mit  dem  ,,buch  der  1001  nacht"  überhaupt 
identificiert.  Diese  identification  schliesst  jedenfalls  folgende 
Voraussetzungen  —  die  Lane  zum  theil  sogar  ausdrücklich 
formuliert  hat  —  in  sich: 

1)  Die  bekannten  hss.  der  1001  nacht  stimmen  alle,  oder 
doch  im  grossen  und  ganzen ,  soweit  mit  einander  überein,  dass 
sie  auf  A  zurückgeführt  werden  können; 

2)  Das,  was  den  von  Lane  benutzten  hss.  heute  gemeinsam 
ist,  stellt  den  inhalt  und  die  form  von  A  im  wesentlichen  dar; 

^)  In  diesem  falle  Hesse  sich  ohnehin  das  schweigen  am  ende  er- 
klären: volksmässige  erzählungen  kennen  könige,  Soldaten,  allenfalls 
obersten,  Schatzmeister,  diener,  Jäger,  aber  weder  wirkliche  geheime 
regierungsräthe  noch  divisionsgeneräle,  excellenzen  oder  dergl. 


230  A.  Müller 

3)  A  ist  das  einheitliche  werk  eines,  höchstens  zweier 
Verfasser,  das  nicht  früher  als  in  die  zeit  der  circassischen 
Mamluken  verlegt  werden  kann; 

4)  Es  ist  unmöglich  anzunehmen,  dass  die  thätigkeit  des 
Urhebers  des  archetypus  lediglich  in  der  niederschrift  einer  im 
laufe  der  zeit  modernisierten  älteren  gestalt  des  Werkes  be- 
standen hat. 

Ich  meine,  dass  jeder  einzelne  dieser  vier  sätze,  zu  denen 
Lane  vor  beinahe  50  jähren  berechtigt  sein  mochte,  heute  als 
unrichtig  oder  mindestens  unerweislich  dargethan  werden  kann. 

1)  Lane  sagt  III,  739:  ,,I  cannot  find  that  there  exist 
any  complete  copies  essentially  and  mainly  differing,  one 
from  another,  or  any  copy  which  does  not  present  certain 
evidence  of  its  having  been  originally  written,  or  altered,  with- 
in  the  last  three  or  four  centuries;  and  the  rare  fragments 
bearing  the  same  title,  but  very  considerably  different  from  the 
more  common  work,  I  regard  as  partly  copies,  and  partly 
imitations,  of  the  latter".  Das  Wortley-Montague-manuscript 
(ich  bezeichne  es  als  M.\  Lane  kannte  es  vielleicht  nur  aus 
Scott,  mochte  es  also  für  ein  fragment  halten,  was  es  doch 
durch  das  fehlen  eines  einzelnen  von  7  bänden  nicht  wird) 
unterscheidet  sich  nach  den  angaben  im  Bodleianischen  katalog 
II,  145  ff.  allerdings  mainly  von  der  gangbaren  recension,  mit 
welcher  es  bis  zum  ende  seines  zweiten  bandes  übereinstimmt, 
während  der  vierte  (III  ist  verloren)  auf  s.  81  eine  reihe  von 
geschichten  beginnt,  welche  der  Vulgata  (die  ich  jetzt  kurz 
mit  V  bezeichnen  will)  gänzlich  fremd  sind.  Will  man  vor- 
läufig annehmen,  die  geschichte  Hasan's  von  ßasra,  deren 
schluss  den  anfang  des  IV.  bandes  einnimmt,  sowie  der  übrige 
Inhalt  des  III.  falle  noch  mit  V  zusammen,  so  bleibt  immer 
die  hälfte  des  ganzen  in  beiden  recensionen  durchaus  ver- 
schieden. Nun  thut  der  essayist  (s.  170)  Scott's  Übersetzungen 
aus  M  mit  der  bemerkung  ab:  „but  the  stories  in  question  are 
a  mixed  coUection  from  a  late  MS.;  several  of  them  are  not 
part  of  the  'Arabian  nights',  and  the  genuine  additions  are 
unimportant".  Wenn  M  (datiert  1178  =  1764)  „a  late  MS." 
ist,  was  ist  dann  die  Bulaker  ausgäbe  vom  j.  1251  (1835), 
oder  Habicht's  1)   tunesische  hs.  (1144  =  1731),   oder  die  Ita- 

^)  Die  Gothaer  hs.  scheint  nicht  datiert  zu  sein. 


Sendschreiben.  231 

linski'si)  oder  Hammer's  (1217  =  1802,  s.  Dorn's  Petersburger 
catalogue  no.  CXLII)?  Und  was  zu  den  'Arabian  nights' 
wirklich  gehört,  ist  ja  eben  die  frage.  Ich  würde  vielleicht 
trotzdem  zögern,  auf  M  oder  auf  das  gleichfalls  gänzlich  von 
V  abweichende  grosse  fragment  des  British  museum  add.  7405 
Eich  (Catalogue  s.  325)  mehr  gewicht  zu  legen,  als  zur  Unter- 
stützung der  forderung  einer  'genauen  Inhaltsangabe  sämt- 
licher Pariser  hss.  nöthig  wäre,  wenn  nicht  in  diesem  augen- 
blicke  Burton  (Academy  768,  jan.  22,  1887,  p.  60)  die 
mitteilung  veröffentlichte,  dass  Zotenberg  ein  von  der  hand 
Michael  Sabbag's  geschriebenes  exemplar  der  1001  nacht  (nennen 
wir  es  S)  entdeckt  hat,  welches  die  so  lange  vergeblich  ge- 
suchten Galland'schen  erzählungen  von  Aladdin  und  der  wunder- 
lampe  u.  s.  w.  enthält  2).  In  anderer  gestalt  findet  sich  die 
wunderlampe,  was  vielfach  unbemerkt  geblieben  scheint,  in  M 
(Catal.  Bodl.  II,  148,  n.  CLX,  tit.  oUaoJI,  vgl.  Bresl.  übers.  XHI 
vorher,  s.  XXXIV) ;  dass  ihr  und  einiger  von  den  bei  Galland  mit 
ihr  verbundenen  anderen  erzählungen  innerer  werth  sie  zu  den 
besten  des  ganzen  kreises  zählen  lässt,  haben  zwei  sagenkenner 
wie  V.  d.  Hagen  (der  wohl  in  der  Bresl.  übers,  a.  a.  0.  das 
wort  führt)  und  H.  Brockhaus  (ZDMG.  VI,  109)  bestätigt, 
und  wenn  das  auch  kein  beweisgrund  für  ihre  Zugehörigkeit 
zur  1001  nacht  ist,  so  vermehrt  es  doch  das  gewicht  des 
umstandes,  dass  nun  bereits  in  einer  hs.  derselben  Aladdins 
geschichte  im  original,  in  einer  zweiten  in  einer  Umgestaltung 
sich  vorfindet.  Es  muss  zum  wenigsten  die  möglichkeit 
zugegeben  werden,  dass  neben  Lane's  archetypus  noch  eine 
oder  mehrere  andere  recensionen  bestanden  haben,  über  deren 
etwaigen  Ursprung  noch  nichts  vermuthet  werden  soll,  die  aber 
nach  bekannten  regeln  philologischer  kritik  deswegen,  weil  sie 
zufällig  nur  in  einzelnen,  die  Vulgata  in  mehreren  hss.  vor- 
liegen, an  ursprünglichkeit  hinter  der  letzteren  noch  lange 
nicht  zurückzustehen  brauchen. 

2)  Da  A  mit  M  und  S  jedenfalls  nichts  zu  schaffen  hat, 
müssen  wir  diese  vorläufig  von  der  weiteren  erörterung  aus- 
schliessen.  Aber  auch  wenn  man  als  repräsentanten  von  A 
lediglich  die  übrigen  bekannten  hss.,   über  deren  Zugehörigkeit 

^)  „Copie  moderne,  de  provenance  egyptienne"  Rosen,  Coli,  scientif. 
de  l'inst.  d.  langues  er.  I,  59. 
^)  Vgl.  unten  die  nacbschrift. 


232  A.  Müller 

zu  einer  andern  recension  als  A  nichts  feststeht,  in  anspruch 
nimmt,  kann  man  nicht  zugeben,  dass  Lane's  Ä  notwendig  mit 
dem  zusammenfällt,  was  den  von  ihm  benutzten  texten  ge- 
meinsam ist.  Zotenberg  1)  sagt  von  der  umfangreichen  ge- 
schichte  des  Gal'ad  und  Schimas,  die  in  allen  hss.  von  V  steht 
und  von  Lane  unbedenklich  als  teil  des  werkes  angesehen  wird, 
ausdrücklich  „les  copies  plus  anciennes,  comrae  le  ms.  de  la 
bibliotheque  nationale,  Supplement  1721  II  ...  n'ont  pas  encore 
donne  place  ä  notre  roman".  Und  von  Galland's  hs.  bezeugt 
Fleischer  (Journ.  as.  XI,  221),  dass  sie  im  anfang  von 
Habichts  texte  (d.  h.  V)  erheblich  abweicht,  dass  weiterhin 
die  Verschiedenheit  allmählich  abnimmt,  und  erst  am  ende  von 
bd.  I  der  Breslauer  ausgäbe  eine  genauere  Übereinstimmung 
sich  zeigt.  Nun  haben  Sie  ja  freilich  vollkommen  recht,  wenn 
Sie  (s.  10)  bemerken,  dass  es  unmöglich  ist,  für  gewisse  einzel- 
fragen etwa  alle  hss.  und  ausgaben  mit  einander  zu  vergleichen, 
auf  die  gefahr  hin,  dass  dabei  doch  nichts  herauskommt.  Aber 
diesen  und  jenen  punct  wird  man  immerhin  in's  Auge  fassen 
müssen.  Lane  stützt  seine  ansieht,  die  1001  nacht  seien  im 
15.  oder  16.  Jahrhundert  composed,  and  not  merely  modernised 
(III,  739)  vor  allem  auf  „considerations  suggested  by  the  state 
„of  Society  exhibited  in  most  of  the  tales  ....  the  style  of  the 
„language  in  which  they  are  written,  their  close  agreement  in 
„these  and  other  respects,  and  the  frequent  allusions  and 
„references,  in  many  of  these  tales,  to  customs,  buildings,  &c., 
„of  late  ages".  So  lange  aber  nicht  einigermassen  feststeht, 
ob  insbesondere  in  bezug  auf  die  customs  and  buildings  of  later 
ages  im  grossen  und  ganzen  auch  die  von  Lane  nicht  berück- 
sichtigten älteren  hss.  mit  der  Vulgata  leidlich  stimmen,  ist  es 
unmöglich  von  einem  agreement  zu  sprechen.  Und  eine  solche 
feststellung  ist  nicht  allzuschwer  zu  erreichen.  Wir  müssen 
nur  über  alle  vollständigen  exemplare  und  grösseren  fragmente 
von  hss.  erst  Verzeichnisse  der  in  ihnen  enthaltenen  geschichten 
haben,  welche  so  genau  sind,  wie  die  im  Bodleianischen  und 
British-museums-kataloge;  daraus  werden  sich  sofort  die  ver- 
schiedenen klassen  der  hss.  ergeben,  und  wenn  man  dann  je  einen 
repräsentanten  jeder   klasse   an   einer  anzahl  charakteristischer 


*)  L'histoire  de  Gal'äd  et  Schimäs  (Journ  as.  1886),  s.  11  des  Sonder- 
druckes. 


Sendschreiben.  233 

stellen  (wie  man  sie  aus  Lane's  noten  ohne  mühe  entnehmen 
kann)  mit  einander  vergleicht,  wird  man  ein  sicheres  urteil 
fällen  können.  Bis  dahin  bleibt  es  eine  petitio  principii,  wenn 
man  Ä* ,  den  archetypus  der  ägyptisch  -  tunesischen  recension 
des  vorigen  Jahrhunderts,  ohne  weiteres  gleich  A,  dem  arche- 
typus des  16.  Jahrhunderts,  setzt. 

3)  Die  frage,  ob  Lane  mit  recht  sein  Ä  als  einheitliches 
werk  eines  oder  höchstens  zweier  Verfasser  bezeichnet,  ist  sehr 
schwer  zu  diskutieren.  Er  macht,  um  unläugbaren  thatsachen 
gerecht  zu  werden,  mehrere  vorbehalte,  welche  die  wirklich 
vorhandenen  Verschiedenheiten  innerhalb  der  Vulgata  genügend 
erklären,  gleichzeitig  aber  die  erkenntnis  dessen,  was  nun 
eigentlich  dem  oder  den  Verfassern  gehört,  völlig  in  die  luft 
stellen.  Der  oben  citierte  satz  definiert  die  gemeinten  „most 
of  the  tales"  in  einer  parenthese  als  „including  almost  all 
„those  that  are  generally  regarded  as  the  best  in  the  series"; 
dass  in  manchen  fällen  Lane  nicht  unwesentliche  änderungen 
des  textes  durch  abschreiber  zugibt,  sahen  wir  schon i);  wie 
manche  geschichten  in  verschiedenen  hss.  zur  ausfüllung  von 
lücken  ganz  spät  eingeschoben  sind  und  noch  täglich  einge- 
schoben werden,  erklärt  er  I,  XI:  es  liegt  auf  der  band,  dass 
sich  aus  diesen  verschiedenen  möglichkeiten  über  das,  was  nun 
eigentlich  als  bestand  des  textes  zu  gelten  hat,  eine  Unsicher- 
heit ergiebt,  die  ein  festes  angreifen  der  frage  ausserordentlich 
erschwert.  Dazu  kommt  die  art,  wie  er  die  thätigkeit  des  oder 
der  Verfasser  („composer"  vielmehr)  charakterisirt  (I,  IX  f. 
n,  229.  III,  739):  sie  lässt  durch  das  unvermeidliche  zugeben 
älterer  vorlagen,  welche  dabei  benutzt  oder  nachgeahmt  sein 
könnten,  längerer  Zeiträume,  welche  zwischen  anfang  und  Vollen- 
dung verstrichen  sein  möchten,  mancher  Unbestimmtheit  räum. 
Ich  will  damit  keinen  Vorwurf  ausgesprochen  haben  —  es  zeigt 
sich  in  allem  dem  nur  wieder  die  grosse  gewissenhaftigkeit  Lane's 
—  aber  es  musste  hervorgehoben  werden,  um  zu  zeigen,  wie 
Bubjectiv  hier  schliesslich  alles  auch  dann  ist,   wenn  man  sich 

^)  Vgl.  noch  II,  317  die  bemerkung:  „In  presenting  the  story  of 
„'Älä  ed-Deen  Abu-sh-Shamät  to  the  English  reader,  I  may  give  my 
,,opinion  that  it  is  a  purely  Arab  tale,  of  Egyptian  character,  either 
„wholly  composed,  or  in  some  parts  altered,  since  the  conqueat  of  Egypt 
„by  the  Turkish  Sultan  Seleem;  faithfuUy  describing  Arab  manners  and 
„customs,  as  existing  during  the  last  three  or  four  centuries". 


234  A.  Müller 

bestrebt,  jegliches  zurückgehen  auf  blosse  möglichkeiten  abzu- 
lehnen. Geben  wir  aber  auch  alle  vorbehalte,  durch  welche 
Lane  sich  gedeckt  hat,  zu,  so  bleibt  sein  Verfasser  oder  ver- 
fasserpaar doch  immer  eine  der  räthselhaftesten ,  um  nicht  zu 
sagen  unmöglichsten  erscheinungen  in  der  ganzen  litteratur- 
geschichte.  Dieser  Verfasser  (wie  ich  der  kürze  wegen  sagen 
will)  ist  eine  geistige  kraft  ersten  ranges  gewesen,  denn  er  hat 
es  fertig  gebracht,  aus  einem  häufen  indischer,  persischer  und 
arabischer  märchen,  novellen  der  verschiedensten  art,  reise- 
beschreibungen ,  heiligenlegenden,  historischen  anekdoten  ein 
werk  zu  schaffen ,  welches  im  ganzen  wie  •  im  einzelnen  ein 
genaues  bild  der  gesellschaftlichen  zustände  seiner  zeit  bot, 
und  er  hat  eine  so  beträchtliche  belesenheit  aufzuweisen  ge- 
habt, dass  er  dicke  bände  mit  ihren  fruchten  zu  füllen  im 
stände  gewesen  ist:  und  gleichzeitig  war  er  so  thöricht  und 
nachlässig,  dass  er  gar  nicht  merkte,  wie  in  einer  ganzen  reihe 
von  fällen  er  dieselbe  geschichte  zwei-  oder  gar  dreimal  ^)  in 
verschiedenen  Versionen  erzählt  hat,  und  so  unwissend,  dass  er 
einen  häufen  der  unglaublichsten  anachronismen  leisten,  und 
daneben  z.  b.  (I,  263)  einen  „sultan  von  Basra"  und  einen 
„könig  von  Basra"  (I,  436) ,  letzteren  gar  zur  zeit  Harün's  2), 
aufstellen  konnte.  Eben  so  bedenklich  aber,  wie  um  diese 
persönlichkeit,  steht  es  um  die  einheitlichkeit  des  ihm  zuge- 
schriebenen Werkes.  Können  wir  eine  solche  in  bezug  auf  die 
allgemeinen  anschauungen ,  auf  die  sitten  und  gebrauche  zu- 
geben, so  zeigen  sich  unterschiede  des  tones  und  der  behand- 
lung,  der  composition,  des  inhaltes,  welche  mit  der  annähme 
einer  einheitlichen  abfassung  3)  schwer  zusammen  zu  reimen 
sind.    In   ersterer  beziehung  bleiben,    auch  wenn  wir  absehen 

*)  Solche  doubletten  sind  z.  b.  Ardeschir  und  Hajät  en-nufüs:  Tag' 
el-Mulük  (Lane  III,  254),  Sindbad:  Seif  el-Mulük  (III,  331  vgl.  380 
anm.  29);  G'ans'äh:  Hasan  von  Basra  (II,  643;  III,  519);  Abdallah  Ibn 
Fädil:  fräulein  von  Bagdad  (III,  670);  Fischer  und  Geist:  7  wezire 
(papagei);  Abu'l-hasan  von  Chorasän:  sultans  küchenraeister  (III,  669 
anm.  12);  Nureddin  und  Marjam:  Ali  Schir,  und  Zumurrud:  Alä  ed-din 
Abu'-s'-S'ämät  (III,  572). 

^)  Sinn  hat  ein  „könig"  neben  dem  chalifen  vor  den  Bujiden  und 
nach  den  Eijubiden  natürlich  überhaupt  nicht. 

')  Es  ist  wohl  zu  beachten,  dass  Lane  es  ausdrücklich  ablehnt 
(II,  229),  die  thätiijkeit  des  oder  der  Verfasser  als  eine  blosse  compi- 
latiou  aufzufassen. 


Sendschreiben.  235 

von  den  bestandtheilen,  welche  Lane  selbst  in  richtiger  Würdi- 
gung ihrer  fremdartigkeit  als  „borrowed"  von  den  übrigen 
getrennt  hat  (III,  741  f.),  noch  unterschiede  genug.  Frei- 
lich kommt  es  dabei  vor  allem  auf  das  gefühl  des  beurteilers 
an,  dessen  berechtigung  natürlich  stets  in  zweifei  gezogen 
werden  kann:  aber  ich  glaube  keinem  Widerspruche  zu  be- 
gegnen, wenn  ich  sage,  dass  vor  allem  zwischen  den  haupt- 
massen  der  um  Harun's  gestalt  gruppierten  erzählungen  und 
der  in  Aegypten  localisierten  (wie  Ma'^rüf,  Abusir,  "^Ala-eddin 
Abu's-S'amät  in  der  zweiten  hälfte)  eine  erhebliche  Verschieden- 
heit im  tone  und  in  der  behandlung  deutlich  zu  tage  tritt: 
es  ist,  kurz  gesagt,  die  Verschiedenheit  zwischen  ursprünglichem 
und  nachgeahmtem,  die  sich  mir  aufdrängt.  Nicht,  als  ob 
Ma^rüf  u.  s.  w.  des  interesses  entbehrten:  aber  es  beruht  auf 
der  Charakteristik  der  handelnden  personen,  nicht  auf  der 
handlung,  deren  Zwischenfälle  entweder  unbedeutend  oder  be- 
kannten anderen  erzählungen  i)  entlehnt  und  ziemlich  matt 
behandelt  sind,  während  in  dem  Harun-kreise,  wenige  aus- 
nahmen abgerechnet,  grade  die  eigentlichen  motive  und  die  art 
ihrer  entwicklung  den  eindruck  der  frische  und  ursprünglichkeit 
machen;  und  derartiges  würde  sich  bei  genauerer  vergleichung 
grösserer  partien  noch  mehr  herausstellen.  Was  ferner  die 
com  Position  angeht,  so  ist  es  auffällig,  mit  welcher  kunst 
za  anfang  bei  der  rahmenerzählung  und  in  der  geschichte  der 
fräulein  von  Bagdad,  des  fischers  mit  dem  geiste,  des  buckligen 
die  einschachtelung  der  erzählungen  in  einander  durchgeführt 
ist,  und  wie  kunstlos  später  eine  geschichte  an  die  andere 
gereiht,  oder  die  Verknüpfung  ganz  äusserlich  vollzogen  wird. 
Wenn  dieser  Wechsel  der  compositionsart  genau  an  derselben 
stelle  eintritt,  wo  die  erheblicheren  Verschiedenheiten  zwischen 
den  einzelnen  handschriftenklassen  beginnen,  d.  h.,  da,  wo 
Galland's   hs.    aufhört  2),   wenn   dazu  kommt,    dass   grade  im 

^)  Dem  Ma'rüf  liegt  das  motiv  des  ,,holzhauers  mit  dem  geiste"  aus 
den  40  weziren  (Behrnauer  s.  277),  den  abenteuern  Alä  ed-din's  die 
fabel  von  Nureddin  und  Marjam  zu  gründe.  Allerdings  fehlt  es  auch 
sonst  nicht  an  parallelen  zwischen  den  40  weziren  und  anderen  stücken 
der  1001  nacht;  diese  wie  überhaupt  die  aus  benutzung  gemeinsamer 
quellen  entspringenden  berührungen  innerhalb  der  ganzen  erzählungs- 
litteratur  können  hier  natürlich  nicht  erörtert  werden. 

^)  Es  hat  das   bekanntlich   (s.  schon  Bresl.  übers.  XIII,   s.  XXIII)  zu 


236  A.  Müller 

weiteren  verlaufe  die  selbständigen  erzählungscoraplexe ,  bezw. 
in  sich  abgeschlossenen  und  auch  getrennt  für  sich  über- 
lieferten i)  längeren  geschichten  (die  „borrowed"  Lane's)  deut- 
lich sich  von  den  anderen  gruppen  abheben,  so  macht  das 
wahrlich  nicht  den  eindruck  der  einheitlichkeit.  Endlich  der 
Inhalt.  Lane's  hauptargument,  dass  sich  durchweg  in  dem 
ganzen  der  gesellschaftliche  zustand  Aegyptens  unter  den  Mam- 
luken  wiederspiegle,  ist  von  dem  essayisten  (s.  190)  wenigstens 
eines  teiles  seiner  beweiskraft  durch  die  richtige  bemerkung 
beraubt  worden,  dass  orientalische  sitten  change  so  little;  in 
der  that  kommt  die  sache  darauf  hinaus,  dass  ein  in  mannig- 
facher weise  lockeres  grossstadtleben  geschildert  wird,  das  auf 
verschiedene  zeiten  und  örtlichkeiten  des  islamischen  mittel- 
alters  passt,  und  das  grade  auf  das  Aegypten  des  15./16.  Jahr- 
hunderts zu  localisieren  Lane  durch  die  zahlreichen  anspielungen 
auf  gebäude  und  Strassen  des  damaligen  Kairo  u.  dergl.  sich 
veranlasst  sah.  Aber  in  letzterer  beziehung  fehlt  wieder  die 
einheitlichkeit.  Kaffee  und  tabak  führten  Lane  in  so  späte 
Zeiten  herunter,  dass  er  sie  selbst  schliesslich  aufgeben  musste; 
den  Achmed  ed-Denef  haben  Sie  vor  875  (1470)  nachgewiesen, 
und  der  essayist  hat  (s.  191)  sehr  scharfsinnig  und,  wie  mir 
scheint,  unwiderleglich  einen  strassennamen  aufgezeigt,  der 
schon  1430  nicht  mehr  in  gebrauch  war.  Diesen  thatsachen 
gegenüber  ist,  meine  ich,  die  einheitlichkeit  des  ganzen  nicht 
zu  halten:  wir  dürfen  aus  diesen  wie  anderen  notizen  nicht 
schliessen,    dass    ,,die    1001   nacht"   dann    oder    dann   in    der 

der  annähme  geführt,  dass  ein  ächter  alter  stamm  der  1001  nacht,  der 
etwa  bis  Kamar  ez-zcmän  und  Budür  reicht,  von  späteren  hinzufügungen 
zu  trennen  sei;  vgl.  dazu  noch  unten  s.  242  f. 

*)  Ich  meine  solche,  wie  die  7  wezire,  Gal'ad  und  Schimäs,  die  10 
wezire,  Tawaddud.  Die  letztere  lebt  bekanntlich  (M.  J.  Müller  in  den 
bay.  Sitzungsberichten  1863,  II  ,,Die  Donzella  Teodor")  heute  noch  im 
spanischen  Volksbuch :  die  geschichte  muss  also  vor ,  und  zwar  lange  vor 
dem  ende  des  15.  Jahrhunderts  selbständig  existiert  haben;  obwohl  sie 
auch  in  den  ägyptischen  hss.  meist  fehlt,  scheint  sie  Lane  doch  zu  seinem 
original  zu  rechnen.  Der  andere  fall  ist  besonders  compromittierend. 
Dass  ein  Verfasser  die  papageiengeschichte  aus  den  7  weziren  herausnahm 
und  in  geschickter  weise  in  den  verlauf  des  gespräches  zwischen  fischer 
und  dschinn  einflocht,  stimmt  zu  Lane's  begriff  von  dem  „composer"; 
nicht,  dass  er  nachher  noch  einmal  das  ganze,  jene  geschichte  einge- 
schlossen, der  sammlang  einverleibte. 


Sendschreiben.  237 

gestalt  existiert  habe,  wie  sie  die  Vulgata  rlarstellt,  sondern 
wir  müssen  anerkennen,  dass  solche  einzelne  charakteristische 
stellen,  wenn  ich  mich  eines  naheliegenden  naturwissenschaft- 
lichen Vergleiches  bedienen  darf,  leitmuscheln  darstellen,  welche 
als  merkmale  für  die  einzelnen  schichten  dienen,  aus  welchen 
sich  allmählich  ein  ganzes  gestaltet  hat.  Zu  derselben  an- 
schauung  drängt  noch  ein  anderes  hin.  Lane  hat  sich ,  indem 
er  die  zuriickführung  der  Harun-geschichten  auf  die  Abbasiden- 
zeit  ausdrücklich  ablehnt  (III,  522.  741),  die  sache  doch  etwas 
leicht  gemacht,  indem  er  durch  anführung  einer  sprichwört- 
lichen redensart  erweist,  dass  Harun  noch  heute  in  Aegypten 
als  inbegriff  einer  gewaltigen  persönlichkeit  berühmt  ist:  von 
da  bis  7Ai  der  art,  wie  er  mit  seinem  GVfar  und  Mesrür  in  der 
mitte  der  hauptgruppe  grade  dei-  besten  erzählungen  steht,  ist 
ein  weiter  schritt,  und  Bagdad  als  die  glänzende,  reiche 
chalifenstadt,  als  der  mittelpunct  insbesondere  des  Welthandels, 
wie  es  in  eben  dieser  gruppe  erscheint,  war  spätestens  seit 
1258  ein  historischer  begriff,  dessen  künstliche  und  doch  unge- 
zwungene Wiederbelebung  einem  Verfasser  nicht  zugetraut  werden 
kann ,  der  ganz  harmlos  von  „sultan"  und  „könig''  von  Basra 
spricht.  Hier  vor  allen  dingen  müsste  man,  wenn  man  Lane's 
einheitlichen  Verfasser  halten  wollte,  direkte  wiedergäbe  einer 
älteren  vorläge  annehmen  i).  Dass  er  das  nicht  gewollt  hat, 
begreift  sich:  denn  grade  in  diesen  bestandteilen  steckt  der 
kern  der  ganzen  1001  nacht.  Kurzum,  will  man  nicht  zugeben 
dass  Lane's  satz  von  der  einheitlichen  abfassung  durch  solche 
thatsachen,  die  man  auf  verschiedene  weise  hinweg  zu  inter- 
pretieren versuchen  könnte,  direkt  widerlegt  sei :  als  mindestens 
problematisch  glaube  ich  ihn  hingestellt  zu  haben.  Richtig 
wird  es  bleiben,  dass  der  archetypus,  welcher  der  Vulgata  zu 
gründe  liegt,  in  der  späteren  mamlukenzeit  niedergeschrieben 
ist;  es  fragt  sich  aber,  ob  für  denselben  nicht  eine  natürlichere 
und  weniger  widerspruchsvolle  art  der  entstehung  glaubhaft 
gemacht  werden  kann,  als  die  schriftstellerisch  originelle  ab- 
fassung durch  einen  oder  zwei  ,,composer". 

4)    Gegen  die  von  Hammer  vorgeschlagene  annähme  einer 
allmählichen    Verdrängung    der    meisten    und    arabisirung    der 

')  Dips  ist,  wenn  ich  recht  sehe,  Ihre  ansieht  (s.  9.  27);  sie  ist,  wie 
sich  am  Schlüsse  ergeben  wird,  von  der  meinigen  gar  so  sehr  nicht  ver- 
schieden. 

Hoiträge  z.  knndo  d.  indf;.  spraohou.    XIII.  17 


238  A.  Müller 

übrigen  persischen  geschichten  aus  der  ältesten  arabischen 
Übersetzung  der  ÄJU^st^liS»,  durch  welche  diese  schliesslich  zu 
unserer  1001  naoht  geworden  sei,  macht  Lane  (III,  740)  zwei 
gründe  geltend.  Einmal,  dass  man  nicht  begreife,  weshalb  diese 
allmähliche  modernisirung  seit  dem  ende  der  Mamluken  nicht 
fortgesetzt  worden  sei  —  ein  argument,  welches  durch  die  ver- 
gleichung  anderer  volksromane,  wie  des  Antar,  Bebars  u.  s.  w. 
verstärkt  wird:  auch  in  diesen,  so  vielfach  sie  aufgezeichnet 
seien,  zeige  die  darstellung  der  sitten,  lebensweise  u.  s.  w.  nach- 
weislich keine  unterschiede  zwischen  den  verschiedenen  Versionen. 
Zweitens  sei  es  ohne  beispiel  in  der  arabischen  litteratur,  dass 
ein  ursprünglich  im  correctem  stile  geschriebenes  werk  —  und 
correct  seien  alte  werke  stets  geschrieben  —  von  den  copisten 
in  der  weise  in's  Vulgäre  verändert  worden  sei,  wie  man  es  im 
vorliegenden  falle  annehmen  müsse;  und  während  es  keinem 
zweifei  unterliege,  dass  von  einer  correct  geschriebenen  älteren 
Version  sich  irgend  ein  exemplar  würde  erhalten  haben,  fehle 
es  an  einem  motiv  für  die  Veränderung,  weil  das  bestreben,  den 
ungebildeten  verständlich  zu  werden,  nicht  als  solches  gelten 
könne:  ungebildete  verstehen  auch  die  schliesslich  immer  mit 
der  litteratursprache  zusammenhängende  spräche  der  1001  nacht 
nicht. 

Der  erste  grund  hat  einiges  gewicht,  weniger  der  zweite, 
beide  werden  sich  erledigen,  wenn  ich  versuche,  die  entstehung 
unserer  1001  nacht  aus  der  arabischen  Übersetzung  der  aJL*3(  .LP 
zu  entwickeln,  wie  ich  sie  mir  denke.  Ich  will  dabei  gänzlich 
vermeiden,  mich  auf  analogien  von  Volksbüchern  anderer  nationen 
zu  stützen,  so  nahe  es  z.  b.  läge,  an  die  kinder-  und  haus- 
märchen  der  brüder  Grimm  zu  erinnern,  die  nichts  sind  als 
eine  getreue  aufzeichnung  von  erzählungen,  welche,  im  volks- 
munde  bisher  mannigfach  verändert,  nun  für  grosse  kreise  des 
Volkes  selbst  für  lange  zeit  in  allem  wesentlichen  fixiert  sind. 
Ich  gehe  einfach  davon  aus,  dass  wir  wissen,  seit  alter  zeit, 
möglicherweise  seit  der  zeit  des  Mansür  (Hammer),  jedenfalls 
vor  dem  10.  Jahrhundert  hat  ein  arabisches  geschichtsbuch  exi- 
stiert, aus  dem  Persischen  übersetzt,  bei  dem  Bagdader  pub- 
likum  beliebt  und  insgemein  „die  lOCO  (oder  1001)  nachte" 
genannt  (XJ;  derselbe  name  wird  um  1250  als  titel  eines  ge- 
schichtenbuches  (Y)  erwähnt,  eine  figur  daraus   (ZJ  ist  einem 


Sendschreiben.  239 

Schriftsteller  des  15.  Jahrhunderts  bekannt  und  1548  ist  eine 
handschrift  (G)  datiert,  welche  unter  demselben  namen  ein  ge- 
schichtenbuch  enthält,  dessen  anfang  im  wesentlichen  genau  mit 
dem  seinem  höchst  charakteristischen  Inhalte  nach  uns  bekannten 
anfang  von  X übereinstimmt,  während  jüngere  handschriften  (V) 
einen  schluss  des  ganzen  bieten,  die  mit  dem  Schlüsse  von  X 
wieder  identisch  ist.  Es  scheint  mir  der  grundfehler  von 
Lane's  ganzer  behandlung  dieser  frage  zu  sein,  dass  er,  ohne 
die  möglichkeit  eines  Zusammenhanges  NonXY  mit  GVi.xx läugnen, 
doch  aus  dem  mangel  weiteren  materiales  die  berechtigung  ent- 
nahm, XY  bei  seiner  ganzen  erörterung  so  gut  wie  unberück- 
sichtigt zu  lassen.  Wie  dem  auch  sei,  unser  material  ist  jetzt 
etwas,  wenn  auch  nicht  viel  umfangreicher,  darum  haben  wir 
jene  berechtigung  in  keinem  falle.  Versuchen  wir,  aus  dem 
oben  s.  225 ff.  festgestellten  thatbestande  unter  vergleichung  des 
Inhaltes  von  GV  einige  Schlüsse  zu  ziehen. 

Dieser  Inhalt  ist  ein  höchst  mannigfacher.  Wir  haben  eine 
grosse  anzahl  von  geschichten  und  raotiven  i),  welche  in  der 
1001  nacht  zweifellos  indischen  Ursprungs  sind,  und  nicht  minder 
indischen  Ursprungs  ist  die  ganze  anläge  des  werkes  als  schachtel- 
geschichte.  Wie  kann  dieses  indische  material  nach  Aegypten 
gekommen  sein?  Nur  über  Bagdad  —  das  werde  ich  wohl 
nicht  erst  zu  beweisen  brauchen.  Dann  haben  wir  im  Seefahrer 
Sindbad  wieder  eine  reihe  von  motiven,  welche  aus  dem  Pseudo- 
Kallisthenes ,     eins     vielleicht    sogar    aus    dem    Homer^) 

^)  Auch  auf  einzelne  motive  ist  ja  zu  achten;  vgl.  für  die  1001  nacht 
(mit  aus  schluss  der  7  wezire  und  Gal'ad)  Benfey's  Pantschatantra 
I,  116.  154.  264.  442.  454.  457.  460.  488.  502.  514. 

^)  Das  ist  freilich  zweifelhaft;  die  von  Cureton  (Lane  III,  744;  vgl. 
382  anm.  55)  angeführte  stelle  aus  Ihn  Abi  Useibi'a  (I,  185,  25  meiner 
ausgäbe),    wo    jemand    den    incognito    lebenden    I  onein    findet,    wie    er 

« Ji  ^^r*'**'  \j'*^)  {j"r*r^y>  '^^iA^  ^j"***'  '■^*^:'.  1     ""d    der    berichter- 

statter  dazu  bemerkt  (jy*->"  ii^-Ä-o  tü>UJÜ  vii*~g>.*w«s ,  ist  schon  durch  diese 
fassung  äusserst  verdächtig.  Ich  möchte  annehmen,  dass  nur  einzelne 
verse  des  Homer,  vermutlich  aus  griechischen  Spruchsammlungen,  zu  den 
Syrern  und  Arabern  gekommen  sind ;  ich  glaube  bei  Mubas's'ir  das  ovx 
dya&ov  nolvxotQavd]  y.rX.  gelesen  zu  haben ,  kann  indes  die  stelle  jetzt 
nicht  finden.    Bei  Mubas's'ir  heisst  es  fol.  16  r  der  Leidener  hs.  von  Homer: 

KLJ^   &-»-^A•.>-   lAjua'i^   ^rh*^  f*"^^*"     .5'  ^^^  J*  ^"  ^^^^  ein  liedlein  des 

17* 


240  A.  Müller 

stammen ;  auch  die  können  ihren  weg  nur  über  das  Bagdad  des 
&. — 10.  Jahrhunderts  genommen  haben,  und  wirklich  hat  es 
foben  s.  226)  zu  Bagdad  im  10.  Jahrhundert  novellistische  dar- 
stellungen  der  „wunder  des  meeres''  gegeben.  Gegeben  aber 
auch  geschichten  von  liebesverhältnissen  zwischen  menschen  und 
dschinnen,  von  dämonen,  die  unter  dem  befehle  Salomo's  stehen 
(Fihr.  309,  21);  ja  eine  derselben  war  zweifellos  dem  inhalte 
nach  mit  der  „ehernen  Stadt"  unserer  1001  nacht  identisch 
(Essay  s.  186  anm.).  Und, .last  not  least,  nun  die  gestalt  des 
Harun,  die  nicht  isoliert  auftritt,  Avie  die  Abdelmelik,  Suleiman, 
Mustansir,  Hakim  u.  s.  w.,  sondern  mit  der  vollen  Umgebung 
—  G'a*^far,  Mesrür,  Zobeide,  was  charakteristisch,  und  ohne 
Abu-Nowäs^),  was  noch  charakteristischer  ist,  weil  es  darthut, 
dass  der  kern  der  Harun-geschichten  mit  der  ausgebreiteten 
anekdotenlitteratur  nichts  zu  thun  hat.  Hier  darf  ich  einen, 
wie  mir  scheint,  besonders  durchschlagenden  gesichtspunkt  mit- 
teilen, den  ich  schon  vor  einem  jähre  einem  briefe  Nöldeke's 
verdankt  habe.  Nöldeke  vermag  sich  die  hervorragende 
Stellung  Harun's  im  kreise  der  1001  nacht  aus  der  alles  in 
allem  doch  ziemlich  unbedeutenden  persönlichkeit  des  mannes, 
die  insbesondere  neben  einem  herrscher  wie  Mansür  vollkommen 
in  den  schatten  tritt,  nur  zu  erklären,  wenn  angenommen  wird, 
dass  ihm  diese  Stellung  zu  einer  zeit  angewiesen  wurde,  in 
welcher  man  seiner  regierung  als  der  letzten  einigermassen 
ruhigen  zeit  für  Bagdad  sich  in  dieser  stadt  noch  deutlich 
erinnerte.  Ist  das  richtig,  so  passt  es  spätestens  auf  das 
10.  Jahrhundert,  in  welchem  mit  dem  einzuge  des  ersten  Bujiden 
in  Bagdad  eine  ganz  neue  epoche  für  die  chalifenstadt  begann : 
um  diese  zeit  müssten  also  die  geschichten,  in  welchen  Harun 
die  hauptrolle  spielt,    in  den  kreisen  derer,   die  sich  mit  Adab 


Homeros  vor  sich  hinsummenden  Hondn  vortrefflicli  passt.  —  Ueber  den 
cyclopen  und  pscudo-Kallisthenes  vgl.  Rohde,  Der  griechische  roman 
(Leipzig  1876),  s.  173  —  190,  dessen  cntwicklung  mich  weiterer  ausfüh- 
rungen  des  im  texte  aufgestellten  satzes  enthebt.  Die  von  Lane  hervor- 
gehobenen Berührungen  zwischen  den  erzählungen  Sindbad's  und  den 
angaben  der  arabischen  kosmographen  (Kazwini  u.  s.  w.)  sind  sonach  aus 
benutzung  einer  gemeinsamen  quelle,  d.  h.  eben  des  Alexanderroraans, 
zu  erklären.. 

')  Denn  die  kurzen  historischen  anekdoten  mnss  man,  wio  auch  Lano 
tbut,  sorgfältig  von  den  älteren  geschichten  trennen. 


Sendschreiben.  241 

oder  mit  gewerbsmässiger  »  .x»Lass/i  beschäftigten ,  bereits  vor- 
handen gewesen  sein.  Noch  keineswegs  im  rahmen  der  1001 
nacht  selbstverständlich.  Nehmen  wir  das  einmal  an,  und 
sehen,  wie  sich  mit  dieser  Voraussetzung  das  entstehen  des 
gesammtwerkes  vorstellen  lässt. 

Um  die  mitte  des  10.  Jahrhunderts  umfasste  die  Über- 
setzung der  xj'-ww^si  .ii^»,  unser  X,  bestimmt  die  rahmenerzählung 
und  eine  anzahl  anderer  geschichten,  unter  welchen  das  zauber- 
pferd  höchst  wahrscheinlich,  einige  andere  der  bestandteile 
unserer  1001  nacht  möglicherweise,  sich  mit  befunden  haben. 
Neben  X  gab  es  als  besondere  werke  Gal'ad  und  Schimäs, 
Sindbad-  sieben  wezire,  zehn  wezire,  vielleicht,  nach  syrischer 
vorläge,  eine  erzählung  von  Sindbad  dem  Seefahrer,  daneben 
Sammlungen  von  Dschinn-geschichten,  teils  persisch  beeinflussten, 
teils  aus  dem  syrisch-arabischen  kreise,  in  welchem  allerhand 
jüdische,  christliche  und  koranisch-traditionistische  Überliefe- 
rungen zusammenströmten,  und  welchem  die  Salomo-,  Heikar- 
und  Lokman-figuren  entstammen.  Schon  zur  zeit  des  Moktadir 
(oben  s.  4)  war  die  beliebtheit  dieser  litteratur  allgemein.    Aus 

den  kreisen  der  gelehrten  und  tLoi  welche  die  Übersetzungen 
aus  dem  Persischen  und  Syrischen  als  ernsthafte  Vermehrung 
ihres  wissens-  und  bildungsschatzes  betrachtet  hatten,  waren 
diese  geschichtenbücher  allmählich  in  das  volk  gedrungen,  d.  h. 
unter  die  kaufleute  und  gewerbtreibenden  Bagdads,  deren  im 
einzelnen  sehr  verschiedener  bildungsgrad  hier  sehr  verschiedene 
neigungen  und  bedürfnisse  entstehen  liess;  auch  die  mittel, 
welche  die  einzelnen  für  beschaffung  ihrer  lectüi-e  aufzuwenden 
geneigt  oder  im  stände  waren,  mussten  ziemlich  ungleich  sein. 
Mehr  aber,  als  nach  lectüre,  verlangt  seit  alten  zelten  der 
Orientale  nach  mündlichen  erzählungen;  auch  beim  barbier,  im 
bazar,  im  eignen  hause  wollte  man  von  den  ^jL)**.a,  wie  man 
die  damaligen  Meddäch's  nannte,  neben  gewöhnlichen  schnurren, 
neben  Harun-geschichten  u.  s.  w.  auch  die  fremdartigen  indisch- 
persischen abenteuer  hören.  Es  entstand  eine  gewaltige  nach- 
frage nach  büchern,  in  welchen  der  gebildetere  diese  dinge 
lesen,  aus  welchen  der  Musamir  sie,  neben  der  mündlichen 
Überlieferung ,  schöpfen  konnte.  Wie  es  bei  solchen  werken, 
deren  angebet  hinter  der  nachfrage  zurückbleibt,  im  Oriente 
geht,    zeigt  der  bericht  Lane's  (I,  s.  XI),    wenn  man  ihn  mit 


242  A.  Müller 

den  Worten  des  Fihrist  (oben  s.  226  no.  4)  in  Verbindung  setzt. 
Schreiber,  die  über  ein  par  kurrasen  aus  verschiedenen  werken 
verfügen,  schreiben  den  anfang  eines  buches  eilfertig  und  ohne 
rücksicht  auf  die  correctheit  der  sprachlichen  form  ab;  bricht 
ihr  fragment  ab,  so  lassen  sie  sich  von  einem  meddach  weiter 
diktieren;  wo  es  grade  passt,  schreiben  sie  auch  aus  einer 
anderen  geschichtensammlung  ein  paar  stücke  mit  ab,  und  wenn 
es  gelingt,  den  richtigen  schluss  aus  irgend  einer  jener  quellen 
hinzuzufügen,  so  ist  eine  nusche  fertig,  welche  an  werth  dem 
niedrigen  angebote  irgend  eines  lesekundigen  barbiers  oder 
gewöhnlichen  meddächs  entspricht.  Dies  das  eine  extrem: 
andererseits  finden  sich  wirklich  gebildete,  wissenschaftliche 
männer,  welche  aus  dem  bunten  materiale  der  Übersetzungen 
und  der  erzählungen  besserer  musarairin  ein  Adab-buch  zu- 
sammenzuarbeiten nicht  unter  ihrer  würde  halten.  Ihnen 
ist  in  den  fremden  geschichten  dies  und  jenes  anstössig,  sie 
kommen  ihnen,  wie  dem  Verfasser  des  Fihrist,  grossenteils 
öjl^  vi^Ä  vor,  sie  treffen  nach  ihren  gesichtspuncten  eine  sorg- 
fältige auswahl,  sie  fügen  den  fremden  geschichten  arabische 
hinzu,  welche  sie  nicht  ohne  kritik  der  mündlichen  Überlieferung 
entnehmen.  Ein  solcher  mann  i)  wird  jener  G'ahs'ijari  gewesen 
sein,  der,  gewiss  auf  der  grundlage  von  X  (weshalb  hätte  er  es 
sonst  auf  „1000  nachte"  abgesehen?),  es  unternahm,  ein  riesen- 
werk  derlei  inhaltes  herzustellen.  Und  zwischen  diesen  beiden 
extremen  fanden  sich  möglicher  weise  noch  mittelstufen :  bessere 
Schreiber  und  geringere  gelehrte  sind  ja  oft  genug  in  einer 
person  vereinigt.  Ich  glaube  nicht,  dass  G'ahsijari's  buch  die 
älteste  form  unserer  1001  nacht  ist;  dazu  ist  es  viel  zu 
umfangreich  gewesen  —  dass  es  bruchstück  blieb,  könnte  sonst 
(vgl.  s.  236)  zu  gunsten  einer  solchen  annähme  geltend  ge- 
macht werden.  Es  wird  ungefähr  um  dieselbe  zeit  oder  etwas 
später  —  der  Fihrist  kennt  ja  ausser  G'ahsijäri  keinen  anderen 
bearbeiter  der  1000  nacht  —  sich  jemand  gefunden  haben,  der 
eine  ähnliche,  aber  weniger  umfangreiche  Sammlung  veranstaltet 
hat,  vielleicht  sind  mehrere  nachahmungen  der  iüU»il  .li^    zu 

^)  G'ahsijäri  war  jedenfalls  ein  ernster  gelehrter :  vgl.  zu  seinem 
mehrfach  von  Jaküt  citierten  *^3v5^  ujLxT  jetzt  die  notiz  herrn  von 
Kremer's  im  Anzeiger  der  ph.-h.  classe  der  Wiener  akaderaie  vom 
9.  febr.  1887. 


Sendschreiben.  243 

stände  gekommen ;  die  namensähnlichkeit  in  dem  titel  j>!ij -^ 
ij^-j^i  ist  möglicherweise  zufall.  Das  werk,  welches  ich  jeden- 
falls als  Umarbeitung  von  X  voraussetzen  möchte,  und  das  ich 
X*  nennen  will,  mag  ausser  der  rahraenerzählung,  einigen 
indisch-persischen  geschichteu  und  den  ältesten  Harun-erzäh- 
lungen  schon  Sindbad  den  Seefahrer,  die  eherne  stadt  und 
anderes  umfasst  haben.  Nachdem  X*  vollendet  war,  gewann 
es  allgemeine  beliebtheit  und  geriet  seinerseits  in  die  bände 
der  geringeren  Schreiber  und  meddäch's.  Nicht  blos  auf  die 
bereits  angedeutete  weise  wird  es  im  laufe  der  Jahrhunderte 
sich  in  deren  kreisen  verändert  haben.  Grade  das  beispiel  des 
Antar,  der  im  12.  Jahrhundert  ebenfalls  von  einem  wirklichen 
gelehrten  redigiert  worden  ist  ^),  zeigt  am  besten,  dass,  mag  es 
im  heutigen  Aegypten  zugehen,  wie  es  will,  die  gegenwärtigen 
Volksbücher  in  früheren  Jahrhunderten  vor  allerhand  allmäh- 
lichen Veränderungen  nicht  sicher  gewesen  sind;  ja  in  unserer 
1001  nacht  selbst  finden  sich,  das  haben  wir  gesehen,  dou- 
bletten  genug,  welche  dieselbe  geschichte  in  verschiedenen  Stadien 
ihrer  entwicklung  zeigen;  und  wenn  man  z.  b.  die  erzählung 
des  G'audhar  bei  Lane  (III,  183)  mit  der  gestalt  vergleicht, 
welche  sie  in  dem  modernen  volksbuche  2)  erhalten  hat,  so  hat 
man  einen  ganz  unwiderleglichen  beweis  davon,  wie  tief  solche 
Veränderungen  eingreifen  können.  Das  schliesst  nicht  aus,  dass 
eine  in  einem  bestimmten  zeitpuncte  mit  einiger  Sorgfalt  vor- 
genommene aufzeichnung,  welche  zufällig  zum  archetypus  einer 
anzahl  von  weiteren  abschriften  wird,  für  längere  zeit  oder  gar 
für  immer  unter  Verdrängung  anderer  recensionen  massgebende 
geltung  erlangt:  und  ein  solcher  archetypus  ist  Ä,  ein  solcher 
jüngerer  art  auch  A"^ ,  den  Lane  durchaus  richtig  charak- 
terisiert, nur  zu  unrecht  mit  A  für  identisch  erklärt  hat. 

Ich  fasse  zusammen:  X  im  10.  Jahrhundert  in  Bagdad, 
Übersetzung  aus  dem  Persischen;  X*  etwas  später,  aber  gleich- 
falls in  Bagdad,  nach  dem  muster  von  X  und  zum  teil 
aus  dessen  stoff,  dem  demente  arabischer  herkunft  in  grossem 
umfange  und  unter  gleichmässiger  stilisirung  des  ganzen 
hinzugefügt    sind;    dann    eine    längere    entwicklung,    während 

*)  Thorbecke,  Antarah,  s.  32;    die  stelle  des  Ibn  Abi  Useibi'a  ist 
I,  290  meiner  ausgäbe. 

^)  Es  ist  ia  Weil's  Übersetzung  (I.  ausg.,  IV,  550)  aufgenommen. 


244  A.  Müller     Sendschreiben. 

deren  immer  neue  scliichten  eindringen ,  ältere  bis  auf  reste 
verschwinden ,  bis  auf  der  stufe  von  Ä  schon  die  7  wezire, 
auf  der  stufe  von  A*  Gal'ad  und  Schimas  und  die  historischen 
anekdoten  eingedrungen  sind.  A  schon  ist  in  Aegypten  nach 
1301  (denn  die  farbigeii  fische  hat  bereits  Galland)  aufge- 
zeichnet; ^*  seitdem  im  flusse  geblieben,  denn  die  tunesische 
hs.  vom  j.  17ol  hat  schon  den  Bebars  und  den  Seif  Dhu'l- 
Jezen  (Habicht's  ausgäbe  I  s.  IX)  aufgenommen.  Hier  muss 
ich  schliessen :  weiteres  über  die  vermutlich  in  ziemlichem 
umfange  mögliche  Scheidung  der  einzelnen  schichten  und  ihre 
reihenfolge  wird  sich  jedenfalls  ermitteln  lassen,  aber  erst, 
nachdem  der  litterarhistorischen  arbeit  die  iohilologische  voran- 
gegangen ist.  Wir  brauclien  vor  allem  genauere  angaben  über 
die  neue  Pariser  hs.  wie  über  alle  andern,  die  nicht  mit  der 
ausführlichkeit  der  Oxforder  und  Londoner  katalogisiert  sind, 
und  die  vergleichung  einer  anzahl  charakteristischer  stellen  in 
allen  hss.,  die  sich  als  selbständige  Versionen  herausstellen. 
Heute  wissen  wir  zwar,  dass  weder  die  Breslauer  ausgäbe,  noch 
die  Bulaker,  noch  die  Calcuttaer  die  1001  nacht  sind,  wir 
wissen,  dass  umfangreiche  bestandteile  des  grundwerkes  auch 
in  diesen  allerspätesten  Versionen  stecken,  die  ein  unglücklicher 
Zufall  grade  zu  den  verbreitetsten  Vertretern  des  ganzen  und 
damit  zum  ausgangspunkte  der  Untersuchung  gemacht  hat  — 
aber  was  die  1001  nacht  sind,  wissen  wir  noch  keineswegs, 
und  eben  das  müssen  wir  erst  wissen,  ehe  wir  die  frage  nach 
ihrem  Ursprünge,  die  Lane's  autorität  so  lange  verschoben  hat, 
endgiltig  zu  lösen  vermögen:  brauche  ich  noch  zu  sagen,  dass 
wir  diese  lösung  wie  die  vorgängige  beantwortung  jener  frage 
von  Zoteuberg  zu  erbitten  haben? 


Nachschrift  Obige  bemerkungen  waren  schon  im  satz,  als 
mir  Zotenberg's  vorläufige  mitteilung  im  Journal  asiatique 
IX,  300 — 393  zu  gesiebt  kam:  ich  begrüsse  sie  mit  freuden  als 
bürgschaft,  dass  Zotenberg  mit  der  erfüllung  der  soeben  aus- 
gesprochenen bitte  schon  jetzt  beschäftigt  ist. 

A.  Müller.     . 


C.  de  Harlez     Avestica.  245 


Avestica. 
II.    L'Ahuna   Vairya. 

On  no  s'etonne  pas  que  l'Avesta  soit  l'objet  de  si  nom- 
breuses  divergences  d'opinion,  quand  on  voit  que  les  trois 
simples  vers  de  l'Ahuna-Vairya  n'ont  pu  encore  recevoir  une 
Interpretation  qui  rallie  tous  les  suffrages.  Nous  avons  eu 
successivement  Celles  des  Parses,  d'Anquetil,  d'Oppert,  de  Spiegel, 
de  Kossowicz,  Justi,  Roth,  Hang,  la  mienne,  puis  celle  de 
Geldner.  Enfin  tout  dernierenient  Roth  est  venu  en  grossir  le 
nombre  en  traitant  ä  nouveau  le  sujet  dans  la  Zeitschr. 
D.  M.  G. 

De  la  plupart  d'entre  ces  traductions  nous  n'avons  rien 
ä  dire;  elles  sont  ou  surannees  ou  ne  different  entre  elles  que 
par  des  points  accessoires.  La  premiere  que  Roth  donna 
jadis  peut  egalement  etre  passee  sous  silence;  puis  qu'il  l'a 
completement  retractee  tant  au  point  de  vue  du  inetre  et  du 
texte  qu'ä  celui  de  l'objet  de  la  priere  et  du  sens  des  mots 
en  particulier,  et  qu'il  lui  en  a  substitue  une  toute  differente 
qui  est  la  negation  de  la  premiere. 

Ceci,  soit  dit  en  passant,  vous  prouvera  que  le  Maitre 
lui-meme  n'est  pas  infaillible,  et  qu'il  est  mieux  de  ne  pas  le 
prendre  de  trop  haut  envers  ses  confreres  quand  on  est  expose 
a  ces  retractations. 

Comnie  la  nouvelle  explication  de  Roth  n'est,  en  somme, 
que  la  reproduction  de  celle  de  Geldner,  tres  accessoirement 
modifiee,  nous  pouvons  les  envisager  enserable.  Elles  forment, 
en  outre,  une  Innovation  complete.  Mais  rappelons  d'abord  le 
texte;  le  voici: 

Yat'ä  ahü  vain'ö  at'ä  ratus'  asät  clt  hacä 
vanheus'  dazdä  manunhö  skiaot'ananäm  anheus'  mazdäi 
k'sat'rem  cä  Ahuräi  ä  yim  dregvodehis'  dadät  västarem. 
Jusqu'ä  l'interpretation  de  Geldner-Roth  tout  le  monde 
etait  ä  peu   pres   d'accord   sur   le  sens   general  du  morceau  et 
sur    celui    des    ternies    en    particulier;    les    rapports    des    mots 
etaient   etablis   dift'eremment   et   de   lä  les  divergences.     Haug 
seul  voyait  dans  Vahü  le  genie  protecteur  et  dans  le  ratus',  le 


246  C.  de  Harlez 

guide  spirituel,  le  destour  que  chaque  fidele  devait  recevoir  ou 
se  choisir  ä  certains  raoments  de  la  vie. 

