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BEITRAGE
ZUR
VERGLEICHENDEN
SPRÄCHFORSCHUNG
AUF DKM GERIETK
I)KK
ARISCHEN, CELTISCHEN UND SLAWISCHEN
- SPRACHEN.
UNTER MITWIRKUNG
VON
A. LESKIEN und J. SCHMIDT
HERAUSGEGEBEN
VON
A. KUHN.
SECHSTER BAND.
BERLIN,
FERD. DÜMMLBR'S VERLAGSBÜCHHANDLUNG.
HARRWITZ UND GOSSMANN.
1870.
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Verzeichnis der bisherigen mitarbeiten
C. Arendt z. z. in Peking.
Prof. Dr. ü. I. A 8 coli in Mailand.
Prof. Dr. Th. Aufrecht in Edinburg.
J. Baudouin de Courtenay in St. Petersburg.
Prof. Dr. J. Becker in Frankfurt a. M.
Prof. Dr. Sophus Bugge in Christiania.
Wenzel Burda.
K. Christ in Heidelberg.
Oberlehrer J. G. Cuno in Graudenz.
Stadtbibliothekar Dr. Lorenz Diefenbach in
Frankfurt a. M.
Dr. H. Ebel in Scbneidcmühl.
Chr. W. Glück in München. +
Prof. Dr. H. Kiepert in Berlin.
Prof. Dr. A. Kuhn in Berlin.
Prof. Dr. A. Leskien in Leipzig.
Dr. Lorenz im Haag.
Prof. Dr. C. Lottner in Dublin.
Lucian Malinowski in St. Petersburg.
Prof. Dr. Miciosich in Wien.
Prof. Dr. Max Müller in Oxford.
Prof. Dr. Friedrich Müller in Wien.
iv rerzeichnis der bisherigen mitarbeiter.
Prof. Dr. Th. Nöldeke in Kiel.
Prof. Dr. Novotny in Prag.
Dr. Carl Pauli in Münden.
Prof. Dr. Ign. Petters in Leitmeritz.
Prof. Dr. C. T. Pfuhl in Dresden.
Prof. Dr. A. Pictet in Genf.
Prof. Dr. A. F. Pott in Halle.
Prof. Dr. A. Schleicher in Jena, f
Prof. Dr. Moriz Schmidt in Jena.
Dr. Johannes Schmidt in Bonn.
Prof. Dr. H. Schweizer-Sidler in Zürich.
Prof. Dr. Smith in Kopenhagen.
Prof. Dr. Spiegel in Erlangen.
Prof. Dr H. Steinthal in Berlin
Whitley Stokes, Secretary to the Legislative
Council, Calcutta.
Prof. Dr. A. Weber in Berlin.
Prof. Dr. Whitney, New-Haven, Connecticut,
ü. St.
t
Inhalt
Smltm
tllanea Celtica, von dem verstorbenen R. T. Siegfried. Gesam-
melt, geordnet und herausgegeben von Whitley Stokes . . 1
je f&lle der Wirkung der analogie in der polnischen declination. Von
J. Baudouin de Courtenay 19
<i tat*, usque und iki. Von Wenzel Burda 89
frage zur kenntnis einiger suffixe im slawischen. Von demselben 92
£. Schmaler, Die slavischen Ortsnamen in der Oberlausitz. Ange-
/ seigt von Joh. Schmidt 96
pillo Keller, Kurze elementargrammatik der sanskritsprach e. An-
(gezeigt von A. Weber 97
W. F. Nesselmann. Ein deutsch - preufsisches vocabulariom aus
• dem anfange des fünfzehnten Jahrhunderts. Angezeigt von Pott . 108
31. C. Kern Over het woord Zarathustra. Angezeigt von A. Kuhn 127
I entwickelung von unureprUnglichem j im slawischen und litauischen.
[ Von Joh. Schmidt 129
per den dialekt der russischen Volkslieder des gouvernements Olonec.
Von A. Leskien 152
iige bemerkungen zu Schleichet compendium (zweite aufläge). Von
, Wenzel Burda 188
krage zur kenntnis einiger suföxe im slawischen. Von demselben 194
bergang der tonlosen consonanten in die ihnen entsprechenden tönen-
den in der historischen entwickelung der polnischen spräche. —
' Wortformen und selbst sätze, welche in der polnischen spräche su
stammen herabgesunken sind. — Doppelung des sufßxes -ti- in der
: polnischen und russischen spräche — Hinneigung zu e im polni-
\ sehen. — Einige beobachtungen an kindern. — Zetacismus in den
denkmalern und mundarten der polnischen spräche. — Wechsel des
s (s, s) mit ch in der polnischen spräche. Von J. Baudouin de
Courtenay 197
ütra auf -as im altirischen. Von H. Ebel 222
ilichers glossar. Von Whitley Stokes 227
las Chormaic. Cormac's Glossary translated and annotated by the
• late John O'Donovan, LL. D. Edited, with notes and indices,
i by Whitley Stokes, LL. D. — Glossae hibernicae veteres Co-
dicis Taurinensis, edidit Constantinus Nigra. Angezeigt von
H. Ebel 282
Gat'a Ahunavaiti. §arat'ustrica carmina Septem latine vertit etc.
C. Kossowicz. — G4tr& Ustavaiti latine vertit etc. 0. Kosso-
wiez. Angezeigt von Fr. Spiegel 287
▼i Inhalt.
Seit«
Bernhard Jttlg über wesen und aufgäbe der Sprachwissenschaft. An-
gezeigt von Joh. Schmidt 240
Roget, Baron de Belloguet Ethnog^nie Gauloise III. Angezeigt
von Lorenz Diefenbach 241
Altböhmisch vrtrati und altind. vrtrl-. — Das litauische suflfix -kla-.
Von Wenzel Burda 243
1) Nachtrag zu beitr. V, 209. — 2) Uebergang des i in u im polni-
schen. — 3) Zur geschiente der poln. zahlworter. — 4) pcoia. —
5) slza. Von J. Baudouin de Courtenay 246
Addenda. — Corrigenda. Von Whitley Stokes 248
Schreiben von C. L ottner 249 ,
Nachruf (August Schleicher). Von Joh. Schmidt 251 '
Die partikeln skr. gha, ghff, ha und hi; zend. zi; griech. ya, yt\
lith. -gi, slav. ze u. s.w. Von Pott . , . 257
Zur lautlehre der lehnworter in der polnischen spräche. Von Lucian
Malinowski 277 f)
Zur Volksetymologie. Von demselben 300
Otto Blau Bosnisch -türkische Sprachdenkmäler. Angezeigt von Pott 306
Martin Hattala August Schleicher und die slaviscben consonanten-
gruppen. Angezeigt von Wenzel Burda 342 >
August Schleicher Indogermanische Chrestomathie. Angezeigt von
A. Kuhn 387;
Vritra — verethra, vritraghna — verethraghna. — Fr5, j.
fran, -nt^nqri^i. Von ^r* Spiegel 38^f
Ein beispiel der praesensstammbildung mittels ta im slavischen. Von
Wenzel Burda 392
Zum deutsch -preußischen vocabular, von Nesselmann. Von dem-
selben 398
Visucius Mercurius, ein beitrag zur geschiente der lateinischen as-
sibilation auf gallischem boden. Von K. Christ 407
Preußische Studien. I. Lautlehre. Von Carl Pauli 411
Das altirische verbum. Von Whitley Stokes 459
Christian Donalitius littauische dichtungen nach den Königsberger hand-
schriften herausgegeben von 6. H. F. Nessel mann. Angezeigt
von Johannes Schmidt 475
Sach- und Wortregister 485
iL
10
Verbesserungen.
8 letzte seile lis: Mogouno*.
11 z. IS für: in lis: von.
14 z. 5 lis: qädaena.
25 anm. **) z. 4 nach: (grajem) füge bei: (dies letzte auch phonetisch
bedingt)
26 z. 15 v. u. nach: das a* ftkge bei: es soll also dieser unterschied
dort bestehen. Ich kenne aber diese Verhältnisse nicht näher.
81 e. 14—16 lis: opif'itosdi.
81 z. 6 v. u. lis: cereKef .
i. 51 z. 5 v.u. lis: studriicy, studnica.
82 z. 15 fttr: letzteren lis: enteren.
82 anra. z. 3 lis: 1857.
89 z. 7 — 10 streiche von: und 2) dafs den ausgangspunkt bis: fremden
Ursprungs sind.
41 z. 7 v. u. lis: gm'igus.
41 z. 7 v.u. lis: b ibus.
41 z. 4 v.u. lis: um'izgus.
41 am ende. Der ausschließlich lateinische Ursprung der suflßxe -us (-u§),
-is, ys (-iS), -es ist sehr zweifelhaft.
1.42 z. 15 v.u. lis: neba.
s. 48 z. 6 — 3 v. u. lis: jezyKi, — powojnifci, — potsetKi, —
prediwrfiKi, — sf'atKi, — bo£i.
».50 z. 9 lis: f siUch.
8.58 z. 16—17 lis: f sf atiosdech.
I. 64 z. 15 v.u. lis: cherb'ech.
u 55 z. 8 v. u. lis: phonetischer,
t. 56 z. 2 — 3 streiche : hartauslautende.
I. 57 z. 19 lis: zyw'ol.
i. 57 z. 21 lis: s§gat.
».68 z. 17 v. o. lis: pryslrff .
1.60 z. 3. lis: chodziia.
«.61 z. 6 nach: auch füge bei: vorzüglich.
I. 61 unten streiche die anmerkung.
t 67 z. 18 v. u. streiche: dw'e.
1.68 z. 19 v. u. lis: gospodnowy.
1.71 z. 18 lis: nalezle.
74 z. 14 v. u. lis : rekama.
76 z. 12 zwischen: ob dm und: fast soll ein — stehen.
83 z. 18 v. u. nach: jähren füge bei: ; ze stu chiopam'i mit 100
bauern.
83 z. 3 v. u. streiche: alt tylo.
85 z. 6 v. u. nach: plur. füge bei: fordernd.
.88 z. 14 fttr: so lis: dennoch.
.95 z. 16 v.u. lis: aQTjyür.
.134 z. 9 v.u. Us: QOMOpCKaA.
187 letzte zeile lis: nJiesainb.
188 z. 8 lis: luns><5.
)143 z. 9 v. u. lis: cupere.
150 z. 6 v. u. lis: bliauju.
8. 176 z. 16 lis: rßtjmiH.
s. 198 z. 2 streiche; altbulg.
8. 198 z. 3 für: su, so, sü lis: so, su.
s. 200 z. 11 für: m'era lis: wz. m'ir-.
s. 200 z. 16 v. u. für: von lis: oder.
' s. 204 z. 16 — 22 streiche von; Damit bis: 1. hälfte des 15. jahrh./.
s.207 anm. *) z. 8 — 4 streiche: welcher sich nur nach praepositionen mi
dem vorgeschlagenen n als n erhalten hat.
s. 207 anm. *) letzte zeile füge bei: cf. Beitr. VI, 81 ti.
s. 208 z. 11 v. u. für stulisa lis : stulisu.
s. 208 anm.*) letzte zeile füge bei: (Schleicher, Beirr. V, '208 209.
s. 209 z. 16 streiche: ?.
s. 211 z. 17 lis*. mitos6
s. 212 z. 8, 10 und 15 lis: t'-f-s.
s. 218 z. 4 — 5 lis: w dobrem.
s. 215 z. 4 — 5 streiche: forty 1 (kunstgriff) für und neben forte 1.
s. 216 z. 9 lis: r, l, 1.
s. 216 letzte zeile lis: zyk.
s 219 z. 8 lis: namaslowac.
8. 219 z. 9 v. u. lis: wöl.
s. 219 z. 2 v. u. für: p'e'fe lis: p ere.
s. 220 z. 11 v. u. tilge die klammer hinter knega.
s. 246 z. 15 lis: kup iL
8. 250 z. 16 lis : der gallischen.
8. 286 z. 13 lis: boulevard.
8. 288 z. 2 lis: *garkcar.
8. 389 anm. z. 1 lis: vrtrahanä.
s. 396 z. 17 v. u. für z lis: z.
s. 402 z. 1 1 lis : wimino.
8. 428 z. 15 für ao lis: oa.
s. 429 z. 9 v. u. lis : coestue.
s. 432 z. 18 v. u. lis: Übersicht,
s. 439 z. 4 für e lis : ö.
s. 446 z. 15 v. u. lis: usai.
8. 446 letzte zeile lis: allein,
s. 457 s. 14 lis: lgzüvis.
Verbesserung zu band V.
(Aus einem briefe von Whitley Stokes Esq.).
From a recent cast it appears that the Ogham in the Killeen Cormi
inscription (Beitr. V, 363) is thus:
-"■ — "ttttw Tr'"LJLa"T
T^
Duftano- safei- sahattos
and in the last line of the Pictish inscription (Beitr. Y, 366) for QVS tl
■tone has CVS.
Miscellanea Celtica, von dem verstorbenen
R. T. Siegfried. Gesammelt, geordnet und
herausgegeben von Whitley Stokes.
Vor länger als einem jabre sandte mir dr. Todd aus
Dublin ein kistchen mit dem gröfsten theil der bandschrift-
lichen hinterlassenschaft meines verstorbenen freundes Sieg-
fried, prof. des sanskrit und der vergl. gramm. an der iri-
schen Universität. Die papiere, bestehend aus über 3000
blättern in verschiedenem format und in verschiedenen
cbaracteren und sprachen, einige mit bleistift geschrieben
und jetzt fast unleserlich, waren in grofser Verwirrung und
erst im herbst 1866 — vier jähr nach seinem tode — war
es mir möglich sie zu ordnen.
Ueber sanskrit hinterliefs Siegfried folgendes: — 1) Be-
merkungen zu Pänini. 2 ) Bern, zu dem VägasanSji Präti-
$äkbja. 3) Bern, zum Rik Präti$äkhja. 4) Bern, zur ve-
dischen grammatik: lautgesetze, declination, verbum und
accent. 5) Bern, zu Atharva Veda IX, 8. 6) Bern, zum
Pan&atantra. 7) Bern, zur Qakuntalä. 8) Vorlesung über
4ieVedas in zwei fassungen, beide unvollendet. 9) Vedica:
<a) vedische literatur, b) volk des Veda, c) lebre und glaube
des Veda. 10) Sanskrit-Hteratur nach dr. A Weber, Ber-
lin 1849, bem. n&ch Vorlesungen von prof. Weber, dessen
«chüler, wie ich glaube, Siegfried gewesen war. 11) Bem.
*u Vorlesungen über sanskritgrammatik. Diese waren be-
istimmt für Siegfriede cursus an der Dubliner Universität.
Beitrage z. vgl. sprachf. VI. 1. 1
2 Stokes
12) Kurzes Sanskritvocabular. 13) Uebersetzung von 29
hymnen aus dem Rig Veda. 14) Drei $loka's von RV.
VI, 75. 15) Uebersetzung von Atbarva Veda II, 33. 15) Eng-
liscbe Übersetzung der Qakuntalä.
Ueber zend findet sich eine grofse menge grammati-
scher bemerkungen.
Ueber Griechisch: Bern, über griech. lautgesetze.
Ueber lateinisch: Bern, über lat. lautgesetze und lat. Suf-
fixe. Ueber beide sprachen: zahlreiche bemerkungen für
eine abhandlung mit dem titel: An Introduction to Com- .
parative Philology for Classical Students. -
Ferner finden sich bemerkungen über altpreufsisch und j
litauisch, über angelsächsisch, über die geschichte der eng- «j
lischen ausspräche.
Ein manuscript, betitelt: The Indo-European Unity,
sketch of the results of Bopp's science of comparative _
gram mar. p
Bemerkungen, betitelt: Japetis. Darunter verstand
Siegfried, was Pictet „Origines Indo-Europeennes" nennt.
Endlich seine keltischen papiere, bestehend aus einer
grofsen zahl während der jähre 1858 — 1861 an mich ge-.^
richteter briefe und aus dem folgenden: 1) Bemerkungeii-
ftber keltische gotter. 2) Alphabetisches verzeichnifs gal*J|
lischer götter. 3) „On some names of deities among the
Celts" ein essay. 4) Verzeichnifs welscher mythologischer!
namen. 5) Gallische Inschriften. 6) Bemerkungen über
die Dontaurios-inschrift. 7) Alphabetisches Verzeichnis alt-
keltischer personen- und Ortsnamen. 8) Bemerkungen über;
die Marcellischen formein. 9) Bemerkungen zu meinen]
„Irish Glosses" Dublin 1860. 10) Bemerkungen über di
altirische verbum. 11) Bemerkungen zu der vorrede mei-
ner ausgäbe von Cormac's glossar. 12) Auszüge aus dei
Book of Armagb, den Brehon Laws und anderen irische»]
handschriften. 13) Vorschläge zur bearbeitung eines iri-j
sehen thesaurus durch Curry und O'Donovan. 14) Be-
merkungen zu Zeufs, Glück, Ebel; niedergeschrieben für]
O'Donovan. 15) Bemerkungen zu den Juvencus-glossen.
Miscellanea Celtica. 3
16) Bemerkungen über meine noten zu dem cornischen
gedieht von der Passion.
Aufserdem hinterließ der verstorbene gelehrte: 1) Ein
durchschossenes exemplar von O'Reilly's Irish Dictionary,
mit Zusätzen und Verbesserungen. Dies ist jetzt im besitz
Lottner's. 2) Ein durchschossenes exemplar von Pughe's
Welsh Dictionary; dies ist, glaube ich, im besitz von
Siegfried'» vater, einem richter zu Dessau. 3) Ein durch-
schossenes exemplar von Zeufs Grammatica Celtica, mit
vielen anmerkungen; im besitz Lottner's. — Siegfried
hatte auch finnisch studiert und zeigte mir einmal hand-
schriftliche auszöge und Übersetzungen aus einem gedieht
in diesei spräche, wie ich vermuthe, der Kalevala. Ich
weifs nicht, was aus diesen geworden ist.
So viel ich weifs veröffentlichte Siegfried selbst nichts
unter seinem namen. Kühn genug in seinen eignen ideen
und freimüthig im verkehr mit freunden, besafs er eine
seltsame abneigung der weit die resultate seines fleifses
and Scharfsinns mitzutheilen. Er befürchtete, und nicht
ganz ohne grund, dafs das Selbstvertrauen einiger angehö-
rigen der neuen philologischen schule diese Wissenschaft
wieder in die mifsachtung bringen würde, der sie durch
Bopp und seine unmittelbaren nachfolger entrissen worden.
„Haben Sie acht, schrieb er mir einmal, dafs wir nicht
▼erfahren wie die älteren — aber ohne ihre entschuldigung
Unwissenheit — und worte und formen abschlachten,
nur mit schärferen messern". Er verfafste indefs zwei
zeichnete aufsätze in der Saturday Review, nämlich
anzeige von Glück's Keltischen Namen und eine an-
von Pictet's Origines Indo-Eufope'ennes. Er erlaubte
aufserdem als von ihm herrührend zu veröffentlichen:
etymologie von duine homo in meinen Irish Glosses
89, von fMth ib. no. 99, von äue nepos ib. p. 68, n., von
namen auf -gus ib. no. 352, von w. iawn ib. no. 682,
von ir. 6n avis ib. no. 746, von öa kleiner ib. no. 758,
von imb butter (skr. angi) ib. no. 784 (cf. walach. lembq
'Ivon lingua)j von gallisch Magounos (= maghavan) ib. no.
1*
4 Stokes
952, von söitche frau ib. no. 1073; seine erklärung d
welschen comparative ib. no. 1 1 33, der ir. relativen verbi
formen ib. no. 1071; seine Übersetzung der gallischen i
Schriften an die Matres Nemausicae ib. p. lOOn. und
Belesama Beitr. I,' 451; seine geistreiche hypothese üb
den Tarvos trigaranus ib. 473; seine entdeckung des i
sprünglischen s im anlaut des ir. relativs und pronome
ib. 470, 336; seine erklärung des dat. sg. der neutral
n-stärame ib. 452; seine vergleichung von triath see, gc
trethan mit Tgircov, Thraetaona, Träitana ib. 472 ui
meine Three Irish Glossaries praef. XIX; seine hübsc
gleichsetzung des altir. t-dnac ich kam mit skr. änan
Beitr. II, 396, seine entdeckung des alten futurs auf sjä
im irischen Beitr. III, 51; seine beobachtung vom verlus
des suftixes des positivs in den celtischen comparativ
Beitr. IV, 403 und Three Irish Glossaries praef. XX]
seine erklärung von altw. nemheunaur Beitr. IV, 417; sei
etymologie von lat. laurus, eigentl. ein w- stamm für *dc
ms =s dgig, däru, triu: s. the Play of the Sacrament ]
dex 8. v. laurelle; seine Zusammenstellung von altir. c
gott etc. mit skr. rta und von Brigit, die gottheit welc
die dichter verehrten, Brigantia, Brigantes mit brahm
gebet: 8. meine Three Irish Glossaries XXXIII *); sei
herleitung des altir. clam, w. cldf, com. claff von der v
skr. Atom (note zu meiner ausg. der com*. Passion 25, ü
seine Zusammenstellung des altir. etile socius, servus s
skr. Kar, nilu, ge- fährte ib. 179, 3; des com. neid 1
nldus für *gnisdus mit slav. gnezdo, gr. yivoq, skr. ni
für *gni&da ib. 206, 1.
Aufser dieser liste, die noch verlängert werden könn
ist kaum ein artikel in meinen Irish Glosses, bei dem i
nicht Siegfried für irgend einen zusatz oder eine verbesi
rung verpflichtet wäre. Im besondern verdanke ich il
fast alle vergleichungen welscher Wörter in diesem buc
* ) Vgl. auch Bfhaspati herr des gebets, ein vedischer gott. Im all
sehen scheint ein fem. ifi-stamm Brigte existiert zu haben, der dem Brig
tia näher steht.
Miscellanea Celtica. 5
- gegen 540 an zahl. Die anerkennung seiner hilfe auf
<lej>. 130 ist keine blofse höflichkeitsformel.
ba^ Nach Siegfriede tode hat Lottner dessen lesung und
ersetzung der gallischen inschrift auf dem bei Poitiers
fundenen silberamulet (s. den abdruck Beitr. HI, 170)
röffentlicht. Dies» publication ist günstig beurtheilt
rden von Ebel (Beitr. IV, 252) und von J. in Benfey's
. und Occ. 11,570. Nichts destoweniger kann ich S.
er nur theil weise folgen und benutze die gelegen heit, um
e nach meiner ansieht — so weit ich bis jetzt berichtet
in — richtige lesung und Übersetzung der inschrift dar-
egen. Ich gebe die lat. worte cursiv, trenne die Wörter
und interpungiere :
Bis : Dontaurion anala; bis : Dontaurion deanala; bis,
bis : Dontaurios datalages : vim danima : vim spaternam
asta : magi ars secuta te Justina, quam peperit Sarra.
Blase an den Dontaurios*) [embryozerstörer] : blase
weg den Dontaurios : klage an die Dontaurii [so weit folge
ich S.] : verstärke kraft : unterstütze (o Justina) die vä-
terliche (i. e deines gatten) kraft : des magiers kunst hat
dich verfolgt, Justina, welche Sarra gebar.
Das verbum datalages nehme ich für die 2. sing, im-
**perat. medii von einem i- stamm, identisch in wurzel und
bedeutung mit altkymr. datolaham (gl. lego) Z. 1078. (So
ist verntts im gall. are-vernus (gl. ante obsta) = skr. vptu&va).
danima scheint 2. sing, imperat. act. eines denom. von
ir. däna fortis, wie avsfioco von wz. AN. Spaternam ist das
lat. paternam mit dem in den romanischen sprachen so
1 häufigen verstärkten anlaut. S. Diez Gramm. I, 327, 442
und vgl. altir. seipar pfeffer aus *spiper, mittelbret. sclacc
eis von frz. glace, com. squenip (gl. incestus), frz. guenipe.
asta scheint 2. sg. imper. act. von lat. asto, welches gele-
gentlich mit dem accus, construiert wird. Der Spruch ist
ein zauber gegen weibliche Unfruchtbarkeit, nicht männ-
liche impotenz.
*) cf. Rv. I, 33, 9, übersetzt von Muir: Thou, Indra, with the believers,
didst blow agamst the unbelievers, with the priests thou didst blow away
the Dasytt.
6 Stokes
Bitter enttäuscht war ich zu finden, dafs mit aus-
nähme der wörtlichen Übersetzung der Qakuntalä und ei-
niger Übersetzungen vedischer hymnen keines der oben auf-
gezählten manuscripte zur Veröffentlichung fertig oder na-
hezu fertig war. Es blieb also nur übrig, sie durchzuge-
hen, sorgfältig alles neue und richtig* oder möglicherweise
richtige auszuziehen und diese auszüge mit möglichster treue
zu drucken. Das erste resultat meiner herausgeberthätigkeit
ist nun veröffentlicht. Viel blofse conjecturen wird man
darin finden, einiges aus Siegfried^ älteren papieren, das er
bei weiterer aufklärung würde aufgegeben haben, aber bei
dem jetzigen zustand unserer kenntnis von den keltischen
sprachen und namentlich vom gallischen werden alle ge-
lehrte mit Ebel (Beitr. IV, 253) übereinstimmen, dafs jeder
versuch eines so competenten forschers wie Siegfried, die
dunkelheit aufzuklären, mit dankbarkeit müsse angenommen
werden. Wie J. von Müller sagte: die Wahrheit ruht in
Gott, uns bleibt das forschen.
Calcutta, den 6. febr. 1867. W. S.
[Wir haben im folgenden nur einige abschnitte ans
Siegfried^ papieren ausgewählt, welche die keltische laut-
lehre, flexion und Wortbildung betreffen und behalten uns
weitere Veröffentlichungen vor. Die redaction].
VII. Phonetisches.
I aus A. Ir. ri könig, altw. dou rig duo reges Z. 157,
skr. rag; fir wahr, altw. guir, nhd. wahr; mi monat, gen.
mi*, skr. mäs.
Behandlung der lautgruppe KST. In ichtar pars in-
ferior [von is infra =*ixo] Z. 147; echtar extra, w. eithyr,
uachtar pars superior, w. uthr und \*dechtar dextera, gen.
sg. f. dechtire in] tnac Dechtire mufs x bereits in der alt-
keltischen periode zu c geworden sein. So vielleicht in
bocht pauper aus BOKSTO, skr. bhiks betteln.
Abfall des P im anlauL P fällt ab in folge des ac-
Miscellaaea Celtica. 7
centes: ir. lethan, w. llydan, okr.prthu, nkaxvg\ ir. athair,
skr. ptfar [ir. il, skr. pwrw, noXvg, got. /Wk*; ir. tiA frumen-
tum = z. pt/w speise, skr. pitü trank].
Ausfall des P im inlaut. d, ua = apa, ano\ 6a =
y n ctg; suan = [stwpfta] vnvog; [foaid dormiebat zu roä-
pq/amt, «opto und das lehnwort caut = caput],
SV im anlaut. Ir. F för SF = w. chw : ir. fairthe
[.i. fleadh O'Clery's Glossar] a feast = w. chware play.
ir. faireög glandula, w. chwarel drüse, Verhärtung unter
der baut : cf. nhd. schwäre, ir. fedaün (a fedme quod cir-
cumferimus Z. 44 1 ), w. chwedl a story. ir. fillim ich wende,
w. chwel, chwylaw. ir. faolchü wolf, w. chwilgi. [ir. /ter
Schwester, w. chw'iawr, skr. *#a$ar]. ir. /am vester, got.
itoara [s. Beitr. IV, 396, wo chtoi mit »scis vos verglichen
ist]. Aus Ihrem do-phethar-su [sororis tuae Beitr. I, 473]
würde ich nur schliefsen, dafs sv zu f werden kann, wel-
ches die altirische Orthographie zwischen zwei vocalen
durch ph ausdrückte, um es an solchen stellen von der f
emortua zu unterscheiden, und sehe darin noch keine ver-
anlassung zu glauben, dafs sv je nach eränischer weise zu
hartem p ward. [Ein anderes beispiel von ir. f aus sv im
anlaut ist *fe"s sechs in mör-User sieben personen, wörtl.
eine grofse sechszahl personen Beitr. I, 473, wo ich irrig
annahm, dafs dieses f nicht aspirierbar wäre. So foaid
dormiebat wz. svap. Das gaelische piuthar, gen. pethar =
8kr. svasar ist völlig sieber. Dies p aus sv wird zuweilen
c (oder entstand c unmittelbar aus sv, cf. zend. q aus sv?)
wie in cade'ssin ipse Lib. Arm. 18, b. 1 = fadesin Z. 373;
canisin (duun chanisin nobis ipsis Z. 66, 1006 = f anisin
Z. 1004; citach linkshändig, citdn linke hand, w. chwith
links. Und da anlautendes sv irisch oft 8 wird (cf. suan
schlaf, skr. svapna; siar Schwester = svasar \ se sechs,
w. chwech, SVAKS, ££, jrel;; serbh bitter, w. chtoerto)^
können wir, denke ich, trotz Siegfried's zweifei, wenigstens
vier repräsensanten des anlaut. sv im altirischen annehmen,
nämlich <S, F, F, C. Das vereinzelte farn, welches auch
barn geschrieben wird, im mittelir. zuweilen uarn, jetzt
8 Stokes
bharn, und gewifs varn ausgesprochen wurde, würde die
zahl der möglichen repräsentanten von $r> im anlaut auf
fünf steigern],
SC im inlaut aus DC. ir. uisce wasser, skr. udaka; ir.
mesc ebrius, mesce ebrietas, skr. madaka [Ich kenne dieses
wort nicht: mada bedeutet trunkenheit, madakara berau-
schend. Das ir. adj. brise brittle, bret. bresk oder brüsk
fragile, wenn es aus brid-co, brud-co entstanden ist — cf.
lat. frud in frustum aus *frudtum — , ist ein anderes bei-
spiel dieses Übergangs].
Welsch ff im anlaut. Das welsche anlaut. ff hat mir
mehr Verlegenheit bereitet als irgend ein andrer buchstabe.
In einigen Wörtern läfst es sich leicht aus sbh herleiten:
ffer knöchel, Gqvqov; ffaelu fehlen, ayahkcüi ffunen vitta,
Gipzvöovri [ist ffunen nicht aus dem lat. funis entlehnt?],
ffest speedy [oTzovdaiog, crac^deo], ffroen [nüster, nase],
6<7(pQaipoluai; ffett listig, a%&r'kt,o& Diese beispiele sprechen
fttr sich selbst. [Anderwärts vergleicht Siegfried w. ffraeth
redeflufs mit sprechen und bret. felc'h la rate mit indo-
europ. SPLIGHAN [splaghan?], woher skr. pllhan^ gr. aszlijv9
lat. Ixen. Mir scheint, dafs die meisten echt welschen
Wörter, welche mit ff beginnen, entweder auf indoeurop.
SP oder (wie frwdd) auf ST zurückweisen. Ob irgend
ein ff aus SV entstanden, bleibt zu beweisen].
Welsch ff im inlaut. w. cyffred [cause, course] =
[cyvH-rhed =] com-+-ret laufen: ist das harte ff hier
durch den einflufs des rh herbeigeführt? [Ein ähnlicher
Übergang des aspirierten b (ausgespr. v) in f durch einflufs
von § = h begegnet in dem altir. honaif-leidmenaib , Tu-
rin, gl. no. 91 raig saniebus für 6 naibh sleidmenaibh (sleidm
gl. saiiies Z. 733). So ist neuir. foirfe das altir. foirbhthe
i. e. foirvthe, wo th = h].
VIII. Declination.
Gallische fem. ä- stamme. In dem „legionis seeundes
Italien von Vaison (Soc. Ant. Fr. 16, 143) suche man den
Miscellanea Celtica. 9
einflufs eines gall. gen. [sg. anf -is, woher das nicht aspi-
rierende ir. -e der fem. ä- stamme].
Altir. u-declination. Genitive wie ddnigthea, gen. 8g.
von ddnigud Z, 994 erweisen einen gen. auf AVAS =
[dem -sog in] r^Siog; ved. -u, gen. t>as.
Altir. pronominaldeclination. Für den gen. sg. fem.
öena, aine [Z. 348] sollte das lat. unius beachtet werden.
So inna [rijg], cacha, nacha alle pronominal, [die endung]
= lat. -ius. Die älteste form ÄJÄS dürfte vorliegen in
dem gewöhnlichen e [des gen. sg. der fem. ä-stämme].
Welsche u- stamme, w. tant schnür, pl. tannau m. =
skr. tantu faden, pl. tantavas. Der welsche plural auf -an
(fiör AVAS?) dieses und ähnlicher Wörter [z. b. dagr daxov9
pl. dagrau; yd körn ir. ith = z. pitu, pl. ydau] scheint
mir ursprünglich u-stämmen anzugehören.
Cornische declination. Wir erwähnten , glaube ich,
nie die cornischen genit. , die ich Lhuyd [Archaeologia
Britannica p. 242] entnehme: marh, gen. merk pferd; merk,
gen. myrh mädchen [diese genitive bei Lhuyd finden keine
stütze in den mss.]; und dat. : pen, dat. -er dha byn auf dei-
nem haupte, krös, dat. in kreys in der mitte. [Dies ist
eine stelle aus einem an mich gerichteten briefe vom
3. aug. 1858, ein jähr vor dem erscheinen von Mr. Nor-
ris' Cornish Drama, in welchem derselbe vol. II, p. 214
gleichfalls auf pyn rücksicht nimmt, es jedoch, was wohl
als ein Schreibfehler anzusehen ist, den genit in von pen
nennt].
IX. Comparation (Comparativ, Superlativ).
Die annähme Ebels [Beitr. II, 80], dafs eine art von
schwachem comparativ mit ajans gebildet wurde, ist selt-
sam. Die unregelmäfsigkeiten zwischen -tw, -a, -ti und
dem völligen abfall [der endung] wie in ferr [besser] sind
natürlich, weil der accent, den wir vom comparativ besser
kennen als von fast jeder andern form, stets auf der Wurzel-
silbe liegt. Dies ist bemerkenswerth, denn es erklärt, warum
eine so sehr schwere endung wie IANS schwinden konnte,
10 Stokes
während das einfache derivative ia [im altir.] nie schwin-
det. Darüber mufs man stutzig werden, und das w. -ach
ist mit einem mal als ein anhang erwiesen. Ich schickte
Ihnen einmal eine bemerkung, in der ich darauf hindeutete
und Ihre aufmerksamkeit hinlenkte auf jenes altir. assa,
welches so häufig beim comparativ steht, Z. 286. Ich bin
eher geneigt, folgendes för richtig zu halten. Ich würde
ein adverb annehmen, ganz natürlich mit der praep. as ex
verbunden, welches zum stehenden anhängsei des compara-
tivs wurde, wie #£o#a bei Homer beim Superlativ äpiarog.
[Dies ist, glaube ich, die angezogene bemerkung]: w.
hyn = ir. siniu [= senior] und andere beispiele beweisen
zu deutlich, dafs das comparativische IANS in der that
im welschen vollständig geschwunden ist, wie es nach al-
lem, was wir von welschen lautgesetzen kennen, sein mufste.
-ach und bret. -och müssen dann anhänge sein , und die
frage ist. nur, welches wort dem comparativ kann ange-
hängt worden sein. Nach verschiedenen versuchen halte
ich fest an [einer form = ir.] ass [ex eo Z. 592], viel!,
die praep. ex mit einem suffig. pron. Wie neuir. fearrde
durch agglutination aus ferr entstanden ist, so, vermutbe
ich, w. hardach [amabilior Z. 305] aus hard(i) ach eo pul-
chrior. Dieses ach trat zuletzt auch an formen wie guell,
welche ursprünglich den reinen alten comparativ allein
bewahrten. [Anderwärts erwähnt Siegfried den doppelten
comparativ lleiach]. Die function von ir. assa [Z. 286]
beim comparativ macht dies wahrscheinlich. Welsch tec-
ach, comparativ von teg , steht dann für teg'ach*), ach
vielleicht in dem sinn von „far out handsomer". [Es ist
nicht zu bezweifeln, dafs -ach oder -ch ein anhang ist, wie
das -et (Z. 307) des comparativs der gleicbheit (= skr.
jathä?). Ebel's ansieht (Beitr. II, 79), dafs das alte s der
*) Die Verschiebung von g zu c ist durch die elision des folgenden vo-
cals herbeigeführt. Dies ist auch die richtige erklärung der com. form hac-
cra häfslicher, welche Ebel (Beitr. V, 132) als ein beispiel von assimilatiou
hinstellt. Haecra, besser hacra, comparativ von hager, entsteht einfach aus
hag'ra. Die Verschiebung im welschen comparativ der gleichheit und im
Superlativ beruht wohl auf falscher analogie. W. S.
Miscellanea Celtica. 11
comparativendung als ch erhalten ist, ist anfechtbar, 1) weil
der Übergang von einf. s in ch den keltischen lautgesetzen
unbekannt ist, 2) weil finales s stets schwindet, abgesehen
davon, dafs sein früheres Vorhandensein am anlaut des fol-
genden wortes erkennbar ist. Ich war der ansieht, dafs
das welsche ch des coraparativs ein beispiel von der aspi-
ration der gutturalen tenuis wäre, die regelmäfsig durch $
herbeigeführt wird, mag es dem c vorhergehen oder ihm
folgen (8. Z. 147, 171, 181); dafs die tenuis hier eine alt-
keltische conjunetion = frz. que, it. che repräsentierte, dais
das aspirierende $ die endung des comparativs und das
-a- von -ach, bret. -o- gleich dem alten ä in täns. Aber
Siegfried's ansieht gibt eine bessere erklärung des vocals
von -ach und wird unterstützt durch den neuir. anhang
-de de eo Z. 596, auf den er auch hinweist und den O'Do-
novan (Grammar p. 121) richtig erklärt hat. Siegfriede
annähme erklärt auch die Verschiebung in welschen compp.
in £, d, b zu c, I, p],
Etymologie von TRÄN. Altir. trän, w. tren [unge-
stüm, heftig] ergibt gallisch *treamos. So ir. enert infirmi-
tas gaü.*exnertuos, w. chwedeg sechzig für *svexdec-n. Com-
parativ ir. tressa, w. frech, gall. *trex%äs. täns ist im wel-
schen völlig verloren gegangen, wie in gwell, hyn (= ir. **-
mu), uch ■= ir. uas, altkeit, öxiäs. Superlativ [altir. tressam
Sanctäin's hymnus 1], w. traha 7i. 144, 784 [wo es als po-
sitiv übersetzt ist], bret. tridha, indoeurop. TRAKSAMA.
Ein verbum TRAKS wäre das intensiv von TRAGH lau-
fen (cf. eer-tragus, TQty*0* got« thragjan) und aus irruere
scheint die bedeutung des Ungestüms sich entwickelt zu
haben. Ir. Mise macht = w. trais gewalt, ungestüm, wo-
her treissiur [oppressor] Z. 796 wäre dann TRAKSTT oder
TRAKSTIA. [Aber dies gäbe ir. *trecht, Urechte und w.
w. *traeth?2' Dafs der positiv TRAKS-NA und der com-
parativ TRAKS-tÄNS lautete, wäre nichts unnatürliches.
Manche derivationssilben des positivs gehen so verloren
[im keltischen sowohl wie im griech., lat. und skr. Siehe
die note Siegfriede über das suff. ra, qo in Three Irish
12 Stokes
Glossaries praef. XXXJ. Gallisch SACSANO von SAKS
wz. SAH ist eine ähnliche formation wie *trexnos, TRAK-
S(A)NA.
Gallischer Superlativ auf -imo. I. O. M. VXELL1M.
scheint „ Jupiter dem höchsten " zu bedeuten : cf. ir. na-
sal [superl. huaislimem Z. 287, das doppelte endung auf-
weist * öxal-im'imo. Beachte die assimilation in uxel-
lim(o). Woher übrigens S. diese interessante form habe,
vermag ich hier in Indien nicht nachzuweisen].
Superlative auf -tamo und -isto. [Die endung des]
altir. Superlativs nessam [proximus], osk. nessimo dürfte
TAMA sein, denn im zend lautet das sirnplex nazda.
[Altw. h-eitham Z. 1091, jetzt eithaf äufserst ist = lat.
extimus; und ist nicht der altkeit, name Cunotamos wahr-
scheinlich ein Superlativ von euno-s hoch?]. In Tolisto-boii
haben wir vielleicht einen Superlativ auf ISTA, skr. istha,
-itfro. [Positiv ist vielleicht toli-s, epitheton des Hercules
Rev. arch. VIII, 352, vgl. auch Herculi toli-andosso Hen-
zen 5916].
X. Zahlwörter.
II. Bret. daou m., diou f. Da das ursprüngl. v [des
anlauts DV] im altkeit, verloren gegangen zu sein scheint
— sonst müfste das welsche dwau haben — so weist das
tcy des welschen fem. auf ein gall. <fc, woher ir. dt. Im z.
duji ist j rein phonetisch. Das lat. fem. duae dürfte plural
sein, besonders wenn wir das neutrum dua, selbst bei Ci-
cero, in betracht ziehen. Bopp vergleicht es mit skr. dve.
III. Ir. tris tertius ist wichtig. Ich glaube, dafs s
ist rest von tja.
IV. Petorritum zu lesen petro-ritum? cf. Petrucorius,
Petrucorii, Petrocorii Glück K. N. 158.
V. Altir. cöic, w. pump. Welsch u [in pump'] fordert
gleichfalls gallisch o. Der accent in cöic erweist keinen
langen vocal, sondern gehört zu dem neuen diphthong oi.
[Ich weiche hier von Siegfried ab: öi in cöic ist kein diph-
thong, wie das neuir. cüig beweist, das caoig lauten müfste,
MiscelUmea Celtica. 13
wenn die altir. form diphthongisch gewesen wäre. Ich bin
der meinung, dafs o verlängert wurde zum ersatze des
aosfalls von n vor c].
VIII. GoldstOcker's idee, dafs AKTÄM der dual von
KAT [vier], sei, ist ansprechend. Dafs AM die ursprüng-
liche dualbildung, beweist das vedische skr., wo sie ÄV,
durchaus nicht du. Ich erwähnte Ihnen, glaube ich, ein-
mal den ähnlichen fall des skr. locativs von t- und »-stam-
men: malt, matäu etc., gleichfalls aus am, daher in im
pron.: tastnin in hoc. Von AKT AM kommt das ir. ordi-
nale ochtm-ad.
X. Ir. dec, w. deng, skr. dacan, DANKAM. [Ich
bezweifle dies. Altir. d6c ist contrahiert aus deac, welches
nicht nur bei Z. 312 vorkömmt, sondern auch in Fiacc's
hymnu8, z. 2 (maccdn se mbliadan deac) und im Feiire 15. juli
und 22. sept. ( In dd apstal deac und for dib tnilib deac)
— stets zweisilbig. — In diesem deac deutet das harte
c auf ursprüngliches NK (daher Dfi-ANK), welches viel-
leicht erhalten ist in w. deng. Das wort scheint im inlaut
einen consonanten verloren zu haben, wie ich vermuthe, p
(wie in ir. caut von caput). So erhalten wir *di-pank, wie
ich glaube, 2x5; *pank = skr. p ante an],
XI. Pronomina.
Notae augentes [Z. 332, 333].
sg. -*o, -je 1. pl. -ro
-su, -*o, sin 2. -si
-*e 3.
Sg. 1. -sa (Z. 332), skr. svajam, lautet sse nach schwachen
vocalen [und das s] erleidet nie infection. pl. ni [für im]
mit infection weist auf die vocalische endung des verbums.
Sg. 2. -su (svajam): das i [in -sin] durch einflufs der schwa-
chen verbalendung. • Ir. tussu, skr. tvä svajam. pl. 2. -*»
kann nie infection erleiden, weil von SVIB [svi-h svi?].
Sg. 3. -se ist nota augens (is-6 se skr. asti ajam sa? oder
wieder svajam?). pl. 3. keine nota augens: absolute 6.
14 Stokes
Verschiedene pronomina. Ir. som9 sem, SVASMA?
intisiu [i-siu] = is -f- svajam.
fadfoin erinnert mich stets an skr. svadhajä sponte
— was vielleicht nur scheinbar ist [und fodHn (gl. ipse) gen.
fodäine erinnert mich an zend qädäena das eigne selbst,
Justi].
Das weitverbreitete relativpronomen JA dürfte erhal-
ten sein in altir. id-meit, gl. quotus, quantus Z. 840, 1031,
id sss skr.jatkä [heidmeit gl. quantus Z. 1031].
XII. Verbal partikeln.
Vedisch smä, classisch sma, hat die kraft ein prae-
sens in ein präterituin zu verwandeln. Dies smä war,
glaube ich, altir. no [Z. 417. Ich würde mit smä eher
altir. mu, mo Z. 419 identificieren und no auf den demon-
strativstamm NA beziehen].
■
XIII. Verb um.
Denominative*. Wie ir. tech für tegh haus, so steht
grazacham [gratias ago Lib. Armach.] für altw. *grazagham
— in der that eine hübsche altbritische form * ) — und be-
weist die identität der -aa/*-verba mit den [ir. verben auf]
-aighim. Das altwelsche der Luxemburger und Oxforder
glossen hat nichts besseres als -aham. Siehe Z. 498 [auch
Z. 796]. „Dies ist das -ajämi der 10. conjugation" , sagt
Bopp, welches in Safidco, da^d'Qw^ domo vorliegt. Aber
die lautgesetze werden die gleichsetzung kaum erlauben.
Sie werden sich erinnern, dafs ich sie [i. e. die keltischen
denominativa] mittelst -äcämi aus dem weitverbreiteten
keltischen suffix -äc herleitete, dessen tenuis in diesem fall
schon in gallischer zeit zur media herabgesunken sein
mufs.
*) Ich weiche hier von Siegfried ab; graz- ist gratias und acham ist
ago mit altw. person.-endung. Grazacham ist nur ein lehnwort. W. S.
Miscellanea Celtica. 15
[Anderwärts schreibt Siegfried] : Das griech. -a£a» ist
gleichfalls unerklärt, denn ich kann nicht — wie Bopp es
thut — glauben, dafs es einfach = AJAMI: dies gibt
nur da). AKJÄMI wird mehr erklären und für die deri-
vative natur dieser verba passen, von denen manche im
ir. deutlich adj. auf -aka neben sich haben [z. b. cumach-
taigim, cumachtach]. Das w. -aw [im inf. der denominativa
Z. 521 J beweist [das frühere Vorhandensein von] g [in die-
sen formen]; aber dies g könnte nur eine frühe defectio
[des c] sein.
Altir. itargninim [gl. sapio prudentia, Z. 431] ist deut-
lich ein denominativ von GNÄNA kenntnid.
Den Status durus von altir. -imm in der ersten pers.
sg. praes. ind. act. müssen wir, glaube ich, als eine aus-
nähme von der allgemeinen regel der infection ansehen.
Es [i. e. das m dieser person] erleidet regelrecht infection
im welschen. Ich gebe zu, dafs es nicht wünschenswerth
ist, solche Verletzungen weit ausgedehnter gesetze anzuneh-
men, aber sie finden sich sehr häufig in sehr häufigen
Wörtern.
Das s in altir. filus [sunt? Z. 1007, 1009] von -anti
[herzuleiten] ist sehr kühn. Es gibt ähnliche s in den
secuodären zeiten: no-charmi-s [amabamus], no-charti-s
[amabantj. Sollten sie nicht alle zusammengehören? [Ich
verglich kürzlich, Beitr. V, 114, filus mit dem gallischen
harnidus der inschrift von Novara. Aber filus ist vielleicht
ein sg., denn der nom. cendce, cen&le, mit dem es sich bei
Zeufs findet, ist ein neutrum pl.]
Das perfect auf t [Z. 44?, 503]. Hinsichtlich dessel-
ben sind einige punkte sehr auffallend: erstens der directe
gegensatz gegen das germanische, wo die abgeleiteten
16 S tokos
stamme es [i. e. die wz. dhä] annehmen. Was hingegen
das [irische] s in den meisten perfectis anbetrifft, so ist
ein unleugbares factum, dafs es eigentlich ein doppeltes $$
ist. Dann auch die lautlichen eigen thömlichkeiten dieses t
Im welschen ist es th [nach r], welches nicht aus dhä her-
geleitet werden kann und auch im irischen wirkt es mehr
wie t.
Ich wünschte, dafs es aus STA zu erklären gienge,
was fftr die s- und (-perfecta passen wurde.
S fällt aus zwischen R und T : ir. tart = [got. thaur»
stet], engl, thirst, TARSTI [skr. tars *). So vielleicht das
ir. praeteritum ru-burt tuli aus] *rubur§t, das w. kymerth
[aus *com-ber-st].
S fällt aus zwischen N und T. Ir. cinteir [sporn],
com. kentar = xeoryov, x&vtqov, skr. castram [seh wert,
messer] aus KANSTRAM [vergl. auch altir. daintech (gl.
dentatus) mit skr. däötfrä, ir. cainte Satiriker mit lat. cen-
sor für *cen$tor, osk. kenstur und viell. ir. sant, w. chwant
verlangen aus SVANSTA, wz. SVAS; so frz. contraindre
für con-s-traindre]. So [mag] welsch a gant cecinit [Z.
503 aus a canst entstanden sein].
S fallt aus zwischen K und T: von ex kömmt ir.
echtar, w. eithyr [und eithaf], von *öx kömmt ir. nachtat
(w. Uthr?). So entsteht ir. doecom- nacht [ communieavit
Z. 442] aus -NAKST und w. doeth venit, wz. AK, ANK
[aus *doevt, *do~ak-öt].
Die altir. präterita auf -ai dürften wohl leicht zu er-
klären sein. Warum sollten sie nicht imperfecta sein?
r'ind~arpai [Z. 435, für rHnd-arbai exheredavit, ejeeit] ss
ARBHAJAT wie skr. ajögajat. [Weitere beispiele dieses
Präteritums sind an-as-ro-chumlai (gl. profectum) Z. 840,
*) Anderwärts stellt Siegfried ir. tirim, tirme mit dieser wnrzel zu-
sammen. Ein beispiel des Verlustes von s zwischen r and h ist altir. arco
= skr. ark'hämi (ARSKÄMI), gr. fy/ojeicn (*^<Txo(«at). So auch vielleicht
der ir. mannsname Corc = ags. horsc velox, caUidus,
Ifiscellanea Celticm. 17
do-r-intai interpretatus est Z. 1 064, ro-d-$cribai id scripsit
Book of D6ir, letzte Seite. Die altirischen praeterita auf
•u, -iu könnten aus -ät>i(t), -it>t(f) erklärt werden; vergL
die 4. zeile der inschrift von Limone, tome decavi (wie ich
lese), wo tarne vielleicht ein pronomen me, decavi ms lat.
dicmt and Obuldunu Tum in der folgenden zeile der dat.
sg. vom namen des gottes, dem das weihegeschenk gemacht
wurde] * ).
Altir. do-r'~acräid (gl. exacerbavit) Z. 434: [die endung]
scheint = w. -awd Z. 504.
Die altir. * - futura. Ich bin wirklich sehr befriedigt,
dafs Sie die «-futura für richtig halten [s. Beitr. III, 51].
Sie haben sicher recht, dafs dieselben fast ganz wie sub-
junctive gebraucht werden. Doch, wenn wir sie bei wei-
I terem nachforschen aufrecht erhalten können, so wäre es
schade sie unter dem seltsamen namen «-conjunctive pas-
sieren zu lassen. Möchten Sie sie nicht „die alten #-fu-
tora als conjunctive gebraucht" nennen?
I
Belatu-cadrus : belatu scheint ein inf. auf -tu [cf. den
altir. inf. auf -arf — ATÜ, -ud = ATÜ Z. 459, 460].
EheFs ansieht [Beitr. I, 162; 111,269], dafs die [altir.]
3. sg. praet. pass. ein partieipium, würde die impersonellen
construetionen Z. 475 nicht erklären.
Die seeundären formen no-lintae [etc. Z. 470] sind
deutlich wie die relativen zu erklären, durch anftkgung
eines e.
Die [entsprechenden] welschen formen beweisen genug
gegen diese participialtheorie.
*) Die ganze inschrift lautet (wie ich sie zu lesen vorschlage) so:
TETVliVS SEXTI DVGIAVA SA0ADIS TOME DECAVI OBVLDVNV
TINV „Tetumus Sexti (filius) Protector Sassadensis (vel Sassensis?) me di-
eayit Obulduno Tino. — W. S.
Beitrage z. vgl. sprachf. VI. 1. 2
f
18 Stokes, Misoellanea Celtica.
Altir. ata [ist, at-t-tä], skr. wz. sthä, lit. stSwmi
skr. tüthämi] ist zehnte classe Bopp Vgl. Gr. II, 265.
ir. tä = lit. 9t6w? Siegfried stellt anderwärts zu ir. h
taut, welches Pughe eine conjanction nennt and mit „d
übersetzt].
Altir. bieid erit, skr. bhacisjati : biam bhavisjäi
bieit bhavi&janti. w. fut. bwyf [ero] = einem gallis<
b8$ami.
XIV. Praefixe und Suffixe.
Das irische negativpraefix am-, w. af- könnte skr. *
[wui-] sein = lat. $em%, ahd. $äm%, ags. sdm- in sdmfo
unzeitig, sämcwic, kaum lebendig, halb todt, sdmeis [s<
sapiens, parum sapiens] = ir. aimiesach inscius. Das
bewirkt infection, wie es mufs, und erleidet selten uml
weil es aus am- entstanden ist.
[So vergleicht Siegfried anderwärts ein anderes
negativpraefix nemh (altir. neb geschrieben, i.e. nev)
dem vedischen nema halb; das ir. seim, welches zuw<
„wenig" bedeutet, mag = semi- sein].
Das sufßx tvä. Ich erkläre das altir. claideb seh
durch das suffix tvä. [Ist die wz. = skr. klath töc
verletzen?].
Dafs die derivata auf -unno [Z. 737] von w-stäm
kommen, kann durch beispiele bewiesen werden, und v
wir die Verwandtschaft von u mit VANT berücksichti
können wir sogar vermuthen, dafs -unno aus VAN*!
entstanden ist.
Baudooin de Courtenay, einige flüle der Wirkung der analogie etc. 19
Einige falle der Wirkung der analogie in der
polnischen declination.
