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Full text of "Beiträge zur Paläontologie und Geologie Österreich-Ungarns und des Orients : Mitteilungen des Geologischen und Paläontologischen Institutes der Universität Wien"

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HARVARD UNIVERSITY. 


LIBRARY 


OF THE 


MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. 
os Auktimderasnos 


SEI 1005 


BEITRÄGE 


ZUR 


PALAONTOLOGIE uno GEOLOGIE 


ÖSTERREICH-UNGARNS und des ORIENTS. 


MEPLEILUNGEN 
DES 
GEOLOGISCHEN UND PALAONTOLOGISCHEN INSTITUTES 
DER UNIVERSITAT WIEN 
HERAUSGEGEBEN 
MIT UNTERSTÜTZUNG DES HOHEN K.K. MINISTERIUMS FÜR KULTUS UND UNTERRICHT 
von 
VICTOR UHLIG, CARL DIENER, 
PROF. DER GEOLOGIE PROF. DER PALÄONTOLOGIE 
unD 


G. von ARTHABER, 


PRIVATDOZ. DER PALÄONTOLOGIE, 


BAND XVU. 


MIT 22 TAFELN UND 19 TEXTILLUSTRATIONEN. 


_ WIEN uno LEIPZIG. 
WILHELM BRAUMÜLLER 


K. U. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 


1905. 


INEPATIE: 


Heft I und II. 
(Oktober 1904). 


G. Gürich: Eine Stromatoporide aus dem Kohlenkalke Galiziens (mit Taf. I) A: I—5 
Edgar Dacque£: Beiträge zur Geologie des Somalilandes, I. Teil, Untere Kreide (mit Taf. Ilu. I) 7-—20 
Max Schlosser: Die fossilen Cavicornia von Samos (mit Taf. IV bis XIII). . . . . „ 2I—II8S 


Heft III und IV. 
(Februar 1905). 
Edgar Dacque: Beiträge zur Geologie des Somalilandes, II. Teil, Oberer Jura (mit Taf. XIV—XVIII) 1T9— 160 
F. Blaschke: Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol (mit Taf. 


DT ER N nee en Tel as Br OL 222 
H. Vetters: Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya, I. Teil. Die Tithonklippen 
vonsNiedextellabrunng (mis Bars XXI US) rEe223 259 


Redigiert von Prof. C. Diener. 


Die Autoren sind allein für Form und Inhalt der Aufsätze verantwortlich. 


1,  BereRieR 


PALÄONTOLOGIE un GEOLOGIE 


- ÖSTERREICH-UNGARNS uno pes ORIENTS, 

MITTEILUNGEN 

er GEOLOGISCHEN UND PALÄONTOLOGISCHEN INSTITUTES 
a DER UNIVERSITÄT WIEN 


2 HERAUSGEGEBEN 
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VICTOR UHLIG, CARL DIENER, 
R PROF. DER GEOLOGIE. . PROF, DER PALÄONTOLOGIE 
= UND. 


-G. von ARTHABER, 


PRIVATDOZ. DER PALÄONTOLOGIE. 


BAND XVII. 


HEFT I UND I, MIT 13 TAFELN (Taf. I-XI) UND 16 TEXTABBILDUNGEN, 


= YÜ WIEN unn LEIPZIG. 
Be er WILHELM BRAUMÜLLER- Fe 
EB ER, HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 


1904. 


EINE STROMATOPORIDE AUS DEM KOHLENKALKE GALIZIENS, 


Von 


G. Gürich, Breslau. 
Mit einer Tafel (Taf. I). 


Stromatoporella cracoviensis nov. sp. 


ı. Vorkommen. 


Bei der Untersuchung der devonischen Aufschlüsse von Debnik bei Krzeszowice westlich von Krakau 
(Abh. z. Geol. und Pal. Öst.-Ung. Band XV, Heft IV) stieß ich jenseits der Grenze des Verbreitungsgebietes sicher 
als devonisch erkannter Gesteine auf einen riffartig hervortretenden Felsenzug hellfarbenen, fein kristallinischen 
Kalkes mit Stromatoporiden. Das Riff ist auf der meiner oben genannten Arbeit beigefügten Kartenskizze 
nordöstlich von Debnik dort zu suchen, wo die Kohlenkalk-Grenze den von dem Hügel Zarnöwka nach 
Osten sich erstreckenden Rücken schneidet; dieser Rücken trennt die Rokiczany und Zarnöwezany dol ge- 
nannten Schluchten voneinander. An der Kante zwischen dem flach emporgewölbten Hochplateau und dem 
steil und tief einschneidenden Raclawkatale treten die Klippen am oberen Rande des den Abhang beklei- 
denden Waldes!) hervor. Anfangs glaubte ich es mit devonischen Stromatoporenriffen zu tun zu haben. In den 
angrenzenden Schluchten gelingt es leichter als auf dem Rücken die Grenze zwischen Devon und Kohlen- 
kalk festzulegen. Wenngleich in dem letzteren Fossilien seltener sind, läßt er sich durch die petrographischen 
Unterschiede von den mehr mergeligen dunklen Devongesteinen leicht abtrennen. Nach der Gesteinsbeschaffen- 
heit gehört der Stromatoporenkalk zum Kohlenkalk. In der Fortsetzung des Streichens des Stromotoporenriffes 
trifft man in der Schlucht wohl Kohlenkalk an; Stromatoporen habe ich aber dort nicht auffinden können. 
Das Riff scheint sich nach SSW auszukeilen oder es wird spießeckig unter sehr spitzem Winkel von der 
die Devongrenze bildenden etwa nordsüdlichen Verwerfung abgeschnitten. Beweisende Kohlenkalk-Fossilien 
habe ich im Stromatoporenriff öfters vergeblich gesucht; endlich gelang es mir zu Ostern 1903 deutlichere Reste 
aufzufinden. In dem Stromatoporenkalk selbst beobachtete ich nur Spiriferenbruchstücke, die sich zu einem 
Beweise gegen das devonische Alter nicht gebrauchen ließen. Gewisse Partien der Kalke, wohl mehr 
dolomitische Bänke, sind hochgradig zersetzt, so daß sie einen mürben Dolomitsandstein bilden. In diesem 
fand ich dieselben Spiriferenreste in deutlicher Erhaltung und eine größere Klappe von Productus. Die Schale 
ist leider stark reduziert, so daß fast nur ein Skulptur-Steinkern vorliegt. Jedenfalls ist die konzentrische 
Skulptur verhältnismäßig glatt und gröbere Radialfalten treten nur in der vorderen umgebogenen Hälfte auf; 
man kann nır an Productus sublaevis denken. 

Von Spiriferen fanden sich am zahlreichsten abgeriebene und zerbrochene spitze Wirbel ohne Rippen; 
nicht selten sind die Wirbel nach den Zahnlamellen gespalten. Armklappen liegen gar nicht vor. Der Sinus ist 
schmal, flach, fehlt zuweilen ganz. Die schmale Deltidialspalte ist oft durch einen komplizierten Apparat 
von undeutlicher Erhaltung geschlossen. Die Zahnstützen sind sehr kräftig und lang; ein Medianseptum 


1) Teilweise ist der Wald inzwischen abgeholzt. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. 


2 G. Gürich. [2] 


ist nicht vorhanden. Die Schalen sind größtenteils verkieselt; die Struktur scheint aber punktiert zu sein. 
Demnach handelt es sich wohl um Syringothyris cuspidata Mart., da aber nur die verdickten Fragmente 
der Schalen aus der Nähe des Wirbels vorliegen, kann diese Bestimmung nur mit Vorbehalt angeführt 
werden. 

Andere spärlichere Spiriferenfragmente zeigen deutliche Rippen, hohe Area, einen sehr schmalen mit 
wenigen Rippen versehenen Sinus und einen entsprechenden schmalen flachen Sattel. Die Bruchstücke gestatten 
keinen Überblick über die ganze Gestalt der Schale. Zunächst wird man an Spirifer tenticulum denken, 
indessen ist die Berippung anders, Sattel und Sinus sind schmaler, der Wirbel hängt etwas unsymmetrisch 
vorgezogen über. ‘Wenn es eine cuspidate Form von Spirifer tornacensis De Kon. gäbe, würde sie etwa 
so aussehen. 

Die Stromatoporenknollen sind bis faustgroß. Auf die Annahme, daß es sich um devonische Ge- 
rölle im carbonischen Kalke handelte, läßt sich einwenden, daß die Gesteinsbeschaftenheit, d. h. Korn und 
Farbe des Kalkes bei den Knollen und dem einschließenden Gestein zu gleichmäßig ist, um jene Annahme 
gerechtfertigt erscheinen zu lassen; auch liegen verschiedengestaltige flachere Ausbreitungen in verschiedensten 
Dimensionen vor. Es kann kein Zweifel sein, die vorliegenden Stromatoporen sind carbonisch, 


2, Besehreibum® der Arrıı 


Stromatoporella cracoviensis bildet flache bis kugelige, faustgroße Massen, die innig mit dem 
einschließenden Kalke verwachsen sind, freie Stöcke sind nicht zu beobachten; die Art läßt sich also nur 
nach der zumeist sehr gut erhaltenen Struktur bestimmen. 

Das Gewebe besteht deutlich aus parallelen Blättern und senkrecht hindurchsetzenden Säulen. Im 
allgemeinen ist das Gewebe sehr locker, indem die Interlaminarräume bis I nm weit sein können; zuweilen 
nähern sich die Blätter bis auf !/, oder '/), mm einander. Die Säulen zeigen einen gleichen Wechsel der 
Anordnung. Bei dieser Art aber ist den Säulen eime bedeutendere Selbständigkeit und Entwicklung eigen, 
als es bei den devonischen Arten der Gattung bekannt ist; es erinnert dies durchaus an Actinostroma. 
Maßgebend ist indes der feinere Bau. 

Die Blätter lassen auf vertikalen Schnitten zwei Reihen von dunklen Flecken erkennen, so daß 
eine mittlere helle Linie angedeutet wird. Öfter ist die Kontinuität der horizontalen Lamellen unterbrochen; 
zwei übereinander befindliche Interlaminarräume kommunizieren also dort durch Poren. An solchen Stellen 
erscheinen blasenartig gebogene Interlaminarsepten, die im Gegensatz zu den Blättern selbst aus einer ein- 
fachen Lage vielleicht ursprünglich querfaserig angeordneter Elemente bestehen. Sie sind stets in der Wachs- 
tumsrichtung des Stockes vorgewölbt. Faßt man diese Interlaminarsepten als Böden von Zooidienröhren auf, 
so erstrecken sich die letzteren nur über zwei, selten mehr Interlaminarräume. Die Pfeiler sind erheblich 
breiter als die Blätter, zeigen auf Längsschnitten eine unregelmäßig fleckige Struktur und reichen in günstig 
liegenden Schnitten über viele Interlaminarräume hinweg. Sind die Blätter gebogen, also dort wo vom 
Schliffe eine Emporwölbung des Stockes getroffen wird, so können die Pfeiler in ihrem Verlaufe durch 
mehrere Interlaminarräume sich mehrfach gabeln. Wenn sie ein Blatt kreuzen, erscheinen sie öfter verdickt. 
Zwischen locker aufeinanderfolgenden Blättern stehen auch die Pfeiler in größeren Abständen. 

In tangentialen Schnitten fallen die rundlichen Querschnitte der isolierten Pfeiler auf. Das für 
Actinostroma bezeichnende sogenannte Hexactinellidennetzwerk der Querschnitte fehlt. Bei schrägen Schnitten 
erkennt man, daß die Pfeiler mit den Blättern durch dünne Fortsätze ganz unregelmäßig verbunden sind. 
Ringförmige Querschnitte oder helle runde Flecken in der dunklen Schichtfläche der Blätter sind, entspre- 
chend der geringen Entwicklung von Zooidienröhren, nur selten zu beobachten. In der Substanz der 
Pfeiler erkennt man bei stärkerer Vergrößerung zumeist vier unregelmäßige, durch hellere Streifen getrennte 
Flecke. 

Die Struktur der Skelettfaser ist demnach dieselbe wie sie Nicholson!) als für Stromatoporella 
bezeichnend beschreibt; er nennt die Struktur »porös«e. Man muß annehmen, daß die bei stärkerer Ver- 


!) (Brit. Stromatoporidae, Palaeontogr. Soc., 1892 etc.). 


[3] Eine Stromatoporide aus dem Kohlenkalke Galiziens. 


& 


größerung hervortretenden helleren Streifen klarer Kalkspatsubstanz das ursprüngliche Skelett darstellen 
oder wenigstens vertreten und dafs die dunklen Flecken von Hohlräumen in dieser Skelettsubstanz herrühren. 


Die vorliegende Form unterscheidet sich von allen durch Nicholson beschriebenen Arten einmal 
durch die weit lockerere Anordnung der Gewebselemente und dann durch das kräftige Hervortreten der 
Pfeiler, die auch eine bedeutendere Länge haben. Nicholson gibt ausdrücklich bei allen Arten an, daß 
die Pfeiler zumeist nur auf einen Interlaminarraum beschränkt sind. Bei der bloßen Betrachtung mit der 
Lupe erinnert unsere Form an Actinostroma. Die feinere Struktur der Faser und das Vorhandensein von 
blasenförmigen Böden unterscheiden die Art ganz sicher von dieser Gattung. Durch die Schärfe der Pfeiler 
erinnert unsere Art ferner an die Form, die Nicholson als Parallelopora Dartingtonensis var. filitexta (1. c. 
Pl. XXV. Fig. 3) abgebildet hat. Der tangentiale Schnitt ist hier aber ganz anders, indem bei unserer Art die 
freien Pfeiler deutlicher im Querschnitt vortreten, bei Parall. filitexta dagegen ein Netzwerk, unterbrochen 
durch die ringförmigen Zooidienröhren. Bei unserer Art kann man von Zooidienröhren kaum reden, da diese 
nur sehr kurz sind und sich nur über 2—3, selten mehr Interlaminarräume ausdehnen. Außerdem sind die 
Blätter stärker entwickelt und die Struktur der Faser ist anders. Daß nichtsdestoweniger eine gewisse Ähn- 
lichkeit mit dieser letztgenannten Art auffällt, wird zugegeben; hat doch Nicholson selbst anfangs seine 
Art als Stromatoporella Dartingtonensis angeführt. (Pl.IV.) Von Astrorhizen wurden in dem vorliegenden 
Material nur Andeutungen gefunden. 

Endlich habe ich 1903 auch einzelne kleine Stöcke gefunden, die von Caunoporenröhren durch- 
setzt sind; die Röhren sind zerstreut und unregelmäßig angeordnet und nur in geringer Zahl vorhanden. 
Die ungünstige Erhaltung der betreffenden Handstücke gestattete keine weitere Untersuchung. In Form 
von unbedeutenden Krusten kommt eine anscheinend echte Parallelopora in Gesellschaft der eben beschriebenen 
Art vor, Ferner ließen sich auf den angeschnittenen Flächen Querschnitte einer kleinen Einzelkoralle, voraus- 


sichtlich einer Zaphrentis-Art, beobachten. 


3. Phylogenetische Beziehungen. 


Die Veränderlichkeit in der Anordnung der Gewebselemente und in ihrem feineren Aufbau ist bei 
den paläozoischen Stromatoporen, wie sich aus Nicholsons schon oft erwähnter klassischer Monographie 
ergiebt, sehr groß, aber es sind ihr doch gewisse Grenzen gesteckt. Unsere Krakauer Art fällt innerhalb 
dieses Variabilitätsgebietes. Noch zu Ferd. Roemers Zeiten galten die Stromatoporen für ausschließlich 
auf Silur und Devon beschränkt, „Das Fehlen der Gattung (Sfromatopora im alten, weiteren Sinne) im 
Kohlenkalk gehört zu den bezeichnenden negativen Charakteren der. Kohlenkalkfauna,“ sagt Ferd. Roemer 
im I. Bande der Lethaea, Seite 538. 

Die erste bestimmte Angabe einer echten Stromatopore aus dem Carbon findet sich bei Stucken 
berg: Amphipora socialis Romanowski von Rontscha im Timan (Die Korallen und Bryozoen der 
Steinkohlenablagerungen des Ural und des Timan, M&m. Com. Ge&ol. 10 No. 3, 1893.) Die Art selbst war 
1891 von Romanowski ohne genaue Angabe des Horizonts beschrieben worden. Die Abbildung, Taf. 
XXIV, Fig. 13) stimmt mit der bekannten Amphipora ramosa E.-Sch. aus dem oberen Mitteldevon sehr gut 
überein — bis auf die Böden im zentralen Längskanal, von denen Frech in seinem Referat (N. J. 1897, 
II. S.400) spricht; es ist indes möglich, daß die an den zentralen Kanal herantretenden konzentrischen 
Blätter in der Figur 13d den Eindruck von Böden machen. Die Böden in den Zooidienröhren der Stromato- 
poren sind sonst stets einfache dünne Lamellen, die sich auf das bestimmteste von dem eigentlichen Gewebe 
unterscheiden. Sollte der Zentralkanal wirklich Böden besitzen, wie man die Figur auffassen kann, dann 
muß die Zugehörigkeit zu Amphipora bezweifelt werden, solange nicht der feinere Bau der Gewebefaser 
diese Zugehörigkeit doch sichert. Entweder liegt also eine echte Amphipora ramosa vor und dann ist die 
Zugehörigkeit zum Karbon verdächtig oder die Form ist sicher karbonisch und hat starke Böden, dann ist 
sie wahrscheinlich von Amphipora zu trennen. Mir ist es wahrscheinlicher, daß es sich um eine echte 
mitteldevonische Amphipora handelt. Aus oberdevonischen Korallenablagerungen kenne ich Amphipora von 


der untersten Grenze gegen das Mitteldevon. Das Fehlen der Gattung im Oberdevon und Wiedererscheinen 
1 


4 G. Gürich. [4] 


im Karbon wäre sehr auffällig. Das Material der anderen von Stu ckenb erg auf derselben Tafel abge- 
bildeten, von ihm zu den Stromatoporen gerechneten Gattung Mezenia reicht augenscheinlich zu einer 
scharfen Fassung nicht hin. Aus der Abbildung läßt sich nicht entnehmen, daß eine echte Stromatopore 
vorliegt. : 
Länger schon, seit 1888, sind die Formen bekannt, die von Waagen und Wentzel aus dem 
Perm der Salt Range beschrieben worden sind: Disjectopora, Carterina, Irregulatopora, Circopora. (Productus 
Limestone Fossils. Mem. Geol. Surv. India, Calcutta 1887, Tafel 117 u. £.). Die drei erstgenannten Gattungen 
sind den echten Stromatoporen gegenüber durch komplizierte, Zooidienröhren vergleichbare, gewundene 
Kanäle ausgezeichnet. Die Röhren selbst sind unregelmäßig angeordnet, ihre Wände aber sind regelmäßig 
wirtelig durchbohrt; diese Poren führen in radial um die Röhre angeordnete kugelige »ampullenähnliche« 
Hohlräume. Durch dieses hohe Maß von Regelmäßigkeit in der Anordnung septenähnlicher respektive 
Mesenterialfalten vergleichbarer radiärer Elemente, zumeist in der Siebenzahl, unterscheiden sich diese Formen 
sehr wesentlich von den eigentlichen Stromatoporen. Waagen und Wentzel stellten ihre Gattungen zu 
der unter nicht zutreffenden Voraussetzungen gegründeten Familien der Coenostromidae, wofür Tornquist!) 
passender den Namen Disjectoporidae einführte. Die Einordnung dieser Familie bei den Stromatoporiden 
läßt sich nicht befürworten. 

Ich betrachte demnach die Abteilung der Disjectoporiden als eine besondere Gruppe neben den 
Stromatoporiden. Bei den ersteren sehe ich wurmförmige sogenannte Zooidienröhren mit radial angeordneten 
Nebenräumen — sehr oft 7 an Zahl. Bei den Stromatoporen sind nur die bekannten radialen Pfeiler und 
tangentialen Blätter zu unterscheiden. Unter meinem devonischen und carbonischen Material konnte ich bisher 
die drei von Nicholson unterschiedenen Familien feststellen: 


Actinostromidae. Pfeiler und Blätter; keine »Zooidien«, folglich auch keine blasenförmigren Böden, 

Stromatoporidae. Blätter; Pfeiler von poröser Struktur. Zerstreute Zooidien mit blasenförmigen Böden. 

Idiostromidae. Blätter und Pfeiler wie bei den Stromatoporidae, Zooidien vorwiegend zentral, mit 
Wandungen von besonderer Struktur (radialfaserig?). Auf die Astrorhizen ist kein so großes Gewicht zu legen, 
da ihr Vorkommen bei derselben Art schwankt. Auf Zabechia etc. ist hier nicht näher eingegangen. 
Die von Nicholson angedeuteten phylogenetischen Beziehungen zu den rezenten Familien (Actino- 
stromidae — Stromatoporacea Hydractinoidea und die anderen Familien — Stromatoporacea Milleporoidea) 
bedürfen immer noch einer Bestätigung, da die Funde aus jüngeren Formationen entweder aberrante Zweige 
des Kreises darstellen wie die Disjectoporidae oder deutlichere Beziehungen zu den rezenten Formen erken- 
nen lassen, den paläozoischen aber ferner stehen, als man nach den neueren Publikationen annehmen müßte, 


So stellt Tornquist(l. c.) sein Neostroma sumatraense (der Autor schreibt: N. sumatraensis) aus 
wahrscheinlich jüngstmesozoischen Schichten Sumatras zu den Disjeetoporiden. Es fehlen aber dieser Art 
die so überaus bezeichnenden ampullenartisen Hohlräume. Auch ist die Regelmäßigkeit des tangentialen 
Schnittes sehr auffallend — ich zähle übrigens zweimal 17 und einmal 18 radiäre Elemente —; bei keinen 
Stromatoporen gibt es etwas entfernt Ähnliches, Die Art gehört also weder zu den Disjectoporiden noch über- 
haupt zu Stromatoporiden. Auch Steinmann hält die Zugehörigkeit dieser Art zu den Stromatoporiden 
für fraglich (Beitr. Pal. Öst.-Ung:, XV. 1903, Nachträge zur Fauna von Stramberg, S. 1). 


Zu den echten Stromatoporen stellt Tornquist die vonihm Zithopora Koeneni benannte Form aus 
dem mittleren Muschelkalk (Trinodosus-Niveau) des Vicentins (Zeitschr. D. Geol. Ges. B. 52. Taf. III. pag. 2). 
Steinmann nennt (l. c.) diese Art einen typischen Vertreter der Familie. Leider scheint aber die 
Erhaltung nicht derart zu sein, daß sich auch an der feineren Struktur die Zugehörigkeit zu den Stromato- 
poren sicher nachweisen ließe. Eine weitere »wahrscheinlich echte Stromatoporide« kündigen Tornquist 
wie Steinmann aus der oberen Kreide an: Actinostromaria stellataMunier-Chalmas. Die Beziehungen 
des von Gregory (Geolog. Magaz. 1898. p. 327) beschriebenen Millestroma Nicholsoni aus der ägyptischen 
Kreide zu Hermatostroma, die der Autor hervorhebt, kann ich nicht anerkennen; sie erscheinen nur im Bilde 


1) Sitz. Ber. K. Pr. Ak. d. Wiss. 21. XI. 1901. Über mesozoische Stromatoporiden. 
2) G. Gürich. Pal. Poln. Mittelgeb. pag. 126. 


[5] Eine Stromatoporide aus dem Kohlenkalke Galiziens. 5 


des Längsschnittes. Das Röhrensystem bei Millestroma wird durch vertikale Blätter gebildet, bei Herma- 


tostroma kann von vertikalen Blättern nicht die Rede sein, hier handelt es sich nur um Pfeiler.!) 


4. Sonstige Kohlenkalk-Stromatoporen. 


Die erstere bestimmtere Angabe in der deutschen Literatur über das Vorkommen von Stromatoporen 
im belgischen Kohlenkalk finde ich in einem Referate Holzapfels über A. Julien, Le terrain carboni- 
fere marin de la France centrale (N. Jahrb. 1898. I. 105). Das Original liegt mir nicht vor. Aus diesem 
ist im Referate eine Tabelle entnommen, in der das Chanxhien zwischen Tournaisien und Viseen eingeschoben 
wird. Dieses Chanxhien ist in einer »facies pelasique« und in einer »facies marmoreux & Stromatoporoides« in 
Belgien entwickelt. Aus Frankreich werden gleichaltrige »marbres stromatoporiques de l’Ardoisiere, de Gouget« 
etc. angeführt. Julien bezeichnet De Koninck als seinen paläontologischen Gewährsmann, Zurückzu- 
führen sind jene Angaben auf die Arbeiten Duponts: Sur les Origines du Calcaire Carbonifere de la 
Belgique (Bull. Ac. R. de Belgique, 3me serie, T. V, Nr. 2, 1833) und Explication de la Feuille de Dinant 
(Cale. carbonifere). In der ersten Arbeit (pag. 5) rechnet er Stromatocus bulbaceus, strahlige Knollen, und 
Ptylostroma?) fibrosa, blaue Adern bildend, aus dem Waulsortien (= Chanxhien) zu den Stromatoporoiden 
(groupe plus ou moins definitif). In der zweiten Arbeit wird das Vorkommen der genannten Formen im 
Waulsortien von Anseremme (pag. II) besprochen und (pag. 75) eine weitere Form Siromalophus impli- 
catus aus dem Viseen von Bouvignes angegeben. Die Arten sind weder beschrieben, noch abgebildet 
worden. Einer freundlichen Einladung Duponts folgend, konnte ich Anfang Januar 1904 einen Teil der 
schönen, großen, zumeist 20 cm ins Gevierte messenden Dünnschliffe des Brüsseler Museums einer aller- 
dings nur flüchtigen Besichtigung unterziehen. Platten dieser Art waren übrigens 1884 bei Gelegenheit des 
internationalen Geologenkongresses in Berlin ausgestellt. Eine echte, den bisher bekannten Stromatoporen- 
gattungen zuweisbare Art habe ich darin nicht gefunden. Auf die im belgischen Kohlenkalk vorkommenden, 
den Stromatoporen ähnlichen Organismen werde ich an anderer Stelle eingehen. 

Unter diesen Umständen ist also Sfromatoporella cracoviensis bislang die einzige unzweifelhaft zu 
den Stromatoporacea zu stellende postdevonische Art. 


1) Über ein ähnliches Fossil hat soeben Volz berichtet. Myriopora Verbeeki Volz: Zur Geologie von Sumatra. 
Geolog. und Palaeont. Abh. 1902, pag. 102. 
2) Nicht Polystroma N. Jahrb. 1896, II, pag. 127. 


BEITRÄGE ZUR GEOLOGIE DES SOMALILANDES, 


I. TEIL: UNTERE KREIDE. 
Von 


Edgar Dacque. 


Mit zwei Tafeln (Tafel II und II). 


Einleitung. 


Unter dem oben stehenden Titel sollen zwei Arbeiten zusammengefaßt werden, deren erste, hier 
vorliegende, sich auf die Fossilien der unteren Kreide erstreckt, während die zweite, in Bälde an gleicher 
Stelle nachfolgende, solche des weißen Jura!) enthält. Das diesen Abhandlungen zu Grunde liegende Material 
rührt von den Aufsammlungen her, welche Herr Oskar Neumann aus Berlin teils in Gemeinschaft mit 
Herrn Baron Carlo v. Erlanger aus Niederingelheim a. Rh., teils allein, im Jahre 1900 auf einer Expe- 
dition in das Somaliland (Galla-Länder) machte. Diese Expedition nahm ihren Weg, von dem Hafenort Zeyla 
an der Nordostküste ausgehend, zunächst nach Südwesten bis Harrar, von da fast südlich über die Orte Harro 
Rufa und Atschabo, von welch letzteren Lokalitäten die Hauptmenge der im zweiten Teile beschriebenen 
Jurafossilien stammt. Südlich von Atschabo wurde der Wabbi-Flufß überschritten, längs dessen Ufer der Weg nach 
Westen bis zu den Gilletbergen bei Scheikh Hussein genommen wurde. An den Gilletbergen wurde untere 


1) Über die Fossilbestimmungen seien einstweilen folgende kurze Angaben gemacht: Die Hauptfundplätze für 
Jura sind Atschabo und Harro Rufa, wo eine übereinstimmende Fauna angetroffen wurde. Es läßt sich bis jetzt indessen 
nur ganz allgemein angeben, daf es sich um Malm handelt, da die identifizierten Formen in Europa durch mehrere 
Horizonte hindurch gehen. Es sind: Zxogyra bruntrutana Et., Mytilus subpectinatus d’Orb., Pholadomya Protei Ag, 
Ceromya excentrica Ag. Dazu kommen noch verschiedene neue Arten, eine Lima, ein meist großer Pecten, dem 
Pecten Laurae Et. nächstverwandt, eine Modiola, ähnlich der Modiola subaequiplicata Gldf., große Cidaridenstacheln 
und vor allem in zahlloser Menge und ungemein varietätenreich Terebratula subsella Leym., die von Douvill& auch 
schon in Schoa nachgewiesen ist. Weiterhin eine Anzahl Gephalopoden — wie Aspidoceras, Nautilus und Perisphinctes 
von denen die beiden ersteren riesige Dimensionen erreichen. Nur in Bruchstücken wurde auch ein bicanaliculater 
Belemnit gefunden. Die ganze Fauna macht sowohl ihren Arten, wie ihrem Gestein nach einen durchaus europäischen 
Eindruck, speziell vergleichbar dem des Berner Jura. 

An einer anderen Stelle, am Höhenzug des Abulkassim auf dem linken Wabbiufer, war Oxfordien fest- 
zustellen durch das Vorkommen der Rhynchonella moravica Uhlig, die völlig mit den von Noetling vom Hermon 
abgebildeten Stücken übereinstimmt. 

Ein drittes Juravorkommen ist das am Hakim-Berg, südlich von Harrar, in welchem eine der Rhynchonella 
jordamica Noetling ähnliche Form ungemein häufig, jedoch schlecht erhalten ist, da sie aus dem sehr harten, 
verkieselten Gestein niemals unbeschädigt zu präparieren ist. Ein wohl zur Gattung Hemicidaris gehöriger Seeigel 
liegt ebendaher in zwei ebenfalls schlecht erhaltenen Exemplaren vor. Vielleicht gehören auch diese Schichten zum 
Oxfordien, während die von Harro Rufa und Atschabo eher noch Kimeridge vermuten lassen. 


g Edgar Dacgne. [2] 


Kreide angetroffen. Westlich von den Gilletbergen liegen, rechts und links vom Wabbi, die Höhenzüge des 
Abulkassim und des Abunass. Von ersterem rühren einige Juraversteinerungen her, von letzterem aber die 
Hauptmenge der im vorliegenden Teile beschriebenen Kreidefossilien. 


Herr Neumann hatte, zugleich im Namen des Herrn v. Erlanger, die Liebenswürdigkeit, mir 
durch Vermittlung des inzwischen verstorbenen Herrn Geheimrates v. Zittel das interessante Material seiner 
auch in anderer Beziehung so erfolgreichen Expedition zur Bearbeitung zu überlassen, wofür auch hier 
mein bester Dank zum Ausdruck gebracht werden soll. 


Eine kleine Skizze über den Inhalt und die wissenschaftlichen Resultate seiner Aufsammlungen hat 
Herr Neumann selbst schon vor einiger Zeit in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft!) 
entworfen; indessen bedürfen seine Angaben, soweit sie sich auf die Fossilbestimmungen und die daraus 
sich ergebenden stratigraphischen Schlußfolgerungen beziehen, eingehender Richtigstellung, die weiter unten 
erfolgen soll. 


Bisherige Mitteilungen über die Kreide des Somalilandes. 


Die erste Beschreibung geologischer Verhältnisse des Somalilandes lieferte 1882 Rochebrune, unter 
dem Titel: »Fossiles et observations geologiques sur la region habitee par les Comalis et plus sp&cialement 
sur les montagnes des Ouarsanguelis.« ?2) Die darin behandelten Fossilien sammelte Revoil im Singeli- oder 
Sangeliland, ı1° nördl. Breite und 44° östl. Länge v. Gr. Sie sind neocomen Alters, 


In einer sechs Jahre später erschienenen Abhandlung: »Rock specimens from Somaliland«®) bearbei- 
tete Miss Raisin die von Kapitän King am Eiloberg, südlich von Zeyla, gesammelten Gesteins- und 
Fossilienproben. Nach ihren Foraminiferenbestimmungen teilt sie den betreffenden Schichten ein jungereta- 
zisches, wenn nicht tertiäres Alter zu. 


Vermutlich neocomen Alters ist auch der »Kalkstein von Duba« mit Crypfocoenia Lort-Phillipsi, 
beschrieben von J. W. Gregory im Geological Magazine von 1896.) Derselbe Autor veröffentlichte 
1900 im Quarterly Journal?) eine Notiz: »Fossil Corals and Echinids of Somaliland«, die wir im zweiten Teil 
dieser Arbeit ebenfalls zu erwähnen haben werden. 


Ferner existiert noch eine Arbeit von Levevre (Lefebre?), die ich jedoch trotz vielfacher 
Bemühungen nicht auffinden konnte. Sie soll ebenfalls Beschreibungen und Abbildungen von Neocom- 
fossilien enthalten. 


Für uns die wichtigste bisherige Veröffentlichung ist die unter dem Titel: »Neocomian-Versteinerungen 
aus dem Somaliland« 1893 erschienene kleine Arbeit von Mayer-Eymar.‘) Die darin beschriebenen Petre- 
fakten sammelte Prof. Keller in den Höhenzügen zwischen dem Tale des Tug und dem des Wabbi 
(Webi) sowie »an einem Abhang im Tale des mittleren Webi im Lande der Abdallah.... westlich zwischen Faf 
und Bari« (l. c. pag. 1). Diese Örtlichkeiten liegen etwa unter dem 6. Grad nördl. Breite und dem 45. Grad 
östl. Länge v. Gr. Mayer-Eymar erkannte zwei verschiedene Neocomstufen, aus deren einer, wenn auch 
an einer ganz anderen Stelle, die meisten der nachfolgenden von Neumann gesammelten Fossilien her- 
rühren. (Abstieg zum Wabbi am Abunass.) 


1) Über jurassische und die ersten cretazischen Versteinerungen aus den Gallaländern. Ztschr. d. deutsch. geol. 
Ges. 1901. Bd. 35, pag. 101/2. 

2) In G.Revoil, Faune et flore des Pays-Comalis. Paris 1S$2. Diese Arbeit, welche mir durch freundliche Ver- 
mittlung des Herrn Dr. A. Quaas in Berlin von dem dortigen zoologischen Institut für kurze Zeit überlassen wurde, 
enthält meist indifferente, von Rochebrune neubeschriebene Formen, welche für eine Altersbestimmung wie für den 
paläontologischen Charakter der betreffenden Schichten wenig Wert haben. 

3) Geolog. Magaz. 1888. Dec. III. Vol. V, pag. 418 ff. 

4) A note on the geology of Somaliland, based on collections made by Mrs. Lort-Phillips, Miss Edith Cole 
and Mr. G. P. V. Aylmer. Geol. Magaz. Dec. IV. Vol. III. 1896, pag. 289 ff. 

5) Quart. Journ. 1900, Bd. 56, pag. 26 ff. 

°) Vierteljahresschrift d. Züricher naturforsch. Ges. 38. Jahrg., 3. Heft, 1393. 


[3] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 9 


Stratigraphisches. 
Aus der oberen seiner zwei Neocomschichten — er unterscheidet eine untere (Ammoniten-)Schicht 
und diese obere — zählt Mayer-Eymar folgende Fossilien auf: 


Toxaster Collegnoi Sism. 
Pygaulus Kelleri M.-E. 
Pygaulus Barthi M.-E. 
*) Arca (Cucullaea) Gabrielis Leym. 
*) Pholadomya Picteti M.-E. 
Delphinula minuta Forb. 
Pleurotomaria Emini M.-E. 
Von diesen Arten kommen die beiden mit *) bezeichneten unter meinem Material vor, speziell 
Pholadomya Picteti in außerordentlich großer Anzahl. Außerdem kommen nach meinen Untersuchungen 


noch folgende Arten dazu: 
Vola Neumanni uov. sp. 


Exogyra Couloni Defr. 
Anomia Iskodouboukiana Roch. 
Ostrea sp. ind. 


Ferner eine größere Anzahl Steinkerne, teils von Gastropoden, teils von Lamellibranchiaten her- 
rührend, die aber sämtlich in einem schlechten Erhaltungszustand sich befinden. Herr Mayer-Eymar hatte 
die Freundlichkeit, mir die Exemplare seiner Arca (Cucullaea) Gabrielis und Pholadomya Picteti zur An- 
sicht zu senden, wodurch ich feststellen konnte, daß nicht nur die Arten, sondern auch das Gestein, ein 
harter grauer Kalk, völlig mit dem meinigen übereinstimmen. 


Der Fundort meiner Neocomfossilien, der in dem nachfolgenden paläontologischen Teile als 


»Abstieg zum Wabbi am Abunass« 


bezeichnet ist, liegt zwischen dem 40. und 41. östl. Längengrad v. Gr. und dem 7. und 8. nördl. Breite- 
grad. Herr Neumann bemerkt in seinem Tagebuch dazu, daß dort außer den versteinerungsführenden Kreide- 
schichten auch noch Sandsteine anstünden, wohl von jungeruptiven Gesteinen durchsetzt. An der zitierten 
Stelle in der Zeitschrift d. deutsch. geolog. Ges. schreibt er: ».. . Schichten cretazischen Alters fanden 
sich westlich... .., und zwar auf dem Wege, welcher von Sheikh Mohammed, am Abunass gelegen, zum 
'Wabbi führt. Hier fanden sich zahlreiche Gastropoden, darunter besonders eine Actaeonella-ähnliche Schnecke, 
von Bivalven ein /noceramus und eine große Vola«. Es enthalten diese Angaben einige Unrichtigkeiten: 
Die vermeintlichen Actaeonellen sind unbestimmbare, meist wohl zum Genus Pferodonta gehörige Steinkerne, 
die später noch kurz erwähnt werden. Schon Rochebrunel.c. beschreibt eine Pferodonta, die ebenso aus- 
sieht wie eine meiner unbestimmbaren Arten. Auch die Angabe, daß sich ein /noceramus darunter befinde 
beruht auf einem Irrtum. 

Über das Alter dieser Abunass-Schichten besteht kaum ein Zweifel Die sich aus dem Vorkommen 
der Exogyra Couloni ergebenden faunistischen Beziehungen sind sehr weite; eine Exogyra cfr. aquila 
zitiert schon Beyricht) aus Mombassa. Cucullaea Gabrielis hat universale Verbreitung im Neocom. Phola- 
domya Picteti ist, wie eben erwähnt, schon von Mayer-Eymar aus neocomen Schichten des Ost-Somali- 
landes beschrieben. Vola Neumanni nov. sp. hat die engsten verwandtschaftlichen Beziehungen zu Vola 
atava, ist möglicherweise sogar nur eine geographische Abart von dieser letzteren Form. 


»Gilletberge.« 


Ist über das Alter der vorhergehenden Kreideschichten keine Frage geblieben, so bereitet die 
Parallelisierung eines anderen, außerdem von Neumann im Somalilande noch angetroffenen und ausgebeuteten 
Kreidevorkommens etwas mehr Schwierigkeit. Es sind dies die Schichten in den Gilletbergen, südlich von 


1) Über Hildebrands geol. Sammlungen v. Mombassa. Monatsber. d. kgl. Akad. d. Wiss. Berlin, 1878, pag, 773- 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII, 2 


= Edgar Dacque, [4] 


Scheikh Hussein, einem Fundort, der in den späteren paläontologischen Beschreibungen kurzweg mit »Gillet- 
berge« bezeichnet wird. In dem oben schon zitierten Referat Neumanns über die Aufsammlungen seiner 
Expedition sagt dieser: »Hier — also in den Gilletbergen — war etwa 1'/, Stunden südlich von Scheikh 
Hussein, an dem nach Djinir führenden Wege, eine Stelle mit zahlreichen Versteinerungen. Neben schlecht 
erhaltenen Gastropoden (Nerinea?) fanden sich Exogyra, Ostrea und eine Trigonien-Art sehr zahlreich, 
Diese Trigonia hat nun eine derartige Ähnlichkeit mit Trigonia syriaca Fraas, daß es angängig erscheint, 
diese Schichten mit dem Trigoniensandstein Noetlings (Ztschr. der deutsch. geol. Ges. 1886, S. 836) zu 
identifizieren. « 


Diese Vermutung Neumanns hat sich indessen nicht erweisen lassen. Obzwar die erwähnte häufige 
und durchgehends sehr gut erhaltene Trigonia eine außerordentliche Ähnlichkeit, besonders mit mittelgroßen 
Exemplaren der syrischen Art hat, so ist sie doch nicht mit dieser, sondern mit Trigonia Picteti Coquand, 
aus dem Aptien von Spanien?) identisch. Es gehören also auch diese Gilletschichten nicht zum Cenoman, 
wie der syrische Trigoniensandstein, sondern zweifellos zur unteren Kreide, zumal da die von Neumann 
l. ce. genannte Exogyra auch hier, wie am Abunass, die Axogyra Couloni ist. Allerdings vermag man auf 
Grund dieser beiden einzigen, sicher bestimmten Formen: Trigonia Picteti und Exogyra Couloni nicht 
unbedingt zu sagen, ob wir Aptien oder ebenfalls Neocom vor uns haben. Vielleicht sind die beiden Kreide- 
stellen doch identisch, indem sich die spanische Aptienform hier vielleicht in einer etwas höheren Stufe 
wiederfindet, wogegen ja das Vorkommen der Exogyra Couloni an sich nicht spräche. Ich neige auch fast 
dieser letzteren Ansicht zu, ohne freilich einen exakten Beweis dafür zu haben. Allerdings ist auch Cueullaea 
Gabrielis identisch mit Cucullaea dilatata d’Orb, welche beispielsweise in Spanien und in Kolumbien 
auch im Aptien vorkommt, so daß eine genaue Fixierung der vorhin beschriebenen Abunass-Schichten auch 
nicht möglich wäre, wenn man sich nicht auf die Mayer-Eymarschen Untersuchungen dabei berufen 
könnte. In dieser Schicht fand sich auch eine Oyprina sp. ind. in mehreren Exemplaren. 


Neocomvorkommen unweit Gurgura. 


Auf dem halben Wege zwischen Atschabo und dem Gilletgebirge, bald nachdem der Wabbi von 
der Expedition überschritten war, fand sich eine einzelne Koralle, deren vorzüglicher Erhaltungszustand ihre 
Bestimmung als Aszrocoenia subornata d’Orb. var. africana Weissermel ermöglichte. Diese europäische 
Art kommt in einer Varietät in Ostafrika vor, von wo sie Weissermel?) beschreibt und abbildet. Da nun 
zwischen diesem ostafrikanischen Neocom und dem unsrigen im Somalilande sonst gar keine Beziehungen 
zu bestehen scheinen, so ist dieses Vorkommen einer typisch ostafrikanischen Koralle um so interessanter, 
und erlaubt eine Parallelisierung der dortigen Schichten mit jener unweit Gurgura, aus der meine Koralle 
stammt. Leider hat Herr Neumann nicht selbst die Fundstelle gesehen, von der das Korallenstück her- 
rührt, da er in seinem Tagebuch bemerkt, es sei von einem Somali ihm nachträglich gebracht worden, Es 
ist daher nicht unmöglich, daß bei persönlicher Untersuchung der Fundstelle sich auch noch andere, viel- 
leicht ostafrikanische Neocomfossilien hätten finden lassen, was um so wichtiger gewesen wäre, als in den 
gründlich ausgebeuteten Fundstellen der Gilletberge und des Abunass keine solchen anzutreffen waren. Da 
aber auch anderseits an diesen letzteren keine Spur von Korallen zu entdecken war, so geht man viel- 
leicht nicht fehl, wenn man annimmt, daß im Somaliland zwei Facies ein und derselben Neocomstufe aus- 
gebildet sind, die speziell bei Gurgura die ostafrikanische wäre. Diese Annahme fände auch noch dadurch 
eine indirekte, wenn auch schwache Stütze, daß in Ostafrika mit dieser Koralle Astrocoenia subornata var. 
africana gleichzeitig auch Ostrea Minos auftritt, Da ferner in der Korallenfazies überhaupt andere Arten 
aufzutreten pflegen als in den regelmäßigen Sedimentärablagerungen, so wäre damit auch die Nichtüber- 


einstimmung der beiden relativ so nahegelegenen Faunen des Abunass und von Ntandi zwanglos erklärt. 


!) Monographie de l’etage aptien de l’Espagne. M&m. soc. d’emul d. Provence. T. III., 1863. 
?) Mesozoische und känozoische Korallen aus Deutsch-Ostafrika. In: Zur Oberflächengestaltung und Geologie 
Deutsch-Ostafrikas v. W. Bornhardt. Deutsch-Ostafrika, Bd. VII, 1900. 


[5] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. II 


Beschreibung der Arten. 


Anthozoa. 
Fam. Astraeidae. E.H. 
Genus Astrocoenia. E. H. 


Astrocoenia subornata d’Orb. var africana Weissermel. 
Taf. II (I), Fie. 5. 


1850. Stebhanocoenia subornata WOrbigny. Prodrome de Pal. II, pag. 92. 


1857. Astrocoenia B; Fromentel. Descript. Polyp. foss. neocom. pag. 46, Tab. VI, Fig. 5, 6. 

1861. Mn » Fromentel. Paleont. Franc. Terr. cret. VIII. Zoophytes. pag. 534, Tab. 129, Fig. 1. 

1897. Y Koby. Polyp. cretac. Suisse. II. M&m. soc. paleont. Suisse. Vol. XXIII, 1896, pag. 57, 
Tab. XIV, Fig. 5. 

1990. n : var. africana Weissermel. Mesoz. u. känoz. Korallen, »Deutsch-Ostafrika«, Bd. VII, 


pag. 586, Tab. 26, Fig. I, 1a!) 

Der Stock hat ein kugelig bis unregelmäßig gewölbtes Aussehen und scheint sich nach unten ver- 
jüngt zu haben. Die polygonalen Kelche sind von ungleicher Größe, doch hält sich ihr Durchmesser inner- 
halb einer Grenze von 2 bis 5 mm, was mit den Angaben der oben zitierten Autoren übereinstimmt. Die 
Kelchwände stoßen aneinander an und erscheinen nach oben zugeschärft, wenn sie nicht, wie das bei 
meinen beiden Exemplaren fast durchgehends der Fall ist, abgerieben sind. Die Septen haben, soweit es 
sich direkt oder an angeschliffenen und mit Salzsäure nachpräparierten Stellen genauer beobachten läßt, 
folgende Anordnung: Bei den mittelgroßen Kelchen beträgt ihre Normalzahl 24. Hiervon verschmelzen zwölf 
mit dem nicht immer deutlich sichtbaren Säulchen; unter diesen letzteren pflegen hinwiederum sechs sich durch 
besondere Höhe auszuzeichnen,. Weitere zwölf Septen schieben sich in die Zwischenräume der vorigen ein, 
bleiben jedoch kürzer als diese. Die von Weissermelan seiner neuen Varietät beobachtete Septenvermehrung 
von 24 auf 32 ist auch bei den größten Kelchen unseres Stückes festzustellen. Das »Simulieren« von 
Pfählchen am Ende der nicht zum Zentrum reichenden Septen ist gleichfalls zu beobachten, doch ist man 
manchmal im Zweifel, ob diese Verdickungen nicht auch von Unregelmäßigkeiten im Verkieselungsprozeß 
herrühren. 

Die geographische Varietät africana wurde von Weissermel besonders auf Grund der kürzeren 
Septen II. Ordnung sowie der schwach ausgebildeten Säulchen errichtet, wodurch sie sich vom Originaltypus 
subornata, wie er vonFromentelund Koby beschrieben wird, unterscheidet. Der Grund, sie nur als Varietät, 
nicht als neue Spezies aufzufassen, lag für Weissermel in der mit zunehmenden Größen- und Altersver- 
hältnissen eintretenden Steigerung der Septenzahl von 24 auf 32, wozu er bemerkt: Diese Tatsache mahne 
zur Vorsicht gegenüber der weitgehenden Artscheidung nach Kelch, Durchmesser und Septenzahl, wie sie 
besonders Fromentel und Koby durchgeführt haben. 

Auf die Verwandtschaft der afrikanischen Varietät mit Astrocoenia magnifica Fromentel?), bei welcher 
ebenfalls falsche Pfählchen auftreten, hat schon Weissermel hingewiesen, Jene vermittelt zwischen letzterer 
und Astrocoenia subornata d’Orb. 

Zahl der untersuchten Stücke: 2. 

Fundort: unweit Gurgura. °) 

Vorkommen: Neocom. 

Sonstiges Vorkommen: Im Neocom von Deutsch-Ostafrika, Frankreich und der Schweiz. 


1) Ergebnisse der Reise von Bergassessor W. Bornhardt in den Jahren 1895—1897. Weissermel zitiert 
daselbst: »Koby, Pol. jur. d. 1. Suisse, pag. 52, Tab. 14, Fig. 5« statt der von mir oben angegebenen Stelle bei Koby. 

2) Pal. Franc. Terr. cr&t. VIII. Zoophytes, pag. 534, Tab. 129, Fig. 2. 

3), Herr Neumann gibt in seinem Tagebuch dazu an: »Koralle, von einem Somali gebracht, vielleicht kurz 


vorher verloren.« 
2* 


12 Edgar Dacque. [6] 


Lamellibranchıata. 


Fam. Pectinidae. Lam. 
Genus Vola. Klein. 


Vola Neumanni. nov. sp. 
Taf. III (I), Fig. ı. 


Ungemein großes Exemplar mit mäßig gewölbter Unterschale und nahezu flacher Oberschale. Die 
Breite beträgt rund 16 cm, gemessen an der Stelle, wo der Vorder- und der Hinterrand in den Unterrand 
übergehen; die Länge vom Wirbel zum Unterrand 14°5—15 cm. Höhe der Schale, vom höchsten Wölbungs- 
punkt der rechten zur linken Klappe etwa 5'5 em. Die Wirbelregion ist mit dem oberen Schalendrittel ge- 
sprungen und gegen den übrigen, größeren Schalenteil verschoben. Die rechte, gewölbte Klappe ist mit sechs 
breiten und kräftigen Hauptrippen geziert, neben und zwischen denen die sieben, nicht sehr vertieften Längsfelder 
hinlaufen. Rippen und Längsfelder sind oben gegen den Wirbel scharf voneinander abgehoben, werden 
aber gegen den Unterrand hin flacher. Jede der sechs Hauptrippen besteht ihrerseits aus drei Einzel- 
lamellen, deren mittelste und höchst gelegene als stärkste I. Ordnung von den zwei anderen, je einer rechten 
und linken II. Ordnung, begleitet wird. Jedes der vertieften, zwischen den großen Hauptrippen gelegenen 
Längsfelder hat in seiner Medianlinie ebenfalls eine kräftige Lamelle I. Ordnung, neben welcher sich, ebenso 
wie oben auf der Hauptrippe, jedoch in größerem Abstande, je eine rechte und linke feinere Lamelle 
II. Ordnung hinzieht. Zwischen jeder dieser letzteren einerseits und jener zu einer großen Hauptrippe ge- 
hörigen Lamelle II. Ordnung anderseits findet man — vor allem im Mittelfeld — noch zwei andere 
II. Ordnung; dagegen in den rechts und links von der Schalenmitte gelegenen vertieften Längsfeldern nur 
eine andere III. Ordnung eingeschaltet. Die soeben beschriebenen Verhältnisse gelten für den Abschnitt 
im unteren Drittel der ganzen Schale; denn von der Mitte gegen den Wirbel zu aufwärts ändert sich das 
Bild, indem manchmal die Nebenlamellen II. Ordnung: zu feineren Lamellen auseinanderfallen, wodurch das 
eben erörterte Schema nicht mit der Deutlichkeit, wie gegen den Unterrand hin, Anwendung findet. 

Die linke, flache Klappe korrespondiert in ihren Erhöhungen und Vertiefungen in der bekannten 
Weise mit der großen, gewölbten,; jedoch ist die Detailberippung im einzelnen regelmäßiger und gleich- 
förmiger als auf der großen Klappe, indem man Lamellen I., II, und III. Ordnung nicht so schematisch wie 
auf der anderen Schale unterscheiden kann. Vielmehr kommen die Rippchen gleichmäßiger verteilt zum 
Vorschein und die stärksten brauchen keineswegs in der Mitte zwischen zwei schwächeren zu liegen. Das 
untere und obere Schalenviertel ist weggebrochen. Die schwierig zu beschreibenden Verhältnisse gehen aus 
der Abbildung deutlich hervor. 

Nahe verwandt mit unserer Art erscheint Janira valengiensis Pict. u. Camp.!) Dort ist nach der 
Beschreibung dieser Autoren die Medianrippe in den vertieften Feldern als stärkere von zwei schwächeren 
begleitet, ähnlich wie dies bei unserem Stück der Fall ist. Außerdem sind zwei nahe verwandte Formen 
Vola atava d’Orb?) und Vola Roemeri Hill.?) Die erstere, aus dem Neocom von Frankreich beschrieben, hat 
auf ihrer flachen Schale fast dieselbe Berippung, doch weicht die gewölbte Klappe von unserer Vola Neu- 
manni insofern konstant ab, als bei Vola atava die drei, die Längsfelder ausfüllenden Rippen ausgeprägter 
sind, die großen Hauptrippen aber eine viel kräftigere, nicht so flache Mittellamelle haben; auch ist. ihr 
allgemeiner Umriß länglicher als bei unserer Form. Vola Roemeri Hill aus der unteren Kreide von Texas 
besitzt ähnliche Dimensionen, ‘weicht von der unserigen jedoch dadurch ab, daß jede ihrer sechs Hauptrippen 
nur aus einer einzigen, sehr starken Lamelle besteht; die in den Vertiefungen laufenden werden der Reihen- 
folge nach schwächer, so daß je eine seitliche, nicht aber die mittlere, die stärkste ist. Es ist aber nicht 
unmöglich, daß unsere Art nur eine tüchtig ausgewachsene, durch entsprechend veränderte Lebensbe- 


!) Terr. cret. d. St.-Croix. IV, Tab. 181, Fig. I—3, pag. 242. 
*) Pal. franc. Terr. cret. III. pag. 627, Tab. 442, Fig. 13, 5. 
®) Paleontol. of cretac. format. of Texas. I. 1889. Univers. of Texas. 


[7] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 13 


dingungen so überaus kräftig entwickelte und dementsprechend abgeänderte geographische Varietät der Vola 
atava d’Orb. darstellt. Mangels weiteren Materials, welches mir solche Übergänge veranschaulichen könnte, 
muß ich indeß mein Stück als eine neue Art ansehen. 

Zahl der untersuchten Stücke T: 

Fundort: Abstieg zum Wabbi am Abunass. 

Vorkommen: Neocom. 
Fam. Anomiidae. Gray. 
Genus Placunopsis. Morr. et Lyc. 


Placunopsis Iskodouboukiana. Rochebr. sp. 
1882. Ostrea Iskodouboukiana Rochebrune. Observ. geol. etpal.s.1. region d. Comalis et Cuarsanguelis. pag. 25, Tab. II, 
fig. 2a—c. in G. Revoil. Faune et flore d. Pays CGomalıs. 

Schale länglich oval bis keilförmig gerundet, nach oben verschmälert, nach unten verbreitert. Unter- 
schale mit kleinen, strahlenförmigen, durch Anwachslamellen unterbrochenen Radialrippchen verziert. Ober- 
schale nach den Angaben Rochebrunes, dem bessere Exemplare vorlagen, eben und mit schwachen Anwachs- 
lamellen versehen. 

Diese Art schließt sich nach genanntem Autor an eine von ihm an gleicher Stelle beschriebene Form: 
Ostrea myctera an, die eine eigenartige, langgestreckte Gestalt besitzt. Diese Angabe ist indeß unrichtig. 
Es besteht vielmehr zwischen dem mir vorliegenden Stück und Anomia foliacea Etall., wie sie auch Loriol!) 
abbildet, sehr große Ähnlichkeit. Unsere Art ist aber langgestreckter und unten nicht so sehr verbreitert. 
Auch sitzt die Deckelschale nach Rochebrune mehr auf dem Rande, nicht im Innern der Unterschale, 
wie dies P. de Loriol von Anomia foliacea abbildet. 

Zahl der untersuchten Stücke: I. 

Fundort und Vorkommen: Wie bei dem vorhergehenden. 


Fam. Ostreidae. Lam. 
Genus Ostrea. Lin. 


Ostrea (nov?) sp. ind. 
Taf. II (MD, Eig. 4. 

Eine nach unten spitz rhombische Gestalt mit langem, flügelartig ausgezogenem Oberrand, welcher 
plötzlich umbiegt und rechtwinklig in den geradlinig abfallenden Vorderrand übergeht. Der untere 
Teil des Vorderrandes sowie der spitzrunde, ungemein kurze Unterrand sind ein wenig abgeblättert und 
abgerieben. Der Hinterrand ist exogyrenartig gebogen und geht so in den Schloßrand über. Die rechte, 
etwas größere Klappe besitzt dichotom verzweigte Rippen, welche ihren Ursprung außer vom Wirbel selbst, 
auch von der nicht sehr hohen, vom Ober- zum Unterrand verlaufenden, wohlgerundeten, kielartigen Er- 
hebung nehmen. Letztere fällt nach hinten rasch, nach vorne, d.h. gegen die Mitte des flügelartigen Fort- 
satzes zu allmählich ab. Die (ehemals vielleicht höckerigen) Rippen setzten auf der Mitte des Flügelfort- 
satzes eine Weile aus und kommen erst gegen dessen Rand hin wieder zum ‚Vorschein. Der gemäß dem 
bogenförmigen Schalenrücken sehr wenig nach vorne gerichtete Wirbel ist in seinen Umrissen nur mehr 
schlecht sichtbar. Die um ein Minimum kleinere linke Schale ergibt hinsichtlich des Wirbels, der Rücken- 
region, der Berippung und des Umrisses ganz dasselbe Bild wie die eben beschriebene rechte Schale. Sie 
ist indessen niedriger und flacher, wenngleich die sie von oben bis unten durchziehende Rückenwölbung 
ebenfalls vorhanden ist. Am Schloßrand ragt die rechte Schale stärker hervor und läßt eine der geringen 
Drehung des Wirbels entsprechende, wenig schief gerichtete Ligamentgrube erkennen. 

Es ist bei Austern, dazu von einem noch nicht untersuchten Fundort, eine mißliche Sache, auf ein 
einziges, nicht gut erhaltenes Stück hin Artenmerkmale für eine neue Spezies feststellen zu wollen. Man 
kann sich schwer Rechenschaft darüber geben, was wirklich Artenmerkmale sind und was zu den bei Ostreen 
so weitgehenden individuellen Eigentümlichkeiten gehört. Die Anklänge unseres Stückes an Ostrea Minos 


1) Couches coralligenes infer. d. Jura Bernois. pag. 340, Tab. 36, Fig. 3. 


TA Edgar Dacque. [8] 


Coquand sind unverkennbar, die trennenden Eigenschaften scheinen jedoch schwerwiegend genug, um sie 
als specifische, nicht als individuelle Besonderheiten zu bewerten. An eine Übereinstimmung mit den d’Or- 
bisny-Coquandschen!), Typen der OsZrea Minos bezw. Boussingaulti wäre in erster Linie überhaupt nicht 
zu denken. Indessen bilden Pictet und Campiche?) eine Anzahl Formen ab, bei denen der scharf ausge- 
prägte Exogyrenhabitus der erstgenannten Originale wesentlich herabgemindert ist. Auch Wollemann?°) gibt 
eine Abbildung, auf Grund deren mein Stück schon eher mit Ostrea Minos in Beziehung zu bringen wäre, 
wenn er nicht, wie alle übrigen Autoren, die mehr oder weniger flache Deckelform der Oberschale aus- 
drücklich erwähnen würde. Deshalb wird mein Stück wohl einer neuen Spezies angehören. 
Zahl der untersuchten Stücke: 1. 
Fundort: Abstieg zum Wabbi am Abunass. 
Vorkommen: Neocom. 
Genus Exogyra. Say. 
Exogyra Couloni. (Defr.) Pictet et Campiche. 
Taf. II (T), Fig. 6, 7, 8. 
1821. Gryphaea Couloni Defrance. Dict. scienc. nat. T. XIX, pag,. 534. 


1822. n aqua Brogniart. Envir. de Paris. tab. IX, fig. IT. 

1834. Exogyra „  Goldfuß. Petrefacta Germaniae. pag. 36, tab. 87, fig. 3. 

1846. Ostrea Couloni d’Orbigny. Pal. frang. Terr. cret. III. pag. 698, tab. 466; tab. 467, fig. I—3. 
1840. a aguala Rn r B N „ II. pag. 706, tab. 470. 

Te0300, »„  Coquand. Etage aptien de l’Espagne. Me&m. soc. &mul. Provence. T. III, pag. 350. 
1869. ,„ Couloni " Monogr. genre Ostrea. pag. 180, tab. 65, fig. 10. 

1869. , aguila 4 " n) »„ Pag. 158, tab. 61, fig. 4—9. 


1868—71. Ostrea Coulomi.Picetet et Campiche., Terr. cret. d. St.-Croix. IV, pag. 287, tab. 187; tab. 188; tab. 102, 
dig. 1. (c. syn.). 
1832. Ostrea Couloni Rochebrune. Observ. geol. et pal. s. l. region d. Comalis et d. Ouarsanguelis. in G. Revoil 

Faune et flore d. Pays. Comalis, pag. 27. 

1900. Exogyra Couloni Wollemann. Bivalv. u. Gastrop. d. deutsch. u. holländ. Neocom. Abh. d. kgl. preuß. geol. 

Landesanstalt, Hit. 31, pag. 8, tab. I, fig. 1. 

1900. Exogyra Couloni Burckhardt. Coupe geol. d. 1. Cordillere entre Las Lajas et Curacantin. Ann. d. Museo d. 

La Plata. Sec. geol. y miner. I900, pag. ı8, tab. XXI, fig. 7, 8. 

Aus dem vorliegenden Material konnte eine Formenreihe zusammengestelt werden, deren Anfangs- 
glied Fig. 6, Taf. I, dem in Coquands Monographie auf Taf. 75 in Fig. 3 abgebildeten Typus einer Exogyra 
Couloni entspricht. Weitere Stücke, die auf meiner Taf. I in Fig. 7 wiedergegeben sind, kann man teil- 
weise mit den breiteren, konzentrisch lamellierten Ostrea aguila-Formen der zitierten Literatur identifizieren, 
obwohl auch »echte« Couloni-Formen konzentrische Streifen deutlich aufweisen. Die meisten meiner nich 
abgebildeten Stücke sind ähnlich, Nach den von Pietet und Campiche (l. c. pag. 290/91) geltend ge- 
machten Gründen ist die Identität der beiden Arten agwila und Couloni erwiesen. 

Anders ist es mit deren Verhältnis zu OsZrea Minos. Es ist aber noch weiteres Material abzuwarten, 
ehe man sich für die Zusammenziehung der drei Arten Couloni, aguwila und Minos bestimmt aussprechen kann; 
ganz abgesehen von den übrigen, in der reichen Synonymik von Pictet u. Campiche enthaltenen Formen. 

Zahl der untersuchten Stücke: 13. 

1. Fundort: Abstieg zum Wabbi am Abunass (12 Stück). 

Vorkommen. Neocom. 

2. Fundort: Gilletberge (1 Stück). 

Vorkommen: Aptien ? 

Sonstiges Vorkommen: In der unteren Kreide von Frankreich, Schweiz, Deutschland, England, 
Spanien, Südamerika. j 


!) Coquand: Monogr. d. genre Ostrea, pag. 183, Tab. 64, Fig. 1-3; Tab. 73, Fig. 4-8; Tab. 74, Fig. 14, 15. 

®) Foss. d. Terr. cret. d. St.-Croix IV, pag. 278, Tab. 185. 

°) Bivalv. u. Gastrop. d. deutsch. u. holländ, Neocom. Abh. d. kgl. preuß. geol. Landesanst. Hft. 31, 1900, 
pag. 15, Tab. I, Fig. 2. 


[9] Beiträge zur Geologie des Somalilandes 15 


Fam. Arcidae. Lam. 
Genus Cucullaea. Lam, 


Cucullaea Gabrielis. Leymerie. 
Dar 20) Rieı2: 


1842. Cucullaea Gabrielis Leymerie. Mem. soc. geol. France. Vol. V. pag 25, tab. VII, fig. 5. 


1942. si dilatata WOrbigny. Coquilles foss. d. 1. Colombie. pag. 54, tab. V, fig. 5—7. 

1843. = n " Paleontologie de l’Amerigue m£ridionale. pag. S9, tab. 20, fig. 5—7. 

1844. Arca = A Pal. frang. Terr. cret. III, pag. 198, tab. 308. 

Mel Dr Coquand. Mongr. de P’etage aptien de ’Espagne. M&m soc. mul. d. Provence. III, pag. 329, 


tab. 22, fig. I, 2. 
1864-67. Arca dilatata Pietet et Campiche. Terr. cret. d. St-Croix. III, pag. 450. 
1893. Arca (Cucullaea) Gabrielis Mayer-Eymar. Neocom. Versteiner. a. d. Somalilande. Viertelj. d. Zürich, naturf. 
Ges. XXXVIN. Hft. 3, pag. 15, tab. I, fig. 9. 
1900. Arca Gabrielis Wollemann. Bivalv. u.Gastrop. d. deutsch. u. holl. Neocom. Abh. preufs. geol. Landesanstalt 31, pag. 79. 
1900. „5 ; Burckhardt. Coupe g£ol. d. 1. Cordillere entre Las Lajas et Characantin Ann. d. Mus. d. La Plata. 
Sec. geol. y miner. III, pag 21, tab. XXIV, fig. ı, 2. 
1903. Arca Gabrielis Burckhardt. Beitr z. Jura- u. Kreideform. d. Cordillere. Paläontographica, Bd. 50, pag. 70, tab. XII, 
fig. I, 2. 
Großer, etwas schief gedrückter Steinkern, identisch mit der europäischen Art, auf deren Vorkommen 
im Somalilande Mayer-Eymar bei der Bearbeitung der von Prof. Keller mitgebrachten Suite schon auf- 
merksam gemacht hat.!) Durch einen von hinten nach vorne gerichteten Druck wurde die vom Wirbel zum 
Unterrand verlaufende Kante, welche durch Zusammenstoßen des Schalenrückens mit der Area gebildet 
wird, höher hinaufgetrieben, als es normalerweise bei Steinkernen von Cucullaea Gabrielis zu sein pflegt. 
Zahl der untersuchten Stücke: 1 und das Fragment eines linken Wirbelstückes. 
Fundort: Abstieg zum Wabbi am Abunass. 
Vorkommen: Neocom. 
Sonstiges Vorkommen: Abdallah-Land, Frankreich, Schweiz, Süd-Amerika. 


Fam. Trigoniidae. 
Genus Trigonia. Brug. 


Trigonia Picteti. Coquand. 
ar NE), ee, 25 
1863. Trigonia Picteti Coquand Monographie paleontol. de l’etage aptien de l’Espagne. Mem. soc. d’emul. d. 1. Pro- 

vence III, pag. 320, tab. XXV, fig. I—4. 

Schale von schief-dreieckigem, gerundeten Umriß. Hinter- und Unterrand nahezu gleich lang, Vorder- 
rand kleiner. Höhe der Schale vom Wirbel bis zur ausgebuchtetsten Stelle des Unterrandes ungefähr gleich 
der Breite, meist etwas kürzer. Beide Klappen wohlgewölbt, im oberen Drittel am höchsten, so dafs die 
obere Schalenpartie zum Wirbel und nach dem oberen Teile des Vorderrandes hin steil abfällt, während sie 
nach unten zu flacher verläuft. Letzteres gilt naturgemäß nur für den Schalenteil außerhalb der glatten Area. 
Diese selbst ist auf jeder Schale durch eine oben scharf ausgeprägte, dann aber verflachte, langbogenförmig 
geschwungene Kante begrenzt und trägt in ihrer Mitte eine zweite, kürzere Lameile, wodurch das Schild- 
chen gut hervorgehoben erscheint. Vor dieser Lamelle, also außerhalb des Schildchens, liegt eine sie beglei- 
tende Rinne; hinter ihr, also innerhalb des Schildchens, liegt zuerst eine Längsvertiefung, danach findet ein 
stärkeres Aufsteigen zum Schalenrand statt. Die breiteste Stelle der Area beträgt nicht ganz °/; des be- 
rippten Schalenrückens im gleichen Höhenniveau. 

Der Schloßrand geht innerhalb der Area an deren unterem Drittel mit einem Winkel von etwa 
135 Grad, dort wo die Begrenzungslamelle des Schildchens den Schalenrand trifft, in den gerundeten und 


1) Das Mayer-Eymarsche Originalexemplar stand mir durch die Liebenswürdigkeit der Herren am 
Züricher Museum zur Verfügung, ebenso das der später zitierten Pholadomya Picteti M.-E. 


16 Edgar Dacque. [10] 


sehr kurzen Hinterrand über, welcher seinerseits in abgerundetem Eck in den gebogenen, nach vorne rasch 
ansteigenden und in den Vorderrand umbiegenden Unterrand übergeht. Der Vorderrand ist in seiner unteren 
Hälfte nach außen gewölbt und läuft dann geradlinig oder ein wenig konvex gegen den Wirbel hinauf. Die 
Wirbel liegen zwischen dem ersten und zweiten Drittel der Schale; sie stoßen dicht aneinander und sind 
kaum merklich nach hinten gebogen. Ligamentstelle vor und hinter dem Wirbel deutlich sichtbar. Der vor- 
dere und Hauptteil der Schale trägt breite, deutlich von ihren Zwischenräumen abgehobene, glatte, kon- 
zentrische Rippen, welche innerhalb einer vom Wirbel bis nicht ganz auf die höchste Wölbungsstelle des 
Schalenrückens sich erstreckenden Zone bogenförmigen Verlauf haben, von da ab jedoch in ihrem mittleren 
Teile sich nach unten auszubiegen beginnen; dadurch ist ihre hintere Partie gewissermaßen gezwungen, zur 
Arealkante steiler aufzusteigen. Die obersten S—Io Rippen treten auf die Area hinüber, die ersten vier etwa 
erreichen dort den Schalenrand, die andere Hälfte nur noch das Schildchen. Die Rippen sind in gleicher 
Stärke vom Wirbel bis zum Unterrand vorhanden und setzten niemals aus. 

Die soeben geschilderte Art der Berippung gilt für das in Fig. ı auf Taf. I abgebildete Stück und 
ist typisch für die Art. Indessen sind auch Varietätsmöglichkeiten vorhanden, wie sie beispielsweise in Fig. 2 
zum Ausdruck kommen. Es beginnen dort die Rippen im mittleren Schalenteil horizontal, biegen nach unten 
um und laufen in leicht geschwungenem, sanft nach oben gerichtetem Bogen zur Arealkante hinüber. 
Bei anderen Formen ist von der Knickung nichts zu bemerken und somit eine Variabilität auch in dieser 
Richtung möglich. Von dem Schaleninnern, das auch Coqguand nicht kennt, konnte kein Präparat 
gemacht werden. 

Die von Coquand zum Vergleich angezogene Trigonia longa Agassiz !) ist heute nicht mehr 
als nächst verwandte Art zu betrachten, sondern Trioonia syriaca Fraas, wie sie Noetling?) aus der 
oberen Kreide von Syrien beschrieben und abgebildet hat. Auf Grund eines reichhaltigen Materials, sowohl der 
Fraasschen wie der Coguandschen Form, die sich beide in manchen Stadien auferordentlich ähneln, 
waren unter steter Berücksichtigung der jeweiligen Variabilitätsgrenzen folgende konstante Unterschiede fest- 
zustellen: Vor allem sind unsere Stücke, obwohl durchgehends kleiner, doch relativ besser gewölbt. Ferner 
liegt bei Trigonia syriaca die größte, durch den Berührungspunkt des Schloß- und Hinterrandes gebildete 
Ausbuchtung des Schildchens und der Area etwa in der Mitte zwischen Wirbel und Unterrand, während bei 
Trigonia Picteti diese ungefähr erst mit dem letzten Drittel der Area auftritt, um in den unteren Teil des 
Hinterrandes überzugehen. Infolgedessen fällt der obere Teil des Areal-Schalenrandes steiler ab als bei der 
syrischen Art. Außer in dem hierdurch bedingten andersartigen Umriß lassen sich auch in der Berippung 
weitergehende Unterschiede nachweisen. Da vor allem die Rippen bei Trıgonia Picteti viel breiter und 
kräftiger sind als bei jener, so ist auch dementsprechend ihre Anzahl geringer, Sie verwischen sich nie, 
weder gegen den Unterrand noch gegen die Arealkante zu, wie es bei der Fraasschen Art der Fall zu 
sein pflegt. Dort verschwinden sie nämlich nach und nach an einer vom Wirbel zum Unterrand längs der 
Arealkante sich hinziehenden seichten Furche. Diese Furche ist bei unserer Art niemals vorhanden. 

Zahl der untersuchten Stücke: etwa 42. 

Fundort; Gilletberge. 

Vorkommen: Aptien? 


Sonstiges Vorkommen: Oberes Aptien von Spanien. 


Fam. Cyprinidae. 
Genus Cyprina. Lam. 
Cyprina sp. ind. 
bau, 106 (AN), Jen, C) 
Schale bei sämtlichen Exemplaren größtenteils wohlerhalten, bauchig, mit rundem Umriß und feiner 
konzentrischer Streifung, indessen ohne besondere Kennzeichen, so daß nur die Gattung zu bestimmen ist. 


‘) Agassiz: Etudes critiques s. 1. Moll. foss. Trigonies. 1840., pag. 47, Tab. VIII, Fig. 1. 
) Noetling: Entwurf e. Gliederung d. Kreideformation in Syrien u. Palästina. Ztschr. d. deutsch. geol. Ges,, 
Bd. 38, 1886, pag. 856, tab. 24, fig. I—4b; Tab. 25, Fig. 1-3. 


[11] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 17 


Das Innere sowie das genaue Bild des Schlosses war wegen der porösen Schalenkristallisierung nirgends 
bloßzulegen. 

Zahl der untersuchten Stücke: 16. 

Fundort: Gilletberge. 

Vorkommen: Aptien ? 


Genus Isocardia. Lam. 
Isocardia sp. ind. 


Großer, verhältnismäßig schmaler Steinkern, spezifisch unbestimmbar. Länge etwa S cm, Breite etwa 
6:5 cm, Dicke etwa 5'5 cm. 

Zahl der untersuchten Stücke: 1. 

Fundort: Abstieg zum Wabbi am Abunass. 


Vorkommen: Neocom. 


Fam. Pholadomyidae. Fischer. 
Genus Pholadomya. Sow. 


Pholadomya Picteti. Mayer-Eymar. 


Balz 0) Bie-Xo, Tr. 


1893. Pholadomya Pictei Mayer-Eymar. Neocomian Versteinerungen aus dem Somalilande. Viertelj. d. Zürich. 
Naturf. Ges., Bd. 38, Heft 3, pag. I5, Tab. II, Fig. 1. 


»Schale unregelmäßig-dreieckig, kurz, stark bauchig, ebenso breit als lang, sehr ungleichseitig, vorne 
stumpf .... , ganz kurz und abgerundet, hinten rasch verschmälert und kurzschnabelförmig, unten sehr 
stark gebogen. Wirbel stark vorragend, sehr dick und stark gekrümmt. Anwachsrunzeln auf dem Rücken 
kräftig, etwas schmal und ungleich.« Ihre Zwischenräume meist von gleicher Breite wie sie selbst, von Zeit 
zu Zeit ein breiterer. Auch Spuren einiger ihrer Zahl nach gänzlich unbestimmbarer Radialrippen sind an 


manchen Stücken, wie auch an dem Originalexemplar des Autors!) wahrzunehmen. 


Die nächstverwandte Form ist wohl Homomya alta Roemer?) aus der unteren Kreide von Texas, 
deren Gattungsbestimmung richtiger mit Pholadomya gegeben ist. Man könnte auf den ersten Blick versucht 
sein, unsere Form mit jener zu identifizieren, doch unterscheidet sich Pholadomya (Homomya) alta Roem. 
immerhin durch ihren, wenn auch variablen Gesamtumriß, durch die größere Breite des Hinterrandes, 
während sich unsere Art zuspitzt. Ferner durch das nach rechts unten gerückte Maximum der Ausbiegung 
des Vorderrandes, welches bei Pholadomya Picteti bereits in der Mitte liegt; auch ist bei der Texas-Art 
der Unterrand nicht so scharf geschwungen. Ähnliches läßt sich auch zur Unterscheidung von Pholadomya 
ligeriensis d’Orb°) anführen, deren Unter- und Hinterrand noch weiter ausgeschweift erscheinen, als bei 
Homomya alta Roem. Mayer-Eymar spricht von der Möglichkeit, daß seine Pholadomya Picteti vielleicht 
als ein ausgewachsenes Exemplar der Pholadomya minuta Lor.*) anzusehen sei, was ich jedoch nach den 
Beobachtungen an meinem Material nicht für wahrscheinlich halte. 


Zahl der untersuchten Stücke: 21. 
Fundort: Abstieg zum Wabbi am Abunass. 
Vorkommen: Neocom. 

Sonstiges Vorkommen: Abdallah-Land. 


1) Siehe Anmerkung zu Cucullaea Gabrielis auf Seite 15 unten. 

2) F. Roemer: Kreidebildungen von Texas. 1852., pag. 45, Tab. VI, Fig. II. 
®) Pal. frang. Terr. cret. III, pag. 355, Tab. 363, Fig. 8, 9. 

#) Moesch: Monogr. d. Pholadomyen, Tab. 33, Fig. 6, pag. 91. 


Beiträge zur Paläontologie Oesterreich-Ungarns. Bd. XVII, 3 


18 Edgar Dacque. 112] 


Gastropoda. 


Fam. Phasianellidae. Troschel. 
Genus Phasianella. Lam. 
? Phasianella sp. 


Wachstumswinkel: 40°. 

Länge des Steinkernes, rekonstruiert: 3'060 cm. 

Höhe des ganzen letzten Umganges: 2'5 cm. 

Höhe der Mündungsausfüllung: 1'855 cm. 

Der Steinkern hat einige Ähnlichkeit mit Natica praelonga d’Orb.!). Die Gattungsbestimmung ist 
zweifelhaft. (Vergl. Seite 19 sub Strombidae.) 

Zahl der untersuchten Stücke: I. 

Fundort: Abstieg zum Wabbi am Abunass. 


Vorkommen: Neocom. 
Fam. Naticidae. Forbes, 
Genus Natica. Lam. 
Natica 1. sp. 


Unbestimmbarer, kleiner, vollkommen kugeliger Steinkern mit kaum hervortretendem Gewinde. 
Zahl der untersuchten Stücke: 1. 
Fundort und Vorkommen: Wie bei den vorhergehenden. 


Natica 2. sp. 
Breitgedrückter, ohrartiger, an Sigaretus erinnernder Steinkern einer sehr großen Art mit sehr 
großem letzten Umgang und niedrigem, nicht hervortretendem Gewinde. 
Zahl der untersuchten Stücke: 1. 
Fundort und Vorkommen: Wie bei den vorhergehenden. 


Subgenus Amauropsis. Morch. 
? Natica (Amauropsis) sp. 

Größere und kleinere, meist etwas zusammengedrückte Steinkerne, die manchen breiteren Exemplaren 
der Natica bulbiformis ähnlich sind. Von allen hierher gehörigen Formen ist indes unsere Art durch eine 
im unteren Teile jeder Windung verlaufende, niedere und breite Kante unterschieden, welche an den niedriger 
gewundenen Stücken besonders deutlich wahrnehmbar ist, mit höherem Alter aber verschwindet. 

Zahl der untersuchten Stücke: 7. 

Fundort und Vorkommen: Wie bei den vorhergehenden. 


Fam. Turritellidae. Gray. 
Genus Turritella. Lam. 


Verschiedene Steinkerne, welche zwei verschiedenen Arten zugehören. Die eine mit fast vierseitigen, 
durch starke Nähte getrennten Umgängen, die andere mit mehr abgerundeten. Alle spezifisch unbestimmbar. 

Zahl der untersuchten Stücke: 3. 

Fundort und Vorkommen: Wie bei den vorhergehenden. 


1) Pal. frang. Terr. cret. II, pag. 152, Tab. 172, Fig. 1. 


[13] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 19 


Fam. Nerineidae. Zittel. 
Genus Nerinea. Defr. 


Steinkernfragmente, zu zwei verschiedenen Arten gehörend, nicht näher bestimmbar, Von demselben 


Fundort und Vorkommen wie die vorhergehenden. Ferner: 


Nerinea sp. ind. 
Taf. II (I), Fig. 3. 
Niedrige, unbestimmbare Form mit verhältnismäßig niedrigem Gewinde. Außenseite völlig kor- 
rodiert, Inneres in der Abbildung wiedergegeben. 
Zahl der untersuchten Stücke: 2. 
Fundort und Vorkommen: Wie bei den vorhergehenden. 


Fam. Strombidae. d’Orb. 
Genus Pterodonta. d’Orb. 


Bei den hierhergestellten Arten bereitete die Gattungsbestimmung große Schwierigkeit. Tylostoma- 
ähnliche Formen, welche jedoch nirgends die charakteristischen Querverdickungen erkennen lassen und 
somit nicht zu diesem durch Sharpe von Pferodonta abgetrennten Genus gehören können. 


Pterodonta 1. sp. 
Wachstumswinkel: 70°. 
Länge des Steinkerns: 6°4 cm. 
Höhe des ganzen letzten Umgangs: 4:6 cm. 


Länge der Mündungsausfüllung: 4 cm. 
Größerer, mit fünf erhaltenen Umgängen versehener Steinkern, auf dessen bauchigem letzten Umgang 


ein pyramidenförmiges Gewinde gewissermaßen aufsitzt. Dessen einzelne, nach außen schwach gewölbte 
Windungen sind von einer nicht sehr vertieften Naht begleitet. Auf der Rückseite läuft oberhalb der Naht 
eine Kante, welche indes wahrscheinlich kein Artcharakteristikum bildet, sondern mechanisch hervorgebracht 
zu sein scheint durch einen Druck, dem der ganze Steinkern ausgesetzt war; infolgedessen stellt er sich 
auch breiter dar, als er es normalerweise wäre. Die Mündungsausfüllung besitzt eine längliche, schmale, 
oben und unten abgerundete Gestalt und ist in der Mitte unmerklich breiter als an den beiden Enden. Unten, 
am ehemaligen Spindelende, löst sich die Mündungsausfüllung vom Steinkörper ab. Neben der hierdurch 
sichtbar werdenden Höhlung läuft der untere Teil des letzten Umganges nach rechts unten aus. 

Eine morphologisch sehr nahestehende Form ist Globiconcha utriculus Coq.!) aus dem Aptien von 
Spanien. Es schließt aber ihre bedeutende Ähnlichkeit nicht unbedingt nahe Verwandtschaft ein; bei Stein- 
kernen haben diese Beziehungen auch wenig Wert. Unsere Form unterscheidet sich von der spanischen durch 
die schmälere Mündung und die etwas schlankere Form. 

Zahl der untersuchten Stücke: 1. 

Fundort und Vorkommen: Wie bei den vorhergehenden. 


Pterodonta 2. sp. 


Wachstumswinkel: 50°. 

Ehemalige Länge des Steinkerns unter Hinzurechnung des abgebrochenen Teiles: etwa 4'353 cm. 
Länge des Steinkerns wie er vorliegt: 3'8 cm. 

Höhe des letzten Umganges: 3:1 cm. 

Höhe der Mündungsausfüllung: 2°5 cm. 


1) Coquand: Etage aptien de l’Espagne. Me&m., soc, mul. Prov. III. 1863., pag. 260, Tab. XIII, Fig. 1. 
a5 


36 Edgar Dacque. [14] 


Ovoider bis kugeliger Steinkern mit allmählich anwachsendem Gewinde, von dem drei Umgänge noch 
vorhanden, die anderen abgebrochen sind. Nähte nicht tief. Umgänge nach außen flach gewölbt, letzter Um- 
gang bauchig bis kugelig, mit schmaler Mündung. 

Die nächststehende Steinkernform ist die etwas länglicher und schlanker gebaute Pferodonta subin- 
flata Cog.!) Auch Pferodonta titanoda Rochebrune®) ist sehr ähnlich, besitzt aber einen nach unten spitzer 
zulaufenden letzten Umgang. 

Zahl der untersuchten Stücke: 1. 


Fundort und Vorkommen: Wie bei den vorhergehenden. 


Fam. Volutidae. Gray. 
Genus Voluta. Lin. 
Subgenus Scapha. Gray. 
Voluta (Scapha) sp. 


Umgekehrt birnförmige Gestalt mit niederem Gewinde und ungemein großem letzten Umgang. Ver- 
hältnis der ganzen Länge zum letzten Umgang = 1: 0'82. Mündung genau halbmondförmig, Spirale niedrig. 
Spindelregion in der mittleren Partie ein wenig geschwungen. Letzter Umgang längs der Nacht abgeflacht. 

Zahl der untersuchten Stücke: I. 


Fundort und Vorkommen: Wie bei den vorhergehenden, 


Nachtrag. 


Eine Anzahl schlecht erhaltener Mollusken-Überreste, die teils zu Ostreiden, teils zu Gastropoden 
gehören, wurden einer Untersuchung nicht unterzogen. 


') Coquand: Ge£ol. et Pal. d.l.prov. de Constantine. Me&m. soc. &mul. d.]. Provence. II, 1862, pag. 152, Tab. 172, Fig.1. 
2) Observ. geol. et pal. s. 1. reg, d. Gomalis et Ouarsanguelis. ]. c. pag. 36, Tab. I, Fig. 2. 


DIE FOSSILEN CAVICORNIA VON SAMOS, 


Von 
Max Schlosser 


in München. 


Mit zehn Tafeln (Tafel VII (IV) bis XVI (XII) und 16 Textabbildungen. 


. Bei der verhältnismäßig geringen Entfernung zwischen der längstbekannten Lokalität Pikermi und 
der, erst vor etwas über zehn Jahren näher untersuchten Lokalität Samos, sowie bei dem Reichtum 
an Überresten von Hipparion gracile, welcher beiden Fundstätten eigen ist, hätte man erwarten dürfen, daß 
die aus Pikermi beschriebenen fossilen Antilopenarten auch sämtlich oder doch zum größeren Teile wieder 
in Samos zum Vorschein kommen würden. 

Allein schon in dem provisorischen Artenverzeichnis, welches Forsyth Major bald nach der 
Sichtung seiner Funde veröffentlicht hat, finden wir ungefähr ebenso viele neue Arten als solche, welche Samos 
mit Pikermi gemein hat. Ob und wie weit die damaligen Bestimmungen dieses Autors auch jetzt noch zu- 
treffen, werden wir im Laufe der Untersuchung noch oft genug zu prüfen haben, vorläufig können wir hievon 
gänzlich absehen. Dafür möchte ich jedoch an dieser Stelle das Wesentlichste, was mir aus der spärlichen 
Literatur oder aus eigener Erfahrung über das Vorkommen von fossilen Säugetieren auf Samos und über 
dort vorgenommene Ausgrabungen bekannt ist, in möglichster Kürze erwähnen, 

Die Literatur beschränkt sich eigentlich immer noch auf die Mitteilung Forsyth Majors — 
»Le Gisement ossifere de Mitylini, Lausanne 1892«. — Die späteren Publikationen dieses Autors betreffen 
Samotherium und andere Camelopardaliden sowie Leptodon und Mustela und haben daher für unsere 
Betrachtungen kein weiteres Interesse. Die wenigen Veröffentlichungen anderer Autoren, in welchen die 
Lokalität Samos gelegentlich erwähnt wird, können aus dem nämlichen Grunde vollständig ignoriert werden, 
Viel wichtiger sind dagegen für uns die Angaben, welche Forsyth Major über die früheren und über 
seine eigenen Untersuchungen auf Samos macht. 

Da finden wir nun, daß schon den alten Griechen das Vorkommen fossiler Knochen nicht entganger 
war, wenn sie auch in der richtigen Deutung irrten, insofern sie diese Reste den Amazonen oder den 
Neaden zuschrieben. In geologischer Hinsicht wurde Samos vor Forsyth Major nur von Spratt unter- 
sucht, der zwar auf die dortigen jungtertiären Süßwasserschichten — sandige Mergel, Sandsteine und Ge- 
rölle — aufmerksam machte, aber keine fossilen Knochen darin gefunden zu haben scheint. Etwas später 
brachte Gu&rin eine kurze Notiz, daß schon im Altertum das Vorkommen fossiler Knochen auf Samos 
bekannt gewesen sei, und diese Notiz veranlaßte Forsyth Major, in den Jahren 1887 und 1889 auf 
dieser Insel Ausgrabungen vorzunehmen, von deren Ergiebigkeit er im voraus überzeugt war, da auch 
schon kurz vor ihm ein Arzt in Mitylini, Dr. Achilles Stephanides, verschiedene Tierreste in der Um- 
gebung dieser Stadt gesammelt hatte. Die Sammlungen, welche Forsyth Major zusammengebracht hat, 
gelangten teils in Privatbesitz des Herrn William Barbey in Valleyres bei Orbe, Kanton Waadt, teils in 
das britische Museum für Naturkunde in London. 


Dr Max Schlosser. [2] 


Bald nachher unternahm Dr. K. Von dem Borne im Auftrage von B. Stürtz in Bonn ebenfalls 
eine Ausgrabung auf Samos. Die von ihm gefundenen Objekte kamen sämtlich oder doch zum größeren 
Teile in das königliche Naturalienkabinet in Stuttgart. Durch verschiedene, auf Samos wohnhafte Händler 
erhielt auch noch das eine oder andere Museum fossile Säugetierreste von dort, jedoch bin ich hierüber 
nicht näher unterrichtet, auch kann das’ auf diese Weise zerstreute Material nicht allzu reichlich sein, 


Meine hier vorliegende Arbeit basiert ausschließlich auf den Objekten, welche Eigentum der Mün- 
chener paläontologischen Sammlung des Staates sind. Sie wurden zum größeren Teile von Herrn Geheimen 
Hofrat Theodor Stützel im Jahre 1897 auf Samos gesammelt und in liberalster Weise dem hiesigen 
Museum geschenkt, teils stammen sie von den Ausgrabungen, welche Herr Albert Hentschel in den 
Jahren 1901 und 1902 auf Samos vorgenommen hat. Dieses mir vorliegende Material dürfte zum mindesten 
der Quantität nach sehr gut mit den Kollektionen Forsyth Majors einen Vergleich aushalten, nur scheinen 
in. diesen die Schädel einiger Arten besser vertreten zu sein, was aber ebenfalls wieder durch manche 
bessere Stücke der Münchener Sammlung ausgeglichen werden dürfte. Diese Verschiedenheit in dem Grade 
der Vollständigkeit der Erhaltung ist jedoch voraussichtlich so gering, dafs ich ohne Bedenken auf die Be- 
nützung fremden Materials verzichten konnte. So reichhaltig nun die von Herrn Geheimem Hofrat Theodor 
Stützel zusammengebrachte Kollektion ist, so hat sie doch durch die von Herrn Hentschel veranstalteten 
Ausgrabungen in mehrfacher Hinsicht sehr wertvolle Ergänzungen erfahren, und es ergibt sich aus dem 
Studium des mir vorliegenden Gesamtmaterials, daß nicht nur die verschiedenen Fundplätze, sondern auch 
die einzelnen petrographisch verschiedenen Ablagerungen eine nicht unwesentlich verschiedene Zusammen- 
setzung ihrer Faunen aufweisen, ja selbst die petrographisch gleichartigen Ablagerungen können je nach 
der Tiefe recht fühlbare Abweichungen in dem Charakter ihrer Fauna zeigen. 


Wie der Titel der vorliesenden Arbeit ersehen läßt, beschränke ich mich auf die Beschreibung der 
auf Samos vorkommenden fossilen Antilopen und Ovinen, denn über diese ist bis jetzt, abgesehen von der 
schon zitierten Fossilliste, welche Forsyth Major veröffentlicht hat, nichts weiter bekannt geworden. 
Die Camelopardaliden, welche auf Samos durch mindestens zwei Gattungen und mindestens drei Arten 
vertreten sind, werde ich ganz aufser acht lassen, weil das Material der Münchener Sammlung für die Be- 
arbeitung dieser Gruppe kaum genügen dürfte und weil hier außerdem der Mangel einer Monographie 
auch weniger fühlbar ist als beiden Antilopen und Ovinen, welche sich mit Hilfe der Arbeiten Gaudrys 
über die Faunen von Pikermi und von Mont Leb£eron nur zum Teile bestimmen lassen; denn wie wir sehen 
werden, bestehen zwischen den Faunen dieser Lokalitäten und jener von Samos ganz erhebliche Unterschiede. 
Aber noch weniger genügt für die Bestimmung der Antilopen und Ovinen von Samos die Arbeit von Rodler 
und Weithofer über die Wiederkäuer von Maracha, denn abgesehen von dem schon an sich ziemlich 
dürftigen Material aus Persien und der geringen Zahl der Arten, welche Maragha mit Samos gemein hat, 
leidet die Arbeit dieser beiden Autoren auch an einer höchstbedauerlichen Geringschätzung der Gebisse, 
welche doch zum mindesten ebensoviel Berücksichtigung verdienen wie die Hörner. Ich verzichte jedoch 
hier auf eine sehr naheliesende Kritik dieser Abhandlung. Um so lieber erkenne ich hingegen die wert- 
vollen Dienste an, welche mir die beiden Gaudryschen Monographien geleistet haben, an welchen nur 
das auszusetzen wäre, daß die Abbildungen der Zähne die Details nicht scharf genug erkennen, lassen und 
daß die doch so wichtigen Ansichten der Kauflächen leider in allzu geringer Anzahl beigegeben wurden, 
ein Mangel, welcher jedoch fast allen ähnlichen Publikationen aus jener Zeit gemeinsam ist und daher dem 


Autor nicht weiter zum Vorwurf gemacht werden darf. 


Die Anregung zur vorliegenden Arbeit verdanke ich meinem, leider viel zu früh dahingeschiedenen 
Lehrer und langjährigen, hochverehrten, gütigen Vorstand, Herrn Geheimrat Prof. K. A. v. Zittel. 
Ich erfülle daher nur eine dringende Pflicht, wenn ich ihm an dieser Stelle meinen innigsten Dank nachrufe. 


Die Arbeit war bereits vor nahezu einem vollen Jahre fertiggestellt, verschiedene Umstände ver- 
zögerten jedoch ihr Erscheinen, Um so dankbarer bin ich daher den Herren Prof. Dr. V. Uhlig und 
Prof. Dr. ©. Diener für die große Liebenswürdigkeit, der vorliegenden Abhandlung einen Platz in dieser 
Zeitschrift einzuräumen. 


[3] Die fossilen Cavicornia von Samos. 


[97 
& 


Beschreibung der Arten. 


Bubalidinae. 
Criotherium F. Major. 


Große Antilope mit hoher, langer, schmaler Schnauze, mit fast horizontaler, aber von der Stirn 
an rasch aufsteigender Profillinie, mit dünnen, dem kleinen aber hohen Cranium dicht anliegenden Jochbogen, 
mit senkrecht stehender Hinterhauptfläche und kurzen, an der Basis stark verdickten, stark gewundenen und 
gekielten, aufwärts stehenden Hörnern. Gebifs semihypselodont, Hals kurz und plump, Extremitäten lang 


und schlank. 


Criotherium argalioides F. Major. 
Tat IV. W, Bis, 15,7; Tat: V (I), Bie TA, 6,9, 10. 
1892. Forsyth Major. Le gisement ossifere de Mytilini, pag. II. 

Von diesem merkwürdigen Wiederkäuer hat der erwähnte Autor nur eine sehr kurze Schilderung 
gegeben, in welcher von gewissen Anklängen an Damalis einerseits und an Ovis Argali und anderen 
Wildschafen die Rede ist. 

Das Münchener Museum erhielt von diesem Tiere durch Herrn Th. Stützel drei ziemlich voll- 
ständige Schädel, zwei Cranien mit Hörnern, zwei Gesichtsschädel mit beiden oberen Zahnreihen, eine ganze 
obere Zahnreihe, ferner sieben obere Molaren und vier Prämolaren, zum Teile noch in Zusammenhang be- 
findlich, ferner einen oberen Milchzahn, D 3, stark beschädigt, fünf annähernd vollständige Unterkiefer und sieben 
Bruchstücke mit unteren Molaren und Prämolaren, ferner fast sämtliche Halswirbel von vier Individuen, 
einen hinteren Rückenwirbel sowie je ein Fragment von Femur, Tibia und Metatarsus. Unter dem später 
von Herrn Hentschel gesammelten Material ist Criotherium durch zwei ganze Schädel, durch drei 
Gaumenstücke mit den beiden oberen Zahnreihen, durch sechs vollständige und ebensoviele Fragmente von 
Unterkiefern sowie durch je einen Ober- und Unterkiefer mit den Milchzähnen vertreten. Zwei noch im 
Zusammenhang befindliche Oberkiefer und ein rechter Unterkiefer stammen anscheinend von dem nämlichen, 
noch ziemlich jungen Individuum und verdienen besonderes Interesse, weil die Zähne nur ganz wenig ab- 
gekaut sind und folglich genauen Aufschluß über die ursprüngliche Höhe und ihren ursprünglichen Bau 
geben. Auch diese Kollektion enthält die noch in Zusammenhang befindlichen Halswirbel von zwei Indi- 
viduen sowie einige, fast vollständige Extremitätenknochen, Humerus, Femur, Tibia, Tarsus und Metatarsus, 
die drei letzteren waren noch fest miteinander verbunden. Endlich dürfen auf Criotherium auch drei 
Symphysenstücke mit den Schneidezähnen bezogen werden. 

Die Überreste von Criotherium sind ausschließlich auf die braunen Tuffe beschränkt. 

Schädel. Derselbe zeichnet sich vor allem durch die lange, schmale, gerade Schnauze, durch die 
sanft und gleichmäßig ansteigende Stirn, durch die schwachen, kurzen, erst weit oberhalb und weit hinter 
dem letzten Molaren beginnenden Jochbogen, ferner durch die senkrecht ansteigende Hinterhauptsfläche 
und die verhältnismäßig kurzen, aber mit ziemlich dicht beisammenstehenden Spiralen sowie mit starken 
Kielen versehenen Hörner aus. Leider sind die Knochen sehr stark korrodiert, so daß der Verlauf der 
Suturen nur teilweise sichtbar wird. 

Die Länge der Schnauze läßt sich bloß mit Hilfe der Unterkiefersymphyse ermitteln, weil die 
Zwischenkiefer an allen Schädeln weggebrochen sind, doch müssen sie entsprechend der Länge des Unter- 
kieferdiastema sich ziemlich weit nach vorn erstreckt haben. Die vordere Nasenöffnung war bedeutend 
breiter als die Nasenbeine oberhalb des vordersten Prämolaren und die Nasenbeine selbst sind vorn we- 
sentlich breiter als oberhalb des nicht sehr großen und nahe an P2 stehenden Foramen infraorbitale. Die 
Profillinie beginnt von der hinteren Partie der Nasenbeine an sehr rasch anzusteigen. Die ziemlich hohen 
Oberkiefer stehen nahezu vertikal. Die Tränenbeine bilden nach vorn zu einen spitzen Winkel, ihre hintere 


24 Max Schlosser. 4 


zZ 


Partie nimmt an der Bildung: des Orbitalrandes teil. Die Tränengruben haben zwar geringe Tiefe, sind 
aber dafür stark in die Länge gezogen. Sie bestehen außer aus den Tränenbeinen auch aus dem vorderen 
Teil der Malarbeine. Ethmoidallücken sind nicht mit voller Sicherheit nachweisbar und können höchstens 
als Spalt entwickelt gewesen sein. Die Jochbogen sind sehr zierlich im Verhältnis zur Größe des Schädels, 
sie liegen der Schädelbasis sehr dicht an, Unterhalb der vollständig geschlossenen Augenhöhle ist das 
Malarbein mit einer deutlichen Kante versehen. Die Augenhöhle hat nahezu kreisrunde Form; sie ist nur 
wenig nach vorwärts gerichtet und vom letzten Molaren fast ebenso weit entfernt wie von der Basis des 
Horns. Die Orbitalränder springen nirgends weit vor. Die Stirnbeine reichen beinahe ebenso weit nach 
vorn wie die Tränenbeine. Gegen den Scheitel steigen sie als breite Fläche steil und gleichmäßig an, 
jedoch bildet ihre Mittellinie eine stumpfe, nach beiden Seiten abfallende Kante. Sie sind mit zahlreichen, 
weiten Lufthöhlen versehen. Die engen Gefäßlöcher liegen weit vor der Basis der Hörner, welche den 
oberen und hinteren Teil der Stirnbeine ganz für sich in Anspruch nehmen und nur in der Mitte einen 
etwa fingerbreiten Raum freilassen. Die Scheitelbeine sind infolge der riesigen Verdickung der Hornbasis 
ganz vom Schädeldach verdrängt worden und liegen nunmehr vollkommen in einer Ebene mit der senkrecht 
ansteigenden Hinterhauptsfläche, jedoch sind sie gegen das Occiput doch sehr deutlich durch einen 
dicken Wulst abgegrenzt. An der Bildung der Seitenwände des Craniums nehmen sie so ziemlich in dem- 
selben Maße teil wie die Squamosa. Das Occiput hat genau die Form eines Halbkreises. Die Condyli sind 
ziemlich groß, jeder von ihnen ist etwa ebenso breit wie der Querdurchmesser des Foramen magnum. 
Der nicht sehr lange Processus paroccipitalis stellt einen ziemlich massiven, etwas nach vorwärts gekrümmten 
Kegel dar. Die bohnenförmigen Bullae osseae sind im Verhältnis zu dem breiten massiven Basioceipitale 
auffallend schwach entwickelt. Die Glenoidgrube erscheint als gerundetes, nahezu ebenes Rechteck, Der 
äußere Gehörgang liegt ziemlich genau unterhalb des Hinterrandes der Hornbasis. Der innerhalb der Zahn- 
reihen fast überall gleich breite Gaumen bildet mit den Pterygoidea einen sehr stumpfen Winkel, dagegen 
nähert sich der Winkel zwischen diesen letzteren und der Schädelbasis schon beinahe einem rechten. Über 
die Lage der verschiedenen Foramina gibt das vorhandene Material keine genügende Auskunft. 

Unterkiefer mit Coronoid-, Eck- und Gelenkfortsatz sind nicht vorhanden. Die vorliegenden Stücke 
lassen nur soviel erkennen, daß die Zahnlücke ziemlich lang gewesen sein dürfte, 

Die Hörner zeigen höchst merkwürdige Verhältnisse, Sie sitzen mit breiter Basis dem Schädel auf 
und reichen bis an die Naht zwischen den Stirn- und Scheitelbeinen; nur zwischen den Hörnern bleibt ein 
kleiner Teil der Stirnbeine, etwa fingerbreit, frei. Die Richtung der Hörner ist vorwiegend vertikal, die 
Auswärtsbiegung ist nicht bedeutend. Die Basis hat gerundet dreieckigen Querschnitt und ihr Durchmesser 
ist mindestens halb so groß als die Länge der Hornzapfen. Von unten, und zwar von der Hinteraußen- 
ecke aus verlaufen gegen die Spitze zu, und zwar zuerst nach einwärts, drei Längskiele, von denen jedoch 
nur einer zu einer scharfen, weit vorspringenden Kante wird. Im obersten Drittel verjüngt sich der Horn- 
zapfen ungemein rasch. Die Drehung der Spirale ist eine gleichsinnige, indem die Spitze des linken Horns 
nach links und die des rechten nach rechts schaut. Die Spirale bildet selbst bei den größten Exemplaren 
nicht ganz zwei volle Umgänge. Da sämtliche bis jetzt vorhandenen Schädel Hörner tragen, 
so dürfen wir annehmen, daß auch die Weibchen Hörner besessen haben, wenn auch die 
der Männchen aller Wahrscheinlichkeit nach die größeren waren. 

Gebiß. Die Ineisiven und Caninen, welche ich allerdings nur mit Vorbehalt zu Criotherium_ stelle, 
sind im Verhältnis zu den Backenzähnen sehr klein und untereinander auch in der Form sehr wenig ver- 
schieden. Infolge ihrer geringen Breite erinnern sie viel eher an solche von Hirschen, namentlich an 
jene von Alces, jedoch sind sie bedeutend kleiner, fast nur halb so groß als bei diesem. Die Milchzähne 
bieten nichts besonderes; sie gleichen, abgesehen von ihrer geringeren Höhe und ihrer Gestrecktheit, durch- 
aus den Prämolaren resp. Molaren, nur sind die Rippen und Falten kräftiger entwickelt. 

Was die Molaren und Prämolaren betrifft, so sind die letzteren wie immer niedriger als die Molaren 
und diese wiederum stehen zwischen Brachyodontie und Hypselodontie ziemlich genau in der Mitte, Frische 
Kronen sind an der Spitze nur halb so breit als an ihrer Basis. Der Schmelz weist mäßig starke Runzelung 
auf. Von den oberen Molaren besitzt nur der erste eine Basalwarze, die unteren haben sämtlich einen Basal- 


[5] Die fossilen Cavicornia von Samos. 25 


z 


pfeiler, der zwar nicht sehr hoch wird, an M2 aber verdoppelt ist, insofern hier zwei mit den Spitzen kon- 
vergierende Säulchen vorhanden sind. Innenfalten kommen an den unteren M nur in der Vorder- und Hinter- 
ecke vor. An den oberen M trägt die Außenseite drei Falten — vorn, in der Mitte und am Hinterende, 
die letzterwähnte verschwindet jedoch im Verlauf der Abkauuung. Ebenso wird auch die am zweiten 
Außenhöcker befindliche Vertikalrippe im Gegensatz zu jener am ersten Außenhöcker sehr bald undeutlich, 
Die Sporne sind in den Marken der Molaren sehr schwach entwickelt, um so kräftiger dagegen ist jener 
des oberen P4. Ein Basalband kommt ganz ausnahmsweise an der Innenseite des oberen M3 vor. Sehr 
bemerkenswert ist die konkave Krümmung der Innenseite, welche die oberen Molaren von hinten gesehen 
aufweisen. An den unteren Molaren ist die Verbindung der Innenhöcker mit den Außenmonden eine sehr 
innige und gleichmäßige, an den oberen Molaren bleiben die Innenenden der Halbmonde sehr lange von- 
einander getrennt, bei weiter vorgeschrittener Abkauung verlaufen sie parallel gegen die Mitte der Außen- 
wand und schließen zwischen sich einen schmalen langen Spalt ein. Der dritte Lobus des unteren M3 ist 
anfangs sehr klein, nahe seiner Basis wird er jedoch doppelt so breit und doppelt so lang. Die Hinter- 
außenecke des oberen M 3 springt ziemlich weit vor. 

An den oberen Prämolaren, namentlich an ?P2 und ?3 steht der Außenhöcker sehr weit vorn, 
auch zeichnen sich diese Zähne durch die Stärke ihres Innenmondes aus. Eine Einbuchtung dieses Innen- 
:mondes kommt nicht vor. Am unteren P4 bildet der Innenhöcker einen hohen, nur mit dem Außenhöcker 
verbundenen Pfeiler, an P3 ist er hingegen nur als eine schräg nach unten und hinten verlaufende Kulisse 
entwickelt. Beide Zähne besitzen außerdem noch vor und hinter dem Außenhöcker eine besondere Kulisse, 
an P2 fehlt die vordere. Das Gröfsenverhältnis der P zu den M ist meist ein sehr primitives, ähnlich wie 
bei den Hirschen, während bei den lebenden Antilopen sehr häufig Reduktion der P erfolgt ist. Be- 
merken muß ich jedoch, daß etwa die Hälfte der Unterkiefer auffallend kleine ? besitzt und daß bei diesen 
auch am unteren P4 die Vertikalfurche an der Außenseite hinter dem Haupthöcker fehlt, die bei den Kiefern 
mit großen P stets vorkommt. Ich war deshalb auch längere Zeit im Zweifel, ob ich diese Stücke doch 
zu Criotherium stellen solle. 


Dimensionen des Schädels. 


Länge des Schädels vom Foramen magnum bis zum Vorderrande des P2 = 276 mm. 

» » » » » » Su » » Zwischenkiefers = 340? mm. 

» » » von der Nasenspitze bis zum Vorderrand der Hornbasis = 250 mm. 
Höhe der Schnauze vor P2—= 74 mm. 

» des Schädels oberhalb M3 = 120 mm. 

» » » zwischen Basisphenoid und dem höchsten Punkte der Stirnbeine = 160 mım. 
Länge des Gaumens von ?2 bis zum Pterygoid = 130 mm. 
Breite der Stirn an den Augenhöhlen = 150 mm. 
Abstand des Foramen magnum vom höchsten Punkte der Stirnbeine = 152 man. 


» der beiden Jochbogen voneinander unterhalb der Augenhöhle = 130 mn. 
» » » Hinterhauptscondyli = 75—80 mm. 

Größter Abstand der Hörner an ihrer Basis = 145 » 
» » » » » den Enden = 200 » 


Größter Durchmesser der Hornbasis (Maximum) — 100 mın, im Minimum — 90 nm. 
Querdurchmesser und Länge des Horns (Maximum) — 160— 170 mn; Minimum — 140 mm. 
Länge der oberen Backenzahnreihe — Io mn, frisch, an der Basis; bei kleinen P—= 98 mm. 


» » 3 oberen M=74 mm, frisch an der Basis. 
» » oberen P=45 mm bei großen, 40 mn bei kleinen P, 
» » unteren Backenzahnreihe frisch — 120 mm bei großen, 115 ınm bei kleinen P, alt. 
» » 3 unteren P=42—48 mm, P4 groß Länge = 18:5 mm; Breite = I2 mm. 
» 2 » M=73—75 » Pa4klein 2 N » =, 

Höhe des oberen M3 frisch—=26 » Länge desselben =25 » Breite desselben = 23 mm. 
» DE unterempV ser > » —55005> » » = 


Unterer MI Länge = 20 mm; Breite = 14 mm; Höhe = 115 mm; von dem nämlichen Kiefer wie M3. 
Länge der Unterkieferzahnlücke — 54 mm. 
Höhe des Unterkiefers vor MI=38 mm, hinter M3 — 47 mm. 


Beiträge zur Paläontologie Oesterreich-Ungarns. Bd. XVII. 4 


8 Max Schlosser. [6] 


Unterer D2 Länge = 12'3 mm; Breite = 6'2 mm; Höhe= 75 mm. 
> D3 y =158 »  =95 » » — Io » 
» Din =20 > y» =ıa, 8 »_l4 » 


Länge der drei unteren D—=53 mın. 

Oberer D2 Länge = I7 mın; Breite = 103 mm; Höhe = II mm; 

> D3 >  =19 >» » —=125 » m» =14 > 

Länge der drei oberen D = 50 ? mm. 

Wirbel. Mit jedem der besser erhaltenen Schädel zusammen fanden sich auch fast alle dazu ge- 
hörigen Halswirbel, so daß wenigstens in diesem Falle die Genus- und Speziesbestimmung keine Schwierig- 
keiten bietet. Sie zeichnen sich durch ihren kurzen gedrungenen Bau aus und nähern sich hierin jenen von 
Bos. Der Atlas unterscheidet sich jedoch durch die Dicke seiner Wandungen und durch den weiteren 
Abstand seiner Arterienkanäle, und am Epistropheus ist der Körper breiter und plumper, der Odontoidfortsatz 
kürzer und der Dornfortsatz mehr in die Länge gezogen. Dagegen sind die Zygapophysen kürzer als bei 
Bos, was sich dann auch an den übrigen Halswirbeln wiederholt, die sich außerdem auch durch ihre 
Plumpheit und die relative Länge der oberen Bogen sowie durch die auffallende Enge des Rückenmarkkanals 
von den Wirbeln von Bos unterscheiden. In der Größe kommen sie denen eines mittelgroßen Individuums 
von Bos faurus aus den Pfahlbauten ziemlich nahe. Entsprechend dem massigen, schweren Kranium sind 
sie mit äußerst kräftigen Muskelansätzen versehen. Ein Vergleich mit den Wirbeln von Antilopen ist mir 
wegen Mangel an rezentem Material nicht möglich, ich möchte jedoch bemerken, daß der Hals bei der 
nahestehenden Gattung Bubalis wenigstens nach der Abbildung, welche Gaillard kürzlich gegeben hat,!) 
im Verhältnis zum Schädel etwas länger und zierlicher sein dürfte als hier bei Criotherium. 


Länge des Atlas = 57 mm. Breite desselben mit den Flügeln = 97 mm. 
> » Epistrobheus = 70 mm; Breite desselben =67 mn an den proximalen Gelenkflächen für den Atlas. 
> » letzten Halswirbels = 37 mm, am Wirbelkörper. 
» » Halses etwa 350 mm. 

Extremitätenknochen. Die Zahl der vorliegenden Knochen, welche bereits oben erwähnt 
wurden, ist im Verhältnis zur Menge der Schädel äußerst gering und selbst diese wenigen Stücke gestatten 
wegen der starken Verdrückung nur teilweise die Angabe von Maßzahlen. Immerhin geht aus der geringen 
Breite des Oberendes des Metacarpus und aus der Länge von Tibia und Metatarsus doch mit voller Sicher- 
heit hervor, daß die Knochen insgesamt sehr schlank und auffallend lang gewesen sein müssen, im Ver- 
hältnis sogar länger als jene von Bubalis, welche Gaillard abgebildet hat, 1. c. pag. 73. 


Humerus. Länge — 280? mm; größter Durchmesser am Caput — 90? mm; Breite der Trochlea — 70 mm? 


Metacarpus. Breite des proximalen Endes — 54? mm. 
Femur. Länge—320 ? mm; Dicke der Diaphyse — 42? mm; größter Durchmesser des inneren Condylus = 108 mm 
Tibia. Dr 60 E22 e> » » =m »: » » » Unterendes = 57» 


Astragalus. Höhe = 77 mn; Breite — 39 mm; Cuboscaphoid. Höhe — 27 mm; Breite — 50 mm. 

Metatarsus. Länge — 385 mm; Breite am Oberende — 43 mm; Dicke in Mitte der Diaphyse = 30 mm; 

Größter Abstand der beiden Gelenkrollen = 5I mm; Höhe derselben — 26 mm. 

Höchst bemerkenswert erscheint die Anwesenheit von Rudimenten des Metatarsale II und V, Das 
etwas längere — 28 mm — bohnenförmige M£ V liegt in der Vertiefung des M£2I/V und des Cuboird, das 
kleinere, ungefähr halbkreisföormige Mt II in der Rinne zwischen M&# IV und IIJ, artikuliert aber nur mit 
dem letzteren. 

Unter den fossiien Antilopen kommt eine indische, Alcelaphus palaeindicus?) wenigstens im 
Schädelbau der Gattung Criotherium sehr nahe, denn sie besitzt gleichfalls eine lange schmale Schnauze, 
flache große Tränengruben und eine breite Stirne. Auch ist der Verlauf der Profillinie und die Form der 
Augenhöhle sehr ähnlich. Dagegen bestehen im Zahnbau wesentliche Unterschiede — die oberen Molaren 
sind schmäler — auch sind die Hörner einfacher aber viel länger und stehen auch weiter vorn, die Stirn- 


1) La Faune momifiee de l’ancienne Egypte. Archives du Museum d’Histoire naturelle, Lyon 1903. Tome VIII, 


pag. 73, Fig. 39. 
2) Lydekker: Indian Tertiary and Posttertiary Vertebrata. Siwalik Mammalia. Palaeontologia Indica Ser. X, 


Vol, IV. Supplement I 1886, pag. 14, pl. IV, Fig. 3—5. 


[7] Die fossilen Cavicornia von Samos. 27 


beine sind stärker gewölbt und die Hinterhauptfläche steigt nicht senkrecht, sondern schräg nach hinten an. 
Endlich inserieren die Hörner viel weiter vorn; Alcelaphus palaeindicus schließt sich an die Formen, 


welche jetzt als Genus Damaliscus zusammengefaßt werden, schon sehr innig an. 


Eine gewisse, freilich nur zufällige Ähnlichkeit mit dem Schädel von Criotherium zeigt die Seiten- 
ansicht des Schädels von Pemibos (Hernibos) occipitalis Falc., wie ihn Lydekker!) abbildet, denn auch 
hier steigt die ziemlich hohe Hinterhauptfläche senkrecht an, auch befindet sich die Mitte der Hornbasis 
ziemlich genau oberhalb der Bulla ossea und die Hinterseite des Horns selbst fällt noch genau in die 
Ebene, welche durch Verlängerung der Hinterhauptfläche nach aufwärts entstehen würde. Dagegen biegen 
sich die jedenfalls auch viel längeren Hörner stark nach außen, die Augenhöhlenränder springen viel weiter 
vor und die Nase ist breiter. 

Unter den Antilopen aus der chinesischen Hipparionenfauna, welche allerdings bis jetzt nur in 
isolierten Zähnen oder doch nur in Gebißfragmenten bekannt sind, steht Pleszaddax Depereti?) anschei- 
nend ziemlich nahe. Der Typus der Prämolaren und Molaren ist der nämliche, nur ist die Reduktion — 
Verkleinerung — der Prämolaren und die Komplikation der oberen Molaren durch Erweiterung der Inseln 
zwischen den Innenenden der Halbmonde und die Bildung von Spornen in den Marken weiter vorgeschritten, 
doch ist es sehr wahrscheinlich, daß beide Gattungen auf eine gemeinsame Stammform zurückgehen, welche 
allerdings auch dem Ursprung der Gattungen Alcelaphus und Boselaphus in den Siwalik und der Gattungen 
Pseudobos und Paraboselaphus in China sowie der in beiden Gebieten vorkommenden Gattung ‚Sfrepsiceros 
nicht allzu fern steht. 

Unvergleichlich näher als diese ebengenannten Formen steht ein Wiederkäuer aus Maragha in 
Persien, Urmiatherium Polaki Rodler,°) welches man bisher für einen Sivatheriinen gehalten hat. Dieser 
Irrtum ist nun freilich sehr begreiflich, denn man kannte von diesem Tier bisher nur das Hinterhaupt mit 
den Stummeln der beiden Hornzapfen. Die Ähnlichkeit dieses Urmiatherium mit Criotherium ist in der 
Tat so groß, daß es höchst zweifelhaft erscheint, ob wir es wirklich mit verschiedenen Gattungen zu tun 
haben. Beide haben die Anwesenheit von ausgedehnten Luftkammern und die vertikal ansteigende Hinter- 
hauptfläche sowie die nämliche Lage der Hornzapfen und die Verdrängung der Scheitelbeine in die Hinter- 
hauptfläche miteinander gemein. Solange wir jedoch die Zähne von Urmiatherium nicht kennen, geht es 
doch nicht wohl an, den Genusnamen Criotherium durch den Namen Urmiatherium zu ersetzen, welchem 
unstreitig die Priorität gebühren würde. Dagegen halte ich es immerhin für sehr wahrscheinlich, dafs die 
Maragha-Form von jener aus Samos spezifisch verschieden ist, denn sie ist anscheinend etwas größer und ihre 
Hörner legen sich vermutlich auch etwas mehr zurück als die von Criotherium. Unter Urmiatherium muß 
wohl jenes » Criotherium argalioides« verstanden werden, welches Robert Günther) aus Maragha zitiert hat. 


Auch mit gewissen Antilopen der Gegenwart hat Criotherium mehrfache Ähnlichkeit, zwar nicht im 
Zahnbau, wohl aber im Bau des Schädels und im Gesamthabitus. Es sind dies die Gattungen Damaliscus 
und Connochaetes einerseits und Bubalis anderseits, die übrigens selbst wieder miteinander sehr nahe 
verwandt sind. Damaliscus stimmt mit Criotherium überein in der Form der Schnauze, in der Länge und 
Seichtheit der Tränengrube, in der Form der Jochbogen und in der Form und Lage der Augenhöhle, in der 
Weite des Stirnnasenbeinwinkels sowie in der Lage der Hornbasis im Verhältnis zum Gesichtsschädel. Da- 
gegen ist die Schnauze von Criotherium höher und die Nase breiter, die Scheitelbeine sind ganz auf die 
Hinterhauptfläche gedrängt, die Bullae osseae sind schwächer, die Paroccipitalfortsätze aber plumper. Die 


ziemlich schlanken Hörner von Damaliscus haben eine ganz andere Form, auch unterscheidet sich Dama- 


1) Lydekker: Tertiary and Posttertiary Vertebrata. Palaeontologia Indica Ser. X, Vol. I, Part. III, Crania of 
Ruminants, pag. 54 (141), pl. XXI, Fig. 2. 

2) Schlosser: Die fossilen Säugetiere Chinas. Abhandlung. der II. Klasse der königl. bayr. Akademie d. Wiss., 
Bd. XXII, ı. Abt., 1903, pag. 146, Taf. XII, Fig. 20, 23—27. 

3) Alfred Rodler: Über Urmiatherium Polaki. Denkschrift. der kais. Akad. d. Wiss, Wien, math. naturw. 
Klasse, 1889, Bd LVI, pag. 303—314, 4. Taf. 

*) Pliocene Mammalia of the Bone Beds of Maragha. Journal of the Linnean Society of London, Vol, 27, 1890, 
pag. 376378. 

4* 


28 Max Schlosser. [8] 


liscus von Criotherium durch die primitive Beschaffenheit seines zwar kleinen, aber schön gewölbten 
Craniums. Immerhin wäre die Ähnlichkeit zwischen beiden Gattungen eine viel bedeutendere, wenn bei 
Damaliscus die Hornbasis sich verdicken und die Hörner kürzer würden, weil sie dann die hintere Fläche 
der Stirnbeine bis auf eine schmale Furche bedecken und wahrscheinlich auch die Scheitelbeine mehr nach 
rückwärts und in die Hinterhauptfläche verschieben würden. 

In der Verdickung der Hornbasis zeigt Connochaetes große Ähnlichkeit mit Criotherium, nur hat 
hier infolge der riesigen Dicke der Hörner nicht bloß eine Reduktion der hinteren Partie der Stirnbeine, 
sondern sogar Reduktion der Scheitelbeine stattgefunden und überdies sind dieselben sogar noch weit nach 
rückwärts über die Hinterhauptfläche hinausgedrückt worden. Der Paroccipitalfortsatz von Connochaetes 
hat fast die nämliche Form wie bei Criotherium. Connochaetes unterscheidet sich jedoch wesentlich durch 
die flache Stirn und durch die kurzen Nasenbeine. Die Ähnlichkeit mit Bubalis äußert sich in der Kürze 
des Halses, in der Länge der Extremitäten und wohl auch in dem Gesamthabitus. 

Forsyth Major spricht auch von einer gewissen Ähnlichkeit zwischen der Gattung Criotherium 
und einigen Wildschafen — Ovis Polii, Nahur und Argali. — Sie besteht indes nur in der Dicke der 
Hornbasis, in der Anwesenheit von Kielen an den Hornzapfen, in der Drehung der Hörner, in der Form 
der Stirne und in der vertikalen Stellung der Hinterhauptfläche, aber diese Merkmale treffen zum Teile doch 
nur für den männlichen Ovinenschädel zu und beruhen offenbar auf der nämlichen Ursache, auf der Ver- 
dickung der Hornbasis. Die Anklänge an diese Schafarten erweisen sich somit als bloße Analogien und 
nicht als Zeichen von wirklicher Verwandtschaft. Das Gleiche gilt natürlich auch für Budorcas, bei welchen 
ebenfalls die Basis der Hornzapfen einen großen Raum einnimmt und die Stirnbeine mit zahlreichen Luft- 
höhlen versehen sind. 

Wenn wir die systematische Stellung von Criotherium ermitteln wollen, müssen wir unterscheiden 
zwischen vorhandenen primitiven Merkmalen und etwaigen Spezialisierungen. 

Als primitive Charaktere kommen in Betracht die ziemlich normale Länge der Unterkieferzahn- 
lücke und folglich auch der Zwischenkiefer, das sanfte Ansteigen der Profillinie bis zur Nasenwurzel, die 
tiefe und lange, aber nicht durchbrochene Tränengrube, das, abgesehen von der Anwesenheit von Lufthöhlen, 
sehr niedrige Cranium, die Kürze der Hörner und das Größenverhältnis der Prämolaren zu den Molaren. 

Als Spezialisierungen erweisen sich die ansehnliche Körpergröße, die weit hinten stehenden Augen- 
höhlen und Jochbogen, die senkrecht ansteigende Hinterhauptfläche, an deren Bildung sich nicht nur die 
Scheitelbeine sondern auch noch die Stirnbeine beteiligen, die Anwesenheit zahlreicher großer Lufthöhlen 
im Schädeldach, die Verbreiterung der Hornbasis und ihre Lage weit hinter den Augenhöhlen, die rasche 
Drehung der Hörner und der Besitz mehrerer Kiele auf den Hornzapfen, von welchen Kielen einer sich 
sogar zu einer weit vorspringenden Kante umgestaltet hat. Auch die Höhe der Molaren darf nicht ganz ver- 
nachlässigt werden, denn sie ist im Verhältnis zu dem geologischen Alter schon ziemlich beträchtlich. Die 
Spezialisierungen halten also den primitiven Merkmalen zum mindesten das Gleichgewicht, namentlich ist 
die Differenzierung der Hörner viel weiter vorgeschritten als bei allen übrigen Cavicorniern, so daß also 
Criotherrum kaum ernstlich als Stammvater einer lebenden Form in Betracht kommen kann. Wohl aber 
darf die Ähnlichkeit im Schädelbau mit dem von Damaliscus, dem fossilen indischen Alcelaphus und den 
Gattungen Bubalis und Connochaetes auch als Zeichen von wirklicher Verwandtschaft aufgefaßt werden. 
In bezug auf das Gebiß haben diese Gattungen freilich bedeutende Fortschritte gegenüber Criotherium auf- 
zuweisen, allein in der Spezialisierung der Hörner, wenigstens in dem Besitz von Kielen auf den Hörnern 
ist diese Gattung den lebenden entschieden überlegen. Die gemeinsame Stammform aller Bubalidinen hatte 
im Schädelbau offenbar schon große Ähnlichkeit mit Damaliscus, die Hörner waren hingegen noch ziemlich 
kurz, wenig nach rückwärts geneigt und ungekielt. Das Gebifß dürfte sich von dem der Gattung Criotherium 
nur wenig unterschieden haben, und da dieser Zahntypus auch bei den geologisch ältesten Hippotraginen 
im wesentlichen der nämliche ist, so wird es sehr wahrscheinlich, daß auch diese Unterfamilie auf die 
gleiche Urform zurückgeht wie die Bubalidinae. Immerhin muß die Trennung in diese beiden Gruppen 
schon vor der Hipparionenzeit erfolgt sein, da schon in dieser Periode mehrere Vertreter der Bubali- 
dinen, Criotherium und Alcelaphus existiert haben. 


[9] Die fossilen Cavicornia von Samos. 29 


Prodamaliscus n. gen. 
Große Antilope mit seitlich komprimierten Backenzähnen, kurzen Prämolaren, einfach gebauten, 
mäßig: hypselodonten Molaren ohne Basalpfeiler, mit langgestrecktem Schädel, mit sanft ansteigender,. auch 
am Cranium nur schwach abfallender Profillinie und weit auseinanderstehenden, stark divergierenden, nach 


rückwärts geneigten Hörnern von ovalem Querschnitt. 


Prodamaliscus gracilidens n. sp. 
Tat va Ds Eier 0:2. Tar Ve (IN) Bier 5,7, 8,107, 125 Nat. VI (ann), Bior4. 

Diese Form ist merkwürdigerweise in der Stützelschen Sammlung überhaupt nicht vertreten, 
dagegen enthält die zweite Hentschelsche Kollektion einen Schädel, an welchem freilich die Gesichts- 
partie und die Hörner zum größten Teile weggebrochen sind, ferner die beiden vollständigen oberen Zahn- 
reihen und den rechten Unterkiefer mit P3, Mı—M3 eines ziemlich jungen Individuums, vier Oberkiefer und 
sechs Unterkiefer mit Milchzähnen und teils mit einem, teils mit zwei Molaren sowie ein Unterkieferfragment 
mit P4 und den Hälften von P3 und Mı. Wahrscheinlich gehört auch ein rechter Unterkiefer mit stark ab- 
gekauten Zähnen hieher. Alle Stücke wurden in den weichen bräunlichen Tuffen gefunden. 

Obwohl an dem erwähnten Schädel bloß ein Teil des linken oberen, noch dazu stark abgekauten 
M3 erhalten ist, so glaube ich doch alle hier aufgezählten Reste auf ein und dieselbe Spezies beziehen zu 
dürfen, denn es ist nicht recht wahrscheinlich, daß die Kiefer eine andere Art repräsentieren als der Schädel, 
zumal da sie auch in ihren Dimensionen recht gut zueinander passen. 

Schädel: Die Länge der Kiefer, der geringe Abstand des letzten Molaren vom Hinterende der 
Nasalia und das schwache Ansteigen der Stirn lassen darauf schließen, daß die Gesichtspartie sehr lang 
und das Schädeldach nach vorn zu sehr mäßig geneigt war. Auch nach rückwärts fällt der Schädel bis 
zur Occipitalcrista nur ganz sanft ab. Letztere greift ein wenig über die steil nach rückwärts ansteigende 
Hinterhauptfläche hinaus. Im Verhältnis zur Gesichtspartie ist das im ganzen wohlgerundete Cranium auf- 
fallend klein. Die regelmäßig ovalen, mehr vorwärts als nach der Seite schauenden Augenhöhlen 
sind ziemlich groß und stehen weit ab vom letzten Molaren. Sie enden noch vor der Hornbasis. Die Tränen- 
grube nimmt zwar einen großen Raum ein, jedoch ist sie keineswegs tief eingesenkt. Stirnsinus dürften 
wohl kaum vorhanden gewesen sein, denn die Basis der Hörner steht nur wenig vom oberen Rande der 
Augenhöhlen ab. Sehr bedeutend ist dagegen der Abstand des Keilbeins vom Hinterrande des Gaumens. 
Die Oceipitalcondyli sind im Gegensatz zu den kleinen schräggestellten und seitlich komprimierten Bullae 
osseae sehr kräftig entwickelt. Die Hörner beginnen dicht hinter den Augenhöhlen und legen sich sofort 
stark zurück. Sie stehen weit voneinander ab und scheinen auch ziemlich stark zu divergieren. Ihr Quer- 
schnitt ist regelmäßig oval; die Breite ist beträchtlich größer als der Längsdurchmesser. Über die Länge 
und Gestalt, ob gerade oder spiralig, wissen wir nichts Näheres, höchstens könnte man aus der nur ganz 
geringen Verjüngung des noch vorhandenen Hornstummels auf ziemlich beträchtliche Länge schliefsen. Auch 
die Länge der Unterkieferzahnlücke ist hier nicht sicher zu ermitteln. 

Gebiß: Die Zähne sind bereits deutlich hypselodont, aber immerhin noch kaum höher als lang. 
Alle Molaren sowie die unteren Prämolaren zeichnen sich durch starke seitliche Kompression aus, erst 
unmittelbar an der Basis werden die oberen M fast ebenso breit als lang. Wirkliche Basalpfeiler fehlen 
normal vollständig und selbst der untere M ı trägt an ihrer Stelle nur ein kleines Wärzchen, hingegen aber 
ist der untere letzte Milchzahn — D4 — mit einem Basalpfeiler zwischen dem zweiten und dritten Außenmonde 
versehen. Die Falten der Molaren sind zwar gut, aber doch im Verhältnis zur Größe der Zähne recht zier- 
lich entwickelt. Von den beiden Rippen auf den Innenhöckern der unteren und den Aufßenhöckern der 
oberen Molaren. tritt nur die vordere etwas stärker hervor. Die Innenenden der Innenmonde der oberen 
Molaren bleiben lange von der Außenwand getrennt. Die Sporne in den Marken sind an den Prämolaren 
viel deutlicher als an den Molaren. Die oberen Praemolaren sind ebenso breit wie lang, auch P2 und P3 
nähern sich schon sehr der gewöhnlichen Form des oberen P4, indem der Innenmond einen fast regelmäßigen 
Halbkreis bildet. Die schmalen aber hohen P3 und P4 des Unterkiefers besitzen je zwei schrägstehende 
Kulissen. An P3 ist auch der etwas zurückgeschobene, aber kräftige Innenhügel des P4 durch eine 


30 Max Schlosser, [10] 
Kulisse ersetzt. Die Milchzähne bieten nichts besonders Auffälliges, ihre Rippen und Falten sind wie immer 
kräftiger als jene der Molaren. Der untere D3 hat die nämliche Zusammensetzung wie P3, nur ist er viel 
länger und niedriger. 

Dimensionen: 


Ungefähre Länge des Schädels von der Spitze der Nasalia bis zum Foramen magnum —= 280 mm. 
Abstand der Mittellinie der Nasenbeine, an der Grenze der Stirnbeine, vom Mittelpunkt des Hinterrandes des 


Gaumens — 82 mm. 
Abstand der beiden Augenhöhlen an den Tränengruben gemessen — 90 ? mm. 
» » » » am Oberrande gemessen — 135 ? mm 
> > » » oberhalb des Vorderendes des Tugale — 145 mm. 
Breite des Craniums unmittelbar hinter den Hörnern —= 82 nm. 
» » am Meatus auditorius = 102 mm. 


Höhe des Craniums hinter den Hörnern (Abstand des Basisphenoid von der Vereinigung der Parietal-Fron- 
talnähte —= So mm. 

Abstand des Unterrandes des Foramen magnum vom Oberrande des Occiput = 76 mm. 

Größter Abstand der beiden oberen Zahnreihen, an Außenseite des 73 — IIO mm. 

Abstand der beiden Hörner, an der Innenseite — 45 mm; an der Außenseite — 140 mm. 

Längsdurchmesser der Hornbasis — 4I mm; Querdurchmesser derselben = 47 mm; 

Gebifs: Länge der unteren Prämolaren — 40? mm; Länge der unteren Molaren —= 72 mm; Länge der unteren 


Zahnreihe = II2 mn. 
P3 Länge — 145 mm; Breite = 85 mm; Höhe = 13 mm; 
P4 » = 1) 25: »o= 05 8 3 » LATS ae: 
Mı » — 20 »5 a em DE: >» = 8 
M 2 » = 2% 2% m = >28; au a: 
M3 » = ji SG » = ii? Du 2] Se 
Dar» Zeos En re u 
D3 » —8, De » = 75»; >» = il Dr 
D4 » =;25 DI: » —= [05 »; ll BIS 
Länge der oberen Prämolaren — 38 mm; Länge der oberen Molaren — 64 mm. 
» » » Zahnreihe — 130 mm an den Wurzeln, 
P2 Länge — I3 mm; Breite — 13:5 mm; Höhe —= 15'5 mm; frisch. 
123) » =7125 >»; » — iu 2% » = 17 » » 
A = 15 DR: » =155 »; 2) SR 1 AR 
Mı » = 21 >75 » = 18 3 u» = MW) DE 
M27 > = 2 Du 275120 ar Da — 522) DEE 
M3 » = 25 Be » — 20°» s » = 255 >»; » 
Da ei » = ii DR = »3 
D3 » = 0308 Ze ae 
Day» Us E80, 02 ge DE Ma 


Von Extremitätenknochen könnten vielleicht zwei Unterenden von Humeri, ein Radius, zwei 
Scapulae, eine rechte Beckenhälfte und das distale Ende eines Metatarsus hieher gehören. Sie haben ungefähr 
die nämliche Größe wie die entsprechenden Knochen von Boselaphus, sind aber etwas schlanker als bei 
dieser lebenden Gattung. Da sie jedoch zu dem Material gehören, welches Herr Stützel gesammelt hat, 
so erscheint es immerhin gewagt, sie auf Prodamaliscus zu beziehen, weil diese Gattung in der Stützel- 
schen Kollektion nicht durch Kiefer vertreten ist. Ich glaube daher von einer Beschreibung dieser Stücke 
vollkommen absehen zu dürfen. Ebenso dürfte es sich empfehlen, eine Anzahl Rücken- und Lendenwirbel 
gleichfalls von der Größe der entsprechenden Wirbel von Boselaphus, hier nicht weiter zu berücksichtigen. 

Unter den fossilen Antilopen von Pikermi kenne ich keine Form, welche mit der vorliegenden 
näher verwandt wäre. Auch in Maragha scheint keine ähnliche Antilope zu existieren, denn die dortigen 
hypselodonten Formen zeigen diese Eigenschaft schon in einem viel höheren Grade. Das nämliche gilt auch 
von der chinesischen Gattung Pseudobos, deren Zähne außerdem auch viel stärker komprimiert sind. Da- 
gegen schließt sich die von mir als Paraboselaphus!) beschriebene Gattung zwar in dem relativen Höhen- 


") Schlosser: Die fossilen Säugetiere Chinas. Abhandl. d. k. bayr. Akademie d. Wiss., math. phys. Rl., Bd. 
XXI, I. Abt., 1903, pag. 152, Taf. XIII, Fig. 12, 14-16. 


[Bi 1] Die fossilen Cavicornia von Samos. 31 


verhältnis der Molaren ziemlich enge an Prodamaliscus an, aber ihre Prämolaren sind schon viel mehr 
reduziert und ihre Molaren sind wesentlich plumper. 

Sehr nahe steht jedenfalls der indische Alcelaphus palaeindicus Falec.‘), dessen Schädel von jenem 
der lebenden Gattung Damaliscus kaum mehr zu unterscheiden ist. Seine Zähne scheinen jedoch im 
Verhältnis zum Schädel fast etwas größer zu sein als die von Damaliscus und haben auch noch nicht die 
bei Damaliscus so kräftig entwickelten Sporne in den Marken. Dagegen scheinen auch bereits die Prä- 
molaren beträchtlich an Höhe gewonnen zu haben. Die Gattung Prodamaliscus unterscheidet sich von 
diesem Alcelaphus durch ihr noch wesentlich primitiveres Gebiß, denn die Zahnkronen sind hier augen- 
scheinlich noch niedriger, und in ihrer Zusammensetzung weisen sie auch noch deutlich auf den ehemaligen 


Zusammenhang mit den Tragelaphinen hin. 


Die lebende Gattung Damaliscus ist nur ein weiter vorgeschrittenes Entwicklungsstadium von Alce- 
laphus palaeindicus. Der Vorläufer von beiden dürfte von Prodamaliscus kaum zu unterscheiden gewesen 
sein. Als primitive Merkmale dieser Gattung betrachte ich die geringe Entwicklung des Cranium, der 
Stirnsinus und der Tränengruben, die schwache Knickung des Schädeldaches sowie die Zusammensetzung 
der Prämolaren und Molaren und die beträchtliche Größe dieser Zähne. Ob nun die in Samos vorkom- 
mende Art wirklich den Stammvater von Damaliscus und dem fossilen Alcelaphus palaeindicus darstellt, 
läßt sich allerdings nicht mit Sicherheit entscheiden, denn sie ist hiefür fast etwas zu groß und außerdem 
lebte sie anscheinend bereits gleichzeitig mit jener indischen Form. Es ist daher wahrscheinlicher, daß sich 
beide aus einer gemeinsamen Stammform entwickelt haben, die aber im wesentlichen die Organisation von 
Prodamaliscus gracilidens besessen haben und nur etwas kleiner gewesen sein dürfte. Die neue Gattung 
darf daher mit gutem Grunde den Namen Prodamaliscus führen, wenn auch freilich die vorliegende Spezies 
kaum den direkten Ahnen der jetzt in Afrika lebenden Gattung Damaliscus darstellt. Das Auftreten von 
zwei dieser lebenden Form so nahestehenden Arten in der Hipparionenfauna, des Alcelaphus palaeindicus 
in den Siwalik und des Prodamaliscus in Samos zeigt aufs deutlichste, daß die verschiedenen Typen der 
jetzigen Antilopen schon sehr weit zurückreichen. Aus der Ähnlichkeit des Gesichtsschädels und des Ge- 
bisses von Prodamaliscus mit jenen von Criotherium geht aber auch hervor, daß diese, im Bau des Cra- 
niums so wesentlich verschiedenen aber gleichzeitigen Gattungen doch aller Wahrscheinlichkeit nach eine 
nicht weit zurückliesende Stammform gemein haben müssen. Diese war ihrerseits wieder mit den chinesischen 
Gattungen Plesiaddax, Paraboselaphus, Pseudobos ziemlich enge verbunden. Da aber das Gebiß der beiden 
auf Samos vorkommenden fossilen Gattungen auch von dem der Genera Strepsiceros, Tragelaphus und 
Taurotragus nur wenig abweicht, so wird es höchst wahrscheinlich, daß die beiden heutzutage so sehr 
verschiedenen Unterfamilien der Bubalidinen und Tragelaphinen auf einen gemeinsamen Ahnen zurückgehen. 


Tragelaphinae: 
Protragelaphus Zitteli n. sp. 
Tar. VI), Eier, 2, 3,5, 12. 


Ich basiere diese neue Art auf Hornzapfen, von denen zwei glücklicherweise noch am Schädeldach 
vereinigt sind, so dafs über ihre Richtung kein Zweifel bestehen kann. Sie stammen aus den gelblichbraunen 
Tonen. Wenn ich hierzu auch einen rechten Unterkiefer und ein Kieferfragment aus den grauen Tonen 
sowie einige Oberkieferfragmente, zwei davon dem nämlichen Individuum angehörig, zähle, so geschieht 
dies, weil die oberen Molaren, abgesehen von ihren geringeren Dimensionen, vollkommen mit jenen des 
Damesschen?) Originals zu Protragelaphus Skouzesi, welches sich in der Münchener Sammlung befindet, 


) Lydekker: Indian Tertiary and Posttertiary Vertebrata. Palaeontologia Indica, Ser. X, Vol. IV, Part. I, 
pag. 14, pl. IV, Fig. 3—5. 

2) Eine neue Antilope aus dem Pliocän von Pikermi in Attika. Sitzungsber. d. Gesellsch. d. Naturfreunde zu 
Berlin, 1883, pag. 95, und Weithofer: Beiträge zur Kenntnis der Fauna von Pikermi bei Athen. Beitr. zur Paläont. 
Österr.-Ung. und des Orients. Bd. VI, 1883, pag. 285 (61), Taf. XVII, Fig. 4-6. 


32 Max Schlosser. [12] 


übereinstimmen. Diese Oberkieferfragmente wurden in den bräunlichen Tuffablagerungen gesammelt, Das 
Material, welches mir von dieser überaus zierlichen Antilope zu Gebote steht, verteilt sich auf mindestens 
vier Individuen, welche insgesamt erheblich kleiner gewesen sein müssen als jene Art aus Pikermi, denn 
die Hörner sind kaum halb so lang und wesentlich dünner und die Stirne ist etwa um ein Drittel schmäler 
als bei diesem. Die Hörner stehen übrigens auch weiter auseinander und ihr Kiel beginnt auf der Vorder- 
seite anstatt wie bei Skouzesi auf der Hinterseite. Da diese Hörner unzweifelhaft von ausgewachsenen 
Individuen herrühren, was aus der gleichen Größe und der festen Konsistenz aller vier Exemplare hervor- 
geht, so erscheint die Aufstellung einer besonderen Spezies durchaus gerechtfertigt, zumal da außerdem 
das Cranium eine fast horizontale Profillinie aufweist, während es bei dem Originalexemplar zu Skouzes? 
viel steiler nach hinten abfällt. 


Forsyth Major scheint von dieser Antilope nichts gefunden zu haben, denn ich darf doch 
kaum annehmen, daß er mit dieser so charakteristischen Form etwa Palaeoreas Lindermayeri, Helicophora 
rotundicornis von Pikermi oder Prostrepsiceros, wie er Weithofers Tragelaphus Houtum-Schindleri 
von Maragha nennt, verwechselt haben könnte, welche Arten unter meinem Material anscheinend nicht oder 
doch nur äußerst dürftig vertreten sind. Auf die Unterschiede dieser Formen gegenüber Protragelaphus 
komme ich jedoch später zu sprechen. 


Was zunächst die Hörner betrifft, so haben sie schön geschwungene Leierform und abgesehen 
von der Anwesenheit eines Kieles nahezu kreisrunden Querschnitt. Ihre Drehung und Dickenzunahme ist 
überaus regelmäßig, sie legen sich stark zurück und beschreiben zwei volle Windungen. Die Hornspitzen 
sind nach auswärts gerichtet. Der Kiel tritt zwar sehr deutlich hervor, aber er erscheint doch mehr als 
eine bloße Zuschärfung anstatt als ein förmlicher Ansatz wie bei Criotherium. Die Stirn ist etwas vertieft, 
auch die Tränengrube ist wenigstens bei Skouzesi tief eingesenkt und reicht bis über den hintersten 
Prämolaren. 


Das Gebiß von Protragelaphus war bis jetzt nur mangelhaft bekannt, denn von den in der Literatur 
namhaft gemachten Exemplaren trägt nur das Original zu Dames’ Skouzesi noch die Molaren der 
beiden Oberkieferzahnreihen und einen spärlichen Überrest des rechten oberen P4. Diese Zähne wurden 
jedoch von Wagner!) irrigerweise als solche von Palaeoreas Lindermayeri beschrieben und abgebildet. 
Unter dem mir vorliegenden Material von Samos befinden sich nun zwei zusammengehörige Oberkiefer- 
fragmente, das eine mit den rechten M2—3, das andere mit dem linken M2—3, welche wegen ihrer großen 
Ähnlichkeit mit jenen von Skouzesi auf die Gattung Protragelaphus bezogen werden dürfen, aber ent- 
sprechend den Hörnern aus Samos wesentlich kleiner sind. 


Diese Molaren haben mit Ausnahme des letzten nahezu quadratischen Querschnitt, die Innen- 


monde sind ziemlich in die Länge gezogen, Basalpfeiler finden sich nur an M2 und sind auch hier nur 
sehr schwach. 


Im Zentrum von abgekauten Zähnen befindet sich eine längliche Schmelzinsel, nur die hintere Marke 
besitzt einen, auch nur ziemlich schwachen Sporn und die Rippen und Falten der Außenseite sind ziemlich 
stumpf. Die Höhe dieser Zähne kann auch in frischem Zustande nicht sehr beträchtlich gewesen sein. P4 hatte 
anscheinend einen ziemlich regelmäßigen halbkreisförmigen Innenmond, wenigstens an dem Original zu 
Skouzesi. Vielleicht darf auch ein unterer Molar, M3, mit sehr schwacher vorderer Innen- und sehr un- 
deutlicher vorderer Aufßenfalte und mit kleinem, im Querschnitt dreieckigen dritten Lobus hierher gerechnet 
werden, dagegen bin ich sehr im Zweifel, ob dies auch für einen Unterkiefer aus Samos zutrifft, dessen 
Molaren etwa ebenso hoch wie lang sind, dessen M2 einen kräftigen Basalpfeiler trägt und dessen Prämo- 
laren sich durch kräftige Entwicklung des Innenhöckers auszeichnen. An P4 bildet derselbe eine vollstän- 


dige Innenwand, an P3 und P2 ist er scheinbar doppelt, nämlich als nach rückwärts verlaufende Kulisse 
und davor als vertikaler Pfeiler entwickelt, 


1) Neue Beiträge zur Kenntnis der fossilen Säugetierüberreste von Pikermi. Abhandl. d. königl. bayr. Akad. 
d. Wissensch. II. Kl., VII. Bd., I. Abt. 1857, pag. 47, Tab. VII, Fig. 18. 


[13] Die fossilen Cavicornia von Samos. BB 


Dimensionen: 


Länge der Hörner —= 140 mm; (bei Skouzesi = 220 ınm), 
Längsdurchmesser an der Bass = 27 » ; » < — 48 
Querdurchmesser » » oe Mn ) 5 
Abstand der Hörner » » » — IE N u 5 = 25 
Abstand der Hörner an den Enden = 130? » ; » » — 1908 
Größte Breite der Stirn an den Augenhöhlen = 5 » ; » >» = mg 
Länge der drei oberen M zusammen = 40 » ; » » = 48 
Länge des oberen M3—= I6 »; » » = 175 
Breite » » Msn 13: 506 > » = WW 5 
Höhe » » az isn 8 » — > 
Länge des unteren M3 = 177 mm; Höhe desselben — 13 mm; Breite desselben —= 9:5 mm. 
Länge der unteren Zahnreihe — 66 mm; Länge der drei unteren M = 43? mm; Länge der drei unteren P — 26 mm; 
P2 Länge = 68 mm; Höhe = 5 mm; Breite = 5 mm; M2 Länge = 145 mm; Breite = 94 mm; Höhe = 10'5 mm; 
23 » — 1 8 » = 5 » —6 » B M3 » = 20 » > =oG » > —sA 
Ba 9 = 10 © Du > > en», 


Die oben erwähnten und von Forsyth Major aus Samos zitierten ZPalaeoreas Lindermayeri 
Wagner,!) Helicophora rotundicornis Weithofer®) und Prostrepsiceros—=Tragelaphus Houtum-Schindleri 
Rodler und Weithofer°) unterscheiden sich wesentlich von Protragelaphus. Palaeoreas hat zwei statt eines 
Kieles, bei Helicophora drehen sich die Hornspitzen nach einwärts und der Kiel ist schwächer und bildet 
auch nur einen einzigen Umgang, während er bei Profragelaphus sowohl an der Außen- als auch an der 
Innenseite der Hörner zweimal sichtbar wird. Tragelaphus Houtum-Schindleri hat wie Palaeoreas zwei 
Kiele, aber der Querschnitt der Hörner ist nicht rund, sondern elliptisch, weshalb diese Form allenfalls einen 
nahen Verwandten der Gattung SZrepsiceros darstellt. F. Major gibt ihr daher den Namen Prostrepsiceros. 

Daß verwandtschaftliche Beziehungen zwischen der Gattung Profragelaphus und den genannten 
Formen existieren, scheint ziemlich sicher zu sein. Sie gehen wohl auf eine gemeinsame aber bis jetzt noch 
nicht gefundene Stammform zurück und ebenso fehlen bis jetzt alle Zwischenglieder, welche von Profra- 
gelaphus zu der lebenden Gattung Szrepsiceros hinüberleiten könnten, welche mit jener die spiralgewundenen 
gekielten Hörner und das noch ziemlich brachyodonte Gebiß gemein hat. Die Fortschritte bestehen eigentlich 
bloß in Zunahme der Körpergröße, sofern Profragelaphus wirklich den direkten Ahnen von Strepsiceros 
darstellen sollte. Jedenfalls ist die Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Gattungen entschieden größer als 
zwischen Protragelaphus und Tragelaphus. Für die Verwandtschaft mit Strepsiceros würde außer der 
Ähnlichkeit der Hörner, welche bei der rezenten Gattung allerdings etwas weniger divergieren, auch der 
Umstand sprechen, daß der untere P4 bereits mit einer förmlichen Innenwand versehen ist, die durch Um- 
wandlung des Innenhügels entstanden ist. Die nämliche Bildung treffen wir allerdings auch schon bei einer 
Antilope aus der chinesischen Hipparionenfauna, die aber auch schon in ihren Dimensionen der rezenten 
Gattung recht nahe steht und daher von mir als S£repsiceros*) praecursor bezeichnet wurde. 

Obschon es nun ziemlich sicher ist, daß der Sirepsiceros-Stamm bereits in das Unterpliozän zurück- 
reicht, so sind wir doch nicht im stande anzugeben, ob er von Protragelaphus Skouzesi oder von Zıtteli 
oder von der chinesischen Art abgeleitet werden darf. Daß auch die Sfrepsiceren mit kleinen Formen, wie 
es die beiden Protragelaphus sind, begonnen haben müssen, geht schon daraus hervor, daß die mit Strepsiceros 
so nahe verwandte Gattung Tragelaphus auch jetzt noch nicht viel größer geworden ist als jene Protra- 
gelaphus-Arten. Die Gattung Tragelaphus hätte bereits in der Fauna von Maragha einen Vertreter, Trage- 
laphus Houtum-Schindleri, wenn dieser nicht, wie schon oben bemerkt, von Forsyth Major als Typus 


1) Gaudry: Animaux fossiles de l’Attique, pag. 290, pl. LII, Fig. 4, pl. LIIT—LV. 

2) Fauna von Pikermi. Beiträge zur Paläontologie Österr.-Ungarns u. d. Orients. 1887, pag. 288 (64), Taf. XVII, 
Fig. I—5. 

3), Die Wiederkäuer der Fauna von Maragha. Denkschrift d. math.-naturwiss. Kl. d. kais. Akademie d. Wiss. 
‘Wien, 1890, pag. 798 (16), Taf. VI, Fig. 2. 
: 4) Schlosser: Die fossilen Säugetiere Chinas. Abhandl. II. Kl. d. k. b. Akad. d. W. XXIII. Bd., I. Abt., 1903, 
pag. 148, Taf. XIII, Fig. I—7. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XVII. a) 


34 Max Schlosser. [14] 


einer besonderen Gattung, Prostrepsiceros betrachtet würde und wie mir scheint mit Recht, denn seine 
Hörner divergieren viel stärker als bei allen Tragelabhus-Arten, aber allerdings auch stärker als bei Strepsiceros. 

Nur der Vollständigkeit halber seien hier noch vier S£repsiceros-ähnliche Formen erwähnt, welche 
Forsyth Major als auf Samos vorkommend anführt, nämlich: 

Palaeoreas Lindermayeri Wagn. sp. — F.Major, Le gisement ossifere de Mitylini p. 4. Im Katalog 
erwähnt dieser Autor folgende Reste: Frontalia mit beiden Hörnern, ein Stirnbeinfragment mit Hörnern, 
ein Schädelfragment und einen Unterkiefer, alle von Andriand. 

Helicophora rotundicornis Weith., Ibidem, je ein rechter und ein linker Hornzapfen, ebenfalls von 
Andriano. 

Prostrepsiceros Woodwardi n. sp. und, 

Prostrepsiceros ? sp. 

Im Katalog ist jedoch nichts zu finden, was auf diese beiden letzteren Arten Bezug haben könnte. 
denn diese beiden Spezies kommen darin nicht vor, es müßte denn sein, unter der Bezeichnung »Antilope«, 

Unter dem von mir untersuchten Material befindet sich absolut nichts, was ich als Palaeoreas Lin- 
dermayeri bestimmen könnte, alle besser erhaltenen spiralgewundenen und gekielten Hörner gehören viel- 
mehr abgesehen von jenen des Criotherium zu Frotragelaphus. Nur drei schlecht erhaltene Hornzapfen 
lassen sich nicht gut mit der von mir aufgestellten neuen Spezies vereinigen. Es sind dies zwei anscheinend 
zusammengehörige Hornstummel, welche bedeutend dicker sind als bei P. Zitteli und außer dem scharfen, 
weit vorspringenden Kiel noch mehrere mit diesem parallel verlaufende Längsrinnen besitzen, aber im übrigen 
ganz mit den Hörnern dieser Spezies übereinstimmen, und außerdem ein stark abgeriebenes rechtes Horn 
einer kleinen Antilope, welches in seiner Größe und infolge seiner weiten Spirale zwar denen von Aelico- 
phora rotundicornis Weith.!) sehr ähnlich sicht, aber im Gegensatz zu ihnen zwei Kiele trägt. Es wäre 
also möglich, daß auf Samos noch zwei weitere Arten von Protragelaphus-ähnlichen Antilopen vorkommen, 
die vielleicht besondere Gattungen repräsentieren. 

Prostrepsiceros nennt Forsyth Major ]l.c.p. 10 jene Hornform, welche Rodler und Weithofer 
in Maragha gefunden und als Tragelaphus Houtum-Schindleri?) beschrieben haben. Der Querschnitt der 
eine weite Spirale — wohl nicht viel mehr als ı bis ı!/, Umgänge — bildenden, stark divergierenden Hörner 
stellt ein gerundet gleichschenkliges Dreieck dar, dessen Innenseite etwa um die Hälfte größer ist als jede 
der beiden anderen Seiten. Die Ähnlichkeit mit S£repsiceros ist in der Tat ziemlich groß, aber Protragela- 
phus steht der lebenden Gattung doch entschieden näher. Unter dem mir vorliegenden Material finde ich 
keine Antilopenreste, welche denen des Tragelaphus Houtum-Schindleri von Maragha ähnlich wären, und 
somit auch nichts, was ich als Prostrepsiceros deuten könnte. 


Tragoreas n. g. 