Les  derniers  raots  ä  ijim  dregvodehls'  dadät  v.  restaient 
une  difficulte  presqu'  insurmontable  ä  cause  de  l'accusatif  yim 
dont  ori  ne  sait  quoi  faire;  le  texte  semblant  demander  un 
nominatif. 

Geld n er,  dans  les  „Studien  zum  Avesta",  introduisit  un 
tout  nouveau  courant  d'idees.  Pour  lui  Vahü  et  le  ratus'  sont 
un  seul  et  meme  personnage  et  ce  personnage  n'est  autre  que 
Zoroastre;  asa  est  le  droit,  la  puissauce,  vanhetis'  mananhö  est 
la  piete;  yim  est  pour  yö  imem,  vairyö  est  parfait,  excellent. 

Certes  je  ne  contesterai  pas  que  cette  explication  donne 
un  sens  satisfaisant ,  un  sens  bon  en  soi.  Mais  comme,  je  Tai 
dit  en  raaintes  occasions,  cela  ne  suffit  nullement  pour  la  faire 
adopter.  Pour  cela  il  faut  en  outre,  il  faut  avant  tout  qu'elle 
soit  justifiee,  qu'elle  s'accorde  avec  le  texte  et  qu'elle  ne  ren- 
contre  pas  d'obstacles  invincibles.  Or  ici  cette  condition  fait 
defaut. 

Que  Zoroastre  soit  Vahus'  et  le  ratus\  M.  Geldner  pense 
le  deinontrer  en  invoquant  certains  passages  oü  il  est  dit 
qu'Ahura  Mazda  est  Vahus'  et  le  ratns'  du  raonde  Celeste  et 
Zoroastre  celui  du  monde  terrestre.  Ajoutons  celui  oü  il  est 
dit  que  le  fils  de  Zoroastre  et  Zoroastre  lui  meme  sont  ahus' 
et  ratns'  du  vara  de  Yima  (Vend.  II  fin.)  et  le  Ys.  XXIX,  6, 
oü  il  est  dit  ce  semble,  qu'il  n'est  point  encore  de  ahü  ni  de 
ratus'. 

Ces  rapprochements  donnent,  par  eux  memes,  une  notable 
probabilite  ä  l'explication  de  M.  Geldner.  En  soi  cela  peut  etre, 
c'est  vrai;  mais  la  question  reste  toute  entier:  cela  est-il? 

Malgre  tout  mon  desir  de  voir  cesser  la  controverse,  il 
m'est  absolument  impossible  de  repondre  affirmativement. 

Voici  pour  quelles  raisons: 

1.  L'Ahuna  Vairya  ne  contient  pas  un  seul  mot  qui  se 
rapporte  certainement  ä  Zoroastre.  II  ne  dit  que  ceci  „Sicut 
Abu  eligendus  (credendus)  ita  Ratus  ex  sanctitate".  Si  ces 
vers  se  trouvaient  au  milieu  d'un  chant  relatif  au  prophete 
mazdeen,  l'omission  de  son  nom,  de  toute  designation  parti- 
culiere  quelque  surprenante  qu'elle  füt,  s'expliquerait  ä  la 
rigueur.  Mais  au  contraire  l'A.  V.  est  un  morceau  isole  et  il 
faut  un  grand  effort  de  conjecture   pour  y  faire  intervenir  le 


Avestica.  247 

personnage  de  Zoroastre.  Cette  priere  aurait  ete  faite  expres 
pour  inculquer  le  respect  et  l'obeissance  envers  le  fondateur, 
le  chef  de  la  religion  et  l'on  aurait  entierement  oublie  d'y 
faire  entrer  son  nora  ou  qiielque  chose  qui  le  designe,  au 
risque  et  peril  que  l'objet  de  cette  priere  s'oubliat  tout-ä-fait, 
comme  cela  est  reellement  arrive!  Cela  ne  s'est  jamais  fait  et 
cela  n'est  pas  croyable. 

2.  Cette  explication  donne  un  sens  trop  force  pour  qu'il 
soit  possible.  S'exprimer  ainsi:  „Sicut  Abu  perfectus(?)  ita  ratus" 
pour  dire  „de  nieme  que  un  tel  est  un  abu  parfait  ainsi  il 
est  un  ratus  excellent",  c'est,  je  pense,  ce  que  personne  n'a 
jamais  fait  et  ne  fera  jamais. 

3.  II  n'est  pas  un  mot  ni  dans  les  textes  anciens  ou 
modernes,  ni  dans  l'histoire  entiere  du  parsisme  comme  de 
l'avestisme,  qui  permette  de  soutenir  cette  conjecture,  de  la 
faire  meme  en  quelque  fa^on  que  ce  soit.  Pour  les  traducteurs 
peblevis  i)  comme  pour  les  mazdeens  plus  recents,  Vahü  est 
sans  contredit,  sans  besitation,  Abura-Mazda  lui-meme  et  rien 
d'autre  que  lui.  Un  pareil  silence,  une  semblable  denegation 
de  l'Avesta  et  de  la  litterature  parse  toute  entiere  seraient- 
ils  possibles  si  la  verite  etait  tout  le  contraire?  Non,  sans 
aucun  doute. 

4.  II  y  a  plus  encore.  Nous  avons  lä-dessus  le  temoignage 
de  l'Avesta  lui-meme;  il  est  bien  etonnant  qu'on  n'ait  pas 
pense  a  cbercber  l'explication  oü  eile  est  reellement. 

En  effet  le  livre  sacre  contient  un  cbapitre  qui  pourrait 
donner  la  Solution  de  bien  des  diflicultes  si  l'on  avait  pense  ä 
le  consulter.  Ce  cbapitre  est  le  Yasna  XIX  dans  lequel  il 
est  expressement  dit  que  VAhü  de  la  priere  est  le  dieu  mazdeen 
lui  meme.  Yaf  dim  ahamca  ratümca  adad'at  at'a  dim  para- 
cinasti  yim  ahurem  tnazdätn  manaspaoiryaUhyö  dämahyö.  De 
quelque  maniere  que  l'on  traduise  paracinasti  la  cbose  est  des 
plus  claires;  Vahü  est  Abura  Mazda. 

De  Zoroastre  il  n'est  question  que  tout  ä  la  fin  du  com- 
mentaire  et  c'est  pour  le  ranger  parmi  les  dregvodhyö  ou  du 
moins  le  mettre  en  parallelisrae  avec  ceux-ci: 

dreguhyö  väslärem  cinasti,   yat'a  urvat'em  Zarat'usträi 
il  donne  un  protecteur  aux  faibles  comme  un  ami(?)  a  Zoroastre. 

*)  La  traduction  porte  ahü  et  la  glose  l'explique  par  auharmazd. 


248  C.  de  Harlez 

Dira-t-on  que  Ton  sait,  en  1884,  ce  que  signifiait  la  priere 
avestique,  niieux  que  les  auteurs  de  l'Avesta  lui-meme?  Non 
Sans  doute,  car  une  pareille  pretention  ferait  sourire. 

Si  du  moins  on  apportait  ä  reneontre  un  argument,  un 
fait  certain,  cela  serait  ä  moitie  acceptable;  mais  tout  ce  que 
l'on  oppose  c'est  une  conjecture,  une  analogie  qui  cree  simple- 
ment  une  possibilite. 

Encore  s'il  s'agissait  de  quelque  phrase  insignifiante ,  de 
quelque  parole  perdue  dans  la  masse  des  textes;  mais  au  con- 
traire  c'est  la  priere  principale  et  comme  le  fondement  de  la 
foi  mazdeenne;  c'est  la  parole  creee  avant  l'univers,  descendue 
du  ciel  pour  eclairer  la  terre,  celle  que  le  mazdeen  doit  avoir 
Sans  cesse  ä  la  bouche  et  repeter  en  toute  occasion.  Si  nous 
ne  croyons  pas  les  auteurs  de  l'Avesta  quand  ils  nous  expli- 
quent  ce  qu'ils  diseut  et  ce  qu'ils  pensent  et  si  nous  pensons 
le  savoir  mieux  qu'eux,  alors  qu'avons  nous  besoin  des  textes? 
11  nous  suffit  de  nos  iraaginations.  11  n'est  donc  pas  possible 
de  s'arreter  ä  cette  explication. 

II.  Au  second  vers  Roth  introduit  deux  innovations  consi- 
derables.  D'apres  lui  dazda  „ne  peut  pas"  etre  un  nom,  ce 
doit  etre  une  forme  verbale  et  mazdäi  n'est  pas  le  datif  de 
mazdäo ,  mais  une  autre  forme  verbale  significant:  „begreifen, 
beherzigen".  Roth  ne  l'explique  pas,  mais  d'apres  ce  qu'il  en 
dit,  on  doit  supposer  qu'il  fait  deriver  mazdäl  de  manas  et  da 
QU  d'ä;  deja  Geldner  en  avait  fait  autant  pour  le  nom  du 
dieu  mazdäo. 

Que  dazdä  ne  puisse  pas  etre  un  nom  verbal  c'est  abso- 
lument  faux;  ce  mot  est  tout  naturellement  le  nomiuatif  de 
dazdar  venant  de  dad-\-tar  ou  dad' -\-tar.  C'est  celui  qui 
„donne"  ou  ,,etablit,  regle  le  bon  esprit,  la  saintete  In- 
terieure". 

Quant  a  mazdäi  verbe  c'est  tout  bonnement  une  irapossi- 
bilite  philologique,  comme  je  Tai  deja  montre  ailleurs.  Manas 
se  reduit  a  mäs  ou  mäz,  mais  il  ne  perd  jamais  son  n,  qui  lui 
est  essentiel.  Comp,  menghäi,  mehdaidyäi,  mäzdra,  mät'ra, 
mät'wa,  mästä,  mäs-vac  et  enfin  le  vrai  verbe  lui-meme  mäzdä 
dans  mäzdazdüm. 

Constatons  ä  ce  sujet  une  fois  encore  (jue  l'exactitude 
n'est  pas  toujours  oü  l'on  pense,  et  passons. 


Avestica.  249 

Donc  mazdäi  n'est  point  un  verbe  et  ne  peut  venir  de 
manas.  Pour  appiiyer  la  supposition  d'un  infinitif-datif  et  de 
terrae,  Roth  cite  trois  exemples  qu'il  cioit  analogues,  pris  au 
Veda.  Malheureuseraent,  il  n'a  pas  fait  attention  que  les 
expressions  vediques  etaient  toutes  differentes  et  ne  lui 
servaient  a  rien  ici.  En  effet  dans  le  Veda  nous  trouvons 
un  verbe  suivi  d'un  complement  direct  et  d'un  infinitif  de 
terrae,  de  bufc;  par  ex.  dliatta  Indrö  vqjram  nari  apänsi  kartave 
I.  85.  9  Indra  emploie  la  foudre  pour  faire  ses  ceuvres. 
Indram  räjänani  dadJiire  sahadhyai  (Les  vents)  ont  etabli  Indra 
roi  afin  qu'il  triomphe  VII,  31.  12  (et  non  2). 

Or  ici  le  cas  est  tout  contraire;  point  de  complement 
direct  ni  d'infinitif  de  terme;  mais,  au  contraire  le  nom  verbal 
suppose,  mazdäi,  serait  lui-merae  le  coraplement  direct  bien  qu'ä 
une  forme  de  datif.  Si  l'on  adraet  chose  pareille  alors  que 
devient  l'exactitude? 

Nous  n'avons  que  cela  ä,  dire  aussi  du  mot  semblable  mazdä 
„erinnerung"  decouvert  au  Y.  XL.  1.  Ce  raot  n''existe  pas 
et  ne  peut  exister  puisque,  s'il  existait,  il  serait  mäzdä  et  non 
mazdä. 

Roth  ne  veut  pas  de  mazdäi  datif  de  mazdäo  par  ce  que 
cela  serait  une  „durete  syntaxique".  Or  pour  en  eviter  une  on 
doit  en  admettre  trois  ou  quatre:  1.  un  nora  verbal  au  datif 
mazdäi,  mis  pour  un  accusatif.  —  2.  le  genitif  anheus'  |rais 
pour  le  datif.  —  o.  Les  mots:  facit  (selon  R.)  raun  dum 
recordari  operum  bonse  mentis  ainsi  construits:  bonse 
facit  mentio  operum  mundi  recordando.  4.  L'ensemble  de  la 
phrase  est  tellement  boiteux  que  Roth  est  oblige  de  nous 
avertir,  avant  de  donner  la  traduction:  ,,dass  der  Verfasser 
dieser  Strophen  keineswegs  meister  schöngeformter  rede  war".  — 

Nous  voila  loin  du  temps  oü  les  traductions  nouvelles 
rendaient  l'Avesta  plus  raisonnable  et  plus  poetique.  Gar  celle 
ci  defigure  la  priere  favorite  des  mazdeens  et  cela  sans 
aucune  utilite.  La  traduction  obvie  et  traditionnelle  donne,  au 
contraire,  un  sens  excellent  et  une  forrae  oratoire  irreprochable, 
corarae  on  va  le  voir. 

Mais  avant  cela  notons  que  la  durete  qui  fait  ecarter 
mazdäi,  comrae  nom  substantif,  n'existe  en  aucune  fa^on;  que 
cette  expression  est  des  plus  usitees.  Anhe'us'  mazdäi  correspond 
exactement  au  frangais:  c'est  mon  bien  a  nioi,  ou  au  francais 


250  C.  de  Harlez 

vulgaire:    j'ai    vu    le    fils   ä  Franyois;    je    monte   le   cheval    ä 
papa. 

Bien  plus  en  sanscrit  cela  se  rencontre  des  Tage  des  Vedas. 
Ex.  Atli.  V.  IV.  5.  6  ftväjmntu  asyäi  jnätayah  ,,dormiant  ei 
(p.  ejus)  parentes".  Dans  les  Brähmanas  c'est  d'usage  corumun. 
Ex.  striyäl  payah  mulieri  lac,  dhenuäi  retah  vaccse  (dat.) 
semen.  etc.  (cfr.  Whitney  Sanscrit  granimar  no.  365).  Le 
sanscrit  ne  signifierait-il  plus  rien  ici? 

Notons  avant  de  quitter  cette  premiere  partie 

1)  que  la  forme  ahü  n'a  jamais  ete  expliquee  convenable- 
ment  si  on  la  garde  comme  nominatif;  eile  est  des  plus  simples, 
au  contraire,  si  on  y  voit  un  instrumental;  comme  la  version 
pehlevie  l'explique.  Ähü  vairyö  est  pour  eile:  „Von  dem  herrn 
erwünscht,  erwählt". 

2)  Asha  est  bien  phonetiquement  identique  a  Ha  mais 
nullement  quant  au  sens;  je  Tai  demontre  abondamment  dans 
mes  „Origines  du  Zoroastrisme"  (Voy.  p.  74). 

Le  sanscrit  n'est  pas  un  guide  sür  pour  apprecier  les 
significations;  cela  est  ausgemacht  (cfr.  mon  livre  „De  l'Ex- 
egese  et  de  la  correction  des  textes  avestiques"  p.  18,  107  ss. 
etc.).  Jamais  passage  du  reste,  ne  le  prouve  mieux  que  celui- 
ci,  car  personne  n'oserait  dire  que  ahü,  ratus'  et  hacä  sont 
asu,  rtu,  saca  du  sanscrit.  II  en  est  de  meme  ä'asha  qui  est 
la  saintete  zoroastrienne. 

Qu'il  me  soit  permis  d'ouvrir  ici  une  parenthese.  M. 
Lindner  a  fait  dans  la  „Central-blatt",  un  compte  rendu  de  mon 
ouvrage  sur  l'Exegese  etc. ,  qui  prouve  uniquement  qu'il  ne  l'a 
pas  bien  lu  ^).  II  y  dit  entre  autres  choses  que  „je  ne  tiens  pas 
compte  des  ressemblances  entre  les  deux  langues  et  ne  fais 
valoir  que  les  differences". 

Rien  n'est  plus  faux.  D'un  bout  a  l'autre  du  livre  je 
mentionne  ces  analogies,  mais  je  dis  seulement  qu'elles  ne  sont 
pas  un  guide  sür  et  je  le  prouve  en  faisant  voir  que  les  dis- 
semblances  sont  beaucoup  plus  nombreuses.  Cetait  lä  ma 
täche    et   non    de    montrer  des   ressemblances    dont   on   abuse. 


')  J'en  dirai  autant  de  mes  autres  ecrits  ä  propos  d'un  certain  Dr.  Sey- 
liold  que  je  ne  connais  point  et  qui  s'est  revele  dans  la  „Litteratur-blatt". 
Je  voudrais  voir  ces  Messieurs  acoepter  la  discussion  lä  ou  l'on  peut  se 
ropondrc 


Avestica.  251 

Mais,  je  le  coinprends,  il  fallait  tächer  d'empecher  de  lire  un 
livre  qui  gene  quand  il  est  connu. 

Fassons  au  dernier  vers. 

D'abord  k'safrem  cä  Ahiiräi  ä.  M.  Roth  voit  dans  ces  mots 
une  Opposition  avec  ce  qui  precede.  L'auteur  avertit  les  fideles 
que  malgre  la  dignite  d'^/m  et  Ratus'  conferee  ä  Zoroastre, 
la  puissance  reste  ä  Ahura  Mazda.  „Mais  la  puissance  (reste) 
ä  Ahura".  „Das  reich  aber  bleibt  dem  A.  M."  —  En  outre 
il  prend  yim  comme  —   yö  imem. 

Tout  cela  est  inadraissible,  pour  les  raisons  suivantes: 

1.  Cet  avertissement  donne  aux  mazdeens  est  un  peu  trop 
naif.  Quel  mazdeen  a  jamais  eu  besoin  d'etre  informe  que  la 
puissance  de  Zoroastre,  de  ce  nare  asürö  du  Y.  XXIX,  ne 
detruit  pas  celle  du  dieu  qui  en  a  fait  quelque  chose?  Puis 
cä  transforme  en  „mais,  aber";  et  le  verbe  etre  sous  entendu, 
rem  place  par  „reste,  bleibt"  cela  n'est  justifie  par  rien  du  tout. 

2,  La  disjonction  de  yim  en  yd  imem  est  de  la  grammaire 
subjective  qui  s'ecarte  des  regles  de  la  science.  Yim  peut 
egaler  hö  yim  ou  un  autre  cas  de  hö  mais  pas  yö  imem,  le 
relatif  ne  peut  pas  etre  l'antecedent;  c'est  elementaire,  et  si 
tel  autre  l'eut  dit  on  l'eut  rappele  a  l'ordre  avec  des  termes 
assez  aigres. 

Yim  a  fait  difficulte  jusqu'ici  par  une  raison  bien  simple. 
C'est  qu'on  a  toujours  rapporte   la  preposition  ä  ä  ce  qui  pre- 
cede  tandis    qu'elle    peut  tres  bien   regir  le  mot  suivant  yim. 
Mais,  dira-t-on,  ä  peut  il  se  rapporter  au  mot  qui  suit?     Oui, 
Sans  contredit;    les  exemples  de    cette  construction  sont  nom- 
breux.     En  voici  quelques  uns. 
Vend.  III,  120  a  tat  vahhö,  ä  tat  acis'tem  ahüm 
„      II,  43  ä  tat  hanjamanem  paiti  jasat 
,,      VIII,  42;  X,  9  ä  t'ritlm  ä  d'bitim  ä  h'tüirlm 
Y.  XIX,  11  frä  urvänem  ixirayhii  ä  vakis'fät  anhaot,  ä  vahis'tät 

asät,  ä  valiis'taeihyö  raoc^byö 
„    XLII,  9  at  ä  t'wahmäi  ät're  ....  mainyäi  .... 
„    XXX,  2  ä  varenäo  vicit'ahyä 

10  at  acis'tä  yaojahte  ä  husitöis'  vaiiheus'  matianhö 
„    XXXIV,  3  at  töi  .  .  dämä  gaet'ao  vispäo  ä  k's-at't'öi, 
et  apres  le  verbe  par  ex. :  jantü  ä  airyamä  isyö  vlspem  yaskem. 
J'en  passe  un  grand  nombre. 
La  vraie  construction  est  donc  ici  des  plus  simples:  ä  yim 


252  C.  de  Harlez 

==  ä  fem  yim,  et  cela  nous  anaene  au  vrai  sens  de  Msafrem 
Ahnräi.  Mais  pour  bien  deblayer  le  terrain  nous  devons 
eclaircir  encore  un  point. 

Ahura  n'est-il  pas  ici  ,,le  souverain,  lo  chef"  comme,  par 
ex.  Yt.  V,  85;  Yt.  XIV,  39  etc.? 

Cela  simplifierait  la  chose  d'un  seul  coup,  et  le  sens 
serait:  La  puissance  (sur  la  terre)  appartient  au  souverain  qua 
Mazda  (vers  2)  a  etabli  protecteur  des  pauvres,  des  petits. 

Ce  serait  au  raieux;  mais  il  y  a  ici  un  obstacle  insur- 
raontable.  L'Avesta  lui  -  meme  nous  affirnie  qu'il  s'agit  en 
realite  du  dieu  Ahura  et  non  d'un  cbef  terrestre.  II  est  dit 
en  effet  au  Y.  XIX,  35 :  K'mt')-em  Ahuräi  cinasti  tat  Mazda 
tava  h'sat'rem  il  attribue  la  puissance  a  Ahura  i.  e.  (il  dit:)  ä 
toi,  Mazda,  la  puissance!  Sans  doute  les  auteurs  de  l'Avesta 
savaient  cela  mieux  que  nous. 

II  y  a  un  autre  moyen  de  sortir  de  la  difficulte  et  le  texte 
lui-meme  nous  la  fournit.  K'sat'rem  Ahuräi  est  le  pendant  de 
anheus'  mazdäi.  C'est  „la  puissance  d'Almra",  celle  qui  lui 
appartient  comme  sfriyäi  payö  est  „le  lait  de  la  ferame",  et 
,,le  frere  ä  Frangois"  est  le  frere  de  Fran^ois. 

Le  resultat  de  cette  discussion  nous  donne  donc  la  tra- 
duction  suivante. 

Ainsi  qu'il  a  ete  choisi  par  le  Maitre  supreme^),  il  est  un 
chef  spirituel  (etabli)  en  vue  de  la  loi  de  saintete;  regulateur 
des  bonnes  pensees  et  2)  des  actions  de  la  religion  de  Mazda  ^). 
Et  la  puissance  d' Ahura*)  appartient  ä  (ou:  repose  sur)  celui 
qu'il  a  etabli  protecteur  des  faibles. 

Ainsi  tout  s'explique  et  concorde  parfaitement.  II  s'agit 
ici  d'une  soule  chose:  Le  pouvoir  des  dostours,  des  Ratus  dont 
il  est  question  au  Vend.  V,  78;  VII,  180;  VIII,  30;  Afr.  I,  5.  7, 
qui  peavent  remettre  ou  punir  les  fautes  et  dont  le  Sadder  dit: 
Vox  desturi,  vox  Dei. 

Le  sens  est:  Le  Ratus,  le  destour  est  etabli  par  dieu,  il 
est  le  docteur,    le  regulateur  supreme  des  pensees  et  dos  actes 

')  Ahü  (Instr.)  vairyö. 

*)  II  y  a  apposition  comme  le  prouve  Ic  Y.  XIX,  31.  32  ,, Comme  il 
\'^  fait  directeur  des  pensees  ainsi  il  le  fait  (directeur)  des  actos". 

')  Les  actes  qui  appartiennent  au  monde  de  Mazda,  los  bonnes  actions. 
*)  Qui  vient  de  lui,  qui  est  conferee  par  lui. 


Avestica,  253 

de  la  religion.  La  puissance,  il  la  tient  d'Ahura  qui  l'a  etabli 
maitre  et  pasteur  des  tideles,  defenseur  des  petits. 

Rien  de  plus  satisfaisant ,  sans  doute,  et  de  plus  naturel 
que  cette  explication  et  l'auteur  de  cette  priere  n'est  pas  un 
ecrivain  grossier  comme  on  le  suppose. 

On  comprend  pourquoi  les  Atharvans  zoroastriens  avaient 
tant  ä  coeur  d'exalter  cette  priere  et  de  la  mettre  constamment 
sur  les  levres  des  fideles.  Leur  zele  pour  Zoroastre  n'eüt  pas 
ete  si  grand;  mais  il  s'agissait  de  leur  propre  puissance. 

II  nous  reste  ä  examiner  un  point  d'une  haute  importance. 
UAhima  vairya  que  nous  possedons  est-il  bien  celui  que  l'au- 
teur du  Y.  XIX  avait  sous  les  yeux  et  commentait?  le  texte  est- 
il  identiquement  le  meme?  II  y  a  des  raisons  de  croire  que 
le  texte  primitif  contenait  non  seulement  tout  ce  qui  nous  est 
reste;  mais  quelques  mots  en  plus,  Les  raotifs,  qui  nous  fönt 
croire  ä  une  mutilation  du  texte,  sont: 

1.  Le  Hä  XIX  du  Yagna  porte  que  l'Ahunavairya  avait 
5  parties  pancn  tkaem.  Quelque  soit  le  sens  de  tkaUa  il  est 
clair  qu'il  dcsigne  des  parties  distinctes.  Au  Hä  XX  il  en  est 
attribue  trois  ä  VAsem  Vohü  et  cette  priere  a  reellement  trois 
membres  de  phrase  bien  distincts:  1.  Äsern  Vohü  vahis'tem 
astl.    2.    Usiä  asti  iisfä  ahmäi.     3.    hyat  asäi  vahis'täi  asem. 

De  meme  au  Hä  XIX,  13  il  est  parle  d'une  moitie,  d'un 
tiers,  quart  ou  cinqieme  de  l'A.  V.  et  rien  de  plus. 

Or  il  ne  serait  pas  possible  de  diviser  en  cinq  sections  de 
ce  genre,  le  texte  de  notre  Ahuna  Vairya. 

2.  Le  commentaire  contenu  dans  le  Hä  XIX,  4.  28  ä  36 
cite  le  texte  (incorapletement)  avant  chaque  glose  et  dans  ces 
citations  se  trouve  plusieurs  mots  que  notre  texte  ne  porte 
point.  Les  mots  cites  sont:  1.  tkahsa  :  ahü  et  ratus'.  2.  Vispa- 
näm  mazis'tö.  3.  Mazdao  hujltls'  vanhvls'  i).  4.  dazdä  mananhö 
shyaot'ananäm.     5.  k'sat'rem  aJiuräi  dreguhjö  västärem. 

Parmi  ces  mots  il  y  en  a  cinq ,  representant  les  deux 
tkaesas  2  et  3,  qui  ont  disparu:  vispanäm  mazis'tö  —  Mazdäo 
hujltis'  vanhvls'.    On  aurait  donc  perdu  deux  vers  de  la  priere. 

Terminons  en  donnant  l'explication  des  mazdeens  eux-memes 
d'apres  le  texte  que  possedait  Neriosengh,  il  y  a  400  ans  environ. 
La  voici:    „Comme  eile  est  voulue  par  le  Maitre  supreme  ainsi 

*)  Corrige  de  vanMus'  et  vanhts'. 

Beitrage  z,  kando  d.  indg.  spracliöii.    XIII.  18 


254  C.  de  Harlez 

„est  l'autorite  selon  la  loi  sainte,  regulatrice  du  bon  esprit  et 
„des  actions  qui  ressortent  du  monde  d'Ahura  Mazda  (antar 
j,hhuvane  Äliurmizdasya).  La  puissance  venant  d'Ahura  ap- 
„partient  a  celui  qu'il  a  constitue  protecteur  des  faibles". 

Ainsi  pensaient  les  raazdeens  eux-memes  il  y  a  1800  ans 
environ;  il  est  peu  probable  qu'ils  eussent  perdu  le  sens  de  la 
priere  la  plus  iniportante  de  leur  religion,  de  celle  qu'ils 
devaient  repeter  tous  les  jours.  Or  cette  explication  nous 
conduit  precisiment  au  meme  terrae  que  la  critique  et  la  stricte 
exactitude  philologique.     N'est-ce  pas  une  garantie  süffisante? 

Roth  termine  son  article  par  une  retractation  de  sa  pre- 
cedente  explication  mais  ajoute:  „Ohne  solche  gewagte  versuche 
ständen  wir  ja  auch  nicht,  wo  wir  heute  stehen".  D'apres  lui 
il  faut  commencer  par  le  wohlgemeinte  aber  verkehrte 
pour  arriver  ä  la  gelungene  ausführung.  On  comprend 
ce  que  cela  veut  dire. 

Pour  moi  je  prefere  infiniment  suivre  l'ecole  qui  marche  ä 
pas  sürs,  cherchant  partout  des  appuis  assures;  qui  jette  peut- 
etre  moins  d'eclat  momentane  par  des  imaginations  hardies 
mais  qui  peut,  apres  10  et  20  ans,  en  dehors  de  quelques  cas 
desespere,  soutenir  ce  qu'elle  a  dit  ä  l'origine  sans  avoir  ä  y 
changer  une  ligne.  Ces  hardiesses  peuvent  eblouir  mais  elles 
constituent  un  veritable  danger  pour  la  science;  elles  entrainent 
les  esprits  et  il  faut  bien  longtemps  avant  que  la  verite  re- 
prenne  ses  droits.  Sans  ces  ecarts  on  y  serait  arrive  d'emblee, 
et  la  tentative  nouvelle  ne  fera  que  de  retarder  ce  moment 
en  repandant  de  nouvelles  idees  vraisemblablement  fausses,  alors 
que  la  verite  est  sous  notre  main;  dans  l'Avesta  lui-meme. 

III.    VisHö  (Yesht  XIV,  42-44). 

Ce   mot   est  aussi    objet   de   controverses,     Mais  ces  con- 
troverses  se  rattachant  necessairement  ä  l'explication  du  passage 
du  Yesht  XIV    oü    il   se   trouve   et  qui   a   donne  aussi  lieu  ä 
diverses  discussions,   nous   en   envisagerons   tout  l'ensemble.     II 
commence  par  l'expose  d'une  question  faite  par  Zoroastre. 
1.    Peresat  Zaraftis'trö  (Ähurem)  Mazdäm: 
(Ahura)  Mazda,  mainiü  spenis'ta, 
dätare  gaH'(an)äm  astwaitmum  (Asltäwnj! 


Avestica.  255 

2.    Kua  asti  Verefrag'nahe  (Mazdad'ätahe) 

näma  (a)zbäisti  (kua  upastüitis')  kva  nistüitis' 
Aap  mraot  Ahurö  Mazdäo. 
Ces  mots  ne  presentent  aucune  difficulte.  J'ai  marque  par 
les  parentheses,  les  mots  ä  retrancher  pour  obtenir  des  phrases 
rhythraees.  J'ai  bien  peine  ä  croire  qu'elles  l'aient  ete  ä  l'origiiie. 
Cela  raarche  lourd  comme  une  lourde  prose.  Je  crois  cepon- 
dant  le  mot  Mazdad'ätahe  ajoute  apres  coup,  pour  faire  rentier 
Verethraghna  dans  le  Systeme  avestique  et  lui  enlever  l'inde- 
pendance  primitive. 

La  reponse  d'Ahura  Mazda  est  ainsi  con9ue  —  et  c'est  eile 
qui  fait  Tobjet  du  debat: 

1.  Yat  dva  späd'a  hanjasäonte 
ras'tem  rasma  kataras'cit 
[ —  2.    Vis'täonhö  (ahmya)  nöit  vanyäoTde 
jatäonhö  (ahmya)  nöit  janyäonte 

3.  Catas'rö  perenäo  (vi)d'ärayois' 
avi  pat'äm  kataraseif]  — 

4.  Yatärö  pourvö  (f7'ä)yazäHe 
Arno  hutäs'tö  huraod'ö 

5.  Verefrag'nö  ahurad'ätö 
atärö  Veret'ra  hacaite. 

Ce  passage  semble  bieu  avoir  ete  rhythme  ä  rorigine;  les 
changements  ä  faire  pour  y  revenir  sont  de  fort  peu  d'impor- 
tance.  Mais  on  pousse  la  question  plus  loin  et  Ton  se  de- 
mande  si  le  texte  primitif  contenait  tout  cela.  Hübschmann 
en  a  retranche  le  3.  distique  et  cela  non  sans  raison  car  il 
trouble  le  sens,  la  vraie  reponse  est  aux  distiques  4  et  5  et 
Celle -ci  n'a  aucun  rapport  avec  la  prescription  du  §  3  qui  a 
un  caractere  de  superstition  peu  sensee. 

Mais  Hübschmann  efface  egalement  le  distique  2  tan- 
dis  que  Geld n er  en  conserve  le  premier  membre. 

II  rae  semble  qu'il  faut  le  conserver  tout  entier  ou  le 
rejeter  entierement,  car  si  l'on  en  supprime  un  vers,  il  reste 
deux  strophes  inegales  l'une  de  3,  l'autre  de  4  vers  —  D'ailleurs 
pour  retrancher  jatäonhö  etc.  il  ne  suffit  pas  de  la  raison 
que  l'on  allegue,  la  repetition  d'une  meme  idee;  car  l'Avesta 
contient  des  redites  par  centaines.  Qu'on  relise  seulement  le 
§  8  du  Yesht  XII  que  l'on  conserve  generalement  et  l'on  sera 
convaincu. 

18* 


256  C.  de  Harlez 

II  y  a  plus;  cette  repetition  n'existe  pas  meme  ici;  les 
deux  membres  du  distique  2  n'ont  pas  un  sens  identique  comrae 
on  va  le  voir. 

Cela  etant,  il  est  mieux  de  conserver  le  distique  2  qui 
nous  donne  deux  stroplies  de  4  vers  chacune,  et  qui  s'explique 
tres  bien  et  s'adapte  parfaitement  au  reste;  il  indique  le  but 
de  riuvocation:  C'est  afin  que  les  guerriers  echappent  au 
coups  et  ä  la  mort.  Les  subjonctifs  vanyäonte,  janyäontS  jouent 
le  meme  role  que  le  bvat  du  Fargard  XIX. 

Reste  ä  chercher  le  sens  exact  de  ces  deux  vers. 

Hübsch  mann,  les  retranchant,  ne  les  explique  pas.  Ceci 
me  parait  regrettable;  car,  fussent-ils  meme  interpoles,  ils  n'en 
sont  pas  moins  des  restes  du  langage  avestique  et  ä  ce  titre 
on  ne  peut  les  negliger. 

Geld n er  considerant  vis'täonhö  comme  inexplicable,  le  rem- 
place  par  vars'täonhö  et  corrige  vanyäonte  en  vars'täonte ;  il 
fait  deriver  ces  deux  mots  d'un  varez  qu'il  suppose  et  qu'il 
rapproche  du  sanscrit  varj,  vrjana,  lui  donnant  le  sens  de 
„enfermer,  emprisonner". 

Nous  regrettons  de  ne  pouvoir  nous  ranger  ä  cet  avis.  La 
supposition  d'une  racine  varez  „emprisonner"  n'est  appuyee  sur 
rien.  En  outre  varj ,  vrjana,  impliquent  l'idee  d'une  enceinte 
protectrice,  qui  ecarte  le  danger  et  non  celle  d'un  emprison- 
nement.     Varj  est  „ecarter"  et  non  „enfermer". 

En  soi-meme  du  reste  l'idee  ne  convient  guere:  „Quand 
deux  armees  sont  en  presence  rangees  en  bon  ordre,  afin  que 
ceux  qui  sont  emprisonnes  ne  le  soient  pas,  que  ceux  qui  sont 
frappes  ne  le  soient  pas".  On  n'est  pas  emprisonne  sur  le 
champ  de  bataille. 

Nous  devons  chercher  autre  chose.  Or  je  trouve  deux 
Solutions  satisfaisantes : 

1.  Celle  du  Mrs.  Hang  qui  porte 

Vas'täohhö  nöit  vazyäonte 
que   ceux   qui  sont  emmenes   captif  ne  le  soient  pas;  ä  vas'ta, 
de  vaz,  comparez  vas'tar. 

2.  En  conservant  vis'täonhö  on  pourrait  le  considerer  comme 
une  alteration  de  vista,  comme  on  la  voit  dans  ävis'tö  Yt.  X,  120 
et  le  faire  deriver  de  la  racine  vidh  (sanscr.  vyadh)  qui  donne 
en  sanscrit  viddha  et  en  avestique  vizda,  vista.  II  s'agirait 
ou  des  „blesses"  et  au  distique  suivant  des  tues,  „abattus";  ce 


Avestica.  257 

qui,   en  outre,  fait  disparaitre  la  tautologie  comme  je  le  disais 
tantot. 

Quant  au  reste  du  morceau  Hübschmann  retranche 
paurvö  comme  inutile  et  ajoute  hö. 

II  me  semble  que  pourvö  est  absolument  necessaire  au 
sens  et  que  c'est  meme  le  mot  essentiel.  Si  on  le  retranche  il 
en  resultera  que  si  les  deux  armees  invoquent,  l'une  et  l'autre, 
Verethraghna,  elles  seront  egalement  victorieuses.  Ce  qui  ne  peut 
etre  l'intention  de  l'auteur.  Rien  de  plus  logique,  au  contraire 
que  de  dire:  La  victoire  sera  ä  celle  des  deux  armees  qui 
invoquera  Verethraghna ,  la  premiere.  Je  retrancherais  donc 
plutot  frä,  s'il  faut  ici  un  vers;  car  fra  est  ici  superflu. 

Atärö,  1/atärö  doivent  etre  conserves.  Kataras  cit  du  §  3 
est  de  katarö  cit  et  atärö  est  employe  comme  kaiarö, 
nitemu  etc.  il  est  donc  parfaitement  regulier. 

Nous  obtenons  ainsi  le  sens  suivant  pour  le  passage  que 
je  traduis  en  entier.  —  Car  les  passages  frappes  d'atetheses 
doivent  etre  traduits  comme  les  autres;  sans  cela  on  perdrait 
bien  des  richesses  de  la  litterature  avestique. 

„Oü  doit  avoir  lieu  l'invocation  du  nom  de  V. 
Oü  sa  louange,  oü  sa  deprecation? 
Lorsque  deux  armees  se  rencontrent 
rangees  en  bon  ordre,  toutes  deux, 
pour  que  les  blesses  |  ne  le  soient  point, 
pour  que  les  tues  |  ne  le  soient  point; 
(etends  quatre  plume  ]  sur  le  chemin  de  chaque  cote.) 
La  oü  en   premier  lieu   est  honore   par   un   sacrifice, 
le  fort,  le  bien  fait,  le  beau 
Verethraghna  cree  par  Mazda, 
lä  sera  la  victoire". 

Ainsi  tout  s'explique  sans  peine. 

C.  de  Harlez. 


258  W.  Deecke 

Lykische  Studien.    III. 

Die  verbalformen  der  bilinguen. 
1. 

In  der  bilinguis  von  Limyra  19  ist  das  griechische  verbum 
enoLT^oato  (z,  5)  im  lykischen  texte  durch  pr^navatö  (z.  2) 
wiedergegeben;  dieselbe  lykische  form  entspricht  in  der  bilin- 
guis von  Antiphellus  3,  z.  1  dem  gr.  sgyccaazo  (z.  5),  in  der- 
jenigen von  Tlos  2,  z.  2  dem  gr.  i^gyccaazo  (z.  5).  In  andern, 
nicht-bilinguen  lykischen  inschriften  begegnet  dieselbe  verbal- 
form pry,navatö,  mitunter  etwas  entstellt  oder  verstümmelt,  aber 
sicher  herstellbar,  noch  40 mal;  daneben  5 mal  pr^navatü  Ant. 
2,  1;  Lim.  22,  1;  30,  1;  Rhod.  a  1;  X.  5b,  8  (wo  das  t  zu  x 
entstellt  ist),  wie  denn  ö  und  ü  auch  sonst  vielfach  mit  ein- 
ander wechseln  und  durch  ihre  Varianten  in  der  formung  des 
Zeichens  kaum  überall  zu  scheiden  sind;  s.  art.  I,  125.  Andere 
isolierte  formen  sind: 

pry^navato   Lim.  37,  1    (nach  Bdf.   aus  Aperlai,   p.  29,    n.  6; 
bisher  pvn.navatu  überliefert) 

pr^navätö  Pin.  4,  2 

pririnavattö  X.  7,  3  (das  t  hat  doppelten  querstrich). 
Verstümmelt  und  nicht  sicher  herstellbar  sind: 

Lim.  11,  1  pri^n  . .  .tö 

Myra  7  prnnavat . 

Car.  2  prig^nwläo, 
doch    scheint    in   den    beiden    ersten   fällen  jjri^nfavajtö    und 
pry,navat[öj    zunächst    zu    liegen,   im    letzten  pri^navato.      Im 
ganzen  kommt  die  verbalform  also  54  mal  vor. 

Unter  den  objecten  von  pr'p.navatö  und  seinen  Varianten 
findet  sich  14  mal  prt^navü  (St.  X.  S.  9  ist  x  statt  ü  über- 
liefert; sonst  ist  die  lesung  überall  sicher);  daneben: 

pry^navo  Ant.  3,  1    (bilinguis);    X.  3,  1;    4,  1;    Bdf.  p.  129, 
n.  101 

prig^navö  Myr.  4,  1;  X.  5d,  2. 

Nicht  erhalten  ist  der  schlussvocal  X.  6,  1;  Bdf.  p.  55, 
n.  23.  In  der  bilinguis  von  Ant.  3,  1  ist  pr^navo  im  griechi- 
schen texte  durch  fxvrjiia  (z.  5)  wiedergegeben:  es  wird  also 
ein  acc.  sg.  sein,  und  zwar  von  einem  nom.  *pry,nava;  vgl.  z.  b. 


Lykische  studien.    III.  259 

lada  „gattin",  acc.  ladü  (häufig) 

edaniaxzza,  nom.   propr.  masc.   Ant.  4,   3;   acc.  edümaxzzü 

z.  7 
hrexrnma,  desgl.  Myr.  6,  1;  acc.  hrexmmü  z.  2. 

Der  Wechsel  des  auslautenden  ü  mit  ö  und  o  ist  der  gleiche 
wie  in  pri^navatö  u.  s.  w. ;  wenn  aber  bei  diesem  ö^  dort  ü  über- 
wiegt, so  liegt  dies  wohl  an  dem  verschiedenen  Ursprung  des 
vocals,  wie  wir  ihn  unten  ersehn  werden.  Das  genus  von  *^r^- 
nava  ferner  ergiebt  sich  als  weiblich  aus  dem  dativ  sg.  pri^nave 
Ant.  4,  4  (vielleicht  auch  Bdf.  p.  55,  n.  22);  vgl.  lade  ==  yvvaui 
in  den  bilinguen  von  Lim.  19,  4  u.  7 ;  Ant.  3,  2  u.  6  neben 
dem  nom.  lada,  während  z.  b.  das  nom.  propr.  masc.  eiamara 
im  dativ  eiamaraiä  hat  (Rhod.  a  2  u.  b  1). 

Wie  nun  der  gleiche  stamm  in  prnnavü  pry,navatö  zeigt, 
kann  die  griechische  Übersetzung  f.iv^ua  ertotrjaato  oder  rigycc- 
oaxo  keine  genaue  sein:  es  ist  beiden  texten  nur  der  allge- 
meine sinn  gemeinsam :  „er  baute  sich  ein  grab".  Einen  näheren 
anhält  für  die  weitere  deutung  giebt  die  bilinguis  von  Lewisü, 
die  das  lykische  wort  prnnäzeiähe  (z.  2)  im  griechischen  texte 
durch  orKeloi  (z.  5)  übersetzt.  Von  jenem  lykischen  worte  nun 
findet  sich,  unter  anderm,  6 mal  der  dat.  sg.  pri^näze,  3 mal 
durch  seine  Stellung  nach  der  präposition  hrppe,  die  aus  den 
bilinguen  bekannt  ist,  vollkommen  als  solcher  gesichert.  Nach 
diesem  dativ  können  wir  aber  auch  den  nom.  sg.  als  ^prt^näze 
ansetzen,  wie  neben  dem  häufigen  dat.  tedäeme  (in  der  bil.  von 
Lim.  19,  4  ==  vi(^  z.  8)  auch  der  nom.  sg.  tedäeme  sicher  steht 
(ebdt  z.  3  =  viog  z.  7,  und  oft  sonst). 

Die  nominale,  ursprünglich  adjectivische   endung  -ze  aber 
bildet  ethnika,  bezeichnet  also  den  bewohner;  s.  z.  b. 
soräze  Sura  1;  3;  7,  ethnikon  von  *sora  =  2ovQa 
sppartaze  St.  X.  0.  27,  ethnikon  von  *spparta  =  ^rtccQTT] 
atünaz..  St.  X.  0.  27,  ethnikon  von  *atüna(?)  =  Idd^rjvai; 
vgl.  art.  I,  147—148. 

Demnach  ist  prtpiäze  =  olxeiog  der  „bewohner  eines 
J^rvbna  =  oixog",  ein  „hausier*'^,  wie  die  grabinschriften  er- 
geben, etwa  von  der  Stellung  des  kretischen  oUsvg  nach  der 
Inschrift  von  Gortyn;  s.  noch  z.  b.  die  lyk.-gr.  Inschrift  C.  I.  Gr. 
n.  4315  b  rolg  violg  -/.al  Toiig  olxsoig.  Das  so  erschlossene  lyk. 
Substantiv  *pr'i^na  ist  vielleicht  wirklich  erhalten  in  dem  nom. 
propr.  masc.  kezzaprir^na   St.  X.  N.  11  u.  14;   acc.  kezzapr^nü 


260  W.  Deecke 

z.  15;  vgl.  die  griechischen  eigennamen  auf  -oiKog;  s.  art.  I,  134. 
Zu  prini,na  nun,  dessen  genus  unsicher  bleibt,  das  aber  wohl 
männlich  oder  sächlich  war,  verhält  sich  ferner  das  femin. 
p-T^nava  etwa,  wie  gr.  oly-ia  zu  oixog,  deutsch  „gebäude"  zu 
„bau";  vgl.  auch  lateinisch  den  pl.  aedes  zum  sg.  aedis.  Das 
lykische  suffix  -va  nämlich  scheint  augmentativa  oder  collectiva 
zu  bilden:  so  giebt  es  z.  b.  ein  collectives  wbl.  Substantiv  *«sä- 
däi^näva  ,,nachkommenschaft",  von  dem  8  mal  formen  vorkom- 
men, abgeleitet  von  einem  masculinum  *üsädäiyne  „der  nach- 
komme"; vgl.  vädrä'n,ne,  p'^träy,ne  u.  s.  w.;  wahrscheinlich  hängt 
auch  *arava  „bauwerk",  acc.  aravü  Lim.  43,  2,  mit  ara  St.  X. 
S.  28  zusammen,  während  von  ihm  wieder  aravazeia  abgeleitet 
ist,  das  in  der  Variante  aravazeia  in  der  bil.  von  Lim.  19,  1 
dem  gr.  /iivfjiua  entspricht  (z.  5)  und  im  ganzen  12 mal  vor- 
kommt; vgl.  die  Wurzel  gr.  ag-,  lat.  ar-  ,, fügen,  anpassen, 
bauen".  Von  pri^nava  endlich  stammt  die  denominative  ver- 
balform pr'^navatö,  wie  mit  ol/.ia  das  verb  ol^l^siv  verwandt 
ist,  so  dass  prnnavü  pr'n.navatö  etwa  übersetzt  werden  kann 
,,ot>c/av  ^x/CßTo".  Die  bezeichnung  des  grabes  als  ,,haus",  fast 
allen  sprachen  gemeinsam,  passt  insbesondere  auf  die  haus- 
artigen lykischen  gräber. 

Fragen  wir  nun  nach  der  art  der  denominativen  ableitung, 
so  ist  die  unveränderte  benutzung  secundärer  nominalstämme 
als  Verbalstämme  in  den  indogermanischen  sprachen  verhält- 
nissmässig  selten  und  wohl  überall  jüngeren  Ursprungs:  viele 
scheinbare  fälle  der  art  beruhn  auf  zusammenziehung;  auch 
haben  jene  denominativa  weit  überwiegend  intransitive  bedeu- 
tung.  Daher  nehme  ich  auch  in  pry.natmtö  lieber  contraction 
und  elimination  eines  ableitenden  suffixes  an,  und  vergleiche 
damit  in  erster  linie  formen  wie  gr.  (s)TiuaTO  aus  *STif.iat6to, 
vom  nominalstamme  Tif.iä-;  s.  auch  lat.  formal  aus  *'forma0i 
von  forma-.  So  wäre  denn  auch  lyk.  priginävätö  aus  *(ä)pr'^- 
navaiätö  entstanden.  Die  dabei  geschehene  ansetzung  der  endung 
als  -ätö  rechtfertigt  sich  durch  eine  reihe  andrer  verbalformen 
auf  -ätö,  während  -etö  nicht  sicher  vorkommt;  daher  habe  ich 
auch  als  augment  ä  angesetzt.  Die  contraction  entspricht  der 
griechischen  und  lateinischen;  zweifelhaft  bleibt,  ob  in  der 
isolierten  nebenform  pr^inavätö  Pin.  4,  2  (s,  ob.)  eine  spätere 
trübung  vorliegt,  wie  sie  im  lykischen  häufig  beim  a  vorkommt, 
oder  ob  wir  in  dem  ä  eine  variierende  contraction,  durch  ein- 


Lykibche  studien.    III.  261 

fluss  des  ä  von  -ätö,  anzunehmen  haben.  Für  letztere  annähme 
könnte  man  allenfalls  das  lyk.  wort  iilähe  Lim.  13,  3  neben 
dem  in  gleicher  Verbindung  stehenden  %daiäh[e]  Lim,  11,  6 
geltend  machen.  Dies  ist,  nach  indischer  weise,  aus  ule  übe 
„progeniei  eins",  eig.  ,,suae"  entstanden,  worin  ule  aus  *uläi 
dativ  sg.  eines  femininums  Tila  ist;  s.  ob.  lade,  pr^nave  von 
lada,  *pr'^nava.  Leider  lässt  der  unklare  Zusammenhang  nicht 
entscheiden,  ob  auch  die  form  idabe  St,  X.  0.  48  dativ  oder 
ein  andrer  casus  ist;  in  ersterem  falle  hätten  wir  darin  eine 
entsprechende  contraction  auch  zu  jir'n.navatö.  Die  personal- 
endung  -tö  ist  getrübt  aus  -to  =  idg.  -tö  (oder  -töa),  gr.  -ro; 
zur  Variante  -tu  vgl,  man  pamphyl.  u.  kypr.-gr.  -rf,  vielleicht 
ursprünglich  -tu  zu  sprechen  (s.  Gust.  Meyer  Gr.  gr.^,  p.  74); 
dem  letzteren  steht  lyk.  -to  am  nächsten.  Die  in  der  inschrift 
X.  7,  3  vielleicht  anzunehmende  Verdopplung  des  t  ist  eine  im 
lykischen  nicht  seltne  erscheinung;  doch  könnte  der  doppelte 
querstrich  allerdings  auch  eine  andere  modification  des  conso- 
nantischen  lautes  ausdrücken. 

Wir  haben  also  in  iwni.navatö  eine  3  sg.  praeteriti  indic. 
medii  eines  verbum  contractum  denominativum  auf  -aio,  schwach 
-ave,  in  der  bedeutung  „er  baute  (für)  sich".  Der  bildung  nach 
entspricht  diesem  lyk.  praeteritum  das  indische  sog.  einförmige 
augmentpräteritum ,  das  griechische  imperfectum ,  doch  mit  der 
bedeutung  des  narrativs,  die  es  auch  indisch  und  iranisch  hat, 
griechisch  nicht  selten  noch  im  Homer.  Man  erwartete  nun 
allerdings  im  lykischen  ein  augment,  und  in  der  that  findet 
sich  vielleicht  eine  spur  oder  nachwirkung  desselben  darin,  dass 
prnnavatö  23 mal  in  inschriften ,  die  sonst  die  einzelnen  wörter 
durch  interpunction  trennen,  mit  dem  vorhergehenden,  vocalisch 
(auf  -ä  oder  -e)  auslautenden  worte  zu  einem  ganzen  zusammen- 
gerückt ist,  wie  es  im  lykischen,  ähnlich  wie  im  indischen,  bei 
euphonischer  Verbindung  und  bei  krasis  geschieht;  vgl.  das 
oben  angeführte  beispiel  idaiäb[e],  uläbe  aus  *ule  abe,  und  im 
gen.  pl.  tdahebeiähe  St.  X.  N.  6  neben  ulahe  :  äbeiähe  ,, nach- 
kommen seiner"  5 mal,  z.  b.  Lim.  5,  3.  Ebenso  könnte  mäte- 
pr^navatö  aus  tnäte  äpv^navatö  entstanden  sein,  wenn  auch 
aufgelöst  nur  mäte  : prij^navatö  vorkommt;  denn  offenbar  war 
das  augment  sehr  beweglich,  wie  altindisch  und  homerisch- 
griechisch, und  überhaupt  wohl  schon  im  schwinden.  Die 
krasis  mänäpr'Q.navatö  neben  mänä  :  prnnavatö  zeigt  wieder  die 


262  W.  Deecke 

richtigkeit  der  ansetzung  von  ä  als  augment,  da  e  mit  vorher- 
gehendem ä  zu  e  verschmilzt.  Zu  den  obigen  fällen  der  krasis 
kann  man  nun  noch  8  andere  fälle  rechnen,  in  denen  über- 
haupt eine  wortinterpunction  in  den  inschriften  fehlt,  so  dass 
danach  in  der  mehrzahl  der  sämmtlichen  stellen  die  krasis 
angenommen  werden  kann. 

Die  mediale  bedeutung  ist  ganz  die  indisch  -  griechische, 
d.  h.  die  reflexive  mit  dem  dativus  commodi. 

Neben  der  3  sg.  prnnavafö  haben  wir  nun  aber  auch  in 
der  bilinguis  von  Lewisü  z.  1  eine  3  pl.  desselben  tempus  jar^- 
navüfö  =  gr.  eQyäoavzo  (z.  4),  eigentlich  also  (oxiCovTO ;  object 
ist  hier  '^tatü  (z.  1)  =  (.ivfjina  (z.  4),  ein  wort,  für  das  ich 
unten  die  genauere  bedeutung  „grab"  nachweisen  werde.  Eine 
ähnliche  form  prv.nävütö  findet  sich,  nach  Benndorf  p.  55, 
n.  21,  in  der  inschrift  Pin.  3,  1,  wo  nachher  zwei,  durch  sä 
„und"  verbundene  subjecte  folgen;  als  object  steht  hier  das 
sehr  häufige  x?^«^  ,,g!%b^  grufts^  In  beiden  fällen  ist  das  ge- 
bäude  von  2  mänrTern  geineinsata  errichtet.  Wenn  dagegen 
Lim.  11,  1;  12,  1;  23,  1  dem  namen  des  erbauers  des  grabes, 
mit  dem  zusatz  sä  :  lada  :  ähbe  „et  coniux  eius",  eig.  „sua*', 
der  Singular  pn^navatö  vorhergeht ,  so  gilt  hier  als  der  eigent- 
liche erbauer  offenbar  nur  der  eine  mann.  Bestätigt  wird  die 
endung  -ütö  durch  eine  reihe  andrer  verbalformen  auf  -ütö  und 
-ötö,  die  als  pluralia  zu  deuten  sind  (s.  unt.);  entstanden  ist 
sie  aus  -atöntö,  wie  gr.  -iovzo  aus  -diovio.  Der  consonantische 
nasal  musste  nach  lykischem  lautgesetz  schwinden,  da  er  vor 
t  nicht  geduldet  wird:  die  einzige  dLMSVLohmQ  pnnträ'^ne  Lim.  5,  3 
ist  isolierte  Schreibung  für  das  sonstige  p'^tränne.  Aus  aiö(n) 
ward  ö ,  weiter  verdumpft  m;  s.  den  Wechsel  von  -tö  und  -tu; 
dass  der  nasal  bei  der  färbung  des  contractionsvocals  mitge- 
wirkt hat,  scheint  der  schon  mehrfach  erwähnte  acc.  sg.  -ö,  -ü 
der  masculina  und  feminina  auf  -ä  zu  zeigen,  aus  -am  oder  -an 
entstanden;  s.  ediimaxzzü,  hrexmmü;  pn^navü  (-vö,  -vo),  ladii, 
i^tatü  (-tö)  u.  s.  w.;  vgl.  art.  I,  134,  nt.  1;  daneben  findet  sich, 
mit  bloss  abgestossenem  nasal,  lada,  ytata  u.  s.  w.  Das  ä  der 
{orm  pv'^tiävütö  ist  hier  sicher  locale  oder  individuelle  trübung, 
vielleicht  veranlasst  durch  die  folgenden  getrübten  laute,  da 
das  lykische  spuren  einer  rückwärts  wirkenden  vocalharmonie 
zeigt;  8.  meine  note  art.  I,  145  und  vgl.  z.  b.  [ärjäväze0hä 
St.  X.  S.  4   neben    aravazeia;   xQ^tävätätär . .   Pin.  2,  2   neben 


Lykische  Studien.    III.  263 

Xniavata;  doch  war  dergleichen  nicht  zum  gesetz  gediehn. 
Auch  pn^nävütö  Pin.  3,  1  ferner  steht  in  krasis,  nach  mänä, 
während  die  Inschrift  sonst  interpungiert  ist;  und  prrj.navütö 
in  der  bihnguis  von  Lewisü  kann  in  der  krasis  stehn,  da  die 
Inschrift  überhaupt  ohne  interpunction  ist:  also  auch  hier  mag 
eine  spur  des  augments  vorliegen. 