Wenn man die in der spräche wirklich vorliegenden
worte nimmt wie sie sind und wie sie vom sprechenden
empfunden werden, so kann man keine vocalischen stamme
in der polnischen declination annehmen. Vocalische stamme
werden bei den polnischen nomina nicht gefühlt.
Es gibt gegenwärtig in der polnischen declination nur
consonantische stamme, wenigstens werden nur solche im
Sprachgefühle empfunden.
Uebrigens sieht man leicht, dafs sich im polnischen
die theilung der declination nach den stammen nicht durch-
fuhren läfst. Manche casus haben bei allen nomina nur
eine einzige endung, andere zwei, andere drei u. s. w.
Streng genommen also kann man nicht von den declina-
tionen der nomina, sondern nur von den declinationen der
einzelnen casus reden. Diese casusdeclinationen verändern
sich fortwährend; die aufgäbe des forschers ist nur die, zu
verfolgen, wie sie sich historisch entwickeln.
Nichts desto weniger lassen sich gewisse gruppen von
nomina aufstellen, die in allen ihren casus Ähnlichkeit zei-
gen. Es werden stamm-, und, wie sich dies in den sla-
wischen sprachen secundär entwickelte, genusdeclinationen
sein. Es versteht sich aber, dafs es zwischen solchen grup-
pen keine entschiedene trennung gibt; vielmehr sind zahl-
reiche Übergänge und berührungspuncte vorhanden.
Nach dem vorbilde der jetzigen Sprachforscher ordne
ich in der zweiten abtheilung meiner abhandlung (von den
endungen) nach den einzelnen casus an und nicht nach
den sogenannten declinationen; ich füge hinzu, dafs der
entwickelungsgang der einzelnen casus nach den denkmä-
lern der polnischen spräche dargestellt und meine Schreib-
weise vollkommen phonetisch ist.
Es fragt sich jetzt, wie soll ich meinen stoff im gan-
zen ordnen. Die einfache antwort ist; nach der art und
weise der analogien. Sehr wohl, aber man mufs bedenken
2*
SO Baudouin de Courtenay
dafs in allen fallen (z. b. besonders in den endungen), bei
allen casus die verschiedensten momente, die verschieden-
sten factoren, die verschiedensten arten der analogie in be-
tfacht kommen. Die analogie kann bei einem und dem-
selben casus mit der zeit wirken nach dem stammauslaute
(phonetisches element, analogie der laute), nach dem ca-
susidentitätögefühle, nach dem genusidentitätsgefühle, nach
dem blofsen Wortidentitätsgefühle, nach dem identitätsge-
f&hle verschiedener anderer kategorien (z. b. numeraler en-
dungen), in folge des vergessens der ursprünglichen function
und des Zusammenhanges einer gewissen endung mit einer
gewissen kategorie der Wörter. Es kann auch ein über-
springen in ein anderes Casusgefühl stattfinden, so dafs die
endung entweder in andere casus oder in anderen numerus
eindringen kann. Wir sehen also, wie complicirt die sache
istj uttd dafs es unmöglich ist, nach einem einzigen prin-
cipe das inaterial einzutheilen. Ich theile also ganz äufser-
Höh in:
1) die Wirkung der analogie im inlaute,
2) die Wirkung der analogie in den endungen,
3) überspringen in ein anderes casusgefühl.
Dies ist keine logische eintheilung; aber was thun? wie
kann man hier streng logisch ordnen? Es ist rein unmög-
lich logisch su ordnen, ohne das object selbst ganz unna-
türlich zu zerreiften.
I. Im inlaute.
A. Vocale.
1) Übergewicht der analogie der anderen casus
über das lautgesetz.
In der polnischen spräche gilt das lautgesetz, dafs die
vocale a, o zwischen zwei sogenannten erweichten (pala*
taten) ConSönanten in den ihnen entsprechenden, mehr pa-
lät&len vocal e übergehen. Wenn also dem stammhaften
ä ötder ö ein erweichter consonant vorangeht, und wenn -f
einige ftlle der Wirkung der Analogie in der poln. declination. 21
an den stammauslaut eine endung tritt, die als präjotirte
den harten consonanten des Stammauslautes erweicht, dann
geht das stammhafte a oder o in e über (aesimilatkm),
Solche endungen in der declination der polnischen sab-»
stantiva sind: voc. sing. masc. -je, loc. sing. masc. neutr.
-je; loc. und dat. sing. fem. -je, nom. acc. dual fem. (neutr.)
-je, nom. pl. masc. -ji, loc. pl. masc. neutr. -je eh. Also
bildete z. b. die altpolnische spräche:
1) von den männlichen stammen: cas (zeit), sa.£ad*
(nachbar), sfat- (weit), las- (wald) u. s. f.; p'otr- (Peter)*
anol- (engel), m'od- (honig), lod- (eis) u. s. f. die voc.
und loc. sing, cese, s^sedze, sf ece (geschrieben £wie~
cie) le£e; p'etfe, anele, m'edze, ledze;
2) von den neutr. st.: San- (heu), w'an- (brautschatz),
zw'errfadl- (spiegel), lat- (sommer, jähr) u.s.f.; öoi*
(stirn), jezor- (see), £ol- (dorf), Sodl- (sattel) u. s. w.
die loc: sene, w'ene, £w'er<5edle, le<5e, cele, jeiefe,
sele, sedle;
3) von den fem. stammen: b'esad- (schmaus), &<5an-
(wand), gw'azd- (stern), kolas- (kalesche), waräaw-
( Warschau) u.s.f.; zon- (ehefrau), 6ostr- ( Schwester),
m'otl- (besen) u. s. w. die loc. und dat. sing, beiedfe,
söene, gwezdze, kolese, warsewe; Jene, sestre,
m'etle (das dazwischenstehende t und st hebt den assi^
milirenden einflufs des fe und le nicht auf);
4) der nom. acc. dual von den fem. stammen wurde
auf dieselbe weise gebildet;
5) vom st. 8$sad- nom. pl. s^sedzi;
6) vom st. lat- loc.pl. letfech.
Schon froh aber ward von einflufs die analogie der
anderen casus, hauptsächlich die des nominativs, den das
Sprachgefühl jedenfalls als richtschnur für die anderen ca-
sus betrachtet. Demgemäfs wurde das lautgesetz vernach-
lässigt, und der stammhafte vocal kehrte in den genannten
fallen an seine stelle zurück, zu grofser freu de gewisser
grammatiker, denen es beliebt, moralische begriffe in die
Wissenschaft zu übertragen, und die spräche der lautge#etze
22 Baudouin de Courtenay
wegen sogenannter „trägheit" zu zeihen. 5) und 6) blie-
ben von dieser analogie unberührt; 5) kommt bis zur stunde
ohne nebenform vor und 6) mit der häufigeren nebenform
latach (cf. unten Aber den loc. pl.).
Was die anderen f&lle betrifft, so finden wir schon im
15. jahrh. z. b. neben gw'ezdie auch gw'azdze (wie als
dual, so auch als loc. und dat. sing.). Nichtsdestoweniger
sind manche von den in 1), 2), 3) angeführten formen bis
jetzt erhalten, und zwar ohne nebenform; so z. b. sf'ele
(und nicht £ fade), sa^edze, le£e, anele, lele. Manche
haben entschieden das stammhafte a oder o: öase, lodze,
m'odze, w'ane, sodle, s<5ane, kola£e, waräaw'e,
zone. Andere schwanken, und zwar ist entweder die um-
gelautete form häufiger, als die der analogie folgende: z wer-
dedle neben zw'erladle, gw'ezdze neben gw'azdze;
oder, was gewöhnlicher, umgekehrt: p'otfe neben p'etfe,
jezofe neben jezefe, Sole neben sele, sostfe neben
Sestfe, m'otle neben m'etle; dzale (masc. im theile)
neben dzele, rozdzale*(masc. im kapitel) neben roz-
dzele. Diese doppelten formen werden auch zur diffe-
renzierung der begriffe benutzt; so z. b. na cole heifst:
auf der stirn, und na cele im metaphorischen sinne: an
der spitze, z. b. einer partei, einer armee u.a., ähnlich,
wie vom stamme f$d- der gen. f ^du bedeutet: der reihe,
und das nach der analogie des nominativs gebildete f^du:
der regierung.
Der dual kommt in der jetzigen spräche nicht mehr
in rechnung, da er bis auf wenige spuren verschwun-
den ist.
2) Uebergewicht des bedeutungs- oder func-
tionsgefühls über die lautgesetze im bereiche
desselben casus.
Hieher gehören die endungen: dat. sing. masc. -ow'i,
nom. plur. masc. -ow'e, die im altpolnischen, ganz ähnlich
wie im altbulgarischen, nach palatalem (weichem oder er-
einige Alle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 23
weichtetn ) stammauslaute, in -ew'i, -ew'e überzugehen
pflegten. So kommen nach harten consonanten vor: dat.
sing, clow'ekow'i (dem menschen), gradow'i (dem ha-
gel), prorokow'i (dem propheten), sa^adow'i (dem nach-
bar); nom. pL: bisknpow'e (bischöfe), glosow'e (stim-
men), grobow'e (gräber), chlebow'e (brote), chodow'e
(ginge), panow'e (herren), s^dow'e (gerichte), synow'e
(söhne), sladow'e (spuren) u. 8. f. Nach palatalem (wei-
chem oder erweichtem) stammauslaute aber: dat. sing, gre-
gofew'i (dem Gregor), cesafew'i (dem kaiser), kup-
cew'i (dem kaufinanne), krölew'i (dem könige), km'e-
teWi (dem bauern), andrejew'i (dem Andreas), maöe-
jew'i (dem Matthias), mojzeäewi (dem Moses), m%2ew'i
(dem manne), odcew'i (dem vater), ognew'i (dem feuer),
pisarew'i (dem Schreiber), s.^pfew'i (dem Widersacher),
slachdicew'i (dem edelmanne) u. s. w.; nom.pl. krolew e
(könige), in^zew'e (männer), mistfew'e (meister), w$2ew'e
(schlangen) u. s. f.
Nun verlor dies lautgesetz allmählich seine kraft, und
die endungen mit o, -owi, -ow'e begannen als nur in
dieser form dem dat. sing, und nom. pl. zukommende en-
dungen gefühlt zu werden. Dies ist bedingt durch die
größere häufigkeit der hartauslautenden stamme. Schon
in den ältesten denkmälern der polnischen spräche finden
wir, neben den oben aufgezählten formen auf -ew'i, -ew'e,
von denselben Substantiven solche auf -owi, -ow'e. So
z. b. pisafow'i neben pisarew'i, krölow'i, ognow'i,
kmedowi, marfejow'i, mikotajow'i (dem Nikolaus),
cudzozemcow'i (dem fremdlinge), ku bojow'i (zu dem
kämpfe), neutr. jimenow'i neben jim'enu (dem namen)
U.S. w.; krolow'e, m^zowe, wfzow'e, krajow'e (län-
der), bicow'e (peitschen), odcowe (väter), stryjow'e
(oheime), nepf yjadelowe (feinde) u. s. w. Unter den
denkmälern des 14. und 15. jahrh. finden wir in einem,
und zwar einem solchen aus dem 14. jahrh., fast allein
•ow'i, -ow'e, in einem andern späteren dagegen -ew'i,
-ew'e. Hierin erkenne ich dialektische Verschiedenheit.
94 Baudouin de Courtenay
Schon im 16. jahrfa. sind die endungen -ew'i und
-ew'e völlig ausgestorben, und heute herrschen ausschlieft»
lieh -owi neben -u, und -ow'e neben -ji; nur mit der
beschränkung, dafs den nom. plur. der unpersönliche wesen
bezeichnenden substantiva der acc. plur. vertritt.
ß. Consonanten.
1) Das wort nom. orfec (vater) hiefs im gen. olea, im
dafcolcu oder oöcoVi oder odeewi u. 8. f , welche for-
men nach poln. lautgesetze in ojea, ojeu u.s. w. übergin-
gen, ähnlich wie rajca neben racca(rath), zdrajca aus
zdradea (verräther), und wie stajna aus stanna (stall),
was ich für eine dem polnischen eigenthümliche ersatzdeh-
oung halte. Nun ist aus dem Sprachgefühle das bewufst-
sein des Ursprungs der formen ojea, ojeu u. s.w. ge-
schwunden, und es schien, als ob j der wurzel gehörte
und darum ist nach der analogie der obliquen casus auch
der nom. ojrfec gebildet. Damit vergl. die nom. ogröjec
(ölberg), grojec (stadt Gr6jec), entstanden aus ogro-
diec, Grodzec, durch den einflufs der obliquen casus:
gen. ogröjca, grojea f. ogrödea, gro^ca, dat. ogröj-
öow'i (resp. ogröjcew'i), gröjcow'i (resp. grojcew'i)
•f. ogrodcowi, grodeowi n. s. f.
2) Das bestimmte pronomen fäytek, fsytka, ftäytko
(aller, alle, alles), bildet den nom. plur. folgendermafsen:
fäytk-ji r= fäytcy = fäyscy (da t vor c = ts in s
übergehen mufs). Dies s wird jetzt von dem Sprachge-
fühle als zum stamme gehörig angesehen und erstreckt sich
auch auf die andern casus, so dafs die formen fgystek,
fsystka, fäystko u. s. f. die älteren fäytek, fsytka,
föytko u. 6. f. gänzlich verdrängten.
II. In den endungen.
1. Nom. sing. fem.
Dieser casus hat bei den meisten Substantiven (deren
declination nämlich der sogenannten a-declination ent-
einige falle der Wirkung der Analogie in der poln. declination. 25
spricht), die endang a, die zugleich als genuscharakter
gilt; z. b. woda (wasser), g6ra (berg), reka (flufs), g$ba
(mond) u. 8. f. Dies -a ist io manchen fällen aus -ija
oder -aja, -oja entstanden; so z. b. glqb'k (tiefe) aus
gl§b'ija, lutna aus lutnij a (laute), skiadnä (nach ana-
logie der contrahirten gebildet) aus skladnija (syntax),
lazna (bad) aus laz'nija, studnä (brunnen) aus stud-
nija, karmä (futter) aus karm'ija, collect, bradä (ge-
brfider) aus brat'ija = bradija, raasc. 8$dz'a (richter)
aas 8? dz' ija, collect, k£$2a (die priester) aus k£§zija*)
u. s. f., und ferner alle zusammengesetzten adjectiva, bei
denen -ä aus -aja, z. b. mloda (junge) aus mlodaja,
und manche pronomina, bei denen -a aus -oja (ma aus
moja, tfä aus tfoja, sfä aus sfoja) entstund. Es galt
aber im altpolnischen und gilt noch in der jetzigen polnischen
Volkssprache das lautgesetz, dafs ein contrahirtes a anders
lautet und andere phonetische bedeutung und Wirkung hat,
als das ursprüngliche a. Ein solches contrahirtes a näm-
lich näherte sich bedeutend und nähert sich noch jetzt
beim volke dem o- laute; es entspricht dem langen a des
böhmischen und dem o (aus a entstandenen) des kagubi»
sehen; es wird getrübtes a (a pochylone, geneigtes a) ge»
nannt und als a bezeichnet**). Alle diese erwähnten nomr
sing. fem. endeten also nicht auf a, sondern auf 4. Da
aber alle diese contrahirten nominative bei den Substanti-
ven palatalen stammauslaut hatten, so betrachtete map,
nachdem der unterschied der contrahirten und uncontra?
*) Daraus könnte man folgern, dafs dereinst der accent im polnischen
bei diesen Substantiven auf die drittletzte fiel. Vgl. aber heutiges prowin-
cyja (volksmäfsig) = prowfncyja (in der schritt- und gebildeten spräche)
( Provinz). — Vielleicht entstund: 1) pani (fran) n. s. w. aus panfja,
2) bradä u. s. f. aus brädija).
**) Solches £ kam und kommt respective noch vor z. b. a) im gen. sg.
neutr. kazanä (der predigt) aus kazanija u. ä.; b) in der 3., 2. u. 1. sg.
gra (er spielt) aus graje, gras (du spielst) aus grajes, gräm (ich spiele)
ans graje, (grajem) u. s. w.; c) in auslautenden silben vor liquiden, na-
salen und (aber nur etymologisch) tönenden momentanen consonanten: r£z
(mal, ausgesprochen ras), w£l (wall), «am (selbst) u. s. w. , doch nicht
ausnahmslos.
26 Baudouin de Courtenay
hirten substantiva aus dem Sprachgefühle geschwunden, das
ä im nom. sing. fem. als die eigenthümlichkeit der palatal-
auslautenden stamme; und auf diese weise entstanden?
wolä (willc), rola (acker), dola (Schicksal), riedola
(mifsgeschick); ferner v praca (arbeit), n$dzä (elend),
rözä (rose), mea (messe) u. 8. f., so aber, dafs neben die-
sen formen mit -a die anderen mit -a existirten. Zu die-
sen palatalauslautenden stammen mufs man auch die fremd-
Wörter auf -i ja (und -yja) rechnen, z. b. lilija (lilie),
prowincyja (provinz), maryjä (Marie) u. s. w. Diese
substantiva unterliegen im jetzigen entwickelungsstadium
der polnischen spräche der allmählichen contraction; gu-
berna (gouvernement) z. b. kommt häufiger vor als gu-
bernija (= gubernja = guberna, welche entwicke-
lung man an den neben einander noch. jetzt lebenden for-
men beobachten kann). Da aber das a schon im vorigen
Jahrhunderte aus der polnischen Schriftsprache geschwun-
den ist, so existirt jetzt kein unterschied der endung we-
der zwischen den contrahirten (verkürzten) und uncontra-
hirten nominativen, noch zwischen den hart und den pa-
latal auslautenden stammen. In der Volkssprache lebt
aber noch jetzt das ä.
Alles dies bezieht sich nur auf diejenigen nomina, de-
ren declination der sogenannten a-declination entspricht.
Es gibt aber in der polnischen spräche substantiva fem.
gen., die der i-declination entsprechen, und die sowohl im
nom. als auch im acc. sing, auf einen palatalen consonan-
ten auslauten: moc (macht), p'eSri (lied) neben p'esna,
pam'$<5 (gedächtnifs), ma<5 (mutter), na 6 (kräutig, blät-
terwerk), celarf (celadz, gesinde), latoro£l (spröfsling),
karm (futter, nahrung) neben karm'a, gla.p' (gla.b', tiefe)
neben gl§b'a u. s. f. und im 16. jahrh. noch lani (hirsch-
kuh), welches jetzt entschieden lana heifst.
*
2. Accus, sing, fem«
Der accus, sing. fem. bei den nomina, die auf a im
nom. auslauten, besteht aus denselben theilen, wie der nom.,
einige falle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 27
+ nasalem consonant. Es spaltet sich also diese form
in -a-f-m und -& + m. Dem altpolnischen lautgesetze
gemäß pflegte -a-f-m im auslaute in -§, -a-f-m aber
in -3 (nasalirtes o) überzugehen, und hierin liegt die ganze
geschieh te des Unterschiedes zwischen -$ und -3 im acc.
sing. fem. -.$ kommt also allen Substantiven, adjeetiven,
pronomina und zahlwortern mit -a im nom. zu, -3 aber
solchen mit -4 im nom. Demgemäfs nahm die entwicke-
lang dieses casus denselben gang, wie die des nominativs,
so lange der unterschied des -a und -a bestand. Alle
contrahirten substantiva hatten -a. im acc. *). Dann reihten
sich ihnen die ihrer analogie folgenden palatalauslautenden
stamme an, doch neben anderen formen mit -$. Aehnlich
bei den adjeetiven und pronomina.
Als nun der unterschied zwischen a und k im 18. jahrh.
schwand, begannen zwei elemente zu streiten: die sprach-
liche tradition und die neu sich entwickelnden analogien
(schon im anfange des 18. jahrh.). Es giebt viel mehr
substantiva fem., die uncontrahirt sind und harten stamm-
auslaut haben, als solche, die contrahirt sind und weichen
Stammauslaut haben. In diesem bereiche also waren die
§-accusative viel mächtiger, als die 3-accusative, und was
kann natürlicher sein, als dafs, nachdem das geffthl von
der contraction, dann auch das gefühl des palatalen stamm-
auslautes, und endlich das des Unterschiedes von a und a
längst geschwunden waren, das häufiger vorkommende $
sich auf alle substantiva fem. mit nom. auf a ausdehnte?
Die innere bedeutung, die einheit der grammatischen ka-
tegorie ist hier als latenter Urheber hervorgetreten. Dies
geschah aber allmählich und stufenweise (wie es ja auch
nicht anders sein kann), und noch jetzt kann man acc. auf
-a. von solchen Substantiven hören, die ihn früher so hat-
ten. Dieser procefs bahnt sich einen umgekehrten weg,
als der andere, der der analogie des weichen stammaus-
. *) Manche contrahirte substantiva werden im nom. in i contrahirt, z. b.
gospodyni (wirthin), parii (frau), kseni (abtissin). Im acc. hatten sie
und haben sie meistenteils noch §, wie die anderen contrahirten.
Sfft BMdotun de Cmatmaj
lautas* Kr ergriff zuerst die sabstantiva, welche am spfl»
tauten *f| annahmen, wo also die vererbung der formen dja,
die kürxdgte (lauer hatte, nämlich solche, wie prao$ (die
nrlwit), «ydag (das elend), mä$ (die messe), roz$ (die
mm»), pUHny (die wüste) u. 8. f., und kaum braucht noch
Jnumnd prtuwj, n<*dza, mä^, röz^, puäö^u. s. w. Dann
(nlgicit diu*M' neuen analogie solche substantiva wie rol$
(don uoker)* doly, tiedol$, wyobra£n$ (die einbildunga»
kritll) u. s. i'.| sodann: Btudi'19, la£n$, wol$ u. s. f.; und
(»hdliidw prow'incyjc, familij? (die familie), lilij$,
Mnryjv u. s* f., ferner: gospodyii$, pan^ u. ä., welche
lt*tfttt»wn seltettor vorkommen, als die ihnen entsprechenden
tonnen mit <j: prow'incyjq, familija., lilija.; gospo-
\ly\\^ pat\ii u, «, f. Gleichberechtigt aber im sprachge-
Itthle »ind «tudtt? neben studna., wol$ neben wol§
Mi *. \\
Ritte £<ut« *nt£eg<ettge$eutc richtung bemerken wir bei
dtti a^j<vtiY<HK pronomina und xahlwörtern. Bei den adjeeti-
vvw **< di* «utataiitivieche dedmation bis auf wenige spu-
*vw tohxStt Un^t g*>$chvruudcö, Sie erhielt sich in den
adw^v^Wlwtt ivd<*tt$*rt*n* wie t h. od dawna (seit
ton^tV 7 d**^n dawn* ($ci\ lange heri, ts iywa(beim
Wvn^ *>. k * .x t* d«n H***s$pa adrorbiea^ nd mach lange
n* «vwia. K*Aft*>ltfv adj^ira wnd partidpia^ wie c b. iy w,
• a* -v» <k^vrtAi£k M^^Ui-ott« -a„ -* (gesegnet)» na-
l**/**w a* ^s t^rtunvtahk da** -a* -* gegeben), ca.gnon,
a* ^ ^vt^nk tavK -ju ** *£wi*KenL widial, -a, -0
v^H^n^ HahAftdi i>. *. 1 «*v.. S£. i>tik yjirt ]ls.£.; dem
im?ü^<x itfvh W rw ««iiwi* ifwä^hw*. Said* adjeetiva
***mi< ^n f*<sM>Am»na h»klM*r< ^bwnak ohne «mahne
V>^ «hS' »11^ &m. mm -o* <d* hw»r kein «oittr&lnrtes a m
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einige falle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 29
der anderen obliquen casus bei allen adjectiven der zusam-
mengesetzten declination folgen zu lassen. Es entwickelte
!| sich so eine ganz eigentümliche durchgreifende adjectivi-
sche declination mit -§ im acc. sing« fem. Da nun auch
alle pronomina und das zahl wort jeden, jedna, jedno
(ein, eine, ein) in den anderen obliquen casus ihre eigent-
liche pronominale declination mit wenigen ausnahmen schon
längst aufgegeben hatten und nur der acc. sammt dem
nom. dieser pronominalen declination treu blieb, so begann,
.' nach dem schwinden des Unterschiedes zwischen a und &,
auch die analogie der zusammengesetzten declination auf
den acc. einzuwirken, und so entstanden neben s foj q (seine),
1 moje. (meine), fäystke, (alle), same, (selbst), owe. (jene),
tarnte, (die dort), jednc. (eine) u. s. f., sfoj^, moj§,
fäystk^, sam^, owq, tamt§, jedn^, die schritt für
schritt das bürgerrecht für sich gewinnen und die anderen
formen gänzlich zu verdrängen drohen. Selbst t$, neben
dem am längsten erhaltenen t$, fangt jetzt an aufzutauchen,
1 aber nur bei sehr wenigen individuen. Das schwanken in
dieser hinsieht ist so grofs, dafs man bei einem und dem-
selben Schriftsteller, in einem und demselben buche, auf
J einer und derselben seite zqdzij neben z$dz§, lilijs ne-
- ben lilijq, r6z§ neben rözq, jedn§ neben je dn^, wol$
neben wol$, swoj^ neben swoj$, selbst swoj^ neben
sw§ (1750) u. 8. w. findet.
Wir sehen daraus, auf wie schwacher grundlage die
grammatiker fiifsen, die auf den längst verschwundenen
unterschied von a und ä orthographische regeln in betreff
des gebrauohs des $ und § im accus, sing. fem. gründen
wollen. Auf etwas schon längst aus dem sprachbewust-
sein geschwundenes kann man sich nicht berufen. Es
entwickeln sich jetzt ganz neue analogien, die ein eben so
grofees recht haben, als die früher wirkenden und die als
unüberwundene thatsache die vollkommene aussieht haben,
sich zu erhalten und allen Spitzfindigkeiten der grammati-
ker zu spotten. Schon jetzt beginnt wieder eine neue
analogie sich zu entwickeln, der zufolge im Sprachgefühle
■u
ao
Biudouin de Coortenmy
$ als die einzige, sowohl den Substantiven, als auch
adjectiven zukommende fem. accusativendung empfunc
wird, and 3 bleibt nur im instram. (Warschauer- dial<
accus. Sas&e Kempe die Sachseninsel, panne Mol
dsens&e das friulein Mozdzenska, Julje Gocalkofsl
die Julie Gocalkofeka; im acc sing. fem. der adjectirat
bei den dichtem des reimes wegen u. s. w.). Da nun
nasalen vocale (und besonders $) im auslaute schon j<
sehr oft wie die ihnen entsprechenden reinen vocale ai
sprachen werden, so wird sich künftig -e als accusativ-,
aber als instrumentalendong der nomina fem. feststellen.
Alles dies besieht sich nur auf die polnische
spräche, die zugleich Umgangssprache der sogenannten
bildeten Polen ist
Wir sehen also, dafe die neueste analogie im
des acc. sing. fem. -? zur sul
jectii lachen endung gemacht hat Dafe sich dieser
schied in der polnischen spräche entwickelte, ist folge
\ > „ * :- r>
existirt weder im ahbulgarischen,
ntmrtifc ist drafachea
Seh in dieser Unsacht: 1) dfe snbstantira,
3- Gen. sing, fem»
etgesKtocne ges^. smg. fem» frei
herabgesunken ist; 5) dfe
der
einige falle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 31
^fJi pten und, was den auslau t des nom. betrifft, sich nicht
dem im polnischen Sprachgefühle empfundenen stamme
rscheiden; diesen kommt im gen. sing, -i als casusen-
Ifjuig zu. So finden wir in den ältesten, aus dem 14. und
Kiftp. jahrh. herrührenden denkmSlern: 1) smolwy (der ver-
trag, heute zmowy), dzefki (f. dzefky, etymol.
acr ^schrieben dziewki, der Jungfer), glowy (des kopfes),
£ ifrowy (der kuh), new'asty (des weibes), kary (der
e), krölewny (der königin), matuchny (des mütter-
ns) u. 8. w.; 2) nur zweimal duä$*) und sonst duäe
der seele), zem'e (der erde), praw'ice (der rechten),
zew'ice (der Jungfer), teänice (der Sehnsucht), jutfne
des morgengebetes) nadzeje (der hoffnung), jidumeje
dumäa's) u. s. w.; 3) krfi (krwi, des blutes), opifi-
to&6i (des Überflusses), öeladzi (des gesindes) u. 8. f.
Es bestund aber in den ältesten denkmälern selbst keine
Üete unverletzte regel, und wahrscheinlich gab es auch der
ausnahmen eine eben so grofse zahl. Dies war die wirkung
folgender prozesse: 1) Es ging vor sich eine Vermischung
der genitive auf -e (-$) (der ja- stamme) mit den geniti-
ven auf -i (i- stamme). So z. b. begegnen uns einerseits
neben krfi, celadzi, oplfito£di u. 8. w. auch krf e,
malere nom. sing, mader (mutter), cerekf'e nom. sing.
cerKef (kirche), öde nom. sing, öe&l (ehre) u. 8. f.; an-
■J derseits studnicy nom. sing, st ud nie a (brunnen), babi-
^ loniji (Babyloniens) u. 8. f., welche letzteren genitive
auch durch anlehnung an die y- genitive entstanden sein
können, so dafs also eine wirkung der y- genitive auf e- ge-
nitive, und der e- genitive auf i- genitive anzunehmen
| *) 1) ostrzezy dusze, twoje*j, 2) rozumiej dusze, moje'j. Diese
stellen aber ans dem sogenannten psalter Margaretha's scheinen mir zweifel-
haft zu sein, wie auch in einem buche aus dem anfang des 16. jahrh. vor-
kommendes ze wszytkie'j dusze. neben ze wszytkie'j dusze, was ein
einfacher drnckfehler sein kann. Möglicherweise kann es auch wirkliche form
sein, da es in einem gebete gebraucht ist, und, wie bekannt, in gebeten,
wie auch in andern stehenden redensarten und volkstümlichen Wendungen,
alterthümliche formen sich am längsten erhalten. Miklosich, der mehrere
beispiele der poln. gen. sing. fem. auf -§ anfuhrt, liefs sich durch falsche und
unbrauchbare abdrücke der alten Schriftsteller verfuhren.
$3 Bandoain de Covrtenav
wire. Damit aber endet die Verwirrung noch nicht. Wir
haben gesehen, da& es in der altpolnischen spräche, wie
auch in der jetzigen Volkssprache der meisten gegendttf'
Polens ein getrübtes (geneigtes) a gibt, und dafe die com?11
trahirten substantiva fem. (contrahirte ja- stimme) im nonj
sing, auf dies a auslauteten. Ganz genau so aber endigte [^
auch im nom. sing. fem. die der zusammengesetzten
nation folgenden adjectiva. Diese ähnlichkeit
dieselben endungen im nom. und aec sing, (-a und -
und dies konnte, ohne alle anlehnung an die zusammenge-
setzten adjectiva, nur in folge rein phonetischer prozette Ju
geschehen. Diese beiden casus aber, der nom. und a&vl*
sing, fem., verknöpften die znsammengescUten adjectimf *
mit den oontrahirten Substantiven derartig, da& sie ein»
Wirkung der analogie der letzteren auf die anderen ermtifp
Kehlen, und diese den adjectiven analoge bildung der for»
der oontrahirten substantiva kam auch im gen. Steg.
ran Vorschein. Diese adjectiviscne, auch in den b+[
reich der substantiva hineingedrängte endung war -ej. Vct
conti nhirttn erweiterte sich die t%dung vermöge drf lÜ
auf die anderen palatal imlanf enden stamme unf1
a» finden wir beveils im M. und tä. jahrk: s*dz«j (der
rickleriuV, bra*ej (der gebrtdtrl $*diej vom masc nom.
«g. ${dza (richterV, r^kojmej vom masc nom. sg. re-
kojjmi (birgeV P***j nom. sg. pa*i(fran>, poselkin^fl
nonv «n*\ posetkini (Vocsebafterari,, II aryjej (Mariens); ]t
materyjej (der materieV wi^ilijej (des Vorabends), ji
dnmejej neben jjidumeje (MaaaW$>: wolej (des wo»'
lese) neben w«le* r^lej vdes ackersu rem ej (der erde),
pn&£*j (der w*st*V stroiej (der vrache>. c<|2ej (des ge-
tkfctiywinsMiw^ m£*i (der messet prTt^ej (der parabel)
*,£.£*>> — Man kannte <£*$ ~*j im gen. sing. fem. der
k
M ljwiftw fcaam «n* £** «xt Www: «nfi tnirpflfttigw—
4U%*4**-*sk ***** 1 M$t<is 4**** *r*1* i rtuuAihnlia t 4«fettfJ
*'i
einige falle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 33
jontrabirten Substantivs auch so erklären, dafs sie noch
ror ihrer contraction der analogie der hartauslautenden
itämme unterlagen, und ihr e. (e) mit y (i) vertauschten
a$d£ije.=:8$dziji), welches i mit dem vorangehenden
j zu langem i zusammengezogen, und dann, wie im höh-
nischen, in ej übergegangen ist (s^dziji = *s$d£l »
i$d2'6j). Diese erklärung aber scheint mir etwas zu
cttostlich und nicht in den entwickelungsgesetzen der pol-
riechen Sprache begründet zu sein.
Die analogie des gen. sing, (und die analogie der ad-
ectiva im grofsen und ganzen) wirkt allmählich auch auf
Jen loc. und dat. sing, der contrahirten und somit der pa-
atalauslautenden fem. Substantivstämme, und die adjeetivi-
jcbe endung -ej vertritt auch in diesen fällen das ursprüng-
liche -i. Während wir im 14. und noch im 15. jahrh. die
iative: bra<5i, dudy, locative: w woli, w newoli, na
puScy, na zem'i, na praw'icy, w nadzeji, f chfili
[im Augenblicke) u. s. w. finden, so haben wir schon in der
rweiten hälfte (1450) und am ende des 15. jahrh.: na ie~
tn'öj, o braöej, f parochijej oder f parachfijej (in
der parochie), neben o woli, w zbroji (in der rüstung)
u. s. w.
Am ende des 1 5. jahrh. stellte sich fest, was auch im
ganzen 16. jahrh. und im anfange des 17. fast unverändert
blieb, dafs fast alle substantiva fem. gen., deren nom. auf
-a und deren acc. auf -3 auslautete, im gen. sing, (sammt
dem loc. und dat.) -ej hatten (vollkommen, wie die adjee-
trva, aber neben anderen formen: gen. -je, loc. und dat.
-ji). Die anderen palatalauslautenden fem. Substantivstämme
wol£j, we wczorajsze ewangelije wahrscheinlich f. we wczorajsze'j
e wangelije'j, wasze f. wasze'j, w teto ziemie Syryje wahrscheinlich
f. w tejto ziemie'j Syryj*), je f. jrfj (dat. und gen.); ewi^ty Ewanr
gieli wahrscheinlich £ swie.te'j Ewangielij e'j; od nagly imierci f.
aagllj, od r$ki nieprzyj acielski f. nieprzyjacielskie'j, ze wszytki
dasae tweji f. ze wszytkie'j dußze twoj^j, z niewoli waambeiaVch
1 z niewolej, ku bozy jsiuzbie f. ku boz^j. Damit vergleiche man
die jetzige ausspräche des dorfVolkes in manchen gegenden: zlodfi f. zlo-
**lj (dieb), Madi f. Made'j, Andry f. Andrej n. ft.
Beitrage z. vgl. sprach/. VJ. X. %
28 Bandouin de Conrtenay
lautes. Er ergriff zuerst die substantiva, welche am spi-
testen -§ annahmen, wo also die Vererbung der formen die
die kürzeste dauer hatte, nämlich solche, wie prac$ (die
arbeit), n§dz$ (das elend), mä$ (die messe), röz$ (die
rose), pusc§ (die wüste) u. s. f., und kaum braucht noch
jemand prac$, n^dz§, ms§, röz^, puäc$ u. s. w. Dann
folgten dieser neuen analogie solche substantiva wie ro)$
(den acker), dol§, nedol$, wyobrain§ (die einbildunga-
kraft) u. s. f.; sodann: studn$, la£n$, wol$ u. s. f.; und
endlich: prow'incyj§, familij$ (dif familie), lilij$,
M^ryjs u. 8. f., ferner: gospodyn^, pan$ u. ä., welche
letzteren seltener vorkommen, als die ihnen entsprechenden
formen mit q: prow'incyja^ familija., lilija.; gospo-
dyn§, pari 3 u. 8. f. Gleichberechtigt aber im Sprachge-
fühle sind 8tudn§ neben studri^, wol$ neben wol§
u. 8. £
Eine ganz entgegengesetzte richtung bemerken wir bei
den adjectiven, pronomina und Zahlwörtern. Bei den adjecti-
ven ist die substantivische deciination bis auf wenige spu-
ren schon längst geschwunden. Sie erhielt sich in den
adverbialischen redensarten, wie z. b. od dawna (seit
längst), z da wen dawna (seit lange her), za zywa(beim
leben) u. s. w., in den meisten adverbien, und noch lange
im nomin. mancher adjectiva und participia, wie z. b. ±j w,
-a, -o (lebendig), blogoslaw'on, -a, -o (gesegnet), na-
lezon, -a, -o (gefunden), dan, -a, -o (gegeben), c^grion,
-a, -o (gezogen), tart, -a, - o (gerieben), widzal, -a, -o
(gesehend habend) u. 8. f. acc. 8g. fem. zyw$ u. 8. f.; deren
einige noch bis zur stunde fortleben. Solche adjectiva
eammt den pronomina bildeten ehemals ohne ausnähme
den acc. sing. fem. auf -§, da hier kein contrahirtes a zu
gründe liegt. Da es aber viel mehr adjectiva gibt, die in
allen ihren casus, den nominativ mitgerechnet, der soge*-
genannten zusammengesetzten deciination folgen, so fing
man, nachdem der unterschied des a und ä aus der sprä-
che, und folglich auch aus dem Sprachgefühle geschwun-
den war, an, auch den acc. sing. fem. nach dem vorbilde
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 29
der anderen obliquen casus bei allen adjectiven der zusam-
mengesetzten declination folgen zu lassen. Es entwickelte
sich so eine ganz eigentümliche durchgreifende adjectivi-
sche declination mit -3 im acc. sing. fem. Da nun auch
alle pronomina und das zahl wort jeden, jedna, jedno
(ein, eine, ein) in den anderen obliquen casus ihre eigent-
liche pronominale declination mit wenigen ausnahmen schon
längst aufgegeben hatten und nur der acc. sammt dem
nom. dieser pronominalen declination treu blieb, 30 begann,
nach dem schwinden des Unterschiedes zwischen a und ä,
auch die analogie der zusammengesetzten declination auf
den acc. einzuwirken, und so entstanden neben s f o j $ (seine),
moj$ (meine), fäystk^ (alle), sam$ (selbst), ow$ (jene),
tarnt § (die dort), jedn$ (eine) u. s. f., sfoj$, moj§,
fäystk^, sam^, ow$, tamt^, jedn$, die schritt für
schritt das bürgerrecht für sich gewinnen und die anderen
formen gänzlich zu verdrängen drohen. Selbst t$, neben
dem am längsten erhaltenen t$, fangt jetzt an aufzutauchen,
aber nur bei sehr wenigen individuen. Das schwanken in
dieser hinsieht ist so grofs, dafs man bei einem und dem-
selben Schriftsteller, in einem und demselben buche, auf
einer und derselben seite 2 3 dz 3 neben z$dz$, lilij? ne-
ben liliJ3, röz$ neben röz$, jedn$ neben jedn§, wol$
neben woIq, swoj$ neben swoj$, selbst swoj$ neben
8W§ (1750) u. 8. w. findet.
Wir sehen daraus, auf wie schwacher grundlage die
grammatiker fufsen, die auf den längst verschwundenen
unterschied von a und ä orthographische regeln in betreff
des gebrauchs des $ und 3 im accus, sing. fem. gründen
wollen. Auf etwas schon längst aus dem sprachbewust-
sein geschwundenes kann man sich nicht berufen. Es
entwickeln sich jetzt ganz neue analogien, die ein eben so
greises recht haben, als die früher wirkenden und die als
unüberwundene thatsache die vollkommene aussieht haben,
sich zu erhalten und allen Spitzfindigkeiten der grammati-
ker zu spotten. Schon jetzt beginnt wieder eine neue
analogie sich zu entwickeln, der zufolge im Sprachgefühle
36 Bandonin de Coarteuay
adjeotlva £<;d26j p?ekl$ty, dyjanne Sf$ty f. pfe-
kl$t£j, $f$t6j (der verfluchten begierde, der heiligen f
Dianna), po paASöy£ne dlugi f. dtug^j (nach der lau- r
gen frohne) u. 8. f. *
Wahrscheinlich ergriff diese analogie des gen. sing. *
fem. im 17. jahrh. zunächst die ehemaligen i- stamme, und f
später die a- stamme. Es war, wie es nicht anders seift *
kann, eine stufenweise vor sich gehende ausbreitung. Ein
jedes substantivum war den verschiedenartigsten analogien
unterworfen. So konnten z. b. die palatalauslautenden sub-
stäütivstämme fem. gen. mit a im nom. aus vier quellen
herkommende endungen im gen. sing, annehmen: 1) ihre
eigene -e (früher $), 2) nach der analogie der hartauslaü-
tenden stamme mit a im nom., -y, was 3) mit dem i der
palatalauslautenden stamme, deren nominativ mit dem
stamme gleichlautend ist (ehemalige i-st), zusammenlief*,
und 4) 6j nach der analogie der adjectiva. — Nun schwin-
det (in der 1. h&lfte des 18. jahrh.) a, und die analogie
der adjectiva hört auf zu wirken. Es entwickelt sich ein
scharfer unterschied der substantivischen und adjectivischen
declination. Die hartauslautenden stamme fem. gen. pflegen
im gen. sing, y, die palatalauslautenden aber e anzuneh-
men. Dieser unterschied erhielt sich im 18. Jahrb., und
selbst noch im anfange des 19. jahrh. lebten formen, wie
krf e, wole, zem'e u. 8. f.
ISndlich gaben auch die weichauslautenden fem. stamme
ihre eigene genitivendung auf und folgten der analogie der
harten, welche wahrscheinlich mit dem ehemaligen i der
i-st» zusammenwirkten, so dafs es jetzt nur eine einzige
endung y (i ) im gen. sing. fem. der polnischen subetantiva
gibt
4. Vocat. sing.
Bei den masculinife haben wir zwei endungen, -je und
-u, die, aller Wahrscheinlichkeit nach, in früheren sprach-
periodtn z«s* stamme gehörten, und nur in folge secun-
einige Alle der Wirkung der apalpgie in der poln. declination. $7
(lirer prozesse später als endungen gefehlt werden; o näm~
cb kann man als den erhaltenen stammauslant <ler u-
ämme betrachten. Ursprünglich kam -je den meisten
irtauslautenden, u aber den palatal- und den meisten gut-
ralauslautenden stammen zu. So z, b« boäe (Gott!), ilo-
ece (mensch!), duse (geist!), brale (broder!), pole
rfiweifs!), kfe<5e (blume!), herodie (Herodl), pane
err!), gatane (satanl), syne neben synu (gohnl),
lame (Adam!), jezuse neben tatein. jezu (Jesu!), p'*-
e (Peter!) u. &.£; ojöe (vater!), kupöe (kaufmann!),
todzence (Jüngling!) u, s. f.; mistfu (meistert), iat-
fu (psalter!), pryjalelu (freund!), krölu (köuigl),
n'e<5u (grofshüfner!), towafyöq (gefthrte!), mojieäu
loses!), go&<5u (gast!) u. s. f.; pomooniku (helfer!),
i'ekalniku (vormund! beschützer!), milolniku (lieb-
iber!), synaöku (söhnchen!), zio£niku (bösewicbt!),
;yktadniku (mnster! vorbild! vom menschen) u. 9. f. ■•—
)äter aber nahmen alle gutturalauslautenden stamme -u
i, so dafs jetzt nur boäe ausschließlich und cto.Weöe
i8nahmswei8e neben ölow'eku gebraucht wird; im übrigen
»er sagt man duchu (geist!), rogu (hörn!), krnkn
abe!) u. 8. f. u kommt jetzt ausscbliefslich in synu und
du (volk; cf. ludze nom. voa acc. plur.), und sehr oft
dzadu neben dzadze (greis! grofsvater! alter bett-
r!) vor.
Im femin. haben wir:
-o bei den hartauslautenden stammen: panno (frftu-
io!), slawo (rühm!), matko (mutter!), dzefko (jung-
r! später magd!), new'asto (weib!), pokoro (demuth!),
>rko (tochter!), £ostro (schwester!) u. s. f. Bei den pa-
talauslautenden stammen, die den ja- stammen entsprechen
ing früher dies -o gewöhnlich in e über (assimilation).
o z. b. im altpolni&chen nur nadzejo (hoffnung!), ma-
yjo neben maryja (Marie!), aber duäe neben duäo
seelel), gospodze (herrin!), dieWico neben diewice
jongfrau!), 8^ die neben s$dzo (richter!) etc., und neben
»päter entstandenen duga, dzew'ica, 8$dz&, zdrftJCft
30 Baudouin de Conrtenay
§ als die einzige, sowohl den Substantiven, als auch den»
adjectiven zukommende fem. accusativendung empfunden*
wird, und 3 bleibt nur im instrum. (Warschauer -dialect:^
accus. Sas&e Kempe die Sachseninsel, panne Moz-(
dzens&e das fräulein Mozdzenska, Julje GocalkofsKe
die Julie Gocalkofska; im acc. sing. fem. der adjectiva $
bei den dichtem des reimes wegen u. 8. w.). Da nun die
nasalen vocale (und besonders s) im auslaute schon jetzt
sehr oft wie die ihnen entsprechenden reinen vocale ausge-
sprochen werden, so wird sich künftig -e als accusativ-, -o
aber als instrumentalendung der nomina fem. feststellen.
Alles dies bezieht sich nur auf die polnische Schrift-
sprache, die zugleich Umgangssprache der sogenannten ge-
bildeten Polen ist.
Wir sehen also, dafs die neueste analogie im bereiche
des acc. sing. fem. -$ zur substantivischen, -3 aber zur ad-
jectivischen endung gemacht hat. Dafs sich dieser unter-
schied in der polnischen spräche entwickelte, ist folge eines
rein phonetischen prozesses; dieser secundäre unterschied
existirt weder im altbulgarischen, noch in anderen slavi-
schen sprachen (wenigsten^ nicht in dieser weise).
3. Gen. sing. fem.
Der eigentliche gen. sing. fem. bei den polnischen sub-
stantiva ist dreifachen Ursprungs. Man unterscheidet näm-
lich in dieser hinsieht: 1) die substantiva, deren declination
der der sogenannten a- stamme entspricht, die also im nom.
sing, auf -a mit vorhergehendem harten consonant auslau-
ten; diesen kommt ursprünglich im gen. sing, der vocal -y
zu; 2) ferner substantiva, der ja- declination entsprechend,
die im nom. sing, a mit vorhergehendem palatalem conso-
nant zur casusendung haben; diese hatten ursprünglich,
wie auch im altbulgarischen, im gen. sing. -§, was jedoch
sehr früh zu -e herabgesunken ist; 3) die substantiva, der
i- declination sammt der consonantischen entsprechend, die
im nomin. singul. auf weiche (palatale) consonanten aus-
einige fälle der Wirkung der anmlogie in der poln. declination. 31
2h denkten und, was den anstaut des nom. betrifft, sich nicht
fundeulron dem im polnischen Sprachgefühle empfundenen stamme
ialecfcunterscheiden; diesen kommt im gen. sing, -i als casusen-
Moz dung zu. So finden wir in den ältesten, aus dem 14. und
ofsl£<15. jahrh. herröhrenden denkmSlern: 1) smolwy (der ver-
tiva ( abredung, heute zmowy), dzefki (f. dzefky, etymol.
Jn du geschrieben dziewki, der Jungfer), glowy (des kopfes),
krowy (der kuh), new'asty (des weibes), kary (der
strafe), krölewny (der königin), matuchny (des mütter-
chens) u. 8. w.; 2) nur zweimal duä$*) und sonst duäe
(der seele), zem'e (der erde), praw'ice (der rechten),
dzewice (der Jungfer), teänice (der Sehnsucht), jutfne
ge- (des morgengebetes) nadzeje (der hoffnung), jidumeje
(Idumäa's) u. s. w.; 3) krfi (krwi, des blutes), oplfi-
tosöi (des Überflusses), öeladzi (des gesindes) u. 8. f.
Es bestund aber in den ältesten denkmälern selbst keine
8tete unverletzte regel, und wahrscheinlich gab es auch der
ausnahmen eine eben so grofse zahl. Dies war die Wirkung
folgender prozesse: 1) Es ging vor sich eine Vermischung
der genitive auf -e (-§) (der ja- stamme) mit den geniti-»
ven auf -i (i- stamme). So z. b. begegnen uns einerseits
neben krfi, celadzi, optfitosdi u. s. w. auch krf e,
malere nom. sing« malef (mutter), cerekfe nom. sing,
cerlef (kirche), öde nom. sing. öe&<5 (ehre) u. s. f.; an-
derseits studnicy nom. sing, studnica (brunnen), babi-
loniji (Babyloniens) u. 8. f., welche letzteren genitive
auch durch anlehnung an die y- genitive entstanden sein
können, so dafs also eine Wirkung der y- genitive auf e- ge-
nitive, und der e- genitive auf i- genitive anzunehmen
*) 1) ostrzezy dusze. twoje'j, 2) rozumie'j dusze. moje'j. Diese
stellen aber ans dem sogenannten psalter Margaretha's scheinen mir zweifel-
haft zu sein, wie anch in einem buche ans dem anfang des 16. jahrh. vor*
kommendes ze wszytkiej dusze. neben ze wszytkiej dusze, was ein
einfacher drnckfehler sein kann. Möglicherweise kann es anch wirkliche form
sein, da es in einem gebete gebraucht ist, und, wie bekannt, in gebeten,
wie auch in andern stehenden redensarten und volkstümlichen Wendungen,
alterthümliche formen sich am längsten erhalten. Miklosich, der mehrere
freispiele der poln. gen. sing. fem. auf -e. anführt, liefs sich durch falsche und
unbrauchbare abdrucke der alten Schriftsteller verfuhren.
32 Baudouin de Courtenay
wäre. Damit aber endet die Verwirrung noch nicht. Wir
haben gesehen, dafs es in der altpolnischen spräche, wie
auch in der jetzigen Volkssprache der meisten gegenden
Polens ein getrübtes (geneigtes) a gibt, und dafs die con*
trahirten substantiva fem. (contrahirte ja- stamme) im nom.
sing« auf dies a auslauteten. Ganz genau so aber endigten
auch im nom. sing. fem. die der zusammengesetzten dedh
nation folgenden adjectiva. Diese Ähnlichkeit bewirkte
dieselben endungen im nom. und acc. sing, (-a und -3),
und dies konnte, ohne alle anlehnung an die zusammenge-
setzten adjectiva, nur in folge rein phonetischer prozesse
geschehen. Diese beiden casus aber, der nom. und acc.
sing, fem., verknüpften die zusammengesetzten adjectiva
mit den contrahirten Substantiven derartig, dafs sie eine
Wirkung der analogie der letzteren auf die anderen ermög-
lichten, und diese den adjectiven analoge bildung der for-
men der contrahirten substantiva kam auch im gen. sing,
fem. zum Vorschein. Diese adjectivische, auch in den be»
reich der substantiva hineingedrängte endung war -ej. Von
den contrahirten erweiterte sich die endung vermöge der
analogie auf die anderen palatal auslautenden stamme und
so finden wir bereits im 14. und 15. jahrh. : s^dzäj (der
richterin), bral£j (der gebrüder), s^dzej vom masc. nom.
sg. 8§dza (lichter), r^kojmej vom masc. nom. 8g. re-
kojm'ä (bürge), pan£j nom. sg. paiii (frau), poselkinej
nom. sing, poselkirii (botschafterin), Maryjej (Marieng),
materyjej (der materie), wigilijej (des Vorabends), ji-
dumejej neben jidumeje (Idumäa's); wolej (des wil-
lens) neben wole, rol^j (des ackers), zem'^j (der erde),
puäö£j (der wüste), strö^ej (der wache), <S^^ej (des ge-
richtsprozesses), m§£j (der messe), pfytcej (der parabel)
u. 8. £*). — Man könnte dies -6j im gen. sing. fem. der
*) Leider kann uns das am besten und sorgfältigsten herausgegebene
denkmal der polnischen spräche aus dem 15. jahrh. , Zabytek dawnlj
mowy polskie'j, Poznan 1867, in dieser hinsieht nicht viel belehren, da
es im auslaute y, i und e*j nicht unterscheidet, in allen diesen fällen bald
e, bald i (y) schreibend. Man findet in diesem denkmale: dawidowe f.
dawidowlj, nasze f. nasze'j, dobre wole wahrscheinlich f. dobflj
einige fülle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 33
;ontrabirten substantiva auch 80 erklären, dafs sie noch
?or ihrer contraction der analogie der hartauslautenden
stamme unterlagen, und ihr e. (e) mit y (i) vertauschten
8$d£ije. = s^dziji) , welches i mit dem vorangehenden
j zu langem i zusammengezogen, und dann, wie im böh-
mischen, in ej übergegangen ist (s$diiji = *8$d£i =*
j^dz ^j). Diese erklärung aber scheint mir etwas zu
Künstlich und nicht in den entwickelungsgesetzen der pol»
irischen spräche begründet zu sein.
Die analogie des gen. sing, (und die analogie der ad-
ectiva im grofsen und ganzen) wirkt allmählich auch auf
len loc. und dat. sing, der contrahirten und somit der pa-
latalauslautenden fem. substantivstamme, und die adjectivi-
sche endung -£j vertritt auch in diesen fällen das ursprüng-
liche -i. Während wir im 14. und noch im 15. jahrh. die
dative: bradi, duäy, locative: w woli, w newoli, na
puöcy, na £em'i, na praw'icy, w nadieji, f chfili
(im Augenblicke) u. 8. w. finden, so haben wir schon in der
zweiten hälfte (1450) und am ende des 15. jahrh.: na ie-
m'ej, o braöej, f parochijej oder f parachfijej (in
der parochie), neben o woli, w zbroji (in der rüstung)
U. 8. W.
Am ende des 1 5. jahrh. stellte sich fest, was auch im
ganzen 16. jahrh. und im anfange des 17. fast unverändert
blieb, dafs fast alle substantiva fem. gen., deren nom. auf
-a und deren acc. auf -3 auslautete, im gen. sing, (sammt
dem loc. und dat.) -ej hatten (vollkommen, wie die adjeo
tiva, aber neben anderen formen: gen. -je, loc. und dat.
