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Full text of "Beiträge zur Paläontologie und Geologie Österreich-Ungarns und des Orients : Mitteilungen des Geologischen und Paläontologischen Institutes der Universität Wien"

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HARVARD UNIVERSITY. 


MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. 


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BEITRÄGE 


ZUR 


PALAONTOLOGIE uno GEOLOGIE 


ÖSTERREICH-UNGARNS uno des ORIENTS. 


MIDDEILUINGEN 
DES 
GEOLOGISCHEN UND PALÄONTOLOGISCHEN INSTITUTES 
DER UNIVERSITAT WIEN 
HERAUSGEGEBEN 


MIT UNTERSTÜTZUNG DES HOHEN K.K. MINISTERIUMS FÜR KULTUS UND UNTERRICHT 


VON 
VICTOR UHLIG, CARL DIENER, 
0. PROF. DER GEOLOGIE 0. PROF. DER PALÄONTOLOGIE 


UND 


G. von ARTHABER, 


A.O. PROF. BER PALÄONTOLOGIE, 
BAND XXI. 


MIT 2 PALÄONTOLOGISCHEN TAFELN, 4 PALÄONTOLOGISCHEN DOPPELTAFELN, 
2 PROFILTAFELN, 3 GEOLOGISCHEN KARTEN UND 73 TEXTILLUSTRATIONEN. 


4 WIEN unD LEIPZIG. 
WILHELM BRAUMÜLLER 


K. U. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 


1908. 


Korrigenda zu E. Stromer: 
Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 


Die erste und zweite Maßtabelle auf Seite 142 bis 145 gehören in den ersten 
Abschnitt der Abhandlung vor die dritte Maßtabelle auf Seite 139. 

Seite 147, Absatz 5, lies »Kekenodon« statt Xekenodon und fünf Zeilen weiter 
»Sie leiten über« statt aber! 

Seite 148, Zeile 2, hinter »natürlich« gehört der Punkt weg. 

Seite 150, Zeile 9, lies »Xiphisternum« statt Xiptisternum! 

Seite 152, Anmerkung, lies » Kekenodon« statt Nekodon! 

Seite 153, Absatz 3, Zeile 2, lies »bei« statt be! 

Seite 157, Zeile 6, lies »S. I4I« statt 139 und in der Anmerkung »Osburn« statt 
Osborn! 

Seite 158, Nr. 9, lies » Kekenodon« statt Nekenodon! 

Seite 166, Nr. 77 und 78, lies »S. IAI« statt 139! 

Seite 168, Absatz 2, Zeile 6, lies » Profocetus, dem« statt den! 

Seite 178, Maßtabelle Seite I39—I4! »und 142—145«! 


INHALT 


Heft I u. II 


Richard Lachmann: Der Bau des Jackel im Obervintschgau. (Mit einer Tafel, sieben Text- 
figuren und einer Profiltafel) . ® Be Se 

Dr. Franz Baron Nopesa: Zur Kenntnis der fossilen Eidecheen (Mit einer Tafel und fünf 
Textfiguren) 

Hugo Schwarz: Über die Wirbelsäule und a Rippen nelespondyler Seese nnalen Kibene: 
spondyli Zitt.). (Mit 36 Textfiguren). es nn eye he 

Dr. Ernst Stromer (München): Die Archaeoceti des Aeyptiechen Boräns. (Mit vier Doppel- 
tafeln) . 


Heft III u. IV 


Dr. Karl Boden: Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und 
dem Tale von Negrar. (Mit einer Tafel, einer geologischen Karte und 17 Ab- 
bildungen im Texte) . REN EEE e a ie 6: 12 Oo 

J- Popescu-Voitesti: Abnormale Erscheinungen bei Nummuliten. (Mit sechs Textabbildungen) 

Radu Pascu: Geologische Studien über Erzlagerstätten im Bezirk Tulcea, Dobrugea (Ru- 
mänien). (Mit zwei Abbildungen im Texte, einer geologischen Karte und einer 
Profiltafel) 


Redigiert von Dr. V. Uhlig 


Die Autoren sind allein für Form und Inhalt der Aufsätze verantwortlich 


Seite 

1232 
33-1062 
63—1o5 
106—178 
179— 210 
211214 
215— 234 


114 


BEITRÄGE 


ZUR 


PALÄONTOLOGIE uno GEOLOGIF 


ÖSTERREICH-UNGARNS uno bes ORIENTS. 


MITTEILUNGEN 
2 
GEOLOGISCHEN UND PALÄONTOLOGISCHEN INSTITUTES 
- DER UNIVERSITÄT WIEN 
HERAUSGEGEBEN 


MIT UNTERSTÜTZUNG DES HOHEN K.K. MINISTERIUMS FÜR KULTUS UND UNTERRICHT 


VON 


VICTOR UHLIG, CARL DIENER, 


0. PROF. DER GEOLOGIE ©. PROF. DER PALÄONTOLOGIE 


UND 


’ G. von ARTHABER, 
A. ©. PROF. DER PALÄONTOLOGIE, 

BAND XXI. 

HEFT I UND II. 


MIT TAFEL I—VII UND 49 TEXTILLUSTRATIONEN. 


WIEN un LEIPZIG. 
WILHELM BRAUMÜLLER 


K. U. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 


Im 1908, 


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DER BAU DES JACKEL IM OBERVINTSCHGAU, 


Von 


Richard Lachmann. 


Inhaltsangabe. 


Es wird der Bau des Jackels!) hinsichtlich seines Materials, seiner Struktur und seines Reliefs 
untersucht. 

Der erste, einleitende Teil der Arbeit (pag. I—6) behandelt die methodologische Frage nach 
den Vorzügen und der Anwendbarkeit der genetischen gegenüber der chronologischen Stratigraphie. 

Es folgt (pag. 6—ı1) eine Beschreibung der kristallinen Schiefer- und Erstarrungsgesteine 
des Jackelgebietes. 

Ein dritter Teil (pag. 1ı—ı17) befaßt sich mit den mechanischen Ablagerungen und der 
vierte Teil mit den organischen Ablagerungen unseres Gebietes (pag. 17—22). 

In einem fünften Abschnitt (pag. 22—27) über die Struktur wird der tektonische Aufbau einer 
Analyse unterzogen und zum Schlusse (pag. 27—32) werden einzelne Betrachtungen über das Relief der 
näheren Umgebung des Berges sowie über die Entstehung der glazialen und fluviatilen Erosionsformen der 


Oberfläche angestellt. 
Beigegeben sind der Arbeit: 


1. Eine geologische Karte des Jackel im Maßstab 1: 20.000. 
2. Sechs Profile im Maßstab I : 10.000. 
3. Sieben Figuren und Photographien. 


I. Über die chronologische und die genetische Methode der Stratigraphie. 


Definition. In den Untersuchungen der Gesteine einer speziell bearbeiteten Gegend treten zur- 
zeit zwei verschiedene Methoden zu Tage: die chronologische Methode, die nach dem relativen 
Alter eines Gesteines fragt, und die genetische Methode, die die physikalischen Bedin- 


gungen erforscht, unter denen ein Gestein entstanden ist und verändert wurde. 


1) Es findet sich zuweilen für den im Titel dieser Arbeit genannten Berg in der Literatur und auf Karten die 
Bezeichnung »Endkopf«. Weil er im Volksmunde unbekannt ist, wurde der Name hier vermieden. Die Schreibung 
ist dem Klange der Aussprache angepaßstt. Man liest sonst auch: Tackl, Jaggl oder Joggl (Diminutivform von Jakob). 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XXI, I 


5 Richard Lachmann. [2] 


Während durchwegs dieses zweite Prinzip dem ersteren untergeordnet wurde, so soll nun in folgendem 
die genetische Methode in den Vordergrund treten. Vorher soll eine Begründung dieses Vorgehens statt- 
haben durch Erwägung der Vorteile und Nachteile beider Methoden im allgemeinen und für unseren 
speziellen Gegenstand. 

Vorteilederchronologischen Methode: 1. Vergleichbarkeitin großen Gebieten. 
Das überwiegende Interesse der Geologen für chronologische Beurteilung namentlich der Sedimentgesteine 
hat ihre mehrfache Begründung. & 

Der eine Grund ist ein praktischer: Eine peinliche chronologische Gliederung war für die Geologie 
unerläßlichh um eine Vergleichbarkeit der Forschungsergebnisse auf der ganze Erde und somit ein erstes 
Sichzurechtfinden in dem Objekt der Wissenschaft, in den Gesteinsmassen der Erdkruste zu ermöglichen. 
Hat doch jede geologische Karte die Durchführung: der chronologischen Methode zur Voraussetzung. 

2. Benützung entwicklungsgeschichtlicher Ergebnisse. Der andere Grund ist ein 
ideeller: Wir setzen voraus, dafß die physikalischen Bedingungen der Stelle, die einer genaueren strati- 
graphischen Untersuchung unterliegt, im Verlaufe langer geologischer Zeiten sich nicht geändert hat, daß 
das Antlitz der Erde dort starr geblieben ist, dann sucht der Geologe die Züge zu beleben, indem er die 
organische Welt in ihrer Entwicklung erforscht und dem Abglanz dieses Lebens in den Zügen des Antlitzes 
der Erde nachgeht. So wird die Geologie der lithogenetischmonotonen Juraserie Schwabens zu einer 
Paläozoologie und die geologischen Karten zu Darstellungen »tiergeographischer Provinzen«. 

3. Korrelation der Fazies. Walther, dem wir den Hinweis auf diese Einseitigkeit verdanken, 
hat uns gleichzeitig als Heilmittel das Studium der aktuellen Lithogenesis und ihre vergleichende Anwendung 
auf die Vergangenheit empfohlen. Es sei mir an dieser Stelle eine kurze Darlegung und Erweiterung 
der Waltherschen Argumentation gestattet, weil sie einerseits die chronologische Methode vertieft 
anderseits ihren fundamentalen Mangel am deutlichsten entschleiert. 

Mängel der chronologischen Methode. Zur Bestimmung der chronologischen Äquivalenz 
zweier Gesteine sind bisher — so führt er in seiner »Lithogenesis«, Seite 982 ff. aus — zwei Wege verfolgt: 
die Aufsuchung von Leitfossilien und Transgressionsflächen. Beide Beweismethoden kranken an 
logischen Fehlern. 

1. Wert der Leitfossilien. Was die Zeugenschaft der »leitenden« Organismen anlangt, so 
ersehen wir aus der Jetztzeit, daß die Organismen durchaus nicht überall auf der gleichen Stufe der Ent- 
wicklung stehen. Australien z. B. lebt heute noch in der »Beuteltierzeit«, die bei uns schon seit Jahrtausenden 
überwunden ist. Leitfossilien ergeben daher im besten Falle einer großen horizontalen Verbreitung keinen 
sicheren Beweis für Gleichzeitigkeit (Homochronie), sondern nur für Zusammengehörigkeit (Homotaxie). 
Ein Hinweis, der in England schon von Huxley und Spencer betont wurde. 

2. Wert der Transgressionsflächen. Nicht anders steht es mit der Beweiskraft der Trans- 
gressionen. Beobachtungen an rezenten Küsten ergeben, dafs die Meeresabrasion infolge kontinentaler 
positiver Strandverschiebungen nur sehr langsam landeinwärts schreitet. Wenn man daher für Ablagerungen 
auf einer alten Transgressionsfläche Gleichaltrigkeit statuieren wollte, so wäre der Fehler, den wir dabei 
machen würden, direkt proportional der räumlichen Entfernung in der Transgressionsrichtung und indirekt 
proportional der Geschwindigkeiten der Strandverschiebung. 

3. Wert der Korrelation der Fazies. Aus diesem circulus vitiosus führt uns nach Walther 
die »Korrelation der Fazies«, Es müssen, wie jetzt, zu allen Zeiten die gleichaltrigen, in Sedimentation 
und Denudation bestimmten »Klimata« in einer gewissen räumlichen Beziehung zu einander gestanden haben. 
An ein Tiefseeklima kann sich seitlich nur ein Flachseeklima, daran ein Strandklima als Übergang zum Fest- 
landklima anschließen. Alle diese Klimata sind durch gemeinsame Bedingungen der Temperatur und der 
Organismenwelt miteinander verflochten. Wenn es uns also gelingt, aus den Gesteinen diese »klimatischen« 
Eigenschaften zu rekonstruieren und miteinander seitlich zu verbinden, so erhalten wir auf einwandfreiem 
Wege isochrone Linien und Flächen. 

Versuchen wir einmal uns diese Beziehungen graphisch darzustellen (Fig. 1), um ihre Anschaulichkeit 


zu erhöhen. 


[3] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 3 


4. Graphische Darstellung. Auf der Abszisse eines Koordinatensystems wird der Raum s, 
auf der Ordinate die Zeit Z abgetragen, beides zunächst in unbestimmten Maßstab. Es stellen dann die 
Parallelen zur s-Achse die wahren Linien gleicher Zeit (isochrone Linien) dar, während die Punkte gleicher 
Lage vertikal übereinander liegen. Die Ebene des Koordinatensystems ist somit ein theoretisch wahres 
Normalprofil, wenn die Sedimentation in Raum und Zeit als konstant gesetzt wird. Die Altersbestimmung 
für einen beliebigen Punkt P gestaltet sich somit äufserst einfach. Das Aiter ergibt sich durch die Projektion 
auf die Ordinate. Auf der projizierenden Isochrone liegen aneinandert gereiht die anschließenden Klimata 
mitihren morphologisch verwandtschaftlichen Eigenschaften der Temperatur, der Organismenwelt u. s. w. Nehmen 
wir an, der Punkt ? liege auf einer Transgressionsfläche. Er verrät also Strandklima und in der Richtung 


der. Transgression und im Richtungssinn einer negativen Strandverschiebung — in Analogie mit der Jetzt- 
zeit — stellt sich isochron Flachseeklima und weiterhin Tiefseeklima ein. 
Zeit t 


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x R 
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& S 
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ss 


Raum 5 


Wie verhalten sich nun aber die Leithorizonte in diesem isochronen Normalprofil unter den ange- 
nommenen Bedingungen: 

1. Kosmopolitismus der leitenden Arten; 

2. zeitlich und räumlich konstante Sedimentation; 

3. räumlich verschiedene Entwicklung der Leitfossilien? 

Wenn man für jede Gegend den Zeitpunkt aufsucht, in dem beispielsweise der Ammonitentyp 2 
durch den neueren Typ 3 ersetzt wurde (Fig. I), so gibt die entstandene Kurve offenbar das Auftreten 
eines Leithorizontes an. Wollen wir das Abweichen dieser »isotaktischen Kurven« von den isochronen 
Linien messen, so müssen wir Punkt A, wo der Typ I zuerst ausstarb, und den Punkt 5, an dem der 
Typ 2 auftrat, auf die Zeitordinate projizieren. Wir erhalten so das isotaktische Iuterval, d. h. die 
Fehlergrenze jeder ..chronologischen Horizontierung nach Leitfossilien. 

Ähnlich verhält es sich mit der Horizontierung nach Transgressionsflächen. Die Transgressions- 
richtung falle mit der Richtung der Abszissenachse auf der Fig. ı zusammen. Die Geschwindigkeit der 
Strandverschiebung sei wechselnd. Dann wird die Transgressionsfläche auf unserem Normalprofil durch 
die Kurve 7T-----T’ markiert. Die Geschwindigkeit der Strandverschiebung ist gleich dem reziproken Wert 


des Differentialquotienten RE der Kurve. Es ergibt sich also das interessante Faktum, daß je langsamer 


eine Transgression erfolgte und je ebenflächiger und gleichmäßiger daher sich die Abrasions- 
fläche gestaltete, desto verhängnisvoller ist ihre Verwertung zur chronologischen Horizontierung, 
Das Transgressionsiuterval zwischen den Punkten 7 und 7’ oder die Fehlergrenze der chrono- 
logischen Horizontierung nach Transgressionsflächen ist dann in ähnlicher Weise, wie vorher, durch 


Projektion von 7’ und 7 auf die Zeitordinate zu finden. 
I* 


A Richard Lachmann. [4] 


Daß es sich bei dieser Fehlergrenze auch um absolut sehr große Zahlen handelt, erkennt man, 
wenn man die mittlere Transgressionsgeschwindigkeit an der englischen Küste (etwa ı Meter im Jahre) auf 
die riesigen Entfernungen zur Anwendung bringt, über die sich z. B. die Überflutung aller Kontinente zur 
mittleren Kreidezeit erstreckte. Das isotaktische Intervall beläuft sich bei den untersten Horizonten der 
oberen Kreide vielleicht auf Jahrmillionen, wenn anders die Behauptung Haugs!) zutrifft, dafs die Meeres- 
verschiebung in dem gedachten Zeitalter aus den Gegenden der heutigen Kettengebirge über die ganzen 
Kontinentalsockel hinübergegriffen hat. Wie kommen nun die geschilderten Verhältnisse in tatsächlich 


beobachteten Profilen zum Ausdruck ? 


5. Profilmäßige Darstellung. Es sei auf große Erstreckungen hin in ungestörter Lagerung 
das in Fig. 2 gezeichnete Profil beobachtet worden. Grobe Bodenkonglomerate liegen transgredierend auf 
älteren Schichten. Im Hangenden wird das Korn feiner und feiner und geht normal durch Mergel und 
Kalke nach oben zu in Tiefseeton über. Wir erkennen unschwer, daß die Gegend in dem betrachteten 
Zeitabschnitt sich in kontinuierlicher Senkung befand. Für ein Gestein an dem Punkte P der Transgressions- 


fläche soll nun die isochrone Linie und damit das exakte Alter rekonstruiert werden. 


Ton Alıma der Tiefsee 
Hailk nn Flachsee 
Mergel 
Sandstein L Küste 


Konglo merat 
Transgression 


Grundgebirge 


Betrachten wir, wie es wohl geschieht, die Transgressionslinie als isochrone Linie, so fügen wir 
nach Obigem unserer Rechnung die Hypothese ein, daß entweder das Profil senkrecht zur Transgressionsrichtung 
liegt oder die kontinentale Senkung mit einer dem betrachteten Zeitabschnitt gegenüber immensen 


Geschwindigkeit erfolgte. Beides dürfte nicht angenommen, sondern müßte erst aus dem Befunde erwiesen werden. 


Genau so unsicher ist es mit der Horizontierung nach Leitfossilien. Wenn wir die Verhältnisse der 
Fig. t auf die Fig. 2 übertragen, so ergibt sich zunächst die theoretische Möglichkeit, daß auf einer 
und derselben Transgressionsfläche in verschiedenen Gegenden Faunen verschiedenen Alters 
auftreten. Daß dieser Fall in der Praxis vorkommt, ist wenig wahrscheinlich, da die Erhaltungsmöglich- 
keiten ganzer Faunen in der abradierenden Brandungswelle sehr beschränkt sind. Immerhin drängt sich 
z. B. der Gedanke auf, daß die Annahme mehrerer, zeitlich gering differenzierter Transgressionen in dem 
alpinen Senon, welche Annahme auf Grund der faunistischen Verschiedenheit der hangenden Schichten 
dieser Transgressionen aufgestellt wurde, sich unter Berücksichtigung der dargelegten Verhältnisse zur 
Annahme einer einzigen Transgression wird vereinheitlichen lassen können. Wie immer dem sei, es muß 
an der theoretischen Bedenklichkeit einer Horizontierung in der geschilderten Weise festgehalten werden, 
und zwar in letzter Linie aus Gründen der geologischen und paläontologischen Entwicklungslehre. 

Es sind auf der Fig. 2 die isotaktischen Kurven eingezeichnet, die die Ammonitenfaunen 2, 3 und 4 
voneinander trennen, Als isochrone Linie wurde von P aus eine Kurve eingezeichnet, längs deren eine 
Korrelation der Fazies Beziehungen im Klima des Strandes, der Flachsee und Tiefsee ergibt. So läßt sich 
eine isochrone Fläche aus mehreren Profilen durch den Punkt 7 konstruieren. 


6. Berechnung der Transgressionen. Wir erhalten aus dem mittleren Einfallen 
dieser Fläche gegen die Transgressionsebene die Richtung, aus dem Kontangens des mittleren 
Neigungswinkels der isochronen Kurve jedes Profils die relative Geschwindigkeit der 


positiven Strandverschiebung in der Profilsebene. 


ı) Haug, Les geosynclinaux et les aires continentales. Bull. Soc. Geol. de Fr. I9oI, pag. 685 ft. 


[5] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 5 


Bis zu diesem Punkte läßt sich die Walthersche Verbesserung der chronologischen Methode 
ausgestalten, und hier hat folglich auch der Hebel der Kritik einzusetzen, wenn man die Berechtigung der 
chronologischen Methode als solcher einschränken will. 

Die genetische Methode. Wir wollen zu dem Ende auf den Ausgangspunkt unserer 
Betrachtungen zurückkommen. Der im Felde aufnehmende Geologe soll das Gesteinsmaterial seines bear- 
beiteten Gebirgskörpers in einem ersten Teile seiner Darstellung beschreiben. Er war bisher allein auf die 
chronologische Methode der Stratigraphie angewiesen und machte die Fossilien und eventuellen Trans- 
gressionserscheinungen für die zeitliche Sonderung seiner Gesteinsmassen nutzbar. Seine petrographischen 
Studien hatten nur beschreibenden Wert, und Erklärungsversuche der Gesteinsbeschaffenheit blieben sporadisch 
und ohne Zusammenhang, da die — wie erwiesen logisch fehlerhafte — chronologische Methode die Stratigraphie 
beherrschte. Erst Walther verschaffte dem Gedanken Geltung, daß man durch vergleichende Lithogenesis 
in den Stand gesetzt sei, aus den Eigenschaften der Gesteine die primären genetischen Qualitäten und aus 
ihnen die klimatischen Absatzbedingungen herauslesen zu können. 

Nun können aber in einem Gestein unter den petrographischen Merkmalen die sekundär (durch 
Diagenese und Metamorphose) erworbenen Eigenschaften in einem Grade überwiegen, daf die Herauslese 
der primären Eigenschaften willkürlich erscheint. Es verliert dann für den Feldgeologen eine Methode 
an Wert, nach der er die Hauptmerkmale seiner Gesteine nicht verwerten kann. Der Prozeß der 
Dolomitisierung, die Frage der Beeinflussung der Gesteine durch die tektonischen Vorgänge, die ganze 
Frage der Bildung der kristallinen Schiefer!) sind nach Walther für den Feldgeologen nicht genetisch 
verwertbar, weil seine stratigraphische Methode letzten Endes immer nur der Ermittlung der chronologischen 
Äquivalenz dient. 

Dabei werden wir zudem nicht einmal in vielen Fällen die Möglichkeit haben, in heteropischen 
Horizonten jene primären Eigenschaften von den sekundären unterschiedslos zu trennen und so gegenüber 
der alten Horizontierungsmethode auch nur ein wirksames Kontrollmittel in der Hand zu haben. 

Es wird sich daher empfehlen, die chronologische Methode unter Berücksichtigung 
ihrer notwendigen Fehlergrenze bestehen zu lassen und dafür in einer genetischen 
Betrachtung der Stratigraphie aus den petrographisch gewonnenen Eigenschaften diejenigen primären 
und sekundären herauszutrennen, welche uns auf das Wirken von physikalischen Kräften, in 
welcher Zeit auch immer, hinweisen. Wenn gelegentlich dabei ein Vorteil für die chronologische Stratigraphie 
herausspringt, desto besser. Im übrigen werden die ermittelten Kräfte weniger auf ihre peinliche, zeitliche 
Aufeinanderfolge, als auf ihre tatsächlichen Ursachen und Wirkungen zu prüfen sein. 

In späten Zeiten wird es die Geologie vielleicht einmal wagen können, die Ergebnisse dieser 
Methode zu einem Gesamtbild zusammenzufassen. Ob sich dann wirklich alle an der Erdoberfläche wirkenden 
Kräfte der Tektonik und Sedimentation als »Abbildungen des lebendig-beweglichen Untergrundes« werden 
auffassen lassen, wie Ampferer?) will, müssen doch wohl erst weitere Untersuchungsn und Erwägungen 
dieser seiner Anschauungsweise uns lehren. 

Vorteile der genetischen Methode. Die genetische Betrachtung der Stratigraphie wird in 
allen Fällen die chronologische ersetzen, wo die für diese im einzelnen geschilderten Vorzüge zurücktreten. Also: 

1. Wenn 'es sich um ein kleines Gebiet handelt, bei dem die Gewinnung neuer geologischer 
Tatsachen wichtiger ist als ihre Vergleichbarkeit; 

2. wenn die besonderen physikalischen Bedingungen eine große Individualisierung der betreffenden 
Gegend durch lange geologische Zeiträume ergeben oder, um die Terminologie von Mojsisovics?) zu 
gebrauchen — wenn die Heteropie in der Zeit konstant war. 

Alle diese Verhältnisse sind im ganzen Bereiche der Alpen mehr oder weniger zutreffend. Ganz 
besonders beherrschen sie die Zentralalpen, wie z. B. die Tabelle über die Faziesentwicklung der Trias 


1) cf. Grubemann, Die kristallinen Schiefer, I, pag. 8. Berlin 1907. 

2) Ampferer, Über das Bewegungsbild von Faltengebirgen, pag. 539 620. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichs- 
anstalt 1906. 

3) M.ojsisovics, Die Dolomitriffe, 1879. 


on 


Richard Lachmann. [6] 
bei Frech!) ergibt. In unserem speziellen Gebiete kommt noch hinzu, daß die genetische Einteilung durch 
die Tekionik betont wird. 

Es soll also bei den einzelnen Schichtmassen folgender Gedankengang statthaben: Auf eine chrono- 
logische Beurteilung folgt die siratigraphische Horizontierung. Es schließt sich an eine petrographische 
Beschreibung, aus der zum Schlusse die genetischen Verhältnisse, soweit erkennbar, herausgeschält werden. 


IH. Kristalline Schiefer und Erstarrungsgesteine des Jackelgebietes. 


Altersbestimmung: 1. Die kristallinen Schiefer. Zu einer Altersbestimmung der kri- 
stallinen Schiefer reichen die Funde nicht aus, da sich trotz des Auftretens von Eruptivstöcken in ihnen 
eine chronologisch verwertbare Kontaktmetamorphose nicht auffinden ließ. Immerhin steht einer Deutung 
der Schiefer als regional metamorphem Paläozoikum kein Grund im Wege. Belege für diese Ansicht im 
allgemeinen sind von Rothpleiz’) angegeben worden. 

2. Quarzporphyr. Von den Eruptivis ist ein schwarzer Quarzporphyr nach Stache?) analog 
den Vorkommnissen weiter im Westen als Lagerstrom zu deuten. Er wäre dann gleichaltrig mit den Phyl- 
liten der kristallinen Schiefergruppe, in denen er gefunden wird. Schiller“) spricht sich für Gleichaltrigkeit 
mit dem Rotliegenden aus. 

3- Diorit. Ein Dioritsteck im Süden unseres Gebietes ist den kristallinen Schiefern kuppelförmig 
eingelagert. Da er randlich durch Regionalmetamorphose geschiefert erscheint, dürfte er älter sein, als diese 
Metamorphose und jünger als die Schiefer. Während Rothpletz°) einen Diorit im benachbarten Ortler- 
gebirge als postiriassisch anspricht, ist also das Vorkommen von Plawenn möglicherweise jungpaläozoisch. 

4. Granit. Der Granit von St. Wendelin im Nordosten der Karte weist deutliche Spuren einer 
Kontaktmetamorphose auf. Er erfüllt Spalten im Gneisphyllit. Da er trotz der geringen Mächtigkeit seiner 
Stilgänge und kersantitischen Apophysen nur geringe Einwirkungen der Druckmetamorphose aufweist, ist 
er wohl jünger als die Zeit der regionalen Metamorphose, also — nach Rothpletz — als das jüngere 
Paläozoikum. Die Stachesche Bezeichnung als Lagermasse trifft auf ihn so wenig zu als auf den Martell- 
granit.°) Will man seine Eruptionszeit mit dem des Ortlervorkommens übereinstimmen lassen, so ist er also 
postiriassisch. 

5. Orthogneise. Mit dieser Aufzählung ist die Anzahl der in unserem Gebiete vorhandenen Er- 
starrungsgesteine noch nicht erschöpft. Ein großer Bruchteil der Gneise hat eine so granoblastische Struktur 
und ist auch von einer solchen Mineralbeschaffenheit, daß sie schon im Felde als Orthogneise mit dem 
Alter des Diorits (jungpaläozoisch?) angesprochen werden konnten. j 

Stratigraphische Horizontierung. Die stratigraphische Horizontierung ist, wie in allen 
kristallinen Schiefergebieten, chronologisch nicht durchführbar, seitdem man durch die neuere Zonenlehre”) 

veiß, daß die — bisher chronologisch verwerteten — texturellen Haupteigenschaften der kristallinen Ge- 

steine nicht eine Funktion des Alters, sondern der Lage während der Regionalmetamorphose sind. Die 
Textur erlaubt also keine chronologischen Rückschlüsse, sondern weist nur auf die physikalisch-genetischen 
Bedingungen hin, denen das Gestein durch längere Zeit ausgesetzt war (Tiefenfazies). 

Auch soweit sie chemisch verschiedene Gesteinsmassen im Kristallinen trennen, sind die Gesteins- 
grenzen Flächen gleicher Genesis eher als gleichen Alters. Es kommt also für jedes kristalline Schiefergebiet 
weniger die chronologische als die genetische Stratigraphie in Frage. 

Diese aus der neueren Petrographie gewonnene Anschauung muß um so schärfer formuliert werden, 
als zur Zeit die Feldgeologie noch wenig Lust zeigt, ihre chronologische Betrachtung kristallinen Schiefern 


2) Frech, Über den Gebirgsbau der Tiroler Zentralalpen, pag. ı8. Wiss. Ergh. z. Z. d.D. u. Ö.A.-V., II, 1. 1905. 
*) Rothpletz, Alpenforschungen, II, pag. 243 #. München 19035. 

®) Stache und John, Beiträge, 199 #. Jahrbuch d. R., 1877. 

*) Schiller, Geol. Unters. im östl. Unterengadin, I, Lischannagr., pag. 8. Ber. d. natf. Ges., Freiburg 1904. 
") L ec, pag. 170. 

) c£ Rothpletz, 1 c., pag. 168. 

”) Grubenmann. |. c., pag. 9 fi. 


[7] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 7 
gegenüber aufzugeben. Die neueste Arbeit Hammers!) über kristalline Gesteine in der Nähe des vor- 
liegenden Gebietes zeugt von der- Schwierigkeit, selbst unter günstigen Verhältnissen ausgeprägt diferen- 
zierter Gesteinsbeschaffenheit und Lagerung eine Altersreihe in kristallinen Schiefern aufzustellen. Die wenigen 
positiven Ergebnisse dieser Arbeit in chronologischer Hinsicht stehen noch und fallen mit der zweifellos 
gewagten Auffassung der Eruptiva als »Deckengranit«e. Alles das hat uns wenig Mut gemacht, für unser 
Gebiet, wo ähnliche Verhältnisse vorliegen, die skeptischen Bedenken der. neueren Petrographie von der 
Hand zu weisen. Wir dürfen uns hier der neuen Methode zur Horizontierung um so eher anvertrauen, als 
uns seit Anfang dieses Jahres in Grubenmans >Kristallinen Schieferne, 2. Teil, der erste Versuch vor- 
liegt, die petrographischen Einzelergebnisse im Forschungsgebiet der kristallinen Schiefer zu einem gene- 
tischen Gesamtbild zusammenzufassen. So dürfte denn ein Versuch, nach diesen Ergebnissen im Kristallinen 
zu kartieren, willkommen sein. Es zeigt sich, daß man handgreifliche petrogıaphische Merkmale, die bisher 
nur lediglich beschreibenden Wert hatten, genetisch für die Feldgeologie nach dem neuen Verfahren be- 
nützen kann. Grubenmann erwähnt drei verschiedene genetische Klassifikationsmethoden: 

Einteilung nach primären genetischen Eigenschaften und zwar: 

ı. Nach dem Chemismus und 

2. nach dem geologischen Gesamthabitus (ob sedimentär oder eruptiv) oder Einteilung nach sekun- 
dären genetischen Eigenschaften, nämlich 

3. nach dem Grade der chemischen und physikalischen Metamorphose. 

Das zweite Einteilungsprinzip hat Grubenmann verworfen. Die chemische Zusammensetzung 
wurde zum obersten Einteilungsprinzip erklärt, als das — gegenüber Struktur und Mineralbestand — im we- 
sentlichen Unveränderliche der kristallinen Schiefer. Es ist das ein merklicher Gegensatz zu der üblichen 
obersten Einteilung in Phyllite, Glimmerschiefer und Gneise. Diese texturellen Unterschiede, eine Folge der 
Metamorphose, kommen bei Grubenmann erst in zweiter Linie in Betracht. 

Der Feldgeologe wird sich von Fall zu Fall zu entscheiden haben, ob ihm Chemismus, Gesamt- 
habitus oder Metamorphose als genetisches Hauprkriterium bei seiner Kartierung am meisten opportun er- 
scheint. In unserem Falle spricht die räumliche Verteilung für eine erste Zerlegung in chemische Gruppen, 
die ihrerseits nach dem Grade der Metamorphose in zwei Tiefenstufen zerlegt werden konnten. Die eruptive 
Herkunft einzelner Glieder wurde nach Grubenmanns?) Vorgang nicht systematisch verwertet, sondern 
durch Adjektiva bezeichnet. 

Von den zwölf Familien der kristallinen Schiefer?) treten im Jackelgebiete fünf verschiedene, zum Teil 
als Epi-, zum Teil als Mesogesteine auf. (Siehe die Tabelle Fig. 3 und die Karte.) 

Erste Gruppe. Die Gruppe der Alkalifeldspatgneise bildet in mächtiger Entwicklung den Kern 
unseres Gebietes. Seine Vertreter tauchen im Südwesten aus der Etschtalsohle auf und ziehen nach NO. als 
Biotit- oder Zweiglimmergneise bis zum Kirling und der Kapelle des St. Wendelin. An der SW.-Ecke des 
mittleren Talaiwaldes liegt den Gneisen eine Phyllitkappe als isolierter Vertreter der obersten Tiefenzone 
auf. Am NW.-Rande, wo die Vertreter der ersten Gruppe die Basis für die sedimentären Massen des Jackel 
bilden, liegen einige Gangzüge eines granitporphyrischen Augengneises, dessen Alter oben diskutiert wurde. 
Dieses Vorkommen hat eine große Ähnlichkeit mit dem bei Hammer“) beschriebenen Augengneis des 
Angelus. Hammer vertritt die gleiche genetische Auffassung. 

Zweite Gruppe. Die Tonerdesilikatgneise treten im NW.-Zipfel zwischen Etschtal und Lang- 
auferer-Tal als Liegendes der Jackeltrias mit Phyllitvertretern der obersten Tiefenstufe auf. Am Langtauferer 
Talrand werden sie eine Weile durch die Trias verdrängt und setzen zwischen Pochen- und Riglbach 
wieder auf. Die eruptiven Spalten von St. Wendelin liegen an der Grenze der Gebiete der ersten und der 
zweiten Gruppe. Talaufwärts stellen sich von der Speiker Wand her Glimmerschiefer und weiterhin Gneise 
als Mesogesteine ein. 


2) Hammer, Geol. Beschr. der Laaser-Gruppe. 497—538. Jahrbuch d. R., 1906. 
2) 1. c., pag. 21 f. 


SL c. pag. 172 fi. 
ac 


Richard Lachmann. [8] 


Dritte Gruppe. Während so der Kern der ersten Gruppe imN. und O. von Gesteinen der zweiten 
Gruppe umschlossen wird, dominieren im S die Kalknatronfeldspatgneise. Sie werden vertreten durch einen 
quarzdioritischen Mesogneis, dessen Entstehung wir schon oben berührt haber. Er tritt als Schale des 
Plawenner Dioritstockes auf. Ein etwas nördlicher im Zweiglimmergneis gelegenes paralleles Band ist wohl 


als metamorphe Apophyse des Dioritmagmas zu deuten. 
Vierte Gruppe. In einem Steinbruche des Arlui treten in Phylliten der zweiten Gruppe einzelne, 


von Harnischen durchschwärmte, wenig mächtige, gangförmige Einlagerungen eines bläulichen, amorphen 
Quarzits auf. Da Glimmer in Butzen eingesprengt ist, handelt es sich um ein Quarzitgestein der obersten 


Tiefenstufe. 


Kristalline Schiefer im Jackelgebiet. 


Erste Gruppe Zweite Gruppe Dritte Gruppe Vierte Gruppe Fünfte Gruppe 
Alkalifeldspatgneise | Tonerdesilikatgneise Kallsekoniilise: Quarzitgesteine aisenonypeiselie 
‚gneise u Gesteine 
© 
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ne 5 St z 3 Glimmerplagioklas- _ 5 
Sam Biotitgneis schiefer h schiefer 
AS gneis 

N k: = 
= 97, Zweiglimmergneis 

Fig. 3. 


Fünfte Gruppe. Im SW. des mittleren Talaiwaldes werden lokal Eisenglimmerschiefer, eine 


Mesoform eisenoxydischer Gesteine, beobachtet. 

Die Eruptiva. Die stratigraphische Bedeutung und die geologische Stellung der drei Erstarrungs- 
gesteinskörper unseres Gebietes ist schon bei der Bestimmung ihres Alters behandelt worden. Ein weniges wäre 
noch zu sagen über die Bedeutung ihres Vorkommens im Felde. Aus der Karte ist ersichtlich, daß hin- 
sichtlich ihres Auftretens die gleiche Beziehungslosigkeit existiert, wie sie hinsichtlich ihres Alters an- 


genommen werden mußte. 

1. Quarzporphyr. 
Quarzporphyr des Arlui anlangt, auf eine offenbar durch Extrapolation mit den Aufschlüssen im N. unseres 
Gebietes gewonnene Auffassung Staches berufen, die im Profil 6 wiedergegeben ist. Es handelt sich 
nach diesem Autor um syngenetische Decken, die den Phylliten plattenförmig eingelagert sind. 

2. Diorit. Eine auch im Relief der Landschaft erkennbare Bedeutung kommt unter allen Erstarrungs- 
gesteinen nur dem Dioritstock im S. zu, der die ganze Breite des Tales von Plawern einnimmt und auch 
— wenigstens mit dem nördlichen Salband — in der Richtung des Tales streicht. Die südliche Begrenzung 


liegt außerhalb unseres Gebietes und konnte nicht beobachtet werden. 

3. Granit. Der Granit von St. Wendelin erfüllt einige annähernd parallele, N. bis NNW. streichende 
Spalten am Abhang des Kirling zur Wendelinkapelle im Riglbachtal. Es konnten im ganzen fünf dieser 
steilstehenden, »stielgang«-ähnlichen, graniterfüllten Spalten beobachtet werden. Sie sind bis 100 m lang 
und ı bis 20 m breit. Es zeigten sich ferner sehr schmale kersantitische Apophysen und eine Salband- 
entmischung gegen den Phyllit. Am gleichen Berggehänge klaffen einzelne den Granitgängen parallele 
Da eine Erosion in der Richtung des Tales in einer Höhe von mehreren Hundert Metern über 


Wegen der mangelhaften Aufschlüsse müssen wir uns hiebei, was den 


Spalten. 


[9] Der Bau des Jackel im Öbervintschgau, 9 


der Talsohle ausgeschlossen erscheint, so dürfte es sich hier ebenfalls um verwitterte Granitgänge handeln, 
die vielleicht durch den in paralleler Richtung bewegten diluvialen Riglbachtalgletscher ausgeräumt wurden. 
Gletscherschrammen bedecken nämlich das ganze Berggehänge und erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer 
starken glazialen Untergrundwirkung. 

Petrographische Beschreibung. Eine petrographische Einzelbeschreibung auf Grund 
optischer und chemischer Untersuchungsmethoden liegt außerhalb des Rahmens dieser Darstellung. Es sollen 
vielmehr nur die texturellen und mineralogischen Hauptmerkmale, besonders, soweit sie genetisch von 
Bedeutung sind, aufgeführt werden, 

Zweiglimmerphyllit. Der Phyllit des mittleren Talaiwaldes ist fein geschiefert und von bräun- 
licher Färbung. Er enthält viel Quarz, dichten Muskovit und Biotit, der durch Eisenentlaugung gebleicht 
ist. Es finden sich in ihm zoll- bis papierdicke Zwischenlagen eines bläulich-amorphen Quarzes porodiner!) 
Entstehung. 

Granitporphyrischer Muskovitgneis. Der Muskovitgneis des inneren Talaiwaldes hat 
eine massige Textur und eine blastogranitische Struktur. Die Flaserung der Muskovitlagen tritt im Hand- 
stück häufig sehr gegenüber der granitisch-körnigen Struktur zurück und weist auf eine Entstehung aus 
einem granitischen Magma hin. Die Gesamtfärbung wird dem Gestein durch große, rote Plagioklasaugen 
erteilt, die in kataklastischen Linsen und Lagen eingeordnet sind und in einem Grade die Textur beein- 
flussen, daß man auf die Herkunft des ganzen Gesteins aus einem Granitporphyr schließen darf. Der Quarz 
ist bläulicher Färbung, der Muskovit sehr feinschuppig, alles Merkmale, die für die Identität mit den 
Angelusgneisen sprechen. 

Biotitgneis und Zweiglimmergneis. Die Gneise des mittleren Kerns sind feinkörnig und 
stark geschiefert. Im SW. überwiegt der Biotit, der zum Teil aus Andalusit hervorgeht. An einem Hand- 
stück wurde Serizitisierung des spärlichen Muskovits beobachtet. Gegen NO. nimmt un allgemeinen der 
Gehalt an Muskovit zu. Allen Gmeisen dieser Gruppe gemeinsam ist die starke Eisenentlaugung des 
Biotits, das Vorkommen weißen, großen Quarzes und das starke Zurücktreten des Feldspats. 

(Biotit-)Serizitphyllit. Die Phyllite der zweiten Gruppe sind gegenüber denen der ersten 
Gruppe feinkörniger und reicher an dunklen Gemengteilen. Der Anteil des Serizits ist auch bei ihnen gering: 
und wurde nur in stärkerem Maße am Arlui unmittelbar unter der Triasdecke des Jackel beobachtet. 
Diese serizitreichen Phyllite sind von Stache auf dem Profil 6 als »Grüne Schiefer« ausgeschieden worden, 
haben aber mit den sedimentären grünen Gesteinen im S. und ©. keine Verwandtschaft. Durch Zirkulation 
der Tageswässer ist der Kalk und Gips der Triasdecke auf Haarspalten in den Phyllit infiltriert worden. 

Zweiglimmerschiefer. Im Riglbachtal steht dieser Phyllit in stratigraphischem Verbande mit 
einem Tonglimmerschiefer, der viel Biotit und wenig Muskovit enthält, Der Gehalt besonders dieser Gesteine 
an Tonerde veranlaßte die Einreihung der kristallinen Gesteine im ©. und N. des Kemes in die Gruben- 
mannsche Gruppe der pelitischen Tonerdesilikatgneise. 

Quarzdioritischer Glimmerplagioklasgneis. Die kristalline Randzone des Plawenner 
Diorits und ihr nördlicher Parallelarm haben die massige Textur im hohen Grade bewahrt. Die schiefrige 
Anordnung der Glimmerlamellen ist nur grob angedeutet. Der Mineralbestand und die Färbung ist dem 
Diorit vollkommen analog. 

Eisenglimmerschiefer. Feinschuppiger Eisenglanz, sogenannter Eisenglimmer, verdrängt an 
der auf der Karte näher bezeichneten Stelle des mittleren Talaiwaldes den ursprünglichen Muskovit. Auf 
dem Querbruch erscheinen die rötlichen, durch Metasomatose nicht angegriffenen Feldspate des Gneises als 
helle Einspringlinge in einer rötlich-schwarzen Grundmasse. 

Eruptiva. Die Textur und Struktur des Quarzglimmerdiorits ist granitisch-körnig. Die Bestand- 
teile sind von feinster bis nußgroßer Ausbildung. Unter ihnen ist Quarz in allotriomorpher Ausbildung vor- 
herrschend. Er ist hell bis bläulich gefärbt und von fettig-muschligem Bruche. Der Biotit ist, je nach dem 
Grade der Eisenentlaugung, von schwarzer, brauner bis metallisch-gelber Färbung. Der Plagioklas ist weifs, 


idiomorph und stark verwittert. 


1) ef. Kayser, Lehrbuch d. Geol., I, pag. 112. 2. Aufl. Stuttgart 1905. 


D 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XXI. 


ro Richard Lachmann. [ro] 


Der normale Granit von St. Wendelin hat mittelkörnige Textur und granoblastische Struktur, Der 
Muskovit ist flaserig angeordnet. Er ist von ölgrüner Färbung und bestimmt die Gesamtfärbung des Ge- 
steins. Der Quarz ist glashell und von allotriomorpher Gestalt. Der Hauptbestandteil ist ein prismatischer 
bis stenglicher Orthoklas. Akzessorisch treten auf: Biotit und Hornblende.‘ 

Es konnten an dem Granit einzelne Erscheinungen einer Differentiation des Magmas beobachtet 
werden. Einmal treten nach ©. hin mehrere sehr schmale, kersantitische Gangschizolithe auf. Sie sind fein- 
körniger als das Hauptmagma und weisen ein Überwiegen der dunklen Gemengteile auf. Sodann tritt eine 
magmatische Differentiation als Kontaktwirkung in die Erscheinung. Der Granit zeigt nämlich in geringer 
Entfernung von Nebengestein eine parallele Anordnung der Glimmer- und Quarzpartikel, die auf Druck oder 
— wahrscheinlicher — auf Fluktuationsprozesse zurückgehen. Unmittelbar am Salband tritt eine saure Ent- 
mischung ein: das Magma wird feinkörnig und aplitisch. Der Gneis des Nebengesteins spaltet an der Kon- 
taktfläche parallelepipedisch, welches sich unschwer als Wirkung der Kontaktwärme erklärt. Diese Erschei- 
nung ließ sich nur wenige Dezimeter ins Nebengestein verfolgen und ist ein augenscheinlicher Beweis dafür, 
daß von diesen intrusiven Magmen ein energisches Temperaturgefälle nach dem Nebengestein zu ver- 
zeichnen ist. 

Zur »Theorie der Piezokontaktmetamorphose.« Diese Beobachtung scheint uns von 
Wichtigkeit im Hinblick auf die neuerdings wieder von Weinschenk versuchte Deutung der alpinen kri- 
stallinen Schiefer als Produkte der (Piezo-) Kontaktmetamorphose. Dieser Forscher hat bekanntlich!) eine 
erhöhte und auf große Entfernung sich erstreckende Wirkung der »agents min£ralisateurs« bei gleichzeitigem 
Auftreten von magmatischer Intrusion und gebirgsbildendem Drucke zu konstruieren sich bemüht und da- 
durch auf rein induktivem Wege eine Entstehung der kristallinen Schiefer durch plutonische Kräfte ange- 
nommen. Nun ist aber eine Wirksamkeit der »agents min£ralisateurs« überhaupt nur bei stark durchwärmtem 
Nebengestein, d. i. bei sehr schwachem Temperaturgefälle, denkbar, da diese Agentien, unter welchen 
sonstigen physikalischen Bedingungen auch immer, im kalten Nebengestein kondensieren würden. Wenn 
man daher Fälle geringer Leitungsfähigkeit des kristallinen Nebengesteins für Wärme — und ein 
solcher Fall liegt hier vor — nachweist, so macht man die Möglichkeit von vornherein indiskutabel, daß 
sich de Weinschenkschen Vorstellungen für einen größeren Geltungsbereich vollziehen lassen. In diesem 
Zusammenhang sei noch ausdrücklich betont, daß die kristallinen Gesteine unseres Gebietes weder in 'chemi- 
scher, noch in textureller Hinsicht die geringste Abhängigkeit von den so mannigfaltigen Intrusivmassen 
zeigen, soweit sie nicht direkt aus ihnen hervorgegangen sind, und daß ferner die Entfernung desjenigen 
Intrusivkörpers, der zunächst seiner Mächtigkeit wegen für eine Deutung im Sinne von Weinschenk in 
Betracht käme, des Adamellostockes, 60 km in der Luftlinie beträgt. Bis auf diese Entfernung hin müßte 
bei der Aufrichtung der Alpen durch die intrusiven Zentralmassive das Nebengestein so stark vorgewärmt 
worden sein, daß die schmalen Apophysen nicht als Gläser, sondern holokristallin erstarrten., Dem gegen- 
über scheint uns die Anschauung dafür zu sprechen, daß gerade die Eigenschaft des Nebengesteins als 
schlechter Wärmeleiter die Kristallinität der Granitstielgänge begünstigte. Ähnlich läßt sich in der Technik 
die Abkühlung durch Zufuhr von Wärme oder durch Isoliermittel verhindern. Eine holokristalline Aus- 
scheidung erfolgte demnach unter dem Einfluß folgender Faktoren: 

1. Langsame Energieabnahme, dadurch hervorgerufen : 

2. langandauernde Bewegungsfähigkeit der chemischen Moleküle, die sich 

3. durch den Zwang zur Kristallisation bei rascher Diffusion der »agents mineralisateurs« ins Neben- 
gestein zu den beobachteten Mineralien gruppieren ; ; 

4. auch der Zeit nach der vollendeten Abkühlung wird ein nicht unerheblicher Einfluß /auf die 
Ausbildung der Mineralien zuzuschreiben sein. Denn falls wirklich bei der stufenweisen und stetig lang- 
samen Abkühlung noch ein Teil des Magmas als Glas, d. h. nach neueren Anschauungen als überkühlte 
Schmelze erhalten blieb, so wird der an Gläsern beobachtete Prozeß der langsamen »Erblindung« — die 
> Variolithbildung« der Petrographie — im Laufe der Zeiten zur Angliederung der Glasmasse an die schon 
ausgeschiedenen Mineralien führen. 


') Weinschenk, Vergl. Studien über Kontaktmetamorphismus, pag. 441—479. Z. d.d. &. G., 1902. 


1] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 11 


Genetisches Gesamtbild. Den Kern unseres Gebietes bilden sedimentäre Massen vom chemi- 
schen Typus der Alkalifeldspatgneise. Sie gehen nach N. und O. über in Tonerdesilikatsedimente. 

An Erstarrungsgesteinen sind diesen Sedimenten eingelagert: syngenetische Quarzporphyrdecken 
im NW., epigenetische Granitporphyrlager im W. und ein epigenetischer Quarzdioritstock im S. Lokal er- 
folgte eine Metasomatose durch eisenhaltige Lösungen auf einer nordstreichenden Spalte. 

Dieser vielgestaltige Gesteinskörper wurde in Zeiten des jüngeren Paläozoikums einer regional wir- 
kenden Metamorphose unterworfen. Die randlichen Gebirgsmassen wurden unter den physikalischen Bedin- 
gungen der obersten Tiefenstufe zu Epigesteinen, während die mittleren Partien durch Versenkung in 
größere Tiefe den Charakter von Mesogesteinen annahmen. 

Viel später drangen dann auf NS. verlaufenden Spalten die schmalen, stielgangartigen Intrusiv- 


massen des Granits von St. Wendelin empor. 


III. Mechanische Ablagerungen des Jackelgebietes. 


Chronologische Beurteilung. Zwischen die metamorphen kristallinen Schiefer einerseits 
und die organischen Kalke anderseits schalten sich als Ablagerungen mechanischer Entstehung Sandsteine 
und Schiefer verschiedener Zusammensetzung ein, die von Stache als »grüne Schiefer«!), von Gümbel?) 
als »chloritische Schiefer«e und von Pichler?) als »bunte Schiefer« ohne den Versuch einer chronologi- 
schen Deutung bezeichnet wurden. 

Schiller*) unterscheidet in analogen Schichten der Lischannagruppe, vorwiegend nach der Farbe: 
Verrukano, Servino und Buntsandstein. Alle drei Bildungen sind aber als ein Glied kartiert, »da sie infolge 
tektonischer Vorgänge ‚meist schwer trennbar sind.« Wir lesen aus diesen Worten das Zugeständnis heraus, 
daß eine chronologische Horizontierung nach willkürlichen petrographischen Merkmalen dem tatsächlichen 
Befunde nicht anzupassen war. 

In den liegendsten Schichten unserer mechanischen Ablagerungen, die in durchweg gestörter Lage- 
rung auf der kristallinen Unterlage ruhen, treten grobe Konglomerate auf, wie sie in Graubünden und 
Glarus bekannt sind, und, weil sie zuweilen über Karbon liegen, als Rotliegendes (Verrukano) gedeutet 
werden. Diese Analogie darf nur mit Vorsicht übernommen werden, weil das Charakteristikum, die Quarz- 
porphyrgerölle, fehlt. 

Auch im Hangenden sind die mechanischen Ablagerungen unseres (sebietes disloziert. Man erkennt 
unschwer, daß mit dem Wechsel des Materials der Widerstand gegen die gebirgsbildenden Kräfte ge- 
wechselt hat und so eine Dislokation verursacht wurde. Indessen dürften in dem normalen Schichtenverbarnd 
von dem mechanischen zu den organischen Ablagerungen keine wesentlichen Bindeglieder fehlen, da sich 
schon in den hangendsten Horizonten ein merkbarer Gehalt an Kalk einstellt. 

Mit diesen organogenen Schichten setzt die mittlere Trias ein, und wir sind somit vor die Aufgabe 
gestellt, Perm und Trias, Buntsandstein und Verrukano in dem Komplex der mechanischen Sedimente aus- 
einanderzuhalten. 

Die physikalischen Absatzbedingungen haben nun allerdings in dem betrachteten Zeitraum einmal 
eine deutliche Änderung erlitten: denn es wurde in der Mitte der Schichten ein deutliches, plötzliches 
Gröberwerden wahrgenommen. Ferner ist dieser obere Teil von dem unteren insofern verschieden, als er 
sich durch einen Eisengehalt auszeichnet, der einzelne Horizonte intensiv rotfärbt. Wenn wir daher mit der 
gedachten Schicht den Buntsandstein beginnen, so wird das ein jeder cum grano salis aufnehmen. 

Erst nach Aufstellung dieser chronologischen Gruppierung kam mir die von Deninger°) aufgestellte 
Schichtfolge zu Gesicht, die ohne weitere Erklärung bei Schiller abgedruckt ist. Deninger rechnet 
nur die »obersten Sandsteinlagen, stellenweise mit etwas dolomitischer Rauchwacke und Gips« in einer 


)) Seaelne, Ib &, Mes, IL, Nie, ©. 

°) Gümbel, pag. 291. 

°) Pichler, pag. 436. Verhandlungen d. k. k. g. R., 1877. 
4) Schiller, ]. c., pag. 9 f. Jahrbuch d. R., 1864. 

») Schiller, ]. ce, II. Piz. Ladgruppe, pag. 9 f., Ber. 1006. 


12 Richard Lachmann. [12] 


Mächtigkeit von 60 m zum Buntsandstein. Die größere Hälfte der bunten Sandsteine weist er offenbar dem 
Verrukano zu. Es steht natürlich in jedes Belieben, ob er die oben erwogenen Kriterien oder den Beginn 
chemisch-organischer Sedimentation als Einleitung für die Trias erklären will. Daß aber diese Einteilung: 
»ähnlich, wie an anderen Stellen der Lischannagruppe» !) erfolgt sei, kann ich nicht zugeben, da im ersten 
Teil der Schillerschen Arbeit, S. 10, als petrographische Definition des Buntsandsteines ausdrücklich zu 
lesen steht: »— nur aus Quarzkörnern und tonig-glimmerigen Lagen bestehend ...... nach oben wird er 
kieselig-dolomitisch und geht in Muschelkalkdolomit über.« Und auch sonst ist mir in den Alpen kein Fall 
bekannt, wo man Dolomit und Gips als charakteristische Einlagerungen für den ganzen Buntsandstein be- 
obachtet hat. 

Stratigraphische Einteilung. Der Verrukano besteht aus Sandsteinen und Arkosen in einer 
Gesamtmächtigkeit von 250 m (vgl. Profil 3). 200 m mächtig ist das feinkörnige Material im Hangenden, 
35 m sind grobkörnig und das Basiskonglomerat hat eine mittlere Mächtigkeit von etwa 15 m. 

Der Buntsandstein hat, bei einer Gesamtmächtigkeit von 280 mn, folgendes Profil: 


1. Grüner, feinschuppig-serizitischer, stark gefalteter Kalkschiefer 100 m. 


D 


Bituminöser, bläulich-schwarzer Mergelschiefer I—2 m. 
3. Gelbe bis graue, gebänderte Sandsteinarkose So m. 
4. Ungeschichtete, gelbrote, eisenreiche Sandsteinarkose 100 m. 


Petrographische Beschreibung. Ein besonders reiches Material, das sich zudem der ein- 
gehenden Betrachtung verlohnt, liegt uns aus dem Gebiete des Verrukano vor. Wir müssen hier eingangs 
Bezug nehmen auf eine größere Arbeit von Milch?) über den Verrukano. Sie behandelt die petrographisch 
sehr mannigfaltisen Gesteine des Glarner Gebietes und gab dem Autor Veranlassung zu einer geologisch- 
petrographischen Einteilung der Verrukanogesteine, die aber leider für unser Gebiet nicht übernommen 
werden konnte. 

Es fehlt zunächst die im Glarner Land stark vertretene Gruppe der permischen Eruptiva und ihre 
sedimentären Derivate. Die reinen Verrukanosedimente teilt Milch ein in Konglomerate, grobkörnige uud 
feinkörnige Sandsteine und Arkosen, Gesteine des »Sammeltyps« und »Umwandlungsprodukte«. Die Kon- 
glomerate werden noch speziell genetisch gruppiert in heterogene und homogene, je nachdem das Material 
der Ablagerung älterer Entstehung (Granitporphyr) oder zeitgenössischer Provenienz war (Quarzporphyr). 

Von den Verrukanosedimenten nach der Milchschen Einteilung sind am Jackel vertreten: 

1. Homogene heterochronische Konglomerate. 

2. Grobkörnige Sandsteine und Arkosen. 

3. Feinkörnige Sandsteine und Arkosen. 

4. Gesteine des »Sammeltyps«. 

Außerdem wurden lokal bituminöse, feinkörnige Arkosen wahrgenommen. 

Wenn man von dieser geringen Ausnahme absieht, so lassen sich alle vorkommenden Gesteine 
ohne Berücksichtigung ihrer geologischen Position in eine einzige chemische Reihe zusammenfassen, Diese 
führt — unter Vernachlässigung der färbenden akzessorischen Gemengteile — vom reinen Sandstein mit 
100%, SiO, über die Arkosen mit wechselnden Mengenverhältnissen zum Kaolin mit rund 40%, Al,O, bei 
50°%, SiO, und 10°, H,O. 


Auch der Mineralbestand kann in unserem Falle ungezwungen als eine Reihe aufgefaßt werden. 
Es ist nämlich der Mineralbestand der Verrukanogesteine bedingt durch den wechselnden Grad eines Meta- 
morphismus, den als Funktion der tertiären Gebirgsbewegung zu deuten wir weiter unten unternehmen 
werden. Hier soll zunächst nur die Tatsache ins Auge gefaßt werden, daß die Tonerdekomponente unserer 
Gesteine, die in Verbindung mit einem entsprechenden Gehalte an Alkalien und Kieselsäure den detritogenen 
Feldspat in den Arkosen und Kaolinlagern ausmachte, in erster Hinsicht der Dynamometamorphose unterlag, 
und daß der Grad dieser Umwandlung den Gesamthabitus des Gesteinsstückes bestimmt. 


') Schiller, 1. c., II. Piz Ladgruppe, pag. 9 f., Ber. 1906. 
®) Milch, Beiträge zur Kenntnis des Verrukano, I, II, Leipzig 1892, 1896. 


[13] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 13 

Diese Umwandlungsreihe konnte als eine Doppelreihe aufgefaßt werden. (Vgl. die Tabelle Fig. 4.) 
Die eine Gruppe von Gesteinen neigt nur Ausbildung von Muskovit aus Feldspat, die andere zur Seriziti- 
sierung. Daß zuweilen beide Glimmerarten an einem Handstücke nebeneinander vorkommen, ist in diesem, 
rein beschreibenden Zusammenhange nicht von Wichtigkeit und wird sich später leicht genetisch ver- 
stehen lassen. 

Man kann die unter diesen Gesichtspunkten aufgestellte Tabelle auch als ein Koordinatensystem 
auffassen, bei der die Ordinatenachse die stoffliche Zusammensetzung jedes einzuordnenden Minerals 
(oder primäre genetische Eigenschaften) und die Abszissenachse nach zwei Richtungen hin vom Nullpunkte 


Petrographische Deutung der Verrukanogesteine. 


Schwachkristalline 


Erste Erste ZoAne Zweite Zweite 
vollkristalline halbkristalline AO; halbkristalline vollkristalline 
Zone Zone [bis ! 40°/,] Zone Zone 
25 "24 
SR: Serizit- FR: Muskovit- |. Muskovit- 
Sertizit- Schnüre ; Kaolin? al 3 I 
‚paraphyllit paraphyllit Glimmerschiefer 
ae I -S 
an Serizit- Arkose- ; 
Serizi Serizit- sandstein Arkosen i Muskovit- Arkose- Muskovit- Muskovit- 
"Bildung "20 phyllitgneis ind 8 | sandstein 5 | Gneisphyllit | Bildung 
sul Grauwacke 2 6,7 +16 
-1S 5 +10 
7 
re 
ge R Muskovit-Serizit- . ; 
Seriziütquarzit ; Muskovitquarzit 
.22 Sandsten 12 .23 
26  Onmarzit si o. Quarzit +26 


[bis y 100°/, ] 
Fig. 4. 


aus den Grad der mechanischen Beanspruchung (oder sekundäre genetische Eigenschaften) angibt. So 
läßt sich jedes Gestein gleichsam diagrammatisch festlegen. 

Es liegen in der Mittelachse übereinander: die Kaolinbildungen mit dem höchsten Gehalte an 
A1,O, (bis 40°%,). Sie sind ebenso, wie die Quarzitsandsteine, differenzierte Aufbereitungsprodukte 
gegenüber den normalen Arkosen, die die Mittelfläche um die Zentralachse einnehmen. 

Alle diese Ausgangsprodukte der wirklich vorliegenden Gesteine sind aber nur mehr oder weniger 
ideell gedacht, da der Fekdspat in keinem Handstück mehr unverändert vorkommt. Es wurde daher die 
mittlere Kolonne als schwach kristalline Zone bezeichnet. Rein ideell ist die Gruppe der reinen Kaoline. 
Das nimmt keineswegs Wunder, wenn wir bedenken, daß hier der Hauptträger der Metamorphose, der 
Feldspat, in reiner und dazu noch verwitterter und deshalb leichtest angreifbarer Form vorliegt. Dagegen 
konnte manches schwach beanspruchte Gestein noch ohne weiteres als Arkose angesprochen werden, da 
auf dem frischen Bruche die typische, körnig-weißliche Farbe den Glimmergehalt überwog. Ganz aufgezehrt 
wurde hingegen der geringe Gehalt der tieferen Gruppe, der Sandsteine, an Feldspat, so dafs wir hier 
schon in der mittleren Zone zwischen Muskovitsandstein und Serizitsandstein unterscheiden mußten. 


14 Richard Lachmann. Ei 4] 


Weiter nach außen folgt eine erste und zweite halbkristalline Zone. Ihre Vertreter sind in der 
Kaolinreihe: Serizitphyllit und Muskovitphyllit, in der Arkosereihe: Serizit- (Muskovit-)Arkosesandstein und 
in der Sandsteinreihe: Serizitquarzit und Muskovitquarzit. 

Die äußeren Kolonnen werden durch eine erste und zweite vollkristalline Zone gebildet. Es gehören 
hierhin: von der Kaolinreihe: einerseits einzeln beobachtete Serizitschnüre, anderseits ein sehr quarzarmer 
Muskovitglimmerschiefer. Es entspricht übrigens diese Stufe der Metamorphose ungefähr dem, was 
Schiller im Lischannagebiet als »Servino« für einen chronologischen Horizont erklärte. Die Arkosereihe 
weist als extremste Glieder der Metamorphose Serizit- und Muskovit-Gneisphyllit auf. Anderseits bedeuten 
in der dritten Reihe die Quarzite die extremsten Glieder der metamorphen Sandsteine. Der Glimmergehalt 
kann hier in einer Weise zurücktreten, daß schließlich nur ein reiner Quarzit als Endprodukt einer der 
Metamorphose unterworfenen Quarzsandablagerung resultiert. 

Zur Bekräftigung der vorgetragenen Ansicht von der Genesis der Verrukanogesteine soll nun im 
folgenden eine Reihe von Handstücken, die uns vorliegen, in das System eingereiht werden, und eine 
kurze Charakterisierung des ‚Mineralbestandes soll diese Einreihung rechtfertigen. Für jedes Gestein wurde 
auf der Tabelle eine Stelle markiert. Der Abstand dieser Stellen vom Mittelpunkte der Tabelle, der eine 
normale Arkose repräsentiert, ist dann sozusagen das Maß für den Ungleichförmigkeitsgrad des betreffenden 


Handstückes. Nach dessen Zunahme sind die zu beschreibenden Stücke geordnet. 


Nr. ı ist ein feinkörniges Gestein aus weißem Quarz, viel kaolinisiertem Feldspat und wenig Seri- 
zitschüppchen. Der Kern des Handstückes ist umgeben von einer eisenreichen Verwitterungskruste mit ver- 
mindertem Kaolingehalte. Unter »Kaolin« wird hier und im folgendem, ungeachtet der mineralogischen Unge- 
nauigkeit des Ausdruckes, jener durch Verwitterung erzielte Erhaltungszustand des Feldspats verstanden, bei 
dem Härte und Eigenfarbe verloren gehen und ein weißliches Pulver resultiert. Präziser wäre: Feldspat mit 
Kaolinflecken. 

Nr. 2. Die Korngröfse ist die gleiche. Der Quarz hat gelbliche Färbung und überwiegt den Feld- 
spat. Glimmerpartikelchen fehlen. 

Nr. 3 zeichnet sich aus durch einen kubischen bis rundlichen Rosenquarz in Körnern bis 5 mm 
Durchmesser. Der kaolinisierte Feldspat ist linsenförmig eingeordnet. Er steht in deutlichem Zusammenhang; 
mit den Kaolinnestern, ebenso wie der Serizit, der in grünlichen Schichten von 0'3 bis 0'7 mım angeordnet 
ist und dem Gestein den Charakter eines schwach ausgeprägten Schiefers verleiht. 

Nr. 4 setzt sich zusammen aus rundlichem, brecciösem, glashellem Quarz und wenig Feldspat. Die 
Serizitschüppchen treten zurück. 

Nr. 5. Ein Gestein aus weifsem klaren Quarz, wenig Kaolin und fein verteiltem, schuppigem Muskovit. 

Nr. 6. In diese Stellung des Systems gehört ein Teil der bituminösen Arkosen. Ihre Mineralzusammen- 
setzung ist ähnlich, wie die in Nr. 5 beschriebene. Die kohlige Substanz begleitet entweder den fein ge- 
ältelten, in Schieferebenen eingeordneten Muskovit oder sie umhüllt die Quarzkörnchen. 

Nr. 7. An einem anderen Stücke durchsetzt das Bitumen das ganze Gestein, 

Nr. 8. In die gleiche Abteilung gestellt wurde ein Gestein aus bläulichem Quarz, gelblich ver- 
witterndem Kaolin und feinschuppigem Muskovit. 

Nr. 9. Der Milchquarz tritt stark zurück hinter dem lagen- und plattenförmigen Serizit. 

Nr. 10, Ein Phyllit mit vorherrschendem Serizit und eisenoxydischer Färbung. 

Nr. 11. Der Quarz ist weißlich und durch Zement von Kieselsäure verkittet. Der Feldspat ver- 
schwindet. Der Serizit verleiht, zusammen mit dem glashellen Bindemittel, dem Gestein eine hellgrüne Farbe. 

Nr. 12. Ähnliche mineralische Zusammensetzung, bei Vertretung des Serizits durch Muskovit, zeigt 
ein anderes Handstück. Auf Verwitterungsflächen zeigt sich, daß die Quarzlagen durch Druck parallel ge- 
lagert sind. Das Gestein weist auf alten Verwitterungsflächen und Bruchflächen einen Überzug von Braun- 
eisenstein (Dendriten) auf. 

Nr. 13. Runder bis linsenförmiger Quarz von weißer Farbe und wenig kaolinisierter Feldspat sind 
von grünlich gelbem Muskovit in deutlicher Schieferung umhüllt. Auffallend ist eine bänderförmige, offenbar 
auf sekundärer Infiltration beruhende Eisenoxydfärbung. 


15] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 15 


Nr. 14. Ein grünliches Gestein, bestehend aus weißem Quarz, wenigen rundlichen Kaolintüpfchen 
und einem das Gestein gleichsam durchtränkenden Serizit. 

Nr. ı5. Bläulicher Quarz, wenig Kaolin, Serizitschüppchen. 

Nr. 16. Weißer Quarz und Muskovit. 

Nr. 17. Das Gestein hat eine Grauwackengrundmasse von Feldspat und Quarz und schließt größere 
Nester von Serizit ein. 

Nr. 18. Ein feinkörniges, gefälteltes, phyllitisches Gestein aus weißem Quarz, wenig Feldspat und 
hellgrünem Serizit. Kiselsäure-Zementation. 

Nr. 19. Der Serizit ist in Platten bis Flasern angeordnet. Der Quarz ist auf den Schieferflächen 
verteilt. 

Nr. 20 kann als das Endprodukt der Umwandlung der Arkosen angesehen werden. Er besteht rein 
aus Serizit und Quarz, die völlig getrennt voneinander gangförmig zusammengewachsen sind. 

Nr. 21. Der Serizit kann auch überwiegen. Die Verteilung ist in diesem Exemplar etwas feiner. 

Wir kommen jetzt zu den Handstücken, die den stärksten Ungleichförmigkeitsgrad vertreten. 

Nr. 22 ist ein zementierter Quarzit, der teilweise schwach grün gefärbt ist. Sein Analogon ist 

Nr. 23 mit geringen Spuren von Muskovit, 

Nr. 24 besteht aus plattig verwachsenen, dünnen Linsen von Muskovit. 

Nr. 25. Es liegt uns eine größere, schichtungslose Niere reinen Serizits vor. 

Nr. 26. Endlich ist zu erwähnen ein reiner, blendend-weißer, zuckerkörniger (Juarzit, der sowohl 
in der linken, wie in der rechten Hälfte ganz unten seinen Platz findet. 

Die Herkunft der Gesteine wechselt sehr. Alle aber entstammen dem schmalen Verrukanostreifen, 
dessen Lage auf der Karte zu ersehen ist. Alle Gesteine sind natürlich bei aller Mannigfaltigkeit der Be- 
zeichnung »Epigesteine« im Grubenmannschen Sinne, d. h. ihre Umwandlung vollzog sich in der 
obersten Tiefenstufe. 

Genetische Verhältnisse. Aus dem angeführten Tatsachenmaterial läßt sich ein guter Teil 
von physikalischen Bedingungen des Absatzes und der Umwandlung ableiten. 

Was zunächst die stoffliche Zusammensetzung der fraglichen Schichten anlangt, so weisen sie eine 
deutliche Abhängigkeit von den kristallinen Schiefern im Liegenden auf. Man kann sie sich unschwer als 
Aufbereitungsprodukte der Phyllite und Gneise der ersten bis dritten Gruppe vorstellen. Eine fremde Stoff- 
zufuhr braucht nicht angenommen zu werden, abzüglich der lokalen Imprägnation mit kohliger Substanz. 

Die mineralogische Zusammensetzung macht also die Annahme wahrscheinlich, daß ein jungpaläo- 
zoisches Meer über das Alpengebiet nach Vollendung der Metamorphose transgredierte. 

Die Abnahme der Gesteinselemente vom Liegenden zum Hangenden erklärt sich unschwer durch 
eine kontinentale positive Strandverschiebung. Zu ähnlichen Resultaten gelangte Milch für die Verrukano- 
gesteine der Glarner Alpen.!) 

Schon gelegentlich der petrographischen Beschreibung wurde betont, wie außerordentlich verschieden, 
im Gegensatz zu der gleichförmigen Metamorphose des Kristallinen, der Grad der Umwandlung bei den 
Verrukanogesteinen sei. Während jene das Produkt regionaler Kräfte waren, müssen wir uns also hier nach 
lokal wirkenden Kräften umsehen, und zwar drängen alle Anzeichen zu der Anschauung, daß das wirkende 
Agens die tertiäre Gebirgsbildung war. 

Es zeigt sich bei Verfolgung dieses Gedankens, dafß die mikromechanische Umwandlung, wie sie 
in der Formveränderung der Gemengteile (Kataklase) sich zeigt, und die chemische Umwandlung, wie sie 
in der Bildung der Glimmer zum Ausdruck kommt, zunächst abhängig ist von der Intensität des Gebirgs- 
druckes. So zwar, daß die Umwandlung der Massen abhing sowohl von dem Gewichte der auflastenden be- 
wegten Massen (hydrostatischer Druck), als von der Intensität des gerichteten Druckes (Streß). 

Einfluß des hydrostatischen Druckes. Die zahlenmäßige Abschätzung des ersten Faktors 
(hydrostatischer Druck) läßt sich nicht vornehmen, da die verschobenen Massen zum großen Teil durch die 
Erosion entfernt sind. Aus den erhaltenen Resten ergibt sich, wie weiter unten dargetan wird, nur so viel 


2). c., I. Schlußkapitel. 


16 Richard Lachmann. [16] 


mit Sicherheit, daß die gesamte Masse, die der gebirgsbildenden Kraft unterlag, aus sehr inkongruenten 
Teilen zusammengeschweißt war, so daß für die einzelnen Gebiete der darunterliegenden Verrukanoschichten 
der hydrostatische Druck sehr schwankend war, vielleicht sogar durch größere Beschleunigung der han- 
genden Massen in den verschiedenen Stadien der Gebirgsbildung an einzelnen Stellen zeitlich sich ver- 
änderte, Die betrachteten Gesteine scheinen — das geht aus der Mannigfaltigkeit ihrer Ausbildung auf so 
aufserordentlich beschränktem Raume ohne weiteres hervor, eine sehr feine Reaktionsfähigkeit auf die Massen- 
verteilung über ihnen in den Zeiten der Umwandlung besessen zu haben. Man kann sie als feinste Mano- 
meter ansehen für Druckkräfte, deren Träger uns vollkommen entzogen sind, so daß die Fülle des beschrie- 
benen Materials auch nicht annähernd genetisch ausmünzbar ist. Auf welchem Wege man hier unter gün- 
stigeren Bedingungen des einzelnen vorgehen müßte, liegt auf der Hand. Greifen wir wieder auf unsere 
Tabelle zurück und denken wir uns wieder das chemisch-physikalische Koordinatensystem, so gibt für jedes 
Gestein der absolute Betrag des zugehörigen Abszissenabschnitts den relativen Maßstab ab für den wirk- 
samen hydrostatischen Druck. 

Einfluß des Streß. Dem gerichteten Drucke bin ich geneigt, nur einen geringen Einfluß auf 
die Gesamtmetamorphose zuzuschreiben. Der Gedanke liegt ja verführerisch nahe, aus Zonen gleicher Um- 
wandlung im Felde die Richtungen des Streß und damit die tektonischen Kraftlinien zu rekonstruieren, 
Gerade das Beispiel der Arbeit von Milch wirkt hier wenig ermunternd.. Auch er hat am Schluß seiner 
Arbeit eine völlige Übereinstimmung des durch den Grad der Metamorphose seiner Verrukanoschichten 
ermittelten Kraftlinienbildes mit der tektonischen Theorie der Glarner »Doppelfalte«, die sich damals auf 
dem Höhepunkte ihrer Anerkennung befand, erkennen zu können geglaubt und wird jetzt, wo diese Theorie 
verlassen ist, wo nicht die tatsächlichen Beobachtungen, so doch die Schlußfolgerungen daraus revidieren müssen. 

Fehlerquellen: 1. Rückwandlung. Vielleicht darf hier auf zwei mögliche Fehlerquellen hin- 
gewiesen werden, deren Bedeutung durch Beobachtungen am Jackel nahe gelegt wurde. 

Das logische Korrelat der Theorie von der Metamorphose der Gesteine in Tiefenzonen ist der als 
»rückläufige Metamorphose« bezeichnete Vorgang. Findet unter gewissen physikalischen Bedingungen 
gesteigerter Krafteinwirkung eine intramolekulare Veränderung der Gesteine nach dem Volumengesetze 
statt, so muf3 notwendigerweise bei einer Abschwächung dieser äußeren Kräfte eine Rückwandlung im 
umgekehrten Sinne stattfinden. Denn wenn die Stoffe des Gesteins genügend intramolekulare Elastizität 
besaßen, um sich einer Tiefenzone anzupassen, so müssen die gleichen Elastizitätskräfte den Gleichgewichts- 
zustand der Oberfläche wieder anstreben, falls die Gesteine durch Erosion wieder Luft bekamen. Nun ist 
offenbar die Zeit, die zur Erreichung dieses Ausgangsstadiums nötig ist, am geringsten bei Epigesteinen 
wie sieim Verrukano vorliegen. In diesem Zusammenhange stelle ich die Wahrnehmung, daß im allgemeinen in 
orographisch höheren Partien die Schichten scheinbar weniger metamorph sind, da sie längere Zeit bloß- 
liegen. Obwohl sich hieraus ein Argument für die unten vorzutragende tektonische Konstruktion nach dem 
Vorgang von Milch ableiten ließe. 

2. Tektonik. Die andere Fehlerquelle liegt darin, daß man vom Standpunkt der Petrographie 
aus zu leicht das geologische Gesamtbild der Wirkungen aus den Augen verliert. Wenn man zu sehr nur 
die-Ausbildung der Gesteine im Auge hat, vergißt man, daß im Felde die Kräfte des Streß zunächst 
einmal in den makromechanischen (molaren) Massenbewegungen, d. h. in Falten, Brüchen und Über- 
schiebungen, ihren Ausgleich suchen. Nur wo die Ausweichsmöglichkeit beschränkt ist, also vor allem in 
größeren Tiefen, wirkt der gerichtete Druck mikromechanisch (molekular und intramolekular) bewegend. Es 
treten also”die Erscheinungen der Kataklase und der chemischen Umwandlung nur subsidiär auf. Und es 
ist sehr wohl der Fall denkbar und auch öfters nachgewiesen, daß ein Gesteinsfetzen in eingeklemmter 
Lage und beschränkter Ausweichsmöglichkeit der Moleküle unter gelindem Streß stärker metamorph wurde, 
als eine unter sehr intensivem, seitlichem Drucke frei gewölbte Platte. 

Nach alledem muß man annehmen, daß die Metamorphose, wenn man darunter Kataklase und 
Konzentration des Molekularvolumens begreift, vor allem dem hydrostatischen Drucke zuzuschreiben ist, in 
zweiter. Linie’erst durch Streß verursacht wurde, und daher für die Tektonik nur untergeordnete Bedeutung hat. 


Eine Erscheinung der Metamorphose allerdings muß hier ausgenommen werden, 


[17] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 17 


Oben war von einer doppelten Ausbildung des Glimmers die Rede, einer muskovitischen und einer 
serizitischen. Es muß als eine sehr auffällige Erscheinung hervorgehoben werden, dafß sämtliche Vorkommen 
von Serizit an eine einzige Störung in unserem Gebiete geknüpft sind, die sich als eine Schubfläche erwies. 
Dabei findet sich dieser, teilweise geradezu als Imprägnation und Zement auftretende Serizit sowohl im 
Kristallinen wie im Verrukano, und hat daher zu dem irrigen gemeinsamen Namen »grüne Schiefer« 
Veranlassung gegeben. Alle auf der rechten Tabellenhälfte beschriebenen Gesteine liegen, relativ zur 
Schubfläche, über den Serizitgesteinen, und auch im Kristallinen wurde in größerer Entfernung von der 
Hauptschubfläche Serizit nur in Spuren festgestellt. 

Diese Verknüpfung des grünen Kaliglimmers mit Flächen sehr starken gerichteten Druckes wurde 
übrigens auch von Rothpletz ähnlich an mehreren Stellen der Alpen beobachtet. Der Serizit erscheint so 
gleichsam als Leitmineral in Alkalitonerdesilikatgesteinen, in denen ein ungewöhnlich starker, gerichteter 
Druck sich weder in molaren Bewegungen noch durch Kataklase erschöpfen konnte. 

Einen gedrängten Gesamtüberblick über alle diese genetischen Beziehungen erhalten wir, wenn wir 


uns noch einmal schematisch den Werdegang des Feldspats im Laufe der Zeiten vergegenwärtigen. 


Umwandlungsreihe des Feldspats im Verrukano. 


Produkt: Bildungszeit: 
Erste Phase: Herkunft: Kristalline Schiefer Älter, Paläoz.? 
Zweite Phase: Primäre Genesis: Ablagerung Feldspat in Arkosen, Kaolin Perm. 
Dritte Phase: Sekundäre Genesis 
1. Agens: hydrostatischer Druck Muskovit Tertiär. 
2. Agens: gerichteter Druck Serizit Tertiär. 
Vierte Phase: 3. Rückläufige Metamorphose Feldspat Seither. 
Fünfte Phase: 4. Verwitterung Kaolın Seither. 


Es liegt uns dieselbe Substanz in allen sechs Formen vor. 

Den Buntsandstein zeichnete bei der Ablagerung stellenweise ein größerer Gehalt an Eisen syn- 
genetischer Entstehung aus. Er ist der Dynamometamorphose in weit geringerem Maße unterworfen, wie 
der Verrukano. Der Komplex mergeliger und kalkiger Sandsteine, der noch zum Buntsandstein gerechnet 
wurde, weist auf das Einsetzen der gesteinsbildenden Tätigkeit der Organismen hin und leitet zu den 
organischen Ablagerungen über. 


IV. Organische Ablagerungen des Jackelgebictes. 


Chronologische Beurteilung. Die organischen Ablagerungen liegen uns im Jackelgebiete in 
einer sehr reichen petrographischen und einer sehr armen paläontologischen Entwicklung vor, Es wurden 
an Versteinerungen gefunden: 

1. Korallenspuren, Enerinus und Cardita crenata von Pichler.!) 

2. Crinoiden und Gyroporella pauciforata von Gümbel.?) 

3. Enkrinusstielglieder, kleine Gastropoden und große Diploporen von Deninger.’) 

4. Cyathocrinus?, Dactylopora, Apiocrinus?, Brachiopoden, KRetzia ferita?, Retzia trigonella?, 
Terebratula trigonella von Stache.!) 

Läßt man die Crinoiden und Brachiopoden Staches außer acht, da sie in alle möglichen 
geologischen Zeiträume weisen und nie wiedergefunden worden sind, so deuten alle sicheren Funde in 
ihrer Gesamtheit darauf hin, daß jüngere als triassische Ablagerungen nicht vorkommen. Innerhalb der 
Trias können wiederum zu einer chronologischen Zerlegung in Betracht kommen: die Kalkalgen nach der 


I), & 

CH a 298 
SESichiller Il, pa ur. 
4) ]. c., pag. 164. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd, XXI 3 


18 Richard Lachmann. [18] 


spezifischen Bestimmung von Gümbel und die leider seither nicht wieder gefundene Cardita crenata, 
die höchst wahrscheinlich mit der neuerdings als Cardita suberenata bezeichneten Form identisch ist. 

Von den Funden des Verfassers verdienen eine Beschreibung einzelne Crinoidenstielglieder. Sie 
sind teils rund, teils fünfeckig, entstammen also den unteren bezw. den oberen Partien des Seelilienstiels.!) 
Ihre Größe schwankt zwischen 2 und Io mn in der Längsrichtung und 1'5 bis 7 mm im Durchmesser. 
Auf einer Gelenkfläche konnte durch Ätzung mit Salzsäure eine feine Skulptur beobachtet werden. Sie 
wies eine schwache konvexe Aufwölbung mit fünfmal fünffacher Radialstreifung auf. In die Aufwölbung 
war kraterähnlich eingesenkt ein fünffach gegliederter Ausschnitt, der die randlich gezackte Erwei- 
terung des Zentralkanals darstellt. Im übrigen konnten die Funde unbestimmbarer Korallen und schlecht 
erhaltener Kalkalgen nur bestätigt werden. 

Vom rein paläontologischen Standpunkte aus dürfte die Einteilung in sechs Stufen, wie sie neuer- 
dings v. Arthaber gegeben hat,?) dem heutigen Wissen zufolge das beste Vergleichsschema für die 
ganze alpine Trias darstellen. Es soll daher diese Einteilung für den Jackel auch kartographisch durch- 
geführt werden. 

In allgemein geologischer Beziehung ist bezüglich der Einteilung der Trias für mich die Kritik 
maßgebend, die Rothpletz, pag. 131, der zweiten »Alpenforschungen« in dieser Hinsicht an der Arbeit 
von Schiller über das Lischannagebirge ausübt. Ich würde die dort vorgeschlagene Bündner Gliederung 
in Muschelkalk und obertriassischen Dolomit einfach übernommen haben, wenn nicht am Jackel konstant 
die Rauhwacken dazwischen lägen, und wenn sich mir nicht die — wenigstens einigermaßen verfretbare — 
Stufeneinteilung bei der kartographischen Darstellung wegen ihrer besseren Vergleichbarkeit empfohlen hätte. 

Es läßt sich demnach für die Triasmassen des Jackels auf Grund seiner Fossilien und der Ver- 
gleiche mit anderen alpinen Gebieten nur eine Dreiteilung nach Ausscheidung des Buntsandsteines (der 
skythischen Stufe) rechtfertigen. 

Zu oberst liegt obertriassischer Dolomit, den wir der kartographischen Darstellung zuliebe der nori- 
schen Stufe zuweisen wollen, obzwar wir der Behauptung, er gehöre zum Teil oder ganz der karnischen 
Stufe an, nichts entgegenzusetzen hätten. Es folgen Rauhwacken mit der Cardita subcrenata. Sie gehören in 
die karnische Stufe. Zu unterst liegen dolomitische Kalke, Mergel und Sandsteine der anisischen und ladi- 
nischen Stufe. In ihnen ist leitend die Gyroporella pauciforata, 

Stratigraphische Einteilung und petrographische Beschreibung. In den organo- 
genen Ablagerungen konnten folgende Horizonte unterschieden werden: 


A. Obertriassischer Dolomit der norischen? Stufe. 


Er bildet den Gipfel des Jackel und ist in größter Mächtigkeit von etwa 250 m von der Erosion 
verschont geblieben. Auf frischem Bruche ist er von weißlich-grauer Farbe und verwittert bräunlich bis 
bläulich-grau. Zum Teil besteht er aus nur schwach dolomitisiertem Kalke, der dann in der Regel von einem 
Adernetz von Dolomitspat durchsetzt ist, das vielfach herauswittert und dann dem Gestein das Aussehen 
von Honigwaben verleiht. Vielfach ist der Dolomit auch von reinem Kalziumkarbonat durchschwärmt. Die 


Verwitterung ist dementsprechend würfelförmig und stenglig-prismatisch. 


B. Rauhwacken der karnischen Stufe. Gesamtmächtigkeit 240 m. 


I. Die hangendste Schicht dieser Serie ist ein 50 m mächtiger Komplex von Rauhwacken mit Hohl- 
verwitterung. Sie wechsellagern mit bläulichen bis gelblichen Kalkschichten, die zwischen die groben Bänke 
der Rauhwacke eingeschaltet sind. 

2. Wir treffen dann auf eine Schicht von gelb verwitterndem, klingend hartem Glimmerkieselkalk, 
den man als »Cipollino« bezeichnen kann und der von Pichler als »oberer Alpenkalk« bezeichnet und 


') ef. von Koenen, Beiträge zur Kenntnis der Crinoiden des Muschelkalkes. Nachr. Ges. d. Wiss., Göttingen 
1895, pag. 283 ff. 
°) von Arthaber, Die alpine Trias des Mediterrangeb. Leth &eogn., Stuttgart 1906. 


[19] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 19 


mit dem Hallstätter Kalk verglichen wurde. Beschrieben wird er als ein »lichteres, fast marmorartiges 
Gestein mit Glimmerblättchen wie Cipolline. Pichler erwähnt davon weiters den Einfluß der starken 
Dynamometamorphose und das Vorkommen von Korallenspuren. Das Gestein zeigt Schichtung bis Bankung 
von ı bis 2 dm Breite. Es besitzt bis zu 100 m Mächtigkeit und bietet das erste Beispiel einer heteropi- 
schen Differenzierung, da es schon am Östhang des Jackel aussetzt. 

3. Hier im O. und überwiegend auch im W. des Berges wird der Cipollino durch Rauhwackenbil- 
dungen vertreten, die petrographisch mit der unter I. genannten übereinstimmen. Die Schichten sind nur 
durch auftretenden Gipsgehalt weicher als die hangenden und neigen zu feinpolygonaler Zersplitterung. 
Ihre größte Mächtigkeit beträgt im Marbelbachtal etwa 100 m. In diesen Lagen findet sich eine Dolomit- 
breccie mit einem Anflug von Eisenoxyd, die von Schiller!) und Steinmann?) geradezu als petro- 
graphische Leitschicht der Raibler Schichten angesehen wird, 

4. Als Zellendolomit kann eine vierte Schichtfolge von etwa 40 m Mächtigkeit bezeichnet werden, 
die ungeschichtet und undeutlich gebankt ist und als eine dolomitische Rauhwacke mit Kalkligament und 
netzförmiger Flächenverwitterung sich darstellt. 

5. Die recht bedeutende Mächtigkeit von 150 ın erreicht in seiner maximalen Entwicklung der 
Gipsdolomit, der unweit der Steinbrüche am Arlui eigentümliche Verwitterungsformen bildet. Er besteht aus 
einer innigen Mischung kohlen- und schwefelsaurer Kalkmagnesiasalze. Zuweilen kann man beobachten, 
wie der Gips netzförmig oder butzenförmig durch die Masse verteilt ist, zum Teil kann man nur noch von 
einer innigen Mischung sprechen. Das Gestein zerfällt fast zusehends unter dem Einflusse der Tageswässer 
in feinster Polygonzersplitterung, wobei der imprägnierte Gips ausgelaugt wird. So entstehen die abenteuer- 
lichsten Höhlenformen, von denen eine auf Profil 3 angedeutet wurde. Auf dem Boden dieser Höhlen 'sam- 
melt sich der Gips in Form von Staub und Klumpen in amorpher Ausbildung an, während an den Wänden 
der Höhlen der widerstandsfähigere Dolomit und Kalk in dunklen, nierenförmigen, leicht ablösbaren Wülsten 
heraustritt. Die Lösungsfiguren dieser Gebilde beherrschen vor allem das Landschaftsbild des Marbelbachtales, 

Die aufgezählten Vertreter der karnischen Stufe sind an keiner Stelle in der angegebenen Mäch- 
tigkeit gleichmäßig entwickelt, sondern sie ersetzen einander in der manniefachsten Weise. Die unter 2. 
und 5. beschriebenen Gesteine fehlen im ©. gänzlich, dagegen treten 3. und 4. im W. zurück. Die Mäch- 
tigkeit konnte im Mittel zu 260 m eingeschätzt werden. 

C. Dolomitische Kalke, Mergel und Sandsteine der anisischen und ladinischen Stufe. 

Gesamtmächtigkeit 500 m. 


ı. Der Gipsdolomit ist mit mannigfachen Übergängen verbunden mit einer etwa 20 m mächtigen 
Schicht schwarzer, plattiger, zum Teil dolomitischer Kalke, deren Oberfläche nierenförmig verwittert ist. In 
ihnen hat Gümbel die Gyroporellen gefunden, und vergleicht daher diesen Komplex mit den Partnach- 
schichten. Petrographisch ist die Verschiedenheit mit den Mergeln der Nordalpen aber zu groß, als daß 
die Einführung dieser Bezeichnung in unser Gebiet zur Klärung des Baues dienen könnte. 

2. Es folgt das mächtigste einheitliche Glied der Jackeltrias: ein grob gebankter bis geschichteter, 
schwarzer bis grauer Dolomit, der in steilen Kluftlächen verwittert und, in hohen Steilabfällen die Paß- 
straße begleitend, einen der Hauptcharakterzüge der Landschaft des Rechenscheideck bildet. Die Photo- 
graphie Fig. 7 gibt davon eine Vorstellung. Das Gestein ist bituminös und stellenweise marmorhart. Es 
verwittert in großen Schutthalden in sehr hellen, weißen und graugelben Farben. Seine Mächtigkeit erreicht 
etwa 400 m. 

3. Die Wände des Dolomits werden unterzogen von gelben, fein geschichteten und leicht verwit- 
ternden Kalken, die teilweise Rauhwackenstruktur annehmen. Ihre Mächtigkeit ist maximal 30 m. 

4. Ein bituminöser, bläulich-schwarzer Kalkstein. Er erreicht 40 »z Mächtigkeit und ist von außer- 


ordentlicher Feinheit des Korns, so daß er in weichen und dem Gebirgsdrucke geringer ausgesetzten Par- 


ELSE LIT SPpas7216. 
2) Steinmann, Geol. Beobacht. in den Alpen, Forts. u. Schluß, pag. 231. Ber. natf. Ges., Freiburg 1898. 
35 


20 Richard Lachmann. [20] 


tien mit dem Messer schneidbar ist. Wo er direkt durch Dislokation dem Buntsandstein am Pleißköpflgrad 
aufliegt, ist er zu klingend hartem, dunklem Marmor umgewandelt. 

5. Wir beobachten dann in geringer Mächtigkeit (5 m) einen gleichmäßig feinkörnigen, schnee- 
weißen bis grauen Dolomit von großer&Zähigkeit, in dem sich unbestimmbare Korallenreste fanden. Die 
Erscheinung der Suturlinien !), die durch Druck bei gleichzeitiger Lösung zweier Gesteinsstücke aneinander 
hervorgerufen wird, fand_sich ‚bei der,Gleichmäßigkeit des Kornes in besonderer Schönheit. 

6. Hier schaltet sich lokal eine Reihe von Gesteinen ein, die durch das Vorkommen von Enkrinus- 


stielgliedern sich als mitteltriadisch dokumentieren, ihrer Gesteinsbeschaffenheit nach aber eher zum Bunt- 


PleissKopft 


St Valanlın 


Fig. 6. 


sandstein zu rechnen wären, von dem sie jedoch noch durch Schichten mit zunehmendem Kalkgehalte ge- 
trennt sind. Man wird wohl nicht fehl gehen, wenn man sie als Umlagerungsprodukte von Verrukano- und 
Buntsandsteingesteinen auffaßt, da sie neben Quarz gelegentlich auch Feldspat und seine Glimmerum- 
wandlungen aufweisen. Man kann in dieser Reihe unterscheiden: 

a) 25 m groben, quarzitischen Sandstein mit Feldspat und Seelilien-Stielgliedern aus Dolomit. 

db) Eine 10 m mächtige feinere Varietät der nämlichen Zusammensetzung mit stärkerem Gehalte an 
Feldspat: ein halbkristalliner Arkosesandstein. Auf Haarspalten führt er dolomitischen Kalk organischer 
Herkunft. 

c) Ein schwach metamorpher Kalkmergel von Io m Mächtigkeit. 

d) Ein bituminöser Mergeldolomit mit fraglichen Kalkalgen. Er ist durch den Gebirgsdruck zu 
klingend harten Marmor verwandelt, und der ursprüngliche Feldspatgehalt des Mergels ist zwischen den 
einzelnen Bruckstücken zu Muskovit und Serizit gleichsam zerquetscht. 

Dieser Gesteinsfolge, die die Spuren starker mechanischer Beanspruchung offenbar dem, wenn auch 
geringen Gehalte an dynamometamorph sehr reaktionsfähigem Feldspat verdankt, gehört auch höchstwahr- 
scheinlich ein ganz eigentümliches Gestein an, dessen Anstehendes leider sich nicht ermitteln ließ. Es ist 
ein vollkristalliner Glimmerkalk, wenn man diese Bezeichnung auf ein Gestein anwenden kann, das bei 


vollkommen gneisartigem Habitus folgende mineralogische Zusammensetzung hat: 


!) cf. Rothpletz, Ein Querschnitt d. d. Ostalpen. Schlußkap. München 1892. 


[21] Deı Bau des Jackel im Obervintschgau. 21 


Lagen von zuckerkörnigem (Quarz. 

Linsen und Lagen von Muskovit und Serizit und unzweifelhaft organogene Schnüre von marmori- 
siertem Kalk. 

Es wurde in den Schutthalden im S. des Pleißköpfls aufgelesen. 

Die Gesteine der anisischen und ladinischen Stufe erreichen eine Gesamtmächtigkeit von etwa 500 m. 

Ein Vergleich mit Deningers stratigraphischer -Einteilung der behandelten Schichten erscheint so 
lange zwecklos, als mir die Stelle nicht bekannt ist, auf Grund derer das bei Schiller angegebene 
Schichtenprofil gewonnen wurde. 

Gegen die Einteilung in »Wettersteindolomit« und »Muschelkalk« dürfte man wohl a priori geltend 
machen, daß im Wetterstein die Dolomite ebenso selten sind, wie unter den hier als »Muschelkalk« be- 
schriebenen Schichten die Muscheln und die Kalke. Mit solchen petrographisch, wie paläontologisch nicht 
fundierten chronologischen Bezeichnungen erweckt man, um mit Rothpletz zu reden, das Gefühl einer 
stratigraphischen Sicherheit, die gar nicht vorhanden ist, 

Heteropie. Die Gesteine der mitteltriadischen Stufe sind am Hengst in einer ganz anderen Ent- 
wicklung vertreten, als am Jackel und am Pleißköpfl. Diese Verschiedenheit braucht nicht notwendig durch 
eine starke Heteropie erklärt zu werden, da die beiden Gebirgsmassen tektonisch voneinander getrennt sind 
und die Möglichkeit besteht, daß die Bildungsräume der beiden Massen einst bedeutend weiter aus- 
einanderlagen. 

Am Hengst treten über den Arkosesandsteinen des Verrukano und des Buntsandsteines Schichten 
von gelbem Glimmermergel auf. Dieser enthält ausgelaugten Biotit und Serizit in Schnüren und zeigt 
Reste von Arkosekonglomeraten. Seiner Entstehung nach ist er unter den 6. beschriebenen Felsarten analog. 
Er wird nach oben lokal durch eine schwache Schichtendiskordanz abgeschnitten, und dann folgen die 
gleichmäßigen Schichtlagen eines bituminösen dolomitischen Kalkes, der stellenweise wie gespickt ist mit 
Enerinusstielgliedern. Hier könnte man allenfalls von Muschelkalk reden. Als Hangendstes ist eine Rauh- 
wackenschicht erhalten, die mit den unter 3. beschriebenen Gesteinen zu vergleichen ist. Die Gesamtmäch- 
tigkeit der am Hengst erhaltenen Trias beträgt etwa 70 m. 

Genetische Verhältnisse. Die Beschaffenheit der organischen Ablagerungen sowie ihre große 
Mächtigkeit lassen auf ein Flachseeklima bei positiver Verschiebung der Strandlinie schließen. Nur so läßt 
sich die Tatsache erklären, daß die Lebensbedingungen für Tiere geeignet blieben, deren körperliche Reste 
den beträchtlichen Komplex in seiner ganzen Mächtigkeit zusammensetzen. 

Die Einlagerungen von Rauhwacken und Gips deuten an, daß in einzelnen eine Hebung des Meeres- 
bodens stattfand. 

Einen Augenblick wollen wir noch bei der Frage verweilen, wie wir uns die soviel umstrittene 
Frage nach der Entstehung des Dolomits für unser Gebiet zu beantworten haben. Für den Verfasser ist in 
dieser Hinsicht ein Fund entscheidend, der eben jener Aufbereitungsserie entstammt. Es sind in diesen 
Schichten, in den ursprünglich sehr feinen Schlamm sorgsam eingebettet, viele der kleinen zylindrischen 
Encrinusstielglieder isoliert zwischen Quarzkörnern und Feldspatdetritus erhalten. Eine Untersuchung mit 
Salzsäure ergab, daß nur die Hülse und der Zentralkanal aus kohlensaurem Kalke bestand, während der 
eigentliche Körper durch spätigen Dolomit eingenommen wurde. Dessen rhomboedrische Spaltflächen waren 
senkrecht zum Zentralkanal orientiert und hatten jede Spur einer feineren Struktur verwischt. 

Dieses Vorkommen läßt wohl nur die Annahme!) zu, daß die kohlensaure Magnesia auf diagene- 
tischem Wege aus dem Meereswasser niedergeschlagen wurde, und zwar liegt es nicht fern, zu vermuten, 
daß auch hier ein durch Bakterien veranlaßter spezifischer Fäulnisprozeß die angreifbaren Organe innerhalb 
der Hülse zerstörte und die Bittererde aus der im Seewasser enthaltenen schwefelsauren Magnesia zum 
Absatz brachte. Nimmt man nämlich nur ein einfaches Eindringen zwischen die Maschen des ursprüng- 
lichen Kalkskelettes an, so ist nicht recht einzusehen, warum bei sonst günstigen Bedingungen der Erhaltung 


in einem heterogenen Medium so wenig von dem inneren Aufbau?) übrig geblieben ist. 


1) cf. Walther, Lithogenesis, pag. 708, Jena 1893. 
2) cf. Stelzner, Über Crinoidenskelette, pag. 575. Neues Jahrbuch. 1864. 


Richard Lachmann. [22] 


19} 
19} 


Eine letzte genetische Frage bleibt noch zu beantworten, nämlich die nach dem Verhältnis zu den 
anderen triassischen Faziesbezirken. 

Der Jackel ist vom Engadiner Triasbezirk (Bündner Fazies) etwa Io km, vom Ortler und Brenner 
(Zentralalpine Fazies) 25 beziehungsweise 60 Am und von den Lechtaler Alpen (Arlberg-Fazies) etwa 
35 km entfernt. 

Am größten ist die Übereinstimmung mit dem Lischannagebiet im östlichen Unterengadin, wie 
schon von Schiller mit Recht hervorgehoben wurde. Obzwar ich aus den dargelegten Gründen mich 
nicht entschließen konnte, seine Terminologie zu übernehmen, so wird doch die große Übereinstimmung 
des Baumaterials beider Gebiete ohne weiteres hervortreten. Unterschiede von Bedeutung sind nur vorhanden: 
einmal in dem Vorkommen der lokalen »Aufbereitungsserie« der anisoladinischen Stufe. Sie beweist, daß 
wir uns, relativ zum Engadin, dem Gebiete der festländischen Erosion zur mittleren Triaszeit nähern. 
Ähnliches ergibt sich aus dem Schwächerwerden der mitteltriadischen Horizonte im OÖ. unseres Gebietes, 
sowie aus dem Vorkommen einer stratigraphischen Diskordanz am Hengst, wie sie im W. niemals gefunden 
wird und eine Oszillation des Meeresbodeus bis in den Bereich der Erosion andeutet. 

Die aufgeführten Unterschiede sind aber meines Erachtens doch wohl nieht genügend, um eine Zu- 
ordnung unseres Gebietes zum zentralalpinen Triasbeziik — so Rothpletz!) auf seiner Übersichtskarte 
— mit Sicherheit zu rechtfertigen. Noch weniger, so will mir scheinen, dürfte sich, wie Frech?) sagt, 
erweisen lassen, daß am Reschenscheideck nur obertriadische Herizonte vorhanden sind. Auch die von 
demselben Autor für die gesamten Zentralalpen Tirols in Anspruch genommene »Transgression des Haupt- 
dolomits« läßt sich für den Jackel meines Erachtens nicht annehmen. Denn während sonst in diesen Ge- 
bieten der obertriassische Dolomit (Hauptdolomit) über älteren Schichten, zum Teil über kristallinen Schiefern 
direkt transgredierend liegt, lagern die hier beschriebenen obertriassischen Dolomite eben konkordant den 
Rauhwacken karnischen Alters auf. Eine vorübergehende Festlandsbildung ist zwar möglich,?) aber doch 
nicht erwiesen. Auch weiter im SW. ziehen sich mitteltriassische Kalke und Dolomite in einzelnen »Knet- 


wellen«, soweit mir bekannt ist, mindestens bis gegen Schlinig. hin. 


V. Die Struktur des Jackels. 


Die Struktur oder Tektonik des behandelten Gebietes wird durch eine als »Zwischenfuge« bezeichnete 
Trennungsfläche beherrscht, die (die Karte ist zu vergleichen, siehe auch Fig. 5, 6 und 7) vom Großen 
Becken her in ost-nordöstlicher Richtung über den Pleißköpfigrat und den Vivanitalboden zum Grat zwischen 
Hengst und Angerlikopf hinauf ausstreicht und dann in nördlicher Richtung am Poschenbachtal entlang 
läuft. Diese gleiche »Zwischenfuge« tritt im N. am Arlui bis zum Marbelbachtal zu Tage. Sie trennt, abge- 
sehen von einzelnen im Mittleren Talaiwald eingefalteten Verrukanofetzen, die sedimentären Gesteine 
von den Kristallinen. 

Beide Gebiete sind auch tektonisch völlig voneinander verschieden und wurden demnach, um 


zugleich ihre Hauptbeziehung zueinander zu kennzeichnen, als »Unterbau« und »Oberbau« bezeichnet. 


Der Unterbau. Im Gebiete der kristallinen Schiefer können wir drei verschiedene Faltungssysteme 
wahrnehmen, wie aus der Karte und den Profilen I—3 zu ersehen ist. 

Das Profil I zeigt einen Schnitt durch den mittleren Talaiwald und die nördliche Umrahmung des 
Plawenner Talkessels. Im SW. unterlagert eine schwach nach SO. geneigte Scholle des Zweiglimmerphyllits 
die Mesogesteine der gleichen Mineralbeschaffenheit. Diese, vorwiegend in der Form der Biotitgneise, bilden 
den Kamm der Höhe bis zu dem Punkte, wo er sich zum Großhorn aufschwingt. Die Gipfelkuppe bildet 
flach geneigter blauer Gneis, ebenfalls in flacher Lagerung. Weiter nach O. stellt sich das Ursprungsgestein, 
der Diorit, ein, um spiegelbildlich auf dem jenseitigen Gehänge wieder vom blauen Gneis und vom Biotit- 


gneis umschlossen zu werden. 


1) Beilage z. d. Alpenfl., II. 
2) 1. e., pag. I6. 
a) ef. Schiller, l.c., I, pag. 1a. 


>- 


[23] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 23 


Ein ganz anderes Bild zeigt uns das Profil 2. Das Streichen ist NW. Der tonige Zweiglimmer- 
schiefer schieft mit 15° flach unter den Biotitgneis ein und wird seinerseits mit 30° vom Serizitphyllit 
unterlagert. Dieses Gestein begleitet dann weiterhin den Riglbach in flacher Lagerung. Diese Überkippung 
ist auf eine sehr alte Faltung zurückzuführen, denn diese Falten werden von den ganz senkrecht stehenden 
Stielgängen des St. Wendelin-Granits durchsetzt. 

Hingegen steht die Tektonik der Gesteinsmassen unmittelbar unterhalb der »Zwischenfuge« in deut- 
lichem Zusammenhang mit der tertiären Faltung, die den »Oberbau« beherrscht. Wenn wir auf dem Grat 
vom Großhorn zum Pleißköpfl vorwärts schreiten, so beobachten wir ein allmähliches Umdrehen der Streich- 
richtung von N. nach O., bis in der Gegend, durch die das südliche, rechte Ende des Profils 3 gelegt ist, 
ein vollkommenes Einrenken in die ONO-Richtung der Zwischenfuge erreicht ist. Diese gewaltsame Um- 
lenkung der Gneismassen dokumentiert sich auch in der ungewöhnlich starken Zertrümmerung des Gneises, 
der zufolge der Grat streckenweise geradezu in Blöcke aufgelöst ist. 

Nimmt man noch die allgemeine Richtungslosigkeit des Streichens hinzu, der zufolge, hier wenig- 
stens, die Suefßsche Annahme eines Generalstreichens !) als gänzlich undurchführbar erscheint, und die so 
auffallend willkürliche Verteilung von Gesteinen zweier Tiefenstufen und verschiedenster chemischer Grup- 
pierung, so erscheint der Gedanke unabweisbar, daß die kristallinen Schiefer wiederholt und zu ver- 
schiedenen Zeiten dem faltenden Gebirgsdrucke ausgesetzt gewesen sind. Diese Faltungen haben zum 
Teil vor, zum Teil nach der Metamorphose stattgehabt. Für diese Ansicht spricht, wenn wir uns 
wieder die Anordnung der verschiedenartigen Gesteinsmassen um den Reschenscheideck vergegenwärtigen, 
die quasi radiale, nur durch horizontale Gebirgsbewegung (vor der Umwandlung) bewirkbare Konzentration 
chemisch verschiedener, aber gleichmäßig metamorpher Gesteinsmassen und an anderen Stellen wieder der 
fleckenweise Wechsel der Tiefenzonen bei gleichem Chemismus (Faltung nach der Umwandlung). Gleiche 
Schlufßfolgerungen postuliert auch die von Weinschenk beschriebene »Reliktstruktur« der kristallinen 
Schiefer der Alpen, durch die auf mikroskopischem Wege eine vor der Umwandlung erfolgte Faltung der 
Gesteine erwiesen wurde. 

Die Zwischenfuge. Ich fasse die in ihrem Verlaufe näher beschriebene Trennungsfläche zwischen 
Ober- und Unterbau als eine Überschiebungsfläche und die Sedimente des Jackel demnach als 
eine Schubmasse auf, die aus O. kam. Die Schubfläche war ursprünglich horizontal und wurde in einer 
späteren Phase der Alpenbildung durch eine Pressung aus SO. gefaltet und schwach nach NW. überkippt. 

Für diese Auffassung kann ich folgende sieben Gründe anführen: 

1. Die Auflagerung auf der Zwischenfuge ist eine zweiseitig-diskordante. Nicht nur, daß der Jackel 
auf kristallinen Schiefern von verschiedener Tiefeustufe und verschiedenem Chemismus, aufruht, sondern die 
überlagernde Schicht gehört streckenweise zu den mechanischen, streckenweise zu den organischen Ablage- 
rungen und unter diesen wieder allen möglichen Stufen bis zur mittleren Obertrias an. Es wurde aber oben 
dargelegt, daß beispielsweise zur mittleren Triaszeit die Transgressionslinie (Küste) weiter in SO. lag. Wenn 
daher die Obertrias in unserem Gebiete oberhalb der Zwischenfuge direkt auf kristallinen Schiefern liegt, 
wie am Arlui, so läßt sich dies nur durch eine tektonische Diskordanz deuten. 

2. Am Arlui liegen die Gipsdolomite und Rauhwacken nicht ebenflächig auf dem Phyllit, sondern 
neigen sich nach aufen hin immer steiler (vgl. Profil 3) der Trennungsfläche zu. Ebenso laufen die Schicht- 
flächen des Phyllits unter schwachem Winkel an die Zwischenfuge heran. 

3. Auch im Marblbachtale wurde ein steiles Auslaufen, ein Aufstemmen der karnischen Schichten 
auf den Phyllit wahrgenommen. Kleine Stückchen des Muskovitgneises, der hier nirgends ansteht, wurden 
wie zwischen den Borsten eines Besens aufgelesen und waren offenbar auf der Überschiebungsfläche mit- 
geschleift worden. 

4. Eine ganze Reihe von entscheidenden Beweisen dafür, daß der süd-östliche Ausstrich der 
Zwischenfuge die gleiche tektonische Funktion erfüllt, wurde bei Verfolgung der fraglichen Störungslinie 
vom kleinen Becken hinauf zum Pleißköpfl gewonnen. Aber auch im O. ließ sich ein schräges Verlaufen 


1) Sueß, Über das Inntal bei Nauders, pag. 709 ff. Sitzungsbericht d. k. A. d. W. zu Wien. Math.-natw 
Kl., 1905, Bd 114. 


24 Richard Lachmann. [24] 


der Buntsandsteinschichten gegen die senkrechte Trennungsfläche beobachten, Ebenso fallen die Kalke auf 
dem linken Ufer des Riglbachtales ohne die Neigung zu einer Auflagerung auf die Zwischenfuge am 
rechten Talgehänge zu. Unterhalb des Pleißköpflgrats läßt sich die Schubfläche durch eine ganze Reihe 
von Quarzitblöcken festlegen, die zwischen Verrukano und Muskovitgneis eingeschaltet sind, ihres sporadi- 
schen Auftretens halber aber weder auf der Karte noch auf den Profilen ausgeschieden werden konnten. 
Die sicher ortsfremden Massen eines milchigen bis trüb durchsichtigen Quarzits sind mit einem eisenreichen 
Phyllit verfilzt, der nirgends aus unserem Gebiete bekannt ist. Die Quarzitblöcke zeigen die deutlichen 
Spuren einer ungewöhnlichen mechanischen Beanspruchung auf. 

5. Die Verrukanoschichten zeigen auf der bezeichneten Strecke mannigfache Spuren mechanischer 
Kräfte, die nicht nur in der Normale der überkippten Fläche, also aus SO. gewirkt haben können. Die 
doppelte Schleppfaltung weist auf zwei verschiedene Richtungen des Druckes hin. Die eine läßt sich nach der 
Lage des Fundstückes durch die Faltung aus SO. erklären, indes die andere nur durch eine Stauchwirkung 
aus O. erklärt werden kann, die durch die Überschiebung hervorgerufen wurde. Wo die mechanischen 
Kräfte nicht‘ auf Faltung, sondern auf Zusammenpressung und Druckspaltung hinzielten, konnten ebenfalls 
zwei interferierende Spaltrichtungen (und zwar in den Gesteinsbänken der Verrukanokonglomerate hart an der 
Zwischenfuge) festgestellt werden: rhombische Spaltpolyeder. Eine gleiche Erklärung, wie für die sich 
kreuzenden Faltungen, liegt nahe. f 

6. Längs der Zwischenfuge wurde, wie bereits geschildert, die Serizitisierung der Feldspate und 
Glimmer beobachtet. Da diese intramolekulare Umwandlung der Gesteine an eine Fläche geknüpft ist, so 
kann auch hier nur eine in der Fläche wirkende Ursache, wie sie die Überschiebung ist, als Erklärung 
herangezogen werden. Eine Serizitisierung bei Faltung und synklinalem Schichtenbau wäre beispielsweise 
nur im Muldentiefsten, d. h. auf einer Linie denkbar, in der die Wirkungen der faltenden” Kräfte ihr 
Maximum zeigen. 

7. Ein letzter und, wie mir scheint, entscheidender Beweis für die vorgetragene Meinung ist in der 
außerordentlichen Komplikation des Oberbaues zu finden, der — wie gleich darzutun ist — aus einzelnen 
Schollen und Fetzen wie zusammengeschweißt ist, während der Unterbau durch Risse so gut wie gar nicht 
zerlegt ist. 

Der Oberbau. Bevor wir den Oberbau in den Einzelheiten seiner Struktur untersuchen, müssen 
wir uns noch einmal die Beschaffenheit seiner Begrenzungsflächen vergegenwärtigen. Die Zwischenfuge 
stellt sich als eine Schale dar, deren nordwestliche Hälfte flach geneigt ist, während der südöstliche Teil steil 
einfällt. Es muf3 noch ausdrücklich bemerkt werden, daß das ursprüngliche Vorkommen in seinem Grundrif 
noch fast ganz erhalten ist. Denn weder am jenseitigen Gehänge des Langtauferer Tales, noch auf dem west- 
lichen Gehänge der Reschentalung wurden auch nur Spuren sedimentärer Reste gefunden. (Die Schiller- 
sche Angabe von Verrukano und Casannaschiefern westlich vom Mittersee auf Fig. ı3 der zweiten Arbeit 
muß auf einem Irrtum beruhen.) Die Begrenzungslinien laufen also offenbar im N. und W. unter stumpfem 
Winkel aufeinander zu. Es hat ferner den Anschein, als ob die kristalline Decke auch von oben die Sedi- 
mente einhüllte, so daß das Vorkommen das einer durch Erosion freigelegten, angeschnittenen Linse ist. 
An Stellen nämlich, wo die Zwischenfuge nach N. überkippt ist; auf der Hochfläche des Hengst und auf 
dem nördlichen Talgehänge des Pleißköpfls (siehe Profil 3) wurden größere Mengen von Gneisblöcken ge- 
funden, die kaum durch Wassertransport oder Schuttströme (Gletschertransport ist ausgeschlossen) hieher 
gelangt sein können, sondern bei denen sich die Deutung als Erosionsrest einer Muskovitgneisdecke un- 
mittelbar aus der Anschauung ergibt. 

Es ist somit in ungefähren Grenzen möglich, den Grundriß und die durchschnittliche Mächtigkeit 
der ganzen Linse sich vorzustellen. Der Inhalt würde von der Erosion vielleicht 20 km3, augenblicklich 
noch S—Io km? betragen. 

An dieser Stelle kann auch einer gelegentlichen Beobachtung gedacht werden, die die Möglichkeit 
eröffnet, daß sich auch noch weiter im S. in größeren Bergestiefen solche Linsen eingeschlossener Sedi- 
mentärmassen erhalten haben. Im oberen Vivanitalbecken wurde im Geröll ein größerer Brocken eines Ara- 
gonittuffs gefunden, der Gneisfetzen durch Inkrustation verkittet enthielt. Leider konnte das Anstehende 


[25] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 


19) 
oı 


dazu trotz langen Suchens nicht ermittelt werden. Dies Stück läßt auf eine warme Quelle schließen, die 
erst Kalkschichten in größerer Tiefe und dann darüber lagernden Gmeis durchbricht. Ein gleiches Vorkom- 
men kann von dem rechten Gehänge des Langtauferer Tales, ebenfalls in großer Entfernung von anstehender 
Trias, gemeldet werden. Es muß allerdings ebenso mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß die Quellen 
einen kristallinen paläozoischen Kalk oder etwa die Bündner Schiefer, die unweit im N. denselben Gneis 
unterteufen und gleichfalls Kalkkarbonat führen, berührt hatten. 

Der Oberbau läßt sich in zwei, auch stıatigraphisch verschiedene Hauptteile zerlegen: die Jackel- 
masse und die Hengstmasse. Sie werden durch jene hakenförmige, flach südostfallende Überschiebung getrennt, 
deren Ausstrich vom Joch zwischen den beiden Gipfeln nach NW. und SO. zur Zwischenfuge hinläuft. 

Die Hengstmasse besteht aus einer flachen, liegenden Mulde, deren Kern von karnischer Rauhwacke 
gebildet wird. Die Hauptmasse besteht aus Sandsteinen und Kalken der mittleren Trias und wird im SO. 
von Buntsandstein und Verrukano bis zur Zwischenstufe hin umrahmt, die sich gegen S. immer steiler am 
Berghang heraufziehen und schwach in der Richtung des Schubes (nach NW.) überkippt sind (Profil 4). 
Durch Erosion abgetrennt ist eine flache Scholle mitteltriassischen Sandsteins, die dem verwickelten 
Schichtenbau des Jackels eben aufliegt (Profil 4 und 5). 

Die Jackelmasse selbst ist wieder durch mannigfache Brüche tektonisch geteilt. 

Vom Gipfel des Pleißköpfls zieht sich zunächst eine stark verbogene Verwerfung zum Vivanibach 
herunter und schließt wahrscheinlich am jenseitigen Talgehänge — die Aufschlüsse sind hier durch starke 
Grasbedeckung verwischt — an die Auflagerungsfläche der Hengstmasse an. In Profil 3 ist zu sehen, wie 
die hangendsten Buntsandsteinschichten an der Verwerfung mitgeschleppt sind. 

Die Ausläufer des Pleißköpfls gegen SW. zeigen an den mächtigen Wänden, die sich zu den 
Schutthalden herabsetzen, die Spuren einer gewaltigen mechanischen Pressung in Verschlingungen und 
Verbiegungen der Kalkschichten an. Es scheint nach dieser Richtung hin — weil vielleicht die auflastende 
Gneisdecke hier am schwächsten war — sich der Hauptdruck entlastet zu haben, so daß die Gesteinsmassen 
hier wie Eingeweide herausquollen. Am Fuße dieser Felswand konnte wieder eine Reihe von schuppen- 
förmigen Überschiebungen konstatiert werden, die vielleicht mit der Hauptstörung über den Pleißköpflgrat 
in Zusammenhang standen. Wo diese Hauptstörung den Kamm direkt durchsetzt, zeigt sich bei ungleich- 
förmiger Auflagerung ein schräges Verlaufen von Rutschstriemen. 

Eine ganz eigenartige Störung, deren Deutung einige Schwierigkeiten macht, ist durch eine Trocken- 
runse aufgeschlossen, die unterhalb der Grauner Alm von rechts auf den Vivanıbach einströmt. Zwischen 
zwei ziemlich steil und parallel zueinander gegen ©. einfallenden Brüchen sind mitten im Gebiete der 
anisisch-ladinischen Kalke die Schichten der Obertrias eingebrochen (Profil 3). Auch hier sind Flexuren 
und Schleppungen an der westlichen Bruchfläche zu sehen. Die norischen Dolomite fallen steil und wie 
überstürzt in diesen Grabenbruch hinein. 

An dem Steilabfall der mitteltriadischen Kalke im W. ist eine Reihe von senkrechten Brüchen 
vorhanden, wie sie bei mächtigen Gebirgsplatten nicht ungewöhnlich sind und eine Folge von Zerrungen 
der nach unten lastenden Gesteinsmassen zu sein scheinen. Im übrigen ist dieser Teil unseres Gebietes, 
die Grauner Platte, die wenigst gestörte und weist im allgemeinen Hache Lagerung auf. - Offenbar beruht 
das auf der Starrheit dieser mächtigen Kalkquader, denn die Rauhwacken, die sie unterlagern und die am 
Fuße der Wand über dem Haider Kreuz durch Erosion freigelegt sind, erscheinen wieder sehr zerfalte 
und zerquetscht (Fig. 5). 

Die größten Schwierigkeiten bei der Entwirrung der Lagerung bieten sich im Gipfelbau des Jackels 
selber (Profile 4 und 5). 

Vom Tale aus scheint alles sehr ruhig zu liegen, wie aus der Photographie 5 ersichtlich. Die Zinne 
des Berges wird von den bläulichen Dolomitmassen der norischen Stufe gekrönt. Sie fallen allerseits berg- 
auswärts. Die gleiche einfache Lagerung beobachten die unter ihnen hervorbrechenden Rauhwackemassen, die 
in mittlerer Bergeshöhe einen nach O. sich verbreiternden Streifen anisoladinischer Kalke entblößen. Die 
karnischen Gesteinsschichten sind in der NW.-Ecke zu Massen von ganz ungewönlicher Mächtigkeit zusammen- 
gestemmt worden und haben daher von Gümbel, der sein Profil hier autnahm, eine Überschätzung hin- 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 4 


26 Richard Lachmann, [26] 


sichtlich ihrer Mächtigkeit erfahren. Allen diesen Schichten gemeinsam ist die zwiebelförmige Anordnung 
und die allmähliche Drehung des Streichens von N. nach OÖ. um den NW.-Fuß herum bis ins Langtauferer-Tal. 
So erklärt sich, daß Sueß!) auf Grund von Beobachtungen aus der Ferne einen einfachen synklinalen 
Schichtenbau annehmen und die Lagerung als »kofferförmig« bezeichnen konnte. 

Auf dem breiten Rücken des Jackel treten dann aber noch einmal (Profil 4), sehr eng zu einem 
Sattel und einer steilen Mulde gesammengefaltet, die Schichtglieder in der Reihenfolge: Norisch — Karnisch — 
Anisoladinisch — Karnisch — Norisch 


Karnisch zu Tage, teilweise bedeckt von dem oben erwähnten »Vor- 
kopf« des Hengst. 

Die Komponenten dieser Faltung streichen allesamt NO., halten aber eigentümlicherweise nicht über die 
ganze Breite des Jackelrückens durch, sondern brechen mit einer Umbiegung an einer quer über den Rücken 
hinwegsetzenden Störung ab. Jenseits dieser ist die Lagerung eine völlig andere. 


Mittersee 
ER 


GRAUN © 


Das Profil 5, das die Verhältnisse des südlichen Teiles der Jackelmasse darstellt, gibt auch un- 
gefähr den Anblick wieder, den der Jackel und das Joch zum Hengst etwa vom Pleifsköpfl aus gewährt. 
Die anisisch-ladinischen Kalke greifen unter spitzem Winkel unter eine horizontale Überschiebungsfläche 
unter, auf der die karnischen und norischen Bildungen konkordant auflagern. Von O. her legt sich der 
Hengst mit Vorkopf auf das System des Jackel, und in seinem Bereiche sind die Schichten über der tieferen 
Schubfläche empor- und nach NW. umgebogen worden. Sehr deutlich schlingt sich die Rauhwacke und 
unter ihr im Zwickel zwischen den beiden Schubflächen der Kalk zum Paß und zum Gipfel empor. 

Die Nahtlinie, die die Nord- und Südhälfte des Gipfels trennt, greift nicht bis zum Westrand der 
Gipfelkrone durch. Denn in der norischen Kuppe hängen Nord- und Südteil des Gipfels zusammen. Hin- 
gegen besteht die Möglichkeit, daß sie sich unter dieser höchsten Kuppe und unter den Schuttmassen des 
Westabhanges hindurch auf die westliche Schulter des Jackel fortsetzt, und daß das Nebeneinander-Herlaufen 


2) Sueß, 1. c., pag. 727- 


[27] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 27 


von karnischen und anisoladinischen Bildungen im NW. der Grauner Platte durch eine Störung verursacht 
wurde, die im Steinbruche am Arlui ansetzt und innerlich mit jener Gipfelnaht in Zusammenhang steht. 

Die tektonische Geschichte des Oberbaues ist somit die folgende: Die sedimentäre Masse des Jackel 
wird aus O. in die Senke hineingeschoben, in die sich später die Reschenscheidecktalung hineinfraß. Etwas 
weiter im O. folgte die kleinere Hengstmasse. Die Jackelmasse wird durch Schubbewegung in organische 
und mechanische Ablagerungen zerlegt. Infolge von Unebenheiten des Bodens sinkt in der Mitte der Masse 
in einem kleinen Grabenbruch Obertrias ein. 

Dann beginnt die Faltung aus SO. Sie überschiebt den Körper des Hengst auf den Jackel, beugt 
die Überschiebungsfläche, die Trennungsfläche von Organischem und Mechanischem, sowie den Grabenbruch 
nach NW. hinüber und stemmt den Hauptkörper der Jackelmassen gegen jetzt erodierte kristalline Schiefer 
im W. an. Die Gneismassen hüllen bei der Weiterstauung den Jackelkern auch von oben ein (Über wälzung) 
und die Faltungsmasse zerlegt sich unter dem Gegendrucke der Schieferkörper im W. in eine nördliche 
und südliche Hälfte. 

Die nördliche Hälfte wird zwiebelförmig: in die Lücke eingeklemmt und verfaltet. In der Südhälfte 
gleitet die Gipfelmasse in festem Zusammenhang mit der sich verfaltenden Nordhälfte auf einer horizontalen 
Scherfläche auf dem zur Ruhe gekommenen Unterteil weiter, bis auch sie durch Reibung ihre lebendige 
Kraft aufgezehrt hat und von der noch weiter nachdrängenden Hengstmasse in den unteren Schichten auf- 
gepflügt und nach NW. übergelegt wird. 

In dieser Höhe von etwa 2400 m kamen die letzten, rein horizontal wirkenden gebirgsbildenden 
Kräfte zur Ruhe. 


VI. Das Relief des Jackel. 


Wenn nun in folgendem einiges über das Relief des hier untersuchten kleinen Gebietes berichtet werden 
soll, so muß über den engen Rahmen der Arbeit hinausgegriffen und eine Reihe von Beobachtungen aus der 
Umgebung des Jackel herangezogen werden, die erst in ihrer Gesamtheit zur Klärung der Frage nach der 
Entstehung der Oberflächenformen auch des Jackel beitragen können. 

Eine größere Arbeit von Müllner!) beschäftigt sich speziell mit der Hydrographie unseres Gebietes, 
verbreitet sich aber von ihr aus auch auf die Oberflächenformen des Gebirges. Seit Erscheinen dieser Arbeit 
ist aber unsere Kenntnis von der Geomorphologie des Hochgebirges namentlich des Glazialreliefs durch die 
Arbeiten von Richter?) und Penck?) hauptsächlich in einer Weise gefördert worden, daß wir uns einer 
Neuuntersuchung einzelner von Müllner angeschnittener Fragen unter Berücksichtigung gerade der Tal- 
formen der höheren Gebirgspartien nicht entziehen konnten. 

Der Schlüssel für das Verständnis von Talformen im Hochgebirge beruht auf der Feinfühligkeit der 
Unterscheidung zwischen den Formen der glazialen und der fluviatilen Erosion, worin uns das Studium der 
genannten Autoren die Sinne zu schärfen lehrt. Fs soll hier zunächst als Paradigma eine Formenanalyse 
der Gehänge des Langtauferer Tales versucht werden, an dessen Ausgang sich der Jackel erhebt. 

Der Karlinbach, welcher das Tal durchströmt, hat in seinem Oberlaufe zwischen der Malager Alp 
und Patzein, d. h. auf eine Länge von 6 km nur 200 m Gefälle (33%): Er fließt zwischen Wiesen und 
Feldern dahin, auf denen sich die Hauptansiedlungen des Tales (84°, nach Löwl‘) befinden. Bei Malag 
hat dieser Haupttalboden ein Gehängegefälle von etwa 200°,,. Dann folgt — beiläufig etwa bei der Iso- 
hypse 2000 m — die erste Gefällsknickung, und die Talwände steigen mit einer Steilheit von 450°),, Dis 
etwa 2500 m empor. Diese Gehänge sind in regelmäßigen Abständen von 200 bis 300 m von Wildbächen 
durchsägt, deren kontinuierliche Schuttkegelreihe den untersten Talboden geschaffen hat. 

Beide Gehängeflächen sind in bedeutend weiteres oberes Tal eingesenkt, welche Erscheinung 
Richter einen Taltrog genannt hat, und die das Charakteristikum aller ehemals vergletscherter Alpen- 


täler ist. Die Linie, an welcher der Gefällsbruch vom höheren zum tieferen Talsystem vor sich geht, heifst 


1) Müllner, Die Seen am Reschenscheideck. Geogr. Abh., III, 1. \Vien 1900. 

2) Richter, Geomorphologische Studien in den Hochalpen. Petermanns Geogr. Mitt., III. Ergh. 
3), Penck und Brückner, Die Alpen im Eiszeitalter, pag. II. Im Ersch. begr. 

% Löwl, Siedlungsarten im Hochgebirge. Forsch. z. d. Landesk., II. Bd., Stuttgart 1SSS. 


28 Richard Lachmann. [28] 


der Trogrand. Er ist natürlich bei uns durch die erwähnten Wildbäche zerkerbt, aber an einzelnen, ganz- 
randig erhaltenen Partien läßt sich noch wahrnehmen, wie er sich langsam von 2400 m (bei Hinterkirch) 
bis auf 2200 m (bei Kapron) talauswärts senkt; das sind nur 40%,,- : 

Wir wollen hier einen Augenblick mit der Beschreibung einhalten, um die Schlußfolgerungen 
zu ziehen. 