Antilope von Mittelgröße, mit schräg ansteigender Profillinie, mäßig nach abwärts geneigtem Cra- 
nium und seichter Tränengrube ohne Gesichtslücken, mit langen wenig gebogenen, fast parallel stehenden, 
stark nach hinten geneigten kiellosen Hörnern von elliptischem Querschnitt, mit fast brachyodontem Gebiß, 
mit primitiven, wenig differenzierten Prämolaren — Innenhöcker der unteren P etwas reduziert, obere P etwas 
verbreitert — und ziemlich niedrigen aber breiten Molaren — obere M mit schwachem, untere mit kräftigen 
Basalpfeilern und halbmondförmigem dritten Lobus am unteren M3. 


Tragoreas oryxoides n. sp. 
Taf. VI (ID), Fig. 1, 69. 
Ich basiere diese Spezies, welche bis jetzt auch zugleich den einzigen Vertreter dieses neuen Genus 
bildet, auf zwei Schädel, von welchen der eine noch beide Zahnreihen, aber keine Hörner mehr besitzt, der 


1) Weithofer. Fauna von Pikermi. Beiträge zur Paläontologie Österr.-Ungarns u. des Orients. Bd. VI, 1887 
p- 64 (288), Taf. XVIII (IX). 

?) Die Wiederkäuer der Fauna von Maragha in Persien. Denkschrift. d. math. naturwiss. Klasse d. kais. Akad. 
d. Wiss, Wien, 1890, p. 16 (768), Taf. VI, Fig. 2. 


[15] Die fossilen Cavicornia von Samos. 35 


andere hingegen zwar nur die linke obere Zahnreihe, aber dafür noch ein ziemlich vollständiges Horn trägt, 
ferner auf einen wohlerhaltenen rechten Oberkiefer, auf zwei Fragmente von solchen und auf drei Unterkiefer, 
alle diese aus der Sammlung des Herrn Kommerzienrat Th. Stützel; ferner liegen von dieser Art vor ein 
Oberkiefer, drei Unterkiefer und drei Unterkieferfragmente, welche Herr Hentschel auf Samos gefunden hat. 
Mit Ausnahme eines einzigen Unterkieferbruchstückes stammen diese Reste aus den braunen Tuffen, nur das 
eben erwähnte Stück wurde in den grauen Tonen gefunden. Wahrscheinlich gehören zu dieser Art auch ver- 
schiedene Extremitätenknochen und viele Wirbel. 

Schädel: Die Profillinie steigt entsprechend der Kürze des Unterkiefers ziemlich steil, aber gleich- 
mäßig: bis zwischen die Hörner an, dagegen liegt die Oberfläche des Craniums anscheinend fast horizontal, 
Der Abstand des Gaumens vom Hinterende der ziemlich breiten, nach hinten rasch zugespitzten Nasalia ist 
sehr beträchtlich. Gesichtslücken waren schwerlich vorhanden, die Tränengrube war nicht besonders tief aber 
ziemlich lang und weit entfernt von den Molaren. Die nicht sehr grofsen, schräg ovalen Augenhöhlen liegen 
kaum zur Hälfte unter der Basis der Hörner. Die Frontoparietalnaht verläuft genau senkrecht zur Profillinie 
und rückt sehr nahe an die Basis der Hörner. Sie dürfte gleich der Stirnbeinnaht nur wenig verdickt ge- 
wesen sein. Die Hörner stehen fast parallel zueinander. Ihr Abstand ist ziemlich bedeutend. Die ganz ge- 
ringe Verjüngung der Hörner läßt auf ansehnliche Länge derselben schließen, ihre Krümmung kann dagegen 
nur unbedeutend gewesen sein. Mit dem Gesichtsschädel bilden die Hörner von der Seite gesehen einen sehr 
stumpfen, mit dem Dach des Craniums hingegen einen sehr spitzen Winkel. Sie müssen daher sehr stark 
nach rückwärts geneigt gewesen sein, wenn auch kaum in dem Maße wie bei der lebenden Gattung Oryx. 
Kiele fehlen vollständig, der Querschnitt bildet eine ziemlich breite Ellipse. 

Gebiß: Die Höhe der Molaren ist gering, und die Prämolaren nehmen noch einen ziemlich ansehnlichen 
Raum ein und besitzen noch alle Bestandteile der Gervidenzähne. Die Differenzierungen bestehen nur in 
einer geringen Verkürzung des unteren P2 und in einer geringen Reduktion, Niedererwerden und Rück- 
wärtsverschiebung des Innenhöckers an P3 und P4, sowie in Verbreiterung der oberen ?, von welchen P2 
und P, zuweilen schon einen wohlgerundeten, nicht mehr eingebuchteten Innenmond besitzen. Dagegen 
kann individuell der Innenmond des P4 eine Einbuchtung bekommen. Die oberen Molaren haben nahezu 
quadratischen Querschnitt. Die Innenenden der Innenmonde verlaufen ganz parallel zueinander und schließen 
eine langgestreckte Schmelzinsel zwischen sich ein. Die vordere Außenrippe sowie die Vorder- und Mittel- 
falte sind ebenso wie die Rippen und Falten der oberen ? ziemlich dick. Auch an den unteren Molaren 
sind die Rippen und Falten der Innenseite gut ausgebildet, die Vorderaußenfalten aber sehr schwach ent- 
wickelt. Bemerkenswert erscheint die Anwesenheit einer besonderen Innenfalte am unteren M3, durch welche 
der halbmondförmige dritte Lobus scharf vom zweiten abgegrenzt wird. Alle M besitzen Basalpfeiler, die 
an den oberen freilich nur schwach entwickelt sind. Oben ist der des M3, unten der des Mı am kräftigsten 
ausgebildet. Sowohl in der Größe als auch in ihrem Bau sehen die P und M dieser neuen Gattung jenen 


von Palaeoreas sehr ähnlich. 
Dimensionen: 


Schädel: Abstand der Zwischenkiefer vom höchsten Punkte der Stirnbeine = I5o mm, mit Hilfe einer vollständigen 
Unterkiefersymphyse ermittelt. 
Abstand des höchsten Punktes der Stirnbeine vom Hinterende des Gaumens = 75 mm? 


Breite des Gaumens zwischen den P2 — 2I mm, zwischen den M3 — 32 mm. 
Längsdurchmesser der Augenhöhlen —= 45 mm; Querdurchmesser derselben — 34? man. 
Abstand der Oberränder der beiden Augenhöhlen — 90 mın. 
Breite des Craniums hinter den Hörnern — 60 mm. 
Länge der Hörner = 160? mm; Längsdurchmesser des Hornes an der Basis — 43 ımm; Querdurchmesser 
desselben — 28 mm; Abstand der beiden Hörner voneinander — 2I mm vorn; 25 mm hinten. 
Länge der Unterkieferzahnlücke — 38 mm. 
Höhe des Unterkiefers vor P2 = 22 mm; hinter M3 —= 34 mm alt. 
Zähne: Oberkiefer. P2 Länge = IO nm; Breite = 3 mm; Höhe —8 mm; alt 


ae, ee N 
P4 > =o9 De » =IT5 >; 37, —= 7) 2: 
Mı » = II Le » —=14 2; » — ne 
M2 » — 14 2.5 » —SE, EI » =7 Se 
Me ser Tas 


5* 


36 Max Schlosser. [16] 


Länge der drei oberen P — 29 mm; Länge der oberen M = 40 mm; 


» » oberen Zahnreihe in der Mittellinie gemessen — 67 mm. 
Unterkiefer: P2 Länge — 7'3 mm; Breite — 4 mm; Höhe = 5 mm; frisch 
Ba 5 —=95 » » =5 .% Bo = 685.5 » 
P4 » =[I0 >» » —6 » » = 73% » 
Mı » — 13 » » —9 » » E— 85 > » 
M2 >» =i5 » » =09.» Bo = 1a n » 
M3 >» — 1 2 » =9 BE rn » 
Länge der drei unteren P — 28:5 mm; Länge der drei unteren M = 46 mm; Länge der unteren Zahn- 
reihe — 74 mm. 


In Pikermi kommt, wenn auch offenbar höchst selten, eine Antilope vor, welche in ihren Dimen- 
sionen sehr nahe steht und ebenfalls wenig gebogene, lange und etwas seitliche komprimierte 
Hörner besitzt. Allein dieser Palaeoryx parvidens‘) hat anscheinend keine Tränengruben, die Hörner sind 
dicker und stehen viel mehr aufrecht, die Scheitelbeine fallen nach hinten zu viel steiler ab und der Innen- 
mond des oberen P4 weist keine Einbuchtung auf. Eine weitere Vergleichung ist wegen der Dürftigkeit 
des vorhandenen Materials nicht möglich, aber es wäre entschieden äußerst gewagt, die vorliegenden 
Antilopenreste aus Samos mit dieser Spezies zu vereinigen. 

Man könnte auch versucht sein, die Kiefer aus Samos wegen der schon erwähnten Ähnlichkeit 
“ihrer Zähne mit jenen von Palaeoreas Lindermayeri auf diese altbekannte Art von Pikermi zu beziehen, 
die von Forsyth Major?) überdies aus Samos zitiert wird, allein es kann nicht der leiseste Zweifel 
darüber bestehen, daß wenigstens die mir vorliegenden Kiefer einer ganz anderen Antilope angehören, 
denn an einem Schädel aus Samos ist ein solches Palaeoreas-ähnliches Gebiß mit geraden, kiellosen, 
Oryx-ähnlichen Hornzapfen von elliptischem Querschnitt vereinigt. 

Ich halte mich daher für durchaus berechtigt, für diese Antilope aus Samos ein besonderes Genus 
zu errichten. Übrigens zeigt auch ein genauerer Vergleich mit den Zähnen des Palaeoreas Lindermayeri®) 
von Pikermi, daß wir es mit einer hiervon verschiedenen Antilope zu tun haben, denn die von Samos 
sind viel plumper und breiter, namentlich die Prämolaren, und an den unteren Molaren sind die Basal- 
pfeiler viel kräftiger, an den oberen hingegen viel schwächer entwickelt. Auch haben die unteren M3 von 
Palaeoreas keinen halbmondförmigen dicken, sondern einen stark komprimierten dreieckigen dritten Lobus. 
Ich will nun keineswegs die Möglichkeit des Vorkommens von Palaeoreas Lindermayeri oder doch einer 
besonderen Art der Gattung Palaeoreas auf Samos leugnen, allein unter dem von mir untersuchten Material 
läßt sie sich entschieden nicht nachweisen, am allerwenigsten dürfen die hier beschriebenen Kiefer auf 
Palaeoreas bezogen werden. Auch der Schädel ist von dem der Gattung Palaeoreast) verschieden, denn 
bei dieser fällt die Oberseite des Cranium bereits vom Scheitel an ziemlich steil nach hinten ab, während 
hier die Scheitelregion nur ganz schwach nach abwärts geneigt ist. 

Trotz der Verschiedenheit im Schädelbau und der ganz abweichenden Gestalt der Hörner möchte 
ich aber doch fast verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Palaeoreas und Tragoreas für wahrscheinlich 
halten. Auch Protragelaphus dürfte schon wegen seiner Ähnlichkeit mit Palaeoreas nicht allzu fern 
stehen. Die Zähne, welche ich als zu Profragelaphus gehörig bestimmt habe, zeigen ebenfalls vielfache 
Anklänge, selbst in der Größe, an jene der neuen Gattung Tragoreas, nur besitzen die oberen Molaren 
etwas schärfere Rippen und Falten an der Außenseite, auch sind sie etwas mehr in die Länge gezogen 
und an den unteren P3 und P4 kommt es zur Bildung einer Innenwand. Die Hörner haben ähnliche 
Form wie bei der lebenden Gattung Taurotragus (Oreas) und entfernen sich demnach ebenfalls sehr 
weit von jenen der neuen Gattung Tragoreas. Während Protragelaphus, vermutlich der Ahne von ‚Strep- 
siceros oder auch von Taurofragus (Oreas) ist und somit für die Stammesgeschichte der Antilopen 
große Bedeutung hat, weist die neue Gattung Tragoreas eine gewisse Ähnlichkeit mit Ory& und Hippo- 


!) Gaudry: Animaux fossiles de l’Attique, pag. 276, pl. XLVII, Fig. 6—7. 
2) Le Gisement ossifere de Mitylini, pag. 4. 

») Gaudry: Animaux fossiles de l’Attique, pl. LIV, Fig. 1. 

*) Le Gisement ossifere de Mitylini, pag. 4. 


l17] Die fossilen Cavicornia von Samos. 37 


fragus auf und könnte, sofern die allerdings bestehenden Abweichungen nur auf Differenzierung der beiden 
lebenden Gattungen beruhen sollten, allenfalls den Stammvater von Hippotraginen darstellen. Die geringe 
Körpergröße von Tragoreas wäre durchaus kein Hindernis, die genannten riesigen Antilopen hiervon 
abzuleiten, denn in der Regel beginnen auch die Stammesreihen der größten Säugetiere mit relativ kleinen 
Formen, während gewaltige Körperdimensionen sehr häufig ein Zeichen dafür sind, daß die betreffenden Tiere 
dem Aussterben bereits nahe gekommen sind, 

Oryx zeichnet sich durch die langen, geraden, fast horizontal liegenden, zueinander parallelen 
Hörner von fast kreisrundem Querschnitt, durch die fast horizontal verlaufende Profillinie und die ausge- 
dehnte Scheitelregion sowie durch das Fehlen von Tränengruben aus. Diese Umstände verbieten die direkte 
Ableitung der Gattung Oryx von Tragoreas. Dagegen könnten die Hörner von Oryx doch wohl aus jenen 
von Tragoreas entstanden sein, wenn sie nicht kreisrunden statt elliptischen Querschnitt hätten. Da aber 
der kreisrunde Querschnitt aller Wahrscheinlichkeit nach der primitivere ist,!) so geht es doch kaum an, 
die Hörner von Tragoreas für den Anfang jener von Oryx zu halten. Viel geringer sind dagegen die 
Unterschiede zwischen Tragoreas und Hrppotragus, denn die Hörner dieses letzteren sind kürzer, steiler 
gestellt und mehr gebogen als bei Oryx, auch erscheinen die Hornzapfen etwas seitlich komprimiert. Das 
Schädeldach zeigt eine ziemlich starke Knickung. Die Zähne aller Hippotraginen erinnern etwas an die 
Bovinen, sie könnten indes ganz gut aus jenen von Tragoreas entstanden sein. Wenn nun auch die direkte 
Abstammung der Hippotraginen von dieser fossilen Form höchst wahrscheinlich ist, so werden wir doch kaum 
fehlgehen mit der Annahme, daß die Stammform der Hippotraginen mit Tragoreas nahe verwandt war. 
Eine Gattung dieser rezenten Antilopengruppe besitzt übrigens schon einen Verwandten in der Hippa- 
rionenfauna Chinas, nämlich Addax.”) Durch die spiralgewundenen Hörner von kreisrundem Querschnitt 
entfernt sich diese Gattung jedoch so weit von Tyagoreas, dafs eine weitere Vergleichung überflüssig er- 
scheint. Auch in der Siwalikfauna kommt schon ein Vertreter der Hippotraginen vor — Hippotragus 
sivalensis Lydekker,?) woraus also hervorgeht, daf auch diese Gruppe sich bereits seit sehr langer Zeit 


von den übrigen Antilopen getrennt haben muß. 


Tragoreas? sp. 
Taf. VI (III), Fig. 10-11. 

Eine zweite aber kleinere Art dieser Gattung wird angedeutet durch zwei ziemlich vollständige 
Unterkiefer, durch zwei Fragmente von Unterkiefern und durch ein Oberkieferbruchstück. Sie stammen 
sämtlich aus den braunen Tuffen. Die unteren Molaren unterscheiden sich von denen der vorigen Art durch 
die stärkere Entwicklung der Basalpfeiler und der Außenfalten, und an den unteren Prämolaren ist die 
vordere Kulisse kräftiger ausgebildet. Ich halte mich nicht für berechtigt, auf Grund dieser Abweichungen 
ein besonderes Genus zu errichten, zumal da das Gröfsenverhältnis der einzelnen Zähne zueinander und 
das Verhältnis der Höhe zur Länge das nämliche ist wie bei der vorigen Spezies. Es dürfte unter diesen 


Umständen genügen, die Dimensionen anzugeben: 


Länge der unteren Zahnreihe — 64 mm; 

» » » Prämolaren = 24 >; 

» » » Molaren = 40 305 
Höhe des Unterkiefers von P2 — 15 mm; hinter M3 —= 23 mm; 
P2 Länge an den Alveolen — 6 mm; 
PETE mm Breite Sr mm Alche — 57 mm: 
P4 » —=03 =»: > =.$ 58 = iM > 
in a = 9 25 u] a: A; 
M2 » = 12 Ser: » =.35 55 » =88 > 
Mu en Bon en on 7 ee) > 


!) Bei Gazella dorcas haben die Hörner der Weibchen kreisrunden, die der Männchen elliptischen Querschnitt. 

2) In Plesiaddax Depereti Schlosser: Die fossilen Säugetiere Chinas. Abhandl. d. II. Kl. d. k. b. Akad. 
d. Wiss. 1903, pag. 146, Taf. XII, Fig. 20, 23—27. 

3) Palaeontologia India. Ser. X. Indian Tertiary and Posttertiary Vertebrata Vol. IV. Siwalik Mammalia. Suppl. I., 
1886, pag. IO. 


38 Max Schlosser. [18] 


Da bis jetzt weder Schädelteile, noch auch Hornzapfen vorliegen, welche mit Sicherheit mit diesen 
Kieferstücken vereinigt werden könnten, so muß natürlich von der Ermittlung etwaiger verwandtschaftlicher 
Beziehungen Abstand genommen werden, ich darf jedoch die Möglichkeit, daß vielleicht ein aus den näm- 
lichen Schichten stammender, Aelicophora-ähnlicher, aber mit zwei Kielen versehener Hornzapfen, welchen 
ich im Anschluß an Protragelaphus besprochen habe, zur gleichen Spezies wie diese Kiefer gehören könnte 
nicht unerwähnt lassen. 

Was das oben angeführte Oberkieferfragment betrifft, so ist dessen systematische Stellung noch 
unsicherer als jene der Unterkiefer. Die Innenmonde sind viel kantiger als bei Tragoreas oryxoides, die 
Mittelfalte der Außenseite viel schärfer, und die Spalte zwischen den beiden Innenmonden verläuft nicht 
direkt gegen die Mitte des Zahnes, sondern wird durch das Vorderhorn des zweiten Mondes etwas nach 
vorwärts gedrängt. 

M2 Länge = I3 mm; Breite = I3 mm; Höhe — 95 mm; 
M2 —» XI, 8; 3 — 125 >: » —=105 » 

Die starke Entwicklung der Basalpfeiler und der Vorderaußenfalte sowie die Dicke der Innenhöcker 
erinnert sehr an die Verhältnisse bei der lebenden Gattung Cervicapra. Auch die Prämolaren dieser lebenden 
Form könnten sich durch geringe Reduktion aus jenen dieser fossilen Antilope entwickelt haben. Da aber 
bis jetzt nicht einmal eine sichere Genusbestimmung derselben möglich ist, wäre es doch verfrüht, aus 


dieser Ähnlichkeit weitere Schlüsse zu ziehen. 


Palaeoryx Majori n. sp. 
Taf. VII (IV), Eis. 15. 
1892. Palaeoryx Pallasi ? Major: Le Gisement ossifere de Mitylini, pag. 4. 
1903. Antilope Pallasi Wagn. M. Pawlov: Etudes sur P’histoire paleontologique des Ongules. VIII. Selenodontes ter- 

tiaires de la Russie. Bulletin de la Societe imperiale des Naturalistes de Moscou, pag. 203, pl. VI, Fig. 1. 

Die drittgrößte der auf Samos vorkommenden Antilopen schließt sich ziemlich enge an Palaeoryx 
Pallasi Gaudry!) an, ohne daß es jedoch statthaft wäre, sie direkt mit dieser Pikermi-Form zu vereinigen, 
denn die Zähne sind kleiner, der Schädel selbst aber eher größer und die Hörner divergieren viel stärker 
und biegen sich zuletzt viel mehr einwärts als bei dem echten Palaeoryx Pallasii. 

Das mir vorliegende Material besteht aus zwei Schädeln mit beiden Hörnern, einem Schädel mit 
nur einem Horn, alle drei ohne Zähne, aus zwei zusammengehörigen Oberkiefern, aus einem vollständigen 
rechten und zwei linken Unterkiefern, hieıvon der eine mit P2 — Mı, der andere mit P3 — M2 und 
außerdem aus einem Unterkieferfragment mit M2 und M3. 

Auch eine Anzahl Extremitätenknochen dürfte hierher zu stellen sein, welche jedoch kein beson- 
deres Interesse verdienen. Sämtliche Reste wurden in den grauen, etwas bräunlich gefärbten Mergeln 
gefunden. 

Schädel: Die Gesichtspartie fehlt an allen drei Schädeln, weshalb wir auch über den Verlauf der 
Profillinie keine volle Gewißheit erlangen können. Aus der Länge der Kiefer und dem Winkel, welche die 
Schädelbasis mit dem den Stirnbeinen bildet, scheint jedoch hervorzugehen, daß die Profillinie auch hier ebenso 
wie bei Pallasi von der Nasenspitze bis zum höchsten Punkte der Stirne — zwischen den beiden Hörnern 
— langsam und gleichmäßig angestiegen sein dürfte. Von da an fällt sie nach rückwärts gegen die Hinter- 
hauptfläche ziemlich steil ab, aber doch nicht in dem Grade wie bei Pallasi, und diese selbst steht nahezu 
senkrecht, anstatt wie bei dem letzteren) schräg nach unten und einwärts gerichtet zu sein. Die Paroceipital- 
fortsätze sind massive, vertikale Zapfen. Die Bullae osseae treten trotz ihrer Stärke nur wenig hervor, die 
Augenhöhlen sind fast kreisrund, anstatt schräg oval und stehen viel weiter zurück als bei Pallasi, so daß 
die Postorbitallamelle weit hinter der Mitte der Hornbasis beginnt. Die Augenhöhlen liegen demnach fast 
ganz unterhalb der Hornbasis, während sie bei dem echten Pallasi kaum noch unter dieselbe zu stehen 
kommen. Ethmoidallücken dürften schwerlich vorhanden gewesen sein und die Tränengruben waren ver- 
mutlich wenig ausgebildet. Die flache Stirn weist nur relativ kleine, aber in lange Rinnen sich verlängernde 


1) Gaudry: Animaux fossiles de l’Attique, pag. 271, pl. XLVII, Fig. I—5 


[19] Die fossilen Cavicornia von Samos. 39 


Gefäßlöcher auf. Die Stirnbein- sowie die Stirnscheitelbeinnaht bilden nur schwache Wülste. Die Augen- 
höhlen springen sehr wenig vor und schauen lediglich seitwärts. Ihre Weite ist im Verhältnis zum Schädel 
sehr gering, das Cranium hingegen ist viel geräumiger als bei Pallasi. Die Hörner haben eher kreisrunden 
als ovalen Querschnitt und legen sich weniger nach hinten als bei der Spezies von Pikermi.!) Dafür diver- 
gieren sie viel stärker und ihre Spitzen krümmen sich sogar ein wenig nach einwärts, so daß eine gewisse 
Ähnlichkeit mit Bowiden-Hörnern, wenigstens mit jenen von Hemibos acuticornis?) entsteht. 

Gebiß: Die noch recht primitiven Prämolaren — sie unterscheiden sich kaum von solchen von 
Cerviden — nehmen im Verhältnis zu den Molaren einen ziemlich beträchtlichen Raum ein. Der untere DA 
besitzt zwei etwas schräg gestellte Kulissen und einen komprimierten kräftigen Innenhügel, der an P3 eben- 
falls durch eine Kulisse ersetzt ist, während an P2 die vorderste der drei Kulissen des P3 fehlt. Die 
ziemlich dicken unteren Molaren tragen je einen Basalpfeiler, von denen der an Mı am kräftigsten ent- 
wickelt ist. Die Innenseite ist vorn und hinten mit je einer Falte versehen, dagegen fehlt eine vordere 
Außsenfalte. Die Rippen an den Innenhöckern gehen infolge der Abkauung bald verloren. Der dritte 
Lobus des M3 stellt von oben gesehen einen Halbkreis dar. Die oberen P2 und P3 sind verhältnismäßig 
lang und schmal und unterscheiden sich hierdurch nicht unwesentlich von den viel breiteren des Palaeoryx 
Pallasi. . Ihre Innenseite weist in der Mitte eine tiefe Einbuchtung auf. Alle drei P sind mit kräftigen 
Spornen in den Marken versehen. Von den Molaren besitzen nur M 2 und M 3 je einen schwachen Basal- 
pfeiler. Um so kräftiger sind dagegen die Falten und Rippen der Außenseite und der Sporn in der hinteren 
Marke. Das hintere Horn des ersten Halbmondes reicht nicht bis an die Außenwand, von dem Vorderhorn 
des zweiten Halbmondes wird es durch einen geradlinigen Spalt, bei weiterer Abkauung durch eine lang- 
gestreckte Schmelzinsel getrennt. Die Krümmung der Innenseite nach aufwärts ist sehr gering, die Breite 
der Molaren bleibt nur wenig hinter deren Länge zurück und ebenso ist auch die Höhe nicht viel beträcht- 
licher als die Länge dieser Zähne. Die Runzelung des Schmelzes ist an den oberen M viel geringer als an 


den unteren. 
Dimensionen: 


Länge der Unterkieferzahnlücke — 60? mm. 


» » unteren Zahnreihe — 112 mm; Länge der drei M = 64 mm; Länge der drei P —= 48 mm. 

P2 Länge — I5 mm; Breite — 8 mm; Mı Länge = I8 mm; Breite — 125 mm; 

P3 » — ef re » —3T10 Su M2 » — 2I DIE » — 14 Su; 

an » = 17 De. » =-II 217 M3 » =29 »; » — 13 2 

Länge der oberen Zahnreihe — 112 mn; Länge der drei M = 69 mm (aufen); Länge der drei P —= 46 mm. 

P2 Länge — 16 mm; Breite—11'5 mm; Höhe—=13 mm; Mı Länge=20 mm; Breite —20 mm; Höhe = I3 mm BR 
ey 5» ei 53 > el a8 3 ei) 5 8 4Ai2 nn ein a ea a8 ren malte 
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Länge der Gesichtspartie vom Vorderrand der Zwischenkiefer bis zum Vorderrand der Ale ahene — 195— 200 mm 


aus der Kieferlänge berechnet. 
Größter Abstand der Orbita voneinander = 155 mm. 


> » >» beiden Hörner an der Basis = 29 mm an der Innenseite gemessen. 

» » » » » >» » =1WYO0o » » » Außenseite > 

» » > » » » >» Spitze = 170?» » » Innenseite » 
Länge der Hörner — 325 mn; Längsdurchmesser der Hornbasis — 66 mn; ur eurchmee derselben — 53 ının. 
Breite des Kraniums unmittelbar hinter der Hornbasis — 96 mm. 

» » » am Oceiput (beim Meatus auditorius) — II3 mm. Größter Abstand der Condyli = 77 mm. 
Länge >» » vom Foramen magnum bis zum höchsten Punkte der Stirnbeine = 160 nm. 


Extremitätenknochen einer riesigen, aber schlanken hochbeinigen Antilope wurden von 
Herrn Th. Stützel in den nämlichen grauen Mergeln gefunden wie die eben besprochenen Schädel und 
Kiefer. Da in dieser Ablagerung kein weiterer größerer Artiodactyle, von Samotherium abgesehen, vorzu- 
kommen scheint, so dürfen sie wohl auf Palaeoryx Majori bezogen werden. Es liegen mir vor drei distale 


‘) Wenigstens in viel geringerem Grade als bei dem Gaudryschen Original. Das Hornpaar der Münchener 
paläontologischen Sammlung kommt in dieser Hinsicht den Resten aus Samos etwas näher. 
?) Palaeontologia Indica, Ser. X., Indian Tertiary and Posttertiary Vertebrata, Vol. I, pl. XXIII, A. XXIII A, 


40 Max Schlosser. [20] 


Humerusenden, ein distales Ende eines Radius, ein fast vollständiger Metacarpus und je ein proximaler und 
distaler Rest eines solchen nebst einem distalen Ende der Tibia und je einem proximalen und distalen Me- 
tatarsusende. In der Größe kommen sie ebenso wie die Schädel den entsprechenden Knochen von Hippo- 
tragus equinus zum mindesten gleich, die Canon sind aber entschieden schlanker und länger. 


Dimensionen: 


Humerus: Breite der Rolle — 77 mm; größte Höhe derselben — 50 mon. 

Radius: Breite oberhalb der Carpusfacetten = 65 mm; Breite der Diaphyse — 45 mm. 

Metacarpus: Länge — 360 ? mm; Breite der beiden proximalen Facetten — 60 mm; Breite der Diaphyse — 34 mm. 
Breite des distalen Endes an den Gelenkrollen = 60 mm. 

Tibia: Breite der Astragalusfacette — 56 mm; Breite unter der Mitte des Schaftes —= 50 ? mm. 

Metatarsus: Breite der proximalen Facetten = 52 mm; Breite in Mitte des Schaftes — 32 mm; Breite des 
distalen Endes an den Gelenkrollen = 65 mm. 

Von dem echten Palaeoryx Pallasi unterscheidet sich die auf Samos vorkommende Form durch 
die Kleinheit der Zähne, namentlich durch die Schmalheit der Prämolaren, durch die viel weiter hinten 
stehenden runden, statt elliptischen Augenhöhlen, durch das viel geräumigere Cranium, durch das starke 
Divergieren und die geringere Zurückbiegung der Hörner und durch die Einwärtskrümmung der Hornspitzen. 
Ich könnte es daher nicht verantworten, wenn ich diese Form mit Pallasi identifizieren würde. Forsyth 
Major gibt diese Art zwar als auf Samos vorkommend an, eine Angabe, deren Berechtigung ich ja auch 
nicht bestreiten will, da ich sein Material nicht kenne, aber jedenfalls dürfen die mir vorliegenden Reste 
nicht auf Pallasi bezogen werden. Es wäre allerdings auch nicht ausgeschlossen, daß auf Stücke der eben 
beschriebenen Art der von Forsyth Major aufgestellte Palaeorys rotundicornis Bezug hätte, allein da 
hievon nicht einmal die Maßzahlen bekannt sind, läßt sich diese Form vorläufig nicht wiedererkennen. 


Die Verwandtschaft der Gattung Palaeoryx mit der lebenden Gattung Oryx beruht nach Gaudry 
auf der Ähnlichkeit des Schädels und der Hörner. Dagegen sollen die Zähne nach ihm außerordentlich ver- 
schieden sein von jenen der Gattung Oryx. Ich gebe zwar gern zu, daß in der Tat sehr beträchtliche 
Unterschiede im Gebiß der beiden genannten Gattungen bestehen, aber nichts destoweniger würde mich 
dies nicht abhalten, sogar direkte genetische Beziehungen zwischen Palaeoryx und Oryx anzunehmen, denn 
die von Palaeoryx sind lediglich primitiver als jene von Oryx und könnten sich ganz gut in jene der leben- 
den Gattung umgestaltet haben. Viel weniger wahrscheinlich ist es jedoch, daß die langen geraden Hörner 
von Oryx sich aus denen von Palaeoryx entwickelt haben sollten. Und selbst wenn dies auch für den 
Palaeoryx von Pikermi zutreffen sollte, der sich auch hinsichtlich der Lage der Augenhöhle enger an 
Oryx anschließt, so gilt es doch gewiß nicht für jenen von Samos, denn letzterer erinnert in beiden Stücken 
viel eher an Cobus und au Hippotragus als an Oryx; namentlich die Form der Hörner hat große Ähnlichkeit 
mit jenen von Hippotragus. Allerdings fehlt bei diesem die Einwärtskrümmung der Hornspitzen, auch ist er 
etwas kleiner als unser Palaeoryx, und bei Cobus ist die Stirn nicht flach, sondern eingesenkt. Die Zahnform 
weicht freilich bedeutend ab von der jener lebenden Gattungen, jedoch bestehen keine prinzipiellen Hlinder- 
nisse für deren Ableitung von Palaeoryx. Forsyth Major ist der Ansicht, daß die lebende Gattung Oryx 
sich aus einer anderen Antilope von Samos, nämlich aus Proforyx entwickelt hätte und nicht aus Palaeoryx. 
Es wird sich indessen zeigen, daß Protoryx einen viel spezialisierteren Schädelbau und ganz abweichend 
differenzierte Hörner besitzt als Oryx und daher als dessen Ahne noch viel weniger in Betracht kommen 
kann als Palaeoryx Pallasi, über dessen phylogenetische Bedeutung ich mir jedoch vorläufig noch kein 
definitives Urteil erlauben möchte, da mir von ihm nur einige Hörner, ein Cranium ohne Orbitae und Kiefer- 
stücke vorliegen. Dagegen glaube ich kaum zu irren, wenn ich den eben behandelten Palaeoryx von Samos 
wegen der Länge und Biegung seiner Hörner entweder für eine gänzlich erloschene Form oder aber für 


den Ahnen von Hippotragus eventuell auch von Cobus halte, wobei dann allerdings noch mehrere Zwischen- 
glieder nachzuweisen wären. 


Als solche kämen in Betracht Antilope Cordieri de Christol und Palaeoryx boodon Gervais sp. 


[21] Die fossilen Cavicornia von Samos. 41 


Der letztere!) unterscheidet sich von Palaeoryx Majori von Samos nur durch die Größe der Zähne und 
die stärkere Entwicklung der Basalpfeiler sowie durch die eingesenkte Stirn und den mehr vierkantigen Quer- 
schnitt der Hörner, und könnte demnach recht gut dessen direkter Nachkomme sein, sofern nicht etwa diese 
Beschaffenheit der Stirn als ein primitiveres Merkmal gedeutet werden muß. Auch erscheint es einiger- 
mafßen fraglich, ob sich aus diesen kantigen Hörnern wieder solche von nahezu kreisrundem Querschnitt 
entwickeln konnten. Dagegen bietet der Zahnbau kein direktes Hindernis für die Ableitung der lebenden 
Gattung Aippotragus und eben sowenig für die Annahme näherer Verwandtschaft mit der Gattung Cobus, 
wenn schon auch in diesem Falle noch Zwischenglieder existiert haben müssen und außerdem eine gewisse 
Reduktion der Prämolaren erfolgt sein müßte. 

Antilope Cordieri”) im Bau der Zähne der Gattung Zippotragus schon bedeutend ähnlicher als 
Palaeoryx, hat anscheinend das nämliche geologische Alter wie diese letztere Gattung und kann daher nicht 
wohl deren Nachkomme sein. Da die Hörner von Cordieri nach der Gervaisschen Abbildung auf der 
Vorderseite einen Kiel besitzen, so ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß diese Art zu Falaeoryx in näheren 
verwandtschaftlichen Beziehungen steht. 

Palaeoryx Pallasi findet sich nach Rodler und Weithofer°) auch in Maragha in Persien. Ich bin 
jedoch keineswegs von der Richtigkeit dieser Angabe überzeugt, die sich ohnehin wegen des Fehlens von 
Abbildungen nur schwer kontrollieren läßt. Da die Länge der oberen Zahnreihe nur 98 mm beträgt, so 
handelt es sich offenbar um eine Form, welche wesentlich kleiner als der echte Pallasi ist und nicht einmal 
die Dimensionen des Palaeoryx von Samos erreicht. Diesem letzteren steht sie jedoch auch infolge der stärker 
gebogenen Hörner näher als dem echten Pallasi. Sehr große Ähnlichkeit mit den mir aus Samos vorlie- 
genden Resten von Palaeoryx hat ein mit beiden Hörnern versehenes Schädelstück aus dem pontischen 
Kalke von Eupatoria bei Odessa, welches kürzlich M. Pavlow beschrieben und als Anztilope-Pallasi Wage 
bestimmt hat. Die Gattung Palaeoryx scheint ziemlich frühzeitig aufzutreten, wenigstens zitiert Weithofer 
aus den Ligniten von Casteani, also aus Schichten, welche wohl älter sind als die Ablagerungen von Pikermi, 
Samos etc. einen Palaeoryx sp., welcher dem Pallasi sehr ähnlich sein soll, und die Lokalität Samos selbst 
enthält mehrere Arten dieser Gattung. Unter den Antilopen aus der chinesischen Hipparionenfauna hat 
nur S£repsiceros praecursor einige Ähnlichkeit. Indessen unterscheidet sich dieser durch seine relativ 
kürzeren, aber zugleich etwas komplizierteren Prämolaren. 


Palaeoryx Stützeli n. sp. 
Taf. VII (V), Fie. 1, 2, 6. 


Ich fasse unter diesem Namen die Überreste einer Antilopenart zusammen, welche mit der 
Gattung Palaeoryx die langen, wenig gebogenen Hörner und die brachyodonten Molaren sowie die ziemlich 
langgestreckten Prämolaren gemein hat. 

Das mir zur Untersuchung vorliegende Material besteht aus drei Schädelfragmenten mit Hornzapfen, 
aus einem Oberkiefer, einem Unterkiefer und zwei zusammengehörigen Unterkiefern mit den D4, von Herrn 
Kommerzienrat Stütze] gesammelt, und aus vier Oberkiefern und zwei Unterkiefern aus der Kollektion 
des Herrn Hentschel. Die meisten dieser Reste stammen aus den braunen tuffigen Lagen, ein Kiefer auch 
aus den gelblichen Tonen. 

Schädel: Obwohl nur die den Hörnern zunächst befindliche Partie des Schädels vorhanden ist, 
lassen sich doch die Hauptmerkmale desselben mit ziemlicher Sicherheit ermitteln. Die Profillinie der Stirn 


1) Dep&ret: Animaux pliocenes du Roussillon. Memoires de la Societe geologique. Paleontologie 1890, pag. 90, 
pl. VII, Fig. 1—8. 
2) Forsyth Major: Considerazioni sulla Fauna dei Mammiferi plioceniei e postplioceniei della Toscana. Atti 


della Societa Toscana di Scienze naturali. Pisa. 1877, pag. 47, Taf. Ia, Fig. 49. 
3) Die Wiederkäuer der Fauna von Maragha. Denkschriften der math. naturwiss. Kl. Akademie d. Wiss. Wien. 


Bd. LVII, 1890, pag. 13 (765). 
%) Alcune Osservazione sulla fauna {delle lignite di Casteani e di Montebamboli. Bollet. Comit. geol. 1888, 
pag. 361. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd, XVII. 


6 


42 Max Schlosser. [22] 


bildet zwischen den Hörnern nahezu einen rechten Winkel, sowohl das Cranium als auch die Stirne fallen 
von diesem Punkte an ziemlich sanft ab, dagegen dürfte der Nasenrücken entsprechend der beträchtlichen 
Länge der Kiefer fast horizontal verlaufen sein. Für den Gesamthabitus des Schädels, besonders aber für 
den vorderen Teil desselben, würde vermutlich die von Gaudry gegebene Abbildung von Pallasi zutreffen. 
Wie bei dieser Art haben auch hier die Augenhöhlen ovale Form und liegen nur zum Teile unterhalb der 
Hornbasis. Die Stirnbeine stoßen fast unmittelbar hinter den Hörnern an die Scheitelbeine. Die Fronto- 
parietalnaht sowie die Stirnbeinnaht bilden dicke Wülste auf der Schädeldecke. Das Cranium ist im Ver- 
hältnis zur Länge der Hörner und der Kiefer sehr klein, auch der Abstand der beiden Augenliöhlen ist re- 
lativ gering. Die Hörner haben an der Basis beinahe kreisrunden, nahe den Spitzen aber weit elliptischen 
Querschnitt. An der Basis stehen die Hörner sehr nahe beisammen, auch ihre Spitzen rücken nicht weit 
auseinander. Die Krümmung beginnt nahe an der Basis und ist sanft und gleichmäßig nach rückwärts 
gerichtet. 

Gebiß: Die Zähne dieser Antilope sind ausgesprochen brachyodont, selbst frische Molaren sind 
nur wenig höher als die Prämolaren. Die Prämolaren zeichnen sich mit Ausnahme des oberen P4 durch 
ihre gestreckte, schmale Gestalt aus. Der untere P4 besitzt einen kräftigen, von oben gesehen dreieckigen 
Innenhügel, auch seine vordere Kulisse ist als Hügel ausgebildet. An P3 und P2 sind diese Teile natürlich 
sehr viel schwächer. Auf der Außenseite der unteren P verläuft hinter dem Außenhügel eine breite Vertikal- 
furche, an den oberen P2 und P3 ist der Innenmond in der Mitte eingeschnürt, der obere P4 hat nahezu 
regelmäßigen dreieckigen Umriß. Die Aufßenhöcker der oberen und die Innenhöcker der unteren Molaren 
sind kräftig entwickelt, die Halbmonde aller Molaren bilden scharfe Ecken. Die oberen Molaren haben 
massive Außenfalten, auch die Rippen an den ersten Aufenhöckern sind sehr massiv, die unteren M haben 
vorn je eine Außen- und eine Innenfalte. Im ganzen zeichnen sich alle P und M durch eine gewisse 
Zierlichkeit aus, Bemerkenswert ist die tiefe Vertikalrinne zwischen den beiden Innenhöckern der unteren 
Molaren. Die Sporne in den Marken der oberen P sind viel kräftiger als jene der oberen Molaren. Letztere 
haben auch im Gegensatz zu den unteren M nur kurze Basalpfeiler. 


Dimensionen: 


Abstand der beiden Hörner an der Basis (Innenseite) — I6 mm; (Außenseite) — 85 mm 

» » » » » » Spitze = 95? mm. 
Länge der Hörner — 190? mm; Längsdurchmesser an der Basis — 35 mm; Querdurchmesser — 34 mm. 
Größter Abstand der beiden Augenhöhlen — 93 mm; größter Durchmesser der Augenhöhle — 40? mm. 
Länge des Unterkiefers vom Hinterrande des M3 bis zum Hinterrande des C = 140? mm. 
Abstand des höchsten Punktes der Stirnbeine von der Spitze der Nasalia — 180--190 man. 


Gesamtlänge des Schädels — 250? mm. 
Länge der Unterkieferzahnlücke — 40? mm; Höhe des Unterkiefers unterhalb 73 — 35 mm. 
» » unteren P= 45 mm; Länge der unteren M = 58 mm; Länge der unteren Zahnreihe — 103 mm. 
oberen ar > ooersn WV=äl 5 © » oberen » — 9% >» 
(in der Mittellinie). 
Unterer P2 Länge = 12:5 mm; Breite = 65 mm; Höhe = 9 mm; 
» Bat a le a EN VS 
» > — 16 De: = 95 %5$ DE a2 ee: 
» Mı » = 88 » = im SH vr el m 
» M2 >» 7 Du; 2» = lm a: Sue Te: 
» M3 » =25. »; > 28 Ba 
» D3 » — » = 05» 5 » = 558% 5 
» D» = >», vv es 3, a — Sun; 
Oberer Pro: =) 55 Sa OT se Er rn: 
» Peer) —Ts 25 » = mg 5: Be ITS >: 
» P4 » la. » — 16 9 >» = u »e: 
» Mı » — 17 220: » — 16 De » — s 
» M2 ) = op » = 1) >: » — 7 Se 


M3 > 20 » 5; » = ii) ye: » —= 18 » 


[23] i Die fossilen Cavicornia von Samos. 43 


Aus der nämlichen Ablagerung, den braunen Tuffen, liegen auch eine Anzahl Extremitätenknochen 
vor, die aber wie die meisten Reste aus diesen Tuffen stark verdrückt sind. Sie sind für Protragelaphus 
sowie für Tragoreas, welche auch in den Tuffen vorkommen, entschieden zu groß, passen aber in dieser 
Hinsicht ganz gut zu der neuen Palaeoryx-Art. Ich rechne hierher zwei Beckenfragmente und einige Hinter- 
fußknochen, nämlich zwei Tibien noch im Zusammenhang mit dem Tarsus und dem oberen Teile des Meta- 
tarsus, zwei proximale und zwei distale Metatarsusenden. Auch diese Knochen stammen von schlanken, 
hochbeinigen Tieren. Die Dimensionen sind: 


Tibia. Breite am distalen Ende — 55 mm; Breite gegen die Mitte —= 22 mm, 

Astragalus. Höhe — 40 mm; Breite — 22 mm. 

Breite der beiden distalen Tarsalia — 30 mm. 

Breite des Metatarsus in der Mitte — IS? mm; Breite an den distalen Gelenkrollen = 35 mm. 


Die Brachyodontie der Molaren, die Länge und Komplikation der Prämolaren, die Länge der Gesichts- 
partie, die Lage und Form der Augenhöhlen, die Stellung und die Beschaffenheit der Hörner gestatten es uns, 
diese Reste zur Gattung Palaeoryx zu zählen. Unverdrückte vollständige Schädel würden aller Wahrscheinlich- 
keit nach dem Gaudryschen Originale von Pallasi!) sehr ähnlich sehen und sich, abgesehen von dem 
wenigstens an der Basis fast kreisrunden Querschnitt der Hörner sowie nur die wulstartige Verdickung der 
Stirnbeinnähte unterscheiden. In dem letzteren Merkmale scheint Palaeoryx parvidens Gaudry,”) wenigstens 
nach einem mir vorliegenden Schädel von Pikermi noch näher zu stehen, auch hat er ebenfalls ein verhältnis- 
mäßig kleines Cranium, nur die Hörner unterscheiden sich durch ihren mehr ovalen Querschnitt. Frische 
Unterkieferzähne von Pallasi stimmen, abgesehen von ihrer Größe, bis ins kleinste Detail mit den hier be- 
schriebenen überein, dagegen sind die oberen Prämolaren schon viel mehr verbreitert. Gegen die Bestimmung 
als Palaeorye würde höchstens die erwähnte Verdickung der Stirnbeinsuturen sprechen, die sonst bei 
Palaeoryx nicht vorzukommen scheint, außer bei dem Schädel von parvidens, welcher sich in der Münchener 
paläontologischen Sammlung befindet. 

Im Oberpliocän scheint bis jetzt keine Antilope gefunden worden zu sein, welche ich als Nach- 
folger dieses neuen Palaeoryx ansprechen könnte, welcher sich besser als alle anderen Arten dieses Genus 
für den Vorfahren von Oryx eignen würde, wenn nicht, wie bemerkt, die Sagittal- und die Frontoparietal- 
naht zu dicken Wülsten verdickt wären. 

Ob unter dieser Art etwa der von Forsyth Major, pag. 4, zitierte Palaeoryx rotundicornis ver- 
standen werden muß, läßt sich nicht entscheiden, da der Autor nicht einmal Maßzahlen angegeben hat. 


Palaeoryx ingens n. sp. 
Taf. VIII (V), Fig. 35. 

Eine riesige, aber seltene Antilope, welche in ihren Dimensionen selbst Criotherium übertrifft, ist 
vertreten durch den linken Unterkiefer eines noch jugendlichen Individuums — D4 sitzt noch auf P4 — 
durch einen rechten Oberkiefer mit P4— M3 und durch einen isolierten linken oberen M3. Auch ein 
rechter oberer P2 gehört wohl hierher. 

In ihrer Zusammensetzung sowie in ihren relativen Größenverhältnissen stimmen die Zähne ziemlich 
genau mit jenen von Falaeoryx Pallasi?) überein. Die Außenmonde der unteren und die Innenmonde der 
oberen Molaren sind deutlich kantig wie bei diesem, ebenso sind auch die Innen- resp. Außenfalten kräftig 
entwickelt, namentlich die beiden Falten und die Rippe am ersten Aufenhöcker der oberen Molaren sowie 
jene der oberen Prämolaren. Ferner ist auch der Basalpfeiler am unteren M ı überaus kräftig, an M2 und 
an M3 aber bedeutend schwächer. An den oberen M befinden sich dagegen nur schwache Basalwarzen, 
und zwar ist jene von M3 am stärksten entwickelt. Die unteren P sind verhältnismäßig: dick. Außer dem 
Innenhügel und den beiden Kulissen besitzt der untere P 4 noch einen niedrigen Basalhöcker auf der Innen- 
seite. Ein solcher findet sich auch an P3. Der obere P4 hat einen eckigen Innenmond, an P2 ist letz- 


1) Animaux fossiles de l’Attique, pl. XLVII, Fig. I. 
2) Animaux fossiles de l’Attique, pag. 276, pl. XLVII, Fig. 6, 7. 


3) Ibidem, pl. XLVII, Fig. I, 2, 4, 5. 
6* 


44 Max Schlosser. [24] 


terer tief eingekerbt. Sporne kommen nur in der zweiten Marke der oberen M vor, Alle diese Reste wurden 


in den bräunlichen Tufflagen gefunden. 
Dimensionen: 


Unterkiefer. Länge der drei P = 56? mm; Länge der drei M = 85? mm. 


P2 Länge = I4 mm; Breite — 9 mm; Höhe = II'5 mm; 
IB 2 em » yo ell 5 y = iM » 
P4 » oo = 3 a» =ml = 17 » 
Mı » — 22:5 >» » — » — 7 » 
Man. ea] 2 Se) » 922 » 


Höhe des Kiefers vor P2 = 31 mn; hinter MI — 43 mm; 
Oberkiefer-Länge der drei F = 48? mm; Länge der drei M = 70? mm; 
P2 Länge — 17 mm; Breite — I4 mm; Höhe — II mm; 


} » =71 = 21% » —ET B 
IR! Eze, ö ae Zah mäßig abgekaut. 
Kl, 9 Aal d 3, ad Dig » 
M3 >» =27 » 3 =.» ee 


Wie schon bemerkt, ist die Ähnlichkeit der Pund M mit jenen von Palaeoryx Pallasi eine ziemlich 
große, nur sind die Monde der Molaren noch viel eckiger als bei diesem und hiedurch erlangen diese 
letzteren eine sehr weitgehende Ähnlichkeit mit einer Antilope aus der chinesischen Hipparionenfauna, 
welche ich als Strepsiceros praecursor‘) beschrieben habe. Dieselbe unterscheidet sich jedoch durch ihre 
viel kürzeren Prämolaren, und überdies bildet auch der Innenhöcker des unteren P4 eine vollkommene 
Innenwand wie bei dem lebenden Strepsiceros Kudu. Ich ziehe es daher vor, die neue Form aus Samos 
als Palaeoryx und nicht als Sfrepsiceros zu bestimmen. Eine Antilope von noch größeren Dimensionen 
hat P. Gervais aus den Ligniten von Alcoy in Spanien beschrieben und als Anzilope? boodon?) ab- 
gebildet. Trotz der vorzüglichen Zeichnung läßt sich mit diesen Resten doch nicht viel anfangen, weil der 
Autor von den Oberkieferzähnen nur die Außenansicht gibt und untere Prämolaren außer dem P3 anscheinend 
nicht bekannt sind. Ob diese Form jedoch mit Palaeoryx boodon Gerv. sp. von Roussillon ?) identisch ist, 
wage ich nicht zu entscheiden, ich möchte es fast für wahrscheinlicher halten, daß es sich um zwei be- 
sondere Arten handelt, von denen aber jene aus Alcoy entschieden eher zur Gattung Palaeoryx gehört als 
die von Roussillon. Dies ist jedoch für uns nebensächlich, viel wichtiger erscheint mir die Tatsache, daß 
bereits zur Hipparionenzeit die Gattung Palaeoryx einen bedeutenden Artenreichtum entfaltet hat, 
wenn auch keine derselben mit absoluter Sicherheit als Vorläufer einer noch jetzt lebenden Antilopenart 
bezeichnet werden kann. Die Ursache hiervon ist in erster Linie darin zu suchen, daß uns aus dem Ober- 
pliozän überhaupt nur wenige Antilopen bekannt sind. Aber gerade in dieser Periode haben wir die 
Anknüpfung der lebenden Antilopenformen an jene der Hipparionenfauna zu erwarten. 

Palaeoryx ingens könnte jedenfalls nur der Ausgangspunkt einer sehr großen Form gewesen sein. 
Direkte genetische Beziehungen zu den erwähnten Palaeoryx boodon von Roussillon sind nicht ganz 


ausgeschlossen, dagegen kann jener von Alcoy nicht von P, ingens abstammen, weil beide wohl das näm- 


liche geologische Alter besitzen. 
Protoryx. 


Diese Gattung wurde von Forsyth Major) für Antilopen aufgestellt, deren seitlich abgeplattete 
Hörner von der Basis aus nach rückwärts zu stark divergieren. Die kurze Stirnregion ist konkav, während 
die Scheitelregion bald beträchtlich verlängert, bald verkürzt erscheint und mit der Gesichtspartie fast in 
einer Ebene liegt. Protoryx ist nach diesem Autor dem lebenden Hrppotragus leucophaeus viel ähnlicher 
als Palaeoryx Pallasi, jedoch sind die Hornzapfen im Verhältnis zum Schädel viel größer, die Scheitel- 
region ist kürzer und die Zähne sind noch brachyodont. 


2) Schlosser: Die fossilen Säugetiere Chinas. Abhandlung. der k. bayr. Akad. d. Wissenschaft. II. Kl., 
Bd. XXI, I. Abt., 1903, pag. 148, Taf. XIII, Fig. I—7. 

2) Description des ossements fossiles des mammiferes rapportes d’Espagne Bulletin de la Societe geologique de 
France. Tome X, Ser. II, 1852/53, pag. 156, pl. V. 

3) Depe&ret: Les animaux pliocenes du Roussillon. M&moires de la Societe geologique de France. Pal&ontologie 
1890, pag. 90, pl. VII, Fig. I—8. 

4) Le gisement ossifere de Mitylini. Lausanne 1902, pag. Io. 


[25] Die fossilen Cavicornia von Samos. 45 


Zu Protoryx stellt Forsyth Major auch einen von Gaudry abgebildeten, aber weder spezifisch 
noch auch generisch bestimmten Schädel aus Pikermi — pl. LII, Fig. 1. — Dieses Stück bildet mithin 
den Typus der Gattung Protoryx, da bis jetzt keine anderen Zeichnungen von Überresten dieser Antilope 
vorliegen. Major unterscheidet vier Arten von Proforyx aus Samos: 

Protoryx Carolinae angeblich auch in Pikermi, Gaudry pl. LII, Fig. 1. 

» longiceps | _. { ’ . 

< Caudeyii]| diese beiden angeblich auch in Maragha 

> Hippolyte 
ohne jedoch auch nur Mafßzahlen anzugeben, so daß eine Wiedererkennung dieser vier Arten unter dem 
mir vorliegenden Material aus Samos schon an sich ein Ding der Unmöglichkeit wäre. Ich finde unter 
diesem Material aber überhaupt fast gar nichts, was jene oben angegebenen spärlichen Merkmale gleich- 
zeitig in sich vereinigt. Nur zwei Schädel weisen ein fast ebenes Profil und seitlich komprimierte nach 
hinten divergierende Hörner und konkave Stirn auf, aber die Hörner steigen nicht senkrecht auf, wie bei dem 
Gaudryschen Original, sondern legen sich schon von der Basis an sehr schräg nach rückwärts. Leider 
fehlen an dem kleineren Schädel die Zähne und an dem anderen ist nur die Ansatzstelle der Hörner er- 
halten. Ich werde diese Stücke später genauer behandeln. 

Ein dritter Schädel hat zwar mit dem Gaudryschen Original sehr große Ähnlichkei selbst in 
seinen Dimensionen, allein die Stirn bildet mit dem Scheitel einen nahezu rechten Winkel, weshalb auch 
dieses Stück nicht als Protoryx bestimmt werden kann, sofern eben die von Forsyth Major gegebene 
Diagnose richtig ist. Dies möchte ich nun allerdings auch für das Gaudrysche Original bezweifeln. Ich 
glaube vielmehr, daß auch an diesem die Stirn mit dem Scheitel einen sehr beträchtlichen Winkel gebildet 
hat und daß die Zeichnung nur deshalb auf ein scheinbar ebenes Schädeldach schließen läßt, weil die Stirn 
schon dicht vor den Hörnern weggebrochen ist und der Zeichner wohl nur aus Raumersparnis das Stück 
unrichtig orientiert und horizontal gestellt hat, während in Wirklichkeit das Cranium ziemlich steil nach 
hinten abfällt. Sollte sich, was ich für überaus wahrscheinlich halte, diese Vermutung bestätigen, so wäre 
die spezifische Identität gewisser Antilopenreste aus Samos mit dieser Form von Pikermi vollkommen 
sichergestellt, nur dürften sie alsdann nicht als Proforyx im Sinne von Forsyth Major bestimmt werden. 
Eigentlich sollte daher dieser Genusnamen vollständig fallen, dagegen besteht für mich kein Grund, den 
Speziesnamen Carolinae abzulehnen, da sich derselbe auf ein abgebildetes und ziemlich charakteristisches 
Objekt bezieht. 


Protoryx Major emend. Schl. 


Große Antilope mit mäßig hoher, schmaler Gesichts- und fast rechtwinklig abgebogener Stirnpartie, 
mit langen, im Querschnitt elliptischen, dicht beisammenstehenden, wenig divergierenden und mäßig ge- 
krümmten Hörnern, mit kleinen, ganz unter der Basis der Hörner gelegenen Augenhöhlen, mit langgestreck- 
tem, nach hinten schräg abfallendem Kranium. Gebiß mäßig hypselodont, Prämolaren etwas verkürzt, Mo- 
laren nicht sehr hoch, untere etwas komprimiert, alle M nur mit schwachen Basalpfeilern versehen. 


Protoryx Carolinae Major. 
Taf. XT (VI), Fig. I, 4, 8. 
1862. Antilope dont le genre est indetermine, Gaudry: Animaux fossiles de l’Attique, pag. 289, pl. LII, Fig. 1. 
1892. Protoryx Carolinae, Forsyth Major: Le gisement ossifere de Mitylini, pag. 4, IO. 

Ich stelle zu dieser Art ein Schädelfragment aus Samos, welches geradezu das Gegenstück zu dem 
Gaudryschen Original aus Pikermi bildet. Da glücklicherweise auch die vordere Partie der Stirn noch 
erhalten ist, die an jenem Original fehlt, so liefert dieser neue Schädel eine wichtige Ergänzung, denn hier- 
durch wird jetzt die bisher noch nicht bekannte starke Knickung des Schädeldaches nachgewiesen. Außerdem 
gehören hierher zwei Schädelfragmente — eines aus Teilen der Stirnregion mit der Basis des rechten Horns, 
das andere aus dem linken Stirnbein mit dem unteren Teile des Horns und dem oberen Teile der Augenhöhle 


46 Max Schlosser. [26] 


bestehend — ferner zwei Hornspitzen, zwei Gaumenstücke mit je einer vollständigen Zahnreihe und den Prä- 
molaren des gegenüberliegenden Kiefers, zwei zusammengehörige Oberkiefer mit den Molaren, ein rechter 
Oberkiefer und drei Fragmente, ein Unterkiefer mit P3—M3, drei Unterkieferfragmente mit den Molaren 
und eines mit P2—M 2. Auch dürften wohl drei in Zusammenhang befindliche Ineisiven hierher zu stellen sein. 
Ein sehr wichtiges Stück, nämlich ein rechter Oberkiefer mit den Molaren, an welchem noch ein Teil der 
Augenhöhle sowie die Nasenbeine erhalten sind, wurde von Herrn Hentschel gefunden, stammt aber eben- 
falls aus den graubraunen Mergeln und hat wie die übrigen Reste graugrüne Farbe und sehr feste Konsistenz. 

Schädel. Das Gesicht ist im Verhältnis zu den mäßig hypselodonten Zähnen wenigstens oberhalb 
der Molarregion sehr hoch, die Nasenbeine verschmälern sich schon über dem zweiten Molaren sehr rasch 
und enden vorn vermutlich oberhalb des P3. Zwischen ihnen und den Oberkiefern scheint wie bei Capra 
eine schmale spaltförmige Ethmoidallücke zu verlaufen. Die Grenze der Tränenbeine gegen die Oberkiefer 
läßt sich nicht mehr ermitteln und ebensowenig jene der Nasenbeine gegen die Tränenbeine. Die Tränen- 
grube ist zwar nicht sehr tief aber dafür sehr hoch, sie reicht nach vorn bis oberhalb des P3. Die kleinen 
Augenhöhlen liegen vollständig unter der Hornbasis und waren wohl ausschließlich seitwärts gerichtet. Die 
Profillinie steigt bereits von der Nasenspitze an auf und erreicht von der Nasenwurzel an einen beträcht- 
lichen Grad von Steilheit, der sich bis zum höchsten Punkte der Stirnbeine, zwischen den Hörnern, voll- 
kommen gleich bleibt. Die Scheitelstirnbeinnaht ist von der Basis der Hörner weit entfernt, aber wie die 
Stirnbeinnaht selbst nicht besonders stark verdickt. Die Scheitelregion, in welche allerdings der obere Teil 
des Hinterhauptes weit hineinragt, hat beträchtliche Länge, dagegen ist das Cranium im Verhältnis zur 
Länge und Höhe sehr schmal. 

Während die hintere Partie der Stirnbeine und die Scheitelregion sehr stark nach hinten abfallen, 
ist das niedrige Hinterhaupt senkrecht aufgerichtet. Die Knickung der Schädelbasis ist entsprechend der 
starken Knickung des Schädeldaches sehr bedeutend. Die Hörner haben langelliptischen Querschnitt und 
ihr Querdurchmesser steht fast vertikal zur Längsachse des Schädels. Die Divergenz der Hörner ist schein- 
bar sehr gering, weil sie an der Basis dicht beisammen stehen. Dagegen scheint die Länge dieser 
offenbar nur schwach rückwärts und auswärts gebogenen Hörner im Verhältnis zur Größe des Schädels sehr 
bedeutend gewesen zu sein. 

Gebiss. Die Incisiven sind relativ klein und auch untereinander in Form und Größe sehr ähnlich, 
Die Prämolaren nehmen im Verhältnis zu den Molaren einen ziemlich geringen Raum ein, der untere P2 
besitzt zwei Kulissen, die erste vertritt den Innenhöcker von ?P3 und P4, welcher an diesen Zähnen noch 
sehr kräftig als freistehender komprimierter Pfeiler entwickelt ist. Die beiden Kulissen von P3 und 4P 
stehen fast senkrecht zur Zahnreihe. Alle Molaren scheinen mit einem Basalpfeiler versehen zu sein, 
der aber nur am unteren Mı etwas ansehnlichere Höhe erreicht. Außenfalten kommen an den unteren M 
nicht vor, dagegen reichen die Rippen an der Innenseite bis zur Basis dieser Zähne. Die Rippen und Falten 
auf der Außenseite der oberen P und M sind weder besonders massiv, noch auch besonders schwach ent- 
wickelt. Gleich den unteren ? sind auch die des Oberkiefers ziemlich kurz und schmal, P2 und P3 zeigen 
starke Einbuchtung des Innenmondes, an P4 bildet letzterer eine deutliche, dem Vorderrande des Zahnes 
genäherte Kante. Die Sporne in den Marken der P sind nicht sehr stark entwickelt. Bemerkenswert er- 
scheint die kantige Ausbildung der Monde der Molaren und die auffallende Verbreiterung der oberen Mo- 
laren gegen die Basis zu. Der dritte Lobus des unteren N73 ist dreieckig, hat aber bei frischen Zähnen 
nur geringe Länge. 

Dimensionen: 
Gesamtlänge des Schädels von der Spitze der Nasenbeine bis zum Foramen magnum —= 210 mm. 


Breite der Nasenbeine oberhalb ?P2 = 22? mm; oberhalb M3 = 45 mm; 
Höhe der Gesichtspartie vor P2 = 60 mm; hinter M 3 = 82 mm; 


Abstand der Nasenspitze von dem höchsten Punkte der Stirnbeine — 140? mm; 
» des Basisphenoid » » » » » » = 9 » 
» » Foramen magnum von dem höchsten Punkte der Stirnheine — 150 mn; 
» » » » 5 » » > des Hinterhauptes — 46 mm; 


» der Schädelbasis von dem höchsten Punkte des Hinterhauptes = 70 mm; 


[27] Die fossilen Cavicornia von Samos. 


47 

Breite des Gaumens an M3 — 50 ? mm; an P2 — 35 mm; 

» » Schädels an den Augenhöhlen — 108 mm; 

» » » hinter den Augenhöhlen — 75 mm; 

» » » am Meatus auditorius —= 87 mm; 
Abstand der beiden Hörner an der Basis — I4 mm; an den Spitzen — 60? mm; 
Länge der Hörner — 230 ? mm; 
Längsdurchmesser der Hörner a) an dem Cranium — 63 mm; b) an einem zweiten Exemplare — 67 mm; 
Querdurchmesser >» » » >» » » — As » >» » » » = 4a > 

» » » nahe der Spitze = IS mm; 

Längsdurchmesser » > » » ».—22 » 


Höhe des Unterkiefers vor P2 — 24 mm; hinter M;, = 40? mm; 


Länge der oberen Zahnreihe — 93 mm; Länge der oberen Prämolarreihe — 35 mm; Länge der oberen Mo- 
larreihe —= 58-61 mm. 


Oberer P2Länge — IO mm; Breite — IO mm; Höhe = 135 mm; frisch. 


» P3 » = 2125 » » = II'5 >» » = 165 » » ; 
» BA » =II5 » » = 145 » » — 15'5 » » 
» Mı » — IY > » = 17 » » — 175 » » 
» M2 » —ETT. » » — N 5 SE 27, » » 
SV») — A » DE eG) » ao = u » » 
Länge der unteren Zahnreihe — 103 mm; Länge der unteren Prämolaren = 40 mm; Länge der unteren Mo- 
laren — 63 mm. 
Unterer P2 Länge = II'5 mm; Breite = 6 mm; Höhe = 7'5 mm. 
23 ee © De Da USE > 
» P4 » =]JI5 » » — I® > » =, » 
» Mı » = 17 » » — m 5 = — 15:5 = 
>» JAUZ » — 205 8 » mW % v0 = 105 
» M3 > — 265 » » —= 13 » » = 20 » 


Extremitätenknochen: Ganze Stücke sind nicht vorhanden und die wenigen hierher gehörigen 
Fragmente zeigen nichts, was besondere Erwähnung verdienen würde. 

Protoryx vereinigt im Schädelbau Merkmale der Caprinen — starke Knickung der Schädelachse, 
schmale Gesichtsregion, gebogene, seitlich komprimierte Hörner — mit solchen von Tragocerus — lang- 
gestrecktes Cranium, große, primitive Prämolaren — und schließt sich zugleich an die im folgenden zu be- 
sprechende Gattung Pseudofragus sehr enge an. Die Unterschiede bestehen in der primitiveren, weniger 
zierlichen Form der unteren Praemolaren, in der Flachheit der Tränengrube und in der Länge des Craniums. 
Tragocerus verhält sich im Zahnbau noch primitiver, denn seine Molaren sind noch niedriger und seine 
Prämolaren noch länger. Dagegen erweisen sich die Hörner infolge ihrer stärkeren Kompression und der 
Anwesenheit einer Vorderkante als spezialisierte. Im Zahnbau steht Palaeoryx der Gattung Protoryx ent- 
schieden am nächsten, nur sind seine Molaren noch niedriger und die Prämolaren noch weniger verkürzt. 
Auch erscheint Palaeoryx insofern primitiver, als die Schädelachse noch weniger geknickt und das Ge- 
sicht noch länger ist. Auch liegen die Augenhöhlen noch weiter vorn und die Hörner haben noch keine 
Kompression erfahren. Tragoreas verhält sich im wesentlichen wie Palaeoryx und kann daher auch nicht 
wohl mit Proforyx verwechselt werden. 

Die genannten Gattungen sind sämtlich recht nahe verwandt. Ihr gemeinsamer Ursprung dürfte 
nicht allzuweit zurückliegen. Sie lassen sich im ganzen recht gut auf die Antilopen des europäischen 
Obermiozän zurückführen, wenn schon in den Details gewisse Abweichungen bestehen, die namentlich der 
direkten Ableitung der Gattung Proforyx von einer der besser bekannten Arten einige Schwierigkeiten in 
den Weg legen. So stimmt Proforyx, abgesehen von seinen bedeutenderen Dimensionen zwar ganz gut 
mit Antilope clavata‘) von Sansan überein, aber die Tränengrube ist bei dieser letzteren viel ausge- 
dehnter und tiefer und Protragocerus Chantrei?) von La Grive St. Alban und Soblay hat zwar sehr ähnliche 


!) Filhol: Mammiferes fossiles de Sansan. Annales des sciences geologiques. Tome XXI, 1891, pag. 291, pl. 
XXXIN, Fig. I, 3, 6, pl. XLI, Fig. 12. 


2) Deperet: Vertebres miocenes du Bassin du Rhöne. Archives du Museum d’Hist natur. de Lyon. Tome IV, 
1887, pag. 249, pl. XII, Fig. 2-9, II—12. 


48 Max Schlosser. [28] 


Zähne, aber viel spezialisiertere Hörner als Proforyx, denn sie besitzen gerundet dreieckigen Querschnitt. 
Vielleicht steht die wenig bekannte Antilope sansaniensis!) von Sansan in näheren Beziehungen zu Protoryx. 

Nachkommen hat Proforyx schwerlich hinterlassen. Der Schädel und die Hörner erinnern zwar teils an 
Capra, teils an Fippotragus, allein die Caprinen schließen sich doch im Zahnbau so enge an Ovis an, 
daß ein gemeinsamer Ursprung von Ovis und Capra überaus wahrscheinlich wird. Da nun Capra schon 
in den Siwalits und ein Ovine in der Hipparionenfauna von Samos vorkommt, so müssen wir wohl 
den Ursprung der Gattung Capra in einer anderen fossilen Gattung als in Proforyx suchen. Die Capra- 
ähnlichen Hörner und die ebenfalls an Capra erinnernde starke Knickung des Schädelprofils erscheint 
daher doch eher nur als gleichartige Differenzierung. Direkte genetische Beziehungen zwischen Protoryx 
und Capra sind schon deswegen sehr unwahrscheinlich, weil alsdann der Nachkomme kleiner wäre als sein 
Vorfahre, was aber nach unseren sonstigen Erfahrungen nur höchst selten der Fall sein dürfte. Arppo- 
tragus unterscheidet sich von Proforyx durch die niedrigere Schnauze, durch die grofßen, viel weiter 
hinten liegenden Ethmoidallücken, durch die weiter vorn befindlichen Augenhöhlen und den fast krei- 
srunden Querschnitt der Hörner, vor allem aber durch die viel geringere Knickung der Schädelachse. 
Hierin sowie in der Form der Hörner ist die rezente Gattung viel primitiver als die fossile und kann 
daher unmöglich von ihr abstammen. Wir werden daher kaum fehlgehen, wenn wir Protoryx als einen 
frühzeitig hochspezialisierten und daher auch schon frühzeitig erloschenen Typus betrachten. 


Protoryx cfr. Carolinae Maj. 


Ich fasse hier Antilopenreste zusammen, welche dem echten Proforyx Carolingae im Zahnbau 
sowie in der Form der Stirn sehr ähnlich sind, aber sich doch hievon durch ihre größeren Dimensionen 
und besonders durch die Dicke der Hörner und das breitere Cranium unterscheiden. Da es sich vielleicht 
doch nur um Geschlechtsdifferenzen handeln könnte, unterlasse ich die Aufstellung eines besonderen Spezies- 
namens. Wie der echte Protoryx Carolinae kommt auch diese Form nur in den graubraunen Mergeln 
vor, und ihre Reste zeichnen sich ebenfalls durch ihre sehr feste Konsistenz und die grünliche Färbung 
der Knochen aus. 

Das mir zur Untersuchung vorliegende Material besteht aus Teilen von vier Schädeln — Stirnregion 
mit den daran befindlichen mehr oder weniger vollständigen Hörnern, — aus fünf Oberkiefern, davon zwei 
mit der ganzen Zahnreihe ans einem Oberkieferfragment mit M2 und M3, aus drei vollständigen Unterkiefern, 
hiervon einer mit D4—M3, und aus drei Unterkieferfragmenten, hiervon das eine mit Mı—-M3 und das 
andere mit P3—M2. 

Vom Schädel ist leider wenig erhalten, doch bilden auch hier die Flächen der Stirnbeine fast einen 
rechten Winkel. Nennenswerte Verdickung der Scheitelstirnbeinnaht und der Naht zwischen beiden Stirn- 
beinen kommt anscheinend nicht vor. Die Augenhöhle liegt auch hier vollständig unter der Basis der Hörner 
und schaut gleichfalls nur wenig nach vorwärts, Über die Länge des Craniums und des Gesichtes gibt das 
vorhandene Material keinen Aufschluß. Dagegen ist auch hier die Tränengrube trotz ihrer geringen 
Tiefe auffallend hoch und breit. Die Nasenbeine scheinen sich nach hinten zuzuspitzen, gleich dahinter 


steigt die Stirn sehr steil an. Die Entwicklung von Stirnsinusen dürfte ziemlich bedeutend gewesen sein. 


Dimensionen: 


Höhe der Oberkiefer vor P2 — 38? mn, Höhe des Gesichtsschädels hinter 7M3 = 80 ? mn. 


Breite des Schädels an den Augenhöhlen — 133 mm, hinter denselben = 90 mm. 
Abstand der beiden Hörner an der Basis a) vorn = I5 mm; b) hinten = 25 mm; an den Spitzen — 140? mm. 
Länge der Hörner — 280 ? mm. 
Längsdurchmesser der Hörner an der Basis = 63 mm; Querdurchmesser derselben = 54 mm. 

» » » nahe der Spitze = 25 mm; Querdurchmesser derselben ebendaselbst — IQ man. 
Höhe des Unterkiefers vor P2 — 26 mm; hinter M3 — 40? mm. 
Länge der oberen Zahnreihe = 103 mm; Länge der oberen Prämolarreihe = 43 mm; Länge der oberen Molar- 


reihe — 60 mm. 


2!) Filhol:1. c. p. 289, pl. XL, Fig. 13, pl. XLI, Fig, 11. 


[29] Die fossilen Cavicornia von Samos. 49 


Oberer P2 Länge = 13:5 mm; Breite = I0'8S mm; Höhe = I5 mm; 
Bag 3 oa ya a ZT, 2; 
» P4 » = il 3 8 vl DR » = I 5 
> Mı » == 21 » 5 SE — TS > s > = 175 >»; 
» DVS > = 2% >; sel 8 e20 3 
> M3 » — 24 2 BE 15:5 5 » =ı23 > 

Länge der unteren Zahnreihe — 104 mm; Länge der unteren Prämolarreihe — 375 mm; Länge der unteren 
Molarreihe —= 67 mm. 

Unterer P2 Länge = IImm; Breite — 6 mm; Höhe = 7mm; 
» 133) » =I1l4 >; » =! 75. 25 » =I1ll >, 
Be en 15,627; ee =ö& De ra; 
» Mı » —[8, » R » — 32:8. 3 5 > = II >»; 
> Mass Zen; 0 UI yER » —=l6 »; 
» M3 » = a] 5 » —a TA Bu5 » — 


Ich habe die Dimensionen auch hier möglichst genau angegeben, da ich fast überzeugt bin, daß 
wir es bei dieser Form trotz der großen Ähnlichkeit im Zahnbau nicht bloß mit einer Varietät von Carolinae, 
sondern doch wohl mit einer besonderen Spezies zu tun haben. Hiefür spricht außer den schon erwähnten 
Unterschieden in der Stellung und im Querschnitt der Hörner auch die grofe Häufigkeit dieser Reste, 
während sonst die einzelnen Arten wenigstens unter meinem Material viel spärlicher vertreten sind. Eine 
Ausnahme hiervon macht nur Criotherium, dessen Überreste der Zahl nach jenen von Protoryx gleich 
kommen. Während aber bei Criotherium außer in der Größe der Prämolaren fast keinerlei Variabilität 
zu beobachten ist und die Abweichungen in der Größe und Stärke der Hörner sich sofort als Geschlechts- 
differenzen erweisen, sind hier bei Proforyx diese Unterschiede in der Dicke der Hörner und in der Breite 
des Craniums doch zu beträchtlich, als daß es sich nur um Geschlechtsdifferenzen handeln dürfte. Ich habe 
daher eine genaue Angabe der Maßzahlen für nötig gehalten, um die etwaige spezifische Trennung zu er- 
möglichen. Ich muß allerdings bemerken, dafs manche dieser Zahlen auch wieder gegen die Annahme von 
zwei besonderen Arten zu sprechen scheinen. 

Bezüglich etwaiger Verwandtschaft zu rezenten oder anderen fossilen Antilopen gilt natürlich 
für diese zweite Form das gleiche wie für Protoryx Carolinae. Wir haben es wahrscheinlich mit einem 
vollständig erloschenen Typus zu tun. Ich muß hier noch zwei Schädelfragmente mit Hornzapfen und ein 
isoliertes Horn erwähnen, welche offenbar von jugendlichen Individuen stammen und ihrer Größe und ihrem 
Erhaltungszustande nach nur zu Protoryx oder allenfalls noch zu Palaeoryx gehören könnten, jedoch scheidet 
diese letztere Möglichkeit sofort aus, weil die Hornzapfen lang elliptischen, anstatt runden Querschnitt be- 
sitzen. Sie stehen freilich weiter auseinander als bei den typischen Protoryx-Schädeln, allein diese Ab- 
weichung beruht wohl doch nur auf Altersverschiedenheit. Ebensowenig möchte ich auf den Umstand, daß 
die Stirn mit der Oberfläche des Craniums einen ziemlich stumpfen Winkel bildet, besonderes Gewicht 
lesen, denn auch bei Rupicapra zeigen die jungen Individuen noch keine so starke Wölbung der Stirnregion 
wie die alten. Die Krümmung dieser im ganzen noch sehr zierlichen Hornzapfen kann nur sehr gering 


gewesen sein. 
Dimensionen: 


Breite der Stirn am Oberrand der Augenhöhlen — 108 mm. Breite des Craniums hinter den Hörnern — 82 mm. 
Abstand der beiden Hörner an der Basis: a) vorn —= 27 mm; b) hinten — 35 mm. 

Länge des Hornes — 140 ? mm; Längsdurchmesser desselben an der Basis — 24:5 mm; Querdurchmesser — 17 ınm. 
Der Erhaltungszustand dieser Stücke ist der nämliche wie jener der Überreste von Protoryx Caroline, 


Protoryx Hentscheli n. sp. 
Taf. IX (VI), Eig. 2, 3, 57. 

Ich führe unter diesem Namen zwei rechte und einen linken Oberkiefer nebst einem rechten und 
einem linken Unterkiefer an, welche Herr Hentschel bei seinem zweiten Aufenthalt auf Samos in den 
gelblichbraunen Tonen gefunden hat. Sie lassen sich vorläufig bei keiner der besser bekannten und durch 
Hörner repräsentierten Antilopenarten unterbringen, aber in ihrer Zusammensetzung schließen sie sich 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XVII. H 


50 Max Schlosser. [30] 


sehr innig an jene von Protoryx Carolinae an, namentlich bildet auch hier der Querschnitt des oberen P4 
ein rechtwinkliges Dreieck infolge der starken Verzerrung des Innenmondes. Die Unterschiede gegenüber 
Carolinae bestehen in der schwächeren Ausbildung der Rippen und Falten an der Innenseite der unteren 
und an der Außenseite der oberen Molaren, in der geringeren Größe der Prämolaren, in der Stellung der 
Vertikalfurche an der Außenseite der unteren P3 und P4 — viel weiter vorn als bei Carolinae, in der 
schwächeren Einbuchtung des Innenmondes der oberen P2 und P3 und in der schwächeren Entwicklung 
der Innenhügel der unteren P3 und P4. Außerdem bilden die Innenmonde der oberen und die Außenmonde 
der unteren Molaren keine scharfen Kanten wie bei Carolinae. Basalpfeiler kommen anscheinend überhaupt 
nicht vor. Die Hinteraußenecke des oberen M3 bildet eine weit vorspringende Leiste, der dritte Lobus des 
unteren M3 hat die Form eines Dreiecks. Der Schmelz zeigt starke Runzelung. 


Unterkiefer: Höhe vor P2 = 22 mm; hinter M3 = 43? mm. 
Länge der unteren Zahnreihe = 102mm; Länge von P2—P4—35 mm; Länge von MI-M 3—67 mm ziemlich frisch. 


P2 Länge = II mm; Breite — 55mm; Höhe = S mm; 
12% » —= 17 >25 » — 08» 3 » = I0NS5 >»; 
BA,»  ulaje au) 2 
Mı » = 135338 » = MD; = 3 
M2 » —=205 >»; » —S a, vu 85 
M3 » = a > 2 mb =m 5: » =20? >». 
Länge der oberen Zahnreihe — 98? mm; Länge von P2—-P4 = 38? mm; Länge von MI-M3 — 61 mm. 
P2 Länge = I3 mm; Breite —= 12 mm; Höhe = 15:3 mm; 
SE TE; a a2: id 
Pas ln WW» 0 aa a NOTE, 
Mı » — 10 3 > Mes 3 = Dun 
M2 » 022 2; > 0 — Io] = >»; 
M3 > = aa 28 = 87 Bu 20 
Der Unterkiefer sowie ein rechter und ein linker Oberkiefer — diese beiden mit P4—-M3 — 


stammen der gleichartigen Abkauung zufolge offenbar von dem nämlichen Individuum und sind insofern 
bemerkenswert, als die Zahnkronen noch tief im Kiefer stecken, obwohl die Abnutzung schon an M3 be- 
gonnen hat. 

In der von Herrn Kommerzienrat Th. Stützel zusammengebrachten Kollektion fehlen Kieferstücke, 
welche in den Dimensionen der Zähne genau mit den soeben beschriebenen übereinstimmen, jedoch sind 
dafür mehrere vorhanden, welche entweder besonders kleinen Individuen dieser Spezies oder aber einer 
selbständigen Art angehören. Es sind zwei rechte Oberkiefer, davon der eine mit P3, D4 und Mı, der 
andere mit Mı—M3. An diesem letzteren Stück ist auch noch die Augenhöhle sowie ein Teil der Nasen- 
beine erhalten. Auch glaube ich ein Unterkieferfragment mit M2 und M3 und ein Bruchstück eines Horn- 
zapfen von lang elliptischem Querschnitt hierher stellen zu dürfen, welche ebenfalls durchaus an die ent- 
sprechenden Teile von Protoryx Carolinae erinnern, nur sind sie ein wenig kleiner als bei diesem. Der 
obere P3 zeichnet sich dadurch aus, daß sein Innenmond keine Einbuchtung zeigt, wie dies bei Protoryx 
Carolinae der Fall ist, auch sind die Falten an der Außenseite der oberen M viel zarter. Wahrscheinlich 
gehören zu dieser Art auch drei sehr frische, isolierte Oberkiefermolaren — M2 und M3. Alle diese Reste 
stammen aus den bräunlichgelben Tonen. . 

Dimensionen: 


Oberer P3 frisch ; Länge = I3mm; Breite = I3 mm; Höhe — 16 mm; 
5 Alm zishlele matseı, 8 =ia > 5 ss eliäns nn =li 35 
»  M2 frisch Sa = H21: sv =3al ng, Du — 22: 
» M3 » ; » =20 »; » = 20 Da » — 21 »% 
Länge der drei oberen M des erwähnten Schnauzenstückes, in der Mittellinie gemessen — 52:5 nm. 
Längsdurchmesser des Hornes — 58 man. 
Querdurchmesser » » — Tram: 


Es wäre verfrüht, nach den verwandtschaftlichen Beziehungen dieser Antilope zu forschen, so- 
lange wir nicht wenigstens Hornzapfen kennen, die noch mit einer größeren Partie des Stirnbeines ver- 


einigt sind. 


[31] Die fossilen Cavicornia von Samos. 51 


Pseudotragus n. g. 


Mittelgroße Antilope mit kurzer Schnauze, rasch ansteigender Stirn, kurzem, steil abfallendem 
Cranium, großen, weit vorspringenden Augenhöhlen, tiefer, weiter und hoher Tränengrube, ohne Ethmoidal- 
lücken, mit stark verdickten Stirnbeinnähten, langen, gleichmäßig gekrümmten, mäßig divergierenden Hörnern 
von elliptischem Querschnitt, mit niedrigen Oberkiefer- und mäßig hypselodonten Unterkiefermolaren, mit 


zierlichen Prämolaren und schlanken Extremitäten. 


Pseudotragus capricornis n. sp. 
GEBE 3 (AL, ar nel 


Die Überreste dieser Antilope sind auf Samos zwar nicht selten, aber ausschließlich auf die 
weißlichen kalkigen Ablagerungen beschränkt. Vielleicht verbergen sich unter diesen Resten zwei ver- 
schiedene Arten, denn die Unterschiede in den Dimensionen der vorhandenen Hörner und Gebisse sind für 
ein und dieselbe Spezies fast docn zu beträchtlich. 

Unter dem von Herrn Stützel gesammelten Material ist diese Art vertreten durch ein Gaumen- 
stick mit den beiden Zahnreihen, durch einen Oberkiefer und zehn Unterkiefer, hiervon vier mit Milchzähnen 
sowie durch zwei Schädelfragmente mit Hornstummeln. Auch dürften eine Anzahl Wirbel mit Extremitäten- 
knochen auf diese Art zu beziehen sein. In den Hentschelschen Kollektionen ist diese Art etwas weniger 
reichlich repräsentiert, jedoch befinden sich unter diesem Material drei ziemlich vollständige Schädel, hiervon 
einer von einem jungen Individuum und noch dazu aus dem nämlichen Block stammend wie der kleinere 
der beiden alten Schädel, ferner ein Schädelfragment mit den Hornstummeln, ein Gaumenstück mit beiden 
Zahnreihen, zwei rechte Oberkiefer, zwei rechte und zwei linke Unterkiefer und zwei Metatarsusknochen. 

Schädel: Die Höhe und die starke Wölbung des Cranium, die breite hohe Stirn, die große 
Tränengrube und die Form der Hornzapfen erinnern teils an gewisse Gazellen — z.B. G. Granti, 
teils an Capra, dagegen verbleiben die Zähne noch auf einem primitiveren Stadium — geringe Hypselodontie 
der Molaren und ursprünglichere Zusammensetzung und relative Größe der Prämolaren. 

Die Länge der Schnauze ist nicht sehr beträchtlich. Dies geht hervor aus dem ziemlich geringen 
Abstand der Zwischenkiefer = Oberkiefernaht von dem vordersten Prämolaren. Diese Naht verläuft in ganz 
ähnlicher Weise wie bei Gazella Granti. Die vordere Nasenöffnung ist doppelt so breit wie die Nasen- 
beine, nach hinten zu verschmälern sich diese sehr stark und enden gegen die Stirnbeine mit einer gerad- 
linigen Sutur. Die Oberkiefer bilden im unteren Drittel einen weitvorspringenden Wulst, von dem sie gegen 
die Nasenbeine zu ziemlich sanft ansteigen. Das Infraorbitalforamen liegt oberhalb des vordersten Prä- 
molaren. Das Tränenbein bildet eine tiefeingesenkte Grube, nur seine oberste Partie beteiligt sich als 
schmale, spitzwinklige Fläche an der Bildung des Schädeldaches. An der Bildung der Tränengrube nimmt 
das Malarbein fast ebenso großen Anteil wie das Tränenbein. Die ziemlich steil ansteigenden Stirnbeine 
sind gegeneinander und gegen die Scheitelbeine durch einen dicken Wulst abgegrenzt. Ihr Höhepunkt 
liest genau in der Mitte zwischen den beiden Hörnern, ihre hintere Partie hat nahezu horizontale Lage. 
Das Stirnbein bildet über der Augenhöhle, deren Vorderrand genau oberhalb des hintersten Molaren sich 
befindet, einen dachartigen Vorsprung. 

In halber Höhe der Stirnbeine, ebenso weit vom Tränenbein wie von der Hornbasis entfernt, mündet 
ein enges Gefäßloch, eine Gefäßrinne ist jedoch nicht vorhanden. Die nahezu kreisrunden, etwas vorwärts 
gerichteten Augenhöhlen stehen von der Hornbasis nur halb soweit ab wie vom letzten Molaren. An dem 
einen Schädel fehlt der Jochbogen und von den breiten, im oberen Teile horizontal liegenden Scheitelbeinen 
ist nur mehr die vordere Partie erhalten, ich muß daher für die Beschreibung des Craniums den zweiten 
wesentlich kleineren Schädel benützen. Da letzterer keine Zähne trägt, ist seine spezifische Identität mit 
dem ersteren nicht vollkommen sichergestellt, wenn auch die Zugehörigkeit zu dem nämlichen Genus kaum 
zweifelhaft sein dürfte. 

Das Cranium dieses zweiten Schädels zeigt nun geradezu überraschende Ähnlichkeit mit dem von 


Gazellen. 
TE 


52 Max Schlosser. [32] 


Wie bei diesen wird auch hier das oberste, scharf umgebogene Drittel des Hinterhauptbeines in 
das nach rückwärts nur schwach abfallende Schädeldach einbezogen, so daß man es bei flüchtiger Be- 
trachtung nur für einen Teil der Scheitelbeine halten möchte. Letztere entwickeln je eine geschwungene 
bis an die Hinterhauptsschuppe verlaufende Crista. Diese beiden Kämme stehen weit voneinander ab und 
beginnen unmittelbar hinter der Hornbasis. Die ziemlich niedrige Hinterhauptsfläche bildet mit den Scheitel- 
beinen einen Winkel von etwas mehr als 90°. Die Condyli, die Paroccipitalfortsätze, der Meatus auditorius 
und die Bullae osseae zeigen ganz ähnliche Ausbildung wie bei der lebenden Gazella Granti und sind 
wie bei dieser nicht besonders massiv. Die Bullae sind seitlich etwas komprimiert. Die Pterygoide bilden 
mit dem Basioccipitale und dem wesentlich schmäleren Basisphenoid einen fast rechten Winkel, die Knickung 
der Schädelbasis ist somit sehr bedeutend. Der Unterkiefer verdient wegen seiner indifferenten Gestalt 
keine besondere Erwähnung. 

Der Schädel ist also dem von rezenten Gazellen überaus ähnlich, der hauptsächlichste Unterschied 
besteht in dem Fehlen von Lücken zwischen Tränen-, Stirn- und Nasenbeinen und in dem Fehlen tiefer, 
großer Gruben am Ausgang der Supraorbitalforamina. 

Bei oberflächlicher Betrachtung ergibt sich auch einige Ähnlichkeit mit dem Schädel von Capra, 
die jedoch lediglich auf dem Gesamthabitus, besonders auf der Form der Hornzapfen beruht, bei Capra ist 
schon die Begrenzung der Nasenbeine durchaus verschieden, fast vollkommen parallel zur Mittellinie, nur 
hinten gegen die Stirnbeine werden sie etwas breiter, anstatt wie hier sich zu verschmälern. 

‚Die Hornzapfen zeichnen sich durch ihre Länge, ihre gleichmäßige Krümmung und ihren regel- 
mäßig langelliptischen Querschnitt aus. Das Divergieren ist nicht sehr bedeutend. Auch in dieser Hinsicht 
hat die fossile Form große Ähnlichkeit mit Gazella Granti. Bei Capra treten die Hörner weiter aus- 
einander und besitzen überdies Kanten. 

Gebiss: Die oberen Prämolaren sind stark verbreitert, die unteren dagegen schmal und zierlich 
und ihr Oberrand bildet in frischen Zustand scharfe Schneiden. Sie erinnern daher an echte Gazellen- 
zähne. Auch die Molaren schließen sich trotz ihrer noch nicht sehr beträchtlichen Höhe an jene der 
Gazellen an, denn sie sind frisch ebenfalls stark komprimiert und an den oberen bilden die Innen-, an den 
unteren die Außenmonde sehr scharfkantige Ecken. Freilich ist dies mehr oder weniger bei fast allen 
Cavicorniern der Fall, aber in diesem hohen Grade doch nur bei den Gazellen und den Ovicaprinen. 
Auch die Entwicklung von kräftigen Randfalten, auf den oberen an der Außenseite, namentlich an der 
Hinterecke, auf den unteren an der Innenseite, ist bei diesen Gruppen der Cavicornier besonders ausgeprägt 
und ebenso auch der dreieckige Querschnitt des dritten Lobus am letzten unteren Molaren. Basalbildungen 
sind sehr schwach entwickelt, die oberen Molaren haben nur ein kleines dünnes Pfeilerchen, von den unteren 
Molaren hat der vorderste den stärksten und höchsten Basalpfeiler. Über die Anwesenheit von Spornen in 
den Marken der oberen Molaren gibt das vorliegende Material keinen Aufschluß. Von den Innenenden 
der Halbmonde ist das des zweiten inniger mit der Außenwand verbunden als das des ersten. Auch kommen 
noch Schmelzinseln in der Mitte des Zahnes vor und in dieser Beziehung sind die Molaren noch primitiver 
als jene der Gazellen. An den unteren Molaren ist die Verbindung der beiden Halbmonde mit der Innen- 
wand schon frühzeitig eine sehr innige. Von den oberen Prämolaren besitzen P2 und P3 kräftige Sporne 
in den Marken. Ihr weit nach innen vorspringender Innenmond bildet beinahe einen Halbkreis. Die unteren 
Prämolaren sind sehr zierlich, der letzte — P4 — besitzt vor und hinter dem Haupthöcker je eine kräftige, 
fast senkrecht zur Längsachse des Zahnes stehende Kulisse und einen etwas zurückgeschobenen, säulen- 
förmigen Innenhügel, an dessen Stelle bei P3 eine schräg nach hinten verlaufende Kulisse tritt. P2 unter- 
scheidet sich von P3 nur durch seine Kleinheit und durch die schwächere Ausbildung seiner Kulissen. 

Die Milchzähne bieten nichts besonders Auffälliges. Der untere D 4 ist mit zwei Basalpfeilern 
versehen, an D3 ist an Stelle der Kulisse des P3 noch wie an P4 ein Innenpfeiler vorhanden. 


Dimensionen des Schädels und der daran befindlichen Zähne: 
Länge des Schädels vom Foramen magnum bis zum Hinterende der Nasenbeine = 140 ? mm. 


» >» » » » » » » Vorderrande der Zwischenkiefer = 210 ? mm. 
» » » » höchsten Punkte der Stirn bis zum Vorderrande der Zwischenkiefer — 180 ? mm. 


[33] Die fossilen Cavicornia von Samos. 53 


Höhe der Schnauze vor P2 — 44 mm. 
» des Schädels oberhalb des M3 — 90 mm. 


» » » zwischen Alisphenoid und der Frontoparietalnaht — 65 mm. 
Länge des Gaumens von P2 bis zur hinteren Nasenöffnung — 78 mm. 
» » » zwischen den beiden P2 — 31 mm; zwischen den beiden M3 — 43 mm. 


Breite der Stirn hinter den Hörner=102 mm; an den Augenhöhlen — 130 mm; hinter denselben — 72 mm. 
Länge der Hörner — 230 ? mm. 

Größter Abstand der beiden Hörner innen an der Basis — 40? mm; außen an der Basis — 104 mm. 
Längsdurchmesser der Hornbasis = 62 mm; Querdurchmesser — 38 mm. 

Länge der oberen Zahnreihe — 76 mm; Länge der. oberen P— 32 mm; Länge der oberen M —= 44 mm. 


P2 Länge — 125mm; Breite = 10 mm; Höhe — 9 mm; 
Ba: Zn 9 DE TE, 2 = 0525 
PA >» =I >»; De re; a ER 
MI » — 115 3; » =16 »; DE — Er SIE, 
M2 » —= 16 2, » —I9 >»; > = 85 2a 
MS ER Tee 2 la de; 


Dimensionen der hierher passenden Unterkiefer: 


Länge der Unterkieferzahnlücke = 48? mm; Höhe des Unterkiefers vor MI — 23 mm; hinter M3 = 34 mm. 
» » unteren Zahnreihe — 85 mm; Länge der unteren P — 35 mm; Länge der unteren M —= 50 mm. 


» » » D=32 mm; Länge ds D2—=7 mm; Länge des D3 = 10 mm; Länge des D4 = 17 mm. 
P2 Länge = 95mm; Breite =— 4 mm; Höhe = 7 mm; 
I 025 25 a 
PA > en: DE: DE see: 
Mi > = mg 5 3 Bu 3105 0E: = Mm) 8 
DIS > — VE En: » —=135 » ; frisch 20 mm; 
M3 » —2I5 »; A 


In der ersten Hentschelschen Kollektion befand sich ein schon oben erwähnter und auch wegen 
der vortrefflichen Erhaltung des Craniums bei der Beschreibung benützter Schädel, welcher sich von dem 
eben gemessenen durch seine Kleinheit unterscheidet. Er hat folgende 


Dimensionen: 


Länge des Schädels vom Foramen magnum bis zum Hinterende-der Nasenbeine = 135 mm. 
Höhe des Schädels oberhalb M3 — 68 mm. 
» » » zwischen Basisphenoid und dem höchsten Punkte der Stirnbeine — 87 mm. 
Breite des Gaumens zwischen den beiden M3 = 40? mm. 
» der Stirn an den Augenhöhlen — 105 mm. 
» des Schädels dicht hinter den Hörnern — 67 mm. 
Abstand des Foramen magnum vom höchsten Punkte der Stirnbeine = I14 mm. 
» der beiden Jochbogen voneinander unterhalb der Augenhöhle — 85 mm. 
Größter Abstand der beiden Hörner an ihrer Basis —= 38 mm an der Innenseite; 57 mm an der Außenseite. 
» > » » » » den Spitzen — I50 ? mm. 


Durchmesser der Hornbasis = 48 mm; Querdurchmesser = 30 mım. 

Länge der Hörner — 230 mm. 

Ob die Hauptunterschiede, geringere Dicke der Hörner sowie deren geringere Divergenz, als spe- 
zifisches Merkmal aufgefaßt werden müssen, will ich nicht näher untersuchen, sicher bedingen sie noch 
nicht die Aufstellung einer besonderen Gattung. Die Wahrscheinlichkeit, daß wir es nur mit dem Schädel 
eines weiblichen Individuums zu tun haben, ist schon deshalb sehr groß, weil dicht neben ihm, in dem 
nämlichen Block, der Schädel eines jungen Individuums lag, das offenbar der nämlichen Spezies angehört. 
Von den Kieferstücken sind drei Oberkieferzahnreihen länger und breiter als jene des Schädels und ihnen 
entsprechen auch die Zahnreihen von zwei Unterkiefern sowie die Milchgebisse von zwei weiteren 


Exemplaren. 


54 Max Schlosser. [34] 


Dimensionen: 


Oberkiefer: Länge der Zahnreihe — 81 mm in der Mittellinie; Länge der Prämolarreihe — 37 mn; Länge der Molar- 


reihe — 5I mm. 
P2 Länge = I3 mm; Breite — 12:5 mm; Höhe — 10:3 mm; alt; 
P3 » = 125»; » —713 un 3 » a (ol 
NT De al5 Zr; u 3 
Mı 3» =mlb >53 17, »e: = 5 Ray. 
Maus NEN HR me 
Se Er el 35 » 0 =20 »; Dyı=u 5»55»9 
Unterkiefer: Länge der unteren Zahnreihe = 95 mm; Länge der drei P— 38 mm; Länge der drei M —= 57 mm. 
P2 Länge — 10 mm; Breite = 5 mm; Höhe= ? Zu 
Pam» Tao: = 65»; » = ? »;,, erst im Durchbrechen. 
[Ba Er ae nn 15 
Mı » — 16 I » = 2, » =D >»; 
M2 » — IQ > » — IO5 »; » =135 »; 
M3 » — 24 en » = 103 » ; » — 1 Due: 


Länge von D2 = Smm; D3 = 125mm; D4 — 21:5 mm. | 

Inveniler Schädel: In dem nämlichen Block, welcher diesen zweiten, kleineren Schädel ent- 
hielt, befand sich auch ein Cranium eines jungen Tieres, welches in der Form der Scheitel- und Hinter- 
hauptsregion und der weit vorspringenden Augenhöhlen sowie im Verlauf der Schädelnähte auf das genaueste 
mit jenem übereinstimmt und augenscheinlich dem Kitzchen jenes weiblichen Individuums angehört hatte. 
Im Gegensatz zum erwachsenen Schädel ist die Stirn ganz flach und bildet mit den Scheitelbeinen einen 
ziemlich stumpfen Winkel, wodurch der Schädel ein ganz abweichendes Aussehen erhält und bei oberfläch- 
licher Betrachtung einem Schädel von Schaf sehr ähnlich wird. Diese Verschiedenheit beruht lediglich 
darauf, daß die Stirn noch nicht einmal die ersten Anfänge von Hornbildung aufweist und folglich auch 
noch keine Lufthöhlen entwickelt hat, so daß natürlich auch keine Aufwölbung des Schädeldaches statt- 
finden konnte. Diese schwächere Wölbung des jugendlichen Craniums im Vergleich zum erwachsenen finde 
ich übrigens, obschon in geringerem Grade auch bei Rupricapra, Capra und bei Ovis musimon. 

Extremitätenknochen von Pseudotragus sind in den weißlichen kalkigen Schichten keineswegs 
selten, allein infolge ihrer mangelhaften Erhaltung eignen sie sich nur zum kleinen Teile für die Abnahme 
von Mafszahlen. In der Länge stimmen diese Knochen ziemlich genau mit jenen von Damhirsch überein, 
nur der Metatarsus ist im Verhältnis zum Humerus etwas länger und namentlich schlanker. Der von Capra 
istim Verhältnis bedeutend kürzer, dagegen kommen die Gazellenin den Proportionen der einzelnen Knochen 
recht nahe. 2 
Humerus: Länge — 213 mm; Längsdurchmesser des Caput = 63 mm; Querdurchmesser desselben — 40 mm; Dicke 

in der Mitte des Schaftes — 23 mm; Breite der Gelenksrolle = 48 mm; Höhe derselben = 3I mm. 
Metatarsus: Länge — 227 mm; Längsdurchmesser des proximalen Endes = 3I mm; Querdurchmesser desselben 

— 28mm; Dicke in der Mitte des Schaftes = 18 mın; Breite des distalen Endes — 28'3 mm; Höhe der Rolle 

des Metatarsale IV — I6 mm; Breite derselben = I4 mm. 

Die Verschiedenheit in der Größe der Schädel und Hörner und in den Maßen der Zahnreihen scheint 
dafür zu sprechen, dafs entweder die beiden Geschlechter dieser Art in den Dimensionen erheblich von- 
einander abweichen, oder daß sich unter den vorliegenden Überresten zwei besondere Spezies verbergen, 
deren Abgrenzung jedoch sehr schwer fallen dürfte und an sich auch von geringer Wichtigkeit wäre. 

Forsyth Major!) scheint diese Form noch zu Protoryx zu rechnen, wenigstens dürfte seine Angabe, 
daß das Cranium resp. die Scheitelregion bei dieser Gattung bald länger, bald kürzer wäre, wohl in diesem 
Sinne aufzufassen sein, aber welche von seinen zwei nicht näher bestimmbaren Arten, Gaudryi und Hippolyte, 
durch das kurze Cranium ausgezeichnet ist, geht aus seinen kurzen Angaben nicht hervor. Sicher ist eben 
nur soviel, daß dieses Merkmal weder für Carolinae gilt, dessen Schädel bereits Gaudry abgebildet hat, 
noch auch für Zongiceps, welcher wenigstens dem Namen nach zu schließen, ebenfalls ein langes Cranium 
besitzen muß. Sofern nur Hornzapfen vorlägen, wäre die Unterscheidung von Proforyx Carolinae ziemlich 


1) Le Gisement ossifere de Mitylini, pag. 10. 


[35] Die fossilen Cavicornia von Samos. 55 


schwierig, wenn überhaupt möglich. Erst durch den glücklichen Fund der beiden Schädel kam ich in die 
Lage, die generische Verschiedenheit von der Gattung Protoryx festzustellen. Die Unterschiede bestehen in 
der Kürze des Craniums, namentlich in der Kürze der Stirn- und Scheitelbeine, in der wulstartigen starken 
Verdickung der Stirnbeinnähte, in der starken Ausdehnung des Supraorbitaldaches, in der Kürze der Schnauze, 
in der Anwesenheit einer tiefen Tränengrube, in der Lage der Augenhöhlen, deren Vorderrand hier noch 
über den M3 zu stehen kommt, ferner in der geringeren Hypselodontie der Molaren, in der Dicke der 
oberen und in der Zierlichkeit der unteren Prämolaren. Ich glaube bei dieser großen Verschiedenheit gegen- 
über Protoryx die Aufstellung einer besonderen Gattung recht gut verantworten zu können. Die Ähnlichkeit 
der Hörner beider Gattungen zeigt aber recht deutlich, wie wenig wir uns auf die Beschaffenheit der Hörner 
bei der Bestimmung von Genera verlassen können. 

Viel näher als Proforyx steht im Schädelbau eine andere Gattung von Samos, nämlich Pachytragus, 
auf welche ich jedoch später zu sprechen kommen werde. 

Von der weitverbreiteten Gattung Tragocerus unterscheidet sich Pseudotragus abgesehen von den 
gebogenen, im Querschnitt regelmäßig elliptischen, nicht kantig entwickelten Hörner schon durch die rascher 
ansteigende Profillinie, vor allem aber durch das kurze, abwärts geneigte Cranium und durch die viel 
zierlicheren Zähne. Außerdem hat Tragocerus keine so tiefe Tränengrube, die Orbitalränder springen nicht 
so weit vor wie hier; auch findet keine so starke Verdickung der Stirnbeinnähte statt. 

Sehr viel größer sind dagegen die Anklänge an die Gazellen, besonders an Gazella Granti. Die 
Gesichtspartie, namentlich die Tränengrube, die vor den Hörnern befindliche, etwas eingesenkte Stirnpartie, 
nicht minder auch das Cranium erinnern durchaus an die Gazellen. Dagegen sind die Zähne noch viel 
primitiver, die Prämolaren haben fast noch vollständig die Zusammensetzung wie bei den altertümlichen 
Antilopen von Sansan und die Molaren sind noch viel weniger hypselodont, Auch fehlen Ethmoidal- 
lücken. Der Gesamthabitus muß jedoch infolge der Ähnlichkeit des Schädelbaues und wegen der hohen, 
schlanken Extremitäten ein durchaus gazellenartiger gewesen sein. 

Es gibt nun zwei Möglichkeiten. Entweder ist Pseudotragus wirklich ein Angehöriger der Gazellen- 
gruppe, der in bezug auf seine Körpergröße den übrigen gleichzeitigen Gazellen weit vorausgeeilt ist, 
dafür aber noch eine primitivere Organisation des Gebisses bewahrt hat, auch in diesem Falle wäre die 
Aufstellung einer besonderen Gattung nicht zu umgehen, oder die Ähnlichkeit mit den Gazellen beruht 
nur auf einer gleichartigen Differenzierung des Schädels und der Extremitäten und ist daher kein Zeichen 
von wirklicher Verwandtschaft. Für diese zweite Möglichkeit spricht der Umstand, daß in der Aipparionen- 
fauna Chinas bereits alle Gazellen den lebenden schon so ähnlich geworden sind, dafs man sie geradezu 
in die jetzigen Gruppen einreihen kann. Die Differenzierung der verschiedenen Gazellentypen hat also 
schon sehr frühzeitig begonnen. Pseudotragus würde daher eine ganz gesonderte Stellung innerhalb der 
Gazellengruppe einnehmen. Dazu kommt aber noch, daß schon bei dem Ahnen der Gazellen, bei der 
nordamerikanischen Gattung Aypisodus die Hypselodontie der Molaren und die Reduktion der Prämolaren 
einen viel höheren Grad erreicht hat als bei Pseudofragus, weshalb diese Gattung sich sogar noch früher 
vom Gazellenstamm abgezweigt haben müßte. Da aber anderseits die Ähnlichkeit mit der folgenden 
Gattung Pachytragus ebenfalls eine recht große ist und diese selbst wieder sich an Tragocerus und an 
die Antilopen mit primitiver, Cerviden-artiger Bezahnung anschließt, so wird es doch ziemlich wahr- 
scheinlich, daß die Ähnlichkeit mit Gazella doch bloß eine zufällige ist und Pseudotragus daher keine 
näheren Beziehungen zum Gazellenstamm besitzen dürfte. 


Für die besser bekannten Antilopen der Hipparionenfauna, Palaeoryx, Tragocerus, Protoryx, vielleicht 
selbst für Palaeoreas kommen als Vorfahren aller Wahrscheinlichkeit nach die Formen aus dem europäi- 
schen Obermiocän in Betracht, die aber freilich bis jetzt nur durch recht mangelhaftes Material vertreten 
sind und nur in Sansan etwas bessere Überreste hinterlassen haben. Unter diesen zeigt nun gerade die am 
besten bekannte, nämlich Antilope clavata in der Form der Zähne und der Tränengrube sehr beachtens- 
werte Anklänge an Pseudotragus, nur sind die Hörner noch relativ kürzer und auch sonst primitiver, das Cranium 
ist relativ lang und schmal und bildet mit der Stirnregion noch einen sehr stumpfen Winkel infolge der 
geringen Knickung der Schädelachse. Diese Unterschiede wären indessen kein Hindernis für die Annahme 


s6 Max Schlosser. [36] 


direkter Verwandtschaft, denn ähnlich wie Antilope clavata !) wird auch der Vorläufer von Pseudotragus 
beschaffen gewesen sein, mag nun Antilope clavata selbst diese Stammform gewesen sein oder eine Neben- 
form darstellen. Die Wahrscheinlichkeit, daß Psendotragus nicht dem Gazellen-Stamm angehört, sondern 
nur ähnliche Differenzierungen wie dieser erfahren hat, ist somit doch wohl größer als die, daß wir es mit 
einem allerdings aberranten Typus der Gazellen zu tun haben. 

Unter den lebenden Antilopen gibt es keine Form, welche als Nachkommen des Pseudotragus in 
Betracht kommen könnte, auch unter Caprovinen existiert keine, welche etwa hiervon abgeleitet werden 
könnte. Die Ähnlichkeit mit diesen ist ohnehin äußerst gering, so daß ein näherer Vergleich durchaus 
überflüssig sein dürfte. Nähere Beziehungen sind schon deshalb vollständig ausgeschlossen, weil sich die 
Metapodien von Pseudotragus als viel spezialisierter, weil länger, wie jene der Caprovinen erweisen, 


Pachytragus n. g. 


Mittelgroße Antilope mit kurzem Gesichtschädel, rasch ansteigender, etwas vertiefter und mit weiten 
Gefäßlöchern versehener Stirn, mit kleinem, kurzem, steil abfallendem Cranium, stark verdickten Schädel- 
nähten, weit vorspringenden, etwas vor der Hornbasis befindlichen Augenhöhlen, mit langer aber seichter 
Tränengrube, mit mäßig langen, dicken, stark divergierenden und schwach rückwärts und auswärts gebo- 
zenen Hörnern von dreieckig gerundetem Querschnitt, welche auf der Vorderseite mit einer mehr oder 
weniger deutlichen Kante und auf der Rückseite mit vielen tiefen Längsrinnen versehen sind. Die Prämo- 
laren haben ansehnlirhe Größe und im Unterkiefer sehr komplizierten Bau; die unteren Molaren sind ziem- 
lich hypselodont, die oberen breit und mit tiefen, weiten Marken versehen. 


Pachytragus crassicornis n. sp. 
Taf. XI (VIID, Fig. 1—5, 11. 

In dieser Spezies vereinige ich zwei Schädelfragmente mit beiden Hörnern, zwei weitere mit nur 
je einem Horn, sechs isolierte Zapfen, vier rechte und einen linken Oberkiefer, einen rechten Unterkiefer, vier 
Unterkieferfragmente, sieben isolierte Prämolaren und fünf Molaren aus Oberkiefern. Auch gehören jeden- 
falls eine Anzahl Extremitätenknochen hierher, welche sich aber von jenen von Tragocerus nicht unterscheiden 
lassen, da sie sowohl in der Größe als auch in ihrem Erhaltungszustand vollkommen mit diesen letzteren 
übereinstimmen. 

Alle genannten Stücke sowie die Extremitätenknochen stammen aus den braungelben, weichen Tonen 
und kamen bei der von Herrn Stützel unternommenen Ausgrabung zum Vorschein. 

Das Schädeldach war auch hier wie bei Protoryx und Pseudotragus stark geknickt, die Stirnbein- 
nähte sowie die Scheitelstirnbeinnaht bilden dicke Wülste, und zwar rückt die Scheitelstirnbeinnaht sehr 
nahe an die Hornbasis heran. Die etwas eingesenkte Stirn besitzt weite Gefäßlöcher. Der Oberrand der 
ziemlich stark nach vorwärts schauenden, aber mäßig weiten Augenhöhlen springt sehr weit vor. Die Augen- 
höhlen liegen fast gänzlich unter der Basis der Hörner, ihr Abstand von diesen ist verhältnismäßig gering. 
Die Tränengrube hat beträchtliche Ausdehnung, dagegen ist ihre Tiefe viel geringer als bei Pseudotragus. 
Über die etwaige Anwesenheit und Form der Ethmiodallücken gibt das vorliegende Material keinen Auf- 
schluß. Das Cranium ist im Verhältnis zur Breite der Stirn sehr klein und bildet mit dem vorderen Teile 
der Stirnbeine einen nahezu rechten Winkel. 

Die Hörner zeichnen sich durch ihre Dicke, ihre schwache Krümmung und durch die Zuschärfung 
ihrer Vorderkante sowie durch die Anwesenheit zahlreicher tiefer Längsrinnen aus, vor allem aber durch 
ihren gerundet dreieckigen Querschnitt aus. An der Basis rücken sie sehr nahe aneinander, dagegen treten 
die Spitzen trotz der relativ geringen Länge der Hörner weit auseinander. 


1) Filhol: Mammiferes fossiles de Sansan. Annales des sciences geologiques de France. 1891. Tome XXI. 
pag. 29I, pl. XXXIX. 

Protragocerus Chantrei Deperet von La Grive St. Alban hat dagegen keine näheren Beziehungen zu Pseudo- 
tragus, da seine Hörner viel spezialisierter sind und gerundet dreieckigen Querschnitt besitzen. 


[37] Die fossilen Cavicornia von Samos. 57 


Gebiß: Die oberen Molaren sind noch ziemlich niedrig, ihre Marken zeichnen sich durch ungewöhn- 
liche Weite aus; die Rippen an den Aufßenhöckern der oberen und an den Innenhöckern der unteren Molaren 
sind zwar nicht besonders kräftig, reichen aber bis an die Basis der Krone. Der Sporn in der hinteren Marke 
der oberen M ist schwächer als an den Prämolaren, welche jedoch übrigens wie diese eine sehr weite Marke 
besitzen. Die Prämolaren sind in beiden Kiefern sehr groß, die oberen auffallend breit infolge der kräftigen Ent- 
wicklung des Innenmondes, welcher außerdem auch an P3 eine starke Einbuchtung aufweist, während von 
den unteren P nur P3 und P4 eine breite Vertikalfurche hinter dem Außenhöcker besitzen, und der letzte, 
P4, sich außerdem durch seinen hohen, weit vornstehenden Pfeiler auszeichnet. Die unteren Molaren 
sind ziemlich hoch. Basalpfeiler kommen nur an den oberen Molaren vor und sind auch hier sehr schwach. 
Der untere M3 hat einen im Querschnitte dreieckigen, dritten Lobus, am oberen M 3 ist die Hinteraußen- 
ecke etwas nach rückwärts in die Länge gezogen. 

Ob diese Zähne, welche im Verhältnis zum Schädel ziemlich groß sind, wirklich auch zur näm- 
lichen Spezies gehören, wie jene Schädelfragmente und Hörner, ist insofern etwas fraglich, als in den braun- 
gelben Tonen, aus welchen alle diese Stücke stammen, auch Kiefer einer anderen Antilope vorkommen, 
welche ebenfalls isoliert gefunden wurden. Es sind dies jene, welche ich als Proforyx Hentscheli beschrieben 
habe. Da aber diese letzteren von Herrrn Hentschel gesammelt wurden, ohne daß von ihm überhaupt 
in diesen Tonen Hornzapfen gefunden worden wären, so ist es doch viel wahrscheinlicher, daß die so- 
eben beschriebenen, von Herrn Stützel ausgegrabenen Kiefer auch wirklich der nämlichen Spezies an- 
gehören, wie die hier besprochenen Schädelfragmente und Hornzapfen, es müßten denn sowohl letzere als 
auch die Kiefer je eine besondere Art repräsentieren, was doch gewiß nicht recht plausibel erscheinen wird. 

Auch aus morphologischen Gründen halte ich es für sehr gerechtfertigt, die hier beschriebenen 
Kiefer und Hörner miteinander zu vereinigen, denn man darf wohl erwarten, daß auch die im ganzen an die 
Gattung Pseudotragus erinnernden Zähne einer Gattung angehört haben werden, welche im wesentlichen 
auch in der Schädelform mit Pseudotragus übereinstimmen dürfte, wie dies hier auch tatsächlich der Fall ist. 
Ich komme jedoch auf diese Verhältnisse noch im folgenden zu sprechen. 


Dimensionen: 


Länge des Schädels vom höchsten Punkte der Stirnbeine bis zum Foramen magnum — 125? mın. 
Breite » » am Oberrand der Augenhöhlen — 130 mm; hinter den Hörnern — 80? mm. 
Abstand der Schädelbasis (Basisphenoid) vom höchsten Punkte der Stirnbeine — 97? mm. 
Längsdurchmesser der Augenhöhle — 50? mm. 

Länge der Hörner — 210? mm. 

Längsdurchmesser der Hörneer an der Basis = 49 mm, nahe der Spitze — 22 mm; 

Quer » » » » » » » =45 mm, » > > — II mm. 


Länge der Zahnreihe = 100? mn; Länge der oberen Prämolaren — 43? mm; Länge der oberen Molaren = 59 mm. 
P2 Länge — I6 mm; Breite — 12'8 mm, Höhe — I5 mm; isolirt 


Tas =. 8 il Ban ih Dt 
P4 » = m 38 > = 3) 8 » = ii) ©: 
Mı » — 21009 > —1I85 »; » =148» ; ‚in einem Kiefer vereinigt. 
M2 » = RE — 21 DOSE: | 
M3 » = a5 8 —220 Se a DE IS: 
Länge der unteren Zahnreihe — 100? mm; Länge der unteren Prämolaren — 38? mm; Länge der unteren 
Molaren —= 62 mm. 

P3 Länge = I3? mm; Breite = 78 mm; Höhe — II? mm; schlecht erhalten. 

P4 » = 5 6 » — 8:5 sa > — 148 I AR 

Wi 8 -=17 >»; » = ji Se: = Wi » ; alle in einem Kiefer. 

M2 >» = 38 » = ie 5: vv eldG © | 

M3 » = as ng » — a: » = 27 » 


Von einer Beschreibung der etwa hierher gehörigen Extremitätenknochen glaube ich absehen zu 
dürfen, weil sie wie schon oben bemerkt sowohl in ihren Dimensionen als auch ihrem Erhaltungszustande 
nach kaum von jenen von Tragocerus zu unterscheiden sein dürften und in morphologischer Hinsicht ohnehin 
kein besonderes Interesse verdienen. Ich möchte lediglich erwähnen, daß die Metapodien schlanker sind als 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. 8 


58 Max Schlosser. [38] 


jene von Tragocerus amaltheus, ‘wie diese von Gaudry abgebildet werden, was aber auch kein Grund 
ist, sie von Tragocerus zu trennen und zur vorliegenden Gattung zu stellen, da eben auf Samos der echte 
Tragocerus amaltheus schwerlich vorkommt, wie wir im folgenden sehen werden. 

Ob Forsyth Major Überreste von Pachytragus gefunden hat, vermag ich nicht zu entscheiden. 
Sie wären eben in einer der vier von ihm unterschiedenen Arten der Gattung Proforyx enthalten, von 
welcher er angibt, dafs die Scheitelregion bald länger, bald kürzer sei. Da aber zwei von diesen Arten, 
Carolinae und longiceps sich durch die Länge des Craniums auszeichnen, so kämen nur die beiden anderen, 
Protoryx Gaudryi und Hippolyte in Betracht, von welchen jedoch überhaupt keine Merkmale angegeben 
werden, so daß sie wenigstens vorläufig nicht wiederzuerkennen sind. 

Unter allen, bisher aus den Schichten mit Alipparion beschriebenen Antilopen hat nur eine ein- 
zige, Pseudotragus, im Schädelbau größere Ähnlichkeit mit Pachytragus, namentlich gilt dies von der Form 
und Lage des Craniums, von der Beschaffenheit der Stirn und der Augenhöhle, dagegen sind die Zähne 
im Verhältnis zum Schädel viel kleiner, die Prämolaren viel zierlicher und einfacher und die Hörner sind 
viel länger und stärker gekrümmt und besitzen außerdem elliptischen Querschnitt. Proforyx hingegen nähert 
sich zwar in der Form und relativen Größe der Zähne, dafür ist jedoch das Cranium viel länger, die Ver- 
diekungen der Schädelnähte sind bei weitem nicht so stark und die Hörner zeigen wie jene von Pseudo- 
tragus einen ganz abweichenden Typus. 

Immerhin glaube ich doch aus diesen Anklängen resp. Abweichungen den Schluß ziehen zu dürfen, 
daß alle drei Gattungen auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgehen, welcher in der Form des Schädels 
und der Zähne der Gattung Proforyx ziemlich ähnlich war, nur können seine Molaren nicht so hoch gewesen 
sein wie bei dieser, die Hörner müssen noch viel kürzer und weniger gebogen gewesen sein und auch einen 
mehr kreisrunden Querschnitt besessen haben. Eine ungefähre Vorstellung, wie diese Stammform beschaffen 
war, gibt uns Antilope clavata!) aus dem Obermiocän von Sansan, welche allerdings der vorigen Gattung 
Pseudotragus schon ähnlicher ist als der Gattung Pachytragus. Es erscheint daher recht plausibel, daß die 
Trennung in die Formenreihen, deren Endglieder die beiden eben genannten Genera sowie Protoryx dar- 
stellen, schon kurz vor dem ÖObermiocän erfolgt war, was auch deshalb wahrscheinlicher ist, weil gleich- 
zeitig mit Antilope clavata bereits mehrere andere Arten von Antilopen gelebt haben, welche dieser noch 
äußerst nahe stehen aber leider nur sehr unvollständig bekannt sind. 

Noch ähnlicher als Antilope clavata ist der neuen Gattung Pachytragus der von Deperet 
beschriebene Profragocerus Chantreı?) wobei jedoch zweifellos mindestens zwei verschiedene Dinge zusammen- 
gefaßt wurden. Für uns kommen jedoch von den abgebildeten Stücken nur der Hornzapfen von La Grive 
St. Alban?) (Isere) und die Molaren aus den Ligniten von Soblay (Ain)®) und St. Jean Bournay (Isere)?) 
sowie allenfalls die beiden Prämolaren von dieser letzteren Lokalität in Betracht. Der Hornzapfen ist zwar 
noch nahezu gerade und wesentlich kleiner und kürzer als die von Pachytragus aus Samos, aber er besitzt 
wie bei dieser Gattung gerundeten Querschnitt. Auch hinsichtlich des geologischen Alters könnte sich die 
betreffende Antilope von La Grive St. Alban®) ganz gut als Vorläufer von Pachytragus erweisen. 

Die erwähnten Zähne unterscheiden sich eigentlich nur durch ihre Kleinheit von jenen der Gattung 
Pachytragus, namentlich gilt dies von dem unteren M3 von St. Jean Bournay, die P allenfalls auch durch 
ihre relativ größere Länge und ihren etwas primitiveren Bau. Sie würden also keineswegs gegen eine direkte 


1) Filhol: Mammiferes fossiles de Sansan. Annales des sciences g&ologiques de France 1891. Tome XXI pag. 291. 
pl. XXXIX. 

2) Vertebres mioc&nes de la Vallee du Rhöne. Archives du Museum d’histoire naturelle deLyon. Tome IV. 1835, 
pag. 249, pl. XII, Fig. 2—9, II, I2 und: 

Delafond F. et Dep£ret: Ch. Les terrains tertiaires de la Bresse et leurs gites des lignites et de minerais 
de fer. Etudes des gites mineraux de la France. Paris 1894, pag. 45, pl. I, Fig. 7— 11. 

®) Archives Tome IV, 1885, pl. XII, Fig. 4. 


4) » » IV, 188, » XI, » 2,3. Etudes 1894, pl. I, Fig. 7, 8. 
9) » DE NVEETSSH ER Es: 
5) » » IV, ı885, » XII, » 8,9. Der Fig. 5 abgebildete obere Mund derFig. 6 dargestellte Unter- 


kiefer aus La Grive St. Alban gehören eher einem Cerviden oder doch einer viel primitiveren Antilopengattung an. 


[39] Die selon Cavicornia von Samos. 59 


Verwandtschaft mit Pachyfragus sprechen, zumal da sie auch einem etwas tieferen Niveau — Tortonien — 
angehören als die Antilopen von Samos, wenn auch ihr Alter bereits etwas geringer ist als jenes des 
erwähnten Hornzapfens aus La Grive St. Alban. Die angegebenen Unterschiede würden sich folglich blofs 
als primitivere Organisation erweisen. 

Ob die neue Gattung Pachytragus Nachkommen hinterlassen hat, können wir vorläufig nicht ent- 
scheiden, auf keinen Fall existiert ein solcher unter den heutzutage lebenden Antilopen. Höchstens unter 
den allerdings äußerst unvollständig erhaltenen und nur mit wenig Worten beschriebenen Antilopen aus 
dem Oberpliocän von Italien wäre vielleicht ein solcher zu finden, eventuell auch unter den pleistocänen von 
Pomel!) beschriebenen Antilopen aus Algier, doch halte ich auch dies für wenig wahrscheinlich. Unter den 
rezenten Antilopen gibt es keine, deren Hörner dreieckigen Querschnitt hätten und zugleich nach rückwärts 
gebogen wären. Pachytragus stellt demnach wahrscheinlich einen vollständig erloschenen Typus dar. 


Tragocerus amaltheus var. parvidens Schl. 
Taf. XI (VII), Fig. 6-9, Taf. XII (IX), Fig 5. 


Gaudry: Animaux de l’Attique. 1862—1867, pag. 278, pl. XLVIII, Fig. 4-7, pl. XLIX—-LI. 
» » fossiles du Mont Leberon 1873, pag. 50, pl. IX, Fig. 8—ı1, pl. X. 
Forsyth Major: Le gisement ossifere de Mitylini. Samos, Etude geologique pal&ontologique. Lausanne 1892, pag. 4. 

Dieser weitverbreitete Typus fehlt zwar auch nicht auf Samos, aber seine Überreste sind hier 
wesentlich seltener als in Pikermi und auf die gelbbraunen Tone beschränkt und daher wie alle Knochen 
aus dieser Ablagerung leider stark verdrückt. Auch zeigen die vorhandenen Stücke so wesentliche Unter- 
schiede gegenüber dem echten Tragocerus amaltheus, daß sie mindestens einer besonderen Varietät oder 
Rasse zugeschrieben werden müssen. 

Es liegen aus Samos vor ein Schädel mit beiden, allerdings nur etwa zur Hälfte erhaltenen Hörnern, 
aber ohne Kiefer, sechs Hörner, davon zwei von ein und demselben Individuum, ein Schädelfragment mit 
den Hornstummeln eines jungen Tieres, ein Schnauzenstück mit dem rechten Oberkiefer, der rechte und 
linke Oberkiefer mit P3—M 3 und der linke Unterkiefer mit den Molaren, alle von einem einzigen alten 
Individuum, ferner je drei rechte und drei linke Oberkieferfragmente, drei fast vollständige Unterkiefer und 
zwei Unterkieferfragmente nebst zahlreichen Extremitätenknochen. 

Wie schon Gaudry in seiner zweiten Arbeit — p. 53 — betont hat, neigt Tragocerus amaltheus 
außerordentlich zur Varietätenbildung, so daß man schon damals nach der Beschaffenheit der Hörner dreierlei 
Typen unterscheiden konnte, nämlich: 

ı. Rasse mit divergierenden, langen aber schmalen Hörnern, die an ihrer Basis nahe zusammen- 
rücken, häufig in Pikermi, selten und auch kleiner am Mont Leb£ron, pl. X, Fig 2. 

2. Rasse mit dicht beisammenstehenden, ziemlich kurzen aber breiten Hörnern, welche den Stirn- 
beinen sehr schräg aufsitzen und miteinander unter einem weniger spitzen Winkel zusammentreffen, selten 
in Pikermi, häufig am Mont Leb£ron, aber hier auch kleiner und mit relativ längeren und geraderen Hörnern, 
pl. X, Fig, 1. 

3. Rasse mit verbreiterten, kleinen, geraden, wenig divergierenden Hörnern, welche weit vonein- 
ander abstehen; an beiden Lokalitäten ziemlich selten, vielleicht von jüngeren Tieren stammend, vielleicht 
auch von solchen, deren Hornentwicklung eine Hemmung erlitten hatte, oder etwa ein Geschlechtsunterschied 
Ol 2, Die 2% 

Als vierte Rasse käme vielleicht Gaudrys Tragocerus Valenciennesi!) in Betracht, dessen Hörner 
ovalen Querschnitt besitzen und also etwas an die Gattung Palaeoryx erinnern. 

Auch unter dem Material von Samos scheinen mehrere Varietäten vorzukommen, denn schon der 
Schädel zeigt trotz der Unvollständigkeit der Hörner, daß dieselben hinten entschieden breiter waren als 


1) Die Pomelsche Arbeit ist mir nicht zugänglich. 
2) Animaux fossiles de l’Attique. pag. 288, pl. XLVIII, Fig. 2, 3. 
g+ 


59 Max Schlosser. [40] 


jene von Mont Leberon, von denen hierin nur das Original zu Gaudrys Figur 2 einigermaßen nahekommt, 
während es bezüglich der Stellung der Hörner ziemlich ähnlich ist. Die Tragocerus von Mont Leberon sind 
auch insofern ähnlicher als jene von Pikermi, als sie nach Angabe Gaudrys kleinere Dimensionen 
aufweisen. Dies gilt namentlich von den Oberkieferzähnen, und zwar nicht nur von den Molaren, sondern 
auch von den Prämolaren, mit Ausnahme des oberen P4, welcher hier trotz seiner geringeren Länge nicht 
unbeträchtlich breiter ist. Dagegen sind von den Unterkieferzähnen nur die Prämolaren wesentlich kürzer 
als jene von Pikermi. 


Schädel: Wie bei allen beschriebenen Tragocerus-Schädeln bildet auch hier das Cranıum mit der 
Gesichtspartie einen sehr stumpfen Winkel. Es ist im Verhältnis zu dieser ziemlich lang, seine Oberfläche 
verläuft fast ganz horizontal, die Hinterhauptfläche steigt nahezu senkrecht an, dagegen hängt das Supra- 
occipitale nach hinten ein wenig über. Die an die Scheitelbeine grenzende Partie der Stirnbeine scheint ein 
wenig eingesenkt gewesen zu sein, denn die hier vorhandene Vertiefung beruht schwerlich nur auf einer 
Verdrückung. Zwischen den Hörnern erheben sich die Stirnbeine nur ganz wenig, die Lufthöhlen sind fast 
ganz auf die Basis der Hörner beschränkt. Vor denselben weisen die Stirnbeine beim erwachsenen Schädel 
eine dreieckige Einsenkung auf. Die Hornzapfen bekommen erst in einem ziemlichen Abstandvon den Augenhöhlen 
eine rauhe Oberfläche. Die Augenhöhlen haben einen beträchtlichen Durchmesser und schauen fast ausschließlich 
nach auswärts. Ihr Oberrand springt nicht sehr weit vor und ihr Vorderrand liegt ziemlich weit vor der Horn- 
basis. An der Bildung der ziemlich tiefen Tränengrube beteiligen sich vorwiegend die Lacrymalia. Vorn 
enden die Tränengruben oberhalb des ersten Molaren. Ethmoidallücken sind bis jetzt nicht mit Sicherheit 
beobachtet worden, auch sind die Gefäßlöcher der Stirnbeine beim erwachsenen Schädel nicht besonders 
groß, jedoch haben die von ihnen ausgehenden Furchen eine nicht unbeträchtliche Länge. Die schmalen 
Nasenbeine bilden hinten einen spitzen Winkel. 


Die Hörner stehen an der Basis ziemlich weit auseinander. Bei Verlängerung ihrer Basis würden 
sie vorn nahe an der Stirnnasenbeinsutur zusammenstoßen. Von der Seite gesehen, bilden sie mit dem 
hinteren Teile der Stirnbeine einen spitzen, mit dem vorderen Teile derselben aber einen sehr stumpfen Winkel. 
Sie stehen viel schräger als beim echten Amaltheus. Ihre Biegung nach auswärts ist ziemlich gering. 
Vertikalrinnen kommen fast nur auf der Hinterseite vor. Die Vorderseite ist als scharfe Kante entwickelt, 
auch die Hinteraußenecke bildet eine deutliche Kante. Dagegen erscheint die Innenhinterecke vollkommen 
gerundet. Der Querschnitt des Horns stellt demnach ein ziemlich schmales Dreieck dar, an welchem jedoch 
der Winkel, unter welchem die beiden kleineren Seiten zusammentreffen, keine Ecke, sondern ein sehr weit 
offenes Kreissegment darstellt. Diese Verhältnisse gelten auch für zwei mir vorliegende Hörner aus Fikermi, 
von denen das eine sich auch durch starke Einwärtskrümmung seiner Spitze und durch die Anwesenheit 
tiefer Rinnen auf seiner Rückseite auszeichnet. Beide haben mit jenen aus Samos auch das gemein, daß 
sie hinten erheblich dicker sind als alle Originale Gaudrys. 


Die Backenzähne sind, wie schon erwähnt, mit Ausnahme der unteren Molaren und des oberen 
P4 wesentlitch kleiner, namentlich kürzer als jene von Pikermi. Auch sind die Falten und Rippen auf der 
Innenseite der unteren und auf der Außenseite der oberen Molaren meistens viel schwächer ausgebildet. 
Auch die Basalpfeiler an den Molaren sind durchwegs nicht so stark entwickelt, obwohl auch hierin große 
Variabilität zu konstatieren ist. Dagegen scheint der Innenhöcker am unteren P4 mehr nach vorwärts ver- 
längert zu sein, während er bei den Stücken aus Pikermi nicht viel massiver ist als die ihm entsprechende 
Kulisse an P3. Am oberen P3 und jedenfalls auch am oberen P2 ist die Vorderpartie weniger in die 
Länge gezogen als bei dem typischen T. amaltheus, an den unteren P äußert sich die Verkürzung mehr 
an der hinteren Hälfte. Bemerkenswert erscheint auch die Tatsache, daß die Einschnürung des Innenmondes 
der oberen P2 und P3 sowie die Vertikalfurche an der Außenseite der unteren / viel weniger deutlich ist. 
Jedenfalls sind diese Unterschiede so bedeutend, daß sie die Aufstellung einer besonderen Varietät recht- 
fertigen, die sich vielleicht bei vollständigerer Kenntnis des Tragocerus-Materials von Samos sogar als 
besondere Spezies erweisen wird. Von einer detaillierten Beschreibung der Zähne glaube ich hier absehen 
zu dürfen, da der Bau der Zähne von Tragocerus ohnehin gut bekannt ist. 


[41] Die fossilen Cavicornia von Samos. 61 


Dimensionen: 


Länge des Schädels vom Foramen magnum bis zum vordersten P — 2I5 mm. 
Abstand des höchsten Punktes der Stirnbeine bis zum Hinterende der Nasalia — 8I mm. 
» » » » » » » 0» » des Supraoccipitale = I22 mm. 
Höhe des Hinterhauptes — 69 mm; Breite desselben am Meatus auditorius = So nm. 
» » Schädels bei M3 = 95? mm; vor MI = 85? mm. 
Breite des Schädels hinter den Hörnern — 70 mm; vor den Augenhöhlen = 81 mm; über denselben — 102? mm, 
Abstand der Hörner an der Basis vorn — IQ mm; hinten — 35 mm. 


l.ängsdurchmesser der Hörner an der Basis — 67 mm; Querdurchmesser derselben — 30 mm. 
Länge der Hörner — 270? mm. 
Länge der oberen Zahnreihe = 94 ? mm; Länge der oberen P— 42? mm; Länge der oberen M = 53 mm. 


Breite des Gaumens hinter M3 = 48? mm. 
Oberer P3 Länge = I5 mm; Breite = I7 mm; 


» ea = 53% = MW Se: 

» Mı » — 1, 2: » = 175 >» alt; 

» M2 » —20 >08 mM) » » ; Breite = IQ mm; Höhe = 16 mm ziemlich frisch. 

» M3 » E20 a » — 18:5 » 225 » — 18 205 » — 18 » > » 
Länge der unteren Zahnreihe — Ioo mm; Länge der unteren P — 32 mm; Länge der unteren M = 60 mm. 
Unterer P2 Länge = I2 mm; Breite = 6 mm; 

» 12% 2 ei Dh > —= 85 »; 

» P4 » == 165 Bu, » = 95 Du 

» Mı  ı  =1$ De: » = 12 >»; 

> M 2 » =1 2.8 » —=125 >»; 

» M3 23 DR » = m» » ; M3 ziemlich frisch, Höhe — II mm. 


Extremitätenknochen liegen zwar aus den nämlichen Tonen, welche auch die Hörner, Schädel und 
Kiefer einschließen, in ziemlich großer Anzahl vor, allein sie sind insgesamt sehr schadhaft und überdies 
wesentlich kleiner als jene von Tragocerus amaltheus, so daß es sehr fraglich erscheint, ob sie wirklich 
hierher gehören. Allerdings wüßte ich sonst keine Art, zu welcher sie sonst gestellt werden könnten, da 
ihre Menge auch wieder etwa für Profragelaphus entschieden zu groß ist. Ich glaube sie daher unbedenklich 
vernachlässigen zu dürfen. 

Daß Tragocerus amaltheus eine weit verbreitete Spezies ist, habe ich schon oben erwähnt, allein 
es hat doch den Anschein, als ob die typische Form, die übrigens selbst schon stark zu Varietätenbildung 
neigt, auf Europa beschränkt wäre. Sie wird zwar auch von Maragha in Persien zitiert, aber schon 
Rodler und Weithofer!) sind nicht ganz sicher, ob es sich daselbst in der Tat um den echten Trago- 
denn sie bemerken, daß das einzige dort gefundene Horn zwar am besten mit 
ohne daß es jedoch unbedingt mit dieser Spezies identifiziert werden 


cerus amaltheus handelt, 


dem von amaltheus übereinstimmt, 
könnte, und von den Zähnen sagen sie, daß dieselben auch anderen Antilopen zugeschrieben werden 
könnten. Mir selbst liegen aus Maragha einige Zähne vor, welche zweifellos zur Gattung Tragocerus ge- 
hören, aber die einen stehen in der Größe weit zurück hinter denen von amaltheus und stimmen hierin 
sowie in der Abwesenheit von Basalpfeilern recht gut mit dem kleineren Tragocerus von Samos überein, 
den ich hier als Tragocerus amaltheus var. parvidens beschrieben habe, jedoch ist der obere P4 etwas 
mehr in die Länge gezogen. Die zweite Form ist wesentlich größer als die entsprechenden Zähne des 
echten amaltheus und seiner Varietät aus Samos, deren Zähne wohl auch schwerlich so breit werden wie 
bei diesem Typus aus Maragha, von dem mir freilich nur ein einziges Stück, nämlich ein rechter oberer 
M3 vorliegt. Besonders bemerkenswert ist jedoch an diesem Zahn die riesige Entwicklung des Basalpfeilers 
und des Spornes in der zweiten Marke und die Anwesenheit einer großen, fast kreisrunden Schmelzinsel 
im Zentrum. In diesen beiden letzteren Stücken schließt ‘er sich sehr enge an Flesiaddax Depereti?) in der 
chinesischen Fauna an, jedoch unterscheidet er sich hiervon durch seine Breite, während die Zähne von 


Y) Die Wiederkäuer der Fauna von Maragha in Persien. 


math. naturw. Klasse, Bd. LVII, 1890, pag. 769 (17). 
2) Schlosser: Die fossilen Säugetiere Chinas. Abhandl. d. II. Klasse d. k. b. Akad. d. Wiss., Bd. XXII, 


1903, pag. 146, Taf. XII, Fig. 20, 23—27. 


Denkschriften der kais. Akad. d. Wiss., Wien, 


62 Max Schlosser. [42] 


Plesiaddax eigentümlich komprimiert sind und auch nur ausnahmsweise Basalpfeiler besitzen. In der Größe 
steht er etwas zurück hinter dem entsprechenden Zahn des chinesischen Tragocerus spectabilis,!) bei dem 
auch die Schmelzinsel nie so kreisrund wird. 

In China kommen außer dem eben genannten Tragocerus spectabilis noch drei weitere Arten dieser 
Gattung vor, von denen jedoch nur zwei in der Größe mit unserem Tragocerus von Samos übereinstimmen. 
Bei dem einen, Tragocerus gregarius?), sind die Zähne plumper und namentlich ausgezeichnet durch die 
Dicke der Schmelzfalten, bei dem anderen, Tragocerus Kokeni,’) sind sie zierlicher, namentlich die Prä- 
molaren, welche übrigens auch bei beiden Arten schon vielmehr verkürzt erscheinen als bei der Spezies 
von Samos oder gar bei dem echten Tragocerus amaltheus. 

Auf jeden Fall verdienen die Tragocerus von Maragha hervorragendes Interesse, denn auch sie zeigen 
deutlich, daß die dortige Fauna entschieden unvergleichlich viel engere Beziehungen zu der von Samos als 
zu der von Pikermi hat und außerdem aber auch zu der chinesischen Hipparionen-Fauna hinüberleitet. 
Der zweite Zahntypus von Tragocerus aus Maragha scheint aber auch eine Brücke zu bilden zur Gattung 
Plesiaddax, welche ihrerseits wieder zu den gleichzeitigen hypselodonten Antilopenformen Paraboselaphus 
und Pseudobos und anderseits aber auch zu den brachyodonten Strepsiceros hinüberleitet, so daß der Anfang 
aller Antilopen, deren Zahntypus auf ein Cerviden-ähnliches Gebiß zurückgeht, doch nicht allzuweit 
zurückliegen dürfte. Unter den europäischen und westasiatischen Antilopen der Hipparionen-Fauna steht 
die Gattung Palaeoryx im Bau der Zähne, in der geringen Knickung des Schädeldaches und in der Lage 
der Augenhöhle noch ziemlich nahe, Pachytragus hingegen hat ähnliche, wenn auch dickere Hörner als 
Tragocerus und hat seinerseits auch wieder verwandtschaftliche Beziehungen zu Pseudotragus und Protoryx, 
so daß also auch für diese vier Gattungen ein gemeinschaftlicher Ursprung sehr wahrscheinlich wird. 

Auch in diesem Falle kommen als Vorläufer die Antilopen des europäischen Obermiocäns in 
Betracht, von welchen Antilope clavata aus Sansan‘) und Protragocerus Chantrei von La Grive St. Alban 
(Isere)?) und von Soblay (Ain) am besten bekannt sind. Die erstere hat mit Tragocerus das lange Cranium, 
das nahezu ebene Schädeldach und die primitive Bezahnung gemein, die Hörner sind jedoch im Verhältnis 
noch viel schwächer und auch viel weniger komprimiert, was aber keineswegs gegen direkte genetische 
Beziehungen sprechen würde. Hingegen ist es etwas fraglich, ob die tiefe Tränengrube von Anzilope clavata 
sich so weit abflachen konnte, wie dies bei Tragocerus amaltheus der Fall ist. 

Unter Profragocerus Chantrei dürften verschiedenartige Dinge zusammengefaßt worden sein, von 
denen wir jedoch hier nur einen von Dep&ret abgebildeten Unterkiefer aus La Grive St, Alban und einen 
ebenfalls von dort stammenden oberen Molaren zu berücksichtigen haben, während die übrigen Unterkiefer- 
molaren fast zu zierlich und auch schon zu hochkronig sind und das Horn infolge seines gerundet drei- 
eckigen Querschnittes sich. bereits als etwas zu spezialisiert erweist. Wenn nun auch keine von beiden 
obermiocänen Antilopen sich für den direkten Vorläufer von Tragocerus eignet, so stehen sie doch der 
Stammform desselben sicher außerordentlich nahe. 

Tragocerus hat vermutlich keine Nachkommen hinterlassen. Unter den lebenden Antilopen gibt 
es keine Form mit so stark spezialisierten Hörnern, nur gewisse Gazellen haben ebenfalls stark kompri- 
mierte Hörner, aber diese Gruppe weist schon in der Hipparionen-Fauna eine ansehnliche Formzahl auf 
und mufß daher auch schon weiter zurückdatieren als die Gattung Tragocerus. Ebensowenig können die 
Caprinen, welche Gaillard®) für die Nachkommen dieser Gattung halten möchte, von Tragocerus ab- 
geleitet werden, denn einerseits sind die Hörner von Tragocerus schon zu spezialisiert, nämlich zu stark 
seitlich komprimiert und zu stark nach hinten geneigt, und anderseits zeigen die Caprinen den höchsten 


!) Ibidem: pag. 143, Taf. XII, Fig. 10— 13. 

2) Ibidem: pag. 142, Taf. XII, Fig. 1-9. 

®) Ibidem: pag. 145, Taf. XII, Fig. 14—19. 

*) Filhol: Mammiferes fossiles de Sansan. Annales des sciences geologiques. Tome, XXI 1891, pag. 291, pl. XXXIX. 

°) Deperet: Mammiferes miocenes de la vallee du Rhöne. Archives du Museum d’hist. nat. Lyon, Taf. IV. 
1837, pag. 249, pl. XI, Fig. 5, 6. 

°) Le Belier de Mendes. Bulletin de la societe d’Anthropologie de Lyon I9oI, pag. 23. 


[43] Die fossilen Cavicornia von Semos. 63 


Grad von Hypselodontie, während Tragocerus bezüglich der geringen Höhe seiner Molaren noch einen für 
seine Zeit sehr primitiven Typus darstellt. Es ist daher höchst unwahrscheinlich, daß die Entwicklung des 
hypselodonten Gebisses von Capra aus dem brachyodonten von Tragocerus in dem kurzen Zeitraum zwischen 
Unterpliocän und Pleistocän erfolgt sein könnte. Auch existierte möglicherweise die Gattung Capra wenigstens 
in Indien schon gleichzeitig mit Aipparion, Capra sivalensis Lyd.!) und perimensis Lyd.?) Ferner hat 
Tragocerus im Gegensatz zu Capra Tränengruben und ist somit spezialisierter und endlich spricht die große 
Artenzahl der Gattung Tragocerus, von denen viele entschieden größer sind als alle Arten von Capra, 
durchaus gegen die Annahme einer direkten Verwandtschaft zwischen diesen beiden Gattungen, denn große 
Artenzahl und beträchtliche Dimensionen sind in der Regel ein Zeichen, daß der betreffende Stamm dem 
Erlöschen nahe ist. Auch kommt es nur selten vor, daß der Vorfahre größer ist als seine Nachkommen, 
wie dies der Fall sein müßte, wenn Tragocerus der Ahne von Capra wäre. Ich halte es daher für wahr- 
scheinlicher, daß die Gattung Tragocerus schon bald nach der Hipparionen-Zeit ohne Hinterlassung von 


Nachkommen ausgestorben ist. 
Tragocerus sp. 


Tafel XI (VII), Fig. Io, 12, 13. 

Nur der Vollständigkeit halber seien hier zwei Unter- und zwei Oberkieferfragmente sowie zwei 
isolierte Hornzapfen erwähnt, welche wohl am ehesten zur Gattung Tragocerus gehören dürften. Die Horn- 
zapfen stimmen, abgesehen von ihrer schwachen, kaum merklichen Krümmung am besten mit denen eines 
Schädelfragmentes überein, welches ich bei der vorigen Spezies erwähnt und als das eines jugendlichen 
Individuums gedeutet habe. Von einem Kiele ist an diesem Hornzapfen noch nichts zu bemerken. Leider hat der 
noch daran befindliche Teil des Stirnbeines so durch Druck gelitten, daß man die Entfernung des Augen- 
höhlenrandes von der Basis auch.nicht einmal annähernd schätzen kann, weshalb es mir auch nicht möglich 
ist zu entscheiden, ob wir es mit einem Rest eines jungen Individuums von amaltheus var. Parvidens oder mit 
dem einer besonderen Spezies zu tun haben. Für diese letztere Annahme würde allerdings die starke Ab- 
kauung der Molaren und Prämolaren sprechen, sofern der Nachweis erbracht werden könnte, daß alle 
diese Stücke auch wirklich von derselben Spezies herrühren. Sie stammen insgesamt aus den gelbbraunen Tonen. 

Die Zähne sind bedeutend kleiner, die unteren auch relativ schmäler als bei amaltheus var. parvi- 
dens, der untere P4 erscheint hingegen stark in die Länge gezogen, so daß namentlich in Folge der starken 
Entwicklung der Kulissen und des Innenhügels eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Zahne von Palaeoryx 
Stützeli entsteht. Auch der obere P4 ist für Tragocerus fast ungewöhnlich schmal. Sein Umriß bildet von 
oben gesehen fast ein gleichseitiges Dreieck. P2 und P?3 besitzen einen weit vorspringenden, nach vorne 
zu stark eingeschnürten Innenmond. Die Basalpfeiler sind nur an den unteren Molaren entwickelt, aber auch 
an M2 schon viel schmäler als an Mı. Die Rippen und Falten an der Außenseite der oberen P und M 
und an der Innenseite der unteren M zeichnen sich durch ihre Zierlichkeit aus. 


Dimensionen: 


Länge des Hornes — 96 mm; Längsdurchmesser desselben an der Basis — 30 mm; Querdurchmesser eben- 
daselbst = 20'5 mm. 


Oberer P2 Länge — I2 mm; Breite = 9 mm; Höhe = Io mm; 
» 13 » —AETNER « a Bo = WM | 
» Je » = 4 88 » _ il De: » —ZIRT Dr alt. 
» Mı » — 16 3, » — 18 DR » = © DR | 

Länge der oberen Zahnreihe — 84 ? mm. 

Unterer P3 Länge = I3 mm; Breite = 6:5 mm; Höhe =S mm; 
» P4 » — 16 3 > — 85 70 » —Eg DR 
DET Sr — Tan: » = 6 »; Du Eee alte 
» M2 » — 16 > » — 10:5 > » —=o9 2215 


Länge der unteren Zahnreihe — 88? mm. 


1) Palaeontologia Indica. Ser. X, Tertiary and posttertiary Vertebrata. Vol.I, Part. II, Crania of Ruminants, 
pag. 169 (82), pl. 28, Fig. I, 2. 
*) Ibidem: pag. 170 (83), pl. 28, Fig. 4. 


64 Max Schlosser. [44] 


Tragocerus rugosifrons n. sp. 
Taf. XII (IX), Fig. I—4, 6. 


Eine zweite Art von Tragocerus wird repräsentiert durch einen Schädel mit dem linken Oberkiefer, 
an dem aber leider die Hörner und der größte Teil des Craniums fehlen, durch ein Schädelfragment mit dem 
vorderen Teile der Stirn und dem hinteren Ende der Nasenbeine, durch einen rechten Oberkiefer und einen 
rechten Unterkiefer und durch drei Fragmente von Unterkiefern. Vielleicht gehören hierher auch die beiden, 
bei T. amaltheus erwähnten großen Hörner, die allerdings ihren Dimensionen nach auch von dieser letzteren 
Art herrühren könnten. 

Während der Schädel in seinen Dimensionen augenscheinlich die Gaudryschen Originale von 
Tragocerus amaltheus übertrifft, sind die oberen Molaren nicht merklich größer und die Prämolaren sogar 
kleiner als bei diesen. Dies gilt auch für die unteren Prämolaren und Molaren. Abgesehen von der 
Kürze der Prämolaren und der stärkeren Ausbildung der Rippen und Falten an der Außenseite der oberen 
Molaren und der stärkeren Entwicklung der Basalpfeiler besteht jedoch kein nennenswerter Unterschied 
gegenüber dem Tragocerus amaltheus von Pikermi. Dagegen weicht der, vorhin als Tragocerus amaltheus 
var. farvidens beschriebene Typus aus Samos sowohl in seinen Dimensionen als auch in der schwachen 
Ausbildung der Basalpfeiler an den Molaren und der Falten und Rippen an der Außenseite der Oberkiefer- 
zähne ganz erheblich ab und hat mit der vorliegenden Form nur die relative Kürze der Prämolaren gemein. 

Der Schädel zeigt gegenüber dem von Tragocerus amaltheus weitgehende Unterschiede. Sie 
bestehen in der viel ansehnlicheren Größe, in der gewaltigen Ausdehnung und Tiefe der Tränengrube, in 
der Breite der Stirn, in der tiefen Einsenkung der Stirnbeine hinter den Hörnern, die seitlich und hinten 
von einem besonderen Wulst umgeben wird, vor allem aber in der Anwesenheit eines dicken, ungefähr 
halbkreisförmigen Wulstes in Mitte der Stirnbeine, welcher dadurch zu stande kommt, dafs die Basis der 
beiden Hörner sich hier nach vorwärts verlängert. Der Schädel gibt auch darüber Auskunft, daß die ganze 
hintere Hälfte der Tränengrube nur vom Tränenbein gebildet wird, und dafß die ziemlich schmalen Nasen- 
beine hinten mit einem ziemlich spitzen Winkel abschließen. Die Profillinie erfährt auch hier nur geringe 
Knickung. Am Cranium verläuft sie vollkommen horizontal. Die Ränder der weiten Augenhöhle springen 
sehr weit vor. Sie liegt mehr als zur Hälfte vor der Basis des Hornes; ihr Vorderrand endet über dem 
letzten Molaren. Die Hörner haben länglich dreieckigen Querschnitt. Nur vorn scheint eine Kante existiert 
zu haben, während die Innen- und Außenecke hinten vermutlich abgerundet waren. Das Divergieren der 
Hörner war wohl etwas beträchtlicher als bei T. amaltheus, auch legten sie sich wohl stärker zurück als 
bei diesem, dagegen ist ihr Längs- und Querdurchmesser und folglich wohl auch ihre Länge kaum be- 
trächtlicher als bei diesem. Bemerkenswert erscheint endlich die eigentümliche Granulation der Oberfläche 
der Stirnbeine vor den Hörnern, welche sich auch an einem zweiten, leider sehr unvollständigen Schädel- 
fragment findet und mich zur Wahl des Speziesnamen rugosifrons bestimmt hat. 


Dimensionen: 


Länge des Schädels vom Foramen magmum bis zum P3 — 250? mm. 
Abstand des höchsten Punktes der Stirnbeine von der Scheitelstirnbeinnaht — 82 mn. 
> » > > > > vom Hinterende der Nasenbeine —= 67 mm. 
Abstand der hinteren Nasenöffnung vom höchsten Punkte der Stirnbeine = I40 mm. 
Breite des Schädels hinter den Hörnern — 68? mm; vor den Augenhöhlen = 100 mm. 
> der Stirn am Oberrande der Augenhöhlen — 104 mm. 
» > Nasenbeine = 3I mm. 
Höhe des Schädels hinter M3 = 92 mm; vor P3 = 66 mm. 
Breite des Gaumens bei P2 = 42 mm; bei M3 = 50 mm. 
Abstand der beiden Hörner an der Basis vorn — 4I mm. 


> > > > a > hinten = 5I mm. 
Längsdurchmesser des Hornes an der Basis = 56 mm. 
Querdurchmesser > > er »ı  =2 >» 


Länge der oberen Zahnreihe = 100 mm; Länge der oberen P = 40 mm; Länge der oberen M = 63 ınm. 


145] Die fossilen Cavicornia von Samos. 


65 
Oberer P3 Länge — I5 mm; Breite = 15 mm; Höhe = 15 mm; 
> BI, Ei = A 2; IH nel: FR 
Mı > — 20 u » = 188 >»; > = |: > 
I SP DS nr DUB: I Se 
>» M3 > =23 >; » —=2I5 >;  =1 >..% 
Länge der unteren Zahnreihe — 1Io? mm; Länge derunteren P=47? mm; Länge der unteren M—= 65 mm. 
Unterer P3 Länge —= 16'5 mm; Breite = Io mm; Höhe = I0 mm: 
> P4 > —=76 ne Ha Er. 3. 105 
Mı u a: u eh: » 
> M2 > — .i ar > = ı >; a — 
ME SE > 2; 73, a rare > 


Von den bisher beschriebenen Arten der Gattung Tragocerus steht einerseits der echte amaltheus 
von Pikermi und anderseits der chinesische Tragocerus gregarius‘) am nächsten. Der letztere hat eben- 
falls sehr massive Rippen und Falten an der Außenseite der oberen Molaren und seine Prämolaren sind 
gleichfalls ziemlich kurz. Auch der größere obere M 3, welcher mir aus Maragha vorliegt, ist nicht unähnlich, 
nur sind die Falten und Rippen schwächer, der Basalpfeiler aber sogar noch kräftiger als hier. 