-ji). Die anderen palatalauslautenden fem. substantivstamme
wolej, we wczorajsze ewangelije wahrscheinlich f. we wczorajsze'j
ew&ngelije'j, wasze f. wasze*j, w teto ziemie Syryje wahrscheinlich
f. w ttfjto ziemiöj Syryj*), je f. je*j (dat. und gen.); swifty Ewanr
gieli wahrscheinlich £ swi^t^j Ewangielije*j; od nagly imierci f.
n*gWj, od r$ki nieprzyjacielski f. nieprzyjacielskie*j, ze wszytki
dkitae tweji f. ze wszytkUj dnsze twoje'j, z niewoli wahrscheinlich
£ z aiewol^j, ku bozy aluzbie f. kn boze*j. Damit vergleiche man
d» jetzige ausspräche des dorrVolkes in manchen gegen den: ziodgi f. zlo-
di^j (d&eb), Madi f. Made*j, Andry f. Andre* j u. ä.
Beitrage z. vgl. sprachf. VI. 1. 3
34 Bandonin de Courtenay
hatten im gen. sing, -e neben -i (-y), in folge der Ver-
mischung ehemaliger j i - st. mit den ja- st. So z. b. gen.
sentencyjäj (der sentenz), kfestyj^j (der frage), ma-
ryj^j, galilejöj neben galilee, samaryjej (Sama-
ria's), betanijej (Bethania's), kalwaryj£j neben kal-
waryje (der Kalwaria), op'inijej (der meinung); panäj,
gospodynej (der wirthin), bra<5£j, sukn£j (des rocken),
wolöj, newol6j (der Sklaverei), rolej, kup'ej (des kau-
fes), puäcöj, rözäj (der rose), m£ej, p'e<56j (der för-
sorge), prac&j (der arbeit), z§dz£j (der begierde) u. s. f.
neben studne (des brunnens) u. a. ; loc. und dat. o sen-
tenoyjäj, f cecylij^j (in der Cäcilie), w betanijej
u. 8. f. neben w ewaneli (im evangelium) nach der ana-
logie der i- stamme (z. b. cnotliwoäci, der tugendhaftig-
keit), na pusc6j neben na puäcy, ku wol6j neben w
woli, pan6j, bralej u. 8. f. ; gen. krotofile oder kro-
tochfile (der kurz weile), nadzeje (der hoffhung), zeme,
tröjce (der dreieinigkeit), dzew'ice, w'innice (des Wein-
berges), cudzoloznice (der ehebrecherin), malice (des
weinstockes), loznice (des ehezimmers), bogarodzice(def
gotte8gebärerin), du de, selbst krfe (des blutes) neben
roskosy (der wonne).
Im 17. jabrb. und im anfange des 18. ist die durch
analogie in den bereicb der substantiva hineingedrängte
genitivendung -ej noch mächtiger geworden. Sie ging
noch weiter, nicht nur die im acc. -3 und im nom. -4 ha-
benden, sondern auch die im nom. auf a- und acc. auf -€
(einst harte a- stamme) und die im nom. und acc. weich"
consonantisch auslautenden (die ehemaligen i- stamme) oft
genug ergreifend. In diesem Zeiträume kann man diesen
kämpf der formen um das dasein nach den verschiedener*
analogien am besten verfolgen. So begegnen uns nebec»
den auch früher vorkommenden gen. loznice, oblub'e~
nice (der braut), l$£yce (der Stadt L^czyca), prace*
ofoe (des schafs), zloöynce masc. (des missethäters), ob-
mofce masc. (des Verleumders), tferdze (der festung)?
duäe, jaskihe (der höhle), lutrie (der laute), äyje (de*
einige Alle der Wirkung der analogie in der poln. deelination. 35
halses), cele (der zelle), ot sylle masc. (von Sulla),
zem'e, nadzeje, hrab'e masc. (des grafen); krfe (de«
Mutes); ferner piwonijäj (der pfingstrose), okazyjej (der
gelegenheit), bestyj^j (der bestie), kampanij£j (Cam-
pania's), bis toryjäj (der geschiente), jinklinacyjäj (der
neigung, inclination), cezaryj£j (Cäsaraas), ewange-
lijej, newolej neben newoli, und selbst m££j etc.;
dann neben den loc. f tracyjij (in Thracien), w esty-
macyjej (in der hochachtung), w materyj6j, f chiäpa-
nijej (in Spanien), we francyj^j (in Frankreich), f pro-
fesyjej (in der profession), w gt§b'ej, pry lutn^j u. s. f.,
dat. jintencyjej (der intention), z^dzej u. s. f., — auch
so seltsame formen, wie gen. ochotäj nom. ochota (lust),
giow£j (des kopfes), necnotej (der Untugend), eurotöj
(der Eurota), zdrad6j (des verrathes), adbidej (der Ad-*
bida, eigenname), Sf$toslaw£j (der owi^tostawa, eigen-
name)* bromyslaw^j (der Bromyslawa, eigenname)
n. 8. f.; nocej nom. noc (nacht), rospac^j nom. rospaö
(Verzweiflung) u. s. f.; loc. und dat. w nadzejej, w zbro-
j6j, w nocej u. s. f. — Dies bewirkte selbst eine Vermi-
schung des -y und -i mit -£j in den casusendungen; es
zeigt sich eine gewisse Stumpfheit des Sprachgefühls in
dieser hinsieht, was von den dichtem kraft der licentia
poetica besonders benutzt wurde, z. b. nom. sing. masc. der
adj. up6r zw'ef$c6j f. upor zw'ef^cy (der thierische
eigensinn), orsak zlotej f. orsak zloty (die goldene
8chaar, gefolge; beide des reimes wegen); gen. plur. der
masc. substantiva z ostatnich stopnej f. z ostatnich
stopni (von den letzten stufen), und umgekehrt -y f. <-6j;
gen. sing. fem. der adjeetiva oery b'aly f. cery b'alej
(der weifsen gesichtsfarbe), do ßi wesoly f. do f£i we-
8olöj (in das lustige dorf), z ochotej sc^ry f. z ochoty
icäräj (aus aufrichtiger lust; des reimes #egen), noeöj
plaöorody f. noey p?aöorod6j (der weinengebären-
den nacht, des reimes wegen), slachty tamtejäy f,
ilachty tamtejS^j (des dortigen adels) neben paster-
skiäj äopy (des hirtenstalls); datr und loc. sjng. fem. der
3*
36 Battdonin de Coarttnay
adjectiva z^dzäj p?ekl$ty, dyjanne $f$ty f. pfe-
kl$t£j, Äf$t6j (der verfluchten begierde, der heiligen
Dianna), po paiiäöyzne dlugi f. dlu£6j (nach der lan-
gen frohne) u. 8. f.
Wahrscheinlich ergriff diese analogie des gen. sing,
fem. im 17. jahrh. zunächst die ehemaligen i- stamme, und
später die a- stamme. Es war, wie es nicht anders sein
kann, eine stufenweise vor sich gehende ausbreitung. Ein
jedes substantivum war den verschiedenartigsten analogien
unterworfen. So konnten e. b. die palatalauslautenden sub~
sUintivstämme fem. gen. mit a im nom. aus vier quellen
herkommende endungen im geg. sing, annehmen: 1) ihre
eigene -e (früher $), 2) nach der analogie der hartauslan-
tenden stamme mit a im nom., -y, was 3) mit dem i der
palatalauslautenden stamme, deren nominativ mit dem
stamme gleichlautend ist (ehemalige i-st.), zusammenflofs,
und 4) 6j nach der analogie der adjectiva. — Nun schwin-
det (in der 1. hälfte des 18. jahrh.) a, und die analogie
der adjectiva hört auf zu wirken. Es entwickelt sioh ein
scharfer unterschied der substantivischen und adjektivischen
declination. Die hartauslautenden stamme fem. gen. pflegen
im gen. sing, y, die palatalauslautenden aber e anzuneh-
men. Dieser unterschied erhielt sich im 18. Jahrb., und
selbst noch im anfange des 19. jahrh. lebten formen, wie
krf e, wole, zem'e u. s. f.
^Endlich gaben auch die weichauslautenden fem. stamme
ihre eigene genitivendung auf und folgten der analogie der
harten, welche wahrscheinlich mit dem ehemaligen i der
i-st» zusammenwirkten, so dafs es jetzt nur eine einzige
endung y (i) im gen. sing. fem. der polnischen substantiva
gibt
4. Vocat. sing.
>i den masculinis haben wir zwei endungen, -j e und
-u, die, aller Wahrscheinlichkeit nach, in früheren sprach-
perioden 21191 stamme gehörten, und nur in folge secun-
einige Alle der Wirkung der analogi« in der poln. declination. $7
därer prozesse später als endungen gefehlt werden; 9 ntoi~
licb kann man als den erhaltenen stammauslaut 4er ab-
stamme betrachten. Ursprünglich kam ?je den meisten
hartauslautenden, u aber den palatal- nnd den meisten gut-
turalauslautenden stammen zu, So a.b. bo2e (Gott!), 21o-
w'ece (mensch!), duäe (geist!), brale (bruder!), pole
( schweifs!), kfele (blume!), berodze (HerodJ), pane
(herrl), gatane (satanj), syne neben eyuu (sohnl),
adam'e (Adam!), jezuse neben latein. jezu (Jesu!), p'*«-
tfe (Peter!) u. s-f.; ojöe (vaterj), kupäe (kaufmann!),
mlodzenöe (Jüngling!) n. 8. f,; mistfu (meistert), 4al-
tafu (psalter!), pryjadelu (freund!), krölu (köuigt),
km'eöu (grofshüfner!), towafyät* (gefahrte!), mojzeäu
(Moses!), gosdu (gast!) n. 8. f.; pomooniku (belfert),
op'ekalniku (vorm und! beschützer!), müolniku (lieb-
haber!), synaäku (söhnchen!), zlosniku (bösewicht!),
pfyktadniku (muster! vorbild! vom menschen) u. s. f. — •
Später aber nahmen alle gutturalauslautenden stamme -u
an, so dafs jetzt nur boze ausschliefslich und clo.w'eöe
ausnahmsweise neben ölow'eku gebraucht wird; im übrigen
aber sagt man duchu (geist!), rogu (hörn!), kruku
(rabe!) u. 8. f. u kommt jetzt ausschliefslich in synu und
ludu (volk; cf. ludie nom. voc. acc. plur.), und sehr oft
in dzadu neben dzadze (greis! grofsvater! alter bett-
ler!) vor.
Im femin. haben wir:
-o bei den hartauslautenden stammen: panno (frftu-
leio!), slawo (rühm!), matko (mutter!), dzefko (Jung-
fer! später magd!), new'asto (weib!), pokoro (demuth!),
corko (tochter!), äostro (schwester!) u. 8. f. Bei den pa-
latalauslautenden stammen, die den ja -»stammen entsprechen
ging früher dies -o gewöhnlich in e über (assimilatjon).
So z. b. im altpolnischen nur nadzejo (boffnung!), ma-
ryjo neben maryjä (Marie!), aber duäe neben duaSo
(seele!), gospodze (herrin!), dzew'ico neben dzewice
(Jungfrau!), s$dze neben s$dzo (richter!) etc., und neben
später entstandenen du ja, dzewica, s^dzä, zdrajqa
38 Baudouin de Conitatay
(verrat her!) u. s. w. Vergl. damit voc. wojewoda (woje-
wode!), dafca (geber!), rozböjca (räuber!), starosta
neben starosto (starost!) u. s. f. im 16. jahrb.
Die ehemaligen i- stamme haben i im voc: g$£li(ci-
ther!), m'itoSrfi Giebel), dobrorfi (gute!), p'e$ni (lied!),
mocy (kraft!) u. 8. f.
Nun aber finden wir solche voc. sing, fem., wie ka£u
(Käthchen!), ba$u (Bärbelchen!), kry£u ( Kristinchen !),
jöin (Josefchen!), zo$u (Sophiechen!), doSu (Dorchen!),
andiu (Aennchen!), manu (Mariechen!), fruzu (Ea-
phrosinchen!), bronu und brondu (Bronislavchen!), lolu
(Enlalchen!), franu (Fränzchen!), oleSu (Alexandrin-
chen!), juldu (Julchen!), anulku (Aennchen!), bro-
nulku (Bronislavchen; aber nur paulinko Paulincheo,
justynko Justinchen, julko Julchen), 6o6u (täntchen!),
matulu (mfltterchen!), cörulu (töchterchen!); mary£u
(Mariechen!), matu£u (mütterchen!), cörulu (töchter-
chen!), neben maryS, matuä, cöru$ (besonders beim
volke). Diese formen sind augenscheinlich durch analogie
der masculina entstanden, die von zwei Seiten her wirken
konnte: 1) nach den lauten, und so finden wir es auch im
voc. sing, nur bei den palatal- und gutturalauslautenden
femininstämmen, 2) in folge der gemeinsamen benennungen
der knaben und mädchen, da, wie wir sehen, diese substantiva
meistens liebkosende eigennamen sind. Man sagt eben so
dem knaben (und respective manne) als auch dem mäd-
chen: sta&u (Stanislavcben!), ludw'iSu (Ludwig! Luis-
chen!), brondu, wladiu (Wladislavchen!), joiu, oleSu
u. 8. f.; und von diesen gemeinsamen namen könnte sich
die endung -u zuerst auf die andern liebkosenden mädchen-
namen und später auf die anderen palatal- und guttural-
auslautenden femin. stamme erweitert haben, die aber sämmt-
lich nur liebkosende verwantschaftsnamen sind.
Wir haben im polnischen manche masculina mit nom.
auf -o, fast ausschliefslich eigennamen und liebkosende
verwand tschafts Wörter: fredro, tarlo, jagetlo (alle drei
zunamen), tadzo (Thaddäuschen), wladzo (Wladislavchen),
einige falle der Wirkung der Analogie in der poln. declination. 39
•
wnjko (onkelchen), tato (tata, Väterchen), tatnlo (ver-
kürzt tatlo, beim volke) u. s. f. (vergl. bfucho neben
brach, bauch). Aug. Schleicher erkennt hier zweifachen
einflufs: des vocativs und des neutrums. Doch mufs man
bedenken, dafs 1) der vocat. von mehreren von diesen sub-
stantiva auf -u auslautet: wujku, tatu neben tato, ta-
tulu, tadzn, wladzu u. 8. f., und 2) dafs den ausgangs-
punkt för diese nominativbildung, aller Wahrscheinlichkeit
nach, die eigennamen, familiennamen bildeten, und alle
diese familiennamen fremden Ursprungs sind.
Hinsichtlich dieses punktes der polnischen declination
sind wir demnach noch im unklaren.
5. Nom. sing. masc. und neutr. der prono-
mina.
Die pronominale declination ist im polnischen schon
längst mit der sogenannten zusammengesetzten zusammen-
geflossen;, die selbstständige pronominale erhielt sich am
längsten in den nominativen und accusativen aller genera.
Aber auch diese casus erliegen im vorigen und jetzigen
Jahrhundert der analogie der adjectiva. Wie es sich mit
dem acc. sing. fem. verhält, haben wir schon gesehen. Der
accusativ des masc. und neutr. gleicht dem nominativ (im
I nejtrum vertritt eigentlich der acc. den nom.), und was
von diesem gilt, gilt auch von jenen. Im neutr. weichen
die ehemals ausschüefslich herrschenden formen samo,
jedno, tamto, to schritt für schritt den nach der ana-
logie der adjectiva gebildeten same, jedne, tarnte, te
(«. b. te diecko, dies kind) u. s. f. Die formen naäe,
▼äse, moje, tfoje u. s. f. sind ganz ursprünglich, da hier
e aus dem o in folge der assimilation an den vorangehen-
den palatalen consonanten entstund.
Im masc. kann man, neben den noch allgemein ge-
brauchten sam (selbst, allein), 6f (6w, jener), naä (unser)
hie und da samy, owy, naäy hören, welche formen
auch bei den Schriftstellern (schon im 1 7. jahrh.), und be-
40 Baudouin de CoarteiuLy
sonders bei den dichtem, aber nioht nur des reimes wegen,
vorkommen.
6. Ace. nom. plur. neutr. der pronomina und
adjecti va.
Im 15. jahrh. hatte dieser casus überwiegend noch
seine selbstständige endung -a, ähnlich wie bei den Sub-
stantiven; z. b. neb'osa tfoja (deine himmel), fäytka
usta lsöiwa (jeder schmeichlerische mund), usta sfoja
(seinen mund), kä^z^ta waSa (eure fürsten), wrota w'e-
kuj& (ewige thore), fäelka zw'ef^ta leän& (alle wald-
thiere), bardzo w'elikä cu da (sehr grofse wunder), sfoja
m'asta (seine Städte), sfa prawa (seine rechte) u. 8. f.
Es unterlagen aber diese formen der analogie der feminina
und unpersönlichen masculina (acc), und gingen in tfoje,
lsdiwe, sfoje, sfe, wase, w'ekuje, f&elke, leine
u. s. f* über. Die hartauslautenden pronominalstämme aber
erreichten diese formen nicht unmittelbar. Es lebten noch
mehr spuren der pronominalen declination, und eine solche
spur war der nom. und acc. fem. und der acc. masc. auf
y, z. b. ty. Der analogie dieser form folgte auch neutr»
ta, für welches also ty eintrat, z. b. ty wrota (diese
thore); erst später (im 17. Jahrhundert) folgte masc. fem.
neutr. ty der adjectivischen (zusammengesetzten) declipft*
tioö: te.
7. Nom. (und acc.) pl. masc. auf -a.
Die gewöhnlichen en düngen des nom. pl. masc. sind
•ji, -ow'e, -e, und das aus dem acc. in den nominativ
übergegangene -y (-e). Manche substantiva masc. haben
aber in diesem casus -a. So z. b. akta (acten), koa-
trakta (vertrage), dokumenta (documente), koäta (Un-
kosten), grunta (boden, gründe), Organa (organe) u. 8. f.;
diese mannichfaltigkeit der endungen ward auch benutzt,
um bei einigen Wörtern verschiedene functionen auszu-
einige fälle der Wirkung der Analogie in der poln. declination. 41
drücken. So z. b. heilst akta acten, geschäftsbücber, akty
aber auftritte auf der bühne (scenische acte) oder hand-
langen, organy (mit accent auf der vorletzten gilbe) or-
gel, und Organa (mit accent auf der dritt- oder auch vor-
letzten silbe) organe. Das hineindrängen des a in diesen
casus bei masc. substantivis mufs man, meiner meinung
nach, mehreren factoren zuschreiben; wie überall, so ist es
auch hier zu einseitig, nur eine einzige Ursache finden zu
wollen. Die Ursachen wirken complicirt und verstärken
sich gegenseitig. Eine einzelne Ursache könnte ja die ge-
gebene Wirkung hervorrufen; desto sicherer stellt sich die
Wirkung bei vielen Ursachen ein. Hier also wirkten fol-
gende factoren;
1) der einflufs des lateinischen (und griech.); denn zuerst
zeigt sich a im nom. pl. masc. bei den ans diesen sprachen
entlehnten Wörtern (sowohl bei den masc. als auch fem. und
neutr. auf dem einheimischen boden), so z. b. beifst es feno-
mena (cpaivofi&va), eksperymenta, dokumenta neben
dokumenty, elementa neben elementy, procenta
neben procenty, ekspensa neben ekspensy, ekscesa
neben ekscesy, procesa neben procesy, jinteresa
neben jinteresy, gusta (masc. lat. -us), egzamina,
prezenta neben prezenty, volumina, poemata, akta
neben akty, kontrakta neben kontrakty u. s. f. Dafa
wirklich auch eine endung entlehnt sein kann, beweisen
anter andern voc. jezu kryste neben jezuäe krystuäe,
die gen. sing. fem. cezaree (17. jahrb.) neben cezaryj£j,
und nom. pl. fem. monete (1450), muze (musae) neben
mnzy (17. jahrh.), und Suffixe: lat. -us (-uä), -is, -ys (-iä),
-es, im poln. w'isus (spitzbube), tajdus(scburke), catus
(kois), smigus (scbmackostern), dyngus (dass.), bibus
teufbold), dzikus (menschenscheu, wild), w'arus (kriegs-
mann), nygus (faullenzer), obdartus oder odartus (ein
abgerissener kerl), umizgus (einer, der einem frauenzim-
mer den hof macht, pussirrath); now'icyjuS (noviz), chu-
dens (ein armer teufel), dandys neben dandy (galant,
stotzer), urw'is neben urw'i£ (galgenstrick), rwetes neb.
42 Baudouin de Conrtenay
rwentes (ripps! rapps!) u s.w.; -ista: oberzysta (gast-
wirth), sluZb'ista (fleifsig dienend), und davon eluSb'i-
8ty, slu£b'isto£l u. s. f.; so kommt die endung -unek
aus dem deutschen, z. b. stosunek (stofsung, verhält-
nifs), warunek (wahr ung, bedingung) u. y. ä. Von den
lateinisch -griechischen Wörtern aus erstreckte sich a im
nom. plur. masc. auf einige aus dem deutschen entlehnte
Wörter: koata neben koäty, grunta neben grunty u.8.f»,
und endlich auf manche einheimische: j$öm'o na (geraten),
okr§ta neben okr$ty (schiffe), uf$da neben ur$dy
(ämter), otöena neben otdene (nuancen, schattirungen),
und selbst, in der neuesten zeit, predm'ota, klopota,
scegola u. s. f., doch sind diese selten neben pf edm'oty
(gegenstände), klopoty (kummer, sorgen), äcegöty (ein-
zelheiten).
2) Was j§cm'ona betrifft, so kann diese form aus
der ehemaligen neutralen declination dieses Wortes erhalten
sein: nom. sing. jQcm'Q, nom. pl. j§cm'ona, und so halte
ich die anlehnung an die neutrale declination für den zwei-
ten factor. Umgekehrt wirkte die masc. declination auf
die neutrale, und man kann bei einigen neutr. Wörtern im
nom. pl. -y treffen. So z. b. o<i neben ocka (äuglein),
neb'osy neben neb'osa(himmel), neby neben neba(dass.),
cygary neben cygara (cigarren), slowy neben stowa
( worte), volksthümlich auch äniwy (zniwy) neben £niwa
(ernten) u. s. f. Vgl. russisch l'6ty, licy (Puskin), vojski
(Zukovskij) neben 16ta, lica, vajska u. s. f.
3) Dies a im nom. plur. masc. kann zu den resten des
dualis gehören. Damit kann man die im bereiche der con-
jugation stattfindende Vermischung der formen des duale
und plurals vergleichen. Die Schriftsprache hat den plural
bewahrt: chodzmy (gehen wir), cholde (gehet ihr), ro-
b'emy (wir machen), rob'irfe (ihr macht) u. s. f.; die Volks-
sprache aber den dual: chodzwa, chodta, rob'iwa,
rob'ita u. s. f., oder in der 1. person eine merkwürdige
Verbindung des plur. consonanten m mit dem dualvocale a:
chodzma, rob'ima.
einige Alle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 43
Aug. Schleicher vermuthet noch
4) die gewöhnung des Sprachgefühls den genitiv sing,
und den nom. plur. oft gleichlautend zu vernehmen, z. b.
in altbulg. d81a, polja, ryby, voljs, kosti; so auch
im rosa, goto sa etc. gen. 8g. und nom. pl. — . Ich stimme
dieser vermutbung vollkommen bei.
Das a im nom. plur. masc. ist keine ausschliefsliche
eigenthömlichkeit des polnischen. Noch ausgedehnter be-
sitzt es die russische spräche, in der viele männl. substan-
tiva im nom. pl. nicht y, sondern a haben: b'erega, go-
losa, goroda u. s. f. Hier wenigstens mufs der einflufs
des lateins ausgeschlossen werden , da auch gerade die aus
dem latein entlehnten Wörter masc. gen. im nom. pl. y ha-
ben: dokum'enty, akty, prolenty, processy u. s. f.
8. Instr. plur.
Es gibt eine dreifache endung dieses casus im polni-
schen: -y, -m'i, -am'i. -y kam ursprünglich (aber nur
aller Wahrscheinlichkeit nach) den hartauslautenden mas-
culinis und neutris (den a- und u- stammen entsprechend),
-am'i den femininis mit dem nom. sing, -a (den a- und
ja- stammen entsprechend), -m'i endlich den palatal aus-
lautenden mascul. und femin. mit consonantisch auslau-
tendem nom. sing, (den i- stammen entsprechend) zu. Diese
schöne regelmälsigkeit aber findet man selbst in den älte-
sten polnischen denkmälern nicht. Schon im 14. und 15.
jahrh. ist das geföhl des Unterschieds verloren gegangen,
und es hat eine so riesenhaft entwickelte Wirkung der ana-
logien stattgefunden, dafs manchmal die ursprünglich einer
gewissen kategorie der substantivä zukommende endung
bis auf wenige spuren verdrängt ist. So z. b. neben masc.
j$zyki (f. j^zyky, mit den zungen), powojniki (mit
den windelbändern), pots^tki (mit den instruktionsrich-
tern), pfediwniki (mit den gegnern), sfatki (mit den
zengen), gf echy (mit den Sünden), bogi (mit den göttern),
dachy (mit den geistern), dary (mit den gaben), ploty
(mit den zäunen), naklady (mit den kosten), cudy
44 Baudouin de Conrtenay
(mit den wundern), syny (mit den söhnen), pany (mit
den herren), pogany (mit den heiden), zwony (mit den
glocken), organy (mit den orgeln), psy (mit den banden)!
gtosy (mit den stimmen), riepfyjarfoly (mit den feinden)!
z$by (mit den zahnen) u. 8. f. finden wir: nepf yja<5olm'i
and nepfyjadelm'i, synm'i, wozm'i (mit den wagen),
chlebm'i (mit den broten), wotm'i (mit den ochsen),
panm'i, Zydm'i (mit den Juden), apostolm'i (mit den
aposteln) u. s. f., und obr^dam'i (mit den ceremonieo)
u. 8. f. Nur neutra halten sich fest: k£a.£Qty (mit im
fQrsten), usty (mit dem munde), laty (mit den jähren)!
stady (mit den berden), daly (mit den körpern), stowy
(mit den worten) u. s. w. Neben fem. slzam'i (mit den
thränen), nogam'i (mit den füfsen), wodam'i (mit das
gewässern), gfywnam'i (mit den marken), pracam'i (mit
den arbeiten), sitam'i (mit den kräften), m$äöyznam'i
masc. (mit den mannspersonen) u. s. f. findet man, aber
selten, möwm'i (mit den reden); neben masc. m$zm'i (mit
den männern), krolm'i (mit den königen), zlodiejm'i (mit
den dieben), ludzm'i (mit den leuten), krajm'i (mit den
ländern), pry w'ilejni'i (mit den Privilegien), konm'i (mit
den pferden), ryeerm'i (mit den rittern), groäm'i (mit
den groschen), p'enedzm'i (mit geld), älachdicm'i (mit
den edelleuten), km'ecm'i (mit den grofshüfnern), towa*
fyfim'i (mit den geführten ), ojcm'i (mit den vätern),
strözm'i (mit den Wächtern), oracm'i (mit den pflügern),
gwozdzm'i (mit den nageln), m'es^cm'i (mit den monaten),
m'ecm'i (mit den Schwertern), kijm'i (mit den stocken)
u. 8. f. jf <5oy (mit den gefangenen), olcy oder otcy oder
ojcy (mit den Tätern), jescy (mit den reitern), starcy
(mit den greisen), slachlicy u. 8. f, ; neben fem» g$£lm'{
(mit den cithern) auch öuloslam'i (mit den Zärtlichkeiten),
6ecam'i (mit den netzen), gQslam'i u. s. f. Dieses allge-
meine schwanken setzt sich fort bis in das 18. jahrh. Es
begegnen uns in diesem Zeiträume formen, wie masc. braty
(mit den brfidern), mury (mit den mauern), wlosy (mit
den haaren), greki (mit den Griechen) u. s. f. neben kon-
einige ftüle der Wirkung der analogie in der poln. declinatiou. 45
raktam'i (mit den vertragen), und kolm'i (mit den pflök-
:eii), kutasm'i (mit den quasten), lasm'i (mit den wäl-
lern); neutr. daly (mit den körpern), usty (mit dem
aunde), wojski (mit den heeren) u. s. f.; masc. m'istf m'i
mit den meistern), m§zni'i (mit den uiännern), puklerm'i
mit den Schilden), pacef m'i (mit den panzern), piom'enm'i
mit den flammen) u. s. f. neben w'ency (mit den kränzen),
>jcy, padaley (mit den blindschleichen), w'erSy (mit
len verseil), m'eökancy (mit den einwobnern) u. 8. f., to-
whijimi neben towafyäam'i, welcher analogie anch die
teutra folgten: sercy (mit den herzen), jajcy (mit den
loden) und selbst uöy (mit den ohren) u. s. f. Im fem.
leben göram'i (mit den bergen), gw'azdam'i (mit den
iternen) u. s. f. auch görm'i, zonm'i (mit den ehefrauen)
selten); in der zweiten hälfte des 17. jahrh. nach derana-
ogie der hart auslautenden masc. und neutr. stamme: po-
i$tyt z. b. jinäem'i pon$ty (mit andern reizen), ligi,
;. b. ^öiwnem'i li£i (mit sehnebegabten bündnissen),
[>erlowem'i wody (mit perlen wassern), z nis&em'i
ioliny (mit niedrigen thälern) u. ä.
Im 18. jahrh. hat -am'i des femin. das entschiedene
Übergewicht gewonnen, was schon im 16. anfing; es ist
seit dieser zeit die allgemeine endung. Nichtsdestoweni-
ger sind die anderen endungen nicht gänzlich verdrängt,
•infi t. b. blieb bei einigen palatal auslautenden stammen;
man sagt jetzt fast ausschliefslich p'en^dzm'i, ludzm'i,
koAm'i neben koü am'i, gwozdzm'i (od. gozdzm'i) neben
gwozdzam'i, krölm'i neben krölam'i, km'erfm'i ne-
ben km'edam'i, kam'enm'i neben kam'enam'i (mit stei-
nen) u. s. f., und selbst riepf yja<5otm'i, anolm'i (mit
den engein); neutr. pol m'i neben polam'i (mit den feldern),
oimfi selten neben ocami und oöyma, z. b. ocm'i spla-
kanem' i (mit verweinten aügen); femin. g$slm'i neben
g$61am'i, g$sm'i neben g$sami (mit den gänsen), po~
stalm'i neben postatfam'i (mit den gestalten), £a.dzm'i
&«ben £a.dzam'i (mit den begierden), falm'i neben fal am'i
z. b. Stoma falm'i (mit hundert wogen), skfonm'i ne-
46 Baudouin de Courtenay
ben skronam'i, z. b. z jasnem'i skrorim'i (mit hel-
len schlafen), selbst z. b. äponm'i neben öponam'i (mit
den klauen) u. 8. f. Der instr. plur. auf -y aber kann tob
allen hart auslautenden stammen gebildet werden, und
zwar nicht nur von masc. und neutr., sondern auch von
femin. Diese letzten formen, feminina nämlich, werden
von den grammatikern, die sich um die sogenannte reinheit
der muttersprache sehr ängstlich bekümmern, und <]arqm
die ganze spräche nach gewissen, meistens nur subjectiven ;
richtschnuren geordnet haben wollen, despotisch verwiesen.
Hierbei vergafs man, dafs wie feminines -am'i sich als all-
gemeine endung auch bei masc. und neutr. festellen konnte, ;
so auch mit gleichem rechte masc.-neutr. -y ins femininum
übergehen kann. Man findet solche formen bei den besten
polnischen Schriftstellern, sowohl prosaikern, als auch dich-
tem, seit dem 17. jahrh., und selbst in der volksspradfe
Es ist nur beachtenswert!}, dafs der instr. plur. auf -y von
Substantiven nur in Verbindung mit adjectiven oder prä-
positionen vorkommt, wenn nämlich die instrumentale be-
ziehung schon genügend durch adjectivisches -em'i oder "
durch die präposition ausgedrückt wird; z. b. masc. s po-
licki plom'enej^cem'i (mit flammenden wangen), z dtu-
gem'i wlosy (mit langen haaren), t$sknem'i glosy (mit
sehnsuchtsvollen stimmen), kfitn^cem'i bfegi (mit blä-
henden ufern) u. s. f.; s sokoly (mit falken), 8 psy (mit
hunden) u. 8. f. u. s. f. .
Neutr. krötRem'i slowy (mit kurzen Worten), ie-
lonem'i dfewy (mit grünen bäumen), dichem'i soly
(mit stillen dörfern) u. s. w., und selbst jasnem'i neb'e-
s&em'i ocy (mit hellen blauen äugen), wyt§£onero'i
uöy (mit angespannten ohren);
Fem. wody bl$Ritnem'i (mit himmelblauen gewfift*
gern), ze fsp analem' i budowy (mit herrlichen gebto*
den), s trup'em'i glowy (mit todtenköpfen), z gtowy
spuäöonem'i (mit gehängten köpfen), nagem'i $c*any
(mit nackten wänden), p'erfäem'i barwy (mit ersten ftr*
ben), rfemnem'i dro£i (mit dunkeln wegen), sfem'i p'e'
einige falle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 47
ä&oty (mit seinen liebkosungen), dlugem'i godziny (mit
langen standen), z gw'azdyjiskf^cem'i (mit funkelnden
Sternen), namowy sfojem'i (mit seinen Überredungen),
sfojem'i prestrogi (mit seinen Warnungen), srebmem'i
ostro£i (mit silbernen Sporen), sfem'i karty (mit seinen
blättern), sfojem'i pon^ty (mit seinen reizen), sfem'i
öpony (mit seinen klauen), olbrym'em'i iily (mit rie-
senkräften), nebotyönem'i baäty (mit himmelhohen ba-
steien), r6zowem'i gazy (mit rosengasen), cujnem'i
warty (mit wachsamen wachen), r6zowem'i fst$gi (mit
rosenbanden), zlocistem'i lasRi (mit goldreichen Stäben),
z dlugem'i palRi (mit langen keulen), zlodistem'i galki
(mit goldreichen knöpfen), 8 kury i jindyRi (masc; mit
kennen und truthähnen), und selbst: sm'ertelnem'i dem-
no£<5i (mit tödtlichen finsternissen), dziwnem'i nespo-
kojno&li (mit wunderbaren ängsten, unruhen) u. s. f.;
volksthQmlich: pfed tfojem'i syby (vor deinen fenster-
scheiben).
Im russischen hat sich die endung -am i fast aus-
8chlief8lieh festgestellt«
9. Dat. plur.
Die älteste endung des masc. und neutr. war -6m,
fem. aber -am. So z. b. masc. 83 s ad 6m (den nachbarn),
dziw6m (den wundern), synöm (den söhnen), oblokom
(den wölken), ptak6m (den vögeln), gfech6m (den Sün-
den), w'ekom (den Zeitaltern), anjel6m (den engein),
zw'ef6m (den thieren) u. 8. f.; neutr. dzalom (den wer-
ken), ust6m (dem munde), slowöm (den Worten), iw'e-
f$t6m (den thieren) u. 8. f.; fem. drogäm (den wegen),
ob' et am (den opfern), kobyl&m (den Stuten), nog&m
(den föfsen), poVekam (den augenlidern), warg&m (den
Hppen), kobylk&m (den heuschrecken), stug&m (den die-
nern) u. 8. f. Bei den wenigen palatal auslautenden maso.
und neutr. stammen kommt -em vor: ludzem neben lu-
dz6m (den leuten), dzelem neben diedöm (den kindern).
48 Baudouin de Courtenay
Da aber om in der auslautenden sylbe vor m im altpol-
nischen ein getrübtes (geneigtes) o hatte, dessen ausspräche
sich der des u näherte, so findet man in den denkmälern
neben synom auch synum, neben panom — panum
(den herren), neben iem'anora — zem'anum (den land-
edelleuten), neben latom — latum (den jähren), slowum
neben stowom oder slow am (den worten), was dem böh-
mischen -um entspricht. — Aber schon in den ältesten denk-
malern des 14. und 15. jahrh. zeigt sich die gegenseitige
Wirkung der genera. Das masc. neutr. -om treffen wir bei
femin. zuerst bei den palatal auslautenden stammen. So
z. b. ko£lom (den knochen), skronom (den schlafen),
masc. pf est $pcom (den Verbrechern), s§dzt>m (den rieh-
tern, was auch das natürliche genus beförderte), s^sadom
vom nom. fem. 836 ad a (nachbarin, wozu sich der unmit-
telbare einfluf8 des masc. s^adom, den nachbarn, ge-
sellte) u. 8. f. neben duäam (den seelen), gardzelam
(den kehlen), studnäm (den brunnen), celuSdam (des
kinnladen) u. s. f. Der einflufs des femin. war sehr be-
schränkt. Bei masc. finden wir -am nur vereinzelt: gfe-
chäm im 14. jahrh. (den Sünden), skutkam im 16. (den
Wirkungen) u. ä. Gröfser war der einflufs des fem. auf
das neutr., und zeigte sich zuerst bei den palatal auslau-
tenden stammen: dzejam (den thaten, der geschiente),
ul^zan&m (den belästigungen), udi£nenam (den bedrük-
kungen, 15. jahrh.) neben dzedem und neben dze<56m
(den kindern); später, im 16. jahrh., kommt -am auch beiden
hart auslautenden stammen vor: b'odräm (den hüften),
wrotam (dem thore), slowäm (den worten), praw&m
(den gesetzen), m'astam (den Städten), latäm (den jäh-
ren) u. s. f. neben b'odrom, wrotom, stowom, latom
n. s. f. Nichtsdestoweniger blieb im 15. und 16. jahrh.
«-om überwiegend masc. neutr., und -dm überwiegend fe-
minine endung, z. b. masc. öestnikom (den mundschen-
ken), kfeslijanom (den Christen), otcom (den Vätern),
ludfom (den leuten), rycefom (den rittern), w'epfom
(den borchen), nepfyjadelom (den feinden, 15. jahrh.),
einige falle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 49
korom (den chören), apostotom (den aposteln; 16. jahrh.)
u. s. f.; neutr. latöm, siowom, ksqz^tom (den forsten),
bydl^tom (dein vieb) u. s. f. ; fem. dzefkam (den mäd-
chen), slachlankäm (den adeligen), gfywnäm (den
marken), robotain (den arbeiten), siugäm (den dienern),
stronam (den Seiten), zonäm (den ehefrauen), pannam
(den fräulein), äkodäm (den schaden), sosträm (den
Schwestern), coram (den töchtern), wdowam (den witt-
wen); starostäm masc. (den starosten) ; recam (den Sa-
chen), nem oc am (den schwächen, krankheiten), potfafam
(den verläumdungen), CQsdäm (den theilen), pah am (den
frauen), dzewicäin (den Jungfern), sf iiiam (den Schwei-
nen), dusäm (den Seelen), zem'am (den ländern), fsam
(den dörfern), dawnosdam (den an tiqui täten); 8$ dz am
masc. (den richtern), zupcäm masc. (den den Salzberg-
werken vorgesetzten) u. 8. f.; mar am (den bahren), he-
w'astaru (den weibern), nogam (den füfsen), gor am (den
I bergen), cnotam (den tugenden); pastuchäm masc. (den
birten); roskoäam (den wonnen), mysläm), (den gedan-
ken), tluscäm (den volkshaufen), ofcam (den schafen),
gt^bokoscäm (den tiefen) u. s. f.
Nun aber verursachen 2 factoren die vollständige aus-
rottung der endung -am:
1) die ausspräche dieses -am selbst, das sich als -am
dem -om sehr näherte, und
2) die analogie der häufiger gebrauchten masc. und
neutr. dative auf -om.
In folge der wirkung dieser beiden factoren verlor sich
-am allmählich aus dem sprachgebrauche, und jetzt stellte
sich -om fest, als die einzige dem dat. plur. der substan-
tiva zukommende endung.
Im russischen ist das umgekehrte geschehen; dort ver-
drängte die endung -am die andere. Aber im russischen
war auch die wirkung des phonetischen factors eine ent-
gegensetzte; denn bekanntlich zeigt sich im russischen die
neigung, ein jedes unbetontes, o wie a auszusprechen.
Im dat. plur. sehen wir in der polnischen declination
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 1. 4
50 Bandonin de Courtenay
das übergewicht bei dem masc.; im loc. und instr. pl. bei
dem femin.
10. Locat. plur.
In den ältesten uns zugänglichen polnischen denkmä-
lern (14. jahrh.) stellt sich uns in diesem casus eine bunte
mannichfaltigkeit dar. Wir finden dort fünf endungen des
loc.pl. -jech (altbulg. -ech), -och, -ach, -ech, -ich.
Nicht alle aber sind gleich häufig. Den hart auslautenden
fem. stammen war -ach eigen, z. b. na fekach (auf den
Aussen), f silach (in den kräften) u. s. f. -jech kommt
den hart auslautenden, -och aber den weich auslautenden
masc. und neutr. zu, z. b. masc. w obrazech (in den Wi-
dern), sqdzech (in den gerichten) u.a.; neutr. w dzelech
(in den werken), f p'ism'ech (in den Schriften) u. 8. f.;
masc: na konoch (auf den pferden), f placoch (im
weinen; im poln. plur.) u. s. w.; neutr. f sercoch (in den
herzen), -ech kommt vor bei den palatal auslautenden
fem. stammen mit dem nom. = stamm (den i - stammen ent-
sprechend), z. b. f postaöech (in den gestalten), w ros-
ko&ech (in den wonnen) u. 8. f. -ich kommt nur ein"
mal vor in g^slich neben g^&lech, g^gloch und g$~
slach (in den cithern). — Diese schone regelmäfeigkei^
wird jedoch durch die wirkung der verschiedenen analo-
gien in den verschiedensten richtungen verdorben. Bakl
richtet sich die analogie nach der phonetischen beschaffen-^
heit des Stammauslautes, bald nach dem gefühle der ge—
nusverwandtschaft, bald entsteht sie nur durch vergessen de^
ursprünglichen Zusammenhangs einer gewissen endung mi&
einer gewissen kategorie der substantiva. Das phonetischer
moment veranlafste das erscheinen des masc. neutr. -ocb
bei den palatal auslautenden fem. stammen, z. b. w g$-
äloch, f postädoch neben postalech u. s. f., und des
-jech bei den hart auslautenden fem. stammen, z. b. p'§t-,
nom. 8g. p$ta (ferse), loc. pl. p'§dech.
Die analogie der häufiger vorkommenden formen im be-
reiche desselben casus (und genus)trug -ach auch über auf
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 51
einige palatalauslautende fem. stamme mit nom. auf con-
sonant (i -stamme), z. b. f poWe&lach (in den erzählun-
gen), w g$slach neben g^sloch, g$£lech, g§slich
u. 8. f., und -ech auf palatalauslautende neutr. stamme:
f polech (in den feldern). Masc. w ludzech (in den
leuten) und neutr. f polech bildeten sich in folge der Wir-
kung zweier aoalogien: 1) der der palatalauslautenden fem.
stamme (phonetisches moment) -ech, 2) der der hartauslau-
tenden masculinen und neutralstämme (genusidentität)
-jech (vielleicht auch 3) durch umlaut, d. i. assimilation an
den vorangehenden palatalen consonanten). Nur durch ver-
gessen des Zusammenhanges der endung mit einer gewissen
kategorie der substantiva kann ich das vorkommen des
-ach bei masc. und neutr., z. b. we zwonkach (in klin-
geln, glöckchen), fsp'ewanach (in gesängen), w nale-
zenach (in erfindungen; zuerst bei palatalauslautenden
neutr.), und des -och bei den hartauslautenden masc. und
neutr. stammen erklären, was noch durch das genusiden-
titätsgefühl einerseits und das gefuhl des Oberflusses der
zwei formen für einen casus derselben zahl und desselben
genus andererseits unterstützt wurde. Es ist nur merk-
würdig, dafs -och von den palatalauslautenden masc. stam-
men auf die hartauslautenden masc. stamme zuerst über-
ging, die jetzt mit ihnen auch u im loc. sing, theilen, d. i.
auf gutturalauslautende und auf syn, nebst einigen ande-
ren, z. b. we zwonkoch, w bogoch (in den göttern),
f 87 noch (in den söhnen), w da roch (in den gaben) u.s.f.
Nach alledem finden wir in den ältesten polnischen
denkmälern (14. jahrh.) folgende beispiele des loc. plur.:
-jech: masc. w ostatcech (in den resten), f po-
doicecb (in den unteren theilen des kleides), w zank-
te ech (in den Wirrnissen), fskuteech (in den Wirkun-
gen), w oblocech (in den wölken), f prorocech (in den
Propheten), f pfebyteech neben f pfebytkoch (in den
Stiftshütten), w bariodzech (in dem wirrstroh), w bo-
dzech neben w bogoch (in den göttern), w greäech (in
den Sünden), fstanech neben fstanoch (in den zelten),
4*
52 Baudouin de Courtenay
f poganech neben f poganoch (in den beiden), f ka-
planech (in den priestern), worganech (in den orgeln),
w obrazech neben w obrazoch (in den bildern), w le-
Sech (in den wäldern), w narodzech (in den Völkern),
we s^dzech (in den gerichten), f chodzech (in den gan-
gen), f podolech (in den thälern), po riepryjadelech
(nach den feinden), w rozum'ech (in der Vernunft), f
psalmech (in den psalmen), w r$kaw'ech (in den är-
meln), w dziw'ech (in den wundern), f skarb'ech (in
den schätzen), w grobe ch (in den gräbern).
neutr. w heb'esech (in den himmeln), w usdech (im
munde), we wrodech (im thore), na m'e&dech (an den
orten), w dzelech neben w dzaloch (in den werken),
na skfydlech (auf den flögein), f p'i ä ui'e c h (in den Schrif-
ten), o sf'adectf'ech (von den Zeugnissen), we cfew'ech
(in den eingeweiden), w blogoslaw'enstf'ech (in den
segen), w bogactf'ech (in den reichthümem), f slow'ech
(in den worten), w neb'ech (in den himmeln).
fem. f p'§<5ech (in den fersen).
-och: masc: f krajoch (in den ländern), we dnoch
(in den tagen), na konoch (auf den pferden), w ludzoch
(in den menschen), f koncoch (in den enden), f pala-
coch (in den palästen), f placoch (im weinen), f pfe-
bytkoch neben pfebytcech, we zwonkoch neben we
zwonkach (in den glocken), w ucynkoch (in den tha-
ten), f pagörkoch (in den hügeln), w bogoch neben w
bodzech, f stanoch neben f stanech, f poganoch,
f synoch (in den söhnen), w daroch (in den geschen-
ken), w obrazoch.
neutr. f sercoch (in den herzen), w dzaloch neben
w dzelech.
fem. w g$&loch neben g^slech, g^älich, g^slach
(in den cithern), f postadoch neben f postadech (in
den gestalten), w gl^bokosdoch neben w gl$bokosdech
(in den tiefen).
-ach: fem. w naukach (in den lehren, Wissenschaf-
ten), na rekach (an den Aussen), w wargach (in den
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 53
lippen), w drogach (in den wegen), w nizinach (in den
thälern), fstrunach (in den saiten), w gor ach (in den
bergen), we zlzach (in den trähnen), w licbotach (im
elend), fprawotach (in der recbtlicbkeit), na wo dach
(an den ge wässern), f siJach (in den kräften), we
cmach (in den finsternissen), w motwacb (in den re-
den), na wirb ach (auf den weiden), f tajnicach (in
den geheimnissen), w ulicacb (in den strafsen); w lo-
dzach (in den nachen); w g$£lach neben wg$sloch,
g^slech, g^slich, w mySlach (in den gedanken), f ce-
rekf'ach (in den kirchen), w lubo£lach (im ergötzen),
fpow'esdach (in den gerächten).
ma8c. we zwonkach neben we z wonkoch.
neutr. f sp'ewanach, w nalezenach.
-ech: fem. g§slech neben g$slich, g^sloch, ge-
slach, f postadech neben f postadoch, f sf'atlo$-
<5ach (in der belle), w gt§ bokosdech, w roskoäeoh
(in den wonnen), f kaznech (in den strafen).
masc. w lud zech (in den menschen).
neutr. f pol ech (in den feldern).
-ich: fem. g<?£lich.
Im 15. jahrh. (bis ungefähr zur hälfte des 16ten) sind
fem. -ech und -ich gänzlich vom -ach verdrängt, z. b.
w zalobach (in den klagen), o kostkach (von den wür-
feln), pfy wojewodach masc. (bei den wojwoden), f ko-
pach (in den schocken), o ran ach (von den wunden),
pfy perlach (bei den perlen), w dqbrowach(in den hai-
nen), wnedzelach (an den Sonntagen), w ze mach (in den
ländern, districten), o sf'inach (von den Schweinen), o r§-
kojm'ach masc. (von den borgen), o zböjcach masc. (von
den räubern), o pozoscach masc. (von den mordbrennern),
w fecach (in den Sachen), we fsach (in den dörfern),
w jaslkach (in dem kripplein Christi), pfy jaslach(bei
dem kripplein Christi), fpfediwnosdach (in den mifs-
geschicken), w dobrocach (in der gute). Dies -ach
kommt auch vor bei masc.: o km'edach (von den grois-
hüfhern), f p'en^dzach (im gelde), f sm^tkach (in den
54 Baudouin de Courtenay
betrübnissen), Da gozdzach (auf den nageln), und neutr.:
w bfem'onach (in den bürden), f sercach (in den her-
zen), o dzatkach (von den kindern). ech kommt vor,
aber nur als umgelautetes -ach oder -och, z. b. w ze-
m'ech für w zem'ach, o s$dzech für s$dzach masc.
(von den richtern), f konech für f konoch, pfy ryce-
fech für rycef och (bei den rittern), w ludzech für und
neben ludzoch. Bei den masc. und neutr. dauerten noch
-jech und -och fort, z. b. masc. na rocech (auf den
jährlichen gerichtsversammlungen), w ogrodzech (in den
gärten), w lisdech (in den briefen), po klopodech (nach
den sorgen), na grodzech (auf den bürgen), o poz-
w'ech (von den Vorladungen), w zastawech (in den pfän-
dern), o sqdzech (von den gerichten), o d^b'ech (von den
eichen), pfy panech (bei den herren), w'leSech (in den
wäldern), o testamendech (von den testamenten), f chro-
&<5ech (in den reishölzern), ftardzech (in den markten),
na dwofech (auf den höfen), w zap'isech (in den ver-
schreibungen), o zydzech (von den Juden), w lesech, we
wolech (in den ochsen), o gwaldech (von den gewalt-
thaten, nothzüchtigungen), na powrozech (auf den strik-
ken), na godzech (auf den schmausen), f sklep'ech (in
den kellern), o apostolech (von den aposteln), o herb'ech
(von den wappen); neutr. w m'esdech vom stamme m'ast-
nom. masto (ort), w ledech (in den jähren), f praw'ech
(in den gesetzen), na pism'ech (auf den Schriften), o do-
bfech (von den gütern), w u£dech, na nebesech, na
drewech (auf den bäumen); masc. f pen^dzoch, po
dnoch (nach den tagen), o orteloch (von den urtheilen,
aussprüchen), w grosoch (in den groschen), o pfywi-
lejoch (von den Privilegien), o km'eöoch, po odcoch
(nach den vätern), o älachdicoch (von den edelleuten),
o gajoch (von den hainen), o konoch neben f konech,
f koncoch, o kupcoch (von den kaufleuten), o pala-
coch, o jigracoch (von den Spielern), o ucnoch (von
den Schülern), f kamenoch (in den steinen), zwycajoch
(in den gebrauchen), ludzoch, o cesafoch (von den
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 55
kaisern), o rokoch (von den jährlichen gerichtsversamm-
lungen), we clonkoch (in den gliedern), na porockoch
(auf den filialen gerichtsversammlungen), na zamkoch (auf
den schlossern), o op'ekalnikoch (von den Vormündern),
w bregoch (an den ufern), o zb'egoch (von den Über-
läufern), na äachoch (im Schachspiel), na zem'anoch
(bei den landedellenten), o f^ an och (von den landleuten),
o mescanoch (von den Städtern), w domoch (in den
r häusern), o bratoch (von den brüdern), po casoch (nach
f den zeiten), o d^boch (von den eichen), we dwu woloch
| (in den zwei ochsen) neben we dwu wolech, f sm$t-
| koch neben f suiQtkach, o ucynkoch, o zwoleni-
[ koch (von den anhängern), na bregoch, o germkoch
I (von den knappen), o natogoch (von den üblen angewohn-
i beiten); neutr. : na m'escoch nom. m'esce(ort), na m'ej-
scoch (dass.), o w'ecoch (von dem reichstage), na po-
loch (auf den feldern), o dzeloch (von den kindern),
na bydloch (auf dem vieh), o dzaJoch (von den wer-
ken), w ococh (in den äugen), o uchoch (von den oh-
ren); fem.: w recoch (in den sachen), na jagodzech
(auf den wangen). — Das fem. -ach wurde bis zur hälfte
des 16. jahrh. mit a (getrübtem a) ausgesprochen, was dem
böhmischen -ach entspricht, und näherte sich also dem
-och. Dies bewirkte die Verwechslung des -och und
-ach, und -ach erscheint zuerst bei den gewöhnlich auf
-och auslautenden masc. und neutr.: we zwonkach ne-
ben we zwonkoch (14. jahrh.), f sp'ewanach (in den
gegangen), w nalezenach (in den erfindungen; 14. jahrh.),
o km'edäch, f p'en$dzäch (15. jahrh.). Um die mitte des
16. jahrh. findet der Übergang des -ach in -ach statt, und
da schon früher -ach und -och wechselten, so blieb auch
jetzt diese Verwechslung; -och verlor sich und -ach nahm
seinen platz ein. Es scheint, dafs zwei factoren das er-
scheinen des -ach bei masc. und neutr. bedingten: 1) ein
phonetisches: -ach zeigt sich zuerst bei palatalauslauten-
den stammen als Vertreter des -och; 2) das geföhl der
bedeutung: die masc. nämlich, zu der fem.-declination ge-
56 Baudouin de Courtenav
hörig, wie poborcach (Steuereinnehmer), sedzach, m$-
äöyznach, ermöglichten dem -ach auch auf andere hart-
auslautende masc. stamme sich zu erweitern. Vor allem
also zeigt sich -ach um die mitte des 16. jahrh. bei den
palatal- und gutturalauslautenden masc. stammen : obyca-
jach (gewohnheit, sitte), kr ajach (land), pfyw'ilejaeh
(Privilegium), post$pkach (betragen), uöynkach (that).