Als  dritte  form  von  demselben  verbalstamm  begegnet 
11  mal  'pn^naoatä,  dafür  einmal  (Lim.  14,  1)  pr'Q.navata.  Diese 
form,  die  sonst  in  gleicher  oder  ähnlicher  Stellung  und  Ver- 
bindung wie  pr'^navalö  vorkommt,  zeigt  dagegen  niemals  die 
krasis:  8 mal  ist  sie  von  dem  vorhergehenden  worte  durch  inter- 
punction getrennt,  3 mal  steht  sie  am  anfang  der  zeile,  einmal 
(Lim.  36,  1)  ist  der  anlaut  verstümmelt.  Hier  ist  also  keine 
spur  eines  augments,  und  so  halte  ich  prrinavatä  nicht  für  eine 
Variante  von  pr'Q,navatö.  Dazu  kommt,  dass  es  noch  eine 
grössere  zahl  andrer  verbalformen  auf  -tä  giebt,  die  nicht  mit 
solchen  auf  -tö  wechseln,  während  sie  mit  formen  auf  -te 
parallel  gebraucht  sind,  die  keinem  augmenttempus  angehören 
können.  Ich  sehe  demnach  in  pry,navatä  eine  3  sg.  praesentis 
indic.  medii  und  setze  die  endung  -ätä  aus  -atätä  oder  -aiätäe 
dem  gr.  -«rat  aus  -ävExai  gleich;  s.  noch  activisch  lat.  -at  === 
-aiet(i).  Die  kürze  des  gr.  -ccl  für  den  accent  zeigt,  dass  es 
schon  der  Verschmelzung  zu  ä  (aus  ae)  nahe  stand,  die  im  ly- 
kischen,  welches  im  auslaut  kein  i  duldete,  sondern  dasselbe 
meist  in  e  verwandelte  (s.  unt.),  wirklich  vollzogen  ist.  In  der 
isolierten  form  pn^navata  ist  das  i  ohne  trübung  des  vorher- 
gehenden a  abgefallen;  vgl.  goth.  -da.  Dagegen  haben  wir 
oben  gesehn,  dass  -äi  im  auslaut  (durch  äe)  zu  -e  ward.  Das 
praesens  prii-navatä  wäre  also  =  gr.  oini^eTai  „er  baut  für 
sich",  eine  anwendung  des  präsens,  für  die  wir  im  lykischen 
viele  analogieen  finden. 

Die  3  pl.  praes.  ind.  med.,  die  sich  nach  obigem  sicher 
als  *prrLnavütä  oder  -vötä  construieren  lässt,  ist  zufäUig  nicht 
erhalten;  dagegen  lässt  sich  diese  bildung  reichlich  an  andern 
verben  nachweisen;  s.  z.  b.  tävötä  St.  X.  S.  48  neben  tävätä 
ebdt  W.  10;  smmötä  St.  X.  W.  60  neben  smmate  Sur.  7; 
X.  4,  4  u.  s.  w. 

Wir  finden  nun  aber  noch  eine  vierte  form  des  behan- 
delten Verbalstammes,  in  dem  3  mal  wiederkehrenden  Zwischen- 
satze (Lim.  11,  6;  12,  3;  13,  6): 


264  W.  Deecke 

mätesätesä  :  pry,navate. 

Der  allgemeine  sinn  dieses  satzes  ergiebt  sich  aus  dem 
Zusammenhang:  vorher  gehen  andre  entweihungen  des  grabes, 
es  folgt  eine  strafe  oder  Verwünschung.  Ich  bin  geneigt,  ab- 
zutheilen : 

mä  tesä-tesä  :  pry^navate 
und  dies  etwa  gleichzusetzen  einem  lateinischen 

is  quis-quis  aedificat. 

Jedenfalls  ist  pry,navate ,  dem  stets  die  interpunction  vor- 
hergeht, ein  haupttempus,  und  nach  der  analogie  der  andern 
formen  kann  es  nichts  andres  sein,  als  die  3  sg.  praes.  ind.  act. 
=  ol-alteL,  so  dass  die  endung  -äte  aus  -aiäte  =  lat.  -at,  alt- 
lat.  -ät,  aus  -ateti  ist  (das  griechische  hat  hier  eine  abweichende 
analogiebildung).  Es  ist  oben  bereits  bemerkt  worden,  dass 
das  lykische  ein  auslautendes  i  nicht  kennt:  dasselbe  fällt  ab, 
resp.  verschmilzt  mit  vorhergehendem  vocal,  wie  in  e  =  äi, 
ä  =  ai  (neben  ä)  —  s.  oben  —  oder  geht  in  das  nächstver- 
wandte e  über,  für  das  Mor.  Schmidt  gradezu  i  gesetzt  hat; 
s.  art.  I,  125,  So  umschreibt  es  vielfach  griechisches  i  z.  b.  in 
päreklä  =  neorKlrjg  (ebdt  138,  4),  und  wird  umgekehrt  durch 
griechisches  l  wiedergegeben  z.  b.  peyßdar..  =  Uio^dagog  (ebdt 
139).  Lykische  verbalformen  auf  -afe  finden  sich  noch  eine 
ganze  reihe;  ebenso  ihnen  entsprechende  3.  personen  pl.  praes. 
ind.  act.  auf  -üte,  -öte  =  -azönte  =  idg.  -aionU  =  gr.  -(ogl 
aus  -äovoL  ==  -diovTi  (s.  unten).  Die  form  *pryi,navüte  ist  nur 
wieder  zufällig  nicht  erhalten. 

Es  stehn  also  folgende  6  verbalformen,  von  denen  zwei  mit 
Sicherheit  zu  ergänzen  sind,  fest: 

pv^navate  ==  olmtsi 
*prnnavüte  =  olytlCovac 
pririnavatä  =  olmCerai 
*  pr'Q.navütä  =  ol/JCovvai 
(äjpr^navatö  =  i^M^sTo 
(äjpri^navütö  =  ^Jz/Covro, 
oder,  wenn  wir  die  enduugen  allein  betrachten: 

3  sg.  prs.  ind.  act.    -äte  aus  -aiä-te     =  idg.  -aie-ti 
3  pl.     ,,       „       ,,      -üte     „     -aiö-nte  =     „     -aio-nti 
3  sg.     „       ,,     med.  -ätä    ,,     -aiä-täe  =     „     -aie-täi 
3  pl.     „      „       ,,     -ütä    ,,     -aiö-ntäe  ==     „    -a^-ntäi 


Lykische  Studien.    TIT.  265 

3  sg.  impf.  ind.  med.  -ätö  aus  -a0-tö    =  idg.  -a^-to 

3  pl.     „      „       „     -ütö    „     -aß-ntü  ■=     „    -aiö-ntö. 

Die  nebenformen  habe  ich  unberücksichtigt  gelassen ;  ferner 
habe  ich  die  quantität  des  a  vor  i  nicht  bezeichnet,  da  die- 
selbe nach  den  bisherigen  forschungen  keineswegs  feststeht;  das 
lykische  a  vor  t  ist  als  contractionsvocal  sicher  lang,  ebenso 
das  ü  (resp.  ö). 

Rechnen  wir  noch  das  augment  im  imperfect  hinzu,  so  ist 
die  Übereinstimmung  der  lykischen  mit  den  indoger- 
manischen endungen  so  vollständig  wie  möglich. 
Wenn  wir  bisher  nur  dritte  personen  gefunden  haben  und 
auch  ferner  nur  finden  werden,  so  liegt  dies  an  der  stilart  der 
lykischen  denkmäler,  in  denen  die  erbauer  stets  von  sich  in 
der  dritten  person  reden. 

Betrachten  wir  schliesslich  das  den  gesammten  ableitungen 
zu  gründe  liegende  ml.  (oder  sächl.)  subst.  prtpia  =  oiy.og, 
so  steht  darin  das  auslautende  a  wohl  zweifellos  für  idg.  o 
(oder  rta);  vgl.  z.  b.  in  der  bil.  von  Limyra  19  lyk.  sedäreia 
z.  2  =  gr.  2id(xQiog  z.  6.  Das  thema  prnnö  aber:  hat,  die 
form  eines  part.  pft.  j)ass.;  vgl.  lyk.(x^a  =  T£-2vQy  auf  *^^^ö'  ^ 
von  wurzel^^^ÄA.^^^ugöii",  neben  xijhi  ,, gezeugt' '(z.  h.' in  pddö- 
XV'fa;  s.  art.  I,  133)  au%  §n-toJ'gv.  -yaxo-.  Fragen  wir  nach 
der  Wurzel,  so  ist  zu  beachten,  dass,  wie  wir  unten  an  den 
Präpositionen  hre,  hrppe  sehen  werden,  anlautendes  lyk.  pr- 
(durch  fr-)  in  hr-  übergeht,  während  p  vor  vocal  unverändert 
bleibt.  Danach  liegt  in  dem  pr-n-  von  lyk.  prn-na  wahrschein- 
lich die  Umformung  einer  wurzel  vor,  in  der  das  r  ursprünglich 
nicht  unmittelbar  auf  das  p  folgte,  also  vielleicht  die  tiefstufe 
einer  wurzel  per.  Darf  man  an  Verwandtschaft  mit  ind.  pur, 
purU  f.,  pura  n.  ,,bau,  bürg,  stadt"  denken?  oder  heisst  umbr. 
prinüvafü-  etwa  „hausbesitzer'*',  „locuples"?  die  bisherigen 
^"Öeütungen  dieses  wortes  sind  säramtlich  ungenügend. 

2. 

Einen  zweiten  anhält  zur  deutung  lykischer  verbalformen 
bietet  die  bil.  von  Lewisü,  wenn  in  ihr  dem  gr.  texte,  z.  6 — 7: 

nal  av  Tig  ddiiirjai]  to  p.vrj(.ia  tovto  ....  aörip  . . . 
im  lykischen  z.  2—3  gegenübersteht: 

säeiä  te  äsäpetade  tekä  ntatü  äbähe  mäeiä  ... 


266  W.  Deecke 

Freilich  ist  die  entsprechung  nicht  wörthch:  nur  '^tatö 
ähähe  ist  =  (ro)  fuvrj/ua  tovto.  Der  acc.  ntatö  =  [.ivii(xa  findet 
sich  auch  in  der  bil.  von  Tlos,  wo  freilich  fxvrjfxa  zerstört,  aber 
sicher  zu  ergänzen  ist,  und  in  der  Variante  '^tatü  =  ßvfj/Aa  im 
anfange  der  bil.  von  Lewisü  selbst  (z.  1  u.  4);  auch  sonst  ist 
dieser  acc.  häufig.  Da  als  nebenform  auch  '^tata  vorkommt 
z.  b.  X.  1,  4,  wie  lada  neben  ladü,j^a  neben  yo^,  xopiL  so 
ist  als  nomin.  gleichfalls  iniata  anzusetzen;  s.  über  ^ie  etyhio- 
logie  unten.  Ebenso  sicher  ist  ähähe  als  adjectivisches  demon- 
strativ; s.  ähähe  :  ^bpfl  „tovtov  (töv)  ri^f^»'"  Lim.  8,  1;  herzu- 
stellen Lim.  9,  1;  umgekehrt  Jf^a  :  äh^h^  Lim.  17a  2;  36,  2 
u.  s.  w.  —  Die  gleiche  äussere  form  von  säe0  und  mäeiä  ferner 
zeigt,  dass  wir  darin  correlative  formen  haben,  und  zwar  in 
gleichem  casus.     Beachten  wir  nun  die  tmesis  X.  6,  4: 

[sä]  nta  eia  tadö, 
so  wird  wahrscheinlich,  dass  eia  oder  eiä  ein  verallgemeinerndes 
Suffix  ist,  wie  lat.  -cunque,  das  ja  auch  oft  die  tmesis  erleidet, 
nur   dass   die  lykische  partikel   auch  ans  demonstrativum  tritt. 
Die  einfachen  correlative  säe  . . .  mäe,  meist  contrahiert  sä  ...  mä, 

==  lat.  qui is,  gr.  og  . ..  ovTog,  sind  nicht  selten  z.  b.  Lim. 

11,  2  u.  4;  auch  findet  sich  säeiä  . . .  mä(e)  =  „quicunque  . . . 
is" ;  Sang  . . .  ovzog ,  und  viele  andere  Varianten.  Im  obigen 
säej[ä  steckt  also  nicht  die  conjunction  sä  „und",  die  in  den 
bilinguen  dem  gr.  xa/  entspricht;  wohl  aber  wird  dies  sä  „und" 
mit  sä(e)  „wer,  welcher"  etymologisch  verwandt  sein,  wie  lat. 
-que  mit  qui,  bactr.  ca  mit  Sis,  wobei  ich  bemerke,  dass  lyk.  s 
häufig  einem  afficierten  gutturallaut  (hier  velarlaut)  entspricht; 
s.  unten  die  präposition  äsä.  Ebenso  entspricht  mäe^ä  im  casus 
nicht  genau  dem  gr.  aorw,  sondern  ist  nominativ  =  ovTog. 
Die  lyk.  Wörter  te  und  tekä,  die  sehr  häufig  sind,  habe  ich 
schon  art.  I,  143  besprochen:  te  entspricht  dem  sinne  nach 
einem  gr.  tl  als  acc.  der  beziehung  und  findet  sich  meist  en- 
clitisch  gebraucht,  theils  hinter  pronominen,  theils  hinter  verbal- 
formen; auch  oben  ist  es  enclitisch  an  säeiä  angehängt  zu 
denken;  s.  säeiäte:  Lim.  36,  2;  tekä  entspricht  dem  in  ä'v 
steckenden  gr.  av  oder  x«(v).  So  bleibt  als  verbalforra  äsäpe- 
tade  =  adiT^rjorj,  Dies  wird  bestätigt  durch  die  parallelstelle 
Lim.  36,  2 — 3: 

säejfide  :  äsäpetade  :  tekä  xopa  :  ähähe  :  —  mä(e)  . . 
d.  i.  oOTig  tt,  dörArjorj  av  (rov)  Tacpov  tovtov  ...  oviog; 


Lykische  Studien.'  III.  267 

es  folgt  eine  geldbusse,  wie  im  lyk.  text  von  Lewisü.  Die 
Zerlegung  aber  von  äsäpetade  in  üsäpe-tade  ergiebt  sich  aus 
folgenden  parallelstellen : 

1)  bil.   von   Antiph.    3,    z.   3—4:    säeiä   teäde   tekä  :  mötö 

mänä /   dafür   im   gr.  text  z.  6 — 7:    mv   de  rig  döixija7]  y 

dyoQaor]  ro  juv^^ia  ....  avTov  ....  Hier  fehlt  im  lyk.  text  ein 
dem  7j  dyoQaar]  entsprechendes  verb  und  mänä  ist  wieder  nomi- 
nativ;  dagegen  muss  teäde  mötö  irgendwie  dem  ddiyiijarj  to 
fuvrjfia  entsprechen. 

2)  Myr.  6,  4 — 5: teade  :  mötö  tekä mänä  . . .    Hier 

ist  vor  tmde  unsicher  nä'n.ä  überliefert,  woraus  wahrscheinlich 
wieder  säe[i]ä  herzustellen  ist,  da  das  n  dem  s,  das  ^  dem  e 
sehr  ähnlich  ist  und  der  dünne  strich  des  i  leicht  übersehn 
werden  konnte. 

3)  Sura  3:  hrppesämäe  :  tade  :  tekä  :  tekä  :  mänä  . . .     Hier 
ist  tekä;  vielleicht  nur  aus  versehn,  doppelt  gesetzt. 

4)  Lim.    12,  2 — 3 :    säeiänä  :  hrppetade  tekä  :  hrppesämäe  : 
tade  : 

5)  Lim.    11,    2 — 4:    säe   'n.tovüte  :  movöfö  :  hrppesämäe  : 
[tjade. 

Hieraus  ergeben  sich  3  offenbar  identische  verbalformen: 
teade,  getrübt  teäde,  contrahiert  (oder  Variante)  tade.  Ist  das 
letztere  3 mal  durch  die  pronominalbildung  sämäe  von  hrppe 
getrennt,  so  ist  es  dagegen  Lim.  12,  2  in  hrppe-tade  mit  dem- 
selben verschmolzen,  wie  im  obigen  äsäpe-tade.  Nun  kommt 
aber  hrppetade  noch  8  mal  in  hypothetischen  Vordersätzen  ähn- 
licher art  vor,  ausserdem  vielleicht  [hrppe] ttade  Lim.  36,  3. 
Ferner  begegnet  in  gleicher  Stellung  und  Verbindung  2  mal 
(Lim.  4,  3;  Myr.  4,  5)  T^täiyetade,  dessen  Zerlegung  in  i^täpe-tade 
aus  dem  häufigen  selbständigen  vorkommen  des  wortes  ^föpe 
hervorgeht;  vgl.  noch  besonders  Lim.  5,  2: 
fiLtäpe  :  hrppetade  :  tekä  :  mä(e)  . . . 

Wir  haben  also: 

1)  isoliert:  tade  (teade,  teäde) 

2)  mit  Präpositionen  verbunden: 

hrppe-tade  (-ttade?),    lOmal  verbunden,    3 mal  durch  sämäe 

getrennt 
igiäpe-tade,  Imal  getrennt,  2  mal  verbunden 
äsäpe-tade,  2 mal  verbunden. 


268  W.  Deecke 

Nun  ist  hrppe  aus  den  bil.  bekannt,  wo  es  den  dativ  regiert 
und  wo  im  gr.  text  ihm  enl  mit  dem  dativ  (Lew.)  oder  der 
blosse  dat.  eommodi  entspricht  (Lim.,  Ant.);  auch  in  andern 
inschriften  ist  es  sehr  häufig.  Daneben  findet  sich  eine  kürzere 
Präposition  hre  mit  dem  genitiv  (St.  X.  S.  4(3),  in  gleicher  oder 
ähnlicher  bedeutung,  häufiger  in  composition.  Ebenso  kommt 
neben  iQ,täpe  häufig  ntä  (auch  ^to),  als  präposition  und  in 
composition,  vor.  Ist  nun  zwar  äsäpe  nicht,  wie  i^täpe,  isoliert 
überliefert,  so  ist  doch  das  kürzere  äsä  häufig,  in  composition 
und  als  präposition,  vielleicht  auch  als  conjunction.  Wir  haben 
also  wohl  in  allen  drei  fällen  eine  erweiterung  der  kürzeren  par- 
tikel  durch  ein  suffix  -pe  anzunehmen;  dabei  ist  die  Verdopp- 
lung des  p  in  hr-ppe  und  die  syncope  des  e  nicht  auftallig; 
vgl.  z,  b.  trpplö  St.  X.  N.  54  „dreifach"  aus  *treplö,  neben 
tbeplö  „zwTefacli^'  (ebdt).  Die  form  hrppae  Kady.  2  ferner 
zeigt,  dass  das  e  von  -pe,  wie  im  dat.  sg.  der  feminina  auf  -a, 
aus  üe,  äi  entstanden  ist.  Dem  stamme  nach  könnte  dem  lyk. 
-pe  etwa  das  lat.  -pe  in  nem-pe,  quip-pe  (aus  quid-pe?)  ver- 
""Waiidt  sein,  das  von'*  dem  umBl*.  -pe,  osk.  -p  ==  lat.  -que  zu 
trennen  ist;  daher  wage  ich  auch  nicht,  das  enclitische  kyprisch- 
gr.  Tta  d.  i.  Ttäi  zu  vergleichen  (ausser  etwa  im  casus),  das 
an  xftg  (=  xa/),  \di  und  ans  relativ  angehängt  vorkommt: 
s.  meine  Sml.  ep.  kypr.  inschr.  n.  60,  4  u.  12;  71. 

Von  demselben  verbum,  das  den  eben  betrachteten  bildun- 
gen  zu  gründe  liegt,  giebt  es  nun  aber  noch  eine  ganze  reihe 
andrer  formen ,  mit  denselben  präpositionen  ntä  (auch  ^to), 
'g^täpe  und  hrppe  zusammengesetzt: 

1)  tadö  in: 

X.  6,  3 — 4:  [sä]  yi,fa  eia  tadö 

X.  1,  3:  säe^ä  'Qia  tadö 

X.  7,  4:  säeiä  ^tadö. 

In  der  letzten  form  ist  entweder  durch  versehn  des  Stein- 
metzen, der  auch  den  ganzen  anfang  der  Inschrift  verhauen 
hatte,  so  dass  er  die  2  ersten  zeilen  bis  auf  den  beginn  wieder 
ausraeisselte ,  ein  tu  ausgefallen  oder  es  steckt  eine  kürzere 
präposition  y,  darin. 

2)  tätö  in: 

X.  3,  7 :  säeiä  ytatätö 
s.  Lim.  27,  6  das  verstümmelte  . . .  tätö. 


Lykische  Studien.    III.  269 

3)  tütö  in: 

Kdy.  3 :  säeiä  :  i^tatütö  : 

X.  4,  7:  säeiä  :  yiatütö  : 

X.  7,  2  (entstellt):  säeä  '^tätüt[öj . . . 

Varianten  in: 
Myr.  4,  3:  kbe  tekä  mäenepä  x^täpetüto 
Ant.  2,  2 :  [säeijänä  :  hrppe  :  toto  :  tekfäj  . . . . ,  wo  auch  fato 

überliefert  ist 
Lim.  11,  5  . . .  hrppebäeiä  :  tüto,  wo  das  erste  wort  aufzulösen 

ist  in  hrppe  ähäeiä  =  sTtl  TOVToig. 

4)  tüte,  9 mal  in  '^täpetüte,  'Hitäpetöte,  einmal  (Lim.  14,  2 
— 3)  y,täepetöte;  ferner: 

Rhod.  a  5-  -b  1 :  mäeiänä  :  hrppetüte  tekä  : 
Ant.  4,  5 :  säeifänä  :  hrppetüjte  :  tekä  : 
Ant.  3  b,  4:  hrppesämäetöte  tekä  mä[nä]  . . . 
Ant.  4,  6:   kbe  :  hrppesämäe  :  taute  :  tekämänä  :  . .. ,   mit   der 
Variante  taüde;  s.  Sav.  II,  76  u.  155. 

5)  tünä  in: 

Myr.  6,  3 :  hrppe  kdoyieiüe  :  yiäpetün[ä]  oder  [a] . . . 
neben  den  Varianten: 

Ant.  3  b,  4 : [hrppjettüna  oder  ['Q,täp] ettüna 

Rhod.  b,  10 :  ...  tekä  hrppettünä  kbe 

Zur  Verdopplung  des  t  s.  oben  hrppettade;  auch  pry^navattö. 

6)  tan . .  in : 

X.  4,  6 :  'Qiäpetan . . . 

Lassen  wir  einstweilen  die  contrahierten  formen  bei  seite, 
so  ergiebt  sich  eine  stärkere  wurzelform  ta  (s.  besonders  ta-üte) 
und  eine  schwächere  te  (in  teade,  teäde). 

Ehe  wir  nun  an  die  Zergliederung  der  einzelnen  formen 
gehn,  scheint  es  gerathen,  den  versuch  zu  machen,  die  bedeu- 
tung  des  verbums  ta,  resp.  te,  im  allgemeinen  zu  bestimmen. 
Dazu  gehn  wir  am  besten  von  den  präpositionen  aus.  Wir 
haben  also  die  composita: 

^-ta  (nicht  sicher) 

y,ta-ta  oder  y.tä-ta 

y,täpe-ta 

äsäpe-ta 

hrppe-ta 
und  das  bicompositum : 

'^täpe :  hrppe-ta. 

Beiträge  z..  künde  d.  indg.  sprachen.    XIII.  19 


270  W.  Deecke 

Vergleichen  wir  hiermit  die  griechischen  grabschriften 
Lykiens  und  der  umgegend,  so  finden  wir  besonders  häufig 
folgende  präpositionen: 

SV,  €ig,  z.  b.  EVTL&€vai,  ivd^ccTTTEtv,  iyxrjdsvetv,  slgxo^i^eiv 
Ix,  z.  b.  ixTi&dvai,  ix^ccTiTeiv,  syt-ßdlXstv 
€7ii,  TtQog,  z.  b.  STTiTid-hai,  ercißdXXeiv ,  STtixo/niCeiv ;  TtQog- 
tid^evai 
und  doppelt: 

iTtsig-,  z.  b.  S7tsig<p8Q€tv,  e7tugY.0(.iiC,€iv. 

Dass  nun  ytäpe  und  seine  kürzeren  nebenforraen  dem  gr. 
*v,  eig  entsprechen,  zeigt  das  häufige  Schema  von  grabschriften 
wie  z.  K  I-<im.  5,  1'4^ 

äböxitio^XOj)ö  :  möteph^avatö  :  sxxotraze  münä  :  y.täpetöte  : 
L/^  sxx^i'^'^^^  -^cilada  :  ähJbe  sätedäemes :  ähbes  : 

i^^?-'  Dies  ist  wörtlich  übersetzt: 

„dies  grab  hier  baute  sich  Schotraze;  hier den  Schotraze 

un^^weib  sein  und  söhne  seine". 

Hier   kann   das   in   der   Übersetzung   fehlende    verb    ißäpe-töte 

doch  nur  den  begriff  des  „hinein thuns"  enthalten,   also  muss 

'^täpe  =  iv-y  elg-  sein.     In  derselben  Inschrift  heisst  es  weiter: 

te  xf'iä  '  hrealahade  :  tekä  :  tebä  x^täpe  :  hrppetade  :  tekä  :  mä 

tüäete . . . 
„(wer)  etwas   drinnen  ....  sollte  etwa,   oder  hineindazuthun 
sollte  etwa,  der  möge  zahlen  ..." 
Das  verb  hre-alahade,  mit  gleicher  endung,  wie  hrppetade, 
lasse   ich   hier  noch   unübersetzt;   tebä  „oder"  ist  sehr  häufig 
und  in  der  bedeutung  zweifellos  (s.  art.  I,  143);    ebenso  ttläete 
„er  möge  zahlen",  worauf  immer  eine  geldstrafe  folgt.    Es  ent- 
spricht   also    das  ntäpe  :  hrppe-ta   dem    gr.  ertsigyiofti^siv    oder 
eig.  * elgercixo/uit^eLv.    Dass  hrppe  in  der  bil.  von  Lewisü  in  der 
bedeutung    „für"   durch   erri   übersetzt    ist   (z.  2  =  z.  5),   ist 
bereits  oben  bemerkt  worden:    es  entspricht  nach  obigem  aber 
auch  dem  srti  in  der  bedeutung  von  Ttgog  „dazu";  die  Vermitt- 
lung bildet  die  bedeutung  „darauf". 

So  bleibt  für  äsäpe  nur  die  bedeutung  h,  und  dazu  stimmt, 
dass  äsä  in  dem  schon  oben  erwähnten  compositum  äsädäy,näva 
„nachkommenschaft,  exyoyot",  das  8  mal  vorkommt  und  dessen 
deutung  sicher  ist,  dem  gr.  h  entspricht;  vgl.  z.  b.  X.  4, 
3-4: 


Lykische  Studien.    III.  271 

hrppe  äsädäyinäve  :  xi^nahe  ähheiähe 

„für  die  nachkommenschaft  kinder  seiner". 

Die  formen  auf  -he  sind  gen.  pl. ;  xt^w«  ist,  wie  pr'^na 
(s.  ob.),  ein  part.  pft.  pass.  von  der  idg.  wurzel  gen,  aus  g-^nö- 
entstanden;  daneben  findet  sich  x^^a  aus  gv^tö-;  s.  art.  I,  133 
unter  pddö-%'^ta. 

Das  resultat  ist  also: 
'Q.-ta(?),  -Qid-ta,  '^täpe-ta  „evrid-evai" 
äsäpe-ta  ,,hiTi^ivai." 
hrppe-ta  „STtizid^svai^'^ 
'^täpe-hrppe-ta  „*  eigeTtni&evai'^. 

Hierzu  stimmen  nun  die  etymologieen : 
^-,   ^toN^er  y,tä  ist  verwandt\j(}it  gr.  iv-,  \a.hw^  in;    rtta  ist 
vielleicht  gradezu  =  lat.  endo^^^S^ü- ;  vgl.  ^\Evdov,  i^ 
^„„^^^compositeh,  evdo-,-  s.  unten  über  lyKX^=  idg.  (h^ 
ä$ä  ist  verwandt^iüit  gr.  ^»g,  lat.  ec-s,   nänör  vielleicht  niit 
ks\.  izü,  lit*  i90,  Wurzel  eg;  s.  Ourt.  Gr.  etym.-^,  n.  583b. 
hrppe  ist,  wie  hre  (s.  ob.  hre-alahade),  verwandt  mit  gr.  uQog, 
7tq6\  lat.  prö(d);  ind.  prd,  prdti. 
Die   lautumwandlung   ist   dabei    so   zu    denken,    dass    das 
anlautende  p  durch  den  hauch  des  folgenden  r  aspiriert  ward, 
wie  in  altpers.  fra-y  bact.  fra-,  frae-,  und  dass  das  f  dann  in 
h  verdünnt  ward;  s.  armen,  h  —  idg.  p,  und  in  den  italischen 
sprachen  h  =  f,  im  etruskischen  auch  =  p.    Unter  den  andern 
beispielen  der  gleichen   lautentwicklung  hebe  ich  hervor,   dass 
in  einigen  lykischen  grabinschriften ,  z.  b.  Ant.  4;  X.  1,  unter- 
schieden  wird   zwischen    zwei   theilen   des    grabes:   hrzze  %opa 
oder  y,tata,    und  ütre  (auch  ötre)  fopa  oder   'Qiata,    wobei  für 
die  Verletzung  des  ersteren  eine  schwerere  geldbusse  festgesetzt 
wird,    als   für   die  des  letzteren;    X.  1  wird  auch  ausdrücklich 
das  hrzze  ytata  für  die  familie,  das  ötre  i^tata  für  die  pr'n,näze 
=    o\-KeioL    bestimmt.     Daraus    geht   hervor,    dass    hrzze   den 
oberen,    vornehmeren   theil   des    grabes  bezeichnet,    ütre  den 
unteren,   gemeineren.     Der   gegensatz  ist  also   derselbe,   wie 
bei  den  indischen  adjectiven  pdra-s  und  äntara-s,   und  das  hr- 
von  hr-zze  entspricht   dem  ind.  par-  oder  genauer  pr-,  pf-  (s. 
ob.),  das  ü,  resp.  ö,   von  ütre  dem  ind.  an-,   wie  im  acc.  der 
masculina   auf  -a   dem   ind.  -am;   s.  z.  b.  hrexmma  Myr.  6,   1; 
acc.   hrextnmü   ebdt.  2;    art.  I,  129.     Die    gleichung    von   ütre 

19* 


272  W.  Deecke 

und   antara-s   „unter-**    zeigt   ferner,    dass    das    lykische   das 
comparativsuffix  idg.  -ter-  besass. 

Aus  dem  obigen  ergiebt  sich,  dass  das  lyk.  simplex  ta  eine 
allgemeine  bedeutung ,  wie  nd^hai ,  xofii^eiv ,  cpeQSLv ,  ßcellsiv 
gehabt  haben  muss:  wie  ist  es  nun  aber  mit  der  bil.  von 
Ant.  3,  wo  teäde  tekä  :  mötö  dem  gr.  ddin^ar]  (av)  [rj  dyoQccaj]] 
j6  iuvrjjua  gegenübersteht?  Wir  haben  im  lykischen  auch  hier 
eine  bestimmtere  angäbe  zu  erwarten;  ebenso  Myra  6,  4: 
teade  ;  mötö  tekä.  Einen  anhält  zur  weiteren  deutung  gewährt 
nun  die  schon  oben  citierte  parallelstelle  Lim.  11,  2 — 3:  säe 
i^tövüte  :  movötö,  wo  sich  movötö  als  die  uncontrahierte  form 
von  mötö  ergiebt,  während  '^tövüte  aus  i^tä-ovüte,  als  synonymon 
von  'Qiäpe-tüte ,  wieder  nur  die  bedeutung  des  „hineinbringens" 
haben  kann;  vgl.  oväte  St.  X.  W.  7;  N.  39;  uan-oväte  Lim. 
12,  3  u.  8.  w. ;  ovöte  St.  X.  N.  44.  Danach  wird  das  object 
movötö,  resp.  mötö,  etwas  bedeuten,  wie  „eine  leiche,  einen 
sarg**  oder  besser  „einen  fremden";  vgl.  griechisch  in  ähnhcher 
Verbindung  rj  ezeqov  oiofia  STtELqyf.o(.dau  C.  L  Gr.  n.  3882  i  Add.; 
evBQOv  Tcxw^a  %r]d£vaai  n.  3028;  sehr  oft  bloss  stsqov,  auch 
mit  dem  simplex  xi&EvaL  z.  b.  eav  de  exeqov  Tig  d^fj  n.  3270. 
Man  könnte  an  ein  part.  pft.  pass.  ^movöta  „der  vertauschte" 
denken,  verwandt  mit  der  idg.  wurzel  meu ,  wozu  gr.  d/nevsiv, 
lat.  movere,  mütare  gehören.  Es  wäre  also  die  genaue  Über- 
setzung yon  Ant.  3,  3  etwa: 

säeiäiteäde  \ekä  :  mötö 

oaxigx  d^fj  ßav     €T€qov(?). 
Ebenso  Myr.  6,  4: 

säefijä  teade  :  mötö  tekä 

ooTig        d^fj      €teQOv(?)  av. 
Limy.  11,  2—3: 

säe  'Q.tövüte  :  movötö  : 

olixiveg  ugq)8Q0VGiv  eTEQOv(?), 
denn  -Ute  ist  3  pl.  ind.  neben  der  3  sg.  a,ni-äte,  wie  sonst  auf -a^e. 
Die  ungefähre  bedeutung  von  ta  als  Tid^evat  wird  ferner  be- 
stätigt durch  das  bereits  mehrmals  erwähnte  wbl.  Substantiv 
Xfiata,  acc.  'f^tatü  oder  ^tatö  u.  s.  w.  (im  ganzen  11  — 12  mal), 
das  in  den  bilinguen  durch  /tiv^/na  wiedergegeben  ist  und  „grab" 
bedeutet.  Es  ist  offenbar  zusammengesetzt  aus  'Q,ta-ta  und  be- 
zeichnet einen  ort,  in  den  man  etwas  „hineinthut**.  Das  gr. 
hd^iq-Krj   kommt  zwar  erst  spät  und  in  andrer  bedeutung  vor, 


Lykische  Studien.    III.  273 

aber  es  könnte  sehr  gut  die  betreffende  bedeutung  gehabt 
haben;  s.  svTid^ivai  „ins  grab  legen";  d^tjur]  ,,grab";  vgl,  auch 
ccTto&^Krj  „aufbewahrungsort"  von  üTtotid^ivai. 

Lautlich  dagegen  kann  lyk.  ta,  resp.  te,  dem  idg.  de,  gr.  ^jy, 
nicht  gleich  sein.  Ursprüngliches  (t  wird  anlautend  im  lyki- 
schen  zu  dd,  inlautend  zu  d;  s.  die  ml.  Verwandtschaftsbezeich- 
nung ddäde   Lim.  6,  2,    etwa    „oheim"    oder    „älterer   bruder" 


form  der  wurzele*?? t'  ,,saT»gAn"  denkt(?);  vgl.  noch  gr.  ^fio^ 
So  gehört  zu  d^e  „setzen,  schatten,  thun"  wahrscheinlicn  lyk. 
äsä-rfä-^wäva  „nachkommenschaft"  (s.  ob.),  worin  das  nominal- 
"Süiiffix  -'Q.ne  (vgl.  vädrä-nne,  p'Titrä^ne,  tresnne)  und  das  collective 
-va  stecken.  Beide  beispiele  zeigen  zugleich,  dass  idg.  e  in  der 
regel  durch  lyk.  ä  reflectiert  wird;  vgl.  noch  eiätroxlä  =  '/iy- 
tQO-KXrjg;  päreklä  =  JlegiyiX^g  (art.  I,  138). 

Dagegen  entspricht  nun  anlautendes  lyk.  t,  wie  im  arme- 
nischen, mehrfach  einem  idg.  d,  z.  b.  im  zahlworte  für  2  = 
lyk.  tov-,  to-y  tb-  (art.  I,  149,  nt.  1);  auch  mit  Vorschlag  eines 
^  in  yiareiäosäha  =  Jageiov  (ebdt.  146).  So  könnte  lyk.  ta 
zur  idg.  Wurzel  rfö^geben"  gehören,  wie  arm.  ta,  wenn  man 
annimmt,  dass  eine  ähiilicKe  begriffserweiterung  stattgefunden 
hat,  wie  im  lat.  da-re,  besonders  in  den  compositen  mit  präpo- 
sitionen,  wie  in-dere,  e-dere,  ad-dere  u.  s.  w.  Wir  werden  unten 
finden,  dass  die  wurzel  auch  im  lykischen  in  mehreren  Weiter- 
bildungen die  grundbedeutung  „geben"  bewahrt  hat.  In  der 
form  te  und  t  erkenne  ich  die  tonlose  tiefstufe  =  ind.  dt  und 
d;  s.  di-ti-  „gäbe"  neben  b'dga-t-ti-  aus  Bdga-d-ti- ;  lyk,  tä  wäre 
dann  die  nebentonige  tiefstufe  =  arm.  ta  in  tamU  ==  lat.  da- 
mus;  s.  gr.  öd-vog;  Aie  Jiochstufa.  lyk.  ^ä>  werden  wir  unten 
nachweisen ;    s.   arm JtamJ  ==  ind. j^a-dämi\  ^r. / di-dcojut. ,\  lat. 

i.  BF;riar!%.^gr.i;  S  u!  27^  -^  ^ ''-'- v 


dö-iijmij^jg\. 

Nehmen  wir  jetzt  die  einzelnen  formen  vor,  so  hat: 
1)  fe-ade  (getrübt  teäde)  oder  t-ade  die  schwächste  wur- 
zelform (te  =  ind.  dt).  Dem  Zusammenhang  nach  kann  es 
nur  eine  3  sg.  conjunctivi  act.  sein,  und  zwar  wohl  des  präsens, 
denn  die  wurzel  ta  hat  im  lykischen,  wie  im  armenischen  und 
lateinischen,  die  reduplieation  eingebüsst;  ebenso  z,  b,  stta 
„stellen".    Die  endung  -äde  aus  -ati  erinnert  am  meisten  an 


274  W.  Deecke 

den  kelt.-ital.  conj.  mit  ä,  3  sg.  -ai  aus  -äti  z.  b.  lat.  in-dat, 
S-dat,  ad-dat;  auch  tagat,  venat  u.  s.  w.  Eine  andere  häufige, 
ähnliche  conjunctivform  ala-h-ade  ist  oben  zufällig  erwähnt 
worden. 

2)  t-ädö,  verhält  sich  zu  tade,  wie  pr'^navatö  zu  pri^navate. 
Es  kann  nur  S  sg.  conj.  med.  sein,  hat  aber,  abweichend  vom 
griechischen,  secundärendung,  wie  oft  der  indische  conjunctiv. 
Demnach  ist  an  allen  3  stellen  (die  Varianten  sind  irrelevant): 

säeiä  :  laiatadö 

oarig  €v(Ti)d^rJTai,  oder  eig.  sv(di)dtüTai. 

3)  tä-üte  (tüte,  töte)  aus  *tä-önte  —  gr.  didovoL  aus  *öl- 
d6-ovTi{?),  ist  3  pl.  präs.  ind.  act.  Die  häufige  formel  mä(e) 
oder  mänä : 'Q,täj)e-tüte  (mit  Varianten  9— 10 mal)  heisst  also: 
„hier  hinein-thun  sie",  wobei  das  „sie"  die  bedeutung  von 
„man"  hat  und  der  indicativ  energischer  ausdruck  für  den 
imperativ  ist.  Das  erstere  gilt  auch  vom  hypothetischen  hrppe- 
tüte  ^tekä  •  „thun  sie  etwa  hinzu".  Als  beispiel  mag  Ant.  4 
gelten,  soweit  der  Inhalt  hier  in  betracht  kommt: 

ähöi^nä  :  xopo   :  mäte  :  prt^navatö  :  edama^zza  :  ohäreiäh  : 
„dieses      grab       hier     baute  sich     Edama/zza,  des  Ohärejä 

tedäeme  :  hrppe/badk  ähhe  :  sä  tedäemä hrzze  : 

söhn,  für    IfrlM  seine    und    söhne    ins  obere 

pr'^nave :  mäe  :    'Qiapetüte        edümaxzzü        sä       Ih 
grab  hier  hinein  soll  man  thun  denEdama/zza  undpai 
säetfäte  :  hrppetüjte  :  tekä    kbe  :  hrppe  isahme  \  fm(t»:',    | 
wer  etwas  hiijzuthut  etwa,  was  hinzu  auciajeraÄndW)  tr   "* 
tekä  mänä  /  tdbqete  ....      -j 
etwa,  der  i  möge  \ezahlen  / 
Dass  bei  dem  generellen  sä4iä  der  plural  des  verbs  steht, 
während  nachher  bei  mänä  der    singular  folgt,  ist  nicht  allzu 
auffällig;  vgl.  z.  b.  den  plural  bei  lat.  quisque.    Die  Übersetzung 
von  sämäe  ist  unsicher.     Die  obige  stelle  zeigt,   dass  tekä  auch 
beim  indicativ  stehn   kann,    wie   altgriechisch  av  und  x«  (auch 
abgesehn  vom   irrealis).      Interessant  ist  das   auch   sonst  vor- 
kommende relativ  kbe  aus  *kve  =  idg.  qö,  qe,   wie  (ä)hbe  aus 
*hve  =  svo,  sve  ===  idg.  suö,  sue. 

4)  tät^  aus ;*?a^:öj<ä,>=  gr.  * {€dc)öö-€zo ;  s.  im  activ  ididov 
=  idi-So^e{i);  e^  ist  de^iiach"3  sg.  praCind.  med.  Die  ein- 
zige stelle  ist  X. 


Lykische  Studien.    III.  275 

säeiß  '^tatätö 

bang  h{€xi)^Bxo,  eig.  h{edl)öoto. 

Das  Präteritum  hat  gewisserinassen  conative  bedeutung: 
„wer  sich  hineinzulegen  versuchen  sollte".  —  Ist  Ant.  2,  2  die 
lesung  hrppe  :  tatn  :  tek[ä]  richtig,  so  wird  in  tato  eine  abwei- 
chende contraction  vorliegen ,  wie  in  prt^navatö  neben  prrjina- 
tätö  (s.  ob.),  falls  nicht  ta-to  zu  theilen  ist  =  gr.  (iÖL)öo-TO. 

5)  tütö,  auch  tiito,  aus  *  tä-öntö  3  plur.  prät.  ind.  med.  = 
gr.  *  {EdL)ö6-oviOy  oder  =  tä-ntö  =  (söi)do-vTo ;  s.  4.  Es  steht 
synonym  mit  dem  vorigen,  so  dass  nach  einem  generellen 
relativ  der  plural  eintritt,  wie  in  dem  unter  3  gegebenen  bei- 
spiel:  also  Kady.  3;  X.  4,  7: 

säe0  :  TjiatiUö 

ooTig  (oiziveg)  sv(€Tl)d-ovTo,  eig.  kv{sdi)dnvTO. 

Wenn  in  dieser  form,  wie  in  '^tafätö,  das  augment  zu  fehlen 
scheint,  so  kann  es  in  ,/ 

XitätütföJ  X.  7,  2 

ritäpefüto  Myr.  4,  3 
enthalten  sein.     Interpunction  hat  Lim.   11,  5: 

kbe hrppebäeiä  :  tüto 

„was  ....    zu  diesen     sie  für  sich  thaten", 
wo  die  krasis  in  hrppe  äbäeiä  aufzulösen   und  letzteres  dat.  pl. 
ist.     Ist  Ant.  2,  2: 

[säeijänä  :  hrppe  :  toto  :  tek[ä] 
richtig,  so  ist  das  o  auch  in  die  Stammsilbe  eingedrungen. 

6)  ^wmK^der  tünä  ist  3  pl.  prät.  ind.  act>si«i,.J^a-öm 
gr.  *{kdt)do-ov^  oder  ==  7S-«T^= '*"(iyt) Jo»'(zr) ,  indem, 
dem  durch  das  lykische  auslautsgesetz  bedingten  abfall  des  t, 
das  schliessende  n  einen  kurzen  nachhallvocal  erhielt,  dessen 
unbestimmte  qualität  der  Wechsel  von  ä  und  ä  anzeigt;  vgl.  die 
italienischen  formen ,  wie  aman-ö  aus  lat.  amant,  credön-o  aus 
lat.  credunt;  goth.  3  pl.  opt.  -in-a  aus  -int.  Annahme  des 
augments  ist  überall  zulässig:  eine  genaue  deutung  lässt  die 
lückenhaftigkeit  der  stellen  nicht  zu. 

7)  Nicht  sicher  deutbar  ist  yiäpe-tan . . .  X.  4.  6,  aus  dem 
gleichen  gründe. 

Fassen  wir  die  resultate  zusammen,  so  fanden  wir  folgende 
formen : 

3  pl.  präs.  ind.  a(^t.  ^fa)'Ä*<=="'''^IJÜdoc 


276  W.  Deecke 

3  pl.  prät.  ind.  act.  (ä)tün-ä  =  k(6l)doaav 
'3  sg.    conj.    act.         t(e)ade  =  (di)S(D 
3    „    prät.  ind.  med.   (äjtätö  =  £(dl)doTO 

3    pl.        „  „  „         (äJtÜtÖ    =    8{Öi)Ö0VT0 

3  sg.    coDJ.     med.  tadö  ==  (öi)öu}Tat 

Von  den  personalendungen,  die  hierin  enthalten  sind,  haben 
wir  drei  schon   in  I  gehabt,   die  3  pl.  präs.  -Ute  =  idg.  -Önti; 
die  3  sg.  prät.  med.  -ätö  =  idg.  -etö,  und    die  3  pl.  derselben 
zeit  -ütö  —  idg.  -öntö.    Neu  sind  die  drei  anderen: 
3  pl.  prät.   act.    -ün-ä  aus  -on(t) 
3  sg.  conj.      „     -äde      „     -äti 
3    „       „      med.  -ädö      ,,     -äto  (neben  -ätäi). 
Unerklärt  bleibt  nur   die  Verschiebung    oder   erweichung  des  t 
zu  d  in   den   conjunctivischen   formen;    sie  mag  mit  der  länge 
des  ä  und  dem  accent  zusammenhängen;  vgl.  jedoch  auch  osk. 
pütiad  (putiiad),   heriiad,  fuid,  deivaid  u.  s.  w.    neben   tadait, 
faamat  u.  s.  w. 

Die  ursprüngliche  bedeutung  der  wurzel  tä  „geben"  scheint 
endlich  noch  erhalten  in  der  verbalform  tasfej  X.  6,  4  oder 
täse  Lim.  17a,  1  u.  3;  b,  1  u.  3;  X.  3,  8;  4,  7;  7,  4,  die 
nach  dem  Zusammenhang  zu  heissen  scheint:  „er  soll  geben" 
oder  „er  wird  geben",  entsprechend  dem  in  griechischen  texten 
vorkommenden  „dwaei,  ctTtodtoasi,  artOTeiaei,  ocpsiX'qoei^'^  u.  s.  w. 
oder  imperativisch  aTtodoTw,  dnoteioaxio,  o(psiXtTw  u.  s.  w. 
Trotz  des  gr.  dioow  aber  mit  seinem  wiederhergestellten  s, 
möchte  ich  bei  der  lykischen  form  nicht  an  ein  futurum  von 
tä  denken,  da  lyk.  s  zwischen  vocalen,  auch  vor  /  (=  ind.  j), 
wie  der  genitiv  sg.  zeigt,  regelmässig  zu  h  ward;  vgl.  noch 
bactr.  daonhä  =  ötoaa) ;  vielmehr  erinnere  ich  lieber  an  die 
erweiterte  wurzelform  idg.  dök^,  ind.  dag,  gr.  dwx-,  deren  affi- 
cierter  guttural  (hier  palatal)  lykisch  durch  s  wiedergegeben 
werden  konnte;  s.  ob.  sä  =  xa/,  säe  =  qui,  äsä  =  in-g. 
Nur  mit  grossem  bedenken  freilich  setze  ich  tose  =  *tas-se, 
*tas-te  als  3  sg.  präs.  ind.  act.  an,  also  mit  anfügung  der  per- 
sonalendung  ohne  sogen,  bindevocal,  assimilation  des  t  an  das 
vorhergehende  s  und  Vereinfachung  des  gerainierten  lautes,  da 
SS  zwischen  vocalen  nicht  sicher  belegt  ist.  Für  jene  assimi- 
lation kann  ich  allerdings  kein  sonstiges  beispiel  anführen.  In 
täse  ist,  wie  oft,  trübung  eingetreten.  Die  bedeutung  von  tase, 
täse  wäre  also  „er  giebt'',  im  sinne  von  „er  soll  geben";  s.  ob. 


Lykische  Stadien.    III.  277 

über  taute,  tüte.    Diese  ganze  auffassung  erhält  vielleicht  eine 
bestätigung  durch  Myra  5,  2 — 3: 

mäe  '^täpetas'^te  onähe  hbeftähe  :  äsjädä'^nävö 

„hier  hinein  thun  sie  (d.  i.  sollen  sie  thun)  seiner  kinder 
nachkommenschaft" ; 
vgl.  lyk.-gr.  roTg  rsuvoig  Y.a.1  rfj  £x  rovtajv  saof^evrj  yeve^  oder 
toig  i^  avTwv  xarä  yevog  ioof-isvoig.  Die  übrigen  wörter  sind 
alle  bekannt  und  besprochen;  tas-i^te  ist  3  pl.  präs.  ind.  act. 
zu  dem  vorausgesetzten  sg.  *tas-te.  Hier  ist  also  das  n  der 
personalendung  -nie  =  idg.  -7iti  nach  einem  consonanten  als  ^ 
erhalten;  s.  gr.  eäai  aus  (e)s-'Q,ti. 

Nicht  zweifellos  überliefert  ist  eine  in  ähnlichem  sinne  wie 
tase  gebrauchte  form  taia  Kady.  4,  zumal  Lim.  14,  6  (II,  90), 
wo  Savelsberg  auch  [tajia  ergänzt,  eher  [trejia  zu  lesen  ist  = 
tQitt.  Schon  er  hat  hier  an  die  wurzel  dö  „geben"  gedacht 
und  bactr.  3  sg.  opt.  däjät  verglichen  (II,  14,  nt.  1),  wo  aber 
das  zweite  ä  ==  e  ist. 

3. 

Eine  weitere  verbalform  liefert  die  bil.  von  Lewisü  in  den 
gegenüberstehenden  texten: 

z.  3 :  mäeiä  tohäete  ponama&d^e  :  aladahade  :  ada  :  6. 

z.  7:  i^cSlea  xal  Ttaviokaa  el'r]  aotfp  ttccvtcov. 
Freilich  ist  die  entsprechung  nur  ganz  allgemein:  beide  texte 
enthalten  eine  Strafandrohung  für  den  Schänder  des  grabes, 
aber  der  griechische  text  eine  Verwünschung,  der  lykische 
eine  geldbusse,  denn  ada  ist  eine  sehr  häufige  werthbezeich- 
nung,  wahrscheinlich  gleich  der  griechischen  mine  {(xva),  und 
es  folgt  ihr  das  Zahlzeichen  für  50;  vgl.  die  in  späteren  gr.- 
lyk.  inschriften  nicht  seltene,  ungefähr  gleichwerthige  busse 
von  5000  drivöiQia  z.  b.  C.  I.  Gr.  n.  3384. 

Ferner  ist  uns  mäeiä  schon  bekannt  als  ovTog.  Dann  ist 
aladahade  (nicht  zu  verwechseln  mit  der  oben  erwähnten  ver- 
balform alahade)  der  dat.  sg.  eines  femininums  auf  -a,  wie 
lade;  er  kommt  noch  8  mal  vor,  aber  sonst  stets  in  der  form 
aladahale,  5  mal  neben  dem  verb  tase  oder  täse  „er  soll  geben" 
(s.  ob.).     Die  Verbindung  Kady.  4—5:**"******» 

mäläemä  sä-i-aladahale, 
wo  mäläemä   dat.  pl.  masc.   ist,   wie   tedäemä  =  TmvoLg  (bil. 


278  W.  Deecke 

V.  Ant.  3),  und  „To7g  yigovaiv''  heisst  (art.  I,  p.  145),  lässt 
für  aladahala  kaum  eine  andere  bedeutung  übrig,  als  di)(j.og\ 
s.  in  lyk.-gr.  Inschriften  „ol  yiqovxBg  oder  yegaloL  oder  Ttqia- 
ßeig  xoft  o  ö^juog";  auch  6  dfjfiog  xal  ri  yeqovoia  u.  s.  w.  Nun 
ist  ala  eine  präposition  der  bedeutung  ovv ;  dah  ist  ohne  zweifei 
verwandt  mit  altpers.  dah-ju-^  bactr.  danhu-  „provinz,  land", 
ind.  ddsjavas  „die  heidnischen  völker";  vgl.  noch  das  abge- 
leitete lykische  adjectiv  aladähüüüna,  aladähüna  „drjfj.öaiog^'^ 
u.  8.  w.  Das  Suffix  -ala  aber  findet  sich  in  lykischen,  kari- 
schen und  andern  kleinasiatischen  Ortsnamen  häufig  wieder  und 
ist  ofi'enbar  collectiver.^art,  die  „gemeinde"  oder  „das  geschlecht" 
bezeichnend.  Auch  pohsi^ia^d-e  ist  keine  verbalform ,  sondern 
,  Ä  ein    Substantiv    der  "T)^euwHig"~,'JbttS§e%  hier   im    prädicativen 

^^  accus.  (?)  =  „als  busse".    Ein  locäliver  casus  auf  -äde,  das  ziel 

oder  den  zweck  ausdrückend,  also  etwa  =  ,,zur  busse",  be- 
gegnet St.  X.  W.  64:  ponümddäde  (mit  dd  =  ^^)  und  mit 
einem  d  Rhod.  b,  6:  ponämädäde.  Von  einem  xjollectiv  auf 
-eia  (s.  a<:/a^ia  neben  ada  u.  aa.)  endlich  siammt  portsmd-e^SflP) 
Ant.  1,  8  „zur  geaammtboasfil^js.  gr.  noivrjg  t%v£v.a  cM*  Gr. 
n.  3797  d.  %    7^  ^*^ 

•  y^\  \ 

So  bleib1(^ ^oAa^ß}als  verbum  übrig,  in  der  bedeutung  „er 
möge  zahlen",  und^ies  bestätigen  die  andern  stellen,  in  denen 
es  vorkommt:  ich  bemerke  dabei,  dass  die  deutung  der  nomina 
in  denselben  noch  nicht  überall  sicher  ist:  mir  scheint  am 
wahrscheinlichsten : 

etlähe  =  ed-vog 
miihüe  =  ßovXrj 
hovädre  =  svyevrjg  (s.  u.). 

Myr.  4,  5  ff. : 
mänä   etlähe   tobäete   trmmele  hovädre   sä  trrmas   sä   mühiie 

hovädre 
„der  soll  zahlen  dem  hochedlen  tramelischen  (d.  i.  lykischen; 

8.  art.  T,  151)   volke    und und   dem    hochedlen 

rathe". 
Das  wort  truuas  vermag  ich  noch  nicht  zu  deuten. 

Ant.  4,  6  ff.: 
mänä  :  tohäete\muhüe  hovädre  sä  etlähe  :  Inrimele  : 
„der   $oll  zahlen   dem   hochedlen  rathe  und    dem    lykischen 
v61ke".    / 


Lykische  Studien.    III.  279 

Ant.  2,  3: 

mänä  :  etlähe  tobäefte  :  tjr[7ii]mele  :  hovädfrej 
„der  soll  zahlen  dem  hochedlen  lykischen  volke". 
Lim.  4,  4  ff.: 

mänä  :  mühüe  :  tohäete [hojvädre 

„der  soll  zahlen  dem  rathe dem  hochedlen". 

Lim.  43,  2  ff.: 
tobäete  :  trnimlele  etlähe J  menfte  . . .  ad  Ja 
„er  soll  zahlen  dem  lykischen  volke  als  busse  ....  mine(n)". 
Nicht  wahrscheinlich   ist  Savelsberg's  ergänzung  [tobjäete  : 
zäonö  Ant.  2,  6,  da  ebdt.  z.  4  tekäete  zäonö  vorkommt.     Sonst 
vergleiche  man  zu  den  obigen  formein  aus  lyk.-gr.  Inschriften: 
uivKiwv    k'd'vog   (oft);    ^   ßovlr]    xal    6    dij^og   xal  ^   yeqovaia 
C.  I.  Gr.  n.  4315  n;   rj   ^gaziati]   ßovlrj   n.  4283;    »)   aefiroTCCTr] 
yeqovoia  oder  ol  ysQovreg  aBfxvoi  u.  s.  w. 