Das Ziel der fluviatilen Erosion in einem Gebirgstale ist, in groben Zügen betrachtet: 

1. Die Herabschaffung des Schuttes auf die Talsohle., 

2. Der Transport des Schuttes in der Flußrinne. 

Die erste Arbeit strebt einen Gleichgewichtszustand an, der durch die physikalischen Konstanten 
des Tales: seine Niederschlagsmenge, Gesteinsbeschaffenheit, Höhenlage, Bewaldung u. s. w. gegeben ist. 
Alle diese Faktoren, zu denen sich noch als wichtigster der Zeit hinzugesellt, streben einen bestimmten 
Böschungswinkel an, der demnach — in erster Linie als Funktion der Hauptveränderlichen: der Zeit — 
in der Regel langsam, zuweilen katastrophenartig (Muren) abnimmt. 

Die zweite Arbeit, der Transport im Talboden ist in ihrer Geschwindigkeit von der Steilheit der 
Sohle und diese in letzter Linie nicht von Konstanten, sondern von der sogar im Verhältnis zur Zeit ver- 
änderlichen Geschwindigkeitsgröße der Gebirgshebung abhängig. 

Man könnte so auf mathematisch-aprioristischem Wege die a posteriori-Beobachtung begründen, daß 
die Neubelebung der Talbildung von unten nach oben vor sich geht, indem die Vertiefung sich aus den 
Haupt- in die Nebentäler hineinfrißt,; daß in ihnen dadurch die Transportgeschwindigkeit erhöht wird und 
durch Unterschneidung der Gehänge der Prozeß ı in ein neues Stadium eintritt. 

Diese normale Dynamik der fluviatilen Erosion wird nun durch den Eingriff der Vergletscherung 
unterbrochen oder wenigstens wesentlich modifiziert. Der Gletscher wirkt in den engen, nicht sehr steilen 
Hochtälern der Alpen, von denen wir im Langtauferer Tal eines vor uns haben, auskolkend, eine trogförmige 
Wanne schaffend. Die Regeln der Übertiefung sind äußerst verwickelt, und man ist von einer begrifflichen 
Auffassung des Vorganges noch weit entfernt. Als Tatsache liegt vor, daß das Trogtal die Neigung des 
präglazialen Talbodens bald verschärft, bald mildert. Tatsache ist ferner, daß der Gletscher vorwiegend 
nicht mit seinem ganzen Körper, sondern nur mit seinen untersten Schichten erodiert, so daß nur ein un- 
teres Zylindersegment innerhalb des entstehenden Troges sich fortbewegt. 

Oben ist der Langtauferer Trog in der Form beschrieben worden, die ihm die postglaziale Fluviatil- 
erosion aufgeprägt hat. Wie sehr aber noch die alte Gletschertrogform überwiegt, beweist am besten der 
aus den Gefällsdaten ersichtliche Parallelismus zwischen dem Trogrand und der Talsohle. Es ist vorläufig: 
noch die Energie des rinnenden Wassers vollauf in Anspruch genommen, um — den Querschnitt be- 
trachtet — aus der Trogkurve eine Hanglinie zu schaffen. Der Prozeß ı ist also noch nicht durch einen 
einleitenden Prozeß 2 bedingt, sondern von den Wirkungen einer ganz anders gearteten Dynamik abhängig. 

Wir kommen zur Beschreibung des höheren Talsystems. Seine durchschnittliche Gehängeneigung 
ist 200°,,. Diese hält von 2500 auf 2850 n an. Es unterscheidet den eigentlichen Gebirgskamm, der eine 
durchschnittliche Höhe von 3000 m erreicht. 

Diese wenigen Zahlen geben von der Mannigfaltigkeit der Geländeformen keine Vorstellung und 
bedürfen noch einer ergänzenden Beschreibung. 

Auch in dieser oberen Partie muß zwischen fluviatilem und glazialem Relief unterschieden werden. 
Die Formen des alten Gletscherbodens überwiegen natürlich bedeutend in dieser Höhenlage. Genetisch 
primär sind aber alte, präglaziale Gehängeflußadern, die zum Teil durch die rückwärts" einschneidenden 
Wildbäche des Trogtales wieder aufgewältigt, zum Teil nur durch ein schwaches Zurücklaufen der Iso- 
hypsen auf dem oberen Talboden sich zu erkennen geben. Ihre bedeutend geringere Zahl sowie ihre Zu- 
gehörigkeit zu den Karnischen im Hauptkamm verbietet aber, sie mit den ganz jungen Wildbächen weiter 
unterhalb genetisch zu verbinden. Einzelne von diesen fressen sich überdies auf die Rippen zwischen den 
höheren Gehängeflußläufen zu, so daß die Altersverschiedenheit der beiden Rinnensysteme außer Frage steht. 

Zur Zeit der maximalen Vereisung hat nun jedes dieser Seitenflüßchen in seinem Oberlaufe einen 
Kargletscher in einer sich ausweitenden Nische getragen. Der oberste Gefällsbruch bei 2850 m war die 


[29] Der Bau des Jackel im Obervintschgau. 29 
Verschneidung zwischen dem Firnfeld und dem schneefreien Gebirgskamm. Die ununterbrochene Reihe der 
Kargletscher bewahrte in den oberen Partien die isolierten Formen der präglazialen Gehängetälchen. Der 
Haupttalgletscher selbst hobelte nur sehr schwach (wir befinden uns ja oberhalb des Trograndes, also 
in den Gebieten verminderter Korrasion) die Rippen zwischen den präglazialen Seitenläufen ab, so daß 
man nur von einer »gewellten Trogschulter« sprechen kann, Bei 2700 m etwa wird der Kamm zwischen 
den Karen ganz von der Abschleifung frei, so daß wir hier die Schliffkehle anzusetzen haben. Es ergeben 


sich somit folgende 


Daten für die Erosion im oberen Langtauferer Tale: 


Präglaziales Tal Trogtal 
Boden (über dem Meere), . . . 2.2. 22200 m a 17009 
Breite A EN ECHO! MM EEE EDOO0L MM 
et N RN 4800.77 EN 600 
Übertietung: VB Sam a om 
Maximalena&letscherstande re nooon 
Höhe der Firnfeltar (Kare) über den Gletschern . 150 m 
Bistreie@m)N unatakerr no 


In den Hennesiegelköpfen haben wir die schmalen Rpipen vor uns, die zur Eiszeit zwischen den 
Karen des Langtauferer Tales und denen des Pfundser Tales noch übrig geblieben sind. Diese Grate, deren 
Masse nur den drei- bis viertausendsten Teil des Gesteinskörpers zwischen den beiden Tälern repräsen- 
tieren, sind die einzigen, deren Erosionsformen rein durch Verwitterung und Erosion aus präglazialer Zeit 
bestimmt sind. 

Es liegt auf der Hand, dafs diese Rippen bei längerem Anhalten der Eiszeit ganz verschwunden 
wären. Dann würde eine flache Jochverschneidung oder — wo die Karböden verschiedene Höhe besitzen — 
eine Oberflächenform entstanden sein, wie wir sie weiter talaufwärts oberhalb der Weißkugelhütte in den 
sogenannten »Eisbrüchen« vor uns sehen. Dort hat der tiefer gelegene Langtauferer Gletscher durch einen 
ähnlich verlaufenen Entwicklungsprozef3 den flachen Gepatschgletscher buchstäblich untergraben. Die beiden 
Gletscher haben im Verlaufe der Vereisung den Grat zwischen sich ganz aufgezehrt, indem sie ihre Kare 
nach rückwärts verlegten. Jetzt zehrt der tiefere Gletscher nicht mehr an einem Felsgrat, sondern nimmt 
»in den Eisbrüchene und an der Vernaglwand mit den Gesteinstrümmern, die auf sein Firnfeld herabsausen, 
gleichzeitig die Eismassen des überlastenden Gepatschgletschers mit talab. Der Gepatschferner selber ist 
dadurch endgültig seiner Felsumrahmung beraubt und nähert sich im Anblick dem Endziel der glazialen 
Erosion: der norwegischen und grönländischen Inlandvereisung. 

Der Langtauferer Gletscher führt ein außerordentlich charakteristisches und in die Augen sprin- 
gendes Grundmoränenmaterial: einen schneeweifsen Tonalit mit tintenklecksartigen Hornblendeeinspringlingen. 
So kann man den Verlauf der Vergletscherung recht gut verfolgen und es bietet sich auch Gelegenheit zu 
Beobachtungen glazialer Einzelheiten, Es soll davon nur erwähnt werden, daß der Langtauferer Gletscher 
während einer Interglazialperiode mindestens die Hälfte des Tales zurückgewichen ist. Denn noch die Seiten- 
arme des Karlinbaches bei Kapron sind mit dem Grundmoränenmaterial des Talgletschers ausgeschmiert. 
(Siehe die Karte: Mündung des Poschenbaches.) Da das Vorkommen innerhalb des Troges liegt, so läft 
sich diese Beobachtung nur erklären, wenn diese seitlichen Erosionsrinnen schon in einer Interglazialzeit 
bestanden und bei einer späteren Vereisung in der geschilderten Weise verbaut wurden. 

Auf der Karte sind des ferneren noch auf der westlichen Talseite des Obervintschgaus verschiedene 
Orte eingetragen, wo Moränen mit dem Dolomit des Jackels angetroffen wurden oder das Schuttmaterial 
der Gehänge wegen der gleichen Gesteinsbeschaffenheit auf solche früheren, jetzt verwaschenen Moränen 
hinwies. Der höchste Fundpunkt ist nur 2000 m hoch. 

Alle Talbildungen unseres Gebietes, mit Ausnahme der beiden Becken und des Plawenntales, sind 
nur als Rudimente präglazialer Talbildung zu verstehen. Denn sie münden, soweit sie dem Langtauferer Tal 
tributär sind, mit einer Steilstufe in der Höhe des Trograndes. Sie stehen daher mit jenem höheren Tal- 


30 Richard Lachmann. [30] 


system des Langtauferer Tales in morphologischer Verbindung, wenn auch in ihnen die ganze Reihe der 
Bildungen mangels einer lokalen Vergletscherung und besonderen Übertiefung nicht zu finden ist. 

Nur das hintere Riglbachtal hatte seinen Lokalgletscher vou einiger Bedeutung. Dieser zeigt sogar 
Rückzugsmoränen des Gschnitz- oder Daunstadiums (auf der Karte vermerkt). Sonst dürfte zwar unser ganzes 
Gebiet stark verfirnt gewesen sein, ohne daß es aber zu einer Ausbildung von Karen oder Gletschern ge- 
kommen wäre, 

Ein völlig anderes Formengepräge als das, wovon bisher die Rede war, trägt die südliche Hälfte 
unseres Gebietes. In den drei als Ausnahme genannten Schluchten im S. ist keine Spur einer Gletscher- 
wirkung zu sehen. In gleichmäßigem Böschungswinkel ziehen die Gehänge bis zum Boden der Täler nieder, 
die nur aus lockerem Gehängeschutt bestehen. Für diese Talhälfte ist ferner der große Mangel an Quellen 
charakteristisch, der die Bewohner zwingt, das Wasser zum Teil von der anderen Talseite über die Etsch 
herüberzuleiten. Es geht aus dieser Tatsache und unmittelbar aus der Anschauung hervor, dafs die eigent- 
lichen Talflanken tief im Talschutt begraben sind. Jedes der seitlichen Talstüäcke erscheint wie erstickt im 
Geröll, und die wenigen Runsen auf den weiten Talflanken konvergieren nach einem tieferen Punkte zu. 
Dabei beweist der reife Zustand dieser Täler, verglichen mit dem Mangel einer heutigen Erosion, ihre durch- 
weg präglaziale Bildung. 

Die Hauptetschtalung kann deshalb nicht durch glaziale Übertiefung so tief eingegraben sein — 
wenigstens nicht, soweit wir sie heute übersehen können -—, weil diese Seitentäler bis zum gleichen Niveau 
rein fluviatil sind und älter als diese mögliche Eiswirkung. Es will mir daher scheinen, daß Pencks 
Versuch hier auf Widerstand stoßen muß, durch die präsumptive Eiswirkung eine eigenartige Erscheinung 
zu erklären, auf die schon Müllner!) hinwies. 

Eine ganze Reihe von Flüssen nämlich, die heute der Etsch tributär sind, deuten der Richtung 
ihres Oberlaufes und ihres Gefälles nach über den Reschenscheideckpaß hinweg: und flossen früher zum Inn. 
Nur durch eine plötzliche Gefällsknickung werden sie zum Verlassen ihres alten Laufes veranlaßt. Einige, 
wie auf unserer Karte der Zerzerbach, vereinigen sich sogar in einem mächtigen Wasserfall mit dem Haupt- 


talsystem. 


Zu diesen Flüssen gehört auch in unserem Gebiete der Vivanibach und der Karlinbach des Lang- 
tauferer Tales. 

Müllner meint, daß der Karlinbach seiner Wassermenge wegen die anderen Bäche anzapfte und 
zur Entsendung ihrer Wassermassen nach S. zwang, so daß die Wasserscheide nach N. verrückt wurde. 
Dem ist entgegenzuhalten, daß der Vivanibach, der ebenfalls mit einer Steilstufe endet, dann den Karlin- 
bach hätte kreuzen müssen, bevor er durch diesen nach S. abgelenkt wurde. Außerdem war es Müllner 
noch unbekannt, dafs die tiefe Lage des Karlinbaches nicht seiner eigenen Erosionskraft, sondern der Trog- 
talbildung zur Glazialzeit zuzuschreiben ist. Vorher mündete er 200—300 m höher in das Haupttal und 
hatte daher gar kein Gefälle genug, um den auch in seinem Oberlaufe sehr tief gelegenen Rojenbach zu 
unterschneiden. 

Es war nun seit langem bekannt, daß ein Zug des Inntalgletschers über den Reschenscheideckpaß 
in das Obervinschtal übertrat und, vereinigt mit dem Gletscher des Langtauferer Tales, das heutige Etschtal 
hinunter bis in die Gegend des Gardasees vorstieß. 

Penck nahm daher an,?) daß alle in Frage kommenden Bäche vor der Vereisung nach N. flossen, 
daß also die alte Wasserscheide im S. unseres Gebietes bei Burgeis lag. Der Seitenarm des Inntalgletschers 
wurde nun über die Paßsenke gedrängt und schliff, mit dem Langtauferer Gletscher vereinigt, einen Trog in 
die Paßtalung ein. Infolgedessen enden die Seitenflüsse (»Hängetäler«) mit einem Absturze in das übertiefte 
Haupttal, und die Wassermassen bahnten sich einen Weg nach S, 

Diese Ansicht wird, wie mir scheinen will, angesichts der rein fluviatilen Natur der südlichen Seiten- 
täler nicht aufrecht erhalten werden können. Denn wenn, um ein Beispiel anzuführen, dem Zerzerbach im 
gleichen Talzuge gegenüber und kaum 2 km von dem zu deutenden Gefällsknick entfernt ein präglazial auf 

ale apag go: 

2) l. ce, pag. 205. 


pr 


NV ag mE 0002 


MS 


97, ae 240007 


2808 m 


Riglbach 


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Arlui 636 m 


. X Aarlinbach 


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Chaussee v Ormur 
nach St Valentın 


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Weg zur Grauner- 


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N Aegzur Gr. Alm 


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NN 207 "4 0002 


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a: fneiss u Gneissphyllit 
€: Grüne Schiefer 

d= Kalkstein uDolornit 

e: Alazialablagerungen 


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= x: (ieh angeschrlt 


= Schwarzer Quarz, Je argılı vr 


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NV -PIR 4 200% 


MS 


< 


Oo Ahttl.Taleiwald 


S 


Grosshorn 


Plaurenner Scharle 


& Miltereck 


32 ö Richard Lachmann, [32] 


das tiefste Talniveau durch rinnendes Wasser erodiertes Seitental liegt, so bedarf es wohl keiner Gletscher, 
um das Entstehen des Wasserfalles zu erklären. 

Ein Punkt ist noch zu berühren, wo die neuere Forschung eine Vertiefung der Müllnerschen 
Argumentation erlaubt. Diesem Forscher!) war aufgefallen, daß gerade die kürzesten Seitenflüsse der Etsch 
die größten Schuttkegel bei ihrem Einströmen in das Haupttal aufgetürmt haben — und es ist das in der 
Tat eine ganz eigenartige Erscheinung. 

So münden z. B. das Plawenntal und das Planailtal parallel in das Etschtal. Das Einzugsgebiet 
des Plawenntales beträgt etwa nur !/, von dem des Planailtales und doch hat es vor seinem Austritt ins 
Haupttal den riesigen, in den Alpen einzigartigen Schuttkegel der Malser Heide aufgebaut, der nicht nur 
die Etsch selber, sondern auch den größeren Nachbarfluß ganz auf die Seite drängt. Hingegen scheint aus 
dem Planailtal kein einziger Block ausgetreten zu sein. Die Erklärung, die Müllner hiefür gibt, daß 
nämlich in den kleineren Nebentälern ein stärkeres Gefälle gegenüber dem Haupttale zu überwinden gewesen 
wäre, ist in diesem Falle nicht stichhaltig, da das Hinterland des Planail sich um 400 m höher erhebt, als 
das des Plawenn. Es mündet außerdem das größere Tal mit einer Steilstufe, die doch zunächst hätte ver- 
schüttet werden müssen. Plawenn trägt hingegen bis hoch hinauf einen Schuttmantel., 

Die Erklärung für dieses Phänomen ist nicht schwer, sobald wir erfahren, daß das Planailtal im 
Gegensatz zum Nachbartal zur Eiszeit einen Lokalgletscher mit deutlicher Ausbildung des Troges geführt 
hat. So konnte sich während der Eiszeit hier kein Schutt ansammeln, da die Transportarbeit durch den 
Gletscher verrichtet wurde, während sich das nicht vergletscherte Plawenn allmählich mit Schutt erfüllte. 

Es ist in toto nach unserer Meinung die hydrographische Geschichte der Reschenwasserscheide 
die folgende: 

Die ältesten Urkunden für die geomorphologische Vergangenheit reichen nur bis kurz vor die Zeiten 
des Diluviums. Vorher geht vielleicht schon eine große Geschichte wechselnder Erosiousvorgänge, denen 
unser Gebiet als Zone tektonischer Depressionen vor den benachbarten ausgesetzt war, aber jede Spur 
davon ist verloren gegangen. Wir sehen zur gedachten Zeit zwei Flußsysteme im Kampfe um die Wasser- 
scheide, das eine der Etsch, das andere dem Iun tributär. Die alte Grenze lag südlich des Zerzerbaches 
und nördlich des kleinen Beckens, also in der Gegend des heutigen St. Valentin. Das Etschsystem drang 
vor, weil es den tieferen Talboden besaß, und zapfte der Reihe nach die Nebenflüsse des Stillebaches (Inn- 
talsystem) an, bis die Wasserscheide in die heutige Gegend nördlich des Reschensees verlegt war. Die 
präglaziale Oberflächenform kann nicht wesentlich von der heutigen verschieden gewesen sein. Nur mündete 
der Karlinbach mit einer Stufe in das Haupttal, und dieses war noch nicht durch seitliche Schuttströme 
verbaut. Der verstärkte Inntalgletscher übertiefte das Haupttal in einer heute nicht mehr meßbaren, wahr- 
scheinlich aber unbeträchtlichen Weise. Es kann das aus der Höhe der Gletscherschrammen am Boden der 
Pafßkehle, nämlich über 1500 »n, geschlossen werden. 

In den größten Tälern mit höherem Einzugsgebiet (»Hängetäler« Pencks) formierten sich Lokal- 
gletscher mit Trogwannen. In den kleineren entstanden in Zeiten der Abschmelzung Stauseen (» Verbaute 
Hängetäler«e Pencks), die sich mit Schuttmaterial füllten. Diese Massen kamen nach dem endgültigen 
Schwinden der Vereisung in Form von mächtigen und gleichmäßigen Schuttkegeln zur Ausströmung und 
stauten die heutigen Paßseen auf. So entstand der ganz eigenartige Charakter der Landschaft, die der 


Jackel im Obervintschgau beherrscht. 


I) Ih &, pas 12% 


Im Schlußkapitel mußte eine Argumentation gegen die Möglichkeit einer zentralalpinen Trias- 
bedeckung wegen Raummangels in Fortfall kommen. Dieselbe ist in der gleichnamigen Dissertation des 


Verfassers (Berlin 1907, bei Pilz) einzusehen, 


Zu „Beiträge zur Paläontologie und Geologie Österreich-Ungarns und des Orients, Bd. XX1." 


E= 1800. 


GEOLOGISCHE KARTE 


JACKEL 


IM OBERVINTSCHGAU. 


ENTWORFEN VON 


R. LACHMANN. 


1: 20.000 


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1700. 


Vazzirstarrungsgesteine —— 


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1800 1100. 2000. 


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Verlag von Wilhelm Braumüller, Wien und Leipzig. 


Kartogr, Anstalt von G, Freytag & Berndt. Wien, 


ZUR KENNTNIS DER FOSSILEN EIDECHSEN, 


Von 
Dr. Franz Baron Nopcsa. 


(Mit ı Tafel (II) und 5 Textfiguren.) 


Im Verhältnisse zu dem, was wir von den übrigen Ordnungen der fossilen Reptilien wissen, ist 
unsere Kenntnis der fossilen Eidechsen als recht mangelhaft zu bezeichnen. 


Die vorliegenden Zeilen bezwecken nun, eine kurze Übersicht über die bisher bekannt gewordenen 
Eidechsen zu geben, die mangelhafte Bearbeitung des spärlichen Materials zu beleuchten und endlich un- 
sere Kenntnis der mesozoischen Dolichosaurier etwas zu vermehren. Abgesehen von den Aigialosauriden 
und Dolichosauriden ist das bisher bekannt gewordene fossile Lepidosauriermaterial paläontologisch fast 
gar nicht zu verwenden; haben doch die meisten bekannt gewordenen Namen gar keinen weiteren Wert 
als den einer Katalognummer. Welchen systematischen Wert eine auf ein isoliertes Intermaxillare gegründete 
Pseudopus-Spezies oder mehrere Varanus-Spezies haben, die auf je einen isolierten Wirbel beruhen, das 
kann jeder beurteilen, der einige Lepidosaurierskelette in der Hand gehabt hat oder dem Boulengers 
Wirbelabbildungen des Männchens und Weibchens von Heloderma suspectum bekannt sind. 


Wenn in der folgenden Übersicht dennoch alle noch so fragmentären Eidechsenreste aufgenommen 
wurden, so geschah dies keineswegs, um damit die Existenzberechtigung aller der vorhandenen zahlreichen 
Spezies anzuerkennen, sondern einfach deshalb, um Nachfolgern die Arbeit zu ersparen, sich mit solchen 
Formen und Resten abzuplagen, die für wissenschaftliche Arbeit so gut wie gar nicht existieren. Daß ich 
es nach gesagtem in der folgenden Synopsis vorziehe, die fossilen Lacertilier alphabetisch und nicht syste- 
matisch geordnet anzuführen, ist leicht zu begreifen. Ein Versuch, sie systematisch zu ordnen, ist übrigens 
ebenfalls gegeben, ferner glaubte ich aus einer chronologischen Anordnung des Stoffes einiges heraus- 
lesen zu können. Die Beschreibung der neuen, in London an Dolichosaurus, Adriosaurus und Coniosaurus 
gemachten Beobachtungen, wurde, um den Plan der Arbeit nicht zu stören, in einem zweiten Teile gegeben. 
Um bei der Synopsis die fortwährende Wiederholung der Quellenangaben zu vermeiden, ist dieser Teil in 
ein mit fortlaufender Numerierung versehenes Literaturverzeichnis und in eine Synopsis geteilt worden, 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XXI. 5 


Dr. Franz Baron Nopcsa. [2] 


I. Übersicht der fossilen Lepidosaurier. 


1. Literaturverzeichnis 


(betrifft nur die fossilen oder subfossilen Formen). 


. Ambrosetti. Observaciones sobre los Reptiles fossiles oligocenos (Boll. Ac. Cordoba, 1896). 


. Baur. Discovery of miocene Amphisbena (American Naturalist, 1893). 
. Boettger. Gliederung der Cyrenenmergelgruppe im Mainzer Becken (Bericht Senckenberg. Naturforsch. 


Gesellschaft, 1873/74). 
Boulenger. Reptilia and Batrachia (Zoological Record, London 1890). 
Boulenger. On the Osteology of Heloderma (Proc. Zool. Soc., London. 1891). 


. Boulenger. Reptilia and Batrachia (Zoological Record, London 1892). 

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Filhol. Recherches sur les Phosphorites de Quercy (Annal. Sc. geolog. 1877, auch separat: Paris 1878). 


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. Filhol. Description d’un genre nouveau de Reptile fossile (Bull. Soc. Philomat., Paris 1882), 

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- Gaudry. Animaux fossiles et geologie de l’Attique (Paris 1862). 

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. Gervais. Du Moloch et de l’Heloderme (Journale de Zoologie, Paris 1873). 


Gervais. Zoologie et Palaeontologie generale, II'®® Serie (Paris 1876). 


. Gervais. Note sur les Reptiles trouv&s par Lemoine (Journal de Zoologie, Paris 1877). 
. Gorjanovic-Kramberger. Aigialosaurus dalmaticus, eine neue Eidechse (Societas histor.-natural. 


ceroatica, Zagreb 1892). 


Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen. 3 


[9,1 


Gorjanovic-Kramberger. Einige Bemerkungen zu Opetiosaurus (Verhandl. geol. Reichs-Anst., 


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Günther. Notice on two large extinet Lizards from Mauritius (Ann. Mag. nat. hist., 1877). 


a 


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Lydekker. Indian Tertiary and Posttertiary Vertebrata (Palaeontolog; Indica, Ser. X, Vol. III, 1886). 
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geol. France, 1844). 


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. Roger. Fauna der Dinotheriensande (Ber. naturwiss. Vereines, Augsburg 1900). 


5* 


36 Dr. Franz Baron Nopesa, [4] 


Sı. Seeley. A new Lizard with ophidian affinities (Ann. mag. nat. hist, 1865). 

82. Seeley. A small Lizard from the neocomian rocks near Comen (Quart. Journ. geol. Soc., London 1881). 

83. Seeley. Patricosaurus from the Cambridge Greensand (Quart. Journ. geol. Soc., London 1887). 

$4. Stefano, de. Sauri del Quercy appartenenti a la collezione Rossignol (Atti Soc. ital. Scienz. natural., 
Milano 1904). 

S5. Stefano, de. Batrachi e Rettili del Quercy (Bollet. Soc. geolog. italiana, 1905). 

86. Stefano, de. Sul genere Propseudopus (Revista italiana di Palaeontolog, 1905). 

87. Woodward, A. S. On the extinct reptilian genera Megalania and Meiolania (Ann. a. Mag. nat. hist., 


1888). 

Ss. Woodward, A. S. Synopsis of the Vertebrata of the english chalk (Proceed. geologists association, 
1888). 

Sg. Woodward, A. S. — Sherborn. Catalogue of British fossil vertebrata (London 1890). 


90. Zietz. Fossil Reptile Remains from Warburton Lake (Transact. Roy. Soc. S. Australia, Vol. 23). 


2. Synopsis. 
Aciprion formosum Cope. 


Als nov. gen. et spec. wird diese, auf ein Unterkieferfragment begründete Form von Cope (13) 
beschrieben. Eine neuerliche Beschreibung und eine Abbildung des Stückes ist in Cope (15) gegeben. 
Hay (38) hält Aciprion für einen Amphisbaenen. Seine systematische Stellung scheint mir jedoch ungewiß. 
Sein Alter ist oligozän (White River beds). 


Actaeosaurus Tomasini Meyer. 


Ein nahezu komplettes, von Meyer (61) abgebildetes und beschriebenes Skelett, dem vordere 
Halswirbel und der Schädel fehlen, bildet den Typus von Genus und Spezies. Es stammt aus den neokomen 
Plattenkalken von Istrien, wird von Kornhuber (43) mit Pontosaurus, von Seeley (82) mit Adriosaurus 
verglichen. Seine systematische Stellung wurde zuletzt von Nopcsa (64) besprochen. 


Adriosaurus Suessi Seeley. 


Seeley (82) gründet diese Form auf einen neokomen Torso, der den größeren Teil der Rumpf- 
und fast sämtliche Schwanzwirbel umfaßt. Von den Extremitäten sind die hinteren recht gut erhalten. 
Nopesa (64) macht über das »Type specimen« ergänzende Bemerkungen und fixiert seine systematische 
Stellung. Im Anhange zu dieser Arbeit wird ein zweites komplettes Exemplar von Adriosaurus beschrieben, 
das von Gorjanovic-Kramberger (35) als »Aigialosaurus« erwähnt, jedoch nicht weiter untersucht wurde, 
Abbildungen vom Typus des Genus wurden von Seeley (82) und Nopcesa (diese Arbeit), vom Cotypus 
von Nopcsa (diese Arbeit) gegeben. 


Agama Galliae Filhol. 


Von dieser aus dem Phosphoriten von Quercy stammenden eozänen Agama ist nur ein von 
Filhol (25) beschriebener und abgebildeter Unterkiefer bekannt geworden, der auch von de Stefano (84) 
besprochen wurde. 


Aigialosaurus dalmaticus G. Kramberger. 


Ein fast komplettes Skelett, das von Gorjanovic-Kramberger (35) beschrieben und abgebildet 
wurde, bildet den Typus von Genus und Spezies. ZuGorjanovic-Krambergers Beschreibung machten 
Kornhuber (45) und Nopcsa(64) kritische Bemerkungen. Die systematische Wichtigkeit von Aigialosaurus 
wurde zuerst von Gorjanovic-Kramberger (35), dann von Dollo (20) und zuletzt von Nopcsa (64) 
besprochen. Aigialosaurus ist der Typus der Familie » Azgialosauridae Gorjanovic-Kramberger emend. 
Nopesa«. 


197} 
SI 


[5] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen. 


Aigialosaurus Novaki G.-Kramberger. 
Diese Form wird auf einen Schwanzrest eines etwa 2 »n langen Tieres gegründet, an dem 
auch Schuppenabdrücke aufgefunden wurden. Beschreibung und Abbildung werden von Gorjanovic- 


Kramberger (35) gegeben. 


Anguis acutidentatus Lartet. 


Mit diesem Namen werden von Lartet (46) Kieferreste bezeichnet, die aus dem Obermiozän von 
Sansan stammen, jedoch weder beschrieben noch abgebildet werden. Anguis acutidentatus ist daher als 


klassisches Beispiel eines Nomen nudum zu bezeichnen. 


Anguis Bibronianus Lartet. 


Auch diese auf Kieferreste basierende Form wurde von Lartet (46) benannt, der jedoch auch in 
diesem Falle weder eine entsprechende Beschreibung noch Abbildungen publizierte. Gervais (31) glaubt ein, 
vier schlecht erhaltene Zähne umfassendes Kieferfragment mit Lartets nomen nudum identifizieren zu 
können und bildet dieses obermiozäne Bruchstück auch ab. Gervais’ Stück hat daher als Typus zu gelten. 
Ein auf so fragmentären Resten basierender Typus ist aber nur Ballast und daher schlechter als gar nichts. 
Gervais’ Formen sind übrigens auch von Gerhardt (30) kritisiert worden, 


Anguis Laurillardi Lartet. 


Von dieser nacheinander von Lartet (46) und Gervais (31) beschriebenen Form gilt genau 
dasselbe, wie für Anguis Bibronianus, und der einzige Unterschied besteht darin, daß das Gervais 
vorliegende Kieferfragment nicht vier, sondern bloß drei Zähne umfaßte. Auch Angurs Laurilardi ist 


obermiozänen Alters (Sansan). 


Angiuinide Form (sub nomine: Varanus lemanensis Pome!). 


Bravard (9) erwähnt eine mit Hautknochen versehene Lacerta, ohne sie jedoch genauer zu 
beschreiben. Pomel (76) erwähnt ebenfalls das Auffinden solcher Schuppen und gibt in einer späteren 
Arbeit (77) eine charakteristische Beschreibung, leider jedoch keine Abbildung der Stücke. Was vom Skelett 
vorliegt, wird nicht angegeben. Außer Hautknochen werden von Pomel (77) auch noch konische, gegen 


hinten an Größe zunehmende Zähne beschrieben. Die Form stammt aus dem Oligozän. 


Anguinide Form (sub nom. Lacerta Rottensis Meyer). 


Unter dem Namen Zacerta Rottensis beschreibt Meyer (62) ein wahrscheinlich anguinides Tier mit 
wohlentwickelten Extremitäten und stark entwickelten Knochenschildern aus den miozänen Braunkohlen, das 
mit dem Genus Zacerta nichts zu tun hat. Eine Abbildung wurde zwar von Meyer gegeben, eine neuer- 
liche Untersuchung des Restes wäre jedoch zu erwünschen. 


Ardeosaurus breviceps Meyer. 

Das komplette, allerdings nicht eben brillant erhaltene Skelett von Ardaeosaurus das Meyer (63) 
beschreibt und abbildet, stammt aus den lithographischen Schiefern; sein Alter ist Tithon. Lydekker (56) 
stellt diesen, mit wohlentwickelten Extremitäten versehenen Scincoiden, wie mir scheint mit Unrecht zu den 
Rhynchocephalen, 


Caducosaurus Sauvagei Filhol. 


Ein von Filhol (27) zwar beschriebener, aber nicht abgebildeter dracaenosaurusartiger Unterkiefer 
mit acht Zähnen von denen der vorletzte enorm vergrößert ist, bildet den Typus von diesem aus dem Eozän 
von Quercy stammenden Seincoiden. 


Dr. Franz Baron Nopesa, [6] 


Carsosaurus Marchesetti Kornhuber. 

Dieser größte Vertreter der neokomen Aigialosaurier ist nahezu komplett erhalten, es fehlen nur der 
Schädel, die vorderen Halswirbel und die distale Hälfte des Schwanzes. Der ausführlichen Beschreibung 
Kornhubers (44) sind zwei gute Tafeln beigefügt. Rekonstruktionen des Sterum von Carsosaurus werden 
von Nopesa (64) und diese Arbeit gegeben, woselbst auch die systematische Stellung dieses Tieres be- 
sprochen wurde. Auch in Dollos Arbeit von 1392 (20) findet diese Form Erwähnung. 


Chameleo pristinus Leidy. 
Die erste Beschreibung dieses Stückes geschah durch Leidy (49), wobei jedoch noch keine Ab- 
bildung gegeben wurde. Eine Neubeschreibung und Abbildung der auf einem Unterkieferfragment beruhen- 
den Spezies ist in einer späteren Arbeit desselben Verfassers |Leidy (50)] enthalten. Hay (38) erwähnt das 


Stück gleichfalls und stellt es in Übereinstimmung mit Leidy zu den Rhiptoglossa. 


Chamops seguis Marsh. 


Unter diesem Namen beschrieb Marsh (60) Schädelreste, von denen ein Maxillare abgebildet wurde. 
Die Form stammt aus der Laramieformation und. wurde von Boulenger (6) zu den Teiiden, von Hay (38) 
zu den Iguaniden gestellt. Marsh sagt nichts über die systematische Stellung; selbst möchte ich Bou- 


lengers Meinung akzeptieren. 


Chlamydosaurus Kingi. 
Lydekker (56) erwähnt, daß sich Schädelreste dieser rezenten Form im Pleistozän von Queens- 


land finden. 


Coniasaurus crassidens Owen. 


Die erste Beschreibung und Abbildung dieser oberkretazischen Form, von der Wirbel und bezahnte 
Kieferreste bekannt sind, ist in Dixons zitierter Arbeit (19) enthalten. Später gibt Owen (71) eine neuer- 
liche Beschreibung. Lydekker (56) erwähnt im British Museum befindliche Kieferfragmente dieser Form. 
Woodward (88) rekapituliert kurz Owens Originalbeschreibung. Nopcsa (diese Arbeit) bildet einen 


weiteren Kieferrest ab, der vielleicht eine neue Spezies darstellt. 


Cremastosaurus carinicollis Cope. 

Dieses Genus, mit der einzigen Spezies Cr. carinicollis, wird zuerst von Cope (13) erwähnt und 
kurz beschrieben. Eine neuerliche Beschreibung der Phrynosoma-artigen Wirbel, auf die das Genus gegründet 
wurde, ist in einer späteren Arbeit [Cope (15)] enthalten, woselbst auch Abbildungen gegeben werden. Im 
Gegensatze zu Gope stellt Hay (38) die aus den White river beds stammenden Wirbel zu den Am- 
phisbaenen, 

Diacium quinquepedale Cope. 
Ein Sakralwirbel von varanider Größe wird von Cope (13 und 15) beschrieben und in der zweiten 


Arbeit auch abgebildet. Hay (38) stellt diesen Rest zu den Amphisbaenen; sein Alter ist Oligozän (White 


river beds). 


Didosaurus mauritianus Günther. 


Die Form wurde von Günther (37) aut Kiefer, Humerus und Femurreste "eines pliozänen Lacer- 
tiliers gegründet. Gadow (28) hält die Form für mit Oyclodus verwandt und erwähnt, daß Schädel- 
fragmente, Wirbel, Humera, Femora, Ulnae und Pelves vorliegen. Sowohl in Günthers als auch in 
Gadows Arbeit wurden Abbildungen gegeben, wobei ganz besonders auf die Klarheit der Gado w’schen 


Abbildungen hinzuweisen wäre. 


[7] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen. 39 


Diploglossus Cadurcensis Filhol. 
Einen von Filhol (25) als Plestiodon cadurcensis beschriebenen Unterkiefer beschreibt de Stefano (84) 
unter diesem Namen. Von de Stefano werden zwar sowohl Beschreibung als auch Abbildung gegeben, leider 


läßt sich aber mit einem isolierten Dentale nur sehr wenig erreichen. 


Dolichosaurus longicollis Owen. 


Die erste ausführliche Beschreibung und Abbildung von Dolichosaurus wurde von Owen in 1842 
[Owen (65)] gegeben, woselbst Dolichosaurus mit Iguaniden, Scincoiden und Varaniden verglichen wurde, 
Eine weitere Beschreibung und Abbildung der Schädelfragmente, Hals-, Rumpf- und Schwanzwirbel, ferner 
Humerus und Beckenreste umfassenden Form wurde in seiner Monographie der Kreidereptilien [Owen (71)] 
gegeben. Seither ist die Form mehrfach so von Boulenger (7), Dollo (20), Nopesa (64) besprochen 
worden. Woodward (88) gibt eine kurze Rekapitulation von Owens Originalbeschreibung. Eine Be- 
schreibung und Abbildung des bisher unbekannten Schultergürtels ist in Nopcsa (diese Arbeit) gegeben. 


Dolichosaurus ist der Typus der kretazischen Familie Dolichosauridae. 


Dracaenosaurus Croizeti Gervais. 

Gervais (31) gibt eine gute Beschreibung und Abbildung des einzigen bekannten Unterkiefers 
dieser oligozänen Form. Dasselbe Stück ist außer von Gervaisauch von Pomel(77) und Lydekker (56) 
besprochen worden. Lydekker stellt Dracaenosaurus (Dracosaurus Croizet ex Gerv. fide Pomel) zu den 
Sceincoiden. 

Enigmatosaurus Botti Stefano. 

Unter dem für einen Sauropterygier präokkupierten Namen Thaumattosaurus (vgl. Zittel, Grund- 
züge der Paläont., München 1895) beschreibt de Stefano (84) einen aus dem Eozän von Quercy stam- 
menden Okzipitalteil eines Lacertiliers von systematisch unsicherer Stellung. Beschreibung und Abbildung 
lassen manches zu wünschen übrig. Ich belege das problematische und fragmentäre Stück mit dem neuen 


Genusnamen Enigmatosaurus. 


Euposaurus cirinensis Lortet. 


Lortet (57) gründet diese Form auf komplette Skelette, von denen Beschreibungen und Abbil- 
dungen gegeben werden. Er stellt Euposaurus zu den Rhynchocephalen. Boulenger (6) bezeichnet die 
systematische Stellung als zweifelhaft, in einer späteren Arbeit [Boulenger (7)] stellt er das Genus Eupo- 


saurus zu den Anguinidae. 


Euposaurus Thiollierei Lortet. 


Aus den neokomen lithographischen Schiefern von Cirin stammend, bildet ein nahezu komplettes 
Skelett den Typus zu Genus und Spezies. Beschreibung und Abbbildung werden in Lortets Arbeit (51) 


gegeben, sonst gilt für diese Form dasselbe wie für Zuposaurus cirinensis. 


Exostinus serratus Cope. 


Als Typus eines nov. gen. et spec. werden von Cope (13) Schädelfragmente beschrieben, die 
einige Beziehungen zu den Gerronotidae zeigen; in einer späteren Arbeit [Cope (15)] werden Neubeschrei- 
bung und Abbildung der Stücke (Schädelreste und dermale Verknöcherungen) gegeben. Die Stücke stammen 
aus den White river beds und Hay (38) stellt sie zu den Angwinidae. 


Glyptosaurus anceps Marsh. 


Diese Form, auf Schädelfragmente begründet, ist von Marsh (58) nur ganz kurz beschrieben 


worden; eine Abbildung wurde nicht gegeben. 


40 Dr. Franz Baron Nopcsa. [8] 


Glyptosaurus brevidens Marsh. 

Von dieser von Marsh (59) beschriebenen, jedoch nicht abgebildeten Form soll der größere Teil 
des Skeletts erhalten sein. Es werden jedoch nur Schädelteile und Knochenschilder beschrieben. Der Rest 
ist eozänen Alters. Hay (38) hält das Genus Glyptosaurus für mit Placosaurus (Gervais) verwandt und 
stellt ihn zu den Auguiniden. Boulenger (5) vergleicht ihn mit Heloderma. Da noch kein Vertreter des 
Genus Glyptosaurus entsprechend abgebildet wurde, kann man sich über die systematische Stellung dieser 
Form nur schwer eine Vorstellung machen. Ich selbst bin jedoch geneigt, was die Verwandtschaft von 
Glyptosaurus und Placosaurus betrifft, Hay (38) zu folgen, beide Formen jedoch zu den Helodermatiden 
zu stellen. 


Glyptosaurus occellatus Marsh. 


Es gilt genau dasselbe wie für vorige Form. Nach Marsh (58, 59) sollen von dieser gleichfalls 
eozänen Spezies verschiedene Skeletteile vorliegen; es werden jedoch nur Schädelteile besprochen. 

Dorsal- und Cranialschilder, die von Leidy (50) beschrieben und abgebildet werden, bilden, da 
Marsh keine Abbildungen gab, den Typus dieser Spezies und auch den des Genus. Auch Leidys Reste 


stammen aus dem Eozän von Wyoming. 


Glyptosaurus princeps Marsh. 


Diese Spezies erreichte nach Marsh (59) volle 6 Fuß Länge, ist mit Knochenschildern ver- 
sehen, hat bezahnte Pterygoidea, eine iguanaartige Pelvis und ebensolche Extremitäten. Die Caudalwirbel 
zeigen Querteilungszonen, der Rest stammt aus dem Eozän. Hay (38) stellt ihn, so wie die anderen 


Vertreter dieses Genus, wohl mit Unrecht zu den Anguiniden. 


Glyptosaurus nodosus Marsh. 


Diese Form beruht auf Schädelfragmenten, die von Marsh (58) beschrieben wurden. 


Glyptosaurus rugosus Marsh. 


Es ist nur ein eozänes Schädeldachfragment bekannt [Marsh (59)], sonst gilt für die Form dasselbe, 


wie für Glyptlosaurus brevidens. 


Glyptosaurus sphenodon Marsh. 
Die Form [Marsh (59)] beruht auf einem Oberkiefer. Die Beschreibung ist skizzenhaft; Abbildungen 


wurden nie gegeben. Sonst gilt dasselbe wie für vorige Form. 


Glyptosaurus sylvestris Marsh. 
Diese Spezies bildet den Typus des Genus Glyptosaurus. Marsh (58) beschreibt Cranialplatten, 
die an Heloderma erinnern, Kiefer mit trachyosaurusartigen pleurodonten Zähnen und varanoide Wirbel, 


die Spuren einer Zygosphen-Zygantrumartikulation zeigen; Abbildungen werden nicht gegeben. 


Helodermoides tuberculatus Douglaß. 
Das Genus und die Spezies werden auf ein bepanzertes Schädeldach und ein Kieferfragment ge- 
gründet, das aus dem Oligozän von Montana stammt und von Douglaß (21) beschrieben und abgebildet 
wurde. Die Form soll, wie der Name besagt, an Heloderma erinnern. Ich finde, daß eine gewisse Ähn- 


lichkeit mit dem eozänen Placosaurus vorliegt. 


Hyporhina antiqua Baur. 


Unter dem Namen Ayporhina wurden von Baur (2) Schädelreste aus den White river beds be- 
schrieben, die an die Amphisbaeniden erinnern, sich jedoch von diesen durch eine komplette postorbitale 
Knochenbrücke unterscheiden. Baur betrachtet A/yporhina daher als den Vertreter einer eigenen Familie. 


[9] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen. 41 


Iguana europea Filhol. 

Ohne Abbildung wird diese auf einen Kiefer gegründete eozäne Form zuerst von Filhol (24) unter 
dem Genusnamen Proigwana beschrieben. Eine Neubeschreibung und Abbildung der Ober- und Unterkiefer- 
fragmente erfolgte unter demselben Genusnamen, später durch denselben Autor [Filhol (25). Lydekker (57) 
vereinigt diese Form mit Iguana und schreibt ihr einige Wirbel zu, die sich im Eozän von Hordwell 
fanden. In einer anderen Arbeit [Lydekker (56)] werden auch Abbildungen dieser Wirbel gegeben. 
De Stefano (84) indentifiziert mit dieser Form Kiefer, Humera, Tibiae und Wirbel, die sich so wie 
Filhols Typus im Eozän von Quercy fanden. Er beschreibt und bildet die Stücke ab. 


Iguanavus exilis Marsh. 
Unter diesem Namen werden von Marsh (59) einige Schweifwirbel beschrieben, die aus dem 
Bridger Eozän stammen, nicht abgebildet wurden und von Boulenger (6), Hay (38) und Marsh (59) 


übereinstimmend zu den Iguaniden gestellt werden. 


Iguanavus teres Marsh. 

Für diese aus der Laramie stammenden Form gilt dasselbe, wie für /guanavus exilis. Auch von 
dieser Form wurde keine Abbildung gegeben. Es liegen nach Marsh (60) bloß Wirbel vor, die zygosphe- 
nale Artikulation zeigen. 

Lacerta? ambiqua Lartet. 
Diese Form basiert auf von Lartet (46) erwähnten Kieferstücken, die, jedoch weder beschrieben 


noch abgebildet wurden. Ein Nomen nudum! Die Reste stammen aus dem Miozän von Sansan. 


Lacerta antiqua Pomel. 


Oligozäne Kieferstücke, die nie abgebildet und kaum beschrieben wurden |Pomel (77)], bilden 
den Typus dieser Spezies. 
Lacerta bifidentata Lartet. 
Für diese von Lartet (46) aufgestellte Spezies, gilt dasselbe wie für Zacerta ambiqua. Lydekker (56) 
glaubt, einige im British Museum befindliche Kieferreste mit Lacerta bifidentata identifizieren zu können. Vor- 
läufig ist Zacerta bifidentata ebenfalls ein Nomen nudum. Gervais (31) glaubt, daß die Reste wegen der 


zweizinkigen Zähne nicht in das Genus Lacerta gehören. 


Lacerta cerassidens Gervais. 


Lacertide Kieferreste sind unter diesem Namen von Gervais (31) beschrieben und abgebildet 
worden; sie sind pliozänen Alters. 

Lacerta eocena Owen. 

Von Owen (66) zuerst ohne Namen beschrieben und abgebildet, wird für das Dentalfragment, 
auf das die Spezies gegründet wurde, später [Owen (74)| der Name Zacerta eocena in Anwendung ge- 
bracht. Unter diesem Namen ist es später auch von Woodward und Sherborn (89) erwähnt worden. 
Die eozäne Form scheint, nach Owens Abbildung zu schließen, nicht unbedeutend an Zacerta mucronata 
Filhol zu erinnern. 

Lacerta fossilis Pomel. 

Diese Lacerten Spezies wurden auf ein pleistocenes Parietale gegründet und von Pomel (77) kurz 

beschrieben. Eine Abbildung wurde nicht gegeben. 


Lacerta Lamandini Filhol. 
Der Typus dieser Spezies wurde von Filhol (25) abgebildet und beschrieben. Lydekker (56) 
erwähnt, als zu Zacerta Lamandini gehörig, einige von Sansan stammende Kiefer, die sich im British 
Museum befinden. Eine neuerliche Beschreibung der Spezies wurde von de Stefano (84) gegeben. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 6 


42 Dr. Franz Baron Nopesa. [10] 


Lacerta mucronata Filhol. 

Typus der Spezies ist ein lädiertes Dentale, das von Filhol (25) beschrieben und abgebildet wurde. 
Wegen der schrägen gegen vorn geneigten Lage der vorderen Zähne wurde von de Stefano, der eben- 
falls eine Beschreibung und Abbildung dieses Restes publizierte (84), der neue Genusnamen Pseudolacerta 
in Anwendung gebracht. Auf die Ähnlichkeit mit Lacerta eocena Owen wurde bereits hingewiesen. An- 
betracht der schrägen Stellung der vorderen Mandilularzähne bei Zacerta vivipara (vgl. Leydig, Die in 
Deutschland lebenden Arten von Saurier, Tübingen 1872) glaube ich, den Genusnamen Pseudolacerta 
zurückweisen zu müssen. . 

Lacerta occellata. 


Gervais identifiziert mit dieser rezenten Form einige Kieferknochen, die im diluvialen Höhlenlehm 


gefunden und in seiner Zoolog. et Palaeont. frangaise (31) abgebildet und beschrieben wurden. 


Lacerta Phillippiana Lartet. 


Kiefer von Sansan, die niemals beschrieben oder abgebildet wurden, werden von Lartet (46) mit 


diesem Namen belegt. 
Lacerta Ponsortiana Lartet. 


Für diese ebenfalls von Lartet (46) "aufgestellte Form gilt Wort für Wort dasselbe, wie für 


Lacerta Phillippiana. Die Kieferknochen dieser Form stammen ebenfalls aus dem Miozän von Sansan. 


Lacerta pulla Meyer. 
Ein Schwanzrest, dessen verlängerte Wirbelkörper durch den Mangel an Neurapophysen ausge- 
zeichnet sind, bildet den Typus der Spezies. Außer dem Schwanze sind auch Teile der hinteren Extremität 
vorhanden. Die systematische Stellung dieser von H. v. Meyer (62) beschriebenen und abgebildeten 


miozänen Form scheint derzeit noch fraglich. 


Lacerta ruscinensis D£peret. 


Die an Zacerta occellata erinnernde Form wird von De&peret (17) zwar beschrieben, aber nicht 
abgebildet. Sie ist auf Kiefer- und Wirbelfragmente gegründet, deren Zusammengehörigkeit jedoch von 


Deperet selbst als fraglich bezeichnet wurde. 


Lacerta Sansanensis Lartet. 


Für ZLacerta Sansanensis, die von Lartet (46) auf Zähne, Kiefer und Wirbel begründet wurde, 
gilt dasselbe wie für Zacerta Phillippiana und Lacerta Ponsortiana. Auch Lacerta Sansanensis ist ein 


klassisches Beispiel eines Nomen nudum! 


Lacerta sp. (Subgenus Nucras). 


Klebs (41) erwähnt das Vorkommen einer Eidechse im baltischen Bernstein, die er für Anemido- 
phorus anspricht. Boulenger (4) bestimmt das Stück nach Untersuchung des Originals als zu »Lacerta 
Subgenus Nucras« gehörig. Was erhalten ist, wird nicht angegeben. Boulenger war aber so liebens- 
würdig, mir mitzuteilen, daß ein Schädelstück vorliegt. Eine Abbildung des Stückes wurde bisher noch 
nicht publiziert. 

Macellodus Brodiei Owen. 


Das Genus wurde von Owen (67) auf einen Kiefer gegründet, der abgebildet und eingehend be- 
schrieben wurde. Später wurden von demselben Verfasser neuerlich Abbildungen und Beschreibungen ge- 
geben. Lydekker (56) erwähnt, daß von dieser Eidechse des Purbeck außer den Kiefern procoele Wirbel, 
Extremitätenknochen und Hautknochen vorliegen. Von Woodward und Sherborn (89) wurde Macel- 
lodus — vielleicht mit Unrecht — mit Saurillus vereinigt; die systematische Stellung dieser Eidechse ist unklar, 


[977 


[21] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen. 4 


Mesoleptos Zendrini Cornaglia. 


Mesoleptos beruht auf Dorsalabschnitt und Hinterextremität eines Aigialosauriden, die von 
Cornaglia (16) beschrieben und abgebildet werden. Ein weiteres Wirbelsäulenstück, das diesem Genus 
zugeteilt wird, wird von Gorjanovic-Kramberger (35) abgebildet und beschrieben. Der Rest ist auch 
von Nopcsa (64) besprochen werden. Durch eine große Anzahl von Dorsalwirbeln entfernt sich Meso- 


leptos von den Aigialosauriden und steht den Dolichosauriden näher. 


Naocephalus porrectus Cope. 

Cope (11) beschreibt unter obigem Namen ein Schädelfragment, dessen Foramen pineale im Fron- 
tale liegt, dessen Postfrontale zwei starke Auftreibungen zeigen und das mit einigen Wirbeln koassoziiert 
vorgefunden wurde. Er hält Naocephalus, von dem keine Abbildungen gegeben wurden, für mit den Vara- 
noidea verwandt. In einer anderen Arbeit [Cope (12)] wird eine neuerliche Beschreibung gegeben, ohne 
allerdings die systematische Stellung irgendwie zu erwähnen. Hay (38) stellt Naocephalus zu den Amphis- 
baenen. Wegen der Anwesenheit eines Foramen pineale im Frontale glaube ich mich dieser Annahme 
jedoch nicht anschließen zu können und halte daher diese eozäne Form für »incertae sedis«. 


Notiosaurus dentatus Owen. 


Ein recht problematisches pleistozänes großes Kieferstück, das von Owen (73) genau beschrieben 


und abgebildet ist, bildet den Typus für Genus und Spezies. 


Opetiosaurus Bucchicei Kornhuber. 


Die Form, von der das nahezu komplette Skelett vorliegt, wurde von Kornhuber (45) beschrieben 
und brillant abgebildet. An diese Beschreibung knüpfen sich einige recht unwesentliche Bemerkungen 
Gorjanovic-Krambergers (36). Eine Besprechung der systematischen Stellung dieses neokomen Aigialo- 
sauriers ist bei Nopcsa (64) zu finden. Als Stammform der Mosasaurier beansprucht Opetiosaurus ganz 
hervorragendes Interesse. 

Palaeiguana Whitei Broom. 


Broom (10) beschreibt und gibt eine Abbildung eines Schädels, der an /guana erinnern soll und 
sich in der südafrikanischen Trias vorfand. Die systematische Stellung dieser durch loses Quadratum und 
sehr großem Foramen pineale ausgezeichneten Form scheint mir vorläufig noch unklar. 


Palaeovaranus Cayluxi Filhol. 


Im Eozän von (uercy gefundene Skeletteile einer varanoiden Echse wurden in 1873 von Filhol (23) 
unter dem präokkupierten Genusnamen Palaeosaurus beschrieben. In einer späteren Publikation [Filhol (24)] 
wird die varanide Natur der Stücke festgestellt, die jetzt den Namen Necrosaurus erhalten. 

In 1877 bespricht Filhol die Reste neuerdings, vertauscht den Namen Necrosaurus für Palaeo- 
varanus und gibt eine genaue Beschreibung des Unterkiefers und Femurs, auf die Palaeosaurus (= Necrosaurus 
— Palaeovaranus) gegründet wurde (25). Lydekker (57) trennt den Palaeovaranus-Femur vom Kiefer und 
vereinigt ersteren mit Placosaurus. Der Kiefer wird auch weiterhin als Typus des Genus Palaeovaranus 
Cayluxi betrachtet. De Stefano (84) spricht sich im allgemeinen gegen die Vereinigung der Palaeovaranus) 
und Placosaurusreste aus und beschreibt und bildet als zu Palaeovaranus gehörig ab: Ein 3 Zähne tra- 
gendes Unterkieferfragment und eine Tibia. Was mit dem Palaeovaranus (? Placosaurus-)Femur zu ge- 
schehen hat, wird nicht angegeben. Ich glaube daher, de Stefanos Annahme nur teilweise akzeptieren 
zu können. 

Palaeovaranus Filholi Stefano. 


Diese von de Stefano (84) gegründete Spezies basiert auf bezahnten Ober- und Unterkieferfragmenten 
und einigen Wirbeln. Der Erhaltungszustand der Reste ist elend und nach meiner Ansicht für spezifische 


Bestimmungen unzureichend. Beschreibung und Abbildung der Stücke wird in Stefanos Arbeit gegeben. 
6* 


44 Dr. Franz Baron Nopesa. [12] 


Patricosaurus merocratus Seeley. 


Ein proximales Femurende und ein Sakralwirbel, deren Zusammengehörigkeit jedoch fraglich ist 
und die an keinen rezenten Lacertiliertypus erinnern, werden von Seeley (83) unter obigem Namen zu- 
sammengefaßt, abgebildet und beschrieben. Die systematische Stellung der aus dem Cambridge Greensand 


stammenden Reste ist unklar. 
Peltosaurus granulosus Cope. 


Das Craniumfragment, für das dieses Genus gegründet wurde, wird zuerst in 1874 von Cope (13) 
beschrieben. Es zeigt verwandtschaftliche Beziehungen zu den Gerronotiden, von denen es sich jedoch durch 
dermale Össifikationen des Schädeldaches unterscheidet. Neubeschreibung und Abbildung der bekannten 
Reste (Schädel- und Hautknochen) werden von Cope (15) in 1885 gegeben. Hay (38) stellt Peltosaurus 
zu den Angwinidae. f 


Placosaurus rugosus Gervais. 


Ein Schädeldach, das Filhol für Teile eines Edentaten (Necrodasypus) hielt, ein in seiner Zuge- 
hörigkeit fraglicher Kieferrest und Hautknochen sind das Material, aut das Gervais (31) das Genus 
Placosaurus gründete. Von den Resten werden gute Beschreibungen und mehrere Abbildungen gegeben. 
Generisch und wohl auch spezifisch mit dem Typus ident ist ein weiteres Schädelfragment, das von 
Gervais (33) unter dem Namen Varanus margariticeps beschrieben und abgebildet wurde. Vom selben 
Autor ist Placosaurus auch mit Heloderma verglichen worden (32). Lydekker (57) hält Placosaurus für 
einen Ophiosaurier mit gut entwickelten Extremitäten und glaubt, mit diesen zwei Stücken das Femur von 
Palaeovaranus und Plestiodon cadurcensis vereinigen zu müssen. Nach seiner Meinung [Lydekker (56)] 
wären daher von Placosaurus bekannt: Kiefer, Wirbel, Femora und Tibia, die jedoch keineswegs in na- 
türlichem Zusammenhange vorgefunden wurden. De Stefano (84) beschreibt ein weiteres Craniumfragment 
und nimmt gegen Lydekkers wohl zu weitgehender Vereinigung Stellung. In 1906 erwähnt Leenhardt 
weitere Reste dieses Lacertiliers (47). Ich finde, daß Gervais’ Kieferrest und Schädeldach einigermaßen 
an Helodernoides Douglaß erinnern. 


Placosaurus sp. Cope. 


Aus dem Eozän stammende Hautknochen und Kranialstücke, ferner ein Humerus und ein Femur- 


fragment werden von Gope (14) mit Gervais’ Genus Placosaurus vereinigt beschrieben und abgebildet. 


Platyrhachis coloradensis Cope. 


Als nov. gen. et spec. werden die Wirbel, auf die Platyrhachis gegründet wurde, von Cope 
zuerst in 1874 [Cope (13)] beschrieben und später [Cope (15)] auch abgebildet. Diese Amphisbaene 
stammt aus den White river beds. Außer Wirbeln ist vom Genus Platyrhachts nichts bekannt geworden. 


Platyrhachis rhambestes Cope. 


Es gilt genau dasselbe, wie für Pl. coloradensis. 


Platyrhachis unipedalis Cope. 


Es gilt genau dasselbe, wie für Platyrhachis coloradensis und Pl. rhambestes. 


Plestiodon cadurcensis Filhol. 


Diese scincoide Form basiert auf einem Dentale, das von Filhol (25) beschrieben und abgebildet 
wurde. Lydekker (57) vereinigt es mit Placosaurus, de Stefano (84) rehabilitiert die Form und gibt 
eine neuerliche Beschreibung. 


Plestiodon sp. Lydekker. 


Ein spezifisch nicht bestimmtes Dentale wird von Lydekker (56) beschrieben und abgebildet. 


] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen. 45 


Logpal, 
en 
197} 


Pontosaurus lesinensis Kornhuber. 

Kornhuber (43) beschreibt unter dem Namen Hydrosaurus lesinensis zwei recht gut erhaltene 
Skelette dieses Genus, die sich gegenseitig ergänzen. Die gut abgebildeten Reste stammen aus dem istrianer 
Neokom. Gorjanovid-Kramberger (35) macht zu Kornhubers Beschreibung einige Bemerkungen 
und benennt das Genus »Pontosaurus«. Die systematische Stellung ist von Boulenger (5, 7), Dollo (20) 


und zuletzt von Nopcsa (64) besprochen worden. 


Procameleo europeus de Stetano. 


Ein Fragment eines aus dem Eozän von Quercy stammenden Dentales genügt de Stefano (84). 
um darauf dieses neue Genus mit der einzigen Spezies » Procameleo europeus« zu gründen. Beschreibung und 


Abbildung des Restes werden gegeben. 


Progonosaurus pertinax Portis. 
Dies Genus basiert auf vier von Portis (78) beschriebenen und abgebildeten Wirbeln, von denen 
der eine opistocoel (resp. amphicoel) sein soll. Sonst erinnern die Stücke an die Wirbel der Varanidae. 
Falls die Orientierung des Sakralwirbels richtig ist und daher tatsächlich ein opistocoeler Wirbel 
vorliegt (was mir fraglich erscheint), so wäre Progonosaurus ein unter den Lepidosauriern einzig dastehendes 
Genus, sonst wäre Progonosaurus bei den Varanidae unterzubringen. — Zu bemerken wäre, daß Baur in 
1890 den Namen Progonosauria für eine ganze Reptilordnung vorgeschlagen hat und es daher vielleicht 


angezeigt erscheint, für den Florentiner Rest einen neuen Genusnamen zu verwenden. 


Propseudopus Cayluxi de Stefano. 
Ein von de Stefano (84) abgebildetes und beschriebenes Intermaxillare und einige Kieferreste 
bilden den Typus dieser eozänen Spezies. Ich möchte die Benennung oder Identifizierung solcher Reste wie 


die vorliegenden als »Spielereic bezeichnen, 


Propseudopus Fraasi Hilgendort. 


Ein komplettes, jedoch schlecht erhaltenes von Hilgendorf (39) als Pseudopus Fraasi be- 
schriebenes und abgebildetes Skelett bilden den Typus zu Genus und Spezies. Doppeltes Parietale sowie 
Vomerzähne sind charakteristisch. Die Vomerzähne sind auch von Koken (42) erwähnt worden. 


De Stefano bespricht in zwei Arbeiten (84 und 86) das Genus Propseudopus. 


Protrachysaurus Gaudryi de Stetano. 


De Stefano genügt ein Hinterhauptfragment, um daraut Protrachys@urus Gaudryi nov. gen. et 
spec. zu gründen. Das Stück, das von diesem Autor (84) beschrieben und abgebildet wurde, stammt aus 
dem Eozän von Quercy. 

Pseudopus moguntius Boettger. 

Die Beschreibung der Spezies, die nie abgebildet wurde, basiert, soweit ich es eruieren konnte, auf 
folgenden Worten Boettgers (3): »Pseudopus moguntius n. sp. Hautknochen, dieselbe Art, welche sich 
häufig in den Landschneckenkalken von Hochheim findet.« Anbetracht dieser vagen Beschreibung 
halte ich es für angezeigt, die Form vorläufig selbständig i. e. als Nomen nudum zu behandeln und nicht, 
wie Zittel es tut, mit Proseudopus Fraasi zu vereinen. Lydekker (56) erwähnt, daß sich ein ziemlich 
komplettes Skelett dieser Spezies im british natural history Museum befindet. 


Pseudopus ulmensis Gerhardt. 
Ziemlich komplette Reste, die von Gerhardt (30) mehrfach abgebildet und genau beschrieben 
wurde, bildet den Typus dieser gut etablierten Spezies. Die kritische Arbeit enthält viele Angaben über die 


übrigen bisher bekannten fossilen Auguinidae. 


46 Dr. Franz Baron Nopesa. [14] 


Rhineura Hatcheri Baur. 


Diese an die rezente Ahineura Floridana erinnernde Amphisbaene der White river. beds basiert 
auf einem Schädelrest, von dem jedoch Baur (2) weder eine adäquate Beschreibung noch eine Abbildung 
publizierte. 


Saniva ensidens Leidy. 


Diese Form wird auf Wirbel und Extremitäten gegründet. Ohne Abbildungen werden die Stücke 
zuerst von Leidy (48) beschrieben. Später gibt derselbe Autor (50) Abbildungen eines Zahnes und zweier 
Wirbel eines varanusartigen Tieres und auch Cope (12) erwähnt Wirbel dieser an /guanavus Marsh er- 
innernden Form. Wieviel von dem Skelett vorliegt, das Cope untersuchte, ist aus seiner Arbeit nicht zu 
entnehmen. Hay (35) stellt das Genus Saniva zu den Anguinidae. 


Saniva major Leidy. 


Von Saniva major liegen Dorsalwirbel und ein distales Humerusende vor, die von Leidy (50) 
beschrieben und abgebildet wurden. Das Alter dieser und der vorhergehenden Form ist eozän 
(Bridger group). 

Saurillus obtusus Owen. 

Owen (68) beschrieb unter diesem Namen ein bezahntes Dentale. Nach Woodward und 

Sherborn (89) soll Saurillus generisch mit Macellodus ident sein, was Owen allerdings bestreitet. Eine 


gute Abbildung ist in Owens Arbeit gegeben worden. 


Sauromorus ambiguus Pomel. 


Pomel (77) beschreibt unter diesem Namen einen lacertid-scincoiden Schädel, den de Stefano 
später (84 und 86) mit dem Genus Propseudopus vereinigt. Da Abbildungen nicht gegeben wurden, kann 
man sich nur schwer ein Urteil über die Form bilden, Die Anwesenheit von scincoiden Merkmalen scheint 


allerdings nicht eben für eine Vereinigung mit den Anguiniden zu sprechen. 


Sauromorus lacertinus Pomel. 


Diese nicht abgebildete Spezies basiert nach Pomel (77) auf einem Schädelstücke, das auf eine Form 
deutet, die kleiner war als S. ambiquus. 


Saurospondylus dissimilis Seeley. 


Unter diesem Namen werden von Seeley (81) Wirbel einer iguaniden Form beschrieben, die basale 
Kanten, ein querverbreitetes Zentrum und Zygosphenartikulation zeigen. Woodward und Sherborn (89) 
vereinigen diese Form mit dem Genus Dolichosaurus. Bis keine Abbildungen gegeben werden, halte ich es 
für zweckmäßig, die Form — einfach um das Type specimen leicht wiedererkennen zu können — selb- 
ständig zu behandeln. 


Tejus oligocenus Ambrosetti. 


Für diese von Ambrosetti (1) als Propodinema beschriebene Form gilt dasselbe wie für den 
folgenden Tejus paranensis. 


Tejus paranensis Ambrosetti. 


Als Propodinema paranensis skizziert Ambrosetti (I) mit einigen Worten oligozäne Unterkiefer- 
fragmente, von denen jedoch keine Abbildungen gegeben werden. 


Tejus teguixin (rezent). 


Lydekker (56) erwähnt, daß sich in den pleistozänen Knochenhöhlen von Mineas geraes (Bra- 
silien) ein derzeit im Natural history Museum in London befindlicher Unterkiefer vorfand. 


[15] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen. 47 


Thinosaurus agilis Marsh. 


Die Spezies Th. agilis ist von Marsh (59) auf helodermaartig stark gefurchte Zähne und Wirbel 
gegründet, von denen jedoch bisher keine Abbildungen gegeben wurden. Hay (38) glaubt, daß das Genus 
Thinosaurus zu den Anguiniden gehöre. Die Reste von Thinosaurus stammen alle aus dem Bridger Eozän. 


Thinosaurus crassus Marsh. 


Für diese von Marsh (59) auf Dorsalwirbel gegründete Form gilt dasselbe wie für Thzno- 
saurus agllıs. 
Thinosaurus lepidus Marsh. 
Von dieser Form liegt bloß ein Unterkiefer vor, der von Marsh (59) zwar mit einigen Worten 
skizziert, jedoch nicht abgebildet wurde. Nach Hay (38) ist es überhaupt fraglich, ob Thinosaurus lepidus 
nicht vom Genus Thinosaurus zu trennen wäre, 


Thinosaurus leptodus Marsh. 


Gefurchte Zähne, Dorsal- und zwei koosifizierte Sakralwirbel und ein iguanides Ilium sind das 
Material, auf das hin obige Spezies von Marsh (59) gegründet wurde. Cope (12) erwähnt gleichfalls das 
Auffinden dieser Form. Abbildungen wurden weder von Marsh noch von Cope gegeben. 


Thinosaurus stenodon Marsh. 


Ein Teil eines von Marsh (59) nur mit einigen Worten beschriebenen Unterkiefers ist alles, was 
von dieser Spezies bekannt wurde, 

Varanus atticus nov. spec. 

Von Varanus atticus ist nur ein einziger Wirbel bekannt, der von Gaudry (29) beschrieben und 
abgebildet wurde. Da bei einer überaus großen Anzahl fossiler Lacerten der spezifische Name nichts anderes 
bedeutet als ein Zeichen resp. eine Nummer, wodurch das betreffende Stück leichter aufzufinden ist, so 
möchte ich Gaudrys Varanus mit den Speziesnamen afficus bezeichnen. 


Varanus dirus de Vis. 


De Vis (18) gründet diese Form auf einen Zahn, der aus dem Pliozän stammt und von ihm 
beschrieben und abgebildet wurde. 3 
Varanus dracoena (rezent). 


Lydekker (54) gibt Abbildung und Beschreibung einiger pleistozäner Kiefer und Wirbel. Die 
Form ist mit Varanus bengalensis ident |Lydekker (55, 56)]. 


Varanus emeritus de Vis. 


Ein pliozäner Humerus sowie eine Tibia, die von de Vis (18) beschrieben und abgebildet werden, 
bilden den Typus dieser Spezies. 
Varanus giganteus (recent). 


Lydekker (56) erwähnt, daß sich im British Museum mehrere pleistozäne Wirbel dieser Art befinden. 


Varanus Hofmanni Roger. 


Als Varanus Hofmanni werden von Roger (79) in 1898 sanivaartigepliozäne Wirbel beschrieben 
und in 1900 [Roger (80)] photographisch abgebildet. 


Varanus priscus Owen. 


Die ersten kurzen und massigen Wirbel wurden unter dem Namen Megalania prisca von Owen (69) 
in 1859 beschrieben und abgebildet. Später [Owen (72)] erfolgte die Beschreibung und Abbildung des 


48 Dr. Franz Baron Nopesa. [16] 


Occiput. Gleichzeitig, hauptsächlich aber in einer noch späteren Arbeit [O wen 75)] werden der Megalania auch 
andere Reste zugeschrieben, die erst später von Woodward (87) als zu Testudinaten und Marsupialiern 
gehörig erkannt und von Varanus priscus getrennt wurden. Dieselben Stücke, die Owen vorlagen, wurden 
später von Lydekker (56) besprochen und teilweise abgebildet, der Megalania als varanoides Subgenus be- 
zeichnet. De Vis (18) vermehrte unsere Kenntnis von Varanus priscus durch Beschreibung und Abbildung 
von Humerus und Ulna und Zietz (90) trennt einen weiteren von Owen als zu Varanus gehörig bezeichneten 
Wirbel von dieser Form und stellt ihn zu den Krokodiliern. Auf diese Weise sind von dieser riesigen 
Form Oceiput, Wirbel, Humerus und Ulna gut beschrieben und mehrfach abgebildet worden. 


Varanus sivalensis Lydekker. 
Das distale Humerusfragment, auf dem die Spezies beruht, findet zuerst in Falconers Palaeonto- 
logical Memoirs (22) Erwähnung und wird hierauf von Lydekker in mehreren Arbeiten (52, 53, 54, 55, 56) 
abgebildet und beschrieben. Abbildungen und Beschreibungen zu dieser Spezies gehöriger Wirbel sind im 


den Arbeiten »Lydekker 53« und »Lydekker 56« zu finden. 


Varanus sp. 


Hofmann (40) erwähnt einige Eidechsenreste von systematisch unsicherer Stellung. 


Varanus andere Species. 

Im Journal de Zoologie (34) ist ein distales Humerusende eines Varaniden abgebildet und be- 
schrieben, das von Lemoine im Eozän von Rheims gefunden wurde. Vielleicht könnte der Speziesname 
V. Lemoinei verwendet werden. 

Varanus Warburtonensis Zietz. 

Megalaniaartige Wirbel und eine Phalange, die von Zietz (90) beschrieben, jedoch nicht abge- 

bildet werden, scheinen auf ein Tier zu weisen, das in Größe hinter Varanus priscus zurückblieb. 


Xestops gracilis Marsh. 


Als Oreosaurus gracıilis beschrieb Marsh (59) einen Unterkiefer aus dem Bridger Eozän, für den 
hierauf von Hay (38), da Oreosaurus präokkupiert ist, der Genusname Xesiops angewendet wurde. Hay (38) 
stellt dieses Genus zu den Anguiniden. Da vom Genus Xestops bisher noch keine Abbildungen vorliegen, 


kann man die Ansichten der amerikanischen Forscher unmöglich kontrollieren. 


Xestops lentus Marsh. 
Diese Form beruht auf Schwanzwirbeln [Marsh (59)], sonst gilt von ihr dasselbe wie von Xestops 
gracilis. 
Xestops microdus Marsh. 
Für diese auf einem Unterkiefer beruhende Form [Marsh (59)] gilt gleichfalls dasselbe wie von 
Nestops gracihis. 
Xestops miuntus Marsh. 


Auch für diese Marsh’sche Form (59) gilt dasselbe wie für Xestops gracilis. 


Xestops vagans Marsh. 

Diese Form [Marsh (59)] bildet der Typus des Genus und ist auf Schädeldachreste, bezahnte 
Pterygoidea und gekielte Hautknochen gegründet, die zwar beschrieben, leider aber ebenfalls nicht abge- 
bildet wurden. Alle Xestops-Arten stammen aus dem nordamerikanischen Eozän (Bridger group). 

Alles in allem sind, wie aus obiger Zusammenstellung ersichtlich, nicht weniger als 57 Genera und 


112 Spezies fossiler Lacertilier benannt worden. 


Zur Kenntnis der fossılen Eidechsen. 


Die 57 Genera verteilen sich, wie mir scheint, am besten in folgende Familien: 


VIII. Teiidae: Ohamops, 


I. Agamidae: 


II. Iguanidae: 


Agama, 
Chlamydosaurus. 
Iguana, 
Iguanavus. 


Tejus. 


IX. Amphisbenidae: Aciprion, 


Cremastosaurus, 


III. Anguinidae: Angurs, Diacium, 
Diploglossus, Hyporhina, 
Euposaurus, Platyrhachis, 
Exostinus, Rhineura. 


Peltosaurus, X. Laecertidae:; ZLacerta. 


Propseudopus, XI. Scincoidae: Ardaeosaurus, 
Pseudopus, Caducosaurus, 
Sauromorus, Didosaurus, 
Xestops. Dracaenosaurus, 
IV. Helodermatidae: Glypiosaurus, Plestiodon, 
Helodermoides, Protrachysaurus. 
Placosaurus, Sauromorus. 
Thinosaurus. XII. Cameleontidae: Cameleo, 
V. Varanidae: Palaeovaranus. Procameleo. 


XIII. Incertae sedis: Coniosaurus, 


Progonosaurus, 
Enigmatosaurus, 
Macellodus, 


Naocephalus, 


Saniva, 
Varanus. 
VI. Aigialosauridae: Aigzalosanrus, 


Carsosaurus, Notiosaurus, 


Mesoleptos, Palaeiguana, 
Opetiosaurus. Patricosaurus, 
VII. Dolichosauridae : Actaeosaurus, Saurillus, 
Adriosaurus, Saurospondylus. 
Dolichosaurus, 
Pontosaurus, 


Saurospondylus. 


Von Interesse ist es, dafs bisher aus dem oberen Mesozoikum, hauptsächlich dem Wasserleben an- 
gepaßte platynotaartige Lacertilier, nämlich Dolichosauridae und Aigialosauridae zusammen mit S Species 


bekannt wurden, während im Eozän außer den Varanidae ebenfalls nicht fern von diesen Platynota 


stehende Formen, nämlich vorwiegend Anguinidae und Helodermatidae zusammen mit 20 Species domi- 
nieren. Dies stimmt mit unserer Vorstellung vom primitiven Baue der Platynota gut überein. 


Die durch fossile Reste vertretenen Familien der Lacertilier, verteilen sich chronologisch in fol- 


gender Weise: 


Neokom: Angwinidae, ı Genus m. 2 Spezies Helodermatidae, 3 Genera m. 15 Spezies 
Aigialosauridae, % Genera 309 Varanidae, DR 
Dolichosauridae,3 » 3 Lacertidae, ı Genus 2 
Scincoidae, ı Genus Tr,® Scincoidea, 3 Genera » 4 

Ob. Kreide: Dolichosauridae, I » ST Cameleontidea, ı Genus I 

Laramie: Teiidae, > > Olisozän: Anguinidae, 2 Genera.» 2 

Eozän: Agamidae, I >» Ta 9) Helodermatidae, 1 Genus » I » 
Iguanidae, 2 Genera » 3 » Varanidae, IGenus » I 
Anguinidae, ee © Teiidae, I » ».2 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI, 7 


so Dr. Franz Baron Nopesa. [18] 
Amphisbenidae, 5 Genera m. 7 Species Pliozän: Varanidae, I Genus m. 5 Species 
Scincoidae, 2 a > Lacertidae, I DE ea 
Cameleontidae, ı Genus » I Pleistozän: Agamidae, I » DT 

Miozän: Anguinidae, 2Genera» 5 » Varanidae, I » De 
Varanidae, ı Genus » I » Tetidae, I » an: « 
Amphisbenidae, 1 » N Lacertidae, I DE > 
Lacertidae, I a 2 Cr Scincoidae, I ET 


II. Neues über Dolichosaurier. 


1. Beschreibung der neuen Stücke 


Wie schon im ersten Teile dieser Arbeit betont wurde, lagen mir, als ich die Synopsis der fossilen 
Lacertilier zusammenstellte, mehrere noch nicht beschriebene Reste von Dolichosauriern vor, die nur von 
Dr. H. S. Woodward in liebenswürdigster Weise zur Bearbeitung: überlassen wurden. Die Stücke waren: 

1. Ein komplettes Skelett von Adriosaurus; 

2. einige Stücke von Dolichosaurus, 

3. ein fragmentärer Unterkiefer von Coniosaurus. 

Es konnten beinahe alle diese Stücke mit den Typen der gleichnamigen Genera verglichen und so 
ihre generische und spezifische Identität festgestellt werden. 


A. Adriosaurus Suessi Seeley. 


So wie die meisten neokomen Lacertilier stammt auch das neue, auf Taf. III, Fig. ı abgebildete Exemplar 
von Adriosaurus aus den neokomen, durch ihren Fischreichtum berühmten Plattenkalken der Insel Lesina. Da die 
schwarzen Knochen des neuen Adriosaurusexemplars so wie beim Typus in fast schwarzem bituminösen Kalke 
eingebettet lagen und daher nur schlecht sichtbar waren, so mußte, bevor an ein Untersuchen oder Photo- 
graphieren des Stückes gedacht werden konnte, durch einen absolut sicheren, daher womöglich chemischen 
Vorgang ein Entfärben der die Knochen einschließenden Matrix bewirkt werden. Ziemlich starke, rauchende 
Phosphorsäure erwies sich als ein hiezu besonders geeignetes Mittel, da dadurch in kurzer Zeit der bitu- 
minöse, kohlensaure Kalk unter Aufschäumen zersetzt und lichtgrau gefärbt, während die vorwiegend aus 
phosphorsaurem Kalke bestehenden schwarzen Knochen absolut gar keine Veränderungen erlitten, daher auf 
der entfärbten Unterlage deutlich sichtbar wurden. Nachträgliches Abspülen der so behandelten Platte mit 
Wasser unterbrach die Einwirkung der Säure, bewirkte aber keine weitere Veränderung. Die Applikation 
der Phosphorsäure geschah durch einen mäßig harten Pinsel und es mußte nur darauf geachtet werden, 
daß sich nicht durch allzulanges Einwirken der Säure Knochenpartikelchen von der kalkigen Unterlage 
lösen. Diese, wie mir scheint, neue, aber für analoge Fälle sehr anempfehlenswerte Präparations- 
methode wurde sowohl am Wiener Typus von Adriosaurus, als auch am Londoner Exemplar angewendet 
und der Erfolg läft sich wohl am besten aus den beiliegenden Phototypien erkennen. Es ist bemerkens- 
wert, dafs bei diesem Vorgange der frische Kalk stärker entfärbt wird, als die verwitterten Partien und 
dies kommt einem besonders dort zu statten, wo sich die Notwendigkeit ergibt, nachträglich mit Nadel 
und Lupe weiter zu präparieren, da wiederholtes Betupfen mit Phosphorsäure auch während des Prä- 
parierens ein leichtes Unterscheiden des schwarzen. Gesteines und der schwarzen Knochen ermöglicht. 
Nur durch diese Methode war es seinerzeit möglich, die von Seeley nicht erkannten kaudalen Neur- 
apophysen beim Wiener Adriosaurusexemplar (Fig. 3, Taf. III) zu entdecken. E 

Die Lage des Skelettes des neuen Adriosaurus ist nahezu ungestört, so daß kein Wirbel völlig aus 
seinem Zusammenhange gebracht wurde. Das Tier liegt auf dem Bauche und nur der ursprünglich wohl 
lateral komprimierte Schwanz ist auf die linke Seite umgelegt. Es ist dies dieselbe Lage wie beim Typus 
von Adriosaurus. Leider sind ungleich beim Wiener Exemplare die Extremitäten an den Leib gezogen und 


auf diese Weise kommen beide linkseitigen unter die Wirbelsäule zu liegen. 


[19] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen. 51 


Schlecht erhalten sind der zerdrückte Schädel, die Halswirbelsäule und die rechtseitige vordere 
Extremität, die übrige Wirbelsäule, so wie die eine hintere Extremität sind gut erhalten. Von Becken- und 
Schultergürtel sind wegen der Bauchlage nur wenige Teile sichtbar. 

Der Schädel. Am Schädel lassen sich, da Knochen und entfärbte Matrix gut voneinander ab- 
stechen, mit einer Lupe ohne weiteres das Parietale, die Frontalia, die Präfrontalia, die Nasalia, die Maxil- 
laria, das Prämaxilare sowie die von den drei letztgenannten Knochen begrenzten Nasenöffnungen erkennen. 
Andere Knochen können eventuell als oberer Schläfenbogen (links), als Jugale (links) und als Teile des 
Unterkiefers (rechts) gedeutet werden. 

Die Gesamtlänge des Schädels längs der Medianlinie beträgt derzeit 21 mm, die Breite bei der fronto- 
parietalen Sutur 7°5 mm und diese Masse dürfte so ziemlich den ehemaligen Dimensionen entsprechen. Im 
Gegensatze zu Dolichosaurus, wo der Schädel nur !/,, der Länge der präsakralen Wirbelsäule erreicht, 


/s. Der Schädelumriß erinnert im all 


beträgt seine relative Länge bei Adriosaurus sowie bei Pontosaurus ! 
gemeinen nicht unerheblich an Ophiosaurus, von dem sich die einzelnen Elemente des Schädels allerdings 
nicht unerheblich unterscheiden. Das Parietale ist hinten schmal, vorn stark verbreitet und trägt nahe hinter 
der etwas konvex verlaufenden frontoparietalen Sutur ein rundes, gut ausgeprägtes Foramen pineale von mehr 
als 0'5 mm Durchmesser. So wie das Frontale ist auch das Parietale glatt und zeigt, daß keine Haut- 
verknöcherungen existierten. Die Lage des Foramen pineale erinnert an die Varanidae, Agamidae, Iguanidae, 
Xenosauridae, Anguinidae, Lacertidae, Scincidae. Durch seine unpaare Natur unterscheidet sich das Parietale 
von Adriosaurus vom paarigen Parietale der Geckoniden, Uroplatiden und Xantusiden und erinnert, was 
seine Form anbelangt, am ehesten an die Varanidae. Da das links vom Parietale liegende Element wahr- 
scheinlich ein Stück des oberen Schläfenbogens repräsentiert, so erkennen wir, daß die obere Schläfen- 
öffnung nicht überdeckt war, was an die /guanidae, Agamidae, Nenosauridae, Varanidae, Anguinidae, 
Teiidae und Scinceidae erinnert. 

Die Deutung der vor dem Parietale liegenden Schädelelemente ist etwas problematisch, indem 
auch bei starker Vergrößerung nicht entschieden werden kann, ob die einzelnen Trennungslinien Bruch- 
linien oder Nahtverbindungen repräsentieren, und diese Schwierigkeit wird noch dadurch erhöht, daß diese 
Trennungslinien zwar symmetrisch verlaufen, jedoch ein Gesamtbild erzeugen, das vom Schädeldiagramm 
der meisten Lacertilier nicht unbedeutend abweicht. (Vergl. Taf. III, Fig. 2). 

Es ergeben sich nämlich, wenn man genannte Linien als Suturen betrachtet, zwei kleine paarige, vorn 
zugespitzte Frontalia von 4 mm Länge, die vorn von kleinen schmalen, sichelförmigen Präfrontalia begrenzt 
werden und zwischen die sich große Nasalia einschieben. Welches das Verhältnis der Postfrontalia 
und Frontalia war, ist nicht zu eruieren. Die jedenfalls paarige Natur der Frontalia erinnert an Heloderma- 
tidae, Angwinidae, Scincidae, Anniellidae, Amphisbaenidae und einige Geckonidae, die Größe an die Helo- 
dermatidae. Da sie die Orbita teilweise jedenfalls begrenzten, ist ein Unterschied von den Helodermatiden 
und Anniellidae und eine Ähnlichkeit mit Platypus mit den Varaniden, Anguiniden und mehreren anderen 
Lacertiliern gegeben. Die Präfrontalia begrenzen den vorderen oberen Teil der Orbita und sie erinnern 
durch ihre sichelförmige Gestalt an Platypus und an die Scincoiden. Sie sind, falls wirklich Präfrontalia, 
vom Präfrontale der Aigialosaurier und der Varaniden recht verschieden; allerdings ist es aber auch nicht 
ganz ausgeschlossen, daß diese Elemente nicht Präfrontalia, sondern varanoide Supraorbitalia repräsentieren. 
Die gar nicht varanoide Natur der paarigen Nasalia spricht jedoch einigermaßen dagegen. Die Nasalia sind 
4 mm lang und je I’6 mm breit, daher sehr groß und paarig. Sie erinnern am ehesten an die gleichen 
Teile bei Ameiva. Vor dem Nasalia lassen sich zwei große, durch einen schmalen Knochenstab getrennte, 
6 mm lange und 1'5 mm breite Gruben erkennen, im denen auf der linken Seite einige isolierte Zähne 
sichtbar werden. Der lange schlanke mediane Knochenstab scheint sich am vorderen Ende T-artig zu ver- 
breitern und dies macht den Eindruck, als ob ein im Gegensatze zu den Scincoiden unpaares, varanides 
Prämaxillare vorliegen würde. 

Leider läßt sich nicht bestimmen, was die zwischen Maxillare und Prämaxillare liegenden Gruben 
repräsentieren, indem man dieselben ebensogut für Varanus-artige äußere wie für innere Nasenöffnungen halten 
kann. Eines von beiden müssen sie wohl sein und da in ihnen Zähne sichtbar werden, repräsentieren sie 


mi 


Ä 


52 Dr. Franz Baron Nopesa, [20] 


vielleicht beide, was Adriosaurus im Gaubenbau in die Nähe der durch primitiven Gaumen ausgezeichneten 
Varaniden bringen würde und so mit seinem hohen geologischen Alter ganz gut übereinstimmt. 

Die Zähne sind sehr klein, etwa 0'6 mm lang und an ihrer Basis nicht ganz 03 mm dick, von wo 
sie sich in eine nadelscharfe Spitze vedünnen. Ihr Querschnitt ist direkt zwar nicht eruierbar, die gleiche 
Gestalt der mehrfach dislozierten Zähne läßt jedoch auf runden Querschnitt schließen. 

Wirbelsäule. Die Wirbelsäule umfaßt 109 Wirbel, von denen nach meiner Zählung 13 auf den 
Hals, 27 auf den Rumpf, 2 auf das Sakrum und 67 auf den Schwanz entfallen. Irrtümlicherweise wurde 
in 1903 angenommen, daß auch Adriosaurus wie alle anderen Dolichosaurier nur 39 Präsakralwirbel 
besäße. Durch den neuen Fund sind wir nun eines besseren belehrt worden, indem sich 30 praesacrale 
Wirbel ergeben. Leider läßt sich die genaue Anzahl der Hals- und Rumpfwirbel bei Adriosaurus sowie bei 
allen jenen Lacertiliern, bei denen der Zusammenhang zwischen Sternum und Rippen natürlich oder ge- 
waltsam gelöst ist, nur ungenau bestimmen. Wir sind daher auf den äußerst unsicheren Vorgang gewiesen, 
uns nach der Entwicklung der Hals- und Rumpfrippen zu orientieren, wobei ich auf die diesbezüglichen 
Bemerkungen Siebenrocks verweise. 

Das vorliegende Exemplar von Adriosaurus hat inklusive dem fehlenden Atlaß vom Schädel aus 
angefangen elf rippenfreie Wirbel, worauf 29 gegen den 31. Präsakralwirbel hin immer stärkere Rippen 
tragende Wirbel folgen. Vom 31. präsakralen Wirbel nehmen die Rippen an Größe ab, so dafs der letzte 
Dorsalwirbel nur eine ganz kurze stachelartige Rippe aufweist. Im ganzen können also 40 präsakrale Wirbel 
gezählt werden. Bei Pontosaurus sind zehn rippenfreie Halswirbel vorhanden, die Übergangswirbel 1I—13 
zeigen schwache Rippen, vom 14. Wirbel an tragen sämtliche Dorsalwirbel starke, vor dem Sakrum an 
Größe nur unbedeutend abnehmende Rippen. 

Bei Actaeosaurus, dessen Hals nur unvollkommen bekannt ist, kann man vom Sacrum aus 26 Paar 
starker Rippen, dann 4 Paar schwächere Rippen und hierauf mehrere rippenfreie Halswirbel erkennen. 

Bei Dolichosaurus sind weniger rippenfreie Halswirbel als bei Adriosaurus vorhanden, denn schon 
am 3. Wirbel gelang es mir, schwache gekrümmte nadelförmige Rippen zu konstatieren. Die Gesamtzahl 
der präsakralen Wirbel bei Dolichosaurus ist noch ein paläontologisches Desideratum ; so viel läßt sich jedoch 
feststellen, daß sogar die letzten Dorsalwirbel Rippen trugen. 

Es ergibt sich aus diesen Daten, daß die Formeln »11ı Halswirbel und 29 Dorsalwirbel« oder »14 Hals- 
wirbel und 26 Dorsalwirbel« die äußersten Grenzen angeben, zwischen denen die Wirbelformel von Adrio- 
saurus und die aller anderen Dolichosaurier schwanken konnte. Durch die große Anzahl von Halswirbeln 
unterscheiden sich die Dolichosaurier, wie dies schon von mehreren Autoren erwähnt wurde, von sämtlichen 
lebenden oder fossilen Lacertiliern und gleichzeitig zeigt die Tendenz der Dolichosaurier, ihren Hals zu ver- 
längern, an, daß diese langgestreckten Formen nichts mit den gleichfalls schlangenartigen, aber kurzhalsigen 
Angwinidae gemeinsam haben. Eine teilweise Annäherung an die beiden Dolichosauriern bemerkbaren Ver- 
hältnisse ist bei den Varaniden gegeben, woselbst zwei Spezies (V. niloticus und griseus) ebenfalls mehr 
als die für Lacertilier normale Anzahl von Halswirbeln, nämlich neun statt acht aufweisen. Ein weiterer mar- 
kanter- Unterschied zwischen den Dolichosauriden und Anguiniden ist darin. gegeben, daß die Scincoide und 
viele Angwinidae (Gerronotus ausgenommen) lacertaartige, blattförmige Zervikalrippen zeigen, während 
solche bei Adriosaurus sowie bei den übrigen Dolichosauriern fehlen. Wie bei den Dolichosauriern sind 
auch bei den Varaniden ebenfalls mehrere rippenfreie Halswirbel (Max. 6) zu konstatieren. Am 4. bis 
10. Halswirbel kann man bei Adriosaurus deutlich Pseudopus-artige kleine lateral komprimierte Hypapophysen 
und an sämtlichen Halswirbeln große dicke höckerartige, zum Teil vom Wirbelbogen abgebrochene Pleur- 
apophysen erkennen. Neurapophysen sind erst vom Iı. Halswirbel an zu erkennen. Die Größe der Hals- 
wirbel nimmt kaudalwärts zu, so daß die Länge des 4. Wirbels etwa 2'3 mm, die des II. jedoch mehr 
als 26 mm beträgt. Das Kleinerwerden der Wirbel gegen den Kopf hin ist zwar ein anguinides Merkmal, 
dasselbe findet sich jedoch auch bei den Ophidiern wieder. 

Die Zervikalwirbel gehen gegen hinten unmerklich in die stark prokölen Dorsalwirbel über, Die 
Länge des ersten Dorsalwirbelbogens beträgt etwas über 3 mm und dieses Maß scheint bis zum Sakrum 
das nämliche zu bleiben, die Breite des Bogens beim ersten Dorsalwirbel 4 mm, beim 11. jedoch 4'5 mm, 


[21] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen. 5 


& 


beim vorletzten Dorsalwirbel dürfte die Breite des oben abgeflachten Bogens 5 mm betragen haben. Die Ober- 
seite der Wirbelbogen ist auf diese Weise breiter als lang, sie ist zwischen Prä- und Postzygapophysen 
nicht eingeschnürt und macht infolge einer allseitigen Aufblähung den Eindruck eines Polsters, aus dem 
die stark entwickelte Neurapophyse emporragt. Die anteroposteriore Länge der Neurapophyse ist gleich 
jener des Wirbelbogens und dies läfst es nicht unwahrscheinlich erscheinen, daß wie bei Dolichosaurus, 
den Lacertiden, Iguaniden und Teiiden eine Zygosphenartikulation existierte. Diese Artikulation bildet 
wieder einen nicht unbedeutenden Unterschied von den Varaniden, Helodermatiden, Anguiniden und den 
übrigen Lacertiliern. Die Zygosphenverbindung von Dolichosaurus zeigt vollkommen schlangenartigen Typus. 

Sakralwirbel sind bei Adriosaurus zwei vorhanden, und zwar scheinen sie etwas kürzer zu sein als die 
hinteren Dorsalia. Sie sind scheinbar fest miteinander verbunden, jedoch nicht verknöchert, die erste Sakral- 
rippe ist stärker. Weder an den Sakralrippen noch an der fast gleichstarken Diapophyse des ersten Kaudal- 
wirbels ist eine Andeutung einer durch den Verlauf der Lymphgefäße hervorgerufenen Gabelung zu er- 
kennen, Auch dies ist ein Unterscheidungsmerkmal von den Helodermatiden, Agamiden, aber auch von den 
Varaniden, woselbst ich an der Vorderseite der 2. Sakralrippe eine Furche finde, die ich mit der Lymph- 
gefäßdurchbohrung bei anderen Formen identifiziere. 

Die ersten Kaudalwirbel sind leider durch das gewaltsame Umlegen des Schwanzes aus ihrer Lage 
gebracht und später etwas zertrüimmert worden, immerhin kann man an ihnen starke Diapophysen und 
wohlentwickelte schmale Neurapophysen erkennen. Die Länge eines vorderen Kaudalwirbels beträgt 2°5 mn, 
seine Höhe bis zur Basis der Neurapophyse 4 mm. Ein hinterer Kaudalwirbel ist 2°3 mm lang und gleich- 
falls ohne Neurapophyse 2'4 mm hoch. Vom 6. Schwanzwirbel an lassen sich wohlentwickelte Hämapophysen 
konstatieren, ob sie aber nicht schon an weiter vorn gelegenen Wirbeln auftreten, ist fraglich. Sie sind 
sehr lang und schmal und lassen sich bis an den letzten erhaltenen Schwanzwirbel konstatieren. Spuren 
der gegen hinten an Größe rapid abnehmenden Diapophysen sind bis an den 26. Kaudalwirbel zu verfolgen. 
-Die Neurapophysen sind, wie schon erwähnt wurde, schmal und dabei schräge gegen hinten gerichtet, so 
daß sie sich wie in Actaeosaurus nur über den hinteren Teil des Wirbelbogens erheben. Durch breite 
seiner kaudalen Neurapophysen zeigt sich Pontosaurus als die spezialisierteste Form. 

Durch den Mangel an Querteilungszonen erinnern die Schwanzwirbel von Adriosaurus und allen 
anderen Dolichosauriern an die Varanide und Helodermatidae. Ob der Knickung der Wirbelsäule, die man 
in den beiden Adriosaurusexemplaren etwa in der Gegend des 55. Schwanzwirbels antrifft, mehr als zu- 
fällige Bedeutung zukommt, möchte ich bezweifeln, 

Schulter- und Beckengürtel. Vom Schultergürtel von Adriosaurus ist nur das relativ große 
und scheinbar undurchbrochene, daher dolichosaurusartige Coracoid erhalten und vom Beckengürtel ist 
leider auch nur wenig zu erkennen. Das Ilium ist schlank und stabförmig und zeigt im Gegensatze zu 
Varanus und vielen anderen Lacertiliern keine pars praeacetabularis (= tuber praeacetabularis ilii). Für- 
bringer erwähnt, daß der an diesem Teile inserierende Muskel (Obliquus abdomius externus) bei Reduktion 
des Beckens diese Inserationsstelle sowie jene an der Spina pubis frühzeitig aufgibt. Der Mangel einer 
pars praeacetabulnris ist daher als Reduktionserscheinung zu erkennen. Die Pubis zeigt die bei La- 
certiliern häufige schmale, gebogene Form und ist durch ein kleines Foramen obturatorium charakteri- 
siert; ob ein Tuber pubis vorhanden war, läßt sich nicht entscheiden. Die Tuber pubis als processus pectinealis 
zu bezeichnen, halte’ich aus physiologischen Gründen für verfehlt. Das Ischium war scheinbar ziemlich 
breit, kommt jedoch leider beim Londoner Adriosaurus unter die beiden großen Sakralrippen zu liegen. 

Extremitäten. Der Humerus ist 5°5 mm lang und hat einen überall fast gleichbleibenden Durch- 
messer von I'5 mm. Er ist mäßig gekrümmt, weder distal noch proximal merklich verbreitet und erinnert 
stark an den gleichen Knochen von Nothosaurus. Gleich diesem hat er auf der Außenseite in der Mitte des 
Schaftes eine starke Crista und ist daher von dem normalen Lacertilier--Humerus total verschieden. Die 
Crista dürfte vielleicht am ehesten die Ansatzstelle des Musculus scapulo-humeralis, des M. latissimus dorsi 
und des Anconeus repräsentieren. Es läßt sich ein nicht unbedeutender Unterschied zwischen dem Adriosarus- 
Humerus und dem kleineren Actaeosaurus-Humerus konstatieren. Der Adriosaurusknochen erinnert eher an 
den im Schafte gleichgebauten Humerus von Dolichosaurus, obzwar die wie abgeschnitten geraden Enden 


54 Dr. Franz Baron Nopesa, [22] 


sowie der Mangel jeglicher distalen Gelenkfläche am Humerus der oberkretazischen Form darauf deuten, 
daß die durch die aquatische Lebensweise bedingte Entkalkung und Reduktion der Gelenkteile bei dieser Form 
noch weitere Fortschritte gemacht hatte als beim Adriosaurus. Sowohl bei Pontosaurus als auch bel Actaeo- 
saurus ist der Humerus schlanker als bei Adriosaurus. Die Proportion des Humerus zu anderen Skelett- 
partien ist bei den einzelnen Dolichosauriern recht verschieden. Bei allen Dolichosauriern beträgt die 
Humeruslänge etwa das Doppelte der Länge .eines vorderen Dorsalwirbels. Das Verhältnis des Humerus 
zum Femur läßt sich jedoch bei Actaeosaurus und Pontosaurus durch den Bruch !/, bei Adriosaurus durch 
die Verhältniszahl ?/, ausdrücken und auf die ganze Extremität übertragen, ergeben sich, wie zum Teil schon 
in 1901 berechnet wurde, für das Verhältnis von Vorder- zu Hinterextremität der einzelnen Dolichosaurier 


folgende Zahlen: 
Bei Pontosaurus I1:22, 


» Actaeosaurus II:IS, 
» Adriosaurus II: 16. 


Es zeigt dies, daß sich die kleinste Form Adriosaurus sowohl durch Länge als durch Dicke des Humerus 
am meisten dem normalen Lacertiliertypus nähert, während die größte Form am stärksten abweicht. Für 
Dolichosaurus liegen leider keine entsprechenden Daten vor; ich möchte jedoch erwähnen, daß sich 
Humerus und Wirbel bei einem kleinen Exemplare wie 2:1 verhalten. 

Radius und Ulna sind beim neuen Adriosaurus ebenfalls stämmiger als bei Pontosaurus oder Actaeo- 
saurus, jedoch leider nicht besonders gut erhalten. Ihre Länge beträgt je 4 mm und es verhält sich daher 
Oberarm zu Unterarm etwa wie Io:7'23, während sich bei dem kleineren der beiden Dolichosaurusexem- 
plare die gleichen Teile mit 10°5 und 7 mm Länge wie 10:6'66 verhalten. Für Pontosaurus ergibt mit 
14°5 mm Humerus und 12 mm Unterarmlänge das Verhältnis 10:8'27. Distal stehen bei Adriosaurus 
Radius und Ulna weit auseinander, wodurch ein breiter Ruderfuß erzielt wird. Die kurzen und untereinander 
fast gleich langen Metacarpalia zeigen ebenfalls keine markierten Gelenkflächen und erhöhen mit den nahe 
aneinandergelagerten Phalangen den Eindruck einer Flosse. Die gekrümmte Lage des einen Fingers macht 
sogar den Eindruck, als ob ein Fall von Hyperphalangie vorliegen würde. Ob dies aber tatsächlich der 
Fall ist, läßt sich am bisher vorliegenden Materiale keineswegs entscheiden. 

Von der Hinterextremität sind Femur, Tibia, Tibula, der Tarsus und die Metatarsalknochen er- 
halten. Das Femur zeigt flachgerundete proximale und distale Gelenkflächen; es ist stämmig und 9 mm 
lang. Seine größte Dicke bei der distalen Gelenkfläche ist 3°5, bei der proximalen 2 mm, dabei ist der 
Schaft in der Mitte nicht besonders eingeschnürt. Trochanterartige Hervorragungen sind keine bemerkbar. 
Die Entwicklung der kurzen Tibia und Fibula steht wie bei Pontosaurus im reziproken Verhältnis, indem 
proximal die Tibia distal, die Fibula stark verbreitert erscheinen. Bei den Aigialosauridae und Mosasauridae 
ist eine distale Verbreitung der Fibula nicht vorhanden, wie denn bei ihnen Tibia und Fibula überhaupt 
anders gebaut sind. Beide Kuochen sind bei Adriosaurus etwa 6'5 mm lang und divergieren unten ganz 
bedeutend. Auf diese Weise wird ein großes Spatium interosseum gebildet und die distale Partie der Ex- 
tremität dem Wasserleben entsprechend ganz bedeutend verbreitet. Der gut verknöcherte Tarsus ist bei 
23 mm Länge volle 4 cm breit, aber leider lassen sich die einzelnen Elemente sozusagen gar nicht er- 
kennen; bloß einige Wülste scheinen darauf zu weisen, daß er eventuell nach dem Tarsus von Pontosaurus 
gebaut gewesen sein dürfte. Der fünfzehige Fuß mit seinen kurzen stämmigen unter einander gleich langen 
Metatarsalknochen ist am Wiener Stücke besser erhalten als am neuen Exemplar und von Seeley voll- 
kommen befriedigend abgebildet und besprochen worden. 

Im allgemeinen sind die Extremitätenknochen von Adriosaurus sämtliche stämmiger als bei Actaeo- 
saurus, während sie sich von Pontosaurus durch weniger gerundete Gelenkflächen unterscheiden und daher 
stärkere Spezialisation an die aquatische Lebensweise zeigen. In diesem Punkte dürften sie wohl nur von 
dem jüngeren Dolichosaurus übertroffen werden. Auch hierin zeigt es sich, daß die kleinen istrianischen 
Dolichosauridae weniger spezialisiert sind als die gleichalten größeren Formen. 

Resume, Über die Lebensweise oder die verwandtschaftlichen Beziehungen der Dolichosaurier 
gibt die neue Form leider unerwartet wenig neue Auskunft, Der lateral komprimierte lange Schwanz und 


[23] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen. 55 


die reduzierten Extremitäten zeigen, daß wir, wie schon längst erkannt worden ist, in den Dolichosauriden 
an das Wasserleben angepaßte Tiere vor uns haben. Neuerdings hat Broili (Palaeontographica 1907) auf 
eine Größenabnahme der Vorderflosse bei den Ichthyosauriern und auf jene Korrelation hingewiesen, die 
man zwischen der Vorderflosse und Schwanzflosse dieser Tiere antrifft. Dies ist auch für das Verständnis 
der Bewegungsmechanik der eminent langschwänzigen Dolichosaurier von großer Bedeutung. Auf die 
eventuellen verwandtschaftlichen Beziehungen der Dolichosaurier soll in einem anderen Abschnitte dieser 


Arbeit eingegangen werden. 


B. Dolichosaurus longicollis. 


Obzwar von diesem Tiere keine weiteren Reste vorliegen, als jene, die von Lydekker in seinem 
Kataloge der fossilen Reptilien des Britischen naturgeschichtlichen Museums erwähnt wurden, gelang es mir 
doch an den vorhandenen Stücken durch sorgfältigste Präparation mehrere Charaktere zu entdecken, die 
der Aufmerksamkeit der bisherigen Forscher entgangen waren. — Die neuen Punkte betreffen die Unter- 
kiefer und den Epistropheus des Typus von Dolichosaurus longicollis, ferner das Sternum des mit Nr. 49907 
bezeichneten Exemplars dieser Spezies. 

Am Unterkiefer ist vor allem die Anwesenheit eines langen Operculare zu erwähnen. Es ist 
dies ein sehr zarter und flacher Knochen, der mit seinem unteren Ende bis unter das Coronoidale reicht, 
während der Vorderteil fast bis an die Symphysis mandibulae herantritt. Der Unterrand dieses sehr schmalen 
Knochens ist gerade und mit der vorderen Hälfte des Oberrandes vollkommen parallel, während weiter 
rückwärts der Oberrand eine gegen oben konvexe, gelinde Schweifung aufweist. Im ganzen ist das Oper- 
culare viel länger und zarter, als der gleiche Knochen bei den Varaniden, Anguiniden und Mosasauriden, 
obzwar ansonsten der Unterkiefer von Dolichosaurus in einigen charakteristischen Punkten nicht eben un- 
bedeutend an die marinen Lepidosaurier erinnert, So wie bei den Mosasauriden und bei den Aigialosauriden 
existiert auch bei Dolichosaurus eine opercular-supraangulare Artikulation, welche sich durch ein Anschwellen 
der beiden aneinanderstoßenden Enden der erwähnten Kieferelemente erkennen läßt. Ein Unterschied 
zwischen dem auf diese Weise vom Varanus Mandibulum verschiedenen Unterkiefer von Dolichosaurus und 
dem der Mosasaurier besteht nur darin, daß die opercular-supraangulare Artikulation bei Mosasauriern auf 
dem Unterrande des Kiefers auftritt, während sich diese Elemente bei Dolichosaurus sowie bei Varanus aus- 
schließlich auf der Innenseite des Kiefers befinden. Ein auf dem Supraangulare längsverlaufender stumpfer Rücken 
unterscheidet diesen Teil von Dolichosaurus gut vom gleichen Teile der Mosasaurier und der Varanidae, 

Epistropheus. Von Epistropheus von Dolichosaurus war bisher so gut wie nichts bekannt, denn 
Owen erwähnte davon in seiner Beschreibung nur, daß er, sowie der Atlas zu sehr zerdrückt seien, um 
erkannt zu werden. Die sorgfältige Präparierung, die so viel Licht über das Dentale von Dolichosaurus ver- 
breitet hat, hat auch unsere Kenntnis dieses Teiles wesentlich gefördert, indem erkannt wurde, daß das, 
was Owen für Atlas und Epistropheus hielt, nur Teile eines durch Matrix stark verdeckten großen Epi- 
stropheus waren; leider zeigte sich aber definitiv, daß der Atlas im Laufe der Zeit vernichtet wurde. Der 
Epistropheus ist in seinem jetzigen Erhaltungszustand lateral stark komprimiert, so daß es nicht möglich 
ist, seine ehemalige Gestalt wieder zu erkennen, er scheint aber ziemlich hochragende Präzygapophysen 
und etwas tiefer gelegene Postzygapophysen besessen zu haben. Größere Neurapophyse war keine vor- 
handen. Die Länge des Epistropheus ist um ein unbedeutendes länger als die der folgenden Wirbel. Durch 
Größe des Epistropheus sowie der Halswirbel unterscheidet sich, wie Adriosaurus, so auch Dolichosaurus 
gut von den kurzhalsigen schlangenförmigen Anguiniden. Vor dem Epistropheus gelang es am Schädel 
tragenden »Type specimen« von Dolichosaurus einige Knochen als leider stark beschädigte flache Elemente 
der Schädelbasis zu identifizieren, die auf eine relativ geräumige Hirnhöhle deuten. 

Schultergürtel: Waren schon diese neuen Beobachtungen erfreulich, so gilt dies in noch höherem 
Maße von dem im Britischen Museum mit Nr. 49907 bezeichnetem Exemplar. Als ich das Stück zu unter- 
suchen anfing, zeigten sich außer beiden Vorderextremitäten fast die ganze vordere Rückenregion von der 
Ventralseite in situ, während welter abseits die stark verletzten Lumbar-, Sakral- und einige Kaudalwirbel 


sichtbar wurden. Einige undeterminierte Knochenpartien, die in der Schulterregion sichtbar waren, ver- 


56 Dr. Franz Baron Nopesa. [24] 


anlaßten mich, die Kreide, von der die Knochenfragmente bedeckt waren, unter Zuhilfenahme einer Lupe mit 
einer Schreibfeder zu entfernen und als Resultat ergab sich, daß an diesem Stücke (Taf. III, Fig. 4) vom 
Schultergürtel nicht Fragmente, sondern mehrere Teile in brillanter Erhaltungsweise vorlagen. Außer den 
knöchernen Elementen Scapula und Coracoid »waren nämlich auch das eine knorpelige Präcoracoid sowie 
das ebenfalls knorpelige Sternum zu erkennen, 

Im Gegensatze zu den meisten Lacerten, deren Coracoidea ausgiebige Fensterbildung aufweisen, 
zeigt das offenbar primitive Coracoid von Dolichosaurus nur die eine bei fast allen Reptilien vorkommende 
Durchbohrung und hiedurch erinnert es an das undurchbrochene Coracoid der Helodermatiden, Amphisbaenen 
und Chamaeleontiden. Es ist nicht uninteressant zu erwähnen, daß es sich auf diese Weise gut von dem 
Coracoid der Varaniden, aber auch von dem mosasaurusartigen Coracoide der Aigialosauriden unterscheidet. 
Bei den Mosasauriden ist nämlich in der Regel ebenfalls eine deutlich ausgeprägte spaltartige Fenestrierung 
zu konstatieren, nur bei Tylosaurus scheint nach Osborns Angabe eine solche zu fehlen, während wir aber 
nun nach Fürbringers Methode den Mangel an Fenestrierung bei Tylosaurus als sekundäre Erwerbung 
zu betrachten haben, repräsentiert uns das undurchbrochene Coracoid von Dolichosaurus wohl den primi- 
tiven Typus. Die Gestalt des Dolichosaurus Coracoids ist halbkreisförmig und stark gerundet. Die Fossa 
glenoidalis bildet eine tiefe Einkerbung. Sie ist stark entwickelt und von einem stark gewulsteten Rande 
begrenzt. Die größte Breite des im Gegensatze zu den Mosasauriern ungestielten Coracoids am vorliegenden 
Dolichosaurusexemplare (von 5 mm Wirbel- und 10 mm Humeruslänge) beträgt 5'5 mm, die größte Länge 
S5 mm. Da das Exemplar, auf das Owen das Genus Dolichosaurus gründete, 7 mm Wirbellänge und 
14 mm Humeruslänge aufweist, so wäre bei diesem Exemplar ein Coracoid von 7'7 mm Breite und g’I mm 
Länge zu erwarten. 

An der zwischen den beiden Coracoidea erhaltenen Knorpelmasse des Dolichosaurier-Schultergürtels 
glaube ich in Übereinstimmung mit Boulenger ein rechtes Präcoracoid sowie das Sternum samt dem 
Parasternalteile erkennen zu können. 

Das Präcoracoid zeigt ebenfalls, daß im Schultergürtel von Dolichosaurus keine Fenestrierung 
auftrat und erinnert ansonsten an das Präcoracoid, das Osborn bei Tylosaurus vorfand. Das Sternum 
von Dolichosaurus, das stark verknöchert, auch am Owenschen Typus des Genus erhalten ist, jedoch 
hier unter den Rippen wenig deutlich hervortritt und von Owen für eine Scapula gehalten wurde, ist am 
neuen Stücke rhomboidal gestaltet und bedeutend länger als breit. Am kaudalen Ende verdünnt es sich 
in zwei wohlentwickelte parasternale Zipfel. Ziemlich weit kranialwärts vom Parasternalteile ist beiderseits 
die Ansatzstelle einer Rippe zu erkennen, und wenn wir von der Tatsache ausgehen, daß die Ansatzstellen 
der Sternalrippen meist gleich weit voneinander entfernt sind, so ist auf dem Dolichosaurussternum, sowie 
es uns überliefert ist, höchstens für zwei weitere Rippenpaare Raum vorhanden, wodurch wir zur Annahme 
von 3 max. 4 Brustrippenpaaren gelangen. Das Sternum von Dolichosaurus unterscheidet sich daher sowohl 
von jenen der Mosasaurier als auch von jenem der Aigialosaurier und erinnert am ehesten an die Varaniden, 

Die Scapula, die bei Dolichosaurus ebenfalls erhalten ist, läßt sich leider, ohne das Exemplar zu 
gefährden, nicht weiter präparieren und ist daher weniger gut zu erkennen als die übrigen Elemente. Sie 
scheint jedoch nur relativ klein gewesen zu sein. Noch weniger als über die Scapula läßt sich allerdings 
über die nicht erhaltene Interclavicula und die Claviculae sagen, jedoch scheint einiges, so z. B. die der- 
zeitige aufeinander überschobene Lage der Praecoracoidea dafür zu sprechen, daß solche Elemente über- 
haupt fehlten, während bei den Aigialosauriden wie bei den Varaniden eine T-förmige Interclavicula und 
Claviculae vorkommen und bei den Mosasauriern und Helodermatiden eine spachtelförmige Interclavicula 
bekannt wurde. 

Die fünf Textfiguren 1—5 sind dazu bestimmt, einen Vergleich des Dolichosaurus-Sternums (Fig. 5) 
mit jenem der Varaniden (Fig. 4), Aigialosauriden (Fig. 3) und Mosasauriden (Fig. ı und 2) zu erleichtern, 
wobei zu betonen ist, daß die auf Carsosaurus basierte Rekonstruktion des aigialosauriden Sternums von 
der in 1902 von diesem Teile gegebenen Rekonstruktion einigermaßen abweicht. 

Warum ich zwei Mosasaurier-Rekonstruktionen, die von Tylosaurus und die von Plioplatecarpus 
(letztere nach Dollo modifiziert) abbildete, ist bei der Verschiedenheit der Coracoidea leicht zu begreifen. 


[25] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen. 67 


Die systematische Wichtigkeit des Sternums von Dolichosaurus beruht, wie aus den gegebenen 
Figuren hervorgeht, vornehmlich darauf, daß darin wieder einige Punkte auftreten, wodurch sich die Aigialo- 


sauridae und Dolichosauridae trotz sonstiger gemeinsamer varanoider Merkmale sehr gut unterscheiden. 


Fig. 3. Sternum von Carsosaurus. Fig. 4. Sternum von Varanus. Fig. 5. Sternum von Dolichosaurus. 


C. Coniosaurus crassidens. 


Das systematisch unsichere Genus Coniosaurus wurde von Owen auf einige Kieferreste und 
koassoziierte varanoide Wirbel gegründet. Seither ist ein neues Unterkieferstück aufgefunden worden, das die 
vorderen Teile beider Unterkieferäste aufweist. Der größere der beiden vorn inkompletten Dentalknochen 
(Taf. III, Fig. 5) mißt derzeit 45°5 mm Länge und enthält 14 Zähne, die sich jedoch dermaßen auf 19 Alve- 
olen verteilen, daß in der 2., 3., I3., 15. und letzten Alveole Zähne fehlen. Hinter dem Dentalknochen ist 
ein Io mm langes Stück des Supraangulare erhalten. Das Dentale hat nur hinten etwas aufwärts gekrümmten 
Ober- und lineargeraden Unterrand. Es ist ziemlich schlank und mißt am vorderen Ende 5 mm, am 
hinteren 9 mm Höhe. Auf der Außenseite sind unter der 4., 6., 10. und 15. Alveole vier Foramina der 
Nervi cutanei zu erkennen, deren Lage und Verteilung gar nicht unbedeutend an die Varaniden erinnert. 
Zumal der Umstand, daß das letzte, nur 5 mm vor der dental supraangularen Sutur und unter der 15. Alveole 
gelegene Foramen das größte ist, erhöht diese Ähnlichkeit ganz bedeutend. Eine ähnliche Lage dieser 
Nervenöffnungen ist im Gegensatze zu den Lacertiden auch bei Heloderma zu erkennen, 

Die Vereinigung des etwas stabförmigen Dentale mit dem Supraangulare geschieht bei Coniosaurus 
im Gegensatze zu Iguana so wie bei den Varaniden durch eine gerade verlaufende Sutur. Da sich das 
Dentale gegen das vordere Ende nur sehr allmählich verjüngt, so ist ein Gegensatz zwischen Coniosaurus, 
Varanus und dem varanusartig gebautem Dolichosaurus zu erkennen. Das Coronoideum ist, so wie bei 
Varanus und Dolichosaurus, ein gegen unten konvex gekrümmter, dem Supraangulare und dem Dentale 
aufgesetzter Knochenspan und unterscheidet sich auf diese Weise gut von den Scincoiden oder Lacertiden. 

Die Zähne sind dem Kiefer pleurodont aufgesetzt und unterscheiden sich durch den Mangel eines 
Sockels von den Zähnen der Aigialosauriden oder Mosasauriden. Sie sind an ihrer Basis kontrahiert und 
genau so dem Kieferknochen aufgesetzt, wie man dies bei den hinteren stumpfen Zähnen von Varanus 
ntloticus antrifft. Die poröse kanaldurchzogene Knochensubstanz ist bei beiden Formen ebenfalls die gleiche. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. S 


58 Dr. Franz Baron Nopcsa. [26] 


Eine gute Beschreibung einzelner Coniosaurus-Zahnkronen ist zwar bereits von Owen gegeben, 
jedoch erscheint es mir wegen des ganz besonderen Baues dieser Teile als zweckmäßig, diese Beschreibung 
beim neuen Exemplar erweitert zu wiederholen. 

Die vorderen, stumpfkonischen, im Querschnitt runden Zähne zeigen in ihrer Mitte bloß eine kleine 
Aufblähung und an ihrem Vorderteile einen markiert vorspringenden Flügel, der jedoch nicht bis an die 
Krone heranreicht und an den weiter hinten gelegenen Zähnen an Größe zunimmt. Am 8. und 9. Zahne 
bildet das obere Ende dieses Flügels am Vorderrande des betreffenden Zahnes einen treppenförmigen Absatz. 
Vom 10. Zahne an erreicht dieser Flügel die Spitze des Zahnes und wird von dem an der Basis schlanken, 
weiter oben birnförmig aufgeblähtem Zahne durch eine tiefe Furche getrennt, wodurch der stark emaillierte 
Zahn in seinem Gesamteindruck etwas an die stark gefurchten Zähne einiger phytophager Dinosaurier er- 
innert; der gefurchten Helodermazähne wäre gleichfalls zu gedenken. In Fig. 6, Taf. III ist eine gute 
Abbildung einiger Coniosauruszähne gegeben. 

Die größte Höhe eines Zahnes beträgt 3 mm. Aus der Lage der beiden erhaltenen Kiefer- 
knochen gegeneinander kann man darauf schließen, dafs die Unterkiefer des neuen Coniosaurusexemplars 
seinerzeit etwa 12 cm Gesamtlänge erreichten, was auf ein Tier von wenigstens Too cm Körperlänge hinweist. 

Da die Zähne von Pontosaurus spitzkegelförmig sind und dasselbe auch bei Dolichosaurus, Adrio- 
saurus, Carsosaurus und den meisten Varaniden der Fall ist, so ist in der komplizierten Ornamentierung 
der Coniosauruszähne ein gutes Unterscheidungsmerkmal von anderen Formen gegeben, gleichzeitig erschwert 
aber gerade diese Eigenschaft die systematische Stellung des sonst sehr varanoid gebauten Kieferstückes 
zu bestimmen. Die Einreihung von Coniosaurus zu den Dolichosauriden ist daher durchaus nur als pro- 


visorisch zu bezeichnen. 


2. Definition und Übersicht der Dolichosauridae. 


In 1903 wurden die Dolichosauridae folgendermaßen definiert: »Varanusartig, Kopf klein, der lange 
Hals aus 13 gegen vorn an Größe abnehmenden Wirbeln, 26 Rumpf-, 2 Sakral- und zahlreiche Schwanz- 
wirbel. Leib walzenförmig verlängert. Die kurzen Rippen alle annähernd gleich lang, Ventralrippen nicht 
vorhanden. Die Extremitäten stark reduziert, die vorderen dabei nur halb so lang wie die hinteren, Hand 
und Fuß infolge der Reduktion etwas vereinfacht, Becken und Schultergürtel ziemlich entwickelt«. Diese 
Definition kann durch die neuen Funde folgendermaßen modifiziert und erweitert werden: »Kopf klein und 
teilweise nach varanidem Muster gebaut, Zähne pleurodont. Der lange Hals aus 13 gegen vorn an Größe 
abnehmenden Wirbeln, 26—27 Rumpf-, 2 Sakral- und über 60 Kaudalwirbel, letztere mit starken Häma- 
pophysen und Neurapophysen einen bis an das Ende breiten lateral komprimierten Ruderschwanz bildend. 
Der Leib walzenförmig, die kurzen Rippen gleich lang, Ventralrippen nicht vorhanden, Extremitäten redu- 
ziert, die vordere Extremität etwa halb so lang wie die hintere. Antibrachial und Kruralelemente distal stark 
divergierend und einen breiten Ruderfuß bildend. Tibia proximal, Fibula distal verbreitet. Schultergürtel mit 
ungefenstertem Coracoid und großem, knorpeligen Präcoracoid und Sternum. Ilium ohne Pars präaceta- 
bularis. Pubis und Ischium gut entwickelt und vom gewöhnlichen Lacertilier-Typus. Verbreitung im Neokom 
von Dalmatien und in der oberen Kreide von England. 

Genera: Pontosaurus. Kiefer sehr schlank, Schädel ein Sechstel der präsakralen Wirbelsäule; 
39 präsakrale Wirbel, Halsrippen fehlen; Dorsalrippen dick, die letzte fast so groß wie die vorangehenden. 
Die Breite der Neurapophysen der Kaudalwirbel ist beinahe gleich der Länge des darunter befindlichen 
Wirbelbogens. Schultergürtel schwach entwickelt und nur wenig: verknöchert. Extremitätenknochen schlank, 
Proportion der Vorder- und Hinterextremität wie 11:22. Einzige Spezies: Pontosaurus lesinensis Gorja- 
novic-Kramberger. 

Actaeosaurus. 26 Dorsal- und 13 (?) Zervikalwirbel. Halsrippen fehlen; Dorsalrippen dünn, die 
letzte bedeutend kürzer als die vorangehenden. Neurapophysen schmal, nur den hinteren Teil des Wirbel- 
bogens bedeckend. Schultergürtel unbekannt, vermutlich schwach entwickelt. Extremitätenknochen schlank. 
Proportion der Vorder- und Hinterextremität wie 11:18. Spezies: Aciaeosaurus Tomasini Meyer. 


9 


[87| 


[27] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen, 


Adriosaurus. Schädel ein Sechstel der 30 Wirbel aufweisenden präsakralen Wirbelsäule, Hais- 
rippen fehlen, Rumpfrippen stark, die letzte Lumbarrippe kurz stummelförmig. Neurapophysen der Dorsal- 
wirbel breit, jene der Kaudalwirbel schmal, wie beim ähnlichen Actaeosaurus. Schultergürtel wenig bekannt, 
Becken wohlentwickelt, Extremitäten stämmig. Proportion der Vorder- und Hinterextremität wie 11:16, Die 
einzige bekannte Spezies Adriosaurus Suwessi Seeley kommt sehr nahe zu Actaeosaurus zu stehen. 

B Dolichosaurus. Schädel ein Zehntel der präsakralen Wirbelsäule, Anzahl der präsakralen Wirbel 
vermutlich 29—30, Halsrippen vorhanden und nadelförmig, Rumpfrippen komprimiert. Schultergürtel stark 
verknöchert mit ungefenstertem Coracoid und wohlentwickeltem Sternum. 3—4 Sternalrippen, Extremitäten- 
knochen sehr robust, Enden wie abgeschnitten, Gelenkflächen nicht verknöchert, Die einzige Spezies 
Dolichosaurus longicollis Owen stammt aus der oberen Kreide Englands, ist daher viel jüngeren Alters 
als die übrigen Dolichosauridae und unterscheidet sich durch Halsrippen, Sternum und Extremitäten der- 
mafßen von allen übrigen Vertretern der Gruppe, daß sie innerhalb der Dolichosauridae eine isolierte 
Stellung einnimmt. 

Inwieweit sich die Dolichosaurier vom Neokom bis zur oberen Kreide spezialisierten, ist derzeit, da 
wir noch zu wenig Formen kennen, nur schwer zu entscheiden; soviel läßt sich jedoch, wie mir scheint, 
feststellen, daß wir in den Dolichosauridae eine Familie zu erblicken haben, die sich gleichzeitis mit den 
Aigialosauriden dem Wasserleben anpaßte und sicher verwandtschaftliche Beziehungen zu den Varaniden, 
Anguiniden, Aigialosauriden und Mosasauriden aufweist, Die Annahme, daß der bisher allerdings noch nicht 
scharf definierte Formenkreis »Platynota« eine alte Gruppe der Lacertilier darstellt, gewinnt auf diese 
Weise eine neuerliche Unterstützung. 

Daß die Dolichosauriden nicht von den Aigialosauriden stammen können, ist schon aus ihrem 
gleichzeitigen Auftreten im dalmatinischen Neokom zu erkennen. Es ist mir völlig unklar, wieso Dollo 
1892 dazu kommt zu behaupten, daß die Dolichosauridae nicht neokomen, sondern oberkretazischen Alters 
seien und diese falsche Angabe ohne Kommentar oder Korrektur neuerlich 1903 abzudrucken, wo ich 
doch schon 1902 bewiesen hatte, daß Adriosaurus zu den Dolichosauriden gehörte und das neokome Alter 
dieses Tieres schon aus dem bloßen Titel der Seeley’schen Originalbeschreibung hervorging. 

Der zuletzt von Dollo vertretenen Ansicht, daß die Familien Dolichosauridae und Aigialosauridae 
zusammen eine eigene Unterordnung Dolichosauria (Ophiosauria Gorjanovc-Kramberger) bilden, möchte 
ich gleichfalls widersprechen. Lief doch die Tendenz eines eigenen Abschnittes meiner Arbeit von 1902 
darauf hinaus, . die bis dahin von Baur, Boulenger, Gorjanovic-Kramberger und auch von 
Dollo 1892 selbst stets in einen Topf geworfenen Dolichosauridae und Aigialosauridae voneinander 
zu trennen. 

Aus dieser meiner Tendenz ist auch zu entnehmen, ob meine Arbeit von 1902, wie Dallo 
behauptet, bloß eine Bestätigung seiner Arbeit von 1892 darstellt oder etwas neues aufweist. Die von 
Dollo in 1892 beibehaltene Vereinigung der Dolichosauridae und Aigvalosauridae ist allerdings insofern 
nicht bedeutungslos, als offenbar sie der Grund war, warum die »Nouvelle note sur l’osteologie etc.« des 
belgischen Paläontologen sowohl von Osborn als auch von Williston, Kornhuber und mir, also von 
allen, die sich mit dem Ursprunge der Mosasaurier beschäftigten, anders behandelt und anders verstanden 
wurde, als es sich der Verfasser wünschte. 

Die Priorität, einen Aigialosauriden als den Stammvater der Mosasaurier erkannt zu haben, gebührt, 
wie aus dem konstanten Mißverständnisse von Dollos Arbeit von 1892 hervorgeht, Dollos neuesten 
Ausführungen zum Trotze, daher jedenfalls Gorjanovic-Kramberger, und als Beleg dafür möchte ich 
außer auf den in dieser Angelegenheit von Williston zitiertem Passus auch auf pag. Io2, alinea 27—35, 
seiner Aigialosaurus-Arbeit verweisen, woselbst Gorjanovic-Kramberger unter anderem auch die 
mosasauride Gestalt des Aigialosaurus-Quadratums hervorhebt. 

Gerade dadurch, daß sich Dollo, um die aigialosaurid-mosasauride Verwandtschaft zu beweisen, 
1892 auf den Fuß von Pontosaurus berief, also auf eine Form die mit den Aigialosauriden nichts zu tun 
hat, gerade dadurch zeigte er, daß er damals den Begrift »Azgzalosauridae« und dessen systematische 


Stellung nicht richtig taxierte und warum er nun 1905 Williston gegenüber sich genötigt sieht, gerade 


60 Dr. Franz Baron Nopesa. [28] 


auf diesen schwachen und inhaltlich unrichtigen Punkt seiner Arbeit von 1892 noch einmal besonders hin- 
zuweisen, das ist mir, wie überhaupt Dollos Polemik gegen Williston, ebenfalls einigermaßen unklar. 