Bei der weitgehenden Spezialisierung, welche dieser Tragocerus im Vergleich zu dem echten 
amaltheus aufzuweisen hat und sich in bedeutender Zunahme der Körpergröße, in der eigentümlichen Wulst- 
bildung auf den Stirnbeinen sowie in der Tiefe der Tränengrube und in der schrägen Stellung der Hörner 
äußert, wird es höchst unwahrscheinlich, daß diese Art der Stammvater von noch lebenden Antilopen war, 
zumal da selbst die übrigen, weniger spezialisierten Arten der Gattung Tragocerus schwerlich in der 
heutigen Fauna Nachkommen hinterlassen haben. 


Gazella. 


Forsyth Major?) gibt für Samos das Vorkommen von Gazella deperdita Gerv. sp. und von zwei 
anderen nicht näher bezeichneten Gazellenarten an. Daß sich die Gazellenreste von Samos auf mehrere 
Arten verteilen, kann auch ich durch die Untersuchung des mir vorliegenden Materials bestätigen, dagegen 
muß ich doch bestreiten, daß sich die echte Gazella deperdita darunter befindet. Ich möchte übrigens 
auch bezweifeln, dafs die Gazelle von Pikermi wirklich mit deperdita vollkommen identisch ist, wenigstens 
zeichnet Gaudry°) am Hornquerschnitt der Pikermiform eine deutliche Kante, welche an der Gervaisschen 
Figur*) nicht zu sehen ist, auch läßt eine Zeichnung, welche Gaudry°) von einem Horn der Gazella 
deperdita von Mont Leberon gibt, einen gerundet dreieckigen Querschnitt erkennen, während die zahlreichen 
Hornzapfen, welche mir von Pikermi vorliegen, kreisrunden Querschnitt aufweisen und auch viel weniger 
gekrümmt sind als bei G. deperdita. Sie zeigen vielmehr etwa im unteren Drittel eine starke Knickung, 
verlaufen aber von da an bis zur Spitze fast vollkommen gerade. 

Die Gazellenhörner von Samos haben an allen Stellen gleichen, und zwar langelliptischen Querschnitt 
und ihre Krümmung ist von der Basis bis zur Spitze eine sehr sanfte und vollkommen gleichmäßige, sie 
unterscheiden sich somit nicht nur von jenen aus Pikermi, sondern auch von jenen der echten Gazella 
deperdita, deren Hörner viel stärker gebogen sind. Eine Identifizierung der Samos-Gazellen mit G. deperdita 
oder mit brevicornis von Pikermi erscheint aber auch schon deshalb nicht statthaft, weil die Prämolaren 
der ersteren viel einfacher sind. 

Während Forsyth Major drei Arten von Gazella auf Samos unterscheidet, kann ich unter meinem 
Material nur zwei Spezies finden. Die kleinere Art ist repräsentiert durch zwei Schädelfragmente mit den 
Hornzapfen, durch mehrere Bruchstücke von Hörnern und durch sieben Unter- und zwei Oberkiefer, die größere 


!) Schlosser: Die fossilen Säugetiere Chinas. Abhandl. II. Kl. d. bayr. Akad. d. Wissensch., Bd. XXII, 
1903, pag. 142, Taf. XII, Fig. I—9. 

°) Le Gisement ossifere de Mitylini. Lausanne 1892, page. 4. 

°) Animaux fossiles de l’Attique. pl. LVI, Fig. ı. 

*) Zoologie et Pal&ontologie francaises, pl. XII, Fig. 3. 

°) Animaux fossiles du Mont Leberon, pl. XII, Fig. 2. Bei den übrigen pl. XI, Fig. ı, 4, 5 ist er auch mehr 
oder weniger dreieckig. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. 9 


66 Max Schlosser. [46] 


durch drei vollständige und zwei sehr fragmentäre Unterkiefer und durch je einen isolierten unteren und 
oberen M3. Ich vereinige mit dieser zweiten Art auch einen Schädel, an welchem leider die Zähne fehlen. 
Dieser Schädel sowie die isolierten Zähne stammen aus den braungelben Tonen, aus den Tuffen liegen 


nur die Oberkiefer sowie ein Unterkiefer vor, alle übrigen Stücke wurden in den grauen Tonen gefunden. 


Gazella Gaudryi n. sp. 
Taf. XII &), Fig. I—4. 

Mit diesem Namen bezeichne ich die kleinere, aber häufigere Art der auf Samos beobachteten 
Gazellen. Alle Stücke, mit Ausnahme des einen aus den braunen Tuffen stammenden Unterkiefers, wurden 
von Herrn Th. Stützel gesammelt. 

Schädel und Hörner: Vom Schädel ist leider nur der größere Teil der Stirnpartie erhalten, 
aber sie genügt, um die große Ähnlichkeit mit der von Gazella brevicornis erkennen zu lassen. Die Stirn 
ist vor und zwischen den Hörnern mäßig eingesenkt und hinter denselben ziemlich flach, sie beginnt aber 
hier doch schon sanft nach hinten abzufallen,. Die Augenhöhlen liegen nicht ganz genau unter der Horn- 
basis, sondern stehen noch ein wenig vor, die Stirnbeinnaht bildet einen schwachen Wulst. Die Hörner 
stehen ziemlich weit auseinander und beginnen erst in einem ziemlichen Abstand vom Schädeldach. Sie 
haben deutlich elliptischen Querschnitt und krümmen sich gleichmäßig, aber nicht, auffallend stark nach 
rückwärts und überdies auch ein wenig nach auswärts. Ihre Oberfläche ist mit vielen tiefen Längsrinnen 
versehen, von denen jede sich fast über die ganze Länge des Hornes erstreckt. 

Bei Gazella deperdita haben die Hörner viel deutlicher gerundeten Querschnitt, ihre Biegung, ist 
nicht so gleichmäßig, auch ist ihre Länge entschieden geringer; ferner erfolgt ihre Verjüngung nach oben 
viel rascher und unregelmäßiger, die Biegung aber ist wesentlich schwächer, die Rinnen fehlen sehr häufig 
fast vollständig und haben auch keine so regelmäßige Anordnung wie hier. 

Gebiß: Mit Gazella deperdita und den lebenden Arten hat die neue Spezies auch schon die 
Kleinheit des P2 gemein, mit G. dorcas, Bennetti, subgutturosa etc. auch das Fehlen eines eigentlichen 
Innenhöckers am unteren P3 und PA, während Ga- 
zella deperdita noch einen wohlentwickelten Innen- 
höcker aufweist. Außerdem sind ihre Prämolaren 


auch im Verhältnis größer und ebenso wie die Mo- 
laren auch etwas dicker als bei der Gazella von 
Samos. Ferner sind die Molaren noch nicht so hoch 
geworden, sie besitzen auch sämtlich Basalpfeiler, und 
der dritte untere Molar hat einen runden, nur aus- 
nahmsweise hinten mit einer Vertikalleiste versehenen 
dritten Lobus, während bei der neuen Spezies die Mo- 
laren sehr beträchtliche Höhe, aber mit Ausnahme des 


Mı keine Basalpfeiler haben, und der dritte Lobus 
des letzten unteren M stets dreieckigen Querschnitt 


d 


Gazella deperdita (brevicornis) von Pikermi. . 3 R N 
a Oberer P3‘4 von unten; c untere P2-M3 von oben; und stets eine sehr kräftige Leiste besitzt. Von den 


b » Mı-13 » » ER: » » außen. oberen Prämolaren ist P4 verhältnismäßig größer als 

bei deperdita, an P 3 fehlt die bei der letzteren Spezies 
vorkommende Einschnürung des Innenmondes. Die Rippen und Falten an der Außenwand der oberen 
Prämolaren und Molaren sind viel undeutlicher als bei deperdita. 


Dimensionen: 


Breite der Stirn vor der Basis der Hörner = 63 ? mm; Breite des Schädels dicht hinter den Hörnern — 56 anm. 

Abstand der beiden Hörner voneinander vorn — 20 mm; hinten — 30 mım; an der Innenseite derselben gemessen. 

Länge der Hörner = 125? mm; Längsdurchmesser des Hornes an der Basis = 30 mm; Querdurchmesser 
— 2A mm. 


[47] Die fossilen Cavicornia von Samos. 67 


Länge der oberen Zahnreihe — 55 mm; Länge der oberen P — 23 mm; Länge der oberen M — 32 mn. 
Oberer B> Fänge — 85 mm; Breite — 7 mm; Höhe — 6 mm; 
a SE a 
> An = >; » = 83»; >» = 7 DE) 
» Mı » = & Dr » = Mr Da ei 8 
> M2 » — 05 Syn, » a Bu: » = ng 
LEE — 12 u 3 el > » =I0 
Länge der unteren Zahnreihe — 56 mm; Länge der unteren P — 19:3 mn; Länge der unteren M — 36 mın. 
Unterer P2 Länge = 42 mm; Breite = 35 mm; Höhe = 4:5 mm; sehr frisch. 
> 2% > =7 >? =38 nn; » = 63 »; 
Se Ze De 3855 =4s 55 75 ; 
Ser an =iß Se: =55 » — u 5 
M2 oo =I1I SB; = 6:5 0 
3 Le —=15 8 —6 Dane te) 
Höhe des Unterkiefers vor ?2 = II mm; hinter M3 = 24 mm. 


Extremitätenknochen, welche in ihrem Erhaltungszustande mit den erwähnten Hörnern über- 
einstimmen und ihrer Größe nach zu dieser Spezies gehören dürften, sind nur spärlich vertreten, nämlich 
durch ein Metacarpus-Oberende, durch je eine Diaphyse von Tibia und Metatarsus und durch zwei Pha- 
langen. Sie haben ungefähr die nämlichen Dimensionen wie bei Gazella brevicornis. Bei ihrer schlechten 
Erhaltung verlohnt es sich nicht, auf eine genauere Beschreibung einzugehen. 

Die Unterschiede, welche diese Gazelle aus Samos gegenüber Gazella deperdita zeigt, erweisen 
sich als Fortschritte in der Richtung gegen die lebenden Gazellen. Sie bestehen in größerer Spezialisierung; 
— Verlängerung, Krümmung und Zusammendrückung — der Hornzapfen, in Reduktion der Prämolaren, 
in Verlust der Basalpfeiler und in Hypselodontie der Molaren sowie in Komplikation des dritten Lobus am 
unteren letzten Molaren. 

In mancher Hinsicht schließt sich Gazella Gaudryi an die Gazellenarten der chinesischen 
Hipparionenfauna enger an, als an die europäische deperdita, denn auch diese sind entschieden vorge- 
schrittener und zeichnen sich ebenfalls zum Teile durch Verkürzung der Prämolaren und durch einen be- 
deutenden Grad von Hypselodontie der Molaren aus. Eine der chinesischen Formen, Gazella dorcadoides!), 
ist jedoch in der Vereinfachung der Prämolaren noch etwas zurückgeblieben, auch haben ihre wohl noch 
ziemlich kurzen Hörner kreisrunden Querschnitt bewahrt. Gazella dorcadoides ist aller Wahrscheinlichkeit 
nach der Stammvater von Gazella dorcas. Die andere Art, Gazella palaeosinensis?), übertrifft die Gazellen 
von Samos schon durch ihre Körpergröße, ihre Prämolaren sind dagegen noch ursprünglicher. Sie ist wahr- 
scheinlich der Stammvater von Gazella gutturosa und subgutturosa in der Mongolei sowie der indischen Gazella 
Bennetti, sofern der Ursprung dieser letzteren Art nicht schon weiter zurückreicht und in einer nicht näher 
bezeichneten Art aus den Siwalik?) gesucht werden muß. Die zweite siwalische Gazellenart, Gazella 
porrecticornist) erinnert durch ihre ansehnliche Größe bereits an die heutzutage in Ostafrika lebende Gazella 
Granti. Von beiden indischen Arten kennt man leider nur Teile der Stirnregion mit den Hornzapfen, jedoch 
geht aus der Beschaffenheit dieser letzteren doch soviel hervor, daf diese beiden Arten mit den Gazellen 
aus Samos nicht näher verwandt sein können. 

Was die Gazellenreste von Maragha betrifft, so verteilen sie sich auf zwei Arten, von denen die 
eine in der Form der Hörner durchaus mit der Gazella deperdita von Pikermi, aber nicht mit jener von 
Mont Leberon übereinstimmen soll, während die andere von Rodler und Weithofer als neue Art, Gazella 
capricornis?), beschrieben wird. Diese letztere steht der Gazella Gaudryi von Samos insofern näher, als 


1) Schlosser: Die fossilen Säugetiere Chinas. Abhandl. d. II. Klasse der kgl. bayr. Akad. d. Wissensch., 
XXII. Bd., I. Abt., 1903, pag. 129, Taf. XI, Fig. I, 2, 6—8. 

2) Ibidem: pag. 132, Taf. XI, Fig. 9, 12, 15, 17 und aff. Palaeosinensis pag. 134, Taf. XI, Fig. 10, 13. 

3) Gazella sp. Lydekker: Siwalik Mammalia. Supplement I, Palaeontologia Indica, Ser. X, Vol. IV, 1856, 
pag. 12, pl. IV, Fig. 6. 

*) Ibidem: Pag. 11, Textfig. 

5) Die Wiederkäuer von Maragha: Denkschriften der kais. Akad. d. Wissensch., Wien. Math.-naturw. 
Klasse, Bd. LVII, Abt. II. 1890, pag. 767 (15), Taf. V, Fig. 1. - 

9* 


68 Max Schlosser. [48] 


die Hörner ebenfalls elliptischen Querschnitt besitzen. Sie drehen sich jedoch mit den Spitzen mehr aus- 
wärts, Wir dürfen wohl kein Bedenken tragen, Gazella Gaudryi und Gazella capricornis direkt auf ein 
und dieselbe Stammform zurückzuführen. 

Ich bin sehr geneigt, die neue Gazellenart für den Ahnen der heutzutage in Ostafrika lebenden 
Gazella Thompsoni zu halten, die sich nur durch ihre größeren Dimensionen und die stärker komprimierten 


Hörner hiervon unterscheidet. 
Gazella sp. 


Taf. VII (V), Fig. 7. Taf. XIII (X), Fig. 5, 6,8, 9. 

Ich führe hier eine Anzahl Unterkiefer an, welche zwar im Detail des Zahnbaues so gut wie voll- 
ständig mit jenen von Gazella Gaudryi übereinstimmen, aber doch schon etwas zu groß sind, als daß sie 
noch zu dieser Art gerechnet werden dürften. Sie stammen aus den graubraunen tuffigen Tonen und 
zeichnen sich wie die der genannten Spezies durch ihre graugrüne Färbung aus. Aus den braungelben 
Tonen liegt ein linker unterer M 3, ein rechter oberer M3 und ein Unterkieferfragment mit P4 und Mı vor sowie 
ein im ganzen wohlerhaltener Schädel mit den beiden Hornzapfen. Leider sind an diesem sonst so treff- 
lichen Stück die beiden oberen Zahnreihen sowie das Hinterhaupt weggebrochen.. Hierher gehören auch 
eine Anzahl leider stark beschädigter Extremitätenknochen. 

Schädel: An demselben ist das ganze Schädeldach von dem Hinterende der Scheitelbeine bis zum 
Vorderende der Oberkiefer und der vorderen Hälfte der Nasenbeine erhalten, dagegen sind die Zahnreihen, die Joch- 
bogen, das Hinterhaupt und die Basis des Craniums verloren gegangen. Die Profillinie steigt von der Mitte der 
Nasenbeine bis zwischen die Basis der Hörner nur unmerklich, von da aber bis nahe an die Scheitelstirnbeinnaht 
etwas rascher an. Die Scheitelregion ist noch wenig, die Hinterhauptregion aber ziemlich stark geneigt. Die vorn 
sehr breiten Nasenbeine verschmälern sich im letzten Drittel sehr rasch. Sie ragen weit in die Stirnregion hinein. Die 
Stirn ist fast vollkommen eben, aber zwischen den Hörnern und dem Oberrand der Augenhöhlen tief ein- 
gesenkt und weist in ziemlichem Abstand von den Hörnern enge Supraorbitalforamina auf, von denen aus 
je ein tiefer Sulcus schräg gegen die Tränengrube zu verläuft. Die Stirnscheitelbeinnaht steht genau senk- 
recht zur Längsachse des Schädels und ist im Gegensatz zur Stirnbeinnaht nur wenig verdickt. Dafür be- 
findet sich aber auf den Scheitelbeinen selbst ein dicker V-förmiger Wulst, dessen Spitze nach hinten ge- 
richtet ist, Sehr bemerkenswert ist die starke Entwicklung der Ethmoidallücken und der Tränengruben. 
Die Augenhöhlen liegen nur zur Hälfte unter der Basis der Hörner. Diese letzteren sind vom Oberrande 
der Augenhöhlen durch einen langen Zwischenraum getrennt. Sie haben langelliptischen Querschnitt und 
biegen sich schon von der Basis an ziemlich stark aber gleichmäfsig nach rückwärts, aber nur wenig nach 
außen. Ihre zahlreichen Längsfurchen haben sehr ungleiche Länge und Breite. Keine von ihnen reicht 
von der Basis bis zur Spitze, wie dies bei G. Gaudryi der Fall ist, bei welcher auch die Hornscheiden 
fast bis an den Oberrand der Augenhöhlen gereicht haben und die Hornzapfen viel stärker divergieren. 


Dimensionen des Schädels: 


Länge von der Spitze der Nasenbeine bis zum Oberrand des Foramen magnum — 160? mm. 

Breite an der Spitze der Nasenbeine — 28? mm, am Oberrand der Tränengrube — 45 mm. 

Breite vor der Basis der Hörner — 59 mm, hinter der Basis der Hörner —= 57 mm. 

Länge der Hörner —= 140? mm, Längsdurchmesser an der Basis — 33 mm, Querdurchmesser an der Basis — 22 mm. 
Abstand der beiden Hörner voneinander an der Basis, vorn = I4 mm, hinten — 26 mm. 


Da wie schon bemerkt, die Zähne nicht verschieden sind von denen der vorigen Art, so kann ich 


mich auf die Angabe der Dimensionen der Zähne und des Kiefers beschränken. 
Höhe des Unterkiefers vor P2 = I3 mm, hinter M3 — 26 mm. 


Länge der unteren Zahnreihe = 58 mm, Länge der drei P = 21 mm, Länge der unteren M — 38 mm. 
P3 Länge = 75mm; Breite=4 mm; Höhe = 6 mm; 

Ba 2. 0= Bam ga =) Big tn, Gen; 

IT» = ii = >» m ed »s Almen inegeing 

Vo —- m» ee) De: 

M3 » —= I15'5 a » =72 >»); » —M: Se: 


Oberer M2 Länge — I4'5 mm; Breite = 12:3 mm; Höhe = 12 mm; ziemlich alt. 


. 


Die fossilen Cavicornia von Samos. 69 


[49] 


Die Extremitätenknochen sind durchgehends etwas kleiner als bei Gazella brevicornis von 
Pikermi. Leider ist kein einziger Röhrenknochen seiner ganzen Länge nach vorhanden, sondern meistens 
nur die proximalen und distalen Enden und selbst diese sind so stark verdrückt, daß die Ablesung von 
Mafszahlen doch nur in wenigen Fällen möglich wird. Es liegen vor: Zwei Humerus-, ein Radius-, drei 
Metacarpus-, vier Femur-, vier Tivia- und drei Metatarsusbruchstücke sowie neun Hand- und sechs Fuß- 
wurzelknochen nebst sechs Phalangen. Besonderes Interesse verdient ein Metacarpusoberende, denn an dem- 
selben befindet sich, allerdings etwas auf die Seite geschoben, ein dünnes Griffelbein, das Rudiment der 
fünften Zehe beziehungsweise des Metacarpale V. Die Anwesenheit von Griffelbeinen bei dieser Gazelle 
darf uns jedoch keineswegs überraschen, denn solche Griffelbeine kommen sogar noch heutzutage bei 
Gazella dorcas vor, wenigstens finde ich sie an allen drei Skeletten der Münchener osteologischen Samm- 


lung. Sie beginnen unmittelbar unter dem Carpus — eine direkte Artikulation mit diesem oder mit dem 
Canon kann ich allerdings nicht beobachten — und reichen bis zum letzten Viertel desselben hinab, wo 
sie angewachsen sind. 

Humerus: Breite der Trochlea = 18:5 mm; Höhe derselben = I5 mm; 

Metacarpus: Breite des proximalen Endes — 195 mm; 


Astragalus: Höhe —= 26 mm; Breite — 155 mm; 
proximale Phalangen: Länge = 32 mm; Breite 6 mm in der Mitte. 
Die Ähnlichkeit des Schädels und der Hörner mit jenen von Gazella deperdita ist ziemlich gering, 


schon der Verlauf der Profillinie weicht ziemlich ab, die Stirn steigt viel weniger an, die Ethmoidallücken 


sind größer und die Tränengruben tiefer und ausgedehnter. Auf die Verschiedenheit der Hörner habe ich 


schon früher aufmerksam gemacht. Von den fossilen Gazellenarten steht G. porrecticornis!) infolge der 
Vertiefung der Stirn und der Weite der Supraorbitallöcher etwas näher. Gazella capricornis?) scheint 
ähnlich zu sein in der Beschaffenheit der Stirnregion und der Form der Hörner. 

Unter den Gazellen der Gegenwart stehen die in Ostafrika lebenden G. Granti und Thompsoni 
auffallend nahe. Ich habe zwar früher den Ursprung dieser Arten in einer chinesischen Form, in G. alti- 
dens?) gesucht, allein jetzt bei Untersuchung der von mir damals geflissentlich ignorierten Antilopen von 
Samos finde ich viel größere Ähnlichkeit zwischen jenen ostafrikanischen Arten und den Gazellen von 
Samos. G. Thompsoni unterscheidet sich von der größeren, Gazella sp., nur durch die steiler gestellten 
Hörner und durch ihre ansehnlichen Dimensionen. 

Gazella Granti übertrifft freilich in ihren Dimensionen die vorliegende Art um das Doppelte, sie steht 
ihr aber in der Form des Schädels und der Hörner um so näher. Die Größe ihrer Supraorbitalforamina würde 
auch kaum gegen einen direkten genetischen Zusammenhang zwischen der fossilen und der lebenden Art 
sprechen. Aber auch Gazella Thompsoni könnte ebenso gut von ihr wie von Gazella Gaudryi abstammen. 

Wir finden also bereits in der Hipparionenfauna die Anfänge aller wichtigen Gazellentypen, 
nicht minder interessant ist auch die Verbreitung der fossilen und der von ihnen abstammenden lebenden 


Formen. Ihr Zusammenhang ist folgender: 


G. Gaudryi Samos G. Thompsoni Ostafrika. 

GE ep: » G. Granti 

G. sp. Siwalik ER G. Bennetti Indien. 

G. dorcadoidest) Chnra . . . . . G. dorcas Arabien, Syrien, Nordafrika. 
G. palaeosinensis®) China . . . . G. gutturosa, subgutturosa Mongolei etc. 


') Lydekker: Siwalik Mammalia Supplement I. Palaeontologia Indica, Ser. X, Vol. IV, 1886, pag. II, Textfig. 

2) Rodler und Weithofer: Wiederkäuer von Maragha. Denkschrift. d. Kais. Akad. d. Wissensch., Wien. 
Math.-naturw. Kl., Bd. LVII, 1890, pag. 767 (15), Taf. IV, Fik. 1. 

9) Schlosser: Die fossilen Säugetiere Chinas. Abhandl. d. II. Klasse d. Kgl. bayr. Akad. der Wissensch., 
XXII. Bd., I. Abt., 1903, pag. 136. G. altidens, pag. 13I, Taf. XI, Fig. 3—5. 

#) Schlosser: ]. c. pag. 129, Taf. XI, Fig. I, 2, 6—8. 

5) Ibidem: pag. 132, Taf. XI, Fig. 9, 12, 15, 17 und af. palaeosinensis pag. 134, Taf. XI, Fig. 10, 13. Beide 
Formen könnten außerdem auch vielleicht zu Pantholops in Tibet und zu Colus — Saiga tatarica — hinüberleiten, 
wobei allerdings noch mehrere Zwischenglieder angenommen werden müfsten, 


70 Max Schlosser. [50] 


Dagegen suchen wir aller Wahrscheinlichkeit nach vergebens in der heutigen Tierwelt nach dem 
Abkömmling von Gazella deperdita. Auch im jüngeren Pliocän gibt es kaum eine Gazellenart, welche 
von ihr abstammen könnte, denn Gazella borbonica!) aus der Auvergne und aus Roussillon hat viel stärker 
komprimierte und noch dazu mehr vertikal stehende Hörner und Gazella anglica?) Newton aus dem Crag von 
Norwich hat verhältnismäßig kurze, wenig gebogene Hörner von fast kreisrundem Querschnitt und verhält 
sich somit sogar ursprünglicher als deperdita. Die Abstammung dieser beiden Arten ist daher noch nicht 
genauer ermittelt. Für G. borbonica könnte eher eine der beiden Gazellen von Samos als Vorläufer in Be- 
tracht kommen. Von Gazella atlantica Thomas?) aus dem Pliocän von Algier liegt nur ein Hornzapfen 
und ein oberer Molar vor. Da die betreffenden Ablagerungen von anderen Autoren für Pleistocän angesprochen 
werden, und Thomas selbst die große Ähnlichkeit mit Gazella dorcas erwähnt, so wird es sich entweder 
um diese selbst oder um deren direkten Ahnen handeln. 

Wenn wir obige Gegenüberstellung der fossilen und rezenten Gazellenarten näher betrachten, so 
sehen wir deutlich ein Vorrücken nach Süden und Westen, wobei die am wenigsten modernisierten, Gazella 
brevicornis und deperdita, ganz vom heutigen Verbreitungsbezirk der Gazellen verdrängt wurden und in- 
folge des zu Anfang des Pleistocän eintretenden Klimawechsels und ihrer geringen Anpassungsfähigkeit 
gänzlich zu Grunde gingen. Hingegen sind Gazella Gaudryi und sp., die Vorfahren von Gazella Granti 
und Thompsoni, welche heutzutage am weitesten südlich von allen Gazellen leben, in Ostafrika, auch schon 
im Unterpliocän am weitesten nach Südwesten vorgedrungen, während der Ahne der jetzt am weitesten 
westlich, aber keineswegs sehr weit südlich lebenden Gazella dorcas, nämlich Gazella dorcadoides in Schansi 
und Sztschwan sich noch sehr wenig von dem scheinbaren Entstehungszentrum dieser Gruppen entfernt hat 
und Gazella Bennetti und gutturosa sowie subgutiurosa schon im Unterpliocän im wesentlichen ihre 
heutigen Wohnsitze inne hatten. 

Dieses Ausstrahlen nach Westen und Süden, von Ostasien her, erklärt sich sehr einfach daraus, daß der 
Gazellenstamm von Osten oder richtiger wohl von Nordosten her in die Alte Welt eingewandert ist, 
nämlich aus Nordamerika. Hier, imnOreodonbed von Montana und Nebrasca, kommt eine Gattung Hy- 
bisodus*) vor, deren Schädel und Gebiß bereits große Ähnlichkeit aufweist mit den entsprechenden Skelett- 
teilen der Gazellen. Man hielt diese » Hypertraguliden« bisher für eine gänzlich ausgestorbene Gruppe. 
Es ist mir aber viel wahrscheinlicher, daß diese eigentümlichen Paarhufer die Stammeltern der Gazellen 
und wohl auch der Cephalophinen und Neotraginen darstellen und zusammen mit den echten Caniden und 
den Tylopoden und der Gattung Lepus gegen Ende des Miocäns in die Alte Welt gelangt sind, und zwar 
zuerst in das heutige China. 

Man ist freilich gewöhnt, die Gazellen als sehr moderne Formen anzusehen, jedoch sehr mit 
Unrecht. Die geringe Knickung des Schädeldaches, die geringe Körpergröße, die wenig spezialisierten Hörner, 
vor allem aber die Anwesenheit von sehr langen Griffelbeinen — bei Gazella dorcas — und an den Meta- 
carpuscanon aus Samos, die Rudimente der zweiten und fünften Zehe der Vorderextremität, sprechen viel- 
mehr dafür, daß wir es mit verhältnismäßig primitiven Formen zu tun haben, deren Fortschritte eigentlich 
ganz auf die starke Hypselodontie der Molaren beschränkt sind. Aber selbst diese Organisation scheint das 
Gros der Gazellen schon früherer langt zu haben als die übrigen Cavicornier, denn bereits im Oreodon- 
bed hat ein Vertreter der Hypertraguliden, die Gattung Aypisodus, einen so bedeutenden Grad von Hyp- 
selodontie erreicht, wie wir ihn erst im Unterpliocän bei der Mehrzahl der Caviconier wiederfinden. 

Als primitives Merkmal könnte die Hornlosigkeit der Weibchen von gewissen Gazellenarten auf- 
gefaßt werden. Es wäre aber auch nicht unmöglich, daß hier eine Spezialisierung, eine Reduktion der Hörner, 
vorläge, also ein Analogon zu den hornlosen Rinder- und Ziegenrassen. 


ı) Dep&ret: Ruminants pliocenes et quaternaires d’Auvergne. Bulletin de la societe geologique de France, 
Tome XII, 1883/84, pag. 251, pl. VIII, Fig. I, 2. 

2) The Quarterly Journal of the Geological Society of London. 1884, pag. 280, pl. XIV. 

3) Recherches sur quelques formations d’eau douce de l’Algerie. Me&moires de la Societe geologique de 
France. Tome III, Ser. Il, 1884/85, pag. 17, pl. VII, Fig. 8, 9 

‘) Matthew W. D.: The Skull of Aypisodus, the smallest of the Artiodactyla. Bulletin of the American 
Museum of Natural History. New-York 1902, pag. 3II—316. 


[51] Die fossilen Cavicornia von Samos. 71 


Auf keinen Fall bestehen nähere verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Gazellen und den 
übrigen Antilopen mit Ausnahme etwa der Cephalophinen und Neotraginen, dagegen haben die Ovinen 
und Caprinen höchstwahrscheinlich den Ursprung mit den Gazellen gemein, wenn auch sicher ihre Tren- 


nung schon vor dem Pliocän erfolgt sein muß. 


Ovinae. 
Oioceros Gaillard. 


Aus Pikermi haben schon Wagner und Gaudry einen Ovinen beschrieben, aber irrigerweise mit 
der lebenden Gattung Anzidorcas, einem Antilopinen in Beziehung gebracht. Ein zweiter Ovine fand 
sich später in Maragha, aber auch dieser wurde ebenfalls zur Gattung Anzidorcas gestellt. Erst kürzlich hat 
nun Gaillard!) gezeigt, daß sich sowohl bei Antidorcas Kothi?) von Pikermi, als auch bei Antidorcas 
Atropatenes?) die Hornspirale in der entgegengesetzten Richtung dreht, so daß die Spitze des linken Hornes 
nach rechts und die des rechten nach links schaut, wie dies bei den Schafen der Fall ist, während bei 
den Antilopen die Drehung stets eine gleichsinnige ist, so daß also das linke Horn mit der Spitze nach 
links und das rechte nach rechts gerichtet ist. 

Ob dieses Merkmal in allen Fällen zutreffend bleibt, wage ich nicht zu entscheiden, an dem mir 
vorliegenden Orginal zu Wagners Antilope Rothii, das übrigens viel vollständiger erhalten ist als das 
Gaudrysche, finde ich indessen noch ein weiteres Merkmal, welches ebenfalls für die Zugehörigkeit zu 
den Ovinen sprechen würde, nämlich die weit vorspringenden Subraorbitalränder, wovon freilich die Wag- 
nersche Abbildung keine Spur erkennen läßt. Allerdings gibt es auch Antilopen, z.B. Gazella subgut- 
Zurosa, bei welchen dieses Vortreten der Supraorbitalbänder kaum wesentlich schwächer sein dürfte als 
bei den Ovinen. 

Der erste Autor, welcher aus einer Hipparionenfauna Ovinen anführt — natürlich sehe ich hier- 
bei ab von Capra sivalensis und perimensis sowie von Bucapra Daviesi aus dem indischen Tertiär — ist 
Forsyth Major, wenigstens schreibt er in der Liste der auf Samos vorkommenden Arten: Fam. Ovrdes (2) 
Criotherium argalioides Maj. Capra?*). Criotherium freilich hat mit den Ovinen, wie ich gezeigt habe, 
nicht das Mindeste zu tun und über die vermeintliche Capra kann ich mir kein Urteil erlauben, vielleicht 
handelt es sich um ein ähnliches Objekt, wie jene, welche ich im folgenden zu besprechen habe, 

Unter dem von mir untersuchten Material von Samos befindet sich nun ein hornloser Schädel mit 
beiden oberen Zahnreihen, welcher alle Merkmale eines weiblichen Ovinen-Schädeis in mehr oder weniger deut- 
licher Weise zur Schau trägt und sich eigentlich nur durch sein sehr viel primitiveres Gebiß von der Gattung 
Ovis unterscheidet. An und für sich würde also dieses Stück die Aufstellung eines besonderen Genus recht- 
fertigen. Da aber in Pikermi und in Maragha bereits eine Ovinen-Gattung nachgewiesen wurde, so ist es nicht 
unwahrscheinlich, daß zu dieser auch der Schädel aus Samos gehören könnte. Allein die von Pikermi und Ma- 
ragha beschriebene Gattung Oioceros basiert auf Merkmalen, die hier nicht nachgewiesen werden können, nämlich 
auf der Beschaffenheit der Hornzapfen. Es wird daher notwendig, daß wir uns noch um andere Merkmale 
der Gattung Oroceros umsehen, namentlich kommt hierbei die Beschaffenheit der Zähne in Betracht, die 
bisher freilich noch nicht beschrieben worden sind. 

Unter dem Material von Pikermi, welches die Münchener paläontologische Sammlung besitzt, finde 
ich nun in der Tat einen Oberkiefer und zwei Fragmente von solchen, nebst zwei Unterkiefern, deren Zähne 
für Gazella deperdita zu groß und für Palaeoreas Lindermayeri viel zu klein sind und von denen über- 
dies die oberen Prämolaren einen ganz eigentümlichen Typus aufweisen. Sie könnten demnach zu Oio- 
ceros alias (Antidorcas) Rothüi gehören, allein es wäre auch nicht ausgeschlossen, daß wir hier die Zähne 


!) Le Belier de Mendes: Bulletin de la Societ€ d’Anthropologie de Lyon, I9oI, pag. 23, Fig. 8. 

?2) Animaux fossiles de l’Attique, pag. 297, pl. LII, Fig. 2. Die Abbildung bei Wagner, der das im Münchener 
Museum befindliche Stück als Antilope Rothii bezeichnet hat, ist so mangelhaft, daß ich es für überflüssig halte, sie 
zu zitieren. 

®) Rodler und Weithofer: Die Wiederkäuer von Maragha. Denkschrift. der kais. Akad. d. Wissenschaften 
math. naturw. Kl., Bd. LVII, 1890, pag. 15 (767), Taf. IV, Fig. 8, Taf. VI, Fig. 3—5. 

*%) Le gisement ossifere de Mitylini. Lausanne 1892, pag. 4. 


72 Max Schlosser. [52] 


z 


von Helicophora rotundicornis Weithofer!) vor uns haben, welche ebenfalls bis jetzt noch nicht bekannt sind. 
Diese letztere Form wird von diesem Autor zu den Gazellen gerechnet, was auch nach der Beschatfen- 
heit der Stirnbeine nicht ganz unbegründet ist. 

Bei genauer Betrachtung dieser Zähne sehen wir nun, dafß auch hier wieder zweierlei Typen vor- 
liegen. Für den ersteren finde ich folgende Merk- 
male: Unterer P4 mit weit zurückstehendem Innen- 


höcker, mit vorderer und hinterer Kulisse und großem 


zweiten Außenhöcker, Deuteroconid, vom ersten 
scharf abgesetzt; untere Molaren vorn mit kräftiger 
Außen- und Innenfalte, mit schwacher hinterer Innen- 
falte und hohem, aber dünnem Basalpfeiler; unterer 


M3 mit dickem, gerundet dreieckigem dritten Lobus. 
Obere P in die Länge gezogen, ohne Einbuchtung 
des Innenmondes, P3 von oblongem und selbst P4 


von undeutlich viereckigem Querschnitt, obere M 
länger als breit, mit plattgedrücktem zweiten Innen- 


d 


mond und, mit Ausnahme des M3, mit kräftigem 


Fig. 2. ; ; 

Helicophora rotundicornis Weith. von Pikermi. Basalpfeiler versehen. Aufenwand mit nicht sehr 

a obere P3'4 von unten; c untere P4—M3 von oben; starken Falten und schwachen Rippen versehen, die 
I a » » d » > » außen. 


an P3 sehr schräg stehen. Marken der oberen P 
und M kurz. Alle Zähne ziemlich brachyodont, P2 
in beiden Kiefern sehr lang. Hierher gehören die beiden linken Oberkieferfragmente, ein linker Unterkiefer 
und ein linker unterer M3. 

Der zweite Typus, allerdings nur durch einen rechten Unterkiefer mit stark abgekauten Molaren 
und den Alveolen der Prämolaren sowie durch einen linken 
Oberkiefer mit P2—M2 vertreten, läßt sich charakterisieren: 


unterer P2 etwas verkürzt, bloß unterer Mı mit Basalpfeiler 


versehen, unterer M3 mit langgestrecktem, schmalem, dreieckigem 

Oioceros Roth? Wagn. sp. von Pikermi. 
Fig. 3, Obere P2—-M1I von unten, 

Die Unterkieferzähne sind zu stark abgekaut, x 2 - 2 

um abgebildet werden zu können. kräftiger als deren Aufsenfalten und fast vertikal ansteigend. 


dritten Lobus, obere ? fast sämtlich von gleicher Länge und 
sämtlich mit eingebuchtetem Innenmond; Rippen der P2 und P3 


Marken aller oberen M und P sehr tief, an den P relativ kurz, 
Obere M nicht viel länger als breit und sämtlich ohne Basalpfeiler. Zähne schwach hypselodont. 

Der erstere Typus schließt sich entschieden enger an die Gazellen an, obwohl er noch manche 
primitive Merkmale bewahrt hat; ich bin daher geneigt, diese Zähne zu Helicophora rotundicornis 
zu stellen. 

Der zweite Typus ist im ganzen sehr indifferent, aber die Form des dritten Lobus am unteren 
M3 und die Einbuchtung der Innenmonde der oberen P sowie die Beschaffenheit ihrer Außenrippen und 
Falten würden keineswegs gegen die Verwandtschaft mit Ovinen sprechen. Ich bin daher fast versucht, 
diese Zähne dem Oioceros Rothii zuzuschreiben. Für die Deutung als, freilich noch sehr primitive, Ovinen- 
Zähne würde auch der Umstand sprechen, daß die oberen P und M denen des neuen Ovinen-Schädels aus 
Samos ziemlich ähnlich sind, wenn auch bei diesem die oberen P relativ etwas breiter sind und der Innen- 
mond auch nur an P2, nicht aber auch an P3 und 4 eingebuchtet erscheint. Selbst wenn jedoch dieser Unter- 
schied genügend wäre, um die generische Verschiedenheit des neuen Schädels aus Samos und der Oioceros- 
Kiefer aus Pikermi sicherzustellen, möchte ich eine so scharfe Trennung doch wenigstens so lange unter- 
lassen, als nicht auch von dem Ovinen aus Samos die Hörner bekannt sind. Ich darf allerdings nicht 


1) Beiträge zur Kenntnis der Fauna von Pikermi. Beiträge zur Paläont. Österr.-Ung. und des Orients. Bd. VI, 
1888, pag. 64 (288), Taf. XVIII, Fig. I—4, ursprünglich als Zelicoceras rotundicorne beschrieben, aber auch schon von 
Gaudry, Animaux fossiles de l’Attique. pl. LII, Fig. 5, abgebildet. 


[53] Die fossilen Cavicornia von Samos. 7 


os 


vergessen zu bemerken, dafs der allenfalls zu Oioceros Rothii gehörige Unterkiefer aus Pikermi sich durch 
die starke Reduktion seiner Prämolaren sehr wesentlich von jenen aus Samos unterscheidet, welche ich 
jener Spezies zuschreiben möchte, von welcher auch der im folgenden zu besprechende Schädel stammt. 


Oioceros? proaries n. sp. 
Taf. X11I (X), Fig. 7, I0—13. 

Außer dem soeben erwähnten Schädel stelle ich zu dieser Art einen linken Unterkiefer mit P2 bis 
M2, ein Fragment eines linken mit Mi—M3 und ein Fragment eines rechten Unterkiefers mit Mı und Ma 
nebst einem stark abgekauten rechten unteren M3 sowie ein Fragment eines rechten Oberkiefers mit 
P3—Mı1. Alle diese Kieferstücke stammen aus den gelblichbraunen Tonen und die Knochen haben weiß- 
liche Farbe und kreideartige Konsistenz. Der Schädel wurde hingegen in den graubraunen Tonen gefunden 
und zeichnet sich wie alle Knochen aus diesen Lagen durch seine Festigkeit und grünlichweiße Farbe aus. 
Sämtliche Stücke wurden von Herrn Th. Stützel gesammelt. 

Schädel: Daß wir es mit einem echten Ovinen zu tun haben, zeigt die Schmalheit und Länge 
der Schnauze und der Nasenbeine, die geringe Breite und die Seichtheit der Tränengrube, die Weite der 
Augenhöhlen und die röhrenartige Verlängerung der Orbitalränder, das sanfte, nahezu gleichmäßige An- 
steigen der Profillinie bis zum höchsten Punkte der Stirnbeine, die geringe Wölbung der Stirn, die starke 
Neigung der Scheitelbeine, die Kleinheit der Hinterhauptfläche und der Verlauf der Nähte zwischen den 
Stirn- und Scheitelbeinen und der Hinterhauptschuppe; die erste Naht bildet auch hier, wie bei Ovis, nach 
vorn zu einen allerdings sehr stumpfen Winkel, die letztere verläuft ganz geradlinig. Auch die Art der 
Verzackung dieser Suturen ist genau die nämliche wie bei Ovis. Der Vorderrand der Augenhöhle liegt 
oberhalb der Mitte des letzten Molaren. In allen diesen Stücken herrscht eine fast minutiöse Überein- 
stimmung mit einem mir vorliegenden Schädel eines weiblichen Hausschafes, Unterschiede bestehen nur 
insofern, als die Nasenbeine viel weiter nach vorn reichen — sie ragen etwa noch 20 nm über den 
vordersten Prämolaren hinaus —, die Nase selbst ist höher und länger und kann daher keine »Ramsnase« 
gewesen sein, ferner liest der höchste Punkt der Stirn nur unmerklich höher als die Supraorbitalränder, 
auch sind deutliche, wenn auch schmale Ethmoidallücken vorhanden, etwa wie bei Capra nubiana, das 
Merkwürdigste ist jedoch die viel steilere Lage des Basioceipitale, welches hier mit dem Basisphenoid in 
einer Ebene liegt, während es bei Ovis mit diesem einen, zwar sehr stumpfen, aber doch recht deutlichen 
Winkel bildet. Auch in dieser Beziehung besteht also mehr Ähnlichkeit mit Capra, noch mehr aber 
mit Cervus elaphus, nur daß bei diesem die Schädelbasis gegenüber dem Gaumen eine viel geringere 
Neigung aufweist. Der Umstand, daß das Infraorbitalforamen etwas weiter vorn liegt als bei Ovis, er- 
klärt sich dadurch, daß die Prämolaren noch keine so starke Verkürzung: erfahren haben. Die Supraorbital- 
foramina befinden sich bereits an der nämlichen Stelle wie bei Ovis, nur sind sie noch nicht verdoppelt. 
Auch die Länge und Breite des Gaumens ist fast genau die gleiche wie beim Schaf. Über die Beschaffen- 
heit der Ohrregion gibt dieser Schädel zwar keine genaue Auskunft, etwaige Abweichungen gegenüber Ovzs 
können jedoch nur sehr gering gewesen sein, wenigstens glaube ich dies daraus schließen zu dürfen, dafß 
die Abstände zwischen dem Ansatz des Processus paroccipitalis, dem Processus zygomaticus und dem Basi- 
sphenoid im Verhältnis die nämlichen wie bei Ovis. Um so größer sind allerdings die Abweichungen in der 
Beschaffenheit der Zähne. 

Gebiß: Die oberen Prämolaren sind im Verhältnis zur Schädellänge noch ziemlich lang und 
schmal, an P2 und P3 steht die Außenrippe sehr dicht an der vorderen Randfalte und die Marke begann 
hier offenbar ursprünglich als Spalte am Vorderrand, in beiden Stücken ergibt sich also schon große 
Ähnlichkeit mit Ovis. Der Sporn in den Marken der Prämolaren ist ziemlich kräftig. An P2 läßt der 
Innenmond noch eine Einbuchtung erkennen, an P3 ist er fast vollkommen halbkreisförmig, an P4 aber 
deutlich kantig ausgebildet. Die oberen Molaren sind mit Ausnahme des M3, welcher hinten eine weit 
vorspringende Außenfalte besitzt, scheinbar breiter als lang, in Wirklichkeit aber sind beide Dimensionen 
fast vollkommen gleich. An frischen Zähnen springt der zweite Innenmond viel weniger weit vor als der 


erste. Beide sind noch sehr stark eckig ausgebildet. Ihre Innenenden verlaufen parallel bis zur Außenwand 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. To 


74 Max Schlosser. [54] 


und schließen eine lange, spaltförmige Schmelzinsel zwischen sich ein. Die Rippen und Falten der oberen 
P und M sind insgesamt zierlich entwickelt. Die unteren Prämolaren haben gleich den oberen noch ein 
sehr ursprüngliches Größenverhältnis, ihre Breite ist ziemlich gering im Verhältnis zu der der Molaren. 
P2 und P3 tragen an Stelle des Innenhöckers eine schräg nach hinten und unten verlaufende Kulisse, an 
P4 ist der Innenhöcker als hoher, neben dem Haupthöcker stehender Pfeiler entwickelt, der aber bald mit 
der hinteren Kulisse verwächst. Die Außenseite der P, namentlich des PA, zeigt eine breite Vertikalrinne, 
die an P4 auch ziemlich tief wird. Auch bei den unteren Molaren ist die Höhe ziemlich genau der Länge 
gleich, sie tragen jedoch im Gegensatz zu den oberen Molaren Basalpfeiler, nur an M3 scheint ein solcher 
stets zu fehlen. Dafür hat auch dieser Zahn eine Vorderaußenfalte. Sein dritter Lobus ist schmal und 
bildet von oben gesehen, ein nach innen offenes, sehr weites V. 


Dimensionen: 


Länge des Schädels von der Spitze der Nasenbeine bis zum Foramen magnum — 180 mm. 

Breite der Schnauze vor P2 = 36 mm; Breite des Schädels hinter M2 —= 100 mm; Breite des Schädels am 
Meatus auditorius = 63 ? mm. ; 

Höhe der Schnauze vor P2 = 36 mm; Höhe des Schädels hinter M2 = 56 mm; Höhe der Hinterhauptfläche 
— 45 mm. 

Breite der Nasenbeine vorn — I5 mm; hinten — 25 mm. 

» Stirn am Oberrande der Augenhöhlen = 86? mm; hinter denselben — 59 man. 

Längsdurchmesser der Augenhöhle — 43 mm; Querdurchmesser — 42 mm. 

Abstand des höchsten Punktes der Stirnbeine vom Hinterrand des Gaumens — 66 mm. 

Breite des Gaumens vor P2 —= 22 mm; hinter M3 — 34 mm. 

Länge der oberen Zahnreihe — 67 mm in der Mittellinie gemessen; Länge der oberen P = 28 mm; Länge 
der oberen M = 42 mm. 


Obsrer P2 Länge — 9 mm; Breite — 8 mm; Höhe = 5 mm; ziemlich frisch; | 
ee 0 19 mu Er or » a 
P4 Bug, Sr Bee TEE 3 De 2 Bu; 
le einge] Bu a ee ee 
Wa Sa eis: So ES Pie: re: > SR: 
» M3 yo =iß vs a eis >» » =) SR » » 
Höhe des Unterkiefers vor ?2 — IS mm; hinter M3 — 25 mm. 
Länge der unteren Zahnreihe — 67 mm; Länge der unteren P — 25 mm; Länge der unteren M — 42 mm. 
Unterer P2 Länge — 8 mm; Breite =—4 mm; Höhe = 7 mm; ziemlich jung; 
2 23 » 0 —= 83»; DE ro ner E38 > 2253 
pe > weite an Neo ee 
» Mı > — DIENST: a 5: I ESTEerretwaspälter:; 
» M'2 » — ml 2 mo —=$8 >89 » —= 1% ae » BI 
» M3 a Er va 55 yo =ild 58 » Sa: 


Extremitätenknochen: Möglicherweise gehören zwei Metacarpusknochen, drei mehr oder 
weniger vollständige Tarsus und ein Metatarsus hierher, die aber sämtlich sehr schlecht erhalten sind. Uns 
interessiert nur der Metacarpus, denn auch hier finden wir noch ein langes Griffelbein, das Rudiment einer 
Seitenzehe. 

Wie schon oben bemerkt wurde, sind die Zähne etwas verschieden von jenen, welche ich vor- 
läufig zu Oioceros Rothii gestellt habe und es ist daher nicht ausgeschlossen, daß sie und folglich auch 
der Schädel doch auf eine besondere Gattung bezogen werden müssen. Da auch sonst die Ähnlichkeit der 
Samosformen mit solchen von Maragha eher größer ist als mit solchen von Pikermi, so ist die Möglich- 
keit nicht ausgeschlossen, daß auch diese provisorisch zu Oioceros gestellte Art von Samos mit dem Oioceros 
von Maragha — O. Atropatenes — näher verwandt war als mit Öloceros Rothüi, wenn schon bei der ge- 
ringen Körpergröße dieser persischen Form wohl kaum an spezifische Identität zu denken ist. 

Die definitive Beantwortung dieser Frage müssen wir freilich einer späteren Zeit überlassen. Sie 
kann erst dann erfolgen, wenn einmal an allen drei Lokalitäten Schädel und Hörner mit Gebissen vereinigt 
zum Vorschein gekommen sein werden. Es kann sich dann dreierlei ergeben: 


[55] = Die fossilen Cavicornia von Samos. 75 


Entweder gehören die bisherigen Funde wirklich nur einer einzigen Gattung Oioceros an, welche 
aber dann mindestens drei besondere Spezies in sich schließt oder die Überreste aus Samos repräsentieren 
eine besondere Gattung, so daß der Genusname Oioceros auf die Pikermi- und Maragha-Arten zu be- 


schränken wäre oder wir haben es sogar mit drei besonderen Gattungen zu tun. 


Immerhin hat die zweite Möglichkeit wohl die größte Wahrscheinlichkeit für sich,- denn bei Oioceros 
KRothit ist die Stirn im Gegensatze zu jener der Samosform sehr tief eingesenkt und die Supraorbital- 
foramina liegen entschieden weiter oben; auch bestehen im Zahnbau einige Abweichungen, insofern die 
oberen Prämolaren etwas gestreckter sind, P4 eine Einbuchtung des Innenmondes “aufweist und der 


dritte untere Molar einen gerundeten, nach innen geschlossenen dritten Lobus besitzt. 


Wichtiger als die Lösung der eben gestellten Fragen erscheint mir jedoch die Tatsache, dafß bereits 
zur Hipparionenzeit mindestens eine Gattung von Ovinen gelebt hat. Für die Deutung dieser Überreste 
als solche von Ovinen spricht bis zu einem gewissen Grade auch die Seltenheit dieser Funde. Sie läßt 
sich sehr gut aus der Lebensweise dieser Tiere erklären, weil eben wohl auch schon damals wie in der 
Gegenwart die Wildschafe höchstens in kleinen Trupps beisammen waren, während die Gazellen und 
die meisten anderen Antilopen ‘auch schon zur Hipparionenzeit in größeren Rudeln gelebt haben. 


Auf die große Ähnlichkeit des Schädels des neuen Ovinen von Samos mit dem Schädel der re- 
zenten Gattung Ovis habe ich schon oben hingewiesen. Die Abweichungen beschränken sich auf die Länge 
der Nasenbeine, auf das Vorhandensein von Ethmoidallücken, auf die geringe Wölbung der Stirn und auf 
den ganz unmerklichen Übergang des Basioccipitale in das Basisphenoid, während bei Ovis diese beiden 
Teile der Schädelbasis unter einem, allerdings ziemlich stumpfen Winkel zusammenstoßen. Um so größer 
sind nun die Unterschiede im Gebiß. Vor allem fällt hier auf die geringe Höhe der Zahnkronen, namentlich 
der Molaren. Die Höhe ist vollkommen gleich der Länge, ferner die Breite der oberen Molaren und die 
primitive Beschaffenheit ihrer Innenmonde, nicht minder auch die relative Länge der Prämolaren, namentlich 
des P2. Weniger Gewicht möchte ich dagegen auf die Anwesenheit eines Basalpfeilers am unteren M ı 
und M2 legen sowie auf die pfeilerförmige Entwicklung des Innenhöckers am unteren P4, welcher bei 
Ovis fast in eine vollständige Innenwand umgewandelt erscheint. Im ganzen gleichen die Zähne viel eher 
solchen der gleichaltrigen Gattungen Protoryx, Pseudotragus, Tragoreas und selbst von Tragocerus und 
Palaeoryx als solchen von Ovis. Aber trotzdem läßt sich namentlich in der Bildung der Marken der oberen 
Prämolaren die Verwandtschaft mit Ovis doch schon erkennen, auch die Art und Stärke der Faltenbildung 
an den Oberkieferzähnen und an den unteren Molaren erinnert ganz an diese lebende Gattung. Wir haben 
es also zwar mit einer sehr primitiven Beschaffenheit des Gebisses zu tun, aber von fundamentalen Ver- 
schiedenheiten kann doch nicht im geringsten die Rede sein. Im Vergleich zu den gleichaltrigen Gliedern 
anderer Formenreihen, z. B. Protragelaphus und Strepsiceros, ist der morphologische Abstand im Gebisse 
von Oioceros und jenem von Ovis freilich ein ungeheurer, allein wir müssen berücksichtigen, daß die übrige 
Organisation der Gattung Ovis — von den Hörnern abgesehen — schon zur Hipparionenzeit bei der 
Gattung Oioceros vollständig erreicht war und daß also alle weiteren Umformungen sich lediglich auf das 
Gebiß und die Hörner zu erstrecken brauchten. Die hier erfolgte gewaltige Umänderung des Gebisses kann 
uns daher nicht allzusehr in Erstaunen setzen. 


Erwähnenswert scheint mir die Anwesenheit von Ethmoidallücken und der unmerkliche Übergang 
des Basisphenoid in das Basioccipitale, insofern der Schädel von Oioceros aus Samos hierin vollkommen 
mit dem von Capra übereinstimmt. Man könnte versucht sein, hieraus doch auf eine engere Verwandtschaft 
zwischen Ovis und Capra zu schließen, um so mehr, als das Gebif beider rezenten Gattungen so außer- 
ordentlich ähnlich ist, daß man nur ungern an bloße Konvergenz glauben möchte. Da jedoch Capra-Arten 
schon in der Siwalikfauna vorkommen, so müßte die Trennung in die Gattungen Capra und Ovis schon 
ziemlich früh im Pliocän, wenn auch vielleicht doch erst nach dem Unterpliocän erfolgt sein. Zeitlich könnte 
nun allenfalls die neue Form wirklich den Ausgangspunkt beider Gattungen abgeben. Allein dieser Annahme 
steht wieder die Beschaffenheit der Scheitelbein- und Hinterhauptsuturen hindernd im Wege, denn der 


Schädel von Samos stimmt in dieser Hinsicht absolut mit dem von Ovis überein, während Capra sich 
10* 


EG Max Schlosser. > [56] 


bezüglich der Form dieser Suturen gerade umgekehrt verhält, worauf namentlich Gaillard'!) hingewiesen 
hat, welcher die Gattung Capra von Tragocerus ableiten will, ohne dies jedoch näher zu begründen. 


Der Verlauf dieser Suturen ist nun allerdings bei Tragocerus dem von Capra recht ähnlich, allein 
der Zahnbau ist bei der ersteren Gattung; sogar noch viel primitiver als bei dem eben beschriebenen Ovinen- 
Schädel aus Samos, so daß also die Modernisierung des Gebisses noch rapider erfolgt sein müßte als in 
der Reihe Oioceros — Ovis. Auch die Beschaffenheit der Schneidezähne — primitiv —, das Fehlen eines 
Frontalwulstes und die supraorbitale Lage der Hörner sollen nach Rütimeyer?) ein Hindernis für die An- 
nahme direkter genetischer Beziehungen zwischen Capra und Tragocerus sein. Diese Einwände kann ich 
jedoch nicht gelten lassen, denn auch die Ahnen von Capra werden im Schädelbau der Gattung Tragocerus 
sehr ähnlich gewesen sein. Einzig und allein der weite morphologische Abstand zwischen dem brachyodonten 
Gebiß von Tragocerus und dem so hochgradig hypselodonten von Capra hält mich ab, diese letztere 
Gattung von der ersteren abzuleiten. 


Die Herkunft der Gattung Capra ist demnach bis jetzt noch vollkommen in Dunkel gehüllt. Wir 
wissen nur, daß im indischen Tertiär, vielleicht sogar schon zur Zeit der Hipparionenfauna zwei Arten 
von Capra — sivalensis und perimensis — gelebt haben, und daß der Ovinen-ähnliche Schädel aus Samos, 
welchen ich hier vorläufig zu Oioceros gestellt habe, in einigen Stücken — Anwesenheit von Ethmoidal- 
lücken und Beschaffenheit der Schädelbasis — Anuklänge an die Gattung Capra zeigt. Und da nun außer- 
dem kaum anzunehmen ist, daß die überaus große Ähnlichkeit zwischen dem Gebiß von Capra und dem 
von Ovis ohne alle Bedeutung für nähere Verwandtschaft sein sollte, so wird es immerhin recht wahr- 
scheinlich, daß beide Gattungen auf eine gemeinsame Stammform zurückgehen. Oioceros selbst kann jedoch 
diese Stammform nicht mehr gewesen sein, denn diese Gattung steht offenbar in der direkten Entwicklungs- 
reihe von Ovis, wohl aber kann sie mit den beiden Capra-Arten der Siwalik den Ursprung gemein haben. 
Es wäre auch nicht undenkbar, daß diese beiden Capra-Arten im Gebiß sich ebenso primitiv verhalten 
wie der hier als Oioceros bestimmte Schädel von Samos. Bei dieser immerhin sehr engen Verwandtschaft 


könnte es uns dann auch nicht wundern, daß das Gebiß von Capra dem von Ovis so ähnlich geworden ist. 


Oioceros selbst ist vermutlich ein Verwandter der geologisch ältesten Vertreter der Gattung Gazella 
und wurzelt folglich wie diese in nordamerikanischen Formen, den Aypertraguliden. Während jedoch die 
Gattung Gazella sich aus der schon ungewöhnlich früh mit hypselodontem Gebiß versehenen Gattung 
Hypisodus entwickelt hat, muf der Stammvater von Oioceros noch ein mehr oder weniger brachyodontes 
Gebiß besessen haben. Dieser Vorbedingung: genügt die Gattung Leptomeryx vollkommen, wenn sie auch 
noch, wie aus den Untersuchungen von Scott?) und Matthew) hervorgeht, vier untere Prämolaren und 
drei obere Incisiven und einen oberen Canin besessen hat. Dies sowie der einfachere Bau der Prämolaren 
ist jedoch kein Hindernis für Annahme direkter Verwandtschaft, denn die Anlagen der oberen / und C, 
wenigstens die Zahnleiste an der Stelle dieser Zähne, hat Majo beim Schafembryo nachgewiesen und die 
Komplikation der Prämolaren können wir in jeder vollständigeren genetischen Reihe der Huftiere Schritt 
für Schritt verfolgen. Was aber den Schädel von Leptomeryx betrifft, so ist er in seinem ganzen Habitus 
nichts anderes als ein primitiver Ovinen-Schädel, wie die von Scott gegebene Abbildung ohne weiteres 
ersehen läßt. Der Extremitätenbau endlich — Hand vierfingrig, Metacarpale III und IV noch getrennt, II 
und V wesentlich dünner, Hinterfuß mit Canon, Metatarsale II und V zu proximalen Splittern reduziert — ist 


genau so, wie wir ihn bei dem oligocänen Vorläufer eines echten lebenden Selenodonten erwarten müssen. 


!) Le Belier de Mendes: Bulletin de la Societe d’Anthropologie de Lyon, 1901, pag. 27. 

®) Die Rinder der Tertiärepoche. Abhandlungen d. schweizer. paläont. Gesellschaft, 1877/78, pag. 83. 

®) The Selenodont Artiodactyls of the Uinta Eocene. Transactions of the Wagners Free Institute of Science 
of Philadelphia. 1899, pag. 15, pl. I, Fig. T, 2. 


*, The Skull of Hypisodus. Bulletin of the American Museum of Natural History New-York, 1902. Article 
XXI, pag. 313. 


[57] Die fossilen Cavicornia von Samos. 


77 


Über einige seltene Antilopen aus dem europäischen und afrikanischen Pliocän und Pleistocän. 


Ich halte es für nötig, hier an die Beschreibung der Antilopen von Samos eine Besprechung 
von Formen anzuknüpfen, die teils wegen ihres Vorkommens, teils wegen ihrer phylogenetischen Bedeutung 
größeres Interesse verdienen, aber leider zum größten Teile nur sehr mangelhaft bekannt sind. Auch sind 
die meist sehr kurzen Beschreibungen in der Literatur sehr zerstreut, so daß eine Zusammenstellung nicht 
ganz überflüssig erscheinen dürfte. Dagegen können hier die in großen Monographien behandelten und 
schon zum Teile wiederholt herangezogenen Formen von Pikermi, Mont Leb£ron, Maragha, China und Indien 
übergangen werden; ich beschränke mich auf: 


Antilope ardea Croizet ') Antilope Haupti Major.!°) 
» , Tragelaphus, torticornis Aymard.°) Gazella borbonica Bravard.!!) 
Palaeoreas ? Montis Caroli Major.°) » burgundica Deperet.!?) 
Palaeoryx Meneghinii Rütimeyer.*) » anglica Newton.!?) 
» boodon Gervais?.) Antilope gracillima Weith.!*) 
» ? sp. von Casteani.°) » sp. Andrews.?) 
Antilop2 Cordieri Gervais.') » Jägeri Rütimeyer.!‘) 
» hastata Gervais.°) » gen. et sp. ind. Schlosser.!?) 
» Massoni Major.”) Ibex cfr. cebennarum Pavlow non. Gerv.!?) 


Antilope sp. Pavlow. 1?) 


!) Dep£ret: Sur les Ruminants pliocenes et quaternaires d’Auvergne Bull. Soc. geol. de France, 1883/84, 
pag. 252, pl. VIII, Fig. 3. 

®) Ibidem: pag. 278, pl. VIII, Fig. 4, 5. 

3) Weithofer: Über die tertiären Landsäugetiere Italiens. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1889, pag. 78. 

*) Tertiäre Rinder und Antilopen. Abhandl. d. schweizer. paläont. Gesellschaft, 1877/78, pag. 86, Taf. VII, 
Fig. 13, 14. 

:) Bulletin Soc. geol. de France, 1852, pag. 147, pl. V. Annales des sciences g£olog., 1885, pag. 202, pl. III, 
Fig. S—14, pl. V, Fig. 2. Animaux pliocenes de Roussillon. Memoir. Societe geol. de France, 1890, pag. 90, pl. VII, Fig. 1—8. 

®%) Weithofer: Bolletino del Comitato geologico Ital. Roma, 1888, pag. 5, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichs- 
anstalt. Wien, 1889, pag. 62. 

?) Zoologie et Pal&ontologie francaises. 1859, pag. 139, pl. VII, Fıg 3—1I. Zoologie et Pal&ontologie generales, 
1869, pag. 148, pl. XX, Fig. 1—6, pl. XXI, Fig. 1, 2. 

®) Zoologie et Pal&ont. genErales, 1869, pag. 149, pl. XVII, Fig. 5. 

®) Atti Soc. Toscana di Scienze Naturali. Pisa 1877, pag. 51. 

10) Weithofer: Bolletino del Comitato geologico Ital., 1888, pag. 5, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanst., 
1889, pag. 62. 

1) Bulletin. Societe geolog. de France, 1883/84, pag. 251, pl. VIII, Fig. I, 2. Me&moires Societe geologique de 
France, 1890, pag. 89, pl. VII, Fig. 9. 

2) Delafond F. et Deperet Ch.: Etudes des gites mineraux de France. Les terrains tertiaires de la Bresse. 
Paris 1893, pag. 237, pl. XII, Fig. 1, 2. 

'®) Quarterly Journal of the Geological Society of London, 1884, pag. 280, pl. XIV. 

"3) Weithofer: Bolletino del Comitato geologico Ital., 1888, pag. 7, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanst., 
1889, pag. 62. 

15) The Pliocene Vertebrate Fauna of the Wadi Natrun, Egypt. Geological Magazine, 1902, pag. 438, pl. 
XXL, Fig. 9. 

16) Schlosser: Säugetierreste aus den süddeutschen Bohnerzen. Koken: Geolog. u. paläont. Abhandl., 
1902, pag. 291, Taf. V, Fig. 7, 8. 

7) Ibidem: pag. 203, Taf. IV, Fig. 28, 33, 35. 

15) Ftude sur P’histoire paleontologique des Ongules. Selenodontes tertiaires de la Russie. Bulletin de la 
Societe imper. des Naturalistes de Moscou. 1903, pag. 205, pl. VI, Fig. 2. 

1°) Ibidem: pag. 211, pl. VI, Fig. 3. 


78 Max Schlosser. [58] 


Antilope ardea aus vulkanischen Alluvionen von Arde und Perrier ? ist eine große Antilope mit 
mäßig; hypselodonten Molaren, ähnlich denen von Tragocerus und wohl noch ähnlicher denen von Protoryx. 
Die Prämolaren sind schon ziemlich verkürzt, aber auch bedeutend kompliziert, mit weit vorspringendem 
Innenmond und P2 und P3 fast gleich dem P4. Die Hörner haben kreisförmigen Querschnitt. Da aber 
Dep&ret selbst von der großen Ähnlichkeit dieser Hörner mit jenem der »Espece indeterminee« von Pi- 
kermi — Gaudry pl. LI, Fig. (I?) spricht — es ist dies Protoryx Carolinae F. Maj. — so muß eben 
doch der Querschnitt elliptisch sein. Antilope ardea wäre demnach sowohl im Zahnbau als auch in der 
Beschaffenheit der Hörner mit Protoryx nahe verwandt und vielleicht der direkte Nachkomme. 


Antilope, Tragelaphus, torticornis. Aus oberstem Pliocän ? und ältestem Pleistocän der Auvergne, 
vonetwa Gemsengröße, hat nach Rütimeyer und Dep£ret große Ähnlichkeit mit Palaeoreas und mit 
Strepsiceros, weniger hingegen mit Tragelaphus und Oreas — recte Taurotragus, und ist wohl der Nach- 


komme von Palaeoreas Lindermayeri. 


Palaeoreas Montis Caroli aus Val d’Arno scheint wenigstens nach der von Weithofer gegebenen 


Schilderung und den Mafßzahlen sehr ähnlich, wenn nicht sogar mit Zorticornis identisch zu sein. 


Palaeoryx Meneghinii nennt Rütimeyer ein Schädelfragment mit flacher Stirn, großem Tränen- 
bein und fast horizontalliegenden, weit hinter den Augenhöhlen beginnenden Hörnern, welches aus der 
Knochenbreccie von Olivola stammt. Das Stück erinnert teils an Oryx, teils an Palaeoryx Pallasi, aber 
die Parietalläche bildet mit der Stirn sogar einen rechten Winkel. Es handelt sich somit auf keinen 
Fall um einen Vorläufer von Oryx, sondern eher um einen gänzlich erloschenen Nachkommen der 


Gattung Palaeoryx. 


Palaeoryx boodon aus dem Pliocän von Roussillon und dem der Bresse bei Villefranche ist im 
Gebiß den Palaeoryx-Arten von Pikermi und Samos sehr ähnlich, auch könnten sich die im Querschnitt 
fast rhombischen, mit den Spitzen etwas einwärts gebogenen Hörner ganz gut aus jenen von P. Majori 
entwickelt haben. Sofern jedoch seine etwas eingesenkte Stirn ein primitives Merkmal darstellt, kann P, 
boodon wohl kaum aus einer jener flachstirnigen unterpliocänen Arten entstanden sein. Übrigens bin ich 
keineswegs überzeugt, ob die Zähne aus den Ligniten von Alcoy und jene aus Roussillon auch wirklich der 
nämlichen Spezies angehören. Auch ist der Querschnitt der Hörner der beiden Dep£retschen Originale 
auffallend verschieden — bei dem einen gerundet viereckig und mit Andeutung eines Kieles, bei dem 
anderen nahezu rhombisch — so daß man an zwei verschiedene Arten denken könnte, Immerhin sind diese 
Fragen von untergeordneter Bedeutung. Viel wichtiger erscheint mir die Beantwortung der Frage, ob diese 
Formen in der heutigen Fauna Nachkommen hinterlassen haben. Dies glaube ich nun entschieden verneinen 
zu dürfen, denn die Hörner der Gattungen Oryx, Hippotragus und Cobus, welche etwa als Nachkommen 
von Palaeoryx boodon in Betracht kommen könnten, sind wesentlicher primitiver, insofern sie mehr oder 


weniger kreisrunden Querschnitt besitzen und auch niemals Kiele tragen. 


Palaeoryx? sp. von Casteani — also aus Schichten, welche wohl etwas älter sind als jene mit 
Hipparion gracile, ist in der Form und Größe der Zähne jenen von Palaeoryx Pallasi ähnlich und vielleicht 


doch mit diesem identisch oder sein direkter Vorläufer. 


Antilope Cordieri = recticornis, ist dem Palaeoryx boodon sehr ähnlich und gleichfalls von be- 
deutender Größe, Der Typus der Spezies stammt aus Montpellier. Ob die von Forsyth Major be- 
schriebenen Zähne von Casino!) ebenfalls hierher gehören, läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden, ist 
aber immerhin wegen der ungefähren Gleichalterigkeit sehr wahrscheinlich. Die Hörner der typischen 
Cordieri sind gerade und nur wenig nach hinten geneigt und besitzen dreieckigen Querschnitt. Die Zähne 
haben starke Außenfalten und hohe Basalpfeiler, ihre Höhe ist nicht sehr beträchtlich. Ähnliche Zähne 
hat Andrews?) jetzt auch im Pliocän des Wadi Natrun in Ägypten gefunden in Schichten, welche zwar 


Hipparion enthalten, aber doch wohl etwas jünger sind als jene von Pikermi etc. 


1) Mammiferi fossili di Toscana. Atti della Societa di Scienze natur. Pisa 1877, pag. 47, tav. Ta, Fig. 4—9. 
2) The Vertebrate Fauna of the Wadi Natrun. The geological Magazine. London 1902, pag. 437, pl. XXI, Fig. 7, 8. 


[59] Die fossilen Cavicornia von Samos. 79 


Antilope hastata ist bis jetzt nur durch einen stark komprimierten Hornzapfen von dreieckigem 
Querschnitt vertreten, welcher sich stark zurücklegt und vorn und hinten je einen Kiel trägt. Gervais 
vergleicht sie mit denen von Anoa depressicornis. Ich finde jedoch weder mit dieser noch mit einem 
anderen lebenden Cavzcornier irgend welche Ähnlichkeit. Es handelt sich vielleicht um einen Caprovinen? 


Antilope Massont, welche wie die Originale der von F. Major als Cordieri bestimmten Zähne in 
den Ligniten von Casino gefunden wurde, scheint bedeutend kleiner aber doch im ganzen ziemlich ähnlich 
zu sein. Aus der weitschweifigen Beschreibung, welche dieser Autor gibt, vermag ich nur zu entnehmen, 
daß die Hörner vorn ebenfalls mit einem Kiel versehen waren und auch eine ähnliche Stellung hatten, 
aber die Innenseiten der beiden Hörner konvergieren hier gegen die Stirn, anstatt gegen das Hinterhaupt. 
Auch ist der Kiel auf der Vorderseite nicht so kräftig entwickelt. Es dürfte sich wohl auch hier um einen 
vollständig erloschenen Typus handeln. 


Antilope Haupti aus den Ligniten von Casteani, welche wohl ein wenig älter sind als die Schichten 
mit Hipparion gracile, besitzt leierförmige Hörner und sehr hohe Molaren — ein oberer hat eine Höhe 
von 43 mm bei nur 20 mm Breite. Vielleicht ist diese Form mit Helicophora rotundicornis verwandt, 
obwohl kein Kiel vorhanden ist. 


Gazella borbonica aus der Auvergne und aus Roussillon zeichnet sich durch ihre ansehnliche Größe 
und durch den elliptischen Querschnitt ihrer Hörner aus. Sie stammt wahrscheinlich von der größeren der 
beiden Gazellenarten von Samos ab, hat aber wohl keine Nachkommen hinterlassen. 


Gazella burgundica Deperet aus dem jüngsten Pliocän der Bresse, von Chagny zeichnet sich durch 
die ansehnliche Größe ihrer nicht besonders starken, im Querschnitt ungefähr ovalen und an der Vorder- 
seite mit kräftigen Rinnen versehenen Hornzapfen aus. Sie könnte recht wohl von einer der beiden Gazella- 
Arten aus Samos abstammen, dagegen dürfte schwerlich eine der lebenden Arten auf sie zurückgehen. 


Gazella anglica aus dem Crag von Norwich unterscheidet sich von allen Gazellenarten aus dem 
Unterpliocän durch ihre nahezu geraden, im Querschnitt fast kreisrunden Hörner und stellt somit einen viel 


primitiveren Typus dar. Nachkommen dürfte sie schwerlich hinterlassen haben. 


Antilope gracillima aus den Ligniten von Monte Bamboli basiert auf einigen Zähnen, welche trotz 
ihres relativ geringen geologischen Alters — etwas jünger als die Schichten mit Hipparion gracile — doch 
schon einen ziemlich hohen Grad von Hypselodontie aufweisen. Oberer M2 ist bei 9 mm Breite 14°5 mm 
hoch. Ob ein Basalpfeiler vorhanden war, läßt sich aus der kurzen Notiz, welche Weithofer gegeben hat, 
nicht entnehmen. Auch bei A. Haupti wird hierüber nichts erwähnt. Vielleicht ist diese relativ kleine 
Antilope mit den Gazellen verwandt. 


Antilope sp. bezeichnet Andrews einen sehr stark hypselodonten, komprimierten Unterkiefermolaren 
mit kräftiger Vorderaußenfalte, aber ohne Basalpfeiler aus dem Pliocän des Wadi Natrun in Ägypten. Der 
Zahn erinnert sehr an jene der Gattungen Paraboselaphus und Pseudobos aus der chinesischen Hipparionen- 
fauna, und da Blanckenhorn die betreffenden Pliocänschichten Ägyptens für etwas jünger hält als die 
mit Hipparion gracile und dem hiermit jedenfalls gleichaltrigen Hipparion Richthofeni, so wäre es nicht 
ausgeschlossen, daß diese Typen, die übrigens auch in Maragha angedeutet sind, sich später auch noch 
weiter nach Süden resp. Westen verbreitet hätten. 


Antilope Jäger! aus den pliocänen schwäbischen Bohnerzen ist eine Form, welche fast die Dimen- 
sionen von Bos faurus besitzt. Sie unterscheidet sich jedoch hiervon durch das vollständige Fehlen von Basal- 
pfeilern an den Molaren und erinnert etwas an Anoa — wo jedoch an den oberen MI und M2 und am 
unteren Mı Basalpfeiler auftreten. In dieser Beziehung ist Connochaetes entschieden ähnlicher. Die Mo- 
laren weisen einen hohen Grad von Hypselodontie auf. 


Antilope gen. et sp. indet, ebenfalls aus pliocänen schwäbischen Bohnerzen, darf wohl unbedenklich 
mit der Gattung Paraboselaphus vereinigt werden, welche ich für sehr hochkronige Molaren aus der chi- 
nesischen Hipparionenfauna errichtet habe, bei welchen ebenfalls der Basalpfeiler fehlt und die oberen 
Molaren am Oberrande gleichfalls länger aber schmäler als an ihrer Basis sind. Auch die vorhin erwähnte 


8o Max Schlosser. [60] 


Antilope aus Ägypten gehört anscheinend in diese Gruppe, welche der südeuropäischen Hipparionen- 
fauna vollkommen fremd ist und sich offenbar von Norden und Osten her nach Süden verbreitet hat. Daß 
dieser Typus in Ägypten erst etwas später auftritt als in Mitteleuropa und in China, kann uns nicht im 
geringsten überraschen. Vielleicht ist die so stark hypselodonte Antilope Haupti ein Verwandter von 
diesen Formen. 


Als Ibex cfr. cebennarum bestimmt Pavlow einen Schädel mit beiden Hornzapfen aus dem pon- 
tischen Kalk von Eupatoria bei Odessa. Die Hornzapfen besitzen an der Basis gerundet dreieckigen, weiter 
oben jedoch mehr elliptischen Querschnitt und sind mit schwachen Furchen und an der Hinteraußenseite 
mit der Andeutung eines Kieles versehen. Ihre Krümmung scheint ziemlich mäßig zu sein. Auch stehen sie 
wohl kaum so weit auseinander, als man nach der Zeichnung vermuten könnte. Die Stirnnaht war offenbar 
im Gegensatze zu der fast geradlinig verlaufenden Frontoparietalsutur etwas verdickt und die Hinterhaupt- 
naht bildet nach vorn zu ein ziemlich weites Dreieck. Das Cranium war jedenfalls kürzer als bei Protoryx, 
aber schmäler als bei Pachytragus und Pseudotragus, bei welchen auch außerdem stets Verdickung der 
Frontoparietalsutur stattfindet, während Protoryx sich hierin wie der vermeintliche /bex-Schädel von Eupatoria 
verhält. Alle drei genannten Gattungen haben jedoch mit diesem die nahezu rechtwinklige Knickung des 
Schädeldaches gemein, während bei Palaeoryx und Tragocerus die Profillinie der Gesichtsregion mit der 
Mittellinie des Craniums einen viel größeren Winkel bildet. Was die Form des Querschnittes der Hörner 
betrifft, so haben nur Palaeoryx und Pachytragus eine gewisse Ähnlichkeit, die übrigen eben erwähnten 
Gattungen besitzen Hörner von elliptischen Querschnitt oder sind doch wie jene von Tragocerus sehr stark 
komprimiert. 


Daß diese neue Antilope nicht mit /bex cebennarum Gerv., einer pleistocänen, in der Höhle von 
Mialet [Gard] zusammen mit Ursus spelaeus gefundenen Art identisch sein kann, braucht wohl kaum näher 
begründet zu werden, es handelt sich überhaupt sicher nicht um die Gattung Ibex, sondern vermutlich um 
ein besonderes neues Genus, welches wohl mit den Gattungen Pseudotragus, Protoryx, Pachytragus und 
Tragocerus ziemlich nahe verwandt ist und wie diese von einer der Sansaner Antilopen abstammt. 


Als Antilope sp. bezeichnet M. Pavlow einen isolierten, fast geraden Hornzapfen von ziemlich 
beträchtlicher Länge, dessen Querschnitt an der Basis breit oval und höher oben breit elliptisch zu sein 
scheint. Dieses Horn stammt aus den Eisengruben im Gouvernement Kherson. Das geologische Alter dieses 
Fundes läßt sich leider nicht mit Sicherheit ermitteln, weil jene Gruben in verschiedenen Horizonten sich 
befinden — sarmatische Stufe bis Posttertiär. Von Fossilien werden von dort Hipparion und Elephas ? 
angegeben, und zwar soll dieses Horn neben einer Tibia von Elephas gefunden worden sein. Sollte es 
wirklich aus Schichten mit Hipparion stammen, so liegt die Vermutung nahe, dafs es sich wohl um den 
Hornzapfen eines jungen Individuums von Palaeoryx Majori handeln dürfte, mit welcher Art wohl auch 
das von M. Pawlow — ibidem, pag. 205, pl. VI, Fig. I — beschriebene und abgebildete Schädelfragment 
mit den beiden Hornzapfen der »Antilope Pallasi Wagner« aus dem pontischen Kalk von Eupatoria bei 
Odessa vereinigt werden muß. 


Aus: dem Pliocän von Algier nennt Thomas drei Arten von Antilopen: 
Palaeoreas Gaudryi; 
Gazella atlantica; 


Cobus Tournoueri,. 


Boule hält hingegen die Ablagerungen, aus welchen diese Thomasschen Originalien stammen, 
für Pleistocän und nicht für Pliocän. Die Deutung der wenigen vorhandenen Zähne und Kiefer ist nur zum 
Teile richtig. Ich halte es nämlich keineswegs für sicher, ob die als Palaeoreas Gaudryi!) bestimmten 
Reste, Hornzapfen und unterer Molar, auch wirklich zusammengehören. Von diesem Hornzapfen läßt sich 
nur soviel sagen, daß derselbe von einem S£repsiceros oder Taurotragus ähnlichen Tiere stammt. Der sehr 


1) Thomas: Recherches stratigraphiques et paleontologiques d’eau douce de l’Algerie. M&moires de la Soeiete 
geologique de France. Tome II, Ser. III, 1884, pag. 16, pl. VI, Fig. 6, 7. 


[61] Die fossilen Cavicornia von Samos. Sı 


hohe Unterkiefermolar könnte dagegen ebensogut etwa einem Connochaetes angehört haben. Der noch 
im Kiefer steckende untere Mı von Antilope Tournoneri!) hat wie der erstere keinen Basalpfeiler, aber 
beträchtliche Höhe. Er sieht dem von Pseudobos aus China und Maragha sehr ähnlich. Bei Cobus haben 
die unteren Molaren stets Basalpfeiler und außerdem eine starke Vorderaußenfalte. Das Schädelfragment 
mit den Hornzapfen könnte dagegen wirklich von Codus stammen. 


Der Molar von Gazella atlantica?) ist wenig charakteristisch, der Hornzapfen ist mäßig gebogen 
aber stark komprimiert. Vielleicht haben wir es mit einem Nachkommen von einer der beiden Arten aus 
Samos zu tun. 


Aber auch die geologisch jüngsten Ablagerungen Alsiers, welche bereits der paläolithischen und 
sogar der neolithischen Periode angehören, haben noch Überreste von zahlreichen Arten und Gattungen von 
Antilopen geliefert, die zwar zum Teile noch in der Gegenwart fortdauern, aber jetzt nicht mehr Nord- 
afrika, sondern Mittel- und Südafrika bewohnen. Pomel beschreibt aus dem Pleistocän von Algier fol- 
gende Formen: 


Bubalis probubalis, saldensis, ambiguus, 
Connochaetes prognu, 

Cephalophus leporina, preeminens, 
Cervicapra Mapuasi, 

Hippotragus troglodytarum, lunatus, 
Strepsiceros kudu fossilis, 


Gazella subgazella, setifensis, nodicornis, crassicornıs, massaessilia, oranensis und friquetricornis, 


Wenn nun auch aus der von Boule?°) gegebenen Kritik der Pomelschen Arbeiten, welche mir 
leider nicht zugänglich sind, mit ziemlicher Sicherheit hervorgeht, daß verschiedene dieser Arten recht 
mangelhaft begründet sein müssen, so werden eben doch selbst bei strengster Kritik gar manche Typen 
übrig bleiben, welche man im Pleistocän gewiß nicht mehr in Nordafrika erwarten sollte. Und dies ist 
eben entschieden die Hauptsache und läßt sich am ungezwungensten nur in der Weise erklären, daß die 
heutige äthiopische Fauna von Norden und Osten gekommen ist und erst seit sehr kurzer Zeit ihre jetzigen 
‚Wohnsitze eingenommen hat. 


!) Ibidem: pag. 15, pl. VII, Fig. ı, 2. 

2) Ibidem: pag. 17, pl. VII, Fig. 8, 9. 

‘) Les Mammiferes quaternaires de l’Algerie d’apres les travaux de Pomel. L’Anthropologie. Paris 1899, 
pag. 362—371. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. IT 


82 Max Schlosser. [62] 


Die Antilopen des europäischen Miocän. 


Abgesehen von einigen Extremitätenknochen aus St. G£rand-le-Puy (Allier), die sich infolge ihrer 
Dicke unmöglich bei einer der daselbst vorkommenden Arten von Dremotherium- und Amphitrazulus unter- 
bringen lassen, kennen wir im älteren europäischen Tertiär keine Überreste, welche auf die Anwesenheit 


von Antilopen schließen lassen. Ich werde diese Stücke später noch näher besprechen. 


Um so überraschender erscheint daher die Tatsache, daß zugleich mit dem ersten Auftreten der 
Gattungen Mastodon und Anchitherium auch Antilopen in Europa auftauchen, die aber freilich wenigstens 
anfangs — Leithakalk, Meeresmolasse — nur dürftig durch Zähne und Kiesferfragmente nebst einigen wenigen 
Hornzapfen vertreten sind. Erst in den jüngeren Süßwasserschichten von Sansan, Göriach, Günzburg und 
in den Spaltausfüllungen des Jurakalkes bei Lyon — La Grive St. Alban — finden wir vollständigere Über- 
reste sowie eine größere Anzahl von Hörnern, in Sansan außerdem auch bereits einen gut erhaltenen Schädel. 


Diese Reste wurden unter folgenden Namen beschrieben: 


Protragocerus clavatus Lart.‘) sp. aus der Meeresmolasse von Brüttelen im Kanton Bern. 
» Cervus« haplodon, v. Mey. Manuskript. Leithakalk. Günzburg. 
Antilope cristata Biedermann?) aus dem Braunkohlensandstein von Veltheim bei Winterthur. 
» clavata Lart.°) 
Martiniana Lart.*) | 


SEHE f ‚ aus den Süßwassermergeln von Sansan. 
sansaniensis Lart.°) 


Strogulognathus sansaniensis L. Filh®) 
Protragocerus Chantrei Dep£ret‘) aus La Grive St. Alban. Is£re. 

clavatus Lart. sp. aus der Süßwassermolasse von Locle®°). 
Antilope cristata Biedermann aus der Braunkohle des Labitschberges in Steiermark®). 


» ?sp. Cervus sp. Hofmann die Fauna von Göriach in Steiermark!?). 
Roger aus dem obermiocänen Dinotheriumsande von Stätzling bei Augsburg !}). 


cristata Biedermann aus dem Bohnerz von Mößkirch!?), 


Die hier erwähnten Formen verteilen sich, was die Größe der Zähne betrifft, auf mindestens zwei 
Arten, von denen die größere von H. v. Meyer wiederholt als »Cervus« lunatus, die kleinere aber als 
»Cervus« haplodon zitiert wurde. Die Hornzapfen dürften wohl drei verschiedene Formen repräsentieren, 
allein die richtige Gruppierung in besondere Arten ist außerordentlich erschwert, insofern nur von Pro- 
tragocerus Chantrei der so wichtige Querschnitt des Hornzapfens abgebildet wurde. Auch darüber, welche 


!) Studer Th.: Die Säugetierreste aus den marinen Molasseablagerungen von Brüttelen. Abhandl. d. schweiz. 
paläont. Gesellsch. IS96, pag. 34, Textfig. 5. 

2) Petrefakten aus der Umgegend von Winterthur. Heft IV. Winterthur 1873, pag. 14, Taf. VIII, IX. 

®) Filhol. Mammiferes fossiles de Sansan. Annales des Sciences geologiques, Tome XXI, 1891, pag. 291, 
pl. XXXIX, Fig. I—3, 6, pl. XLI, Fig. 12. 

*) Ibidem: pag. 286, pl. XL, Fig 4, 5, pl. XLI, Fig. Io. 

°) Ibidem: pag. 289, pl. XL, Fig. I—3, pl. XLI, Fig. 11. 

°) Ibidem: pag. 265, pl XXX, Fig. 34. 

‘) Deperet: Vertebres mioc&nes de la vall&e du Rhöne. Archives du Museum d’histoire naturelle de Lyon. 
Tome IV, 1887, pag. 249, pl. XI, Fig. 4-6. 

®) Studer: ]. c. pag. 34, Textfigur 6. 

°) Hofmann A.: Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1888, pag. 548, Taf. VIII, Fig. 7, 8, Taf.IX, Fig. 1. 

2) > Abhandl. » » » 1893, >» 72, > XII, » 219920: 

4) Roger O.: Wirbeltierreste aus dem Obermiocän der bayr.-schwäb. Hochebene. 35. Bericht des natur- 
wissenschaftl. Vereines für Schwaben und Neuburg in Augsburg. 1902, pag. 9, Taf. I, Fig. 4, 5. 

12) Schlosser M.: Beiträge zur Kenntnis der Säugetierreste aus den süddeutschen Bohnerzen Geolog. ih 

paläont. Abhandl. von E. Koken. IX. Bd., Heft 3, 1902, pag. 83, Taf. IV (IX), Fig. 9, 10, 16-19. 


[63] Die fossilen Cavicornia von Samos. 83 


Kiefer und Hornzapfen in Wirklichkeit zusammengehören, besteht bis jetzt keine absolute Sicherheit. Wir 
können die bis jetzt bekannten Arten nur in folgender Weise gruppieren: 

Protragocerus Chantrei größte Form, Hornzapfen nur wenig gebogen, Querschnitt gerundet drei- 
eckig, Sagittaldurchmesser : Querdurchmesser — 3:2, mit voller Sicherheit nur aus la Grive St. Alban 
bekannt. Das von Studer erwähnte Horn aus Brüttelen ist zwar ähnlich, aber anscheinend etwas dicker. 
Depe£ret vereinigt in dieser Spezies auch zwei Unterkiefer- und zwei Oberkiefermolaren aus Soblay!}i und zwei 
untere Prämolaren und einen unteren Molaren aus St. Jean Bournay ?) sowie zwei Canon aus Soblay. Allein 
diese Zähne stammen bereits aus Schichten mit Hipparion und können daher unmöglich der nämlichen Art 
angehören wie jene aus La Grive St. Alban. Sie unterscheiden sich außerdem auch schon durch ihre Größe, 
die unteren Molaren außerdem auch durch ihre viel beträchtlichere Höhe, ihre stärkere Kompression und die 
verschiedenartige Ausbildung der Basalpfeiler. Ob sich die Lyoner Art auch unter den »Cervus« lunatus 
aus dem bayrisch-schwäbischen Dinotheriumsande verbirgt, wage ich vorläufig nicht zu entscheiden. 


» Cervuss lunatus schließt aller Wahrscheinlichkeit nach zwei verschiedene Formen in sich, wenigstens 
bin ich keineswegs sicher, ob die großen, ungemein komplizierten Oberkieferzähne aus Günzburg?) auch 
wirklich zu derselben Art gehören, welche wenigstens den Dimensionen der Unterkiefer nach ganz allmählich 
zu Antilope cristata von Veltheim und vom Labitschberg hinüberleitet und anderseits auch kaum von 


Antilope clavata, sansaniensis und Martiniana aus Sansan zu unterscheiden ist. 


Antilope cristata zeichnet sich durch ihre komprimierten Hornzapfen aus, was auch bei Anzilope 
clavata von Sansan der Fall ist, weshalb die spezifische Identität beider Formen höchstwahrscheinlich wird. 

Daf3 die Bestimmungen der von Filhol beschriebenen Kieferstücke aus Sansan einer genaueren 
Untersuchung Stand halten könnten, möchte ich lebhaft bezweifeln, den Dimensionen nach könnten sie 
insgesamt zu einer einzigen Art gehören, welche auch »Cervus« lunatus in sich schließen dürfte und vor 
allem auch den von Filhol als »Sfrogulognathus« sansaniensis beschriebenen Unterkiefer, welcher zweifellos 
einer Antilope aber sicher keinem Cerviden angehört. 

Allein wenn auch die Sansaner Kiefer wirklich nur zu einer Spezies gehören sollten, so ist gleich 
wohl die Existenz mehrerer Antilopenarten an dieser Lokalität durch die verschiedenen Typen der 
Hörner zweifellos sichergestellt, denn es lassen sich hier mehrere Typen festhalten: 

Antilope Martiniana, schlanke, gerade, außen konkave und innen konvexe Hörner mit auswärts 
gebogenen Spitzen. 

Antilope sansaniensis, fast vertikalstehende, an der Vorderseite etwas konkave, an der Basis etwas 
komprimierte Hörner. 

Antilope clavata, seitlich komprimierte, außen konkave, innen konvexe Hörner, nach der Zeichnung 
des Schädels ziemlich schräg ansteigend. Hiermit scheint Anzilope cristata am besten übereinzustimmen, 
wenigstens der Hornzapfen vom Labitschberg in Steiermark, während die von Roger abgebildeten Horn- 
zapfen aus Stätzling sich wohl eher an Antilope sansaniensis anschließen. 

»Cervus« haplodon nannte H.v. Meyer eine Form aus dem Leithakalk, aus dem Obermiocän von 
Neudörfl im Wiener Becken und dem Dinotheriumsande von Reisensburg bei Günzburg, welche man inzwi- 
schen auch in dem von Stätzling bei Augsburg und in den Braunkohlentonen von Leoben in Steiermark 
wiedergefunden hat, die aber anscheinend bedeutend kleiner ist alsalle abgebildeten Kieferstücke aus Sansan. 
Wegen ihrer Häufigkeit in Stätzling und der Anwesenheit von Hörnern, ähnlich jenen von Antilope sansaniensis, 
möchte ich fast vermuten, daß wir hier und nicht in Filhol, pl. XL, Fig. I, 2, die wahren Zähne von 
A. sansaniensis vor uns hätten. 

Jedenfalls sind wir also noch sehr weit davon entfernt, die einzelnen Arten der Antilopen aus 
dem europäischen Obermiocän in befriedigender Weise gegeneinander abgrenzen zu können. Für unsere 
Betrachtung ist dies jedoch auch ziemlich nebensächlich, viel wichtiger erscheint hingegen die Tatsache, 


DrDeperetl:rc. pIEXITJEIE2, 3: 
2) 5» ke. ploXIL, Eig. 70: 


3) Schlosser: Il. c. Taf. IV (IX), Fig. 9. 
RES 


84 Max Schlosser. [64] 


daß diese Formen im Zahnbau — Cervidenähnliche, relativ große Prämolaren und schwach hypselodonte 
Molaren von sehr indifferentem Bau — als auch in der Form der Hörner — ziemlich kurz, mehr oder 
weniger gerade und mit kreisrunden oder gerundetdreieckigen Querschnitt, oder seitlich komprimiert —, noch 
ein sehr primitives Gepräge zur Schau tragen, so daß die Ableitung gewisser Antilopengattungen der 
Hipparionenfaunen durchaus zulässig erscheint, z. B. könnte Protragocerus der Ahne von Pachytragus, 
Antilope clavata der von Tragocerus oder Pseudotragus sein, während auf Antilope sansaniensis vielleicht 
Protoryx und Palaeoryx zurückgehen könnten. 

Eigentümlich erscheint die starke Ausbildung der Tränengrube bei Antilope clavata!), der einzigen 
obermiocänen Form, von welcher wir auch den Schädel kennen. In dieser Hinsicht zeigen von den unter- 
pliocänen Gattungen nur Tragocerus und Pseudotragus ein ähnliches Verhalten. Als sehr primitiv erweist 
sich an diesem Schädel der Verlauf der Profillinie, denn Gesicht und Cranium liegen fast noch ganz in 
der nämlichen Ebene. In dieser Beziehung steht die Gattung Tragocerus noch sehr nahe. ‘Sie zeigt aufßer- 
dem auch noch eine sehr ähnliche Stellung und Form der Hörner, fast direkt über der Augenhöhle und 
ziemlich schräg ansteigend. Jedenfalls dürfen wir bei weiteren glücklichen Funden erwarten, daß sich zwischen 
den Antilopen des europäischen Obermiocän und einem Teile der Antilopen aus den Hipparionen- 
faunen sehr innige Beziehungen ergeben werden. 


Phylogenetische Ergebnisse. 


Die hier beschriebenen Cavicornier-Reste verteilen sich auf ıı Genera mit mindestens 16 Spezies, 
deren Zahl sich jedoch um drei vermehren könnte, sofern die als Tragoreas sp., Protoryx aft. Carolinae 
und Tragocerus sp. angeführten Überreste durch vollständigere Funde ergänzt würden. Vorläufig sind sie nur 
durch größere oder geringere Abweichungen in den Dimensionen von den entsprechenden Kiefern resp. Hör- 
nern oder Schädelfragmenten der typischen Art zu unterscheiden, Differenzen, die aber fast zu beträchtlich sind, 
als daß man sie durch individuelle oder geschlechtliche Abweichungen erklären könnte. Für|unsere Unter- 
suchung ist dies jedoch nebensächlich, da der Charakter der Fauna hierdurch nicht im geringsten verändert 
wird. Die ıı Gattungen und I6 resp. IQ Arten repräsentieren 6 Unterfamilien, von welchen eine neu er- 
richtet werden mußte — die Unterfamilie der Pseudotraginae —, weil die hierzugehörigen Formen sich bei 
keiner bisher bekannten Gruppe unterbringen lassen und so weitgehende Spezialisierungen aufweisen, daß 
keine der lebenden Antilopenformen von ihnen abgeleitet werden kann. Die übrigen Gattungen und Arten 
verteilen sich auf die Unterfamilien der Bubalidinae, der Tragelaphinae, der Hippotraginae, der Antilopinae 
und Ovinae, welche insgesamt den Höhepunkt ihrer Entwicklung erst in der Gegenwart erreichen. Ich 
konnte folgende Arten unterscheiden: 

Criotherium argalioides Major. 


: nee Bubalidinae. 
Prodamaliscus gracilidens n. &. n. sp 


- 


Protragelaphus Zitteli n. sp. . . . . . Tragelaphinae. 


Tragoreas oryxoides n. &. n. Sp. 


Tragocerus amaltheus var. parvidens 
» sp. 


» rugosifrons n. SP. 


» SP- 
Palaeoryx Majori n. sp. Hippotraginae. 
S Stützeli n. sp. 
» ingens n. SP. J 
Protoryx Carolinae Major ) 
» EINr- » » | 
» Hentscheli n. sp. | 
Pseudotragus capricornis n. &.n. sp. | i 
Pachytragus crassicornis n. @. n. Sp. | SERIEN IE 


') Filhol: Mammiferes fossiles de Sansan, 1. c. pl. XXXIX. 


[65] Die fossilen Cavicornia von Samos. 85 


Gazella Gaudryi n. sp. \ IE 
Antilopinae. 
» Sp. ) 
Oioceros? proaries n. sp.. TO dznge: 


Die Familie der Pseudotraginae läßt sich folgendermafsen charakterisieren: 

Mitteleroße Antilopen mit stark komprimierten ziegenähnlichen Hörnern, schmalem, langem Ge- 
sichtschädel; Schädelachse bald stärker, bald weniger geknickt, Gebif mehr oder weniger brachyodont. 

Es wäre nicht ausgeschlossen, daß diese Gruppe noch weiter zerlegt werden müfste, insofern die 
Gattungen Protoryx und Pseudotragus mit starker Knickung der Schädelachse, mit relativ hohen Molaren 
und stark gebogenen, im Querschnitt elliptischen Hörnern der Gattung Tragocerus, mit geringer Knickung 
der Schädelachse, mit brachyodonten Molaren und wenig gebogenen scharfkantigen Hörnern ziemlich fremd- 
artix gegenübersteht, allein die Gattung Pachytragus vermittelt den Übergang zwischen diesen beiden Typen, 
indem sie einerseits die starke Knickung der Schädelachse und die relativ hohen Molaren der beiden ersteren 
Gattungen und andererseits die schwache Biegung und kantige Ausbildung der Hörner von Tragocerus in 
sich vereinigt. 


Bubalidinae. 


Criotherium, dessen Weibchen mit den Männchen den Besitz von Hörnern gemein haben, zeichnet 
sich außer durch beträchtliche Körpergröße, durch den langen schmalen Gesichtschädel, die steil anstei- 
gende Stirn und das kleine, aber allenthalben mit zahlreichen Lufthöhlen versehene Cranium aus. Höchst 
bemerkenswert ist ferner die vollkommen senkrechte Stellung der Hinterhauptfläche, die starke Drehung der 
kurzen, an der Basis verdickten und mit weit vorspringenden Kielen versehenen Hörner, welche die Scheitelbeine 
ganz von der Bildung des Schädeldaches verdrängt haben, so daß sie jetzt mit dem Oceiputin einer Ebene 
liegen, ohne daß sie jedoch bei dieser Verschiebung eine nennenswerte Verkürzung erlitten hätten. Den eigen- 
tümlichen Habitus des Schädels bedingen außerdem auch noch die Kürze der Jochbogen, der gleich weite Ab- 
stand der Augenhöhle von der Zahnreihe und der Hornbasis und die langgestreckte Tränengrube. Hingegen 
verhält sich das Gebiß ziemlich indifferent; Verkürzung der Prämolaren ist kaum bemerkbar und die Höhe 
der Molaren ist kaum größer als deren Länge. Die Incisiven und Caninen zeigen noch ganz den Typus 
der Hirschzähne. Der Hals war kurz und plump, die Extremitäten aber lang und schlank, der Habitus 
also dem der lebenden Gattung Bubalis sehr ähnlich. Am Metatarsus haben sich noch kurze proximale Reste 
von Seitenzehen erhalten. 

Die Gattung Criotherium erweist sich als ein unzweifelhaftes Mitglied der Bubalidinae-Gruppe, die 
Differenzierung des Schädels erfolgte in ähnlicher Weise wie bei Bubalis und (onnochaetes, hingegen behielt 
die Gesichtspartie die Beschaffenheit des Damaliscus-Schädels bei, nur erfolgte eine gewisse Aufblähung der Nase. 
Die Stammform aller Bubalidinen. vereinigte also in sich einen Damaliscus-änlichen Schädelbau mit einer Crio- 
therium-ähnlichen Bezahnung: die Hörner waren vermutlich noch ziemlich kurz und wenig nach rückwärts und 
auswärts gebogen. Aus der Ähnlichkeit des Gebisses der geologisch ältesten Hippotraginae mit dem von Orio- 
therium, einem Bubalidinen, darf wohl auf einen gemeinsamen Ursprung beider Gruppen geschlossen werden, 
jedoch muß die Trennung schon vor der Hipparionenzeit stattgefunden haben, weil bereits in dieser 
Periode mehrere Vertreter der Bubalidinae existiert haben, Alcelaphus in Indien und Oriotherium und Pro- 
damaliscus auf Samos, 

Mit Criotherium argalioides ist das allerdings noch sehr unvollständig bekannte Urmiatherium 
von Maragha in Persien wenn auch nicht direkt identisch, so doch zum mindesten sehr nahe verwandt. 

Prodamaliscus unterscheidet sich von Criotherium durch seinen, schon im wesentlichen an Damaliscus 
erinnernden Schädelbau. Jedoch fehlen hier die Frontalsinus und die Hörner sind schräger gestellt. Da die 
neue Gattung größere Körperdimensionen besitzt als der lebende Damaliscus und dieser auch im übrigen 
dem mit Prodamaliscus gleichaltrigen Alcelaphus palaeindicus näher steht, so wird es ziemlich wahrschein- 
lich, daß wir es auch hier, ebenso wie bei Criofherium, mit einem gänzlich erloschenen Seitenzweig zu tun 
haben, der übrigens in dem Grade der Hypselodontie der Molaren und in der Verkürzung der Prämolaren 
schon weiter vorgeschritten ist als Orziotherium. 


86 Max Schlosser. [66] 


Tragelaphinae. 


Protragelaphus nannte Dames eine Antilope von Pikermi, welche man bis dahin irrigerweise 
mit Palaeoreas Lindermayeri vereinigt hatte. Die Hörner unterscheiden sich jedoch von jenen der Gattung 
Palaeoreas durch ihre Schlankheit, durch ihre viel weitere Spirale und durch die Anwesenheit eines einzigen 
Längskieles. Auch auf Samos kommt ein Vertreter der Gattung Protragelaphus vor — P. Zitteli n. sp. —, 
der sich von der in Pikermi existierenden Art durch seine Kleinheit, durch die an der Basis weiter von- 
einander abstehenden, an der Spitze jedoch einander genäherten Hörner und durch die horizontale Lage der 
Scheitelbeine unterscheidet. Die Zähne sind auch hier noch ziemlich niedrig, aber der letzte der unteren 
Prämolaren erfährt schon eine gewisse Komplikation durch Entstehung einer Innenwand. Für die Phylogenie 
der lebenden Gattung Sirepsiceros dürfte die Gattung Protragelaphus von großer Wichtigkeit sein, denn 
Formen von geringer Körpergröße sind in der Regel der Anfang von artenreichen Gattungen. Freilich 
existiert bereits in der chinesischen Hipparionenfauna eine Anzahl von Antilopenarten, welche wenigstens 
im Zahnbau der lebenden Gattung S£repsiceros noch näher stehen. 

Ob Tragelaphus Houtum-Schindleri von Maragha zu den Tragelaphinen gehört, erscheint 
etwas fraglich wegen der ziemlich starken Entwicklung der Sagittalcrista, und für Palaeoreas ist dies inso- 
fern nicht ganz sicher, als das Cranium ziemlich steil nach hinten abfällt. Ganz unsicher endlich ist die 
systematische Stellung von Felicophora rotundicornis, welche Forsyth Major auch auf Samos gefunden 
zu haben glaubt. Sie dürfte eher den Gazellen, also der Unterfamilie der Anzilopinae, anzuschließen sein. 

Palaeoreas Lindermayeri wird zwar von Forsyth Major aus Samos zitiert, ich finde jedoch unter 
dem von mir untersuchten Material nichts Ähnliches. Ebensowenig: kenne ich von dort eine an Tragelaphus 
Houtum Schindleri erinnernde Form, während der genannte Autor sogar zwei derartige Formen anführt, 


die er als Prostrepsiceros Woodwardi und sp. bestimmt hat. 


Hippotraginae. 


Tragoreas n. g. nenne ich eine mittelgroße Antilope mit schräg ansteigender Profillinie, mäßig 
geneigtem Cranium, flacher Stirn, seichter Tränengrube, langen, wenig gebogenen, aber stark nach hinten 
geneigten, fast parallel stehenden Hörnern von elliptischem Querschnitt und mit ziemlich primitivem Gebiß, 
welches bei flüchtiger Betrachtung, namentlich wegen der fast vollkommen gleichen Größe der einzelnen 
Zähne leicht mit dem von Palaeoreas verwechselt werden könnte. Die Prämolaren sind jedoch hier breiter, 
die unteren Molaren haben hohe Basalpfeiler und eine kräftige Außenfalte, dagegen sind die Basalpfeiler 
an den oberen M viel schwächer, während die Molaren von Palaeoreas bezüglich der Ausbildung der Basal- 
pfeiler sich gerade umgekehrt verhalten. Die neue Gattung steht wohl dem Anfang der Gattung Aippo- 
tragus sehr nahe, wenigstens ist die Krümmung und Stellung der Hörner die nämliche, nur dürfte der 
kreisrunde Querschnitt der Hörner von Hippotragus ursprünglicher sein, im Schädelbau hat sie dagegen 
größere Ähnlichkeit mit Oryx, wenigstens in der Richtung des Craniums. 

Palaeoryx zeichnet sich aus durch die sanft und gleichmäßig ansteigende Profillinie, die ziemlich 
schwache Neigung des Craniums und die geringe Verdickung der Stirn- und Scheitelbeinnähte, durch die 
flache Stirn, durch das Fehlen von Ethmoidallücken, ferner durch die Länge und Rückwärtskrümmung und 
den nahezu kreisrunden Querschnitt der Hörner, durch die geringe Höhe der Molaren, die Anwesenheit von 
Basalpfeilern und die Größe der Prämolaren, namentlich des ?2. Als Typus der Gattung; betrachte ich 
Palaeoryx Pallasi, von welchem sich der annähernd gleich große Palaeoryx Major n. sp. durch die relative 
Kleinheit der Zähne, durch die Schmalheit der oberen Prämolaren, durch die weiter zurückstehenden, fast 
kreisrunden Augenhöhlen und durch die viel mehr divergierenden, aber weniger zurückgebogenen, an den 
Spitzen stark einwärts gekrümmten Hörner unterscheidet. Palaeoryx Majori kommt auch bei Eupatoria in 
der Krim vor. Palaeoryx Stützeli n. sp. stimmt in der Größe ziemlich gut mit P. farvidens überein, er 
unterscheidet sich aber durch die stärker geneigten Hörner und vor allem durch seine schlanken, zierlichen 
Molaren und die gestreckten Prämolaren. Beide stehen jedoch den übrigen Arten durch die Verdickung der 
Stirnbeinnähte ziemlich fremdartig gegenüber. Palaeoryx ingens n.sp. ist zwar nur durch Kieferstücke ver- 


I 


[67] Die fossilen Cavicornia von Samos. 


00) 


7 
treten, aber infolge seiner Größe, der Komplikation der Prämolaren und der eckigen Ausbildung der Monde 
seiner Molaren leicht von den übrigen Arten zu unterscheiden, Er leitet in seinem Zahnbau anscheinend 
zur Gattung SZrepsiceros, wenigstens zu den im chinesischen Pliocän vorkommenden Formen mit Strepsiceros- 
artiger Bezahnung hinüber. Forsyth Major zitiert von Samos den echten Palaeoryr Pallasi und eine zweite, 
nicht näher charakterisierte und daher auch nicht wiederkennbare Art — P. rotundicornis n. sp. Der echte 
P. Pallasıi dürfte jedoch auf Samos ebenso wenig vorkommen wie in Maragha. Es handelt sich vielmehr 
wahrscheinlich um eine besondere Art, welche auch im Pliocän von Odessa vertreten sein dürfte, Palaeoryx 
boodon ist von der Gattung Palaeoryx zu trennen wegen des rhombischen Querschnittes seiner Hörner. Die 
lebende Gattung Oryx kann unmöglich von einer der bis jetzt bekannten Palaeoryx-Arten abstammen, da 
die Knickung ihrer Schädelachse entschieden geringer ist als bei dieser fossilen Gattung, dagegen könnte 
sich eher Höppotragus aus ihr entwickelt haben, allein dies ist deshalb nicht sehr wahrscheinlich, weil bereits 
in der Siwalikfauna eine Hippotragus-Art existierte. Palaeoryx-ähnliche Formen von bedeutender Körpergröße 
— boodon, Cordieri und Massonii — scheinen im südeuropäischen Oberpliocän eine nicht unwichtige Rolle 
gespielt zu haben. Sie unterscheiden sich jedoch von den echten Palaeoryx durch den drei- oder viereckigen 
Querschnitt der Hörner und stellen wohl eine besondere, gänzlich erloschene Gattung dar. 


Pseudotraginae. 


Protoryx ist charakterisiert durch die flache, steil ansteigende Stirn, das lange schmale, stark 
abwärts geneigte Cranium, die lange, hohe, schmale Schnauze, die langen aber seichten Tränengruben, die 
spaltförmigen Ethmoidallücken, die kleinen, ganz unter der Basis der Hörner liegenden Augenhöhlen, die 
starke Knickung der Schädelachse, die aufrechtstehenden, langen, mit der Spitze nach rückwärts gebogenen, 
wenig divergierenden und im Querschnitt langelliptischen Hörner, die mäßige Höhe der Molaren und die 
primitiv gebauten, aber doch schon verkürzten Prämolaren. Der Schädel erinnert, abgesehen von der Länge 
des Craniums, an den von Capra, allein es handelt sich wohl nur um eine Caprinen-ähnuliche Differenzierung 
und nicht um wirkliche Verwandtschaft, denn die Unterschiede im Gebiß sind zu bedeutend, als daß sie 
in der kurzen Zeit, die zwischen Unterpliocän und Pleistocän verstrichen ist, hätten ausgeglichen werden 
können. Auch scheint die Gattung Capra wirklich schon in der siwalischen Hipparionenfauna existiert 
zu haben. Dies gilt auch für die Gattung Hippotragus, welche im Schädelbau ebenfalls große Ähnlichkeit 
mit Protoryx aufweist, aber infolge des mehr kreisrunden Querschnittes der Hörner und der schwächeren 
Knickung der Schädelachse noch primitiver organisiert ist, so daß auch sie kaum als Nachkomme von 
Protoryx angesehen werden kann. Wohl aber könnte von Proforyx Carolinae Antilope ardea aus dem 
Oberpliocän der Auvergne abstammen. 

Von den vier Arten, welche Forsyth Major für Samos angibt, ist nur eine einzige, P, Carolinae, 
abgebildet und daher mit Sicherheit wieder zu erkennen. Eine zweite, aber neue Art, P. Hentscheli, unter- 
scheidet sich von Carolinae durch die stärkere Verkürzung der Prämolaren, die schwächere Ausbildung der 
Randfalten und die weniger kantige Entwicklung der Halbmonde ihrer Molaren. Bemerkenswert erscheint 
der Umstand, daß beim jugendlichen Schädel der Winkel, welchen der Gesichtschädel mit dem Cranium 
bildet, noch viel stumpfer ist und daß die Hörner noch sehr dünn sind und fast vollkommen vertikal stehen. 
Die erstere der beiden Arten, Carolinae, kommt außer in Samos auch in Pikermi vor. 

Pseudotragus unterscheidet sich von Protoryx durch seine geringere Körpergröße, durch die viel 
größeren Tränengruben und die viel weiter vorspringenden Supraorbitalränder, vor allem aber durch das 
viel kürzere Cranium sowie durch die viel zierlicheren Prämolaren und die relative Kleinheit aller Zähne 
Der juvenile Schädel ist auffallend flach, wenigstens liegen die Scheitelbeine fast in einer Ebene mit den 
Stirnbeinen. Die Extremitäten lassen auf ein schlankes hochbeiniges Tier von Gazellen-ähnlichem Habitus 
schließen. Der Schädel erinnert teils an Capra, teils an Guzella, namentlich an die lebende Gazella Granti, 
jedoch sind die Zähne noch viel primitiver. Die gewaltige Entwicklung der Frontalsinus unterscheidet die 
neue Gattung von den Gazellen, nicht minder auch die flache Stirn, dagegen stimmt die tiefe, weite 
Tränengrube durchaus mit der Organisation der Gazellen überein, ebenso auch die starke Verdickung der 
Sagittalnaht. Hingegen ist das Gebiß noch viel primitiver. Noch mehr macht sich dieses letztere Merkmal 


S8 Max Schlosser. [68] 


geltend gegenüber den Caprinen, bei denen auch keine vertiefte Tränengrube vorkommt, während die 
Beschaffenheit ihrer Stirn der von Pseudotragus recht ähnlich ist. Wir haben es wohl mit einer Form zu 
tun, welche eine teils an (apra, teils an Gazellen erinnernde Spezialisierung erfahren hat, aber ohne 
Hinterlassnng von Nachkommen erloschen ist. Bis jetzt ist diese neue Gattung nur in einer einzigen Art, 
P. capricornis, repräsentiert. 

Pachytragus weist noch stärkere Knickung des Schädeldaches auf als Pseudotragus, auch ist die 
Stirn etwas vertieft und mit noch weiteren Gefäßlöchern versehen. Die Frontoparietai- und die Sagittalnaht 
ist noch mehr verdickt und die Hörner sind zwar weniger gebogen, aber vorn mit einer scharfen Kante 
versehen, auch haben sie gerundet dreieckigen anstatt elliptischen Querschnitt. Außerdem besitzen sie tiefe 
Längsfurchen. Die Zähne, namentlich die Molaren erinnern mehr an Proforyx als an Pseudotragus, jedoch 
sind die Oberkieferzähne sehr plump, besonders die Prämolaren. Eine Eigentümlichkeit der unteren Prä- 
molaren ist die kräftige Entwicklung des überdies sehr weit vorn stehenden Innenhöckers. Bis jetzt kenne 


ich nur eine einzige Spezies der Gattung Pachytragus — P. crassicornis. 


Tragocerus entfernt sich von allen drei eben erwähnten Gattungen durch seine viel schräger ge- 
stellten, stärker komprimierten und gekielten Hörner, durch die geringe Knickung des Schädeldaches, durch 
seine weit hinter die Basis der Hörner reichenden, vor denselben etwas eingesenkten Stirnbeine, von Protoryx, 
dessen Cranium ebenfalls ziemlich lang ist, durch die Tiefe und Weite der Tränengrube, vor allem aber 
durch das primitive Gebiß, namentlich durch seine fast noch brachyodonten Molaren. Die ungemein weit 
gediehene Spezialisierung der Hörner zeigt aufs deutlichste, daß diese Gattung in der heutigen Fauna keine 
Nachkommen hinterlassen haben kann. Selbst Capra hat noch primitivere Hörner. Die Gattung Tragocerus 
ist auf Samos durch mindestens zwei Arten vertreten, von denen die größere, rugosifrons, sich durch ihre 
lange, tiefe Tränengrube, die schräger stehenden Hörner, die rauhen Stimbeine und die Kleinheit ihrer Prä- 
molaren von dem weit verbreiteten, sehr variablen 7. amaltheus unterscheidet, während die andere zwar 
in den wesentlichsten Merkmalen mit dieser Spezies übereinstimmt, aber durch die Kleinheit ihrer Prämolaren 
sich so weit von ihr entfernt, dafß ich es für nötig erachtet habe, sie als besondere Varietät T. amaltheus 


var. parvidens zu bezeichnen. 


Alle vier Gattungen stehen einander sehr nahe und schließen sich zugleich sehr enge an die An- 
tilopen des europäischen Obermiocän an, die aber sowohl in bezug auf ihre geringeren Dimensionen als 
auch bezüglich ihrer kurzen, geraden, mehr oder weniger aufrechtstehenden Hörner, der Brachyodontie ihrer 
Molaren und der relativen Größe ihrer Prämolaren noch viel primitiver sind. Obwohl unsere Kenntnisse 
dieser miocänen Antilopen noch sehr vieles zu wünschen übrig lassen, so reichen sie doch aus, um 
namentlich zwischen Pachytragus und Protragocerus Chantrei einerseits und zwischen Tragocerus und 
Antilope clavata anderseits engere Beziehungen erkennen zu lassen, wenigstens soweit die Schädelform 
und die Stellung der Hörner von clavata in Betracht kommt. Hingegen erweisen sich die mehrfachen 
Anklänge an Gazellen — zwischen Pseudotragus und Gazella Granti — und an Capra wohl doch nur 
als bloße Analogien und nicht als Zeichen von wirklicher Verwandtschaft. Genetische Beziehungen zu Capra 
sind schon deshalb höchst unwahrscheinlich, weil diese Gattung in den Siwalik möglicherweise selbst schon 
in der Hipparionenfauna vorkommt. Auch wäre die Umwandlung des noch beinahe brachyodonten 
Gebisses der Pseudotraginae in das extrem hypselodonte der Caprinen in der relativ kurzen Zeit zwischen 
Unterpliocän und älterem Pleistocän, wo unzweifelhafte Caprinen, und zwar schon rezente Arten auftreten, 
doch kaum möglich gewesen. Und selbst wenn sich wirklich direkte Verwandtschaft zwischen einem der 
Pseudotraginae und Capra ergeben sollte, so kann dies nicht Tragocerus, sondern nur Pseudotragus oder 
allenfalls auch Pachytragus sein. 


Antilopinae. 


Die von Forsyth Major für Samos angegebene Gazella deperdita kommt daselbst anscheinend 
nicht vor, denn alle mir von Samos vorliegenden Gazellenhörner sind viel gleichmäßiger aber schwächer 
gekrümmt und haben auch ausgesprochen elliptischen Querschnitt, und die Prämolaren aller Unterkiefer 
sind schon stärker reduziert, insofern an den unteren P3 und P4 der Innenpfeiler wie bei den lebenden 


[69] Die fossilen Cavicornia von Samos. 89 
Arten in eine Kulisse umgewandelt erscheint. Auch haben die Molaren bereits einen viel höheren Sal von 
Hypselodontie erreicht als bei G. deperdita, dafür aber den Basalpfeiler verloren. 

Die größere der beiden Gazellenarten von Samos, der ich jedoch keinen besonderen Namen 
beilege, unterscheidet sich von der kleineren, aber häufigeren, welche ich Gazella Gaxudryi nenne, durch 
ihre mehr gebogenen und stärker komprimierten. Hörner. 

Von den Gazellen aus Maragha schließt sich die eine, G. capricornis, sehr eng an die beiden 
Arten von Samos an, nur sind die Hornspitzen mehr auswärts gedreht, die andere scheint mit Gazella 
brevicornis von Pikermi identisch zu sein, welche ich übrigens für verschieden von G. deperdita halte. 

Während von den Gazellenarten der chinesischen Hipparionenfauna die eine, G. balaeosinensis, 
den Ahnen der noch heutzutage in der Mongolei lebenden subgutturosa und gutturosa, vielleicht auch der 
indischen Benneiti, und die andere, G. dorcadoides, den Ahnen der in Arabien und Nordafrika lebenden 
G. dorcas darstellt, scheint die größere der beiden Arten von Samos der Vorläufer der ostafrikanischen G. 
Granti und die kleinere etwa der Vorläufer der ebenfalls in Ostafrika lebenden Thompsoni zu sein, hingegen 
haben drevicornis" und deperdita in der heutigen Tierwelt keine Nachkommen aufzuweisen. Sie sind nach 
Westeuropa verdrängt worden und hier gänzlich erloschen. Gazella borbonica aus dem Oberpliocän geht 
möglicherweise auf eine der beiden Arten von Samos zurück, dagegen stellt Gazella anglica aus dem Norwich 
Crag nach der Form ihrer Hörner einen sehr primitiven Typus dar, der sich von’ keiner der Gazellen- 
arten aus Pikermi etc, Samos und Maragha ableiten läßt und daher wohl von Zentralasien gekommen ist. 

Ich halte. es für keinen bloßen Zufall, daß die beiden Gazellen von Samos, die Vorläufer der 
heutzutage in Ostafrika, also am weitesten südlich von allen Gazellen, lebenden G. Granti und Thompsoni 
auch zur Hipparionenzeit schon weiter von der ursprünglichen Heimat der Gazellen sich entfernt 
haben als Gazella dorcadoides, der Ahne der Nordafrika und Arabien bewohnenden Gazella dorcas, denn 
dorcadoides ist eine chinesische Art ebenso wie palaeosinensis, der Vorläufer von G. gutfurosa und sub- 
gutturosa, welche noch jetzt die Mongolei bewohnen. Außerdem hatte sich Gazella deperdita =? brevicornis, 
die im Zahnbau primitivste Form am weitesten nach Westen entfernt. Wir sehen also deutlich ein Aus- 
strahlen von Osten und Norden her, woraus wir wohl den Schluß ziehen dürfen, daß das Entstehungs- 
zentrum der Gattung Gazella im mittleren Teil von Ostasien gesucht werden muß, wohin ihre Vor- 
läufer von Nordamerika gekommen waren zusammen mit den echten Caniden, den Camelopardaliden, 
den Tylopoden und echten Hasen. Dieser Vorläufer war vermutlich ein Angehöriger der Familie der 
Hypertraguliden, und zwar die Gattung Hypisodus des White River Bed, welche im Schädelbau den Gazellen 
schon sehr ähnlich ist und trotz ihres hohen geologischen Alters bereits stark hypselodonte Molaren besitzt. 
Die Hypselodontie der Molaren sowie die Länge der Metapodien sind aber auch fast die einzigen Speziali- 
sierungen, "welche die Gattung Gazella aufzuweisen hat. Ihnen stehen als primitive Merkmale gesenüber 
die mäßigen Körperdimensionen, die schwache Knickung der Schädelachse, das Fehlen von größeren Luft- 
höhlen in den‘Stirnbeinen und vor allem die Anwesenheit von sehr langen, allerdings sehr dünnen Griffel- 
beinen — wenigstens bei Antilope cervicapra, bei Gazella dorcas und den Metacarpus canons aus Samos — 
den Rudimenten des zweiten und fünften Fingers der Vorderextremität. Dagegen könnte die Hornlosigkeit 
der Weibchen vieler Gazellenarten vielleicht als beginnende Reduktion der Hörner aufzufassen sein. 

Diese primitiven „Verhältnisse sowie die ansehnliche  Artenzahl, welche mit einemmal in der 
Hipparionenfauna auftritt, zeigen aufs deutlichste, daß der Stamm der Gazellen als besonderer Typus 
schon sehr weit zurückreichen muß. Ziehen wir außerdem noch in Betracht, daß neben der Unzahl hypse- 
lodonter Antil'opinen selbst in der Gegenwart noch ein brachyodonter Typus — Zithocramius — existiert, 
im White River Bed aber sogar schon eine stark hypselodonte Form — Hypisodus — vorkommt, während 
bei den übrigen Antilopen die Entwicklung des hypselodonten Zahntypus überhaupt kaum vor der 
Hipparionenzeit begonnen hat und von da an in allen Gruppen, mit Ausnahme der Tragelaphinae, 
Cephalophinae und Neotraginae, sehr gleichmäßig fortschreitet, so bleibt es keinen Augenblick zweifelhaft, 
daß die Antilopinae einen durchaus selbständigen Formenkreis der Cavicornier bilden, 
dessem Ursprung übrigens auch die Cephalophinae und Neotraginae sowie die Ovicaprinae 
sehr nahestehen dürften. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XVII = 


Max Schlosser. [70] 


90 
Ovinae. 
Oioceros? 
Fossile Ozicaprinae waren bisher nur im indischen Tertiär bekannt — Capra sivalensis, perimensis, 
Bucapra Daviesi — allein sie haben keine näheren Beziehungen zur Gattung Ovis. Nun hat vor kurzem 


Gaillard den Nachweis erbracht, daß bereits zur Hipparionenzeit echte Schafe existiert haben, die 
man freilich bisher nicht als solche erkannt, sondern fälschlicherweise zu der rezenten Gattung Antidorcas 
gestellt hatte. Es sind dies Antidorcas Rothii von Pikermi und Antidorcas Atropatenes von Maragha. Sie 
zeigen das für die Ovinen charakteristische Merkmal, die ungleichsinnige Drehung der Hornspitzen, so daß 
die des rechten nach links und die des linken nach rechts sieht, während bei den Antilopen nur gleich- 
sinnige Drehung vorkommt — rechtes Horn nach rechts, linkes Horn nach links. Außerdem springt auch 
bei Oioceros Rothii, wie Gaillard die Pikermispezies nennt, der Supraorbitalrand ebenso weit vor wie 
bei Ovis. 

Von Samos liegt ein hornloser Schädel. eines weiblichen Tieres vor, den ich wegen der Ähn- 
lichkeit seiner Zähne mit denen von Anzidorcas Rothil vorläufig zur Gattung Oioceros stelle. Er stimmt 
fast genau mit dem eines weiblichen Individuum von Ovis aries überein und unterscheidet sich nur durch 
die Länge der Nasenbeine, die hier erst weit vor dem vordersten Prämolaren enden, ferner durch die An- 
wesenheit von Ethmoidallücken, durch die viel flachere Stirn sowie dadurch, daß das Basisphenoid mit dem 
Basioccipitale vollkommen in einer Ebene liegt und sich also noch primitiver verhält, ähnlich wie bei den 
Cerviden. Das Gebiß ist noch auffallend ursprünglich, denn die Höhe der oberen Molaren ist noch sehr 
gering und der Länge vollkommen gleich, während die von Ovis um die Hälfte höher als lang sind. Die 
unteren Molaren besitzen noch Basalpfeiler und sind verhältuismäßig wenig komprimiert. Der untere P4 
trägt anstatt einer Innenwand noch einen freien Innenpfeiler. P 2 ist in beiden Kiefern noch sehr groß, 
auch sind die beiden vordersten Prämolaren des Oberkiefers — P2 und P3 — noch nicht so eckig ausgebildet. 
Im ganzen lassen sich jedoch schon alle Details des Ovinen-Zahnes erkennen, aber die Abweichungen im 
allgemeinen Habitus, namentlich in bezug auf den Grad der Hypselodontie sind hier noch viel bedeutender 
als bei den mit Oioceros gleichaltrigen Gliedern jeder anderen Formenreihe der Cavicornier, mit Ausnahme 
etwa der Bovinen, deren Vertreter in der Hipparionenzeit wir ja noch nicht näher kennen. Dieser 
gewaltige Abstand in der Beschaffenheit des Oioceros-Gebisses von dem der Gattung Ovis wird jedoch 
durch um so größere Ähnlichkeit im Schädelbau wieder ausgeglichen, so daß sich alle morphologischen 
Änderungen, welche bei dieser Stammesreihe zwischen der Hipparionenzeit und dem Pleistocän, der 
Zeit des ersten Auftretens der Gattung Ovis, eintreten mußten, auf die Differenzierung des Gebisses und 
der Hörner beschränken konnten, während der Schädel und wahrscheinlich auch das übrige Skelett schon 
bei Oioceros im wesentlichen die Organisation von Ovis erreicht hatte. 

Weiter zurück als bis auf Oioceros läßt sich der Ovinen-Stamm vorläufig nicht verfolgen, immerhin 
ist es aber sehr wahrscheinlich, daß er auf Formen zurückgeht, aus welchen sich auch die Gazellen 
entwickelt haben, also wohl auf die Hypertraguliden im Oligocän und Untermiocän von Nordamerika, 
jedoch käme als Vorläufer von Oioceros nicht Hypisodus, sondern eher die Gattung Zepfomeryx in Betracht, 
weil diese noch ein brachyodontes Gebiß besessen hat. Aus der Ähnlichkeit der Schädelbasis von Oioceros 
mit der von Capra undaus der Anwesenheit von Ethmoidallücken bei beiden Gattungen scheint ein ziemlich 
enger Zusammenhang zwischen ihnen hervorzugehen, wofür auch sonstige Anklänge zwischen Ozzs und 


Capra sprechen würden. 


Die Stammesgeschichte der Antilopen und Ovinen. 


Wenn wir noch einen raschen Blick auf den etwaigen genetischen Zusammenhang der hier be- 
sprochenen Formen werfen, so zeigt sich, daß trotz der großen Menge von Gattungen und Arten doch in 
verhältnismäßig wenigen Fällen direkte verwandtschaftliche Beziehungen zu lebenden Formen zu ermitteln 
sind. Wir haben es fast zumeist mit vollkommen erloschenen Typen zu tun, welche höchstens bis in das 


[71] Die fossilen Cavicornia von Samos. gI 


Oberpliocän sich erhalten haben. Auch nach rückwärts lassen sich nur wenige dieser Typen genau ver- 
folgen, denn wir können uns zwar eine ziemlich genaue Vorstellung von der Beschaffenheit ihrer Ahnen 
machen und diesem Bilde entsprechen auch im ganzen die Antilopen aus dem Obermiocän von Sansan 
etc. ganz gut, allein sie sind nur zum Teile genauer bekannt — Antilope clavata, Protragoceros Chantrei 
— und überdies noch so generalisiert, daß wir notwendigerweise die Existenz von mindestens je einem 
Zwischenglied annehmen müssen, welches etwa der Zeit nach der Fauna von Montebamboli angehören 
würde, aus welcher Periode freilich bis jetzt noch sehr wenige Formen bekannt sind und wohl auch 
schwerlich jemals in Europa zum Vorschein kommen werden, weil die Ablagerungen aus dieser Zeit — 
sarmatische Stufe, bis jetzt außer in Toscana — Montebamboli, Cästeani und Monte Massi — immer nur 
in mariner Ausbildung anzutreffen sind. 


Die erwähnten Antilopen aus dem Obermiocän lassen sich in zweierlei Gruppen gliedern. Die 


eine, und zwar die formenreichere, umfaßt mittelgroße Arten mit Cerviden-ähnlicher Bezahnung — kom- 
plizierte große Prämolaren und brachyodonte Molaren — und kurzen, meist geraden, direkt ober den 
Augenhöhlen stehenden Hörnern von kreisrundem bis kurzelliptischem Querschnitt — Antilope cristata, 


clavata, sansaniensis und Martiniana. 

Die zweite ist bis jetzt nur durch Protragocerus Chantrei aus der Gegend von Lyon vertreten, 
welcher bereits etwas größere Dimensionen erreicht hat und etwas hypselodonte, im Unterkiefer auch ein 
wenig komprimierte Molaren und Hörner von gerundet dreieckigem Querschnitt besitzt. 

Von der ersten lassen sich ableiten die Gattungen Tragoreas, Palaeoryx, Protoryx, Pseudotragus 
und wohl auch Tragocerus, sowie der vermeintliche /bex aus dem Pliocän von Eupatoria, vielleicht auch 
die Gattungen Palaeoreas, Protragelaphus und Prostrepsiceros, auf Protragocerus geht möglicherweise 
Tragocerus zurück, ganz sicher aber die Gattung Pachytragus. 

Die Gattungen Criotherium und Prodamaliscus stellen ein fremdartiges Element der kleinasiatischen 
Antilopenfauna dar. Ihre nächsten Beziehungen haben sie zu den beiden Antilopen aus den süd- 
deutschen Bohnerzen, vielleicht auch zu Anzilope Haupti von Casteani, sowie zu den chinesischen Gattungen 
Paraboselaphus, Pseudobos und Plesiaddax und zu dem indischen fossilen Alcelaphus. Criotherium ist in 
Maragha durch das ungemein nahestehende Urmiatherium ersetzt. Alle diese Gattungen werden etwa 
durch die von mir provisorisch als Strepsiceros bestimmten, nur durch Zähne repräsentierten Formen aus 
China mit der Gruppe der Antilope clavata — Martiniana verbunden. Criotherium erlischt bald voll- 
ständig, von Prodamaliscus ist dies auch ziemlich wahrscheinlich. Ebensowenig kennen wir bis jetzt die 
Nachkommen von Paraboselaphus und Pseudobos, es müßten denn die Boviden hiervon abstammen. 


Palaeoryx ist eine formenreiche Gattung, welche bedeutende Dimensionen erreicht, aber im Ober- 
pliocän mit Meneghinii, Cordieri, boodon und Massoni ? ausstirbt. Vielleicht gehört auch Antilope hastata 
hierher. Protoryx erhält sich bis in das Oberpliocän als Antilope ardea, von Pseudotragus, Pachytragus 
und Tragocerus sind bis jetzt noch keine weiteren Nachkommen bekannt, es könnte jedoch die vorhin er- 
wähnte Antilope Massoni auch allenfalls von Pachytragus abstammen. Nachkommen von Tragoreas sind 
bis jetzt nicht nachweisbar. Oryx könnte zwar allenfalls aus dieser Gattung oder aber aus Palaeoryx Stützeli 
entstanden sein, jedoch fehlen bis jetzt alle Zwischenglieder, so daß die Ableitung von einer der beiden 
Samosantilopen durchaus problematisch erscheint. 

Auch bezüglich der Abstammung der Tragelaphinen haben wir wenig sichere Anhaltspunkte. Wir 
kennen hiervon in der westasiatisch-südeuropäischen Hipparionenfauna drei Gattungen. Von diesen setzt 
sich Palaeoreas als » Antilope« torticornis in das Oberpliocän und als Palaeoreas ? Gaudryi in das Pleistocän 
von Algier fort, von einer geologisch älteren Palaeoreas-Art hat vermutlich die Gattung Taurofragus (Oreas) 
ihren Ausgang genommen. Dagegen sind die vermeintlichen Tragelaphus resp. Prostrepsiceros der west- 
asiatischen Hipparionenfaunen wohl ohne Hinterlassung von Nachkommen ausgestorben. Die Gattung 
Protragelaphus endlich könnte zwar morphologisch sehr gut der Ahne von Strepsiceros sein, jedoch existiert 
bereits in der Siwalikfauna eine Antilope, welche Lydekker wahrscheinlich auch mit Recht als Sfrepsi- 
ceros bestimmt hat, so daß also auch schon diese Gattung allenfalls gleichzeitig mit Profragelaphus ge- 
lebt hätte. 


12* 


92 Max Schlosser. [72] 


Unvergleichlich zufriedenstellender sind unsere Kenntnisse der Stammesgeschichte der Gazellen, 
welche schon in den Hipparionenfaunen auffallend viele Arten aufzuweisen haben. Einige von ihnen 
erlöschen zwar sehr bald vollständig — brevicornis, deperdita, im Pleistocän auch anglica —, dagegen 
führt Gazella Gaudryi zu Thompsoni, die zweite Art aus Samos zu Granti, die indische Gazella sp. zu 
Bennetti, die chinesische dorcadoides zu dorcas und die ebenfalls in China gefundene Palaeosinensis zu 
gutturosa und subgutturosa und vielleicht auch zu anderen asiatischen Formen wie Pantholops oder Saiga. 
Ein frühzeitiger Vorläufer der europäischen Gazellen ist vielleicht » Anzilope« gracillima von Casteani in 
Toscana. Einen Nachkommen von Helicophora kennen wir bis jetzt zwar nicht, doch könnte vielleicht die 
indische Antilope cervicapra hiermit näher verwandt sein. 

Die ältesten Ovinen, vorläufig als Oioceros zusammengefaßt, sind freilich zum Teile, Oioceros (Anti- 
dorcas) Rothii und Atropatenes, nur sehr mangelhaft bekannt und bloß durch Hörner vertreten. Um so 
wichtiger erscheint daher die neue Form aus Samos, welche allerdings auch ein besonderes Genus repräsen- 
tieren könnte. Über ihre Zugehörigkeit zu den Ovinen hann nicht der leiseste Zweifel bestehen. Leider klafft 
zwischen ihr und der erst im Pleistocän auftretenden Gattung Ovis eine weite Lücke, die nicht so bald 
ausgefüllt werden dürfte. Auch hier könnte vielleicht » Antilope« gracillima als die älteste Stammform sich 
erweisen, sofern nicht doch engere Beziehungen zu den Vorläufern der Gazellen existieren. In diesem 
Falle hätten wir den Ursprung der Ovinen ebenfalls in den Hypertraguliden des nordamerikanischen Oligocän 
und Untermiocän zu suchen, denn von diesen, und zwar vermutlich von der Gattung Hypisodus, geht die 
Gattung Gazella und somit wohl auch indirekt die Gattungen Saiga, Pantholops und Antidorcas aus, da- 
gegen müssen wir uns für die brachyodonte lebende Gattung; Lithocranius freilich nach einem anderen Vor- 
fahren umsehen. Unser Ozoceros von Samos ist wohl der unzweifelhafte Nachkomme der Hypertraguliden- 
Gattung Leptomeryx. 

Die eben besprochenen Gattungen gehören den Familien der Bubalidinae, Hippotraginae, Trage- 
Taphinae, Pseudotraginae, Antilopinae und Ovinae an. Es erübrigt uns daher, auch noch allenfalls die 
Ahnen der Cephalophinae, Neotraginae und Cervicaprinae zu ermitteln, 


Die Cephalophinae, welche in der Gegenwart teils als die artenreiche Gattung Cephalophus Afrika, 
teils als Te/raceros mit nur einer Spezies Indien bewohnen, sind fossil recht spärlich vertreten. Man kennt 
bis jetzt erst zwei Arten der Gattung Cephalophus aus dem Pleistocän von Algier, dagegen reicht die asiatische 
Gattung Tetraceros wohl schon ziemlich weit zurück, wenigstens ist eine Form aus der chinesischen 
Hipparionenfauna, Protetraceros Gaudryi, von dem lebenden Tefraceros quadricornis im Zahnbau 
kaum zu unterscheiden. Die vielfachen Anklänge an die Gazellen machen es doch ziemlich wahrscheinlich, 
daß auch sie etwa von Hypertraguliden abstammen und somit ebenfalls nordamerikanischen Ursprungs sind. 

Noch weniger wissen wir über die Herkunft der Neofraginae, von welchen bis jetzt nicht einmal 
im Pleistocän fossile Vertreter gefunden worden sind. Da sies ich aber zum Teile, Owrebia, an Tetraceros, 
zum Teile, Rhaphiceros, Oreotragus, wenigstens im Gebiß an die Gazellen anschließen, so werden wir 
auch für sie die ehemalige Heimat in Nordamerika suchen dürfen, wo überdies die oligocäne Gattung 
Hypisodus im Schädelbau eine überraschende Ähnlichkeit mit der lebenden Gattung Madoqua aufweist. 

Die Cervicaprinae endlich haben fossile Vertreter im Pleistocän von Algier, Cervicapra, und in der 
indischen Hipparionenfauna der Siwalik, Cobus. Ihrem Zahnbaue nach dürften sie wohl mit den Hippo- 
traginen gemeinsamen Ursprung besitzen, welche ihrerseits wieder den Bubalidinen und der Gattung Anoa 
hierin recht nahe kommen. Alle drei Unterfamilien sind vermutlich aus Formen entstanden, welche im 
ganzen den Antilopen von Sansan recht ähnlich waren. Aus solchen haben sich aber außerdem auch die 
Tragelaphinen entwickelt, welche zwar in Bezug aufdie Form der Hörner sehr weitgehende Spezialisirung zeigen, 
aber dafür im Zahnbau noch primitiver geblieben sind. Mit diesen vier Unterfamilien haben vielleicht auch 
die Bovinen die Urform gemein. Von Bubahdinen haben wir in der westasiatischen Fauna nur zwei Gat- 
tungen, Criotherium und Prodamaliscus, kennen gelernt, von denen wohl keine weitere Nachkommen hinter- 
lassen hat. Die entwicklungsfähige Urform hat also kaum in Vorderasien gelebt, sondern offenbar in Indien, 
wo in der Hipparionenfauna der Siwalik ein Alcelaphus erscheint, aus dem nicht nur die lebenden Arten 
von Damaliscus, sondern allenfalls auch Bubalis entstanden sein kann. Dagegen dürfte der Vorläufer 


[73] Die fossilen Cavicornia von Samos. 93 


von (onnochaetes wenigstens in der Kürze, Dicke und Stellung der Hörner der Gattung Criotherium ähn- 
licher gewesen sein. 

Indien gibt uns außerdem auch Aufschluß iiber den Ursprung der Hippotraginae. Wenn auch viel- 
leicht die Gattung Oryx aus dem Tyragoreas von Samos hervorgegangen sein könnte, so finden wir in der 
dortigen Hipparionenfauna doch keinen Vorläufer von Hippotragus, denn Protoryx kann in dieser Hin- 
sicht doch nicht ernstlich in Betracht kommen. Wohl aber treffen wir in den Siwalik bereits eine Form, 
welche der lebenden Gattung Heppotragus so nahesteht, daß sie Lydekker auch wohl mit vollem Recht 
mit dieser Gattung vereinigt hat. 

Die Cawicornier entfalten also schon in der Hipparionenfauna einen erstaunlichen Formenreichtum. 
Während jedoch Südeuropa und Westasien nur wenige weiter entwicklungsfähige Typen besaßen, — Protrage- 
laphus, Palaeoreas, Tragoreas (?), gewisse Gazellenarten und Oioceros —, finden wir in Indien die 
Ahnen von Hippotragus, Cobus, Damaliscus, in China jene von Addax und vun verschiedenen Gazellen. 
Auch ist es nicht unmöglich, daß die indischen und chinesischen ‚SZrepsiceros- (?) Arten und nicht die Gat- 
tung Protragelaphus der Ausgangspunkt der jetzigen Sfrepsiceros-Arten waren. 

Daneben treffen wir aber auch relativ hochspezialisierte, kaum weiter entwicklungsfähige Formen in 
großer Artenzahl, nämlich Protoryx, Pseudotragus, Pachytragus,: Tragocerus und Palaeoryx, so daß also 
die Menge der vor dem Pleistocän erlöschenden Formen der Zahl jener Typen, von welchen die heutigen 
Gattungen und Arten abstammen, beinahe das Gleichgewicht halten dürfte. 

Überdies beobachten wir, daß gerade dieser letztere Teil der pliocänen Cavicornier schon frühzeitig 
die jetzige Organisation erreicht hat oder doch nicht mehr sehr weit davon entfernt ist. 

Diese Verhältnisse lassen sich nur dadurch erklären, daß wir auch dem Stamm oder richtiger den 

beiden Stämmen der Cavicornier ein relativ hohes Alter zuschreiben. Für die Ahnen der Neofraginen, Ce- 
‚bhalophinen, Antilopinen, Ovinen und der Caprinen erscheint ein bedeutendes Alter schon deshalb sicher- 
gestellt, weil ihre Urtypen, die Hypertraguliden, schon im Oligocän von Nordamerika einen ziemlichen 
Formenreichtum entfalten. Die etwaigen Ahnen der Bubalidinen, Cervicaprinen, Hippotraginen, Pseudotra- 
ginen und Tragelaphinen lassen sich vorläufig allerdings nur bis in das Obermiocän — Fauna von Sansan 
etc. zurückverfolgen — Protragocerus, Antilope cristata, clavata, Marliniana etc., allein diese obermio- 
cänen Formen genügen uns zwar als die direkten Vorläufer der Pseudotraginae und vielleicht auch der 
Tragelaphinen, dagegen müssen die Bubalidinen, Cervicaprinen und Hippotraginen, da sie in Indien an- 
scheinend bereits in der Hipparionenfauna mit rezenten Gattungen auftreten und auch in Süddeutschland, 
in Vorderasien — Maragha, Samos — und in China schon hochdifferenzierte Formen von gewaltiger Körper- 
größe — Criotherium, Urmiatherium?, Pseudobos, Paraboselaphus aufzuweisen haben, unbedingt schon 
weiter zurückdatieren, wenn auch die Organisation ihrer Ureltern keineswegs von der der Anzilope cristata 
clavata etc. verschieden zu sein braucht. Für das hohe Alter der Urformen der genannten. fünf Unterfamilien 
spricht nun mit großer Bestimmtheit die Tatsache, daß im Untermiocän von St. Gerand le-Puy, Metacar- 
pusknochen!) eines selenodonten Artiodactylen vorkommen, welche im Verhältnis zur Länge doppelt so dick 
sind wie die dort so häufigen Canons von Dremotherium und Amphitragulus, und daher auf keinen Fall 
von einem (erviden stammen können. Es scheinen demnach Antilopen, ähnlich jenen von Sansan, bereits im 
Untermiocän existiert zu haben, sie werden aber wohl noch keine Hörner besessen haben. Diese ältesten alt- 
weltlichen Cavicornier-Ahnen gehen dann wie die Hirsche vermutlich auf Gelocus oder doch einen Gelo- 
cus-ähnlichen Typus zurück, der zwar weder mit Geweihen noch auch mit Hörnern, aber dafür mit kürzeren 
oder längeren oberen Caninen und mit Rudimenten von Seitenzehen, bestehend in dünnen, fadenförmigen 
Metapodien versehen war. 
Streng genommen sind also die Cavicornier eine diphyletische Gruppe. 
Der eine Teil, Bubalidinae, Tragelaphinae, Cervicaprinae, Pseudocaprinae, Hippotraginae und 
wohl auch die Bovidae sind altweltlichen, die Cephalophinae, Neotraginae, Antilopinae, 
Ovinae und Caprinae sowie Rupicapra, Antilocapra sind neuweltliche n Ursprungs. 


1, Schlosser: Beiträge zur Stammesgeschichte der Huftiere. Morphologisches Jahrbuch, Bd. XII, 1886, 
pag. 66, Taf. IV, Fig. 1. 


94 Max Schlosser. [74] 


Die zeitliche Verbreitung der Antilopengattungen!) läßt sich in beistehendem Schema veran- 
schaulichen, welches zugleich die verwandtschaftlichen Beziehungen nach Möglichkeit berücksichtigt, wobei 
jedoch nur die sicher —— oder doch wahrscheinlich —— miteinander zusammenhängenden Formen 


durch Linien verbunden sind. 


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1) Es sind hier jedoch nur jene lebenden Gattungen berücksichtigt, von welchen mir Schädel vorliegen, 
weshalb ich die mir fehlenden Gattungen Pelea, Ammodorcas, Dorcotragus, Pantholops und Limnotragus ignorieren 
muß. Auch werden die einzelnen Gattungen der Neotraginae, Oreotragus, Ourebia, Neotragus, Nesotragus und Madogua 
nicht erwähnt, weil ihre Beziehungen zu fossilen Formen bis jetzt doch nur vermutungsweise angegeben werden 
könnten, weshalb die Anführung des Familiennamens genügen dürfte. 


[75] Die fossilen Cavicornia von Samos. 95 


Morphologische Ergebnisse. 


Aus der Organisation anderer selenodonten Paarhufer können wir auch Schlüsse ziehen auf die 
Beschaffenheit der ältesten Cavicornier und bei Zugrundelegung dieser primitiven Organisation wird es uns 
möglich, alle jene Spezialisierungen festzustellen, welche bei den verschiedenen fossilen und lebenden Ca- 
vicorniern — wobei für uns hier allerdings nur die Antilopen und Ovinen in Betracht kommen — im 
Laufe der stammesgeschichtlichen Entwicklung erfolgt sind. Bei dieser Untersuchung gewinnen wir jedoch 
ein wertvolles Hilfsmittel in der Ontogenie, der Entwicklung des jugendlichen Individuums bis zum ausge- 
wachsenen respektive bis zum gealterten Tiere. Unsere Untersuchung wird sich erstrecken müssen auf den 
Schädel, auf das Gebiß, auf das Extremitätenskelett und auf die Form, Größe und Stellung der Hörner. 


Schädel. 


Als primitivsten Typus des Selenodonten- und somit auch indirekt des Cavzicornier-Schädels dürfen 
wir unter den lebenden Formen den Schädel von Camelus, unter den fossilen den von Caenotherium und 
Oreodon ansehen. Noch primitiver ist freilich jener von Anoplotherium, allein diese Gattung steht dem 
Ursprung der Cavicornier doch viel zu fern, als daß sich eine Berücksichtigung ihrer Organisation ver- 
lohnen würde. Sehr wichtige Aufschlüsse geben uns auch einige Formen aus dem älteren Tertiär von 
Nordamerika, die Hypertraguliden, und diese Verhältnisse sind sogar für das Studium der Entwicklung der 
Cavicornier direkt verwertbar, weil gerade diese Familie die Stammform gewisser Cavicornier in sich selbst 
schließt. Auch die älteren nordamerikanischen Vertreter des Tylopoden- und Oreodontiden-Stammes ver- 
dienen wegen der Anwesenheit beziehungsweise wegen des Fehlens von Tränengrube und Ethmoidallücken 
einige Berücksichtigung, insofern sie etwa Aufschluß geben können über den Wert, welcher diesen Bil- 
dungen für die Ermittlung näherer Verwandtschaft zukommt. 

Der Schädel der ältesten Selenodonten hatte jedenfalls ein ziemlich kleines Cranium, dessen Ober- 
fläche mit der Oberfläche der Gesichtspartie so ziemlich in einer Ebene lag, so daß also die Profillinie von 
der Spitze der Nasalia bis zum Scheitel nur unmerklich anstieg und von hier bis zum Öberrande des 
Occiput sich nur wenig senkte. Ferner bildete die Verlängerung des Gaumens nach rückwärts eine zum Keil- 
bein parallele Ebene, während sie bei der Mehrzahl der Cavicornier unter einem mehr oder weniger spitzen 
Winkel mit diesem zusammentrifft. Auf den Stirnbeinen fehlte noch jede Spur von knöchernen Auswüchsen, 
dagegen trug das Cranium einen hohen Scheitelkamm, der sich nach vorn zu in zwei an den Postorbital- 
fortsätzen endende Kämme gabelte. Der Schädel war mithin dem von Carnivoren ähnlich, was auch in- 
sofern durchaus zu erwarten ist, als auch die Selenodonten auf fleischfressende, Creodonten-ähnliche Formen 
zurückgehen. Tränengruben und Ethmoidallücken fehlten noch vollständig. 

Diesen Urtypus zeigen nun freilich bloß mehr die ältesten Tylopoden, Camelomeryx'!) und Protylopus“) 
und selbst dieser letztere besitzt bereits Ethmoidallücken, bei Protoreodon?), einem der ältesten Oreodontiden 
ist bereits ein geringes Ansteigen der Profillinie von der Nasenspitze bis zur Stirn bemerkbar, ebenso auch 
bei Cuenotherium und Plesiomeryx. Auch bei den ältesten bekannten Hirschschädeln — Dremotherium 
und Amphitragulus — zeigt sich ein Ansteigen der Profillinie, aber es bleibt wie bei den lebenden Formen 
auf den vorderen Teil der Schnauze und auf die Stirnregion beschränkt. Zugleich senkt sich jedoch die Scheitel- 
region etwas nach abwärts, so daß man eigentlich wohl besser von einer Aufwölbung des Craniums in der 
Stirnregion sprechen wird. Ein derartiger Schädel wird nun der Ausgangspunkt für die Organisation des 
Schädels des altweltlichen Cavicornier-Stammes gewesen sein, und wir finden auch wirklich bei Antilope 
clavata von Sansan eine sehr sanft ansteigende Profillinie in der Gesichtsregion und ein sanftes Abfallen 


1) Scott W. B.: The Selenodont Artiodactyla of the Uinta Oligocene. Transactions of Wagner Free Institute 
of Science. Philadelphia, Vol VI, 1899, pag. 67, pl. UI, Fig. 15. 

2) Ibidem: pag. 23, pl. II, Fig. 5. 

s) Ibidem: pag. 85, pl. II, Fig. 19. 


96 Max Schlosser. [76] 


der Scheitelregion, dagegen scheint die Aufwölbung der Stirn nicht sehr bedeutend gewesen zu sein. Sehr 
viel früher erfolgte hingegen das Ansteigen der Profillinie bei den Hypertraguliden, was aber bei ihnen 
zum größten Teile darauf zu beruhen scheint, daß die Schnauze von Anfang an geringe Höhe besaß, so daß 
schon eine mäßige Aufwölbung der Stirn ein Ansteigen der Profillinie bewirken mußte. 

Die besser bekannten fossilen sowie die lebenden Antilopen zeigen hinsichtlich des Verlaufes 
der Profillinie sehr verschiedene Verhältnisse, die zum Teile gewiß auf Konservierung von altertümlicher 
Organisation, zum Teile aber auf der Form, Größe und Stellung der Hörner und auf der Anwesenheit 
respektive dem Fehlen von Luftkammern in den Stirnbeinen beruhen und daher besser erst bei Besprechung 
der Hörner behandelt werden. 

Die Knickung der Schädelachse, welche sowohl auf der Oberseite des Schädels als auch an dessen 
Unterseite zum Ausdruck kommt, fehlt bei den hornlosen Vorläufern der Antilopen fast vollständig. Sie 
wird unbedingt veranlaßt durch die Vergrößerung der Hörner, denn selbst bei den Antilopen von Sansan 
verhält sich der Schädel fast noch vollständig wie bei Dremotherium, denn ihre kurzen, geraden Hörner 
konnten schon bei bloßer Senkung des Kopfes in die zum Stoßen notwendige horizontale Lage gebracht 
werden. Auch bei Hypisodus, dem Ahnen der Gazellen, und bei Leptomeryx, dem Vorläufer der Ovinen, 
kann von einer Knickung der Schädelachse noch kaum die Rede sein, was ja auch bei der Hornlosigkeit 
dieser beiden Gattungen nicht anders zu erwarten ist. Die horizontale Lage der Schädelachse erhält sich 
also so lange, als die Hörner noch klein bleiben. Wir werden daher die Modifikationen dieser ursprünglichen 
Organisation ebenfalls besser bei Besprechung der Hornentwicklung behandeln können. 