Bei andern hartauslautenden ist -ach nur eine ausnähme:
masc. na z$bach (auf den zahnen), f tfosach (in den
geldkatzen); neutr. z rodlach (quelle), dfewach (bäum).—
Erst allmählich, schritt für schritt, verdrängte -ach auch
-jech bei masc. und neutr.; aber dies letztere wurde noch
im 18. jahrh. gebraucht: masc. na balwanech (auf den
wogen), po wolech, w oblocech (in den wölken), pa- j
sech (in den gürtein), f prusech (in Preufsen), f kano- j
riech (in den kanonen), na mufech (auf den mauern),
f pow'erfech (in den districten), f casech (in den zeiten),
grodzech (in den bürgen), w razech (in den fällen);
neutr. f praw'ech, w ledech, w m'esdech (in den Städ-
ten), o dozywodech (von den leibgedingen) neben masc.
krölach (könig), koricach, pasach, ludach (volk),
w umyslach (in den gemüthern), mineracb (in den
mineralien), na sejmach (an den reichstagen), w dach-
ach (in den dächern); neutr. zolach (kraut) u. ä. Ja
noch mehr, das -jech kommt auch bei eiuigen femin., aber
nur höchst selten vor: na jagodzech (auf den wangen;
schon 1520), f sacech (in den kleidern), skodzech (in
den schaden), f kradech (in den gittern) neben gewöhn-
lichem -ach.
Das allgemeine herrschen des -ach bei allen Substan-
tiven vollendete sich in der zweiten hälfte des 18. jahrh.
und jetzt bleiben vom früheren^ -jech nur sparsame reste:
we wlosech (in Italien^ land) neben o w Joch ach (von
den Italienern; volk, doch auch land), we w^gfech (in
Ungarn, land) neben o Weg räch (von Ungarn, meist nur
volk), prusech neben prusach (in Preufsen); neut. na
rieb'esech (im himmel), nur in gebeten gebräuchlich ne-
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 57
>en na nebosach, w lelech neben w latach (in den
ahren), and nur selten masc. f kf'edech neben f kf'atach
in blumen), casech neben öasach (in zeiten).
Im russischen herrscht -ach bei allen Substantiven.
11. Genit. plur. -6f (-6w).
Es gibt mehrere endungen in diesem casus: 1) reiner
stamm mit den lautgemäfsen Wandlungen und einschiebun-
gen im inlaute; 2) -i (-y)> 3) -öf (-öw). Sie sind ur-
sprünglich verschieden auf die verschiedenen substantiva
vertheilt und nach den verschiedenen analogien im laufe
der zeit entwickelt. Ich will nicht auf diesen gegenständ
näher eingehen und beschränke mich nur auf eine von die-
sen endungen, nämlich auf -öf (-öw). Diese endung ge-
bort ursprünglich dem masc. an. Aber auch hier war sie
früher in beschränktem gebrauche;' bei harten masc. stam-
men stand ihr reiner stamm, bei palatalen -i oder auch
reiner stamm zur seite. Noch im 16.jahrh. begegnen wir
solchen genitivformen, wie w?os (der haare), z^p (z§b,
der zahne), zyw'ol (der elemente), cut (cud, der wun-
der), tys^c neben tys^cy (der tausende), s^zen neben
s^zni und sa^nöf (der klaftern), s^sad (der nachbarn,
vielleicht auch durch das fem. desselben Stammes unter-
stützt und noch im 18. jahrh. gebräuchlich), starost (der
starosten) und wojewöt (wojewöd, der wojwoden; beide
masc., aber im sing, femininisch declinirt) u. s. f.; im
17. jahrh. sind diese formen seltener, aber noch z. b. do
tatar (zu den Tataren). Dieser genitiv, dem reinen stamme
scheinbar gleich, ist bei den masc. bis auf wenige spuren
verloren gegangen und bei hartauslautenden stammen durch
•6f, bei palatalauslautenden durch -i und -öf vertreten,
welches -öf auch das -i allmählich verdrängt. Jetzt sind
genitive dem reinen stamme gleich nur noch bei län-
dernamen in gebrauch, z. b. w^ger (Ungarns), wtoch
(Italiens), nem'ec (Deutschlands) neben den völkernamen
w$gröf, wlochöf, nemcöf; ferner im adverbialen do-
58 Baudouin de Courtenay
tychcas (= do tych öas, bis jetzt), und vielleicht nochj
in ein paar anderen fällen (vgl. adverb. z daw'en dawm
seit lange her); im übrigen herrscht allgemein -öf bei
ten masc., und diese endung ist auch bei palatalen v<
wiegend.
Aber das masc. -öf ging auch über seinen bereu
hinaus und suchte sich auch fremdes gebiet anzueij
Im 18. jahrh. nämlich fing es an, sich bei den fem. m
neutr. festzusetzen. Man findet in diesem jahrhundi
fem. fsöf (wsiöw, der dörfer), konfederacyjöf (<
conföderationen), religijöf (der religionen), gfinköf (de
schweinchen), gröf(der spiele), mysöf(der mause) u. s.
neben fsi, konfederacyji, religiji, &finek, ge^
mysy; neutr. ucudöf (der gefühle), natchnenöf (i
begeisterungen), kazanöf (der predigten), pfysloW«
(der sprücbworte) u. s. f. neben ucudj nat ebnen, kazan^
pfyslöf (przystöw'). Nun aber, am ende des 18. jahi
kam die grammat. revision, und es schien den grammatiki
dafs nur im masc. der gen. plur. auf -öf enden di
und diese regel gilt bis jetzt in der Schriftsprache. Nicht
destoweniger war die analogie zu stark, um durch
aussprach dieses oder jenes grammatikers sich vernichl
zu lassen; sie dauert fort, und selbst bei den sogenai
gebildeten, in die schulmeisterlichen regeln eingeübten klafe]
sen der polnischen gesellschaft beobachtet man diesen fort*
schritt der analogie in der Umgangssprache, und gen
auch in den Städten. Man hört z. b. fem. klusköf (selbst^
nach dieser analogie nom. sg. m. klusek neben f. kluska,
klos), palmöf(derpalmen), konfederacyjöf, matköf (der <
mütter), äaföf (der schränke), krowöf (der kühe), nogöf
(der füfse), r^köf (der hande) u.s.f. neben klusek, palm*
konfederacyji, matek, saf, kröf (kröw), nök, r^k j
und r$ku (dual); neutr. kopytöf (der hufe), cygaröC^
(der cigarren), oknöf (der fenster), pfystow'öf, kazanof ü
u. 8. f. neben kopyt, cygar, oKen, pfyslöf (przy* s
stow') oder pfyslöf (przyslöw), kazari. Und in der
purificirten Schriftsprache (in den büchern) selbst erhielt
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 59
a die ununterbrochene tradition solcher formen seit dem
le des 18. jahrh. bis auf die heutige zeit: fem. gl^b'öf
r tiefen), t r o s k 6 f (der sorgen), z a w'a 8 ö f (der thürbän-
•), p'eluchöf (der windeln) u. s. f. neben gl$b'i, trosk,
w'a 8, p'eluch; neutr. uöudöf, oblicöf (der antlitze),
garöf, pfyslow'öf u. 8. f. neben uöu<5, obliöy u. s. w. ;
1 in manchen fällen ist dies -6f selbst von der prakti-
len schulmeisterlichen grammatik approbirt, nämlich im
ain. bei den einsilbigen, z. b. msof (der messen), my-
f^ fsöf, fSöf (wszöw, der lause) u. 8. f., und im neutr.
. den aus dem lateinischen entlehnten mit nom. sg. auf
m, z. b. gimnazyjöf nom. sg. gimnazyjum (gymna-
m), seminaryjöf (der seminarien), liceöf (der lyceen)
8. f., so wie bei den aus dem dual stammenden: oööf
*r äugen), u£öf (der obren) neben ocu, uSu und selbst
, uä. — Es scheint, dafs im femin. die einsilbigen und
nn die palatal auslautenden stamme, im neutr. die aus
an lateinischen entlehnten mit dem nom. sg. auf -um,
an die palatal auslautenden stamme, und zwar zuerst
j contrahirten, diese endung vor den andern angenom-
m haben, und dafs sich diese endung -öf (-öw) trotz
es sträubens purificirender grammatiker etwa nach einem
brhundert als die allgemein gültige im gen. plur. aller
snera feststellen wird.
Eine hauptursache dieses prozesses erkenne ich in der
NiÜichkeit der endung -öf und in der bestimmtheit des
asammenhanges zwischen der lautform und der function.
12. Nom. pl. des participii praeteriti.
Dieses particip, mit dem präsens des hilfsverbums
esm (jetzt jestem), jes (jetzt j est es) u. s. f. zusammen-
hangen, vertritt im polnischen das präteritum, und zwar
st in der 3. person das blofse particip ohne die vom hilfs-
rerbum herrührende endung im gebrauch; dabei werden
fe genera unterschieden. So z. b. vom verb. chodzid
gehen) sing. masc. 1. chodzil-em aus chodzil jesm,
60 Baudouin de Courtenay
chodziles aus chodzil jes, chodzil f. ehemaliges ch<
dzil jest; fem. chodziläm aus chodzila je£m, eh
dziläg aus chozila je& (getrübtes ä wegen der conl
tion), chodzila f. chodzila jest; neutr. chodziloi
aus chodzilo jesm, chodzitoi aus chodzilo jej
beide ungebräuchlich, chodzilo f. chodzilo jest;
masc. chodzilismy aus chodzili jesmy, chodzili$<
aus chqdzili jesle, chodzili f. chodzili 83; fem.
neutr. chodzitysmy aus chodzily jesmy, chodzil]
sde aus chodzity jesde, chodzily f. chodzily
(die uncontrabirten formen kommen noch in den all
denkmälern vor). Wir sehen also, dafs im plur. masc.
femin. sammt neutr. unterschieden werden. Nun
aber bei manchen personen z. b. in Warschau der
unterschied zu schwinden an, und das masc. gewinnt
übergewicht über die anderen genera. So z. b. spi
diese personen chodzilismy und chodzilim sowohl
chodzilismy als f. chodzitysmy, chodzilisde f. cht
dzilisce und chodzilySde, chodzili f. chodzili
chodzily. Dies zusammenfliefsen ist, aller wahrschev
lichkeit nach, durch die syntactischen Verhältnisse bedii
Eine ähnliche erscheinung zeigt sich schon längst in
russischen spräche, nur mit dem unterschiede, dafs es ii
russischen keine vom hilfsverbum herkommenden persoi
endungen gibt, aber dafür mufs man jedesmal die pei
mit dem pronomen (oder in der 3. person auch durch
substantivum) ausdrücklich bezeichnen. So z. b. sagt snaft]
im russischen my chadili (wir gingen), wy ch adili (il
ginget), ani oder ane(ludi, zengciny, deti) chad
und so auch im sing., nur mit der Unterscheidung der
nera: ja chadit, ja chadila (ja chadilo), ty chadil
ty chadila (ty chadilo), on (öelovek) chadil, ai
(zenscina) chadila, ano (dit'a) chadilo. D<
auch im polnischen kann man dieselbe neigung, das p<
sonalpronomen vom verbum gesondert auszudrücken, wahr*
nehmen. Es gibt leute, die fortwährend ja, ty, on, on'
u. s. f. brauchen.
einige fülle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 61
13. Neutra mit dem suffixe -m'en (-m'on).
Die ncutra mit dem suffixe im plur. -m'on (-m'en),
sing, -m'en, haben den nom. sing, auf -m'q, z. b. stfem's
beigbügel), ram'§ (arm), bfem's (bürde) etc. Da nun
9 nasalen vocale im auslaute ihren nasalton sehr leicht
Jgeben, so werden auch diese nominative von vielen mit
anstatt 5 ausgesprochen. Dies übt einflufs auf die ganze
»clination dieser Wörter; sie werden dann wie die palatal
islautenden stamme mit nom. 8g. auf -e (z. b. pole feld,
orice sonne u. s. f.) von manchen personen gefühlt und
tmgemäfs declinirt: gen. stfetn'a, bf em'a f. stf em'ena,
fem'ena, dat. stfem'u, instr. stf em'em, loc. stf ein u.
gl. stamm neb'os- neben rieb- (himmel), *koles- neben
>I- (rad), *slow'es- neben slow- (wort) u. ähnl. Nur
b, so viel ich weifs, der plural (in dem auch ein anderer,
ort auslautender stamm zu gründe liegt) von dieser ana-
gie verschont geblieben, und man sagt noch allgemein:
ma» stf em'ona, bfem'ona, gen. stfein'on, bfem'on
8. f.; manche Wörter aber unterliegen, meines wissens
eoigstens, gar nicht dieser analogie, und man spricht z. b.
Aen nom. ram'e ausnahmslos gen. ram'e na, dat. ram'enu
8. w.
14. Adjectivische declination bei den im sing.
femininisch declinirten masculina.
Manche substantiva sind masc. und werden dennoch,
* sing, wenigstens, feminin declinirt, z. b. s$dza (richter),
irab'a (graf), m$säyzna (mannsperson)*), wojewoda
(wojwode), organista (organist) u. 8. f. Einige von ihnen
contrahirt oder haben auf palatale auslautende stamme
id hatten ehemals (vergl. den genit. sing.), nebst andern
itrahirten feminina, im gen., loc. und dat. sg. neben ih-
*).In den denkmälern des 16. jahrh. bedeutet das wort meniscyzna
zeniscyzna (vergl. russ. zenscina) u. a. nicht manns-, sondern
sreon.
62
Bandouin de Courtenay
rer eigentlichen endung -i auch eine andere, in folge d<
analogie von den adjectiven entlehnte, nämlich -ej;
sprach z. b. s$dzej neben 8$dzi, r$kojm'ej neben r<
kojm'i (des bürgen), hrab'ej neben hrab'i. Damit
v chen sie einigermaßen in das gebiet der adjectiva hinül
und als später das gefühl des natürlichen genas erwacl
und manchmal das übergewicht über die endungsgei
declination gewann, bekamen sie im gen. (acc), dat.
loc. sing, die adjecti vischen masc. endungen -ego, -emi
-ym (-im), z. b. gen. 8§dzego, hrab'ego, r$kojm'e|
neben s$dzej, hrab'ej, r§kojm'ej und 8§dzi, hral
r§kojm'i (acc. 8§dzego etc. neben s^dza^ oder s$dz<
hrab's u. 8. f.); lbc. s^dzim, hrab'im neben s§dzi
hrab'ej und 8<?dzi, hrab'i. Nun, und zwar wahrscl
lieh erst in diesem Jahrhundert, wirkte die analogie di(
substantiva auf einige andere ähnliche, vermöge des id(
titätsgefühls einer kategorie von masculina mit dem n<
sg. auf -a (wie feminina); und demgemäfs bildet das
nische volk z. b. gen. r^eeego (rzqdcego), dozorceg«
ferner kolonistego, organistego (beide fremden
Sprungs mit suff. -ist-, nom. ista) u. 8. f. neben r$Ci
dozorey, kolonisty, organisty; dat. faccemu,
zorcemu, kolonistemu, organistemu neben f$c<
dozorey, kolonisde, organisde; acc. (= gen.) ffj
cego u. s. f. neben r§cc$, kolonisty u. s. f., von
stammen nom. 8g. f §cca (haus Verwalter), dozorca (sei
mann), kolonista (kolonist), organista (organist).
Bei andern solchen Substantiven wirkte das erwache
des genusgefühls in anderer richtung; es erzeugte da 8i
stant. masc. endungen; z. b. dat. sing. stförcoVi nel
stforey nom. sing, stförca (schöpfer).
15. Syntactischer factor in der analogie.
Dieser ist ein mächtiger factor in seiner Wirkung
die endungen. Ihm z. b. verdankt man, dafs bei den n<
tren der nomin. dem aecusative gleicht.
einige fiUle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 63
In der geschichtlichen entwickelung der polnischen
»clination läfst sich auch der syntactische factor bemer-
aa. Ich will dies nicht näher untersuchen und erwähne
ofs, dafs rein syntactische motoren folgendes verursachen
»inten:
1) allmähliche Verschmelzung des vocativs mit dem
>minatiy. Der vocativ gibt stufenweise seine eigenthüm-
)he endung auf und gleicht dem nom.
2) die Vertretung des nom. pl. durch den acc. pl. bei
m feminina und unpersönlichen masculina (mit verschie-
3nen übergangen);
3) die Vertretung des accus, durch den genitiv bei
m lebende wesen bezeichnenden masculina und anderes
f. dual).
16. Dual.
Der ganze duaj im polnischen unterliegt jetzt, bis auf
enige spuren, der analogie des plurals, wozu mancherlei
ctoren mitwirkten; erstens der syntactische factor, ferner
ts streben nach Vereinfachung der sprachlichen formen,
obei beide die mehrheit bezeichnenden zahlen zusammen-
>ssen, und zwar so, dafs der ungleich häufigere plural die
rerhand gewann; dann wirkte zur Vertilgung des duals
is vergessen des Zusammenhanges der endungen mit der
neren form (wie hier, mit der zahl) u. s. w. Jedoch gibt
i auch reste des duals.
In der früheren polnischen spräche aber war der dual
a gebrauche, und seine anwendung nimmt erst mit der
}it ab. Doch ist auch in den ältesten denkmälern sein
ebrauch fast nur auf namen der paarigen körperglieder
neist mit pronomina possessiva) und auf die mit den zahl-
örtern dwa (zwei), oba (beide) u. ä. verbundenen sub-
kantiva beschränkt, wo die zweiheit dem syntactischen
osammenhange zu folge ganz deutlich hervortritt. Es ist
»eachtenswerth, dafs, wie die paarigen glieder aller
Wahrscheinlichkeit nach zur bildung des duals anlafs ge-
64 Baudouin de Courtenay
geben hatten, so auch die sie bezeichnenden substantiva
den dual am längsten behielten. Dies war die folge 1) des
altertümlichsten Ursprungs und der sehr häufigen Wieder-
holung, also der längsten Vererbung und damit des zähe-
sten zusammen Wachsens mit der natur der spräche, 2) der
natürlichen grundlage, die ganz augenscheinlich, handgreif-
lich ist. Später, als der gebrauch des duals allmählich
verschwand, erhielt er sich am längsten und bis zur stunde
aufser einigen benennungen der körperglieder (doch vielfach
entstellt) in festen Wendungen und sprüchworten. Damit
vergleiche man den locat. sing, ohne präposition in zim'c
(im winter), le<5e. (im sommer; noch im 18. jahrh).
Gleich wie im altindischen und altbulgarischen wer-
den auch im polnischen drei dualendungen unterschieden:
1) nom. und acc, 2) dat. und instrum., 3) loc. und gen.
Ich will alle diese formen einzeln durchnehmen.
1) Nom. und acc. a) Masc. Die endung ist -a,
bei allerlei stammen, nur mit dwa (zw.ei) und oba (beide)
gebräuchlich. Im gebiete der substantiva hielt sie sich
länger bei den palatal-, als bei den hartauslautenden stam-
men. So z. b. finden wir ona dwa bradenca (jene zwei
brüder), dwa grosa (zwei groschen), dwa rydla oder
dwa ryla (zwei spaten), dwa chorqza (zwei fahnenträ-
ger; 15. jahrh.), dwa m'es^ca (zwei monde), dwa m'eca
(zwei Schwerter; 1. hälfte des 16. jahrh.), puchaca dwa
(zwei uhu), dwa m'eca, dwa kryza (zwei kreuze), dwa
tys 3 ca (zwei tausende), dwa kröla (zwei könige; 2. hälfte
des 16. jahrh.), dwa konca (zwei enden; 17. jahrh.), dwa
tys$ca, dwa grosa, dwa gar ca (zwei garniec; 1. hälfte
des 18. jahrh.) u. s. f. Von den hartauslautenden stammen
haben wir nur sehr sparsame beispiele: dwa wota (zwei
ochsen) u. ä., und schon im 14. jahrh. liest man dwa pro-
logi (zwei prologe), und später dwa syny (zwei söhne;
1500), dwajastfj|b'i (zwei habichte; um 1550), obadwa
narody (beide nationen; 1590) u. s. f. Aber auch di«
palatalauslautenden stamme fingen schon im 16. jahrh. an
den dual durch den plural zu ersetzen, z. b. dwa m'ece
einige flüle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 65
(zwei Schwerter), dwa w§ze (zwei schlangen), dwa mlo-
dzency (zwei jfinglinge) u. 8. w. , was stufenweise zum
schwinden des dualen -a führte. Nichtsdestoweniger kann
man noch heute dwa grosa, dwa garca und selbst
dwa kuryjerka (nom. sg. kuryjerek, courierchen, name
eines in Warschau erscheinenden tageblattes) neben den
häufigeren dwa grose, dwa garce, dwa kuryjerki
hören. Die Wirkung des nom. und acc. dual. masc. auf den
nom. plur. masc. haben wir schon oben gesehen.
Nicht nur substantiva, sondern auch adjectiva nahmen
im ältesten polnisch den dual an; ich habe nur ein beispiel
gefunden: dwa bradehca barzo bog ata (zwei brfider
sehr reiche; 15. jahrh.); für pronomina: ta jesta m'$
naucyla (diese haben mich gelehrt; 14. Jahrb.), ona
dwa bra<5enca (jene zwei brQder), j6zef z maryjq
jesta ona byla pfysla (Joseph mit Marie (sie) sind ge-
kommen), tac sa. byla (diese sind gewesen; 15. jahrh.).
Dagegen liefern mehr beispiele die participia praeteriti, in
der Zusammensetzung mit dem verbum substantivum (auch
im dual, z. b. 3. pers. jesta u. s. f.) das praeteritum bil-
dend: chodzila jeswa (wir zwei gingen; 14. jahrh.), ta
jesta m'§ naucyla (diese zwei haben, wörtl. sind, mich
gelehrt; 14. jahrh.), byla sta (f. jesta) dwa bradenca
barzo bogata a tac* sa. byla sfoja m'asta, grody i
dzedziny spfedata a uböstfu (collectivum) i teze na
kosdoly s%<5 je oni byli rozdali (nicht ona byla roz-
dala, wegen der zu weiten entfernung des subjects dwa
bradenca) a sf^tego Jana S3<5 oni byli naslädo-
wali (nicht nasladowala; es waren zwei brüder sehr
reich und diese haben ihre städte, bürgen und erbgüter
verkauft und den armen und auch für die kirchen ha-
ben sie dieselben vertheilt, und dem heiligen Jobann
sind sie gefolgt; 15. jahrh.); a gdysrfi w'^c jozef z
maryj^ jesta ona byla do tego to m'asta pfysla
(and nachdem also Joseph mit Marie (sie) sind in die Stadt
gekommen; 15. jahrh.), bytasta oba (jozef i maryja)
w tym domnimanu (sie waren beide — Joseph und
Beitrage z. vgl. spracht". VI. 1. 5
66 Bandonin de Courtenay
Maria — in dieser vermuthung; 1520). Bei diesen formen
werden manchmal die genera vergessen und das ganze als
eine verbale form betrachtet. So z.b. fittr das neutr.: serce
(neutr.) moje i dato (neutr.) moje weselila (f. wese-
lile, vielleicht auch der dissimilation wegen vermieden, cf.
firanzös. mon äine f. ma äme u. s. f. und durch den ein-
flufs des nom.pl. neutr. unterstützt) s$ jesta (mein herz
und mein körper freuten sich); für das fem. poc§lasta
(schon contrahirt aus poc^la jesta f. poetle jesta)
8ob$ gadad i rozmaw'al dw'e gw'azdze neb'es&e
matki (pl.) sf^te (sie haben begonnen, mit sich zu
sprechen und zu unterreden, zwei himmlische Sterne, hei-
lige mütter; 1520).
Der nominativ masc. des Zahlwortes dwa wird noch
jetzt gebraucht, aber nur bei unpersönlichen substantiva.
Bei persönlichen hat er eine postjotation nach der analogie
anderer numeralia (tfej, cterej) bekommen und heilst
dwaj (cf. dzisaj heute, tutaj hier, fcoraj gestern u. s.f.
f. dzisa, tuta, fcora). Demzufolge sagt man dwastoly
(zwei tische), dwa VilKi (f. w'ilky, zwei wölfe), aber
dwaj panow'e (zwei herren), oder, was noch häufiger
vorkommt, man setzt den gen. anstatt des nom. und acc.:
dwöch (dwuch oder dwu) panöf oder synöf sowohl
pf yälo (nom. sing, neutr.; zwei herren oder söhne sind :
gekommen), als auch dwöch panöf (acc.) widzalem (ich j
habe zwei herrn gesehen). Dieser unterschied und vertre- «
tung eines casus durch den anderen ist eine seeundäre er- "
scheinung und fällt in den bereich der syntax.
Vom dual des persönlichen pronomens finden wir keine
j
spuren. Man könnte ihn wohl aus den verbalformen aus- \
scheiden, doch hätten diese erschlossenen formen nicht die
bedeutung wirklicher thatsachen. Es wären für die 1. p&
wa oder vielleicht auch ma(pödzma, cf. oben bei nom*
pl. masc. auf a; wahrscheinlich m vom plur., a vom dual)) '
für die 2. und 3. ta. Ich füge noch hinzu, dafs die beim
volke gebräuchliche höfliche anrede der 2. person nicht
blois ty (du), sondern wy (ihr) dwojenie (doppelung)
einige Alle der Wirkung der analogie in der poln. declination. . 67
genannt wird. Es ist ein directer beweis dafür, dafs man
früher den dual, nicht den plural zu solchem zwecke
brauchte, und dafs der gebrauch noch aus der zeit stammt,
als man den dual noch fühlte.
b) Neutr. Bei den hartauslautenden ist die endung
-je, bei den palatalauslautenden stammen aber -ji, z. b.
dw'e s<5e (zwei hundert, noch als zwei worte gefühlt im
15. und 16. jahrh.; jetzt gilt dw'esde als ein wort), dw'e
lede (zwei jähre; bis ins 18. jahrh. im allgemeinen ge-
brauche als sehr häufig wiederholte, stete wendung), dw'e
wojsce (zwei heere), dw'e nies de (zwei orte; 16. jahrh.)
neben dw'e wojska, dw'e m'asta, dw'e jqdcrcc (zwei
kernchen oder testiculi), dw'e zarne (zwei kerne; 17. jahrh.)
u. s. f.; dw'e sloncy (zwei sonnen), dw'e poli (zwei fel-
der; 16. jahrh.), ocy (äugen), usy (ohren; bis zur stunde
gebräuchlich). Ein sehr bekanntes sprüch wort ist: m$drej
gtow'e do&d dw'e slow'e (einem klugen köpfe sind genug
zwei worte). So lautete früher dies sprüchwort. Nach-
dem aber der dual aus dem sprachgebrauche verschwun-
den, verstand man dies sprüchwort nicht mehr und sub~
stituirte des reimes wegen f. dw'e slow'e — na slow'e
(auf einem worte, ein wort): m^drej gtow'e dosd na
slow'e. — Dw'e lele kommt noch jetzt als stete wendung
in der polnischen Volkssprache vor, und selbst manche
Schriftsteller wenden diese alte form an. Sie fühlen dw'e
lec*e aber nicht mehr als den dual, sondern als eine mit den
numeralien zusammenhängende form, und schreiben auch
tfy lede, ötery lece für und neben tf y lata (drei jähre),
ctery lata (vier jähre); womit man vergl. den russischen
nom. pl. masc. auf -a (dualen Ursprungs) bei Zahlwörtern,
z. b. nicht nur dva cetaVeka (zwei menschen), sondern
auch tri öetav'eka (drei menschen), cetyre öetav'eka
(vier menschen), aber p'at' cetav'ek (fünf menschen). — Der
nom. acc. dual auf - j i ist früher ausgestorben als der auf
-je; er hinterliefs aber einige spuren in der jetzigen spräche.
So haben wir ocy, uäy, plecy (schultern; letzteres jetzt
plur. fem. gefühlt) von st. oc-, uä-, plec-, welche alle
5*
6$ Bandonta de Courttnay
aber nur ata plurate gefühlt werden (schon im 44. jahrh.).
Man bildet auch den eigentlichen plural von den stammen
ok-, uch-, also nom. oka, ucha, aber mit anderer be-
deutung: oka wohl äugen, aber in einem netz, ucha ohren,
aber am topfe öder korbe (früher auch menschliche ohren
bedeutend, z. b. dw'e ucha, 1700). Neben plecy findet
man im 17. jahrh. von demselben stamme den eigentlichen
plural pleca, dessen parallele ich in dem allein gebräuch-
lichen nozdfa (oder nozdfe fem., nasenlöcher), für den
dual nozdfy, welchen wir erschliefsen müssen, da andere
dnalcasus von nozdfe wirklich vorkommen (cf. unten; der
nom. sing, heifst nozdfe), und in jajca (hoden) f. dual
jajcy (sing, jajce kommt nicht vor; cf. jajo, jajko, das
ei) sehe.
Vom nom. acc. dual, des neutr. von den adjectiven
finde ich kein beispiel; dafür aber vom pronomen posses-
sivum, aber nur im 14. jahrh., und schon damals neben
den pluralen formen: oöy moji (meine äugen), oöy tfoji
(deine äugen) neben oöy moje und oöy gospodnowy
(die äugen des herrn), und nur uäy tfoje (deine obren).
Participium praeter, mit dem verbum subst. das prae-
teritum bildend: pomdlele jesta oöy moje (meine äugen
sind matt geworden), wyw'edle jesta' ocy moje
(meine äugen haben herausgeführt), w'i diele jesta oöy
tfoji (deine äugen haben gesehen), ocy moji mdlesta
fctite mdle jesta contrahirt, mdle eher adject. als partic.)
byle (meine äugen waren matt geworden; alles aus
dem 14. jahrh.).
Das zahlwort lautete im nom. acc. dual, neutr. dw'e,
öb'e, und noch nach dem verschwinden des dnals bei
neutr. Substantiven brauchte man es in Verbindung mit plu-
ralen formen. So z. b. dw'e le<5e (zwei jähre), dw'e m'e-
Sdfc (zwei orte; cf. oben), oöy ob'e (beide äugen), neba
ob'e (beide himmel), dw'e. ucha (zwei ohren), dw'e w'elke
dfewa (zwei grofee bäume), f sto lat trydze£ci i dw'e
(nach 132 Jahren), dw'e starostfa (zwei starosteien), pfes
dw'e leöe (zwei jähre hindurch), na lat dw'e (auf zwei
einige Alle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 69
jähre), wojska ob'e (beide heere), slowa ob'e (beide
worte), lat dw'e u. 8. f. Aber schon im 17. jahrb. finden
wir im neutr. dwa, oba für dw'e, ob'e, z. b. m^zy
oba wojska (zwischen beide heere). Diese formen dran-
gen ins neutrum ein in folge der Wirkung zweier faetoren,
zweier analogien: des duals masc., und des pl. neutr. Beim
volke ist noch die form dw'e, z. b. dw'e le<5e, neben dwa
im gebrauche.
c) Fem. Die endungen sind identisch mit denen des
neutrums: -je bei den hart-, -ji bei den palatalauslauten-
den. Die femin. auf - j e hielten sich am längsten von allen
dualformen; z. b. dw'e bapce{zwei hebammen), je (f. j6j)
r^ce (ihre hände), na ob'e strone (auf beide Seiten;
15. jahrh.), dw'e sekife (zwei äste), dw'e motyce (zwei
hauen), dw'e persone (zwei personen; 1450), dw'e se-
vere (zwei äxte; 1500), dw'e ryb'e (zwei fische), dw'e
gw'azdze (zwei Sterne), na ob'e dw'e nod|ze (auf beide
fufse), dw'e sukence (zwei röckchen; 1520), dw'e gf y wne
(zwei mark), dw'e nedzw'edze lap'e (zwei bärenpfoten),
dw'e zene (zwei frauen), ty dw'e dyjane (diese zwei
Dianen), dw'e osob'e (zwei personen), dw'e wadze (zwei
mängel), dw'e drodze (zwei wege), r$ce, nodze (fbfse),
dw'e Skodze (zwei schaden), dw'e s^sedze (zwei nach-
barinnen; 1570), glow'e o b'e (beide köpfe), dw'e äkodze
(zwei schaden), dw'e strone (zwei Seiten)* ryb'e (zwei
fische), gw'azdze (zwei Sterne), panne (zwei fräulein),
b'alegtow'e (zwei weiber; 1585), dw'e f ece (zwei flüsse),
stfale (zwei pfeile), nauce (zwei doctrinen), dw'e skale
(zwei felsen), na strone ob'e (auf beide Seiten) neben
strony ob'e, r$ce ob'e (1590), po dw'e dragm'e (je
zwei drachmen), dw'e äcypöe (zwei prisen), oKe strone
(1620), ob'e korone (beide krönen), dw'e pafe (zwei
paare), dw'e osob'e (1690), na ob'e strone, dw'e k$£-
dze (zwei bücher), dw'e slom'e (zwei strohe), dw'e po-
wadze (zwei autoritäten), dw'e godziiie (zwei stunden),
dw'e sestfe neben dw'e sostfe (zwei Schwestern), ob'e
matce (beide mütter), dw'e kolumne (zwei Säulengänge
70 Baudonin de Co arten ay
1695), dw'e panne (1700), na ob'e ströne, dw'e k$s-
dze, dw'e &ostf e, dw'e ötuce (zwei stock; 1720), dw'e
rode (zwei rotten), na ob'e dw'e strone, dw'e klodze
(zwei tonnen; 1735), dw'e wloce (zwei hufen), dw'e osob'e,
dw'e äostfe (1740) n. 8. f. Die formen auf -ji bei den
palatalauslautenden stammen dauerten nicht so lang; wenn
sie auch noch im 18. jahrh. vorkommen, so ist es dennoch
nur ausnahmsweise und sie werden mit dem plur. verwechselt:
dw'e nedzeli (zwei Sonntage), dw'e c^sdi (zwei theile,
gleich dem plur.; 1450), dw'e nedzeli (1500), dw'ekonw'i
(zwei grofse kannen; 1570), dw'e zrenicy (zwei pupillen),
dw'e nedzeli, dw'e trojf(zweiTroja's), dw'e m'ili(zwei
meilen; 1585), dw'e nedzeli, dw'e m'ili, dw'e pldi (zwei
geschlechter), dw'e smycy (zwei hetzriemen; 1695), dw'e
m'ili, dw'e ptCi, dw'e chor^gw'i (zwei fahnen; 1720),
dw'e fsi (zwei dörfer; 1730), dw'e nedzeli neben dw'e
nedzele, dw'e m'ili (1735) u.s. f. Diese form verwechselte
man später mit nom. pl. fem.: fsi, msy (messen), smycy,
zto.4<5i u. 8. f. neben fse, mse, smyöe, zlo£<5e. Sie lebt
noch als volkstümlicher ausdruck: dw'e nedzeli, aber
man spricht auch tfy nedzeli neben tfy nedzele (drei
sonntage); man fühlt also diese endung als eine mit den
numeralien zusammenhängende. Mehr verbreitet in der
Volkssprache, und noch als dual gefühlt sind andere for-
men, von hartauslautenden stammen, auf -je, diese sind
zumal in Volksliedern des reimes wegen beibehalten; doch
sind sie auch in der Umgangssprache des Volkes üblich.
So z. b. dw'e dzefcyne(zwei mädchen), dw'e pole (zwei
schöfse am kleide, nom. 8g. pota), dw'e bab'e (zwei alte
weiber), dw'e koze (zwei ziegen), dw'e kfarde (zwei
quart) u. 8. f. — Die form re.ce (hände) kommt auch in
der Schriftsprache vor; aber sie ist jetzt plural geworden,
und von irgend einer mehrheit von bänden wird niemals
r§ki, sondern nur r§ce gebraucht; r^ki existirt gar nicht
als nom. und acc. plur. — Schon im 16. jahrh. begann
man auch in Verbindung mit dw'e, ob'e den plural anzu-
wenden. Selbst dann, wenn zu dw'e zwei substantiva ge-
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 71
boren, und eines zu weit entfernt in demselben satze steht,
hört das gefflhl des duale auf, z. b. dw'e gw'azdze ne-
b'es&e raatki (nicht matce) £f$te (zwei himmlische
sterne, heilige mütter; 1520). Andere beispiele: strony
ob'e neben strone ob e (beide Seiten; 1590), dw'e uncyje
(zwei unzen; 1620), strony ob'e dw'e (1680), dw'e drogi
(zwei wege), dw'e cör&i (zwei töchter), d w'e Welke g6ry
(zwei grofee berge; 1695), dw'e kozy (zwei ziegen; 1700),
dw'e zawady (zwei hindernisse; 1720), dw'e hedzele
neben dw'e nedzeli (zwei Sonntage; 1735) u. s. w. u. 8. w.
Pronomen possessivum: r$ce sfoji (seine bände; 14.
jahrh.).
Pronomen demonstrativen; ce (diese; 14. jahrh.).
Participium praeteriti, mit dem verbum substantivum
das praeteritum bildend: he stfegle (sie wachten nicht),
le jesta m'e prew'edle i dov/edle (diese haben mich
durchgeführt und zugeführt), r$ce jego sluzyle jesta
(seine hände dienten), zamgtek i teshica nalezle (in
folge der genuscongruenz mit dem zweiten substantivum fem.
teshica, nach dem allgemeinen syntactischen gesetze sollte
sich das praedicat in betreff des genus nach dem masc.
zaui^tek richten) jesta m'§ (die Verwirrung und Sehnsucht
haben mich gefunden; 14. jahrh.), je (gen. 8g. fem. f. jöj)
r§ce 8ij (nicht jesta) byle uschle (ihre hände sind
verdorrt geworden; 15. jahrh.).
Das zahlwort dw'e, ob'e ist bis zur stunde ohne alle
Veränderung geblieben.
2) Instr. und dat. Die verschiedenen endungen die-
ses casus sind: -ama, -oma, -ima, -ema, -jema,
-ym a. Der haupttheil aller dieser endungen ist -ma,
und der vorhergehende vocal hing ursprünglich, wie es
scheint, vom stammauslaute oder vom genus ab. So z. b.
gehörte -ama ohne zweifei den femininen. Wir finden
nämlich instr. r$kama (mit zwei händen) im 14., 15. und
selbst noch im 17. jahrh. Es kommt auch ein beispiel für
diese endung im masc. vor: m'edzy dw'ema domama
(zwischen zwei häusern; 15. jahrh.). Sie unterlag aber sehr
t2 Baudouin de Courtenay
früh der analogie des masc. -oma, welches sowohl im
masc, als auch im fem. und neutr. sich zeigt, womit man
-om vergleiche, das jetzt im dat. plur. allein herrscht,
-yma und -ema sind nur phonetische Veränderungen der-
selben endutig und gehören dem neutr.; -jema kommt
beim zahlworte dw'ema, -yma nebst -ema bei adjectivis
und was damit zusammenhängt vor.
Der dativ hat viel früher seine duale endung aufge-
gegeben, als der instrumental. Vom dativ finden wir sehr
sparsame beispiele: masc. onyma dw'ema bradericoma
(jenen zwei brüdern), ob'ema sfyma panoma (seinen
beiden herren; 15. jahrh.), dw'ema grosoma (den zwei
groschen) neben zemanom dw'ema (zweien landedelleu-
ten; 1500) und dw'ema zwolenikom (zweien anhängern;
1520) u. s. f.; fem.: ob'ema stronoma (beiden Seiten;
1500) u.s. f.; kein neutr., kein oeyma, usyma, sondern
nur plur. ocom, usom. Am längsten hielt sich der dativ
beim personalpronomen nama (uns beiden), wama (euch
beiden), und (bis zur stunde) im zahlworte dw'ema, ob'-
ema oder dwoma, oboma. Der entwickelungsgang des
instrum. ist reicher, mannichfaltiger und länger (die oben
angeführten boispiele auf -ama mitgerechnet), masc:
dw'ema zakonoma (mit zwei gesetzen; 14. jahrh.),
dw'ema pfys^ziiikoma (mit zwei vereideten), dw'ema
sfatkoma (mit zwei zeugen), dw'ema woloma (mit
zwei ochsen), se dw'ema paropkoma (mit zwei knech-
ten), se dw'ema dzestoma gfyw'en (mit zwanzig« mark
1450; 1500 schon: ze dw'ema dzesty instr. plur.), ze
dw'ema sfatkoma, dw'ema woloma, ze dw'ema
celadnikoma (mit zwei gesellen), ze dw'ema rydloma
(mit zwei spaten; 1500), medzy dw'ema totroma (zwi-
schen zwei gaunern), m'edzy dw'ema clowekoma (zwi-
schen zwei menschen), dw'ema strum'enoma (mit zwei
strömen), dw'ema dr$goma (mit zwei Stangen; 1520)>
dw'ema narodoma (mit zwei Völkern), dw'ema rogoma
(mit zwei hörnern; 1560) u. 8. w.; fem.: dw'ema nedie-
loma (mit zwei Sonntagen), m'edzy dwoma dzedzi-
einige fälle der Wirkung der änalogie in der poln. declination. 73
noma (zwischen zwei erbgötern), ze dw'ema stugoma
(masc. mit zwei dienern), dw'ema ranoma (mit zwei wan-
den; 1500), r^koma wlasnyma (mit eigenen händen),
m'edzy r$koma (zwischen den händen) neben r^kämi
pariensKimi (mit den Jungfräulichen händen; 1520),
dw'ema fekoma (mit zwei Aussen; 1580), ob'ema r$-
koma (mit beiden händen; 1590) u. s.w.; neutr.: pfede
dw'ema latoma (vor zwei jähren; 1500), ocyma (mit den
äugen), usyma (mit den obren) beide seit dem 14. jahrh.
bis zur stunde; ocema (1680, 1730), usema (1660), noz-
dfema (mit den nasenlöchern; 1590, 1680), plecoma
8fojima (mit seinen schultern; 14. Jahrb.), s plecoma
serokem'i (mit breiten schultern; 1590), 8 pryp'econemi
jajoma (mit den angebackenen boden, testibus, vor 1700)
u. ä. Hier aber begann die änalogie des plurals auch sehr
früh (im 15. jahrh.) einzuwirken: masc. 8 koiimi dw'ema
(mit zwei pferden; 1590J, dw'ema w'efcham'i (mit zwei
gipfeln; 1650), z dw'ema w^zam'i (mit zwei schlangen;
1700), m'edzy tem'i dw'ema zakonam'i (1730) u. s. f.;
fem. m'edzy dw'ema dz e dz in am' i (zwischen zwei erb-
gütern; 1450), m'$dzy dwoma fekam'i (zwischen zwei
Aussen; 1590) u. 8. f. Aber der instr. dualis schwand nicht
ohne widerstand zu leisten und selbst einige spuren seiner
änalogie zu hinterlassen. Aufser den eigentlichen dualen:
plecoma, nozdfema, ocyma, usyma, r$koma u.s.f.
finden wir im 17. jahrh. als plural z^boma: zgfytal z$-
boma (er knirschte mit den zahnen; 1660), in folge des
zasammenhangsgefühls mit numeralien: pfed 4ma nedze-
loma (vor vier wochen; 1690), bei den neuesten Schrift-
stellern neben ocyma, uäyma, plecyma (echter dual)
auch plural oknyma (mit den fenstern), wrotyma (mit
dem thore), fschodyma (mit den treppen), ustyma (mit
dem munde), sf$tyma (mit den feiertagen) u. s. w. neben
den häufigeren plur. : ocam'i, uöam'i, plecam'i, ok-
nam'i, wrotam'i, fschodam'i oder schodam'i, ustam'i,
sf$tam'i und neben okny, wroty, fschody, usty,
$f§ty, selb st ocy, usy (cf. oben instr. pl.). In volkslie-
74 Baudonin de Courtenay
dem kommen neben den eigentlichen dualformen auch solche,
nach der analogie des duals gebildete instrumentale plur. ,
(des reime 8 wegen und in folge der attraction) vor, ähfr j
lieh wie im böhmischen, z. b. federn rudern f$doma]
za ob'ema stotoma (der eigentliche dual, masc; in der 1
reihe in der reihe in den reihen hinter den beiden tischen), Ä
in'^dzy dw'ema topoleckoma (femin., zwischen zwei 1
pappelchen), o m'^dzy dwoma göreckoma b'ezy woda
struzeckoma (beide fem., o! zwischen zwei berglein läuft
das wasser in den Aufsehen). — Die jetzt gebräuchlichen
r^koma, uäyma, oeyma sind keine duale mehr, es sind
der bedeutung nach lauter plurale, neben den eigentliches j
pluralformen, r$kam'i, usani'i, ocam'i, üblich.
In der älteren spräche begegnen uns auch beispiele -
des dat. instr. dual, von adjeetiven, possessiven fÜrwörtern ?
und ähnl.: dat. onyma dw'ema bralencoma (jenen zwei (
b rüdern), ob'ema sfyma panoma (seinen beiden herren;
15. jahrh.), dw'ema sob'e röwnyma (zweien sich glei-
chen; 1500); instr. r^kama m oj i m a (mit meinen bänden), , '
pfed oeyma myma (vor meinen äugen), pfed oöyma :
tfojima (vor deinen äugen), pfed oeyma gospodno-
wyma (vor den äugen des herrn), usyma nasyma (mit $
unseren obren), plecoma sfojima (mit seinen schultern; j
14. jahrh), sfyma r^kama (mit seinen händen), dw'ema l
sf'atkoma lepsyma albo znam'enitsyma i star-
syma (mit zweien besseren oder vornehmeren und älteren
zeugen; 1450), dw'ema röwnyma (mit zwei gleichen;
1500), r^koma wlasnyma (mit eigenen händen), f$*
koma sfojima, tfyma r§koma (mit deinen händen) ne-
ben r^kämi paneriskem'i (mit den jungfräulichen hän-
den), sfyma oeyma, pfed tfyma oeyma, myma
ceyma (mit meinen äugen), pfed oeyma waäyma (vor
euren äugen), krfawyma oeyma (mit blutigen äugen;
1520), oeyma sfema (1570) u. s. w., aber schon im
16. jahrh. neben den pluralen formen (r^kami panen-
skem'i), und nicht über das 16. jahrh. hinaus.
Was die numeralia dwa, oba betrifft, so scheint ihre
einige ftllle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 75
ursprüngliche dativ- and instrumentalform dw'ema, ob'-
ema für alle genera zu gelten. Diese formen leben bis
|etzt fort, sind aber, besonders als dativ, in sehr seltenem
gebrauche; z. b. dat. masc. onyma dw'ema braden-
coma, ob'ema sfyma panoma (15. jabrh.), dw'ema
groäoma, dw'ema sob'e röwnyma, zem'anom dw'e-
ma (1500), dw'ema zwolenikom (1520), ob'ema
(1590), bfegom dw'ema (den beiden ufern; 1680),
tym dw'ema bradi (diesen zwei brüdern), ob'ema (1730)
n.s. f., noch heute z. b. ob'ema oder dw'ema panom
(beiden oder zweien herren) ; fem. ob'ema stronoma(den
leiden Seiten; 1500) u. s. f., noch heute: dw'ema dzef-
cynom (zweien mädchen), ob'ema stronom u. 8. w.; als
instr. werden dw'ema, ob'ema häufiger gesprochen und
geschrieben, doch nicht ausschliefslich. Daneben bildete
sich im 16. jahrh., vielleicht nach analogie der substantiva
in folge der congruenz, die form: dwoma, oboma, z. b.
m'§dzy dwoma fekam'i (zwischen zweien flössen) neben
ob'ema r$koma (mit beiden händen; 1590), krölewi-
com dwoma (den zwei kronprinzen) u. ä. ; und jetzt ist
diese form häufiger als jene. Manche wollen damit masc.
und neutr. vom fem. unterscheiden (dwoma masc. neutr.,
dw'ema fem.), aber es ist nicht in der bisherigen entwik-
kelung der spräche begründet. Für den dativ ist jetzt
anstatt dwoma die form dwöm (dwum), durch den ein-
flufs des dat. plur. (und des tfem, cterem) entstanden,
die gewöhnlichste; instr. hat dwoma, dwuma (nach ana-
logie von dwu und dwuch), dw'ema. Daneben blüht
und hat grofse aussieht sich künftig zu erhalten die aus
dem genit. und loc. entlehnte endung u, sowohl im dativ
als auch im instr.: dwu, obu (cf. unten). Dafür aber
wird jetzt -oma (oder -ma) als instrumentale endung der
numeralia und der damit zusammenhängenden Wörter gefühlt,
und man sagt ftkr älteres tfem'i, ctyrm'i oder cterm'i
— tfema (mit dreien), cterema (mit vieren), ferner:
p'^coma (mit fünfen), sesdoma (mit sechsen) u. 8. f.
dzes§coma (mit zehnen), jedenastoma (mit eilfen, alt:
76 Baudouin de Coartenay
jednym od. jedna. na sde), dwunastoma(alt: dw'ei
na sde, mit zwölfen), tfynastoma (alt: trem'i na
mit dreizehn) u. s. f., äesnastoma (mit sechszehn) o.a.
dwudzestoma (mit zwanzig, alt: dw'ema dzestoma
dwema dzesty), p'$dze&$coma (älter: p'^la. d£e£aj
mit 50) u. 3. f., Stoma (mit 100, älter: 8tem); di
v/eloma (mit vielen), Kilkoma (mit einigen) u. ä, nel
dwu (nicht aber tfu, cteru), p'e<5u, äeslu u. s. f., sti
v/elu u. 6. f. und neben: p'$da., &e&6§ u. 8. f., selbst: ji
denast^, dwudzesta., p'$dze£$la., kilka., w'ela, u,&{
(8. unten); dat. dw'ema, ob'ema neben dwum (dw6
obum (ob 6m fast ungebräuchlich), entstanden nach
logie des tfem, cterem und des dat. plur.; von and(
fast ausschliefslich die dativform auf u: p^cu, dze£$öi
jedenastu, dwudzestu, stu u. s. f., kilku, v/elu
ben w'elom u. 8. w. (cf. unten).
Der dual vom pronom. personale ist in der schrü
spräche schon ausgestorben (im 17. jahrh.): dat. na w\
(1585, 1610), instr. nama ob'ema (1520), m'^dzy naiaf
neben nad ob'ema nam'i(1590), dat. jima (ihnen bei«
15. jahrh.). Noch jetzt spricht das volk mancher
den instr. woma (= wama).
3) Gen. und locat. Die endung ist bei beiden
für alle genera -u. Sie wich aber der analogie des
rals, wenige spuren, obgleich der bedeutung nach
nicht echt dualisch, ausgenommen. Die beiden casus
fuhren dieses Schicksal nicht gleichzeitig. Froher vi
schwand der loc. dual, als der gen. dualis, ähnlich wie
dativ dem instr u mentalis voranging. Beispiele für den
masc. o dwu apostolu (von zwei aposteln), we d
wohl (in zwei ochsen; 15. jahrh.), o dwu glosu (?4P
zwei stimmen; 16. jahrh.), o dwu dluzniku (von zWffc
Schuldnern), po dwu dnu (nach zwei tagen; 1520, 1&7$
u. 8. f.; neutr. na dwu malu m'astku (auf den zwei kW
neu Örtchen; 15. jahrh.), po dwu la tu (nach zwei jähren^
1450, 1500), we dwu latu (1500), w ocu naäu (in WK
sern äugen; 14. jahrh.), w ocu mojich, w ocu tfyolfT
einige Alle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 77
iriben w oöach, w uöu, pfy uäu (1585), w obu tych
pfejscu (in diesen beiden orten; 1590), w ocu neben w
|iach (1610), w oöu (1660, 1680), w uäu neben w ocach
jt680) a. s. w.; fem. w r$ku tfoja (in deinen händen),
|r r^ko sfoja, w moju r$ku (14. jahrh.), w sfu r$ku,
W rqkn pogaäsKich (in heidnischen händen), f tu to
iwu Äedieln (in diesen zwei wochen; 15. jahrh.), we
Iwu iem'n (in zwei ländern); we dwu nedzelu neben
gen. do dwu nedzel (1500), w obu f$u (in beiden dör-
fcrn; 1505), w obu r^ku (1570) u. s.w. Aber im 17.jahr-
kndert hört dies vollkommen auf; die Vertretung durch
üen plural beginnt schon sehr früh: we dwu woloch (in
iwei ochsen; 1505), we dwuch kosdolach (in zwei
Iprchen; 1700), na tych dwuch koncach (auf diesen
iwei enden; 1720), we dwu m'es^cach (in zwei mona-
ten; 1730) u.s.f., w ococh (1550, 1570), o tfech uchoch
(vom stamme uch-, nicht uä-; 1570), w ocach neben
w ocu (1585, 1610), na uöach (1630), w ocach neben
w uöu (1680) u. ä.; na mojich oder sfych r$käch ne-
ben na sfych r$ku (1520), po dwu dragmach (zu
zwei drachmen; 1620) u. s. w. Jetzt, wo man noch ganz
gewöhnlich den gen. uäu, ocu braucht, darf man den lo-
cativ nicht so bilden, indem man ihn durch die nach ana-
logie des plurals von demselben stamme oc-, us- gebilde-
ten und allein geltenden formen w ocach, w usach er-
setzt wr^ko wird als locativ gebraucht, aber nicht mehr
als dual, sondern vielmehr als sing. loc. masc. gefohlt (über-
springen in anderes casus-, genus- und zahlgefühl), indem
man: na r$ku prawym (auf der rechten hand), w mo-
jitt r$ka (in meiner hand), w r$ku tfym (masc, als
ob noin. sing, r^k oder r^k wäre) neben loc. fem. r$ce
spricht. Loc. plur. (nebst dual) heilst: r$kach fem., z. b.
w mojich r^kach. Nur des Ursprungs der form r$ku
bewturte oder archaisirende schreiben und sprechen: w mo-
jich r$ku als dual, w r$kach als plur. und w r$ce
ab sing. R$ku aber als genit. plur. wird allgemein ge-
braucht neben häufigerem ra.k. — Beispiele für den ge-
78 Baudouin de Courtenay
nitiv, der aus syntactischen gründen bei den persönli*
Substantiven masc. gen. auch den acc. (der entwickele
gang dieses acc. dual, ist vom -a zu -u, und vom -u
-öf -6w) ersetzt: masc. se dwu rodu (aus zweien
schlechtem), se dwu klejnotu opcu (obcu; ans z\
fremden kleinoden), dwu celedniku (zweier gesellen]
dwu celadzinu (dass.), dwu wolu (zweier ochsen), pf<
(= bes)dwu kfartniku (ohne zwei accisebeamten), dwi
dze£$tu (der zwanzig; noch gesondert, jetzt contn
dwudzestu; 1450), dwu wolu (zweier ochsen), dwi
pacholku (zweier burschen), dwu dostojniku (zwei
Würdenträger), dwu grosu (zweier groschen) neben dwi
dostojniköf, dwu celadniköf, dwu gfätköf (zwew
zeugen; 1500), dwu w'epfu (zweier borche), dwu m'e*
s^cu (zweier monate; 1505), dwu zwoleniku (zwei«
anhänger), dwu synu (zweier söhne), dwu onych lotri
(jener zwei gauner), dwu ariolu (zweier engel; 1520]
dwu grolu, dwu wolu, dwu tys^cu (zweier tausende)
dwu synu (1570*), dwu uf^du (zweier ämter), dwi
ra^zu (zweier gemahle), dwu synu (1585), dwu koti
(zweier katzen), dwu bogu (zweier götter), dwu kupki
(zweier becher), dwu wolu, obu pfodku (beider vori
ren), dwu scyp'ijonu (zweier Scipionen; 1590) u. s,
neutr. ocu moju, ocu tfoju, skfydlu tfoju (deiner fll
gel; 14. jahrh.), dwu latu (zweier jähre; 1450) u. 8. f.{S
fem. r$ku (14. jahrh.), obu fsu (beider dörfer), dwu köpft!