Abgesehen davon, daß Pontosaurus als Dolichosaurier mit den Mosasauriern nichts zu tun hat, 
lassen sich übrigens die von Herrn Dollo in 1892 vorgebrachten Ähnlichkeiten des Pontosaurus- und 
Mosasaurierfußes ganz leicht als Konvergenzerscheinungen deuten, und dies zumal da gerade die Extremi- 
täten jene Körperteile sind, die wegen der starken mechanischen Inanspruchnahme ganz besonders zu Kon- 
vergenzerscheinungen inklinieren. Daß zwischen den Dolichosauridae und den Mosasauriern keine direkte 
Verwandtschaft besteht, dies wurde übrigens schon von Osborn bewiesen. 


Es bleibt noch das Verhältnis der Dolichosauridae zu den Schlangen und den anderen lang- 
gestreckten Lepidosauriern zu besprechen übrig. 

Daß unter den kaltblütigen Wirbeltieren sowohl landbewohnende als auch aquatische Vertreter 
langgestreckte, zum Teil sogar Aal- resp. schlangenartige Formen entwickeln können, ist eine längstbekannte 
Erscheinung. Dolichosoma, Siren und Coecilier wären unter den Amphibien, Pleurosaurier, Dolichosaurier, 
Anguiniden, Chalcides, Amphisbaenen und Ophidier als die typischesten Vertreter unter den Reptilien zu 
bezeichnen. 

Der Übergangstypus vom quadrupeden Landtier zum Typus Anguis ist durch einige Scincoiden 
charakterisiert, als Übergangstypus vom quadrupeden Wassertier zum Typus Aal sp. Wasserschlange haben 
wir den im Drucke zuerst von Dr. ©. Abel erwähnten,!) aber recht variablen »Molchtypus« zu erkennen. 
Molch, Pleurosaurus und Proteus zeigen uns die verschiedenen Stadien der »Molchreihe«, deren End- 
produkte sich von den entsprechenden Festlandformen höchstens durch Flossensaum und laterale Körper- 
abplattung unterscheiden. 

Ob bei diesen Veränderungen die Vorder- und Hinterextremitäten reduziert werden, ist, wie mir scheint, 
Abels Ausführungen von 1907 gegenüber wohl auch auf anderen Umständen als bloß auf mechanischer 
Beeinflussung der betreffenden Extremitätenpaare begründet. Als Beleg hiefür möchte ich Abel auf die 
Schlußfolgerungen Copes über die Reduktion des Beckens und der Extremitäten der Lacertilier verweisen.) 


Die Annahme O. Abels, daß auch die Kaulquappe als Repräsentant des Molchtypus zu betrachten 
ist, möchte ich ferner ebenfalls zurückweisen, und zwar deshalb, weil ich diese wenig mobile Form, 
die durch großen Schädel charakterisiert ist, mehrfach bei großköpfigen Fischen und Amphibien wiederfinde 
und als Repräsentanten eines eigenen Typus betrachten möchte, der, was Lokomotion anbelangt, keine 
Ähnlichkeit mit dem relativ kleinköpfigen Molchtypus aufweist. Außerdem kann man auch kaum behaupten, 
dafs der Kaulquappentypus die Tendenz zeigt, die Extremitäten zu reduzieren, da sich ja doch gerade bei 
diesem Typus Flossen resp. Extremitäten zu entwickeln scheinen. Da es evident ist, daß bei den gedrungenen, 
vorn breiten und massigen, vorne sozusagen »überbauten« kaulquappenartigen Formen der Ruderschwanz allein 
unmöglich genügen kann, um das Tier vorwärts zu bewegen und zu balancieren, so erscheint im Gegensatze 
zum langgestreckten Molchtypus die Entwicklung der vorderen Lokomotionsorgane bei ihnen recht natürlich. 

Die Dolichosaurier gehören mit ihrem langen Ruderschwanze und den reduzierten Vorderextremitäten 
zweifellos in den Typus Molch. 

Wenn wir aber die langgestreckten Reptilien der Reihe nach untersuchen, so finden wir, daß sich 
sowohl die gestreckt molchartigen aquatischen Pleurosauriden als auch die schlangenartigen terrestren 
Anguinidae und Scincoidae sowie alle gestreckten aquatischen Amphibien durch einen kurzen Hals charak- 
terisieren, während bei den Dolichosauridae gerade das Gegenteil auftritt. Dieser Unterschied widerlegt die 
Annahme, daß die Dolichosauridae genetisch etwas mit den Anguinidae zu tun hätten und es ist infolge- 
dessen ganz besonders interessant, die Dolichosauridae in diesem Punkte mit den Schlangen zu vergleichen, 


Bei den Schlangen läßt sich zwar leider gerade die Hals-Rumpfgrenze osteologisch nicht so ohne 
weiteres bestimmen. Wenn wir uns jedoch an die Lage der, bei Lacertiliern nur in der hinteren Zervikal- 
und vorderen Thorakalregion bekannten Hypapophysen oder an die Lage von Herz und Lunge halten, so 


1) Abel, Zentralblatt £. Min., Geol. u. Pal., 1907. 
°) Gope, Americ. Journ. of Morphology, 1892. 


[29] Zur Kenntnis der fossilen Eidechsen, 61 


sehen wir uns genötigt, bei den Schlangen eine'ganz beträchtliche Anzahl von Wirbeln als Halswirbel an- 
zunehmen, was hierauf entschieden auf eine, durch Vermehrung der Halswirbel bewirkte dolichosaurier- 
artige Streckung der Halswirbelsäule hinweist. Auf diese Weise treffen wir außer den von Meyer und 
Janensch erwähnten gemeinsamen Zügen auf eine und wie mir scheint recht bedeutungsvolle Ähnlich- 
keit zwischen diesen beiden Typen. 

In einer größeren Arbeit über den Ursprung der Schlangen behauptet nun zwar Janensch,!) daß 
die Schlangen schon deshalb nicht von den Dolichosauridae stammen können, weil die Aalgestalt eine 
zum Leben am Festland ungeeignete Form repräsentiere. Diese Annahme glaube ich abweisen zu 
müssen, und zwar deshalb, weil gerade die aalförmigen Fische zu jenen relativ seltenen Fischtypen ge- 
hören, die sich am Festland relativ gut zu helfen wissen und weil gerade die sicher amphibischen Dip- 
nensten, über deren Schwanzflossen Dollo °) in 1895 eine höchst interessante Studie veröffentlichte, Hand 
in Hand mit der Gephyrocecie ihrer Schwanzflosse die ausgesprochene Tendenz zeigen, die Höhe der Rücken- 
und Bauchflosse zu vermindern, ihren Körper zu strecken und Aalgestalt zu entwickeln. Der Nachteil 
einer lateralen Kompression läßt sich ferner durch schlängelnde Bewegung sehr leicht neutralisieren, 

Daß übrigens die Schlangen von ehemals langgeschwänzten Formen stammen, ist, trotz der Lage 
der Hinterextremitäten bei Phyton, aus der Lage der Afteröffnung einiger anderer Schlangen zu entnehmen. 

Obzwar die hohe Spezialisation des Schlangenschädels einen Vergleich mit dem Schädel von Adrio- 
saurus keineswegs noch zuläfßt und die Frage über den Ursprung der Schlangen daher definitiv erst dann 
gelöst werden kann, wenn wir die Schädelreste mittelmesozoer Schlangen kennen werden, so möchte ich 
immerhin doch auf die oberflächliche Ähnlichkeit des Adriosaurusschädels mit jenem von Phyton verweisen. 
Alles bezüglich der Dolichosaurier und Schlangen Gesagte zusammenfassend, können wir heute mit Sicher- 
heit behaupten, daß unter allen Lacertiliern die Dolichosauridae jene sind, die durch KRlein- 
heit des Schädels, Vermehrung der Halswirbel, durchaus ophidierartige Hyposphen- 
verbindung, walzenförmigen Körperbau und Reduktion der Extremitäten am stärksten 
die Tendenz zeigen, sich schlangenartig zu entwickeln und daher diesen Tieren ge- 
netisch offenbar am nächsten kommen: darin konzentriert sich das Interesse dieser 
Familie. 

Als Beleg dafür, daß genetische Verwandtschaft gleiche Entwicklungsrichtung nach sich zieht, 
möchte ich bloß kursorisch auf den parallelen Entwicklungsgang zwischen Theromorphen und Mammaliern 
einerseits, Vögeln und Dinosauriern anderseits verweisen. Es wären dies durchaus Fälle latenter Homoplasie 
im Sinne Osborns. 

Die Verwandtschaftsverhältnisse einiger in dieser Arbeit besprochener Unterordnungen und Familien 


läßt sich, wie mir scheint heute am besten noch durch folgenden Stammbaum charakterisieren. 


Platynota mesozoica 
(adhoc incognite) 


m a: 
Be 
Dolichosauridae Varanidae Argialosauridae 
Ophidia Phytonomorpha 


1) Janensch, Beitr. zur Geolog. u. Paläont. Österr.-Ungarns, Wien 1906. 
2) Dollo, Bull. mus. roy hist. nat., Bruxelles 1895. 


Mein Dank, diese Arbeit abgefaft haben zu können, gebührt den Herren Dr. A. Ss. Woodward 
und G. Boulenger am naturgeschichtlichen Museum in London. 


62 Dr. Franz Baron Nopesa. [30] 
Tafelerklärung. 


Fig. I. Adriosaurus Suessi Seeley. (Londoner Exemplar, etwas verkleinert.) 
Zeichenerklärung: 


Schädel: fo, pi = foramen pineale. 
na — Nasenöffnung. 
orb = Augenöffnung. 
Körper: cs, ci, — Halswirbel. 
di, das —dgz = Rumpfwirbel. 
$) — zweiter Sakralwirbel. 
il = Ilium. 
pub = Pubis. 
cdgs, Cdys, Cdg, = Schwanzwirbel. 
n,; — Neurapophyse vom I5. Schwanzwirbel. 
hm = Hämapophyse. 
Extremitäten: co — Coracoid. 
hu = Humerus. 
mc — Metacarpalia. 
fem — Femur. 
tib — Tibia. 
fi = Fibula. 


mt —= Metatarsalia. 

. Dasselbe Stück, Orientierungsskizze des Schädels. (Natürliche Größe.) 

Fig. 3. Adriosaurus Suessi Seeley (Wiener Exemplar, Typus von Genus und Spezies, natürliche Größe. Am Original 
ist der Schwanz an der durch einen Pfeil bezeichneten Stelle geknickt. Durch Auseinanderschneiden und neuer- 
liches Zusammenkleben der die Grundlage zu obiger Reproduktion abgebenden Photographie ist diese Knickung 
neutralisiert worden). Zeichenerklärung analog wie bei Fig. 1. 

Fig. 4. Sternum von Dolichosaurus longicollis Owen. (Doppelte natürliche Größe.) co — Coracoid; hu — Humera; 
sc = Scapula; s? — Sternum; Pdrco — Präcoracoid. | 

. Kiefer von Comasaurus crassidens. (Natürliche Größe.) 

. Isolierte Zähne desselben Kiefers. (3mal vergrößert.) 


= 
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[9] 


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Fig. 


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Zur I 


Nopesa: 


Kunstanstalt Max Jalle, Wien. 


Wilhelm Braumüller, 


Verlag v. 
.k. Hof- u. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie 


Universitäts-Buchhändler in Wien. 


Bd. XXI. 1908. 


' 


Oesterreich-Ungarns und des Orients 


ÜBER DIE WIRBELSÄULE UND DIE RIPPEN HOLOSPONDYLER 
STEGOCEPHALEN (LEPOSPONDYLI ZITT.. 


Von 


Hugo Schwarz. 


(Mit 36 Textfiguren.) 


Einleitung. 


Die durch einheitlich ossifizierte Wirbel ausgezeichneten Stegocephalen verdienen ein großes Interesse, 
weil sie schon im Oberkarbon in großer Mannigfaltigkeit auftreten, also zu den ältesten Land-Wirbeltieren, 
die wir überhaupt kennen, gehören. Neben den kohleführenden Schichten von Kilkenny in Irland, ein- 
zelnen Punkten von England und Neu-Schottland, haben insbesondere die Lokalität Linton in Ohio 
und mehrere Fundstellen in Mittelböhmen — unter diesen vor allem Nürschan bei Pilsen — zahlreiche 
Reste dieser kleinen Formen geliefert. 

Von Linton werden schon im Jahre 1858 Stegocephalenreste erwähnt (2).!) Innerhalb der Schicht- 
folge der »Lower Goal Measures« werden von Newberry im Jahre 1874 sieben Kohlenflöze auf- 
gezählt (13). Das Flöz Nr. 6, das wegen seiner großen Mächtigkeit im nordöstlichen Teile von Ohio 
»Big vein« genannt wird, führt bei Linton im Liegenden Kannelkohle, und in dieser sind die Wirbeltier- 
reste eingebettet. 

Die mittelböhmischen Steinkohlenablagerungen zerfallen nach Karl Feistmantel (27) 
in drei Schichtgruppen: 

1. Den Liegendflözzug oder die Radnitzer Schichten; 

2. den Mittelflözzug oder die Nürschaner Schichten; 

3. den Hangendflözzug oder die Kounovaer Schichten. 

Von diesen Schichtkomplexen enthalten vor allem die Nürschaner Schichten eine reiche Wirbeltier- 
fauna. So wie bei Linton auf die Kannelkohle, so sind auch hier die Reste vorwiegend auf die das 
Liegende der Schwarzkohle bildende, bituminöse Gaskohle beschränkt. Auch in der bituminösen 
»Schwarte« der Kounovaer Schichten kommen Wirbeltierreste vor. — Während die zuletzt genannten 
Schichten allgemein als permisch angesehen werden, herrschen über das Alter oder Nürschaner Schichten 
verschiedene Ansichten. Die einen, wie Feistmantel, Fritsch, Katzer, halten sie für Perm resp. 


1) Siehe Literaturverzeichnis am Ende der Arbeit. 


64 Hugo Schwarz. [2] 


für Kohlenrotliegendes [Feistmantel (27)], jedenfalls für jüngere Bildungen als das Oberkarbon 
vgl. Weithofer (66)]. Sie stützen sich dabei auf das Vorkommen von Stegocephalen im Plattelkohlenflöz, 
die als typische Permformen angesehen werden. Andere Forscher dagegen, wie Stur, Krej£i, halten diese 
Schichten für Karbon, wofür vor allem die Tatsache spricht, daß die Flora der Nürschaner Schichten 
keine neuen Eigentümlichkeiten gegenüber der der Radnitzer Schichten zeigt, deren Zugehörigkeit zum 
Karbon nicht bezweifelt wird. Ohne sich direkt für Perm oder Karbon zu entscheiden, hat auch [Weit- 
hofer (66, 69) mit starkem Nachdruck darauf hingewiesen, daß die Flora der Nürschaner und Radnitzer 
Schichten einen ganz einheitlichen Charakter zeige, der ohne zwingende Gründe nicht gestatte, die beiden 
Glieder so scharf voneinander zu trennen. Dem Vorkommen von Stegocephalen schreibt Weithofer wohl 
mit Recht nur geringe Bedeutung für die Feststellung des Alters zu. Denn — wie schon hervorgehoben — 
kommen sie in größerer Zahl nur in den bituminösen Gesteinen, der Gaskohle und Schwarte, in Amerika 
in der Kannelkohle vor. Dies beweist, nach Weithofer, daß »ihr Auftreten hier durch die Fazies, nicht 
aber durch die Zeit bedingt ist«. 


Neuerdings unterzog auch v. Purkyne die Flora der Nürschaner und Radnitzer Schichten von 
der Lokalität TremoSnä einer genauen Prüfung und kam zu folgendem Ergebnisse (74, 79). — Der größere 
Teil der Flora beider Schichten entspricht der des unteren produktiven Karbon (Staarbrücker 
Schichten), ein kleinerer Teil der Arten, von denen allerdings einige am zahlreichsten sind, denen 
des oberen produktiven Karbon (Öttweiler Schichten). 


Der bei weitem größere Teil der in den genannten Fundstellen vorkommenden Stegocephalen gehört 
der Zittelschen Unterordnung der Zepospondyli an. Diese Formen wurden in der zweiten Hälfte des 
XIX. Jahrhunderts näher bekannt. Die Formen von Ohio beschrieb Cope in einer Reihe von Arbeiten 
(7, 9, 10, I2, I4), am ausführlichsten im Jahre 1875 in »Synopsis of the Extinct Batrachia from 
the Coal-Measures«. Dieser Arbeit ist auch eine Anzahl von allerdings nur wenig brauchbaren Abbil- 
dungen beigefügt. Die Reste aus Neu-Schottland wurden durch die Arbeiten Dawsons (5, 23, 5I, 57), 
die von Kilkenny durch Huxley (6), de böhmischen Formen endlich durch Fritsch’ berühmtes 
Werk: »Fauna der Gaskohle« bekannt. 


Trotz dieser Arbeiten ist unsere Kenntnis von der Organisation der Lepospondylen noch sehr 
mangelhaft. Deshalb folgte ich gern der Anregung des Herrn Prof. Jaekel, die Wirbelsäule und 
die Rippen dieser Formen neu zu bearbeiten. Material lag mir von Linton und Nürschan vor. 


Der Erhaltungszustand ist im allgemeinen recht schlecht. Dies gilt besonders von den ameri- 
kanischen Formen und man kann sich davon am besten überzeugen, wenn man Copes Abbildungen in 
der erwähnten Arbeit betrachtet, an denen oft kaum die Umrisse zu erkennen sind, viel weniger irgend 
welche Einzelheiten der Organisation. Hier konnte nur eine gründliche und sorgfältige Präparation zum 
Ziele führen. Es wurde dabei durchwegs — im Anschluß an die oft mit großem Nutzen angewandte 
Methode Jaekels — der Knochen entfernt, wobei verhältnismäßig gute Negative erhalten wurden. Eine 
große Erleichterung war dadurch ermöglicht, daß sich die Knochensubstanz in Salzsäure löst, während die 
Kohle nicht angegriffen wird. Die übrigbleibenden Teilchen des Knochens wurden dann mit der Nadel unter 
starker Vergrößerung entfernt. 

Für die Abdrücke wurde zum größten Teile Guttapercha, dann aber auch Gips und in geringerem 
Maße auch Gelatine und Wachs verwendet. 


Das amerikanische Material und ein Teil des böhmischen befindet sich im Besitze des geologisch- 
paläontologischen Instituts in Berlin. Herrn Geheimrat Branca sei für die Überlassung des Materials, wie 
auch aller Hilfsmittel des Instituts herzlich gedankt. Dank sage ich auch Herrn Prof. Diener und Herrn 
Prof. v. Arthaber in Wien für die freundliche Überlassung von Nürschaner Material aus der Sammlung 
des paläontologischen Instituts der Universität Wien, ebenso Herrn Prof. v. Purkyn& in Pilsen für Material 
von derselben Lokalität. Vielen Dank schulde ich Herrn Prof. Jaekel in Greifswald für die Anregung zu 
dieser Arbeit und mancherlei Ratschläge. Das amerikanische Material wurde von Herrn Prof. Jaekel selbst 
präpariert; auf die weitere Ausführung der Arbeit nahm er aber keinen Einfluß. 


[3] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 65 


Bemerkungen zur Systematik der Stegocephalen., 

Die durch eine vollständige Bedeckung der Schläfengegend als einheitliche Gruppe gekennzeichneten 
Tierformen wurden im Jahre 1868 von E. Cope als Ordnung der Amphibien zusammengefaßt und erhielten 
den Namen »Stegocephalia« (7). Im Jahre 1871 (9) unterschied Cope vier Gruppen: 

1. Xenorhachia: »The vertebral centra not ossified; the teeth simple; no branchial hyal bones; 
oceipital condyles«. Amphibamus. 

2. Microsauria Dawson: »Vertebral centra ossified; no branchial hyoids, teeth simple or with slightly 
inflected enamel of the basis; occipital condyles«. Hylonomus, Dendrerpeton. 

3. Ganocephala Owen: »Vertebral centra cartilaginous; branchial hyoids present, teeth with inflected 
enamel auchylosed by their bases. No ossified oceipital condyles«. Colosteus. 

4. Labyrinthodontia vera: »Vertebral centra osseous; no branchial hyoids; teeth with much inflected 
enamel, anchylosed in shallow alveoli; occipital condyles«. 

Nachdem man durch neue Funde und Beschreibungen eine genauere Kenntnis des Baues der Wirbel- 
säule erlangt hat, stellte Cope im Jahre 1884 drei selbständige Ordnungen auf, die folgendermaßen charak- 
terisiert wurden (vgl. 14, 20, 22, 30): 

Vertebralcentra, including atlas, segmented, one set ofsegments together supporting one arch —= Rhachi- 
tomi. -- Vertebrae segmented, the superior and inferior segments each complete, forming two centra to each 
arch —= Embolomeri. Vertebral c&ntra, including atlas, not segmented; one to each arch — Stegocephali. 

Später wird von Cope (40) und Baur (38) auch noch der Name Ganocephala für Trimerorhachis 
Cope und Archegosaurus gebraucht, während die übrigen rhachitomen Formen (Eryops Cope, Zatrachys 
Cope, Actinodon Gaudry) zu den Rhachitomi gestellt werden. Zu den Embolomeri gehört die Gopesche 
Gattung Cricofus. Denselben Bau zeigen nach Fritsch auch die Schwanzwirbel von Diplovertebron. Zu- 
gleich hat Fritsch nachgewiesen, dafs der embolomere Wirbel nicht als selbständiger Typus aufgefaßt 
werden kann, sondern nur eine besondere Ausbildung des rhachitomen darstellt. Beide wurden daher von 
Zittel in seinem Handbuche als Temnospondyli zusammengefaßt. Die heterogene Gruppe der Sitegocephali 
(Cope 1884) teilt Zittel in die Lepospondyli mit bikonkavem einheitlichen Wirbel und die durch einen 
»Kranzwirbel« ausgezeichneten Stereospondyli. Dem ganzen Formenkreise wird der von Cope im Jahre 1868 
eingeführte Name Stegocephalia gelassen. Zu diesen drei Unterordnungen tritt im Jahre 1891 als vierte 
die Unterordnung Phyllospondyli Credner (48), welche der alten Copeschen Gruppe Xenorhachia entspricht. 
Bei den hieher gehörigen Formen (Branchiosaurus) besteht die Verknöcherung des Wirbelkörpers aus zwei 
zarten Knochenblättern, die symmetrisch ventral und seitlich dem Knorpel anliegen und in der ventralen 
Mittellinie zusammenstoßen. Sie bilden zusammen mit den Bogenbasen die knöcherne Hülse des Wirbels. 

Auf diese Weise ergibt sich die aus Zittels Grundzügen bekannte Viergliederung. Eine ähnliche 
Systematik finden wir auch in englischen und amerikanischen übersichtlichen Darstellungen und Lehr- 
büchern, wie bei Case (71), A. S. Woodward (73), Lydekker (46). Nur treten meist an Stelle der 
Lepospondyli zwei Unterordnungen: die Microsauria und Aistopoda, während die rhachitomen, embolomeren 
und stereospondylen Formen als Labyrinthodontia vera zusammengefaßt erscheinen. Statt Phyllospondyli 
wird nach ihrem typischen Vertreter die Bezeichnung Branchrosaurıa gebraucht. i 

In diesen Darstellungen werden die Stegocephalen allgemein als eine Ordnung der Amphibien an- 
geführt. Doch haben wohl alle Forscher, die sich mit diesem Formenkreise beschäftigten, die Schwierig- 
keit seiner systematischen Stellung erkannt. So erklärt Fritsch und mit ihm Seeley (41), daß 
es sich nicht entscheiden lasse, ob sie den Amphibien oder Reptilien zugerechnet werden sollen. 

"Während sie z. B. auf Grund der vorhandenen Kiemenbogen und des doppelten occipitalen Con- 
dylus zu den Amphibien gestellt werden müßten, weisen wieder andere Teile des Skeletts auf eine nahe 
Verwandtschaft mit den Reptilien hin. Andere Charaktere dagegen, die allen Stegocephalen eigentümlich sind, 
so vor allem die völlige Bedeckung der Schläfenregion des Schädels durch Deckknochen, der »stegale« 
Schädelbau Jaekels (78), sind sowohl den Amphibien wie auch den Reptilien in derselben Ausbildung 
fremd. Danach erscheint es wohl als gerechtfertigt, die Stegocephalen mit Jaekel als selbständige 
Klasse der Wirbeltiere aufzufassen, 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XXI 9 


66 Hugo Schwarz. 4] 


Hat nun die Kenntnis der einzelnen Wirbeltypen der Stegocephalen zur Unterscheidung von vier 
gleichwertigen Gruppen geführt, so zeigt eine vergleichende Betrachtung, dafs sich diese Typen wieder 
zu zwei großen Abteilungen vereinigen lassen. Eine solche Gruppierung wurde von Jaekel gegeben. 
Die Angaben darüber sind in einer Anzahl seiner Arbeiten zerstreut (65, 80, 81, 85). Jaekel geht dabei 
von dem rhachitomen Wirbel aus. Dieser besteht in seiner vollkommenen Ausbildung nach Fritsch aus 
folgenden Elementen: ı. den oberen Bögen, 2. den beiden seitlichen Pleurocentren, 3. dem Aypo- 
centrum arcale (Intercentrum Cope 39, Hypocentrum Gaudry 29); 4. den Hypocentralia pleuralia (Haema- 
centrum Baur 62). Jaekel hat nun vor allem darauf hingewiesen, daß die Pleurocentra in den verschie- 
denen Körperregionen von Archegosaurus eine verschiedene Form annehmen. Insbesondere wachsen sie in 
der Beckengegend stark ventralwärts, so daß die beiden Stücke "ventral aneinander stoßen und so einen 
geschlossenen Ring bilden. In den vorderen Schwanzwirbeln schnürt sich der untere Fortsatz 
gegen den oberen vollständig ab, so daß die Pleurocentra jederseits aus zwei Stücken bestehen. Das 
untere Stück, das Aypocentrum pleurale von Fritsch, ist also nach dieser Darstellung kein selbständiges 
morphologisches Element, sondern nur ein Teil des Pleurocentrums. Der temnospondyle Wirbelkörper 
besteht also im wesentlichen aus dem stets vorn gelegenen medianen Hypocentrum, das im Schwanz 
in zwei Stücke zerfallen kann, und einen hinteren Abschnitt, den paarigen Pleurocentren. Im Anschluß 
an E. Fraas (44) und Baur (62) homologisiert Jaekel das Hypocentrum der Rhachitomen mit dem 
scheibenförmigen Kranzwirbel der Stereospondyli. Nun stimmen aber auch die kleinen blattförmigen Ver- 
knöcherungen der Phyllospondylen ihrer Lage nach vollständig mit dem Hypocentrum überein. Der phyllo- 
spondyle Wirbelkörper besteht daher nur aus dem Hypocentrum, während die Pleurocentra noch 
nicht als selbständige Knochenstücke auftreten. Er stellt das Anfangsstadium des temnospondylen 
Wirbelbaues dar. Beim echten temnospondylen ist das Hypocentrum meist zu einem unpaaren Stück 
vereinigt, ist größer geworden, und hinter ihm kommen die Pleurocentren zur Ausbildung. Indem nun 
das Hypocentrum immer mehr dorsalwärts wächst, werden die Pleurocentra immer mehr ver- 
drängt, bis sie endlich ganz verschwinden und ein stereospondyler Wirbel entsteht. Herrn Prof. 
Jaekel liegt darüber — wie er in seiner Arbeit über Wirbelbildung bemerkt — eine geschlossene mor- 
phologische Reihe vor. Den Anfang dieser Reihe bilden die Phyllospondyli mit kleinem, schwach 
verknöchertem, das Ende die Stereospondyli mit großem und kräftig verknöchertem Hypocentrum. Wir 
sehen also, daß sowohl der rhachitome und embolomere, wie auch der phyllospondyle und stereospondyle 
Wirbel nur Modifikationen eines und desselben Typus sind. Das Gemeinsame aller dieser 
Ausbildungen liegt darin, daß die an der Zusammensetzung teilnehmenden Elemente stets für sich ge- 
sondert bleiben und als solche auch bei erwachsenen Individuen erkennbar sind. 

Aus diesen Erwägungen ergibt sich die Notwendigkeit, auch die auf die einzelnen Wirbeltypen 
begründeten Einheiten zu einer größeren Abteilung zusammenzufassen. Dieser Abteilung würden dann 
alle anderen Stegocephalen, die durch einen ganzen »holospondylen« Wirbel ausgezeichnet sind, als 
einheitliche Gruppe gegenüberstehen. Auf diese Weise kämen wir zu einer Gruppierung, wie sie ähnlich 
schon im Jahre 1874 von Miall (11) vorgenommen wurde. Er unterscheidet zwei große Abteilungen: Die 
eine umfaßt Formen mit scheibenförmigen Wirbelkörpern des Rumpfes, die andere Formen, bei 
denen der Wirbelkörper verlängert und in der Mitte eingeschnürt ist. Während die letztere 
Gruppe durchaus den »holospondylen Formen« Jaekels (80) entspricht, müßte natürlich die Definition 
der ersten, die in erster Linie für die Stereospondylen galt, erweitert werden, um für Jaekels »rhachitome 
Formen« Geltung zu haben. 

Fassen wir also die Stegocephalen als Klasse der Wirbeltiere aut, so. können wir im Anschluß 
an Jaekel innerhalb dieser Klasse zwei Ordnungen unterscheiden: 

I. Temnospondyla (im Sinne Jaekels) mit temnospondylem Wirbelbau; 

II. Lepospondyla (Zittel) mit einheitlich ossifiziertem, bikonkavem, oft sanduhrförmigem, 
Wirbelkörper. 

Die Systematik der lepospondylen Formen ist bei der noch ungenügenden Kenntnis ihrer Organi- 
sation sehr unvollkommen. Ich möchte im folgenden der Zittelschen Einteilung, als der gebräuchlichsten 


5] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 67 


olgen. Unter dem zuerst (1863) von Dawson in einem etwas anderen Sinne gebrauchten Namen Micro- 
sauria faßt Zittel alle eidechsen- und molchähnlichen Formen mit meist gut entwickelten Beinen und 
langem oft sehr kräftig entwickelten Schwanze zusammen. Diesen stellt er die fußlosen, in vielen Eigen- 
schaften an die Blindwühler erinnernden Typen als Aiszopoda (Miall) entgegen. — Wir haben also inner- 
halb der Ordnung: Lepospondyla die zwei erwähnten Gruppen zu unterscheiden, denen der Wert von 
Unterordnungen beizulegen wäre. Diesen sollen in der folgenden Übersicht die einzelnen Familien und 
Gattungen eingefügt werden. Ich bemerke, daß diese Systematik, bei der ich im einzelnen Fritsch und 
Cope folge, nur der Übersicht dienen soll und keinen Anspruch darauf macht, eine »natürliche« zu sein. 

Bei den einzelnen Gattungen soll stets zunächst eine kurze Charakteristik gegeben werden, der sich 
dann eine möglichst genaue Beschreibung der Wirbel und Rippen anschließen wird. Dabei werden natürlich 
in erster Linie die Gattungen, die mir zur Untersuchung vorlagen, berücksichtigt werden. Es sind dies: 

Ophiderpeton, Nürschan. Pal. Inst. Wien, Mus. Pilsen. 

Thyrsidium, Linton. Geol. Pal. Inst. Berlin. 

Molgophts, Linton. Geol. Pal. Inst. Berlin, 

Phlegethontia, Linton. Geol. Pal. Inst. Berlin. 

Dolichosoma, Nürschan. Geol. Pal. Inst. Berlin, Mus. Pilsen. 

Urocordylus, Nürschan. Pal. Inst. Wien, Mus, Pilden. 

Ftyonius, Linton und Nürschan. Geol. Pal. Inst. Berlin, Pal. Inst. Wien. 

Oestocephalus, Linton. Geol. Pat. Inst. Berlin. 

Scıncosaurus, Nürschan. Geol. Pal. Inst. Berlin, Pal. Inst. Wien, Mus. Pilsen. 

Microbrachis, Nürschan. Geol. Pal. Inst. Berlin, Pal. Inst. Wien, Mus. Pilsen. 


Systematische Übersicht der Lepospondyla und Beschreibung der Wirbel 
und Rippen. 


I. Unterordnung: Aistopoda Miall. 


Extremitäten fehlen vollständig; Körper sehr lang, Blindwühlenähnlich. 


1. Familie: Ophiderpetontidae (fam. nov.). 


Wirbel mit stark entwickelten oberen und unteren Querfortsätzen; Rippen proximal stark verbreitet 
mit Tuberculum und Capitulum und kurzem dorsalen Fortsatz. Starke Entwicklung des Hautpanzers an der 
Bauch- und Rückenseite (Ophiderpeton, Thyrsidium). 


Ophiderpeton Huxley 1867. 

Fritsch gibt im Anschluß an Huxley folgende Charakteristik: »Der Schädel ungenau bekannt, 
wahrscheinlich (nach den englischen Exemplaren zu urteilen) kürzer und vorn stumpfer abgerundet als bei 
Dolichosoma. Wirbel bikonkav mit sehr stark entwickelten unteren Querfortsätzen über 1oo an der Zahl- 
Zygapophysen gut entwickelt, Rippen fischgrätenähnlich mit dorsalen und ventralen Fortsätzen. Extremitäten 
bisher nicht nachgewiesen. Der Hautpanzer stark entwickelt am Bauche in Form von haferförmigen Stäbchen, 
am Rücken von gekörnten chagrainartigen Schuppen. Kloakengegend mit gekerbten Leisten bewaffnet.« 

Diese letzte Angabe stützt sich auf Funde von gekerbten, kieferartigen Gebilden, den sogenannten 
»Kammplatten«, die in Nürschan öfter vorkommen. Fritsch hielt diese Gebilde für Hilfsorgane bei 
der Paarung der Stegocephalen. Diese Deutung erscheint aber als nicht sehr wahrscheinlich und wird neuer- 
dings von Fritsch selbst nicht mehr aufrechtgehalten (79). Vor kurzem beobachtete er, daß Kammplatten 
am Ende der Bauchflosse eines Orthocanthus Bohemicus vorhanden waren, so daß sie wohl als Kopu- 
jationsorgane von Selachiern aufzufassen sind. Jedenfalls zeigt dieser Fund deutlich, daß sie nichts 
mit den Stegocephalen zu tun haben. 

Hauptsächlich auf Grund der Größe der Bauchschuppen unterscheidet Fritsch im ersten Bande 
seiner »Fauna der Gaskohle« sechs Arten, von denen allerdings der bloß auf das Vorhandensein von 

g* 


68 Hugo Schwarz. [6] 


Kammplatten begründete ©. Corvini wegfallen muß. Am besten begründet erscheinen O. granulosum und 
O,. vicinum. Dagegen ist die Organisation der anderen Arten, auch der im vierten Bande beschriebenen, 
nur sehr ungenau bekannt. 

Nach den sehr breiten unteren Querfortsätzen gehören die von mir näher untersuchten Exemplare 
O. rieinum an. Es sind durchwegs ganz kleine Individuen. Die Wirbel haben eine ungefähre Länge von 
2 mm, der Wirbelkörper eine Höhe von 1!/), mm. Die Breite des oberen Bogens beträgt an der Stelle der 


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Fig. 1. Wirbel von Ophiderpeton vieinum Fr. von oben. Fig. 2. Wirbel von Ophiderpeton vicinum Fr. von unten. 
Vergr. I5 : I. Vergr. IS : I. 


00 = oberer Querfortsatz. PrZ = Praezygapophyse. Orig. Pal. Inst. Wien. 
UO — unterer Querfortsatz. PZ — Postzygapophyse. 


Orig. Pal. Inst. Wien. 


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stärksten Einschnürung ebenfalls etwa I!/,;, mm und nimmt gegen die Zygapophysen zu etwas zu. Die voll- 
ständige Anzahl der Wirbel ließ sich nicht feststellen. An der einen Platte konnte ich 36 zählen, bei einem 
anderen Exemplar waren wenigstens 55 vorhanden. Die einzelnen Wirbel zeigen in den verschiedenen 


Regionen keine Änderung ihrer Form; auch in der Größe konnten keine nennenswerten Unterschiede kon- 
statiert werden. 


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Fig. 3. Wirbel von Ophiderpeton vieinum Fr. von der Seite. 
Vergr. 15 : I. — Orig. Mus. Pilsen. 


Der Wirbelkörper hat, von der Seite betrachtet, die Gestalt eines länglichen Zylinders, der 
gegen die Mitte zu ventral ein wenig eingeschnürt ist. Im Innern ist er, wie Fritsch gezeigt hat, tief 
bikonkav, so daß die wohl während des ganzen Lebens persistierende Chorda intravertebral eingeschnürt 
war. An den Körper schließen sich dorsal die oberen Bögen an, die ihm seiner ganzen Länge nach 
aufsitzen und mit ihm fest verwachsen sind. Ebenso vereinigen sie sich in der dorsalen Mittellinie fest mit- 
einander, so daß sie einen vollständigen Kanal für das Rückenmark bilden. Längs der ganzen Vereinigungs- 
linie erhebt sich ein sehr niedriger, stumpfer oberer Dorn, der überall gleiche Breite zeigt. Eine vordere 
keilförmige Verbreiterung, wie sie Fritsch abbildet, konnte ich an meinem Exemplar nicht beobachten. 
An der Basis tragen die Bögen vorn und hinten seitlich stark vorspringende Zygapophysen, die den 
Körper etwas überragen. Sie sind flach und haben eine horizontale Lage, so dafß eine Drehung der ein- 
zelnen Wirbel in lateraler Richtang möglich war. Von jeder Zygapophyse aus geht eine scharfe Leiste 
nach der Mitte des Wirbels zu. Diese Leisten bleiben ungefähr in derselben Höhe, wie die Zygapophysen 
selbst. Die von der hinteren Zygapophyse ausgehende scheint etwas stärker entwickelt und länger zu sein, 
als die der vorderen angehörende. Gegen die Mitte zu werden sie schwächer und sind schließlich nicht 
mehr erkennbar. Diese Leisten entsprechen wohl jener, die Fritsch auch bei O. granulosum — beson- 


[7] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 69 


ders am Vorderrande — beobachtet hat und die er für den verkümmerten oberen Querfortsatz hielt. Schon 
Peter (61) hat auf die Unwahrscheinlichkeit dieser Ansicht hingewiesen. Sie kann aber deshalb nicht 
richtig sein, weil ich die oberen Querfortsätze in recht ansehnlicher Ausbildung beobachtet habe. Es handelt 
sich um eine Leiste, die die Zygapophysen verbindet und bei unseren Stegocephalen sehr oft auftritt, oft 
auch in der Mitte keine Unterbrechung zeigt. Denselben, die Zygapophysen verbindenden Kiel hat 
Mivart (8) auch bei manchen Urodelen beobachtet. In besonders starker Entwicklung sieht man ihm 
z. B. bei Amphiuma und Siren. 

Von oben betrachtet, hat der Bogen eine flache, breite Gestalt. Die beiden Enden, die Zygapophysen 
tragen, sind am breitesten. Nach der Mitte zu verschmälert er sich rasch, aber nicht sehr stark. Der Hinter- 
rand ist deutlich eingeschnitten; doch ist dieser Einschnitt nicht so stark entwickelt, wie 
ihm Fritsch bei O. granulosum beobachtet hat. Vorn zeigt sich eine ähnliche, nur © 
viel Nachere und breitere Einbuchtung. 

Vom oberen Bogen gehen die oberen Querfortsätze aus, die Fritsch 
überhaupt nicht erkannt hat. Sie haben eine beträchtliche Länge und an der Ursprung- 
stelle eine Breite von ungefähr I mm, werden aber in ihrem distalen Teile schmäler. 
Von oben gesehen, gehen sie jederseits von der eingeschnürten Stelle des oberen 
Bogens aus. Sie sind aber, wie eine seitliche Ansicht zeigt, auch am Wirbelkörper selbst 
befestigt. Der Hinterrand des oberen Querfortsatzes ist gegen den Vorderrand etwas 
verlängert, so daß die Gelenkfläche für die Rippe etwas schräg von außen nach innen 
gestellt ist. Gegen den unteren Querfortsatz ist er deutlich abgetrennt, ruht ihm aber 


wenigstens am distalen Ende direkt auf. 
Der untere Querfortsatz bildet eine breite Platte. Am besten lassen sich 
diese flügelartigen Fortsätze, die der vorderen Hälfte des Wirbels entspringen, von 
der Ventralseite aus betrachten. Der Hinterrand ist — wie beim oberen — am längsten; 
nach vorn zu nimmt der Fortsatz rasch an Länge ab. Es entstehen auf diese Weise zwei \ 
Gelenkflächen, die ähnlich wie am oberen Querfortsatz, eine schiefe Lage haben. Die ech Br 


hintere Gelenkfläche geht dorsal in die des oberen Fortsatzes über, die vordere ist nur „um Fr. Vergr.15:1. 
ec — Capitulum. 
. D t — Tuberculum. 
Querfortsatz eine Verdickung erkennen, die wohl von dem darüber liegenden oberen Orig. Pal. Inst. Wien. 


auf den ventralen beschränkt. Längs seines ganzen Hinterrandes kann man am unteren 


Fortsatz herrührt. 

Wie schon erwähnt, gibt Fritsch von Ophiderpeton nur einen unteren Querfortsatz an. Betrachtet 
man aber die auf Taf. XIX, Fig. 6, von ihm gegebene Abbildung, so wird man an der breiten Platte des 
unteren Querfortsatzes hinten eine Verdickung und Verlängerung bemerken, die wahrscheinlich dem von 
mir nachgewiesenen oberen Querfortsatz entspricht. Es ist übrigens auch möglich, daß diese Zeichnung 
nicht den Wirbel von oben — wie Fritsch angibt — zeigt, sondern von der Ventralseite. Jedenfalls kann 
man eine gewisse Übereinstimmung mit meiner Abbildung des Wirbels von unten erkennen. 

Auf der Ventralseite ist ferner noch ein gut entwickelter Kamm zu sehen, der sich gegen die 
beiden Enden hin etwas verbreitert. 

Eine sehr auffallende Gestalt zeigen die Rippen. Fritsch, der sie »fischgrätenähnlich« nennt, 
beschreibt und bildet sie von O. ricinum nur sehr unvollständig ab, etwas genauer von O. granulosum. 

Der proximale Teil der Rippe ist sehr verbreitert. Ventral erkennt man das Capitulum (ec), 
dorsal das etwas stärker entwickelte Tuberculum (2). Beide sind durch eine Einbuchtung der breiten 
Platte voneinander getrennt. Das Capitulum wird von einem ventral gelegenen oval-zylindrischen Schaft 
gebildet, der eine Länge von über 3 mm erreichen kann und distalwärts spitz ausläuft. Von der flacheren, 
proximalen Verbreiterung kann er deutlich unterschieden werden. Diese stellt eine hinten und dorsal ge- 
legene breite Platte dar, die proximal das Tuberculum mit seiner deutlichen Gelenkfläche trägt. Distal geht 
sie in einen dorsalen, kurzen und zugespitzten Fortsatz aus. 

Man kann also an der Rippe unterscheiden: 1. einen ventralen Abschnitt, der aus dem Capi- 
tulum und langem Fortsatz, dem distalen Hauptteil der Rippe, besteht; 2. einen dorsalen Teil, bestehend 
aus der breiten tuberkularen Platte und dem kurzen Fortsatz. 


70 Hugo Schwarz. [8] 


Die Gelenkfläche für die Befestigung am Querfortsatz ist am Capitulum nicht so deutlich entwickelt 
wie am Tuberculum. Daß meine Deutung trotzdem aber richtig ist, geht aus einem Vergleiche mit Thyr- 
sidium hervor, dessen Rippen einen im Prinzip ganz gleichen Bau zeigen. Hier ist die Gelenkfläche auch 
am Capitulum ebenso gut, wie am Tuberculum zu erkennen. 

Fritsch kam zu einer ganz anderen Deutung, wohl deshalb, weil er aus dem Fehlen des oberen 
Querfortsatzes annehmen mußte, daß die Rippen einköpfig waren. Er verglich sie mit den »komplizierten« 
Rippen von Dolichosoma und bemühte sich, hier dieselben Teile wiederzufinden. 

Das Tuberculum hält er für den eigentlichen proximalen Teil der Rippe, den langen Fortsatz für 
ihren distalen Teil. Das Capitulum ist nach ihm ein dorsaler, der kleine Fortsatz ein ventraler Auswuchs 
der eigentlichen Rippe. Abgesehen davon, daß man sich die Rippe in dieser Stellung gar nicht recht vor- 
stellen kann, spricht gegen diese Auffassung einmal die Tatsache, daß am Wirbel ein oberer und un- 
terer Querfortsatz vorhanden ist, die Rippen also zweiköpfig sein müssen, dann aber der Bau der 
Rippe selbst. Man sieht deutlich, daß das Capitulum und der lange Fortsatz einerseits und das Tuberculum 
und der kurze Fortsatz anderseits einheitliche Gebilde darstellen, nicht aber — wie Fritsch meint — das 
Tubereulum und der lange Fortsatz zusammengehören. Meine Deutung wird überdies noch gestützt durch 
einen Vergleich mit Triton. An den vordersten Halswirbeln konnte ich ein ganz ähnliches Verhältnis 
beobachten. Auch hier geht von dem ventralen Capitulum ein langer, vom dorsalen Tuberculum ein kurzer 
Fortsatz aus. Der Unterschied besteht nur darin, daß bei Triton der proximale Teil der Rippe dorso-ventral 


gestellt ist, während er bei Ophiderpeton zugleich auch eine axiale Lage hat. 


Thyrsidium Cope, 1875. 

Im Jahre 1875 beschrieb CGope (14) einen sehr schlecht erhaltenen Wirbelsäulerest. Es waren 
zwei Platten vorhanden, die die Unterseite der Wirbelsäule zeigten. Das einzige, was man an Copes Ab- 
bildungen erkennen kann, sind die breiten fächerförmigen Querfortsätze und die haferförmigen Stäbchen am 
Bauche. Von Gliedmaßen ist nichts zu sehen. Cope nannte diese Form Thyrsidium fasciculare und nahm 
an, daß sie mit seinem Cocyfinus nahe verwandt ist. Beide Gattungen vergleicht er mit Proteus und stellt 
sie zu den Proteiden. 

Nun hat schon Fritsch für Cocytınus die Mutmaßung ausgesprochen, daß es sich um einen 
Stegocephalen handelt, der einige Ähnlichkeit mit seinem Microbrachis zeige. Für Thyrsidium konnte ich 
die Zugehörigkeit zu den Aistopoden mit aller Sicherheit nachweisen, und die folgende Beschreibung wird 
zeigen, daß es ein naher Verwandter von Ophiderpeton ist. Mit Ophiderpeton hat unsere Form sowohl die 
stark entwickelten oberen, wie auch die breiten unteren Querfortsätze gemeinsam, sie zeigt denselben eigentüm- 
lichen Bau der Rippen, die gleiche Entwicklung von haferförm!gen Bauch- und körnigen Rückenschuppen. 
Eines der wichtigsten unterscheidenden Merkmale der beiden Formen liegt darin, daß man bei Thyrsidium 
eine besondere Ausbildung der Halswirbel erkennen kann, während bei Ophiderpeton alle Wirbel einen 
gleichartigen Bau zeigen. Dieser Unterschied kann wohl als Gattungsmerkmal aufgefaßt werden, 
wenigstens so lange nichts näheres über den Bau des Schädels bekannt ist. Ich bemerke, daß mich auf die 
nahe Verwandtschaft beider Gattungen Herr Prof. Jaekel gleich bei Beginn dieser Arbeit aufmerksam 
gemacht hat. 

Im Gegensatze zu meinen Exemplaren von Ophiderpeton, gehörte Thyrsidium fasciculare schon zu 
den großen Formen der Zepospondyla. Die Wirbel sind durchwegs kräftig, ihr Bau schon mit freiem 
Auge gut erkennbar. Die Zahl der Wirbel läßt sich auch nicht annähernd feststellen. Man kann Hals- und 
Rumpfwirbel unterscheiden. Mit Resten des Schädels noch in Zusammenhang: stehende Halswirbel konnte 
ich 14 zählen; die größte erhaltene Anzahl von Rumpfwirbeln betrug: 17. 

Ein gut entwickelter Rumpfwirbel hat, an der Ventralseite gemessen, eine Länge von 8 mm, 
die Entfernung von dem Ende der vorderen bis zum Ende der hinteren Zygapophyse beträgt Io mm. Bei 
einem kleineren Exemplar betrug die Länge des Wirbelkörpers im Rumpfe 5 mm. Die Halswirbel sind 
allgemein etwas kürzer und schwächer entwickelt. Sie haben eine Länge von 6 bis 7 mm, der Wirbel- 


körper eine Höhe von ungefähr 4 mm. 


[9] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 7ı 


Wie bei Ophiderpeton bildet auch hier der Wirbelkörper eine längliche Hülse und ist im Innern 
tief bikonkav. Die Doppelkegel, die mit ihren spitzen Enden in der Mitte des Körpers aneinanderstoßen, 
sind an einem Exemplar mit Pyrit erfüllt, so daß man das in nebenstehender Fig. 5 dargestellte Bild erhält. 
Dorsal ist hier der ebenfalls mit Pyrit erfüllte Neuralkanal zu sehen, der einen Durchmesser von 2 mm 


hat. Äußerlich ist infolge der starken Entwicklung der Seitenteile die Sanduhrform nicht zu erkennen. 


Fig. 5. Chordakegel und Rückenmark von Thyrsidium fas- Fig. 6. Rumpfwirbel von Thyrsidium fasciculare Cope von 
cieulare Cope. oben. 
Vergr. 5 : I. — Orig. Geol. Inst. Berlin. Vergr. 4 : I. — Orig. Geol. Inst. Berlin. 


Der Bau der einzelnen Teile soll zunächst an einem typischen Rumpfwirbel betrachtet werden. Die 
oberen Bögen, die — wie wir gesehen haben — einen recht ansehnlichen Neuralkanal bilden, sitzen, 
wie bei Ophiderpeton, mit ihrer ganzen Länge dem Wirbelkörper auf. Sie tragen einen niedrigen Dorn, 
der aber nicht, wie bei Ophiderpeton, einen stumpfen Kiel darstellt, sondern als zugeschärfte nach vorn zu 
etwas kleiner werdende Platte erscheint. Diese Verhältnisse konnten besonders deutlich an einem Gelatine- 


abguf) erkannt werden. 


Fig. 7. Rumpfwirbel von Thyrsidium fascicwlare Cope von Fig. 8. Vorderer Rumptwirbel (Halswirbel) von Thyrsidium 
unten. fascieulare Cope. Seitenansicht. 
Vergr. 4 : 1. — Orig. Geol. Inst. Berlin. Vergr. 41% : I. — Orig. Geol. Inst. Berlin. 


Von oben betrachtet, ist der Bogen an seinem hinteren Ende, das die Postzygapoph ysen bildet, 
am breitesten. Seine Breite beträgt hier 7 mm. Von hier verschmälert er sich nach vorn zu ganz allmählich 
und erreicht seine größte Schmalheit nahe am Vorderrand, knapp hinter der Ursprungsstelle der Prä- 
zygapophysen. Diese springen dann stark wieder lateral vor, so daß die Breite des Bogens am Vorder- 
rand nicht mehr viel geringer ist als am Hinterrand. An demselben Wirbel betrug sie hier etwa 6 mm, 
während der Bogen an der Stelle der stärksten Einschnürung nur 4 mm breit war. Am Hinterrand zeigt 
sich gegen die Medianlinie zu ein starker Einschnitt; der Vorderrand ist dagegen mehr gerade und wird 
nur wenig von den vorderen Zygapophysen überragt. Diese sind sehr stark ausgebildet und haben eine 
ebene Fläche. Von vorn und der Seite gesehen, läßt sich ihre horizontale Lage deutlich erkennen. Sie 
liegen an der Basis des Bogens und sind von seiner geneigten Fläche sehr scharf abgesetzt. Umgekehrt 
gehen die Bögen an der Hinterseite ganz allmählich in die Postzygapophysen über, die den Wirbelkörper 
ziemlich stark überragen. Eine Leiste, die sich bei Ophiderpeton von den Zygapophysen nach der Mitte 
verfolgen ließ, konnte ich bei Thyrsidium nicht erkennen. 

Die. Processus fransvers? haben im wesentlichen einen gleichen Bau wie bei Ophiderpeton. Trotzdem 


findet man einige sehr interessante Unterschiede. Von oben betrachtet, erscheint zunächst der etwa 4 mm 


72 Hugo Schwarz. [10] 


lange obere, darunter, als breite hauptsächlich vorn entwickelte Platte, der untere Querfortsatz. Die Ansatz- 
stelle des oberen Querfortsatzes hat eine Breite von fast 5 mm. Er selbst beginnt mit einer drei- 
strahligen Wurzel. Der mediale Strahl liegt zu oberst und geht direkt vom oberen Bogen aus, an dem er 
sich ziemlich breit ansetzt. Er verschmälert sich aber sehr rasch gegen das distale Ende zu. Die beiden 
seitlichen Strahlen liegen knapp unter dem mittleren, sind etwas breiter und nahe den Zygapophysen am 
Bogen und Wirbelkörper befestigt. In nächster Nähe seitlich von dem Wirbel vereinigen sie sich mit dem 
mittleren Strahle zu dem einheitlichen Querfortsatz, der von dieser Vereinigungsstelle an bedeutend an Breite 
abgenommen hat. An seinem freien Ende trägt er eine deutliche Gelenkfläche. 

Der untere Querfortsatz stellt eine noch breitere Platte als bei 
Ophiderpeton dar. Von der Ventralseite gesehen, kann man seine Ansatz- 
fläche längs des ganzen Wirbels verfolgen. Er steigt vorn sehr rasch an und 
bildet distal zwei Gelenkflächen: eine größere vordere und eine kleinere 
hintere, die in die des oberen Fortsatzes übergeht. Nach hinten zu nimmt er 
ganz allmählich an Länge ab. An seinem Hinterrande ist eine ähnliche Ver- 
dickung, wie bei Ophiderpeton zu beobachten. Infolgedessen erscheint die Platte 
etwas gelappt, was auch an der Copeschen, sonst sehr schlechten Abbildung 
zum Ausdruck kommt. — Oberer und unterer Querfortsatz vereinigen sich 
in ihrem distalen Teile miteinander; doch ist jeder als selbständiges Gebilde 
deutlich erkennbar. Es macht den Eindruck, als ob der untere Querfortsatz 
eine etwas schräge Lage gehabt hätte, indem sein Vorderrand ventral, sein 
Hinterrand etwas mehr dorsal befestigt waren. Leider ließen sich diese Ver- 
hältnisse nicht genau feststellen, so daß auch keine Zeichnung von der Seite 
gegeben werden konnte. 

Wie bei Ophiderpeton, so ist auch hier in der ventralen Mittellinie 
ein starker Kamm entwickelt, der sich nach vorn und hinten zu ein 


Fig. 9. Rippe von Thyrsidium wenig erweitert. 


Jasciculare Cope. Einen höchst merkwürdigen Eindruck machen auf den ersten Blick 
Vergr. 4: I. 


Cl, Tas, Bon die Halswirbel. Die beigegebene Abbildung, die den Wirbel von der Seite 


zeigt, ist nach drei isolierten Wirbeln gezeichnet, von denen sich natürlich 
nicht sagen ließ, welcher Körperregion sie angehören. Daß sie Thyrsidium-Wirbel sind, ging aus einem 
Vergleiche mit den Rumpfwirbeln hervor. Später beobachtete ich dieselbe Form an mit dem Schädel in 
Verbindung stehenden Wirbeln, die weiter kaudalwärts zu Rumpfwirbeln wurden. Allerdings konnte der Bau 
in diesem Falle nicht so deutlich erkannt werden, wie an den isolierten Wirbeln. Es besteht danach die 
größte Wahrscheinlichkeit, daß sie Halswirbel, resp. vordere Rumpfwirbel von Thyrsidium sind. 

Vergleicht man diesen Wirbel mit einem Brustwirbel, so unterscheidet er sich von diesem haupt- 
sächlich durch die starke Verkürzung der Querfortsätze. Betrachten wir zunächst den oberen Quer- 
fortsatz. Ebenso wie an den Rumpfwirbeln, so ist auch hier die dreistrahlige Wurzel entwickelt. Auch 
hier liegt der mittlere Strahl zu oberst, beginnt mit einer breiten Ansatzfläche und verschmälert sich rasch 
distalwärts. Darunter liegen die beiden seitlichen, auch hier breiteren Strahlen, die sich bis an die Zygapo- 
physen fortsetzen. Alle drei bilden einen kurzen knopfförmigen Querfortsatz, der an seinem freien Ende eine 
kleine Grube trägt. Den gegenüber dem kleinen Querfortsatz so kräftig entwickelten Wurzelstrahlen ver- 
dankt der Wirbel seine ganz absonderliche Gestalt. Der untere Querfortsatz ist zu einer kielförmigen 
Leiste reduziert, die ungefähr in der Mitte des Wirbels mit den oberen Querfortsätzen zusammentrifft und 
vorn etwas mehr vorspringt als hinten. Diese Verhältnisse erinnern an den Bau der Processus transversi 
im Rumpfe, Eine Gelenkfläche konnte allerdings am unteren Querfortsatz nicht konstatiert werden. 

Auch diese Wirbel haben kräftig entwickelte, horizontal gestellte Zygapophy sen, von denen 
besonders die hintere den Wirbelkörper stark überragt. 

Die Rippen haben einen sehr ähnlichen Bau wie die von Ophiderpeton. Auch sie sind durch eine 


starke proximale Verbreiterung ausgezeichnet, von der distal ein kurzer dorsaler Fortsatz, proximal das 


[11] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 73 


Tuberculum abgeht. Vom Capitulum geht eine scharfe Kante aus, die distalwärts den langen ventralen 
Fortsatz bildet. Capitulum und Tuberculum sind auch hier durch eine Einbuchtung voneinander getrennt 
und tragen beide deutliche Gelenkflächen. Die Entfernung vom Capitulum bis zum distalen Ende des ven- 


tralen Fortsatzes kann IS mm erreichen. 


2. Familie: Molgophidae Cope. 


Wirbel mit einer starken seitlichen Leiste, Rippen sehr kräftig; ohne Schuppenbildungen (Molgophzs, 
Pleuroptyx?). 


Molgophis Cope, 1868. 


Diese Gattung wurde schon im Jahre 1868 von Cope (7) aufgestellt, aber das erstemal im Jahre 
1875 in seiner öfter zitierten Arbeit über die Batrachier von Ohio abgebildet. Er charakterisiert sie fol- 
gendermaßen: »Body long, serpentine, without dermal armature, so far so known; vertebrae long and 
broad, with very prominent Zygapophyses and moderate neural spines; ribs large, curved. No limbs or 
cranium can be ascribed with certainty to the type of this genus. The ribs are long, and though the head 


Fig. 10. Wirbel von Molgophis sp. Cope von der Ventral- Fig. ıı. Rippe von Molgophis sp. Cope. — Vergr. 3!/, : I. 
seite. — Vergr. 4/; : I. — Orig. Geol. Inst. Berlin. Orig. Geol. Inst. Berlin. 


is not bifurcate, there appears to be both tubercle and head on the dilated extremity.« Cope beschreibt 
drei Arten; doch ist an den Abbildungen nur sehr wenig von dem Bau der Tiere zu erkennen. 

Noch am besten begründet ist M. brevicostatus, mit welchem auch der mir vorliegende Wirbel- 
säulenrest Ähnlichkeit zeigt. Allerdings läßt sich seine Zugehörigkeit zu der Gattung Molgophis überhaupt 
nicht mit Sicherheit feststellen. Die Rippen meines Exemplars tragen nämlich am Hinterrande eine dünne 
Verbreiterung, wie sie ähnlich von Cope bei Pleuroptyx beobachtet wurde. Da diese Form aber wieder 
sehr ähnlich seinem M. brevicostatus ist, und Cope von diesem den proximalen Teil der Rippe nicht sehen 
konnte, ist es möglich, dafs beide Gattungen identisch sind. Allerdings beschreibt Cope von Pleuroptyx 
auch eine Extremität. Die Zurechnung des Fußes zu dieser Gattung ist aber durchaus willkürlich. Ob meine 
Ansicht richtig ist, läßt sich natürlich nur bei Kenntnis der Originale entscheiden. Da aber mein Exemplar 
noch am besten mit Molgophis übereinstimmt, so will ich es unter diesem Namen beschreiben. 

Es handelt sich um eine recht ansehnliche Platte, an der nicht eine Spur von Extremitäten oder 
Hautschuppen gesehen wurde. Das Tier war, so wie Thyrszdium, eine verhältnismäßig recht große Form. 
Der auf der Platte erhaltene Teil der Wirbelsäule mißt im ganzen 22!/, cm. Die einzelnen Wirbel haben 
eine Länge von 7 mm, der Wirbelkörper eine Höhe von 6 mm. Sie bilden eine auch äußerlich einge- 
schnürte Hülse, so daß man hier die sanduhrförmige Gestalt deutlich sehen kann. Etwas verwischt wird 
sie einmal durch die Entwicklung eines ventralen Kammes, ferner durch eine seitliche Leiste. Diese Ver- 
hältnisse erinnern an Wirbel, wie sie bei manchen Teleostiern nicht selten vorkommen. — Die oberen 
Bögen konnte ich leider nirgends genau beobachten, weshalb auch auf eine seitliche Zeichnung verzichtet 
wurde, Ich konnte nur deutlich die hinteren Zygapophysen erkennen. Nicht weit von diesen ent- 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. IO 


74 Hugo Schwarz. [12] 


springt ein gut entwickelter Querfortsatz, der dem oberen Querfortsatze von Thyrsidium entspricht. Er 
trägt auch eine Gelenkfläche. Seitlich und ventral von der Mitte des Körpers läuft den ganzen Wirbel 
entlang die schon erwähnte Leiste. Sie hat dieselbe Lage, wie der untere (Juerfortsatz von Thyrsidium. 
Da dieser in den Halswirbeln zu einer einfachen vorspringenden Leiste verkümmert, so ist sie wohl auch 
hier als unterer Querfortsatz aufzufassen. 

Ventral ist ein kräftiger, medianer Kamm entwickelt, der sich hinten und vorn gabelt,. Es ent- 
stehen auf diese Wefse zwei Einschnitte, von denen der vordere größer als der hintere ist. 

An der eigentümlich gebauten Rippe ist zunächst ein kräftiger zylindrischer, stark gekrümmter 
Hauptteil zu bemerken, der bei Berücksichtigung der Umbiegung einer Länge von ungefähr 26 mm erreicht, 
also fast viermal so lang ist wie der Wirbelkörper selbst. Am proximalen Ende geht dieser Schaft in ein 
deutlich entwickeltes Köpfchen aus, an dem eine Delle, die sich distalwärts bald verliert, zu sehen ist. An 
seinen konvexen Rand setzt sich eine breite Lamelle an, die an ihrem proximalen Abschnitt eingebuchtet ist 
und dorsal eine kleine Gelenkfläche (Z) trägt. Diese Verbreiterung ist hier noch ziemlich kräftig entwickelt, 
wird aber in ihrem distalen Teile sehr dünn und zart, so daß man sie leicht übersehen kann. An ihrem 
freien Rande ist sie verdickt und geht distal unregelmäßig aus. 

Diese Rippe zeigt einige Ähnlichkeit mit der von Ophiderpeton und Thyrsidium. Denken wir uns 
die proximale Verbreiterung der Rippen von Thyrsidium distalwärts verlängert, so erhielten wir ein der 
Rippe von Molgophis vergleichbares Gebilde. Man erkennt dann, dafs bei der Molgophis-Rippe dieselben 
Teile vorhanden sind und kann daraus schließen, daß sie auch eine ähnliche Lage im Körper haben mußte. 
Der zylindrische Schaft entspricht dann dem ventralen Hauptteile der Rippe von Thyrsidium. Das 
Köpfchen bildet das ventral liegende Capitulum, die hintere Verdickung ist dem kurzen dorsalen 
Fortsatz mit dem Tuberculum gleichzusetzen. 

Das Capitulum war also wohl in gleicher Weise wie bei Ophiderpeton und Thyrsidium mit dem 
Vorderrand des unteren Querfortsatzes verbunden, während das Tuberculum mit dem hinten und dorsal 
liegenden langen oberen Querfortsatz artikuliert hat. Die Rippe hatte also gegen die Wirbelachse eine 


schiefe Lage und war sowohl dorso-ventral, wie auch axial verbreitert. 


3. Familie: Phlegethontiidae Cope. 


Wirbel mit geringer Entwicklung der Querfortsätze und mit unteren Gelenkfortsätzen, Rippen sehr 
schwach verknöchert, die Schuppen der Haut sehr zart oder überhaupt fehlend. Schädel schmal zugespitzt 
(Dolichosoma, Phlegethontia). 

Für diese Familie hat Cope, gestützt auf seine Beobachtungen an Phlegethontia, als bezeichnendstes 
Merkmal das vollständige Fehlen von Rippen angeführt. Demgegenüber hat schon Fritsch darauf hin- 
gewiesen, daß die feinen Streifen zu beiden Seiten der Wirbel von Phlegethontia serpeins wohl nur als 
Rippen gedeutet werden können, Dies kann ich auch für mein Exemplar von P. linearis bestätigen, so daß 
man annehmen muß, daß die Rippen nur sehr schwach verknöchert waren und sich deshalb bei dieser 


Gattung nur ganz unvollkommen erhalten haben. 


Phlegethontia Cope, 1871. 


Das erstemal im Jahre 1871 erwähnt (10), wird diese Gattung im Jahre 1875 von Cope näher 
beschrieben und abgebildet. Er unterscheidet eine kleinere Art, die P. linearis, und eine größere, die er 
P. serpens nannte. Als Gattungsmerkmale werden angeführt: »Head elongate, triangular; body and tait 
extremely elongate, the dorsal vertebrae without ribs, and the caudals without dilated spines; no vertebral 
armature nor limbs.ce An den Wirbeln gibt Cope einen seitlichen Kiel an, ferner erwähnt er das Vor- 
handensein eines Zygosphens und die darunter liegenden Zygapophysen. Doch kommen diese Verhältnisse 
auf seinen Abbildungen nicht zur genaueren Darstellung. 

Die mir vorliegenden zwei Platten enthalten Reste, die eine Beobachtung von oben, unten und von 


der Seite gestatten und wahrscheinlich hl. linearis angehören. Die Zahl der Wirbel war — wie bei 


[13] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 75 


rezenten Gymnophionen — sehr groß. Ich könnte an dem längeren, etwas über 9 cm messenden Reste 
34 Wirbel zählen; Gope gibt 56 an. Doch erreichen die Zahlen sicherlich auch nicht annähernd die wirk- 


liche Anzahl der Wirbel. 


Die einzelnen Wirbel sind klein und schwach verknöchert und zeigen eine nur geringe Ent- 
wicklung der seitlichen, dafür eine starke Ausbildung der Gelenkfortsätze. Der Wirbel hat, an der Seite 
gemessen, eine Länge von 4 mm, der Wirbelkörper eine Höhe von etwas über 2 mm. Er hat die 


Gestalt eines länglichen niedrigen Zylinders, der sich ventral gegen die Mitte zu ganz wenig verjüngt. 


Die oberen Bögen stellen sehr breite flache Gebilde dar und tragen in der Medianlinie einen 
niedrigen abgestumpften Kiel, der dem Dornfortsatz entspricht. An ihrem Vorder- und Hinterrand haben 
sie eine Breite von 4 bis 5 mm, sind aber in der Mitte ein wenig eingeschnürt. An ihren Basen sitzen die 
gut entwickelten Zygapophysen. Die hintere springt seitlich etwas mehr vor als die vordere und ist an 
ihrem lateralen Außenrand etwas verdickt. Diese Verdickung läßt sich als Leiste bis ungefähr in die Mitte 
des Wirbels verfolgen. Eine ähnliche Leiste geht auch von der Präzygapophyse aus, so daß ein ganz ähn- 
liches Verhältnis wie bei Ophiderpeton zu sehen ist. Beide Zygapophysen haben eine ebene, horizontal ge- 
stellte Gelenkfläche, die vordere wird von der hinteren vollständig überlagert. Am hinteren Ende des Bogens 


Fig. 12. Wirbel von Phlegethontia linearis Cope von oben, Fig.13. Wirbel von Phlegethontia linearis Cope von der Seite. 
Vergr. 8: I. — Orig. Geol. Inst, Berlin. Vergr. 8: I. — Orig. Geol. Inst. Berlin. 


liegt ein kleiner medianer, spitz auslaufender Fortsatz, der etwas nach abwärts gekrümmt ist und eben- 
falls zur Verbindung der Wirbel untereinander dient, Bekanntlich tritt ein solcher medianer Gelenkfortsatz, 
das sogenannte Zygosphen an sehr spezialisierten Wirbeln, wie denen von Schlangen, nicht selten am Vorder- 
rand auf und artikuliert mit einem Zygantrum am Hinterrand des vorhergehenden Wirbels. Hier ist es um- 
gekehrt. Dort, wo wir das Zygantrum zu suchen hätten, liegt dieser dem Zygosphen funktionell entsprechende 
Fortsatz. Das ihm entsprechende Loch am Vorderrand des nachfolgenden Wirbels konnte nicht gesehen 
werden, da die Wirbel nur in der Seitenlage zu beobachten waren. Den erwähnten Fortsatz habe ich aber 


am Hinterrand deutlich gesehen, so daß an seinem Vorhandensein nicht gezweifelt werden kann. 


Von der vorderen Zygapophyse läßt sich eine wulstförmige Verdickung nach unten und etwas 
schräg gegen die Mitte des Wirbels zu verfolgen, die zu einer seitlichen, besonders in der vorderen Hälfte 
des Wirbels entwickelten schwachen Leiste wird. Gegen hinten zu verliert sie sich allmählich. Knapp über 
dieser Leiste liegt ungefähr in der Mitte, etwas mehr dem Hinterrand genähert, eine Delle, die wohl der 
Rippe als Ansatzstelle gedient hat. Die seitliche Leiste entspricht wahrscheinlich dem stark reduzierten 
unteren Querfortsatz. Dafür spricht neben ihrer Lage die Tatsache, daß sie in ihrem vorderen Ab- 
schnitt stärker entwickelt ist als in ihrem hinteren, was — wie wir gesehen haben — auch für die kräf- 


tigen unteren Querfortsätze von Ophiderpeton und Thyrsidium gilt. 


An der Ventralseite ist — wie bei diesem Formenkreise gewöhnlich — ein Kamm entwickelt, der 
gegen die beiden Enden zu eine Verbreiterung zeigt. Außerdem konnten aber seitliche untere Gelenk- 
fortsätze beobachtet werden, von denen sich der vordere — von unten gesehen — über den hinteren 


legte. Diese Fortsätze gehen seitlich und ventral vom Wirbelkörper aus und stehen mit der medianen Kante 


nicht in Verbindung. Der vorliegende Rest ist aber zu undeutlich, um eine Zeichnung von der Ventralseite 
10* 


76 Hugo Schwarz. [14] 


zu ermöglichen, weshalb die unteren Fortsätze auch auf der Zeichnung von der Seite weggelassen wurden. 
Genauer sollen diese Verhältnisse bei Dolichosoma besprochen werden. 

Bezüglich der Rippen wurde schon oben bemerkt, daß sich ihre Reste mit Sicherheit konstatieren 
ließen, daß sie aber so zarte und schwach verknöcherte Gebilde waren, daß eine genauere Darstellung 


ihrer Form unmöglich ist. 


Dolichosoma Huxley, 1867. 


Diese Gattung wurde von Huxley im Jahre 1867 aufgestellt. Fritsch gibt für sie folgende 
Diagnose: »Der Schädel schmal, von hinten bis zur Schnauze sich verengend. Der Unterkiefer von der- 
selben Form und denselben Dimensionen wie der Schädel, mit sehr schlanken Ästen. Wirbel bikonkav, über 
150 an der Zahl, verlängert, in der Mitte verengt, mit stark entwickelten unteren Querfortsätzen. Zygapo- 
physen gut entwickelt. Rippen zuerst winkelig gebogen, dann gerade, dünn, zugespitzt, mit zwei Fort- 
sätzen. Spuren von Kiemen (?) vorhanden. Von Extremitäten und Hautpanzer nichts nachweisbar.« 

Im ersten Bande seiner Fauna der Gaskohle beschreibt er zwei Arten: Dol. longissimum und Dol. 
angustatum. Von der letzten Art ist nur der Schädel bekannt, dessen Zugehörigkeit zu Dolichosoma nach 
Fritsch zweifelhaft ist. Er zeigt eine große Ähnlichkeit mit dem Schädel von F#yonius. Im vierten Bande 
fügt Fritsch diesen zwei Arten noch zwei andere hinzu, von denen aber nur D. scutiferum näher cha- 
rakterisiert und abgebildet wird. 

Von den mir vorliegenden Exemplaren gehört das eine — wie insbesondere ein Vergleich mit der 
galvanoplastischen Kopie des Fritschschen Originals gezeigt hat — sicher zu D. longissimum. Weder 
Extremitäten noch Schuppenbildungen konnten beobachtet werden. Zwei andere, dem Berliner Institut ge- 
hörende Exemplare gehören einer anderen viel kleineren Art an. In den Größenverhältnissen entspricht sie 
ungefähr dem D. scutiferam. Mit ihm hat sie auch im Gegensatze zu D. longissimum die Beschuppung 
gemeinsam. Während aber bei Dol. scutiferum nach Fritsch sehr große ovale Schuppen auftreten, so 
sieht man bei unserer Form kleine Körnchen, die in parallelen Längsreihen angeordnet sind, so daß man 
auf den ersten Blick den Eindruck von zahlreichen feinen Streifen hat. Der Bau der Wirbel und Rippen 
zeigt, daß sie zu Dolichosoma zu stellen ist. Es handelt sich wahrscheinlich um eine neue Art. Doch soll 


sie in dieser nicht der speziellen Systematik gewidmeten Arbeit kurzweg als Dolichosoma sp. bezeichnet werden. 


Die Wirbel von Dol. longissimum haben bei meinem Exemplar, das sich im Museum zu Pilsen 
befindet, eine beträchtliche Länge. Sie werden bis zu 6 mm lang, die oberen Bögen noch darüber, Bei der 
anderen Form ist dagegen eine Wirbellänge von kaum 2 mm zu konstatieren. Der Rest dieses bei weitem 
vollständigeren Exemplars hat samt den Schädelteilen eine Länge von ungefähr 17 cm. Die Zahl der 
Wirbel läßt sich auf etwa 90 abschätzen; gezählt konnten nur 76 werden, da sie an einigen Stellen nicht 
erhalten sind 

Der Wirbelkörper, der — wie Fritsch gezeigt hat — tief bikonkav ist, hat, von der Seite 
betrachtet, eine schwache ventrale Einschnürung, so daß er sich der Sanduhrform nähert. Seine Höhe mißt 
bei Dol. longissimum am Vorderrande 3 mm, während die Höhe der oberen Bögen mit etwa I), mm 
angegeben werden kann. 

Diese stellen, von oben betrachtet, breite, den Wirbelkörper vollständig bedeckende Gebilde dar, 
die in der dorsalen Mittellinie einen den ganzen Bogen entlang laufenden niedrigen Dorn tragen. Ihre 
Breite beträgt an den beiden Enden, ebenso wie ihre Länge, etwa 7 mın, so daß sie einen quadratischen 
Umriß zeigen. Von beiden Enden aus verschmälern sie sich ganz allmählich und regelmäßig gegen die 
Mitte zu, so daf die stärkste nicht sehr bedeutende Einschnürung ziemlich genau in der Mitte erreicht wird. 

Vorn und hinten gehen die Bögen in gut entwickelte Zygapophysen über, die eine flache Ge- 
lenkfläche zeigen. 

Von ihnen aus zieht der ganzen Bogenbasis entlang jederseits eine deutliche Leiste, die Fritsch 
auch hier für den verkümmerten oberen (uerfortsatz hält, dem sie aber, wie ich bei Ophiderpeton gezeigt 
habe, nicht entsprechen kann. Sowohl Hinter- wie auch Vorderrand sind — im Gegensatz zu den Bögen 
bei Ophiderpeton und Thyrsidium — ziemlich gerade, ohne stärkere Einbuchtung. 


[15] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 77 


Schon bei einer Ansicht von oben sieht man — besonders an der mir vorliegenden Kopie von 
Fritsch’ auf Taf. XVII, Fig. ı, abgebildetem Exemplar ventral und vorn stärke Fortsätze, die seitlich vom 
eigentlichen Wirbelkörper auszugehen scheinen. Diese Lage der Fortsätze veranlaßte Fritsch zu der An- 
sicht, daß sie den unteren Querfortsätzen entsprechen. 

Ich will zunächst die Ventralseite, die ich an mehreren Wirbeln deutlich beobachtet habe, be- 
schreiben und dann die Deutung dieser Fortsätze besprechen. Wie gewöhnlich, sieht man zunächst einen 
ventralen, vorn und hinten verbreiterten Kamm. Seitlich und nicht im Zusammenhang mit diesem medianen- 
Kiel erscheinen am vorderen Wirbelende die oben genannten Fortsätze. Sie setzen sich mit ihrer breiten 
Basis dem Vorderende des Wirbelkörpers an und gehen von hier aus nach außen und vorn, so dafs sie den 
Wirbelkörper überragen. An der Ventralseite dieses Fortsatzes verläuft eine seiner Richtung parallele, mehr 
oder minder gut entwickelte Furche. Sein freies, nach außen gerichtetes Ende ist parallel der Wirbelachse 
abgeschnitten. An einem etwas nach links gedrehten Wirbel konnte ich auch deutlich seine dorsale Fläche 


sehen, die ich als eine Gelenkfläche erkannte, und die ziemlich horizontal gestellt ist. Ihr entspricht an 


Fig. 14. Wirbel von Dolichosoma longissimum Fr. von der Ventralseite. 
‚Vergr. 722 1. 


YG = Unterer vorderer Gelenkfortsatz. HG — Unterer hinterer Gelenkfortsatz. 
Orig. Mus. Pilsen. 


dem hinteren Ende des vorhergehenden Wirbels ebenfalls eine Gelenkfläche, die eine ganz gleiche Lage 
hat, wie die am vorderen Fortsatz. Die hintere Gelenkfläche, die gegen die Ventralseite sieht, ist eben- 
falls an einem den Wirbelkörper überragenden Fortsatz entwickelt, der aber nicht die Breite des vor- 
deren erreicht. 

An der Richtigkeit dieser Darstellung kann nach dem mir vorliegenden Material kein Zweifel sein. 
Schon die von Fritsch auf Taf. XXII, Fig. 4, gegebene Abbildung läßt vermuten, daß der ventrale 
Fortsatz nicht einem: Processus transversus, sondern einem Processus inferior anterior entspricht. Denn 
auch hier kann man sehen, daß er den Wirbelkörper überragt. Diese Überragung ist übrigens an der 
Fritschschen Kopie auch von der Dorsalseite zu erkennen. 

Neben diesen Beobachtungen über seine Lage und seinen Bau spricht gegen eine Deutung des 
vorderen unteren Fortsatzes als Querfortsatz folgende Erwägung. Der Querfortsatz dient zur Befestigung 
der Rippen. Nun stellen aber die Rippen von Dolichosoma außerordentlich zarte und schwache Gebilde 
dar, so daß man nicht annehmen kann, daß sie an diesem starken Fortsatz befestigt waren. Es scheint 
übrigens, daß auch Fritsch diese Fortsätze nicht als Träger der Rippen aufgefaßt hat. Wenigstens ver- 
gleicht er sie mit den unteren vorderen Gelenkfortsätzen von Eßicrrum, nennt aber beide »unterer Quer- 
fortsatz.« (Vergl. Fritsch’s Textfigur auf Seite 114 des ersten Bandes.) 

Nach der im Vorhergehenden gegebenen Darstellung entsprechen also die zwei ventralen paarigen 
Fortsätze den auch bei Gymnophionen in starker Ausbildung vorhandenen vorderen resp. hinteren unteren 


„8 Hugo Schwarz. [16] 


Gelenkfortsätzen. Man erhält von der Ventralseite aus ein ganz ähnliches Bild wie bei einer Betrachtung 
der Dorsalseite; nur mit dem Unterschied, daß unten die vorderen Gelenkfortsätze die hinteren überlagern, 
während es bei den Zygapophysen umgekehrt ist. Auch sonst ist eine Verwechslung der Ventral- und 
Dorsalseite bei genauer Betrachtung nicht möglich, da sich der ventrale Kamm durch seine kräftige Aus- 
bildung und Verbreiterung nach den Enden zu deutlich von dem niedrigen oberen Dorn unterscheidet, 
ferner die vorderen unteren Gelenkfortsätze sehr kräftig sind und breite Ansatzflächen haben. Anderseits 
ist auf den oberen Bögen stets die die Zygapophysen verbindende Leiste und an der Postzygapophyse — 


wie Fritsch schon angibt — eine rundliche Verdickung erkennbar. 
Eine Seitenansicht konnte genauer nur von der kleineren oben als Dolichosoma sp. bezeich- 
neten Art beobachtet werden. Der Wirbelkörper dieser Form, der — wie schon erwähnt — kaum 2 mm 


lang wird, hat eine Höhe von etwas über ı mm. Er stellt daher eine längliche Hülse dar. Sein Ventralrand 
ist etwas länger als der die oberen Bögen tragende .Dorsalrand, was auf die Ausbildung der unteren 
Gelenkfortsätze zurückzuführen ist. Etwas unterhalb der Mitte des Wirbelkörpers verläuft eine 
schwache Leiste, die vorn stärker entwickelt zu sein scheint als hinten. Ungefähr in der Mitte der 
Leiste erhebt sich ein kleiner zylindrischer seitlicher Fortsatz, der mit ihr fest vereinigt ist. Die 


Fig. 15. Wirbel von Dolichosoma sp. Seitenansicht. Fig. 16. Rippe von Dolichosoma sp. 
Vergr. I5 : I. — Orig. Geol. Inst. Berlin. Vergr. 13 : I. — Orig. Geol. Inst. Berlin. 


Leiste entspricht wieder dem unteren Querfortsatz. An manchen Wirbeln kann man beobachten, daß 
sich die Basis des von der Mitte der Leiste ausgehenden Fortsatzes nach hinten zu gegen den oberen Bogen 
fortsetzt. Daraus kann man schließen, daß auch der obere Querfortsatz an der Bildung dieses seit- 
lichen Gebildes teilnimmt. Dadurch werden diese Querfortsätze denen von Ophiderpeton vergleichbar, nur 
mit dem Unterschiede, daß sie hier verkürzt und zu einem einheitlichen Gebilde vereinigt sind, so daß nur 
ein Gelenkkopf für die Rippe entsteht. 

Der obere Bogen hat im Rumpfe eine Höhe von nicht ganz I mm und trägt in der dorsalen 
Mittellinie einen ziemlich kräftigen Kiel, den man dem verkümmerten Dornfortsatz gleichsetzen kann. 
Er steigt steil an und überragt mit seinem Hinterrande, an dem die Postzygapophysen entwickelt sind, stark 
den Wırbelkörper, während er vorn um dasselbe Stück kürzer ist. 

Die Rippen sind — wie bereits erwähnt wurde — sehr zarte Gebilde. Das Mißverhältnis gegen- 
über den Wirbeln ist besonders bei Dolichosoma longissimum auffallend. Während die oberen Bögen eine 
Breite von 6 bis 7 mm haben, erreicht die Rippe an ihrer stärksten Stelle die Dicke von !/, mm. Bei der 
kleineren Art sind sie so schwach, daß man sie mit freiem Auge nur schwer erkennen kann. 

Ich konnte nur proximal gekrümmte Rippen beobachten, die den »einfachen Rippen« von 
Fritsch entsprechen. Ihre Form ist dieselbe, wie sie auf der von Fritsch, Taf. XVII, Fig. 4, gegebenen 
Abbildung zur Darstellung kommt. Rippen von der Gestalt, wie sie Fritsch auf Taf. XXII, Fig. 7 und 8, 
abbildet, konnte ich nirgends erkennen. Diese, von Fritsch »komplizierte Rippen« benannten Rippen, 
zeigen nach seiner Darstellung am proximalen Ende zwei Fortsätze, von denen der eine dorsal, der andere 
ventral lag. Da ich diese Rippenform an meinen Exemplaren nicht finden konnte, bemühte ich mich, sie 
auf der galvanoplastischen Kopie von Fritsch zu erkennen. Ich fand nur ein einziges Gebilde, das der 
Abbildung von Fritsch ähnlich sieht. Man bemerkt da die normal gebaute Rippe, die sich über ein 
darunter liegendes, der Wirbelachse parallel verlaufendes Stück hinweglegt. Ich glaube, daß die Rippe mit 
dem darunter liegenden Stäbchen nichts zu tun hat und nur durch die zufällige Lage ein Gebilde von der 


[17] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 79 


Gestalt, wie es Fritsch abbildet, vorgetäuscht wird. Ohne Kenntnis des Originals läßt sich dies natürlich 
nicht mit Sicherheit entscheiden. Doch spricht für meine Meinung der negative Befund an den von mir 
untersuchten Exemplaren, wo »komplizierte Rippen« nicht gefunden werden konnten. Jedenfalls waren die 
Rippen einköpfig und mit ihrem proximalen Ende, das eine Gelenkfläche trägt, an dem oben besprochenen 
Querfortsatz befestigt. 


I. Unterordnung: Microsauria Dawson. 


Formen mit mehr oder minder gut entwickelten Extremitäten, langem Schwanze, der in vielen Fällen 


zu einem kräftigen Ruderschwanze ausgebildet ist. Körper molen- oder eidechsenförmig. 


1. Familie: Ptyonidae Cope. 


Gestalt lang, Gliedmafsen schwach, Schädel zugespitzt, Bauch mit knöchernen Stäbchen bedeckt; 


die Dornfortsätze der Schwanzwirbel fächerartig erweitert und gekerbt. 


Urocordylus Huxley 1866. 


Diese Gattung, von der Huxley im Jahre 1867 eine erste Abbildung gab, charakterisiert Fritsch 
mit Benützung der Beschreibung von Huxley folgendermaßen: »Der Schädel dreieckig, vorn stumpf- 
spitzig, hinten abgestutzt, mit runden Grübchen geziert. Die epiotischen Hörner verkümmert. Die Zähne 
schlank spitzig, leicht nach hinten gekrümmt, glatt. Pulpahöhle mäßig groß, ohne jede Spur von Faltung. 
Schwanzwirbel mit hohen schlanken, am Ende fächerförmig erweiterten und gekerbten oberen und unteren 
Dornfortsätzen. Der Schwanz hoch, kräftig, an So Wirbel zählend. Die Rippen, etwa dreimal so lang als 
die Wirbel, mit Capitulum und Tuberculum. Die mittlere Kehlbrustplatte dünn, schildförmig, nach vorn 
fächerförmig erweitert, an ihrer Innenfläche glatt, von etwas unsymmetrischem Baue. Die seitlichen Kehl 
brustplatten löffelförmig, mit langen, runden Stielen. Schuppen des Bauchpanzers lang elliptisch, glatt, 
Vorder- und Hinterfüße fünfzehig, die vorderen kürzer als die hinteren.« 


Mir liegen von dieser Gattung zwei Platten vor. Die eine, die dem paläontologischen Institut in 
Wien gehört, zeigt den langen Schwanz und einige hintere Rumpfwirbel. Auf der anderen — aus dem 
Museum in Pilsen — ist ebenfalls eine Anzahl von Schwanzwirbeln und der Sacralwirbel zu sehen. Diese 
Form ist größer als die zuerst erwähnte und gehört nach der gedrungenen Form der unteren Dornfortsätze 
der Schwanzwirbel dem Fritschschen Urocordylus scalaris an. Die andere kleinere Art hat ähnlich ge- 
baute Rumpfwirbel, wie sie Fritsch für Urocordylus scalarıs abbildet. Die unteren Dornen im Schwanze 
sind aber viel schlanker und erinnern an den böhmischen Piyonius. Sie zeigen aber keine Verdickung am 
Rande oder in der Mitte, wodurch sie sich sowohl von denen von Oestocephalus, wie auch von Pfyonius 
unterscheiden. Ich bemerke, daß diese Verdickung auch am Huxleyschen Urocordylus Wandesfordü zu 
sehen ist. Er schlieft sich daher in dieser Eigenschaft näher an den amerikanischen Oesztocephalus als an 
Urocordylus scalarıs an. 

Das Pilsener Exemplar wird im folgenden als Urocordylus scalaris, das Wiener als Urocordylus sp. 
bezeichnet werden. 5 . 

Die Zahl der Rumpfwirbel wird von Fritsch auf 27 geschätzt. Ich konnte an dem Wiener 
Exemplar zwischen Vorder- und Hinterfuß 20 Wirbel zählen, so dafs die Gesamtzahl bei dieser Form etwas 
geringer sein dürfte als Fritsch für seinen Urocordylus scalaris annimmt. Der Schwanz, von dem der 
größte Teil vorhanden ist, mißt‘ bei Berücksichtigung der Krümmungen etwas über Io cm. Hinter dem 
Sacralwirbel folgen noch zwei Wirbel ohne untere Bögen, so daß erst der dritte die für die Schwanzwirbel 
charakteristische Ausbildung des oberen und unteren Dornfortsatzes zeigt. Wirbel von dieser Gestalt konnten 
46 gezählt werden. Der ganze Rest besteht demnach aus 68 Wirbeln. Die vorderen Schwanzwirbel haben 
eine Länge von 2 mm und eine Höhe, gemessen von den Enden der beiden Dornfortsätze, von 6 mm. 
Gegen hinten zu werden sie ganz allmählich kürzer und niedriger; doch sind sie auch noch ganz am Ende 


erkennbar und gut entwickelt. Die letzten haben eine Länge von ungefähr ı mm und eine Höhe von noch 


So Hugo Schwarz. [18] 


4 mm. — Mein Exemplar von Urocordylus scalarıs ist kräftiger und größer. Auch hier sieht man hinter 
dem Sacralwirbel zuerst zwei Wirbel ohne untere Bogenbildungen und dann folgen erst die eigentlichen 
Schwanzwirbel. Sie haben eine Länge von 4 mm, der ganze Wirbel eine Höhe von II mm. 

Im folgenden sollen zunächst der Sacralwirbel und die zwei ihm folgenden einen gleichen 
Bau zeigenden Wirbel von Urocordylus scalaris beschrieben werden. Der Wirbelkörper ist eine ventral 
etwas ausgeschweifte, bikonkave Hülse und hat eine Höhe von 2 mm. An ihn schließt sich der etwa 1!/, mm 
hohe obere Bogen an, der mit dem Körper fest verwachsen ist und von ihm — von der Seite gesehen 
— nur dadurch unterschieden werden kann, daß der Bogen an seiner Basis die Zygapophysen trägt. 
Die hintere, die die vordere überlagert, liegt etwas höher und überragt deutlich den Wirbelkörper. Beide 
sind kräftig entwickelt, springen seitlich vor und haben eine horizontale Lage. 

In der Nähe der beiden Zygapophysen liegt die Ursprungstelle des Processus transversus, 
der mit einer breiten Basis beginnt, distal sich aber stark verschmälert und nur einen kurzen, rundlichen 


Fortsatz darstellt. An seinem freien Ende trägt er eine Gelenkfläche, an die sich am Sacralwirbel die 


PZ 


Fig. 17. Wirbel aus der Sacralregion von Urocordylus sca- Fig. IS. Rumpfwirbel von Urocordylus sp. Vergr. Io: I. 
laris Fr. Vergr. IO: I. Orig. Pal. Inst. Wien. 


Zyg = Zygosphen. 0G = Oberer unpaarer hinterer Gelenkfortsatz. (Der Dornfortsatz wurde nicht beobachtet.) 
Orig. Mus. Pilsen. 


kräftige Sacralrippe ansetzt. Dieser seitliche Fortsatz, der mit dem Wirbelkörper und Bogen fest ver- 
wachsen ist, entspricht seiner Lage nach dem oberen Querfortsatz, während der untere Quer- 
fortsatz überhaupt nicht vorhanden ist. 

In der Medianlinie der oberen Bögen erhebt sich der sehr breite und hohe Dornfortsatz. Er 
hat an der Basis dieselbe Länge wie der Bogen selbst, verschmälert sich aber dorsalwärts etwas, um dann 
wieder an Länge zuzunehmen. Es entsteht auf diese Weise am seinem Vorder- und Hinterrand ein halb- 
kreisförmiger Einschnitt. An seinem dorsalen Ende ist der Dorn gerade abgestutzt und hat eine rauhe ge- 
riefte Fläche. Auch an den Seitenflächen lassen sich feine Streifen beobachten. 

An seiner Basis geht der Dorn hinten und vorn in einen Gelenkfortsatz über. Der hintere ist 
lang, überragt sowohl den Wirbelkörper wie auch die Postzygapophyse und hat eine ebene horizontale 
Fläche, die sich von unten an den vorderen Fortsatz anlehnt. Dieser ist ebenfalls sehr kräftig entwickel 
und endigt gerade über der Präzygapophyse. Der vordere Fortsatz ist als Zygosphen aufzufassen, 
während der hintere an der Stelle entwickelt ist, wo sonst das Zygantrum liegt. Beide Gelenkfortsätze 
sind durch eine kräftige Leiste miteinander verbunden, die sich längs der ganzen Basis des Dornes 
verfolgen läßt. 

Wir sehen also an diesem Wirbel zweierlei Gelenkfortsätze: ı. Die paarigen Zyga- 
pophysen, von denen die hinteren die vorderen überragen; 2. die dorsal darüber liegenden, wahrscheinlich 
unpaaren Gelenkfortsätze, von denen der vordere den hinteren überdeckt. — Einen ähnlichen Bau 


[19] Über die Wirbel und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 81 


haben nach Fritsch die hinteren Rumpfwirbel, bei denen aber von den oberen Gelenkfortsätzen 
nur das Zygosphen vorhanden ist. (Vergl. Fritsch, Taf. XXVI, Fig. 4.) — Ich konnte Rumpfwirbel 
nur an dem kleineren Wiener Exemplar von Urocordylus sp. beobachten. Im Gegensatz zu dem eben 
besprochenen Wirbel sitzt der obere Bogen nicht so breit dem Wirbelkörper auf, wie es bei jenem der 
Fall ist. Die Zygapophysen sind ebenfalls gut entwickelt und durch eine schwache Leiste miteinander 
in Verbindung. Über der vorderen Zygapophyse liegt ein langes Zygosphen, das sich mit seinem zuge- 
spitzten Ende an den Hinterrand des vorhergehenden Wirbels anlegt. Ein ihm entsprechender hinterer 
medianer Gelenkfortsatz ist hier nicht vorhanden. 


Die Postzygapophyse, die die vordere des nächstfolgenden Wirbels überdeckt, wird also abermals 
überdeckt von dem Zygosphen desselben nachfolgenden Wirbels. Betrachtet man daher im Zusammenhang 
stehende Wirbel von der Seite, so erscheint die Postzygapophyse innerhalb einer Höhlung, die von dem 
unpaaren medianen Zygosphen und den paarigen seitlichen vorderen Zygapophysen des folgenden 
Wirbels gebildet wird. Ein ähnliches Bild zeigt sich aber auch bei Betrachtung der Lage der Präzygapo- 


Fig. 19. Schwanzwirbel von Urocordylus scalaris Fr. von Fig. 20. Schwanzwirbel von Urocordylus sp. von der Seite. 
der Seite. Vergr. 9 : 1. — Orig. Pal. Inst. Wien. 
Vergr. 4!/ : I. — Orig. Mus. Pilsen. 


physe. Man sieht nämlich etwas unterhalb der Postzygapophyse einen kleinen Einschnitt im Wirbel- 
körper, in dem die vordere Zygapophyse des nächstfolgenden Wirbels steckt. — Den Dornfortsatz konnte 
ich in seiner dorsalen Fortsetzung leider nicht sehen. 

Etwas unterhalb der Praezygapophyse im vorderen Teile des Wirbels entspringt der kurze, zylind- 
rische, mit deutlicher Gelenkfläche versehene Querfortsatz. Er war noch am siebenten Wirbel, vom 
Sacralwirbel aus gezählt, deutlich erkennbar. Nach Fritsch tritt er an den vorderen Rumpfwirbeln von 
Urocordylus scalaris nicht mehr auf und ist auch in seiner Abbildung (Taf. XXV, Fig. 9) nicht mitge- 
zeichnet worden. Doch glaube ich, aus dem Vorhandensein der Rippe in dieser Region annehmen zu können, 
daß er wohl auch hier vorhanden war. An meinem Exemplar ist dieser Körperabschnitt ganz mit Bauch- 
stäbchen besetzt, so daß von den Wirbeln nichts zu sehen ist. 

An den Schwanzwirbeln, deren Bau schon Fritsch genau beschrieben hat, fallen vor allem 
die fächerförmig ausgebreiteten oberen und unteren Dornfortsätze auf. Bei meinem Urocordylus 
scalaris liegt der obere am Hinterrand des Wirbels, beginnt ziemlich schmal, breitet sich aber dorsalwärts 
rasch aus. Dorsal ist er ziemlich geradlinig abgeschnitten. An seinem dorsalen Rande sind deutlich zehn 
bis zwölf Kerben zu erkennen, die sich seitlich bis gegen die Mitte zu verfolgen lassen, um dann zu ver- 
schwinden. An seiner Basis trägt er vorn ein zugespitztes Zygosphen, dessen Ende gerade über dem 
der Präzygapophysen liegt. Hinten kann man über der den Wirbelkörper nur wenig überragenden Post- 
zygapophyse ein Zygantrum erkennen, in das das Zygosphen eingreift. 

Der untere Dornfortsatz zeigt denselben Bau wie der obere, nur geht er von der Mitte des 
Körpers aus und hat eine mehr dreieckig-breite Gestalt. Unten kann er die Länge des Körpers selbst er- 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. II 


82 Hugo Schwarz. [20] 


reichen, ja ihn sogar überragen. — Der Schwanzwirbel des Wiener kleineren Exemplars zeigt 
im wesentlichen denselben Bau. Die Dornfortsätze sind aber unten wie oben viel schlanker. Sie beginnen 
mit einem schmalen Stiel, der sich erst gegen sein dorsales resp. ventrales Ende zu verbreitert. Ganz an 
den Enden läßt sich auch eine schwache Kerbung erkennen, was besonders für den unteren Fortsatz gilt. 
Die Zeichnung ist nach einem Wirbel aus der hinteren Schwanzregion ausgeführt. 

Die Rippen bilden einen gekrümmten, im Querschnitt ovalen Schaft, der an seinem konvexen 
Rande proximal einen kleinen, flachen Auswuchs trägt. Es entsteht auf diese Weise ein Gebilde, das man 
als zweiköpfige Rippe mit dem ventralen längeren Capitulum und einem breiteren kurzen Tuberculum 
deuten könnte. Da man aber an den Wirbeln nur eine Ansatzstelle an dem kurzen Querfortsatz findet, 


scheint es, daß die Rippe tatsächlich nur einköpfig war und der kleine Fortsatz nicht dem Tuberculum 


Fig. 21. Rippe von Urocordylus sp. aus der Rumpfregion. Fig. 22. Rıppe von Urocordylus sp. aus der vorderen 
Vergr. 6: I. — Orig. Pal. Inst. Wien. Schwanzregion. 
Vergr. 10 : 1. — Orig. Pal. Inst. Wien. 


entspricht. Jaekel (80) hat in derselben Weise auch die Rippe bei Diceratosaurus aufgefaßt und es 
scheint, daß dies für viele hiehergehörende Formen die Regel ist. Dafür scheint mir zu sprechen, daf bei 
Urocordylus bei den ersten Schwanzwirbeln, die noch keine untere Bögen tragen, Rippen auftreten, die nur 
einen einfachen proximal verbreiteten Schaft. darstellen. -— Dieser Beschreibung der Rippen ist das Wiener 


Exemplar zu Grunde gelegt. 


Ptyonius Cope 1875. 


Diese Gattung schließt sich eng an die im Vorhergehenden beschriebene an. Im Jahre 1868 wurde 
sie von Cope das erstemal als Sauropleura beschrieben. Im Jahre 1871 unterscheidet er sechs Arten von 
Oestocephalus, von denen fünf dieser Gattung angehören. Unter dem Namen Ptyonius werden diese dann 
im Jahre 1875 zusammengefaßt und von Oestocephalus getrennt. Als wichtigste Gattungsmerkmale werden 
angeführt: »Form elongate, with long tail and lanceolate cranium. Limbs weak a posterior pair only 
discovered. Three pectoral shields present; abdomen protected by packed osseous rods, which are arranged 
en chevron the angle directed forward. Neural and haemal spines of caudal vertebrae expanded and 
fan-like. Ribs well developed.« — Nach der Größe der Bauchstäbchen und der Skulptur der Interclavicula - 
unterscheidet Cope fünf Arten. Zu diesen kommt als sechste Art der von Fritsch im Jahre 1895 auf- 
gestellte und im vierten Bande seiner Fauna der Gaskohle näher beschriebene und abgebildete Ptyonius 
distinctus hinzu, der auch eine gut entwickelte Vorderextremität besitzt. 

Mir liegen drei Arten vor, zwei aus Amerika und eine böhmische. Nach der mit Grübchen be- 
setzten Interclavieula gehört von den amerikanischen eine sicher zu Piyonius pectinatus, während einige 
isolierte Schwanzwirbel Pfyonius Vinchellianus anzugehören scheinen. Von der böhmischen Form besitze 
ich drei Platten aus dem paläontologischen Institut zu Wien und eine, die dem geologisch-paläontologischen 
Institut in Berlin gehört. Auf allen sind besonders der Schädel und die vorderen Wirbel gut zu sehen, an 
einem Wiener Exemplar auch ein Teil des Schwanzes. Außerdem konnte ich die Interclavicula und einen 
Teil der vorderen Extremitäten erkennen. Am Bauche waren gut entwickelte Stäbchen vorhanden. Der 
Schädel ist schmal und zugespitzt, so daß er an den von Dolichosoma erinnert und auf den ersten Blick 
auch leicht mit ihm verwechselt werden kann. Er unterscheidet sich aber von dem letztgenannten dadurch, 
daß die einzelnen Schädelknochen durch deutliche Nähte voneinander getrennt sind. Auch liegen die großen 
Augenhöhlen weiter vorn als es bei Dolichosoma — nach der Abbildung von Fritsch — der Fall 
ist. Vom Urocordylus-Schädel kann er leicht unterschieden werden, da jener viel breiter ist und viel kleinere 
Augenhöhlen besitzt. Die angeführten Merkmale sowie auch der Bau der Wirbel, die — soweit es aus der 


[21] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 83 


Fritschschen Darstellung möglich ist — Ähnlichkeiten mit denen von Pfyonius distinctus erkennen 
lassen, zeigen, daf die mir vorliegende Form dieser Art zuzurechnen ist. Sie soll daher auch als Pfyonius 
distinctus Fr. beschrieben werden. 

Von P. pbetinatus liegt mir ein ziemlich vollständiges Exemplar vor. Seine Länge kann 
ungefähr mit 25 cm angegeben werden, wovon 2!/, cm auf den Schädel entfallen. Die Anzahl der vor- 
handenen Wirbel beträgt 57, wozu noch mehrere nicht erhaltene Schwanzwirbel zugerechnet werden müßten, 
um die Gesamtzahl zu erhalten. Von den erhaltenen Wirbeln sind 28 durch die starke Entwicklung der 
unteren Bogenbildungen als Schwanzwirbel charakterisiert. Die einzelnen Wirbel sind schwach 
entwickelt und haben im Rumpfe eine Länge von 2'/; mm. Die Schwanzwirbel sind — so weit erhalten — 
etwas kräftiger und länger. 

Von Ptyonius distinctus aus Böhmen liegen mir 14 der ersten mit dem Schädel im Zusammen- 
hang stehenden Wirbel, dann 6 größere und 27 ganz kleine mit dem freien Auge kaum erkennbare Schwanz- 
wirbel vor. Da alle diese Partien an einer Wiener Platte in natürlicher Lage erhalten sind, so kann die 
Länge des ganzen Tieres ziemlich genau mit I6 cm angegeben werden. Der Schädel selbst mißt etwa 


Fig. 23. Rumpfwirbel von Ptyonius pectinatus Cope. Fig. 24. Rumpfwirbel von Piyonius pectinatus Cope. 
Seitenansicht. Vergr. I5: 1. Von oben. Vergr. 12", : 1. 
Orig. Geol. Inst. Berlin. Orig. Geol. Inst. Berlin. 


17 mm. Das Exemplar ist also etwas kleiner als das von Fritsch beschriebene. Die ersten vorhandenen 
Schwanzwirbel treten erst in einer Entfernung von 8 cm — vom Hinterende des Schädels gemessen — 
auf. Sie gehören — ihrer Kleinheit nach zu urteilen — sicherlich schon der hinteren Schwanzregion an. 
Von hier an werden sie kaudalwärts immer kleiner und die letzten erhaltenen Wirbel haben eine ganz 
winzige Größe. Ihr Bau ist aber auch hier noch deutlich erkennbar und entspricht vollständig dem der 
weiter vorn liegenden Schwanzwirbel. Die Gesamtzahl der Wirbel läft sich auf 95 schätzen, welche Zahl 
sich der tatsächlich vorhanden gewesenen ziemlich nähern dürfte. Da aber die Hinterextremitäten nicht vor- 
handen sind, ist es nicht möglich anzugeben, wieviel von den Wirbeln auf den Rumpf und wieviel auf 
den Schwanz entfallen. So viel läßt sich aber sagen, daß die Anzahl im Schwanz mehr als doppelt so groß 
_ war wie im Rumpfe. — Der Wirbelkörper mifstt in der vorderen Rumpfregion 2 mm. Die ersten mir 
vorliegenden Schwanzwirbel sind schon kürzer und verkürzen sich rasch gegen das Schwanzende zu, 
so daß die letzten kaum ı mm lang sind. 

Der Rumpfwirbel soll zunächst in Seitenansicht von einem Piyonius pectinatus beschrieben 
werden. An den länglichen Wirbelkörper setzen sich de oberen Bögen mit ihrem Dorn an und 
verschmelzen vollständig miteinander, so daß die drei Elemente äußerlich nicht scharf unterschieden werden 
können. Alle drei zusammen erreichen eine Höhe von 3 mm, von denen ungefähr die Hälfte auf den 
eigentlichen Wirbelkörper entfällt. Der obere Bogen steigt hinten und vorn geradlinig an und bildet den 
oberen Dorn, der an seinem dorsalen Rande etwas verbreitert und gekerbt ist. Der Hinterrand des Bogens 
bildet die direkte Fortsetzung des Hinterrandes des Wirbelkörpers, der Vorderrand ist dagegen kürzer. 
An der Basis sieht man die Zygapophysen, von denen besonders die hintere den Körper ziemlich stark 

TITE 


84 Hugo Schwarz. [22] 


überragt. Beide sind an ihrem Aufßenrande verdickt, ohne aber, dafß auch eine Leiste am Wirbelkörper 
bemerkbar wäre. Etwas oberhalb der Präzygapophyse, ungefähr ı mm über ihrer eigenen Ursprungstelle, 
entspringt ein schwacher, aber ziemlich langer Fortsatz: das Zygosphen. Diese Stelle bezeichnet die 
Basis des oberen Dornfortsatzes. Während aber im Rumpfe von Urocordylus beobachtet werden kann, daß 
sich das Zygosphen an den Hinterrand des vorhergehenden Wirbels anlehnt und wahrscheinlich in ein 
medianes Zygantrum eingreift, legt es sich hier über die verdickte Postzygapophyse seitlich an den 
Dornfortsatz an. 

Diese Verhältnisse sind noch deutlicher bei einer Betrachtung von oben zu erkennen. Man 
sieht von der Dorsalseite die länglichen oberen Bögen, die nur an ihren Enden, wo sie die Zygapophysen 
tragen, etwas erweitert sind, sonst aber überall die gleiche Breite von 2 mm haben, Die Zygapophysen 
laufen spitz aus, was besonders von den hinteren gilt, die auch den übrigen Bogen überragen. Auf diese 
Weise entsteht am Hinterrand ein Einschnitt. Der Dorn ist auch hier als lange, steil ansteigende Platte 
erkennbar, die dorsal etwas verbreitert ist. Vorn sieht man an seiner Basis das Zygosphen. Es stellt 


PrZ 


Fig. 25. Vorderer Rumpfwirbel von Pfyonius distinctus Fr. Fig. 26. Schwanzwirbel von Piyonius Pectinatus Cope. 


Vergr. IO: I. Vergr. IO: 1. 
Orig. Geol. Inst. Berlin. 2 Orig. Geol. Inst. Berlin. 


eine Fortsetzung der oberen Bögen dar und geht von ihrer dorsalen Vereinigungsstelle in der Medianlinie 
nach vorn aus. An seiner Anfangstelle ist dieser Auswuchs von der Basis des Dornes nicht zu unterscheiden. 
Distal gabelt er sich in zwei divergierende, nach außen gerichtete zugespitzte Fortsätze. Auf diese Weise 
entsteht ein Spalt von der Gestalt eines gleichschenkligen Dreieckes, dessen Scheitel an der Ursprungs- 
stelle der beiden Fortsätze liegt und dessen Basis von der Verbindungslinie ihrer distalen Enden gebildet 
wird. Die Entfernung dieser Enden voneinander beträgt kaum ı mm. In den geschilderten Spalt wird der 
Hinterrand des vorhergehenden Dornes aufgenommen. Diese seitliche Artikulation kann man an in Zu- 
sammenhang stehenden Wirbeln in Seitenansicht deutlich erkennen. 

Seitlich, etwas unterhalb der Zygapophysen, ziemlich genau in der Mitte, entspringt ein kleiner, 
knopfförmiger Querfortsatz, dessen Basis sich gegen den oberen Bogen zu etwas verbreitert und der 
sich dadurch als oberer Querfortsatz zu erkennen gibt. 

Einen ähnlichen, in einigen Punkten aber etwas abweichenden Bau zeigen de Rumpfwirbel 
von Piyonius distinctus. Er konnte besonders deutlich an dem 9. bis 12. Wirbel des Berliner Exemplars 
erkannt werden. Dieser Wirbel hat eine Länge von 2 mm und in seiner Gesamtheit eine Höhe von 3 mm. 
Davon entfällt ı mm auf den Wirbelkörper, etwa '/; mm auf den Bogen und der Rest auf den Dornfortsatz. Alle 
drei Teile sind ebenso wie bei Piyonzus pectinatus fest miteinander verwachsen und bilden ein einheitliches Gebilde. 
Doch ist auch hier die Basis der Bögen erkennbar an der Lage der Zygapophysen, die des Dornes an der Lage der 
oberen medianen Gelenkfortsätze. Oben am Wirbelkörper ist ebenfalls ein kurzer, kräftiger mit einer deut- 
lichen Gelenkfläche versehener Querfortsatz bemerkbar, dessen distaler Abschnitt etwas nach vorn 
gerichtet ist. — Verfolgen wir von unten den Vorderrand des Wirbels, so sehen wir über dem Wirbel- 


[23] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 85 


körper zunächst die vordere Zygapophyse, die seitlich vorspringt, den Körper aber nicht überragt. 
Der Bogen springt hier aber stark nach hinten zurück, steigt ziemlich steil an und trägt an seiner dorsalen 
Vereinigungsstelle das oben schon erwähnte Zygosphen. Dieses stellt einen proximal dickeren, distal sich 
zuspitzenden Fortsatz dar. Sein freies Ende liegt ungefähr in der Vertikallinie des Vorderrandes des Wirbel- 
körpers. Der darauffolgende Dornfortsatz bildet an seinem Vorderrand dagegen wieder die direkte 
Fortsetzung des Randes des Bogens. Er stellt eine rechteckige, oben etwas verdickte und gekerbte Platte 
vor, deren Hinterrand wieder mit dem des Wirbelkörpers in eine Linie zusammenfällt. An seiner Basis 
sieht man hinten den oberen Bogen um dasselbe Stück, um das er vorn zurückspringt, den Wirbelkörper 
überragen und sich dann vertikal nach der den Körper natürlich auch überragenden Postzygapophyse 
fortsetzen. Diese setzt sich seitlich deutlich vom Bogen ab und hat — wie bei Ptyonius pectinatus — einen 
verdickten Außenrand. Durch das Überragen des oberen Bogens am Hinterende entsteht über seiner dorsalen 
Vereinigungslinie eine Fläche, die eine horizontale Lage hat und zur Anlagerung des Zygosphens des 
nächstfolgenden Wirbels dient. Dieses greift aber auch seitlich über den Dorn, woraus man schließen 
kann, daß es auch hier in zwei distale Fortsätze gegabelt ist. Da mir aber keine Dorsalansicht des Wirbels 


vorlag, so konnten natürlich diese Verhältnisse nicht so genau wie bei Pfyonius pectinatus verfolgt werden. 


Fig. 27. Schwanzwirbel von Ptyonius Vinchellianus (?) Cope. Fi 


28. Rippe von Ptyonius distinctus Fr. 
Seitenansicht. — Vergr. II : I. — Orig. Geol. Inst. Berlin. rg 


rer. I0:1I. Orig. Geo]. Inst. Berlin. 


Der Sakralwirbel und die ihm zunächst folgenden Wirbel konnten leider nicht untersucht werden, 
so daß man auch nicht sagen kann, ob sie einen ähnlichen Bau zeigten wie die von Urocordylus. 

Der Schwanzwirbel ist wie bei Urocordylus durch stark erweiterte obere und untere 
Dornfortsätze ausgezeichnet. Ein gut entwickelter Schwanzwirbel von Ptyonius pectinatus erreicht samt 
diesen Fortsätzen eine Höhe von 6 mm. Der Wirbelkörper ist sehr niedrig und ventral stark aus- 
geschweift. Der obere Bogen springt seitlich stark vor und bildet auf diese Weise eine den ganzen 
Wirbel entlang zu verfolgende, sehr auffallende Wölbung. Vorn und hinten trägt er außerordentlich kräftige 
Zygapophysen. An den hinteren Teil des Bogens in der Nähe der Postzygapophysen setzt sich der 
obere Dorn an, der mit einer zirka ı mm langen Basis beginnt, sich aber rasch dreieck-förmig nach 
oben erweitert. Er erreicht aber nicht die Höhe wie der von Urocordylus, sondern bleibt verhältnismäßig 
niedrig. Vorn ist an seiner Basis über der Präzygapophyse ein kräftiges medianes Zygosphen entwickelt, 
das sich nicht wie bei den Rumpfwirbeln seitlich an den Dorn anlegt, sondern als unpaarer Fortsatz in 
ein Zygantrum am Hinterrand des vorhergehenden Wirbels eingreift. 

An dem ventralen Fortsatz läßt sich der eigentliche Bogen vom Dorne nicht deutlich unter- 
scheiden, da er nur in Seitenlage beobachtet werden konnte. Doch kann man nach Analogie des oberen 
-Dornes wohl annehmen, dafß dort, wo die Ränder der gekerbten dreieckigen Platte zusammenstoßen, die 
Vereinigungsstelle der unteren Bögen liegt. Diese setzen sich genau in der Mitte, an der Stelle der 


86 Hugo Schwarz. [24] 


stärksten Einschnürung an den Wirbelkörper an und bilden — von der Seite gesehen — einen schmalen, 
steil absteigenden Schaft, der sich in den stark erweiterten, dreieckigen, aber nicht sehr hohen Dorn fort- 
setzt. Sein ventraler Rand übertrifft an Länge den Wirbelkörper, so daß die benachbarten Dornfortsätze 
aneinanderstoßen. An den Seitenrändern ist je eine kräftige Verdickung zu sehen, wodurch man 
diesen Dorn leicht von dem des böhmischen Urocordylus unterscheiden kann. Sowohl der obere wie der 
untere Dorn sind gekerbt und an ihrem dorsalen resp. ventralen Rande ziemlich gerade abgeschnitten. 


Der Schwanzwirbel von Ptyonius Vinchellianus (?) unterscheidet sich von dem vorherbe- 
schriebenen dadurch, daß der obere Bogen nicht so kräftig seitlich vortritt, sondern mehr ein einheitliches, 
in einer Ebene mit dem Wirbelkörper liegendes Gebilde darstellt. 


Der ventrale Fortsatz beginnt auch hier mit einem sehr schlanken Schaft, der wohl ebenfalls als 
der eigentliche Bogen aufzufassen ist und sich ventralwärts in den dreieckigen Dorn fortsetzt. Die 
Fächerform des oberen Dornes kommt hier sehr schön zum Ausdruck, da sich die feinen radialen Furchen 
von denen 12—16 vorhanden sind, weit nach unten bis an die Stelle der Verschmälerung verfolgen lassen. 


Die Höhe des oberen Dornfortsatzes übertrifft etwas die von Piyonius pectinatus. 


Die Rippen waren in der Rumpfregion ziemlich gut entwickelt, während sie im Schwanz 
vollständig fehlen. Bei Piyonius distinctus ist die vorderste, am ersten Wirbel befestigte Rippe ein 
kurzer einfacher Schaft, während man an den folgenden — ähnlich wie bei Urocordylus einen dorsalen 
kurzen Auswuchs konstatieren kann. Bei der böhmischen Art ist die Rippe verhältnismäßig kräftig entwickelt, 
proximal etwas gekrümmt und distal zugespitzt. Sie hat hier eine Länge von 4 mm, ist also doppelt so 
lang wie der Wirbel selbst. Bezüglich ihrer Befestigung am Wirbel gilt dasselbe, was bei Urocordylus 
gesagt wurde. 


Oestocephalus Cope 1868. 


Im Jahre 1868 beschrieb Cope unter dem Gattungsnamen Sauropleura neben den oben erwähnten 
fünf Arten von Pfyonius als sechste eine Sauropleura remex. Aber in derselben Arbeit (7) wird auch schon 
die Bezeichnung Oestocephalus für eine Anzahl von Resten gebraucht, die als Oestocephalus amphiuminus 
angeführt werden, Im Jahre 1871 erkannte Cope, daß die als Sauropleura remex beschriebenen Kaudal- 
wirbel und die Oesztocephalus amphiuminus genannten Reste ein und derselben Spezies angehören, die 
Oestocephalus remex genannt wird. Genauer wird sie in seiner größeren Arbeit über diese Formen im 
Jahre 1875 beschrieben und abgebildet. Ihre Hauptmerkmale sind nach CGope folgende: »Form slender 
and snake-like; caudal vertebrae with dilated and sculptured neural and haemal spines. Cranium lanceolate. 
Teeth numerous of nearly equal size. No pectoral shilds; abdomen protected by very numerous bristle-like 


rods, which converge forward; scales none. A pair of weak posterior limbs; branchihyal bones present. « 


Als Gattungsunterschied gegenüber Piyonius gibt Cope das Fehlen der dermalen Elemente des 
Schultergürtels an, da er diese an zwei Exemplaren, wo die Schulterregion erhalten war, nicht finden konnte. 
Neben dem schon erwähnten Oestocephalus remex unterscheidet Gope als zweite Art den Oeszocephalus 
rectidens, von dem aber nur Schädelreste beschrieben werden. 


Mir liegen zahlreiche Kaudalwirbel und einige Rumpfwirbel vor, die wohl zu OesZocephalus 
remex zu stellen sind. Diese Art hat nach Cope die Größe von Amphiuma means. Der Wirbelkörper 
ist bikonkav; die Konkavität beträgt nach Angaben desselben Autors !/, des ganzen Körpers. Ventral 
beobachtete Cope einen medianen Kamm. 

Ich konnte 15 im Zusammenhang stehende Rumpfwirbel nur von der Dorsalseite näher unter- 
suchen. Man sieht von oben den schmalen Neuralbogen, der nur ganz wenig in der Mitte eingeschnürt 
ist. Er hat eine Länge von 3 mm und eine Breite von ungefähr ı'!, mm. An seinem kaudalen und 
kranialen Ende sind — wie gewöhnlich — die horizontal gestellten Zygapophysen entwickelt. Das sich 
darbietende Bild erinnert sehr an die Dorsalansicht von Pfyonius. — Die Dornfortsätze der benach- 
barten Wirbel legen sich eng aneinander, so daß sie ein zusammenhängendes Ganzes zu bilden scheinen- 
Ein Zygosphen konnte nicht unterschieden werden; doch muß man infolge der Ähnlichkeit des Wirbel- 


[25] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 87 


baues von Oestocephalus mit dem von Piyonius und Urocordylus wohl annehmen, daß ein medianer 
vorderer Gelenkfortsatz auch hier vorhanden war. Dafür spricht auch sein Vorkommen in den Schwanzwirbeln, 

Ungefähr von der Mitte des Bogens geht ein gut entwickelter Querfortsatz aus, der sowohl 
den von Pfyonius wie auch den von Urocordylus an Größe übertrifft. 


Die Schwanzwirbel wurden in Seitenlage beobachtet. Sie haben eine Länge von 3 mm und 
samt ihrem oberen und unteren Dornfortsatz eine Höhe von 9 mm. Der obere Bogen und der Wirbel- 
körper bilden ein einheitlich verschmolzenes Gebilde Die Zygapophysen und das vorn gelegene 
Zygosphen sind zwar deutlich erkennbar, aber im Verhältnis zur Größe des sonstigen Wirbels nicht so 
gut entwickelt wie bei Piyonius und Urocordylus. Vom Zygosphen aus läßt sich an der Basis des Dornes 
eine kräftige Leiste nach hinten verfolgen. Der obere Dorn sitzt mit seiner nicht ganz ı!), mm 
langen Basis nicht wie bei Piyonius und Urocordylus am Hinterende, sondern ziemlich genau in der Mitte, 
dem oberen Bogen auf. Nach oben hin erweitert er sich, so daß sein Oberrand eine Länge von 2 mm hat. 
Er zeigt also eine recht schlanke Gestalt. An seiner Seitenfläche sind fünf bis sechs gut entwickelte, bis 


an die Basis verfolgbare Furchen entwickelt, so daß die Fächerform deutlich zu sehen ist. 


Fig. 29. Schwanzwirbel von Oestocephalus remex Cope Fig. 30. Rippe von Oestocephalus remex Cope aus der 
Seitenansicht. Vergr. 7:1. hinteren Rumpfregion. Vergr. 7!/,: 1. 
Orig. Geol. Inst. Berlin. Orig. Geol. Inst. Berlin. 


Ventral schließt sich an den Wirbelkörper fast seiner ganzen Länge entlang eine ziemlich dicke, 
aber niedrige Platte an, die man wohl als unteren Bogenimengeren Sinne auffassen kann. Sie läuft 
ventralwärts in zwei lange, divergierende und distal zugespitzte Hörner aus. Zwischen diesen distalen 
Ausläufern und dem dickeren oberen Teile ist eine dünne Platte bemerkbar, die samt den seitlichen, schon 
erwähnten Verdickungen dem eigentlichen unteren Dornfortsatz entspricht. Sie trägt ebenso wie der 
obere Dorn deutlich entwickelte Furchen, von denen zehn bis zwölf gezählt werden konnten. Diese Furchen 
sind am stärksten am Ventralrand zu sehen, von wo sie sich — miteinander konvergierend — auch dorsal- 
wärts fortsetzen. Sie werden nach oben zu immer schwächer und verschwinden, ohne den oben als unteren 


Bogen gedeuteten Abschnitt zu erreichen. 


An den kräftigen Rippen der vorderen Rumpfregion ist der schon bei den vorher be- 
sprochenen Formen erwähnte dorsale Auswuchs nur als kleine, knopfförmige Verdickung entwickelt. In der 
hinteren Rumpfregion verschwindet er vollständig, so daß die Rippe nur einen kräftigen, stark ge- 
krümmten, einfachen Schaft vorstellt. Hier ist die Einköpfigkeit deutlich zu erkennen. Dieses Ver- 
schwinden des dorsalen Fortsatzes, das ja in geringerem Maße auch bei Urocordylus beobachtet wurde, 


scheint mir die oben ausgesprochene Auffassung zu bestätigen. 


88 Hugo Schwarz. : [26] 


Scincosaurus Fr. 1375. 


Mit den Ptyoniden vereinigte Fritsch auch seinen Ceraterpelon crassum und nannte die ganze 
Familie im Anschluß an Miall Nectridea. Die erwähnte Form wurde von ihm im Jahre 1875 in den Sitzungs- 
berichten der böhmischen Akademie das erstemal beschrieben und ‚Scincosaurus genannt. Später aber — 
in seiner Fauna der Gaskohle — identifizierte er sie mit der Huxleyschen Gattung Ceraterpeton. Dem gegen- 
über hat Andrews im Jahre 1895 auf die großen Unterschiede zwischen der böhmischen und englischen Form 
hingewiesen und hat gezeigt, daß es nicht möglich ist, sie ein und derselben Gattung einzureihen. Der 
böhmische Ceraterpeton ist daher als Scincosaurus crassus zu bezeichnen. (Vergl. Andrews 56, 
Woodward7o, Jaekel 80.) 

Aber auch von den Ptyoniden unterscheidet sich diese Gattung in so wichtigen Punkten, daß sie 
nicht mit ihnen zu einer Familie vereinigt werden kann. Gerade in den bezeichnendsten Merkmalen stimmt 
sie mit ihnen nicht überein. Der Schädel ist nämlich bei Sczncosaurus nicht schmal und zugespitzt, sondern 
im Gegenteil breit und abgerundet, die Dornfortsätze der Schwanzwirbel zwar gut entwickelt, aber nicht 
fächerförmig. 

Wenn also diese Gattung auch nicht mit Ceraterpeton identisch ist, so wäre es doch möglich, daß 
sie zusammen mit Ceraterpeton und Diceratosaurus einer Familie angehört. Für Diceratosaurus wurde von 
Jaekel als besonders charakteristisches Merkmal die Verschmelzung der hinteren seitlichen Schädelregion: 
die Bildung eines Perisgamosum (Jakel 80) angegeben. Bei Scincosaurus dagegen waren die Knochen 
in dieser Region — nach Fritsch — voneinander getrennt. Allerdings ist das Perisgquamosum bei 
Ceraterpeton selbst noch nicht nachgewiesen. Solange die Organisation dieser Formen nicht besser bekannt 


wird, ist es auch nicht möglich, die Frage nach der Zugehörigkeit von Scincosaurus sicher zu entscheiden. 


Fritsch gibt für die vorliegende Gattung folgende Charakteristik: »Der Schädel breit, niedrig, 
froschähnlich abgerundet, mit runden Grübchen geziert. Am Hinterrand des Schädels zwei große ein- 
grelenkte epiotische Hörner. — Die Zähne im Zwischenkiefer löffelförmig, im Oberkiefer kurz, glatt. Schwanz- 
wirbel mit niedrigen, breiten, gekerbten oberen und unteren Dornfortsätzen, die sich dicht aneinander 
legen. Die mittlere Kehlbrustplatte massiv, dreieckig, mit großen tiefen Gruben. Die seitlichen mit einem 
breiten Teile und einem dicken kurzen Stiele. Schuppen des Bauchpanzers viereckig, an der Außenfläche 
mit runden Randgrübchen geziert. Der Schwanz mäßig hoch, doppelt so lang als der Thorax an 40 Wirbel 
zählend. Die Rippen kräftig, mehr als viermal so lang als die Wirbel. Hand- und Fußwurzelknochen ossifiziert.« 

Die auffallendste Erscheinung, die Fritsch in dieser Charakteristik anführt, sind die mit dem Schädel 
gelenkig verbundenen Epiotica. Ich habe zwar den Schädel nicht genauer untersucht, kann aber für die 
Fälle, wo ich Schädel zu beobachten Gelegenheit hatte, nur die Angabe Jaekels bestätigen, der diese 
Gebilde nirgends sehen konnte (80). Jedenfalls wäre eine Neuuntersuchung wünschenswert. 

Mir liegt von dieser Form eine größere Anzahl von Exemplaren vor, die die Wirbel meist in 
Seitenlage zeigen und eine genaue Beobachtung ihrer Ausbildung in den verschiedenen Körperregionen zu- 
ließen. Das längste mir vorliegende Individuum mifßt samt den Schädelteilen 16!/, cm, wovon auf den 
Rumpf 6!/, cm entfallen, während die vorhandenen Schädelteile eine Länge von nur 8 mm haben. Die Zahl 
der Wirbel zwischen Vorder- und Hinterextremität läßt sich mit ungefähr 20 angeben, die der Schwanz- 
wirbel mit etwa 40, wozu noch einige Schwanzwirbel zugerechnet werden müfsten, um die Gesamtzahl zu 
erhalten. Diese Angaben stimmen auch mit den von Fritsch gemachten überein. 

Ein Rumpfwirbel hat eine Länge von 2!/, mm und samt seinem oberen Dorne eine Höhe 
von 4 mm. Die Schwanzwirbel sind im vordersten Abschnitt des Schwanzes 3 mm lang und 6 mm 
hoch. Gegen das Schwanzende zu werden sie zuerst niedriger, behalten aber ihre Länge bei. Ungefähr 
vom 30. Schwanzwirbel an werden sie auch kürzer und nehmen dann sehr rasch an Länge ab, so dafs 
die letzten nur noch etwas über 1 mm lang sind. Diese sind auch sehr niedrig, der obere und untere Dorn 
ganz verkümmert. 

Betrachten wir zunächst einen Rumpfwirbel. Wie bei diesen Formen gewöhnlich, sind Wirbel- 


körper, obere Bögen und Dorn fest miteinander ‚verwachsen. Doch lassen sich bei Wirbeln, die ihre 


[27] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 89 
Vorder- oder Rückseite zeigen, Wirbelkörper und Bogen deutlich voneinander trennen, Der Wirbel- 
körper ist sehr niedrig und zeigt auch äußerlich gut seine Sanduhrform. 

Während bei den Ptyoniden die oberen Bögen der ganzen Länge nach dem Körper aufsitzen, 
werden sie hier nur von seinem vorderen Teile, der !/, seiner Länge ausmacht, getragen. Hinten dehnen 
sie sich mit ihrem dorsalen Abschnitt, der die Postzygapophysen trägt, wieder kaudalwärts aus und 
es entsteht auf diese Weise am Hinterrand des Wirbels ein halbkreisförmiger Einschnitt. In diesen 
werden die vorderen Zygapophysen des nachfolgenden Wirbels aufgenommen. Die Präzygapophysen 
sind kräftig, lateral knopfförmig verdickt und ragen über den Vorderrand des Dornes vor. Die Post- 
zygapophysen sind lang und haben einen verdickten Außenrand. Ihr Hinterende fällt mit dem des Wirbel- 
körpers so ziemlich in eine Vertikale. Dorsal gehen sie in den oberen Dorn über. 

Unter der Präzygapophyse ist ein kurzer, dicker oberer Processus transversus entwickelt. Er 
liegt schief zur Wirbelachse, indem sein Vorderende mehr ventral, sein Hinterende mehr dorsal befestigt ist. 