Ein drittes altertümliches Merkmal ist der Besitz einer langen, hohen Sagittalerista, ein uraltes Erb- 
teil, das die älteren Selenodonzten noch von ihren carnivoren, Creodonten-ähnlichen Vorfahren übernommen 
haben. Für unsere Betrachtung ist diese Bildung jedoch von sehr geringer Wichtigkeit, da sie bei den 
Cavicorniern höchstens noch als Rudiment am obersten Teile des Occiput erhalten bleibt und in den meisten 
Fällen nur mehr durch ihre Komponenten angedeutet wird. Es sind dies die ursprünglich an den Postor- 
bitalfortsätzen beginnenden und nach hinten zu miteinander verschmelzenden Stirnbeinkämme. je weiter 
hinten nun deren Vereinigung erfolgt, desto mehr rücken sie auch auf die Flanken des Schädels, auch 
bleiben sie nicht mehr auf die Stirnbeine beschränkt, sondern greifen hinten auch auf die Scheitelbeine 
— und zuletzt sogar auf die Schläfenbeine — über, so daß an Stelle der Sagittalcrista zwei, bis an ihr 
Einterende getrennt bleibende Supratemporalkämme treten. Die Ursache dieser Umbildung besteht in der 
Veränderung der Kaubewegung, indem an Stelle der ausschließlich vertikalen, eine fast ausschließlich 
seitliche Bewegung des Kiefers tritt. Der bei den fleischfressenden Ahnen der Selenodonten so überaus 
kräftige Masseter-Muskel bedarf daher auch keiner so ausgedehnten Anheftungsfläche mehr, die Sagittalerista 
muß daher der allmählichen Reduktion verfallen. Diese Reduktion erfolgt zuerst in der Weise, dafs wie bei 
Oreodon und Caenotherium die Sagittalcrista zwar ihrer ganzen Länge nach erhalten bleibt, aber sehr 
niedrig wird. Diese Formen haben noch bis zu einem gewissen Grad die ursprüngliche Scharnierartige Be- 
schaffenheit des Unterkiefers und somit auch einen gewissen Grad von vertikaler Kieferbewegung beibehalten, 
bei den echten Wiederkäuern verwandelt sich das Kiefergelenk aus einem Scharnier in eine gerundet 
dreieckige, horizontal liegende Platte, welche nur mehr eine horizontal seitliche Kieferbewegung gestattet. 
Der Scheitelkamm behält auch hier noch eine Zeitlang seine ursprüngliche Länge bei, wird aber schon sehr 
dünn und niedrig, wie wir dies bei Amphitragulus!) und Dremotherium?), dem Vorläufer der Hirsche 
sehen. Später rückt die Vereinigungsstelle der Supraorbitalcristen immer weiter gegen das Hinterhaupt 
zurück und zuletzt bleiben diese beiden Kämme zeitlebens getrennt — Cervus. Da nun ein großer Teil 
der Antilopen von Formen mit Hirschähnlicher Bezahnung abstammt, so dürfen wir annehmen, daß 
die Reduktion der Scheitelkäimme auch bei ihnen in ähnlicher Weise geschehen ist, wenn wir dies auch 
vorläufig noch nicht direkt bei einer fossilen Antilope beobachten können. Bei der ältesten bis jetzt be- 
kannten, nämlich bei c/avata von Sansan, scheint nach der von Filhol?) gegebenen Abbildung die Teilung: 


‘) Filhol: Mammiferes fossiles de St. Gerand-le-Puy. Annales sciences geologiques, Tome XI, 1881/1882, pl. 15. 
*) Ibidem: pl. .ıı, Fig. 1—3. 


°), Filhol: Mammiferes fossiles de Sansan. Annales des sciences geologiques, Tome XXI, 1891, pl. NXXIN, Fig, 6. 


[77] Die fossilen Cavicornia von Samos. 097 
97 


des Scheitelkammes bereits bis an das Occiput zu reichen, und die beiden Supraorbitaleristen sind wenigstens 
am vorderen Teile des Craniums schon weit auf die Flanken des Schädels herabgerückt. Die Organisation 
des rezenten Antilopenschädels ist mithin bereits im Miocän im wesentlichen fertig, was uns auch eigentlich 
nicht wundern kann, da die Antilopen in dieser Periode schon mit Hörnern versehen waren. Ganz 
ähnlich erfolgte diese Reduktion des Scheitelkammes auch bei dem Gazellen- und Ovinen-Stamm, nur 
finnde wir hier bei den Hypertraguliden, den Ahnen dieser Wiederkäuer, verschiedene Grade dieser 
Rückbildung bei geologisch gleichaltrigen Formen. Bei Zeptomeryx!) reicht der allerdings schon schwache 
Scheitelkamm noch sehr weit nach vorn, bei Hypisodus?) erfolgt die Vereinigung der Supratemporalkämme 
erst in halber Länge des Craniums, und bei Hypertragulus?) liegt sie bereits noch weiter zurück. 

Die Frage, ob die Anwesenheit von Ethmoidallücken und die Beschaffenheit der Tränengruben für 
die Ermittlung näherer Verwandtschaft verwertbar ist, läßt sich schwer beantworten. Soviel ist jedoch 
sicher, daß beide Bildungen schon ziemlich früh in verschiedenen Abteilungen der Selenodonten auftreten, 
Daß wir es mit Spezialisierungen und nicht mit ursprünglicher Organisation zu tun haben, kann keinem 
Zweifel unterliegen, denn sie fehlen nicht nur bei den Condylarthren und Creodonten, sondern auch bei 
den ältesten Gliedern des Oreodon-Stammes. Bei diesem treten dann tiefe, runde, aber kleine Tränengruben 
auf — Oreodon, Merycochoerus etc. — und bei den jüngsten und spezialisiertesten Formen finden wir große 
Ethmoidallücken — Cyclopidius, Leptauchenia. Was die älteren europäischen Selenodonten betrifft, so 
hat Caenotherium weder Tränengrube noch auch Ethmoidallücken, auch bei Dremotherium und Amphi- 
tragulus, den ältesten Hirschen, ist die Tränengrube höchstens angedeutet, und Ethmoidallücken sind über- 
haupt wohl nicht vorhanden. Um so tiefer wird die Tränengrube bei den echten Hirschen. Die Eth- 
moidallücken sind hier ebenfalls wohl entwickelt, aber wie die Tränengrube immer nach einem sehr gleich- 
artigen Typus ausgebildet. 

Von den Antilopen hat bereits die älteste europäische — A. clavata — eine sehr ausgedehnte 
tiefe Tränengrube, dagegen läßt sich aus der von Filhol — ]. c. — gegebenen Abbildung nicht ersehen, 
ob gleichzeitig mit jener auch schon Ethmoidallücken vorhanden waren. Hypisodus hat eine ziemlich große 
Tränengrube und daneben eine kleine Ethmoidallücke, bei Zepfomeryx scheint die letztere zu fehlen, und 
die Tränengrube ist auch nur durch eine leichte Einsenkung angedeutet. Bei Merycodus ist weder eine 
Tränengrube noch auch eine Ethmoidallücke vorhanden. Die Cavicornier der Hipparionenfaunen besitzen 
meist Tränengruben und Ethmoidallücken zugleich, und zwar auch solche Gattungen, deren lebende Ver- 
wandte nur mit Tränengruben oder nur mit Ethmoidallücken versehen sind. Ich halte es für zweckmäßig, 
die Organisation der wichtigsten lebenden und fossilen Formen in einer tabellarischen Zusammenstellung 
mitzuteilen, in welcher die Beschaffenheit der Ethmoidallücke in folgender Weise angegeben wird: X —= 
Ethmoidallücke zwischen Stirn-, Tränen- und Nasenbein und Oberkiefer gelegen, I = zwischen Nasenbein, 
Oberkiefer und Zwischenkiefer. 

Aus dieser Übersicht ergibt sich, daß diese Verhältnisse innerhalb der einzelnen Unterfamilien der 
lebenden Cavzcornier doch ziemlich konstant bleiben und mithin sich recht wohl als systematische Merk- 
male gebrauchen lassen. Ferner sehen wir auch, daß die Anwesenheit von Tränengruben die Anwesenheit 
von Ethmoidallücken in vielen Fällen ausschließt und umgekehrt die von Ethmoidallücken die Anwesenheit 
von Tränengruben. Man könnte fast versucht sein, die Anwesenheit der letzteren mit Brachyodontie in Zu- 
sammenhang zu bringen, denn bei den hypselodonten Cervicaprinen und Hrppotraginen fehlen Tränen- 
gruben, während die brachyodonten Cephalophinen ungewöhnlich große und tiefe Tränengruben besitzen. Auch 
hat der große, ganz besonders brachyodonte Tragocerus rugosifrons von Samos größere Tränengruben als 
alle übrigen Tragocerus und ebenso zeichnet sich Zithoeranius, der einzige wirklich brachyodonte Artılo- 
Pine durch die Größe derselben aus. Diese Tatsachen verlieren jedoch dadurch an Gewicht, daß bei den 


ı) Scott: The Selenodont Artiodactyls of the Uinta Eocene. Transactions of the Wagner Free Institute of 


Science of Philadelphia, Vol. VI, 1899, pl. I, Fig. 1. 
®) Matthew: The Skull of Hypisodus. Bulletin of the American Museum ot Nat. Hist. New-York, 1902, 


Art. XXIII, pag. 311, Fig. 1. 
SESICOILEE cap. ER 3,A, 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. 13 


98 Max Schlosser. - [78] 
ebenfalls stark brachyodonten lebenden Tragelaphinen Tränengruben vollständig fehlen, während sie bei den 
fossilen Gattungen Protragelaphus und Palaeoreas wirklich vorhanden sind. Ihr Verlust oder das Unter- 
bleiben ihrer Entstehung muß daher auf Ursachen beruhen, die uns vorläufig noch nicht bekannt sind, 
Wenn wir berücksichtigen, daß die älteste genauer bekannte Antilope von Sansan — clavata — und 
ebenso die ältesten Tragelaphinen mit Tränengruben versehen sind, so gewinnt es allerdings fast den An- 
schein, als ob sich bei vielen Stämmen der Selenodonten vorübergehend Tränengruben entwickelt hätten, um 
dann namentlich bei weitervorgeschrittener Hypselodontie wieder zu verschwinden. Auch der Umstand, daß 
Oioceros im Gegensatz zu seinem hypselodonten Nachkommen Ovis und ebenso Oreodon im Gegensatz zu 
der hypselodonten Gattung Pithecistes eine, wenn auch kleine, Tränengrube besitzen, würde für diese An- 
nahme sprechen, dagegen läßt sich die Anwesenheit von Tränengruben bei den stark hypselodonten Buba- 
lidinen und Gazellen schwer hiermit in Einklang bringen, während die Anwesenheit von Tränengruben 
bei Boselaphus — Portax und die Abwesenheit derselben bei den Boviden, die wohl Nachkommen einer 
Portax-ähnlichen Form sein dürften, sich als Stütze für diese Annahme verwerten ließe, Die Tränengruben 
scheinen also doch eher eine Spezialisierung zu sein, die aber freilich schon im Miocän aufgetreten ist und 


sich dann bei vielen Stämmen der (avicornier erhalten hat. 


Tränen- |Ethmoid.- Tränen- Ethmoid.- Tränen- | Ethmoid.- 
grube Lücke grube Lücke grube Lücke 
Bubalidinae Pseudotraginae Antilopinae | 
z Anti 1 2 ? 
Damaliscus groß —  |Protoryx.. . . . |seicht,groß) I kurz a ) ii € A 
Alcelaphus . . - groß — Pseudotragus .|tief, groß —_ TE De a = 
- ons > Gazella Granti . . ..| klein xl 
Bubalis ....| mäßig — (iTragocerus . .| variabel —? S 
; > J » Thompsoni . | groß Gl 
Prodamaliscus . _ —  |Pachytragus . . E ? 
: - 2 : | - » subgutturosa| groß | X +1 
Criotherium . . lang, seicht| I kurz j ; RN Ban ı 
. . » CAS : x » 
Connochaetes .| schwach —_ Hippotraginae 29702 1 
oder — Eier ' » sp. Samos .| groß |X klein IT? 
Cephalophinae ER a 2 we en » brevicornis . wall, X klein I 
EN Az x » deperdita. .| klein ERS 
Cephalophus . .\ groß, tief| — |Addax. . . .. — x Aepyceros?) . .... Rn X klein 
Tetraceros . . .| groß, tief ae E 4 Bi Lithocramius . . . . |sehrgroß) X + I 
Tragoreas ....| seicht —? Antidorcas!) . .... 2 ? 
| Deotrasieae { Antilocapra. . . .. _ x groß 
Ourebia . . . .| groß, tief | — Tragelaphinae ’ Nemorrhaedus ... . | groß a. 
Rhaphiceros . .| groß, tief | klein |Boselaphus. . . flach Sr Rupicapra ..... = > Wer I 
Ä J Tragelaphus . . _ X=HT lCapra . 0.2.0.2. 0 2 xml 
Cervicaprinae Strepsiceros . . _ x Oyısee Se klein _ 
(CS 050 0 _ X  |Zaurotragus . . — >osroB | |Ezeudorser nr — = 
Cervicapra . . . _ X \Protragelaphus.| groß \X schmal?|Oioceros Samos . .| klein schmal I 
f> Oo 
len): ? ? Palneoreas. . . klein schmal Bovidaen mE = — 


Als eine unzweifelhafte Spezialisierung erweist sich das Vorhandensein von Ethmoidallücken. 
Sie scheint von der Größe der Hörner abhängig zu sein, wenigstens sprechen für diese Annahme die Ver- 
hältnisse bei den Cervicaprinen, den Hippotraginen und Tragelaphinen, bei welchen in der Regel große 
Ethmoidallücken und lange kräftige Hörner vereinigt sind. Ebenso sind auch jene Gazellen, welche die 
stärksten Hörner besitzen, mit den größten Ethmoidallüicken versehen. Die Abwesenheit dieser letzteren bei 
den Bubalidinen läßt sich kaum als Einwand gegen diese Annahme verwerten, denn die Hörner sind bei 
dieser Unterfamilie entweder überhaupt im Verhältnis zu den Dimensionen des Tieres nicht besonders groß 
— Damaliscus — oder sie stehen ganz dicht an der Hinterhauptfläche — Connochaetes, Bubalis — und 
können ‚daher die Beschaffenheit der Gesichtsregion nicht weiter beeinflussen. Das nämliche gilt dann auch 
für alle Bovinen und für gewisse Ovinen mit besonders kräftigen Hörnern. Leider kennen wir die fossilen 


Antilopen zu wenig, um angeben zu können, wie diese Lücken zu stande gekommen sind. Sie finden 


1) Nicht untersucht. 
2) Hat außerdem auch Lücken zwischen dem Ober- und Zwischenkiefer. 


[79] Die fossilen Cavicornia von Samos. 99 


sich bei Gazella brevicornis, Gazella sp. von Samos, bei Palaeoreas, Protragelaphus, Oioceros, Criotheri- 
um und Proforyx'), aber sie besitzen nur geringe Ausdehnung und bilden nur einen breiteren oder schmä- 
leren Spalt, der außer bei Gazella oder Pulaeoreas verhältnismäßig weit vorn liegt und eigentlich nur 
Oberkiefer und Nasenbeine auf eine kurze Strecke trennt. Sehr wichtig erscheint die Anwesenheit solcher 
Lücken bei Oioceros?, denn bei dessem Nachkommen, der Gattung Ovzs, fehlen solche vollständig. Ich 
glaube kaum zu irren, wenn ich sie in diesem Falle für ein Zeichen von Verwandtschaft mit den Anzilopi- 
nen — Gazella etc. — ansehe, bei denen stets Ethmoidallücken vorhanden sind, während sie bei den 
Schafen verloren gegangen sein dürften. Morphologisch bilden die Ethmoidallücken dieser fossilen Cavz- 
cornier den Übergang zwischen den beiden Typen der Ausbildung, welche wir bei den lebenden Gattungen 
antreffen. Sie haben bei diesen entweder ungefähr die Form eines Dreiecks und liegen zwischen Stirn-, 
Tränen-, Nasen- und Öberkieferbeinen — Antilocapra, Neotraginae, Gazella, Lithocranius, Cervicaprinae, 
Hippotraginae und Tragelaphinea — oder es istnur ein Spalt zwischen den Nasenbeinen einerseits und den 
Ober- und Zwischenkiefern anderseits vorhanden, die Lücke neben dem Tränen- und Stirnbein aber ent- 
weder sehr klein oder gänzlich geschlossen — Capra, Rupicapra. Bei den lebenden Gazellen und bei 
Tragelaphus finden wir beide Formen der Ausbildung der Ethmoidallücken miteinander vereinigt. 


Es scheint also doch, daf wir die Verhältnisse bei den fossilen Cavicorniern als die ursprünglichen 
ansehen dürfen, und daß sich die beiden jetzigen Typen der Ethmoidallücken daraus entwickelt haben. 
Es zeigt sich aber auch eine gewisse Abhängigkeit der Ethmoidallücken von der Entwicklung von Luft- 
kammern in den Stirnbeinen. Bei den Gattungen mit dreieckigen, . weit hinten liegenden Ethmoidallücken 
fehlen solche Luftkammern fast vollständig, außer bei Hippotragus, dagegen erreichen die Gattungen mit 
Spalten zwischen den Oberkiefern und den Nasenbeinen — Capra, Rupicapra — das Maximum der Ausbildung 
dieser Kammern. Die Verhältnisse bei den Gazellen scheinen zwar gegen diese Annahme zu sprechen, 
allein die Anwesenheit beider Typen der Ausbildung der Ethmoidallücken und die Abwesenheit von Luft- 
kammern könnte hier auch ganz gut als ein persistierendes Übergangsstadium zu der Organisation von (apra 
aufgefaßt werden. 

Aus diesen Verhältnissen dürfte sich nun auch der Zweck der Ethmoidallücken erklären lassen. Sie 
sollen vermutlich beim Stoß den im Schädel befindlichen Luftmengen einen Ausweg gestatten, so daß ein 
übermäßiger Druck auf die Blutgefäße und Nerven vermieden wird, und dies wird auch insofern erreicht, 
als die Luft hier unter das nachgiebige Fell austreten und dasselbe aufblähen kann, um dann beim Aufhören 
des Druckes wieder in die Schädelräume zurückzukehren. Bei den Formen mit großen Luftkammern ist dies 
hingegen nicht nötig, denn hier dürfte der Stoß bei den vielen, sich gegenseitig verspreizenden Knochen- 
lamellen so abgeschwächt werden, daß sich überhaupt kein Druck auf die Blutgefäße und Nerven bemerkbar 
machen wird. Allerdings bleibt dann die spaltförmige Ausbildung der Ethmoidallücken bei Capra etc. noch 
unerklärt, sie müßte denn als Erbteil von Gazellen-ähnlichen Vorläufern gedeutet werden. 


Hingegen lassen sich die Verhältnisse bei den Bubahdinen und Bovinen sehr gut in Einklang 
bringen mit dieser Annahme. Auch hier finden wir bei Criotherium, der ältesten Bubalidinen, und bei 
Boselaphus, welcher dem Ausgangspunkt der Bovinen nahe steht, noch spaltförmige, aber weit hinten liegende 
Ethmoidallücken, welche sich dann bei weiterer Ausbildung der Luftkammern, weil überflüssig, geschlossen haben. 


Es gewinnt demnach den Anschein, als ob alle Stämme der Cavicornier entsprechend dem Wachstum 
der Hörner ein Stadium durchlaufen hätten, in welchem sie spaltförmige Ethmoidallücken besessen haben 
— Unterpliocän —, und zwar an der Grenze der Nasen-, Stirn-, Tränen- und Oberkieferbeine. Bei Ent- 
stehung eines komplizierteren Systems von Luftkammern haben sich diese Lücken geschlossen oder ganz 
nach vorne verschoben, bei jenen Hornträgern dagegen, welche keine solchen Luftkammern in den Stirnbeinen 
bekamen, fand Vergrößerung der Ethmoidallücken statt, entsprechend der Vergrößerung der Hörner. 


1) Die von Lydekker beschriebenen Antilopen aus den Siwalik — Strepsiceros Falconeri, Hıppotragus 
sivalensis und Cobus palaeindicus — besitzen nach den Angaben dieses Autors Ethmoidallücken wie ihre lebenden Verwand- 
ten, aber sie scheinen doch noch etwas schwächer zu sein, da sie in den Abbildungen nicht im geringsten zum Aus- 
drucke kommen. — Palaeontologia Indica. Ser. X, Vol. IV, Supplement I, Siwalik Mammalia 1886. 

13* 


100 Max Schlosser. [So] 


Die Hörner. 


Diese Gebilde, nach welchen der größere Teil aller Wiederkäuer, die Cavicornier, den Namen 
führen, waren anfangs sicher nur den Männchen eigen. Denn nur diese bedurften einer Bewaffnung für den 
Kampf mit ihren Nebenbuhlern. Die Hornlosigkeit der Weibchen hat sich auch bei vielen Antilopen bis 
in die Gegenwart erhalten — Neotraginae, Cervicaprinae, bei Aepyceros, Saiga und bei Taurotragus — 
sowie bei den meisten Schafen und Ziegen. 

Die Hörner waren ursprünglich, wie wir aus der Ontogenie entnehmen können, nur kurze, aufrecht- 
stehende, kegelförmige Zapfen auf den Stirnbeinen, direkt ober den Augenhöhlen. Die Hautpartie, unter 
welcher sich der Hornzapfen entwickelte, blieb aber hier nicht zeitlebens wie bei den Giraffen oder doch 
bis zur fertigen Ausbildung des Hornes, wie beim Bastgeweih der Hirsche als solche erhalten, sondern 
wandelte sich von der Spitze bis zur Basis in Hornsubstanz um und die so entstandene Hornscheide wird 
entsprechend dem Wachstum des knöchernen Hornzapfens allmählich in die Höhe geschoben. 

Gadow!) hat kürzlich gezeigt, daß weder der Geweihträger der Hirsche noch auch der knöcherne 
Hornzapfen der Cavicornier als bloßer Auswuchs der Stirnbeine aufgefaßt werden darf. Aus seiner Unter- 
suchung geht vielmehr unzweifelhaft hervor, daß zwischen dem, an der betreffenden Stelle verdickten 
Stirnbein und der Haut ein kegelförmiges Knorpelstück eingeschaltet ist, welches sich entsprechend dem 
Wachstum des Geweihes oder Hornes von unten her allmählich in Knochen umwandelt. 

Für unsere Betrachtung können wir die allmähliche Entwicklung und Differenzierung der Hornscheiden 
vollkommen bei Seite lassen und uns auf die Besprechung der Veränderung des knöchernen Hornzapfens 
beschränken. Derselbe war, wie schon bemerkt, ursprünglich ein niedriges konisches Gebilde, welches sich 
direkt über den Augenhöhlen, mehr oder weniger vertikal erhoben hat. Daß dies wirklich der ursprüngliche 
Zustand gewesen sein muß, zeigen uns nicht nur die Verhältnisse bei den ältesten bekannten Cavicorniern, 
den Antilopen von Sansan, sondern auch die lebenden Cavicornier, denn ihr Hornzapfen hat in der 
Jugend fast seiner ganzen Länge nach, im Alter aber wenigstens noch an seiner Spitze die Form eines 
mehr oder weniger deutlichen Kegels. Über seine ursprüngliche Stellung gibt die Ontogenie freilich nur bei 
jenen Gattungen Aufschluß, bei welchen die Hörner ihren Platz nur wenig geändert haben, wo hingegen 
wie bei Bubalis oder bei den Boviden die Hörner dicht an die Hinterhauptfläche gerückt sind, können wir 
natürlich nicht die Konservierung des ursprünglichen Zustandes erwarten. Aber trotz der weitgehenden 
Differenzierung des Schädels und der Hörner beim erwachsenen Tier bewahrt der Hornzapfen des jungen 
Individuums von Bos doch die ehemalige Kegelform noch sehr gut und bildet auch durch seine relative 
Annäherung an die Augenhöhle und seinen Abstand vom Hinterhaupt ein Übergangsstadium zu der einstigen 
Organisation der Vorfahren der Boviden. Die Mehrzahl der Cavicornier trägt jedoch die Hörner noch an 
ihrer ursprünglichen Stelle, direkt über oder doch nur in geringer Entfernung von den Augenhöhlen. 

Die Differenzierungen der Hornzapfen äußern sich in Verlängerung, in Krümmung und seitlicher 
Kompression, auch kann der ganze Hornzapfen sich sehr stark nach rückwärts neigen, oder statt der 
ursprünglich parallelen Stellung der Hörner tritt eine bedeutende Divergenz derselben ein, wobei nicht nur 
die Hornspitzen, sondern auch die Hornzapfen an ihrer Basis weit auseinander rücken. Endlich kann auch 
der anfangs gerade Hornzapfen durch Drehung am seine Achse spiralig werden, was dann sehr häufig 
auch mit der Entstehung von einem oder mehreren Längskielen verbunden ist, während Kompression der 
Hornzapfen bei spiraliger Entwicklung derselben ausgeschlossen zu sein scheint. Ebenso wird auch die 
Länge der Hörner bei seitlicher Kompression der Hornzapfen fast niemals allzu beträchtlich. Diese Diffe- 
renzierungen führen also zur Entstehung von drei Haupttypen: 

1. gerade, im Querschnitt runde und parallel stehende Hornzapfen: 

a) vertikal Rupicapra; 

b) schräggestellt Anoa, Portax, Nemorrhaedus, Neotraginae, Gazella deperdita, dorcas, Cepha- 
lophus, Saiga ; 

c) schräggestellt, stark verlängert Palaeoryx, Hippotragus, Oryx; 


1) The Evolution of Horns and Antlers. Proceedings of the Zoological Society of London 1902. I, pag. 206. 


[81] Die fossilen Cavicornia von Samos. IOI 


2. gebogene, seitlich komprimierte, mäßig divergierende Hornzapfen: 

d) ungekielt Gazella Gaudryi, Granti, Thompsoni, Lithocranius, Protoryx, Pseudotragus, Tragoreas? 

e) vorne mit Kiel Tragocerus, Pachytragus, Antilocapra, Capra; 
3. leierförmige, im Querschnitt runde Hornzapfen: 

F) ungekielt Cobus, Cervicapra, Helicophora; 

g) ungekielt, spiralgedreht Gazella subgutturosa, Aepyceros, Antilope, Addax, Damaliscus; 

h) gekielt, spiralgedreht Palaeoreas, Protragelaphus, Tragelaphus, Strepsiceros, Taurotragus. 

Während jedoch bei allen diesen Gattungen die Hornzapfen ihren Platz oberhalb der Augenhöhlen 

nur wenig, geändert haben, sind sie bei den folgenden Formen sehr weit nach hinten gerückt, so daß die 
Stirnbeine fast oder sogar direkt an die Hinterhauptfläche stoßen und die Scheitelbeine stark reduziert 
erscheinen. 


Diese Verhältnisse finden wir bei den Bubalidinen — Criotherium, Urmiatherium, Damaliscus, 
Bubalis und Connochaetes —, deren Hörner noch mehr oder weniger dicht beisammen stehen, und bei den 
Boviden, bei welchen sie durch die ganze Breite der Stirnbeine getrennt sind, jedoch kommen bei Conno- 
chaetes und bei den Büffeln durch Verdickung der Basis der Hornzapfen sehr ähnliche Bildungen zu 
stande. Eine solche Verdickung der Hornbasis treffen wir auch bei Criotherium, nur stehen die Hörner hier 
fast vertikal, bei Urmiatherium anscheinend mehr rückwärts geneigt, und sind außerdem mit mehreren zum 
Teile sehr kräftigen Kielen versehen. Während jedoch die Scheitelbeine bei den Bubalidinen immer noch an 
der Bildung des Schädeldaches Teil nehmen, werden sie bei den Boviden noch mehr auf die Seite gedrängt. 
Im ganzen sprechen jedoch diese Anklänge im Bau des Craniums und in der Stellung der Hörner sehr zu 
Gunsten der Annahme, daß wir es nicht mit bloßen Analogien zu tun haben, sondern daß diese mannig- 
fachen Anklänge zwischen den Bubalidinen und Boviden wirklich auf näherer Verwandtschaft beruhen 
dürften, wenn auch natürlich die bis jetzt bekannten Formen in der Tat nur ähnliche Differenzierungen 
repräsentieren und die Trennung in beide Gruppen schon zur Zeit der Hipparionenfauna erfolgt war. 

Die Ovinen zeigen im Bau des Schädels und in der Form und Stellung der Hörner so verschieden- 
artige Verhältnisse, daß sie hier nur ganz flüchtig behandelt werden können. Die Vergrößerung der Hörner 
und die Verdickung der Hornbasis kann zu Boviden-ähnlicher Bildung des Craniums führen, indem der 
hintere Teil der Stirnbeine sowie die Scheitelbeine in eine Ebene mit dem Hinterhauptbein zu liegen 
kommen — Pseudovis. Ovibos ist jedoch trotz der Verdickung der Hornbasis nicht bis zu diesem Stadium 
gelangt, weil die Hörner eben doch im Verhältnis zur Größe des Tieres nicht besonders groß geworden sind. 
Im allgemeinen haben die Schafe die Organisation des primitiven Ziegenschädels bewahrt, indem die 
Scheitelbeine mit der Hinterhauptfläche seitlich doch noch einen ziemlich spitzen Winkel bilden und einen 
sehr großen Raum einnehmen und außerdem in ihrer Beteiligung an der Zusammensetzung des Schädeldaches 
gewissermaßen nur die direkte Fortsetzung der Stirnbeine darstellen. Die Hörner selbst haben die verschie- 
densten Formen, je nach der Weite ihrer Spiralen, der Beschaffenheit ihres Querschnittes und ihrer Dicke; 
auch ihre Stellung ist sehr verschieden, entweder dicht beisammen, wenig divergierend und wenig nach rück- 
wärts geneigt — Ovis stredsiceros — oder sie stehen fast wagrecht vom Schädel ab und drehen sich bald 
langsamer, bald schreller nach vorwärts. Der ursprüngliche Typus dürfte von dem Horne der Ziegen kaum 
allzusehr verschieden gewesen sein, doch hat die Spiraldrehung anscheinend bereits zur Zeit der Hippa- 
rionenfauna begonnen, Oioceros, dessen Hörner im übrigen sowohl bezüglich ihrer Kürze als auch hin- 
sichtlich ihrer, im ganzen, vertikalen Stellung sich noch recht primitiv verhalten. Durch die Anklänge an die 
Caprinen und an die Gazellen erweisen sich auch die Ovinen als zu der ersterwähnten Gruppe ge- 
hörig, deren Hörner mehr oder weniger ihren ursprünglichen Platz über den Augenhöhlen beibehalten und 
deren Scheitelbeine keine Verdrängung erlitten haben. Die Gruppe umfaßt, wie wir oben gesehen haben, 
auch die Caprinen und praktisch auch sämtliche Antilopen, mit Ausnahme der Bubalidinen. 

Die verschiedenen, hier auftretenden Formen der Hörner haben wir schon vorhin kennen gelernt, wir 
haben jedoch jetzt zu untersuchen, welche Veränderungen des Schädels durch diese mannigfaltigen Differen- 
zierungen der Hörner etwa hervorgerufen werden. Es leuchtet uns nun sofort ein, daß von allen erdenkbaren 
Um-wandlungen der ursprünglich kurzen, vertikal ober den Augenhöhlen stehenden, im Querschnitt ungefähr 


> Max Schlosser. [S2] 


kreisrunden Hornzapfen nur die Verlängerung und Rückwärtsneigung, sei es durch Krümmung, sei es bloß 
durch schräge Stellung desselben einen Einfluß auf seine Funktion und daher auch etwa auf die Beschaffenheit 
seiner Basis, also des Craniums ausüben kann, nicht aber auch seitliche Kompression, stärkeres Divergieren 
und Spiraldrehung oder gar die Bildung von Kielen,. Nach wie vor dient das Horn, solange es 
seine Stelle nicht wesentlich ändert, nur zum Stechen, es kommt nur seine Spitze mit 
dem Feinde in Berührung, mag es nun lang oder kurz, krumm oder gerade sein. Es ist nun klar, 
daß ein langes oder stark gekrümmtes Horn nur dann die Funktion des Stechens leisten wird, wenn der 
Kopf so tief gesenkt werden kann, daß die Spitze des Hornes nach vorwärts gerichtet ist, was aber bei 
besonders starker Krümmung oder bei besonders starker Verlängerung desselben kaum mehr durch bloße Sen- 
kung des Kopfes erreicht werden dürfte. Hier wirdnun Abhilfe geschaffen durch die Knickung der 
Schädelachse, welche die Länge oder Krümmung der Hörner bis zu einem gewissen 
Grade wieder ausgleicht, so daß dieselben einen ebenso großen Spielraum gewinnen 
und wieder ebenso gut funktionieren können wie kürzere oder weniger gekrümmte 
Waffen. Man könnte nun einwenden, daß gerade bei Antilopen mit abnorm großen Hörnern — Strepsi- 
ceros, Taurotragus, Oryx — sowie bei den Hirschen trotz der oft so riesigen Entwicklung der Geweihe 
doch keine Knickung der Schädelachse erfolgt ist, allein es ist sehr die Frage, ob diese ungewöhnlich lan- 
gen Hörner nicht doch schon überhaupt den Grad der Zweckmäßigkeit überschritten haben und bereits 
als Beispiele der Erscheinung des Luxurirens aufgefaßt werden müssen, und bei den Hirschen kommt der 
Umstand in Betracht, daß sie mehr oder weniger dicht über dem Rosenstock die mehr oder weniger hori- 
zontal angehefteten Augensprossen besitzen, welche beim Kampfe fast mehr zur Geltung kommen dürften 
als die Enden der Geweihe, welche mehr zur Einleitung des Kampfes geeignet sind. 

Es ist jedenfalls sehr beachtenswert, daß die Knickung der Schädelachse beim 
jungen Tiere eine noch geringere ist als beim erwachsenen. Wir sehen dies besonders 
deutlich bei dem jugendlichen Schädel von Pseudotragus aus Samos und in geringerem 
Grade auch bei Schaf und Ziege. 

Die Bubalidinen und Boviden zeichnen sich gegenüber den anderen Cavicorniern durch Verlage- 
rung der Hörner und Stirnbeine nach rückwärts und durch das Fehlen einer Knickung der Schädelachse 
aus. Die Hörner eignen sich infolge ihrer Vorwärtskrimmung vorwiegend zum Stoßen. Stechen ist meist 
nur möglich durch Seitwärtsneigung des Kopfes, wobei dann auch immer nur eines der beiden Hörner 
in Funktion treten kann. Die Schafe gehören infolge der ganz seitlich am Schädel befestigten und mit 
den Spitzen vorwärts gerichteten Hörner zum größeren Teile praktisch in diese Gruppe, nur die Sfrepsiceros- 
Formen können sich ihrer Hörner, weil diese aufwärts und rückwärts gerichtet sind, wohl in der nämlichen 
Weise bedienen wie die Zuleojem. 

Während bei den Ziegen und Antilopen die Bildung der Lufthöhlen auf die Stirnbeine 
und auf die Basis der Hörner beschränkt ist, kann sie sich bei den Bubalidinen — Criotherium — und 
den Bovinen auch auf die Scheitelbeine und das Hinterhauptbein erstrecken. Ihr Zweck ist offenbar 
die Verstärkung der Hornbasis, der zwar auch durch bloße Verdickung der betreffenden Knochen 
erreicht werden könnte, was aber dann zugleich mit einer bedeutenden Gewichtszunahme des Schädels ver- 
bunden wäre. Diese wird vermieden durch die Entstehung voneinander kreuzenden und stützenden 
knöchernen Lamellen und Balken, wodurch der nämliche Grad von Festigkeit erzielt wird, wie durch die 
Bildung eines kompakten Knochenkörpers. Die Natur wendet also das nämliche mechanische Prinzip an, 
dessen sich auch die Technik bedient, wenn sie statt massiver Steinbauten durchbrochene Eisenkonstruktionen 
errichtet. Stehlin!), welchem wir eine ausgezeichnete Arbeit über die Entwicklung des postembryonalen Wieder- 
käuerschädels verdanken, worin er namentlich auch den Zweck der Schädelknickung ausführlich erklärt, 
ist nun der Meinung, daß die Gewichtszunahme durch Entstehung einer massiven Hornbasis für das Tier 
keine Bedeutung hätte und daher die Bildung der Stirnsinus nicht von der Größe und Schwere der Hörner 
abhängig wäre, und er begründet dies mit den Verhältnissen bei Zithocranius und den Hirschen, von 


‘) Zur Kenntnis der postembryonalen Schädelmetamorphosen bei Wiederkäuern. Inauguraldissertation, 
Basel 1893, 4 Taf., pag. 75. 


[83] Die fossilen Cavicornia von Samos. 103 


denen der erstere im Verhältnis zum Schädel abnorm große Hörner besitzt, während die letzteren ja be- 
kanntlich zum Teile ebenfalls mit riesigen schweren Geweihen versehen sind. Diese Beispiele halte ich für 
nicht ganz zutreffend, denn es ist zu bedenken, daß die Hirsche während eines großen Teiles des Jahres 
überhaupt kein oder doch nur ein ziemlich leichtes Geweih besitzen und daß die Entstehung besonders 
riesiger Geweihe doch erst seit geologisch kurzer Zeit begonnen hat. Was aber Lithocranius betrifft, so 
ist diese Gattung praktisch doch nichts anderes als eine brachyodonte Gazelle. Bei diesen genügt aber 
schon das Massivwerden der Hornbasis, um den Hörnern eine kräftige Stütze zu geben, auch dürfte die 
Entstehung verhältnismäßig großer Hörner in dieser Gruppe auch kaum sehr weit zurück datieren. Sollte 
Lithocranius pneumatische, aufgetriebene Stirubeine bekommen wie die Ziegen, so müßte erst die massive 
Hornbasis sich wieder in ein lockeres Knochengewebe umwandeln, denn nur aus einem solchen können sich 
Luftkammern bilden. Zithocranius ist also ein aberranter Typus, der bereits eine spezialisierte Organisation 
zur Grundlage hatte, weshalb auch das Fehlen von Lufthöhlen in den Stirnbeinen und in der Basis seiner 
greßen Hörner nicht als Beweis gegen die Annahme, daß die Entstehung dieser Lufthöhlen das Gewicht 
des Schädels vermindern soll, verwendet werden kann. Auch die Verhältnisse von Oryx, Strepsiceros und 
Taurotragus dürften kaum gegen diese Annahme sprechen, denn es ist wahrscheinlicher, daß wir ihre 
langen Hörner mehr als luxurirende Zierate deuten müssen anstatt als wirkliche Waffen. 

Während also die Entstehung der Luftkammern in den Schädelknochen und in der Basis der Horn- 
zapfen direkt durch die Differenzierung der Hörner beeinflußt wird, kommt bezüglich der Knickung 
der Schädelachse vermutlich noch ein anderes Moment zur Geltung, nämlich die re- 
lative Länge des Halses, denn sämtliche Gattungen der Wiederkäuer, bei welchen Cranium und 
Gesichtschädel miteinander einen Winkel bilden, zeichnen sich auch durch die Länge des Halses aus, bei 
den Bubalidinen und Boviden hingegen ist mit Ausnahme der Gattung Bubalis die Länge des Halses im 
Verhältnis zur Körpergröße wesentlich geringer, allein diese Kürze des Halses wird hauptsächlich bedingt 
durch die Kürze des Epistropheus und der beiden nächstfolgenden Wirbel, viel weniger hingegen durch die 
letzten Halswirbel. Wahrscheinlich gehen die Bubalidinen und die Boviden auf eine gemeinsame Stamm- 
form zurück, bei welcher der Hals ebenfalls schon kürzer war als bei den freilich sehr nahe verwandten 
Vorläufern der Tragelaphinen, Hippotraginen und Cervicaprinen, 

Da nun die Kürze des Halses bloß eine relativ geringe Senkung des Schädels ermöglicht, so mußte 
auch die Funktion der Hörner, solange sie über den Augenhöhlen standen, eine beschränkte bleiben, be- 
schränkt auf den geraden Stoß nach vorwärts. Kurze und zugleich stark rückwärts geneigte Hörner kommen 
hierbei überhaupt nicht zur vollen Geltung, weil ihre Spitzen dem Schädeldach viel zu dicht anliegen und 
nicht oder nur wenig über die Hinterhauptfläche hinausragen. Diesem Übelstand konnte nur durch Ver- 
schiebung der Hörner und ihrer Basis, der Stirnbeine, nach rückwärts abgeholfen werden, und dieser Prozeß 
führte zur Verkürzung und Seitwärtsdrängung der Scheitelbeine und zur terminalen Stellung der Hornbasis, 
kurz zur Bildung des Boviden-Cranium. Stadien dieses Prozesses sind Anoa, Bubalus, Leptobos, Bibos, 
Bos, von denen die primitivste Form, Anoa, wohl jedenfalls infolge der geringen Körpergröße und der 
geographischen Isolierung sich auch noch bis in die Gegenwart erhalten hat. Die Bubalidinen dürften mit 
Formen begonnen haben, deren Hörner eine ziemlich steile Lage hatten. Bei Damaliscus genügte daher 
schon die bloße Verlängerung der Hörner, um sie gebrauchsfähig zu machen, zumal da bei dieser Gattung. 
der Hals doch ziemlich lang ist,- hingegen bedingte die Kürze der Hörner bei den Ahnen von Criotherium, 
Urmiatherium, Bubalis und Connochaetes die Verschiebung derselben nach rückwärts und somit eine 
Boviden-ähnliche Differenzierung des Schädels, welche wieder mit eigenartigen Spezialisierungen der Hörner 
— spiralige Drehung und Entstehung von Kielen bei Criotherium, Knickung bei Bubalis und Auswärts- 
biesung bei Connochaefes — verbunden war. 

Meine Untersuchungen, welche ich bezüglich des Längenverhältnisses von Hals und Rumpf vorge- 
nommen hatte, stützen sich freilich nur auf ein sehr dürftiges Material und noch dazu größtenteils auf ge- 
stopfte Exemplare, weshalb ich auf genauere Messungen zum voraus verzichten mußte, aber sie bestätigen 
immerhin meine Vermutung, daß zwischen dem Grade der Schädelachsenknickung oder der Verlagerung 
der Hörner nach rückwärts einerseits und der relativen Länge des Halses anderseits sehr innige Beziehungen 


104 e Max Schlosser. [84] 


bestehen dürften, also entweder Knickung der Schädelachse, verbunden mit langem Halse, 
oder aber Verlagerung der Stirnbeine nach rückwärts, verbunden mit kurzem Halse. 

Die besten Beispiele hierfür zeigen die beiden Extreme Capra und Gazella einerseits und Dos 
und Bison anderseits. Bei den Caprinen hat der Hals fast genau die halbe Länge des Rumpfes, und 
ebenso verhalten sich auch die Gazellen, bei den Bovinen ist er dagegen fast um zwei Drittel kürzer 
als der Rumpf. Unter den Antilopen stehen hierin anscheinend den Bovinen am nächsten die Gattungen 
Strepsiceros, Damaliscus und Connochaetes sowie Oryx, dagegen zeichnet sich die Gattung Bubalis trotz 
der starken Rückwärtsverlagerung der Stirnbeine und der Hörner doch durch einen auffallend langen Hals 
aus und das nämliche ist der Fall bei der Gattung Boselaphus (Portax), jedoch unterscheidet sich dieselbe 
von den Rindern sehr wesentlich durch die große Ausdehnung der Scheitelbeine, so daß also von 
einer Rückwärtsverlagerung der Stirnbeine ebensowenig die Rede sein kann wie von einer Verlagerung 
der Hörner. Die Länge des Halses scheint hier demnach ein ursprüngliches Merkmal zu sein, weshalb 
auch eine besondere Differenzierung der Hörner nicht nötig war, denn trotz ihrer Kürze lassen sie sich in- 
folge der großen Beweglichkeit des Halses vortrefflich beim Kampfe verwerten. Aber auch das Beispiel 
von Bubalis läßt sich kaum als Einwand gegen die Annahme, daß die Verlagerung der Stirnbeine und der 
Hörner durch die Kürze des Halses bedingt sei, benutzen, denn es scheint keineswegs ausgeschlossen zu 
sein, daß die Länge des Halses hier nur als Spezialisierung und nicht als ursprüngliche Organisation auf- 
gefaßt werden darf, sie ist vielmehr wahrscheinlich nur die Folge und eine Kompensation der Streckung 
der Extremitäten, welche erst dann begonnen hatte, als bereits die Verlagerung der Hörner schon längst 
eingeleitet war. Auch für Criotherium, dessen Rumpf freilich noch nicht bekannt ist, könnte diese Annahme 
zutreffen, wenigstens nach der Länge seines Metatarsus zu schließen, doch ist hier die Länge des Halses 
wenigstens im Verhältnis zum Schädel keineswegs sehr beträchtlich. 

Die übrigen Antilopen — Cephalophinae, Neotraginae, Cervicaprinae, Hippotraginae und Tra- 
gelaphinae — sowie Rupicapra, Antilocapra schließen sich mit Ausnahme etwa von Oryx und Strepsiceros 
enger an die Caprinen und Antilopinen als an die Bovinen an, wenigstens soweit das Längenverhältnis 
zwischen Hals und Rumpf in Betracht kommt, daher hat zwar bei Vergrößerung oder Differenzierung der 
Hörner Knickung der Schädelachse, aber niemals Rückwärtsverschiebung der Stirnbeme und der Hörner 
stattgefunden. Auch bei den Merycodontident) des nordamerikanischen Miocän — die aber für uns, weil sie, 
ohne Nachkommen zu hinterlassen, erloschen sind, kelne weitere Bedeutung haben — treffen wir lange, geweih- 


artige, supraorbitale Hörner, starkeKnickung der Schädelachse und langen Hals miteinander vereinigt. 


Skelett. 


Da von fossilen Antilopen nur in seltenen Fällen vollständigere Skeletteile vorhanden sind, und 
auch selbst die wichtigsten Gattungen der lebenden Cavicornier nur in den wenigsten Sammlungen durch 
zuverlässig präparierte Skelette vertreten sein dürften, so können wir uns hier sehr kurz fassen, zumal da ja 
auch im Skelettbau keine allzugroßen Verschiedenheiten zu erwarten sind. Sie beschränken sich ja doch 
nur auf Länge, respektive Kürze, Plumpheit, respektive Zierlichkeit der Wirbel und der Extremitätenknochen, 
namentlich der Metapodien. Was bis jetzt von fossilen Cavicornier-Knochen vorliegt, zeigt im ganzen eine 
recht einförmige Organisation und schließt sich an die entsprechenden Teile der nächstverwandten lebenden 
Formen morphologisch sehr enge an. Ich möchte daher nur auf einen Punkt die Aufmerksamkeit der Osteo- 
logen lenken, nämlich auf die etwaige Anwesenheit von Rudimenten der Seitenzehen. 

Wie alle Selenodonten müssen auch die ältesten Cavicornier, beziehungsweise deren noch unge- 
hörnte Vorläufer, vier vollständige Zehen an jeder Extremität besessen haben, von denen jedoch die mittleren 
schon frühzeitig, im Eocän, stärker geworden waren als die beiden seitlichen. Etwa im Oligocän erfolgte 
dann, und zwar zuerst am Hinterfuß, die Verwachsung der mittleren Metapodien, während die seitlichen zu 


dünnen, griffelförmigen Rudimenten reduziert wurden. Die Phalangen wurden hierbei zuletzt vollständig 


1) Matthew: W.D.A. complete Skeleton of Merycodus. Bulletin of the American Museum of Natural History. 
New-York. Vol. XX, 1904, pag. IOI—129, I pl., 20 Textfig. 


[Ss] Die fossilen Cavicornia von Samos. 105 


resorbiert, wahrscheinlich fand Verwachsung derselben zu einem einzigen Knochen statt, dessen letzte Spur 
die bei den Antilopen anscheinend nicht allzu seltenen hornigen Nebenhufe darstellen. 

Die weitere Rückbildung der seitlichen Metapodien hat vermutlich zweierlei Wege eingeschlagen. 
Entweder erfolgte zuerst Auflösung der mittleren Partie der Metapodien, so daß anfangs sowohl proximale als 
auch distale Reste vorhanden waren, oder die Reduktion begann im untersten Teile und rückte allmählich nach 
aufwärts vor. Am Hinterfuß hat offenbar bei allen Formen der letztere Modus der Rückbildung stattgefunden, 
am Vorderfuß aber nur bei altweltlichen Ahnen der Cavicornier. Dagegen hat bei den Cavicorniern, welche 
auf die neuweltlichen Aypertraguliden zurückgehen, nicht etwa Auflösung in der Mitte der seitlichen Meta- 
podien, wenigstens nicht der Metacarpalien stattgefunden, 
sondern sie begannen vom distalen Ende aus zu atro- 
phieren, ein Vorgang, der sich jedoch wenigstens bei 
den Vorfahren der Gazellen nur auf das unterste 
Viertel oder Drittel der seitlichen Metacarpalien erstreckte 
und einen bisher noch nicht beobachteten Modus der 
Reduktion darstellt, während die Ahnen der altweltlichen 
Cavicornier wohl einen ähnlichen Weg eingeschlagen 
haben wie die plesiometacarpischen Hirsche. 

Was nun das fossile Material betrifft, so ist in 
Europa der älteste, einem Cavicornier angehörige Kno- 
chen jener Metacarpuscanon aus dem Untermiocän von 
St. Gerand-le Puy (Allier), welchen ich beschrieben!) 
und wegen seiner auffallenden Dicke weder zu Amphi- 
Zragulus noch auch zu Dremotherium zu stellen ge- 
waot habe. Er hat jedoch mit den Metacarpusknochen 
dieser beiden primitiven Cerviden die Anwesenheit von 
proximalen oder auch von distalen Resten der seitlichen 
Metacarpalien gemein, wenigstens ist am oberen Teile 
von Me III und IV sowohl je eine Facette als auch 
eine Rinne vorhanden für solche proximale Rudimente 
von Me II und Me V. Ein möglicherweise ebenfalls zu 
diesem Paarhufer gehöriger Metatarsus zeigt sogar 
die mit dem Canon festverwachsenen proximalen Rudi- 
mente von Metatarsale // und V. 


Zu einer der obermiocänen Antilopen von 
Sansan gehören ein Metacarpus und zwei Metatarsalia®), 


Fig 4. 


welche für Dicrocerus elegans viel zu klein sind, aber _ eu Se gerandielpuy 


von hinten; 


sich von jenen Knochen aus St. Gerand-le-Puy durch „ Metatarsus » > a 5 


ihre Schlankheit unterscheiden. c der Letztere von innen; 
An diesem Metacarpus sind nun die Rinnen 4 Oberende eines Metatarsus aus Sansan von hinten, 
vollständig verschwunden und auch die Facetten sehr 
undeutlich geworden, so daß die proximalen Rudimente von Mc II und Me V höchstens als Sesambein- 
ähnliche Knöchelchen entwickelt gewesen sein können und ebenso ist auch die Reduktion von M£ IT und 
Mt V am Metatarsuskanon noch weiter vorgeschritten, denn ihre Abgrenzung gegen M£ III und M£IV hat 
sich schon vollständig verwischt. Nur eine Facette, wohl für das nach abwärts verdrängte Cuneiforme 7, 
‚deutet noch die ehemalige Fünfzehigkeit an. 
Aus Pikermi liegen mir keine Extremitätenknochen von Antilopen vor, an welchen die proximale 


Partie erhalten wäre, wohl aber mehrere der Gazella brevicornis, auf welche ich noch im Folgenden zurück- 


1) Schlosser: Beiträge zur Stammesgeschichte der Huftiere. Morphol. Jahrbuch 1886, Bd. XII, pag. 66, Taf. IV, Fig. I. 
2) Ibidem: pag. 71, Taf. III, Fig. 13, I4, 20, 23. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns Bd, XVII. 14 


106 Max Schlosser. [86] 


kommen werde. Um so wichtiger erscheint nun die Tatsache, daß ein Metatarsus aus Samos, welcher der 
Größe nach bloß zu Criotherium gehören kann, auf seiner Rückseite noch überaus deutlich zwei kurze 
Knöchelchen trägt, von welchen das eine größere augenscheinlich das proximale Rudiment des Metatarsale F 
darstellt, welches nicht bloß in einer Furche des Metatarsale /V liegt, sondern auch in einer Rinne des 
Cuboid ziemlich weit hinaufragt, während das kleinere in der Furche zwischen M2 III und M£ IV eingebettet 
ist und daher wohl eher als Cuneiforme 7 — M£# II gedeutet werden muß. 

Wie sich die von den europäischen Antilopen abstammenden Bubalidinen, Cervicaprinen, Tra- 
gelaphinen und Hippotraginen verhalten, entzieht sich wegen Mangel an rezentem Material meiner Kenntnis. 
In den allermeisten Fällen dürfte die Reduktion der Seitenzehen wohl ebenso weit 
vorgeschritten sein wie bei den Boviden und höchstens auf Anwesenheit von 
proximalen Rudimenten, sowie auf das Vorhandensein von Nebenhufen beschränkt 
sein. Ich möchte hier nur erwähnen, daß ich bei Boselaphus (Portax) solche 
sesambeinartige Rudimente von Metacarpale V und Metacarpale 77 beobachtet habe. 
Bei Bubalis fand ich proximale splitterartige Rudimente von Metacarpale 7/7 und 
V von So cm Länge und am Metatarsus ein Rudiment der ersten Zehe. Damaliscus 
hat sowohl an der Vorder- als auch an der Hinterextremität zweigliedrige kleine 
distale Rudimente der Seitenzehen und am proximalen Teile des Metacarpuscanon 
ein rundliches flaches Sesambein zwischen Me III und Me IV, wohl Cunei- 
forme 7 4- Metatarsale 77. 

Noch reichlichere Ausbeute verspricht hingegen die Untersuchung der von 
Fig. 5. den nordamerikanischen Hypertraguliden abstammenden Cephalophinen, Neotraginen 
und Antilopinen, was schon daraus hervorgeht, 


Hinterfuß von Criothe- 
rium, etwas schräg von daß bereits Thomas und Sclater bei fast allen 


I er TE Arten dieser Gruppen die Anwesenheit von >»Ne- 

benhufen« beobachtet haben. Natürlich gilt dies 
auch wenigstens von den wirklich fossilen Gattungen der Ovicaprinen, 
welche ja mit diesen Gruppen den Ursprung gemein haben. 

Die Reduktion ist hier offenbar viel langsamer erfolgt als bei den 
europäischen Vertretern des Cawicornier-Stammes, denn im Oligocän — 
White Riverbed — hat erst eine einzige Gattung der Hypertraguliden,!) 
Leptomeryx, die Bildung eines Canon, aber auch nur am Hinterfuß, auf- 
zuweisen, während von den seitlichen Metatarsalien hier sowie bei Hyper- 
fragulus angeblich nur proximale, splitterartige Rudimente erhalten sind. 
Bei Hypisodus hingegen ist das Metatarsale // und V zwar bereits sehr 
dünn geworden, aber doch noch in der ganzen Länge erhalten. An der 
Vorderextremität hat jedoch bei keiner dieser drei Gattungen die Canon- 
bildung begonnen, die Reduktion der Seitenfinger äußert sich lediglich im 
Dünnwerden der Metacarpalien. Auch alle Phalangen sind hier noch 
vorhanden. 

Leider besteht nun zeitlich zwischen den Hypertraguliden, we- 
nigstens was die in unserem Falle so wichtige Gattung Hypisodus betrifft 
und ihren obengenannten Nachkommen eine weite Lücke, denn erst in der 
Hipparionenfauna von Pikermi und Samos finden wir Extremitäten- 
knochen der Gattungen Gazella und Oioceros. Bei diesen ist nun zwar Fig. 6. 
die Reduktion der Seitenzehen am Hinterfuß ungefähr ebenso weit gediehen a Vorderfuß von Gazella brevicornis 
wie bei der oben besprochenen Antilope von Sansan, dagegen trägt ee 


b Hinterfuß von Gazella brevicornis 
der Vorderfuß noch lange Griffelbeine, von denen jenes des Metacarpale V aus Pikermi. 


!) Matthew W.D.: The Skull of Hypisodus. Bulletin of the American Museum of Natural History. New- 
York 1902, pag. 311—316, 


[87] Die fossilen Cavicornia von Samos. 107 


sogar noch je eine Facette für Metacarpale /V und das Unciforme besitzt. Selbst bei der lebenden 
Gazella dorcas sowie bei Antilope cervicapra konnte ich solche Griffelbeine nachweisen, von denen 
jene von Gazella dorcas noch bis ins unterste Drittel des Canon hinabreichen. Bei Nemorrhaedus 
und selbst bei Capra und I/bex fand ich noch ein besonderes, 20.—30 cm langes Metacarpale V. Das 
rezente Material dürfte demnach in dieser Hinsicht noch allerlei Ergebnisse versprechen, 


Gebiß. 


Für unsere Betrachtung dürfte es genügen, von einem generalisierten Cerviden-Gebiß als 
Urtypus des Cavicornier-Gebisses auszugehen, nur für die Antilopinen — sc. Gazella — und Caprovinen 
werden wir uns allenfalls noch nach einem weiteren solchen Urtypus umsehen müssen, weil diese zum Teile 
schon ungewöhnlich früh einen überaus hohen Grad von Hypselodontie erreicht haben und auch eine auf- 
fallend glatte Schmelzoberfläche besitzen. 

Für die Mehrzahl der Cavicornier könnte das Gebiß von Gelocus, von Bachitherium oder von 
Prodremotherium der Ausgangspunkt gewesen sein, jedoch müssen wir hierbei berücksichtigen, daß Gelocus 
und Prodremotherium noch sehr viel einfachere, Bachitherium aber schon eigentümlich spezialisierte, mit 
einer Art von Innenwand versehene Unterkieferprämolaren besessen hat, weshalb wenigstens diese Gattung 
kaum als Vorläufer von Cavicorniern in Betracht kommen kann, während die beiden anderen Gattungen 
morphologisch und zeitlich doch noch sehr weit getrennt sind von den ältesten echten Antilopen — 
Antilope sansaniensis etc., Protragoceros, »ÜCervus« lunatus und haplodon. 

Auch die untermiocänen Amphitraguliden können wir nicht mit Bestimmtheit in die Ahnenreihe 
der Cavicornier einfügen, denn ihre unteren Molaren sind stets mit einer Palaeomeryx-Leiste versehen, 
deren allmähliches Verschwinden zwar bei den Cerviden ganz gut zu beobachten ist, während jene ältesten 
Antilopen keine Spur einer solchen Leiste erkennen lassen, so daß es ziemlich unwahrscheinlich wird, daß 
dieses Gebilde auch den Vorläufern der Cavicornier eigen war. Am besten würde sich also immer noch 
als Stammform der Cavicornier die oligocäne Gattung Prodremotherium eignen, nur fehlen eben dann bis 
jetzt die untermiocänen Zwischenglieder, wenigstens kennen wir bis jetzt keine Kieferstücke derselben. Die 


Or 1a3io8) 


, wobei der untere Canin auch schon gleich den Incisiven 
Sr .303 


Zahnformel von Prodremotherium ist 


schaufelförmig gestaltet war, während der obere Canin als langes, gekrümmtes aber stark komprimiertes 
säbelförmiges Gebilde entwickelt war. 

Sofern nun aus Prodremotherium oder anderen Selenodonten des europäischen Oligocän Anti- 
lopen entstanden sind, muß der Verlust dieses oberen Canin zweifellos rascher erfolgt sein als bei den 
Hirschen, denn letztere besaßen noch im Dierocerus-Stadium trotz der Anwesenheit eines Geweihes diese 
ursprüngliche Waffe, während sie bei den Antilopen des Obermiocän bereits verschwunden war. 

Sehr leicht erscheint die Ableitung der Prämolaren und Molaren der ältesten Antilopen von den 
entsprechenden Zähnen der Gattung Prodremotherium. Von den Prämolaren des Unterkiefers ist bei diesen 
der hinterste P4 der größte und komplizierteste. Er besteht aus einer nach außen konvexen Wand, die an 
der Stelle des ursprünglichen Hauptzackens am höchsten ist und aus drei, ungefähr senkrecht zur Längs- 
achse des Zahnes stehenden Kulissen, von denen sich eine vor, eine neben und eine hinter dem Haupt- 
zacken entwickelt hat. Die mittlere ist aus dem ursprünglichen Innenhöcker, dem Deuteroconid entstanden, 
der aber nicht selten noch die Form eines Pfeilers bewahrt hat und nach hinten eine Kulisse aussendet. 
P3 ist eigentlich nur eine Diminutivform des P4, und P2 eine solche des P3. Dagegen ist die Zusammen- 
setzung der oberen P sehr ungleich. Wäbrend die vorderen viel länger als breit sind, ist P4 viel breiter 
als lang, was darin begründet ist, daß dieser Zahn schon einen Innenhöcker entwickelte — bei Creodonten 
und Condylarthren — als er noch sehr kurz war. P2 und P3 hingegen blieben langgestreckte Gebilde, die 
auch erst spät Knospen und Wülste an ihrer Innenseite ansetzten. P4 bildete seinen ursprünglichen Außen- 
höcker, Protocon, in einen komprimierten Kegel um, neben welchem sich noch vorn und hinten vertikale 
leistenartige Vorsprünge entwickelten, und der Innenhöcker, Deuterocon, wurde zu einem Innenmond. An P2 
und ?3 bekam die Außenwand zwar auch sehr bald ein ähnliches Aussehen wie am P4, nur blieb sie 

14* 


8 Max Schlosser. [88] 


viel länger und ihr Protocon scheint auch schon frühzeitig vor die Mitte gestellt gewesen zu sein. Die 
Innenseite setzte einen ziemlich weit hinten stehenden Basalkegel — Deuterocon — an, gegen welchen dann 
von vorn her ein Basalwulst heranrückte, um sich schließlich mit ihm zu verbinden. Durch Vergrößerung 
und Erhöhung erlitten aber diese inneren Bildungen solche Veränderungen, daß sie von dem Innenmond des 
P4, wenigstens bei sehr modernen Selenodonten, kaum zu unterscheiden sind. 

Die Molaren des Oberkiefers bestehen aus zwei mehr oder weniger regelmäßigen Kegeln auf der 
Außenseite und aus zwei halbmondförmigen Höckern auf der Innenseite, die Molaren des Unterkiefers aber 
aus zwei mehr oder weniger komprimierten Kegeln auf der Innenseite und zwei halbmond- oder richtiger 
V-förmigen Höckern auf der Außenseite. Eine wichtige Rolle spielen jedoch gewisse Sekundärbildungen, 
nämlich vertikale Falten und Rippen, von denen die ersteren am Vorder- und Hinterrande und in der Mitte 
der Außenseite der oberen und an der Innenseite der unteren Molaren vor und hinter sowie zwischen den 
beiden Höckern auftreten, während die Rippen sich auf der Mitte der Aufßenhöcker der oberen und der 
Innenhöcker der unteren Molaren befinden. Solche Rippen erscheinen aber auch am Aufßenhöcker der oberen 
Prämolaren, während vor und hinter demselben auch Falten wie an den Molaren zum Vorschein kommen. 
Die Molaren besitzen aber außerdem auch in der Regel je einen »Basalpfeiler«, und zwar die unteren 
zwischen den »Außenmonden«, die oberen zwischen den »Innenmonden«. Der letzte untere Molar unter- 
scheidet sich vom zweiten und ersten durch die Anwesenheit eines hinteren Ansatzes, dem »dritten Lobus«, 
welcher aus einem kleinen stark komprimierten Irnenhöcker und aus einem nahezu normalen Halbmonde 
besteht, die sich aber hinten sehr innig miteinander verbinden. 

Dieser primitive Typus des Wiederkäuergebisses, der sich bei den obermiocänen Antilopen 
Europas eigentlich noch unverändert erhalten hat, ist nun vielfacher Modifikationen fähig, die aber in der 
Hauptsache auf Reduktion der Prämolaren, verbunden mit gleichartiger Ausbildung des »Innenmondes« der 
oberen Molaren und auf Höherwerden der Zahnkronen der unteren Molaren, sowie auf Spezialisierungen 
beruhen, welche die erwähnten Sekundärbildungen — nämlich die Rippen, Falten und Basalpfeiler — und 
die in die »Marken« der oberen Prämolaren und Molaren vorspringenden »Sporne« und außerdem auch den 
Verlauf der Innenmondspitzen der oberen Molaren betreffen. Je nach dem Grade der Reduktion der Prä- 
molaren, dem Grade der Hypselodontie der Molaren und der Beschaffenheit jener Sekundärbildungen bietet 
das Gebiß der jungtertiären und pleistocänen Wiederkäuer und somit auch der Cavicornier ein sehr 
wechselndes Bild, ohne daß jedoch diese Veränderungen die zwischen den einzelnen Gattungen und Unter- 
familien bestehenden verwandtschaftlichen Verhältnisse verdecken würden. Sie geben uns vielmehr sogar die 
sichersten Anhaltspunkte füt die Systematik und die Phylogenie. 


In der Hipparionenfauna sind die Veränderungen des Gebisses noch ziemlich gering, aber dennoch 
lassen sich hier schon deutlich drei Hauptgruppen unterscheiden. Die erste umfaßt die Tragelaphinen und 
die erloschene Unterfamilie der Pseudotraginae, die zweite besteht aus den Bubalidinen — Criotherium, 
Prodamaliscus und Alcelaphus — aus den Hippotraginen und aus den Gattungen Boselaphus, Parabosela- 
phus und Pseudobos und die dritte ist repräsentiert durch die zahlreichen Gazellenarten und Oioceros. 

Die erste Gruppe ist die primitivste. Ihre Incisiven sind fast gleich groß und gleich schaufelförmig 
gestaltet, die Prämolaren weisen nur manchmal Verkürzung auf — Proforyx —, auch die Hypselodontie 
der Molaren erreicht nur einen mäßigen Grad, Höhe der Krone höchstens gleich deren Länge, Protoryx, 
Pseudotragus und Pachytragus. Bei Fseudotragus findet Kompression der unteren Molaren und Prämolaren 
statt, bei Palaeoryx, sonst der konservativsten Gattung, wird der obere P 3 ziemlich kompliziert, bei Tragocerus 
sind die oberen P2 und P3 stark verbreitert, aber noch sehr lang. Die Stärke der Basalpfeiler ist bei allen 
diesen Gattungen, namentlich aber bei denen von Pikermi, sehr variabel und kann scheinbar sogar 
individuell sehr bedeutend wechseln. Beträchtlicher sind die Veränderungen bei den Gattungen aus der 
chinesischen Hipparionenfauna. Hier schreitet sowohl die Verkürzung der Prämolaren, häufig auch mit 
Ausbildung einer Innenwand an den unteren P verbunden, sowie die Hypselodontie der Molaren entschieden 
rascher vor als bei den kleinasiatischen und europäischen Arten der Gattungen Tragocerus und den dortigen 
Vertretern der Tragelaphinen. Auch kommt es bei ihnen häufiger zur Bildung von Inseln im Zentrum der 
oberen Molaren. 


[89] Die fossilen Cavicornia von Samos. 109 


Die zweite Gruppe zeichnet sich gegenüber der ersten durch einen viel höheren Grad von Hypse- 
lodontie aus, und die Prämolaren haben fast durchgehends Verkürzung erlitten, die aber bei den Prämolaren 
des Oberkiefers mit einer Verstärkung des Innenmondes verbunden ist, so daß P2 und P3 dem PA sehr 
ähnlich werden. Auch kommt es wohl immer zur Bildung von Schmelzinseln im Zentrum der oberen Molaren. 

Bemerkenswert erscheint auch der Umstand, daf die Molaren oben länger aber zugleich beträchtlich 
schmäler sind als an ihrer Basis — nur der dritte obere Molar ist auch an seiner Basis länger als an seiner 
Spitze — sowie die fast stets sehr schwache Entwicklung der Basalpfeiler, ja häufig fehlen solche vollständig. 
Wenn auch die chinesischen Arten der Gattung Sfrepsiceros bis zu einem gewissen Grade den Übergang 
zu der ersten Gruppe vermitteln, so stehen sich in Wirklichkeit doch beide Formenkreise ziemlich schroff 
gegenüber, weshalb ihre Abzweigung von einem gemeinsamen Typus schon ziemlich weit zurückliegen und 
wohl schon vor dem Obermiocän erfolgt sein müßte. Diese zweite Gruppe bildet den Ausgangspunkt 
für die lebenden Bubalidinen, die Hippotraginen und die Cervicaprinen, vielleicht auch für die Boviden. 
deren Prämolaren und Molaren ja auch denen der genannten drei Unterfamilien der Antilopen überaus 
ähnlich sind. Gegen die Annahme einer innigen Verwandtschaft der Boviden mit diesen Antilopen könnte 
eigentlich nur der Umstand zur Geltung kommen, daß sowohl bei den fossilen hierher gehörigen Formen, als 
auch bei den lebenden Bubahidinen Basalpfeiler entweder vollständig fehlen oder nur schwach entwickelt 
sind. Es erscheint aber doch nicht ausgeschlossen, daß diese Gebilde in diesem Falle überhaupt erst neueren 
Ursprungs wären, wenigstens sind sie bei Cobus, einem Cervicaprinen und bei Oryx und Addax sowie bei 
Plesiaddax, also bei Angehörigen der MHippotraginen, anscheinend erst etwas über das Anfangsstadium 
hinaus gekommen, während Hippotragus und Cervicapra in der Ausbildung der Basalpfeiler den Boviden 
zum mindesten gleichen, ja Hippotragus übertrifft sogar in dieser Beziehung die meisten Boviden. 

Der dritte Formenkreis war in der Hipparionenfauna durch die Gattung Gazella und durch einen 
Caprovinen, wohl Oioceros, vertreten. Er zeichnet sich durch sehr hohe Molaren und kurze Prämolaren aus, 
jedoch gibt es auch hier Formen, welche in diesen Stücken noch nicht so weit vorgeschritten sind wie die 
übrigen. Diese primitiveren Formen sind Oioceros und Gazella deperdita und brevicornis. Auch muß die 
chinesische Gattung Profefraceros hier genannt werden, welche zwar der Ahne eines lebenden Cephalo- 
Dhinen, Tetraceros, ist, aber ihrem Zahnbau nach aus einem Gazellaähnlichen Typus hervorgegangen sein 
dürfte. Tefraceros selbst wird wohl mit Recht zu den Cephalophinen gestellt, wie die lebende Gattung 
Lithocranius zu den Gazellen, obgleich sie sich durch hochgradig brachyodonte Molaren auszeichnen. Es 
wären also in diesem dritten Formenkreis die größten Gegensätze, außergewöhnliche Brachyodontie bei noch 
lebenden Gattungen und hochgradige Hypselodontie schon bei fossilen Gattungen vereinigt. Ja dieses Ver- 
hältnis datiert sogar noch viel weiter zurück, ‘denn schon im Oligocän von Nordamerika gibt es eine für 
diese Zeit ungewöhnlich hypselodonte Gattung Hypisodus!), während die zweifellos mit ihr sehr nahe ver- 
wandte Gattung Zepfomeryx echtbrachyodonte Molaren besitzt. Die Reduktion der Prämolaren äußert sich bei 


den Gazellenarten zwar noch nicht in Verlust des vordersten — des P2 —, wie dies bei den nahe ver- 
wandten lebenden Gattungen Pantholops, Antidorcas und Colus — Saiga — der Fall ist, wohl aber kommt 
es sogar bereits in der Hipparionenzeit bei einigen Arten — die beiden Gazellen von Samos — zum 


Verlust des Innenhügels am unteren P4, und bei der chinesischen dorcadoides zu der eigentümlichen 
eckigen Ausbildung der oberen Prämolaren sowie zu einer hochgradigen Hypselodontie der Molaren des 
Unterkiefers, während Gazella palaeosinensis nur in dem letzteren Merkmale Fortschritte in der Richtung 
zu G. subgutturosa, ihrem Nachkommen, aufweist, und Gazella deperdita und brevicornis überhaupt noch 
ein ziemlich primitives Verhalten zeigen. Die beträchtliche Verschiedenheit in der Hypselodontie zwischen 
der Gattung Gazella und der mit ihr gleichzeitig auftretenden Gattung Oioceros darf uns nicht wundern, 
denn wie schon erwähnt geht die erstere auf das bereits im Oligocän mit .hypselodonten Zähnen ausge- 


1) Von manchen nordamerikanischen Autoren werden diese Gattungen zu den Tylopoden gerechnet, allein 
gegen diese Auffassung spricht schon die relative Kürze der Molaren und die kräftige Ausbildung der Rippen und 
Falten an den oberen Molaren und der Basalpfeiler, während bei den Tylopoden solche Rippen nur höchst selten vor- 
kommen, die Falten viel dünner und Basalpfeiler mit Ausnahme von Poöbrotherium niemals vorhanden sind. Aber auch 
hier sind sie ganz abweichend beschaffen, ungewöhnlich dünn und ganz in die Ecke zwischen den Monden gedrängt. 


T1o Max Schlosser. [90] 


stattete Genus Hypisodus, Oioceros aber möglicherweise auf das zu jener Zeit noch vollkommen brachyo- 
donte Genus Leptomeryx zurück, Im Gegensatz zu dem ersten hier besprochenen Formenkreis zeichnet 
sich die dritte, im Unterpliocän durch Gazella, Protetraceros und Oioceros vertretene Gruppe durch den 
viel zierlicheren Bau ihrer Prämolaren und Molaren sowie durch die geringe Entwicklung von Basalpfeilern 
aus, mit dem zweiten hat sie zwar dieses letztere Merkmal gemein, sie unterscheidet sich aber dadurch, daß 
die Prämolaren zierlicher sind und im Unterkiefer auch schon zuweilen — Gazellen von Samos — 
Reduktion des Innenhöckers an P4 aufzuweisen haben. Auch nimmt die Breite ihrer oberen Molaren nach 
unten nur wenig zu und die Länge der oberen M gegen die Basis nur wenig ab. Der dritte Lobus des 
unteren M3 bekommt hinten schon öfters eine vorspringende Randleiste. Dagegen haben beide Gruppen das 
gemein, daß sich der obere M3 nach unten zu etwas in die Länge zieht, so daß er oben bedeutend kürzer 
erscheint als an seiner Basis. 

Bezüglich der weiteren Umgestaltung des Gebisses der Cavzcornier in der Zeit zwischen dem Unter- 


pliocän und der Gegenwart können wir uns kurz fassen, denn die wenigen aus dem Oberpliocän bekannten 


Formen schließen sich teils an Protoryx — Antilope ardea —, teils an Palaeoreas — Tragelaphus torti- 
cornis —, teils an Palaeoryxv — J. Meneghinii, boodon, Antilope Cordieri —, teils an Gazella 
— :G. borbonica — an, und die aus dem Pleistocän von Algier gehören bereits lebenden Gat- 


tungen an. Zu erwähnen wäre lediglich, daß die genannten jüngeren Palaeoryx-Arten sich gegen- 
über ihren Vorfahren in der Hipparionenfauna durch eine viel stärkere Entwicklung der Basal- 
pfeiler an den Molaren auszeichnen. Diese Tatsache dürfte von großer Wichtigkeit sein, denn es scheint 
daraus hervorzugehen, daß diese Gebilde, welche bei den Cervicaprinen, Hippotraginen und namentlich 
bei den Boviden eine so große Rolle spielen, im wesentlichen erst jüngeren Datums sind. Sie finden sich 
zwar schon bei verschiedenen Antilopen der Hipparionenfaunen, aber ihre Stärke ist an den einzelnen 
Zähnen ein und desselben Kiefers sehr ungleich, entweder von Mı bis M3 abnehmend oder umgekehrt, 
und selbst wieder bei ein und derselben Spezies individuell recht verschieden. Bei manchen Gattungen, z. B. 
Criotherium, Prodamaliscus und Paraboselaphus fehlen sie überhaupt gänzlich, oder sie sind höchstens 
an einem einzigen Molaren als kleine Basalknospe angedeutet. Da aber die letztgenannte Gattung im Zahn- 
bau sonst den Boviden sehr ähnlich ist, so könnte sie sich wirklich auch als deren Vorfahre erweisen, 
sofern eben gezeigt werden könnte, daß die Basalpfeiler, in diesem Falle wenigstens, erst eine neue 
Zutat wären. Und für diese Annahme scheint auch wirklich der Umstand zu sprechen, daß die auch bereits 
fossil vorkommende Gattung Boselaphus, die man ja ohnehin für einen Verwandten der Boviden ansieht, 
in der Stärke ihrer Basalpfeiler gewissermaßen den Übergang zwischen Paraboselaphus und den Boviden 
bildet, so daß wir also jetzt auch den Ahnen dieser formenreiehen aber geologisch sehr jungen Cavicornier 
Gruppe ermittelt hätten. 

Abgesehen von der eben behandelten Entwicklung der Basalpfeiler bestehen die weiteren Modifika- 
tionen der für die lebenden Gattungen phylogenetisch wichtigen Cavicornier der Hipparionenfauna in 
Komplikation der beiden hinteren Prämolaren — P3 und P4—, in Reduktion des P2 und in einer an die 
Bovinen erinnernden Ausgestaltung der Molaren innerhalb der Bubalidinen. Bei den Hippotraginen und 
Cervicaprinen findet ebenfalls eine solche Differenzierung der Molaren statt, dagegen erstreckt sich die Re- 
duktion der Prämolaren auch auf den unteren P3 und äußert sich auch in Vereinfachung seiner Kulissen, 
während der obere P3 wenigstens bei den Hippotraginen dem P4 fast vollständig gleich wird. An den 
oberen Molaren dieser drei Gruppen kommt es meistens zur Bildung von je einem vorderen und einem hin- 
teren Sporn in jeder Marke und zur Bildung von Schmelzinseln im Zentrum dieser Zähne. Ungemein ähn- 
liche Differenzierungen hat auch die Gattung Anoa aufzuweisen, und zwar schließt sie sich in dem Bau der 
Prämolaren am engsten an Oryx, im Bau der Molaren aber am engsten an Bubalis an, mit Connochaetes 


hat sie den Verlust des vordersten unteren Prämolaren — P2 — gemein. 


Die Verhältnisse bei den Cephalophinen und Neotraginen bedürfen keiner Besprechung, weil die 
letzteren fossil gar nicht und die ersteren nur durch Protetraceros vertreten sind. 

Die Tragelaphinen verhalten sich gegenüber ihren fossilen Vertreter äußerst konservativ, es findet 
nur eine etwas gleichartige Ausgestaltung des oberen P3 und P4 undam unteren P4 sehr gern die Bildung 


[91] Die fossilea Cavicornia von Samos. III 


einer Art von Innenwand statt durch Streckung des-Innenhügels. Die wenigstens bei Palaeoreas öfters vor- 
handenen Basalpfeiler scheinen in dieser Gruppe der Reduktion unterworfen zu sein. Die hauptsächlichsten 
Fortschritte bestehen hier offenbar in Zunahme der Körpergröße. Die Gattung Boselaphus nimmt ihrem 
Gebiß und ihren Hörnern nach innerhalb der Tragelaphinen eine recht fremdartige Stellung ein, so daß man 
sich wirklich wundern muß, wie die Zoologen auf den Gedanken kommen konnten, sie in dieser Gruppe 
der Cavicornier unterzubringen. Durch die ihnen freilich durchaus unbekannte Gattung Parabosela- 
pbhus wird jedoch die bisher bestehende Kluft tatsächlich vollkommen überbrückt, denn gewisse, von mir 
als Sfrepsiceros bestimmte Molaren aus der chinesischen Hipparionenfauna unterscheiden sich von denen 
der Gattung Paraboselaphus nur durch ihre geringere Höhe. 

Die Antilopinae zeichnen sich zum größten Teile durch ungemein hypselodonte Molaren aus. Da- 
neben gibt es aber auch Formen, bei welchen sich das brachyodonte Gebiß bis in die Gegenwart erhalten 
hat — Lithocranius — oder doch nur bis zu einem mäßigen Grade von Hypselodontie vorgeschritten ist 
— Antilope —. Diese Formen sind deshalb von großer Wichtigkeit, weil sie zeigen, daß auch die Cephalo- 
bhinen und Neotraginen den Gazellen in verwandtschaftlicher Beziehung doch nicht allzufern stehen. 
Die Neofraginen unterscheiden sich in der Beschaffenheit der Prämolaren und der Höhe der Molaren nicht 
wesentlich von den Gazellen der Hipparionenfauna, auch Teiraceros verhält sich sehr konservativ, 
dagegen hat Cephalophus ziemliche Reduktion der Prämolaren des Unterkiefers aufzuweisen, während im 
Oberkiefer P2 und ?3 sich stark verkürzen und dem P4 ähnlich werden. Bei den verschiedenen Arten von 
Gazella schreiten die bereits bei den Vorläufern in der Hipparionenfauna angedeuteten Differenzierun- 
gen der Prämolaren weiter fort, im Oberkiefer bekommen sie mehr oder weniger viereckigen Umrifß, die 
des Unterkiefers erfahren Reduktion des Innenpfeilers beziehungsweise der ihn ersetzenden Kulisse. Auch 
die Hypselodontie der Molaren erreicht wohl einen noch höheren Grad als bei den pliocänen Gazellen. 
Der dritte Lobus des unteren M3 wird häufig zu einem großen dreikantigen Prisma, und als Antagonist 
für dieses Gebilde erfährt der obere M3, wenigstens an seiner Hinteraußenecke meist beträchtliche Streckung. 
Reduktion der Prämolarenzahl kommt zwar nicht bei Gazella, wohl aber bei Saiga, Pantholops, Antidorcas und 
Antilocapra vor. Die Caprovinen verhalten sich bezüglich der Modernisierung des Gebisses praktisch ganz 
ähnlich wie Gazella, nur scheint die Hypselodontie wenigstens in der Stammesreihe von Ovis zwar erst später 
eingetreten, aber dann sogar viel rascher fortgeschritten zu sein als bei Gazella und ihren Abkömmlingen. 
Während bei den übrigen Cavicorniern mit Ausnahme der Bubalidinen und allenfalls auch der ohnehin 
sehr indifferenten Tragelaphinen die Ausbildung der Basalpfeiler zum mindesten an den Oberkiefermolaren 
offenbar in zunehmender Entwicklung begriffen ist, erleiden sie bei den Nachkommen der Hypertraguliden 
augenscheinlich die weitgehendste Reduktion, denn sie fehlen anscheinend vollständig bei allen lebenden 
Gazellen und den mit diesen näher verwandten Gattungen sowie bei allen Caprovinen, während sie 
bei verschiedenen pliocänen Gazellenarten und namentlich an den Unterkiefermolaren von Odoceros 
aus Samos noch sehr gut entwickelt sind. Da die Basalpfeiler im Gegensatz zu jenen an den Molaren der 
Hippotraginen, Cervicaprinen und Boviden nicht in die Kaufläche mit einbezogen wurden, so erwiesen 
sie sich bei weiter fortschreitender Hypselodontie als vollkommen überflüssig und fielen daher einer gänzli- 
chen Atrophierung anheim, 


RS Max Schlosser. [92] 


Stratigraphische und zoogeographische Ergebnisse. 


Wie ich schon in der Einleitung bemerkte, zeigen die Ablagerungen auf Samos, welche Überreste 
von Säugetieren einschließen, ein sehr verschiedenes petrographisches Verhalten, und überdies ist auch die 
faunistische Zusammensetzung der in den einzelnen Schichten überlieferten Tierreste keineswegs immer 
die gleiche. 

Forsyth Major hat zwar über diese interessanten Verhältnisse keine Angaben gemacht, allein 
man kann doch aus dem Katalog der von ihm gefundenen Säugetierreste — Schädel, Hornzapfen, Kiefer 
und Extremitätenknochen — wenigstens soviel ersehen, daß die Lokalitäten, an welchen er Ausgrabungen 
unternommen hatte, sowohl nach der Menge der Arten, als auch nach der Zahl der Individuen sehr ver- 
schiedene Ausbeute geliefert haben, ja zwei von diesen drei Fundplätzen sind sogar ziemlich arm an fossilen 
Säugetierresten und verdienen eigentlich nur wegen des Vorkommens von Samotherium einiges Interesse. 
Diese beiden artenarmen Lokalitäten sind: 

Stefand mit Hipparion mediterraneum, Rhinoceros pachygnathus, Samotherium Boissieri, mit 
einem nicht näher bezeichneten großen Wiederkäuer, mit Palaoras Lindermayeri und Gazella deperdita 
und Potamiaes mit Samotherium Boissieri und Criotherium argalioides. 


Sehr reich ist hingegen die dritte Lokalität Andrianöo. Von hier stammen: 


Chiroptere Orycteropus Gaudryi Criotherium argalioides 
Machairodus sp. Mastodon Pentelici Palaeoryx Pallasi 
Felis neas Dinotherium » roftundicornis 
Hyaena hipparionum Rhinoceros pachygnathus » aff. Darvidens 
Lycyaena Chaeretis » Schleiermacheri Protoryx Carolinae 
Ictitherium hipparionum Hipparion mediterraneum » longiceps 

» robustum n minus » Gaudryi 

> Orbignyi Chalicotherium Pentelici » Hippolyte 
Meles maraghanus Samotherium Boissieri Tragocerus amaltheus 
Mustela palaeattica Palaeotragus Roueni » Valenciennes: 
Promephitis Larteti großer Ruminantier Helicophora rotundicornis 
Acanthomys Gaudryi Helladotherium Duvernoyi Palaeoreas Lindermayeri 

Dremotherium Pentelici Gazella deperdita. 


Ein Vergleich dieser Liste mit den im Münchener paläontologischen Museum befindlichen Säuge- 
tierresten aus Samos zeigt nun freilich, daß die Carnivoren in Forsyth Majors Kollektion sehr viel 
reichlicher vertreten sind, daß aber in derselben die Rhinoceroten sowohl bezüglich der Arten- als auch der 
Individuenzahl keinen Vergleich aushalten können mit dem Material, welches die Aufsammlungen des Herrn 
Th. Stützel und des Herrn Hentschel geliefert haben, während die Antilopen hinsichtlich der Zahl 
der Arten und Individuen in beiden Kollektionen ungefähr gleich gut repräsentiert sein dürften. 

Das mir zur Untersuchung vorliegende Material gestattet die Unterscheidung von vier verschiedenen 
Schichten. 

Die mächtigste und wohl auch an Säugerresten reichste Schicht ist ein weißer oder gelblicher er- 
diger Kalk, der auch kleine Partikel von vulkanischem Gesteinsmaterial enthält und wahrscheinlich in einem 
oder mehreren größeren Becken unter Wasser abgelagert wurde. Schädel sind hier ziemlich häufig und 
auffallender Weise im Gegensatz zu den mit ihnen vorkommenden Knochen nur wenig verdrückt. 

Die Knochen besitzen eine rein weiße, die Zähne eine mehr gelbliche Farbe. Im ganzen kann der 
Erhaltungszustand als ein ziemlich günstiger bezeichnet werden, sofern wenigstens die Knochen nicht all- 
zu brüchig sind. Ganze Skelette kommen freilich nieht vor, vielmehr liegen die Überreste der verschiedensten 
Arten bunt durcheinander. An Zahl überwiegen bei weitem die von Hipparion, auch Rhinoceroten sind 


Die fossilen Cavicornia von Samos. TAB 


[93] 


nicht selten. Dagegen sind die Wiederkäuer bloß durch Giraffen und eine oder höchstens zwei Anti- 


lopenarten repräsentiert. Die auf Samos ohnehin sehr seltenen Reste von Sus erymanthius sind wohl auf 


diese Schicht beschränkt. 


Hyaena sp. 

Mastodon Pentelici Gaudry 
Aceratherium samium Weber 

Atelodus pachygnathus Wagn. 
Ceratorhinus aft. Schleiermacheri Kaup. 
Chalicotherium Pentelici Gaudry 


Die Fauna dieses Süßwasserkalkes besteht aus: 


Hipparion mediterraneum Hensel 
Camelopardalis attica Wagn. 
> parva Weith. 
Pseudotragus capricornis n. Sp. 
> S% 3 
Sus cfr. erymanthius Wagn. 


Leptodon graecum Gaudry 


Ziemlich mächtig scheinen auch die weichen Tuffe zu sein, welche aus einer braunen tonigen Grund- 
masse bestehen und viele weiße oder grüne stark zersetzte Brocken vulkanischer Gesteine von Erbsen- bis 
Haselnußgröße einschließen. Auch hier finden sich die Überreste der verschiedensten Arten durcheinander 
gemengt, aber nicht selten kommen doch auch größere Partien ein und desselben Individuums noch im 
Zusammenhang vor. Leider haben gerade in dieser Ablagerung sowohl die Schädel als auch die Knochen 
stark durch Druck gelitten, so daß auch etwa vollständig erhaltene Skelette nicht zur Aufstellung geeignet 
wären, was übrigens auch schon die ungewöhnliche Mürbheit der Knochen verbietet, die sich nicht einmal 
durch wiederholtes Tränken in Leimlösung beseitigen läßt. Die Farbe der Knochen aus diesen Tuffen ist 
weiß, während der Schmelz der Zähne schön gelbbraun gefärbt erscheint. Überreste von Rhinoceroten sind 
in diesen Schichten die größte Seltenheit, auch Hipparion ist nicht so häufig wie im weißen Süßwasserkalk, 
dafür sind die Reste von Wiederkäuern um so zahlreicher und unter ihnen herrschen wieder Samotherium 


und Criotherium bei weitem vor. Verschiedene Arten kommen anscheinend überhaupt nur in den Tuffen 


vor. Ich konnte darin folgende Arten unterscheiden: 


Hyaena eximia Roth & Wagen. 
Mastodon Pentelici Gaudry 
Atelodus pachygnathus Wagn. 
Hipparion mediterraneum Hensel 
Camelopardalis parva Weith 

? Falaeotragus Roueni Gaudry 
Samotherium Boissieri Maj. 


Criotherium argalioides Maj. 
Prodamaliscus gracilidens n. g. n. sp. 
Palaeoryx ingens n. Sp. 

» Stützeli n. sp. 
Frotragelaphus Zitteli n. sp. 
Tragoreas oryxoides n. g. n. Sp. 
Gazella Gaudryi n. Sp. 


Die dritte der auf Samos unterscheidbaren Ablagerungen, welche fossile Säugetierknochen einschließen, 
ist ein gelbbrauner oder rötlicher, weicher, zum Teile sogar schlämmbarer Ton, welcher offenbar direkt 
an die eben erwähnten Tuffe grenzt und teils dieselben unterlagert, teils mit ihnen wechsellagert. 

Das Aneinandergrenzen der beiden Schichten kann man übrigens auch an mehreren der mir vor- 
liegenden Tierreste erkennen, denn die eine Seite ein und desselben Knochens ist mit tuffigem Material über- 
zogen, während die andere noch in Ton eingehüllt ist, der auch an einem nicht bestimmbaren Schädelfrag- 
ment einer Antilope alle inneren Räume ausfüllt. Was die Fossilführung betrifft, so sind die Schädel in 
den Tonen nicht allzu selten, aber wenigstens stark zerdrückt, und häufig ist sogar das Cranium von der 
Gesichtspartie vollkommen getrennt. Auch die Extremitätenknochen und Wirbel haben durch Quetschung 
meist stark gelitten. Abgesehen von Rhinoceroten sind fast nur kleinere Tiere in diesen Tonen vertreten. 
Auch die gerade nicht seltenen Hipparionreste gehören zum größeren Teile dem kleinen, zierlichen Hip- 
Alle Knochen sind hier 
Die Zähne haben 


barion minus und nur zum kleineren Teile dem gracile resp. mediterraneum an. 
äußerlich gelbbraun gefärbt, innen aber weiß und kreidig und daher leicht zerbrechlich. 
gelbliche oder graugrüne Farbe. Die Tierreste verteilen sich auf: 


Aceratherium Schlosseri Weber Hipparion mediterraneum Hensel. 


Rhinoceros aff. Schleiermacheri » minus Pavlow. 
Kaup. Prodamaliscus gracilidens n. sp. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. I5 


IIA Max Schlosser. [94] 


Protragelaphus Zitteli n. sp. Tragocerus amaltheus var. parvidens. 
Palaeoryx Stützeli n. sp. Tragocerus rugosifrons n. sp- 

» ingens n. Sp. » Sp. 

. ; £ 
Tragoreas oryxoides n. 8. n. sp. Tachytragus crassicornisn.g.n.sp. 
Protoryx sp Gazella sp. 

» Hentscheli n. sp. Oioceros proaries n. Sp. 


Die vierte Ablagerung besteht wie die dritte aus einem Ton, der aber meist viel mehr verhärtet ist 
und eine mehr graue Farbe besitzt. Die Knochen sind hier sehr fest, fast niemals verdrückt und weisen 
meistens eine graugrüne Färbung auf. Die Schädel lassen bezüglich ihrer Erhaltung wenig zu wünschen 
übrig, nur ist leider bei den Antilopenschädeln die Gesichtspartie stets vom Cranium weggebrochen, jeden- 
falls schon bevor sie hier zur Ablagerung gelangten. Am häufigsten sind hier Überreste von Hipparion, 
von großen Antilopen sowie von Gazellen. Die ARhinoceroten werden fast nur durch Extremitätenkno- 
chen vertreten, die aber ebenso wie die eines riesigen Wiederkäuers, wohl Samotherium, hier besonders 
häufig sind. Ich konnte in dieser Ablagerung folgende Arten nachweisen: 


Palhyaena hipparionum Gerv. sp. Protragelaphus Zitteli n. sp. 
Hyaena eximia Roth & Wagn. Falaeoryx Majori n. sp. 
Orycteropus Majori Andr. Protoryx Carolinae Maj. sp. 
Hipparion mediterraneum Hensel. » en 
Aceratherium Schlosseri Weber Gazella Gaudryi n. sp. 
Atelodus pachygnathus Wagn. sp. DES > 


Samotherium? viel größer als in den Tuffen. Oioceros proaries n. sp. 
Camelopardalis parva Weith. 


Es enthält aber nicht nur jede dieser vier verschiedenen Ablagerungen ihre besondere Fauna, son- 
dern die Zusammensetzung dieser Faunen ändert sich auch nicht unwesentlich innerhalb jeder einzelnen 
Ablagerung, wie ein Vergleich der Kollektion des Herrn Stützel mit jenen ergibt, welche Herr Hentschel 
bei seinem zweimaligen Aufenthalt auf Samos zusammengebracht hat. 


In den weißen oder gelblichen kalkigen Süßwasserschichten scheint dieser Wechsel je nach der Tiefe 
oder nach der seitlichen Ausdehnung allerdings weniger beträchtlich zu sein, aber immerhin verdient der 
Umstand Erwähnung, daß nur die Stützelsche Kollektion Überreste von Suziden enthält, während die letzte 
Hentschelsche Aufsammlung ziemlich viele Überreste von Leptodon sowie Kiefer von zwei Individuen 
von Cholicotherium geliefert hat. Auch Camelopardalis parva ist nurin den Hentschelschen Kollektionen 
enthalten. Auch ist die letzte Hentschelsche Kollektion verhältnismäßig reich an Überresten des Pseudotragus 
capricornis sowie an solchen von Aceratherium. Die Reste von Rhinoceros pachygnathus und von Hipparion 
mediterraneum dürften freilich in der Stützelschen Aufsammlung in dem nämlichen Mengenverhältnis ver- 
treten sein wie in den Hentschelschen Kollektionen. 


Für die grauen Tone mit unverdrückten grünlich gefärbten Knochen ist ein Wechsel in der fau- 
nistischen Zusammensetzung vorläufig nicht nachweisbar, weil Herr Hentschel in diesen Schichten nur 
sehr wenig gesammelt hat. Um so beträchtlicher ist dagegen dieser Wechsel der Fauna in den braunen 
Tuffen und in den gelblichen oder rötlichen Tonen. 


In den ersteren sammelte Herr Stützel viele Schädel von Criotherium und viele Kiefer von kleineren 
Antilopen, dagegen waren die Reste von Hipparion und Samotherium verhältnismäßig selten, von 
Palaeoryx Stützeli kamen nur ein paar Kieferfragmente und mehrere Schädelbruchstücke mit Hornzapfen 
zum Vorschein. Rhinoceroten fehlten gänzlich. Herr Hentschelhingegen fand relativ wenig von Criothertum\. 
dafür aber ein Schädelbruchstück und Kiefer einer bisher überhaupt noch nicht beobachteten Antilope, 
des Prodamaliscus, ferner zahlreiche Überreste von Hipparion mediterraneum, von Samotherium, viele 
Kiefer von Palaeoryx Stützeli und außerdem auch einen Oberkiefer eines jungen Rhinoceroten. 


[95] Die fossilen Cavicornia von Samos. 115 


Auch bei der Ausbeute aus den rötlichen Tonen ergibt sich ein namhafter Unterschied zwischen 
der Stützelschen und der Hentschelschen Kollektion. In der Sammlung des Herrn Stützel befanden 
sich überaus zahlreiche Reste von Hipparion minus, dagegen waren solche von Rhinoceroten höchst selten. 
Die Antilopen waren vertreten durch Gazella, Tragocerus und Pachytragus. Auch die Überreste von 
Oioceros stammen alle aus dieser Aufsammlung. In der Hentschelschen Kollektion ist Hipparion recht 
spärlich repräsentiert,‘ die erwähnten Antilopen sowie Oioceros fehlen gänzlich, dafür enthält sie eine 
Anzahl Kiefer von Protoryx, welche Gattung bis dahin überhaupt noch nicht aus diesen Tonen bekannt 
war und außerdem eine Menge Überreste eines neuen Rhinoceroten, ähnlich dem Aceratherium Blanfordi, 
und diese Stücke, vier vollständige Schädel mit Unterkiefern, Kiefer von jugendlichen Individuen, mehrere 
vollständige Extremitäten nebst einer Anzahl Wirbel waren dicht auf einen Haufen zusammen geschwemmt. 


Trotz alledem dürfen wir alle vier petrographisch und faunistisch verschiedenen Ablagerungen doch 
mit vollem Rechte für gleichaltrig ansehen, denn jede von ihnen hat mit der einen oder der anderen immer- 
hin eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Arten gemein und alle führen, was jedenfalls die Hauptsache ist, 
das so hervorragend wichtige Leitfossil, Hipparion mediterraneum. Die erwähnten faunistischen Ver- 
schiedenheiten beruhen nämlich in erster Linie darauf, daß bald ein Trupp dieser, bald jener gesellig lebenden 
Arten durch Hochfluten vernichtet und zusammen abgelagert wurde, wobei namentlich jugendliche Individuen, 
deren Überreste augenscheinlich besonders häufig sind, z. B. junge Samotherium, junge Hipparion, junge 
Rhinoceroten, zum Opfer fielen. Die verschiedene faunistische Zusammensetzung der Tierreste in den vier 
verschiedenen Ablagerungen ist demnach die Folge von bloßen Zufälligkeiten und gestattet wchl kaum eine 


Unterscheidung von wirklichen Perioden, die durch besondere Faunen charakterisiert wären. 


Es würde mich auch keineswegs wundern, wenn unter dem von Forsyth Major bestimmten 
Material z. B. verschiedene Antilopenarten sich befänden, welche unter dem von mir untersuchten nicht 
vertreten sind, in welchem ja auch die Fleischfresser sehr spärlich sind und bloß durch Hyaena und 
Palhyaena repräsentiert werden, während Forsyth Major von Carnivoren acht Genera mit zehn Spezies 
auf Samos nachweisen konnte, Nichts desto weniger muß ich doch verschiedene seiner Bestimmungen, soweit 
sie wenigstens die Cavicornier betreffen, ernstlich in Zweifel ziehen. Er führt von Samos folgende Arten der 


Pikermifauna an: 


Palaeoryx Pallasi Palaeoreas Lindermayeri 
» rotundicornis Tragocerus Valenciennesi 

Protoryx Carolinae » amaltheus 

Helicophora rotundicornis Gazella deperdita. 


Von diesen konnte ich nur Protoryx Carolinae und allenfalls auch Helicophora rotundicornis 
wiedererkennen, während die Gattungen Palaeoryx, Tragocerus und Gazella durch besondere Arten ver- 
treten sind, welchen sich eine neue Art von Profragelaphus und vielleicht auch von Protoryx sowie die 
neuen Gattungen Pachytragus, Pseudotragus, Tragoreas, Prodamaliscus und Criotherium nebst einem 
Ovinen beigesellen. 

Ich will nun zwar nicht in Abrede stellen, daß sich unter Forsyth Majors Material wirklich 
noch die eine oder andere der erwähnten Pikermiarten befinden dürfte, jedoch kann ich nicht glauben, daß 
zwischen seinem und meinem Material eine so große Verschiedenheit bestehen sollte, wie dies der Fall 
sein müßte, wenn die eben erwähnten Bestimmungen dieses Autors sämtlich zutreffend wären, Mir war 
es durchaus unmöglich, die beiden genannten Arten von Palaeoryx, sowie Palaeoreas, Lindermayeri und 
Gazella deperdita unter meinem Material wiederzuerkennen, ich hätte denn meinen Bestimmungen den 
äußersten Zwang antun müssen. Auch Tragecerus amaltheus von Samos ist von dem echten von Pikermi 
so wesentlich verschieden, daß er mindestens als besondere Varietät betrachtet werden muß. Tragocerus 
Valenciennesi endlich ist überhaupt eine höchst problematische Art, was aber insoferne nebensächlich er- 
scheint, als mir ohnehin nichts ähnliches vorlag. 

Mit den Lokalitäten Concud in Spanien, Croix Rousse bei Lyon und Baltavar in Ungarn hätte 


Samos nach Forsyth Major Gazella deperdita und Tragocerus amaltheus gemein, mit Mont Leberon 
15* 


6 Max Schlosser. [96] 


in der Vaucluse außer diesen beiden Arten auch noch Palaeoreas Lindermayeri, Da aber Gazella deperdita 
und Palaeoreas wenigstens unter dem mir vorliegenden Material sicher nicht vertreten sind und Tragocerus 
amaltheus durch eine stark abweichende Varietät ersetzt wird, so kann von faunistischen Beziehungen 
zwischen Samos und diesen vier Lokalitäten nicht ernstlich die Rede sein. Sie schließen sich in dieser Hin- 
sicht zwar an Pikermi aber nicht an Samos an. 

Noch geringere Bedeutung haben für uns die Funde, welche in jüngster Zeit im Wiener Becken 
und in Rumänien gemacht worden sind. Aus dem Wiener Becken wurde ein Astragalus beschrieben, der 
vielleicht zu Tragocerus gehören kann, ohne daß jedoch eine spezifische Bestimmung möglich wäre. In 
Rumänien wurden einzelne Arten der Pikermifauna gefunden, aber anscheinend keine oder doch nur wenige 
Überreste von Antilopen, und da die betreffenden Stücke auch nicht abgebildet worden sind, lassen sich 
diese Bestimmungen doch nicht kontrollieren und folglich auch nicht für eine Vergleichung mit der Fauna 
von Samos verwerten. 

Höchst interessant ist dagegen der Fund einer dem Palaeoryx Major! sehr nahestehenden Palaeoryx- 
Art in den pontischen Kalken von Eupatoria in der Krim, mit welcher vielleicht auch ein Hornzapfen aus dem 
Gouvernement Cherson vereinigt werden darf, sowie der Fund eines Schädelstückes mit beiden Hörnern, 
ebenfalls aus Eupatoria, welches von M. Pavlow fälschlich als Zbex cfr. cebennarum bestimmt wurde, 
aber wahrscheinlich einem besonderen, mit Proforyx oder mit Pachytragus nahe verwandten Genus an- 
gehört, so daß also nach Norden zu eine Ausdehnung der Samosfauna zu erwarten wäre. 

Die innigsten Beziehungen bestehen jedoch offenbar zwischen den Faunen von Samos und jener 
von Maragha in Persien, allein eine sichere Ermittlung der gemeinsamen Arten wird erst dann erfolgen 
können, wenn die Cavicornier von Maragha eine gründliche Neubearbeitung erfahren haben werden, denn 


die bis jetzt vorhandene Literatur gestattet kein vollkommen sicheres Urteil. Forsyth Major gibt als 
gemeinsame Arten an: 


Palaeoryx Pallasi Palaeoreas Lindermayeri 
Protoryx 2 sp. Gaudryi und longiceps Tragoserus amaltheus 
Helicophora rotundicornis Gazella deperdita 
Prostrepsiceros 


und R. Günther!) fügt noch hinzu Criotherium argalioides. 


Dieses letztere ist in der Tat auch mit Urmiatherium, welches infolge seiner Größe und des fremd- 
artigen Habitus seines Hinterhauptes bisher für einen Sivatherüinen gehalten wurde, außerordentlich nahe 
verwandt, aber doch von Criofherium mindestens spezifisch verschieden — weil es größer ist und seine 
Hörner sich wohl mehr nach hinten legen. — Auch kennt man zu wenig von ihm, als daß es statthaft 
wäre, dem Namen Urmiatherium den Vorzug vor Criotherium zu geben, aber jedenfalls deutet diese Form 
auf enge Beziehung zwischen Samos und Maragha. Was aber die erstgenannten, angeblich beiden Loka- 
litäten gemeinsamen Antilopenarten betrifft, so scheiden hiervon Palaeoryx Pallasi, Palaeoreas Linder- 
mayeri und Gazella deperdita ohne weiteres aus, da sie anscheinend auf Samos nicht vorkommen. Was 
unter Protoryx longiceps verstanden werden soll, läßt sich überhaupt nicht ermitteln, und Prostrepsiceros, 
wie Tragelaphus Houtum Schindleri von Maragha von Forsyth Major bezeichnet wird, ist mir von 
Samos nicht bekannt. Ebensowenig konnte ich daselbst mit Bestimmtheit Helicophora rotundicornis nach- 
weisen und der echte Tragocerus amaltheus kommt anscheinend weder auf Samos’noch auch in Maragha vor. 
Trotzdem also keine der angegebenen Arten mit Sicherheit für beide Lokalitäten nachgewiesen ist, trage 
ich doch kein Bedenken, zwischen der Fauna von Maragha und der von Samos viel innigere Beziehungen 
anzunehmen als zwischen der von Samos und der von Pikermi. Für diese Ansicht spricht schon die über- 
aus große Ähnlichkeit zwischen dem Tragocerus von Samos und dem von Maragha, auch haben beide 
Lokalitäten Formen miteinander gemein, welche für Pikermi durchaus fremd sind, nämlich ein Aceratherium 
ähnlich dem Blanfordi, Palhyaena hipparionum und Meles maraghanus, und Alcicephalus von Maragha ist 
mit Samotherium von Samos zum mindesten sehr nahe verwandt. Dabei müssen wir aber berücksichtigen, 


1) Journal of the Linnean Society of London Vol. 27, 1899, pag. 376. 


‘97] Die fossilen Cavicornia von Samos. 117 


daß die Faunen von Maragha und Samos ohnehin ärmer an Arten sind als jene von Pikermi, die Zahl der 
gemeinsamen Formen ist also auch jetzt schon verhältnismäßig sehr groß. Ich glaube daher, daß bei einem 
genaueren Studium der Cavicornier von Maragha die Ähnlichkeit zwischen beiden Faunen noch sehr viel 
größer werden wird. Wahrscheinlich wird sich dann auch die spezifische Identität der Gazellen von 
Maragha mit jenen von Samos herausstellen. Für jetzt möge es genügen, darauf hinzuweisen, daß beide 
Lokalitäten eigenartige hypselodonte Antilopen besitzen — Antilope sp. major und maxima Rodler in 
Maragha und Criotherium und Prodomaliscus auf Samos —, für welche wir in der Fauna von Pikermi absolut 
kein Analogon finden können. Solche Typen gibt es nur in den süddeutschen Bohnerzen und in den Hippa- 
rionenfaunen von China und Indien. Auch im Wadi Natrun in Ägypten sind vor kurzem Zähne von 
großen, hypselodonten Antilopen zusammen mit Heöpparion gefunden worden, allein sie haben für uns 
keine besondere Bedeutung, weil sie Formen angehören, welche mit jenen von Samos nicht näher verwandt 
sind, und weil überdies das Pliocän von Wadi Natrun eher etwas jünger zu sein scheint als die meisten 
anderen Hipparionenfaunen. Viel wichtiger sind dagegen für uns die Hipparionenfaunen von Indien 
und China, Wenn wir auch kaum erwarten dürfen, hier noch die eine oder die andere der auf Samos vor- 
kommenden Arten anzutreffen, so ist doch die Tatsache, daß die indische und chinesische Hipparionen- 
fauna gerade solche Typen mit jener von Samos gemein hat, welche in Pikermi fehlen, auf alle Fälle von 
der höchsten Bedeutung. In Indien treffen wir nämlich Aceratherium Blanfordi, dem sich auf Samos eine 
sehr ähnliche Form an die Seite stellt, Alcelaphus, einen nahen Verwandten von Prodamaliscus, verschiedene 
hypselodonte Antilopen — Cobus, Boselaphus, Hippotragus — deren Stelle auf Samos gewissermaßen 


durch Criotherium vertreten wird, und Capra, welche hier durch einen Ovinen ersetzt wird. 


Noch größer ist aber die Ähnlichkeit mit China, denn hier finden wir in der Hipparionenfauna 
ebenfalls die Gattungen Meles und Palhyaena, ferner existiert auch hier Aceratherium Blanfordi und Alci- 
cephalus, der allernächste Verwandte von Samotherium. Außerdem stehen gewisse chinesische Tragocerus- 
und Gazella-Arten — gregarius resp. dorcadoides — den entsprechenden Arten dieser beiden Gattungen 
T. amaltheus var. parvidens resp. G. Gaudryi und sp. zum mindesten nicht viel ferner als der echte 
amaltheus und Gazella brevicornis von Pikermi. Endlich enthält die chinesische Hipparionenfauna 
auch relativ viele hypselodonte Antilopen — Paraboselaphus, Pseudobus —, welche auf Samos Ver- 
wandte haben in den Gattungen Criotherium und Prodamaliscus. 

Wir finden also in der Fauna von Samos neben den gewöhnlichen Elementen aller Hipparionen- 
faunen auch solche Formen, welche wir unbedingt als nördliche oder besser wohl als östliche Typen be- 
trachten müssen. Sie haben bei ihrer Ausbreitung nach Westen zwar noch Samos aber nicht mehr Pikermi 
und die übrigens südeuropäischen Lokalitäten, z. B. Mont Leberon, erreicht, wohl aber scheinen sie nördlich 
der Alpen ziemlich weit nach Westen gekommen zu sein, wenigstens treffen wir in den süddeutschen Bohnerzen 
ebenfalls große hypselodonte Antilopen — zur chinesischen Gattung Paraboselaphus gehörig — Antilope 
Jägeri —, ferner stehen die beiden kürzlich bei Eupatoria gefundenen Antilopen solchen von Samos näher 
als solchen von Pikermi, auch finden wir in den süddeutschen Bohnerzen ebenso wie im Wiener Becken 
und in Ungarn und in Südrußland die Gattung Palhyaena. Während sie in Südfrankreich und in Pikermi 
entschieden eine untergeordnete Rolle spielt, ist sie in den erwähnten mitteleuropäischen und in den asia- 
tischen Hipparionenfaunen fast der häufigste aller Carnivoren. Daf3 die süddeutschen Hipparionen- 
faunen anderseits auch wieder enge Beziehungen zu jener von Mont Leb£eron ete. aufweisen, darf uns bei der 
relativ geringen Entfernung und beı der hier ununterbrochenen Landverbindung nicht im mindesten wundern. 
Es erklärt sich dies ziemlich ungezwungen aus dem Umstand, daf ja die Mehrzahl der Elemente aller 
Hipparionenfaunen im europäischen Miocän wurzelt — Proboscidier, Rhinoceroten, Cerviden, brachyodonte 
Cavicornier, Suiden und Carnivoren mit Ausnahme der Hyänen und der Gattung Canis. Jedoch müssen 
Cavicornier schon damals etwas weiter nach Osten vorgedrungen sein und hier besondere Differenzierungen 
erfahren haben, weil die vielen Gattungen, welche mit einemmal in der Hipparionenfauna auftreten, doch 
unmöglich alle aus den wenigen Antilopen des europäischen Obermiocän entstanden sein können. Daß 
im Obermiocän wirklich im westlichen Asien eine Säugetierfauna existiert hat, geht schon unzweifelhaft 
daraus hervor, daß in den Mancharbeds von Sind solche Arten resp. Gattungen vorkommen, welche in 


ER Max Schlosser. [98] 


Europa entweder im Mittel- und Obermiocän — Mastodon angustidens — oder sogar schon früher ge- 
lebt haben — Anthracotherium, Hyopotamus. Mit diesen zusammen werden wohl auch große Antilopen 
mit Neigung zu hypselodonter Bezahnung existiert haben, die Ahnen von Pseudobos, Paraboselaphus, Al- 
celaphus, Criotherium, Urmiatherium, Cobus und Hippotragus. 

In Asien mischten sich dann die Abkömmlinge der europäischen Miocänformen mit den nord- 
amerikanischen Einwanderern — Lepus, Canis, Hyaena? , Camelus, Camelopardaliden? , Sivatherlinen, Ga- 
zellen, Caprovinen und Hipparion und rückten mit diesen zusammen wieder nach Westen vor. Die 
primitiveren Formen der Cavicornier wurden hierbei zuerst verdrängt, und zwar nach Südeuropa, die spezia- 
lisierteren rückten nur bis Samos und Maragha vor, nur Paraboselaphus, ein offenbar schon ursprünglich 
nördlicherer Typus, gelangte noch bis Süddeutschland, aber jedenfalls in rein westlicher Richtung, am Nord- 
fuß der Alpen. Aus der Wanderung von Osten her erklärt sich auch die Häufigkeit der Camelopardaliden 
in Asien und ihr Fehlen an europäischen Lokalitäten mit Ausnahme von Pikermi. Eine Einwanderung von 
Afrika her anzunehmen, haben wir weder nötig, noch kann eine solche überhaupt ernstlich in Betracht 
kommen, solange nicht wirklich in Afrika nennenswerte Funde von fossilen Säugetieren zum Vorschein 
gekommen sind. Was man bis jetzt aus Ägypten kennt, wenigstens aus jüngerem Tertiär, das uns hier 
ja ausschließlich angeht, stammt ohne Ausnahme entweder aus Asien, die Wadi Natrun-Fauna — oder aus 
Europa — Brachyodus. Und schließlich darf Ägypten ohnehin noch lange nicht für gleichbedeutend mit 
Afrika angesehen werden. 


BES 


Yale 


BEITRÄGE 


ZUR 


PALÄONTOLOGIE uno GEOLOGIE 


ÖSTERREICH-UNGARNS uno es ORIENTS. 


MITTEILUNGEN 
DES 
-. GEOLOGISCHEN UND PALAONTOLOGISCHEN INSTITUTES 
DER UNIVERSITÄT WIEN 
HERAUSGEGEBEN 


MIT UNTERSTÜTZUNG DES HOHEN K. K. MINISTERIUMS FÜR KULTUS UND UNTERRICHT 


VON 


VICTOR UHLIG, CARL DIENER, 


PROF. DER GEOLOGIE PROF, DER PALÄONTOLOGIE 


UND 


G. von ARTHABER, 


PRIVATDOZ. DER PALÄONTOLOGIE. 


BAND XV. 


HEFT IH UND IV, MIT 9 TAFELN UND 3 TEXTILLUSTRATIONEN. 


JTWIEN unD LEIPZIG. 
WILHELM BRAUMÜLLER | 
K. U. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 


1905. 


72} 
rt 


BEITRÄGE ZUR GEOLOGIE DES SOMALILANDES, 


Il. Teil. Oberer Jura. 


Von 
Edgar Dacque. 


Mit fünf Tafeln (Tafel XIV (DD) — XVII (V). 


Einleitung. 


Die nachfolgende Abhandlung erstreckt sich auf die von der Expedition v. Erlanger-Neumann 
in den Galla-Ländern gesammelten Jurafossilien, nachdem im ı. Teile die aus der unteren Kreide stammende 
Serie bearbeitet worden ist. Es wurde auch hier sowohl von geologischen Notizen als auch von Fossilien 
nur das aufgenommen, was wirklich positive Resultate bezw. Anhaltspunkte für weitere Forschungen zu 
geben versprach, da eine Anzahl von Beobachtungen, welche in dem geologischen Tagebuche der Expe- 
dition aufgezeichnet sind, sich hier als nicht gut verwertbar erwiesen. Es dürfte sich daher empfehlen, daß 
der Unternehmer der Expedition, Herr Neumann, auf Grund seiner geologischen Tagebuchskizzen selbst 
eine Schilderung der von ihm durchwanderten Gegenden entwirft, worin er die vorliegende Arbeit sach- 
gemäß ergänzen könnte. Andernfalls würden die Notizen an dieser Stelle wohl nur dazu beitragen, die 
Literatur mit einem Ballast zu versehen, der jedem Nacharbeitenden seine Aufgabe erschweren, nicht aber 
ihm Klarheit über den geologischen Bau der betreffenden Gegenden verschaffen würde. 

Die Fundstellen der Jura- wie auch der vorhergehenden Kreidefossilien liegen speziell in den Land- 


strichen der Ennia- und Arussi-Galla; nur eine einzige — Badattino — liegt jenseits von Addis Abeba 
in Schoa. 


Literatur.*) 


Neben den im I. Teile bereits aufgezählten Arbeiten, die sich mit der Geologie des Somalilandes beschäftigen, 
sind an dieser Stelle noch folgende zu nennen: 
Aubry. Observations g£eol. s. I. Pays Danakils, Somalis, le royaume de Choa et les pays Gallas. Bull. soc. geol. de 
France. 3. ser. Vol. 14. 1885/86, pag. 223 ft. 
Crick, G. C. Note on some fragments of Belemnites from Somaliland. Geolog, Magaz. 1896. Dec. IV. Vol. III, pag. 296 ff. 


*) Die Literatur über Abessynien (auch die hier in Betracht kommende über Südafrika) ist zu finden in: 
Futterer, Beiträge z. Kenntnis des Jura in Ostafrika. IV. Der Jura v. Schoa. Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 1897, 
Bd. 49, pag. 568 ff. 

Die Literatur des übrigen östlichen Teiles von Afrika bei: G. Müller, Versteinerungen d. Jura u. d. Kreide. 
In: W. Bornhardt, Zur Oberflächengestaltung und Geologie Deutsch-Ostafrikas. »Deutsch-Ostafrika«. Bd. VII, 1900. 

Die Literatur über Madagaskar ist zusammengestellt in: M. Boule, La geologie et la paleontologie de Mada- 
gaskar, dans l’actuel &tat de nos connaissances. Compte rendu du VIII. congres ge£ol. intern. Paris, Vol, II, 1901. 


Beiträge zur Paläontologie Oesterreich-Ungarns, Bd. XVII. 16 


120 Edgar Dacque. [2] 


Newton, R. B. On the occurence of an Indian jurassic shell (Parallelodon Egertonianus Stol.) in Somaliland. ibid., pag.294 ff. 

Gregory, J. W Note on Dr. Donaldson Smith’s geological collections. In: Donaldson Smith, Through unknown African 
countries. 1897, pag. 423 ff. 

Crick, G. C. On the fossil Cephalopoda from Somaliland, collected by Dr. Donaldson Smith. ibid., pag. 426 ft. 

Parkinson, F. B. Two recent journeys in Northern Somaliland. Geograph. Journ. 1898. Vol. XI. 

Angelis d’Ossat e Millosevich. Cenni intorno alle raccolte geologiche. In: Vanutelli e Citerni, L’Omo. Viaggio d’es- 
plorazione nell Africa orientale. Milano. 1899, pag. 575 #. 

Angelis d’Ossat e Millosevich. Studio geologico sul materiale raccolto da Maurizio Sacchi. (Seconda spedizione 
Böttego.) Publ. d. Soc. Geograph. Ital. 1900. 

Neumann, O. Über jurras. und die ersten cretac. Versteinerungen aus d. Galla-Ländern. Ztschr. d. deutsch. geol. Ges. 
Bd. 53, Igor, Sitzber., pag. IoI (wiederholt). 

Du Bourg de Bozas: Mission du Bourg des Bozas. Voyage au pays Arussi. La Geographie. Bull. soc. geogr. Paris- 
1902. Vol. V. (Kurze Notiz über allgem. geolog. Verhältnisse, meist Quartär und Eruptivgesteine (bei Harrar sub- 
fossile (?) Säugetierreste.) 


Die Fundstellen der Fossilien. 
A. Hakim. 


Die erste Fundstelle, an welcher die Expedition sammelte, war der Berg Hakim, direkt südlich von 
Harar. Der Gipfel besteht nach den Notizen des Neumannschen Tagebuches aus sehr hartem grauen 
Kalk, der vielfach versintert und von hornsteinartigen Knollen durchsetzt ist. Darunter liegen die gleichen 
oder wenigstens sehr ähnliche, oftmals etwas mergelige Kalke mit zahllosen Bruchstücken von Weichtier- 
schalen, unter denen besonders eine größere Osztrea (Gryphaea?) häufig ist; außerdem fanden sich einige ab- 
geriebene Luciniden-Steinkerne und schließlich kleine, schraubenförmige Gebilde, die möglicherweise von 
Crinoideen (?) herrühren können. Die Gesamtheit dieser Kalke, welche im paläontologischen Teile als »harter 
grauer Kalk« bezeichnet wird und die zunächst mangels eines richtig festgestellten Profils als ein ge- 
schlossenes Ganzes betrachtet werden muß, hat folgende Fossilien geliefert: 


Anthozoa div. sp. ind.!) Terebratula cfr. subsella Leym. 

Cidaris sp.') Terebratula subsella Leym. 

Lima sp. ind. Rhynchonella sp. ind. 
?Gryphaea sp. ind. Rhynchonella somalica nov. sp. (Taf. XIV (I),Fig. 7—9). 


Die letztere ist ein ungemein häufiges, das Gestein völlig durchsetzendes Fossil, während alle 
übrigen Arten spärlich vorkommen. 

Unter diesen soeben beschriebenen grauen Kalken stehen nach den Angaben Neumanns gelbe, 
versteinerungslose und ganz unten schließlich schmutziggelbe bis graue, tufige Kalke an, welche zahlreiche 
Splitter von Molluskenschalen enthalten. Aus den ersteren stammt als einziges Stück: 


Rhynchonella sp. (Taf. XIV (I), Fig. 14), 
aus den letzteren, ebenso selten: 5 


Avicula Mulatae nov. sp. (Taf. XV (I), Fig. 17). 


Welcher Stufe diese beiden zuletzt genannten Schichten zuzuzählen sind, ist zweifelhaft; die erst 
erwähnten, am Gipfel anstehenden harten, grauen Kalke dürften nach dem sicheren Vorkommen der Tere- 
bratula subsella Leym. ganz allgemein in den mittleren Malm zu stellen sein. Ob nun diese grauen 
Kalke mit Hornsteinen und die unmittelbar darunter folgenden mehr mergeligen ohne Hornsteine in ihrer 
Gesamtheit den zum erstenmal durch Aubry l. c. am Djemma (Lagagima) nachgewiesenen (»caracterise 
par un calcaire marneux gris avec ou sans silex«) entsprechen bezw. mit diesen identisch sind, kann nicht 
mit Bestimmtheit behauptet werden, wenngleich es wahrscheinlich ist. Sie entsprächen, wenn es sich be- 


1) Herr Prof. Gregory in Melbourne wird die Liebenswürdigkeit haben, diese Stücke noch einer genaueren 
Untersuchung zu unterziehen. 


[3] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 121 


stätigte, somit auch den von Ragazzi ausgebeuteten, von Futterer!) faunistisch bearbeiteten Schichten, 
welche dieser in das untere Kimeridge (Pterocerien) stellt und den äquivalenten Ablagerungen von Porrentruy 
gleichsetzt. 


B. Harro Rufa und Atschabo. 


Boten die Hakimschichten keine nennenswerte Fauna, so war die Ausbeute bei den etwas südlicher 
gelegenen Orten Harro Rufa und Atschabo um so reicher. Beide Orte liegen zwischen dem 8. und 9. Grad 
nördlicher Breite und dem 41. und 42. Grad östlicher Länge von Greenwich. Sie sind getrennt durch den 
kleinen Modjo, welcher mit den nördlich davon entspringenden Flüßchen Dongora und Gobele sich in den 
oberen Lauf des Wabbi (Webi) ergießt. 

Auf der Wegstrecke vom Hakim nach Harro Rufa stehen nach Neumanns Tagebuchnotizen zu- 
nächst noch harte graue Kalke an, in denen Korallen vorkommen sollen. Am Gobele selbst wurden zwei 
unbestimmbare Rhynchonellen gefunden. Bei Harro Rufa nun ist ein kleiner Teich, an welchem die hell- 
gelblichen bis dunkelbraunen Kalke angetroffen wurden, aus denen die Hauptmenge der später beschriebenen 
Versteinerungen herrührt. Von Harro Rufa sind es folgende: 


Terebratula subsella Leym. | Cardiidae sp. ind. 

Terebratula nucleata Schloth. Cyprinidae sp. ind. 

Waldheimia humeralis Roem. Ceromya excentrica Voltz. 

Waldheimia Schlosseri nov. sp. Pholadomya Protei Brogn. 
Rehynchonella (Acanthothyris) Rothpletzi nov. sp. '  Pleurotomaria neosolodurina nov. sp. 
Pecten Erlangeri nov. sp. (2)Trochus sp. ind. x 
Lima Harronis nov. sp. Nautilus sp. 

Lima sp. ind. Kiuz: risphinctes planula Hehl. var. laxevoluta Font. 
Modiola sp. ind. Perisphinctes div. sp. ind. 

Macrodon Rufae nov. sp. Aptychus sp. 

Astartidae sp. ind. ı  Belemnites sp. 

Corbis subclathrata Thurm. Berenicea somalica nov. sp. 


Lucina rugosa Roem. 


Die Bruchstücke des Belemnites und der Perisphincten sowie vor allem die Waldheimien und 
Terebrateln bilden nach den Schilderungen Neumanns »förmlich den Kies an dem künstlich durch 
Menschenhand aufgeworfenen Teichdamm«. 

Über den gelbbraunen Kalken soll ein rotes, hartes, bisweilen konglomeratartig aussehendes Gestein 
mit den gleichen Versteinerungen lagern — offenbar dieselben Schichten, welche nur äußerlich rötlich ver- 
wittert sind und bucklig-knollige Verwitterungsflächen zeigen, wodurch wohl beim Beschauer der Eindruck 
des Konglomeratartigen hervorgerufen wird. 

Die gleichen Ablagerungen, wie wir sie soeben am Teiche Rufa kennen lernten, treten auch bei 
dem Orte Atschabo wieder auf, aber anscheinend weit mächtiger und fossilreicher. Es wurden in ihnen 
gefunden und bestimmt: 

Serpula cfr. conformis Münst. Alectryonia pulligera Gldf. 
Serbula gordialis Schloth. Exogyra bruntrutana Thurm. 
Pseudocidaris Ellenbecki nov. sp. Mytilus subpectinatus d’Orb. 
Modiola subangustissima nov. sp. 


Terebratula subsella Leym. 


Rhynchonella (Acanthothyris) Rothpletzi now. sp. Macrodon Rufae uov. sp. 
Pecten Erlanger! nov. sp. Astartidae sp. ind. 

Pecten sp. ind. | Corbis subclathrata Thurm. 
Lima cfr. Moeschi Lor. | Ceromya excentrica Voltz. 


!) Der Jura v. Schoa. 1. c. Ferner: Douville, Examen d. fossiles rapportes d. Choa par M. Aubry. Bull. soc. 
geol. France. 1866. Vol. 14. 3 ser., pag. 201 ff. 
16* 


Pholadomya Protei Brogn. 


Pleurotomaria neosolodurina nov. sp. 


Trochus sp. ind. 
Natica Elea d’Orb. 


Edgar Dacque. 


Perisphinctes Roubyanus Font. 
Perisphinctes breviceps Ouenst. 
Perisphinctes cfr. Abadiensis Choff. 
Perisphinctes cfr. hetaerus Herb. 


14] 


Natica cfr. Eudora d’Orb. Perisphinctes Choffati nov. sp. 
Bourguetia striata Sow. Aspidoceras somalicum nov. sp. 
Harpagodes sp. Aspidoceras altenense d’Orb. 
Nautilus bisulcatus. nov. sp. Aspidoceras supraspinosum nov. sp. 
Nautilus Ennianus nov. sp. Aspidoceras irregularis nov. sp. 
Perisphinctes Arussiorum nov. sp. Aspidoceras Argobbae nov. sp. 
Perisphinctes Gallarum nov. sp. Aspidoceras 2 sp. ind. 
Perisphinctes stenocyclus Font. Belemnites sp. 


Die Schichten von Atschabo und Harro Rufa bilden zweifellos ein und dieselbe Jurastufe. Von den 
aus Atschabo aufgezählten Fossilien kommen Io (Il?) in Harro Rufa vor; das Gestein, in dem sie ein- 
gebettet sind, ist genau das gleiche, so daß man unetikettierte Stücke nach ihrem Fundort nicht erkennt. 
Das Gestein ist ein schmutziggelber bis gelbbrauner, oft etwas tonig vermengter Kalk, der im paläon- 
tologischen Teile unter dem Vorkommen kurzweg als »gelbbrauner Kalk« bezeichnet wird. Da auch 
hier von der Expedition die rein geologischen Beobachtungen nicht mit der Genauigkeit gemacht wurden, 
welche zum Nachweis der genauen Lagerungsverhältnisse der Schichten dienen könnten, so sollen diese 
gelbbraunen Kalke, gleichwie die Hakimkalke, in dieser Arbeit nur als ein einheitliches Ganzes aufgefaßt werden. 

Diese Ablagerungen von Harro Rufa und Atschabo nun bergen, wie aus den Fossillisten ersichtlich 
ist, eine völlig europäische Fauna mit schweizerisch-französischem Gepräge; die Tabelle am Schlusse des 
paläontologischen Teiles gibt hierüber näheren Aufschluß. Wenn auch eine größere Zahl wohlbekannter 
Formen nachgewiesen werden konnte, wie Terebratula subsella, Exogyra bruntrutana, Ceromya excentrica, 
Pholadomya Protei u. a., so hätten diese doch zu einer genaueren Festlegung des Alters unserer Schicht- 
komplexe oder gar zur Parallelisierung mit einer ganz bestimmten europäischen Fundstelle nicht genügt. 
Dies wurde erst ermöglicht durch folgende Formen: 


Aspidoceras altenense d’Orb. Perisphinctes breviceps Ouenst. 
Perisphinctes stenocyclus Font. 


Perisphinctes Roubyanus Font. 


Perisphinctes planula var. laxevoluta Font. 


Diese fünf Arten kommen in Europa alle in der Tenuilobatenzone vor, drei davon speziell in den 
Kimeridgekalken vom Chäteau de Crussol. Es mag daher erlaubt sein, die gelbbraunen Kalke von Atschabo 
und Harro Rufa auf diese Lokalität zu beziehen und sie dem unteren Kimeridge gleichzusetzen. Andere 
Ammoniten, wie Perisphinctes cfr. Abadiensis Chofj., P. cfr. hetaerus Herb., und P. Choffati nov. sp. 
(P. Mindowe Choff.?) sind nicht genau genug zu bestimmen, um sie für die Beurteilung des Alters in Betracht 
ziehen zu können; die beiden portugiesischen Arten sprächen für einen etwas tieferen Horizont, doch könnten 
sie möglicherweise eine weitere vertikale Verbreitung haben. 

Schon Angelis d’Ossat und Millosevich wiesen durch die Veröffentlichung der von Maurizio 
Sacchi gesammelten sowie der von Harrar stammenden Fossilien den europäischen Charakter der ver- 
schiedenen Fundstellen (Canale Doria, Harrar) nach, so daß die Untersuchung unserer Jurafossilien nichts 
wesentlich Neues zu bieten vermag. Immerhin ist es wichtig genug, daß der sichere Nachweis eines gänz- 
lichen Fehlens des indischen Faunenelements geführt werden kann, ein Umstand, der trotz der Fossilauf- 
zählungen von Angelis d’Ossat und Millosevich noch einigem Zweifel unterliegen mußte, da Crick!) 
vier von Donaldson Smith mitgebrachte Perisphinceten, welche nicht sehr viel weiter östlich (»Terfa; 
gelbbrauner Kalk«), und wohl aus genau den gleichen Schichten wie meine Fossilien von Harro Rufa und 
Atschabo gesammelt waren, mit indischen Arter verglichen hatte. Es sind dies nach den Bestimmungen 
jenes Autors Perisphinctes cfr. denseplicatus Waag., P. cfr. Adelus Gem., P. cfr. frequens Opp., P. cfr. 


2) On the fossil Cephalopoda from Somaliland, collected by Dr. Donaldson Smith, ]. c. 


[5] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 123 


torquatus Sow. Obwohl ich nun die Originale, welche dieser Bestimmung zu Grunde liegen, nicht kenne, so 
bin ich doch geneigt, an der Herkunft dieser Perisphineten aus dem indischen Faunenbezirk zu zweifeln, 
da meine reiche Ammonitenfauna keine einzige indische, sondern nur typisch europäische Formen geliefert 
hat, Vielleicht ist es jetzt nach der Veröffentlichung der hier beschriebenen Perisphincten möglich, die doch 
nur mit cefr. bestimmten Fragmente genauer zu identifizieren. 

Durch Perisphinctes Choffati und P. cfr. Abadiensis sind vielleicht Beziehungen unserer Fauna 
zu der etwas älteren portugiesischen angedeutet. 

Zu den entsprechenden Ablagerungen auf Madagaskar zeigen sich keine direkten Anknüpfungspunkte. 

Ebensowenig zu Südafrika, obwohl eine Form: Arca (Macrodon) Jonesi Tate!) manchen Varietäten 
meines Macrodon Rufae gar nicht so unähnlich ist. 

Mit dem oberen Jura in Algier?) sind Ceromya excentrica, Exogyra bruntrutana, Terebratula subsella 
gemeinsam. 

Ein Vergleich mit anderen gleichalterisen afrikanischen Ablagerungen läßt im allgemeinen nur 
geringe faunistische Beziehungen erkennen. Aus der von Bornhardt in Ostafrika gemachten und von 
G. Müller?) bearbeiteten Sammlung sind nur zwei Formen: Ostrea pulligera und bruntrutana identisch, 
wenngleich die Kimeridge-Fauna vom Mahokondobach typisch mitteleuropäisches Gepräge zeigt, so daß 
der Mangel an weiteren identischen Arten zwischen jener und unserer von Harro Rufa und Atschabo doch 
wohl nur auf fazieller Verschiedenheit beruhen dürfte. 

Gar nicht in Betracht kommt der Jura von Mombassat), dessen Durchsetzung mit indischen Cephalo- 
podentypen eine scharfe Trennung von jenem Meeresbecken erkennen läfst, in dem unsere gelbbraunen Kalke 
von Atschabo und Harro Rufa abgelagert wurden, die ebenfalls eine reiche Perisphincten- und Aspido- 
ceratenfauna bergen. Dies ist um so wichtiger, als der Dogger (Callovien) im Somaliland nach den Mit- 
teilungen von Newton?) und Crick®) schon zwei indische Formen: Parallelodon Egertonianus Stol. und 
Belemnites subhastatus Ziet. geliefert haben soll. 


C. Abulkassim. 


Am linken Ufer des Wabbi, im Südosten des »Abulkassim« genannten Höhenzuges, unter dem 
8. Grad nördlicher Breite und zwischen dem 40. und 41. Grad östlicher Länge von Greenwich wurden graue 
Kalke angetroffen, welche mit den mergeligen vom Hakim sehr viel Ähnlichkeit besitzen, aber zweifellos 
nichts mit ihnen zu tun haben. Aus ihnen konnten folgende Fossilien bestimmt werden: 


Rhynchonella moravica Uhl. Lima sp. ind. 
Exogyra bruntrutana Thurm. 


Wichtig: ist, daß? Rhynchonella moravica ganz genau in demselben Typus vorliegt, wie sie Noet- 
ling aus dem Hermon‘) abgebildet hat. Da auch der petrographische Charakter der Schichten einige 
Ähnlichkeit mit den betreffenden syrischen zu haben scheint — dort sind es »Kalke von gelblichweißer 
oder grauer Farbe, .... ungemein dicht, feinkörnig oder splittrig«e — so besteht kaum ein Bedenken, diese 
Abulkassimschichten mit jenen am Hermon zu identifizieren und ihnen ihre Stellung im oberen Ox- 


fordien anzuweisen. 


!) On some secondary fossils from South Africa. Quart. Journ. geol. soc. London 1867, Bd. 23, pag. IÖI, 
Tab. 9, Fig. 9. 

2) Coquand: Et. suppl. s. 1. Paleontologie algerienne. Bull. Acad. d’Hippone. 1880. 

Peron: Essai d’une descript. geol. de ’Algerie. 1853. 

3) Versteinerungen d. Jura u. d. Kreide, 1. c. 

%) Beyrich: Über jurass Ammoniten v. Mombassa. Monatsber. d. kgl. Akad. d. Wiss. Berlin, 1877, pag. 96 ff. 

Derselbe: Über Hildebrandts geol. Sammlungen v. Mombassa, ibid 1878, pag. 767 ff. 

Futterer: Beitr. z Kenntnis d. Jura in Ostafrika I-III. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1894, Bd. 46, Heft 1. 

5) On the occurence of an Indian jurass. shell in Somaliland. Geol. Magaz. 1896. Dec. IV. Vol. III, pag. 294. 

°) Note on some fragments of Belemnites from Somaliland, ibid., pag. 296, 

?) Der Jura am Hermon. pag. 43, Taf. VII, Fig. 1—-3c. 


Edgar Dacque. [6] 


Es ist der Nachweis der spezifisch syrischen Ausbildung des unteren Malm im Somaliland um so 
wertvoller, als durch Jaekelt) bereits in Usambara gleichfalls das syrische Oxfordien mit Cidaris glandifera 
und einer der Rhynchonella jordanica Noetl. sehr ähnlichen Rhynchonella erkannt worden war. 

Zu der Oxfordfausa von Mtaru?) mit ihrem indischen und mediterranen Habitus bestehen natürlich 


keine Beziehungen. 


D. Badattino. (Schoa.) 


In der Provinz Gindeberat, südlich vom blauen Nil, wurden beim Abstieg von der Bergkuppe des 
Badattino versteinerungsführende Schichten in zwei verschiedenen Ausbildungsformen angetroffen: Die eine 
ist dunkelbraun und besteht aus einem etwas tonigen Kalk, fast genau wie die Schichten von Harro Rufa; 
sie lieferte an Fossilien: 

Terebratula subsella Leym. Turritella sp. ind. 

Alectryonia pulligera Gldf. Rhynchonella sp. (Taf. XIV (I), Fig. 11). 

Lima cfr. Harronis n. sp. | 
Nach dem Gesteinscharakter und den allerdings sehr spärlichen Fossilfunden dürfte dieser dunkel- 


braune Kalk wohl mit dem von Harro Rufa identisch sein. 
Die andere, mehr feinkörnige Schicht, welche aus zahllosen kleinen kristallinen Partikelchen oder 


aus mehr homogenem, hartem, graubraunem Kalk besteht, enthielt: 
Alectryonia rastellaris Münst. Modiola sp. ind. 
Alectryonia pulligera Gldf. 
Welche von beiden Lagen die tiefere sei, ließ sich nach den Notizen Neumanns nicht ermitteln. 


Sie gehören ebenfalls in den mittleren weißen Jura. 


Paläontologischer Teil. 


A. Echinoidea. 
Familie: Cidaridae. Wright. 
(?) Genus: Cidaris. Klein. 
Zwei schlecht erhaltene Stücke einer zu diesem Genus gehörigen Art, die sich nicht näher be- 
stimmen läßt. 


Fundort: Hakim. 
Vorkommen: Harter grauer Kalk. (Oberer Jura). 


Familie: Diadematidae. Wright. 
Genus: Pseudocidaris. Et. 


(?2) Pseudocidaris Ellenbecki. nov. sp. 
Taf. XIV (D, Fig. 3, 4. 
Außerordentlich große, keulenartige, auf den ersten Anblick glatte, bei genauer Betrachtung mit 
dichten Wärzchen übersäte, isolierte Stacheln von verschiedenen Dimensionen, aber zu einer Art gehörig. 
In Fig. 4 ist der längste und schmalste, in Fig. 3 einer der kürzeren, gedrungeneren abgebildet, der in- 


‘) Oberjurassische Fossilien aus Usambara Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1893, Bd 45, Sitzungsber,, pag. 507/8. 
*, Tornquist: Fragmente einer Oxfordfauna v. Mtaru in Deutsch-Ostafrika, nach d. v. Dr. Stuhlmann gesamm. 
Material. Hamburg 1893. 


[7] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 125 


dessen an plumper Form von einem anderen noch übertroffen wird. Die im allgemeinen polygonalen bis 
gerundeten Stacheln zeigen auf ihrer nach unten sich allmählich verjüngenden Außenfläche oft Längsver- 
tiefungen, wie dies auf den Abbildungen auch zum Ausdruck gelangt; doch ist das kein unbedingtes Merk- 
mal der Art. Nach oben sind die Stacheln, je nachdem ihr Querschnitt polygonal oder rundlich ist, pyra- 
midenförmig oder spitz-kalottenartig abgeschlossen. Die an kleinen kurzen Stielchen sitzenden Gelenkflächen 
am unteren Ende sind von einem feinen Ringrand umgeben. 

Ich kenne keine Form, mit der sich die vorstehende vergleichen ließe. 

Zahl der untersuchten Stücke: 7. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Familie: Spatangidae. 

Ein völlig unbestimmbares Fragment, dessen Oberseite fast ganz weggebrochen ist. Von den Am- 
bulacralfeldern sind nur die Spitzen und von dem unpaaren Ambulacrum nur das marginale Ende sichtbar 
Die Unterseite steckt im Gestein und ist wegen der Dünnschaligkeit des hohlen Körpers nicht zu präparieren. 
Das Stück ist relativ groß (7’3 cm lang). 

Fundort: Hakim. 

Vorkommen: Harter, grauer Kalk. (Oberer Jura.) 


B. Bryozoa. 
Genus: Berenicea. Lmx. 


Berenicea somalica. nov. sp. 
Taf. XVII (IV), Fig. 6. 

Dünne, fein inkrustierende Stücke mit zentralem Ursprungspunkt der Zellröhren, die an der Peri- 
pherie anscheinend etwas emporstanden. Die schrägen Mundöffnungen sind länglich-oval, nicht sehr zahl- 
reich, außer am Rande, wo die Röhren alle auf einem Kreisbogen abgeschnitten sind. Zellröhren von einer 
Unmenge feiner Poren durchbohrt. Die einzelnen, meist übereinander gewucherten Stöcke bilden auf der 
Schale einer Terebratula subsella einen dünnen, den Schalenverhältnissen entsprechenden, sich anschmie- 
genden Überzug, sind aber nicht sehr schön erhalten. 

Berenicea densata Thurm.*) unterscheidet sich von unserer Art vor allem durch die polsterartige 
Dicke der einzelnen Stöcke. 

Fundort: Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge). 


C. Vermes. 
Genus: Serpula. Lin. 
Serpula cfr. conformis. Münst. 
Vergl. 1829. Serpula conformis Goldfuss. Petrefacta Germaniae. I, pag. 228, Taf. LXVII, Fig. 13. 
Zwillingsröhre mit starkem Rückenkiel und je einer links und rechts davon folgenden schwächeren 
seitlichen Kante. Äußerer Querschnitt etwa fünfeckig, Lumen nahezu rund. Loriol beschreibt unter dem 
Namen Serpula Davidsoni?) ganz ähnliche Formen, die sich bei der Geringwertigkeit unseres Stückes 


ebenfalls in Vergleich ziehen ließen. 
Fundort: Atschabo, 
Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


1) Thurmann et Etallon: Lethea Bruntrutana. Pag. 292, Taf. 42, Fig. 10. 
®) Etages. jurass. super. d. 1 Haute Marne, pag. ıI, Taf. 1, Fig. 4. 


126 Edgar Dacque. [8] 


Serpula gordialis. Schloth. 


1820. Serpula gordialis Schlotheim. Petrefaktenkunde, pag. 96. 


1829. ” > Goldfuss. Petrefacta Germaniae, pag. 234, Taf. LXIX, Fig. 8. 
1876. 55 5; Loriol. Zone a Ammon. tenuilobatus d. Baden, pag. 8, Taf. I, Fig. 3. (e. syn). 
1396. . 5 Semenow. Faune d. dep. jurass. d. Mangyschlak et Touar-Kyr., pag. 36. 


Mehrere Exemplare, die sich teils zusammenrollen, teils aber auch langgestreckt werden (siehe Ab- 
bildung auf Figur 2 der Tafel XVI), wozu alle Übergänge vorhanden sind. 

Zahl der untersuchten Stücke: 6. 

Fundort: Atschabo. i 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


D. Brachiopoda. 
Familie: Rhynchonellidae. Gray. 
Genus: Rhynchonella. Fisch. 


Rhynchonella moravica. Uhlig. 
Taf, XIV (D), Fie. ı, 3. 
1882. Rhynchonella moravica Uhlig. Die Jurabildungen in d. Umgebung v. Brünn. Beitr. z. Geol. u. Pal. Österr.-Ung. u d. 

Orients. Bd. I, pag. 175, Taf. XVII, Fig. 6 u. ı1. (c. syn.) 

1887. Rhynchonella moravica Noetling. Jura am Hermon, pag. 43, Taf. VII, Fig. 1-3c. 
1893. 5 „ Siemiradzki. Ob. Jura in Polen u. s. Fauna. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. 45, 

pag. 131. 

Unsere Exemplare, welche in beträchtlicher Anzahl vorliegen, entsprechen in ihrer Größe und son- 
stigem Aussehen genau denen vom Hermon: Etwa 30 kantige nach oben zugeschärfte, niemals dichotom 
verzweigte Rippen überstrahlen beide Schalen. Ventralklappe mit tiefem Sinus, dem auf der Dorsalklappe 
eine Erhebung entspricht. Wie Uhlig angibt, befinden sich im Sinus fünf, auf dem korrespondierenden 
Wulst sechs Rippen. Bei einem nicht abgebildeten Jugendexemplar, das übrigens stärker an Rhynchonella 
jordanica Noetl.‘) erinnert als die ausgewachsenen Individuen, hat der Sinus sieben, der Wulst ebensoviele 
Rippen. Leider ist an keinem Stück der Unterrand ganz sichtbar, da er entweder nicht deutlich erhalten 
oder von unabsprengbaren Serpelschalen, die sich mit Vorliebe am Ende des Sinus niedersetzten, über- 
wuchert ist. Kommissur fragezeichenartig geschwungen, wie nach den Angaben des Autors, anfangs nach 
rückwärts, dann halbkreisförmig gegen die Ventralschale laufend. Schnabel nicht sehr hoch, zugespitzt, um- 
gebogen, Deltidium und Schnabelloch nicht sichtbar; auch von inneren Merkmalen nichts festzustellen. 

Der Formenreichtum, den die Art nach Noetling am Hermon entfaltet, ist auch im Somaliland 
festzustellen; zwei der häufigsten Formen wurden abgebildet. Sie gehören nicht zu dem ersten Typus 
Noetlings, den er als hoch aufgebläht und dementsprechend als nach den Seiten hin steil abfallend 
charakterisiert; dagegen schließen sie sich an den zweiten Typus an, bei dem der Sinus weniger tief ein- 
gesenkt ist. Das Verschwinden der Rippen gegen die Stirn hin, wie es Noetling angibt, konnte ich — 
außer vielleicht bei dem oben genannten Jugendexemplar — nicht beobachten. 

Ein isoliert gefundenes Stück vom Gobele (vergl. pag. 121), das ungemein scharfe Rippen hat und 
sehr breit im Verhältnis zur Länge ist, wurde wegen seines schlechten Erhaltungszustandes mit »cfr.« dieser 
Art angereiht. 

Neuerdings bildet Kitchin?) aus Kutch eine große Rhynchonella microrhyncha Sow. ab, welche 
an die langgestreckteren unserer Exemplare einigermaßen erinnert. Die Zahl der Rippen ist jedoch bei der 
indischen Art durchschnittlich etwas geringer, die der Rippen im Sinus dagegen nach der Abbildung etwas 
größer als bei unserer Rhynchonella moravica. 


!) Jura am Hermon, pag. 44, Taf. VII, Fig. 4-5. 
*) Jurassic fauna of Cutch. Mem. geol. surv. of India. Ser. IX. Vol. II. Brachiopoda. pag. 60, Taf. XII, Fig. 4—5 


[9] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. I 


[97 
DS ; 


Zahl der untersuchten Stücke: 43. 
Fundort: Wabbi am Abulkassim. 
Vorkommen: Harter grauer Kalk. (Oxfordien.) 


Rhynchonella somalica. nov. sp. 
Taf. XIV (l), Fig. 7—9. 

Runde, kugelige, nicht große Formen. Höhe meist nur um ein Minimum beträchtlicher als die 
Breite. Dorsalklappe aufgebläht, bei einigen Exemplaren fast kugelrund, Ventralklappe flacher. Oberfläche 
mit 25—27 nicht zugeschärften, gegen die Wirbel mehr verschwindenden, aber immer noch sichtbaren 
Rippen bedeckt, deren Zwischenräume sehr fein und schmal sind. Rippen nie dichotom geteilt. Dorsalschale 
mit niederem, wenig scharf abgehobenem Wulst, auf den höchstens und meist acht Rippen entfallen, 
hin und wieder etwas weniger. Ventralschale mit entsprechendem Sinus, der meist nur sieben Rippen 
trägt. Schnabel kurz, spitz, wenig übergebogen. Loch nur an einem einzigen Exemplar zweifelhaft erhalten, 
offenbar klein. Deltidium unbestimmbar. Area nicht scharf abgegrenzt. Seitliche Kommissuren annähernd 
gerade, etwas gegen die Dorsalschale, weiter unten gegen die Ventralschale (aber schwächer) ausgebogen. 

Es bereitet einige Schwierigkeiten, diese Art von manchen Formen der Rhynchonella concinna Sow. 
zu trennen. Davidson!) bildet in seiner Monographie eine große Anzahl von Stücken aller Varietäten- 
richtungen ab, so daß ein Vergleich mit meinem immerhin umfangreichen Material trotz aller sonstigen 
Übereinstimmungen folgende konstante Unterschiede ergab: Vor allem ist die Rippenzahl bei unserer Art 
geringer, trotzdem enthalten Sinus und Wulst bei ihr mehr Rippen als bei Rhynchonella concinna. Die 
Rippen selbst sind — besonders auf dem mittleren Teil der Schale — weniger hoch und mehr abgerundet 
dementsprechend sind auch die Zwischenräume weniger tief als bei Rh. concinna. Wenn man gleich große 
Exemplare beider Spezies vergleicht, hat unsere Art einen breiteren Habitus im Verhältnis zur Schalenhöhe, 
was man besonders an der Dorsalklappe wahrnimmt, deren Seiten bei Ahynchonella concinna einen spitzeren 
Winkel bilden. Zum Vergleich liegen mir 19 wohlerhaltene concinna-Formen aus dem Bathonien von Ran- 
ville vor, die sehr zugeschärfte Rippen haben, Auch scheint es, daß die Wirbel der Ventralschale viel 
spitzer und höher werden als bei meinen, in dieser Hinsicht allerdings schlecht erhaltenen Stücken. 

Rehynchonella subtetraedra Sow.?) stimmt bezüglich der Rippenzahl besser mit Rhynchonella soma- 
lica überein, hat jedoch ebenfalls zugeschärfte Rippen und spitzeren Schalenwinkel. 

Newton?) zitiert aus Madagaskar eine »Rhynchonella (allied to) concinna Sow.«, als deren Stufe 
er den Lower Oolithe angibt. Leider liefert er keine Beschreibung, was um so wichtiger wäre, als dadurch, 
falls diese Form identisch mit unserer wäre, sich genauere Anhaltspunkte sowohl für das Alter als auch 
die faunistische Beziehung unserer Hakimschichten ergeben haben würden. 

Nahe verwandt ist ferner noch Rhynchonella jordanica Noetl.*), von der sich unsere Art vor allem 
durch die geringere Rippenzahl unterscheidet; die syrische hat deren 35—40 und auf dem Wulst be- 
ziehungsweise Sinus konstant IO, während unsere Exemplare deren niemals mehr als 8, oftmals sogar 
weniger aufweisen. Auch ist bei Ahynchonella jordanica die Breite im Verhältnis zur Länge durchgehends 
beträchtlicher; ferner hat die Area bei der letzteren scharfe Begrenzung. 

Zahl der untersuchten Stücke: 25 und viele im Gestein steckende. 

Fundort: Hakim. 

Vorkommen: Harter, grauer Kalk. (Malm.) 


Rhynchonella sp. ind. 1. 
Taf. XIV (D, Fig. 11. 
In den braunen Badattinokalken kommt, anscheinend nicht selten, eine größere Rhynchonella vor, 
die allerdings nur in einem — dem abgebildeten — Exemplar mit einiger Vollständigkeiterhalten ist ; doch fehlt auch 


1) Brit. Oolit. and lias. Brachiopoda. pag. 88, Taf. XVII, Fig. 6—12. Suppl. pag. 205, Taf. XXVII, Fig. 22. 
2) Ibid. pag. 93, Taf. XVIII, Fig. 5—10. 

°) On a collection of fossils from Madagascar. Quart. Journ. Vol. 5I, 1895, pag. 83, Taf. III, Fig. 4. 

4) Der Jura am Hermon, pag 44, Taf. VII, Fig. 4—5. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. 17 


128 Edgar Dacque. l1o] 


hier der Schnabel. Wegen der geringen Anzahl der Fossilien aus diesen Schichten bringe ich sie zur Ab- 
bildung. Herr Kitchin, dem sie zur Begutachtung vorlag, stellt sie in die Nähe der Rh. obsoleta. Eine 


genaue Bestimmung; ist ebensowenig möglich wie bei der folgenden: 


Rhynchonella sp. ind. 2. 
Taf. XIV (D, Fig. 14. 


Sie ist das einzige Fossil aus den unmittelbar unter den harten, grauen Hakimkalken liegenden 
schmutziggelben, mehr sandigen Schichten. Auch sie ist wegen ihres ungünstigen Erhaltungszustandes 
nicht näher zu bezeichnen, 

Eine Anzahl anderer, ebenfalls kaum brauchbarer Rhynchonellen: zwei vom Gobele, eine vom 
Hakim, eine vom Wabbi am Abulkassim wurden wegen Unzulänglichkeit und wegen der Ungenauigkei' 


der Fundortsangabe gänzlich von der Bearbeitung ausgeschlossen. 


Rhynchonella (Acanthothyris) Rothpletzi, nov. sp. 
Taf. XIV (I), Fig. 10. 

Schale sehr klein, I nn breiter als hoch, schwach gewölbt, mit sehr feinen, äußerst dichtstehenden 
Rippchen besät, deren Zahl wohl über 50 beträgt; sie tragen feine, röhrenartige Fortsätze und gabeln 
sich sehr selten dichotom, im Gegensatz zu Rhynchonella spinulosa Oppel'), von der mir eine größere An- 
zahl Exemplare von verschiedenen Fundorten zum Vergleich vorliegt. Bei sämtlichen spinwlosa - Formen 
sind — bei gleichgroßen Exemplaren — die einzelnen Rippen kräftiger als bei unserer Art und die dichotome 
Gabelung derselben bildet die Regel. Besonders die Rippen auf dem rechten und linken Drittel der Schalenober- 
fläche sind meist nur Abkömmlinge einer mehr gegen die Mitte hin gelegenen Urrippe, während sich bei meinen 
Stücken nahezu alle Rippen vom Wirbel ab schon verfolgen lassen. Da aber, wie die genauere Unter- 
suchung zeigt, hierin gegenüber den anderen Arten kein durchgreifendes Unterscheidungsmerkmal zu sehen ist, 
so bleiben als weitere und hauptsächliche Unterschiede zwischen Rhynchonella spinulosa und unserer Form 
die größere Rippenzahl, die größere Feinheit der Rippen und der schwache, wenig hervortretende Schnabel 
der Ventralschale, wodurch sich unsere Art vor jener auszeichnet. Gerade der spitze, stark gekrümmte 
Schnabel, der über die Dorsalschale weit hinausragt, gilt unter anderem als besonderes Charakteristikum 
der Rhynchonella spinulosa. 

Die Verschiedenheit von der ebenfalls sehr nahestehenden Rhynchonella myriacantha Desl.?) ist 
durch deren meist geraden Unterrand und gröbere Berippung gekennzeichnet. Wenn Rhynchonella myria- 
cantha eine schmälere Gestalt besitzt, dann wird ihr Schnabel sehr spitz und hoch; besitzt sie aber eine 
breitere Gestalt, dann ist ihr Unterrand meist geradlinig und der Schnabel wird breiter. Daran ist sie 
leicht von unserer Art zu unterscheiden. 

Die Gruppe der Spinulosen scheint trotz der Auseinandersetzungen, die Rothpletz in seiner Vilser 
Monographie ?) gab, immer noch nicht genügend charakterisiert zu sein, da sich viele angegebene Unter- 
schiede bezüglich der Berippung und des Umrisses wohl nicht bei allen Arten in der gleichen Weise ver- 
werten lassen. Ohne Berücksichtigung dieser Rothpletzschen Definitionen versuchten zwei Jahre später 
Buckmann und Walker‘) die Gruppe neu zu sichten; doch liefert ihre Abhandlung: speziell für den 
engeren Formenkreis der spinulosa-Formen, wozu auch unsere Art gehört, keine Anhaltspunkte. Von der 
zitierten Loriolschen Form unterscheidet sich die vorliegende insbesondere durch die über doppelt so 
große Anzahl der Rippen. 