(zweier schocke), obu stronu (beider Seiten; 1450), ohjfi
dzedzinu (beider erbgüter) neben dwu nedzel (zweier
wochen; 1500), r$ku (1590) u. s. f.
Plurale form, diesen dualgenitiv vertretend: dwu öe*,
ladniköf, dwu £fatköf, dwu dostojniköf neben dwu
dostojniku, dwu pacholku, dwu wolu (1500), tyek.
dwuch punktöf (dieser zwei puncte; 1720), dwu Wqihbf
(zweier gefangenen ; 1740) etc.; dwu lat neben dwu laU
(1500), dwu <5al (1570) u. s. f.; dwu nedzel neben lov
we dwu nedzelu und gen. z obu dzedzinu (1500)
u. s. f. — Gegenwärtig sind noch folgende reste des gefti
einige Alle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 79
* dualis bei Substantiven vorhanden: r$ku als plural neben
* häufigeren r$k (locativ r$ku gilt als singular) und usu,
* ocu neben häufigerem, nach der analogie des gen. pl. masc.
" (s. oben) gebildeten ocof, uööf, und neben seltnerem, der
1 analogie des gen. pl. neutr. folgenden 6c, uä.
* Beispiele des loc. gen. dual, von adjectiven, nebst pro-
* nomen demonstr. und possess.: loc. w oöu nasu (14. jahrh.),
*■ na dwu mala m'astku (auf den zwei kleinen Örtchen;
* 15. jähr h.), wraoju r^ku, w r$ku tfoju, wr§ku sfoju
** (14. jahrh.), f sfu r§ku (15. jahrh.) u. 8. f., aber sehr früh
" vom plur. verdrängt: w r$ku poganskich (15. jahrh.; in
»• heidnischen händen), na mojich r$kach, na sfych r§-
käch, na sfych r$ku (1520), w oöu mojich, w ocu
tfych (1585) u. s. f.
gen. (acc.) wv/es<5 dwu staräu sfego rodu, a
drugu dwu drugego rodu po madef y, a tfedu dwu
(acc.) tfelego rodu (einfahren zwei ältere seines Stam-
mes, und zwei andere anderen Stammes nach der mutter,
und zwei dritte dritten Stammes), dwu lepäu i starsu
' a 86 dwu rodu dwu lepsu (acc. zwei bessere und
- ältere und aus zwei stammen zwei bessere), se dwu
klejnotu opcu (aus zwei fremden kleinoden; 1450), dwu
tfe<5u (zwei dritte) neben wv/es<5 dwu Btarsych ....
(1500 id. ac 1450), ocu moju, ocu tfoju, skfydlu
tfoju (deiner flögel; 14. jahrh.), moju r$ku, r^ku tfoju,
r$ku sfoju, r$ku lucku (d.i. ludzku) (der menschli-
chen Bände; 14. jahrh.) etc.
Pronomina personalia : n aj u (noch im 1 6. jahrh., unser
beider), waju(euer beider): ktöryz waju obu näsiliiäj
um'ilowal (1520; wer von euch beiden hat am stärk-
sten geliebt) u. s. w. Beim volke mancher gegenden lebt
waju noch heute, z. b. z waju, kumo> &$ sm'ej^ (über
euch, gevätterin, lacht man).
Numeralia dwa, oba: die ältere und ehemals allein
giltige form für beide casus, loc. und gen. (respective acc),
and alle genera ist dwu, obu (die beispiele siehe oben).
Im 17. jahrh. entstand durch anlehnung an tfech, cte-
SO Baudouin de Courtenay ,
rech die form dwuch, obuch, z. b. z obuch stron i
(von beiden sehen), tych dwuch pon$t (dieser beiden ^
reize), w dwuch dalach (in zwei körpern; 1690), we
dwuch koscolach (in zwei kirchen), na tych dwuch \
koncach (auf diesen zwei enden; 1720) neben we dwa|
m'esgcach (in zwei rnonaten; 1730), dwuch nacyji
(zweier nationen), z obuch stron (1720), tych dwuch j
punktöf (dieser beiden punkte; 1720) u. s. £ Diese form J
dwuch, wie wir sehen, hat zwei endungen: 1) -u, 2) -eh.
Daraus bildete sich nach analogie des dat. instr. dwomaJ
dwom (als ob dwo- stamm wäre), mit Verwechslung des \
u mit o dwoch oder d wo ch (jetzt von dwuch ganz und
gar nicht lautlich zu unterscheiden, cf. dwom = dwum), ^
z. b. po dwoch lelech (nach zwei jähren), oboch (bei- \
der) u. s. f. Alle diese formen: dwu, dwuch, dwoch \
obu, obuch, oboch leben bis zur stunde fort, nur wer-
den obuch und oboch sehr selten gebraucht; dwoch j
kommt auch im kleinrussischen vor. 4
Diese endung -u des gen. loc. dual, ist jetzt sehr ge~ {
bräuchlich und zwar mit ganz anderer bedeutung. Von i
diesen Zahlwörtern dwu und obu erstreckte sie sich auf .4
andere Zahlwörter und Wörter, die sowohl zu den zahl* Jj
Wörtern, als auch zu den unbestimmten fürwörtern gezahlt i
werden können, und, allen casus dienend, ist sie eine all- i
gemeine, generelle endung der unbestimmten förwärter und i
Zahlwörter geworden. Da dies in folge des gewaltigen {
überspringens in andere kategoriengefühle geschehen ist, i
so will ich diese erscheinung im dritten und letzten ab- I
schnitte meines aufsatzes behandeln. ,
. i
m. Überspringen in ein anderes kategorien- '
(casus-, genus- und zahl-) gefühl.
Die betrachtung der historischen entwickelung der
dualformen und ihres einflusses auf die neubildungen der
polnischen spräche hat uns schon manche beispiele dieser -
erscheinung geliefert (die Vertretung des duals durch den :
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 81
plnral fallt nicht in diesen hereich, weil hier eine ganze
kategorie zu gründe geht):
1) fem. r$ce, r^koma, r$ku (gen.), neutr. oöy,
Häy, plecy mit ihrer ganzen declination werden jetzt nur
als plural gefehlt;
2) loc. dual. fem. r$ku ist loc. sing, raasc. (? neutr.)
geworden, z. b. na r$ku prawym (auf der rechten band,
ah ob der nom. sg. r$k oder r$k wäre);
3) acc. nom. dual, neutr. lerfe wird von manchen als
*Üe in Verbindung mit numeralien zu brauchende plurale
<brm gefohlt;
4) dwuch entstand nur in folge des vergessens der
ursprünglichen bedeutung von dwu, und diese bestimmte
flbrm dwu ist zum thema herabgesunken, um bestimmteres
*Iwueh zn bilden.
Betrachten wir jetzt die Veränderungen, welche durch
den einflufs des -u des gen. loc. dual, in riesenhafter aus-
Dehnung entstanden sind. Sie alle betreffen nur die die
pobstantiva bestimmenden Wörter, und nicht die substantiva
tolbst. Dm sie zu verstehen, müssen wir noch eine andere
kaft, die sogenannte attraction, hinzunehmen. Man
Hinfs diese hier in betracht kommende, so zu sagen, wör-
fterzusammenhangsattraction von der syntactischen oder
jfcatzbauattraction unterscheiden. Diese unsere attraction
fat nichts anderes, als eine innere congruenz des bestimm-
te* und bestimmenden, des subjeets und prädicats, des Sub-
stantivs und adjeetivs, des Substantivs und verbums, und
jjüese innere congruenz erzeugt sehr naturgemäfs auch die
[fealsere congruenz. Es ist die congruenz, welcher die ad-
Jectiva ihre casusendungen , die verba ihre zahlen und
manchmal ihre genera verdanken. In folge dieser, schon
Äheilweise ins gebiet der syntax gehörenden und dort näher
m untersuchenden kraft entstund folgendes.
1) Die Zahlwörter \>'q6 5, ses<5 6, sedem 7, osem 8,
zew^^d 9, dieiq6 10 sind ursprünglich substantiva ab-
ta fem. gen., und wirklich kommen im älteren polnisch
ausschliefslich formen vor, wie gen. loc. dat. p'<?li,
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 1. 6
82 Baudonin de Courtenay
sesci, sedm'i u. s. f.; instr. p'e<$J*, ses<$i|, Sedra'3 u. &w^
was man manchmal noch heute zu tage hören kann. AlWl
syntactischen beziehungen also drückte man an diesen sah]
Wörtern aus, und das substantivum trat nur als ergänzm
dazu, z. b. dal to p'^li (dat.) paropköf (er hat es fai
knechten gegeben), pojechal s p'$Ö3 (instr.) ludzi (<
ist mit fünf leuten gefahren), oltafe sw'eo sedm'9 jasi
(die altäre durch sieben lichter hell) u. s. f. Allmäbl»
aber trat das gefuhl ein, dafs dies beziehungen nicht d<
Zahlwortes, sondern des Substantivs seien, und dafs
zahlwort eigentlich nur die rolle der näheren bestimmmi
spiele. Darum fing man an, die Casusbeziehungen am si
stantivum auszudrücken. Da, wie sich von selbst versl
diese sustantiva im plural stehen müssen, so versetzte
in folge der inneren congruenz auch die sie näher bestu
menden Zahlwörter in den plural und sagte: instr. p'$öo
(die duale, plural und numeral gewordene endung) ludzi
(mit fünf leuten), und andere casus nahmen vom dual
jetzt numeral gewordene allgemeine endung -u an:
p'$<5u ludzom (den fünf leuten), gen. p'q6u ludii,
p'$<5u ludzach und selbst instr. p'$<5u ludzm'i n<
p'$doma ludzm'i u. s. f. Nur wenn das zahlwort al
steht, kann man den nach der analogie des plurals
deten dativ p'^om, dzes^öom (dzesa^om) u. fr;J
brauchen. Hier sind fem. sing. p'$l u. s. f. zu pli
geworden, so dafs man selbst im nomin. bei persönlk
masculinis nicht den nominativ, welcher ein Singular
sondern nur den gen. anwendet, z. b. p§cu ludzi pfyi
(fünf leute sind gekommen), und dieser gen. plur. wh
beziehung zum prädicat wieder als nom. sing, neutr. geftl
jedenastu, dwudzestu, stu u. s. w. ludzi pfyäto(l
20, 100 u. 8. w. leute sind gekommen).
2) Die Zahlwörter von 11 — 19 sind durch verbini
der Zahlwörter 1 — 9 mit 1 0 mittelst der präposition
entstanden, und wir finden in der älteren spräche n<
gen. jednego na sde (der 11), dwu na s6e (der II
loc. f pV* na sde (in 15) (sde f. dzes^de, altbulg.
einige Alle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 83
t$te u. 8. f. und selbst ordinalia: f p'^tym na &6e (in
Ümd fünfzehnten), w ösmy m na £<5e (in dem achtzehnten)
i.8.f. IndwunaSde fand eine Wirkung der attraction
lies zweiten gliedes an das erste statt, und aus dwu na
(de entstand dwunastu, jetzt die allgemeine form für
alle casus, und nach dieser analogie bildeten sich jede-
ftastu 11, tfynastu 13, cternastu 14 u. s. f. dzew'^t-
fcastu 19, kilkunastu (einige über 10). — Aehnlich
fcaben wir nach analogie des dwudzestu 20 für alle oa-
tae tfydzestu für trech dze£$t 30, p'$dzes$du für
gfali dzes^t 50 etc., dzew^dzeä§<5u 90, im instr. ne-
ben dwudzestoma (ze dwudzestu oder dwudzestoma,
mü 20), tfydzestoma, p'$d£es$<5oma, dzew^dze£$-
#oma, und im dat., aber höchst selten, dwudzestom,
tfydzestom, p'$dze&$<5om, dzew'$dze£$dom. — Die-
ses allgemeine beherrschtwerden der numeralia durch die
fndung -u, und noch specieller die echt duale form dwustu
000, wirkte auch auf die hunderte ein und so sagen wir
jfn Verbindung mit subst. für alle casus) stu (od lat stu,
jpit 100 Jahren) für und neben gen. sta, dat. stu, instr.
|piem (aber in anderer bedeutung, mehr concret), tfystu
H00 für und neben gen. tf ech set, dat. tf em stom, instr.
Etama stam'i (tfem'i sty), loc. tf ech stach, cterystu
X) neben öterech set u. s. f. Daneben instr. Stoma,
wustoma, tfy8toma u.s.f. und im dat. sehr selten und
H«t ungebräuchlich stom, dwustom, tfystom u. s. f.,
yber nur p'$luset 500, äeSduset 600 u. s. f. Wir sehen,
iflrä hier sto, anstatt als neutr. sing., als numeraler plural
^rf&hlt wird.
c 3) In obojgu, dwojgu fliefst der loc. sing, von nom.
_fbojgo (beide), d wojgo (zwei) und die allgemeine numerale
utd plurale endung -u zusammen (cf. r$ku). Nun aber ist
form für alle casus gesichert und wird neben gen.
bojga, dwojga, instr. obojgem, dwojgem gebraucht.
4) Ganz ähnlich verhält es sich mit tyle (alt tylo,
viel), w'ele (contrahirt; viel) und kilka (alt Kilo,
ilko, einige). Es sind ursprünglich neutr. sing, und
6*
einige flüle der wirtftng der analogie in der poln. declination. 85
ibi8. L Dafür aber tagt man jetzt: gen. masu pf edru'-o-
(ki£ (einer menge von gegenständen), loc. w masu pf ed-
pfotach, dat. masu pfedm'otom, instr. masu pfed-
l^otami. — Ebenso do paru mlodych ludzi (zu ein
|aar oder einigen jungen leuten; do pary mlodych ludäi
pp dann, wenn man von zwei Individuen ungleichen ge-
ppMechtes spricht), na paru konach (auf ein paar pfer-
Ifen), seltener na pafe koni (bestimmter gesagt).
,i Alle diese zahlreichen Übergänge und tief eingreifenden
■Hinderungen bewirkte der einflufs des duals, ausgebend
ipi den Zahlwörtern dwu, obu, unter ihn begünstigenden
■«ständen. Es giebt noch eine scheinbar eben so seltsame
qm den Zahlwörtern stammende analogie, nämlich:
»* 6) Instr. auf -3. Wie schon oben gesagt, sind die
meralia 5 — 10 feminina abstracta und bilden eigentlich
hm instr. eben so, wie andere Substantivs fem. gen.: p'^c^
*r dies $03, Diese formen erlitten theilweise beschränkung
iblge der einwirkung der analogie von dwu, obu.
destoweniger sind die formen p'$cq — dzes$c$ ganz
gar nicht vollkommen aufgegeben, sie werden noch
big gebraucht. Ja noch mehr, sie vererbten sich auf
re numeralia und mit diesen zusammenhängende Wörter
demzufolge entstanden instrumentale, wie jedenast?
dwunast^ 12 u. s. f., kilkanastq oder kilkunastq
it einigen über zehn), dwudzest^ 20, trydzest$ 30
s»f., stq 100; Kilk^, w'elc|, ty lq, entweder den be-
sausdruck am Substantiv gar nicht störend (z. b. z
\ ludzm'i mit vielen leuten, pfed kilk$ laty vor
en jähren, pfed tyl$ m^zami vor so vielen männern),
als instr. vom nom. sing. fem. jedenasta, dwu-
ta, sta, Kilka, w'ela, tyla gefühlt und das
tiv als eine ergänzung im gen. plur. (z w'el$
ii, pfed tyls, wel^, Kilk^ u. s. f. lat; cf. p'ec$
und pars koni oder par$ konm'i). Gegen diese
sträuben sich alle polnischen grammatiker, da die-
ihnen unverständlich, uncorrect, unregelmäfsig, „un-
oh" zu sein scheinen. Die Wirklichkeit spottet je-
86 Baudouin de Courtenay
doch des eifere der Schulmeister; schon im 17. jahrh. in»
den wir zahlreiche beispiele dieser formen, and ihr entsfe*
hen kann man sehr leicht erklären.
Noch einige andere falle des überepringens in ein
deres kategoriengefühl sind:
1) Die ehemaligen collectiya neutr. gen. (contrahk
anf -je), z. b. lerne (dornstrauch), gwozdze (nägelj
kam'ene (gestein, aus kam'enije), w$gle (kohlen) u.s«i
sind in den plural übergesprungen. Noch im 14. ja
lesen wir z. b. w$gle rozglo se jest od nego (
kohlen sind durch ihn angezündet). Nun beginnen z\
factoren einzuwirken: 1) der syntactische, da nämlich
substantiva, obgleich der form nach singular, nur die mel
heit ausdrücken; denken wir an die syntactische ei
nung, dafs Wörter, wie volk, regiment u. s. w. in
sprachen (z. b. griech., lat., altbulg., russisch u. s. f.)
prädicat im plural bei sich haben; 2) die vollkomnu
ähnlichkeit und auch das zusammentreffen in der fei
(z.b. kam'ene collect, und plur. yon sing, kam'en, gwo«
dze collect, und plur. von gwozcjz; dasselbe gilt ▼<
cerne und w^gle) mit dem nomin. plur. der weichi
lautenden stamme. Demzufolge, obgleich man noch kf <
(blumen), zboze (getreide) u. 8. f. als sing, fühlt
demgemäß declinirt, fühlt man doch kam'ene, gwoid
cerne, w§gle nur als plur. und declinirt darnach. —
diesen collectiven gehört, aller Wahrscheinlichkeit
auch noch das wort ludze (menschen). Cf. w'ele,
w'ela neutr. sing., und später sing. fem. in w'el$,
numerale in w'elu, w'eloma, w'elom. -i
2) Von den femin. collect, älachta (edelleute), braci
(gebrüder), ks§2a (priesterschaft) ist nur s lacht a bei seind
alten declination und kategorie geblieben. Ks$za ist ji
vollkommen in den plural übergesprungen, und hat bis
den nom. ks§za (aber auch als plur. gefaßt: nicht t a kä$i
sondern ci ks^za) masc. pluralendungen angenomi
gen. (acc.) ks^zy (mit dem gen. sing. fem. gleichlaute]
dat. ks^zora (alt. sing. fem. ks$zy), instr. ks$zm'i (i
r
I
r
I
r ■
einige Alle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 8?
•g. f. ks$z$), loc. (o) ks$zach (alt. 8g. f. k&qij oder
- ks$zej, cf. oben beim gen. sing. fem.). — Brala schwankt
\ und nimmt bald die form des mase. plur., bald die des
^iem. sing, an: nom. ci braca (also als plural gefühlt), gen.
* bradi (gen. fem. 8g. und pl. masc, zusammengeflossen), dat.
jevbraci oder bradom (1728: tym dw'ema bradi); acc.
^b gen., instr. bradm'i oder bra<5$, loc. o braci oder o
bracach (1570: o tych dwu bracej). Das übergewicht
ist aber entschieden auf der seite des masc. plur.
3) pojutfe (übermorgen) ist aus dem loc. sing, (po-
-jutfe) ein nom. sing, geworden und wird im Sprachge-
fühle zu den contrahirten gerechnet.
4) Das wort skurwysyn = 8 kurwy syn bedeutet
i_ wörtlich: ex meretrice filius; 8 ist präposition (ex),
jpttknrwy gen. sg. fem., syn nom. 8g. masc. Nun fühlte man
r^skurwy als adjectiv (nom. sing, masc.) und bildete im
17. jahrh. den gen. skurwego syna, dat. skurwemn
rsynow'i u. s.w. Heutzutage sind meines Wissens nur for-
men wie skurwysyna, skurwysynow'i im gange.
5) Stuka m'$sa (ein stück fleisch) besteht aus nom.
§g. f. stuka und gen. sg. n. m'$sa. In folge der attraction
aber wird auch m'^sa als nom. sing. f. gefühlt und gen.
itu&i m'$8y neben dem in ein wort zusammengeflossenen
stukam'$sy gebildet (cf. w'elkanoc ostern, acc. ehemals
w*elk$ noc, jetzt nur w'elkanoc, gen. w'el&ejnocy od.
/W'elkanocy u. 8. f.; tydzen woche, bei welchem der ge-
mtivstamm tygodn- allen andern obliquen casus zu gründe
Hegt).
i
Ich habe im vorstehenden die Wirkung der analogie
in der polnischen declination keineswegs erschöpft, sondern
nur angedeutet. Untersucht man genauer, so werden sich
noch zahlreiche fälle der analogie finden. Ich erwähne
nur die weitgreifende anlehnung der pronominalen declina-
tion an die adjectivische.
88 Baudouin de Courtenay, einige fl&e der Wirkung der analogie etc.
Schließlich möge noch eine allgemeine bemerkung
über die aoalogie platz finden.
Aus meiner ganzen darstellung erhellt:
1) data jeder casus von jedem substantivum in po-
tentia alle endungen hat, die in der spräche leben, um
die diesem casus entsprechenden beziehungen auszudrücken.
Ueberwiegt nur eine gewisse analogie, gleich tritt an die
stelle der einen endung eine andere, früher diesem casus
gar nicht zukommende. — Gröfsere aussiebt sich zu er-
halten haben hierbei die an anzahl überwiegenden formen,
formen die sich häufiger in der spräche wiederholen, die
stets gebraucht werden, deren analogie überwiegend ist;
denn die Wiederholung der eindrucke macht diese stärker
und fester haftend. Es kann so geschehen, dafs eine ge-
wisse analogie die erhaltung seltnerer formen begünstigt
and selbst neue kategorien für sie schaffit. — Bei alledem
strebt das volk nach Vereinfachung der sprachlichen for-
men, deren nothwendigkeit es nicht mehr fühlt.
2) Nur dann ist die wirkung der analogie ermöglicht,
wenn es gewisse berührungspunete und Übergänge von
einer wörterkategorie zur andern giebt.
Zuletzt fragt es sich, wie sollen wir uns die Wirkung
dieser sprachlichen kraft, der analogie denken? Es ver-
steht sich, nur mechanisch, nur nach den einzelnen ent-
wickelungsmomenten. Man soll also eine ganze reihe der
allmählich wirkenden einflösse annehmen, die das Sprach-
gefühl der einzelnen die gegebene spräche redenden indi-
viduell stufenweise verändern (nicht aber aufheben) und
es in dieser oder anderer richtung sich entwickeln und
sich neue anschauungen bilden lassen. — Dies aber streng,
genau und erschöpfend zu bestimmen, wird niemals der
Wissenschaft gelingen.
Jena, februar 1868. J. Baudouin de Courtenay
aus Warschau.
Burda, este, «r«, usque und iki. 89
Este, #xr£, usque und iki.
Miktosich vergleicht in seinem lexikon das adverb
este mit dem griechischen in. Vom Standpunkte des alt«
slowenischen allein könnte man gegen jene Zusammenstellung
nichts einwenden, weil ät der regelmäfsige Stellvertreter
von tj ist und wohl angenommen werden kann, dafs este
etwa auf *etje zurückgeht.
Aber eben mit diesem altslowenischen £t hat es oft
seine besonderen Schwierigkeiten, sobald nämlich aus der
spräche selbst nicht erkannt werden kann, ob dem ät ein
t, st oder sk zu gründe liegt Tritt dieser fall ein, dann
kann die beachtung der anderen slawischen sprachen noch
einiges licht verschaffen. Im böhmischen z. b. steht einem
altelowenischen St, wenn dieses aus tj entstanden ist, regel-
mäßig ein c gegenüber. Und dafs nun die böhmische form
des fraglichen Wortes gerade jeste, und nicht etwa *jece
lautet, macht die vergleichung mit Hri sehr zweifelhaft, da
st (ste ist nur bohemismus statt eines blofsen ste) im böh-
mischen nur dann einem altslowenischen st entspricht, wenn
das letztere die Verbindungen st und sk enthält.
Neben eäte findet man noch häufiger jeste, ferner
auch oste nebst jaste. Wenn man nach dem bekannten
gesetze des anlautes im altslowenischen von j in jeste und
jaäte absieht, bleiben für die etymologie nur eäte, oste
and *aste zu berücksichtigen übrig.
Die betrachtung nun, dafs die enklitische partikel ka
3Bre=que im altslowenischen seltener als in den andern
sprachen vorkommt, Hefa mich im letzten theile von este
die vermifste partikel vermuthen, indem ich annahm, dafs
sie sich vielleicht öfter finden dürfte, aber nur nicht als
solche erkannt worden sei. Die analogie von ze = ya
läfst für ka = rs im altslowenischen ce erwarten und es
steht dann este einem lautgesetze zufolge für *es-ce. Wenn
naan ferner, dies vorausgesetzt, in den andern sprachen sich
nach verwandten für e$te umsieht, so läfst es sich statt mit
fr* eher mit dem griechischen &m und dem lateinischen
90 Bnrda
usque vergleichen. Von Hots ausgehend, dessen £g wohl
mit der präposition lg oder elg identisch ist, kann man
etwa *a8-ka aus vollerem #ans-ka (vgl. tgy d.vi. as, ne-
ben £i£, d. i. an 8) verkürzt, als grundform aufstellen.
Während die entstehung von Hars aus *aska, *anska
keine Schwierigkeiten bietet, lälst sich in bezug auf usque
voraussetzen, dafs sich aus der grundform zuerst *osque
entwickelte, welcher Vorgang im acc. pl. masc. der a-stämme
deutlich vorliegt (lupos und vulfans) und dann erst in
usque überging. Es bleibt nur noch übrig, eine dem
griechischen lg analoge präposition auf dem gebiete des
slawolettischen nachzuweisen. Und in der tbat fährt Bie-
len stein (lettische spräche, IL bd., s. 293, §. 546) unter den
präpositionen auch die jetzt vollkommen veraltete Is (bis)
an, die nach den lautgesetzen des lettischen doch nur aas
*ins oder *ens = ursprünglichen ans entstanden sein
kann. Daran, dafs im ersten theile von *aöte, oste, este
ein n ausgefallen sein soll, und nicht vielmehr in einem
nasalen vokale erhalten blieb, darf man keinen anstofs neh-
men, sondern bedenken, dafs ja auch oba, obü im grie-
chischen ätMfw ct{icpi lauten. Ueberdies stimmt die neben-
form oste auch im anlautenden vokale vortrefflich zu oba
und obü.
Eine ähnliche Verstärkung einer präposition durch die
enklitika Ka zeigt auch das litauische ikl. Lautet nämlich
ye im litauischen gi, so schliefst man darnach auch ein
ki, und das anlautende i in ikl ist nach litauischem laut-
gesetze aus dem volleren in = ursprünglichem an ent-
standen, weshalb ikl zu schreiben vorzuziehen wäre, ^wi-
schen este und (kl besteht lautlich nur der unterschied,
dafs ersteres in Übereinstimmung mit griechisch und latei-
nisch vor der enklitika noch ein 8 enthält, welches dem
litauischen fehlt.
Die so gewonnene Zusammenstellung von este mit
iarsj usque und theil weise auch mit ^kl wird durch die
syntax bestätigt. Das slavische este kommt gewöhnlich
nur noch als adverb vor, das sich im deutschen am besten
este, f(TTty usque und iki. 91
durch „noch immerfort, noch immer" wiedergeben läfst.
Z. b. böhmisch jeStS tu sedi(er sitzt noch immerfort
da), jeäte neäel (er ist noch immer nicht gegangen).
Man vergleiche damit das horazische ... tarnen „usque"
recurret. Interessant ist es insofern, als sich darin die dem
griechischen kg entsprechende slawische präposition noch
als adverb erhalten hat. Die zweite von Miklosich ange-
führte bedeutung ron eäte, nämlich rjöt], kann ich mit der
lateinischen und griechischen nicht vergleichen, da ich den
Ostromir, ans welchem sie geschöpft ist, nicht zur hand
habe. Möglich ist übrigens, dafs sie sich aus einem ge-
brauche entwickelt hatte, der sich auch im lateinischen
findet, z. b. local usque a mari und temporal usque a
Thale, inde usque * ).
Das litauische \k\ (Schleicher, lit. gramm. s. 286 und
287) und das lettische Is (Bielenstein, lettische spräche,
ILbd., s. 293, §. 546) stimmen zu lateinischen und grie-
chischen redensarten: usque Romam und Hots kni to da-
neSov. Endlich bildet usque in Sätzen wie: ferrum usque
eo retinuit, quoad . . . den Übergang zur griechischen kon-
junktion Zots, der auch das litauische \k\ (Schleicher, lit«
gr. s. 333) zur seite steht.
*) Kur an einer stelle, 95, 4 (Luc. 7, 6) Übersetzt jeste im ostr. das
griech. jjSij, sonst stäts das gr. fr». Diese stelle lautet: jeste ze jemu ne
dalece s§st§ (lis s§stu) otü domu, q$r\ dk avzov ov fiaxgav anixov-
to? ano Tqc; olxtaq. Der Assemanianus (ed. Racki) hat aber este ze emn
idfstju su nimi ne dalece s§stu otü domn. Da beide, Ostrom, und
Asaeman., ans einer quelle stammen, so ist vor der hand der text noch nicht
als Kritisch sicher gestellt zu betrachten. A. S.
Wenzel Burda.
92 Burda
Beiträge zur kenntnis einiger sufiixe im
slawischen.
I. Suffix -yto, -yta und -a.tü.
Es ist bekannt, dafs der nom. 8g. part. praes. act des
präsensstammes *veze- = urspr. vag ha- auf die grund-
form vaghants für das masc. und vaghant für das neutr.
zurückgebt und dafs nach dem auslautsgesetze im masc.
ts und im neutr. t abfallen mufste. Das übrig bleibende
*vagban verwandelte sich einem lautgesetze des alaw. zu-
folge schliefslich in vezy, welches für beide geschlechter
gilt, worauf besonders hingewiesen werden soll.
Von dem mit dem suffixe man abgeleiteten subist, nom.
sg. kamy, plamy u, a. können mittelst des secuodären
Suffixes ka deminutiva gebildet werden, wie kamy-kü,
plamy-kü. Hier ist deutlich 2u sehen, dafs der stamm
kam an-, wenn das suffix -ka antritt, dieselbe form an-
nimmt, die er im nominativ zeigt.
Diese zwei sicheren beispiele sollen darthun, dafs ein
ursprüngliches, in den auslaut tretendes an ohne unterschied
des geschlechtes im masc. und neutr. zu y werden kann,
und zweitens, daß ein konsonantischer, mit einem nasal
schliefsender stamm, sobald konsonantisch anlautende Suf-
fixe an ihn treten, dieselbe form wie im nom. sg. annimmt.
Nachdem dieses vorausgeschickt worden ist, kann ich
zur sache übergehen, und als beispiel für das suffix -yto
möge kopyto (ungula) gelten. Ich bin nämlich der an-
sieht, dafs dieses suffix nicht einfach ist, sondern in -y-to
zerlegt werden mufs und dafs y in diesem falle gerade so
aus einem ursprünglichen an sich entwickelt hat, wie im
nom. sg. neutr. vezy und masc. kamy. Die grundform
des wortes ist daher *kapan-ta-m, und es hat aller
Wahrscheinlichkeit nach auch ein noch älteres nomen ge-
geben, dessen stamm *kapan mit einem konsonanten en-
digte und das im nom. sg. *kopy gelautet hat. An diesen
stamm trat dann das erweiternde suffix -ta wie -ka an
beitrage zur kenntnis einiger snffixe im slawischen. $3
'kaman und es hat sich *kapan- vor -ta in *kopy-
ver wandelt wie * kam an- vor -ka in kamy. Die ein-
wendung, dafs kamy ein masc. ist und *kopy ein neutr.
sein müfste, wird durch das oben angeführte neutr. des
park praes. act, vezy zurückgewiesen.
Aus dem slawischen allein lassen sich für diese auf-
fassung weiter keine gründe vorbringen, aber sie wird sehr
wahrscheinlich, ja beinahe gewifs, wenn man erscheinungen
in anderen sprachen berücksichtigt. Ich weise vor allem
auf das lateinische unguen und unguentum, in welchem
die erweiterung eines konsonantischen Stammes auf an
durch ein suffix -ta klar vorliegt und das auch in der
function ganz gut zu kopyto pafst. Denn so viel ist
gewifs, dafs dieses zu der wurzel kap (schlagen) gehört
und wie unguen, unguentum ein mittel oder Werkzeug
bezeichnet. Noch häufiger als das suffix an und an-ta
ist das damit sehr nahe verwandte suffix -man und -man-
•ta. Auch bei diesem bestehen öfter noch beide formen
neben einander wie segmen und segmentum, tegumen
und tegumentum, medicamen und medicamentum
u.a.m. oder, was im bezug auf kopyto besonders merk-
würdig ist, gerade die form mit dem schon erweiterten
suffixe -mento = urspr. -manta ist die ausschliefslicb
Übliche, und sind nomina auf -mentum im lateinischen
ziemlich häufig.
Noch wichtiger ist der umstand, dafs die in rede ste-
hende erscheinung nicht auf das lateinische allein beschränkt
ist, sondern sich auch im altindischen, gotisch-althocbdeut*
sehen und, wenn meine vermuthung richtig ist, im griechi-
schen wieder findet. Die existenz derselben im altindischen
beweist der stamm apmanta-, welcher wie kopyto ein
ueutrum ist, und aus dem gebiete der deutschen sprachen
gehört hieher das gotische hliuma neben dem althoch-
deutschen hliumunt. Für das griechische möchte ich die
nomina auf -/ua mit dem stamme -fiax- erwähnen. Denn
da a nach einem lautgesetze gleich a-f- nasal sein kann,
so läge hier nur der fall vor, dafs statt ro = urspr. ta
94 Burda
blofs r an einen stamm auf -man- getreten und -/iavr- in
-(juxt- verwandelt worden wäre.
Aufser kopyto sind im slawischen, so viel ich weifs,
noch zwei nomina mit dem suffixe -y-to gebildet. Das
erste von ihnen ist koryto (cisterna), welches im böhmi-
schen vorzugsweise den trog bezeichnet, worin den thieren
futter vorgeschüttet wird. Es wäre daher möglich, dafs
es mit dem griechischen xogivvvfu verwandt ist. Das
zweite wort varyto kommt in der königinhofer handschrift
vor, wo es ein Saiteninstrument bezeichnet. Ich führe es
hier an ohne allen commentar, blofs weil es in suffix und
function ganz mit koryto und kopyto übereinstimmt.
Endlich weifs ich recht gut, dafs neben kopyto einmal
auch kopato vorkommt; doch soll dieser fall der gegen-
ständ eines späteren artikels sein.
Aehnlich wie mit -y-to scheint es sich auch mit dem
suffixe -y-ta zu verhalten, was ich jedoch nur als unmafs-
gebliche meinung ausspreche. Mir sind zwei beispiele da-
von bekannt, nämlich das böhmische rokyta, welches
eine weidenart bezeichnet, und das russische volokyta
(altslovenisch wäre *vlakyta) mit der bedeutung homo
vagus als masc, procrastinatio als fem. (siehe Miklosich,
bild. d. nomina im altslov. §. 112). Man vergleiche übri-
gens das lateinische Carmenta neben Carmentis und
mit letzterem sementis nebst dem verbum sementare,
endlich noch placenta.
Liefsen sich endlich Wörter auf -y-tü nachweisen, so
besäfse man beispiele dieses Suffixes für alle drei gesohlech-
ter, nämlich -y-to n., -y-ta f., -y-tü m.
Ein nomen auf -y-tü ist mir nun allerdings nicht
bekannt, aber für den fall, dafs in kopyto der vokal y
einem ursprünglichen an entspricht, ist das wort chom^tü
besonders wichtig, obwohl sich, wie gesagt, dagegen ein-
wenden läfst, dafs man ja statt 3 ein y erwartet hätte. Wer
jedoch gedenkt, dafs das part. praes. act. des verbums j es mi
nicht nur wie gewöhnlich sy lautet, sondern auch in der
form 83 nachgewiesen ist, der dürfte in 3 des wortes cho-
beitrage zur kenntnis einiger suftixe im slawischen. 95
13 tu die regelmäfsige Umwandlung eines ursprünglichen
n erblicken und, im vergleiche zu dem jedenfalls schon
bgesch wachten y, das 3 vielmehr für den volleren und
lteren laut ansehen. Dafs chom^tü mit dem litauischen
:amäntas identisch ist, bedarf keines be weises, aber ob
lier das suffix -ta an einen froheren konsonantischen stamm
etwa *kaman) getreten ist, läfst sich nicht nachweisen,
ondern höchstens wahrscheinlich machen.
Die auffallende ähnlicbkeit des slawischen kopyto
mit dem griechischen xonavov in wurzel, funetion und theil-
weise auch im suffixe ist sicherlich nicht zufällig (auch
das slawische hat neutra auf suffix -ana-, wie vreteno,
böhmisch vreteno, deminutiv sogar noch vfet-än-ko,
was altslovenisch *vretenüko = ursprünglich vrata-
oakam lauten müfste), und ferner ist zu bemerken, dafs
koDSonantischen Suffixen bisweilen vocalische auf a zur
seite stehen, somit neben xonavov auch ein stamm *xonav-
wie unguen möglich wäre, welcher dann ganz mit
*kopy in kopy-to übereinstimmen würde. Mit den
Substantiven, welche ein mittel oder Werkzeug bezeichnen,
gehen nomina agentis hand in hand, die konsonantischen
Stammes sind (ccQrjycaVj ntvdr]v edo, pecten), und der
Übergang konsonantischer stamme in vocalische weibliche
findet sich bei -fiov und -fiopa^ -fiiv und -iitva. So wie
sich dann xonavov , dqinavov zu kopyto verhalten, so
verhält sich dpsncivri mit dem litauischen kam ana zu ka-
mäntas und chom^tü, d. h. es könnte neben einem fe-
nrininum auf -ana (ägsnävrj^ kam ana) und einem neu-
trum auf -ana, -an (kopy-to, unguen, Sgenavov) auch
ein masculinum auf -an vorkommen. Dieses wäre *ka-
man, an welches dann erst das erweiternde suffix -ta-
gefügt wurde. Zum Schlüsse mag noch bemerkt werden,
dafs das polnische ch 01x13 to wie kopyto ein neutrum
ist und das altslo venische masculinum köre, in Miklosich's
Lex. palaeosl. auch einmal als neutrum angeführt wird,
also köre. n. zu köre. m. wie choma.to oder kopyto
zu chom^tü oder die grundformen der nominative karan
96 Schmidt, anzeigen.
zu karana und kamantam oder kapantam zu ka
mantas.
Wenzel Burda.
Die slaviscilen Ortsnamen in der Oberlausitz und ihre bedeutung, ytm
J. E. Schmaler. Bautzen 1867, Schmaler und Pech. 4. 16 88.
Die ersten drei Seiten dieser abhandlung sowie der
titel sind in deutscher und sorbischer spräche geschrie-
ben, alles übrige nur deutsch. Der Verfasser theilt die
Ortsnamen in drei kategorien, 1) in solche, die von dem
namen des gründers oder herrn eines ortes, 2) in solche,
die von natürlichen Verhältnissen herzuleiten sind und 3) in
solche, welche in folge einer gewissen Übereinkunft ent-
standen.
Ueber die einordnung mancher namen in die eine oder
andere dieser kategorien mag man noch mit dem Verfasser
rechten können, die Schwierigkeit aber, welche in allen
systematischen Ordnungen von oft unverständlichen namen
liegt, wird die kritik zur nachsieht stimmen müssen. In-
nerhalb der verschiedenen Unterabteilungen der drei ka-
tegorien ist die alphabetische reihenfolge beobachtet wor-
den, was die benutzung der arbeit wesentlich erleichtert.
Zu danken haben wir dem Verfasser, dafs er sich etymo-
logischer Spielereien gänzlich enthalten hat und bei dunke-
len namen seine rathlosigkeit offen bekennt.
Jena. Johannes Schmidt.
Weber, anzeigen. 97
Kurze elementargrammatik der sanskritsprache. Mit vergleichender be-
rücksichtigung des griechischen und lateinischen. Von Camillo Kell-
ner, dr. phil., lebrer am gymnasium zu Zwickau. Leipzig, F. A.
Brockhaas. 1868. 1 Thlr. 10 Sgr. pp. XXII. 211. 8.
Ein werk der vorliegenden art ist lange schon als ein
ringendes bedürfnifs gefühlt worden. Der yerf. hat sich
»mit ein überaus dankbares thema erkoren, als er die aus-
beitung desselben übernahm. Dieser glückliche griff zeugt
m muth und richtiger einsieht in das, was noth thut.
uch ist die art der behandlung des Stoffes im allgemei-
m *) dem gegenwärtigen niveau der vergleichenden sprach-
issenschaft wohl entsprechend. Leider aber läfst sich das
leiebe — und das bleibt denn doch bei einem solchen
rerke die hauptsache — nicht auch von des verf.'s
Lenntnifs des sanskrit selbst sagen. Es ergiebt sich
vielmehr augenscheinlich, dafs er seine künde desselben
nicht sowohl aus wirklicher Vertrautheit mit dem leben der
spräche, als vielmehr wesentlich nur aus den vorliegenden
Sanskritgrammatiken geschöpft hat. Nicht einmal das Pe-
tersburger Wörterbuch, welches zumal in solchem falle
und für solche zwecke denn doch geradezu als ganz un-
entbehrlich erscheint, kann ihm bei der ausarbeitung sei-
nes werkes zur hand gewesen sein. Für diese unfertigkeit
nnd unzureichende sanskritkenntnifs des verf.'s treten die
folgenden punkte mit voller entschiedenheit ein.
1) Die häufige Verwendung entweder ganz unbelegter,
oder doch nur selten sich findender wurzeln in den bei-
spielen, und zwar mehrfach nicht einmal unter beobachtung
der dafür geltenden regeln. So auf p. 28. 29 tikate (müfste
wenigstens tekate oder tikate lauten), dramati p. 29 (dravati
läge näher), Mandate p. 29 (müfste Kandati lauten), aganti
sie gehen p. 30. Auch statt pubhate p. 29 niüfste
?obhate oder $ubhati stehen.
*) mit ausnahmen freilich. So erscheint auf p. 74 in der note as als
pluralstamm des pronomens der ersten person, während denn doch das s von
ttmän etc. gar nicht zu dem anlautenden a, sondern zu dem folgenden ma
(sma) gehört.
Beitrage z. vgl. sprachf. VI. 1. 7
98 Weber
2) Die beibringtrag falscher beispiele. äli, biene, ist
masoulinum, nicht femininum (p. 50); ebenso ahi schlänge,
nicht ahi (p. 57). anta ist in der regel mascul.; es als
neutrales paradigma aufzuführen^ (p. 61) leitet irre. — ka-
turtaja p. 85 ist ein unding für Katustaja. — Die f. pers.
praes. von wurzel sü ist' suvß, nicht süvö (p. 106). —
Die 3. pers. imper. von wz. da lautet dadätu, nicht datta
(I zweimal, auf p. 108 und 167). — Hieher gehört auch
die falsche oder wenigstens gesuchte Übersetzung der ge-
gebenen beispiele. So väidja p. 15 der ve den kundige,
baläpva: p. 22 das starke pferd, tarütpatti: ibid. der er-
trag des baumes, bäläutsukjam p. 23 des knaben angstt
bälartu: ibid. des knaben gang, kavjartha: ibid. des dich-
ters reichthum, pipakä p. 26 durstig (!), tvis ibid.
flamme, kas p. 40 gehend, würz. $is p. 111 unter*
scheiden.
3) Die mehrfache Wiederholung desselben druckfehlere
dicht neben einander. So p. 10 zweimal mähal, — p.27
zweimal märut, — p. 19 fünfmal wz. budh in der form
bbud, ebenso p. 34. 35 dreimal abhödhajam oder abhö»
dajam, p. 95 zweimal bbödanti, — p. 35 dreimal svadtt
mit kurzem a, — p. 42 siebzehnmal hrid für hrd, «— •
p. 45 achtmal, p. 70 dreimal und p. 207 (im index) dui>
manas für durmanas, — p. 66 zweimal und p. 210 m
index pakthi für sakthi, — p. 175 panlpadje und panipar
dlmi für °patje, °patimi, — p. 185 dreimal pambös fllr
pambbös. Die zahl der einzelnen druckfehler ist aufeerr
dem eine überaus grofse.
4) Falsche oder doch ungehörige, resp. ungenau ge»
faßte regeln. Im gewöhnlichen sanskrit heifst es nie, m»
p. 24 gelehrt wird, strijäj iha oder gävä atra, nur strijfr
iha und gäväv atra. Der Sprachgebrauch hat sich unbe-
dingt hiefür entschieden. Nur die grammatiker lehren aucfr
die andere weise. — Dafs anlautendes c nach finalem n za
kh wird, ist §. ,81 ganz mit stillschweigen übergangen, und
auch in §. 83 wird darauf nicht hingewiesen. — Die regel
§. 87 von der beliebigen vordopplung der consonanteo
anzeigen. 99
nach r brauchte in einer „elementargrammatika gar keine
stelle zu finden. — Dafs „die schweren casus aus der voll-
i
| sten ursprünglichen form des Suffixes gebildet werden*
\ (p. 43), die mittleren aus der bereits „einmal geschwäch-
l ten Stammform", die leichtesten aus der „zweimal ge-
- schwächten" dgl., ist eine unrichtige darstellung des Sach-
verhaltes, steht auch im Widerspruch mit der eignen an-
gäbe des verf.'s auf p. 48 , dafs „vant die ursprüngliche
form des Suffixes väs sei". Nicht rag an (s. p. 175), son-
dern ragan ist die grundform. In den starken casus fin-
det eben meist eine Steigerung statt, während in den mitt-
leren sich meist das ursprüngliche thema zeigt. — Dafs
bei den radikalen nomina (p. 40) die mit bh beginnenden
endungen an den nom. sg. antreten, ist eine rein von dem
äofserlichen ausgehende darstellung. — Die regel über su-
tQ8 p. 46 ist in einer „elementargrammatik" sehr überflüs-
sig. — Die reihenfolge der vokalischen deklinationen gebt
(p. 52) vom finalen ar (r) aus, blos wegen des leichteren
»Schlusses an die vorangestellte consonantische deklina-
tbn, den die ar-stämme bieten, und schliefst mit finalem a.
Die erste deklination wird somit zur letzten. So sehr
wir im übrigen für sprachgeschichtliche forschungen die
ersetzung des r durch ar billigen, so hat dieselbe bei einer
grammatik, resp. „elementargrammatik", des sanskrit denn
doch ihre bedenken, wie der vorliegende fall zeigt. — Die
erklärung des lokativs und genetivs der Wörter auf n durch
eine Steigerung desselben, so dafs im lokativ aus av-i durch
abfall der endung äu, resp. im gen. durch abfall des an-
laots der endung (as) ös geworden sei (p. 55), ist ebenfalls
eine rein äußerliche, giebt resp. für den völlig gleichen
W8gang des locativs der i- stamme gar keine auskunft.
Aach die erklärung des ena und äja im instr. dat. der
Wörter auf a (p. 60) ist eine ganz äufserlicbe. — Die en-
dung äis im instr. plur. der masc. auf a geht schwerlich
«rf äbhis zurück (p. 61), steht ja doch die form ebhis
Veda noch direkt daneben. — Der locativ von püs
7"
100 Weber
heifst nicht punsu, wie der verf. aus M. Müller' 8 grarama
tik ohne weiteres nachschreibt (p. 65), sondern püsu (vgl
jetzt Böhtlrngk-Rotb V, 1 604). — Die obliquen casus voi
pvan werden aus pun, nicht aus $ün (p. 65) gebildet. —
Die dualformen sind bei ak£i etc. nicht von der analogie
der übrigen leichtesten casus auszunehmen (p. 66), wie
das eigene paradigma des verf.'s zeigt, wo richtig aksnös
aufgeführt ist. — Bei sakhi ibid. ist zu lesen: „in den
übrigen schweren (dies wort fehlt) casus erscheint sa-
khäi". — anvanK hat in den starken casus nicht anväM,
sondern nur anvanK (p. 65). 205). — Der instr. plur. des
pronomens der ersten person ist asmäbhis, nicht asmabhis
(p. 74, wohl blos druckfehler). — In den Worten: „die fle-
xion ist die des simplex kas" p. 79 bricht mal der alte
Adam, die Wörter durch ihre nominative, nicht durch
ihre thematischen formen zu bezeichnen, wieder durch
(ebenso Qivas, viermal, auf p. 185.186). -^ Bei den Zahl-
wörtern ist tripatam p. 81 einfach als „300" angegeben,
ohne irgend notiz davon zu nehmen, dafs es vielmehr
eigentlich 103 bedeutet (vgl. ind. stud. IX, 469), und erat
sekundär auch für 300 verwendet wird. — Dafs „die fite
die verbalform am 'meisten charakteristische silbe den hoch-
ton hat" (p. 92), ist in dieser fassung völlig irrig. In
der ganzen ersten conjugation ruht ja der accent durch-
weg (bis auf die augmentirten formen) in den Specialtempora
nur auf dem thema, während er in der zweiten conjnga»
tion — bis auf die bekannten ausnahmen im sg. pär., im
1. ps. imper., und im potential — durchweg auf der
endung ruht. Hieraus ergiebt sich zugleich, dafs von
dem gewicht der personalendungen (p. 102) hierbei nicht
als mafsgebend die rede sein kann, denn dann müfste dies
gewicht doch auf alle verba gleicbmäfsig wirken: in da
that gehören ja auch die faktisch schwersten dgl. en-
dungen, die der l.ps. imper., zu den angeblich leichten-
Die Verstärkung des thema's hängt vielmehr einfach nm
mit der betonung zusammen. Der grund freilich, warum
die alte weise der verba, denn das ist offenbar die dei
anzeigen. 101
conjugation II, der neuen weise der conjugation I ge-
wichen ist, liegt noch nicht klar vor. — Die vollständige
Aufführung der medialformen der wz. as auf p. 92 — 94
> mufs den glauben erwecken, als ob dieselben ganz ge-
; bräuchlich seien, während doch faktisch nur etwa der sg.