Fig. 31. Rumpfwirbel von Scincosaurus crassus Fr. Fig. 32. Sakralwirbel von Scincosaurus crassus Fr. 
Vergr. 12!/,:1. Orig. Mus. Pilsen. Vergr. 121: 1. Orig. Mus. Pilsen. 


Fritsch gibt einen Querfortsatz nur an den hinteren Rumpfwirbeln an. Ich konnte ihn aber an allen mir 
überhaupt vorliegenden Rumpfwirbeln feststellen. 

Der obere Dornfortsatz ist sehr hoch und an seinem Dorsalrand nur wenig kürzer oder genau 
so lang wie der Körper selbst. Er ist hier auch etwas verdickt und deutlich gekerbt. Schon Fritsch hat 
darauf hingewiesen, daß sich diese Kerben als Falten auf die Seitenflächen fortsetzen. Sie sind — wie 
ebenfalls schon Fritsch beobachtete — an den vorderen Rumpfwirbeln stärker als an den hinteren 
entwickelt. Etwas andere Verhältnisse findet man in der Sakralregion. Der Wirbel, der im folgenden 
näher beschrieben werden soll, ist der dritte von dem ersten mit einem unteren Dornfortsatz ausgezeichneten 
Schwanzwirbel an gerechnet. Es läßt sich aber nicht sagen, ob gerade an ihm die hintere Extremität 
befestigt war. Jedenfalls liegt sie in seiner Nähe. 

Dieser Wirbel ist etwas kürzer und schwächer als die typischen Rumpfwirbel, der obere Dorn 
schlanker und nicht so deutlich gekerbt. Die Postzygapophyse ist sehr kräftig entwickelt, an ihrem 
Außenrand stark verdickt. Sie erreicht dieselbe Länge wie an den Rumpfwirbeln. Am oberen Bogen 
ist auch hier ein kurzer, eine gut entwickelte Gelenkfläche tragender oberer Querfortsatz befestigt. 
Während aber bei den Rumpfwirbeln sein vorderes Ende tiefer liegt als das Hinterende, ist es hier um- 
gekehrt. Seine Basis ist vorn knapp unter der Zygapophyse befestigt und verläuft schräg nach unten und 
rückwärts. Unter diesem Fortsatz ist am Wirbelkörper eine kurze Leiste bemerkbar, die offenbar 
einem unteren Querfortsatz entspricht und die an keinem Rumpfwirbel beobachtet wurde, Fritsch, 
der die ganze Sakralregion genau beschreibt und abbildet, hat diese auch an allen Schwanzwirbeln 
auftretende Leiste nicht angeführt. Wie schon bemerkt, folgen dem eben beschriebenen Wirbel noch zwei, 
die keine unteren Bögen tragen. Leider ließ sich nicht feststellen, ob auch an diesen Wirbeln die ventrale 
Leiste vorhanden war, da ihr Wirbelkörper gerade an dieser Stelle von Rippen bedeckt war. Doch ist ihr 
Vorhandensein auch hier anzunehmen, da sie ja an allen folgenden Schwanzwirbeln auftritt. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XXI. 


90 Hugo Schwarz. [28] 


Diese zeigen in vielen Punkten sehr interessante Eigentümlichkeiten. Der Wirbelkörper und 
die oberen und unteren Bogenbildungen sind fest mit einander vereinigt und eine Trennung der 
einzelnen Teile äußerlich nur sehr schwer möglich. Während der obere Bogen eines Rumpfwirbels 
sich nur an den vorderen Teil des Körpers ansetzt, läßt sich seine Basis hier längs des ganzen Wirbel- 
körpers verfolgen. Nur unterhalb der Postzygapophyse ist an Stelle der großen halbkreisförmigen Aus- 
buchtung ein kleiner Einschnitt bemerkbar. Die Zygapop hysen sind nicht so kräftig wie an den 
Rumpfwirbeln, aber auch hier noch gut entwickelt. Vom Aufsenrand der P ostzygapophyse läuft eine 
schwache Leiste den Bogen entlang bis an die Präzygapophyse. Sie ist in ihren, den Zygapophysen 
benachbarten Abschnitten am stärksten, in der Mitte am schwächsten. Unter dieser schwachen die Zygapophysen 
verbindenden Kante, die natürlich der bei Ophiderpeton auftretenden entspricht, tritt noch eine kräftige Leiste seit- 


PrZ 


/ 
u% 


Fig. 33. Vorderer Schwanzwirbel von Seincosaurus crassus Fig. 34. Rippe von Scincosaurus crassus Fr. 
Fritsch. Vergr. 13:1. Orig. Mus. Pilsen. Vergr. 8: ı. Orig. Mus. Pilsen. 


lich vor. Ihr hinteres Ende liegt knapp unter der Postzygapophyse, ihr vorderes Ende etwas mehr 
ventralunterder Präzygapophyse, so daß sie etwas schief gestellt ist. Eine ähnliche, deutlich erkenn- 
bare Leiste geht auch vom ventralen Teile des Wirbelkörpers nach der Seite aus. Sie ist aber 
nur auf die vordere Hälfte des Körpers beschränkt und hat eine horizontale Lage. Dieser Fortsatz entspricht 
vollständig der schon oben besprochenen seitlichen Leiste am Wirbel aus der Sakralregion. 
Der vom oberen Bogen ausgehende obere und vom Wirbelkörper selbst gebildete untere Fortsatz sind ihrer 
Lage nach homolog dem oberen respektive dem unteren Processus transversus. Beide haben hier 
aber ihre Funktion als Befestigungsstellen der Rippen verloren, da diese — mit Ausnahme der ersten zwei Wirbel 
— im Schwanze vollständig fehlen. 


Der obere Dorn bildet eine viereckige steil ansteigende Platte, die an ihrem dorsalen Rande 
deutlich gekerbt ist und eine kleine Verbreiterung trägt. Die Dornfortsätze haben an den vorderen Wirbeln 
eine Höhe von 2 bis2!/, mm, werden aber gegen das Schwanzende zu immer niedriger, so daß sie schon 
am 20. Schwanzwirbel nur ı msn hoch sind. Überall aber haben sie ungefähr dieselbe Länge ihres dorsalen 
und ventralen Randes wie der Wirbelkörper und Bogen, so daß die benachbarten eng aneinander stoßen. 


Die unteren Bogenbildungen stellen samt dem Wirbelkörper eine einheitliche rechteckige 
Platte vor. Doch läßt sich der Ansatz des unteren Bogens am Körper ungefähr feststellen, so daf3 man 
die Höhe des Bogens zusammen mit der des Dornfortsatzes an den vorderen Wirbeln mit 2 mm angeben 
kann, Auch sie werden aber nach hinten zu immer kleiner. Ebenso wie der obere Dorn an seinem dorsalen 
Rande, so ist auch der untere am ventralen geradlinig abgeschnitten und gekerbt. Auch die unteren Dorn- 
fortsätze der benachbarten Wirbel schließen sich eng‘ aneinander an. 


[29] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). gI 


Die Rippen zeigen im Prinzip denselben Bau wie die der Ptyoniden. Auch sie stellen einen 
ziemlich kräftigen, distal zugespitzten und etwas gekrümmten Schaft vor, der an seinem konvexen Rande 
einen breiten Auswuchs trägt. Dieser hat die Gestalt einer dreieckigen Platte, geht in den Hauptteil der 
Rippe ohne genauere Trennungslinie über und ist gut entwickelt. Trotzdem kann er wohl auch hier nicht 
mit dem Wirbel in direkter Verbindung gestanden sein, da man außer am Querfortsatz keine Ansatzstelle 
am Wirbelkörper finden kann. Die unteren Querfortsätze treten erst in einer Region auf, wo Rippen fehlen 
dienen also jedenfalls nicht zu ihrer Befestigung. — Die Länge der Rippe beträgt im Rumpfe 8 mm, nimmt 


aber nach hinten zu allmählich ab, worauf schon Fritsch aufmerksam gemacht hat. 


2. Familie: Microbrachidae Fritsch. 


Für diese Familie gibt Fritsch folgende Definition, die auch für die Gattung Microbrachis 
Geltung hat: »Szegocephali vom Baue schlanker, mit sehr kleinen Vorderextremitäten versehener 
Eidechsen. Die Schädelknochen stark gefurcht. Die Zähne glatt, mit großer Pulpahöhle und mit Leistchen 
an der Spitze. Parasphenoid schildförmig mit langem dünnen Stiele. Die Wirbel amphicoel mit großen 
Chordaresten und schwach entwickelten oberen Dornfortsätzen. Rippen dünn, gebogen, fast alle gleich lang. 
Mittlere Kehlbrustplatte sehr breit mit zerschlitzten Rändern und einem dünnen Stiele. Schuppen nur an 
der Bauchfläche vorhanden. « 

Fritsch stellte diese Familie für seine Gattung Microbrachis auf und ist der Ansicht, daß auch 


Copes Tuditanus und Cocytinus hierher zu rechnen sind. 


Microbrachis Fritsch. 


Von dieser Gattung unterscheidet Fritsch zwei sicher hieher gehörende Arten, von denen Micro- 
brachis Pelikani genauer beschrieben wird. .Die Unterschiede der beiden Arten scheinen aber sehr gering 
zu sein, so daß es möglich ist, daß sie ein und dieselbe Spezies repräsentieren. Mir liegt eine größere 
Anzahl von Exemplaren von Microbrachis Pelikani vor. 

Diese Gattung unterscheidet sich sowohl im Baue der Wirbel, wie auch in der ganzen Körperform 
sehr beträchtlich von den vorher besprochenen Formen. Während wir bei diesen durchwegs einen kräftigen, 
lateral komprimierten und vertikal gestellten Ruderschwanz wahrnehmen, der doppelt so lang wie der Rumpf 
ist, ist der Schwanz hier rund, gegen sein Ende zugespitzt und nur schwach entwickelt. Seine Länge 
beträgt nur die Hälfte des Rumpfes. Die äußere Gestalt von Microbrachis ähnelt mehr einer Eidechse, 


während die Ptyoniden und Scincosaurus unseren Molchen entsprechen. 
y 


Das vollständigste mir vorliegende Exemplar hat ein® Länge von 13 cm, wovon 1!/, cm auf den 
Schädel entfallen. Der Rumpf mißt ohne Schädel 6!/, cm, der Schwanz ungefähr 4cm. Doch kann 
diese Form — wie man an einigen größeren Wirbeln erkennen kann — auch eine beträchtlichere Größe 
erreichen. Es liegt mir auch ein isolierter Schädel vor, der fast 2), cm lang ist und daher einem viel 
größeren Individuum angehört haben muß. 

Die Zahl der Wirbel im Rumpfe variiert ziemlich stark und kann bis 40 betragen. Bei dem an- 
geführten Exemplar haben die Rumpfwirbel eine sich ungefähr gleichbleibende Länge von kaum 2 mm, bei 
einem großen eine Länge von 3 mm. Die ersten Schwanzwirbel sind ungefähr ebenso lang. Die 
folgenden verkürzen sich dagegen nach dem Schwanzende zu, so daß die letzten kaum eine Länge von 
ı mm erreichen. Ihre Zahl läßt sich nicht genau bestimmen. Gezählt werden konnten nur 23 Schwanz- 
wirbel; ihre Gesamtzahl dürfte ungefähr 45 betragen haben. 


Der Wirbelkörper dieser Gattung zeigt in ausgezeichneter Weise die Sanduhrform, die äußerlich 
am deutlichsten von der Ventralseite aus gesehen — zu erkennen ist. Die inneren Doppelkegel, die 
mit einer weißen kalkigen Masse erfüllt waren, hatte ich beim Präparieren häufig Gelegenheit zu sehen. 
Sie treffen mit ihren Spitzen in der Mitte des Körpers zusammen, so daß die Chorda in der Wirbelmitte 


sehr stark eingeschnürt war. 
12* 


92 Hugo Schwarz. [30] 


An den Körper setzt sich der ziemlich hohe und schlanke obere Bogen an, der in einen gut 
entwickelten Dorn ausgeht. Bei dem größten Exemplar ist der Wirbelkörper — bei einer Länge von 
3 mm — 2 mm hoch, der Bogen samt seinem Dornfortsatz 4 mm. Bei kleineren Individuen wird der ganze 
Wirbel 3 mm hoch, wovon auf den Körper nur I mm entfällt. Während wir bei allen vorher beschriebenen 
Formen gesehen haben, daß der Wirbelkörper und Bogen fest miteinander verwachsen sind und 
ein einheitliches Ganzes bilden, ist hier die Grenze zwischen Körper und Bogen deutlich erkennbar und 
dieser dem Körper nur lose aufgesetzt. Es scheint, daß beide durch eine Naht voneinander getrennt 
waren. Doch läßt sich dies nicht mit voller Sicherheit feststellen, weil man an diesem Material nur schwer 


eine ursprüngliche Verwachsungsnaht von einer späteren Bruchstelle unterscheiden kann. 


Fig. 35. Rumpfwirbel von Microbrachis Pelikani Fr. Fig. 36. Rippe von Microbrachis Pelikani Fr. 
Vergr. 10 : I. — Orig. Mus. Pilsen. Vergr. 71; : 1. — Orig. Mus. Pilsen. 


Der obere Bogen geht von der vorderen Hälfte des Wirbelkörpers aus und steigt steil nach 
aufwärts an, so daß sein Vorderrand mit dem des Wirbelkörpers in eine Vertikale zusammenfällt. Er bildet 
ein Rechteck, dessen obere und untere Kante die halbe Länge des Körpers haben. In einer Höhe, die 
ungefähr der des Wirbelkörpers gleichkommt, trägt er die Zygapophysen. Diese sind lang und kräftig 
entwickelt. Die vordere überragt sowohl den Körper wie auch den Bogen, während die hintere stark 
nach hinten verlängert ist, so daf sie ebenso lang wie der Bogen selbst wird und ihr distales Ende mit 
dem Hinterende des Wirbelkörpers in eine Vertikale fällt. Auf diese Weise entsteht hinten über dem 
Körper ein großer, vorn ein kleinerer Halbkreis, die sich bei im Zusammenhang stehenden 
Wirbeln zu einem ganzen Kreise schließen. 


Über den Zygapophysen liegt der obere Dornfortsatz. Sein Hinterrand setzt sich von der 
Postzygapophyse ziemlich steil nach oben fort, der Vorderrand dagegen beginnt etwas hinter der Präzyga- 
pophyse und bildet die direkte Fortsetzung des Vorderrandes des Bogens. Sowohl Vorder- wie Hinterrand 
liegen in einer Vertikalen mit den Enden des Wirbelkörpers. 


Über diesem ist am oberen Bogen ein gut entwickelter Querfortsatz befestigt, der sowohl bei 
einer Seitenansicht, wie auch von oben deutlich zu erkennen ist und schon von Fritsch angegeben 
wurde. Seine Basis liegt schief zur Wirbelachse, und zwar ist sein Vorderrand mehr ventral dicht an der 
Grenze von Bogen und Wirbelkörper befestigt, während sein Hinterrand mehr dorsal dem Bogen aufsitzt. 
Knapp unter diesem Processus transversus ist am vorderen Abschnitt des Wirbelkörpers eine tiefe Delle 
bemerkbar, die ebenfalls schief, parallel dem Querfortsatz verläuft, An der Ventralseite des Wirbels 
hat schon Fritsch eine schwache Leiste beobachtet und beschrieben. 


[31] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 9 


199} 


Die ersten Schwanzwirbel sind ähnlich gebaut wie die eben besprochenen Rumpfwirbel; 
nur sind sie etwas kürzer und ihre Querfortsätze verkümmert. Den oberen Bogen konnte ich noch am 
achten Schwanzwirbel mit einiger Deutlichkeit erkennen, während er bei den folgenden vollständig ver- 
schwindet. Untere Bögen treten nur in Gestalt von kleinen unregelmäßigen, losen Stücken auf, die 
zwischen je zwei Wirbeln liegen. Die letzten Schwanzwirbel bestehen nur aus einem kurzen, schwach 
entwickelten Zentrum, das die Sanduhrform noch immer deutlich erkennen läßt, und den kleinen eben 
erwähnten Zwischenwirbelstücken. Im Rumpfe wurden diese nirgends beobachtet. 


Die Rippen sind nur wenig gebogen und im mittleren Rumpfe gut entwickelt. Nach hinten zu 
werden sie etwas kleiner und schwächer und sind auch an den ersten zwei Schwanzwirbeln vorhanden. Die 
Rippe des Rumpfes ist proximal deutlich gegabelt und zweiköpfig. Jeder der proximalen Fortsätze trägt 
eine Gelenkfläche, wodurch sie sich als Tuberculum und Capitulum zu erkennen geben. Die Entfernung der 
gqeiden Gelenkflächen voneinander ist gering, so daß man annehmen muß, dafs auch die Ansatzstellen am 
Wirbel nahe beieinander liegen. Das kurze dorsal liegende Tuberculum stand natürlich mit dem oberen 
Querfortsatz in Verbindung, während das Capitulum in der im Vorausgehenden beschriebenen Delle 
artikuliert hat. 


Allgemeine Charakteristik der Wirbelsäule und der Rippen 
der Lepospondyla. 


Bei einem Vergleiche der Wirbel der Lepospondylen tritt uns eine höchst überraschende und inter- 
essante Tatsache entgegen. Sie stellen uns nicht — wie wir bei den ältesten, uns bekannten Tetrapoden 
erwarten müßten — indifferente Zustände der Wirbelsäule vor, sondern haben im Gegenteil infolge weit- 
gehender Anpassungen an verschiedene Lebensweisen mannigfaltige Umbildungen ihrer Ausbil- 
dung erfahren. 

Welche Form aber auch immer der Wirbel angenommen hat, in einem Merkmal stimmen doch 
alle überein: Bei allen überhaupt untersuchten Formen der Zepospondyla tritt nämlich ein bikonkaver 
Wirbelkörper auf. Überall hat die Chorda wahrscheinlich während des ganzen Lebens des Indi- 
viduums persistiert, war intravertebral stark eingeschnürt, intervertebral dagegen erweitert. Der 
Intervertebralknorpel dürfte nur wenig entwickelt gewesen sein, da sich die benachbarten Wirbel 
eng aneinander legen und nur ganz geringe Zwischenräume zwischen sich freilassen. Niemals findet man 
eine gelenkige Verbindung der Wirbelkörper. 


Dieselben Verhältnisse treten auch bei der Entwicklung des Wirbelkörpers der Urodelen auf. Er 
bildet hier zunächst eine einfache bikonkave Knochenhülse, der sich vorn und hinten der Intervertebral- 
knorpel anschließt. Dauernd verharren in diesem Zustand die Wirbel der Perennibranchiaten, Aber auch 
bei Triton und den Salamandern kommen noch nicht echte Gelenke zur Entwicklung (Gegenbaur 4). 

Der Wirbelkörper unserer Lepospondylen entspricht also dem niederen Zustand, wie wir ihn bei 
den Perennibranchiaten finden. Da die Bikonkavität und das Fehlen der Gelenke bei den Lepospondylen 
ein durchgreifendes, allen eigentümliches Merkmal vorstellt, das von den bestimmten Spezialisationen voll- 
ständig unabhängig bleibt, kann es nicht — wie bei den lebenden Gymnophionen (Peter 61) — sekundär 
erworben sein, sondern muß als primitiver Charakter dieser alten Formen aufgefaßt werden. 


Im nahen Zusammenhang mit dem Fehlen der Gelenke am Wirbelkörper steht die starke Ent- 
wicklung der Gelenke am oberen Bogen. Die Zygapophysen haben hier die eigentliche gelenkige 
Verbindung der Wirbel untereinander übernommen. Sie treten auch bei allen Urodilen in mehr oder 
minder starker Ausbildung auf. Während sie aber hier (Mivart 5) meist in den Schwanzwirbeln bald ver- 
schwinden und nur die vorderen auch noch weiter nach hinten zu vorkommen, sind sie bei unseren Stego- 
cephalen meist bis an das Schwanzende verfolgbar, wovon — bei den von mir untersuchten Formen 
— nur Microbrachis eine Ausnahme macht. Unter den Urodelen treten beide Paare nur bei Amphiuma an 
allen Wirbeln auf. 


94 Hugo Schwarz. [32] 


Neben diesen von den oberen Bögen gebildeten Gelenkfortsätzen sind bei den Lepospondylen 
noch andere Fortsätze zur Befestigung der Wirbel entwickelt, die aber — wie auch die Zygapophysen selbs 
— bei den verschiedenen Formen eine verschiedenartige Gestalt annehmen. Dies gilt auch für alle anderen 
Teile des Wirbels, denen die Lebensweise der Tiere die ihnen eigentümliche Gestalt auf- 
geprägt hat. Auf diese Weise entstanden drei Wirbeltypen. Die Einwirkungen der kriechenden 
Lebensweise führten zur Ausbildung des Aistopodentypus, die Anpassung an das Wasserleben 
schuf den Wirbel der Ptyoniden und den von Scincosaurus, die Lebensweise auf dem Lande nach 
Art unserer Eidechsen kommt schließlich im Wirbel von Microbrachis und der Hylonomiden zum Ausdruck. 

Betrachten wir zunächst den Wirbel der Aistopoden. Es ist eine allgemeine Erscheinung, daß Formen, 
die ihre Extremitäten verloren haben, sich durch eine große Gleichförmigkeit ihrer Wirbel auszeichnen. 
Dies gilt sowohl für die Schlangen, wie für die Gymnophionen und ist auch bei den Aistopoden zu beob- 
achten. Nur Thyrsidium läßt eine Unterscheidung einer vorderen und einer hinteren Körperregion zu. Aber 
diese Form zeigt auch in anderen Eigentümlichkeiten, daß sie noch wenig an die blindwühlartige Lebens- 
weise angepaßt ist. Am weitesten ist in dieser Richtung P’hlegethontia und Dolichosoma vorgeschritten. 
Vergleichen wir den Wirbel von Dolichosoma mit dem eines Gymnophionen, so fällt sofort die außer- 
ordentliche Ähnlichkeit der Ausbildung in die Augen. Hier wie dort sehen wir eine große Zahl 
gleichartig gestalteter Wirbel, die einen schwachen Bau zeigen und niedrige breite Bögen 
mit verkümmerten oberen Dornfortsätzen haben. 

Wie Peter (61) ausführt, ist die starke Vergrößerung der Zahl der Wirbel bei den Gymnophionen 
auf ihre schlängelnde Bewegungsart zurückzuführen. Die Wirbelsäule wird der wichtigste Faktor der 
Lokomotion. Deshalb müssen — nach demselben Autor — an ihr möglichst viele Gelenkflächen 
geschaffen werden, was einmal durch die Vermehrung der Wirbel, dann aber auch durch die Ausbildung 
eigener Gelenkfortsätze an den einzelnen Wirbeln geschieht. Aus diesem Grunde treten auch bei 
Phlegethontia und Dolichosoma neben den Zygapophysen noch untere Gelenkflächen auf. Beide haben 
eine horizontale Lage und ermöglichen dadurch eine leichte Verschiebung der Wirbel gegeneinander. Indem 
dabei die hintere Zygapophyse die vordere überdeckt, ventral aber umgekehrt die vorderen Gelenkfortsätze 
sich über die hinteren legen, wird eine Verbindung erreicht, die zwar eine vorzügliche Bewegung in 
lateraler Richtung gestattet, ein Verschieben aber in dorsoventraler Richtung unmöglich 
macht. Bei Phlegethontia, bei der die ventralen Gelenkfortsätze nicht so kräftig entwickelt zu sein scheinen, 
wie bei Dolichosoma, wird die dorsoventrale Bewegung außerdem noch durch die Ausbildung des — früher 
beschriebenen — oberen, medianen und hinten gelegenen Fortsatzes verhindert, der aber nur ganz kurz ist 
und daher die seitliche Verschiebbarkeit der Wirbel nicht beeinflußt. 

Auch in anderen Punkten zeigt der Aistopodenwirbel Ähnlichkeiten mit dem der Gymnophionen. So 
sind bei beiden die Dornfortsätze zu einfachen Leisten an der dorsalen Medianlinie der oberen 
Bögen verkümmert, bei den spezialisiertesten Aistopoden (Dolichosoma Phlegethontia), — ebenso wie bei 
den Gymnophionen — auch die seitlichen Fortsätze verkürzt und rückgebildet. Nach Peter ist 
diese Verkümmerung aller Fortsatzbildungen bei den Gymnophionen in erster Linie auf die Fntwicklung 
eines starken Hautmuskelschlauches und des Hautpanzers zurückzuführen. Er sagt in seiner 
Arbeit über die Wirbelsäule der Gymnophionen: »Mit der Ausbildung dieses gleichmäßigen Hautmuskel- 
systems ging natürlich Hand in Hand eine Rückbildung der an den verschiedenen Seiten ungleichmäßig 
entwickelten Skelettmuskeln. Auch die schlängelnde Bewegung wird ihren Einfluß auf die Umbildung der 
letzteren ausgeübt haben. Da nun die Knochenfortsätze durch Muskelzug entstanden, so wird mit der 
Atrophie der aktiven Bewegungsorgane auch eine regressive Metamorphose der Wirbelfortsätze sich geltend 
machen, wie wir sie bei unseren Apoden so ausgeprägt finden.« 

Dieselben Verhältnisse müssen wir wohl auch für die Aistopoden annehmen. Dabei können wir 
innerhalb dieser Gruppe eine allmähliche Rückbidung der Fortsätze beobachten. Thyrszidium hat 
einen verhältnismäßig noch gut entwickelten Dornfortsatz und — wie wir gesehen haben — außerordentlich 
starke Querfortsätze, die in ähnlicher Gestalt auch bei Ophiderpeton auftreten. Dieses Merkmal ist natür- 
lich auf die noch kräftige Ausbildung der Rippen zurückzuführen, während der Dorn, der auch bei Molgophis 


[33] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 95 


vorhanden gewesen zu sein scheint, darauf hindeutet, daß die Rückenmuskulatur noch nicht vollständig 
reduziert war. Aber schon bei Ophiderpeton und in gleichem Maße bei Dolichosoma und Phlegethontia 
ist der Dorn zu einem ganz niedrigen Kamm verkümmert. Hier muß also — ebenso wie bei den 
Gymnophionen — der Hautmuskelschlauch schon die ganze Skelettmuskulatur ersetzt haben. 

Mit der Verschwächung der Rippen, die bei Phlegethontia so zart werden, daß sie nur als 
feine Streifen erkennbar sind, geht auch eine Reduktion der Querfortsätze Hand in Hand, so daß 
wir bei Phlegethontia nur eine untere schwache Leiste und als Rest des oberen (uerfortsatzes eine ein- 
tache Delle, bei Dolichosoma eine Verkürzung und Verschmelzung beider Fortsätze sehen. Zugleich ist die 
Rippe hier einköpfig geworden, während sie bei den Ophiderpetontiden und bei Molgophis zweiköpfig war. 

Bezüglich der Rippen von Thyrsidium und Ophiderpeton wäre noch zu bemerken, daß sie nach 
der oben gegebenen Darstellung wohl viel von ihrer absonderlichen Gestalt verloren’ haben, die sie nach 
Fritsch’s Beschreibung und Abbildung erhielten. Ähnliche Rippen sind auch beirezenten Urodelen 
nichts seltenes. 

Mivart (8) gibt an, dafs man an Urodelenrippen öfter einen distalen nach auswärts und dorsal 
gerichteten Fortsatz beobachten kann, wodurch die Rippe distal gegabelt erscheint. Diese Ausbildung tritt 
besonders an der ersten Rippe auf. Ich selbst habe den Fortsatz an den ersten Halsrippen von Triton 
eristatus deutlich sehen können. Allerdings ist der Fortsatz hier klein, während er bei den Ophiderpetontiden 
beträchtliche Größe erreicht. Noch etwas länger und insofern verändert als er seiner ganzen Erstreckung 
nach mit dem Hauptteil der Rippe durch eine dünne Lamelle in fester Verbindung steht, ist er bei 
Molgophis. Die Rippen dieser Formen unterscheiden sich auch noch dadurch von denen der Urodelen, daß 
sie proximal eine starke Verbreiterung besitzen. Welche physiologische Bedeutung der erwähnte Fortsatz 
bei den Urodelen hat, konnte ich leider aus der Literatur nicht erfahren. Es ist aber bei den Aistopoden 
nicht ausgeschlossen, daß er sich über die nächst folgende Rippe gelegt hat, was um so leichter möglich 
gewesen wäre als ja die Rippen eine schräge Lage hatten und ihre proximale Verbreiterung mehr axial 
gestellt war. 

Aus der Ähnlichkeit mit den Gymnophionen könnte man schließen, daß die Aistopoden die Vor- 
fahren der lebenden Blindwühler sind (Haeckel 59). Auf die Unwahrscheinlichkeit einer direkten Ver- 
wandtschaft beider Gruppen hat aber schon Peter hingewiesen. Ich möchte hier nur kurz bemerken, daß 
wir schon im Karbon die allmählich vor sich gehende Anpassung an die kriechende Lebensweise bei den 
Aistopoden sehen können und daß man kaum annehmen kann, daß sich so einseitig spezialisierte 
Formen vom Paläozoikum bis in die Jetztzeit erhalten haben. Jedenfalls ist diese Annahme nicht früher 
berechtigt, bevor man nicht auch in jüngeren Formationen Verbindungsglieder nachgewiesen hat. Auch ist der 
Schädel der Aistopoden noch viel zu wenig bekannt, um einen Vergleich mit dem der Gymnophionen zu 
gestatten. Vorläufig spricht eine größere Wahrscheinlichkeit dafür, daß die ähnliche Ausbildung der Wirbel 
bei beiden Gruppen auf Konvergenz, entstanden durch gleichartige Lebensbedingungen, beruht. 

Während wir bei den Aistopoden eine große Gleichförmigkeit der Wirbel sahen, kann man bei 
den Microsauriern deutlich dreiKörperregionen unterscheiden: ı. den Rumpfabschnitt, 2. die 
Sakralregion und 3. den Schwanz. Ein besonderer Halsabschnitt kommt nicht vor. Aber auch eine 
Umformung des ersten Halswirbels — wie sie bei Urodelen und Gymnophionen auftritt — konnte nich 
konstatiert werden. Allerdings mag der letzte Umstand vielleicht damit zusammenhängen, daß man nur 
sehr selten Gelegenheit hat, die Art der Artikulation am Schädel zu beobachten, 

Bei den Ptyoniden und bei Scincosaurus fällt vor allem der große Gegensatz zwischen den 
Rumpf- und Schwanzwirbeln auf. Diese sind als Stützen des Ruderschwanzes in ganz besonderer Weise 
modifiziert. So wie bei Urodelen mit einem Ruderschwanze treten hier sehr stark entwickelte obere 
und untere Dornfortsätze auf. Die Wirbel sind hier lateral komprimiert und von großer 
Schmalheit, so daß auch der Schwanz selbst abgeplattet ist und eine vertikale Stellung erhält. Auch 
diese Eigenschaft haben unsere Formen mit den Molchen gemein. So wie bei diesen am ersten 
Schwanzwirbel, so fehlen untere Bögen bei den Ptyoniden und bei Scincosaurus an den zwei ersten 
Schwanzwirbeln, die einen ähnlichen Bau zeigen wie die Sakralwirbel. Höchst interessant ist die Art der 


96 Hugo Schwarz. [34] 


Verbindung der benachbarten Wirbel untereinander im Rumpfe, Schwanze und der Sakralgegend. Darin kann 
man auch einen wichtigen Unterschied zwischen den Ptyoniden und Scincosaurus konstatieren. Während 
dort neben den Zygapophysen stets auch noch obere mediane Fortsätze an der gelenkigen Verbindung 
teilnehmen, fehlen diese hier vollständig. 

Die Modifikationen, die wir bei diesen Formen antreffen, sind alle vom Wasserleben abhängig. 
Die Art dieser Anpassung ist im Prinzip dieselbe, wie wir sie bei unseren Molchen und Kaulquappen 
finden. Auch hier ist der Schwanz das Organ der Vorwärtsbewegung. Er wird außerordentlich 
verlängert — bei unseren Stegocephalen hat er die doppelte Länge des Rumpfes —, lateral komprimiert 
und hat eine vertikale Stellung. Die Lokomotion erfolgt durch seitliche Bewegungen des Schwanzes, 
während die Hinterbeine nur in geringerem Maße daran teilnehmen und als Steuer funktionieren. 
Die Ptyoniden gehören danach jenem Anpassungstypus an, den Abel (84) als Molchtypus be- 
zeichnet hat. 

Betrachten wir zunächst die Schwanzwirbel in Beziehung auf diese Art der Anpassung. Der 
Schwanz führt also seitliche Schläge gegen das Wasser aus und bewirkt dadurch ein Vorwärtsstoßen des 
Körpers. Aus diesem Grunde muß er eine in ihren Teilen nur wenig biegsame Platte darstellen, 
die dem Druck des Wassers Widerstand zu leisten im stande ist. Die einzelnen Wirbel dürfen daher vor 
allem keine große Verschiebbarkeit gegeneinander in lateraler Richtung zeigen. Dies wird einmal dadurch 
erreicht, daß bei den Ptyoniden durchwegs ein langes Zygosphen an den Schwänzwirbeln zur Ent- 
wicklung kommt, das bewirkt, daß bei jeder seitlichen Bewegung des einen Wirbels auch die benachbarten 
mitbewegt werden. Aber noch wichtiger in dieser Hinsicht ist die starke, überall auftretende Er weite- 
rung der unteren Dornfortsätze. Sie übertreffen ventral meist den Wirbelkörper an Länge, so daß 
die benachbarten mitbewegt werden. Aber,noch wichtiger in dieser Hinsicht ist die starke, überall auf- 
tretende Erweiterung der unteren Dornfortsätze. Sie übertreffen ventral meist den Wirbelkörper 
an Länge, so dafs die benachbarten aneinander stoßen oder sich überlagern; dadurch wird dieselbe, aber 
noch verstärkte Wirkung erzielt wie oben durch das Zygosphen. Für diesen Zweck sind die unteren Dorn- 
fortsätze bei einzelnen Ptyoniden (Z’yonius, Oestocephalus) noch dadurch besonders eingerichtet, daß sie 
an ihren Rändern stärker und dicker gebaut sind. Dabei ist es interessant zu beobachten, daß die 
unteren Bogenbildungen um so länger und kräftiger werden, je weniger das Zygosphen entwickelt 
ist. So sitzen sie bei Oeszocephalus, der ein verhältnismäßig kurzes Zygosphen besitzt, dem ganzen Wirbel- 
körper auf, während sie bei /fyonius und dem böhmischen Urocordylus mit einem schlanken Schaft be- 
ginnen. Noch weiter ist dieser Prozeß bei Scincosaurus vorgeschritten, wo das Zygosphen vollständig 
fehlt. Hier nehmen sowohl die oberen, wie auch die unteren Dornfortsätze an der gegen- 
seitigen Verfestigung der Wirbel Anteil und lagern sich daher eng aneinander an, ohne 
irgend welche Zwischenräume zwischen sich zu lassen. Dasselbe Verhältnis findet man übrigens 
auch bei den Urodelen. Auch hier legen sich die Bögen samt ihren Dornfortsätzen längs ihres ganzen 
Hinter- und Vorderrandes unmittelbar aneinander an. 

In ähnlicher Weise wie der Schwanz mußte auch der Rumpf verfestigt werden, um bei Seiten- 
bewegungen des Körpers dem Wasser standhalten zu können. Da er aber stets nur passiv bewegt wurde, 
so mußte diese Verfestigung nicht jenen hohen Grad erreichen wie im Schwanz. Sie wird daher nur durch 
die oberen medianen Gelenkfortsätze bewerkstelligt. Bei Urocordylus dient diesem Zwecke nur ein 
langes, zugespitztes und etwas nach abwärts gekrümmtes, einfaches Zygosphen, das sich mit dem 
Hinterrand des vorhergehenden Wirbels median vereinigt. Bei Piyonius ist es dagegen distal gegabelt 
und seine beiden Äste legen sich seitlich an den oberen Dorn an, wozu bei Pfyonius distinctus 
noch eine hintere Gelenkfläche, entwickelt ist. 

Wir sehen also, dafs bei den Ptyoniden sowohl der Schwanz wie auch der Rumpf je einen sich 
als Ganzes bewegenden Abschnitt darstellen. Bei der Lokomotion muß der Schwanzabschnitt eine 
selbständige seitliche Bewegung gegen den Rumpfabschnitt ausführen können und es muß daher 
an der Grenze beider ein Scharnier zur Entwicklung kommen. Ein solches, die beiden Körperteile 
beweglich verbindendes Scharnier ist auch tatsächlich in der Sakralregion von Urocordylus zu be- 


[35] Über die Wirbel und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.) 97 


obachten. Schon in der speziellen Beschreibung der Wirbel wurde hervorgehoben, daß der Sakralwirbel und 
die ihm folgenden zwei Schwanzwirbel — wahrscheinlich auch der davorliegende letzte Rumpfwirbel — 
nicht unerheblich von den anderen Wirbeln abweichen. Das wichtigste Merkmal sind die kräftigen oberen 
medianen Gelenkfortsätze. Wir sahen hier nicht nur ein Zygosphen, sondern auch einen hinten 
gelegenen Fortsatz, der von dem vorderen dachziegelartig überdeckt wird. Beide haben ziemlich 
breite — ebenso wie die Zygapophysen — ganz ebene Gelenkflächen, so daß — im Gegensatz zu 
allen anderen Wirbeln des Körpers — eine seitliche Bewegung in vorzüglicher Weise 
gestattet war. Wir sehen hier eine Ausbildung, die funktionell ganz der wie sie am Wirbel von Dolicho- 
soma auftritt, entspricht. Während aber bei dieser Gattung die seitliche Verschiebbarkeit durch untere 
paarige Gelenkfortsätze gefördert wird, dienen bei Urocordylus demselben Zwecke die oberhalb der Zyga- 
pophysen gelegenen unpaaren Fortsätze. Indem aber auch diese eine Lage zueinander haben, die der der 
Zygapophysen entgegengesetzt ist, wird — wie bei Dolichosoma — eine Verschiebu ng nach oben 
und unten unmöglich gemacht. Die Bedeutung dieser Ausbildung für das Scharnier liegt klar zu Tage. 
Die Umbildung der Sakralregion hängt also bei diesen Formen viel weniger von der Entwicklung der 
hinteren Extremitäten ab, als davon, daß sie den Angelpunkt zwischen Rumpf und Ruder- 
schwanz vorstellt. 

Während die oberen medianen Gelenkfortsätze bei den Ptyoniden für die Anpassung an das Wasser- 
leben eine so hervorragende Rolle spielen, fehlen sie bei Scincosaurus vollständig. Dafür aber sind die 
oberen Dornfortsätze sowohl im Schwanze, wie auch im Rumpfe sehr mächtig und den oberen Bögen der 
ganzen Länge nach aufsitzend entwickelt. Zugleich sehen wir, daß sich der Hinterrand des Dornes steil 
über der langen Postzygapophyse erhebt, während der Vorderrand nur wenig vom kranialen Ende des 
Wirbels nach hinten zurückspringt. Auf diese Weise wird der Dornfortsatz von der hinteren Zygapophyse 
und dem Dorn des vorhergehenden Wirbels von außen überlagert und eine Wirkung erreicht, die 
vollständig der bei den Ptyoniden näher besprochenen gleichkommt. Im Schwanze nehmen 
an dieser Verfestigung — wie schon hervorgehoben — auch noch die unteren Bogenbildungen Anteil. 

Betrachten wir dagegen die Sakralregion, so sehen wir, daß die Dornfortsätze bedeutend 
schlanker geworden sind und einander nicht mehr überdecken. Es ist auch hier an dieser Stelle 
die seitliche Beweglichkeit der Wirbel gegeneinander ermöglicht und ein Scharnier zwischen Rumpf und 
Schwanz zur Entwicklung gekommen. 

Scincosaurus repräsentiert also einen noch einfachen Typus der Anpassung an die Vorwärts- 
bewegung im Wasser, während die Ptyoniden durch die Ausbildung der oberen medianen Gelenkfortsätze 
eine größere Vollkommenheit in dieser Richtung erlangt haben. 

Im Vorhergehenden wurde öfter sowohl bei den Aistopoden, wie bei den Ptyoniden und bei Scinco- 
saurus auf die Ähnlichkeit der Wirbel mit denen der Urodelen hingewiesen. Sie gehören alle samt dem 
Wirbel der Gymnophionen (Wiedersheim 17, Peter 61) ein und demselben Typus an, den man 
Urodelentypus nennen kann, Das wichtigste Merkmal dieser Ausbildung liegt darin, daß Wirbel- 
körper und oberer Bogen stets fest miteinander verschmolzen sind und man keinerlei 
Naht zwischen ihnen finden kann (vergl, Gadow 63). Ferner ist es von Bedeutung, daß alle Zwischen- 
wirbelstücke, die bei Reptilien so häufig auftreten, hier vollständig fehlen. Allen gemeinsam sind die 
dachziegelartig sich deckenden Zygapophysen, die persistierende Chorda und der bi- 
konkave Wirbelkörper. Die letzte Eigenschaft findet man allerdings auch bei manchen niedrig 
stehenden Reptilien, z. B. den Geckonen. 

An den Wirbel der Geckonen schließt sich — wie Gadow mit Recht hervorhebt (63) — der der 
Hylonomiden an und demselben Typus scheint auch der Microbrachis-Wirbel anzugehören. Der Wirbel 
dieser Gattung unterscheidet sich von denen der beschriebenen Microsaurier zunächst durch Merkmale, die 
auf die verschiedenartige Lebensweise der Tiere zurückzuführen sind. Da Microbrachis auf dem 
Lande lebte, fehlt natürlich der lange Ruderschwanz. Seine Stelle nimmt ein kurzer, ungefähr die Hälfte 
des Rumpfes messender Schwanz ein, der an seinem Anfangsteil gleichmäßig in den Rumpf übergeht, an 
seinem Ende aber zugespitzt war. Damit verlieren natürlich die Schwanzwirbel ihren kräftigen Bau. Sie 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 13 


98 Hugo Schwarz. [36] 


sind nur im vorderen Teile des Schwanzes gut entwickelt, werden aber nach hinten zu bald sehr klein und 
verkümmern am Ende vollständig. - Obere Bögen sind nur an den vorderen Schwanzwirbeln vorhanden, 
untere Bögen fehlen in stärkerer Ausbildung vollständig: Auch die oberen medianen Gelenkfortsätze kommen 
weder im Schwanze noch im Rumpfe zur Entwicklung. 

Neben diesen durch die Funktion bedingten Unterschieden finden wir bei Mecrobrachis Eigentüm- 
lichkeiten, die nur auf einer ganz anderen morphologischen Zusammensetzung beruhen 
können. So wurde schon hervorgehoben, daß — im Gegensatz zu allen anderen beschriebenen Formen — 
die oberen Bögen sehr deutlich von dem Körper zu unterscheiden sind, wenn auch eine 
Naht zwischen beiden nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Derselbe prinzipielle Unterschied 
liegt in der Entwicklung von kleinen, interzentral liegenden Stückchen im Schwanze. Dadurch 
nähert sich der Wirbel von Microbrachis dem von Hylonomus Daw., bei welchem Bogen und Körper 
durch eineNaht getrennt sind. Auch kleine intervertebral liegende untere Bogenbildungen 
werden von Credner (21) im Schwanze von Hylonomus Fritschi ebenso wie bei Petrobates Cr. be- 
schrieben. Diese Eigenschaften machen es wahrscheinlich, daf die Wirbel aller dieser Formen einen ge- 
meinsamen Typus repräsentieren, dem auch — wie schon bemerkt wurde — Eidechsenwirbel angehören. 

Auch in anderen Charakteren zeigen diese Formen Ähnlichkeiten mit den Reptilien, so daß Baur (67) 
zu der Ansicht kam, daß Hylonomus und Petrobates dieser Wirbeltierklasse zuzurechnen seien. Wenn wir 


aber die Stegocephalen nicht als Ordnung der Amphibien, sondern — wie es hier geschah — als selb- 
ständige Klasse der Wirbeltiere auffassen, so liegt keine Schwierigkeit im Wege, auch diese Formen hier 
einzureihen. Hylonomus wenigstens zeigt — ebenso wie Microbrachis — die Überdeckung der Schläfen- 


region, ist also den Stegocephalen zuzurechnen. Von Petrobates ist der Schädel noch ungenau bekannt, so 
daß man seine systematische Zugehörigkeit nicht mit Sicherheit angeben kann. 

Bezüglich der Rippen der Microsaurier wurde schon im beschreibenden Teile darauf hingewiesen, 
daß sie bei den Ptyoniden und Scincosaurus — nach Jaekel (80) auch bei Diceratosaurus — trotz der 
meist vorhandenen scheinbaren Zweiköpfigkeit nur mit einem Fortsatz an dem vom Neuralbogen ab- 
gehenden Processus transversus befestigt waren. Bei Microbrachis dagegen treten echte zweiköpfige 
Rippen auf. Dabei ist hier die tuberkulare Artikulation stärker entwickelt als die kapitulare, indem der 
untere Querfortsatz rudimentär geworden ist und nur durch eine dorsalwärts verlagerte Delle 
repräsentiert wird. Ähnliche Verhältnisse treten auch bei Sphenodon auf (Baur 36). 

Die im Vorausgehenden besprochene verschiedenartige Ausbildung der Wirbel der Zepospondyla 
dürfte wohl auch für eine künftige, den verwandtschaftlichen Beziehungen der einzelnen Familien und 
Gattungen besser entsprechende Systematik von Bedeutung sein. Eine solche Systematik kann natürlich 
nur bei Berücksichtigung aller Skeletteile durchgeführt werden und muß auf einem viel vollständigeren 
Material begründet sein, als es mir vorlag. Auf Grund der Organisation der Wirbel könnte man aber 
innerhalb der Zepospondyla zwei natürliche Gruppen unterscheiden: 

ı. Formen, bei denen der obere Bogen und der Wirbelkörper fest miteinander ver- 
schmolzen sind und Zwischenwirbelbildungen vollständig fehlen (Urodelentypus). 

2. Formen, deren Wirbel Beziehungen zum Reptilientypus zeigt, indem der obere Bogen dem 
Körper nur lose aufsitzt oder durch eine Naht von ihm getrennt ist; Zwischenwirbelbildungen 
treten gelegentlich im Schwanze auf. 

Der ersten Gruppe würden als selbständige Unterabteilungen zuzurechnen sein die Aistopoden, die 
Ptyoniden und der Formenkreis der Ceraterpetontiden, dem sich wahrscheinlich Seincosaurus anschließt. 


Die zweite Gruppe würde umfassen die Microbrachiden, die Hylonomiden und wahrscheinlich auch die 
Limnerpetontiden. 


[37] Über die Wirbel und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.) 99 


Vergleichend-anatomische Betrachtungen. 


Die neueren Arbeiten über die Wirbelsäule der Tetrapoden überhaupt haben immer mehr zu der 
Erkenntnis geführt, daß wir in dem temnospondylen Wirbelbau den Ausgangspunkt für die Bildung des 
»holospondylen« Wirbels zu suchen haben. In gewissen ontogenetisch, bei allen Tetrapoden auftretenden 
Stücken lassen sich die Elemente des temnospondylen Wirbels mehr oder minder deutlich erkennen. Aber 
auch bei erwachsenen Individuen fossiler wie rezenter Amnioten zerfällt der Wirbel manchmal in Teile, 
die ihren Lagebeziehungen nach als Pleurocentren resp. Hypozentren angesprochen werden müssen. 

Es handelt sich also zunächst darum festzustellen, aus welchen typisch auftretenden embry o- 
nalen Stücken ein »holospondyler« Wirbel entsteht und welche Elemente des temnospondylen 
Typus ihnen entsprechen. Dann aber muß man sich darüber klar werden, in welcher Weise diese 
Stücke bei den verschiedenen Tierformen zur Verwendung kommen. In unserem Falle gilt es 
sich schließlich zu entscheiden, welchem dieser Typen der Wirbel der Lepospondyla zuzurechnen sei. 

Bezüglich der Terminologie möchte ich noch bemerken, daß im folgenden die Bezeichnung 
» Pleurocentra« stets im Jaekelschen Sinne für die Gesamtheit der hinter dem Hypozentrum 
liegenden Wirbelstücke gebraucht wird. Dabei ist es ganz gleichgültig, ob das Pleurozentrum nur 
aus einem oder aus einem dorsalen und ventralen Stücke besteht. Ist eines von diesen gemeint, so wird es 
stets besonders hervorgehoben werden. (Vergl. die Bemerkungen zur Systematik der Stegocephalen.) 

Über die Homologie der Teile des temnospondylen und holospondylen Wirbels wurden sehr ver- 
schiedene Ansichten ausgesprochen, von denen sich besonders die Copeschen Anschauungen allgemeine 
Anerkennung erworben haben. 

Nach Cope (35, 39) entspricht das Hypozentrum (Interzentrum Cope) den unteren Bögen 
der amnioten Wirbeltiere und dem eigentlichen Zentrum der Amphibien. Die Pleurocentra 
sind homolog dem Wirbelkörper der Amuüioten, während dem Fritschschen Hypocentrum pleurale 
keine wesentliche morphologische Bedeutung zugeschrieben wird. Dieser Ansichthaben sich auch Albrecht (25), 
Dollo (32), Hay (60), Osborn (75) und Baur (33, 34) angeschlossen. 

Insbesondere hat der letztgenannte Autor die Anschauungen Copes weiter ausgebaut und näher 
zu begründen gesucht (34). Er weist zunächst auf das Vorhandensein von intervertebral liegenden unteren 
Bogenbildungen im Rumpfe von Sphenodon und Gecko hin, die er den Interzentren von Crzcotus gleichzetzt. 
Er sagt weiter: H. von Meyer hat nachgewiesen, daß die horizontale Platte (Interzentrum) von 
Archegosaurus in den Schwanzwirbeln zum unteren Bogen wird, mit anderen Worten: Das Interzentrum der 
Dorsalwirbel ist —= dem Interzentrum der Schwanzwirbel. Klar ist, daß die unteren Bögen der Schwanzwirbel 
von Cricotus, Sphenodon und Archegosaurus homolog sind, folglich ist auch die horizontale Platte (Inter- 
zentrum) von Archegosaurus homolog dem Interzentrum von Sphenodon und Cricotus. Die Hypapophysen 
von Sphenodon sind also Interzentra ... . Über die Homologie des Interzentrums wären wir also im klaren, 
natürlich ist dadurch auch die der Pleurozentra verständlich. Die Pleurocentra werden zum eigentlichen 
Wirbelkörper der Amnioten«. 

Eine andere Anschauung rührt von Gaudry (29) her, nach dem der Wirbelkörper aus Hypo- 
zentrum und den Pleurozentren zusammengesetzt ist. Diese Ansicht ist neuerdings auch von Jaekel 
ausgesprochen worden (SI). Jaekel geht vom Atlas von Metriorhynchus und Enaliosuchus aus. Bei beiden 
können wir vorn den Atlaskörper, dahinter den Processus odontoideus, der vom Zpistropheus deutlich 
durch eine Naht getrennt ist, unterscheiden. Beiden Stücken ruht der obere Bogen auf. 

Vergleichen wir diesen Wirbel mit dem von Archegosaurus, so kann es keinem Zweifel unter- 
liegen, daß der Atlaskörper dem Hypozentrum homolog ist, während der Processus odontoideus 
den Pleurozentren entspricht. Für die letzte Gleichsetzung ist es von großer Bedeutung, daß Jaekel 
an der Basis des Processus odontoid eus von Metriorhynchus eine Naht beobachtet hat, die von Art- 
haber (83) auch auf der dem Zpistropheus zugekehrten Fläche konstatieren konnte. Dadurch wurde 
bewiesen, daß der Processus odontoideus ebenso wie die Pleurozentren aus zwei lateralen Stücken 

13* 


100 Hugo Schwarz. [38] 


besteht. Dieselben Verhältnisse treten auch bei den Pythonomorphen, z. B. bei Platecarpus auf. Auch hier 
kann man im Atlas deutlich das Hypozentrum, die Pleurozentra und die oberen Bögen in typischen temnos- 
pondylen Lagebeziehungen erkennen (vergl. Osborn 75). Auch die Schwanzwirbel von Cyrfura temnos- 
pondyla und Eurycomus entsprechen nach Jaekel (8r) ganz demselben temnospondylen Typus. 

Aus dieser gelegentlich auftretenden Zerlegung des sonst einheitlich verknöcherten Wirbelkörpers 
n die zwei erwähnten Komponenten zieht Jaekel den Schluß, daß der holospondyle Wirbelkörper über- 
haupt aus Hypozentrum und den Pleurozentren zusammengesetzt ist. Für diese Ansicht glaubt Jaekel auch 
eine Stütze in der ontogenetischen Entwicklung gefunden zu haben. Er weist auf die Entwicklung von 
Sphenodon hin, ist aber leider nicht auf eine nähere Erörterung der Homologien zwischen den embryonalen 
Elementen und den temnospondylen Stücken eingegangen. Er sagt nur (Seite 115 der zitierten Arbeit): »Bei 
Siphenodon verschmelzen das Hypozentrum und die Pleurozentren, die aus dem hinteren Teile des vorderen 
und aus der vorderen Hälfte des nächstfolgenden Urwirbels zusammengefaßt werden, zu dem definitiven 
Wirbel.« Seite I1S: »Die Temnospondylie ist also nichts anderes als eine Persistenz der beiden Hälften 
der Urwirbel.« 

Seiner Ansicht, daß der holospondyle Wirbelkörper aus der Vereinigung von Hypozentrum und 
Pleurozentrum entsteht, schreibt er eine allgemeine Gültigkeit zu. So schreibt er auf Seite 115: ».. 
die Hypozentra werden zur vorderen, die Pleurozentra zu hinteren Hälfte des definitiven Wirbels, wie es 
bei den holospondylen Tetrapoden die Regel ist.« (Vergl. auch Jaekel 85.) 

Betrachten wir zunächst die Homologisierung Jaekels. Ebner (43) hat im Anschluß an Remak 
ausgeführt, daß die Metamerie der Ursegmente nicht der der späteren Wirbelsäule entspricht, sondern daf 
die Sklerotome erst eine Neugliederung erfahren. Diese Verhältnisse wurden genauer von Schau- 
insland bei Sphenodon untersucht (76). 

Jedes Sklerotom zerfällt bei Sphenodon zunächst in zwei Hälften, die allmählich immer mehr 
auseinander weichen. In die auf diese Weise entstandene Lücke wuchern Perichordalzeilen hinein, so daß 
dann jedes Sklerotom aus einem kranialen, medialen und kaudalen Abschnitt besteht. Die 
kranialen und kaudalen Stücke wachsen dorsalwärts und bilden die Anlagen für die oberen Bögen, die 
medialen Stücke nach abwärts zu Anlagen der unteren Bögen. Je ein kaudales Stück und ein 
kraniales des nächstfolgenden Segments vereinigen sich zu dem »primitiven Wirbel- 
körper«, der bindegewebigen Anlage des definitiven Wirbelkörpers. Das mediale Stück stellt 
die Anlage für den Zwischenwirbel dar. (Vergl. Schauinsland 76.) 

Jaekel setzt nun das kaudale (im definitiven Wirbel das kraniale) Stück gleich dem Hypozentrum 
as kraniale (später kaudale) Stück gleich den Pleurozentren und folgert daraus, daß der definitive 
Wirbelkörper aus diesen beiden Stücken hervorgegangenist. Die Mittelstücke läßt er 
ganz unberücksichtigt. Legen wir aber dem »primitiven Wirbelkörper« eine so große .morphologische 
Bedeutung zu, so muf3 doch naturgemäß auch der mittlere Abschnitt des Sklerotoms irgend eine Rolle 
bei der Wirbelbildung spielen. Aus diesem entsteht bei Sphenodon der sogenannte Zwischenwirbel. 

Jaekel spricht diesem bei Sphenodon, vielen Lacertiliern, Mosasauriern etc. vorkommenden, interver- 
tebral liegenden Stück keine primäre Bedeutung für die Wirbelsäule zu und vergleicht es als 
»Stauknöchel« der Kniescheibe der Säugetiere. Dagegen scheint mir aber zunächst die Entwicklungsgeschichte 
dieser Stücke, die bei Sphenodon ganz analog der des eigentlichen Zentrums verläuft, zu 
sprechen, Beide haben auch dieselbe Herkunft; nur mit dem Unterschiede, daß der Wirbel aus zwei 
Sklerotomstücken, der Zwischenwirbel aus einem hervorgeht. 

Ferner sprechen aber dagegen die vergleichend-anatomischen Untersuchungen von Cope, Baur, 
Dollo, Osborn, die gezeigt haben, daß der Zwischenwirbel dem Hypozentrum homolog ist. Jaekel 
hat ja selbst die Ansicht ausgesprochen, daß das vordere ventrale Atlasstück bei Metriorhynchus 
und Enaliosuchus dem Hypozentrum entspricht. Genau so verhält sich aber auch das vordere ventrale 
Atlasstück bei Platecarpus, Sphenodon, Lacertiliern (75, 63). Nur treten hier dieselben Stücke auch im 
Zusammenhang mitdenanderen Wirbeln auf. Bei Platecarpus tritt dieses ventrale Stück noch am 
zweiten Wirbelin derselben Lage auf wie am Atlas, Das dritte ist allerdings schon nach vorn 


[39] Über die Wirbel und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.) 101 


gerückt und am kaudalen Abschnitt des Epistropheus befestigt. Gerade bei Sphenodon aber sind die Ver. 
hältnisse ganz klar, da auch die später folgenden Zwischenwirbel ihre normale Lage beibehalten 
haben. (Vergl. Osborn 75.) Nur der zweite ist nach vorwärts gerückt. Hier kann wohl nicht daran 
gezweifelt werden, daß das erste und das 3.bis 7. Stück ein und dieselben Gebilde darsteller. 

Ist aber das erste Stück dem Hypozentrum homolog, was doch Jaekel selbst annimmt, so muß 
dies auch für die folgenden gelten. Dann kann aber — wenigstens für die zuletzt genannten Formen — 
nur Copes Ansicht richtig sein, daß dereigentliche Wirbelkörper dem Pleurozentrum homolog 
ist. Für den Epistropheus von Metriorhynchus und Enaliosuchus, dem Interzentra fehlen, wird 
dagegen wohl die Ansicht Jaekels Geltung haben und das Zentrum hier aus einer Vereinigung 
von Hypo- und Pleurozentrum hervorgegangen sein, 

Jedenfalls folgt aus diesen Beobachtungen, daß die Zwischenwirbelnicht »Stauknöchelns, 
sondern dem Hypozentrum entsprechen. Demgemäß müssen natürlich auch die mittleren Sklerotom- 
stücke, aus denen die Zwischenwirbel hervorgehen, Anlagen von Hypozentren entsprechen. Die 
»primitiven Wirbelkörper« können dann aber auch nur als Anlagen der Pleurozentren gedeutet werden. 

Die ursprüngliche Ursegmentgrenze liegt also — wieSchauinsland gezeigt hat — innerhalb des 
igentlichen Wirbelkörpers von Sphenodon, nicht aber — wie Albrecht (26) meinte — zwischen 
dem Wirbel und dem Zwischenwirbel. Sie ist nach der hier angeführten Deutung innerhalb des Pleuro- 
zentrums, nicht aber zwischen den Pleurozentren und dem Hypozentrum zu suchen, wie es nach Jaekels 
Ansicht der Fall sein müßte, 

Nähere Homologien zwischen embryonalen Elementen und den Teilen des temnospondylen Wirbels 
ergeben sich aus der Betrachtung einer Anzahl knorpeliger Stücke, die bei der Entwicklung eines Wirbels 
der Tetrapoden zu beobachten sind. In den folgenden Ausführungen wird der Darstellung Gadows (63) 
gefolgt. Gadow hat gezeigt, daß sich der Wirbel aller Tetrapoden aus folgenden vier knorpeligen Elementen 
zusammensetzt: 

1. Den Basidorsalia, die die oberen Bögen bilden; 

2. den Basiventralia mit ihren lateralen Fortsätzen: den Rippen und ihren ventralen Fortsätzen: 
den unteren Bogenbildungen ; 

3. den Interdorsalia; 

4. den Interventralia. 

Diese vier Elemente können bei den verschiedenen Tiergruppen eine verschiedenartige Ver- 
wendung finden. 

Bei den Anuren erscheint zunächst das basidorsale Element und bildet die oberen Bögen. Hinter 
ihm kommen die Interdorsalia zur Entwicklung, die sich stark nach abwärts verlängern. Ventral erscheint 
als kleines unpaares Element das Basiventrale. Dieses und die Basidorsalia vereinigen sich und 
bilden die kraniale Hälfte des Wirbels. Seine kaudale Hälfte wird im Rumpfe von den Inter- 
dorsalia gebildet. 

Einen verwandten Typus stellen die Wirbel der meisten Reptilien und der Amnioten überhaupt 
vor. Bei diesen Formen treten an Stelle der Interdorsalia, die reduziert sind, die stark vergrößerten 
Interventralia, welche zum eigentlichen Wirbelzentrum werden. Die Basiventralia sind 
meist klein und bilden oft die vorher besprochenen Zwischenwirbel. 

Eine ganz andere Verwendung finden diese Elementarstücke bei den Urodelen. Jeder Wirbe 
besteht hier in einem embryonalen Stadium aus den Basidorsalia und Basiventralia, zwischen denen oben 
und unten die Interdorsalia resp. Interventralia liegen. Diese vereinigen sich aber bald zu einem Ringe und 
bilden den intervertebralen Knorpel. Der Wirbelkörper selbst entsteht durch die Vereinigung des 
oberen Bogens und der Basiventralia, die durch Verkalkung und Ossifikation des dazwischen liegen- 
den Bindegewebes erzielt wird. 

Die Beziehungen dieser knorpeligen Stücke zu den Elementen des temnospondylen Wirbels ergeben 
sich nach Gadow aus dem Verhältnisse, das bei Anuren auftritt. Die Basidorsalia sind natürlich als 
obere Bögen bei allen Tetrapoden homolog. Die unteren, kleinen und vorn gelegenen Basi- 


102 Hugo Sehwarz. [40] 


ventralia, die die unteren Bögen bilden, entsprechen dem unteren vorn gelegenen Hypozentrum, 
das im Schwanze ebenfalls in die unteren Bögen übergeht. Die hinten und dorsal gelegenen 
Interdorsalia sind homolog den hinteren dorsalen Stücken der Pleurozentra. Das bei Anuren 
nur unbedeutend entwickelte interventrale Element, das aber z. B. bei den Urodelen unter dem Inter- 
dorsale liegt, ist natürlich dem Hypozentrum pleurale Fr itsch’, dem ventralen Stück der Pleuro- 
zentra gleichzusetzen. — Die beiden zuletzt erwähnten Teile, die stets durch ihre Lage hinter dem Hypo- 
zentrum charakterisiert sind, können wir wohl mit Jaekelalsmorphologisch zusammengehörende 
Stücke auffassen und sie zusammen Pleurozentra nennen. (Vergl. darüber den Abschnitt über 
die Systematik der Stegocephalen.) 

Wir sehen also innerhalb der ganzen Reihe der Tetrapoden eine gleichartige Zusammensetzung 
des Wirbels aus knorpeligen Elementen, die im temnospondylen Wirbeltypus ihre normale, embryonal 
sich wiederholende Lage beibehalten haben, ossifiziert sind und selbständig bleiben. 
Bei den übrigen Tetrapoden können wir je nach Verwendung dieser Teile zwei Haupttypen unterscheiden : 


ı. Die Pleurozentra sind zwar im knorpeligen Stadium vorhanden, nehmen aber an der 
Wirbelbildung selbst nicht teil, sondern werden zu Intervertebralknorpeln. Der Wirbel- 


körper wird vom Hypozentrum und dem oberen Bogen gebildet: Urodelen. 


2. Die Pleurozentra sind gut entwickelt oder vergrößern sich sehr stark, so daß 
sie das Hypozentrum bedeutend an Größe übertreffen können und in vielen Fällen ganz 
verdrängen. Die erste dem temnospondylen Typus sich am meisten nähernde Ausbildung 
ist bei den Anuren anzutreffen. Eine starke Vergrößerung der Pleurozentren und damit Reduktion des 
Hypozentrums tritt bei den Amnioten auf, wo dann das eigentliche Zentrumentwederbloßoder 
zum größten Teil von den Pleurozentren gebildet wird. Während bei den Urodelen die 
Pleurozentren, so haben hier die Hypozentren eine intervertebrale Lage. Sie bilden die Zwischenwirbel, 
untere Bögen und Intervertebralscheiben. In manchen Fällen verschmelzen sie auch mit den Pleurozentren 


zu einem einheitlichen Körper (Rumpf von Metriorhynchus), stets aber überwiegt das Pleurozentrum. 


Stellt man sich nun die Frage, welchem dieser zwei Typen der Wirbel unserer Zepospondyla an- 
gehören mag, so muß hervorgehoben werden, daß man eine solche Einreihung nicht mit voller Sicherheit 


vornehmen kann, da uns ja die Entwicklungsgeschichte dieser Formen vollständig unbekannt ist. 


Es wurde aber schon darauf hingewiesen, daß wir am Wirbel der Aistopoden, Ptyoniden, 
Ceraterpetontiden und Scincosaurus — neben anderen Urodelenmerkmalen — niemals zwischen 
Körper und Bogen eine Naht beobachten können. Gerade diese Eigenschaft hängt aber — nach 
Gadow — innig mit der Wirbelbildung der Urodelen zusammen. Denn, da hier der obere 
Bogen einen großen Teil des Zentrums bildet, kann naturgemäß keine Naht zwischen beiden 
vorhanden sein. Die unteren Bögen, die bei den erwähnten Formen in sehr starker Ausbildung vorkommen 
— bei den Aistopoden in Gestalt eines ventralen Kammes —, gehen entweder von der Mitte oder von der ganzen 
Ventralfläche des Körpers aus. Niemals haben sie eine intervertebrale Lage. Da sie als ventrale Auswüchse 
der Basiventralia (Hypozentrum) aufzufassen sind, beweist die Art ihres Auftretens hier einmal, daß das 
Hypozentrum stark entwickelt ist, dann aber auch, daß es die Ventralseite des Zentrums bildet. Es erscheint 
danach als sehr wahrscheinlich, daß der Wirbel der genannten Lepospondylen auf dieselbe 
Weise gebildet wurde wie der der Urodelen. 


Der Wirbel der Hylonomiden, Microbrachiden etc. nähert sich dagegen dem anderen 
Typus. Die lose aufsitzenden Bögen zeigen, daß sie an der Bildung des Körpers keinen Anteil 
haben, die im Schwanze auftretenden Bogenbildungen, die dem Hypozentrum entsprechen, beweisen durch 
ihre intervertebrale Lage, daß die Pleurozentra sehr vergrößert sind und den Hauptteil des 


Körpers bilden. Da aber selbständige Zwischenwirbelbildungen — so weit bekannt — niemals im 
Rumpfe und nur gelegentlichim Schwanze auftreten, so ist es wahrscheinlich, daß der Wirbel- 
körper dieser Formen im allgemeinen nicht bloß aus den Pleurozentren — wie bei Sphenodon 


— besteht, sondern, dafß3 an seiner Bildung auch ein kleines Hypozentrum teilnimmt. 


[41] Über die Wirbelsäule und die Rippen holospondyler Stegocephalen (Lepospondyli Zitt.). 103 


Dem Urodelentypus steht auch der phyllospondyle Wirbel nahe. Der Wirbelkörper der 
Phyllospondylen besteht aus dem Hypozentrum und dem von diesem getrenntenoberen Bogen. 
Er entspricht also einem embryonalen Stadium des Urodelenwirbels, da bei ihm die Ver- 
schmelzung des oberen Bogens und des Hypozentrums noch nicht eingetreten ist. 

Da er aber anderseits — wie schon besprochen wurde — nach Jaekel das Anfangstadium 
des temnospondylen Typus vorstellt, so gehen von ihm zwei Reihen der Wirbelausbildung 
der Stegocephalen aus: 

I. Die temnospondyle Reihe: 


1. Pleurozentra gut entwickelt, Hypozentrum kleiner als Pleurozentrum: rhachitomer Typus. 
2. Vergrößerung des Hypozentrums bei gleich bleibenden Pleurozentren: embolomerer Typus. 
3. Weiterwachsen des Hypozentrums, Reduktion der Pleurozentra: stereospondyler Typus. 


II. Die holospondyle Reihe: 


1. Vereinigung des oberen Bogens und des Hypozentrums zur Bildung des Wirbelkörpers; die 
Pleurozentra bilden den Intervertebralknorpel: Urodelentypus (Aistopoda, Ptyonidae etc.). 
2. Ausbildung und Vergrößerung des Pleurozentrums, Hypozentrum reduziert: Hylonomus, 


Microbrachis etc. 


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Abel O.: Der Anpassungstypus von Metriorhynchus. Zentralbl. f. Min. 

Jaekel: Placochelys placodonta aus der Obertrias des Bakony. Resultate d. wissensch. Erforschung des Bala- 
tonsees, I. Band, I. Teil. Paläont. Anhang. Budapest. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. NXT. 14 


DIE ARCHAEOCETI DES ÄGYPTISCHEN EOZÄNS. 


Von 


Dr. Ernst Stromer (München). 


Tatel IV—VII (I—IV). 


Bald nach meiner Publikation, die in dieser Zeitschrift 1903 !) über Archaeocetenreste aus dem 
Eozän Ägyptens erschien, gab Professor Eb. Fraas (1904) eine hochinteressante Beschreibung mehrerer 
älterer Formen und neuerdings hat auch Ch. W. Andrews (1906) in seiner großen Monographie über die 
fossilen Wirbeltiere des Fajüm uns mit einigen wichtigen Resten bekannt gemacht. 

Unterdessen hatte ich wieder Gelegenheit, im Auftrage der Senckenbergischen naturforschenden 
Gesellschaft in Frankfurt a. M. in Ägypten Reste von Archaeoceten zu sammeln und hat der von Herrn 
Prof. Eb. Fraas und mir unterrichtete, ausgezeichnete Sammler Markgraf für das Stuttgarter und 
Münchner paläontologische Museum eine Menge prächtiger Fossilien am Mokattam bei Kairo, im Norden 
des Fajüm und im Uadi Rajän südlich davon gesammelt und endlich fand Prof. Eb. Fraas selbst ein Skelett 
eines Riesenzeuglodon im Norden des Fajüm. 

Infolge der Güte von Herrn Prof. Kinkelin in Frankfurt a. M. und Prof. Rothpletz in München 
wurde mir das gesamte einschlägige Material der betreffenden Museen zur Bearbeitung überlassen und ich 
hoffte, es mit einem so bewährten Kenner fossiler Wirbeltiere wie Herrn Prof. Fraas zusammen behandeln 
zu können. Nachdem aber die Einzelbeschreibung schon längere Zeit hindurch fortgeführt war, konnte er zu 
meinem Bedauern infolge von Überhäufung mit anderer Tätigkeit sich nicht weiter an der Bearbeitung 
beteiligen und überließ sie ganz mir. Für die zuvorkommende Unterstützung, die ich stets bei ihm fand, und 
besonders auch für die Bereitwilligkeit, mit der er mir das prächtige Material der Stuttgarter Sammlung 
zur Verfügung stellte, möchte ich ihm meinen herzlichsten Dank ausdrücken, ebenso aber auch den anderen 
Herren, die mir durch Überlassung des Materials, Auskunft und Hilfe die Arbeit ermöglichten und er- 
leichterten. Zum Schlusse danke ich noch Herrn Prof. V. Uhlig für die Zuvorkommenheit, mit der er 
meine Abhandlung hier aufnahm, und Herrn Assistenten Dr. E. Schütze in Stuttgart für die Hilfe, die er 
mir bei der Korrektur der Zeichnungen leistete, welche bis auf die von Herrn Lorenz Müller dahier 
gezeichnete Rekonstruktion die bewährte Kraft Herrn Birkmaiers in München und Stuttgart fertigte. 


I, EB IEIL, 
1. Vorkommen. 


Die geologisch ältesten Reste ägyptischer und wohl aller bekannten Archaeoceti stammen aus dem 
rein marinen weißen oder hellgelben Kalkstein des unteren Mokattam bei Kairo, also aus dem Mittel- 
eozän (Parisien.. E. Fraas hat 1904, S. 200, 201, nach meinen Befunden ihr genaues Lager schon 
angegeben: Protocetus atavus E. Fraas im basalen, Eocetus (— Mesocetus Fraas 1904) Schweinfurthi E. Fraas 
im oberen Teile. 


') Siehe das Literaturverzeichnis am Schlusse der Abhandlung. 


[2] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 107 


Kaum viel jünger als letzteres dürften die ältesten Reste von Zeuglodontiden des Fajüm sein, 
denn Markgraf fand im Uadi Rajän Schädelstücke von Prozeuglodon Andrews nebst Extremitätenteilen 
einer anderen. kleinen Zeuglodonart, die Zeuglodon Zitteli Stromer sehr nahe zu stehen scheint, wohl in 
gleichalterigen Schichten wie Andrews’ (1906, S. 255 ff.) Original von Prozeuglodon, das 12 km WSW 
des Garet el Gehannem gefunden wurde. Wahrscheinlich stammen sie aus der rein marinen Uadi Rajän- 
stufe Beadnells (1905, S. 35), doch wurde ein in Stuttgart befindlicher Schädel von Prozeuglodon 26 m 
über dem See bei Kasr el Kerun im gelben Sandstein der Birket el Kerun-Stufe Beadnells ausgegraben, 
die entgegen von dessen Ansicht wohl der Basis der oberen Mokattamstufe angehört, also eher ober- 
eozän als mitteleozän ist. 

Nach Beadnells Angabe (1905, S. 39) sind aber schon in der unterlagernden. Ravinestufe an 
der Basis des Garet el Gehannem Reste des großen Zeuglodon Isis Beadnell häufig. Die mir vorliegenden 
stammen wie Andrews’ (1906, S. 240) Original vom Westende des Sees, wohl alle aus demselben gelben 
Sandstein wie der genannte Prozeuglodonschädel. In dieser Schicht der Birket el Kerun-Stufe fanden 
sich übrigens auch die meisten der von mir 1905 beschriebenen Fischreste und die prächtige Säge von 
Propristis Schweinfurthi Dames, die E. Fraas 1907 beschrieb. Derselben Stufe gehören auch die 
von Dames (1883 und 1894) publizierten großen Zeuglodonwirbel an und aus einer ganz wenig höheren, 
sehr harten, eisenschüssigen und daher zum Teil tiefroten Schicht liegen mir die ältesten Schädel und Kiefer 
von Zeuglodon Osiris Dames vor. 

Schon Beadnell hat (1905, S. 44 und 47) dieses Zusammenvorkommen von Zeuglodon Isis und 
Osiris erwähnt, letztere Art herrscht aber dann mit Zeuglodon Zitteli Stromer zusammen allein in der 
wohl obereozänen Kasr es Sagha-Stufe Beadnells, aus welcher auch ihre von Schweinfurth zuerst ge- 
fundenen Reste stammen. Sie ist dort noch in den oberen Schichten vertreten, wie ein von mir aus- 
gegrabener Frankfurter Schädel beweist, während die großen Zeuglodonten die Kerun-Stufe nicht überdauern. 

Wenn auch hier Reste von Süfswasser und selbst Landbewohnern mit ihnen vorkommen, dürften 
diese jüngsten Archaeoceti doch marine Tiere gewesen sein, deren Kadaver nur an einer Flachküste strandeten, 
aber es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Tiere auch in die dort befindlichen Flußmündungen eindrangen. 

Es ist von Interesse, hiezu zu erwähnen, daß einige der Reste von Zeuglodon Osiris und Isis der 
Birket el Kerun-Stufe mit Balaniden von 8—9 mm Durchmesser und mit jungen Austern sogar in der Orbita 
und im Neuralkanal der Wirbel besetzt sind und daß Reste eines Individuums von Z. /sis durcheinander 
geworfensich fanden. Offenbar wurden die betreffenden Kadaver durch Fische, Krebse und Verfaulen von allen 
Weichteilen befreit und lagen dann noch lange unbedeckt. Aus der Kasr es Sagha-Stufe- liegen aber 
mehrere Schädel vor, bei welchen beide Unterkiefer noch in den Gelenken in natürlicher Lage waren, hier 
fand also wohl die Einbettung in meist tonige Schichten rasch statt. 

Nach allem ist also der kleine Profocetus am ältesten, der große Focefus jünger, noch etwas 
mehr das Prozeuglodon welches mit dem großen Zeuglodon Isis gleichalterig ist und mit dem ein Zeug- 
lodon cfr. Zitteli auftritt. Mit den jüngsten Zeuglodon Isis kommen ein sehr wenig bekanntes Riesen- 
Zeuglodon mit kurzen Wirbeln und die ältesten Zeuglodon Osiris vor. Dieses und Zeuglodon Zitteli 
bilden dann den Schluß in Schichten, welche dem Bartonien Englands mit Zeuglodon Wanklyni Seeley 
gleichalterig, sein dürften. Bis zu einem gewissen Grade lassen sich also die Archaeoceti Ägyptens zur 
Gliederung des dortigen Mittel- und Obereozäns verwerten, wie es auch mit den Seekühen der Fall 


sein wird. 


2. Einzelbeschreibuns. 


Anschließend an die Bezeichnung in meiner ersten Abhandlung (1903) führe ich die Reste des 
Münchner, Stuttgarter und Frankfurter Museums mit Mn., St. und Fr. numeriert an und gebe in Tabellen 
(S. 140 ff.) die wichtigsten Maße. Bei der Schilderung der Zeyglodontiden gehe ich von dem am besten 
bekannten Zeuglodon Osiris (abgekürzt Z. O.). aus, mache aber zunächst noch Nachträge zu der Beschrei- 


bung von deren Vorläufern. 
14* 


108 Dr. Ernst Stromer. [3] 


Protocetus atavus E. Fraas (1904, Taf. V (I), Fig. 20 und 21). 


Zu den selten schönen von Fraas (1904, S. 201—217, Taf. ı, Fig. I, 2, Taf. 2, Fig. Iı—-9 und 
Taf. 3) vorzüglich beschriebenen und abgebildeten Resten kamen leider nur einige isolierte Wirbel (St. 2), 
ein konischer Zahn (Mn. 1) und ein Schädelrest aus der Stirn-Schläfenregion mit Bulla (Mn. 2) als neu von 
dem gleichen Fundorte hinzu. 

Der konische, oben abgekaute Zahn Mn. ı hat eine seitlich etwas platte Krone, die 17 cm lang, 
ı cm dick und über 1'9 cm hoch ist. Sie ist etwas rückbogen und mit schwach runzeligem Schmelz 
bekleidet, die Außenseite stärker gewölbt, Vorder- und Hinterrand kantig, während die einfache, im Quer- 
schnitt ovale Wurzel etwas nach hinten gerichtet ist. Es ist wohl ein Schneidezahn. 

Zu den Zähnen des Originalschädels möchte ich bemerken, daß der C. zweiwurzelig sein könnte 
und der P.4 und M.3 sicher, der P.3, M.ı und M. 2 wahrscheinlich dreiwurzelig sind. Der Schmelz reicht 
zwar auf der inneren Wurzel tiefer herab und die Krone ist hier gewölbter, so dafs der Querschnitt ihrer 
Basis dreieckig wird, von einem Innenhöcker ist aber so wenig die Rede wie bei den hierin ganz ähnlichen 
Milchmolaren von Zeuglodon Osiris und Isis. 

Zu dem dorsal und ventral völlig bilateral symmetrischen Originalschädel sind auch einige Bemer- 
kungen und Ergänzungen nach dem Stück Mn.2, das von einem gröfseren Individuum stammt, zu machen. 

Es zeigt, daß die über 14°5 cm langen Nasalia hinten nicht durch einen Proc. nasalis des Stirn- 
beines getrennt werden, daß die Prämaxillae 7'8 cm vor ihrem Hinterende auslaufen, daß von ihm aus 
die Naht zwischen Maxilla und Frontale nach außen, etwas unten und vorn läuft und daß endlich die 
Naht zwischen Frontale und Parietale am Schädelbalken 9°5 cm hinter dem Ende der Nasalia sich nach 
unten etwas hinten gegen das Foramen opticum zu herabzieht. 

Während man an Fraas’ Original (St. ı) ferner nur sieht, daß unter der etwas verdrückten Orbita 
ein fast gerades, seitlich plattes Jugale wie bei Z. Osiris sich hinzieht, konnte ich an dem Münchner 
Stück (Mn. 2) die Seitenwand des Schädels besser präparieren als bei den Zeuglodon-Schädeln. 

Wie an jenen zieht eine in der Mitte des Orbitadaches beginnende scharfe Kante nach hinten 
etwas unten zum Unterrand der großen Fissura sphenorbitalis, die etwa ober dem Hinterende der Palatina 
liegt. Sie bildet die ventrale Grenze einer Furche, in welcher eine Längskante vor der genannten Fissura 
beginnt und sich etwa unterhalb des freien Hinterrandes des Frontale mit ihr vereinigt. Die dorsale Grenze 
der Furche wird auch von einer scharfen Kante gebildet, welche an der Unterseite des genannten Hinterrandes 
beginnt und dann der ventralen Kante parallel am Schädelbalken nach hinten zur Naht des Frontale und 
Parietale zieht und ungefähr dort das Foramen opticum dorsal begrenzt. Die hier sehr dünne Wand des 
Schädels ist leider an diesen Foramina etwas lädiert, ebenso auch an sämtlichen Zeuglodon-Schädeln, so 
daß sich ihre ganz genaue Lage und die Knochengrenzen nicht feststellen lassen. 

In der Orbita selbst finden sich übrigens oben zwischen den Vorderenden der zwei Kanten vier 
kleine Foramina, wohl Gefäßlöcher, vorn unten im Inneneck aber ein großes Foramen sphenopalatinum 
und seitlich und etwas außen und oben von ihm der Eingang des Canalis infraorbitalis, während der 
Canalis lacrymalis vor der Orbita zu beginnen scheint. 

Während in all diesen Verhältnissen Übereinstimmung mit Z. Osiris herrscht, finden sich an der 
Hirnschädelbasis von Fraas’ Original deutliche Unterschiede. Zwar ist der Gaumen auch noch durch die 
Pterygoidea ventral überdacht, aber dahinter ist die Mitte der Schädelbasis nicht so konkav und besitzt 
nur kleine Fortsätze an der Innenseite der Bulla. Vor letzterer ist nur Platz für eine kleine Fossa ptery- 
goidea, außen an ihr ist keine kantig von der Schläfengrube abgegrenzte Fläche, sondern ein gerundeter 
Übergang und hinten endlich legt sich der kleine Proc. paroccipitalis an die Mitte der Bulla-Hinterseite 

n, da er im Gegensatz zu dem des Z. Osiris etwas nach vorn gerichtet ist. Median von ihm liegt das 
For. lacerum posterius und seitlich durch einen schwachen Einschnitt getrennt und durch eine Quernaht 
vom Exoccipitale geschieden ein gerundeter Proc. mastoideus ähnlich wie bei Z. Osiris. Auch die Gesamt- 
form und die relativ bedeutende Größe der Bulla, die bei St.ı 5'3—5'4 cm lang und bis 3'8 cm breit, 
bei Mn. 2, Taf. II, Fig. 21, sogar 7'I cm lang und 5 cm. breit ist, beweist die nahe Verwandtschaft zu ihm. 


[4] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 109 


Nur ist die Furche vom Hinterende der Bulla aus an der Ventralseite bei St. ı deutlich, bei Mn. 2 verflacht 
schräg nach vorn innen fortgesetzt und dorsal ist der schmale niedere vordere Teil der massiven Innen- 
wand vom hinteren, der viel breiter und hoch gewölbt ist, schärfer getrennt als bei Z. Osiris. 

Von den isolierten Wirbeln St. 2 ist nur ein Epistropheus Taf. II, Fig. 20, bemerkenswert. Er 
besitzt einen sehr starken ventralen Längsrücken und sein zapfenförmiger Zahnfortsatz hat jederseits eine 
Längskante, wodurch er dem von Z. Zitteli Stromer (1903, Taf. X (II), Fig. ı) ähnlicher wird. Die vorderen 
Facetten, die wie der Proc. spinosus an Fraas’ Original St.ı lädiert waren, sehen nach vorn etwas 
außen, sind flach und vom Neuralbogen scharf abgesetzt, der Proc. spinosus ragt nach hinten oben und 
sein stumpfer Hinterrand wird unten kaum breiter. Im ganzen ist also der Epistropheus dem des Z. Osiris 
Taf. I, Fig. 8, recht ähnlich, 

Die Brustwirbel von St. ı sind aber in der Tat in der Gestaltung der Gelenke z. B. an der ı. und 
2. V.thor. und in der Antiklinie recht Landraubtier ähnlich.!) Eine von Fraas (l. c., S. 213) irrtümlich als 
V. thor. intermedia bezeichnete V. thoracolumbalis (= V. th. 1.) ist übrigens durch den Besitz deutlicher 
Tubercula psoatica wie bei Zeuglodon Mn. 4 (Stromer, 1903, S.77, Taf. XI (IV), Fig. 8) bemerkenswert. 

Die Vert. lumbales haben einen relativ großen Canalis vertebralis und hohe Dornfortsätze und 
zeichnen sich vor denjenigen des Z. Osiris, welchen sie im Mangel von Anapophysen gleichen, noch 
dadurch aus, daß sie normale vordere und hintere Gelenke besitzen und daß ihr ein wenig nach vorn 
gerichteter, schlanker Querfortsatz nach unten gebogen ist. 

Die V. sacralis (Fraas Il. c., Taf. III, Fig. 8) hat dagegen breite, gerade, oben am Ende verdickte 
Querfortsätze. Ihr Körper und Neuralbogen ist etwas verquetscht und, was Fraas (l.c., S. 214) für einen 
Proc. obliquomammillaris hielt und abbildete, ist der schräg gedrückte Proc. spinosus. Was die Zahl 
der Wirbel anlangt, so darf man sicher 7 Halswirbel und wohl etwas über ein Dutzend Brustwirbel 
annehmen und Lendenwirbel sind nach Fraas sieben vorhanden. Ob aber der Vert. sacralis sich nicht 
noch weitere anschlossen und wie sich der Schwanz verhielt, ist leider unbekannt. In bezug auf die Länge 
der Regionen möchte ich gegenüber den Angaben von Fraas (l. c., S. 215) für den Hals wenig über 
25 cm, für die Brust aber über 50 cm, für die Lendenregion wenig über 30 cm annehmen. Die Reste aus 
dem Fajüm, Z. Zitteli u. s. w. endlich, welche Fraas (1904, S. 216) zu Protocelus rechnete, gehören 
nicht dazu. 

Eocetus Schweinfurthi E. Fraas. (1904, resp. 1905, S. 385 Anm.) 


— Mesocetus E. Fraas, 1904; non — Mesocetus von Beneden, 1879 oder Mesocetus Moreno, 1892). 


Zu dem Fraasschen Originalschädel St. 1. (1904, S. 217, Taf. I, Fig. 3) möchte ich bemerken, 
daß der Hinterrand der Nasenöffnung etwa 30 cm hinter dem Schnauzenende ober dem hinteren Teile 
des P. ı, also ähnlich wie bei Protocetus weiter vorn als bei Z. gelegen ist. Dieser Zahn hat anscheinend 
zwei gleichartige Wurzeln und war nach ihnen 4 cm lang, 1'6 cm dick, also lang und seitlich platt und 
hinter ihm liegt ein 2'9 cm langes Diastema; die hinteren zweiwurzeligen Zähne vor der Orbita folgten 
sich aber in geschlossener Reihe. Die Zahnzahl ist leider nicht genau feststellbar und ebenso auch nicht, 
ob der M.3 (Fraas, Taf. II, Fig. Ir) wirklich drei Wurzeln hatte. 

Die Orbita, das stabförmige, seitlich platte Jugale und der starke Proc. zygomaticus Squamosi 
sind ganz Zeuglodon-artig, die Unterseite des Hirnschädels aber ist leider zerstört, so daf sich nicht ent- 
scheiden läßt, ob sie mehr Protocetus oder Z. glich. 

Zu der Art gehören die von mir (1903, S. S3—85, Textfig. 1) beschriebenen großen Lenden- 
wirbel, die ganz Zeuglodon-artig sind, nicht aber die Wirbel aus dem Fajüm, die Dames (1883, S. 129) 
beschrieb. Den Lendenwirbeln desselben Individuums reihen sich zwei gut erhaltene (Fr. I) an, die ich 
an der Fundstelle herausmeißeln ließ. Sie zeigen nichts Neues, als daß ihr Proc. spinosus niederer ist 
und die Querfortsätze kurz und am Ende abgestutzt sind. 

Einem kleineren, nicht ausgewachsenen Tiere gehören drei Wirbel (St. 3) an, von welchen nur eine 


vordere V. lumbalis bis auf die Epiphysen vollständig ist. Der Körper ist über 13°5 cm lang, vorn 8 cm 


!) Siehe meine ausführliche Beschreibung der Wirbel der Landraubtiere, 1902! 


IIO Dr. Ernst Stromer. [5] 


breit und 6°5 cm hoch und ventral platt. Uber dem niederen Neuralbogen erhebt sich vertikal ein platter, 
9'5 cm hoher Dornfortsatz. Die nur I'5 cm langen abgestutzten Querfortsätze, welche in ganzer Körper- 
länge unten an dessen Seite entspringen, ragen gerade nach außen etwas vorn und wenig unten. 

Die Proc. obliquomammillares endlich sind stark, die Postzygapophysen dagegen nur ganz klein, 
Gelenkfacetten sind nicht vorhanden. 

Leider kennt man außer dem Schädel und diesen Lendenwirbeln nichts von diesem Genus. 


Zeuglodon Osiris Dames (1894, S. 191—197, Taf. I, nicht S. 197 ff, Taf. I1—V). 


> > » (Elliot Smith, 1903, S. 322 ff, Textfig. I). 
» >» » (Stromer, 1903, S. 66-70, Taf. I, II und Taf. III, Fig. 5). 
» » (Andrews, 1906, S.236— 239, Taf. XX, Fig. 8, 8 a, Textfig. 77). 


Prozeuglodon atrox Andrews p. p. (Andrews, 1906, S. 252—256, Textfig. 83). 
Tafel IV (I), Tafel V (II) außer Fig. 7—1I, 15—21 und 27, Maßtabelle, S. 140 ft. 


Abgesehen von dem von mir (1903) beschriebenen Schädel mit Unterkiefer und Paukenbein Mn. I und 
dem Unterkiefer Mn. 2, die sicher zu derselben Art wie das Original von Dames 1894, der Berliner Unter- 
kiefer, gehören und wie er aus der Kasr es Saghastufe stammen, liegen mir noch folgende Reste aus dem 
Norden des Fajüm vor: 

Mn. 9. Weißliche Reste eines nicht ausgewachsenen Individuums aus feinkörnigem, graugrünlichem, 
weichem Sandstein der Saghastufe. Ein fast vollständiger, wenig verdrückter Schädel mit dabei liegenden 
beiden Paukenbeinen und Unterkiefern, Stylohyale, den 7 Hals- und 5 vorderen Brustwirbeln und einer 
V. thoracolumbalis, 7 vorderen Rippen, letztere wie meiste Wirbel ohne Epiphysen, Manubrium Sterni, 
rechter Scapula und Humerus mit isoliertem Kopfe. Die Zähne sind fast ohne Schmelz, zum Teil im Wechsel 
begriffen und liegen teilweise ausgefallen vor. 

Originale zu Taf. I, Fig. ı 6, 8—-IA, Taf. II, Fig. 1, 36, 22, 24, 25. 

Mn. 10. Dunkelbrauner unverdrückter Schädel aus rotem Eisenstein, wohl aus der obersten Kerun- 
stufe. Er ist bis auf das Schnauzenende, die Stirnecken, Jochbeine und meisten Zähne vollständig. 

Mn. ıı. Schädel wie voriger, nur klein. Prämaxillae, Bullae, Jochbogen, Stirnecken und die Kronen der 
Milchzähne fehlen. Dafür linker Unterkiefer mit Pd. 2—M. ı fast vollständig und Bruchstück des rechten 
mit durchbrechenden M. ı und M. 3 erhalten. 

Mn. 12. Vereinzelte, wahrscheinlich hieher gehörige Reste aus der Kerun- und Saghastufe, vor 
allem Wirbel. 

Fr. 1. Gelber, kleiner Schädel aus gelbem, blättrigem Mergel im oberen Drittel der Saghastufe 
nördlich von Dimeh. Milchzähne mit Schmelz und Unterkiefer in natürlicher Lage erhalten, Hirnschädel 
bis auf die Condyli verwittert. Steinkerne der Bullae und lädierte vordere V. lumbales dabei. 


Original zu Taf. I, Fig. 7. 
Fr. 2. Hintere Hälfte eines Jochbogens mit Unterkiefergelenk. Grau aus grauem Mergel im obersten 
Drittel der Sagastufe nördlich von Dimeh. Gehört zu Z. Osiris oder Zitteli. 


Fr. 3. Gelber Steinkern der Nasenhöhle von ebenda. Gehört zu Z. Osiris oder Zitteli. 

Fr. 4. Gelber Kalksteinkern der Hirnhöhle aus Kalkstein mit Conchyliensteinkernen auf der Haupt- 
knochenschicht der Saghastufe, einige Stunden nördlich des Westendes der Birket el Kerun. Gehört zu 
Z. Osiris oder Zitteli. 

Fr. 5. Braune Wirbel eines Individuums aus Mergel der Saghastufe westlich von ebenda, 2 V. thora- 
columbales und 8 V. lumbales Körper, Fortsätze fast ganz abgebrochen. 

St. 2. Weißgelber Schädel aus gipshaltigem Mergel der Saghastufe; fast vollständig, aber ein wenig 


dorsoventral verdrückt und Zahnschmelz zerstört. 


6] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. Ill 


St. 3. Hellgelber, kleiner Schädel aus hellbraunem, festem Kalksteine der Saghastufe, unverdrückt, 
ohne Jochbogen, zum Teil noch mit Milchzähnen’ mit Schmelz. Ventral nur vorn präpariert, oben und rechts 
Steinkerne der Schädelhohlräume bloßgelegt. 

Original zu Taf. II, Fig. 12, 13. 

St. 14. Graugelber linker Unterkiefer aus gipshaltigem Mergel der Saghastute, Zähne ohne Schmelz. 

St. ıı. Grauweiße Wirbel aus grauem zum Teil roten Mergel der Saghastufe. Zusammenhängende 
Reihe von 14 V. lumbales und caudales, etwas verdrückt. 

Originale zu Taf. I, Fig. I, 15—17. 

St. Iz. Isolierte Zähne, isolierte gelbliche linke Bulla, zusammengehörige rechte graue Ulna und 
Radius, seitlich platt gedrückt. Isolierter Radius, gelblich, ohne untere Epiphyse, isoliertes, gelbes Xiphi- 
sternum. Wohl aus der Saghastufe. Vielleicht zu Z. Zitteli gehörig. 

Originale zu Taf. II, Fig. 2, 14, 26, Io, IL, 23. 


A. Gebiß. 
Aıa. Bleibendes Gebiß des Unterkiefers. Taf. I, Fig. ı, 2, 5, Taf. II, Fig. 3. 


Die vorderen Zähne bis zum P. 2 sind stets durch Lücken isoliert, von. welchen die zwischen ]. I 
und J 2, weniger die hinterste P. 2—P. 3 recht kurz sind. Die Länge der Lücken schwankt übrigens ziemlich, 
so sind diejenigen vor und hinter dem P. ı von St. 14 sehr kurz, weil die P. hier länger als sonst sind. 
Die Alveole des J. ı befindet sich ganz vorn dicht am Symphysenrand, J. 2 bis P. 1 und weniger P. 2 sind 
etwas von ihm nach außen gerückt, während P. 3 bis M. 3 auf dem schmalen, nach hinten ansteigenden 
Alveolarrand so dicht hintereinander stehen, daß der Hinterrand der Krone manchmal außen am Vorder- 
rande des folgenden Zahnes liegt. 

Der J.ı ragt deutlich, J. 2 bis P. ı nur etwas nach vorn, die weiteren Zähne stehen senkrecht. Die 
J., der C. und P. ı sind alle einfach konisch mit einer geschlossenen, etwas nach vorn konvexen langen 
Wurzel, die etwas nach hinten ragt. J. I nur bei Mn. ı erhalten, bei Mn. 9 eben im Erscheinen, Taf. II, 
Fig. 3, ist schlank und etwas rückgebogen, im Querschnitt ein wenig längsoval. Die anderen Zähne sind 
ihm ähnlich, nur weniger gebogen und stärker, besonders der C. und P. ı und letzterer ist mehr längsoval. 
(Stromer, 1903, Taf. VIII (I), Fig.7.) Der Schmelz ist wenigstens außen stets glatt, am J. ı und P. ı 
unbekannt, an den anderen vorn und hinten ganz schwach kantig. 

P. 2 bis M. 3 haben alle zwei deutlich getrennte, geschlossene Wurzeln, die spitzwinkelig zusammen- 
stoßen. Ihre Krone ist seitlich platt und mit einer vorn und hinten kantigen Hauptspitze versehen, ‚unter 
welcher hinten, zum Teil auch vorn Nebenzacken stehen, welche hinten stets stärker als vorn ausgebildet sind 
und basalwärts kleiner werden. Der Schmelz ist höchstens innen unten mit ganz leichten vertikalen Rurzeln 
versehen und endet unten über jeder Wurzel mit einer konvexen Grenze, die mit der nebenstehenden in 
der Mitte stumpfwinkelig zusammenstößt. 

Der P. 2, der bei St. 14 auffällig lang ist, ist deutlich kürzer als der P.3 und P. 4. Seine starke 
Hauptspitze fällt vorn steil ab, doch sind hier unten, bei Dames’ Original höher oben ein oder zwei kleine 
Höckerchen am Vorderrand, während am weniger steilen Hinterrand in halber Kronenhöhe zwei deutliche 


und ein bis zwei sehr kleine Nebenzacken beginnen. 


Der P. 3, bei St. 14 auch besonders lang, schwankt sehr in seiner Länge. Seine Krone hat vorn drei 
deutliche, hinten drei größere und einen kleinen Nebenzacken, so daß der Hinterrand weniger steil abfällt; 
auch ist hinten innen ein Basalwulst angedeutet. 

Der P.4, so groß wie er, unterscheidet sich nur durch etwas stärkere, höher oben beginnende 
Nebenzacken des Vorderrandes. 

Die M. sind viel kürzer, aber ihre Länge schwankt sehr, sie ist aber bei Mn.9 nur durch Verquellen 
besonders groß. Ihre Krone ist vorn sehr steil und hinten weniger dick und mit drei Zacken versehen. 
Der fast senkrechte Vorderrand des M.ı ist scharfkantig und außen an der Kante für die Aufnahme des 
Hinterrandes des vorhergehenden Zahnes rinnenförmig, vertieft. Am langsam abfallenden Hinterrande folgen 
sich drei deutliche Nebenzacken, 


Dr. Ernst Stromer. [7] 


Der kürzere M. 2 hat die Rinne am Vorderande unten auch außen schwach begrenzt. Er fehlt 
auffälligerweise bei Mn.2 und Mn.ıı, wo der M.ı und M.3 schon vorhanden sind. 

Der M. 3 eben länger als der M. 2 unterscheidet sich nur durch seinen etwas steileren Hinterrand 
und hat bei Mn. ı1, wo er im Durchbrechen begriffen ist, rechts einen kleinen Nebenzacken in halber 


Höhe des Vorderrandes. 
Aıb. Milchzähne des Unterkiefers. Tafel I, Fig. 6. 


Die Jd und Cd, die wohl bei Mn. ıı und Fr. ı vorhanden sind, während sie bei Mn. 9 (Taf. II, Fig. 3) 
schon ausfielen, scheinen sich von den J. und C. nur durch geringe Größe zu unterscheiden, Den C. konnte 
ich übrigens wie den P.ı und P.2 nirgends im Wechsel beobachten und den Pd ı überhaupt nicht. Bei 
Mn. ıı ist wenigstens die Basis des zweiwurzeligen Pd 2 erhalten, die kürzer als die des P.2 ist. 

Der Pd 3, bei Mn. ıı und wohl auch bei Dames’ 1894, Original vorhanden, unterscheidet sich von 
dem P,3 höchstens durch etwas geringere Größe. Der Pd 4 aber, welcher bei Mn.og beiderseits durch die 
nachdrängenden P. 4 herausgeschoben vorliegt Taf. I, Fig. 6, und wohl auch bei St. I4 noch vorhanden 
ist, ist länger als der P.4, dem er im ganzen gleicht. Er hat aber einen steileren Vorderrand mit vier kleinen 
Nebenzacken und einem schwachen Basalwulst und einen weniger steilen Hinterrand mit drei großen und 


einem ganz kleinen Nebenzacken, ist also in seinem Profil ein wenig M. artig. 


A2a. Bleibendes Gebiß des Zwischen- und Oberkiefers. Taf. I, Fig. ı, 2, Taf. II, Fig. 1. 


Die Stellung der oberen Zähne ist insofern die gleiche wie die der unteren, als der J.ı bis P.2 
durch Lücken isoliert sind, von welchen die hinterste nur sehr kurz ist, während die P.3 bis M.2 so dicht 
hintereinander sich folgen, daß der Hinterrand der P. manchmal außen am Vorderrand des nächsten Zahnes 
liegt. J. 1 und J.2 sind etwas, J.3 und C.' nur wenig nach vorn gerichtet; die weiteren Zähne stehen senk- 
recht, nur ist der P.4 bis M.2 ein wenig nach innen geneigt. Der J. I befindet sich übrigens nicht ganz 
am Schnauzenende, während die M unterhalb der Augenhöhle stehen. 

Die oberen Zähne greifen bei geschlossenem Maule außen zwischen die unteren ein, es sind ja für 
die Hauptspitze der J., des C. und des P.ı und P. 2 tiefe Gruben am Unterkiefer außen zwischen je zwei 
Zähnen vorhanden, während sie weiter hinten nur recht schwach sind. Umgekehrt sind für die unteren 
Zähne tiefe Gruben außen am Zwischenkiefer vorhanden, die am Oberkiefer nach innen rücken, so daß die 
Grube für die Spitze des unteren P. 2 schon am Kieferunterrand zwischen P. ı und P.2 liegt und die zwei 
folgenden innen am Gaumen am Vorderende des P.3 und P.4. Hinter dem P.4 endet der harte Gaumen, 
so daß die Spitzen der unteren M. innerhalb der aberen ungehindert eingreifen können. So weit übrigens 
Abkauung erkennbar ist, erscheint sie am Vorderrand der hinteren P. und der M. stärker als am hinteren. 

Wie unten sind die drei J,, der C. und P.ı ziemlich gleichartig, einfach konisch und ihre lange 
geschlossene Wurzel ist etwas noch vorn konvex und etwas bis wenig noch hinten gerichtet. 

Die J., deren Schmelz unbekannt ist, haben einen etwas längsovalen Querschnitt, vom C., der ein 
wenig stärker ist, ist bei Mn. Io wenigstens die untere Hälfte gut erhalten und zeigt vorn und hinten eine 
scharfe Kante und innen deutliche vertikale Runzeln, die sich basalwärts sehr spitzwinkelig verästeln. 

Der P. ı hat einen noch mehr längsovalen Basalquerschnitt (Stromer, 1903, Taf. VIIL(T), Fig. 6) und 
bei Mn. 1, wo wenigstens ein Schmelzrest erhalten ist, nur ganz schwache Runzeln. Seine Wurzel zeigt eine 
Vertikalfurche als Andeutung einer Zweiteilung, 

Der P.2 bis M. 2 haben wie unten alle zwei deutlich getrennte, sehr spitzwinkelig zusammenstofende 
Wurzeln und seitlich platte, hinten und meist auch vorn zackige Kronen mit einer vorn und hinten scharf- 
kantigen Hauptspitze und ihr Schmelz ist basal ebenso begrenzt wie dort. 

Der ziemlich lange P. 2 hat eine ungefähr gleichschenkelige, vorn und hinten gleich dicke Krone, 
deren scharfer Vorderrand keine Zacken trägt, während hinten zwei bis drei deutliche Zacken sich finden. 
Sein Schmelz ist leider nicht erhalten. 

Der nur manchmal ein wenig längere P. 3 hat hinten innen die Kronenbasis wie die hintere Wurzel 
deutlich verdickt und der nur bei Mn. ı an seiner Innenseite zum Teil erhaltene Schmelz ist hier ganz fein 
vertikal gerunzelt und reicht wohl hinten tiefer als an der vorderen Wurzel herab. Am steileren scharfen 


[8] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 113 


Vorderrand ist nur ein deutlicher und ein schwacher Nebenzacken sowie ein schwacher Basalwulst vor- 
handen, hinten aber sind zwei starke und ein ganz schwacher Nebenzacken ausgebildet. 


Der P.4 verhält sich in seinen Wurzeln wie der vorige Zahn und sein sonst glatter Schmelz ist 
auch nur hinten innen ganz schwach runzelig. Er ist aber eben bis deutlich kürzer als er und hat vorn 
unter zwei Zacken noch einen kleinen basalen Zacken, hinten aber auch nur drei, so daß sein Profil ziemlich 
gleichschenkelig erscheint. 


Die M..sind wie unten deutlich kleiner als die hinteren P., aber in ihrer Form weniger von ihnen 
verschieden. Der M.ı viel kürzer und auch niederer als der P.4, aber in der Größe stark variabel, hat eine 
nur wenig verdickte hintere Wurzel und vorn und hinten zwei Nebenzacken, wovon der untere vordere nur 
sehr schwach ist, so daß der Vorderrand steiler als der hintere erscheint. Der bei Mn. ro erhaltene Schmelz 
ist glatt und bildet vorn unten einen schwachen Basalwulst. 


Der M.2 endlich ist noch kleiner und kürzer als der M.ı, sonst aber ihm ganz ähnlich, nur daß 
er vorn und hinten bloß einen deutlichen und hinten darunter noch einen schwachen Nebenzacken besitzt 


A2b. Milchgebiß des Zwischen- und Oberkiefers. Taf. I, Fig. 7, Taf. II, Fig.. 13. 


Während am Unterkiefer von Mn.g der Zahnwechsel auch das P.4 zu beobachten war, läßt er sich 
oben nur an dem Hervorbrechen der Spitze des J. 3 erkennen und bei St.2 scheint rechts vorn am P. ı 


ein schlecht erhaltener Pd. ı pathologischer Weise noch vorhanden. 


Die bei Fr. ı und St. 3 erhaltenen Jd. und Cd. verhalten sich wie die J. und C., ihr Schmelz ist 


wenigstens außen, glatt. 


Der Pd. ı, Taf. I, Fig. 7, nur 25 cm lang und I cın dick, ist konisch, aber etwas seitlich platt, 
sein glatter Schmelz ist vorn und hinten scharfkantig und hat unten vorn einen ganz kleinen, hinten bei 
Fr. I einen wenig größeren Nebenzacken und hier darunter noch ein Höckerchen. 


Der Pd. 2, von welchem bei St. 3 die Außenseite, bei Mn. II die Basis erhalten ist, unterscheidet sich 
von dem P.2 durch seine geringere Größe, auch trägt sein scharfer steilerer Vorderrand unten einen 
Nebenzacken, während hinten zwei deutliche vorhanden sind. Sein Schmelz ist außen glatt, innen hinten 
aber senkrecht runzelig. 


Der Pd. 3 ist bei St. 3 so lang; als der P. 3 und ebenso gestaltet, nur hat er vorn drei Neben- 
zacken. Vor allem aber ist wichtig, daß bei Mn. ıI, wo nur die Zahnbasen erhalten sind, an ihm wie am 
Pd. 4 innen hinten die Krone verdickt ist mit tiefer herabreichendem Schmelze und daß hier eine dritte innere 
Wurzel vor dem Hinterende etwas schräg nach innen geht. 


Der Pd. 4 hat bei Mn. ıı außer den drei Wurzeln unter der Zahnmitte sogar noch eine schwache 
vertikale vierte, wie es Andrews (1906, S. 251) auch bei seinem Prozeuglodon einmal fand. Der Zahn, 
dessen Kronenaußenseite bei St. 3 erhalten ist, ist fast so lang als der Pd. 2, also kürzer als der Pd. 3 
oder Pd. 4, hat außen einen glatten Schmelz und vorn und hinten je zwei deutliche Nebenzacken sowie 
hinten auch einen kleinen Basalwulst. | 


Z. Osiris hat also einen vollständigen Zahnwechsel, der selbst bei Vorhandensein aller M. noch 


nicht vollendet ist, also sehr spät eintritt, wie vor allem das schon so große Individuum Mn. 9 beweist. 
3.1.4.2 
N Domes 


stark oben heterodont und die M. viel schwächer als die hinteren P., die vorderen Zähne J. bis P. ı aber 
gleichartig und einfach. Abgesehen von den M sind ferner die oberen und unteren Zähne nur sehr 


Seine Zahnformel ist demnach, wie ich 1903 schon aussprach Die Backenzähne sind unten, weniger 


wenig: verschieden. Während aber unten die geschlossene Zahnreihe P. 3—M. 3 nur etwas kürzer als die offene 
J. ı—-P. 2 ist, ist sie oben nur ungefähr halb so lang. Die Milchzähne sind bis auf die hinteren Pd. fast 
nur in der Größe von den bleibenden verschieden, unter welchen übrigens die oberen und unteren M. und 
die unteren hinteren P. sehr stark in ihrer Größe schwanken. Wichtig ist endlich der Nachweis von drei 
Wurzeln an den letzten zwei oberen Milchmolaren, während ihre Nachfolger P. 3 und P. 4 nur eine Ver- 
dickung: der hinteren ihrer zwei Wurzeln zeigen. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 15 


114 Dr. Ernst Stromer. [9] 


B. Unterkiefer und Zungenbein. Taf. I, Fig. 1, 2, 5, Taf. II, Fig. 3. 


Die Abbildungen zeigen die Form der Unterkiefer so gut, dafs hier nur das Wichtigste hervorzuheben 
ist. Die Unterkiefer sind sehr lang, schlank und nieder, ihre lange, nie aukylosierte Symphyse reicht bis zum 
P. 2 und dann weichen die beiden Äste so wenig auseinander, daß der Zungenraum ziemlich schmal ist. 
Der Unterrand ist nur hinten ein wenig konvex ur.d endet in einem fast rechtwinkeligen Eck, der Oberrand, 
dessen Zahnbesatz und Gruben auf Seite ıır und 112 besprochen sind, steigt schon unter den hinteren 
Zähnen etwas, dann stark und konvex zu einem breiten, mäßig hohen Proc. coronoideus an. An der flachen 
Innnenseite ist unter ihm der hohe Eingang des außerordentlich weiten Canalis alveolaris, während an der 
etwas gewölbten Außenseite von dem P. 2 an bis vorn nur sehr kleine Foramina sich finden. 

Das Gelenk endlich ragt nach hinten vor, sein flach-konkaver Oberrand liegt in der Höhe der 
Basis des M. ı, also tief. Der gerade Innenrand und etwas konvexe Außenrand vereinigen sich unten in 
einer starken Konvexität. Es ist eine Rolle, die nach hinten etwas oben konvex und etwas breiter als 
hoch ist und dem Kiefer nur Drehbewegungen um eine horizontale Querachse erlaubt. 

Endlich ist zu erwähnen, daß bei dem Wachstum besonders der vordere Teil sich streckt, denn bei 
den kleinen Kiefern ist der Abstand von der Spitze zum P. 2 kürzer als der Abstand P. 2—M. 3, bei 
großen wird das Verhältnis gleich oder sogar umgekehrt. 

Vom Zungenbein liegt leider nur ein Stylohyale Mn. 9 vor, ein sehr schlanker, wenig gebogener 
Stab von 18 cm Länge und 0°7:0'8 cm Dicke mit etwas verdickten Enden, wovon das eine abge- 
plattergiste WarelaRioem) 


& Seneklok Tan I, Be 1, 2, Ta II, Die 1, 2, 2, 2 


Die Gestaltung des Schädels ist aus den Abbildungen zwar klar ersichtlich, da aber Z. Osirzs als 
Ausgangspunkt der Betrachtung der übrigen Zeuglodontidae besonders wichtig ist, müssen die Details doch 
erörtert werden. 

Besonders auffällig an ihm ist die starke, etwas wechselnde Streckung der Schnauze und des 
Schädelbalkens, die Breite der Stirn und die Größe der Schläfengruben. Die Basis ist, abgesehen 
davon, dafs das Gaumendach hinten etwas nach unten sich neigt, gerade, das obere Profil steigt langsam 
nach hinten an und die Hinterseite ist nur ganz schwach vorgeneigt. Der Hirnschädel ist recht klein, was 
nur durch die starke Entwicklung der dorsalen Cristae etwas verdeckt wird, der Schädelbalken sehr schmal, 
die Augen- und Nasenpartie aber sehr breit. In der Hauptsache ist der ganze Schädel bilateral symmetrisch 
doch läßt sich bei Mn. ıı am Gaumen, bei Mn. 9 und Mn. ro an der Schädelbasis feststellen, daß die rechte 
Seite etwas breiter äls die linke ist. Bei St. 2 ist dies aber nicht der Fall und die Oberseite läßt höchstens 


an dem Proc. nasalis der Stirnbeine eine Asymmetrie hervortreten, 


&, a Sehädelumterseit® Tar I, Ai I, 2: 


Der harte, vollkommen geschlossene Gaumen ist sehr lang und schmal und reicht bis dicht an die 
Hamuli pterygoidei die unter dem Beginne des Hirnkastens sich befinden. Er verbreitert sich bis zu den P. 4, 
läuft aber dann bis zur Breite der Proc. postorbitales spitz zu und ist dahinter nur durch ein gewölbtes, 
sehr dünnes Dach abgeschlossen. Vorn sind die unten flachen Prämaxillae, deren konkaves Hinterende 
median eine kleine Spitze nach hinten sendet. Den größten Teil des Gaumens nehmen aber die horizontalen 
Platten der Maxillae ein, welche innen am C. und P. I eine vorn und hinten verstreichende Längsfurche 
und dann innen an den P. die oben S, 112 erwähnten Zahngruben besitzen und von welchen die M. tragen- 
den Teile durch eine bis zum P. 4 vorreichende Bucht getrennt sind. Sie enden in einer zackigen Naht, 
die in der Breite des M. ı nach innen etwas vorn läuft. 

Die angrenzende ventrale Gaumenplatte jedes Palatinum ist ein rechtwinkeliges Dreieck, dessen 
Basis die Mediane ist und dessen hinterer Winkel sehr spitz ist. Die lange hintere Kathete bildet eine 
Kante, da der Gaumen hier etwas nach unten ragend seitlich scharf begrenzt ist. Hinter dem Eck der 
Palatina bilden die Pterygoidea bei Mn. 10 und St. 2 ein gewölbtes Dach, das wohl infolge seiner sehr 
geringen Dicke bei Mn. ı, Mn. 9 und Mn. ıı zerbrochen ist, normalerweise aber bis nahe zu den Hamuli 


[10] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 115 


pterygoidei, die ein kleines inneres und äußeres Eck haben, also sehr weit nach hinten reicht. Hinter den 
Hamuli dürfte der vertikale Teil der Pterygoidea, deren Grenzen leider nicht feststellbar sind, als dünne 
vertikale Kante noch bis in die Breite der Paukenbeine reichen. Die vertikale Platte des Vomer reicht 
übrigens bis einige Zentimeter hinter das Ende der Palatina, die horizontale bedeckt aber noch als dünne 
Lamelle das Basisphenoid bis fast zum Ende der Pterygoidea. 

Das Basisphenoid und Basioccipitale, deren Grenze nicht erkennbar ist, bilden eine konkave Längs- 
rinne, deren Seitenrand zuerst von den Pterygoidea, dann von einem seitlichen Vorsprung, Proc. basiocceipitalis, 
an der Innenseite der Bulla gebildet wird. 

Dieser etwas nach unten und hinten ragende Vorsprung wird durch einen etwas schrägen, bei 
Mn. ı nur angedeuteten Einschnitt des Seitenrandes in einen größeren vorderen und einen kleinen hinteren 
Teil getrennt. Sie sind bei Mn.9 und Mn. ıı gerundet, sonst aber seitlich abgestutzt und bei Mn. 10 sind 
am Vorderteil dem Einschnitt parallele Querfurchen vorhanden. 

Vor diesem Fortsatz und vor der Bulla ist eine sehr große längsovale Fossa pterygoidea vor- 
handen, die vor allem wohl zur Aufnahme der Eustachischen Röhre diente und in deren Hinterende 
direkt ober der Billa eine Öffnung der Schädelhöhle, wohl ein vereintes Foramen ovale und lacerum 
anterius sich befindet. Die Innenwand der Fossa wird durch die genannten Enden der Pterygoidea ge- 
bildet, aber auch die dünne vertikale Außenwand ist nur eine hintere Fortsetzung des äußeren Eckes der 
Hamuli pterygoidei. Hinten aber, ober dem Vorderrande der Bulla, bildet ein Fortsatz des Squamosum, Proc. 
falciformis, die vertikale Außengrenze. Ober ihm ist ein spaltförmiges Loch vorhanden, ober dem bei Mn. Io 
und Mn. ıı noch ein kleines ovales Foramen sich findet und zu diesen seitlichen Öffnungen führt in der Fossa 
eine Querrinne vom Foramen ovale her, wie es nach Eschricht (1849, S. 120, Taf. X, Fig. 4) und 
Beauregard (1893, S. 202, Taf. VI, Fig.2f) auch bei Balaenoptera für den Nervus maxillaris inferior 
der Fall ist. 

An der Außenwand der Fossa pterygoidea beginnt schmal eine nach hinten zu breitere und in das 
Unterkiefergelenk des Squamosum verlaufende horizontale Fläche, die von der Schläfengrube scharfkantig 
abgegrenzt ist, was ebenso wie die Größe der Fossa von Protocetus unterscheidet. 

Die Bulla selbst (Stromer, 1903, Taf. VIIL(T), Fig. 8 und 9), Taf. II, Fig. 2, die nur bei Mn. Io 
und St. 2 beiderseits in ihrer natürlichen Lage, bei Mn, ı, Mn. 9 und Fr. ı aber ausgefallen vorliegt, also 
leicht sich ablöst, ist im Verhältnis sehr groß, bei Mn.g breiter als bei den anderen. Wie bei den Walen 
ist ihr Knochen außerordentlich fest und dicht und besonders ihre Innenwand massiv. 

Sie ist längsoval, ventral stark gewölbt, vorn gerundet, am Hinterende durch eine Furche in eine 
starke äußere und schwache innere Konvexität getrennt. Hinten an letzterer beginnt eine horizontale 
Kante, die hinten an der äußeren ziemlich rechtwinkelig in eine vertikale übergeht, die nach oben zu 
höher wird und sich ganz oben nach innen umbiegt und hier ebenso wie der leider stets lädierte, mit einer 
tiefen Kerbe versehene Hinterrand die Verbindung mit dem rückragenden Petrosum vermittelt, das bei Mn.9 
nicht mit ausgefallen, sondern fest mit dem Schädel verbunden ist. 

Die dünnere Außenwand der Bulla hat außen in der Mitte eine Vertikalfurche, davor am Oberrand 
einen ganz schwachen Fortsatz nach hinten mäßig oben und dahinter einen großen gekrümmten, platten 
Fortsatz, Processus sigmoideus, der außen tiefer unten beginnt und nach oben und etwas hinten ragt. 
Er bildet die Vordergrenze der Öffnung, in der das Trommelfell sich befand und die vom Oberrand der 
Bulla durch einen aufragenden kleinen Höcker verengt wird. Die unmittelbar dahinter befindliche schwache 
Verbindung mit dem Petrosum ist, wie erwähnt, leider stets lädiert. Die dicke Innenwand hat eine breite 
gewölbte, glatte Oberfläche, die nach vorn zu niederer und schmal wird. Der Innenraum endlich is 
zwischen beiden Rändern oben als Längsspalt geöffnet, dessen gerundetes Vorderende dem Orificium tym- 
panicum tubae Eustachii entspricht. 

Neben der Bulla ragt der starke Proc. jugalis Squamosi nach außen. Er trägt die Facette für 
das Unterkiefergelenk, die oval und konkav mit ihrem unteren Teile nach vorn, mit ihrem oberen 
nach unten sieht und mit letzterem in die oben erwähnte Fläche bis neben die Fossa pterygoidea sich 
fortsetzt. Ihr Hinterrand springt als starker Proc. postglenoideus konvex nach unten vor und direkt hinter 


15* 


116 Dr. Erast Stromer. [11] 


ihm führt eine nach unten offene Querfurche für den knorpeligen Gehörgang nach innen hinter den 
Proc. sigmoideus der Bulla. 

Dahinter ragt außen neben der Bulla eine Konvexität ein wenig nach unten etwas hinten außen 
vor, der Proc. mastoideus, welcher vom Occipitale lateraie durch eine Quernaht getrennt ist, während 
innen vor ihm hinter der Bulla eine Querspalte sich findet, welche die Bulla und das ober ihr befindliche 
Perioticum vom Occeipitale laterale trennt und innen hinter dem Seitenfortsatz das Basioccipitale durch 
einen tiefen Einschnitt nach hinten geöffnet ist. Sie entspricht dem For. lacerum posterius und in dem 
Einschnitte, Incisura basioceipitalis, mündet wie bei dem Delphin ein kleines rundes For. condyloideum. 


Gb Sieihärdkeilmüteikis reiten ANarsalaRionsAt 


Die unten sehr breite Rückseite verschmälert sich ober dem Foramen magnum rasch auf die 
Hälfte und ist durch sehr starke Cristae occipitales scharf abgegrenzt. Das querovale Hinterhauptsloch öffnet 
sich nach hinten, die daneben befindlichen Condyli oceipitales sind deutlich abgesetzt, ungefähr hochoval 
und mäßig konvex und ventral völlig getrennt. 

Das Occipitale laterale ragt weit seitlich, endet hier etwas konvex und sendet unten einen kleinen, 
vorn konkaven Proc. paroceipitalis nach unten mäßig außen, der bei Mn. Io stärker als bei Mn. 9 und St. 2 
ist und innen durch die oben erwähnte Incisura basioccipitalis vom Basioccipitale, vorn im Gegen- 
satze zu Protocetus durch die ebenda beschriebene Querspalte von der Bulla getrennt ist. Der Oberrand 
des Oceipitale laterale läuft hinten an dem Seitenteile der Crista nach innen wenig oben. Dieser Seitenteil, 
vom Squamosum gebildet, das die Schädelrückseite unten noch mehr verbreitert, zeigt einige Unterschiede, 
indem er bei Mn. 10 dünn hochkonvex ist, bei Mn. r, Mn. og, St. 2, St. 3 aber nur etwas konvex und indem 
sein Endausläufer bei Mn. 9 an der Rückseite des Proc. jugalis als vertikale Kante noch deutlich, sonst 
ganz verwischt ist. 

Am Oberrande des Foramen magnum befinden sich zwei Höcker und darüber beginnt eine vertikale 
Mediankante auf dem viereckigen, stark querkonkaven Ocecipitale superius, dessen Oberränder mit der Crista 
zusammenfallen, welche zugleich nach oben und nach hinten und etwas außen konvex herabsteigt. 


C, e. Seitenfläche und Oberseite des Hirnschädels. Taf. I, ler, 1%, 2, 3%, Mei, IE ler, 112. 


Der Hirnschädel mit seinen starken Cristae gleicht ziemlich demjenigen einer alten Ofaria, ohne 
sie ist er ungefähr tetraederförmig. Oben median läuft eine scharfe Crista sagittalis nach vorn bis zum 
Hinterende der Frontalia, welche im Gegensatz zu Ofaria nur den vordersten, oben gerundeten Teil des 
langen Schädelbalkens bilden. Seine Seiten stehen ziemlich vertikal und gehen hier in die Innenwand 
der Fossa sphenopalatina und die Seitenwand der Nasenrachengänge über, hinten grenzen sie an die nur 
sehr wenig gewölbte Hirnhöhlendecke, die nach außen etwas oben und vorn sieht. 

Den hinteren unteren Teil bildet das große Squamosum, dessen Unter- und Rückseite schon 
beschrieben wurde. Sein Hinterrand bildet den seitlichen Teil der Crista occipitalis, der nach oben 
innen eben hinten läuft. Von da geht der zackige Oberrand in ungefähr halber Höhe des Schädels 7—8 cm 
lang nach vorn und der Vorderrand in der Richtung aut die Hamuli pterygoidei zu nach vorn etwas 
aufsen. Der Proc. jugalis endlich biegt sich neben dem Gelenk nach vorn um, ist hier seitlich platt und 
außen flach und läuft spitz zu, 

Noch größer sind die Parietalia, welche den Hauptteil des Schädeldaches und Hirnbalkens bilden 
und an ihm, wie Taf. II, Fig. 13 zeigt, wie der hintere Teil der Frontalia auffällig dick und innen fein 
spongiös sind, so daß der Balken sehr fest und massiv ist. Hinten grenzen die Parietalia in der Crista 
occipitalis an das Oceipitale superius und unten in der eben beschriebenen Naht, ober deren Umbiegung 
ein Gefäßloch mündet, an die Squamosa. Davor sind unten leider die Grenzen nicht klarzustellen, da die 
Schädelwand sehr dünn und deshalb stets etwas zerbrochen ist, so daß sich nur der obere Teil der Fronto- 


parietalnaht erkennen läßt, der weit vorn am Balken zackig und jederseits ein Eck bildend nach 
unten läuft. 


[12] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 117 


In der außerordentlich weiten Schläfengrube ist unten an der vorderen Naht des Squamosum eine 
Kante, die nach oben vorn verläuft und vor und unter welcher die Schädelseite mehr vertikal steht. Vor 
ihr befinden sich ähnlich wie bei Protocetus die große hochovale Fissura sphenorbitalis offenbar mit dem 
Foramen rotundum vereinigt und etwas weiter oben und vorn das Foramen opticum. Auch die Kanten 
laufen hier, so wie dort S. 108 beschrieben, d.h., vor allem eine scharfe untere, vom Unterrand der Fissura 
sphenorbitalis an nach vorn etwas oben, um zuletzt nach außen sich umbiegend, an der Decke der Orbita 
zu enden, und eine obere vom Oberrande des For. opticum der unteren parallel, zuletzt als scharfer Unterrand 
des Processus orbitalis Frontis nach außen sich biegend. In der Furche unter der letzteren zieht offenbar 
der lange Nervus opticus nach vorn. 


C,d. Augen-, Stirn- und Schnauzenpartie des Schädels. Taf. I, Fig. ı, 2, 3, Taf. II, Fig. 12, 13. 


Indem die Frontalia große seitliche Flügel ober die Augenhöhlen senden, verbreitert sich der 
Schädel ganz plötzlich sehr stark, dann aber verschmälert er sich bis gegen den P. 2 zu deutlich, um hierauf 
eine bei Mn. 9 relativ kurze, bei Mn. I, St. 2, St. 3, Fr. ı viel schlankere Schnauze zu bilden, die sehr 
allmählich schmal wird. 

Die längsovale Orbita ist oben durch das Frontale völlig überdacht und hier auch hinten 
abgegrenzt und liegt ganz seitlich, unten besitzt sie aber keine Grenze gegen die Fossa sphenopalatina 
und die Schläfengrube. Unten vorn, über der Gaumenplatte der Maxilla mündet hier das querovale For. 
sphenopalatinum, Taf. II, Fig. 130, neben und etwas ober ihm der Canalis infraorbitalis, leider nirgends 
gut sichtbar. Außen unten sendet zwar die Maxilla einen kleinen Fortsatz nach hinten, welcher die M. 
trägt, sonst aber ist die Orbita nur durch das Jugale begrenzt, das vorn sich in eine Rinne der Maxilla ein- 
fügt und als gerader, zuerst rundlicher, dann seitlich platter Stab nach hinten unter das Ende des Proc. 
jugalis Squamosi spitz zuläuft, also verhältnismäßig schwach ist. 

Am Vorderrande der Orbita, der oberhalb des M. ı liegt, ist an der unteren Grenze des Frontale 
eine kleine Kerbe und darunter ist ein bei Mn. 9 wie das Jugale ausgefallenes, nur bei Mn. ıı erkennbares 
kleines rauhes Lacrymale vorhanden, in welchem vorn das Foramen lacrymale liegt, das durch eine Rinne mit 
der Kerbe verbunden ist. 

Die Stirn ist wenig quer und nicht längs gewölbt, die Nasengegend davor geht aber etwas quer- 
gewölbt in die ziemlich vertikalen Seiten der Schnauze über. Die ungefähr längsovale Nasenöffnung, deren konvexer 
Hinterrand ober dem Diastema P. ı-P. 2 und deren Vorderende ober dem C. liegt, sieht nach vorn und 
oben und ist vorn nicht scharf begrenzt, da sich ein Spalt zwischen die Prämaxillae fortsetzt. Ihr 
horizontaler Boden wird durch die konkave Oberfläche der Maxillae gebildet, die Seiten durch die Prämaxillae. 
Die großen Frontalia beginnen, wie S. 116 erwähnt, schon am Schädelbalken, wenige Zentimeter davor läuft dann 
ihr freier Hinterrand fast halbkreisförmig, bei St. 2 und St. 3 allerdings flacher konkav nach außen und 
biegt sich dann ein wenig konvex nach hinten und vor allem nach unten, um so den Proc. postorbitalis 
als hintere Grenze der Orbita zu bilden. Der Seitenrand läuft dann geschwungen ober ihr nach vorn zu 
der Kerbe am Lacrymale, von wo der Vorderrand nach vorn oben, dann etwas nach hinten innen zum 
Hinterende der Nasalia zieht, zwischen welchen außer bei Mn. ı und Fr. I ein langer spitzer Proc. nasalis 
fast bis in die Breite der Enden der Prämaxillae vorragt und bei Mn. 10 und Mn. ıı etwas Asymmetrie 
erkennen läßt. j 

Die lang gestreckten Nasalia, die nach vorn zu nur wenig schmäler werden und hier kaum frei 
vorragen, grenzen hinten an die Frontalia, seitlich an die Maxillae und Prämaxillae. 

Die sehr großen Maxillae, deren Gaumenplatte und Alveolarrand schon oben S. 112 und 114 
beschrieben wurde, haben keinen Proc. jugalis. Ihre hintere Grenze verläuft sehr zackig gegen das Jugale, 
Lacrymale und Frontale nach oben, von da an aber ist die obere Grenze recht einfach, indem sie ziemlich 
gerade nach vorn etwas unten außen zuerst den Nasalia, dann den Prämaxillae entlang bis zu der 
Zahnspitzengrube vor dem C. verläuft, wo sie konvex nach unten sich fortsetzt; die Außenseite der Maxillae 


bildet so jederseits ungefähr ein langgestrecktes Dreieck mit gerader langer unterer Basis. Sie trägt in der 


118 Dr. Ernst Stromer. ; [13] 


Mitte einige Foramina, nämlich ein sehr kleines und darüber ein größeres vorn ober dem P. 3 und vor letzterem 
die etwas größere Mündung des Canalis infraorbitalis. Die sehr langen und schmalen Prämaxillae endlich 
beginnen spanförmig schon hinter der Mitte der Nasalia, bilden am Hinterende der Nasenöffnung ein 
kleines Inneneck und dann die oben gerundete, schmale und nach vorn sich senkende Seitenwand der 
Nasenöffnung und begrenzen sie vorn dadurch, daß am oberen Innenrand ihrer hier breiter konvexen Ober- 
fläche oberhalb des C. eine scharfe Längskante beginnt. ‚Da ihr Gaumen und Alveolarteil schon oben 
S.ı12 und 114 beschrieben ist und ihre Grenzen gegen die Nasalia und Maxillae aus dem Gesagten sich 
ergeben, ist nur noch zu erwähnen, daß sie vorn gerundet enden. 