Neben  tobäete  nun   findet  sich  einmal  tobede  in  wesentlich 
gleicher  bedeutung,  Lira.  5,  3: 
sävä  :  tobede  :  adfaeijö  xba 
„und  er  selbst  (?)  möge  geben  minensumme  6". 

Ebenso  finden  sich  in   gleicher  bedeutung  neben  einander: 
ttläete  Lim.  5,  2 — 3  un(n!????#p^4mal)    „ei*""«©!!."    oder  „m^ft^ 
zaWQn",   eig.  „darwägen";    s.  gr.  tXä-,    i^aXavtov,   Wil^,  ^'^^ 
_^^»i?M?''"     Wegen  des  d  nun  sind  Tobede,  iüede  wohl"'3  sg. 
conj.  act./wie  tade,  ala-hade;  tobäete,  ttläete  aber  sind  3  sg.  opt. 

tact.:  vgl.  homäzäete  (4mal)  „er  soll  an  die  gemeinde  (ko/im  = 
gr.  >tÖ»i«<£,    äolu**'«^*«)  zahlen"    neben    der    3  sg.  m^.  ^omazate 
Sur.  6.     Die  primärendung  ist  in  den   optativ   übertragen ,  ^  wi; 
in  griechisch   -oiixt,,    -ai/nL   u.  s.  w.     Da   nun   ein   femin 
„gäbe"  vorkommt,  in  den  casus: 

i^ ^  tobä  St.  X.  0.  19 

tobähe  (gen.  pl.)  ebdt.  56 
tobäde  (locat.)  ebdt.  N.  61—62, 
so  ist  wohl  ein  denominatives  verb  tobaiö-  anzusetzen,  wie  |)r^- 
navaiö-  von  pr^inava,  und  es  ist  tobede  =  *fobe-äde,  *tobäi-äde, 
mit  schwächster  themaform  vor  -öde,  wie  t(e)-äde,  aber,  wie  es 
scheint,  mit  äi,  da  nur  dies  e  giebt  (s.  ob.);  vgl.  umbr.  portai- 
a(t),  kurai-a(t),  vielleicht  lat.  amet  =  *amai-at.  Femer  ist 
tobäete  =  *-tobaxä-ete  =  *toba0-iti,  während  in  gr.  tiftq.  ^ 
Tifiaio-i{t)   das   o  an   die   stelle   von  6  getreten  ist;   denn   ur- 


280  W.  Deecke 

sprünglich  trat  im  optativ  wohl  derselbe  Wechsel  des  sogen, 
bindevocals  ein,  wie  im  indicativ  und  eigentlichen  conjunctiv. 
Nach  dem  vorbilde  der  denominativen  contracta  entstand  dann 
auch  ttlede  aus  *ttläi-äde,  ttläete  aus  *ttlaiä-ete;  s.  gr.  3  sg. 
präs.  iW^,  3  sg.  impf,  'iatä,  von  Tarrj/ni. 

Hiernach  ist  der  lyk.  text  von  Lewisü  3: 
mäetä  tohäete  ponama&d^e  :  aladahade  :  ada  :  a. 
wörtlich  zu  übersetzen: 
„dieser  möge  geben  (als)  busse  der  gemeinde  minen  50". 

Das  verzeichniss  der  lyk.  verbalendungen  hat  sich  also 
wieder  um  folgende  2  bereichert: 

3  sg.  conj.  act.  -ed^  aus  -äi-äde  ==  -äi-äti 
3   „     opt.      „     -äete    „     -aiä-ele  =  -ave-iU. 
Zum  indic.  pry,navate   ist  also  als  conj.  anzusetzen  ^pv^navede, 
als  opt.  * pri^naväete. 

Das  nomen  toba  „gäbe"  endlich  scheint  aus  *tova,  *toua 
verhärtet  zu  sein;  s.  (äjhbe  aus  * hve,  *sue;  kbe  aus  *kve,  *kue; 
t(o)h-,  tov-  aus  duv-,  duu-  —  2.  So  erhalten  wir  eine  verbal- 
wurzel  tou  —  idg.  döu,  schwach  du,  vor  vocalen  aHu,  Variante 
von  (f^g'o^n";  vgl.  kygjv-gr.  dvf-cii^i  in  meiner  Smlg?  n.  60,  6; 
umhr.  pf^r»-iu^-,  späterp?<r-^??i^  „darlBl*mgßn'';  lat._^^>ag4^neBNL 

iF^e^mm-mrviicX^f^T^rrt^  s.  Curt.  gT^ 

etymu*,  p.  236,  Wir  haben  also  im  lykischen  alle  3  wurzel- 
formen : 

lyk.  tä    =  idg.  dö 

„     täs  =    „      döJc 

„     tob  =    „     dou. 

4. 
Eine  verbalform  endlich  muss  der  letzte  satz  des  lykischen 
textes  der  bilinguis  von  Antiph.  3,  z.  4  enthalten: 
mänä  uastto  :  üne  :  ulahe  :  äbetähe  :  sä  vädre  :  vähijiäze. 
Der  griech.  text  enthält  z.  6  die  Verwünschung: 
rj  uir]Ttd  avTOV  «7rtrp/i/;[«t  ?], 
und  etwas  ähnliches  bedeutet  sicherlich   der   lyk.   text,    wenn 
auch  der  name  der  Leto  darin  fehlt.    Bekannt  ist  mänä  „ovrog^'; 
ulahe  äbexähe,  das  6 mal  vorkommt,  ist,  wie  schon  oben  erwähnt, 
gen.  pl.  von  ula  übe  „nachkomme  sein";    er   steht  meist,    wie 
hier,  nach  der  präposition  üne  oder  öne  ,,mit",  so  dass: 


Lykische  studien.    III.  281 

iine  :  t^lahe  :  äbe0he 
übersetzt  werden  kann: 

lutä  xiüv  eyiyövtüv  twv  kavTOv  (eig.  ktov). 
Es  folgt  ein  zweites,  durch  sä  ,,>ca/"  angeknüpftes  subject: 
vädre  :  vähyiäze.  Darin  ist  vädre  das  Substantiv  =  %6  yivos; 
s.  die  ableitungen  ho-vädre  ,,€t;yfi>'jfg",  vädrä-'^ne  „yfiyvaZog", 
beide  oben  erwähnt;  vafi-ißaze  isf^eFKüikon  einer  stadt  väh'^itä 
deren  name  auf  einer  münze  neben  dem  fürstennamen  xäreiM 
erhalten  ist;  s.  Six  14,  n.  132.  Die  endung  -i^tä  würde  grie- 
chisch durch  -Lvda{i)  oder  -fi»'da(t)  wiedergegeben  werden; 
8.  kar. '-^Aty^a,  lUyivda;  lyk.  TQeßivöai,  auch  TrjXevdoQ  u.  s.w. 
Ge.  Meyer  Kar.  p.  179.  Es  heisst  also:  sä  vädre  väh'^täze 
„und  (sein)  geschlecht  aus  Vähntä".  Danach  muss  uastto  das 
verb  sein,  und  zwar  im  sinne  von  ertLTQißso^oi;  s.  in  der 
bilinguis  von  Lewisü:  e^ioXsa  y.ai  navioXsa  siiq  aoTi^  tkxvtojv. 
Als  3  sg.  imperativi  kann  uastto  aber  nur  activ  sein,  so  dass 
-tö  =  ind.  -tu,  bactr.  -tu  ist,  denn  lyk.  o  steht  idg.  ü  am 
nächsten  (s.  ob.).  Die  einzige  sonst  erhaltene  form  des  ver- 
bums: uasttä  St.  X.  S.  42  zeigt  die  gleiche  anfügung  der  per- 
sonalendung  ohne  sogen,  bindevocal.  Da  die  Verdopplung  des 
t  nach  s  rein  phonetisch  ist,  erhalten  wir  als  wurzel  uas  oder, 
wenn  das  s  nur  durch  das  folgende  t  geschützt  worden  ist, 
uah  =  ind.  gas,  idg.  gUas  „erlöschen,  erschöpft  sein,  ausgehn"; 
vgl.  noch  lat.  vas-tus,  deutsch  „wüst".  Der  ganze  lyk.  text 
also  lautet: 

„dieser  erlösche  mit  seinen  nachkommen  und  (sein)  geschlecht 
aus  Vähntä". 
Da  sich  im  gr.  texte  der  Stifter  des  grabes  ausdrücklich 
^AvTLg)€lliTi]g  nennt,  so  liegt  es  nahe,  zu  vermuthen,  dass 
vähy,tä  eben  der  lykische  name  von  'AvTl(psllog  war,  und  so 
könnte  man  auch  übersetzen  „und  (sein)  geschlecht  in  Vähntä" 
oder  „in  Antiphellos".  Dies  wird  bestätigt  durch  eine  neue 
mir  von  Six  mitgetheilte  münze  mit  der  Inschrift  vahi^täzö; 
s.  II,  p.  338  (vaJi'^tä  =  I^vti-?).  Die  Römer  nennen  die  stadt 
auch  Habessus,  was  freilich  wieder  abweicht. 

Die  neue  verbalendung,  die  wir  gewonnen  haben,  ist: 
3  sg.  imper.  act.  -tÖ  =  idg.  -tu. 


282  W.  Deecke 

5. 

Im  dekret  des  Pixodaros  ist  im  gr.  text  nur  ein  verbum 
erhalten,  k'dwKav  im  anfang  von  z.  1;  das  xa«»'  im  anfang  von 
z.  6  ist  schon  wegen  des  xa  kaum  als  ...  ^ev  zu  deuten ,  da 
die  inschrift  sonst  ^  hat.  Das  dem  edioxev  in  der  Stellung 
entsprechende  erste  vport  des  lyk.  textes  äy^tiö  oder  . .  ä^nö  ist 
sicher  kein  verb,  sondern  wahrscheinlich  acc.  sg.  eines  pro- 
nomens,  vielleicht  [ähjä'^nö  =  „tüvttjv"  ;  das  dazu  gehörende 
Substantiv  und  das  dem  edwKev  entsprechende  verb  sind  dann 
am  schluss  von  z.  1  verloren;  s.  Savelsberg  I,  60  ff. 

In  z.  2 — 3  ist  die  construction  in  den  beiden  texten  eine 
verschiedene:  im  gr.  text  sind  reste  von  dativen  pl.  dreier 
ethnika  erhalten: 

[Sa]vd-io{_ig]  TAwtf[a]tg  x[at  nivaQ]io[ig] ; 

im  lyk.  text  stehn  statt   dessen  die  nominative  sg.  der  städte- 
namen : 

arxina  sä  tlava  sä  p'^fnaraj, 
denn   avQ^na,   "Aqva    war  der  lyk.  name  von  Xanthos;    s.  art. 
I,  136.    Z.  3  enthält  dann  das  dazu  gehörige  verb  xada'üüt[e] 
3  pl.  ind.  act.,   wie  * pri;inavüte ;   und  wie   dies  auf  ein  nomen 
pry^na  zurückgeht,  so  findet  sich  neben  jenem:  x^^de  Sur.  6. 

Ein  verb,  und  zwar  3  sg.  prs.  ind.  act.  ist  auch  äsäte  in 
z.  4;  s.  St.  X.  W.  45  äsäte  und  Lim.  43,  2: 

sänätäsäte  —  sänä  te  äsäte  „ootis  Tt  mipigei^^; 
im  plural  Rhod.  b,  5: 

sönä  :  täsöte  =  söna  :  te  äsöte  „oinvig  tl  sy.g)eQOvaL". 


Im  folgenden  stelle  ich  die  gefundenen  verbalformen 
zusammen:  die  nicht  sicher  deutbaren  sind  eingeklammert,  die 
in  den  bilinguen  vorkommenden  durch  den  druck  hervorge- 
hoben; die  römischen  zahlen  bezeichnen  die  muthmassliche 
conjugationsclasse  nach  indischem  System: 

Activ: 

Indicativ: 

Prs.  3  sg.    I.  (äsäte);  (oväte) 
IL  tase,  täse 
X.  pr^navate;  komazate;  (sijimcUe)? 


Lykische  Studien.    III.  283 

3  pl.    I.  (äsöte);  (ovöte)  und  (ovüte) 
taute,  tüte,  töte 
II.  tas'^te 
X.  (xadavüte) 
Impf,  3  pl.    I.  (ä)tün-ä  und  (ä)tün-a 
Conjunctiv  3  sg.    I.  teade,  teäde,  tade;  alahade 
X.  tobede;  ttlede 
Optativ  3  sg.  X.  tobäete;  tfläete;  kotnäzäete 
Imperativ  3  sg.  II.  uastto 

Medinm : 

Indicativ: 

Prs.  3  sg.    I.  (tävätä) 
IL  uasttä 
X.  pry.navatä 
3  pl    I.  (tävötä) 
X.  (s7ji'mötä) 
Impf.  3  sg.    I.  (ä)tätö,  fä)tatö(?) 
X.  (ä)pri^navatö 
3  pl.   I.  (äjtütö,  (ä)tüto,  (ä)toto(?) 
X.  (ä)pri(j^navütö 
Conjunctiv  3  sg.    I.  tadö 

Part.  pft.  pass.: 

-na:  x^«a;  prij,na 
-ta:  %yia 

movöfa,  möta. 

Diese  formen  kommen  von  16  verbal  stammen  verschie- 
dener art,  die,  mit  weglassung  der  classencharactere,  sich  etwa 
folgendermassen  ansetzen  lassen: 

1)    tä   (=  idg.  </ö   „geben");    hä  (?  =  idg.  sS   „werfen"?); 
hierzu  die  gelegentlich  erwähnten :  «stö  (p=  idg.j^f^sS 
gen");  %iä    (--  idg.   d'e  /fetzen"); ^^1^  (=  ic 


2)  öv-  (=  idg.  öu   „nehmen"?);    möv-  (=  idg.  meu  „wach- 

sein");  täv- 

3)  äs-(?J 

4)  jf«^=  idg.^^^gj^p^atfgen");  p^r  (?  =  idg,  per  „schütten, 
x-^^^rüUen"?);  ?fä^(=  idg.  (ßäs  „erlöschen") 

5)  Jos  {=  idg.  dök^  „geben") 


284  W.  Deecke 

i/zu   log.  tel  „\^ii^en");    iook  (zu   idg.  dou  „gisben"); 


STTima-      X  ^^'"^       V\  \ 

7)   pv^navä-  „bauen";   xac?ayä-;\Ä;<)^Ma^ä-  „in  die  gemeinde- 
casse  zahlen".  '-^ — ^r***»*..^ 

Was  die  formen  selbst  betrifft,  so  constatierten  wir: 

1)  2  genera  verbi:  das  activ,  theils  transitiv,  theils 
neutral  (wa/?_^ ,  und  das  medium,  beide  in  der  bedeutung  dem 
indischen  und  griechischen  genau  entsprechend. 

2)  4  modi:  indicativ  (act.  u.  med);  conjunctiv  (act. 
u.  med.);  optativ  (act.)  und  imperativ  (act).  Der  gebrauch 
stimmt  wieder  wesentlich  zu  dem  der  verwandten  sprachen, 
besonders  zum  griechischen.  Der  conjunctiv  steht  theils  in 
hypothetischen,  meist  relativen,  Vordersätzen,  gewöhnlich  mit 
tekä  (==  av),  und  wechselt  hier  mit  dem  indicativ,  theils  (ohne 
tekä)  in  befehlenden  oder  wünschenden  nachsätzen,  wo  er  mit 
dem  optativ  und  imperativ  wechselt.  Im  directen  befehlssatze 
steht  der  indicativ;  vgl.  den  deutschen  gebrauch. 

3)  2  tempora:  das  präsens  und  das  einförmige  aug- 
mentpräteritum  oder  imperfectum,  das  aber,  wie  im  ari- 
schen, auch  narrative  bedeutung  hat;  doch  mögen  manche 
formen  auch  als  aoristformen  aufzufassen  sein. 

4)  3  conjugationsclassen:  I.  mit  sogen,  bindevocal: 
öj  ä,  —  =  idg.  o,  e,  — ;  II.  ohne  bindevocal ;  X.  denominative 
contracta  auf  i  mit  bindevocal:  iö,  {ä,  i  =  idg.  io,  ie,  i. 
Einige  verbalthemata  zeigen  ablaut  z.  b.  tä,  tä,  te  oder  t  = 
idg.  dö,  gr.  da-,  do-,  ind.  dt  oder  d. 

5)  an  personen  3  sg.  u.  3  pL,  und  zwar: 
primären  dun  gen: 

act.    3  sg.  -te;  3  pl.  -(n)te,  i^e 
med.    ,,       -tä;     „       -(n)tä 
secundärendungen: 

act.    3  sg.  -(t);  3  pl.  -n(t)-ä 
med.    „       -tö;      „      -(njtö,  igtö 
imperativen  düngen: 
act.    3  sg.  -to. 
Der  conjunctiv  hat  als  charactervocal  ä,  wonach  das  t 
in  d  erweicht  wird. 

Der  optativ  hat  im  sg.  als  charactervocal  S,  aus  «  ent- 
standen. 


Lykische  Studien.    III.  285 

In  die  3  sg.  conj.  med.  ist  die  secimdärendung  einge- 
drungen -ä-dö  (statt  -ä-tä),  in  die  3  sg.  opt.  act.  der  X.  classe 
die  primärendung:  -ete  (st.  -it). 

6)  das  part.  pft.  pass.  in  beiden  bildungen  auf  ^wa  und 
-ta  =  idg.  -no  und  -to. 

7)  coraposita  mit  den  präpositionen  oder  adverbial- 
partikeln : 

'^(?),  nta  oder  'Qiäj  i}tä(e)pe;  s.  lat.  in-,  indü- 
hre,  hrpp(a)e;  s.  gr.  tiqo,  rtgog 
^ä,  äsäpe;  s.  gr.  gx,  e^ 
olit;  s.  d^t^sch  „all-"fS^d.  al^n^?). 

Üass  die  erlangten  resultate  richtig  sind,  aber  auch 
andere  conjugationsclasseu  und  bildungen  vorkommen,  mag 
die  folgende  Zusammenstellung  muthmasslicher  lykischer 
verbalformen  zeigen,  wobei  ich  weniger  sichere  mit  einem 
fragezeichen  versehe: 
3  sg.  prs.  ind.  act. 
jmi^  „elS^llt'W'  St.  X.  N.  5;  7;  9;  s.  sftüte 

slate  St.  X?1sr.  M{Slat[eJ  Ant.  1,  5 

mlate  St.  X.  W.  48;  51;  mlatfej  ebdt.  14 

hbate  Lim.  8,  2 

trhh-ala-hate  Lim.  8,  2 

ökä-pate  „Ey,(prjai",  „edicit"  Lim.  14,  2;  Myr.  4,  2 

hü-xuate  Sur.  4 

zazaie  St.  X.  N.  35;  W.  32 
pahrate  St.  X.  S.  46;  vgl.  ind.  p)ihati 
pohrate  St.  X.  N.  62 
xexhate  St,  X.  N.  36 

asate?  Ant.  1,  8;  s.  asäte,  äsöte 

penafe  St.  X.  N.  37 

smmate  Sur.  7;  X.  4,  4;  s.  ob, 

sümate  St,  X.  S.  48 

slümate  St.  X.  N.  41  (s.  44) 

movate  St.  X.  N.  56;  s.  movötö  (mötö) 

pri^navate  s.  ob, 

komazate  Sur.  6;  s.  ob. 

mrsxxate  St.  X.  W,  24 

Boitrilgp  z.  Icunde  d.  indg.  sprnchen.    XIII,  20 


286  W.  Deecke 

ätreiadate{?)  Ant.  1,  3;  s.  treia  ==  lat.  „tria"  X.  8,  2. 

^näte  Lim.  8,  2  * 

asäte  St.  X.  0.  37 

äsäte  s.  ob. 

oväte  St.  X.  N.  39;  W.  7;  om^/^e/  Lim.  32,  2;  s.  owYe 

hre-i-är-oväte  Lim.  9,  2 

uan-oväte  Lim.  12,  3 
kenlätfej?  Ant.  1,  7 
^oÄ;ä^e  St.  X.  N.  47 
^owYe  Myr.  4,  4;  s.  tovätä  u.  s.  w. 
^oe;ä^e?  St.  X.  N.  9—10 
säiäte  St.  X.  0.  42 
peißte  St.  X.  W.  37;  s.  peheiäte 
pebeißte  „er  bestimmt"  Rhod.  a  3;  a  5;  St.  X.  0.44  (s.  pehe 

St.  X.  N.  43);  vgl.  pabrate 
noneßte  St.  X.  W.  65;  s.  nonete 
tetbäte  Ant.  1,  2;  s.  %e%bate 

tätbäte  St.  X.  W.  33;  s.  zazate 

zete  St.  X.  W.  47  (s.  W.  8) 
pzzete  St.  X.  N.  42;  W.  16 
ä..prete?  St.  X.  N.  14 
zbaletfej  St.  X.  W.  20 
koprete  St.  X.  N.  48 
zruuete  St.  X.  N.  45 
ätruueffej?  St.  X.  W.  1 
trbbönete?  St.  X.  W.  64 
nonete  St.  X.  W.  59;  s.  noneiäte 
kekekete  Ant.  1,  5 

'Q.tä-xoltte  Sur.  5 
tostte{^)  St.  X.  W.  21 
säclätte(?)  Lim.  13,  6 

tosß;  ifäse;  8.  ob. 

3  pl.  prs.  ind.  act. 

'i^täpe-tas'^te   s.   ob. 

uüxfte{^)    Lim.  42,^5;    Myr.  5,  4;    6,  5;  Rhd.  b,  5 

gm?fH^siel^l>fa»M^au1*VSt.  X.  0.  35;  s.  sttate 


^fej^le>fehfa»^^>Sgt.  X.  0.  35; 
Uüte^.  X.  S.  44;  8.  Mate 
pddüfe{?)  St.  X.  N.  5 


Lykische  Studien.    III.  287 

taufe,  tüte,  töte  s.  ob. 
yta-küte  Sur.  2;  s.  trbb-ala-hate 
paUüte  Myr.  5,  5;  s.  pahrate 
kexrüte  Ant.  1,  7 

äsöYe  s.  ob. 

ovöte,  ovüte  s.  ob.;  '^tövüfe  =  '^tä-ovüte  Lira.  11,  2 
Icmmöte  (?)  St.  X.  W.  64 
mloxxüte  St.  X.  W.  61 
uälönöte  Ant.  1,  8 
fmpävöte  St.  X.  N.  59;  W.  57 
xadavütfej  s.  ob. 
3  sg.  conj.  act. 
teade,  teäde,  tade  s.  ob. 

ala-hade  Lim.  14,  3;  36,  2;  Ant.  2,  2  „avyxsr]";   s.  ala-hate, 
'^tä-hüte 

ala-hade-te  (==  rt)  Ant.  4,  7;  Lim.  4,  4 
hre-ala-hade-te  Lim.  13,  5  (contrahiert  hre-alade-te) 
hrebäovälahadete  ==  hre-äbä-ovä-cda-hade-te  Lim.  2  8, 
^/ä  ;  Are  ala-hade  Lim.  5,  2 
[ovälajhade  =  ovä-ala-Jiade  ?  Lim.  14,  3 — 4. 
äre-dade  Ant.  2,  5 

Xttbade?  Rhod.  b  2  (neben  ^eÄ;ä);  s.  aber  St.  X.  0.  10 
äpv.-fesäde  Ant.  2,  6 
io6ec?e  s.  ob. 
tüede  s.  ob. 
3  sg.  opt.  act. 
tobäete  s.  ob. 
ttläete  s.  ob. 

komäzäefe  s.  ob.  u.  vgl.  komazate 
monaete?  Myr.  6,  3;  s.  monäeta  St.  X.  0.  20 
3  pl.  impf.  act. 
(ä)tünä,  tüna  s.  ob. 
tabüna  St.  X.  S.  47 

täbüna  St.  X.  S.  50;  s.  tähätä 
ävönä  St.  X.  W.  20;  s.  avatä 
3  sg.  prs.  ind.  med. 
präfä  St.  X.  N.  52 
uasttä  St.  X.  S.  42 
asffä  St.  X.  0.  50 

20* 


288  W.  Deecke 

sä-i-ästtä  St.  X.  0.  2 
päräp'^n-ästtä  St.  X.  W.  51 

resttä  Sur.  3 

Xesttä  St.  X.  S.  24;  27;  s.  x^^stte 

avatä  St.  X.  N.  49;  s.  ävönä 

mavatä  St.  X.  N.  46 

pr'i^navatä  s.  ob. 

täbäiä  Lim.  16  b,  3;  St.  X.  S.  39;  43;  s.  tabüna 

tävätä  St.  X.  W.  10;  s.  ob.  u.  tävötä 

tovätä?  St.  X.  S.  14;  15;  s.  toväte,  tövätö 

ömovätä  Ant.  1,  2 

odretä?  Ant.  1,  3 
3  pl.  prs.  ind.  med. 

smmötä  St.  X.  W.  60;  s.  ob.  u.  smmate 

tävötä  St.  X.  S.  48;  s.  ob.  u.  tävätä 

äsbötä?  St.  X.  N.  10 

ovälütä  St.  X.  W.  55 

zxxütä'^  St.  X.  N.  3 
3  sg.  conj.  med. 

yiadö,  '^tatadö  s.  ob. 

äp'Q,podö  Kyan.  1,  5 ;  s.  äp'Q. :  poy.tö 
3  sg.  impf.  ind.  med. 

(äjpry.navatö  s.  ob. 

Xrbblatü  St.  X.  N.  63 

zbäiö  St.  X.  S.  28;  8.  hbate 

i^ta-tätö  s.  ob. 

(ä)töväiö  St.  X.  0.  51 ;  s.  toväte,  tovätä 
(ä)toväto'^  Myr.  4,  4 

tMätö"^  St.  X.  S.  49 

(o)otätö  St.  X.  N.  57 

(äjpeiätö  „er  bestimmte"  7 mal;  s.  pebeiäte,  peiölö 

ähätö?  Lim.  43,  1 
3  pl.  impf.  ind.  med. 

(ä)pry,naimtö  s.  ob. 

y.tä-tütö,  hrppe-tüto  u.  s.  w.,  s.  ob. 

y.tä-vütü  Rhod.  a  4;  s.  t^tövüte 

obohütö  St.  X.  N.  4 

(äjpexötö  Ant.  4,  2  (s.  peiätö)  „sie  bestimmten" 

üpy.-pot^tü  Lira.  17  b,  2;  s.  iip^-podö 


Lykische  studieii.    III.  289 

3  8g.  imper.  aci 
uasito  s.  ob. 

part.  pft.  pass. 
pry,na  s.  ob. 
X^wa  s.  ob. 
XQ-ta  8.  ob. 

kähe-x'^/a  St.  X.  N.  13 
oha-zata    „goldgeschlagen"    (münzname)    Rhod.  b,    7    u.    11; 

Sur.  5;  St.  X.  0.  45 
rnima-zata  „silbergeschlagen"  (desgl.)  Lim.  36,  4 
ortto  St.  X.  W.  50 

orio  St.  X.  W.  12;  s.  24  u.  63 

rito  Lim.  36,  2 

h-ortio-  X.  3,  3;  s.  art.  I,  149. 
movötö,  mötö  (acc.)  s.  ob.  ^^steqov"' 
peiato  (acc.)  Ant.  4,  2  „bestimmt";  s.  peidiö 
zadato?  Lim.  36,  4 

Buchsweiler.  W.  Deecke. 


Avestä  cinvat-ustänem. 

Darmesteter  (E.  J.  2,  145)  ist  in  der  erklärung  von  ein 
in  Verbindung  mit  ustäna  zur  traditionellen  Übersetzung  zurück- 
gekehrt. Die  einheimische  tradition  ist  mit  ihrer  Übersetzung 
von  cinanh  durch  kämak  im  recht,  die  „tradition  in  Europa" 
aber  ist  wiederum  zu  befangen  in  den  worten.  Richtig,  nicht 
wie  bei  Darmesteter,  konstruiert  müssen  in  Y.  12,  3  die  asto 
und  uMänahe  cinmdni  zu  den  verpönten  dingen  gehören;  die 
liebe  zum  leben  passt  also  nicht,  ein  bedeutet  nicht  „lieben" 
sondern  begehren  i),  trachten  nach,  asto — ,ustdnohyä  cinman 
ist  das  ,,trachten  nach  leib  und  leben",  ustänö-cinahya 
Yt.  19,  48  „weil  ihm  nach  dem  leben  getrachtet  wurde,  bei 
der  bedrohung  seines  lebens",  eine  adverbialbildung  mit  ya  oder 
loc.  8g.  von  cinanh,  wie  aipya  von  ap.  Endlich  sind  Vd.  18,  5 
die    Worte    y6    saete    haurväm    tarasca    khSapanem    ayazemnö 

^)  So  in  shaetocinanh  u.  a.  w.  Vd.  4,  44.  '^)  Cf.  astvantem  ustdnem 
„das  mit  einem  knochengerüst  (=  leib)  versehene  leben"  (seele).  Ueber 
das  thema  ast  vgl.  Euhn's  zt.  25,  585  und  Bartholomae,  Ar.  f.  2,  112. 


290  K.  Geldner    Avestä  cinvat-ustänem. 

asrdvayo  amaro  everezyo  asikhso  asacayo  jayäi  cinvat-ustänem 
zu  übersetzen:  „wer  die  ganze  nacht  über  faulenzt  ohne  zu 
opfern  ohne  zu  beten  ohne  zu  repetieren,  ohne  (das  gelernte)  anzu- 
wenden, ohne  zu  lernen  ohne  zu  lesen,  um  den,  der  ihm  nach 
dem  leben  trachtet  (den  Bösen)  zu  besiegen  — "  jayäi  zu 
jayaM,  skr.  jaya  wie  Justi.  cinvat-ustdna  ist  ein  compositum 
wie  vidadvasu  und  synon.  von  ahumerenc-.  Vd.  18,  5 — 6  ist  das 
parsische:  wachet  und  betet,  dass  ihr  nicht  in  anfechtung  fallet. 

K.  Geldner. 


Syntaktische  bemerkungen. 

1.  Dass  sich  adverbielle  accusative  wie  xomov  xov  tqotvov, 
i/iirjv  x^Qiv  u.  (\g\.  ausser  im  Avesta  (Hübschmann  Casuslehre 
s.  202)  auch  im  Althochdeutschen  finden,  scheint  mir  noch 
nicht  ausgesprochen  zu  sein.  Ich  gebe  deshalb  für  diese  con- 
struction  folgende  belege:  the  min  an  will  an  imo  ce  scadhen 
werdhen  „die  ihm  nach  meinem  willen  zu  schaden  ge- 
reichen können"  Müllen  hoff  und  Scherer  Denkm.»  no.  LXVII 
20,  min  an  uuillun  fruma  frummenti  „nach  meinem  willen 
den  vorteil  befördernd"  das.  no.  LXVIII  2  (vgl.  s.  542),  umha 
alla  die  dieder  cheinnin  wisun  vonna  m,ir  giwirsirit  ... 
wurfin  „  ...  welche  auf  irgend  eine  weise  von  mir  geärgert 
sind"  das.no.  LXXXIII  58.  —  Ueber  die  stelle  RV.  1 32,  8:  naddm 
nä  bhinndm  amuya  gäyänam  mdno  rühänä  dti  yanty  apah,  an 
welcher  mdnas  adverbiell  gebraucht  zu  sein  scheint,  vgl.  Pischel 
ZDMG.  XXXV  717. 

2.  Jacob  Grimm  lehrt  Gram.  IV  383:  „Der  vocativ 
[also]  erträgt  keinen  artikel,  und  wo  er  ihn  in  jüngeren 
sprachen  annimmt,  da  liegt  eine  Vertretung  der  zweiten  person 
durch  die  dritte  zum  gründe".  Im  gegensatz  hierzu  nehme 
ich  an,  dass  die  Verbindung  des  vokativs  mit  dem  artikel,  bez. 
einem  pronomen  demonstr.  uralt  und  sogar  uralte  regel  ist, 
und  dass  das  gesetz,  nach  welchem  ein  mit  einem  vokativ  ver- 
bundenes adjektiv  im  Germanischen  in  der  schwachen,  in  den 
lituslavischen  sprachen  in  der  definiten  form  erscheint  —  vgl. 
got.  laisari  piu^eiga  „guter  lehrer!",  ahd.  druhtln  guato 
,,guter  herr!",    lit.   miftrai  gera/is   „guter   meister!",    lett. 


A.  Bezzenbergor     Syntaktische  bemerkungen.  291 

tniiä  mäsa  „liebe  Schwester!'*,  ksl.  dohryj  rahe  „guter 
knecht!"  —  nur  eine  folge  jener  regel  ist.  In  den  veden  ist 
jene  Verbindung  bekanntlich  überaus  häufig,  vgl.  z.  b.  sä  no 
vrsann  amüm  aar  um  . ..  dpa  vrdhi  „o  unser  gewaltiger!  decke 
auf  jenen  topf"  RV.  I  7,  6,  sä  nah  pävaka  dldivö  'gne 
devdn  iha  vaha  „o  unser  leuchtender  reiniger!  Agni!  bring  die 
götter  her"  das.  12,  10,  und  solchen  stellen  tritt  an.  konan 
„0  weib!"  oder  hundarnir  „hunde!"  (Cleasby-Vigfusson 
unter  hinn),  sowie  laisari  ßiußelga  u.  s.  w.  unmittelbar  zur 
Seite.  Die  syntaktische  gleichwertigkeit  des  letzteren  und  der 
angeführten  vedischen  Wendungen  wird  vollends  klar,  wenn  man 
die  alt-  und  mittelhochdeutschen  fälle  berücksichtigt,  in  welchen 
zu  einem  vokativischen  schwachen  adjektiv  pleonastisch  der 
artikel  hinzugefügt  ist:  „cur  sedes''  infit  „Otdo  ther  unsar 
keisar  guodo?"  ,,Otto!  unser  guter  kaiser!"  (Müllen  ho  ff 
und  Scherer  a.  o.  no.  XVIII  6),  druhtin  min  ther  guato 
„mein  guter  herr!"  (Erdmann  Syntax  Otfrids  II  60),  der 
bezziste  got  „piissime  deus!"  (Grimm  a.  o.  s.  561). 

Dass  von  den  hier  behandelten  ausdrücken  griech.  c3  dv- 
ÖQ€g  Ol  TtaqövTeg  (Krüger  Griech.  sprachl.  I  2  s.  14,  II  2 
s.  7)  nicht  verschieden  ist,  liegt  auf  der  band;  ebenso  ihre 
verwantschaft  mit  ved.  sd  tvdm,  tdm  tvä  u.  dgl. 

Ä.  ßezzenberger. 


Indogermanisch  ger. 

I.  ger  schwingen. 
Wie  brütus  schwerfällig,  brütum  pondus,  lett.  grüts, 
ßctqvg,  ßgid^io  etc.  zu  lit.-lett.  grü-  stürzen,  lat.  con-  in-gruo 
(Fick  o.  2,  188),  so  verhält  sich  Tänd.  br.  8,  5,  2  purogurur 
vajrah,  II v.  8,  47,  7  tgdjo  gurü,  1,  147,  4  mdntro  guruh  (der 
auf  jmd.  geworfene  fluch)  zu  Ts.  2,  6,  2,  6  väj'ram  apagurya 
(den  V.  zückend),  Rv.  5,  32,  6  (indro  vrtrdmj  uccair^)  apa- 
gurya 3)  jaghäna ,  Ts.  4,  5,  9,  2  apagurdmänäya  (sich  werfend 

^)  2,  30,  5  dva  ksipa  divö  dfmänam  ucca,  10,  68,  4  avaksipänn  arkd 
ulkäm  iva  dyöh,  Megh.  64  uccair  viksip-;  qv.  Agr.  9,  7,  9.  10  scb.  ut- 
ksipya  apa-,  avagurayann  iva.  Vgl.  Mbh.  7,  4028  paktim  dorbhyäm 
äyamya  (ausholend)  ciksepa.      *)   Die  entwicklung  von  „schlingen"  aus 


292  W.  Neisser 

auf  — ,  auslegend  mit  der  waffe)  ca  ahJiighnate  ca  (rudraya), 
Ts.  2,  6,  10,  2  yo  apaguratai,  yö  nihdmit;  brähmanäya  nd  dpa 
gureta,  nä  ni  hanyät.     Manu  4,   169.    11,  206.  208. 

Ehe  man  die  waife  entsendet,  schwingt  man  sie  wohl  hoch ; 
80  kann  nd  gur  statt  apa  gur  vaj'ram  stehen.  Das  können 
wir  reconstruiren ,  wenn  wir  die  glosse  ugra  =  udgürna  (Säy. 
zu  10,  109,  1)  benützend  1,  152,  2  zu  (väjro)  hanti :  udgürnak 
subintelligiren.  So  udgtir-  Vs.  16,  46  für  apagur-  Ts.  4,  5, 
9,  2  (s.  0.);  udgur-  vom  angriff  Yäjfi.  2,  215  wie  oben  apa-, 
avagur-;  udgur  d.  arm^  stock  etc.  schwingen  öfter.  Comm. 
(z.  b.  Mahidh.  zu  Vs.  11,  77)  erläutern  durch  ud  yam. 

Die  identität  von  gur  schwingen,  spec.  auch  herab - 
schwingen  mit  ßdlXta^)  ergibt  sich  von  selbst.  Interessant 
ist  die  Übereinstimmung  von  z/  16  cpilorrjTa  ^sz  a/ng)OTSQOiaL 
ßäliofiev,  avfißolov  vertrag,  avjiißdllsad^ai  (absol.  oder  ti, 
z.  b.  ^€viav)  vertrag  seh  Hessen  mit  scr.  samgard  vertrag, 
4,  25,  7  nd  panlnä  sakhydm  indrah  sdmgrnlte,  9,  86,  16  säkhä 
säkhyur  nd  prd  minäti  sarhgiram ,  10,  89,  9  (amiträh)  prä 
minanti  samgirah.  Vgl.  noch  Av.  6,  71,  3.  119,  1  (PW.) 
adäsyan  (ohne  geben  zu  wollen)  sdrhgrnämi;  class.  samgirate. 
Ich  vermute,  dass  samgir  „handschlag"  bedeutete,  * sämgirati 
(=  sdrhsrjati)  „die  bände,  viell.  auch  die  Unterpfänder  ver- 
einigen". —  In  formeller  hinsieht  bemerke  ich,  dass  nur  ein 
praes.  doqioiov  wie  *girä  ^)  den  moment  des  handschlags 
characterisiren  konnte,  nicht  grnä.  Nachdem  samgir  zum  durch 
handschlag  geschlossenen  vertrag  geworden,  war  es  ^frriä  „gut- 
heissen"  begrifflich  nahe  und  nahm  dessen  form  an. 

Da  udyam  vom  erheben  der  stimme  gebraucht  wird,  8, 
101,  7.  9,  103,  1,  so  ist  udgur  in  demselben  sinn  vorauszusetzen. 
Statt  seiner  ist  das  simplex  zu  belegen,  denn  gürtdvacas  10,  61,  1.2 
scheint  ganz  ==  udyatavacas  zu  sein,  vgl.  auch  1,  173,  2  prd 
gürta  mandm  und  Av.  5,  20,  4  vdcam  a  gurasva,  5  vdcam  prd- 

,, herabstürzen"  wird  durch  5,  29,  4  illustrirt:  jigartim  dpajarguränah 
„den  schlinger  in  den  Schlund  stürzend"  (neben  han,  wie  in  allen  ob. 
beisp.).  Vgl.  auch  10,  108,  \  jägurir  ddhvä  der  tief  abstürzende  weg 
zu   den  pani;    5,  40,  7   ni  gärtt   werfe  nieder,   nijür  vfkasya  u.  a. 

*)  Das  med.  des  udgur  synonymen  udyam  ist  =  dvaßaXXofjcti  sus- 
cipio  (werfe   mir  auf  die   schulter).  *)   *girä   ßaU  neben  gurd 

„schwingen"  wie  gird  „schlingen"  neben  gur  dass. 


Indogermanisch  ger.  293 

yatäm.  (jur  „tönen"  scheint  also  mit  yur  „schwingen"  identisch. 
Auch  wird  das  siraplex  yam  in  bezug  auf  schall  gebraucht, 
PW.  8):  7,  23,  2  ayämi  ghösah,  auch  7,  64,  5  stömah.  Das 
hieraus  unmittelbar  zu  folgernde  *  agäri  ghösah  schlägt  die 
brücke  zu  jarä  (ruf),  gir,  y^Qvg  etc. 

Also  ger  tönen,  reden  ist  mit  ger  schwingen  identisch.  \ 

Nun  bedeuten  sämratliche  zu  jener  wurzel  gehörenden  worte 
auch  „ehren"  (PW. ,  Fick);  teils  in  worten  ehren,  teils  prak- 
tisch durch  gaben  etc.  Dass  letzteres  kein  secundärer  begriff 
ist  —  ihn  enthält  auch  guru  wem  ehre  gebührt  —  versteht 
sich  von  selbst.  Ist  nun  ehren  mit  sprechen  im  letzten 
gründe  identisch,  keines  von  beiden  aber  die  quelle  des  anderen, 
so  folgt,  dass  beide  selbständig  aus  gemeinsamem  boden  er- 
standen. Grundbedeutung  von  sprechen  war  ,, schwingen"; 
folglich  niuss  dies  auch  die  grundbedeutung  von  „erhöhen" 
sein,  auf  welches  letztere,  wie  Grassmann  (1.  gir)  erkannte, 
„ehren"  zurückgeht,  (/«/.r?*  hochgeehrt  also  hiess  einst  „empor- 
geschwungen". Dies  ist  nicht  überraschend;  denn  auch  in  gurü 
tief  ist  die  vox  media  „schwingen"  in  einer  bestimmten  rich- 
tung  specialisirt. 

Die  folgenden  belege  beweisen  1)  dass  ein  nicht  aus 
„sprechen"  abgeleitetes  ger  „ehren"  im  Skr.  existirt,  2)  dass 
der  begriff  „rühmen"  auf  ,, sprechen"  ebenso  wenig  wie  auf 
„ehren"  einseitig  zurück  zu  führen  ist,  dass  an  ihm  beide  be- 
deutungen  gleichen  anteil  haben. 
ger  erhöhen. 
A.    ehren. 

Rv.  7,  67,  10  uns  schaffet  kostbarkeiten ,  und  ehre  (so 
auch  Ludw.)  den  vornehmen  herren^),  6,  12,  4  mit  opfern 
ward  Agni,  wie  ein  vater,  geehrt*)  (Ludw.  Gr.);  gurü  wem 
ehre  gebührt,  vater,  mutter  etc.  (ausser  dem  letzten  beispiele 
vgl.  10,  23,  5  piteva  neben  grnlmasij  ferner  nadyäh  1,  158,  5 
mätrtamähj  10,  95,  7  svdgürtäk;  lit.  mamuzele  garbuzele);  1, 
186,  3  arigüridh  süHh  (von  menschen  auf  den  gott  übertragen 


»)  5,  86,  6  sürisu  crävo  hrhät  (8,  13,  12.  7,  81,  6.  7,  34,  18;  auch 
9,  98,  8),  rayirh  grnütsu.  9,  84,  1  V)ittet  der  sänger  erst  um  eigenes 
glück,  dann  dass  den  himmlischen  sQri's  ehre  erwiesen  werde:  (soma) 
grmhi  daivyam  Jdnani,  ')  Der  accent  von  järayd-  erklärt  sich  daraus, 
dass  es  für  j'aräyd-  steht,  wie  pävakä  inr  paväka.  *jaräyd  :  grnä  =  a^äyä  : 
acnä. 


294  W.  Neisser 

vgl.  jaratam  süri'n  des  ersten  beisp.  sowie  das  yegag  der  dgi- 
atfjeg),  1,  61,  9  svardl  indro  (v.  3  süris)  däma  ä  vigvdgürtah 
(von  jedem  geehrt),  so  8,  70,  3  und  1,  180,  2  vigvagürti  (aller 
ehren  teilhaft,  agvinau);  1,  140,  13.  10,  95,  7  svdgürtäh  (vgl. 
7,  85,  3  svdyagasa  opak),  sindhavah,  nadydh.  —  gürta  in  ehren 
stehend,  gratus:   isas  1,  167,  1,  Qarddas  4,  19,  8  (cf,  suprksas 

7,  37,  7)  1),  gürtavasu,  rddhogürta  u.  ähnl. 

1,  54,  7  abhi  grnäti  (sürir)  ukfhä  radhasa,  so  1,  100,  17  2). 
10,  7,  2  2)    (cf.  5,  27,  3),    von  göttern»)  2,  9,  4  2).    1,  48,  14. 

8,  81,  5;  ohne  rädhasa,  v.  göttern,  1,  15,  3.  140,  13.  3,  6,  10. 
10,  5,  6;  5,  41,  19;  10,  47,  8.  139,  5.  Vs.  2,  18.  14,  2.  4: 
ehren,  honoriren.  Oder  da  jedes  factitivum,  entsprechend 
dem  declarativen  gebrauch  hebräischer  fact.,  „behandeln,  aner- 
kennen als"  bedeuten  kann,  als  ehrenwert  anerkennen 
(gut  finden). 

8,  75,  10  ndmas  te  agne  grnanti  erweisen  tmno  gürtdm, 
bewähren  das  von  dir  hochgeschätzte  n.  —  4,  34,  10  rätim 
grnanti  (sürdyah)  erweisen  rät im  gürtäm,  bewähren  hohe 
huld.  —  7,  56,  18  räthk  grnänäh  hohe  huld  sich  erweisen 
lassend.  1,  181,  9  grnändh  (ohne  rätim)  angenehmes  sich 
erw.  lassend  ^). 

3,  52,  2  ptirolagam  d  gurasva  lasse   dir  p.   verehren:    *ä 
grnimasi  wir  machen  dir  zur  ehre,  dir  annehmbar. 
B.   die  stimme  erheben. 

Im  ritual:  prati  (pratyä,  anu)  grnä,  Ait.  br.  6,  13,  2  sam- 
prayirya,  Rv.  1,  173,  2  prd  mandm  gürta  (6,  63,  4  c)  hötä 
coelo  misit,  10,  61,  1.  2  gürtavacas^)  mit  lautem,  feierl.  wort, 
1,  142,  8  jugurvdnl  hötärä. 

')  Das  scheint  natürlicher  als  in  gürtäh  ein  zu  maso  jaranta  ge- 
höriges part.  zu  sehen.  ^)  rädhah  im  stollenschluss  st.  rädhasä. 
^)  Vs.  6,  34  äpo  radhogürtäh.  *)  In  den  zwei  letzten  beisp.  sowie  in 
dem  ersten  klingt  ,, sprechen"  mit  an:  zu  ndmo  grnanti  vgl.  ],  114,  11 
avocäma  ndmas,  5,  73,  10  hrhäd  nämas;  u,  in  jenen  beisp.  grnä  neben 
hü  wie  1,  64,  12.  Hier  sind  die  hötäras  subj.;  in  dem  zweiten  beisp. 
aber  die  süräyas,  die  nicht  reden,  sondern  handeln.  Ich  halte  Lud- 
wigs (Coram.  1,  168)  Übersetzung  ,. zusagen"  durch  rädhogürta,  rädhasä 
abhi  grnä  für  widerlegt.  Daraus  folgt,  dass  auch  in  den  ob.  hotar- 
stellen  sprechen  untergeordnet,  von  hohen  dingen  sprechen  haupt- 
begrifi  ist.  grnä  ndmas  ist  «ac  brhdd  namas,  und  ^rnä  neben  Am  enthält 
des  letzteren  motiv:  „die  räti  als  eine  mir  gürtä  anerkennend  rufe  ich", 
»j  Vgl.  fäsat  3,  31,  1. 


Indogermanisch  ger.  ^  295 

Mit  rücksicht  auf  daivlm  ist  auch  Av.  5,  20,  4  ä  gurasva 
väcam  gewählt. 

Profane  rede:  yir  spräche,  stimnae,  samagirat  „tat  einen 
ausspruch"  Dagak. ,  grnä  in  Bhäg.  p.  —  Jalp  (sprechen)  ep. 
class.  gewöhnl. 

— ^ — .    durch  laute  rede   ehren. 

indoer.  gf  preis,  jarHar ,  ä  gf  verehrend  anreden,  grnä 
preisen,  skr.  gürti  (9,  105,  1.    10,  61,  15  neben  yaj),  svdgürta 

4,  19,  10  hochberühmt,  gürdhaya,  praes.  jara-, 

1,  147,  2  sprlichwörtl.  piyati  tvo  dnu  tvo  grnäti  der  eine 
schimpft,  der  andere  gibt  gute  worte.  Mbh.  abhijalpa-  zu  etw. 
raten  (durch  worte  als  ehrenwert  anerkennen). 

Die  gleichung  ßovXeraL  =  gurdte  i)  bedarf  nach  obigem 
nicht  ausführlicher  begründung.  ßovXeo&ai  (vgl.  Buttmann 
Lexil.  1,  26)  ist  gefallen  an  etwas  finden,  sich  gefallen 
lassen,  (rätim)  grnänds  „als  gürtä  anerkennend"  ist  genau 
ßovX6(.ievog.  Setzt  man  grnänas  in  die  activconstr.  um,  so  er- 
gibt sich  rätim  grnanti  deväh  (welches  aus  r.  g.  sardyah  auch 
direct  gefolgert  werden  konnte,  da  deväh  ==  divyä  sürayah): 
Zsvg  vIyjtjv  ßovXofuvog,  das  yegag  des  sieges  verleihend.  Zu 
ßovXrj  ßovXsviü  vgl.  abhij'alp. 

IL    ger  empor-,   antreiben 

scheint  idg.  specialisirung  des  vorigen.  Es  ist  jede  lebhafte 
bewegung,  durch  inneren  oder  äusseren  impuls  hervorgerufen: 
treiben  (intr.),  laufen;  fliegen;  strömen;  in  schwung,  erregt, 
munter  sein;  sich  mühen,  arbeiten.  —  Speciell  ist  es  das 
erste  rühren  der  glieder,  vom  lager  springen,  aufsein, 
nach  Wiederkehr  des  bewusstseins  (hodh)  und  bezeichnet,  als 
pars   pro   toto,    schon    idg.  erwa'chen   schlechthin 2).     Oefters 

^)    Brugmann   bei    Saussure   Mem.  265.  ^)   4,   51,   8  jarante 

budhänas,  7,  68,  9  jarate  budhänäs,  7,  73,  3  prdti  abodhi  järamänah  (7, 
81,  3  präti  abhutsmahi  jlrah),  7,  78,  2  präti  jarante,  5  prdti  budhanta. 
An   der  dritten  stelle  gehört  stömais   zu   abodhi  wie  4,  52,  4.    7,  80,   1. 

5,  14,  1.   7,  44,  2.   4,  28,  8.    7,  72,  3.    8,  79,  16.    Ebenso  an  der  zweiten 
süktais    zu    biidh.    —    Ts.  7,  1,   19,  2    sam   mtl   svap ,    bodh  jar.    —   jar 
„wachen"    ist  etwa  anzunehmen    1,  123,   5b.    7,  76,  6d    (Usas).     7,  b?7l" 
präti  jar  apvinä,  5,  80,  1.    7,  78,  2  präti  jar  usasam,  an  allen  stellen  aber 
zugleich  mit  dem  begriff  des  sich  rührens   und  der  tätigkeit.  —  Zu  den 


296  W.  Neisser 

entsprechen  sich  daher  an  parallelstellen  hodh  und  jar ;  näher 
aber  steht  der  grundbedeutung  des  letzteren  ar  Ir.  usaso 
jarante  =.  oriuntur,  das  morgenrot  schiesst  am  himmel  auf, 
eig.  wird  aus  dem  himmel,  4,  51,  8  rtdsya  sddanät,  hervor- 
getrieben, vgl.  (bei  Bechtel  Sinnl.  wahrn.  106)  ßdXXovrai 
dxvlveg.  Ich  stelle  im  folg.  belege  voran,  in  denen  das  „empor" 
bes.  mächtig  und  elementar  sinnliche  anschauung  herrschend  ist. 

8,  2,  12  die  somäs  wollen  in  die  höhe  (aus  dem  magen), 
9,  110,  3  der  sömo  gojirah  bringt  die  milch  in  aufruhr  (PW. 
s.  jlra);  die  somasteine  werden  in  die  höhe  gerichtet  und  ge- 
schwungen, 2,  39,  1  jarante  grävänas,  5,  31,  12  grävä  ydsya 
jirdm  adhvaryävag  cäranti;  der  stein  ist  der  leblose  sotar,  der 
lebende  treibt  sich  selbst  zur  arbeit,  7,  92,  2  prä  sota  jlrö 
adhvaresu  asthät  vgl.  10,  36,  Q  jird-adhvara,  5,  37,  2  yuktd- 
yravä  sufdsomo  jaräte,  4,  45,  5  *jarate  adhvaryüh,  parall. 
jarante  agndyah,  zu  erschliessen  durch  vergleichung  von  iardnir 
vicaksandh  mit  9,  97,  2  d  jägrvir  vicaksanäh. 

2,  39,  Id  dütö  jarate  (durch  du,  etym.  „schiessen",  wird 
er  „geschleudert",  getrieben),  1,  44,  \l  jirö^)  dütds,  7,  73,  3 
jdramänah  grustiveva  presitah;  7,  67,  1  der  böte  muss  leute 
holen  (jigar). 

Die  heerde  wird  dem  pferch  entsendet,  die  hengste  werden 
entfesselt  4,  51,  8  gdräm  sdrgä  jarante,  9,  66,  25  asrksata 
jirdh,  vgl.  1,  135,  9  uksdno  j'iräh,  jird-agva- ,  8,  81,  9  indrasya 
vajä  maksu  jarante,  8,  5,  36  mrgdm  jägrvansam  (sich  umher- 
treibend; zw.  mrgäs  und  den  unterwegs  befindlichen  A^vin  ist 
jar  tert.  compar.  10,  40,  3.  4);  transit.  1,  48,  3  j'lrä  rdthänäm 
{jardyanti  v.  5). 

in  den  Wörterbuch ei-n  anerkannten  stellen  hat  Gr.  Uebers.  noch  2,23,6. 
3,  41,  7.  7,  68,  9.  7,  9,  6  gefügt.  Nur  sei  bemerkt,  dass  ^ar,  wie  bei 
seiner  grundbedeutung  selbstverständlich,  nie  ,,sich  nähern,  herbei- 
kommen" ist.  —  Noch  sei,  mit  ehren,  Bollensen  genannt,  der  Gr.  u.  occ. 
2,  463  zuerst  jara-  m\i  jardya- jägar  jigar  combinirte,  und  hinzugefügt, 
dass  Ludwig  (üebers.)  und  Whitney  (Wurzeln  55)  die  existenz  eben 
dieses  jara-  nicht  anerkennen.  —  jlra  „kümmel"  ist  nicht  identisch  mit 
ved.  jira,  sondern  gehört  zu  jar  ,, verdauen",  s.  jarana  in  PW. 

^)  jt-i  von  dem  jTra  abzuleiten  man  zuerst  versucht  ist,  bezeichnet  die 
Schnelligkeit  als  in  der  lebenskraft  wurzelnd,  jinva-  ist  schnell  bewegen, 
aus  voller  kraft  oder  andere  kräftigend.  Es  ist  jardya  mit  der  idee  des 
glucks.  Es  enthält  vrdhe.  Doch  der  böte  des  vornehmen  mannes  ist 
nicht  glücklich.    Er  trabt  hierhin  und  dorthin. 


Indogermanisch  ger.  297 

2,  39,  1  grdhrä  jarante  geier  schwingen  sich  auf  den 
bäum:  10,  34,  1.  4  jagrvir  agrdhat,  der  im  spiele  fliegende 
Würfel. 

Die  floUen  hengste  als  bild  der  flutenden  somäs 
nahmen  wir  voraus  (9,  66,  25).  Auch  soninü  jar  „fliessen" 
(cf.  syand  „rennen,  rinnen"):  9,  106,  4  dhanva  Jagrvih, 
36,  2  pavasva  j.,  107,  6  punänoj.,  12  sindhur  nd  -.-  j.,  97,  2 
y.  devdvltau,  44,  3  eti  devesu  j.,  vicarsanih^).  jlrädänu  (cf. 
pinvate  dänuh)  mit  strömendem  nass:  soma,  regen,  Parjanya 
etc.;  2,  17,  3.  3,  51,  b^)  Jlrdyas  =  äpas ;  j'dla  ntr.,  galad  arru 
ßaXXöfxevov  ödxQv^). 