' praes. belegbar ist, die übrigen formen nur aus der son-
stigen verbalconjugation erschlossen sind. — Dafs die „wur-
zeln auf atf (sie!) bei der bildung des praesensstammes
die halbvokale v oder j einschieben (p. 95), ist eine ganz
verkehrte anschauung. Die wnrzel gjö speciell, die dem
verf. so schwere bedenken macht (s. p. XI und p. 95), exi-
stirt nur als eine abstraktion Vöpadeva's. Und die son-
stigen angeblichen wurzeln auf e, äi, ö, die er sich nicht
I recht erklären kann, obschon er Schleichers ansieht, dafs
es „wurzeln auf atf seien, beitritt, sind höchst einfach als
bildungen der vierten, nicht der ersten (p. 97) classe,
resp. als wurzeln auf ä zu erkennen, deren ä sich vor dem
ja der vierten classe entweder bewahrt, so glä-jämi, oder
verkürzt, so da-jämi, hva-jämi, oder verliert, so d-jämi
(kariöse andere erklärung auf p. 154). „Wurzeln auf ä"
; giebt es im sanskrit überhaupt nicht, und wenn man auch
vom indogermanischen Standpunkte aus bei einigen wur-
\ zeln auf am und an allenfalls dergl. unnasalirte nebenfor-
men auf a vielleicht statuiren mag, so ist es doch schwer-
lich gerathen auf grund dessen die sämmtlichen, ziemlich
zahlreichen wurzeln auf ä, primäre wie pä, da, mä u. dgl.,
and sekundäre wie mnä aus man, glä aus gal (gar, gar),
hvä aus hü etc. als auf ä ausgehend hinzustellen, was nur
cur folge haben kann, dafs in jedem einzelnen falle die Ver-
längerung desselben erst wieder apart statuirt werden mufs
(vgl. z. b. hier p. 106. 108. 109. 118. 123. 125. 140. 148).—
Die wurzeln dhar und mar (p. 98) werden allerdings von
den indischen grammatikern kurioser weise als verba der
6ten classe aufgeführt, aber deren praesensstämme dhrijä,
mrijä sind vielmehr einfach als passiv- formen mit seeun-
därer aktivbedeutung aufzufassen; dasselbe gilt von wz. dar,
drije (p. 99). — Die formen pipürvas pipürthas etc. (p.109)
102 Weber
sind grammatische düfteleien (Vöpadßva's). Die texte bie-
ten piprivas etc. — Der abfall eines „dentalen auslaates*
vor den mit t, th, dh beginnenden endungen (p. 110) ist
ein falscher usus, der in eine „elementargrammatik" nicht
hineingehört. — Die wz. dar schwächt keineswegs ihr ar
zu „ri (nicht r)u (p. 114), sondern zeigt nur r (drnä0,
nicht drinä°). — wz. bhrl (ibid.) bedeutet zunächst nicht:
tragen (dies ist nur eine unrichtige angäbe einiger), und
bildet ferner nicht bhrinä0, sondern entweder bhrlnä0 oder
bhrnä0. — Beim „starken* aorist (p. 117) ist diejenige
form, bei welcher blos die endungen an die wurzel treten,
fast ganz bei seite geschoben (p. 118), während sie gerade
speciell in den Vordergrund treten mufste. — Der aorist
ahvam (ibid.) erklärt sich einfacher aus wz. hü direkt, als
aus der Weiterbildung derselben zu hva (d. i. hvä). — Beim
„ schwachen u aorist ist kurioser weise die form mit dem
bindevokal i, deren 2. ps. plur. ätm. übrigens auf idhvam,
nicht auf idhvam (so zweimal) ausgeht, vorangestellt
(p. 120). — Der aorist amäsisam für die wurzeln mi, ral
(p. 123) stützt sich nur auf Vöpadeva (aus Pän. VI, 1, 50
folgt er ebenso wenig, wie das bei Westergaard und Möl-
ler sich findende perfectum matnäu, mame); die texte bie-
ten, auch für das perfect, nur i- formen. — Ein perfeot-
stamm guhva von wz. hva (p. 126) existirt nicht; das per-
fect wird aus wz. hü gebildet (guhäva), vergl. p. 164. ..-*-
Die wurzeln vart, vardh, vakä etc. lauten auch mit va an
und schliefsen consonantisch, haben aber doch nicht u als
reduplikationssilbe (p. 126) sondern va; die einfache con-
sonanz im auslaut war zu betonen. — Beim singular des
perfect par. (p. 127) war der Zusammenhang zwischen be-
tonung und Verstärkung de& thema's hervorzuheben, resp«
in den Vordergrund zu stellen. — Die erklärung der for-
men teniva u. dgl. (p. 128) durch Schwächung des a dei
Wurzelsilbe zu i, ausfall des anlauts derselben und con»
traktion des a der reduplikationssilbe mit dem i der war*
zekilbe zu § ist eine ganz äufserliche. Vedische formen
wie paptima, tatnise zeigen, dafs.der weg ein ganz andrer
anzeigen. 103
der wurzel vokal fiel zuerst aus, dann der wurzelan-
und die Verwandlung des a der reduplikationssilbe
rt nur eine ersatzdehnung. — Von ki und Kit (p. 132)
auch die beiden gebräuchlicheren formen kikäja,
aufzuführen (zu In vgl. wenigstens p. 152), so wie
gigäja aufmerksam zu machen, um so mehr als der
irf p. 173n. zeigt, dafs er bei Kikiä den werth dieser
tchtig schätzt. — Das zur bildung des futurum sim-
>. 134) verwendete sjämi etc. war gar nicht als ein
cum von astf, sondern eben nur als eine „praesens-
j auf jaa zu bezeichnen : denn es hat sich doch ge-
cht zuerst blos von wz. as allein ein „futurum" ge-
während alle die andern wurzeln leer ausgingen« —
dialform des participialfiitur's (p. 138) ist im faktischen
?h der spräche nicht recht vorhanden: ein para-
war daher unnöthig. — Dafs das part. praes. ätm.
10 vorwiegend sich auf äna bilde (p. 142), ist
;s ist dies vielmehr höchst selten der fall. — Ebenso
active form des part. praes. pass. äufserst selten,
diale form nicht blos die gewöhnlichere (p. 143),
i die fast alleinige. — Beim part. perf. pass. ist in-
es ar der Schwächung in r fast durchweg unter-
: der verf. sagt irrig (p. 145), dafs dies in der re-
cht geschehe, und das von ihm angeführte beispiel
a ist falsch; wz. dhrä bildet dhräta oder dhröita,
a ist part. perf. pass. des causativs. — Schliefsen-
bei wurzeln existirt entweder gar nicht, kann also
in p. p. p. gar nicht abgeworfen werden, so bei
iäj p. 145, welches trotz pasphäjö wohl nur als wz.
I. 4 aufzufassen ist, oder die betreffenden wurzeln
i binde vocal i an. — Der unterschied der beto-
bei den formen des infinitivs auf tum, und des ge-
qs auf tvä, welcher die verschiedene behandlung,
beigerung oder Schwächung, der wurzeln zur folge
ir hervorzuheben (p. 147. 148). — wz. gä gehen bil-
;ämi, nicht gagämi (p. 151); „die vedischen formen
i [wovon gagat], gagäjät sind noch nicht nachzu-
104 Weber
weisen" (petersb. wtb.). — gajate (p. 152) ist ursprünglich
ein passivum, nicht medium der cl. 4; im Veda werden die
passiva, und zwar in deponentialer, wie in passiver beden* I
tung, häufig auf der wurzel betont. — wz. gjä bildet fak-
tisch gita im p. p. p.; gina (p. 155) geben nur die gramma-
tiker an. — wz. div spielen (p. 154) bildet djüta im
p. p. p., djüna gehört zu wz. div jammern. — matja ist nickt
als verbaladjektiv von wz. man (p. 158) aufzufassen. —
Das perfect mamäu von wz. mi (p. 158) ist schwerlich m
recht bestehend (s. oben p. 102). — Bei wz. 91 (p. 162) war
zu erwähnen, dafs der accent durchweg auf der wur-
zel ruht, was offenbar die stete guna-steigerung derselben
zur folge hat. Vermuthlich ist hier, wie bei wz. äs (auch
stets ebenso betont) die bedeutung für dies ruhen des
tones auf der wurzel mafsgebend gewesen. — Das p. p. p*
der wz. budh lautet regulär buddba, nicht budhita (p. 169))
eine form, die zum wenigsten nur sehr selten, resp. in spe-
cialer bedeutung, gebraucht wird. — Die erklärung der
wurzeln pö, so durch ap, resp. as (p. 162. 171) hat an die-
sem orte nichts rechtes zu suchen, ist ja zudem auch an
und für sich noch sehr zweifelhaft. — Das desiderativ
der wz. budh lautet in der regel bubhuts, nicht bubödhiö
(p. 172). — Neben pipatis (ibid.) war pits zu erwähnen, wie
denn der gänzliche mangel einer erwähnung der formeo
Hps, rips, rits etc. höchst auffällig ist. — Das desiderativ
von kars ziehen lautet nicht Kiklrsämi (p. 175), sondern,
dies ist das desiderativ von wz. kar machen. — Das in-
tensivum wird nicht gebildet durch das passivum mitgu-
nirter praesensreduplikation (p. 174), wie die vom verf.
angegebenen beispiele ja auch selbst zeigen, z. b. kekrlje
intens., aber passiv krije, tästarje intens., aber stlrje pass.
(ein „passiv starje" existirt nicht). Der verf. bat sich hier
durch sein bestreben, äufserliche hilfsmittel zui; bildung
der formen anzugeben (vgl. z. b. p. 141. 142 „um das ...
zu finden"), irre leiten lassen. — Die aktivform des in-
tensivs ist etwas stiefmütterlich behandelt (p. 1 74) ; sie fin-
det sich nicht blos „zuweilen", sondern steht ganz gleich-
anzeigen. 105
jrechtigt neben der deponensform da. — pälajämi (p. 175)
ommt nicht von päla, sondern ist aus pärajämi, caus. wz.
ar, entstanden. — Die nominalbildung ist auf p. 176. 177
ehr kärglich abgespeist. — Bei der composition war
8 bei dem sonstigen Standpunkt des verf.'s in der that
merläfslich, etwas bessere Ordnung in die bekanntlich
heilweise zusammenfallenden sechs classen der indischen
Grammatiker hineinzubringen (beiläufig bemerkt steht nicht
gandha fine comp, für gandhi p. 184, sondern gerade um-
gekehrt). Das speciminis caussa auf p. 185 — 6 erklärte
compositum ist nicht ganz richtig aufgefafst; in „$ambhö:
parjankagranthibandhadvigunitabhugagä^leäasävitagänö:
(whilst his serpents coil with the folds of his vesture
round his bended knees, Wilson) ist nämlich bbugaga plu-
ralisch aufzufassen, und dvigunita gehört nicht zu bhu-
gaga, sondern zu äplesa; also: „Qiva, dessen kniee bedeckt
sind durch die umwindungen seiner schlangen, welche die-
selben verdoppelt haben, um ihm zur herstellung der pa-
rjankagranthi genannten positur (sitting on the bams with
a cloth fastened round the knees and back) behülflich
zu sein". Oder wenn man mit dem verf. konstruirt — und
in der that stimmt ihm der hiesige comm. des drama's
(Chambers 443) zu — , so darf man doch nicht vom
„schlangenpaar" sprechen, sondern mufs übersetzen: „be-
deckt durch die umwindungen der schlänge, die sich ver-
doppelt hat, da sie das band für die parjanka-positur bil-
det". Jedenfalls wäre ein verweis auf den sachlichen ver-
halt der hier vorliegenden Vorstellung, die sonst als baarer
onsinn erscheint, wohl am platze gewesen. —
In der darstellung des schrift Systems ist die angäbe
(p. 189) unrichtig, dafs nur dann, wenn der erste der
zusammentreffenden consonanten zur rechten keinen
.senkrechten strich hat, sich beide consonanten zu einem
compendium „auf folgende weise" vereinigen, denn die auf
p. 190 „folgenden u beispiele enthalten auch falle, wo der
erste consonant ein t, n, s ist, die doch sämmtlich
nur rechten einen senkrechten strich haben. Das angeb-
106 Weber
liehe „compendium" gnj (p. 193) ist vielmehr gjr*zu le-
sen. — In der Schriftprobe (p. 194 — 197), die kurioses
weise aus einer ganz sekundären quelle, nämlich aus emm
1861 von Kossowicz veranstalteten abdruck der Sävitrl, eafc>
lehnt ist, während doch die Boppsche ausgäbe (1829), resp
die Originalausgabe des Mahäbhärata (III, 16620—16657]
weit besser zu gründe gelegt wäre, ist eine sehr grofi«
zahl von fehlem enthalten, und zwar theilweise solche, die
auch in der lateinischen Umschrift auf p. 198 — 200 ganz
eben so wiederkehren. Es sind darunter resp. einige sehi
grobe Schnitzer. So ist in v. 27 beide male nrpatei
(mit viräma) pärpvam aus Kossowicz herübergekommen,
und in v. 19 hat der verf. in £ukle das von Kossowici
für kl verwendete compendiumszeichen, welches allenfalli
wie ktl aussieht, gänzlich verlesen, resp. in beiden textei
durch pulkte (siel) wiedergegeben 1 was er sich dabei wohl
gedacht haben mag? Abgesehen von diesen und den son-
stigen direkten fehlem (z. b. viermal äth statt ät und dreh
mal umgekehrt st für sth) ist aber auch die beobachtete
Orthographie selbst sehr mangelhaft. Es ist gegen alle
Ordnung im innern der Wörter die nasale durch anusväm
zu geben, also käKanlin, krtägalir, dagegen finales m tb-
nes compositionsgliedes dem folgenden anlaut anzupassen,
so satjasandhö, santäpam, santänam (neben kikit, säme»
nire übrigens, wofür consequenter weise kinlHt, samm&-
nire zu erwarten wäre). Auch wäre bei der vom verf. be-
liebten durchführung der abtheilung der einzelnen Wörter
von einander darauf zu halten gewesen, dals finales m vor
folgendem vocal eben durch m, nicht durch anusvära, ver-
treten ward. Die Verdoppelung des dh nach r in vjavard-
dhata v. 19. 21 ist ganz überflüssig, zumal da die rege!
(§• 87) sonst nicht beobachtet, vielmehr dharmätmä, dhär-
mika:, sarva, artha etc. ohne Verdopplung geschrieben
ist. — Das zugefügte vocabularium (p. 205 — 211) be-
zieht sich nicht, was doch vor allem zu erwarten gewesei
wäre, auf die mitgetheilte sprachprobe. Und in bezug a*
die einzelnen darin aufgeführten Wörter ist z. b. zu bemer
anteigen. 107
ien, dafs anaduh (§. 140) nicht als thema gelten kann,
amdern nur anadvah, was ja übrigens auch zu dem eige-
nen System des verf's, wonach er sogar anvärik als thema
auffährt, besser pafst. — wz. khid heifst nicht betrüben,
Modern etwa drücken, und nur im ätm. sich bedrückt füh-
len, betrübt sein; auch ist die parasm. form khindämi in
der spräche selbst nicht lebendig, nur khidämi, resp. kbid-
jämi (in neutraler bedeutung) ist belegbar.
Wir haben uns im vorstehenden wesentlich auf das
beschränkt, was uns gerade beim durchlesen des werkes
ab besonders mangelhaft darin aufgestoßen ist. Es würde
zu weit führen, nun auch noch näher auf den plan des-
selben nnd die ausführung dieses planes, resp. die an-
ordnnng und vertheilung des Stoffes einzugehen.
Auch da würden allerlei bedenken zu erheben sein. Und
doch beruht gerade hierin das eigentümliche verdienst
des verf.'s, welches wir ihm in keiner weise schmälern
wollen. Freilich ist er auch dabei nicht gerade mit be-
sonderer Originalität zu werke gegangen, hat sich resp.,
wie er auch selbst angiebt, wesentlich an Schleicher' 8 me-
thode angeschlossen, wie er denn sogar auch die morpho-
logischen formein Schleichers je bei gelegenheit verwer-
tet. Immerhin aber bleibt das werk denn doch zum we-
nigsten eine wirklich selbständige umgiefsung alten Stoffes
in neue, leider eben durch die gerügten defecte arg ver-
unstaltete, form.
Für das Übungsbuch, welches der verf. auf p. XI in
aussieht stellt, empfehlen wir ihm noch ganz besondere
vorsieht. Nach dem speeimen, welches er hier bereits in
der „Schriftprobe" vorgelegt hat, halten wir ihn zunächst
noch lange nicht fiftr reif genug, um etwas derartiges zu
unternehmen. Auch können wir es nicht billigen, dafs er
nur „transcribirte sprachstücke" in aussieht stellt; halten
es im gegentheil für dringend noth wendig, dafs die tran-
Kription nur etwa den ersten beiden dgl. stücken bei-
geragt wird, um eben in das lesen einzufahren; dagegen
müfsten auch sie, und alle folgenden stücke nur, in der
108 Pott
originalscbrift gegeben werden. Das glossar könnte daiuä
wieder entweder blos oder doch gröfstentheils in lateini-
scher Umschrift gedruckt sein. Eine derartige verbo»
düng beider m et ho den ist das beste mittel, um den a*
fanger allmälig in die kenntnifs des Devanägarl einzuf&t
ren, in welchem ja doch für immer der gröfste theil dar
sanskritliteratur gedruckt werden wird.
Berlin, 16. juni 1868. A. Weber*
Ein deutsch - preufsischeß vocabularium aus dem anfange des fünfzehntes
Jahrhunderts. Nach einer elbinger handschrift mit erläuterungen her-
ausgegeben von G. H. F. Nesselm ann. Königsberg 1868. 56 8. 8.
Wer einem paläontologen die freude über den fand
einer bis dahin unbekannten vorweltlichen thiergattung hö-
herer art nachzuempfinden nicht unter seiner würde halb
der wird auch den, und zwar, weil es sich dabei um un-
seres gleichen handelt, noch weitaus mehr berechtigten hoch*
genufs eines Sprachforschers begreifen, wenn ihm von einer
erloschenen spräche noch wieder aufgefundene kosthatf
reste vor äugen gestellt und für wissenschaftliche benutzuog
zugänglich gemacht werden. Jedes volk ist ein stück
menschheit und seine spräche ein gut theil seiner seeku
Deshalb büfst mit dem Verluste der spräche, d. h. mit deuB
allmäligen eintausche gegen eine fremde ihm aufgedrun-
gene, ein volk (es sind aber die alten Preufsen durch die
deutschen Ordensritter nicht gänzlich vom erdboden ver-
tilgt, sondern, was von ihnen übrig geblieben, flofs zu an-
fange des 17. Jahrhunderts mit den deutschen ansiedlem
in eins ! ) zugleich auch die wichtigste seite seiner eigenart
ein, und geht damit, selbst beständen in der forterzeugung
seine leiber mit denen seiner sieger unvermischt fort, gleich-
wohl als dieses volk unter. Ein schmerzlicher verlost
das, unter allen umständen 1 — wo nicht, dies einmal, z. b.
von manchen rasch dahin schwindenden rohen Indianer-
anzeigen. 109
•ümmen. zugegeben, im grofsen haushalte menschlicher
ftttrickelung, — doch jedenfalls, zu geschweigen theilnabm-
öJJen mitgefähls, für die Wissenschaft der Völker- und
mchkunde; und zwar ein unersetzlicher, dafern die spra-
le als nicht durch die schrift eingefangen und gefesselt
torlos wie vom winde verweht ist, nirgends mehr der
ichweit eine erinnerung von sich hinterlassend und den
ihalt, das volk, welches in jenen sprachklängen lebte und
»bte, nach diesen und mittelst dieser einzuordnen an
im, ihm in dem grofsen vielstimmigen völkerconcerte ge-
hörenden platze.
Etwas ähnliches bietet uns nun wirklich obige schrift
m dem vielseitig, im besondern aber um die sprachen in
iserem engern vaterlande, lithauisch und das damit nächst-
ir wandte ausgestorbene idiom der alten Preufsen wohl-
»rdienten königsberger gelehrten. Natürlich kommt es
18 gar spafshaft vor, wenn man nicht selten bei Franzo-
a (und das ist noch nicht übermälsig lange her) dem
lauben begegnete, als spräche man im königreich Prell-
ten, Berlin an der spitze, nicht etwa deutsch, sondern
ine davon grundverschiedene spräche, die preufsische.
7ir lachen ob solcher Unwissenheit, und zwar mit vollem
echte. Allein wie, wenn in unseren eignen busen zu grei-
m wir nichts desto weniger alle Ursache hätten, und die
franzosen doch nicht auf einem, in solchem maafse dik-
m irrthume säfsen, als es auf den ersten blick scheinen
rollte? Es bleibe hier unbesprochen, dafs ein grofser theil
les an der Elbe und ihren Zuflüssen belegenen geländes
war urdeutscher, allein erst wieder von den Slawen,
reiche in die von germanischen stammen verlassenen länder-
[ebiete nachrückten, zurückeroberter boden sei. Uns küm-
mert jetzt nur, dafs die provinz Preufsen, welche durch
be allerdings sonderbare Verkettung von umständen in
rweitertem umfange dem gleichbenannten königreiche ih-
im namen lieh, unläugbar nicht nur noch heute die sprach-
ieh den Slawen um vieles näher als uns verwandten Li-
tauer (mit preufs.-lith. mundart, wogegen die poln.-lith.
108 ***
originalschrift gegeben wer*- ^>nerbergt, sondern auch
wieder entweder bloe ** „«^/eufsen, deren nun schonr
scher Umschrift p* ,'&* rede mit dem HttauischÄ
düng beider mip' ^'^^»ndtschaftlichen abstände, den
fanger allmäli ^v^^/gemeinen typus nach slawischej
ren, in we* * '^^J^ämliobere besondere sprachgruppa
sanskritlit £j£l ^jedoch (z. b. wegen der finnische»
ßer)' y'S^^tL^i Finnen, Esthen, Liven) nicht ganz
'fiH'd* vT/tische zusammenfallt. Wie viele nun
y>*Ofr, fYeufsen wissen von jenem alten preufsen-
ftgefi** 'efa oder vielleicht noch weniger, als blofsem
M0* $US nugeachtet uns doch eine solche kenntnifs, und
uf^oar ftU8 re*n vaterländischem interesse, nahe ge-
**** 'Lbrt ^as 'e^et aDer Jetzt keine entschuldigung
i^fiaerBt w*r es J. S. Vater, durch welchen das stn*
. des altpreufsischen wieder ermöglicht und belebt
jja. In seinem 1821 erschienenen buche: Die spräche
der al*611 Preufsen nämlich ist, nach dem unvollständigen
exemplare des im geheimen königsberger archive aufbe-
wahrten lutherischen katechismus von 1561, der text mit
deutscher interlinear-übersetzung abgedruckt, sowie darauf
Sprachlehre und Wörterbuch angefertigt. Höheren anfor-
der ungen jedoch genügte erst Nesselmann in: Die spräche
der alten Preufsen an ihren Überresten erläutert. Berlin
1845. Nicht nur, dafs er den vorgedachten katechismoi
vollständig und fehlerfreier wiedergab, enthält sein bück
auch noch von zwei anderen altpreufsischen katechismea
(beide von 1545), welche typographische Seltenheiten sind,
den Wiederabdruck, und bekundet desgleichen durch rück*
sichtnahme auf die verwandten sprachen einen bedeuten-
den fortschritt. Schon 1848 aber gab der stadtrath FerA
Neumann zu Elbing im V. bände der neuen preufs. pro-
vinzialblätter von einem, in seinem besitz befindliches
handschriftlichen preufsischen Vokabular künde, ohne dafi
in den 20 jähren die von ihm verheifsene Veröffentlichung
erfolgt wäre. Allein, sobald im april 1868 Schenkung der
anzeigen. 111
idschrift an die elbinger Stadtbibliothek erfolgt war,
hte sich unser autor ohne verweilen daran, den bis
> fast ganz unbenutzt liegenden schätz zu heben und
*ht zu stellen. Es besteht aber das von Peter Holcz-
ocher [-wärther?] aus Marienburg abgefafste oder doch
escbriebene deutsch-preufs. Vokabular aus 802 nuramern,
Iche, mit ausnähme von no. 459 — 468: farbenadjectiva,
mtlich substantiva sind, und das bisherige material,
chon, eben jener bescbränkung wegen, nur in einseiti-
r richtung bedeutend erweitern. Die grammatik trägt
gleichsweise nur wenigen nutzen davon, wogegen der
gewinn auf Seiten des Wörterbuchs um so beträchtlicher
ausfällt, als der luthersche katechismus seiner natur nach
eine menge von sehr wissenswerthen benennungen zumal
dem täglichen leben angehörender dinge ausschloß und
zu ausfOlluDg jener schwer empfundenen locken das Grun-
•a'sche verzeichnifs seines geringen umfanges halber nur
wenig aushalf. Ueberdem aber erweist sich das Vokabu-
lar auch für die deutsche lexikographie nicht ganz nutz-
los, indem die deutschen Wörter darin, welche, indem die
handschrift allem anscheine nach aus dem anfange des
lö.jahrh. herröhrt, zum theil sehr alttrthümlich und viel-
leicht landschaftlich gefärbt sind, weshalb zu deren erklä-
mng sich der herausgeber öfters der beihülfe ab Seiten der
germanisten Schade und Zacher versichert hat. Da
4iese Wörter aber durchaus hochdeutschen charakter tra-
fen, ins alte Preufsen aber eher niederdeutsche bevöl-
'fcerung eindrang: so mufs dieser umstand mit in betracht
fWQgen werden, will man sich etwa von dem zweck bei
abfossung dieses Vokabulars rechenschaft ablegen, welches
uns ein gütiges geschick aus dem Schiffbruch der zeiten
gerettet hat.
Eine vorzüglich wichtige bemerkung sei mit des verf.'s
eigenen worten hervorgehoben: „Eine genaue vergleichung
fU$ vorliegenden Vokabulars mit der spräche des etwa
150 jähre jüngeren katechismus von 1561 ergiebt das au-
genscheinliche resultat, dafs in beiden quellen uns zwei
110 Pott
in Schamaiten) in ihrem schoofse beherbergt, sondern auch
die nachkommen jener echten Preufsen, deren nun schon
seit Jahrhunderten verstummte rede mit dem lithauischen
und, in etwas weiterem verwandtschaftlichen abstände, dem
lettischen eine, dem allgemeinen typus nach slawische,
jedoch weitaus altertümlichere besondere sprachgruppe
ausmacht, welche man, jedoch (z. b. wegen der finnischen
anwohner der Ostsee, Finnen, Esthen, Liven) nicht ganz
sachgemäfs, als baltische zusammenfallt. Wie viele nun
aber selbst in Preufsen wissen von jenem alten preufsen«-
idiome aus mehr, oder vielleicht noch weniger, als blofsem
hörensagen, ungeachtet uns doch eine solche kenntnifs, und
wäre es nur aus rein vaterländischem interesse, nahe ge-
nug angeht? Das leidet aber jetzt keine entschuldigung
mehr.
Zuerst war es J. S. Vater, durch welchen das stu*
dium des altpreufsischen wieder ermöglicht und belebt
wurde. In seinem 1821 erschienenen buche: Die spräche
der alten Preufsen nämlich ist, nach dem unvollständigen
exemplare des im geheimen königsberger archive aufbe-
wahrten lutherischen katechismus von 1561, der text mit
deutscher int erlinear- Übersetzung abgedruckt, sowie daraus
Sprachlehre und Wörterbuch angefertigt. Höheren anfor-
derungen jedoch genügte erst Nesselmann in: Die spräche
der alten Preufsen an ihren Überresten erläutert. Berlin
1645. Nicht nur, dafs er den vorgedachten katechismus
vollständig und fehlerfreier wiedergab, enthält sein buch
auch noch von zwei anderen altpreufsischen katechismeo
(beide von 1545), welche typographische Seltenheiten sind,
den Wiederabdruck, und bekundet desgleichen durch rück*
sichtnahme auf die verwandten sprachen einen bedeuten»
den fortschritt. Schon 1848 aber gab der stadtrath Ferd»
Neumann zu Elbing im V. bände der neuen preufs. pro-
vinzialblätter von einem, in seinem besitz befindlichen
handschriftlichen preufsischen Vokabular künde, ohne dafit
in den 20 jähren die von ihm verheifsene Veröffentlichung
erfolgt wäre. Allein, sobald im april 1868 Schenkung der
an x eigen. 1 11
handschrift an die elbinger Stadtbibliothek erfolgt war,
machte sich unser autor ohne verweilen daran, den bis
dahin fast ganz unbenutzt liegenden schätz zu heben und
ans licht zu stellen. Es besteht aber das von Peter Holcz-
we8scher [-wartber?] aus Marienburg abgefafste oder doch
abgeschriebene deutsch-preufs. Vokabular aus 802 nummern,
welche, mit ausnähme von no. 459 — 468: farbenadjectiva,
sämmtlich substantiva sind, und das bisherige material,
obschon, eben jener beschränkung wegen, nur in einseiti-
ger richtung bedeutend erweitern. Die grammatik trägt
vergleichsweise nur wenigen nutzen davon, wogegen der
gewinn auf Seiten des Wörterbuchs um so beträchtlicher
ausfällt, als der lutbersche katechismus seiner natur nach
eine menge von sehr wissenswerthen benennungen zumal
dem täglichen leben angehörender dinge ausschlofs und
zu ausfällung jener schwer empfundenen locken das Grun-
au'sche verzeiöhnifs seines geringen umfanges halber nur
wenig aushalf. Ueberdem aber erweist sich das Vokabu-
lar auch f&r die deutsche lexikographie nicht ganz nutz-
los, indem die deutschen Wörter darin, welche, indem die
handschrift allem anscheine nach aus dem anfange des
15. jahrb. herrührt, zum theil sehr alttrthümlich und viel-
leicht landschaftlich gefärbt sind, weshalb zu deren erklä-
rang sich der herausgeber öfters der beihülfe ab Seiten der
germanisten Schade und Zacher versichert hat. Da
diese Wörter aber durchaus hochdeutschen Charakter tra-
gen, ins alte Preufsen aber eher niederdeutsche bevöl-
kerung eindrang: so mufs dieser umstand mit in betracht
gesogen werden, will man sich etwa von dem zweck bei
ab&ssung dieses Vokabulars rechenschaft ablegen, welches
ans ein gütiges geschick aus dem Schiffbruch der zeiten
gerettet hat.
Eine vorzüglich wichtige bemerkung sei mit des verf.'s
eigenen worten hervorgehoben: „Eine genaue vergleichung
des vorliegenden Vokabulars mit der spräche des etwa
150 jähre jüngeren katechismus von 1561 ergiebt das au-,
geascheinliche resultat, dafs in beiden quellen uns zwei
112 Pott
von einander abweichende dialekte der preufsischen spräche
vorliegen; und zwar haben wir in dem aus Marienburg
datirten Vokabular den dialekt von Pomesanien, dagegen
in dem vom pfarrer Abel Will in Pobethen verfaßten
katechismus den dialekt von Samland vor uns; auch zeigt
die vergleichung, dafs der samländische dialekt, obgleich
die quelle, aus der wir ihn allein kennen, soviel späteren
Ursprungs ist, doch noch wesentlich reiner und unverfälsch-
ter 8 ich darstellt, als der pomesanische dialekt in einer
anderthalb Jahrhunderte älteren Urkunde. Das aus Tolkemit
herröhrende wörterverzeichnifs von Simon Grünau steht
zwischen beiden dialekten in der mitte, jedoch mit stärke«
rer hinneigung zu der spräche des katechismus".
Die einrichtung des buches ist die, dafs auf die ein-
leitung das Vokabular folgt, welches nicht alphabetisch ist,
sondern nach Sachen (z. b. gott und himmel ; jähr und zeit;
erde; feuer; luft u. s. w.) geordnet. Dann kommt die sehr
sorgfältige erklärung der Wörter in alphabetischer reihen-
folge durch den berausgeber, mit angäbe der parallel-for-
men aus dem katechismus und mit vergleichen aus dem
lithauischen , lettischen und slawischen, sowie unter hin*
zufügung der erklätung von den deutschen Wörtern, wo
diese erforderlich ist. Den beschlufs macht: Deutsches
register.
Trotz der grofsen Sorgfalt, welche Nesselmann jedes-
mal der aufsuchung von verwandten gewidmet hat, steht
doch eine nicht geringe anzahl von artikeln noch ohne alle
anknüpfung da; und wer weifs, ob nicht viele von ihnen'
durch die invidia temporum für immer verwaist bleiben
müssen. Die ernte hat der herausgeber, welchem wir allein
für die blofse Veröffentlichung des wichtigen fundes zu
reichstem danke verpflichtet wären, und zwar verdienter
mafsen, schon gehalten. Aehren, des bückens werth, wel-
che er mag haben liegen lassen, dürften sich nur noch
wenige sammeln lassen. Vielleicht ist unter dem folgenden
das eine oder andere nicht unbrauchbar. Aclocordo
leitseil, fahrleine, kommt von auclo, halfter, und cordo,
anzeigen. 113
lessen o hinten, wie schon N. anmerkt, mundartlich der
teminalausgang ist für a im katechismus. Das ist ohne
tweifel poln. kor da (aus lat. c hör da), obschon ein görtel
▼on stricken, den einige Ordensbrüder nm den leib tragen;
kordel m., strick, im poln., lith. kardelas starkes tau. —
Broakay, brach als kleidungsstfick , ist kelt. braccae
Dief. Origg. Eur. no. 69, und hat mit poln. brzuch, bauch,
gewifs nichts zu thun. — Dantimax, Zahnfleisch, enthält
trotz menso, poln. mi$so, ksl. mjaso fleisch, doch viel-
leicht eine form, wie poln. mia.sko, zartes fleisch, in sich,
obschon der nasal widerspricht, weshalb N. s. 34 zu an-
dern erklärungen greift. — Zudoacke (der vogel staar)
halte ich ahd. däha, taha (monedula) Graff V, 364. Dohle
entsprang aus dem dem. dachel morgenbl. 1861, no. 51 8.
1205. Pr. kote, tale d. i. dohle. Stender hat im wtb. 8. 387
lett. kohsa dole, tahlken (letzteres also wieder mit neuer
deminutiven düng -ken niederd. st. chen). Merkwürdig ge-
nug kommt der lith. name des staares warne na auch mit
Warnas rabe Ness. wtb. 8. 54 zusammen. — Dumpbis,
gerberlohe, hängt, da sie aus eichenrinde gemacht wird, augen-
scheinlich mit poln. da. b, eiche, zusammen. Lith. döbai,
dobbai pl. die beize der rothgerber. Das wort mufs übri-
gens den Slawen abgeborgt sein, weil die eiche pr. au-
sons, lith. auzülas heifst. Gnode, teigtrog, zu poln.
gniotQ ich knete. — Granstis bohrer, lith. grqsztas
Nessel m. wb. 8. 269. — Caymoys, achsel, ist lett. ka-
meeschi (s durchstrichen), pl. von kammessis. — Kalso,
fladen, wird, da 8 hier wie im katechismus sehr verschie-
dene Zischlaute vertreten mufs, poln. kolacz, fladen, eine
art kuchen, ksl. kolac", libum. Mikl. lex. p. 297 sein; xo-
Uxiov DC. — Hinter kisses, pelz, scheint verborgen ein
wort, wie poln. kozuch vom veralteten koza, kuza feil;
lett. kaschoks. Da schlufs-s wohl kaum för x gesetzt ist,
wäre z. b. an ksl. kozitza pellis, kozie n. Sig^ara, pelles
Mikl. lex. p. 295 zu erinnern. — Keckers, erweis, erbse,
ist wohl die kichererbse, cicer. — Gnabsem bei Grünau
möchte nicht eig. hanf knapios sein, sondern hanfsame (vgl.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 1. o
114 Pott
pr. Semen same,* lith. im nom. semö hinten ohne nasal).
— Clumpis stuhl, ksl. kl 3p" f. (scamnum) Mikl. lex.
p. 292. Da weiches jer hinten auf i hinweist, auch in der
endung sich deckend. — Ist kramp tis, glossirt nayl
(eiserner nagel), eigentlich unser krampe? Oder zu xqg-
pdvvvfu Wz.-wb. II, 172? — Kumetis bauer (gebuer) wird
richtig mit lith. kümetys instmann (auch zardininkas) zu-
sammengestellt. Siehe indefs auch ksl. km et" u. s.w. Mikl.
lex. p. 293, wo die wal achische form ebenfalls u zeigt und
mir deshalb aus xiout^v^ aufgenommen scheint. — Lu-
riay, meer, mufs wahrscheinlich vorn i statt 1 gelesen
werden. Indefs das 1 in lagno, leber, welches (wenigstens
g statt k hindert nicht) mit lett. aknis sich vergleicht,
hätte auch in lat. jecur, jecinoris, skr. jakrt einjotals
gegenstück. — Mandi welis (quirnestab), quirlstock, klingt
auffallend an das gleichbedeutende lith. menturre Nesselm.
lith. wb. 8. 393 an, das zu skr. manth gehört. — Palst
tauige no mark (medulla) zu dem deutschen worte mit
eintausch von 1 gegen r, oder zu ksl. mozg Mikl. lex.
p. 378? Im letzteren falle dürfte man sich auf den Schreib-
fehler wolistian statt wosistian zicklein s. 50 berufen.
Der zusatz hinten, wie in kartano stange, emelno mi- i
stel. Deynayno morgenstern, ksl. d"n?'nitza vom ad}. 1
d"n"n (diei) Mikl. lex. p. 185. Krixtieno erdschwalbe,
lith. kregzde s. Ness. wb. 8. 225. Daher bei Diosk. Ja-
xot XQovcfrdvq statt %sXid6viov ntyct, Schöllkraut, russ. bo-
rodävnik, lett. struttenes Grimm gesch. I, 204 no. 3. —
Pagaptis, bratspiefs, leitet sich passend von dem verband
wozu lith. pakabinu, aufhängen, Ness. lith. wb. s. 170 ge-
hört. Ob aber auch der acc. dylapagaptin, Werkzeug,
Ness. im katech. s. 94 mit dylan werk? Lith. kepti jedoch
ißt backen, braten. Das g statt k dürfte uns nicht hin-
dern, da auch agins, sagnis, girmis den weicheren laut
«eigen an stelle des harten. — Zu peccore, bäcker, wäre
besser ksl. pekar" (pistor), poln. pekarz verglichen, ate
das den Germanen abgeborgte lith. bäkere, das ganz an«*
dem Ursprungs scheint. Die slawischen Wörter gehören
anzeigen. \ 15
zu skr. paK, was von unserem backen unwahrscheinlich
ist. Ueber die bildung s. später. — In penpalo wachtel
und pense (kynboem) wäre man geneigt, u statt n zu
lesen, hielte nicht die vom vf. s. 29 unter kentaris gemachte
bemerkung, eu werde sonst nicht gefunden, einigermaßen
davon zurück. Die fichte heifst lith. puszis f., was, im
fall 8z auf den indischen palatalziscber zurückweist, sich
recht gut mit nevxij vertrüge, woraus das ksl. mit neugr.
aus8pr. des diphth. pevg' m. (adj. pev'kin nevxivog) Mikl.
lex. p. 559 gemacht hat. Eine der lith. namensformen für
wachtel ist pepala. — Aus plinxne scheint d. plinse oder
plinze, art eierkuchen, s. Heyse, zu rühren. Die deutsche
glosse, wodurch es erklärt wird, pletcze ist, da cz in den
deutschen Wörtern stets unser z vertritt (im polnischen
aber drückt cz, wenigstens jetzt, tsch aus) unser platz
(kuchenart), z. b. in zuckerplätzchen, s. gleichfalls
Heyse. — Proglis, brantrute, soll, meint man, im zweiten
worte verschrieben, d. h. brantreite, dreifufs, sein. Ich
meinerseits halte die lesung aufrecht, und rathe auf eine
brandruthe, d. h. einen kienspahn, dergleichen man in jenen
nördlichen gegenden zur erleuchtung verwendet. Vergl.
esthnisch bei Hupel piirk, erklärt durch per gel. Eben
so lettisch bei Stender skalla perger, holzfackel, weil es
gesplissen wird. Das wort rute kennt das Vokabular
wirklich als erklärung von preufs. riste. In betreff der
Umstellung des r in proglis s. analoge fälle bei Nesselm.
8. 7; strambo, stoppeln, heifst lith. stambras Stengel,
hftlm. Fulda hat in der idiotikens. perge f., Schweiz.
forche, kiefer, kienbaum. Vergl. überdem Nesselm. unter
passupres. — Saltan, speck, liefse sieb mit lith. pal-
tis, Speckseite, nur unter annähme eines feblers im ersten
worte, vereinen. Russ. sälo, poln. sadto, schmeer, erklärt
nicht das t. Indefs haben wir auch kamerto kamraer;
swintian seh wem; lanxto fenster, lith. langas. Estu-
reyto, eidechse, vgl. poln. jaszczur-ka. Das verhalten
der laute vorn, wie in staytan schild, poln. szezit. Ich
weifs nicht, ob, nach nicht seltener Verwechselung, t für k. —
8*
116 Pott
Skerptus, rösterbaum, ist schwerlich verschieden von
lith. skirpsttis, rothbuche. Nesselm. wb. 8. 478. Das vok.
trennt davon wimino ulme. — Scritayle radfeige; litb.
skrittas, aber skritte kreis Ness. wb. 8. 482. Im letti-
schen heifst das rad skrittulis, die feige aber zufolge
Stender skrittula gabbals (stück, theil). — Seese
amsel, lith. szesze. — Kann sixdre durch Umstellung
lett. stehrts, lith. starta sein? — Smorde faulbaum.
Vgl. lith. s mir de le (Sambucus ebulus) vom gestank, smir-
das. Faul, stinkend, lett. ssmirdens. — Snoxtis, rotz,
vgl. lith. snokszti schnauben. — Sperglawanag, Sper-
ber, ist leicht erklärt. Es ist wanag, habicht, verbunden
mit dem nur gering abweichenden spurglis, Sperling, wie
ja auch der deutsche name des vogels vorn gotb. 8 parva
enthält. Vergl. nicht minder engl, sparro w-hawk, der
finkenfalk. Auch läist sich nicht verkennen, dafs gertoa-
nax, habicht, genauer der hühnerbabicht ist aus gerto,
henne, mit lith. w anagas, lett. wanags habicht. In wa-
nag mufs aus versehen die endung weggeblieben sein, x
findet sich oft am schlufs als nominativzeicben s, zusam-
mengeflossen mit einem guttural, z. b. slayx regenwunn,
lith. slekas. Wosux Ziegenbock. Czilix zeisig. Me-
denix-taurwis (beerhun, etwa beeren fressendes huhn t
auerhahn?). Vielleicht d an t im ax, gaylux, genix, gun-
six, cawx, lonix. — Stabs ist scböps aus ksl. skop"tz
(eunuchus) mit s statt tz, falls nicht das s im preufs.no-
minativendung wegen poln. skop hammel.
S. 4 wird bemerkt, dafs c und t in der mitte der
Wörter zuweilen gar nicht zu unterscheiden seien, während
sie am anfange der Wörter einander gar nicht ähnlich sä-
hen. Das kann man nuu auch sonst sehr häufig, z. b. in
den von Diefenbach herausgegebenen glossaren, wahrnehmen.
Die sache gewinnt aber för unseren fall an bedeutung,
weil es den anschein hat, als sei der Wechsel zum öfteren
nicht blofs in graphischen mifsverständnissen zu suchen,
sondern sei ein mundartlicher, was auch um defs willen
nicht leicht zu entscheiden ist, weil man c lind k zuweilen
anzeigen. 117
promiscue schreibt. Nesselmann bemerkt 8. 40 unter prei-
talis, ambofs, lith. prei-kalas litb. wb. 8. 176 von kälti
schmieden, das t sei in der handschrift sehr deutlich, und
verweist ober die vertauschung von t und k in beiden
sprachen auf torbis korbgeflecht am wagen; tuylis der
zahme eber, lith. kuil^s; turpelis leisten des Schuhma-
chers trotz und neben pr. kurpe schuh. Allein auch tun-
clis ist lith. kukälei m. pl. raden im körn, lett. kohkali
kornnäglein, rahden, ksl. ka.kol" m. nigella, poln. ka.kol-
nica kornraden (Agrostemma githago) von ka.kol lolch,
lolium. — Desgleichen yttroy wade, lett. ikri waden am
schenke!. 2. lett. fischrogen, und Kr eewu semm es (Rufs-
lands) ikri kaviar. Irisch iucbair fish spawn. Der vf.
führt russ. ikry an. R. ikra, ikrü aber bezeichnet nicht
mir fischrogen, kaviar, sondern auch wade. Eben so zu-
folge Mrongo vius poln. ikra der fischrogen 2. besonders
im preufs.-poln. die wade, sonst lytka. Vielleicht vermit-
telt durch die bedeutnng drüse mit dem begriffe ange-
schwollenes als vergleichsdrittem. Mikl. lex. p. 255. —
Twaxtan, mit queste glossirt, erklärt Schade bade-
schürze, badehose. Das bedeutet nun mhd. queste wirk-
lich. S. Ben. I, 894 Bringe mir ouch den bader mit der
questen: läfst freilich zweifelhaft, ob das nämliche gemeint
sei. Auch im Vokabular folgt obiges wort hinter stubo-
nikis (beder, bader), bei Heyse stüberer auch stübner
ehemals für bader (s. Diez et. wb. 8. 336 it. stuf a, franz.
etuve badstube, ofen); d. loser (der zur ader läfst)
und loskop d. i. lafskopf = scbröpfkopf (aus cupa,
nicht caput). Die queste bringt Müller mit castula in
Verbindung, was in Diefenb. gloss. p. 105 bad-tüch er-
klärt wird, und möglicher weise demin. wäre aus castus,
keusch. Trotz dem allen bin ich in zweifei, ob twaxtan
in Wahrheit so verstanden werden mufs, wie Schade meint.
Ob die alten Preufsen so zarte rücksichten nahmen, beim
baden badeschürzen vorzuthun, mag billig beanstandet
werden zu glauben, und ein badelaken, vermuthlich um
sich nachher bineinzuwickeln, hiefs kekulis. So darf ich
118 Pott
dann wohl bescheidentlich mit meiner vermutbung heraus-
rücken, unter twaxtan sei vielmehr der badequast zu
verstehen) und das wort daraus entstellt. Dieser, bei den
Lithauern w änta Ness. 8. 51, beifst zufolge Stender, deutsch-
lett. wb. 8. 101 perrema (zum baden gehörend, von pehrt
baden; prügeln) sslohta (besen, quast), die belaubten bir-
kenruthen dazu aber schaggas, lappas. Mit diesen quästen
scheint man den badenden zu schlagen, da ksl. prati
xqovsiv ferire, auch lavare (wegen des schlagens des Zeu-
ges mit dem bläuel?) bezeichnet Mikl. lex. p. 659. — Die
nicht seltene bezeichnung junger thiere mittelst der endung
-istian (eig. acc.) N. s. 50, z. b. gertistian, küchlein,
brächte die form dem griech. -ufxoq nahe, im fall ihr t
ftlr k stünde und nicht etwa st (vgl. oben gegenüberstehen
von szcz im polnischen) doch anders zu fassen ist.
Für eine andere mundartliche eigenthümlichkeit erachte
ich, dafs o den Vorschlag von w zeiget. Woaltis eile,
woltis Unterarm, findet seine parallele in lith. 61 ektis,
indem das wohlberechtigte k (vgl. pr. alkunis ellenbogen) :
nach voraufgegangener assimilation gewichen ist, gerade j
wie in pentinx (aus pienc-ts, lat. quin-tus, im ka- <
tech.), freitag. So hat der Lette saltis art schlänge, lith.
zaltis, allein auch salktis hausschlange. Stender, wör*
terbuch hinter der gramui. ausg. I, s. 134. Desgleichen
woasis esche, woble apfel, wobsdus dachs, wosee ziegfc
Wund an, wasser, lautet im kat. unds, ähnlich wie lai
unda, welche formen mit blofsem u jedoch erst aus v&
entstanden scheinen. Wubri, wimpro, wimper, braue*
schwerlich mit ansehlufs an das deutsche comp., sondern
ähnlich wie öcpQV*; oder doch and. ähnliche formen des wör*
tes vorn mit vokal, wie z. b. ill. obärva, cafir. äbrü. 8i
et. forsch. II, 411. Wobilis klee: lith., sonderbarer weise
mit d, dobilas, aber lett. ahbolites (als demin. von ah-
bols, apfel) und ahbolu sahles, vermuthlich indem man
die rothen köpfe des klees mit äpfeln verglich. Stender wb.
s. 393, allein als obs. auch dahboli s. 394. — Vgl. auch
z. b. lith. argonai, wargonai, orgel, aus Organum.
anzeigen. 119
Das wenige, was sich in grammatischer hinsieht
dem neuen Stoffe abgewinnen läfst, besteht etwa in folgen-
dem. Nesselmann bat „spräche der alten Preufsen" s. 47
iie beobachtnng niedergelegt, dafs die im nom. sg. auf
rokal ausgehenden preufs. nomina weiblichen geschleohts
seien, und gilt dieser satz unstreitig auch hier. Vor allem
entspricht eine grofse masse solcher auf o im vok. denen
auf a im kateebismus. Z. b. menso fleisch, kat. mensa,
lith. mesa, 6s f.; crauyo blut, kat.krawia, jedoch lith.
kraujas, o m. Tauto land, lith. tautä, ös f. speziali-
sirt zu: das Oberland, Deutschland. Seltsam genug, daft
wir weit von Preufsen weg und in unendlich früherer zeit
ganz der nämlichen erscheinung begegnen. Das oskische
.näralich hat schon in seinen älteren denkmälern im nom.
sg. der a-decl., trotz der scheinbaren annäherung an die
II. lat.-griech. decl., nachweislich blofs ü, während im um-
brischen anfangs noch u (o) und a neben einander gehen,
wogegen in der jüngeren periode o allein geltend geworden
sein mag. Aufrecht und Kirchhoff denkm. s. 1 10. — Dann
folgt eine grofse zahl auf e. Z. b. caune marder, lith.
kiaune, 4s f.; same erde, lith. z'erae, es f. — Podu-
kre, Stieftochter, lith. pödukre, es f. (auch podukra,
08) Nesselm. wb. s. 149 mit der präp. po-, pa- (bei) vok.
8.11 zur bezeichnung von stief-, wie z. b. auch pomatre
Stiefmutter. Das sanskrit und zend (Justi wb. s. 392) ge-
ben bei den verwandtschafbsnamen auf r diesen cons. im
nom. auf, und ist dies in merkwürdiger Übereinstimmung
auch für (las lithauische und preufsische als regel anzu-
nehmen. Daher pr. mothe mutter, lith. mote Nesselm. wb.
8.409 eheweib, eben so aber auch bei dem m. pr. brote
bruder. Defshalb befindet sich Nesselmann im irrthum,
wenn er im lithauischen auch für den nom. sg. etwaige
formen mit r neben solchen ohne r als ursprünglicher be-
trachtet, während sie dasselbe doch nur erst jure postli-
minii(wie z. b. npers. dokhter statt des altertümlicheren
dokht) wieder erhielten. Defshalb ist swestro (o statt
a), poln. siostra, Schwester, nur nach dem slawischen
118 Pott
dann wohl bescheidentlich mit meiner vermutbung heraus-
rücken, unter twaxtan sei vielmehr der badequast zu
verstehen) und das wort daraus entstellt. Dieser, bei den
Lithauern wänta Ness. 8. 51, heifst zufolge Stender, deutsch-
lett. wb. 8. 101 perrema (zum baden gehörend, von pehrt
baden; prügeln) sslohta (besen, quast), die belaubten bir-
kenruthen dazu aber schaggas, lappas. Mit diesen quästen
scheint man den badenden zu schlagen, da ksl. prati
xqovsiv ferire, auch lavare (wegen des schlagens des Zeu-
ges mit dem bläuel?) bezeichnet Mikl. lex. p. 659. — Die
nicht seltene bezeichnung junger thiere mittelst der endung
-istian (eig. acc.) N. s. 50, z. b. gertistian, küchlein,
brächte die form dem griech. -ufxoq nahe, im fall ihr t
fftr k stünde und nicht etwa st (vgl. oben gegenüberstehen
von szcz im polnischen) doch anders zu fassen ist.
Für eine andere mundartliche eigenthümlichkeit erachte
ich, dafs o den Vorschlag von w zeiget. Woaltis eile,
woltis unterarm, findet seine parallele in lith. olektis,
indem das wohlberechtigte k (vgl. pr. alkunis ellenbogen)
nach voraufgegangener assimilation gewichen ist, gerade
wie in pentinx (aus pienc-ts, lat. quin-tus, im ka-
tech.), freitag. So hat der Lette saltis art schlänge, lith»
Haitis, allein auch salktis hausschlangc. Stender, Wör-
terbuch hinter der gram in. ausg. I, s. 134. Desgleichen
woasis esche, woble apfel, wobsdus dachs, wosee ziege.
Wund an, wasser, lautet im kat. unds, ähnlich wie lat,
unda, welche formen mit blofsem u jedoch erst aus vfc
entstanden scheinen. Wubri, wimpro, wimper, braue^
schwerlich mit anschlufs an das deutsche comp., sondern
ähnlich wie ocpqv^ oder doch and. ähnliche formen des wör*
tes vorn mit vokal, wie z. b. ill. obärva, cafir. äbrü. S*
et. forsch. II, 411. Wobilis klee: lith., sonderbarer weiöö
mit d, dobilas, aber lett. ahbolites (als demin. von ah*
bols, apfel) und ahbolu sahles, vennuthlich indem maö
die rothen köpfe des klees mit äpfeln verglich. Stender wb.
8. 393, allein als obs. auch dahboli s. 394. — Vgl. auch
z. b. lith. argonai, wargonai, orgel, aus Organum.
anzeigen. 119
Das wenige, was sich in grammatischer hinsieht
dem neuen Stoffe abgewinnen läfst, besteht etwa in folgen-
dem. Nesselmann hat „spräche der alten Preufsen" s. 47
die beobachtnng niedergelegt, dafs die im nom. sg. auf
vokal ausgehenden preufs. nomina weiblichen geschlechts
seien, und gilt dieser satz unstreitig auch hier. Vor allem
entspricht eine grofse masse solcher auf o im vok. denen
auf a im katechismus. Z. b. menso fleisch, kat. mensa,
lith. mesa, 6s f.; crauyo blut, kat. krawia, jedoch lith.
kraujas, o m. Tauto land, litb. tautä, ös f. speziali-
sirt zu: das Oberland, Deutschland. Seltsam genug, da£s
wir weit von Preufsen weg und in unendlich früherer zeit
ganz der nämlichen erscheinung begegnen. Das oskische
.nämlich hat schon in seinen älteren denkmälern im nom.
sg. der a-decl., trotz der scheinbaren annäherung an die
II. lat.-griech. decl., nachweislich blofs ü, während im um-
briseben anfangs noch u (o) und a neben einander gehen,
wogegen in der jüngeren periode o allein geltend geworden
sein mag. Aufrecht und Kirchhoff denkm. s. 110. — Dann
folgt eine grofse zahl auf e. Z. b. caune marder, lith.
kiaune, es f.; same erde, lith. z'eme, es f. — Podu-
kre, Stieftochter, lith. pödukre, es f. (auch podukra,
ös) Nesselm. wb. s. 149 mit der präp. po-, pa- (bei) vok.
8.11 zur bezeiebnung von stief-, wie z. b. auch pomatre
Stiefmutter. Das sanskrit und zend (Justi wb. s. 392) ge-
ben bei den verwandtschaftsnamen auf r diesen cons. im
nom. auf, und ist dies in merkwürdiger Übereinstimmung
auch für das lithauische und preufsische als regel anzu-
nehmen. Daher pr. mothe mutter, lith. mote Nesselm. wb.