[} 

C, e. Unterschiede der Schädel. 

Während in den Zähnen trotz einiger Variabilität keine rechten Unterschiede sich finden lassen, 
sind an den mir vorliegenden Schädeln einige erkennbar, die ich doch hervorheben möchte. 

Der Schädel Mn. 9, der den Abbildungen zu Grunde gelegt wurde, trotzdem er einem nicht aus- 
gewachsenen Tiere angehört, weil eben gerade von ihm die zahlreichsten besten Reste vorliegen, hat eine 
relativ plumpe Schnauze, seine Bulla ist ungewöhnlich breit und die Crista occipitalis setzt sich hinten 
am Jochfortsatz noch als Kante nach unten fort. Die Schädel Mn. ı und St. 2 haben dagegen eine schon 
hinten ziemlich schmale Schnauze. £ 5 

Der einem ausgewachsenen Tiere angehörige Schädel Mn. ro endlich zeigt am abgestutzten Seiten- 
vorsprunge des Basioccipitale Querfurchen, einen stärkeren Proc. paroccipitalis, ober dem größeren Loche der 
Seitenwand der Fossa pterygoidea noch ein kleines, wie übrigens auch der jugendliche Schädel Mn.ı1, und 
vor allem ein seitlich stark vorspringendes Seitenende der Crista oceipitalis oberhalb des Proc. mastoideus. 
Ob hier Geschlechts-, individuelle oder geologische Altersunterschiede — Mn. Io und Mn. ıı stammen aus 
einer etwas älteren Schicht (S. 110) — eine Rolle spielen, ist jetzt kaum zu entscheiden, zu einer syste- 


matischen Trennung genügen solche Merkmale nicht. 


&, 5 Blonileeuime des Schädels. Tas IL ig, 12, 13: 


Nachdem es mir schon (1903, S. 70 ff., Taf. X-(III), Fig. 2, Taf. XI (IV), Fig. 1—3) gelang, bei dem nahe- 
stehenden gleichalterigen Z. Zitteli den Steinkern der Nasenhöhle einigermaßen klarzulegen, während Elliot 
Smith (1903) über solche der Hirnhöhle schrieb, wovon ein künstlicher nach Andrews (1906, S. 237 
und 250) zu Z. Osiris, ein natürlicher wohl zu. Prozeuglodon gehören soll, konnte ich nun nicht nur einen 
isolierten, zu einer von beiden ersten Arten gehörigen Nasensteinkern Fr. 3 und Hirnhöhlenkern Fr. 4 prä- 
parieren, sondern Herr Prof. Fraas ließ an dem unverdrückten jugendlichen Schädel St. 3, der sicher zu 


Z. Osiris gehört, rechts alle Steinkerne bloßlegen, so daß ich sie in selten klarer Weise studieren konnte. 


1. Nasenhöhle und Umgebung. 


Meine (1903 1. c.) gezogenen Schlüsse auf den Bau der Nasenhöhle finden durch die neuen Prä- 
parate ihre volle Bestätigung und werden nur etwas ergänzt.. 

Die Nasenrachengänge ziehen von den weit hinten liegenden Choanen nach vorn und etwas 
oben (Taf. II, Fig. 13 w), sind also sehr lang. In der so breiten Stirnregion liegen nun ober’ihnen wohl- 
entwickelte, mit Nasenmuscheln erfüllte Hohlräume. Zunächst zieht sich an der Mediane ein anscheinend 
einfach gestaltetes Nasoturbinale hin (Taf. II, Fig. 12, 13 g), das Maxilloturbinale konnte ich aber leider 
nicht klarlegen. Oben in die Maxilla erstreckt sich dann ein niederer Sinus maxillaris, der bei Mn. 3 c 
wie bei St. 3 ein spitzes Seiteneck bildet (Taf. Il, Fig. 12, 13 e), bei Fr. 3 aber ein mehr abgerundetes. Da- 
hinter und mehr median unter der Grenze der Nasalia und Frontalia vor und in dem Sinus frontalis liegt 
der Hauptteil der Riechmuscheln (9 Längslamellen, Fig. 12, 13 f), zu dem man bei Fr. 3 hinten deutlich 
die feinen Kanäle für die Nervi olfactorii den vertikalen Knochen (Siebbein) durchsetzen sieht (auch 1903, 
Taf. X (II), Fig. 2 h). Darunterspringt nun sowohl bei Fr. 3 wie bei St. 3 noch eine kleine, mit zwei 
dünnen Lamellen, also auch mit Riechmuscheln versehene Masse etwas nach hinten vor, also ein Sinus 
sphenoidalis (Fig. 13 u). Es ist also das Geruchsorgan recht gut entwickelt. 


2 


14] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 119 


Unklar bleibt mir nur der auch bei Fr. 3 vorhandene spaltförmige Raum, den ich (1903, Taf. X (III), 
Fig. 2 c) für das Foramen sphenopalatinum hielt. Dieses ist aber, wie die Schädel uud St. 3 (Taf. II, 
Fig. 13 v) zeigen, nicht spaltförmig, sondern oval. Dagegen ist es nun sicher, daß, wie ich 1903 vermutete, 
der lauge Canalis lacrymalis (Taf. II, Fig. 12, 13 c, c I) weit vorn und oben in die Nasenhöhle mündet, 
nachdem er vor dem Orbitarand begann und schräg über den “ebenfalls langen, etwas weiteren Canalis 
infraorbitalis (Fig. 12, 13 b) weglief. 


2. Hirnhöhle. 


Die Übereinstimmung der Steinkerne Fr. 3 und St. 3 mit dem natürlichen Steinkerne, den Elliot 
Smith (1903) beschrieb und in Fig. ı abbildete, ist so groß, daf alle offenbar zu einer Form, und zwar 
nach dem Schädel St. 3 zu Z. Osiris gehören, entgegen der zitierten Annahme von Andrews. Der 
abweichende künstliche Steinkern Smiths ist so unklar, daß ich glaube, es liegen nur Deformierungen 
vor; jedenfalls kann ich über ihn keine Aufklärung geben. i 

Den Steinkern des Hirnhöhlenraumes darf man natürlich nicht einfach, wie leider so oft geschieht, 
mit rezenten Gehirnen vergleichen, sondern nur mit Ausgüssen der Hirnhöhle, in der ja außer dem Hirn 
noch Häute und Blutbahnen einen wenn auch geringen Raum einnehmen. Er ist hier im Verhältnis unge- 
wöhnlich klein und kurz, speziell der Raum für die Großhirnhemisphären, und seine langen Lobi olfactorii 
erinnern eher an Reptilien als an Säuger, wo nur vielleicht Ofaria (Gervais, 1874, Taf. XIX., Fig. 4) ein 
Analogon bietet, während die Robbe Macrorhinus wie der fossile Zahnwal Glyphidelphis (Gervais |. c. 
Taf. XIX, Fig. 2 und 5) und der rezente Physeter (Flower, 1369, S. 372, Fig. 13) und Pontoporia (Piaz 
1905, Taf. VIII, Fig. 4) wenigstens in der Kürze des Großhirnraumes ähnlich sind. 


Bei dem Interesse, welches das Gehirn eines primitiven, aber in vielem höchst eigentümlich speziali- 
sierten Säugetieres wie Zeuglodon verdient, will ich die Steinkerne näher beschreiben, um positive, feste 


Anhaltspunkte zu geben, indem ich auf die Fig. 12 und ı3 der Taf. II verweise.!) 


Dicht hinter der Nasenhöhle beginnt mit einer kleinen Anschwellung h ein 13°3 cm langer und 
o'5 cm dicker Strang i, welcher dem Ductus nasopharyngeus w parallel, also etwas nach unten bis an die 
Basis der Mediane des Hirnraumes läuft. Offenbar entspricht er dem Bulbus und einem ungewöhnlich 


langen, dünnen Pedunculus olfactorius. 


Unten am Orbitadach beginnt dann ein zuerst in einer Furche liegender Strang m, der nach innen 
hinten unten ziehend in die Ausfüllung eines Kanals von 03 cm Durchmesser übergeht, der etwas außen 
und unten dem Lobus olfactorius parallel zur Hirnbasis zieht. Es ist kein Zweifel, daß hier die Ausfüllung 
der vorn zwischen zwei Kanten, hinten in einem relativ langen Kanal verlaufenden Bahn des Nervus 
opticus vorliegt. 

Dem hintersten Teil dieses runden Stranges parallel beginnt außen dicht an ihm ein seitlich platter, 
viel größerer n, der an der Hirnbasis 0°6 cm breit, 18 cm hoch nach vorn zu höher wird und nach hinten 


zu außen um die Großhirnbasis zieht und vorn der Ausfüllung der Fissura sphenorbitalis entspricht. 


An den Steinkernen der Hirnhöhle selbst ist leider die Basis gar nicht sichtbar, die größte Höhe 
ist hinten vom Boden des Foramen magnum an gemessen etwa 6°3 cm, die größte Länge kaum 9 cm und 
die Breite wohl wenig über 10, der’ Gesamtraum ist also recht klein. 


In der Mittellinie zieht sich eine schmale, seitlich durch je eine Längsfurche begrenzte Kante hin, 
die sich nach hinten zu allmählich bis auf 15 cm verbreitert und hinten durch eine tiefe Querfurche 
begrenzt wird, welche bis nicht ganz unten an die Seite des Steinkernes seichter werdend verläuft. 
Während die Längskante offenbar der vertieften Naht der zwei Parietalia entspricht, befindet sich in der 
queren Furche ein die Fossa cerebralis hinten oben begrenzender Knochenvorsprung des Schädeldaches, ein 
besonders median zu einem langen vertikalen Zapfen verdicktes Tentorium im Sulcus transversus, hinter 


dem die sehr hohe, aber kurze Fossa cerebellaris sich befindet. 


1) Leider kann ich weder über die Ventralseite noch über das Volumen der Hirnhöhle Angaben machen. 


120 Dr. Ernst Stromer. [15] 


Der Steinkern der Fossa cerebralis o entspricht der Beschreibung von Smith (1903, S. 323) und ist 
bei St. 3 an jeder Hemisphäre etwa 4'7 cm lang und im Maximum breit und über 5 cm hoch, bei Fr. 4 
allerdings etwas größer, nämlich etwa über 5'°5 cm lang und breit und vielleicht 6 cm hoch. Die etwas 
bis mäßig gewölbte Oberfläche läßt nun bei St. 3 doch Andeutungen von Furchen im obersten Teile erkennen, 
wo sie von außen hinten nach innen mäßig vorn ziehen und vor allem eine Furche im vordersten Drittel 
von außen nach innen etwas vorn. Das Großhirn war also zwar recht klein, seine Oberfläche aber nicht 
ganz glatt. 

Höchst merkwürdig ist nun der Steinkern der Fossa cerebellaris p gestaltet, dessen höchster Teil fast 
ı cm über denjenigen des Großhirnraumes aufragt. Hinter dem Sulcus transversus zieht nämlich unten 
an der Seite beginnend ein querer Wulst nach oben, zunächst in gleichbleibender Länge von 2'3 cm mit 
etwas höckeriger Oberfläche, median aber verschmälert er sich auf 0'4 cm Länge. Dies kommt dadurch zu 
stande, daß der Wulst hinten seitlich direkt an die hintere Schädelwand stößt, die hier unter ihm etwas 
nach vorn konvex ist, von etwa 3 cm von der Mittellinie gemessen an aber durch eine nach vorn etwas 
konvexe Furche begrenzt wird, vor allem aber dadurch, dafs das Tentorium median hinten so verdickt ist. 

Hinter der konvexen Furche befindet sich dann jederseits neben der Mediane ein bis 3°4 cm breiter 
und bis 2'2 cm hoher, ebenfalls etwas höckeriger Querwulst p, der nicht so hoch wie der vorige aufragt, 
dafür aber nach hinten etwas konvex ist. An der ziemlich vertikalen Rückseite endlich ist median anscheinend 
eine flache Rinne, daneben jederseits eine kleine und darunter eine ganz unbedeutende, nach hinten gewölbte 
Stelle (2) vorhanden und unten ragt der querovale Ausguß (g) des Foramen magnum vor,. der bei St. 3 
3°4 cm, bei Fr. 4 aber 3'7 cm breit und bei beiden 2:3 cm hoch ist. 

Ein solcher Kenner der Säugetiergehirne wie Smith (1903, S. 326) hat schon die Schwierigkeit 
hervorgehoben, die Verhältnisse der Fossa terebellaris zu erklären. Er meinte, der Seitenteil des vorderen 
Wulstes sei ein exzessiv großer Lobus floceularis, der auch bei Seekühen ungewöhnlich stark entwickelt sei. 
Mir ist leider sein Katalog der Hirnsammlung des Royal College of Surgeons nicht zugänglich und 
ich fand weder in der hiesigen allzu kleinen Hirnsammlung der Anatomie noch in Flataus und Jakobsohns 
Handbuch (1899) ähnliche Kleinhirnformen. 1) So kann ich nur hervorheben, daß der Wurm des Kleinhirnes 
gegenüber den Hemisphären ungewöhnlich klein gewesen sein muß und daf diese zwar sehr breit und 


auffällig hoch, aber nur kurz waren. 


D. Wirbelsäule. ?) 


D, 2, Eliallswätebel, Aal I, Die, ii, &, ©, 2, 19, 4 
Die Skelettreste des Individuums Mn. 9 zeigen, daf 7 freie normal ausgebildete Halswirbel vorhanden 
sind, an welchen nur die Kürze besonders bemerkenswert ist. Zusammen sind sie wohl etwa 20 cm lang, 


also etwas über !/, der Schädellänge. 


ı Atlas, Tafel I, Fig. 9. 


An dem Ringe, dessen dorsale Spange fast kürzer als die ventrale ist, ist oben nur ein kleiner 
Höcker als Rudiment eines Dornfortsatzes, ventral hinten eine spitze, einfache Hypapophyse. 

Der Wirbelkanal ist eben hochoval, die konkaven vorderen Gelenke, deren Träger. deutlich vor- 
springen, sind ventral durch eine schräge Fläche verbunden. Sie sind wie die hinteren Gelenke senkrecht 
oval, letztere aber sind fast ganz flach und einander mehr genähert als sie und sehen nach hinten und kaum 
nach innen. 

Die Querfortsätze, die nach außen etwas hinten ragen, sind vertikale, vorn etwas konkave Platten, 


distal abgestutzt und hinten oben mit einem Eck versehen. 


ı) Nach Flatau, S. 400, ist bei Elephas africanus der Wurm des Kleinhirnes ungewöhnlich schmal und niederer 
als dessen halbkugelige Seitenteile. Es ist also in der Schwäche der Medianpartie eine Ähnlichkeit vorhanden. 

2) Betrefis der Bezeichnung der Wirbel und deren Teile verweise ich auch hier auf meine Abhandlung (1902) 
über die Wirbel rezenter und fossiler Landraubtiere. 


[16] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 121 


Durch eine schmale, vom vorderen Gelenk gegen die Mitte des Neuralbogens ziehende Knochen- 
brücke wird endlich ein Foramen obliquum für den Austritt des ersten Spinalnerven gebildet, dagegen ist 
die Kerbe zwischen dem Gelenk und dem Querfortsatz seitlich weit offen, der Canalis transversarius zu einem 
winzigen Loche neben den hinteren Gelenken reduziert und ein Foramen arcus Atlantis nicht vorhanden. 
Doch zieht dafür ober dem Rande der hinteren Gelenke je eine quere Furche nach außen. 


2 Bipisitro,piheuis. Data], Bio. S. 


Der Körper, welcher sogar kürzer als sein Zahnfortsatz ist, hat an seiner etwas quer gewölbten 
Unterseite keine Fortsätze, wohl aber hinten eine schwache Mediankerbe. Seine querovale, etwas konkave 
Endfläche sieht ganz wenig nach oben und der vorn lädierte Zahnfortsatz ist ein stumpfer, oben und unten 
konvexer Zapfen, dessen seitliche Kanten abgewittert sind. 

Der Canalis vertebralis ist zwar höher als das Foramen magnum und ungefähr ebenso breit, aber 
doch eben queroval. Der kurze, in ganzer Körperlänge entspringende Neuralbogen trägt oben einen einfachen 
Dornfortsatz, der vorn nur mit einem kleinen Eck vorspringt, aber hoch nach oben etwas hinten ragt und 
mit seinem platten Hinterrand deutlich vom Bogen abgesetzt ist. 

Die Querfortsätze ragen als kurze vertikale Platten nach aufen etwas hinten, sind viel dünner als 
die des Atlas und neben den vorderen Gelenken von einem engen Canalis transversarius durchbohrt. 

Die hochovalen vorderen Gelenkfacetten sind oben nicht vom Neuralbogen abgesetzt und unten 
innen mit dem Zahnfortsatz verbunden. Sie stehen vertikal, sind flach und sehen nach vorn kaum außen. Die 
hinteren Gelenke endlich, auf welchen keine Fortsätze sich befinden, ragen etwas nach hinten außen und 
ihre flachen ovalen Facetten sehen nach hinten unten und etwas außen. 


3.—7. Halswirbel. Taf. I. Fig. r, 12—14. 


=) 


Der Körper der Halswirbel, an welchen zum Teil die Epiphysen fehlen, ist so kurz, daß er scheiben- 
förmig; ist, doch wird er bis zum letzten ein wenig länger, seine etwas gewölbte Ventralseite zeigt nur die 
Andeutung einer Längskante und nur am 5. hinten eine deutliche Kerbe. Die vertikal stehenden, ganz 
flach konkaven Endflächen sind oval, am 6. fast kreisförmig, am 7. aber ziemlich oval und hier hinten 
seitlich mit je einer Facette für den ersten Rippenkopf versehen. 

Der Canalis vertebralis ist zuerst etwas hochoval und wird bis zum 7. Halswirbel auffällig schmal 
und hoch, ganz verschieden von dem des Epistropheus. 

Das sehr kurze Neuralbogendach, am 3. Wirbel etwas, später stark nach vorn geneigt, trägt einen 
kleinen einfachen Dornfortsatz, der bis zum 7. stärker und etwas rückgeneigt wird. 

Die Querfortsätze sind am 3. Wirbel ähnlich wie am Epistropheus, am 4. ragt das Untereck als 
schlanker Fortsatz nach unten vor, am 5. ist es aber wieder schwächer und am 6. in eine sehr kräftige, 
nach unten etwas außen ragende, seitlich platte Lamelle umgebildet. Bis hieher entspringen die Querfort- 
sätze an der Körper- und Neuralbogenseite bis zum Rand der Präzygapophyse hinauf und sind von einem 
nicht weiten Canalis transversarius für die Arteria vertebralis durchbohrt, am 7. Wirbel aber ist der untere 
Teil zu einem gerundeten Höcker am Wirbelvorderrand reduziert, der Kanal fehlt und der kurze obere Teil 
allein ragt vom Bogen nach außen etwas vorn und ist am Ende verdickt und abgestumpft. 

Die Gelenkflächen sind alle oval und flach, die vorderen sehen nach oben etwas innen und vorn, 
die hinteren verhalten sich entsprechend. Ihre Träger sind weit von der Mediane entfernt, die vorderen 
ragen etwas vor, die hinteren aber kaum nach hinten. Weitere Fortsätze endlich, wie Ep- und Lophapophysen 
fehlen völlig. 

Die drei gut erhaltenen ersten Halswirbel, die Andrews, 1906, S. 252 ff., zu Prozeuglodon rechnete 
und deren Fundort nicht näher bekannt ist, gehören nach allem hieher. Wenn Andrews übrigens Il. c., 
S. 254, eine Gelenkung des Dornfortsatzes des Epistropheus mit dem Atlas annimmt, kann nur eine exzep- 
tionelle pathologische Bildung vorliegen. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XXI. 16 


122 Dr. Ernst Stromer. [17] 


Rumpfwirbel. 


Da bei Mn. 9 nur 5 vordere, anscheinend die ersten Vertebrae thoracales verae (= V. th. v) und 
eine mittlere Vert. thoracolumbalis (— V.th. 1.), alle ohne Epiphysen, vorliegen, kann die Zahl der Wirbel 
und die Zugehörigkeit der Wirbelreihe Fr. 5 und St. ır nur durch Vergleich mit dem sehr nahe stehenden 
Z. Zitteli St. 4, und zwar nicht ganz sicher ermittelt werden. Danach wäre der elfte der Übergangswirbel 
(Vert, thoracalis intermedia), hinter ihm folgten noch mehrere Vertebiae thoracolumbales und dann über 
7 Lendenwirbel und 7 vordere Schwanzwirbel, ohne daß ein Sakralwirbel erkennbar wäre und ohne daß ein 


Anhalt für die Zahl der noch fehlenden Schwanzwirbel vorliegt. 


d) 05 Biewigewzteo@l, Mas I, lien, 1, 1O, Il, 


Die Körper der Brustwirbel sind zuerst nur wenig länger als der letzte Halswirbel und ihre Länge 
nimmt auch nur wenig zu, wenn auch die eine Vert. th. I. Fr. 5 4'8 cm lang, 5'8 cm vorn breit und 4°:5 cm 
hoch ist. Daher sind auch die hintersten Brustwirbel breiter als lang. Ventral sind die V. th. v. deutlich, 
die V. th. 1. weniger quergewölbt ‘und an letzteren ist nur eine ganz schwache Mediankante und hinten 
sind bloß bei Fr. 5 sehr kleine Tubercula psoatica, die Ansatzstellen des Musculus iliopsoas vorhanden, 

Die vertikalen, Nachen Endflächen sind am I. Wirbel stark, am 2. und an den V. th. 1. deutlich, 
sonst nur wenig queroval und an den V. th. v. sind daneben vorn deutliche, hinten sehr kleine Facetten 
für die Köpfe der Rippen, an den V. th. 1. aber keine. 

Der Canalis vertebralis, an den ersten V. th. v. leider verdrückt, ist dann viel weiter als an den 
Halswirbeln und ein wenig breiter als hoch, an den V. tb. 1. aber zwar wieder enger, doch noch relativ 
hoch, nämlich höher als am Epistropheus. 

Das Neuralbogendach, welches an den vorderen V. th. nach vorn geneigt,.an den V. th. 1. aber 
horizontal ist, trägt einen nie sehr hohen Dornfortsatz, der an den vorderen V. th. v. etwas bis deutlich 
rückgeneigt, an den V. th. ]. aber vertikal ist, also eine schwache Antiklinie zeigt. Er ist an den 
vordersten V. th. am höchsten, sicherlich über 8 cm, an den V. th. l. etwas niederer, aber dafür 
breiter und hier als scharfrandige Platte ausgebildet, während er an den V. th. v. schlank ist. 

Die seitlich ragenden Querfortsätze sind besonders an der I. V. th. v. und an den V. th. I. kurz 
und entspringen an den V. th. v. am Neuralbogen, an den V. th. I. aber, wo sie auch ein wenig nach 
unten ragen, unten an der Wirbelseite. Ihr Ende ist stets stumpf verdickt für das Gelenk mit dem Tuber- 
culum der Rippen. An der ı. und 2. V. th. v. ist übrigens oben nicht ganz am Ende, am 3. bis 5. aber auf 
ihm ein Höcker, die Metapophyse, der etwas nach vorn, dann nach oben ragt. 

Die vorderen Gelenke, am ı. Brustwirbel abgebrochen, sind am 2. bis 5. einander genähert und 
schwach und ihre flachen Facetten sehen nach oben, eben außen und vorn, an der V. th. I. Mn. 9 aber 
ragen kräftige Präzygapophysen nach vorn etwas außen und oben und ihre flachen Facetten sehen nach 
oben etwas innen, 

Die Postzygapophysen sind stets schwach und ihre kleinen Facetten sehen am ı. bis 5. Wirbel 
nach unten, an der V. th. ]. Mn. 9 aber auch etwas nach außen und hinten. 


D, c. Lenden- und vordere Schwanzwirbel. Tar. I, Fig. I, 15—17. 


Da die zwei zu dem Schädel Fr. 1 gehörigen und die 8 Lendenwirbel Fr. 5 fast aller Fortsätze 
beraubt sind, kann sich die Beschreibung fast nur auf die beinahe 90 cm lange, zusammenhängende Reihe 
St. Ir von I4 nur etwas schräg verdrückten und wenig lädierten Wirbeln stützen. Aber diese sind etwas 
zu schmal, um zu einem Tier wie Mn. 9 zu gehören. Der vorderste Körper ist etwas größer als die oben 
genannte V.th.1]. Mn. 9 und ungefähr so lang als breit und hoch, der 4. ist der längste, aber auch nur etwas 
länger als breit — der längste von Fr. 5, welcher ebenso lang (6 cm) ist, ist sogar nicht länger als breit — 
und nur etwa um ein Drittel länger als der ı. Brustwirbel. Von ihm an nehmen die Maße so allmählich 
ab, daß der 9. Wirbel noch 5'6 cın und der letzte 14. Wirbel noch 5'2 cm lang und etwa 4'5 cm vorn breit 
und hoch ist. Danach würde noch eine ziemliche Anzahl weiterer Schwanzwirbel (V.cd.) zu ergänzen sein und 


- 


[18] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 123 


vor dem 1, Wirbel, nach der Länge seiner Querfortsätze zu schließen, auch mindestens ein oder zwei 
Lendenwirbel (V. 1.). 

Die flachen Endflächen sind kreisförmig bis etwas queroval und stehen an den hinteren Lenden- 
wirbeln nicht ganz senkrecht, indem hier die vordere etwas nach unten, die hintere ebenso nach oben 
sieht. Die Ventralseite ist etwas gewölbt, in der Längsrichtung aber ein wenig konkav und in ihrer 
Mitte sind wenigstens an den 6 ersten Lendenwirbeln zwei Gefäfßlöcher nebeneinander. Sie führen, wie 
die Wirbel Fr. ı und Fr. 5 sehen lassen, in zwei senkrechten Kanälen zu dem Boden des Neuralkanals. 
Der Körper ist im übrigen völlig massiv und zeigt im Innern ziemlich dichte Spongiosa, seine Oberfläche 
läßt aber bei Fr. 5 dieselbe Lamellenstruktur erkennen, wie sie Joh. Müller (1849, S. 8) für die innen 
zum Teil nicht verknöcherten Wirbel der gleichalterigen großen Zeuglodonten Alabamas charakteristisch fand. 


Von ventralen Fortsätzen findet sich nur bei einigen Wirbeln Fr. 5 eine schwache Mediankante 
und bei St. ıı sind vom 5. an angedeutet, vom 7. an deutlich hinten unten zwei Höckerchen, zu welchen 
sich am 13. und I4. auch vorn zwei gesellen, die alle zum Ansatz der nicht erhaltenen Chevrons dienen. 

Deshalb und weil so der drittletzte Lendenwirbel wie meistens bei Landraubtieren der längste wäre, 
möchte ich den 7. Wirbel von St. ıı als ersten Schwanzwirbel annehmen, obwohl die Querfortsätze eher für 
den 9. sprechen. Allerdings ist nach den Befunden von Knauff (1905, S. 311) die bisherige Bestimmung 
des Schwanzanfanges nach den Chevrons falsch und müßte die Lage des Plexus sacralis maßgebend sein, 
aber der Paläontologe kann sie bei Walen nicht feststellen. 

Der Canalis vertebralis ist schon an den ersten Lendenwirbeln deutlich schmaler als an den letzten 
Brustwirbeln und nur bei Fr. ı noch I'5 cm hoch. Er wird dann sehr schmal und ist von dem Io. Wirbel 
an wohl schon rudimentär. 

Der Neuralbogen, dessen Basis stets bis vorn reicht, endet bis zum Iı. Wirbel deutlich vor dem 
Hinterende des Körpers und dann sind seine Rudimente auf dessen Vorderteil beschränkt. Von dem Dorn- 
fortsatze ist leider nur am ı. und 2. Wirbel wenigstens die untere Hälfte erhalten, wonach er am 2. noch 
über 3 cm hoch ist. Er entspringt hier als senkrechte Platte in ganzer Länge des Neuraldaches, wird aber 


dann allmählich auf dessen hintere Hälfte beschränkt, wo er noch am 9. bis 12. Wirbel als Kante vorhanden ist. 


Die dorsoventral platten Querfortsätze entspringen stets ziemlich unten an der Körperseite, und zwar 
am 1. bis 3. Wirbel vom Hinterende an bis nahe zum vorderen, vom 4. bis 8. nicht so weit bis vorn, 
dann aber bis ganz vorn. Sie sind also vom 9. Wirbel an breit, zuerst schlank und ragen hauptsächlich 
nach außen, am ı. bis 8. Wirbel aber auch ganz wenig nach hinten und etwas nach unten, sind aber kaum 
gebogen. Sie sind am ı. Wirbel über 8 cm lang, am $. kaum 6 cm und dann noch weniger, scheinen stets 
ziemlich scharfrandig zu sein und zuerst am Ende verschmälert, vom 6. Wirbel an aber abgestutzt. Eine 
Verstärkung ihres Endes zu einem Beckenansatz läßt sich nicht finden, vielleicht weil die Enden 
meistens fehlen. 

Am 9. Wirbel ist in ihrer Basis ein vertikales Loch nahe am Vorderrande, am Io. bis 14. Wirbel 
aber ziemlich in der Mitte und am 12. bis 14 zieht zu ihm eine Rinne an der Wirbelseite herab, durch 
welche eine dem Querfortsatze parallele Längskante der Wirbelseite unterbrochen wird und in der wohl die 
Seitenäste der Arteria sacralis media von dem Loche aus heraufstiegen. 


Auffällig sind die starken Präzygapophysen, deren Basen am Wirbelvorderende nahe beieinander 
mit dem Neuralbogen entspringen und die bis weit vor das Wirbelende nach vorn mäßjig oben und außen 
ragen, also stark divergieren. Sie werden zwar kleiner, ihr Vorderrand ist aber noch am 7. Wirbel (1. V. cd.) 
über 5 cm lang und noch am 14. sind sie deutlich. An den ersten zwei Wirbeln tragen sie noch eine 
längsovale flachkonkave Facette, die nach oben innen wenig vorn sieht und sind hier außen durch Met- 
apophysen verdickt, später aber seitlich platt und vorn ziemlich spitz. 


Im Gegensatze dazu ragen die Postzygapophysen nur am ı. Wirbel noch deutlich nach hinten 
und tragen hier Facetten, am 3. sind sie schon rudimentär und der Neuralbogen endet dann hinten einfach 
spitz. Am 13. und 14. Wirbel sind jedoch hinten auf dem Wirbelkörper zwei Höckerchen dicht beisammen, 
welche vielleicht ihnen entsprechen. ; 

16* 


Dr. Ernst Stromer. [19] 


Die von Dames (1894, S. 197 ff.) zu Zeuglodon Osiris gerechneten unvollständigen Wirbel gehören 
offenbar zu einer größeren Form, auch die von mir (1903, S. 76 und 83) allerdings mit Vorbehalt hieher 
gestellten Wirbel Mn. 4 scheinen mir eher zu einer sehr nahe stehenden Art als zu Z. Osiris selbst zu gehören. 


E. Rippen und Brustbein. Taf. I, Fig. ı und Taf. II, Fig. 22—25. 


Bei dem Skelett Mn. 9 sind nur 4 ganze Rippen und 3, deren Unterende abgebrochen ist, erhalten, 
Alle kennzeichnen sich durch den Besitz eines Capitulum und Tuberculum, deren Epiphysen fehlen, als echte 
Rippen, die an den Querfortsätzen und an je zwei Körpern der Vert. thor. verae gelenken. Die vorderen, 
etwa 25 cm in der Luftlinie langen, sind platt, im oberen Teile stark gekrümmt und gegen das abgestutzte 
Unterende zu etwas verbreitert. Weiter hinten gelegene sind gleichmäßiger gekrümmt, bis 34 cm in der 
Luftlinie lang, in der Mitte der Länge von ovalen Querschnitt und gegen das Ende zu verschmälert. 
Kolbig verdickte Unterenden liegen überhaupt nicht vor und verknöcherte Costosternalia scheinen auch nicht 
vorhanden gewesen zu sein. 

Bei Mn.9 ist vom Brustbein nur das sehr massive Manubrium erhalten, das ungefähr die Form eines 
länglichen Rechteckes hat und vorn etwa halb so dick als hinten ist. Seine Ventralseite ist deutlich längs- und 
wenig quergewölbt; die Dorsalseite, die ganz wenig längskonkav und kaum quergewölbt ist, geht in die Seiten 
gewölbt über. Der gerundete Vorderrand ist etwas querkonkav und die vorderen Ecken ragen etwas seitlich, 
Hinter ihnen befinden sich die konkaven Ansatzstellen des ersten Rippenpaares, welche hinten durch je einen 
Höcker in der Mitte der gerundeten Seitenränder begrenzt sind. Der Hinterrand endlich ist etwas konvex 
und die rauhe hintere Fläche ungefähr queroval. 

Zu Zeuglodon Osiris oder einer doch sehr nahe stehenden Form dürfte auch das isoliert gefundene 
hintere Ende des Brustbeines St. 13 gehören, an dessen Ventralseite einige wohl pathologische Wölbungen 
vorhanden sind. Der längliche, dorsoventral platte Knochen, der vorn fast so dick, aber breiter als das 
hintere Ende des Manubrium ist, wird nach hinten zu allmählich ziemlich dünn. Der vordere Teil ist 
ungefähr quadratisch, dorsal und ventral flach und zeigt am rauhen Seitenrande zwei Ausbuchtungen, wohl 
die Ansatzstellen der zwei letzten echten Rippen. Dahinter verschmälert sich der Knochen, hat gerundete 
Seiten und eine etwas gewölbte Ventralseite und läuft in eine kurze zweiteilige Gabel mit abgestutzten 
Enden aus. Ob mittlere Brustbeinstücke sich hinter das Manubrium einschalteten, ist nicht zu entscheiden, 


aber nach der Zahl der vorderen Brustwirbel nicht unwahrscheinlich. 


F. Vordergliedmaßen. Taf. I, Fig. ı, Taf. II, Fig. 4—6, ı0, Iı, 14, 26. 


Das rechte Schulterblatt Mn. 9 zeigt eine ausgesprochene Fächerform, wie bei einem Delphin. 
Sein Oberrand ist etwas konvex, der hintere etwas konkav, der vordere aber ziemlich gerade. Im vorderen 
Drittel der Seitenfläche zieht sich zum Vorderrand des Halses als allmählich höher werdende Kante die 
Spina herab, die also nur sehr schwach ist. Um so stärker ist das Acromion, das an ihrem Unterende 


als seitlich platter, langer Fortsatz ein wenig geschwungen nach vorn mäßig außen und etwas unten ragt. 


Die etwas konkave längsovale Gelenkpfanne hat einen fast geraden Innen- und deutlich konvexen 
Außenrand und vor ihr ragt als über 3 cm langer spitzer Fortsatz der Proc. coracoideus vor. 

Der von mir (1903, S. 78, Taf. X (III), Fig. 3) als fraglich hieher gerechnete Knochen ist demnach 
gewiß keine Scapula von Zewglodon. Wahrscheinlich ist er das linke Operculum eines sehr großen 
Knochenfisches. 

Die isolierte obere Epiphyse des Humerus Mn. 9 besitzt einen mäßig gewölbten, medial steil, 
lateral sanfter abfallenden Gelenkkopf, der ein wenig höher aufragt, als die nicht sehr starken Muskelhöcker. 
Davon ist das Tuberculum majus von ihm durch eine flache Furche getrennt und vorn, kaum seitlich 
gewölbt; die medial davon sich herabziehende Fossa bicipitalis ist recht schwach und das vorn innen 
gelegene Tuberculum minus auch. 

Der dazu gehörige Schaft ist nur 17'7 cm lang, da seine obere Epiphyse abgelöst ist; der ganze 
Humerus dürfte wie ähnliche isoliert vorliegende etwa 20 cm lang gewesen sein. Er zeichnet sich durch 


[20] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 125 


seine starke seitliche Abplattung und die Größe der Crista deltoidea aus, so daß sein Mittelstück eine 
schwach nach außen konvexe Platte bildet. 

Die schmale gerundete Hinterseite besaß offenbar etwa 5 cm ober dem Unterende ein kleines 
Eckchen wohl für den Ursprung des Musculus anconaeus internus; die Seiten, von welchen nur die mediale 
ein wenig gewölbt ist, laufen nach vorn in die gerade scharfe Crista aus, deren stumpfwinkeliges schwach 
medialwärts gebogenes Untereck nur etwa 6 cm ober dem Unterende liegt, zu dem es medialwärts als 
scharfe Kante ausläuft, die wohl als Ansatz eines wie bei vielen Raubtieren besonders weit herabreichenden 
Musculus deltoideus diente. Am Distalende ist der Querschnitt ungefähr rechteckig, die Seiten sind nur 
etwas gewölbt, aber eigentliche Condyli, die Ansatzstellen der wichtigsten Handbeuger und -Strecker fehlen, 
ebenso wie eine Crista supinatoria und ein Foramen entepicondyloideum. Hinten ist eine kleine, aber 
deutliche Fossa olecrani und auch vorn ist eine kleine Einsenkung, Fossa supratrochlearis anterior, ober dem 
einfach rollenförmigen Gelenk vorhanden. Es ist relativ klein, in der Querrichtung vorn wenig, hinten etwas 
konkav, im Sagittalschnitt etwa halbkreisförmig. Sein Lateralrand ragt distal etwas mehr vor als der mediale, 
welcher dafür hinten schärfer ist und sich höher hinaufzieht. Er ist hier. ein wenig über dem Distalende 
durch eine schwache Einkerbung unterbrochen. 

Radius und Ulna St. ı3 a liegen leider nur isoliert vor, so dafs ihre Zugehörigkeit nicht sicher 
ist, auch ist der eine zu der Ulna gehörige Radius so platt gequetscht, daß sich an ihm nur die ohne 
untere Epiphyse 16 cm betragende Länge feststellen läßt. Die Ulna ist auch etwas platt gedrückt und 
ein anderer isolierter rechter Radius St. 13 b gehört einem kleinen Tiere an, auch fehlt seine untere Epiphyse. 

Dieser Radius (Taf. Il, Fig. 10, II) ist außer am ÖOberende seitlich platt, doch sind seine Seiten 
etwas gewölbt, zugleich ist er etwas nach vorn konvex. Sein oberes Gelenk, das zu wenig quergewölbt 
ist, um an den Humerus zu passen, ist etwas schräg queroval und in der Richtung von vorn nach hinten 
etwas konkav. Unter ihm ist vorn an der Innenseite ein größerer Höcker, der wohl der Tuberositas radii 
für die Endsehnen des Musculus biceps und brachialis internus entspricht. Auch an der Vorderseite ist ein 
kleiner Höcker und darunter wird der nach vorn konvexe Rand schärfer, um 5’5 cm unter dem Gelenk 
ein Eckchen zu bilden, gegen das Unterende zu wird er aber wieder gerundeter. Am Hinterende ist oben 
keine Facette für die Ulna, sondern eine rauhe, etwas nach innen sehende Fläche, die nach unten zu in 
den scharfen Rand sich verschmälert, der unten wieder breiter gerundet wird. Das Unterende ist infolge 
der seitlichen Abplattung stark oval, sein Innerrand läuft im hinteren Drittel konvex in den Hinterrand. Da 
die Epiphyse fehlt, läßt sich nur nach einem im Uadi Rajan gefundenen ähnlichen Radius St. 14 schließen, 
daß auch hier wohlgetrennte Facetten für das Radiale und ein größeres dahinter gelegenes Intermedium 
vorhanden waren. 

Die Ulna St. ı3 a (Taf. Il, Fig. 14, 26) paßt ganz gut an das Gelenk des Humerus Mn. 9 und ist 
wie er seitlich sehr stark abgeplattet, so daß sie wie eine gestreckte Platte erscheint, die am Ölecranon am 
dicksten (in der Sagittalrichtung) nach unten zu wenig abnimmt. Das etwas rückragende Olecranon, die 
Ansatzstelle der Streckmuskeln des Vorderarmes (M. triceps und anconaeus), ist sehr groß, ganz platt und 
oben abgestutzt, sein Hinterrand geht konkav in den schmalen, sehr wenig konkaven Hinterrand des 
Schaftes über, sein gerader Vorderrand endet über der kleinen halbkreisförmigen Fossa sigmoidea, die sehr 
schmal ist und an der Innenseite eine Kerbe zeigt, welche wohl mit der des Humerusgelenkes korrespondiert. 
Vorn unter dem Gelenk ist eine kleine, vertikale Fläche, die nach vorn sieht und deren Innenrand etwas 
verdrückt ist. Sie läuft in den scharfen geraden Vorderrand aus, an dem 7 cm unter dem Gelenk noch ein 
Eckchen sich feststellen läßt, während weiter unten das Stück zu sehr verwittert ist. Es läßt sich nach 
Resten von Zeuglodon Isis St. 9 jedoch mutmaßen, daß die Ulna unten seitlich ganz abgeplattet und abge- 
stutzt endet, aber die Gelenkfläche ist auch dort nicht mit Sicherheit bekannt und von der Hand liegt leider 
überhaupt nichts vor. 

Zeuglodon Zitteli Stromer (I903, S. 70 ff. und 83, Taf. X (III), Fig. ı, 2, 4, Taf. XI (IV)). 
Taf. V (I), Fig. 7—9, 15—19. 

Zu der von mir (1903, S. 83) auf recht dürftige, wenn auch interessante Reste Mn. 3 aus der Kasr 

es Saghastufe begründeten Art, gehört unzweifelhaft ein Schädel mit in situ anhängenden Unterkiefern, den 


126 Dr. Ernst Stromer. [21] 


7 Halswirbeln und der zusammenhängenden Reihe des 2. bis 13. Rückenwirbels, mit Rippenresten und der 
linken Scapula eines erwachsenen Individuums St. 4. Leider ist der Schädel seitlich platt gedrückt, die 
Unterseite fast nicht sichtbar, der Zahnschmelz zerstört und auch an der Wirbelsäule manches lädiert. Nach 
letzterer zu schließen, möchte ich nun doch die Wirbel Mn. 4, welche ich (1903, S. 76 ff., Taf. XI(IV), Fig. 4—10) 
beschrieb und abbildete, hieher rechnen, besonders, weil sie kleine Unterschiede von den zu Z. Osiris 
gestellten zeigen. 

Aus dem letzteren Grunde ist es auch am besten, isoliert gefundene gelbliche Humeri St. 12, von 
welchen ein rechter und linker aus der Saghastufe zusammengehören, mit Vorbehalt hier anzureihen. Dann 
aber muß ein rechter dunkelbrauner Humerus St. 14, der mit einem zugehörigen Radius in sehr feinkörnigem 
Sandsteine des Uadi Rajan gefunden wurde, auch hier besprochen werden, weil er ganz den eben genannten 
gleicht und der Radius auch Unterschiede von dem oben S. 125 beschriebenen zeigt. Doch ist ausdrücklich 
zu betonen, daß diese Extremitätenreste nur mit Vorbehalt bei Z. Zitteli einzureihen sind, weil sie in der 
Größe zu ihm oder Z. Osiris passen und kleine Unterschiede von den zu letzterem gehörigen Knochen 
nachweisbar sind. 

Überhaupt sind ja die trennenden Merkmale der zwei gleichalterigen und gleich großen Arten sehr 
gering, wenn sie sich auch an allen möglichen Teilen äußern. Da ich Z. Osiris (abgekürzt in Z. O.) so 
ausführlich beschrieb, kann ich mich hier also unter Hinweis auf die Maßtabellen S. 140ff. um so kürzer fassen. 


4A. Gebiß. 

Im Unterkiefer St. 4, wo. die M. verdeckt sind, verhalten sich die J., EC. und P. wie bei Z. ©, 
nur zeigt der C. außen an seiner Wurzel eine Vertikalfurche und der P. ı wohl eine Zweiteilung. Er ist 
länger als bei Z. O., vorn und hinten wohl kantig, aber zackenlos. Auch der P. 2 ist länger, das Diastema 
P. 2—P. 3 dagegen sehr kurz. ; 

Oben, wo dieselbe Zahnzahl wie bei Z. O. bei St. 4 sichtbar ist, sind die hinteren Diastemata 
auch recht kurz. Der P. ı ist hier aber recht lang und wie bei Mn. 3 deutlich zweiwurzelig. Ob seine gleich- 
schenkelige Krone Zacken trug, ist leider ebenso wenig feststellbar, wie die Frage nach einer etwaigen 
dritten Wurzel des P. 2 und P. 3. Wenn die Zähne länger sind als bei Mn. 3, hängt es wohl damit 


zusammen, daß dort doch wahrscheinlich noch Milchzähne vorhanden waren. 


B. Unterkiefer. 

Der Unterkiefer ist in seinem vorderen Teile stärker gestreckt als bei Z. O., wie die Abstände 
der Spitze vom P. 2 gegenüber dem Abstand des P. 2 vom M. 3 zeigen, doch könnte bei dem schmal- 
schnauzigen Schädel St. 2 das Verhältnis ebenso gewesen sein. Sonst ist nur die größere Höhe des Kron- 
fortsatzes hervorzuheben. 

C. Schädel. 

Von den Unterschieden, die ich (1903, S. 71) bei den Schädelresten Mn. 3 gegenüber Z. O. hervor- 
hob, ist nur die ein wenig geringere Biegung des freien Hinterrandes der Frontalia auch bei St. 4 erkennbar. 
Hier ist die Schnauze so lang wie bei Z. O. St. 2, die Umgebung der Bullae und der kleine Proc. parocci- 
pitalis gleichen aber Mn. 9. Als konstanter Unterschied von Z. O. bleibt also nur noch die große Länge 
der Bullae, die rechts und links auffällig verschieden ist. 

Daß das Innere der Nasenhöhle Mn. 3 (1905 Taf. X (II), Fig. 2, Taf. XI (IV), Fig. 1ı—-3) sich 
wie bei Z O. verhält, habe ich endlich schon oben S. 118, 119 erwähnt. 


D. Wirbelsäule. 

Die 7 Halswirbel St. 4, von welchen nur die zwei ersten nicht gut erhalten sind, sind zusammen 
etwa 22 cm lang, also nicht ganz ein Drittel der Schädellänge, und sind zwar größer als die von 
Z. Zitteli Mn. 3, aber kaum so groß als bei Z. O. Mn. 9. 

Der Atlas hat bei Mn. 3 hinten eine schrägovale Facette statt der senkrechtovalen von Z. O. 
Der Epistropheus Mn. 3 (1903, S. 75, Taf. X (II), Fig. 1) unterscheidet sich durch seitliche Konkavität der 
Wirbelunterseite, einen mit aufgebogenen Seitenkanten versehenen, vorn abgestutzten Zahnfortsatz und einen 
eher hochovalen als breiten Canalis vertebralis. 


[22] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 127 


Der 3. bis 7. Halswirbel hat wie er hinten unten am Körper eine kleine Kerbe und zeigt in- 
folge seitlicher Konkavität der Unterseite einen Medianrücken, auch ist der 7. hinten weniger breit, doch ist 
er ebenfalls stark queroval und mit Rippenfacetten versehen. Dafür ist an ihm der Neuralkanal stark ver- 
schieden, indem er breiter als hoch ist, statt wie bei Z. O. Mn.og auffällig schmal zu sein, und die Basis 
des platten Querfortsatzes entspringt hier nicht nur am Neuralbogen, sondern auch an der Wirbelseite, es 
waren also offenbar noch stärkere Teile seiner unteren Wurzel da, die jedoch leider abgebrochen sind. 

Die Reihe des 2. bis 12. Brustwirbels ist ventral 5I cm lang und da der II. in der Richtungs- 
änderung der Dorn- und Gelenkfortsätze, der Gelenkung der Rippen und dem Verhalten der Querfort- 
sätze ein deutlicher Übergangswirbel (V. th. i.) ist, darf man für die Länge der Brustregion bis zu ihm, 
ohne die Bandscheiben etwa 50 cm annehmen, was zusammen mit dem Halse der Schädellänge gleichkommt. 

Die Wirbelkörper sind nicht so breit wie bei Z. O. Mn.9 und werden etwas länger als dort, so daß 
schon die I. V.thoracolumbalis St. 4 so lang wie bei Mn. 4 (1903, S.77, Taf. XI (IV), Fig. 7, 8) ist; wie dort 
sind aber auch die hintersten Brustwirbel breiter als lang; ihre Zahl ist übrigens leider nicht festzustellen. 

Die Körper sind bei Mn. 4 und St. 4 im Gegensatz zu Z. O. Mn.og stets unten seitlich etwas konkav 
und an den V. th. l., die wie dort keine Gelenke für die Rippenköpfe tragen, sind unten außer zwei deut- 
lichen Tubercula psoatica drei kleine Längsleisten vorhanden. 

Der Canalis vertebralis ist schon am 2. Brustwirbel St. 4 deutlich breiter als hoch, auch bei der V. th. v. 
Mn. 4 (1903, Taf. XI (IV), Fig. 4) niederer als bei allen von Z. O. Mn. 9, an den V. th. l. etwas niederer 
und schmaler, und zwar schon an der ersten viel niederer als bei Z. O. Mn. 9. Vom Neuralbogen ist 
nur zu erwähnen, daß er an der I. V. th. l. noch nach vorn geneigt ist, und der Dornfortsatz, der an der 
letzten V. th. v. etwas, an der V. th. i. aber weniger rückgeneigt ist, steht auch hier noch nicht ganz 
vertikal; es ist also die Antiklinie keine plötzliche. Er dürfte am 4. oder 5. Brustwirbel am höchsten sein, 
denn bei St. 4 ist sein Vorderrand am 4. 14°5 cm hoch, an der V. th. i. nur 4°5 cm, an der ı. V.th. |. 
allerdings wohl wieder höher. 

Die Querfortsätze verhalten sich wie bei Z.:O, sie entspringen an der V.th. i. noch an der Seite 
des Neuralbogens und tragen die Facette für das Tuberculum costae, aber schon an der 1. V. th. |]. 
ist nur ein deutlicher Höcker an der Seite des Wirbelkörpers vorhanden, der dann, wie Mn.4 (1903, Taf. XI (IV), 
Fig. 7, 8) zeigt, etwas länger wird und die einfache Rippengelenkung vermittelt. 

Die vorderen Gelenkfacetten sehen an der 2. und II. V. th. wohl ein wenig nach innen, an der 
1. V. th. 1, aber sind sie konkav und sehen nach innen etwas oben, wobei die durch Metapophysen ver- 
stärkten Gelenkfortsätze deutlich hochragen. Die Postzygapophysen endlich ragen an der V. th. i. und 
1. V. th. 1. hinten weniger vor, als beider V. th.l. Mn. 4, tragen aber wie dort noch kleine nach außen unten 
sehende konvexe Facetten. 

Die wahrscheinlich hieher gehörigen Lenden- und Schwanzwirbel Mn. 4 (1903, S. 77, 78, SI, 
Taf. XI (IV), zeigen nur geringe Unterschiede von den zu Z. O. gerechneten St. II und Fr. 5: sie haben alle 
vertikal stehende, sehr wenig ovale Endflächen, sind breiter und die Querfortsätze des Lendenwirbels Mn. 4 Yy 
(1903, Taf. XI (IV), Fig. 5) ragen mehr nach unten und sind auch etwas rückgebogen, auch sind die Postzyga- 
pophysen kleiner. Der Wirbel Mn. 4 e (1903, Taf. XI(IV), Fig. 9, 10) entspricht übrigens dem 9. von St. ıı, also 
einem der ersten Schwanzwirbel, hat aber kein Rudiment eines Dornfortsatzes mehr. Der Wirbel Mn.4 
(1903, Taf. XI (IV), Fig. 6) entspricht dann ungefähr dem 12. oder 13. Wirbel St. ı1. Daß endlich das Loch 


im Querfortsatze des Wirbels Mn. 4 & vorn nicht geschlossen ist, dürfte wohl nur eine Anomalie sein.?) 


F. Vordergliedmaßen. Taf. II, Fig. 7—9, 15—109. 

Da die an den V. th. v. und an der V. th. i. St. ıı befindlichen zweiköpfigen Rippenstücke nichts 
Besonderes zeigen und nicht zu entscheiden ist, ob das oben S. 124 beschriebene Hinterende des Brust- 
beines nicht hieher gehört statt zu Z. O., ist nur noch das linke Schulterblatt St. 4 als sicher zu 
Z. Zitteli gehörig zu vergleichen. Trotzdem die Enden seiner Fortsätze und Teile seiner Ränder fehlen, 


1) Der isolierte Lendenwirbel Mn. 3 c (1903, S. 76), der sich durch flache Ventralseite des Körpers und hohen 
Neüralkanal von Mn. 4 unterscheidet, bleibt in seiner Stellung unsicher. 


128 Dr. Ernst Stromer. e 23] 


läßt sich feststellen, daß es ein wenig größer als bei Z. ©. Mn. 9 ist, oben etwas konvexe Vorder- 
und Hinteränder und einen schlankeren Hals hat, sowie daß die Crista näher am Vorderrand liegt, das 
Acromion breiter ist und die Gelenkpfanne. deren Innenrand konvex ist, weniger längsoval. 

Die drei oben S. 126 genannten Humeri sind in ihrer Größe und ihren Verhältnissen recht gleichartig: 
und zeigen alle dieselben geringen Unterschiede von dem sicher zu Z. ©. gehörigen Mn.g. Ihr Kopf ist 
nämlich etwas breiter, das Tuberculum majus lateral abgeflacht, vorn aber gewölbter und das Tuberculum 
ininus erheblich stärker. Auch ist die Fossa bicipitalis eher noch kleiner, der Schaft innen etwas gewölbter 
und die Spuren der Condyli sind noch geringer als dort. 

Der rechte Radius St. 14 paßt in jeder Beziehung zu dem mit ihm zusammen gefundenen Humerus 
und gehört wie er einem ziemlich erwachsenen Tiere an, wenn auch seine untere Epiphyse noch nicht 
canz verschmolzen ist, also nicht zu den aus derselben Schicht stammenden Resten eines ganz jungen 
Prozeuglodon St.ı. Er ist leider am Vorderende und oben an der Innenseite lädiert, sonst aber sehr gut 
erhalten. Dadurch, daß am oberen Gelenke der Vorderrand stark nach vorn konvex ist, wird dessen Dicke 
größer als bei Z. O. St. 13; ferner ist die Fläche oben am Hinterrand weniger rauh und noch weniger als bei 
St. ı3 nach innen gerichtet. Das untere Gelenkende ist glücklicherweise sehr gut erhalten. Vorn innen ist eine 
kleine Grube, dann folgt eine flachkonkave, ovale Facette für das Radiale, die senkrecht zur Längsachse 
des Knochens steht und hinter ihr durch einen queren Absatz getrennt eine nicht so weit distal gelegene, etwas 
querkonkave Facette, die auch längsoval, aber größer ist und etwas nach hinten sieht, offenbar für ein 


größeres, selbständiges Intermedium bestimmt. 


Zeuglodon Isis Beadnell (1905, S. 44). 
» Andrews (1904, S. 214— 215). 
» » » Andrews (1906, S. 240 ff, Textfig. 78, 79). 


Prozeuglodon atrox Andrews (1906, S. 243 ff., Textfig. So—82, nicht 83, Taf. XXI). 
Tafel VI, VIL (III, IV). 

Zu der von Beadnell und Andrews auf dürftige Reste aus der Kerunstufe aufgestellten Art, 
die von ihnen nicht einmal mit dem so ähnlichen großen amerikanischen Z. macrospondylus Joh. Müller 
verglichen wurde, gehören auch die Reste jugendlicher Individuen, auf welche Andrews ein neues Genus 
aufstellen zu müssen glaubte. Aus praktischen Gründen möchte ich sie aber nachträglich gesondert be- 
sprechen und zunächst nur die mir vorliegenden prächtigen Reste der erwachsenen Form, die alle aus der 
Kerunstufe stammen, unter Vergleich mit Z. Osiris (= Z. O.) beschreiben. 

Mn. 13. Intensiv gelbe bis hellbraune Reste eines Individuums aus feinkörnigem gelben Sandstein. 
Ein von Brüchen durchzogener, aber bis auf die Spitze vollständiger rechter Unterkiefer mit erhaltenem 
angekauten C. bis M. 3, 3 isolierte Kegelzähne, ein Stück des rechten Oberkiefers mit abgekauten Resten 
des P. 2 bis M. ı (alle Zähne mit Schmelz), Atlas, 3. und 5. Halswirbel, 6 vordere und 5 hintere Brust- 
wirbel, 4 Schwanzwirbel, fast alle ohne Epiphysen, eine ganze und mehrere zerbrochene Rippen, Vorderstück 
des Brustbeines, rechtes, oben lädiertes Schulterblatt, linker Oberarm ohne Kopf. 

Originale zu Taf. III, Fig. ı2, Taf. IV, Fig. 6. 

Mn. 14. Ein rechter und linker Unterkiefer aus graugelbem, sehr feinkörnigem Sandsteine mit weißen 
Muschelresten, die trotz kleiner Unterschiede wohl von einem Individuum stammen. Rechts fehlt das den 
€. tragende Stück und nur der P.2, P. 4 bis M. 3 ist erhalten, links aber ist nur die hintere Hälfte vom 
P. 2 an erhalten und dieser sowie die hintere Hälfte des P. 4 fehlen. Alle Zähne mit Schmelz. 

Original zu Taf. III, Fig. 11. 

Mn. 15. Schnauze mit linkem Oberkiefer aus grauem, feinkörnigem Sandstein voll weißer Muschel- 
reste, nur ein J. 2 ist erhalten. 

Mn. 16. Isolierte Reste meist aus gelbem Sandsteine, zwei Kegelzähne, ein Oberende eines linken 
Humerus, zwei isolierte linke Humeri ohne Kopt, obere Hälfte eines rechten Radius, Gelenk einer Scapula, 
eine vollständige zweiköpfige Rippe, 6. Halswirbel ohne Neuralbogen, eine lange V. th. |, zwei weißliche 


[24] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 129 


große V. 1. zusammengehörig aus gelbbraunem Kalksteine, ein über 28 cm langer und 20 cm breiter Lenden- 
wirbel ohne Epiphysen, zwei Schwanzwirbel, ein hınteres Brustbeinstück. 

Originale zu Tafel III, Fig. ı, 4, Taf. IV, Fig. 3—5, 8. 

St.5 a,b. Ein rechter und linker Unterkiefer ohne Vorderenden und seitlich zusammengedrückt, nicht 
zusammengehörig. Westlich von Dimeh, also vielleicht in der Kasr es Saghastufe gefunden. 5 a mit P. 2, 
Bau MS mbis. Ms 3, 5, benur mitsB»r2.bisr BZ Ar ohne, Schmelz: 

St. S. Gelbliche Reste aus gelbem Sandsteine. Ein besonders in der Mitte unvollständiger Schädel 
mit J. ı bis J. 3 und P. 2 und Basis von P. 3, P. 4, Atlas, Körper des Epistropheus und vielen weiteren 
Wirbeln, aber ohne gut erhaltene Fortsätze. 


St. 9. Vollständigeres Skelett, gelb, aus demselben Sandsteine. Fast vollständiger, ganz wenig ver- 
drückter Schädel mit P. 2 bis P. 4 und M. ı, M. 2, alle mit Schmelz, Hyalia am Jochbogen, linker Unter- 
kiefer nur Hinterende und zahntragender Teil am M. ı und Basis von P. 3, P. 4, Atlas, 3., 5. und 6. 
Halswirbel, 7 vordere Brustwirbel (V. th. v.), Übergangswirbel (V. th. i.), 5 hintere Brustwirbel (V. th. 1.), 
8 große Lendenwirbel (V. 1.), ein vorderer Schwanzwirbel und zwei ganz kleine Schwanzwirbel (V. cd.), 
viele Rippen, Manubrium und drei scheibenförmige (?) Sternalstücke, linkes Schulterblatt und Gelenk des 
rechten, linker Humerus und Unterende des rechten, linke Ulna ohne Unterende flach gequetscht und 
untere Hälfte der rechten, fragliche distale Epiphyse der Ulna. 

Originale zu Taf. III, Fig. 2, 3, 5-10, 13, I4, Taf. IV, Eig. ı, 2, 7, 9—14. 

St. 15. Isolierte Humeri, Ulna dextra ohne untere Epiphyse, ein wenig zerquetscht und verwittert. 

Da mein großes Material eine ziemliche Variabilität in den Maßen der Unterkiefer und Zähne und 
hierin Annäherungen an den ebenfalls variablen Z. Osiris zeigt (siehe die Maßtabellen S. 140 ff.) und auch 
sonst, abgesehen von der Größe und der Lendenregion keine tiefgehenden Unterschiede sich finden, brauche 


ich nur die Differenzen von Z. O0. und sonst wichtige Punkte hervorzuheben. 


A. Gebiß. 


In der Zahl, Stellung, der relativen Größe und Form der Zähne bestehen keine weitgehenden 
Unterschiede von Z. O., nur ist der Schmelz der J., C. und P. bis auf die glatten Spitzen und Zacken mit 
stärkeren vertikalen Runzeln versehen, die Zahl der Nebenzacken ist meist größer und die Spitzen sind mehr 
rückgebogen. In der zum Teil variablen Größe der Zähne bestehen sogar manchmal keine Unterschiede von 
Z. O., was besonders vermerkt werden wird. Bemerkenswert ist übrigens die oft starke Abkauung, die 
unten wie oben vor allem die Hauptspitze und an den Zackenzähnen der Vorderrand erlitten hat. 


Dar Beübremicdieise Creibitändieisa Umiterzikiernerses Data gBiersem. 


Die nirgends in situ erhaltenen J. wie der bei Mn. ı3 noch leidlich konservierte C., verhalten sich 
wie bei Z. O. Der P. ı, auch nur bei Mn. 13 mit lädierter Krone vorhanden, ist zwar auch einfach, seine 
Wurzel zeigt aber aufen eine Vertikalfurche und seine etwas platte und rückgebogene Krone hat nach 
Andrews (1906, S. 241., Textfig. 78 B.) einen vorn fein, hinten gröber gesägten scharfen Rand. 

Der.P. 2, bei St. 5 a nicht größer als bei Z. O. St. 14, bei Mn. ı3 aber viel länger, hat eine nur 
sehr wenig rückgebugene platte Krone, deren steiler Vorderrand bis nahe zur Spitze mit kleinen Zacken 
versehen ist, während hinten zwei bis drei große Nebenzacken sich finden. 

Der P. 3, bei St. 5 a, 5 b und St. 9 auch nicht länger als bei Z. O. St. 14 hat am steileren 
Vorderrand 4 bis 5 kleinere Zacken, am hinteren ebensoviele große und manchmal noch vorn darüber 
einen kleinen Zacken sowie hinten unten ein Cingulum. 

Der P.4, manchmal etwas kürzer als der P. 3, ist gleichschenkelig, aber gezackt wie er, nur daß 
sogar die scharfen Ränder der Kronenspitze gezähnelt sind und hinten stets ein Cingulum vorhanden ist. 

Von den drei M., deren Größe auffällig stark variiert, ist nur der M. ı St. 9 und der M. 2 Mn. 13 
erheblich länger als bei Z. O., der M.3 allerdings stets außer bei St.5 a; der M. 2 ist übrigens meistens 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 17 


130 Dr. Ernst Stromer. [25] 


wie bei Z. ©. kürzer als der M. ı und M. 3. Der Schmelz ist ziemlich glatt, der steile Vorderrand mit 
Kante und Rinne versehen und der Hinterrand mit 3 großen und eventuell noch einem winzigen Basalzacken, 


also wie bei Z. O. 


A 2a. Bleibendes Gebiß des Zwischen- und Öberkiefers. Taf. III, Fig. 9. 


Die J., der C. und P. I sind alle einfach konisch, letzterer unterscheidet besonders von Z. Zitteli. 
Die J. sind besonders innen stark runzelig, vorn und hinten kantig, der J. 2 und besonders der C. ist 
etwas stärker als die anderen, schon der J. 2 ist kaum nach vorn gerichtet und die Krone etwas stärker 
rückgebogen. Auffällig schwach und wenig längsoval ist, nach der Alveole zu schließen, der P. ı, der 
deutlich kürzer und dünner als der C. ist, während bei Z. O. außer bei St. 2 stets das Gegenteil der Fall 
ist, weshalb auch der P. ı von Z. O. kaum kleiner ist als hier. 

Bei den stets zweiwurzeligen weiteren Zähnen ist wie bei Z. OÖ. am P. 3 und P. 4 die hintere 
Wurzel innen verdickt, bei den M. aber die vordere ein wenig. Bemerkenswert ist, daß bei St.9 die P. 3 
bis M. 2 nicht so gedrängt aufeinander folgen wie sonst. Alle P. haben übrigens unten vorn und besonders 
hinten ein schwaches Cingulum oder Basalhöckerchen, 

Der P. 2, dessen Schmelz innen stärker runzelig ist, hat an der steileren Vorderkante 3 bis 4, an 
der Hinterkante 3 Nebenzacken. 

Am P.3 ist der Schmelz nur bei Mn. 13 so runzelig wie am vorigen, auch ist er gleichschenkelig 
und hat jederseits nur 3 große Nebenzacken. Doch sind deren scharfe Ränder auch fein gezähnelt und 
endlich ist er kürzer als der P. 2, während er bei Z. O. ebenso lang oder länger ist. 

Der P. 4 ist stets sehr schwach runzelig, seine Nebenzacken verhalten sich wie am vorigen Zahn, 
aber seine Hinterseite ist etwas steiler und er ist noch kürzer als er, während er bei Z. O. fast ebenso 
lang als der P. 3 ist. 

Die zwei M. sind auch hier viel kleiner als die hinteren P., aber der M. 2 ist wie bei Z. O. St. 2 
nicht kürzer als der M. ı, welcher nur ganz wenig länger ist als bei Z. O. Der M. ı, von dem nur 
die Basis erhalten ist, hat vorn und hinten ein bis zwei Nebenzacken und ein sehr schwaches Cingulum, 
auch ist seine glatte Krone vorn und hinten gleich dick. Am M. 2 endlich ist das Cingulum stärker als 
am M. ı, der Vorderrand ist steiler als der hintere und jeder trägt zwei Nebenzacken, wovon besonders 


vorn der untere schwächer ist. 


B. Unterkiefer und Zungenbein. Taf. III, Fig. ıı und 9, Taf. IV, Fig. ı. 


Die Verhältnisse des Unterkiefers, besonders die Längen der Diastemata sind variabel. Ein Unter- 
schied von Z. O. ist fast nur in der Größe gegeben, aber St. 5 a, 5 b vermitteln und bei St. 5 b ist 
außerdem der Vorderrand des Kronfortsatzes sehr steil, ähnlich wie bei Z. Zitteli, bei den anderen und 
besonders St. 5 a aber weniger steil als selbst bei Z, Osiris. 

Vom Zungenbein liegen leider nur bei St. 9 beiderseits am Jochbogen hinaufgeschobene stabförmige 
Bruchstücke vor, die nichts Besonderes bieten. Es ist ein runder Stab von Ir cm Länge und I'2 cm 
Durchmesser, der am Vorderende dicker wird und ein hinten anstoßender dickerer von 8 cm Länge, dessen 


Enden abgebrochen sind. Vom Zungenbeinkörper ist leider auch hier nichts vorhanden. 


C. Schädel. Taf. III, Fig. 9, 10, Taf. IV, Fig. ı. 


Der Schädel ist in fast allen Maßen außer der Bulla erheblich größer als bei Z. Osırıs und 
Zitteli, in seinen Verhältnissen aber ziemlich gleichartig, nur ist seine Breite an den Jochbogen relativ 
geringer, an der Stirn größer als bei Z. O. und die Schnauze ist zwar lang, aber am P.ı schon relativ breit. 
Asymmetrie ist übrigens nicht nachweisbar, die der Schnauze in Figur ı ist nur eine Folge von Verdrückung. 


C, a. Schädelunterseite., 


Der Gaumen, der sich nach hinten zu schon von dem Hinterende der P, 3 an verschmälert, ist 
wohl auch hier durch die Pterygoidea überdacht, deren Hinterende hinter den Hamuli innen an der Fossa 


[26] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. ; 131 


pterygoidea eine vertikale dünne Lamelle ist, die bei Z. O. vielleicht nur durch Abbrechen auf eine 
Kante reduziert erscheint. 

Der abgestutzte Seitenvorsprung des Basioceipitale gleicht dem von Z. Osiris Mn. 10, indem sein 
Vorderteil quergefurcht ist, und dadurch, daf sein Vorderrand durch das erwähnte Ende des Pterygoid 
fortgesetzt ist, erscheint die Mitte der Schädelbasis noch mehr als rinnenartige Fortsetzung der Choanen. 

Die Bullae, die nur bei St. 9 mit lädiertem Außenrand und ausgefallen vorliegen, sind ebenso 
gestaltet wie bei Z. O., aber kaum größer als bei Mn. Io und sogar kürzer als bei dem sonst viel kleineren 
Z. Zitteli St. 4, also relativ klein gegenüber den so ausnehmend großen dieser Arten, 

In der vertikalen Außenwand der großen Fossa pterygoidea, die vorn wie bei Z. O. leider stets 
lädiert ist, befindet sich ober der Bulla nur ein kleines rundes Foramen und der Proc. postglenoidalis ist 


ventral weniger konvex als bei Z. ©. Sonst ist die Ohrregion ebenso gestaltet. 


C, b. Schädelrückseite. 

Die Rückseite des Schädels verhält sich auch wie bei Z. O., der sehr kurze und breite Proc. par- 
oceipitalis ragt nur nach unten etwas außen, den Proc. mastoideus sieht man von hinten nur sehr wenig, 
dafür aber vom Squamosum mehr als bei Z. O. Mn. 9. Doch ist sein Oberrand seitlich nicht so stark konvex 
als bei Mn. 10 und der Ausläufer der Crista occipitalis läuft nicht als Wulst hinten am Proc. zygomaticus 
Squamosi herab. Endlich ist im Foramen magnum bei St. 8, kaum aber bei St. 9 4 cm vor dem Hinter- 


rande, ganz seitlich am Boden je ein kleines Foramen vorhanden. 


C, c. Seitenfläche und Oberseite des Hirnschädels. 


Die Nähte, Kanten und Foramina lassen sich auch nicht genauer als bei Z. O. feststellen, Unter- 
schiede finden sich am Hirnschädel nur insofern, als er vorn unten etwas gewölbter ist, worin ihm Z. O, 
St. 3 aber kaum nachsteht, und daß wie bei dem Zewglodon von Alabama (Joh. Müller, 1849, Taf. II, 
Fig. ı und Taf. III, Fig. ı) vor dem Eck der Vordernaht des Squamosum eine ganz stumpfe Kante horizontal 
nach vorn zieht. 


C, d. Augen-, Stirn- und Schnauzenpartie des Schädels. 


Die bei St. 9 links unverdrückte Orbita ist 9’8 cm lang und 6'2 cm hoch und der Eingang des 
Canalis infraorbitalis läßt sich hier neben dem Foramen sphenopalatinum gut erkennen. Auch sieht man 
die Höcker und die Rinne des Lacrymale, nicht aber dessen Nähte. Die Stirne, welche hinter den Nasalia 
ganz schwach eingesattelt ist, ist relativ breiter, denn ihre Breite verhält sich zur Schädellänge nur wie 1:24, 
bei Z. O. ist das Verhältnis höher. Die hintere Naht der Frontalia läuft am Schädelbalken ohne Eck, nur 
nach vorn konvex ein wenig nach hinten herab und ihr freier Hinterrand ist so Nachkonkav wie bei Z. Zitteli. 

Zwischen die Nasalia ragt auch ein langer spitzer Proc. nasalis Frontalis vor und vorn sind sie 
durch ein stärkeres Eck des Innenrandes der Prämaxillae mehr verschmälert. Endlich ist zu erwähnen, daß 
die Grube für die Spitze des unteren C. besonders tief ist. 

Von den Hohlräumen des Schädels ist nichts bekannt, als dafs sie nach der Lage der äußeren 
Öffnungen und der Schädelform wohl ganz ähnlich wie bei Z, O. und Ziiteli sich verhalten. 


D. Wirbelsäule. 
DeasnElallsswinbieilssTar INS Ries 1203: 


Der Atlas, bei St. 9 etwas verdrückt und relativ klein gegen Mn. 13, wo er besonders starke Quer- 
fortsätze hat, unterscheidet sich außer in der Größe wenig von dem des Z. O. und hat wie er nur Rudi- 
mente eines Canalis transversarius und unten zwar durch eine Fläche, aber nicht durch eine glatte Facette 
verbundene vordere Gelenke. Seine Hypapophyse scheint stets zweispitzig zu sein, seine hinteren 
Gelenke sind eher kreisförmig als oval und die Querfortsätze vorn kaum konkav und hinten gewölbter. 

Der Epistropheus, von dem auch bei St. 8 nur der Körper vorliegt, wonach er sich wie der von 
Dames (ISg4, S. 197, Taf. XXXI) beschriebene verhält, unterscheidet sich außer in der Größe nur dadurch 
von dem des Z. O., daß sein Köper relativ noch kürzer ist und daß seine vorderen Facetten bei St. 8 

175 


132 Dr. Ernst Stromer. [27] 


etwas nach oben sehen. Letzteres dürfte bei Dames’ Original nicht der Fall sein, es gehört ja vielleicht 
zu dessen Zeuglodon cfr. brachyspondylus Joh. Müller. 

Ob wirklich auch hier noch 5 Halswirbel vorhanden sind, ist nicht ganz sicher, da bei St. 9 einige 
von fraglicher Zugehörigkeit vorliegen. Nimmt man wie bei Z. O. und Zitteli im Ganzen 7 an, so dürfte 
der Hals ohne die Bandscheiben etwa 30 cm lang gewesen sein, also kaum über ein Viertel der Schädel- 
länge, somit noch kürzer als bei Z, O. und Zikteli. 

Der 3. Halswirbel, der bei Mn. ı3 in seinen Verhältnissen ganz dem von Z. brachyspondylus 
Müller nach der Beschreibung von Dames (1894, S. 199) entspricht, außer daf sein Canalis transversarius 
viel enger ist, unterscheidet sich wie der 4. von demjenigen desZ. O., natürlich abgesehen von der Größe, 
fast nur darin, dafs unten ein schwacher Längsrücken und hinten eine Kerbe, ähnlich wie bei Z. Zitteli 
vorhanden ist, sowie darin, daß der Querfortsatz am 3. relativ sehr schwach und von einem weiteren 
Canalis transversarius durchbohrt ist. Der 5. von St. 9 hat ovale Endflächen, und sein Neuralkanal ist 5 cm 
breit, 4'3 cm hoch, also wie bei Z. Zitteli breiter als hoch, während er bei Z. OÖ. wohl schon dem 
schmalen hohen des 7. Halswirbels ähnlich ist. Bemerkenswert ist, daß hier schon ein schlanker Dornfort- 
satz entwickelt ist und daß das sehr wenig nach unten ragende Untereck des Querfortsatzes dick und 
gerundet ist. Der 6. Halswirbel zeichnet sich dagegen durch die Stärke der unteren Lamelle seines Quer- 


fortsatzes aus; der Wirbel ist bei St. 9 übrigens größer als der abgebildete. Ein 7. liegt leider nicht vor. 


Dnbe Birusiöwiinbreil season 


Die Zahl der V. th. v. könnte man nur nach Analogie von Z. Zitteli auf 10 annehmen; aber es 
liegen hier Anhaltspunkte für eine 5 übersteigende Zahl von V. th. 1. vor. Denn sowohl bei St. 9 als bei 
Mn. 13 sind 5 erhalten und bilden bei Mn. 13 eine zusammenhängende Reihe, von welcher der vorderste mit 
Epiphysen etwa 22 cm, der hinterste 28 cm maß. Da nun der Übergangswirbel (V. th. i.) nur 14 cm lang 
ist, müssen dazwischen noch mehrere vermittelnde fehlen. 

Es sind hier also wohl mehr V. th. 1. vorhanden als bei Z. O. und Zitteli, daß sich die Zahl der 
V.th. v. entsprechend verminderte, d.h., daß die Lage des Übergangswirbels nach vorn rückte, ist unwahr- 
scheinlich, da bei Mn. 13 wie bei St. 9 6 resp. 7 V. th. v. eines Individuums vorliegen und sicher noch 
einige fehlen. 

Nimmt man, wie erwähnt, die V. th. i. als elften Brustwirbel an, so erhält man für die Reihe dieser 
Wirbel bei St. 9 ohne die Bandscheiben ungefähr eine Länge von etwa II5 cm, die relativ größer ist als 
bei Z. Zitteli (S. 127) und wohl auch Z. O., weil sie allein fast der Schädellänge gleichkommt. Während 
hier aber die Länge der Brustwirbel nur etwas mehr als dort zunimmt, so daß die V. th. i. eben länger 
als breit ist, ist die Größen- und speziell Längenzunahme der V. th. l. eine ganz abnorme, so daß der 
letzte Brustwirbel erheblich länger als breit und viermal so lang, über eineinhalb Mal so breit und doppelt 
so hoch als der erste wird. Bei der Zahl der V.th.]. (? 7) ist also deren Region sicher deutlich länger als 
die der V. th. v. bis zur V. th. i. und der hinter der antiklinen Region gelegene Teil des Brustkorbes 


erhält so eine ungewöhnliche Vergrößerung. 


Die Wirbelkörper, deren Endflächen sich wie bei Z. 0. verhalten, sind bei den V. th. v. seitlich 
und unten etwas konkav wie bei Z. Zitteli, an den V. th. l. aber einfach etwas quergewölbt. An ihnen 
wird wie so oft an Lendenwirbeln die im übrigen massiv-spongiöse Wirbelmitte von zwei vertikalen Gefäß- 
kanälen durchsetzt, neben deren ventralen Eingängen an den letzten zwei V. th. 1.Mn. 13 je eine Längskante 
als einziger ventraler Fortsatz sich findet. Tubercula psoatica fehlen also völlig. Während ferner vordere 
kippenkopffacetten bis zur V. th. i. vorhanden sind, finden sich hintere nur an den V. th. v. und sind bei 
Mn. 13 schon an den letzten V. th. v. ganz schwach. 

Der Canalis vertebralis ist queroval und speziell an den V. th. ]. nieder im Gegensatz zu dem 
von Z. O., aber ähnlich wie bei Z. Zitteli. Er wird jedoch nur wenig niederer und an den V. th. |]. 
breiter, so daß er an der letzten V. th. 1. Mn. ız 10:5 cm breit, 3:8 cm hoch, demnach ungefähr doppelt 
so breit als an den Halswirbeln ist. 


28] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 133 


Der Neuralbogen zeigt nur die Besonderheit, daß seine Länge nicht so zunimmt, wie die der Körper 
der V. th. I, so daß er an der letzten von St. 9 nur I2 cm, von Mn, 13 sogar nur Io cm lang ist und 
deshalb hier auf die Wirbelmitte beschränkt erscheint. 

Der Dornfortsatz verhält sich wie bei Z. O. und ist nie schlank und hoch, an einer vorderen V. th. v. 
21 cm, an der vorletzten V.th.1. St. 9 nur I3 cm. An der V.th. ı. ist er sehr wenig rückgeneigt, während er 
an den V. th.]. durch Vorbiegung des oberen Teiles seines stets scharfen Vorderrandes fast vorgeneigt erscheint. 

Die mit starken Metapophysen und Spuren von rückragenden Anapophysen versehenen ()uerfortsätze 
der V. th. v. verhalten sich wie bei Z, O. Ihre Umwandlung in der antiklinen Region läßt sich aber besser 
als dort verfolgen. An der V. th. i. und den ersten zwei V. th. l. St. 9 ist nämlich an der Neuralbogen- 
seite je ein Höcker als Rudiment der Diapophyse erhalten, und zugleich tritt an den V. th. l. hinten an 
der vorderen Rippenfacette einer auf. Letzterer rückt dann als Träger einer konkaven Rippenfacette nach 
hinten in die Mitte der Seite des Körpers und zugleich ganz nach unten. Er wird dabei nur wenig länger, ist 
z. B. an der letzten V. th. ]. Mn. 13 nur 6 cm in der Quere lang, aber dorsoventral etwas platt und seine 
Basis wird dabei länger (12'5 cm an dem gleichen Wirbel), so daß er zuletzt nur in der Kürze und durch 
das Rippengelenk sich vom Querfortsatze der Lendenwirbel unterscheidet. 

Die vorderen Gelenke zeigen gegenüber Z. O. nicht unwichtige Unterschiede. Ihre Facetten sehen 
an der 2. V, th. v. noch etwas nach innen und sind an den V. th. l. offenbar nicht mehr ausgebildet 
Ihre Träger sind an der V. th. i. leider abgebrochen, waren hier aber wohl so schwach wie an den hinteren 
V. th. v., an den V. th. I. aber ragen die starken Proc. obliquomammillares nach vorn etwas außen oben, 
jedoch schon an den letzten zwei von St. 9 und allen 5 von M. 13 nicht mehr bis zum Wirbelvorderende. 

Die hinteren Gelenke sind stets recht schwach, schmal und der Mediane genähert. Sie ragen 
schon an den letzten V.th. v. nur noch eben bis ober das Wirbelende, dann aber infolge der Körper- 
streckung nicht mehr, sind also rudimentär. Demnach werden bei Z. /sis die Gelenke viel früher rückgebildet 


als bei Z. O. und Zitteli, nämlich schon in der antiklinen Region. 


D, c. Lenden- und Schwanzwirbel. Taf. IV, Fig. 2, 6, 9-11. 


Trotzdem nur bei St. 9 eine offenbar zusammenhängende Reihe von 8 Lendenwirbeln erhalten ist, 
von welchen der vorderste, wie öfters auch bei Landraubtieren, deutlich größer als der letzte Brustwirbel 
und schon der dritte am längsten ist, sonst aber nur einzelne Wirbel vorliegen, kann die allmähliche Um- 
bildung der Schwanzwirbel besser und weiter nach hinten verfolgt werden als bei Z. Osiris und Zitteli und 
muß deshalb ausführlicher beschrieben werden. 

Schon die Größe, vor allem aber die Streckung der Lendenwirbelkörper unterscheidet sie stark 
von denjenigen der kleineren Arten, aber wie bei jenen ist ihre Spongiosa dicht ohne größere Lücken und 
also verschieden von den ebenso großen Wirbeln von Eocefus und Zeuglodon macrospondylus Joh. 
Müller, die in der Diaphyse unverknöcherte Stellen haben (Joh. Müller, 1849, S. 19, Stromer, 1903, 
S. 83 und 85). Die Reihenfolge läßt sich schon durch die Körpermaße leicht feststellen. Die längste 3. 
V. 1. St. 9 ist 31 cm lang, die I. und 8. V. l. ist aber kaum I cm kürzer. Ein 9. Wirbel St. 9, Taf. IV, 
Fig. 9, 11, wohl schon ein Schwanzwirbel, ist nur 24 cm lang und vorn 15 cm breit, I4 cm hoch, also 
fehlen dazwischen gewiß mehrere. Weiter hinten würden dann die 4 V. cd. Mu, ı3 (Taf. IV, Fig. 6) kommen, 
von welchen die größte über 20 cm lang, 13 cm breit und 12 cm dick ist, die kleinste nur 13 cm lang 
ıo cm breit und 9°5 cm dick. Ganz weit hinten kommen endlich zwei verschmolzene V. cd. St. 9 
(Taf. IV, Fig. 2) die nur I'9 cm respektive 1’5 cm lang und vorn 4 cm breit und hoch sind. 

Demnach würde in der Lendenregion die Länge und Breite, vor allem aber auch die Höhe der 
Körper zunehmen, so daß die übrigens stets senkrecht stehenden, flachen bis flach konkaven Endflächen, 
sehr wenig oval sind und der längste 3. Wirbel über eineinhalbmal so lang als breit und fast fünfmal so 
lang, sowie über doppelt so breit und hoch als der erste Brustwirbel ist. Bis weit hinten bleiben dann 
die Körper länger als breit, aber dann nimmt die Länge offenbar viel stärker als die Breite und Dicke ab, 
so daß die letzten sehr kleinen Schwanzwirbel wie die mittleren Halswirbel viel kürzer als breit und hoch 
werden. Von einer Verlängerung mittlerer Schwanzwirbel, wie ich (1902, S. ı1) sie bei Landraubtieren 


134 Dr. Ernst Stromer. [29] 


nachwies, konnte ich nichts finden. Offenbar fehlen zwischen den mir vorliegenden Wirbeln einige, besonders 
hinten in der Schwanzregion, es läßt sich aber kaum feststellen, wie viele Wirbel sie umfaßte und wie 
lang der Schwanz war. Die Lendenregion aber hat nach St.9 wohl nur 7 Wirbel, da der 8. vielleicht ein 
Sakralwirbel ist; sie ist jedoch infolge von deren Länge über 210 cm lang, also kaum viel kürzer als die 
Brustregion. 

Ventral sind die Lendenwirbel sehr wenig gewölbt, besonders in der Mitte der Länge zwischen 
den Ansätzen der Querfortsätze, wo die zwei Gefäßlöcher vorhanden sind. An den Schwanzwirbeln, bei 
welchen letztere vereint sind, ist jedoch die Ventralfläche stärker gewölbt, Fortsätze sind aber auch hier 
nicht erkennbar, doch könnten an den lädierten Wirbeln Mn. ı3 kleine Höcker für die Chevrons vorhanden 
gewesen sein. Diese selbst liegen mir aber so wenig vor wie bei Z. Osiris und Zitteli. 

Der Neuralkanal ist niederer und schmaler als an den V. th. ]., zunächst nieder und breit und 
wird dann deutlich schmaler, so daß er am 9. Wirbel St.9 nur noch 3 cm breit, 1’4 cm hoch, also ungefähr 
halb so groß als am längsten 3. Lendenwirbel, und am 13 cm langen Wirbel Mn. 13 kaum 2 cm breit und 
unter %/), cm hoch ıst. Der Neuralbogen, welcher dementsprechend kleiner und rudimentär wird, ist hier 
im Gegensatz zu dem von Z. Osiris und Zitteli auf die Wirbelmitte beschränkt, da eben hier die Körper 
so lang sind. Der Dornfortsatz entspringt in seiner ganzen Länge und ist eine scharfrandige, ein wenig 
vorgeneigte Platte, die an der 1. V.l. St. 9 noch 12 cm, an der letzten über 7 cm hoch ist, bei den zwei 
weißen, isolierten Lendenwirbeln Mn. ı6 aber auffällig hoch, nämlich 19 cm, fast so hoch als sie lang 
sind. Am 9. Wirbel St. 9 ist er aber schon auf eine Kante und an den Wirbeln Mn. 13 anscheinend 
ganz reduziert. Er wird also später rudimentär als bei Z. Zitfeli Mn. 4. 

Die Querfortsätze entspringen an den V. l. ganz unten an der Körperseite, bei den V. cd. Mn. 13 
sind sie aber wieder bis in deren Mitte heraufgerückt. Ihre Basis ist kürzer als bei Eocetus und auf die 
Mitte der Körperlänge beschränkt und an den V. |]. ı0o bis I2 cm lang, am 9. Wirbel nur noch 9 cm 
und an dem längsten Wirbel Mn. 13 nur noch S!/, cm. Die Fortsätze selbst sind scharfrandige, meist nicht 
gebogene Platten mit abgestutztem und verbreitertem Ende und spitzem Vordereck, die an den 9 Wirbeln 
St. 9 nach außen etwas unten vorn ragen und an den V. |]. 9 bis 7 cm, am 9. Wirbel noch 7 cm lang 
sind. Dieser ist trotz gleicher Form der Fortsätze schon ein Schwanzwirbel, denn am 8. Wirbel ist das 
Ende des Querfortsatzes dorsal etwas gewölbt und dadurch 2'5 cm dick statt scharfrandig und war hier 
vielleicht mit einem Beckenrudiment in Verbindung, ähnlich wie an der V. s. von Protocetus (Fraas, 
1904, Taf. IlI., Fig. 8), wo aber der Fortsatz ventral gewölbt und relativ breiter ist. 

An den weiteren V.cd. Mn. ı3 sind leider die Enden der Querfortsätze abgebrochen oder sie sind 
ganz rudimentär, stets aber zieht wie bei St. Ir und Mn. 4, also wie bei Z. Osiris und Zitteli, von einem 
Loch in der Basis des Neuralbogens eine Furche an der Wirbelseite herab, welche die Mitte der Basis der 
Fortsätze als Loch oder offene Furche durchbricht. Eine Kante ober den Fortsätzen ist hier nicht vor- 
handen, aber an den kleinsten V. cd. St. 9 findet sich jederseits ein oberer und unterer dicker Höcker als 
Rudiment der Querfortsätze. 

Die Proc. obliguomammillares sind auch hier stark, und zwar am 9. Wirbel St. 9, also nach 
Reduktion des Proc. spinosus am stärksten, ragen aber auch hier nur bis fast ober das Wirbelende und 
sind also relativ schwächer als bei Z. Osiris und Zitteli. Ihre Form ist dieselbe wie dort und sie sind 
noch am 13 cm langen Wirbel Mn. 13 recht deutliche Vorsprünge. Die Rudimente der Postzygapophysen 
sind aber höchstens als rückragende Eckchen am Neuraldachende vorhanden. Wie also aus dem Verhalten 
aller Fortsätze der Wirbel hervorgeht, ist nur der Wirbelkörper von Z. Isis ungewöhnlich angewachsen, 
jene sind nur im gleichen Verhältnisse wie der Schädel größer als bei Z. Osiris. 


E. Rippen und Brustbein. Taf. III, Fig. 2—4, 8, Taf. IV, Fig. 8. 


Von den bei Mn. 13 und St.9g erhaltenen Rippen ist leider nur eine vollständig. Die vorderen sind 
auch hier platt, stark gebogen und deutlich zweiköpfig, eine mittlere ziemlich schlanke St. 9, Taf. III, Fig. 8, 
mißt, obwohl unvollständig, in der Luftlinie über 59 cm Länge. Die hinteren im Querschnitt mehr kreis- 
förmigen Rippen sind einköpfig, ihre Unterenden sind unbekannt. Bei den zweiköpfigen sind aber im 


[30] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 135 


Gegensatz zu Protocetus und Z. Osiris wie bei dem amerikanischen großen Zeuglodon (Joh. Müller, 
1849, S. 29, Taf. XXII, Fig. 2, 3), die Unterenden kolbig verdickt, so bei der isolierten Rippe Mn. I6, 
Taf. IV, Fig. 8 bis auf 49 cm bei 35 cm Länge, bei der vollständigen Mn. ı3 von 65 cm Länge ober dem 
Unterende auf 6°5:3 cm, und bei St. 9 liegen Unterenden vor, deren Durchmesser 7°8:4'4 cm sind. Es 
finden sich hier also wie bei den V. th. l. und V. l. Differenzierungen in der Massenentwicklung 
derakmochenz 7 

Das Manubrium ist von dem des Z. O. außer in der Größe nur darin verschieden, daß seine 
stärker längskonkave Dorsalseite in die schräg dorsalwärts sehenden Lateralflächen noch mehr gerundet 
übergeht und daß die Hinterecken stumpfwinklig sind. 

Bei St. 9 sind noch eine größere, fast symmetrische und zwei kleine gleichartige, ein wenig 
asymmetrische Scheiben erhalten, deren Durchmesser 13°5 : 12°5 cm respektive 13:12 cm oder II'5 cm 
und deren Dicke 69 cm respektive 54 cm oder 46 cm ist. Sie sind oval, an einem’Ende aber etwas 
winkelig, von ihren glatten Flächen ist nur eine der größeren Scheibe etwas gewölbt, sonst sind sie eben, 
die vertikal dazu stehenden Seiten aber sind allerseits rauh. Es sind wohl mittlere Stücke des Brustbeines. 

Ein wahrscheinlich hieher gehöriges Endstück Mn. 16, Taf. III, Fig. 4, ist gegenüber dem zu 
Z. Osiris oder Zitteli gehörigen dorsal etwas gewölbt, hinter dem Vorderende plötzlich um fast 3 cm 
verschmälert, aber im Endteil doch relativ breiter. Ein gabeliges Hinterende, wie an ihm, bildete übrigens 
Joh. Müller (1849, Taf. IX, Fig. 6) von dem großen amerikanischen Zeuglodon ab und in seiner 
Taf. IX, Fig. 3 und 4, wohl auch ein verkehrt gestelltes Manubrium. 


F. Vordergliedmaßen. Taf. IV, Fig. 3—5, 7, 12—14. 


Das große Schulterblatt hat gegenüber dem des Z. O. wie bei Z. Zitteli einen oben deutlich kon- 
vexen Vorderrand und ein breiteres Gelenk, indem sein Außenrand deutlich, sein innerer ein wenig konvex 
ist. Das lange Acromion ist bei Mn. 13 etwa I2 cm, bei St. 9 aber über 14 cm lang, also sehr groß. 

Der Humerus, dessen Länge kaum die Höhe der Scapula übertrifft, ist viel größer als bei Z. Osiris 
und Zitteli. Das vom Kopfe nicht getrennte Tuberculum minus ist bei St. 9 und dem kleineren isolierten 
Oberende Mn. 16 deutlich konvex, also letzterem ähnlicher; oben zwischen ihm und dem Tuberculum majus 
ist eine Grube und dieses ist besonders im hinteren Teile niederer und bei St. 9 vorn scharfkantig. Die 
obere Hälfte des Schaftes ist innen viel deutlicher gewölbt als außen und die Fossa bicipitalis ist sehr schwach, 
wie bei Z. Zitteli. Das gerundete Eck der Crista deltoidea liegt bei St. 9 übrigens ı1'5 cm, das des Hinter- 
randes etwa 9 cm ober dem Distalende. 

Vom Radius liegt leider nur die isolierte obere Hälfte Mn. 16 vor, deren Zugehörigkeit nicht ganz 
sicher ist. Der rechte Radius ist nur etwas größer als die zu Z. Osiris und Zitteli gestellten. Seine 
Facette gleicht dem letzteren. Der Vorderrand ist darunter platt, 3 cm tiefer aber schon scharf, hinten 
beginnt ganz oben aufen eine scharfe Kante, die sich nach unten in den ebenfalls bald scharfen Hinterrand 
fortsetzt. Die Außenseite endlich ist etwas gewölbt, die innere flach. 

Die Ulna ist besser vertreten, wenn auch nirgends vollständig. Sie ist auch nicht viel größer als 
die zu Z. Osiris gestellte St. 13 und nach ihr ist der Vorderarm von Z. Isis kaum halb so lang als der 
Oberarm, also relativ kürzer. Das Gelenk ist relativ noch kleiner, also sehr klein, das Olecranon aber 
größer. Unter dem Gelenke ist auch eine außen scharfkantig begrenzte Fläche vorhanden, die bald in den 
geraden scharfen Vorderrand ausläuft, der II'5 cm unterhalb ein Eckchen bildet und, nach dem distalen 
Bruchstück der rechten Ulna St. 9 zu schließen, dann breiter gerundet noch 7 cm lang ist. Auch der 
Hinterrand, der am Schaft dem vorderen parallel läuft, wird hier unten weniger scharf, so daß das Unterende 
6°7 cm dick und vorn 2’6 cm, hinten allerdings etwas weniger breit ist. Danach wäre der Schaft bei 
St. 13, St. ı5 und links bei St. 9 allerdings stark plattgequetscht. Ein Stück St. 9 endlich, welches wohl 
eine untere Epiphyse darstellt, ist 64 cm dick, etwa 2'4 cm breit und 2 cm zirka hoch, oben rauh, vorn 
und hinten gerundet, seitlich platt und zeigt unten eine leider lädierte, anscheinend unregelmäßig gebogene, 
konkave, zum Teil rauhe Fläche, deren Seitenränder jederseits eine Kerbe haben, läßt also leider keine 


sicheren Schlüsse zu. 


136 Dr. Ernst Stromer. . [3 ı] 


Irgend ein sicher deutbares Stück der Hand, der Hinterextremitäten oder gar eines Panzers liegt 
auch hier nicht vor. 


Zeuglodon cfr. brachyspondylus Joh. Müller. 
“ = ee Dames, (1894, S. 199— 201, Taf. XXXIV-XXXVI) 
Taf. V (I), Fig. 27. 

Daß in der Kerunstufe eine Form vorkommt, die dem großen, mit kurzen V. th ]. und V. ]. ver- 
sehenen Zeuglodon von Alabama (Joh. Müller, 1849, S. 18 ft., 1851, S. 240) entspricht, bezeugen schon 
die von Dames, 1894, beschriebenen Lenden- und Schwanzwirbel, die für Z. O. und Zitteli zu groß, für 
Z. Isis viel zu kurz sind. Ob der oben S. ız3I erwähnte Epistropheus (Dames, l. c., S. 197, Taf. XXXTI) 
auch dazu gehört, läßt sich nicht entscheiden, da er fast ganz dem von Z. Isis St. 8 gleicht. Ebenso ist 
unsicher, ob die isolierten Extremitätenreste und der 6. Halswirbel Mn. 16 und St. 15, die ich bei Z. Isis 
besprach, nicht auch hieher zu stellen sind. Jedenfalls sind drei isoliert gefundene Wirbel Mn. 17 und 19 dazu 
zu rechnen. 

Vor allem eine prächtig erhaltene mittlere V. th. 1, Taf. II, Fig. 27, deren vordere Epiphyse etwas 
verschoben ist. Ihr Körper ist etwa Io'5 cm lang und vorn 14'4 cm breit, 11'5 cm hoch, also nicht einmal 
so lang als hoch, während bei Z. /sis schon der Übergangswirbel länger ist. Der unten konvexe Körper 
besitzt hier keine Fortsätze, sondern nur zwei kleine Gefäßlöcher, der 6°5 cm lange Neuralbogen umschließt 
einen 8°5 cm breiten und 4 cm hohen, also niederen Kanal, ähnlich wie bei Z. /sis, und trägt einen II cm 
hohen senkrechten Dornfortsatz, Der Querfortsatz entspringt unter der Mitte der Körperseite, und die vorderen 
dicken Gelenkfortsätze ragen zwar noch etwas vor das Wirbelende, tragen aber keine Facetten, die hinteren 
sind rudimentär. 

Ein mittlerer Schwanzwirbel Mn. 17 aus gelbem Sandsteine der Kerunstufe, der den letzten von 
Z. Isis Mn. 13 entspricht, da sein Neuralbogen ganz nieder, die Querfortsätze auf eine in der Mitte unter- 
brochene Längsleiste reduziert und nur die Proc. obliquomammillares noch deutlich sind, ist 10°5 cn lang, 
12 cm breit und Ir cm hoch, also auch zu breit und hoch im Verhältnis zur Länge gegenüber Z. Iszs 
Er hat übrigens unten deutliche Höcker für die Chevrons und die Seiten- und Ventralflächen des Körpers 
sind zwar querkonvex, aber längskonkav. Ihm folgt im Abstand ein hinterer Schwanzwirbel Mn. 17, bei 
dem sich die Körperseiten ebenso verhalten, aber alle Fortsätze fast ganz reduziert sind und der nur 5 cm 
lang und vorn 8°5 cm breit und 9 cm hoch ist. 


Prozeuglodon atrox Andrews (1906, S. 243 ff., Taf. XXI, Textfig. S0—82, nicht 83). 


Zu dem Schädel mit Unterkiefer, die Andrews ]. c. als Originale benützte, gehören die von ihm 
dazu gestellten Halswirbel nicht, da sie ganz zu denjenigen des Z. O. passen, wie ich schon (Seite 121) 
erwähnte. Wohl aber sind sicher Reste St. ı aus gelbem Sandsteine 26 m über dem See, also in der Kerun- 
stufe gefunden, hieher zu rechnen. Es ist ein aus mehreren Stücken zusammengesetzter Schädel, dem einige 
Teile fehlen, mit zugehörigen Unterkiefern, deren Hinterenden abgebrochen sind und von dessen Zähnen meist 
nur die Basis erhalten ist, Obwohl auch hier keine Spur von Ersatzzähnen nachzuweisen ist, zeigt das 
Verhalten der Nähte und die Form des Schädels wie der Zähne klar an, dafs beide Schädel ganz jungen 
Tieren angehören und noch Milchzähne tragen, um so mehr als ich bei Z. ©. nachweisen konnte, wie spät 
der Zahnwechsel eintritt. 

Dazu kommen noch braune Reste eines ganz jugendlichen Schädels St. IO aus sehr feinkörnigem 
Sandstein des Uadi Rajan, also aus derselben Schicht wie die bei Z. Zitteli S. 128 beschriebenen Extremitäten- 
teile St. 14. Es sind die schon verschmolzenen Exoceipitalia und Basioccipitale, das freie Basisphenoid 
und Supraoccipitale, die median verschmolzenen Frontalia und Parietalia, an welch letzteren Reste des 
Squamosum und Petrosum sich finden, und die linke Maxilla mit dem noch in der Alveole verborgenen 
Rest des Pd. I, dem eben durchbrechenden Pd. 2, dem schon völlig herausgetretenen Pd. 3 und den Alveolen 
des Pd. 4. Trotzdem diese Zähne kleiner sind als bei den erstgenannten Schädeln, sind sie doch größer 


als bei Z. O. oder Zitieli und passen in ihrer Form und nach dem geologischen Alter zu Prozeuglodon. 


[32] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 137 


Wie schon S. 128 erwähnt, halte ich aber all diese Reste nur für Jugendstadien eines gleichalterigen 
großen Zeuglodon und rechne sie, da von Z. cfr. brachyspondylus Joh. Müller und seiner Stellung zu 
Z. Isis doch zu wenig bekannt ist, mit Vorbehalt zu letzterem. Der Vorsicht halber beschreibe ich aber 
hier doch die Reste getrennt, wobei ich in der Hauptsache auf die genauen Ausführungen und guten Figuren 


von Andrews |]. c. verweisen kann. 


4. Gebiß. 
A ı. Zähne des Unterkiefers. 

Im Unterkiefer St. ı sind die Diastemata sehr kurz und, nach den Alveolen zu schließen, war der 
Jd. ı recht klein und der Cd. und einfache Pd. ı auch nicht groß. Von den zweiwurzeligen Pd. 2 bisM. 1, 
deren Kronen erhalten sind, ist der Pd. 2 so lang als der P. 2 von Z. O., außen glatt, innen mit 
senkrechten Runzeln versehen und sein Vorderrand nach Andrews, 1906, S. 252, fein gezähnelt, während 
der Hinterrand zwei große und einen kleinen Nebenzacken trägt. 

Der Pd. 3 ist viel länger als er, ist auch innen glatt und hat an der gleichschenkeligen Krone 
vorn 3, hinten aber wohl 4 deutliche Zacken, er gleicht also an Form und Größe dem P. 3 von Z. O. 
Der Pd. 4 ist bei St. ı entgegen von Andrews’ Angabe noch länger als er, dürfte aber im übrigen ihm 
und dem P. 4 von Z. O. gleichen. 

DerM. ıendlich ist zwar deutlich kürzer alser, aber größer als bei Z. O., ja selbst größer als bei manchen 
Z. Isis-Kiefern. Im übrigen gleicht er dem von Z. O., der ja von dem des Z. /sis sich nur in der Größe unterscheidet. 

A 2. Zähne des Zwischen- und Oberkiefers. 

Da hier wie im Unterkiefer die Diastemata kurz sind, ist der Abstand des J. ı vom P. 2 viel 
geringer als bei Z. O., während unten der hintere zahntragende Teil relativ länger als dort ist. 

Die vorderen Zähne sind, den Alveolen nach zu schließen, einwurzelig und kleiner als bei Z. O., 
und wenn Andrewsi. c. S. 256, 257 größere Maße angab, rührt dies, besonders beim C., wohl davon, 
daß die Alveolenränder zerbrochen waren. Die Jd. sind übrigens nach Andrews, S.250, an der Basis runzelig. Der 
Pd. ı ist wie bei Andrews’ Original erst im Herausbrechen, einwurzelig, klein und seine seitlich platte Krone ist 
vorn und hinten kantig. Bei St. ı ist er innen runzelig und hat hinten mindestens einen deutlichen basalen Zacken. 

Der Pd 2 ist länger als der P. 2 von Z. O. und zweiwurzelig, doch ist die Krone innen hinten 
eın wenig dicker als vorn. Der Schmelz ist hier nur innen an der Basis schwach runzelig, an der steilen 
Vorderkante sind nur unten einige ganz schwache Zacken, hinten aber sind 3 starke Zacken vorhanden. 
Er gleicht also mehr dem P. 2 als dem Pd. 2 von Z. O. 

Der Pd. 3, der etwa so lang als der Pd. 2 ist, hat wie derjenige von Z. O. (S. 113) innen hinter 
der Mitte eine dritte Wurzel und Andrews |. c. S. 25I erwähnt noch eine vierte zwischen den zwei 
äußeren Wurzeln, genau wie ich es am Pd. 4 von Z. O. Mn. ıı auch fand. Der glatte Schmelz reicht 
wie dort auf der Innenwurzel tiefer herab. Die gleichschenkelige Krone hat vorn wie hinten. drei deutliche 
Nebenzacken. Er gleicht also, abgesehen von der Größe, dem Pd. 3 von Z. ©. 

Der Pd. 4 ist kürzer als er und nicht länger als der P. 4 von Z. O. Seine Wurzeln und seine 
Krone verhalten sich nach Andrews wie bei dem Pd. 3, doch sind die hinteren Nebenzacken höher, 
wodurch er den M. ähnlicher ist, während die Zackenzahl dieselbe wie bei dem P. 4 von Z. O. ist. 

Der M. ı ist nach Andrews, S. 251, so lang wie bei Z. Isis, bei Z. O. ist er nur bei Mn. 9 
infolge von Verquellung länger, sonst dort kürzer. Er hat vorn einen Nebenzacken, hinten zwei, die sich 
fast zur Höhe der Hauptspitze erheben, gleicht also ganz dem von Z. Isis. Die zweiten M. fehlen und ein 
Anlaß das Vorhandensein eines M. 3 anzunehmen, fehlt völlig. 

B. Unterkiefer. 

Der Unterkiefer, dessen Kronfortsatz nach Andrews’ Figur ziemlich hoch, aber vorn weniger 

konvex als bei Z. O. ist, zeigt wie der jugendliche Kiefer Mn. ıı von Z. O. die schon erwähnte Kürze 


des vorderen gegenüber dem hinteren zahntragenden Abschnitte. 


€. Schädel. 
Wie Andrews’, l. c. genaue Angaben zeigen, ist der Schädel wie bei Z. O., Zitteli und Isis gebaut, 


nur in Details, speziell in den Maßverhältnissen, finden sich Unterschiede. Auffallend ist in letzteren die 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XXI. 18 


138 Dr. Ernst Stromer. [33] 


[Z 


Übereinstimmung mit dem jungen Schädel von Z. O. St. 3, doch bilden die Größe der Zähne, die Länge 
der Nasalia und die Breite an den Jochbogen deutliche Unterschiede. Die Schädellänge und Stirnbreite ist nämlich 
gegen letztere klein, genau wie bei Z. /szs (Seite 130 und 131), auch ist wie bei ihm die Stirn schwach konkav. 
Die Kürze der Schnauze, welche der des Unterkisfer-Vorderteiles entspricht, fiel schon Herrn Prof. Fraas 
so auf, daß er sie als besonderes Merkmal mir gegenüber betonte und später hat sie auch Andrews. c. 
hervorgehoben, ich halte sie aber nur für ein Jugendmerkmal, denn ich fand auch bei Z. O., daß bei dem 
Wachsen der Vorderteil der Kiefer sich streckt.!) (Siehe die Maßtabellen S. 140 ff!) 


C, a. Unterseite der Schädels. 

Bei St. ı läßt sich leider nur feststellen, daß die Bulla groß war, nicht ganz so breit als bei 
Z. Isis St. 9 und daß die Fläche außen neben ihr wie bei den beschriebenen Z.-Arten entwickelt ist. Bei 
St. 1o liegt die Quernaht zwischen Basioccipitale und Basisphenoid 65 cm vor dem Rande des Foramen 
magnum, die Seitenteile des ersteren gleichen denjenigen von Z. ©. Mn.9 und das Foramen lacerum 
posterius und condyloideum verhalten sich wie dort und bei Z. /sis. Das Basisphenoid ist übrigens dorsal 
schwach konkav und mit einer Mediankante versehen, ventral aber median 3°5 cm breit, ganz wenig gewölbt 
und dick, daneben aber beiderseits dünn. Die mediane Partie bildete den Boden der durch die Pterygoidea 
eingefaßten Längsrinne, die seitliche den der Fossa pterygoidea. 


GC, b. Rückseite des Schädels. 

Der Seitenteil der Crista oceipitalis verläuft wie bei Z. ©. Mn.9, nur ist sie oben nicht so rück- 
gebogen wie dort, auch der Proc. paroceipitalis ragt ein wenig nach hinten wie dort. Bei St. Io ist im 
Foramen magnum jederseits wie bei Z. /szs St. S ein kleines Foramen vorhanden, das wohl zum For. con- 
dyloideum führt und die Höcker des Oberrandes des querovalen, 5°5 cm breiten, 5 cm hohen Hinterhaupts- 
loches sind nur durch die Exoceipitalia gebildet, durch deren Innenecken das unten median stumpfwinkelig 
endende Supraoccipitale von der Begrenzung des Loches ausgeschlossen ist. 


&, & lEinsngeneiclelk 

Andrews’ Original läßt oben und seitlich am Schädel die Nähte sehr schön erkennen, er hat 
aber die Lage der Fissura sphenorbitalis und die hinteren Teile der zur Orbita laufenden Kanten nicht 
angegeben. Bei St. 10 greift das Supraoccipitale nicht über die Crista occipitalis nach vorn über und die 
Naht des Squamosum und Parietale verhält sich auch wie bei Z, O. und /sis, ich halte die gegenteiligen 
Angaben von Andrews deshalb für irrig. Ein wirklicher Unterschied von Z. O. ist aber, daß der 
Schädelbalken breiter ist, nämlich bei St. 1ı an der Grenze der Frontalia über 4 cm. Bei St. 10 läßt sich 
übrigens auch etwas über die Innenseite des Hirnschädels beobachten. Es geht hier an der Stelle, wo die 
zwei Parietalia vielleicht mit einem Interparietale verschmolzen, zusammenstoßen, dicht vor dem Supra- 
occipitale ein starker konischer Zapfen nach hinten unten, die Verstärkung des Tentorium, wie ich sie schon 
am Hirnausguß St. 3, S. IIg, beschrieb. Seitlich unten liegt das konkave Petrosum und grenzt oben an das 


Squamosum, aber beide sind leider zu unvollständig, um eine Beschreibung lohnend erscheinen zu lassen, 


C, d. Augen-, Stirn- und Schnauzenregion des Schädels. 

Der freie Hinterrand der Frontalia ist nur etwas konkav wie bei Z, Isis und Zitteli, die Ähnlichkeit 
der Stirn mit ersteren ist schon oben erwähnt. Deshalb sei nur noch hervorgehoben, dafß die Foramina 
und die Orbita wie dort liegen, das Hinterende des Nasenloches aber oberhalb des P. 1, also ganz wenig 
weiter vorn als dort. Wie bei Z, Isis sind durch stärkere Verbreiterung der Prämaxillae die Nasalia vorn 
stark verschmälert und wie bei ihm und Z. Osiris ist ein langer Proc. nasalis Frontalis vorhanden. Die 
Frontoparietal-Naht aber verhält sich bei Andrews’ Original wie bei Z. Osiris, bei St. I wie bei Z. Isis, 
es ist also wohl auf ihre Biegungen kein Gewicht zu legen. 

Der Ausguß der Hirnhöhle endlich soll nach Andrews (1906, S. 250) ziemlich dem natürlichen 
von E. Smith gleichen, dessen Zugehörigkeit zu Z. Osiris ich auf Seite 119 nachgewiesen habe. 


") Es ist dies ja bei vielen langschnauzigen Wirbeltieren nachgewiesen, ich erinnere nur an Archegosaurus. 


[34] 


Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 


II a. Maße in Zentimetern. 


Wirbel 


Atlas, Unterer Bogen, lang . 
dick . 


» Abstand d. Seitenränder 
der rostralen Gelenke 


Atlas, Gesamtbreite. . . . . 
Epistropheus, 


» » » 


Körper und 
Zahntorts. lang 


Epistropheus, Körper hinten 


breit 

» » hinten 
hoch 

» Can. vert., vorn breit 

» » » » hoch 

3. Vert. cerv., Körper lang 
»» » » vorn breit 
» » » » » hoch 
7. Vert. cerv., Körper lang 
» » » » vorn breit 
» » » » » hoch | 
30H » Can. vert., vorn 
breit 

» » » » » vorn 
hoch 

I. Vert. thor., Körper lang 
».» » » vorn breit 
» » » » » hoch 
».» » Proc. spinos., 
vorn hoch 

See) » Can. vert., vorn 
breit 

» » » » » vorn 
hoch 

Vert. thor. intermed., Körper 
lang 

» » » Körper 
vorn breit 

» » » Körper 
vorn hoch 

Mittlere Vert. thor. lumb., 
Körper lang 

» » thor. lumb., 
Körper vorn breit 

» Vert. thor. lumb,, 
Körper vorn hoch 

> Vert. thor. lumb,., 


Can. vert., vorn breit 


» Vert. thor. lumb,., 
Can. vert., vorn hoch 


1) Nicht erste, sondern 


18* 


Z. Osiris Z. Zitteli u Zeuglodon Isis 2 y,. 
SCH EEE 
Ads 2338 
Mn. g | Mn. 12 ||Mn. 3 c.|Mn.4| St.4 95 Mn. 13 St. 8 St. 9 eg 
36 3:6 17 5 4 3:87 | 
2 2 ?1T'2 _ = > 3,9 = 2 m 
12 12; —_ — |über 9/4 | 112 15'2 112 1523 | 
18:2 19°5 ? 157 30 — 27 _ 
{+ üb 
3423| 2543 |25-4 18 5°5 — un | — 254106 
57 SI ? 4 — — 5'2ca — 82 == 3'5 
43 37 = 6,5 = 3 
3:6 3 19 = 2:3 3:2 — 5"2 — 2809 
2:9 27 17 = 2'3 3 = =E — 4 ES 
2:1 = 135 — 18 18 3:5 = 39 22 
48 > a Nee | 7 232 
? 4:2 e 42 6:9 N 77 23 
2:82 ir > en 3 u: = rg ie 18 
61 55 ca — — — u 23 
43 — — _ = — || OU 
2:8 3'4 ca — — —_ = 2:6 
3:8 2. — = >28 am 2 Saba > 2 
3:82 25 3:61 37: — 751 ca 4 6:5 2:5 
6:2 — = 461| 582 _ gi — 10 | 242 
== EB = || v@32 N 
über 6 a1! — 17!ca.| 10:8 
44' = — 332 aa can | 81 —  |zsstca.| 22'3 
gr! = = 1-61 281 EM 551 ca = 4:5lca.| 22:2 
= er ee = 47 — I 152 = 14 ca. 7 
= ar — Ze 54 2 TO:57CA TE 12°5 = 
— — — — 5 ca. = 95 ca = 95 ar 
3.82 4:22 _ 45 _ aa |0826:52 = 26 | 35 
61 69 _ 5:4 — — 16°5 — 16 | ?43 
5I 5:6 Er 44 or =— 13 = 13 3:2 
34 39 Br 2:9 — — 95 == 9 ca. 2'4 
3:2 3:4 Ti 125 == = a4 = So 2 
vordere oder mittlere Vert. thor. vera. °) Ohne Epiphysen. 


140 Dr. Ernst Stromer. [35] 


III d). Maße in Zentimetern. 


Z. Osiris | Z. Zitteli Zeuglodon Isis a, Sn 
| amt 
| Wirbel Saa. 

Mn.9|, St. ır |Mn.3c) Mn. 4 | Mn. ı3 | Mn. 16 St. 9 ne 
Vorderste Vert. lumb., Körper lang... . —_ 5:4 _ 5'2 _- _ 30'5 4 
5 » > vorn breit | — 5:3 _ 5:8 = = 17'5 5 
» » » » » hoch — 53 I = 249 —— — 16:5 ? 3:8 
» » DE Broczspinksyorn >| | 2 = = = ?19 12 = 
Längste > » Körper lang... . || — 6 _ 5:6 ca. _ über 28 3ıI 4:5 
| Proc. spin. vorn breit | — Da _ 5:8 —_ 19'5 18 248 
| » >» » hoch | — ?48 = 5:2 _ 16:5 16 2? 3:5 
» Can. vert. » breit | — | unter 2| — 2'5 _= 8 ca. 75 ? 25 
» » » » hoch I emiseie|| — |  mong, — — 2:5 ?T5 
Brustbein | 

Manubrium median, lang. ....... 8:6 — —_ = 14:8 — 16 _ 
» VORM ale oo on 00.0. 7:6 — — _ 127 — 14°5 — 

» hintenWbreiee er: 6:3 — _ — 113 = 12:5 eh 
SErdick ee 4 — — — 57 = 7:6 — 

| Xiphisternum median lang ....... _ 175! . _ — 195 _— _ 
» VOTNÜDLEICH E— 51 10°5 — — 

» DR ClICKa ee. cn: _ 3:81 4:6 — — 


1) Isoliert gefundenes Xiphisternum St. 13. 


IV a. Maße in Zentimetern. 


Z. Osiris/Z. Zittelil Z. efr. Zitteli Zeuglodon Isis 
Vorderextremität &; 
Mn. 9 Sega Fe a St. 14| Mn. ı3 | Mn. 16 | St.og | St. ı5 
Scapula größte Höhe. ...... 20 215 — — — |lüber 36 — 38 —_ 
» 5 0 ee oo 223 über 23 Pr _ — |lüber 33 _ 38 ca. — 
» Hals geringste Länge . . 53 47 — _ 2 8 79 8:3 — 
» Suldickes ee. 25 2:4 pe — —_ 33 3:4 4 _ 
» Gelenkglans ers 4:8 43 = = — 78 ca. 7'8 727 _ 
» > breiten 37 3:8 — — _ 68 6:8 6:6 — 
EIumnertiSsalan ea _ — 23 23 23 || über 35 | über 36 39 — 
» Kopf größte Dicke. . . 54 u 57 5.8 5:8 — _ 9:2 — 
» > Bel 0 0000» 47 _ Sen 5:6 5:3 _ -- 6°5 ca. —_ 
» Schaft 5 resp. IO cm ober 
dem Eck der Crista deltoidea dick 65 _ 75 — 7:6 8:9 9:8 über 9:5 _ 
Humerus ebenda breit 24 — 3:4 3:3 23 4,3 4:8 5 — 
» Rolle größte distale Breite 2:8 _ 2; 31 29 | 3'9 ca. 44 4:2 _ 
» DE Dickeninnenweer. 3:9 _ 3:5 _ 244 4:8 e 47 _ 
» » » außenn ce. 3:6 _ 33 37 3:8 44 5:8 242 —_ 


[36] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. : I4I 


IV 5. Maße in Zentimetern. 


Z.Osiris|Z. Osiris| Z. efr. Zitteli Zeuglodon Isis 
Vorderextremität Forts. See 
Mn. 9 EHE St. 12. | St. I4 ||Mn.13| Mn. 16 | St.9 St. 15 
il | 
ir I 
Radius prößtebänge „nm... —_ - |überı28|) — 16:3 | r 
» oberes Gelenk Mitte dick. ... . _ 21 —_ 2:6 — 3.ca. | —_ | — 
» » » breite non a se | — 29 u | zı IV = 3:6 — | — 
» 5 resp. 7 cm unterhalb dick .. —. | SA — über 3a — 5 — er 
» ebenso breit .. | — Il ı5 - 2 _ 2:6 _ — 
» Unterenderdickäs sr ser _ 3'2 — 3:6 | | 
» » Dreier eher = 167/ —_ 2:6 — —_ | — | _ 
Ülnawerößtepängerse er _ über I9 = | über 25 27, ca. 
» Olecranon obenkdicksee Re _ ii Io 9:6 ca. 
» » lang bis Fossa sigmoidea _ 47 _ 85 8 ca. 
Länge der » » _ 35 4 44 
» größte Breite der » » _ 25 — _ _ _ 35 33 
» Schaft dick unter » » _ 59 _ u 2 _ | 8 73 
Schaft dick 7 resp. IO cm distalwärts. . — 5 6:2 2 
» lang vorn unter Fossa sigmoidea —_ über 125 2185 17:5 
IL BAHT, 


1. Die Beziehungen der verschiedenen Archaeoceti zueinander. 


Da Protocetus und Eocetus bisher nur in Ägypten gefunden wurden, habe ich bloß zu meinen 
Ausführungen über die Verwandtschaftsverhältnisse vom Zeuglodon mit auswärtigen Formen (1903, S. 85 ff.) 


auf Grund des neuen Materials und einiger neuer Veröffentlichungen Nachträge zu machen. 


Außerhalb Ägyptens gefundene Reste. 


Das von mir ]. c. abgetrennte Genus Microzeuglodon caucasicus Lydekker (1892) bietet auch 
in seinem Humerus (Lydekker, 1892, S. 552, Taf. XXXVI, Fig. 2) einige Vergleichspunkte mit dem 
von Zeuglodon (Taf. Il. Fig. 5—9). Aber in der Kürze, der schrägen Stellung des Kopfes, dem allerdings 
verdrückten, aber höher aufragenden Tuberculum majus, der kürzeren Crista deltoidea und in dem Vorhan- 
densein zweier distaler Facetten zeigt er deutliche Unterschiede und anderseits eine auffällige Ähnlichkeit 
mit einem von Abel (1904, S. 184, Fig. 23) zu Eurhinodelphis gerechneten Humerus aus dem Obermiozän 
Antwerpens, außer daß bei ihm die distalen Facetten leicht konvex sind.!) Danach kann ich nur billigen, 
wenn Abel (1905, S. 35 ff., 1905 a, S. S6, 1905 b, S. 383) Microzeuglodon primitiven echten Denticeti 
verwandt sein läßt.?) Ich möchte es deshalb von den Archaeoceti ganz abtrennen, bei der Dürftigkeit der 
Reste und ihrem unsicheren geologischen Alter (Eozän) halte ich es aber für gewagt, es eine große Rolle 
in einem Stammbaume spielen zu lassen. 


!) Ich hielte nicht für unmöglich, dafs der Humerus von Antwerpen zu Squalodon antwerpiensis v. Bened. 
gehört, das auch im Gebif Microzeuglodon näher steht. Papp (1905. S. 43) beschrieb jedoch einen ähnlichen Humerus 
von Heterodelphis, der Eurhinodelphis verwandt ist. Weitere ähnliche Humeri sind übrigens schon mehrfach beschrieben, 
wie Papp (l. c., S. 44) und Abel (1905 b, S. 385, 386) angeben. 

2) Dames (1894, S. 215, Anm.) fiel ja auch schon die höhere Differenzierung des Humerus von Microzeuglodon 
caucasicus Lyd. und die Ähnlichkeit seiner Zähne mit Squalodon auf und er hielt es deshalb für eine Art Übergangsform 
zwischen ihm und Zeuglodon und ich (1903, S. 99, Anm. 3) habe im gleichen Sinne darauf verwiesen. 


142 Dr. Ernst Stromer. [37] 
I. Maße in 
Zeuglodon Osiris 
Unterkiefer Dames Andrews 
1894 Mn. 1. Mn. 2 Mn. 9 | Mn. ıı Er1 St. 14 1906 
Orig. (C. 10207) 
I Gesamtlänge _ 265 — 68 257 — 7I — 
2| Spitze bis Vorderrand des P.2 = 25 _ 24'5—25| 20 ca. 2I ca. 27 24 
3|P.2Vorderrandb.M.3Hinterrand 2I 235 — 26:5 ca 24 ca — 255 24°5 
4 Von da bis Gelenkende — ? 18 — 1S—I9 _ — 20 — 
5 1% 3 las IMG 2 165 17'4— 17:8 2 19:5 | 21:5—22 18:5 - 20 = 
6 Kieferdicke vor J. 2 2:1 2:4 — 2:2—2 18 _ 2:5 = 
7 » DB, 2'5 Sl über 3:5 | 3:4—3'5 22 = 6) Fi 
3 Kieferhöhe unter J. 2 3 3:8 — 4:2 25 25 ca. 4 3 
9 » > 45 5:8 über 6 | 63-63 5:2 ?5 7 6:7 
1de) » » M.3 ?9 II'5—1I6 _ 12—12'7 9:9 _ 13:1 II ca. 
Il | Kieferhöhe am Proc. coron. — 18— 18:5 —= 19 5—20 16 — ? 20 > 
12 Diastema J. ı bis J. 2 I'2 182 - 0:9 ca = — zen = 
13 » 28 Ba 2 2:5—2°9 — 2:4—4I | 1926| 3ca 1:9—2°5 2:4 
14 » 1% 2 las 12, 3 I 2:2—2'4 — 18—1'9 16 — 0:7 — 
15) Alveolenlänge J. ı bis P. ı 2:2—2°5 2—2'2 = 2:4—26 | ?22 |16-191| 2:53 | 22 2:9 
I6| Alveolenbreite J. 1 bis P. [ 15 St) _ 17 16 — 17 15— 1:6 
17| Kronen-Höhe der J. bis P. I ?3 3—3'5 ca u _ —_ 2:5 cas F3;5Kca. — 
18 » -Länge des P. I 2:5 2:6 — za—36 | Bzpi — 2:7 ca. 2:9 * 
19 » Dicke » P.ı 15 1:6 _ 16 214 —_ IS ca. 1:4° 
20 3 dlemea » 1,2 3:5 3:6—3:8 _ 87 38% — Miakcah 3:8 
aı > » 3 45 49-5 55 57, 49° — 6:2 5 
22 5 > » P.4 45 S1 48 = 4:8 _ gu 52 
23 5 » » M.ı 3 2:7 —2:8 23 4:2 855 = 27 3 
24 » » » M.2 2°5 2:6 a 37 — — Dh 28 
25 » » DE NIEES, 2:8 2:8 2:8 4 = = 2:8 32 
26 » -Höhe » P.2 ? 2:5 ? 2:9 u An | 272 — Byca: 3:6 
27, » » ».B24 2 3:4 33 ? 5:53 5 
28 » » » M.3 3 3 — — = — 3:2 ca. 35 
29 DE-Dickesay mp2 TI 1:65 = T4—15 12 En T’A 19 
30 y » > ID, Al 14 15 145 = TI — 1:83 25 
31 » » » M.3 125 13 1:4 18 2:5 


!) Länge der Basis der Jd. bis Pd. ı. 


— 2) Wahrscheinlich Pd. 2 und Pd. 3. 


®) Wahrscheinlich Pd. 4. 


[38] ‚Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 143 


Zentimetern. 
EEE Eee nn 
Z. Zitteli Prozeuglodon ZaenursnlEordloune Esäizs 
Nasa Sen St. ı Mn. 13 ee Stsalseabll Seo 
(C. 10 208) 
I _ 66 ? 60 = 114 ca _ _ — _ — 
2 _ 26:5 16:5 — _ — _ _ — | N 
3 _ ? 23 ca. ? 27—28 41'5 385 42 32 32 ca _ | u 
4 — ? 19 ca, E 27 25 275 über 23 | 28 ca _ _ 
5 _ ?17 ca ? 22—23 ca 305 29°5 28°5 24 24 ca — —_ 
6 — 2:3—3'2 2:8 3:6 3:6 ca. — _ _ 41 ca. - 
7| ?22 = 3 54 53 48 = 38 ca 5'2 = 
8 _ 3:9 4 —_ 6 — — — 83 ca. 6:4 ca. 
9 24 65—67 5:2 95 108 10:6 755 8 115 — 
100) „— 112 — 11:5) II’5 ca. 2 20 19'5 20 184 18 — 22 ca. 
II — 22 — — 33°3 32'3 über 25 30 — —_ 
12 — I ? 0:8 _ 3 _ — = = — 
13 _ 213 1:8—1'9 45—6°5 3—4 _ = —_ _ 2—5'5 
14 176 I ca 03 45 4 3:8 3:5 2:9 = 6 
Sl Ser ?3 2 42 ca. 475 _ Fr = — 45 
16 _ 2 2.4 15 2:6 ca 3 ca — = — = a 
KU 247455 — ? 45 = _ = _ — = 
De - 3 2 ca qı 45°) _ — _ = 5 ca 
ol = > - 23 2:54) _ - — - — 
20 33 45 ca. 3:6 65 5:5 78%) 42 47 — = 
21 44 5:2 ca. 5:4 8 88%) 78 5:9 6:2 8:2 6:2 
2a 7 7 Ba 266 75 23 = ©> 74 o2 
23 = = 4:6 über 4 43 4:2 34 — 57 — 
24 = = _ 4:6 39 qı 39 = = —— 
2353| — _ - 43 44 45 35 z = as 
26 —_ 3:6 — d5 ? 5:3 —= 48 5'5 ca. — 
27 — — _ ?6 66 68 Mi — — 
| = = ? 38 42 43 45 zZ = = 
29 — — TI 2 2a1 _ v5 15 _ u 
> ws 7 13 — 2'2 2'2 _ 1:6 = — 
31 = — 16 1:8, 19 2 15 — = = 


*) Nur Alveole. 