Agni  ist  in  jeder  phaseyö^m".  Er  erwacht*),  wie  wenn  er 
beseelt  wäre ,  und  fängt  an  sich  zu  rühren ,  j'arate  säiniddhah, 
ajigar  racanäm  (5,  1,  3).  Er  erwartet  als  frühauf  die  morgen- 
götter'),  und  eilt,  munter  emporschiessend 0) ,  dem  himmel  zu: 
3,  26,  3  amrtesu  jägrvih'^),  3,  2,  12  äjmam  pdr'i  eti  jdgrvih, 
5,  15,  4  j'arate,  pari  ßgäti,  3,  3,  7  jarasva  jägrve  (v.  6  ßrds)^ 
1,  44,  11  jirö  dütäsj  agnir  J'iräagvah  —  nie  ruht  Agni  {dsasat 
1,  143,  3)8). 

Die  opferer  vergleichen  sich  den  agndyo  järämanah  2,  28,  2. 
cf.  7,  78,  2.  10,  91,  1.  Sie  sind  vor  Usas  wach,  laufen  mit 
havis  herbei,  sind  wie  diener  aufmerksam  auf  der  götter  gebot: 
so  ist  Jar  für  sie  das  natürliche  wort.  Zwei  stellen  seien 
herausgehoben,  an  denen  menschen-  und  götter-ya»'  im  Ver- 
hältnis von  leistung  und  gegenleistung  stehen.  3,  41,  7  vnyäm 
indra  tväyävo  jarämahe,  utä   tväm  asmayüh  (sc.  jarasva).     2, 

^)  Danach  wäre  gravan  als  soma  in  fluss  bringend  richtig  be- 
zeichnet. Doch  das  reicht  nicht  hin ,  die  herleitung  aus  ,,inahlstein"  zu 
widerlegen.  ^-)  9,  66,  9  ist  dunkel,  s.  Aufrecht  Kz.  27,  611.  ^)  Hier- 
her bekannt),  quellen^  ßXv^ia  (Fick  0.  6,  212);  zu  ßrä-  r a.B ah  :  velox ; 
oben  jarante  gfdhräh  sTS'fflfB^rort  zu  gartitmant ,  lat.  volare  volucris.  Es 
bedarf  nicht  der  hervorhebung,  dass  alle  Verwendungen  yonßrä  wie  von 
jar  einer  idee  entspringen.  Daraus  folgt,  dass  die  citirten  europ.  worte 
sämmtlich  mit  lye^Qu  gleiche  grundbedeutung  gehabt  haben ,  d.  h.  trotz 
r-l  mit  ihm  ein  wort  sind,  wie  ).6ye~X6yo,  x^°^  X'^R^^'  ^'^^^  ^^^"  ^^^  j® 
ein  wort  gelten  können.  *)  5,  1,  1  abodhi  agnih  samidhä  janänäm,  so 
3,  5,  1.  5,  14,  1.  8,  44,  1  vgl.  1,  157,  1.  7,  9,  1.  10,  35,  1.  ^j  präti 
jarate  4,  45,  5.  7,  78,  2:  3,  5,  1  prdti  abodhi — sämiddhah.  *)  10,  69,  1 
jarate  ddvidyutat.  '')  Cf.  3,  28,  5.  9,  44,  3.  1,  31,  9;  3,  16,  4  «  deveau 
yatate.  *)  In  späterer  zeit  ist  jäyar  (PW.)  das  ununterbrochene  fort- 
brennen des  feuers.  Vermutlich  steht  in  diesem  sinn  jägüra  Rv.  5,  44, 
14.  15  (über  15  B  ollen  sen  Gr.  u.  o.  2,  485). 


298  W.  Weisser 

23,  6  tväm  no  gopd  (erg.  jdgrvih^))  vicaksandh ,  tdva  vratäya 
jarämahe. 


Altes  j'ara  „sich  rühren"  durch  jara  „singen"  verdrängt, 
bei  epigonen  : 

Vergleicht  man  8,  2,  16  vaydm  u  tvä  tadidarthä  indra 
tväydntah,  mit  dem  soeben  angeführten  3,  41,  7,  so  ergibt  sich 
als  fortsetzung  JarämaÄe  (cf.  2,  39,  1!),  Der  gute  Kanva,  der 
hierfür  känvä  ukth^bhir  jarante  (vgl.  1,  2,  2)  einsetzte,  glaubte 
einen  unschuldigen  Personenwechsel  vorzunehmen. 

Die  Originalfassung  (1,  127,  10)  präti  yäd  Irii  jdrate  ha- 
vismän ,  agnir  ägre  jarate  rsünäm  (ist  lebendig ,  die  flammen 
anführend:  5,  1,  3  ganäsya  raganum  ajlgar)  hat  Paruchepa 
seinem  geschmack  gemäss  verändert.  Beide  jarate  fasste  er 
als  „singt"  2).  Für  das  erste  setzte  er ,  mit  einer  anleihe  bei 
5,  64,  2  oder  vielmehr  dessen  quelle  (cf.  8,  71,  15),  vigväsu 
ksasu  j'oguve.  Zum  zweiten  fügte  er  rebho  na,  jurnir  hötä. 
Aber  der  järamäno  agnih  heisst  nie  ^)  in  echten  versen  hotar. 
Wenn  er  durch  samidh  und  dhuti,  durch  den  fleiss  der  viprä 
jägrvänsas  jarate,  ist  er  das  bewegte  element;  steigt  er  als 
havyaväh  zu  den  göttern,  so  erinnert  er  etwa  an  den  adhvaryu, 
ist  jlrd  wie  dieser;  er  ist  unterwegs,  er  läuft;  darum  ist  er 
kein  hotar:  dieser  sitzt. 


Uebersicht.  I.  praes,  jara  (sich  rühren):  Usas  sing.  7, 
76,  6d,  ähnl.  1,  123,  5b;  plur.  4,  51,  8.    10,  31,  7.  —  Aijvinä 

2,  89,  1.    10,  40,  3.    3,  58,  2  (hierzu  vgl.  1,  180,  7  b).  —  Indra 

3,  51,  1  und  (jarasva  zu  ergänzen)  3,  41,  7.  mdrasya  vdjäs 
8,  81,  9.  —  opferer  havismant-  (cf.  havisa  bodh  5,  3,  6): 
(1,  127,  10).  1,  181,  9.  3,  41,  7.  7,  67,  1;  matibhis  2,  23,  6. 
5,  80,  1.    7,  78,  2;    vratäya  2,  23,  6.    vrate  2,  38,  2;    absol. 

^)  5,  11,  1  gopa  jagrvih,  Ts.  1,  2,  3  c  Jägrhi  gopäijä  nah,  Av.  5,  19,  10 
rästr^  j'ägära,  Vs.  9,  23  vayän'i  räatri  jägryäma  puröhitäh,  lex.  jägrvi 
„fürst".  —  9,  97,  2  steht  jägrvi  neben  vicaksanä,  in  seiner  nähe  öfters. 
*)  2,  39,  1  c  wird  im  gleichnis  ^ar  „sifl^en'^__j)arallel  dem  homonym  ver- 
wendet. •)  1,  44,  11  findet  sich  hotar  und  jira  im  nämlichen  verse. 
Da  hier  viererlei  von  Agni  ausgesagt  wird,  so  ist  klar,  dass  hötar  rtvij 
eine,  ßrä  dütn  ämartya  eine  andere  function  bezeichnen.  Ebenso  be- 
rühren die  Wortspiele  10,  91,  1  f.  nicht  die  obige  behauptung,  dass  ^ara- 
mäna  praegnant  gefasst  den  hotar-begrifi'  ausschliesst. 


Indogermanisch  ger.  299 

7,  68,  9.  73,  3.  —  somapresser  5,  37,  2.  böte  2,  39,  Id. 
diener  7,  73,  3.  —  heerde  kühe  4,  51,  8.  vögel  2, 
39,  Ib.     grävänas  2,  39,  1.     söraä  hrtst'i  pltdh  8,  2,  12. 

Agni:  sdmiddhah  (oder  ähnl.)  1,  94,  14.  7,  72,  4.  78,  2. 
10,  91,  1.  118,  5.  —  ähutah  1,  94,  14.  10,  69,  1.  118,  2—4. 
—  sve  ddnie  1,  94,  14.  ddmünäs  10,  91,  1.  —  zw.  hharase 
paprathänds  und  pari  jigäsi  5,  15,  4.  —  dävidyutat  10,  69,  1. 
ägra  rsünam  1,  127,  10.  hrhdt  7,  72,  4.  —  mrlaydttamah 
1,  94,  14;  sünftävän  1,  59,  7;  vayo  dddhänah  5,  15,  4;  s?/- 
apatyä  ayuni  3,  3,  7.  —  purunUhä  7,  9,  6.  purunitM  1, 
59,  7.  —  agndyas  4,  45,  5.    7,  72,  4. 

2)ra^*  >rai):  opferer  5,  80,  1.  7,  78,  2;  7,  67,  1.  — 
Agni  4,  45,  5.  7,  78,  2.  —  Cf.  ^raif«  jägar  10,  149,  5.  Av. 
14,  2,  31  und  /?ra^i  hodh. 

II.  yora  (die  stimme  erheben)  1,  1,  2.  8,  2,  16.  4,  3,  15, 
4,  8.    6,  62,  1.  4.     65,  4.     10,  45,  1. 

Halle.  W.  Neisser. 


Dass  der  grundbegriff  von  ovQi,y^  nicht  „flöte,  pfeife^, 
sondern  etwa  „höhlung^f  war,  scheint  mir  aus  den  bedeutungen 
dieses  wortes  —  a)  flöte,  b)  speerbehälter,  c)  die  büchse  anof  rade 
(vgl.  avQLyyiov  tqq^ov  xivco/iia,  Öl  ov  svieTUi  6  a^w^  Hes.) 
d)  blutader,  e)  fistel,  f)  erdkluft,  g)  bedeckte  gallerir —  klar 
hervorzugehen,  ,'lndem  ich  hiernach  die  übliche  Zusammen- 
stellung von  avQiy^  mit  skr.  svdrati  „tönen"  —  i^elche  auch  , 
lautlich  seh;r  anstössig  ist  —  bestreite,  ziehe  ich^^^jenes  zu  lett.  ' 
zaur  „durch",  zaurs  „was  ein  loch  hat,  hohUlst",  zmiru'ms 
„lochV'lit.  Ä;^a^^ras  piohlj  löcherig",  kiürti  ,iocherig  werden." 
— ''ASc  die  2€iQfjveg  möchte  ich  bei  der  erlflärung  von  ovQiy^ 
keine  rücksicht  nehmen;  eher  schon  auf  aqfvgtoTrJQ. 

/A.  Bezzenberger. 


*)  jara  („reden")  mit  p'ati  würde  wie  prati  grnä  jalp  vac  hravl  vad 
,, antworten"  bedeuten.  —  7,  66,  7  liegt  nicht  präti  grnä  vor,  sondern 
wie  7,  65,  1  huve,  so  ist  hier  simpl.  gpme  mit  dem  herrenlosen  stoUen 
(vgl.  V.  Bradke  Asura  4)  prdti  väm  sura  üdite  zusammen  geleimt. 


/ 


300  Oskar  Wiedemann 

Etymologien. 
1.    dfxoXyog. 

Das  nur  bei  Homer  in  der  Verbindung  vvy.xog  d/uoXyiZ  vor- 
kommende df.io'kyog  wird  nach  dem  vorgange  Benfey's  (Wzlex. 
II  358)  und  Leo  Meyer's  (Kz.  VIII  362)  allgemein  zu  anord. 
myrkr  finster,  merkvi  finsterniss,  abulg.  im-bhiqti  sich  ver- 
finstern, mrakh  finsterniss  gestellt  und  demgemäss  vvxzbg  d/nolyip 
durch  „im  dunkel  der  nacht"  übersetzt.  Dass  dj-iolyog  „finster- 
niss", „dunkel"  bedeutet,  ist  von  vornherein  wahrscheinlich, 
denn  die  beiwörter,  die  vv^  bei  Homer  hat,  bedeuten  „dunkel", 
„finster^',  ,, schwarz":  EQsßevvrj^  SQaf.tvi],  OQ^vah],  (.leXaiva,  xe- 
Xaivrj^  övocpeqri,  aKOTO(.it]viog;  ausserdem  spricht  auch  das  bei 
Hes.  überlieferte  o/noXyqi  •  ^ocpq)  für  diese  bedeutung.  Indessen 
erregt  die  Zusammenstellung  von  d/itoXyög  mit  den  genannten 
slav.  Wörtern  1)  bedenken  hinsichthch  der  laute,  bedenken,  die 
zu  der  zeit,  aus  der  diese  Zusammenstellung  stammt,  noch  nicht 
geltend  gemacht  werden  konnten.  Denn  erst  in  neuerer  zeit 
hat  man  erkannt,  dass  eine  wurzel,  die  in  irgend  einer  euro- 
päischen spräche  ein  l  hat,  auch  in  den  übrigen  sprachen 
Europas  l  zeigt:  z.  b.  griech.  d/.i€Xy€Lv,  lat.  mulgere,  air.  hligim 
(für  *mligitn),  anord.  mylkja ,  lit.  milzti,  abulg.  mlesti;  wir 
würden  daher  in  den  zu  df.ioXy6g  gehörigen  Wörtern  in  den 
übrigen  europäischen  sprachen  ebenfalls  l  erwarten,  nicht  r, 
wie  in  mrbknqti,  mrak^.  Ferner  entspricht  einem  slav.  guttural 
im  Griechischen  in  der  regel  ein  labial:  z.  b.  abulg.  pekq  ich 
koche,  griech.  Ttifiojv  reif,  abulg.  govqdo,  griech.  ßovg  rind ;  so 
dürften  wir  auch  in  einem  zu  abulg.  mrhknqti,  mrak^  gehö- 
renden griechischen  worte  an  stelle  des  gutturals  eher  einen 
labial  vermuten.  Daher  könnte  zu  diesen  slav.  Wörtern  das 
griech.  luo^qpvog,  an  dessen  bedeutung  „dunkelfarbig",  „schwarz 
schimmernd"  wol  nicht   gezweifelt  werden   darf,   gehören,    wie 

*)  Die  germ.  wörter  gehören  jedenfalls  nicht  hierher,  sind  wol  auch 
schwerlich,  wie  Lottner  (Kz.  XI  173)  annimmt,  aus  dem  Slavischen  ent- 
lehnt, sondern  gehören  zu  lit.  mirgUi  flimmern,  lett.  mirgt  flimmern, 
blinken,  lit.  märgas  bunt;  die  bedeutung  der  germ.  wörter  hat  sich  aus 
der  bed.  „flimmern",  „schimmern"  entwickelt;  zu  abulg.  mrhknqti,  mrakb 
gehört  vielmehr  germ.  morgina-  morgen;  vgl.  Fick  11'  629  und  Kluge 
Etym.  wb.  unter  1.  „Morgen". 


Etymologien.  301 

bereits  Froehde  (o.  VII  331)  als  möglich  zugegeben  hat, 
wenngleich  er  (ÄOQcpvog  zu  lit.  mirg'eti  flimmern  stellt,  als  wurzel- 
auslaut  also  ^Ä  annimmt.  Curtius  (Grdz.^  533)  stellt  d^oXycg 
mit  dem  neugriech.  /novgyiitsi  es  dunkelt  zusammen,  was  aber 
wegen  des  vom  altgriech.  l  und  y  abweichenden  q  bez.  y,  sehr 
misslich  ist.  Daher  ist  den  bisherigen  erklärungen  von  dfiolyög 
unbedingt  eine  Zusammenstellung  des  letzteren  mit  solchen 
Wörtern  vorzuziehen,  die  in  den  übrigen  europäischen  sprachen 
ebenfalls  l  und,  dem  griech.  guttural  entsprechend,  im  slav.  z 
(oder  s),  im  lit.  z  (oder  s^;)  zeigen.  Derartige  Wörter  liegen  in 
der  tat  vor:  lit.  jau  präded  mllszii  (oder  mllsztis)  das  gewitter 
fängt  an  sich  zusammenzuziehen  (Bezzenberger  Lit.  forsch. 
142),  j'au  mUszt  der  gewitterregen  fängt  schon  an  (ebda.), 
lett.  milst  es  wird  dunkel,  prät.  milsa.  Die  bedeutung  „dunkel 
werden"  ist  auch  für  das  Litauische  vorauszusetzen;  aus  ihr 
hat  sich  die  in  den  von  Bezzenberger  angeführten  Sätzen  vor- 
liegende bedeutung  „sich  zusammenziehen"  (zunächst  wol  von 
den  gewitterwolken  gebraucht)  entwickelt.  Ist  die  hier  gegebene 
erklärung  von  dj-iolyog  richtig,  so  ist,  ganz  wie  bei  den  bishe- 
rigen annahmen,  die  wurzelschliessende  media  aus  der  tenuis 
entstanden,  wie  solches  gerade  bei  y  mehrfach  der  fall  ist;  vgl. 
Curtius  Grdz.5  533  ff.  Aus  der  im  Litauischen  vorliegenden 
bedeutung  folgt,  dass  auch  got.  mUhma  wölke  zu  dieser  wurzel 
gehört. 

2.  ydka,  lac. 
Während  das  eben  besprochene  d(.ioly6g  früher  vielfach  zu 
df.dlyeLv  melken  gestellt  worden  ist,  sind  ydla  und  lac,  obwol 
begrifflich  eben  so  leicht  mit  d^elyeiv,  mulgere  vereinbar,  wie 
air.  blicht  begriff  heb  und  lautlich  mit  hligim,  got.  miluhs  mit 
ahd.  melchan,  dennoch  von  den  meisten  etymologen  davon  ge- 
trennt worden  und  haben  veranlassung  zu  äusserst  gewagten, 
zum  teil  unhaltbaren  Vermutungen  geboten.  Nur  Pott  (Etym. 
forsch,  in  204,  311,  KS.  Beitr.  II  54,  Wrzwb.  II  759),  dem 
im  wesentlichen  auch  Benfey  (Wrzlex.  II  358)  beistimmt,  ver- 
mittelt ydXa  mit  dfislyeiv  durch  die  Zwischenstufen  mlag,  Mag, 
gloÄj  (yXdyog).  Curtius  (Grdz.^  173)  wendet  dagegen  ein,  es 
fehle  an  einer  ausreichenden  analogie  für  solchen  lautübergang 
„und  die  uralte  form  ydla,  in  der  gar  nichts  hinderte  /ndla  zu 
sprechen,   bliebe  unverständlich".    Ich  glaube,   dass  trotzdem 

livitrcigQ  X.  kundc  d.  indfj,  sprachen.    XIII.  21 


302  Oskar  Wiedemann 

Pott  recht  hat.  Das  dem  griech.  /a'Aa,  lat.  lac,  air.  blicht  zu 
gründe  liegende  *melktom  ist  part.  prät.  pass.  neutr.  und  be- 
deutet ,, gemolkenes".  Im  griechischen  würde  diesem  *melktom 
ein  stamm  */mAxro-  oder  ^inla^TO-,  daraus  * ßXay.TO-  (vgl. 
ßX(6ayao  aus  ^'jwAwazw)  genau  entsprechen;  wie  nun  in  ylvx.vs 
aus  *öh}xvg  (vgl.  lat.  dulcis)  der  anlautende  konsonant  dem 
inlautenden  assimilirt  ist^),  so  ist  */?Aaxro-  zu  yXai^xo-  ge- 
worden, erhalten  in  yXa-KToqxxyog  milch  essend  (II.  XIII  6); 
aus  yXa^To-  entstand  durch  svarabhakti  yalanTO-,  erhalten  in 
yaXay.T07t6Tr]g  milchtrinker  (Herod.  I  216).  Wie  im  Griechi- 
schen mehrfach  vokalische  stamme  durch  abfall  des  stammaus- 
lautenden Vokals  zu  konsonantischen  stammen  geworden  sind 
(vgl.  z.  b.  griech.  x«»'-  aus  *x^^^'f  *Xccvo-  gegenüber  Simd.hansa-, 
griech.  foQTvn-,  foQTvy-  gegenüber  aind.  vartaka-j  griech.  (.leiQay.- 
gegenüber  aind.  maryaka-),  so  ist  auch  yaXaY.TO-  zu  /aAaxr- 
geworden.  Da  das  erste  a  in  /«Aaxr-  erst  im  sonderleben  des 
Griechischen  zwischen  y  und  l  sich  entwickelt  hat,  ist  Curtius 
nicht  berechtigt,  ydXa  eine  „uralte"  form  zu  nennen,  und  sein 
zweifei  daran,  dass  es  unmittelbar  aus  * (.idXa  entstanden  sei, 
gegenstandlos.  Wie  yXaAto-^  yaXav.TO-,  yaXa.Y.x-  auf  *iifAaxro-, 
so  geht  auch  yXctyog  auf  ^fiXdyog  zurück.  Was  endlich  das 
fehlen  des  in  df^iXyeiv  vorliegenden  prothetischen  d  betrifft,  so 
verhält  sich  * /.iXaxTO- :  d-f.iiXysi,v ,  wie  /.laXaxög  :  d-fxaX6g.  — 
Im  Lateinischen  lautet  die  als  part.  prät.  pass.  zu  mulgere  ge- 
brauchte form  mulctuSy  wo  ul  die  gewöhnliche  Vertretung  des 
reduzirten  vokals  +1  (des  sog.  l  sonans)  im  Lateinischen  ist. 
In  vielen  fällen  entspricht  dem  idg.  er,  d  im  Lateinischen  jedoch 
nicht  or  bez.  ol  (ul) ,  sondern  ar  bez.  al  (vgl.  Mahlow  Die 
langen  voc.  2  ff.),  das  dann  in  der  regel  durch  metathesis  zu 
rä  bez.  lä  geworden  ist  (vgl.  Job.  Schmidt  Voc.  II  350  ff'.). 
So  steht  z.  b.  dem  -ul-  in  fnlvus  ein  -al-  in  *falvus,  flävns 
gegenüber  (vgl.  Job.  Schmidt  a.  a.  o.  353).  Wie  flävus  neben 
fulvus  liegt,  so  kann  neben  mulcto-  auch  '^mläcto-,  '^lacto-  er- 

*)  Job.  Schmidt  (Kz.  XXV  153)  betrachtet  das  anlautende  yX-  als 
lautgesetzlich  aus  Sl-  entstanden;  tI  und  &X  bleiben  aber  so  wol  im  an- 
als  auch  im  inlaute  unverändert;  es  ist  daher  von  vornherein  wahrschein- 
lich, dass  auch  JA  erhalten  bleibt;  leider  fehlen  beispiele  für  JA  gänzlich. 
Wie  man  aber  auch  das  yX  in  yXvxvg  beurteilen  mag,  in  jedem  falle  ist 
es  aus  JX  entstanden,  nicht  d  in  dulcis  aus  g,  wie  Curtius  (Grdz.''  ;i58) 
uud  neuerdings  auch  Fick  (o.  YIII  203)  annehmen. 


Etymologien.  303 

schlössen  werden.  Corssen  P  82,  Curtius  Grrdz.^  173,  Leo 
Meyer  Vergl.  gramm.  I=*  375  nehmen  an,  dass  lac  anlautendes 
g  eingebüsst  habe;  da  sich  aber  sonst  keine  analogie  für  den 
abfall  eines  anlautenden  g  vor  l  beibringen  lässt,  sondern  im 
gegenteil  anlautendes  gl  im  Lateinischen  erhalten  bleibt,  z.  b. 
glanSy  glos  u.  a.,  ist  lac  unmittelbar  auf  -mlac  zurückzuführen. 
Der  o-stamm  *lacto-  wandelte  sich  in  einen  ^-stamm  lacti-,  wo- 
mit z.  b.  lat.  pisci-  gegenüber  germ.  fiska-  zu  vergleichen  ist; 
der  nom.  lade  begegnet  noch  mehrfach  im  älteren  Latein;  vgl. 
Neue  I^  151  f.;  in  der  regel  aber  flektirt  das  wort  als  konso- 
nantischer stamm  lad-,  nom.  lac.  Im  nom.  läc  ist  a  lang;  in 
den  casus  obliqui  kann  man  die  quantität  des  a  zwar  nicht  er- 
kennen, da  es  aber  im  nom.  läc  nicht  durch  ersatzdehnung 
lang  geworden  sein  kann,  gehört  das  ä  dem  stamme  an  und 
erklärt  sich  durch  die  metathesis.  Bis  jetzt  hat  man,  wie  es 
scheint,  die  länge  des  a  in  läct-  übersehen.  Ist  die  herleitung 
von  läc  aus  der  in  mulgere  enthaltenen  wurzel  melg  richtig,  so 
müssen  air.  lacht,  corn.  lait,  cymr.  llaeih,  arem.  leaz ,  lez  aus 
dem  Lateinischen  entlehnt  sein,  was  Windisch  (Kz.  XXI  253) 
für  unwahrscheinlich  hält,  wie  ich  glaube,  mit  unrecht;  es  wird 
sich  wol  noch  das  eine  oder  das  andere  beispiel  dafür  finden 
lassen,  dass  in  einer  spräche  neben  dem  altererbten  worte  das 
etymologisch  entsprechende  einer  anderen  spräche  als  lehnwort 
vorkommt,  wenngleich  ich  augenblicklich  auch  kein  derartiges 
beispiel  zur  band  habe.  Die  von  Windisch  ausgesprochenen 
bedenken  gegen  die  entlehnung  jener  keltischen  Wörter  wider- 
legen sich,  wenn  wir  uns  dessen  erinnern,  dass  auch  jede  ein- 
zelne slavische  spräche  das  wort  für  milch  entlehnt  hat,  und 
zwar  aus  dem  Germanischen. 

3.  promiilgare. 
Ueber  die  etymologie  des  lat.  ])romulgare  öffentlich  bekannt 
machen  sind,  so  viel  ich  weiss,  drei  von  einander  abweichende 
Vermutungen  ausgesprochen  worden.  Corssen  (P  77,  II  ^  152) 
leitet  i^romidgare  unmittelbar  von  dem  in  promulco  (abl.; 
Festus  p.  224)  vorliegenden  stamme  promufcö-  schlepptau, 
trödelseil  zum  vorwärtsziehen  des  schiffes  ab,  indem  er  Über- 
gang von  c  in  g  annimmt  und  die  bedeutung  durch  „hervor- 
bewegen", „vortragen",  „vorbringen"  (vor  die  öffentlich keit) 
vermittelt.     Neben  promnlco-  begegnet  auch  remulco-,  erhalten 

21* 


304  Oskar  Wiedemann 

im  abl.  retmdco  (Festus  p.  277)  trödelseil  zum  rückwärtsziehen 
des  Schiffes  und  remidcare  mittelst  trödelseil  das  schiff  rück- 
wärtsziehen. Abgesehen  davon,  dass  es  nicht  recht  einleuchtend 
ist,  warum  das  in  promulco-  vorliegende  c  in  promulgare  zu  g 
geworden  sein  soll,  während  es  doch  in  dem  von  remvlco-  ab- 
geleiteten remulcare  erhalten  ist,  stehen  der  erklärung  Corssens 
bedeutende  begriffliche  Schwierigkeiten  im  wege.  Wäre  j^jro- 
mulgare  von  promulco-  abgeleitet,  so  könnte  es  nur  bedeuten 
„mittelst  trödelseil  das  schiff  vorwärtsziehen",  wie  aus  der  be- 
deutuiig  von  remulcare  deutlich  hervorgeht;  aus  dieser  bedeu- 
tung  kann  unmöglich  die  in  promulgare  vorliegende  „öffentlich 
bekannt  machen"  abgeleitet  werden ;  ich  wenigstens  weiss  keine 
Vermittlung.  Der  begrifflichen  seite  völlig  gerecht  wird  die  er- 
klärung Bugge's  (Kz.  XIX  444  ff.),  der  promulgare  von  einem 
stamme  mulgo-  —  got.  managa-  viel  ableitet  und  als  ursprüng- 
liche bedeutung  „vor  die  menge  bringen"  annimmt,  indem  er 
dabei  auf  das  gleichbedeutende  provulgare ^  das  ja  von  vulgus 
menge,  häufe  abgeleitet  ist,  Einweist.  lieidet"  aber  erregt  die 
lautliche  seite  der  erklärung  Bugge's  bedenken,  denn  der  hier 
angenoVmen^  Übergang  von  n  in  l  ist  für  das  Lateinische  ent- 
schieden\zu  leugnen,  da  selbst  in  le\des  tauseier, .  das  allgemein 
zulgriechXxo»'/^  ags.  hn^u,  ahd.  h\i^ ,  m^,  ce'ck.  hnidaAleit. 
gnMes  gesüellt  wd,  ^as  l  alt  ist,  Vie  lit.  glmaa  zeigt;!  ich 
trehne  daher  "mit  Fick  P  586,  Corssen  Ital.  sprachk.  fel6, 
Curtius  Grdz.^  243  lat.  lendes,  lit.  qlinda  von  den  eriwh., 
germ  ,  slav.  und  lett.  Wörtern.  Eine  aritte  erklärung  rührt  her 
von  Froehde  (o.  II  336  f.):  er  nimmt  an,  dass,  wie  in  Jurgare 
aus  jurigare,  purgare  aus  purigare  zwischen  r  und  g  ein  i  ge- 
schwunden ist,  so  auch  in  promidgare  zwischen  /  und  g  der- 
selbe vokalschwund  stattgefunden  habe,  und  führt  promulgare 
auf  eine  wurzel  mal  zurück ,  die  er ,  unter  berufung  auf  das 
griech.  nQoyqacpuv^  das  u.  a,  auch  „öffentlich  bekannt  machen" 
bedeutet,  im  got.  mel  Zeitpunkt,  plur.  schrift,  meljan  schreiben 
wiederzufinden  gläuHT"  Aber  auch  diese  erklärung  befrie(3igt'^ 
nicht.  Neben  den  verben  auf  -tgare,  in  denen  man  allgemein 
ableitungen  von  Zusammensetzungen  eines  subst.  oder  adj.  mit 
agO',  nom.  agentis  zu  agere,  sieht  i),  ist  sonst  ausnahmslos  der 

*)  Die  verba  auf  -igare  beruhen  mit  wenigen  ausnahmen  (navigare, 
litigare,  jurgare)  nicht  auf  Zusammensetzungen  mit  ago-,  wie  ich  an  einem 
anderen  urle  näher  begrüüden  will. 


Etymologien.  305 

erste  teil  dieser  zusamnieiisetzungen  als  selbständiges  wort  er- 
halten, wie  z.  b.  jus-  neben  jurgare,  nav-  neben  navigare  u.  a., 
ein  *mulo-  oder  *muli-,  das  in  *  -muligare  enthalten  sein  könnte, 
gibt  es  aber  nicht  und  daher  ist  die  ansetzung  eines  älteren 
* promuligare  bedenklich.  Noch  mehr  spricht  gegen  die  Ver- 
mutung Froehde's  der  umstand,  dass  jede  europäische  sprach- 
familie  die  schreibekunst  erst  in  ihrer  Sonderentwicklung  aus- 
bildete oder  von  einem  nachbarvolke  entlehnte,  wie  wir  daraus 
erkennen,  dass  die  wörter  für  ,  schreiben"  in  allen  europäischen 
sprachen  verschieden  sind  oder,  wo  zwei  sprachen  übereinzu- 
stimmen scheinen,  die  eine  spräche  mit  der  schreibekunst  auch 
das  den  begriff  ,, schreiben"  bezeichnende  wort  von  einem  nach- 
barvolke überkommen  hat.  Was  insbesondere  das  got.  meljan  ^  ,^, 
betrifft,  so  ist  seine  bedeutung  ursprünglich  „ein  zeiche'fiT^'mal 
machen",  wie  aus  got.  niela  (ntr.  pl.)  schrift,  eig.  die  schrift- 
'"zelchen,  deutlich  hervorgeht;  ob  das  l  in  mela-,  wie  Fick 
III 3  223  annimmt ,  suffixal  ist  oder  mela-  auf  eine  idg.  w.  mel 
zurückgeht,  lasse  ich  dahingestellt  sein.  —  Wir  müssen  uns 
also  nach  einer  anderen  etymologie  für  promulgare  umsehen. 
Wenn  wir,  ohne  wandel  von  c  in  g  oder  ausfall  eines  vokals 
zwischen  l  und  g  anzunehmen,  die  in  promulgare  steckende 
Wurzel  erschliessen  wollen,  so  ergibt  sich  eine  wurzel,  die  in 
hochtoniger  form  im  Lateinischen ^^^  lauten  würde,  während 
in  proinulgare  die  tieftonige  form  vorliegt,  wie  z.  b.  ganz  ähn- 
lich in  dem  ebenfalls  der  ä-konjugation  angehörenden  dicare 
die  Wurzel  auf  der  tiefstufe  steht.  Eine  wurzel ,  die  der  lat. 
w,  melg  genau  entspricht,  liegt  als  verbum  lebendig  vor  nur 
im  lett.  milzt^)  schwellen,  präs.  melzu;  dazu  gehört  ferner 
lett.  milze  grosser  häufe, ..Ji%r'7J?in??ms,~'tc^^t«(/.2'^w6'  riesej^jgj,.«..,--- 
Leskien  D.  ablaut  der  wrzsilb.  im  Lit.  73).  Wir  haben  für 
das  lat.  promulgare  von  einem  nominalstamm  *mulgo-  häufe, 
menge  —  dem  lett.  milze  würde  ein  lat.  *  mulgia  genau  ent- 
sprechen —  auszugehen,  promulgare  bedeutet  also  eigentlich 
„vor  die  menge  bringen";  wie  wir  oben  gesehen  haben,  ist 
auch  Bugge  von  dieser  bedeutung  ausgegangen,  die  durch  pro 
vulgare  öffentlich  bekannt  machen  in  der  tat  als  die  Ursprung 
liehe    fast    erwiesen    wird.     Mit   Bugge  stelle   ich   auch  mi^]^t*t»'^ 


^)  Ich  bediene  mich  zur  bezeichnung  der  lettischen  laute  der  für  das 
Litauische  üblichen  Orthographie. 


306  Oskar  Wiedemann 


(für  *mulclus)  zu  pronmlgarhj  es  ist  seiner  form  nach  part.| 
prät.  pass.  und  bedeutet  ei^ntlich  „angeschwollen";  auch! 
Bezzenberger  und  Fick  (o.V^  239)  verbinden  multus  mit| 
lett.  milzums  sehr  viel,  lit.  mÜzin*as,  lett.  mihens  riese;  stellen 
aber  auch  lett.  miUis  sehr  viel,  gri^h.  /näXXov  lieber  dazu;  falls 
letztere  wirklich  hierhergehören,  ist^r  guttural  in  promulgare, 
das  z  in  milzt,  das  z  in  milzinas  sog\wurzeldeterminativ, 

4.  ßlartrsiv. 
Eine,  wie  ich  glaube,  richtige  etymologische  erklärung  des 
griech.  ßlccTtTsiv  und  der  damit  verwandten  Wörter  ist  zwar 
bereits  gegeben,  hat  aber,  wie  es  scheint,  bisher  noch  keine 
Zustimmung  gefunden;  es  dürfte  daher  nicht  überflüssig  sein, 
zu  versuchen,  diese  übrigens  nur  beiläufig  gegebene  erklärung 
näher  zu  begründen.  Zu  diesem  zwecke  ist  es  vor  allem  nötig, 
die  bedeutung  der  wurzel  ßXaß  genauer  festzustellen,  wozu  uns 
die  homerische  spräche  genügenden  stoff  bietet.  Dass  weder 
„schädigen",  noch,  wie  Fick  (o.  I  Gl)  annimmt,  „hemmen"  die 
ursprüngliche  bedeutung  von  ßlumsLv  ist,  zeigt  am  deutlichsten 
der  vers  'F  387 :  dt  de  oi  sßX(i<fd^rjGav  avev  Y.hxqoLO  S^iovteg, 
wo  unmittelbar  vorher  erzählt  wird,  dass  Apollon  dem  Dio- 
medes  die  geisel  aus  der  band  geschleudert  hatte;  es  ist  also 
zu  übersetzen  „sie  (die  pferde)  Hessen  nach,  liefen  langsamer, 
ohne  Stachel  laufend".  Ganz  ähnliche  bedeutung  hat  ßXdßev 
f"  545:  Tcc  cpQOvhov  ort  o\  ßXäßsv  aQ/naza  y.ai  taie  'iTiTto) 
„dieses  denkend ,  dass  ihm  wagen  und  die  zwei  schnellen  rosse 
zurückgeblieben  sind"  und  ^  461 :  ct%  de  tvov  ovtov  eßXaßev 
ev  nedio) ,  ac  netÜ^l  ye  q>eQTeQai  rjoav  „diese  sind  irgend  wo  in 
der  ebene  zurückgeblieben,  die  doch  dort  tüchtiger  waren". 
Die  kausalbedeutung  zu  der  an  den  beiden  zuletzt  angeführten 
stellen  auftretenden  bedeutung  begegnet  Wäll:  ßXdipag  öe  uot 
'ircTTovg,  tovg  aovg  ngöod^e  ßaXwv  „du  machtest  meine  pferde 
zurückbleiben,  indem  du  die  deinigen  vorwärts  triebst".  Intran-  \ 
sitive  bedeutung  liegt  wieder  vor  an  folgenden  stellen ,  wo  das  ^ 
verbum  in  passiver  form  erscheint.  T  166,  v  34:  ßXdßecai  de 
r«  yovvaT  Iovtl  „im  gehen  versagen  ihm  die  knie";  O  484, 
489:  ßXacpd^evra  ßeXs/^iva  „die  versagenden  geschosse";  T  82: 
ßXäßetai  de  Xiyvg  Tteg  ewv  dyogrjTTjg  „auch  ein  lauter  redner 
versagt,  erleidet  einbusse,  wird  nicht  gehört"  (nämlich  im 
Stimmengewirr);    O  647:    Tjj  (seil,   avvvyi)  o  y    l'vi   ßXaqid^elg 


Etymologien.  307 

Ttaoev  vrttiog  „in  demselben  hangen  bleibend,  fiel  er  rücklings"; 
Z  39:  oC(p  €vi  ßlaq)d^ivTE  fivQiy.iv(j)  „an  einen  tamariskenzweig 
anrennend".  An  den  übrigen  stellen  an  denen  das  medio-passiv 
begegnet,  ist  die  bedeutung  mehr  passiv  zu  fassen.  TI  331: 
^l'ag  de  KKeoßovXov  .  .  .  tojov  tXev  ^  ßlacpO^twa  xara  xXovov 
,,Äias  aber  nahm  den  Kleobulus,  der  im  getümrael  aufgehalten 
wurde,  lebend  gefangen";  /  512:  iva  ßlacp&eig  drtoriar]  „da- 
mit er,  verblendet,  büsse";  11  660:  ßeßXa/iiinevov  tjtoq  „am 
leben  geschädigt".  Das  aktiv  begegnet  ausser  in  dem  bereits 
angeführten  verse  f*"  571  noch  an  folgenden  stellen:  X  15: 
eßXaipäg  /^i,  exaegys  „du,  ferntreffer (?),  hast  mich  gehindert"; 
a  195:  aXXd  vv  x6v  ye  d^sni  ßXaTtTOvai  y.eXsvd-ov  „diesen  aber 
hindern,  beeinträchtigen  die  götter  an  seinem  pfade";  f"  774: 
€vd-^  ^l'ag  fiiv  oha3e  d^scov,  ßkdipev  ydg  ^^d^rjvt]  „da  glitt  Aias 
im  laufen  aus;  es  beeinträchtigte  [ihn]  nämlich  Athene";  'iP'782: 
ri  f.1  sßXaips  i^ed  7Codag  ,, wahrlich  mir  hat  die  göttin  die  füsse 
beeinträchtigt";  H  271:  ßXdips  de  ol  q>iXa  yovvad^  „machte 
ihm  die  lieben  knie  untauglich";  v  22:  i^i^  tlv  fvaigiov  ßXdmoi 
iXavvovTiov  „damit  er  nicht  irgend  einen  der  rudernden  ge- 
fährten  störe,  beeinträchtige";  q)  294:  o\v6g  oe  tqwei  /neXirjdrjg, 
og  T€  -aal  ccXXovg  ßlccrtTsi  ,,der  honigsüsse  wein  verwundet, 
schädigt  dich,  der  auch  andere  schädigt";  /  507,  T  94: 
ßXd7tTova  dviyQiojiovg  „die  menschen  betörend"  (an  beiden 
stellen  von  der  ddxi]  gesagt);  \p  14:  o%  ae  tzeq  eßXaxpav  „diese 
haben  dich  wahrlich  betört";  O  724:  aAA'  sl  örj  ga  tote  ßXd/ttev 
(pQtvag  evQvorta  Zeig  rjf.ieT€Qag  „wenn  doch  damals  der  weithin 
donnernde  Zeus  eure  sinne  betört  hätte";  ^  178:  tov  de  xig 
dd^avdxwv  ßXdipev  rpQsvag  „ihm  aber  betörte  einer  der  unsterb- 
I liehen  die  sinne".  Aus  diesen  belegen  ergibt  sich  als  ursprüng- 
f  liehe  bedeutung  für  das  medio-passiv  „versagen",  „einbusse  er- 
leiden", für  das  aktiv  ,, beeinträchtigen",  „stören";  die  bedeutung 
des  medio-passivs  ist  höchst  wahrscheinlich  die  ältere  und  im 
aktiv  tritt,  wie  so  häufig  im  Griechischen  (vgl.  z.  b.  vejuuv 
austeilen,  eig.  nehmen  lassen  gegenüber  got.  nimcin  nehmen), 
die  kausalbedeutung  auf.  Ausser  dem  verbum  begegnet  bei 
Homer  kein  zugehöriges  wort,  wol  aber  hat  man  auf  die  glosse 
des  Hes.  dßXoTVsg'  dßXaßig  KgfJTsg  gewicht  gelegt.  Curtius 
(Grdz."*  538)  und  Bersu  (D,  gutturalen  u.  ihre  Verbindung 
mit  V  im  Lat.  135  anm.  2)  sehen  nämlich  das  rt  dieser  kreti- 
schen  form  als  den  Vorläufer  des  in  ßXdßrj,   dßXaßijg  u.  s.  w. 


308  Oskar  Wiedemann 

erscheinenden  ß  an.  Da  jedoch  auch  sonst  im  Kretischen  die 
tenuis  steht,  wo  die  übrigen  griechischen  dialekte  die  media 
haben,  und  zwar  auch  in  fällen,  wo  zweifellos  die  media  das 
ursprüngliche  ist  (z.  b.  ■/.Xäyoq,  agorrtjoai),  ist  eben  so  gut 
möglich,  dass  in  ßlaßrj  u.  s.  w.  die  media  urgriechisch  ist  und 
die  tenuis  in  aßkoneg  auf  speziell  kretischem  lautwandel  be- 
ruht; vgl.  G.  Meyer  Griech.  gramm.^  §  197  anm.  Wie  aber 
auch  das  kret.  aßXoTzsq  beurteilt  werden  mag,  es  hindert  den- 
noch nichts,  anzunehmen,  dass  das  wurzelschliessende  ß  in 
ßXaßrj  u.  s.  w.  aus  der  tenuis  7t  hervorgegangen  ist.  Bersu 
a.  a.  0.  führt  die  bisher  ausgesprochenen  Vermutungen  über  die 
etymologie  von  ßXaßrj,  ßläntEiv  an,  ohne  einer  von  ihnen 
zuzustimmen;  vielmehr  setzt  er  ßldßrj  =  lat.  culpa,  indem  er 
als  grundbedeutung  beider  „schaden"  anmmmtj  culj)a  bedeutet 
jedoch  ursprünglich  nicht  „schaden",  sondern  „fehltritt"  und 
ist  meiner  meinung  nach  von  Bezzenberger  (o.  II  157) 
richtig  zu  lit.  Ä:^w^>t^stolj^rn,  strai3R:^%ftln gestellt  worden.  Eine 
befriedigende "''StyTaologis^cTie*''irtlärung  von  ßXdftTsiv  Ümgegen 
hat  Fr  0  eh  de  (o.  VII  102)  gegeben,  indem  er  es  zu  aind.  wrc 
beeinträchtigung ,  beschädigung ,  lat.  multa  (auch  mulctdj  ein- 
busse,  Schädigung  an  vermögen  stellt;  das  anlautende  ßX  geht 
also,  wie  in  ßXtoayieiv,  ßXiaosLv  u.  a.  auf  (.iX  zurück,  griech.  Aa, 
lat.  ul  entsprechen  regelrecht  dem  aind.  r,  während  der  wurzel- 
schliessende labial  in  ßXaß-  auf  idg.  velares  k  zurückgeht, 
wobei  ausserdem  die  ursprüngliche  tenuis  zur  media  geworden 
ist.  Ausser  dem  Substantiv  mrc  begegnet  im  rgveda  auch  ein 
verbum  marc ,  mrc,  das  die  bedeutung  „beschädigen"  hat  und 
bis  auf  einen  beleg  I  147,  4:  anu  mrkshiskta  tanvam  durukfdih 
„er  möge  selbst  schaden  nehmen,  auf  sich  selbst  schaden 
zurückwenden  durch  die  bösen  worte"  nur  im  kausativ  und 
dem  in  ämrkta  erhaltenen  part.  prät.  pass.  gebraucht  wird. 
Aus  dem  Lateinischen  gehört  ausser  mw^^a  hierher  noch  mw^wre 
übel  mitnehmen,  misshandeln.  Zu"'^3iesen  Wörtern  stelle  ich 
auch  abulg.  u-mhknqfi  verstummen,  mhdati  schweigen ;  die  hier 
vorliegende  bedeutung  hat  sich  aus  der  in  ßXdßea&at  noch  er- 
haltenen allgemeineren  „einbusse  erleiden"  entwickelt,  ist  also 
ursprünglich  „in  der  rede  einbusse  erleiden"  wie  ja  auch  ßXa- 
ßerm  T  82  vom  redner,  der  im  Stimmengewirr  nicht  zu  wort 
kommt,  gesagt  wird.  Auch  \eii.miilkis  einfältigeiu, tropf  und 
aind.   mürkha  töricht,   gehören    wol    hierher;    hinsichtlich    der 


Etymologien.  309 

Bedeutung  ist  daran  zu  erinnern,  dass  ßXccTtreiv,  wie  aus  den 
oben  angeführten  belegen  hervorgeht,  auch  die  bedeutung  „be- 
tören" hat.  Fick  I^  721  stellt  auch  got.  -malsks  in  untila- 
malsks  unbesonnen,  as.  malsk  stolz,  übermütig  dazu;  aber  die 
im  as.  nialsk  vorliegende  bedeutung  lässt  sich  mit  der  ursprüng- 
lichen bedeutung  von  ßlartTsiv  nicht  vereinigen  und  ausserdem 
ist  nicht  festzustellen,  welches  die  grundbedeutung  von  got. 
-malsks  ist,  da  es  eben  nur  in  der  Zusammensetzung  untila- 
malsks  erhalten  ist;  daher  lasse  ich  diese  germanischen  Wörter 
lieber  bei  seite. 

5.    ßgsvd-og,   ßQsvd^vsad^ai. 
Joh.    Schmidt    (Voc.   I    124)    vermittelt   ßgi^iv    Siehwer 
lasten,  ßqld^og  wucht,  schwere,  ßgid^vq  schwer  mit  /9^f>^§;_J^lz, 
ßQEv'9-»^d-ai    sich    brüsten    durch   *  ßqivd^-   (vgl?  ßQLvdüv    ^: 
(ti»ig^ai,   8Q^^^4^Lv  Hes.),   stellt    beide  Wortsippen  zu  lit.  hre^sti  . 

.kerne  ansetzen,  sich  füllen  (von  getreide),  abulg.  ire;3(/a  praeg- 
jvj,-,  /nans  und   nimmt,   indem    er  auch  got.  hraidsjor&ii  heranzieht, 

lals  idg.  Wurzel  aller  dieser  wörter  ftAraw^yTschwellen  an.  Gegen 
l'  '  diese  Zusammenstellung  sprechen  jedoch  die  lautverhältnisse. 
Vor  allem  ist  die  bei  zurückfürung  des  griech.  ßQsvd^og,  ßgev- 
^vEG&ai  auf  eine  idg.  w/ph^tdh  notwendige  annähme  der 
Vertretung  einer  anlautenden  ia^  aspirata  durch  eine  griech. 
media  selbst  in  dem  von  Fick  (o.  VI  210)  beschränkten  um- 
fange entschieden  abzuweisen.  G,  Meyer  (Griech.  gramm.' 
§  202,  2)  nimmt  dies^ß  übergaijff  an  für  ßQff.ieiv  tosen,  ßQSx/^wg, 
ßQsy^ia  vorderkopf/^^aW«^»',  /^^a'fti<;^sieden\  ßXaoTrj  keim  nebst 
ßXaaTccveiv  keirae^^spri^en.  Doch^Ky  ßoepeiv  mit  Fick 
(a.  a.  0.  212  f.)  zu  abulg.  grhmeti  donnefn  u.  s.  w.  zu  stellen; 
ßXaotdveiv,  ßläoti]  gehören  zu  lat^o^^cts^Mm  waid^jvaidfarbe^ 
falls  man  annehmen  darf,  dass  letzteres  ursprünglich  „pnanze" 
im  allgemeinen  bedeutet  hat;  die  wurzel  wäre  dann  geM,  geldh 
oder  auch  gelt,  worin  der  dental  wurzeldeterminativ  ist;  zu 
gründe  liegt  die  von  Fick  (a.  a.  o.  211  f.)  besprochene  w.  gel,^^ 
stark  sein,  vermögen,  können;  glastum  stände  dann  für  ^gal- 
stum  aus  *galdtum  oder  *galttum.  Für  ßgexfiog,  ßQ€yf.ia  und 
ßgaoaeiv,  ßqäteiv  fehlen  mir  entsprechungen  in  den  verwandten 
sprachen,  doch  lässt  sich  vermuten,  dass  auch  hier  ß  auf  idg. 
g,  vielleicht  auch  ßg  auf  idg.  mr  zurückgeht.  Jedenfalls  sind 
wir  nicht  berechtigt,   das  ß  in  ßqevd^og^   ßgevS^veo^ac  als  ver- 


/ 


310  Oskar  Wiedemann     Etymologien. 

treter  eines  idg.  hh  anzusehen,  und  müssen  daher  lit.  hr^sti  von 
ßgävd-os,  ßQev&vaö&aL  trennen.  Bezzenberger  (o.  II  191) 
stellt  zu  br^sti  vielmehr  Ttagd^evog  Jungfrau,  TtvoQ&og  schöss- 
ling,  trieb;  diese  Wörter  lassen  sich  jedoch  nicht  aus  einer  idg. 
vf.^Xindhjahleiten.  Im  Griechischen  ist  diese  wurzel,  wie  es 
scheint,  njcht  vertreten,  wol  aber  im  Lateinischen,  wo  sie  in 
frons  laub /vorliegt,  das  bereits  Bugge  (o.  III  99)  vermutungs- 

\  weise  zu  bnrendh  gestellt  hat.  Ausser  ht.  hre.sti  ist  auch  abulg. 
orezda  von  griech.  ßgevS^og,  ßQsv^^veaO^aL  zu  trennen;  es  geht 
nicht  auf  urslav.  ^hrendja ,  sondern  auf  urslav.  *berdja  zurück 
und  gehört,  wie  das  gleichbedeutende  lat,  /Jß^üJ^s.  zur  idg.  w. 
bher  tragen;  vgl.  auch  Miklosich  Etym.  wb.  d.  slav.  sprachen 
10:  berdja.  Ferner  ist  aus  der  reihe  der  von-i,  Job. , ^Schmidt  .  /^ 
zusammengestellten   wörter  auszuschliessen  go|.  6^^^s^|dessen*|!^ 

I  etymqlogie  no^  dunkel  ist;  FickIIP215  vei^leicl^aifdr^^;^ 

|5^^-i?^*  ?^''^^^5J^^**":^*ißi,  Bezzenberger  (o.  III  8T)liU 
Yoerfl  streuen.  So  olieben  denn  nur  noch  ßgi^vg,  ßqld-og,  ßqi- 
%  &EIV  Übrig;  da  in  ihnen  aber  der  begriff  der  wucht,  der  last 
deutlich  hervortritt,  sind  diese  wörter  mit  Curtius  (Grdz. ^ 
475)  und  Delbrück  (Curtius'  stud.  12,  132)  zu  ßagvg  schwer 
zu  stellen!);  auch  Bezzenberger  (o.  II  191)  und  Froehde 
(o.  VII  326)  sprechen  sich  für  die  trennung  von  ßgid^vg,  ßgl^og, 
ßQid^£iv  und  ßQevd^og,  ßQvv&vsad^ai  aus.  Wenn  dagegen  Froehde 
(a.  a.  0.)  letztere  zu  abulg.  gr^d^  stolz  zieht,  kann  ich  ihm 
nicht  beistimmen,  da  im  griechischen  wort  der  nasal  wesent- 
licher bestandteil  der  wurzel  ist,  abulg.  gr^d^  jedoch  keinen 
nasal  enthält;  vielmehr  weist  ßqivd^og  auf  eine  idg.  w.  grendh. 
Diese  liegt  vor  im  abulg.  grqdh  bru^;  die  ursprüngliche  be- 
deutung  der  w4^(^rendh  ist  „schwellei^;  aus  dieser  bedeutung 
lässt  sich  die  in  ßQsvd^og,  ßQevWueo&aL  erscheinende  ohne 
^Schwierigkeit  ableiten;  zu  derselben  wurzel  stelle  ich  auch  lat. 
&  gross,  bedeutend.  Oskar  Wiedemann. 


*)  Curtius  zieht  auch  ß()(^€cv  einnicken  hierher,  indem  er  auf  olvcp 
ßfßuQTjoTeg  hinweist;  näher  liegt  es  jedoch,  ßfiiCttv  mit  lat.  marcere  welk, 
matt,  kraftlos,  träge  sein,  marcor  Welkheit,  trägheit,  mattigkeit  zusam- 
menzustellen; das  wurzelschliessende  y  geht  auf  x  zurück,  wie  häufig 
(vgl.  Curtius  Grdz."  533  ff.),  das  anlautende  ßQ  ist  aus  fiQ  entstanden, 
wie  in  ßQorog,  ßqaxelv,  ßQ^x^tv  u.  a. 


H.  D.  Müller    Etymologien.  311 


Etymologien. 

Skr.  aja  bock,  ajä  ziege  wird  PW.  s.  v.  mit  lat.  agilis 
zusammengestellt,  die  benennung  des  thieres  also  auf  die  bei 
demselben  besonders  hervorstechende  eigenschaft  der  behendig- 
keit  und  beweglichkeit  zurückgeführt.  Die  wz.  ist  aj  schwin- 
gen, schleudern,  wovon  auch  gr.  aygiog  wild  entstammt. 
Diese  ohne  weiteres  einleuchtende  etymologie  wird  bestätigt 
durch  folgende  benennungen  desselben  thieres. 

Gr.  at§  st.  aly-  ziege,  von  Curt.  Grdz.^  p.  171  und 
FW. 3  I  p.  479  durch  annähme  eines  stammes^ayt-  mit  skr.  aja 
vermittelt,  stellt  sich  augenfällig  zu  ski\jg£^ich  regen,  sich 
bewegeij  (vgLm^sich  regen,  sj^^iT  bewegen),  wozu  auch 
n^^-^iyig  s t u  rjQjj^^ et  ge|^iii^^i5äzu  stimmt  das  attribut  ay^tog, 
"welches  Homer  einige  male  zu  al'^  setzt,  und  mit  diesem  gleich- 
bedeutend ist  auch  das  nur  II.  4,  105  vorkommende  attribut 
i^aXog;  denn  das  anlautende  t  ist  prothetisch  (vgl.  Ixr/g  zu 
TiTLÖeog  Curt.  Grdz.  p.  723)  und  -^aXog  aus  '^oi^alog  gehört  zu 
skr.  skhal  schwanken,  taumeln  und  mhd.  scjW^«r"sch'eu, 
wild,   toll.  '  =' 

Gr.  %i(.iaqog,  x^l^^^^^^Q^  ziege   lässt   sich   nicht  trennen  von 

XeifiwvBiur m ,  Unwetter,  winter,    lat.  hiems  winter,    skr. 

''''niimai&'silte,  schnee  und  geht  zurück  auf  eine  w.  ghi  in  skr. 

y^ ki  treiben,    schleudern,    zend.  zi   treiben,    werfen    vgl. 

p^    ^kr,.Ji«^l^^enner,  i^f«rf'C]^, 

jat.  crt^er 'tfo c k ,  capra  ziege  zeigt  die  gleiche  grundbe- 
deuftung  vermöge  seiner  lautlichen  identität  mit  gr.  yATtgog 
eher,  wildes  schwein  vgl.  die  homer.  ausdrücke  avg  KccrtQug, 
ovgayQiog;  die  w.  bietet  ski\Jiam£_z U texB*.  causat.  hin  und 
her,   auf  und  nieder  bewegen. 