') Die Juraformation, pag. 608. Loriol. Oxfordien sup. et moyen d. Jura Bernois; pag. 146, Taf. XVII, Fig. 12. 
®) Quenstedt: Brachiopoden, pag 113, Taf. XXXIX, Fig. 57, 58. 
’) Geol.-paläont. Monographie d. Vilser Alpen m. besond. Berücksichtigung d. Brachiopoden-Systematik. Paläon- 
tographica, Bd. XXXIH, 1886/87, pag. 154 ff. 
*) On the spinose Rhynchonellae (Genus Acanthothyris d’Orb.) found in England. Yorkshire Philos. Soc. 
Report. 1889. 


[11] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 129 


Dagegen stimmt Acanthothyris multistriata Kitchin‘) hinsichtlich der Feinheit der Berippung ziem- 
lich genau mit unserer Art überein, doch ist anderseits der Umriß jener bedeutend in die Länge gezogen 
und der Unterrand sehr geradlinig. 

Zahl der untersuchten Stücke: 3. 

Fundort: Atschabo und Harro Rufa, 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Fam.: Terebratulidae. King. 
Genus: Terebratula. King. 


Terebratula subsella. Leym. 
Taf. XIV l), Fig 5, 6 und Taf. XVII (IV), Fig. 6. 
1846. Terebratula subsella. Leymerie Statist. g&ol. de ’Aube, pag. 249, Taf. X, Fig. 5. 


1862. n suprajurensis. Thurmann et Etallon: Lethea Bruntrutana, pag. 283, Taf. XLI, Fig. 1. 

1880. H subsella. Loriol. Zoneä Ammon. tenuilobatus d’Oberbuchsitten et Wangen, pag. 105, Taf. XIV, Fig. 
21— 24 (c. syn.). : 

1885/86. „ 5 Douville. Fossiles d. Choa. Bull. soc. g&ol. France. 3. ser. Vol. 14, pag. 232, Taf. XII, Fig. 2. 

1893. e 5 Siemiradzki. Ob. Jura v. Polen. Zeitschr. d. deutsch. geol Ges, Bd. 45, pag. 138. 

1896. n er Semenow. Dep. jurass. de Mangyschlak et Touarkyr, pag. 45, Taf. I, Fig. 8—9. 

1897. » suprajurensis. Futterer. Jura v. Schoa. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., Bd. 49, pag. 617. 

1900 3 subsella. Angelis d’Ossat e Milloseyvich. Studio geol. s, mater, racc. d. Sacchi. I. c, pag. 165. 


Schalen meist groß, kräftig und breit. Umriß rundlich, subpentagonal oder länglich, mit der aus- 
gesprochenen Tendenz, eine scharfeckige Biegung der Seitenkommissur zu bilden, wodurch die Schalen nach 
unten zusammenlaufen. Dazwischen alle erdenklichen Abstufungen der Form, des Umrisses und der Faltung. 
Letztere meist biplikat, doch können sich die Doppelfalten völlig verlieren und — wie in Fig. 6 — zu 
einem einfachen Wulst reduzieren, was indessen bei dem abgebildeten Stück noch lange nicht die äußerste 
Grenze erreicht hat, da sich der Wulst der Ventralschale noch viel höher über die Gesamtschalenfläche er- 
heben kann. Eine Anzahl Jugendexemplare, die meist sehr ausgesprochen biplikat sind, weisen alle Über- 
gänge zu der großen Masse der ausgewachsenen Individuen auf. 

Eine besondere Ähnlichkeit mit der jüngst von Kitchin?) beschriebenen Terebratula jooraensis 
haben zwei meiner Stücke, doch ist die Ventralschale bei der indischen Form meist aufgeblähter und der 
Habitus gedrungener. Herr Kitchin, dem meine Stücke wiederholt vorlagen, hielt trotz einzelner solcher 
Ähnlichkeiten die Übereinstimmung meiner Formen mit den indischen Typen für ausgeschlossen. Bei solchen 
Serien, wie sie hier von Terebrateln vorliegen und die sich auf die stattliche Anzahl von über 150 Stück 
belaufen, kann eine richtige Beurteilung der Artzugehörigkeit und der Artcharaktere eben nicht durch die 
rein morphologische Vergleichung beliebiger Einzelexemplare erreicht werden. Denn durch das geradezu 
unbegrenzt scheinende Variieren aller Terebratuliden, das von der sefßhaften Lebensweise herrührt, ergibt 
sich, wie beispielsweise bei den Austern, von selbst die Notwendigkeit, nur aus der Vergleichung ganzer 
Variationsreihen die Verwandtschafts- oder Unterscheidungsmerkmale abzuleiten. So ist auch leicht zu er- 
kennen, was bei der labilen äußeren Form unserer Terebrateln ein für die Artauffassung gleichgültiges 
Variieren und was bestimmte, in dem raschen Wechsel beharrende Charakteristika sind. So glaube ich er- 
mittelt zu haben, daß durch die Mannigfaltigkeit der individuellen Variation hindurch bei sämtlichen Stücken 
die Annäherung an den üppigen Formenkreis der Terebratula subsella stets deutlich erkennbar bleibt. Bei 
den Abbildungen wurden nur zwei der allerhäufigsten Typen herausgegriffen,; sie bilden die beiden festen 
Formen in der Unzahl variierender. So reihen sich besonders an die nicht doppelt gefaltete Figur Typen an, 
die sich auffallend dem Formenkreis der echten Terebratula bisuffarcinata nähern, wie sie mir in größerer 
Anzahl vergleichsweise zur Verfügung steht. Es sind dies etwa 8 längliche Stücke, von denen eines sehr 


1) Jurass. fauna of Cutch. Brachiopoda Pal. Ind. Ser. IX, Vol. III, pag. 75, Pl. XIV, Fig. Io, I1. 
2) Jurassic fauna of Cutch. Ser. IX, Vol. 3. I. Brachiopoda. Palaeontologia Indica. Mem. geol. surv. India 1900, 
pag. 37, Taf. VIII, Fig. 1—4. 
iizps 


130 Edgar Dacque. [12] 


hochgewölbte Schalen besitzt. Aber sie lassen sich von den Vergleichsformen. der bisuffarcinata ganz be- 
stimmt unterscheiden durch die Andeutung der Eckenbildung, welche, wie ich oben sagte, allen meinen 
Stücken gemeinsam ist und auch ein gutes Charakteristikum der Terebratula subsella zu sein scheint, das 
aber bei keiner echten bzsuffarcinata zu entdecken ist. Durch die schroffe Umbiegung der Seitenkommis- 
suren, welche die Schale oftmals zu einem richtigen Fünfeck macht, läßt sich daher ein Kriterium gewinnen, 
durch welches sich sowohl meine zahlreichen und untereinander so verschiedenen Formen zusammenfassen 
lassen, wie auch die Vereinigung mit der europäischen Terebratula subsella auf Grund desselben siatthaft 
erscheint. Es lag somit kein zwingender Grund vor, das Material auseinander zu nehmen und verschiedene 
Arten zu unterscheiden, deren Definierung und Abgrenzung zweifellos zu Künsteleien geführt hätte. Zudem 
dürfte es kaum ein Fehler sein, eine Art auch im Hinblick auf ihre Lebensweise zu begründen, wenn die 
morphologisch-stereometrische Unterscheidungsmethode nachgewiesenermaßen bei einer derartigen Gruppe 
als nicht ausreichend zu erachten ist. Die hier als sudsella zusammengenommenen verschiedenartigen Formen 
bilden nun nach ihrem Vorkommen eine einzige Lebensgemeinschaft; sie kommen hier, wie meist überall, in 
unendlicher Individuenzahl auf einen engen Punkt zusammengedrängt vor. Dieses biologische Moment be- 
dingt einen ungeheuren Varietätenreichtum, hervorgerufen durch die sefshafte Lebensweise. Diese Tatsache, unter- 
stützt von dem oben angegebenen, bei aller Formänderung immer und immer wieder hindurchschimmernden Merk- 
mal der scharfen Umbiegung an der Seitenkommissur erscheint zum Nachweis der spezifischen Zusammenge- 
hörigkeit aller unserer Formen ausreichend genug, um eine starr morphologische Determinierung des hier in Be- 
tracht kommenden Artbegriffs als unberechtigt erkennen zu lassen. 

Was die Vereinigung mit Terebratula suprajurensis Thurm. anbelangt, so folge ich hierin Loriol!), 
auf dessen Wiedergabe der Terebratula subsella auch obige Bestimmung fußt, da die Originalabbildungen 
Leymerie’s zu sehr schematisiert sind, als daß sie gut verwertet werden könnten. 

Zahl der untersuchten Stücke: etwa 170. 

Fundort: Atschabo und vor allem Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 

Vom Hakim liegen mehrere Stücke vor, von denen eines sicher identisch mit obiger Art ist; die 
übrigen wurden mit »cfr.« angereiht. Auch ein einzelnes Exemplar vom braunen Malmkalk des Badattino 
gehört hieher. 


Terebratula (Pygope) nucleata. Schloth. 
Taf. XIV (I), Fig. 12, 
1820. Terebratulites nucleatus. Schlotheim. Petrefaktenkunde, pag. 237. 
1830. Terebratula nucleata. Zieten. Versteinerungen Württembergs, pag. 53, Taf. XXXIX, Fig. 10. 
1878. 5 55 Loriol. Zone a Ammon. tenuilobatus d. Baden, pag. 171, Taf. XXIII, Fig. 16-18. 
1893. Pygope » Siemiradzki Ob. Jura v. Polen. Zeitschr. d. deutsch geol. Ges. Bd. 45, pag. 139. 

Unter dem sehr zahlreichen Material ist kein Stück, das zu besonderen Bemerkungen gegenüber 
der europäischen Art Anlaf3 geben könnte. Im allgemeinen scheinen allerdings meine Formen dazu zu 
neigen, ihre größte Schalenbreite mehr gegen den Wirbel hin zu verschieben, doch ist das wenig ausge- 
sprochen und erweist sich durch das Vorhandensein einiger typischer Stücke nicht als durchgreifendes 
Merkmal, so daß ein Bedenken gegen die Identifizierung hiedurch nicht entsteht. 

Zahl der untersuchten Stücke: über Ioo, 

Fundort: Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Genus: Waldheimia. King. 
Waldheimia humeralis. Roem. 


Kleine bis mittelgroße Schalen, fast ausschließlich mit geradem Unterrand, welcher manchmal in 
eine sanfte Biegung übergehen kann, indem die Ventralschale unmerklich eingedrückt ist, Der Umriß 


1) Haute Marne, pag. 412. 


[1 3] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 131 


schwankt zwischen rundlichen und langgestreckteren Formen; letztere haben einen mehr abgestutzten 
Unterrand. 


Zahl der untersuchten Stücke: etwa 90. 
Fundort: Harro Rufa. 
Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Waldheimia Schlosseri. nov. sp. 
Taf. XIV (D, Fig. 13. 

Urter den erbsengroßen Stücken der Terebratula nucleata und den Formen der Waldheimia 
humeralis, die wie Kies am Teiche Rufa herumliegen, fanden sich auch in geringer Zahl Exemplare einer 
offenbar neuen Art, welche morphologisch etwa zwischen die Variationsreihen der Waldheimia Moeschi 
Mayer!) und der Waldheimia vicinalis Schloth.?) einerseits und der liassischen Waldheimia subcornuta 
Sow.?) anderseits zu stellen wäre, der sie am nächsten kommt. Die Schalen sind von äußerst kleinem 
Habitus, ebenso wie die der vorvorhergehenden Art. Der Umriß ist pentagonal bis subpentagonal, die gröfste 
Breite liest etwa in der Mitte. Von da nach unten verschmälert sie sich wieder ein wenig und läuft in zwei, 
durch einen ungefähr herzförmigen, sehr kurzen und ziemlich breiten Ausschnitt getrennte, stumpf hornartige 
Fortsätze aus. Dadurch erfährt die Schale an dem abgestutzten Unterrand eine kurz bogenförmige Ein- 
buchtung. Die Ventralschale ist dicker als die Dorsalschale. Der rechts und links kantig begrenzte Schnabel 
hat normale Größe, ebenso das Schnabelloch. Deltidium nicht erkennbar. Die Schloßkommissur fällt sehr 
flach zu der Seitenkommissur ab, welche einen geraden Verlauf hat. Ebenso diejenige des Unterrandes, 
welche ganz geradlinig verläuft und weder in die Dorsalschale, noch in die Ventralschale einbiegt. Durch 
die Einbuchtung des unteren Schalenrandes erhalten die beiden Klappen im untersten Viertel eine ent- 
sprechende Depression, welche aber kurz und nicht scharfkantig begrenzt ist und rasch wieder verschwindet. 

Von Waldheimia Moeschi unterscheidet sich unsere Art durch ihre rundlichere und regelmäßiger 
fünfeckige Gestalt und durch die stärkere Ausprägung des Einschnittes am Unterrand. Waldheimia vici- 
nalis, die mir in verschiedenen Spielarten zum Vergleich vorliegt, hat — auch in ihren Jugendexemplaren 
— eine kantigere, robustere Gestalt und vor allem sowohl eine kräftigere Schnabelregion als auch eine 
ausgeprägtere untere Einbuchtung; meist ist auch ihre Ventral- und Dorsalschale mit kantigeren Impressionen 
versehen als unsere Art. Waldheimia friesenensis Schrüfer‘) hat ein kürzeres Septum; auch scheint die 
Einbuchtung am Unterrand abzuweichen. 

Zahl der untersuchten Stücke: 19. 

Fundort: Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Lamellibranchiata. 


Fam.: Aviculidae. Lam. 
Genus: Avicula. Klein. 


Avicula Mulatae. nov. sp. 
Taf. XV (ID, Fig. 17. 
Linke Schale rund bis länglich oval, breiter als lang. Schalenrücken wenig geschwungen, gut ge- 
wölbt, mit gerade abfallendem vorderen Teile und kurzem, glatten vorderen Ohr. Sieben oder acht starke, 
durch weite Zwischenräume getrennte Radialrippen überziehen die linke, gewölbte Schale; zwischen der 


dritten und vierten Rippe ist eine kleine Sekundärrippe sichtbar. Hinteres Ohr breit, flügelartig, mit einer 


2) Der Aargauer Jura, pag. 314, Taf. VI, Fig. 4. 

2) v. Buch: Über Terebrateln, pag. 85. 

3) Quenstedt: Brachiopoden, pag. 312, Taf. XLV, Fig. 127—135. 

%) Loriol: Zone ä Amm. tenuilobatus d, Baden, pag, 177, Taf. XXIII, Fig. 27—28. 


182 Edgar Dacque. [14] 
bogenförmigen kurzen Einbuchtung des Hinterrandes. Schalenrücken gegen den Ohrflügel deutlich abge- 
grenzt, von einer Längsvertiefung begleitet. Vom Wirbel über den hinteren Flügel läuft eine kräftige deut- 
liche Rippe. Schloßrand gerade, nach hinten unmerklich gesenkt. Rechte Klappe nicht vorhanden. 

Die Art schließt sich an Awscula Gessneri!) an, die im Gegensatz zu unserer Form breiter als lang 
und flacher ist, sowie auf dem Ohr zwei oder drei, dem Schloßrand parallele Rippen hat. 

Zahl der untersuchten Stücke: 2. 

Fundort: Hakim. 

Vorkommen: Tufiger Kalk. (Malm.) 


Fam.: Pectinidae. Lam 
Genus: Pecten. Klein. 


Pecten (Chlamys) Erlangeri. nov. sp. 
Taf. XV (I), Fig. 19, 20. 

Schale nahezu gleichklappig, ebenso breit als hoch, nicht sehr zugespitzt, Winkel etwa 105°, mit 
11 kräftigen, abgerundeten Radialrippen verziert, über welche hinweg ungemein feine und regelmäßig auf- 
einanderfolgende, rillenartige, konzentrische Anwachsstreifen verlaufen, die weiter unten unregelmäßiger, 
wellenartiger und gröber werden; sie erzeugen in nicht allzu großen, etwa 2'5—3 mm breiten Zwischen- 
räumen höckerartige Rippenfortsätze. Letztere können bisweilen sehr spitz werden. Die Ohren sind an 
keinem Exemplar vollständig erhalten; an ihren Überresten ist eine Skulptur nicht zu ermitteln. Das Schalen- 
innere hat entsprechend den äußeren Rippen und Vertiefungen dieselbe Ausprägung wie die Außenseite und 
ist glatt. Beide Klappen weichen weder hinsichtlich der Größe noch der Berippung wesentlich voneinander ab. 

Vorstehende Beschreibung bezieht sich auf das in Figur 20 abgebildete Stück. Es liegt aber auch 
eine Anzahl meist sehr großer, ausgewachsener Individuen vor, für welche diese eben geschilderten Ver- 
hältnisse nicht mehr ganz zutreffen. Ein solches, und zwar das kleinste, ist in Fig. 19 abgebildet, dem sich 
noch mehrere andere anschließen, für die folgende Merkmale charakteristisch sind: Die starken, durch die 
konzentrischen Lamellen erzeugten Rippenhöcker stehen nicht mehr so zahlreich und dichtgedrängt beisammen. 
Die Rippen selbst, welche bei den jüngeren Individuen alle nahezu gleich weit voneinander entfernt sind, 
gruppieren sich mehr zu zweien nebeneinander, so daß jede zweite von je einer dritten Rippe durch einen 
größeren und tieferen Zwischenraum getrennt ist als je die erste und zweite zusammen. Kleinere Sekundär- 
rippen treten in der verhältnismäßig großen Anzahl meiner Stücke nur ein einziges Mal auf, und zwar an 
einem etwas schief gewachsenen, also wohl etwas pathologischen Exemplar, zwischen der zweiten und dritten 
Rippe von links gezählt; sonst niemals, auch nicht wieder an dem gleichen Stück. Die älteren Exemplare 
zeigen zuweilen eine etwas stärkere Wölbung der Unterschale. 

Besonders zwei Formen kommen bei einem Vergleich in Betracht: Pecten subarmatus Münst. und 
Pecten Laurae Et. Zu beiden Arten sind die Beziehungen außerordentlich nahe und bedürfen wegen einer 
genauen Charakterisierung unserer Form deutlicher Definition. Besonders einem von Loriol aus dem Rau- 
racien des Berner Jura?) beschriebenen, ausgewachsenen Typus des Pecten Laurae scheinen die größeren 
meiner Stücke geradezu zu entsprechen. Um daher die Unterschiede der beiden Arten als Ganzes hervor- 
zuheben, muß man in erster Linie auf die kleineren, jüngeren, und bei weitem charakteristischeren Exem- 
plare hinweisen, welche bei unserer Art ganz gleichmäßige Rippen und Rippenzwischenräume haben, während 
bei Pecten Laurae ausdrücklich die Ungleichheit in der Größe und räumlich-zeitlichen Entstehung der ein- 
zelnen Rippen hervorgehoben wird. Wenn daher bei den älteren, ihrer Rippenstacheln durch Abreibung 
teilweise oder durchgehends beraubten Individuen meiner Art starke Anklänge an den zitierten ausgewach- 
senen Typus der Schweizer Art zu beobachten sind (wie beispielsweise auch die Gruppierung der Rippen 
zu zweien), so muß man dies als eine mit zunehmendem Alter mehr zufällig in die Erscheinung tretende 
morphologische Konvergenz auffassen, die mehr generellen als spezifischen Charakters ist. Ein besonderer 


) Loriol, Royer et Tombeck. Haute Marne. pag. 363, Taf. XX, Fig. 5—6. 
?) Raur. infer. d. Jura bernois, pag. 47, Taf. VI, Fig. 3; non Taf. V, Fig. 5. 


i15] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. I 


Beweis hiefür ist vor allem noch ein ebenfalls ausgewachsenes Exemplar meines Materials, das völlig dem 
in Fig. 20 abgebildeten Typus identisch ist; und ferner die spezifische Unterscheidbarkeit der Jugendexem- 
plare beider Arten, welche zweifellos fundamental verschieden sind. 

Die Unterschiede zwischen unserer Art und dem bereits genannten Pecten subarmatus Mimst.!) 
liegen vor allem in den zugeschärfteren, verschieden großen und meist weiter als um ihre eigene Breite 
getrennten Rippen des letzteren. Allerdings bildet z. B. Loriolaus Oberbuchsitten?) einen Peeten subarmatus 
ab, der sich von unserer Fig. 20 nicht recht unterscheiden läßt; aber alle subarmatus-Formen, die ich von 
anderen Fundorten in großer Anzahl zum Vergleich heranziehen konnte, unter denen auch Münsters Original sich 
befindet, haben feinere, dünnere, zugeschärftere Rippen. Zweifellos könnte man an eine Identifizierung meiner 
Fig. 20 mit dem soeben zitierten Loriolschen Stück denken; dann aber müßte auch Pecten Laurae zu 
Pecten subarmatus gezogen werden. Dagegen spricht aber, daß die Typen aller drei Arten: Pecten sub- 
armatus, Laurae und Erlangeri verschieden sind. Ich glaube daher, in meinen Formen eine selbständige 
Art sehen zu müssen. 

Zahl der untersuchten Stücke: 23 und einige Fragmente der Innenseite, 

Fundort: Atschabo und Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Pecten sp. ind. 


Die Innenseite eines offenbar glatten Pecten, der nicht herauszupräparieren ist. 
Fundort: Atschabo. 
Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Fam.: Limidae d’Orb. 
Genus: Lima. Brug. 


Lima Harronis. nov. sp. 
Taf. XV (I), Fig. 13, 14. 

Schale schräg-halbkreisförmig, ungleichseitig, länger als breit. Lunularseite schroff abgeschnitten mit 
gerundeter, nicht scharf gebogener Kante; geradlinig bis wenig konkav. Unterrand anfänglich stark gebogen, 
dann in halbkreisförmiger Linie ohne Unterbrechung in den Vorderrand übergehend, welcher schließlich 
fast geradlinig nach dem Wirbel zurückläuft. Vordere Schalenfläche allseitig wohlgewölbt, hintere Hälfte 
etwas flacher. Lunula tief und lang. Oberfläche der Schale mit etwa 75 feinen, breiten, flachen, meist erst 
von der Mitte ab ganz deutlich sichtbaren Rippen versehen; in deren sehr feinen, linienartigen Zwischen- 
räumen deutliche und sehr dichte Punktierung wahrnebmbar. Die in engster Aufeinanderfolge die ganze 
Schale konzentrisch überziehenden Anwachsstreifen rufen auf den Rippen und in deren Zwischenräumen 
eine feine Riefelung hervor, was besonders gegen den Unterrand hin deutlicher zu beobachten ist. Von Zeit 
zu Zeit treten einzelne Anwachslamellen in größeren Zwischenräumen deutlicher hervor und bilden äußerst 
feine Rippenabsätze, welche manchmal bewirken, daß dort die Rippen unterbrochen und die Teile um ein 
geringes gegeneinander verschoben werden; doch ist dies nicht durchweg der Fall. Die Anwachsstreifen 
erzeugen besonders auf der in Fig. 14. abgebildeten Lunula und dem Ohrfortsatz eine langgetreckte, striemen- 
artige Skulptur, welche oben in Wirbelhöhe schroff auf das hintere Ohr umbiegt. Dasselbe gilt auch von 
dem vorderen Ohr. Wie aus einem anderen, nicht abgebildeten Stück deutlicher ersichtlich, gehen die Längs- 
rippen des Schalenrückens auf dieses Ohr über, allerdings in einer außerordentlichen Feinheit, so daß man 
die dadurch hervorgerufene Zeichnung kaum ohne Lupe wahrnehmen kann. 

Die nächstverwandte Form ist Lima Meroe Lor.?), die aber einen spitzeren Winkel bildet und eine 
kürzere Lunula hat. Lima Streitbergensis Lor.*) ist im Verhältnis zu ihrer Breite etwas kürzer gebaut und 

1) Goldfuß: Petrefacta Germaniae, pag. 47, Taf. XC, Fig. S. 

2) Zone a Amm. tenuilobatus d’Oberbuchsitten et Wangen, pag. 85, Taf. XII, Fig. 2—4. 


3) Couches sequan. d. Tonnerre, pag. 151, Taf. X, Fig. 17, 18. 
*) Zone ı Amm. tenuilobatus d’Oberbuchsitten et Wangen. pag. 82, Taf. XI. Fig. 13. 


134 Edgar Dacque. [16] 


hat gerundetere und weniger Rippen als unsere Art. Auch die Rippenzwischenräume sind breiter und die 
Punktierung in ihnen ist weiter auseinanderstehend als bei Lima Harronis, welche in dieser Beziehung sich 
mehr an die vorher genannte Lima Meroe anschließt. 

Zahl der untersuchten Stücke: 7. 

Fundort: Harro Rufa (und Badattino?). 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Lima div. sp. ind. 


Vom Wabbi am Abulkassim aus dem grauen Kalk liegt das Bruchstück einer großen, starkrippigen 
Lima vor, deren Rippen durch konzentrische Anwachslamellen zwar keine eigentlichen Erhebungen, aber 
ringförmige, äußerst dichtstehende Querlamellen aufweisen (s. pag. 123). 

Aus dem grauen Hakimkalk wurde schon pag. 120 eine Lima erwähnt, die sehr große Ähnlichkeit 
mit Zima striata Desh. hat. 

Ferner kommt in den gelbbraunen Kalken von Harro Rufa eine kleine Cardium-artige hochgewölbte 
Lima vor, mit sehr groben aber durchaus glatten Rippen, über deren Artzugehörigkeit gleichfalls nichts 


auszusagen ist. 


Lima cfr. Moeschi Lor. 
Taf. XV (I), Fig. 10. 

1881. Lima Moeschi. Loriol. Zone ä Amm. tenuilobatus d’Oberbuchsitten et Wangen. pag. 83, Taf. XI, 
Fig. 14. (c. syn.) 

Schale länglichoval, Breite ı'ı cm, Länge 16cm. Vorderseite kaum konvex, in den leicht geschwun- 
genen, langen Unterrand gerundet übergehend, wodurch sich unsere Form von der Vergleichsart etwas unter 
scheidet. Rippenzahl etwa 23, die der genannten Art etwa 27'!). Die Rippen trugen wahrscheinlich durch 
Lamellen hervorgerufene Höckerchen; dies paßt zu der Schweizer Form. 

Zahl der untersuchten Stücke: 1. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Fam.: Ostreidae Lam. 
Genus: Ostrea. Lin. 
Ostrea sp. ind. 


Eine einfache, kaum gewölbte länglichrunde OsZrea von der Austernbank bei Atschabo ist nicht, 
näher bestimmbar. 


Genus: Alectryonia. Fisch. 


Alectryonia rastellaris. Münst. 
Taf. XV (U), Fie. 7. 
1834. Ostrea vastellarıs. Münster in Goldfuss. Petrefacta Germaniae, II, pag. 8, Taf. I.XXIV, Fig. 3. 
1874. 9 " Loriol et Pellat. Mon. pal. et g&ol. d. etgs. super. jurass. d. Boulogne s. Mer., pag. 379, 

Taf. XXIV. Fig. I—3. (c. syn.) 

Kleine zierliche Schale, schwach gebogen, länglich. Rippchen dichtstehend, von der Medianlinie des 
Rückens beiderseits steil abfallend, am Unterrand durch einige Anwachslamellen stufenförmig abgesetzt. Sie 
entspricht aufs genaueste einigen Stücken gleicher Größe, die mir aus dem fränkischen Jura zum Vergleich 
vorliegen. 2 


1) Nach Loriol: Zone i Amm. tenuilobatus d. Baden. pag. 157. Die daselbst gegebene Abbildung Taf. 22, 
Fig. 19 paßt besser zu unserem Stück als das zitierte Original. 


[17] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. I 


185) 
wi 


Zahl der untersuchten Stücke: ı. 
Fundort: Badattino. 
Vorkommen: Graubrauner Kalk. (Mittl. Malm.) 


Alectryonia pulligera. Goldf. 
Taf. XV (I), Fig. 21. 
1834. Ostrea pulligera. Goldfuss Petrefacta. Germaniae, II, pag. 5, Taf. LXXII, Fig. Lı. 


1862. „  semisolitaria. Thurmann et Etallon. Lethea Bruntrutana, pag. 279, Taf. XL, Fig. 1. 
1889. » Dulligera. Loriol. Couch. corallig. infer. d. Jura Bernois pag. 342, Taf. XXXVI, Fig. 4. (ce syn.) 
1900. = ” Müller. Verstein.d. Jura u. d. Kreide, pag. 19, Taf. XVIIL, Fig. 13, 14,1. c. »Deutsch-Ostafrika«, Bd. VII. 


Neben den typischen Stücken, welche teilweise mit Exogyra bruntrutana die Austernbank von 
Atschabo zusammensetzen, bedarf ein einziges Exemplar dieser Art aus dem Badattinokalk besonderer Er- 
wähnung. Die Schalenform weicht von denen aus Atschabo etwas ab, doch schließt es sich genau an die 
verschiedenen, vielfach beschriebenen Typen an. Die Klappe ist länglich-halbrund, die Vorderseite wenig 
konkav, die Hinterseite stark konvex. Auf den Rippen bemerkt man die Überreste ehemaliger, durch An- 
wachslamellen hervorgerufener Erhebungen, wie sie beispielsweise an jenen von Loriol aus Haute Marne!) 
abgebildeten Stücken so deutlich sichtbar sind; im Gegensatz zu anderen Formen, die derselbe Autor von 
Boulogne beschreibt?). Gleichzeitig mit diesem Exemplar fand sich ein spezifisch weniger deutlich ausge- 
bildetes Stück, das aber zweifellos zu der gleichen Art gehört. 

Zahl der untersuchten Stücke: 5. 

1. Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 

2. Fundort: Badattino. 

Vorkommen: Dunkelbrauner und graubrauner Kalk. (Malm.) 


Genus: Gryphaea. Lam. 


Im grauen Hakimkalk fanden sich eine größere Anzahl Ostreen-Bruchstücke, die wohl alle zu diesem 
Genus gehören, aber nicht zu erkennen sind. 


Genus: Exogyra. Say. 


Exogyra bruntrutana. Thurm. 
Taf. XV (II), Fig. 18. 
1830. Exogyra bruntrutana. Thurmann. Soulev. jurass. Mem Acad Strassbourg I, pag. 13. 
1872. Ostrea " Loriol Royer et Tombeck. Etgs. super. jurass. d. 1. Haute Marne, pag. 399, Taf. XXIV, 
Fig. 7—18. (c. syn.) 
1893. Ostrea bruntrutana Siemiradzki. Oberer Jura v. Polen. Ztschr. d. deutsch, geol. Ges., Bd. 45, pag. 116. 


1897. Exogyra = Futterer. Jura v. Schoa. Ztschr. d. deutsch. geol. Ges., Bd. 49, pag. 582, Taf. XIX, Fig. I, La. 
1900. 5 “ Müller. Verstein. d. Jura u. d. Kreide, pag. 19, Taf. XVII, Fig. II, 12. »Deutsch-Ostafrika.s 
Bdr7. 


Die von Atschabo stammenden Stücke sind meist länglich bis mondsichelförmig, der Wirbel der 
Unterschale durch Aufsitzen abgestumpft. Oberschale flach, je nach der Krümmung bisweilen auch etwas 
konkav. Die vom Abulkassim stammenden sind fast durchweg breiter und rundlicher. Stets sind die Klappen 
von feinen Anwachslamellen konzentrisch verziert; im übrigen alle Merkmale vorhanden, die zu der oft ge- 
gebenen Charakteristik dieser vertikal und horizontal so außerordentlich weitverbreiteten Art gehören. 

Zahl der untersuchten Stücke: 45 und einige kleine Schälchen. 

1. Fundort: Atschabo (12 Stück). 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge) 

1) ]. c. pag. 402, Taf. XXIV, Fig. I—6. 

2) ]. c. pag. 377, Taf. XXII, Fig. 4—5. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. 15 


136 Edgar Dacque. [18] 


2. Fundort: Abulkassim (33 Stück). 
Vorkommen: Grauer Kalk. (Oxfordien.) 


Familie: Mytilidae. Lam. 
Genus: Mytilus. Lin. 


Mytilus subpectinatus d’Ork. 
Taf. XV (I), Fig. 22. 
1821. Mytilus pectinatus. Sowerby. Miner. Conch. III. Taf. COCLXXXIL 


1334. 5 h Goldfuß Petrefacta. Germaniae, pag. 169, Taf. CXXIX, Fig. 2a—b (non 2c!). 
1850, „ subpectinatus. d’Orbigny. Prodrome. I, pag. 340, 370; II pag. 19, 53. 
1872. 55 Loriol, Royer et Tombeck. Etgs. super. jurass. d. 1. Haute Marne, pag. 341, Taf. XIX, 


Fig. 6 (c. syn.). 

1893. Mytilus pectinatus. Loriol et Lambert: Moll. et Brach. d. Couches sequan. d. Tonnerre, pag. 129. 

1896. „  subbectinatus. Semenow: Faune d. dep. jurass. d. Mangyschlak et Touar-Kyr, pag. 59, Tat. I, Fig. 14. 
1897. »  af.subpectinatus. Futterer: Jura v. Schoa. Ztschr. d. deutsch. geol. Ges., Bd. 49, pag. 595, Taf. XX, Fig. 3. 

Schale kurz, keilförmig mit geradem, abgestutzten Unterrand; oder verlängert mit abgerundetem 
Unterrand. Vorderseite steil abfallend, Hinterseite gewölbt, konvex. Oberfläche in der bekannten Weise 
von den zarten aber deutlichen, dichtgedrängten Längsrippchen radial durchzogen, über welche quer hinweg; 
in großen Zwischenräumen konzentrische, treppenartig abgesetzte Anwachslamellen laufen. Die Art variiert 
außerordentlich und zeigt speziell unter dem vorliegenden Material einzelne Vertreter, die an Mytzlus Mor- 
risii Sharpe!) erinnern. Sie nähern sich auch der zitierten Dectinatus-Form von Roemer. Der meist kurz 
abgeschnittene untere Schalenteil ist kein ausschließlich geltendes Merkmal. In meiner Fig. 22 ist die 
gewöhnlichste Form abgebildet, welcher sich andere, langgestrecktere und am Unterrand gerundete, aufßer- 
dem auch breitere Typen mit abgestutztem Unterrand anreihen. Alle diese gehören zur gleichen Art, zu- 
mal da auch im Münchener Museum eine größere Anzahl von Stücken verschiedener Fundorte vorhanden 
sind, die alle Übergänge aufweisen. 

Den Unterschied zwischen dem bei Futterer abgebildeten Exemplar und den europäischen Formen 
konnte ich bei meinen Stücken nicht finden. Futterer l.c., pag. 514, schreibt, der einzige Unterschied, den 
sein Exemplar gegen solche des Schweizer Jura erkennen lasse, bestehe in einer ganz geringen Ausdehnung 
der Schale hinter dem hinteren Schloßrand, wodurch der Querschnitt der Schale um ein geringes gegen 
den hinteren Rand verlängert erscheint, gegenüber den Typen aus dem nördlichen Jura. So gering dieser 
Unterschied aber auch sei, so trete er doch so konstant auf, daß er eine völlige Identifizierung nicht wage. 

Ich weiß nicht zu entscheiden, ob dieser Unterschied angesichts der großen Variabilitätsfähigkeit 
der Art wirklich so durchgreifend ist, daß Futterer sein Stück nicht identifizieren konnte. Da dieses Merk- 
mal bei meinen Stücken nirgends wahrnehmbar ist, so muß wohl zunächst die Trennung der Schoa-Exem- 
plare aufrecht erhalten werden. Einer Identifizierung. meiner Formen mit den europäischen steht kein kon- 
stantes morphologisches Merkmal, wie dort, im Wege. 

Zahl der untersuchten Stücke: 7. 
Fundort: Atschabo. 
Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Genus: Modiola. 
Modiola subangustissima. nov. sp. 
Taf. XV (I), Fig. 8. 
Schale elliptisch mit mäßiger Wölbung. Vorderrand vom Wirbel an stark konvex, dann mehr 
geradlinig, vertikal nach abwärts steigend, unten am Ende der Rückenkante wieder etwas hervortretend und 
in den kurzen, scharf gebogenen Unterrand überführend. Hinterrand in leichtem Bogen konvex geschwungen, 


1) Loriol, Royer et Tombeck, Haute Marne, pag. 335, Taf. XIX, Fig. 2. 


[19] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 137 


ein wenig oberhalb der Schalenmitte in den hinteren Schloßrand verlaufend. Die kantenartige Erhebung, 
welche sich vom Wirbel zur Vereinigungsstelle des Vorder- und Unterrandes zieht, ist nach der Vorderseite 
der Schale deutlich begrenzt. Oben am Wirbel fällt die Schale von der Kante aus weniger schroff ab, als 
am unteren Teile; auf der Hinterseite dagegen senkt sich die Schale ganz allmählich, nur am Wirbel plötz- 
lich. Die Oberfläche ist von konzentrischen Anwachsstreifen übersät, welche auf der vorderen Arca dem 
Vorderrand nahezu parallel laufen und längs der Kante umbiegen. 

Es wäre nicht ausgeschlossen, daf die vorstehende Form der Modiola angustissima Newton!) aus 
Madagaskar äußerst nahe käme, wobei allerdings hervorzuheben ist, daß diese aus dem Dogger stammt, 
während unsere zweifellos dem oberen Jura angehört. Newton bildet nur ein ganz unzureichendes Stück 
ab, dessen Wirbel und Unterrand weggebrochen ist — ein wenig; brauchbares Original. Wenn man von der 
auch etwas zweifelhaften Ergänzung des Umrisses absieht, so stimmt unsere Art hinsichtlich des Verlaufes 
der Rückenerhebung sowie des vorderen Schalenteiles und der Anwachsstreifenrichtung mit jener wohl über- 
ein. Allerdings gibt Newton eine »starke Wölbung« für sein Stück an. Jedenfalls kann man die sowohl 
mit unserer, wie mit Newtons Art nächstverwandte Modiola imbricata Sow.?) hochgewölbt nennen. Die- 
selbe hat daher auch ein rundlicheres Aussehen. Vor allem unterscheidet sie sich aber von den beiden 
afrikanischen Arten durch dıe weniger akzentuierte Rückenkante und ihre starke Anschwellung an der Vor- 
derseite unter dem Wirbel, welche an allen von den verschiedensten Fundstellen zum Vergleich herangezogenen 
Exemplaren vorhanden ist. Modiola subaequiplicata Gldf.”) unterscheidet sich von unserer Form durch ihre 
meist länglichere, schlankere Gestalt, die allerdings zuweilen auch kürzer und gedrungener wird, aber auch 
dann stets an der Übergangsstelle von Schloß- und Hinterrand gerundet ist; bei kleineren Exemplaren ist 
auch der Rücken verhältnismäßig scharf. 

Zahl der untersuchten Stücke: 2. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Modiola sp. 


Mit der vorigen zusammen wurden zwei größere Steinkerne gefunden, die nicht mehr ganz gut er- 
halten sind und infolgedessen eine etwas breite Rückentläche besitzen. Die Kante auf dem Rücken ist abge- 
flacht und die Hinterseite am Vereinigungspunkt von Hinter- und Schloßrand. etwas wulstig. Sie geliören 
aber wohl zu der gleichen Art wie die vorhergehenden. 

Zahl der untersuchten Stücke: 2. 

Fundort: Atschabo und Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Familie: Arcidae. 
Genus: Macrodon. 


Macrodon Rufae. nov. sp. 
Taf XV (M, Fig. 4—6. 

Schale wohlgewölbt, länglich-vierseitig, bald kürzer, bald aus,estreckter. Vorderrand stark konvex, 
Unterrand schwach gebogen, niemals geradlinig, Hinterrand abgeschnitten. Wirbel in der vorderen Schalen- 
hälfte liegend, eingebogen. Länge im Verhältnis zur Breite durchschnittlich etwa 3:2. Oberfläche mit 
16—22 deutlichen, gleich starken radialen Rippen überzogen, zwischen denen sich äußerst selten einmal 
eine einzelne feinere einstellt. Die Rippen werden in ihrer ganzen Ausdehnung von feinen konzentrischen 
Streifen gekreuzt, die in enger Aufeinanderfolge eine maschige Gitterung hervorrufen; an den Kreuzungs- 
stellen werden kleine Knötchen erzeugt, die sich hin und wieder zu stachelartigen Ansätzen erheben können. 


!) On a collection of fossils from Madagaskar. Quart. Journ. Vol. 51, 1895, pag. 83, Taf. III, Fig. 4 
2) Miner. Conch. IH, pag. 21, Taf CCXI, Fig. ı—3. 


3) Petrefacta Germaniae, pag, 177, Taf. CXXXI, Fig. 7. 
18* 


138 Edgar Dacque. [20] 


Die Rippen sind auf allen Schalenteilen gleich verteilt. Allerdings läßt sich in der Mehrzahl der Fälle be- 
obachten, daß die hintere Area scheinbar rippenlos bleibt, doch lassen sich zuweilen, besonders an einem 
Fragment, ganz fein und unscheinbar drei Rippen eben noch erkennen. Area längs der oben schärferen, 
unten breiteren Kante wenig vertieft. 

Aus dem Somalilande wurde, wie schon im stratigraphischen Teile (pag. 123) erwähnt, von R. B. 
Newton!) Macrodon (Parallelodon) Egertonianus Stol. aus dem mittleren Jura Indiens (Spiti) nachge- 
wiesen. Der Habitus dieser Form ist gegenüber der unserigen viel schräger zur Achse gestellt, die Radial- 
rippung viel mehr nach rückwärts gerichtet und die Vorderseite mehr zugespitzt; die konzentrischen Lamellen 
sind gröber, überhaupt ist die ganze Form dickschaliger.. Eine größere Ähnlichkeit besteht dagegen zwischen 
Arca (= Macrodon) Jones? Tate?) und manchen Stücken meiner Art, wenn die Rippen bei letzterer etwas 
zurücktreten, was hin und wieder infolge des Erhaltungszustandes der Fall ist; dadurch tritt jene feine Ra- 
dialstreifung ein, wie sie bei der südafrikanischen Form sichtbar ist, während sich vorn und hinten die 
stärkeren Radialrippen erhalten, 

Zahl der untersuchten Stücke: Io; dazu unzählige im Gestein steckende. 

Fundort: Atschabo und Harro Rufa 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Familie: Astardiae. Gray. 


Einige Astartiden-Steinkerne sind nicht näher bestimmbar. 
Fundort: Atschabo und Harro Rufa. 
Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Familie: Lucinidae. Desh. 
Genus: Corbis. Cuv. 
Corbis subelathrata. Thurm. 


Astarte subclathrata. Thurmann in coll. (nach Loriol.) 
1872. Fimbria 5 Loriol,RoyeretTombeck. Etgs. super jarass. d. 1. Haute Marne, pag. 258, Taf. XV, Fig.Io. 
1897. » > Futterer. Jura v.Schoa. Zeitschr. d. deutsch geol. Ges., Bd. 49, pag. 60, Taf. XXI, Fig. 2, 2a. 

Eine größere Anzahl Steinkerne dieser Art, die in ihren Umrissen gut mit der zitierten Abbildung 
Futterers übereinstimmen, geben zu besonderen Bemerkungen keinen Anlaß. 

Zahl der untersuchten Stücke: 6. 

Fundort: Harro Rufa und Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Genus: Lueina. Bug. 
. Lucina rugosa. 


1836. Mya rugosa. Roemer. Versteinerung d. nordd. Oolith-Geb., pag. 125, Taf. X, Fig. 16-17. 

1839. Lutraria concentrica. Münster in Goldfuß. Petrefacta Germaniae, pag 258, Taf, CLIII, Fig. 5. 

1872. Lucina rugosa. Loriol,Royer etTombeck. Etgs. super. jurass. d.1 Haute Marne, pag. 266, Taf. XVI, Fig. 1(c.syn.). 
1897. h ea Futterer. Jura v. Schoa Ztschr. d. deutsch. geol. Ges., Bd. 49, pag. 599. 

Zwei Steinkerne dieser Art, der eine mit in der Mitte gelegenem, der andere, minder gut erhaltene, 
mit etwas vorgeschobenem Wirbel. Ein dritter zeigt rückwärts eine Kantenbildung, die man auch an manchen 
Stücken von anderen Fundorten beobachten kann. Alle haben die kräftigen konzentrischen Runzeln. 

Zahl der untersuchten Stücke: 3. 
Fundort: Harro Rufa. 
Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 
1) Geol. Magaz. 1896, pag 296. 
On some secondary fossils from South Africa. Quart. Journ, 1867. Vol. 23, pag. 161, Taf. IX, Fig 3. 


[21] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 139 


Familie: Cardiidae, Lam. 


Ein unbestimmbarer Steinkern aus dem gelbbraunen Kalk von Harro Rufa. 


Familie: Cyprinidae. Lam. 


Mehrere Steinkerne von dem gleichen Fundort und Vorkommen wie der vorhergehende. 


Familie: Pleuromyidae. Zitt. 
Genus: Ceromya. Ag. 


Ceromya excentrica. 


Isocardia excentrica. V oltz in litt. (nach Loriol, Haute Marne, |. c.). 


1842. Ceromya » Agassiz. Etud. crit. s. 1. Moll. foss. Myes., pag. 28, Taf. VIII a, VIITb, VIlIc (c. syn.). 
1859. „> capreolata. Contejean. Etg. kimmeridgien d. Montbeliard, pag. 249, Taf. IX, Fig. I—13. 
1872. " excentrica. Loriol, Royer et Tombeck. Etgs. super. jurass. d. 1. Haute Marne, pag, 199, Taf. XII, 


Fig. 12, 13 (c. syn.). 

1897. Ceromya excentrica, Futterer. Jura v. Schoa. Ztschr. d. deutsch. geol. Ges., Bd. 49., pag. 608, Taf. XXII, Fg.2, 2a. 

Schale oval bis länglich-oval, dick, aufgebläht, etwas ungleichseitig, hinten ein wenig klaffend, mit 
stark eingekrümmten Wirbeln. Oberrand meist horizontal verlaufend, oftmals auch wenig nach aufwärts 
gerichtet. Infolge dessen reicht der Hinterrand weit herauf und biegt rasch in den Oberrand um, Unterrand 
sanft geschwungen, Vorderseite sehr kurz, im unteren Teile scharf konvex, alsbald in den Oberrand zurück- 
laufend, Oberfläche mit dichtgedrängten, ihrer ursprünglichen Anlage nach konzentrischen Streifen bedeckt. 
die längs der vom Wirbel bis zum Übergangspunkte zwischen Hinter- und Unterrand verlaufenden Wölbungs- 
linie in annähernd rechtem Winkel V-förmig; geknickt sind. Einige meiner Stücke lassen diese Knickung 
nicht so deutlich erkennen, was zweifellos mit dem Alte, und der damit steigenden Schalengröße in direktem 
Verhältnis steht, da man einerseits am Unterrand die schwächste, am Wirbel die schärfste, spitzwinkeligste 
Knickung wahrnimmt, anderseits aber die größten Exemplare die wenigst deutliche Knickung der konzen- 
trischen Streifen zeigen. 

Die Form variiert im übrigen außerordentlich stark. Schon Agassiz, der ein reichhaltiges Material- 
beschreibt, teilt sie in verschiedene Abteilungen ein (Variet& allongee, subcarr&e, Ecrassee), Erstere seien 
die typischen excentrica-Formen; auf ihnen verlaufen die Rippen noch nahezu konzentrisch, zuweilen sind 
sogar Radialstreifen sichtbar. Hiefür kommen nach Agassiz hauptsächlich alte, ausgewachsene, längliche 
Individuen in Betracht, was mit den diesbezüglichen Beobachtungen an meinen Material übereinstimmt. Be- 
der zweiten Varietät verlaufen die ursprünglich konzentrischen Streifen mehr quer, so daß sie äußerlich 
gewissermaßen ein Mittelding zwischen konzentrischer und radialer Streifung zu bilden scheinen. Agassiz 
nennt sie daher »rides excentriques«. Hieher gehören meistens Exemplare mittlerer Größe von gedrungener 
Gestalt, jedoch nicht unbedingt, wie ich an den mir vorliegenden Stücken sehe, wo sehr gedrungene, bauchige 
Schalen die Knickung rein konzentrisch verlaufender Streifen deutlicher zeigen, als gerade die abgebildete 
Form. Überhaupt ist die Streifung viel zu unsicher, um ein brauchbares Arten- oder Varietätenmerkmal 
abzugeben, wenn nicht eben gerade die Unbeständigkeit der Streifung als das charakteristischste Merkmal 
der Art anzusehen ist. Die dritte Varietät ist die wenigst häufige, ist auch gegenüber den anderen mit ihren 
zahllosen Spielarten nicht leicht zu umgrenzen. Überhaupt hat diese Betonung der Unterarten praktisch keinen 
Wert, insofern auch Merkmale verschiedener Varietäten in einem Individuum vereinigt vorkommen. Futterer 
unterscheidet zwei extreme Typen, zwischen denen alle anderen Formen Übergänge darstellen sollen. Radiale 
Streifung konnte auch er nicht beobachten. Die von ihm an gleicher Stelle beschriebene C. paucilirata 
Blanf gehört wohl ebenfalls hieher. Roemer beschreibt Stücke, an denen nichts Charakteristisches zu sehen 
ist; die konzentrischen Streifen laufen mit den Rändern ungefähr parallel, außer jene der Wirbelregion, 
welche horizontal liegen. Goldfuß’ Exemplar ist ähnlich, besitzt aber drei Sorten von Streifung, die ganz 
unvermittelt nebeneinander liegen. Cont&jeans Stück von Ceromya capreolata (l. c. Taf. IX, Fig. ıı) 
hat die gleiche Streifenknickung wie die typischen Stücke meines Materials, doch tritt bei den letzteren im 


140 Edgar Dacqu£. [22] 


Gegensatz zu jenem der Wirbel nicht soweit nach oben hervor, oder — was dasselbe zu sein scheint — der 
Hinterrand ragt bei meinen Exemplaren meist weiter hinauf, wodurch zuweilen der Oberrand nach rückwärts 
ansteigt. Auch liegt hier bei meinen Stücken die gerade Linie, durch die man sich sämtliche Knickungs- 
punkte der konzentrischen Streifung untereinander verbunden denken kann, im ganzen mehr nach rückwärts. 

Mein kleinstes Exemplar hat eine Länge von 5'3 cm, eine Breite von 4'3 cm und eine Dicke von 
4 cm. Das größte dagegen eine Länge von I5 cm, eine Breite von IO cm und eine Dicke von 12 cm. 
Die Dicke der Muschel nimmt also mit steigender Größe rascher zu als die Breite. 

Zahl der untersuchten Stücke: 14. 

Fundort: Atschabo und Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Familie: Pholadomyidae, Fisch 
Genus: Pholadomya. Sow. 


Pholadomya Protei. Brogn. 
Taf, XV (I, Fig. 1-3. 
1821. Cardium Protei. Brognart. Annales d. Mines. VI, Taf. VII, Fig. 7. 


1842. Pholadomya „ Agassiz. Etudes crit. s. 1. Moll. foss. Myes., pag. 85, Taf. VII, Fig. 7-9; Taf. VIIb. 

1842. S myacina. Agassiz. ibid. pag. 93, Taf VIlc. 

1872. 5 Protei. Loriol, Royer et Tombeck. Etgs. super. jurass. d. 1. Haute Marne., pag. 169, Taf.X, Fig. 13— 15. 
1872. n myacina. Loriol, Royer et Tombeck. ibid. pag. 181, Taf. XI, Fig. 2. 

1875. eh Protei. Moesch. Monographie d. Pholadomyen, pag. 79, Taf. XXX, Fig. I, 2 (ce. syn.). 

1887. 5 „ Noetling. Der Jura am Hermon, pag. 42. 

1893. 5 „  Loriol et Lambert. Moll. et. Brach. d. couch. sequan. d. Tonnerre, pag. 76, Taf. V, Fig. I2, 13. 
1897. s „ Futterer. Jura v. Schoa. Ztschr. d. deutsch, geol. Ges., Bd. 49, pag. 606, Taf. XXT, Fig. 7. 


Meist wohlerhaltene, mittelgroße, vielfach aufgeblähte Schalen mit 4—8 gleichstarken, gewöhnlich 
nach hinten gerichteten, geknoteten Radialrippen und konzentrischen Runzeln, Oberrand wenig schräge, vom 
Schloß aus gesenkt. Hinterrand kurz, gerundet, zuweilen wohl auch etwas abgestutzt. Unterrand in leicht 
geschwungener, kurzer Linie, alsbald in den nicht hervortretenden Vorderrand übergehend. Bei manchen 
Schalen mit sehr wenigen, kräftigen Radialrippen ist die Übergangsstelle vom Unter- zum Vorderrand durch 
das Ende der ersten Rippe deutlich markiert. Vorderrand meist nur im oberen Drittel, kurz vor dem Schloß- 
rand auf kurze Dauer konvex vorstehend, bei manchen Stücken auch wohlgewölbt. Vorderansicht der ganzen 
Muschel länglich herzförmig. Wirbel nicht sehr spitz, wenig hervortretend. 

Nach der Definition, welche Moesch von Pholadomya Protei gibt, worunter er auch Pholadomya 
myacına versteht, stimmen meine Stücke mit der europäischen Art überein. Die Beschreibung erfüllt aber 
bei der heute bekannten Formenmenge nur schlecht ihren Zweck; insofern sind auch zwischen den typischen 
Varietäten jener Art und meinen Exemplaren einige Unterschiede zu erkennen. Vor allem setzt sich die 
Art Ph. Protei aus sehr verschiedenen Elementen zusammen, die beispielsweise bei Agassiz l. c. unter den 
Namen Frotei und myacina zu finden sind, ebenso bei Loriol (Haute Marne 1. c.). Mit den häufigsten 
Protei-Formen stimmen meine Stücke, bis auf ein einziges, sehr typisches, nicht ohne weiteres überein, da die 
eigentliche Pholadomya Protei, wie sie beispielweise neuerdings von Loriol sehr exklusiv aufgefafßst worden 
ist, meist nur vier sehr kräftige Rippen und rasch zugespitzte Wirbel’hat; ferner ist gewöhnlich die erste, 
manchmal auch die dritte Rippe sehr ausgeprägt, so daß eine bedeutende Annäherung an den Variations- 
kreis der Pholadomya paucicosta Roem.!) eintritt. Dagegen erinnern die von Agassiz u.a. als Pholadomya 
myacina wiedergegebenen Typen in vieler Hinsicht an die meinigen. Moesch zieht nun diese Arten unter 
dem gemeinsamen Namen Protei zusammen und scheint, da er nichts davon erwähnt, auch dem eben ge- 
schilderten Gegensatz in der Rippenausbildung und der davon abhängigen Wirbelzuspitzung keine Bedeutung 


1) Vergl. dazu die Synonymik in: Loriol, Couch. sequan. d. Tonuerre, pag. 76; und in: Loriol, Zone a Am. 
tenuilobatus d’Oberbuchsitten et Wangen, pag. 46. Dortselbst sind auf Taf. IX, in Fig. 3 und 4 Typen abgebildet, welche 
direkt zu den meinigen überleiten. 


[23] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. I4I 


beizulegen. Trotz verschiedener Differenzen mit der Pholadomya Protei s. str., wie man ihr meistens in 
der teilweise zitierten Literatur begegnet, fasse ich daher meine Exemplare unter Beziehung auf obenstehende 
Synonymik und auf das besonders charakteristische bereits genannte Exemplar mit Pholadomya Protei s. 1. 
Moesch zusammen. Meine Fig. 2 bietet ebenfalls eine zweifellos echte Protei-Form, die, obwohl unter 
meinem Material nur zweimal vorhanden, doch ihrerseits wieder durch gute Übergänge mit der in Fig.gl 
abgebildeten Form verbunden ist. Als zweiter, für eine Identifizierung sprechender Grund könnte auch die 
von Futterer I. c. abgebildete kleine Pholadomya Protei in Betracht kommen. Sie besitzt nämlich durch 
ihre Wirbelrichtung sowie durch die nach hinten gerichteten Rippen gerade jene Eigenschaften, welche mir 
gegenüber den typischen Profei-Schalen für meine Stücke ein trennendes Merkmal zu sein scheinen; hıebei 
kommt noch in Betracht, daß Futterer sehr vorsichtig im Identifizieren mit europäischen Formen ist. In 
meiner Fig. 3 ist ein Jugendexemplar wiedergegeben, von dem mir 14 Stücke vorliegen, die sich einerseits 
ebenfalls an die Abbildung bei Futterer anlehnen, anderseits aber, gleichwie die oben beschriebenen, 
völlig mit einigen Profei-myacina-Stücken, die ich in der Münchener Sammlung fand, übereinstimmen. Unter 
allen diesen Gesichtspunkten halte ich die Identifizierung auch meiner allenfalls stwas abweichenden Typen 
für geboten, wozu bemerkt sei, daß bei einer Trennung der Arten snyacina und Protei die größere Menge 
der Somaliland-Formen vielleicht zu der ersteren zu stellen wäre. 

Zahl der untersuchten Stücke: 38. 

Fundort: Atschabo und Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Gastropoda. 
Familie: Pleurotomariide d’Orb 
Genus: Pleurotomaria. Defr. 


Pleurotomaria neosolodurina nov. sp. 
Taf. XVI (II), Fig. 5, 6. 

Gehäuse engnabelig, bald niedriger, bald ziemlich hoch, mit 4—5 kantigen, auf ihrer ganzen Ober 
fläche fein längsgestreiften Windungen und flach konvexer Basis. Die untere Kante der Umgänge fällt 
mit der Naht zusammen; von da aus steigen sie vertikal auf bis zur zweiten, weiter oben gelegenen Kante. 
Von da bis zur darüber folgenden Naht des nächst höheren Umgangs ist die Schale konvex. Die meisten 
Exemplare liegen als Steinkerne vor. Bei dem in Fig. 5 abgebildeten kann man wenigstens noch die 
Kanten und die Längsriefung verfolgen, während die allermeisten teils kleineren, teils gleich großen, teils 
noch größeren Stücke völlig gerundete Umgänge zeigen. Das in Fig. 6 wiedergegebene kleine Exemplar 
ist das einzige mit Schale erhaltene. 

Verschiedene Arten müssen in näheren Vergleich gezogen werden. Vor allem Pleurotomaria solo- 
durina Et.!), welche einen ganz ähnlichen, wenn auch höher gewundenen Steinkern hat, was indessen bei 
der Variationsmöglichkeit unserer Art in dieser Beziehung nichts bedeuten will. Die Umgänge haben aller- 
dings bei der Schweizer Art anscheinend einen etwas anderen Querschnitt; der oberhalb der Kante gelegene 
Teil der Umgänge scheint bei unserer Art flacher zu sein. Dies sind aber alles wenig ausgesprochene 
Unterschiede. Leider hat die vorbezeichnete Schweizer Art eine zu geringe spezifische Begründung ?) er- 
fahren, als daß eine Identifikation meiner ihrer Skulptur nach wohl zu definierenden Formen mit jener 
gestattet sein könnte. Pleurotomaria chavattensis Lor.°) wird von dem Autor wegen ihres weiteren Spiral- 
winkels von Pleurotomaria liesbergensis Lor*) und Antoniae?) geschieden. Dies wäre aber beispielsweise 


!) Thurmann et Etallon: Lethea Bruntrutana, pag. 129, Taf. XI, Fig. Io2. 

2) Ich habe mich deshalb an Herrn de Loriol gewendet, welcher mir liebenswürdigerweise mitteilte, dafß er 
selbst niemals die Art in natura gesehen habe; auch kenne er den Aufbewahrungsort des Originalstückes nicht. 

®) Rauracien infer. d. Jura Bernois, pag. 15, Taf. III, Fig. 1. 

*) Ibid, pag. 16, Taf. III, Fig. 2. 

°) Lethea Bruntrutana, pag. 130, Taf. XI, Fig. 105. 


142 ; Edgar Dacque. [24] 


für mein Material kein durchgreifendes Merkmal, da ich Stücke habe, deren Spiralwinkel im Vergleich zum 
abgebildeten sehr spitz und deren ganze Gestalt sehr hoch ist und lebhaft gerade an Pleurotomaria Antoniae 
erinnert. Andere Stücke sind von der ebenfalls enggenabelten Pl. Banneiana Et.‘) als Steinkerne kaum 
unterscheidbar, so daß es auch gar nicht unwahrscheinlich ist, daß Etallons Pl. solodurina mit dieser oder 
einer ähnlichen Form identisch wäre. Ein drittes Stück müßte, wenn es allein vorläge, zweifellos in die 
Nähe von Pl. chavattensis gestellt werden, welche allerdings gerundetere Mündung, weil bauchigere Um- 
gänge, hat. Auch der von Loriol in der Haute Marne-Monographie?) zur Abbildung gebrachte Steinkern 
der Pleurotomaria Hesione d’Orb. könnte als Steinkern mit manchen Stücken unserer Art verglichen werden, 
obwohl die Arten zweifellos voneinander grundverschieden sind. Viel näher würde unserem in Fig. 6 
abgebildeten, beschalten Exemplar Pl. alba Ouenst.’) stehen, die jedoch, wie aus anderen Abbildungen 
dieses Autors und einigen Vergleichsstücken hervorgeht, einen ganz anderen Variationskreis hat, der sich 
vor allem oft in einer sehr gewölbten Basis ausdrückt. Am nächsten kommt, wie erwähnt, Pl. solodurina, 
eine Art, deren Schalencharaktere weder aus der Beschreibung, noch aus der einzelnen Abbildung von 
Thurmann und Etallon ersichtlich sind. } 

Zahl der untersuchten Stücke: 27. 

Fundort: Atschabo und Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Familie: Trochidae. Ad. 
Genus: Trochus. Lin. 


Trochus sp. ind, 
Taf. XVI (III), Fig. 7, 8. 

Zwei verschiedene Trochus-Arten, als unzureichende Steinkerne erhalten, sind ziemlich häufig. Beide 
sind hoch und zugespitzt. Die eine Art mit flacher Basis und scharfkantig dazu abgegrenztem, letzten 
Umgang. Die andere ebenso hoch, mit dem gleichen Gewindewinkel von etwa 63°, mit mehr konvexer 
Basis und abgerundeteren Umgängen. Beide unbestimmbar. 

Zahl der untersuchten Stücke der ersteren Art: 26. 

Sen, an ” letzteren 25 

Fundort: Atschabo (und Harro Rufa?). 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Familie: Naticidae. Forb. 


Genus: Natica. 
Steinkerne von Nazica-Arten liegen verschiedene vor, die zwar nicht alle bestimmt zu identifizieren 
waren, jedoch mit solchen aus dem Kimeridge die meiste Ähnlichkeit haben. Besonders eine sehr charak- 
teristische Form konnte leicht bestimmt werden als 


Natica cfr. Eudora. d’Orb. 

1850. Natica Elea. d’Orbigny. Pal. franc. Terr. jur. II, pag. 212, Taf. CCXCVII, Fig. 4, 5. 
TSOTAE, »  Thurmann et Etallon, Lethea Bruntrutana, pag. 212, Taf. IX, Fig. 63. 

Die schmale, hohe, nicht genabelte Schale mit den wohlgewölbten Windungen und dem an der 
Naht rasch absinkenden, großen letzten Umgang, der (ergänzt) fast doppelt so lang ist als die übrige 
Spirale, läßt sich leicht mit obiger Art vereinigen. 
1) Ibid, pag. 128, Taf. XI, Fig. 100. 
2) Pag. 134, Taf IX, Fig. 2. 
®) Gastropoden, pag. 130, Taf. CXCIX, Fig, I0 (non. Fig. IT) 


[25] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 14 


[03° 


Zahl der untersuchten Stücke: 2. 
Fundort: Atschabo. 
Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Natica cfr. Eudora. d’Orb. 
1850. Natica Eudora. Orbigny. Prodrome. Bd. 2, pag. 45. 
1872. 5 „ Lorio]l, Royer et Tombek. Etgs. super. jurass. d. I. Haute-Marne, pag. 114, Taf. VII, Fig. 17, 

18 (c. syn.). 

1893. Natica Eudora. Siemiradzki Ob. Jura v. Polen. Ztschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. 45, pag. 113. 
1897. > efr. Eudora. Futterer. Jura v. Schoa, ibid. Bd. 49, pag 614. 

Eine größere Anzahl Steinkerne stimmt gut mit dieser Art überein. Meist sind sie etwas breitge- 
drückt. Im Münchener Museum liegen einige Stücke dieser Art aus Porrentruy, von Zittels Hand bestimmt, 
die besser zu meinen Exemplaren passen als die Loriolsche Abbildung, die im Spiralwinkel nicht ganz 
kongruiert. 

Zahl der untersuchten Stücke: 10. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. Kimeridge. 


Familie: Turritellidae. Gray. 


2!/, Windungen eines unbestimmten Steinkerns aus dem dunkelbraunen Malmkalk vom Badattino. 


Familie: Pyramidellidae. Gray. 
Genus: Bourguetia. Desh. 


Bourguetia striata. Sow. 
1812. Melania striata. Sowerby. Miner. Conch. I, pag. 101, Taf. XLVIl. 
1880. Bourguetia striata. Loriol. Zone A Amm. tenuilobatus d’Oberbuchsitten et Wangen, pag. 31, Taf. VIII, 

Fig. 5 (c. syn.). 

Das vorliegende Stück läßt sich nicht von den verschiedentlich beschriebenen Typen der Melania 
striata Sow. unterscheiden. Es liegt ein ganzer Steinkern sowie das Fragment eines letzten Umgangs vor, 
welch letzteres die grobe Streifung, besonders an der Basis und die gleiche Mündungsanlage zeigt. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Familie: Strombidae. d’Orb. 
Genus: Harpagodes. Gill. 


Unter einigen undefinierbaren Steinkernen, welche wohl zu dieser Familie gehören, ist ein der 
Gattung nach zu bestimmender 


Harpagodes sp. 

Gewinde zugespitzt; letzter Umgang bauchig, mit fünf noch deutlich sichtbaren Hauptrippen, von 
denen die beiden unteren zusammen von den übrigen drei durch einen weiteren Zwischenraum getrennt 
sind als die einzelnen Rippen unter sich. Zwischen ihnen läuft eine feinere Spiralstreifung, etwa so, wie 
bei Pferocera Ponti Brong.!), dessen Rippen, gleich unserer Art, von Zeit zu Zeit Knoten bilden. 

Zahl der untersuchten Stücke: 2. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


2) Loriol, Royer et Tombeck. Etgs. sup. jur. d. 1. Haute Marne, pag. 150, Taf. IX, Fig. 12. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. I9 


144 Edgar Dacque. [26] 


Cephalopoda. 
A. Nautiloidea. 


Familie: Nautilidae. Owen. 
Genus: Nautilus. Breyn. 


Nautilus bisulcatus. nov. sp. 
Taf. XVI (III), Fig. 3. 

Schale dick, aufgebläht, aber nicht gerundet, sondern seitlich abgeplattet. Umgänge umfassend, mit 
kaum nach außen gerundetem breiten Rücken, längs dessen beiden Außenrändern je eine schmale, ununter- 
brochene, deutliche Rinne verläuft. Deren äußere Begrenzung bildet zugleich die Kante an der Umbiegungs- 
stelle zwischen Externseite und Flanken. Letztere sind ungefähr ebenso breit wie der Rücken und längs 
ihrer Oberfläche seicht vertieft. Diese Längsvertiefung wird einerseits außen von der die Rinne der Rücken- 
seite begleitenden Kante begrenzt, während anderseits innen am Nabelrand sich relativ hoch eine andere 
abgerundete Kante erhebt, von welcher aus sodann die Umgänge zunächst schräge, -dann aber vertikal in den 
tiefen und engen Nabel absinken. Sipho nicht zu beobachten. Suturlinie auf der Externseite mit konkavem 
Lobus, der nach den Flanken hin in einen Sattel aufsteigt, welcher seinen Scheitel in den Rinnen des 
Rückens hat. Auf die Flanken übergetreten, senkt sie sich rasch als einziger Lobus hinab, steigt gegen den 
Nabel wiederum empor, um auf der Nabelkante den zweiten Seitensattel zu bilden und dann geradlinig in 
in den Nabel abzusteigen. 

Zahl der untersuchten Stücke: 1. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Nautilus Ennianus. nov. sp. 
Taf. XVII (IV), Fig. 5. 


Schale dick, nicht aufgebläht, etwas abgeplattet, mit hohem spitz-trapezförmigen Querschnitt und 
engem tiefen Nabel. Externseite nahezu eben, nur ganz unmerklich konvex, rasch mit kaum abgerundeter 
Umbiegungskante unter einem Winkel von etwa 100° in die Flanken übergehend. Letztere sind schräge 
nach außen gerichtet, erreichen ihre größte Anschwellung kurz vor dem Nabelrand und fallen dann, sich 
abrundend, fast vertikal in denselben hinab. Obwohl im ganzen genommen die Flanken gegen den Nabel 
hin ansteigen, so weisen sie doch gegen den Externrand zu eine schwache Eindrückung auf, welche in- 
dessen mit zunehmendem Alter schwächer wird. Sipho mittelständig. Suturlinie genau wie bei der vorher- 
gehenden Art: Auf der Externseite ein tiefer Lobus, gegen den Rand aufsteigend, an der Übergangsstelle 
zur Flanke einen Sattel bildend, sodann in großem breiten Bogen als Lobus über die Flanke laufend, an 
deren Umbiegungsstelle zum Nabel wieder nach vorn aufsteigend und dann geradlinig in den Nabel abfallend. 

Als Jugendexemplar dieser in riesenhaften Dimensionen vorliegenden Art fasse ich das auf 
Tafel XVI (III) in Fig. 4 abgebildete Fragment eines 


Nautilus sp. 


auf, welches sich in keinem wesentlichen Punkte von der soeben beschriebenen Art unterscheiden läßt. Es 
stellt offenbar nur das herausgebrochene Innere eines größeren Stückes vor und unterscheidet sich nur durch 
seine breitere Externseite. Anfänglich sind seine Umgänge fast schlauchförmig rund, dann werden sie rasch 
breiter und zugleich mit dem Flacherwerden der Externseite entsteht auf den Flanken die schon bei der 
vorigen und vorvorigen Art hervorgehobene Längsvertiefung. Wenn man bedenkt, daß sowohl die anfängliche 
Rundung der Umgänge, wie auch die auf den innersten Umgängen dieses Stückes noch weniger ausge- 
prägten Biegungen der Sutur bei Nauzilus eine Gattungserscheinung sind, und wenn man ferner beobachtet, 
wie manche Formen dieses Genus anfänglich eine breitere Externseite aufweisen als das betreffende aus- 


[27] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. Tas 


gewachsene Individuum, so kann man auch die vorliegende kleine Form, bei der sich auch die 
Sutur im Sinne der oben geschilderten großen entwickelt, nur als die herausgebrochenen inneren Windungen 
oder als noch nicht ausgewachsenes Jugendexemplar des Nautilus Enmianus auffassen, wenn auch das 
Stück nicht genau an dem gleichen Fundort, wohl aber in denselben Schichten gefunden wurde. 

Zu der vorhergehenden großen Art ist Nautilus giganteus d’Orb!) der nächste Verwandte, unter- 
scheidet sich aber von unserer Art schon allein durch seine — bei gleich großen Exemplaren — konkave 
Externseite. Die jugendlicheren Stücke des Nautilus giganteus d’Orb., wie beispielsweise Loriol?) eines 
abbildet, haben zwar konvexe Externseite, sind dafür aber gerundeter, nicht so abgeflacht. Eine Ähnlichkeit 
ist in den eingedrückten Flanken gegeben. Da aber der ontogenetische Entwicklungsgang bei Nautilus 
giganteus die Vertiefung der Externseite als Endresultat hat, so unterscheiden sich unsere Stücke trotz 
vielfacher sonstiger Ähnlichkeiten in einzelnen Merkmalen spezifisch von der europäischen Art. Sehr nahe 
kommt hinsichtlich des Querschnittes noch Nautilus Wandaensis Waagen’), aber die Flanken unseres 
Stückes sind gegen den Nabel hin aufgetriebener und biegen sich zu ihm anders ab. 

Das die Jugendwindung unserer Art repräsentierende kleine Stück lehnt sich mit seinem breiten 
Querschnitt entfernt an Nautilus Moreausus d’Orb*) an, dessen Flanken jedoch niemals eingedrückt sind. 

Zahl der untersuchten ‚Stücke: 4. 

Fundort der großen: Atschabo. 

Fundort des kleinen: Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


B. Ammonoidea. 


Familie: Stephanoceratidae. Zitt. 
Genus: Perisphinctes. Waag. 


Perisphinctes Arussiorum. nov sp. 
Taf. XVII (IV), Fig. 4. 

Schale flach, scheibenförmig, gegen den Nabel hin allmählich an Dicke zunehmend, jedoch nur 
minimal. Kurz vor dem Nabel erreichen die Umgänge ihre höchste Höhe, um dann wieder abzusinken. 
Nabelrand steil, jedoch nicht schroff gegen die Umgänge abgegrenzt. Externseite stark und ganz kurz ge- 
rundet. Windungen sehr umfassend, daher Nabel eng. Oberfläche mit dichtstehenden, rutenförmigen, nach 
vorn gerichteten, in der Nähe des Nabels meist eingebogenen Rippen bedeckt, die sich sofort über der 
Mitte der Flanken zwei- oder dreiteilen. Letzteres fast durchweg mit zunehmendem Alter, ersteres im 
jüngeren Stadium. Zwischen hinein bleibt die eine oder die andere der Rippen auch wohl einmal ungeteilt. 
Alle Rippen laufen ununterbrochen und deutlich über die Externseite hinüber. Sie behalten überall — auch 
auf der Wohnkammer — ihre Stärke bei, daß man sie auf der Abbildung in der Nähe der Mündung 
schwächer werden sieht, liegt lediglich am Erhaltungszustand des Exemplars. Schwache, schmale Einschnü- 
rungen folgen in kürzeren Abständen aufeinander. Loben nicht mehr vorhanden; Inneres verloren. Quer- 
schnitt langgestreckt, nach außen kaum gewölbt, oben scharf gebogen, unten in zwei sehr spitze, schmale 
Arme auslaufend. 

Diese Form nimmt eine ziemlich extreme Stellung ein. Die ungeheuer breiten Umgänge und die trotz 
der Größe sehr dichtstehenden Rippen geben auch ohne die Erhaltung der Sutur genügend Merkmale zur 
spezifischen Begründung. Die hinsichtlich der Berippung und Einschnürungen zunächst in Betracht kom- 
mende Gruppe der Virgulaten (Mutationsreihe des Per Lothari Opp. nach Siemiradzki?) hat bei solcher 


1) Loriol, Royer et Tombeck. Haute Marne, pag 29, Taf III, Fig. 4. 

2) Etgs. super. jurass. d. 1. Haute Marne, pag. 29, Taf III, Fig. 4. 

3) Jurass. fauna of Cutch, pag. 17, Taf. IV, Fig. 3. 

#) Pal. franc. Terr. jurass. I, Taf. XXXIX, Fig. 1-2 

5) Monograph. Beschreibg. d. Ammonitengattung Perisphinctes. Palaeontographica XLV, 1898/99, pag. 218 ff. 
19* 


146 Edgar Dacque. [28] 


Größe stets weiter auseinanderstehende Rippen und durchweg viel schmälere, weniger konvolute Umgänge. 
Die Bidichotomie und Virgatotomie (Siemiradzki |. c) tritt zwar an unserem Stücke in gleicher Weise 
auf, doch kommt die »lose Berippung«, bei der sich die Vergabelungsstellen auflösen, niemals bei unserer 
Art vor. Unter den Virgulaten hat Perisphinctes hypselocyclus Fontannes!) die größte Ähnlichkeit, doch 
wäre bei diesem, ganz abgesehen von allen anderen eben erörterten allgemeinen Verhältnissen schon allein 
der Querschnitt, welcher seine größte Dicke gegen die Externseite zu hat, ein Hinderungsgrund zu näherem 
Vergleich. Dagegen weist die allerdings ebenfalls weitnabeligere Gruppe des Perispinetes Ulmensis Oppel 
(Siemiradzki l. c,, pag. 282) in der Anlage der über dem Nabel nach vorn gerichteten Rippen im Jugend- 
zustand einige Beziehungen auf, die aber durch die übrigen Merkmale des Perisphinctes Ulmensis sofort 
aufgehoben werden. 

Durch die immerhin sehr ausgesprochenen Unterschiede unserer Form, welche in den außerordentlich 
breiten Uimgängen, in der dichten Berippung, in der Art der Verzweigung und im Querschnitt gegeben 
sind, erweist sie sich auch ohne Kenntnis der Sutur als eine selbständige Art. 

Zahl der untersuchten Stücke: 1. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Perisphinctes Gallarum. nov. sp. 
Taf. XV (D, Fig. 16. 


Gehäuse flach, tellerförmig, mit breitgedrückten, sehr langsam anwachsenden, sich kaum umfassen- 
den Windungen und offenem seichten Nabel. Rücken in der Jugend etwas flacher als im Alter, wo er 
mehr gerundet erscheint. Größte Dicke der Flanken im oberen Drittel des Umganges, etwa da, wo die 
Rippen sich spalten. Querschnitt hoch und schmal, bei jüngeren Umgängen fast rechteckig. Rippen hoch, 
scharf und kräftig, sehr weit auseinanderstehend, geradlinig, in ihrem Verlauf nach vorn gerichtet, Umgänge 
mitsamt den Rippen senkrecht zum Nabel abfallend, Nabelgrenze jedoch niemals kantig. Rippen im oberen 
Drittel der Windungen regelmäßig und deutlich zweigespalten; an den etwa dreimal an einem Umgang auf- 
retenden Einschnürungen laufen die angrenzenden Rippen ungeteilt über den Rücken. Die zweigeteilten 
Rippen laufen nur auf der Wohnkammer in gleichbleibender Stärke über die Externseite hinüber; auf den 
übrigen Windungen sind sie dagegen durchgehends ein wenig verwischt. Die zweigespaltenen Äste bilden 
einen nach vorn konvexen Bogen. Auf dem größeren, nicht abgebildeten Exemplar folgt sofort hinter der 
letzten Sutur eine schwache, wenig markierte siphonale Rinne, welche jedoch kaum ein Drittel der Umgangs- 
länge weit vorhanden ist. Letzter Umgang mit 52 Rippen, innere mit etwas weniger. Sutur schlecht er- 
halten: Externlobus schmal, Externsattel breit, ziemlich niedrig. Seitenlobus ebenfalls schmal, nicht tief. 
Erster Lateralsattel breit und niedrig; zweiter Seitenlobus sehr fein zugespitzt. Alles übrige ganz undeut- 
lich. Verlauf der Sutur fast gerade und quer über die Umgänge gerichtet, Auxiliarloben wenig überhängend. 

Die Art hat manches Gemeinsame mit dem nachfolgenden Perisphinctes stenocyclus Fontannes 
mit seinem flachen, zusammengepreßten Gehäuse, doch hat diese Form viel involutere Umgänge als die 
unserige. Die Zahl der Rippen, ihre nach vorn gerichtete Stellung, die regelmäßige Zweiteilung entsprechen 
sich allerdings mehr, doch läßt schon die Höhenlage der Verzweigungsstelle, das Maximum der Dicke des 
Querschnittes und die soeben erwähnte stärkere Involution der Umgänge keine Identifizierung mit unserer 
Art zu. Hinsichtlich der Weite des Nabels beziehungsweise der gegenseitigen Umfassung der einzelnen 
Windungen steht Perisphinctes Wartae Buk.?) wiederum näher; ganz besonders auch hinsichtlich der Be- 
rippung auch jene Form dieser Art, welche de Riaz°) von Trept abbildet. Die Originalform weicht von 
der unsrigen besonders im Querschnitt wie auch in ihrer engeren Berippung ab. Im speziellen Fall scheint 
für die nahe Beziehung unserer Art zu Per. Wartae der Umstand zu sprechen, daß die Windungen des 


1) Descript. d. Ammonites d. calcaires d. Chateau d. Crussol. 1879, pag. 66, Taf. X, Fig. 1. 
2) Bukowski. Jura v. Czenstochau, pag. 140, Tat. IIl, Fig. 1. 
3) Ammon. d. Couches & Peltoceras transversarium d. Trept., pag, 17, Taf. XI, Fig. I. 


[29] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 


147 
letzteren in seiner Jugend auch niemals subquadratisch sind, wie dies bei den echten Plicatilis-Formen der 
Fall ist. 

Zahl der untersuchten Stücke: 4. 

Fundort: Atschabo, 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Perisphinctes stenocyclus. Font. 
1879. Perisphinctes stenocyclus Fontannes. Calcaires d. Chäteau d. Crussol, pag. 58, Taf. IX, Fig. 2 


1898. 9 5 Siemiradzki. Monogr. d. Ammonitengattg. Perisphinctes. Paläontographica, Bd.43, pag. 153. 

Die Beschreibung, welche die beiden zitierten Autoren geben, paßt genau auf unser Stück, das nur 
hinsichtlich der Rippenzahl — 53, statt 50 — abweicht. Die Umgänge sind flach und umfassen sich kaum 
zur Hälfte. Ihr Querschnitt zeigt am Nabelrand seine größte Dicke und wölbt sich gegen den Rücken 
spitzer zu. Die Rippen sind meistenteils nach vorn gerichtet, die schmalen Einschnürungen schräge ge- 
stellt. Dreispaltige Rippen nicht vorhanden. Die Abbildung bei Fontannes entspricht, von der Größe ab- 
gesehen, genau unserem Stücke; es hat einen größten Durchmesser von 13'2 cm. 

Diese Art kommt in Europa im Tenuilobatenhorizont von Crussol vor, sowie im unteren Tithon 
. von Argentinien }). 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Perisphinctes Roubyanus. Font. 


1879. Perisphinctes Roubyanus. Fontannes. Calc. d. Chäteau d. Crussol, pag. 56, Taf. VIII, Fig. 6. 
1898. cn „ Siemiradzki. Monogr d. Ammonitengttg. Perisphinctes. Paläontographica, Bd. 45, pag, 162 

(e. syn.) 

Gehäuse sehr flach, Flanken eben, Umgänge einander halb umfassend. Größte Dicke am Nabel, 
gegen den Rücken hin wenig zusammenlaufend. Letzterer gerundet. Nabelrand wohlgerundet abfallend. 
Rippenzahl 58—61. Rippen am Nabelrand minimal rückwärts gebogen; gegen oben und im ganzen aber 
nach vorn geneigt. Auf dem jüngeren Teile der Windung tritt die Zweispaltigkeit im oberen Drittel ein, 
auf der Wohnkammer dagegen schon vielfach in der Hälfte. Dreispaltigkeit nicht zu beobachten. Ein- 
schnürungen wenig ausgeprägt. Sutur fehlt, 

Kommt ausschließlich in der Tenuilobatenzone von Crussol, Schwaben, Polen, Argentinien und 
Bolivia?) vor. 

Zahl der untersuchten Stücke: 2. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Perisphinctes planula Hehl. var. laxevoluta. Font. 
Taf. XIV (W, Fie. 15. 

1879. Perisbhinctes planula Hehl var. laxevoluta. Fontannes. Calc. d. Chäteau d. Crussol, pag. 72, Taf. XI, Fig. 2. 
1898. 5 n cö „ S Siemiradzki. Monogr. d. Ammonitengattg. Perisphinctes. Paläonto- 

graphica, Bd. 45, pag. 197. 

Gehäuse weit und flach genabelt, mit zahlreichen, wenig umfassenden Umgängen, deren jeder nicht 
ganz 40 Rippen trägt, zwischen denen zeitweise Einschnürungen auftreten. Die Rippen sind am Nabelrand 
bisweilen höher als in der Flankenmitte, wo sie dann etwas eingedrückt erscheinen. Sie sind kräftig und 


1) Behrendsen. Z. Geologie d. Ostabhanges d. argentin. Cordillere. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., Bd. 43 
189I, pag. 369. 

2) Steinmann: Z. Kenntnis d. Jura- und Kreideformation v. d. Caracoles in Bolivien. N. Jahrb. f. Min., Bei- 
lageband I. 1881. 


148 Edgar Dacque. [30] 


haben ein festes, starres Aussehen. Sie zweiteilen sich vielfach schon in der Mitte oder kurz über der 
Mitte der wenig konvexen Flanke. Auf dem letzten, einen Teil der Wohnkammer repräsentierenden Um- 
gang, dessen Querschnitt länglichrund ist und der seine größte Dicke in der unteren Flankenhälfte hat, be- 
ginnt die Zweiteilung nach und nach immer weiter unten, so daß man manchmal den Eindruck erhält, als 
wollten sich die Rippen schließlich auflösen, wodurch nur eine aus einfachen Rippen zusammengesetzte 
Skulptur gebildet würde. Besonders auf der nicht abgebildeten rechten Seite des Exemplars ist 
das deutlich wahrnehmbar, da auf der abgebildeten durch eine Lädierung das Schalenwachstum gerade 
an der entsprechenden Stelle anormal wurde. Schalenrücken, wie aus dem Querschnitt ersichtlich, wohl- 
gerundet, im Gegensatz zu der zerdrückten Originalabbildung Fontannes’, die daher einen zugespitzten 
Rücken aufweist‘). Die Rippen sind auf dem Rücken — nicht durch eine Furche — unterbrochen und 
alternieren dortselbst mit ihren Enden. 

Diese Varietät kommt, wie die beiden vorhergehenden Arten, gleichfalls in der Tenuilobatenzone 
von Crussol vor. 

Zahl der untersuchten Stücke: 2, 

Fundort: Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.' 


Perisphintes breviceps. Quenst. 


1887. Perisphinctes polyplocus breviceps. Queunstedt. Ammoniten d. Schwäb. Jura, pag. 944, Taf. CII, Fig. 2. 
1898. “ breviceds. Siemiradzki. Monogr. d. Ammonitengattg. Perisphinctes. Paläontographica, Bd. 45, 


pag. 24 


107} 


Das einzige vorliegende Stück stimmt, wie mir Herr Siemiradzki freundlichst mitteilte, völlig 
überein mit seinen Exemplaren aus den Tizianz-Schichten Württembergs. Die Umgänge haben flachgedrückte 
Flanken und einen breitgerundeten Rücken. Der Nabelrand ist vertikal, aber nicht kantig begrenzt. Die 
Wohnkammer bekommt gegen ihr Ende gewölbtere Flanken. Die Einschnürungen sind kräftig wie auf 
Quenstedts zitierter Figur. Die Rippenzahl beträgt auf dem letzten, größtenteils aus der Wohnkammer 
bestehenden Umgang gegen 50. Sie teilen sich anfänglich meist in zwei, dann aber ausschließlich in drei 
Sekundärrippen; gegen Schluß der Windung hängen diese nur noch lose mit der Stammrippe zusammen; 
ihre Zahl steigt dabei auf vier. 

Kommt in der Tenuilobatenzone Frankreichs, der Schweiz und Schwabens vor. Die von Choffat 
aus Portugal?) als Perisphinctes af. breviceps beschriebene Form gehört nach Siemiradzkil. c. 
nicht hieher. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Perisphinctes cfr. Abadiensis. Choff. 
Taf. XV (W, Fig. 15. 
1893. Perisphinctes Abadiensis. Choffat: Faune jurassique d. Portugal. Ammon. d. Lusitanien, pag. 46, Taf. XVII, Fig. 1, 2. 
1898. 5 > Siemiradzki: Monogr. d. Ammonitengttg. Perisphinctes. Paläontographica, Bd. 45, 

pag. 164. 

Das vorliegende Fragment dreier Umgänge stimmt sowohl hinsichtlich des Querschnittes als auch 
der häufigen Zweispaltigkeit der Rippen gut mit den Choffatschen Exemplaren überein, doch genügt das- 
selbe nicht zu einer Identifizierung. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


!) Nach gütiger Mitteilung des Herrn Prof. Siemiradzki, dem ich für die Untersuchung einiger Peris- 
phincten zu großem Danke verpflichtet bin. 
2) Faune jurassique d. Portugal. Ammon. d. Lusitanien, pag. 53, Taf. XI, Fig. 1. 


[31] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 149 


Perisphinctes cfr. hetaerus. Herb. 
Taf. XVI (I), Fig. ı. 

1878. Perisphinctes hetaerus. Herbich. Das Szeklerland, pag. 167, Taf, X, Fig. 1. 
1898. N 23 Siemiradzki. Monogr. d, Ammonitengttg. Perisphinctes. Palaeontographica, Bd. 45, pag. 202. 

Von dem allein vorhandenen Stück ist nur der letzte Umgang erhalten. Ich schätze die nicht mehr 
vollständig kontrollierbare Rippenzahl auf etwa 60—70, was bei dem Durchmesser von 12'5 cm dem Original 
entsprechen dürfte.!) Die Rippen sind ebenfalls nicht allzu stark S-förmig geschwungen und kurz vor der 
breiten Externfurche etwas verdickt. Flanken äußerst wenig gerundet. Querschnitt lang elliptisch, fast doppelt 
so hoch als breit. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Perisphinctes Choffati. nov. sp. 
Taf. XVII (IV), Fig. 3. 
1893. Perisphinctes sp. nov. aff. Mindowe. Choffat. Faune jurass. d. Portugal. Ammon. d. Lusitanien pag. 43, 

Taf. X, Fig. 3. 

Umgänge hoch, einander bis zur Hälfte umfassend, in der Jugend wahrscheinlich mehr auf den 
Flanken abgeflacht als später. Rücken im Querschnitt kurzbogenförmig gerundet. Größte Dicke am Nabel- 
rand. Obwohl auf den ersten Blick die Höhe der Umgänge gegenüber der Dicke beträchtlich erscheint, so 
ist doch das Verhältnis jener zu dieser etwa nur 1'09:1ı. Die Windungen sind mit scharfen, groben, dicht- 
gedrängten, rutenförmigen Rippen bedeckt, welche am Nabelrand im allgemeinen nach rückwärts, in der 
Flankenmitte wieder nach vorwärts gebogen sind; sie zweiteilen sich im oberen Drittel und nehmen dabei 
noch einmal eine Vorwärtsbiegung an, so daf3 sie meist einem wenig geschwungenen S mit kurzer unterer 
Ausbiegung gleichen. Hin und wieder, aber sehr selten, findet eine Dreiteilung statt in dem Sinne, daß die 
vorderste Teilrippe schon in der Flankenmitte sich abzweigt und daf3 dann erst weiter oben die eigentliche 
Zweiteilung wie bei allen übrigen Rippen eintritt. Einschnürungen bisweilen vorhanden, wodurch die ein- 
zelnen Rippenpartien wenig gegeneinander geneigt werden. Verlauf der Rippen über den Buckel mit Aus- 
biegung nach vorn ununterbrochen. Nabel gemäf der starken Umfassung der Umgänge nicht weit. Nabel- 
rand sehr schön gerundet. Sutur nicht vorhanden. 

Unsere in die Nähe des Perisphinctes Aeneas Gem. gehörige Art ist nächstverwandt, wenn nicht 
‚ identisch mit dem zitierten Perisphinctes sp. nov. af. Mindowe Siem. Choff. aus dem Lusitanien von Portugal. 
Herr Siemiradzki, dem sie zur Untersuchung vorlag, schreibt, sie gleiche Choffats Exemplar, weiche 
aber von den Originalstücken des Perisphinctes Mindowe?) aus dem Krakauer Jura etwas ab. 

Wenn eine Identifizierung mit Choffats Stück möglich wäre, würde diese Form verschiedenen 
Jurastufen (Transversarius-Tenuilobatenzone) angehören. 

Zahl der untersuchten Stücke: 1. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Familie: Aspidoceratidae. Zitt. 
Genus: Aspidoceras. Zitt. 


Aspidoceras somalicum nov. sp. 
Taf. XVII (IV), Fig. ı. 


Schale dickscheibenförmig, nicht bauchig, etwas abgeflacht. Umgänge höher als breit, auf den 
Flanken kaum, auf dem Rücken stark gewölbt. Umgänge einander nicht sehr bedeckend, infolgedessen 


1) Herbichl. c. gibt an: Durchmesser 78 cm; am letzten Umgang 54, am vorletzten 44 Rippen. 
2) Siemiradzki: Fauna kopalna warstw oxfordzkich-kimeridzkich w Polsce. Denkschr. d. Akad. d. Wiss. 
Krakau. Bd. 18, 1891, pag. 43, Taf. II, Fig. 1. 


150 Edgar Dacque. [32] 


Nabel verhältnismäßig breit. Umgänge am Nabel gerade abfallend. Längs des Nabels etwa zehn Knoten vor- 
handen, die sich nicht rippenartig auf die Flanken fortsetzen. Gleich dahinter folgt eine zweite Reihe 
noch weiter auseinanderstehender Knoten, die auf dem letzten Umgang nur die Zahl 7 erreichen und: deren 
Zwischenräume sich beim Wachstum bei weitem rascher vergrößern als die der inneren, dicht am Nabel 
gelegenen Reihe. Sutur stark zerschlitzt. Siphonallobus durch einen oben dreigespaltenen Sattel geteilt. 
Erster Externsattel sehr hoch, durch einen dünnen, dreispitzigen Einschnitt in zwei ungleiche Hälftengeteilt, 
und zwar so, daf der dem Siphonallobus zunächst liegende Teil höher ansteigt, während der nach innen 
gelegene sofort in den sehr tiefen Seitenlobus absinkt. Letzterer ist in drei Lappen geteilt, deren mittelster 
schmäler und länger ist als die beiden seitlichen. Der darauffolgende erste Lateralsattel ist undeutlich er- 


halten, in seiner Mitte eingesenkt und wahrscheinlich vierlappig. Zweiter Seitenlobus schmal, in derselben 


Art wie der vorhin beschriebene Seitenlobus dreigeteilt. Zweiter Lateralsattel undeutlich sichtbar, in den 
Nabel abfallend. 

Diese Form ist nächstverwandt dem Aspidoceras acanthicum Oppel‘). Sie unterscheidet sich sehr 
deutlich von ihm durch ihre ausgeprägtere Sutur, welche sowohl höhere Sättel wie tiefere Loben besitzt, 
in deren Einzelheiten ebenfalls wesentliche Verschiedenheiten vorhanden sind. Ferner ist die Zahl der am 
Nabel liegenden Knoten bei Aspidoceras acanthicum eine größere, die einzelnen Knoten stehen dichter, 


während die in der zweiten äußeren Reihe stehenden bei unserer Art noch rascher abnehmen als bei der 
europäischen. 


Zahl der untersuchten Stücke: 1. 
Fundort: Atschabo. 
Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Aspidoceras altenense. d’Orb. 
Taf. XVII (IV), Fig. 2 


1847. Ammonites altenensis. d’Orbigny. Pal. franc. Terr. jurass. I, pag. 537, Taf. 204. 


1863. n » Oppel. Paläontol. Mitteilgn. Bd. II, pag. 181. 

1873. Aspidoceras altenense Neumayr. Fauna der Schichten m. Aspidoceras acanthicum, pag. 199, Taf. XLII, Fig. 2. 

1877- 55 ns Favre. Zone ä Ammonites acanthicus d. Alpes d. 1. Suisse, pag. 66, Taf. VII, Fig. 5. 

1877. 5 53 Loriol. Mon. pal. d. 1. zone & Ammon. tenwilobatus d. Baden. II, pag. 116, Taf. XVII, 
Fig. 4. 


Schale nicht sehr dick, nach dem Querschnitt etwa in der Mitte zwischen dem d’Orbignyschen 
Original und dem von Loriol aus der Tenuilobatenzone von Baden abgebildeten Stück stehend. Umgänge 
umfassend, Flanken vom Nabel aus bis nicht ganz zur Mitte nach außen gebogen, dann oberhalb der Mitte 
im Bogen zurücktretend; Rücken wohlgewölbt. Nabel eng, seine Wände steil abfallend. Letzter Umgang 
daselbst zwölf Knoten tragend. Von diesen strahlen sanft wellige, rippenartig angedeutete, aber wenig 
ausgeprägte Schalenerhebungen aus, welche, ebenso wieihre Zwischenräume, den Eindruck ehemaliger ruten- 
artiger Radialstreifung auf der Oberfläche hervorrufen. Der größte Teil dieses abgebildeten Stückes ist 
Wohnkammer. Sutur wegen Verdrückung des Exemplars wenig zu verfolgen; soweit dies erkennbar, zeigt 
sie sich von der des typischen A. altenense nicht verschieden. 

Zahl der untersuchten Stücke: 1. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Aspidoceras supraspinosum. nov. sp. 
Taf. XVI (II, Fig. 2. 


Gehäuse dick, aufgebläht, mit nahezu kugelrundem Querschnitt und breitem Rücken; ohne irgend 
welche Abplattung auf den seitlich überhängenden Flanken, die sich zu Dreiviertel umfassen. Bei einem 


!) Jurass. Cephalopoden. Paläont. Mitteilgn. III, pag. 219. Siehe Abbildung und Sutur bei Loriol, Zone ä 
Ammon. tenuilobatus d. Baden. 1878, pag. 110, Taf. XVII, Fig. 2—3. 


[33] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. TsT 


Durchmesser von 11'5 cm beträgt die Nabelweite 2:6 cm. Der enge Nabel von Knoten eingefaßt. Windungen 
von der Knotenreihe aus gegen den Nabel hin zunächst gerundet, dann aber senkrecht abstürzend. Der von 
der Knotenreihe gebildete Kranz liest daher nicht unmittelbar am Nabelrand, sondern noch etwas innerhalb 
der eigentlichen Flanke. Die Knoten sind, was nicht bei allen Stücken gleich gut wahrnehmbar ist, in nach 
vorn gerichtete flache, nicht scharf begrenzte Rippen ausgezogen, die höchstens kleine wellige Schalen- 
unregelmäßigkeiten hervorbringen, die man meist nicht bemerkt; schon in der Flankenmitte sind sie wieder 
verschwunden. Zahl der Knoten mindestens zwölf, auf den inneren Umgängen bis zu 14. Loben ungemein 
zerschlitzt und zackig. Siphonallobus sehr tief, relativ schmal, durch einen engen, zweihöckerigen Sekundär- 
sattel geteilt. Externsattel mit flachem Rücken, durch einen tiefen, aber sehr schmalen akzessorischen 
Lobus in der Mitte geteilt, rechts und links davon mehrere kleine Sekundärloben. Erster Laterallobus mit dickem 
Stamm, kurz über seinem Mittelpunkt ein rechter und linker Seitenarm, die ebenso kräftig sind wie die Fortsetzung 
des Stammes nach oben. Unter diesen Seitenarmen je ein kürzerer. Der darauffolgende erste Lateralsattel 
ist in seiner Anlage wie der Externsattel, nur in allen seinen Dimensionen kleiner, Zweiter Laterallobus 
ebenfalls wie der erste, aber auch im ganzen kleiner. An dem folgenden zweiten Lateralsattel biegt die 
Sutur um. Auxiliarloben und -sättel undeutlich. 

Die hinsichtlich der stark zersplitterten Sutur, des Querschnittes und des Knotenkranzes nächstkommende 
Art ist Aspidoceras circumspinosum Oppel“), wenn man bei diesem Vergleich von Formen absieht, wie 
beispielsweise dem flachen Aspidoceras circumspinosum Favre’). Dagegen bietet das von Quenstedt?) 
unter dem Namen znflatus macrocephalus beschriebene Stück die nächsten Beziehungen. Von dieser Quen- 
stedtschen Varietät liegen mir aus dem Münchener Museum zwei von der schwäbischen Alp stammende 
Exemplare vor, die ebenso wie unsere Art dick aufgebläht sind und einen breiten, gerundeten Rücken haben. 
Als durchgreifendes Unterscheidungsmerkmal zwischen diesen, wie überhaupt allen circumspinosi einerseits 
und unseren Formen anderseits, kommt die Lage des Knotenkranzes in erster Linie in Betracht, welcher 
bei Aspidoceras circumspinosum ausnahmslos — auch bei den größten Individuen — unmittelbar am senk- 
rechten Nabelrand liegt, während er bei unserer Form stets zwischen sich und der eigentlichen vertikalen 
Nabelwand noch einen Teil der abwärts gewölbten Flanke läßt. Ferner ist aber auch der Querschnitt der 
Umgänge derart gerundet-kugelig, daß selbst so aufgeblähte Stücke, wie die soeben herangezogenen inflatus 
macrocephalus-Typen, unserem Aspidoceras supraspinosum gegenüber einen relativ niedrigen Querschnitt 
zeigen. Wo aber der Querschnitt bei der circumspinosus-Gruppe aufgebläht und im Gegensatz zur Breite 
sehr hoch wird, verflacht sich zugleich auch das Gehäuse. Jedenfalls bleibt die Lage der Knotenreihe auch 
gegenüber anderen nahestehenden europäischen Formen als Unterschied konstant. Aspidoceras Cartieri 
Moesch*) hat viel kräftigere und daher weniger Knoten, ist etwas weitnabeliger und bei gleicher Größe 
in seinem ganzen Habitus derber. Die Verlängerung der Knoten zu schwachen kurzen Rippen (ondulations du test) 
ist kein sehr bestimmtes Merkmal unserer Art, die dadurch etwas an Aspidoceras Schilleri Opp.?) erinnert. 

Zahl der untersuchten Stücke: 4 und 2 Fragmente. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Aspidoceras Argobbae. nov. sp. 
Taf. XVIIL (V). 

Schale aufgebläht, ähnlich wie die des Aspidoceras supraspinosum, wenngleich mit flacheren Flanken, 
welche auf dem Querschnitt am Nabel weniger überhängen als bei dieser ebengenannten Art. Rücken breit, 
gerundet, größte Dicke an der Knotenreihe vor dem Nabel, welcher infolge etwa halber Umfassung der 
Umgänge nicht eng ist. Es sind zwei Knotenreihen vorhanden, die innere mit 13 Knoten auf einem Um- 


1) Pal. Mitt. II, pag. 222. 

2) Zone a Ammon. acanthicus .des Alpes d. 1. Suisse, pag. 67, Taf. VIII, Fig. 2. 
*) Cephalopoden, pag. 196, Taf. XVI, Fig. 14. 

%) Loriol: Zone & Ammon. tenuilobatus d. Baden, pag. Iı3, Taf. XVIII, Fig. 2. 
°) Pal. Mitt., pag. 221, Taf. LX1. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XV1l. 20 


152 Edgar Dacque. [34] 


gang, die äußere mit sehr viel mehr, welche indessen nicht deutlich erhalten sind. Verbindungsrippen vor- 
handen, die auf dem jüngeren Teile des Gehäuses sehr fein und schmal und dichtgedrängter sind als auf 
dem späteren Teile. Dort bekommen sie nach und nach ungefähr die gleiche Anordnung, wie sie bei der 
folgenden Art allein typisch ist, indem von einem inneren Knoten oft zwei im Winkel zueinander stehende 
Rippen zu zwei äußeren Knoten ausstrahlen. Nabelrand steil, an der inneren Knotenreihe gerundet. Sutur 
sehr feinästig. Externlobus langgestreckt, Externsattel mit seiner nach innengelegenen Hälfte rasch ab- 
sinkend. Erster Laterallobus breit und tief, Erster Lateralsattel ziemlich eng. Zweiter Laterallobus breit 
und tief. Zweiter Lateralsattel mit seiner zweiten Hälfte schon innerhalb der inneren Knotenreihe liegend. 

Die Form schließt sich unmittelbar an die folgende Art, Aspidoceras irregulare nov. sp, an, indem 
nur ihre Umgänge gerundeter, bauchiger und nicht so rechteckig sind. Doch hat es den Anschein, als ob 
sie dies auf späteren, allerdings nicht mehr erhaltenen Umgängen würden, so dafs möglicherweise diese und 
die folgende Art sehr enge zusammengehören könnten. 

Zahl der untersuchten Stücke: 1. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Aspidoceras irregulare. nov. sp. 

Gehäuse weitnabelig, Umgänge schmal und einander nicht ganz zur Hälfte umfassend, ziemlich recht- 
eckig. Sie sind mit zwei Knotenreihen versehen, von denen die innere längs des steil abfallenden Nabel- 
randes verläuft, die äußere aber sowohl schon zur Externseite, wie zur Flanke gehört, da beide Schalen- 
flächen gerade in dieser Knotenreihe miteinander verschmelzen. Die Zahl der äußeren Knoten übertrifft die der 
inneren Reihein der Art und Weise, daß aufje zwei der inneren Reihe drei oder vier in der äußeren Reihe kommen. 
Hiedurch wird bewirkt, daß von einem inneren Knoten meist zwei wulstartige Rippen im Winkel zu- 
einander ausgehen, und zwar zu je einem rechts bezw. links davon gelegenen äußeren Knoten hin. Es 
werden dadurch unten offene Dreiecke gebildet, von denen stets zwei oder drei aufeinander folgen. Nach 
jedem zweiten oder dritten solchen Dreieck aber schaltet sich eine einfache, geradlinig verlaufende Verbindungs- 
rippe zweier gegenüberliegender Knoten ein, dann folgen wieder zwei oder drei solcher Rippendreiecke, 
gebildet durch die Verbindung je eines Intern- und je zweier Externknoten. Diese Verhältnisse finden 
in fast der gleichen Weise am Ende des abgebildeten Exemplares der vorhergehenden Art, Aspidoceras 
Argobbae, statt, so daß sie auch ohne eigene Abbildung verständlich sein dürften. Die Externseite ist schmal, 
den Flanken entsprechend, und hat — infolge des nahen Zusammenrückens der beiderseitisen äußeren 
Knotenreihen der Flanken — ein etwas wulstiges Aussehen. Im übrigen ist sie wenig konvex. Sutur reich- 
verästelt, nicht wesentlich anders als bei der vorhergehenden Art. Durchmesser des Gehäuses ctwa 27 cm. 

Abgesehen von der großen Verwandtschaft mit unserem Aspidoceras Argobbae stehen einige indische 
Formen hinsichtlich einzelner äußerlicher Merkmale dieser Art nahe. So z. B. Aspidoceras sparsispinosum 
Waagen‘), dessen Knotenzahl geringer ist. Ferner Aspidoceras Babeanum d’Orb.?), der etwas weiter ge- 
nabelt und mit zahlreicheren Knoten versehen ist. Näher kommt Aspidoceras ponderosum Waag.?), ebenfalls 
weitnabeliger und mit enger aneinander liegenden Knotenreihen. Was aber alle diese Formen insgesamt 
von unserer Art wesentlich unterscheidet, ist schon allein der bei jenen durchweg: vorhandene niedrige und 
seitlich gerundete Querschnitt, ganz abgesehen von den übrigen Differenzen. Insofern stünden die eigent- 
lichen Oegir- bezw. perarmatus-Formen näher. 

Zahl der untersuchten Stücke: 1 und ein Fragment. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Aspidoceras sp. ind. 1. 
Ein schlecht erhaltenes, relativ weitnabeliges Stück, mit vollkommen gerundeten, nur um weniges 
höheren als breiten Umgängen, die in weiter Rundung zum Nabel hinabsinken. Die Skulptur besteht aus 


!) Jurassic Fauna of Cutch. 1. c. pag. 98, Taf. XVII. 
>) Waagen]. c. pag. 96, Taf. XIX. 
®) ibid. pag. 94, Taf. XX; Tat. XXI, Fig. 2. 


[35] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 153 


einzelnen, sehr nahe beieinander liegenden kurzen Rippen, welche verschiedene Größe haben. Eine über 
cie andere beginnt mit kaum ausgeprägter knotenartiger Anschwellung am Nabelrand und läuft bis zur Ex- 
ternseite hin, wo sie sich ebenfalls, aber noch unmerklicher, verdickt. Belegt man diese Rippen in regel- 
mäßiger Folge mit den ungeraden Zahlen 1, 3, 5 u. s. w., dann sind die dazwischen liegenden Rippen, auf 
welche die geraden Zahlen 2, 4, 6 u. s. w. treffen, jedesmal die kürzeren. Sie beginnen nicht so nahe beim 
Nabelrand wie die anderen, sondern mehr bei der Flankenmitte. Außerdem unterscheiden sie sich von jenen 
dadurch, daß sie sich ohne irgend welche Anschwellung ganz allmählich aus der Schalenoberfläche erheben, 
an der Externseite dagegen ebenso hoch wie die der ungeraden Reihe geworden sind und ebenso in einer 
Anschwellung endigen. Sutur undeutlich; nicht so dünnästig wie die von Aspidoceras Argobbae, Durch- 
messer des Gehäuses etwa 28 cm. 

Zahl der untersuchten Stücke: 1. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Aspidoceras sp. ind. 2. 


Fast genau wie die vorige Art, nur stehen die Rippen sehr weit auseinander und sind daher 
weniger zahlreich. Auch ist das Gehäuse weitnabeliger, etwa wie bei Aspidoceras Chofati Lor.‘). Es ist 
ebenfalls eine sehr große Type mit einem Durchmesser von 26 cm. 

Fundort: Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


Aptychus sp. 

Eine vom Aptychus des Ammonites hoplisus Opp.?) kaum zu unterscheidende Art, jedoch etwas 
gewölbter, mit feinen, gut sichtbaren Poren. Obere, von der Spitze nach dem buckeligen Außenrand 
laufende Seite etwas konkaver als auf der Oppelschen Abbildung 4a. Länge in der Medianlinie, d. h. 
am inneren Rand: 30'5 mm; größte Breite 26°5 mm, also um ein Minimum breiter als Oppels Art; größte 
Schalendicke I0 mm (= hoplisus Opp.). Unser Stück erweist sich demnach, wenn man es auf die gleiche 
Größe bezieht, als eine plumpere und gedrungenere Art. In der Nähe des Oberrandes biegt die innere, 
konzentrische Streifung etwas rascher in die Richtung der Medianlinie um als bei jenem. 

Zahl der untersuchten Stücke: I und mehrere Fragmente. 

Fundort: Harro Rufa. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


C. Belemnoidea. 
Genus: Belemnites. List. 


Belemnites sp. 
Taf. XV. (M),, Eig. IT, 12. 

In zahllosen Bruchstücken bedeckt am Teiche Rufa, zugleich mit den Schalen der Terebratula sub- 
sella, diese Art den Boden. Trotz des relativ großen Materials gelang es mir nicht, unter den vorhandenen 
Stücken auch nur ein einziges zu rekonstruieren. Das abgebildete ist noch das vollständigste, repräsentiert 
aber zweifellos nur einen kleinen Teil des entsprechenden ganzen Stückes. Ob es zylindrisch oder etwas 
weiter oben verdickt war, läßt sich nicht sicher feststellen, ersteres ist wahrscheinlich. Ventralfurche von 
oben bis fast zur Spitze laufend; nicht tief, Auf der Gegenseite ebenfalls eine Furche, die aber schon in 
der Mitte der Scheide aufhört; sie ist gleichfalls sehr schwach. 

Fundort: Harro Rufa und Atschabo. 

Vorkommen: Gelbbrauner Kalk. (Kimeridge.) 


!) Zone ä Amm. tenuilobatus d. Baden, pag. 115, Taf XIX, Fig. 4; Taf. XX, Fig. 1. 
2) Pal. Mitt., Taf. LXXIII, Fig. 4a—c. 


Edgar Dacque. 


Übersichtstabelle über das Vorkommen der Arten.) 


136] 


Spezies 


Gallaländer, 
Abessynien, Ostafrika 


Französisch-Schweizerischer Jura 


Rhynchonella mora- 
vica Uhl. 


Terebratula subsella 
Leym. 


Oxfordkalk d. Abulkassim 


Sonstiges 
Vorkommen 


Unt. Malmin Polen, 
im Kaukasus, am 
Hermon, bei Brünn 
u. Hohenstein i. S. 


Graue Hakimkalke 

Kimeridge v. Harro Rufau. Atschabo 

Malm. v. Harrar (=T.suprajurensis) 

Pterocerien v. Lagagima (= 7. 
suprajurensis) 


Sequanien u. Portland v. Haute Marne 
Sequanien u. Kimeridge v. Boulogne 
Portland v. Yonne 

Sequanien u. Kimeridge v. Porrentruy 
Kimeridge v. Oberbuchsitten 


Kimeridge v. Man- 
gyschlack, Polen 
(»aff.«), Algier; ob. 
Jura in Nord- 
deutschland 


Terebratula nucleata 
Schloth. 


Kimeridge v. Harro Rufa 


Kimeridge v. Baden. 


Waldheimia hume- 
ralis Roem. 


Kimeridge v. Harro Rufa 
Pterocerien v. Lagagima 


Sequanienu.Pterocerien v HauteMarne 
Sequanien u. Pterocerien v. Boulogne 
Sequanien v. Tonnerre 

Sequanien v. Porrentruy 

Kimeridge v. Oberbuchsitten u. Baden 


Kimeridge v.Polen, 
Schwaben,Franken 


Kimeridge v. 
Schwaben, Fran- 
ken; ob.Malm v. 
Norddeutschland 


Exosyra bruntrutana 
Thurm. 


Kimeridgev. Atschabo u.Harro Rufa 
Malm :oolith. Kalk) v. Danafluß 
Oxfordien am Abulkassim 
Pterocerien am Lagagima 

Mittl. Malm v. Maddo 

Kimeridge am Mahokondo-Bach 


Sequanien bis Portland v. Haute Marne 
Sequanien bis Portland v. Boulogne 
Sequanien v. Tonnerre 

Portland im Dept. Yonne 

Rauracien am Fringeli 

Oxford v. La Croix (Berner Jura) 


Kimeridge v.Man- 
gyschlack, Polen, 
Algier; ob. Jura v. 
Norddeutschland 


Alectryonia pulligera 
Gldf. 


Kimeridge v. Atschabo 
Kimeridge v. Badattino (Schoa) 
Rimeridge am Mahokondo-Bach 


Alectryoniarastellaris 
Münst. 


Grauersplitteriger Kalk am Badattino 


Lima cfr. Moeschi 
Lor. 


Kimeridge v. Atschabo 


Mytilus subpectinatus 
d’Orb. 


Lucina rugosa 
Roem. 


Kimeridge v. Atschabo 
Pterocerien v. Lagagima? (»cfr.«) 


Sequanienu.Pterocerien v.Haute Marne 
Sequanien u. Pterocerien v. Boulogne 
Sequanien v. Tonnerre 

Kimeridge v. Oberbuchsitten 


Sequanien u. Pterocerien v. Boulogne 
Sequanien v. Porrentruy 


Kimeridge v. Baden u. Oberbuchsitten 


Sequanien v. Haute Marne 
Sequanien v. Boulogne 

Kimeridge v. La Heve, Montbeliard 
Sequanien v. Tonnerre 

Sequanien u. Kimeridge u. Porrentruy 
Kimeridge v. Oberbuchsitten 
Rauracien v. Fringeli u. Liesberg 


Mittl. Malm v. 
Franken u.Schwa- 
ben u. Nord- 
deutschland 


Mittl. Malm v.Fran- 
ken u. Schwaben; 
Tithon v. Stramberg 


Mittl. Malm v. 
Norddeutschland, 
Lothringen, Kime- 
ridge v. Mangy- 

schlack 


Kimeridge v. Harro Rufa 
Pterocerien v. Lagagima 


Sequanien u. Portland v. Haute Marne 
Sequanien u. Pterocerien v. Boulogne 
Kimeridge v.Oberbuchsittenu.Wangen 


? Mittl. Malm v. 
Algier 


Corbis subelathrata 
Thurm. 


Kimeridge v. Atschabo u. Harro Rufa 
Pterocerien v. Lagagima 


Kimeridge v. Haute Marne 
Pterocerien v. Porrentruy 


Pholadomya Protei 
Brogn. 


Kimeridge v. Atschabo u. Harro Rufa 
Pterocerien v. Lagagima 


Sequanien u Portland v. Haute Marne 
Sequanien u. Pterocerien v. Boulogne 
Kimeridge v. Montbeliard 

Sequanien v. Tonnerre 

Kimeridge v. Porrentruy 

Kimeridge v.Oberbuchsitten u. Wangen 
Rauracien am Fringeli 


Ob. Jura v. Nord- 
deutschland 


Kimeridgev.Polen 
u. Franken (?) ; 
Ob. Jura v. Nord- 
deutschland 


!) Die mit »cfr.« bestimmten Arten werden in dieser Tabelle wie die übrigen, sicher identifizierten, zitiert. 


Beiträge zur Geologie des Somalilandes, 


Spezies 


m 
a 


ou 


Gallaländer, 
Abessynien, Ostafrika 


Französisch-Schweizerischer Jura 


Sonstiges 
Vorkommen 


‚ Sequanienu.Pterocerienv. HauteMarne 


 Kimeridge v.Polen, 


; Ele . , Sequanien v. Boulogne r ! 
we en Een v. er u. Harro Rufa Kimeridge v. Montbeliard | ch wa 
o r* - = 
oltz. erocerien v. Lagagima | Kimeridge v. Porrentruy 0 A hr ord 

| Kimeridge v. Oberbuchsitten eutschland 

x _ | Kimeridge v. Porrentruy u z 
7 . ’ » . } o- 
Natica Elea d’Orb. | Kimeridge v. Atschabo reise di Chansnke 

Natica cfr. Eudora | Kimeridge v. Atschabo Pterocerien v. Haute Marne Kimeridgev.Polen 


d’Orb. 


Pterocerien v. Lagagima? (»cfr.«) 


Kimeridge v. Porrentruy 


Bourguetia striata 
Sow. 


Kimeridge v. Atschabo 


Sequanien v. Boulogne 
Kimeridge v. Montbeliard 
Sequanien v. Porrentruy 
Kimeridge v. Wangen 

Rauracien v. Fringeli u. Liesberg 


Ob. Jura v. Nord- 
deutschland 


Perisphinctes steno- 
cyclus Font. 


Kimeridge v. Atschabo 


Perisphinctes Rou- 
byanus Font. 


Tenuilobatenzone v. Crussol 


Tithon v. Argen- 
tinien 


Kimeridge v. Atschabo 


Perisphinctes planula 
var. laxevoluta Font. 


Kimeridge v. Harro Rufa 


Tenuilobatenzone v. Crussol 


Kimeridge v.Polen, 


Schwaben, Süd- 


amerika 


Ob. Kimeridge v. Crussol 


Perisphinctes brevi- 
ceps Quenst 


Perisphinctes cfr. 
Abadiensis Choff. 


Perisphinctes cfr. 
hetaerus Herb. 


Perisphinctes Choffati 
nov. SP. 


Unt. Tenuilobatenzone v. Schweiz u. 


Unt. Kimeridge v. 


Aspidoceras altenense 
d’Orb. 


Kimeridge v. Atschab 
Ss er Frankreich Schwaben, Polen 
Kimeridge v. Atschabo Unt. Malm v. Por- 
tugal u. Polen 
Kimeridge v. Atschabo Acanthicuszone d. 
Szeklerlandes 
Kimeridge v. Atschabo (Unt. Malm v. 
Portugal)? 
Kimeridge v. Fran- 
Kimeridge v. Atschabo Kimeridge d. Schweizer Jura ee 


Die Sedimentärformationen des Somalilandes. 


J; W. Gregory hat im Quarterly Journal v. 1900!) einen 


ken u. Schwaben 


zusammenfassenden Überblick der 


bisherigen stratigraphischen Resultate gegeben, die inzwischen durch einige neue Funde und Untersuchungen 


etwas erweitert worden sind. Man kann nunmehr mit Bestimmtheit in den verschiedenen Teilen des Somali- 


landes Trias, Dogger, Malm, untere und obere Kreide, Eocän und Pleistocän unterscheiden. 


archäische und eruptive Gesteine bekannt wurde, soll hier nicht behandelt werden. 


Die ältesten Sedimentärablagerungen gehören der Trias, und zwar speziell dem Alter der Letten- 


kohle an. 


und bei Lugh Sandsteine mit Gips durchsetzt aufgefunden, die oben von Dolomit und Ton überlagert 


2) Bd. 56, pag. 26. On the geology and foss. corals and echinids of Somaliland. Siehe ferner: Geol. Magaz. 


a) Trias, 


Dec. IV, Vol. 7, 1900, pag. 44—45 unter dem gleichen Titel. 


Was über 


Maurizio Sacchi hat in dem von den Flüssen Doria und Dana durchzogenen Landstrichen 


156 Edgar Dacque. [38] 


werden. Aus den unteren Schichten wird Modiola minuta Gldf. und ein dem Colobodus maximus Dam. 
sehr ähnlicher Zahn namhaft gemacht, auf Grund deren das eben bezeichnete Alter angenommen wird. 


b) Dogger und Malm. 


Der Dogger (Callovien oder Bathonien) ist nach Gregory durch den Bihendula-Kalkstein 20 Meilen 
südlich von Berbera vertreten. Darin kommen nach den Aufsammlungen von Lort Phillips und 
Donaldson Smith — die Bestimmungen haben Bather, Crick und Newton vorgenommen — folgende 
Fossilien vor: Rhynchonella Edwardsi Chap et Delw., Rh. subtetrahedra Dav., Parallelodon Egertonianus 
Szol. und Belemnites subhastatus Ziet. 

Weiterhin ist Dogger und Malm durch die Expedition Maurizio Sacchis am Flusse Dana bei 
Askebo und in der Nähe der Meeresküste unter dem 43° östl. L. v. Gr. und dem 2° nördl. Br. nachge- 
wiesen. Dort fanden sich, ohne nach dem Alter und Vorkommen getrennt worden zu sein: Pecien lens 
Sow., Ostrea bruntrutana Thurm., O. virgula Defr., ©. spiralis Cot., Arca subterebrans Lor., Cardium 
Bottegoi Ang. d’Oss., Leda complanata Phil., Scalaria sp., Cerithium granulato-costatum Miünst., Neri- 
nella Sacchii Ang. d’Oss., Thamnastraea arachnoidea E. u. H. var. minor Ang. d’Oss., Th. cfr. Terquemi 
E. u. H., Montlivaultia Doriai Ang. d’Oss. 

Dogger und Malm ist ferner festgestellt durch die von Angelis-d’Ossat veröffentlichte Fossil- 
liste der Aufsammlung von Harrar. Nämlich: Cardium corallinum Leym., Pholadomya carinata Gldf., 
Natica cfr. dubia Roem., Terebratula suprajurensis Thurm., T.’gregaria Saem., T. ventricosa Hart., T. 
maxillata Sow., Zeilleria cfr. egena Bayle, Rhynchonella curviceps Qu., Rh. tetraedra Sow. var. inter- 
media Ang. d’Oss., Rh. concinna Sow., Rh. Edwardsi Ch. et Del., Rh. lotharingica Haas, Rh. inconstans 
Sow., Serpula socialis Gldf., Hemicidaris abyssinica Blanf. 

Weitere Malmvorkommen bilden die eingangs beschriebenen Kalke vom Hakim, vom Badattino, 
von Harro Rufa ünd Atschabo, vom Abulkassim und die Cephalopoden führenden Schichten vom Tug Terfa 
Donaldson Smith). Die darin vorkommenden Fossilien sind bereits zitiert, 


c) Untere Kreide. 


Hieher gehört nach Gregory der Dobar- (od. Duba- od. Dubbur-) Kalk, in welchem nach 
Newton Alectryonia rectangularis Roem., Modiola Ferreti Roch. vorkommt; dazu mehrere Korallen, 
welche Gregory an gleicher Stelle und eine im Geol. Magaz.,t) pag. 291, beschreibt. 

Dieser Kalk ist also einerseits identisch mit dem Singelikalkstein Rochebrunes und anderseits mit 
dem durch Professor Keller ausgebeuteten, von Mayer-Eymar nach seinem Fossilinhalt beschriebenen 
Kalkstein von Faf und Bari am unteren Wabbi. Ferner gehört nach Gregory hieher der Nerineenkalk 
von Miriya und von Bur Dab. Schließlich sind alle diese Neocomvorkommen in Parallele zu stellen mit 
meinen grauen Kalken vom Wahbi am Abunass und wahrscheinlich auch von den Gilletbergen, wie es im 
I. Teile dieser Arbeit (untere Kreide) bereits auseinander gesetzt worden ist. 


d) Obere Kreide. 

Kieselige Kalke in der Umgegend von Bur Dab lieferten dem englischen Forscher Parkinson ver- 
schiedene Mollusken, unter denen Newton vor allem Gryphaea vesiculosa, einen neuen Pecien und einen 
Spondylus nach den Angaben Gregorys bestimmte, weshalb sie letzterer ins Cenoman stellt, 

Von Uradu am Ruggapaß hat Lort Phillips eine größere Menge Korallen mitgebracht, die von 
Gregory an gleicher Stelle als turonisch beschrieben sind. 


e) Tertiär. 
An demselben Ort, wie er für die vorhergehenden Korallen angegeben wurde, ist durch das Vor- 
kommen von Conoclypeus, Nummaulites und Orbitoides dispansa Sow. wahrscheinlich auch das Eocän fest- 
gestellt. In diese Formation gehört auch der Kalkstein des Eilo-Berges südlich von Zeyla., 


1) Dec. IV. Vol. 3, pag. 289. Note on the geology of Somaliland. 


[39] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 157 


f) Pleistocän. 
Das Pleistocän liest bei Berbera (»raised reefs.«). Daraus einige Korallen. 
Es läßt sich somit nach den bisherigen Veröffentlichungen folgendes Idealprofil für das Somaliland 
und die Galla-Länder zusammenstellen: 


Angelis d’Ossat und 
Millosevich 1900 
| Eocän (2) m. Nummulites, 
Orbitoides dispansa, Conocly- 
Tertiär peus 
Kalkstein v. Berg Eilo 
im Süden v. Zeyla 


Gregory 1900 Diese Arbeit 


Quarzige Kalke von Bur 
Obere Dab u. Uradu m. Gryphaea 
Kreide vesiculosa, Pecten, Spondylus, 
Korallen | 


Kalk v.d. Gilletbergen m. Exogyra Cou- 
loni, Trigonia Picteti (Aptien?) 


Nerineenkalk von ) 
Miriya u. Bur Dab. 


Dobarkalkstein m. 


Untere Korallen,  Alectryonia 
a rectangularis, j Modiola \ Graubrauner Kalk vom Wabi am Abunass 
Ferreti m. Exogyra, Couloni, Pholadomya Picteti 


Singelikalk m. Ano- 
mia Iskodoubukiana 
Faf-Kalkstein m. 
Ammoniten, Pholadomya ] 
Picteti. Cucullaea i Ai) 


| Hakimkalk mit und ohne Hornstein, Tere- 


bratula subsella, Rhynchonella somalica, Cidaris 
(Rimeridse ?) 


(Cucullaea Gabrielis) 


Gleichalterige Bildungen 


Oben gelbe 


Badattinokalk (Schoa) m. Alec- 
tryonia pulligera und rastellaris, 
Terebratula subsella. Gleichalterig: 
(Kimeridge). 
GelbbraunerKalk vonAtschabou. 
Harro Rufa m. Exogyra bruntru- 
tana, Alectryonia pulligera, Mytilus 
subpectinatus, Ceromya excentrica, 
Pholadomya Protei, Gastropoden, 
Perisphinceten, Aspidoceraten, Tere- 
bratula subsella. 


Malm 


Braungelbe Kalke am Tug 
Terfa m Perisphineten (Do- 
naldson Smith) 


unten dunkelbraune oolith. Kalke; 
Kalke v. Harrar mit Dogger u. Malmfossilien 


Grauer Oxfordkalk d. Abulkassim m, 
Rhynchonella moravica 


oolith, Kalke; in der Mitte Konglomerate (?); 


Jura am Dana und Askebo. 


Bihendula-Kalk m. Rhyn- 
chonella Edwardsi, Rh. sub- 
Dogger | tetrahedra, Parallelodon Eger- 
tonianus, Belemnites subha- 

status 


Dolomit; gips-u ton- 
führende Sandsteine. 
Trias Oben fossilleer, unten 
mit Modiola minuta u. 
Colobodus. Bei Lugh. 


Archäische Gesteine 


= 


158 Edgar Dacque. 


Paläogeographische Notizen. 


Abgesehen von den triadischen und tertiären Ablagerungen, bei denen zuverlässige Fossilfunde bis 
jetzt wohl noch zu spärlich sind, um weitgehende Schlüsse zu gestatten, verdienen bei Besprechung; der 
paläogeographischen Verhältnisse vor allem die jurassischen Formationsglieder erhöhte Beachtung, nachdem 
im I. Teile bereits die untere Kreide erledigt worden ist. 

Soweit die in der vorliegenden Arbeit neu beschriebenen Jurastufen hier in Betracht kommen, ist 
schon oben auf ihre faunistischen Beziehungen hingewiesen worden. Es erübrigt also nur noch, den Jura 
der Somaliländer in seiner Gesamtheit zu prüfen unter Einbeziehung des Jura von Abessynien und der 
übrigen ostafrikanischen Gebietsteile. 

Tornquist schreibt in seiner »Oxfordfauna von Mtaru«, wo er über die Meeresverbindung spricht, 
pag. 22, 23, folgendes: 

MEIN 0 500 wird nicht geneigt sein, eine direkte Meeresverbindung von Mtaru nach Mitteleuropa zur 
Oxfordzeit annehmen zu wollen. Die Verwandtschaft der beiderseitigen Perisphinceten ließe sich dann ent- 
weder so erklären, daß eine Meeresverbindung zur Oxfordzeit über Indien nach Westen gesucht würde, 
wogegen aber die geringe Verwandtschaft jener Perisphincten mit den im indischen Jura gefundenen 
spricht, oder so, daß zur Kellowayzeit eine Vermischung der Lebewesen durch größere Transgression statt- 
fand, welche der Fauna bis in den Oxford hinein einen gemeinsamen Habitus aufprägte. Es ist dies eine 
Anschauung, zu welcher auch bereits die Untersuchung: anderer Jurafaunen geführt hat.«!) 

Mit diesen Sätzen scheint mir ein gewisser Fingerzeig gegeben zu sein, wie man die paläogeo- 
graphischen Verhältnisse des somaliländischen und des angrenzenden abessynischen beziehungsweise des 
ostafrikanischen Juras überhaupt zu beurteilen hat. Im Dogger sehen wir in der Tat eine richtige Misch- 
fauna auftreten, zusammengesetzt aus Formen, die auf eine allgemeinere Verbindung der Meeresbecken, aus 
denen sie im einzelnen stammen, schließen lassen. Madagaskar hat aus den tieferen Stufen des Dogger eine 
Anzahl europäischer Formen geliefert, unter denen speziell Rhynchonella concinna Sow. auch im Somali- 
land sowie in Cutch und den Patchamschichten vorkommt; eine außerdem in Madagaskar gefundene 
Trigonia cfr. costata soll mit einer abessynischen identisch sein. Im Somaliland tritt ferner im Callovien Macro- 
don Egertonianus Stol. als echt indische Art zu dem sowohl indischen, wie europäischen Belemnites sub- 
hastatus Ziet. hinzu und mit beiden zusammen fand sich Rhynchonella Edwardsi Chap. et Delw. und Rh. 
subtetrahedra Dav. 

Betrachtet man dagegen den Malm des Somalilandes und Abessyniens einerseits und den des übrigen 
Ostafrika anderseits, so bemerkt man allmählich eine deutlichere Scheidung der Faunen; ihr Charakter 
wird ausgeprägter. Zwar stellt das unterste, fast noch zum Dogger zu rechnende Oxfordien von Mtaru 
noch eine aus indischen und europäisch-mediterranen Elementen zusammengesetzte Mischfauna dar, aber 
schon die höheren Stufen des Oxfordien in Ostafrika, nämlich die Fauna von Usambara und die unsrige 
vom Abulkassim hat einen — weun man den Ausdruck gebrauchen darf — mehr nach Westen zeigenden 
Habitus, insofern hier eine unmittelbare Parallelisierung mit syrischem Oxford unter Ausschluß jeglichen 
indischen Einflusses möglich ist. Das Oxford von Saadani mit Aspidoceras perarmatum und Perisphinctes 
cfr. funatus Opp., das Oxford von Tanga mit Cidaris glandifera Gldf., Terebratula biplicata v. B. und 
Ostrea dextrorsum Ou. zeigen einerseits ein europäisch-syrisches Gepräge, anderseits deutet der genannte 
Perisphinctes vielleicht noch schwach die Beziehung zu Indien an. 

Die höheren Stufen des Malm im Somaliland und Abessynien schließlich, d. h. alle jene Ablage- 
rungen, welche zu einem über dem Oxfordien liegenden Alter gehören, sind von spezifisch schweizerischem 
beziehungsweise französischem Typus. Dies gilt sowohl für die Lagagima-Kalke Abessyniens als auch für 
unseren gelbbraunen Kalk von Atschabo und Harro Rufa, wie auch für die durch Angelis d’Ossat be- 
kannt gewordenen Faunen. Im Kimeridge vom Mahokondo-Bach in Deutsch-Ostafrika sind klare Beziehungen 


ı) Neumayr u. Uhlig: Über die v. H. Abich im Kaukasus gesammelten Jurafossilien. Denkschr. d. kais. 
Akad. d. Wiss., math.-natw. Kl., Bd. 59. Wien 1892. 


[41] Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 159 


zum mitteleuropäischen Jura vorhanden, so daß dieses sich mit dem somaliländisch-abessynischen mittleren 
Malm vollständig an das französisch-schweizerische Becken angliedern läßt; im Gegensatz dazu fehlt alles, 
was an die faunistische Ausbildung des Ostens erinnern könnte, 


So ist also als allgemeines Resultat ein vom mittleren Dogger an beginnendes, immer mehr zu- 
nehmendes Ausscheiden des indischen Faunenelements zu konstatieren, und zwar mit dem Ende, daß schließ- 
lich im Kimeridge der europäische Einfluß ausschließlich herrscht und daß in Afrika einzelne Bezirke ab- 
gegrenzt zu sein scheinen, die im Dogger, wo wir eine Vermischung beobachten, noch nicht vorhanden 
gewesen waren. Der mittlere weiße Jura von Mombassa ist nämlich derart mit indischen Typen durch- 
setzt, daß er gegenüber dem übrigen ostafrikanischen Malm als eigenes Becken hervortritt, um so mehr, als 
der eventuelle Hinweis auf Faziesverschiedenheit keinen Gegengrund liefern könnte, da Perisphincten und 
Aspidoceraten in gleicher Formenmenge hier wie dort vorkommen; dabei ist Voraussetzung, dafß meine 
Atschabo- und Harro Rufa-Kalke ungefähr das gleiche Alter repräsentierten. Wie nun die Ausgestaltung und 
Begrenzung der entsprechenden Meeresbecken zu denken ist, darüber läßt sich wohl vorläufig nichts sagen. 
Sicher mag nur das eine sein, daß die Verbindung des somaliländisch-abessynischen Bezirkes mit dem 
ranzösisch-schweizerischen Jura über Algier und Portugal bestanden hat, während auch anderseits über 
Syrien eine solche stattgefunden haben kann, da der syrische Malm, über dessen Molluskenfauna demnächst 
Näheres bekannt werden wird,!) u. a. Cardium corallinum Leym. und Terebratula subsella Leym. enthalten 
soll, die beide aus dem Somaliland beziehungsweise Abessynien zitiert werden. Im übrigen würde sich der 
syrische weiße Jura gleichfalls an den schweizerisch-französischen Malm anschliefen.?) Es wird also für 
den mittleren Teil des weißen Jura im Somaliland das gleiche gelten, was für das Oxfordien schon als 
sicher nachgewiesen werden konnte. 


2) Der erste Teil dieser Veröffentlichung erschien bereits: Felix: Die Anthozoenfauna d. Glandarienkalkes. 
Beitr. z. Geol. u. Pal. Österr.-Ung. u. d. Orients, Bd. 15, 1903. £ 


2) Wie mir Herr Krumbeck in München, der soeben die Mollusken und Brachiopoden bearbeitet, freundlichst 
mitteilte. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XVII 21 


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DIE GASTROPODENFAUNA DER PACHYCARDIENTUFFE DER 
SEISERALPE IN SÜDTIROL 


nebst einem Nachtrag zur Gastropodenfauna der roten Raibler Schichten vom 


Schlernplateau. 
Von 


Friedrich Blaschke. 


(Mit zwei Tafeln (Tafel XIX (I) und XX (M)) 


Vorbemerkungen. 


Das im folgenden beschriebene Material aus dem Besitz des paläontologischen Institutes der 
Wiener Universität wurde mir Ende 1903 von Herrn Prof. Diener zur Bestimmung und Bearbeitung 
übergeben. Es umfaßt eine reichhaltige Kollektion von Fossilien aus den berühmten Pachycardientuffen vom 
Frombach auf der Seiser Alpe, sowie eine Anzahl von Steinkernen aus dem weißen, körnigen Schlerndolomit. 

Die Formen aus den Tuffen zeigen die schöne Erhaltung mit Schale und Skulptur, die auch 
v. Zittel und Broili hervorgehoben haben, in seltenen Fällen waren sogar noch Farbspuren erhalten, 
Nur die Präparation kalkiger, spätiger Schalen aus dem harten, verkieselten Tuff verursacht gewisse 
Schwierigkeiten. 

Diese Pachycardienfauna, die zum Teile von Herrn Prof. Diener persönlich aufgesammelt, zum 
Teile durch den bewährten Sammler Schmuck zusammengebracht und auch von Herrn Dr. v. Arthaber 
durch einige wichtige Stücke ergänzt worden war, umfaßte Spongien, Korallen, Echinodermen, Brachiopoden, 
vor allem aber schöne Lamellibranchiaten und Gastropoden, mit Ausnahme eines Orthoceras, jedoch keine 
Cephalopoden.!) 

Die Brachiopoden der Kollektion wurden bereits von Herm Dr. L. Waagen bestimmt und im 
»Jahrbuch« publiziert. (Waagen, Brachiopoden aus den Pachycardientuffen der Seiser Alpe. Jahrbuch der 
k. k. geolog. Reichsanstalt 1903, Bd. 53, pag. 443). 

Auch die ausführliche Beschreibung und Abbildung der Lamellibranchiaten, soweit sie ungeachtet 
der ausführlichen Beschreibung Broilis für die Kenntnis der Pachycardienfauna neu oder sonst von Interesse 
sind, wird demnächst durch Herrn Dr. L. Waagen erfolgen. 

Es verblieben mir demgemäß vor allem die Gastropoden zur Bearbeitung. Betreffs der Vertretung 
dieser Tierklasse in den Tuffen gibt nur das vorläufige Faunenverzeichnis v. Zittels einigen Aufschluß. 


1) Ein großer Nautilus aus der Verwandtschaft des Pleuronautilus Kossmati Dien., den Prof. Diener im 
Sommer 1902 gesammelt hatte, war Herrn Prof. Pompeckj, den Geheimrat v. Zittel mit der Bearbeitung der Cepha- 
lopoden aus den Pachycardientuffen betraut hatte, überlassen worden und mir infolgedessen nicht zugänglich. 

212 


162 Friedrich Blaschke. [2] 


Da die Bestimmung des vorliegenden, reichhaltigen Gastropodenmaterials einige höchst interessante 
Typen erkennen ließ, wird auf dieses das Schwergewicht der Darstellung in den nachfolgenden Ausführungen 
gelegt, die neben den Gastropoden die anderen Tierklassen nur streifen sollen. 

Eine kleine Erweiterung erwuchs außerdem aus der Durchsicht einer Suite von Gastropoden der 
roten Schlernplateauschichten, die sich gleichfalls im Besitze des paläontologischen Universitätsinstituts be- 
findet und zu Vergleichszwecken herangezogen, eine Anzahl interessanter Formen ergab, die von dieser Lo- 
kalität noch nicht bekannt waren, zum Teile auch überhaupt neu und für das Verhältnis der beiden Ab- 
lagerungen zueinander von einiger Wichtigkeit sind. Ihre Beschreibung stellt demgemäß einen Nachtrag 
zu S. vv. Wöhrmanns und Kokens Bearbeitung dieser Fauna dar. 

Schließlich ergab auch die Steinkernfauna aus dem Dolomit des Schlernplateaus einige paläonto- 
logische Resultate. 

Es ist mir eine angenehme Aufgabe, hier an dieser Stelle in erster Linie meinem hochverehrten 
Lehrer Herrn Prof. C. Diener und Herrn Dr. v. Arthaber für die Überlassung des schönen Materials 
aus den Tuffen, Dolomiten und Raibler Schichten, sowie besonders für die Anleitung, Unterstützung und Für- 
sorge in allen Stadien meiner Arbeit, die ich im paläontologischen Institut mit allen verfügbaren Mitteln 
auszuführen vermochte und endlich für die Aufnahme der Publikation in diese »Beiträge« danken zu dürfen. 

Vor allem aber bin ich sonst auch Herrn Kustos Prof. Kittl zu Dank verpflichtet, der mir in 
liebenswürdigster Weise die Originalstücke zu seinen vorbildlichen Triasfaunen in den Räumen des k. k. 
Naturhistorischen Hofmuseums zum ausgiebigsten Vergleiche zugänglich machte und mir manch wertvollen 
Wink aus seiner reichen Erfahrung zu Teil werden ließ. Dieses Studium der Originalexemplare war mir von 
sehr großem Werte, insbesondere für manche Gastropoden, zu deren Bestimmung die vortrefflichsten Ab- 
bildungen nur bis zu einem gewissen Grade ausreichen. 

Ferner gewährte mir Herr Kustos Dr. Sturany die Möglichkeit, rezente Gastropoden im Hofmuseum im 
größten Maßstabe mit meinem Material zu vergleichen, was besonders bezüglich der Haliotiden wie auch 
der Capuliden und Patelliden von großem Werte war, wofür ich ebenso wie für die Möglichkeit zur Be- 
nützung der Literatur und wertvolle Anregung zu danken habe. 

Auch bei den Herren Prof. Uhlig, Prof. Grobben, Dr. Abel und Dr. Waagen fand ich stets 
das freundlichste Entgegenkommen. 


Stratigraphie der Pachycardıentuffe und Geschichte 
ihrer Untersuchung. 


An die Lagerung der Tuffe, aus denen der größte Teil des im nachfolgenden beschriebenen Ma- 
terials stammt und ihr Verhältnis zu den benachbarten Bildungen des Schlerndolomits und der Raibler 
Schichten des Schlernplateaus, knüpft gemäß der wichtigen Probleme, die die Geologie hier zu lösen fand, 
eine reiche Literatur, Da mir die stratigraphischen Verhältnisse nicht aus eigener Anschauung bekannt sind, 
obliegt es mir nur, den paläontologischen Ausführungen einige orientierende Bemerkungen vorauszuschicken, 
wie sich solche aus den letzten Publikationen ergeben. Diesbezüglich verweise ich in erster Linie auf 
v. Zittels und Broilis Spezialbeschreibungen, ferner auf die Darlegungen Prof. Dieners in Bau und 
Bild der Ostalpen sowie auf den VI. Teil des Führers auf den Exkursionen des IX. Internationalen Geologen- 
kongresses 1903 (Dolomiten von Südtirol. Exkursion unter Führung von Dr. C. Diener und Dr. G. v. 
Arthaber), der auch ein Literaturverzeichnis gibt, 

Die Pachycardientufe der Seiser Alpe treten als höchstes Schichtglied eines vollständig entwickelten 
Triasprofils auf. Die Aufeinanderfolge der geschichteten Triasablagerungen wurde schon 1844 von Emmrich 
richtig erkannt. Die Tuffe haben zum unmittelbaren Liegenden Cassianer Mergel, die die Fauna der Stuores- 
wiesen geliefert haben und die jüngeren Tuffe von einer Melaphyrdecke und Wengener Schichten mit 


[3] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 163 
Daonella Lommeli trennen. Unter dem Melaphyr folgen noch Buchensteiner Schichten, Mendoladolomit und 
die tiefsten Glieder der Trias in typischer Entwicklung. Seitlich gehen die Pachycardientuffe in den Schlern- 
dolomit über, der zahnförmig in den Tuffen auskeilt und sich in den Roßzähnen förmlich in die Tuffazies 
auflöst. 

Überlagert waren die Tuffie wohl noch von den Raibler Schichten, die auf dem Dolomit des Schlern- 
plateaus als rote Mergel unter Resten von Dachsteinkalk erhalten sind und dortselbst die von v. Wöhr- 
mann und Koken beschriebene Fauna geliefert haben, zu der durch vorliegende Arbeit einige weitere 
Formen kommen. 

Das auffallende Verhältnis zwischen Tuffen und Schlerndolomit, ihre seitliche Verzahnung, ihre 
Lagerung im gleichen Niveau auf gleicher Basis hat bekanntlich zu zwei Annahmen geführt, die einander 
ergänzen; F. v. Richthofen entwickelte 1860 zur Erklärung der Eigentümlichkeiten des Schlerndolomits 
seine Rifftheorie, Stur war Begründer der »Faziestheorie«; die Verknüpfung beider erfolgte durch 
E. v. Mojsisovics 1875 in seinem Werke über die Dolomitriffe von Südtirol. 

Diese Auffassungen blieben allerdings nicht unbestritten und wurden aus verschiedenen Gründen von 
einigen Forschern abgelehnt oder doch teilweise bekämpft. 

Für die Klärung dieser Frage mußte offenbar auch der faunistische Inhalt der fossilreichen Tuffe mit 
Pachycardia rugosa von Interesse sein. In dieser Beziehung hat Geheimrat K. v. Zittel durch seine Auf- 
sammlungen und Untersuchungen auf der Seiser Alpe 1898 zuerst bahnbrechend gewirkt und an der Hand 
einer vorläufigen Fossilliste die Tiergesellschaft der Pachycardientuffe als eine »sehr bemerkenswerte Misch- 
fauna, zusammengesetzt aus typischen St. Cassianer und Raibler Arten«, charakterisiert. 


K. v. Zittel teilt selbst mit, daß bei seinen Vorgängern in bezug auf das Alter der über der 
Melaphyrdecke folgenden Tuff- und Mergelschichten der Seiser Alpe dreierlei abweichende Meinungen be- 
standen. »Emmrich und v. Richthofen erklärten sie für Repräsentanten der St. Cassianer Schichten, 
v. Gümbel fügt ihnen noch die oberen Halobienschichten bei, v. Mojsisovics vereinigt sie wie Gümbel 
mit dem oberen Halobienhorizont, stellt sie aber in das Niveau der Wengener Schichten, v. Richthofen 
betrachtet außerdem »die regenerierten Pachycardientuffe«e des Frombaches als isoliertes Vorkommen von 
Raibler Schichten. « 

Von speziellen Bearbeitungen der Tuffauna ist nur Broilis Beschreibung der Echinodermen, Bra- 
chiopoden und Lamellibranchiaten im 50. Bande der Palaeontographica hervorzuheben, die sich auf K. v. 
Zittels Material stützt und dessen Ausführungen über die Beziehungen der Tuffe zu den St, Cassianer 
und Raibler Schichten nach ihrem faunistischen Inhalt ausführlicher belegt und begründet, endlich die schon 
eingangs erwähnte Beschreibung der Brachiopodenfauna durch L. Waagen. 

Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit war vor allem, diese Resultate auf Grundlage der Unter- 
suchung der Gastropoden zu ergänzen und den Anteil dieser Klasse an der Tiergesellschaft in den Tuffen 
darzulegen. Auch hier hatte v. Zittels vorläufige Faunenliste die Vermischung von Cassianer und Raibler 
Formen bereits festgestellt. Konnten in dieser Beziehung seine Ausführungen auf Grundlage des Materials 
aus dem paläontologischen Institut der Universität Wien nur bestätigt werden, so blieb anderseits der Gehalt 
an eigentümlichen Formen und der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung so weit als möglich 
noch zu untersuchen. 

Das Vorkommen von Versteinerungen in den obersten Partien des Schlerndolomits nahe der Plateau- 
kante, das Loomis und Reid entdeckt haben, wird im oben zitierten Kongreßführer Prof. Dieners auf 
Seite 10 geschildert und charakterisiert. Der Bestand an mit jenen der Tuffe übereinstimmenden Bivalven 
liefert einen paläontologischen Beweis für die Gleichaltrigkeit der obersten Partien des Schlerndolomits und 
der Pachycardientufte. 

In bezug auf die roten Raibler Schichten vom Schlernplateau, zu deren Gastropodenfauna die nach- 
folgenden Untersuchungen einen kleinen Beitrag ergaben, ist gleichfalls auf den Führer zu verweisen. 

Die Fossilien dieser roten, zwischen Schlerndolomit als Liegendem und Dachsteinkalk als Hangendem 
eingeschlossenen Mergel sind meist ziemlich schlecht erhalten. Sie fanden insbesondere in v. Wöhrmanns 
Publikationen eine spezielle Würdigung. Die Gastropoden des Schlernplateau beschrieb Koken. Kittl 


164 Friedrich Blaschke. [4] 


und Böhm haben in ihren Beschreibungen der Gastropodenfauna anderer Triaslokalitäten einige Er- 
weiterungen geliefert. 


Literaturverzeichnis. 


1869. G. Laube. Die Fauna von St. Cassian. V. Denkschr., kais. Akad. d. Wissensch., XXX. Bd., pag. 43. 
1889. S. v. Wöhrmann. Die Fauna der sogenannten Cardita und Raibler Schichten, Jahrbuch der k. k. geologischen 
Reichsanstalt, XXXIX. pag. 189. 
E. Koken. Über die Entwicklung der Gastropoden vom Cambrium bis zur Trias. Neues Jahrbuch für Mine- 
ralogie, VI. Beilageband pag. 304. ? 
1890. W. Volz. Die Korallenfauna von St. Cassian in Südtirol, Palaeontographica, Bd. XXXVII. 
1890. A. Tommasi. Rivista della Fauna Raibliana del Friuli. Annali del R, Istituto Tecnico Antonio Zanon, Udine, 
Serie II, Anno VII. pag. 18. 
189I—1894. E. Kittl. Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian der südalpinen Trias. Annalen des k. k, Natur- 
historischen Hofmuseums. Bd. VI, VII, IX. 
1892, S. v. Wöhrmann u. E. Koken. Die Fauna der Raibler Schichten vom Schlernplateau. Zeitschrift d. deutsch. 
geol. Gesellschaft, XL1V. pag. 167. 
1893. S. v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, XLII. 
1894. E. Kittl. Die triadischen Gastropoden der Marmolata und verwandter Fundstellen in den weißen Riffkalken 
Südtirols. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. XLIV. pag. 99. 
1895. W. Salomon. Geologische und paläontologische Studien über die Marmolata. Palaeontographica, 42. Bd. 
J. Böhm. Die Gastropoden des Marmolatakalkes. Ibidem. 
A. Bittner. Lamellibranchiaten der alpinen Trias. I. Teil. Revision der Lamellibranchiaten von St. Cassian. 
Abhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt, Bd. XVII, Heft 1. 
1897. E. Koken. Die Gastropoden der Trias um Hallstatt. Abhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt, Bd. XVII, 
Heft 4. 
1899. E, Kittl. Die Gastropoden der Esinokalke, nebst einer Revision der Gastropoden der Marmolatakalke. Annalen 
des k. k. Naturhistorischen Hofmuseums, Bd. XIV. 
1899. K. v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer und Raibler Schichten auf der Seiser Alpe in Tirol. Sitzungsberichte 
der k. bayr. Akad. d. Wiss. 1899, Bd. XXIX, Heft II. 
1900. E. Kittl. Gastropoden aus der Trias des Bakonyer Waldes, sa walten Dakar 
1901. A. Bittner. Lamellibranchiaten aus der Trias des Bakonyer Waldes, | 5 : 1370: 
Resultate der wissenschaftlichen Erforschung des Balatonsees, I. Bd., I. Theil. 
1903. C. Diener. Dolomiten von Südtirol. Führer für die Exkursion VI. des IX. Internationalen Geologenkongresses 
in Wien. 
. Diener. Bau und Bild der Ostalpen und des Karstgebietes, pag. 173—241: Die südliche Kalkzone. 
. Broili. Die Fauna der Pachycardientuffe der Seiser Alpe. Palaeontographica, Bd. L. 
1904 L. Waagen. Brachiopoden aus den Pachycardientuffen der Seiser Alpe. Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt III, 
pag 443. 
H. Philipp. Paläontologisch-geologische Untersuchungen aus dem Gebiet von Predazzo. Zeitschrift der deutsch 
geolog. Gesellschaft, Bd. 56. pag. 1. 


7N 


Paläontologischer Teil. 


A. Coelenterata. 
a) Spongiae. 
Sparsispongia (?) sp. 
Ein kleines, umgekehrt kegelförmiges Stück mit stark erweitertem, unregelmäßig rundlichem Schirm 
scheint nach der auf dem Längsschliffe sichtbaren Textur zu den Spongien zu gehören, In der Form sieht 


es eigentlich Omphaloppyllia granulosa Münst. (bei W. V olz, Korallenfauna der Schichten von St. Cassian, 
Palaeontogr., Bd. XLIII, Taf. IX, Fig. 3a, b) recht ähnlich. 


[5] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 165 


Leiofungia cfr. reticularis Münst. sp. 


Ein weiterer Rest von Spongiencharakter scheint mit dieser Cassianer Form (bei Laube, Fauna 
der Schichten von St. Cassian, pag. 242, Taf. II, Fig. 8) übereinzustimmen, 


Eudea (?) sp. 
Ein ziemlich unbestimmter Rest von unregelmäßig pokalförmiger Gestalt mit einer von Granu- 


lierungen umstellten seichten Vertiefung; mit anscheinend zweiteiliger breitgedrückter Wurzel. 


b) Anthozoa. 


Thecosmilia n. sp. ind. aff. granulata Klipst. 
1890. V olz. Korallenfauna der Schichten von St. Cassian, Palaeontogr., Bd. 43, II, pag. 30, Taf. II, 6-10. 

Ein paar Stücke scheinen in diese Formenreste zu gehören. Es sind mittlere Ästchen von Thecos- 
miliencharakter, die sich zum Teile verzweigen und dabei voneinander abschnüren, um schräge, aber dicht 
auseinander zu wachsen. Eine echte Mauer ist vorhanden und oft quer gerunzelt; wo sie abgerieben ist, 
treten die Septen als Längslinien hervor. Es kommen etwa drei Septen auf einen Millimeter, die verschiedener 
Generation sind und ziemlich gerade ausgebildet scheinen. 


Stückzahl: 3. 


Thecosmilia (Margarosmilia?) cf. septanectens Loretz. 
1590. Volz. Korallenfauna der Schichten von St. Cassian, Palaeontogr., Bd. 43, II, pag. 37, Taf. II, 20. 

Zierliche, aufstrebende Ästchen mit dichotomer Verzweigung: erinnern hierin und in der Größe sehr 
an die zitierte Cassianer Form. Die Längsstreifung tritt deutlich hervor, wird aber durch Querfalten der 
Theca gegittert. Die Entwicklung der Septen ist ebenfalls den Abbildungen der St. Cassianer Art entsprechend. 

Stückzahl: 9. 


Thecosmilia (Margarosmilia) cf. Zieteni Klipst. 
1890. Volz. Korallenfauna v. St. Cassian. Palaeontogr., Bd. 43, I, pag. 34, Taf. I, 1—7. 
Einige Ästchen deuten auf eine Thecosmilia von robusteren Formen hin, die eine gewisse Anlehnung 
an die Cassianer-Th. Zieteni zeigt. Die Theca ist grob längsgefaltet, der Durchmesser der Kelche be- 
‚trägt 15—20 mm. 
Stückzahl: 3. 


Montlivaltia (Margarophyllia) capitata Volz. 
1890. Volz. Korallenfauna v. St. Cassian, Palaeontogr., Bd. 43, II, pag. 46, Taf. III, Fig. I—4. 
Volz bezeichnet diese Spezies als Einzelform von Margarosmilia Zieteni;, die wohlerhaltene Theca 
zeigt starke Querrunzeln. Der Bau ist mehr zylindrisch, mit unregelmäßigem, etwas elliptischem Kelchumfang. 
Stückzahl: 2. 


Montlivaltia (Margarophyllia) aff. Michaelis Volz. 
1890. Volz. Korallenfauna v. St. Cassian, Palaeontogr., Bd. 43, pag. 48, Taf. II, Fig. 24—27. 


Offenbar eine Einzelform mit zusammengedrückt trichterförmiger Gestalt (hornförmig). Die Theca 
ist grob quergefaltet und gerunzelt, der Kelch elliptisch ausgezogen und unregelmäßig umgrenzt. Die Höhe 
beträgt 20—25 mm, der größte Durchmesser 18 mm, der kleinste ı1 mm. Das Stück ist also etwas größer 
als die von Volz angegebenen Maße und dürfte mit der Cassianer Form nicht identisch sein. 