144 Dr. Ernst Stromer. [39] 


II. Maße in 


Zeuglodon Osiris 
Secahrärdres] 3 
Mn.ıI Mn.9 | Mn. Io | Mn. ıı Fr. ı | St. 2 St. 3 
| 
Te BänsicHder@Ba'sis We ER 68 76 über 70 —_ — 73. 63 ca. 
2| > des Camenso 5 mo 0 aD: | Küber52 56 55 _ 
3 Breite der Zwischenkiefer am .2 . ....: ?5'4 ?6 25:5 _ 4.4 6:7 47 
4 > >, Oberkieferramrbar zo... > 6:5 (6) 8:5 6 55 85 5:5 
5| Länge des Zwischenkiefers . ....... 34°5 36 — _ ? 29 38:5 31 ca. 
6 » DO Derkteiers er Be 28—29 33:5 33 über 25 | 225 3I 28 ca. 
7| Schnauze bis Nasenloch-Hinterrand ... ... 28 26:5 - _ 224 30 23°5 
SF Länge des Nasenbeines „. co... 2... 16 18 über 16 u _ 17 14 ca. 
9| Breite (größte) der Nasenbeine ...... 44 6 5:8 4 ? 3:6 6 43 
Id) » » dem Stirn an 24 29 — — —_ 29 23 ca. 
LI > > an Jochfortsätzen . .... || 228 35 ? 37 — — 34 ? 27 
12 » >» dessElinterhauptesu en 12222) 26:5 28:5 = — 25 — 
13, Höhe des Hinterhauptes vom Oberrand des 
Koramen-maenumlan Wanne ? 14 ? 16 über II —_ ?1T5 über Io 
14 Nasenlochhinterrand — Crista occipitalis. . 36 45 über 44 | über 33 — 44°5 36 
5 Ränser(srößte)gders Bulle em i 72 8:2 7:47:6 — — 7:6—7'8 — 
[6 | Breite » > » Be Po Do 49 58—6'I | 5'I—5'2 = 5955 —E 
17 WViorderrandwdeswjr — oe 257—265| 27°5 — = 230 39 24% 
IS | Vorderrand des P. 2—-Mn.2 Hinterrand .. 18:3 20°5 2? 20 = _ 18:5 16:51 ca. 
19 » » P.3—Mn. 2 » > 12:7 I4ca. | ? 145 = Es 135° 113 
20) WDiaSte male Pr 2:5—3 Sa | 2:3 25 27 26 
21 » Pre PD RE 2632| 22:8 3 ca. 2ca. | ?2:3 2:6 2:5 
22 » VI PN ee 0--I2 2—2'2 E= 15 = I 13, 
28) WIb an siegcle SW] L2 er Er 21 2 2:4° —_ = 22 Ba) _ 
2A |WDicker Es] 1:4 13, = mr — 2 —- 
DON IM ERheR EL (Be ne 2:2 22:5 27 22:1} 2 27 2! 
26) Dicker ee ee er 18 22 15 Ban = 18 Dal 
27 Tsanger as Ela ee la 2:4—26 | 227 2 2:6 ? 2:5 Dunn 25 über 21 
28,|,Dicket » AP ae Sr 1:6 25 215 era = 17 ern 
29, NHöhe a orodene wre ul 288 gro | 237 2:31 
30) Tränen DD er 1243 4:4 — 37-38 — Aa St 
31 or Mn, a ee 42 45 AUS I om 5 42! 
32 > 3 KA ee a LE 3:9 43—4°4 3,9 3b, = 39 34: 
33 N a 24 | 33—3'5 28 = = 23 | 2223 
34 > NIS er cr I 2 = 22 = = 23 17 
33 Dieke > Da iniemo 5 0 0 50 HH HR 15 1:6 1:6 = 
36| » 2 DA eek RE BR 18 1:6 1977 205, — ?2 =. 
37 » SEELSASVOLNE Er 14 13 12 — = a =; 
BE > ot NS 27 ee BR), 12 — 09 = = 213 = 
89] WRronenhoöhendespP 7 23 m — = 22:8 2:4! ca. 
40 > 3 Me ?2 Z— = = = ?2 über ı 


1) Wahrscheinlich Jd., Cd. und Pd. — 2) Vorn. — 3) Nur Alveole. 


[40] 


Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns, 


145 
Zentimetern. 
Z. Zitteli Prozeuglodon atrox Zeuglodon Isis Protocetusj| Eocetus’ 
atavus Schweinf. 
Andrews | Andrews 
Mn.3b St.4 1906 Orig. | 1906 Orig.| St. I St. I0 ||Mn,ı3]) Mn. 15 | St. 8 St. 9 ja ER = 
(C. 9319) | (M. 9266) | 
I u 73 ca 61 ca. — - _ 119 58 ca. ? 90 
2 — — _ 89 46 ca. — 
3 5.ca. 6a. — = 5'3 ca. —_ — Io II ca. II’5 — _ 
4\° 6:4cca. 2? 75 137 15.ca. 14 TI _ 
5 En 36:5 29 — unter 28 — — — — 64—64'5 ? 30 40 
6 _ 31 — — über 26 = — über Az, | -— 51-53 24:5 ca. 40 ca. 
7 = 28 ? 24 = = _ 46. = 35 
8 = 16 16:2 _ = _ 27, 18:5 20 
9 43 5ca 45 = — = 9) 24:5 45 
[X6) — —= 245 - — 23 ca.| — _ — 48 16'7 ? 36 ca. 
TI _ ? 31 34 ca. 34ca. | über26 | — _ _ 58ca.| 62 2. ? goca. 
12 = 23 _ 22 215 19:5 = — 44 4m 16°5 = 
13 
= ? 15°5 II 117 = 11'5 24 8 — 
IH == 45 36 = = —e - — — 69 42 58 
15 8:39: - — | -- — 8:3 5:6 = 
10) 25:5 _ = Sl 557 37 == 
I 29 = = 10 205 en 51 44 .|..49 Ha = 
18 = 18 .- _ 177 = 30ca. — —_ 
19 — 2 12:5 — — 117 = 20ca, = — 
200 22:3 2:3 zZ Er - 3 län > > 2 ER : 
21 1:9 15 — — 1:8 — — 6:6 43 6 2:5 2:9 
A er 2 = I = Wo) 1:6 354 3 er 
23 277 2:39%| 2:9 2:33 2:73 Na — — 4 3:8 4 = — 
2a 1:4? 17 v1? = = 250 3a 0333 = 3:2 
ZU 22:6 2i7E gınz 15° = 49-513 4—4,5° 2:5 — 
26 a ik! 1.83ca 2:4? 123 —_ 37—5:5° 3:3 3:83 12 3:5 
27| 23—275| 23:5 = 3:5° 2 — ei Se = 2:5° 2 4 
28| über I — _ 2,23 rıI = _ 278 — |18—2? I 16 
29 _ 24 — —_ == FE — 7ea. | 5ca _ = 50a. 
So — 45 47 5:28 46. | 4302.27 75° | zı | 57-61 35 25:5 
31 RL. ?49 45 45 +9 43 6:3 7ea. 6°I 5:6—5'8 3 35 
al = 42 37 43 4:4 AuLEE 555 6:5° | 52 | S1—-5'3 2:5 RE 
33 — 2:3—2 ZI —_ — = über 3 -— — 31 252 —_ 
34 _ 1Sca = — = = — _ — 31 2 — 
Bl — — ? 173 18° IA 16 | 26 m 27 2; I _ 
Bl  — = ? 17 = 15 2:2? | 2.8 au = 27 de = 
37 _ —_ — 2:5 12 13°ca.| 21 — — 2 = = 
38 32 24 3 2 = ar 2a er 7 14 re se 
39 = 23 = = Zu = —_ — — Uloor 387 _ — 
49 — —= — —_ = or — — —_ » 2 — 3 
Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 19 


146 Dr. Ernst Stromer. [41] 


Ein von Andrews (1907) beschriebener Halswirbel aus dem Bartonien Englands wird in der Tat 
zu dem dortigen Zeuglodon Wanklyni Seely gehören und ist sicher der sechste, der gegenüber dem von 
Z. Zitteli oder Osiris (Taf. I, Fig. 13, 14) nichts Besonderes zeigt. Die dort ausgedrückte Vermutung 
(1. c. S. 124 und 127), es gehöre auch der isolierte Schwanzwirbel dazu, auf den Seeley (1881) eine neue 
Art Balaenoptera Juddi aufstellte, ist wahrscheinlich richtig, da die abgebrochenen Processus obliquomam- 
millares Zeuglodon-artig gewesen zu sein scheinen. Für noch richtiger würde ich es allerdings halten, 
wenn man auf solch unvollständige Reste keine neue Art gegründet hätte. Jedenfalls scheint sich Z. Wanklyni 
auch in seinen Wirbeln Z. Osiris und Zitteli nahe anzuschließen. 

Während mir eine Notiz von Lucas (Science, 1904, N. S. Vol. 19, S. 436—437) über den Panzer 
von Zeuglodon leider nicht zugänglich ist, muß ich auf die anderen Publikationen des Autors und eine 
kleine Abhandlung Abels (1906) näher eingehen, weil letzterer zeigen will, daß das Becken und der 
Oberschenkel von Z. cetoides (Lucas, 1901) das verschmolzene Coracoideum und Procoracoideum sowie vielleicht 
der Humerus eines riesigen flugunfähigen Vogels seien. Wenn nun auch in der Tat eine große Ähnlichkeit des 
abgebildeten Beckens mit den entsprechenden Teilen von Pinguinen besteht, wie ich an hiesigen Skeletten 
mich überzeugte, hebt Abel (l. c.) doch selbst hervor, dafs hier der Proc. furcularis viel länger ist und 
ich möchte hinzufügen, daß die Fenestra coracoidea ein Längsspalt, kein rundliches Loch ist und daß die 
Facette für die Scapula nicht ober ihr, sondern mehr seitlich unter dem genannten Fortsatz liegt. 

Vor allem aber gibt Lucas (1901, S. 329) positiv an, daß die abgebildete rechte und linke Becken- 
hälfte und das Femur beiderseits neben dem 21. und 22. Wirbel einer ungestörten Reihe gelegen hätten 
und daß die Querfortsätze des 22. und 23. Wirbels am Ende etwas verdickt seien. Es wäre doch ein 
höchst merkwürdiger Zufall, wenn ein rechtes und linkes Coracoid eines Vogels in solche Lage zu dem Skelett 
eines Meersäugetieres käme. 

Wenn schon Lucas’ Beschreibung nicht genügt, ein. Becken festzustellen und sein Vergleich mit 
dem der Otfariiden daran krankt, daß dort zwar das Ilium klein ist, aber wie bei allen Pinnipedia ein 
großes Foramen obturatorium sich findet, und wenn auch die von Abel (1907) so gut beschriebenen 
Beckenrudimente der Wale kaum Vergleiche gestatten, möchte ich doch aus den angeführten Gründen 
nicht so sicher wie Abe] (1906) auftreten. Jedenfalls bedauere ich, daß ein so vorzüglicher Forscher auf 
solche Reste ein neues Genus eines Vogels aufstellte, um so mehr, als er selbst angibt, daß sie wo- 
möglich zu ähnlich dürftigen Vogelresten gehören, die Cope schon benannte. 

Ist auf Grund der Publikation von Lucas nicht klarzustellen, wie es sich mit der Hinterextremität 
von Zeuglodon verhält, so bieten auch seine sonstigen Angaben (1895, I9OO und 1901) zu wenig: Exaktes 
und er nimmt zu wenig Bezug auf Joh. Müllers ausgezeichnete Beschreibungen und Figuren. Doch 
läßt sich aus beiden Abhandlungen entnehmen, daf) keine wesentlichen Unterschiede der ägyptischen und 
amerikanischen Zeuglodonten bestehen. 5 

Lucasgibt wohl für Z. cefoides auch sieben freie Halswirbel an, aber nur 14 Brustwirbel, wovon an den drei 
letzten einköpfige Rippen sitzen sollen. Danach wäre wie bei Z. Zitteli der elfte der Übergangswirbel, aber Z. Isis hatte 
gewiß mehr als drei V. thor, lumb. Weiterhin sollen über 38 Lenden- und Schwanzwirbel vorhanden sein, 
wovon wie oben erwähnt der 22. und 23. (von hinten) in ihren Querfortsätzen den Charakter von Sacral- 
wirbeln in ähnlich schwacher Weise zu tragen scheinen, wie ich bei Z. Isis fand. Danach hätte Z, cefoides 
aber 2 V. s. und 15—16 V. ]., eine unwahrscheinlich hohe Zahl. Bei der Ähnlichkeit der letzten Brust- 
wirbel mit den ersten V. lumb. halte ich es für nicht unmöglich, daß Lucas sich täuschte, kann bei seinen 
ungenauen Beschreibungen aber nichts entscheiden. 

Lucas erwähnt auch den Zahnwechsel der kleinen Art und seine Angaben über die Hirnhöhle 
lassen sich gut mit meinen Befunden (S. 119 ff) vereinigen, nur soll nach ihm das knöcherne Tentorium 
bloß eine Leiste sein.!) Auch Joh, Müllers (1849 und 1851, S. 245) und seine Bemerkungen über die 
Vorderextremität stimmen mit meinen Beobachtungen überein, doch glaube ich, daß Lucas (1895, S. 746) 
Reste eines jungen Tieres ohne Epiphysen vor sich hatte. Denn er meinte, das Handgelenk sei hauptsächlich 
knorpelig, während ich an dem Radius St. ı4, Taf. II, Fig. 17, wohlausgebildete Facetten fand. Daß end- 


1) Über die Variabilität des Tentorium bei Zahnwalen siehe Piaz (1905, S. 267, Anm.), 


[42] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 147 


lich die Mittelhand- und Fingerknochen Otariiden- ähnlich gesteckt waren, wie Joh. Müller (1851, S. 246) 
und er (1901, S.331) angeben, kann ich leider nicht bestätigen, da ich weder Abbildungen noch Reste habe; 
ich halte es aber für wahrscheinlich. 

Was dann den Rückenpanzer der Archaeoceti anlangt (A bel, 1901), so fand ich weder bei Protocetus noch 
bei den so reichen Zeuglodon-Resten auch nur ein Knochenstück, das dazu gehören könnte, was kaum dafür 
spricht, daß der Panzer so stark war, wie Abel (1901, S. 315) annahm. Doch kann ich nicht behaupten, daß 
keiner vorhanden war, denn es sind ja auch eine Reihe von Knochen nicht vertreten, die sicher da waren, 
wie bei Protocetus und Eocetus Unterkiefer und Vorderextremität, bei Zeuglodon die Hand und es ist hier 
an den oben S. 107 erörterten Erhaltungszustand der Zeuglodonten der Birket el Kerunstufe zu erinnern. 

Durch gütige Vermittlung von Herrn Prof. Fraas erhielt ich nun auch die Abhandlung von 
Sanger (1881). Es ist darin ein Zahn aus dem Eozän Südaustraliens beschrieben, der eine seitlich platte 
Krone von 2 cm Länge und Höhe und 0'8 cm Dicke hat, vorn mit 4, hinten mit 6 Nebenzacken, und dessen 
platte Wurzel in der Mitte derartig ausgefurcht ist, daß ihr fehlendes Unterende wohl zweigeteilt war, Es 
ist danach Zeuglodon Harwoodi Sanger eine kleine Form, die wohl in die Verwandtschaft des von mir 
(1903, S. 87) schon besprochenen Zeuglodon (= Phococetus) Vasconum Delfortrie von Leognan gehört. 
Ein in der Wurzelbildung ähnlicher Zahn aus der hiesigen Sammlung gehört nach seiner stark runzeligen 
Krone zu Squalodon Grateloupi und stammt auch aus dem Miozän von Leognan bei Bordeaux. Ob deshalb alle 
diese Reste zu Squalodontidae zu rechnen sind, ist nicht sicher festzustellen, aber wahrscheinlich. 

Ebenso verhält es sich mit den unvollständigen großen Wirbeln, die Wiman (1905, S. 1—6, 
Taf. I, Fig. 1—4) als zu Zeuglodon gehörig beschrieb. Nach Wilckens (1906, S. 175) ist die Fundschicht auf 
der südlich von Feuerland gelegenen Seymour-Insel nicht eozän, sondern der patagonischen Molasse, also dem 
Oberoligozän oder Untermiozän gleichzustellen. Die Wirbel sind allerdings Schwanzwirbeln von Zeuglodon sehr 
ähnlich, aber das sind auch die mittelmiozänen von Linz, die wohl zu Squalodon Erlichit v. Beneden gehören 
und die ich jaschon (1903, S. 86) besprach. Das Charakteristische gegenüber den Walwirbeln liegt bei all diesen 
in der Reduktion des Dornfortsatzes und in dem Divergieren und der Stärke der Processus obliquomammillares. 

Auch die Zähne des Xekenodon onamata Hector (1880) aus der nach Park (1905, S. 503) miozänen 
Oamarustufe Neuseelands sind denen von Z. Osiris recht ähnlich, aber die Krone der J. ist stärker, die der 
P. eher kürzer und alle Wurzeln sind stärker und länger als selbst bei Z. Isis und divergieren bei den 
zweiwurzeligen P. (Hector 1880, Taf. XVII, Fig. 4—7) und dem dreiwurzeligen M. (l. c. Fig. 3) weniger. 
Sie leiten aber zu Zähnen mit reduzierter Krone und einer einzigen sehr starken Wurzel, wie sie viele Den- 
ticeti haben; leider ist jedoch von der interessanten Form zu wenig bekannt, um feststellen zu können, ob 
sie ein letzter Ausläufer der Zeuglodontidae oder ein Squalodontide ist. 

Durch die Güte des Herrn Prof. E. Fraas erhielt ich ferner die kürzlich erschienene Neubeschreibung 
Trues (1907) von Agorophius (Zeuglodon) pygmaeus Joh. Müller aus dem Unteroligozän (Jacksonien) 
von Südkarolina. Danach halte ich eine Zugehörigkeit der wichtigen Form zu den Urwalen für aus- 
geschlossen, denn das Supraoccipitale ist schon vergrößert und vorgeneigt und die Maxilla auf das Frontale 
geschoben, also die Stellung zu den Dentziceti klar angezeigt. 

Was nun endlich den Namen Zeuglodon anlangt, so hat gewiß Basilosaurus Harlan, 1834, die 
Priorität von Zeuglodon cetoides Owen, 1839, für die großen amerikanischen Formen und also wohl auch 
für Z, Isis, ebenso Dorudon serratus Gibbes, 1845, vor Zeuglodon brachyspondylus minor Joh. Müller, 
1849. Damit wäre Dorudon wahrscheinlich auch der Name für Z. Wanklyni, Osiris und Zitteli, 
falls man sie generisch von den großen Formen abtrennt, wobei zu bemerken ist, dafs im Schädel und Gebif 
nur geringe Unterschiede bestehen und daß Z. brachyspondylus Joh. Müller ja auch so kurze Lenden- 
wirbel hat wie die kleinen Formen. So lange das amerikanische Material nicht gründlich durchgearbeitet 
ist, halte ich aber für richtiger, möglichst den längst gebräuchlichen, von solchen Autoritäten wie Owen 
und Joh. Müller eingeführten Namen Zeuglodon anzuwenden statt derjenigen oberflächlicher Untersucher, 
von welchen Harlan ja die Natur des Tieres gar nicht erkannte und einen direkt irreführenden Namen gab. 

Von einigermaßen bekannten Formen kommen hier also nur die von Alabama, die ägyptischen und 
Z. Wanklyni in Betracht, von welchen nur die älteren Ägyptens nicht aus dem oberen, sondern aus dem 

19% 


148 Dr. Ernst Stromer. [43] 


mittleren Eozän stammen. Unsere Kenntnis ist nun so weit vorgeschritten, daß wir sie zu einer einheitlichen 


Gruppe zusammenfassen und diese besser als bisher charakterisieren können. Ihr Name ist natürlich. 


Archaeoceti Flower (Proc. zool. Soc. 1883, S. 182). 
Mittelgroße bis sehr große meerbewohnende Säugetiere der Mittel- und Obereozänzeit. Schädel 
gestreckt mit langer Schnauze, Nasenöffnung nach vorn und etwas oben gerichtet in der Mitte von deren 


Länge, Stirn sehr breit, massiver Schädelbalken sehr lang, schmal und hoch, Hirnschädel sehr klein und 


wenig gewölbt, aber mit starken Cristae, daher Schläfengruben sehr weit, Jochbeine schwach und stabförmig, 


Hinterhaupt vertikal. Augenhöhlen und Ohrregion und langer geschlossener Gaumen walartig, aber Nasen- 


müscheln und Hirn primitiven Landsäugern ähnlich. Parietalia, Frontalia, Maxillae und lange Prämaxillae sind die 


größten Schädelknochen, nicht über einander geschoben. Unterkiefer sehr lang und niedrig mit langer, nicht 


3. 1.4. 3—2 
DE 
diger Zahnwechsel nur bei obereozänen bekannt). Vordere Zähne bis P. 3 isoliert, hintere dicht gedrängt 


fester Symphyse, zahnwalartig (nur bei obereozänen bekannt). Gebi (untere Zähne und vollstän- 
stehend. J., C. und bei einigen obereozänen Formen auch P. ı gleichartig, einfach kegelförmig mit langer 
geschlossener Wurzel. Hintere Zähne zweiwurzelig, oben P.3, P.4 und M. bei ältesten mitteleozänen, Pd. 3, 
Pd. 4 bei obereozänen mit dritter Wurzel innen hinten; M. kleiner als hintere P. Krone bei mitteleozänen 
konisch mit hinterem Nebenhöcker und innerer Verdickung, bei jungmitteleozänen und obereozänen seitlich 
platt, hinten und meist auch vorn mit 2—4 Nebenzacken. 

Sieben kurze, aber freie Halswirbel. Über 12 Brustwirbel mit normaler Antiklinie, die meisten mit zwei- 
- köpfigen Rippen, Brustbein aus mehreren Knochenstücken (nur bei obereozänen bekannt). Bei einigen sehr 
großen Formen letzte Brustwirbelkörper sehr groß und lang und Präzygapophysen sehr stark, Postzygapophysen 
rudimentär und Unterenden der zweiköpfigen Rippen kolbig verdickt. Etwa 7 Lendenwirbel, außer bei der ältesten 
Form mit sehr starken Prä- und rudimentären Postzygapophysen. Bei den sehr großen Formen diese Wirbel- 
körper wie die folgenden meistens sehr lang mit kurzen, breiten Querfortsätzen. Wohl nur ein Sakralwirbel mit 
schwachen Querfortsätzen. Schwanzwirbel (nur bei obereozänen bekannt) zahlreich, walartig, aber Processus 
spinosi bald rudimentär, Proc. obliquomammillares stark divergierend, sehr kräftig. 

Vordergliedmaßen (nur bei jüngeren mitteleozänen und obereozänen bekannt) kurz. Schulterblatt 
walartig. Humerus gestreckt und seitlich platt mit sehr langer Crista deltoidea und sehr kleiner Gelenk- 
rolle am schwachen Unterende. Unterarm kürzer, seitlich platt, besonders Ulna. Radius unbeweglich vor 
ihr mit 2 getrennten distalen Facetten. Hand vielleicht Otariiden-ähnlich; Becken schwach, Hinterextremität 
unbekannt, wohl mehr oder weniger rückgebildet. Hautpanzer vielleicht vorhanden. 

Nach dem Gebiß könnte man die älteren Formen als Familie Profocetidae abtrennen. Sie sind 
auf die untere Mokattam-Stufe (Mitteleozän) Ägyptens in 2 Genera mit je einer Art beschränkt, haben einen 
zweiwurzeligen P. I und drei- bis zweiwurzelige P.2—P. 4, M. ı—M. 3, konisch mit hinterem Nebenhöcker 
und innerer Verdickung. Proiocetus atavus E. Fraas im untersten Mokattam ist durch dreiwurzelige P. 2 bis 
P. 4 und M. und durch relativ kleine kurze landraubtierartige Wirbel charakterisiert. Kocefus Schweinfurthi 
E. Fraas im obersten Teile des unteren Mokattam hat einen größeren Schädel mit zum Teil zweiwurzeligen P. 
und unverhältnismäßig große gestreckte, unvollständig verknöcherte Lendenwirbel. 

Die jüngere Familie der Zeuglodontidae ist im oberen Mitteleozän und Obereozän Ägyptens und im 
Obereozän Englands und des südlichen Nordamerika vertreten.!) Die mittel- bis sehr großen Formen haben 
alle zeuglodonte Backenzähne und die Zahnformel Dt nur im Milchgebiß besitzen sie zum Teil noch drei 
Wuızeln und nur einige der kleineren haben einen zweiwurzeligen oberen P. 1. Die kleineren Vertreter (Dorudon 
Gibbes) haben stets kurze Lenden- und Schwanzwirbel, die großen aber (Basilosaurus Harlan), welche nur 
im Obereozän Nordamerikas und in Grenzschichten des Mittel- und Obereozäns in Ägypten gefunden worden 
sind, teilweise auch sehr große und lange. Nur in dieser Familie kennt man die Schädel- und Nasenhöhle, 
den Unterkiefer und Teile des Brustbeines, der Schwanzwirbelsäule und der Vorderextremität. 


") Es ist beachtenswert, daß dieim Obereozän Alabamas mit Zeuglodon vorkommende Seeschlange Pterosphenus 
Lucas auch im Obereozän Ägyptens ihm sich beigesellt und in England wenigstens Vorläufer im älteren Eozän hat. 
Dies wie das Vorkommen der eozänen Seekuh Pyorastornus Owen in Jamaika und Oberitalien spricht sehr für eine nörd- 
lich des eozänen (Tethys) Mittelmeeres verlaufende Küstenverbindung zwischen Europa und Nordamerika. 


[44] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 149 


Die Unterschiede der einzelnen Arten endlich habe ich (1903, S. 81 ff. und hier im beschreibenden 
Teile) schon hervorgehoben, auch werde ich sie im folgenden noch zu berühren haben, wenn ich versuche, 
die gegenseitigen verwandtschaftlichen Verhältnisse der Urwale klarzulegen. 


Dabei muf ich noch besonders die ungenügende Kenntnis des Skeletts der Protocetidae und des 
Z. brachyspondylus Joh. Müller sowie die Lücken in der Bekanntschaft wichtiger Teile wie der Hand 
und der Hinterextremität der am besten vertretenen Zeuglodon-Arten hervorheben. Auch wäre naiv anzu- 
nehmen, daß von Profocetus und Eocetus nur eine Art gelebt hat. Allgemeine Erwägungen und der Hinweis 
darauf, daß) die Archaeoceti nicht Bewohner eines abgeschlossenen Meeresbeckens, sondern des damals erd- 
umspannenden Mittelmeeres (eozäne Tethys!) waren und daß Zeuglodon-artige Zähne und Wirbel universell ver- 
breitet gefunden sind, müssen uns vielmehr überzeugen, daß wir erst am Anfange der Kenntnis dieser Tiergruppe 


stehen und daß deshalb nur ein höchst unvollkommenes Bild ihres Stammbaumes entworfen werden kann. 


Jedenfalls muß man von Protocetus atavus ausgehen, der in seinem geologischen Alter, in der 
relativ geringen Größe und in seiner Organisation am primitivsten sich erweist. Er ist aber im Schädel- 
bau schon ein typischer Archaeocete und als solcher in der Länge der Schnauze, der Lage der Nase, des 
Auges, im Gehörorgan, dem langen Gaumendach und auch in der Kürze des Halses, sowie in den offenbar 
sehr schwachen Hinterextremitäten dem Wasserleben angepaßt. In der geringeren Größe der Fossa pterygoidea, 
darin, dafs die Nasenbeine relativ lang sind und daß sich der Processus paroceipitalis der Bulla anlegt, vor 
allem auch im Bau der oberen P. und M., im Besitz eines M. 3, sowie im Bau und der geringen Größe der 
Wirbel ist er aber noch primitiv und weist auf primitive Landsäugetiere hin. 

Aus ihm oder einer sehr ähnlichen Form kann man unschwer Eocetus Schweinfurthi ableiten, 
indem der Schädel etwas größer wird, wobei aber die Nasenbeine nur wenig an Länge zunehmen und 
wohl auch die inneren Wurzeln der hinteren P. und M. zum Teil reduziert werden. Eine intensive Um- 
gestaltung muß aber der Rumpf erlitten haben, wobei die hinteren Wirbelkörper exzessiv groß und lang 
und unvollständig verknöchert wurden und die Präzygapophysen sich sehr verstärkten, während die Post- 
zygapophysen und Querfortsätze reduziert wurden. 

Trotz mancher Ähnlichkeit möchte ich die wenig jüngeren großen Zewglodontidae nicht von Eocetus 
ableiten, sondern halte ihn für den Vertreter eines erloschenen Seitenastes, und glaube alle Zeuglodontidae 
direkt auf Profocetus-artige Formen zurückführen zu müssen, Hier kommen zunächst die kleinen, mit kurzen 
Wirbeln versehenen Dorudon-Formen in Betracht und darunter wieder Z. Zitteli schon deshalb, weil ich 
(S. 107 und 126) Anhaltspunkte gewann, daß diese oder eine doch recht nahestehende Art schon in 
der Uadi-Rajanstufe, also ziemlich gleichzeitig mit Eocetus auftritt, 

In der Schädelgröße und -Form finden sich keine tiefgehenden Unterschiede von Frofocetus, nur 
werden die Nasalia im Gegensatz zu den übrigen Teilen nicht größer und die Nasenöffnung rückt deshalb 
ein wenig nach hinten, wahrscheinlich ist auch die Ohrregion schon so umgestaltet wie bei Z. Osiris, d.h. 
die Fossa pterygoidea ist sehr groß geworden, die Seitenfortsätze des Basioceipitale stärker und der Proc. 
paroccipitalis ist von der Bulla abgerückt. 

Viel mehr äußert sich die Umformung im hinteren Teile des Gebisses, wo oben der bei Profocetus 
schon sehr schwache M. 3 verloren ging, die inneren Wurzeln mit der hinteren äußeren wohl verschmolzen 
und die Zahnkronen seitlich platt und speziell an den P. länger und hinten und vorn mit 2 bis 4 Neben- 
zacken ausgestattet, also zeuglodont wurden. 

In der Wirbelsäule wurden die mittleren Halswirbel sogar ein wenig kürzer, die übrigen Wirbel 
auch nicht viel länger, sondern breiter und höher, besonders in der hinteren Körperhälfte. Die seitlichen 
Fortsätze der Halswirbel wurden dabei schwächer, auch die Dornfortsätze wohl relativ ein wenig niederer 
und in der Lendenregion die Postzygapophysen reduziert. Dafür wurden hier die Dornfortsätze breiter und 
die Präzygapophysen stark und die Querfortsätze weniger gebogen. 

Mit der Verstärkung der Lenden und vor allem des Schwanzes ging wohl eine Reduktion der 


1) Der von Douvill& neuerdings statt des Suessschen Namens »Tethys« eingeführte »Mesogäa« ist überflüssig 
und außerdem falsch, denn er heißt »Mittelland«, wie der bei Tiergeographen gebräuchliche Arktogäa Nordland. 


150 Dr. Ernst Stromer, las] 


Hinterextremität Hand in Hand, aber hier wie bei den übrigen Teilen fehlt eben leider das Vergleichs- 


material bei Profocetus, doch muß ich das Wichtigste ausdrücklich erwähnen. 


Die starken aber kurzen Schwanzwirbel haben sehr große divergierende Proc. obliquomammillares, 
bald reduzierte Dornfortsätze und meistens kurze breite, an der Basis durchbohrte Querfortsätze. Der Unter- 
kiefer ist lang und nieder, hat einen deutlichen Kronfortsatz, aber keinen aufsteigenden Ast, einen sehr 
weiten Canalis alveolaris und eine sehr lange, jedoch nicht feste Symphyse. Er trägt Zähne, die den oberen 
sehr ähnlich sind, außer daß drei Molaren mit vertikalen nicht gezacktem Vorderrand am aufsteigenden 
Teil des Kieferrandes vorhanden sind. Das Brustbein umfaßt vorn ein sehr dickes Manubrium, hinten ein 
langes, am Ende gabeliges Xiptisternum. Das Schulterblatt ist fächerförmig mit sehr schwacher Spina, 
langem Acromion und deutlichem Proc. coracoideus. Der Humerus ist eben länger als die Scapula hoch 


und verhält sich wie oben (S. 148) kurz beschrieben und der Unterarm ist nur etwas kürzer als er. 


Diese Form erhielt sich in Ägypten bis in das Obereozän (Kasr es Sagha-Stufe), wo sich von 
ihr das sehr nahestehende Z. Osiris leicht ableiten läßt. Es ist außer unbedeutenden Umänderungen im 
Skelett, unter anderem wohl einer geringen Verkürzung der Vorderextremität, nur eine Reduktion des P. 1 
auf einen einwurzeligen Kegelzahn anzunehmen. Die hier bekannte Jugendform zeigt übrigens noch einen 
Hinweis auf Protocetus, indem der obere Pd. 3 und Pd. 4 noch getrennte hintere Wurzeln haben. Man 
kennt hier auch die ausgebildeten Riechmuscheln und sehr langen, dünnen Lobi olfactorii, die sehr kleinen 
und kurzen Großhirnhemisphären und ein sehr hohes, kurzes, median schwaches Kleinhirn. 

Durch geringes Größenwachstum könnte man ferner wohl Dorudon serratus Gibbes — Z. brachy- 
spondylus minor Joh. Müller) und auch durch geringe Formänderungen das ebenfalls obereozäne Z. Wanklyni 
Seeley, welch letzteres vor allem durch eine hinten platte Crista sagittalis des Schädels charakterisiert 
ist (Seeley, 1881, S. 432, und inAndrews, 1907, S. 124), aus einer Z. Zitteli-artigen Form hervorgehen 
lassen. Doch ist ersterer insofern primitiver, als nach Joh. Müller (1849, S. 20, Taf. XIII, Fig. ı) das 
Foramen transversum des Atlas noch nicht so rudimentär ist, wie bei den ägyptischen Zeuglodontidae. 

Zeuglodon Isis, das nach den Resten eines jugendlichen Tieres zu schließen (S. 136 ff.), gleich- 
zeitig mit den ältesten Z. Zitteli-Knochen uns bekannt ist, aber schon vor ihm in der Birket el Kerun-Stufe 
ausstirbt, zeigte in der Detailbeschreibung mehr Anklänge an Z, Zitteli als an Z. Osiris. Deshalb kann 
man wohl annehmen, daß es sich aus einer Z. Zitteli-artigen Form entwickelte in ähnlicher Weise wie 
Eocetus aus Protocetus, indem außer einem allgemeinen Größerwerden die Wirbel hinter dem Übergangs- 
wirbel durch exzessives Wachstum der Körper speziell in die Länge und durch Verkürzen .und Verbreitern 
der Querfortsätze sich erheblich umgestalteten, wobei sie aber massiv blieben. 

Außerdem -ist aber noch wichtig, daß die Paukenbeine an der Vergrößerung kaum Teil nahmen 
und der P. ı, besonders der obere, auf einen einwurzeligen Zahn reduziert wurde, während die Zackung 
der hinteren P. sich verstärkte. Ferner wurde der Hals ein wenig schwächer, die Brust besonders hinten 
oben aber viel ausgedehnter und die Rippen am Unterende eigenartig verstärkt. Auch Lenden- und Schwanz- 
region wurden sehr massiv, die Gelenkung der Zygapophysen aber schon weiter vorn in der Übergangs- 
region reduziert und endlich wurde der Unterarm relativ kürzer, 

Im Milchgebiß sind übrigens auch hier die oberen Pd. 3 und Pd. 4 noch dreiwurzelig und der 
jugendliche Schädel zeigt, daß die lange Schnauze, wie wohl auch bei den anderen Archaeoceti, durch 
ontogenetisches Wachstum entsteht und daß die Nasenöffnung ontogenetisch ein wenig zurückweicht. 


In ähnlicher Weise ließe sich auch Z. cefoides Owen (—= macrospondylus Joh. Müller) ableiten, 
nur sind dort die Riesenwirbel in etwas anderer Art als bei Kocetus (Stromer, 1903, S. 85) unvollständig, 
verknöchert. Ob es jünger (? unteroligozän) ist als Z. /sıs und von ihm abstammt, läßt sich kaum sagen 
und, wenn die Angabe von Lucas (1900, S. 810) richtig ist, daß sein unterer P. ı lang und zweiwurzelig 
ist, wäre letzteres sogar ausgeschlossen, 


Welche Stellung endlich Z. brachyspondylus Joh. Müller einnimmt, das zusammen mit den gleich 
großen Formen Z. cetoides und Z. Isis vorkommt, ist unklar. Es unterscheidet sich von den kurzwirbeligen 
kleineren Formen (Dorudon) wie Z. Zitteli eigentlich nur in der Größe, aber Joh. Müller (1851, S. 241) 


[46] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 151 


wie ich fand keine Zahn- oder Schädelreste, die zu ihm und nicht zu den genannten zwei anderen großen 
Arten gehören könnten. 

Dames (1883, S. 134) äußerte deshalb die Ansicht, es lägen nur Geschlechtsunterschiede vor 
und verwies dabei auf die viel geringere Größe des Cachelot-Weibchens (Physeter |Catodon| macrocephalus). 
Weder in Flowers (1869, S. 309 ff.) noch in Benedens und Gervais’ (1880, S. 303 ff) Abhandlungen 
über diese Art konnte ich aber etwas darüber finden und auch sonst nicht erfahren, daf sich in erheblichen 
Größenunterschieden der Lendenwirbel Geschlechtsdifferenzen äußern. Bei anderen Zahnwalen, z. B. 
Platanista ist das Männchen viel kleiner (Anderson, 1878, S. 430, Taf. XXXIX, Fig, I, 2), seine Wirbel- 
säule jedoch relativ länger (Anderson, 1878, S. 429, Tabelle IV); bei gleicher Wirbelzahl müssen hier 
also in der Tat die Wirbel beider Geschlechter etwas verschieden lang sein. Recht verschiedene Wirbellänge 
gibt es übrigens nach Papp (1905, S. 36) bei dem miozänen Heterodelphis, jedoch bei verschiedenen Arten. 
Bei den Landraubtieren fand ich zwar auch (1902, S. 9, Tabelle III), daß nahestehende Formen, wie die 
Angehörigen der weit gefaßten Gattung Felis sich in der Länge der Körper der V.1. sehr erheblich unter- 
scheiden können, aber bei einer Art ist das Verhältnis von Länge und Breite, z. B. des längsten Lenden- 
wirbels bei den Weibchen von Felis tigris, Meles taxus und Canis lupus etwas höher als bei den Männchen, 
bei Canis (Lycaon) pictus aber nicht. Es spricht das nicht dafür, daß die viel geringere Größe des 
Cachelot-Weibchens in der Kürze seiner Wirbel begründet sei, um so mehr als auch bei dem männlichen 
Cachelot die Wirbel gar nicht gestreckt sind (Flower, 1869, S. 327, Taf. LV). Ich muß also leider diese 
Frage offen lassen, um so mehr als nur zu wenig von dem Skelett des Z. brachyspondylus bekannt ist. 
Bei der Beurteilung der Tabelle auf Seite 152 sind natürlich die hier ausgedrückten Bedenken zu berück- 
sichtigen; ich füge sie ja nur bei, um einen klaren raschen Überblick über die Verbreitung der Archaeoceti 
und meine Ansichten über ihre Entwicklung zu ermöglichen. 

Innerhalb der Archaeoceti sehen wir nach dem Ausgeführten also insofern eine Entwicklung, als 
aus mittelgroßen Formen etwas größere und zum Teil Riesen hervorgehen, welch letztere aber in Ägypten 
von primitiveren mittelgroßen überlebt werden und sie in Amerika wenigstens nicht überdauern ; speziell 
Z. Isis ist anscheinend kurzlebiger als das kleinere primitivere Z. Zitteli. Esist das eine auch sonst sehr häufig fest-- 
gestellte Erscheinung, daß Riesentiere kurzlebiger sind als primitivere, daß ein Größenwachstum in der 
Entwicklung stattfindet und daß Riesenformen zur Zeit des Höhepunktes oder vor dem endgültigen Nieder- 
gang einer Tiergruppe auftreten. So finden sich ja auch die größten und spezialisiertesten Elefanten im 
Pliozän und Diluvium, während in Zoxodon africanus eine im Zahnbau nicht so hoch entwickelte Form 
allerdings in einer anderen Gegend noch fortlebt.!) 

Protocetus kommt in rein marinen Schichten vor, die nicht in unmittelbarer Landnähe, aber doch 
nicht in größerer Tiefe als in der Laminarien-Zone abgelagert wurden, wie die Häufigkeit der Reste pflanzen- 
fressender Seekühe und das Fehlen von Land- und Süßwasserbewohnern in dem reinen Kalksteine des unteren 
Mokattam beweist; die jüngsten Zeuglodontidae Ägyptens lebten aber, wie ich oben S. 107 zeigte, an oder 
in Flußmündungen. Sollte sich darin nicht auch eine weit verbreitete Gesetzmäßigkeit zeigen? Denn auch 
die in vielem primitivsten lebenden Zahnwale, die Platanistidae sind jetzt bis auf Pontoporia ganz auf 
tropische Ströme beschränkt, die primitivsten lebenden Delphinidae, Phocaena und Neomeris, leben wenig- 
stens hauptsächlich in schwach salzigem oder süßem Wasser (Abel, 1905 b, S. 391) und die Ganoiden 
sowie die Crocodzlier bieten bekanntlich dieseibe Erscheinung. 

Besonders wichtig ist aber, daß man in der eben skizzierten Entwicklung eine stärkere Anpassung 
an ein zahnwalartiges Wasserleben erkennen kann. Es äußert sich das darin, daß von Protocetus an zu 
Zeuglodon Zitteli die Nasenbeine kürzer werden, die äußere Öffnung also ein wenig zurückrückt, daß die 
Schädelbasis mehr rinnenförmig und die Fossa pterygoidea sehr groß wird, letzteres wohl, um eine Erweiterung 
der Tuba Eustachii wie bei den Bartenwalen aufzunehmen, ferner daß die mittleren Halswirbel kürzer und 
ihre Querfortsätze schwächer, anderseits die Wirbel stärker werden und daß besonders die Lenden- und 
wohl auch die Schwanzregion verstärkt wird, wobei die Gelenkungen der Zygapophysen schon in der 


I) Siehe dazu auch meine Ausführungen über das Aussterben der Riesensäugetiere (1905, S. 124 ff.) gegenüber 
Steinmann (1907, S. 508 und 1908, S. 40)! 


152 Dr. Ernst Stromer. [47] 


Lendenregion schwinden. Bei den großen Formen sehen wir diese Umgestaltungen noch verstärkt, denn der 
Hals ist bei Z. /sis noch ein wenig schwächer und die Gelenkungen werden noch weiter vorn reduziert und 
vor allem wird die Brustregion stark vergrößert und die Lenden- und Schwanzregion hier wie bei Eocetus 
außerordentlich stark. Die mangelhafte Verknöcherung der Lendenwirbelkörper bei ihm und Z. cetoides 
könnte noch als weitere Anpassung an das Wasserleben aufgefaßt werden und bei Z. /sis läßt sich auch 
eine Reduktion der Vorderextremität gegenüber Z. Zitteli feststellen. 

Leider läßt sich aber die Umgestaltung der Extremitäten und der Unterkiefer wegen mangelnder Kennt- 
nis dieser Teile bei den ZP’rofocetidae nicht verfolgen; dagegen liegt nun die Gebißentwicklung im Ober- 
kiefer ziemlich klar. Es ist im ganzen genommen entschieden ein Reduktionsvorgang, wie aus dem Schwinden 
des M. 3 der Protocetidae, der Reduktion der inneren Wurzeln der P. bei Zocefus und der P. und M. bei 
den Zeuglodontidae und endlich der zwei Wurzeln des P. ı innerhalb der letzteren hervorgeht. Vielleicht 
steht damit die so starke Variabilität der Zahngröße bei den Zewglodontidae im Zusammenhang, da in Re- 
duktion befindliche Teile variabel zu werden pflegen, wie z. B. Abel (1901, S. 34) bei den rudimentären 
Nasalia der Denticeti und ich (1902, S. 236) bei den schwindenden Fortsätzen der Schwanzwirbel von 
Landraubtieren fand. 

Die Reduktion des P. ı geschieht übrigens deutlich durch Verschmelzung der zwei Wurzeln, und 
auch die querverdickte hintere Wurzel des oberen P. 3 und P. 4 der Zeuglodontidae spricht dafür, daß die 
dritte innere Wurzel mit der hinteren verschmolzen ist.!) Abel (1905 a, S. SS) hat ja in überzeugender 
Weise eine derartige Reduktion durch Wurzelverschmelzung bei den Squalodontidae nachgewiesen. Es ist 
sehr wichtig, daß dabei hier, abgesehen von dem Verluste des schwachen M.3, die Zahl und Stellung der 
Zähne gleich bleibt und die schon bei Protocetus langen Kiefer nicht besonders verlängert werden. Die 
Kronen der hinteren P. und der M. werden seitlich platt und länger und denen der Sgualodontidae uud 
Phociden ähnlich, das Gebiß wird so geeigneter zum Festhalten und Zerschneiden glatter Beutetiere, wohl 
der Fische. Innerhalb der Zeuglodontidae sieht man endlich deutlich, wie neue Nebenzacken aus dem Basal- 
wulst oder durch Vergrößerung von Randzähnelungen entstehen können. 


Übersicht der geologischen und geographischen Verbreitung und der Verwandtschaft der 
Archaeoceti. 
Ägypten Nordamerika England 


m nn mn nn nn le 


| 


Obereszän Ka 65 | 2, Osimis 77 Alkali Z. brachysp. Z. cetoides Z. serratus| Z. Wanklyni 
Sagha-Stufe = 


= 7 
Übergang Birket el : . Z. fr. bra- 2 2 


| 
; rk Z. Osiris NSS 
vom Mittel- Zu Kerun-Stufe) chyspond. 
Obereozän N 


Ravine- 
Stufe 


6) 


Uadi Rajan- Z.? Zitteli Z. ?lsis > 
Stufe 


Mitteleozän Oberster 
unterer Eocetus 


Mokattam N 


Basaler 
inlerase Protocetus atavus 


Mokattam 


1) Wie auf S. 147 erwähnt, könnte Xekenodon ein letzter Ausläufer der Zeuglodontidae sein, bei welchem die 
Wurzeln der P. und M. im Begriffe sind, zu einer einzigen starken zu verschmelzen. 


[48] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 153 


2. Vergleichend anatomische und physiologische Bemerkungen über die Archaeoeeti. 

Bevor ich die nahe liegenden Fragen nach der systematischen Stellung der Urwale in Angriff nehme, 
muß noch einiges über den Bau und die Funktion ihrer Organe gesagt werden. 

Bei meiner Abhandlung über die Wirbel der Landraubtiere (1902) übersah ich leider die wichtigen 
Ausführungen über die Querfortsätze höherer Wirbeltiere, die Gerstäcker (1887) unter dem Titel »Das Skelett 
des Döglings« verbarg. Ich kam zwar betreffs der Metapophysen und Präzygapophysen zu einem 
anderen Resultat als er, in bezug auf die Veränderung der Querfortsätze in der antiklinen Region aber 
zu demselben (l. c. S. 82 und 83), nämlich daß die Diapophysen der V. th. v. hier verkümmern und die 
Querfortsätze der V. l. aus Rippen entstehen, während Gerstäcker zeigte, daß bei Ayperoodon und bei 
allen Walen sowie den meisten Säugetieren an den hinteren Brustwirbeln (V. th. 1.) der Rippenhals zum 
Querfortsatze wird und deshalb dort die Rippen einköpfig erscheinen. Bei Zeuglodon, speziell Z. Isis, 
konnte ich nun dasselbe beobachten, wenn auch bei meinem Material das Anwachsen des Rippenhalses 
sich nicht feststellen ließ. Doch meinte Gerstäcker (l. c. S. 158), der neu gebildete untere Querfortsatz 
erhebe sich an der Stelle der ganz nach hinten gerückten Rippenkopffacette des Körpers, ich fand aber 
bei Landraubtieren wie bei Z. /sis, daß er hinten an der vorderen Facette, der sogen. Parapophyse, entsteht, 
und so ziemlich dasselbe gibt Flower (1869, S. 99) für Hyperoodon, Physeter und besonders India an.) 

Von vergleichend anatomischen Interesse ist ferner, daß bei Z. Osiris (S. 121) und noch mehr 
bei Z. Zitteli (S. 127) am 7. Halswirbel Reste des unteren Querfortsatzes sich finden, denn das ist auch be 
vielen rezenten Walen der Fall, indem oft wie bei Z. Osiris ein Höckerchen sich am Wirbelkörper befindet, 
so bei Platanista (Eschricht, 1852, S. 181, 187, Taf. VII, Fig. 4 r), /nza (Flower, 1869, S. 97, 
Taf. XXVII, Fig. 7; Reche, 1905, S. 180, Fig. 19) und Dalaenoptera (Reche, 1905, S. 155, 206) 
Bei letzterer fand Turner (1871, S. 361) den unteren Querfortsatz sogar knorpelig vollkommen angelegt 
und der gleiche Autor konnte das nicht seltene Vorkommen einer allerdings des Kopfes und Halses 
entbehrenden Rippe am 7. Halswirbel rezenter Wale (1871, S. 348 ff.) feststellen. Ich bemerke dazu, daß 
das Vorhandensein solcher Rippen nach der Form des Endes des oberen Querfortsatzes bei Z. Osiris 
Mn. 9, Taf.I, Fig. 12, nicht unwahrscheinlich ist. In diesem offenbar an primitivere Zustände erinnernden 
Verhältnisse gleichen also die Zeuglodonten den rezenten Walen. 

Weiterhin schilderte Eschricht (1852, S. 186, 187) bei Platanista, wie an den hinteren Schwanz- 
wirbeln ober und unter den durchbohrten Querfortsätzen je eine Längsleiste entsteht, die für den Seitenast- 
der unteren Arterie eine Kerbe besitzen, und wie dann der eigentliche Querfortsatz schwinde und jederseits 
am Wirbel zwei rundliche Knöpfe als Reste der zwei Leisten vorhanden seien, die er Processus caudales nennt. 

Genau solche Leisten fand ich an der V.cd. Mn. 4 7 (1903, S. 78, Tat. XI (IV), Fig. 6) und an den 
letzten V. cd. der Reihe St. ıır (S. 123), also bei Z. Zitteli! und Osiris, nur daß ich die schwächere untere 
Leiste übersah. Daß zuletzt auch jederseits zwei Höcker da sind, beweisen die kleinsten V. cd. von Z, Isis 
St. 9 (S. 134, Taf. IV, Fig. 4). Die Zeuglodontidae sind hierin also Platanista sehr ähnlich, ich glaube 
aber nicht, daß für diese Art von Fortsätzen Homologien in anderen Regionen der Wirbelsäule vorkommen, 
sie dürften ihre Entstehung der besonderen Organisation der Weichteile des Walschwanzes verdanken. 

Zu meinen biologisch-physiologischen Bemerkungen über Zeuglodon (1903, S. 96 fi.) kann ich nun 
Verschiedenes erweiternd nachtragen. 

Wie ich oben erwähnte (S. 129), fand auch bei den Zeuglodontidae noch ein richtiges Abkauen 
statt, das Gebiß diente den Raubtieren wohl zum Fischfang und zum Zerschneiden der Beute, wobei die vorderen 
Kegelzähne nur wie eine Hechel, die Zackenzähne wie eine Schere wirkten. Der Unterkiefer konnte dabei 
fast nur gehoben und gesenkt werden. Der Musc. masseter war, nach der Schwäche des Jugale zu schließen, 
sehr schwach, der Musc. temporalis aber um so stärker. Außerdem hatte jedoch in der weiten Schläfen- 
grube eine sehr große Fettmasse Platz, die wie diejenige im erweiterten Canalis alveolaris zur Erleichterung 
der Kopfpartie dienen konnte, wie es Bönninghaus für Phocaena annimmt (1903, S. 233, Fig. J, R). 
Auch waren nach der Gestaltung der Knochen die Musculi pterygoidei wohl ebenso gelagert, wie er 
(1. ce. S. 235) für Phocaena angibt, konnten also den Unterkiefer nur ein wenig vorwärts ziehen, 

1) Siehe aber hiezu Anderson (1878, S. 449 und 450) über Platanista! 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd, XXI, 


154 Dr. Ernst Stromer. [49] 


Noch besser war eine Zerkleinerung der Nahrung wohl bei den Profocetidae möglich, der Magen 
war dementsprechend wahrscheinlich einfacher gebaut als bei den Walfischen, wo er entsprechend der 
geringeren Tätigkeit des Gebisses eine ziemliche Komplikation aufweist (Weber, 1886, S, 55 ff. und S. 193). 
Der Geruch war sicher nicht schlecht ausgebildet (S. 118), das Auge in der Lage zwar walartig 
(Pütter, 1902), aber noch mit einem Canalis lacrymalis versehen, also wohl mit einer normalen Tränendrüse, 
während sie beim Wal nach Pütter (1902, S. 370) einen Funktionswechsel in eine Fett absondernde Drüse 
erlitten hat und so einen Tränenkanal überflüssig machte. 

Genauere Vergleiche sind bei dem Gehörorgan möglich, besonders infolge der ausgezeichneten Abhand- 
lung von Bönninghaus (1903), auf deren instruktive Abbildungen ich hier verweise.‘) Daß bei Zeuglodon 
der Unterkiefer und sein Fettkörper und die Musculi pterygoidei sich wie dort verhalten, wurde oben er- 
wähnt, auch der ebenso lange harte Gaumen und die dahinter durch die Enden der Pterygoidei und Seiten- 
fortsätze des Basioccipitale gebildete Längsrinne für den Rachen und die Inzisur mit dem Foramen con- 
dyloideum finden sich hier wie dort. Nur sind bei Zeuglodon kaum Lufthöhlen unten am Schädel vorhan- 
den, vor der Bulla ist eine große Fossa pterygoidea wie bei den Bartenwalen für die Erweiterung der 
Tuba Eustachii ausgebildet und das Petrosum ragt hinten über die Bulla hinaus und ist mit diesem Teile zwischen 
Exoccipitale und Squamosum fest eingekeilt (Taf. I, Fig. 2; Taf. II, Fig. 1); auch nimmt es, wie speziell 
die Prozeuglodon (Z. Isis) Reste aus dem Uadi Rajan St. 10 zeigten (S. 138), noch Teil an der Umgren- 
zung der Schädelhöhle. Bönninghaus beweist nun zwar, daß letzteres auch bei dem Phocaena-Embryo noch 
der Fall ist (l. c. S. 225, Fig. H, S. 285) und daß das Petrosum erst in der Ontogenie herabgezogen 
wird, wie es übrigens auch bei Hyperoodon (Gerstäcker, 1887, S. 13, nach Gervais, S. 368) der 
Fall ist, er erwähnt aber nicht, daß das Petrosum von Platanista sich dauernd ganz wie das von Zeug- 
lodon verhält (Eschricht, 1852, S. 176, Taf. VI, Fig. ı t und Fig. 3 und Beneden und Gervais, 1880, 
Taf. XXX, Fig. 17) und daß auch bei den Bartenwalen sein hinterer Fortsatz sich wie bei ihm, wenn 
auch lockerer einfügt (Eschricht, 1849, S.46, Beauregard, 1893, S.271, Taf. VI, Fig. 2). Endlich ist bei 
Zeuglodon, nicht aber bei Protocetus, der Proc. paroccipitalis von der Bulla durch einen Querspalt getrennt. 


Die Bulla selbst (Taf. II, Fig. 2 und 21) aber zeigt auffallende Ähnlichkeit mit der von Phocaena (Bön- 
ninghaus l.c., S. 219 ff.), nur ist sie relativ viel größer. Sie ist ebenso massiv und splitterig, fest und im 
Gegensatz zu der der Bartenwale hinten unten mit einer Furche versehen. Oben ist ihr dicker Innenrand wie sonst 
nur bei Zahn- und Bartenwalen (Bönninghaus l. c., S. 225) durch eine horizontale Fissura tympanoperiotica 
völlig vom Petrosum getrennt, einen Spalt, der vorn sich in die Mündungsstelle der Tuba Eustachii fortsetzt, 
die aber bei Zeuglodon und Protocetus wie bei den Bartenwalen abgerundet ist, statt wie bei Zahn- 
walen tief spaltförmig oder gar wie bei Platanista und Inia rinnenförmig verlängert zu sein. Der Außen- 
rand hat vor dem großen Proc. sigmoideus auch einen kleinen Proc. tubarius, der sich aber kaum so fest 
mit dem Petrosum verband wie bei Phocaena, und hinter ihm ebenfalls einen Proc. medius, der nach 
Bönninghaus ein Rudiment der unteren Wand des bei Walen kaum ausgebildeten knöchernen Gehör- 
ganges ist. Der dahinter gelegene Proc. posterior ist leider nie vollständig erhalten, doch konnte ich bei 
einer isolierten Bulla Mn. 12 feststellen, daß er wie bei Phocaena eine dünne Brücke zum Petrosum bildet, 
innen neben ihm ist aber in der Rückwand noch ein tiefer Schlitz für einen Luftsinus und oben innen an 
ihm eine weitere Verbindungsbrücke zum Petrosum vorhanden, was bei Phocaena und Balaenoptera sich nicht 
findet, wohl aber bei Delphinus (Beauregard, 1894, S. 381, Fig. 3s und S. 395, Anm. 1).?) 


Vom Gehörorgan selbst beschrieb Joh. Müller (1849, S. ı2, Taf. I, Fig. ı, 2) nur die Schnecke 


I 
von Z. brachyspondylus minor —= Dorudon serratus Gibbes, das wenig größer als Z. Oszris ist. Nach ihm 


!) Siehe auch Kampen (1905, S. 636—652)! Genaue, zum Vergleich geeignete Abbildungen des Gehörorgans 
von Balaenoptera finden sich u. a. bei Capellini (1877, S. 22 ff., Taf. III, IV) und bei Beauregard (1893, S. 199 ff., 
Taf. VI, Fig. 1, 2 und 1894, S. 392 ff., Taf. XI, Fig. I und 3). 

*) Ein weiterer Unterschied von Phocaena ist endlich darin gegeben, dafs die Oberfläche des Innenrandes der 
Bulla bei Protocetus wie Zeugloden nicht rauh ist. Eine isolierte Bulla der Münchner Sammlung aus dem Miozän von 
Leognan bei Bordeaux, 5:3 cm lang und bis 4 cm breit, vielleicht zu Sgualodon Grateloupi oder Phococetus Vasconum Delf. 
gehörig (S. 147), gleicht übrigens in der hinteren Verbindung mit dem Petrosum und dem Schlitz für den Luftsinus völlig 
Zeuglodon, aber sonst so in der oben erwähnten Rauhigkeit des Innenrandes und in der Austrittstelle der Tuba ganz Phocaena, 


[50] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 155 


ist sie so groß wie bei dem Menschen und hat mindestens drei Windungen wie bei den meisten Säugetieren, 
also mehr als bei Phocaena und den anderen Walen (Bönninghaus |, c., S. 302). 

Zeuglodon gleicht also in der Form des Gehörorgans und von dessen Umgebung Phocaena in 
vielem sehr, zeigt aber in wichtigen Teilen mehr Ähnlichkeit mit Bartenwalen oder Platanista und so wie sie 
im ganzen etwas weniger Abweichungen von den Verhältnissen bei Landsäugetieren. Die Gehörfunktion 
war also gewiß ähnlich wie bei Phocaena dem Wasserleben angepaßt, aber wie schon die bessere 
Verbindung des Petrosum mit den Schädelknochen zeigt, nicht so vollkommen. Protocetus ist in der 
geringeren Größe der Fossa pterygoidea und der Seitenfortsätze des Basioceipitale sogar noch ein bißchen 
weniger walartig, wenn auch in der Bulla ganz Zeuglodon-ähnlich. 

Was die Atmung anbelangt, so wies ich (1903, S. 97) auf Unterschiede von den Walen hin, der Rachen 
konnte aber, abgesehen von der anderen Richtung der Nasenrachengänge, welche die gewöhnlicher Säuge- 
tiere ist, ähnlich gebaut sein, wie es Bönninghaus (1902) von Phocaena beschrieb. Der Brustkorb ist jedoch 
wie bei Landbewohnern und wie bei den Platanistidae nicht.so ausdehnungsfähig, da die meisten Rippen nicht 
so frei beweglich sind wie bei der Mehrzahl der Zahnwale und insbesondere bei den Bartenwalen. Bei den 
kleinen Zeuglodonten (Dorudon) (Taf. (I), Fig. ı) wird aber die Brustregion gegenüber Profocefus schon etwas 
vergrößert und bei den großen-(Baszlosaurus) infolge der Streckung und Verbreiterung und womöglich auch 
Vermehrung der V.th.1. hinten oben sogar ganz erheblich ausgedehnt. Es kommt damit zu einer Verlängerung 
der Dorsalseite der Brusthöhle, einer Schiefstellung des Zwergfelles und Ausdebnung des Lungenraumes, 
wie sie ©. Müller (1898) für die Anpassung rezenter Säugetiere an das Wasserleben charakteristisch fand. !) 

Meinen Bemerkurgen (1903, S. 94) über die Beweglichkeit des Halses, die voll bestätigt wurden, nur 
daß sich der Zahn des Epistropheus als ein mit Seitenkanten versehener Zapfen erwies, ist nun infolge des 
Erscheinens der Recheschen Abhandlung: (1905) manches beizufügen. Alle sieben Halswirbel sind frei 
gegeneinander beweglich, die konkaven vorderen Facetten des Atlas ventral sich noch nicht so genähert wie 
bei den Walen, die hinteren aber entsprechend den vorderen des Epistropheus ziemlich senkrecht zur Längs- 
achse gestellt und fast flach sowohl bei Zeuglodontidae wie bei Protocetus (S. 109, Taf. II, Fig. 20), so dafs 
die Drehbewegungen im Atlantoepistrophealgelenk nicht so ausgiebig sein konnten wie bei Raubtieren. Für 
starke Muskeln an diesem wie dem Atlantooccipitalgelenk spricht die Größe der Querfortsätze des Atlas und 
des Dornfortsatzes des Epistropheus. Der Schädel war eben noch beweglicher als bei rezenten Walen, wie 
auch seine besser abgesetzten Condyli beweisen. 

Dadurch, daß die weiteren Halswirbel, die schon bei Profocetus kurz sind, bei den Zeuglodontidae 
noch ein wenig kürzer werden, wird natürlich ihre Beweglichkeit etwas eingeschränkt, sie war aber stets 
gewiß mindestens so groß wie bei Priscodelphinus grandaevus Leidy und den Platanistidae?) (Reche, 1905, 
S. 183), von welch letzteren speziell Platanista gangetica Lebeck (Beneden und Gervais, 1880, Taf. XXX, 
Fig. 3—9; Reche, 1905, S. 177, 178, Fig. 17, 18) eine auffällige Ähnlichkeit der Halswirbel zeigt, 
während der miozäne Cyrtodelphis sogar noch längere V. c. hatte, falls der von Piaz (1905, S. 254 
Taf. V, Fig. 3) beschriebene wirklich der siebente ist, was nicht ganz sicher ist. Wie Reche (l.c. S. 234) 
für die Wale angibt, werden auch hier die ersten zwei Halswirbel im Gegensatz zu den mittleren wenig reduziert 
und wird die Halswirbelsäule verstärkt, indem gegenüber Protocetus die Körper breiter und höher werden; 
die Querfortsätze werden aber am 2.—5. Wirbel schwächer, worin ein Unterschied von den Bartenwalen, 
z. B. Balaenoptera (Reche l. c., S. 204, Fig. 28) gegeben ist. 

Eine Senkung des Halses nach vorn zu (Reche l.c., S. 239) tritt aber gewiß nicht ein, sie ist ja 
auch bei Platanista (Anderson, 1878, S. 529) nicht vorhanden, vielmehr spricht die Stärke der Crista 
oceipitalis wie die Höhe der Dornfortsätze der ersten Brustwirbel für das Vorhandensein einer starken Nacken- 
muskulatur und eines wohlausgebildeten Nackenbandes, ebenso wie die Größe des 6. unteren Querfortsatzes 
für eine wohlentwickelte ventrale Muskulatur, also für eine Haltung und Funktion des Halses, die sich 
weniger von derjenigen von Landsäugern entfernt als selbst diejenige der Platanistidae. Ich suchte das 
ja auch in der Rekonstruktion Taf. I, Fig. I, zum Ausdruck zu bringen. 


1) Bei den Walen ist der Brustraum infolge der Länge der Querfortsätze dorsal breiter, bei manchen aber, wie 
Platanista, sind sie nur ganz hinten lang. 
2) Der Einfachheit halber gebrauche ich hier wie im folgenden den Namen Platanistidae im älteren weiteren Sinne. 


20% 


156 Dr. Ernst Stromer. [st] 


Recht beachtenswert erscheint mir endlich, daß bei den Zeuglodontidae der Kanal für die Arteria 
vertebralis am 2.—7. Halswirbel nur eng, am Atlas fast ganz oder wie bei Dorudon serratus Joh. 
Müller (1849, S. 20, Taf. XIII, Fig. 1) sehr reduziert ist. Das spricht dafür, dafs die Arterie schwach 
war und nur den Hals, nicht aber durch eine Arteria basilaris auch das Hirn versorgte. Letzteres geschah 
wohl, wie Bönninghaus (1903, S. 340 ff.) bei Phocaena fand, in Anpassung an das Wasserleben haupt- 
sächlich durch die im Wirbelkanal vor Druck besser geschützten Arteriae meningeae spinales. 

In der Rumpfwirbelsäule gleicht Protocetus noch ganz Landraubtieren, nur sind die Querfortsätze 
des Sakralwirbels so schwach, daß die Hinterextremitäten kaum den Körper getragen haben können, und 
die Anapophysen fehlen völlig. Daß auch bei den Zeuglodontidae die vordersten Dornfortsätze die höchsten 
sind (Taf. I, Fig. 1), hob schon Joh. Müller (1851, S. 237—239) hervor und meinte, daf eine etwa vor- 
handene Rückenflosse danach weiter vorn als bei den Walen gelegen haben müsse. Aber der Platanistide 
Inia hat im Gegensatz zu den übrigen Walen hinten wenigstens auch keine höheren Dornfortsätze als vorn 
in der Brustregion (Flower, 1869, S. 98, Taf. XXV, Fig. 2) und doch ist seine Rückenflosse wie sonst 
hinten gelegen (Beneden und Gervais, 1880, S. 469). 

Die stets mäßige Antiklinie der Dornfortsätze der Archaeoceti spricht übrigens dafür, daß die Brust- 
wirbelsäule nicht so einfach gestreckt war, wie bei den Walen, sondern mehr gekrümmt und daß Beugungs- 
und Streckbewegungen eine Rolle spielten. Liegt ein Unterschied von den Walen in der relativen Schwäche 
der Dornfortsätze in der hinteren Wirbelregion, so spricht die bei den Zeuglodontidae, besonders bei 
Basilosaurus, weit vorn eintretende Reduktion der Gelenkung der Neuralbögen für eine walartige Funktion 
der Wirbelsäule, deren Bewegungen schon in der hinteren Rumpfregion nicht mehr durch die Zygapophysen- 
gelenke beschränkt werden. Es hängt übrigens diese Reduktion der Verbindung der Neuralbögen wohl 
auch damit zusammen, daß bei schwimmenden Wasserbewohnern die Wirbelsäule weniger fest zu sein 
braucht als bei den Landtieren, die sich auf die vier Extremitäten stützen. 

Wenn ferner die Größenzunahme der hinteren Wirbelkörper bei Eocefus und Baszlosaurus ganz 
ungewöhnlich erscheint, ist darauf hinzuweisen, daß auch bei manchen Feliden der längste Lendenwirbel 
ein einhalb- bis zweimal so lang als breit und über zwei- bis zwei einhalbmal so lang als der erste Brustwirbel 
ist (Stromer, 1902, Tab. IIT A 2) und daß bei dem Zahnwal Ayperoodon die Lendenwirbel sogar fünf- 
mal so lang als der erste Brustwirbel werden (Gerstäcker, 1887, S. 26), sowie bei Heterodontus 
leiodontus Papp (1905, S. 40) etwa vier einhalbmal, Beachtenswert ist die Kürze der Querfortsätze 
aller Brustwirbel und bei Eocefus und Basilosaurus auch der Lendenwirbel. Denn dies, die Schwäche 
der hinteren Dornfortsätze und das stärkere Divergieren der Proc. obliquomammillares, beweist, daß die 
Muskelausbildung eine andere war als bei den Walen, wo bei manchen, wie Pontoporia und Inia, die 
letzteren sogar sehr schwach sind. 

Der Schwanz der Zeuglodontidae (Taf. I, Fig. ı) endlich erscheint in seiner Stärke und den Quer- 
fortsätzen recht walähnlich, aber es sind die Dornfortsätze viel schwächer, die Proc. obliquomammillares 
kräftiger und schräger gestellt und die letzten Wirbelkörper nicht so quer verbreitert, wie Eschricht 
(1849, S. 29) für Wale angibt. Trotzdem glaube ich an eine Fortbewegung durch eine ganz walähnliche 
Schwanzflosse, denn schon der ganze Bau der hinteren Rumpfregion der Zeuglodontidae wie von Eocetus 
ist kaum anders verständlich, als wenn man annimmt, daß die hinteren Rumpfmuskeln die Hauptrolle 
bei der Bewegung der Tiere spielten. 

Nach der Dichte der Spongiosa und der Plumpheit der Rippen bei Z. /sis kann man allerdings 
kaum vermuten, daß es ein guter Schwimmer war, aber bei Z. cefordes wie Eocefus tritt doch eine gewisse 
Erleichterung des Skelettes durch mangelhafte Wirbelverknöcherung ein. 

Wichtig für diese Frage ist natürlich die Betrachtung der Extremitäten. Die hinteren, deren Vor- 
handensein durch das Verhalten der Querfortsätze des V. sacr. von Protocetus und Z. Isis und der Tuber- 
cula psoatica, der Ansatzpunkte des Musc. iliopsoas an den hinteren Brustwirbeln von Profocetus und Z, 
Zitteli und Osiris, zu erschließen ist, waren bei dem ersteren sicher schon schwach und bei Zocefus und 
den Zeuglodontidae gewiß mehr oder weniger rudimentär und konnten als Träger des Rumpfes und aufer 
vielleicht bei Profocetus als Bewegungsorgane kaum eine Rolle spielen. 


[32] Die Archaeoceti des ägydtischen Eozäns. 157 


Bei der leider nur von den Zeuglodontidae teilweise bekannten Vorderextremität ist nur das 
Schulterblatt ganz wahlähnlich, Oberarm und Unterarm zwar wie dort seitlich platt, aber bei weitem nicht 
so reduziert, wenn auch, wie auf S. 150 und 152 erörtert wurde, in Verkürzung begriffen. 

Die Funktion der freien Extremität läßt sich wenigstens einigermaßen aus der Gestalt der Gelenke 
und der Stärke und Lage der Muskelansätze erschließen. Danach war ein erheblicher Unterschied von den 
Walen vorhanden, der aber wohl durch solche Formen, wie die auf S. 139 erwähnten, überbrückt wird. Die 
Größe des nicht sehr schräg zur Längsachse stehenden Humeruskopfes im Verhältnis zur Fossa glenoidalis 
scapulae läßt auf reichliche Bewegungs- und speziell auch Rotationsfähigkeit im Schultergelenk schließen 
und die Größe und Lage der Tubercula ist denen des Hundes ziemlich ähnlich; auffällig ist aber die geringe 
Ausbildung der Fossa bicipitalis. Da die Spina scapulae rudimentär und das Tuberculum majus nicht groß 
ist, werden auch die Musc. supra- und infraspinatus nicht sehr stark gewesen sein, der Musc. subscapularis 
aber, welcher zum Tuberculum minus läuft, war wahrscheinlich wohlausgebildet. 

Nach der geringen Größe und der Form des Ellenbogengelenkes sowie der Lage des Radius zur Ulna war 
das Gelenk entschieden in Reduktion begriffen und es konnten nur Beuge- und. Streckbewegungen ausge- 
führt werden, keine Drehungen des Unterarmes. Die lange, sehr große Crista deltoidea, die Tuberositas radii 
und das große Olecranon sprechen aber für starke Entwicklung der Beuger und Strecker des Ober- und Unterarmes. 
Die geringe Entwicklung des Condylus internus und externus humeri aber läßt wohl den Schluß zu, daß 
die langen Beuger. und Strecker der Hand und der Finger nur schwach waren. Eine Beweglichkeit der 
Hand läßt sich jedoch aus den Endfacetten des Radius erschließen. Vergleicht man nun die Vorderextremitäten 
rezenter Wassersäugetiere, um einen Anhalt für die Funktion des Armes der Zeuglodontidae zu gewinnen, 
so scheiden die Seekühe aus, da sie höchstens im Besitz eines einfachen Ellenbogengelenkes ähnlich sind. 
Bei den Walen ist der Arm zwar ebenso seitlich platt, also als Ruder ausgebildet, aber in den Gelenken 
versteift und auch im Schultergelenk in seinen Bewegungen eingeschränkter. Am besten sind noch die 
Pinnipedia vergleichbar, doch sind sie offenbar viel beweglicher (Lucae, 1872), wie schon die Stärke 
der Tubercula, der Crista supracondyloidea externa und des Condylus internus humeri sowie die größere 
Breite des Ellenbogengelenkes beweisen, und vor allem ist der Radius um die Ulna drehbar (Lucae, 1872, 
S. 280 ft.). Auch ist distal die Ulna schwach und der Radius seitlich stark abgeplattet, während hier gerade 
die Ulna viel platter ist. 

Die Vorderextremitäten der Zeuglodontidae konnten also wohl zwar ähnlich, aber bei weitem nicht so frei 
funktionieren wie die der Pinnipedia, Falls die Tiere wie sie zeitweise auf den Strand gingen, was für die in 
der hinteren Körperhälfte so plumpen Eocetus und Basilosaurus kaum wahrscheinlich ist, so konnten sie 
nicht als Stützen dienen. Bewegen sich am Lande doch auch die Robben ohne sie durch Sprünge fort, die sie 
mit Hilfe von Krümmungen der Wirbelsäule ausführen (Lucae, 1872, S. 278) und hat uns ja die Betrach- 
tung der Brustwirbelsäule, speziell der Nachweis der Antiklinie auf die Möglichkeit solcher Bewegungen bei 
den Zeuglodontidae hingeführt (S. 156). Beim Schwimmen aber dürften die verbreiterten und nicht langen 
Vorderextremitäten zum Rudern und Steuern gedient haben, wie auch die Robben wenigstens bei raschem 
Schwimmen mit ihnen rudern (Lucae 1872, S. 279.!) 


3. Die zoologische Stellung der Archaeoceti. 


Die Ansichten über die Stellung der Archaeoceti gehen immer wieder auseinander und die Frage 
läßt sich nicht einfach dadurch lösen, daß man die zu anderen Tiergruppen direkt vermittelnden Formen 
nennt, weil man sie noch gar nicht oder nur höchst ungenügend kennt, deshalb will ich im folgenden die 
einzelnen wichtigeren Skeletteile tabellarisch behandeln, um so künftigen Forschungen ein klar gesichtetes 
Material zu bieten und in möglichst prägnanter Form die phylogenetische Bedeutung ihrer Merkmale klar- 
zulegen. Bei den Vergleichen habe ich natürlich die Cefacea und Carnivora (Creodontia und Fissipedia) 
bevorzugt, da sie ja vor allem als Verwandte in Betracht kommen. 

1) Es würde zu weit führen, hier noch auf die zahlreichen Abhandlungen über die Anpassung höherer Wirbeltiere 


an das Wasserleben einzugehen, ich verweise hier deshalb nur auf die Ausführungen von Lucae (IS72, 1873), Weber 
(1886), Kückenthal (1891 und 1892), Osborn (1903), Fraas (1905) und Dollo (1907). 


158 Dr. Ernst Stromer. [53] 
Primitiv Spezialisiert Vergleiche und Bemerkungen 
& as ist die Zahnformel primiti- 
A, Cahiß. ver Monodelphier. Die von Squa- 
Oberer M. 3 bei Protocetidae sehr lodonistnach A bel (1905, S.34 
klein, bei Zeuglodontidae fehlend .1.8—9.3 e 
1. Zahnformel een = = u. 1905 a S. 89) ee Bei 


Protocetidae untere Zähne unbe- 
kannt 


D 


. J., C. und P. werden gewechselt*® 


Nur bei Zeuglodontidae nachge- 
wiesen. Rezente Wale mono- 


phyodont 


Nach Leche (1907, S. 39) primi- 
tives Merkmal; bei Cefacea nach 


Schmelz, ohne 
Kronen 


Zement an 


x 


3. Zahnwechsel sehr spät Kükenthal (1893, S. 420 u. 
437) nur erste Dentition gut 
entwickelt 

4. Zähne aus regulärem Dentin und : z 5 

i a i Carnivora, Squalodontidae und 


manche andere Denticeti ebenso 


. Zähne mit geschlossener Wurzel 


und niederer Krone 


Bei Zeuglodontidae Kronenspitze 


der Zackenzähne höher * 


® Squalodontidae ebenso 


. Backenzähne heterodont. * 


SI 


J bis P. 2 durch Diastemata iso- 
liert. J.und C. gleichartig kegel- 
förmig, bei manchen Zeuglodon- 
tidae auch P. ı * 


Bei Protocetidae Innenhöcker der 
P. und M. reduziert * 


Bei ZeuglodontidaeP. undM. zeu- 
glodont (seitlich platt mit schar- 
fem, hinter und auch meist vor 
der Hauptspitze zackigem Rand) * 


IO. 


Bei Zeuglodontidae hintere P. und 
M. dicht gedrängt 


" Bei Squalodon, Neosqualodon u. 
anderen Denticeti auch (Abel, 
1905, 8.25 ff. u. 1905 a,S. 86 ff.) ; 
bei Mysticeti ebenfalls (W eber, 
1886, S. 184 fi.) 


Unter den Denticeti bei Squalo- 
dontidae, Neomeris, Phocaena 
ebenso 


Primitive trituber- 


kulär 


Säugetiere 


* Bei Microzeuglodon, Xekenodon 
und Sgualodontidae 
Phocidae u. Triconodonta auch 


ebenso, 


Bei Squalodon atlanticus und 
Grateloupi auch (Abel, 1905, 
S. 29, 1905 a, S. 87) 


[54] 


Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 


159 


Primitiv 


Spezialisiert 


Vergleiche und Bemerkungen 


B. Unterkiefer * 


11. Symphyse nicht ankylosiert 


Sehr lang und nieder, gerade, mit 
sehr langer Symphyse * 


Ohne aufsteigenden Ast, Gelenk 


* Nur bei Zeuglodontidae bekannt 


® Bei vielen Denticeti auch, u.a. 
Inia, Platanista, aber beide Äste 
in Symphyse verwachsen; bei 
Mysticeti gebogen und mit redu- 
zierter Symphyse 


12. : h Wale ebenso, Triconodonta auch 
nach hinten gerichtet * 
Bei Platanista, Inia, Pontoporia 
wenig niederer (Beneden und 
Gervais, 1880, Taf. XXIX, 
13. Proc. coronoideus deutlich Fig. 5, Daft, XXX, Eig. 


I, 
Taf. XXXIH, Fig. ı), bei Squa- 
lodontidae auch (ibidem Taf, 
XXVIN, Fig. 3, 4) 


TA. 


M. am aufsteigenden Vorderrand 
des Proc. coronoideus 


Bei Microzeuglodon (Lydek- 
ker, 1892, Taf. XXXVI, Fig. I) 
und Neosgualodon (Piaz, 1904, 
Fig. 3) ebenso 


15. 


Canalis alveolaris sehr weit, Innen- 
wand hinten reduziert 


Bei Denticeti 
mehr reduziert, 
nicht so sehr 


noch 
Alysticeti 


Innenwand 
bei 


C. Schädel. 


16. Bei Protocetus und Dorudon 
sehr groß gegenüber dem Rumpfe * 


Bei Eocefus und Bastilosaurus 


Rumpf vergrößert 


* Bei primitiven Monodelphia, z. 
B. Creodontia ebenso. Bei My- 
sticeti, z.B. Balaena, noch utriert. 


17. Symmetrisch, Basis gerade, 
Profil langsam ansteigend 


Schnauze sehr lang * 


Bei vielen Denticeti auch, aber 
schon im oberen Untermiozän 
gibt esasymmetrische (Stromer 
1905, S. 101) 


18. Nasen-Stirnregion groß 


Frontale mit Seitenfllügel ober 


der Orbita und mit Proc. postor- 


* Bei Walen auch, dort Proc. 
postorbitalis und jugalis infolge 
Schädelverkürzung 


sich sehr 


nahe 


bitalis *® 
19. Hinter Augenregion sehr | Schädelbalken besonders schmal 
schmal * und lang 


* Bei primitiven Monodelphia, z. 


B. Creodonta auch, bei Ofaria 
ebenfalls, bei Agorophzus (True, 
1907) ähnlich 


160 


Dr. Ernst Stromer. 


[55] 


Primitiv 


Spezialisiert 


Vergleiche nnd Bemerkungen 


20. Hirnschädel sehr klein, wenig 
gewölbt, daher Schläfengrube 
sehr weit * 


= Schläfengrube bei Platanistidae 


deutlich, sonst bei rezenten 
Walen und Sgualodontidae in- 
folge Hirnschädelwölbung und 
Schädelkürze sehr klein, bei 


Agorophius (True, 1907) groß 


21. Schädelknochen ohne Luft- 
zellen, nicht übereinander ge- 


schoben * 


Bei Denticeti, auch schon bei 
Spualodontidae übereinander 
geschoben (Stromer, 1905, 
S. 101), bei Mysticefi und Ago- 
rophius (True, 1907) weniger 
überschoben 


Prämaxillae sehr lang, vorragend * 


® Bei Myszicetiund Denticeti auch, 


aber außer bei Sqwalodontidae 
kaum vor Maxillae ragend 


23. Nasengang nach vorn gerichtet 
mit wohlentwickelten Muscheln 
und Seitenhöhlen; diese vor und 
nicht unter Vorderhirn 


Nasenöffnung in halber Schnauzen- 
länge, bei Zeuglodontidae in- 
folge Verkürzung der Nasalia 
ein wenig weiter hinten * 


Nasenöffnung bei Walen viel 
weiter hinten, nach oben gerich- 
tet,nach Bönninghaus(1902, 
S. 11), diesinfolge ontogenetisch 
verschiedenen Knorpelwachs- 
tums. Bei Mysticeti weniger nach 
oben gerichtet, schwache Mu- 
scheln bei Embryonen vorhanden 
(Weber, 1904, S. 563, Fig. 418). 
Bei Agorophius (True, 1907) 
Öffnung wohl ähnlich gelegen, 


24. Nasalia deutlich gestreckt, als 
Nasendach * 


® Bei Denticeti rudimentär, schon 


bei Squalodontidae, bei Mysti- 
Agorophius 


wohl noch weniger reduziert 


ceti mäßig, bei 


* 


25. Maxilla grenzt an Frontale 


26. Laerymale vor Orbita mit 
Caualis laerymalis * 


= Canalis 


27. Canalis infraorbitalis eng und 
lang * 


Bei Mysticeti vorn an Frontale 
aufragend, bei Denticeli, Squa- 
lodontidae und Agorophius über 
Frontale geschoben 


lacrymalis fehlt bei 
Walen und Pinnipedia, das La- 
erymale auch öfters 


Bei Pinnipedia weit 


[56] 


Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 


161 


Primitiv Spezialisiert Vergleiche und Bemerkungen 
“ Bei Denticeti außer bei Plata- 
28. Jochbogen vollständig, ohne | Jochbein gerade und relativ nista auch gerade, aber sehr 
Fortsätze schwach* schwach, bei Mysticeti gebogen, 
bei beiden ohne Fortsätze 
* Bei Walen auch, aber Palatina 
Gaumendach ganz geschlossen, außer bei Phocaena sehr kurz, 
29. hinten durch große Palatina und bei Pinnipedia durch Palatina, 
Pterygoidea verlängert“ nicht auch Pterygoidea verlän- 
gert 
M. tragendes Hinterende der | “ Orbita bei Walen auch ohne 
30. Maxilla vom Gaumen getrennt, Boden, die Maxilla reicht nicht 


Orbita ohne Boden“ 


bis unter Orbita 


31. Große Parietalia bilden das 
Schädeldach, mit 
starkem Proc. jugalis die Schädel- 
seite” F 


Squamosa 


32. Deutliche Cristae sagittalis 
und oceipitalis 


33. Petrosum an Hirnhöhle gren- 


zend, mit Squamosum und 
Exoceipitale durch Naht ver- 
bunden“ 

34- 

35- 


Otaria sehr ähnlich, aber Fron- 
talia weiter nach hinten reichend. 
Bei Walen stoßen Frontalia an 
Supraoccipitale und Interparie- 
tale, bei Denticeti Parietalia 
ganz an Schädelseite, Squamosa 
klein, nur bei /nia, Platanista 
ähnlich bei Archaeocelti, 
bei Agorophius auch die Parie- 
talia ähnlich 


wie 


Crista occipitalis sehr stark“ 


Otariasehrähnlich, bei Platanista 
Crista oceipitalis ähnlich (Be- 
neden und Gervais, 1880, 
Taf. XXX, Fig. 20), sonst Wale 
wie Phociden mit gerundetem 
Schädel ohne diese Kämme, bei 
Physeteridae Querkamm anders 


“= Siehe S. 154! 


Bulla siehe Seite 154 ff! 


Bulla bei Walen siehe S. 154 ff. 
und Bönninghaus (1903)! 
Bei Phoca auch gewölbt, aber 
fest mit Schädel verbunden und 
mit knöchernem Gehörgang 


Bulla sehr groß, bei Basilosaurus 
relativ nicht so groß" 


* Bei Walen, speziell bei Denticetz, 
weniger groß, außer bei Sqwa- 
lodon 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 


21 


162 


Dr. Ernst Stromer. 


[57] 


a TTTT — 
— 


Primitiv 


Spezialisiert 


Vergleiche und Bemerkungen 


36. Schnecke über drei Windun- 


* Bei Walen weniger (Bönning- 


Längsschlitz“ 


gen haus, 1903, S. 302) 
i 1 tid sehr große | „ € er { 3 
Ba Ei ee * Bei Miysticeti ebenso, bei Denti- 
27, Fossa pterygoidea und Seiten- N : 3 
SL SE % ceti die Seitenfortsätze ebenso 
fortsätze des Basioccipitale” 
ı condyloideum in tiefem | : 
388 Boramenk nn " Bei Walen ebenso 


39. Occipitale superius ziemlich 
vertikal* 


Bei Walen, auch bei Agorophius 
nach vorn oben geneigt und 
vergrößert 


40. Hirnhöhle sehr klein* 


41. Lobus olfactorius mit Riech- 
nerven” 


42. Großhirnhöhle sehr klein, 
nieder, fast glatt 


Siehe S. 169! 


Außergewöhnlich langer dünner 


Pedunculus olfactorius 


Nicht gestreckt” 


“ Bei primitiven Säugern viel 
dicker, nicht sehr lang. Bei 
Otaria mäßig lang, bei Mysti- 
ceti sehr schwach, bei Denticeti 
wohl mindestens in Jugend 
schwach vorhanden (Weber, 
1886, S. 149; Kükenthal, 
1893, S. 130; E. Smith, 1903, 
S. 329), dauernd Riechnerven bei 
Physeteridae und Eurhinodel- 
‚phis (Abel, 1902, S. 170— 172), 
Oyrtodelphis(P iaz, 1903,S.205), 
und ? Squalodon (Stromer, 
1905, S. 102) 


" Bei Macrorhinus (Pinnipedia) 
und Ceiacea außer Platanista 
(Anderson, 1878, S. 462 ff., 
Taf. XXX, Fig. 3, Eig. 16, 
S. 467) und Cyrtodelphis (Piaz, 
1905, S. 268, Taf. VIII, Fig. ı a, 
2a) ebenso (Gervais, IS74, 
Taf. XIX, Fig. 2 und 5; Ander- 
son, 1878, Taf. XXX, Fig. 4— 6, 
Fig. 16, S.467; Weber, 1886, 
S. 149; Kükenthal, 1893, 
S. 124; Piaz, 1905, Taf. VII, 
Fig. 4) aber dort gewölbt und 
groß 


[58] 


Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 


Primitiv 


Spezialisiert 


Vergleiche und Bemerkungen 


43: 


Kleinhirnhöhle sehr kurz, breit 
und hoch, Mittelteil schwach” 


* Anscheinend ganz eigenartig, 


nur Sirenia etwas Ähnlich 


D. Wirbelsäule und Rippen 


Bei Zeuglodontidae und Eocetus 
manchmal blätterige Schichtung 


stlosaurusm. radialen Furchenu. 
Rippen(Joh.Müller,1849,S.19)* 


48. Alle Wirbel frei, 7 Halswirbel * 


Keine Wirbel 


Eee 


zu Sacrum ver- 


schmolzen 


ae der äußeren Knochendecke (Joh. 
Müller 1849, S. 19) 
| Del Daseins und Basilosaurus ER < Bei Walen ganzes Skelett sehr 
45. idesDiaphyse der größten Wirbel er 
Bu H ; grob spongiös 
unvollständig verknöchert * 
16. Außer bei Protocetus Epiphysen > Nrallen ara 
anscheinend sehr lange frei * 
ed De Berıy, * Bei Physeler als Besonderheit 
bei Zeuglodontidae besond. Ba- nr er 
47. unter Denticeti ganz ähnlich 


(Flower, 1869, S. 326) 


Bei Balaenoptera, Platanistidae 
und wohl auch Squalodontidae 
ebenso (Reche, 1905, S. 153 ff., 
ko ns Bley, CO, Sc 2y19 
Eastman, 1907, S. 93). 

”* Bei Walen und Seekühen ebenso, 
bei Pinnipedio 3—4 \V. sacr. 
(Weber, 1904, S. 545) 


49. 


Halswirbel sehr kurz * 


* Bei Walen und Seekühen auch, 
bei Pinnipedia nicht 


50. Atlas mit Foramen obliquum * 


Atlas mit vertikalen Querfortsatz- 
platten mit rudimentärem Cana- 
lis transversarius * 


* Nur bei Zeuglodontidae bekannt. 
Bei Walen, auch bei Squalodon 
Querfortsatz ähnlich, aber klein, 
ohne Kanal. For. obliquum nur 
bei Balaenoptera (Reche, 1905) 
und den miocänen Heterodelphis 
(Papp, 1905, S. 34), Prisco- 
delphinus und Metopocetus 
(Cope, 1890, Fig. 2a, S. 605; 
Case, 1904, Taf. XII, Fig. 15, c, 
Taf. XVII, Fig. 2) 


51. Epistropheus mit wohl ent- 
wickeltem zapfenförmigem Dens 
und For. 
Querfortsatz * 


transversarium im 


* Bei Platanista, Priscodelphinus, 
auch /nia (Platanistidae) ebenso, 
sonst Dens bei Walen reduziert. 
Querfortsatz bei Denticeti ohne, 
beiMysticeti mit weitem Foramen 


164 Dr. Ernst Stromer. [59] 
Primitiv Spezialisiert Vergleiche und Bemerkungen 
Die vorderen Facetten des Epi- | * Bei Platanistidae und Balaenop- 
52 stropheus sind flach und sehen tera ebenso, auch bei Wieder- 


kaum seitwärts " 


käuern 


53. Am 3.—6. Wirbel For. trans- 
versarium 


Bei Zeuglodontidae dieses eng, 
untere Querfortsätze 
6. Wirbel stark * 


nur am 


54. 7. Wirbelkörper bei Dorudon 
mit Rest des unteren (Querfort- 
satzes und mit Rippenfacette * 


Bei Mysticeti For. sehr weit, 
untere Querfortsätze schwach, 
Platanistidae mit rudimentären 
Foramen, bei Platanista am 
6. Wirbel unterer Querfortsatz 
auch stark 


* Bei Platanista (Eschricht, 
1852, S. I8I, 187) und /nia 
(Flower, 1869, S. 97, Taf. 
XXVIL Fig. 7; Reche, 1905, 
S. 180, Fig. 19) ebenso, bei 
vielen Walen Reste einer Rippe 
am 7. Wirbel (Turner, 1871, 
S. 354) 


55. Etwas über ein Dutzend Brust- 
wirbel * 


" Bei Balaena, Phocaena, Tursiops, 
Lagenorhynchus ungefähr eben- 


56. Übergangswirbel (etwa 11. 
Brustwirbel) normalin Antiklinie, 
Umwandlung der Querfortsätze, 
Rippengelenkung und Zygapo- 


physen * 


so viele, sonst bei Walen 
weniger 
= Sen Deromern, 100%, SI 72: 


Bei Denticeti nur in Rippen- 
gelenkung und Querfortsätzen 
weiter vorn Änderung, in der 
Regel keine Antiklinie der Dorn- 
fortsätze, bei Platanista (Ander- 
son, 1878, S. 533, Taf. XxIx, 
Fig. 3) ganz schwache 


57. Rippen bis dahin zweiköpfig, 

Tuberculum an Diapophyse, 
Capitulum an je 2 Wirbelkörpern 
gelenkend, dann einköpfig nur 
an sehr kurzer Parapophyse an 


Körperseite 


* Bei Denticeti erste ebenso zwei- 
köpfig, bei Platanista (Esch- 
richt, 1852, S. 187; Ander- 
son, 1878, S. 499) und /nia 
(Flower, 1869, S. 99) auch 
Gelenkung der Capitula ebenso 
an je zwei Wirbeln, bei Myszi- 
ceti meistens alle einköpfig 


58. Vordere Rippen an mehreren 
Brustbeinstücken * 


* Bei Denticeti ebenso, bei Mysti- 
ceti nur ein Paar und Brustbein 
reduziert 


Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 


165 


Primitiv 


Spezialisiert 


Vergleiche und Bemerkungen 


59. 


60. Dornfortsätze an vorderen 
Brustwirbeln am höchsten und 
schlank * 


Bei Basilosaurus untere Rippen- 
enden kolbig * 


Ei 


Bei Seekühen Rippen auch sehr 
dick 


61. 


Bei Walen in Lendenregion am 
höchsten, nur bei /nza (Flower, 
1869, Taf. XXX, Fig. 2) vorn 
ebenso hoch wie hinten 


Dornfortsätze von den V. th. |. 
an breit tafelförmig * 


Bei Walen ebenso 


62. 


Bei Z. cetoides und Isis und wohl 
auch Eocefus Wirbelkörper von 
den V. th. I. an excessiv ver- 
größert, besonders verlängert, 
Wirbelkanal dabei auch ver- 
breitert * 


63. 


Bei denselben Gelenke der Zyga- 
pophysen schon in antikliner 
Region reduziert * 


64. 


Präzygapophysen von da an sehr 
kräftig, stark divergierend * 


65. 


66. Etwa 7 Lendenwirbel vor- 
handen * 


Bei Hyperoodon und Hetero- 
delphis (Denticeti) Lendenwirbel 
auch 5- oder 4!/,mal so lang als 
erster Brustwirbel (s. S. 156) 


Bei Walen diese Gelenke auch 
schon in Brustregion reduziert 


Bei Walen meistens auch sehr 
kräftig, aber (? außer bei Sqxalo- 
don) nicht so divergierend 


Anapophysen fehlen 


* Bei Walen ebenfalls 


Bei fast allen Walen mehr (siehe 
S. 123!), bei Platanista und 
Pontoporia aber ebenso (Ander- 
son, 1878, S. 500), bei Pinni- 
‚bedia weniger 


67. Bei Protocetus an V. ]. nor- 
male Prä- und Postzygapophysen 


Betreffs Focefus und Z. cetoides 
und /szs siehe Nr. 63 und 64! 
Bei anderen Zeuglodontidae an 
hinteren V. ]. wie bei ihnen * 


68. 


Querfortsätze der V.s. relativ lang 
und schwach * 


* Siehe Nr. 63 und 64! 


Bei Walen kein Sacrum, bei 
Pinnipedia normal entwickeltes, 
bei Seekühen zum Teil aber 
eine Ähnliche V. s. 


69. Zahlreiche Schwanzwirbel * 


Bei Protocetidae unbekannt; bei 
Walen nur selten unter 20, bei 
Sirenia über 20, bei Pinnipedia 
höchstens I5 


166 Dr. Ernst Stromer. [61] 
Primitiv Spezialisiert Vergleiche und Bemerkungen 
V. cd. stark, aber nie sehr lang 
70. gestreckt, vordere ganz den | * Bei Walen ebenso 
V. 1. ähnlich * 
ee a: *" Bei Walen im Gegenteil weit 
Die a ee a a a hinten noch wohlentwickelt 
An mittleren V. cd. Basis der 
Querfortsätze durchbohrt, an 
2 Körperseite Rinne für Arte- | * Bei Walen ebenso 
rien, Längsleisten da (siehe 
Sal) 
" Bei Walen ebenso, selten, z. B. 
Proc.obligquomammillares der V.cd. bei J/nia und Pontoporia, 
73. sehr kräftig, stark divergierend, erstere schwach, aber aufer 
Postzygapophysen rudimentär * bei ? Squalodon nicht so diver- 
gierend 
E. Gliedmaßen * Nur bei Zeuglodontidae bekannt 
E el " Bei Walen, Sirenia, Pinnipedia 
AR Wohl kein Schlüsselbein * ; : ; ? 
: keines 
“ Bei Walen ebenso, Spina meist 
Schulterblatt fächerförmig, Spina : us F 
Ä reduzierter, Proc. coracoideus 
sehr schwach, Acromion stark, E ’ : 
75. h dp länger. Bei Pontoporia sehr 
nach vorn ra : : u ne N ; 
u 2 A ähnlich, bei Platanista Proc. 
mittellang * 
corac. sehr schwach 
76. Humerus gestreckt * “ Bei Walen sehr kurz 


Tuberc. majus und minus wenig 
getrennt * 


“ Bei Walen nur Tubere. minus 


vorhanden, außer bei Mzcrozeu- 
‚glodon, Eurhinodelphis, Hetero- 
delphis. Siehe S. 139 und 
157! Bei Seekühen und Pinni- 
pedia beide stark und scharf 
getrennt 


78. Crista deltoidea groß 


" Bei Physeter vorhanden, bei 


Microzeuglodon, Eurhinodel- 
‚phis, Heterodelphis etc. ähnlich 
(siehe S. 139 Anm. I), sonst 
bei Walen fehlend, bei Sirenia 
auch, bei Pinnipedia aber 
ähnlich 


[62] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 167 


Primitiv Spezialisiert Vergleiche und Bemerkungen 


* Bei Walen noch mehr, bei Sirenia 


79. Humerus Schaft seitlich platt ' Han 


"Bei Walen, Sirenia, vielen Pinni- 
so. Kein Foramen entepicondyl. * pbedia auch nicht (Stromer, 


1902 a, S. 555) 


„ Bei Walen keine, bei Sirenia 


m Humerus Condyli ganz schwach * und Pinnipedia besonders Cond. 
internus stärker 

“ Bei Walen außer bei Micro- 

: zeuglodon und Eurhinodelphis 

32. Ellbogengelenk klein, nur Quer- (? Squalodon) rückgebildet, bei 


rolle * BOB INA EN N 
Sirenia ähnlich, bei Pinnüpedia 


viel größer 


“ Bei Mysticeti länger, bei Inza 
83. Ulna und Radius gestreckt Ulna und Radius bei Z. Isis (Flower, 1869, S. 104) auch 

nicht verschmolzen kürzer “ kürzer als Humerus, bei Sirenta 
verschmolzen 


“ Bei Cetacea und Sirenia auch, 


34. Radius unbeweglich vor Ulna ° Ba een ae 

* Bei Walen auch, bei Sirenia 
8 Radius und besonders Ulna_ seit- nicht, bei Pinnipedia Ulna 
> lich platt * distal nicht, Radius hier stärker 


platt 


| * Bei Walen auch getrennt, aber 
86. Radiale und Intermedium nicht gelenkig, bei Pinnüpedia 


getrennt, gelenkig an Radius * verschmolzen, bei Creodonta 


getrennt 


Hinterextremitäten wohl sehr redu- Be Walaı mr bel 1907) 


87. B : N : bei Seekühen wohl ähnlich, bei 
ziert, bei Profocetus weniger * Sen 
Pinnipedia nicht 
88 Bei Z. cetoides wohl Rücken- | * Reste bei einigen Denticeti 


panzer (S. 147) (Abel, 1901) 


Die tabellarische Zusammenstellung, wenn auch in den Vergleichen und Bemerkungen höchst 
unvollständig, ist meines Erachtens wohl geeignet, die Archaeoceti als primitive dem Wasserleben 
angepafßte Monodelphier und als Cetacea endgültig festzulegen und hierin meine 1903, S. 97—99, 


168 Dr. Ernst Stromer. [63] 


ausgedrückte Ansicht völlig zu bestätigen. Sie zeigen viele Merkmale, die auf primitive Landsäugetiere 
hinweisen und, wie schon S. 149—152 immer wieder erwähnt, eine Reihe von zunehmenden Anpassungen 
an das Wasserleben und hierin zwar einige Anklänge an Seekühe, mehr an Phociden, weitaus in der 
Hauptsache aber an Wale und unter ihnen weniger an Barten- als an Zahnwale, besonders an primitive 


wie Platanistidae und Squalodontidae, sodann an Physeteridae. 


4%, Bemerkungen über die Vorfahren der Archaeoceti. 


Was die Ahnen der Urwale anlangt, so hatte ich (1903, S. 99) kurz auf Creodonta und Triconodonta 
hingewiesen und die Beziehungen zu letzteren (1903 a, S. 39) später noch mehr betont, Fraas (1904, 
S. 220, und 1905, S. 383 ff.) aber wollte sie von Cefacea und Pinnipedia ganz abgetrennt und als Creodonta 
aufgefaßt wissen, die sich an das Wasserleben anpaßsten, ja er glaubte (l. c. und 1904, S. 2Io) auf die 
Familie der Proviverridae als ihre Vorfahren hinweisen zu können. In der Tat bestehen bemerkenswerte 
Ähnlichkeiten zwischen ihnen und Proztocetus, den primitivsten Archaeoceten, aber ich kann mich seiner 
Ansicht nicht anschließen, die Abel (1905, S. 22) offenbar auch nicht völlig annahm, wohl aber Ameghino 
(1905), der im übrigen Bemerkungen über die Verwandtschaft der Ceiacea und Fdentata machte, die 
Schlosser in seinem Referat im »Neuen Jahrbuche für Mineralogie«, 1907, I, S. 466, mit Recht als nicht 
ernst zu nehmend bezeichnete. 


Zunächst muß ich aber meine eigene Ansicht betrefis eventueller Beziehungen zu Triconodonta 
berichtigen. Durch Fraas’ (1904) wichtige Befunde ist ja ziemlich sichergestellt, daß die zeuglodonten 
Zähne der Zeuglodontidae aus denjenigen des Protocetus hervorgegangen sind, die wiederum durch 
Reduktion des Innenhöckers aus trituberkularen sich entwickelt haben dürften. Eine Parallelreihe bilden 
die zeuglodonten Backenzähne der Phociden, die wohl auch aus sekodonten trituberkularen entstanden sind, 
wennschon auch hier von einer Stammreihe noch keine Rede ist, denn Wortmanns (1894, S. 157 ff 
und 1902, S. 128) Ableitung von Patriofelis (Oxyaenidae) blieb nicht unbestritten (Osborn, 1900; Weber, 
1904, S. 55I; Fraas, 1905, S. 378).!) 

Es ist jetzt auch äußerst wahrscheinlich gemacht, daß die Triconodonta nicht die Vorläufer der 
Trituberculata waren, wie speziell Osborn annahm, sondern daß der trituberkulare obere Molar wie der 
Prämolar durch Entstehen und Anwachsen je eines Basalhöckers an der Rück- und Innenseite eines Kegel- 
zahnes sich bildete (Wortmann, 1902, S. 4146). Vielleicht läßt sich eben die Ähnlichkeit der Backen- 
zähne und des Unterkiefergelenkes der Triconodonta und Zeuglodontidae insofern ebenfalls als Konvergenz 
erklären, als jene mesozoischen kleinen Tiere glatten Beutetieren nachjagten wie die Zeuglodontidae, Squa- 
lodontidae und Phocidae den Fischen; in der Symphyse, dem Hintereck und dem Kanal des Unterkiefers 
verhalten sie sich ja ganz anders als die ersteren. 


Jedenfalls glaube ich, daß nach dem (S. 148 ff.) Ausgeführten die Archaeoceti von primitiven 
trituberkulären Landsäugetieren abgeleitet werden müssen und bei ihren mehrfach erwähnten Beziehungen 
zu Pinnipedia, die schon Dames (1894, S. 204 ff.) auf das richtige Maß zurückführte, liegt es nahe, an 
primitive Creodonta als gemeinsame Ahnen beider zu denken. 


Wortmann (1902) und Matthew (1906) geben uns nun Figuren und Beschreibungen vorzüglich 
erhaltener Creodonta, speziell auch von Schädeln, wie sie Fraas leider nicht zur Verfügung hatte. 
Betrachtet man z. B. den Schädel von Sinopa, einer mitteleozänen Gattung, auf die er (1904, S. 210) 
speziell hinwies, von oben (Matthew, 1906, Fig. 4, S. 212), so fällt allerdings eine große Ähnlichkeit z. B. 
in der Größe und Lage der Parietalia und Squamosa und den Knochengrenzen der Nasenregion auf und 
man sollte meinen, eine Ausbildung starker Seitenflügel der Frontalia, eine Reduktion und Geradestreckung 
der Jugalia, Verkürzung der Nasalia und starke Verlängerung der Maxillae und besonders der Prämaxillae 
müßte einen Protocetus-Schädel aus ihm ableiten lassen. 


1) Nach Leche (1907, S. 34, 35) geht bei Hemicentetes (Insectivora) ein trikonodonter oberer P. 3 aus einem 
trituberkulären hervor, also auch hier ist die Trikonodontie sekundär. 


[64] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 169 


Ein Blick auf die Unterseite (l.c. Fig.5, S. 213, und Wortmann, 1902, Taf. X) lehrt aber, daß 
keine näheren Beziehungen bestehen. Ich erwähne nur die völlige Verschiedenheit der Ohrregion (siehe 
S. 154, 155), die Stellung der letzten M. zum Jochbogen und die Lage der weit nach vorn reichenden 
Palatina und die bei diesen Landbewohnern fehlende Verlängerung des knöchernen Gaumens. 

Auch die übrigen Skeletteile der Creodonta zeigen keine besondere Annäherung an die Form der 
Archaeoceti, ich halte es aber nicht für nötig, näher darauf einzugehen, sondern will nur noch den 
interessanten Gehirnhöhlenausguß (S. 119, 120, Taf. II, Fig. 12 und 13) in Vergleich ziehen. 

Der von Proviverra, einer nahen jüngeren Verwandten von Sinopa aus dem Unteroligozän Frank- 
reichs (Filhol, 1877, S. 20 ff., Taf. I, Fig. 199—202, und Zittel, 1893, Fig. 498, S. 394), zeigt gewiß 
keinerlei Ähnlichkeit, denn das Gehirn ist offenbar viel höher entwickelt und das Kleinhirn ganz anders 
wie bei Zeuglodon, auch für den mitteleozänen Patriofelis gilt nach Wortmans (1894, S. 134) kurzer 
Beschreibung anscheinend dasselbe. 

Ein wenig mehr Vergleichspunkte bietet der Hirnhöhlenausguß des untereozänen Phenacodus 
brimaevus Cope (1883, S. 563 ff., Taf. I, II, Zittel, 1893, Fig. 151, S. 214) in der geringen Größe der 
Fossa cerebralis, der vertikalen Hinterwand und der Höhe der Fossa cerebellaris und dem ovalen Quer- 
schnitt des relativ großen Foramen magnum, aber in den offenbar kurzen dicken Lobi olfactorii, der 
Streckung des Großhirns und Kleinhirns und der starken Medianpartie des letzteren sowie in dem nicht 
nur median dicken knöchernen Tentorium sind bedeutungsvolle Unterschiede vorhanden. 

Nach Bruce (1883, S. 45) findet sich die starke Entwicklung des Medianteiles am Kleinhirn 
fossiler und nieder stehender rezenter Säugetiere, bei dem Hirnhöhlensteinkern von Megencephalon primaevum 
(Bruce, Taf. VII, Fig. 6), ist aber davon nichts zu sehen. Der halb so große Steinkern ist wie bei 
Zeuglodon Osiris kurz und sehr breit, weshalb ihn auch Bruce (l. c. S. 40) einem unbekannten wasser- 
bewohnenden Raubtiere zurechnete, in der Ausbildung des Großhirns und seiner Furchen und Wülste steht 
er aber auffällig hoch über dem von Zeuglodon, obwohl er aus dem Mitteleozän (Bridgerstufe Nord- 
amerikas) stammt. 

- Viel eher läßt sich der Steinkern der Hirnhöhle des untereozänen Amblypoden Coryphodon (Cope, 
1884, S. IIQZ und 1194, Fig. I2, 13) vergleichen, doch ist er im Verhältnis noch viel kleiner, fast schmaler 
als das Foramen magnum und läßt von oben sogar noch das Mittelhirn sehen. In der Seitenansicht ist 
die Ähnlichkeit am größten, aber auch hier sind in der Kürze und Dicke der Riechlobenhöhle und in der 
größeren sagittalen und geringeren vertikalen Ausdehnung sowie in ‘der schrägen Hinterwand der Fossa 
cerebellaris deutliche Unterschiede erkennbar und von oben sieht man, daß das Großhirn etwas länger und 
das Kleinhirn median viel stärker war. Die Beziehungen bestehen also wohl nur darin, daß das Hirn von 
Zeuglodon, wie von Phenacodus und besonders Coryphodon viele primitive Merkmale besaß. 

Darin scheinen mir auch die mancherlei Ähnlichkeiten im Gebiß, Schädel und übrigen Skelett der 
Archaeoceti und speziell des Protocetus mit den Creodonta begründet zu sein, wenn man- aber andere 
ebenso primitive trituberkuläre Monodelphier ansieht, wird man kaum weniger Vergleichspunkte finden. 
Auf solche, und zwar Landbewohner weisen ja nur zu viele Merkmale hin, ich verweise nur kurz auf die 
Tabelle Nr. I—6, 16—21, 23, 40, 42, 48, 54—58, 67, 69 und 86, 

Für eine direkte Abstammung von Didelphia liegen keine Anhaltspunkte vor — von Reptilia ganz 
zu schweigen — und nach allem liegt nahe, an Säugetiere zu denken, die den bekannten Creodonta am 
ähnlichsten sind, aber sie scheinen mir noch nicht gefunden zu sein. Vielleicht haben sie im Alteozän an 
den Küsten Äthiopiens gelebt, da wir von dort die meisten und primitivsten Archaeoceti kennen, und 
haben sich dort ihre ersten Anpassungen an das Wasserleben vollzogen, wie es ja nun auch für die Seekühe 
nicht unwahrscheinlich ist. 

Erst nachdem ich mein im vorigen Herbste vollendetes Manuskript abgesandt hatte und soeben 
während des Druckes erschienen Steinmanns (1907, S. 468, 469, 507, 509, 512—514 und 1908, S. 233—255) 
Ausführungen über die Wale und deren Reptilahnen; dank der Zuvorkommenheit der Herausgeber der 
Zeitschrift kann ich hier aber noch etwas darauf erwidern. Ich hatte in obiger Weise diese Frage nur ganz 
kurz abgetan, weil ich es nicht für möglich hielt, daß nach den vielen eingehenden Untersuchungen über 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 22 


270 Dr. Ernst Stromer. [65] 


Anpassung an bestimmte Lebensweise, speziell an das Wasserleben ganz äußerliche Konvergenzerscheinungen, 


wie sie die Wale und die meerbewohnenden Reptilien zeigen (Paquier, 1894, S. 18; Weber, 1887, Anm. I 
auf S. 157) so verkannt würden, wie es von Seite Steinmanns geschehen ist, 

Nachdem in dem vorzüglichen Handbuche Webers (1904, S. 552 ff.) die Endergebnisse seiner 
und Kükenthals ausgezeichneter vergleichend anatomischer und embryologischer Forschungen so klar 
und bequem zusammengestellt sich fanden, hätte für einen Paläontologen ein genaueres Studium der neuesten 
Arbeiten über fossile Zahnwale und Urwale, vor allem von Abel, E.Fraas und mir, solche Spekulationen 
wohl hintanhalten können, wie die Ableitung der Bartenwale von Thalattosuchia (= Pythonomorphau. s. W.), 
der Delphinidae von Ichthyosauria und der Physeteridae (und Archaeoceti) von Plesiosauria. Aber seine 
Reproduktion der alten unvollständigen und im Gebiß unrichtigen Figur des Zeuglodon-Schädels (1907, 
S. 469; 1908, S. 251)1), die Ignorierung meines Nachweises des Geruchsorgans (1903) und seine Be- 
hauptung (1908, S. 250), zeuglodonte Zähne kämen sonst bei Placentalia nicht vor, die allein beweist, 
-daß er die vielfachen Vergleiche der Zeuglodontidae und Squalodontidae (Phocodon, Phococetus) mit 


Phocidae nicht kennt, zeugen nicht gerade für solche Vertiefung in den kühn behandelten Stoff. 


Die Zahnformel primitiver Monodelphia, die landsäugetierartigen Nasenmuscheln und Gehörschnecke 
und die gut abgesetzten zwei Hinterhauptgelenke der Archaeoceti, die Beschaffenheit der Hals- und Brustwirbel 
von Protocetus, die Antiklinie bei allen Archaeoceti und den gestreckten Oberarm mit Ellbogengelenk hätte er 
schon aus Joh. Müllers (1849, 1851), E. Fraas’ (1904) und meiner Abhandlung (1903) ersehen können und 
so nicht die Behauptung aufstellen dürfen (1908, S. 251), die Archaeoceti paßsten in die Stammreihe zwischen 
Physeteridae und Plesiosauria. Auf seine Ausführungen über die Hand gehe ich nicht ein, weil ich kein 
Material habe. Sie sollnach Joh. Müller (1851, S. 246) und Lucas (1901, S. 331) bei Zeuglodon Otaria- 
ähnlich sein, was gewiß so wenig wie der gestreckte Unterarm zu Steinmanns Theorie paßt. 


Wenn er (1908, S. 235) ferner sagt, neuerdings sei bei Walen und Meersauriern eine Überein- 
stimmung in den Gehörknochen gefunden, so spielt er damit wohl auf Dollo (1907) an. Aber dieser ist 
ein viel zu guter Kenner der Wirbeltiere, um nicht bei dem Vergleich des Gehörs der Wale mit jenem 
des /chthyosaurus und des Pythonomorphen Plioplatecarpus ausdrücklich das Wort »Konvergenz« zu ge- 
brauchen; denn von einer Übereinstimmung ist gar keine Rede, wie ein auch nur flüchtiger Blick in seine 
Notizen und die Abhandlungen von Beauregard (1893, 1894) oder Kampen (1905) zeigt, sondern 
nur von gewissen Konvergenzerscheinungen »infolge tauchender Lebensweise«. 

Steinmanns wiederholte Bemerkung (1907), daß die Vorfahren der Wale »gewaltige Tiere«, 
‚riesige oder wenigstens ansehnliche Tiere« gewesen sein müßten, widerspricht den immer wieder be- 
stätigten Befunden (u.a. Stromer, 1905, S. 128), daß die älteren primitiven Säugetiere kleiner waren als 
ihre Nachkommen, ein Gesetz, dessen Geltung auch für die Archaeoceti ich ja hier (S. 149 ff.) zeigen 
konnte. Auch war ja Protocetus trotz seines langen Schädels wohl nur wenig über 1!/, m ohne Schwanz 
lang, 
oder den Mastodontidae geht das Größenwachstum manchmal sehr rasch voran und nichts hindert, mittel- nicht 
nur fuchsgrofße primitive Monodelphier des Untereozäns als Ahnen des Protocetidae anzunehmen. 


also kein mitteleozäner Riese. In genauer bekannten Säugetierstammreihen wie z. B. bei Zophiodon 


Unverständlich angesichts seiner im ganzen richtigen Angaben (1907, S. 468, 469) über die 
geologische Verbreitung der Wale sind die neuestens (1908, S. 233) allerdings ein wenig abgeschwächten 
Behauptungen (1907, S. 507 und 509), die Wale stünden schon »zu Beginn der Tertiärzeit als gefestigte 
Formengruppe« und »ebenso scharf von den übrigen Säugetieren abgesondert wie später« vor uns. Man fand 
doch Mysticeti und typische Denticeti fossil nur im Pliozän und Miozän, bloß Agorophius und dürftige 
Reste von Squalodontidae im Alttertiär, Microzeuglodon, die Zeuglodontidae und neuerdings auch die 
Protocetidae im Eozän, aber alle eozänen Formen sind doch keine typischen Wale, sondern primitiven 
Landsäugetieren im Gebifß, Schädel und in vielen Skeletteilen viel ähnlicher als solche. Endlich entdeckte man 


!) Die ohne Beschreibung von Veatsch (1906, S. 39, Taf. XXI) gegebene Figur des rekonstruierten Schädels und 
der Kiefer von Z. cetoides ist auch in manchem unrichtig, so in den M., dem Seiteneck des Frontale und im Vorderrand 
des Proc, coronoideus. 


[66] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 10//T 


bisher im älteren Eozän überhaupt keine Reste von Seesäugetieren oder gar von Formen, die jene mit den 
hochdifferenzierten Meerreptilien verbänden. 

In Ägypten ist das Alteozän durch die ziemlich reinen 300—400 m mächtigen Kalksteine der libyschen 
Stufe, das Mitteleozän durch die I20—180 m mächtigen, ebenfalls reinen Nummulitenkalke der unteren 
Mokattamstufe vertreten, in deren Basis die primitivsten und ältesten bisher bekannten Seesäugetiere, 
Protocetus und Seekühe, vorkommen. Solche Kalke dürften einen sehr langen Zeitraum repräsentieren, wie 
überhaupt die Eozänzeit, und zwar besonders infolge der Ausdehnung ihres älteren Abschnittes, länger als 
die übrigen Tertiärzeitabteilungen sein wird. Es sei dies deshalb betont, weil immer wieder in stammes- 
geschichtlichen Betrachtungen, so besonders auch in den sonst so vorzüglichen Transformations du monde 
animal von Dep&ret (1907) die Formationen und zum Teil auch ihre Stufen wie in den gewöhnlichen Ta- 
bellen als gleich langen Zeiträumen entsprechend angenommen werden und weil man dabei natürlich zu ganz 
falschen Schlüssen über die verschiedene Schnelligkeit der Entwicklung und der Lebensdauer der Tier- 
stämme gelangt. 

Falls man annimmt, daß die Cefacea von amphibischen und in letzter Linie landbewohnenden 
Säugetieren stammen, sei an meine Bemerkungen in den Monatsberichten der Zeitschrift der Deutschen 
Geologischen Gesellschaft von 1903 (S. 61, 62) erinnert, daß man nur aus Europa, Nordamerika und dem 
südlichen Südamerika!) und aus Ägypten alttertiäre Landfaunen kennt. Über diejenigen Asiens, Äthiopiens, 
Madagaskars, des nördlichen Südamerika, Australiens, der Polarländer und der jetzt im Meere versenkten 
damaligen Inseln und Festlandsteile wissen wir noch nichts und mit den Landfaunen der Kreide und Jura- 
formation sind wir noch viel weniger vertraut als mit den alttertiären.?) Aus diesen großen Lücken unserer 
Kenntnisse und mit Wanderungen und der allmählichen Ausbreitung von noch unbekannten Entstehungs- 
zentren aus erklärt sich völlig ungezwungen, was Steinmann so auffällig erscheint, das unvermittelte 
Auftreten verschiedener Säugetiergruppen im Tertiär der wenigen schon besser bekannten Gebiete. 

Ich glaube im Hinblick auf meine vorhergehenden und folgenden Ausführungen über die Archaeoceti 
und ihr Verhältnis zu anderen Säugetieren ein weiteres Eingehen auf Steinmanns Anschauungen nicht 
nötig zu haben, und von seiner Tabelle (1907, S. 513; 1908, S. 237), die ja mehr sein soll als eine Gegen- 
überstellung zum Teil ganz äußerlicher Merkmale, wie z. B. Rundung des Hinterhauptes, will ich lieber 
schweigen. Ich hielt es aber geradezu für meine Pflicht, hier ihm unumwunden und scharf entgegenzutreten 
und möchte zum Schluß nur dem Bedauern Ausdruck geben, daß ein Gelehrter und Lehrer von seinem 
Rufe in einem für Anfänger bestimmten Lehrbuche solche Hypothesen mit derartigen Begründungen ver- 


breitete, wie seine Stammesgeschichte der Ceiacea. 


5. Bemerkungen über die Nachkommen der Archaeoceti. 


Da ich schon (S. 167) ausführte, daß die Archaeoceti Cetaceen sind, kann es sich hier nur darum 
handeln festzustellen, welche Stellung sie gegenüber den Denticeti und Mysticeti einnehmen. Die Frage 
nach deren Zusammenhang und Vorfahren ist nun schon vielfach erörtert?) und in mancher Hinsicht ja 
auch geklärt, aber meines Erachtens ist sie so lange nicht zu erledigen, als nicht einerseits reichlichere 
fossile Reste von Mysticeti beschrieben sind, anderseits eine Revision aller Reste von Squalodontidae 
und eine Darstellung von deren Skelettbau vorgenommen ist. Deshalb und um meine Abhandlung nicht 
zu sehr auszudehnen, will ich nur einige mir wichtig erscheinende Punkte hervorheben, um eine künftige 
diesbezügliche Arbeit zu erleichtern. 

Es gilt zunächst als feststehend, daß beide Unterordnungen sich seit längerer Zeit getrennt ent- 
wickelten (Weber, 1886, S. 201 ff., 1904, S. 580, 584; Kükenthal, 1891, S. 384 fi.; Paquier, 1894, 
S. 19, 20; Stromer, 1903, S. 97), doch glaube ich wie Weber, daß sie von gemeinsamen Vorfahren ab- 


!) Es dürfte jetzt feststehen, daß die Notostylops- und Pyrotherium-Stufe Patagoniens in das Alttertiär gehören. 

2) Auch über das marine Alttertiär der Südhemisphäre, der Polarländer und der pazifischen Küstengebiete sind 
wir noch recht ungenügend unterrichtet. 

3) Die älteren Ansichten hat Weber (1S86, S. 210 ff.) übersichtlich zusammengestellt und besprochen; danach 
hatte Marsh, 1877, zuerst die Cetacea durch Zeuglodon von primitiven Carnivora (also Creodonta) abstammen lassen. 


22* 


172 Dr. Ernst Stromer. [67] 


stammen. Für die Denticeti hat nun Abel (1905 a, 1905 b) in sehr geschickter Weise mehrere Stammreihen 
konstruiert, wobei er die hier beschriebenen Archaeoceti ausschaltete und auf das oben (S. 139) besprochene 
Microzeuglodon als älteste Form zurückging und für die Delphiniden sogar noch eine andere unbekannte 
Stammform forderte. 

Was die zur Beurteilung der Frage besonders wichtige Zahnentwicklung anbelangt, so hatte 
Kükenthal bekanntlich die Theorie von der Entstehung mehrspitziger Säugetierzähne durch Verschmelzung 
einfacher aufgestellt, die durch Röse erweitert viel Anklang fand, obwohl er doch von Befunden bei 
Formen ausging, bei welchen das Gebiß entschieden in Reduktion begriffen war, wobei also von vornherein 
Variationen und Besonderheiten wie bei allen funktionslos werdenden Organen zu erwarten waren 
(siehe S. 152!). Diese Theorie ist jetzt durch zahlreiche paläontologische Befunde (siehe auch S. 152 und 
168!) ganz unwahrscheinlich gemacht und wird endlich auch von Embryologen so ziemlich aufgegeben (De- 
pendorf, 1907), 

Seine damit im Zusammenhang: stehende Theorie (1893, S. 421 und 437), die Polyodontie sei durch 
Zerfall mehrspitziger Zähne entstanden, wird nun ebenfalls in ihrer Bedeutung so eingeschränkt (Abel, 1905, 
S. 3I, 1905 a, S. 88; Dependorf, 1907, S. 559—561), daß man auch nur von Ausnahmen sprechen 
kann. Wie Abel]. c. zeigte, daß bei den Zahnwalen eine Verschmelzung von Wurzeln und Vereinfachung 
von Zahnkronen eine große Rolle spiele, so wies ja ich es für den P. ı der Zeuglodontidae nach und machte 
es für die P. und M. von Kekenodon wahrscheinlich (S. 152). 

Auch der Gedanke, daß Kieferstreckung und Verkürzung die Vermehrung oder Verminderung 
der Zahnzahl bedinge, ist wohl aufzugeben (Stromer, 1903, S. 98 und hier S. 152, und Dependorf, 
1907, S. 567 gegen Abel, 1905, S. 33), haben ja doch die langschnauzigen Protocetidae noch die primitive 
Zahnzahl der Monodelphier. 

Endlich suchte ich (1903, S. 99) zu zeigen, daß zur Erklärung der Polyodontie der Squalodontidae 
gegenüber Zeuglodon weder die J. noch die M. in Betracht kämen, sondern nur die dazwischen liegenden 
Zähne, und genau dasselbe hat dann Abel (1905, S. 31, 1905 a, S.87) in etwas anderer, aber sehr über- 
zeugender Weise für die Sgualodontidae selbst nachgewiesen. Ich kam dabei jetzt (S. 152) zu dem Resultat, daß 
bei den Archaeoceti eine Reduktion des Gebisses speziell derM. stattfinde, wiees Abel. c. für die Sgualodontidae 
ausgeführt hatte, nur daß er für sie drei obere und zwei untere M. annahm, also umgekehrt wie bei Zeuglodon. 

Für die Archaeoceti glaube ich jetzt (S. 149—160) bewiesen zu haben, daß schon Protocetws 
Merkmale eines Wales zeigt und daß bei den folgenden Umwandlungen zwar eine Reihe primitiver 
Organisationsverhältnisse erhalten bleiben, aber Differenzierungen eintreten, die fast alle auf eine größere 
Annäherung an den Waltypus hinauslaufen. Jedoch nur sehr wenige, wie die Ausbildung der mit der Tuba 
Eustachii zusammenhängenden Teile (S. 154 und 155) der Zeuglodontidae, weisen auf Bartenwale hin. 
Wenn sonst größere Ähnlichkeit mit ihnen besteht, so muß ich, wie schon 1903, S. 97, darauf hinweisen, 
daß sie zwar in der Bildung der Barten und damit der Unterkiefer sowie im Bau des Brustkorbes stärker, 
sonst aber weniger als die Zahnwale spezialisiert sind. Ich halte also für wahrscheinlich, daß die Barten- 
wale sich schon vor Profocetus von dem gemeinsamen Stamme abzweigten und in manchem sich weniger 
stark umwandelten als die eng zusammenhängenden späteren Archaeoceti und Denticeti. 

Die vielfache Übereinstimmung letzterer, die ich bis in solche Einzelheiten wie im Bau des Gehör- 
organs (S. 154 ff.) nachweisen konnte, die Ähnlichkeit im vorderen Teile des Zwischenkiefers und im 
Gebif mit Squalodontidae, die mannigfachen Beziehungen zu Platanistidae, die doch in vielem die 
primitivsten der jetzigen Zahnwale sind (siehe die Tabelle S. 158—ı162!) und den Umstand, dafß die erste 
Dentition bei Zeuglodon sehr lang, bei den rezenten Denticeti nach Kükenthals hochwichtigen Befunden 
(1893, S. 420) allein funktioniert, kann man doch nicht mit Konvergenz, sondern nur mit direkter naher 
Verwandtschaft erklären. Ich komme also auf Grund viel reicheren Materials zu den Anschauungen von 
Dames (1894, S. 210—219), doch halte ich nur Denziceti und Archaeoceti getrennt, da die Squalodontidae 
(Squalodon Grateloup, Prosgualodon Lydekker,!) Neosqgualodon del Piaz, Microsqualodon Abel etc.) jetzt 
den ersteren durch Übergänge ganz verbunden und ihnen einzureihen sind. 


') Sollte nach seiner Organisation und seinem geologischen Alter eher Postsgualodon heißen. 


[68] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 173 


Wenn Abel (1905, S. 24, 1905 a, S. 85) die gedrängte Stellung der hinteren Backenzähne von 
Zeuglodon sehr betont, so führt er selbst (l. c. S. 29 resp. 87) an, daß sie auch bei einigen Squalodon- 
Arten vorkommt undich fand sie bei einem Exemplar von Z. Isis St. 9, Taf. III, Fig. 9, nicht so ausgeprägt 
wie sonst; es ist also darauf kaum viel Wert zu legen. Wenn ferner Fraas (1905, S. 386) und er (1905 b, 
S. 383) das rasche Anwachsen der Körpergröße der Archaeoceti, das ich nun oben (S. 149 ff.) im einzelnen 
verfolgte, als einen Beweis anführte, daß sie nicht die Vorfahren der öfters kleineren Zahnwale sein 
könnten, so kann ich das nur für die bekannten Archaeoceti annehmen. Schon früher (1903, S. 99, Anm. I) 
sprach ich mich ja dafür aus, daß die Riesenformen keine Nachkommen hinterließen und habe dann (1905, 
S. 124—130) mich noch speziell über die Gründe des Aussterbens solcher Riesensäugetiere verbreitet. 
Aber wir müssen, wie ich schon (S. 149) betonte, erwarten, dafs noch weitere Archaeoceti gefunden werden, 
speziell auch Verwandte von Protocetus und nichts hindert anzunehmen, daß auch kleine Formen 
darunter sind, ja wir müssen sogar voraussetzen, daß es noch etwas primitivere kleinere Vorläufer gab, die 
aber auch schon Archaeoceti waren. Es wäre doch ein geradezu erstaunlicher Zufall, wenn man in der 
einen ersten Protocetus-Art den direkten Ahnen der Archaeoceti und Denticeti gefunden hätte! Übrigens 
läßt sich Abels Ansicht, der vor kurzem noch Zeuglodon an die Basis der Zahnwalstammes_ stellte (1902, 
S. 39), insofern mit der hier vertretenen vereinen, als er (1905, S. 34) meinte, die Denticeti stammten 
auch von Protocetus-artigen aber kleineren Formen. 

Geht man von dieser mitteleozänen Gattung aus, so fallen manche Differenzierungen weg, wie die 
große Fossa pterygoidea und die Reduktion des M. 3 und der dritten Zahnwurzel in der zweiten Dentition, 
vielleicht auch die eigentümliche Form der Fossa cerebellaris und die frühe Reduktion der Dornfortsätze 
des Schwanzes, die alle zu Zahnwalen nicht passen — manche Squalodontidae haben ja noch dreiwurzelige 
Zähne, auch sollen sie nach Abel oben 3 M. haben. Es gilt dann noch mehr als für Zeuglodon, was 
ich (1903, S. 99) ausführte, daß fast alle wichtigen Unterschiede von Denticeti primitive Merkmale sind, 
die auf monodelphe Landsäugetiere hinweisen, und es steht das sehr gut mit der Theorie in Einklang, die 
seit Webers (1886, S. 179 ff.) klaren Ausführungen zu allgemeiner Annahme gelangte, daß die Zahnwale 
von solchen abstammen. Ob aber Microzeuglodon eine vermittelnde Rolle zwischen den Squalodontidae 
und den Protocetus-artigen kleinen Archaeoceti spielte, läßt sich leider deshalb nicht sagen, weil gerade 
zwischen ihm und Protocetus mangels vergleichbarer Skelettreste nichts entschieden werden kann. 

Da natürlich alle meine Hinweise auf Ähnlichkeiten der Archaeoceti mit verschiedenen rezenten 
mehr oder minder differenzierten Zahnwahlen nicht genügen, um die Annahme einer direkten Abstammung 
zu begründen, möchte ich doch betonen, daß trotz mangelhafter Kenntnis des Baues der fossilen Formen 
schon eine Zahl von größeren Übereinstimmungen der Urwale mit ihnen als mit rezenten sich ergibt. 