8.409 eheweib, eben so aber auch bei dem m. pr. brote
bruder. Defshalb befindet sich Nesselmann im irrthum,
wenn er im lithauischen auch für den nom. sg. etwaige
formen mit r neben solchen obne r als ursprünglicher be-
trachtet, während sie dasselbe doch nur erst jure postli-
minii (wie z. b. npers. dokhter statt des altertümlicheren
dokht) wieder erhielten. Defshalb ist swestro (o statt
a), poln. siostra, Schwester, nur nach dem slawischen
120 Pott
und germanischen zu rechtfertigen, während, ohne den Zu-
satz des fem. o, eine ähnliche form, wie lith. sessu «
skr. svasä, zend. qanha, allein lat. soror, zu erwarten
stünde. Podukre, pomatre sind nur durch das e, als
ableitenden zusatz, in der Ordnung. Semen der same,
lat. se-men, hat gleichfalls den schlufsnasal erst wieder
aus den obliquen casus hergestellt, wie lith. semenis an
stelle des altertümlicheren semü, gen. mens Nesselst,
wb. 8. 459, wie ahd. samo, gen. samin Graff VI, 55.
Komaters gevatter, poln. kmotr, fem. kmotra (comma-
ter) entstammt dem latein. — Der nominalausgang e übri-
gens ist für gewöhnlich wohl als aus ia (vgl. skr. I f. ans
ja, z. b. de vi, göttin, lith. dewe; wie die lat. motion av-
-ia) entstanden zu denken, in ähnlicher weise wie die Ist
V. decl. nur gewissermafsen abart ist von der I. Daher,
vermuthlich durch assimilirenden einflufs des i, so viele
formen auf -ies, zumal wechselnd mit solchen auf-ia, z. b.
materies : materia. So steht dem lith. kukne (eoquina,
engl, kitchen, küche) gegenüber poln. kuchnia, ruse.
küchnja, und sind die frauennamen Euphemia, Dorothea
von den Lithauern zu Pimme und Urte (das d wich der
epallelie wegen; lett. Dahrte, nach dem zweiten theil
Tihga) verunstaltet. — Warne, die krähe, lithauisch
jedoch hinten mit a war na, wird unstreitig ihrer geringern
gröfse wegen von warnis, lith. wärnas (also hinten mit
a) m. rabe, als f. unterschieden. Vgl. Nesselm. wb. 8. 54. —
Warene messingkessel , ist ungenau, da lith. var-lnifl
(fem. ines) ehern, kupfern, varies, erz Schleicher lit.
grainm. s. 12? und für messing preufs. cassoye aufgeführt
wird. Indefs vergl. bei Nesselm. wb. s. 51 szwitwaris,
messing, mit szwittu glänzen s. 533, lett. dseltanajs
warsch (r und s virgulirt) eigentlich gelbes kupfer; war*
rains kupfern, ehern. Mielcke und Nesselmann geben
waras, kupfer, ohne i an; allein zu varies (varias), ge-
wöhnlich varis, gen. rio erz, kupfer Schleicher glossar
s. 336 pafst nicht nur besser die durch striche im r (gen.
warra) angedeutete mouillirung im lettischen, sondern auch
anzeigen. 121
pr. wargien kupfer, was eigentlich der acc. sg. ist mit g
fiir jot, wie 8 all g an, grün, lith. 2älias. Kaum doch engl,
ore u. s. w.
Das lithauische hat übrigens auch fem. auf ia, z. b.
wyniczia weinberg, und i, wie marti die braut, Schwie-
gertochter. Defshalb mögen auch mehrere preufs. subst.
auf i als gleichen Charakters angesprochen werden, und
zwar als aus ia verschrumpft. So, als ein sehr deutliches
beispiel, dusi, seele, was doch wohl eher dem lith. duszia,
6s f. gleichkommt, als dusze, es f. Ferner ludini (wir-
tyne hausfrau, wirthin) von ludis wirtb, hausherr, ähn-
lich wie lith. kunnigene, auch kunnige predigerfrau,
von kunnigas prediger (eig. herr, unser wort könig), vgl.
königin; Adomene Adams weib. Mielcke spracht, s. 21.
Uebrigens scheinen zuweilen i und e blofs durch unge-
nauere Schreibung verwechselt. So z. b. pr. asy rain, lith.
eze; preufs. pelki bruch, sumpfstelle, lautet im lith. pelke;
ferner possi hälfte. — Bei anderen Wörtern wird die ent-
scheidung noch mifslicher, sei es nun aus mangel an paral-
lelen, oder auch wegen verdachtes, ob wir plurale vor uns
haben. Sansy, gans, mag einer anderen decl. folgen, als
lith. zasis (richtiger mit rhinismus a), gen. es f., bei Mielcke
ies. Culczi, höfte, verträgt sich wohl besser mit lith.
kulsze, es als mit de* übrigens auch fem. form kulszis,
e?. Mit wolti, ähre, vergleicht sich lith. wältis, es f.
rispe im hafer. Kaum aber fehlt jenem aus blofsem Schreib-
fehler das s. Vergl. etwa arelie adler, lith. erelis. —
Mehr oder weniger räthselhaft sind mir sari gluth (vergl.
etwa gorme hitze); kiosi becher; posty weide (im suff.
ähnlich wie sos-to, bank, lith. sös-tas d. i. sitz); lonki
Steg; stabni ofen (etwa lapideus von stabis, stein?);
clattoy klette (aus dem deutschen?). Garkity senf.
IM. gor"k bedeutet mxgog. Wubri, s. ob., liefse in hin-
blick nach dem skr. nom. bhrü-s den ausgang u-s erwar-
ten, welchem man anderweitig oft genug begegnet, z. b.
dang us mit der doppelten bedeutung himmel und gaumen
(ovQaviOxog, lith. dangus burnos, eig. himmel des mun-
122 Pott
des, wie holl. verhemelte, gebemelie des monds). Alu,
meth, hat wahrscheinlich aus blofsem versehen das end-8
nicht, wie es lith. alüs erfordert. Dolu, galle, schwerlich
noch neutr. — Sollte wubri mehrheitlich gemeint sein,
welche vermuthung auch bei noseproly, nasenlocb, nahe
gelegt ist, gleichwie bei agin 8 äuge, au sin 8 ohr, die wohl
nur acc. plur. (Nesselm. spräche der alten Preufsen s. 53)
sein können, worin das ns trefflich zum gothischen stimmt?
Falls jedoch etwa zu ksl. prolijati (effundere), woher
proliva (os fluviorum) Mikl. lex. p. 699, wäre der i-laut
wurzelhaft. Bei peadey sacken, d. i. socken, und broakay
hose (im neueren sinne) wegen der zwei beinlinge, zweifelt
ich keinen augenblick an pluralität der form, wie pr. ta-
wai väter; gannai weiber; auch mit der Variante ei, ifl
seltenem einverständnifs mit griech. oi, «/; lat. i (ei), ac
bei sigmatischem ausgange auch hier im sanskrit. — Auch
blensky schilf und craysi halm neben crays heu
könnten recht wohl nach lithauischer weise plur. sein.
Wir kommen noch einmal auf den plur. zurück, wol»
len aber zuvor einiger benennungen von mannspersonen
gedenken, welche nichts desto weniger ausnahmsweise sich
in einen vokal verlaufen. S er u tele schroter, d. i. Schnei-
der, ist vollkommen richtig, indem dies durch diseimilation
hinten aus dem deutschen umgeänderte nom. ag. gerade so
gebildet ist, wie lith. brüvele brauer u. a. Schleicher lii
gramm. s. 114. Gilt dieselbe entschuldigung für peecors
bäcker? Lith. bekere allerdings masc. S. oben. Tucko*
ris, weber, pafst besser (wohl contr.) zu lith. -orius, z. b.
stiklorius glaser, Schleicher a. a. o. 8. 111. Kukore
ist die köchin; aber lith. kükorius, koch. Gekürzt in
den vokalen ist auch artoys ackersmann, lith. artöjis
(pflüger), was ich im wesentlichen dem gr. aqorrig gleich
erachte trotz mangels eines i-lautes in dem griech. suffixe,
älter -rag. Es ist letzteres vermuthlich nach ausstofs von
jot contrahirt worden. Man mufs aber wissen, das o in
-tojis steht für langes a, wie sich aus lett. -tais (mit
ausstofs von a), fem. t&ja Bielenst. lett. gramm. I, 8.212
anzeigen. 123
ergiebt. Dafs i in lith. -tojis aber durch assimilation aus
früherem a entstand, erhellet aus formen nach anderer li-
tauischer mundart, deren Bulgarin, Rufsland I, 170 f.
unter den benennungen von handwerkern und nomm. ag.
nicht wenige auffährt. Nämlich korija-toja-fs krieger,
aber mokitoifs der lehrer (mokitiuifs scbüler). Passum-
ditojafs miethling. Skaititojafsrecbnungsftkhrer. Scho-
kinettfjafs tänzer. Tekintojas drechsler, aber auch
vorn mit a sogar: teplotajas der maier. Waistitojas
arzt. Blofsem ag, qg (äol. a), lat. a, z. b. scriba, conviva
gemäfs: dainoiafs (von den dainos) Sänger; drosheijas
bildhauer. Aehnlicher bildung ist pr. medies Jäger, lith.
medejis. — Ziemlich häufig kommt im preufsischen ein
anderes suffix -nikis, oder gekürzt -nix (Nesselm. spräche
der Preufsen 8. 219) vor. Nämlich stubonikis bader;
laukinikis lehnsmann; mynix gerber. Balgninix Satt-
ler, im lithauischen bei Bulgarin balninikas, wogegen
preuf8.-lith. balninlnkas, also noch mit n vor k, wogegen
lett. -nee k 8. Russ. sedjel"nik sattler. Desgleichen bei
Bulgarin schikscbnikafs riemer; russ. ^omutnik (knm-
metmacher) Duoninikafs bäcker (nach dem brote be-
nannt, wie russ. #ljebnik) u. v. a. — Was soll man nun
aber sagen zu waldwico ritter, worin o als femininendung
falsch sein mufs, so gut wie in aubirgo (oder anbirgo?)
garbreter, garkoch (unmöglich doch frz. auberge)? Scheint
lett. waldineeks regent. — Rapa, engel, ist, wie über-
haupt, so im besondern durch seinen schlufs sonderbar,
ist nur eine sehr schwache vermuthung, wenn ich an
rab (servus) denke, indem ja darin: diener gottes
gesucht werden müfste. — Smoy, mann, findet kaum
durch das g in lith. Zmogus seinen vollen aufschlufs.
Auch menig mond und wanag habicht (ohne das 8 im
lith. und lett.) müssen hinten ungenau wiedergegeben sein.
Mary das baff, obschon lith. mares pl.
Is ist weitaus die häufigste aller nominativendungen
der im Vokabular aufgeführten Wörter, und zwar um des-
willen, weil, wie schon Nesselmann angiebt, ein grofser
124 Pott
theil derer auf urspr. a-s mit hineingezogen ist in das ge-
biet derer, welchen i-s von rechtswegen gebohrt. Nun
finden sich aber auch die ausgänge es und os (ios). Welche
bewandtnifs hat es damit? Obgleich der katechismus keine
sigmatische plurale nachzuweisen scheint, so dürften
doch, meine ich, die mehrzahl der Wörter mit obigen en-
dungen im Vokabular kaum anders gefafst werden, und
erhielten wir damit eine bis jetzt uns unbekannte preußi-
sche pluralform. Nur mufs man sich entsinnen, dafs der
Lithauer auch viele pluralia tantum zählt, wie miezei
gerste (vok. moasis, als wäre es sing.), pinnigai (weil
aus mehreren stücken bestehend) geld, kämanos, zäum
u. s. w. Preufs. raples, zange, kann unmöglich etwas,
anderes sein als lith. reples f. pl. von einem thema auf
-e, die kneipzange, welche ihrer zwei glieder wegen den
mehrheitlichen numerus zeigt, wie desgl. die scheere, pr.
scrundos, unstreitig wie lith. rankos, die hände, plural
von rankä (im du. ranki), und schwerlich doch, wieder
gen. sg. ran kos. Vgl. etwa ahd. scrintan (ändere) war-
zel-wb. II, 160. Nicht anders frz. les ciseaux, und esthn.
kärid scheere, aber auch kärad hafer (lett. plur. ausas
hafer, lat. avenae, engl, oats; rudsi roggen Rosenb.
formenl. s. 80), linnad flachs u. s. w. Hupel esthn. gramm.
1818 s. 140. — Aketes die egge, lith. ekkeczios £ pL
wie marczios, braute, von marti. Lett. ezzeschi (z.
statt k, und s virgulirt). Das t (vgl. vormals egde) ver-
bürgt z. b. durch ekket-negelis eggzinke (nagel). —
Enapios, lett. kan'n'epes hanf, aber bei Nesselm. lith.
sg. knäpe, kanape, lat. cannabis. — Clines kleie, lith.
klynes f. pl., wie auch der Lateiner z. b. furfures hordea-
cei gebraucht, als ein vieltheiliger stoff. — Gewifs dra-
gios, hefen, eben so pl., wie das gleiche engl, dregs, und
lith. meles, lett. meeles. Desgleichen ksl. drozdija f.
pl. TQvyia faex. Mikl. lex. p. 176.
Auklextes, oberker, scheinen die vom geworfelten
getreide abgefegten spreutheile. Vergl. klexto kehr wisch
zum reinigen des backofens. Vorn steckt darin die preu-
anzeigen. 125
sische untrennbare präp. au- (skr. ava), meine präpp.
t. 604, und bedeutet demnach etwa das hinweggefegte.
Vgl. au-werus, sindir, m et all schlacke, das ich zu poln.
i-wrze-d, uwarzid gar kochen^ gar sieden, halte. Au-
wirpis fluthrinne, d. b. ab- oder durehlafs, wie crauya-
wirps aderlasser Nesselm. s. 49. — Auch sirines, lauge,
könnte pl. sein, freilich in Widerspruch mit dem lithauischen
männlichen sg. szarmas. Desgl. kaules dorn. Ackons,
granne, steht ohne zweifei mit lith. akötas, gewöhnlich
im pl. akötai in Verbindung. Ob es aber acc. pl. auf -ns
sei, oder ein vokal (i oder e) hinter n ausgestoßen: ich
weifs es nicht. — Passupres, Stangen zum trocknen von
holzspähnen. — Tusawortes manchuelt, als vielleicht
Zwerchfell? — Peles armmuskel, lith. pele (mus), oder
auch die starke muskel am daumen; pl. pferdekrankheit,
maus oder fiebel. Lett. pelles viehkrankheit, da die mause
oder drösen lebendig werden. — Bei sarxtes, scheide
des Schwertes, ist dem begriffe nach pluralität nicht recht
glaubhaft. Möglich, dafs e einen anderen vokal vertritt,
wie in esketres stör, lith. erszketras. Stroysles ist
der fisch döbel. Ueber kisses pelz s. ob. Aber takes,
wehr an der mühle, könnte, wenn mit lith. takiszas ein-
hellig, eig. zweifachen zischlaut zu einem zusammengezogen
haben. Nothwendig jedoch ist die annähme nicht wegen
lett. taz-8, worin s nominativendung, und z für k steht
vor ausgefallenem i. — Lauksnos soll vermuthlich schon
der Übersetzung gestirne nach plur. sein. Auch wohl wayos
wesen, wiesen od. ahd. waso? Bei Schleicher gloss. s. 336
vejfc (vejä) rasen, rasenplatz. — Perwios estrich. —
Aboros raufe. — Lisytyos nothstall. — Brunyos brust-
harnisch, brunne. — S. 18 hat das vok. sliwaytos pflu-
men, wisnaytos kirsen, krichaytos krichen (art kleiner
pflaumen; bann, kreiken; lith. kryke wilder Pflaumenbaum),
die schon durch die Übersetzung als pl. fem. gekennzeichnet
»nd. Auch unstreitig crausios birne (eher plur. bieren,
piern vom sg. bir, wofür erst spät birne 8. Grimm wb.),
wozu nicht ganz lith. krausze für birn (im pl. -es) pafste.
126 Pott
Crausy, der birnbaum, müfste, vgl. mit lith. krauszis,
io m., das s aufgegeben haben, was ich jedoch nicht zu
behaupten wage. Was will aber die endung -aytos in
den drei obigen Wörtern? Es scheinen deminntivformen,
und zwar weibliche, von der deminutivendung im litham*
sehen, z. b. brol-aitis brüderchen, Schleicher lit. gramm.
8. 131. 141, vielleicht indem man sie sich patron. dachte.—
Uebrigens kann es uns nicht wunder nehmen, wenn in der
endung, und so in decl., auch wohl genus und numerus
die baltischen sprachen nicht immer zusammengehen. Bei-
spielsweise steht dem pr. dumis rauch gegenüber der Utk
pl. dümai; oder sarke elster, statt lith. szarka u. 8. w«,
während, im fall sie sich deckten, ersteres hinten o haben
müfste. Syrne, Samenkorn, entspricht polnischem ziarno,
scheint aber ausländisch wegen beibehaltung des älteren
girnoywis handmühle. Vergl. mein wurzelwb. II, 8. 256.
Aehnlich sari gluth (lith. zarlja glühende kohle) und
gorme hitze.
Ein nicht gerade an der oberfläche liegendes suffix ißt
versteckt in folgenden Wörtern, denen das lithauische seit
suff. -tuve f. und -tuvas masc. (Schleicher lit. gramm.
8. 117) gegenüber stellen würde. Pre-artue, pflugreute,
von lith. är-ti, pflügen. Schu-tuan acc. sg. zwirn, vo»
lett. schuh -t (seh wie im deutschen), nähen. So aber i
auch wahrscheinlich coestue, bürste, in vergleich mir:
coysnis kämm, und nurtue hemd. Lith. nerti wird ;
vom anziehen wenigstens der schuhe gebraucht. — In
compp. finden sich an präpp., aufser dem erwähnten au-,
noch pa (po) z. b. passalis frost, lith. pä-szalas Nes-
selm. wb. s. 512; pre in preitalis, preartue. Attolifti
grummet, vgl. lett. at-sals, was, wie unser nachheu, ei#
abermaliges gras zu heifsen scheint. Eine andere präpos*
(nämlich sl. za) könnte verborgen liegen in sardis, czueft,
das freilich unser zäun ist, möglicher weise aber ein um*
zäuntes. Vergl. ksl. za-grada (sepimentum), wober da«
adj.zagrad"n (horti), zagrad (urbs), Dobr. Inst. p. 202,
wie engl, town ja eig. ags. tun (septum, praedium, pagus*
oppidum), fris. tun v. Richth. s. 1094 ist. Poln. za-groda*
anzeigen. 127
*rzäunung, gehöft, wird nämlich budissin. (in einklang
it häufigem wegfall von g in diesem lausitzischen idiome)
i sa-roda garten. Es heifst aber lith. zardis ein rofs-
irten. Dagegen lith. gar das horde, hürde, scheint nicht
»wohl mit diesen deutschen Wörtern zu stimmen, als mit goth.
ards oixog, avkij, altn. gerdi (sepes). Doch s. Diefenb.
oth. wb. II, 390 no. 20. Oder sollte pr. sardis eher ein
angenzaun sein? Vergl. sl. zerd" palanga, pertica Dobr.
ost. p. 144, russ. z6rd", dünne lange Stange. Lith. zar-
as Scheiterhaufen (lett. 88 ahrts); ein gerüst, worauf man
rbsen zum trocknen aufhängt, was im esthn. sard lautet;
Btt. sahrds erbsen oder bohnenstaken , sahrdeht einen
itaken aufstecken.
Zum scblufs sei dem vf. noch einmal mein wärmster
lank dafür ausgesprochen, dafs er seinem langjährigen ver-
schlusse endlich den hört entrifs, an welchem sich nunmehr
erfreuen und ihn benutzen kann, wer dazu lust verspürt.
In welchem mafse gegenwärtiger Schreiber dies getban,
davon können sowohl leser wie hr. Nesselmann nach obi-
gem urtheilen, und wird letzterer überdem aus meiner
thätigen und raschen theilnahme an dem nur eben erschie-
nenen werke, hoffe ich, die Überzeugung gewinnen, wie
sehr ich die ehre zu würdigen weifs, wenn er mich bei
seinem, mir so werthen buche pathenstelle einnehmen
Geis.
Am 16. oct. 1868. Pott.
Over het woord Zarathnstra en den mythischen persoon van dien naam,
door J. H. G. Kern. (Overgedrukt uit de verslagen en mededeelingen
der koninglijke akademie van wetenschappen , afdeeling letterkunde,
deel XI). Amsterdam, C. 6. van der Post 1867. 33 ss. 8.
Wir beabsichtigen in der folgenden kurzen anzeige
keine kritik der in der Überschrift genannten kleinen schrift
zu geben, zu der wir uns nicht berufen fühlen, sondern
qir kurz über ihren inhalt zu berichten, um auf denselben
auch weitere kreise aufmerksam zu machen.
Der vf. stellt sich als aufgäbe, eine antwort auf die
frage „wer oder was ist Zarathustra" zu geben. Er spricht
128 Kuhn, anzeigen.
sich zunächst über den unterschied von historischer und
mythischer person aus und geht dann zur Untersuchung
der frage über, zu welcher von beiden kategorieen Zoroa-
ster gehöre, ob es der name eines mannes oder eines We-
sens sei, das nachweisbar zur mythologie unserer alten
stammverwandten in Iran gehöre. Die prüfung der ober»
lieferungen der alten, welche der vf. nun folgen läfst, er-
gibt ihm, dafs von historischen nachrichten auch nicht im
mindesten die rede sein könne, er wendet sich daher zur
Untersuchung der angaben, die das Avesta selber über Za-
rathustra und seine verwandten gibt und vermuthet, dafs
Pourusagpa den nächtlichen mit Sternen besäten himmel
und Maidhjomäo seinem namen nach den Vollmond oder,
wie das lat. medilunia, das erste viertel bedeute, wobei er.
sein bei wort aparazäto „im westen geboren a erklärt. Es
folgt nun eine Untersuchung über den namen Zarathustra,
deren resultat ist, dafs das wort (von *zara gold und
*thwistra — w. tviä — ) goldglanz, den goldglänzenden, g&-
XQvaocpaiqq bedeute. Daran reiht K. die erwägung der
stellen, wo Zarathustra oder dessen Superlativ einen titeL
oder eine würde zu bezeichnen scheint und wendet sieh
gegen Spiegels und Justis annähme, dafs damit der ober*
priester gemeint sei; die vergleichung der stellen Jap. 1^, 50
und Mihir-Jast 17. 115 ergibt ihm, dafs darin ein begriff
wie „majestät, superl. oberste majestät" liege und damit
in diesen stellen Mithra bezeichnet werde. Aber den ver-
künder des gesetzes, Zarathustra, hält er nicht auch für
Mithra, sondern für ein ihm verwandtes lichtwesen, den A
abendstern, und sucht dies namentlich aus der. stelle des ~-l
19 Farg. des Vendidad, die in zum theil von Spiegel und
Windischmann abweichender Übersetzung gegeben wirdy -j
zu beweisen. Die sprachlichen und sachlichen gründet j
welche E. anführt, verdienen alle beachtung, so auch was '
schliefslich über Qaosjant (welches er von pult, nicht wie
Windischmann, Mithra 79, von cu ableitet) vorgebraoht
wird, den er als eine Wiedergeburt des Hesperus, als den
Phosporus, ansieht.
A. Kuhn.
Schmidt, die entwieketang von unurspr. j etc. 129
Die entwickelung von unursprünglichem j im
slawischen und litauischen.
Eine anerkannte thatsache ist, dafs der Spirant j im
körper der worte grofse Verwüstungen bewirkt, welche
zuerst von Schleicher (zur vergleichenden sprachengeschichte)
anter dem namen des zetacismus zusammengestellt und er-
klärt sind- Später haben Diez, Curtius, Schuchardt u. a.
diese erscheinung weiter erörtert. Indem ich den vocalis-
mus der indogermanischen wurzeln untersuchte, bin ich
darauf geführt worden, dafs nicht nur ursprünglich vor-
handenes j die anliegenden laute afficiert, sondern dafs sich
im verlaufe des sprachlebens auch ein parasitisches j hie
und da entwickelt, wo sein erscheinen durch wort- oder
Stammbildung gar nicht begründet ist, und den zersetzungs-
process der worte beschleunigt.
Da ich gegenwärtig durch andere arbeiten verhindert
bin, die einschlägigen erscheinungen auf dem ganzen ge-
biete unseres Sprachstammes zu verfolgen, so begnüge ich
mich fürs erste den theil der Untersuchung, welcher das
altbulgarische und litauische betrifft, zu veröffentlichen. In
diesen sprachen ist der Vorgang am klarsten erkennbar und
zugleich am ausgedehntesten.
Längst hat man erkannt, dafs sich im altbulgarischen
j in unursprünglicher weise vor vocalischem anlaute ent-
wickelt. Schleicher (compendium §. 89) führt nur a, e, 3,
%, e, i, i als solcher affection unterworfen auf. Aber auch
vor anlautendem u stellt sich j ein, z. b. udü, judü mem-
brum, utrb, jutro diluculum, nslov. jutro mane, osorb.
jntry ostern. Miklosich (lex.) meint utro stünde für
*nstro, ohne ein weiteres beispiel für den befremdenden
ansfall eines ursprünglichen s vor t anzuführen. Auch mir
ist keins zur hand. (Ueber das nur einmal vorkommende
jato neben jasto cibus aus *jad-to siehe Leskien beitr.
V, 413). Ueber allen zweifei erhoben wird aber die in
rede stehende etymologie durch die vergleichung der deut-
schen worte ahd. ös-tarä (vergl. osorb. jutry pl. ostern),
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 9
ISO Schmidt
ös- tan, anord. aus-t-r osten, morgen. Als wurzel ergibt
sich skr. uä brennen, vas leuchten (vgl. us-rä-s morgend-
lich, us-ra morgen, lit. ausz-rä morgenröthe, skr. uä-as,
lat. aur-ör-a). Das j von jutro neben utro ist alsoun-
ursprünglich.
Ferner hat sich j eingestellt in jugü auster aus der
noch erhaltenen älteren form ugu. Ich verbinde dies wort
mit den gleichbedeutenden tv-go-g, aus-ter, indem ich
-gü als Suffix betrachte wie -ga in slu-ga servus. (So£
-gü, -ga Miklosich bildung der nomina §.156 flg.). Die
wurzel hat ihr s ebenso verloren wie in utro*).
Die aus urspr. an hervorgegangene praeposition u ad,
apud (Schleicher comp.3 8. 127) erscheint auch als ju, z.b. ;
in ju-sini (sini lividus, niger) gräulich neben u-sioi, ,
ju-cruminü (ärüminü ruber) röthlich neben u-crü- !
minü. ,
Umgekehrt verliert sich anlautendes j vor u in ucha,
russ. yxa fischsuppe, gewöhnlich jucha £<*>fwe (vergl. skr.
jü£ä); in u, u-2e jam findet sich das ursprünglich vor-
handene j (vgl. lat. jam, lit. ja ü, got. ju) nur noch höchst
vereinzelt, bei ersterem wie es scheint nur in der Verbin-
dung mit der negation ne u und ne ju ovdima. Dieser
verlust des anlautenden j ist höchst merkwürdig, da er»
aller sonstigen neigung der slawischen sprachen in diame-
tralem gegensatze steht. Ist doch der anlaut j so beliebt,
dafs er selbst fremdworten vorgesetzt wird, z. b. jeliaS
'IftAi^jevangelistü evangelista, jegupitü neben eguptä
Äiyvnxoq, ja dies j wird sogar zu ij zerdehnt: ijerakli
'ZfyaxAifc, ijerüganü oqyavov (o nach j mufs e werden,
Schleicher comp.2 §. 87, 1, *ijorüganü wurde also ije-
ruganü) u. a. s. Miklosich vgl. gr. d. sl. spr. I, 22. Er-
innern will ich jedoch, dafs dieser im anlaute so seltene
Schwund von urspr. j im inlaute mehrfach eingetreten ist,
z.b. in den imperfecten dela-achu, nese-achü u. a. ffir
*) Vielleicht ist auch slu-ga aus *slus-ga entstanden, da slas-ati
auscultare, po-slus-ati obedire der bedeutung nach näher liegen als slu-ti
nominari, darum esse.
die entwickeluag von unurspr. j im slawischen und litauischen. 131
*dela-jeohü, *nes£-jechü (s. Schleicher Comp.9 §. 305)
und in der flexion des bestimmten adjectivs, z. b. gen.
dobra-ago ans dobra-jego, welches letztere von Sre-
snewskij (Drevnie glagoliceskie pamjatniki St. Petersburg
1866 p. 152) als wirklich vorkommend nachgewiesen ist«
Schon im altbulgarischen ist der anlant a ohne vor-
geschlagenes j selten, aber er kommt doch noch vor, wie
das Wörterbuch ausweist. Im serbischen haben sich nur
noch a und die damit zusammengesetzten ako, ali ohne
den Vorschlag erhalten, alle übrigen haben j angenommen,
z. b. ja, altbulg. azu, jazü ego, jagne, altbulg. agn$,
jagne agnus (s. Mikl. vergl. gramm. I, 298); ähnlich im
neubulgarischen, jaz, az, jagne, agne u.a. (Mikl. vgl.
gramm. I, 263). Auch polnisches anlautendes a erhält in
der älteren literatnr und in der Volkssprache j vorgesetzt,
z. b. jastryob, astrych (deutsch estrich), jantoni,
jawgustyn u. a. (Mikl. vgl. gramm. I, 446).
Dies parasitische j greift nun auch den folgenden vo-
eal an, so findet sich statt des älteren aäjuti, aäuti gra-
tis, frustra in späteren glagolitischen quellen jafijuti und
jesuti, vergl. cech. jeäutny, jeäitn/ (altbulg. e nach j
weist anf älteres o, nicht a; die Schreibung mit o belegt
Mikl. lex. 8. v. osuti und jesuti). Im äechischen bleibt
anlautendes ja theils unverändert: jablko, jazyk, theils
wird es durch assimilation zu je: jebne, jeviti = alt-
bulg. agn$, jagne, javiti, theils endlich durch fortge-
setzte einwirkung des j auf den folgenden vocal zu ji:
jisti comedere, neben jedlcomedit, altbulg. j asti, jalü.
Aber nicht nur anlautend, sondern auch inlautend ent-
wickelt sich im altbulgarischen j vor'vocalen. Am sicher-
sten ist es nachweisbar vor u (= indog. äu). ljubü ca-
rus, ljuby amor, ljubiti amare hat man von jeher mit
recht zu wz. lubh gestellt, ljudü populus entspricht dem
lett. laudis leute (Bielenstein lett. spr. s.75), got. -lauth-s
in jugga-lauth-s veaviäxog, dessen th nur des folgen-
den s wegen für d eingetreten ist, daher in anderen casus
dem ursprünglicheren laute wieder weichen mufs, z. b.
132 Schmidt
juggalaudeis nom.pl. Marc. 14, 51, juggalaud voc.
8g. Luc. 7, 14; alts. liudi, ags. leöde, ahd. liuti homi-
nes. Die deutschen und slawischen worte entspringen also
aus einem stamme *läudh-a, welcher mit ).äj:-6-q ver-
wandt ist; letzteres weist auf eine wz. ru, ersteres auf
ru-dh (s. Curtius g. e.* s. 325, Diefenbach vergl. wtb. d.
got. spr. II, 127 u. a.).
rjuti,reva. (lautgesetzlich für *rjov*|) rugire hat
ein klar erkennbares unurspr. j (vgl. cü-qv-co, lat. rü-mor,
räv-is, rau-cu-s, skr. ru, Curtius g. e.2 319 f-)- Ohne
dies parasitische j finden sich noch rutije Glag., dessen
r freilich wie öfter die geltung von rj haben kann, und
das mehr beweisende rovy hinniens Sup.
Für rjujinü, rjujenü September erweist lit. ruja
brunstzeit des wildes, rujis brunstmonat, September die
unursprünglichkeit des j (es findet sich auch rujenü).
Höchst wahrscheinlich ist, dafs lit. ruja ursprünglich das
brünstige gebrüll der hirsche bedeutete, und dafs obige
worte daher mit Dobrovsk^ Slovanka I, 72 und Pott wur-
zelwtb. 1269 von rjuti, wz. ru, abzuleiten sind*).
Das j von kljus§ jumentum wird durch poln. ktusak
zeiter als unursprünglich erwiesen, da altbulgarischem lju
im polnischen lu entsprechen mufs.
Neben plu&ta ntr. plur. pulmo findet sich pljuäta,
welches in neuslov. pljuöa, russ. miionje, cech. plice fort-
lebt. Dafs j unursprünglich ist, folgt aus lit. plaüczei
pl. t. lunge (welches wie plusta aus *plau-tja hervor-
gegangen ist) und lat. pul-mo.
Auch in klju-ci uneus, clavis ist das j unursprüng-
lich, da das wort zu clav-i-s, xAi^/t-i-s gehört (Schleichet
formenl. d. ksl. spr. 8. 95); ci ist suffix wie in bi-ci fla*
gellum, bri-ci novacula. Es finden sich auch formen
ohne das j z. b. kluc§ Sup., welches jedoch wenig be-
weist, da j nach liquiden (1, r, n) oft unbezeichnet ge-
lassen wird.
*) Vgl. Mikloßich die slav. monatsnamen s. 10 f.
die entwickelimg von unurspr. j im slawischen und litauischen. 183
bljud?, bijusti videre leitet Miklosich (lex.) von
wz. budh ab, was nach der analogie der bisher behandel-
ten worte wohl möglich wäre. Ganz zweifellos ist diese
etymologie aber nicht, denn wz. budh liegt schon in alt*
balg, büdeti vigilare, buditi excitare vor, und die be-
deutungsdifferenz zwischen büdeti und bijusti ist nicht
gering.
bljudo, bljuda patina ist deutsches lehn wort, vgl.
got. biudsrpaTT^a, alts.biod, ags. be6d, nord. biötifvon
bind an offerre Gr. III, 432.
Nach dieser erörterung wird man ohne bedenken in
folgenden worten die form ohne y für ursprünglicher hal-
ten, obwohl ich für diese annähme keine stützen aus den
verwandten sprachen herbei zu schaffen vermag:
rutiti sq agitari, rjutiti ist im altbulgarischen nur
in Verbindung mit praepositionen belegt vüz- rjutiti s$
se praecipitare; ebenso liegen im cechischen die nachkom-
men beider formen neben einander routiti und rititi =
poln. rzucil werfen. Ferner chlupati, chljupati men-
dicare, von den Varianten chlepiti, chlepiti wird spä-
tes die rede sein; ruma und rjuma %xlvoig, deliquium
animi, wohl aus dem griech. fievpa durch entlehnung ge-
flossen.
Ich führe nun einige worte an, welche das j selbst
nicht mehr enthalten, sein einstiges Vorhandensein aber in
der assibilation vorhergehender consonanten verrathen:
ziv-ati (Iv lautgesetzliche Wandlung von ju Schlei-
cher Comp.2 §.85,4), praes. üfcv-3, zv-eäi und zu-j$,
zu-jeSi mandere und 2v-ati, praes. zv-q, zv-eäi ru-
minare weisen auf früheres *gju zurück; zivati verhält
sich zu ZUJ3 genau wie plivati zu pljuj$ spuere, wz.
spi v , spju, nur dafs in letzterem das j sichtbar bleibt,
während es in 2ujq in dem assibilierten guttural ver-
schwinden mufs. Miklosich (lex.) und Diefenbach (got.
wtb. II, 453), der viel ungehöriges einmischt, vergleichen
ahd. chiuwan, ags. ceovan, welche auf eine indogerma-
nische wurzel *gu zurückführen. Das von Grimm diphth.
134 Schmidt
206 vermuthete got. *kiggvan füllt durch vergleichung
der altbulgarischen worte. Diese wz. gu findet sich auf
lettischem gebiete in zunas f. pl. kiemen, zaunas kinn-
baoken, kiemen. Auch das lit. zaun6 ein Stückchen brot
(Ness.) stelle ich hieher, veranlafst durch poln. zuchel
bissen neben zuchad, zu c hie «5 langsam kauen. Von
altbulg. zivati, zavati wird später gehandelt werden.
cu-ti, öu-j^ noscere, 6uv-ati audire, servare ge-
hören, wie Ebel (beitr. I, 270) erkannt hat, zur wz. sku
(got. skav-jan, griech. xo-iw u.a., s. Ebel zeitschr. IV,
157, Curtius g. e.a 140). Die in lat. cavere, got. us-
skavjan sis sich vorsehen, usskavs vorsichtig ausgebil-
dete bedeutungsmodification finden wir auch in altbulg.
cuvati, cuvajq neben der ursprünglicheren, cuj^ hat
anlautendes s verloren, welches in stutiti sentire erhalten
ist (st lautgesetzliche wandelung von skj Schleicher Comp.1
8. 305); Stutiti ist denominativum von vorauszusetzendem
*atutü (= lat. cautus). Auch cu-do, stu-do miracu-
lum (gen. cudese und cuda) gehört hierher; es verhält
sich der bedeutung nach zu cuti, nhd. schauen wie
xtavua zu iJedopai und ist von cu mit dem suff. -do ge-
bildet wie sta-do grex von ata stare (Miklosich bildung
der nomina im altslov. §. 115). Von cudo mittels suffix
urspr. -ja kann abgeleitet sein cuzdi, ätuzdi peregrinus,
in welchem der bedeutungsübergang von extraneus zu frz.
etrange, engl, stränge umgekehrt vorläge. Zweifel an die-
ser herleitung erwecken aber die nebenformen tuzdi,
stuzdi. Nun findet sich noch cudü, studü gigas, d.h.
Tschude (über die naBOjio]\Kan und HOMopcKaa hjtji» s.
Zeuss die Deutschen und die nachbarstämme s. 688 f., Sjög-
ren ges. schrift. 1,466 f. Caströn kl. schrift. 86 f.), keinesfalls
kann Studü, cudü von cudo wunder abgeleitet sein oder
umgekehrt dies von jenem, da keins von beiden ein se-
cundärsuffix enthält; auch als msc. und neutr. coordiniert
können sie nicht sein, da cudo ursprünglich ein s-stamm
ist (gen. cudese). In cudü nun sieht Safarik (slaw-
alterth. I, 285 ff. 314ff.) 2xv9tjg. Da aber die Tschuden
die entwickehmg von annrspr.j im slawischen und litauischen. 135
?in finnischer stamm sind, die Skythen hingegen von Zenas
die Deutschen und die nachbarst. 284 ff. und neuerdings
od Müllenhoff monatsber. d. akad. zu Berlin, aug. 1866)
lit guten gründen für Eranier erklärt werden, so ist die
srmuthung Safafiks bedenklich. Miklosioh (lex.) ver-
eicht mit & tuzdi das got. thiuda, indem er auf die
lalogie von neuslov. ljudski peregrinus verweist. Die
Leitung wird durch Jornandes c. 23 gestützt, welcher
8 arctoae gentes neben den Scythae die Thiudi auf-
.blt. Viel material hat Pott (wz. wtb. 849 ff.) zusammen-
stellt, ohne aber zu einer entscheidung zu gelangen. Die
. 852) versuchte herleitung von cudo wunder aus cuzdi
emd fallt nach dem oben gesagten. Alle vier formen cuzdi,
uzdi, stuzdi, von dem präsumtiven völkernamen eudü,
udu herzuleiten sehe ich keine möglichkeit: öuidi weist
if anlautendes k, tuzdi hat anlaut. t und ätu2di kann
in st sowohl aus tj wie aus stj wie aus skj entwickelt
iben. Mir ist daher am wahrscheinlichsten, dafs sich in
esen formen ableitungen von zwei ursprünglich verschie-
den worten gemischt haben, nämlich ein stuzdi, cuzdi
änderbar und ein Stuzdi, stuzdi tschudisch, d. h.
inn fremd überhaupt (mit derselben Verallgemeinerung
ie unser spanisch, welsch, böhmisch, türkisch zur be-
ichnung des fremden, wie Pott s. 854 bemerkt). Für
)8eren zweck ist aber der Übergang von stuzdi, tuzdi
stuzdi zu beachten, denn auch er kann nur durch ein
tischen t und u entwickeltes j hervorgerufen sein.
Ferner hat sich j unursprünglich entwickelt in gtudi
08, voluntas wie das darneben erhaltene kudi voluntas
weist. Aus der combination beider ergiebt eich ein äl-
res *skudi, woraus einerseits mit vertust des s kudi,
idererseits *skjudi, d.i. studT ward.
§uj sinister, grundform *sjaujas hat, verglichen mit
i. savja-s, lat. scaevus, griech. Gxcuog (urspr. also
tavja Curtius g. e.a 8. 152) ein unursprüngliches j.
Aus dem russischen führe ich noch mit unursprüng-
ßhem j an ^lOHoma dutzend, ^iohmi» daumen, zoll, beides
136 x Schmidt
fremd worte, 410x011 stark, vgl. poln. duzy, lit. datig viel.
Secundäres j vor nicht afficiertem n zeigt im serbischen
<5ur&k, lurka, <5uran (<5 = tj) für *kjur&k u. s.w.
(beispiele für 6 ans assibiliertem k s. bei Miklosich vergl
gramm. I, 333) truthahn, walach. curcanu, ngr. xovpxo?,
xovqxcc, xovQxdvog, ans altbalg, kurü gallus.
In manchen ftllen nun gewann das parasitische j die
oberhand über das folgende n, so wurde ju zu i. Diesem
hergange begegnen wir auch in andern sprachen, z. b. itaL
pimaccio statt piumaecio, piviale statt pioviale,
umbr. iveka = lat. juvenca. Aehnlich ist auch die eoo-
traction in altbulg. igo = skr. juga-m, jedoch liegt hier
kein gesteigertes u vor, vielmehr wurde urspr. jugam zu
*jugo und dies regelrecht zu igo.
Es finden sich so: mit ursprünglichem j pli-n§-ti
neben plju-n$-ti spuere, wz. spju, spiv, ferner mit HD-
ursprünglichem j vilz-lib-iti neben vüz-ljub-iti amare,
von derselben wurzel libo neben ljubo, welches wie das
lat. vi 8 den interrogativen und relativen pronomina ange-
fügt wird, um sie in indefinita zu verwandeln z. b. küto
ljubo (libo) quicunque, jakovü ljubo (libo) qualis-
cunque; ätitü scutum aus *skjutü = lat scu-tu-m
wz. sku tegere (skutü extrema vestis kommt als deut-
sches lehn wort hier nicht in betracht, vergl. got. 8 kaute
xgdünsdov, nord. 8 kaut). Wenn also von £uj§ mando
im Gregor von Nazianz eine participialform gij^gtiimü
erscheint, so erklärt sich diese hier ganz einfach und wir
haben nicht nöthig mit Miklosich (lex. s. v. zivati) das
wort für verschrieben aus zuj^ätiimü zu halten. Das
in dem assibilierten dental nicht völlig gebundene j hatte
noch, wie in stitü aus *skjutü, die kraft, sich das fol-
gende u zu assimilieren. Indem man nun den Ursprung
des i vergafs, entwickelte sich zivati und zavati, d.i.
*z£vati, also völlig als ob die wz. gi oder giv lautete;
das v in zivati kann man nämlich zwiefach deuten, ent-
weder ist es letzte reminiscenz von zvati, zivati, oder
es hat sein dasein der analogie häufiger verba auf -vati
zu verdanken.
die entwicketang von tmnrspr. j im slawischen and litauischen. 187
Ebenso entwickelte sich aus pljuskü sonus ein pli-
ku und mit zweiter Steigerung ein aus dem serbischen
lesak zu folgerndes *pl£skü. Aehnlich haben wir zwi-
hen chljupati und ch löpiti niendicare ein vermitteln-
is *ehlipati anzunehmen, zwischen sljuzi malva und
t nebenform sl£zü ein *slizi. Das e der darneben
irkommenden pleskü, chlepiti ist entweder nur gra-
lische Variante von e oder verdankt seinen Ursprung der
lalogie von gnetq, gnesti neben gnStati comprimere,
ret>3, greti remigare neben ogrSbati s$ abstinere,
teti neben letati volare, mesti neben m£tati jacere
lehr beispiele 8. bei Miklosich vgl. gramm. I, 134 ff.).
Durch diesen wandet von ju in i erklärt sich auch
e thatsache, dafs griech. v in fremdworten sowohl durch
i wie durch i wiedergegeben wird. Die lautverbindung
i (io) hatte eben zu der zeit, als diese griechischen worte
erübergenommen wurden, zum theil schon einen i-fihn-
chen klang und eignete sich dadurch zur Umschreibung
es griech. v. Beispiele: kjuminü xv/divor, mjuro ftv-
ov, zmjurna öfAVQva, sjurijskü dvQiaxog^ kjurilu und
irilü KvqiWoq, kjurü und kirü xvqioq u. a.
In den jüngeren slawischen sprachen findet sich die
ontraction von altbulg. ju in i mehrfach. Durchgängig
egel ist sie im cechischen: cititi = altb. ätutiti, cizi
= stuzdi, lid = ljudü, plice = pljuäta u. a. 8. Mi-
k>8ich vergl. gramm. I, 414. Im neubulgarischen sind j u
ndi so in eine analogie verschmolzen, dafs nicht nur i
ir ju, sondern auch umgekehrt ju für i eintritt. Es fin-
et sich also klic clavis neben kljuc, libi amo neben
jubi, plijü spuo neben pljujü und umgekehrt ju an
teile von altbulg. i zjuvejü vivo neben Zivejü, sljuni
aliva maculo neben slini (altb. slina saliva, ahd. sllm),
jurok latus neben äirok (s. Miklosich vergl. gramm. I,
166). Auch in anderen slawischen sprachen findet sich
wtausch ung von älterem i mit ju, z. b. russ. ciioHa und
^JHHa. Böhtlingk nimmt in cjuoHa ausfall von p an und
rill es so mit iueBamb, altbulg. plivati spuere vennit-
138 Schmidt
teln, ein anderes beispiel eines derartigem ausfalles von p
ist aber nicht nachgewiesen. Aufserdem lassen sich ciH-Ha,
cinona nicht von ahd. sll-m trennen. Nach dem, w»
eben vom neubulgarischen angeführt ist, macht aber die
annähme eines wechseis «von h mit 10 keine Schwierigkeit,
auch das verwandte poln. sluz schleim (dies ist richtiger
als slöz; Miklosich vergl. gramm. 1,452) zeigt denselben
Wechsel. Aus dem polnischen nenne ich noch lunqc er>
giefsen (das wäre altbulg. *lju-n^ti) für das veraltete
lin^l, vgl. altbulg. lijati fundere.
Da wir nun gesehen haben, wie häufig sich ein j vor
u entwickelt, und ferner die neigung j-u in i zu contrahie-
ren beobachtet haben, werden wir berechtigt sein die nun
folgenden bisher unerklärten falle, in welchen i neben äl-
terem u steht, so aufzufassen, dais wir ein zwischen bei-
den liegendes *j u voraussetzen. Miklosich (vergl. gramm.
1,25) führt folgende beispiele auf: veriga, veruga cä-
tena, rimiskü, rumisku romanus, zidü neben ijudej
iovdalog. Schleicher (formenl. d. ksl. spr. s. 47) bringt noch
bei: tichü tranquillus, teäiti consolari, skr. tufi gaudere,
contentum esse, tüs-nlm tacite (die vocale dieser drei for-
men verhalten sich wie die von ahd. chiuwan : zivati :
zavati, d.i. zevati oder von pljuskü : pliskü : serb,
plesak); kricati clamare, skr. krup*). Auf diese weise; i
erkläre ich noch krizi crux (z für das zu erwartende &
findet sich öfter in fremd worten, z. b. kalezi xdkv^ jere-
tizica haeretica), ferner obligati neben lugati men-
tiri**), vergl. got. liugan; cichati, cichn^ti sternuere
neben küchnqti sternutare, kychavica sternutatio (skr.
ksu niesen?). Das serbische zeigt auch in fremdworten
*) In cistii für * cid- tu purus, welches Schleicher a. a. o. mit skr. *
9Üdh purificari verbindet, und in fcrivü obliquus, curvus weichet er **
curvus setzt, ist das i auf anderem wege entstanden. Die entsprechende»
lit. skaißtas klar, glänzend, skyatas klar (von flüssigkeiten) und kreiva«
krumm, schief beweisen, dafs schon zur zeit der slawisch-litauischen einlieft
die beiden wurzeln in die i-reihe übergetreten sind.
**) Möglich ist jedoch auch die auffassung von Miklosich vgl. gram»»
I, 189.
die entwickelung von unurspr. j im slawischen und litauischen. 189
an stelle von u z. b. mir murus, rim Roma (auch alt«
tilg, rimü s. o.) u. a. s. Miklosich vergl. gramm. 1,301.
las von mir vorausgesetzte vermittelnde ju zeigt unter
m von Miklosich aufgeführten beispielen ljutac, woraus
irch contraotion litica saxum würde.
Auf parasitisches j weisen auch cech. rihnouti (cech.
= altbulg. ju s.o.), poln. rzygn^l, rzygad verglichen
it russ. puraymb, altbulg. rygati, griech. iQ&vyuv] das
.riäugmi rülpse zeigt das j un verhüllt.
Die resultate vorstehender Untersuchung sind also:
1) In den allermeisten fällen ist altbulg. ju aus alte-
rn u entstanden *).
2) Indem der parasitische spirant sich den folgenden
tcal assimiliert, wird letzterer im weiteren verlauf des
»rachlebens mehr oder weniger regelmäßig in die i-reihe
Düber gedrängt.
Mit fleifa habe ich das vor u entwickelte j in dieser
itersuchung vorangestellt, weil es stets erkennbar ist, sei
i wirklich geschrieben, sei es nur in der affection der
^hergehenden consonanten erhalten. Schwieriger ge-
ltet sich die beobachtung bei den übrigen vocalen. Ganz
18 dem spiele bleiben müssen i, i, £, q, weil sie an sich
»hon assibilierend auf vorangehende gutturale und — aus-
kommen i **) — dentale wirken, welche uns bei der bis-
erigen Untersuchung so gute führer waren, ein j aber vor
1, e nicht geschrieben wird (je wird i, s. Schleicher
k>mp.* §. 87, 3). Die Verbindung js findet sich nur an-
kittend, aufserdem waltet bei 5 stets zweifei, ob es aus
repr. aii oder in entstanden ist. Sie alle geben also über
<ara8itisches j keine auskunft. Vor e werden gutturale
benfalls assibiliert, wenn demnach z. b. die lautfolge 6e
mcheint, so ist nicht zu entscheiden, ob ke oder kje zu
*) Ieh habe zu vorliegender Untersuchung mir ßämmtliche werte, welche
Kft Verbindung ju enthalten oder enthielten, zusammengestellt.
**) Anlautendes zdi findet sich nicht, sti kann aus stji und ski ent-
luden sein. Für den vorliegenden zweck weifs ich mit den sti im an-
wt» bietenden Worten nichts anzufangen.
140 Schmidt
gründe liegt. Die dentalen aber nebst 8 und 2 bleiben
vor e9 verwandeln sich hingegen mit je zu äte, 2 de, ie,
2e. Von diesen vier Verbindungen kann aber se auch für
che = urspr.se stehen, also ohne parasitisches j entstan-
den sein, z. b. kann äesti rex sowohl als *sjesti gelten
(vgl. pi£$ für *pisj$) wie als *chesti aus #sesti. Es
bleiben also nur die lautfolgen £te, 2 de, ie als einzige
spuren eines etwa vor e entwickelten j, da das unverän-
derte je sich nie nach consonanten findet (ausgenommen
natürlich in fällen wie otü n-jego Schleicher Comp.1
s. 307).
So enthält unurspr. j 2ega., zesti urere, welches, wie
die bei Miklosich 8. v. verzeichneten nebenformen zdeg3,
zdeguti (für zdeg;jti) erweisen, ans *djeg- entstanden
ist. zega^ verhält sich zu zdega. genau wie die oben er-
örterten cudo : ctudo, cuti : ätutiti. Zu dieser war»
zel gehört auch serb. Zagriti, welches nicht, wie Miklo-
sich (vgl. gramm. I, 334) annimmt, eine reduplicirte form
ist, „in welcher nach sanskritischer regel guttural durch
palatal ersetzt scheint", zagriti ist abgeleitet von
zag-rü, welches im lit. zagarai dürre reiser (ursprüng-
lich also brennmaterial) erhalten ist. Das erschlossen*
*djeg weist auf älteres *djag, djagh, und hierin iflfc
leicht skr. dah mit parasitischem j zu erkennen, dessen <£
in Aeromb birkentheer erhalten hat (vgl. lit d&g-ti brennen*
degütas = ^eromb). Der wurzelvocal ist dann in 8Ü-*
zigati, sü-zagati (d.i. *-zegati) in die i-reihe hin-
übergedrängt, ob durch das j veranlafst, ob der bekannte»
allgemeinen neigung der spräche folgend, bleibt ungewiss.
Es bleiben noch die vocale a, o, ü zu untersuche^
übrig, jo wird inlautend zu e, aber e neben o erscheint
ganz regelrecht, wie im lateinischen und griechischen äto
Vertreter von urspr. a. Also auch hier würde nichts fftr
unsere Untersuchung zu gewinnen sein, wenn nicht in einem
beispiele ein zischlaut auf einstiges Vorhandensein von j
wiese. Es findet sich neben solyga jaculum, baculuty
selyga pertica, beide vermitteln sich durch *sjolyg*y
die entwickelung von unnrspr. j im slawischen und litauischen. 141
06 welchem durch gleichzeitige Wirkung des j nach vor-
Ärts und rückwärts selyga entstehen muste.
Auch vor ü entwickeltes j zu erkennen ist misslich,
i jü lautgesetzlich zu I werden muß, 1 und ü aber viel-
en mit einander wechseln, ohne dafs man berechtigt wäre
d vermittelndes j ü anzusetzen. Vielleicht darf man das
äilü, 8i du (part. perf. act., der bedeutung nach zu wz. i
hörig, s. Schleicher formen!, s. 326) enthaltene sid aus
sprünglichem sjad erklären. Neben der wz. 8 ad, ä-sad
üre, griech. in 686g (Curtius g. e.*217) erhalten, hat
i8 skr. nämlich sjand (gatikarmä Naigh.) fluere, fluc-
ari, huc illuc cursitare Westerg. sad ist auf slawischem
»den in chod-iti ire bewahrt und sjand möchte ich in
du profectus sehen. Nimmt man an, dafs in sjad
• denn so ohne nasal ist die wahre wurzel von sjan-
its anzusetzen, dessen nasal aus der praesensbildung
ach Schleichers eintheilung IV, c, 2) in die anderen tem-
wa eindrang — sich das anlautende s ungewandelt er-
eh, wie in der anderen wz. sad sedere, altbulg. sigd^,
isti considere, nicht, wie in choditi, zu ch wurde, so
je zwischen sjad und äid die mittelstufe *sjüd ganz
k einklange mit den altbulgarischen lautgesetzen. Ist diese
klärung richtig, so haben wir ein beispiel von parasiti-
hem j übereinstimmend im sanskrit und slawischen.