Einen  auf  den  ersten  blick  seltsam  erscheinenden  bedeu- 
tungsübergang  zeigt  die  w.  aj  in  der  nasaherten  form  anj, 
a/i^aAf(_salben,^  aktu  sal^be^l  lat.  ungo  (unguo)  salben,  be- 
streichen. \%iFgIeicEt  mar/ aber  das  subst.  anjas  das  glei- 
ten, glitschen,  welches  im  instrum.  anjasä  stracks,  als- 
bald und  als  adverb.  flink,  plötzlich  bedeutet  (letzteres 
identisch  mit  got.  anaks  plötzlich,  sogleich  vgl.  FW.  I 
p.  480),  so  erkennt  man  in  jener  bed.  nur  eine  specielle  an- 
wendung  der  durcli   vergleichung  von  skr.  aJ  u.  s.  w.  sich  er- 


312  H.  D.  Müller 

gebenden   grundbed.    der   unstäten   hin-  und  herbewegung^    die 
sich  auch  findet  in  skr.  ^^n.^-  eidechse,  lat.  rrnffuis  \\t.  o^f^^ 
ahd.   ^^*c  s  c B'f^Ä e ,    fern^^r  in    lat.   imgulus   rin^    mit   dem 
Übergang  in  Hfe'tecf.'  „krün^ung ,  ^drehung"  (vgl,  lat.  torqueo 
Idrehen,  schwingen,  torques  halskette,  ringel,  kränz). 
I  Genau   entsprechend  ist  der  bedeutungsübergang  von  skr.  sarp 
I  gr.  egniü  lat.  serpo  kriechen,  gleiten,  gehen  zu  skr.  sarpa 
'  lat.  serpem  schlänge   und  as.  sär7Ma^  salbe    got.  salbon    as. 
salbhön    ags.    5ea//?aw    salben,    denen    FW.    I    p.    798    noch 
'^l- sl^if^q,  sHi^jß^  slep'ctj^,  >%>«//  springen  anschliesst.   Den 
-  Übergang  in   die''^feedeutung   der   krümmung   zeigt  auch  die  w. 
J^§P  (kamp)  in  gr. ;  xd^ik^w  biegen,  krümmen  xap'mi^og  ge- 
bogen •/.aja^fcrj  raupe 'skrl^c^a  bogen  kaptmäw^hNfi'     Dem- 
nach wird  auch  skr,  ahi   zend.  azhi  gr.  ^Fgäclilarigö  durch 
prothese  aus  w,  ghl  skt,  hi  entwickelt  sein;'    ■ 

Aus  allem  diesen  ergiebt  sich  auch  eine,  wie  ich  meine, 
sichere  etymologie  für  ahd.  J^ä^  mhd,  zige  nhd.  ziege.  Ich 
stelle  das  wort  zu  gr.  rivdaaw  f.  rtvaxjio  schwingen,  schüt- 
teln, erschüttern.  Die  w.  ist  digh  (aus  dhigh).  Sie  bietei 
sich  in  skr.  r^»Ä^best>©i42.hen,  gti?iJajgn  got.  d^ifmn  kiHten| 
au'^^-©*^£Q^rmen  lat.  ßgulus  töpfer;  die  nasalierteM'orm  dhigh 
(vgl.  lat,  ^nßo)  Eat  im  Griechischen  vocaleinschub  erlitten,  wiö 
got.  anaks  neben  skr.  aw/«s  und  gr.  ?^'^»!|fi5^bretT;^;'^;'4%^^ 
skr.  piQ,  pwhftiM  schmwden  u,  s.  w.    vglTöprachgeschTs^ud. 

p.  59^— -^^^'^^'^^'^^ 

An.  geit   got.  gaits   mhd.  geiz    nhd.  geiss  ziege   habe   ich 
schon   SprachgescE  ilud.  p.  141    von    lat.  m^^N^s  *|)ock   trotz 
lautlicher   Übereinstimmung   getrennt  und  letztet  (neben  dem 
kein  femininum  steht,    wie  ajd  neben  aja,  capra  neben  caper) 
gestellt  zu  einer  aus  gr//al(r/;;liltKr  (vgl.  '^OfH]  haar  zu  ^oficuo^^^ 
laub  bekommen,  griiiieiv'ünd  brtyien)  nhd.  geiz  schöss- 
ling  am  weinstock  u.  s.  w,  zu  erschliessenden~w, ///(/(i  (ghidh). 
wachsen  causat.  zeugen   —  vgl.  engl.  w%kl(w.  gidh)  J^f^^ei 
»werfen  —.dagegen    ersteres    angeschlossen    q^  eine   ai^  giSi.^ 
"  '/.vfHoce   f.   xv^8|Ja    dampf,    fettdampf    lat.    ftif^K    f-  ^^^^^§2I~ 
dunst,    damprvzu   entnehmende   w.  gnidh,    die   durcüi   meta-^ 

I'j  :  thesis  des  nasals  —  wofür  sich  viele  beispiele  finden  vgl.  Sprach- 
i*  gesch.  stud.  p.  88f.  91.  189 1)  —  aus  gindh  (ghind,  ohne  nasal 

■'V. '■ 

')  G.  Meyer  Gr.  gr."  p.  187  will  metathesia  bei  nasalen  nicht  aner- 


Etymologien,  313 

ghidli)  hervorgegangen  ist  i).    Den  hier  vorliegenden  bedeutungs- 
übergang  erläutern   zend.  bud  riechen,    in    compos.  des  cau- 
sativs    räuGjiern    zu   lat.   fi^er^'i^viQn,    schleudernA 
giessen/Vi^y««    Schleuder    ^  mhd.   oHge,   o6z    schi^en,^ 
stossen;    2i\i(xSstinchan    mhd.  s^/ziWwkHrTe c h e n , -  stinken    zu*^ 
got^gqan  stossen    ags.  stinkan  sich  bewegen  durch  die 
luft    an.   stökkva   springen.     Vgl.  auch   gr.  d^vog  räucher- 
werk \dX.  fumns  dampf,  rauch  zu  ^T.d^v{o  sich  ungestüm 
bewegen,    stürmen    und    gr.   ■kwH4^   danhöf,    rä^^ch    skr.i 
^^|gj^^?7a  ral^84Jerwerk  zu' der  oben  besprochenen  wrZ:ap, 

Also  ist  clürcliafle  diese  verschiedenen  benennungen  die 
ziege  als  die  „bewegliche"  bezeichnet. 

Der  oben  bei  got.  anaks  u.  s.  w.  bemerkte  vocaleinschub 
nach  einem  nasal  legt  die  vermuthung  nahe,  dass  auch  gr.  fava^ 
st.  /avax-T-   aus   einer   w.  vank,   vak  abzuleiten   sein   möchte. 

kennen;    deshalb    noch    einige   beispiele    zu    den    a.  a.  o.   beigebrachten. 
Gr.    xvviui    (xvv^äüi)    für     xvvyjw    knurren,     winseln     (von     hunden), 
sc"Kreien  (von  kindern)    zu    skr.  küj ^    MJati,    kunj,    kunjati   knurren, 
stöhnen  lett.  A;Mn^-s<M,  kung-stet  stöhnen.    Gr.  xy«w  schaben,  jucken 
gehört  nach  FW.  1   p.  49   zu  skr.  kash  reiben,    schaben,    kratzen, 
jucken;  skr.  kiknasa  theil  des  zerriebenen  korns,  schrot,  gries 
und  lit.  ÄasM,  kas-ti  graben  neben  knas-au,   knas-yti  graben  beweisen 
die   richtigkeit    dieser    Zusammenstellung.     Ebendas.    p.  517    werden    gr. 
xvaöäkkiü  beissen,  jucken,  schaben  xvuidakov  bissiges  thier  spec. 
schlänge  xv(i)S-ovt-  z&hn  am  sauspiess  vait  \\i.  kandu,  kqsti  beissen 
ohne  zweifei  richtig  in  Verbindung  gebracht.    Dazu  stellt  sich  ahd.  Imazza 
f.  hnaya   nhd.  tiessel,    vgl.  gr.  x^wqos,  xv^wqoq  nessel  zu  w.  kas,  knas. 
Da' nun   diese   pflanze   gewöhnlich  brenn-nessel    heisst  und  ihr  lat.  name  J 
wtiim   ohne   zw«iel  von  urere  bre'tfni^    abgelert9fe.,^t,    so    bietet   sich  • 
damif*  aucli    der  übe?^a«g   zu  lat.  cänd&he  in    accender^'^'incendere    an- 
zünden, verbrennen.     Wie  ahd.  hnazza  zu  gr.  xva<idi.X(t}  u.  s.  w.  ver- 
hält  sich   gr.   xW(f»j    ion,   xvC^a    nessel    zu    xviCoi    ritzen,    kratzen,  i 
schaben   und    damit   gelangen    wir   im   hinblick   auf  den   eben  nachge- 
wiesenen bedeutungsübergang   zu  as.  het    ahd.  mhd.  heiz    nhd.  heiss  und 
zu  T^rexiss.  knats-tis  brand  und  german.  ^fa-Awa/s-f«  (i.  ga-hnaü-ta)  funke 
in  an.  gneist  ahd.  ganehaista  (f.  ga-hnaista),  gneista  (FW.  I  p.  538  zu  lat. 
nitere  gestellt).     Auch  hier  wird  also   die  wurzelform  knid  durch  Umstel- 
lung aus  kind  hervorgegangen  sein,   vgl.  xlvadog  fuchs,  gefährliches  . 
unthier,  schlänge  mit  xvwSkXov  von  w.  knad,  kand.                                 i    ^   *»  as 
^)  FW.  II  p.  94  vergleicht  skr.  gandh  duften,    das  allerdings  ver-l  Crr^'^*^ 
wandt  ist,   doch  durch  den  wurzelvocal   sich  unterscheidet.    Davon  ent-  | 
stammt   (wiedeium    mit   nasalversetzung)    ags.  cnedan    ahd.  cnetan    mhd.  1 
kneten.                                                                                                 "-  ■—»■■■- 


314  H.  D.  Müller 

Wenn  wir  nun  aus  skr.  ig  zu  eigen  haben,  herrschen, 
gebieten  =  eot.  aiqan  haben,  besitzen  erkennen,  dass  der 
begriff  des  herrschens  aus  dem  begriff  des  besitzens  hervorgeht 
und  in  got.  valdan  mhd.  walten  gewalt  haben  über  (= 
herrschen),  besitzen  —  gr.  fsldo^iai,  f.  feldof-iaL  (media 
f.  aspirata  durch  hauchentziehung'~^virkenden  contact  mit  der 
liquida  l  vgl.  Sprachgesch.  st.  p.  56)  wünschen,  verlangen 
den  Zusammenhang  zwischen  den  bedeutungen  wünschen  und 
herrschen  hervortreten  sahen,  so  wird  es  keinem  bedenken 
unterliegen  gr.  J^avay^-T-  mit  skr.  vac  begehren,  wünschen 
in  Zusammenhang  zu  bringen,  zumal  diesem  in  vänch  f.  yaw^-p^ 
begehren,  wünschen  eine  nasaherte  form  zur  seite  steht. 

Auf  entsprechendem  wege  gelangen  wir  zum  Verständnis 
der  räthselhaften  gr.  präposition  V.vey,a.  Steht  nämlich  fVfiJt« 
f.  oevE^a  und  ist  dieses  durch  nasalierung  und  vocaleinschub 
aus  seka,  saka  hervorgegangen,  so  ist  es  lautlich  identisch  mit 
skr.  sam  mit  und  lat.  secus  neben^  bei,  an,  und  der  bedeu- 
tungsübergang  derselbe  wie  in  lat.  propter  1)  nahe  bei, 
neben,    2)  wegen. 

Gr.  ßXaöcprjfUfü  schmähen,  lästern  gijpt  sich  unzwei- 
deutig als  ein  comps^situm,  dessen  letztes  glied  ^»j^t/ew  zu  (pi^f^r] 
rede  sich  stellt.  Das\rste  glied  ßlao-^  durch  haij^hentziehung 
aus  q)laa-  entstanden,  l^rd  reflectiert  durch  mhd/^yas  kahl, 
gering.  Die  bed.  ist  aß©  ,, gering  reden".  In  ^Lr.JS(?l«£J„^. 
f.  g)Xdotü  (vgl.  fut.  cpläocü  mx.  ecplaod)  zermalmen ,^^ er- 
schmettern hat  sich  die  asplWa  erhattBtiT*'*' 

Curt.  Grdz.  1).  161  und  FW.  I  p.  213  identificieren 
einstimmend  gr.  u.vy.ogSm\i  XoX.  lupus  got.  vulfs  und  erschliessen 
aus  skr.  vrkas  liK  vükds  ksUvlükü  eine  grundspr.\form  varkas, 
aus  welcher  durch   metathesis  vrakas,   vlakas,  vlißcos  und   mit 
abwerfung  des  v  XvKog  entstanden  sein  soll.     Diese  Zusammen- 
stellung   scheint   allgemeinen  beifall   gefunden    zu    haben.     In- 
dessen  hat  die  annähme,   dass  in  lat.  lupus  grundspr.  k  in  p 
übergegangen   sein    soll,   ihr  grosses   bedenken.     Curtius  selbst 
erkennt   (p.  78)    an,    dass    lat.  2^   selten    griechischem    x    ent- 
spreche,   meint  aber  ein   sicheres    beispiel  dafür   zu  haben  aj 
lat.  saepio   neben  gr.  arjKog.     Allein  ^i^o^,gizäu 
schliessen  weist  auf  eine  w.  sip,  yG.che  mit  hinh 
sprechender  bedeutung  vorliegt  nrgr.  acTtvs,    ainva 


Etymologien,  315 

behälter,   beutel   lat.  simpiihim   schöpfbecher  shn^Htimm 


opierschale.  -->-»^  -^ 

Dagegen  stellt  sich  lujJ^S  ohne  die  geringste  lautliche 
Schwierigkeit  zu  skr.  ^^^p4^,  ^^^^^^-'^  sMt*te^l,  ftt-©h$.  Die 
ähnlich  keit  des  wolfs  mit  cliesentlueren  gestattet  schon  die 
annähme,  dass  ersterer  mit  einem  von  derselben  w.  lup  gebil- 
deten namen  bezeichnet  werden  konnte.  Diese  w.  selbst  hat 
aber  auch  eine  bedeutung,  welche  auf  alle  drei  thiere  sehr  gut 
passt.  Skr^.. ?.M^>^«»«j?ai^r'T^5äw*4et  n?ttn4i«i4i,^_ e rbrechen, 
rauben,  plündern  (vgl.  loptra  raub,  beute),  jene  thiere 
werden  also  sämmtlich  durch  ihre  namen  nur  allgemein  als 
„rauher",  ,, raub  thiere"  bezeichnet.  Den  gleichen  sinn  hat  gr. 
aAtS«r-^|  lit.  hme  ^fttghs  (tdspitJI^  jih»^^j,g^uchs).  Denn  wie 
sßr.  Zlfe  auf  eine  äl 


ältere  form  rwp  lat.  rmnpetTfi^  got.  bi-raubön 
Q.\iS7rdTMn  mhd.  rouhen  rauben  vgl.  FW.  I  p.  198)  zurück- 
geht, so  äle"nah  verwajidte7'"ilüf  durch  den  inlautenden  vocal 
verschiedene  w.  lap  auf  eine  ältere  form  rap,  die  in  lat  r apere 
r^aJljy[en_ vorliegt.  Also  ist  auch  durch  aMf^^  lit.  u!^^^v 
fuchs  als  „räuber"  bezeichnet  ^).  Dass  woIf  und  /iiclBs  mit 
demselben  namen  benannt  werden  konnten,  zeigt  ferner  an. 
vargr  wolf^  das  im  Island,  auch  den  fuchs  bezeichnet  (vgl. 
Zimmer  Nominalsuff,  a  und  ä  p.  37).  Demnach  empfiehlt  es 
sich  auch  lat.  vulpes  fuchs  mit  sot. vidfs  zu  identificieren,    zu- 

"'•*.     ■•v»"'-"'*';*»»  "  * ■/■■ii  »11(111- 

mal  die  vertretuiig  eines  grundspr.  k  durch  got.  f  ihr  bedenk- 
liches hat  (vgl.  Osthoff  Mü.  I  p.  94).  Obendrein  lässt  sich 
auch  für  diese  beiden  wörter  die  allgemeine  bed.  „räuber" 
nachweisen.  Denn  wie  neben  gr.  J^Htvco  hoffen  lit.  vel-ti 
hoffen  (vgl.  FW.  II  p.  248)  steht,  so  darf  auch  die  jenen 
namen  zu  gründe  liegende  w.  valp  (vulp)  als  eine  Weiterbildung 
aus  einer  w.  val  gefasst  werden,  die  mit  der  bed.  rauben  sich 
findet  in  gr.  eXüv  f.  fj^leiv  g^.  vilvan  ^uben  vhfmi  v^\x. 
,^W^t;^  räuber,  vgl.  auch  ags.  vf^äX\^.  w^  mhd.  tvwd  V(^- 
d^H)\iT.**'' Durch  alles  dieses  wird  "es  endlicB'  auch  zweiielhait, 
"ob  gr.^rxog  aus  vlakas  hervorgegangen  ist.  Dass  wenigstens 
die  dabei  vorauszusetzenden  lautlichen  Veränderungen  nicht 
gerade  gewöhnlicher  art  sind,  zeigt  das  wie  vrkas  wolf  von 
Vf.  ^"vark  ;/(skr.   vragc)    zerreissen    entstammende    ved.   vrkas 

£ Ä '- 

^  *)  Uebereinstimmende  bedeutung   zeigen   auch  die  w.  lap  und  lup  in 

gr.  kino)  schälen,  abstreifen  und  Wi.lupü,  lüpti  schälen,  die  haut 
abziehen. 


H.  D.  Müller    Etymologien.        ^^A,  •^- 


-laZt^-M 


fKMMwnwMwiaenwasr« 


a 


prijag,  dem  lakon.  €v%dza  pflugschaar  und  m 
lurCTie  entsprechen.  Dazu  /gazog  aol.  ßgoxog  gewonftl.  ^axog 
fetzeni'  Für  Iv^iog  müsste  entsprechend  ein  äol.  ßXaMgoäer 
"ßla^,  gemeingriech.  ld/.og  oder  Id^  eintreten.  Wahrscheinlicher 
ist  es  daher,  dass  Xvxog  zu  skr.  lunc  raufen,  ausreissen, 
rupfen  gehört,  zu  dem  auch  gr^^rj^^ahd.  mhd.  7%N^  lit.  ^t^iswis 
luchs,  ebenfalls  als  „rafe^hier"  bezeichn^r,  besser  gestelir 
wir(I7"äls  zu  skr.  ruc  lat.  tän^  leuclH^n,  hell  sein,  da  der 
bedeutungsübergang  Schwierigkeiten  macht,  auch  eine  nasa- 
lierung der  letzgenannten  w.  sich  nicht  nachweisen  lasst. 

//.  D.  Müller. 


0VO  ICoog. 

Homers  cpvoitoog  (ata)  ist  zwar  von  jeher  als  Zusammen- 
setzung aus  cpvoaL  und  twi]  verstanden,  doch  ist  dieses  nicht 
wohl  möglich,  weil  es  bei  Homer  tiöio,  t,o)6g,  ^wjy  heisst.  Viel- 
mehr ist  das  beiwort  nach  der  analogie  von  leiöcogog  (agovQa) 
/als  „getreide  hervorbringend"  ai^zufassen.  Für  ^eidioQog  schreibt 
,man  besser  C€jh^4ß^og  oder  ^€/5lMwoog,  und  sieht  im  ersten 
theile  Qefo-  =  lit.  jatHi^jSkr.  p^va-s  „getreide",  von  dem  P^ 
=  ^efia  erst  abgeTeitetrSt.  Ei^  Zusammensetzung  mit  teiä 
im  schlussgliede  haben  wir  in  dem  naii^n  der  örtlichkeit  Oias- 
^€ia  auf  der  fesbischen  ins^irift  FabrWcius  Mitth.  d,  inst. 
IX  88  f.  Olae-  l|t  der  impera^^lae,  \g\.\uat-f.i€vai^  der  name 
bedeutet  also  „Tmgespelz" ;  für^tfd«-  erscheint  oloo-  in  dem 
schlecht  gebildeteri^  gelehrten  olaocpdyog  ,, Speiseröhre".  Im 
homer.  cpvai-^ofog  „getreide  hervorbringend"  ist  das  alte  gesetz 
beobachtet,  wonach  der  nachton  £  im  zweiten  gliede  der  compo- 
sition  in  o  verwandelt  —  eine  regel,  von  der  ursprünglich  nur 
einige  kategorien  wie  die  neutra  auf  -og  und  einzelne  wörter 
wie  fiqyov  ausgenommen  sind. 

Ä.  Fick. 


August  Friedrich  Pott.  317 


August  Friedrich  Pott. 

Zwei  schwere  Verluste  sind  es,  die  im  Zeitraum  von  nur  wenigen 
monaten  die  Hallesche  Universität  erlitten  hat :  dem  sammeleifrigen  ger- 
raanisten  Julius  Zacher  folgte  am  5.  Juli  d.  js.  der  träger  eines  noch  bei 
weitem  klangreicheren  namens,  ein  mann,  dessen  rum  bis  über  die  fernen 
Ozeane  gedrungen ,  folgte  der  nestor  der  Sprachforscher ,  der  letzte  der 
noch  lebenden  begründer  der  vergleichenden  Sprachforschung,  August 
Friedrich  Pott  nach.  Wenn  ich  es  heute,  nur  wenige  wochen  nach 
dem  hinscheiden  des  seltenen  mannes,  unterneme,  ein  bild  seines  wirkens 
und  seiner  wissenschaftlichen  bedeutung  in  gedrängten  zügen  zu  ent- 
werfen, so  bin  ich  mir  wol  bewusst  der  künheit  des  beginnens  und  der 
Schwierigkeit  der  aufgäbe,  einen  geist  wie  Pott  in  den  grenzen  eines 
kurzen  nekrologs  erschöpfend  zusammenzufassen  und  ihm  in  jeder  bezie- 
hung  gerecht  zu  werden.  Steht  doch  die  jüngere  Sprachforschung  oder, 
ich  will  lieber  sagen,  die  Sprachforschung  der  letzten  jarzente  durchweg 
auf  den  schultern  des  grossen  meisters ,  one  sich  dessen  immer  im  ein- 
zelnen bewusst  zu  sein ,  und  trennt  sie  doch  zugleich  wiederum  so 
manches  im  prinzip  tief  einschneidende  von  ihm.  Möge  das  redliche 
streben  eines  dankbaren  schülers ,  dem  vererten  lerer  und  menschen  als 
zeichen  seiner  dankbarkeit  und  vererung  ein  erinnerungsblatt  auf  das 
grab  zu  legen,  gegenwärtiger  arbeit  die  nachsichtige  beurteilung  erringen, 
deren  sie  bedarf. 

August  Friedrich  Pott  wurde  am  14.  november  1802  in  Nettelrede, 
einem  kleinen  hannoverschen  nest,  wie  er  es  selbst  einmal  nennt,  unweit 
Hannöverisch-Münden ,  als  der  son  eines  predigers  geboren.  Schon  die 
grosseltern  waren  im  Hannoverischen  angesessen  und  auch  der  grossvater 
hatte  daselbst  die  stelle  eines  predigers  bekleidet.  Potts  vater  starb  vor 
der  zeit  an  einem  brustleiden  und  die  in  ziemlich  bedrängten  Verhält- 
nissen zurückgelassene  wittwe  zog  mit  ihren  vier  kindern  nach  Olden- 
dorf.  Nachdem  auch  die  mutter  hier  nach  wenigen  jaren  gestorben, 
wurden  die  beiden  Schwestern  in  Oldendorf  bei  einem  oheim  mütter- 
licherseits erzogen,  wärend  der  junge  August  Friedrich  und  sein  jüngerer 
bruder  nach  Adensen  zu  einem  pastor  Lauenstein  in  pension  gegeben 
wurden.  Durch  diesen  trefflichen  mann  empfing  der  knabe  seinen  ihn 
für  das  gyranasium  vorbereitenden  Unterricht.  Von  Adensen  kam  er 
dann  nach  Hannover,  um  das  dortige  lyceum  zu  besuchen  und  fand  im 
hause  seines  Vormundes  und  onkels,  des  kaufmanns  und  Senators  Deicke, 
aufname.  Schon  im  elterlichen  hause  muss  sich  eine  unwiderstehliche  neigung 
für  bücher  bei  dem  begabten  knaben  gezeigt  haben,  schreibt  doch  bereits 
sein  vater  in  einem  noch  vorhandenen  briefe:  ,, Fritz  geht  nichts  über 
seine  geliebten  bücher".  Bezeichnender  noch  ist  aber,  dass  der  jüngling 
dann,  noch  in  der  schule,  ein  lateinisches  lexikon  hat  schreiben  wollen, 
zu  dem  er  eifrig  aus  den  klassikern  stellen  sammelte  und  kollektaneen 
anlegte.  Dass  es  ihm  trotz  seines  geringen  Vermögens  vergönnt  war, 
Beiträge  z.  knnde  d.  indg.  sprachen.    XIU.  22 


318  August  Friedrich  Pott. 

zu  studiren,  hatte  er  nur  seinem  Vormunde  zu  verdanken  und  er  hat 
auch  stets  diesem  durch  hervorragende,  edle  Charaktereigenschaften  aus- 
gezeichneten manne  ein  pietätvolles  andenken  gewart  und  seiner  dank- 
barkeit  gegen  ihn  durch  widmung  des  ersten  bandes  der  etymologischen 
forschungen  ausdruck  geliehen. 

Im  herbst  1821  bezog  der  angehende  student  die  Universität  Göt- 
tingen, um  sich  nach  sitte  der  damaligen  zeit  als  theologe  inskribiren 
zu  lassen.  Es  stand  aber  damals  bereits  bei  dem  jungen  manne  fest, 
dass  er  ausschliesslich  sich  dem  Studium  der  philologie  widmen  wollte. 
So  dürften  ihn  denn  die  Vorlesungen  von  Ludolf  Dissen  und  Otfried 
Müller  besonders  gefördert  und  angezogen  haben;  vor  allem  aber  an- 
regend und  auf  die  wissenschaftliche  entwickelung  des  Jünglings  hin- 
wirkend werden  die  Vorlesungen  von  Benecke  gewesen  sein.  Mehr  dem 
wünsche  seines  Vormundes  als  seiner  eigenen  neigung  folgend ,  nam  er 
dann  nach  absolvirtem  Universitätsstudium  eine  lererstelle  am  gymnasiura 
in  Celle  an.  Der  kleine  rest  des  Vermögens  reichte  nur  noch  für  wenige 
jare  hin  und  die  äusseren  umstände  drängten  zu  einer  gesicherten,  festen 
lebensstellung.  Jedoch  weder  für  die  wissenschaftlichen  bestrebungen 
Potts  war  Celle  der  rechte  ort,  noch  auch  konnte  sein  geist  in  der  auf- 
gezwungenen lertätigkeit  hier  befriedigung  finden.  Trotz  aller  über- 
bürdung mit  unleidlichen  schulgeschäften  schrieb  er  in  Celle  1827  noch 
seine  doktordissertation :  „de  relationibus  quae  praepositionibus  in  Unguis 
denotantur",  eine  sprachphilosophische  abhandlung. 

Diese  erstlingsschrift  des  fünfundzwanzigjärigen ,  die  er  auch  später 
mit  der  liebe  eines  vaters  zu  seinem  erstgeborenen  öfters  gelegentlich 
zitirt,  verrät  allerdings  noch  nicht  den  grossen  Sprachforscher,  als  den 
er  sich  dann  bereits  nach  6  jaren  entpuppte.  Aber  doch  scheint  schon 
damals  eine  anung  dunkel  in  ihm  aufgestiegen  zu  sein  über  die  der- 
einstige richtung  seiner  Studien,  indem  er  nämlich  seiner  arbeit  folgenden 
satz  des  Fontenelle  vorangestellt  hat:  „Mon  principe  est,  que  malgre 
toutes  les  differences,  que  les  langues  doivent  indispensablement  avoir 
entre  elles,  il  y  a  quelque  chose  de  commun,  oü  elles  se  reunissent, 
ce  qui  depend  uniquement  de  la  raison  commune  ä  tous  les  peu- 
ples".  Besonders  charakteristisch  aber  ist  das  stolze  bewusstsein,  noch 
grosses  schaffen  zu  wollen,  das  ihn  zu  dem  künen  versprechen  veran- 
lasst: ego  hanc  mihi  irrogo  et  observabo  legem,  ut  scriptum  a  me 
aut   nullum   posthac  in   publicum    emittatur    aut   melius. 

Eine  arbeit  wie  die  vorstehende  musste  aber  notwendig  ihren  Ver- 
fasser aus  den  engen  grenzen  der  gymnasialtätigkeit  hinausweisen,  und  so 
gab  er  denn  mit  bewilligung  seines  Vormundes,  der  das  wenige  vermögen, 
das  Pott  noch  sein  eigentum  nennen  konnte,  treulich  zusammengehalten 
und  musterhaft  verwaltet  hatte,  die  sichere  Stellung  nach  zwei  jaren 
wieder  auf  und  ging  mit  überaus  bescheidenen  mittein  nach  Berlin. 
Hierhin  zogen  ihn  mächtig  männer  wie  Wilhelm  von  Humboldt  und 
Franz  Bopp  und  hier  erst  wurde,  im  lebendigen  persönlichen  verker 
mit  diesen  männern,  der  spätere  grosse  Sprachforscher  geboren.  Der 
junge   privatdozent,    der   sich   in   Berlin   1831  habilitirte,    begann   hier 


August  Friedrich  Pott.  319 

gewissermassen  nochmals  von  neuem  zu  studiren  und  bereits  nach  zwei 
jaren  konnte  er  die  fruchte  dieser  studien  in  einem  epochemachenden 
werke,  seinen  etymologischen  forschungen  niederlegen.  In  demselben 
jare  wurde  er  als  ausserordentlicher  professor  der  allgemeinen  Sprach- 
wissenschaft an  die  Universität  Halle  berufen,  der  er  dann  auch  bis  zu 
seinem  tode,  also  54  jare  lang,  angehört  hat. 

Die  „Etymologischen  forschungen  auf  dem  gebiete  der  indogerma- 
nischen sprachen  unter  berücksichtigung  ihrer  hauptformen,  sanskrit; 
zend-persisch;  griechisch-lateinisch;  littauisch-slavisch;  germanisch  und 
keltisch",  welche  in  erster  aufläge  1833 — 36  in  2  bänden  erschienen  und 
in  der  fast  17  jare  umfassenden  neubearbeitung  in  5  bänden  nebst  einem 
registerband  eine  vollständige  Umgestaltung  erfuren,  begründeten  Potts 
ruf  und  wiesen  ihm  sogleich  eine  der  hervorragendsten  stellen  unter  den 
Sprachforschern  an.  Er  selbst  bezeichnet  das  werk  einmal  als  sein  haupt- 
werk,  seine  „grosse  bibel". 

Die  ungeheure  Wichtigkeit  von  Potts  leistungen  für  die  etymologie 
durch  dieses  werk  kann  man  sich  nur  recht  klar  und  anschaulich  machen, 
wenn  man  auf  den  stand  derselben  vor  ihm  einen  blick  wirft.  Franz 
Bopp,  der  begründer  der  vergleichenden  indogermanischen  Sprachfor- 
schung, hatte  gerade  für  diese  disziplin,  die  doch  allein  fundament  und 
grundbedingung  überhaupt  jeder  wissenschaftlichen  Sprachvergleichung 
ist,  seinen  nachfolgern  noch  die  hauptarbeit  übrig  gelassen.  Wol  hatte 
er  die  einheit  der  indogermanischen  sprachen,  auf  die  voranend  schon 
der  eine  oder  der  andere  seiner  Vorgänger  hier  und  da  mit  unsicheren 
fingerzeigen  hingedeutet,  unwiderstreitbar  wissenschaftlich  nachgewiesen 
und  die  erste  selbständige,  auch  heute  noch  von  den  meisten  forschem 
als  richtig  anerkannte  theorie  über  die  entstehuug  der  flexion  aufgestellt, 
aber  er  hatte  es  unterlassen,  mit  festen  lautgesetzen  das  eroberte  gebiet 
zu  durchziehen  und  abzugrenzen.  Ihm  kam  es  nicht  darauf  an,  gele- 
gentlich ein  von  ihm  selbst  aufgestelltes  lautgesetz  zu  gunsten  einer 
geistreichen,  oft  genug  harten  wortgleichung  selbst  willkürlich  umzu- 
stossen,  ihm  schien  es  nicht  befremdlich  sondern  durchaus  natürlich, 
dass  der  spräche  die  weitgehende  freiheit  zugestanden  werden  müsse,  die 
schranken  eines  lautgesetzes  jeweilig  überspringen  zu  dürfen,  ja  ihm  war 
überhaupt  der  weg  der  sicheren  gewinnung  eines  lautgesetzes  noch  viel- 
fach mit  hemmenden  hindernissen  versperrt,  weil  er  den  wert  des  ein- 
zelnen lautes  nicht  zu  würdigen  wusste. 

Da  trat  als  anwalt  für  den  bisher  unterdrückten  und  noch  nicht  zu 
seinem  rechte  gekommenen  laut,  den  buchstaben,  Jakob  Grimm  auf. 
Die  Wichtigkeit  des  von  ihm  entdeckten  oder  wenigstens  unter  seinem 
namen  gehenden  germanischen  lautverschiebungsgesetzes  schildert  Pott, 
dessen  urteil  als  des  in  diesem  punkte  wol  kompetentesten  richters,  zu- 
gleich als  ein  massstab  seiner  eigenen  leistungen,  hier  platz  finden  möge, 
mit  folgenden  werten: 

„Es  ist  unter  J.  Grimms  hohen  Verdiensten  um  besondere  und  allge- 
meine  Sprachkunde  gewiss   keine  der  geringsten,    den  buchstaben   ihre 

22* 


320  August  Friedrich  Pott. 

bisher  in  der  Sprachwissenschaft  geschmälerten,  natürlichen  rechte  zurück- 
gegeben und  dieselben  zu  der  gleichstufigen  Stellung  erhoben  zu  haben, 
welche  sie  in  der  spräche  selbst  einnemen.  Grimm's  geschichtliche  dar- 
legung  der  lautumwandlungen  in  den  germanischen  sprachen  hat  allein 
mehr  wert,  als  manche  philosophische  sprachlere  voll  einseitiger  oder 
nichtiger  abstraktionen ;  aus  ihr  geht  zur  genüge  hervor,  dass  der  buch- 
stabe,  als  das  handgreifliche,  als  das  freilich  auch  nicht  beständige,  aber 
doch  in  ruhigerem  gleise  sich  bewegende  Sprachelement,  im  ganzen  ge- 
nommen, ein  sicherer  faden  im  dunkelen  labyrinthe  der  etymologie  ist 
als  die  oft  kün  umherspringende  Wortbedeutung;  aus  ihr,  dass  die 
Sprachforschung,  insbesondere  die  vergleichende,  one  genaue  geschicht- 
liche kenntniss  vom  buchstaben  des  festen  halts  entbert:  sie  endlich 
zeigt  mit  erstaunen  erregender  klarheit,  dass  selbst  im  blossen  buch- 
staben nicht  —  wie  auch  sonst  nirgends  in  der  spräche  der  fall  ist,  wol 
aber  die  bequeme  Unwissenheit  es  sich  gern  träumen  lässt  —  die  gesetz- 
losigkeit  frecher  willkür  herrscht,  sondern  vernünftige  freiheit,  d.  h.  ein- 
schränkung  durch  selbsteigene,  in  der  natur  der  laute  begründete  gesetze". 
(Et.  V  1,  p.  XII.) 

Nach  dem  vorgange  Grimm's  und  noch  weiter  über  ihn  hinausgehend 
erkannte  Pott  die  bedeutsamkeit  auch  des  buchstäblichen  lautes  an  sich, 
erkannte  er,  dass  der  buchstabe  nichts  totes  sei;  er  sah  vielmehr  die 
einzelnen  buchstaben  als  glieder  der  spräche  an,  das  system  der  buch- 
stabenverbindungeu  bildet  deren  körper  und  mit  diesem  ist  unzertrenn- 
lich der  Sprachgeist  verbunden.  „Durch  den  buchstaben  zum  geiste, 
literae  animi  nuntia"  ist  sein  warspruch.  In  der  frischen  und  lebens- 
vollen darstellung,  wie  sie  gerade  der  ersten  aufläge  der  etymologischen 
forschungen  so  ganz  besonders  eigen  ist ,  fürt  er  (II.  349) ,  die  stelle  I. 
p.  XII  ergänzend  aus,  wie  er  in  der  lautlere  einen  der  wichtigsten  und 
bei  verständiger  handhabung  am  sichersten  in  die  etymologie  einwei- 
henden Schlüssel  erkannt  habe;  „fast  einzig  oder  oft  ganz  allein  giebt 
sie  die  mittel  an  die  band,  den  echten  sprachkern  aus  der  lügenhaften 
schale  auszuschlauben  und  den  verderbten ,  metamorphosirten  sprachstoff 
auf  seine  ursprüngliche  und  wesenhaftere  gestalt,  d.  h.  auf  seine  w ar- 
beit zurückzufüren ;  umsonst  wird  man  sich  one  sie  mühen,  zwischen 
unverwandten  und  blossen  lenwörtern  in  den  sprachen  eine  grenzlinie  zu 
ziehen,  und  namentlich  rücksichtlich  letzterer  auf  den  vorteil,  aus  ihnen 
auf  verker  und  Ideenaustausch  zwischen  Völkern  rückschlüsse  zu  gewinnen, 
verzichten  müssen.  Durch  tausend  gaukelnde  gestalten  täuschend  und 
mit  wechselfarbigem  Schleier  alles  umhüllend  ist  die  M  aj  a  durch  die 
sprachen  geschritten :  wird  dieser  schleier  nicht  zerrissen ,  vergebens 
harren  wir  der  sonne,  welche  den  ursprnng  der  Wörter  beleuchtet  und 
aufklärt;  vergebens  wird  den  Urbedeutungen  einzelner  laute  nachgeforscht. 
Niemand  verwechselt  den  gelben,  dürren,  herbstlichen  blätterfail  mit  dem 
jugendlich  frischen  baumschmucke  im  frühling;  aus  dem  herbste  begreift 
sich  nicht  der  frühling,  nicht  aus  dem  alter  die  kindheit;  —  und  doch 
wänt  man  so  oft,  wiewol  verkerter  weise,  one  dem  natürlichen  zeitver- 
laufe der  sprachen  mit  geschichtlicher  gewissenhaftigkeit  gefolgt  zu  sein, 


August  Friedrich  Pott.  321 

sogleich  aus  einer  ihrer  ersten  besten,  späteren  gestaltungen  den  ursinn 
ihrer  lautverhältnisse  heraushorchen  zu  können". 

Die  lautlere  ist  also  das  tor,  welches  den  zugang  zu  der  ungleich 
höheren  disziplin,  der  etymologie,  eröffnet.  Diese,  welche  eine  anatomisch- 
physiologische einsieht  in  das  innerste  und  geheimnissvolle  gewebe  und 
leben  der  spräche  allein  vermittelt,  hatte  er  sich  vorgesetzt,  dahin  zu 
füren ,  dass  sie  aufhöre ,  schöne  dichtung  zu  sein  und  als  zum  höchsten 
geistreiches  Spielzeug  auf  augenblicke  zu  ergötzen ;  bitteren  ernst  wollte 
er  vielmehr  mit  ihr  gemacht  wissen  und  sie  ihrem  eigenen  etymon  ge- 
mäss, zu  warhafter  und  mit  sich  selbst  adäquater  warheit  erhoben 
sehen.  Darum  konnte  er  auch  nicht  scharf  genug  gegen  das  unwissen- 
schaftliche verfaren  „jener  helden  von  pseudo-etymologen ,  jener  sprach- 
vergleichenden pfuscher  vorgehen,  die  sich  von  der  sirene  des  gleichlauts 
betören  lassen,  oder  die  stantes  pede  in  uno  hunderte  von  änlichkeiten, 
wie  sie  sie  blindlings  aus  einer  der  sprachen  des  Ostens,  westens,  nordens 
und  Südens  aufgreifen,  im  buntesten  gemisch  ihrer  quacksalberigen  pan- 
dorabüchse  entflattern  lassen". 

So  wurde  Pott  der  schöpfer  der  lautlere  und  weiterhin  der  etymo- 
logie. Und  gerade  zur  lösung  dieser  aufgäbe  war  er  geschafi"en  wie 
kaum  ein  zweiter.  Ueberall,  selbst  in  den  unbedeutendsten  kleinigkeiten, 
welche  das  äuge  seiner  Vorgänger  oder  mitforscher  als  zu  geringfügig 
und  wertlos  übersehen  hatte,  entdeckte  sein  Scharfblick  ungeante  zu- 
sammenhänge und  beziehungen  und  man  muss  allenthalben  staunen  über 
die  reiche  fülle  des  zusammengetragenen  materials,  über  die  glücklichen 
griffe,  die  er  mitten  aus  dem  sprachen  leben  heraus  getan.  Bekannt  ist 
Renan's  kurze  aber  treffende  Charakteristik  Potts,  indem  er  ihn  „un  esprit 
ä  la  fois  severe  et  hardi"  nennt,  und  der  mut,  den  er  selbst  zur  auf- 
stellung  einer  manchmal  gewagten  etymologie  zu  haben  erklärt,  der  sich 
sogar  zur  tollkünheit  steigern  kann  (Et.  f.^  II.  2.  127),  ist  für  ihn  typisch. 
Mit  dieser  künheit  parte  sich  aber  auch  ein  tiefes  wissen,  eine  eminente 
gelersamkeit  und  belesenheit  und  eine  kritische  Urteilskraft,  die  kombi- 
nationen  seiner  schöpferischen  phantasie  auf  schritt  und  tritt  zu  kon- 
troliren.  Es  kann  nicht  geleugnet  werden,  dass  Pott,  von  dem  fluge 
seiner  phantasie  getragen,  vielfach  zu  weit  gegangen  ist  und  sätze  auf- 
gestellt hat,  deren  unhaltbarkeit  ihm  überzeugend  nachgewiesen  wurde, 
nichtsdestoweniger  aber  hat  er  für  lautlere  und  etymologie  bei  weitem 
mehr  geleistet  als  alle  seine  Vorgänger  zusammen  genommen  und  den 
grund  gelegt,  auf  dem  jüngere  forscher  sicher  weiter  bauen  konnten. 

Bei  der  neubearbeitung  seiner  etymologischen  forschungen  hatte  er 
sich  als  hauptaufgabe  gesetzt,  die  indogermanischen  sprachen  nach  den 
hauptsächlichsten  grundelementen  zu  erforschen,  woraus  sie  in  begriff- 
licher rücksicht  bestehen  und  davon  ein  ,, nicht  allzu  unvollständiges  und 
wolgeordnetes  inventar  aufzustellen".  Den  grössten  teil  des  werkes, 
band  2 — 5,  nemen  daher  die  wurzeln  ein;  in  der  ersten  abteilung  des 
zweiten  bandes  wird  der  gegenständ  allgemein  behandelt,  dann  folgt  in 
7  bänden  resp.  abteilungen,  einen  gesammtraum  von  weit  über  5000 
selten   umspannend,    das   wurzelwörterbuch.     An    einer  ganzen  i'eihc  von 


322  August  Friedrich  Pott. 

stellen  hat  er  sich  über  seine  auffassung  von  dem  wesen  der  Wurzel,  über 
ihren  begriff,  ihre  beschafFenheit  und  Stellung  unter  den  grundelementen 
der  spräche  ausgelassen.  Greifen  wir  einige  der  wichtigsten  hier  heraus, 
um  durch  eine  Zusammenstellung  derselben  ein  möglichst  vollständiges 
bild  seiner  ansieht  zu  erhalten 

Wurzeln  sind  die  stammoberhäupter  einer  wörterfamilie,  die  einheit, 
die  pyramidalische  spitze,  in  welche  alle  zu  einer  solchen  familie  gehö- 
rigen glieder  auslaufen;  nur  komposita  können  als  Wörtereheleute  zweien 
familien  angehören.  Wurzeln  sind  ferner  nur  ein  eingebildetes,  eine 
abstraktion;  faktisch  kann  es  in  der  spräche  keine  wurzeln  geben;  was 
in  ihr  auch  äusserlich  als  reine  wurzel  sich  darstellen  möge,  ist  wort 
oder  wortforra,  nicht  wurzel;  denn  wurzel  ist  eben  eine  abstraktion 
von  allen  Wortklassen  und  deren  unterschieden,  die  lichtsammlung  aus 
ihnen  one  stralenbrechung;  —  die  spräche  muss  aber,  auch  wenn  sie 
sich  der  form  einer  wurzel  bedient,  wenigstens  innerlich  den  unterschied 
der  Wortklasse  hineinlegen.  Wenn  nun  behauptet  werden  muss,  dekli- 
nation  entstehe  in  den  sanskritsprachen  durch  anfügung  der  flexions- 
suffixe  an  die  grundformen  des  nomen,  konjugation  durch  die  anderer 
an  die  wurzel  oder  den  stamm,  so  darf  dies  nicht  so  missverstanden 
werden,  als  seien  grundform  und  wurzel  etwas  selbständig  und  unver- 
bunden  in  der  spräche  vorhandenes,  oder  gleichsam  vor  der  flexion  in 
ihr  vorhanden  gewesen ;  es  ist  nur  die  meinung ,  dass  die  grundform  in 
allen  kasus,  die  wurzel  in  allen  verbalformen  als  das  noch  ununter- 
schiedene,  als  das  ihnen  gemeinschaftliche  enthalten  sei,  welches  nur  die 
grammatische  analyse  um  wissenschaftlicher  zwecke  willen  von  allen  mit 
ihnen  in  der  Wirklichkeit  vereinigten  unterschieden  zu  befreien  und  in 
ihrer  einfachheit  hinzustellen ,  bestrebt  ist.  Das  bedingniss  der  wurzel 
ist  aber,  dass  sie  einen  geistigen  Inhalt  hat,  der  jedoch,  sobald  man 
ihn  vom  worte  und  von  den  ihm  zugehörigen  wortformen  losgelöst  denkt, 
natürlich  roh  und  ungestalteter  stoff  ist  one  form.  Dieser  geistige 
inhalt  ist  ein  in  die  wurzel  gelegter,  nicht  unmittelbar  und  unbedingt 
aus  ihr  herausspringender,  aber  er  ist  doch  unendlich  entwickelter  und 
bestimmter  als  dies  in  silbe  oder  buchstabe  der  fall  ist.  Und  damit 
kommen  wir  auf  den  unterschied  der  wurzel  von  silbe  und  buchstabe. 

Beide  können  zwar  in  ihrer  eigenschaft  als  artikulirte  laute  auch 
nicht  völlig  bedeutungslos  sein,  aber  ihre  ser  allgemeine  und  noch  ver- 
schwommene bedeutsamkeit  (etwa  wie  die  musik  gegenüber  der  spräche) 
hält  sich  innerhalb  des  gefüls,  beschränkt  auf  den  höheren  laut.  Wurzel 
ist  nicht  wie  buchstabe  oder  silbe  die  bloss  lautliche,  sondern  auch  be- 
griffliche einheit  genetisch  zusammengehöriger  Wörter  und  formen, 
welche  dem  sprachbildner  bei  deren  Schöpfung  in  der  sele  als  prototyp 
vorschwebte,  ja  wo  nicht  ganz  verdunkelt,  mehr  oder  minder  deutlich 
von  jedem  redenden  gefült  wird  mit  bezug  auf  diejenige  spräche  (zu- 
meist die  muttersprache),  deren  er  sich  bedient.  Oder,  umgekert  wenn 
man  will,  diese  Wörter  und  formen  mit  einem  solchen  einheitspunkte  in 
ihrem  schösse,  durch  den  Sprachforscher  erst  wieder  entkleidet  von 
aller    mannigfaltigkeit ,    äussern    wie    innern,    ihrer    erscheinungs- 


August  Friedrich  Pott.  323 

formen,  somit  in  ihrer  nacktesten  einfachheit  und  warheit,  keren  zu  der 
Wurzel  gleichwie  zu  je  ihrem  gemeinsamen  anfangspunkte,  zu  den  nach 
rückwärts  geistig  nicht  weiter  zerlegbaren  atoraen  der  spräche  zurück. 
Die  Wurzel,  das  erst  nach  abtötung  warhaft  in  der  spräche  lebendiger 
Wörter  und  formen  vom  sprachanatomen  gewonnene  skelett,  kann  darum 
nicht  mit  irgend  einer  von  letzteren  verwechselt  werden,  auch  wenn  sie 
zufällig  mit  ihr  in  der  lautgestalt  übereinstimmt.  Zum  wort  wird  die 
Wurzel,  die  am  wortkörper  gewissermassen  den  platz  eines  zwar  nicht 
völlig  formlosen,  noch  des  lebens  ermangelnden,  allein  der  bewegung 
aus  sich  heraus  nicht  ser  fähigen  truncus  einnimmt,  dadurch,  dass 
ihr  mit  derivations-  und  flexionszeichen ,  insbesondere  mit  kasus-  und 
personalanbildungen ,  ihre  bewegungswerkzeuge,  arme,  beine,  hände  und 
füsse  und  .  die  noch  feineren  artikulationen  von  fingern  und  zehen  zu- 
wachsen. Oder:  wurzeln  entberen  noch  des  stempeis  von  Wörtern  und 
damit  der  reellen  sprachlichen  gültigkeit  im  redefluss.  Eine  innere  not- 
wendigkeit  waltet  daher  nicht,  dass  sie  immer  zuerst  nackt  oder  gleich- 
sam formlos  müssten  in  der  gesprochenen  rede  zur  lautlichen  erscheinung 
gekommen  sein,  wärend  genügt,  dass  sie  —  unausgesprochen  —  nur 
gleichsam  als  kleine  bildchen  der  sele  vorschweben,  wärend  der  mund 
sie  fortwärend  mit  bald  dieser  bald  jener  form  umkleidet  und  so  in 
hundertfachen  fällen  und  Verbindungen  der  luft  zum  weitertragen  über- 
giebt. 

Pott  stellt  es  also  in  abrede,  dass  die  wurzeln  vor  den  flexions- 
formen  existirt  haben,  sie  treten  nach  ihm  „begrifflich  nur  in  demjenigen 
momente  auf,  wodurch  sie  zum  worte  werden".  I)ie  fernere  konsequenz, 
welche  die  Weiterbildung  der  Bopp'schen  zusamraensetzungstheorie,  als 
deren  anhänger  sich  ja  auch  Pott  bekennt,  aus  dieser  gezogen  hat,  dass 
nämlich  die  wurzel  doch  schon,  ehe  es  worte  gab,  vorhanden  gewesen 
sein  müsse,  dass  sie,  was  allerdings  aus  den  indogermanischen  sprachen 
sich  nicht  nachweisen  lässt,  wol  aber  aus  dem  Chinesischen  hervorzugehen 
scheint,  hat  er  nicht  angenommen.  Delbrück  weist  indess  in  seiner 
„einleitung  in  das  Sprachstudium"  darauf  hin,  dass  sich  dennoch  auch 
hinneigungen  zu  dieser  ansieht  bei  ihm  vorfinden,  so  z.  b.  wenn  er  Et.  f.^ 
IL  360  sagt:  „es  wäre  denkbar,  dass  den  sanskritsprachen  in  der  auf  uns 
vererbten  gestaltung  ein  zustand  der  grössten  einfachheit  und  flexious- 
losigkeit,  wie  ihn  noch  heute  die  chinesische  spräche  nebst  anderen  sog. 
monosyllabischen  darbietet,  vorausging".  So  hat  sich  Pott  z.  b.  auch 
der  neuen  vokaltheorie  gegenüber  stets  ablenend  verhalten,  trotzdem  aber 
machte  er  ihr  im  kolleg  bisweilen  die  konzession,  es  sei  ja  möglich,  dass 
in  der  sog.  ursprache,  ein  wort,  das  er  bekanntlich  nie  one  eine  gewisse 
aversion  in  den  mund  nam ,  das  sanskritische  kurze  a  auch  eine  e-  resp. 
ö-artige  färbung  gehabt  habe,  wenn  er  auch  einen  direkten  e-  oder  o-laut 
nicht  zugeben  wollte.  Derlei  inkonsequenzen  sind  bei  ihm  wol  auf  eine 
gewisse  hartnäckigkeit  am  festhalten  einer  ihm  alterwürdigen ,  für  recht 
erkannten  ansieht  —  wobei  indess  bei  leibe  nicht  behauptet  sein  soll, 
als  habe  er  in  hochmütiger  selbstverblendung  oder  Voreingenommenheit 
je  eine  belerung  zurückgewiesen,  im  gegenteill  —  und  vor  allem  auf  seine 


324  August  Friedrich  Pott. 

tief  eingewurzelte  abneigung  gegen  alle  prähistorischen ,  ursprachlichen 
konstruktionen  zurückzufüren. 

Eine  beliebte  theorie  Potts  ist  die  lere  von  der  unzertrennbaren 
Verschmelzung  von  praepositionen  und  verben  resp.  wurzeln.  Er 
versucht  auf  diesem  wege  eine  ganze  reihe  von  wurzeln ,  welche  nach- 
weislich als  solche  bereits  vor  beginn  der  stamm-  und  Wortbildung  fertig 
existirten,  als  aus  praepositionen  und  einfachen  wurzeln  zusammenge- 
schmolzen nachzuweisen.  In  dieser  hinsieht  hat  er  sich  denn  auch  viel- 
fache gegnerschaft  zugezogen,  und  besonders  war  es  Curtius,  der  ihn 
hier  entschieden  und  mit  glück  bekämpft  hat.  Schwerlich  wird  jemand 
mit  ihm  an  die  identifizirung  von  ind.  aväimi  {ava-^aj)  und  o'/w  als 
„proethnisches  kompositum"  oder  an  die  erklärung  von  signum  aus 
sq-^güä,  von  nccvofiai  aus  n  (zend.  ajja)  +  ccvofxai  u.  a.  m.  glauben. 

Pott  geht  aber  noch  weiter,  indem  er  sogar  zwei  wurzeln  mit  ein- 
ander komponirt,  ein  verfaren,  bei  dem  zalreiche  willkürlichkeiten  nicht 
ausbleiben  konnten. 

Zu  den  grundelementen  der  sprachen  gehören  nun  neben  den  wurzeln 
auch  die  partikeln,  ,, dieser  köstliche  schätz  der  sprachen,  dessen  wert 
sich  gar  nicht  jeder  klar  genug  zu  machen  pflegt",  und  von  diesen  sind 
es  besonders  die  praepositionen,  welche  Potts  interesse  in  hervor- 
ragendem masse  in  ansprach  nemen.  Er  hat  ihnen  den  ganzen  ersten 
teil  seiner  etymologischen  forschungen  in  der  zweiten  aufläge  gewidmet, 
und  auch  seine  erste  arbeit  hatte  ja  schon  ihnen  gegolten.  Im  gegensatz 
zu  Bopp,  der  die  praepositionen  ebenso  wie  die  endungen  der  obliquen 
kasus  mit  dem  pronomen  etymologisch  zusammengestellt  hatte,  versucht 
Pott  dieselben  als  vollständig  sui  generis  und  den  pronomina  an  ursprüng- 
lichkeit ebenbürtig  nachzuweisen.  Bei  dem  Bopp'schen  versuche  ist  man, 
wie  er  entschieden  mit  recht  ausfürt,  nur  an  die  form  sich  anzuklam- 
mern genötigt  —  denn  die  begrifflichen  Übergänge  erweisen  sich  in 
der  regel  zu  spröde,  um  glaubhaft  aufgezeigt  zu  werden.  ,,Wie  sollte 
einem  da  nicht  der  atem  ausgehen  ?  so  dünn  wird  bei  derlei  ableitungen  die 
luft,  als  sässe  man  unter  einer  luftpumpe".  Wie  weit  ihm  der  nachweis 
seiner  eigenen  theorie  gelungen,  das  zu  entscheiden  sei  berufeneren  über- 
lassen, aber  vielleicht  passt  der  vergleich  von  dem  sitzen  unter  der  luft- 
pumpe auch  auf  Potts  ausfürungen  nicht  so  unrecht. 