Die Anzahl der im vorangehenden erwähnten Coelenteraten ist viel zu klein, um ein wirkliches Bild der 
Pachycardienfauna auch nach dieser Richtung: zu bieten. Die Typen finden wohl in St. Cassian nahe Ver- 
wandte, lassen sich aber nur zum Teile mit einiger Bestimmtheit identifizieren. Ebensowenig konnte mit der 
Korallenfauna der Raibler Schichten bestimmte Verwandtschaft festgestellt werden. Doch sind sämtliche 


166 Friedrich Blaschke. [6] 


Formen recht gut erhalten; sie scheinen sogar die Cassianer Stücke in dieser Beziehung; zu übertreffen, da 
die Mauer in allen Fällen deutlich zu beobachten ist und nur wenig von Corrosion gelitten hat. 
Es handelt sich hier jedenfalls um Individuen, die sichin einiger Entfernung vom Riff in tuffiger 


(mergeliger) Fazies lockerer und weniger üppig entwickelten, aber gerade darum besser erhalten und 


deutlicher zu erkennen sind als in der gleichzeitigen Dolomitfazies. Sie stehen zu diesen vielleicht in einem 
ähnlichen Verhältnis, wie die schön ausgebildeten Lithotamnienrosen aus den Neufelder mediterranen Sanden 
des Sandberges, die doch eigentlich auch Kümmerformen darstellen, zu den Lithotamnien-Algenkalkriffen. 


B. Echinodermata. 


Die Echinodermen der Pachycardientuffe fanden bereits bei Broili eine ausreichende Würdigung. 
Da solche Reste in der mir vorliegenden Suite wohl vorhanden sind, ohne indes weitere Aufschlüsse in Betreff 
der Fauna oder ihrer Herkunft zu geben, begnüge ich mich mit der Mitteilung der Fossilliste. 


Es sind erhalten: 
a) Crinoidea: 
Encrinus granulosus Münster. 
Broili, pag. 150, Taf XV, Fig. I—3. 
Nur Stielglieder vorhanden. 


Sonstiges Vorkommen: Cardita Schichten, St. Cassian. 


Encrinus Cassianus Laube. 
Broili, pag. 151, Taf. XVII, Fig. 5—7. 
Verschiedene Stielglieder. 


Sonstiges Vorkommen: Cardita Sch., Torer Schichten, Schlern, St. Cassian, Acquate, (Friaul). 


b) Echinoidea: 
Cidaris subcoronata Münster. 
Broili, pag. 152, Taf. XVII, Fig. 9-18. 


Vertreten durch zahlreiche Asseln und ein größeres Bruchstück des Interambulacralfeldes. 
Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 


Cidaris dorsata Bronn. 
Broili, pag. 153, Taf. XVII, Fig. 20—24. 
Sehr zahlreiche Stacheln vorhanden. 


Sonstiges Vorkommen: Nordalpen, Schlern, Friaul, St. Cassian. 


Cidaris decorata Münster. 
Broili, pag. 155, Taf. XVII, Fig. 30—36. 
Nur deutlich erkennbare Stacheln. 
Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 


Cidaris Brauni Desor. 
Broili, pag. 155, Taf. XVII, Fig. 27—30. 
Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, 


[7] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 167 


Cidaris semicostata Münster. 
Broili, pag. 157, Taf. XVII, Fig. 37—41. 


Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 


C. Lamellibranchiata, 


Da die Lamellibranchiaten der Pachycardientuffe durch Broili 1903 eine ausführliche Be- 
arbeitung erfahren haben und das Material des Institutes an Bivalven, das in einiger Beziehung: die Faunen- 
liste Broilis erweitert, demnächst in einer besonderen Publikation durch Dr. L. Waagen beschrieben 
und abgebildet werden soll, begnüge ich mich hier der Vollständigkeit halber mit einer einfachen Namen- 
liste. Nur bei Formen, die in Broilis »Fauna der Pachycardientuffe der Seiser Alpe« (mit Ausschluß der 
Gastropoden und Cephalopoden, Palaeontographica, Bd. 50, 1903, pag. 145—227, Taf. XVII-XXVI) nicht 
enthalten sind, ist eine spezielle Literaturangabe beigefügt worden. 


Artenliste: 

Avicula cfr. arcuta Münster. 

Avicula(?) difficilis Bittner. Revision der Gastropoden von St. Cassian, pag. 80, Taf. XXIV, Fig. 19, 
Lamellibranchiaten der alpinen Trias, I, Abhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt, Bd. XVII, 
Hleiter. 

Avicula cardiiformis Münster, bei Bittner ]l. c., pag. 73, Taf. IX, Fig. 20. 

Cassianella planidorsata Münster. 

Cassianella Beyrichi Bittner. 

Pecten subalternans d’Orb. 

Pecten Ziütteli v. Wöhrmann. 

Pecten tubulifer Münster. 

Lima angulata Münster. 

Lima Zitteli Broili. 

Lima cfr. subpunctata d’Orb bei Bittner, St. Cassian 1. c., pag. 170, Taf. XXI, Fig. 19, 20. 

Lima sp. 

Mysidioptera cf. Emiliae Bittner. 


» cf. crassicostata Broili. 
>» cf. acuta Broili. 

» cf. marginata Broili. 

» cf. elongata Broili. 

» Readi Broili. 


Mysidioptera obscura Bittner. St. Cassian ]. c., pag. 199, Taf. XXII, Fig. 13. 
» Lazkoi Bittner. Lamellibranchiaten aus der Trias des Bakonyer Waldes. Resultate der 
wissenschaftlichen Erforschung des Balatonsees. Paläontol. Anhang, I. Band, I. Teil, pag. 66, 
Taf. III, Fig. 9—11. 

Mysidioptera n. sp. Flache, gerade Form mit konzentrischer Skulptur. 


» cf. Cainalli Stopp. spec. bei Bittner, St. Cassian ]. c., pag. 186, Taf. XX, Fig. 15 —17. 
» » » » »  » (Esino, Marmolata) » » » TE > » 
» cf. spinigera Bittner l. c., St. Cassian ]. c., pag. 175, Taf. XXII, Fig. 32. 


Ostrea calceoformis Broili. 
Myoconcha Maximihiani Leuchtenbergensis Klipst. 


» parvula v. Wöhrmann. 
» cfr. Curionii Hauer. 

» curvata Broili. 

» sp. 


D 
D 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVI. 


168 Friedrich Blaschke. . ß] 


Phaenodosmia Laubeana Bittner. 
Palaeoneilo elliptica Goldf. 
Macrodon (Cucullaea) imbricarius Bittner nom. 
Macrodon cf. solitarius Bittner, Bakony |. c., pag. 96, Taf. VIII, Fig. 11. 
Cucullaea Tschapitana Broili. 
Trigonodus costatus v. Wöhrmann. 
» Rablensis Gredler. 
Trigonodus n. sp. mit einseitg verlagertem Wirbel und rechtwinkligem abgesetzten Vorderrand. Rechte und 
linke Klappe vorhanden. 
Pachycardia rugosa Hauer. 
Myophoriopis Riehthofeni Stur. 
Myopioria ornata Münster. 
» acuticostata Broili. 
» Kefersteini Münster. 
Cardita crenata Goldf. 
Coelopis cfr. locularis Bittner. St. Cassian 1. c., pag. 33, Taf. III, Fig. 24—27. 
Gonodon cf. rostratus Münster. 
» astartiformis Münster. 
? Limea margineplecta Klpst. spec. bei Bittner, St. Cassian 1. c., pag. 169, Taf. XXI, Fig. 16, 16a. 
? Terquemia angustula Bittner. St. Cassian 1. c., pag. 209, Taf. XXIII, Fig. 10. 

Von den hier aufgezählten 48 Formen sind 14 in Broilis Faunenliste nicht vertreten. Von diesen 
sind 8 in St. Cassian zum Teile spärlich vertreten, ı wird auch aus den Raibler Schichten angegeben, 
2 weisen auf die Veszpremer Mergel in der Trias des Bakony, ı auf die Esino-Marmolatafauna hin. 
Mindestens 2 Formen endlich sind neu und vorläufig den Tuffen eigentümlich. 

Im ganzen sind mindestens 16 Formen dieser Kollektion den Tuffen eigentümlich, 16 kommen 
sonst noch in St. Cassian, 3 in den Raibler Schichten, weitere 6 in St. Cassian und in den Raibler Schichten vor. 

Das Ergebnis der Untersuchung dieser Suite stimmt also mit den Folgerungen, die v. Zittel 
und Broili an die eigentümliche Faunenmischung in den Pachycardientuffen geknüpft haben, vollständig 


überein. 
D. Scaphopoda. 
Genus: Dentalium. Linne. . 


Dentalium undulatum. Münster. 
1834. Dentalium undulatum Münster. Neues Jahrb. f. Mineralogie, pag. 10. 
1889. » » v. Wöhrmann. Fauna der sogenannten Cardita und Raibler Schichten; Jahrbuch der 
k. k. geolog. Reichsanstalt, pag. 228, Taf. X, Fig. 15, 16. 
1890. Dentalium undulatum A. Tommasi. Rivista della Fauna Raibliana del Friuli. Annali del R. Istituto Tecnico 
Antonio Zanon. Udine, Serie II, Anno VIII, pag. 46. 
1892. Dentalium undulatum E. Kittl. Gastropoden v. St. Cassian, I. Annalen, Hofmuseum VI, pag. 172, Taf. I, Fig. La, b, c. 
1893. » » v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten, Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt, pag. 683. 
1899. » v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer u. Raibler Schichten ete. Sitzungsberichte der 


” 


k. bayrischen Akad. d. Wiss., Bd. 29, H. 2, pag. 351. 


Es liegt nur dieses eine Dentalium in spärlichen Bruchstücken vor, die in allen Merkmalen mit der 
Cassianer Form gut übereinstimmen. Das Gehäuse ist spitz, konisch, schwach gekrümmt und zeigt recht 
gleichmäßige, geschwungene Zuwachsstreifen, die auf der Seitenansicht schräg über das Gehäuse verlaufen. 
Der Querschnitt ist kreisrund. Während ein Exemplar etwas abgerieben zu sein scheint, wodurch die 
Schale sehr dünn und fast glatt wurde, zeigt das andere die gut erhaltene, eben durch die Zuwachsstreifung 
gebildete Ringskulptur und erscheint hiebei etwas irisierend. 

Stückzahl: 2. 

Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Raibler Schichten (Friaul), Nordtiroler und bayr. Alpen, 


[9] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 169 


E. Gastropoda. 
a) Napfförmige Gehäuse. 
Cyclobranchina v. Zittel. Grundzüge d. Paläontologie I, pag. 340, 2. Aufl. 
Patellidae u. Capulidae pro parte. 

K. v. Zittel hat die Schwierigkeit, die napfförmige Gehäuse der paläontologischen Systematik 
verursachen, in den »Grundzügen« hervorgehoben. Auch Fischer betont die Unmöglichkeit, Zepetopsis 
(Coceulinidae) und Metoptoma (Capulidae) nur nach dem Gehäuse abzutrennen. 

Fossile Cyclobranchina gehören nach K. v. Zittel nicht zu den häufigen Versteinerungen, sie spielen 
auch in den meisten Triasablagerungen keine hervorragende Rolle. Etwas anders steht es mit dem vor- 
liegenden Material aus den Pachycardientuffen. Patelliden sind in diesen auferordentlich formenreich 
vertreten und bilden qualitativ und quantitativ einen nicht zu vernachlässigenden Bestandteil der Gastro- 
podenfauna. 

Die Konvergenz spielt aber, wie man bei Vergleich einiger Laden rezenter, derartiger Formen oder 
der entsprechenden Spezialliteratur sofort sieht (vergl. Tryon G. W. and Pilsbry H. A., Manual of 
Conchology, vol. I—16, 1879—1896), bei der Bildung solcher napfförmiger Gehäuse eine so mafsgebende 
Rolle, daß in ihrem anatomischen Bau weit voneinander entfernte Gruppen nach ihren Schalen nur selten zu 
trennen sind. 

Um diesen für die Paläontologie unüberwindlichen Schwierigkeiten auszuweichen, scheint es viel- 
leicht geraten, bei solchen Formen von einer Zuteilung zu einer bestimmten Familie ganz abzusehen, wo 
nicht durchaus eindeutige und unverkennbare Anhaltspunkte vorliegen, und sie unter einem rein morpholo- 
gischen Gesichtspunkte zusammenzufassen, statt sie mit mehr oder weniger Willkür in weit auseinanderliegende 
Familien zu zerreißen und so die einzig wertvolle Erkenntnis allgemeiner Natur, die sich aus einer übersicht- 
lichen Zusammenstellung derartiger Gehäuse ergibt, die Wirkung der Anpassung an gleiche Lebensbedin- 
gungen, die vollendete Konvergenz in einem bestimmten Merkmal, aufs Spiel zu setzen. 

Im nachfolgenden sei daher versucht, die unter verschiedenen Namen teils als Patelliden, teils als 
Capuliden beschriebenen alpinen Triasfossilien und ihre Repräsentanten in den Tuffen unmittelbar neben- 
einander anzuführen. 

Von napfförmigen Gastropoden wurden aus verschiedenen Triasniveaus bisher beschrieben: 

Von St. Cassian: Patella costulata Münster; 

Patella granulata Münster; 
Acmaea campanaeformis, Klipstein (siehe Kittl, Gastrop. St. Cassian I, Ann., 
Hofm. VI, ıSg1, pag. 173, 174) daselbst auch Literatur). 
Aus den Raibler Schichten: Patella J. Böhmi v. Wöhrmann; 
Patella Gremblichi v. Wöhrmann (v. Wöhrmann, Die Raibler 
Schichten, Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt, 1893, pag. 683). 
Aus dem Marmolata-Ralk: Patella crateriformis Kittl ; 
(resp. von Esino) Patella crasseradiata Kittl; 
Scurria petricola, Kittl (Kittl, Gastrop. Marmolata, Jahrbuch der k. k. 
geolog. Reichsanstalt, 1894, pag. 111); 
Patella sparsicostata J. Böhm; 
Patella rimosa J. Böhm ; 
Scurria pelta J. Böhm; 
Palaeacmaea postuma J. Böhm (J. Böhm, Gastrop. d. Marmolata- 
Kalke. Palaeontogr., Bd. 42, pag. 212 ff). 

Von Hallstatt: Scurria conulus Hörnes sp.; 

Scurria depressa Hörnes sp. (Koken, Gastropoden der Trias um Hallstatt. 


Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. 17, H. 4, pag. 16). 
22* 


170 Friedrich Blaschke. [10] 


Die Gesichtspunkte, nach welchen diese Formen den einzelnen Gattungen zugeteilt wurden, waren nicht 
immer dieselben. Besonders J. Böhm u. Kittl sind über die Beurteilung einzelner Formen verschiedener 
Meinung. Der Vergleich mit größeren Kollektionen rezenter Formen muf die Anwendung einzelner, rezenter 
Gattungsnamen auf diese fossilen Formen als zweifelhaft erscheinen lassen, 

Patella, Acmaea und Scurria lassen eben eine Scheidung nach dem äußeren Gehäuse nicht zu; es 
scheint zweifelhaft, ob es statthaft ist, diese Namen in der Paläontologie überhaupt in einem anderen Sinne 
zu verwenden, als dies bei der Beurteilung lebender Formen geschieht. 

Acmaea Escholts (Tectura Grey) wird ohnedies nur für die zweifelhafte Cassianer Form verwendet 
und wäre besser überhaupt nicht zu gebrauchen, da die Skulptur durchaus kein entscheidendes Merkmal in 
der Einteilung rezenter Formen darstellt. 

Scurria wurde für Sp. petricola mit Unrecht gebraucht. Über die Stellung dieser Form zu Lepe- 
topsis, die Böhm vorschlägt und Kittl mit Reserve akzeptiert, wird noch zu reden sein, aber auch die 
Fassung, in der J. Böhm diesen Namen für Patella J. Böhmi Wöhrmann und Scurria elta ]. Böhm 
verwenden will, entbehrt einer ausreichenden Begründung. Diese Formen können ohne weiteres bei Patella 
belassen werden. Das gleiche gilt von Palaeacmaea postuma |]. Böhm. 

Kittl hat die Unsicherheit dieser Zuteilungen in seiner Monographie der Fauna der Esinokalke 
auch hervorgehoben. 

Entsprechender scheint die Verwendung des Namens Scurria für die Hallstätter Formen, besonders 
für Sc. conulus Hoernes zu sein, wenngleich auch hier eine gewisse Unsicherheit bestehen bleibt. 

Etwas anders steht es mit der Verwendung des Namens Lepetopsis Whitf. für Scurria pbetricola 
Kittl. Diese Form ist von der Zuteilung zu den Patelliden durch die nachgewiesene Ausbildung des Muskels 
ausgeschlossen, da hiedurch der Apex als nach rückwärts geneigt bestimmt wird. Dieses Kennzeichen 
scheidet diese und ähnliche Formen von Patella (Acmaea oder Scurria) unbedingt, läßt aber anderseits 
die Frage der Zugehörigkeit zu den Capuliden ungewiß. Und bei allen Gehäusen, die eine solche Präpa- 
ration des Muskels nicht zulassen, wird die Orientierung des Wirbels und damit die systematische Stellung 
unsicher bleiben. 

Im nachfolgenden sollen Formen von strittiger systematischer Stellung durchwegs als Patella be- 
schrieben werden; einige Formen dagegen, die sich an Lepetopsis petricola anschließen, sollen unter diesem 
Namen angeführt werden, ohne damit die Zuteilung zu den Capuliden als außer Zweifel gestellt betrachten 
zu wollen. 

Schließlich möchte ich aus den zuerst erwähnten Gründen der Übersichtlichkeit auch einen echten 


Capuliden an diese napfförmigen Gastropoden anschließen, da auch er offenbar Konvergenzmerk- 
male aufweist. 


a) Patellidae. 
Genus: Patella L. (?) 


Hier ist zunächst eine Anzahl kleiner Formen anzuführen, die größtenteils mit bereits beschriebenen 
Arten identifiziert werden konnten. Eine Anzahl ist durch den Besitz radialer Rippen charakterisiert, doch 
können auch Formen mit glatter oder durch die Anwachsstreifung herbeigeführter konzentrisch-skulpturierter 
Oberfläche aus den eingangs erörterten Gründen nicht der Gattung Acmaea zugeteilt werden. 


Patella granulata Münster. 
Taf. XIX (D, Fig. 3a. 
1841. Patella granulata Münster. Beiträge IV, pag. 92, Taf. IX, Fig. 10. 
1891. Patella granulata Kittl. Gastropoden von St. Cassian I, Annalen, Hofmuseum VI, pag. 174, Taf. I, Fig. 6. 
Mit P. granulata stimmen einige Gehäuse recht gut überein, doch sind sie zum Teile größer, die 
Radiärskulptur ist schwächer, etwas abgerieben, die Anzahl der Rippen beträgt 26—32 (nach Kittl 26-36). 


Die Zuwachsstreifung ist besonders am unteren Rande deutlich ausgeprägt. 
Stückzahl: 5. 


Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 


[11] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. Up 


Patella sranulata var. globosa n. var. 
Taf. XIX (I), Fig. 3b, c. 
Eine Anzahl von Stücken zeigt den normalen Formen gegenüber eine auffallende Eigentümlichkeit 
im Wachstum. Während sie in der Zahl der Rippen und in der Lage des Wirbels keine Abweichung auf- 


weisen, werden sie nach unten steiler und erscheinen dadurch gewölbt, schildbuckelförmig, stellenweise 
förmlich abgesetzt und etagenförmig, doch tritt dieser Charakter nicht gleichmäßig auf. 


Maße: Höhe: 5 mm, 
Länge: 9 mm, 
Breite: 7 mm. 
Stückzahl: 5. 


Patella cf. costulata Münster. 
1841. Patella costulata Münster. Beiträge, IV, pag. 91, Taf. IX, Fig. 9. 
1891. » » Kittl. Gastropoden von St. Cassian, I, Annalen, Hofmuseum VI, pag. 173, Tat. I, Fig. 5. 

Für diese Art gilt die Beschreibung: »Gehäuse konisch mit zentralem Scheitel, von ovalem Um- 
fange. Mit 16 Hauptrippen.« Hieher stelle ich eine Form, die nur mäßig mit den Cassianer Stücken über- 
einstimmt. Die Rippen treten viel weniger hervor, ihre Anzahl beträgt etwa ı8. Das Seiser Stück scheint 
übrigens stark abgerieben und ziemlich indifferent. 

Stückzahl: 1. 

Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 


Patella altissima n. f. 
Taf. XIX (I), Fig. 2a, b. 

So nenne ich eine außerordentlich hohe konische Form von fast kreisrundem Umfang, die nach vorn 
steiler abfällt und fast ebenso breit wie hoch ist. Die Anzahl der schwachen, gegen die Spitze zu ver- 
laufenden Rippen kann nicht mit voller Sicherheit konstatiert werden, da die zarte Schale nicht vollkommen 
erhalten ist, doch dürfte sie 15 bis 18 betragen. Diese Art gehört entschieden in die Verwandtschaft von 
P. Gremblichi vw. Wöhrmann, P. sparsicostata J. Böhm!) (deren Selbständigkeit übrigens von Kittl ange- 
zweifelt wurde) sowie auch der P. costulata Münster, doch unterscheidet sie sich durch ihre wesentlich 


höhere Gestalt und ihre fast kreisrunde Basis. Die Höhe beträgt 5 mm, der Durchmesser 6: 5!/, mm. 
Stückzahl: 1. 


Patella Gremblichi v. Wöhrm. 
1893. Patella Gremblichi v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten. Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanstalt, 43, pag. 

683, Taf. XIII, Fig. 6, 6.a. 

Zugleich mit Patella J. Böhmi hat v. Wöhrmann eine Patella beschrieben, die gleichfalls als 
hoch gewölbt, mit konzentrisch nach dem Vorderrand liegender Spitze geschildert wird, aber 20 stumpfe, 
nach der Spitze zu verlaufende Radialkanten aufweist. Hieher wäre gleichfalls ein etwas abgeriebenes 
Exemplar zu stellen. 

Stückzahl: 1. 

Sonstiges Vorkommen: Schlern. 


Patella J. Böhmi v. Wöhrmann. 
Taf. XIX (D), Fig. 1a, b. 


1893. Patella J. Böhmi v.Wöhrm. Die Raibler Sch., Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, Bd. 43, pag. 683, Taf. XIII, 
IBrere70770% 
1895. Scurria J. Böhmi J. Böhm. Gastrop. Marmolatakalke, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 214 (Tecturidae). 


!) Patella sparsicostata J. Böhm. Gastrop. Marmolata, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 219, Taf. IX, Fig. 2. 


172 Friedrich Blaschke. [12] 


1899. Patella « «  v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer u. Raibler Sch. Sitzungsber. der math. naturwiss. Kl. 

d. k. bayr. Akad. d. Wiss., Bd. 29, pag. 351. 

S. v. Wöhrmann bezeichnet diese Form als hoch gewölbt, Spitze stumpf, stark nach vorn ge- 
rückt, Schalenoberfläche bis auf konzentrische Anwachsstreifen glatt. Umriß elliptisch. Das vorliegende Stück 
stimmt in allen diesen Merkmalen, wie auch in den angegebenen Proportionen mit den zitierten Angaben 
überein, stellt aber eine ziemlich indifferente Form dar. K. v. Zittel führt Patella J. Böhmi in seiner 
vorläufigen Fossilliste der Pachycardienfauna an. 

Stückzahl: 1. 

Sonstiges Vorkommen: Horizont der Carditaschichten, Erlsattel, Haller Anger. 


Patella scutelliformis n. f. 
Taf. XIX (I), Fig. 4a, b. 

Die Zugehörigkeit zu den Patelliden ergibt sich aus der Beobachtung eines Muskelrestes auf dem 
einen zum Teile als Steinkern erhaltenen Exemplar; der spitz herausragende Wirbel muf demnach so 
orientiert werden, daß er nach vorn sieht und vor dem Zentrum liegt. 

Zwei zusammengehörige Stücke ergänzen sich zu dem Bilde einer Art, die gewisse Charaktere mit 
P. crasseradiata Kittl!) (P. rimosa J. Böhm) gemeinsam hat, anderseits aber von diesen beiden durch eine 
viel geringere Höhe wie den Besitz einer von zwei stumpfen Kanten begrenzten Depression im hinteren 
Schalenbereiche unterschieden ist. 

Schale sehr dünn, Gehäuse flach, schildförmig, mit geneigtem, etwas exzentrischen Wirbel. Umrifß 
oval, Skulptur durch die eng gestellten, groben, konzentrischen, etwas unregelmäßigen Zuwachsstreifen herbei- 
geführt. Die rechte Seite des Schalenrandes ist leicht gewellt. 

Maße: Höhe 5 mm, Basis 15 mm : 21 mm. 

Stückzahl: 2. 

Genus: Lepetopsis (?} Whitf. 

J. Böhm schlug den Namen Zepetopsis für Scurria petricola vor. Hier seien einige diesem Typus 
anzuschlieffende Formen mit aller durch die im Eingange erwähnten Bedenken gebotenen Reserve unter 
diesem Namen erwähnt. Mafsgebend war hiebei der Besitz eines mehr oder weniger konzentrischen, nach 
rückwärts gelegten Wirbels bei patellidenähnlicher Gestalt. Die Stellung dieser Formengruppe zu Capu- 
liden erscheint zwar recht plausibel, aber vorläufig nicht nachweisbar. 


Lepetopsis Zitteli n. £. 
Taf. XIX (I), Fig. 5a, b. 
1899. Putella n. f. v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer, Raibler Sch. Sitzungsber. d. math. naturwiss. Klasse der 

k. bayr. Akad. d. Wiss., Bd. 39, H. 3, pag. 351. 

v. Zittels vorläufiges Faunenverzeichnis zählt eine Paiella n. f. auf, »große, radial gefaltete Form«. 
Im vorliegenden Material ist dieser Typus reichlich vertreten. Die Art zeigt große Veränderlichkeit. Als 
typisch ist die dicke Schale anzuführen, die am Rande grob gefaltet erscheint. Auch Steinkerne zeigen 
ringsum seichtere Eindrücke, die auf jene Falten zurückgehen. Ihre Anzahl und Ausbildung scheint aber sehr 
wechselnd. Bei dem abgebildeten Exemplar (Fig. 5) sind sie ziemlich regelmäßig und verlaufen im Drittel 
der Schale. Ihre Zahl beträgt 24, in anderen Fällen reichen sie höher und sind bisweilen geteilt und 
zusammenfließend. 

Der Wirbel ist nur wenig exzentrisch und etwas nach rückwärts geneigt. Der längere Abfall er- 
scheint konvex, der kürzere konkav. Ein Steinkern ließ den hufeisenförmigen Muskeleindruck erkennen. 
Dadurch ist die Orientierung des Wirbels und die Stellung zu Lepetopsis gegeben. 

!) Patella crasseradiata 1894. Kittl. Gastropoden Marmolata, Jahrbuch d.k. k. geolog. Reichsanstalt, Bd. 44, pag. 
no, Babe, IK, Bien SE 

Patella crasseradiata 1895. J. Böhm. Gastropoden d: Marmolatakalke, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 213, Textfigur I. 

» » 1899. Kittl. Gastropoden d. Esinokalke, Annalen des Hofmuseums, XIV, pag. 5. 


[13] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 173 


Von der Zuwachsstreifung ist wenig zu beobachten, die ganze Schalenoberfläche erscheint runzlig 
und ist fast durchwegs stark inkrustiert. 

Die Höhe der einzelnen Exemplare schwankt zwischen 15 und Io mn, die Länge zwischen 60 und 
30o mm, die Breite zwischen I7 und 25 mm. 

Stückzahl: 7. 


Lepetopsis (?) nov. sp. indet. 
Taf. XIX (I), Fie. 6. 


Eine Anzahl von Stücken stimmt mit der eben besprochenen ZLepetopsis Zitteli in mancher Beziehung 
überein, unterscheidet sich aber vor allem durch den Mangel der Randfalten. Die Schale ist am Rande dick, 
wird aber gegen den exzentrischen, etwas geneigten Wirbel zu bedeutend schwächer, von rauher, unregel- 
mäßiger Oberfläche, fast durchwegs stark inkrustiert. Sie zeigt schwach entwickelte Radialstreifen. Der 
längere Schalenabfall ist konkav, der kürzere konvex, wobei die Neigung abgesetzt und unterbrochen er- 
scheint; die Basis ist eiförmig. 

Die Maße betragen: Höhe 23 mm, II mm; 

Länge 44 >», 25 >» 
Breite 33 DE ak 

Die Erhaltung; ist zu schlecht, die Formen zu unbestimmt, um die Fixierung einer neuen Spezies 
auf dieselbe wünschenswert erscheinen zu lassen. Eine auch nur annähernde Identifizierung mit bereits auf- 
gestellten Formen ist dagegen auch ausgeschlossen. Selbst die Zusammengehörigkeit der drei Gehäuse ist 
zweifelhaft, eines derselben ist durch eine Depression des hinteren Schalenrandes unterschieden. Immerhin 
schien die Anführung dieser Stücke zur Charakterisierung des Formenreichtums wie der Größe der Napf- 
schnecken in der Fauna der Pachycardientuffe wünschenswert. 

Stückzahl: 3. 


Lepetopsis cf. petricola Kittl sp. 
Taf. XIX(T), Fig. 7a, b, c. 
1894. Scuria petricola Kittl. Gastrop. Marmolata, Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt, pag. Iıı, Taf. I, Fig. 4—5. 
1895. Lepetopsis petricola J. Böhm, Gastrop. Marmolata, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 260, Taf. IX, Fig. 5. 
1899. » » Kittl, Gastrop. d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum, XIV, pag. 83. 
Maße: Höhe Io mm; Länge 24 mm; Breite 16 mm. 

Das ziemlich große patellidenähnliche Gehäuse stimmt im Besitz einer dünnen Schale mit eng- 
gestellter, konzentrischer Zuwachsstreifung sowie in der Lage des ziemlich exzentrischen, etwas nach hinten 
geneigten Wirbels gut mit der Marmolataform überein. Nach vorn bildet die Schale einen sanft konvexen 
Abfall, nach rückwärts einen steileren, konkaven. 

Der hufeisenförmige Muskeleindruck scheint angedeutet zu sein, doch eignet sich das grobe Tuff- 
material wenig zur Erhaltung: solcher Merkmale. Es mag diesem Umstande auch zuzuschreiben sein, daß 
die dünne Schale eine etwas unregelmäßige, gewellte Oberfläche zeigt. 

Das Seiser Exemplar übertrifft die Marmolataoriginale nicht unbeträchtlich an Größe. Wenn auch 
eine Identität nicht mit aller Sicherheit angenommen werden kann, kommt Lepetopsis petricola jedenfalls 
als einzig ähnliche Triasform zur Vergleichung in Betracht. 

Zur Verbreitung dieser Form wäre zu bemerken, daß sich aus den roten Raibler Schichten 
vom Schlern im Besitze des Instituts eine patellidenähnliche Form befindet, die einen exzentrischen, 
nach rückwärts (?) schauenden Wirbel und eng gestellte konzentrische Zuwachsstreifen besitzt. Diese Form 
übertrifft das Stück aus den Tuffen noch an Größe, ist aber stark verpreft und zu schlecht erhalten, um 
eine genauere Bestimmung zuzulassen. Immerhin beweist es die Existenz solcher Formen in den roten Raibler 
Schichten und bildet eine weitere Vermehrung der diesen und den Tuffen vermutlich gemeinsamen Formen, 

Stückzahl: 1. 

Vorkommen: Marmolata, Pachycardientuffe, rote Raibler Schichten vom Schlern (?). 


174 | Friedrich Blaschke. [14] 


Lepetopsis (?) aspera n. f. 
Taf. XIX (D), Fig. 8a, b. 
Maße. Höhe Io mm; Länge 24 mm; Breite I6 mın. 

Diese Form stellt in gewisser Beziehung ein Extrem in der Schalentwicklung vor und läßt Zepetopsis 
den Capulidae äußerst angenähert erscheinen. Dieser Eindruck wird durch den Wirbel hervorgebracht, der 
ziemlich stark exzentrisch ist und scharf vom napfförmigen Gehäuse abgesetzt erscheint. Er dürfte eine 
stumpfsackige Erhebung über den steilen, etwas konkaven Hinterrand gebildet haben, ist aber ein wenig ab- 
gerieben. Die Mündung ist eiförmig mit fast geraden Längskanten, die Schale ziemlich dick und anscheinend 
mit rauer, etwas gekörnter Oberfläche, aber ohne erkennbare Skulptur, doch ist sie stark inkrustiert. 

Hieher mag außer einem ziemlich vollständigen Exemplare, auf dem die Beschreibung fußt, ein 
Steinkern gehören, der auf eine ähnliche Form hinzuweisen scheint und allerdings nur sehr undeutlich eine Spur 
des hufeisenförmissen Muskeleindruckes erkennen läßt und vermutlich auch ein ziemlich unausgeprägtes Jugend- 


gehäuse mit exzentrisch geneigtem Wirbel darstellt. 


b) Capulidae Cuv. 
Genus: Capulus Montfort (1810). 
Subgenus: Phryx n. subgen. 


Das Gehäuse ist streng mützchenförmig und zeigt keinerlei Spirale oder Vergenz des Wirbels, die 
Schale ist demgemäß symmetrisch. 


Capulus (Phryx) bilateralis n. sp. 
Taf. XIX (I), Fig. 9a, b, c. 
Maße: Höhe 9 mm; Länge 17 mm ; Querdurchmesser II mm; Wirbelhöhe 3 mm. 


Bis jetzt wurden zwei Formen aus der alpinen Trias als zu dem Genus Capulus Montfort!) gehörig 
benannt und beschrieben. Tommasi bildet in seiner Arbeit über die Raibler Fauna von Friaul (A. Tom- 
masi, Rivista della Fauna Raibliana del Friauli in Annali del R. Instituto tecnico Antonio Zanon in 
Udine, Serie II, Anno VIII, 1890, pag. 42, Taf. I, Fig. 2a, b) einen Capulus Ombonianus Tom. ab, der 
aber ein ziemlich zweifelhafter Gastropodenrest zu sein scheint und nur bei einer Fassung des Genus noch 
hier Platz finden kann, deren Zulässigkeit sehr fraglich erscheinen muß. 

Einen weiteren Capulus beschrieb J. Böhm in seiner Gastropodenfauna des Marmolatakalkes?). Das 
dort abgebildete Cassianer Gehäuse ist ein kleines mützchenförmiges Gehäuse mit kaum sichtbarer Spira 
und weiter, schiefovaler Basis. E. Kittl®) hat dieses Stück als Jugendform von Marmolatella Telleri ange- 
sprochen. Doch scheint die Distanz von Wirbel und Hinterrand gegen diese Vermutung zu sprechen und 
der Form eine Stellung zu Capulus s. str. wirklich anzuweisen. In der Beschreibung der Gastropoden von 
St. Cassian wird ein ähnliches Gehäuse als Bucania(?) bezeichnet, da es eine Mittelleiste besitzt. Auch 
andere, als Capuliden beschriebene Cassianer Gastropoden führt Kittl wohl mit Recht als zweifelhaft an. 

Dem erwähnten Cassianer Gehäuse J. Böhms ähnelt in den Pachycardientuffen ein recht deutlich 
erhaltenes Stück in mancher Beziehung, wenn es auch anderseits wohl unterschieden erscheint und einen 
ganz eigentümlichen, weiter vorgeschritteneren Typus darstellen dürfte. 

Das Gehäuse ist mützenförmig und ziemlich niedrig mit regelmäßig elliptischer, ziemlich weiter 
Mündung und sehr zarter Schale. Der Wirbel ist nicht eingerollt, hängt auch nicht über den linken Rand 
über, sondern bildet eine etwas zusammengedrückte, schnabelartig auslaufende Kappe, die durch eine seichte, 
hufeisenförmig nach vorn verlaufende Furche von der übrigen Schale abgegrenzt ist. 


1) Montfort: (1810, Conch. syst. II, pag. 54). Coquille libre, univalve en bonnet phrygien; ä sommet plus ou 
moins aigu et roul&; bouche entire arrondie; interieure marqu&e de deux musculaires. 

°) J. Böhm: Gastropoden, Marmolata, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 261, Textfigur 51. 

°) Rittl: Gastropoden d. Esinokalke, Ann., Hofmuseum, pag. 45, Artikel Marmolatella. 


I Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. I 
5 P J L 75 


Der Gipfel der Schale liegt demgemäß in der Mitte des stark konvexen, vorderen Schalenabfalles, 
der Wirbel selbst liegt fast über dem hinteren Schalenrand, dessen hinterer Abfall ganz kurz zusammengedrückt 
und stark konkav ausgebildet ist 

Der Rand dieser Form scheint einfach, dünn, durch die Linie des Anwachsstreifens begrenzt zu 
verlaufen, ist aber nur teilweise erhalten. Die stark ausgeprägten Anwachsstreifen bilden die einzige Skulptur 
des Gehäuses, das übrigens stark korrodiert ist. 

Stückzahl: 1. 

e) Familie: Haliotidae Fam. nov. emend. 
Vergl. Taf. XIX (D, Fig. Ioa, b, c. 

Ein ziemlich großes und wohlerhaltenes Stück aus vorliegendem Material verdient das größte In- 
teresse, da es einen ganz eigenartigen Typus darstellt. Diese Sonderstellung erschwert sogar die Zuteilung 
zu einer bestimmten Familie. Nur in einer Einheit, die Bellerophontiden, Pleurotomariden und Haliotiden 
umfafste, würde diese Triasform ohne weiteres einzureihen sein; die Zuteilung zu einer bestimmten Gruppe 
unter diesen dreien macht jedoch gewisse Schwierigkeiten. 

Den morphologischen Charakteren nach leuchtet die Stellung zu Haliotis am meisten ein, die Assy- 
metrie, die weite Öffnung sowie vor allem die Löcherreihe des Gehäuses fallen so sehr in die Augen, daß 
alle nachher zu beobachtenden Unterschiede wohl die Verwandtschaft als nur recht entfernt erkennen, aber 
noch immer direktere Beziehungen erwarten lassen. 

Gleichwohl muß eine direkte Abstammung der rezenten Haliotis aus vorliegender Form als wenig 
wahrscheinlich erscheinen und auch der umgekehrte Fall ist ziemlich ausgeschlossen. Der Vergleich rezenter 
Haliotiden legt vielmehr eine Beziehung derselben zu Pleurotomariden nahe, eine Annahme, die übrigens 
schon mehrfach gemacht wurde. 

Wenn also die Stellung in einer Familie Abstammung untereinander bedeuten soll, müßten Hakoti- 
morpha nov. gen. und Haliotis getrennt geführt werden. Sind aber Typen mit morphologisch entsprechenden 
Charakteren und mindestens eng verwandten Vorfahren zur Erleichterung der Übersicht nebeneinander zu 
stellen, so ist Haliotimorpha wohl zu den Haliotiden zu stellen. 

K. v. Zittel definiert die Familie in folgender Weise: Schale flach, ohrförmig mit weiter Öffnung, 
innen perlmutterglänzend; am linken Außenrand mit einer Reihe runder Löcher. 

Bei Einbeziehung der Haliotimorpha hätte die Definition der Schale etwa zu lauten: 

Schale assymmetrisch mit weiter Öffnung; Rückenlinie nach links geneigt, durch eine Reihe von 


Perforationen gekennzeichnet, die vom Scheitel zum Rande ziehen. 


Genus: Haliotimorpha nov. gen. 


Haliotimorpha ist sicher von Haliotis generell verschieden und weicht sogar sehr weit von dieser 
ab. Sie stellt in einigen typischen Hauptmerkmalen einen Vorläufer des rezenten (kaenozoischen) Genus dar, 
der von symmetrisch gebauten, wohl in den Formentypus von Bellerophontiden einschlagenden Vorfahren zu 
einer symmetrischen, in gewisser Beziehung mit Haliofis ähnlichen Form leitet. Es werden demgemäß 
zunächst die als Genuscharaktere aufzufassenden Merkmale des Gehäuses und ihr Verhalten gegenüber 
Haliotis ins Auge zu fassen sein. 

Die Schale ist hoch gebaut. Der Anfangsteil der Schale ragt zapfenartig aus dem Hinterrand hervor. 
Leider sind die Embryonalwindungen nicht ganz erhalten, doch ist aus einer Linie, mit der sich der Hinter- 
rand auf diesen Apex fortsetzt, seine Gestalt leicht zu rekonstruieren. 

Haliotimorpha (Dieneri) besaß keinesfalls einen auf der Schlußwindung autliegenden Apex, wie ihn 
die rezenten Formen aufweisen. Er war vielmehr nach Art von Bellerophontiden in die letzte Windung noch 
vollständig eingerollt. Diese schnabelartige Spirale istgegen die Basis in einem Winkel von etwa 60° geneigt, also 
von der symmetrischen Lage (90°) nicht allzuweit entfernt. Die Form wird dadurch relativ viel höher als Haliotis, 

Vom Scheitel des Apex verläuft nun eine Perforationsreihe zum Rande der Schale. Ihrer Lage nach 
ist sie wohl nach links verschoben, besonders im oberen Teile, der vorderste Abschnitt verläuft dagegen 
ziemlich median, eher etwas nach rechts verschoben. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XVII. 


176 Friedrich Blaschke. [16] 


Die Öffnungen sind tubenförmig über die Schale erhoben, ein ziemlich dickes, kurzes Zylinderchen 
baut sie nach vorn sich neigend vor; diese Röhrchen erheben sich von rückwärts mit ganz allmählicher 
Böschung aus der Schalenoberfläche und sind nach vorn, wo sie scharf abfallen, nicht verschlossen sondern 
gehen in einen längeren, engen Schlitz über, der bis zur Basis des nächsten Tubus reicht und mindestens 
in seinem oberen Teile mehr oder minder offen geblieben zu sein scheint, da er mit Füllmaterial aus- 
geglichen ist. 

Diese Ausbildung der Perforationen erscheint den Öffnungen von Haliotis gegenüber als primi- 
tiver, da diese kreisrunde, kraterartig mehr oder weniger erhobene Löcher darstellen, die niemals einseitig 
offen sich fortsetzen; doch läßt sich eine etwas exzentrisch ansetzende und z. B. bei Haliotis australis 
auch nach links geschwungene Nahtlinie recht gut verfolgen. 

Schließlich dürfte auch die geringere, relative Anzahl aber bedeutendere Größe der Tuben einen 
Genuscharakter ausmachen. Dieses Verhältnis läßt sich allerdings schwer angeben und kaum abgrenzen, 
‚doch ergab der Vergleich von Haliotis austrahis bei etwa gleich großen Exemplaren auf die gleiche Länge 
des Schlitzbandes 10—12 Löcher für diese gegen 5 für Haliotimorpha. Der Durchmesser des Loches beträgt 
2 gegen 3 mm. Der Bereich einer Tube samt dem Schlitz vom Beginne der Hervorwölbung bei.der Seiser 
Form etwa 14'5 mm, bei Haliotis etwa 6°5 mm. Diese Distanz nimmt bei Haliotimorpha außerordentlich 
rasch, namentlich im oberen Bereiche zu (8, 10, 13, 14), bei Haliotis viel langsamer. (7, 7, 6, 6, 5) (3'5, 
3'5, 3, 3). Bei dieser Betrachtung ist natürlich die Variationsweite der Löcherausbildung innerhalb des 
Genus Haliotis nicht außer acht zu lassen. In der Höhe, Neigung, Dicke und Abstand der Tuben herrschen 
ziemliche Differenzen, niemals aber geht die runde Perforation in einen offenen Schlitz über, und auch in 
den übrigen hervorgehobenen Verhältnissen bleibt stets ein bedeutender relativer Kontrast der beiden Genera. 


Eine weitere Differenz ergibt sich in den Proportionen der Schale, in der Beschaffenheit des Abfalles 
und der Ausbildung des Umrisses und Randes. Von der durch die Perforation bezeichneten Rückenlinie 
fällt die Schale nach rechts ziemlich steil und etwas gewölbt zum Rande ab, nach links bildet sie ein 
etwas konkav im hinteren Abschnitt vorspringendes und verflachendes Eck, das nach vorn zu allmählich 
im Schalenrand aufgeht, Der Stirnrand ist leider nicht erhalten, doch dürfte er, nach den vorhandenen 
Spuren zu schließen, ein einfacher Anwachsstreifen gewesen sein, der je nach dem Wachstumsstadium durch 
eine Öffnung des Schlitzbandes geteilt war oder nicht. 

Der rechte Innenrand trägt eine leistenartig nach innen vorspringende Verstärkung, die im vorderen 
Teile der Schale verläuft. Er ist schwach konkav von der Wand abgesetzt und nicht auffallend, sondern nur 
der allgemeinen Dickenzunahme der Schale während des Wachstums entsprechend verstärkt. Diese Merk- 
male lassen sich gut erkennen, da die rechte Schalenwand zum Teile fehlt. 

Der linke Rand bildet jenes etwas vorragende Eck und buchtet demgemäß etwas weiter 
seitlich aus als der rechte. Er bildet zum größeren Teile den Ansatz der Zuwachsstreifen und ist demgemäß 
dünner als die übrige Schale. 

Als Hinterrand wäre ein längeres, schräg nach vorn verlaufendes Stück links und ein kürzeres, 
steiles nach rechts zu bezeichnen sowie der anscheinend stark verdickte Abschnitt, der den Apex aufnimmt 
und zum Teile verdeckt. Der ganze Umriß der Basis bildet sonach ein stark verzogenes Fünfeck oder 
annähernd ein niedriges, gleichschenkliges Trapez, dessen längerer Parallelseite ein stumpfwinkliges Dreieck 
aufgesetzt wurde. 

Die rezente Haliotis erscheint demgegenüber zunächst eiförmig abgerundet; der linke Rand ist 
nach innen umgeschlagen, der entsprechende Abfall steil gestellt und z. B. bei Huliotis australis grob 
längs gefaltet, der rechte Rand dagegen läßt nur wenig von einer konkaven Ausbiegung und inneren 
Leiste sehen, es ist nur ein kielartiger Absatz zu beobachten, der rasch im einfachen Anwachsrand aufgeht. 
Der ganze Vorderrand erscheint förmlich nach rechts verschoben. 

Diese Merkmale erscheinen gewissermaßen mechanisch mit der Verlegung des Schlitzbandes nach 
links verknüpft, eine Bewegung, in der Hahotimorpha unleugbar ein Vorstadium zu Hahotis darstellt. 
Diese Bewegung muß förmlich die linke Seite ausbauchen und den linken Abfall zusammendrücken, der 
sich gewissermaßen steil aufstellt, in Falten legt und sogar nach innen umschlägt; sie muß aber auch den 


[17] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 177 


Vorderrand nach rechts verschieben, das heißt, der primären Drehung des Gastropodenstammes ent- 
gegenwirken und geradezu die Rückdrehung anbahnen.t) 

Haliotimorpha scheint, wie eingangs bemerkt wurde, auch an Bellerophontiden anzuknüpfen. Zu 
dieser Anschauung scheinen folgende Erwägungen zu führen. Die Bellerophontiden, an deren Gastropoden- 
natur doch wohl nicht zu zweifeln sein wird, werden folgendermaßen umschrieben: (»Zittel, Grundzüge, 
pag. 348, II. Aufl.«). »Schale symmetrisch, meist ziemlich dick, mit schwach entwickelter Perlmutterschicht, 
in einer Ebene spiral eingerollt; Außenlippe in der Mitte mit einem Schlitz, welchem häufig ein Band oder 
eine Reihe von Perforationen auf dem Schalenrande entsprechen. « 

Die Seiser Form stellt nun den Beginn einer sich einstellenden Asymmetrie dar; denkt man den 
Apex nicht geneigt, die Perforationsreihe nicht nach links gerückt, so erhält man eine Form, die wohl zu den 
Bellerophontiden gehören würde und nur durch eine außerordentliche Erweiterung der letzten Windung 
spezialisiert erschiene. (Trematonotus? expansus Sow.).”) Dabei stellen die Perforationen der Halioti- 
morpha wohl Schlitze dar, die in Umwandlung zu Löchern begriffen sind. 

Wenn ein Schluß auf die Organisation der Bellerophontiden von Haliotis und den Pleuro- 
tomariden aus über Haliotimorpha gestattet ist, entspräche Bellerophon in der Lage der Hauptorgane, der 
Kiemen und Vorherzen genau der hypothetischen um 180° gedrehten Urschnecke, deren kegelförmiger Ein- 
geweidesack in der Symmetrieebene spiral eingerollt wäre. 

Die weitere Entwicklung wäre dann so zu denken, daf diese Einrollung aus der Symmetrieebene 
nach rechts drängt; die Rückenlinie verschiebt sich entsprechend nach links, damit auch das Schlitzband ; 
man erhält eine Form der Haliotimorpha und weiters der Haliotis, wenn diese Bewegung in einem Stadium 
ganz geringer Einrollung gedacht wird. 

Diese Wendung führt schließlich zu einer Verschiebung des Mundrandes auf die rechte Seite und 
bewirkt so die Rückdrehung des Eingeweidesackes resp. der Mantelhöhle, die demgemäß in einem Zuge 
der ganzen Entwicklungsrichtung, deren Beginn mit einer Drehung von links nach rechts angenommen 
wird, liegen würde. So führte das fortwährende bruchsackartige Wachsen des Eingeweidesackes zunächst zu 
einer Drehung der Kiemenpartie um 180° nach vorn, zu einer spiraligen Einrollung des Körperendes, zur 
Rechtsverlagerung des Apex, die wieder ihrerseits die Herabdrückung der Rückenlinie auf die linke 
Seite und damit die Rückdrehung der Mantelpartie und des Vorderrandes der Schale nach rechts be- 
wirken mußte. 

Das Schneckengehäuse ist jedenfalls eine Funktion mechanischer Einwirkungen in ähn- 
lichem Sinne wie die Ausbildung des Knochenskelettes und die vielfachen Konvergenzerschei- 
nungen, die verschiedene Gastropoden untereinander und besonders die Entwicklung dieses Stammes 
mit Gehäusen der Cephalopoden aufweisen, sind wohl bis zu einem gewissen Grade Produkte gleicher 
Faktoren. 

Diese Erwägungen behalten auch ihre Berechtigung, wenn eine direkte Verwandtschaft zwischen 
Haliotimorpha und Haliotis nicht nachweisbar ist. Denn wenn man für diese Form eine Ableitung 
aus niedrigen Pleurotomariden (Worthenia) unternimmt, so muß die Umwandlung jener Hauptcharaktere, 
in deren Ausbildung Haliotimorpha eben einen mittleren Formentypus darstellt, auf ganz ähnliche Weise 
bei Entwicklung eines nieder aufgewundenen Pleurotomaridengehäuses zu Haliotis oder eines in 
einer Ebene aufgewundenen Bellerophontiden zu Haliotimorpha und darüber hinaus vor sich gehen. 

Die Ausbildung des Apex bei rezenten Haliotiden schwankt aber sehr und Padollus £ricostalis 
Lim., der ein Extrem in dieser Beziehung darstellt, erinnert auch durch die Skulptur, besonders durch zwei 


1) Bezüglich der in den nachfolgenden Ausführungen berührten Hypothesen über die Drehung der Mantel- 
höhle und der Entwicklung der Gastropoden siehe die zusammenfassende Darstellung der in Betracht kommenden 
Fragen und Literatur bei K. Grobben: Einige Betrachtungen über die phylogenetische Entstehung der Drehung und 
der asymmetrischen Aufrollung bei den Gastropoden, in: Arbeiten aus den zoologischen Instituten der Universität 
Wien etc. 1900, Bd. XII. 

2) Fischer: Manual de Conchyliologie, pag. 354, Taf. XIV, 28. Trematonotus besitzt eine stark erweiterte 
letzte Windung und eine Reihe länglicher Schlitze, die Fischer mit den Perforationen von Haliotis vergleicht. 

2a 


178 Friedrich Blaschke. [18] 


kielartige grobe Falten zu beiden Seiten der Lochreihe, endlich durch die mehr rundliche Bas is 
und Mündung ganz außerordentlich an Pleurotomariden (Worthenia). 

Daß niedrig aufgewundene Typen mit weitumfassender Windung zu ganz ähnlichen Formen führen 
können, beweist auch Marmolatella Telleri Kittl; ein hieher gehöriges Jugendgehäuse aus den Tuffen bildet 
in den Proportionen der Schale einen ganz außerordentlichen Fall von Konvergenz mit Haliotimorpha; 
bei dieser Naticopside ist diese Umformung durch eine Reihe von Typen ganz allmählich zu verfolgen. 
Nur das mangelnde Perforationsband, wie die abweichende Form des Apex, dokumentiert die Abstammung 
von einem ganz anderen Typus. 

Zusammenfassend aber ließe sich das Genus Haliotimorpha in folgender Weise charakterisieren: 

Schale ziemlich hoch, Apex fast in einer Ebene eingerollt und vom Hinterrand 
aufgenommen, Rückenlinie nach links geneigt, durch eine Reihe von Öffnungen an- 
gedeutet, die von kurzen, nach vorn geneigten Zylinderchen gebildet werden und 
nach vorn in einen engen Schlitz auslaufen, der bis zur Böschung der nächsten Per- 
forationsnarbe reicht. Rechter Abfall steil, innen mit einer in den Vorderrand ver- 
laufenden Leiste, am Randeetwaskonkav nachaußen ausgebogen. Links sanftkonkav 
abfallend und gerundet ausladend. 


Haliotimorpha Dieneri n. sp. 
Taf. XIX (D, Fig. Ioa, b, c. 

Allen angeführten Merkmalen gegenüber, die vielleicht als generell zu bezeichnen wären, ist zur 
näheren Charakterisierung der Spezies noch zu vermerken: 

Von Skulptur ist kaum etwas zu beobachten, die oberste Schichte erscheint etwas abgerieben, die 
erhaltene Schale zeigt eine enge Zuwachsstreifung, die den unregelmäßigen Proportionen entsprechend vom 
Hinterrande her die Schale in hyberpolischen Kurven umfaßt. Die Anzahl der Perforationen beträgt 5, der 
Vorderrand, der leider zum größten Teile nicht erhalten ist, war durch einen Schlitz unterbrochen, was frei- 
lich beides nur einem augenblicklichen Wachstumsstadium entspricht. 

Die Dicke der Schale beträgt ungefähr 0'5—I mm und nimmt von rückwärts nach vorn ab. Der 
Hinterrand ist kallös verstärkt. 


Die Maße betragen: Länge: 55 mm (rekonstruiert 53 mm); 
größte Breite: 37 mm; 
Höhe: 26 mm; 
Breite des Apex: 5 mm; 
Durchmesser des Apex: 0'9 mm. 


Die Perforationsröhrchen nach vorn geneigt, an der Schale hervortretend, entsprechend einer Auf- 
wölbung des Schalenrandes, von einer Depressionszone seitlich begleitet. Sie sind ziemlich dick, besonders 
im vorderen Teil der Schale, wahrscheinlich schief abgestutzt, aber in dieser Beziehung'schlecht erhalten. 
Die Schlitze sind etwa 02 mm breit, ungefähr ebenso lang wie die längere Achse der elliptischen Öffnung, 
im Lichten. Sie blieben anscheinend offen. 

Ich möchte mit dieser interessanten Form den Namen meines verehrten Lehrers, Herrn Professor 


Dieners, verknüpfen und schlage demgemäß Haliotimorpha Dieneri zur Bezeichnung derselben vor. 
Stückzahl: 1. 


d) Familie: Pleurotomariidae d’Orb. 
Genus: Worthenia Koninck. 
1891. Kittl. Gastrop. St. Cassian I, Ann., Hofm., pag. 181. 


Außer Worthenia coronata Münster sp. und Worthenia canalifera Münster sp. kam eine neue 
steilgewundene Form aus der Verwandtschaft der W, Zurriculata Kittl zur Beschreibung. 


[19] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 179 


Worthenia coronata (Münster). 


1841. Pleurotomaria coronata Münster. Beiträge IV, pag. 109, Taf. XI, Fig. 26. 
1891. Worthenia > Kittl. Gastrop. von St. Cassian I, Annalen, Hofmuseum VI, pag. 19, Taf. Il, Fig. 3—1I, 
hier auch Literatur. 
1895. Worthenia coronata J. Böhm. Gastropoden d. Marmolatakalke, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 215, Taf. IX, Fig. 18. 
1899. » » Kittl. Gastropoden d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum, Bd. XIV, pag. Io. 
1899. > > v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer und Raibler Schichten etc. Sitzungsber. d. k. 
bayr. Akad. d. Wiss., Bd. 29, H. 3, pag. 351. 
Hieher ist nur ein kleines Gehäuse zu stellen, das die Charaktere der als sehr variabel angegebenen 
Art, die kreiselförmige Gestalt mit stufig abgesetzten Umgängen zeigt. Die Apikalseite ist dachförmig, die 
Anzahl der Dorne beträgt etwa I5 pro Umgang, was der unteren Grenze Kittls entspricht. Die Mündung 
ist leider zerstört, die Basis gewölbt. Von einer Zuteilung des Gehäuses zu einer der aufgestellten Varie- 
täten ist wohl besser abzusehen. 
Stückzahl: 1. 
Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Marmolata. 


Worthenia canalifera (Münster). 


1841. Pleurotomaria canalifera Münster. Beiträge IV, pag. ııI, Taf. XII, Fig. 4. 

1891. Worthenia canalifera Kitt!. Gastrop. v. St. Cassian I, Annalen, Hofmuseum VI, pag. 188, Taf. II, Fig. 23—26, 
auch Literatur. 

1892. Pleurotomaria (Worthenia) canalifera Koken u. v. Wöhrmann. Fauna der Raibler Schichten v. Schlernplateau, 

Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellschaft, Bd. 44, pag. 190. 

1893. Pleurotomaria (Worthenia) canalifera v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten, Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichs- 

anstalt XLIII, pag. 682. 

? 1899. Worthenia canalifera (v. Klipst) v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer etc. Schichten; Sitzungsber. d. k. 

bayr. Akad. d. Wiss., 1899, Bd. 29, pag. 351. 

Zwei kleine Gehäuse fallen ihren Merkmalen nach in den Bereich dieser Art. Sie sind zwar kleiner 
als die abgebildeten Cassianer Formen, zeigen aber dieselben Proportionen und Gehäusewinkel. Die sub- 
suturale Knotenreihe erscheint wenig ausgesprochen, die ganze Skulptur undeutlich und etwas abgerieben, 
auch die Mündung ist leider schlecht erhalten. 

Die Zahl der Längsstreifen auf der gewölbten Basis beträgt 9, entspricht also den angegebenen 
Grenzzahlen. Von Längsstreifung auf der Apikalseite wie der Lateralrinne ist nichts zu bemerken. Die 
‘“ Umgänge sind durch Nähte von geringer Tiefe getrennt. 

Stückzahl: I. 


Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Raibler Schichten v. Schlernplateau. 


Gruppe der Worthenia margaritacea Laube. 
1891. Kittl. Gastrop. St. Cassian I, Annal., Hofmuseum VI, pag. 196. 


Worthenia Arthaberi n. sp. 
Taf. XIX (I), Fig. IIa, 5, c. 
Eine dritte Worthenia schließt sich an jene hochgewundenen Gehäuse an, die Kittl in die Gruppe 
der Worthenia margaritacea Laube sp. zusammengefaßt hat; solche Formen sind außer dieser Art noch 
W. turriculata Kittl!) von St. Cassian, sowie W. Marmolatae Kittl?), W. esinensis Kittl?) von der Mar- 


molata resp. von Esino. 


») 1891. Kittl: Gastrop. St. Cassian I, Ann., Hofm. VI, pag. 197, Taf. II, Fig. 31. 

2) 1894. Kittl: Gastrop. Marm., Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt, pag. Iı2, Taf. I, Fig. 6—7. 
1895. J. Böhm: Gastrop. Marm., Palaeontogr., Bd. Iz, pag. 216, Tat. IX, Fig. 17. 

3) 1899. Kittl: Gastrop. d. Esinokalke, Ann,, Hofm, XIV, pag. 12, Taf. I, Fig. $—11. 


180 Friedrich Blaschke. [20] 


Die Seiser Form ist steiler als Kittls W. Zurriculata, der sie sonst recht nahe kommt. Auf eine 
Höhe von 1'8 cm (1'5 cm) entfallen sechs erkennbare Umgänge. Die Nähte sind als tiefrinnig zu be- 
zeichnen; die Skulptur besteht aus einer Knotenreihe unterhalb der Naht; darunter befinden sich die durch 
eine breite Rinne getrennten Lateralkiele, zwischen denen zwei feine Längslinien verlaufen. Auf der Ven- 
tralseite sind elf grobe Längskiele zu beobachten. Außerdem sind nach Art der Worthenien feine Linien- 
systeme verschiedener, schräger Richtung zu konstatieren. 

Von W. Zurriculata unterscheidet sich die vorliegende Form also wesentlich eigentlich durch die 
steilere Gestalt sowie dadurch, daß der obere Lateralkiel nicht in Knoten aufgelöst erscheint. Die Propor- 
tionen des Gehäuses sind wohl auch etwas verschieden, doch lassen sie solche Unterschiede weniger gut 
präzisieren. 

In den Mündungsverhältnissen scheint ziemlich Übereinstimmung zu bestehen, doch ist dieser Teil 
der Schale nur mangelhaft erhalten. Eines der beiden Exemplare ist ein etwas verdrückter, aber sont gut 
ausgeprägter Steinkern und wohl nur deshalb etwas schlanker. 

Diese Art kommt auch in den Raibler Schichten vor, wie ein im Besitze des Wiener palä- 
ontologischen Instituts befindliches, gut erhaltenes Stück aus den roten Raibler Schichten vom Schlern be- 
weist, das als W. cf. esinensis bestimmt wurde, aber außerordentlich gut mit vorliegender Form tüber- 
einstimmt. 

Stückzahl: 2. 

Vorkommen: Pachycardientuffe, rote Raibler Schichten vom Schlernplateau. 


d) Trochidae Ad. 


Genus: Astralium Link. 
1899. Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 20 Anm. 2. 


Kittl akzeptiert in einer Anmerkung zu Astralium in seiner Beschreibung der Esinogastropoden 
diesen Namen für die als Pachypoma beschriebenen Cassianer Gehäuse. Auch K. v. Zittel führt Pachy- 
poma als Subgenus von Astralium an. Dementsprechend werden die hieher gehörenden Tuffformen Aszra- 
lium zugeteilt. 


Astralium (Pachypoma) cfr. Haueri (Kittl). 


1891. Pachypoma Haueri Kittl. Gastrop. St. Cassian I, Annalen, Hofmuseum VI, pag. 244, Taf. VI, Fig. IT —-12. 
1899. > » v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer und Raibler Schichten. Sitzungsber. d. k. bayr. 

Akad. d. Wiss., Bd. 29, H. 3, pag. 352. 

Hieher gehören zunächst zwei Gehäuse, deren Zugehörigkeit zu Pachypoma in allen Schalenver- 
hältnissen außer Zweifel stellt. Eine Zuteilung zu einer bestimmten Art ist hingegen schwerer vornehmbar, 
da die Skulptur nur mangelhaft erhalten und stark inkrustiert ist. Immerhin schließen sie sich A. Haueri 
zunächst an, 

Stückzahl: 2. 

Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 


Astralium (Pachypoma) insolitum (Klipstein). 
Taf. XIX (I), Fig. 12. 

1889. Trochus insolitus Klipst. Mskr. 
1891. Pachyboma insohtum Kittl. Gastrop. St. Cassian, Annalen des Hofmuseums VI, pag. 245, Taf. VI, Fig. 16—17. 
1899. » » v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer und Raibler Schichten. Sitzungsber. d. k. bayr. 

Akad. d. Wiss., Bd. 29, H. 3, pag. 351. 

Das bieher zu stellende Exemplar stimmt außerordentlich gut mit der Cassianer Form (Fig. 17) 
überein. Die Skulptur ist zwar nicht einwandfrei, aber immerhin deutlich genug erhalten, die Charaktere 
der Art erkennen zu lassen, 


[21] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 181 


Stückzahl: ı. 


Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 


Genus: Clanculus Montfort (emend. Kittl). 
1891. Kittl. Gastrop. St. Cassian I, Annalen, Hofmuseum VI, pag. 259. 


Clanculus cassianus (Wißmann) var. Seisena n. var. 
Taf. XIX (D), Fig. 13a, b, c. 
1841. Monodonta cassiana Wissmann bei Münster. Beiträge 1V, pag. 114, Taf. XII, Fig. 18. 
1891. Clanculus cassianus Kittl. Gastrop. St. Cassian II, Annalen, Hofmuseum VI, pag. 261, Taf. VII, Fig. 33—45. 


1899. » » v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer u. Raibler Schichten. Aus dem Sitzungsber 
d. k. bayr. Akad. d. Wiss., 1899, Bd. 29, H. 3, pag. 351. 


Kittl hat dieser Art einen ziemlich weiten Umfang gegeben, dafür aber innerhalb derselben eine 
ganze Anzahl von Varietäten unterschieden. Die Seiser Gehäuse, welche hieher gehören, schließen sich 
wohl dem allgemeinen Artbilde recht gut an, lassen aber eine direkte Bezeichnung als forna typica oder 
eine Einteilung in eine der Mutationstypen nicht zu, sondern stehen, untereinander geschlossen, etwas apart 
da, so daß man sie als speziell Seiser Variante des typischen Claneulus cassianus auffassen kann. 

Der Gehäusewinkel, der übrigens als veränderlich bezeichnet wird, ist normal, die Bassis ziemlich 
flach und zeigt etwa 16 Spiralstreifen. Die Skulptur der Oberseite ist dagegen etwas abweichend. Die 
Querfalten treten nämlich stark hervor, ihnen gegenüber kommen nur I—2 Längskiele zur Geltung, 
während die anderen ganz undeutlich werden und nur eine Knotung der Querfalten bedingen. Auf die 
Basis treten diese aber niemals über, so daß sie in dieser Beziehung im Rahmen des Clanculus casstanus 
bleiben, während sie sich in jenem anderen Verhältnis etwas C/. nodosus nähern. Kittl gibt an, daß die 
Jugendwindungen seiner Exemplare vollständig die Skulptur von Clanculus nodosus zeigen. Dieses Sta- 
dium hält bei der Seiser Variation jedenfalls länger, vielleicht durchgreifend an. 


Maße: Spindelhöhe: 5 mm; 
Durchmesser: 6 mm. 
Stückzahl: 3. 
Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 


e) Umboniidae Ad. 


Genus: Umbonium Link. 
1891. Kittl. Gastrop. St. Cassian I, Annalen, Hofmuseum, Bd. 6, pag. 241. 


Umbonium Grobbeni n. sp. 
Taf. XIX (D, Fig. I4a, b, c. 

Eine in relativ zahlreichen Stücken vertretene Form erinnert ganz außerordentlich an das Cassianer 
Umbonium helicoides Münster !), ohne jedoch mit dieser Spezies direkt identifizierbar zu sein. 

Der ins Auge tretende Hauptunterschied liegt im Apikalwirbel des Gehäuses, in der Art der Auf- 
rollung, die viel flacher ist, wodurch nahezu gleich große Gehäuse bedeutend niedriger werden. Die Ge- 
häuse sind scheibenförmig, breit, niedrig, glatt. Die Nähte sind besonders anfangs ganz eben, erst die 
späteren Windungen sind etwas abgesetzt. Die Anfangswindungen sind in die späteren förmlich eingesenkt, 
so daß die Apikalseite eine ganz gleichmäßige, uhrglasförmige Fläche bildet. Die Umgänge erscheinen be- 
reits anfangs nicht rund im Querschnitt, sondern stark verzogen, während bei Umbonium helicoides erst 


1) 1891. Kittl: Gastrop. St. Cassian I, Annalen, Hofmuseum, Bd. 6, pag. 242, Taf. VI, Fig. 1-3, daselbst 
auch weitere Literatur. 


182 Friedrich Blaschke. [22] 


die älteren Windungen diesen Charakter zeigen. Die Schale ist ziemlich dünn und, zeigt keinerlei deutlich 
erhaltene Reste von Färbung. Die Mündung ist durchwegs mehr oder minder zerstört, doch scheint die 
Seiser Form in dieser Beziehung sowohl wie im Verhalten des Nabels mit Umbonium helicoides vollständig 
übereinzustimmen. 

Es liegen zwölf Stücke verschiedenen Alters von dieser Art vor. Diese reichliche Vertretung, die 
relativ die Häufigkeit von Umbonium helicoides in Cassian übertrifft, ist um so auffallender, als Umbonium 
in den anderen südalpinen Triasfaunen, in den Raibler Schichten sowohl als auch auf der Marmolata und 


am Esino vorläufig fehlt. 


f) Neritopsidae Fischer. 


Genus: Neritopsis Grateloup. 


1811. Neritopsis Grateloup. Act. soc. Linn, Bordeaux V, 129, Sowerby Voyage 172. 
1892. Kittl. Gastropoden von St. Cassian II, Annalen, Hofmuseum, Bd. 7, pag. 37. 


Von Neritopsiden lagen die beiden angeführten Cassianer und eine dritte Spezies vor. v. Zittel nennt 


nur Neritopsis ornata Mstr.; diese Art ist in der Aufsammlung nicht vertreten. 


Neritopsis armata Münster sp. 
Taf. XIX (D), Fig. 15, 16. 

1841. Naticella armata Münster. Beiträge IV, pag. 102, Taf. X, Fig. 17—18. 

1889. Neritopsis >» Koken. Entwicklung der Gastropoden. Neues Jahrbuch für Mineralogie, Beil., Bd. 6, pag. 473. 

1892. » » Kittl. Gastropoden v. St. Cassian II, Annalen, Hofmuseum VII, pag. 37, Taf. V, Fig. 39. 
Hier auch Literatur. 

1892. Neritopsis armata Koken und v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten vom Schlernplateau. Zeitschr. 
d. deutsch. geol. Gesellschaft. Bd. 44, pag. 143, Taf. XII, Fig, 13. 

1893. Neritopsis armata v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, XLIIN, pag. 680. 

1894. » cf. armata Kittl. Gastropoden Marmolata, Jahrbuch d.k.k. geolog. Reichsanstalt, XLIV, pag. 122, 
Taf. I, Fig. 24. 

1894. Neritopsis Waageni Kittl. 1. c. pag. 122, Taf. I, Fig. 29. 

1895. Neritopsis armata var. Waageni Laube J. Böhm. Gastropoden d. Marmolatakalke, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 
245, Taf. X, Fig. 8. 

1899. Neritopsis armata Kittl. Gastropoden der Esinokalke, Annalen d. Hofmuseums, Bd. 14, pag. 29. 

1900. » » » Triasgastropoden des Bakonyer Waldes. Resultate zur wissenschaftl. Erforschung des 
Balatonsees; paläontol. Anhang, Bd. 1, ı. T., pag. 22, Taf. II, Fig. 4 u. 4a. 


Diese weitverbreitete Triasform liegt in einem Exemplar vor, das die typische Ausbildung der Art, 
fünf lange Dorne auf den großen Varices, ein bis zwei Längslinien zwischen den Kielen und etwa neun 
Varices auf einen Umgang zeigt. Das Gehäuse ist als mittelgroß zu bezeichnen und ziemlich gut erhalten. 

Ein aus den Raibler Schichten vom Schlern vorliegendes Gehäuse gehört nur bei der weiteren 
Fassung dieser Art hieher, die Kittl für die Stücke von St. Cassian vorschlug. Sonst ist es als Neritopsis 
Waageni Laube zu bezeichnen, die in Kittls Cassianer Publikation als Neritopsis armata var. cancellata 
erscheint. 

Vorkommen: Fachycardientuffe, Raibler Schichten vom Schlern, Marmolata, Veszpremer Mergel. 


Neritopsis decussata Münster sp. 
Taf. XIX (I), Fig. 17a, b. 
1841. Naticella decussata Münster. Beiträge IV, pag. 102, Taf. X, Fig, 21—22. 
1892. Neritopsis » Kittl. Gastropoden v. St. Cassian, Annalen des Hofmuseums, Bd. 7, pag. 40, Taf. V, 
Fig. 17—23, auch Literatur, 
wie 1892. Neritopsis decussata Koken und v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten vom Schlernplateau. 
Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellschaft, Bd. 44, pag. 193, Taf. XII, Fig. 7 u. S. 
wie 1893. Neritopsis decussata v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten, Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt, pag. 682. 


[23] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 183 


Zu Neritopsis decussata sind zwei Gehäuse zu stellen, die in allen Merkmalen gut mit dieser Form 
übereinstimmen. Das eine weist übrigens in seiner Skulptur etwas auf Neritopsis armata var. plicata hin. 
Diese gelegentliche Beziehung wird auch für Cassianer Formen von Kittl angegeben. Ob die Form, die 
Koken aus den roten Raibler Schichten unter diesem Namen beschrieb, tatsächlich hieher gehört, erscheint 
nach der Abbildung doch recht zweifelhaft. 


Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Raibler Schichten vom Schlern (2). 


Neritopsis sp. ind. aff,, decussata Mstr. 
Taf. I, Fig. 8a, b. 
Vergl. auch Neritopsis subornata Münster und bei Kittl. Gastropoden St. Cassian II, Annalen, Hofmus eum XII 

pag. Io, Taf. V, Fig. 13—16. 

Ein kleines Gehäuse fällt in verschiedener Beziehung auf. Das Gewinde ist hoch, die Spira. tritt 
fast nach Art der Delphinulopsis binodosa heraus, die Naht ist tief eingeschnitten. In der Skulptur herrscht 
auf der Apikalseite Querrippung, auf der Basis dagegen Längskielung vor, sie entspricht sonst der Neritopsis 
decussata. Auf der vorletzten Windung ist die Skulptur ziemlich verwaschen. Eine ähnlich hohe Spira zeigt 
sonst noch Neritopsis subornata Taf. V, Fig. 15 u. 16. 


Genus: Palaeonarica Kittl. 
1892. Kittl. Gastrop. St. Cassian II, Ann., Hofm. VII, pag. 42. 
1899. Kittl. Gastrop. Marm. Ann., Hofm. XIV, pag. 25, 27, 28. 

Von Palaeonarica kam außer den beiden untereinander nahe verwandten Cassianer Spezies eine 
neue Art mit großer Formannäherung an Hologyren zur Beschreibung. Eine weitere Palaeonarica, die an 
die allerdings zweifelhafte ?. ? rugosocarinata Klipstein sp. erinnert, ließ die Aufstellung und Begründung 
eines neuen Subgenus angeraten erscheinen. 


Palaeonarica concentrica Münster sp. 

1841. Naticella concentrica Münster. Beiträge IV, pag. 102, Taf X, Fig. 23. 

1892. Palaeonarica concentrica Kittl. Gastrop. v. St. Cassian II, Annalen, Hofmuseum VII, pag. 43, Taf. VI, Fig. 23, 
hier auch Literatur. 

1892. Pseudofossarus concentricus Koken u. v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten vom Schlernplateau. 
Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., Bd. 44, pag. I9I, Taf. XI, Fig. 9—12. 

1893. Palaeonarica (Pseudofossarus) concentrica v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichs- 
anstalt, pag. 680. 

1899. Palaeonarica concentrica v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer u. Raibler Schichten. Aus Sitzungsber. der 
math. naturw. Klasse der k. bayr. Akad. d..Wiss., Bd. 29, H. III, pag. 352. 


Die hieher gestellten Gehäuse sind ganz typisch. Die Anzahl der Kiele beträgt sieben bis acht; sie 
wird durch Einschaltung neuer vom Rande her vermehrt. Die Umgänge sind treppenförmig abgesetzt. 
Zwischen dem ersten und zweiten Kiele verläuft eine ziemlich weite, tiefere Rinne, die auch am Mundrand 
hervortritt. Die Zuwachsstreifung kreuzt diese Skulptur, ohne merklichen Einfluß darauf zu nehmen. 

Stückzahl: 3. 

Sonstiges Vorkommen: Raibler Schichten vom Schlernplateau, Rio Laväz (Friaul), St. Cassian. 


Palaeonarica pyrulaeformis Klipstein sp. 
Taf. XIX, Fig. 19. 


1843. Naticella pyrulaeformis Klipstein. Beiträge zur geol. Kenntnis der östl. Alpen. I, pag. 199, Taf. XIV, Fig. 6. 

1892. Palaeonarica pyrulaeformis Kittl. Gastrop. St. Cassian II, Ann., Hofmuseum, Bd. 7, pag. 43, Taf. VI, 
Fig. 15 u. 16. 

1893. Palaeonarica pyrulaeformis v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt XLIII, 
pag. 680. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. 24 


184 Friedrich Blaschke. [24] 


Diese Form ist von der vorigen nur wenig verschieden. Kittl hat gleichwohl eine Vereinigung beider 
Formen, wobei P. concentrica Jugendexemplare enthalten würde, mit dem Hinweise auf die etwas schwächeren 
Rippen und die abweichende Gestalt abgelehnt. v. Wöhrmann dagegen schlägt vor, außer P. Ppyrulae- 
formis auch noch P. constricta Kittl!) sowie P. cancellata Kittl?) zu P. concentrica Münster zu ziehen. 

Bei P. pyrulaeformis ist der Unterschied von P. concentrica entschieden schwierig zu umschreiben, 
gleichwohl sehen die Exemplare anders aus, sie sind relativ höher, der Apex tritt mehr heraus. Ich stelle 
demgemäß zwei der vorliegenden Stücke zu dieser Art, da das Material zu spärlich ist, die Frage der 
Vereinigung zu entscheiden. 

Kittl hat, wie bemerkt, selbst schon die Frage der Vereinigung von Palaeonarica concentrica 
mit Palaeonarica pyrulaeformis diskutiert, ohne zu einem endgültigen Resultate kommen zu können. Jeden- 
falls legt auch schon der Umstand, daß stets beide Formen zusammengefunden werden, im Verein mit der 
Schwierigkeit, manche Stücke zweifellos zu trennen, die Vermutung nahe, daß hier extreme Ausbildungs- 
formen oder auch Altersstadien als verschiedene Arten beschrieben wurden. 

Stückzahl: 2 aus den Tuffen, 1 aus den Raibler Schichten. 

Vorkommen: St. Cassian, Pachycardientuffe, rote Schlernplateauschichten. 


Palaeonarica hologyriformis n. f. 
Tafel XIX (I), Fig. 20a, b. 
Maße: Höhe der Spindel: II mm; Durchmesser: 15 : IO mm. 


Einige Stücke sind von Palaeonarica concentrica Münster sicher recht verschieden, weisen dagegen 
eine größere Ähnlichkeit mit Palaeonarica cancellata Kittl!) auf, mit der ich sie ursprünglich zu vereinigen 
gedachte. Das genauere Studium der Form zwingt aber zur Aufstellung einer neuen Art. 

Die Anzahl der dicht gedrängt stehenden Kiele beträgt 20 gegen 14 bei P. cancellata, dieser 
Unterschied würde aber wenig besagen, da Palaeonarica in der Zahl dieser Kiele recht variabel zu sein 
scheint; oft dürften zwei enger gestellte, schwache Kiele aus einem stärkeren entstanden sein. 

Palaeonarica hologyriformis n. f. läßt aber die Abflachung der Apicalseite, die Kantenbildung durch 
den obersten Kiel vermissen, indem die Längskiele ganz gleichmäßig die ganze Schale bedecken. Die Um- 
gänge des ziemlich niedrig aufgewundenen Gehäuses sind gleichmäßig gewölbt, die Beziehung zu Nati- 
copsiden (Koken?) weist bei Besprechung von P. concentrica auf die Verwandtschaft mit Holog'yra ca- 
rinata hin), erscheint bei dieser Form ganz unverkennbar; in der äußeren Form besteht kaum ein Unter- 
schied von Hologyra, nur die Skulptur weist der Art die Stellung bei Palaeonarica an. 

Auch die Gestalt der Innenlippe spricht für die Zugehörigkeit zu Palaeonarica; sie ist breit, kallös, 
mit Ausschnitt, und geht scharf in den Aufßenrand über, der zugeschärft erscheint. Die Zuwachsstreifung 
tritt in keiner Weise hervor. Auch hierin verhält sich P. cancellata ganz verschieden. 

Von einer Zusammenziehung der verschiedenen Palaeonarica-Arten nWöhrmannst) Sinn könnte 
diese Form wohl nicht betroffen werden. 

Stückzahl: 4. 


Subgenus: Parapalaeonarica (nov. subgen.). 


Die Längsskulptur ist durch aus stärker hervortretenden Anwachsstreifen gebildete Querrippen mehr 


oder weniger zurückgedrängt und tritt nur in der Anordnung von Knotenreihen auf den Falten hervor. Nur 
der vorletzte Kiel ist deutlicher ausgeprägt. 


1) Palaeonarica constricta 1892 Kittl. Gastrop. St. Cassian II, Ann., Hofmuseum, Bd. 7, pag. 42, Taf. VI, 
Fig. 23. 

?) Palaeonarica cancellata 1892 Kittl. 1. c. pag. 44, Taf. VI, Fig. 17. 

») 1892. Pseudofossarus concentricus Münster sp. Koken u. v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler 
Schichten vom Schlernplateau. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., Bd. 44, pag. 191, Taf. XI, Fig. 9—12. 

*) 1893. v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten. Jahrb. d. geol. Reichsanstalt, pag. 680. 


[25] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. I 


[0,0] 
[911 


Palaeonarica (Parapalaeonarica) Kittli n. f. 
Taf. XIX (), Fig. 21a, b, c. 
Maße: Höhe 5 mm, Durchmesser 7:6 mm. 


In den Tuffen ist ein kleines, stark skulpturiertes Gehäuse reich vertreten, das in den übrigen, 
gleichaltrigen Triasablagerungen gänzlich zu fehlen scheint. Diese neue Form erschwert durch ihr recht ab- 
weichendes Äußere die Zuteilung zu einem bestimmten Genus; immerhin scheint sie in die Verwandtschaft 
der P. rugosocarinata zu gehören, die allerdings selbst recht zweifelhaft ist. 

Was unsere Form vor allem von Palaeonarica entfernt, ist das Zurücktreten jeder Längsskulptur. 
Die Oberflächenverzierung kommt durch die Anwachsstreifen zu stande, die in ziemlich regelmäßigen Ab- 
ständen querverlaufende, geknotete Kämme bilden, von denen etwa Io auf den Umgang entfallen. Gerade 
diese etwas in die Längsrichtung des Gehäuses gestreckten Knoten sprechen aber dafür, daß diese Skulptur 
aus ursprünglichen Längskielen hervorgegangen ist, etwa in der Weise, dafs an diesen an den Kreuzungs- 
punkten mit der Zuwachsstreifung Knoten entstanden, die schließlich teilweise zu Querrippen verschmolzen 
und die Längsskulptur ganz zurückdrängten. 

Gerade dieser Übergang aus einer quer auf die Anwachsstreifung gerichteten Struktur in eine von 
dieser herbeigeführte Skulptur durch die Vermittlung von Zwischenformen mit Gitter- oder Knotenverzierung, 
die Zurückdrängung der Schalenverzierung durch einzelne, stärker hervortretende Anwachsstreifen, scheint sich 
in zahlreichen Parallelreihen bei den verschiedensten Conchylien zu vollziehen. Es braucht nur an ähnlichen 
Skulpturwechsel innerhalb des Genus bei Worthenia, Clanculus, Promathildia, bei Mysidioptera sowie im 
Bereich der Art bei Cardita crenata hingewiesen werden. Cardita crenata bietet alle Übergänge im Rahmen 
der Art. Diese Skulpturentwicklung scheint in ganz ähnlichen Bahnen vor sich zu gehen, wie der Wechsel 
in der Farbenzeichnung, und wäre wohl einer speziellen Untersuchung wert. 

Jedenfalls dürfte die Querskulptur kein ausreichender Grund sein, die vorliegende Form von 
Palaeonarica zu trennen. In den allgemeinen Proportionen ist ohnehin die Übereinstimmung mit diesem 
Genus eine recht weitgehende. Die einzelnen Umgänge wachsen rasch an und setzen treppenförmig ab, die 
Spira ist niedrig, die Mündung oval, die verdickte Innenlippe springt mehr oder weniger vor, wodurch be- 
sonders in einem Falle die Mündung sehr verengt erscheint. Die Außenlippe ist zugeschärft und begrenzt 
mit scharfer Kante die Lippenbildung. Eine Nabelfurche ist vorhanden. 

Wenn auch die Innenlippe etwas variiert, scheint mir damit kein Grund gegeben, die sonst nur 
ungreifbare Unterschiede aufweisenden Gehäuse zu trennen. 

Die Skulptur besteht, wie schon bemerkt wurde, aus teilweise in Knoten aufgelösten Querrippen, 
zwischen denen deutliche Anwachsstreifen genau parallel verlaufen. Die Anordnung der Knoten erfolgt in 
etwa drei Längsreihen, wohl ehemaligen Längskielen entsprechend. Nur der vorletzte Kiel, der die stärkere 
Knickung des Gehäuses begrenzt, ist deutlicher ausgeprägt. 

Was die verwandtschaftlichen Beziehungen anbelangt, wäre auf Palaeonarica cancellata Kittl zu 
verweisen, die Gitterstruktur besitzt, aber durch ihre Größe wie die große Anzahl der Längskiele mehr als 
Fall von Konvergenz aufzufassen wäre. 

Palaeonarica constricta Kittl scheint mit ihrer geringen Größe und 5—6 Kielen näher zu stehen, 
ist aber steiler aufgerollt. 

Zu Palaeonarica(?) rugosocarinata dürften die engsten Beziehungen bestehen; bei dieser Form 
treten bereits teilweise Knoten auf den sonst schwachen sechs Längsstreifen auf. Doch ist diese Form leider 
nur in einem Exemplar vorhanden und als zweifelhaft bezeichnet. 

Parapalaeorarica Kittli n.f. ist als häufig zu bezeichnen. Mir liegen 13, meist recht gut erhaltene 


Exemplare aus den Tuffen vor. 


Genus: Frombachia n. gen. 


Einige Gehäuse aus den Pachycardientuffen, zu denen ein großes Exemplar aus den Raibler 
Schichten vomSchlernplateau kommt, nötigen zur Aufstellung eines neuen Genus, da sie in keinem 


der vorhandenen gut unterzubringen sind. Sie stehen in der Ausbildung etwa zwischen Palaeonarica und 
24° 


186 - Friedrich Blaschke. [26] 


Platychilina, weisen auch Beziehungen zu Hologyra und Neritopsis auf, unterscheiden sich aber durch einen 
stumpf-kugeligen Apex, einen durch zwei stumpfe Kanten in der Jugend deutlich abgesetzten weit um- 
fassenden letzten Umgang und als auffallendstes Merkmal eine tiefe, segmentförmige Grube auf der flach 
konkaven Mündungsseite, die an kleineren Exemplaren mehr oder minder sattelförmig profiliert erscheint. 

Die Vereinigung dieser Merkmale kommt bei keiner anderen Triasform vor und begründet wohl 
die Auffassung dieser Form als eines selbständigen Typus. Die Ausbildung; von zwei Kanten allerdings würde noch 
keine Trennung von Hologyra bedingen, da solche auch bei einer Hallstätter Form, allerdings in etwas 
anderer Weise auftreten. Es ist dies Hologyra impressa Hoernes, die übrigens nach den Gesetzen der Nomen- 
klatur diesen Namen nicht beibehalten darf, da Münsters Natica impressa (Naticopsis impressa bei Kittl 
Gastrop. von St. Cassian II, Annal., Hofmuseum VII, pag. 81, daselbst auch Literatur) in das Genus Hologyra 
gestellt werden muß und als ältere Form den Namen Hologyra impressa Münster non Hoernes zu 
erhalten hat. Für die Hallstätter Spezies mag hiemit der Name Hologyra Hoernesi nov. nom. — Hologyra 
impressa (Hoernes non Münster) in Vorschlag gebracht werden, 

Hologyra Hoernesi hat mit Frombachia nichts zu tun. Sie zeigt in der Ausbildung des Apex 
sowohl wie der Innenlippe eine ganz andere Beschaffenheit und hat bei Halogyra zu verbleiben. 


Frombachia Uhligi n. f. 
Taf. XIX(D), Fig. 220—. 


Von Formen, die zur Aufstellung des Genus nötigten, sind drei Gehäuse aus den Tuffen vorhanden 
sowie ein auffallend großes aus den Raibler Schichten vom Schlernplateau. Die Stücke aus den Tuffen sind 
untereinander eng zusammengehörig und in der Größe nur wenig verschieden und zeigen alle Merk- 
male in gleicher Ausbildung. Das Exemplar aus den Raibler Schichten ist dagegen ein außerordentlich 
großes, das in dieser Beziehung mit Ausnahme von Pustulifer alpinus (Eichwald) alle aus den Raibler 
Schichten beschriebenen Formen weit übertrifft und auch in den Pachycardientuffen nur in Dicosmos 
Seisıensis etwas Ähnliches findet. Demgemäß zeigt es zum Teile andere Charaktere und soll getrennt be- 
schrieben werden. 

Für die Stücke aus den Tuffen ergibt sich folgende Charakteristik. Es sind naticopsidenähnliche 
Gehäuse mit weit umfassendem letztem Umgang und niedrigem Gewinde. Letzteres ist ganz eigentümlich 
ausgebildet. Es bildet nämlich einen halbkugelförmigen Apex, der knopfförmig dem letzten Umgange auf- 
sitzt. Dieser ist seinerseits auf der Apikalseite abgeflacht und bildet so eine förmliche Terrasse, die von 
einer deutlich ausgesprochenen gerundeten Kante begrenzt wird. Etwas divergierend mit dieser verläuft eine 
zweite, weniger scharf ausgesprochene Kante. Der Streifen zwischen diesen beiden ist sehr flach konkav. 
In der Wölbung des Gehäuses bringt diese Skulptur mit Ausnahme der scharfen oberen Knickung keinen 
stark hervortretenden Absatz hervor; der Raum zwischen den Kanten ist in seiner Neigung vollständig dem 
apikalen Pol abgekehrt und hierin die sonst mit Hologyra Hoernesi nov. nom. ähnliche Schalenskulptur 
doch recht unterschieden. 

Sehr auffällig ist die Ausbildung der Unterseite des Gehäuses, Der Außenrand der ziemlich 
dicken Schale ist etwas zugeschärft und durch die Kanten wenig geknickt. Die Innenlippe zeigt eine ganz 
merkwürdige Ausbildung, die hauptsächlich die Stellung dieser Form zu bezeichnen scheint. Die ganze 
Spindelregion ist stark abgeflacht, die Innenlippe springt weit in die Öffnung vor, ist vollkommen geradlinig 
abgeschnitten und geht breit in den Außenrand vorn und rückwärts über. Sie ist in der Spindelregion 
durch eine segmentförmig umgrenzte tiefe Grube unterbrochen, so daß sie brückenförmig ausgebildet erscheint. 

Die Mündung des Gehäuses ist vollkommen halbkreisförmig, die ganze Unterfläche sattelförmig 
konkav ausgebildet, die Aufwindung ziemlich steil. Der Ansatz der Windung erfolgt fast in der Höhe der 
zweiten Kante. Eines von den drei Exemplaren ist großenteils Steinkern. Die Schale ist glatt, feine An- 
wachsstreifen verlaufen rückwärts gewendet über das Gehäuse. 

Die Maße dieser drei Gehäuse betragen: Spindelhöhe 9—-11 mm. 
Durchmesser 5—7 mm : 12—15 mm. 
Höhe des Apex I mm. 
Durchmesser der Öffnung 5—6 mm. 


[27] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 187 


Das Exemplar aus den Raibler Schichten vom Schlernplateau fällt diesen Gehäusen gegenüber 
vor allem durch seine enorme Größe auf, die ihm zunächst ein sehr abweichendes Aussehen verleiht, bei 
genauerem Studium aber doch keinen hinreichenden Grund bietet, das Stück von den eben beschriebenen 
zu trennen, da alle Unterschiede nur durch das Wachstum herbeigeführt zu sein scheinen. 

Die Maße betragen: Spindelhöhe 57 mm. 
Durchmesser 34 mm : 67 mm. 
Höhe des Gewindes etwa 5 mm. 
Durchmesser der Öffnung 28 mm. 


Vergleicht man diese Zahlen mit den eben erwähnten, so bleibt ihr Verhältnis ein ganz auffallend 
gleiches; die Proportionalität dieser unabhängig voneinander gemessenen Zahlen ist fast größer als man 
nach dem Augenmaß annehmen würde. Das Gehäuse ist demnach etwa 125mal so groß als die Exemplare 
aus den Pachycardientuffen. 

Die Anzahl der Windungen beträgt vier, der Apex ist ganz entsprechend knopfförmig ausgebildet, 
die Windungen treppenförmig abgesetzt. Die Schale ist außerordentlich derb, ihre Dicke beträgt am Ansatz- 
rande der letzten Windung nicht weniger als 6 mm und läßt auf dieser selbst die erwähnten Kanten fast 
vollständig vermissen, doch ist auch hier die Apikalseite noch abgeflacht und stumpf abgesetzt. Die ersten 
Umgänge sind zu sehr korrodiert, um außer dem scharf treppenförmigen Absatz diese Struktur erkennen 
zu lassen. 

Die Unterseite läßt gleichfalls die charakteristischen Merkmale der Seiser Form verwischt, aber 
doch noch erkennbar erscheinen. Der Außenrand ist zugeschärft, dagegen läßt die Innenlippe die stark 
konkave Abflachung, die geradlinige Begrenzung gegen die Mündung zu vermissen, so daß auch ein sattel- 
förmiges Profil des Gehäuses nicht zu bemerken ist. Dagegen ist der segmentförmige tiefe Abschnitt vor- 
handen, nur relativ kürzer, mehr herabgedrückt und auch auf der Lippenseite konkav eingeschnitten. Die 
Innenlippe erscheint hiedurch brückenartig nur auf eine kurze Strecke hin ausgebildet, auf der auch die 
Depression ausgesprochen ist. Die Mafe der Ausschnitte betragen etwa 15:8 mm. Hier ist also das Ver- 
hältnis nicht 1:5, sondern 1:3. Die für Frombachia Uhligi charakteristische Lippenbildung ist gewisser- 
maßen auf die untere Hälfte des Innenrandes beschränkt. 

Sonach ergibt sich für das Raibler Exemplar folgendes: Es erscheint gegen die Tuffexemplare 
nur durch dickere Schale und durch eine mehr verwischte Ausbildung aller Charaktere der Skulptur wie 
der Lippenbildung charakterisiert. Diese Wandlung aber entspricht sehr gut den Veränderungen, die auch 
andere verwandte Formen im Laufe der individuellen Entwicklung erleiden. In dieser Beziehung mag nur 
des Verhaltens der Platychilinen gedacht werden, wie es Kittl in der Bearbeitung der Esinogastropoden 
beschreibt. 

Nach allem scheint kein Grund zur Aufstellung einer besonderen Spezies vorhanden; als einzig auf- 
fälliger Charakter bleibt die außerordentliche Größe dieses Exemplars. 

Vorkommen: Pachycardientuffe, Raibler Schichten vom Schlernplateau. 


Genus: Platychilina Koken. 


1892. Koken u. v Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., pag. 195. 
1893. v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, pag. 178 

1894. Kittl. Gastrop. Marmolata. Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt, pag. 123. 

1895. J. Böhm. Gastrop. d. Marmolata. Palaeontogr., Bd, 42, pag. 243. 

1899. Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum, XIV, pag. 14. 

Kittl wirft in der Beschreibung der Gastropodenfauna der Esinokalke die Frage auf, ob nicht in 
einer Zeit der weniger strengen Formentrennung sämtliche neun bisher beschriebenen Platychilinen zu einer 
vereinigt worden wären. Er hat schließlich die Gesichtspunkte angegeben, die für eine Teilung dieser Formen 
maßgebend sein können. Außer der wichtigen Ausbildung des Apex kommt die Höckerskulptur in Betracht, 
die zwar in einer bestimmten beträchtlichen Umbildung im Verlaufe der individuellen Entwicklung begriffen 
ist, die sich aber bei verschiedenen Formen in verschiedener Weise abspielt. 


188 Friedrich Blaschke. [28] 


Kittl hat daraufhin eine Gruppierung in der Weise vorgenommen, daß er Platychilina pustulosa 
als eine durch den flachen Apex wohlgeschiedene Form auffaßte, den größten Teil der anderen Formen aber 
zu einer Art (Platychilina Cainalloi Stopp.) zu vereinigen vorschlug. Diese Vereinigung betrifft vor allem 
Pl. vernelensis Kittl und Pl. esinensis Kittl von der Marmolata wie allerdings nicht mit voller Sicherheit 
Platych. Wöhrmanni Koken vom Schlernplateau. 

Bezüglich dieser letzteren scheint das vorliegende Material die Aufstellung einer etwas anderen An- 
sicht zu erlauben. Ein kleines Exemplar, das mit einem gut erhaltenen als Pl. Wöhrmanni Koken bestimmten 
Stück vom Schlernplateau übereinstimmt, zeigt sich von einem sicher mit Pl. Cainalloi zu identifizierenden 
Gehäuse wohl unterschieden. Und zwar betrifft die Differenz die Ausbildung des Apex, der bei Platych. 
Wöhrmanni abgestumpft und schräg in die stark abgeflachte obere Partie des letzten Umgangs einfällt, 
während er bei Platychilina Cainalloi spitz, krönchenförmig demselben aufsitzt. 

Es kommen demnach hier Platychilina Cainalloi Stopp. und Platychilina Wöhrmanni Koken getrennt 
zur Besprechung, außerdem eine sich an Platychilina pustulosa Mstr. sp. anschließende Form, die aber beson- 


ders in der Skulptur ein eigentümliches Verhalten zeigt. 


Platychilina Cainalloi (Stopp.). 
Taf. XIX (I), Fig. 23. 


1857. Capulus pustulosus Stoppani. Studii, pag. 280 (non Mstr.). 

1858— 1860. Stomatia Cainalli Stoppani. Petref. d’Esino, pag. 70, Taf. XV, Fig. 12—13. 

1894. Delphinulopsis vernelensis Kittl. Gastrop. Marmolata. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, 44, pag. 124, 
Taf. II, Fig. 4—9, 3? 

1894. Delphinulopsis esinensis Kittl. Gastrop. Marmolata |. c., pag. 125, Taf. II, Fig. Io. 

1895. Platychilina Cainalloi J. Böhm. Gastrop. Marmolata, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 243, Taf. X, Fig. 2—-6, Textfig. 30. 

1899. » » Kittl. Gaastrop. d. Esinokalke, Ann., Hofmuseum XTV, pag. 83, Taf. I, Fig. 26—-30. 


Der Hauptcharakter, der für die -Zuteilung zu dieser Spezies bei Ausschluß von Platychilina Wöhr- 
manni Koken maßgebend zu sein scheint, liegt in der Ausbildung des Apex der ersten Windungen, die 
bei aller Varietät krönchenförmig, dem letzten erweiterten Umgange aufgesetzt sind. In der Beschaffenheit 
der wandlungsfähigen Skulptur greifen die Variationsbreiten der beiden Arten dagegen offenbar übereinander. 

Das vorliegende Exemplar aus den Tuffen zeigt einen ziemlich spitzen Apex. Die zweite Windung 
ragt zur Hälfte aus der letzten hervor. Dieser letzte Umgang ist recht wenig abgeflacht und zeigt die beiden 
charakteristischen Knotenreihen nicht sehr stark ausgeprägt. Dagegen sind auf der apikalen Seite desselben 
undeutliche Querfalten ausgebildet; die besonders im letzten Teile des Gehäuses die Knotenskulptur fast 
verwischen. Die Anwachsstreifung ist stellenweise deutlich markiert. Die umbonale Knotenreihe auf der 
Basis ist nur sehr schwach angedeutet. 

Die Innenlippe reicht ziemlich weit in die Mündung und ist konkav, die Mündung selbst etwa 
halbkreisförmig. 

Von der typischen Platychilina Cainalloi ist die Form demnach durch die schwache Ausprägung 
der Skulptur, an der umbonale Knotenreihen sozusagen keinen Anteil mehr haben, wie durch das gerundete 
Profil des letzten Umgangs und damit im Zusammenhange des ungeknickten, unabgesetzten Außenrandes 
unterschieden. 

Gleichwohl wäre die Aufstellung einer neuen Art aufGrund dieser Merkmale nicht einwandfrei. Denn ge- 
rade die Skulptur erscheint außer den bezeichnenden generellen Charakteren bei Platychilina äußerst wandelbar, 
und auch die Ausbildung von Kanten auf dem letzten Umgang scheint bei Vergleich der verschiedenen 
hieher gestellten Typen von der Marmolata wie von Esino recht variabel. 

Das Gehäuse aus den Tuffen mag demgemäß als extreme Lokalvarietät aufgefaßt werden, die den 
Cainalloi-Typus von Platychilina — Formen mit spitzen ausgeprägten Gewinden — in den Pachycardientuffen 
vertritt. 

Stückzahl: 1. 


[29] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 189 


Platychilina Wöhrmanni Koken. 
Taf. XIX(I), Fig. 24a, b, c, d. 
21892. Delphinulopsis cf. Cainalloi Kittl. Gastrop. v. St. Cassian II, Annalen, Hofmuseum VII, pag. 61, Taf. 9, Fig. 1. 
1892. Platychilina Wöhrmanni Koken u. v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten vom Schlernplateau 

Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. XLIV, pag. 196, Taf. II, Fig. 5—8. 

1893. Platychilina Wöhrmanni v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten, Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, pag. 678. 
?1894. Delbhinulopsis vernelensis Kittl. Gastrop. Marmolata. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, Taf. II, Fig. 3. 
1899. Platychilina Wöhrmanni v. Zittel. Uber Wengener, St. Cassianer und Raibler Schichten. Sitzungsber. d. math.- 

naturw. Klasse d. k. bayr. Akad. d. Wiss., Bd. 29, pag. 352. 

Zur Annahme der Selbständigkeit dieser Art führte besonders ein schön erhaltenes Stück aus den 
roten Raibler Schichten vom Schlern, dem ein gleichfalls sehr gut erhaltenes Gehäuse aus den Pachy- 
cardientuffen genau entspricht. Danach verhält sich in der Ausbildung des Apex die Raibler Platychilina, 
deren Identität mit Kokens Platychilina Wöhrmanni ganz gesichert erscheint, mehr wie Platychilina 
Pustulosa. Er ist abgeflacht und schräg in das Gehäuse eingesenkt, indem ihn der letzte Umgang anfänglich 
vollständig umfaßt und erst später weiter herabrückt. Dieser auffallende Charakter erscheint auf den Figuren 
in Kokens Publikation nur wenig ausgeprägt. In dieser Beziehung flöfßt insbesondere Fig. 7 Be- 
denken ein, das Exemplar 5 und 6 dagegen läßt wenigstens die Annahme einer ganz ähnlichen Aus- 
bildung zu. 

Das Stück aus den Raibler Schichten weicht übrigens auch sonst etwas von Fig. 7 ab. Die Apikal- 
seite des letzten Umganges ist außerordentlich abgeflacht und trägt knotenähnliche kurze Falten an der 
Naht, deren Ausbildung an ähnliche Bildungen bei Worthenien erinnert. In Fig. 6 scheinen solche Bil- 
dungen auch angedeutet. In der Ausbildung der beiden Knotenreihen, wie der erst später hinzutretenden 
dritten umbonalen verhält sich das Gehäuse ganz entsprechend, eine neritopsidenähnliche Ausbuchtung der 
Innenlippe ist deutlich ausgeprägt. Nach allem Gesagten scheint das Stück mit Platychilina Wöhrmanni 
Koken Fig. 5 und 6 gut übereinzustimmen. 

Aus den Tuffen liegt ein viel kleineres Gehäuse vor, das sich nur vermöge der jugendlichen Aus- 
bildung von dem oben beschriebenen Stück unterscheidet. Der Apex ist schärfer ausgeprägt, zeigt aber die 
hochreichende Umfassung durch den letzten Umgang. Hierin liest der Hauptunterschied gegen die vorbe- 
schriebene Form, der aber zum Teile dadurch ausgeglichen wird, daß dieser Teil des Raibler Stückes doch 
etwas stärker abgerieben zu sein scheint. Die beiden Knotenreihen sind deutlich ausgeprägt, ebenso die 
Anwachsstreifung, die gerade über die Knoten verläuft. Die umbonale Knotenreihe wie auch die Falten 
unter der Naht haben noch nicht begonnen. Die Ausbildung der Mündung entspricht dem Typus, die 
Knickung des Außenrandes ist nicht sehr stark, aber doch deutlich ausgesprochen. 

Stückzahl: Aus den roten Raibler Schichten 1. 

Aus den Pachycardientuffen 1. 

Hieher scheint auch, soweit sich nach den Figuren beurteilen läßt, Delphinulopsis cf. Cainalloi von 
St. Cassian wie Fig. 3 von Delphinulopsis vernelensis von der Marmolata vermöge einer ähnlichen flachen 
Ausbildung zu gehören. | 

Vorkommen: Rote Raibler Schichten vom Schlernplateau, Pachycardientuffe von der Seiser Alm, 
St. Cassian (?), Marmolata (?). 


Platychilina subpustulosa n. f. 
Taf. XIX(I), Fig. 25a, b. 
Diese Form erinnert etwas an Platychilina Pustulosa (Mstr.)!) von St. Cassian. In der Ausbildung des 
Apex steht sie zwischen Platychilina Wöhrmanni und pustulosa. Das Gewinde ist äußerst flach, aber doch noch ein 
wenig über den letzten Umgang erhoben und schief in denselben eingesenkt. Die Skulptur zeigt einen auffälligen 
Unterschied gegenüber anderen Platychilinen ; sie besteht aus nur einer Knotenreihe, aus schräg verzogenen 


1) Delphinulopsis Bustulosa (Mstr.) Kittl. Gastropoden St. Cassian Il, Annalen, Hofmuseum VII (1892), pag. 60, 
Taf. V, Fig. ı und 2, Taf. IX, Fig. 2. 


190 Friedrich Blaschke. [30] 


und verwaschenen Schwellungen, die längs einer stumpfen Kante verlaufen. Die Apikalseite ist flach konvex, 
und zeigt undeutlich in die Knoten verlaufende Querfalten. Gegen die Naht ist sie etwas eingesenkt. Die 
gerade verlaufende Anwachsstreifung ist wenig ausgeprägt, das Gehäuse vorwiegend glatt. Im Verlaufe des 
Wachstums tritt noch eine umbonale Knotenreihe auf, die aber ähnlich verwaschene Schwellungen aufweist. 
Der Innenrand springt ziemlich weit flach konkav vor, der Aufßenrand erscheint zugeschärft und ist durch 
die stumpfe, stark herablaufende Knotenkante in verschiedener Höhe schwach geknickt. 

Stückzahl: 1. 


Genus: Naticella Münster emend. Zittel. 


v. Zittel. Paläontologie II, pag. 119. 
1892. Kittl. Gastrop. St. Cassian. IIl., Ann., Hofmuseum VII, pag. 67. 


Naticella cf. striatocostata Münster. 
Taf. XIX (Il), Fig. 26. 
1841. Naticella striatocostata Münster. Beiträge IV, pag. 101, Taf. X, Fig. 15. 


1892. » » Kittl. Gastrop. St. Cassian II, Annal. Hofmuseum VII, pag. 70, Taf. V, Fig, 24. 

1894. » > Kittl. Gastrop. Marmolata, Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst., pag. 149, Taf. VI, Fig. 25—27. 
1895. » » J. Böhm. Gastrop. Marmolata, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 253, Taf. X, Fig. 9. 

1899. » » Kittl. Gastrop. d. Esinokalke. Ann., Hofmuseum XIV, pag. 83. 

1899. > » v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer u. Raibler Schichten. Sitzungsber. d. math.- 


physik. Klasse der k. bayr. Akad. d. Wiss., Bd. 29, Taf. III, pag. 352. 


Diese ungemein charakteristische Form liegt in einem wohlerhaltenen Exemplar vor, das an Größe 
den Cassianer Formen gleichkommt. Als Unterschiede, die der Form ein gewisses Lokalkolorit geben, wären 
folgende anzuführen: Das Gehäuse ist niedriger, die Spira ist nicht eingesenkt, demgemäß auch die Naht nicht 
vertieft; die Anwachsstreifen sind deutlich erkennbar, die Anzahl der Rippen beträgt 7 auf dem großen, 
rasch anwachsenden Umgang. Kittl gibt für erwachsene Formen ıı Rippen an, Böhm für Marmolataformen 
10. Es ist also auch hierin ein gewisser Unterschied zu verzeichnen, 

Stückzahl: 1. 

Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Marmolata, Muschelkalk von Naumburg. 


Genus: Dicosmos Canavari. 


1890. Canavari. Note di malac. foss. — Bollettino Soc. Mal. Ital. Vol. 15, pag. 214, Taf. V. 

1894. Kittl. Gastropoden Marmolata, Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt 44, pag. 140, Anmerkung. 
1895. J. Böhm. Gastropoden, Marmolatakalke, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 257. 

1899. Kittl. Gastropoden der Esinokalke, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 34. 


Die Selbständigkeit von Dicosmos wurde zwar von Kittl wiederholt angezweifelt. Gleichwohl 
hat er für einige Formen diesen Namen in der Beschreibung der Esinogastropoden beibehalten. Außer 
Dicosmos maculatus gelangt noch eine eng an Dicosmos declivis anknüpfende Form hier zur Besprechung, 


Dicosmos (Fedaiella?) maculatus (Klipst.). 
Taf. XX (I), Fig. 1a, b. 


1843. Natica maculosa Klipst. Beiträge, pag. 193, Taf. XIII, Fig. 1. 

1891. Naticopsis neritacea Kittl. Gastropoden von St. Cassian II, Annalen, Hofmuseum VII, pag. 73, Taf. VI, Fig. 
29, 30—32, Taf. VII, Fig. I (mit Literatur). 

1895. Naticopsis neritacea J. Böhm. Gastropoden, Marmölatakalke, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 257. 

1899. Naticopsis (Dicosmos) maculosus Kittl. Gastropoden der Esinokalke, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 35, Anm. 2. 

? 1899. Naticopsis neritacea Mstr. var. v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer und Raibler Schichten etc. Sitzungs- 
ber. der math.-phys. Klasse d. k. bayr. Akad. d. Wiss., Bd. 29, H. 3, pag. 362. 

1900. Fedaiella aff. maculosa Kittl. Triasgastropoden des Bakonyer Waldes. Resultate der wissenschaftl. Erforschung 
des Balatonsees; paläont. Anhang, I. Bd., pag. 24. 


[31] Die Gastropodenfauna der Pachycaraıentuffe der Seiseralpe in Südtirol. 191 


Kittl hat im Esinowerke in einer Anmerkung auf Seite 35 (2) den Namen Dicosmos maculatus 
für Naticopsis neritacea in Anspruch genommen. Ich führe demgemäß die mit den entsprechenden Cassianer 
Gehäusen zu identifizierenden Stücke unter diesem Namen an, ohne zur Lösung der Frage, ob die Gattung 
Dicosmos mit Recht aufzustellen sei, etwas beitragen zu können, da mir die inneren Merkmale der Schale 
unzugänglich blieben. 

Die Seiser Exemplare stimmen sonst mit den Cassianer Stücken gut überein, von Färbung sind 
aber nur ganz schwache Spuren vorhanden. Die oberste zarte Schicht, welche das Pigment enthält, er- 
scheint in allen Fällen korrodiert und abgescheuert. Die Stücke erreichen nicht die Maximalgröße der 
Cassianer Form, sondern halten mehr das Mittelmaß. Die Schale ist stark, die Innenlippe breit, kallös, der 
Apex uhrglasförmig, und kaum über den letzten, stark umfassenden Umgang erhoben, Die Zuwachsstreifung; 
tritt deutlich hervor. 

Ich konnte acht Exemplare zu dieser Form stellen, sie erscheint demnach relativ häufiger auf der 
Seiser Alm als in St. Cassian. 

Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Seelandalpe bei Schluderbach. Veszpr&mer Mergel des Bakony (?). 


Dicosmos (Fedaiella?) Seisiensis (aff. D. declivis) n. f. 
Taf. XX (I), Fig. 2a, b, c,.d. 
Maße: Spindelhöhe 57 mm, Durchmesser 71:52 mın. 

Ein sehr auffallendes Element bilden in der Seiser Gastropodenfauna große Naticopsiden, die be- 
sonders durch eine cirkum-suturale Depression des ietzten Umganges charakterisiert erscheinen. Der Apex 
tritt dadurch kuppelförmig hervor. 

Diese Form findet in der Cassianer Fauna einen Verwandten, Dicosmos maculatus Klipst. sp., der 
niemals die suturale Depression zeigt und auch in den allgemeinen Proportionen anders geartet ist. 
Immerhin können die großen Naticopsidenformen, die besonders aus den Esino- und Marmolatakalken 
beschrieben wurden, nur auf Grund recht subtiler Merkmale in Gattungen oder gar Arten geteilt werden. 
Die Seiser Form findet denn auch in gewissen Formen vom Esino sowie von der Marmolata, die von 
Kittl!) beschrieben wurden, verschiedene, fast identische Verwandte; die subsuturale Depression kommt 
mehr oder minder ausgeprägt, z. B. bei Naticopsis declivis, af. terzadica, lemniscata, prolixa, mammi- 
spira, zum Teile nur als gelegentliches Merkmal vor. Bei den Seiser Gehäusen scheint sich dieses Merk- 
mal allerdings gefestigt zu haben, da es bei allen Exemplaren in recht gleichmäßiger Ausbildung zu ver- 
zeichnen ist. 

In den anderen Merkmalen, der Ausbildung des Apex sowie der Art der Aufrollung sind doch merkliche 
Unterschiede gegen die oben genannten vorhanden. Am nächsten kommt der Seiser Form Dicosmos decli- 
vis; besonders die im Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, 1894, Taf. IV, Fig. 15 u. 16 abgebildeten 
Exemplare unterscheiden sich eigentlich nur mehr durch ihre viel geringere Größe sowie den spitzeren Apex; 
trotzdem dürfte es sich vorerst empfehlen, den Seiser Formen, die eine untereinander gut geschlossene Gruppe 
bilden, einen eigenen Namen zu geben, wenn auch später möglicherweise Zusammenziehungen im Bereiche 
dieser Naticopsiden vorgenommen werden können. 

Die Genuszugehörigkeit läßt sich nicht leicht entscheiden. Innere Zähne konnten, soweit die Präpa- 
ration möglich war, nicht konstatiert werden, eine innere Resorption scheint dagegen stattzufinden. Diese Merk- 
male schließen die Form von Dicosmos nicht aus, wohin wohl die nahe Verwandtschaft mit Dicosmos 
declivis verweist. 

Dicosmos Seisiensis besitzt also die für die großen Naticopsiden typische Gestalt, das Gehäuse be- 
steht aus etwa drei Umgängen, die Spira tritt durchaus nicht hervor, die letzte weitumfassende, rasch an- 
wachsende Windung entfernt sich dabei mehr und mehr vom Apex und zeigt eine subsuturale Depression, die 
gegen den Mundrand zu stärker wird. Die Nahtspirale verläuft ziemlich regelmäßig, in der letzten Partie 


1) Kittl. Gastrop.d. Esinokalke, 1899, Ann. d. Hofmuseums XIV, pag. 34, 36, 4I, 43. Dicosmos mammispira 
(Kittl), Dicosmos (Fedaiella?) declivis (Kittl), Fedaiella lemniscata (M. Hoern.), Fedaiella? prolixa (Stopp.); hier auch 
weitere Literatur bezüglich dieser Formen. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XVII 25 


192 Friedrich Blaschke. [32] 


aber steigt sie bei anscheinend ausgewachsenen Exemplaren scharf herab, so daß der Aufsenrand unter- 
halb der größten Wölbung an die Schale stößt. 

Die Mündung ist fast kreisrund, die Schale wird nach aufßen dünner, doch ist eine so auffallende 
Zuschärfung des Außenrandes, wie sie für Hologyra gilt, nicht konstatierbar, Ein Exemplar zeigt eine 
Verbildung des Mundrandes, der fast rechteckig ausgezogen erscheint. Die Innenlippe ist flach, breit 
und kallös, sie verläuft in mehr oder minder gleichmäßigem Schwunge über den Nabel, der vollständig 
verdeckt ist. 

Die Zuwachsstreifen sind deutlich sichtbar, doch sind auch zarte Längslinien zu bemerken, die 
hauptsächlich auf Partien der stärksten Wölbung, also auf der konkaven subsuturalen Depressionsfläche 
wie auf der größten Hervorwölbung des letzten Umganges auftreten. Die jüngeren Partien der Schale sind 
meist stark korrodiert. 

Außer dieser Skulptur, die ganz jener entspricht, wie sie von Kittl für Natzcopsis declivis oder 
maculosa angegeben wurde, sind auch mehr oder minder deutliche Reste von Farbe zu erkennen. Danach 
waren die Gehäuse mit einer glänzenden, sattbraunen Pigmentschicht bedeckt, die wohl unregelmäßig durch 
hellere bis gelbe Flecken geflammt war. Es ist allerdings schwer zu entscheiden, wo wirklich weniger 
Pigment vorhanden war und wo die äußerst zarte Schicht nur mehr oder minder abgerieben ist. Doch 
zeigen auch Stellen, na denen der Glanz für vollständige Erhaltung der Schale spricht, keine gleichmäßige, 
dunkle Pigmentierung. 

Sechs große, typische Gehäuse waren hier zusammenzufassen, die für eine relative Häufigkeit der 
Art sprechen. Sie sind sämtlich recht gut erhalten. Die Zuteilung jüngerer Exemplare erscheint bei dem 
Umstand, daß eine starke Umwandlung der Charaktere im Laufe des Wachstums stattgefunden haben muß, 
sehr erschwert; es ist ganz wohl möglich, daß die Jugendformen unter anderen Namen erscheinen, was 
auch Kittl in betreff der großen Naticopsiden vermerkt. Immerhin treten die Genuscharaktere, zumal die 
suturale Depression schon ziemlich früh hervor, wie das auf Tafel XX (I) Fig. 2d abgebildete kleine 
Exemplar beweist, das von geringerer Größe ist, als die Stücke von Dicosmos maculatus. Diese sind also 
nicht etwa jüngere Formen von vorliegender Species, vielmehr sind in den Tuffen zwei wohl unterscheid- 
bare große Naticopsiden vertreten, 

Vorkommen des nahe verwandten D. declivis: Marmolata. 


Genus: Fedaiella Kittl. 


1894. subgen. nov. Kittl. Gastrop. Marmolata, Jahrbuch der k. k. Reichsanstalt, pag. 139. 
1895. gen. Fedaiella J. Böhm. Gastrop. Marmolata, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 246. 
1899. » » Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 37. 


Fedaiella inaequiplicata (Klipst.). 
Taf. XX (D, Fig. 3. 
1843. Natica inaequiplicata Klipstein. Beiträge zur geol. Kenntnis der östl. Alpen I, pag. 194, Taf. XIII, Fig, 5. 
1891. Naticopsis inaequiplicata Kittl. Gastropoden von St. Cassian II, Ann,, Hofmuseum VII, pag. 77, Taf. VII, Fig. 
Ir, I2; hier auch Literatur. 
1899. Redaiella (Naticopsis) inaequiplicata Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Ann., Hofmuseum XIV, pag. 38. 

Kittl verweist in seiner die Esinokalke betreffenden Publikation auf die Zugehörigkeit von Nati- 
copsis inaequiplicata zum Genus Fedaiella, das kugelige Gehäuse mit stumpfem Apex, glatter Oberfläche, scharfer 
Außenlippe, flacher, mäßig breiter Innenlippe mit inneren Zähnen, oben und unten und rückwärts geschwun- 
genen Zuwachsstreifen umfaßt. 

Bei den Seiser Exemplaren ist die Übereinstimmung mit F. inaequiplicata eine sehr weitgehende, 
wenn auch die Gattungscharaktere, besonders die Zähne auf der Innenlippe unzugänglich blieben. Gegen- 
über den anderen zu Fedaiella gestellten Formen fällt Fedaiella inaequiplicata besonders durch ihre ge- 
ringe Größe auf. 


[33] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 193 


Die beiden vorliegenden Gehäuse kommen an Größe den abgebildeten Cassianer Exemplaren gleich. 
Sie sind recht gut erhalten und zeigen die niedrige Spira, die tiefe Naht wie die rückwärts gekrimmte Zu- 
wachsstreifung, Der Aufenrand ist zugeschärft, aber nur mangelhaft erhalten, die Innenlippe kallös und 
mäßig breit. Beide Gehäuse zeigen als sehr charakteristisches Merkmal die tief eingeschnittene Nabel- 
furche. Die Zuwachsstreifung ist besonders an der Nabelfurche deutlich ausgeprägt. 

Stückzahl: 2. 

Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 


Genus: Marmolatella Kittl. 


1894. subgen. nov. Kittl. Gastrop. Marmolata, Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt, pag. 142. 
1895. » » |]. Böhm. Gastrop. Marmolata, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 254. 
1899. » » Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annal., Hofmuseum XIV, pag. 43. 


Marmolatella cf. Telleri Kittl. 
Taf. XX (I), Fig. 4a, b. 
1892. Naticopsis Telleri Kittl. Gastrop. St. Cassian I, Annalen, Hofmuseum VII, pag. 84, Taf. XII, Fig. 5, 6. 
1900. Marmolatella Telleri Kıttl. Triasgastropoden d. Bakonyer Waldes; Resultate d. wiss. Erforschung des Balatonsees, 

paläont. Anhang, Bd. 1, 1. Teil, pag. 24. 

Diese Form stellt wohl das aberranteste Naticopsidengehäuse dar. Die große ohrförmige Mündung 
nimmt den Apex ganz in den Schalenrand auf. 

Aus den Tuffen ist nur ein kleines Jugendgehäuse vorhanden, das wohl nur infolge seines jugend- 
lichen Alters in manchen Stücken von den Cassianer Originalexemplaren abweicht. Zunächst fehlt wohl deshalb 
der verbreiterte Innenrand (die Innenlippe); die Schale ist viel dünner und läßt deutliche Zuwachsstreifen er- 
kennen. Von Färbung sind nur ganz undeutliche Spuren vorhanden. Der Stellung des Schnabels nach 
steht das Gehäuse zwischen Kittls Fig. 5 und 6 (Taf. XII). Die nächsten Verwandten besitzt Marmola- 


zella Telleri in den Marmolatellen der Gruppe der Naticopsis stomatia. 


In der äußeren Form besteht übrigens auch eine ganz auffallende, wenn auch nur oberflächliche 
Ähnlichheit mit Haliotiden, besonders mit der eigentümlichen, im vorangegangenen beschrieben, triadischen 
Form dieser Familie. Es ist dies ein schöner Fall von konvergenter Ausbildung von Gastropoden, die doch 
wohl auf ganz verschiedenen Wegen erreicht wurde. 

Dagegen scheint gerade beim Vergleich dieses Jugendgehäuses mit J. Böhms (Capulus Apollinis 
(Gastrop. Marmolata, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 261, Textfigur 51) letzteres nicht hieher zu gehören, wie 
Kittl!) meint, sondern wirklich etwas anderes vorzustellen, denn der Apex rückt bei Marmolatella, soweit 
es scheint, nicht vom Schalenrand ab, sondern berührt in allen Stadien der Entwicklung den inneren 
Mündungssaum. Auch die Form der Mündung scheint bei vorliegender Form von allem Anfang an eine 
andere zu sein. 


Stückzahl: 1. 
Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Veszpremer Mergel d. Bakony. 


Genus: Hologyra Koken. 
1892. Kokenu.v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten vom Schlernplateau. Zeitschr. d. deutsch. geol. 


Ges., Bd. 44, pag. 193. 
1894. subgen. Kittl. Gastrop. Marmolata, Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, pag. 139. 


1895. J. Böhm. Gastrop. Marmolata, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 247. 
1899. Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Ann., Hofmuseum XIV, pag. 49. 


Hologyren sind in den Tufien reichlich vertreten. Außer einer Anzahl von Cassianer Formen, aut 
deren sichere oder wahrscheinlichere Zugehörigkeit zu Hologyra Kittl in den »Gastropoden der Esinokalke« 


1) Kittl. Gastropoden d. Esinokalke, 1899, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 45. 
25* 


194 Friedrich Blaschke. [34] 


hinwies (Hologyra (?) ladina, Hologyra (?) cf. Dianae, Hologyra involuta), sind auch zwei Formen von 
der Marmolata resp. von Esino vertreten. (Hologyra conomorpha Kittl, Hologyra Kokeni J. Böhm). Schließ- 
lich gelangten auch noch zwei neue Arten zur Beschreibung, deren eine sich an Hologyra impressa Mstr. 
sp. und H. carinata Koken anschließt, während die andere mehr eine Sonderstellung einnimmt. v. Zittel 
erwähnt von hieher gehörenden Formen in seinem Faunenverzeichnisse Naticopsis cfr. ladina Bittn. und 
Hologyra alpina Koken. 

Letztere steht Hologyra involuta wohl sehr nahe, ist aber von typischen Stücken doch gut zu 
unterscheiden und neben Hologyra alpina in den roten Raibler Schichten vertreten, wie durch zwei Gehäuse 


vom Schlernplateau erwiesen wird. 


Hologyra (?) ladina Kittl. 
Taf. XX (MD), Fig. 5a, b. 

1892. Naticopsis (2) ladina Kittl. Gastrop. St. Cassian, Ann., Hofmuseum VII, pag. 75, Taf. VII, Fig. 2. 
1899. Hologyra Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 49. 
? 1899. Naticopsis cf. ladina., v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer und Raibler Schichten. Sitzungsber. der math. 

-phys. Klasse d. k. bayr. Akad. d. Wiss., Bd. 29, H. 3, pag. 352. 

Durch ihre hochgewundene Ausbildung entfernt sich diese Art von den Naticopsiden, so daß 
Kittl ihre generische Stellung für unsicher hält. Auch in der Esinopublikation wird ihre Zugehörigkeit 
zu Hologyra als nur wahrscheinlich bezeichnet. Mir liegt nur ein dem Cassianer Original gegenüber viel 
kleineres, aber in den Proportionen recht gut stimmendes Gehäuse vor, das in seiner rasch anwachsenden, 
spitzen Form eigentlich auch an Amauropsis erinnert. Die Anwachsstreifung ist deutlich zu beobachten, 
die Mündung schräg gestellt und ziemlich rund, die Innenlippe dagegen noch nicht ausgeprägt; ein Funi- 
culus scheint vorhanden zu sein. Vielleicht mag auch ein Steinkern hieher gehören, der relativ hochge- 
wunden ist, aber keinen Schluß in betreff der Spira erlaubt. Er würde an Größe die Cassianer Form 
nahezu erreichen. 

Stückzahl: 2. 


Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 


Hologyra (2) cf. Dianae Kittl. 
1868. Natica subelongata Laube. Fauna v. St. Cassian III, Taf. XXI, Fig. 9. 
1892. Naticopsis (?) Dianae Kittl, Gastrop. St. Cassian II, Annalen, Hofmuseum VII, pag. 75, Taf. VII, Fig. 9. 
1899. Hologyra Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Ann., Hofmuseum XIV, pag. 49. 

Ein kleines Gehäuse ist am besten bei dieser in seiner Zugehörigkeit zu Hologyra gleichfalls 
zweifelhaften Art unterzubringen. Es zeigt dieselbe Art der Aufrollung, dieselbe fast halbkreisförmige 
Mündung sowie Zuwachsstreifung. Doch ist es wahrscheinlich ein unausgebildetes Jugendexemplar; es ist 
viel kleiner, die Schale papierdünn, die Innenlippe kaum angedeutet, wenn auch Spuren für eine ähnlich 
breitlappige Ausbildung derselben sprechen. 

Stückzahl: 1. 


Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 


Hologyra involuta Kittl. 
Taf. XX(II), Fig. 6a, b, c. 

1892. Naticopsis involuta Kittl. Gastropoden von St. Cassian II, Annal., Hofmuseum VII, pag. 83, Taf. VIII, Fig. 27. 
non 1892. Hologyra alpina Koken u. v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten vom Schlernplateau. Zeitschr. 

d. deutsch. geolog. Ges., Bd. 44, pag. 194, Taf. XI, Fig. I—4. 
?1900. Hologyra af. involuta Kittl. Triasgastropoden des Bakonyer Waldes. Resultate der wissenschaftl. Erforschung 

des Balatonsees, pag. 24. 

Diese Form entspricht nach Kittl der Hologyra alpina Kokens. Das eine Exemplar zeigt eine 
beträchtliche Größe; die Spira ist sehr klein und niedrig, aber spitz; der letzte Umgang hüllt die andern 
fast ganz ein. Die Innenlippe ist kallös, ziemlich breit und flach, der Außenrand scharf, aber schlecht erhalten. 


[35] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 195 


Wenngleich auch die Verwandtschaft mit Hologyra alpina Koken eine ziemlich nahe ist, dürfte 
von einer vollständigen Identifizierung beider Arten besser abzusehen sein. Die Raibler Hologyra zeigt doch 
eine viel kallösere, mächtigere Innenlippe, die Spira ist merkbar niedriger, die Aufrollung weniger steil. 

Diese Unterschiede ergaben sich aus dem Vergleich mit Hologyrengehäusen vom Schlernplateau, 
deren Identität mit Hologyra alpina nach den allerdings nicht sehr klaren Abbildungen Kokens außer 
Zweifel steht. Doch scheint Hologyra involuta Kitt! neben H. alpina in den roten Mergeln vorzukommen. 
Wenigstens lassen zwei kleinere, etwas undeutlich erhaltene Stücke aus den Raibler Schichten eine Iden- 
tifizierung mit Hologyra involuta recht gut zu und entfernen sich in gleichem Maße von den H. alpina- 
Exemplaren derselben Aufsammlung. 

Stückzahl: 3 aus den Pachycardientuffen. 

2 aus den roten Mergeln vom Schlernplateau. 
Vorkommen: Pachycardientuffe, Raibler Schichten des Schlernplateaus, Veszpr&emer Mergel (Bakony). 


Hologyra eipitensis n. t. 
Taf. XX (II), Fig. 7a, b. 
Maße: Spindelhöhe 8 mm; Durchmesser 7: I0 mm. 


Ein kleines in zwei Exemplaren vorhandenes Naticopsidengehäuse schließt sich an Naticopsis 
impressa (Mstr.)*) an, ohne mit dieser Cassianer Form vereinigt werden zu können. Hologyra impressa 
wieder entspricht nach Kittl (Esino) ?) der H. carinata Koken?) in den Raibler Schichten, Charakteristisch 
erscheint für das kugelige Seiser Gehäuse außer der niedrigen kaum heraustretenden Spira und der wenig 
schiefen Aufrollung eine dem Innenrand parallele Furche. Die Art unterscheidet sich von Hologyra impressa 
hauptsächlich dadurch, daß der letzte Umgang die vorhergehenden nahezu vollständig umfaßt. Eine sub- 
suturale Linie ist vorhanden. Die Schale ist glatt, Zuwachsstreifen sind kaum sichtbar. 

Stückzahl: 2. 

Verwandte Formen: Hologyra impressa (Mstr.) St. Cassian. 

Hologyra carinata Koken. Schlern, Raibler Schichten. 


Hologyra cf. conomorpha (Kittl). 
1894. Protonerita conomorpha Kittl. Gastrop. Marmolata, Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt, pag. 132, Taf. III, 
Fig. 6—7. 
‚ 1895. Hologyra laevissima J. Böhm (p. p.). Gastrop. Marmolata, Palaeontogr., Bd. 42, Taf. XI, Fig. 5g. 
1899. Hologyra conomorpha Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annal., Hofmuseum XIV, pag. 52, Taf. IV, Fig. II—13. 
Hologyra conomorpha bezeichnet ein kugeliges Gehäuse mit niedriger, spitzer Spira und weit um- 
fassender letzter Windung, die an der Naht verdickt ist. Die Aufrollung ist ziemlich schräge, die Mündung 
mandelförmig, innen gerade, hinten spitz; Innenlippe normal, flach, verdickt, mäßig breit. Von Zuwachs- 
streifung ist bei den stark korrodierten Gehäusen wenig zu sehen. Die Aufsenlippe erscheint zugeschärft. 
Stückzahl: 1. 
Sonstiges Vorkommen: Marmolata, Esino (Caravina, Strada di Monte Codine, Cainallo, Alpe di Prada). 


Hologyra Kokeni J. Böhm. 
1895. Hologyra Kokeni J. Böhm. Gastrop. Marmolata, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 248, Taf. XII, Fig. 4c, Textfigur 39, 40. 
1899. » »  Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annal.,, Hofmuseum XIV, pag. 53, Taf. IV, Fig. 14. 
Von der vorigen unterscheidet sich die nachstehende Hologyra Kokeni durch die weniger schiefe 
Aufrollung, die über die typische Innenlippe etwas vorgebauchte Windung, durch eine Funikelbildung, die 


1) Kittl: Gastropoden, St. Cassian II, Annal., Hofmuseum 1892 (VII), pag. Sı, Taf. VII, Fig. 13, 15—17. 

2) Koken u. v. Wöhrmann: Die Fauna der Raibler Schichten vom Schlernplateau. Zeitschr. d. deutsch. 
geolog. Ges., Bd. 44, pag. 194, Taf. XII, Fig. 17—109. 

Kittl: Gastropoden der Esinokalke, Annal., Hofmuseum 1899 (XIV), pag. 49, Anm. 4. 


196 Friedrich Blaschke. [36] 


aber nach Kittls Darlegungen nicht sehr bezeichnend ist, wie die kleine kegelförmige Spira. Ein recht 
gut erhaltenes Gehäuse ist am besten hier unterzubringen. Die Schale zeigt schwache Spuren von Pigment 
und recht deutliche Anwachsstreifen, muß aber einst glatt gewesen sein, 

Stückzahl: 1. 

Sonstiges Vorkommen: Marmolata, Esino (Piz di Cainallo, Costa di Prada). 


Hologyra Tschapitana n. f. 
Taf. XX(II), Fig. Sa, b. 
Maße: Spindelhöhe Iı anm; Durchmesser 9:13 mm. 


Als neue Spezies ist eine in drei Stücken vorhandene Hologyra anzuführen, die recht scharf von 
den übrigen geschieden ist. Die Form ist elliptisch, abgeflacht, die Spira nur undeutlich abgesetzt, die Nähte 
sind seicht. Die Außenlippe ist nicht sehr zugeschärft, die Innenlippe unausgeprägt und durch eine flach konkave 
Depression der Spindel ersetzt, die mit einer unscharf beginnenden Kante in den Aufßenrand übergeht. Die 
Aufwindung ist ziemlich schräge. Die letzte umfassende Windung ist an der Naht verdickt, zeigt etwas 
weiter eine leichte Knickung. Die Mündung ist überhalbkreisförmig, innen gerade, hinten spitz zulaufend. 
In diesen letzteren Merkmalen schließt sich Hologyra Tschapitana an H. conomorpha und H. Kokeni an. 

Stückzahl: 3 


g) Neritidae Lam. 


Genus: Neritaria Koken. 
1892. Koken. Neues Jahrb. für Mineralogie, Bd. 2, pag. 26. (Über die Gastropod. der roten Schlernschichten.) 
1892. Koken und v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten. Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges., Bd, 44, 


pag. 192. 
1899. Kittl. Gastropoden der Esinokalke, Annal. Hofmuseum XIV, pag. 56 ff, (hier auch die übrige Literatur). 


Neritaria Mandelslohi (Klipst.) 
Taf. XX(I), Fig. 9b. 
1843. Natica Mandelslohi Klipstein. Beiträge I, pag. 193, Taf. XIII, Fig. 2. 
1892, » » Kittl. Gastropoden v. St. Cassian. II., Annal. Hofmuseum VII, pag. 88, Taf. VII, Fig. 31—33 

(hier auch Literat.) 

1895. Neritaria Mandelslohi J. Böhm, Gastrop., Marmolatakalke, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 238, Taf. XIII, Fig. 2 (exl. 2f.), 
1899. » > Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum, XIV, pag. 61. 
1900. » Mandelslohi? Kittl. Triasgastrop. d. Bakonyer Waldes. Resultate d. wissenschaft. Brforschu = d. Bala- 

tonsees. I. Bd., I. T., pag. 23. 

Neritaria Mandelslohi ist in mehreren Exemplaren vertreten; sie stimmen mit den Originalen gut 
überein. Die Spira ist stumpf und kaum über die letzte Windung erhoben, die Schale glatt mit äußerst 
schwacher Anwachsstreifung; die schwielige Innenlippe variiert in der Ausbildung, indem ein Gehäuse einen 
Zahn zeigt, die anderen dagegen nur eine schwache Wölbung aufweisen. Farbenzeichnung ist kaum an- 
gedeutet. Auch aus den roten Raibler Schichten liegt ein kleines Gehäuse vor, das sich von Neritaria 
plicatilis Klipst. (similis Koken) merklich unterscheidet und wohl als N. Mandelslohi zu bezeichnen ist. 

Zahl der Exemplare: 3 aus den Tuffen, I aus den Raibler Schichten. 

Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Marmolata, Esino, Seelandalpe, Schlernplateau (?), Veszpremer 
Mergel (Bakonyer Wald). 


Neritaria sp. indet. aff. Mandelslohi (Klipst.). 
Taf. XXI), Fig. 9a. 
Ein kleines Naticopsidengehäuse ist von voriger Form, der es in seiner sonstigen Ausbildung am 
nächsten steht, durch eine sehr auffallende Bildung der Innenlippe verschieden. Es springt nämlich von 
der den Nabel verdeckenden, nur unscharf abgegrenzten kallösen Innenlippe ein Lappen in die Mündung 


[37] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 197 


vor, so daß diese fast zweigeteilt wird und etwa halbmondförmig erscheint. Eine ähnliche Bildung kommt 
nur bei Oncochilus globosus (Laube) vor, doch fehlen der Seiser Form, wie ich mich bei der Präparation 
überzeugen konnte, die charakteristischen zwei Zähne. Es mag sich in unserem Falle um eine eigentümliche 
Aberration handeln. 

Neritaria plicatilis (Klipst.). 

Taf. XX(II), Fig. Ioa, b. 

1843. Natica phcatilis Klipstein. Beiträge I, pag. Ig5, Taf. XII, Fig. 9. 
1892. » » Kittl. Gastrop. St. Cassian Il, Annalen, Hofmuseum VII, pag. 88, Taf. VII, Fig. 34—36. 
1892. Neritaria similis Koken u. v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten. Zeitschr. d. deutsch. geolog. 

Gesellschaft XLIV, pag. 192, Taf. XII, Fig. 1—6, 9. 

1893. Neritaria similis v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten. Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanst, pag. 681. 
1899. » > v. Zittel, Über Wengener, St. Cassianer u. Raibler Schichten. Sitzungsber. d. k. bayr. Akad. 

d. Wiss, Bd. 29, H. 3, pag. 352. 

1900. Neritaria cf. similis Kittl. Triasgastrop. des Bakonyer Waldes. Resultate der wissenschaftl. Erforschung des 

Balatonsees. I. Bd., I. Teil, pag. 23. 

Neritaria plicatilis steht Neritaria Mandelslohi so nahe, daß sie wohl mit dieser in das Genus 
Neritaria zu stellen ist. Außerdem scheint mir Neritaria similis Koken aus den Raibler Schichten 
von N. plicatilis nicht gut trennbar zu sein, so daß ich die Zusammenziehung der Cassianer und Raibler 
Spezies in eine vorschlagen möchte. Koken hat übrigens die Identität seiner Neritaria similis mit einer 
der Cassianer Arten als wahrscheinlich und den von ihm gewählten Artnamen ohnehin als provisorisch 
bezeichnet. Diese Identität scheiut mir auch durch den Vergleich mit einer größeren Anzahl von als 
N. similis bestimmten Stücken vom Schlernplateau gesichert. 

Neritaria plicatilis ist in den Tuffen relativ reichlich vertreten und unterscheidet sich von Neritaria 
Mandelslohi vor allem in der Ausbildung von Nahtfalten, die aber bei etwas korrodierten Gehäusen un- 
deutlich werden. Die Nabelgegend ist vertieft, die Innenlippe zeigt eine rundliche, kallöse Verdickung und 
wird von der letzten Windung durch einen furchenartigen Einschnitt scharf getrennt, der hier viel deutlicher 
auftritt als bei Neritaria Mandelslohi, besonders bei größeren Exemplaren. 

Der Apex ist stumpf und tritt nur unbedeutend hervor, die Mündung rundlich, innen mehr gerade 
begrenzt und bildet zwischen Außen- und Innenlippe einen spitzen Winkel. Hier ist auch eine Depression 
wahrnehmbar. 

Von dieser Art sind drei größere und fünf kleine Exemplare aus den Tuffen vorhanden. 

Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Schlern, Raibler Schichten, Veszpr&mer Mergel (Bakonyer Wald). 


Neritaria cassiana (Wissm.). 
Taf. XXI), Fie. 11. 


1841. Natica cassiana Wissmann bei Münster. Beiträge IV, pag. 98, Taf. X, Fig. 3. 
1892. Naticopsis cassiana Kittl. Gastropod., St. Cassian II, Annalen, Hofmuseum VII, pag. So, Tat. VII, Fig. 18—2T, 

Taf. IX, Fig. 9, Io (Literatur). 

1895. Hologyra (Vernela) dissimilis J. Böhm. Gastrop. Marmolatakalke, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 232, Textfig. 44. 
1899. Holog'yra ” Kittl. Gastropod. d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 49, Anm. 4. 
1900. Neritaria sp. (Neritaria cassidna) Kittl. Triasgastropoden?!des Bakonyer Waldes. Resultate der wiss. Erforschung 

des Balatonsees. (Palaeont. Anh.) I. Bd., I. T., pag. 38. 

Kittl hat in der Beschreibung der Esinogastropoden Natzcopsis cassiana als Hologyra bezeichnet 
und J. Böhms Hologyra (Vernelia) dissimilis eine entsprechende oder identische Form genannt. In den 
» Triasgastropoden des Bakonyer Waldes« führt er dagegen diese Form wie auch Hologyra ovulum Stopp. 
als Neritaria an. Die letztere Annahme scheint durch die Art der Ausbildung der Innenlippe herbeigeführt 
die mit einem Höcker ausgestattet ist, der besonders weit nach unten gerückt erscheint. Die inneren Merk- 
male blieben der Untersuchung allerdings unzugänglich. 

Die vorliegenden Stücke sprechen für eine Vereinigung von Wissmanns Natica cassiana mit 
Böhms Hologyra dissimilis aus den Raibler Schichten vom Schlernplateau. Sie stimmen sowohl mit den 


198 Friedrich Blaschke. [38] 
Cassianer Exemplaren als auch mit Böhms Figur zu Hologyra dissimilis hinreichend überein, wenn sie 
auch untereinander kleine Unterschiede zeigen, wobei gerade ein Gehäuse aus den Raibler Schichten den 
Cassianer, das eine Gehäuse aus den Tuffen der Abbildung Böhms näher zu stehen scheint. 

Die Innenlippe des kugeligen glatten Gehäuses (in einem Falle finden sich jedoch verlaufende 
Streifen unter der Naht) mit niedrigem spitzen Apex ist kallös und abgeflacht. Im unteren Eck ist sie mit 
einem etwas variablen Höcker ausgestattet, vom Gewinde wird sie an einer verschieden stark ausgebildeten 
Furche etwas überwölbt. Dieser Charakter variiert aber scheinbar mit der Kallosität der Lippe. Der Außen- 
rand ist scharf, die Mündung halbkreisförmig-eiförmig, die Aufwindung mäßig steil. 

Bei dieser etwas weiten Fassung der Art fällt vielleicht auch Naticopsis expansa Laube (Gastrop. 
St. Cassian II, Taf. VII, Fig. 22—24) in ihren Bereich. Von den drei vorliegenden Stücken von Neritaria 
cassiana stammen zwei Gehäuse aus den Pachycardientuffen, ein drittes wohlerhaltenes aus den roten 
Schlernplateaumergeln. Sie sind ungefähr gleich groß und greifen in der Variationsweite übereinander. 

Vorkommen: Pachycardientuffe, Raibler Schichten (Schlernplateau), St. Cassian, Veszpr&mer Mergel (? 
(Bakonyer Wald). 

Neritaria transiens Kittl. 
1892. Natica transiens Kittl. Gastropod. St. Cassian II, Annalen, Hofmuseum VII, pag. 89, Taf. VIII, Fig 39, 40. 


Neritaria transiens schließt sich so innig an die vorigen Formen an, daß sie wohl auch noch in das 
Genus Neritaria einzubeziehen sein dürfte, Ein recht gut erhaltenes Gehäuse ist hier einzureihen, das sich 
durch die größere Steilheit der Windungen, die spitzere Spira, die schärfere Naht, wie besonders durch die 
charakteristische grobe Faltung unterscheidet, die über das ganze Gehäuse hinzieht. Die einzelnen Falten 
sind wohl aus der Zuwachsstreifung hervorgegangen und nach hinten geschwungen. Die Innenlippe zeigt 
eine Vertiefung in der Nabelgegend. Von Färbung sind nur schwache Spuren vorhanden. 

Sonstiges Vorkommen: St. Cassian. 

Stückzahl: 1. 

Genus: Cryptonerita Kittl. 

1894. Kittl. Gastrop. Marmolata, Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, pag. 126. 


1895. J. Böhm. Gastrop. Marmolata, Palaeontogr., Bd 42, pag. 241. 
1899. Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annal, Hofmuseum, pag. 70. 


Cryptonerita elliptica Kittl. 


? 1858--1860. Natica robustella Stoppani. Petrif. d’Esino, pag. 50, Taf. XI, Fig. 25—26 p. p. 
1894. Oryptonerita elliptica Kittl. Gastrop. Marmolata, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt XLIV, pag. 126, Taf I. 


Fig. 13—15, 17. 
1895. Cryptonerita ellibtica J. Böhm. Gastrop. Marmolatakalke, Palaeontogr, Bd. 42, pag. 24I, Taf. XV, Fig. 12. 
1899. » > Kittl. Gastropod. d. Esinokalke, Annal. Hofmuseum XIV, pag. 71, Taf. I, Fig. 14—15. 


Mit den trochusähnlichen Formen, die Kittl unter diesem Namen von der Marmolata beschrieb, 
zeigen zwei allerdings etwas mangelhaft erhaltene Gehäuse weitgehende Übereinstimmung, ein drittes steht 
weiter seitab und kann nicht mit dieser Art identifiziert werden. 

Die Spira ist erhalten, die Nähte sind deutlich ausgeprägt und tief eingeschnitten, die freien Windungen 
gewölbt und deutlich hervortretend.. An der Naht ist eine geringe horizontale Abflachung wahrzunehmen. 

Die Nabelgegend ist stark vertieft und durch eine von der Innenlippe gebildete, steil gestellte Fläche 
begrenzt. Die Mündung ist oval. Schräg von der Naht verlaufende Zuwachsstreifen sind deutlich wahrnehmbar. 

Stückzahl: 2. 

Sonstiges Vorkommen: Marmolata, Esino (selten), Grigna. 


Cryptonerita (2?) Sturanyi n. f. 
Taf. XX (II), Fig. 12a, b. 
Maße: Spindelhöhe Io mn, Durchmesser 15 : 12 mm, Höhe der Spira 2 mm. 
Durch die flachere Ausbildung, die kleinere, mehr eingesenkte Spira, die demgemäß tief einge- 
schnittenen Nähte, sowie die starke Nabelvertiefung unterscheidet sich diese Form beträchtlich von Crypio- 


nerita elliptica; sie scheint dagegen Beziehungen zu Cryptonerita (Natica) Berwerthi zu haben. 


Die Gastropodentauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. I 
[39 P % P 99 


Die Nabelbildung entspricht der generellen, die Zuwachsstreifung ist ziemlich gerade. Die Zuteilung 
dieser Form zu Crypfonerita erscheint mit Rücksicht auf die erwähnten Beziehungen zu anderen Spezies 
dieses Genus ganz angemessen, wenn ich auch das einzige vorliegende Gehäuse nicht auf innere Resorption 
hin untersuchen konnte. Alle sichtbaren Merkmale lassen dagegen diese Annahme zu. 

Stückzahl: I. 

Purpurinidae Zitt. 


Genus: Pseudoscalites Kittl. 


Pseudoscalites Wöhrmanni n. f. 
Taf. XX (I), Fig. 13, 14. 

Unter dem Material aus den Raibler Schichten fand sich in einigen Stücken eine Form, die 
zwar in der Skulptur sehr an Tretospira multistriata v. Wöhrmann erinnert, aber doch in vieler Beziehung; 
Eigenheiten zeigt. 

In Bezug auf die Auffassung der Tretospira multistriata besteht keine Übereinstimmungt). v. Wöhr- 
mann beschrieb sie als Melanza, Lorett als Fusus, Koken begründete ein neues Genus, während Kittl 
1892 eine sehr ähnliche Form zu Piychostoma gestellt hatte, die er dann im Nachtrag als identisch mit der 
Raibler Form erklärte. Doch wäre Tretospira multistriata nicht als Synonym von P, fasciata zu bezeichnen, 
sondern umgekehrt die 1889 von Wöhrmann beschriebene nach dem Prioritätsgesetze vorangehend. 

In der Fauna der Esinokalke spricht endlich Kittl die Meinung aus, daß Tretospira mit Pseudo- 
scalites aus demselben Stamm entsprossen und wahrscheinlich mit diesem zu vereinigen wäre. 

Es scheinen aber in diesem Falle überhaupt mindestens zwei verschiedene Typen infolge ähnlicher 
Skulptur nicht hinreichend auseinandergehalten worden zu sein, was bei dem oft ungenügenden Erhaltungs- 
zustand der Raibler Versteinerungen wohl auch zuweilen fast unmöglich ist. 

Wie weit sich verschiedene Formen auf Grund der vorhandenen Beschreibungen und Abbildungen 
unterscheiden ließen, ist allerdings nicht mit voller Sicherheit zu bestimmen. 

v. Wöhrmanns Original ist gegenüber den später hierher gestellten Gehäusen ein außerordentlich 
kleines Stück, die Abbildung wird übrigens als zum Teile mißlungen bezeichnet. Die beschreibende Charak- 
terisierung im Texte erscheint gegenüber dem in den späteren Gastropodenfaunen geübten Brauche zu weit 
und unbestimmt. Denn die Höhe der Spira, ihr Verhältnis zur letzten Windung wird als wichtiges Merk- 
mal betrachtet, demgegenüber die Skulptur offenbar in verschiedenen Gruppen konvergente Ausbildung 
zeigt, ein Vorgang der in vielen Beobachtungen seine Begründung findet. 

Koken hat in seiner Gastropodenbeschreibung der roten Schlernplateauschichten zwar einen eigen- 
tümlichen Skulpturtypus als var. Cassiana hervorgehoben, im übrigen aber bei Begründung des Genus die 
auffallende Verschiedenheit in allen Proportionen, den das Fig. 8 und 13 abgebildete Stück besonders gegen- 
über 9 und 12 bietet, nicht berücksichtigt. 

Nach dieser Abbildung scheint aber nur 8 und 13 (Io) mit vv. Wöhrmanns Melania multistriata 
übereinstimmbar zu sein, die anderen mögen dagegen tatsächlich mit Tretospira fasciata Kittl aus der 
Umgebung von St. Cassian (Heiligenkreuzer Schichten?) übereinstimmen und so auch zu bezeichnen sein. 

Als Haupttrennungsmerkmal dürfte die Art des Wachstums anzuführen sein. Bei Melania multi- 
striata s. restr. ist die Apikalseite der Umgänge stark konvex und gewissermaßen an der Spira hinaufgezogen. 
Bei Tretospira fasciata dagegen ist die Apikalseite der Umgänge abgeflacht und stößt stumpfwinklig an 


1) 1889. Melania multistriata v. Wöhrmann. Fauna der sog. Cardita u. Raibler Schichten. Jahrbuch der 
k. k. geolog. Reichsanstalt, pag. 230, Taf. X, Fig. 22. 

1892. Ptychostoma fasciatum Kittl. Gastropoden v. St. Cassian II, Annalen d. Hofmuseums VII, pag. 159, Taf. VIII, 
Fig. 30, 31. 

1894. Tretospira fasciata Kittl. Gastropoden v. St. Cassian II, Annalen d. Hofmuseums IX, pag. 251. 

1892. Tretospira Wöhrmanni Koken u. v. Wöhrmann, Fauna d. Raibler Schichten v. Schlernplateau. Zeitschr. d. 
deutsch. geol. Gesellsch., pag. 197, Taf. XVI, Fig. $—10, 12, 13 (II, IL«). 

1899. Pseudoscalites Kittl. Gastropoden d. Esinokalke, Annalen d. Hofmuseums XIV, pag. 78. Pseudosc. armatus 
(Stopp.) daselbst, Taf. XI, Fig. 1—ı2, Textf. 18—20. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XVII. 26 


>00 Friedrich Blaschke. 140] 


den vorhergehenden Umgang, dessen hochgewölbte Außenseite mit der Skulpiur ein Stück herausragt. Dabei 
ist die Apikalseite durch Spirallinien, besonders einer hervortretenden, geteilt Auch sonst scheinen Skulptur- 
unterschiede zu bestehen. 

Treiospira jfasciaia(?) scheint dabei tatsächlich nur gradueli von Pseudoscaliies unierscheidbar, 
Wöhrmanns M.(?) muläsiriaia dagegen durch den Modus des Schalenaufbaues so verschieden, wie etwa 
Purpuroidea Raiblensis n. i, die im nachfolgenden zur Beschreibung gelangt und ein ähnliches Verhalten 
der Apikalseite der Windungen erkennen läßt. Sie stände in einem ähnlichen Verhältnis als ausschließlich 
durch Längsrippen verzierte, knotenlose Form zu dieser Purpuroidea, wie Treiospira oder Pseudoscaliies 
Wöhrmanni zu Pseudoscaliies armaius und wäre, wenn Modiäkation der Skulptur keine Genusdifierenz 
ausmacht, etwa auch als Purpuroidea zu bezeichnen. Doch liegt mir kein solches Stück vor, so daß ich 
diese Fragen nicht zu enischeiden vermag. 

Unter den vorliegenden Formen, die sämtlich dem Typus Pseudoscalites (Treiospira?) angehören 
und eine abgeflachie, kaum konkave, scharf am vorhergehenden Umgange abstoßende Apikalseite haben, 
läßt sich keine so recht mit Treiospira jasciaia oder auch einer der Kokenschen Abbildungen vereinigen. 

Sie gruppieren sich auch untereinander um einen höheren und einen niederen, breiteren Typus, die 
aber vorläuäg nicht scharf zu frennen sind. 

Besonders ein höheres, ziemlich großes Gehäuse wäre bis auf die Skulptur mit Pseudoscaliies 
wohl vereinbar. Demgemäß wurde die Form auch hier so bezeichnet, da Treiospira wohl einer Revision 
beduntig ist. 

Die Skulptur besteht in einer scharf hervoriretenden Längslinie, welche die Apikalseite ungefähr n 
der Mitte teilt, neben der noch einige weitere feine Linien auftreien, ferner aus den Spiralkielen der Außen- 
seite, die je zu zweien zusammengssiellt erscheinen, und aus Anwachssireifen, die nur auf der Apikalseite 
nach rückwärts geschwungen deutlich hervortreten. Diese Skulptur ist auch auf den jüngeren Windungen 
deutlich zu beobachien. 


Dieser Beschreibung liest zunächst ein großes, hochsewundenes Gehäuse zu Grunde, das die Psew- 
doscalites-Proporüonen klar hervortreien, dagegen die Apikalseite, die relativ schmäler ausfällt, nicht 
so charakteristisch erscheinen läßt, ferner zwei niedere Stücke, von denen besonders eines Jugendwindungen 
ın deutilichster Ausbildung darsielli, während das zweite etwas abgerollt und daher weniger scharf umrissen 
ist Ein vieries Bruchstück sielli einen mittleren Typus dar. 

Die Verbreitung dieser Formen an anderen I okalitäten ist nach dem Gesagten nicht. genauer zu 
überblicken. vw. Zittel rührt Treiospira muläsiriaia in seiner Liste der Pachycardienfauna an, mir las 
nichis ähnliches vor. 


Genus: Purpuroidea Lyc. 

Aus den Tufen liegt ein Bruchstück eines Gehäuses vor, das zu einer Purpuroidea-ähnlichen Form 
zu gehören scheint. Doch war eine genauere Bestimmung zunächst ausgeschlossen. Nun liegt auch aus 
den roten Schlernplateauschichten ein größeres Stück vor, das mit jenem sicher identifiziert werden 
kann und mit ihm zusammen das Bild einer bemerkenswerten Form darbieiet. Die Stellung zu Purpuroidea 
scheint nur bei einer gewissen Erweiterung dieses Genus möglich. Das Charakteristikum dieses und 
der nahe verwandten Formenkreise (Pseudoscalites Kittl, Angularia Koken, Treiospira Koken) — die unter 
der Naht abgeplattete, von emer Umgangskante begrenzte Apikalläche — erscheint hier fast vollständig ver- 
wischt, die Knoten treten direkt an die Naht heran, die Umgänge werden hiedurch zwischen den Knoien 
gleichmäßig gewölbt. 