Ich erwähne die vorragenden Prämaxillae und das Gebiß der Sywalodontidae, die S. 154, Anm. 2, be- 
sprochene Bulla von Leognan, die Größe der Bulla bei dem Original von Squwalodon bariense Jourdan, die ein 
wenig vorragenden Nasalia von Prosqualodon und Argyrocetus (Lydekker, 1893, S.9 und Io), das Fo- 
ramen obligquum im Atlas von Heterodelphis (S. 163, Nr. 50) und anderen verwandten Formen, die Wirbel 
des Squalodon Erlichüi vw. Bened. von Linz (1903, S. 86) und die noch getrennten Tubercula sowie die 
lange Crista deltoidea des Humerus von Heterodelphis u. s. w. (S. 166, Nr. 77, 78.)') 

- Sehr wichtig ist insbesondere der Schädel des unteroligozänen Agorophius (Zeuglodon) Pygmaeus 
Joh. Müller, den True (1907, S. 6, 7) wie schon Leidy, (1869, S. 421) wohl mit Recht in die Nähe solcher 
Formen, wie des eben genannten Squalodon Erlichü stellte. Wie dieses in seinen Wirbeln, so zeigt der 
viel ältere Zahnwal eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Urwalen in der Weite der Schläfengruben, der 
offenbar nicht sehr nach hinten gerückten Nasenöffnung und in dem deutlichen von Parietalia gebildeten 
Schädelbalken. In dessen Kürze und Breite und in dem schon S. 147 erwähnten Beginn der Überschiebung 
der Knochen erweist er sich aber als viel höher differenziert als die bekannten Archaeoceti. Weniger Wert 


1) Auch die deutlichere Entwicklung und das Vorragen der Lobi olfactorii des obermiozänen Cyrtodelphis 
sulcatus (Piaz, 1905, S. 268, Taf. VIII, Fig. 2 a) wäre hier zu erwähnen, aber er weicht wie Platanista (Anderson, 
1878, S. 462 ff.) durch größere Streckung der Großhirnhemisphären von Zeug/odon und der Norm der Zahnwale ab, wie 
auch seine Halswirbel selbst gegenüber Protocetus lang zu sein scheinen. 


174 Dr. Ernst Stromer. [69] 


möchte ich dabei auf die Form des einzigen erhaltenen Zackenzahnes legen, da er sich weit vorn befand 
und ja auch bei Zeuglodon der P. ı schon in Reduktion begriffen ist. 

Daß die Unterschiede des Schädels selbst eines Platanistiden oder Squalodontiden von dem der 
Archaeoceti groß sind und durch ihn noch nicht genügend überbrückt werden, gebe ich natürlich zu. Ich 
zeigte ja (1905, S. 101) selbst, daß bei Squalodon die Knochen genau so stark übereinander geschoben 
sind wie bei hoch differenzierten Zahnwalen und daß es schon im oberen Untermiozän asymmetrische 
Zahnwalschädel gab.!) Es müfste also in relativ kurzer Zeit eine starke Umwandlung stattgefunden haben. 
Wenn ich nun auch der Hypothese einer explosiven Entwicklung höchst skeptisch gegenüberstehe und 
glaube, daß die dafür angeführten Beispiele von Wirbeltieren sich auch aus der unvollkommenen Kenntnis 
von deren Vorläufern und ihren Wanderungen erklären lassen, möchte ich hiezu doch darauf hinweisen, 
daß sich z. B. aus dem primitiven Schädel des obereozänen Moeritherium über den des unteroligozänen 
Palaeomastodon der im oberen Untermiozän ?) schon fertige Mastodon-Schädel entwickelt haben soll, daß 
man also hier wie mehrfach starke Umformungen in relativ kurzer Zeit annimmt. 

Bei oberflächlichem Vergleiche auch primitiverer Zahnwalschädel mit dem der Archaeoceti überraschen 
endlich zwar die großen Unterschiede. Man mufß aber überlegen, was bei ersteren offenbare Spezialisierung 
ist und wie ein primitiver Zahnwalschädel ausgesehen haben muß, bei dem das Hirn noch klein, die Kau- 
muskeln stärker, also die Schläfengruben sehr weit und von Cristae umgeben waren, bei dem die Nasen- 
gänge noch nicht nach oben gedreht und noch von langen Nasalia überdacht und mit Riechmuscheln und 
Nebenhöhlen ausgestattet waren und bei welchem endlich das Oceipitale superius noch nicht sehr vergrößert 
und vorgeneigt und die Prämaxillae, Maxillae und Frontalia noch nicht nach hinten übereinandergeschoben, 
die Parietalia also noch nicht verkleinert und auf die Seite gedrängt waren. So wird man über einen 
Agorophius-ähnlichen Schädel zu einem Protocetus-artigen gelangen. 

Fraas’ (1904, S. 207, 208) Einwände, daß das große Squamosum und Palatinum und das Petrosum 
der Archaeoceti einer direkten Verwandtschaft mit Denticeti widersprächen, sind durch den Hinweis aut 
Platanista, wo das Petrosum sich wie bei jenen verhält und das Squamosum noch groß ist, und auf 
primitive Säuger, z. B. Creodonta, wo erstere beide Knochen noch groß sind, einigermaßen zu entkräften, 
Aber die Palatina der Archaeoceti scheinen mir in der Tat gegenüber primitiven stark verlängert zu sein, 
während sie bei Denticeti — bei FPhocaena allerdings nicht so sehr — verkürzt sind. Ob dieser Umstand 
genügt, die ganze Unterordnung der Archaeoceti aus dem Stammbaum der Denticeti auszuschalten, lasse 
ich dahingestellt, da ich hier ja nur Material zu eingehenderer, künftiger Untersuchung geben will. 

Ich halte also einstweilen für geboten, die Zeuglodontidae für eine ähnliche Parallelreihe der 
Denticeti anzusehen, wie sie neuerdings innerhalb vieler engerer Säugetierabteilungen nachgewiesen wurden. 
Sie hatten schon im Obereozän ihre Blütezeit unter Entwicklung von Riesenformen, während die anderen 
fast gleichartig, aber viel weiter sich differenzierend. langsamer sich entwickelten und wieder in mehrere 
Zweige auseinandergingen, die auch in vieler Beziehung einander parallel fortliefen. In diesem Sinne also 
nehme ich wie Weber (1886, S.243) Zeuglodon als »einen verunglückten Versuch, Cetaceen herauszubilden, «3) 
halte aber für noch nicht bewiesen, daß alle Archaeoceti so aufzufassen wären. 


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) Die von Lydekker (1893) beschriebenen Denticeti der patagonischen Stufe hatle ich für gleichaltrig, sicher 
nicht für älter. 

®) Gegenüber Schlossers Kritik (Neues Jahrbuch für Miner., 1907, I, S. 297) meiner Ansicht (1905, S. 106), 
daf® Mastodon in Nordafrika schon im Untermiozän auftrete, muß ich daran festhalten, daß es in der Libyschen Wüste 
(Moghara und Uadi Faregh) in Schichten gefunden ist, die denen von Eggenburg bei Wien (Burdigalien) entsprechen. 


®) Weber spricht sich neuerdings (1904, S. 581) ebenso wie Andrews (1906, S. 235) nicht so ablehnend aus 


[70] Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 175 


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Anmerkung zu den Tafelerklärungen. 


Zu Taf. IV (I), Fig. 1. Das unbekannte Becken befand sich an dem siebenten Wirbel hinter dem Brustkorb. 
Zu Taf. V (II), Fig. 3. Der Symphysenrand des rechten Astes ist im Druck nicht ganz scharf wiedergegeben, 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 23 


Inhalts-Übersicht. 


I. Vorkommen und Einzelbeschreibung der Reste 
Vorkommen 
Protocetus atavus 
Eocetus Schweinfurthi . 

Zeuglodon Osiris 
A. Gebiß 
B. Unterkiefer und een 6 
C. Schädel 
D. Wirbelsäule ao 
E. Rippen und Brustbein . 
F. Vordergliedmaßen 
Zeuglodon Zitteli 
Zeuglodon Isis 

Gebiß B 

. Unterkiefer und Zungenbain : 

. Schädel . 

. Wirbelsäule ER 

. Rippen und Brustbein . 

. Vordergliedmaßen . 
Zeuglodon cfr. brachyspondylus . 
Prozeuglodon atrox . 

Maßtabellen 

II. Allgemeines 


yuboaben 


Die Böstchungnn de versehiedenen Archuedeeh: ende 6 


. Die zoologische Stellung der Archaeoceti . 

. Bemerkungen über die Vorfahren der Archaeoceti 

. Bemerkungen über die Nachkommen der Archaeoceti . 
. Literaturverzeichnis . 


[o „uL® „ Barl SSH OS Ye Se) 


. Vergleichend anatomische und physiologische Bemerkungen über die en B 


Seite 

. IO6— 141 

106—107 
. 108—109 
. 1[09—1IO 
. IIO—125 
. III—113 
. 114 
. 114— 120 
. 120—124 
. 124 
. 124—125 
. 125—128 
. 128-136 
. 129—130 
. 130 
. I[30—13I 
. 131I—134 
. 134—135 
. 135—136 
. 136 
. 136—138 
. 139—I4I 
. 14I—177 
. 141I—153 
215157] 
. 1[57—168 
. 168— 171 
. 171—174 


. 174—177 


TARBEIV GO): 


Dr. Ernst Stromer: Die Archaeoceti des ägyptischen Eozäns. 


TAFEL IV (). 


Alle Figuren sämtlicher Tafeln sind ohne Spiegel in Y, der natürlichen Größe gezeichnet, nur Fig. I in !/ der 


natürlichen Größe. Schädel und Unterkiefer von Zeuglodon Osiris Dames sind nach dem noch nicht ganz ausge- 


wachsenen Exemplar Mn. 9 gezeichnet, aber ergänzt und nur in einer Figur ist das Gebiß in der Beschaffenheit wie 


bei Mn. 9, nämlich im Zahnwechsel gezeichnet. 


Fig. 


- 


D 


2 


Tafel I enthält nur Teile von Zeuglodon Osiris Dames. 


Rekonstruktion des Skeletts, vor allem nach Mn.9 und St. ıı in !/, nat. Gr. Ergänzt sind mehrere Brustwirbel 
und Rippen, der erste Lendenwirbel und die Chevrons der Schwanzwirbel. Die Lage des hinteren Brustbein- 
stückes ist unsicher, die des vorderen wohl zu hoch angenommen und die drei ersten V. c. zu lang. Die Band- 
scheiben zwischen den Wirbeln sind so groß wie bei Walen angenommen. Das lange hintere Schwanzende 
und die Vorderflosse, sowie der mittlere Teil des Brustbeines sind weggelassen . . . .  pag. IIO-125 
Zeuglodon Osiris Dames. Obereozän (Sagha-Stufe), Fajüm. Schädel und Unterkiefer Mn. 9 ergänzt von der 
SUB 0 00 0 Sr: En ne 
Schädel Mn. 9 aber von eben Sa: are 6 > jo N ah, 
Schädel Mn.g ergänzt von hinten, die eiterehfle der See eben Sun von binten sichtbar, sind 
weggelassen er ö RE ara a TO 
Ergänztes Hinterende des ale Unterkierens Tin OSv.o na Innen Er nr oe 
Umriß. des hintersten unteren Milchbackenzahnese Mn. 97 Er EEE SE a Saar" 
Krone des vordersten rechten oberen Milchbackenzahnes Fr. I von außen . . . 2. 2.2.2... pag. II3 
Epistropheus@Mn%9EvionShinten sr Sup. Geer Zee SB SEE Sr Ser Bose, BEE SE Se Eee Ze ee ee Se es a PETE] 
Atlas von Mn. 9 ergänzt von oben. . . re rn je 120 
Vorderer Brustwirbel (V. th. v.) Mn. 9 ohne Bephysen w von inke ae ra) 
Mittlerer Brustlendenwirbel (V.th.1.) Mn. 9 mit ergänzten Epiphysen und Da von Malte 0 ar 2 
Tk-lalswinbel@ MnYorohnesEpiphyisenvonEvornEr Er Er EEE. De Ser Sr Be Se er Se a 21T 
6 Halswirbe lan Wo Ry on Sy or er ee Er Er Se SE BEE Eee BE ee E19 22220 
Derselbe wie Fig. 13 von links. . . pag. 121 
Längster (4.) Lendenwirbel (V.1.) St. IT, Ras es Se Stufe, Do Bhclon der  Ouertorease und des herab- 
gedrückten rechten Processus obligquomammillaris abgebrochen, Körper schräg verdrückt, von oben. . pag. I22 
Vorderer Schwanzwirbel (V. cd.), St. II, II. Wirbel derselben Reihe wie der vierte Fig. 15, . Querfortsätze 
lädiert, linker Proc. obliquomammillaris abgebrochen, von vom . . . 2. 2 2.2 2 2.0.2...  pag. 122 
DerselbesWirbelswies Ei 0% 10,,v,00gob en Gr Er EEE Er EEE ES SE Er 2 1 


E. Stromer, Archacoceti des ägyptischen Eocän. 
Taf. IV. (I.) 


Kunstanstalt Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns und des Orients. Bd. XXI. 1908. 


Verlag v. Wilhelm Braumüller, k. u. k, Hof- u, Universitäts-Buchhändler in Wien. 


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u 2 


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TAFEL V (I). 


Dr. Ernst Stromer: Die Archaeoceti des ägyptischen BPozäns. 


Fig. 


ug 0q ua’ ua 


= 


D 


Ru oauınW 


“ 
N) 


g. 12. 


TAFEL V (ll). 


Zeuglodon Osiris Dames. Schädel Mn. 9, ergänzt von unten. . . 2. 2 2 2 en... Pag. IIO ff. 
Zeuglodon Osiris Dames. Isolierte linke Bulla St. 13, Birket el Kerun-Stufe, von außen. Hinten oben 
lädiert > al en Se sun. 1 a re a ER Eee Be Er er > ETETS 
Zeuglodon Osiris Dames. Unterkiefer Mn. 9 von oben, Gebiß im Wechsel begriffen . . . .pag. III, II4 
Zeuglodon Osiris Dames. Rechtes Schulterblatt Mn. 9 von außen (Acromion herabgedrückt) . . pag. 124 
Zeuglodon Osiris Dames. Rechter Humerus Mn. 9, Schaft von außen. . . 2. 2 2.2.2... pag. 124 
Derselbe. Isolierter Kopf von oben. . . dr er 2A 
Zeuglodon ? Zitteli Stromer. Rechter Buck St. 14, Vadi aan, von obar ee. 10a: TE 
Derselbe Humerus St. 14 wie Big. 7) von hinten 1. Er Era 
Derselbe Humerus wie Fig. 7 und S von außen . . . : © en 
Zeuglodon aff. Osiris Dames. Isolierter rechter Radius St. 13, Ka es Si, Ende untere Epiphyse 
von innen 0.0 e Er: a oo ara a a. %. DAR, 125 
Derselbe, oberes Gelenk von oben See, > 02.0 pasm-a125 


Zeuglodon Osiris Dames. Schädel St. 3, Kar es en Stufe des a mit Milchgebiß von oben, rechts 
sind durch Abpräparieren des Knochens die Steinkerne der Nasen- und Hirnhöhle und einiger Kanäle frei- 
gelegt. a Apertura pyriformis, b For. infraorbitale, Vorderende des Steinkernes des Canalis infraorbitalis, 
c Foramen lacrymale, Hinterende des Steinkernes des Canalis lacrymalis, der in der Mitte unterbrochen zur 
Seite des Steinkernes d der Nasenhöhle zieht, e Steinkern des Sinus maxillaris der Nasenhöhle, f des Sinus 
frontalis, g Steinkern des Innenraumes des rechten Nasoturbinale, h des Bulbus olfactorius, ö des Pedunculus 
olfactorius, & Rest des Frontale oberhalb der Orbita, 7 Steinkern der Orbita, m der Furche des Nervus opticus 
die hinten in den langen Kanal sich fortsetzt, n der Fissura sphenorbitalis, o des Raumes für die Großhirn- 
hemisphäre, ö für die Kleinhirnhemisphäre, g des Foramen magnum, r Gesteinswulst vorn unter dem rechten 
Condylus oceipitalis, der beseitigt ist, s lädierter linker Condylus . . . . ee N 
Zeuglodon Osiris Dames. Der Schädel St. 3 Fig. I2 von rechts, Steinkern and Dich der rechten Orbita ent- 
fernt. Die Buchstaben wie in Fig. 12, nur c, Vorderende des Steinkernes des Canalis lacrymalis, »n, Steinkern 
des Canalis opticus, ? der Rückseite des Hirnhöhlenraumes, z des Sinus sphenoidalis der Nasenhöhle, v des 
For. sphenopalatinum, w des Nasen-Gaumenganges, rechter Pd. 2und Pd. 3, linker Pd. I und Cd. pag. 113, 118, 121 
Zeuglodon aff. Osiris Dames. Isolierte rechte Ulna St. 13a, Kasr es Sagha-Stufe, unten und oben angewittert, 


unter dem Gelenk seitlich plattgequetscht, von vorn . . a ee 12, 
Zeuglodon Zitteli Stromer. Linkes Schulterblatt St. 4, a. es ee „Stufe, Acomıon verdrückt, von 
ZUNenwEr 6 Hase) 
Zeuglodon ? Zitteli Stromen Ren Radius St. 14, zu dem. ira Ee 79  echonel Vorderried lädiert, 
von hinten . . Eee 20: © BES 126 
Derselbe Radius St. 14 wie ie 0 won Em 5» Oo 5 88 0 « 2128 
© Derselbe Radius St. 14 wie Rio. 16, undar7,, von‘ außen 1203 
Derselbe Radius St. 14 wie Fig. 16—18 von oben . . . ; ; .. . Pag. 128 
Protocetus atavus E. Fraas. Unterster Mokattam bei Kalte, tsolierter piskonnere st. 2» Queen und 
Körperunterseite zerbrochen . . er u 20 je, 10D) 


Protocetus atavus E. Fraas. Utanier Mokata bei Kate, ae Bulla Hi, 2 von oben. Der Proc. posterior 
und der Proc. sigmoideus des Aufsenrandes ist abgebrochen, der Proc. tubarius vor und der Proc. medius hinter 


letzterem gut erhalten. . . ro. DE: 108 
Zeuglodon Osiris Dames. rasen Verdesiick (Manubriun) N: OR ae 5 55 En © pa aa 
Zeuglodon Osiris Dames. Brustbein, isoliertes hinterstes Stück St. 13 von unten . . . . . .  pag. I24 
Zeuglodon Osiris Dames. Vordere linke Rippe Mn.9 von innen und Querschnitt von deren Unter- 
ende = = u wa le re a ee. Ber. a Er er 212881071) 
Zeuglodon Osiris Dames. Hintere linke Rippe Mn.9 voninnen . . . 2. 2. 2 2 2020... pag. 124 
Zeuglodon aff. Osiris Dames. Dieselbe Ulna St. 13 a) Fig. 14, von außen . . . . pag. 125 


Zeuglodon cfr. brachyspondylus Joh. Müller. Isolierter mittlerer Brustlendensserit (V. th, 1) Mn. 19, un- 
gefähr der V. th. 1. Taf. I, Fig. ıı, und Taf. III, Fig. 7, 14 entsprechend, Birket el Kerun-Stufe, ohne hintere 
und mit verschobener vorderer Epiphyse, von rechts en 3: 0 00, je 120 


E. Stromer, Archaeoceti des ägyptischen Eocän. 


Taf. V. (II) 


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Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns und des Orients. Bd. XXI. 1908. 


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TAFEL VI (Il). 


Dr. Ernst Stromer: Die Arckaeoceti des ägyptischen Eozäns. 


Eies 1. 
Fig. 2. 
Fig. 3. 
Fig. 4. 
Fig. 5. 
Bir. 0. 
Pig 7: 
Fig. 8. 
Fig. 9. 
Fig. 10. 
Fig. 11. 
Fig. I2 
Fig. 13. 
Fig. 14 


TAFEL VI (MM). 


Alle Figuren hier wie auf Tafel VO (IV) stelien nur Reste von Zeuglodon Isis Beadnell in '/, nat. Gr. dar. 


Isolierter 6. Halswirbel (V. c.) Mn. 16, Birket el Kerun-Stufe, von links. . . . . 2.2.2... page. 132 
Brustbein-Vorderstück (Manubrium) St. 9 zum Schädel Fig. 9 gehörig, von links IE 
Brustbein St. 9, dasselbe Stück wie Fıc 2, von unten 2 Eurer EEBars 
Isoliertes Brustbein-Hinterende Mn. I6 von unten I: re Ne cn TE 155 
Übergangswirbel (V. th. i.) St.9 zu dem Schädel Fig. 9 ehori, von links een er IE 
Vorderer (? 4.) Brustwirbel (V. th. v.) St. 9, zu dem Schädel Fig. 9 gehörig, von rechts . . . . . pag. 132 
Drittletzter der erhaltenen Brustlendenwirbel (V.th.1.) St. 9, zum Schädel Fig. 9 gehörig, von vorm . pag. 132 
Rechte Rippe, unten unvollständig, St.9 zum Schädel Fig. 9 gehörig, von innen > e pag. 134 


Schädel St. 9, Birket el Kerun-Stufe des Fajüm, von der rechten Seite, nur Rackenzähne, Augenresson Joch- 
bogen und Kiefer zwischen J. Iı und 2 nach der linken Seite, J. ı bis J. 3 nach St. 8 ergänzt, ober dem Joch- 


bein Reste des Zungenbeines . . De ae, Ede ae, EA BEIENE 
Rechte Bulla St. 9 zu dem Schädel Fig, 9 change, von unten . . - 6 Spar 
Rechter Unterkiefer Mn. I4 von außen, der P.4 ist nach dem Iinken von ee IA, "der C. und P.ı und das 
fehlende Stück am C. nach Mn. ı3 und das Kieferhintereck nach St. 9 ergänzt . . . . . . pag. 129, 130 
. Dritter Halswirbel (V. c.) Mn.ı3, Birket el Kerun-Stufe, Körper mit erhaltenem linken Querfortsatze, von 
vom . . De ah, 2. az 152 
Atlas St.9 zu em Schädel Fig. 9 gehörig, etwas schief gedrückt, von hinten . . . . . . . pag. 13I 


. Derselbe Brustlendenwirbel (V. th. 1) St.9 wie Fig.7, vonlinks . -. . . 2. 2 2.2.2.2... Pag. I32 


E. Stromer, Archaeoceti des ägyptischen Eocän. 
h Taf. VI. (III) 


Kunstanstalt Max Jaffe, Wien. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns und des Orients. Bd. XXI. 1908. 


Verlag v. Wilhelm Braumüller, k. u. k, Hof- u, Universitäts-Buchhändler in Wien. 


TAFEL VII (IV). 


Dr. Ernst Siromer : Die Archueoceti des ägyptischen Eozäns. 


Fig. 


& 


Zi 


TAFEL VII (IV). 


Alle Figuren stellen wie auf Tafel (III) Reste von Zeuglodon Isis Beadnell in /, nat. Gr. dar. 
Derselbe Schädel St. 9 wie Taf. Ill, Fig. 9, von oben. Schnauze etwas schräg verdrückt. Beiderseits am Joch- 


bogen Stücke des Zungenbeines . . N 1 er: pag. 130, 131 
Kleinster Schwanzwirbel (V. cd.) St. 9, zum Schädel er I ar, wo WO 0 a co oo. Bear a 
Rechter Radius Mn. 16, isolierte obere Hälfte, Birket el Kerun-Stufe des Fajüm, von vorn 0000 Be 
Derselbe isolierte Radıus’ Mn. 16 wie Rio 3, obere Bacetiesvonlobens EEE 22155 
Derselbe isolierte Radius Mn. I6 wie Fig. 3 und 4 von außen a N N RUF DI GR IS 
Zweitgrößter der erhaltenen Schwanzwirbel (V. cd.) Mn. 13, von oben . . . 2. 2... pag. 133, 134 
Linker Humerus St. 9, zum Schädel Fig. ı gehörig, Gelenke lädiert, von innen . . . . 2... pag. 135° 
Isolierte linke vordere Rippe Mn. I6 von innen und Querschnitt ihres Unterendes . . . . . .  pag. 135 
Neunter der erhaltenen Lenden- und Schwanzwirbel (V. cd.) St. 9, zum Schädel Fig. I gehörig, vonvorn pag. 133, 134 
Erster der erhaltenen Lendenwirbel (V.1.) St. 9, zum Schädel Fig. I De von links ae 
. Derselbe Schwanzwirbel (V. cd.) St.9 wie Fig.9 von oben . . . 0 BE Bd pag. 133, 134 
Linke Ulna St. 9, zum Schädel Fig. I gehörig, mehrfach, besonders am Cala. acht, unten plattgequetscht 
und nach der rechten Ulna St. 9 ergänzt, von innen I TR EEE a joe OS, 
Linkes Schulterblatt St. 9, zum Schädel Fig. ı gehörig, zum Teil ergänzt, Acromion elta von außen . pag. I35 


Dieselbe Ulla Sao wie Kia, 12 von vom 0 5 oo a0 Don nn nn om. a wu. Da 


E. Stromer, Archaeoceti des ägyptischen Eocän. 
Taf. VII (IV.) 


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Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns und des Orients. Bd. XXI. 1908. 


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BEITRAGE 


ZUR 


PALÄONTOLOGIE uno GEOLOGIE 


ÖSTERREICH-UNGARNS uno bes ORIENTS. 


MITTEILUNGEN 
DES 
GEOLOGISCHEN UND PALAÄONTOLOGISCHEN INSTITUTES 
DER UNIVERSITAT WIEN 
HERAUSGEGEBEN 


MIT UNTERSTÜTZUNG DES HOHEN K.K. MINISTERIUMS FÜR KULTUS UND UNTERRICHT 


VON 


VICTOR UHLIG, CARL DIENER, 


©. PROF. DER GEOLOGIE 0, PROF. DER PALÄONTOLOGIE 


UND 


G. von ARTHABER, 
A.O, PROF. DER PALÄONTOLOGIE, 
BAND XXI. 

HEFT III UND IV. 


MIT TAFEL VII, ZWEIGEOLOGISCHEN KARTEN, EINER PROFILTAFEL UND 25 TEXTILLUSTRATIONEN. 


“WIEN unD LEIPZIG. 
WILHELM BRAUMÜLLER 


K, U. K. HOF: UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 


1908. 


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in 


DIE GEOLOGISCHEN VERHÄLTNISSE DER VERONESER ALPEN 
ZWISCHEN DER ETSCH UND DEM TALE VON NEGRAR. 


Von 


Dr. Karl Boden. 


Mit einer Tafel (VII), einer geologischen Karte und 17 Abbilduugen im Texte. 


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Einleitung. 


Die Gebirge Venetiens haben schon frühzeitig, besonders durch ihren Reichtum an Fossilien, die 
Aufmerksamkeit der Geologen auf sich gelenkt. Die ersten Publikationen von Catullo und de Zigno 
erschienen bereits 1827 und 1850. Von älteren Autoren seien hier nur Bemecke, Zittel, Bittner, 
Neumayr, Georg Böhm, Nicolis und Taramelli genannt. Vornehmlich hatten diese Forscher 
ihr Augenmerk auf das Studium der »grauen Kalke«, deren stratigraphische Stellung lange Zeit ein Streit- 
punkt war, gerichtet. In den Schichten des oberen Jura wiesen Nicolis und Parona eine reiche 
Ammonitenfauna nach (Note stratigr. e paleont. sul Giura sup. della Prov. di Verona Il, c.). Die Kreide, 
welche sehr interessante organische Reste einschließt, wurde meist nur oberflächlich untersucht, was wohl 
darauf zurückzuführen ist, daß die Fossilien im allgemeinen einen schlechten Erhaltungszustand aufweisen. 
Erst in ganz neuer Zeit hat Airaghi die Seeigel und Inozeramen dieser Schichten beschrieben (Echinidi 
della Scaglia Cret. Veneta und Inocerami del Veneto 1. c.). Über das Eozän liegt eine ausführliche Arbeit 
von Nicolis vor (Eocene veronese l. c.). Speziell für das kartierte Gebiet kommen zunächst die beiden 
Arbeiten von Bittner: »Das Alpengebiet zwischen Vicenza und Verona und Vorlage der Karte 
der Tredici Communi« (l. c.) in Betracht. Abgesehen von wichtigen stratigraphischen Beobachtungen 
wurden durch diese Arbeiten die tektonischen Verhältnisse auf der linken Seite des Etschtales festgelegt. 
Über das Fumanetal finden sich fast gar keine Angaben. Ebenso erwähnt Böhm in seinen »Beiträgen 
zur Kenntnis der grauen Kalke« (l. c.) dieses Tal nur sehr flüchtig. Während uns von den östlicheren 
Tälern sehr genaue Beschreibungen vorliegen, ist von dem Progno di Fumane fast gar nichts bekannt, 
trotzdem sich die Untersuchung der dortigen geologischen Verhältnisse sehr wohl lohnt. Die Arbeiten von 
Nicolis: »Note illustrative alla carta geol, della Prov. d. Verona« und von Taramelli: »Geologia 
delle Provincie Venete« (I. c.), die ferner zu berücksichtigen sind, bringen besonders in bezug auf die Tektonik 

23* 


182 Dr. Karl Boden. [4] 


nur wenig Neues. Schließlich darf die geologische Übersichtskarte von Nicolis (Carta geologica della 
Prov. d. Verona), deren Horizonteinteilung beibehalten wurde, nicht unerwähnt bleiben. 

Auf Anregung von Herın Prof. Tornquist besuchte ich im Frühjahr 1905 zum erstenmal 
die Veroneser Alpen und begann bereits im Herbst desselben Jahres mit der Kartierung des im Nach- 
stehenden beschriebenen Gebietes. L 

Die topographischen Unterlagen, die für die Kartierung zur Verfügung ende waren nur recht 
mangelhaft. Da für die nahe der österreichischen Grenze gelegenen Gebiete die Blätter der italienischen 
Generalstabskarte 1 :25000 nicht zu bekommen sind, so mußte wohl oder übel zu der italienischen Karte 
1:75000 gegriffen, werden, die vor der österreichischen immerhin noch den Vorzug hat, daß sie neuer 
ist und Höhenkurven von 50 zu 5so m führt. Von dieser Karte wurde auf photographischem Wege eine 
vierfache Vergrößerung angefertigt, so daß eine Karte im Maßstabe 1 :37500 entstand, auf der die Kar- 
tierung vorgenommen wurde. Die Profile sind in demselben Maßstabe wie die Karte gezeichnet. 

Für die Hilfe, welche ich im Laufe der Arbeit, die im Frühjahr 1907 zum Abschluß gelangte, 
durch Herrn Prof. Tornquist erfuhr, nehme ich Gelegenheit, ihm nochmals meinen verbindlichsten 
Dank auszusprechen. Herrn Dr. Schlosser danke für die Unterstützung bei der Ausarbeitung des 
paläontologischen Teiles. Bestens danke ich auch Herrn Prof. Uhlig, der mir über die neuen Perisphinkten- 
spezies wichtige Mitteilungen machte. Vor allem aber drängt es mich, an dieser Stelle meinen hochverehrten 
Lehrern, Herrn Prof. Rothpletz und Herrn Prof. Broili, meinen wärmsten Dank zum Ausdrucke zu 


bringen für die Förderung und Unterstützung, die ich zu jeder Zeit von den Herren erfahren habe. 


 Orographıe. 


Das Gebiet gehört dem südlichen Teile der Veroneser Voralpenzone an. Die Grenzen werden im 
Westen von der Etsch, im Norden von einem kleinen Seitentale derselben und im Osten von der Straße, 
die von Negrar über Prun und Cerna nach Gorgusello führt, gebildet. Im Süden grenzt etwa die Linie 
S. Ambrogio—S. Floriano-Moron das Gebiet gegen die Ebene zu ab. Das breite Quertal, durch welches 
die Etsch im Westen fließt, ist von steilen Hängen eingesäumt. Bei Ceraino verengt sich das Tal und 
bildet die kurze Schlucht der Veroneser Klause. Südlich derselben treten die Höhen zu beiden Seiten aus- 
einander und die Etsch tritt in die Tiefebene ein. Bei Pastrengo biegt die Etsch in eine östliche Richtung 
um und empfängt von links eine ganze Reihe wichtiger Seitentäler, von denen für unser Gebiet nur die 
beiden westlichsten der Progno di Fumane und der Progno di Negrar in Betracht kommen. Dieselben folgen 
im großen und ganzen einer nordsüdlichen Richtung. 

Das Gebiet bildet ein sich langsam nach Süden zu senkendes Plateaugebirge, das im Westen schroft 
gegen die Etsch hin abfällt und durch das steilwandige Tal des Progno di Fumane in zwei etwa 
gleich große Teile zerlest wird. Am westlichen Rande der rechts vom Fumane gelegenen Hälfte 
erheben sich die beiden Gipfel des Monte Pastello und Monte Pastelletto. Der Monte Pastello bildet die 
höchste Erhebung des Gebietes. Sein Hauptkamm verläuft zunächst in nordsüdlicher Richtung und biegt 
dann, sich langsam senkend, nach Südwesten um. Der Monte Pastelletto bleibt an Höhe um 100 m gegen 
den Monte Pastello zurück. Sein Grat folgt einer nordöstlichen Richtung. Das zwischen beiden Bergen 
gelegene schmale Plateau entsendet bei der Casa Rovinal einen Ausläufer in nordwestlicher Richtung. Im 
Süden und Südosten vom Monte Pastello ist die einstmals zusammenhängende Platte durch Talrinnen, die 
sich tief in die Schichten eingegraben haben, in mehrere plateauförmige Berge, den Monte Rumala, den 
Monte Incisa und den Monte Solane, zerlegt. Bei Manone haben mehrere Bäche durch ihre erodierende 
Tätigkeit eine größere Unterbrechung des Plateaus hervorgerufen. Nördlich davon trägt dagegen die 
Gegend von Breonio wieder ganz den Charakter einer Hochebene. 

Der Bergzug im Osten des Progno di Fumane, der im Monte Noroni kulminiert, zeigt einen ver- 
hältnismäßig einförmigen Bau. Am besten ist der Plateaucharakter im Norden des Monte Noroni bei Cerna 
und Mandrago erhalten geblieben. Es breitet sich hier eine von tiefen Flußtälern durchzogene Ebene aus, 


[5] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 183 
die im Westen steil gegen den Fumane zu abfällt und ihre Fortsetzung auf der anderen Seite des erwähnten 
Flusses findet. Das Gebiet südlich vom Monte Noroni wird durch ein in nordsüdlicher Richtung verlaufen- 
des Flußtal in zwei flache Bergrücken zerlegt, die nach Süden zu allmählich an Höhe abnehmen. 


Stratigraphie. 


An dem geologischen Aufbau des kartierten Gebietes beteiligen sich folgende Formationen, 
Trias: 4 
Obertriassischer Dolomit. 
una: 
1. Graue Kalke des Lias. 
2. Knollenkalke des oberen Jura. 
Kreide: 
1. Biancone. 
2. Scaglia. 
Der vulkanische Tuff. 
INerztärr: 
Kalke und Mergel des Eozäns. 


Diluvium und Alluvium. 
Trias. 
Der Dolomit. 


Das tiefste Schichtglied, welches uns in dem kartierten Gebiet entgegentritt, ist ein Dolomit, der 
einen gleichförmig gebankten oder ungebankten Komplex darstellt. In dem nördlichen Teile des Gebietes 
ist derselbe häufig als ein weißes, von roten Adern durchzogenes, kristallines Gestein entwickelt. Meist 
jedoch herrscht eine dunklere Färbung vor. Der Dolomit bildet den Rand des linken Etschtales bis nach 
Dolce. Organische Reste ließen sich nicht auffinden. 


Jura. 
Die grauen Kalke des Lias. 


Am mächtigsten ist der nun folgende Schichtkomplex entwickelt, den man die »grauen 
Kalke« genannt hat. Ein ziemlich vollständiges Profil durch den unteren Teil derselben erhält 
man in einem kleinen Tale, das von La Rocca aus nach der Etsch hinabführ. Es würde 
verfehlt sein, wollte man hier ein genaues Profil angeben, da der Gesteinscharakter oft in den- 
selben Bänken wechselt. Es sei nur angeführt, daß diese Schichtserie hier im allgemeinen kalkig 
entwickelt ist. Die Hauptmasse nehmen Oolithe ein. Die Größe der einzelnen Oolithkörner ist sehr 
schwankend. Oft sind dieselben kaum mit der Lupe zu unterscheiden, oft erreichen sie einen Durchmesser 
bis zu I cm. Diese Oolithe gehen häufig in dichte Kalke über oder sie wechsellagern mit mächtigen 
Kalkbänken, welche die verschiedenartigsten meist dunkle, gelbe, graue bis schwarze Färbungen aufweisen. 
Das äußerst verbandfeste, splittrig brechende Gestein ist von zahlreichen Kalkspatadern durchschwärmt. 
Versteinerungen sind in den Schichten nur sehr spärlich vertreten, selbst die Hauptleitfossilien, die Terebra- 
tula Rotzoana und KRenieri, trifft man selten an und meist nur als Steinkerne erhalten. Die mergeligen 
Bänke mit der Flora von Rotzo habe ich nirgend entdecken können. Unterhalb La Rocca sieht man sehr 
gut die Überlagerung des Dolomits durch die grauen Kalke. Letztere werden hier von einem lichtgefärbten 
Kalke gebildet, der von roten Adern durchzogen ist. In diesen Kalken fand ich eingelagert eine wenig 
mächtige brecciöse mergelige Bank mit feingerippten Astarten, einer Gervillia und einer Modiola. Jedenfalls 
handelt es sich bei diesen Bänken, welche den Dolomit direkt überlagern, um den Horizont mit der Gervillia 
Buchi, doch konnte dieses bekannte Leitfossil nicht aufgefunden werden. Die oben geschilderten Schichten 


184 Dr. Karl Boden. [6] 


haben nur eine geringe Bedeutung für das kartierte Gebiet. Ihre Verbreitung ist nicht groß und fast ganz 
“auf die tieferen Teile des Etschtales beschränkt. Am Monte Pastello, an dessen Aufbau sie einen wesent- 
lichen Anteil nehmen, bilden sie meist unzugängliche steile Wände. 

Viel wichtiger ist der nun folgende oberste Schichtkomplex der grauen Kalke. Derselbe weist einen 
von den bisher beschriebenen Vorkommnissen etwas abweichenden Habitus auf, so daß eine eingehendere 
Schilderung nötig erscheint. 

Die gelben Krinoideenkalke. 

Wandert man von Fumane aus das Tal aufwärts, so trifft man an der Straße anstehend auf einen 
kristallinen, dolomitischen Kalk, der ab und zu in grob- und feinkörnige Oolithe übergeht. Bei dem ersten 
Hause, etwa 2 km nördlich von Fumane, erhebt sich darunter ein dickbankiger Kalk von grauer und bläu- 
licher Färbung und splittrigem Bruch, der von Kalkspatadern durchzogen ist und häufig Durchschnitte von 
Brachiopoden zeigt. In dem Vaglio di Bolpe, dem rechten Seitentale des Progno di Fumane, welches den 
Monte Rumala von dem südlich darangrenzenden Monte Incisa trennt, gelang es mir in einem kleinen 
Steinbruche in den letzterwähnten Kalken die Terebratula Rotzoana und Renieri zu finden. An der Südseite 
des Monte Rumala steht überall der nackte Fels zu Tage. Es ergab sich dort von unten nach oben folgen- 
des Profil. 

Graue und bläuliche Kalke mit der Terebratula Rotzoana und Renieri. 

200 m Oolith. 

20 m dolomitischer Kalk. 

10 m grober weißer Oolith. 

o'2 m dolomitische Bank mit der Rh. Clesiana. 

200 m Oolith, 

Knollige Kalke des oberen Jura. 

Hier überwiegen die Oolithe. Verfolgt man die Straße von Fumane nach Cavalo über den Monte 
Incisa, so trifft man fast ausschließlich auf kristallinen dolomitischen Kalk. Nur gegen oben zu, fast an der 
Grenze gegen den oberen Jura, stellen sich Oolithbänke ein. — An der linken Seite des Fumane am 
Monte Scalino konnte ich ein weiteres Profil beobachten. 

15 m Dolomit En : 

5 m weiß und rötlich mit Krinoideenstielgliedern. 


10 m Oolith, grob und feinkörnig, an manchen Stellen im (Gestein die Oolithstruktur verlierend. 


) 

35 m weißer Dolomit. 

Oberer Jura. 

Es wechsellagern hier also Oolithe mit dolomitischem Kalk. Boehm hat zuerst darauf aufmerksam 
gemacht, daß sich bei Verago dolomitischer Kalk findet, der den oberen Komplex der grauen Kalke ver- 
tritt (Boehm: Beitr. z. Kenntn. d. gr. K., 1. c. pag. 743). Das gilt für das Fumanetal und für das ganze 
übrige kartierte Gebiet im weitesten Sinne. Oft weıden die Steilhänge der Täler von dolomitischem Kalk, 
oft von Oolithen gebildet und es ist ein fortwährender Wechsel zwischen beiden Gesteinsarten in horizon- 
taler und vertikaler Richtung. Seltener treten auch dichte Kalkbänke auf. Oolithe und dolomitischer Kalk 
gehen meist so vollkommen ineinander über, daß es häufig selbst mit der Lupe unmöglich ist, sie von- 
einander zu trennen. Jedenfalls handelt es sich bei dem dolomitischen Kalk um eine spätere Umwandlung. 
Schon von weiten kann man den letzteren, in dem häufig Höblenbildungen auftreten, an seiner 
schwarzen Verwitterungsfarbe und seinen massigen Formen von den meist dick gebankten und heller gefärbten 
Oolithen unterscheiden. Bei der Verwitterung des dolomitischen Kalkes entsteht ein feinkörniger Sand, der 
von der Bevölkerung zum Putzen der kupfernen Kessel verwandt wird. Sowohl in dem dolomitischen Kalk 
wie auch in den Oolithen treten in mehr oder minder großer Zahl Stielglieder von Krinoideen auf. 
Dieselben nehmen an manchen Stellen so an Menge zu, daß sie gesteinsbildend werden und ein reiner 
Krinoideenkalk entsteht, 

Der obere Schichtkomplex der grauen Kalke, der zwischen den Bänken mit der Terebratula Ro- 


tzoana und der Terebratula Renieri und dem oberen Jura liest, tritt uns also hier im Fumane- und linken 
©) 


[7] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 185 


Etschtale in drei verschiedenen Faziesbildungen entgegen. Einmal als dolomitischer Kalk, ferner als Oolith 
und drittens als reines Krinoideengestein, wovon das letztere jedoch nur ganz lokal vorkommt. Man hat 
diesen Horizont zum Unterschied von den eigentlichen »grauen Kalken« als »gelbe Kalke« bezeichnet. 
Für das Veronesische links der Etsch hat Boehm in seiner schon öfter zitierten Arbeit: »Beitr. zur Kenntn. 
ete.« den Ausdruck »Gelbe Krinoideenkalke von Erbezzo« vorgeschlagen. Ich halte diesen Namen für sehr 
geeignet, da das Auftreten von Krinoideenstielgliedern äußerst charakteristisch für diese Schichten ist. Aller- 
dings muß betont werden, daß letztere nicht immer gelb sind, sondern ebenso oft eine rote oder weiße 
Färbung annehmen können. In den gelben Krinoideenkalken sind Brachiopoden und Zweischaler nicht selten, 
jedoch im dolomitischen Kalk meist nur als Steinkerne erhalten. Feingerippte Limen traf ich am Monte 
Incisa sehr häufig an. Von Gastropoden konnte ich nur einige Bruchstücke schlecht erhaltener Steinkerne 
erwerben. Manche Bänke sind ganz erfüllt von Korallen. Interessant ist auch das Auftreten von Kalk- 
schwämmen und Wurmröhren. Bei Verago ließen sich durch eine kleine Schürfung gut erhaltene Korallen- 
stöcke mit Löchern von Bohrmuscheln gewinnen. 

Im Progno di Fumane, dessen Steilhänge von den gelben Krinoideenkalken gebildet werden, treten 
dolomitischer Kalk und Oolithe etwa in gleicher Verteilung auf. Am Monte Pastello überwiegen die 
Oolithe, nur hie und da finden sich dolomitische Einlagerungen. Im Etschtal dagegen gewinnt die dolo- 
mitische Fazies wieder sehr an Verbreitung. Die Ausbildung als reines Krinoideengestein kann man am 
besten an der Straße beobachten, die von S. Ambrogio nach Monte führt. 

Es sei hier noch die kleine Fauna angeführt, die ich im Progno dı Fumane und seinen Neben- 
tälern auffinden konnte: 

Rhynchonella Vigilii Lepsius. 

Rhynchonella sp. n. 


» Clesiana Lepsius. 
» cfr. Clesiana Lepsius. 
Lima sp. 


Pecten sp. 

Pseudodiadema veronese Bochm. 

Korallen mit Löchern von Bohrmuscheln. 

Kalkschwämme. 

Serpeln. 

Auffallend ist das Auftreten der Rh. Vigilii, die bisher aus dem Veronesischen östlich des Etsch- 
tales nur einmal bei Bittner von der Malga Cengio rosso (Über d. geol. Aufnahmen in Jud. u. Val 
Sabbia, 1. c., pag. 344) erwähnt wurde. 

Von dem triassischen Dolomit unterscheidet sich der dolomitische Kalk recht gut durch sein gerin- 
geres spezifisches Gewicht, seine weniger kompakte Beschaffenheit und durch das häufige Auftreten von 
Krinoideenstielgliedern. Die Mächtigkeit der gelben Krinoideenkalke beträgt im Fumanetal 400 m. Nicht 
so sehr der auf die Untersuchung der Brachiopoden gestützte Schluß, als besonders die Funde Bittners 
am Monte Lumason, wo in den oberen Partien der gelben Kalke marmorartige Einlagerungen mit ober- 
liassischen Ammoniten vorkommen (Bittner: Verh. d. Reichsanst., 1881, pag. 53), haben den Beweis 
geliefert, daß die früher für Dogger gehaltenen grauen Kalke in den Lias zu stellen sind. Die Beobach- 
tungen Bittners sind in neuerer Zeit durch die interessanten Ausführungen Vaceks (Verh. d. Reichsanst., 
1899, pag. 187) bestätigt und vervollständigt worden. 

Was die Abtrennung der Schichten mit der Gervzllia Buchi von den grauen Kalken anbelangt, 
wie sie auf der Karte der k. k. Reichsanstalt Blatt Rovereto und Riva durchgeführt ist, so kann ich mich 
nicht dazu äußern, da die erwähnten Schichten nur eine ganz geringe Verbreitung in meinem Gebiete 
haben und keine guten Aufschlüsse zur Verfügung stehen. Obgleich ich der Überzeugung bin, daß die 
Krinoideenkalke einen gesonderten geologischen Horizont in der Liasserie der grauen Kalke einnehmen, so 
habe ich doch von der kartographischen Ausscheidung Abstand genommen, da die Grenze oft eine recht proble- 
matische wäre und häufig einfach nach der Mächtigkeit, die doch sicher sehr schwankend ist, gezogen 


186 Dr. Karl Boden. [s] 


werden müßte. Besonders in stark dislozierten Gegenden würde man sich in dem kartierten Gebiete nicht 
immer Rechenschaft darüber geben können, mit welchem Horizonte man es zu tun hat. Das Auftreten von 
Krinoideenstielgliedern kann auch nicht als alleiniges Erkennungsmerkmal dienen, da dieselben, wie Boehm 
verschiedentlich betont, auch in der unteren Abteilung der grauen Kalke vorkommen und in Oolithen, die 
den Krinoideenkalken angehören, manchmal fehlen können. Ich habe daher den Ausdruck »gelbe Krinoideen- 
kalke« nur dort angewandt, wo ich dieselben sicher als solche erkannt habe und sonst den allgemeineren 


Ausdruck »graue Kalke« vorgezogen. 


Im allgemeinen folgt über den Krinoideenkalken direkt der obere Jura. Nur am Monte Incisa fand 
ich ein trennendes Zwischenglied. Der steile Westabhang des erwähnten Berges wird etwa gegenüber von 
Mazurega fast ganz aus Krinoideenkalken, die hier in der Fazies des kristallinen dolomitischen Kalkes ent- 
wickelt sind und nur nach oben zu in Oolithe übergehen, gebildet. Über diesen Oolithen liegt in ganz 
geringer Mächtigkeit (mit Sicherheit ließ sich dieselbe nicht bestimmen, es mögen etwa 20—30 cm ge- 
wesen sein) die Zumachelle mit der Posidonomya alpina Gras und darüber dann die knolligen Bänke des 
oberen Jura. Die Posidonomyen gleichen vollkommen denen vom Cap San Vigilio und denen aus den 
Sette Communi. Außerdem zeigt das lichtrote Gestein, in dem die Posidonomyen auftreten, eine auffallende 
Ähnlichkeit mit einem Vorkommen derselben Zumachelle bei Asiago in den Sette Communi. Das bisher in 
dieser Gegend vermißte Posidonomyengestein (Bittner: Verh. d. Reichsanst., 1878, pag. 61, und 
Boehm: Beitr. z. Kenntn. etc., 1. c. pag. 74) ist also doch vorhanden. Ammoniten ließen sich nicht auf- 
finden, dagegen gelang es mir einige kleine Terebrateln herauszupräparieren, von denen die eine nahe 
Verwandtschaft, vielleicht sogar Identität, mit der Pygope bipartita zeigt, welche Parona aus den Sette 
Communi beschreibt (Nuove oss. sopra la fauna e l’eta degli strati con Pos. alpina nei Sette Communi, 
l. ec. pag. 30, tav. II, fig. 16, 17, 18). An demselben Hange etwa 300 »n weiter nördlich fand ich direkt 
über den Krinoideenkalken einen gelblichen Kalk mit dem Aptychus punctatus und einigen Ammoniten, 
die Ähnlichkeit mit Perisphinkten aus dem unteren Malm zeigten. Etwas südlich vom Posidonomyengestein 
konnte ich als Hangendes vom Krinoideenkalk das typische Gestein des oberen Jura kenstatieren. Es 
handelt sich hier also um ein ganz lokales Doggervorkommen. Genauere Feststellungen lassen sich über 
die Lagerungsverhältnisse nicht machen, da der Hang dicht bewachsen ist. 

In dem kartierten Gebiete tritt an der Basis des oberen Jura an manchen Stellen ein dichter dunkel- 
und hellroter Kalk auf, der dem Gestein bei Erbezzo völlig gleicht, in welchem Bittner einen Szephano- 
ceras cfr. Deslongchampsi fand. (Verh. d. Reichsanst., 1878, pag. 60). Es ist nicht ausgeshlossen, daß auch 
noch an anderen Stellen der unterste Teil der oberjurassischen Schichten den Klaushorizont vertritt, besonders 
da das gleiche Niveau am Monte Incisa tatsächlich in der Fazies des Posydonomyengesteins entwickelt ist. 


Sicheres läßt sich darüber jedoch nicht sagen, da bis jetzt noch keine weiteren Fossilien nachgewiesen sind. 


Der obere Jura. 


Die Grenze der Krinoideenkalke gegen den oberen Jura ist manchmal eine scharfe, manchmal gehen 
auch beide Formationen ineinander über, wie bereits Bittner berichtet (Verh. d. k. k, geol. Reichsanst., 
1878, pag. 60). 

Sind die Krinoideenkalke in der Fazies des kristallinen dolomitischen Kalkes entwickelt, so zeigt 
nicht selten auch das untere Niveau des oberen Jura kristalline Beschaffenheit, so daß es schwer ist, an 
solchen Stellen die genaue Grenze zwischen beiden Horizonten festzulegen. 


Die Farbe der von Drucksuturen mannigfach durchzogenen knolligen Bänke, die bis zu 2 m dick 
sein können, ist sehr schwankend. Rot, weiß und gelb wechseln miteinander. Manchmal treten auch in einem 
Block verschiedene Farbentöne zugleich auf. Das Tithon, dessen dünnere Bänke sich häufig von den 
tieferen Schichten des oberen Jura abheben, ist meist lichter gefärbt und zeigt eine weniger knollige 
Beschaffenheit. Die Mächtigkeit bleibt durch das ganze Gebiet ziemlich konstant und beträgt bei St. Am- 
brogio etwa 25 m. Überall ist das Sediment als ein reiner Kalkstein entwickelt, der jedenfalls in größerer 
Meerestiefe zur Ablagerung gekommen ist. Dort, wo die Bänke dünner sind, finden sich Hornsteine nicht 


[9] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 187 


selten. In den Steinbrüchen bei S. Giorgio und S. Ambrogio, wo die Bänke sich durch besondere Dicke 
auszeichnen, fehlen sie dagegen fast ganz. Hier zeigen sich auf den Schichtflächen eigentümliche Bildungen, 
die an Trockenrisse erinnern. Ihre Entstehung ist auf Erosion durch Wasser zurückzuführen, welches 
zwischen den Schichtflächen zirkulierte. 


Im Progno di Fumane und dessen Seitentälern bilden die Schichten die oberen Ränder der Steil- 
hänge und sind an ihrer knolligen Beschaffenheit und ihren eigenartigen Verwitterungsformen leicht zu 
erkennen. Die oberflächliche Verbreitung ist im Verhältnis zur Mächtigkeit des Schichtkomplexes infolge 
des Widerstandes, welchen letzterer der Denudation entgegensetzt, ziemlich groß. Durch seine kompakte 
Beschaffenheit und schöne Färbung war das Gestein, welches sich vorzüglich schleifen läft, von jeher ein 
geschätztes Baumaterial, das schon zur Zeit der Römer in der dortigen Gegend gebrochen wurde. So haben 
zu dem gewaltigen Bau des Amphitheaters von Verona die Schichten des oberen Jura ausschließlich das 
Material geliefert. Eine besonders rege Steinbruchindustrie hat sich jetzt im südlichen und westlichen Teile 
des Monte Solane entwickelt. Wirft man von der Station der Etschtalbahn Domegliara einen Blick auf 
die linke Seite des Etschtales, so sieht man die Brüche in den mächtigen Bänken des oberen Jura mit dem 
heller gefärbten und dünner gebankten Tithon zu oberst. 


Der geschilderte Schichtkomplex schließt eine prächtige Ammonitenfauna des unteren, mittleren und 
oberen Malm ein. Ich muß hier auf die ausführlichen Fossillisten von Nicolis und Parona verweisen, 
denen jedenfalls ein sehr reiches Material zur Verfügung gestanden hat. (Note ill. sul giura sup. d. Pr. d. 
Verona, |. c.) 

Ich habe verschiedentlich in den Steinbrüchen von S. Ambrogio, hauptsächlich aber auf den Schutt- 
halden gegenüber von S. Giorgio, gesammelt, wo ich die drei Horizonte des Peltoceras transversarium, 
des Aspidoceras acanthicum und der Terebratula diphya festlegen konnte. Die beiden ersteren haben 
ganz gleiche Gesteinsbeschaffenheit. Außerdem lieferte mir ein Aufschluß in einem dünnbankigen gelben 
Kalke an der Straße Fumane-Breonio etwa oberhalb Manone einige gut erhaltene Tithonammoniten. An den 
erwähnten Punkten ließen sich folgende Formen auffinden: 


a) Aus dem Horizont des Peltoc. transversarium (Oxford), 
Peltoceras transversarium Quenstedt, 
Perisphinctes cfr. trichoplocus Gemmellaro. 
Perisphinctes Regalmicensis Gemmellaro. 
Aspidoceras Oegir Oppel. 
Perisphinctes Bocconii Gemmellaro. 
Perisphinctes orthoplocus sp. n. 
Perisphinctes veronensis sp. n. 
Perisphinctes sp. 


c) Aus dem Horizont des Aspidoc. acanthicum (Kimmeridge). 
Phylloceras mediterraneum Neumayr. 
Phylloceras isotybpum Benecke. 
Perisphinctes colubrinus Reinecke. 
Simoceras Herbichi v. Hauer. 
Simoceras cfr. venetianum Zittel. 
Simoceras contortum Neumayr. 
Oppelia Franciscana Fontannes. 
Oppelia sp. 

Perisphinctes sp. 

Belemnites aft. Zeuschneri Oppel. 
Belemnites sp. 

Terebratula sp. 

Cidaris sp. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns Bd. XXI. 24 


188 Dr. Karl Boden. [10] 


c) Aus dem Tithon: 

Perisphinctes exornatus Catullo. 

Phylloceras tortisulcatum d’Orbigny. 

Belemnites cfr. tthonicus Oppel. 

Aptychus sp. 

Terebratula diphya Colonna. 

Terebratula triangulus Lamark. 

Terebratula Bouei Zeuschner. 

In den unteren Bänken der oberjurassischen Schichten ließen sich durch Dünnschliffe eigenartige 
Formen nachweisen, die man ihren Umrissen nach zu den Kampanularien stellen könnte. Leider ist die 
Struktur völlig verloren gegangen, so dafs sich nichts Genaueres feststellen läßt. Dieselben treten hier 
gesteinsbildend auf und mögen daher nicht unerwähnt bleiben. (Taf. VIII, Fig. 9.) 

In den Bänken des Tithon beobachtete ich mit Hilfe von Dünnschliffen kleine Formen, die der 
Calpionella alpina gleichen, welche Lorenz aus dem Malm des südlichen Rhätikon beschreibt und als 
eine Foraminifere deutet. (Lorenz: Geologische Studien im Grenzgebiete zwischen helvetischer und ost- 
alpiner Fazies. Zweiter Teil. Südlicher Rhätikon. Ber. d. naturf, Ges. z. Freiburg, Bd. XII, S. 27 (60), 
ea ID, I, 1.) 

Kreide. 


Der Biancone. 


Die untersten Bänke des Biancone sind als ein weißer Kalk entwickelt und unterscheiden sich vom 
Tithon, falls dieses nicht hellrot oder violett gefärbt ist, gar nicht. Die Grenze, welche man zwischen 
beiden Formationen zieht, ist daher häufig nur sehr problematisch. Eine Tatsache, die bereits von 
Nicolis und Parona (Note stratigr.,l. c. pag. 9) und von verschiedenen anderen Autoren hervorgehoben 
wurde. Über den wenig mächtigen kalkigen Bänken nimmt der Biancone seine charakteristische mergelige 
Beschaffenheit an, die ihn dann vorzüglich von dem stets als reinen Kalkstein entwickelten Tithon unter- 
scheidet. In den mergeligen Bänken finden sich häufig Zwischenlagen von schwarzen, grünen und roten 
Mergelschiefern. Im Auftreten derselben herrscht jedoch nicht die mindeste Regelmäßigkeit. Oft sind nur 
zwei oder drei dünne mergelige Schieferbänke zu beobachten, oft fehlen sie ganz. Manchmal wechsel- 
lagern sie auch mit den kompakteren helleren Bänken. Letztere Ausbildung kann man besonders gut an 
der Straße von Monte nach Calcarole beobachten. Hier bestehen die Zwischenlagen aus lockeren grünen 
und schwarzen Mergeln, während dieselben bei Verago eine rote Färbung annehmen und oft mächtiger 
werden als die festeren Bänke. Sehr charakteristisch ist das Auftreten von Hornsteinen. Dieselben kommen 
in den verschiedensten Färbungen vor und bilden häufig ganze Bänke. Zu erwähnen wären noch stylolith- 
artige Bildungen, die ich am Monte Pogna und am Monte Scalino in den mergeligen Bänken antraf. Die 
Mächtigkeitsverhältnisse der Schichten des Biancone sind erheblichen Schwankungen unterworfen. In den 
tiefen Taleinschnitten westlich von Molina erreicht die Mächtigkeit eine Stärke von etwa 80-90 nz, während 
sie an anderen Stellen diejenige des oberen Jura nicht überschreitet. Unter den roten Bänken der Scaglia 
tritt der Biancone durch seine helle Farbe deutlich hervor. Von den Höhen des rechten Fumaneufers 
aus kann man den Biancone an dem ganzen Hang der gegenüberliegenden Talseite als ein breites weißes 
Band verfolgen, das bei Cerna sichtbar wird und bis zu dem Dorfe Isola reicht, wo die Schichten unter 
der Scaglia verschwinden. Sehr leicht fallen die lockeren Bänke der Denudation anheim und bilden 
eine vorzügliche Ackerkrume. Nicht selten treten in den mergeligen Bänken schwarze Flecke auf. Die- 
selben durchsetzen das Gestein manchmal vollkommen und der Biancone hat dann ein ähnliches Aus- 
sehen wie die liassischen Fleckenmergel der Nordalpen. Es ist mir nicht gelungen, irgend welche orga- 
nischen Reste in den Schichten des Biancone aufzufinden, so daß ich zu der stratigraphischen Stellung 
dieses Horizontes nichts bemerken kann. Bisher sind, abgesehen von einer Angabe Zignos, der in den 
Sette Communi Gaultammoniten in einem zwischen der Scaglia und dem Biancone liegenden weißen Tone 
nachwies (Zigno: Übers. d. gesch. Geb. Venetiens ]. c., pag. 189), nur Neocomfossilien aus dem Biancone 
bekannt geworden. 


fr] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 189 


Die Scaglia. 
Konkordant über dem Biancone folgt die Scaglia. In den südlichsten Teilen des Gebietes bei dem 
Dörfchen Osan und auch auf der anderen Seite des Fumane sind beide Formationen durch eine 


20—30 cm mächtige gelbe Hornsteinbank getrennt, 


Die Scaglia ist als ein Schichtkomplex von roten knolligen Kalken entwickelt, in denen nur hie 
und da weiße Kalkbänke auftreten. Während die roten Bänke der Scaglia stets einen Mergelgehalt auf- 
weisen und sich so sehr gut von dem als reinen Kalkstein entwickelten knolligen oberjurassischen Schicht- 
komplex unterscheiden lassen, fehlt den eingelagerten weißen Bänken die mergelige Beschaffenheit. 
Letztere gleichen daher dem oberen Jura, falls dieser als dünnbankiger heller Kalk ausgebildet ist, voll- 
kommen. Wenn die Schichten der Scaglia von einer tektonischen Störung betroffen werden, so zerbrechen 
die Bänke in würfelförmige Stücke, die häufig durch Kalkspat, der auf zirkulierenden Gewässern abgesetzt 
ist, wieder verkittet werden. So entsteht eine Breccie, die man bei Mazurega, S. Giorgio und bei 
Banchette nicht selten antrifft. Auf Spalten und Klüften finden sich mächtige Kalksinterbildungen. Die 
Schalen der Seeigel sind teilweise verkieselt. Seltener treten auch Hornsteine auf. Die oberen Bänke der 
Scaglia sind weniger knollig, sondern mehr plattig ausgebildet. In einem Steinbruche, der sich im Süden 
von Banchette befindet, tritt dieser Unterschied so deutlich hervor, daß man hier zwei petrographisch ver- 
schiedene Horizonte konstatieren kann. 


In dem erwähnten Steinbruche fand ich einen lockeren weißen Kalk, der an die weiße 
Schreibkreide erinnert. Ähnliche Bildungen zeigen sich in der Scaglia westlich von Marano nicht selten. 


In dem rechten Seitentale des Progno di Fumane, welches den Monte Rumala im Norden begrenzt 
(die Bevölkerung nennt dieses Tal Val di Resentera), findet sich eine abgerutschte Kreidescholle. Diese 
besteht größtenteils aus einem gelben und braunen dünnplattigen Kalke mit dicken Hornsteinen. Das 
Liegende dieses gelben Kalkes bildet Scaglia und das Hangende roter und weißer Biancone. Bei der 
Abrutschung dieser Scholle sind jedenfalls die Horizonte übereinander geschoben. Ob nun der gelbe Kalk zum 
Biancone oder zur Scaglia zu stellen ist, kann nicht entschieden werden, da sich keine Fossilien fanden. 
Jedenfalls ist er kretazeisch. 

Die Mächtigkeit der Scaglia, deren einzelne Bänke in der Regel I0—ı5 cm dick sind, ist im 
Norden des Gebietes um einige Meter größer, wie in den südlichen Teilen. Jedoch ist dieselbe keinen 
erheblichen Schwankungen unterworfen und beträgt im Durchschnitt 35 m. Allgemein wird die Scaglia 
als Baustein verwandt. Die ganze Gegend ist geradezu übersät von Steinbrüchen, in denen man die Aus- 
bildung des Schichtkomplexes ausgezeichnet studieren kann und die sowohl das Fossiliensammeln wie auch 
die Kartierung erheblich erleichtern. Die größeren Brüche werden unterirdisch betrieben. Oberhalb von Mazurega 
befindet sich im Monte Solane ein Stollen, der fast einen halben Kilometer in den Berg hineingetrieben ist. 
Hier tritt eine weiße Bank von 30 cm Dicke auf, die in völlig gleichbleibender Mächtigkeit und Beschaffen- 
heit durch den ganzen Stollen zu verfolgen ist. 

Oft ist das Gestein der Scaglia fast ganz aus Foraminiferenschalen aufgebaut. Die häufigsten 
Formen sind Globigerinen, neben denen Rotalien und Textularien nicht selten auftreten. In einem Schliffe 
fanden sich auch einige Coccolithen. Die gleichförmige Verbreitung der Schichten über weite Flächen 
spricht für eine Hochseeablagerung. Das Meer kann jedoch nicht sehr tief gewesen sein, wie aus 
dem Vorhandensein von Seeigeln und Inozeramen und besonders von sehr dickschaligen Rudisten 


hervorgeht. 

Die von mir in den Bänken der Scaglia aufgefundene Fauna umfaßt in erster Linie Turonformen 
wie Pachydiscus peramplus, Inoceramus Cuvieri, Inoceramus Brongniarti und Inoceramus labiatus. Auf 
das Senon weisen nur /noceramus Cripsi und Ancyloceras cfr. bipunctum hin. — Wenn es bis jetzt noch 
nicht gelungen ist, die Vertretung aller Kreidehorizonte in dem Biancone und der Scaglia nachzuweisen, 
so ist doch bei der Gleichförmigkeit, mit der beide Formationen meist ineinander übergehen, kaum anzu- 
nehmen, daf sich eine Lücke in den Sedimenten vorfindet. (Mojsisovics: Dolomitriffe (1. c.), pag. 103.) 

24* 


190 Dr. Karl Boden. [12] 


Bei dem sehr seltenen Auftreten von Versteinerungen in dem Biancone und dem äußerst schlechten Er- 
haltungszustand, der ein Bestimmen der fossilen Einschlüsse der Scaglia häufig unmöglich macht, kann man 
wohl annehmen, daß die Schichten noch andere organische Reste enthalten, auf Grund deren man noch 
weitere stratigraphische Schlüsse ziehen könnte. So habe ich bei Mazurega verschiedene, grobgerippte Ammo- 
niten gefunden, deren Erhaltungszustand jedoch derartig ist, daß sie sich nicht genau bestimmen ließen. Die 
Inozeramenfauna ist auch noch nicht vollständig beschrieben. Ich besitze verschiedene, noch unbekannte 
Formen, aber mein Material ist noch nicht groß genug, und die Bearbeitung desselben würde über den 
Rahmen dieser Arbeit hinausreichen. N 

Zum Schlusse möge noch die Fauna angeführt sein, die ich in der Scaglia auffinden konnte: 

Pachydiscus peramplus Mantell. 

Ancyloceras cfr. bipunctum Schlüter. 

Echinocorys vulgaris Breynius. 

(Ananchytes ovata Lamark). 

Echinocorys concava Catullo. 

(Scagliaster concavus Munier). 

Cardiaster subtrigonatus Catullo. 

Stenonia tuberculata Desor. 

Inoceramus Brongniarti Sowerby. 

» Cripsii Mantell. 
» Cuvieri Sowerby. 
labiatus Schlotheim. 

Rudistenfragmente. 

Globigerinen. 

Rotalien. 

Textularien, 

Coceolithen. 

Selachierzähne. 

Der vulkanische Tuff. 

Die prätertiären Schichten sind an vielen Stellen des Gebietes von vulkanischen Eruptionen durch- 
brochen worden. Eigentliche Lava scheint damals nicht zum Fließen gekommen zu sein, so daß wir vul- 
kanisches Material lediglich in Gestalt von Tuffen vorfinden. Dieselben gehören den sogenannten regenerierten 
Tuffen an. Sie sind durch Wasser so stark ausgelaugt und zersetzt, daß man die ursprüngliche Beschatfen- 
heit ihrer einzelnen Bestandteile nicht mehr erkennen kann. Auf Spalten und Klüften haben sich 
bereits wieder Kalkspat und andere Mineralien abgesetzt. Außerdem finden sich nicht selten Limonitaus- 
scheidungen und Pyritkristalle. Verschiedene weiter unten zu besprechende Erscheinungen, wie auch Meeres- 
konchylien, die zwar nicht in meinem Gebiete, aber doch in dessen Nähe aufgefunden sind, machen die 
submarine Natur der Tuffablagerungen unzweifelhaft. Fast überall ist der Tuff deutlich geschichtet. Durch 
langandauernde Eruptionen wurden neben einer ganzen Reihe kleiner Vulkanhügel drei gewaltige Tuffberge 
aufgehäuft. Im Norden des Gebietes bei Breonio der Monte Creta und ferner auf der östlichen Seite der 
Monte Noroni bei Prun und der Monte Castellone bei Pezza. Auf diesen Tuffmassen hat das Eozänmeer 
seine Sedimente abgesetzt. — Daher finden wir die vulkanischen Massen jetzt teils zwischen den Schichten 
der Scaglia und des Eozäns liegend, teils bilden sie, durch die Erosion freigelegt, Fenster im Eozän oder 
aber sie wechsellagern mit den Bänken des Eozäns. 

Die Kontaktverhältnisse zwischen dem Tuff und seinen liegenden Schichten kann man besonders 
gut in den Tälern östlich vom Monte Noroni studieren. Die Scaglia ist an vielen Stellen durch die hervor- 
brechenden Eruptivmassen völlig zerfetzt und zerrissen. Deutliche Anzeichen, die dafür sprechen, daß die 
vulkanischen Ausbrüche an Ort und Stelle stattgefunden haben. Oftmals sind bei den Eruptionen große 
Trümmer von Scagliagestein mit emporgeschleudert; dieselben findet man jetzt im Tuff eingeschlossen 
wieder. Es konnten natürlich nicht alle derartigen Vorkommnisse auf der Karte eingetragen werden, 


[13] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 191 


sondern nur die wichtigeren. In seinen tieferen Partien ist der Tuft oftmals ganz erfüllt von Brocken aus 
Scagliagestein; löst man einen solchen heraus, so ist seine Oberfläche nicht selten bedeckt mit kleinen 
Höhlungen, in denen noch Reste von eruptiven Material stecken. Beim Zerschlagen eines derartigen Stückes 
finden sich auch im Innern kleine Tuffkörnchen eingeschlossen. 

Ob nun, während die Scaglia zur Ablagerung kam, schon Eruptionen stattgefunden haben, ist hier 
durch nicht bewiesen und soll auch erst weiter unten besprochen werden. Sicherlich aber setzte die 
vulkanische Tätigkeit gegen das Ende der Kreideperiode ein. Zu einer Zeit, in der die oberen 
Teile der Scagliasedimente noch nicht verfestigt, sondern als lockerer Foraminiferenschlick vorhanden 


waren, in den die Aschenkörnchen hineinfielen, untersanken und sich mit den Sedimentabsätzen vermengten. 


= 


# 


Vulkanischer Tuff mit Einschlüssen von Scagliagestein. Minerbe. 


Bei späteren Eruptionen wurden dann Blöcke aus den Bänken der Scaglia mit emporgerissen und gelangten 
so als zähe Schlammfetzen in den Tuff, der in dem noch nicht ganz verfestigten Gesteine Eindrücke hinter- 
lassen konnte. Dünnschliffe, die an Kontaktstellen von Tuff und Scaglia ausgeführt wurden, zeigten, daß das 
Gestein unverändert war. Die zarte Struktur der Foraminiferenschalen war völlig erhalten geblieben. 

Im Westen von Prun am Östabhang des Monte Noroni ist die Scaglia an der Straße sehr schön 
aufgeschlossen. In ihren Schichten liegt hier ein Tuffblock von etwa !/, m Durchmesser. Die Bänke bilden 
über dem Block ein Gewölbe und sind an den Seiten stark zerknittert. Außerdem zeigen sich am Kontakt 
von Scaglia und Tuff in der Scaglia die oben beschriebenen Eindrücke und im Gestein sind nicht selten 
Aschenkörnchen eingeschlossen. Die Erscheinungen würden auf den ersten Blick dafür sprechen, daß man 
es hier mit einer intracretaceischen Eruption zu tun hat, daß nämlich der Tuff als Bombe bei einer Erup- 
tion in den cretaceischen Meeresschlamm geschleudert wurde und das Scagliameer dann seine Sedimente 
über dem Block absetzte. Bei fortdauernder Sedimentation wurde ein Druck von oben auf die Schichten 
ausgeübt. An den Seiten gaben die noch lockeren Massen nach und wurden zusammengedrückt. Die 
kompakte vulkanische Masse leistete dagegen Widerstand, so daß die Schichten seitlich vom Tuffblock 
heruntergebogen wurden und auf die Weise ein Schichtgewölbe über dem Block entstand. — So annehm- 
bar diese Erklärung auch zunächst erscheint, so spricht doch besonders eine Tatsache entschieden dagegen, 
den Tuff für cretaceisch zu halten. Wenige Meter südlich von der besprochenen Stelle erheben sich die 
mächtigen Tuffmassen, die den Monte Noroni aufbauen, Dieselben sind zweifellos postcretaceisch, denn sie 


192 Dr. Karl Boden. [14] 


haben die Scaglia durchbrochen und unmittelbar über ihnen liegen die Bänke des Eozäns. Wohl mit Sicherheit 
ist anzunehmen, daß die Entstehung des Tuffes in der Scaglia mit den Eruptionen am Monte Noroni im 
Zusammenhang gestanden hat und beide daher gleiches Alter besitzen müssen. — Es ist auch nicht schwer 
hierfür eine Erklärung zu finden. Wenn man den Tuff in der Scaglia als seitlich austretenden Eruptivgang 
deutet. Man muß dabei annehmen, daß die Scagliabänke noch nicht völlig verfestigt waren, sondern einen 
zähen Zustand aufwiesen, so daß sie von dem empordringenden Magma aufgewölbt werden konnten, wobei 
die Bänke teilweise zerrissen. Zugleich konnte das vulkanische Material Eindrücke in der Scaglia hinter- 
lassen. Damit läßt sich die Gleichaltrigkeit beider Tuffvorkommnisse erklären. Ähnliche Tuffeinlagerungen, 
die man auch als seitlich austretende Schlote erklären kann, sind in den Bergen östlich von Marano, 


nicht selten. 


Vulkanischer Tuffin den Bänken der Scaglialiegend. Prun. 


Die vulkanische Tätigkeit setzte also gegen Ende der Kreidezeit ein, als die oberen Bänke der 
Scaglia noch als Foraminiferenschlamm in mehr oder minder verfestigtem Zustande den Meeresboden bildeten. 
Die Eruptionen waren keineswegs auf eine kurze Periode beschränkt, sondern dauerten mit Unterbrechungen 
lange Zeit noch während das Eozän zur Ablagerung kam fort, Wir finden zwar nirgend die Eozänschichten 
vom Magma durchbrochen, dagegen treten andere Wechselerscheinungen zwischen Tuff und Eocän auf, 
die eine eruptive Tätigkeit während der Eozänzeit voraussetzen. 


Der Monte Castellone, welcher sich etwa zwischen den Dörfern Pezza, Minerbe und Purano erhebt, 
ist der Hauptsache uach aus Tuff aufgebaut. Die Häuser der erwähnten Dörfer sind zum größtenteil aut 
Gem letzteren errichter. Im Norden schneiden die vulkanischen Massen scharf gegen das Eozän ab, im 
Süden dagegen bilden sie noch auf eine lange Strecke hin ein Lager zwischen Scaglia und Eozän, das 
allmählich schmäler wird und schließlich ganz auskeilt. Der eigentliche Gipfel des Monte Castellone 
ist ein schmales Eozänplateau, an dessen südlichen Rande das kleine Kirchlein von Pezza steht. Aufßer- 
dem sind mehrere Eozänbänke in den Tuffmassen am Ostabhang des Berges eingelagert. Eine solche, etwa 
2 m mächtige Bank geht von den Eozänschichten im Süden des Monte Castellone aus, zieht unterhalb 
Pezza durch und findet im Süden von Minerbe ihr Ende. (Am besten lassen sich diese Verhältnisse von 
dem Eozänhang im Südosten von Minerbe übersehen.) Oberhalb der Straße, die von Pezza nach Minerbe 
führt, liegen zwei weitere Eozänbänke, welche durch ein schmales Tufflager getrennt sind. Nach Süden zu 


I 5] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 193 


vereinigen sich die beiden Bänke miteinander zu einer einzigen, die dann wiederum mit der Eozänplatte, 
welche den Monte Castellone bedeckt, in Verbindung steht. Das merkwürdige Auftreten dieser Eozänbänke 
am Monte Castellone, dessen Westabhang in seiner ganzen Mächtigkeit aus Tuff besteht, bedarf noch 
einer näheren Erklärung. — Während im Norden und Osten von Minerbe das Eozän zur Ablagerung 
kam, häuften sich im Süden die Tuftmassen durch andauernde Eruptionen zu einem Berge auf. Zwischen 
den einzelnen vulkanischen Ausbrüchen fanden jedoch längere Pausen statt, in denen sich Sedimente an 
den Hängen des schon gebildeten Tuffberges absetzen konnten. Diese Sedimente wurden dann bei einer späteren 
Eruption auf eine mehr oder weniger lange Strecke mit vulkanischen Material überschüttet, auf dem sich 
dann nach der Eruption wiederum Sedimente bildeten, so daß eine Wechsellagerung beider Gesteinsarten 
entstand. Der Nummulitenkalk ragt in Form von Keilen in die Tuffmasse hinein und umgekehrt bildet der 


Tuft keilförmige Einlagerungen im Eozän. 


Schematische Darstellung der Verhältnisse zwischen Tuff und Eozän am Öst- 


abhang des Monte Castellone. 


So erklären sich die schmalen Eozänbänke im Tuff am Ostabhang des Monte Castellone, die ehe- 
mals mit den Eozänsedimenten im Nordosten in Verbindung standen, jetzt aber durch die Erosion davon 
getrennt sind. Von den Tuffeinlagerungen, die in dem Eozän im Südosten von Minerbe auftreten müßten, 
sieht man leider nicht viel, da sie der Erosion zum Opfer gefallen sind, nur unterhalb des genannten 
Dorfes, ganz in dessen Nähe, steckt im Eozän etwas Tuff, der als äußerste Spitze eines Keiles, der vom 
Monte Castellone ausging, aufzufassen ist. 

Ob die Eozänschollen im Südwesten von Minerbe auch Einlagerungen im Tuff bilden oder ursprünglich 
mit dem Eozän, das den Monte Castellone bedeckt, in Verbindung standen und an einer Verwerfung ab- 
gesunken sind, mag dahingestellt bleiben. Im Südosten von Minerbe wurde im Eozän ein Sprung nach- 
gewiesen, der vielleicht die Fortsetzung einer solchen Ostwestverwerfung bildet. Genaueres läßt sich darüber 
jedoch nicht feststellen. 


Tertiär. 


Das Eozän. 


An oberflächlicher Verbreitung nur von der Liasserie übertroffen sind die Schichten des Eozäns. 
Dieselben sind häufig als reines Foraminiferengestein entwickelt, an dessen Zusammensetzung Nummuliten- 
schalen, die nicht selten in Kieselsäure umgewandelt sind und oft einen Durchmesser von mehreren Millimetern 
haben, den hervorragendsten Anteil nehmen. Die Hauptmasse der mächtigen Eozänablagerungen werden 
jedoch von einem gelben mergeligen Kalke gebildet, in dem sich aber auch durch Dünnschliffe Nummulitenschalen 
nachweisen lassen. Hie und da zeigen sich Einlagerungen von dunklem Mergelschiefer. In den Kalken 
findet man nicht selten auf Hohlräumen Knollen von Limonit ausgeschieden. Diese Ausbildung des Eozäns 


194 Dr. Karl Boden. [16] 


ist für den ganzen Süden des Gebietes und für die Gegend von Breonio hauptsächlich charakteristisch. 
Bei Cavallo ist der gleiche Horizont als ein Schichtkomplex von dünnplattigen mergeligen Kalkbänken ent- 
wickelt, die häufig mit lockeren schwarzen Mergelschiefern wechsellagern. Es ist das eine Ausbildung, 
die sehr an die des Biancone, wie er sich bei Monte und Calcarole zeigt, erinnert, nur sind die festen 
Bänke des Biancone meist heller gefärbt und führen massenhaft Hornsteine, die dem Eozän fehlen. 

Eine andere Fazies findet sich gleichfalls bei Cavalo.. An der Straße, die von dem genannten 
Dorfe nach Norden führt, steht nämlich ein glaukonitischer Sandstein an mit einer Bank, in der sich eine 
Menge Austernschalen, Einschlüsse von Nummulitenkalk, ein Pekten, Krinoideenstielglieder und andere 
Organismen fanden. Die genauere stratigraphische Stellung dieses Grünsandsteines ließ sich infolge des 
schlechten Erhaltungszustandes der Fossilien nicht feststellen. Ähnliche Sandsteine zeigen sich auch im 
Val di Resentera, dem schon erwähnten rechten Seitentale des Progno di Fumane, im Nordosten von 
Verago. Hier treten neben eigentlichen Tuffen dünnplattige dunkle Sandsteine von etwas gröberen Korn 
auf, in dem viel Material aus dem Tuff vorhanden ist. Außerdem finden sich bunte kieselige Breccien, 
die zwar nicht im Anstehenden nachgewiesen werden konnten und deren Stellung in der Schichtenfolge 
vorläufig unbestimmt bleiben muß. Alle die Vorkommnisse konnten selbstverständlich nicht auf der Karte 
eingetragen werden. 

Vielfach findet das Gestein als Baumaterial Verwendung. Im Vergleich mit anderen Gegenden 
sind die Schichten fast fossilarm zu nennen. Ich muß gerade wie beim oberen Jura auch hier auf die ausführlichen 
Fossillisten von Nicolis verweisen. (Note ill. alla carta geol. d. pr. d. Ver. I. c. und Eocene 
Veronese, 1. c.. In der Umgebung von S. Floriano treten neben Pflanzenresten Selachierzähne und 
gut erhaltene Krebse auf. Ferner Zweischaler, Gastropoden, Krinoideenstielglieder, riesige Nautiloideen 
und schließlich als die stratigraphisch wichtigste Tierklasse Echinoideen. Von letzteren konnte ich folgende 
Spezies bestimmen, 

Schizaster Archiaci Cotteau. 

Echinolampas subcylindricus Desor. 

Conoclypeus conoideus (Leske) Agassiz. 

Cyclaster dechivus Cotteau. 

Die gleichen Formen, die dem unteren und mittleren Eozän angehören, finden sich auch bei Breonio. 


Diluvium und Alluvium. 


Auf das Etschtal beschränkt ist das Auftreten von diluvialen Ablagerungen. Die deutlichsten Zeugen 
einer Vergletscherung zeigen sich bei Dolce in Gestalt von Rundhöckern. Echte Moränen mit geschrammten 
Geschieben finden sich überhaupt nicht, dagegen beobachtet man südlich der Casa Ceradello mehrere Auf- 
schlüsse in einem vielleicht dem Diluvium angehörenden Schotter. Derselbe ist deutlich geschichtet und 
besteht aus abwechselnden Lagen mit gröberen und feineren Geröllen, die teils aus den südlichen Kalk- 
alpen, teils auch aus den Zentralalpen stammen. Besonders sehr verbandfeste Granite und Quarzporphyre 
nehmen einen hervorragenden Anteil an der Zusammensetzung dieser Schotter. Hie und da treten auch 
sandige Einlagerungen oder auch ganze Sandbänke auf. — Wohl sicher dem Diluvium zuzurechnen sind 
zwei Vorkommnisse im Süden des Gebietes. Der eine Aufschluß liegt gegenüber der Casa Zengia an der 
Strafe nach S. Ambrogio, und der andere etwas weiter nördlich im Westen der Straße, die von S. Am- 
brogio nach Monte führt. Es händeit sich hier um feste Nagelfluhbänke, denen jedoch die zentralalpinen 
Gerölle völlig fehlen. Letztere entstammen vielmehr der Hauptsache nach den in dem kartierten Gebiet an- 
stehenden Schichten, Vorherrschend sind Hornsteine und graue Kalke vertreten. — Im Etschtal finden sich 
westlich von Breonio vereinzelte zentralalpine Gerölle bis zu einer Höhe von 700 n. In den tieferen Regionen 
des Tales nehmen dieselben an Häufigkeit zu. Das gleiche beobachtet man bei Dolce, hier reichen die 
Gerölle, die meist aus Quarzporphyr bestehen, nur bis zu einer Höhe von 500 m. — Vermutlich war fast 
die ganze linke Seite des Etschtales von glazialen Ablagerungen bedeckt. Dieselben fielen der Erosion 
anheim und nur einige Blöcke, die das Wasser nicht fortzuschaffen vermochte, blieben von der ehemaligen 
Decke liegen. Die Gerölle wurden teilweise der Etsch zugeführt, teilweise finden wir sie in den Alluvionen 


[17] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 195 


wieder, die sich hauptsächlich in Gestalt von Schuttkegeln vor den tiefeingeschnittenen kleinen Seitentälern 
der Etsch ausbreiten. Hier liegen stark abgerollte zentralalpine Gerölle neben Kalk und Dolomitblöcken, an 
deren kantiger Beschaffenheit man erkennen kann, daß sie nicht weit transportiert sind. 

Im Fumanetal treten neben den eigentlichen Flußalluvionen mächtige Kalktuffe auf. In den letzteren 
beobachtet man nicht selten Gastropoden, die den Heliciden sehr nahe stehen. Die Schalen dieser Formen 
sind so wenig verändert, daß es sich bei dem Kalktuff wohl um eine sehr junge Bildung handelt. Dicht 
bei Fumane füllen die erwähnten Schnecken eine ganze Spalte in den Krinoideenkalken aus. 

Auch eine andere allenfalls diluviale Bildung möchte ich nicht unerwähnt lassen. — Dort 
wo die Straße, die das Fumanetal aufwärts führt in der Richtung auf Manone di sopra zu, lang- 
sam zu steigen beginnt, steht oberhalb der ersten Biegung der Straße an der steilen Felswand, die vom 
Krinoideenkalk gebildet wird, ein brauner Ton an, der ganz von Knochen erfüllt ist. Diese Knochenschicht 
ist nur wenige Meter lang und etwa zwei Meter hoch. Im allgemeinen finden sich die Knochen nur in 
kleinen Splittern, jedoch ist anzunehmen, daß auch vollständige Stücke gefunden würden, wenn man die 
Schicht ganz abbaute. Es wurde ein Tag darauf verwandt, um dort zu schürfen und ein Bärenzahn, 
ferner Zähne und Knochen vom Reh und Knochen vom Rind gefunden. Außerdem treten in der 
gleichen Schicht Feuersteine auf, die aussehen, als ob sie von Menschenhand bearbeitet wären. Oft haben 
dieselben Ähnlichkeit mit Speerspitzen und Messern, Solche Feuersteinsplitter finden sich auch in großer 


Zahl in einem linken Seitentale des Progno di Fumane im Westen von Mandrago. 


Tektonik. | 
a Triasdolomit. Bor b Graue Kalke. c Oberer Jura. d Biancone. 


arasarır glia. f Vulkanischer Tuft. es g Eozän. 


Zeichenerklärung für die Profile. 


Die beiden Teile, in welche das kartierte Gebiet durch den Progno di Fumane zerlegt wird, zeigen 
eine recht verschiedenartige tektonische Gestaltung. Links fast völlig ungestörte Lagerungsverhältnisse 
(Profil 1) und rechts ein von erheblichen Dislokationen durchzogenes Gebiet. Das Streichen der Schichten 


Str.n.Cerna 700m. 
Cassarega ı N 


\ 
\ 
I} 
Tr 
\ 


Profit. 


zwischen dem Fumanetal und dem Tale von Negrar ist in den nördlichen Teilen von Westen nach Osten 
gerichtet. Im Süden dagegen biegt die Streichrichtung in eine ostnordöstliche um. Die Schichten fallen 
schwach südlich bis südsüdöstlich ein, so daß die Juraschichten bereits bei dem Dörfchen Isola unter- 
tauchen und kurz darauf auch der Biancone, während die Scaglia das Eozän bis nach Casterna begleitet. 
In dem größten linken Seitentale des Progno di Fumane fallen die Schichten nördlich von der Casa dei 
Lovi wenige Grad nördlich ein. Es entsteht so ein flacher Sattel, der etwa in ostnordöstlicher Richtung 
streicht. — Im Val di Negrar werden die tieferen Horizonte nicht angeschnitten. Die Straße von Negrar 
nach Prun führt durch einförmig in südlicher Richtung einfallende Kreideschichten. — Im anderen Teile 
des Gebietes zwischen der Etsch und dem Progno di Fumane geht das westöstliche Streichen der Schichten 
öfter in ein nordwestliches über. Jedoch kann man ein westöstliches Streichen für das ganze Gebiet als das 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 25) 


196 Dr. Karl Boden. 118] 


Normale ansehen. — Die südlichste Störung, die uns entgegentritt, ist eine im Osten des Monte Solane 
verlaufende Flexur (Profil 2). Man beobachtet hier, wie die flach nach Süden einfallenden Kreideschichten 
plötzlich eine Steilstellung annehmen, um sich dann ebenso plötzlich wieder normal zu legen. Die steil- 


gestellten Schichten bilden nur eine ganz schmale Zone, die nördlich von Mazurega beginnt, hinter der 


Monte Solane 654m. 


5. 


N. 


Gargagnago 


Profil II. 


Chiesa von Mazurega durchzieht und allmählich an Sprunghöhe verlierend bei S. Giorgio, wo auch die 
Eozänschichten steilgestellt sind, ihr Ende findet. Wir haben es also hier mit einer Flexur zu tun, die in 


nordnordöstlicher Richtung streicht. 


Nördlich von Cavalo treten wir in das am stärksten dislozierte Gebiet ein. Gleich hinter dem 
Dorfe findet sich ein Aufschluß, wo man erkennen kann, wie die Eozänschichten fast senkrecht in den 


Monte Pastello 1122m. 


Madonna della Salette 
fumane 200m. 


Proteine 


Berg einschließen. Verfolgt man das Profil in nördlicher Richtung weiter, so trifft man auf die ebenso 
steilgestellten Jura- und Kreideschichten, welche an der Straße sehr schön aufgeschlossen sind (Profil 3). 
Nach Osten zu zeigen die Schichten vorübergehend ein westliches und südlich von Cavalo ein geringes 
nordwestliches Einfallen, um sich dann am Monte Incisa. und am Monte Rumala, abgesehen von einigen 
flachen Faltungen, schwach geneigt nach Süden zu senken. Verläßt man die Straße und steigt in nordwest- 


Monte Pastello 1050m. 


0.5.0. 


W.N.W. Monte Rumala 600m. S 


NProgno difumane 
SE ı 


Val dAdige 


oa INY, 


licher Richtung am Ostabhang des Monte Pastello hinauf, so durchquert man noch einmal dasselbe Kreide- 
Jura-Profil (Profil 4). Der Gipfel des Monte Pastello ist dagegen wieder aus flach südlich bis südwestlich 
einfallenden Schichten gebildet. Dieses normale Fallen behalten die gesamten liassischen Ablagerungen am 
gewaltigen Westabsturz des Monte Pastello bis ins Etschtal bei. Außer am nördlichen Teil des Berges, 
wo sie sich nach Westen hinüberbiegen, so daf hier ein Sattel entsteht. Abgesehen von diesem Sattel bilden 


[19] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 197 


die Schichten am Monte Pastello eine in nordnordöstlicher Richtung streichende Flexur, wobei der östlich 
gelegene Teil in eine tiefere Lage gekommen ist. 

Komplizierter wird der Bau dadurch, daß die fast steilgestellten Schichten eine Verwerfung durch- 
schneidet, an welcher das nordwestliche Gebirgsstück abgesunken ist, So erklärt sich die zweimalige Auf- 
einanderfolge des Jura-Kreidesystems. Die erwähnte Verwerfung setzt sich nach Norden und Süden zu 
fort und schneidet im Süden bei Cavalo die steilen Schichten gegen das Eozän ab. Im Norden ist an der- 
selben die Kreide abgesunken, so daß nur ein schmaler Streifen vom oberen Jura zwischen Krinoideenkalk 


eingeklemmt vorhanden ist. Die abgesunkenen Schichten ziehen an der zunächst westsüdwestlich gerichteten 


Monte Pastello, 


Str.n.Monte 


i 
ı 
1 
! 
ni 


Profil V. 


Wand des Monte Pastello entlang und biegen dann nach Südwesten um, An dieser Umbiegungs- 
stelle ist die Scaglia fast ausgequetscht, nur ein schmaler Streifen vollständig zerknitterten Gesteins ist hier 
von diesem Horizont zu beobachten. Der Biancone gibt sich nur durch das Vorhandensein von einer zer- 
riebenen, weißen, mergeligen Masse, in der noch einige Hornsteine stecken, zu erkennen, Weiter südwest- 
lich treten die Formationen wieder in ihrer gewöhnlichen Mächtigkeit auf und nehmen bei Monte bereits 
ein normales Streichen und Fallen an (Profil 5). 


Im Nordosten vom Monte Pastello ist bei der Casa Molane ein Bergsturz niedergegangen, der die 
Schichten teilweise verhüllt. Letztere liegen fast horizontal. Unter der flachen Eozändecke, auf der das Forte 


Monte Pastelletto 1030 m. 
W. Str. Cavalo-Breonio 0. 


Profil VI. 


Masua steht, folgen normal die Kreide- und Jurasedimente, bis zur Casa Rovinal. Hier richten sich die 
Schichten allmählich auf und nehmen am Monte Pastelletto eine steile Stellung an (Profil 6), die sich im 
Norden des erwähnten Berges ausgleicht. Bei Breonio treffen wir wieder aufnormale Lagerung. Die im Osten und 
Westen vom Monte Pastelletto schwach südlich einfallenden Schichten lassen erkennen, daß man es hier 
mit einer dritten nordnordöstlich streichenden Flexur. zu tun hat. Allerdings gestaltet sich die Tektonik des 
Monte Pastelletto bedeutend einfacher als die des Monte Pastello. 

Die erheblichste Störung, die das Gebiet durchzieht, ist ein gewaltiger, am Rande des linken 
Etschtales verlaufender Bruch. Derselbe ist schon von Bittner mit völliger Klarheit erkannt worden 
(Bittner, Verh. d. Reichsanst., 1878, pag. 63), so daß mir nur noch übrig bleibt, eine genaue Detail- 
beschreibung dieser Verwerfung zu geben. Der Weg, welcher von der Etschtalstraße in dem Tale hinauf- 
führt, welches ich als Nordgrenze meines kartierten Gebietes gewählt habe, biegt nach kurzer Zeit in ein 
kleines Seitental ein. Folgt man dem steilen Pfade, der in diesem Tale hinauf nach Breonio führt, so durch- 
quert man zur Linken das gesamte Profil der grauen Kalke. Zur Rechten steht überall dunkelgefärbter 
massiger Dolomit an. Sehr bald werden über diesem Dolomit lichtgefärbte mächtige Bänke sichtbar. Man 

25* 


198 Dr. Karl Boden. [20] 


sieht hier die Überlagerung des Dolomits durch die grauen Kalke. Hat man die Höhe erreicht, so steht 
man vor einer steilen Wand, die aus einem rötlichen kristallinen Gestein besteht, dessen liassische Natur 
sich durch das Auftreten von Krinoideenstielgliedern und kleinen Rhynchonellen ohne weiteres verrät. Der 
Felsen La Rocca besteht aus steilstehenden Schichten der grauen Kalke, Zwischen letzterem und der gegen- 
überliegenden Wand geht die Verwerfung durch. Es kommt hier also das unterste Niveau der grauen Kalke 
mit den Krinoideenkalken in Berührung. An der von La Rocca aus südlich gelegenen Wand hebt sich 
deutlich der dunkle massige Dolomit neben den heller gefärbten grauen Kalken ab. Im Westen von der 
Casa Rovinal ist die Verwerfung wiederum durch eine steile Einsattelung gekennzeichnet. Es ist dies die 
Stelle, die bereits Bittner aufgefallen ist, wo der Dolomit mit den oberen Juraschichten in Berührung 


7 

HH 

IHRE 
FH 


NN IN Schwach 


Stark 
Tektonische Übersichtskarte. 


abgesunkene Schichten, 


kommt. (Verh. d. Reichsanst., 1878, pag. 63). Von dort verläuft die Verwerfung weiter in südwestlicher 
Richtung; biegt dann wieder nach Süden um und zieht westlich an der Casa Molane vorbei, wo sie durch 
den Bergsturz verdeckt den oberen Jura und die Kreideschichten abschneidet. Darauf verläuft sie eine kurze 
Strecke zwischen Eozän und grauen Kalken und geht dann in die Verwerfung am Ostabhang des Monte 
Pastello über, welche bereits im Zusammenhang mit der Tektonik des erwähnten Berges besprochen wurde, 
Der im Norden von Cavalo zwischen dem Progno di Fumane und dem Etschtal gelegene Gebirgsteil wird 
durch diese in etwa nordnordöstlicher Richtung: verlaufende Verwerfung in zwei Schollen zerlegt, eine öst- 


liche und eine westliche oder Etschtalscholle. Die letztere besteht im Norden aus obertriassischem Dolomit 
und im Süden aus grauen Kalken. 


Im Dolomit ist Bankung mit Deutlichkeit nur in den südlichen Teilen bei der Casa Rovinal und 
besonders gut in dem Taleinschnitt im Osten der Casa Ceradello zu erkennen. Das Einfallen ist hier ein 
westliches. Bei Dolce legen sich die grauen Kalke normal über den Dolomit. — Die Schichten fallen hier 
auf eine kurze Strecke mit 45° südlich ein, um sich gleich darauf wieder flacher zu legen. Es durchzieht 
das Schichtsystem eine in nordwestlicher Richtung verlaufende Flexur, wodurch die grauen Kalke, die den 


[21] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 199 


Monte Pastello aufbauen, gegen den Dolomit abgesunken sind. Durch diese Flexur wird die Etschtalscholle 
wiederum in zwei Hälften zerlegt, eine nördliche »Dolomitscholle« und eine südliche »Pastelloscholle«. 
Recht mannigfache Gebirgsbewegungen haben in dem besprochenen Teile des Gebietes stattgefunden. Sieht 
man von den Flexuren am Monte Pastello und Pastelletto ab, so ist einmal längs der großen Nordnordost- 
verwerfung die östliche Scholle gegen die Etschtalscholle abgesunken und außerdem die Pastelloscholle 
sowohl gegen die Dolomitscholle wie auch gegen den südlichen Teil der östlichen Scholle. — Man könnte 
die Dolomitscholle als einen stehengebliebenen Gebirgskern auffassen, um den die anliegenden Teile im 
Osten und Süden abgesunken sind, 


Im Süden von Cavalo biegt die Nordnordostverfwerung im scharfen Winkel nach Südosten um und 
behält diese Richtung bis zur Casa Tripoli bei, wo sie sich in zwei Äste gabelt, die fast parallel neben- 
einander in südlicher Richtung verlaufen. Der zwischen beiden Ästen liegende Gebirgsteil ist eingesunken, 
so daß in den Bänken des oberen Jura ein Streifen Scaglia liegt, unter dem normal Biancone und oberer 
Jura folgen (Profil 3 und 7). Bei dem Wallfahrtsort Madonna della Salette*), der am Südabhang des Monte 
Ineisa liegt, heben sich beide Verwerfungen in den Krinoideenkalken auch orographisch scharf ab. 


Monte Solane 654m. 


W. i 
ı Ai = 
Str.n.S.Ambrogio f Sehnen: Eu L 
: =  Prognodi 
Voldhdige - ee: = P— Eessttugnu difumane 200m 


Profil VII. 


Im Südwesten dieser Nordwestverwerfung liegt zwischen Mazurega und Cavalo ein Gebirgsstück 
ohne jeden Zusammenhang mit den hier im allgemeinen normal einfallenden Schichten. Diese Scholle, 
welche aus Nummulitenkalk besteht, unter dem im Norden etwas Scaglia hervortritt, wird im Nordosten 
von der Verwerfung zwischen Cavalo und Fumane begrenzt. Im Nordwesten und Südosten verlaufen zwei 
Verwerfungen, die sich zunächst als fast vertikale Sprünge erweisen (Profil 7), zwischen denen der Num- 
mulitenkalk eingesunken ist. Im Westen von Mazurega dagegen sieht man wie das Eozän flach wie eine 
Zunge über das vorgelagerte Gebirge geschoben ist. Zwischen dem basalen Gebirge und der überschobenen 
Scholle findet sich eine ı m mächtige Überschiebungsbreccie. Das zwischen Mazurega und Cavalo gelegene 
Gebirgsstück ist also bei gleichzeitigem Einsinken über den nördlichen Teil des Monte Solane hinüber- 
geschoben worden. 


Das Zustandekommen dieser Überschiebung könnte man auf folgende Weise erklären. An der 
großen Nordnordostverwerfung gingen nicht allein vertikale Bewegungen, sondern auch eine horizontale 
Verschiebung vor sich; indem sich die östliche Scholle in südlicher Richtung vorwärts bewegt und dabei 


das Gebirgsstück zwischen Cavalo und Mazurega vor sich hergeschoben hat. 


Im Nordwesten von Manone di sopra durchzieht das Gebiet eine in nordsüdlicher Richtung ver- 
laufende Verwerfung, an welcher der östlich gelegene Gebirgsteil gegen den westlichen abgesunken ist, so 
daß die grauen Kalke mit dem Eozän in Berührung kommen. Es entsteht so die zweimalige Aufeinander- 


*) Die geologischen Verhältnisse an dieser Madonna schildert Nicolis folgendermaßen: »Un calcare saccaroide, 
rossastro, sterile, che vi sovraincombe alla Madonna della Salette, sarebbe l’equivalente delle assise ammonitiche del giura 
superiore« (Note ill., 1. c. pag 54). In diesem calcare saccaroide, von dem Nicolis annimmt, daf} er ein Äquivalent 
der oberen Juraschichten bildet, kommen an verschiedenen Stellen Einlagerungen von Oolithen vor und’nach oben zu geht er 
überhaupt in Oolithe über. Ferner finden sich garnicht selten Krinoideenstielglieder, kleine Rhynchonellen und fein- 
gerippte Limen. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß es sich hier um ganz normal entwickelten Krinoideen- 
kalk handelt. 


200 Dr. Karl Boden. [22] 


folge des gesamten Eozän-Kreide-Jurasystems (Profil 8). An der westlichen Scholle ist von den grauen 
Kalken nur ein schmaler Streifen sichtbar, der das Eozän vom oberen Jura trennt. Die Sprunghöhe dieser 
Verwerfung läßt sich mit ziemlicher Genauigkeit auf 200 m berechnen. Nach Norden zu verläuft die Ver- 
werfung eine kurze Strecke in nordwestlicher Richtung; weiter, wobei sie die Jura- und Kreideschichten gegen 
Eozän und Tuff abschneidet, darauf biegt sie nach Nordosten um und streicht wahrscheinlich in die 


Schichten des Eozäns hinein, wo sie sich der Beobachtung entzieht. 


Str. Cavalo-Breonio 
0. 


950m. 
I, 
) 
Str.n.Molina 
I 


9 


Profil VII. 


Die südliche Fortsetzung dieses Sprunges bildet eine Flexur, die im Westen von Manone etwa in 
südsüdöstlicher Richtung verläuft (Profil 9). Gerade wie bei der Verwerfung ist auch an dieser Flexur der 
östliche Gebirgsteil gegen den westlichen abgesunken. — Das Dörfchen Manone steht in einer Mulde 
(Profil ı1), die in nordöstlicher Richtung streicht, gegen Norden zu sich langsam ausgleicht und im Süden 


mit der Flexur im Westen von Manone zusammenläuft. Zwischen dieser Manone-Mulde und der Flexur 


850 m. NW. 


N.W. fußweg vom fumanetal nach- S.0. 


Manone dissotto Progno di fumane 


S.0. 


Profil IX. Brotmloxe Profil XI. 


findet sich noch eine weitere Mulde. Im Norden des Monte Creta sind diese Faltungen wieder ausgeglichen, 
wodurch die Gegend den ausgeprägten Charakter eines Plateaugebirges, deren Schichten flach nach Süden 
einfallen, annimmt. 

Das Fumanetal bildet, soweit es in das kartierte Gebiet fällt, in seinem Oberlauf ein reines Erosions- 
tal. Für seinen südlichen, bis Fumane reichenden Teil war dagegen eine in nordnordöstlicher Richtung ver- 


Monte Ineisa 


W. l Monte Scali 
\e Prognodi fumane | a 0. 


Profil XII. 


laufende Verwerfungsspalte für die Flußrichtung maßgebend. Dies ergibt sich aus der Tatsache, daß der 
obere Jura uud die Kreideschichten auf dem linken Fumaneufer bei fast gleichem schwachen südlichen 
bis südöstlichen Einfallen ganz bedeutend tiefer liegen als auf dem rechten (Profil 12). Die Sprunghöhe 
der Verwerfung wächst nach Norden zu um 50 m. Während sie bei Fumane etwa Iso n beträgt, erreicht 
sie am Monte Rumala eine Größe von 200 m. Diese Fumanetalverwerfung bildet die südliche Fortsetzung 


der Störungszone im Westen von Manone. 


[23] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 201 


Es ergeben sich somit zwei Hauptstörungslinien, welche das Gebiet in nordsüdlicher Richtung 
durchziehen. Die eine folgt von Fumane bis Cavalo einer nordwestlichen Richtung und geht dann eine 
nordnordöstliche annehmend am Ostabhang des Monte Pastello vorbei, um am Rande des Etschtales in der 
gleichen Richtung weiter zu verlaufen. Die zweite streicht zunächst im Fumanetal aufwärts und zieht dann 
nach Nordnordwesten gerichtet an Manone vorbei. Sieht man von dem Absinken der Pastelloscholle ab, so 
sind die Bewegungen an diesen beiden Störungslinien derart vor sich gegangen, daß die östlich gelegenen 
Schollen gegen die westlichen treppenförmig abgesunken sind (Profil 8). Ganz unabhängig von diesen 
Störungslinien sind die drei Flexuren zwischen S. Giorgio und Mazurega, am Monte Pastello und am 
Monte Pastelletto, die in nordnordöstlicher Richtung streichen, Neben diesen von Norden nach Süden 
gerichteten Störungslinien gibt es noch eine ganze Reihe von Verwerfungen, die in nordwestlicher Richtung 
verlaufen. Die Bedeutendste zieht von Banchette nach Mazurega zu und findet an der Überschiebung ihr 
Ende. Dieselbe wurde bereits von Nicolis erwähnt (Note ill. 1. c., pag. 54). Sehr merkwürdig ist an dieser 
Verwerfung das Auftreten einer völlig isoliert liegenden Kreidescholle, die in die Juraschichten ein- 
gesunken ist. Zwei weitere Nordwestverwerfungen wurden am Monte Pastello nachgewiesen und eine dritte 
am Monte Pastelletto. Im Val di Resentera, einem im Norden des Monte Rumala gelegenen rechten Seiten- 
tale des Progno di Fumane ist an zwei Nordwestverwerfungen eine schmale Scholle von Biancone 
und oberen Jura eingesunken. Im Norden davon befindet sich eine weitere Nordwestverwerfung. Alle diese 
zuletzt erwähnten Verwerfungen lassen sich meist nur auf kurze Strecken verfolgen, sobald sie in derselben 
Schicht weiterstreichen entziehen sie sich in der Regel der Beobachtung. Sicherlich sind noch andere solche 
Störungen vorhanden. Besonders bei genauerer Untersuchung der grauen Kalke des Fumanetales und des 
Etschtales findet man in den auf den ersten Blick so normal daliegenden Schichten eine ganze Menge 


Faltungen, Flexuren und Verwerfungen. 


Diese Nordwestverwerfungen sind jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. Mafßgebend für den 
tektonischen Aufbau des Gebietes sind die Verwerfungen und Flexuren, die nordnordöstlich streichen und 
an denen im allgemeinen die östlich gelegenen Gebirgsteile gegen die westlichen abgesunken sind. Diese 
Hauptstörungslinien gehören dem Judikariensystem an. Die Bruchlinie des Val Sugana ist auf die tektonischen 
Verhältnisse ohne Einfluß geblieben. Erst einige Kilometer weiter nördlich am Corno d’Acquilio und Corno 


Mozzo biegen die Störungslinien in eine westöstliche Richtung um. 


Schlußwort. 


Die Fragen nach der Zeit, in der sich jene Verwerfungen und Faltungen gebildet haben, gestalten 
sich verhältnismäßig einfach. Während des ganzen Mesozoikums konnten die Meere ihre Sedimente unge- 
stört absetzen. Wenn uns das Fehlen mancher Horizonte an einigen Stellen auffällt, so haben wir die 
Ursache dafür wohl nicht in Transgressionen von größerem Umfang zu suchen. Von den Strand- 
verschiebungen, die in dem damaligen Alpengebiet zur Kreidezeit stattfanden, sind im gesamten Etschbucht- 
gebirge keinerlei Anzeichen vorhanden. Auch während der älteren Eozänzeit ist das Gebiet von Gebirgs- 


bewegungen verschont geblieben. 


Jedenfalls war am Ausgang der Tertiärzeit die Gebirgsbildung beendigt und die Erosion war 
nur noch allein tätig, um die Berge und Täler zu schaffen, wie wir sie heute vorfinden. Das Eis hat 
hieran nur einen geringen Anteil genommen. Nur im heutigen Etschtal zog sich ein Gletscherstrom ent- 
lang, dessen Spuren wir noch antreffen. Die Flüsse und Bäche fanden ihren Weg teils durch Ver- 
werfungsspalten, denen sie folgen konnten, vorgezeichnet, teils mußten sie sich erst in dem Gesteine selbst 
ein Bett schaffen. Sehr verschiedenartig verhielten sich die einzelnen Formationen gegenüber der erodie- 
renden Tätigkeit des Wassers. Während die lockeren Kreideschichten, besonders die des Biancone und stellen- 
weise auch die des Eozäns auf ganze Gebiete hin abgetragen wurden, leisteten die Schichten des Jura- 
systems ganz anderen Widerstand. Das Wasser vermochte nur tiefe Rinnen in das Gestein einzugraben 
und es entstanden jene tiefen steilwandigen Täler, die für die veronesisch-vizentinische Landschaft so 


202 Dr. Karl Boden. [24] 


charakteristisch sind. Hervortretend ist auch der Kontrast in den Vegetationsdecken der verschiedenen 
Formationen. Die Steilhänge, welche von den Juraschichten oder von dem triassischen Dolomit ge- 
bildet werden, sind von einem dichten, manchmal fast undurchdringlichen Buschwerk bewachsen. Auf 
den Kreide- und stellenweise auch auf den Eozänsedimenten, welche die flachen Berge bedecken, gedeiht 
dagegen der herrlichste Wein, der sonst nur in den Talböden wächst. Gelangt man höher in die Berge 
hinauf, so hören die Weinberge allmählich auf und es treten grüne Alpenweiden an ihre Stelle. Auch 
hier sind es wieder die Kreideschichten, besonders die des Biancone, auf denen die saftigsten Wiesen 


gedeihen. 


Paläontologischer Teil. 


Rynchonella Vigilii Lepsius. 


1878. Rhynchonella Vigilii Lepsius. Das westliche Südtirol, pag. 368, Taf. VII, Fig. 8—10. 

1886. Rhynchonella Vigilii Parona u. Canavari. Brachiopodi oolithici di alcune localita dell’ Italia settentrionale. Atti 
soc. Toscana, Pisa, Vol. V, pag. 347, Tav. XIII, fig. 5, 6. 

1884. Rhynchonella Erycina, Mattioli, explanata, sp. ind. di Stefano. Die Brachiopoden des Unterooliths vom Monte 
San Guiliano Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst., Bd. XXXIV, pag. 730—735, Taf. XIV, Fig. 5—1I5. 

1886. Rhynchonella Vigilii Vacek. Über die Fauna der Oolithe vom Cap San Vigilio. Abh. d. k. k. geol. Reichsanst. 
Bd. XII, Nr. 3, pag. 116, Taf. XX, Fig. 10—16. 

1891. Rhynchonella Briseis di Stefano. Il lias medio del Monte San Guiliano. Attid. Acc. Gioenia di Sc. Nat. in Catania, 
pag. 88, Tav. III, fig. 9—17. 

1886. Rhynchonella Erycina Rothpletz. Vilser Alpen. Paläontogr., Bd. XXXIII, pag. 150, Taf. XI, Fig. 16, 17. 

1889. Rhynchonella Vigilii Finkelstein. Uber ein Vorkommen der Opalinus- (und Murchisonae- ?), Zone im westlichen 
Südtirol. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges., Bd. XLI, pag. 74. 

1892. Rhynchonella Vigılii Böse und Finkelstein. Uber die mitteljurassischen Brachiopodenschichten von Castel Tesino 
im östlichen Südtirol. Zeitschr. d. Deutsch. geol Ges., pag. 296. 

1897, 1898. Rhynchonella Vigılii Böse. Die Brachiopoden des unteren Dogger im bayrischen Inntale. Palaeontogr. 
Bd. XLVI, pag. 233. ei 
Die Rhynchonella Vegilii ist meist nur als Hohldrücke in dem kristallinen Kalke am Monte Incisa, 

enthalten, doch gelang es mir, einige wohlerhaltene Steinkerne aufzufinden, die Form und Berippung 

erkennen lassen. 
Die mir vorliegenden Stücke zeigen mit einer Ausnahme alle eine mehr oder minder unsymmetrische 

Form. Die Zahl der Rippen nimmt mit der Größe der Exemplare ab und schwankt zwischen acht und 

elf. Die Dorsalschale hat eine äußerst starke Wölbung, während die Ventralschale fast völlig abgeplattet 

ist und in einen weiten Sinus ausläuft, in welchem meist zwei Rippen endigen, Der schwach nach vorn 

gebogene Schnabel ist wenig zugespitzt. 
Die außerordentliche Variabilität dieser Art hat schon zu mannigfachen Irrtümern und Diskussionen 

Veranlassung gegeben. Mein geringes Material verbietet mir, in irgend einer Weise darauf einzugehen. 

Insbesondere ist eine Bezugnahme auf ihre Verwandtschaft mit der Ahynchonella Seganensis und der 

Rhynchonella Briseis, mit welcher letzteren sie verschiedene gemeinsame Merkmale hat, ausgeschlossen 

(Böse und Finkelstein, 1. c., pag. 294). Die von Lepsius abgebildeten primitiven Formen, bei denen nur 

eine Rippe im Sinus endigt, habe ich nicht gefunden. Ebenso stehen die wenigen Exemplare, welche sich 

in der Abhandlung von Parona-Canavari finden, meinen Formen ziemlich fern. Dagegen zeigen die von 

Di Stefano unter den Namen Rhynchonella Erycina, Mattiolii, explanata und sp. ind. vom Mte. San 

Guiliano beschriebenen Spezies große Ähnlichkeit mit den mir vorliegenden Exemplaren. Mit den Formen, 

die den Oolithen vom Cap S. Vigilio entstammen und von Vacek abgebildet und beschrieben sind, decken 

sich meine Stücke so vollkommen, daß ein Zweifel einer Zugehörigkeit zu dieser Art unmöglich ist. 


Rhynchonella Clesiana Lepsius. 


Es würde zwecklos sein, die zahlreichen Zitate dieser bekannten Form wiederzugeben. Ich ver- 
weise hier nur auf die Abbildungen bei Meneghini (Fossili oolitici di Monte Pastello. Att. soc. Tosk. 


[25] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 203 


d. sc. nat. 1880, vol. IV, pag. 25, tav. XXII, fig. I—5), mit denen meine Stücke eine vollständige Über- 
einstimmung zeigen. Von der größten Wichtigkeit ist die außerordentliche zeitliche Verbreitung dieser 
Form. Sie ist von den Liasschichten bis zum Bajocien nachgewiesen. Meine Exemplare stammen vom 
Monte Rumala, wo sie in einem mächtigen Oolithkomplex eine ganze Bank ausfüllen. In derselben Bank 


fanden sich auch kleine ungerippte Rhynchonellen mit feinen Zuwachsstreifen. 


Rhynchonella cfr. Clesiana Lepsius. 


Die schwach asymetrischen Formen gleichen, was die Wölbung der Schalen und die Form des 
Schnabels anbetrifft, der Rhynchonella Clesiana vollkommen. Jedoch erlaubt die größere Anzahl der weniger 
kräftigen Rippen — es treten bis zu 18 auf — keine vollständige Identifizierung. Ob es sich hier um eine 
neue Spezies handelt, will ich nicht entscheiden, da mir nur Steinkerne vorliegen, die oft ein falsches Bild 
von der Form geben können. Ich wähle daher vorläufig die Bezeichnung cfr. Clesiana. Kleine feingerippte 
Rhynchonellen fanden aus den grauen Kalken von Verona schon häufig Erwähnung, so gibt Boehm (Beitr. 
zur Kenntn. der grauen Kalke, 1]. c. pag. 766) eine Rh. aff. Clesiana an. Vielleicht handelt es sich 
hier um dieselbe Spezies. Nicht selten treten diese Formen in dem dolomitischen Kalke auf, der nördlich 


von Cavalo an der ersten Biegung der Straße nach Breonio ansteht. 


Rhynchonella sp. nov. 
(Taf., VIII, Fig. 2 a—d.) 
Die Form ist dreiseitig abgerundet. Der Stirnrand senkt sich wenig nach der kleinen Schale zu ein. 
Die Ventralschale ist ziemlich gleichmäßig gebaut und bildet keinen Sinus. Der Verlauf der Rippen, deren 
etwa 15 vorhanden sind, läßt sich nicht genau feststellen, doch scheint eine dichotome Spaltung vorhanden 
zu sein. Der äußerst spitze Schnabel ist wenig gebogen. Die Dimensionen des einzigen gut erhaltenene 
Stückes sind j 
Höhe . . . gmm. 
Breiten no mm! 
Dicke ... 4mm. 


Ähnliche kleine gerippte Rhynchonellen finden sich in den Krinoideenkalken des Fumanetales, woher 
auch das beschriebene Stück stammt, gar nicht selten, nur meist in einem sehr schlechten Erhaltungszu- 


stande, der eine genauere Bestimmung unmöglich macht. 


Lima sp. ind. 
(Taf. VIII, Fig. 1.) 
Neben einigen unvollständig erhaltenen Exemplaren liest mir nur ein Hohldruck vor, von dem sich 
jedoch ein sehr guter Abguß machen ließ, der alle Einzelheiten deutlich zeigt. 


Die schwach gewölbte Schale ist nach vorn so weit verlängert, daß eine etwas breitere wie hohe 


Form entsteht. Hinter der schmalen Lunula, die ziemlich scharfe Kanten besitzt, ragt das vordere Ohr nur 


wenig neben dem Wirbel hervor. Die hintere Seite zeigt ein scharf abgesetztes Ohr, welches eine etwas 


tiefere Lage wie das vordere hat. Etwa 50 Rippen lassen sich deutlich beobachten, die nicht sehr kräftig 
hervortreten und radial verlaufen. Das Stück stammt aus den Krinoideenkalken von Fumane. Mit keiner 


; : : > an Fan ar : 53 ; i 
von den bisher aus dem Lias speziell aus den grauen Kalken beschriebenen Limen ließ sich die Form 


identifizieren. 

Phylloceras mediterraneum Neumayr. 
1852. Ammonites Zignodianus Kudernatsch. Die Ammoniten von Swinitra. Abh. d. geol. Reichsanst., Bd. I, Abt. 2, pag. 8. 
1854. "Ammonites Zignodianus v. Hauer. Beitr. zur Kenntn. der Heterophyllen der österr. Monarchie. Sitzungsber. der 


Wiener Ak. math.-nat. Kl., Bd. 12, pag. 35. 
1859. Ammonites Zignodianus Vilanova. Memoria geogn.-agric. sobre la Prov. di Castellon. Me&m. de la real Ac. de 


Ciencas de Madrid. Tomo IV, Tab. I, Fig 7. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns. Bd. XXI. 


26 


204 Dr. Karl Boden. [26] 


1868. Phylloceras Zignodianum Zittel. Paläont. Notizen über Lias, Jura und Kreideschichten in den bayr. und österr. Alpen 
Jahrbuch d. geol. Reichsanst., Vol. IS,,pag. 603. 

1870. Phylloceras Zignodianum Zittel. Die Fauna der älteren Cephalopoden führenden Tithonbildungen, pag. 158, Tat. XXV, 
Fig. 15, und Taf. XXVI, Fig. ı, a u. b. 

1869— 1876. Phylloceras Zignodianum Gemmellaro. Studi paleont. sulla fauna del calc. a Ter. janitor del Nord di Sicilia, 
Parte I, pag. 48, Tav. IX, Fig. 1, 2. 

1871. Phylioceras mediterraneum Neumayr. Jurastudien. Jahrb. d. geol. Reichsanst., Bd. XXI, H. 3, pag. 340, Taf. XVII, 
Fig. 2—5. 

1875. Ammonites mediterraneus Favre. Descr. des fossiles du terr. jur. de lamontagne des Voirons. Mem. de la Soc. 
Palcont. Suisse, vol. 2, pag. 12, Pl. I, Fig. 9, 12. ; 

1875. Ammonites mediterraneus Waagen. Jur. Fauna of Kutsch, pag. 34, Pl V, Fig. 1, Pl. VII, Fig. 3. 

1875. Ammonites mediterraneus Favre. Descr. des foss. du terr. Oxfordien des Alpes Fribourgoises, M&m. de la Soc. 
Paleont. Suisse, vol. 3, pag. 33, Pl. II, Fig. 12. 

1877. Ammonites mediterraneus Gemmellaro. Sopra ale. f. guiresi e liassiche della Sic. N. 7. Sopra i. Ceph. della zona 
inf. degli strati con Asp. ac. di Sic. Estr. d. Atti dell’Ac. Gioenia di Sc. Nat. in Catania, S. 3, pag. 182, 
Tav. XVII, Fig. 2. 

1880, Ammonites mediterraneus Favre. Descr. des foss. des couches tith. des Alpes Fribourgoises. Me&m. de la soc. 
paleont, suisse, Vol. VI, pag. 25, pl. II, Fig. 7. 

1890. Ammonites mediterraneus Haug. Note sur le peristome du Phyll. med. Bull. d. la soc. geol. de France, 3. ser 
t. XVII, pl. IV, pag. 328. 

1892. Ammonites mediterraneus Siemiradzky. Die oberj. Amm. in Polen. Zeitschr. der deutsch-geol. Ges., Bd. 44, 
pag. 447 (Fauna kopalna warstw oxfordzkich i kimeridzkich. Pam. Ak. Umiej. w. Krakowie IS91, pag. 5). 

1892. Ammonites mediterraneus Neumayr u. Uhlig. Jurafoss. des Kaukasus. Denkschr. d. math naturw. Kl. d. k. Ak. d. 
Wiss., Bd. 59, pag. 35, Taf. I, Fig. 1. 

1893. Ammonites mediterraneus Choffat. Descr. de la Faune jur. du Portugal. Classe des Cephalopodes. Prem. serie: 
Amm. du Lusitanien. Dir. des travaux g£ol. du Portugal, pag. 12. 

1893. Phylloceras mediterraneus Retowski. Die tithonischen Ablagerungen von Theodosia. Extrait du Bulletin de la 
societe Imper. des Naturalistes de Moscou 1893, pag. 26, Tat. I, Fig. 5. 

1396. Phylloceras mediterraneus Canavari. La fauna degli str. con Asp. ac. di Monte Serra presso Camerino. Estr. dall, 
Paleontogr. Italica. Vol. II, pag 38, Tav. V [Il], Fig. 2. 


Dimensionen. 


Durchmesser sr an) 64 mm 47 mm 
Höhe des letzten Umganges . . 53 53 51 
Nabelweii® s ao 8 060000 10 14 15 


Es liegen mir sechs Exemplare vor, die ich auf den Schutthalden der Marmorbrüche im oberen 
Jura gegenüber von S. Giorgio gesammelt habe. Zwei meiner Stücke sind Steinkerne, die neben dem 
charakteristischen Verlauf der Suturlinie eine schwache Berippung am Externteil noch .deutlich erkennen 
lassen, welches letztere Merkmal zur Unterscheidung von den sonst völlig identischen Steinkernen des 
Fhyll. Silesiacum führt. (Vergl. Zittel, Grenzsch. v. Jura und Kreide l. c., pag. 159). 


Die große Ähnlichkeit des Phyll. mediterraneum mit anderen Arten aus der Formenreihe des Phyll. 
ultramontanum ist leicht geeignet, zu Verwechslungen Veranlassung zu geben. Besonders auffallend ist der 
verschiedenartige Verlauf der Einschnürungen, deren Zahl zwischen 5 und 7 schwanken kann, bei beschalten 
Exemplaren und bei Steinkernen. Während bei den letzteren die Einschnürungen zunächst geradlinig nach vorn 
verlaufen, etwas oberhalb der Mitte der äußerst flachen Flanken- sehr seicht werden und sich dann im 
scharfen Winkel nach rückwärts biegen, um als tiefe Rinnen über den stark gerundeten Externteil fortzu- 
setzen, so beginnt bei beschalten Exemplaren, wie dies besonders die Abbildung bei Neumayr erkennen 
läßt, die Krümmung schon vor der Mitte der Flanken und zeigt eine schwache Abrundung. Sowohl an 


großen wie auch an kleinen Steinkernen lassen sich zungenförmige Fortsätze an der Umbiegungsstelle der 
Einschnürungen beobachten. ‚ 


Was die Haugsche Abbildung anbetrifft, so kann ich die von Uhlig ausgesprochene Ansicht, daß 


es sich nämlich um einen Skulptursteinkern handelt, bestätigen, da mir mehrere Exemplare mit einer dünnen 


[27] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 205 


Schalenschicht vorliegen, die keine Spur von einem Fortsatz erkennen lassen. Wülste vor den Einschnürungen 
auf der Externseite sind bei den Steinkernen nicht vorhanden. Sämtliche Exemplare besitzen eine deutliche 
Siphonalfurche. Frühere Autoren haben diese Form zu Phyll. Zignodianum d’Orbigny gestellt (d’Orb., Pal. 
france. Terr. jur. Pl., 182), jedoch wiesen schon Kudernatsch und Zittel auf die abweichende Endigung 
des ersten Lateralsattels bei dem d’Orbignyschen Exemplare hin. Nachdem Neumayr den eigentlichen 
Phyli. Zignodianum gefunden hat, muß man jetzt ihre Formen zu dem Phyll. mediterraneum stellen. Ob 
die anderen Zitate, die sich auf den Zignodianum beziehen, auch hiehergehören, kann man ohne Kenntnis 
der Suturlinie nicht konstatieren, da auf der verschiedenen Ausbildung des ersten Lateralsattels der alleinige 


Unterschied der beiden Spezies beruht. 


Phylloceras isotypum Benecke. 
(Taf VIII, Fig. 8.) 


1866. Ammonites iso'ypus Ben Über Trias und Jura in den Südalpen. Geogn. Paläontolog. Beiträge., pag. 184, 
“Tab. VAL, Big, 2: 

1871. Phylloceras isotybum Neumayr. Jurastudien. Jahrb. d. k, k. geol. Reichsanst., pag. 314, Tab. XIII, Fig. 3. 

1872. Phylloceras isotybum Gemmellaro. Sopra alcune faune giuresi e liassiche della Sicilia. N. 2, Sopra i Cephalo- 
podi d. z. con. Asp. ac. Opp. sp. de Burgilamuni presso Favara, provincia di Palermo. Estr. dal Giornale 
di Science naturali ed economiche in Catania, pag. 30, tav. VIII, fig. 1. 

1873. Phylloceras isotypum Neumayr. Die Fauna der Sch. m. Asp. ac. Abh. d. k. k geol. Reichsanst., Bd. V, Heft 6, 
pag. 158 (18). 

1877. Phylloceras isotypum Favre. La zone & Amm. ac. dans les Alpes de la Suisse et de la Savoie, ib. Vol. IV, 
pag. I3. - 

1877. Phylloceras isotypum Gemmellaro. Sopra alcune faune guiresi e liassiche della Sicilia. N. 7, Sopr. i Ceph. della 
z. inf. d. str..c. Asp. ac. di Sic. Estr. d. Atti dell’Ac. Gioenia d. Sc. nat. in Catania, S. 3, pag. 176. 

1836. Phylloceras isotypum Herbich. Das Szeklerland. Jahrb. der ungarischen geol. Landesanst., pag. 140 (122), 
tav. II, fig. 1. n 

1896. Phylloceras isotypum Canavari. La fauna degli strati con Asp. ac. di Monte Serra presso Camerino. Palaeontogr. 
italica, Vol. II, pag. 32 (8), Tav. 4 (I), fig. 4—6. 


Dimensionen. 


Dunchmesserns oem 103 mm 
Höhe des letzten Umganges 58 60 
Dicke » » » 47 — 
INabelweiterer 5 


Ich besitze zwei Steinkerne vom Phylloceras isotypum, die den roten Ammonitenkalken, welche 
bei S. Giorgio anstehen, entstammen. An dem einen Exemplar ist die Zeichnung der Suturlinie zu 
erkennen. Die Form ist in den Schichten des Asp. acanthicum äußerst häufig und wie es scheint auf diesen 
Horizont beschränkt. 

Die Steinkerne lassen keine Einschnürungen erkennen, eine Tatsache die schon Benecke her- 
vorhebt, durch den diese Art zuerst aus den Südalpen beschrieben wurde. Die Flanken sind flach und 
der schwach gerundete Externteil zeigt neben einer deutlich sichtbaren Siphonalfurche eine äußerst feine 
Berippung. Die Mundöffnung weicht von dem bei Benecke und Herbich abgebildeten Formen etwas 
ab. Sie ist viel gerundeter und zeigt eine elliptische Form, wie sie die Exemplare von Favre und 
Canavari erkennen lassen. 

Eine besondere Erörterung bedarf noch die Ausbildung der Suturlinie. Was die Loben anbetriftt, 
so hat mein Stück wenig Ähnlichkeit mit dem von Herbich abgebildeten. Die Form und Anordnung der 
Sättel stimmen mit dem Neumayrschen Exemplare gut überein; dagegen ist der Siphonallobus bedeutend 
schmäler, weniger verzweigt und etwa nur halb so lang wie der erste Laterallobus. Die Lobenzeichnung nähert 
sich also sehr der von Benecke angeführten und unterscheidet sich nicht wesentlich von der Favre- 
schen. Es scheinen bei dem Phylloceras isotypum Schwankungen im Verlauf der Suturlinie aufzutreten, 


besonders zwischen den alpinen Vorkommen einerseits und den siebenbürgischen andererseits. Ich ver- 
26* 


206 Dr. Karl Boden. [28] 


weise hier auf die Ausführungen von Canavari, der diese Verhältnisse an der Hand eines reichen 
Materials ausführlich bespricht. Der genannte Forscher kommt zu dem Schluß, daß auf Grund dieser 
doch immerhin nur unwesentlichen Unterschiede die Aufstellung einer neuen Spezies, welcher Gedanke 
von Neumayr ausgesprochen wird, nicht angebracht sei. 