Das  nächste  grössere  werk,  das  den  etymologischen  forschungen 
folgte,  war  das  buch  über  die  Zigeuner.  Ein  zufall  war  es,  der  Pott 
ausgangs  der  dreissiger  jare  wichtige  handschriftliche  aufzeichnungen 
über  die  spräche  dieses  bisher  zwar  schon  vielfacher  aufmerksamkeit 
gewürdigten  aber  noch  nicht  eingehend  behandelten  nomadenvolkes  in 
die  band  gab,  und  dieser  umstand  wurde  die  Ursache  zur  entstehung 
seines  zweibändigen  Werkes  „Die  Zigeuner  in  Europa  und  Asien,  ethno- 
logisch-linguistische Untersuchung,  vornemlich  ihrer  herkunft  und  spräche 
nach  gedruckten  und  ungedruckten  quellen.  Halle  1844/45".  Er  gesteht 
es  selbst  zu,  dass  nicht  persönliche  teilname  an  einem  volke,  aus  dem 
ihm  kaum  je  ein-  bis  zweimal  im  leben  ein  par  Individuen  flüchtig  zu 
gesicht  gekommen,  noch  auch  der  wissenschaftliche  drang,  an  die  menge 


August  Friedrich  Pott.  325 

der  über  ethnische  und  sprachliche  auf  dasselbe  bezügliche  fragen  ge- 
schriebenen werke,  ein  diese  übertreffendes  oder  doch  ergänzendes  neues 
anzureihen,  ihn  zu  seinem  buche  veranlasst  habe,  sondern  allein  die 
gewissermassen  heilige  pflicht  der  ausnutzung  eines  ihm  von  einem 
sterbenden  hinterlassenen  und  anvertrauten  Vermächtnisses.  Der  prediger 
Zippel  zu  Niebudzen  in  Preussisch-Litthauen,  wo  damals  Zigeuner  lebten, 
hatte  auf  veranlassung  des  prof.  Jakob  Kraus  in  Königsberg  eingehendere 
beobachtungen  und  erfragungen  bei  diesen  angestellt.  Nur  ein  geringer 
teil  der  Zippel-Kraus'schen  ermittelungen  war  in  der  Berliner  monats- 
schrift  von  1793  (band  21)  und  im  Mithridates  veröffentlicht  worden, 
und  so  war  es  ein  ganz  besonders  glücklicher  umstand ,  dass  die  noch 
fast  unbekannten  papiere  durch  herrn  von  Bohlen,  in  dessen  besitz  sie 
übergegangen  waren,  nach  dessen  tode  in  Potts  bände  gelangten.  Dieser 
bemächtigte  sich  des  gegenständes  sofort  mit  dem  grössten  interesse  und 
schuf  so  das  werk,  welches  nächst  den  etymologischen  forschungen  seinen 
namen  am  meisten  bekannt  gemacht  hat.  Voran  gingen  demselben  zu- 
nächst die  Veröffentlichung  einiger  aus  den  papieren  gewonnenen  resul- 
tate  in  den  Deutschen  jarbüchern  von  1841  und  noch  früher  einige 
knappe  mittheilungen  in  dem  artikel  ,, Indogermanischer  sprachstamm" 
in  Ersch  und  Grubers  enzyklopädie.  3  jare  später  folgte  dann  das 
hanptwerk ,  zu  dem  ihm  Lorenz  Diefenbach  und  der  regierungsrat 
Graffunder  in  Erfurt  noch  wertvolles  material  überliessen. 

Das  verdienst  Potts  ist  es,  zuerst  den  wissenschaftlichen  nachweis 
erbracht  zu  haben,  dass  die  spräche  der  Zigeuner  keine  gaunersprache 
und  von  dem  sog.  rotwelsch  (über  welches  er,  was  hier  beiläufig  bemerkt 
sei,  auch  in  Brockhaus'  konversationslexikon  s.  v.  gehandelt  hat)  durchaus 
verschieden  und  dass  der  Ursprung  ihrer  spräche  ebenso  wie  ihre  heimat  in 
Indien  zu  suchen  sei.  Aenliche  Vermutungen  waren  zwar  von  verschie- 
denen Seiten  am  ende  des  18.  jarhunderts  schon  ausgesprochen  worden, 
zuerst  von  dem  scharfsinnigen  linguisten  Rüdiger,  dann  von  dem  sächsi- 
schen hofrat  Büttner,  der  die  Zigeuner  von  den  ,,awchanischen  Indianern" 
(den  Afghanen,  von  deren  idiome  die  Zigeunersprache  indess  in  wesent- 
lichen punkten  abweicht)  herleitete;  einen  methodischen,  ausfürlichen 
nachweis  war  man  aber  bis  auf  Pott  noch  schuldig  geblieben.  Potts 
buch  über  dies  abenteuerliche  und  verrufene  menschengeschlecht,  das  so 
vieles  romantische  und  wunderbare  an  sich  hat,  worunter  mit  das  wunder- 
barste, dass  es  trotz  seiner  grossen  Zerstreutheit  in  den  verschiedensten 
und  entlegensten  ländern ,  die  eigene  angestammte  spräche  zwar  unter 
begreiflich  zalreichen  entlenungen  doch  verhältnissmässig  rein  erhalten 
hat,  war  daher  epochemachend  und  erwarb  seinem  Verfasser  von  der 
Pariser  akademie  den  vom  grafen  Volney  gestifteten  linguistischen  preis. 
Der  wertvollste  teil  des  gesammten  werkes  ist  unstreitig  das  Wörterbuch, 
welches  fast  den  ganzen  zweiten  band  urafasst  und  mit  einer  staunens- 
werten gelersamkeit  ausgearbeitet  ist. 

In  einer  anzal  einzelabhandlungen  hat  Pott  dann  noch  nachtrage  zu 
seinem  hauptwerk  gegeben,  so  in  Höfers  Zeitschrift  I.  175  ff.  „Die  spräche 
der  Zigeuner  in  Syrien",  in  der  Zeitschrift  der  DMG.  III.  21  ff.  und  VII.  389  ff. 


326  August  Friedrich  Pott. 

„Die  Zigeuner  und  ihre  spräche"  und  mit  Mordtmann  zusammen  ib. 
XXIV.  681  der  aufsatz  „Zigeunerisches".  Auch  andere  gelerte  haben 
sich  bis  in  die  neueste  zeit  hinein  mit  dem  gegenstände  beschäftigt  und 
vielfache  ergänzungen  und  berichtigungen  geliefert  (man  findet  eine 
genaue  Übersicht  der  litteratur  bei  Pott  in  Techmers  Zeitschrift),  aber 
der  rum  der  grundlegenden  leistung  muss  Pott  immer  ungeschmälert  er-, 
halten  bleiben. 

Von  einzelnen  sprachen  des  indogermanischen  sprachstarams ,  für 
welche  Pott  ausser  dem  Zigeunerischen  noch  besonders  hervorragendes 
geleistet  hat,  sind  das  Kurdische  und  vor  allem  das  Lettische  zu 
nennen.  Im  verein  mit  Roediger  schrieb  er  für  die  Zeitschrift  zur  künde 
des  morgenlands  eine  reihe  sich  durch  mehrere  jargänge  hindurchziehender 
aufsätze  „Kurdische  Studien" ,  die  ersten  eingehenden  und  brauchbaren 
Untersuchungen  über  diese  spräche.  Vor  allem  aber  verdankt  ihm  das 
Lettische  wertvolle  förderung.  Als  ein  S^etoQoe  der  Universität  Halle 
an  die  Georgia-Augusta  in  Göttingen  zur  feier  ihres  hundertjärigen  be- 
stehens  durfte  er  1837  der  vaterländischen  hochschule,  der  er  einst  als 
Schüler  angehört  hatte,  als  festgabe  Halle's  seine  „Commentatio  de 
lithuano-borussicae  in  slavicis  letticisque  Unguis  principatu"  überbringen, 
der  dann  1841  die  abhandlung  „De  linguarum  letticarum  cum  vicinis 
nexu"  ergänzend  sich  anschloss.  Stolz  konnte  der  einstige  zögling  sich 
seiner  alma  mater  nahen,  denn  glänzend  hatte  er  die  erwartungen 
gerechtfertigt,  die  sie  auf  ihn  gesetzt  hatte,  und  es  mag  ihm  ein  er- 
hebendes gefül  gewesen  sein,  dass  er,  der  erst  fünfunddreissigjärige,  dazu 
ausersehen  wurde,  der  heimischen  Universität  das  erengeschenk  der  Halle- 
schen Schwester  zu  überbringen.  Die  arbeit  war  zu  ihrem  grossen  teile 
in  Göttingen  selbst  auf  der  dortigen  bibliothek  entstanden,  sie  wurde 
dann,  wie  er  in  Techmers  Zeitschrift  einmal  erwänt,  „durch  die  der  Jubi- 
läumsfreude zu  bald  folgende  verhängnisvolle  Verurteilung  der  berümten 
Göttinger  sieben  und  den  hieraus  sich  ergebenden  Umschwung  der  Göt- 
tinger Verhältnisse  als  damals  in  Deutschland  so  gut  wie  von  keinem 
Interesse"  in  Vergessenheit  begraben.  Pott  hat  die  grossartige  feier  der 
letzten  tage  in  Göttingen  nicht  mehr  erleben  sollen,  nur  wenige  wochen 
vor  derselben  ist  er  dahingegangen,  und  sein  name  ist  auch  in  dem  fest- 
jubel  nicht  genannt  worden,  aber  die  an  hochberümten  namen  so  reiche 
Georgia-Augusta  wird  nie  eines  ihrer  grössten  schüler  vergessen  können. 

Eine  besondere  ihm  ser  woltuende  anerkennung  fanden  seine  Ver- 
dienste um  die  lettische  spräche  im  jare  1877,  wo  die  lettische  littera- 
rische gesellschaft,  deren  mitglied  er  seit  25  jaren  war,  bei  gelegenheit 
ihrer  49.  jaresversammlung  und  zugleich  seines  fünfzigjärigen  doktor- 
jubiläuras  ihn  durch  Verleihung  der  erenmitgliedachaft  und  Übersendung 
eines  prachtexemplares  der  damals  erschienenen  revidirten  lettischen 
bibelausgabe  erte. 

Als  Professor  der  allgemeinen  Sprachwissenschaft  war  Pott  nach 
Halle  berufen ,  bisher  haben  wir  ihn  jedoch  nur  erst  als  hervorragenden 
forscher  auf  dem  gebiete  der  indogermanischen  sprachen  kennen  gelernt. 
„Wie  (aber)  das  äuge,  zu  lange  auf  einem  gegenstände  festgehalten,  er- 


August  Friedrich  Pott.  327 

müdet,  und,  wenn  nicht  durch  Wechsel  erquickt  und  neu  belebt,  die  für 
gewisse  klassen  der  betrachtung  gewonnene  schärfe  des  blicks  doch  zu- 
letzt wieder  einbüsst,  so  wagte  er  (im  jare  1847),  im  gefülten  bedürfniss 
nach  frischem  grün,  einmal  über  die  gemarkungen  des  indogermanismus 
hinaus  einen  kecken  streifzug",  und  diese  richtung  wurde  dann  für  seine 
künftigen  arbeiten  die  entscheidende.  Die  beute  dieses  ersten  streifzugs 
legte  er  in  seinem ,  A.  v.  Humboldt ,  „dem  unblutigen  eroberer  dreier 
weitteile  und  der  dreiweit''  gewidmeten  buche  ,,Die  quinare  und  vigesi- 
male  zälmethode  bei  Völkern  aller  weitteile,  nebst  ausfürlichen  bemer- 
kungen  über  die  zalwörter  indogermanischen  stammes  und  einem  anhang 
über  die  fingernamen"  (Halle  1847)  nieder.  Ursprünglich  wollte  er  den 
gegenständ  nur  in  ein  par  aufsätzen  für  Zeitschriften  behandeln,  dieselben 
waren  aber  für  deren  engen  zuschnitt  zu  lang  geworden  und  so  ver- 
arbeitete er  den  ihm  unter  den  bänden  wachsenden  stoff  zu  einem  selb- 
ständigen buche,  für  welches  auch  eine  ausfürliche  rezension  aus  den 
Halleschen  jarbüchern  von  1838  mit  benutzt  wurde.  Erste  anregung 
gaben  die  Untersuchungen  der  gebrüder  Humboldt  über  lautliche  und 
schriftliche  zalenbezeichnung,  besonders  Alexanders  abhandlung  über  die 
zalzeichen  in  Crell's  Journal  für  mathematik  (bd.  XIV.  209  fif.).  V.  d.  Ga- 
belentz,  der  in  einer  rezension  (Jen.  litztg.  1848  No.  56)  noch  eine 
kleine  nachlese  von  durch  Pott  nicht  berücksichtigten  zalbezeichnungen 
gab,  bezeichnet  die  ,,zälmethoden"  als  den  ersten  gelungenen  versuch, 
an  einem  einzelnen  teile  der  grammatik  zu  zeigen,  wie  auf  syntheti- 
schem wege  das  gebäude  einer  warhaft  allgemeinen  sprachlere  er- 
richtet werden  müsse.  Was  die  frage  nach  der  entstehung  der  zalwörter 
anlangt,  so  wendet  sich  Pott  gegen  die  schon  oben  erwänte  meinung 
Bopps,  Lepsius'  u.  a  ,  welche  dieselben  von  den  so  ,, inhaltslosen  und 
begrifflich  vagen  pronominen"  herleiten,  und  will  sie  im  gegenteil  trotz 
ihrer  abstrakten  Inhaltslosigkeit  (die  aber  nach  ihm  erst  im  sprach- 
gefüle  abstrakt  geworden  ist)  auf  ganz  konkrete  Vorstellungen  zurück- 
füren, und  hierin  folgt  er  einer  besonders  von  W.  von  Humboldt  aus- 
gesprochenen ansieht  (Kawispr.  22).  An  die  „zälmethoden"  schliesst 
sich  dann  1867  die  kleine  abhandlung  an  „Die  Sprachverschiedenheit  in 
Europa  an  den  zalwörtern  nachgewiesen ,  sowie  die  quinare  und  vigesi- 
male  zälmethode"  in  der  im  verein  mit  Gosche  verfassten  Festschrift  zur 
XXV.  Versammlung  deutscher  philologen  und  schulmänner  in  Halle  (auch 
allein  erschienen),  welche  den  gegenständ  mehr  von  der  ethnologischen 
Seite  aus  behandelt,  sowie  auch  mehrere  aufsätze  in  Steinthals  Zeitschrift 
(„Sprachliche  bezeichnung  von  mass  und  zal  in  verschiedenen  sprachen", 
XH.  158  und  ,,Zalen  von  kosmischer  bedeutung"  XIV.  1.  129). 

Eine  allgemein  sprachwissenschaftliche  bedeutung  haben  dann  eben- 
falls die  „Personennamen"  und  die  Untersuchung  über  die  „doppelung", 
zwei  gleichfalls  auf  synthetischem  prinzip  aufgebaute  monographieen. 

Die  erste  derselben,  hervorragend  durch  die  bewundernswerte  fülle 
zusammengetragenen  und  erklärten  materials ,  ,,Die  personennamen ,  ins- 
besondere die  familiennamen  und  ihre  entstehungsarten;  auch  unter 
berücksichtigung  der  Ortsnamen"   erschien  zuerst  1853  bei  Brockhaus  in 


328  August  Friedrich  Pott. 

Leipzig  und  dann  1859  in  einer  neuen  aufläge  mit  ausfürlichem  register, 
welches  das  werk  erst  eigentlich  nutzbar  macht.  Leben,  nicht  starre 
tote  form  suchte  und  fand  Pott  überall  in  der  spräche  und  so  unternam 
er  es ,  solches  leben  auch  im  gewönlich  totgeglaubten  eigennamen  nach- 
zuweisen, den  diese  wortgattung  durchwallenden,  lebendigen,  wenngleich 
oft  in  Schlummer  versenkten  geist  zu  lösen  und  die  nomina  propria  nicht 
als  sinnlose  kinder  der  unbeschränkten  willkür  sondern  als  sich  wie  alles 
in  der  spräche  zu  verhältnissmässig  wenigen  gruppen  nach  gewissen 
leitenden  gesichtspunkten  ordnend  darziitun.  Die  deutung  der  eigen- 
namen gehört  in  fast  allen  sprachen  zu  den  schwierigsten  kapiteln ,  da 
dieselben  zum  grossen  teil  auf  eine  ser  alte  zeit  zurückgehen  und  ihre 
ursprüngliche  etymologie  oft  durch  die  lange,  vielfach  gerade  charak- 
teristische merkmale  abschleifende  konsuetudo  verdunkelt  ist;  Pott  hat 
jedoch  seine  schwierige  aufgäbe  mit  feinem  verständniss  in  der  genialsten 
weise  angegriffen.  Insbesondere  sind  es  germanische  eigennamen,  die  er 
mit  staunenswertem  fleisse  gesammelt  und  nach  principien  geordnet  hat, 
dabei  feien  aber  natürlich  auch  nicht  streifzüge  in  andere  sprachen, 
hauptsächlich  in  das  gebiet  der  griechischen  namen;  am  Schlüsse  ist 
speziell  arabischen  und  indischen  namen  noch  einiger  räum  gewidmet. 
Ueber  altpersische  eigennamen  hat  er  1859  in  der  ZDMG.  XIIL  359  in 
einem  ausfürlichen  aufsatze  besonders  gehandelt. 

Das  wesen  der  doppelung,  unter  welchem  ausdruck  Pott  redupli- 
kation  und  gemination,  d.  i.  Wiederholung  im  ganzen,  z.  b.  von  Wörtern, 
zusammenfasst ,  als  eines  der  wichtigsten  bildungsmittel  der  spräche, 
behandelte  er  dann  in  einem  1862  in  Lemgo  erschienenen  buche,  indem 
er  hier  wieder  sprachen  aus  allen  weitteilen  heranziehl.  Eigentlich  sollte 
es  wie  die  ,,zälmethoden"  als  ein  der  Wurzelvariation  verwandtes  thema 
mit  in  den  ersten  teil  des  zweiten  bandes  der  etym.  forsch.  (2.  aufl.) 
aufgenommen  werden,  die  zu  grosse  nicht  vorhergesehene  ausdenung, 
welche  das  werk  unmerklich  annara,  machte  dies  jedoch  unmöglich. 

Obwol  zwar  nur  absichtliches,  missgünstiges  übelwollen  oder  geistige 
beschränktheit  der  jungen  vergleichenden  Sprachwissenschaft,  die  in  der 
kurzen  zeit  ihrer  entwickelung  einen  aufschwang  genommen  hatte,  wie 
kaum  eine  Wissenschaft  vor  ihr,  ihre  berechtigung  absprechen  konnten, 
so  fand  sie  dennoch,  besonders  in  den  kreisen  sog.  klassischer  philologen, 
welche  zuweilen  glaubten,  die  erforschung  der  griechischen  und  latei- 
nischen spräche  als  ihre  alleinige  domaine  in  ansprach  nemen  und  dies 
ihr  eigentum  vor  den  eingriffen  der  Sprachforscher  schützen  zu  müssen, 
gegnerschaft  und  zum  teil  auch  geringschätzige  beurteilung.  Solche  ver- 
suche, die  zumeist  auch  aus  einer  gewissen  bequemlichkeit  entsprangen, 
sich  die  neu  gewonnenen  resultate  anzueignen  und  für  die  eigene  weitere 
forschung  zu  verwerten,  fanden  in  Pott  stets  einen  geharnischten  gegner, 
dessen  kampfesmut  und  stürmischen  angriffen  schwer  stand  zu  halten 
war.  So  fülte  er  sich  noch  im  jare  1869  veranlasst,  in  geradezu  ver- 
nichtender weise  ein  par  deutsche  männer  und  germanisten  abzutun, 
„welche  unter  dem  Schilde  ihres  namens  und  ihrer  Stellung  glauben  zu 
machen    versuchten ,    als    bringe    die    vergleichende    Sprachwissenschaft, 


August  Friedrich  Pott.  329 

welche  freilich  nicht  den  blossen  germanismus  sondern  den  gesammten 
indogermanismus  zu  umspannen  sich  unterfängt,  man  weiss  nicht,  ob 
einer  bestimmten  oder  ob  den  Universitäten  überhaupt,  der  himmel  mag 
übrigens  wissen,  welchen,  schaden".  Die  schärfste  derartige  abfertigung 
von  ihm  erfur  indess  ein  von  theologischer  seite  gegen  seine  Wissenschaft 
unternommener,  allerdings  durch  seine  unnatur  sich  selbst  richtender 
angriff. 

Der  katholische  pfarrer  Franz  Kaulen  in  Bonn  hatte  in  einem  1861 
erschienenen  buche  ,,Die  Sprachverwirrung  zu  Babel,  linguistisch-theolo- 
gische Untersuchungen  über  Gen.  XI.  1  —  9"  aus  den  Offenbarungen  der 
heiligen  schrift  der  Sprachforschung  die  wege  weisen  wollen,  die  sie  zur 
lösung  ihrer  sich  gestellten  aufgäbe  einzuschlagen  hätte.  Es  waren  ganz 
unglaubliche  Zumutungen,  welche  hier  an  eine  doch  bereits  einen  mehr 
als  40järigen  entwicklungsgang  durchlaufen  habende  Wissenschaft  gestellt 
wurden,  Zumutungen  einer  fast  kindlichen  naivität,  die  uns  wie  aus  ent- 
schwundenen jarhunderten  anmuten ,  wo  man  über  sprachliche  Verhält- 
nisse noch  die  abenteuerlichsten  ansichten  hegte.  Dem  hauptsatze,  dass 
die  biblische  erzälung  von  der  babylonischen  Sprachverwirrung  historische 
warheit  sei,  schliessen  sich  andere  behauptungen,  wie  die  von  einer  nach- 
weislichen allgemeinen  Ursprache  aller  sprachen ,  von  einer  ,, durchgän- 
gigen identität"  sämmtlicher  sprachwurzeln  u.  a.  m.  würdig  au.  Pott 
sieht  sich  denn  auch  genötigt,  sich  quasi  zu  entschuldigen,  dass  er  es 
überhaupt  der  mühe  für  wert  gehalten,  diesen  „zu  spät  nachhinkenden 
anachronismus  nicht  one  weiteres  in  stillschweigen  zu  begraben  und 
wieder  zu  den  toten  zu  legen",  sondern  dass  er,  wie  er  an  einer  anderen 
stelle  sagt,  diesen  gleich  einer  vertrockneten  rose  von  Jericho  durch 
allerhand  künste  wiedererweckten  und  aufgefrischten  thesen  uud  dogmen 
sogar  noch  ein  eigenes  buch  widmet,  den  „Anti-Kaulen,  oder  mythische 
Vorstellungen  vom  Ursprung  der  völker  und  sprachen"  (Lemgo  1863). 
Was  ihn  trieb,  war  das  bestreben,  die  Sprachwissenschaft  gegenüber  der 
theologie  in  schütz  zu  nemen,  deren  stets  gehorsame  magd  sie  immer 
sein,  und  die  für  sich  in  form  von  almosen  nur  einige  brosamen  empfan- 
gen solle,  welche  von  der  reichen  dame  tische  fallen.  „Sonst  wehe  ihr, 
der  profanen,  der  uuheiligen  1"  Ob  nun  Kaulens  buch  trotzdem  wirklich 
einer  so  gründlichen  Widerlegung,  wie  sie  Pott  in  seinem  über  300  seiten 
starken  bände  fürt,  wert  war,  mag  dahingestellt  bleiben,  jedenfalls 
schuldet  sein  autor  ihm  denselben  dank,  den  Clauren  Wilhelm  Hauff 
schuldet,  one  Pott's  Anti- Kaulen  wäre  des  wirklichen  Kaulen  ,, baby- 
lonische Sprachverwirrung"  längst  vergessen  worden  und  würde  nicht 
einmal  von  einem  vereinzelten  forscher  aus  dem  staube  der  bibliotheken 
hervorgesucht  werden. 

Gegen  die  durch  die  biblische  erzälung  entstandene  hypothese  einer 
allgemeinen  Ursprache  polemisirt  Pott  noch  wiederholt  in  seinen  Schriften. 
Zwar  hat  ja  seit  Leibnitz  kein  gelerter  wirklich  im  ernst  versucht, 
irgend  eine  der  noch  existirendeu  sprachen  als  die  Ursprache  sämmt- 
licher Völker  des  erdballes  hinzustellen ,  aber  die  möglichkeit ,  dass  in 
unvordenklicher  zeit  doch   einst  alle  stamme   der  erde   ein  uud  dasselbe 


330  August  Friedrich  Pott. 

uns  nicht  mehr  erreichbare  idiom  gesprochen  haben  könnten,  ist  auch 
in  neuerer  zeit  besonders  von  Max  Müller,  gestützt  auf  Darwins  theorie, 
verteidigt  worden.  In  einem  aufsatze  in  der  ZDMG.  IX.  405  ff.  „Max 
Müller  und  die  kennzeichen  der  Sprachwissenschaft"  tritt  Pott  für  die 
notwendigkeit  der  anname  eines  polygenetischen,  pluralistischen  und  von 
vorn  herein  grundverschiedenen  anfangs,  wo  nicht  der  menschheit, 
so  doch  der  menschlichen  rede  ein  und  zeigt  die  willkürlichkeit  und 
unbeweisbarkeit  der  aufstellungen  des  Oxforder  Sprachforschers  auf  in 
dessen  bekannter  gruppirung  und  entwickelungstheorie  der  sprachen  von 
familien-  zu  nomaden-  und  endlich  statssprachen.  Des  weiteren  wendet 
er  sich  gegen  derartige  bestrebungen  in  seinem  buche  ,,Die  Ungleichheit 
menschlicher  rassen  hauptsächlich  vom  sprachwissenschaftlichen  Stand- 
punkte" (Lemgo  1856),  das,  gegen  das  gleichnamige  werk  des  grafen 
von  Gobineau  gerichtet  und  dessen  theorie,  dass  die  ,,völkerchemie*', 
d.  h.  alle  volkliche  mischung,  entartung  und  unabwendbares  gesellschaft- 
liches verderben  in  ihrem  schösse  trage,  dass  die  menschheit  seit  Christi 
geburt,  die  Gobineau  in  das  6.  oder  7.  tausend  von  deren  bestehen  setzt, 
in  ihr  greisenalter  eingetreten  sei  und  nach  einem  herabsinken  zur  tier- 
heit  dem  unabwendbaren  tode  entgegengehe,  eine  fülle  wichtiger  ethno- 
logischer resultate  und  winke  enthält.  Nach  Pott,  der  im  allgemeinen 
die  Humboldt'sche  einteilung  der  sprachen  akzeptirt ,  hängt  „der  eren- 
kranz  überhaupt  zur  zeit  noch  etwas  hoch  für  einen  linguistischen  Linne, 
d.  h.  einen  Sprachforscher,  welcher  sämmtliche  sprachen  des  erdbodens 
nach  familien,  gattungen,  arten  und  sonstigen  Unterabteilungen  (es 
dürften  dies  aber  keine  künstlichen  anordnungen,  wie  diejenigen  des 
grossen  schwedischen  naturhistorikers ,  sondern  es  müssten  durchweg 
„natürliche"  sein,  etwa  im  sinne  eines  Jussieu)  trennend  und  einend, 
sowie  neben  und  über  einander  ordnend,  zu  gruppiren  unternemen 
möchte".  Den  gedanken  einer  allen  sprachen  zu  gründe  liegenden  lingua 
primaeva  nennt  er  geradezu  totgeboren,  und  wie  er  treffend  ausfürt,  ist 
es  nicht  die  blosse  höhe  der  zal  von  menschlichen  idiomen ,  die  den 
Sprachforscher  vor  dem  wagniss  zurückschrecken  lässt,  sondern  in  der 
unendlichen  mannigfaltigkeit  so  gut  wie  schlechthin  unvereinbarer 
sprachformen  steckt  ein  niederschlagendes  pulver,  das  auch  nicht  einmal 
an  die  möglichkeit  mit  wissenschaftlicher  Überzeugung  glauben  lässt. 
Selbst  einpariger  anfang  der  menschheit  würde  nach  ihm  nicht  die 
Ursprungseinheit  aller  sprachen  nach  sich  ziehen. 

Dass  Pott  dann  diese  berechtigte  neigung  gegen  derartige  ursprach- 
liche hypothesen  auch  auf  indogermanisches  gebiet  übertrug,  ist  bereits 
angefürt. 

So  oft  Pott  von  den  gebrüdern  Humboldt  spricht,  unterlässt  er  es 
nie,  seiner  hohen  vererung  für  beide  ausdruck  zu  geben  und  besonders 
ist  es  der  ältere  Wilhelm,  der  Sprachforscher,  als  dessen  begeisterten 
und  dankbaren  schüler  er  sich  allerwegen  bekennt.  In  seiner  ausgäbe 
von  dessen  werke  ,,Ueber  die  Verschiedenheit  des  menschlichen  Sprach- 
baues" hat  er  in  einem  einleitenden  bände  von  mehr  als  500  Seiten 
Wilhelm  von  Humboldts  Verdienste  um  die   Sprachwissenschaft  in  um- 


August  Friedrich  Pott.  331 

fassender  tlarstellung  einer  Würdigung  unterzogen.  Was  für  Humboldts 
sprachliche  Untersuchungen  das  leitende  motiv  war,  ist  die  philo- 
sophische behandlung  der  sprachformen,  er  betrieb  die  Sprachforschung 
vom  allgemeinen  philosophischen  Standort  aus,  zugleich  gepart  mit 
tiefster  geschichtlicher  sprachkenntniss.  Sein  streben  war  eine  gründ- 
liche und  philosophisch  angestellte  vergleichung  der  sprachen,  und  eine 
solche  art  und  weise  der  Sprachforschung  musste  natürlich  einen  ebenso 
philosophisch  wie  historisch  durchgebildeten  geist  wie  Pott  mächtig  an- 
ziehen. Die  Sprachwissenschaft,  so  sagt  er  einmal,  kann  der  philosophie 
nicht  entraten,  ja  sie  bedarf  einer  eigenen  disziplin,  der  philosophie  der 
spräche  oder  dessen,  was  man  auch  wol  philosophische  oder  allgemeine 
grammatik  genannt  hat. 

Wollen  wir  nun  aber  den  einfluss,  den  Wilhelm  von  Humboldt  auf 
Pott's  entwicklung  gehabt  hat,  zusammenfassend  formuliren,  so  glaube 
ich  mit  vollstem  rechte  gerade  auf  ihn  Delbrücks  kurzes  aber  treffendes 
urteil  über  Humboldts  bedeutung  für  die  Sprachforschung  überhaupt  an- 
wenden zu  dürfen:  „Wilhelm  von  Humboldt  wirkte  auf  seine  Zeit- 
genossen und  Schüler  allein  durch  die  totalität  seines  geistes". 
Und  gerade  Pott  war  ein  geist,  der  an  Universalität  Humboldt  kon- 
genial war,  wärend  er  ihn  an  sprachkenntniss  noch  weit  überragte.  Es 
mag  etwas  ungeheuer  reizendes  für  den  Sprachforscher  haben,  überall  in 
das  werden  und  innerste  Wachstum  der  spräche  hineinzusehen  und  den 
letzten  gründen  auch  hier  allenthalben  nachzuspüren,  nur  ist  aber  hier 
auch  zugleich  die  grosse  gefar  vorhanden,  in  dem  ungeheuren  labyrinthe 
solcher  philosophischen  betrachtung  den  leitenden  ariadnefaden  zu  ver- 
lieren, und  dieser  gefar  ist  auch  Pott  nicht  entgangen.  Das  uns  historisch 
greifbar  vorliegende  Sprachmaterial  ist  eben  zu  lückenhaft  und  unzu- 
reichend, um  hier  die  letzten  fragen  endgültig  und  befriedigend  lösen 
zu  können  und  uns  einen  einblick  in  den  tiefinnersten  kern  des  sprach- 
lichen lebens  zu  gestatten.  Dass  wir  auf  dem  wege  philosophischer 
Sprachforschung  einmal  zu  positiven,  unanfechtbaren  ergebnissen  gelangen 
werden,  ist  und  bleibt  vorläufig  nur  eine  schöne  hoffnung.  Darum  hat 
sich  auch  die  neuere  Sprachforschung  wieder  mehr  der  historischen 
methode  zugewandt,  die  weniger  subjektivem  empfinden  folgend,  auf 
zwar  nicht  so  idealer  aber  darum  auch  schwindelfreierer  und  fester  ge- 
gründeter bau  wandelt,  darum  ist  in  der  jüngeren  Sprachforschung  das 
interesse  für  die  entstehung  der  formen  und  die  Zusammensetzung  der- 
selben geringer  geworden  und  hat  das  bewusstsein  der  tatsache  mehr 
und  mehr  um  sich  gegriffen,  dass  in  den  einzelsprachen  eine  Zusammen- 
setzung ungeformter  Sprachelemente  nicht  stattfindet. 

Mit  grosser  Vorliebe  bedient  sich  Pott  der  bereits  von  Bopp  über- 
nommenen aber  erst  von  ihm  eigentlich  ausgebildeten  symbolischen  deu- 
tung  sprachlicher  Vorgänge,  der  sog.  lautsymbolik,  es  reizt  ihn  mächtig, 
„den  geheimnissvollen  schleier,  der  über  einer  unstreitbar  vorhandenen 
und  der  gleich  rätselhaften  zwischen  leib  und  sele  parallelen  gemeinheit 
(communio)  zwischen  laut  und  begriff  ruht,  zu  lüften  und  das  grosse 
geheimniss   des    bandes    zwischen    begriff  und   laut  zu  ergründen".     So 


332  August  Priedrich  Pott. 

konstatirt  er  polarische  gegensätze  und  differenzen,  welche  ein  lebendi- 
gerer sprachsinn,  als  er  den  späteren  perioden  nach  der  eigentlichen 
Sprachschöpfung  eigen  war,  mit  geschärftem  ore  zu  erfassen  und  oft  mit 
staunenswerter  feinheit  und  sinnigkeit  sprachlich  zu  benutzen  verstand; 
alle  Sprachbezeichnung  ist  ihm  eine  gedoppelte,  1)  sinnbildlich  oder 
symbolisch,  2)  kyriologisch.  Symbolisch  ist  z.  b.  die  bezeichnung 
der  Vergangenheit  im  perfekt  mittelst  reduplikation  (vergl.  hier  besonders 
Steinthal's  Zeitschrift  band  XV  u.  XVI),  die  femininalmotion  im  lateinischen 
auf  a,  ebenso  die  feraininalflexion  der  «-stamme  im  Sanskrit,  deren 
volleren  klang  der  maskulinen  «-deklination  gegenüber  er  durch  die 
überhaupt  üppigeren  formen  des  weiblichen  vor  dem  männlichen  ge- 
schlecht deutet  (!),  ferner  der  unterschied  in  ungar.  enni  und  inni,  az  und 
ez,  wo  die  (dunklere)  ferne  und  die  (hellere)  nähe  durch  die  unterschei- 
denden vokale  ausgedrückt  ist;  die  häufige  Verwendung  des  l  in  Ver- 
kleinerungsformen amt  gleichsam  das  kinderlallen  nach  u.  v.  a.  m.  Wir 
wollen  Pott  nicht  weiter  auf  diesem  schlüpfrigen  wege  nachfolgen,  auf 
dem  er  selbst  zur  vorsieht  mant,  dass  man  nicht  neckischen  irrlichtem 
nachjage,  eines  punktes  wegen  aber  muss  ich  bei  der  lautsymbolik  noch 
einen  augenblick  verweilen.  ,, Sinnvolle  lautsymbolik"  ist  es  nämlich,  die 
er  hauptsächlich  gegen  die  neue  vokaltheorie  und  damit  zugleich  gegen 
die  Junggrammatiker  in's  feld  fürt.  Diese  neue  richtung  ist  ihm  immer 
ein  stein  des  anstosses  gewesen  und  auch  in  seiner  grossen  Publika- 
tion „Zur  litteratur  der  Sprachenkunde  Europas"  in  Techmers  inter- 
nationaler Zeitschrift  hat  er  noch  einmal  gelegenheit  genommen,  gegen 
die  ,, überaus  zuversichtlich  vorgebrachten  leren"  derer  zu  polemisiren, 
,,die  sich  mit  dem  namen  Junggrammatiker  schmücken,  sowie  derer,  die 
in  gedanken-  und  urteilsloser  weise  auf  die  aussprüche  jener  wie  auf  ein 
unantastbares  neues  evangelium  gläubigst  lauschen".  Er  trifft  sich  hier 
als  bundesgenosse  mit  seinem  früheren  gegner  Curtius  in  seiner  wurzel- 
theorie,  den  er  seiner  zeit  nicht  scharf  genug  mitnemen  konnte.  Die 
drei  kurzen  vokale  a,  i,  u  bilden  nach  Pott  nicht  nur  im  Sanskrit, 
sondern  ebenso  im  Gotischen,  gleichsam  den  vokalischen  grund- 
akkord,  auch  denjenigen  menschlicher  rede  überhaupt.  „Für  die  semi- 
tischen sprachen  aber  möchte  die  sache  ebenfalls  kaum  viel  anders 
liegen".  Es  kann  hier  nicht  der  ort  sein,  Potts  einwände  gegen  die 
jetzt  fast  allgemein  anerkannte  neue  theorie  zu  widerlegen,  kann  man 
sich  doch  beim  lesen  seiner  ausfürungen  der  empfindung  nicht  erweren, 
als  füle  er  sich  selbst  ser  in  die  enge  getrieben  und  könne  es  nur  nicht 
über  sich  gewinnen,  die  alterwürdige,  ihm  so  teuer  gewordene  ansieht 
vor  den  profanen  angriffen  jüngerer  preis  zu  geben.  Natürlich  verhielt 
er  sich  auch  dem  ausgedenteren  einfluss,  welcher  den  analogiebildungen 
von  Seiten  der  ,, Junggrammatiker"  eingeräumt  wird,  sowie  dem  satze  von 
der  ausnamslosigkeit  der  lautgesetze  gegenüber  immer  skeptisch  und  ver- 
folgte diese  theorieen  gelegentlich  sogar  mit  beissendem  spott. 

Ueberhaupt  lässt  es  sich  nicht  leugnen,  dass  Pott  in  der  letzten  zeit 
innerhalb  der  vergleichenden  indogermanischen  Sprachforschung  in  ge- 
wisser  weise   etwas  vereinsamt  dastand.    Die  jüngeren  forscher,   die  er 


August  Friedrich  Pott.  333 

alle  hatte  heranwachsen  sehen  und  die  ihm  hervorragende  Förderung  ver- 
dankten ,  sie  schlugen  andere  vvege  ein  als  er ,  sie  bildeten  eine  in 
mancher  beziehung  von  der  seinen  abweichende,  strengere  methode  aus 
und  wandten  sich  gegen  ihn ,  oder  vielmehr  er  wandte  sich  gegen  sie. 
Aber  bis  an  sein  ende  blieb  er,  wennschon  weiss  an  hären,  doch  der 
jugendfrische,  ja  stürmische  kämpfer,  der  er  von  je  her  gewesen.  Seinen 
streit  mit  Curtius  über  Wurzelzusammensetzung  habe  ich  schon  erwänt, 
Grassmann  bestritt  er  immer  und  immer  wieder  seine  lere  von  den 
doppelten  aspiraten,  Joh.  Schmidt  die  ser  ,, leichtfertige"  anname  von 
der  ursprünglichkeit  des  A-lautes  (^,)  vor  dem  palatalen  «,  alles  theorieen, 
die  rings  um  ihn  von  den  Sprachforschern  allgemein  akzeptirt  wurden. 

Pott  war  ein  ausserordentlich  fruchtbarer  gelerter,  ausser  den  ge- 
nannten grösseren  selbstständigen  werken  hat  er  eine  reiche  menge  von 
aufsätzen  und  rezensionen  in  den  verschiedensten  Zeitschriften  erscheinen 
lassen.  So  war  er  als  mitarbeiter  tätig  selbstverständlich  an  der  von 
ihm  mitbegründeten  Zeitschrift  der  deutschen  morgenländischen  gesell- 
schaft,  der  Zeitschrift  für  die  künde  des  morgenlandes ,  an  Kuhn  und 
Schleichers  beitragen,  Kuhns,  Höfers  und  Steinthals  Zeitschriften,  an 
Bezzenbergers  beitragen  und  an  der  erst  vor  kurzem  begonnenen  Tech- 
mer'schen  internationalen  Zeitschrift  für  allgemeine  Sprachwissenschaft, 
die  er  durch  eine  grössere,  hervorragende  abhandlung  eröffnet  hat  und 
die  80  unter  seinen,  des  altmeisters,  auspizien  ihren  ersten  gang  in  die 
weit  hinaus  getan  hat.  Vereinzelte  arbeiten  finden  sich  dann  in  den 
Preussischen  jarbüchern,  dem  Philologus,  Fichte  und  Ulrici's  philo- 
sophischer Zeitschrift,  ja  sogar  in  Wittes  Dante -Zeitschrift  u.  v.  a.  m. ; 
rezensionen  besonders  ausser  in  den  erwänten  Zeitschriften  meist  in  der 
Allgemeinen  Halleschen  litteraturzeitung,  den  Berliner  jarbüchern  für 
wissenschaftliche  kritik,  den  Blättern  für  literarische  Unterhaltung  etc.  etc. 
Von  den  zerstreuten  aufsätzen  möchte  ich  einige  im  nachstehenden  noch 
besonders  hervorheben. 

Wichtige  aufschlüsse  über  afrikanische  und  vorzüglich  die  Bantu- 
sprache  hat  Pott  in  verschiedenen  aufsätzen  in  der  ZDMG.  gegeben:  „Ueber 
das  verwandtschaftliche  verhältniss  zwischen  den  kaffern-  und  kongo- 
sprachen" (H.  5  und  129),  „Die  sprachen  Afrikas"  (V.  405),  „Ueber  die 
Kihiau-sprache"  (VI.  331)  und  „Sprachen  aus  Afrikas  innern  und  westen" 
(VHI.  413).  Die  ergebnisse  seiner  forschungen,  welche  er  in  diesen 
abhandlungen  niedergelegt,  werden  mit  zu  den  für  diese  sprachen  grund- 
legenden Untersuchungen  gezält.  Wertvolle  materialsammlungen  für 
kulturhistorisch-linguistische  forschungen  enthalten  eine  reihe  von  auf- 
sätzen in  Kuhn  und  Schleichers  beitragen,  die  unter  dem  titel  „Zur 
kulturgeschichte"  vereinigt  sind  und  sich  durch  mehrere  bände  hin- 
ziehen. Ich  kann  hier  nicht  seine  die  verschiedensten  gebiete,  wie  ver- 
gleichende mythologie,  ethnographie,  allgemeine  grammatik  etc.  berürenden 
arbeiten  alle  aufzälen,  erwänt  seien  von  Untersuchungen  über  einzelne 
indogermanische  sprachen  nur  noch  die  aufsätze  über  romanische 
sprachen,  „Ueber  romanische  demente  in  der  lex  salica"  (Höfers  Zeitschrift 
III.  112),  „Das  Latein  im  übergange  zum  Romanischen"  (Zeitschr.  für  alter- 
neiträgo  z.  künde  il.  indj:.  sprachen.    XIII.  23 


334  August  Friedrich  Pott. 

tumswissenschaft  1853  und  1854),  „Romanische  demente  in  den  langobar- 
dischen  gesetzen"  (KZ.  XII  und  XIII);  ferner  über  das  Albanesische 
(ZDMG.  XVII.  414),  das  zum  indogermanismus  zu  rechnen,  er  sich 
noch  nicht  recht  entschliessen  konnte.  Vor  allem  aber  ist  zu  nennen 
der  umfangreiche  artikel  „Indogermanischer  sprachstamm"  in  Ersch 
und  Grubers  enzyklopädie,  welcher  die  erste  zusammenhängende  Über- 
sicht der  einschlägigen  sprachen  und  ihrer  literatur  giebt.  Eine  neue 
aufläge  und  zugleich  eine  erweiterung  desselben  bietet  gewissermassen 
seine  schon  mehrfach  zitirte  abhandlung  in  Techmers  Zeitschrift  , »Ein- 
leitung in  die  allgemeine  Sprachwissenschaft"  mit  dem  Supplemente  „Zur 
literatur  der  Sprachenkunde  Europas".  Durch  eine  musterhafte  genauig- 
keit  und  Vollständigkeit,  mit  dem  grössten  fleisse  ausgearbeitet,  zeichnen 
sich  derartige  an  verschiedenen  stellen  in  Potts  Schriften  wiederkerende 
literaturzusammenstellungen  aus,  die  ihm  allerdings  auch  der  umstand 
erleichterte,  dass  er  die  aufgezälten  werke  meist  von  ihren  Verfassern 
zugesandt  erhielt  und  somit  auch  aus  eigenster  anschauung  kannte.  Ein 
kürzerer  derartiger  gesammtüberblick  findet  sich  u.  a.  auch  in  den 
Et.  f.^  II.  4  (vorwort);  wiederholt  und  erweitert  aus  einer  arbeit  in  den 
Jarbüchern  der  freien  deutschen  akademie,  Frankfurt  a.  M.  1849.  Ersch 
und  Grubers  enzyklopädie  hat  in  ihm  einen  hervorragenden  mitarbeiter 
verloren,  ausser  dem  „Indog.  sprachstamm"  hat  er  für  sie  noch  u.  a.  die 
artikel  „Geschlecht"  (grammatisches),  ,,Participium",  ,,Patronymica"  und 
„Personennamen"  geschrieben;  auch  in  Brockhaus  konversationslexikon 
sind  einige  artikel  aus  seiner  feder  geflossen,  so  seine  Selbstbiographie, 
der  bereits  erwänte  artikel  „Rotwelsch"  etc. 

Steinthal  sagt  einmal  von  Pott,  er  kenne  keinen  schriftsteiler,  der 
in  dem  masse  wie  er  leistete,  was  man  sich  von  ihm  verspräche,  und 
dieses  urteil,  so  paradox  es  auch  anscheinend  klingen  mag,  ist  ent- 
schieden nicht  übertrieben.  Seine  sämmtlichen  arbeiten,  mag  man  sie 
auch  bisweilen  mit  dem  bewusstsein,  nicht  überzeugt  zu  sein,  aus  der 
band  legen,  oder  mögen  sie  auch  one  ein  bestimmtes  historisches  resultat 
abschliessen,  enthalten  eine  jede  einzelne  doch  stets  so  viel  des  anre- 
genden und  belerenden,  dass  man  sich  nie  one  ein  gefül  der  befriedigung 
von  ihnen  trennen  wird.  Mindestens  kann  man  auf  jede  derselben  mit 
geringfügiger  änderung  das  wort  des  Mela  anwenden,  das  er  selbst  seinen 
etymologischen  forschungen  in  ihrer  neuen  gestalt  als  motto  vorangestellt 
hat:  impeditum  opus  et  facundiae  minime  capax,  verum  adspici  tarnen 
cognoscique  dignissimum,  et  si  non  ope  ingenii  orantis,  at  ipsa  sui  con- 
templatione  pretium  operae  attendentium  absolvens.  Freilich  leicht  macht 
es  Pott  seinem  leser  nicht,  er  giebt  ihm  nicht,  wie  Joh.  Schmidt  es 
einmal  ser  treffend  ausdrückt,  wolfeilen  kaufes  seine  kenntuisse  her,  er 
bietet  ihm  nicht  einfach  die  gewonnenen  resultate  seiner  forschungen, 
sondern  er  fürt  ihn  direkt  in  die  werkstätte  und  zwingt  ihn  selbst,  die 
arbeit  mit  durchzumachen.  Darum  sind  auch  viele  seiner  bücher,  ganz 
besonders  die  Etym.  forsch,  sowie  die  „Personennamen"  in  ihren  ersten 
auflagen  one  register  für  viele  ein  totes  kapital  geblieben.  Dazu  kommt 
noch  eine  erschwerende  eigentümlichkeit  seiner  Schreibweise.  Seine  grosse 


August  Friedrich  Pott.  335 

belesenheit  und  seine  phänomenale  gelersamkeit  nicht  nur  auf  dem  gebiet 
der  indogermanischen  sondern  auch  der  verschiedensten  anderen  sprachen, 
verleiten  ihn  häufig  zu  weiten  abschweifungen  auf  seinem  ursprünglichen 
thema  ganz  fern  liegende  gebiete.  Selbstverständlich  kann  hierdurch 
die  klare  und  übersichtliche  darstellung  nur  leiden ,  sein  stil  erhält 
gewissermassen  den  Charakter  eines  —  man  verzeihe  das  paradoxon  — 
geordneten  chaos.  Aeusserst  glücklich  und  fast  unerschöpflich  ist  Pott 
dann  in  praegnanten  bezeichnungen  sprachlicher  Verhältnisse  und  Vor- 
gänge, in  denen  er  meist  mit  plastischer  deutlichkeit  das  charakteristische 
der  frage  trifft.  So  wenn  er  von  der  begattungsfähigkeit  der  sprachen 
unter  einander  oder  von  verlebendigung  der  natur  spricht,  wenn  er  die 
dialekte  chromatische  brechungen  des  ursprünglich  einen  und  einfarbigen 
lichtes  nennt,  die  doppelung  als  wiedergebärung  aus  dem  schösse  des 
schon  einmal  gesetzten  bezeichnet  etc.  Potts  grosses  interesse  für  jede 
neue  literarische  erscheinung  bekundete  sich  in  seinen  zallosen  bücher- 
rezensionen ,  die  in  den  verschiedensten  Zeitschriften  zerstreut  sind.  Er 
war  als  kritiker  ein  „acer  castigator  aliorum",  wie  er  sich  selbst  schon 
in  seiner  doktordissertation  bezeichnet,  dabei  aber  hat  wol  zugleich 
kaum  einer  so  rückhaltslos  und  gerecht  die  Verdienste  anderer  anerkannt 
als  gerade  er;  wärend  allerdings  „vollmundigkeit",  die  durch  erkünstelten 
brustton  der  Überzeugung  die  eigene  schwache  leistung  zu  verdecken 
suchte,  vor  seinem  scharfen,  unnachsichtlichen  richterspruch  nicht  be- 
stehen konnte. 

Wie  in  seinen  Schriften,  so  pflegte  Pott  auch  in  seinen  Vorlesungen 
sich  exkurse  im  breitesten  umfang  zu  gestatten.  So  war  er  oftmals, 
noch  ehe  der  hörer  es  sich  recht  versah,  in  einem  kolleg  über  egyptische 
hieroglyphen  übergesprungen  zu  irgend  einem  lieblingsthema ,  wie  z.  b. 
der  polemik  gegen  die  doppelten  aspiraten  oder  dgl.  Daher  war  es  für 
den  jungen  Studenten,  der  one  weitere  Vorkenntnisse  seine  Vorlesungen 
besuchte,  ser  schwer,  dem  fluge  seines  geistes  zu  folgen,  um  so  mehr  bot 
er  aber  dem  mit  dem  gegenstände  bereits  vertrauteren  hörer.  Im  ganzen 
hat  Pott,  so  viel  ich  wenigstens  zu  beurteilen  vermag,  als  universitäts- 
lerer, d.  h.  durch  seine  Vorlesungen,  nur  geringen  einfluss  auf  die 
jüngere  heranwachsende  generation  der  Sprachforscher  geübt.  Eine  schule 
hat  er  nie  gebildet,  teils  war  die  art  und  weise  seiner  forschung  zu 
universal,  teils  lag  dies  seinem  aristokratisch  vornemen  charakter  zu 
fern.  Dabei  kam  er  indess  jüngeren  aufstrebenden  gelerten  stets  mit 
seltener  liebenswürdigkeit  entgegen,  sie  in  jeder  weise  durch  rat  und 
tat  zu  fördern  und  unterstützen  bereit. 

Potts  Vorlesungen  erstreckten  sich,  besonders  in  der  ersten  zeit 
seiner  akademischen  lertätigkeit,  auch  auf  die  erklärung  griechischer  und 
lateinischer  schriftsteiler;  so  hat  er  Theokrit,  CatuU,  Persius,  Juvenal 
und  Herodot  erklärt,  allerdings  alles  autoren,  die  ihm,  besonders  der 
letztgenannte,  reichlich  gelegenheit  zu  sprachlichen,  ethnologischen  und 
mythologischen  ausfürungen  boten.  Ueber  allgemeine  Sprachwissenschaft 
und  Sprachphilosophie  sowie  über  philosophische  und  historische  gram- 
matik   las   er  bis   in    seine  letzten  lebensjare  in  regelmässigem   turnus, 

23* 


336  August  Friedrich  Pott. 

früher  trug  er  seine  sprachphilosophischen  theorieen  auch  gelegentlich 
der  erklärung  von  Plato's  Cratylus  vor.  Im  Sanskrit  beschränkte  er  sich 
nur  auf  leichtere  texte,  wie  den  Nalas,  Bopps  diluvium  und  stücke  aus 
Lassens  Chrestomathie ;  von  anderen  indogermanischen  sprachen  behan- 
delte er  in  Vorlesungen  Zend,  Lateinisch,  Griechisch,  Gotisch,  Keltisch, 
die  romanischen  sprachen  und  ihre  entwickelung,  seit  1833  las  er  auch 
über  ägyptische  hieroglyphen  und  seit  1846  über  Chinesisch,  beides  koUegs, 
die  er  bis  zuletzt  beibehielt. 

Den  hohen  Verdiensten  Potts  um  die  vergleichende  Sprachwissen- 
schaft hat  auch  die  äussere  anerkennung  nicht  gefeit,  er  gehörte  zu  den 
glücklichen  gelerten,  die  noch  zu  ihren  lebzeiten  durch  reiche  eren- 
bezeugungen  ihre  arbeit  belont  sehen.  Nachdem  ihm  bereits  verschiedene 
höhere  preussische  und  russische  orden  verliehen  waren ,  wurde  ihm  am 
spätabend  seines  lebens  dann  noch  die  höchste  auszeichnung  zu  teil, 
indem  er  am  24.  januar  1886  zum  stimmfähigen  ritter  des  ordens  pour 
le  merite  für  Wissenschaften  und  künste  ernannt  ward.  Daneben  feiten 
aber  auch  nicht  ihm  direkt  von  der  Wissenschaft  dargebrachte  eren- 
bezeugungen  und  anerkennungen ,  für  den  waren  gelerten  doch  die 
höchste,  ureigenste  belonung  wissenschaftlicher  arbeit:  fast  keine  wirklich 
bedeutende  akademie  oder  gelerte  sprachwissenschaftliche  gesellschaft 
des  in-  und  ausländes,  deren  aktives,  korrespondirendes  oder  erenmitglied 
Pott  nicht  war.  Die  Mailänder  akademie  ernannte  ihn  noch  kurz  vor 
seinem  tode  zu  ihrem  mitgliede,  doch  sollte  er  diese  letzte  ere  nicht 
mehr  erleben,  die  nachricht  von  seiner  kreirung  traf  erst  nach  seinem 
hinscheiden  ein.  Von  allen  akademieen  und  gelerten  gesellschaften  in- 
dess,  denen  er  angehörte,  hat  wol  keine  durch  seinen  tod  so  viel  ver- 
loren als  die  deutsche  morgenländische  gesellschaft.  In  ihm  ist  wieder 
einer  der  vier  begründer  dieser  weit  über  die  grenzen  Deutschlands 
hinaus  hoch  geachteten  gesellschaft  dahingegangen  und  nur  noch  die 
erwürdige  gestalt  professor  Fleischers  in  Leipzig  ragt  noch  von  diesen 
berümten  vier  in  die  jüngere  generation  hinein.  Gelegentlich  des  fünf- 
undzwanzigjärigen  bestehens  der  gesellschaft  im  jare  1870  wurden  dann 
bekanntlich  die  damals  noch  sämmtlich  lebenden  Stifter,  Brockhaus, 
Fleischer,  Pott  und  Roediger  zu  erenraitgliedern  ernannt  und  ihnen  eine 
künstlerisch  ausgefürte,  prachtvolle  denkmünze  überreicht. 

Trotz  aller  dieser  reichen  erenbezeugungen,  wie  sie  nicht  leicht 
einem  zweiten  gelerten  zu  teil  geworden  sind,  erhielt  sich  Pott  immer 
und  immer  die  bescheidenbeit  und  anspruchslosigkeit  eines  warhaft 
grossen  mannes  und  wol  niemand,  der  ihn  nicht  kannte,  vermutete  in 
dem  einfachen,  ihm  auf  der  Strasse  oder  in  gesellschaft  begegnenden 
liebenswürdigen,  jovialen  alten  herrn  den  weltberümten  gelerten. 

Der  lebensabend  Potts  war  ein  heiterer,  im  kreise  geliebter  kinder 
und  enkel,  an  der  seite  einer  teuren  gattin,  war  es  dem  greise  vergönnt, 
nach  einem  langen  arbeitsreichen  schaffen  in  ruhe  die  letzten  lebensjare 
zu  verbringen.  Dabei  behielt  er  aber  in  einer  seltenen  frische  des  geistes 
bis  in  seine  höchsten  lebensjare  ein  lebendiges  interesse  für  seine  Wissen- 
schaft bei  und  nur  selten  begegnete  es,  dass  man  ihn  in  seinem  studier- 


August  Friedrich  Pott.  337 

Zimmer,  von  foliantcn  und  büchern  umgeben,  nicht  arbeitend  antraf, 
wärend  eines  seiner  enkelkinder  zu  füssen  des  grossvaters  auf  dem  erd- 
boden  spielte.  Erst  die  letzte  krankheit  musste  dem  greise  gewaltsam 
die  feder  aus  der  zitternden  band  entwinden  und  so  sind  auch  die  letzten 
bogen  seiner  schon  mehrfach  erwänten  arbeit  in  Techmers  Zeitschrift 
erst  kurz  nach  seinem  tode  der  gelerten  weit  bekannt  geworden. 

Eine  abwechslung  in  das  ruhige  familienleben  brachten  dann  im 
letzten  jarzehnt  zwei  Jubelfeste.  Am  17.  Oktober  1877  beging  er  die 
50ste  wiederker  des  tages,  an  welchem  er  als  fünfundzwanzigjäriger  in 
Göttingen  die  erste  akademische  würde,  den  doktortitel,  erlangt  hatte. 
Briefe  und  telegrararae  trafen  aus  allen  gegenden  der  weit  ein  ,  die  Göt- 
tinger Universität  übersandte  das  erneuerte  doktordiplom ,  alle  gesell- 
schaften,  denen  er  angehörte,  brachten  ihre  glückwünsche  dar.  Die 
berliner  akademie,  deren  korrespondirendes  mitglied  er  bereits  seit 
langen  jaren  war,  ernannte  ihn  zum  erenmitgliede,  desgleichen  die 
lettische  litterarische  gesellschaft;  ausser  der  Universität  Halle ,  welche 
durch  rektor  und  dekane  ihre  glückwünsche  überbringen  Hess,  hatte 
noch  Jena  in  der  person  des  prof.  Delbrück  einen  besonderen  Vertreter 
entsandt. 