Diese Ausbildung erscheint bei Purpuroidea subcerithiformis Kittl schon angebahnt und veran- 
laßte wohl auch ]. Böhm, diese Marmolataform zu Coronaria zu stellen. Die vorliegende Form aber wird 
trotz der noch weiter gehenden Verwischung der abgeflachten Apikalseite durch die Ausbildung der letzten 
Windung, die in einen deutlichen Ausguß ausläuft, von Coronaria ausgeschlossen, 


fe1] Die Gastropodenfanna der Pachyrardismiuffe der Seseralpe a Sadtirol 201 


Purpuroidea Baiblensis n. £ 
Taf IX, Fie 15a, B. 
Der Apikalwinkel beträgt wa 30°, das Geänme st demsemäß 
wächst zu bedeutender Größe heran. Die Umgänge nehmen ner langsam an Höhe zu Sie bilklen am der 


Naht stark ausgesprochene Knoten, zwischen denen zur auf den Jugendwindengen gewissermaßen als Rest 
der apikalen Abplatiıms die gleichmäßsse Wölbung des Umganses desch eime sinmpfe scıcchwum 
—: ee u Auf den nee sind Bez die Umgänge zwischen den sl 


im Reihen unferemander stehen == EEE auf den jüngeren Wind zen dichter ansisander geräc 

Die Außenseite der Umgänge verläuft mittels einer stumpien Kanie m die komische Basis Auf de 
erußen Schlußwindıng, die an Höhe der Spira wohl mindesiens gleichkam, ist 2 E 
zu undeutlichen, m Längsseihen verlanienden Knoten bedeckt, die aber auschemend m keiner regelmäßigen 
Beziehung zu den sufwralen Höckem siehen Es lassen sich ciwa He Reben Gheremanmdler sierscheiden 
Diese Skulpior erinnert eimigermaßen an Pseudoscaliies. Die Mimdung =: mehr als zwezeal so hoch we breii und 
im einen ganz kurzen Aussuß ausgezogen, die Immenlippe ciwas umssschlagen. 


die Taieral- 


Von dieser Form hegt aus den Raibler Schichiza cm 56 mm hols, wa des Umszese meiassendes, 
aus den Tursen cin kleines, nur den leizien Umgass zegendes Stück vor, des ar de Mindmsesvebak- 
nisse sehr schön erkennen laßt 

Vorkommen: Raibler Schichten vom Schlermplatsau Pachyrardeninme des Frombaches 


5) Naticidae Forbes. 
Genus: Amauropsis Mörch, 
Amauropsis Abeli n. =p. 
Ta NXU(M, Fıe. sa, B. 
Maße: Spmäelböbe 15 mm; Derchmesser 11:8 um. 
Die Gatiung Amauroßsis ist ın den Tun durch me Form verireien, die der Amauroßsis Sancıae 
erucis von Si Cassian wohl sehr nahe sieht, eine vollständige Idemiisziereng aber zicht zulaße 
Die Gehäuse sind gui erhalten, ziemlich niedrig und gensiet. Der liizie Umsans überide die vVoer- 
spiizem Apex Die Mündıms ist rundlich, die Immenlippe schwach kallos, wit ner Naheliurhe de von 
eimer Kante besrenzt wird Die Skulptur des etwas abgeriehenen Gehäuses ist schwach, aber desiich 
erkennbar; sie besteht aus dichf gesielken, sinwos nach hinten geschwensenen qusren Anwachssireize, de 
yon weiter enifernten, der Naht paralleien feinen Längsinien in schräger Richtung geschnitien werden 
Von dieser wöhlgeschiedenen Art sind vier gui erhaltere Gehäuse vurkanden 
Viellsicht ist mit dieser Form auch Amauroßsis sp’) aus dem Raibler Schichien sieniisch oder 
steht ihr mindssfens sehr nahe. 


:) Pyramidellidae Gray. 
Genus: Loxonema Phlips 
1899. Kittl. Gzstrop. d Esinokalke, Annal, Hofenseum, XIV, pag. 3 (Litsater) 


Loxonema aretecostatum Msir. 
Su. Turiiela arcecnsiaia Münster. Beitr, IV, pas. ı2r, Ta2. N, Pie 35 
1892. Zyropleura arcierosiata Koken nv. Wöhrmann. Faume der Raibler Ichichiee vum Schleraplaiese Zeiische 
& deuisch. seoloe. Ges, Bd NLIV, pas. zur Ta£ WLFe 35 


2) Amaurofsis sb. Koken u v. Wöhrmann: Fause der Raibkr Schichten vum Schlormpleiese Zetsche 


d. deutsch. seolog. Ges, NLIV (1$ge\ pas. 206, Taf NVL Fir 2 
= 


202 Friedrich Blaschke. [42] 


1893. Zygopleura (Laxonema) arctecostata v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichs- 


anstalt 43, pag. 677. 
1894. Loxonema arctecostata Kittl. Gastropod. v. St. Cassian, III, Annal., Hofmuseum IX, pag. 148, Taf. IV, Fig. 9—14. 


1894. » » »  Kittl. Gastropod. Marmolata, Jahrb. d. k.k. geolog. Reichsanstalt, 44, pag. 151, Taf. V, 
Fig. 5. 

1895. Loxonema arctecostatum J. Böhm. Gastropod. Marmolatakalke. Palaeontogr., Bd. 42, pag. 263. 

1899. » > » Kittl. Gastropod. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum, XIV, pag. 91. 

1900. » » » Kittl. Triasgastropoden d. Bakonyer Waldes. Resultate der wissenschaftl. Erforschung 


des Balatonsees. (Palaeont. Anhang.) Bd. I, Tl. I, pag. 26. 


Drei unvollständige Gehäuse, von denen die Jugendwindungen fehlen, stimmen in Form und Zahl 
der Querfalten mit dieser weitverbreiteten Triasform gut überein. Der Gehäusewinkel beträgt etwa 15, 
die Anzahl der Rippen ungefähr Iı5 pro Umgang. Die Windungen sind etwas gewölbt, die Nähte dem- 
gemäß vertieft. 

Stückzahl: 3 

Stonstiges Vorkommen: St. Cassian, Raibler Schichten vom Schlernplateau, Marmolata, Veszpremer 
Mergel (Bakonyer Wald). 


Loxonema grignense Kittl. 
Taf. XX (U), Fig. 17a, b. 

1899. Loxonema grignense Kittl. Gastropoden d. Esinokalke. Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 9I, Taf. XI, Fig. 14-16. 

Der Gehäusewinkel beträgt 15—25°, das Gehäuse ist spitz, turmförmig. Die Umgänge sind ziemlich 
hoch, die Querfalten treten aber nur im obersten Teile des Gehäuses auf und werden auf den älteren 
Windungen viel schwächer, so daß sie auf den etwas korrodierten Gehäusen kaum zu sehen sind. Die 
Schlußwindung erscheint glatt. Die Nähte sind ziemlich flach. 

Vier mäßig gut erhaltene Gehäuse sind hier einzureihen. Von den Raibler Formen scheint Zygo- 


pleura (Coronaria) pyrgula Koken dieser Form zu entsprechen, vielleicht sogar identisch zu sein. 
Sonstiges Vorkommen: Esino, Costa di Prada. 


Subgenus: Anoptychia Koken emend. Kittl. 
1894. Gastropod. St. Cassian, III, Ann., Hofmuseum IX, pag. 152, daselbst auch Literatur. 


Loxonema (Anoptychia) canalifera (Mstr.). 
1841. Melania canalifera Münster. Beitr., IV, pag. 96, Taf. IX, Fig. 39. 
1894. Loxonema (Anoptychia) canalifera Kittl. Gastropod. St. Cassian, III, Annalen, Hofmuseum, pag. 152, Taf. IV, 

Fig. 4I—45. 

1900. Anoptychia canalifera Kittl. Triasgastropoden d. Bakonyer Waldes. Resultate wissenschaftl. Erforschung des 

Balatonsees; paläont. Anhang, I. Bd., I. TI., pag. 27. 

Von glatten Loxonemen ohne Querfalten kommt nur diese Art in den Tuffen vor; das Gehäuse 
ist turm- oder keulenförmig, ungenabelt. Die Nähte deutlich, Umgänge sehr schwach gewölbt, Schale glatt, 
die Jugendwindungen mit Querfalten. Eines der beiden vorhandenen Stücke ist ein Jugendexemplar, das 
nur die ersten Windungen zeigt, die Querfalten aufweisen. 

Stückzahl: 2. 


Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Veszprämer Mergel (Bakonyer Wald). 


Genus: Pseudomelania Pict. et. Camp. 


Pseudomelania subsimilis (Mstr.). 
Taf. XX (I), Fig. 18. 


1894. Pseudomelania subsimilis Kittl. Gastrop. v. St Cassian III, Ann., Hofmuseum IX, pag. 173, Taf. VI, Fig. 56—58. 
1894. » » Kittl. Gastrop. Marm., Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, pag. 165. 
1899. » » Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Ann., Hofmuseum XIV, pag. 94. 


[43] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 203 


Turmförmige Gehäuse mit sehr gleichmäßig anwachsenden Windungen, die ziemlich schräg ver- 
laufen und fast doppelt so breit als hoch sind. Umgänge ziemlich gewölbt, Nähte demgemäß scharf ein- 
geschnitten. Die Zuwachsstreifung ist ziemlieh gerade und deutlich ausgeprägt, die Oberfläche etwas korro- 
diert; Nabel geschlossen, die Anfangswindungen fehlen, 

Es liegen nur zwei mäßig erhaltene Gehäuse dieser Art vor, 


Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Marmolata. 


Genus; Oonia Gemmellaro. 
Oonia similis (Mstr.). 
Taf. XX (D), Fig. Iga, b. 
1841. Melania similis Münster. Beitr. IV, pag. 94, Taf. IX, Fig. 20. 
1894. Pseudomelania (Oonia) s’milis Kittl. Gastrop., St. Cassian. Annal., Hofmuseum IX, pag. 177, Taf. VI, Fig. 10—14 
(auch Literatur). 
non 1890. Turitella cfr. similis Tommasi. Rivista della Fauna Raibliana del Friuli, Annali del R. Istituto Tecnico 
Antonio Zanon, Udine, Serie II, anno VIII, pag. 241. 
1893. Pseudomelania cfr. similis vv Wöhrmann. Die Raibler Schichten, Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 43, 
pag. 675. 
1900. Oonia cf. similis Kittl. Triasgastropoden des Bakonyer Waldes. Resultate der wissenschaftl. Erforschung des 
Balatonsees. (Palaeont. Anhang) 1. Bd., I. Teil, pag. 39. 


Kittl hat darauf hingewiesen, daf sich diese Form nahe an Pseudomelama subsimilis anschließt, 


anderseits in manchen Stücken Fuchrysalis sphinx sehr nahe kommt. 


Eine größere Anzahl verschieden großer Gehäuse ließ sich hier anreihen. Die pupoide Form ist 
nicht in allen Fällen gleichmäßig ausgebildet, die Umgänge sind etwas schräg, stark gewölbt, und nehmen 
im Laufe des Wachstums beträchtlich an Höhe zu; die Nähte sind tief eingeschnitten, die geraden Zuwachs- 
streifen recht undeutlich; die Spindel ist solid, die Innenlippe etwas umgeschlagen und bildet einen falschen 


Nabel, die Mündung ist ziemlich weit und zeigt einen schwachen Ausguß in der Spindelecke, 


Turitella similis Mstr. wurde als Synonym von Turitella Lommeli von Kittl als Zoxonema (Poly- 
grina) Lommeli (Mstr.) beschrieben. Tommasis Turitella cfr. similis Münster gehört also von vorn herein 
nicht hieher. 

Stückzahl: 11. 

Sonstiges Vorkommen: St, Cassian, Raibler Schichten (?), Veszpr&mer Mergel (Bakonyer Wald), 


Genus: Euchrysalis Laube, 
Euchrysalis sphinx (Stopp.). 
Taf. XX (I), Fig. 20a, b. 
1899. Euchrysalis sbhinx Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum IX, pag. 178, Taf. XVII, Fig. IT—12, 

Textf. 105. 

Mehr schlanke, turmförmige Gehäuse von ausgesprochen pupoider Ausbildung mit ziemlich hohen, 
gewölbten, schräg verlaufenden Umgängen werden wohl am besten bei dieser Art untergebracht. Der 
Nabel ist geschlossen, die Basis der etwas nach unten verzogenen letzten Windung ist an der Spindel mit 
deutlichen Längslinien bedeckt. Die Zuwachsstreifung verläuft gerade, die Mündung ist ziemlich weit ab- 
stehend und hoch, 

Die Seiser Formen sind wohl untereinander etwas verschieden, auch etwas abweichend von den ab- 


gebildeten Originalen, scheinen aber doch zu einer weiteren Trennung nicht genug Anhaltspunkte zu bieten. 
Kittl spricht in der Beschreibung der Esinogastropoden die Vermutung aus, daß seine Oonia 
similis eine weitere Trennung zulasse, da gewisse Exemplare eine ganz analoge Ausbildung mit Euchrysalıs 


sphinx zeigen, Die Art dürfte daher auch in Cassian anzunehmen sein, 


204 Friedrich Blaschke. [44] 


In den Raibler Schichten scheint Rissoa tirolensis (nicht alpina) Koken!) eine ähnliche Form 
vorzustellen, 

Stückzahl: 4. 

Sonstiges Vorkommen: Esino, Marmolata, St. Cassian (?), Raibler Schichten (?). 


Genus: Trypanostylus Cossmann. 
(Eustylus Kittl non Schönherr 1813.) 


Gen. Eustylus Kittl. Gastrop. v. St. Cassian, Annalen, Hofmuseum IX, pag. 192. 

„  Trypanostylus Cossmann. 1895, Journal de Conchyl. XV, Revue bibliogr. 

Kittl unterscheidet in der Reihe der hieher gestellten Formen zwei Gruppen, die eine des Trypa- 
nostylus militaris Kittl mit hohler Spindel und etwas pupoider Gestalt, die andere des Trypanostylus tria- 
dieus Kittl mit solider Spindel und demgemäß spitzkegelförmigem bis fast zylindrischem Gehäuse. 

Unter den Gastropoden der Pachycardientuffe war eine Anzahl von Formen von hoher, turmförmiger 
Gestalt, mit relativ breiten, flachen, langsam anwachsenden, nicht stufig abgesetzten Windungen am besten 
den Trypanostyliden anzugliedern. Zugleich aber überschritten die Formen die ursprüngliche Fassung vor 
allem in der Richtung der Skulptur, indem zwei Formen mit perennierender Querfaltung zu verzeichnen 
sind, ein Merkmal, das sonst fast durchwegs höchstens auf den Jugendwindungen auftritt, 

Anderseits ließen die Trypanostyliden die scharfe Trennung in zwei Gruppen, die Kittl beobachtet 
hat, nämlich den etwas pupoiden mehr hochmündigen Formenkreis des Trypanostylus militaris gegenüber 
dem spitzkegelförmigen Typus des Trypanostylus triadicus mit trapezoidischer Mündung und flacherer 
Basis scharf erkennen. Wenn auch Trypanostylus Konincki eine Übergangsform zwischen beiden dar- 
stellt, wäre es doch vielleicht angezeigt, die spitzkegelförmigen Trypanostyliden als eine geschlossene Unter- 
gattung zusammenzufassen, denen die anderen als typische Formen gegenüber stehen, da Kittls Genus- 
definition die etwas pupoide Gestalt als Merkmal anführt. Diese Fixierung eines besonderen Namens für 
die engere Gruppe steht mit dem allgemeinen Gebrauche in der Systematik der Gastropoden wohl 
im Einklange. 

Trypanostylus Suessii n. f. 
Taf. XX (I), Fig. 21a, b. 


Die Gattung Trypanostylus ist in den Tuffen reich vertreten. Ich eröffne die Reihe der 
hieher gehörenden Formen mit einer anscheinend den Pachycardientuffen eigentümlichen Art, die den 
übrigen wohl voranzustellen ist. 

Kittl spricht die Meinung aus, daß Trypanostylus von Loxonema über Anoptychia abzuleiten 
sei. Die vorliegende Form knüpft eigentlich sogar höher an als bei Anopfychia und steht den anderen Try- 
panostyliden scharf gegenüber. Denn die Querfalten, die bei Anoptychia sowohl wie bei großen Trypano- 
styliden auf den Jugendwindungen noch auftreten, reichen hier über das ganze Gehäuse herab; sie nehmen 
aber, was die Form von Loxonema unterscheidet, an Zahl nicht zu, sind auf dem letzten Umgange breit 
und verwaschen und zeigen niemals Knotung. 

In der stark ausgeprägten, pupoiden Form, den flachen, kaum gewölbten und breiten Umgängen 
schließt sich Tripanostylus Suessii eng an die Gruppe des Trypanostylus militaris an. Eingehende Unter- 
suchungen über den Bau der Spindel waren dagegen nicht möglich. i 

Zu dieser Art sind drei Stücke zu stellen. Eines derselben ist allerdings sehr unvollständig, zeigt aber 
deutlich die pupoide Form, ein zweites ist leider etwas verdrückt, das dritte ist aber recht gut erhalten 
und läßt auch eine etwas offene Spindel erkennen, 


Trypanostylus submilitaris n. f. 
Taf. XX (Il), Fig. 22a, b. 
Ein mäßig erhaltenes Gehäuse zeigt gut die turmförmige, ausgesprochen pupoide Ausbildung, flache, 
langsam anwachsende und nicht stufig abgesetzte Windungen, Querrippen auf den Jugendwindungen und 


1) 1892. Koken u. vv. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten. Zeitschrift d. deutsch. geol. Ge- 
sellschaft XLIV, pag. 207, Taf. XII, Fig. 5. 


[45] Die Gastropodenfauna der Pachycardientufte der Seiseralpe in Südtirol. 205 


eine offene Spindel. Es unterscheidet sich aber von Trypanostylus Zitteli sowohl wie von T. militaris!) 
durch die stärker pupoide Form und durch die etwa um zwei Umgänge weiter herab zu verfolgende Quer- 
faltung, die indes nicht bis auf die letzte Windung sich erstreckt, wie bei der eben beschriebenen Art. 
Jedenfalls aber bilden Trypanosztylus Suessii n. f., Trypanostylus submilitaris und endlich T. Zitteli und 
T. militaris eine gut ausgesprochene Entwicklungsreihe in bezug auf diesen Charakter. 

Ein ganz eigentümliches Merkmal ist in der Ausbildung der letzten Windung gegeben. Sie ist stark 
gewölbt und dadurch scharf gegen die vorhergehenden abgesetzt, so daß die letzte Naht im Gegensatz 
zum sonstigen Verhalten stark vertieft ist. Es wird wohl auch bei anderen Trypanostyliden, besonders 
bei 7. Konincki eine stärkere Wölbung der älteren Umgänge angegeben, doch findet dieser Wechsel dort 
nicht so plötzlich und scharf ausgesprochen statt wie bei vorliegendem Gehäuse. 

Da nur ein Stück diese Charaktere zeigte, ist es allerdings schwer zu sagen, ob dieses aberrante 
Merkmal einen Artcharakter bedeutet oder nur eine individuelle Verbildung. 


Trypanostylus Konincki (Mstr.). 


1841. Melania Koninckeana Münster. Beiträge IV, pag. 95, Taf. IX, Fig. 24. 

1894. Eustylus Konincki Kittl. Gastrop. St. Cassian III, Annal., Hofmuseum IX, pag. 194, Taf. VI, Fig. 39—47. 

1894. » » Kittl. Gastropod. Marmolata, Jahrb. d. k. k. gelog. Reichsanstalt, pag. 170. 

1895. Spirostylus vittatus J. Böhm. Gastropod. Marmol., Palaeontogr., Bd. 42, pag. 292, Taf. XII, Fig. 14. 

1895. Eustylus aequalis J. Böhm. ]. c. pag. 293, Taf. XII, Fig. 17—18. 

1899. Trypanostylus Konincki Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annal., Hofmuseum XIV, pag 95, Taf. XI, Fig. 20, 21. 
1899. Eustylus Konincki v. Zittel. Uber Wengener, St. Cassianer u. Raibler Schichten etc. Sitzungsber. d. k. bayr. 

Akad. d. Wiss., XXIX, H. II, pag. 352. 

1900. Trypanostylus Konincki Kittl. Triasgastropoden des Bakonyer Waldes. Resultate d. wissenschaftl. Erforschung 

des Balatonsees. I. Bd,, I. T., pag. 32, Textfig. 2. 

Hieher waren zunächst zwei kleinere Gehäuse zu stellen. Die Umgänge sind noch ziemlich flach, 
glatt, wenig gewölbt, nur im unteren Teile ändert sich bereits dies Verhältnis; die Nähte schneiden dann 
etwas tiefer ein. Dieser allmähliche Wechsel der Ausbildung charakterisiert ja den 7. Konincki. Auch im 
Gehäusewinkel wie in der Höhe der Umgänge verhalten sich die Stücke in keiner Weise exzessiv. 

Außer diesen gut identifizierbaren Stücken möchte ich auch einige leider stark inkrustierte Bruch- 
stücke größerer Gehäuse, sowie zwei vorwiegend als Steinkerne erhaltene, wenige ziemlich hohe und ge- 
wölbte Umgänge umfassende Bruchstücke von Trypanostyliden anreihen, wenn auch die Spezieszugehörigkeit 
‚ nicht mit voller Sicherheit bestimmt werden kann. 

Auch aus den Raibler Schichten liegt ein Bruchstück vor, das einem größeren Trypanostylusgehäuse 
zuzuweisen und von Loxonema aequale sicher verschieden ist. Es stimmt mit den zuletzt erwähnten Stücken 
aus den Pachycardientuffen recht gut überein und mag gleichfalls an dieser Stelle erwähnt werden. Die 
Identität desselben mit Trypanostylus Konincki ist aber gleichfalls nicht mit voller Sicherheit zu erkennen. 

Stückzahl: Aus den Tuffen 2 (sicher) und 5 (?), aus den Raibler Schichten 1 (?). 

Vorkommen: Pachycardientuffe, St. Cassian, Marmolata, Esino, Schlernplateau (?), Veszpr&mer Mergel 
(Bakonyer Wald). 


Subgenus: Turristylus n. subgen. 
(Gruppe des Trypanostylus triadicus Kittl.) 
Kittl. Gastropod., St. Cassian III, Annal., Hofmuseum IX, pag. 195. 


Die Eingliederung einer neuen Form in diesen Kreis, die sich wohl an Trypanostylus triadicus 
Kittl anschließt, aber von den mit Trypanostylus militaris ähnlichen Gehäusen recht entfernt steht, ver- 
anlaßt mich, für die spitzkegelförmigen Trypanostyliden mit solider Spindel, flacher Basis und rhomboidischer 


Mündung einen zusammenfassenden Namen vorzuschlagen. 


1) Eustylus militaris Kittl. Gastropod. St. Cassian, Annal., Hofmuseum IX, pag. 193, Taf. VI, Fig. 48—50. 


206 Friedrich Blaschke. [46] 


Trypanostylus (Turristylus) triadieus (Kitt]). 
Taf. XX (ID), Fig. 23. 
1894. Eustylus triadicus Kittl. Gastrop. St. Cassian III, Annalen, Hofmuseum IX, pag. 195, Taf. VII, Fig. 26, 27. 
1894. » > Kittl. Gastrop. Marmolata. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt 44, pag. 170. 
1895. Spirostylus radiciformis J. Böhm. Gastrop. Marmolatakalke, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 292, Taf. XV, Fig. Io, 

Textfig. 85. 

1899. Trypanostylus triadicus Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 100, Taf. XI, Fig. 29, 

Textäfig. 31. 

1900, Drypanostylus triadicus Kittl. Triasgastropoden des Bakonyer Waldes. Resultate der wissenschaftl. Erforschung 

des Balatonsees. (Palaeont. Anhang), I. Bd., I. T., pag. 34. 

Die Übereinstimmung ist eine sehr vollkommene. Die Stücke zeigen deutlich die spitz kegelförmige 
Gestalt. Die Windungen sind in der Jugend ganz flach und treten auch bei größerem Durchmesser nicht 
sehr gewölbt hervor, demgemäß sind die Nähte selbst dann wenig vertieft. 

Die Oberfläche des Gehäuses ist streng konisch, ohne jede bauchige Hervorwölbung oder Neigung 
zu pupoider Ausbildung. 

Die Zuwachsstreifen sind auf den durchwegs glatten Windungen ziemlich gerade, aber auf den 
vorliegenden Exemplaren nur schwer zu beobachten. Die Spindel ist geschlossen, die Basis flach und glatt, 
von einer ausgesprochenen Kante begrenzt, die Mündung rhomboidisch. 

Von dieser Art sind ein größeres und zwei kleinere, unvollständig erhaltene Gehäuse vorhanden, 

Sonstiges Vorkommen: Esino, Marmolata, St. Cassian, Veszpr&mer Mergel (Bakonyer Wald). 


Trypanostylus (Turristylus) Waageni n. f£. 
Taf. XX (I), Fig. 24a, b, c. 

Kittl war sich über die generische Zugehörigkeit von Eustylus (?) flexuosus Mstr.t) nicht sicher. 
Er schwankte zwischen Zoxonema, Eustylus und Promathildia. Unter den Gastropoden der Pachycardien- 
tuffe befindet sich ein Exemplar, das dem Zuszylus (?) flexuosus ähnelt und zu ähnlicher Unsicherheit Anlaß gibt. 

Von Loxonema ist es wohl sicher verschieden; die Form der Windungen und besonders die Aus- 
bildung einer ganz flachen Basis schließt es wohl von diesem Genus aus. 

Etwas schwieriger fällt die Entscheidung gegen Promathildia. Die Querfalten, welche die Skulptur 
des Gehäuses bilden, scheinen durch das Zusammenfließen zweier Knoten entstanden zu sein, auch die Aus- 
bildung der Basis und Mündung erinnert an manche Promathildien. Das Fehlen jeder Andeutung von Längs- 
skulptur oder auch nur darauf hindeutender Knotung der Querfalten spricht anderseits sehr gegen diese 
Zugehörigkeit. 

Für die Zugehörigkeit zu Trypanostylus (Turristylus) ist eine gewichtige Zahl von Argumenten 
anzuführen. Die Umgänge sind flach, breit und in keiner Weise abgesetzt, das Gehäuse bildet einen spitzen 
Kegel ohne jedes Hervortreten der Nähte; die flache Basis, die eckige Form der Mündung sprechen für eine 
nahe Verwandtschaft mit Trypanostylus triadicus und Tr. semiglaber. 

Ein auszeichnender Charakter wäre bei Annahme dieser Verwandtschaft jedenfalls die ausgesprochene 
Querskulptur des Gehäuses. Pustylus semiglaber (Mstr.), der übrigens einen viel geringeren Gehäusewinkel 
besitzt, zeigt wohl auch Querfalten. Diese verschwinden aber dort auf den älteren Windungen, während 
sie bei vorliegender Form keinerlei solche Neigung zeigen, sondern eher noch deutlicher hervortreten. 

Die Querfalten verlaufen bei Turristylus Waageni, etwa 15—ı7 an Zahl, ziemlich gerade über das 
Gehäuse, nur im oberen Teile zeigen sie Neigung zu schwachen Ausbiegungen sowie eine Anschwellung 
nach den beiden Nähten hin. Sie sind auf dem oberen Teile im Bereiche der Anfangswindung schwach 
von der Naht nach hinten gerichtet, auf den letzten Umgängen dagegen etwas nach vorn, so daß ein 
offener Winkel zwischen den Jugendquerfalten und den späteren entsteht, der an der Naht zwischen dem 
6. und 7. erhaltenen Umgang, an der die Wendung ziemlich unvermittelt geschieht, voll zur Geltung kommt. 


1) Eustylus fleeuosus Kittl. Gastrop. v. St. Cassian III, Annal., Hofmuseum IX, pag. 196, Taf. X, Fig. 20. 


[47] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. i 207 


Die Basis ist flach und zeigt sigmoidal zu den Rippen verlaufende Linien. Die Mündung war, 
soweit sich schließen läßt, ganz ähnlich wie bei Trypanostilus triadicus rhomboidisch ausgebildet. 


Genus: Spirostylus Kittl. 
1894. Kittl. Gastrop. v. St. Cassian III, Ann., Hofmuseum IX, pag. 197. 


Spirostylus cf. longobardicus Kittl. 
1899. Spirostylus longobardicus Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Ann., Hofmuseum XIV, pag. IoI, Taf. XI, Fig. 7—S, 

Textfig. 32. 

Das Exemplar ist mangelhaft erhalten, nur mit Resten von Schale auf dem Stücke eines Steinkernes, 
doch scheint in den Proportionen des Gehäuses, in der Höhe und Wölbung der Umgänge, wie auch in der 
Ausbildung der hohen Windung Übereinstimmung zu bestehen. 

Sonstiges Vorkommen: Val de Mulini bei Esino, Marmolata, Stuoreswiesen bei St. Cassian. 


Spirostylus subcolumnaris (Mstr.). 
Taf. XX (ID, Fig. 25. 


1841. Melania subcolumnaris Münster. Beitr. IX, pag. 95, Taf. IV, Fig. 31. 

1894. Spirostylus subcolumnaris Kittl. Gastrop. v. St. Cassian III, Annal., Hofmuseum IX, pag. 217, Taf. VII, Fig, 1, 
2, 4—7, Taf. VIII, Fig. 38 (hier auch Literatur). 

1894. Spirostylus subcolumnarıs Kittl. Gastr. Marmolata, Jahrb. d. k.k. geol. Reichsanst. 44, pag. 172, Taf. VI, Fig. 7. 


1895. » » J- Böhm. Gastr. Marmolatakalk, Palaeont., Bd. 42, pag. 292, Textf. 86. 
1899. » » Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Ann., Hofmuseum XIV, pag. 102, Taf. XII, Fig. 1—4. 
1900. » » Kittl. Triasgastrop. des Bakonyer Waldes. Resultate der wissenschaftl. Erforschung d. 


Balatonsees (palaeont. Anhang), I. Bd., I. T., pag. 32. 


Spirostylus subcolumnaris unterscheidet sich von Spzrostylus longobardicus vor allem durch die 
größere Höhe der Windungen. Die Art ist in den Tuffen durch ein außerordentlich schlankes und recht 
gut erhaltenes Stück vertreten. Die Anfangswindungen fehlen. Die Umgänge sind glatt und mäßig ge- 
wölbt, auch ziemlich hoch. Das Exemplar entspricht etwa der Figur 4auf Tafel VIIin Kittls »Gastro- 
poden von St. Cassian«.. Auch die Mündung, die recht gut erhalten ist, zeigt die »tropfenförmige« 
Ausbildung. 

Stückzahl: I. 

Sonstiges Vorkommen: Marmolata, Piz di Cainallo bei Esino, St. Cassian, Bakonyer Wald (Vesz- 


premer Mergel). 


Genus: Hypsipleura Koken. 


1892. Koken. Neues Jahrb. f. Mineral. etc. 1892 II, pag. 32. 
1894. Kittl. Gastrop. von St. Cassian III, Annal., Hofmuseum IX, pag. 201. 


Hypsipleura cf. cathedralis Koken [subnodosa (Klipst.) (?)]. 


1892. Hypsipleura cathedralis Koken u. v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten, Zeitschr. der deutsch. 
geol. Gesellsch. XLIV, pag. 201, Taf. XIII, Fig. 9—11. 

1893. Hypsipleura (Loxonema) cathedralis v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten, Jahrb. der k,k. Reichsanst., pag. 678. 

? 1894. > subnodosa (Klipst.) in Kittl. Gastropoden v. St. Cassian III, Annal., Hofmuseum IX, pag. 202, 
Taf. VII, Fig. 12—16, auch Literatur. 

? 1899. Hypsipleura cf. subnodosa Kittl. Gastrop. d. Esinokalke, Annal., Hofmuseum XIV, pag. 105, Literatur. 

? 1900. » > Kittl. Triasgastropod. des Bakonyer Waldes, Resultate der wissensch. Erforschung 
des Balatonsees, I. Bd., I. T., pag. 30. 


Die beiden Stücke, die für die Vertretung dieser Art in den Tuffen sprechen, sind einer genauen 
Bestimmung wenig günstig. Wichtig ist nur, daß das eine ein jüngeres Stadium darstellt, das zweite da- 
gegen die leider zusammengedrückten und schlecht erhaltenen Schlußwindungen eines großen Gehäuses. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. 27 


208 Friedrich Blaschke. [48] 


Bei dem großen Wechsel der Ausbildung, die diese Form im Laufe des Wachstums auszeichnet, 
wäre eine Zusammengehörigkeit der beiden Stücke kaum ersichtlich. 

Als für eine Identität maßgebende Merkmale sind das langsame Anwachsen sowie die geringe 
Hervorwölbung der Umgänge hervorzuheben, ebenso die demgemäß seichten Nähte und der Besitz einer 
Querskulptur, die aus etwa zehn Querfalten pro Umgang besteht und auf den letzten Umgängen vollständig 
verschwindet. 

Kittl hat die Vermutung ausgesprochen, daß Aypsipleura cathedralis in den Bereich seiner 
Cassianer H. subnodosa falle. Das Seiser Material ist zu ungenügend, um in dieser offenen Frage eine 
Entscheidung zu gestatten. Da aber die Raibler Form die Skulptur anscheinend rascher verliert und auch 
von den Längslinien, deren Vorhandensein Kittl für Hypsipleura subnodosa betont, nichts aufweist, 
waren diese Merkmale für mich bestimmend, die Seiser Form der Hypsipleura cathedralis zuzuteilen; denn 
sie läßt keinerlei Längslinien sicher erkennen und verliert die Querfaltung womöglich noch rascher als 
obige Form, 

Die Mündung des Gehäuses ist recht gut erhalten, weit abstehend und etwas nach auswärts aus- 
gezogen. Sie übertrifft in dieser Ausbildung noch die Cassianer Form; von der Raibler Spezies ist dieser 
Teil nicht erhalten. 

Stückzahl: 2. 

Sonstiges Vorkommen: Raibler Schichten vom Schlernplateau, St. Cassian (?), Marmolata (?), 
Veszpr&emer Mergel (?). 

Genus: Omphaloptycha Ammon. 


[Gruppe der Omphaloptycha Escheri (M. Hoern)]. 
1899. Kittl. Gastropoden der Esinokalke, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 105 ff (Literatur). 


Omphaloptycha pachygaster (Kittl). 
Taf. XX (I), Fig. 26a, b, 
1894. Coelostylina pachygaster Kittl. Gastrop. Marmolata, Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanstalt, pag. 164, Textf. 7—8. 


1895. » » J. Böhm. Gastrop. Marmolatakalke, Palaeontogr., Bd. 42, pag. 255, Textfig. 77, 78. 

1895. » densestriata J. Böhm. 1. c., pag. 281, Taf. XII, Fig. 9. 

1899. Omphaloptycha pachygaster Kittl. Gastropod. d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 127, Taf. XIV, 
Fig. 8, 9. 


Die hieher gestellten Gehäuse zeigen große Übereinstimmung in Form, Ausbildung und Höhe der 
Windungen. Zu Coelostylina Stoppanüi Kittl von St. Cassian sind allerdings Beziehungen vorhanden, 
doch ist anderseits der Unterschied ziemlich bedeutend, der Gehäusewinkel viel größer. Hierin übertrifft 
die vorliegende Form eigentlich ein wenig auch Omphaloptycha pachygaster. An Größe bleibt das Seiser 
Exemplar gegen die Originale weit zurück, Die Zahl der Umgänge beträgt 5, die Jugendwindungen sind 
abgebrochen. Die Umgänge sind schwach gewölbt, die Nähte ziemlich scharf, die Mündung schräg. Eine 
in der Jugend hervortretende Knickung des Außenrandes ist im Alter ausgeglichen. Von Skulptur und 
Anwachsstreifen läßt sich wenig beobachten, da die Oberfläche stark korrodiert ist. Doch scheint ein 
Netz von feinen Längs- und Querlinien, wie es Kittl angibt, vorhanden gewesen zu sein, 

Von dieser Form liegt ein ziemlich großes, mäßig erhaltenes Gehäuse, ein stark korrodiertes 
kleineres sowie zwei kleine Jugendformen, die ihrer Gestalt nach hieher zu stellen wären, vor. 

Sonstiges Vorkommen: Esino, Marmolata, St. Cassian, Stuores Wiesen (?). 


Genus: Ooelostylina Kittl. 
1894. Kittl. Gastrop. v. St. Cassian III, Annal., Hofmuseum IX, pag. 179. 


Coelostylina conica (Mstr.). 
Dar RR IN), Eier 2r7lanby.c: 
1841. Melania conica Münster. Beiträge IV, pag. 94, Taf. IX, Fig. 21 u. 25. 


1894. Coelostylina conica Kittl. Gastropod. St. Cassian III, Annalen, Hofmuseum IX, pag. 200, Taf. XIV, Fig. I—7 
(Literatur). 


[49] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 209 


1894. Coelostylina conica Kittl. Gastropod. Marmolata, Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanstalt. pag. 158. 

1894. Rhabdoconcha conoidea Kittl. Gastropod. Marmolata 1. c., pag. 166, Taf. VI, Fig. 2 

1895. Coelostylina solida J. Böhm. Gastropod. Marmolatakalke, Palkeontocr, Bd. 42, pag. 286, Taf. XII, Fig. 12. 

1895. Rhabdoconcha conoidea J. Böhm. ]. c., pag. 266, Taf. IX, Fig. 32. 

1899. Coelosztylina conica Kittl. Gastropod. d. Esinokalke, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 143, Textfig. 70—74. 

1900. > » Kittl. Triasgastropoden des Bakonyer Waldes, Resultate der wissenschaftl. Erforschung des 
Balatonsees, pag. 37- 

? 1892. Chemnitzia sp. Koken u. v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten. Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesell- 
schaft, Bd. 44, pag. 200, Taf. XIV, Fig. 4, 5 


Die Art ist durch eine Anzahl kleiner Gehäuse vertreten, die hinter den Cassianer- und Marmo- 
lataexemplaren an Größe meist zurückbleiben, zum Teile auch recht unausgebildet sind. In der Höhe und 
Proportionalität der Umgänge stimmen sie aber mit den Originalen gut überein. 

Das Gehäuse ist konisch, die Umgänge sind breiter als hoch und etwas geneigt, die Embryonal- 
windungen, wenn überhaupt vorhanden, etwas schief zur Achse gestellt. Beobachtungen über die Be- 
schaffenheit der Spindel waren nicht durchführbar. Von Skulptur ist infolge Korrosion der Oberfläche 
nichts zu bemerken. 

Von den Raibler Formen mag Chemnitzia sp. hieher gehören. Diese Ansicht wird durch ein aus 
den roten Raibler Schichten vom Schlernplateau vorliegendes Stück gestützt, das sowohl mit Kokens 
Chemnitzia sp., wie mit Coelostylina conica gut übereinstimmt und auch mit den Gehäusen aus den 
Tuffen identifizierbar erscheint. Es ist etwas größer als diese, aber bei weitem nicht so groß wie die 
Cassianer und- Marmolataexemplare. 

Stückzahl: Aus den Tuffen 9, aus den Raibler Schichten 1. 

Vorkommen : Pachycardientuffe, St. Cassian, Seelandalpe, Marmolata, Esino, Raibler Schichten vom 
Schlernplateau, Veszpr&mer Mergel (Bakonyer Wald). 


Coelostylina solida (Koken). 
Taf. XX (I), Fig. 28a, b 
1892. Chemnitzia solida Koken u. v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten vom Schlernplateau, Zeitschrift 

der deutsch. geol. Ges., Bd. 44, pag. 199, Taf. XIV, Fig. Io, 12, 13, 14. 

1893. Pseudomelania (Chemnitzia) solida v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten, Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 

pag. 675 (231). 

1899. Chemnitzia solida v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer und Raibler Schichten ete., Sitzungsb. d. k. bayr. 

Akad. d. Wiss., Bd. 24, H. 3. ; 
1900. Coelostylina solida Kittl. Triasgastropoden des Bakonyer Waldes. Resultate der wissenschaftl. Erforschung des 

Balatonsees, paläontol. Anhang, Bd. ı, I. T., pag. 37. 

v. Wöhrmann hat Kokens Chemnitzia solida als Pseudomelania bezeichnet. Nach den in 
den späteren Triasfaunen eingehaltenen Anschauungen kann diese Form aber hier kaum einzureihen sein, 
vielmehr scheint sie auf Coelostylina oder Undularia in der von Kittl in seiner Darstellung der Esinofauna 
gewählten Fassung hinzuweisen. Kittl hat hiebei Undularia als extrem entwickelten Seitenzweig von 
Coelostylina bezeichnet, Die Stücke aus den Tuffen sowohl, wie einige aus den Raibler Schichten vorliegende 
Exemplare scheinen sich so enge an Udularia Ambrosini (Stopp.)‘) anzuschließen, daß es möglich wäre, 
Chemnitzia solida an diese anzuschließen und als Undularia zu bezeichnen. Doch ist dieses Genus in 
seiner.Fassung noch umstritten und demgemäß die Bezeichnung Coelosztylina wohl vorzuziehen, die übrigens 
auch Kittl in seinen »Triasgastropoden des Bakonyer Waldes« gewählt hat. 

Aus den Tuffen sind nur zwei Bruchstücke vorhanden, die mit den Raibler Stücken aufserordent- 
lich gut übereinstimmen. Sie zeigen die konischen, stufig abgesetzten Umgänge mit ungefähr demselben 
Gehäusewinkel, die gleichfalls konische Basis, die gegen die Apikalseite von einer stumpfen, bei dem 
kleineren Gehäuse schärfer ausgesprochenen Kante begrenzt ist; auch in der Ausbildung der Mündung 


1) 1899. Kittl, Gastrovod. der Esinokalke, Annalen, Hofmuseum XIV, pag. 160, Taf, XV, Fig. 15—16, Text- 
figur 88—91. 
27 


210 Friedrich Blaschke. [50] 


und Innenlippe, die eine Art Nabelspalt zeigt, herrscht hinlängliche Übereinstimmung. Die Schale ist glatt, 
die Zuwachsstreifung anscheinend gerade, aber nur sehr undeutlich zu beobachten, 

Von Undularia Ambrosinii scheint die Form schwer zu unterscheiden, doch konnten in keinem 
Falle Querfalten oder Längswülste beobachtet werden, die Kittl für jene Form beschreibt. Auf den Figuren 
treten diese Skulpturmerkmale allerdings kaum hervor. 

Stückzahl: Aus den Tuffen 2, aus den Raibler Schichten 5. 

Vorkommen: Pachycardientuffe, Schlernplateau, Veszpr&mer Mergel. 


Subgenus: Pseudochrysalis Kittl. 
1894. Kittl. Gastropoden St. Cassian III, Annal., Hofmuseum IX, pag. IS8. 


Coelostylina (Pseudochrysalis) Stotteri (Klipst.). 
Taf. XX (I), Fig. 24a, b, c. 
1843. Melania Stotteri Klipstein. Beitr. I, pag. 186, Taf. XII, Fig. Io. 
1894. Coelostylina (Pseudochrysalis) Stotteri Kittl. Gastropod. St. Cassian, Annal., Hofmuseum IX, pag. 189, Taf. V, 

Fig. 2231. \ 

1899. Coelostylina Stotteri v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer und Raibler Schichten etc. Sitzungsber. d. math. 

phys. Klasse der k. bayr. Akad. der Wiss., Bd. 29, H. 3, pag. 352. 

1900. Coelostylina Stotteri Kittl. Triasgastropoden des Bakonyer Waldes. Resultate der wissenschaftl. Erforschung des 

Balatonsees, paläont. Anhang, pag. 38. 

Gehäuse spitz, konisch bis spindelförmig mit etwa sieben Umgängen, die gegen die Mündung zu 
höher werden und ziemlich flach sind, Mündung hoch, zusammengedrückt, oval, Außenlippe scharf, Innen- 
lippe vorn verdickt, den offenen Nabel zum Teile bedeckend, Spuren von gerader Zuwachsstreifung, 

Eine ganze Anzahl von zum Teile recht gut erhaltenen kleineren und größeren Gehäusen zeigt 
diese Charaktere. Zwei größere, die den Cassianer Formen (Fig. 27) in den Dimensionen gleichkommen, 
schließen sich an die var. depressa an, ein weiteres der steilgewundenen var. elongata. 

Stückzahl: 9. 

Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Veszpr&mer Mergel (Bakonyer Wald). 


Genus: Protoreula Kittl. 
1899. Kittl. Gastropod. d. Esinokalke. Annal. d. Hofmuseums, IX, pag. 184. 


Protorcula subpunctata (Mstr.). 
Taf. XX (I), Fig. 30. 
1841. Turritella subpunctata Münster. Beiträge, IV, pag. 118, Taf. XIII, Fig. Io. 
1892. Undularia carinata Koken u. v. Wöhrmann. Die Fauna der Raibler Schichten. Zeitschr. d. deutsch. geolog. 
Gesellsch., pag. 200, Taf. XIII, Fig. 3, 4. 
1893. Undularia bicarinata v. Wöhrmann. Die Raibler Schichten. Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt, pag. 678. 
1894. » (Protorcula) subpunctata Kittl. Gastrop. von St. Cassian, III, Annalen, Hofmuseum IX, pag. 169, 
Taf. VII, Fig. 50—54, 56. 
1899. Undularia subpunctata v. Zittel. Über Wengener, St. Cassianer etc. Schichten. Sitzungsber. d. k. bayr, Akad, 
d. Wiss., Bd. XXIX, pag. 352. 
1900. Protorcula subpumctata Kittl. Triasgastropoden des Bakonyer Waldes. Resultate d. wissenschaftl. Erforschung des 
Balatonsees (palaeont. Anh.), Bd. I, TI. I, pag. 40, Taf. III, Fig. 1—2. 
Das schlanke, kegelförmige Gehäuse zeigt wenig rasch anwachsende Windungen, die ein konkaves 
Band zwischen zwei Kielen, dem Lateral- und dem Nahtkiel, bilden. Von der Knotung desselben, die durch 
stärker ausgebildete Zuwachsstreifung entsteht, ist nur wenig zu sehen, auch der Erkennung der Zuwachs- 
streifen selbst, wie der feinen Längslinien, die nach Kittls Angabe das Gehäuse der Protorcula subpunctata 
verzieren, ist der Erhaltungszustand ein wenig günstiger. Gleichwohl ist die Identität mit Pr. subpunctata 
ausreichend erkennbar, 


[51] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 2II 


Kittl bezeichnet auch Undularia carinata Koken aus den Raibler Schichten als Synonym zu 
Protorcula subpunctata. Ein gut erhaltenes Gehäuse aus den roten Mergeln vom Schlernplateau ist von 
dem eben aus den Tuffen beschriebenen Stück nicht unterscheidbar; auch ist es wohl mit Kokens Figuren 


zu Undularia carinata zu identifizieren. (3 und 4.) Jedenfalls aber kommt Protorcula subpunctata auch 
auf dem Schlernplateau vor. 


Stückzahl: Aus den Pachycardientuffen 1. 
Aus den roten Mergeln 1. 
Vorkommen: Pachycardientuffe, Raibler Schichten (Schlernplateau), St. Cassian, Seelandalpe, Vesz- 
premer Mergel (Bakonyer Wald). 
Genus: Heterogyra Kittl. 
1899. Kittl. Gastrop. d. Esinokalke. Annal., Hofmuseum, XIV, pag. 184, 


Heterogyra Kokeni n. f. 
Taf. XX (I), Fig. 31a, b. 

Die Zugehörigkeit des kleinen zierlichen Seiser Gehäuses zu Heterogyra steht außer Zweifel, denn 
es zeigt den ganz auffälligen plötzlichen Skulpturwechsel zwischen jüngeren und älteren Windungen, auf 
den hin das Genus aufgestellt wurde. 

Die Jugendwindungen des kleinen turmförmigen Gehäuses sind kantig und durch zwei Längskiele 
ausgezeichnet, die auf den älteren, vollständig gleichmäßig gewölbten Windungen fast plötzlich verschwinden. 

Die Seiser Form ist indessen von der Marmolataspezies gut getrennt. Zunächst hält das Jugend- 
stadium bei Heterogyra Kokeni länger an, die Kiele steigen weiter herab, so daß der Skulpturwechsel noch 
deutlicher zum Ausdruck kommt. Außerdem sind die Umgänge mehr gewölbt, die Nähte schneiden dem- 
gemäß tiefer ein; endlich ist die Basis durchaus nicht abgeflacht, noch durch eine Kante von der Apikal- 
seite abgegrenzt, sondern gleichmäßig gewölbt. Auch die Mündung ist demzufolge nicht trapezoidisch, 
vielmehr von rundlicher Umgrenzung. Die Nabelregion ist vertieft. 

Immerhin findet die Art ihren bis nun einzigen Verwandten in der Heterogyra ladina!) von der 
Marmolata. 


Genus: Promathildia Andreae. 
1894. Kittl. Gastrop. v. St. Cassian, III, Ann., Hofmuseum, IX, pag. 215. 


Gruppe der Promathildia bolina (Mstr.).?) 


Promathildia minima n. f. 
Taf. XX (I), Fig. 32a, b. 

Die Zugehörigkeit der vorliegenden Form zur Gruppe der Promathildia bolina (Mstr.), die Proma- 
thildien mit winkligen Umgängen und vorwiegender Längsskulptur umfaßt, ist außer allem Zweifel. Nichts- 
destoweniger steht Promathildia minima den übrigen Verwandten ziemlich scharf gegenüber. Es fehlen 
vollständig ausgesprochene Längskiele, die für die anderen charakteristisch sind. 

Die Umgänge des kleinen schlanken Gehäuses sind bikonisch, winklig gestaltet, die Nähte schneiden 
demgemäß tief ein, doch wird die Knickung durch eine stumpfe Kante vermittelt und übergeleitet, die 
ebense wie die gesamte Unterseite der Windungen und die Basis mit dichtstehenden Längslinien bedeckt ist. 

Die obere Fläche der Windung von der Naht zur stumpfen Winkelkante ist dagegen mit kräftigen, 
geraden, von der Naht nach rückwärts verlaufenden Zuwachsstreifen verziert. Dieser Charakter tritt erst 
auf den späteren Windungen deutlich hervor. Die Anfangswindungen sind hingegen glatt, zylindrisch und 
stufenförmig abgesetzt. Die Basis ist ziemlich niedrig, wenig gewölbt und mit Längslinien bedeckt, die 
. Mündung ebenfalls niedrig und rund. 

Dieser Art steht die Promathildia stuorensis Kittl?) wohl am nächsten, die gleichfalls auf ein 


1) Heterogyra ladina Kittl. Gastrop. d. Esinokalke. Ann., Hofmuseum, XIV, pag. 184, Taf. XVII, Fig. 27. 

2) Promathildia bolina (Mstr.) in Kittl. Gastrop. v. St. Cassian, III, Annal., Hofmuseum, IX, pag. 217, 
Taf IX, Fig. 6-9. — Daselbst auch die anderen Formen der Gruppe wie Promathildia stuorensis Kittl, pag. 218, 
Taf. IX, Fig. Io, 


> Friedrich Blaschke. [52] 


kleines Gehäuse basiert ist; im Besitz der Längsstreifung auf der unteren und der Zuwachsstreifung 
auf der oberen Hälfte der Windung zeigt sie Übereinstimmung, die mangelnde Ausbildung von Längskielen 
bildet einen ganz abweichenden Charakter. Das Seiser Gehäuse ist wohl als Weiterbildung solcher Cassianer 


Formen zu betrachten. 
Gruppe der Promathildia colon (Mstr.). 
1894. Kittl. Gastrop., St. Cassian, III, Annal., Hofmuseum, IX, pag. 227. 


Promathildia cf. colon (Mstr.). 
Taf. XX (I), Fig. 33a, b. 
1841. Turritella colon Münster. Beiträge, IV, pag. 119, Taf. XIII, Fig. 20. 
1894. Promathildia colon Kittl. Gastrop., St. Cassian, III, Annal., Hofmuseum, XV, pag. 229, Taf. X, Fig. 4-6a (auch 

Literatur). 

?1900, Promathildia cf. colon Kittl. Triasgastropoden des Bakonyer Waldes. Resultate der wissenschaftl. Erforschung 

des Balatonsees (palaeont. Anh.), I. Bd., I. TI., pag. 42. 

An der Ähnlichkeit in der Skulptur wie in den Proportionen des Gehäuses ist die Übereinstimmung 
mit der Cassianer Form leicht zu ersehen. Die Längskiele treten nicht sehr hervor und machen sich mehr 
durch Ausbildung von Knoten auf den deutlich ausgeprägten Querfalten geltend. Diese werden auf den 
älteren Windungen schwächer, so daß hier die Knotenskulptur zu voller Geltung gelangt. Bei Promathildia 
subornata (Mstr.) tritt gerade das entgegengesetzte Verhalten ein, hier prävaliert erst auf. den späteren 
Windungen die Querfaltung, um auf der-letzten allein übrig zu bleiben. 

Das besonders auf den Jugendwindungen stärkere Vorwalten der Querfalten gegenüber den Längs- 
kielen unterscheidet das Seiser Gehäuse wohl etwas von Promathildia colon, gleichwohl ist es wohl an- 
gezeigt, von einer Trennung der beiden Formen abzusehen, das vorliegende Gehäuse mag nur ein etwas 
vorgeschritteneres Stadium in der Entwicklung der Art darstellen und höchstens als eigentümliche Lokal- 
varietät zu betrachten sein, 

Sonstiges Vorkommen: St. Cassian, Veszpremer Mergel(?) (Bakonyer Wald). 


Charakterisierung der Gastropodenfauna aus den Pachycardientuffen 
der SesensAlpe 


Als eigentümliche, die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe charakterisierende Züge wären die 
nachfolgenden hervorzuheben: 

Patellidenähnliche Gehäuse (Patella, Lepetopsis, Phryx) sind reichlich vertreten. Hierin zeichnet sich 
die Tuffauna vor den anderen Triasfaunen, speziell vor jenen der Schichten von St. Cassian und der Raibler 
Schichten aus. Die napfförmigen Gehäuse stellen wohl einen Anpassungstypus dar, der hier ein Zentrum 
seiner Entwicklung fand und zu zahlreichen kleineren und größeren Typen geführt hat, deren verwandt- 
schaftliche Beziehungen untereinander aber infolge von Konvergenz verwischt werden, 

Eine gleiche Anpassung an eine ansaugende, vorwiegend festsitzende Lebensweise stellt auch die 
interessante Haliotide dar, die wohl auf Bellerophontiden zurückgeht. 

Sonst sind Aspidobranchia nicht sehr reichlich vertreten. Die Worthenien tragen Cassianer Gepräge 
und zeigen als eigentümliche Form eine solche mit- relativ höher aufgewundenem Gehäuse, die auch in den 
roten Raibler Schichten auftritt. Ähnliche Typen kommen aber auch in den anderen südalpinen Trias- 
faunen vor. 

Astralium und Clanculus sind vertreten, bieten aber nichts bemerkenswertes. 

Umbonium wird durch eine eigentümliche, von der Cassianer Art wohl zu unterscheidende Form - 
repräsentiert. 

Die Neritopsidae sind reichlich und zum Teile in eigentümlicher Weise vertreten. Palaeonarica hat 
zu einem besonders durch die Skulptur den anderen gegenüberstehenden Typus, Parapalaeonarica, geführt, 
der in St. Cassian vielleicht schon angedeutet, in den Tuffen aber reichlich vertreten ist. Sonst bewegt sich 


[53] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. Aug 


Neritopsis und Palaeonarica in bekanntem Radius. Dagegen war ein in die Nähe der beiden gehöriger, 
wohlgeschiedener neuer Typus, Frombachia, zu beschreiben, der in den Raibler Schichten gleichfalls nach- 
gewiesen werden konnte. 

Große Naticopsiden, zum Teile mit Farbspuren, fallen besonders auf. Sie besitzen weitaus die größten 
Gehäuse. Sonst sind die zahlreichen Fedaiella- und Marmolatella-Typen nur durch einzelne kleinere Arten 
vertreten. Besonders ist Marmolatella Telleri zu erwähnen, das extremste Glied der Reihe, gleichfalls eine 
Anpassungsform, konvergent mit Haliotimorpha. 

Unter den Hologyridae wurden sieben Formen unterschieden, darunter zwei neue. Die übrigen 
weisen auf St. Cassian oder die Raibler Schichten hin. 

Die Neritariaestellensich alshäufigeund weitverbreitete Gastropoden in den in Frage kommenden Faunen dar. 

Cryptonerita, Purpuroidea und Amauropsis sind durch je eine neue Form vertreten, deren eine 
auch in den Raibler Schichten auftritt. 

Die Pyramidellidae treten zwar mit gewisser Häufigkeit in einer ganzen Reihe von meist kleineren 
Formen auf, bilden aber doch keinen so bestimmenden Typus wie in anderen Faunen. Zoxonema und 
Pseudomelania sind in bekannten Typen vorhanden, Trypanostylus zeigt einige eigentümliche Formen, die 
hauptsächlich durch Skulpturmerkmale geschieden den bisher beschriebenen Formen etwas altertümlicher 
gegenüberstehen. 

Omphaloptycha pachygaster Kittl ist die einzige Vertreterin jener großen Formen, diein der Esino- 
und Marmolatafauna so reichlich und imponierend auftreten. 

Coelostylina bringt nur weitverbreitete Formen, ebenso Protorcula. 

Ein bemerkenswerter kleiner Gastropode ist Heterogyra. 

Promathildia ist nur spärlich vertreten, zeigt aber eigentümliche Züge. 

Der Zahl nach sind als häufigste Formen, soweit: sich dies nach dem vorliegenden Material beurteilen 
läßt, folgende hervorzuheben: 


Patella granulata Mstr. Hologyra sp. div. 

Lepetopsis Zitteli n. f£. Neritaria plicatilis Klipst. 

Umbonium ladinum n. f. Oonia similis Mstr. sp. 

Palaeonarica concentrica Mstr. sp. Trypanostylus Konincki Mstr. sp. 

Parapalaeonarica Kittli n. f. Coelostylina conica Mstr. sp. 

Dicosmos maculatus Mstr. Pseudochrysalis Stotteri Klipst. sp. 
» Seisiensis n. f. 


Dem Vergleiche dieser Fauna mit den anderen in Betracht kommenden samt den sich daraus 
ergebenden Schlüssen möchte ich eine Zusammenfassung der gelegentlich erwähnten Nachträge zur Fauna 
der roten Raibler Schichten vom Schlern vorausschicken. 


Nachtrag zur Fauna der Raibler Schichten vom Schlernplateau. 


Koken führt in der Faunenliste seiner gemeinsam mit v. Wöhrmann unternommenen Be- 
arbeitung der Schlernplateaufauna 33 Gastropoden an, darunter 17 neue und eigentümliche Formen, 12 mit 
St. Cassian gemeinsame. 

Hiezu ergaben sich im Verlauf meiner Untersuchungen folgende Erweiterungen: 

Lepetopsis cf. petricola Kittl, ein patellidenähnlicher Gastropode (sonst von der Marmolata und 
aus den Pachycardientuffen bekannt). 

Worthenia Arthaberi n. f., steilgewunden, auch für die Tuffe nachgewiesen. 

Palaeonarica pyrulaeformis (Klipst.), vielleicht nur identisch mit P. concentrica. 

Neritaria plicatilis (similis) (Klipst.). Neritaria similis ist von dieser Cassianer Form nicht zu 
unterscheiden und auch in den Tuffen vertreten. 

Neritaria Mandelslohi, durch ein Exemplar vertreten. 

Neritaria cassiana (Wissm.). Diese Art wurde für die Raibler Schichten nachgewiesen, außerdem 
scheint J. Böhms Hologyra dissimilis hieher zu gehören. 


214 Friedrich Blaschke. 154] 


Hologyra cf. involuta Kittl tritt neben Hologyra alpina Koken auf, mit der sie wohl nicht identisch ist. 

Platychilina Wöhrmanni ist Pl. Cainalloi Stopp. gegenüber als selbständig zu betrachten. 

Frombachia Uhligi n. gen. n. sp. konnte außer in den Tuffen auch in den roten Mergeln in einem 
großen Exemplar nachgewiesen werden. 

Pseudoscalites Wöhrmanni n. sp. ist verschieden von Tretospira multistriata (v. Wöhrmann), die 
selbst ungleichwertige Typen umfassen dürfte, 

Purpuroidea raiblensis n. f. konnte in den Tuffen und den Raibler Schichten nachgewisen werden, 

Coelostylina solida (Koken) = Chemnitzia solida (Koken). 

Coelostylina conica (Mstr.) tritt auch in den Raibler Schichten auf und dürfte auch Chemnitzia sp. 
bei Koken hieher gehören. 

Trypanostylus cf. Konincki (Mstr.). 

Pustulifer alpinus (Eichw.) = Pustularia alpina (Eichw.) Cossmann. 

-Protorcula subpunctata (Mstr.). Auch Undularia carinata (Mstr.) dürfte, wie Kittl vermutet, 
damit übereinstimmen. 

Cerithium pygmaeum Mstr. bei Koken: Die Raibler Form kann unmöglich hieher gehören, da 
nach Kittls Untersuchung Promathildia pygmaea wohl eine Jugendform von Promathildia colon darstellt. 
Es gehört eher in die Nähe der Promathildia subnodosa (rudis Kittl). Bestimmbares Material war hiefür 
nicht vorhanden, zwei Exemplare könnten auch in die Gruppe der Promathildia bolina gehören, wenn die 
Skulptur nicht nur durch Abreibung vollständig geschwunden ist. 

Rissoa tirolensis Koken entspricht vielleicht Zuchrysalis sphinx Kittl. 

Es ergeben sich somit zehn für die Schlernplateaufauna als neu nachgewiesene Formen, von denen dreineue, 
gleichzeitig für die Pachycardientuffe und die roten Mergel, eine für die letzteren allein nachgewiesen erscheinen. 

Die Gastropodenfauna dieser Ablagerung zählt sonach etwa 40 Formen in 25 Gattungen, von denen 
etwa I2—I5 auf die Raibler Schichten vorläufig beschränkt sind. Mindestens 22—28 treten bereits in den 
Tuffen auf, mit Cassian sind 17 Spezies gemeinsam. 


Vergleich der Gastropodenfauna der Pachycardientuffe mit jenen 
anderer südalpıner Triashorizonte. 


Von Faunen, die einen beträchtlichen Gehalt von gleichen Formen mit den Pachycardientuffen 
gemeinsam haben, kommen nur St. Cassian, Raibler Schichten (vom Schlernplateau), Vesz- 
pr&mer Mergel inerster, Marmolatakalke und Esino in zweiter Linie in Betracht. Die Beobachtung 
Kokens, daß die Hallstädter Gastropoden ein ganz anderes Gepräge zeigen, kommt auch den Tuffen 
gegenüber zur Geltung. 

Von diesen Faunen sind St. Cassian, die Marmolata und Esino an Artenzahl weit überlegen, zumal 
die berühmte erstere, die kleineren Faunen gegenüber dadurch immer inkommensurabel ist. 

Die Raibler Schichten vom Schlernplateau sind demgegenüber wieder nicht unbeträchtlich 
ärmer an Gastropoden und dieses Mißverhältnis muß notwendigerweise alle statistischen Vergleiche un- 
günstig beeinflussen. 

Dieses Moment tritt besondersin der Veszpr&mer Mergelfauna zu Tage, diedenPachycardientuffenan 
Formenreichtum ungefähr gleichkommt (117 Formen) und an gemeinsamen Formen nach Kittl 27 mit den 
Marmolatakalken, 25 mit den Esinokalken, 72 mit den Cassianer Schichten und nur ı5 mit den Raibler 
Schichten gemeinsam hat, während nach den vorliegenden Ergebnissen mit den Tuffen etwa Io Formen 
gemeinsam sein dürften, 

Nichtsdestoweniger mußte Kittl mit dem Hinweis auf die Inkommensurabilität der Cassianer und 
Raibler Gastropodenfauna die Möglichkeit der Gleichaltrigkeit mit den Raibler Schichten zugeben, die doch 
die Zahlen auf den Kopf zu stellen scheint, Doch ergibt die Cephalopodenfauna eine Parallelisierung mit 
der Aonoideszone, während die Zone des Trachyceras Aon auch nach den letzten Angaben fehlt. 


55] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 215 


Läßt man die Cassianer Formen beiseite, so wird dies auch von Seite der Gastropoden plausibler, 
da nunmehr die Gemeinsamkeit fast ausschließlich Raibler Formen umfaßt. 

Jedenfalls bestätigt schon dieses Beispiel die Beobachtung, daß Gastropodensuiten weit mehr Fazies- 
und Lokalfaunen darstellen, daß dagegen der chronologische Faktor, der die Aufstellung subtiler und doch 
weitverbreiteter Zonen auf Grundlage von Cephalopoden ermöglicht, keine solche Rolle spielt. 

Das Verhältnis der Gastropoden aus den Tuffen zu denen anderer Faunen führt zu ähnlichen 
Ergebnissen. Auf folgender Seite zunächst eine tabellarische Übersicht. 

Aus nachstehender Tabelle ergeben sich folgende bemerkenswerte Zahlen. Die Zahl der beschriebenen 
Gastropoden beträgt 72 Arten, auf 36 Genera verteilt. 


Von diesen sind gemeinsam: 


mit St. Cassian etwa. . . En cn. 200038, ol], 
» den roten Raibler Schichten EV en Deo}, 
» »  Weszuremer Neon ee so so 5 5 Bo 0 a 0 Oel 
» » Menmoelatalkallken wa © n 2 a ve sea so oo nn = ia 
Se sinokalkengetwar nr ran ToN), 

eigene Formen etwa . . . Eon 2 


Diese Zahlen geben jedoch kein BR Bild. Bezieht man den gemeinsamen Bestand auf die Ge- 
samtzahl der betreffenden Fauna, so erhält man die Perzentangabe der zweiten Reihe. Auch in dieser 
Reihe ergibt die Armut der Raibler Schichten ein Mißverhältnis, nur nach der andern Seite. Doch ergibt 
sich hieraus ein ziemlicher Gehalt an eigenen Formen, ein bedeutender auch an Raibler Gastropoden, nur 
St. Cassian tritt mehr als erwartet zurück, dagegen scheinen die Veszpremer Mergel bevorzugt. 

Weitere Aufschlüsse bieten folgende Zahlen. 


Die Pachycardientuffe enthalten: 
Allen angeführten, südalpinen Triashorizonten gemeinsame Formen 


ey: 5 
I; » » » » » Esino ausgenommen . ) zul 
m Den Pachycardientuffen, Raibler Schichten und St. Cassian gemeinsam 2 A 1oN], 
> » » » St. Cassian und Veszpremer Mergel gemeinsam 4 
IT Den Pachycardientuffen und St. Cassian gemeinsam . . . a EN ke: 1s=10% 
en » St. Cassian und Veszpr&mer Mergel nun 2 
v Den Pachycardientuffen und Raibler Schichten gemeinsam . . : 2) 10149), 
“. » Veszpr&mer Mergel und Raibler Schichten gemeinsam . I 
v Den Pachycardientuffen mit St. Cassian und Marmolata oder Esino gemeinsam .) 9129], 
=> » »  Raibler Schichten u. Marmolata od. Esino » I 
VI. Den Pachycardientuffen nur mit Marmolata oder Esino gemeinsam . » » 2: 2.2... .4=6% 
MUSEreentimlichesHormen 0 0 hu Sue mn an. „mindestens 20 2/7lhe 


Diese Art der Zusammenstellung läßt die Formenvergesellschaftung in den Tuffen vielleicht besser 
überblicken. Sie ermöglicht uns die Unterscheidung folgender Elemente in der Fauna der Pachycardientuffe: 

1. Weitverbreitete Formen, die allen südalpinen Triasfaunen gemeinsam sind und offen- 
bar von Fazies und Alter nicht oder nur wenig beeinflußt werden, Es sind dies: Neritopsis armata, 
Neritaria Mandelslohi, Loxonema arctecostatum, Euchrysalis sphins (2), Trypanostylus Konincki, Hypsi- 
pleura subnodosa (?), Coelostylina conica. Sie treten dabei überall in ziemlich gleicher, mittlerer Häu- 
fiskeit auf. 

2. Eine etwas engere Gruppe scheint auf die mergeligen Ablagerungen von St. Cassian, der Raibler 
Schichten und Veszpr&mer Mergel beschränkt zu sein, während sie in den Marmolata- und Esinokalken 
fehlen. Man darf vielleicht annehmen, daß hier vorwiegend der fazielle Charakter, Ablagerung in seichtem, 
schlammigem Meere Einfluß genommen hat. 

3. Eine Anzahl von Formen, die den Tuffen nur mit St. CGassian oder nur mit den Raibler 
Schichten gemeinsam sind. Diese sind es eigentlich, welche die von K. v. Zittel angedeutete Faunen- 


vermischung rein repräsentieren, indem hier allein der chronologische Faktor bewirkt haben konnte, daß 
28 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVIJ. 


216 


Friedrich Blaschke. 


[56] 


Tabellarische Übersicht der Gastropoden aus den Pachycardientuffen der Seiser Alp. 


„u 


- 
- 


„ 
D 


- 
19°} 


- 
[o) 


- 
{ee} 


. Patella granulata Mstr. 
. Patella 


seorRauaunsunn 


a u 1 
re 


. Astrahum cfr. Haueri Kittl. . . 


u 


. Palaeonarica concentrica (Mstr.) 


. Neritaria Mandelslohi (Klipst.) 


. Cryptonerita elliptica Kittl 


. Purpuroidea Raiblensis n. f. 


Ci-AcostulataaN\ stm 
» altissima n. f. 

» Gremblichi v. Wöhrm. 

»  ). Böhmi vw. Wöhrm. . x ..... 

> scutelliformis n. f. 
ce Zitteli n. f. 
SPWIHdEHRN ET re: 

ef. petricola Kittl 

» aspera n. f. 


. Capulus (Phryx) Brei n. subg. n. f. 
. Haliotimorpha Dieneri n. gen. n. f. 
. Worthenia coronata (Mstr). ....... 


canalifera (Mstr.) 
» Arthabenimat. er: 


» insolitum (Rlipst.) 


. Clanculus cassianus (Wissm.). ...... 


19. 
h pe armata (Mstr.) . 


Imbonium Grobbenin.f........». 

elaeoısgenge (MISEBE)a on vo 50 00 

» af. decussata sp. ind... .. - 
pyrulaeformis (Rlipst.). . 

» hologyriformis n.f.....». 


. Parapalaeonarica Kittu n.f........ 
. Frombachia Uhligi n. gen. n. f. 
. Platychilina subpustulosa n. f. 


D + crahı ar Q 


» Cainalloi (Stopp.) 
» Wöhrmanni Koken. ..... 


. Naticella cf. striatocostata (Mstr.). . .. - 
. Dicosmos maculatus (Rlipst.) 


» SEITEN SISAn ET. re 


. Fedaiella inaeqwiplicata Klipst.. ..... 
. Marmolatella cf. Telleri (Kittl.) 
. Hologyra? ladina (Kittl) 


ae ellane, 


» ? cf. Dianae (Kittl) 
» involuta (Kittl) 
> GHDIBERSISUR ER 
» cf. conomorpha Ritt... ... 
» Kokeni J. Böhm 

» Tschapitana n. f. 


» plicatilis (Klipst.) 
» Brom SVen su (St) En 
» BESSERE (NSS) 5 5 a0 nn 


» SESTUTaNyDEo 


BEAHROTOpSISPÄbeN En 


SEE S ® 
sa l53 8 58 
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Se O era es | 
3,5 | Bo|lS |“ 33 
3487) n2|s|m > 
+|+ var. globosa n. var. 
+ je 
+ +! 
+) |+ 
IL 
air ++ 
- |=F - v. Zittel führt noch W. Münsteri 
| Klipst,, subgranulata Mstr. und 
| turriculata Kittl sowie Kokenella 
+! Laubei Kittl an. 
a aa 
++ 
Ze var. Seisiensis n. var. 
21 2) SEN + || Neritopsis Waageni Laube sp. aus 
+|+| 12 den Raibler ‚Schichten. 
++ + 
ae 
2 eu 
Sie 
2 02 4+|1+ : 
+ = 3 v. Zittel auch Delphinulopsis binodosa 
| + _E Mstr. sp. 
SER ? 
Si. 
+|+ 
+|+ - 
++ 
++ 
+|+ | =! + || v. Zittel auch Hologyra alpina Koken. 
AL 
2 ++ 
+ ++ 
+!+[| +1] +] -+|+ || Neritaria af. Mandelslohi sp. ind. 
||| Sc =L Neritaria plicatilis = Neritaria 
+-|-+ similis Koken. 
++) + ? 
- ++ 
15 “ 
-- +! v. Zittel erwähnt auch Pseudoscalites 
= (Tretospira) multistriat« (Wöhrm.). 
+ ? v. Zittel führt Amauropsis Tirolensis 
Laube an. 


[57] Dıe Gastropodenfauna der Pachgeardientutre der Seiseralpe in Südtirol. 217 


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OU 77) 2a IE = 
51. Loxonema grignense Ritt ..... | N - nz 
52. » arctecostatum (Mstr) .....| | + | +! 4 —+ || Zoxonema Lommeli (Mstr.). 
obliquecostata (Braun) 
supraplecta (Mstr.). © 
53. Anoptychia canalifera (Mstr). .... - . +1 + + Katosira fragilis Q 
54. Pseudomelania subsimilis Ritl ......|+| + ÄL © 
BER OVoRrazsimilsE (liste) mer er +|+ ? AL Pustulifer alpinus (Eichw.). 
56. Buchrysals sphimee Kittl - „sn. .... +|? ? |+| + Scalaria triadica Kittl. 
57. Trypanostylus Suessü n. f. Ez Telleria umbilicata Kittl. 
58. » submiltaris u... ..... pa Macrochilina af. Sandbergeri Laube 
59. » Koninckv (Mste)r. . zz. + +! 1 
60. » triadieus (Rittl) 
61. > Wauseniany Were u: En 
62. Spirostylus cf. longobardicus (Kittl).. ... . +|+ 
63. » subeolumnmaris (Mstr.). . . . . -|-+ " 
64. Hypsipleura cf. cathedralis Koken .... || 2 | —!ı 2 5 
65. Omphaloptycha pachygaster (Kit) ....|+|? +|4+ 
66. Coelostylina conica (Mstr.) .. 2.2.2... + ! +|+ 
67. > SONdOE(KoKEN) er + +! —+ 
68. Pseudochrysalis Stotteri (Klipst) ... . . Ä || var. elongata Kittl, var. depressa Kittl. 
69. Protorcula subpunctata (Mstr)...... -! nn 
TosHetorossyea Kokeni ni ze... | + 
To Mathilde, minwman I + 
72. » EIEEOlOH NS | ? 
72 | 34°| 22° | 19X| 14 |14° 
Dazu mech w Zuiela oo oo oc. 162712 6 ZU EEE 
SUITE Se ee 84 | 46°] 28 | 21] 152 |14% Neu 24 Formen. 
Armewzall no 020% > 2 0200. || 84 1396 | 40! |206 |148 |117 
Eigentümliche Formen... . || 20 12?|110 | 71 | 19 


—+- Dies Zeichen bedeutet das Vorkommen der identischen Formen an der entsprechenden Lokalität. —! Das Vor- 
kommen in den roten Raibler Schichten des Schlernplateaus. —-! Die im Nachtrag zur Gastropodenfauna 
dieser Schichten besprochenen Formen. 


die einen in St. Cassian noch nicht, die anderen auf dem Schlernplateau nicht mehr auftreten. Die 
Anzahl dieser Formen beträgt ungefähr ein Drittel des Gesamtbestandes und ist auf beide Kategorien 
ziemlich gleichmäßig verteilt. 

Doch müßten zu dieser Zahl wohl auch die Formen von V gezählt werden, da die Zahl VI wohl 
ersehen läfst, daß die direkten Beziehungen mit der Marmolata- und Esinofauna ganz geringe sind, daß fast 
alle hier gemeinsamen Formen doch auch nach Cassian oder in die Raibler Schichten gelangten. Hiedurch wird 
der Anteil der St. Cassianer Formen, die indie Raibler Schichten nicht mehr gelangten, auf etwa 27°/, erhöht; 
hiebei ist allerdings zu bedenken, daß gerade dieses Faunenelement von der relativen Artenarmut der roten 
Mergel stark beeinflußt werden muß. Überhaupt können die angegebenen Zahlen nur ungefähre Anhalts- 
punkte bieten. 

Hier wäre hervorzuheben: Patella granulata, Astralium, Clanculus, Naticella, Dieosmos maculatus, 
Fedaiella, Marmolatella (die letzten drei auch in St. Cassian und den Tuffen wohl aus Esino und Marmolata 
gewissermaßen versprengt), Spirostylus, Omphatoptycha (offenbar auch nur eine Spur jener in den 
Esino- und Marmolatakalken so maßgebenden Gastropodengruppe), Pseudochrysalis Stotteri, Promathildia (2) 


als Formen, die den Raibler Schichten schon zu fehlen scheinen. 
28*+ 


218 Friedrich Blaschke. [58] 


Die entgegengesetzten Formen sind hinwieder nicht so scharf als fortgebildete Formen zu erkennen, 
der zeitliche Faktor macht sich anscheinend nicht so weit geltend, nur eines scheint eher erkennbar. Die Raibler 
Gastropodenfauna besitzt relativ mehr große Typen als die Pachycardientuffe und St. Cassian. Letzteres 
ist durch seine Mikrofauna seit jeher aufgefallen; auch in den Tuffen sind, abgesehen von den grofsen 
Naticopsiden sowie den speziellen Anpassungstypen napfförmiger Schalen fast durchwegs kleine Formen 
vertreten, die häufig hinter den entsprechenden Originalen von anderen Lokalitäten an Größe weit zurück- 
zustehen scheinen. 

Die Fauna der roten Mergel dagegen zeichnet sich durch große Formen, besonders die riesigen 
Pustulifer (Pustularie) aus und unter den Formen, die vorläufig nur den Tuffen und roten Mergeln an- 
gehören, mußte bei einigen hervorgehoben werden, daß sie in ersterer Ablagerung nur in kleinen, in letzterer 
dagegen in Stücken ganz respektabler Größe gefunden wurden. (Frombachia, Purpuroidea.) Dies mag hier 
bemerkt werden, weitergehende Schlüsse sind aber mit Rücksicht auf das noch zu geringe Tatsachenmaterial 
wegen ihrer Mehrdeutigkeit besser zu unterlassen. 

Zu dieser dritten Gruppe von Formen, die vielleicht eher eine Wirkung der Altersverschiedenheit 
erkennen lassen, kommt als 

4. eine nicht unbeträchtliche Anzahl eigentümlicher Formen (1/,—!/, der Gesamtzahl). Diese Zahl 
entspricht ungefähr auch dem Verhältnis eigentümlicher Formen in den anderen südalpinen Triasfaunen. 
Sie tragen unzweifelhaft den Charakter von Anpassungs- oder Lokalformen und gruppieren sich sichtbar um 
gewisse Zentren. Für die Pachycardientuffe sind da besonders die napfähnlichen Gehäuse von Pafellidae, 
Lepetopsis, Phryx, Haliotimorpha maßgebend, für solche mag hier ein Zentrum der Ausbildung gesucht 
werden. Diese eigentümlichen Formen gehören zum Teile zu den häufigsten und bestimmenden Typen der Fauna 

Zieht man aus diesen Betrachtungen, die den Einflüssen der verschiedenen Faktoren auf die Zu- 
sammensetzung der Fauna nach Möglichkei Rechnung tragen sollten, die nächstliegenden Schlüsse, so ge- 
langt man zu einigen charakteristischen Zügen dieser Gastropodenfauna. 

Die Bildung der Pachycardientuffe brachte für die Gastropoden ähnliche Lebensbedingungen mit sich 
wie sie in den St. Cassianer und Raibler Mergeln herrschten. Die Anpassung an die speziellen Verhältnisse 
die bei dieser Gruppe offenbar eine große Rolle spielte, führte zu Formen, die wohl vorwiegend in bewegtem, 
Wasser an Felsen angesaugt lebten; der Reichtum an solchen Typen sowie überhaupt die nahe Verwandt- 
schaft mit St. Cassian und Raibl läßt wohl der Schluß auf eine Ablagerung in einem seichten, klippen- oder 
riffreichen Meeresteile zu. Soweit eine Einwirkung des zeitlichen Faktors überhaupt nachweisbar erscheint, bildet 
auch die Gastropodenfauna ein Übergangsglied zwischen St. Cassian und Raibler Schichten, die 
mindestens 60°, ihrer Formen mit den Pachycardientuffen gemeinsam haben. 


So konnte die genauere Untersuchung der Gastropoden aus den Pachycardientuffen die Schlüsse 
v. Zittels wohl vollständig bestätigen ; dennoch erleiden die letzteren gewisse Modifikationen, die eben durch die 
speziellen Verbreitungsbedingungen des Gastropodenstammes verursacht werden, vermöge deren das zeitliche Ver- 
hältnis von Gastropodenfaunen infolge der Langlebigkeit vieler Formen einerseits, des starken Einflusses 
des geographischen oder faziellen Faktors andrerseits erst nach Elimination dieser beiden überwiegenden 
Einflüsse einigermaßen klar hervortritt. 

Diese Empfindlichkeit der Gastropoden für die räumliche Entfernung, für geographische Schranken, 
die Neigung zur Bildung von Lokalformen ist es auch, die der Hallstätter Gastropodenfauna einen so 
ganz anderen Charakter gibt, wie Koken hervorhebt. Dabei sind nach den Angaben jenes Forschers !), die 
Lebensbedingungen gerade der Hallstädter Faunen und der Pachycardientuffe in gewisser Beziehung 
ähnliche. Aber dort entwickeln sich, wie Koken zeigt, andere Formen durch Erweiterung der 


letzten Windung zu jenem Typus an Felsen angesaugter Gastropoden, die Patelliden spielen dagegen 
keine Rolle. 


!) Koken. Gastropoden der Trias um Hallstatt. (Abhandl. derk.k. geolog. Reichsanstalt, Bd. 17, H. 4, pag. 3. 
» »Die Tiere lebten in seichtem, sehr bewegtem Wasser, vielleicht in Klippenregionen. ... Solche 
Arten dürften an den Felsen festgesaugt gelebt haben... .« 


[59] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. 219 


L 

Es ist vielleicht nicht unwichtig, auf die Tatsachen hinzuweisen, daß gerade die für räumliche 
Distanz so empfindliche Gruppe der Gastropoden zu Faunen von ganz verschiedenem Habitus in Hallstatt 
und in den südalpinen Triasgebieten geführt hat. 


Zur Fauna des Schlerndolomits. 


Aus dem Schlerndolomit des Schlernplateaus liest eine kleine Fauna vor, die zwar nur aus Stein- 
kernen besteht, aber doch über das paläontologische Verhältnis der Pachycardientuffe zu dem Schlern- 
dolomit einige interessante Aufschlüsse bietet und gewissermaßen das Gegenstück zu dem auffallenden strati- 
graphischen Verhalten der beiden Fazies darstellt. 

Für eine, gemäß dem Erhaltungszustande häufig nur annähernde Bestimmung waren nur Lamelli- 
branchiaten verwendbar, Cephalopodenreste lagen überhaupt nicht vor, mit den spärlichen Gastropoden- 
steinkernen aber war wenig anzufangen. Ein gewisses Interesse verdienen endlich noch Reste, die auf 
 Balaniden hinweisen, da dieser Cirripedientypus bisher nur aus jüngeren Schichten bekannt ist. 


Lamellibranchiata. 


Die vorhandenen Reste sind durchwegs nur als Steinkerne erhalten und demgemäß nicht mit 
Sicherheit zu bestimmen. Sie gewähren uns aber einen Einblick in die Zusammensetzung der Tiergesell- 
schaft, die in unmittelbarer Nachbarschaft mit den Pachycardientuffen und in stratigraphisch gleichem Niveau 
ein Gebiet völlig abweichender Faziesentwicklung besiedelte. 

Allerdings haftet Schlüssen, die sich auf einen Vergleich des artenarmen Schlerndolomits mit der 
reichen Pachycardienfauna stützen, infolge dieser Inkommensurabilität des Fossiliengehalts der beiden Fund- 
stätten eine gewisse Unsicherheit an. 

Die Gleichzeitigkeit der beiden Ablagerungen ist durch die stratigraphischen Befunde wohl sicher- 
gestellt. In der Fauna sind demgemäß auch die wichtigsten Züge gleichartige, es treten auch gewiß 
gleiche Formen in beiden Schichten auf, doch tritt der fazielle Faktor ganz bedeutend hervor und beein- 
fußt die Zusammensetzung der Faunula wohl vor allem. 

Von Formen aus den Pachycardientuffen, die mit einiger Sicherheit im Dolomit nachgewiesen 
werden konnten, sei nachfolgende Liste gegeben: 


Pecten cf. tubulifer Münster, 

Mysidioptera cf. aviculeiformis Broili, 

Mysidioptera cf. incurvostriata v. Wöhrmann-Gümbel, 
Mysidioptera cf. spinigera Bittner, 

Mysidioptera acuta Broili, 

Mnysidioptera cf. Lazkoi Bittner, 

Cassianella decussata Münster, 

Gervillia cf. planata Broili, 

Avicula af. Seisiana Broili, 

Badiotella (?) sp. 

Von diesen 9 Formen, die sämtlich auch in den Tuffen vertreten sind, werden 3 für St. 
Cassian und Raibler Schichten vom Schlernplateau angegeben, I für St. Cassian allein, ı für die 
Veszprämer Mergel, 4 Formen sind bisher ausschließlich den Pachycardientuffen eigentümlich. 

Die eigentümliche Faunenmischung wiederholt sich hier also und der Besitz gleicher Formen mit 
den Tuffen bildet das hervorstechende Merkmal. Denn kein einziges Stück war mit irgend einem Typus 
gleichzusetzen, der in den Tuffen nicht vorhanden gewesen wäre. Die chronologische Gleichwertigkeit tritt 
also auch paläontologisch hervor. 

Eine weitere Anzahl von Stücken konnte aber überhaupt nicht identifiziert werden, obwohl darunter 
wohlerhaltene Steinkerne begriffen sind, bei denen Artgleichheit feststellbar sein müßte. Sie dürften einen 


220 Friedrich Blaschke. [60] 


Bestand eigentümlicher Formen gebildet haben, der aber nur in allgemeinen Zügen charakterisiert werden 
kann und eine genauere Beschreibung infolge der mit dem Erhaltungszustand verknüpften Unsicherheit nicht 
empfehlenswert erscheinen läßt. 

Hier ist zunächst das zahlreiche Auftreten von Formen hervorzuheben, die sich an Avicula, Ger- 
villia und gewisse Mysidiopteren anlehnen, ohne eine sichere Bestimmung zu gestatten. Es sind ähnlich 
flache und schiefe Formen, die in bezug auf Höhe, Breite, Schiefe und Neigung des Wirbels, Ausbildung 
und Zuschnitt der Ohren sehr verschiedenes Verhalten zeigen. 


Eine besser charakterisierbare Art erinnert in gewisser Beziehung an Bittners Zıma Loczyi aus 
dem Mergelkalke von Sändorhegy bei Balaton-Füred. Doch ist sie durch Übergänge mit Valven aus der 
wohl sicheren Verwandtschaft der Mysidioptera spinigera (acuta) verknüpft. Sie ist außerordentlich 
zugespitzt, sehr flach und besitzt etwa zwölf grobe Radialrippen, über die eine feine, konzentrische Anwachs- 
streifung verläuft, jedoch anscheinend ohne Knoten zu verursachen, Ein Drittel der Schale vom Wirbel 
weg zeigt sie etwa diese Skulptur und dürfte in dieser Größe von Mysidioptera (Typus) elongata nicht zu 
unterscheiden sein, Unter diesem von der übrigen Schale förmlich abgesetzten Bezirk treten zwischen den 
groben Rippen feinere auf, deren Lage keine ganz regelmäßige zu sein scheint, doch sind sie im vorderen 
Teile der nachfolgenden, im hinteren Schalenbereich der vorderen Hauptrippe mehr oder weniger genähert, 
Hier treten daun noch schwächere, dem folgenden Kiel angelagerte Zwischenrippen unregelmäßig auf, 
Ein oder zwei Rippen im mittleren Teile zeigen keinerlei sekundäre Radien und trennen die beiden 
Schalenbereiche verschiedener Entwicklung. Drei Zwischenrippen, wie sie Zima Loczyi aufweist, konnten 
dagegen nirgends konstatiert werden. 


Sonst wären außer einer weiteren, ganz flachen Valve mit fein radialer Skulptur und Ohren schwer 
bestimmbaren Umfanges, über deren Genuszugehörigkeit gar nichts Ausreichendes gesagt werden kann, 
einige lange, schmale Formen zu erwähnen, die mehr oder weniger verwischt an Modiola, Myoconcla 
(Maximiliani Leuchtenbergensis) oder Mytilus erinnern, aber gerade in den Genuscharakteren wenig: Bestimmt- 
heit zeigen. Der Wirbel ist nicht so stark herabgebogen, die Schloßwand nur in einem Falle abschüssig, die 
größte Schalenbreite wird erst weiter rückwärts erreicht; auch diese Formen, untereinander ziemlich verschieden, 


lassen keinerlei genauere Identifizierung zu. Hier sind auch in zwei Fällen beide Schalen als Steinkerne erhalten. 


Ein einziges Stück scheint auf die Leitform der Tuffe, auf Pachycardia, hinzudeuten, doch ist die 
charakteristische Architektur des Schlosses durch nichts angedeutet und demgemäfß auch diese Bestimmung 
ohne jede Zuverlässigkeit. Jedenfalls aber ist dieses Stück das einzige unter den vorliegenden, das 
überhaupt auf eine jener Formen, wie Pachycardia, Myophoria oder Trigonodus, also auf mehr bauchige 
Schalen mit vorwiegend mittlerer Lage des Wirbels bezogen werden kann. Auch sonst scheinen solche 
Formen im Schlerndolomit mindestens höchst selten zu sein. Doch fand Vacek eine deutlich erkennbare 
Myophoria. 

Und dies ist der zweite hervortretende, allgemeine Charakter dieser Fauna, der eigentlich vor 
allem ins Auge fällt und eben ein Ausdruck der Fazies zu sein scheint. 

Denn in der Lamellibranchiatenfauna der Pachycardientuffe wie auch fast noch mehr in 
den Raibler Schichten spielen solche Formen der Zahl der Individuen nach jedenfalls die erste Rolle, 
Pachycardia speziell dürfte an Zahl alle übrigen weit übertreffen. In den Dolomiten fehlt sie vielleicht 
vollständig. = 

Überhaupt ist der Charakter dieser Fauna ein einförmiger, die Zweischaler zeigen alle mehr oder 
weniger flache Valven mit endständigem Wirbel; es waren wohl sämtlich mittels Byssus angeheftete Formen, 
unter denen Mysidiopteren und gewisse Aviculiden, an Arten- und Individuenzahl alle anderen Formen 
übertreffen. Und diese Mysidiopteren und Aviculiden finden doch wieder in den Tuffen nächste Verwandte, 
nur scheinen sie daselbst nach Broilis Zahlen seltener zu sein, sie lebten wohl vorwiegend auf dem Rift. 


Dabei zeigen gerade diese Formen im Schlerndolomit eine Auflösung in verschiedene Typen, die 
auseinander hervorzugehen scheinen und schwer trennbar sein dürften, während nur gelegentlich einzelne 
auch in den Tuffen erhalten blieben. Doch ist diese Gesellschaft keineswegs etwa eine chronologisch fort- 


[61] Die Gastropodenfauna der Pachycardientuffe der Seiseralpe in Südtirol. DOM 


gebildete Pachycardienfauna, sondern eher ein spezialisierter Zweig derselben, eine Anpassung an die 
Dolomitfazies. 

Die darüberliegende Raibler Zweischalerfauna dagegen mit ihrem faziellen Anklang an die 
Tuffe und Mergel der vorhergehenden Stufe ist im allgemeinen Charakter, dem reichen Bestand an Pachycardia, 
Trigonodus und Myophoria der letzteren eigentlich ähnlicher als die gleichzeitige Rifffazies. 

Dies dürfte neben dem paläontologischen Nachweis für die Aquivalenz der beiden Bildungen 
ein Ergebnis von gewisser Tragweite sein, den umgestaltenden Einfluß, den die Änderung der Fazies gerade 
auf Lamellibranchiaten mit sich bringt, zur Erkenntnis gebracht zu haben, dersich auch im Verhältnis der 
Dolomitfazies des Schlernplateaus zu den Pachycardientuffen der Seiser Alm und auch der Raibler Mergel- 
fazies geltend macht; diese allgemein hervortretende Wichtigkeit des faziellen Faktors für die Lamelli- 
branchiatenfauna muß wohl bei jeder Verwendung dieser Mollusken für Niveaubestimmungen in Anschlag 
gebracht werden. 


Gastropoden. 


Die spärlichen Reste von Gastropoden geben nur wenig Auskunft, Sie dürften sich aber wohl eben- 
so verhalten wie die Lamellibranchier. Einige Steinkerne deuten wohl auf Naticopsiden mit weitumfassender 
letzter Windung hin, Hieher gehört auch ein größeres Exemplar, das aber mit bestimmten Formen nicht 
vergleichbar scheint; eine weitere Hohlform dürfte einer Pseudomelanide mit weit abstehender Mündung 
angehören, also etwa Zuchrysalis sphinx, die auch in den Tuffen vertreten ist, ein großes Bruchstück mag 
einem Pustulifer (Pustularia) alpinus Eichw. zuzuschreiben sein, der mir aus den Tuffen nicht vorlag, in 
v. Zittels Faunenverzeichnis aber erwähnt ist. 


Balanus sp. ind. 


Schließlich mag ein Rest erwähnt werden, der, wenn auch nicht mit voller Sicherheit, auf den 
ungestielten Typus der Cirripedien, also etwa auf Balanus zu beziehen wäre. Es sind zwei kegelförmige 
Steinkerne, die starke radiale Rippen, und eine stärker eingreifende Teilung in acht (?) Platten erkennen lassen. 

Dieser Fund wäre in zweierlei Richtung von Interesse. Erstens ist dieser Cirripedientypus bisher 
erst aus jüngeren Schichten bekannt und stellt wohl auch gegenüber den Lepadidae eine spezialisiertere 
Form dar, zweitens bildet sein Vorkommen im Dolomit einen gewissen Hinweis auf die Brandungszone des 
Riffes, wenigstens ist heute Balanus auf stark bewegtes Wasser angewiesen. 


® 
4 


DIE FAUNA DER JURAKLIPPEN ZWISCHEN DONAU UND THAYA. 


Von 


Dr. Hermann Vetters. 


Mit zwei Tafeln (Taf. XXI (l; und XXII (II) und drei Textabbildungen. 


Einleitung. 


Schon seit den Anfängen geologischer Forschung in Österreich bilden die karpatischen Klippen ein 
Lieblingsstudium der österreichischen Geologen. Insbesondere waren es die tektonischen Fragen, die sich 
an diese merkwürdigen Inselberge knüpfen, die Frage nach ihrem Zustandekommen, welche immer wieder 
zu neuen Beobachtungen und Theorien anregte. Und auch heute noch nach den eingehenden Untersuchungen 
Neumayrs und Uhligs und den darauf hin gebildeten Theorien gehört die »Klippenfrage« zu den 
interessantesten und infolge der modernen Ansichten über Gebirgsbildung zu den akuten Fragen. 

Auch die niederösterreichischen Klippen haben, soweit sie als eigentliche Inselberge schon orographisch 
auffallen, frühzeitig die Aufmerksamkeit der Geologen wachgerufen. 

Aus dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts stammen die ersten Nachrichten über den langen Zug 
auffallender Kalkberge, welcher über Ernstbrunn, Staats, Falkenstein, Stürtzenhofen, Klein-Schweinbart und 
Nikolsburg bis Polau sich erstreckt. 

Die erste ausführliche Beschreibung stammt von A. Bou&, welcher in seinen »Geognostischen Ge- 
mälden von Deutschland«!) diese Juravorkommnisse als eine zusammenhängende Kette beschreibt, die sich 
bis Brünn erstreckt und von der nur die Gipfel sichtbar sind. 

Seit ihm haben sich verschiedene hervorragend Gelehrte, wie Partsch?), F. v. Hauer), M. 
Hoernes®, Sueß°), Neumayr‘) u. a. mit den verschiedenen Klippen überhaupt und auch mit diesen 
speziell beschäftigt. In der letzten Zeit schließlich hat Uhlig in seinem »Bau und Bild der Karpaten«’) 


unsere Kenntnis von den karpatischen und niederösterreichischen Klippen zusammengefaßt. 


2) Geognostische Gemälde von Deutschland. Frankfurt a. M., 1829, S. 361, 295ff, 496, 514. 

2) P. Partsch: Erläuternde Bemerkungen zur geognostischen Karte des Beckens von Wien und der Gebirge, 
die dasselbe umgeben. Wien, 1844, S. IQ. 

3) F. v. Hauer: Geolog. Übersichtskarte der österr.-ungar. Monarchie, Bl.Iu.IIl; Erläuterungen. Jahrb. derk.k. 
geolog. Reichsanst. Wien, XIX, 1869, S. 1ff. — Die Geologie und ihre Anwendung auf die Bodenbeschaffenheit der 
österr.-ungar. Monarchie, Wien, 1875 und 1878. 

*) Versteinerungen aus den Jurakalken von Nikolsburg und St. Veit, Haid. Ber. II, 1847, S. 3#t. 

5) Suefß: Brachiopoden der Stramberger Schichten; Hauers Beitr. I, Wien, 1858, S. 17. 

» Antlitz der Erde I, Wien, S. 275. 
6) Neumayr: Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst., 1870, S. 549. 
» Erdgeschichte, Wien, 1888, S. 673. 
7) Uhlig: III. Teil von Bau und Bild Österreichs, S. 770—794, S. 845 fl. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII, 29 


224 Dr. Hermann Vetters. [2] 


Von einer genauen Aufzählung aller hiehergehörigen Arbeiten will ich hier absehen, da sie zumeist 
nur die Tithonberge Ernstbrunn—Polau betreffen und daher besser bei Besprechung; dieser erwähnt werden. 

Die Veranlassung zur vorliegenden Arbeit war einerseits das reiche Fossilmaterial, das von den er- 
wähnten Klippen in der geologischen Sammlung der Wiener Universität und in den anderen hiesigen Samm- 
lungen vorhanden ist, anderseits der Umstand, daß seit geraumer Zeit keine zusammenfassende Arbeit 
über die Fauna dieser Klippen veröffentlicht wurde und in den für das Tithon der karpatischen Klippen grund- 
legenden Arbeiten von K. von Zittel die Nikolsburger Tithonberge nicht mit berücksichtigt wurden. 

Die früheren Arbeiten über diese Fauna stammen von F. Ferstl!), M. Hoernes?), Sueß°), 
Rolle), wozu noch einige kleinere Notizen, wie z.B. von Haidinger°), Peters‘), Makowski‘) kommen. 

Schließlich ist im Jahre 1897 durch einen glücklichen Fossilfund der Nachweis über das Vorhanden- 
sein weiterer, bis dahin unbekannter Tithonklippen gelungen und namentlich durch O. Abel eine Anzahl 
Fossilien aus diesen Schichten gesammelt worden. Über diese kleine aber interessante Fauna ist zwar von Abel 
eine vorläufige Notiz veröffentlicht worden, zu einer eingehenden Untersuchung derselben, die Abel zu- 
gleich mit der Untersuchung der Fossilien des Ernstbrunner und Nikolsburger Tithon geplant hatte, kam 
er jedoch wegen anderweitiger Beschäftigungen nicht. Dagegen ist die geologische Aufnahme dieser Gegend, 
die von der k. k. geologischen Reichsanstalt Herrn Dr. Abel übertragen war, bereits zu Ende geführt. 
(Verh. d. geol. Reichsanst. 1899, S. 284 u. 343.) 

Zum Zwecke einer eingehenden Untersuchung dieser Faunen hat Dr. Abel mir nicht nur sein ganzes 
Fossilmaterial, sondern auch die bereits fertigen Teile seines Manuskripts in liebenswürdiger Weise zur 
Verfügung gestellt, wofür ich ihm hier meinen verbindlichsten Dank ausspreche. 

Der Plan der Arbeit ist dermaßen, daß zunächst die Fauna der Niederfellabrunner Tithonschichten 
behandelt werden soll, welcher Teil der Arbeit hier vorliegt. Später werden dann die Diceraskalke von 
Ernstbrunn und die Nikolsburger Schichten u. s. w. zur Bearbeitung kommen. Ein Verzeichnis der ein- 


schlägigen paläontologischen Literatur soll der Vollständigkeit halber erst am Schlusse gegeben werden. 


I. Teil. 


Die Tithonklippen von Niederfellabrunn. 


Allgemeines: 


Vorarbeiten, Auftreten, petrographischer Charakter, Fossilführung. 


Das Vorkommen tithonischer Ablagerungen in der Umgebung Niederfellabrunus ist erst seit ver- 
hältnismäßig: kurzer Zeit bekannt. Zwar 'sind die grauen Mergelkalke des Hundsberges schon Stur ge- 
legentlich der geologischen Aufnahme der Umgebung Wiens aufgefallen, allein es war ihm mangels sicherer 


ı) F. Ferstl: Geognostische Betrachtung der Nikolsburger Berge. Inauguraldiss., Wien, 1845. 

2) M. Hörnes: Verst. aus den Jurakalken von Nikolsburg und St. Veit, Haid, Ber. II, 1847, S. 3. 

3) Bei Prinzinger: Jahrb. der k.k. geolog. Reichsanst., 1851, 4. H., S. 166 ff und 1852, 4. H., S. 129. Brachiop. 
d. Stramberger Schichten. Hauers Beitr. I, 1858. 

*) Rolle: Die Echinoiden der oberen Juraschichten von Nikolsburg in Mähren. Sitzungsber. d. k. Akad. der 
Wiss. Wien, (math. nat. Kl.), XV. Bd., 1855, S. 521 ff. 

») Haidinger: Beschr. einer seltenen Versteinerung aus d. Gesch. der Giemmuscheln. Borns. phys. Arb. d. 
einträcht. Freunde, Wien I., 3, 1785, S. 87, Taf. 2, Fig. I—-3. 

‘) Peters: Grundlinien zur Geographie und Geologie d. Dobrudscha. Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss, Wien 
(math. nat. Kl.) XXVII, S. 183. 

?) Makowsky: Über eine neue foss. Gasteropode. Verh. d. naturforsch. Ver. Brünn, Bd. 8, 1874, S. 123, 
Tafel II. 


[3] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 225 


Anhaltspunkte nicht möglich, ihr Alter richtig zu erkennen. Auf der Sturschen Karte (Kol. XIV, Zone 12) 
finden wir am Hundsberge ein Gebiet als »Kreide von Bruderndorf« eingezeichnet, welches mit einem 
unserer Tithonvorkommen zusammenfällt. 

Paul und Bittner, welche die Erläuterungen zu dieser Karte verfaßten, waren nicht in der Lage, 
genügende Angaben über die Gründe zu machen, welche Stur zu dieser Altersbestimmung veranlaßt haben und 
gaben der Meinung Ausdruck, daß eine angenommene Analogie mit dem in Leitzersdorf bei Stockerau ge- 
fundenen Tegel Stur in dieser Hinsicht bestimmt habe.) 

Dagegen glaubt ©. Abel?) annehmen zu sollen, daß Stur auf Grund mangelhafter Fossilienfunde 
(ein oder zwei unbestimmbare Ammoniten und jene zahlreichen Belemnitenfragmente, die sich in dem 
Boden der Weinberge vorfinden und den Einwohnern unter dem Namen Zuckerhütel lange schon bekannt 
sind) die Schichten des Hundsberges für kretazisch erklärt habe. 

Vor und nach Stur blieben die Niederfellabrunner Klippen so gut wie unbeachtet. Erst die ge- 
legentlich einer Kellergrabung im Orte selbst gemachte Auffindung eines großen fast vollständigen Perisphincten 
gab Veranlassung, diesen wenig beachteten Punkten erneute Aufmerksamkeit zuzuwenden. 

Zunächst wurde der von Herrn J. Krahuletz gefundene Ammonit im geologischen Institut der 
Wiener Universität durch den Assistenten Dr. v. Krafft als Perisphinctes scruposus beschrieben und das 
tithonische Alter der in Frage kommenden Schichten sichergestellt.) 

Im Auftrage des Herrn Prof. Sueß wurden weitere Nachgrabungen in anderen Kellern veranstaltet, 
die aber ebenso wie die dahin unternommenen Exkursionen wenig brauchbares Fossilmaterial lieferten. 

Im Sommer desselben Jahres unterzog nun OÖ. Abel die Umgebung Niederfellabrunns einer genaueren 
Untersuchung und fand auch in den verschiedenen Tithonvorkommen dieser Gegend eine Anzahl Fossilien. 

Die Ergebnisse seiner Begehung veröffentlichte er in einer vorläufigen Notiz und betonte dabei 
namentlich die Beziehungen der neu gefundenen Fauna zur unteren Wolgastufe.*) Eine ausführliche Bear- 
beitung dieser Tithonfauna war geplant, kam aber Zeitmangels wegen nicht zur Ausführung. 

Nach Abels Untersuchungen sind bei Niederfellabrunn vier beziehungsweise drei Tithonklippen vor- 
handen, die von alttertiären Gesteinen größtenteils bedeckt werden. Es sind das: ı. Die Klippe von 
Niederfellabrunn selbst, in der sich die erwähnten Keller befinden und auch der erste Ammonitenfund 
gemacht wurde; 2. die Klippe des Hundsberges, welche schon Stur kannte und als kretazisch ansah ; 
3. das am weitesten nördlich gelegene Vorkommen des Neppeltales, das sich etwa U, km entfernt im 
Streichen der Schichten des Hundsberges (N 45°O mit einem Fallen von 20 bis 30° SO) befindet und selbst 
wieder das SO Fallen erkennen läßt, das auch an der Niederfellabrunner Klippe beobachtet werden kann, 
und 4. das etwas westlich gelegene Vorkommen beim .Grünstallwalde, das nach Abel wahrscheinlich mit 
der Klippe des Neppeltales im Zusammenhange steht.?) 

Obwohl das Tertiär der Gegend von Niederfellabrunn seit A. Bou& wiederholt studiert worden ist, 
darf es doch nicht Wunder nehmen, daß das Vorhandensein von Tithonklippen in dieser Gegend so 
spät erst bekannt wurde. 

Denn, wenn wir hier von Klippen sprechen, so dürfen wir nicht an Inselberge denken, ähnlich jenen 
von Ernstbrunn, Dörfles, Nikolsburg u. s. w., die sich durch ihre steilen Formen schon landschaftlich von der 
flachen, hügeligen Umgebung abheben und die überdies durch ihr auffallendes, weißes Kalkgestein von den 
benachbarten Tertiärablagerungen leicht unterscheidbar sind. Klein und unscheinbar sind die Hügel, welche 
das Niederfellabrunner Tithon bildet, an Höhe selbst hinter den sie umgebenden Tertiärbergen zurückbleibend. 


!) Erl. zur geolog. Spezialkarte der Umgebung Wiens, aufgenommen 1889—1890 von D. Stur, S. 35. 

2) Verhandl. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, 1897, S. 345 und 362. 

®) Dr. A. v. Krafft. Über einen neuen Fund von Tithon in Niederfellabrunn bei Stockerau. Verh. d. k. k. 
geolog. Reichsanstalt, 1897, 9. Heft, Seite 193. 

*) ©. Abel: Die Tithonschichten von Niederfellabrunn in Niederösterreich und deren Beziehungen zur unteren 
Wolgastufe. Verh. d. k. k. geolog Reichsanstalt, 1897, S. 343 f. 

5) Fraglich ist das Vorkommen von Tithon noch an einer Stelle zwischen dem Hundsberge und Niederfella- 
brunn, wo Abel Belemnitenbruchstücke aus der semiformis-Gruppe fand, Vergl. loc. cit., pag. 349. 

29* 


226 Dr. Hermann Vetters. [4] 


Dazu kommt noch eine Decke von alttertiären Sanden, Tegeln u. s. w., welche die tithonischen Schichten 
bis auf die wenigen oben angeführten Aufschlüsse. verhüllt, so daß nur der Kundige diese Kryptoklippen 
rasch zu finden vermag. 

Im Gesteinscharakter weicht das Tithon von Niederfellabrunn von dem der anderen nieder- 
österreichischen und karpatischen Klippen gleichen Alters vollkommen ab. Nicht die hellgrauen Stramberger 
Kalke oder die weißen Diceraskalke von Ernstbrunn treten uns entgegen, sondern ein unscheinbares, graues, 
mergelig-kalkiges Gestein. Bänke des hellgrauen, mitunter ziemlich harten Mergelkalkes stehen bei den 
Kellern von Niederfellabrunn an. WVerwittert ist seine Farbe mehr gelblich bis bräunlicherau, mit zahl- 
reichen, rostroten, von Eisenoxyd herrührenden Flecken. Auch läßt er sich dann leicht in unregelmäßige 
Platten spalten, die mit ihrer rauhen, ungeraden, ruppigen Oberfläche an die Kalke von Olomutschan er- 
innern. Beigemengt erscheint dem Mergelkalk spärlich Glaukonit, während kleine Quarzkörner dem Gestein 
bisweilen ein rauhes, sandiges Aussehen verleihen. Reste von Muschelschalen, Echinodermenstacheln u. s. w. 
sind im Dünnschliffe sichtbar. Nicht selten findet man auch in den Mergelkalken walzenförmige Ausfüllungen, 
bald gerade, bald leicht gekrümmt, die vielleicht von Bohrwürmern oder (nach Abel) von Algen herrühren. 

In den Kellern konnte noch in regelmäßigen Zwischenräumen von etwa 1/, m die Wechsellagerung 
eines weichen, tonigen Mergels mit den härteren Mergelkalken beobachtet werden. 

Dasselbe Gestein ist am Hundsberge und im Neppeltale anstehend zu finden. Auch hier zeigen 
sich wie bei dem erstgenannten Vorkommen zahlreiche mit Calcitkristallen erfüllte, kleinere Sprünge. Der 
bräunliche sandige Boden, der durch die vollständige Verwitterung gebildet wird, ist keine gute Acker- 
krume, sondern eher für den Weinbau geeignet. Auf ihm stehen daher die wenigen Weingärten 
dieser Gegend. 

Ein etwas abweichendes Gestein fand Abel beim Grünstallwaldee Es waren das größere 
Blöcke eines konzentrisch schaligen, oolithischen Gesteins, die aus dem Boden des Ackers stammten. 
Der Kern der einzelnen weißen Oolithkörner wird, wie die Dünnschliffe lehren, durch abgerollte Trümmer 
von Crinoidenstielgliedern, Seeigelstacheln, kleinen Korallen u. s. w. gebildet, die von einer Kalkhülle und 
zuletzt noch mitunter von Limonit überrindet sind. Die Grundmasse, in der die Körner liegen, ist eine unter 
dem Mikroskop wasserhelle Kalkspatmasse, während die Gesamtfarbe des etwas bituminösen Gesteins 
dunkelgrau erscheint. 

Wie schon erwähnt wurde, glaubt Abel, daß dieses Tithonvorkommen mit jenem im Neppeltale im 
Zusammenhange stehe, und er ist geneigt anzunehmen, das der Oolith das Liegende jener Mergelkalke bilde, 
somit einem tieferen Horizont angehöre.!) 

Dem Gesteinscharakter nach sind die Tithonschichten von Niederfellabrunn nicht in größeren Tiefen 
gebildet worden, wie auch die darin enthaltenen Muschelschalentrümmer und kleineren kohligen Stückchen 
beweisen. Anderseits kann man sie wegen des Mangels an gröberen sandigen oder konglomeratischen 
Bildungen auch nicht als ausgesprochen litoral bezeichnen. 

Der Fossilinhalt ist nicht reich, am häufigsten sind Ammoniten-Bruchstücke zu finden. Auch 
der Erhaltungszustand ist fast immer sehr schlecht und gestattet nur in wenigen Fällen eine ganz genaue 
Artenbestimmung. Manche allem Anscheine nach neue Form konnte daher nicht mit Sicherheit als solche 
beschrieben werden. Ein so gut erhaltenes Exemplar, wie es der schon erwähnte zuerst entdeckte Ammo- 
nit ist, muß daher als ein ganz besonders glücklicher Fund bezeichnet werden. 

Es ist das um so mehr zu bedauern, als die Tithonfauna von Niederfellabrunn ansonsten manch inter- 
essante Beziehungen hat erkennen lassen, 

Sehr häufig ist die Erhaltungsart bei der die Schalen ganz oder teilweise verkieselt und mit eigentüm- 
lichen, konzentrischen Kieselringen bedeckt sind. Der Durchmesser dieser Ringe ist klein und erreicht höch- 
stens I—2 mm. Diese Art der Verkieselung, welche man auch sonst hie und da beobachten kann, z. B. 
bei Nattheimer Fossilien und die schon von Scheuzer?), Quenstedt?°) u. a. eingehend beschrieben wurde 


t) Abel: (loc. ecit.), S. 349. 
2) Scheuzer: Specimen lithographicae helveticae curiosae etc., Zürich 1702,S. 24, Fig. 32. 
>) Quenstedt, Der Jura, S. 748. Petrefaktenkunde, S. 390. 


[5] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. S 227 


macht die feinere Skulptur der Schale unsichtbar, sie ist, wie ich an einem Ammonitenbruchstück erkennen 
konnte, das auf der einen Seite auf diese Art verkieselt, auf der anderen normal erhalten war, mit einer 
Quellung verbunden, welche seine Rippen breiter, Zwischenräume und Furchen verschmälert erscheinen läßt. 

Das Fossilmaterial befindet sich zum größten Teile im Besitze der geologischen Sammlung; der Wiener 
Universität, teilweise auch des k. k. naturhistorischen Hofmuseums, der k. k. techn. Hochschule zu Wien 
und des Krahuletz-Museum in Eggenburg, und ich benütze diese Gelegenheit, den betreffenden Herren Vor- 
.ständen, Herrn Hofrat Prof. Toula, Herrn Kustos Kittl und Herrn Krahuletz für die freundliche 
Überlassung dieser Stücke meinen verbindlichen Dank auszusprechen. Zu besonderem Danke fühle ich mich 
meinem Vorstande, Herrn Prof. V. Uhlig, gegenüber verpflichtet, welcher meine Arbeit auf vielfache 
Weise gefördert hat. 


Beschreibung der Versteinerungen. 


I. Ammonoidea: 


Perisphinctes (Pseudovirgatites nov. subgen.) scruposus Oppel. 
Taf. XXI (), Fie. ı, Taf. XXII (I), Fig. 14. 


1865 Ammonites scruposus Oppel: Die tithonische Etage Nr. 115. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., XVII S. 557. 

1868. » Zittel. Cephalopoden der Stramberger Schichten. S. 115, Taf XXIV, Fig.3a, b (Mitteilung 
aus dem Museum d. k. bayr. Staates, II. Band.) 

1897. Perisphinctes scruposus v. Krafft. Über einen neuen Fund von Tithon in Niederfellabrunn bei Stockerau Ver- 
handl. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1897, S. 193 ff. 

1900. Perisphinctes scruposus C. Burkhardt. Profils geol. transversaux de la Cordillre argentino-chilienne. Anales 
del Museo de La Plata. Sec. geol. y min. II, S. 47, Taf. 27, Fig. 1—3. 

1903. Perisphinctes scruposus C. Burkhardt. Beiträge zur Kenntnis der Jura- und Kreideformationen der Cordillere. 
Palaeontographica L, S. 59. 


Dieser Art gehört weitaus die Mehrzahl der bei Niederfellabrunn gefundenen Versteinerungen an. 
Außer einer größeren Anzahl besser oder schlechter erhaltener Bruchstücke liegen ein wohlerhaltenes großes 
Exemplar von Niederfellabrunnn und ein größeres Bruchstück vom Hundsberge vor. 

Das Niederfellabrunner Stück — es ist das der schon erwähnte von J. Krahuletz gefundene Ammo- 
nit — welches die Alterbestimmung der bis dahin fraglichen Schichten gestattete, wurde bereis im Jahre 1897 
von Krafft beschrieben.!) Seine Maße sind folgende: 


Durchmesser 326,7) 
Höhe des letzten Umganges.. . . re 20022 re (0:34) 
Dicke >» » » Denn... 72—85 mm (0'22— 0'26) 
(je nach dem ob zwischen oder über den Rippen gemessen) 
Höhe des vorletzten Umganges . . . . . 65 mm (o'20) 
IN abelvreite ROT) 
Schalendicke an der Wohnkammer . . . . 18—45 mm 


(letztere Dicke an den Rippen). 


Das scheibenförmige Gehäuse läßt vier deutliche Umgänge erkennen. Davon kommt ungefähr die 
Hälfte der letzten Windung auf die Wohnkammer, deren vorderster Teil nicht erhalten ist. Die inneren 
Windungen sind etwas verdrückt, sonst vollständig samt der Schale erhalten. Die Ausfüllungsmasse des 
dickschaligen Gehäuses besteht in der Wohnkammer aus dunklem mergeligen Gestein, in den Luftkammern 
zumeist aus weißem Kalkspat. 

Die Schale wächst langsam an, ist weitnabelig, der Windungsquerschnitt (siehe Tafel XXII, Fig. 2) 
gerundet trapezoidisch, höher als breit, mit gerundetem Rücken und wenig gewölbten, an den inneren Umgän- 


1) Das Stück befindet sich im Besitze des Krahuletz-Museums in Eggenburg. 


228 Dr. Hermann Vetters. [6] 


gen ganz flachen Seiten. Die größte Breite liegt ungefähr im ersten Viertel über der Nabelkante, Die Nabel- 
wand ist steil bis senkrecht einfallend und am Wohnkammerteile konkav, an der Naht etwas vorgezogen. 

Die Skulptur des letzten Umganges besteht aus groben Rippen, 41 an der Zahl, die beiläufig in der 
Mitte der Nabelwand beginnen. Sie haben die Gestalt ziemlich hoher, nach rückwärts senkrecht, nach vorn 
flacher abfallender, daher nach hinten etwas schräg gestellter Kämme, deren größte Schärfe an der Nabel- 
kante, deren größte Höhe ebenfalls hier oder etwas darüber gelegen ist. Die Rippen stehen an der Nabel- 
wand selbst radial, schwingen sich in der Gegend der Nabelkante leicht bogenförmig nach rückwärts, 
um dann nach vorn geneigt über die Seiten zu verlaufen. 

Ungefähr in der Flankenmitte spalten sie sich in mehrere Teilrippen, welche ohne irgend welche 
Unterbrechung oder Abschwächung die Außenseite der Schale überschreiten. Ihre Gestalt ist im Gegensatze 
zu den Hauptrippen schmäler, niedrig und gerundet. 

Die Ablösung der Spaltrippen vom Hauptstamme erfolgt in der Weise, daß sich zunächst am tiefsten 
die vorderste Teilrippe abtrennt, und die hinteren der Reihe nach immer weiter oben, dem Exenternteile 
näher entspringen. Die Zahl der von einer Hauptrippe entspringenden Spaltungsrippen beträgt in der Regel 
drei bis vier. Nur zwei Bündel zeigen eine Virgation in fünf Teilrippen. Beide treten in Begleitung von 
Einschnürungen auf, und das eine zeigt noch eine weitere Unregelmäfßigkeit dadurch, daß die Teilung nur 
auf der einen Seite in der oben angegebenen Weise geschieht; auf der anderen (nicht abgebildeten) Seite 
spaltet sich die Hauptrippe nahe der Nabelkante in zwei Äste, deren hinterer sich wieder regelmäßig in 
drei Nebenrippen spaltet, während sich der vordere erst nahe der Externseite in zwei Nebenrippen teilt. Bei 
dem zweiten fünfteiligen Bündel ist nur auf einer Seite die Fünfteilung zu beobachten, während auf der 
anderen die hinterste Teilrippe frei endet. 

Überhaupt zeigt sich ein verschiedenes Verhalten der beiden Seiten in bezug: auf die Skulptur auch 
darin, daß die von Krafft beschriebenen »über den Externteil verlaufenden selbständigen Rippen« nur auf 
der einen Seite in den Zwischenräumen der Rippenbündel etwas außerhaib der Mittellinie frei endigen, auf 
der anderen aber sich als letzte oder erste Teilrippe dem benachbarten Bündel anschließen. Dies scheint das 
regelmäßige Verhalten zu sein. (Siehe Abbildung der Externseite, Taf. XXII, Fig. 1.) Doch kommen noch wei- 
tere Unregelmäßigkeiten vor. An einer Stelle — es ist das dieselbe Stelle, wo auch das oben erwähnte 
ungleichseitige, fünfteilige Bündel auftritt — konnte ein zickzackförmiges Ineinandergreifen der benachbar- 
ten Rippenbündel beobachtet werden, indem die erste Teilrippe links rückwärts!) zur letzten des vorderen 
Bündels zieht und in diese einmündet, während die nächste Rippe links auf der rechten Seite frei endet, 

Außerdem sind am letzten Umgange fünfseichte Einschnürungen zu bemerken, welche hinten 
durch eine einfache, von der einen Nabelwand zur anderen frei verlaufenden Rippe begrenzt werden, die 
an Höhe die Spaltungsrippe nur wenig übertrifft. Der Abstand zwischen diesen Einschnürungen ist nicht 
gleichmäßig; die Zahl der zwischen zwei Einschnürungen gelegenen Rippenbündel beträgt 4, 7, 6 und I1, 
die Zahl der Externrippen, die ein besseres Maf des verschieden großen Abstandes ergeben, 17, 32, 23 
und 42. Auch ihr Verlauf ist gleich dem der Hauptrippen erst bogenförmig nach rückwärts gewendet, so- 
dann nach vorn gerichtet, bis zur Mittellinie stärker und von da ab schwächer. Eine Verflachung der Ein- 
schnürung am Externteil ist nicht bemerkbar. 

Die inneren Umgänge haben noch ebenere Flanken und weichen auch in der Skulptur von der 
letzten Windung ab. Die Rippen werden kleiner, niedriger und zahlreicher. Der Gestaltsunterschied zwischen 
Haupt- und Spaltungsrippen verschwindet mehr und mehr. Die Einschnürungen, von denen auf der vorletzten 
Windung noch etwa sechs bis sieben vorhanden sind, werden weniger deutlich, was allerdings zum Teile 
der schlechtere Erhaltungszustand der inneren Umgänge bedingt. 

Zugleich rückt die Spaltungsstelle der Rippen immer näher an die Nabelkante heran, je weiter wir 
in der Spirale nach innen gehen. Die innersten Umgänge schließlich bedecken feine tiefgespaltene Rippen, 
ähnlich wie bei Perisphinctes seorsus Oppel, doch läßt sich die Skulptur dieses verdrückten Teiles nicht 
mit voller Deutlichkeit erkennen. 


!) Externteil nach oben, Mündung nach vorn gerichtet. 


[7] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 229 


Die Skulptur des äußeren Umganges stimmt mit dem von Zittel aus Stramberg abgebildeten 
Bruchstücke vollkommen überein, so daß an der Zusammengehörigkeit beider Stücke nicht zu zweifeln ist, 
Das Gesamtaussehen sowie die virgatome Rippenteilung sind gleich. Auch eine einfache Rippe tritt bei 
Zittels Bruchstück vor einem Rippenbündel auf, nur die Einschnürung davor ist weniger deutlich. 


Die Lobenlinie, die von Perisphinctes scruposus bisher noch nicht bekannt war, hat sich bei 
unserem Exemplar allerdings stellenweise erst nach starkem Ätzen vollständig herauspräparieren lassen. Sie 
hat in ihrem Verlaufe mit den Loben von Per. seorsus große Ähnlichkeit. Lobenkörper und Sättel 
sind plump und gedrungen. Der Externlobus endet in zwei schmale Spitzen, gebildet durch den breiten 
rechteckigen Siphonalsattel. Der erste Seitenlobus ist breit und unsymmetrisch dreiteilig, ein wenig länger 
als der Externlobus. Der zweite Seitenlobus ist ebenfalls dreispitzig, bedeutend kürzer und schräg gegen 
innen gerichtet Die drei Suspensivloben sind kurz einfach, ungefähr gleich lang, wenig herabhängend, so daß 
der Nahtlobus gleich tief mit dem zweiten Seitenlobus zu stehen kommt. Der Externsattel ist breit und 
zweiteilig, mit einem schmäleren inneren Teil; der Lateralsattel, ihm fast gleich an Höhe, läßt keine deutliche 
Zweiteilung erkennen. Die restlichen Sättel sind klein, breit und höher stehend; der vorderste ist noch 
zweigeteilt. 

Die Ähnlichkeit mit den Loben von Per. seorsus (Zittel, Tafel 24, Fig. ıc) besteht in der plumpen 
Form der Sättel und Loben, Zweiteilung des Externsattels, den dreispitzigen Lateralloben und dem gleichen 
Höhenverhältnis der verschiedenen Loben und Sättel untereinander. Dagegen ist der zweite Laterallobus 
bei seorsus nach außen gerichtet und die Suspensivloben hängen ein wenig tiefer herab. 

Das zweite zur Abbildung gebrachte Stück vom Hundsberge (Tafel XXII, Fig. 3) stellt uns ein 
jüngeres Stadium von Perisphinctes scruposus dar, wie es dem vorletzten Umgange des großen Nieder- 


fellabrunner Exemplars entspricht. Seine Maße sind: 


Durchmesser ungefähr. . . . . 200 mm (I) 

Höhe des letzten Umganges. . . 73 » (0:36) 
Dicke » » » De Az» (0:22) 
Höhe des vorletzten » a rs a) 
Nabelweiten ED 520530) 


An ihnen fällt die geringere Weite des Nabels im Vergleich zur Höhe des letzten Umganges auf. 
Die Gesamtform ist ähnlich dem vorigen Stücke, die Flanken mehr eben, der Querschnitt der Windungen 
 schmäler, wie es ja den inneren Umgängen des früheren Stückes entspricht. 

Der Verlauf der Rippen ist derselbe, ebenso das Gesetz, nach dem sich die Spaltung in die Teil- 
rippen vollzieht. Auf der Rückseite, wo ein Stück Schale fehlt, ist dies am Steinkern deutlicher erkennbar 
als auf der abgebildeten Schalenseite. Die Rippen sind zahlreicher, dichter gestellt, mehr gerundet, Haupt- 
und Externrippen wenig verschieden. Die Teilung beginnt meist schon unterhalb der Mittellinie der Flanken. 

Einschnürungen sind zahlreicher, auf dem halben Umgange allein fünf vorhanden und in den un- 
gleichen Abständen kann man drei, vier, drei und zwei Rippenbündel beziehungsweise 14, 19, 15 und 12 
Externrippen zählen. Einfache Rippen begleiten auch an diesem Stücke die Einschnürungen. Zwischenrippen, 
auch beiderseits frei endende, sind gleichfalls vorhanden. 

Die inneren Umgänge sind auch an diesem Exemplar so schlecht erhalten, daß man nur gerade 
noch die feinen Rippen sehen kann. 

Von der ziemlich großen Anzahl Bruchstücke dieser Art ist auf Tafel XXII, Fig. 4, ein kleines Stück 
dargestellt, welches vom Hundsberge stammt. Bei einer Windungshöhe von 47 mm gehört es zu einem 
Umgange von beiläufig 100 mm Durchmesser, also entsprechend der vorletzten Windung des vorigen und 
der drittletzten des Niederfellabrunner Exemplars. An ihm ist die Skulptur, welche an den Innenwindungen 
der oben genannten Stücke nicht deutlich sichtbar war, wohl erhalten und es kann daher zur Ergänzung 
der früher gegebenen Beschreibung dienen. Die Schale ist mit zahlreichen, gleichmäßig feinen, dichtgestellten 
Rippen bedeckt, welche in leichtem, wellenföormigen Schwung über die Flanken ziehen, auf der Externseite 
etwas nach vorn gebeugt erscheinen, aber in keiner Weise abgeschwächt werden. Drei bis vier treten zu 


230 Dr. Hermann Vetters. [8] 


einem Bündel zusammen, dessen erste Gabelungsstelle nahe der Nabelkante liegt. Die zweite Teilung, welche 
meist nur den hinteren Ast betrifft, befindet sich im unteren Drittel der Flanken. 


Zwei deutliche enge Einschnürungen sind vorhanden und werden von einem Paar ganz besonders 
starker Rippen begleitet. Von diesen ist die vordere eine freie Rippe und zeigt nur am Externteil durch 


eine Furche eine Zweiteilung angedeutet, während die andere Rippe zum nächsten Rippenbündel gehört.!) 


Verwandtschaftliche Beziehungen: Auf die große Ähnlichkeit, welche die inneren Um- 
gänge des Perisph. scruposus mit Per. seorsus Oppel (Zittel, Stramberg, Taf. 24) besitzen, hat zuerst 
Krafft hingewiesen, lief aber die Frage der Zusammengehörigkeit noch offen. 


Abel (l. c. Seite 351) erklärte sich für die Verschiedenheit der beiden Formen, wobei er besonderes 
Gewicht auf das Vorhandensein von Einschnürungen und einer seichten Außenfurche bei P. seorsus Gewicht 
legte. Ich glaube zwar auch, daß diese beiden Arten getrennt zu halten seien, möchte aber auf die er- 
wähnten Merkmale weniger Gewicht legen. An den Originalstücken von Zittels Per. seorsus, die sich im 
paläontologischen Museum des bayrischen Staates befinden,?) sind diese Eigentümlichkeiten weit weniger 
deutlich als in Zittels Zeichnung. Die Externfurche ist flach und breiter und bewirkt keine vollständige 
Unterbrechung der Rippen, ebenso sind die Einschnürungen des inneren Umganges weniger auffallend und 
daher die Ähnlichkeit mit scruposus, bei dem ja allem Anscheine nach Einschnürungen auch an den Innen- 
windungen vorhanden sind, größer. Außerdem haben die Lobenlinien beider Arten, deren Vergleich den 
früheren Autoren noch nicht möglich war, wie schon oben geschildert wurde, gleichen Typus. 


Viel größeres Gewicht möchte ich auf den verschiedenen Windungsquerschnitt legen, welcher bei 
P. seorsus rundlicher und nur wenig höher als breit ist (32 anm : 30 mm). Ferner treten bei P. seorsus schon 
früher starke Bündelrippen auf. 


Daher sind beide wohl als selbständige Arten aufrecht zu halten, aber jedenfalls sehr nahe mitein- 


ander verwandt. 


Auf die Ähnlichkeit des Perisphinctes scruposus und seorsus mit der Gruppe der Virgatiten, speziell 
mit großen Exemplaren des Virgatites virgatus hat bereits Michalski hingewiesen.) Nach ihm unter- 
scheidet sich Per. scruposus durch die steil abfallende Nabelwand und die freien Externrippen von großen 
Exemplaren des Per. virgatus. Der Hauptunterschied liest aber auch hier in gleicher Weise, wie es Mi- 
chalski für Per. seorsus konstatieren konnte, im verschiedenen Bau der Innenwindungen. Die für Per. 
virgatus bezeichnenden vielrippigen und virgatomen, durch tiefe breite Furchen getrennten Rippenbündel 
treten auf keiner Windung des P. scruposus oder seorsus auf, während sie auch bei den großen Stücken von 
Per. virgatus (Michalski, Tafel III) auf dem 3. und 4. Umgange von außen zu finden sind. Um- 
gekehrt fehlt beiihm das Stadium, wie es unser Stück (Tafel XXII, 3) oder der vorletzte Umgang des großen 
Exemplars zeigt. Ferner erhalten die großen virgaten Exemplare an den letzten Umgängen vorwiegend 
gabelige Rippen, während bei P. scruposus fast nur drei- und vierteilige Rippen vorkommen. Die größte Ähn- 
lichkeit in der Berippung ist an dem ganz jungen Exemplar von P.virgatus (Michalski, Tafel I, Fig. 6) 
und den innersten Umgängen von P. seorsus beziehungsweise scruposus vorhanden, aber auch hier sind bei 
der russischen Form vier- und fünfteilige Bündel verhältnismäßig häufig. Die Lobenlinie ist bei unseren 
Formen und der russischen ziemlich ähnlich, der Lateralsattel jedoch kürzer bei den ersteren. 


Es fragt sich nur noch, ob Perisph. scruposus (und seorsus) nicht mit der Virgatengruppe zu 


vereinigen sei. 


!) Die im Vergleich zu den schmalen Zwischenräumen große Dicke der Rippen ist kein wesentliches Merk- 
mal und geht auf die Erscheinung der Verkieselungsringe zurück, welche eine Art Aufquellen der Rippen verursachte. 
Die Rückseite zeigt normalerweise feine Rippen. 


2) Den Vergleich mit Zittels Originalen verdanke ich dem liebenswürdigen Entgegenkommen des Herrn Prof. 
Rothpletz in München und ich gestatte mir dafür an dieser Stelle meinen Dank auszusprechen. 


») Michalski: Die Ammoniten der unteren Wolgastufe. Mem. du Com. geol, St. Petersbourg, Vol. VII, 
Nr. 2, 1894, Seite 355, und Abel: ]. c., Seite 353 f. 


[9] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 231 


& 


Es ıst sehr schwer, hierauf eine unanfechtbare Antwort zu geben, da die Grenzen der einzelnen 
von Pawlow aufgestellten Unterabteilungen keine scharfen sind.!) Ich möchte daher glauben, daß man bei 
der Schaffung von Unterabteilungen der großen Gattung Perisphinctes?) nur enge und daher leichter scharf 
zu umgrenzenden Untergattungen aufstellen sollte und in diesem Sinne zu Virgatites nur solche Formen 
zählen, die sich vom Typus des Ammonites virgatus nicht weit entfernen und in einem jüngeren Wachs- 
tumsstadium die virgato-dichotomen vielrippigen Bündel, getrennt durch tiefe Furchen zeigen und im Alter 
bidichotome Rippen erhalten, sowie einen im wesentlichen gleichen Lobenverlauf mit hochstehendem Lateral- 
sattel zeigen, also z. B. A. virgatus, Pallası, Sythicus, Zarajskensis, Stschukinensis, Pilicensıs, apertus, 
eventuell auch Ouenstedti. Das Vorkommen verschiedener Mutationen (siehe Michalski) erschwert na- 
türlich oft die Einreihung vereinzelter Stücke. Perisphinctes scruposus und seorsus stehen dieser enger 
begrenzten Virgatites-Gruppe nahe, ohne aber eigentliche Virgatiten zu sein und ich möchte sie als eine 
eigene Unterabteilung der Perisphinctengattung ansprechen, die ichPseudovirgatitesnenne, und dabei noch- 
mals außer dem Fehlen der vielrippigen Bündel des Arm. virgatus in den Jugendstadien, das im Gegensatze 
zu den Virgatiten nicht bidichotome, sondern virgatome Altersstadium betonen. 

Perisphinctes scruposus ist bisher aus dem Stramberger Oberthiton (Ignaziberg, Stramberg, Willa- 
mowitz) sowie durch Burkhardt aus der argentinischen Cordillere (Molinos colgados) bekannt. Im Nieder- 
fellabrunner Tithon ist er weitaus die häufigste Art, die außer den beschriebenen Exemplaren in etwa 
20 Bruchstücken vom Hundsberge und Niederfellabrunn selbst vorliegt. 


Abel gibt in seinem Fossilverzeichnis auch einen Perisphinctes cfr. seorsus vom Hundsberge an. 
Das betreffende Stück zeigt ungefähr !/, eines feinrippigen inneren Umganges und das Negativ des grob- 
rippigen äußeren Umganges. Der Querschnitt der Umgänge ist jedoch ziemlich schlank und ich möchte 


daher das Stück eher an scruposus anschließen. 


Des weiteren gibt Abel einen Perisphinctes cfr. abscissus Oppel®) von Niederfellabrunn an. Das 
Original selbst ist nicht mehr zu finden, sondern es ist in der Sammlung der technischen Hochschule nur 
ein Negativabdruck vorhanden, der ungefähr '/,;, Umgang umfaßt. Die Skulptur besteht aus scharfen, kantigen, 
etwas nach vorn geneigten Rippen, welche an der Naht verstärkt sind und ziemlich gerade gegen die 
Externseite ziehen. Die meisten Rippen teilen sich in zwei Äste, einige in drei, wobei die vorderste Teil- 
rippe zu unterst beginnt. Eine Einschnürung ist deutlich zu sehen, sie wird von einer einfachen Rippe be- 
gleitet, während rückwärts eine drei- und zweiteilige Rippe sich an der Nabelwand vereinigen. Das Vor- 
wiegen zweispaltiger Rippen erinnert allerdings an Per. abscissus, die Form der Rippen jedoch und die 
Einschnürung an Per. scruposus. Zudem sind aber bei der ersteren Form meist deutlichere Nabelkoten 
vorhanden. Zu einer genauen Bestimmung ist jedenfalls das Stück zu schlecht erhalten, da es auch die 


Untersuchung der Externseite nicht gestattet. 


ı) Vergleiche Bogoslowsky: Unterkretaz. Ammonitenfauna von Zentral- und Nordrußland. M&m. du Com. 
geol. Nouv. ser. 2, 1902, S. 115. 

2) Diese Arten werden zwar vielfach zu Olcostephanus gezogen. Ich glaube jedoch mit Unrecht, denn Neu- 
mayr hat (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1875, S. 922) unter Olcostephanus dicke, engnabelige Formen zusammen- 
gefaßt, bei denen meist aus einem Nabelknoten ein Rippenbündel entspringt. Daß Neumayr Formen vom Typus 
des Amm. virgatus nicht inbegriff, beweist der Umstand, daß er nur eine Seite vorher Am. virgatus als Perisphinct 
anführt, ebenso Pallasi und Panderi, die später sämtlich dazugezogen wurden, wodurch jene Überbürdung: der Gattung 
Olcostephanus entstand, der Pawlow Abhilfe schaffen wolite. Auch noch bei der später von Neumayr vorge- 
nommenen Erweiterung der Gattung (Ammoniten d. Hilsbildungen) hat er diese Formen nicht einbezogen. 

3) Zittel: Cephalopoden der Stramberger Schichten, S. 97, Taf. 19. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. 30 


232 Dr. Hermann Vetters. [to] 
Perisphinctes cfr. Nikitini Mich. 
Taf. XXII (II), Fig. 5. 
(Per. cfr. Nebrodensis. Abel, S. 349 f.) 
1866. Ammonites polygratus Trautschold. Zur Fauna des russ. Jura. Bull. d. 1. soc. de nat. de Moscou, S. 19, Taf. 3, Fig 4. 


1868. » Panderi Eichwald. (bars.) Leihaea Rossica, S. 1085. 

ne an :2 re EN ze onen! 

1889. » Boidini Pawlow. Etudes sur 1. couches jur. Bul. d. 1. soc. d. nat. de Moscou, S 60, Taf. 3, Fig. 12. 
1889. > polygratus Pawlow. Ebenda, S. 60, Taf. 3, Fig. 11. 

1890. » Nikitini Michalski. Ammoniten der unteren Wolgastufe. M&m. du com. geol, St. Petersburg, S. 232, 


Taf. XII, Fig. 5—7, Taf. XIII, Fig. 1—3. 
1899. Perisphinctes Nikitini Siemiradzki. Monogr. Beschreibung d. Ammonitengattung Perisphinctes. Palaeontogr. XLV, 


S-2177> 

Maße: Durchmesser etwa . . . . . . 107 mm (bei So mm — ı) 
Höhe des letzten Umganges etwa . 36 » (» 80 » :27 mm=-0'34) 
Nabelweite 2 EN ro Son Pen 010) 
Dicken ee Grob 2) 


Es ist leider nur ein einziges nicht gut erhaltenes Stück von dieser Art gefunden worden. Dasselbe 
hat eine scheibenförmige Gestalt, mit langsam anwachsenden Windungen. Der Windungsquerschnitt ist oval, 
gegen die abgerundete Außenseite verschmälert. Die größte Dicke liegt unmittelbar über der steil abfallenden 
Nabelwand (siehe Fig. 55). Die späteren Umgänge umfassen etwa die Hälfte der früheren, die stärker 
abgeplattete Seiten besitzen. 

Auf dem letzten Umgange sind beiläufig 30 starke, kantige Rippen vorhanden, welche an der Nabelkante 
(vielleicht schon unterhalb) beginnen, daselbst mitunter etwas verstärkt sind und gerade, radial bis zur 
Flankenmitte verlaufen. Hier tritt eine Teilung in zwei Äste ein, von denen sich der hintere, rückwärts 
gelegene weiter oben noch ein zweitesmal gabelt. Auch vierteilige Bündel, bei denen wieder die hinterste 
dritte Teilrippe eine weitere Gabelung erfährt, sind vorhanden. Die gerade Fortsetzung des Hauptstammes 
bildet die vorderste Teilrippe. Auf der Externseite sind die Rippen ein wenig nach vorn geschwungen, 
erleiden aber keine Unterbrechung oder Abschwächung. Ein Anastomosieren der Rippenbündel wie bei Per. 
scruposus ist nicht zu beobachten. 

Stellenweise sind auch Einschnürungen zu bemerken, in deren Begleitung vorn eine ungeteilte Rippe 
auftritt. Hinter der Einschnürung kann man ferner an zwei Stellen die Vereinigung der zwei unmittelbar 
benachbarten Bündel an der Nabelkante beobachten. Die Einschnürungen sind also auch hier, ähnlich wie 
bei P. scruposus, Stellen unregelmäßiger Rippenbildung. Die inneren Windungen sind nicht deutlich erhalten 
und scheinen ebenfalls noch ziemlich starke Rippen besessen zu haben. 

Die Stücke wurden von Abel mit Per. Nebrodensis Gem.,') einer angeblich untertithonischen Form, 
verglichen. Diese Art stammt jedoch aus dem Callovien, wie Gemmellaro selbst später (Faune giuresi e 
liasiche della Sicilia, Seite 25) richtig stellte. Auch sonst stimmt unsere Form mit der sizilischen wenig 
überein. Diese ist weitnabeliger, die Umgänge umfassen sich etwa !/,. Die Maße sind I : 0'32 : 0:48 : 0:24 
(vergl. oben). Schließlich ist die Teilung der Rippen eine andere. Die Teilrippen sind nach vorn gerichtet 
und die hinterste Externrippe bildet die Fortsetzung des Hauptstammes. Schließlich treten bei Per. Nebrodensis 
die dreiteiligen Rippenbündel erst später als bei unserem Exemplar auf. 

Dagegen zeigt dieses große, fast vollkommene Übereinstimmung mit der von Michalski, 
Taf. XIII, Fig. 2, abgebildeten Varietät des Perisphinctes Nikitini, bei welcher sich die polygrate Be- 
rippung bis zu einem großen Durchmesser erhalten hat. Die Maßverhältnisse sind fast genau dieselben 
(BO EEorgE 0'30—-32), nur der Nabel ist ein wenig weiter. Die Form des Windungsquerschnittes und die senk- 
rechte Nabelwand, sind weitere übereinstimmende Merkmale, zu denen noch die gleiche Form der Rippen- 


') Gemmellaro: Studi Palaeontologici sulla fauna del Calcare a Terebratula janitor del Nord di Sicilia. Pa- 
lermo 1868—1871, Seite 43, Tafel VI, Fig. 2—4. 


[11] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 233 


bündel und die Art der Spaltung kommt und denen nur die etwas beträchtlichere Stärke der Rippen bei unserem 
Stücke als Unterschied gegenübersteht. Einschnürungen sind an der abgebildeten Varietät von Per. Nikitini 
zwar nicht vorhanden, jedoch an anderen Stücken derselben Art kommen ebenfalls von einfachen Rippen 
begleitete Einschnürungen vor (Tafel XII, Fig. 7). 

Ich trage daher kein Bedenken, das Niederfellabrunner Exemplar mit der erwähnten polygraten 
Varietät des P. Nikitini zusammenzustellen, obgleich der Erhaltungszustand leider ein schlechter ist und 
eine ganz sichere Bestimmung nicht zuläßt. 

Im übrigen lassen sich nach dem Skulpturcharakter auch Beziehungen zu Perisphinctes scruposus 
erkennen, allerdings nicht so nahe, wie zu obiger Art. Bei P. scruposus sind die Rippen nach vorn ge- 
schwungen, die Bündel infolge der tiefer gelegenen Spaltungsstellen schlanker, reicher au Teilrippen (meist 4) 
und die Fortsetzung des Hauptstammes wird von einer mittleren Externrippe gebildet. Auch erscheinen bei 
unserer Form schon früher kräftige, entfernt stehende Rippen, als bei P. scruposus, wo Rippen von gleicher 
Stärke erst fast einen vollen Umgang später auftreten. (Ähnlicher ist hierin noch P. seorsus). 

Unsere Form und die oben erwähnte Varietät stehen in dieser Hinsicht in der Mitte zwischen 
P.scruposus und dem typischen P. Nikitini, welcher in diesem Wachstumsstadium meist keine polygraten, 
sondern bereits zweispaltige Rippen zeigt. 

Ohne mich weiter mit den etwaigen Verwandtschaftsverhältnissen unserer Form und des P. scruposus 
aufzuhalten — die mangelhafte Erhaltung der Innenwindungen gestattet keinen genauen Vergleich —, will 
ich noch auf eine gewisse Ähnlichkeit hinweisen, welche im Aussehen der Rippenbündel Perisphinctes 
diceratinus Schlosser aufweist. Die Bündelrippen sind auch bei der bayrischen Form ziemlich grob, drei- 
teilig, bie und da vierteilig; ferner treten Einschnürungen mit einer einfachen Rippe vorn auf. Die virgatome 
Teilung ist jedoch wenig mehr deutlich; diese Art nähert sich bereits den polyploken Perisphincten. 

Perisphinctes Nikitini ist bisher aus der unteren Wolgastufe (Virgatitenstufe) Zentralrußlands bekannt. 

Aus dem Niederfellabrunner Tithon liegt ein Exemplar vor, das von Grünstallwald stammt, also 


aus jenen Oolithen, welche Abel als einen tieferen Horizont ansehen möchte. 


Perisphinctes reniformis n. sp. 
Tafel XXII (I), Fie. 6. 


Von dieser ganz eigentümlichen Art liegen mir nur zwei Bruchstücke vor, von denen das besser 


erhaltene zu einem Durchmesser von beiläufig 100 mm gehört. Die Maße des letzten Umganges sind: 


Flöhe at al 9 33 
Breiten AA » 
InnerewtIoher 27 20.222356 » 


d. s. beiläufig o'3 und o'4 des Durchmessers. 

Die größte Breite liegt an der Nabelkante, von welcher die kurze Nabelwand senkrecht abfällt. Der 
Windungsquerschnitt ist nierenförmig, bedeutend breiter als hoch, gegen oben etwas zugeschärft. Die Um- 
gänge umfassen sich nur sehr wenig. 

Die kräftigen und gerundeten Rippen, deren man etwa acht zählen kann, beginnen bereits mit voller 
Stärke auf der Nabelwand, waren an der Kante anscheinend etwas verstärkt und verlaufen gerade radial 
über die Seiten, vor deren Mittellinie sie sich in zwei Rippen gabeln. Auch dreiteilige Rippen treten auf, 
welche gewissermaßen verkehrt virgatome Teilung zeigen, indem sich die vordere der beiden Teilrippen 
im oberen Drittel noch aufs neue gabelt. Die Teilrippen übersetzen als scharfe, schmale Kämme die Extern- 
seite, der jede Andeutung einer Furche fehlt. 

Ferner sind Externrippen vorhanden, welche zwischen den Rippenbündeln auf der einen Seite frei 
enden, auf der Gegenseite scheinen sie jedoch in eine Hauptrippe einzulenken; demnach ein ähnliches 
Anastomosieren, wie bei Per. scruposus. Leider gestattet das etwas abgeriebene Stück in dieser Hinsicht 
keine ganz genaue Beobachtung. 

Außerdem ist eine nach vorn gerichtete breite und tiefe Einschnürung vorhanden, vor der eine 


einfache Rippe auftritt, während hinter ihr entsprechend der schrägen Richtung der Furche das nächst- 
30* 


234 Dr. Hermann Vetters. 1 2] 


folgende, dreiteilige Rippenbündel ebenfalls zu schräger Stellung veranlaßt wird und sich daher mit der 
zweitnächsten zweiteiligen Rippe an der Nabelkante vereinigt. 

Am zweiten Umgange, von dem nur ein kleines Stück erhalten ist, sind ähnliche, kräftige Haupt- 
rippen vorhanden, die sich in der Flankenmitte in zwei oder drei Teilrippen spalten, wobei dann normaler- 
weise die vorderste Teilrippe am tiefsten ansetzt. 

Von den Loben sind an diesem Stücke keine Spuren bemerkbar. Dagegen zeigt das zweite Stück, 
welches vom Hundsberge stammt, und das trotz seines höheren Querschnittes (Höhe 39 mm, Breite 41 mm, 
innere Höhe 25 mm) zur selben Art zu gehören scheint, Loben von Charakter des Per. seorsus, Es sind 
nämlich ein breiter, zweiteiliger Externsattel, ein ungefähr gleich hoher, etwas weniger symmetrischer Lateral- 
sattel und ein ebenfalls breiter, dreispitziger, erster Laterallobus zu sehen, dem an Länge der zweite Seiten- 
lobus bedeutend nachsteht. 

Der schlechte und fragmentarische Erhaltungszustand ist um so mehr zu bedauern, da diese Form 
nicht nur eine neue Art, sondern vielleicht sogar einen ganz neuen Typus darstellt. 

Verwandtschaftliche Beziehungen: Nach den Loben schließt sich auch diese Form an die 
Gruppe des Per. scruposus an, von dem sie aber durch den breiten Querschnitt, die Form und Spaltung 
der Rippen auf der Wohnkammer wesentlich abweicht. 

Im Gesamthabitus nähert sich unsere Form der Gruppe der Polyptichiten von Pawlow. Bei P. grave- 
siformis Pawlow (Argiles Speeton, Pl. VIII, Fig. 14), kommt auch an einer Stelle Gabelung der vorderen 
Teilrippe vor, doch zeigen die Angehörigen dieser Gruppe meist deutliche Nabelknoten und keine so schwachen 
und scharfen Externrippen wie unsere Form. Zudem steht die Lobenlinie der Periptychiten wegen ihrer 
etwas schlankeren Sättel und Loben unseren Loben weniger nahe, als die Lobenlinie der Virgatiten und 
der Scruposus-Gruppe. Nähere verwandtschaftliche Beziehungen anzugeben, ist bei dem Fehlen der inneren 
Windungen noch nicht möglich. 


Zahl der Exemplare: 2 von der Klippe des Hundsberges stammend. 


Perisphinctes cfr. Lorioli Zitt. 


1868. Ammonites Lorioli Zittel. Cephalopoden d. Stramberger Schichten, S. 103, Taf. 20, Fig. 6-8. 

1873. » » Gillieron. Monsalvens, pag. 97. 

1879. Perisphinctes » Favre. Foss. d. couches tithoniques des Alp. fribourgeoises. Abh. d. schweiz. pal. Ges. VI, 
pag. 33, Taf. 3, Fig. 1, 2. 

1887. Ammonites sp. Quenstedt. Ammoniten d. schwäb. Jura, Taf. 126, Fig. 5. 


1899. » Lorioli. Siemiradzki. Monogr. Beschr. d. Ammonitengattung Perisphinctes, S. 209. 
Ein unvollständiges Exemplar, kei welchem der äußere Umgang fehlt. 
Maße» Durchmesser nee) 
Höhe des letzten Umganges. . . . I6 » (0'309) 
Nabelweite Be er Er a (0:32) 
Dickegungefalı ar ro (029): 


Schale scheibenförmig, auf der Externseite etwas abgeplattet. Die Windungen sind ungefähr halb 
involut und zeigen einen abgerundet vierseitigen Querschnitt mit abgeplatteten, parallelen Flanken. Höhe 
die Breite bedeutend übertreffend. Nabelwand ohne deutliche Nabelkante, mäßig steil einfallend. 

Die Oberfläche ist mit dicht gestellten, wenig geschwungenen, gerundeten Rippen verziert, welche 
sich in der Mittellinie regelmäßig in zwei Teilrippen spalten. Die Externseite ist leider undeutlich erhalten, 
eine Furche ist aber wahrscheinlich nicht vorhanden. 

Die Übereinstimmung mit der von Zittel, Fig. 6, gegebenen Abbildung ist eine ziemlich genaue. 
Zu einer sicheren Bestimmung ist allerdings der Vergleich der Externseite nötig, welche bei Per. Lorioli 
im Gegensatz zu dem ähnlichen Per. Calisto keine Furche oder Abschwächung der Rippen zeigt. 

Per. Lorioli ist aus dem Tithon von Stramberg (Koniakau, Chlebowitz), in den Freiburger Alpen 
(Dat) und nach Siemiradzki aus dem weißen Jura & von Nusplingen bekannt. 

Ein Exemplar aus der Klippe von Niederfellabrunn. 


[13] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 235 


Perisphinctes sp. ind. 
Perisphinctes Calisto A. v. Krafft. Verh. Geol. R.-A. 1897, S. 195. 
» » von Abel. » » > > » 346. 

Das in den oben erwähnten Arbeiten als Jugendexemplar von Per. Calisto angeführte Stück ist 
anscheinend auf Grund der von Zittel (Ceph. Stramberg, Taf. 20, Fig. 3) gegebenen Abbildung einer Art, 
bestimmt worden, welche Behrendsen und Kilian!) mit Per. Oppeli Behrendsen vereinigten. 

Das kleine Stück ist ziemlich verdrückt und schlecht erhalten und hat einen Durchmesser von 33 mm, 

dabei Windungshöhe . . . . 115 mm (0'35) 
INabelwweiteger se rer (038): 

Die Skulptur besteht aus entfernt stehenden, scharfen, sehr wenig sichelförmig geschwungenen 
Rippen, welche sich in der Flankenmitte in zwei Äste spalten und durch breite Zwischenräume vonein- 
ander getrennt sind. An einer Stelle ist auch eine Art dreiteiliger Rippen zu sehen, indem sich eine freie 
Rippe am Nabelrande mit der nächsten zweiteiligen vereinigt, ähnlich wie an einer anderen Stelle die Ver- 
einigung zweier zweiteilisen Rippen vorkommt. In unregelmäßigen Abständen schalten sich auch einfache 
Rippen ein. 

Trotz der Ähnlichkeit in der Berippung. mit der oben angeführten Zittelschen Abbildung kann doch 
diese Bestimmung nicht aufrecht gehalten werden, da es mir gelungen ist, einen Teil des äußeren Um- 
ganges ganz freizulegen und keinerlei Furche auf der Externseite dabei zum Vorschein kam. In dieser Hin- 
sicht stimmt somit dieses Stück mit der vorherbeschriebenen Art Per. Lorioli überein, welche jedoch in den 
jüngeren Stadien enger stehende Rippen zeigt. 

Eine genaue Bestimmung halte ich bei dem schlechten Erhaltungszustande, der ja weder den Quer- 
schnitt noch die Loben zeigt, nicht für möglich. Es läßt sich nur sagen, daß hier eine Jugendform aus der 
Gruppe der Biplicaten vorliegt. Ähnlichkeit ist mit Per. Filiplex Quenstedt (Amm. d. schwäb. Jura, Taf. 126, 3) 
vorhanden. Ferner mit dem von Schlosser (Diceraskalke, Taf. II), Fig. 6) abgebildeten Perisphinctes sp., 
der jedoch so wie die meisten der sonst noch ähnlichen eine beträchtliche Dicke besitzt, die selbst im stark 
verdrückten Zustande kaum so erheblich wie bei unserem Stücke (3 mm) reduziert werden kann. 

Es liegt nur ein einziges Exemplar vor, welches aus den Mergelzwischlagen der Niederfellabrunner 
Keller stammt. 

Perisphinctes cfr. contiguus (Catullo) Zittel. 
Taf. XXII (I), Fig. 7. 
Virgatites spec. (virgatus?) Abel l. c. 346. 
1846 Ammonites contiguus Catullo. Memoria geogn. pal. sulle Alpi Venete. App. III, S. ı2.. Taf. XIII, Fig. 4. 
1853. » » » Intorno ad una nuova classificatione delle calcari rosse ammonitiche delle Alpi 
Venete, Taf. III, Fig. 4. 
1869. Ammonites contiguus v. Zittel. Beneckes Beitr. II, S. 147. 
1870. Perisphinctes » » (pars). Fauna d. älteren Cephalopoden führenden Tithonschichten. (Mitt. aus d. 

Museum d. k. bayr. Staates II), S. 228, Taf. 35, Fig. 2. 