Aspidoceras Oegir Oppel. 

1540. Ammonites perarmatus d’Orbigny. Pal&ont. frangais. Terrains jurassiques, pag. 498, pl. 184. 

1858. Ammonites Perarmatus Quenstedt. Der Jura, pag. 613, Taf. LXXV, Fig. 14. 
Cephalopoden. Taf. XVI, Fig. 12. 

1862. Armonites Oegir Oppel. Paläontolog. Mitteilungen aus dem Museum des königl. bayrischen Staates, pag. 226, 
Taf. LXIII, Fig. 2. 

1871. Aspidoceras Oegir Neumayr. Jurastudien. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanst, pag. 372, Tab. XX, Fig. 2 und 
Tab. XXI, Fig. 2. 

1875. Aspidoceras Oegir Favre. Description des fossiles du terrain jurassique de la montagne des Voirons. M&m. de 
la soc. pal. Suisse, pag. 38, Pl. V, fig. 3 und 4. 

1903. Aspidoceras Oegir Loriol. Etudes sur les Mollusques et Brachiopodes de /’Oxfordien sup. et moyen du Jura Le- 
donien. Mem. de la soc. pal&ont. Suisse, pag. 105, Pl. XIV, fig. I, 2 (cum syn). 


Dimensionen, 


Durchmesser se Pe 6 97271 
Höhe des letzten Umganges 31 
Dicke » » » 25 
INabelweiteer 


Der Aspidoceras Oegir hat eine außerordentlich große horizontale Verbreitung in der Zone des 
Peltoceras transversarium. Mein Stück, welches einen Steinkern vorstellt, haben mir die reichen Fund- 
stätten gegenüber von S. Giorgio geliefert. Die flachen Flanken der äußerst weit genabelten Form sind 
mit zwei radial angeordneten Reihen kräftiger Knoten bedeckt, die durch eine einfache gerade verlaufende 
Rippe miteinander verbunden sind. Über den schwach gerundeten Externteil zieht, wie mein Exemplar 
besonders auf dem äußeren Umgang erkennen läßt, ein Wulst von einem Knoten zum anderen, 

Bei der Oppelschen Abbildung des Ammonites perarmatus, der wohl mit Sicherheit hierher zu 
stellen ist, fällt das Auftreten von Doppelrippen auf. Man glaubt zunächst eine andere Spezies vor sich zu 
haben, doch scheint die Zweiteilung der Flaukenrippen eine Eigentümlichkeit der Jugendstadien zu sein, 
was durch die Beobachtungen von Loriol bestätigt wird. Die inneren Windungen zeigen regelmäßig: 
angeordnete Knoten, die sich an die steilen Nabelwände anlehnen. Der hohe und schlanke Querschnitt 
des letzten Umganges hat eine gerundete Form. Er erscheint nur kantig, wenn man ihn durch die Knoten 
lest. Von dem Asp. perarmatum unterscheidet sich die Form durch die bedeutend flacheren Flanken und 
durch die verschiedene Skulptur auf den inneren Umgängen, indem bei dem Zerarmatum Keine Knoten und 
geschwungene Rippen auftreten. 


Perisphinctes orthoplocus sp. n. 
(Taf. VII, Fig. 3 a, b c.) 


Diusc hmesse ro 108 nm 
Höhe des letzten Umganges - 29 33 
Dicke des letzten Umganges . 19 23 
Neabelweie oo eo o0% 0 AB 48 


Die ziemlich weit genabelten Formen tragen auf ihren flachen Flanken kräftige Rippen, die mit 
einer Anschwellung an der niedrigen Nabelkante entspringen und allmählich an Dicke abnehmend in 
gerader Richtung verlaufen. Etwas über der Mitte der Seiten teilen sich die Hauptrippen in drei bis vier 
Sekundärrippen, deren normaler Verlauf über die Externseite, bei einem Exemplar auf eine kurze Strecke 
durch eine seichte Siphonalfurche unterbrochen ist. An den Stellen, wo die Schale erhalten ist, reicht die 
Rippenspaltung etwas tiefer herab, Auf den inneren Umgängen stehen die Rippen bedeutend enger und 


[29] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 207 


besitzen keine Anschwellungen an der Nabelkante. Die Spaltungsstelle der Rippen ist hier durch den 
äußeren Umgang verdeckt. Die breiten und tiefen Einschnürungen, die sich in wechselnder Zahl sowohl aut 
den äußeren wie auch auf den inneren Windungen finden, sind mehr oder weniger stark nach vorn ge- 
schwungen oder verlaufen ganz gerade den Rippen parallel. 

Das Hauptmerkmal, welches die Formen innerhalb der Gruppe des Perisphinctes polyplocus, 
breviceps, Lothari etc. auszeichnet, sind die völlig gerade verlaufenden Rippen. Das deutet auf eine Zu- 
gehörigkeit zum Perisphinctes polyplocus, wie ihn Neumayr abbildet, hin; jedoch ist der polyplocus enger 
genabelt und trägt bedeutend kräftigere Rippen, so daß eine Identifizierung hier ausgeschlossen ist. Beim 
Perisphinctes Lothari sind die Rippen auf den Flanken stärker angeschwollen und stehen weiter ausein- 
ander; ferner ist der Nabel gerade wie beim folyplocus Neumayr enger. Als weiteres Unterscheidungs- 
merkmal kommt noch beim Per, polypl. breviceps Quenstedt hinzu, daß die Rippenspaltung auf dem inneren 
Umgang sichtbar ist. Die größte Verwandtschaft ist mit dem Perisph. planulatus nodosus Quenstedt vor- 
handen. Bei dieser Spezies bilden die etwas weiter auseinanderstehenden und stark nach vorn geneigten 
Rippen das einzige Unterscheidungsmerkmal. Nahe verwandt ist auch eine Form, die Choffat unter der 
Bezeichnung Perisphinctes aff. breviceps (Faune jurassique du Portugal ]. c., Pl. XI, Fig. I, pag. 53) ab- 
bildet. Unterscheidungsmerkmale bilden hier die kräftigeren, nach vorn geneigten Rippen und der breitere 
und niedrigere Querschnitt. 

Die Suturlinie stimmt, soweit sie sichtbar ist, in bezug auf Zahl und Anordnung der Loben und 
Sättel mit den erwähnten Spezies überein. Nur der erste Laterallobus ist schlanker gebaut und tiefer zer- 
schlitzt, ferner ist der zweite Laterallobus kürzer. Als eine ebenfalls sehr nahestehende Form darf der 
Perisphinctes Ribeiroi Choffat (Faune jurassique du Portugall. c., pag. 49, tab. XVII, Fig. 10 und ıLr) nicht 
unerwähnt bleiben. Neben den enger stehenden und nach vorn geschwungenen Rippen kommt hier noch 
eine auffallende Verschiedenheit in der Zeichnung der Suturlinie hinzu. Der Siphonallobus ist viel breiter 
und stärker verästelt. Der Externsattel ist zwar auch diphyllisch, die Spaltung reicht jedoch tiefer herab. 
Auch der erste Laterallobus weicht in seinem Bau erheblich ab. Die Suturlinie nimmt in bezug auf die 
Mannigfaltigkeit ihrer Ausbildung etwa eine Mittelstellung ein zwischen dem polyplocus, breviceps, Lothari 
einerseits und dem Kiberror anderseits. 

Was die stratigraphische Stellung der Formen anbelangt, so läßt sich leider nur sehr wenig darüber 
sagen. Sie stammen aus einem Steinbruche bei S. Ambrogio, gegenüber von S. Giorgio, auf dessen Schutthalde 
sich eine Fauna des unteren und mittleren Malm auffinden ließ. Tithonammoniten waren nicht nachzu- 
weisen, dagegen fand sich eine Terebr. diphya. Es liegt nun sehr nahe der Spezies eine Stellung im unteren 
Niveau des mittleren Malm einzuräumen. Jedoch muß noch hervorgehoben werden, daß die Einreihung in 
die Gruppe der Perisphincten der Tenuilobatenzone, besonders wegen des auffallenden Merkmals der gerade 
verlaufenden Rippen, etwas gezwungenes an sich hat. Möglicherweise sind die Stücke mit schwäbischen 


Formen überhaupt nicht verwandt, sondern stellen einen ganz selbständigen Typus dar. 


Perisphinctes veronensis sp. n. 
(Taf. VIII, Fig. 4a, b). 


Dimensionen. 


Direnme3sor 0 0 6 08 0 8 ao. GM Kai 
Höhe des letzten Umganges . - . . 30 
Dicke des letzten Umganges . . . - 20 
Nabelweits © 0 4.0 00 0 oo oo de 


Leider liegt nur ein einziges Exemplar dieser Form vor. Ein Teil der Wohnkammer ist erhalten 
geblieben und die Suturlinie konnte in ihren Einzelheiten gut präpariert werden. Die etwas unregelmäßig 
angeordneten Rippen sind in der Regel zweigespalten und der Externteil, über den die Rippen mit einer 
geringen Biegung nach vorn meist ohne Unterbrechung verlaufen, ist abgeplattet, Auf dem äußeren Um- 


gange gegenüber der Wohnkammer finden sich zwei schwache Parabelknoten, von denen breite Parabel- 


208 Dr. Karl Boden. [30] 


rippen ausgehen. Der übrige gekammerte Teil des äußeren Umganges zeigt kräftige Parabelrippen. 
Parabelknoten fehlen hier dagegen ganz. Die Parabelrippen lehnen sich meist an die gewöhnlichen Rippen 
an, so daß man beide oft kaum auseinanderhalten kann. Die ganze Skulptur bekommt dadurch ein recht 
unregelmäßiges Aussehen, Auf der Wohnkammer lassen sich mehrere weit auseinanderstehende Rippen 
erkennen, die in ihrem unteren Teile etwas angeschwollen sind und sich in mehrere Sekundärrippen teilen. 
Die Siphonalseite der Wohnkammer und auch der zwischen den drei letzten Kammerwänden gelegene 
Externteil ist glatt. Der Querschnitt der Windungen ist hoch und schmal. 


Eine ausführliche Besprechung bedarf noch die 


a eigentümliche Gestaltung der Suturlinie. Nach der Wohn- 
1 en kammer sind elf Kammerwände fast in allen ihren Ein- 
> zelheiten zu erkennen. Der plumpe und kurze Siphonal- 

2 eV Re 5 
Z lobus läuft bei den ersten Scheidewänden in zwei dünne 


Äste aus, die etwas nach innen gebogen sind. Der erste 

Ar Laterallobus steht vom Siphonallobus weit ab, so daß 
2 zwischen ihnen ein Externsattel von beträchtlicher Breite 

entsteht. Letzterer endigt zweiblättrig. Der zweite Lateral- 


lobus, welcher schräg zur Nahtlinie steht, ist viel kürzer 


als der erste und schließt mit diesem einen ebenfalls 
A J kräftig entwickelten ersten Seitensattel ein, der in drei kurze Blätter 


ausläuft. Besonders eigenartig ist der erste Laterallobus ausgebildet. 

3 Bei den ersten fünf Kammerwänden ragt der kräftig entwickelte äußere 
Bi E= Endast in den ersten Laterallobus der folgenden Wand hinein, der innere 
Ast dagegen fehlt. Er ist vom nächsten ersten Seitensattel gleichsam 

abgeschnitten. Bei der sechsten Wand hat er seine Gestalt völlig 


geändert, er ist viel schlanker geworden und mehr nach innen gerückt. 


7 Sein Außenast endigt bereits an der Basis des folgenden ersten Seiten- 
=, lobus und sein Innenast stößt hart an den ersten Seitensattel der fol- 
genden Kammerwand. Auch der letzterwähnte erste Seitensattel ist, 


besonders in seinem unteren Teile, schmäler geworden, da der zweite 
4 Laterallobus näher an den ersten herangerückt ist und sich nach außen 
zu gedreht hat. Bei der elften Wand ist die Drehung so weit vor- 
geschritten, daß zwei seiner Spitzen den ersten Laterallobus berühren. 
) Letzterer ist noch schmäler geworden und läuft jetzt in drei Äste aus, 
Der Siphonallobus, der bei den ersten Kammerwänden beträchtlich 
Suturlinie von Perisph. veronensis. kürzer war wie der erste Laterallobus, ist jetzt zur gleichen Höhe 
angewachsen. Die Scheidewände rücken näher aneinander, je mehr 
sie sich der Wohnkammer nähern. 

Die Form gehört wegen des Vorhandenseins von Parabelknoten und Parabelrippen zum Stamm des 
Perisph. curvicosta, aurigerus und Sabineanus. Innerhalb dieses Stammes kann man zwei Gruppen unter- 
scheiden. Eine geologisch ältere, die des Perisph. curvicosta und aurigerus Oppel und eine jüngere 
tithonische, die des Perisphinctes Sabineanus Oppel. Die schwache Ausbildung der Parabelknoten und die 
wenig stark zerschlitzte Suturlinie (Siemiradzki, Perisph. ]. c., pag. 92, Fig. 6, und pag. 95, Fig 7) sprechen 
für die Einreihung in die curvicosta aurigerus Gruppe. Zwei für diese Gruppe wichtige Merkmale fehlen 
jedoch, einmal die sichelförmig geschwungenen Rippen und ferner der rundliche niedrige Querschnitt. Die 
kräftigen Parabelrippen und der hohe und schmale Windungsquerschnitt deuten auf die Gruppe des Perisph. 
Sabineanus Oppel hin. Aber auch auf die Einreihung in diese Gruppe muß man verzichten, da der 
Perisphinctes Sabineanus kräftigere Parabelknoten, eine reicher zerschlitzte und weniger unregelmäßig 
gebaute Suturlinie (Oppel, Pal. Mitt., Tab. 82) aufweist. Außerdem sind die Rippen bei Perisph. Sabin- 
eanus staık nach vorn geschwungen, während bei meiner Form nur eine schwache Biegung an der Externseite 


[31] Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch und dem Tale von Negrar. 209 


erkennbar ist. — Als nahestehende Form wäre noch der Perisph. arcicosta Waagen (Fauna of Kutch. 
l. p., pag. 167, Tab. 58, Fig. 2) zu erwähnen. Er trägt ähnlich der beschriebenen Form einen hohen und 
schmalen Windungsquerschnitt und schwache Parabelknoten. Die Rippen stehen jedoch viel weiter aus- 
einander und sind teils auf der Mitte der Flanken nach rückwärts gebogen oder zeigen wie Perisph. 
curvicosta und aurigerus eine sichelförmige Krümmung. 

Über das geologische Alter der Form ist das gleiche zu sagen wie beim Perisph. orthoplocus. 
Das Stück stammt auch gegenüber von S. Giorgio aus dem gleichen Steinbruche, in dem mehrere Meter 
mächtige Bänke von meist roter und weißer, seltener auch gelber Färbung abgebaut werden. Auf der 
Schutthalde dieses Steinbruches fand sich eine Ammonitenfauna, die der Oxford- und Kimmeridgestufe an- 


gehört. Es waren keine Tithonammoniten hier nachzuweisen, dagegen ein Exemplar der Terebratula diphya. 


Perisphinctes sp. 
Taf. VII, Fig. 5 


Dimensionen: 


Durchmesser. ur ee om 
Höhe des letzten Umganges 39 
Dicke » » 30 
Nabelweite ne ie 


Die nicht sonderlich gut erhaltene Form besitzt einen hohen schmalen Querschnitt. Die schwachen 
Rippen teilen sich etwa auf der Mitte der flachen Flanken des äußeren Umganges meist in drei Sekundär- 
rippen. An dem vorderen Schalenteil zeigen die unteren Rippenenden eine knoten- 
artige Verdickung. Auf den inneren Umgängen, ist eine Rippenteilung nicht sichtbar. 
Der äußere Umgang läßt eine schwache, nach vorn geneigte Einschnürung 
erkennen. Der schlechte Erhaltungszustand macht es schwer, die Gruppe zu der 
die Form gehört, festzustellen. Die dicht stehenden Rippen, welche an dem vor- 
deren Schalenteil eine Anschwellung zeigen, deuten auf die Gruppe des Pe- 
risphinctes contiguus Cat. und Perisphinctes fregquens Oppel hin, zu der die Form 
danach zu stellen wäre. Auch die Lobenzeichnung ist, soweit man sie erkennen 
kann, sehr ähnlich und ebenso die Nabelweite. Der Windungsquerschnitt ist da- 
gegen bei meiner Form etwas höher und die Rippen sind beim Pe- 
risphinctes frequens Oppel viel kräftiger und stärker nach vorn geschwungen. 
Als verwandte Spezies seien noch angeführt: Perisphinctes densiplicatus 
Waagen (Fauna of Kutch. 1. c., pag. 201, Pl. 55), der jedoch stärker nach vorn geschwungene Rippen 
und eine größere Zahl Sekundärrippen trägt. Ferner in bezug auf die Rippenverdickung Perisphinctes 
Janus Choffat (Faune jurassique du Portugal l. c., pag. 35, Pl. 8, Fig. ı—3). Bei der letzterwähnten 
Form, die mit meinem Stück wohl die größte Verwandtschaft zeigt, sind die Rippen kräftiger entwickelt und 
die Rippenteilung reicht nicht so tief herab. Gewisse Ähnlichkeit zeigt auch der Perisphinctes Ernesti 


Loriol. Als Unterschiede kommen hier die bei der Loriol’schen Form stärker nach vorn geschwungenen 


Querschnitt 
von Perisphinctes sp. 


Rippen und der breitere Windungsquerschnitt in Betracht. 
In bezug auf das geologische Alter gilt dasselbe wie beim Perisphinctes orthoplocus und 
veronensis. 
Pachydiscus peramplus Mantell. 
(Taf. VIN, Fig. 6 ad.) 


1871. Ammonites peramplus Schlüter. Cephalophoden der oberen deutschen Kreide. Paläont., Bd. XXI, pag. 31, Taf. 10, 
Fig. 7—13 (cum syn.). 

1872. Ammonites peramplus Fritsch. Ceph. der böhm. Kreideformation, pag. 38, Tat. VIII, Fig. 1-4. 

1873. Ammonites peramplus Schmidt. Über die Petrefakten der Kreideformation von der Insel Sachalin. Mem. de PAc. 
imper. des sc. de St. Petersbourg, VII. Serie. Tome XIX No. 3, pag. 11, Taf. 1, Fig. 8—15. 


210 Dr. Karl Boden. [32] 


1339. Pachydiscus peramplus Mant, Fri&. Studien im Gebiete der böhm. Kreideformation, IV. Die Teplitzer Schichten. 

Archiv. d. Naturw. Landesdurchforschung von Böhmen, pag. 70, Fig. 41. 

1893 Sonneratia perampla Grossouvre. Recherches sur la craie sup Memoires pour servir A l’explication de la carte 
geologique detaillee de la France. Deuxieme partie, Pal&ontologie, les ammonites de la craie superieure 

pag. 49, 108 (fig. 42), 109, 144 (fig. 63 und 64). 145, 146. 

Der Pachydiscus peramplus ist in der Scaglia der Tredieci Communi eine sehr verbreitete Form, 
nur sind die Stücke meist so schlecht erhalten, daß eine Bestimmung derselben bisher unmöglich gewesen 
ist, Enrico Nicolis gibt in seinen »Note ill. alla c. geol. d. Pr. d. Ver.« (l. c.) »Ammoniti indeter- 
minabili< aus der Scaglia an. Jedenfalls hat dieser für die geologische Durchforschung der Provinz 
Verona so verdiente Forscher hauptsächlich korrodierte Stücke von dieser Form gefunden. Die beschriebenen 
Stücke stammen aus einem Steinbruch unterhalb von Mazurega. Es sind ausschließlich Jugendstadien. 
Jedoch treten auch größere Ammoniten (bis zu einem halben Meter Durchmesser und darüber) in der 
Scaglıa auf, die allerdings von der Skulptur nichts mehr erkennen lassen, aber doch wohl hierher gehören 


mögen. Die Dimensionen ließen sich bei verschiedenen Stücken feststellen. 


Dnschmesser u 62 38 190 mm 
Höhe des linken Umganges 43 45 45, 44 
Dicke » » » 46 47 47 — 
Nabewoi® © ss 0.0 0 Ad — — = 


_ 


Mit der ausführlichen Beschreibung von Schlüter kann ich die Exemplare in bezug auf Form 
und Skulptur sehr gut vereinigen. Bei meinem am besten erhaltenen Pachydiscus mit einem Durchmesser 
von 62 mm finden sich zehn Haupirippen, die von den charakteristischen Einschnürungen begleitet sind 
und über den Externteil mit einer Biegung nach vorn ohne Unterbrechung verlaufen. Zwischenrippen habe 
ich nie mehr wie drei beobachtet. Das Stück von 37 mm Durchmesser zeigt einen mäßig weiten Nabel. 
Ein anderes läßt den halbmondförmigen Mündungsquerschnitt erkennen. Bei einem dritten Exemplar konnte 
ich die Suturlinie, wenigstens in ihren gröberen Umrissen präparieren. Neben einem diphyllischen Siphonal- 
lobus finden sich noch drei Seitenloben. Der erste Laterallobus ist etwas länger wie der Siphonallobus 
und endigt dreiblättrig. Ferner beobachtete ich einen Extern- und drei Seitensättel. Die Zeichnung der 


Suturlinie stimmt also mit den Angaben Grossouvres überein. 


Ancyloceras cfr. bipunetum Schlüter. 
(Taf. VIII, Fig. 7 a, b.) 

1872. Ancyloceras bipunctum Schlüter. Cephalopoden der oberen deutschen Kreide. Paläontogr., Bd. XXI, 1872—-76, 

pag. 98, Taf. 29, Fig. I—3. 
1905. Ancyloceras bipunctum Wegner. Die Granulatenkreide des westlichen Münsterlandes. Zeitschr. d. D. geol. Ges,, 

1905, Heft I und 2, pag. 21o. > 

Zwei stark korrodierte Fragmente liegen mir vor, bei denen jedoch der Externteil noch so weit 
gut erhalten ist, daß die Depression und auch die beiden Knötchenreihen deutlich sichtbar sind. Auf dem 
Querschnitt der Windung kann man die Zahl der Loben und Sättel erkennen. Es finden sich ein Siphonal- 
lobus, zwei Seiten- und ein Internlobus. Ferner ein Extern- und zwei Lateralsättel. Der schlechte Erhaltungs- 
zustand verbietet eine vollständige Identifizierung mit dem Ancyloceras bipunctum. Die Form ist in der 


Scaglia nicht selten, jedoch sind meist nur unerkennbare Reste vorhanden, 


TAFEL VI. 


Dr. Karl Boden: Die geologischen Verhältnisse der Veroneser Alpen zwischen der Etsch 
und dem Tale von Negrar. 


TAREE&VN 


Eier IomMa Sp a A eE 
Fig. 2a—-d. Rhynchonella sp... ...... 

Fig. 3a—c. Perisphinctes orthoplocus sp.n. ..».... aa For 
Bier Aanumdad Berisphinctes) weromensisusp. 1 2: 
Bios WBemsDhincte sus Er 

Fig. 6a—d. Pachydiscus peramplus Mantell 


2 


ne 
ag ua ua ug 


7a und b. Ancyloceras cfr. bipunctum Schlüter... . 
8. Suturlinie von Phylloceras isotypum Benecke ...... 


. 9. Campanularie? aus dem oberen Jura (stark vergrößert) 


Taf. VII. 


K. Boden: Veroneser Alpen. 


Lichtdruck v. Max Jaffe, Wıen. 


Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns und des Orients. Bd. XXI. 1908. 


Verlag v. Wilhelm Braumüller, k. u. k Hof- u. Universitäts-Buchhändler in Wien. 


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ABNORMALE ERSCHEINUNGEN BEI NUMMULITEN. 


Von 
J. Popescu-Voitesti. 


(Mit 6 Textabbildungen.) 


1. Eine Zwillingserscheinung bei Numm. (Hantkenia) Tchihatcheffi d’Arch. 

Der verbreiteste unter den Nummuliten, welche den oberen Teil des Nummulitenkalkes (mittleres und 
oberes Bartonien) von Albesti, I :'trikt Muscel (Rumänien), bilden, ist Numm. Tehihatcheffi d’Arch. Er 
tritt in einer solchen Anzahl auf, daß manchmal der Ka.k nur von diesem gebildet erscheint. 

Gelegentlich meines Studiums!) über die Nummuliten-Fauna dieser Gegend konnte 
bei dieser Art, nebst anderen interessanten Erscheinungen, auch folgender Fall von 


Zwillingsbildung beobachtet werden. 

Wie man aus der nebenstehenden Figur ersehen kann, sind in diesem Falle zwei Indi- Fig. 1. 
viduen, von denen jedes erst die Anfangskammer gebildet hat, zu einer Art Zwilling vereinigt. NEED Ze 

Von diesen zwei hat das rechtseitliche Individuum (siehe Fig. ı) die Richtung u a 

gmal vergrößert. 

der Spira von rechts nach links, das linke hingegen entgegengesetzt. 

Infolge der entgegengesetzten Richtung während des Wachstums und des Stillstandes, welcher bei der 
Entwicklung erfolgte, ist das Spiralblatt des ersten Umganges in der ersten Hälfte des Umkreises sehr verdickt. 

In derselben Zeit hat ein jedes Individuum neben der ersten Spiralkammer auch die zweite 
gebildet, wobei die Scheidewände einander entgegengesetzt sind und zwischen ihnen ein dreieckiger Raum 
mit der Grundfläche nach außen übrig bleibt. 

In der zweiten Hälfte des ersten Umkreises ist bereits die Wachstumsrichtung des rechtseitigen 
Individuums herrschend. 

Auffallend sind im gegenwärtigen Falle folgende Tatsachen: 

1. Die beiden Individuen sind der Größe nach ungleich, das rechtsliegende ist etwas größer. 

2. Die beiden Individuen befinden sich im gleichen Entwicklungsstadium, und zwar nach oder während 
der Bildung der Anfangskammer. 

3. Die Mittelebene fällt bei beiden ganz genau zusammen. 


\) Dieses Studium konnte ich nur Dank dem unerschöpflichen Wohlwollen des Herrn Professor Dr. V. Uhlig 
zu Ende führen, welcher mir die nötige Literatur und seine hervorragenden Kenntnisse während meiner Arbeit im 
Geol. Institut der Universität Wien zur Verfügung stellte und welchem ich auch auf diesem Wege meinen tiefgefühltesten 


Dank ausspreche. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 27 


212 J. Popescu-Voitesti. [2] 


Soll diese Erscheinung lediglich einem Zufalle zugeschrieben werden? 

Die Tatsache, daß beide Individuen in demselben Entwicklungsstadium sich befinden, daß ihre 
Mittelebenen vollkommen zusammenfallen und daß die Entwicklungsrichtungen der letzteren entgegengesetzt 
sind, scheinen nicht dafür zu sprechen, daß es sich hier um eine rein zufällige Vereinigung handelt. 

Ich glaube, mit Rücksicht auf den bei Nummuliten gewöhnlich auftretenden Dimorphismus!), an- 
nehmen zu dürfen, daß dieser Fall eine Konjugationserscheinung darstellt. 

Es dürfte auch folgende Beobachtung kein bloßer Zufall sein, dafs alle vollständig entwickelten 
Individuen entweder leere und mit feinen Kriställchen tapezierte oder mit einem mergeligen, gelbrötlichen 
Material gefüllte Kammern aufweisen; im Gegensatz dazu viele Jugendformen (unvollständig entwickelte 
Individuen) in jeder Kammer ein kleines Hohlkügelchen, die dünne ziegelfarbige Wände aufweisen, welche 
bei der leisesten Berührung zerbrechen. 

Nach den Studien Listers (1894 — 1895) und Schaudius (1895) über die Entwicklungsart der dimorphen 
Foraminifere Polystomella crispa L.?), kann man diese Erscheinungen in folgender Weise erklären: 

Die vollständig entwickelten Individuen sind leer, weil das Protoplasma, sei es im Innern des Num- 
mulitengehäuses, sei es nach dem Verlassen derselben, sich vollständig in Sporen umgewandelt hat. Bei 
den unvollständig entwickelten, welche zufällig in sehr ungünstige Lebensbedingungen gerieten, hat sich 
das Protoplasma in Sporen umgewandelt, die das Gehäuse nicht mehr verlassen konnten, sondern sich 
innerhalb desselben verkapselten (Enzystierung).?) 


2. Ein interessanter Fall abnormaler Entwicklung bei Nummulites (Hantkenia) complanata Lam. 


Bis jetzt sind genug viele Fälle abnormaler Entwicklung bei Nummuliten bekannt, insbesonders 
solcher großer Dimensionen, z. B.: 

In der Monographie von d’Archiac et Haine*), Fig. 76 d, Taf. I, und Fig. 18, Taf. X, sind Fälle ab- 
gebildet, in denen ein abgerissener Teil des Plasmostracums wiederhergestellt ist, während Fig. 2 a, Taf. II, 
die Scheidewände der letzten Spiralkammer, die der Richtung nach den übrıgen entgegengesetzt sind, darstellt. 

De la Harpe?°) erwähnt Fälle von Verwachsungen durch Durchdringung im Innern des Plasmostra- 
cums, von Orbitoiden mit Assilina spira de Roissy und Numm. (Hantkenia) complanata Lam. 

Derselbe Autor erwähnt ein Exemplar von Naumm. complanata Lam., welches in Verona gefunden 
wurde, mit vier Flügeln, die kreuzweise gelagert sind; und ein Exemplar von Nummuliten (Hantkenia) 
Tchihatcheffi d’Arch. aus Ungarn, das die Form eines dreikantigen Prismas hat und aus zwei zusammen- 
gewachsenen Individuen besteht. 

Ebenso trifft man nicht selten Fälle bei den großen Nummuliten an, bei welchen die Ränder nicht 
nur unregelmäßig entwickelt, sondern auch faltenreich sind. 

Gelegentlich der heurigen Maiexkursion unter Führung des Herrn Prof. L. Löczy‘) im Bakony 
fand ich im Süden von Urkut ein Exemplar von Numm. (Hantkenia) complanata Lam., welches einen 
interessanten Fall abnormaler Entwicklung aufweist. 

Obwohl das erwähnte Exemplar nicht vollständig ist, ist es doch groß genug, beiläufig 5 cm im 
Durchmesser, um uns folgenden Fall abnormaler Entwicklung zu zeigen. 

Wenn wir uns das Plasmostracum längs eines Durchmessers in zwei Hälften geteilt denken, so sehen 


wir, daß der eine Teil normal entwickelt ist, während die andere Hälfte folgende Erscheinung zeigt. 


') Munier-Chalmas et Schlumberger: Nouvelles observations sur le dimorphisme des Foraminiferes. 
Compt. rend. Acad. Sc., T. 96, Paris 1883. 

®) A. Lang: Vergleichende Anatomie der wirbellosen Tiere, Seite 207—208. Jena 1901. 

°») Das Original des Nummuliten befindet sich beim Autor. 

*) Description des animaux fossiles du Groupe nummulitique de l’Inde. Paris 1853. 

°) Memoires de la Socidte paleontologique Suisse, Vol. VII. Etude des Nummulites de la Suisse, premiere 
partie, pag. 52. 

°) Ich fühle mich bei dieser Gelegenheit angenehm verpflichtet, Herrn Prof. L. Löczy meinen verbindlichsten 
Dank für sein Wohlwollen, mit dem er seine hervorragenden Kenntnisse während der ganzen Zeit des Ausfluges uns 
zur Verfügung stellte, auszusprechen, 


[3] Abnormale Erscheinungen bei Nummuliten. 213 


In letzterem Teile erscheint der Körper des Nummulites als aus zwei verschiedenen Individuen 
bestehend, die untereinander einen Winkel von beinahe 22 Grad einschließen. Wir bezeichnen sie der 
Bequemlichkeit halber mit den Buchstaben A und B, und zwar denjenigen, der mit dem Rande mehr nach 


außen herausragt, mit A, den anderen mit 3 (Fig. 2 und 3). 


Fig. 2. Fig. 3. 


Beim ersten Anblick bemerkt man, wenn man das Individuum A betrachtet (Fig. 2), daß dieses 
allein die linke Seite des Plasmostracum, B die rechte bildet, während in der Region, wo der Nummulit 
normal entwickelt ist, die beiden Individuen einen und denselben Körper bilden. Aus drei transversal- 


radialen Sektionen folgt (eine [b] in der mittleren Region der Zusammenwachsung, die anderen [@ und c] 


seitlich dieser Linie), daß diese Abnormität aus der zweiteiligen Trennung des Individuums herrührt, nach 
einem Plane, welcher mit dem der normalen Entwicklung des Plasmostracums einen Winkel von 22 Grad 
einschließt; dennoch, in der Region des Winkels, das Protoplasma beider Teile in vollkommener 
Kommunikation verbleibt, wie man aus den drei gegebenen Sektionen entnehmen kann. 

217% 


214 J. Popescu-Voitesti. [4] 


Diese Abnormität erscheint nicht gleich im ersten Stadium der Entwicklung des Tieres, sondern, 
wie aus der Sektion 5 ersichtlich ist, in einer genug vorgeschrittenen Epoche seiner Entwicklung, als das 
Plasmostracum im Durchmesser beinahe ı cm hatte. 

Über die Ursache, welche diese Abnormität hervorgerufen hat, läft sich nicht viel sagen. Allenfalls 
kann man eher eine pathologische als eine mechanische Ursache annehmen, denn im letzteren Falle hätte 
das Plasmostracum den Fall einer einfachen Biegung, Krümmung oder Faltung, nicht aber eine Ver- 
doppelung dargestellt. 

Man könnte noch folgenden Fall zugeben. Diese großen Foraminiferen mit einem so voluminösen 
Protoplasma wurden gewiß für den guten Lauf der Ernährung des Körpers plurinukleiert. 

Ebenso, wie bei den gegenwärtigen Foraminiferen bemerkt werden kann!) muß die Vermehrung 
durch Sporen vor sich gegangen sein. 

Letztere hatten ihren Ursprung in einzelnen Kammern und verließen sie nach ihrer vollkommenen 
Entwicklung durch die Poren des Plasmostracums. 

In Fällen abnormaler Entwicklung, wie der vorliegende, kann man ohne weiteres annehmen, daß 
eine von den Sporen im Innern der Kammer zurückblieb und dort im Vereine mit dem mütterlichen Nummu- 
litengehäuse sich zu entwickeln begann. Natürlich bildete sie sich, wenigstens teilweise, ein eigenes 
Plasmostracum, trotzdem aber blieb sie im vollkommenen Zusammenhange mit dem Protoplasma des Indi- 
viduums, aus welchem sie entstand. 

Im gegenwärtigen Falle, wo das Individuum A (Fig. I und 2) aus der Hauptkontur des Num- 
muliten weit herausragt, anderseits die Krümmung: seiner Kontur größer ist als die des restlichen 
Körpers, macht es beim ersten Anblick den Eindruck, daß das Individuum A jünger ist als der Rest, was 
folglich dafür spricht, daß das Individuum A aus einer Spore seinen Ursprung genommen hat, die in 
einer der Kammern des Individuums 5 zurückgeblieben ist und dort sich entwickelt hat. 

Dafür spricht auch die Tatsache, daß das Plasmostracum hauptsächlich auf der Seite des Indi- 
viduums A beinahe doppelt so dick ist als der Rest (Sekt. b). 

In jedem Falle müssen diese abnormen Entwicklungen als Degenerationserscheinungen der Num- 
muliten betrachtet werden, da das Protoplasma nicht mehr im stande ist, die Fremdkörper, mit welchen 
es in direkte Berührung kommt, auszustoßen. 

In ähnlicher Weise kann im vorliegenden Falle auf Schnitt & wahrgenommen werden, daß eine 
kleine Anschwellung durch die Berührung und das nachherige Zusammenwachsen einer anderen Foraminifere 
Orbitoides?) mit dem Plasmostracum des Nummulitengehäuses hervorgerufen wurde.?) 

Wien, 22. Juni 1908. 


1) A. Lang: Vergleichende Anatomie der wirbellosen Tiere (Polystomella crispa), Seite 207—208, Jena 1901. 
?) Das Original befindet sich beim Autor. 


GEOLOGISCHE STUDIEN ÜBER ERZLAGERSTÄTTEN IM BEZIRK 
TULCEA, DOBRUGEA (RUMÄNIEN). 


Von 
Radu Pascu in Bukarest. 


Mit zwei Abbildungen im Texte, einer geologischen Karte und einer Profiltafel. 


Im Jahre 1893 bestimmte der damalige Minister für Domänen etc. Herr P. P. Carp einen außer- 
gewöhnlichen Kredit von 200.000 Lei für geologische Studien und Schürfungen im Lande. Der Herr Minister 
wurde zunächst von dem persönlichen Wunsche geleitet, die reichen Bodenschätze des Landes zu allgemei- 
nerer Kenntnis zu bringen, anderseits hatte auch schon ein Referat des Herrn Ingenieur C. Alimanestianu 
auf die Notwendigkeit dieser Arbeiten hingewiesen. 

Im Frühjahr 1894 nahm ich in Gemeinschaft mit Herrn Alimanestianu undan Hand der von 
C. F. Peters in seinem Werke »Grundlinien der Geographie und Geologie der Dobrugeas gemachten 
Studien die ersten einleitenden Untersuchungen in der Dobrugea vor. Auf unseren Ausflügen besuchten 
wir nicht allein diejenigen Orte, welche Peters als erzführend bezeichnet, sondern auch die weitere 
Umgebung derselben. Hiebei haben unsere Untersuchungen sowohl die Bestätigung der von Peters 
gemachten Angaben als auch den weiteren Nachweis wichtiger Anzeichen für das Vorhandensein anderer, 
früher nicht bekannter Erzlagerstätten ergeben. 

Im Herbste desselben Jahres wurde ich mit den Schürfarbeiten aut dem Berge »Sakar-Bair« neben 
»Atmagea« und »Lavoza« betraut, woselbst das Vorhandensein von Eisen- und Kupfer-Erzlagerstätten kon- 
statiert wurde. Infolge der bei diesen Arbeiten erzielten günstigen Resultate wurde mir im Jahre 1895 die 
Leitung von Schürfarbeiten in größerem Umfange für die fragliche Gegend übertragen. Die Mannig- 
faltigkeit der hiebei beobachteten Gesteine sowie ihre mineralogische Zusammensetzung erweckten in mir 
ein lebhaftes Interesse für den geologischen Aufbau der zu untersuchenden Gegend überhaupt und gleich- 
zeitig den Wunsch, auch eine nähere geologische Untersuchung vorzunehmen. Das Ergebnis dieser Unter- 


1) Die vorliegende Arbeit ist in rumänischer Sprache schon im Jahre 1904 erschienen. Die Drucklegung in 
deutscher Sprache mußte wegen der großen Fülle des den »Beiträgen« übergebenen Materials leider bis jetzt zurück- 
gestellt werden. Obwohl in der Zwischenzeit eine geologische Karte eines Teiles der Dobrugea von E.Kittl erschienen 
ist und in der Dobrugea neuerdings Devon nachgewiesen wurde, dürfte die Arbeit von Radu Pascu dennoch ihren 
Wert behalten und zwar umsomehr, als Teile des Textes und der Karte der deutschen Ausgabe vom Autor auf Grund 
neuer Beobachtungen wesentlich verbessert wurden. Die Redaktion. 


216 Radu Pascu. [2] 


suchung veranlaßte mich, die verschiedenen paläozoischen Formationen zuerst auf die Generalstabskarte 
1: 100.000 und später auf diejenige I: 50.000 einzutragen. Nach und nach setzte ich meine geognostischen 
und mineralogischen Beobachtungen im ganzen Bezirke Tulcea fort, ausgenommen den nordwestlichen Teil, 
einschließlich der Gebirge »Grecilor« und »Macinului«, woselbst die Professoren Mrazec und Mun- 
teanu-Murgoci die geologischen Studien vornahmen. 

Das Ergebnis meiner Untersuchungen war die Auffindung mehrerer Erzlagerstätten, deren wirt- 
schaftliche Bedeutung noch nicht zu übersehen ist, welche jedoch bis jetzt vier Konzessionen und viele 
Schürfungserlaubnisse zur Folge hatte. Durch die Veröffentlichung dieser Studien und der ausführlichen 
Karte, auf welcher ich die verschiedenen Gebiete und Erzlagerstätten verzeichnet habe, verfolge ich den 
Zweck, die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese, in jeder Hinsicht wichtige Gegend zu lenken, 


Geologische Übersicht. 


Die Untersuchungen von C. F. Peters bilden bis heute noch die Grundlage aller geologischen 
Arbeiten in der Dobrugea. Die anliegende Karte ist als eine eingehende Vervollständigung dieser von 
Peters gemachten Aufnahmen zu betrachten, auf welcher hauptsächlich das Vorhandensein von Erzlager- 
stätten festgestellt worden ist. Es handelt sich hiebei um den mittleren und südöstlichen Teil des Bezirkes 
Tulcea. In orographischer Hinsicht zeigt dieses Gebiet ein unebenes Relief, in welchem sich die Höhenzüge 
schon vor der Kreideperiode gebildet haben, und deren Täler hauptsächlich durch Erosion vor der Ablage- 
rung des Löß entstanden sind. 

Ausgedehnte und weite Täler trennen diese Berge, Ebenen bildend, welche dem Ackerbau einen 
guten fruchtbaren Boden darbieten. In einigen dieser Täler fließen Bäche in der Richtung von NW 
nach SO. Die Region durchschneidend, kennzeichnen sie gewissermaßen die Richtung, in welcher der 
ganze Gesteinskomplex verläuft. Die wichtigsten diese Täler sind: »Valea Taizei«, welches vom »Tigancaic- 
Gebirge beginnt und bis zum »Babadag«-See verläuft; »Medan-Kioi« und »Teliza«, welche in das »Valea 
Taizeic münden und weiter südlich das Tal »Slava Rusa«, welches im Granitmassiv von »Atmagea« ent- 
springt und in die Lagunen des Schwarzen Meeres bei »Ceamurli de jos« ausläuft. 

Beinahe die ganze Gegend besteht aus alten, wahrscheinlich der paläozoischen Gruppe angehören- 
den Gesteinen, deren geologisches Alter jedoch mangels Fossilien bis jetzt nicht überall näher bestimmt 
werden konnte.!) Eine Einteilung dieser Gesteine wurde zum erstenmal von C. F. Peters vorgenommen, 


welcher sie in folgende geologische Formationen einteilt: 


A. Paläolithische Gruppe. 


Gneis und Granit, bojische Stufe (?). 
Mehrerlei kristallinische Schiefer, hercynische Stufe. 


Quarzit- und Phyllitstufe. ( F P mL e , Halbgranit. 

& : 5 i R. mit wenig kristallinischem Kalkstein. F ? 
Paläozoische Formation, Tonschiefer, grüne ek? A Granitgesteine. 
0 5 6 teınkohlentormatıon. SulhE, 

Schiefer und sandiger Diabastuff. | Diorit. 


B. Mesolithische Gruppe. 


Grobe Quarzpsammite; Rotliegendes (?). 
Trias: Sandstein und Mergelschiefer, dunkelfarbige Kalksteine und Kalkschiefer, (?) granitische 
Gesteine. 
Quarzporphyr. 
Muschelkalk; Schichten von Köves-Kallya in Ungarn und Mikulschitz in Schlesien. 
Halobienschiefer: rote und weiße Kalksteine. Lichte Sandsteine mit Kohlenspuren, Keuper (?). 
Melaphyr (eine Mittelvarietät zwischen dem echten Melaphyr und dem Augitporphyr von Südtirol). 


‘) In der letzten Zeit hat Prof. Cädere aus Jassy Fossilien gefunden, die von J. Simionescu als devonisch 
bestimmt wurden. (Ann. Instit. Geologie al Romäniei, 1.). 


[3] Geologische Studien über Erzlagerstätten im Bezirk Tulcea, Dobrugea (Rumänien). 277, 


Lias: Spuren von sandigen Kalksteinen mit Mergelschiefern; unterer Lias (?). 
Roter Arietenmarmor (bei Baschkiöi). 
Mittlerer Jura: Kalkstein von Jenissala von Kardschelar (?); ungarischer Klippenkalk. 
Oberer Jura: Weiße Terebratelkalksteine (Schichten von Stramberg in Mähren); Astartenton; Kalk- 
steine und Mergel mit Diceras und Pteroceras Oceant. 
Kreideformation: (?) Krinoidenbänke; Sandstein und Mergel mit Hornstein, Turonische Stufe (?); 
Bakulitenton und weiße Feuersteinkreide, senonische Stufe. 


C. Känolithische Gruppe. 
Miozänformation: 
Sarmatische Stufe: Kalkstein und Ton. 
Kongerien-Stufe: Ton mit Cypris. 
Diluvialformation: Löß, Lehm mit einer limnischen Fauna, roter Lehm. 


Alluvium: Terrassenbildender Silt; moderne Anschwemmungen. 


Herr Prof. Gr. Stefanescu gibt den geologischen Formationen folgende Einteilung: 


Archaische Gruppe: 
Dazu gehören die kristallinischen Schiefer, Glimmerschiefer und Gmeise, oft von porphyrischer 
Struktur, ferner Amphibolschiefer; Eruptivgesteine:; Granit, Melaphyr, Porphyr und Diorit. 


Primäre Gruppe: 
a) Silurische Schichten: bestehend aus kieseligen Schiefern und Sandsteinen von dunkelgrüner 
Farbe mit Pyriteinsprengungen (bei Picineaga etc.). 
b0)Karbonische Schichten. Kieselige Sandsteine, kalkige Sandsteine, Schiefer von (Quarzit 
durchsetzt, Granit und Porphyr (oberhalb Opeei bis Balabancea). 
c) Permische Schichten: Kieselige Schiefer, Konglomerate und Quarzite (von Tulcea und 


der Schlangeninsel). 


Sekundäre Gruppe: 
Trias: Harte, verschieden gefärbte Sandsteine; dichte blaue und schwärzliche Kalksteine 
(Muschelkalk); dichte rote, graue und weißliche Kalke (Keuper). 
Jura: Blaue Kalke. 
Obere Kreide: Kreide und mürbe grüne Sandsteine. 
Tertiär ist in dieser Gegend nicht vorhanden. 
Olulanısan Sa oß: 


Infolge der von Herrn Prof. Mrazec und mir vorgenommenen Studien sind wir übereingekommen, 
den geologischen Formationen in der Dobrugea, Bezirk Tulcea, eine andere Einteilung zu geben, welcher 
wir die Tektonik der Region und die petrographischen Charaktere der sedimentären und kristallinen 


Gesteine sowie ihre Beziehung zu den Eruptivgesteinen zu Grunde legten. 


Diese Einteilung ist folgende: 
A. Ältere paläozoische Formationen. 
a)Sedimentäre Gesteine: Quarzite, Tonschiefer (Phyllit) und Kalke. 
b) Kristalline Schiefer: Serizitschiefer, Phyllite, Amphibolgesteine, verschiedene Hornsteine 
und Glimmerschiefer. 
c) Eruptivgesteine: Granit, Diorit, Porphyr, Porphyrit und Diabase. 
B. Jüngere paläozoische Formationen; 


218 Radu Pascu. [4] 


a) Dazu gehören: die Zone der grünen Schiefer, die Carapelitschiefer mit ihren Sandsteinen und 

Konglomeraten. 

b) Eruptivgesteine: Porphyr und Diabas. 

C. Mesozoische Formationen: 

I. Trias, vertreten durch Sandsteine, Kalkschiefer, marmorisierte Kalke und Kalkbreccien. 

Eruptivgesteine: Porphyrit und Diabas. 

2. Jura, vertreten durch gelbrötliche Kalke. 
3. Kreide, Sandsteine, Kalkmergel und Konglomerate. 

D. Pleistozän, vertreten durch Löß. 

Die von uns als paläozoisch angesehenen Formationen sind im allgemeinen aus sandig-tonigen 
Gesteinen ohne Fossilien gebildet, mehr oder weniger durch die sie durchbrechenden Eruptivgesteine verwandelt. 
Einige darunter könnten auch noch jünger sein, wie z. B. einzelne tonige Schiefer und Kalksteine. Da wir gegen- 
wärtig noch keine genügenden Beweise für genaue Unterscheidung dieses sedimentären Komplexes haben, 
wollen wir denselben vorläufig als dem Paläozoikum angehörig betrachten. 

Im folgenden will ich versuchen, zuerst die in der beigefügten geologischen Karte unterschiedenen 


geologischen Formationen zu beschreiben. 


A. Paläozoische Formation. 


a)Quarzite und Phyllite zeigen die beste Entwicklung auf dem Berge »Boclogea« westlich 
von »Ortachioi«, auf dem Berge »Islam Geaferca«, welcher ein Ausläufer des Boclogeaberges ist, 
dann auf dem nordöstlichen Ausläufer des Berges »Carapcea« in der Nähe von Balabancea. Sie 
kommen auch noch als Inseln unter den Kreidesandsteinen im Südosten von Ortachioi und neben 
dem Dorfe »Dautcea« sowie weiter gegen Osten auf dem Berge »Kara-Asan« unter den triassischen 

Sand- und Kalksteinen vor. 

In dieselbe Gruppe müssen wir wahrscheinlich auch die Quarzite einreihen, welche sich im öst- 
lichen Teile des Bezirkes vorfinden und welche die Berge »Bes-Tepe« bei der Stadt »Mahmudia« und 
»Beili< bei »Parlita« bilden, sowie die Schiefer, welche am Ufer des Donauarmes »St. Gheorghe« neben 
der Ortschaft »Prislav« vorkommen. e 

Der Quarzit ist in der Regel ein schieferiges Gestein von weißsgrauer Farbe und einer dichten oder 
körnigen Struktur, mit milchigen Quarzadern, öfters auch mit eisenhaltigen Adern, in welchen sich das 
Eisen in Form von kleinen Blättchen, Eisenglanz oder Limonit vorfindet. An manchen Stellen finden wir 
den Quarzit als körniges Gestein von tiefgraugrüner Farbe mit Eisenglanz, Blättchen von Chlorit 
und eisenhaltigen Adern. Durch den Widerstand, welchen er den Atmosphärilien entgegensetzt, bildet 
er das Hauptgestein, welches der Gegend das Relief verleiht. 

Die Phyllite sind serizitischer, chloritischer Natur, seidenartig mit Quarznestern und -adern, 
manchmal Eisenglanz enthaltend. Ihre Farbe im frischen Zustand ist gräulichgrün, im zersetzten Zustand 
gelblich-rötlich. Sie wechsellagern mit den Quarziten und bilden die abgerundeten Rücken und Gehänge 
der Berge. 

Urtonschiefer bilden die Berge »Cerna«, »Para-Bair« und »Pricopcea«. Sie sind von dunkler 
Farbe, bisweilen rötlich, was von ihrem Gehalte an Eisen herrührt. Auf dem Westgehänge der Berge 
»Curt-Bair« und »Priopcea« erscheint eine Einlagerung von schwarzem Kalkschiefer, die eine Mächtigkeit 
bis 5 m erreicht. 

Die kristallinen Kalke sind von heller, bläulicher, bisweilen weißlicher Farbe und bilden 
wechsellagernd mit den Tonschiefern den östlichen Teil der Berge Bujor und Caracicula. Der westliche Teil 
dieser Berge besteht aus einer Wechsellagerung von Quarziten und dunklen Kalkschiefern. Der ganze Komplex 
streicht nach SO mit starkem Fallen gegen SW und enthält die von Cädere aufgefundenen Devonversteinerungen. 

b) Kontaktgesteine sind durch Serizitschiefer, Amphibol- und Hornfelse, sowie Glimmerschiefer 
vertreten. Sie bilden durch den Kontakt mit dem Granit verwandelte sedimentäre Gesteine und 
kommen am Rande der Granitmassive von »Islam Geaferca«, »Coslugea« und »Hangerca« vor; 


[5] Geologische Studien über Erzlagerstätten im Bezirk Tulcea, Dobrugea (Rumänien). 219 


ihre größte Ausdehnung haben sie auf dem Plateau von »Akpunar«, »Saiacula« und »Megina«, 

von wo aus sie sich bis in die Ebene von Greci erstrecken. Sie halten, wie auch die vorher 

besprochenen Gesteine, die Streichrichtung von NW nach SO mit einer ausgesprochenen Fall- 
richtung, gewöhnlich gegen SW, ein. 

Ihr Auftreten ist folgendes: An der Kontaktstelle mit den Eruptivgesteinen treten amphibolische 
Gesteine wechsellagernd mit Hornfelsen, später mit der Entfernung die früher genannten Tonschiefer auf. 
Unter diesen Schiefern sind die Hornschiefer stark verbreitet; sie bilden den westlichen Teil des Plateaus 
von »Akpunar« und erstrecken sich gegen Norden über den Berg »Megina«. Die Amphibolschiefer haben 
ebenfalls eine große Ausdehnung; sie bilden die nördlichen Abhänge der Berge »Saiacula« und »Roman- 
cula« und erstrecken sich bis an die Kontaktlinie mit dem Granit. 


c) Die Eruptivgesteine, die diesen Komplex durchbrechen, sind: 

Granit vertreten durch mehrere Variationen als: Natrium-Granit, Amphibol-Granit, Biotit-Granit 
und sehr sauerer, fast glimmerloser Granit. 

Die Farbe der Granite ist in der Regel tiefrot, seltener weiß (Natrium-Granit). Er ist oft von 
Quarz- und Epidotadern durchdrungen. In Form von Stöcken oder Gängen durchbrechen die Granite die 
Quarzite und Phyllite auf den Bergen »Coslugea«, »Geaferca-Rusa« und »Hangearca«. Sie kommen auch 
noch in kleineren Massiven auf den Bergen »David« und »Almalia« vor, von wo sie sich gegen Norden 
bis in die Berge von Macin erstrecken. Dann erscheinen sie noch unter der Kreideformation nördlich von 
»Ortakioi« und unter dem Carapelitschiefer bei Balabancea. 

Ein hervorragender Zug von dynamometamorphosiertem Granit ist der, an welchen sich gegen 
Westen die Carapelitschiefer anlehnen und welcher das ganze Plateau sowie die dasselbe umgebenden 
Hügel von »Akpunar« einnimmt. Gegen Norden erstreckt er sich über »Sivrik-Bair«, »Romancula« und 
»Megine«, keilt sich dann aus und bildet Gänge. 

Weitere Granitmassive sind die bei »Jakob Deal«, »Piatrarosie« (Granit mit Riebeckit), dann bei 
»Sakar-Bair« neben Atmagea und der des Berges »Cilik« nächst dem Kloster »Cilic«. Dieser letztere 
durchbricht ebenfalls die Quarzite, welche beim Berge »Seldah-Kopab« unter dem Triassandstein zum 
Vorschein kommen. 


Der Quarz-Porphyr. Nach den petrographischen Ausbildungen dieses Gesteines und nach den 
Formationen, welche in dieser Gegend durch dieses Gestein durchbrochen werden, scheint es, daß wir es 
mit zwei Eruptionen, welche in verschiedenen Zeiträumen stattfanden, zu tun haben. Als ältere Porphyre 
sind die Massive, welche die Quarzite und Phyllite sowie die Granite, als neuere die, welche außer den 
vorgenannten Gesteinen auch noch die Carapelitschiefer durchsetzen, anzusehen. — Der erstere ist ein 
Globular-Porphyr, in dem man Kristalle von Quarz und Feldspat bemerkt, er hat einen splitterigen Bruch, 
wenig deutliche Schieferung, in der Regel von dunkelroter, seltener grüner Farbe und ist häufig durch 
Eisenglanzadern ausgezeichnet. Dieser Porphyr bildet zwei abgesonderte Massive, beide gegen NW—SO ge- 
richtet. Das eine erscheint im östlichen Teile dieser Gegend, beginnt bei »Medankioi«, setzt den Berg » Eni Osmangi- 
Tepe« zusammen und verschwindet unter der Sandsteindecke, um bei der Mühle Ivancin Nicolas wieder zu 
Tage zu treten. So umfaßt er beinahe den ganzen Berg »Eski-Balac«, verschwindet wieder unter Löß und 
Trias, um im Berge »Konsul« wieder zum Vorschein zu kommen, wo er fast den ganzen Berg einnimmt; 
dann verschwindet er wieder unter einer Decke von Löß und mesozoischen Formationen und tritt endlich 
beim Dorfe Camber unter der Trias-Kalkdecke wieder zu Tage. — Gänge und kleinere Inseln kommen 
unter den Quarziten und Phylliten, die sie in den Bergen »Boclogea« und »Islam-Geaferca« durchbrechen, 
zum Vorschein, ferner finden sich welche unter dem Carapelitschiefer im Westen von Ortachioi auf den Bergen 
»Caslar-Bair«, »Babair« und »La Muche« nächst Balabancea. 

Ein zweites Massiv, welches sich an das Granitmassiv von Atmagea anlehnt, findet sich im nörd- 
lichen Teile von Hormular und bildet die Berge um Carjelar; in kleineren Massiven kommt er wieder beim 
Kloster Slava Rusa zum Vorschein und erreicht in den Bergen um Camena eine größere Ausdehnung, 


von wo er sich dann gegen Ceamurli de sus hinzieht. 


nm 
[0] 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 


220 Radu Pascu. [6] 


Ein drittes Massiv tritt südlich und oberhalb Somova auf und erstreckt sich nach Osten bis in die 
Nähe von Casla. Dieser Porphyr hat im Westen eine grüne Farbe und zeigt eine unbedeutende Schiefe- 
rung ; mehr gegen Osten im Berge Cataloi nimmt er eine weiße Farbe an, in welcher man unzählige 
Kristalle von bipyramidalen Quarz bemerken kann. Der Berg »Tausan-Tepe« ist aus einem Porphyr ge- 
bildet, welcher eine große Ähnlichkeit mit dem Porphyr vom »Konsul« besitzt. 

In dieser Gegend bemerkt man einen gegen NW streichenden mächtigen Quarzgang, welcher aus 
den Ton- und Phyllitschiefern von »Cerna«, »Para-Bair« und »Priopcea« hervortritt und den Rücken dieser 
Berge in einer Länge von 12 km und einer Breite von 500 m bildet. Er hat eine helle weiß-rötliche 
Farbe, eine zuckerkörnige Struktur, ist stark zerklüftet und ohne jede merkbare Schichtung. 

Der Diorit ist in dieser Region wenig vertreten; er kommt besonders im nördlichen Teile des 
Macingebirges vor und es ist wahrscheinlich, daß manche feldspatführende Amphibolite in dem östlichen 
Teile von Cerna und zwischen Camena und Ceamurli de Sus nichts anderes sind als Diorite mit einer 
mehr oder weniger ausgesprochenen Schieferung. 

Der Diabas kommt als Diabasporphyrit, uralitisierter Diabas und Diabasschiefer vor. Der Diabas- 
porphyrit erscheint als ein dunkles, dichtes porphyrisches Gestein. Er durchbricht in Gangform die kristal- 
linischen Schiefer auf den Ostgehängen des Berges »Boclogea« und im südlichen Teile des Berges »Islam 
Geafercae.. — Gewöhnlich bildet er kleine Massive zwischen den kristallinischen Phylliten und als solche 
finden wir ihn in drei kleinen Inseln am Nordrücken des Berges »Boclogea«, dann in einem größeren 
Massiv aur dem Berge »Islam Geaferca« nächst dem Dörfchen Islam Geaferca und weiter im Tale Pärlita 
und Seaca nördlich von Geaferca. Diese beiden letzterwähnten scheinen dem großen Massiv von Diabas- 
Porphyr (nach Peters Melaphyr), welches sich gegen Norden mächtig ausdehnt und fast die ganze Gegend 
zwischen Isaccea und Telitza bildet, anzugehören. Der Diabas-Porphyrit durchdringt in dieser Gegend auch 
die triassischen Sand- und Kalksteine, die letzteren in Marmor von gewöhnlich roter Farbe verwandelnd. 
Weiter kommt er im östlichen Teile des Berges »Petros« bei Somova vor, wobei er amygdaloidisch und 
von grüner Farbe ist. 

Identisch mit dem Diabasporphyrit von Niculitzel ist auch derjenige von »Alibeikioi« und »Baskioi«, 
welcher die Sand- und Kalksteine durchbricht und die letzteren in Marmor umwandelt. 

Der uralitisierte Diabas und Diabasschiefer kommt als Gangeinlagerungen zwischen den 
Phylliten und Quarziten des Berges »Geaferca«, des Berges »Hangearca« und zwischen den Carapelit- 
schiefern vor. Er ist ein tiefgrünes Gestein, grob- bis feinkörnig und etwas schieferig. 


B. Neuere paläozoische Formationen: 


a) Die grünen Schiefer bilden eine Zone, die bei Picineaga an der Donau beginnt und gegen 
SO durch »Topolog-Ceamurli de sus« bis in die Lagune »Golovitza« sich hinzieht. Bis »Ceamurli de sus« 


sind sie von Amphibol- und Glimmerschiefern begleitet. Diese Zone ist aus dunkelgrünen, dichten oder 


blättrigen Schiefern, manchmal von körniger Struktur, zusammengesetzt und bildet mächtige Bänke, zwischen 
welchen zahlreiche Nester und Gänge von Quarz eingelagert sind. Ihre Streichrichtung ist NW—SO mit 
einem Einfallen gegen SW. 

b) Die Carapelitschiefer sind durch einen Komplex von klastischen Schiefern, wie: porphy- 
rische Tuffe, graue oder rote Schiefer, Sandsteine von gewöhnlich roter Farbe und Konglomerate, vertreten. 
Der ganze Komplex behält das Streichen von NW nach SO bei und fällt fast senkrecht ein. Diese Gesteine 
bilden eine hervorragende, gut unterscheidbare Zone, die sich gegen Norden bis zu dem Granitmassiv von 
Greei erstreckt und nach Herrn Murgoci sich in Form von Streifen weiter gegen den östlichen Teil 
der genannten Gebirge hinzieht. Im Süden verschwinden sie unter dem Kreidesandsteine, kommen jedoch 
im Tale Gebilke und bei Atmagea wieder zum Vorschein. Gegen Osten lehnen sie sich an Quarzite und 
Phyllite und im Westen kommen sie durch eıme Dislokation mit dem Granit und dem Kontakthof von 
Akpunar und nördlich von Cerna in Berührung. 

Die Aufeinanderfolge dieser Schiefer, von Osten gegen Westen gehend, ist folgende: Eine Zone 
von klastischen Schiefern bestehend aus porphyrischen Tuffen, die einen Teil der Berge »Caslar-Bair«, 


[7] Geologische Studien über Erzlagerstätten im Bezirk Tulcea, Dobrugea (Rumänien), 221 


»Babair« und »Carapcea« bilden. Zwischen diesen zieht sich ein Zug von Konglomeraten, welcher gegen 
Norden immer quarziger wird. Es folgt nun ein Zug von rotem Sandstein, der seine größte Entwicklung 
auf dem Sattel zwischen den Bergen »Amzalar« und »Carapcea« hat, und an diesen lehnen sich Schiefer 
von grünlich grauer Farbe mit fein- bis grobkörniger Struktur, in welchen man Bruchstücke von Chlorit 
und anderen Gesteinen bemerken kann. Derselben Formation gehören wahrscheinlich auch die Sandsteine 
und Konglomerate von »Camber«, diejenigen von Tulcea, »Derven-Tepe« nächst Malcoci und diejenigen 
von »Camena« an. 

Der ganze Komplex der Carapelitschiefer ist von Diabasen, welche in Form von Intrusivgängen mit 
dem Carapelitschiefer wechsellagern, durchdrungen. Außerdem ist er noch von einem Porphyr durchbrochen, 
der gewöhnlich eine gelblichweiße Farbe und eine gut ausgesprochene Schieferung hat und von Quarzadern, 
manchmal mit Eisen- oder Kupfererzen, durchdrungen ist. Dieser Porphyr tritt durch die Schiefer auf 
den Bergen Carapelit, Carapcea, Amzalar und Crubair zu Tage. Er findet sich noch zwischen den Phyl- 
liten von Islam Geaferca und zwischen dem metamorphischen Schiefer von Akpunar auf dem Berge 


Romancula. 
II. Mesozoische Formation. 


1. Trias!) wurde zuerst von Peters durch die bei Cataloi und auf der Insel Popina gefundenen 
Fossilien festgestellt, später von Herrn Dr. K. A, Redlich, welcher durch seine im Jahre 1896 über 
die Trias in der Dobrugea gemachten Studien zu folgenden Schlüssen kam: 

Der Muschelkalk ist durch die Schreyeralmschichten von Hagighiol und Baskioi, ferner durch 
die Brachiopodenkalke auf der Popinainsel vertreten. Nach diesen folgt eine Fazies identisch mit den 
Schiefern von St. Cassian, vertreten durch Ammonitenhorizonte von Hagighiol. Jünger als diese Schichten 
sind die mit Halobia fluxa bei Cataloi und Tulcea. Schließlich findet sich als das höchste Glied der Sand- 
stein des Cilictales bis gegen Akadan. 

Nach Herrn Viktor Athanasiu existiert in der Dobrugea eine fast vollständige Reihenfolge von 
Triasschichten einer alpinen Fazies gleich der der Schreyeralm im Salzkammergut. Er hat festgestellt: den 
Werfener Schiefer in Zibil, die anisische Stufe bei Baskioi und Hagighiol, die untere ladinische Stufe in 
dem grauen Kalke von Zibil und die carnische bei Hagighiol. Die Trias ist durch Sandsteine, Kalkschiefer, 
Breccien- und dichte Kalke, marmorierte und schwarze sowie dolomitische Kalke vertreten. 


Die Sandsteine haben ihre größte Entwicklung im nordöstlichen Teile des Bezirkes, beim 
»Tziganca-Wald« beginnend und sich gegen Osten bis Telita und Posta ausdehnend. Sie bilden die Höhen 
von Medankioi und Trestenic und erstrecken sich über die Kalke von Acaden, Alibeikioi bis nach Baskioi. 
Als derselben Formation angehörend, sind die Sandsteine von Denis-Tepe und Cara-Bair ‚anzusehen. Die 
allgemeine Streichrichtung ist NW-—SO mit südwestlichem Einfallen. Es finden sich jedoch auch lokale 
Störungen mit Änderungen in der Streichrichtung. 

Dem Kalkschiefer begegnen wir in Form von Schollen im nordwestlichen Teile des Berges Boc- 
lagea, ferner unter Sandsteinen zwischen Niculetel und Telita und zwischen den Kalken von Eskikale bei 
Isaccea. Er erscheint noch bei Medankioi, Alibeikioi und Somova längs der Donausümpfe. Er zeigt im 
allgemeinen dieselbe Streichrichtung wie die Sandsteine. 

Die Kalksteine haben eine besondere Bedeutung sowohl durch ihre Ausdehnung, als auch 
durch das in verschiedenen Steinbrüchen gewonnene wertvolle Material. Im Westen dieser Region treffen 
wir auf das erste Auftreten von Kalken, und zwar im nordwestlichen Teile von Carapelit und im Caslar- 
Bairtale nächst Ortachioi. Sie treten ferner noch auf dem NO-Gehänge des Berges Boclogea und bei 
Medankioi (dolomitischer Kalk) zu Tage, umziehen den Porphyr von Medankioi und den der Berge Eski- 
balic und Konsul und finden sich noch schollenförmig auf dem Rücken dieser beiden letzten Berge. Diese 
Kalke, welche ein nordwestliches Streichen mit einem südwestlichen Fallen einhalten, haben eine 
dunkelblaue Farbe und sind manchmal Breccienkalke. Im Süden treten sie noch bei Baskioi und Camber 


1) Neueres über Trias siehe: J. Simionescu, Studii geol. si pal. din Dobrogea, Bucuresti 1907 und E. Kittl, 


Beitr. z. Kenntnis d. Trias in der nordöstl. Dobrudscha, Wien, 1908. 
28* 


222 Radu Pascu. [8] 


auf, wo sie von lichter bis rötlicher Farbe und meistenteils dolomitisch sind. — Von hier aus verschwinden 
sie unter der Kreideformation, um südlich von Baspunar wieder hervorzutreten, ferner erscheinen sie längs 
des Slava Rusatales, wo sie das Porphyrmassiv von Sakar-Bair umziehen. Die Kalke erscheinen noch in 
den »Nalbant« umgebenden Anhöhen und bilden die Höhen von Zebil und Congas, von wo sie sich bis 
Hagighiol erstrecken. Hier finden sich auch die durch ihren Reichtum an Fossilien wertvollen roten Kalke, 
deren Alter daher festgestellt werden konnte. Gegen Osten finden wir fleckige Kalke fast in jedem Hügel 
und jeder Anhöhe, welche sich über den Löß erhebt, vor. — Im nordöstlichen Teile herrschen die 
schwarzen Kalke mehr vor, außer kleineren, in Porphyrit-Diabas eingeschlossenen Inseln, welche in roten 
Marmor umgewandelt sind. Die Kalke won Niculitel, Parkes, Somova und teilweise diejenigen von Casla 
bilden mächtige schwarze Bänke mit Kalzitadern, muscheligem Bruch und manchmal von halbkristallinischer 
Struktur. Die im Norden von Somova sind von Porphyrit durchsetzt und in Marmor umgewandelt, während 
diejenigen von Casla in Kieselkalke übergegangen sind, in welchen man viele Barytgänge bemerken kann. 
Gegen Tulcea haben die Kalke eine rote oder schwarze Farbe, man findet darunter wahre Breccienkalke. 
Das Streichen der Kalke im westlichen Teile ist Nordwest mit südwestlichem Einfallen. Je weiter wir gegen 
Osten kommen, desto mehr sind die Kalke disloziert und nur im südwestlichen Teile finden wir sie wieder 
mit dem Nordwest-Streichen, welches als dieser Gegend eigentümlich betrachtet werden muß. 

2. juma: 

Diese Formation ist im Tulcea-Bezirk schwach vertreten, und zwar nur durch die gelblichen und 
rötlichen Kalke, welche bei Enisala und durch die dunkelgrauen Kalkklippen, welche bei Carjelari er- 
scheinen. — Peters vermutet, dafs der Lias durch die Kalke von Baskioi und durch die Sandsteine von 
Denis-Tepe vertreten sei. — Die Herren Redlich und V. Athanasıiu haben aber durch Fossilien fest- 
gestellt, daß der Kalkstein von Baskioi der Trias angehört. — Die Kalke von Enisala und Carjelari 
wurden sowohl von Peters als auch von V. Athanasiu dem mittleren Jura zugewiesen. 

3. Kreide. 

Die Kreide bildet einen mächtigen Zug, welcher sich bei Satu-Non beginnend über Jaila-Daucea 
hin bis Karamankioi von W nach O erstreckt und noch bei Jurilovca unter dem Löß hervortritt. Im 
Norden bildet sie das Hochplateau von Ortakioi, erscheint noch über den metamorphen Gesteinen von 
Akpunar und über dem Tonschiefer von Cerna. Westlich bildet sie noch die Hügel in der Richtung gegen 
Satu-Non. Überall lagert sich die Kreideformation transgressiv über ältere Formationen. Die Kreide ist aus 
fein- oder grobkörnigem kalkigen Sandstein und Konglomeraten gebildet, mit allgemein horizontaler 
Lagerung oder einer kleinen Neigung gegen Süden. 

Nach Peters gehören diese Gesteine der oberen Kreideformation (Pläner), nach Herrn V. Atha- 
nasiu dem Cenoman an, 

HDlasslsernitnär, 

Das Tertiär wurde bis jetzt nirgends in dieser Region angegeben. 

5. Das Pleistozän. 

Dasselbe ist als Löß, der alle Täler und Niederungen deckt, ausgebildet und erhebt sich auf den 
Gehängen bis zu bedeutenden Höhen. Die modernen Alluvionen sind durch rezente Ablagerungen in Tälern, 
Sümpfen, im Donaudelta und an den Meeresufern vertreten. - 


Spezieller Teil. 


I. Erzlagerstätten. 


Nach J. le Conte können Erzlagerstätten in mancherlei Gegenden und mancherlei Gesteinen gefunden 
werden, in der Regel in Gebirgsgegenden und innerhalb der metamorphen und eruptiven Gesteine, weil 
dort die Thermosphäre näher der Oberfläche liegt und von dieser von unten her durch große Spalten 
gerade in diese Gegenden und in diese Gesteine der leichteste Zugang besteht. 

Nach B. v. Cotta gilt der Leitsatz: »Erzlagerstätten finden sich überhaupt häufiger in den 
Regionen der älteren als der neueren Gesteine; ferner haben weitgehende Beobachtungen festgestellt, daß 


[9] Geologische Studien über Erzlagerstätten im Bezirk Tulcea, Dobrugea (Rumänien). 223 


ältere Gebirge, vorzüglich diejenigen, deren Haupthebungen noch in das paläozoische Zeitalter fallen, 
Gebirge mit sanftem Relief sowie alte schon fast wieder von der Tätigkeit des Wassers abgehobelte 
Gebirge an Lagerstätten reicher sind, als die neueren mit alpinem Charakter. 

F. Posepny, L. de Launay, I. H.C. Vogt, van Hise u. a. und alle modernen Geologen 
stimmen überein, daß die meisten Erzlagerstätten ihren Ursprung aus den in den Eruptivgesteinen enthaltenen 
Verbindungen nehmen, welche durch verschiedene Prozesse in vorhandene Hohlräume abgesetzt wurden. 

Wenn wir die geologische Karte unserer Gegend überblicken, finden wir, daß alle diese Bedin- 
gungen erfüllt sind. 

Die paläozoische Formation ist gut durch Gebirge vertreten, welche gegenwärtig infolge der lang- 
dauernden Erosion sich als Hügel und langgestreckte Rücken kennzeichnen, die die Höhe von 426 m 
nicht übersteigen. (Die höchste Spitze ist Zuguiatal, 426 m bei Greci.) 

Die Erhebung des Gebirges kann mit dem Erscheinen der Eruptivgesteine oder mit anderen 
Bewegungen der Erdrinde, welche noch vor der Kreide stattgefunden und zu Spaltenbildung, meistens in 
der Streichrichtung, Anlaß gaben, in Verbindung gesetzt werden. Endlich beweist uns das Vorkommen 
von Mineralien und Erzen in unserer Region augenscheinlich die Zirkulation der mit verschiedenen Mineral- 
substanzen beladenen Thermalwässer, der Gase und Dämpfe, welche auf ihrem Wege in angetroffenen 
Spalten Ablagerungen erzeugten und somit Erzlager und Gänge, die in die Tiefe gehen, bildeten. 

Die ersten Andeutungen für das Vorkommen von Erzen finden wir im Werke Peters verzeichnet, 
welcher das Vorhandensein von Eisenglanz in dem Granitmassiv von Sackar-Bair bei Atmagea, des 
Hämatits im Cilictale und den Eisenglanz in dem Quarzschiefer von Losova angibt. Peters vermutet 
noch das Vorhandensein von Kupfererzen bei Casla und Maleocı. 

Spuren von älteren Bauen wurden nur auf Sackar-Bair vorgefunden, wo mehrere Schurfgräben in 
NS-Richtung auf dem Granitmassiv angelegt sind. Dies beweist, daß seinerzeit Erzschürfungen wahrschein- 
lich von Genuesern zur Gewinnung des in Granit als Imprägnation enthaltenen Eisenglanzes vorgenommen wurden. 

Meine in dieser Richtung vorgenommenen Untersuchungen, wie ich schon in der Einleitung bemerkt 
habe, führten mich zur Entdeckung von neuen Erzvorkommen, mit welchen wir uns im Folgenden beschäf- 
tigen werden. 

In der zu betrachtenden Gegend finden sich hauptsächlich Eisen- und Kupfererze im allge- 
meinen innig miteinander vermengt. 

Die Eisenerze kommen als Pyrite, dichter und blättriger Eisenglanz, Magnetit, Hämatit und Limonit 
als Verwitterungsprodukt vor. 

Die Kupfererze begegnen uns meistenteils als sekundäre Erze. Am verbreitetsten ist der Mala- 
chit, weniger Azurit und Chrysocoll, dann das Ziegelerz, Kupferschwärze, Kuprit und gediegenes Kupfer. 
Seltener treten Sulfide auf in Form von Chalcopyrit und Bornit. 

Außer diesen Haupterzen finden sich noch als akzessorisch: Psilomelan bei Eisenerzen, weiter 
Gold- und Silberspuren in gewissen Pyriten sowie in den Kupfererzen. Als unmetallische Mineralien sind 
noch zu erwähnen : Reiner Quarz in selbständigen Gängen oder als Gangart, ferner Gänge von Baryt und 
Epidot in Erzlagern. 

Unter allen Erzen ist das Eisen am weitesten verbreitet. Als Pyrit kommt es in Porphyren und 
grünen Schiefern vor. Als blätteriger und dichter Eisenglanz in Quarziten, Phylliten, metamorphen Schiefern, 
in Gängen mit Quarz, in Graniten und Porphyren. Der Magnetit kommt in basischen Eruptivgesteinen 
und der Roteisenstein und Limonit im Ausgehenden der Erzlagerstätten vor. 

Die Kupfererze kommen immer zusammen mit Eisenerzen vor, gewöhnlich innig vermengt mit 
diesen oder auch für sich selbständig. Sie bilden Imprägnationen in Carapelitschiefern, Phylliten und por- 
phyrischem Gesteine, ferner bilden sie mit dem Eisen das Erz in Gängen und Erzlagern. 

Ich werde versuchen, die verschiedenen Örtlichkeiten, wo diese Erze wichtigere Erzlagerstätten 
bilden und wo Schurfarbeiten vorgenommen wurden, zu beschreiben. Ich muß aber im voraus bemerken, 
daß diese Untersuchungsarbeiten nicht genügend sind, um bestimmte Schlüsse auf den ökonomischen 
Wert ziehen zu können. 


224 Radu Pascu. [10] 


Losova. 


Von dem Ziganeagebirge, welches sich von W gegen O hinzieht, trennt sich ein mächtiger Zweig, 
der sich gegen S richtet und in der Taizatal-Ebene verliert. Dies ist der Berg Boclogea, dessen südliche 
Ausläufer von den Mönchen des Klosters Cocos, welche dort eine kleine Meierei betrieben, Losova 
genannt wurde. : 

Schon am Fuße des Berges wird unsere Aufmerksamkeit durch die vielen Trümmer von weißem 
Quarz erregt, die von im Serizitschiefer eingelagerten Quarzgängen und Nestern herrühren. Die Schiefer 
sind durch Zersetzung von Eisen rot gefärbt, und in den Quarzgängen finden wir Nester von blätterigem 
Eisenglanz sowie seltene Malachitausblühungen. Etwas weiter hinauf tritt auf dem W-Gehänge ein 4—5 m 
mächtiger Porphyrgang zu Tage, der gegen NW parallel mit den Schiefern streicht. Dieser Porphyr ist 
in verschiedenen Abschnitten stark mit Eisenglanz imprägniert oder enthält ihn in feinen bis zu I cm 
dicken Adern. 

Dieselben Erzadern bemerkt man auch in den Nebenschiefern, welche hier von einer schmutzig- 
schwarzen Farbe sind. Wenn man über den Porphyr hinweg die Anhöhe oberhalb des Weges, der diesen 
Berg verquert, ersteigt, stößt man auf eine kleine, mit Phyllittrümmern erfüllte Rinne, auf deren Ober- 
fläche Malachitausblühungen zum Vorschein kommen, Östlich von dieser Rinne ragt eine mächtige grau- 
weiße Quarzitbank auf, die in der Richtung NW den Berg entlang weiter streicht. Den Weg auf dem 
Rücken verfolgend, bemerken wir eine Wechsellagerung von Quarziten und Phylliten, die durch Porphyr- 


gänge und -stöcke durchbrochen sind. 


Je mehr wir uns dem nördlichsten Bergrand nähern, deste seltener werden die Porphyrgänge und 
statt dieser erscheinen in der Gegend des Punktes »la trei mori« drei kleine Stöcke von Diabasporphyrit. 
Auf dem O-Gehänge finden wir dieselben Erscheinungen mit dem Unterschied, daß hier die Schichten 
durch mehrere Gänge von Porphyren und Diabasporphyriten durchbrochen sind (s. Prf. durch Boelogea). 
Dieser ganze Schieferkomplex streicht NW—-SO und fällt unter einem großen Neigungswinkel gegen 
SW ein, auch die Porphyre, welche als Apophysen des Medankioi-Konsul-Massivs anzusehen sind, halten 


im allgemeinen diese Streichrichtung ein. 


Die Erze finden sich wie gesagt in den Quarzgängen der Porphyre, Phyllite, und Quarzite. Eine 
Quarzitschicht, welche sich im SW des Berges hinzieht, ist an Eisenerz so reich, daß man ziemlich 
große Blöcke, fast rein aus diesem Mineral bestehend, vorfindet. 


Der Hauptgegenstand der Schurfarbeiten waren jedoch nur die Kupfererze, welche sich in der 
obengenannten Rinne finden. Die in dieser Rinne vorkommenden Gesteinstrümmer mit Malachitausblühungen 
gehören mehreren Phyllitschichten an, die mit Eisen- und Kupfererzen imprägniert sind. Die in diesen 
Schichten gemachten Schurfgräben beweisen, daß die Imprägnationen lokaler Natur sind und nur über eine 
geringe Fläche verbreitet sind. Ein bis zur Tiefe von 76 m unter 45° geführter tonnlägiger Schacht 
zeigte eine verzweigte gangartige Lagerstätte, welche NO streichend, fast senkrecht die Schieferung 
schneidet. Nahe an der Oberfläche besaß der Gang eine Mächtigkeit von 0'80 m, nahm mit der Tiefe 
ab, zertrümmerte sich, um endlich bei 12:60 m auszukeilen. Ein Bruchteil dieses Ganges fand sich bei 
2125 m Tiefe wieder, um nach wenigen Metern wieder zu verschwinden. 


Die Ausfüllung des Ganges besteht aus Schiefertrümmern mit oxydischen Eisen- und Kupfererzen 
und wenig Quarz. Kleine nierenförmige Drusen von Malachit waren nicht selten. Das Liegende und 
Hangende zeichnete sich durch einen reichen Lettenbesteg aus, in dem kleine Krusten von Malachit 
zerstreut umherlagen, 

Die ersten chemischen Analysen dieser Erze wurden von dem chemischen Laboratorium der geo- 
logischen Reichsanstalt in Wien gemacht, und zwar von einem verwitterten, mit Erz imprägnierten Phyllit- 
stück von gelblichbrauner Farbe. 

Das Ergebnis war folgendes: Dieser Schiefer enthält ziemlich viel Eisen als Eisenoxyd, und zwar 
16:06°, Eisenoxyd — 12'24°1, Eisen; weiter 0'47°/, Kupfer und Spuren von Schwefel. Außerdem enthält 
die Probe noch 0:006°%, goldhaltiges Silber mit 0'002°/, Gold. Es fehlen vollkommen Arsen, Antimon, 


[ir] Geologische Studien über Erzlagerstätten im Bezirk Tulcea, Dobrugea (Rumänien). 225 


Zink etc. Zwei in dem Laboratorium der Minenabteilung des Domänenministeriums gemachte Analysen 
haben folgendes Resultat ergeben: 


| Fe | Cu | Gangart 
Ne. 1 18:40 9:41 54:50 
Nr. 2 1972 0:25 70:00 


Die geringen Erfolge und verschiedene andere Umstände trugen dazu bei, die Schurfarbeiten ein- 
zustellen. Später fand ich auf demselben Berge verschiedenenorts Malachitimprägnationen in Phylliten, ferner 
Eisen- und Kupfererze in einer Quarzeinlagerung zwischen den zwei Diabas-Porphyritstöcken am äußersten 
Ende des Berges. Neuere Schurfrechte wurden vielfach in der letzten Zeit auf diesen Berg erteilt. 


Berg Geaferca und Coslug. 


Durch das Tal Coslugea, vom Boclogea-Berg getrennt, erhebt sich aus dem Löß des Taitatales 
ein Rücken, dessen südlicher Teil den Namen Berg Geaferca, der nördliche den Namen Berg Coslug führt. 
Diese beiden Berge bilden einen Körper und sind als O-Zweig des Boclogeaberges zu betrachten. 

Die diese Berge zusammensetzenden Gesteine sind in der Hauptsache mit denen des Boclogeaberges 
identisch. Einen Unterschied bilden die zahlreichen Quarzeinlagerungen, hauptsächlich auf dem Rücken 
zwischen Dorf Islam-Geaferca und Coslugberg. Einen wesentichen Unterschied finden wir aber in dem 
bedeutenderen Vorkommen von Eruptivgesteinen, die diese Schichten durchbrechen. Außer den Diabasen, 
Diabas-Porphyriten und Porphyren kommt auf dem Coslugberg auch der Granit zum Vorschein. 

Den Diabas finden wir zwischen den Phylliten eingelagert in dem S-Teile und in dem O-Gehänge des 
Berges. Beim Dorfe Islam-Geaferca erscheint ein ziemlich mächtiger Stock von Diabas-Porphyrit. Der 
Porphyr bildet ein isoliertes Massiv im Dealü Petros, weiter erscheint er in Gängen und Stöcken sowohl 
auf dem Berge Geaferca als auch im Coslug die Schiefer und die drei Granitmassivs durchbrechend. Ander- 
seits hat der Granit, welcher in dem südlichen Massiv zuerst von weißer Farbe ist (Natriumgranit) und 
der, wenn wir gegen den Rücken ansteigen, in einen rosafarbigen Granit mit Amphibol übergeht, aut 
die Kontaktschiefer eine metamorphische Wirkung ausgeübt und dieselben in Amphibol und Hornfelse 
umgewandelt. 

Die Erze sind die gleichen wie auf dem Boclogeaberg. Den Eisenglanz finden wir sowohl in 
den Schiefern als auch in den Quarzeinlagerungen und in den metamorphen Schiefern. Die Kupfererze 
kommen zusammen mit den Eisenerzen nur in einem lichten Gestein von porphyrischem Aussehen vor, 
das in die Phyllite in unmittelbarer Nähe eines gewöhnlichen Porphyrganges eingelagert ist, was dafür zu 
sprechen scheint, daß sowohl dieses porphyrische Gestein als auch die weiter zu besprechenden Porphyre, 
welche die Carapelitschiefer durchbrechen, jüngeren Alters und die Erzbringer sind. 

Das erwähnte porphyrische Gestein kommt zwischen den Phylliten unterhalb des Coslugrückens 
zum Vorschein und macht sich an der Oberfläche durch hervorragende Blöcke bemerkbar. Seine Streich- 
richtung ist O—W, somit durchschneidet es die Schiefer, die gewöhnlich eine N- 30° W-Richtung einhalten. 
Es konnte auf der Oberfläche ungefähr 100 m weit mit einer Mächtigkeit von über Io »n verfolgt werden. 
Die ganze Masse dieses Gesteines ist mit Eisen- und Kupfererzen imprägniert und von feinen Adern von 
Quarz und Erzen durchzogen. Sie sind besonders dort bemerkbar, wo das Gestein noch im frischen 
Zustand erhalten geblieben ist, denn sonst ist der Verwitterungsprozeß so weit vorgeschritten, daß der 
größte Teil des Ausgehenden in eine mürbe, gelblich-erdige Masse umgewandelt ist, in welcher sich nur 
dort, wo die Quarzadern noch zurückgeblieben sind, Spuren von Eisen finden. In dem frischen Gestein 
von heller Farbe sind die Erze sehr unregelmäßig verteilt, von geringen Spuren bis zu Stellen, wo die 
Erze sich angehäuft haben und Massen bis zu I5cm Mächtigkeit bilden. Die Eisenerze herrschen vor 
Kupfererz ist nur in geringer Menge enthalten, was zu beweisen scheint, daß es wegen seiner leichten 
Löslichkeit weggeführt wurde, um wahrscheinlich tiefer wieder abgesetzt zn werden. Ich fand noch kleine 


226 Radu Pascu. 1 2] 


Flecken von Chalcopyrit und ihren Übergang: in Kupferoxyd, was dafür sprechen würde, daß die ursprüng- 
lichen Erze Sulfide waren und nur durch sekundäre Umwandlungen in Oxyde und Karbonate übergeführt wurden. 

Die bis jetzt vorgenommenen Schürfungen sind nicht so weitgehend, daß wir uns über den ökonomischen 
Wert dieser Erzlagerstätten aussprechen könnten. Aller Wahrscheinlichkeit nach dürften die Kupfererze in 


der Tiefe in größeren Mengen zu finden sein. 


Erze und Erzlagerstätten in den Carapelitschiefern. 


Die Carapelitschiefer bilden, wie im geologischen Teil gezeigt wurde, eine gut unterscheidbare 
Zone, welche sich im O an Quarzite und Phyllite lehnt, im W an den Granit und die metamorphen 
Schiefer von Akpunar grenzt. 

Diese klastischen Schiefer können durch Erzimprägnationen und durch die in ihnen zahlreich vorkom- 
menden Gänge eine große ökonomische Bedeutung erlangen. Die wichtigsten diesbezüglichen Vorkommen 


sind auf dem »Carapelitberg«, »Amzalar« und »Crubair«. 


Carapelitberg. 


Im W-Teile der Ortschaft Ortakioi erheben sich aus dem Taizatal-Löß mehrere kleine Hügel, 
die durch ein Plateau mit dem nach SW verlaufenden Rücken des Carapelitberges verbunden sind, 

Die ersten zu Tage tretenden Gesteine finden wir am »Babair«, einem im S von Carapelit an- 
steigenden Hügel. Sie bestehen aus feinen tuffigen Schiefern von dunkler Farbe, durch deren Mitte ein 
Zug von Konglomerat gegen NW hinzieht. Das Konglomerat besteht aus hühnereigroßen und noch größeren 
abgerundeten Quarzstücken, Bruchstücken von Schiefern und anderen Gesteinen, alle durch ein toniges 
Zement zusammengekittet. Unter diesem Komplex kommt im N. ein kleiner Porphyrstock von rotblauer 
Farbe hervor, in dessen Masse sich feine Kristalle von rotem Feldspat und feine Äderchen von Eisenglanz 
vorfinden. 

Im NO, auf dem nach Akpunar führenden Landweg treten Kalkbreccien, die nach NW streichen» 
zu Tage. Weiter gegen W erhebt sich ein kleiner Hügel aus einem dunkelblauen Porphyr, von unzähligen 
feinen Äderchen von Eisenglanz nach allen Richtungen durchschwärmt. An diesen Porphyr lehnen sich die 
Carapelitschiefer. Diese Schiefer sind im Ausgehenden von grauer Farbe und sehr zerbrechlich, mit der 
Tiefe nehmen sie eine rötliche Farbe an und sind von feiner sandiger Struktur, wahrscheinlich dieselben 
wie die von Babair. Die Ähnlichkeit wird noch dadurch vergrößert, daß auf den unmittelbar an- 
steigenden Höhen auch die Konglomerate zum Vorschein treten. Im W von diesen Konglomeraten erhebt 
sich das vorhin erwähnte Plateau, das von einer dünnen Lößschicht bedeckt ist, welcher Bruchstücke von 
Schiefern birgt. 

Die Gehänge des Berges Carapelit bestehen aus denselben grauen zerbrechlichen Schiefern mit 
ausgesprochen sandiger Struktur, darunter einige mit Quarz- und Chloritnestern, andere eisenhaltig von 
dunkler Farbe und sehr hart. Auf dem südlichen Rücken des Berges sind die Schiefer von einem 3 m 
mächtigen, nach NW gerichteten Gang, wahrscheinlich Porphyr, von heller Farbe durchsetzt, der von 
Quarzadern mit Eisen- und Kupferadern durchzogen ist. 

Eisenglanz vermengt mit Malachit finden wir in einer Quarzeinlagerung in den Schiefern neben dem 
südlichen dunkelblauen Porphyrstocke. Etwas mehr gegen W, im sogenannten »Valea Coarnelor« bemerkt man 
eine Rinne voll von Schiefertrümmern, welche mit Malachit und gelblichen Flecken von Eisenoxyd imprägniert 
sind. Diese Imprägnationszone hat eine Mächtigkeit von I—3 m und erstreckt sich nach SO hin bis auf das Plateau 
Babair. Eine quer durchzogene Rösche zeigte eine auf die Nebenschiefer ausgeübte Thermal-Metamorphose, 
welche sich durch Veränderung der Farbe und der Zusammensetzung der Schiefer kennzeichnet. Diese 
Veränderung wird augenscheinlicher im Hangenden und Liegenden eines schmalen Porphyrganges, der durch 
diese Rösche zu Tage gelegt wurde. Der Porphyr hat eine gelbliche Farbe, zeigt Schichtung und ist von 
zahlreichen Quarzadern durchsetzt. 

Die auf diese Zone vorgenommenen Schurfarbeiten bewiesen eine unsichtbar feine Imprägnation 
der Schiefer mit Eisen- und Kupfererzen, welche sich an der Oberfläche durch Ausblühungen von Malachit 


Geologische Studien über Erzlagerstätten im Bezirk Tulcea, Dobrugea (Rumänien). 23 


[13] 


7 


bemerkbar machen. Allem Anscheine nach dürften diese Imprägnationen mit dem Porpbyr in Verbindung 
gebracht werden. 

Aus verschiedenen Umständen mußten leider diese Untersuchungen eingestellt werden, so daß wir 
uns über den Wert dieses Vorkommens nicht weiter aussprechen können. Mehrere von dem Laboratorium 
der geologischen Reichsanstalt in Wien gemachten Analysen über die ersten Funde des imprägnierter 
Schiefers und der Nebenschiefer gaben folgende Ergebnisse :! 


Proben I | II | Ill | IV | V | VI 

| | | ee 

Rückstände. 2 0 080:832 217179738 | 63:09 877 | 83;02 | S100 

Kupfer ren 1:30 | 1:56 Spuren Spuren Spuren Spuren 
I} 

Nickel Spuren | 0:03 | 0:02 0:01 » 1702 

iS d 

Er Boy vıel Spurgm 

Blei Fr; 

Gold und Silber Spuren 


Auf dem SO-Zweig des Carapelitberges in den sandigen Schichten kommen Äderchen von Quarz 
und Chlorit mit Malachitausblühungen zum Vorschein. Im allgemeinen finden wir überall, wo die Schichten 


chloritisch und von Quarz durchsetzt sind, auch Ausblühungen von Kupfer- und Eisenerzen vor. 


Die ersten solcher Vorkommen treffen wir in den tiefsten Schichten des genannten Bergrückens, 
dann gegen die Höhe, wo zwischen die Schiefer ein Quarzgang von 0'35 m Mächtigkeit reich an Eisen- und 
Kupfererzen eingelagert ist. Das Eisenerz ist gewöhnlich Eisenglanz, innig vermengt mit Malachit, mit ihm 
feine Krusten bildend, die manchmal bis 2 cm Dicke erreichen. In einigen Erzstücken kann man den 


Übergang von Pyriten in Oxyde bemerken, was für ihren ursprünglichen sulfidischen Charakter sprechen dürfte. 


' Dreißig Meter oberhalb dieses Ganges kommt ein neuer mineralarmer (uarzgang vor und weiter 
in Io m Entfernung finden wir einen Gang von o‘4o m Mächtigkeit fast nur aus Eisenglanz mit wenig 
Quarz bestehend. In Abständen von Io bis 25 m reihen sich sieben neue (Juarzgänge, die Eisen- oder Eisen- 
und Kupfererze enthalten. 

Auf dem südlichen Scheitel verläuft, wie früher gesagt wurde, ein herausragender Porphyrgang 
von lichter Farbe, von Quarzadern durchsetzt und mit Eisen- und Kupfererzen imprägniert. Manchmal steigen 
die Quarzadern in der Mächtigkeit bis zu wahren Gängen; in ihren Klüften sind Kupfererze in Form 
von Malachit abgesetzt worden. Anderseits findet man im Quarz Einsprengungen von Chalcopyrit und 


Bornit. Die Schiefer im Kontakt dieses Ganges sind auf eine bedeutende Strecke (20 m) umgewandelt. 


Einen neuen Gang trifft man im nördlichen Rücken des Berges. Er erscheint in einer Mächtigkeit 


von 60cm und besteht aus Quarz mit Hämatit. Ein Schurfschacht bis 2 m Tiefe zeigte ein Verzweigen 
des Ganges in der Tiefe. Obwohl an diesem Punkte keine sichtbaren Kupfererze vorkommen, findet man 


dieselben unweit von diesem Ausbiß im Streichen des Ganges in Form von Malachitausblühungen. 


Außer diesen Gängen findet man in dem Carapelitschiefer Schichten, die so stark mit Eisenerz 
imprägniert sind, daß sie in Eisenschiefer übergehen; man kann sie in der NW-Richtung weit verfolgen. In 
einigen dieser als Fahlbänder zu betrachtenden Schichten ist das Eisenerz in kleinen Schuppen zerstreut, 
was dem Gestein ein breccienartiges Aussehen gibt. 

Obgleich die bis jetzt in diesen Gängen ausgeführten Schurfarbeiten keine bestimmten Schlüsse 
zulassen, wurde doch festgestellt, dafs diese Gänge an der Oberfläche eine große Länge aufweisen, und 
wenn man die in Amzalar gemachten Beobachtungen auch auf Carapelit beziehen will, können wir behaupten, 
daß auch hier die Erze mit den Porphyren in näherer Beziehung stehen. Die Beobachtung des Über- 
ganges von Pyriten in Eisenglanz bekräftigt uns in der Annahme, daß die primären Erze Sulfide und 
alle Eisenglanzausbisse nur Umwandlungsprodukte der ersteren waren. Sie bilden also einen eisernen Hut, 
aus dem die wertvolleren Kupfererze aufgelöst und weggeführt worden sind. 


Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns, Bd. XXI. 29 


Radu Pascu. [14] 


[97 
D 
0.) 


Die im chemischen Laboratorium der Minenabteilung aus verschiedenen Proben vorgenommenen 


Analysen ergaben: 


7 Garapelitschiefer Ganparti. Sn Er 9780 ae eu” 
2 Q uarzemıJKupferausblühungener 2 Pre > SAH 9 RR 
3 EISEnEEZUN es tens Herstel - ERA500. 2305 SEO O NER 
ä.,Eisenschieferr eva... un 2 ee ee AGO ra 850 » 0 


Diese Analysen beziehen sich auf die ersten gefundenen Mineralien, später, nachdem dies Erzvor- 
kommen konzessioniert worden ist, sind durch die vorgenommenen Schurfarbeiten viel reichere Erze, 
besonders von Kupfer, gefunden worden, von denen leider keine vollständige Analyse ausgeführt wurde. 


= 


II. Amzalar. 


Der Berg Amzalar bildet einen länglichen Rücken, der sich sanft aus dem Löß der Taiza-Ebene 
erhebt und gegen N mit dem Berge Carapcea, der fast nur aus Konglomeraten und Sandsteinen besteht, 
durch einen Sattel verbunden ist. Diesen Rücken könnte man als eine nördliche Verlängerung des Berges 
Carapelit annehmen, von dem er nur durch die Taiza-Ebene getrennt ist. 

Die gleichen Schiefer, wie diejenigen von Carapelit, setzen diesen Rücken zusammen, mit 
dem einzigen Unterschied, daß mitten durch den Scheitel ein stark vorragender Zug von einem schiefrigen 
serizitischen Gestein hinzieht, welches sich durch seine gelbliche Farbe stark von den grauen Neben- 
schiefern unterscheidet und dadurch in die Augen fällt. Gegen Norden wird es dichter, besitzt eine schmutzig- 
weiße Farbe und geht in ein porphyrisches Gestein über. 

Ein zweiter porphyrischer Zug findet sich auf dem O-Gehänge, erstreicht ebenfalls nach NW und ist 
auf der Oberfläche über einen Kilometer verfolgbar. Dies Gestein ist ganz ähnlich dem auf dem Scheitel 
von Carapelit vorkommenden Porphyr. 

Dieselbe Farbe, dieselbe Zusammensetzung, dieselben Quarzadern sind auch diesem Porphyr eigen, 
nur an Erzgehalt scheint er reicher als der von Carapelit zu sein. 

In diesem Porphyrgange wurden mehrere Schurfarbeiten vorgenommen, welche seine Gangnatur 
vollständig bewiesen. Die Erze kommen sowohl im Porphyr als auch im Nebenschiefer vor, der ebenfalls 
von Quarzadern durchsetzt ist. Die Erze sind: Eisenglanz, Malachit, wenig Azurit, seltener Schwefelkiese, 
Schwarzkupfer, Ziegelerz etc. Die Verteilung ist eine unregelmäßige, entweder nur Eisenerze oder diese mit 
Kupfererzen zusammen, Man findet auch sehr schöne Breccien, wobei das Eisen- und Kupfererz das Binde- 
mittel zwischen Porphyr- und Schieferbruchstücken bildet. 

Der Erzgehalt ist verschieden, im allgemeinen sind die Eisenerze vorherrschend, man findet aber 
auch bis fingerdicke Malachitadern, die unregelmäßig in dem Nebenschiefer verteilt sind. 

Die auf diesen Erzlagerstätten vorgenommenen Arbeiten bestehen aus einer Reihe von fünf kleinen, 
senkrechten Schächten, die den Gang bis zu einer Tiefe von 6 bis 37 m verfolgt haben. Die Verteilung der 
Erze in diesen Schächten, nahe an der Oberfläche, ist die folgende: Schacht I, 24'350 »n tief, ist in Porphyr ab- 
geteuft. Der Porphyr zeigt eine Mächtigkeit von I’I5 m und ist von zwei dünnen Schnüren von mineral- 
reichem Quarz (0'06—-0'05) begrenzt; durch die Mitte des Porphyrs zieht sich ein dünnes (0'02) Band von 
schiefrigem Porphyr mit Malachit. Der Porphyr ist ein dichtes, mitunter schiefriges Gestein von weißer, 
gelblicher oder grünlicher Farbe, größtenteils ebenfalls mit Erzen imprägniert oder von Erzäderchen durchsetzt. 

Im II. Schachte, ı1 »n tief, ist der Porphyrgang ebenfalls von zwei Quarzgängen begleitet, von 
denen sich einer in der Tiefe auskeilt. Die Quarzgänge führen viel Eisen, weniger Kupfer. Außerdem ist 
der Porphyr mit Erzen imprägniert. 

Im Schachte III, 37 m tief, findet man fast dieselbe Reihenfolge, wie im Schachte I und II mit 
dem Unterschied, daß die Quarzgänge an Mächtigkeit zunehmen. Im nördlichen Schachtstoß merkt man 
eine kleine Verwerfung. Die Erze kommen im Porphyr, im Quarz und Nebenschiefer vor. Der Eisenglanz 
ist unmittelbar unter der Oberfläche stark zersetzt und in Limonit übergegangen, in dem man häufig Malachit 
bemerkt. In der Tiefe findet man ‚schöne Breccien mit Erzen und bei 30 m viel Quarz von Eisen geschwärzt 
mit Malachit auf den Kluftflächen, 


[15] Geologische Studien über Erzlagerstätten-im Bezirk Tulcea, Dobrugea (Rumänien). 229 


Schacht IV ist in dem Nebenschiefer abgeteuft und hat eine Tiefe von 6 m. Die Schiefer sind 
durch zwei mineralführende Quarzgänge durchsetzt, außerdem enthalten sie zahlreiche feine Schnüre von 
Quarz mit: Eisen- und Kupfererzen. Man fand hier solche Schnüre von 2 cm Dicke von reinem Malachit. 

Schacht V, 10'50 m tief, ist im Porphyr abgeteuft. Der Porphyr sowie die Nebenschiefer sind von 
mineralisierten Quarzadern durchsetzt. 

In allen diesen Schächten merkt man eine Veränderung der Nebenschiefer, sie sind durchwegs erz- 
führend und beim Schachte findet sich auch ein Lettenbesteg (Salband), in dem Drusen von Malachit 
verteilt sind. 

Leider fehlen nähere Beobachtungen über die Verteilung der Erze in der Tiefe, auch konnten wir 
diese nicht vornehmen, .da zur Zeit alle Arbeiten eingestellt und verlassen waren. Das einzige, was fest- 
gestellt werden konnte, ist, daß der Gang sich in die Tiefe fortsetzt und der Erzgehalt anhält. 

Die Schlüsse, die man vorläufig aus diesen Arbeiten ziehen dürfte, wären: Die Carapelitschiefer 
sind durchsetzt von Porphyrgängen, deren Alter wahrscheinlich jünger ist, als die früher beschriebenen 
Porphyrmassive. ' Dieser Porphyr, von gewöhnlich weißlicher oder grünlicher Farbe, zeichnet sich außerdem 
teilweise durch eine ausgesprochene Schieferung aus und ist nach allen Richtungen von weißen glasigen 
Quarzadern durchsetzt. Sowohl in seiner Masse als auch in den Quarzadern führt er Eisenerz in beträcht- 
licher Menge, entweder für sich allein oder im Vereine mit Kupfererzen. Die letzteren waren mehr der Auf- 
lösung ausgesetzt, so daß sie sich an der Oberfläche spärlicher vorfinden, mit der Tiefe aber scheint ihr 
Gehalt zu steigen. Außer dem Porphyr ist auch der Nebenschiefer erzführend, er ist ebenfalls von 
mineralisierten Quarzadern durchsetzt und von Erzen imprägniert. Dies spricht für eine laterale Injektion von 
Erzlösungen, die mit dem Porphyr gekommen sind. Das Vorhandensein eines Lettenbesteges und der 
Breccien spricht außerdem für die Gangnatur dieses Vorkommens, 

Man kann vermuten, daß sich in der Tiefe noch reichere Erze anhäufen, und daß dies Vorkommen 
eine schöne Zukunft haben könnte, wenn man die Untersuchungen in rationeller Weise fortsetzt. Wenn man 
außerdem erwägt, daß eine vollkommene Übereinstimmung zwischen den Schiefern von Carapelit und denen 
von Amzalar besteht, wenn man berücksichtigt, daß Amzalar genau in der Streichrichtung von Carapelit 
liegt, so muß man annehmen, daß auch hier sich mehrere Parallelgänge vorfinden und daß nur der Mangel 
an richtig geführten Schurfarbeiten sie bis jetzt unaufgedeckt ließ. 

Die Carapelitschieferzone dehnt sich bis zum dynamometamorphosierten Granitmassiv von Akpunar 
aus. Dieselben Schiefer herrschen über die ganze Breite der Zone. Eine Änderung in der Struktur der 
Schiefer findet man in der Nähe des Granitmassivs, wo sie aus der makroskopisch klastischen Fazies in 
serizitische und chloritische Schiefer übergehen. Diese sind aus dem Detritus der Phyllite, welche die 
Basis der paläozoischen Formation in der Dobrugea bilden, zusammengesetzt. 

Man findet in diesen Schiefern intrusive Lagen von Diabas. Außer diesen letzteren sind die Schiefer 
durchsetzt von zahlreichen schmalen Gängen eines Gesteins, das aus (Juarz und meist kaolinisiertem Feldspat 
besteht, nach allen Richtungen von Eisenglanz durchzogen ist, so daß es ein Breccienaussehen annimmt. 
Andere Gänge, fast nur aus Quarz bestehend, sind mineralisiert, so daß sie als ein schwarzer Streifen, der 
sich an der Oberfläche hinzieht, sich von weitem bemerkbar machen. In manchen dieser Gänge kommen 
auch Malachitausblühungen vor, was dafür sprechen dürfte, daß beide Elemente bei der Mineralisation beteiligt 
waren. In diesem Falle sind die Nebenschiefer von grünlicher Farbe, sehr dicht und enthalten zwischen 
den Schichtflächen Ausblühungen von Malachit. Es ist wahrscheinlich, daß auch dieses Gestein ein por- 
phyrisches ist. i 

Kiutucluc. 

Über das Granitmassiv von Akpunar hinschreitend, fällt uns zuerst auf, daß es in allen Rich- 
tungen von Quarzadern und Nestern durchschwärmt ist. Fast alle diese Adern sind durch einen Überzug 
von Eisen schwarz gefärbt, ebenso die Quarznester, von denen manche wegen ihrer Längsstreckung als 
Gänge angesehen werden können. Sie bestehen entweder aus reinem Quarz oder sind so stark mit 
Eisen imprägniert, daß sie ein schwarzes Aussehen besitzen. Oberhalb des) Dorfes‘ Akpunar in der 
Nähe der sogen. »Fantana cu Leac« durchbricht den Granit ein stark verwitterter Diabasgang. In den 

29* 


230 Radu Pascu. [16] 


mit dem Granit in Kontakt stehenden Amphibol- und Hornsteinschiefern kommen ebenfalls zahlreiche 
Quarznester und -gänge mit Eisen vor. Im nördlichen Teil des Dorfes Akpunar sind die metamorphen 
Schiefer transgressiv von Kreidesandsteinen überdeckt, welche sich fast bis in die Nähe der Anhöhe »Kiu- 
tucluce« erstrecken. Diese Anhöhe ist gebildet aus einer Wechsellagerung von Amphibol- und Hornstein- 
schiefern, die das allgemeine NW—SO-Streichen einhalten und fast senkrecht einfallen. 

Ein an der Oberfläche hervorragender Zug von einem wahrscheinlich porphyrischen Gestein läuft 
parallel mit diesen Schiefern. Unweit desselben machen sich an der Oberfläche große rötliche Flecken 
bemerkbar, die das Ausgehende eines zweiten porphyrischen Gesteins bilden, welches sich mit größerne 
oder geringeren Unterbrechungen mehrere Kilometer weit an der Oberfläche verfolgen läßt. Die Masse 
dieses Porphyrs ist an der Oberfläche rostfarbig von der Verwitterung der darin enthaltenen Pyrite. 

Unterhalb der Oberfläche ist das Gestein schmutzigweiß kaolinisiert und von feinen Quarzäderchen 
durchsetzt. Die aus Amphibol bestehenden Nebenschiefer sind stark umgewandelt, enthalten Malachit und 
glänzende Tafeln aus Kupferkies, der meistenteils in Kupferoxyd übergegangen ist. Auf dieses Vorkommen 
ist ein Schurfrecht erteilt. 

Die an diesem Punkte vorgenommenen Schurfarbeiten bestehen aus einem 15 m tiefen Schacht im 
Amphibolschiefer, der in eine mit Zerreibungsstücken des Nebengesteins ausgefüllte Spalte getrieben 
wurde. Die Trümmer sind an der Oberfläche durch Kupfererze zusammengekittet, in der Tiefe verschwindet 
es aber immer mehr, nur hie und da erinnern feine Schnüre von Erzen noch an den oberen Erzgehalt. 


Ein zweiter, wenig tiefer Schacht (5 =) wurde in dem porphyrischen Gestein angesetzt. Die Ober- 
fläche ist, wie schon angedeutet, mit einer dünnen Kruste von Eisenoxyd bedeckt, in der Tiefe von 0'50 m 
kommt ein weißliches Gestein mit in Kaolin umgewandelten Feldspat vor, imprägniert mit unzähligen 
kleinen Würfeln von Eisenkies. Unterhalb dieser Zone beginnt erst die eigentliche Umwandlungszone. Sie 
besteht aus einer porösen, schlackigen Masse mit zerfressenem Quarz und von rotgelber Farbe, in der 
unzählige Abdrücke von Pyritwürfeln übrig geblieben sind. In dieser Zone wurden vorläufig die Arbeiten 
eingestellt. 

Es lag, so wie sich dies Vorkommen zeigt, nahe, das Gestein auf Gold zu untersuchen. Mehrere 
im Laboratorium der Minenabteilung vorgenommene Kupelationen ergaben ein feines, goldhaltiges Silber- 
korn. Die Untersuchung einer größeren Quantität dieses Erzes auf der Hütte von Zalatna ergab 64 g 
Gold per Tonne Pyrit. Die Analyse auf Kupfererze ergab einen Gehalt von 6°), im Mittel. 


Da die Schurfarbeiten nur in ihrem Anfang sind, so ist. es sehr schwer, dieses Vorkommen 
zu beurteilen. Nach dem bis jetzt gewonnenen Resultat lohnt sich eine nähere Untersuchung aber 
jedenfalls der Mühe, denn neben dem Vorhandensein der Kupfererze ist, wenn auch in geringen Mengen 
Gold konstatiert worden, und es ist leicht möglich, daß das in Pyriten fein zerstreute Gold wegen seiner 
leichten Beweglichkeit mehr in der Tiefe abgesetzt worden ist, wo eine Konzentration dieses Edelmetalls 
stattfinden kann. 


Altan-Tepe. 


Die beschriebene Region verlassend, wenden wir uns nach Südosten in die Region der grünen 
Schiefer. Zwischen den Dörfern Camena und Geamurli de Sus fallen uns die kahlen felsigen Gebirge 
von Camena auf, die nur aus rotem eisenschüssigen Porphyr bestehen und die einen Zug nach NW bis 
nahe an Geamurli de Sus bilden. j ; 

Zerstreute Inseln von diesem Porphyr kommen noch längs der Valea Slava Rusa in der Nähe 
des Klosters desselben Namens vor, um weiterhin unter der Kreidedecke bis Homurlar zu verschwinden, 
wo sie wieder zum Vorschein tretend, ihre größte Mächtigkeit erreichen. Obwohl an dieser letzten Stelle, 
was makroskopische Zusammensetzung und Farbe anbelangt, eine Verschiedenheit vom Porphyrmassiv 
von Camena zu bemerken ist, kann man noch mit Bestimmtheit annehmen, daß wir es hier mit einem 
einzigen Porphyrmassiv zu tun haben. Diese Porphyre sind wie auch die im NO liegenden Massive eben- 
falls von detritischem Tuff, Sandsteinen und Konglomeraten begleitet, die fast nur aus Porphyrtrümmern 
bestehen, Diese sedimentären Gesteine finden sich an dem Bache Baspunar, weiter an dem Bache von 


[17] Geologische Studien über Erzlagerstätten im Bezirk Tuleea, Dobrugea (Rumänien). 231 


Camena (feine rote Schiefer) und nördlich von Camena, wo sie über einer mächtigen Schicht von Quarzit 
ruhen, der unter dem Kreidesandstein zum Vorschein kommt, 

Südlich von Camena, auf dem Wege, der nach Geamurli de Sus führt, treten mächtige Dioritmassen 
zu Tage, welche die Schiefer am NO-Abhang des Berges Altan-Tepe intensiv durchsetzen und am Kontakt 
das Nebengestein in Chlorit- und Glimmerschiefer umgewandelt haben. Die Umwandlungszone erreicht eine 
Mächtigkeit von ungefähr 2 km, sie ist im NO vom Camenatal, im SW von der Eskibabaebene begrenzt. 
Überall in dieser Zone sind die pegmatitischen Quarzgänge sehr stark vertreten und besonders in der Nähe 


NSS Ziserner Hüt 


Fig. 1. Der Eiserne Hut des Erzlagers am Berge Altan-Tepe, Dobrugea. 


des Diorits sind sie so zahlreich, daß die ganze Oberfläche mit Trümmern dieses Quarzes bedeckt ist. 
Der Quarz ist von weißgrauer Farbe, glasig, mit Feldspatausscheidungen, seltener mit Granitknollen. 
Manchmal bildet der Quarz zusammenhängende hervorragende Linsen, die auf größere Strecken zu ver- 
folgen sind. Alle diese Quarzerscheinungen sind wenig mineralisiert, sie enthalten selten feine Hämatit- 
ausfüllungen in den Spaltungsfugen. 

Der Berg Altan-Tepe, 316 m hoch (Ceamurli), bildet einen langen Rücken, der sich NW vom Dorfe 
Ceamurli de Sus hinzieht und aus den oben beschriebenen metamorphen Schiefern besteht. 

Das Erzlager kommt in den chloritischen Schiefern konkordant eingelagert vor und tritt mit 
einem ausgezeichneten Eisernen Hut zu Tage, der bald aus Limonit mit Psilomelanadern, bald aus Eisen- 
glanz und Magnetit, an Quarz gebunden, besteht. Die Nebenschiefer sind stark umgewandelt, sie bilden 
eine poröse schlackige Masse, die durch Eisenoxyd intensiv rot gefärbt ist. Darunter findet man stark mit 
Eisenglanz und Malachit imprägnierte Schiefer, Knollen von reinem Malachit und Übergänge in Kuprit. 

Das Vorhandensein von Kupfererzen und die porösen Nebenschiefer weisen darauf hin, dafß das 
Lager ein kupferhaltiges sein muß und daß die primären Erze sulfidischer Natur sind. 

Die oberflächlichen Schurfarbeiten hatten den Zweck, die Ausdehnung des Eisernen Hutes nach- 
zuweisen und ergaben eine Streichungslänge des Lagers von 800 nm und eine Mächtigkeit der Lagerzone von 


232 Radu Paseu, } [18] 


nahezu 100 m (s. Fig. 1). Die weiteren Aufschlußarbeiten, bestehend in zwei Schächten im Liegenden und 


Hangenden des Lagers angelegt, bestätigen die Voraussetzungen. 


Durch den im Liegenden angelegten Schacht und die von diesem getriebenen Strecken wurde fest- 
gesetzt, daß der Eiserne Hut eine Tiefe von 40 m erreicht und dafs die Mächtigkeit sowie die Natur: der 
Erze in dieser Tiefe mit denen an der Oberfläche übereinstimmt. Die angetroffenen Erze bestehen in der 
Hauptsache aus oxydischen Eisenerzen mit wenig karbonatischen und oxydischen Kupfererzen vermischt, 
und häufig von kaolinartigen Massen begleitet. Das chloritische Nebengestein ist am Kontakt in einen 


Serizitschiefer umgewandelt. Im Liegenden ist die Zone von wenig alterierten Schiefern begleitet, die 


Haematitblock 
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« Kleine IrzIinsen, b liegendes lager, c Hangendes lager. (?); 
d Haematil, Malachit, Cuprik. _ 


Fig. 2. Durchschnitt des Erzlagers am Berge Altan-Tepe, Dobrugea. 


durchwegs mit feinen Blättchen von gediegenem Kupfer imprägniert sind. Erst bei 56 m Teufe kommt 
man auf die Kiese, die in dieser Form oder eingesprengt in Schiefern größere oder kleinere Linsen bilden. 
Eine im Streichen angelegte Strecke traf das liegende Lager, das an dieser Stelle durch einen kräftigen 
Ausbruch von Wasser, gemischt mit sandigem Material sich kundgab. Das ausgeförderte feste Material 
bestand aus Pyritsand, vermischt mit faustgroßen Serizitschiefertrümmern, darunter Brocken von Bunt- 
kupfererz und Kupferkies. 

Der im Hangenden angelegte Schacht traf durch eine Querstrecke bei 66 m Teufe zuerst eine 1'50 m 
mächtige Erzlinse, die von schwarzen Schiefern umhüllt ist und die aus Hämatit mit Magnetit besteht, 
welcher allmählich in Kiese übergeht. Weiter traf man eine I4 m mächtige Zone von harten Serizit- 
schiefern, die durchwegs von Eisen- und Kupferkiesen, vermischt mit Buntkupfererz und Covellin imprägniert 
ist. Die Erze konzentrieren sich an manchen Stellen so, daß sie derbe Erznester und kleine Linsen bilden. 


23 


(05) 


[19] Geologische Studien über Erzlagerstätten im Bezirk Tulcea, Dobrugea (Rumänien). 


Bei weiterem Vortreiben der Strecke stieß man auf mehrere Linsen, unter welchen manche aus reinem 
Kupferkies bestehen und bei 56 m Streckenlänge wurde das liegende Hauptlager angetroffen. Dieses aus 
reinen derben Erzmassen bestehende Lager erreicht eine Mächtigkeit von 8 mn. Die Erze sind kupferhaltige 
Pyrite, an denen man poröse Stellen bemerkt, wahrscheinlich durch Auslaugung entstanden. 

Durch weitere Aufschlußarbeiten konnte man feststellen, daß dieser Erzkörper sich in NO-Richtung 
gegen die Tiefe fortsetzt, wo er durch eine Strecke bei 90 m Teufe durchfahren worden ist und dieselbe Zu- 
sammensetzung zeigte. Es muß noch bemerkt werden, daß die mit gediegenem Kupfer imprägnierten Schiefer 
auch im Hangenden getroffen wurden und dafs stellenweise diese Imprägnationen so stark waren, dafs sie 
schöne Dendriten und Kristalle zeigten (s. Fig. 2). 


Aus den oben in Kürze beschriebenen Vorkommen folgt: 

In Altan-Tepe kommt in metamorphen Schiefern ein Kieslager vor, das konkordant in denselben 
eingelagert ist und welches an der Oberfläche 800 m verfolgt und 90 m in der Tiefe aufgeschlossen 
worden ist. Das Kieslager besteht aus derben kupferhaltigen Kiesen, die linsenförmig verteilt sind, größere 
und kleinere Erzmassen bildend. Darunter wurde eine liegende Hauptlinse bis in die Tiefe von go m auf- 
geschlossen, ohne ihr Ende erreicht zu haben. Die Durchschnittsmächtigkeit dieser Linse ist 8 m (aus reinen 


derben Erzmassen zusammengesetzt, die aus Eisen- und Kupferkiesen innig miteinander vermischt bestehen). 


Im Hangenden finden wir eine Reihe mehr oder weniger mächtiger Linsen, die noch nicht näher 
untersucht worden sind, darunter eine I4 m mächtige, stark imprägnierte Zone, die nach gesammelten Er- 
fahrungen in derbe Massen übergehen wird und somit als hangendes Lager angesehen werden darf. Das 
Haupterz ist kupferhaltiger Eisenkies, darunter reine Kupferkiese, die entweder innig mit den ersteren ver- 
mengt sind oder Streifen und kleine Gänge für sich selbst bilden. 

Was die Genesis dieser Lagerstätte anbelangt, so kann man sie fast mit Bestimmtheit mit dem 
naheliegenden Diorit in Verbindung setzen. Die verschiedenen vorgenommenen Analysen gaben 3—15/, 
Kupfer mit 42°), Schwefel. Eine Durchschnittsanalyse des liegenden Hauptlagers gab 5'50°/, Kupfer. 


Da die Ausrichtungsarbeiten im Gange und die Resultate sehr hoffnungsvoll sind, kann dieses 
Kieslager eine Bedeutung erlangen, die nicht hat vorausgesehen werden können. 


Bevor ich diesen Teil abschließe, muß ich noch angeben, daß ich außer diesen Lokalitäten, in 
welchen Schurfarbeiten in größerem oder geringerem Maße vorgenommen wurden, auch anderorts Erz- 
ausbisse fand, die einer näheren Untersuchung wert sind. Im Gebilke-Tal finden sich in dem 
Kontaktschiefer mit dem »Sakar-Bair«-Granitmassiv Einsprengungen von Eisenkies, in den Schiefern von 
Carapcea Eisenglanz mit Malachit; in dem Carapelitschiefer von Sud-Bair und Dealu-Maria sind die 
Gesteine mit Malachit imprägniert; geradeso kommen in den kristallinen Schiefern von Romancula, 
Lacul-Cerbului etc. sehr häufig Einlagerungen von Quarz mit Eisenglanz und Kupfererzen vor, bei Casla 
in der Nähe von Tulcea finden sich in Triaskalken Gänge von Baryt mit Malachit und Azurit etc. 


Von unmetallischen Mineralien sind zu erwähnen: Graphitschiefer im Holuclu-Tale im N von 
Geaferca Rusa, Baryt in kieseligen Kalken von Casla, weiter zahlreiche Gänge und Nester von rein 
weißem Quarz in den grünen Schiefern. 

Aus den vorhergehenden Ausführungen ergibt sich, daf; die nähere Untersuchung der Erzvor- 
kommnisse der Dobrugea bisher zwar außer in Altan-Tepe noch keine praktischen Resultate ergeben 
hat, dennoch aber zu gewissen Hoffnungen berechtigt. 

Eine ähnliche Wichtigkeit wie Altan-Tepe haben vielleicht auch die Vorkommen von »Islam Geaferca«, 
»Amzalar«, »Carapelit« und »Kintucluc«, bei denen die Voruntersuchungsarbeiten sozusagen noch im Anfange 
sind und noch kein Urteil über ihren Wert erlauben. Es ist von einigem Interesse, daß auch hier diese Vorkommen 
mit Porphyr zusammen zu Tage treten, wie auch sonst der innige Zusammenhang der Gänge mit Eruptiv- 
gesteinen allgemein bekannt ist. Der geringe Gehalt an Erzen an der Oberfläche oder nahe unter derselben 
kann für die Bewertung nicht maßgebend sein, da, wie bekannt, der Einfluß der Tagwässer auf die Gänge 
ein sehr großer ist, zumal auf Kupfererze, die leicht in Lösung gehen und somit eine sehr große Beweg- 
lichkeit haben. In jeder Hinsicht ist somit eine nähere Beachtung dieser Gegend sehr zweckmäßig. 


Radu Pascu. [20] 


[9] 
(05) 
a 


Steinbrüche. 


Außer den Erzlagerstätten spielen im Bezirk Tulcea eine große industrielle Rolle auch die hier 
eröffneten Steinbrüche. 

In erster Reihe sind Granitsteinbrüche zu erwähnen, die einzigen in ganz Rumänien, die man 
rationell abbaut. Die wichtigsten sind: Die Granitsteinbrüche Carol I. (Jakob Deal) bei Turcoaia, Piatra 
Rosie bei Cerna, Valea Morzului si Carabalu bei Greci und endlich Cetatea bei Macin. Das aus 
diesen Steinbrüchen gewonnene Material wird als Schotter, Grobsteine, Pflastersteine und Borduren ver- 
wendet. Die Hauptstadt Bukarest benützt zur Straßenpflasterung ausschließlich Granit aus dem Steinbruch 
Carol I., außerdem wird dieser Stein auch nach Odessa und Tiflis zur Pflasterung der dortigen Stadtstraßen 
exportiert. 

Dann spielen noch die Kalksteine eine wichtige Rolle. Da ein sehr großer Teil des Bezirkes aus Kalk- 
steinen zusammengesetzt ist, fanden diese noch zur Türkenzeit eine weitläufige Verwendung. Bekannt waren 
die Jurakalke von Carjelari und die Triaskalke bei Somowa, weil sie sich gut zum Brennen eignen. 
Die Steinbrüche in der Umgebung von Tulcea, wie Beledia, Tulcea-Veche, haben ein sehr wertvolles 
Material für Bauten als Konstruktionssteine und auch Schotter gegeben. Die Donaukommission bezog und 
bezieht noch ihr gesamtes Steinmaterial aus den Steinbrüchen in der Umgebung von Tulcea und Isaccea 
und die Stadt Tulcea hat das ganze Material von Straßenborduren aus den im Stadtgebiet liegenden Stein- 
brüchen bezogen. Die Unternehmer eröffneten solche in jedem Punkte, wo sie das Material für Schotter 
oder Bauten benötigten. Die wichtigsten sind die von Isaccea, Eskibalak, Nieulizel etc. Außer diesen 
mehr oder weniger gut ausgebeuteten Steinbrüchen findet man im Bezirk Tulcea marmorierte Kalksteine von 
roter und schwarzer Farbe, die bis jetzt gar nicht’abgebaut wurden, entweder weil man ihren Wert nicht 
erkannt hat oder weil sie von Landstraßen zu abgelegen sind. Dies gilt von den schwarzen semikristallinen, 
von weißen Kalzitadern durchsetzten Kalksteinen von Fantana Smeului bei Niculizel, den schwarzen 
dichten Kalksteinen von Parkes bei Somova, den roten Marmoren von Hagighiol, Enikioi, Malcoei, 
Morughiol etc. Diese Kalksteine geben die besten Aussichten für den Steinbruchbetrieb. Sie bilden ziemlich 
mächtige Bänke; obwohl sie an der Oberfläche etwas verwittert und zerklüftet sind, ist dennoch voraus- 
zusehen, daß die unteren Bänke ganz gesund gefunden werden und ein ausgezeichnetes Material liefern können. 

Die Triassandsteine geben ebenfalls ein sehr gesuchtes Material für Bauten. Sie haben bis jetzt 
mehr eine lokale Verwendung gehabt. Aus diesem Material ist das Kloster Cilic, die Schule und Kirche 
von Teliza, Posta, Frecazei und anderer Ortschaften, wo dieser Stein leicht zugänglich war, gebaut worden. 

Aus dem »Cilic«-Berge wurden Sandsteine entnommen, die lange Zeit als Schleifsteine Verwendung 
fanden und für gut befunden wurden, in neuester Zeit sind diese durch ausländische Schleifsteine total 
verdrängt worden. 

Ein wertvolles Material für Bauten geben die Kreidesandsteine. Die Schichtlage, ihre Farbe, der 
leichte Abbruch und die Möglichkeit, größere Blöcke zu gewinnen, die leicht zu bearbeiten sind, bilden große 
Vorteile für die Verwendung dieser Steine. Der einzige auf dieses Material eröffnete Steinbruch ist in der 
Nähe von Babadag bei Basch-Cismea, wo ein gelblicher mergeliger Sandstein gebrochen wird, der 
fast zu allen Brückenbauten des Bezirkes als Baustein verwendet worden ist. Die gute Qualität des Steines 
wurde schon von den Türken anerkannt, denn fast alle alten Bauten von Babadag sind aus diesem 
Steine gebaut. 

Ein anderes Auftreten dieses Materials von besserer Qualität, von weißlicher Farbe, findet sich 
westlich von Hasanlar, in dem Berge Hasanlar, wo schon ein kleiner Steinbruch existiert. Dieser Berg: 
besteht aus mächtigen, fast horizontalen Bänken von feinem mergelig-kalkigen Sandstein, von weißer 
Farbe, der leicht zu brechen und mit der Säge zu schneiden ist und, der der Luft ausgesetzt, durch den 
Verlust des darin enthaltenen hygroskopischen Wassers gut verhärtet. 

Zum Schluß will ich noch bemerken, daß außer den oben erwähnten Steinen fast alle im Bezirk Tulgea 
vorkommenden Gesteine eine passende Verwendung als Schottersteine gefunden haben. 


Paseu, Geologische Untersuchungen in der Dohrugea. 


Donau Tureoia M. Carol 1. D. Caracieula D. Curtbair D. Romancula D. Saiaeulae D. Sudbair D. Hangearca Taita-Tal D. Coslug D. Boclogea Meidanchiot 


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Sacar Bair V. Slav; 
Sosea D. Cerna Crubair D.Amzalar LaMuche D. Carapcea P. Taita . java Ruscascä 
D. Alibeichioi 


Dealul Boclogea D. Carapelit Sosea Cäslar-Bair Örtachioi 


Sosean D. Carapelit D. Babair , V. Taita 


Maßstab: 1: 10.000 


Testemel Y. Ceamurli (316 m) Caug ; 
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BEE] Kreidekalk Paläozoische Sandsteine Serizitschiefer Granit 
BE] Kristatliner Kalk Palüozoische Konglomerate Tonschiefer Porphyr 
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24 Triaskalk v ] Schiefer und Phyllite, Kalkschiefer, Carapelit-Schiefer Hornfelsschiefer ve]  Porphyrit 
Maßstab 50.000, Maßstab: 1:50.000. 


Beiträge zur Paläontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns und des Orients, Bd. XXI., 1908. 


Verlag von Wilhelm Braumüller, k. u.k. Hof- und Iniversitäts-Buchhändler, Wien. 


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Zu „Beiträge zur Paläontologie 


und Geologie Österreich-Ungarns. Bd, XXI." 


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Verlag von Wilhelm Braumüller, Wien und Leipzig. 


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