Auch  an  seinem  SOsten  geburtstage,  dem  14.  november  1882,  wurde 
ihm  eine  fülle  von  glückwünschen  dargebracht,  die  berliner  akademie 
nam  an  diesem  tage  noch  besonders  gelegenheit,  ihr  erenmitglied  in 
einer  eben  so  herzlichen  wie  erenden  adresse  zu  begrüssen ,  die  von 
säramtlichen  mitgliedern  unterzeichnet  war. 

Im  engsten  familienkreise  beging  er  dann  in  Marienbad  im  august 
1883  das  fest  seines  fünfzigjärigen  professorenjubiläums.  Auch  hierhin 
wurden  ihm  vielfache  beweise  der  vererung  und  liebe  nachgesandt. 
Ausser  einem  glückwunschschreiben  der  Universität  übersandte  auch  die 
gesammte  Hallesche  Studentenschaft  eine  künstlerisch  ausgestattete  adresse, 
welche  daran  erinnerte,  dass  der  Jubilar  als  einstiger  schüler,  jetziger 
Vertreter  Franz  Bopps,  das,  was  einst  voranend  der  theolog  J.  S.  Vater 
für  die  Sprachforschung  versucht,  in  so  hoher  Vollendung  hinausgefürt 
habe. 

Trotz  seines  hohen  alters  liess  er  es  sich  nicht  nemen ,  seine  Vor- 
lesungen regelmässig  zu  halten  und  nur  ganz  ungünstige  Witterung  ver- 
mochte den  gewissenhaften  mann  an  der  ausübung  seiner  berufspflicht 
zu  hindern.  Da  legte  eine  heftige  erkältung,  die  er  sich  bei  einer  aus- 
fart  am  3.  mai  d.  js.  zugezogen  hatte,  den  keim  zu  seiner  letzten  krank- 
heit. Bereits  seit  dem  folgenden  tage  wurde  er  an's  zimmer  gefesselt, 
ein  heftiger  bronchialkatarrh  mit  sich  häufig  wiederholenden  asthma- 
tischen anfallen  ermattete  den  körper  derartig  schnell ,  dass  er  schon 
nach  8  tagen  nur  noch  selten  das  bett  verlassen  konnte.  Erst  am  5.  juli 
nachmittags  3  ur  erlöste  ihn  der  tod  von  seinen  langen  und  schweren  leiden. 

Für  alle  zeit  ist  dem  namen  Potts  ein  hervorragender  platz  in  der 
Sprachwissenschaft  gesichert,  als  gelerter  und  als  mensch  war  er  einer  von 
denen,  über  deren  verlust  nur  die  erinnerung  an  sie  zu  trösten  vermag. 


338  August  Friedrich  Pott. 


Verzeichniss  der  Schriften  Pott's. 

1827.  De  relationibus  quae  praepositionibus  in  Unguis  denotantur  disser- 
tatio.    Cellis,  typis  Schulzianis.     (Doktordissertation.) 

1833/36.  P]tymologische  forschungen  auf  dem  gebiete  der  indogermani- 
schen sprachen  mit  besonderem  bezug  auf  die  lautumwandlung  im 
Sanskrit,  Griechischen,  Lateinischen,  Littauischen  und  Gotischen. 
Lemgo,  Meyer'sche  hofbuchhandlung.  2  bände.  (2.  völlig  umge- 
arbeitete aufläge  in  5  bänden  und  einem  registerband.     1859/76.) 

1837.  De  lithuano  -  borussicae  in  slavicis  letticisque  unguis  principatu 
commentatio,  universitati  litterariae  Gottingensi  Georgiae  Augustae 
inter  ipsa  sacra  secularia  prima  gratulandi  causa  oblata.  Halis, 
formis  Gebaveriis. 

1840.  Indogermanischer  sprachstamm  in  Ersch  und  Grubers  enzyklo- 
paedie.     II.  Sektion.     18.  teil.     1. 

—  Patronymica,  ib.     III.  Sektion.     13.  teil.    437. 

1840/46.  Kurdische  Studien  (in  gemeinschaft  mit  Roediger).  Zeitschrift 
für  die  künde  des  morgenlands.     III — VII. 

I.  Allgemeine  Übersicht  der  kurdischen  spräche. 
II.  Lautlere.  III.  1. 

(1842)  III.  Naturgeschichtliches    aus    der   kurdischen    und    anderen 

sprachen  Westasiens.     IV.  1.  259. 
(1844)  Fortsetzung.  V.  57. 

(1846)  do.  VII.  91. 

1841.  De  letticarum  linguarum  cum  vicinis  nexu  s.  de  Borusso-Lithua- 
nicae  tam  in  slavicis  quam  letticis  Unguis  principatu  commentatio 
II.     Halis,  formis  Gebaveriis. 

1844/45.  Die  Zigeuner  in  Europa  und  Asien.  Ethnographisch-linguistische 
Untersuchung,  vornemlich  ihrer  herkunft  und  spräche,  nach  ge- 
druckten und  ungedruckten  quellen.     Halle,  Ileynemann. 

1846.  Ueber  die  spräche  der  Zigeuner  in  Syrien.  Höfer's  Zeitschrift 
L  175. 

1847.  Die  quinaere  und  vigesimale  zälmethode  bei  Völkern  aller  Welt- 
teile. Nebst  ausfürlichen  bemerkungen  über  die  zalwörter  indoger- 
manischen Stammes  und  einem  anhange  über  fingernamen.  Halle, 
Schwetschke  und  son. 

—  Ueber  das  verwandtschaftliche  verhältniss  zwischen  den  kaffem- 
und  kongosprachen.     ZDMG.  IL  5.  129. 

—  Ueber  die  namen  des  elephanten.     Höfer's  Zeitschrift  II.  81. 
1848/52.     Die  Zigeuner  und  ihre  spräche.     ZDMG.  III.  321  und  VIII.  389. 

1849.  Javanische  spräche  und  litteratur.     ZDMG.  IV.  269. 

—  Gesammtüberblick  über  die  Sprachwissenschaft.  Jarb.  der  freien 
deutschen  akademie,  im  auftrage  des  zur  gründung  einer  freien 
akad.  univ.  gebildeten  ausschusses  herausg.  v.  Nauwerck  und  Noack. 
Frankfurt  a.  M.     Li.  185. 

1850.  Kurdisches.     Höfer's  Zeitschrift.    II.  353. 


August  Friedrich  Pott.  339 

1850.  Die  sprachen  Südafrikas.     ZDMG.  V.  405. 

1851.  Unterschied  von  sprachlere  und  Wörterbuch  in  absoluter  oder  in 
relativer  fassung.  AUg.  monatsschrift  für  Wissenschaft  und  literat. 
Juliusheft.    19. 

—  Ueber  romanische   elemente  in   der  lex  salica.    Höfer's  Zeitschrift 

III.  113. 

—  Ueber  die  klassifikation  der  sprachen.     ZDMG.  VI.  287. 

—  Ueber  die  Kihiau-sprache.    ib.  331. 

—  Plattlateinisch  und  Romanisch.     KZ.  I.  309.  385. 

1852.  Metaphern  vom  leben  und  von  körperlichen  Verrichtungen  herge- 
nommen.   KZ.  II.  101. 

—  Benennungen  des  regenbogens.     ib.  414. 

1853.  Die  personennamen,  insbesondere  die  farailiennamen  und  ihre  ent- 
stehungsarten ;  auch  unter  berücksichtigung  der  Ortsnamen.  Eine 
sprachliche  Untersuchung.     Leipzig.    (2.  aufläge  mit  register    1859.) 

—  Sprachen  aus  Afrikas  innern  und  westen.     ZDMG.  VIII.  413. 
1853/54.    Das   liatein  im  übergange  zum    Romanischen.     Zeitschrift  für 

altertumswissenschaft.     XI.  481.    XII.  219. 

1864.  Religiöse    beziehungen    in    namen    von    naturgegenständen.      KZ. 

IV.  172. 

—  Bellerophon,  Vrtrahän.     ib.  416. 

1865.  Max  Müller  und  die  kennzeichen  der  Sprachverwandtschaft.  ZDMG. 
IX.  405. 

1855/56.  Etymologische  späne.  1)  'PtSCria;  2)  Znüqrri;  3)  XäqvßSig; 
4)  'PaSäfxav&og;  5)  'AXiXTto,  lASqüarHo.  etc.;  6)  JiöaxoQoi,  Jioßxov- 
Qoi;  7)  'Poißog,  ^oCßr].     KZ.  V.  241. 

—  do.  1)  Dädalus  mit  familie;  2)  Palamedes;  3)  Musen,  Minerva 
und  seher;  4)  Proteus,  Python;  5)  Die  kalydonische  jagd  und  Me- 
leager;  6)  Der  räuber  Siuis,  Polypemon  etc.;  7)  Pentheus,  Erigone; 
8)  Tyrtaeus,  Ibykus.     KZ.  VI.  80.  95. 

—  do.  1)  Orion;  2)  Hyaden,  Plejaden;  3)  Dionysos  und  mehrere 
göttliche  feldbeschützer;  4)  Asklepios,  Koronis;  5)  Gefolge  der  Diana, 
Aktaeon.     KZ.  VI.  259. 

1866.  Die  Ungleichheit  menschlicher  rassen  hauptsächlich  vom  sprach- 
wissenschaftlichen Standpunkte,  unter  besonderer  berücksichtigung 
von  des  grafen  von  Gobineau  gleichnamigem  werke.  Mit  einem 
überblicke  über  die  Sprachverhältnisse  der  völker.  Ein  ethnologi- 
scher versuch.     Ijemgo  u.  Detmold,  Meyer'sche  hofbuchhandlung. 

—  Geschlecht  (grammatisches)  in  Ersch  und  Grubers  enzyklopaedie. 
I.  Sektion,  62.  teil.     393. 

—  Onomatologische  Studien.  1)  Personennamen  auf  -Ivos  und  mit 
-vovs;  2)  Personennamen  auf  -iüvög,  -?j;  3)  Personennamen  auf  -Jjff, 
•r^rog;  Tigris;    4)  Der  feurige  dornbusch.    KZ.  VI.  241. 

—  Altgriechisch  im  heutigen  Kalabrien?    Philologus  XL  245. 
1857.     Bemerkungen  über  die  Zigeuner  in  Persien.     ZDMG.  XL  696. 
1857/59.    Mytho-etymologica.     1)  Ixion,  Eurytos;    2)  Athamas;    3)  Kory- 

banten  und  eigennamen  auf  -ag,  -uvrog]    4)    Labdacus  und  die  per- 


340  August  Friedrich  Pott. 

sonennainen  auf  A«dff,    ö^fxos:    5)  namen   auf  -oirccg,  -oCttjs-    Mtvoi- 
Ttos.    KZ.  VII.  81.  241.  321. 
1857/59.    Mytho-etymologica.     1)  Namen  von  Amazonen,  und  eigennamen 
mit  <f«to?,  Jjjtof,  Satg.     KZ.  VIII.  425. 

—  de.  2)  Personennamen  auf  -(vg;  3)  Personennamen  nach  dem 
berge  Ida.  Phineus.  Pandion.  Eigennamen  mit  oxp.  KZ.  IX. 
839.  401. 

1858.  üeber  die  erste  person  des  imperativs.  Kuhn  und  Schleichers 
beitr.  I.  50. 

—  Ein  paar  persischer,  slavischer  und  semitischer  namen.    ib.  289. 

—  Die  japanische  spräche  in  ihren  Verhältnissen  zu  anderen  Asia- 
tinnen.   ZDMG.  XII.  442. 

—  Ein  blick  auf  die  allgemeine  Sprachkunde  und  deren  litteratur. 
Preuss.  jarb.  II,  heft  1,  65—79. 

—  Ovidiana.  1)  Vertumnus ,  nord.  ürdhr,  Verdhandi;  2)  Imperativ 
im  passiv;  3)  Egeria;  4)  Ascanius;  5)  Ardea;  6)  Stellio  Ascalaphus; 
7)  Cerastias.  Propoetides;  8)  Virbius.  Hippolytus;  9)  Peleus  und 
Thetis;    10)  Mantus.     KZ.  VIII.  21.  96.  174. 

1859.  Ueber  altpersische  eigennamen.    ZDMG.  XIII.  359. 

1860/63.  Ueber  mannigfaltigkeit  des  sprachlichen  ausdrucks  nach  laut 
und  begriff.  Stein thal's  Zeitschrift  I.  254  (Begriffliche  Verschieden- 
heit), 345  (Amor,  die  fledermaus),  510  (Metallnamen);  II.  120  (Metall- 
namen), 195  (der  donner);   III.  338  (wetter,  himmel,  gott). 

1861.  Naturgeschichtliches.  Kuhn  und  Schleichers  beitrage  II.  38.  1) 
Bezeichnung  von  schwanger,  trächtig.  Vieh  für  vermögen  und 
umgekert.  2)  Melk,  güst.  3)  Hörnerloses  vieh.  4)  Tierglocken; 
gemeindestier. 

1861/65.     Zur   kulturgeschichte.     Ib.    1)    Unterscheidung   der    vieharten, 

2)  Verschneidung.    195;     3)  Bienenzucht.    265;     4)   Veredlung    der 
Obstbäume.    401;     1)  Hunde.    IH.  289;     2)  Geissgeschlecht.   IV.  68; 

3)  Vögel,   79. 

1862.  Doppelung  (reduplikation,  gemination)  als  eines  der  wichtigsten 
bildungsmittel  der  spräche  beleuchtet  aus  sprachen  aller  Weltteile. 
Lemgo  u-  Detmold,  Meyer'sche  hofbuchhandlung. 

1863.  Anti-Kaulen  oder  mythische  Vorstellungen  vom  Ursprung  der  völker 
und  sprachen.  Nebst  beui-teilung  der  zwei  sprachwissenschaftlichen 
werke  Heinrich  von  Ewald's.  Lemgo  und  Detmold,  Meyer'sche 
hofbuchhandlung. 

—  Zur  geschichte  und  kritik  der  sog.  allgemeinen  grammatik.  Fichte 
und  Ulrici,  Zeitschrift  für  philosophie  und  philos.  kritik.  XL.  102. 
185. 

1864/65.  Romanische  elemente  in  den  langobardischen  gesetzen.  KZ. 
XII.  161.    XHI.  24.  81.  321. 

1866.  Was  bedeutet  Diafoirus  bei  Moliere?    KZ.  XIV.  343. 

1867.  Die  Sprachverschiedenheit  in  Europa  an  den  zalwörtern  nachge- 
wiesen, sowie  die  quinäre  und  vigesimale  zälmethode.    Festgabe  zur 


August  Friedrich  Pott.  341 

XXV.    philologenversammlung    in    Halle,    oriental.    sekt.    (auch    als 

besonderes  buch  1868,  Halle,  Waisenhausbuchhandlung,  erschienen). 
1867.  Dante's  familienname.  Jarb.  der  deutschen  Dantegesellsch.  I.  161. 
1867/73.     Wurzelwörterbuch    der   indogermanischen   sprachen.      Detmold, 

Meyer  =  Etymologische  forschungen,   2.  aufl.    Band  11.   2.  abth.  — 

band  V. 
1870.    Die  partikeln  skr.  gha,  gha,  ha  und  hi;    zend.  zi;    griech.  yd,  y4\ 

lith.  -gi;  slav.  ze  u.  s.  w.     Kuhn  u.  Schleichers  beitr.  VI    257. 

—  Eigennamen  in  ihrem  unterschiede  von  appellativen  und  mit  der 
namengebung  verbundener  glaube  und  sitte.     ZDMG.  XXIV.  110. 

—  Zigeunerisches  (in  geraeinschaft  mit  Mordtmann).     ib.  681. 

—  Die  Umstellung  des  hauches.     KZ.  XIX.  16. 

1873.  Unterschied  eines  transitiven  und  intransitiven  nominativs.  Kuhn 
u.  Schleichers  beitr.  VII.  71. 

1875.  Chemie  oder  chymie?    ZDMG.  XXX.  6. 

1876.  Wilhelm  von  Humboldt  und  die  Sprachwissenschaft.  2  Bde.  Berlin, 
Calvary.  (2.  vermehrte  aufläge  1880;  mit  nachtragen  und  personen-, 
sach-  und  Wortregister  von  A.  Vanißek.) 

1878.     Das  indogermanische  pronomen.    ZDMG.  XXXIII.  1. 
1880.    Sprachliche    bezeichnung    von     mass    und    zal    in    verschiedenen 
sprachen.     Steiuthal's  Zeitschrift  XII.  158. 

1882.  Zalen  von  kosmischer  bedeutung,  hauptsächlich  bei  Indern  und 
Griechen  und  Wichtigkeit  von  genealogieen  im  mythua.  Steiuthal's 
Zeitschrift  XIV.   1.  129. 

1883.  Lateinisch  und  griechisch  in  einigen  ihrer  wichtigsten  lautunter- 
schiede.    KZ.  XXVI.  113 

1884.  lAel^  uiwv  und  das  ampliativsuffix  cüt,  lat.  6n,  sowie  Wörter  auf  -go, 
-do  im  nominativ.     BB.  VIII.  37. 

—  Einleitung  in  die  allgemeine  Sprachwissenschaft.  Techmers's  Zeit- 
schrift I.  1.  329. 

1884/85.  Verschiedene  bezeichnung  des  perfekts  in  einigen  sprachen  und 
lautsymbolik.     Steinthal's  Zeitschrift  XV.  287.    XVI.  117. 

1885/86.  Zur  litteratur  der  Sprachenkunde  im  besonderen.  Techmer's 
Zeitschrift  II.  54.  209.    III.  110  (unvollendet). 

1886.  Allgemeine  Sprachwissenschaft  und  Carl  Abels  egyptische  Sprach- 
studien. Leipzig,  W.  Friedrich.  (Von  diesem  stark  verunglückten 
buche  —  da  sich  an  Abels  theorie  vom  gegensinn  der  worte  anle- 
nend  —  habe  ich  erst  ganz  spät  kenntniss  erhalten,  als  der  nekrolog 
schon  gedruckt  war). 

1887.  Zur  litteratur  der  Sprachenkunde  Europa's.  Techmer's  Zeitschrift. 
Supplem.  1. 

Rudolstadt.  P.  Hörn. 


342 


Register. 


I.  Sachregister. 


Ablaut:  quantitativer  ablaut  in 
zweisilbigen  basen  113.  115.  119. 
122.  124  n.  125,  qualitativer  a. 
113,  a.  des  part.  prs.  act.  41.  — 
Verbala.  im  Lyk.  273. 

Accent:  Versetzung  des  hauptac- 
centes  im  Germ  an.  31.  —  Idg. 
a.-wechsel  im  femininum  auf  -ä 
36,  8.  vocale. 

Ahuna-vairya  interpretiert 245 ff.; 
unvollständigkeit  seiner  jetzigen 
gestalt  253  f. 

Alphabet:  zum  lykischen  a.  133. 

Assimilation  des  anlauts  an  den 
inlaut  302. 

Augment:  eine  spur  des  a.  im 
Lyk.  in  der  krasis  261  ff. 

Bedeu  t  ungs  entwickelung  59. 
93.  129.  140.  142  ff.  291  ff.  311  ff. 

Conjugation:  Präkrit- wurzeln 
nach  der  vierten  c.-klasse  abwei- 
chend vom  Sanskrit  9.  —  Zur 
fünften  und  neunten  präsensklasse 
im  Altiran.  60ff. ;  inchoativa  im 
gäthadialect  75;  infinitiv  in 
locativform  76.  —  Lykisch: 
verbalformen  auf  -nte,  -ntö,  -ntä 
136;  die  verbalformen  der  bilin- 
guen  258  ff.  275  f.  282  ff.;  con- 
junctivformen  274.  279 ;  mutmass- 
liche verbalformen  285  ff.  — 
Keltisch:  das ^-praeteritum  aus- 
gegangen von  der  dritten  pers. 
sing,  des  nicht  thematischen  me- 
dialen aorists  128  ff. 

Consonanten:  idg.  y  (palatale 
Spirans)?  91;  Wechsel  der  wurzel- 
anlautenden muten  namentlich 
gh  :  g  49  f.,  g  :  k  50.  —  Behand- 
lung des  ai.  fl  im  Präkrit  lOf. 
—  kh  vor  «  im  Avest.  ohne  ety- 
mologischen wert  65  f.  —  Ly- 
kisch: Verdoppelung  der  conso- 
nanten hinter  sonantischen  liqui- 
den 138;  gleitlaut  «  und  m  hinter 
j»  und  f^i  vor  vocalen  134;  s  aus 
afficiertem  guttural  136;  t  =  idg. 
d  271.  273;  anlautend  hr  inv  pr 
271;  idg.  dh  anlautend  zu  dd,  in- 
lautend zu  d  273;  Wechsel  von  d 
und   t  im   conjunktivischen  suffix 


274.  279.  —  Griechisch:  ver- 
wandelung  wurzelschliessender  te- 
nuis  in  die  media  301.  308.  310n.; 
metathesis  von  sph-  zu  psh-  {(pd-) 
63.  —  Umbrisch  <ts  zu  rs  140f. 
—  Keltisch:  behandlung  des 
auslauts  -nt  1 30  n. ;  ausspräche  der 
tenues  und  mediae  nach  n  im 
Neu-Gälischen  132.  —  Urger- 
manische Verschärfung  von  j  und 
w  33  ff. ,  bei  unmittelbar  voraus- 
gehendem accent  36;  urgerm.  i 
(j)  zwischen  vocalen  zu  ^V  (jj) 
gedehnt  34;  ggj  für  ^  im  Faröi- 
schen  53;  gj  im  Schwedi- 
schen zuj23;  entwickelung  von 
aschw.  gh  zu  ^,  j  im  Nschw. 
24  r.;  l  für  r  in  schwed.  dial. 
49. 

Contraction  im  Lykischen 
260  ff.  —  C.  der  verba  auf  -^w  bei 
den  älteren  ionischen  Dichtem 
175. 

Declination:  idg.  casus  mit  bh 
123  n.  2.;  locative  auf  -n  113.  - 
Arische  bildung  des  gen.  sing, 
der  r-stämme92;  die  gäthische 
flexion  der  M-stämme  89f.;  avest. 
locativ  auf««  gleich  dem  griech. 
dativ  auf  oi  85.  —  Lykisch  er 
accus,  sing,  auf  in,  135.  137.  — 
Pluralia  tantum  der  Ortsnamen 
im  Griech.  und  Lat.  ursprüng- 
liche locative  111  ff.  114  ff.  — 
Irisch:  dat.  sing,  der  a-stämme 
eigl.  locativ  131  ;  voc.  plur.  der 
o-stämme  eigl.  accusativ  131  f.  — 
Flexion  des  schwachen  feminin, 
im  Germ  an.  43,  des  part.  prs. 
act.  im  Schwed.  38  ff. ;  dualis 
im  Altschwed.  41  ff. 

Dialect:  d.  altionische  dialect  in 
den  resten  der  lyriker  173  ff.;  zu 
Buenos  von  Paros  173,  text  185 ff.; 
zu  Simonides  v.  Keos  1 74 ;  text  220  f.; 
zu  Archilochos  von  Paros  1 74 ;  text 
176  ff. ;  zu  Kallinos  von  Ephesus 
text  188;  zu  Semonides  von  Amor- 
gos  174  f.;  text  189  ff.;  zu  Mi- 
mnermus von  Kolophon  175;  text 
194  ff.;    Hipponax    von    Ephesus 


Register. 


343 


text  197  ff,;  Tyrtaeus  text  204 ff.; 
Anakreon  208  ff. ;  Xenophanes 
216  ff.;  zu  Phokylides  175  f.;  text 
218  ff.  Ananias  220.  —  Schwe- 
dische d.  8.  consonanten. 

Gradation:  idg.  Superlativsuffix 
-tmmo-  135;  comparativsuffix  -ter- 
im  Lykischen  271  ff. 

Hiatus  in  der  urspr^che  möglich 
34  f. 

Lehnwörter  im  Keltischen  308, 
im  Schwedischen  29. 

Lyrik:  s.  dialect. 

Märchen:  entstehung  und  Über- 
lieferung der  m.  der  tausend  und 
einen  nacht  222  ff. 

Pronominalstamm  hho- ,  bhe- 
122,  als  casussuffix  123  n.  2.  124 
n.;  pr.-st.  u  124  n.;  pr.-st.  ete-, 
te-,  to-  125. 

Suffix:  Lyk.  -rp,ma  135,  -nne  135, 
-vi^ne  (=  ai.  -vinf)  135,  -ze  259; 
ala  in  kleinasiatischen  Ortsnamen 
278,  s.  gradation. 

Syntax:  adverbielle  accusative  im 
Sanskrit,  Avest.,  Griech.  und 
Althochdeutsch.  290;  alter 
der  Verbindung  des  vocativs  mit 


dem  artikel,  resp.  pronom.  demon- 
strat.  290  f.;  accusat.  statt  des 
vocativs  im  Lat.  und  Kelt.  131f.; 
der  dativ  statt  des  genetivus  pos- 
sessivus  im  San  skr.,  Avest.  und 
Französ.  249  f.   252. 

Umlaut:  Fehlen  des  u.  bei  hiatus 
im  Altnord.  27  f.   29. 

Vocale:  öi  für  ai  in  den  gäthas 
65;  auslautend,  ö  aus  au  im 
Avesta  83,  ar  aus  rr  und  f  71. 
—  Lykisch:  ä  =  idg.  e  273, 
-0  =  idg.  -u  281 ;  nasale  souanten 
132  ff.,  liquide  sonanten  137  ff.; 
nachhallvocal  (a,  ä)  bei  abfall  von 
-t  275.  —  Griech.  «  im  zweiten 
glied  der  composita  zu  o  316.  — 
Latein,  a  =  german.  e  33.  — 
Germanisch:  g.  ai  für  e  in 
nicht  haupttoniger  silbe  125;  t,  ? 
vor  vocalen  zu  e  im  Nord.  35; 
Verkürzung  von  ü  zu  o  in  unbe- 
tonten Silben  im  Schwad.  37; 
Schwächung  und  neuer  aufschwung 
von  a,  0  im  Schwed.  25  f.  n. 

Wurzeldeterminativ  d  im 
Avest.  87  f. 

Wurzelvariation  mit  r  48. 


Sanskrit. 
aktu  311 
äehän  86 
aja  311 
aju  311 
anjana  312 
anjas  311 
äti  125 
ätra  125 
adhiksitam  76 
anakti  311 
antara  271  f. 
dpi  134 
apo  83 
abhakta  128 
abhi,  abhitas  122 
alam  285 
asmad  88 
ahi  312 
änam^a  65 
ing  311 
idam  54 
IC  314 
Uta  124  n. 
ubhau  123 
ubhä  123 


II.  Wortregister. 

rjinvan  92 
'rta  138 
rbhu  138 
'ej  311 
kapana  312 
kapi^  kapila  313 
kamp  311 
karömi  46 
kMa  13 

garütmant  297  n. 
</tV  293.  295 
^wr  291  ff. 
gurdte  295 
gTMr«  293 
gürta  294 
^ras  66 
grävan  297  n. 
w.  ^Äa/,  ghul  1 1 
ca^-»  74 
capa  312 
ca«_<e  74 
chantsi  86 
chändas  86 
cM  74 
chydti  74 
Jar  295  ff. 


jara  293 
Ja»  281 
j«rä  297  n. 
ßra  296  n. 
w.  jud^  jut  18 
jogiwänas  86 
joguve  86 
jräyas  62 
tuddmi  51 
<MZä  279 
<r%a  138 
<r«MS  25 
imm  54.  70 
(?a6A  61 
däf  276 
dipsati  61 
disamäna  73 
(itÄ  312 
w.  dw»  16 
duhitä  91 
(?o«o  13  f. 
waf  128  f. 
päras  271 
j9«p  312 
pur,  purl  265 
^wra  265 


344 


Register. 


prdäku  138 

p'rd  271 

präti  271 

praflita  10 

priyäs  3G 

priya  35.  37 

bhakti  101  f. 

hhanga  101  f. 

hhangi  101 

bhandjmi  49  n. 

mä^ari'pan  91  f. 

mürkha  308 

mrdata  87 

mrc  308 

yävas  316 

yavya  70 

yotaka  18 

radA,  randh  143  ff. 

radhrä  143.  145 

ran^e  67 

rändhra  143  f. 

^ojy«  144 

Zmmc  316 

w.  ^Mt  6  f. 

Zm;>  315 

lopäfas,  lopakus  315 

vaf  314 

vicchitti  93  ff. 

vtdupätmahhis  87 

vurita  71 

vrjana  bl 

v'yadh  107.  256 

paÄ^«  84 

fiksati  84 

^yenä  117 

w.  fW,  pn  10 

fZw  10 

samgarä  292 

samgir  292 

sacä  314 

som«  119 

samänä  119 

sarpa  312 

säm»  119 

«tma  1 1 9 

»MaZ  311 

sphayate  63 

sma  119 

«mä  1 1 9 

«war  56 

harhsä  49 

Aaya  311 

A»  31 1 

ÄtVna  311 

Ärrf  47 

hyäs  117 


Präkrit. 
aüjjhaharao  6  f. 
aggiäo  17 
acchivadanani  5 
abhuddhasirl  7 
a^/iöj  1 0  f. 
ääsatalam  4  f. 
änandavado  5 
äranälam  3 
indaggidhürnam  1 3 
iijjallo,  u/Jallä  7.  9 
uddano  1 
umniillat  9 
ummuho  1 
elabilo  5  f. 
oa^/o  8  ff. 
oäavo  13 
oväao  13 
kanduttam  3  f. 
kamalam  20 
kaliman  3  f. 
kUaro  18 
kälam  1 3 
kukka'i  9 
khajjoo  1 7  f. 
khandhamamso  1 6  f. 
khandhayatthl  16  f. 
gosanno  12 
gharaandaam  4 

caccä  16 

caccikko  12 

candojjam  4 

callai  9 

cavedl  1 1 
janaütto  2 
Jannaharo  2 
Jahanaroho  6 
Jahanüsuam  8 
Jimmai  9 
jujjadi  9 
joanä  17  f. 
Joto  1 7 
j'oisam  17  f. 
>t  7 'f. 
Jodam   1 8 
jocio  17  f. 

niundhanam  8 

nimmamsuo  6 

nimmtsuo  6 

nihuam  7 

ntsanko  5 

tambakiml  17 

thakkai  9 

therosanam  3 

dar  am  19 

daravallaho  18 

t/oso  14 

dhäräväso  20 


dhuaräo  20 
paaro  19 
pandarango  1 9 
pamillät  9 
pamhalo  1 6 
pattharam  13 
parahatto  12 
jjareo  7 
pariatta'i  9 
paribbhanto  12 
palottai  9 
palottajtho  6 
pallaviam  5 
pahattho  1 
pahallai  1 1 
päsallam  11 
piucchä  13  f. 
purilladevü  12 
porattho  14 
pTmrant  8 

bamhaharam  3 

bahujäno  7 

bahumuho  7 

bhattio  13 

bhingam  8 

6ÄOJ:o    19 

mäimohinl  19 

mäuä  13  f. 

raaniddhaam  4 

railakkham  11 

laggdi  9 

latnbä  1 

vajjadi  9 

vallarl  1 

ua//l,  «eZ/«  1 

vävado   1 2 

villariä  1 

vihädano  1 7 

t?enMr?äso  20 

tJenwsäo  20 

samkaro  19 

sakkdi  9 

saggaho  19 

sinjiro  1 7 

suharao,  suharäo  6 

süraddhao  5 

hatthamahattho  6 

Päli. 

vajjati  9 

Iranisch  (Avestisch 
unbezeichnet). 
öoMia  128.  130 
ap.  akünavayatä  68 
aköyä  55.  65 
anring  90 


Register. 


«45 


anhaya  85 

aj4n  64 

azi  312 

azt  85  f. 

ap.  athahy  G8.  93 

anäse  78 

apäkhdhra  fiO 

aj90  83 

avagyät  74 

afäcayo  84 

apc<a-  88 

acäcat  86 

accif  36 

acßm  81 

afpavlraja  57 

afpencü  90 

a«a  250 

a«<ö  83 

a/iM  250 

a/ima  88 

ahmat  88 

«yai-  54 

izī  73 

ap.  upadarinahyä  69 

ere^S  67 

enäkhstä  65  f. 

eÄm«  66 

oy«  55 

kereavä  72 

qanvant-  56  f. 

qanvainti  62  f. 

qäthröyä  55.  65 

^'«^«jr  56  • 

qenvant-  56 

qämnahi  64 

khsaetä  75 

khsaesa  75 

khsayamnö  76 

khsäi  75 

khsäta  75 

khsintä  75 

A;Äsö  75 

khsvas  137 

ap.  gauhrüva  70 

ap.  gäthavä  69 

jräiJ«  85  f. 

grShma  66 

cakhse  15 

cagedö  82 

caraitl  72.  73 

caraf  71 

caräne  72 

carenta  72 

CöÄ^g  75 

cinvai-udänem  289  f. 

ap.  ciyakaram  70 

civistä  66  f. 

cir»»t  66  f. 


c5re<  72 
np.  y«»  70 
^e«  64 

zaurvänem  62 
zaemU  79, 
zazentl  79 
zayathü  79 
zaranaetnü  61 
zarayö  62 
zaremaya  70 
zt  311 
zevtm  89  n. 
<ä  54  f. 
<M  54.  76 
ap.  tüvam  70 
ap    thakatü  59 
daibitänü  81   n. 
danhu  278 
dazdä  248 
dahma  87 
apers.  dahyu  278 
(ZäiV  72 
daenöcäca  84 
diduc  86 
diwzhaidyäi  61 
didainhe  86 
dtsemna  72  f. 
dughdhar  91 
deoenaotä  60 
danmahi  64 
wava  58 
nerefcaiti  74 
nisha^yä  77 
peretö  83 
perethä  81 
^^»  54 

3^ra-,  /ra?-  271 
ap.  /ra-  271 
fractanvainti  63 
ap.  fraharvam  69 
/rö  74.  83 
frö^yät  74 
frastä  77 
fryänmahl  64 
np.  barzan  57 
&«  123 
ap.  &ti/«  64 
np.  huzurg  70 
ftwrf  313 
mazdäi  248 
mananhänö  79 
ar.  maniyähay  70 
marzh  87 
ma«  88 
»ne«  80  f. 
mendaidyäi  80  f. 
merezhdätä  87 
mehmaide  66 


mörendat  74 
märenden  74 
mäzdazdüm  80  f,  248 
ap.  yauvlyä  70 
yämenq  81 
ym  246.  251 
yM«  54 
yüzhem  54 
y«?/na  81  n. 
räofihäifihöi  79 
röithwen  76 
vairlmaidl  71 
vairyactära  69 
ap.  vazarka  70 
varänl  71 
varezäna  57 
varetä  71 
varzipi  57 
vaya  58 
ap.  vardana  57 
väura-  79 
«;i«<ö  255  fF. 
vldäitl  74 
««dö  74 
vifiä  78 
vlcpeng  90 
verezSna  bl 
verezyätäm  80 
vöizhdat  87 
vöf  81.'  82 
cakhsat  83 
cakhsas  83 
cacaite  60 
farejä  55 
casathä  83  f. 
casken  83 
cäcayamna  84 
cäzdüm  74 
cännm  74 
fJzhdyamnä  87 
cöc  86 

gpanvanti  62  f. 
f^jßw^a  62.  134 
cpencä  90 
fpSnvat  62 
cyazdat  87 
cyödürn  73 

ap.  haumavarkä  70  f. 
ap.  hagmatäna  70 
hafthua  56  f. 
Äa/«  84 
/tawia  1 1 9 
ap.  harüva  69 
hänia  119 
hudäobyö  67 


Armenisch. 


es  54 


346 


Register. 


jukn  117 
ta  273 

Lykisch. 
ala  278 
aladahade  277 
aladahale  277 
alahade  277.  283 
apy,  135 
aravü  260 
arnna  134.  136 
d/öde  273 
e^töÄe  278 
vezttasj)pazti  137 
vädre  281 
vähntä  281 
hovhdre  278.  281 
Are  268 
Argse  271 
Är^^e  267  ff.  271 
Ä&e  274 
kbesntüta  136 
kezzapr^na  259  f. 
komazate  279.  282 
komuzüete  279.  283 
Zosw  137 
mä,  mäe  266 
mäWä  266.  278 
mühüe  278 
möwö^a  272.  283 
möYa  272.  283 
mpara  133 
nontüta  136 
w^ö,  «<fj  136.  268  f.  271 
ntare^äosähU  133.  273 
*j<a<a  272 
w<afc-  265  f. 
^<cfj9e  267.  270 
ntäpetade  267  ff. 
pnnotäh  134 
prddUrüt  138 
^rzzö  139 

^r^wa  134.  136.  283 
prnnava  258  ff. 
prnnavate  264  f.  280.  282 
|)rwwaüa<ä  263  f.  283 
prnnavatö,  -tu  258  ff. 
prnnavütö  262.  264  283 
pr^näze  259 
rbbenUzes  138 
r«o  138 
sw<a  136 
SÄ  266.  276.  281 
8ä,  säe  266  f.  276 
«öe/ä  266.  274 
tade  267.  283 
tadö  268.  274.  276.  283 
tase  276  f.  282 


«a««^e  277.  283 

tato,    toto(?)   269.    275. 

283 
tauresntä  136 
^eade,  °teäde    267.    273. 

276.  283 
tebä  270 
<o6a  279  f. 
tobede  279.  283 
^o6äe<e  277  f.  283 
tosntete  136 
<A  138 
trpplö  138 
trmmele  134 
«/etie  279  f.  283 
«töe^e  270 
ttäete  279  f.  283 
täse  276  f.  282 
töYö  268.  274.  276.  283 
tünii  269.  275  f. 
tüte  269.  274  f.  283 
tütö  269.  275  f.  283 
uastto  281.  283 
uasttä  281 
Xadavüte  282 
;f&aA«  137 

/wna  136.  265.  271.  283 
x'nfa  136.  265.  271.  283 
Xäreuazn  137 
ÄÄ&e  274 
äpn  134 
äpnnöne  134 
äs^-  268.  270.  276 
äsüdännäva  271.  273 
äsäpetade  265  ff. 
äsaYe  282 
äsöie  282  f. 
ütre  271 

Griechisch. 
äßköntg  (Hes.)  307  f. 
«ya^o?  1 1 5  f. 
ayQiog  311 
kypr.  «fa^o?  117 
^»rjvai   113 
a/y^?  311 
a?|  311 
aif^a   175 
diaaeiv  87 
dxad-6v  (Hes.)  116 
dlaanlv  145 
aA«oTo?  144  f. 
«Aaartü^  144 
dXri&r]g  143  f. 

«AwTTJjf    315 

dfiaXög  302 
d/j.ilyeiv  300 
dfxeveiv  272 


«iWjUf  88 
dfxoXyog  300 
«jud?  119 

ßjMt^;^   123 

ä/n(p(i)  123 
«7r«f  119 
«(»tarf^df  69 
avXa^  316 
ßi^rdf   124  n. 
/SaAAw  292.  296.  297 
/Sapj;?  291.  310 
ßXäjiTHV  306  ff. 
ßXaarävb}  309 
/3Aa<rr?j  309 
ßXua(frifx4(ü  314 
ySAt<w  297  n. 
ßovlta^ttt  295 
äol.   ßqäxog  316 
ßQttoaeiv,  ßgd^Hv  309 
/S(>^j/jua  309 
ß^^fiaiv  309 
ßQiv&og  309  f. 
ßQsv&vtaS-at  309  f. 
ßpsxfiög  309 
ßqCi^Hv  310  n. 
/S^r^o?  309  f. 
/3pr5-i'?  309  f. 
/3p<';^w  291.  309  f. 
ßQivSsTv  309 
/S^uw  49 
yra«  301 
yttXaxronÖTTjg  302 
yiqag  294 
yrjQvg  293 
j'Akj/o?  302 
yXaxToif.äyog  302 
yAi^xj;?  302 
SäxQv  48  n. 
ion.  Sdfiovfg  174 
tfai'Off  273 
z/eA(/)o/  112  f. 
kypr.  Svßävoi  280 
iyilgio  297  n. 
l^Qyvv-  57 
ft?  119 
tXSofiui  314 
fAftr  315 
'ifxßqvov  49 
Ij-  136 
«Wx«  314 
^VTof  136 
^1  271.  276 
^71^  134 
?o7rw  312 
en/lttx«  316 
iaravEV  63 
^rt  125 
^;f,'^^?  117 


JlXiS  312 
jr«r«|  313 
Cetä  316 
CeiöwQog  316 
iqycU^^soi  116  f. 

Tjfll    119 

rjveyxa  65 
a^ftof  273 
0^/S«t  114 
&T}a&ai  40 
S^vyÜTriQ  91 
^liof  313 
^j^w  313 
txavofxat,  63 
Ixvioy.ttt,  63 
ixTivog  117 
ffaAo?  311 
i';f5-i^ff  117 
x«/:  266.  276 
xaAfrv  48 
xdfxntj  312 
xäf^nTU)  312 
xcty.7ivko5  312 
x«7rro?  313 
x«7r(»05  311 
xarw  125 
xA/rw  10 
xrCaaa  312 
xor/?  304 
xa^?j  279 
Xa&i,xriSri<;  143 
ka&Cifd^oyyog  143 
Aa;9^pö?  (Hes.)   145 
Xavh^ävw  142  ff. 
A^/rcü  315  n. 
A^^jj  143 
Xri»o}iai  142  ff. 
Auyf  316 
Ai'xoff  314  f. 
;iw/?»j  144 
(xaXaxög  302 
^«AAoy  306 
jU^ffoff  113 
[ioQ(fv6i  300 
äol.  OiaiCeicc  316 
öAoo-  69 
OjUa^of  119 
of^og  119 
0(^p«  123 
TZ^^ff»??  139 
niva^  312 
UivvTog  134 
kypr.  ITvvTog  134 
Trpo  271 
TT^d?  271 
^ßxo?  316 
aaiipcüT^^»  299 
OT^xog  314 


Register. 

aiTivg,  atnm  314  f. 
axfSävvv/iii  140 
a/j.rjvai  1 1 9 
af^rjvog  1 1 9 
arävec  63 
ZvQÜxovaat-  1 1 4 
avQiy^  299 
a^)/"!»  123  n. 
cr(/>w,  a(fw^  123  n. 
TcilavTOV  279 
TfAai'  279 
TjJ  125 

T^^^JJ,   TTJ^t?   273 

T^vfßXa  (Hes.)  174 
Twaaow  312 
TowQa  123 
^)?   122 
(f&ävw  63 
ifXäui  314 
(fwal^oog  316 
XaCtri  312 
;^«o?  297 

^tl/LtlÖV    311 

/jjv  48 
^tfxaiQu  311 
xC^aqog  311 
/(iüQog  297 

Lateinisch. 

agilis  3 1 1 
am&o  123 
amfr-,  anibr-  123 
unguis  312 
Bandius  140 
hrütus  291 
caläre  48 
caper  311 
capra  3 1 1 
casträre  33 
cena  139  ff. 
Ceres  48 
alat.  cesMa  140 
cllvus  10 
cor  47 
culpa  308 
6?M«re  280 
dulcis  302 
ex  271 
figulus  312 
/or<?MS  310 
frango  49 
frons  310 
fümus  313 
funda  313 
funder e  313 
Fundi  114 
glastum  309 
grandts  310 


347 


gränum  48 
haedus  312 
Aeri  117 
hesternus  117 
hiems  311 
hordeum  48 
«fit  123.  124  n. 
ingruo  291 
/äSes   144 
/«6o  144 
föjor  144  f. 
^ä6or  142  ff. 
läborare  144  f. 
/«c  301  ff. 
lapsus  145 
lassus  144  f. 
lendes  304 
/m^ms  314 
marcer e  310  n. 
mar  cor  310  n. 
moveo  272 
mulgere  300 
multa  309 
multus  305  f , 
mutäre  272 
nempe  268 
widor  312 
pandus  51 
jjrö  271 

promulgare  303  ff. 
quippe  268 
räwa  20 
r apere  315 
saepio  314 
scheda  140  n. 
schida  140  n. 
secus  314 
seditio  143 
semji  119 
serpens  312 
ser^o  312 
siÄi  123  n. 
silicernium  141  f. 
similis  119 
simpulum  315 
simpuvium  315 
simul  119 
^i6i  123  n.  2 
tundo  51 
MÖt  124  n. 
MMjTO   311 
ungulus  312 
vastus  281 
Velitrae  114 
ve/oa;  297 
vener ari  130 
FenMS  130 
«;o?ffre  297 


348 


Register. 


volucris  297  n. 
vulpes  315 

0  8  k  i  s  c  h. 
Bansae  140 

Sabinisch. 
Clausus  140 
scensas  139  f, 

Umbrisch. 
arveitu  140 
meds  141 
mersus  141 
prinuvatU-  265 
fersiaru  140  f. 
cersnatur  140 
seswa  140 

Italienisch. 
scheggia   1 40 

Keltisch  (Altirisch 
unbezeichnet). 
arroeit  129  f. 
in.-ir.  atrubairt  129 
henirn  130  n. 
&/icA<  301 
&%m  300.  301 
6ocÄ^  129 
doindnacht  129  f. 
domroisechtatar  129 
dosnacht  129 
w.  ^waw^  129  f. 
ZacA^  303 
com.  /ajV  303 
arem.  leaz,  lez  303 
cyrnr.  llaeth  303 
gall.  /o^aw  137 
riarfact  128 

Sla  visch. 
iiYi  130  n. 
hriMa  309  f. 
rf^dw  273 
gradi  310 
grtmiti  309 
grüdä  310 
»zw  271 

öecb.  hnida  304 
Äom  30 
m/^s<e  300 
inlücati  308 
mrakü  300 
mrtknqti  300 
o<M  I2d 
«amü  119 


.ieie  123  n. 
slipati  312 
slüpati  312 
spe^i  63 
s^ana  63 
SM   148 
sf^tö  62 
<e6^  123  n. 
u-mlüknati  308 
vlüka  314 

Altpreussisch. 
suckans  117 

Litauisch. 
«6«,  «Z»i  123 
an^js  312 
ar6a  123 
a^a-  125 
6a  123 
herti  310 
ftr^'s^i  309  f. 
dedas  273 
(?^<?e  273 
dedenas  273 
günda  304 
üz  271 
javai  316 
Jerft  124 
kiäuras  299 
Ä;^^ir<^  299 
Ä^wp^i  308 
W^e  315 
Züip^i  315  n. 
lüszis  316 
märgas  300  n. 
milszti  301 
tnilSinas  305  f. 
niilzti  300 
mirgeti  300  n. 
sa  146  ff. 
sc[-,  San-  147 
speif»  63 
SM  146  ff. 
szvents  62 
i!«  125 
paloda  145 
palodau  145 
palodusiai  145 
Siuvis  1 1 8 
Jwt^s  117 
Sükmistras  117 

Lettisch, 
^«ds  117 
gntdes  304 
lafcha  145 


melfu  305 
milns  306 
)nt7s^,  mj7sa  301 
»n«7/e  305 
milfens  305 
milfums  306 
mirgt  300  n. 
mulkis  308 
sa  147 
so-  147  f. 
zawr  299 
zawrs  299 
zaMr«'ms  299 

Gotisch. 
a/<a  127 
aiiyaw  54.  314 
ßjÄ^s  54 

ai^JSaM  120  ff.  125  ff. 
anaks  311 
6a  123 
6ai  123 
banjan  130  n. 
birauhon  315 
ftrajVZs  309  f. 
deigan  312 
/reis  36 
^a«^s  312 
gaurs  48  n. 
gistradags  1 1 7 
</^(?s  1 1 5 
i6a  122.  125 
«6ai  122.   124  u.  n.    125 
jabai  122.   124  f. 
kalkjö  53  n. 
ka7'a  50 
me^  304  f. 
meljan  304  ff. 
milhma  301 
inihiks  301 
salbdn  312 
sawirt  119 
samana  119 
stigqan  313 
SWHS   119 
pande  125 
untilamalsks  309 
uat7a  125 
valdan  314 
vilvan  315 
vrisqan  48  n. 
tju^s  314  f. 

A  Itnordisch. 
Isländisch. 

rt<faM  125 
atfr  125 
a^<,  ejoi  127 


Eegister. 


349 


aptr,  eptir  127 
benda  51 
hrana  50 
drygja  23  f. 
e(ta,  e/tr  120 
ef  122.  124 
efa  124  n. 
e/an  124  n. 
einkili  50 
/a<fa  28.  30 
faihido  28 
frenja  50 
i^ri><7  35  ff. 
yarpr  50 
gaupn  50 
«/etV  312 
r/e/Za  48 
^en'r  46  f. 
^j7/a  49 
cjjalla  48 
(jjallr  48 
<yo^r  118 
17 Wa  49 
9o<?)-  1 1 5 
J/oj  22.  26 
gudseß  43  f. 
(judsifja  43 
^y.9^  22 

gerva,  gj^rva  44  ff. 
Äes^r  29 
/«s<i2  29 
hlöa  49 
hlurika  49 
hringr  50 
huppr  49 
hvellr  48 
t/  122  ff. 
JQtunn  25 
Äa/^a  48 
Äar^^  50 
/cer^  50 
Ä/ar/  50 
k^ngurväfa  50 
kring,  kringla  50 
mylkja  30ü 
myrkr  300 
merkvi  300 
sainna  110 
skat[t)-yrdask  48  n. 
skatt-yrdi  48  n. 
sÄ;ej<f  48  n. 
s/ce/  48  n. 
skella  48 

9«  48  n. 
9«  48  n. 
sd<  50 

söina,  samt,  semr  119 
stökkva  313 


^au^a  51 
tord-yfill  51 
J&;'r5^o  51 
porratnänadr  25 
j5orre  26  n.  27 
porri  25 
prädr  51 
^ro  51 
J5W«  51 
Uddinsakr  41 
ukv(Bdis-ord  40 
vargr  315 
vaskr  48  n. 
»e«/"«  48  n. 
(v)ros/tr  48  n. 
^rt  28 

Altschwedisch. 

a^^er  126  f. 

a<er,  arter  126  f. 

dröghia  23 

freadagher,  fredagher  35 
/ry^Ä/  23 

giolseemi,   giolskaper  50 

gicelmapir  50 

guzziuiu  43  f. 

hosprea,  husprea  37 

t«y  124  n. 

Am«m  42  f. 

0/  122.  124  n. 

oku(Spins  orp  40 

scema  119 

i«rt«  51 

Schwedisch, 
irö^a  23 
ßskagiusen  1 18 
fisk-ljuse,  ßsk-ljus  118 
';&■<}«  31  f.  n. 
fredag  35 
/röj-^Z  23 
dial.  /ö;s  32  n. 
gallskrika  48 
glunka  49 
Gohonden  27 
dial.  gofar  27 
Qogubben  27 
G^or  27 
^rro  48 
groda  49 
gump  49 
gumpa  49 
guppa  49 
göjemanad  21  ff. 
göjomanat  25 
</ös  118 
(7«/MS  118 
gcslskaper  50 


Beiträge  z.  künde  d.  iudg.  sprachen.    XIII. 


hingst  29 
Aos  31  n. 
A«s<  29 
kalfdans  39  f. 
Z;ew  50 
Äj'rt/a  48  n. 
dial.  klossa  49 
klotza  49 

oqvaedingsord  40  f. 
samla  119 
sÄa^o  49  n. 
sÄa/  48  n. 
skraUa  48  f.  n. 
skräda  48  n. 
sprund  48  n. 
Torgubben  27 
Torsmanad  25 
^rw^  48  n. 
dial.  <M^  48  n. 
dial.  vev/a  48  n. 
vimla  48  n. 
«<er  126 

Altnorwegisch. 
husprtfyja  37 
üo^  125 

Norwegisch. 
feske-jon,  ßskegjod  118 
dial.  j^^sÄc-^^V  118 

Dänisch. 
^t7(^e  48  n. 
krilde  48  n. 
adän.  o/  122.  124  n. 
sÄa^  48  n. 
skrael  48  n. 
<M<i  48  n. 
vrevle,  vrevl  48  n. 
vrimle  48  n. 

Angelsächsisch. 
(Altenglisch.) 
<K<Zre,  e«fre  125 
blaed  51 
cearu  50 
cwo//  50 
^or^  51 
e(f(fa  121 
e/i;  127 
e^a  121 
ge-söm  119 
jrörf  116 

gotigel-wä/re  50 
grorn  48  n. 
gryrn  48  n. 
9yrn  48  n. 

2^1 


350 


Register. 


Sif  122.  124 
hengest  31  f. 
hnitu  304 
oMe,  od{d)a  121 
samnian  119 
seräd  48  n. 
sealßan  312 
«ö«  50 

spekan  48  n. 
sprekan  48  n. 
stinkan  313 
sunor  30 
<or(Z  51 
päwan  51 
j5r«(i  51 
j5rMÄ  51 
/yrs  26  Tl.  27 
vö/  315 

Englisch. 

hend  50 
^roto  49 
kid  312 
Äno//  50 

48  n. 


Altfriesisch. 
jef  122 

«e/^Äa  120  ff.  127 
jof  122 
to/<Aa  121  f. 
0/  122.  124  n. 
ofte  127 
o/ifAa  121  f.  124  n. 

Niederländisch. 

mndl.  ob  124  n. 
mndl.  ochte  127 
mndl.  ofte  127 
zamelen  113 

Altsächsisch. 
«(Zro  125 
ecAf  127 
ef  122 
e/««a  120  ff. 
efdo  120  f.   127 
e/e   127 

eUha,  ettho  121  f. 
malsk  808 
meza«  31 
0/  122.   124  n. 
salhha  312 
salhhön  312 
samnön  119 
«öwi»   119 


Mittel- 
nied  erdeutsch. 
ecA^  127 
edder  121 
e/^e,  {/"ife,  q/ife  127 
odder  121 

Althochdeuts  eh. 
chara  50 
chorn  48 
chrota,  chreta  49 
(?ors<  51 
rfos<  51 
douwen  51 
edrfo  120  ff.   126  f. 
ert^o  121.  128 
gahissa  30 
ganazzo  49 
</a«s  49 
gruoan  49 

(!/M0<    115 

Äa^ön  48 

hengist  30  ff. 

ÄjVnt  48 

Ai'rst,  äjVso  48 

hn'el{l),  hnol{l)  50 

Ant^  304 

Ao^ö?^  48 

huf  49 

^6a   124  n. 

ibu  122.  125 

kerno  48 

Zmäs  316 

melchan  301 

ni^  304 

od(d)o,  o(Za  121  f.  127  f. 

Order  121.  128 

pret,  bret  310 

preta  310 

roubön  315 

samanön  119 

sca/cr  48  n. 

stinchan  313 

<«aw  40 

träda  51 

truha  51 

Mfta,  o6a,  m6»  122.  124  n. 

«fte  124  n.    125 

MMC  312 

t<7ö/  315 

zahar  48  n. 

zt^r«  312 

zi-samene  119 

zo«^  61 

Mittelhochdeutsch. 
biuze  313 


5/as  314 
&ÖZ  313 
geiz  312 
küren  50 
knolle  50 
krank  50 
A;rmc  50 
o6e  122.  124  n. 
o(ie,  oc?,  o(/er   121 
rouben  315 
samelen  119 
schellec  311 
stinken  313 
touwen  51 
un-vlät  51 
walten  314 
t<?Mo/  315 
zesamene  119  . 
zi^e  312 

Neuhochdeutsch. 

a//  285 
blachfeld  52 
cZraÄ^  51 
ßach  52 
^ans  49 
garbe  50 
^ei'ss  312 
^ejz  312 
gerste  48 
glühen  49 
^re/^  48 
^rw«  49 
AaAn  49 
AflZ/  48 
Aarm  50 
Ae/^  48 
hengst  29  f. 
AüVw  48 
AiVse  48 
Ao/en  48 
AmA»  49 
humpeln  49 
kanker  50 
karfreitag  50 
kauern  50 
kaufen  50 
Äern  48 
kitzeln  48  n. 
knallen  50 
Aor«  48 
ÄraM<  49 
kring  50 
Ärö^c  49 
morgen  300  n. 
quellen  297  n. 
reiben  48  n. 
r»«^  60 


Register.  351 

schale  48  n.  tauen  51  vergessen  143 

schall  48  thrUne  48  n.  wimmeln  48  n. 

schmuck  114  troddel  51  t^'ä«^  281 

s»Vzew  50  trog  51  z</Are  48  n. 

sprechen  48  n.  <rwAe  51  ziege  312 

spunt  48  n.  unßath  51 

stossen  51  verdauen  51 


Druck  der  Univ.-Buchdruckerei  von  E.  A.  Huth  in  GÖttingeü. 


P  Beiträge  zur  Kiinde  der  indo- 

501  gernianischen  Sprachen 

B4 
Bd.l3 


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