1886. Perisphinctes contiguus Pawlow. Les ammonites de la zone de Aspidoc. acanthicum de la Russie. Me&m. du 

com. geol. St. Petersbourg (russ.), S. 27, Taf. VII, Fig. 3. 

1889. Perisphinctes contiguus sp. Kilian. Mission d’Andalousie, S. 651. 
1889. » » Toucas. Faune d. couches tithon. de l’Ardeche Bull. d. 1. soc. geol. d. France, III Ser., 

Tom. XIV, pag. 581, Taf. XIV, Fig. 4. 

1891. Perisbhinctes contiguus? Behrendsen. Z. Geol. d. Ostabhanges der argent. Cordilleren. Zeitschr. d. deutsch. 

geol. Ges., XLIII, Band, 1891, S. 405. 

1898. Perisphinctes contiguus Siemiradzki. Mon. d. Amm. - Gattung Perisphinctes Palaeontogr. XLV, S. 165. 
1902. » > Burkhardt. Profils geol. transvers. de la Cordillere argentino-chilienne. Anal. del Museo 

de La Plata. II, 1900, S. 45. 

1903. Perisphinctes contiguus Burkhardt. Beitr. z. Kenntn. der Jura- u. Kreideform. d. Cordillere. Palaeontogr. L,S. 38. 


!) Behrendsen: Z. Geologie des Ostabhanges der argentin. Cordilleren. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 
41. Bd., S. 403. 
Kilian: Mission d. Andalousie, S. 662. 


236 Dr Hermann Vetters. [14] 


Von dieser Art liegen mir nur zwei verdrückte Steinkernbruchstücke, sowie das Negativ des einen 
vor. Sie wurden von Herrn Hofrat Toula als Olcostephanus virgatus (?) bestimmt. Das besser erhaltene 
Stück, ungefähr !/, eines Umganges, hat die Maße: 


Durchmesser car. 2 RrZrrzZgo mm“) 
\Winduneshohegeae ar ro (050) 
INalbeLweite neo ES E> 


Dicke (stark zusammengedrückt) IO » 


Das Gehäuse ist weitnabelig, scheibenförmig. Die Form des Windungsquerschnittes läßt sich bei 
dem verdrückten Zustande nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Anscheinend waren die Flanken abgeplattet 
oder mäßig gewölbt und rundeten sich gegen die Externseite und die allmählich einfallende Nabelwand 
stärker zu. 

Die Schale war mit feinen, dicht gestellten geschwungenen Rippen bedeckt, welche auf der Nabel- 
wand beginnen, zunächst an der Nabelkante nach rückwärts biegen und ein wenig verstärkt sind. Sodann 
schwingen sie sich nach vorn und verlaufen ziemlich geradlinig oder mit leichter S-förmiger Schwingung 
über die Seiten, wobei sie sich in der Gegend der Mittellinie und etwas höher oben in zwei oder noch 
häufiger in drei Teilrippen spalten, welche die Externseite unabgeschwächt mit leichter Vorwärtsbiegung 
übersetzen. Die Teilung in drei Externrippen erfolgt virgatotom, indem die vorderste Rippe in der Mitte, 
die zweite ungefähr im oberen Viertel entspringt. Die Rippenbündel erscheinen (teilweise wohl auch wegen 
der Verdrückung) sehr schlank und schmächtig. Die geradlinige Fortsetzung der Hauptrippe wird bald von 
der vorderen, bald der mittleren oder hinteren Spaltrippe gebildet. 

Abweichungen von dieser normalen Rippenbildung sind an zwei Stellen zu beobachten, indem sich 
vorn zwei Gabelrippen in der Nähe des Nabels und weiter rückwärts schon höher oben vereinigen. 
Außerdem ist im rückwärtigen Teile eine deutliche, wenn auch nicht tiefe Einschnürung sichtbar, welche 
vorn von einer einfachen Rippe begleitet wird. Ebenso tritt ganz vorn eine ungeteilte Rippe auf, welche 
den Mundrand zu begleiten scheint. 

Eine Zugehörigkeit zu Virgatiten oder gar speziell zu Per. virgatus auf Grund der virgatotomen 
dreiteiligen Rippen allein scheint mir nicht genügend gerechtfertigt. Es kommen ja bei den Virgatiten und 
bei Per. virgatus Stadien mit ähnlichen, dichten, nur drei- und zweiteiligen Rippen vor, jedoch sind das 
Jugendstadien, die nie bis zu einem solehen Durchmesser andauern, wie ihn unsere Stücke aufweisen. 

Vielmehr treten gerade in diesem Wachstumsstadium die typischen Virgatenbündel am deutlichsten 
auf.!) Noch weniger als die Jugendstadien können die Altersstadien, wo gleichfalls die Zahl der Rippen ge- 
ringer, diese selbst dafür stärker werden und breite Zwischenräume lassen, zum Vergleich herangezogen werden. 

Um so mehr ist das Auftreten virgatotomer dreispaltiger Rippen, zu einer Angliederung an die Vir- 
gatiten unzureichend, als dieser Erscheinung bei einer großen Anzahl im Mediterrangebiet vorkommender 
und auch außeralpiner, mitteleuropäischer Perisphincten zu beobachten ist. Bei verschiedenen Arten mit zwei- 
spaltigen Rippen erscheinen hie und da auch dreispaltige Rippen, bei denen dann die vorderste Teilrippe 
zu unterst ansetzt (Per. transitorius). 

Charakteristisch ist aber ferner diese Art von Rippen, für die ganze Gruppe des Perisphinctes con- 
tigwus, dem ich daher auch unsere Stücke in Ermanglung anderer Merkmale als der Rippen anschloß. 

Da die Catulloschen Originalstücke fehlen und die Abbildungen nicht genau zu sein scheinen,?) 
sehe ich die Zittelsche Abbildung (Taf. XXXV, Fig. 2) als Typus der Art an. Ihr gegenüber hat unser 
Exemplar feinere und schlankere Bündelrippen, welche an Catullos Abbildung (Intorno ad una nuov. 
class. etc., Taf. III, Fig. 4) sowie an die von Toucas erinnern. 

Gleichfalls recht ähnliche Formen hat Burkhardt (l. c. Tafel IV und V) aus der argentinischen 
Cordillere abgebildet unter den Namen Per. contiguus Cat., Per. aff. transitorius Opp., Per. Beltranensis n. sp. 
und Virgatites dorsoplanus Vischn., welche alle dem Per. contiguus Zittel ziemlich nahe stehen, 


1) Siehe Michalski: Ammon. d. unteren Wolgastufe, Taf. I und ff. 
2) Zittel: Älteres Tithon, S. 229, 


[15] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 237 


Burkhardts Per. contiguus zeigt gewisse Abweichungen von der Zittelschen Form, durch die 
er sich anderseits der Niederfellabrunner Form nähert. Es sind das die feineren, scharfen Rippen und der 
trapezförmige Windungsquerschnitt, bedingt durch die Abplattung der Flanken. 

Der Vergleich der Abbildungen Burkhardts, Tafel IV, Fig. S, und Tafel V, Nr. 95, sowie auch 
der Vergleich der Originalstücke!) zeigt, daß diese Art und der als Virgatites dorsoplanus angeführte 
Perisphinct, wenn auch spezifisch verschieden, doch sehr nahe verwandt sind. Abgesehen von dem mehr ge- 
rundeten Querschnitt und den etwas stärker und entfernter stehenden Rippen, unter denen die Gabelrippen 
überwiegen, läßt sich kein wichtiger Unterschied bemerken. Mir scheint daher die Verwandtschaft dieser 
beiden Formen eine größere zu sein als zwischen Burkhardts und Michalskis?) Per. dorsoplanus. Die 
Unterschiede der beiden letzteren hat ja bereits Burkhardt (|. c. Seite 44) angegeben, sieht sie jedoch nicht 
für wesentlich an. 

Ebenso halte ich auch Per. Beltranensis Burkh. (l. c. Seite 41, Tafel V, Fig. 10—12) für nahe 
verwandt. Er stellt möglicherweise nur ein jüngeres Stadium von Burkhardts Per. dorsoplanus dar. 

Die größte Ähnlichkeit mit unseren Stücken besitzen neben den erwähnten Per. contiguus aus der 
Cordillere, vor allem die gleichfalls von dort als Per. aff. transitorius angeführten Formen (Taf. V, Fig. 4—9). 
Es ist besonders die schlanke Form der zwei- und dreiteiligen Rippen, welche als Ähnlichkeit sofort auf- 
fällt. Burhardt gibt selbst an, daß sich seine Exemplare vom typischen Per. fransitorius in manchen 
Stücken unterscheiden, wie durch das Fehlen der Externfurche, das Vorhandensein dreispaltiger Rippen und 
schwacher Einschnürungen. Das sind nun Merkmale, welche für Per. contiguus bezeichnend sind. Die Stücke 
aus der Cordillere stellen somit Übergangsformen zwischen Per. contiguus und Per. transıtorius dar, was 
wahrscheinlich auch für die Niederfellabrunner Exemplare zutrifft. 

Die Gruppe des Per. contiguus, von deren sonstigen Vertretern ich hier noch Per. Danubiensis 
Schlosser, Per. polygratus Rein., Adelus Gemm., Bleicheri Lor. u. s. w. nenne, ist im alpin-karpatischen 
Oberjura verbreitet, beginnt mit ihren ältesten Vertretern bereits in der Tenuilobatenzone und setzt sich 
ins untere und obere Tithon fort. Sie bildet einen Teil der Mutationsreihe des Per. polygratus (Siemiradzki 
lee Seitesrornur)): 

Per. contiguus ist aus dem unteren Tithon des Mediterrangebietes und der karpatischen Klippen, 
der Cordillere und der Acanthicuszone Rußlands, Per. transitorius aus dem unteren und oberen Tithon der 
Klippenkalke und des Mediterrangebietes, sowie aus Mexiko und den Cordilleren bekannt. 

Unsere zwei Stücke stammen aus Niederfellabrunn selbst und sind im Besitze der geologischen 


Sammlung der k. k. technischen Hochschule zu Wien. 


Perisphinctes sp. (aff. Sosia Vischn.?). 
Taf. XXI (D, Fig. 2. 
1882. Olcostephanus Sosia Vischniakoff Descr. des planulati de Moscou, Taf. II, Fig. 7, Taf. IV, Fig. 5, 7, 8. 
1882. » Michalski, Amm. d. unt. Wolgastufe (loc. cit.), S. 56 und 384, Taf. IV, Fig. 6, 7. 
Es liegt nur ein Bruchstück, ungefähr ein Viertel eines Umganges umfassend, vor. Der dazu gehörige 
Durchmesser dürfte So anım betragen, 
Windungshöhe . . . 26 mm (etwa 0'31) 
Windungsdicke . . . 23 » ( » 0'35) 
Der Windungsquerschnitt ist höher als breit, gegen die Externseite verjüngt. Die größte Breite liegt 
im unteren, dem Nabel genäherten Teile. Die Externseite ist abgerundet, ohne jede Furche, die Nabelwand 


steil senkrecht einfallend. 
Die Skulptur besteht aus sehr kräftigen, leicht geschwungenen Rippen, die ziemlich entfernt stehend 


angeordnet sind. Sie beginnen auf der Nabelwand, sind an der Nabelkante nach rückwärts gebogen und 


1) Dieselben befinden sich im paläont. Staatsmuseum zu München und wurden mir durch die Güte des Herrn 


Professor Rothpletz zum Studium überlassen. 
2) Michalski: Amm. d. unt. Wolgastufe, S. 203-u. 450, Taf. XL, Fig, 25. 


238 Dr. Hermann Vetters. [16] 


verlaufen von da ab schräg nach vorn gerichtet, wobei sie sich in zwei oder drei Externrippen spalten, 
welche dann ohne Abschwächung die Außenseite überschreiten. 

Zwei- und dreispaltige Rippen wechseln miteinander ab. Bei den ersteren liegt die Teilungsstelle 
oberhalb der Mittellinie, bei letzteren tritt die Ablösung der vordersten Teilrippe schon unterhalb der Mittel- 
linie ein und oberhalb derselben teilt sich der hintere Ast aufs neue (also virgatotome Teilung). Die zwei- 
und dreispaltigen Rippen der beiden Seiten anastomosieren mit einander, ähnlich wie bei Per. scruposus 
die Rippenbündel und freien Rippen. 

Eine tiefe und schmale Einschnürung ist auf dem rückwärtigen Teile zu beobachten; sie wird von 
einer einfachen Rippe vorn begleitet. 

Die Lobenlinie ist nur teilweise sichtbar und zeigt einen breiten zweiteiligen Externsattel und etwas 
kürzeren Lateralsattel. Der dreispitzige, gleichfalls breite Laterallobus übertrifft den Externlobus um einiges 
an Länge. 

Nach der Beschaffenheit der Rippen schließt sich auch dieses Stück an die Gruppe des Per. 
contiguus an. Die Lobenform aber, sowie die kräftige Ausbildung der Rippen, die an der Nabelkante kamm- 
förmig verstärkt sind, erinnern an Per. scruposus und an Virgatiten. 

Da die inneren Umgänge vollständig fehlen, ist es natürlich sehr schwer oder geradezu ausge- 
schlossen, dieses Bruchstück mit Sicherheit an eine bekannte Art anzuschließen. Recht ähnlich werden in 
älteren Wachstumsstadien unserem Stücke manche russische Formen, z. B. Per. Nikitini (Michalski l. c. 
Taf. XII, Fig. 2, 5, 7, XIII, 2 u. 3), Per. Miatschkoviensis (ebenda, Taf. IX, Fig. 10), Per. Sosia (ebenda, 
Taf. IV, Fig. 6 u. 7). Diese letztere zeigt auch einen ähnlichen Querschnitt, weshalb ich unser Stück ihm 
anschloß. Unter den von Burkhardt beschriebenen Perisphincten hat Per. Beltranensis eine ähnliche Loben- 
linie, ohne aber sonst mit unserem Exemplar übereinzustimmen. Auch unter dem Material aus der Cor- 
dillere haben die als Per. cfr. Nikitini und Virg. Sythicus sp. beschriebenen Formen in der Skulptur 
die meiste Ähnlichkeit. 

Das einzige Stück aus dem Niederfellabrunner Tithon stammt vom Hundsberge. 


Perisphinctes cfr. Pouzinensis Toucas. 
Taf. XXI (D), Fig. 3. 
1890. Perisph. Pouzinensis Toucas. Faune des Couches Tithoniques de l’Ardeche. Bull. d. la Soc. geol. de France, 
III, Ser., Bd. 18, S. 598, Taf. XIV, Fig. 6 und XVI, Fig. 3. 
1895. Perisph. Pouzinensis Castillo e. Aguilera. Fauna fossil de la serra de Catorce. Bol. de la com. geol. de 
Mexico. Bd. I, S. 29, Taf. XXI, Fig. 2, XXII, Fig. 5. 
1898. Perisph. PouzinensisSiemiradzki. Mon. Beschr. d. Ammonitengattung Perisphinctes. Palaeontogr., 45. Bd., S. 165. 


Das etwas verdrückte Exemplar zeigt ein dickes scheibenförmiges Gehäuse mit 


Durchmesser ro gerrman) 

Höhe des letzten Umganges . . . 24 » (0:38) 
Nabelweite 22 E27 >, (0838yerdrückt!) 
Dicker 3 2. u el a 24er) 


Die Umgänge wachsen ziemlich rasch an und jeder folgende umfaßt ungefähr die Hälfte des vor- 
hergehenden. Ihr Querschnitt ist ungefähr gleich hoch und breit, die Externseite abgerundet, die Flanken sind 
ziemlich eben und die größte Breite liegt über der Nabelkante. Der Nabel ist tief mit senkrecht abfallenden 
Wänden. 

Die Windungen sind mit zahlreichen dichtgestellten feinen Rippen bedeckt, welche auf der Nabel- 
wand beginnen und sehr wenig geschwungen aber etwas nach vorn gerichtet über die Flanken ziehen. Sie 
teilen sich vor oder nach der Mittellinie in zwei gleich starke Äste, welche ohne jede Unterbrechung oder 
Abschwächung die Externseite überschreiten. Dabei kann man zugleich Alternieren der beiderseitigen Rippen 
beobachten; ein vorderer Ast der einen Seite bildet einen Hinterast der anderen Seite. 

Vereinzelt treten auch dreispaltige Rippen, ähnlich den contiguus-Rippen sowie auch einfache 


Rippen auf. 


[17] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 239 


Tiefe und deutliche Einschnürungen sind nicht vorhanden, flache und daher in der Zeichnung kaum 
hervortretende auf der vorderen Hälfte des letzten Umganges sind vier zu zählen. 

Unser Stück hat mit Burkhardts Per. aff. transitorius (Taf. V, Fig. 4) große Ähnlichkeit. Vom 
echten Per. fransitorius unterscheidet es sich durch das, wenn auch spärliche Vorhandensein dreiteiliger 
Rippen und das Fehlen der Externfurche. Es nimmt, wie der vorher erwähnte Per. cfr. contiguus vom Hunds- 
berge, eine Mittelstellung zwischen Per. transitorius und contiguus ein, steht aber ersterer Form be- 
deutend näher. 

Toucas beschreibt von Ardeche unter dem Namen Perisphinctes Pouzinensis einen unserer 
Form sehr ähnlichen Ammoniten, welcher gleichfalls zwischen P. contiguus und P. transitorius einzureihen 
ist. Unser Stück weicht nur durch den engeren (zum Teile durch Verdrücken entstandenen) Nabel und die 
größere Seltenheit dreispaltiger Rippen von Toucas’ Form ab. Genau genommen wäre sie zwischen Per. 
Pouzinensis und Per. transitorius Opp. einzureihen. 

Per. Pouzinensis ist bisher aus dem Tithon von Ardeche und Mexiko bekannt. Das Niederfella- 


brunner Exemplar stammt aus der Klippe des Ortes selbst. 


Olcostephanus sp. 


Unter diesem Namen führt Abel unter den Fossilien des Hundsberges einen kleinen Steinkern von 
8 mm Durchmesser und 4'5 mm Dicke an. Das stark involute und engnabelige Jugendexemplar läßt an 
der Nabelkante kleine Knötchen erkennen, von denen mehrere (etwa drei) Rippen entspringen, die über die 


breite und gewölbte Externseite ziehen. Eine nähere Bestimmung ist natürlich ausgeschlossen. 


Phylloceras sp. aff. serum Oppel. 


1865. Ammonites serus Oppel. Die thiton. Etage. Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges., Bd. XXIII, S. 550. 
1868. Phyll. serum v. Zittel. Cephalopoden d. Stramberger Schichten (l. eit.), S. 66, Taf. VII, Fig. 5—6. 


1870. >» » v.Zittel. Fauna d. älteren Cephalopoden führenden Tithonschichten (]. cit.), S. 161. 
1870. » » Gemmellaro. Fauna del calc. a Terebr. janitor., I, S. 28, Taf. IV, Fig. 2. 
1871. >» » Neumayr. Jurastudien. III. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanst., Bd. XXI, S. 316, Taf. XII, Fig. 5. 
Nur ein schlecht erhaltener Steinkern. 
Durchmesser eemm 
Höhe des letzten Umganges . . . 32 » (o'49) 
Nelbelwete oo 0 0 0 0 oa 0 0. ann (Enz) 
Diekesunpefähg yes le lin, zu 1852 (0527) 


Das Gehäuse ist mäßig gewölbt, engnabelig und hochmündig, sehr involut. Windungsquerschnitt 
lang oval. Die Nabelwand fällt schräg, trichterförmig ein. 

Die Schale war mit zahlreichen, dichten und feinen Streifen verziert, die leicht nach vorn ge- 
schwungen die Externseite übersetzen. Einzelne der Rippen treten stärker hervor, ohne daß eine Regel- 
mäßigkeit in der Anordung ‘dieser verstärkten Rippen zu bemerken wäre. Gegen den Nabel zu scheinen, 
soweit es der Erhaltungszustand erkennen läßt, sich die Rippen zu bündeln. Die Lobenlinie ist nicht sichtbar. 

Gegenüber Phyll. serum Oppel ist zu bemerken, daß der letzte Umgang unseres Stückes niedriger ist und 
den vorletzten nur doppelt an Höhe übertrifft. Ferner sind die Rippen stärker und reichen bis an den Nabel 
heran, während sie bei Oppels Form innerhalb der Mittellinie der Flanken verschwinden und außerdem 
ist das Auftreten einzelner stärkerer Rippen ein weiteres unterscheidendes Merkmal. Für eine genauere Be- 
stimmung ist der Erhaltungszustand zu schlecht. 

Das einzige Exemplar stammt aus dem Neppeltale. Phyll. serum ist aus dem unteren und oberen 
Tithon der Klippenkalke, dem Untertithon der Gegend von Palermo, dem Ammonitenmarmor des Zentral- 
apennin, den Diphyakalken u. s. w, bekannt. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XVII. 31 


240 Dr. Hermann Vetters. [18] 


Phylloceras ptychoicum Quenstedt. 


1842. Amm. semisulcatus D’Orbigny. Pal. frangaise Terr. cret. Tom. I, S. 172, Taf. LIII, 4—6. 
1845. Amm. ptychoicus Quenstedt, Leonhardt und Braun. Jahrb. f. Min., Geol., S. 683. 


1847. >» » Quenstedt. Cephalopoden, S. 216, Taf. XVII, Fig. 12. 

1852. » » Giebel. Fauna der Vorwelt, 3, S. 438 und 458. 

1852. » » und semisulcatus Hohenegger. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanst., Bd. III, 3. Heft, S. 138. 
1854. >» > v. Hauer. Heterophyllen d. österr. Alpen. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Wien, math.-nat. 


Kl., XII, S. 39 (Separatabdruck). ’ 
1865. Amm. ptychoicus Oppel. D. thiton. Etage (loc. eit.), S. 550 f. 


1866. >» > Benecke. Geognost. pal. Mitt., I, S. 188. 

1868.  » » Pictet. Melange paleont., IV, S. 222, Taf. XXXVII bis Fig. Ia, b. 

1868. Phylloceras ptychoicus v. Zittel. Die Cephalopoden der Stramberger Schichten (loc. eit.), S.59, Taf. IV, Fig. 3—9. 
1870. » » v. Zittel. Faunad. älteren Cephalopoden führenden Tithonsch. (loc cit.\, S.35, Taf. I, Fig. II —-13. 
1870. » » Gemmellaro. Fauna del calc. a Terebr. janitor I, S. 29. 

1871. ” » Neumayr. Jurastudien, III (loc. cit.), S. 326. 

1889. » semisulcatum Kilian. Mission d’Andalousie, S. 640. 


(Weitere Synonyma siehe v. Zittel, Stramberg.) 


Von dieser verhreiteten Tithonart sind eine Anzahl kleiner Stücke und ein größeres in den Nieder- 
fellabrunner Klippen gefunden worden. Das größte Stück (vom Grünstallwalde) mißt: 


Durchmesser na) 
Windungshöhe . . . . 27 » (0:53) 
Dickes wer a TOM OST) 


ein kleineres 34 mm (1), 19 mm (0:56), 16 mm (0'47), Nabelweite 4 mm (0'12). 

Es sind durchweg glatte Steinkerne. Die kleinen Stücke besitzen rascher anwachsende und dickere 
Umgänge. Die Wülste sind nur an der Externseite ganz schwach angedeutet, die Furchen am Nabel voll- 
ständig verwischt. Auf dem großen Steinkern ist noch in der Nähe des Mundrandes eine Einschnürung 
schwach angedeutet. 

Die Loben sind auf einem kleinen Stücke sichtbar. Der erste Lateralsattel ist ein wenig länger als 
der Externsattel, 

Phyll. ptychoicum ist in dem unteren und oberen Tithon der karpatischen Klippen überall verbreitet, 
wo das Tithon als Cephalopodenfazies auftritt (vergl. Zittel, Stramberger Ceph.). 

Kleine Formen von Phyll. ptychoicum sowie ähnliche Jugendformen, die nicht näher bestimmbar 
waren, sind in allen Klippen der Niederfellabrunner Umgebung ziemlich zahlreich gefunden worden. 


Lytoceras quadrisulcatum Orb. 
1840. Amm. quadrisulcatus d’Orbigny. Pal. frangaise Terr. cretac., I, 151, Taf. XLIX, Fig. 1—3. 


1846. >» » Catullo. Mem. geogn. pal. sulle. Alpi Ven., S. 142, Taf. VIII, Fig. 2. 
1848. >» > Quenstedt. Cephalopoden, Taf. 20, Fig. 6—7, S. 269. 
1865.  » electus Oppel. Die tithon. Etage. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges., XVH, S. 551. 
1866. » quadrisulcatus Benecke. Pal. Mitt., I, S. 191. 
1867. » > Pietet. Mel. pal., II, S. 72, Taf. XII, Fig. 3. 
1868. » > v. Zittel. Cephalop. d. Stramberger Schichten (loc. cit), S, 71, Taf. IX, Fig. 1-5. 
1869.  » v, Zittel. Geolog. Beob. aus d. Zentral-Apenninen, S. 145 (Beneckes Beitr., D). 
ra © » Zittel. Fauna d. ält. Cephalop. führenden Tithonschichten (I. cit.), S. 44, Taf. II, Fig. 2. 
1889. >» » Kilian. Mission d’Adalousie, S. 637. 
Maße: Durchmesser . . . ... 45-48 mm (1) 

Windungshöhe . . . . 13-16 » (0'30—0'33) 

Dieke, u u ne rg, 16, „2 (030 ,0:53) 

Nabelweite . -»- . . . 21-24 » (0'47—0'50). 


Von diesen im alpinen Oberjura gleichfalls verbreiteten fanden sich einige Steinkerne, die mit den 
Zittelschen Abbildungen vollkommen übereinstimmen. Die auf jedem Umgange in der Zahl 4 auftretenden 
Furchen, nach denen die Art den Namen hat, sind auf keinem Stücke sichtbar, eine Erscheinung, welche 


[19] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 2A 


auch die meisten Stramberger Formen zeigen. Dagegen kann man auf dem verhältnismäßig gut erhaltenen 
Stücke vom Hundsberge die feinen unter einem Winkel von 90° zueinander gestellten Rippen beobachten 
(Zittel, Stramberg, Fig. 3 und 6). 

Lytoceras quadrisulcatum ist im mediterranen Gebiete, wie in den Klippenkalken, im Unter- und 
Obertithon verbreitet und reicht noch in die unterste Kreide (Berrias). Im Niederfellabrunner Tithon ist ein 
Exemplar in den Klippen vom Hundsberge, Neppeltal, Grünstallwald und Niederfellabrunn selbst sowie ein 


fragliches kleineres am Grünstallwalde gefunden worden. 


Lytoceras immane Oppel. 
1865. A. immanis Oppel. Die tithon. Etage (l. cit.), S. 551. 
1868. Zytoceras Liebigi v. Zittel. Cephalop. d. Stramberger Schichten (l. cit.), S. 74, Taf. IX, Fig. 6und 7, Taf. X und XI. 
1868. » » Pictet. Melanges pal. IV, S. 230, Taf. XXXVI, Fig. 4. 
Ein sehr schlecht erhaltenes Steinkernexemplar mit einem Durchmesser von I9o mm 
Windungshöhe . 75 >» (0'39) 
Nabelweite . . 75 » (e'4o) 
Dicke ungefähr . 85 » (0'45) 

Außer den Lobenlinien ist an dem stark abgewitterten Umgange nichts zu sehen. Sättel und Loben 
stark verästelt, breit und zweiteilig, zweiter Laterallobus kürzer als der erste. 

Nach Zittel ist ZyZoceras immane eine Varietät des Lyfoceras Liebigi Oppel, die er als Var. 
Strambergensis bezeichnet. Sie ist im Stramberger Tithon und in den lithographischen Kalken von Aizy 
gefunden worden. 

Niederfellabrunn: ı Exemplar vom Hundsberge im Besitze des k. k. naturhistorischen Hofmuseums. 


Oppelia sp. cfr. Griesbachi Uhl. 
Tafel XXII (I), Fig. 9. 
Oppelia semiformis Abel 1. c., Seite 347 u. 350. 
1903. Oppelia Griesbachi Uhlig. The fauna of the Spiti shales,. Palaeontologia Indica, Ser. 15, Vol. 4, Seite 47, Taf. V, 
Fig. 2-4, Tafel VI, Fig. 1, 2, 4, 5. 


Maße: Dishmesser u 0 a no ou ao u. Ay ee (W) 
Windunsshöheru in u 2 a. 123,0» 20:53) 
Neilbielkwene he ee N I RO NEN) 
Dickes ee ser aaa TO nr &ı (0:23): 


Flach-scheibenförmiges Gehäuse mit sehr schwach gewölbten Seiten. Umgänge stark involut (?/,) 
an der die Externseite zugeschärft und mit einem deutlichen, gekörnelten Kiel versehen. Der Nabel ist eng, 
die Nabelwand fällt unter Bildung einer scharfen Nabelkante senkrecht ein. (Juerschnitt an der Mündung 
oval, bedeutend (doppelt) höher als breit, weiter zurück wird er mehr abgeplattet. 

Ganz zarte, sichelförmige Streifen bedecken die Oberfläche der Schale und sind in der Nähe des 
Kieles deutlich zu sehen. Weiter gegen den Nabel zu scheinen sie schwächer zu werden, ganz genau 
läßt sich das bei dem ungenügenden Erhaltungszustande nicht feststellen, auch nicht das Vorhandensein 
oder Fehlen gröberer Nabelfalten. 

Die Windungsverhältnisse, Beschaffenheit des Kieles und Oberflächenzeichnung stimmen recht gut 
mit kleineren Exemplaren von Oppelia semiformis Opp- (Zittel, älteres Tithon, Taf. 28, Fig, 7) überein. 
Abweichend ist aber die Form des Querschnittes, welcher bei gleich großen Exemplaren von Opp. semifor- 
mis die Form eines hohen, gleichschenkligen Dreiecks besitzt (l. cit., Fig. 7c) und erst auf der viel, 
größeren Wohnkammer (Fig. 8c) oval wird. 

In diesem Merkmale stimmt Oppelia (Streblites) Griesbachi Uhlig aus den Spiti shales mit unsere 
Form recht gut überein. Auch sonst ist die Ähnlichkeit mit dieser Form recht groß. Abweichend ist 

51 


242 Dr. Hermann Vetters. [20] 


einigermaßen die Schalenverzierung, da bei Opp. Griesbachi einzelne Sichelstreifen stärker hervortreten 
was allerdings auf den Luftkammern weniger deutlich als auf der Wohnkammer zu sehen ist. 

Da bei unserem Stücke diese fehlt, die Lobenlinie ebenfalls nicht sichtbar ist, läßt sich eine ge- 
nauere Bestimmung nicht durchführen und auch nicht mit Sicherheit sagen, in welche der tithonischen Unter- 
gruppen von Oppelia die unsere zu stellen sei. 

Vorliegend ist nur ein Exemplar vom Hundsberg. Die Oppelia semiformis ist aus dem Untertithon 
von Rogoznik, des Zentral-Apennin und aus dem Diphyakalk von Volano bekannt. Oppelia Griesbachi wurde 
aus den Spiti shales als neu beschrieben, 5 


Oppelia sp. cfr. Lymani Oppel sp. 
Taf. XXII (O), Fig. 8. 
Oppelia semiformis Abel (l. cit., S. 347 und 350). 
1862. Oppelia Lymani Oppel. Palaeontolog. Mitt., Bd. I, S. 272, Taf. 76, Fig. 3. 


1903. » > sp. Uhlig. The Fauna of the Spiti shales (loc. cit.), S. 56, Taf. II, Fig. 2, Taf. VII, Fig. 1. 
Maße: Durchmesser . LI 7 NE Ne ee a RE a EZ) 
Elöhe des, letzieu Umbanges 0 2 0 ee ee202 (03) 
Nabelweite Pal Ale 2 u a ee er BB ERS  (0220) 
Dickeida eh bus Der oe: ME a ur ar une)! 


Das scheibenförmige Gehäuse zeigt mäßig gewölbte, gegen die Bauchseite zugeschärfte Umgänge. 
Der Windungsquerschnitt (Fig. 85) ist breit lanzettlich mit abgestutzter Basis; die größte Breite liegt 
etwa im unteren Drittel. Der Nabel ist eng und die senkrechten Nabelwände bilden mit den Seiten eine 
scharfe Kante. Umgänge etwa zwei Drittel involut. Oberhalb des knapp unter der Schale liegenden Siphos 
befindet sich ein deutlicher, ziemlich grob gekörnelter Kiel. 

Von den Sichelstreifen der Schale ist infolge des ungünstigen Erhaltungszustandes (Kieselringe) 
wenig zu sehen. Sie scheinen auf die Umgebung des Kieles beschränkt und etwas stärker als bei der vor- 
hergehenden Art gewesen zu sein. 

Auch dieses Stück ist, wie das vorher beschriebene, im vorläufigen Fossilverzeichnisse Abels als 
Opp. semiformis angeführt und unterscheidet sich von dieser durch die abweichende Form des Windungs- 
querschnittes und den etwas weiteren Nabel. Von der vorhergehenden Art ist sie ebenfalls durch die Form 
des Querschnittes, die stärker gewölbten Flanken und den weiteren und tieferen Nabel verschieden. Ferner 
ist der Kiel stärker und gröber gekörnelt. 

Leider macht auch bei diesem Stücke das Fehlen der Wohnkammer und der Loben eine sichere 
Einreihung unmöglich. Es soll daher hier nur noch auf die Ähnlichkeit verwiesen sein, die auch diese Form 
mit solchen der Spiti shales zeigt. So besitzt die von Uhlig beschriebene Oppelia (Streblites) Lymani 
Opp- sp. gleichfalls einen kräftigen, gekörnelten Kiel und einen (besonders Taf. VII, Fig. ı) ähnlichen Quer- 
schnitt. Ist auch der Nabel ein klein wenig weiter, hat doch diese Abbildung mit unserer Form sehr große 
Ähnlichkeit, denn die beim ersten Blick so sehr auffallenden, in größeren Abständen auftretenden stärkeren 
Sichelrippen fehlen noch bei gleich großem Durchmesser. 

Oppelia punctopieta Uhlig!) hat einen feiner gekörnelten Kiel und zarte Sichelstreifen und bei 
Opbelia (Streblites) substriata Oppel?) fehlt der Kiel fast ganz. 

Oppelia Lymani ist aus den Spiti shales bekannt. Im Niederfellabrunner Tithon wurde ein Exem- 
plar in der Klippe des Hundsberges gefunden. 


Aptychus punctatus Voltz. 
_Taf. I, Fig. 4. 


1822. Ichtyosage Bourdet de Nievre. Not. sur deux fossiles inconnus de la Montagne de Voirons, Fig. 7 u. 8. 
1837. Aptychus punctatus V oltz. Jahrb. f. Min. etc., S. 435. 


!) Uhlig: Fauna of the Spiti shales Taf. VII, Fig. 2 und 3. 
aEUhlig: 1. c., Taf. II, Bier 3. 


[21] “ Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 243 


1837. Aptychus imbricatus profundus H. v. Meyer. Ebenda und Nova acta Ac. Leop. Car. XV, S. 125. 
1840. > imbricatus Glocker. Nova Acta Ac. Leop. Car. XIX. II, S. 293, Taf. II, Fig. I—5. 


1848. » ? Quenstedt. Cephalopoden, S. 315, Taf. XXII, Fig. 26. 

1851. - » Lythensis falcati Schafhäutl. Geogn. Unters. d. südbayr. Alpengeb., S. 91, Taf. XXIV, Fig. 34. 
1852. » 2 curvatus Giebel. Fauna der Vorwelt I], I, S. 770. 

1853. » striato-bunctatus Emmrich. Jahrb, d. geol. Reichsanst., Wien IV, 2, S. 390. 

1853. » subalpinus Schafhäutl. Jahrb. f. Min. etc., S. 405. 

1854. » imbricatus profundus Pictet. Traite de pal. 2me. ed. Tom. Il, S. 556, Taf. XLVII, Fig. 15. 
1854. » striato-punctatus Peters. Jahrb. d. geol. Reichsanst. Wien V, 2, S. 442. 

1861. ) alpinus Gümb. Geogn. Beschr. d. bayr. Alpengeb., S. 514. 

1865. » alpinus u. curvatus Oppel. Tithon. Etage (l. cit.), S. 547. 

1865. > pbunctatus Schauroth. Verz. d. Verst. des Coburger Mus., Taf. IV, Fig. 13. 

1866. » curvatus Benecke. Geogn. pal., Beitr. I, S. 182, 

1868. » imbricatus Pictet. Mel. pal. IV., S. 285, Taf. XLIII, Fig. 5—10. 

1868. » punctatus v. Zittel. Cephal. d. Santa Sch., S. 52. Taf. I, Fig. 15. 

1870. » > » Ält. Cephalop. führende Tithonschichten, S. 149. 
*1868— 1876, Aptychus punctatus Gemmellaro. Fauna d. Calcare a. Terebr. Janitor, S. 24, Taf. III, Fig. 15, 16 
1877. > » Favre. Zone aAmm. acanthicus. Me&m. d. 1. soc. pal. Suisse. Tom. IV, S. 69. 

1879. » » » Foss. d. couches tithon. des Alp. fribourgeoises. Mem. d. soc. pal. d. Suisse, Bd. VI, 


S. 42, Taf. Ill, Fig. IA, 15. 
1889. Aptychus imbricatus Kilian. Mission d’Andalousie, S. 645. 
1889— 1890. Aptychus imbricatus Toucas. Fauna d. couches tithon. de l’Ardeche. Bull. d. 1. soc. geol. de France. III. Ser., 

T. XVIIL, S. 595. 

Zu dieser im oberen Tithon und den tithonisch-neokomen Grenzschichten der karpatischen Klippen 
sehr verbreiteten Art gehört ein in den Kellern von Niederfellabrunn gefundenes ziemlich vollständiges Paar. 
Die Klappen besitzen am Mittelrande eine Länge von 41 mm, eine Breite von 26 mm und eine durch- 
sehnittliche Schalendicke von 2'5 mım. 

Der Vorderrand ist leicht ausgeschnitten, ein wenig mehr, als Zittels Abbildungen zeigen. 

Die innere Schalenseite ist mit feinen konzentrischen Anwachslinien verziert, auf der Außenseite 
gewahrt man ungefähr 20 scharfe, dachziegelartig gestellte Leisten, welche tiefe, schmale Furchen trennen. 
Am Rande besonders deutlich in die Augen fallend, verschwinden sie gegen die Wirbel zu gänzlich. Ihr 
Verlauf ist auf dem rechten Stücke oben zunächst dem Außenrande parallel, im unteren Drittel erleiden sie eine 
Knickung und laufen geradlinig schräg zum Hinterrande; auf der Gegenklappe ist der Verlauf schon im 
oberen Teile mehr geradlinig, parallel zum Verlaufe im unteren Teile und die Knickung schärfer. Der Um- 
stand, daß beide Klappen zusammengehören, zeigt wohl genügend, daß auf solche Abweichungen kein 
großes Gewicht zu legen ist. 

Die punktierte Außenschicht, nach der die Form den Namen hat, ist an unserem Exemplar nicht 
deutlich vorhanden. 

Aptychus punctatus ist eine weit verbreitete Art der oberen und unteren Tithonkalke der Klippen 
wie des mediterranen Gebietes. 

Im Niederfellabrunner Tithon wurde bisher nur ein Exemplar in der Klippe des Ortes selbst gefunden. 


Aptychus latus H. von Meyer. 


1811. Trigonellites lamellosus Parkinson. Organic remains, Tom. III, S. 186, Taf. 13, Fig. 9, 12. 

1822, Ichthyosagone Bourdet de la Nievre. Notice sur deux fossiles inconnus. Fig. 2 u. 3. 

1827. Lebadites problematicus Germar. In Keferst. Teutschland IV. S. 105, Taf. Ia, Fig. 6. 

1829. Ichthyosagone problematicus Ruppel. Abb. u. Beschr. einiger Verst. von Solenhofen, S. 12, Taf. II. 

1831. Aptychus laevis latus H. von Meyer. Nova Acta Acad. Leop. Car., 15. Bd., S. 127, 169, Taf. 58. 

1837. » latus Voltz. Jahrb. f. Min. v. Leonhard u. Bronn, S. 436. 

1848. » » Quenstedt. Cephalopoden, S. 3II, Taf. XXII, Fig. 8. 

1852. Trigonellites latus (pars) Giebel. Fauna d. Vorwelt III, S. 771. 

1853. Aptychus latus Frischmann. Programm, S. 40 

1857. Trigonellites latus Ooster. Cat. des Ceph. foss. I. S. 24, Taf. VI, Fig. 15. (Neue Denkschr. d. allg. schweiz. Ges. 
f. d. ges. Naturw. Zürich. Bd. XVII. 


244 Dr. Hermann Vetters. [22] 


1863.Aptychus latus Oppel. Palaeont. Mitt. I, S. 256, Taf. LXXII, Fig. I, 2. 


1868. » »  Pictet. Mel. pal. IV, S. 283, Taf. XLIII, Fig. I—4. 
1875. » » Favre. Voirons. Mem. d. 1. soc. pal. Suisse. Bd. II, S. 47, Taf. VII, Fig. 1-3. 
1876. » » Favre. Descr. d. fossils d. terr. oxf. des Alpes fribourgoises. M&m. d. 1. soc. pal. Suisse, Bd. II, 


S. 62, Taf. VI, Fig. 9—10. 
1877. ne latus Favre. Zone a Amm. acanthicus. Ebenda, Bd. IV, 70. 
1879. » » Favre. Fossiles des couches tithoniques des Alp. fribourgeoises. Ebenda, Bd. VI, S.45, Taf. III, 

Eig. II, 12. 

1889. Aptychus latus Kilian. ‘Mission d’Andalousie, S. 677, Taf. XXVII, Fig. 2. 

Von dieser Art liegt mir eine vollständige rechte Klappe und ein Abdruck mit einem Schalen- 
bruchstück vor. Die erstere zeigt auf der Innenseite feine konzentrische Streifen und neben dem Medianrande die 
für Aptychus latus bezeichnenden zwei bis drei Radialrippen, auf der Außenfläche dicht gestellte, feine 
punktförmige Poren. 

Die Länge des Mittel- und Vorderrandes beträgt 33 mm beziehungsweise 28 mm, die Dicke, welche 
gegen den Hinterrand zunimmt 3—5'5 mm. Der Umriß ist breit, mit schrägem, sehr wenig konkaven 
Vorderrande und dickem, schräg abfallenden Hinterrande. 

Aptychus latus gehört, wie seine breite Gestalt zeigt, zu dicken Ammonitenformen, besonders Aspi- 
doceren und ist im unteren Tithon sehr verbreitet; ähnliche Formen reichen bis ins Oxfordien hinab. 

Aus dem Tithon von Niederfellabrunn sind zwei Exemplare bekannt, welche von der Niederfella- 
brunner Klippe stammen und gegenwärtig im Besitze der Technischen Hochschule zu Wien sich befinden. 


1I. Belemnoidea. 


Belemnites diceratinus Ett. 
(= Bel. cfr. semisulcatus aut.) 


1859. Belemn. diceratinus Ettalon. Etudes pal. s. 1. Haut Jura. Corall. II, pag. 17. Mem.d. Emuls. du Doubs., IN. Ser. 


Tom. IV. 
1868. Belemn. cfr. semisulcatus Zittel. Ceph. d. Stramberger Schichten, S. 37, Taf. I, Fig. S. 
1881. » » Schlosser. Fauna d. Diceraskalke, Palaeontogr. XXVII, I, S. 17, Taf. I, Fig. 12. 
1886. » diceratinus Loriol. Et. s. l. mollusques des couches coralligenes de Valtin. Me&m. d. l. soc. pal. Suisse. 


XII, S. 37, Taf. I, Fig. 1-4. 


Zahlreiche Exemplare dieser Art liegen von allen Niederfellabrunner Tithonfundstellen vor. Es sind 
aber durchweg nur Bruchstücke teils aus der Nähe des Alveolarrandes und dann mit einer deutlichen, tiefen 
Ventralfurche versehen, teils von unteren Partien der Scheide und ohne Furche. Die Ventralfurche ist anfangs 
scharf und tief und verliert sich bald auf dem Rostrum, welches ein wenig schlanker und allmählicher zu- 
gespitzt zu sein scheint als in Zittels Abbildung. 

Ein Stück besitzt z. B. eine ausgesprochen schlanke und scharfe Spitze und nähert sich dem echten 
Bel. semisulcatus Münster (Bem. z. näheren Kenntnis d. Bel, Taf. I, Fig. ı), während die Stramberger 
Stücke durch eine weniger schlanke Scheide und rascher sich verjüngende Spitze die Mitte zwischen dieser 
Art und Bel. semifusiformis Rasp. halten. Loriol hat die Stramberger Stücke mit Bel. diceratinus Ett. 
zusammengezogen. 

Bel. diceratinus ist sonst in den oberen und unteren Tithonschichten der Klippen, der Alpen, Siziliens, 
den Diceraskalken u. s. w. bekannt. 

Die von Abel in den vorläufigen Fossillisten als zahlreich angegebenen und so etikettierten Stücke 
von Belemnites connophorus gehören höchstwahrscheinlich auch hieher. Bel. connophorus besitzt eine tief 
eingesenkte Alveole, die bei keinem der Niederfellabrunner Exemplare zu sehen ist. Ferner zeigen die letz- 
teren auch keine so weit gegen die Spitze hinabreichende Furche. Dafß die meisten dieser Stücke deformiert, 
verbogen und gebrochen sind, sei nur nebenbei bemerkt. Diese der Bevölkerung als »Zuckerhütel« längst 
bekannte Belemniten sind in der Nähe des Niederfellabrunner Tithons auf den Feldern recht häufig zu finden. 


[23] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 245 


Belemnites Fellabrunnensis n. sp. 
(Fig. La, b, c.) 

Ein schlankes Belemnitenrostrum mit dem Ansatz der Alveole von 56:3 mm Länge. Die Scheide 
ist im Querschnitt durchwegs kreisrund, verjüngt sich zunächst bis zum ersten oberen Drittel (so weit als 
die Alveole reicht), dann verdickt sie sich ein wenig aufs neue und erreicht im zweiten 
Drittel ihrer Länge die größte Dicke (5:6 mm). Von da ab läuft sie in eine schlanke 
und scharfe Spitze aus, welche exzentrisch nach rückwärts verlegt erscheint. Bauch- 
und Rückenseite sind verschieden ausgebildet, während die letztere fast ganz gerade 
verläuft, ist die erstere stark konkav und konvex,!) 

Eine enge und tiefe Furche reicht auf der Bauchseite bis zur größten Dicke 
des Rostrums; Seitenfurchen fehlen. 

Nach der Gestalt und der Beschaffenheit der Furche gehört auch diese Form 
in die Gruppe der Hastaten und hat Ähnlichkeit mit der vorher beschriebenen Art, 
doch abgesehen selbst von der Verschiedenheit der Bauch- und Rückseite, ist sie 
schlanker und schärfer zugespitzt. Belemn. semisulcatus Münster hat wegen der 
schlanken Gestalt, dem allerorts kreisförmigen Querschnitt und der engen Furche die 
größte Ähnlichkeit, aber auch er ist noch weniger schlank und mehr keulenförmig. 


Belemn. astartinus Ett. und andere sonst ähnliche Formen werden nach unten 


zu oval und dadurch unserer Art unähnlich. 


Bel. Fellabrunnensis ist in einem Exemplar vom Hundsberge bekannt. 


D.n 5 = I: IE . a b 
Einige kleinere Bruchstücke, sowie ein vollständigeres Exemplar von Niederfellabrunn E 


Belemnites Fella- 
brunensis n. sp. 
a) Vorderansicht, 
b) Seitenansicht, c) Quer- 
schnitte. 


dürften auch hieher gehören, haben aber die Spitze nicht exzentrisch. 


Belemnites minaretoides n. sp. 
(Fig. 2a, b, c.) 
Diese Art zeigt ein schlankes Rostrum mit einer tief eingesenkten Alveole, die bis fast zur Mitte 
des 55 mm langen Stückes reicht. Vom Alveolarteil angefangen, verjüngt sich die Scheide ununterbrochen, 


ohne eine keulige Anschwellung bis zur feinen, gegen die Ventralseite gerückten ex- 
zentrischen Spitze; erst langsamer, dann vom letzten Viertel an rascher. 


Der Querschnitt ist überall ungefähr kreisrund, gegen unten zu ganz wenig 
von den Seiten her zusammengedrückt. Die Durchmesser sind am oberen Ende 7 mm: 
7 mm, in der Mitte 6:5 mm :6 mm, im unteren Viertel 5°5 mm : 5 mm. 


Die Bauchseite besitzt eine deutliche, von scharfen Kanten begrenzte Furche, 


welche bis über die Hälfte hinabreicht und sich da allmählich verliert. Seitenfurchen 
fehlen. 


Unsere Art“ scheint der Gestalt nach verwandt mit Bel. minaret Raspail 
(Pictet und Loriol, Voirons, Taf. I, Fig. 8). Auch bei ihm ist ein schlankes, unter- 
brochen sich verjüngendes Rostrum mit enger Furche und tiefer Alveole zu sehen, 
allein das untere Rostrum ist etwas von vorn nach hinten zusammengedrückt, bedingt 
durch die flache Vertiefung, dei am Ende der Furche auftritt. 


Von Bel. semisulcatus und den verwandten Arten unterscheidet sie sich Belemnites minare- 


durch den Mangel jeder lanzettlichen Form. toides n.sp.,a) von vorne, 
b) von der Seite, 
Vorhanden ein Exemplar, von der Klippe des Hundsberges stammend. c) Querschnitte. 


!) Die Spitze könnte möglicherweise durch Verdrückung in die exzentrische Stellung gebracht worden sein. 
Die Verschiedenheit der Vorder- und Rückseite unterhalb der Alveole und der folgenden, keuligen Verbreiterung ist jedoch 
nicht auf ähnliche Weise zu erklären. Philipps hat die gleiche Erscheinung bei jugendlichen B. hastati gezeigt und 
als wesentlich erachtet. Mon. of. British Belemnitidae. Pal. Soc. 1865— 1870, Taf. XXVIII, Fig. 69. 


246 Dr. Hermann Vetters. [24] 


Belemnites cefr. Datensis Favre. 
(Belemnites Zeuschneri Abel. ]. eit. S. 347 u. 350.) 
1879. Belemnites Datensis Favre. Faune tithon. Mem. soc. pal. Suisse VI, S. 16, Taf. I, Fig. 7—11. 
1890. » > Toucas. Faune des couch. tithon del’Ardeche. Bull. d. la soc. geol. d. France III, Ser. 18, S. 573, 
1894. » cfr. Datensis Retowski. Tithon. Abl. von Theodosia. Bull. d. ]. soc. imp. de nat. Moscou N. Ser. 

VII, S. 220. 

Es sind ganz kleine Formen von Duvalientypus, welche Abel als Bel. Zeuschneri anführt. Das 
vollständigste Exemplar (im Besitze d. k. k. naturhist. Hofmuseums) zeigt bei einer Länge von 21 mm noch 
keine Spuren der Alveole. Die Scheide ist schlank, im unteren Drittel keulig verbreitert, um sich dann scharf 
zuzuspitzen. 

Der ovale Querschnitt erscheint von den Seiten her zusammengedrückt (3 mm : 14 mm), auf welchen 
flache Lateralfurchen auftreten. 

Mit Belemnites Zeuscheri ist zwar eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden, eine Identifizierung ist 
jedoch nicht möglich, da abgesehen von der viel bedeutenderen Größe bei diesem die Seitenfurchen tiefer 
und deutlicher sind, und da bei unseren Stücken die Dorsalfurche fehlt. 

Größer ist die Übereinstimmung mit dem kleinen Belemn. Datensis Favre besonders bei einem 
zweiten Exemplar vom Hundsberge, wo die Lateralfurchen tiefer hinab (bis in den keuligen Teil) reichen. 
Bei Bel. Datensis sind allerdings diese Seitenfurchen viel tiefer ausgeschrägt. Ferner eine lange Dorsal- 
furche vorhanden, welche bei unseren Stücken so wie bei jenen von Theodosia fehlt. 

Bei dem zuletzt erwähnten Stück vom Hundsberg wird das Rostrum nach oben hin vierkantig und 
ährelt darın dem noch zu besprechenden Bel. Abeli. 

Bel. Datensis ist aus dem Tithon der Freiburger Alpen und der Krim bekannt. Bel. Zeuschneri 
ist eine Form des älteren Tithons der Klippen und Diphyakalke, Siziliens und des Apennins. 

Unsere Stücke (3) stammen vom Hundsberge. 


Belemnites Abeli n. sp. 
(Fig. 3.) 
Belemn. n. sp. (eine scharf vierkantige Form) Abel (loc. eit.), S. 346. 

Fig. 3. Eine schlanke Form von 45 mm Länge. Die Scheide ist zunächst unterhalb 
d der Alveole leicht verengt, dann von der Hälfte der Länge an ein klein wenig: verbreitert, 
worauf im letzten Viertel das Rostrum zu einer feinen, zentralen Spitze zuläuft.1) Die 
Dorsalseite zeigt eine enge und feine, aber deutliche Furche, welche an der ver- 
dieckten Stelle allmählich sich verliert. Interessant ist, daß man an einem Querbruch 
oben über dem der Furche gegenüberliegenden Sipho die Spuren einer zweiten, nach- 
träglich verklebten, engen Furche bemerken kann. Seitenfurchen fehlen. 

Ein weiteres, auffallendes Merkmal ist die verschiedene Form des Quer- 
schnittes in verschiedener Höhe. An dem Alveolarteil ist er vierseitig, querrhombisch, 
mit einem Längsdurchmesser von 5'4 mm und Breitendurchmesser von 63 mm; an 
der Verengungsstelle längs rhombisch mit den entsprechenden Diagonalen von 
46:5'4 mm. Gegen die keuligen Partien wird der Querschnitt duvalia-artig längs- 
oval mit den Durchmessern 5'3:4 mm. Diese Verhältnisse werden durch zwei seit- 


: liche Kiele bedingt, welche oben stärker sind und im letzten Drittel sich allmählich 
a Dee verlieren. Außerdem sind oben auch Vorder- und Rückseite kantig und runden sich 


Belemnites Abeli n.sp. erst nach unten zu ab. 
a) Dorsalansicht, 
b) Seitenansicht, ; : - : 
c) Querschnitte, d) An- Stellung der Furche zur Gruppe der Duvalien, zeigt aber mit keiner der bekannten 


sicht des oberen Endes. Arten größere Ähnlichkeit. Belemn. Grasi Duval aus dem Neokom, welcher auch 


Diese merkwürdige Art gehört nach der Beschaffenheit des Rostrum und der 


\) Die ergänzte Spitze war ursprünglich noch vorhanden und ist erst während der Untersuchung verloren gegangen. 


B5] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 247 


zwei seitliche Kiele und daher in den oberen Teilen einen rhombischen Querschnitt besitzt, ist viel plumper 
und unten stärker komprimiert. 

Auf die Beziehung zu dem einen Belemn. cfr. Datensis vom Hundsberge ist bereits Seite 246 
hingewiesen worden. 

Von der neuen Art ist bisher nur ein Exemplar in der Klippe von Niederfellabrunn gefunden worden. 


III. Lamellibranchiata. 


Corbis strambergensis Böhm. 
1883. Corbis strambergensis Böhm. Bivalven der Stramberger Schichten. Palaeontogr., Suppl. Il, Seite 514, Taf. LIIT, 

Fig. 30—32. 

Die Stücke vom Neppeltale stimmen am besten mit Böhms Abb., Fig. 30, überein. Sie sind rund- 
lich-oval mit einem stumpfen, wenig vorragenden, dem Hinterrand etwas genäherten Wirbel. Die Länge 
des größeren Exemplars beträgt 32°5 mm, Höhe 27 mm, die Abstände des Wirbels vom Vorder- und 
Hinterrand IQ und I5 mm. 

Die Schale ist mit scharfen, konzentrischen, durch breite, flache Zwischenräume getrennte Streifen ver- 
ziert. Schloß sowie die Innenseite sind nicht sichtbar. 

Corbis strambergensis ist aus dem Stramberger Tithon beschrieben. Aus dem Niederfellabrunner 
Tithon stammen zwei Stücke vom Neppeltal sowie einige fragliche kleinere von den übrigen Klippen. 


Ziemlich abweichend ist ein gröferes und flacheres Stück vom Hundsberg, das gleichfalls als 
Corbis strambergensis etiketiert ist und welches die Maße 48 mm, 46 mm Höhe und S mm Dicke zeigt 
und bei dem der Gesamtumriß gerundeter, die Wirbel spitzer sind. Die konzentrische Streifung ist in 
ähnlicher Weise wie bei Cord. strambergensis ausgebildet. Schließlich ist noch das Vorhandensein eines 
leichtangedeuteten Kieles zu erwähnen, welcher vom Wirbel zum Hinterrand schräg abwärts zieht und die 
Seiten der Schale in zwei ungleich große, einen etwa ein Drittel der Gesamtfläche umfassenden hinteren 
und größeren vorderen Teil zerlegt. Das Stück gehört wahrscheinlich einer anderen Gattung, vielleicht 
Lucina an, was sich aber ohne Kenntnis des Schlosses und der Innenseite nicht feststellen läßt. 

Nicht näher bestimmbare, wahrscheinlich auch zu Corbis gehörige Muscheln wurden auch in Nieder- 


fellabrunn selbst gefunden. 
Astarte sp. 


Unter diesem Namen führt Abel Muscheln vom Hundsberge und von Niederfellabrunn an, welche 
einen vollkommen gerundeten, gleichseitigen Umriß und flache, sehr wenig gewölbte Klappen besitzen. Ihre 
Dicke beträgt 6 mm bei 24 mm Länge und Höhe. 

Die Wirbel sind stumpf, wenig vorragend und dem Vorderrande etwas genähert. (IL :I3 mm.) 
Die Skulptur besteht aus scharfen, entferntstehenden, konzentrischen Streifen, zwischen denen noch ein oder 
mehrere ganz feine auftreten. 

Der Gestalt und Skulptur nach hat Asztarte elegans Zieten (Verst. Württembergs, Taf. LXI, Fig. 4, 
und Quenst. Jura, Taf. XCIII, Fig. 31) aus dem Nattheimer Schichten große Ähnlichkeit. Eine genaue 


Bestimmung, auch nur generisch, ist ohne Kenntnis des Schlosses und der Innenseite nicht möglich. 


Cucullaea sp. 

Zwei etwas beschädigte, mittelgroße Steinkerne, der größere von IS mm Länge, 13 mm Höhe 
und 8 mm Dicke. Der Hinterflügel ist groß und breit, durch eine scharfe Kante von den Seiten getrennt; 
der kleine Vorderflügel ist nicht erhalten. 

Der Hinterrand fällt steil ab und bildet mit dem leicht gebogenen Unterrand einen Winkel von 
etwas weniger als 90°. WVorderrand abgerundet, die Wirbel sind hoch und breit, etwas vor der Mitte ge- 
legen. Schloßpartie fehlt. 


Beiträge zur Paläontologie Oesterreich-Ungarns, Bd. XVII. 32 


248 Dr. Hermann Vetters. [26] 


Von der Skulptur sind am größeren Stücke auf den Flanken feine konzentrische Streifen und auf 
dem Hinterflügel undeutliche Radialrippen zu sehen. Die Stücke können zu Arca oder Cueullaea gehören, was 
sich ohne Schloß nicht entscheiden läßt. 

Cucullaea texta Münster (Roemer, Oolithgeb., S. 104, Taf. VI, Fig. 19) hat, abgesehen von der 
bedeutenderen Größe, ziemliche Ähnlichkeit mit unserer Form. Sie stammt aus den Portlandkalken von 
Wendhausen und vom Spielberg bei Deligsen. Von Niederfellabrunn und dem Neppeltal stammen je ein 
Exemplar. 

Nucula Menkii Römer. 
Taf. XXI (I), Fig. I (auf dem Perisphinct sitzend). 
1836. Nucula Menki Römer. Oolithgebirge, S. 98, Taf. VI, Fig. 10. 


1856—1858. Nucula Menkü Oppel. Juraformation, S. 718. 
1859. Nucula Menkü Thurmann. Lethaea Bruntr, Denkschr. d. allg. schweiz. Ges. Zürich, Taf. XXVI, Fig 4, S. 208 


1863. » » Dolfus. La faune Kimmeridgienne du Cap. de la Heve, S. 23. 

1874. » > De Loriol et Pellat. Etages sup£rieurs, Taf. XXII, Fig. 8—10, S. 137. 

1874. » » Brauns. Ob. Jura, S. 327. 

1878. » » Struckmann. Ob. Jura der Umgebung von Hannover, S. 40. 

1882. » > Roeder. Terrain a Chailles, Taf. III, Fig. 7, S. 70. 

1896. » » Gallinek. Ob. Jura bei Inovrazlaw in Posen. Russ. min. Ges., 2. Ser, Bd. 23, S. 397. 


Der dreieckig eiförmige Umriß mit dem schräg abgestutzten Vorderrande und die starke Wölbung 
der Schalen erinnern lebhaft an die bekannte Nucula Hammeri aus dem schwäbischen Dogger, die nach 
Quenstedt (Jura, S. 313) der N. Hausmanni Römer gleich ist. Die in den Spiti shales vorkommenden 
ähnlichen Formen pflegt man meist als N. cuneiformis Sow. zu bezeichnen,!) eine Art, die recht mannigfache 
Variationen aufweist. 

Die etwas länglicheren und dabei flacheren Nuculen, bei denen der Vorderrand noch etwas unter 
den spitzeren Buckeln vorschaut, stimmen mit Nucula Menkü Roemer (Oolithgeb., Taf. VI, Fig. 10) aus 
dem Portlandkalk von Wendhausen recht gut überein. Bei einem solchen Stücke gelang es auch, das 
Schloß, bestehend aus zwei geraden, unter einem Winkel von etwa 135° zu einander gestellten Reihen, senk- 
rechte Kerbe bloßzulegen. 

Diese Stücke, sowie die obigen, welche bei der großen Variabilttät der Nuculen wahrscheinlich 
zusammengehören, stammen von den Kellern Niederfellabrunns. 

Gesamtzahl: 5. 

Trigonia area-furcata nov. sp. 
Taf. XXI (I), Fie. 12. 
Trigonia Kiprianovi Abel (loc. cit., S. 354). 

Eine kleine Trigonia von länglich-ovalem Umriß, 13 mm Länge, 11 mm Breite und mäßig gewölbten 
Klappen. (Dicke einer Klappe 4'5 mm.) Die Vorderseite ist abgerundet, der Hinterrand schräg abgestutzt 
und bildet mit dem unteren Rande einen Winkel von etwas mehr als 90°. Die Area ist groß, ihre Rück- 
seite und der Oberrand laufen bogenförmig ineinander über. 

Die Seiten sind mit neun starken, bogenförmigen, konzentrischen Rippen verziert, welche von der 
Arealkante scharf absetzen und einen kleinen Zwischenraum vor dieser freilassen. 

Die Area wird durch einen starken Arealkiel begrenzt. Ihre Skulptur ist undeutlich erhalten und 
besteht aus stumpfen Radialrippen, über die zahlreiche Querlinien verlaufen. Ein Mediankiel, wie er bei 
den meisten Trigonien auf der Area auftritt, ist nicht zu sehen, statt seiner erscheint eine deutliche Furche, 
welche die Area in zwei Hälften zerlegt, Die vordere ist ziemlich eben, die hintere leicht konvex und diese 
verschiedene Ausbildung ist es, welche die Furche besonders deutlich macht. Das Feldchen ist nicht deut- 
lich erhalten, es ist klein und liegt mit der Area nicht ganz in einer Ebene. 

Diese Beschreibung gilt für das eine Stück vom Hundsberg, welches auf Tafel XXII (II) dargestellt 
ist und das auch schon Abel abbildete. Bei dessen Zeichnung ist jedoch der Vorderrand etwas zu spitz. 


!) Transaction of the Geolog. Soc. Vol. 5, London, 1840, Taf XXI, 4. 


[27] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 249 


Abel hat diese Form mit Trigonia Kiprianovi Stremoukhov!) identifiziert. Jene Art besitzt aber 
eine weniger schlanke Form und einen mehr abgerundeten Vorderrand. Ferner sind die Bogenrippen der 
Flanken vor dem Arealkiel, wenig aber deutlich abwärts gebogen, und schließlich fehlt bei Trig. Kipria- 
novi die Arealfurche; eine Teilung der Area entsteht dadurch, daß die fünf vorderen Radialrippen stärker 
entwickelt sind als die folgenden. Das Vorhandensein einer Furche vor dem Arealkiel nähert unsere Form 


der Trig. Inostrazevi Strem. (loc. cit. S. 256), welche jedoch gleichfalls kürzer ist und keineArealfurche 
besitzt. 
Letzteres Merkmal unseres Stückes ist besonders auffallend. Es kommt zwar nicht selten vor, daß 


der Mediankiel der Area weniger deutlich wird und daß er in einen einfachen Steilabfall von der Vorder- zur 
Hinterhälfte übergeht, besonders wenn die letztere konkav ist. Bei unserem Stücke ist aber umgekehrt die 
Hinterhälfte der Area konvex und gegenüber der vorderen gesenkt.?) 

Zum Studium dieser Art ist nur ein Stück, das vom Hundsberge stammt, geeignet. Das zweite Stück 
von dort ist unvollständig und es fehlt ihm der Arealteil. Das dritte Stück endlich weicht von dem oben 
beschriebenen beträchtlich ab, es hat spärlichere konzentrische Flankenrippen, die Area ist fast glatt, ohne 
Radialstreifen, es setzen vielmehr an einer Stelle die konzentrischen Rippen der Flanken auf sie über. Im 


übrigen ist jedoch seine Erhaltung zu näherer Bestimmung zu schlecht. 


Aucella Pallasi Keys. var. plicata Lah. 
Tafel XXII (II), Fie. 10, ı1. 


Inoceramus rugosus Fischer. Oryctographie de Moscou, Taf. 46, Fig. 2. 
Aucella mosquennis Hoffmann. Jura von lletzkaja-Saschtita, S. 161, Taf. 6, Fig 74-75. 
1888. Aucella Pallasi var. plicata. Lahusen. U.d. russischen Aucellen. Mem du Com. ge£ol. St. Petersbourg. Vol. VIII, 

Nr. I, S. 9 u. 34, Taf. I, Fig. 21—24. 

1897. Aucella Pallasi var. plicata Abel. Tithonschichten von Niederfellabrunn. loc. cit. S. 355, Fig. 3 und 4. 
1846. Aucella Pallasi Keyserling. Petschora-Land. S. 299, Taf. 16, Fig I—7. Weitere Synonyma siehe Lahusen. 

Von dieser Art hat bereits Abel eine ausführliche Beschreibung gegeben, die ich hier der Voll- 
ständigkeit halber wiederholen will. »Die linke (große) Klappe ist stark gewölbt, der hintere Schalenrand 
ist gegen den Wirbel zu stumpfwinklig gebogen, wie bei dem von Lahusen, Taf. I, Fig. 21, abgebildeten 
Exemplar. Die Wirbelspitze ist stark eingerollt und nach dem unteren Ende des Hinterrandes S-förmig ge- 
bogen. (Lahusen pag. 34.) Über die Schale verlaufen starke, konzentrische Rippen, welche durch breite Zwi- 
schenräume getrennt sind; diese Art der Berippung beweist, daß wir es in den obertithonischen Formen mit 
Aucella Pallasi Keys. var. plicata Lahus. zu tun haben. Gegen den Wirbel hin nehmen die Rippen an Stärke 
“ und die Zwischenräume an Breite rasch ab; am Wirbel erscheinen die Rippen nur noch als feine konzen- 
trische Streifen. Das Ohr ist dreieckig, nicht gestreift und deutlich von der übrigen Oberfläche geschieden. 
Die rechte (kleine) Klappe ist flach muldenförmig eingedrückt und schließt gegen den Schloßrand mit 
einer nahezu geraden Linie ab, über welche der schwach eingerollte, kleine Wirbel kaum hervorragt. Die 
Rippen sind enger aneinander gerückt und schwächer ausgeprägt als auf der großen Klappe. Das kleine 
dreieckige Ohr ist deutlich von der übrigen Oberfläche getrennt und weist wie das der großen Klappe 
keine Streifen auf.« 

»Klappen, an denen die Ohren abgebrochen sind, erinnern stark an gewisse /noceramen, die Exem- 
plare sind als Steinkerne in einem weichen Mergel erhalten und die noch vorhandenen Reste der Schale 
zeigen keine Spur einer radialen Streifung.« 

Ich habe dieser Beschreibung nichts hinzuzufügen, außer daß die Rippen gröber und die Zwischen- 
räume breiter als in Lahusens Abbildungen sind. 

Aucella Pallasi ist eine Leitform der untersten Virgatenschichten der unteren Wolgastufe. 


1) Deser. des quelques Trigonies des depots sec. de la Russie. Verhandlungen d. russ. mineral. Ges. St. Peters- 
burg 1896, S. 255, Taf. VI, Fig. 3. 

2) Nach Beendigung dieser Arbeit erschien M&m. soc. pal. Suisse XXXI. Loriol. Oxfordien du Jura Ledonien. 
Darin wird Tafel 22, Fig. 3, 4 eine Trigonia chatillonensis n. sp. beschrieben, welche — ohne aber im übrigen unserer 
Form ähnlich zu sein — gleichfalls auf der Area eine seichte Furche zeigt. Die beiden Arealhälften sind jedoch eben 


und flach zueinander geneigt. 
32* 


250 Dr Hermann Vetters. [28] 


Im ganzen liegen fünf Exemplare, ein vollständiges, drei linke und eine rechte Klappe vor. Sie 
stammen aus den nesterförmigen Mergeleinlagerungen des Neppeltales, wo sie mit Phyll. ptychoicum, Phyl. 
af. serum, Lytoc. quadrisulcatum, Corbis strambergensis, Belemn. diceratinus u. s. w. vergesellschaftet 
waren, Dabei bilden nach Abel die Aucellenschichten die oberen Bänke des Mergelkalkes. 


Pecten Spendiarowi Abel. 
1897. Pecten Spendiarowi Abel. Verh. d. geol. Reichsanst, S. 352, Fig. Ia, b. 


Abel gibt von seiner neuen Art, die in die Gruppe des Pec#. paradoxus Münst. gehört, folgende Be- 
schreibung. 

»Die Schale ist sehr dünn, gerundet, fast Nach und vollkommen gleichseitig. Beide Klappen tragen auf 
der Innenseite neun stark entwickelte und auf der Außenseite der Schale hervortretende Längsrippen, 
welche an den Außenrändern von je einer schwächer oder stärker entwickelten Längsrippe begleitet 
sind, wie bei den Arten, welche Neumayr zur Gruppe des Peci. paradoxus vereinigt hat. Über die 
ganze Schale verlaufen feine konzentrische Streifen, welche sich auf den beiden kleinen Ohren fortsetzen. 
Die obere Klappe läßt mitunter an der Außenseite zwischen je zwei der elf Hauptrippen ein oder 
zwei Nebenrippen unterscheiden, die auf der Innenseite der Schale fast so stark wie die ersteren ausgebildet 
sind. Dadurch, daß die ganze Außenseite von feinen, konzentrischen Linien bedeckt ist, entsteht eine zierliche, 
gitterförmige Skulptur auf derselben. Die untere Klappe ist gewölbter und zeigt je nach Größe der 
Exemplare 30—55 Rippen in fast gleicher Stärke, welche in der Weise geordnet sind, daß sich vom Aufßen- 
rande her zwischen je zwei Hauptrippen mehrere gleich starke Nebenrippen einschieben, wodurch die Schale 
das Ansehen erhält, als würde sie von einer Anzahl gleich starker Rippen in regelmäßigen Abständen bedeckt 
sein. Dagegen sieht man bei genauer Beobachtung, daß die Nebenrippen gegen den Wirbel zu verschwin- 
den und nur. die elf Hauptrippen übrig bleiben. Die untere Klappe ist ebenfalls konzentrisch gestreift, doch 
ist diese Streifung meist nicht sichtbar. Die größten Exemplare erreichen kaum die Höhe und Breite 
von I cm.« 

In der angegebenen Weise vereinigt sind die Merkmale bei keinem der zahlreichen als Pecien 
Spendiarowi bezeichneten Stücke, die mir von Niederfellabrunn, dem Hundsberge und Neppeltale vorliegen, 
zu beobachten. Es stellen die oben angeführte Beschreibung, wie auch die Abbildungen Kombinationen 
aus verschiedenen Exemplaren dar; das gilt sowohl was die Zahl der Rippen als auch die Form der Ohren 
betrifft. Das kleine Stück, welches die Grundlage für die Abbildung der Oberklappe, Fig. 1, abgegeben hat, 
zeigt z. B. nur links ein kleines dreieckiges Ohr, das rechte fehlt und es ist die Möglichkeit nicht ausge- 
schlossen, daß dieses größer gewesen sei, wie das jaauch bei Peci. personatus der Fall ist (siehe Philippi, 
Zeitschr. d, deutsch. geol. Ges. 1900, S. 10, Fig. 24a). Auch beträgt die Zahl der Rippen nicht elf, wie auf Fig. I, 
sondern es sind nur sieben deutliche Rippen sichtbar, über die feine konzentrische Streifen hinziehen. Dazu 
kommen noch einige kurze Schaltrippen und am linken Rande eine undeutliche Begleitrippe, so daß die Zahl 
der Hauptrippen höchstens neun betragen kann. 

Auch Abel sagt, daß kleine Exemplare nur neun deutliche Hauptrippen zeigen, die Aufßenrippen 
dagegen sehr schwach sind, wodurch sie an Quenstedts Peci. nonarius aus dem weißen Jura C erinnern, 
An diesem Stücke sind aber nicht einmal alle neun Rippen deutlich. 

Von den sonstigen Stücken, welche Oberklappen entsprechen, zeigt eines vom Neppeltale gleichfalls 
sieben wenig hohe Rippen und eine deutliche, konzentrische Streifung. Schaltrippen sind wenig ausgesprochen. 
Dagegen ist hier das rechte Ohr ziemlich gut erhalten und zeigt drei oder vier Radialfalten und dieselbe 
feine, konzentrische Streifung wie die Schalenseiten. Es ist aber bedeutend größer als das linke 
Ohr des oben besprochenen Exemplars und der erwähnten Abbildung, Der Winkel des Vorder- und Seiten- 
randes ist nicht stumpf, sondern etwas kleiner als ein rechter. Ob ein Byssusausschnitt vorhanden ist, kann 
nicht mit Sicherheit entschieden werden. 

Ein drittes, kleineres Stück stimmt mit Abels Beschreibung insoweit überein, als man außer der 
konzentrischen Schalenverzierung neun Rippen und zwischen den mittleren Hauptrippen ein bis zwei Schalt- 


[29] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 251 


tippen, die den Wirbel nicht erreichen, sehen kann. Von beiden Ohren sind nur die Ansatzstellen bemerkbar, 
doch läßt auch hier der rechte Ohransatz auf eine ähnliche Größe wie bei dem vorher erwähnten Exem- 
plar schließen. 

Die übrigen Oberklappenschalen zeigen durchwegs sieben bis neun Rippen, welche gegenüber der 
konzentrischen Streifung nur wenig erhaben hervortreten, Bei einem Stücke scheint die Zahl der Rippen 
sogar paarig (sechs bis acht) zu sein, da eine Mittelrippe fehlt. 

Die Innenskulptur ist an einigen Steinkernen und Schalenexemplaren sichtbar. Eines der letzte- 
ren im Besitze der technischen Hochschule zeigt verhältnismäßig starke, nicht ganz zum Rande reichende 
Radialrippen, deren Zahl am Rande 16 oder 18 beträgt und von denen je ein bis zwei als Nebenrippen 
zwischen die längeren Hauptrippen eingeschaltet sind. Die Zahl der Hauptrippen ist nicht mit Sicherheit fest- 
zustellen, da die Wirbelpartie beschädigt ist. Dieses Exemplar bildete wahrscheinlich die Grundlage für 
Abels Beschreibung der inneren Skulptur. Im übrigen besitzt gerade dieses Exemplar große Ähnlichkeit 
mit Retowskis Peci. Sokolowr. 


Die anderen (Steinkern-)Exemplare zeigen ziemlich deutlich sieben Hauptrippen, zu denen sich noch 
bei dem einen oder anderen Stücke Außenrippen gesellen und zwischen denen ein oder zwei Schaltrippen 
auftreten. 

Ähnliche Unterschiede zeigt die Untersuchung der verschiedenen, vielrippigen, von Abel als Unter- 
klappen bezeichneten Schälchen. Ein Originalstück für Abels Fig. d ist nicht auffindbar gewesen. 

Bei einem Teile der Unterklappen zeichnen sich, so wie es Abel beschreibt, unter den zahlreichen, 
am Rande gleich starken Rippen gegen den Wirbel zu einzelne durch größere Stärke aus und setzen sich bis 
zum Wirbel fort, während die übrigen sich allmählich verlieren. Man kann danach Hauptrippen und Schalt- 
rippen in der Zahl von je eine bis drei unterscheiden. Solche Hauptrippen ‘konnten bei den verschiedenen 
Stücken teils sieben, teils neun gezählt werden, bei anderen bleibt ihre Zahl ungewiß. 

Bei einigen (zwei bis drei) Exemplaren kann jedoch eine derartige Unterscheidung zwischen Haupt- 
und Schaltrippen nicht gemacht werden, sondern es reichen fast alle Rippen bis zum Wirbel. 

Ähnliches konnte bei der Innenskulptur beobachtet werden. Ein Steinkern aus der Sammlung der 
technischen Hochschule zeigt sieben oder neun Hauptrippen mit eingeschalteten Nebenrippen, während bei 
drei Schalenexemplaren fast alle Rippen in gleicher Stärke bis zum Wirbel laufen. 

Ohren sind nur an wenigen Stücken erhalten. Ein Stück vom Hundsberge zeigt das linksseitige 
Ohr ziemlich deutlich. Dieses besitzt Radialstreifung und ist verhältnismäßig groß, mehr als doppelt so 
groß, als die Originalabbildung zeigt und der Winkel beträgt ungefähr 90°. 

Bei einem anderen gut erhaltenen Exemplar von Niederfellabrunn, welches sieben Hauptrippen und 
mehrere Schaltrippen zeigt, ist ein großes rechtsseitiges Ohr vorhanden, das schräg herabhängt, so daß der 
Schloßrand einen stumpfen Winkel bildet. Ferner ist ein nicht sehr tiefer, aber deutlicher Byssusaus- 
schnitt sichtbar. 

Abel spricht in seinem vorläufigen Berichte außer von Pecten Spendiarowi von keiner anderen 
Pectenart, er scheint somit alle die zahlreichen Stücke, welche auf den mit diesem Namen versehenen 
Gesteinsstücken zu finden sind, zu seiner Art gezogen zu haben, was mir Dr. Abel auch persönlich be- 
stätigte. Dafür spricht auch die Art ihres Vorkommens in kleineren, individuenreichen Nestern. Demnach 
wäre die ursprüngliche Beschreibung entsprechend zu ändern und zu erweitern und dieser Spezies eine ziem- 
liche Variabilität zuzuschreiben. 

Die Oberklappen zeigen sieben bis neun Hauptrippen, die auf der Innenseite stärker, auf der Außen- 
seite gegenüber der feinen konzentrischen Streifung nur schwach hervortreten. Zwischen sie schalten sich 
hie und da Nebenrippen in der Zahl von einer bis zwei ein. Die Form der Ohren ist nicht ganz sicher; das 
linke ist klein, dreiseitig, entsprechend der Originalabbildung, das rechte scheint jedoch größer zu sein und 
seine Begrenzung ungefähr rechtwinklig. Sowohl radiale (drei bis vier) wie auch konzentrische Streifen 
treten auf den Ohren auf. 

Die Unterklappe ist vielrippig, die Rippen sind am Rande gleich stark. Gegen den Wirbel zu kann 
man jedoch sieben bis neun Hauptrippen und zwischen ihnen je ein bis drei Schaltrippen von geringer 


252 Dr. Hermann Vetters. [30] 


Länge unterscheiden. Doch gibt es auch einige Stücke, bei denen fast alle Rippen (bis 20 konnten gezählt 
werden) gleich stark zum Wirbel laufen. Die konzentrische Streifung ist meist nur schwach entwickelt, die 
Gestaltung der Ohren nicht ganz sicher; wahrscheinlich waren sie jedoch größer, als die Originalabbildung zeigt. 

Da der Erhaltungszustand der wenn auch zahlreichen Stücke durchweg kein guter ist, da vor 
allem vollständige Schalen und Exemplare, welche Ober- und Unterklappen besitzen oder Innen- und Außen- 
fläche beobachten lassen, fehlen, kann ich nicht entscheiden, ob die neue Art sich wird als solche vor 
allem in demselben Umfang aufrecht erhalten lassen, ob nicht vielleicht die abweichenden Exemplare davon 
abzutrennen seien. Das wäre zunächst die Unterklappe mit dem großen, ausgeschnittenen Ohr, ferner die 
mit den zahlreichen, bis zum Wirbel gleichbleibenden Rippen versehenen Unterklappen. Zu erwähnen ist 
noch, daß ein solches Exemplar von Abel nur als Pecien sp. ettiketiert wurde. Unter den Oberklappen 
stellt schließlich das Stück mit sechs oder acht Rippen eine solche abweichende Form dar, die möglicher- 
weise auch nur einer Variation entspricht. 

Abel hat seine neue Art in die Gruppe des Pect. paradoxus Münst. gestellt, zu dr Neumayr!) 
Pect. pumilus Lam., undenarius Quenst. personatus Goldf., nonarius Quenst. penninicus Neum. stellt, eine 
Gruppe, die vielfach zu Amussium gerechnet wurde und für die Sacco (vergl. Philippi l.cit., S. 110) die 
Sektion Varioamussium aufstellte. Ferner führt Abel noch als verwandt den Pect. Socolowi Ret.!) von 
Theodosia an, welche 13—15 engerstehende, radiale Rippen auf der Innenseite zeigt. 

P. Spendiarowi fand sich ‘zahlreich in den linsenförmigen Mergeleinlagerungen des Hundsberges, 
Neppeltales und Niederfellabrunns. 


Pecten cfr. cinguliferus Zitt. 


1870. Pecten cinguliferus v. Zittel. Ältere, cephalopodenführende Schichten (loc. cit.), S. 241, Taf. XXXVI, Fig, 20, 21. 
1883. » » Böhm. Bivalven d. Stramberger Schichten (l. eit.), S. 601, Taf. LXVJ, Fig. 15 u. 16. 

Außer den gerippten Pectines fand sich noch eine glatte Pectenschale von Io mm Breite und Höhe 
und einen Wirbelwinkel von etwas über 90°. Die Schale ist bis auf ganz feine, konzentrische Streifen 
völlig glatt. Ohren fehlen, vom rechten ist nur der Ansatz vorhanden, welcher auf eine geringe Größe 
schließen läßt. Die konzentrische Streifung ist noch feiner als bei P. cinguliferus und P, Theodosianus 
Retowski°). Das einzige Stück stammt von Niederfellabrunn. 


Ostrea sp. 


Austern sind in dem Niederfellabrunner Tithon nicht selten. Kleinere und größere Schalen von 
wenig regelmäßiger Form sitzen vielfach auf anderen Fossilien, besonders Ammoniten auf. (Vergl. Tafel 
XXII, Fig. 3.) Drei größere Stücke vom Hundsberge zeigen eine rundliche bis ovale Form. Das größte mit 
einer Länge von 53 mm und Breite von 50 mm ist sehr mäßig gewölbt. Der Wirbel ist klein, eingekrümmt 
und bei einem anderen Stücke wieder mehr gerade. Radialrippen fehlen, dagegen bedecken grobe, konzen- 
trische Runzeln die Schale. Die Stücke scheinen Deckelklappen zu sein. 

Ferner wurde am Hundsberge noch eine hochgewölbte, kreisrunde, ziemlich dünnschalige Form ge- 
funden. Länge und Höhe beträgt etwa 70 mm, die Dicke 35 mm. Die Schale zeigt Spuren grober, kon- 
zentrischer Runzelung. Der Wirbel ist klein, auf dem Steinkern von einem Wulst umgeben; der Erhaltungszustand 
ist sehr schlecht und fragmentarisch und läßt im übrigen nur noch einen, im Punkte der stärksten Wölbung 
gelegenen, kleinen runden Muskeleindruck erkennen. 


Nähere Bestimmungen sind nicht möglich. 
!)M. Neumayr: Jurastudien. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst., 1871, S. 375. 
®) Retowski: Die tithon. Ablagerungen von Theodosia. Bull. de la Societ€ imp. des natural. de Moscou, 
1893, Tom. VII, S. 284, Taf. XIV, Fig. 24—26. 

°») Retowski loc. cit. S 283, Taf. XIV, Fig. 23. 


[31] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 


[93 
un 
[97 


IV. Brachiopoda. 


Terebratula simplieissima Zeusch. 
1857. Terebratula simplieissima Zeuschner. Palaeont. Beitr. S. 13, Taf. IV, Fig. 14. 
1858. » » Sueßß. Brachiopoden der Strammberger Schichten. Hauers Beiträge zur Pal. I, S. 26, 

Taf. I, Fig. 4—6. 

1871. Terebratula simplicissima Gemmellaro. Studi paleont. sulla fauna a Ter. janitor part. III, S. ı2, Taf. III, Fig. 3. 
1899. » > RemeS. Brachiop. von Stramberg. Jahrb. d. geol. Reichsanst. S. 215. 

Von dieser ungefalteten Terebratel wurden einige Exemplare gefunden, die keine bedeutende Größe 
erreichen, die größten haben eine Höhe von 17 mm und Breite von 14 mm. Die Stücke sind alle ziemlich 
stark gewölbt, nur ein kleineres Stück, das beide Klappen zeigt, ist flacher und entspricht der Abbildung 
Fig. 4 bei Sueß. Ein Sinus fehlt vollständig, alle Kanten liegen in einer Ebene. 

Die Art ist aus den Stramberger Schichten, so wie (selten) aus dem Untertithon von Sizilien bekannt. 


Unsere Exemplare (acht) stammen von der Klippe des Grünstallwaldes. 


Terebratula pseudobisuffarcinata Gem. 


1845. Terebratula biplicata Zeuschner. Palaeont. Polska opis etc. Nr. 5, Taf. V, Fig. I—3. 
1858. » bisuffarcinata Suefß. Brachiopoden der Stramberger Schichten (l. cit.), S. 25, Taf. I, Fig. 1-3. 
1871. » pseudobisuffarcinata Gemmellaro. Studi paleont. sulla fauna a Ter. janitor. parte III, S. og, 
as ID, Di 7% 
1899. Terebratula pseudobisuffarcinata RemeS. Brach. v. Stramberg (l. eit.), S. 214. 
Für diese im Tithon verbreitete Art sind eine länglich-ovale Gestalt mit der größten Breite im letz- 
ten Drittel und auf der Oberklappe zwei gegen die Stirn konvergente Falten mit schwach vertieftem Zwi- 


schenraume charakteristisch. 

Das vorliegende Exemplar stimmt mit Sueß’ Abbildung (Fig. 2) recht gut überein, nur ist die größte 
Breite etwas mehr rückwärts gelegen. Gemmellaro hatdiese Art von der Ter. bisuffarcinata abgetrennt, 
nachdem schon früher v. Zittel und Zeuschner gegen die Zusammenziehung der Stramberger Formen 
mit der Schlotheim’schen Bedenken geäußert hatten 

Diese Art ist aus den Stramberger Schichten und dem unteren Tithon von Sizilien bekannt. Im 
Niederfellabrunner Tithon ist nur ein Stück bisher gefunden worden, welches vom Grünstallwalde stammt. 


Terebratula bicanaliculata Zieten-Douville. 


1820. Terebratula bicanaliculata Schlotheim. Petrefaktenkunde, S. 278. 

1830. » » Zieten. Versteinerungen Württembergs, S. 285, Taf. XLI, Fig. 5. 

1862. » > Ettalon. Letaea Bruntr. Denkschr. d. allg. schweiz. Ges. Zürich. XIX, S. 285, 
Taf. XLI, Fig. 5. 

1871. Terebratula bicanaliculata Quenstedt. Petrefaktenkunde Deutschlands. Brachiopoden, S. 394, Taf. XLIX, Fig. 26. 

1886. » » Douville. Sur. qu. Brachiop. Bull. de la Soc. des Sciences de 1. Yonne, S. 82, Taf. III, Fig 1. 

1893. > » Haas. Jurass. Brachiopoden des schweiz. Juras. Abh. d. schweiz. pal. Ges. XX, 
S. I4Lfi., Tat. XX. 


Die hieher gehörigen Formen schließen sich an die vorhergehende Art und an Ter. bisuffarcinata an. 


Sie besitzen eine länglich ovale Gestalt, deren größte Breite nur wenig: hinter der Mitte liegt. 


Die Maße betragen: Länge . . . 285 mm 
Breiten 02.2, 70,80> 
Dieke 0. on 16 » 


Der Schnabel ist kräftig, stark gebogen und zeigt eine große, senkrecht stehende, konische Durch- 
bobrung. Schnabelkanten und Deltidium nicht deutlich entwickelt. 

An der Stirnseite befinden sich auf der Oberklappe zwei Joche, welche gegen den Rand zu diver- 
gieren und gegen die Schalenmitte rasch sich verlieren. Auf der anderen Klappe entsprechen ihnen Ein- 
senkungen. Eine merkliche Depression und zugleich deutlich flügelartige Ausbuchtung der Oberklappe 
begleitet außen die Joche. Die beiden Außenseiten der Stirnfalten erscheinen fast doppelt so lang als die 


254 Dr. Hermann Vetters. [32] 


inneren, Der Raum zwischen den Falten ist am Stirnrande verhältnismäßig tief und deutlich winkelig (ungefähr 
120°), gegen die Schalenmitte zu verschwindet die Vertiefung jedoch bald, noch im letzten hinteren Drittel. 

Der Unterschied gegenüber der vorigen Art besteht darin, daß die Gestalt weniger pentagonal ist, 
die Joche kürzer, die seitlichen Depressionen flacher sind und die mittlere Vertiefung viel früher verschwindet. 
Ferner ist der Schnabel kräftiger, die Durchbohrung weiter und der Raum zwischen den Falten nicht flach. 

Formen dieser Art pflegt man nach Douvill& u. a. als Terebratula bicanali culata zu bezeichnen, 
eine Art, in die Formen aus verschiedenen Stufen gestellt werden. Nun sind aber Terebrateln recht variabel, 
sowohl was den Gesamtumriß wie auch was die Gestaltung der Stirnfaltung betrifft, und man findet daher 
oft bei ein- und derselben Art stark gefaltete Formen und solche mit ganz geringen Stirnfalten. Nach 
Haas!) ist daher Terebr. bicanaliculata nicht als eine Art im strengen Sinne des Wortes, sondern viel- 
mehr nur eine als bestimmte Ausbildungsweise anzusehen, welche bei verschiedenen Arten auftreten könne. 
Sie wäre sonst eine Spezies, die in sehr ungleichalterigen Stufen des Malm auftreten und vielleicht sogar 
schon im Dogger beginnen würde. Anderseits aber sind die in den verschiedenen Stufen auftretenden Formen 
von Ter. bicanaliculata vielfach durch Übergangsformen mit weniger stark gefaltenen Formen verknüpft 
(z. B. bisuffarcinata, Zieteni, Baltzeri u. s. w.‘) 

Nach dieser Ansicht von Haas würden unsere Stücke bicanaliculata-Varietäten der Ter. bisuffar- 
cinata-Gruppe darstellen, und zwar speziell der Ter. Zieteni, denn Terebr. bisuffarcinata selbst ist (vergl. 
Haas |, cit. Seite 129) von verschiedenen Forschern in verschieden großem Umfange aufgefaßt worden. 
Quenstedt?) rechnet dazu nicht nur die kieinen Formen aus den gelben Kieseln von Amberg, die Schlot- 
heimt) als Ter. bisuffarcinata bezeichnete, sondern auch die größeren von Zieten?) abgebildeten Formen. 
Loriol‘) hat nun für die letzteren den Namen Ter. Zieteni vorgeschlagen und auf das Vorhandensein 
eines geraden Stirnrandes und den Mangel von medianer Faltung der Stirn Gewicht gelegt, was jedoch 
nach Haas’) nicht so streng zu nehmen ist; vielmehr kann man die glatten von den tief gefaltenen Stücken 
nicht trennen, da das Auftreten eines geraden Stirnrandes oder der Biplizität auf äußere Lebensverhältnisse 
zurückgehen. Nach ihm gehören zu Terebr. bisuffarcinata nur die kleinen Formen aus den Amberger 
Kieseln, die von Zieten abgebildeten wie auch alle sonst von den verschiedenen Autoren als Ter. bisuffar- 
cinata beschriebenen größeren Formen zu Terebr. Zieteni, gleichgültig, ob sie stark oder schwach gefaltet 
seien. Wegen des Niveaus (Zusammenvorkommen mit Terebr. pseudobisuffarcinata) und da die winkelige 
mittlere Einbuchtung bei einem unserer Exemplare weniger tief ist, erscheint die Zugehöhrigkeit unserer 
Stücke zu Ter. Zieteni sehr wahrscheinlich und nach der von Haas vorgeschlagenen Nomenklatur hätten 
unsere Stücke Terberatula Zieteni var. bicanaliculata zu heißen. 

Von sonstigen ähnlichen Arten sei nur hier noch die von Gemmellaro neu beschriebene Terebr. 
isomorpha erwähnt, welche einen ähnlich gefalteten Stirnrand besitzt. Das abgebildete Exemplar ist bedeutend 
größer (59 mm Länge) als die unserigen doch werden auch kleinere angegeben, deren Maße mit den unserigen 
übereinstimmen. Nur ist im allgemeinen die sizilische Form schlanker und länglicher, die Bauchklappe weniger 
gewölbt und die Wölbung der Rückenklappe mehr vach vorn gerückt. 

Zahl der Exemplare drei, Fundort: Klippe des Grünstallwaldes. 


1) Joc. eit. S. 143— 145. 

?) Was speziell die von Haas zum Vergleich herangezogene Terebr. subcanaliculata var. longiplicata betrifkt, 
die Oppel als eine eigene, der Ter. bicanaliculata nahestehende Art beschreibt, ist es vielleicht interessant zu erwähnen, 
daß unsere Stücke mit ihr eine auffallend große Ähnlichkeit besitzen, besonders mit den von Abich im Kaukasus 
gesammelten Exemplaren (Neumayr und Uhlig. Denkschr. d. k. Ak. d. Wissensch., Wien, mat. nat. Kl. LIX. 1892, 
Taf. VI, Fig, 13). Die Ähnlichkeit zumal in der Form des Stirnrandes und des Gesamtumrisses ist auf dem ersten Blick 
so groß, daß ich sie ohne weiteres identifiziert haben würde, hätte nicht das ganz verschiedene Alter (Callovien) Be- 
denken erregt. 

3) Quenstedt: Petrefakten Deutschlands. Brachiopoden. S. 394 ff., Taf. 49, Fig. 24. 

*#) Schlotheim: Petrefaktenkunde S. 279. 

5) Zieten. Versteinerungen Württembergs. S. 54, Taf. 40, Fig. 3. 

% de Loriol. Couche de la zone a Amm. tenuilobatus de Baden. Abh. der schweiz. pal. Ges. V, 168 ft, 
Taf. 23, Fig. $—12. 

Z)Rloc. cit. S. 129. 


[33] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 255 


Reste der übrigen Tiergruppen sind sehr spärlich vorhanden. 

Von Würmern sind Serpula-Röhrchen in der Klippe des Hundsberges und Neppeltales 
gefunden worden. Die Röhrchen sind klein, vierkantig mit kreisrundem, verhältnismäßig großem Lumen, 
und I—1'5 mm Durchmesser. Die Seiten sind eben oder sehr wenig eingebogen, die Zuwachsstreifen zart, 
wenig sichtbar. Die Form erinnert an Serpula tetragona, die allerdings im Dogger auftritt. Ähnliche Formen 
kommen jedoch nach Quenstedt noch im weißen Jura y vor. (Quenstedt. Der Jura, S. 663, Taf. Sı, 
Fig. 48.) 

Die Gruppe der Crustaceen ist nur durch einige, nicht näher bestimmbare Panzerfragmente vertreten. 

Fische sind ebenfalls nur in spärlichen Resten vorhanden, nämlich ein kleiner, aus Mergelzwischen- 
lagen der Niederfellabrunner Keller stammender bikonkaver Wirbel von 7'535 mm Durchmesser und 4 mm 
Höhe, ferner zwei Zähne. Der eine derselben vom Grünstallwalde ist klein, einspitzig mit breiter 
Basis und feinen Schmelzriefen am Grunde der Spitze. Er gehört wahrscheinlich zu Hybodus, von dem 
Quenstedt (Jura Taf., 96, Fig. 43) kleine Zähne aus Schnaitheim abbildet. Nebenspitzen fehlen aber. 

Der zweite Zahn zeigt zwei schräg nach vorn gerichtete Spitzen auf einer breiten, konvexen Basis, 
Die Rückenkante der größeren (hinteren) Spitze zeigt am Grunde Andeutung einer feinen Zähnelung. Außer 
den zwei Spitzen waren ursprünglich noch eine oder zwei kleinere Spitzen vorhanden. Dieser Zahn stimmt, 
mit jenen von Nofidanus Münsteri überein, welche Quenstedt (Jura, Tafel 96, Fig. 33) von Schnaitheim 
abbildet und der im oberen Jura verbreitet ist. Dieser Zahn stammt von der Klippe des Hundsberges. 


Paläontologisch-stratigraphische Ergebnisse. 


Aus dem Tithon der Umgebung Niederfellabrunns sind uns nach dem Vorhergehenden folgende 
Arten bekannt: 


Perisphinctes scruposus Opp. zahlreich INRZIHTEL) 
» abscissus Opp? ı Stück NE. 
» conf. Nikitini Mich. ı Stück G. 
» reniformis n. sp. 2 Stücke ER 
» conf. Lorioli Zitt. ı Stück NF. 
» sp. (biplikate Jugendform) ı Stück — — — NE 
» conf. contignus Zitt. 2 Stücke NE. 
» sp. (af. Sosia Vischn?) ı Stück H. 
» conf. Pouzinensis Touc. ı Stück NF. 
Oleostephanus sp. I Stück H. 
Phylloceras af. serum Opp. ı Stück — N. 
» ptychoicum Qu. pl. NF, H, N, G. 
Lytoceras quadrisulcatum Orb. 5 Stücke NF, H N, GC. 
» immane Opp. I Stück H. 
Oppelia conf. Griesbachi Uhl. I Stück H 
» » Lymani Opp. Stück ı H 
Aptychus punctatus Voltz ı (2) Stück NF. 
» latus H. v. Meyer. 2 Stücke NF. 
Belemnites diceratinus Eitt. pl. NEN EI ZEENE 
» Fellabrunnensis n. sp. I Stück H 
» » ? 4 Stücke NENSSSEI: 
> minaretoides n. sp. I Stück H. 
» Abeli n. sp. ı Stück H, 
H 


» conf. Datensis Favre 3 Stücke 


1) Die Abkürzungen bedeuten NF Klippe von Niederfellabrunn, H Hundsberg, N Neppeltal, G Grünstallwald. 


Beiträge zur Paläontologie Oesterreich-Ungarns. Bd, XVII. 33 


256 Dr. Hermann Vetters. [34] 
Corbis strambergensis Böhm 2 Stücke NF?, N. 
» 2? (Lucina) ı Stück H. 
Astarte sp. (elegans Ziet.?) 2 Stücke NF, H. 
Cucullaea sp. 2 Stücke NF, N. 
Nucula Menkü, Röm. 5 Stücke - NF. 
Trigonia area-furcata n. sp. 2 Stücke - EIN: 
Trigonia sp. 1 Stück H. 
Aucella Pallasi Keys. var. plicata Lah. 5 Stücke — — — N. 
Pecten Spendiarowi Abel et. sp. pl. INIESSEI SEEN: 
»  conf. cinguliferus. Zitt. 1 Stück NF. 
Ostrea sp. pl. NE SCENE 
Terebratula simplicissima Zeusch. 8 Stücke (&- 
> pseudobisuffarcinata Gemm. ı Stück — — — G. 
» bicanaliculata Ziet.-Douville 4 Stücke — — — G. 
» sp. 2 Stücke G. 
Serpula conf. tetragona Qu. 2 Stücke HN 
Aybodus sp. I Stück G. 
Notidanus Münsteri. Qu. I Stück H. 
Fischwirbel ı Stück NE. 


Wir ersehen aus dieser Zusammenstellung, daß sowohl der Arten- wie auch Individuenzahl nach 
die Cephalopoden weitaus überwiegen. In weit geringerer Zahl treten Muscheln und beim Grünstallwalde 
Brachiopoden auf. Gastropoden fehlen merkwürdigerweise bisher gänzlich. 

Wir haben es bei Niederfellabrunn mit einer ausgesprochenen Gephalophodenfazies des Ti- 
thons zu tun, wenngleich der petrographische Habitus der Schichten von den sonstigen Tithonablagerungen 
völlig abweicht. 

Das verhältnismäßig häufige Auftreten von Phylloceras und Lytoceras weist darauf hin, daß die 
Fauna alpinen Charakter besitzt, speziell ist die Ähnlichkeit mit der Stramberger Fauna 
ziemlich groß. 


Als gemeinsame oder mit Stramberger Formen verwandte Arten sind zu erwähnen: 


Perisphinctes scruposus. 
» conf. Lorioli. 
» conf. contiguus (als Übergangsform zu Pr. transitorius). 
Phylloceras af. serum. 
» Dtychoicum. 
Lytoceras quadrisulcatum. 
» immane. 
Aptychus bunctatus. 
Belemnites diceratinus. 
Corbis strambergensis. 
Pecten conf. cinguliferus. 
Terebratula simplicissima. 
» ‚pseudobisuffarcinata. 


Was die außeralpinen Formen betrifft, hat schon Abel (loc. cit. Seite 353 ff.) auf gewisse 
Beziehungen zu der Fauna der unteren Wolgastufe Rußlands hingewiesen. Diese Beziehungen erstrecken 
sich nach Abel auf virgatoide Ammoniten (ÖOlcostephanus virgatus?, Perisphinctes scruposus und 
seorsus), Trigonia Kiprianovi und Aucella Pallasi var, plicata. 

Von den angeführten mit der unteren Wolgastufe gemeinsamen Arten blieb nach eingehender Unter- 
suchung nur die zuletzt genannte Aucella bestehen. Trigonia Kiprianovi stellt eine neue Art vor, die mit 


[35] Die Fauna der Juraklippe zwischen Donau und Thaya. 257 


der von Stremooukhow beschriebenen nur entfernte Ähnlichkeit besitzt. Da aber Trigonien im russischen 
Jura viel weniger häufig sind und mehr den außeralpinen Jura charakterisieren, möchte ich das Vorkommen 
einer solchen nicht als Beweis für die Beziehungen zum russischen Jura anführen. 

Die als Olcostephanus virgatus angegebenen Bruchstücke haben sich als verwandt mit Per. conti- 
guus und Zransitorius erwiesen, 

Diese Arten sind aus dem mediterranen Gebiete in großer Zahl bekannt, während sie in den gleich- 
alterigen Ablagerungen des russischen Jura zu fehlen scheinen. Ihre Abzweigung vom gemeinsamen Peri- 
sphinctenstamme ist nach dem ersten Vorkommen in der Tenuilobatenzone früher als die der Virgatiten 


erfolgt. Für Beziehungen der beiden Faunen im Untertithon können sie daher nicht mehr als Beweis dienen. 


Die Ähnlichkeit von Per. scruposus und seorsus mit Virgatiten und ihre Stellung zu denselben ist 
bereits im beschreibenden Teile dieser Arbeit (Seite 230) besprochen worden. Da diese Gruppe bisher nur 
im mediterran-alpinen Gebiete nicht aber im russischen Jura gefunden wurde, sind auch sie in dieser Frage 
weniger von Bedeutung. 

Als neue russische Typen ließen sich zwar Perisphinctes cfr. Nikitini und Per. aff. Sosia? nach- 
weisen. Von diesen muf aber der letztere wegen seiner Unvollständigkeit und der dadurch unsicheren Be- 
stimmung bei solchen Vergleichen ebenfalls ausgeschaltet werden. Ebenso ist Per. conf. Nikitini wegen des 
schlechten Erhaltungszustandes nur mit Vorsicht heranzuziehen. 

Jedoch genügt das Auftreten von Aucella Pallası var. plicata, einer Leitform der untersten Virga- 
tenschicht der unteren Wolsastufe, um mit Recht von Beziehungen zwischen dieser und unserer Tithonfauna 
zu sprechen. 

Diese Aucellen waren nach Abelmit Belemnites diceratinus, Phylloceras ptychoicum, Phyll. af. se- 
rum, Lytoc. quadrisulcatum, Corbis strambergensis und Pecten Spendiarowi vergesellschaftet, Arten, die 
sowohl im Ober- wie auch im Untertithon vorkommen. Abel rechnet wegen der Lagerungsverhältnisse, d. h. 
weil die aucellenführende Schicht des Neppeltales zu den oberen Bänken des Mergelkalkes gehört, die Bänke 
mit den Aucellen zum Obertithon und kommt daher zu dem Schlusse, daß die untere Wolgastufe (samt 
der oberen und dem Rjasanhorizont) dem oberen Tithon entspreche. 

Seither hat die genauere Erforschnung des russischen Jura und seiner Beziehungen zum west- 
europäischen ergeben, daß die untere Wolgastufe dem Portlandien oder Untertithon gleichzu- 
stellen und der russische Jura in der Weise zu gliedern sei, daß die Hoplitenschichten dem Kimmeridgien, 
die untere Wolgastufe dem unteren, die obere Wolgastufe dem oberen Tithon, der Rjasanhorizont dem 
Berriasien entsprechen. 

Kayser (Formationskunde, 2. Aufl., S. 379) führt unser Aucellenvorkommen unter den Gründen für 
diese Gliederung mit an. Da im Neppeltale mit den Aucellen keine ausschließlich obertithonischen Formen 
vorkamen, glaube ich keine genügende Veranlassung zu haben, diese Pallasi-Schichten für Obertithon anzu- 


sehen. Wir werden darauf bei der stratigraphischen Gliederung noch zu sprechen kommen. 


Den übrigen Ausführungen, die Abelan das Vorkommen dieser Aucella bei Niederfellabrunn geknüpft 
hat, ist wenig hinzuzufügen. Von russischen Arten ist außer den von ihm angegebenen in neuester Zeit auch 
noch Aucella mosquensis (Buch) Keys. in außerrussischen Ablagerungen, nämlich im Portlandien des Boulonais 
gefunden worden. Die Aucellen sind im europäischen Rußland weit verbreitet, jedoch auch in außer- 
russischen Ablagerungen an verschiedenen Orten, wie England, Süddeutschland, im ostalpinen Jura u. s. w., 
ferner im Westen Nordamerikas, in Mexiko, Himalaya u. a. bekannt. Als Ausgangszentren haben für die 
Wanderung der Aucellen nach Pompeckj!) teils das russische Jurameer, teils das jurassisch-altkretazische 
Polarmeer zu gelten. 

Außer der Aucella Pallasi var. plicata ist aus dem Tithon noch die der Aucella Bronni Rouill. 
nahestehende Aucella emigrata Zitt. von Rogoznik, ferner eine Aucella sp., die gleichfalls der Auc- 
Bronni verwandt ist, aus den Freiburger Alpen bekannt. Über die Verbreitung dieser Arten samt 
der ihnen nahe verwandten, siehe bei Abel (loc. cit. 357f) und Pompeckj (loc. eit., S. 344ff. und N. 


) Pompeckj: Über Aucellen und aucellenähnliche Formen, Neues Jahrb., Beil.-Bd. XIV, 1901, S. 345. 
332 


258 Dr. Hermann Vetters. [36] 


Jahrb. ıgo1, I, S. 32ff.). Das Vorkommen dieser zwei Aucellen im Klippentithon beweist uns, daß eine 
Meeresverbindung zwischen dem russischen Jurameere und dem Tithonmeere der Flyschzone bestanden haben 
muß. Abel glaubt, daß diese Verbindung durch die Straße von Lublin vermittelt wurde, welche 
Neumayr für die ältere Jurazeit nordöstlich von Kielce in Polen angenommen hat.!) Wenn auch diese 
Verbindung die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat, dürfen wir doch die Möglichkeit eines zweiten Ein- 
wanderungsweges nicht außer acht lassen, nämlich über Ostpreußen und Schlesien her, da in der letzten 
Zeit unter dem Diluvium Ostpreußens auch jüngere Jurahorizonte (Kimmeridge) erbohrt?) wurden und der Zu- 
sammenhang mit dem russisch-polnischen Jura nachgewiesen wurde. Einen Zusammenhang mit dem ober- 
schlesischen Jura hat schon Roemer (Oberschlesien, S. 276) angenommen. 

Außer zu der unteren Wolgastufe hat die Fauna von Niederfellabrunn noch gewisse Beziehungen 
zu der Cephalopodenfauna der Spiti shales erkennen lassen. Sind es auch nur zwei Oppelien und ist 
auch ihr Erhaltungszustand kein so guter, daß man eine genaue Identifizierung hätte vornehmen können, 
so ist doch schon das Vorhandensein zweier, mit indischen Oppelien ziemlich ähnlicher Formen interessant 
genug, zumal, da diese Gattung in den Spiti shales zahlreich auftritt, während sie in den Tithonkalken der 
Klippen und der Alpen nur eine geringe Rolle spielt. Möglicherweise würden sich bei weiteren Fossilfunden 
noch mehr Beziehungen zu der indischen Fauna ergeben. 

Das vorher erwähnte, trotz dieser Beziehungen bedeutende Überwiegen des alpintithonen 
Charakters wird noch ganz besonders dann deutlich, wenn man neben der Arten- auch die Individuenzahl 
berücksichtigt. Die weitaus häufigste Art, sozusagen die Ciharaktertype des Niederfellabrunner Tithons ist 
Perisphinctes scruposus (etwa 20 Stück). Auch Phylloceraten und Lytoceraten sind in größerer Zahl 
gefunden worden, während von der Azcella nur fünf, von den sonstigen russischen Arten und den Oppelien 
nur je ein Exemplar vorliegen. 

Stratigraphische Gliederung: Nach Abel (loc. eit., S. 350) ist in den Niederfellabrunner 
Ablagerungen sowohl Ober- wie auch Untertithon vertreten, und zwar gehören dem letzteren der Oolith vom 
Grünstallwalde, der das Liegende des Neppeltaler Mergelkalkes bildet, und die unteren Partien des Mergel- 
kalkes, besonders des Hundsberges, an. Als speziell obertithone Arten werden Perisphinctes scruposus, 
abscissus, seorsus und Calisto, Lytoceras immane und Belemnites conophorus angeführt. Von diesen 
müssen nach den vorhergehenden Einzelbeschreibungen Per. seorsus, Calisto und Belem. conophorus weg- 
fallen. Dagegen kommt Per. conf. Lorioli neu hinzu. Als untertithone (Rogozniker) Arten werden Belemnites 
Zeuschneri, Oppelia semiformis und Aptychus latus angegeben, von denen die Oppelia gleichfalls weg- 
fallen muß, während der Belemnit als Bel. conf. Datensis auch nur wenig in Betracht kommt. Über den 
als Perisphinctes Nebrodensis Gemm. angeführten Ammoniten ist bereits (S. 232 und f.) gesprochen worden. 
Die übrigen Arten, wie Belem. diceratinus, Phyll. ptychoicum, aff. serum, Lyt. quadrisulcatum, Aptychus 
pbunctatus und die Terebrateln sind sowohl ober- wie untertithonische Arten oder neue Spezies oder sonst 
für stratigraphische Untersuchungen nicht geeignet. 

Obwohl demnach von Abels angeführten Belegen für das Vorhandensein des Untertithons eigent- 
lich nur der Aptychus latus übrig bleibt, den Abel für weniger bedeutungsvoll hält, glaube ich doch an- 
nehmen zu müssen, daß im Niederfellabrunner Tithon die untere und obere Stufe vertreten sei. 
Und zwar möchte ich außer auf den erwähnten Apzychus gerade auf das Vorkommen der Aucella Pallası var. 
plicata Gewicht legen, die eine Leitform der unteren Wolgastufe bildet, welch letztere man jetzt allgemein 
dem Untertithon gleichstellt. (Vergleiche S. 257.) 

Vergleichen wir ferner die Fossillisten der verschiedenen Fundorte (bei Abel, Seite 346-349 und 
im vorangehenden Seite 255 u.f.), so sehen wir, daß ausgesprochen obertithonische Arten nur in der 
Klippe des Hundsberges und Niederfellabrunns selbst vorkommen, dagegen im Neppeltale und Grün- 
stallwalde fehlen. An den beiden letzteren Orten treten neben den Aucellen und dem Perisphinctes 
conf. Nikitini nur indifferente Arten auf. Besonders auffallend ist speziell das Fehlen des Perisphinctes 
scruposus an den beiden letzteren Orten, da diese Form sonst verhältnismäßig zahlreich ist und gerade an 


1) Neumayr: Neues Jahrb. f. Min. etc., 1837, S. 77 
2) Krause: Vorkommen von Kimmeridge in Ostpreußen. Zeitschr, d. deutsch. geolog. Ges., Bd. LVI, 1901, S. 56. 


[37] Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 259 


dem nahegelegenen Hundsberge P. scruposus-Bruchstücke zu den häufigen Fossilfunden gehören. Das 
scheint mir ein weiterer Grund, die Pallasi-Schichten des Neppeltales als untertithonisch anzusehen. 

Der Oolith des Grünstallwaldes wird auch von Abel als untertithonisch angesprochen, da er ver- 
mutlich das Liegende des Neppeltaler Mergelkalkes bildet. Er scheint demnach eine noch etwas tiefere 
Stufe als die Neppeltaler Mergelkalke darzustellen, womit allerdings der Fund von Perisphinctes Nikitini, 
welcher nach Michalski die obere Abteilung der unteren Wolgastufe bezeichnet, im Widerspruche steht. 
Ich glaube jedoch bei dem schlechten Erhaltungszustande des Stückes in dieser Frage keine entgültige Ent- 
scheidung treffen zu können. 

Die Schichten des Hundsberges und Niederfellabrunns sind sicher zum größten Teile Obertithon 
und reichen dabei (Apfychus latus) möglicherweise bis ins untere Tithon hinab. 

Demnach wären die Jura-Ablagerungen der Umgebung Niederfellabrunns folgendermaßen zu gliedern, 
wobei aber gleich bemerkt sei, daß bei dem noch geringen Fossilienmaterial eine genaue und sichere Ein- 
teilung derzeit nicht möglich ist. 

Obertithon: Mergelkalk von Niederfellabrunn und dem Hundsberge (ohne die tieferen Partien). 

‘ a) Oolith vom Grünstallwalde. 
Uneatine d) Mergelkalk vom Neppeltal und untere Partie der obigen Klippen. 

Hoffentlich werden in der Folgezeit weitere Aufsammlungen neues, reichhaltigeres Material liefern, 
welches gestatten wird, statt der jetzigen, großenteils dem vorläufigen Berichte gegenüber nur negativen 


oder unsicheren Ergebnissen unbestreitbare, positive Resultate zu gewinnen. 


Nachtrag zu Seite 231. 


Perisphinctes n. sp. aff. scruposus Opp. 


Nach Beendigung; dieser Arbeit fand ich noch unter dem von Abel gesammelten Material ein bis 
dahin als Per. scruposus angesehenes Bruchstück, welches jedoch nach weiterem Präparieren beträchtliche 
Abweichung von Per. scruposus erkennen ließ. 

Die letzte Windung, welche die vorhergehende zur -Hälfte umfaßte, fehlt, und von dem übrigen 
Gehäuse, dem ein Durchmesser von beiläufig 160—170 mm entspricht, ist etwas über ein Drittel vorhanden. 
Der äußerste Umgang zeigt einen ähnlichen, aber etwas breiteren Querschnitt als Per. scruposus, mit 
53 mm Höhe und 50 mm Dicke. Die Rippenbündel sind vierteilig, virgatotom, aber etwas plumper als die 
von Per. scrußosus. Freie Externrippen und eine Einschnürung sind in gleicher Weise wie bei jener Art 
ausgebildet. 

Die größte Abweichung zeigt der vorletzte Umgang, der einem Durchmesser von etwa 90 mm ent- 
spricht. Nicht nur ist sein Querschnitt noch breiter (ähnlich Per. seorsus) mit einer Höhe von etwa 25 mm 
und Breite von 30 mm; er zeigt auch noch wie der letzte Umgang entfernt stehende, starke Rippen, 
während bei dem gleichen Durchmesser die von Per. scruposus und seorsus viel feiner, dichter und tiefer 
gespalten sind. Erst die folgenden, innersten Umgänge zeigen diese gedrängte feine Berippung. 

Dieses Stück, welches vom Hundsberge stammt, scheint mir daher eine neue Art aus der Verwandt- 
schaft der genannten Formen, der Gruppe der Pseudovirgatiten, vorzustellen. 


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TAFEL I. 


G. Gürich: Eine Stromatoporide aus dem Kohlenkalke Galiziens. 


TAREI=I: 


Stromatoporella cracoviensis Gür. 


Dünnschlifi aus einem Stocke im Kohlenkalke von Dembnik bei Krzeszowice unweit Krakau. 


a: Tangentialschnitte; b.: Vertikalschnitte. 


G, Gürich: Stromatoporella cracoviensis, Falk 


Liektilruck v. Max JafTe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns und des Orients. Bd. XVII, 1904 


Verlag v. Wilh. Braumüller. k. u. k Hof- und Universitätsbuchhäfdler in Wien. 


TAFEL Il (I). 


E. Dacque: Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 


Rje. 1 
Fig. 2 
Bir 3 
Fig. 4 
Fig. 5 
Fig. 6 
Il 
Fig. 8 
Fig. 9 
Fig. 10 
Fig. TI. 
Bie. 12. 


TAFEL II (). 


. Trigonia Picteti Coquand pag. 15 (9) Aptien? Gilletberge. 


Fig. Ia Rechte Schale. 
Fig. ı b Hinterseite mit Area, 
Fig. I c Vorderseite. 


. Dsgl. Linke Schale. 
. Nerinea sp. Innenansicht, pag. IQ (13) Neocom. Abunass. 
, Ostrea (mov. 2) sp, ind. pag. 13 (7) Neocom. Abunass. 


Fig. 4a Linke Schale. 
Fig. 4b Rechte Schale mit Ligamentgrube. 


. Astrocoenia subornata dOrb. var africana Weissermel, pag. II (5). Neocom. 


Fig. 5a Einzelner Stock. 
Fig. 5b Vergrößerung der angeschliffenen Unterseite. 


. Exogyra Couloni Defr. Unberipptes Exemplar, pag. 14 (8). 
. Dsgl. Wenig: berippt. 


Fig. 7a Unterschale. 
Fig. 7b Oberschale. 


. Dsgl. Stark berippt. 


Fig. 8a Unterschale. 
Fig. 8b Oberschale. 


. Cyprina sp. pag. I6 (10). 


Fig. 9@ Linke Schale. 
Fig. 9b Vorderseite. 


. Pholadomya Picteti Mayer-Eymar. pag. 17 (IL). Kleineres Exemplar mit länglicherem Umriß. 


Dsgl. Größeres bauchigeres Exemplar. 
Fig. II a Rechte Seite. 
Fig. ıı b Vorderansicht. 
Cucullaea Gabrielis Leym. pag. 15 (9). Steinkern. 
Fig. 12a Linke Seite, etwas durch Druck verschoben. 
Fig. 12b Von oben gesehen. 


E.Dacque: Kreide d.Somalilandes (Taf) Taf. II. 


Lit Kinsianstaltv.Frıedr.Sper/, Wien, I. 


Beiträge zur Palacontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients. Bd.XV1,1904#. 


Verlag v Wilh.Braumüller, ku k.Hof-u Uriversitäts-Buchhändler in Wien. 


TAFEL III (I). 


E. Dacque: Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 


Ä 
TAFEL II (Il). 
s j \ Fig. 1. Vola Neumann nov, sp. pag. 12 (6) Neocom. rk wi e = 
= Fig. 1a Unterschale. h er 
CE Fig. 1b Fragment der Oberschale. 
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E.Dacque: Kreide d.Somalilandes (Taf.l.) Taf. IT. 


Jith Kunstanstaitv.Erıedr. Sperl, Wien, 27: 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients. Bd.XVII,1904. 


Verlag v.Wilh.Braumüller,k.uk-Hof-u Universitäts-Buchhändler in Wien 


TAFEL IV (. 


Max Schlosser: Die fossilen Cavicornia von Samos. Fig. I—7. 


Fig, 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
"Fig. 


» >» » 
» ” » 
» 5 » 
» » » 


. Criotherium argalioides Maj. 0 Schädel von oben. ?/; nat. Größe, Idem Fig. 3. 


. Prodamaliscus gracilidens n. g. n. sp. Schädel von der Seite. !/; nat. Größe. Idem, Taf. III, 
. Criotherium arvgalioides Maj. & Schädel von hinten. /, nat. Größe. 


TAFEL IV (l). 


Atlas und Epistropheus von oben. !/; nat. Größe. 
g Schädel von der Seite. Fig. 3a von unten. 1); nat. Größe. Idem 
Siebenter Halswirbel von der Seite. !/; nat. Größe. Präzygapophy, 
Dritter Halswirbel von oben. Fig. 5a von der Seite. !/; nat. Gri 


gez. 


M. Schlosser: Fossile Cavicornia von Samos. (Taf. 1.) 


Taf. IV. 


Birkmair. Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients, Bd. XVII. 1904. 


Verlag v. Wilh. Braumüller, k.u.k. Hof- u. Universitäts-Buchhändler in Wien. 


TAFEL V (Il). 


Max Schlosser: Die fossilen Cavicornia von Samos. Fig. 1—12. 


Fig. I 
Fig. 2. 
Fig. 3. 
Fig. 4. 
Fig. 5 
Fig. 6 
Kie, 7 
Fig. 8. 
Fig. 9 
Fig. Io 
Fig. 11. 
Fig. 12. 


. Criotherium argalioides Maj. Obere Zahnreihe von unten. Nat. Größe. 


. Prodamaliscus gracilidens n. g. n. sp. Unterer M3 von innen. Idem, Fig. IL. . 
. Criotherium argalioides Maj. Obere P2-4 von außen, Idem, Fig. 1. ri 
. Prodamaliscus gracilidens n. g. n. sp. Obere P2—4 von außen. Idem, Fig. 8. 


j 
. Criotherium argalioides Maj. Obere D2—-3 von unten. % \ 
u 


TAFEL V (ll) 


» » » Oberer M3 von außen. Nat. Größse, - 
» » » Untere Zahnreihe von oben. Fig. 3a von außen. Nat. Größe. 
» » » Untere J1-3 C von außen. Nat. Größe. 


» > » » » » Obere Zahnreihe von unten. Nat. Größe. 


» » » Untere D2-3 von oben. . 
Prodamaliseus gracilidens n. g. n. sp. Untere Zahnreihe von oben. Fig. ITa von außen. a 
» » ..» » » » Oberer M3 von außen. 


M. Schlosser: Fossile Cavicormia von Samos. (Taf. II.) 


gez. Birkmair, Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients, Bd. XVII. 1904. 


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TAFEE VI (MM). 


Max Schlosser: Die fossilen Cavicornia von Samos. Fig. 1-12. 


Fig. 


je Eu Sue 


[8,1 


TAFEL VI (Ill). 


. Tragoreas oryxoides n. g. n.sp. Schädel von oben. !/, nat. Größe. Idem, Fig. 9. Fig. Ia Querschnitt des Hornes 
. Protragelaphus Zitteli n. sp. Obere M2—3 von unten. Fig. 2a M3 von außen. 

» > » » Untere M2—3 von außen, Fig. 34 M3 von oben. Prämolaren des nämlichen 
Kiefers Fig. 12. 


4. Prodamaliscus gracilidens n. g. n. sp. Schädel von oben. !/, nat. Größe. Idem, Taf.1,: Fig. 6. Fig. 4a: Quer- 


schnitt des Hornes. 
. Protragelaphus Zitteli n. sp. Schädelfragment mit beiden Hörnern. Fig. 5a: Querschnitt des Hornes. Fig. 5b: 
Schädelfragment von der Seite. 


6. Tragoreas oryxoides n. g. n. sp. Untere P2—4 von oben. Idem, Fig. 8. 


> 
» » » » » » Obere P2—-M3 von unten. 


» » » » » » Untere Zahnreihe P2-M3 von außen. P2-4 vide Fig. 6. Fig. Sa M3 


von oben. 
Tragoreas oryxoides n. g. n. sp. Schädel von der Seite, Idem, Fig. 1. . 
» ? sp. Unterer M3 von oben. Fig. Ioa: untere P3—4 von oben. Fig. I0@: untere Zahn- 


reihe P2—M3 von außen. 
. Tragoreas oryxoides ? sp. Oberer M2 von unten. 


2. Protragelaphus Zitteli n. sp. Untere P2—4 von außen. Fig, 124 von oben. M2—3 des nämlichen Kiefers Fig. 3. 


M. Schlosser: Fossile Cavicomia von Samos. Taf. II. lau, VL 


gez. Birkmair. Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients. Bd. XVII, 1904. 


Verlag v. Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- u. Universitäts-Buchhändler in Wien, 


TAFEL VI (IV). 


Max Schlosser: Die fossilen Cavicornia von Samos. Fig. 1—5. 


H- 


TAFEL VII (IV). | 


Fig. I. Palaeoryx Majorı n. sp. Obere Zahnreihe, P2—M3 von unten. Fig. Ia von außen. 


Fig. 2. » > » >» Untere D2-4 von oben, MI des nämlichen Kiefers Fig. 3. 

Fig. 3. » = » » Unterer MI von oben, Fig. 3a von außen. D2—4 des nämlichen Kiefe Re: 
Fig. 4. > » » » Untere Zahnreihe P2—-M3 von außen. Fig. 4a von oben. FE 

Fig. 5. > » s » Schädel von vorn in '/, nat. Größe. Fig. 5a: Querschnitt des Horne 


von der Seite, !/,; nat. Größe. 


M. Schlosser: Fossile Cavicornia von Samos. (Taf. IV.) Taf. VII. 


gez. Birkmair. Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients. Bd. XVII, 1904. 


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1 EB u 


TAFEL VIII (V). 


Max Schlosser: Die fossilen Cavicornia von Samos. Rüg. 1%. 


Fig. 1. Palaeoryx Stützeli n. sp. Obere Zahnreihe P2—-M3 von unten, Fig. Ia von außen. 
Fig. 2. » » » » Untere Zahnreihe P2—M3 von außen, Fig. 2a von oben. - 
Fig. 3. » ingens n. sp. Untere P2—4 und D4 von innen. Dip 3a: MI und M2 des nämliche 


Fig. 4. Palaeoryx ingens n. sp. Obere P4—Mı von unten. x 
Fig. 5. » » » » Oberer M3 von außen. \ 


Fig. 6. > Stützeli n. sp. Schädelfragment mit beiden Hörnern von vorn. Fig. 6a: Quers 
Fig. 6b: Schädelfragment von der Seite. i 


Fig. 7. Gazella sp. Schädel mit beiden Hornzapfen von oben. Idem, Taf. X, Fig. 5. 


-TAFEL VII (V). 


oben. Fig. 3b von aufsen. } 1% LAT 


M. Schlosser: Fossile Cavicornia von Samos. (Taf. V.) al VIE 


gez. Birkmair. Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients. Bd. XVII, 1904. 


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TAFEL IX (VI). 


Mas Schlosser: Die fossilen Cavicornia von Samos. Fig. 1—8. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


2 
3 
4. 
8 
6 
7 
8 


Schädel von oben. 


Protorya Carolinae Major. Obere Zahnreihe von unten. Fig. 1a von außen. 


» 


» 


-. 


TAFEL IX (VD. 


Hentscheli n. sp. Obere M2—-3 von unten. 
» » » Obere P3—-4 von unten. 
Carolinae Major. Untere P2—M3 von außen. Fig. 4a von oben.. 
Hentscheli n. sp. Untere M2—3 von oben. Fig. 5a von außen. 
» » » Untere P2—3 von oben. Fig. 6«4 von außen. 
» » » Oberer Mı von außen. Idem, Fig. 2. N 
Carolinae Major. Schädel von der Seite kombiniert. Fig. 8a: Durchschnitt des H 


M. Schlosser: Fossile Cavicornia von Samos. (Taf. VI.) Taf. IX. 


3?) 


gez. Birkmair. Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients, Bd. XVII. 1904. 


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TAFEL X (VID. 


Max Schlosser: Die fossilen Cavicornia von Samos. Fig. 1-8. 


Fig. 
Fig. 
Fig 


1% 

2. 

et 
g. 4. 
= 
Fig. 6. 
7. 


Fig. 


Pseudotragus capricornis n. 
» » » 
» » » 
» » F 
» » » 
» » » 
» » » 


von der Seite. °/, nat. Größe. 


Fig. 8. Pseudotragus capricornis n. g. 


zapfens. !/, nat. Größe. 


..n. sp. Obere Zahnreihe P2—M3 von unten. Größere Form. 


TAFEL X (VI). 


Obere P3—M3 von unten. Kleine Form. 

Untere D2-M I von oben. > 
Juveniler Schädel von der Seite. Fig. 4a von oben. , nat. 
Untere M2—3 von oben. Fig. 5a von außen. 

Untere P2—M2 von oben. Fig. 6a von außen. 
Schädel von oben. Fig. 7a: Querschnitt des Hornzapfe 


M. Schlosser; Fossile Cavicornia von Samos. (Taf. VII.) Taf. X. 


gez. Birkmair. 


Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients. Bd. XVII, 1904. 


Verlag v. Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- u. Universitäts-Buchhändler in Wien. 


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TAFEL XIV) 


Max Schlosser: Die fossilen Cavicornia von Samos. Fig. 1-13. 


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TAFEL XI (VII). 


Pachytragus crassicornis n. g. n. sp. Obere Zahnreihe (P3—M3) von unten. 
s > Oberer M3 von außen. 
» > » » » » Oberer P3—-4 von außen. 
Untere Zahnreihe, P3—M3 von oben. Fig.4a: unterer M3 von innen. 


» 


Fig. 4b: unterer P4—Mı1 von außen. 
Pachytragus crassicornis n. g. n. sp. Unterer M2 und M3 von innen. 
Tragocerus amaltheus var. barvidens n. var. Oberer M3 von außen. 
» » » » » » Unterer M2—3 von oben. Fig. 7a von außen. 
» » » > »  » Unterer P3—4 von außen. Fig. $a von oben. 


» » » » » Obere Zahnreihe, P3—M3 von unten. 


. Tragocerus sp. Untere P4—M2 von oben. 
. Pachytragus crassicornis n.g.n.sp. Schädelfragment mit beiden Hornzapfen von vorn. !/, nat. Größe. Fig. ITa: 


Querschnitt des Hornzapfens. Fig. ıIb: Schädelfragment von der Seite. 


2. Tragocerus juv.? Hornzapfen von außen. !/, nat. Größe. Fig. 12a: Querschnitt des Hornzapfens. 


» sp. Obere P3—MI von unten. 


M. Schlosser: Fossile Cavicornia von Samos. (Taf. VI.) Dal x 


gez. Birkmair. Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients. Bd. XVII, 1904. 


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TAFEL XII (IX). 


6. 


Max Sehlosser: Die fossilen Cavicornia von Samos. Fig. 1 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 


TAFEL XII (IX). 


I. Tyagocerus rugosifrons n. sp. Obere Zahnreihe, P3—-M3. Fig. 1a: M3 von außen. 
2 » » » » Untere Zahnreihe, P3—M2 von oben. 
3. » » » » Untere M2—-3 von aufen. i 
4 » Be » » Querschnitt des Hornzapfens. Fig. ga: Hornzapfen von vorn. Y, na 
5. » amaltheus var. parvidens. Schädel von oben °/; nat. Größe. Fig. 5@: Schädel vor 
1), nat. Größe. i u au 
6. Tragocerus rugosifrons n. sp. Schädel von der Seite. ?/; nat. Größe. Fig. 6a: Schädel von oben. '%, na t. ( 


M. Schlosser: Fossile Cavicornia von Samos. (Taf. IX.) Taf. XII. 


5°.6) 


6% 9) 


gez. Birkmair, Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients. Bd. XVII, 1904. 


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TAFEE XII X). 


Max Schlosser: Die fossilen Cavicornia von Samos. Fig. 1—-13. 


Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 


Fig 


g. 


Fig. 


TAFEL XIII (X). 


. Gazella Gaudryi n. sp. Schädelfragment mit den Hornzapfen von vorn. ?/; nat. Größe. Fig. I@: Querschnitt 


des Hornzapfens. Fig. 1b: Schädelfragment von der Seite. 


. Gazella Gaudryi n. sp. Untere Zahnreihe, P2—M3 von oben. Fig. 2a: von der Außenseite. 


> » » » Obere P2—3 von unten. 
» » » Obere P4—M3 von unten 


. Gazella sp. Schädel von der Seite. Idem, Taf. V, Fig. 7. Fig. 5@: Querschnitt des Hornzapfens. 


» » Oberer M3 von unten. Fig 6a: von außen. 


. Oioceros ? sp. Obere P3—MI von unten. Fig. 7a: Mı von außen. 
. Gazella sp. Untere P4—M3 von oben. Fig. Sa von außen. 


> » Unterer U3 von außen. Fig. 9@ von innen, 


. Oioceros ? proaries n. sp. Obere Zahnreihe von unten. Fig. 100: Schädel von oben. '/, nat. Größe. Fig. I0b 


obere P2—4 von außen. Fig Ioc: Schädel von der Seite. !/, nat. Größe. 


. Oioceros ? proaries n. sp. Untere Zahnreihe von oben. Idem, Fig 13. 
. Oioceros ? sp. Untere M ı—2 von oben. Fig. I2a: von außen. 


roaries n. sp. Untere P2—4 von außen. Idem, Fig. IL. 
pP $) sg 


M. Schlosser: Fossile Cavicornia von Samos. (Taf. X.) Mat X 


a /(i 
10? 5) 
gez. Birkmair. Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients, Bd. XVII. 1904. 


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TAFEL XIV (I). 


Bdgar Dacque: Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 


Fig. 


TAFEL XIV (I). 


Rhynchonella moravica Uhl. Gedrungenere Form. Abulkassim, Oxfordien 
» > » Breitere, typische Form. Ebendaher . 


Pseudocidaris Ellenbecki. nov. sp. Kurze, gedrungene Form. Atschabo. ne ö 


> » > Langgestreckte Form. Ebendaher 


. Terebratula subsella Leym. Häufigste Typen. Harro Rufa. Kimeridge. . 


Rhynchonella somalica. nov. sp. Hakim. Grauer Malmkalk 
> > » Mit sehr aufgeblähter Dorsalschale. EDendaree 
» » > Größere Form. Ebendaher 
Rhynchonella (Acanthothyris) Rothpletzi. noy. sp. Atschabo. Biere 
Rhynchonella sp. ind. I. Badattino. Mittl. Malm. . : 
Terebratula (Pygope) nucleata. Schloth. Harro Rufa. Kenenidee 
Waldheimia Schlosseri. nov. sp. Ebendaher 
Rhynchonella sp. ind. 2. Hakim. Gelber Kalk. Malm : 5 
Perisphinctes planula Hehl. var. Jaxevoluta Font. Harro Rufa. Kimeridee ; 
Perisphinctes Gallarum. nov. sp. Atschabo. Kimeridge . 


Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 
Pag. 


128 [10] 
127 [ 9] 
130 [12] 
131 [13] 
128 [10] 
147 [29] 
146 [28] 


E.Dacque:Jura des Somalilandes (Taf.l.) 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 


S 


und des Orients. Bd.XVIL,1904. 


Verlag vWilh.Braumüller,k.u.k.Hof-u.Universitäts-Buchhändler in Wien. 


4 


vr. 


EURER 


TAFEL XV (Il). 


Edgar Dacque: Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig: 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


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Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


8 
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OB OO STEINE LE RE HE D Ep 


14. 

15 a—b. 
16 a—b. 
7 

18 a—b. 
19. 

20. 

21. 

22. 


TAFELXV(M. 


Pholadomya Protei. Defr. Häufigster Typus. Kimeridge. Atschabo ern 
» » > GroöberesBerippunes Ebendaberze sr 


» » »  Jugendform, langgestreckt. Ebendaher .. ... . he 
Macrodon Rufae. nov. sp. Typus. Kimeridge. Harro Rufa ....... 2... .2... 

> » » Mit weniger starken Rippen. Ebendaher .......... 

» » » Steinkern-sErbend Ahern ser NEN erh 
Alectryonia rastellaris. Münst. Splittriger Malmkalk. Badattino, ...... 

. Modiola subangustissima. nov. sp. Kimeridge. Atschabo ..... 2. 2. 2.2.2.2... 
Bucınarrugsosa, Roem-2 Kımeridres El arroWRUtare 
Iımalctt. Moesehi.Bor2 Kımerid eo Atschabors Eee 
Belemnitessp" Kımeridere @Elarrog Rufe er ee re 

> » Phragmokon. Ebendaher. ..... N ee a Sc 8 88 aan 
Lima Harronis. noy; sp. Kümeridsies HarronRurtager 
> » > Lunula eines anderen Exemplars. Ebendaher. ....... 
Perisphinetes cir. Abadiensis.. Choir Kimeridgen Er re 
Corbis subelathrata. Thurm. Steinkern. Kimeridge. Atschabo. .. .. .. 222 2.. 
ASACul as MnlataesnovsspliiinergKtalksatTaktn 


Exogyra bruntrutana. Thurm. Kimeridge. Atschabo ... . 2... 2... 2. nee. 
Pecten (Chlamys) Erlangeri. nov. sp. Ohne Rippenschwielen. Kimeridge. Atschabo. . 

» » » » Mit Rippenschwielen. Ebendaher. ....... 
Aleetryonia pullisera. GldE Kimeridge, Atschabor 2 
Mytilus subpectinatus. d’Orb. Kimeridge. Atschabo . ........ RER 


E.Dacque: Jura des Somalilandes (Taf.I) 


Lin.kunstanstalfu.frıedr Sper/, Wien, ih. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients, Bd.XV1l.1904. 


Verlag v.Wilh.Braumüller, k.u k.Hof-u.Universitäts-Buchhändler in Wien. 


TAFEL XVI (M). 


Edgar Dacque: Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 


Fig. 1 a—b. 
Fig. 2 a—b. 
Fig. 3 a—b. 
Fig. 4 a—b. 
Fig. 5. 
Fig. 6. 
Fig. 7. 
Fig. 8. 


TAFEL XVI (MM). 


Perisphinctes cfr. hetaerus. Herb. Kimeridge. Atschabo ...... 2.2... 2.2... pag. 

Aspidoceras supraspinosum. nov. sp. Von rechts und von vorn. Sutur in Fig. 2b von 
einem anderen Exemplar. Kimeridge. Atschabo . .. .. 2... 2... urn pag. 
Nautilus bisulcatus. nov. sp. Von rechts und vom Rücken. Kimeridge. Atschabo . . . . pag. 
Nautilus sp. Von links und von vorn. Kimeridge. Harro Rufa ...... 2.2.2... pag. 
Pleurotomaria neosolodurina. nov. sp. Kimeridge. Atschabo. ...... 2.2...» pag. 
» » » Mit erhaltener Schale. Ebendaher. .. .... pag. 
Trochus sp. ind. Kimeridge. Atschabo . . . u. 2. nun euer pag. 
» » Ebendaher. „na se er BR Er a pag- 


149 [31] 


150 [32] 
144 [26] 
144 [26] 
141 [23] 
T4L [23] 
142 [24] 
142 [24] 


.Dacque:dJura des Somalilandes (Ihr. ) Taf. XVI. 


[it Kunstenstaltw.f£redr. Sperl, Wien Tr. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients. Bd. XVIL,1904#. 


Verlag v.Wilh.Braumüllen,k.u.k.Hof-u.Universitäts-Buchhändler in Wien. 


TAFEL XVII (IV). 


Edgar Dacque: Beiträge zur Geologie des Somalilandes. 


Fig. 1 a—h 
Fig. 2 a—b 
Fig. 3 a—b 
Fig. 4 a—b 
Fig. 5 a—b 
Fig. 6a—b 


(DOPPEL-)TAFEL XVII (IV). 


. Aspidoceras somalicum. nov. sp. Von links und vom Rücken. Kimeridge. Atschabo . . pag. 
. Aspidoceras altenense. d’Orb. Von rechts und von vorn (um den erhaltenen Teil der Sutur 

zu. zen), Kimenides, Auschals® oo 5 os u oo os un oa ano Ron 0 00 5 Sr repaz 
. Perisphinctes Choffati. nov. sp. Kimeridge. Atschabo ..... 2... 2.2.2... 0 ea, 
. Perisphinctes Arussiorum. noy. sp. Kimeridge. Atschabo. .. .... 2.2. 2 222.0. pag 


. Nautilus Ennianus. nov. sp. Verkleinerte Seiten- und Vorderansicht. Kimeridge. Atschabo pag. 
. Berenicea somalica. noy. sp. Inkrustierende Stöcke auf Terebratula subsella. Fig 6b Ver- 


größerung der Zellenanordnung. Kimeridge. Harro Rufa......... .„. pag. 125 (Am. 


E.Dacque: Jura des Somalilandes (Taf. IV.) Taf. XVIl. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 
und des Orients, Bl. XVIL.1904. 


Verlag v.Wilh.Braumüllen, ku k.Hof u Iniversitäts-Buchhändler in Wien 


TAFEL XVII (V). 


Edgar Dacque: Beiträge zur Geologie des Somvalilandes. 


TARELKVIEN 
J 


Fig. Ta—b. Aspidoceras Argobbal. nov. sp. Kimeridge Atschabo). (Die Berippung am 
entspricht jener des Aspidoceras irregularis nov. sp.) . . 


E.Dacque:Jura desSomalilandes (Taf.V) Taf. XVII. 


Liih Kunstanstaltu.Erıedr Sper/, Wien, Ir. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns 


c 


und des Orients. Bd.XVII,1904. 


Verlag v.Wilh.Braumüller,ku.k.Hof-u.Universitäts-Buchhändler in Wien 


TAFEL XIX ()). 


Friedrich Blaschke: Die Gastropodenfauna der Pachyecardientuffe der Seiseralpe 
in Südtirol. 


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25. 
26. 


TAFEL XIX (. 


. Patella J. Böhmi v. Wöhrmann, a) seitlich, b) von oben (aus den Tuffen) 

. Patella altissima Blaschke n. f., a) seitlich, b) von oben (aus den Tuffen) 2 

. Patella granulata Mstr., a) forma typica, b), c) var. globosa n. var. (aus den Tuffen) 

. Patella scutelliformis Bl. n. f., a) seitlich, b) von oben (aus den Tuffen) . 

. Lepetopsis Zitteli Bl. n. f., a seitlich, b) von oben (aus den Tuffen) 

. Lepetopsis(?) n. sp. ind., Solsramstah! (aus den Tuffen) Se 5 
. Lepetopsis cf. petricola (Kittl), a) von oben, b) seitlich (aus den Tuffen), cd aus den roten Raibler 


Schichten vom Schlernplateau 


. Lepetopsis aspera Bl. n. f., a) von oben, b) seitlich (ans den Tuffen) . EEE 

. Capulus (Phryx) Prateralis Bl. n. f., a) seitlich, b) von rückwärts, c) von oben (aus den Tuffen) . 

. Haliotimorpha Dieneri Bl. n. f., a), b) seitlich, c) von oben (aus den Tuffen . . . pag. 175 [15], 
. Worthenia Arthaberi Bl. n. f., a) Vorder-, b) Rückansicht (aus den Tuffen), c) aus den roten Raibler 


Schichten vom Se aa 


. Pachyboma insolitum (Klipst.), Rückansicht (aus aan Tuffen) RR LE 

. Clanculus cassianus (Wissm.) var. Seisiensis n. var., a) Basis 2 2, b) Rückansicht 2 2 (aus den Tuffen) 

. Umbonium Grobbeni Bl. n. f., a) von oben, b) von unten, c) ah (aus den Tuffen) 

. Neritopsis armata (Mstr.), Rückansicht (aus den Tuffen) . 4 
. Neritopsis armata (Mstr.) var. cancellata — Neritopsis Waagen: a aus des Raibler Schichten 


vom Schlernplateau) . 


7. Neritopsis decussata (Mstr.), a) Rache D Vorderansteht sy den Tuffen) 

. Neritopsis aff. decussat« sp. ind., a) Rückansicht, b) Vorderansicht (aus den Tuffen) . 

. Palaeonarica pyrulaeformis (Klipst.), Rückansicht (aus den Tuffen) nr 

. Palaeonarica hologyriformıs Bl. n. f., a) Vorderansicht, b) Rückansicht (aus den Tuffen). 

. Parapalaeonarica Kitti Bl. n. f., a) Rückansicht, b) Vorderansicht, c) schräg (aus den Tuffen) 

. Frvombachia Uhligi Bl. n. f., a) Rückansicht, 5) Vorderansicht eines großen Exemplars aus den 


roten Raibler Schichten vom Schlernplateau, c) Rückansicht, d) Vorderansicht, e) Profilansicht 
eines Stückes aus den Tuffen . 


. Platychilina Cainalloi (Stopp.), Rückansicht ei den Tuffen) N RO SH de 
. Platychilina Wöhrmanni Koken, a) Rückseite, b) Vorderseite, c) schräg (Gehäuse aus den roten 


Raibler Schichten vom Schlernplateau), d) kleines Exemplar aus den Tuffen, Rückansicht 
Platychilina subpustulosa Bl. n. f., «) Vorderansicht, b) Rückansicht (aus den Tuffen) 
Naticella cf. striatocostata (Mstr.), Rückseite (aus den Tuffen) . 


. 179 [19] 
. 180 [20] 
. I8I [21] 
. 181 [21] 
. 182 [22] 


. 182 [22] 
. 182 122] 
. 183 [23] 
. 183 [23] 
. 184 [24] 
. 185 [25] 


. 186 [26] 
. 188 [28] 


g. 189 [29] 
. 189 [29] 
. 190 [30] 


Die Originalexemplare befinden sich in der Sammlung des paläontologischen Instituts der Universität Wien. 


Blaschke: Fauna der Pachycardientuffe, (Taf. I.) Taf. XIX. 


Kunstanstalt Max Jaffe, Wien 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns und des Orients Bd. XVII 1904. 


Verlag v. Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- u, Universitäts-Buchhändler in Wien, 


TAFEL XX (I) 


Friedrich Blaschke: Die Gastropodenfauna der Pachycardientufje der Seiseralpe 
in Südtirol. 


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TAFEIIRRIID): 


. Dicosmos (Fedaiella) maculatus (Klipst.), a) Rückansicht, 5) Vorderansicht eines Stückes mit einge- 


schnittener Innenlippe (aus den ne 


. Dicosmos (Fedaiella) Seisiensis Bl. n. f., a) Rückansicht, » Vorderansicht eines Exemplars, c) Vor- 


deransicht eines Stückes mit ee Mündung, c) Rückansicht eines kleinen Gehäuses (aus 
den Tuffen). 


. Fedaiella inaequiplicata (Klipst.), Vorderansicht (aus den Tuffen) e 
. Marmolatella cf. Telleri (Kittl), a) Rückseite, b) Vorderseite (aus den Tuffen) 
. Hologyra ladina (Kittl), «) Vorderseite, b) Rückseite (aus den Tuffen). > : 
. Hologyra involuta (Ritt), a) Rückansicht, b) Vorderansicht (aus den Tuffen), c) Pronplar aus den 


roten Raibler Schichten vom Schlernplateau . 


. Hologyra cipitensis Bl. n. f., a) Rückseite, b) Vorderseite G ae Tuffen) 
. Hologyra Tschapitana Bl. n. f., a) Vorderseite, b) Rückseite s ! 
. Neritaria Mandelslohi, a) Gehäuse aus den Raibler Schichten vom Schlernplateau. b) art. Mandelsloni Sp. 


ind. mit abnormer Innenlippe aus den Tuffen 


. Neritaria plicatilis (Klipst.), a) aus den Raibler Schichten vom Schlenplarean h) Rückansicht (aus 


den Tuffen) . 


. Neritaria cassiana (Wissm.), Vorderseite (aus den Raibler Schichten vom Schlernplateau) 
. Cryptonerita (?) Sturanyi Bl. n. f., a) Rückseite, 5) von unten (aus den Tuffen) 


14. Pseudoscalites Wöhrmanni Bl. n. f, 13, niedere Form, Jugendwindungen, 14, hohe Form (aus 
den Raibler Schichten vom Ser) 


. Purpuroidea Raiblensis Bl. n. f., a) großes Exemplar aus den Reel: Schichten vom Schlern- 


plateau, Rückseite, b) Bruchstück (aus den Tuften) . 


. Amauropsis Abeli Bl. n. f., a) Vorder-, b) Rückseite (aus den Tuffen) . 

. Loxonema grignense (Rittl), a) Rückseite, 5) Vorderseite (aus den Tuffen) 

. Pseudomelania subsimilis (Mstr.), Vorderansicht (aus den Tuffen) 

. Oonia similis (Mstr.), «) Rückansicht, 5) Vorderseite (aus den Tuffen) 

. Euchrysalis sphinx (Stopp.) (aus den Tuffen) . Pe 

. Trypanostylus Suessii Bl. n. f., a) Vorderseite, 5) Rückseite ns en Tuffen) 

2. Trypanostylus submilitaris Bl. n. f., a) Vorder-, b) Rückseite (aus den Tuffen) . 

. Trypanostylus (Turristylus) Bindienıs (Kittl), Vorderseite (aus den Tuffen) 

. Trypanostylus (Turristylus) Waageni Bl. n. f., a) Vorderseite, 5) Rückseite, c) Da ee Een Tuffen) 
. Spirostylus subcolumnaris (Mstr.) (aus den Tuffen) . : 

. Omphaloptycha pachygaster (Kittl), «) Vorderansicht, b) Ruckanekt (aus. den Tuffen), 

. Coelostylina conica (Mstr.) (aus den Tuffen) . 

. Coelostylina solida (Koken), a) aus den Tuffen, 5) aus an Raibler "Schichten vom Sclenplre 

. Coelostylina (Pseudochrysalis) Stotteri (Klipst.), a) Typus, 5b) var. depressa Kittl, c) var. elongata 


Kittl (aus den Tuffen) . 


. Protorcula subpunctata (Mstr.) (aus den Tuften) BE, nk eo 
. Heterogyra Kokeni Bl. n. f., a) Vorderansicht 2, 5) Rückansicht 2 (aus den Tuffen) 
. Promathildia minima Bl. n. f., a) Rückseite 2, 5) Vorderseite % (aus den Tuffen) 


. Promathildia cf. colon (Mstr.), a) nat. Gr., b) Vorderseite 2 


3: 


. Promathildia sp. (aus den Raibler Schichten vom Schlernplateau) . 


195 [35] 
6 [36] 


. 196 [36] 


. 197 [37] 
. 197 [37] 
. 198 [38] 


. 204 [44] 
. 205 [45] 
. 206 [46] 
g. 207 47) 
. 208 [48] 
. 208 [48] 


. 209 [49] 


. 210 [50] 
. 210 [50] 
. 2II |51] 
. 211 [51] 
. 212 [52] 


. 214 [54] 


Die Originalexemplare befinden sich in der Sammlung des paläontologischen Instituts der Universität Wien. 


Blaschke: Fauna der Pachycardientuffe, (Taf. II.) Taf. XX. 


21 
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Kunstanstalt Max Jaffe, Wien 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns und des Orients Bd. XVII 1904. 


Verlag v. Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- u, Universitäts-Buchhändler in Wien, 


TAFEL XXI (D). 


Dr. Hermann Vetters: Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 


I. 
fellabrunn im Besitze des Krahuletz-Museums in Eggenburg. .. 2... 2. 2 rn nn. pag. 

I a. Seitenansicht. 

1b. Externteil der Lobenlinie. 

2. Perisphinctes sp. (aff. Sosia Vischn?), Bruchstück vom Hundsberge. .. . ... 2.222... pag. 

2a. Seitenansicht. 

2b. Querschnitt, 

3. Perisphinctes conf. Ponzinensis Toucas, verdrücktes Exemplar von Niederfellabrunn ..... Pag. 

3a. Seitenansicht. 

35. Querschnitt. 

4. Aptychus pumctatus Noltz, Klippe von Niedertellabrunn.. 2. 2 er pag. 


TAFEL XXl (l). 


Perisphinctes (Pseudovirgatites n. subgen.) scruposus Oppel, großes Exemplar von Nieder- 


227 | 5] 


237 [15] 


238 [16] 


242 [20] 


Sämtliche Figuren sind in natürlicher Größe mit Vertauschung, von rechts und links gezeichnet. Die Originale, aus- 


genommen Fig. I, sind im Besitze des geologischen Instituts der Wiener Universität. 


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Vetters: Tithon von Nieder-Fellabrunn. (Tal I.) ee 
Tal. XXI 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich Ungarns 
und des Orients.Bd.XVI. 190% 
RB 7 


V Wilh.B uller,ku.k.Hof-u.Universitäts-Buchhändler in Wie 


TAFEL XXI (I). 


Dr. Hermann Vetters: Die Fauna der Juraklippen zwischen Donau und Thaya. 


Fig. I 
Fig. 2 
Fig. 
Fir. 4 
Bier 5: 
5a 
» 5b 
es 10h 
» 64a 
» 6b 
Rise. 7 
Fig. 8. 
» 8a 
» 85 
Fig. 9. 
* 9a. 
» 9b. 
Fig. 10. 
» Joa. 
» Iob. 
le, 106 
Eig. 12. 


TAFEL XXlIl (I). 


Perisphinctes (Pseudovirgatites n. subg.) scruposus Oppel, Externansicht des Exemplars, Taf. 


XXI (D, Fig. ı, ®/, nat. Größe E 
Perisphinctes (Pseudovirgatites n. subg.) Sr Ber onssanat BR obigen enplars, 
Perisphinctes (Pseudovirgatites) scruposus Oppel, Exemplar vom Hun dsberge. Entspricht dem 
vorletzten Umgang von dem Exemplar; Taf. XXI (D, Fig. I. rer: 
Perisphinctes (Pseudovirgatites) scruposus Oppel, Bruchstück vom ündsheres den innersten 
Umgängen des großen Stückes entsprechend. Bon ; 

Perisphinctes conf. Nikitini Mich., aus dem Oolith des heilen 2 


. Seitenansicht. 
. Querschnitt. 


Perisphinctes reniformis n. sp., Klippe des Hundsberges . 


. Seitenansicht. 
. Querschnitt. 


Perisphinctes conf. contignus (Cat.) Zittel, verdrückter Steinkern von Niederfellabrunn. Original 
im Besitze des geologischen Instituts der Wiener technischen Hochschule 
Opbelia conf. Lymani Oppel, Schalenexemplar vom Hundsberge 


. Seitenansicht. 
. Ansicht von der Mündung. 


Oppelia conf. Griesbachi Uhlig, Schalenexemplar vom Hundsberge . 

Seitenansicht. 

Ansicht von der Mündung. 

Aucella Pallasi Keys., var. plicata Lah., vollständiges Exemplar von der Klippe des Neppeltales 
Ansicht der großen Klappe. 

Ansicht der kleinen Klappe. 

Aucella Pallasi Keys., var. plicata Lah., Seitenansicht einer großen Klappe; ebendaher 
Trigonia area-furcata n. sp., Klippe des Hundsberges; Seiten- und Arealansicht 


Pag. 
pag- 


pag. 
bag. 


Pag. 


Pag. 


Pag. 
pas. 


Pag. 


Pag. 


Pag. 
paß. 


227 | 5] 
227 | 5] 


227 | 5] 


227 |5 
232 [10 


233 [17] 


235 [13] 
242 [20] 


241 [19] 


249 [27] 


249 [27] 
248 [46] 


Sämtliche Figuren sind spiegelbildlich und mit Ausnahme von Fig. I in natürlicher Größe gezeichnet. Die Originale, 
ausgenommen Fig. I und 7, sind im Besitze des geologischen Instituts der Wiener Universität. 


Vetters: Tithon von Nieder -Fellabrunn.(Taf. IL) ER 
en \ Tal. XXIT. 


I 2 a 
. x Re s 2 rear Spar, Wien ill. 
Beiträge zur Palaeontologie un« Geologie Oesterreich Ungarns a 


und des Oriens.Bd. XVI.190%.. 
ag v.Wilh.Braumullen,ku.k.Hof-ullniversitäts Buchhändler 


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