Vor -3 läfst sich die entwickelung von j in einigen
Den nachweisen; statt des zu erwartenden j$ findet sich
russisierender weise j u geschrieben. Ich nenne folgende
Drte: ljukati neben l$kati decipere (vgl. lqka malitia,
k$, l^äti flectere, lit. l&nkti flectere, Xi%oiog Xo^og,
Llicinus obliquus) raz-ljucati neben raz-I^cati
parare; ätukü, d. i. #stjukü strepitus neben stukü
nitus, in welchen der Ursprung des' u aus 3 erwiesen
ird durch poln. szcz§k geplapper = Stukü und st$k
ofzer = stukü.
Aus dem polnischen mögen noch erwähnt werden
irz^szcz = altbulg. chr^sti scarabaeus, wi$za fessel
altbulg. v$za, tysi^c = altbulg. tys^öta mille (auch
8 öech. tisic zeigt das parasitische j).
142 Schmidt
Endlich bliebe der vocal a noch zu berücksichtigen.
Findet er sich nach assibilaten, so herrscht ungewifsheit,
ob j a oder e der ursprüngliche laut war. a und £ wech-
seln aber häufig miteinander, man bleibt also völlig im
unklaren, ob z. b. in cadü fumus neben kaditi auffitom
facere, in po-zarü incendium neben goreti ardere ein
älteres *kjadü *gjarü oder *ködü *gerü vorliegt Im
ersteren falle wäre j entwickelt, im anderen hätte e ab
dehnung von a zu gelten oder der wurzelvocal wäre, wie
oft, in die i -reihe übergetreten. Also nur nach 1, r, v,
m, n ist klar erkennbar, ob älteres e oder ja vorliegt,
weil nur diese consonanten keine lautgesetzliehe affectioo
des folgenden ja veranlassen. Ich vermag daher, nur in
zwei beispielen parasitisches j vor a nachzuweisen: prjt*
ziti frigere, russ. npaHcmiib neben dem ursprünglicheren
praziti, nsl. praziti, nbulg. prazi, cech. prahnonti,
poln. prazy<5; die wurzel ist sprag oder spragh, wie
das litauische lehrt: sprageti prasseln, spraginti rö-
sten, spirgti speck ausbraten, splrgas stück gebratenen
speckes. Das andere beispiel ist prjaga xidpov, novellum
tritici granum heben dem gleichbedeutenden prüga; mög-
licherweise gehört prjaga zu prjaziti, da %i3(*ov ein
gericht von gerösteten weizengraupen ist, unsere zwei bei*
spiele flössen also gar in eins zusammen. In jüngeren sbr
winen findet sich j mehrfach vor a eingeschaltet, z. b. in
den fremdworten serb. tirjanin = tyrannus und russ*
paca rjasa mönchsgewand, altbulg. rasa = lat. rasum.
Vielleicht ist es nicht zufällig, dafs in den letztge-
nannten fallen ein r vor dem vocale steht, hängt vielmehr
mit einer erscheinung zusammen, auf welche von hier aal
ein neues licht fällt. Wir finden nämlich vor r, 1, v
häufig gutturale assibiliert, ohne dafs ein vocal folgt, wel-
cher diese affection verursacht haben könnte. Dafs aber
die laute 1, r, v an sich nicht nothwendig vorhergehende
gutturale in palatale wandeln, beweisen die zahlreichen an*
laute von k, g -+- r, 1, v, welche im wörterbuche leicht «ö
finden sind. Schleicher (Comp.3 &. 303) sagt: „vor r, 1, *
die entwickelnng von unurspr. j im slawischen und litauischen. 148
tritt ebenfalls die in rede stehende wandlang der gutturale
mit Vorliebe ein". Nach meinen beobachtungen halten die
feile, in welchen die gutturalen unangetastet bleiben, so
ziemlich denen das gleichgewicht, in welchen sie afficiert
werden. Ich will nun hier die mir bekannten feile ange-
ben, in welchen worte derselben wurzel, zum theil auch
derselben bildung die einen assibilierten guttural zeigen,
die anderen nicht. Schleicher (a. a. o.) führt an: cvStü
blume neben böhmisch kvet; cveliti weinen, altböhm.
kveliti, neuböhm. kviliti; clov-ekü mensch, wz. kru,
slu in slu-ti nominari; crüt-ati einschneiden neben
krat-ükü kurz (lautlich noch näher steht krüt-ü talpa).
Miklosich (vgl. gramm. I, 199) erwähnt noch: crus-tvü
solidus, firmus neben vüs-krüs-n^-ti tyeigsö&cci, dviöta-
ff&cu* Diese Zusammenstellung macht er aber in seinem
lexicon selbst zweifelhaft, indem er örüs-tvü aus crüd-
-tvü erklärt und mit got. hardus vergleicht; letzterer
etymologie neige ich nun mehr zu, weil in öredü firmus
das in örüstvü erschlossene d klar vorliegt und credü
genau zu got. hardus stimmt; vüskrüsntgti, dessen s
ursprünglich und keine wandelung von d ist, wie die con-
jagation ergibt, hat also mit crüstvü nichts gemein. Aus
Miklosichs grammatik (a. a. o.) entnehme ich noch zrülo
neben grulo guttur. Aufserdem habe ich assibilierende
kraft des r, 1 wahrgenommen in zr£ti, zra. deglutire (vgl.
lit g^rti trinken) neben grütani guttur (lit. ger-kle'
gurgel, Schlund); zrgti, Zrq sacrificare (lit. glrti preisen,
Ar. grnami preise, yrJQvq u. a. s. Curtius g. e.a 8. 162)
neben gra-j cantus; zludati capere neben gladü fames
(vgl. got. gredus hunger); srüseni neben sruäeni cra-
bro (poln. sierszeä, szerszen, lit. szirszys); örSpü
terta, later (skr. karpara schale, topf, ahd. scirbi testa),
mit erhaltenem k russ. KHpnüTb (kirpiöü Ziegelstein);
ftr ör£pü könnte man vielleicht annehmen, dafs die assi-
bilierende kraft des e durch r hindurch auf den guttural
gewirkt habe. Da wir nun c, z, £ sonst nur vor j und
Palatalen vocalen entstehen sehen, so sohliefse ich, dafs
144 Schmidt
r, 1, v, wenn sie assibilation vorhergehender laute veran-
lassen, einen weicheren, j- ähnlichen klang gehabt haben,
d. h. dafs sich aas ihnen ein parasitisches j entwickelt hat,
eine erscheinung, welche namentlich bei 1 in den romani-
schen sprachen reichlich zu beobachten ist. Ich erinnere
nur an den Übergang von lat. 1 in ital. i, z. b. fiore =
lat. florem, chiamare, span. llamar, d. i. l'amar =
clamare, vergl. Diez granim. der roman. spr. I*, 195 ff.
Die schrift bezeichnete dies j nicht, wie sie selbst urspr. j
nach r, 1 oft unbezeichnet läfst, z. b. bura für burja
procella, vola für volja voluntas, so gut aber in diesen
fällen r, 1 den werth von rj, lj haben, können sie es auch
in obigen zrülo, zlüdati u. s. f. gehabt haben. Zur be-
gröndung dieser ansieht erinnere ich an die im bisherigen
mehrfach erschienenen worte, deren parasitisches j gerade
nach r, 1 eingetreten ist (ljukati, d.i. lj^kati, prja-
ziti, poln. chrz^szcz und die worte auf s. 131 bis 133)
und nenne noch poln. grzbiet, altbulg. grübü dorsum;
rzodkiew rettig entweder direct oder durch deutsche
vermittelung aus radix.
Dafs die entwickelung von parasitischem j im ferneren
leben der slawischen sprachen mehr und mehr zunimmt»
ist in der bisherigen Untersuchung an den betreffenden
stellen angedeutet worden. Für das altbulgarische glaube
ich sie erschöpfend behandelt zu haben, für die übrigen
slawischen sprachen ist dies noch nicht möglich, wegen
der mangelnden Voruntersuchungen über den im einzelnen
sehr schwierigen vocalismus dieser sprachen. Die fast all*
gemeine Wandlung von altbulg. e in je, ie, resp. jo, iö
ist bekannt. Ehe ich mich aber zum litauischen wende,
will ich hier noch einige polnische worte erörtern, welche
Miklosich (vgl. gr. I, 468) unerklärt läfst, die aber ftür die
beurtheilung des skr. kä von Wichtigkeit sind.
Eine im anlaute slawischer worte ganz ungewöhnliche
lautverbindung kä zeigen poln. ksi^ga, ksi^zka buch
und ksi^zQ fürst, altbulg. kniga und kn$zi. Beginnen
wir mit ersterem. Im suprasler codex findet sich geschrie*
die entwickelung von unurspr. j im slawischen und litauischen. 145
>en küiiiga, d. i. künjiga; hieraus entwickelte sich alt-
>öhm. knjezka, kneh gen. pl. von kniha. Eine diesem
altsprechende form *kniega, *kniezka nehme ich auch
ür das polnische an. In #kniega fiel nun der nasal aus
rie in dzis heute (für *dznis = altbulg. dini si) and
n gi$<$ beugen (für *gni^<5, *gn$<5 = altbulg. gün^ti)
ind der vocal erhielt eine nasale trübung wie in migdzy
leben dein älteren, noch in der bibel von 1563 vorkom-
menden miedzy = altbulg. mezdu inter, mi^szad ne-
ben mieszad = altbulg. mesati miscere, piecz$c =
altbulg. pecati sigillum (mehr beispiele für q aus e bei
Miklosich vgl. gramm. I, 454 f.)* #bj$ga hätte nun nach
der gewöhnlichen regel *cz$ga werden sollen, statt des-
sen trat ksi$ga ein. Suchen wir dies lautphysiologisch
zu begründen. Der Übergang von k in c geht durch fol-
gende stufen: kj, kch, tch (linguales t), ts, ts, d.i. c.
Die physiologische grenze zwischen dem am weitesten vorn
gesprochenen k und dem am weitesten hinten gesproche-
nen t ist nicht zu bestimmen, ebenso wenig lassen sich
ch, s und s gegeneinander abgrenzen; k und t, wie an-
dererseits ch, s und ä sind durch continuier liehe Über-
gänge untereinander vermittelt, sie schwimmen in einander.
Hiermit hängt zusammen, dafs das altbulgarische in fremd-
Worten z (d. i. tönendes s) an stelle von j (d. i. tönendes
ch) setzt, z. b. zukö juneus, zidinü neben ijudej, von
denen sich das erstere an lat. judaeus, das letztere an
griech. lovSäioq anzulehnen scheint. (Vgl. den entsprechen-
den wandel von lat. j in den romanischen sprachen). Fer-
ner ist zu berücksichtigen, dafs das altbulgarische in fremd-
Worten — und fremd sind auch kn$zl und kniga*) —
gutturale vor vocalen, welche sonst assibilation bewirken,
unverändert läfst, in welchem falle der die ausspräche
möglichst getreu wiedergebende cod. supr. den gutturalen
*) kn§zi, kün§zi ist aus dein ahd. euning entlehnt; auch kniga
fthrt Miklosich unter den fremdwörtern auf, Dobrovsky und Pott (wz.-wtb.
467) vermuthen entlehnung aus dem chines. king.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 10
146 Schmidt
das zeichen der erweichung beisetzt (zahlreiche beispielc
bei Miklosich vgl. gramm. I, 205 f.); sein k^ bedeutet aber
kj. Dürfen wir in unserem falle nun annehmen, dafs von
dieser lautgruppe kj sich das j wie in zidinü zu i wan-
delte, so muste kz als unaussprechbar entweder zu gl
oder zu kä werden. Letzteres liegt im poln. k£i$ga vor.
Und ich sehe in der tbat nichts, was dieser annähme in
wege stünde, wird doch j nach t, was wie wir sahen von
palatalen k wenig absteht, im russischen zu s z. b. raueaia»
d. i. tysjatäa, tausend, altbulg. mit Umstellung tys^ätt,
aus *tysa.tja. Wenn wir also ks an stelle des zu erwar-
tenden ts finden, so liegt ersteres dem ausgangspunkt kj '
etwas näher, indem das k nur palatal wurde, seine arti-
culationsstelle am gaumen also der Sphäre der t-laute zwar .]
näherte, aber nicht ganz in sie hinein legte*). Dafs nun
k in ksi$ga palatal auszusprechen sei, kann nicht bezwei-
felt werden, da diese ausspräche dem k vor allen mouil-
lierten lauten zukommt (s. Miklosich vgl. gramm. I, 475).
Entsprechende mittelstufen wie zwischen kniga und
ksi$ga zum theil erhalten sind, nehme ich zwischen alt?- ;
bulg. kn$zi und poln. ksia.dz fürst, priester, ksia.£$ '
fürst an: *kni$zi, *knia.dz, *kiqdz. Die erschlofseoe j
form *kni$zi liegt, nach einer mündlichen mittheilung -i
Schleichers, im polabischen wirklich vor: die manuscripte
bieten tgenangs, tjenangs, tschenangs, tjinanga,
an dem einstigen bestehen einer form Kria.z (kjnj§2^
worauf diese Schreibungen deuten, läfst sich also nicht
zweifeln.
Alle sonst noch mit ksi, d.i. kä anlautenden polni-
schen worte sind ableitungen von den eben besprochenen,
so ksieni äbtissin aus *ksi§gini, altbulg. kn$gyni(vgl
cech. knini aus knjahynja), ksi^zyc mond erklärt
Linde wohl mit recht als fürst der nacht; bei der bildufig
des wortes scheint die analogie von miesi^c eingewirkt
zu haben.
*) Skr. ks aus guttural + j Zeitschr. XVI, 438.
die entwickelung von unurspr. j im slawischen und litauischen. 147
Im litauischen habe ich ursprüngliches wie unursprüng-
liches j im inlaute der wurzeln nur vor u, au und ganz
vereinzelt vor o beobachtet. Es steht dies in bemerkens-
werthem einklange mit dem altbulgarischen, welches pa-
rasitisches j auch meist vor u = lit. au zeigte.
Dafs anlautendem £ ein unursprüngliches j vorge-
sehlagen wird, hat Schleicher (Comp.* §. 194) schon er-
kannt. Diese erscheinung, in dialekten von gröfserer aus-
dehnung, ist aber auch im hochlitauiscben nicht auf an-
lautendes S beschränkt Vor u, au findet sich unurspr. j
io junk-stü, jünk-ti gewohnt werden, jauk-lnti ge-
wöhnen, dressieren, vgl. altbulg. vyk-n^-ti discere, pri-
-vyk-na.-ti assuescere, u6-iti docere, got. bi-uh-ts ge-
wohnt, biuhti gewohnheit (also nicht mit Gr. II, 23,
no. 262 zu biugan zu stellen), skr. üK-ja-ti gefallen fin-
den, gern thun, gewohnt sein. Hier ist demnach j vor
labiales u, au vorgeschlagen, wie umgekehrt v vor pala-
tales e in venas unus.
Da Nesselmann die erweichung der consonanten nicht
bezeichnet, Kurschats beitrage mir aber nicht zur hand
sind, so bin ich für meine Untersuchung auf die in den
beiden Schleicherschen glossaren (zum lesebuche und zum
Donaleitis) enthaltenen worte beschränkt.
Zunächst finden wir einige alte bekannte aus dem
slawischen auf litauischem boden als lehn worte wieder:
bliüdas Schlüssel, altbulg. bljudti patina; liübyti zu
thun pflegen, gern haben, woneben Ness. 373 das, ich weiis
nicht ob bewährte, lubeti ohne j bietet, altbulg. ljubiti
amare, russ. -noömiib, poln. lubil; liütas löwe, bei wel-
chem man zweifeln kann, ob es eine Weiterbildung von
altbulg. II vü leo ist oder ob es ein substantiviertes adjec-
tivomist, dem altbulg. ljutü ferus entsprechend, vgl. lutis
atarm, unwetter, lutingas stürmisch (Ness.); pliüszkis
dammer Schwätzer, pliuszketi plappern, schnattern, alt-
bulg. pljuskü sonus, poln. pluskad plätschern; ziupöne
vornehme frau, altbulg. i upanü obrigkeitliche person, wel-
ches auch in das slawische aus der fremde eingedrungen
10*
148 Schmidt
ist (8. Pott wz.-wtb. 242 ff.). Gar nicht erwähnt habe ich
hier die mit cz anlautenden worte (cz würde in echt ti-
tanischen worten auf älteres ti, tj weisen), welche man
leicht finden kann; sie sind alle entweder aus dem slawi-
schen entlehnt oder schallnachahmend und haben daher för
unsere Untersuchung keinen werth.
Ein paar aus dem slawischen entlehnte worte, welche
in ihrer heimath noch kein j zeigten, haben es auf litaui-
schem boden entwickelt. So ist das altbulg. grusa pirus
theils unverändert herüber genommen als grusze Ness.,
theils mit richtigem gefühle lituanisiert als kriäusze (te-
nuis für altbulg. media wie in möku, altbulg. moga.;
apibreszkis, altbulg. brezgü; pupä, altbulg. bobü;
silpnas, altbulg. slabü). Ferner siülau, siülyti an-
bieten, russ. cyjiumb versprechen (das u im litauischen
worte weist auf entlehnung, denn russ. y entspricht in echt
litauischen worten au); piudyti hetzen, russ. dial. ny^Hin*,
altbulg. p^d i ti pellere, poln. p e, d z i 6. v
Auch deutsche lehn worte entwickeln j: liaupse lob,
preis aus lob, lifi'sininkas losmann, sziüile schule,
sziüilmistras und szülmistras Schulmeister, sziuruti
scheuern, szliürpti schlürfen. Aus allen diesen fremd-
worten erhellt von vornherein, dafs die entwickelung eines
parasitischen j zu den neigungen des litauischen gehört.
Von echt litauischen worten zeigen nun folgende nach-
weislich später entwickeltes j: kiaüle seh wein, ohne j
kuitys eber; kiaüszä schädel, welches Grimm (gr.P, 539)
mit dem gleichbedeutenden anord. hau 8-8 vergleicht,
kiaüszis ei gehört wohl auch dazu, das tertium beider
ist die harte hülle (lit. sz = urspr. s wie in aüszti tagen,
auszrä morgenröthe wz. us, szeszuras Schwiegervater =
socer u. 8. w.). Ferner kiäune marder, altbulg. kuna
felis, peius melis, plur. kuny caprinae vestes. Die ver-
schiedenen bedeutungen des slawischen wortes lafsen sich
nur vereinigen, wenn man als Ausgangspunkt aller den be-
griff des feiles setzt. Dachs und marder gelten ja auch
hauptsächlich des feiles wegen, welches in früherer zeit bei
die entwickelang von tmurspr. j im slawischen und titanischen. 149
den Slawen wie geld zur Zahlung diente; so fibersetzt denn
auch kuna an einer stelle des Zlatostruj das griech. oßoXog
(s. Mi kl. 8. v.), vergl. das veraltete russ. kjhw geld. Ich
stelle nun ku-na mit der grundbedeutung feil zu lat. cu-
-ti-s, alts. hü-d, wz. sku tegere. Diese wurzel hat in
mehreren sprachen ihr anlautendes 8 theils bewahrt, theils
abgeworfen, so erscheint axi-t-og neben xv-r-qg, lat. scü-
-tum neben cü-tis, abd. sciu-ra receptaculum neben
hü-d cutis. Mit erhaltenem s und parasitischem j begeg-
nete uns die wurzel schon in altbulg. äti-tü aus *skju-tü
acutum, in ku-na haben wir sie also ohne s, in lit. kiaune
ohne 8, aber mit j. Dieselbe wurzel kju zeigt noch lit.
kiaü-ta-8 schale, hülse, welches sich in form und bedeu-
tung nahe zu alts. hü-d stellt*).
sziaurys nordwind aus #skaurys, wie got. sküra
vindis XäiXaxp (Ober ü s. Schleicher comp.* s. 156), ahd.
scür tempestas, altbulg. s£verü boreas (grundform *skäv-
-ara-s), lat. caurus beweisen.
pa-liäu-ju, -liöv-iau, -liau-ti aufhören stelle ich
zu Av-w.
Dem lit. piau-la-s faules holz, das im finstern leuch-
tet (Ness., der hier ausnahmsweise die erweichung angibt),
entspricht genau das ahd. fü-1, nhd. faul; die wurzel pu
bat sich auf litauischem boden auch ohne j erbalten in
püv-ü, pii-ti faulen, pü-lei eiter u. a.
riäugmi, riäugeti rülpsen wurde schon oben er-
wähnt, es zeigt die gleiche entwickelung von j wie cech.
rihnouti, poln. rzygn^d, rzygarf gegenüber den rein
gehaltenen altbulg. rygati, kgtvyuv, ructare.
Für unursprünglich halte ich ferner das j in siunczü,
siqsti senden, welches ich zu got. sintha- mal, ga-sin-
tba gefahrte, sandjan senden stelle, deren tb, d, wie
Lottner (zeitschr. XI, 163) aus altir. set weg erwiesen hat,
*) Lit. skura haut, welches Curtius (g. e.9 8. 154) von wz. sku her-
leitet, tat polnisches lehnwort, poln. sköra = altbulg. skora, gehört also
zq Curtius' no. 63.
150 Schmidt
einem ursprünglichen t entspricht, and die daher von wz.
sa d, 686g u. s. w., denen sie Curtius (g. e.* 8. 217) zuge-
sellt, zu trennen sind. Ich nehme nun dem altir. set, got.
sintha- entsprechend einen litauischen stamm *8unta- an
mit der gleichen bedeutung wie altir. sät, woraus sieb
"siunta- mit parasitischem j entwickelte. Von diesem
*siunta- wurde siunczü abgeleitet, welches zwar ganz
das ausseben eines primären verbums bat, aber ebenso wenig
primär zu sein braucht wie viele andere, offenbar denomi-
native verba. So erheucheln ursprünglichkeit folgende mit
siunczü ganz gleich gebildete verba: pläukiu, pläukti
behaaren, jäkiä's, juktis scherzen, szvenczü, szv^'sti
feiern, heiligen, deren ableitung von plaukai haare, ju-
kas scherz, szventas heilig niemand leugnen wird. Diese
und eine reihe anderer worte, unter welche ich nun auch
siunczü rechne, verhalten sich genau wie die griechischen
verba äyyttäot), juakaacra) , paguaigeo u. a., die allgemein
als seeundär anerkannt sind. Die erschlofsene ältere wur-
zelform sunt ist im lettischen sütu ich schicke erhalten;
litauischem siunt würde lett. schut entsprechen müfsen.
dzü-ti trocknen intrans. , dzäu-ti trans. (vgl. daio>>>
skr. du brennen trans. und intrans.; die bedeutungen ver-
halten sich wie die von lat. ar-ere und ar-d-ere).
Aus bred-kriaünis messer mit einer schale von
hirschhorn (Donaleitis) folgt, dafs Nesselmanns krauna
schale, heft des mefsers ungenaue Schreibung für kriauna
ist. Dies kriauna vergleiche ich mit Miklosich (lex.
palaeosl. s. v. örenü) dem altbulg. crenu manubrium. In
kriauna finden wir, gegen crenü gehalten, zwei affisetio-
nen der wurzel vereinigt: entwickelung von parasitischem j
und übertritt des wurzel vocals in die u- reihe. Die näm-
lichen beiden lautaffectionen zeigen lit. bliäujn, blioviat
brüllen, blöken gegenüber den gleichbedeutenden altbulg
blejati, mhd. blsen, lat. balare; ferner kliüvü, kliüt
hangen bleiben gegenüber von altbulg. klej gluten, gr
xoXka au8*xoA-ja; ferner ziureti, ziuriü sehen gegenübe
von altbulg. zrjcj, zreti videre, lit. zere'ti glänzen, zara
die entwickeltlog von unurspr. j im slawischen und litauischen. 151
glänz (Schleicher lit. gr. 48); endlich ariubä suppe neben
sre'bti schlürfen*).
j Endlich erwähne ich die einzige mir bekannte Wortsippe,
in welcher sich j vor o entwickelt hat: ziöju, zioti den
mund aufsperren, ziovauti gähnen, ziopsöti den mand
aufsperren, maulaffen feil halten. Sie stammen von der
indogermanischen wurzel g h a klaffen, gähnen, welche auch
als ghi und ghu erscheint. Man könnte versucht sein
zioti mit lat. hiare in engste beziehung zu setzen, allein
hiare enthält die wurzelform hi, nicht etwa hia mit pa-
rasitischem j aus ha entstanden. Dafs a im lat. hi-are
lediglich zur verbalendung gehört, erhellt aus hi-scere
und hi-ul-cu-s (gebildet wie pat-ul-c-iu-s von pa-
tere). Andererseits aber läfst sich aus hi-are kein ar-
gument gegen meine erklärung von zio-ti entnehmen, weil
2iöv-auju, grundform ghjäv-äva-jä-mi, deutlich das
aus der wurzelform ghu (in ahd. gau-mo faux, lat. fau-c-,
xiß-og, ^av-vo-s) gesteigerte ghäv mit parasitischem j
zeigt, dessen existenz damit auch fbr ziöti erwiesen ist.
Aus dem litauischen habe ich also in einunddreifsig
fällen unursprüngliches j nachzuweisen versucht. In den
Schleicherschen glossaren finden sich aber überhaupt nur
einnndfftnfzig worte mit j vor vocalen im inlaute der wur-
zel**). Die gröfsere hälfte derselben hat das j also in un-
ursprünglicher weise entwickelt. Es versteht sich, dafs bei
dieser Zählung eine zusammengehörige gruppe von Worten
wie zioti, ziovauti, ziopsöti, ziopczöti und andere
derivate von zio- nur als ein posten aufgeführt sind.
Wie der vocalismus des litauischen überhaupt noch
auf einer älteren stufe steht als der des altbulgarischen, so
hat auch das parasitische j ihn noch in keiner weise beein-
flußt und alle folgenden vocale unverändert gelafsen.
chljupati ne-
*) Vergl. oben die altbnlgarischen sljuzi neben slezi,
chlepati, pljuskü neben *pleskü.
**) Unter diesen einundfünfzig sind auch die worte begriffen, welche wie
dzaügtis das j nur noch ans seiner Wirkung auf die vorhergehende dentalis
erkennen lassen.
152 ' Leskien
Im lettischen greift das j noch weiter um sich: grünt
praet. grawu zertrümmern, lit. gräuti (so schreibt Schlei-
cher im Donal. überall z. b. I, 2, während er im lesebuebe
griäuti hat, z. b. z. 15. 19 der dainä auf 8. 5; man sieht
daraus, dafs schon im litauischen die ausspräche schwankt);
*ukt einschrumpfen, ?äukt in falten ziehen, lit. surükti,
raükti; kr 4ut häufen, kruwa häufe, lit. krauti, kruvä;
kr Akt schnarchen, krächzen, lit. kränkti, m er fit mefseo,
lit. meruti. Bielenstein lett. spr. I, 8. 98 sagt: ü erhält
gern ein leicht vorklingendes i, cf. bjüs f. büs er wird
sein, Z;üka f. züka, schwein, ;üde'ns, f. üde'ns Was-
ser, p;Ü8t f. ptist blasen.
Johannes Schmidt.
Ueber den dialekt der russischen Volkslieder
des gouvernements Olonec.
Die zunehmende Wichtigkeit, welche die erforschung
der lebendigen volksdialekte für die Sprachwissenschaft be-
kommt, wird es rechtfertigen, wenn ich hier einige einge-
hendere mittheilungen über den russischen localdialekt des
gouvernements Olonec, also des landes um den Onegasee,
mache, zumal es der ist, dem die grofse Sammlung meist
epischer Volkslieder von Rybnikov angehört, eine Samm-
lung, die auch für die entwickelung und geschichte der
volkspoesie überhaupt die gröfste beachtung verdient*).
Der vierte band enthält einen aufsatz vom Sammler: „über
die eigenthümlicbkeiten des Oloneckischen dialekts", des-
sen kurze angaben im folgenden mit benutzt sind.
Was die laute betrifft, so ist es leider in der cyrilli-
schen Schrift nicht möglich, die wirklichen lautverhältnisse
*) IlfecHii coäparnibiA II. II. Pbi^hhkobbimt.. MocKBa
1S61 — 1867. 4 theile. (Lieder, gesammelt von P. N» Rybnikov. Moskau
1861—1867).
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 153
genau zu erkennen. Diese schrift ist schon zum ansdruck
der laute des gemeinrussischen höchst ungenügend, wie
vielmehr für den dialekt. Auch hat der Sammler nicht
überall, wo es möglich war phonetisch zu schreiben, dies
gethan, sondern sich meist dem gebrauch der russischen
Schriftsprache mit ihrer historischen Schreibung angeschlos-
sen. Nur im 3. und 4. bände ist der versuch gemacht,
einige laute, die besonders stark von der gebräuchlichen
Sprechweise abweichen, durch fetteren druck als solche zu
bezeichnen. Ich beschränke mich daher für die lautlehre
* auf das sicher erkennbare und auffallendste.
r -fe (e) wird in den flexionsendungen ausnahmslos zu
I h (i), z. b» loc. sing, seiepii = Benep-fc (nom. seiep'b,
' vecerii, abend)*), dat. loc. p-fcicH = p-feirfc (nom. p*Ka
reka, flufs); mit den altbulgarischen formen stimmen auf
diese weise überein die locative und dative von ja-stäm-
fc| men, z. b. kohh (nom. kohb konf, pferd) = ab. kohh
(koni), no.au (nom. no.se, feld) = ab. hoäh (poli), Ajnm
(nom. 4yma, seele) = ab. AOifuiH (dusi). Im text der gedichte
Jteht meist * (e), obwohl Rybnikov selbst die regel als
eine durchgehende bezeichnet („der buchstabe -fc wird fast
fiberall, am ende der worte aber und in den flexionsfor-
men überall wie e (i) ausgesprochen u). Nämlich auch im
Inlaute findet sehr häufig dieselbe Verwandlung statt, z. b.
cBHmejrb MHcai^b (svit'olü misjaci) = gemeinrussisch.
cBtmejn. arfccawb (svetelü mesjacü, leuchtender mond).
In dem gedichte I, XXIV, wo durchgängig auch h (i)
geschrieben ist, kommen so vor: CBraeorB (sicetü) =
gmr. ctneimi (secetü, er schneidet); p»caBHem% (rza-
vietü) =ss paeas'fceiii'b (rzav£etü, rostet); uiBfraraoe
(cvitnoe) = ijB-fcmHoe (cvetnoe, farbig) u. a. I, 49,
v. 23 steht £o6pH4 (dobrie) = #oöp*e (dobree, com-
*) Ich gebe die russischen worte in der lateinischen Umschreibung buch-
stabe für buchstabe nach dem von Schleicher in diesen beitragen befolgten
princip; wo es nöthig ist, füge ich die wirkliche ausspräche hinzu; auslau-
tendes u wird überall nicht ausgesprochen, i nur als erweichung des vorher-
gehenden lautes.
154 Leskien
par. besser), obwohl Rybnikov angibt, es hiefse im compar,
ß-fcpiuie (vernjae) = B*pirfce (vgrn&e, treuer) u. 8. f.
Im 3. und 4. bände wird das wie i zu sprechende e durch
den druck hervorgehoben. Aus der Zusammenstellung der
dort vorkommenden beispiele habe ich mir keine regel für
das unterbleiben oder eintreten der Verwandlung zu {•bil-
den können; es werden nebeneinander geschrieben: ptxa
(reka, flufs) und piraHiibica (riöinfka, demin. von reka);
A-feBHija (devica, mädchen) und 4*bhhhj = ahbibby
(divöinu, acc. sing, von divcina, mädchen). Bekanntlich
ist der Übergang von S zu i auch sonst in den slawischen
sprachen häufig, durchgehend im cborvatischen zweige des
serbischen, ebenso im kleinrussischen, wo das so entstan-
dene i den vorhergebenden consonanten erweicht, also
eigentlich als ji zu fassen ist. Sicher ist das auch im
Olon. dialekt anzunehmen. Die nicht erweichende aus-
spräche des i wäre für ein russisches ohr zu auffallend,
als dafs der herausgeber sie nicht angemerkt haben sollte.
Die erhaltung des vollen i in der infinitivendung kann
bei allen verben stattfinden und ist regel am versende, z. 6.
*xamH (echati, fahren), während gmr. *xamb (echati,
spr. jechat'), pvmamn (rusati, zerschneiden), -bcim
(esti, essen) u. s. w.
Die im russischen, kleinrussischen, polnischen und sor-
bischen verbreitete neigung e in o, je in jo fibergeben zu
lassen (die übrigen slawischen sprachen zeigen diese er*
scheinung nur vereinzelt) geht in diesem dialekt, nament-
lich, wie Rybnikov bemerkt, an der nord- und ostseite
des Onegasees sehr weit: monepb (top er Y) = gmr. me-
uepb (teperi, jetzt); moÖA, co6a, mo6n, co6h (tobja,
sobja, tobi, sobi) für metfji, cetiii, mefrfc, ceö* (tebja,
'sebja, tebe, sehe, deiner, seiner, dir, sich); potiama
(robjata) = petfjraia (rebjata, kinder); 6opo3HO (bo-
rozno) für öepeneHO (berezno, ntr. sing, von bereznyj,
vorsichtig). Auffallend ist, dafs in diesen beispielen die
erweicbung fehlt, während in den übrigen sprachen, welche
denselben lautwandel kennen, nur erweichendes, d. h. also
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 155
in j e übergegangenes e zu o, d. b. also j o wird. Die er-
weichung findet sich indefs anch hier in den meisten fäl-
len: cero (s'ffgo, spr. s'ovo, gen. sing, von ceä, sej,
ab. o>, st, er) ceaiy (s'omu, dat. sing, desselben). Im 3.
und 4. theil ist das wie jo zu sprechende e durch den
druck hervorgehoben. Ich gebe die dort vorkommenden
beispiele (die zum theil mit den gemeinrussischen fiberein-
stimmen), ohne eine regel für das auftreten des jo finden
zu können: BecHymica (demin. von BecHa, vesna, frfih-
lmg), nojiOHeHOiirb, ^nine, ie (d. i. imo), Kj^epwiuKH,
HpHcejiKaMu; no^ecniHOH, äe3CH§rnnoeH5~iiOHH3exoiibKOH5
Bce; acHmbe, tfbimbe, Ha^eJKa, nopy^Snaji; jim^e, ceaiy,
CRanenT», pa3qecajia, matiaieifb, eenepi», rniiero, §Ha,
mamjeBanib , menjiux'h ^em» ^ojK^ycb (III, 21, v. 9),
AtBBHb^H, ceM»cHHKOM, CBmnejrb , aeenv, om^aBaem'b,
Altbulgarisches ie (je, russisch e geschrieben) wird
zu jo, z. b. ero (jogo, spr. jovo), gemr. ero (spr. jevo)
= ab. lero, gen. sing, von h (er); efi (joj) = ab. ich (jej,
ebenso gmr.); CBoefi (svojoj) = ab. cbokh (svojej, dat.
sing, fem. von cboh, svoj, sein) und so in den gleicharti-
gen fallen. Jenes j o verliert bisweilen im anlaut das j ,
z. b. o£Ba (odva, kaum) = ab. leftua, gmr. e^ea (jedva),
vergl. altrussisch o#Ba (Miklosich, über die spräche Ne-
stors u. 8. w., p. 29); onje (oäce) = ab. leune (jeste,
noch), gmr. enje (jeSce, spr. jeäco).. Derselbe fall ist
im gewöhnlichen russisch in worten wie o^hht» (odinü,
ein) = ab. kahite (jedinö); oaepo (ozero, see) = ab.
K^Cfo; ocem» (oseni, herbst) = ab. lecem».
Als eine der vorigen analoge erscheinung mufs wohl
der fibergang von erweichendem e in a ( j a), nach palata-
len einfach a, aufgefafst werden: »eaHHXi» (zanichu, bräu-
tigam) = 5KeHHXfb (zenichü); 5KajiairabiH (zalannyj,
erwünscht, lieb) = sKejiaHHbm (zelannyj); p-Bmamnambiä
(resatcatyj, bunt ausgelegt) = p*meiniaiiibiH (reset-
catyj); npoiqaiibiiije (prosöaniice, abschiedssegen) =
upon^enbHue (prosceniice); Bpeauuui (vremjani) =
156 Leskien
BpcMeim (vremeni, gen. -dat. sing, von vremja, zeit);
MHi^b (mjaci, messer) = gmr. nem> (meci), ab. lau
(mici); sogar ha (nja) für iie (ne, nicht). Uebrigens
sind die falle, wo j a = e nach m steht, beweisend dafür,
dafs vor e auch die labialen erweicht werden, was von
den grammatikern zum theil bezweifelt ward. Derselbe
Vorgang findet im weifsrussischen statt: afljieHBiH (zjal'o-
nyj) = aejienbiH (zelenyj, grön); sumjih (zjamlja) =
3eMJiii (zemlja, erde); rcana (zana) = meua (zena,
frau); vgl. EyciaeBi». HcmopmecKaa rpaMMammca pycc-
Karo A3biKa. 2. -«34. MocKBa 1863 (Buslajev, historische
grammatik der russischen spräche. 2. aufl. Moskau 1863.
I, p. 24).
Das aus altem i entstandene e hat zuweilen abwei-
chend vom gewöhnlichen russisch keinen erweichenden eiß-
flufs, z. b. in omai^bKiH (otecikij, väterlich) von ab. OTM|fc
(otici, vater); MOjio^aHbKiH (molodenikij, jugendlich), -
vgl. ab. MMAhH'L (mladinü); doch scheint dieser fall sel-
ten zu sein.
Eine alterthümlichkeit ist es, dafs auslautendes I nach
c erhalten bleibt: MOjio^ei^b (molodeci, Jüngling), mucaty
(misjacT, monat), wie im altbulgarischen MMAbijh (ml*"
dici), MHCAi|b (messet), gegenüber gmr. MOJio^ei^T» (mo-
lodecü) u. s. w. Mit andern worten: im gmr. ist i io
der ausspräche spurlos verschwunden, während es sich i&
dialekt in der erweichung des vorhergehenden consonanteß
noch erhalten hat. Die 3. plur. praes. hat ebenfalls die
dem altbulgarischen genau entsprechende form: ^aBaiomi»
(davajuti, sie geben) = ab. #nunftTi> (davaj^ti), wäV
rend auch hier gmr. ^aBaionn, (davajutü, d. i. da-
vajut).
Die Vertretung von altbulgarischem % (ü) durch o iflß
auslaut der praepositionen , die im gmr. im allgemeinen
nur vor consonantengruppen im anlaut des folgenden Wor-
tes regel ist, findet in den gedichten unzählige male aueb
vor einfacher consonanz statt: bo KieBt (vo Kieve, in
Kijev), ko inoMj (ko tomu, zu diesem), co Aoöpoio (so
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 157
dobroju, mit der guten); einzeln sogar vor folgendem
vocal; ko amwHMT» ko cmoMKSLWb (ko etyimü ko sto-
likamü, zu diesen tischen), ko amoiwj (ko etomu, zu
diesem). Häufig ist die erhaltung des ü als o im nom.
sing, der männlichen a- stamme bei suffigiertem artikel:
Kpecnrb-onrb (krestü-otü), vom herausgeber so geschrie-
ben, es ist aber zu schreiben Kpecmo-nrb (kresto-tü,
spr. krestot, kreuz -das) = ab. k^'lct'l-t'l (krüstü-tü);
zu vergleichen ist russ. mo-im. (to-tü, dieser), zweimal
gesetztes rfc, und Schreibungen altrussischer quellen paöonrb
= ab. paei-rL (rabotü = rabü-tü, knecht-der), cetmocb
(svetosi) = ab. CKtrL-ch (svetü-si, welt-diese; vergl.
Buslajev a. o. I, p. 44). Ebenso sind zu erklären: mejiKi»-
onn,, d. i. also mciKO-nn, (Seiko -tu, seide-die), KOJia-
upb-onrb, d.i. KOjiaHHKO-nn» (kolaciko-tü, eine art
gebäck), caMO-im, (samo-tü) = ab. cami-ti (selber der);
BmopoH-enrb pa3i», das wäre ursprüngliches vütorü-ji-tü
razü (das zweite mal), daneben aber nach j auch o z. b.
KHA3b-onrB , d.i. ursprünglich *kün$zjü~tü, kün^zi-tü
(fiirst-der), daraus hätte russisch knjazje-tü werden müs-
sen, das je ist hier aber wie so oft zu jo geworden. Dafs
hier wirklich das pronomen tl gewissermafsen als artikel
angefügt ist, beweisen die fälle, wo die andern flexionsfor-
men desselben ebenso auftreten, z. b. rpaab-ma (grjazl-ta
nom. sing, fem., schmutz -der), nopyicy-my (poruku-tu,
acc. sing, fem., bürgschaft-die), i^epKBH-mw (cerkvi-ty,
nom. plur. fem., kirchen-die). In diesen fällen schreibt der
Herausgeber den bindestrich, aber dasselbe verhältnifs wal-
tet in vielen beispielen, wo diese bezeichnung fehlt, z. b.
nnmu^bi mu Raeeji^in (pticy ty klevucii, die pickenden
vögel), 3B*peH mbiXT» pbiKyu^HXT» (zvSrej tychü ryku-
ciichü, gen. plur., der brüllenden thiere) u. s. w. Hier
ist offenbar der anfang zu einer suftigierung des artikels,
wie sie im neubulgarischen zur regel geworden ist; auch
die Stellung desselben nach dem adjectivum in Bmopoö-
enrb pa3i» (s. o.) ist ganz wie im neubulgarischen.
Es scheint, dafs in einzelnen fällen der dialekt altes
158 Leskien
*
u als solches mit eigentümlicher ausspräche bewahrt hat,
wenigstens macht Rybnikov IV, p. 8 zu der Schreibung
B'bicpyr'b (statt gmr. BOKpjr-b, herum) die bemerkung: ■*
euje hc nepeme^T» bt> o („t. ist noch nicht in o überge-
gangen"), was wohl nur heifsen kann: t» wird noch ge-
sprochen, aber eben nicht wie o.
Bekanntlich wird im russischen die altbulgarische laut-
Verbindung ra, la durch oro, olo ersetzt, z. b. ropo#b
(gorodü) = ab. rpAAi (gradü, stadt), moaoai» (mo-
lodü) = ab. mkaai (mladü, jung). Dasselbe ist nach
Rybnikov8 aussage in dem dialekt durchgehend der fall,
derselbe vermeidet sogar noch mehr als das gewöhnliche
russisch die Verbindungen r und 1 mit andern consonan-
ten, daher oöo^oko (oboloko) = gmr. o6.iaico (oblako,
wölke), cmo^oöi, (stolobü) = gmr. cmoji6i> (stolbü,
pfeiler), Ao6epi» (dob'örü) = gmr. ^oöpTb (dobrü, gut),
vgl. serbisch dobar. Es ist daher als eine von der tra-
dition festgehaltene alterthümlichkeit anzusehen, wenn die
lieder sehr häufig die den altbulgarischen entsprechenden
formen haben: rpa^T» (gradü), gmr. ropo#b (gorodü,
Stadt); Bpam» (vranü), gmr. Bopoirb (voronu, rabe);
Mjia^biu (mladyj), gmr. mojio^mh (molodyj, jung);
3Jiarno (zlato), gmr. 30jiomo (zoloto, gold); Bjiacb
(vlasü), gmr. bo^ioci» (volosü, haar) u. s. w.
Zu dem im slawischen so häufigen vorschlage von j
vor anlautende vocale liefert der dialekt auch einige neue
beispiele, so das auffallende em», en:a, auch ioin» geschrie-
ben, d. i. jonü (spr. Jon), Jona für ohtb, OHa (onü, ona,
er, sie). Der Vorschlag von v findet sich in dem worte
BioHomb (vjunosi), gmr. lOHonia (junosa, Jüngling).
Dagegen fehlt öfter das n vor cass. obl. von h (i, er)
nach praepositionen, z. b. bt» ero (vü jego, spr. v jevö
oder v jövo, in ihn hinein); Ha ewb (na jomü, auf ihm),
ktb gä (kü joj, spr. k joj, zu ihr) statt btb nero (vu
nego, spr. v n'evö) u. s. w.
Häufig sind zusammenziehungen von vocalen nach aus-
über den dialekt der rnas. Volkslieder des goavernements Olonec. 159
fall des trennenden j: npo^emuBami» (proletyvatü) =
npOdiemuBaeiirb (prolety vaetii, d.i. -vajetü, er fliegt
vorbei) und so in allen 3. sing, gleicher bildung; in Boro
(tvogo) = raßoero (tvoego, d. i. tvojego, deiner);
cbomj (svomu) = CBoeMj (svoemu, d. i. svojeniu,
seinem), wie im serbischen in denselben pronominalformen;
andre consonanten sind ausgefallen in xouib (choäi),
Momb (moäi) = xoqemb (choceSi, du willst), Moacemb
(mozeai, du kannst).
Gewisse gruppen anlautender consonanten scheint der
dialekt zu scheuen und erleichtert sie durch prosthetisches
o, z. b. onjiemb (opleti) statt miemb (pleti, peitsche).
Auf der andern seite fallen aber auch anlautende silben
ganz ab, z. b. cmoicb (stokü) für ab. bictoki (osten),
gmr. BocmoKT» (vostokü); stehend ist der abfall von bi-
(vü-) bei der praeposition E%%k (vüzü), so dafs von der-
selben, die nur in Zusammensetzungen vorkommt, blos z
nachbleibt, z. b. 3^oxrh (zdochü), gmr. b3^oxt, (vzdo-
chü, athemzug, seufzer; vz- für vüz-); dpa^osambcii
(zradovati-sja) = ab. bi^^obath ca, sich freuen).
Als eine der haupteigenthümlichkeiten des conso-
DaQtismus gibt Rybnikov an, dafs u (c) und h (c) be*
ständig eins statt des andern gebraucht, oder besser ge-
sagt, beide buchstaben ausgesprochen werden wie q& (cl,
also wie weiches c; der laut mag ungefähr der des polni-
schen ci, 6 sein, wenigstens umschreiben die Russen diesen
laut durch ihr ijb). So soll also ufkibiii (celyj, ganz)
nach H'BJibiH (celyj), Jiuu,e (lice, gesicht) nach jihho
(lico) hinklingen, und umgekehrt qyreoii (cuzoj, fremd)
nach ijioskoh (cjuzoj), Beqept (vecerü) nach Beijeprb
(vec'orü, abend). Aus den b. IV, p. 225 ziemlich ge-
treu im dialekt wieder gegebenen prosaerzählungen füge
ich noch hinzu die Schreibungen höiu»h> (nöciju) für
Hoibio (nociju, instr. sing, von nocl, nacht); noaioip»
(pomoci) ftir noMo^b (pomoci, hülfe); cefii^HCb (sej-
cja8Ü) f&r cefi-nact (sej-äasü, sogleich); qe (c'o,
160 Leskien
was), vergl. gmr. nrao = ab. Yh-TO (ßto «= öi-to, was),
HHi^ero (ni-cego, spr. n'ic'evo; gen. sing., nichts) =
gmr. Himero (nicego); uHcma (d. i. c'ista) = gmr. «Hcma
(cista, nom. sing, fem., rein). Nach Buslajev a. o. I, p.10
ist dies eine eigenthümlichkeit des gesammten novgoroder
dialekts, von dem der unsrige eine unterabtheilung bilden
soll: Dafs eine ähnliche art der affection z erleidet, geht
aus Rybnikovs angäbe hervor, der laut werde vor n wie
z gesprochen, z. b. 4opo3iiuH (doroznyj) för ^oposKHuii
(doroznyj, reise-); öopoano (borozno) für tfepesKHO
(berezno, s.o.). Da diese worte ab. *drazinü, *bre-
zinü lauten würden, so ist doroznyj wohl als doroz-
n y j zu fassen und z verhielte sich zu z', wie oben c zu c.
Während dieser Vorgang vor n übrigens nicht ausnahmslos
ist, findet er sich auch sonst, z. b. 3ejiH3Hmb (zelizitl)
für 5Ked*3*inb (zelez&ti, zu eisen werden). [Das von
Rybnikov mit aufgezählte poro3emibiH (rogozennyj) =
gmr. porojKHbiii (rogoznyj, aus binsen bestehend) gehört
nicht hierher, es entspricht ab. rogozinü von rogozir,
wo die Verwandlung von z zu z ebenfalls nicht eingetreten
ist; ebenso ist alt nopo3Hbiii (poroznyj), gmr. allerdings
nopojKHbiH (poroznyj, leer), aber noch nopo3nmnb (po-
rozniti, leeren) neben nopojKHHiub (porozniti); z ist
hier der rest von zd des ab. n^^kN'L (prazdinü)]. Wie
sind diese erscheinungen zu erklären? Ich glaube, es ist
auf keinen fall daran zu denken, dafs der dialekt in die*
sen lauten ursprünglich die dentale Wandlung der guttu-
ralen statt der palatalen hat, weil z. b. in vecerü, ze-
lezo c, z allgemein slawisch, also der slawischen grund-
sprache angehörig sind. Die ganze sache wird vielmehr
darauf hinauskommen, dafs c, z, c entschieden weich ge-
sprochen werden, also obwohl sie selbst durch einflufs von j
entstanden sind, doch noch ein j-laut nach ihnen gehört
wird. Diese ausspräche mochte dem ohre des Beobach-
ters bei 6 und z mehr dental als palatal klingen und in
der that allmählich dental geworden sein, daher die Schrei-
bungen ci = c, z (d. i. zi) = z. Allerdings participie-
Über den dialekt der rnss. Volkslieder des gonvernements Olonec. 161
ren auch im gewöhnlichen russisch c und z an der erwei-
chuog durch folgende laute, aber in sehr wenig hörbarem
grade, so dafs die erweichung nur an der davon afficier-
ten ausspräche des vorhergehenden vocals zu merken ist,
z. b. cmepew» (stereci, hüten) wie stere'c, nicht wie
stere'c, was sein müfste, wenn 1 in diesem falle nicht
erweichte.
Diese hier an c, z, c zu beobachtende ausspräche
f&hrt mich auf einen punkt der slawischen lautlehre, der
mir eine besprechung zu verdienen scheint. Bekannt ist
die regel, dafs im altbulgarischen die gutturalen k, g, ch
mit j zu c, z, £, seltener k, g zu c, z, die dentalen t, d
aber zu ät, zd werden, z. b. 1. sing, praes. *plakJ3 zu
plac;j, *lügJ3 zu lüz$, dychJQ zu dys$ (von pla-
kati, weinen; lügati, lügen; dychati, athmen); aus
*otikjü otici (vater), aus *stigja stiza(pfad); 1. sing,
praes. *metJ3 zu mest§, z$dJ3 zu z§zd§(von metati,
werfen; z§dati, dürsten). Man denkt sich diesen Vorgang
gewöhnlich so, dafs j in den so entstehenden palata-
len lauten völlig aufgehe und für die ausspräche ver-
schwinde, also nach slawischer auffassung, dafs diese laute
hart, ohne erweichung gesprochen werden. Dafs dies aber
wenigstens ursprünglich nicht der fall war, läfst sich,
glaube ich, sehr wahrscheinlich machen. Miklosich vergl.
graram. I, p. 107 bemerkt: „praejerierte vocale haben ur-
sprünglich gewifs auch nach palatalen gestanden u, d. h.
j ist nach diesen geblieben, und führt zum zeugnifs alte
Schreibungen wie yk>a€CR (cjudesa, plur. von cudo, wun-
der), aaitliiiio (davüsju dat. sing. part. praet. act. davü),
nach c c2iiMki|io (slunicju, dat. sing, von slünice, sonne)
an; vergl. auch Schleicher, compendium p. 303. That-
sache ist nun, dafs die Schreibung von ju statt des ge-
wöhnlichen u bei der Verwandlung von gutturalen in c,
£, 8, c, bei der von dentalen in st, zd aufserordentlich
häufig ist, namentlich in glagolitischen quellen. Raöki,
Assemanov ili vatikanski evangelistar, einl. p. XVII, führt
eine grofse anzabl von fällen an: das oft wiederkehrende
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 11
162 Lwkiea
otfcju =• oticn, dat. sing, von otfci (vater); sl<
= släpicju, dat. sing, von sl£pici (blinder); 1
bicju, dass. von korabici (schiff); cjudotvorc
— tvoricju, dass. von — tvorici (wunderthäter) ; c
gew. da (part., z. b. in nyn£-£u, eben jetzt); sehr
kommt vor öjudo (s.o.); ferner öjueäi, d. i. ci
2. sing, praes. von äuti (hören, merken); mgzju, dat
Mron mqzi(mann); äjujoa (die linke); slysavüSjuji
dual, zusammenges. decl. des part. praet. act. sly
gehört habend); äedüöjuju (dass. von 8edu, sidi
gangeh seiend); priäedüäju (dat. sing, dess.); nacei
(dat. sing. part. praet. act. nacenü = dacinü, angel
habend); s^ätju (dat. sing. part. praes. syj, seiend]
so in denselben casus öfter; ebenso im adv. mezdjv
sehen). Raäki (p. XVIII) fügt hinzu, dafs dieser gel
sich in den übrigen glagolitischen denkmälern eb
finde, auch in den chorvatischen, und zwar desto ha
je ftlter die quellen. In den cyrillischen den k mal er r
es wenigstens nicht ganz an freispielen, im Ostromii
evangelium öjudotvorici. Von j vor andern v«
finden sich spuren: von je für e kenne ich kein bc
dagegen kommt vor ja für gewöhnliches a, im Ass
evangelium (vgl. Raäki, p. XVIII) der gen. syna clc
(des menschensohns) für cloveöa, gen. sing, des adj
v£öi (menschlich, ==* öl ov&k -ja -s von clovekü, me
Wäre hier nicht der laut j a nach 6 gewesen, so hätt
glagolitische quelle nicht das zeichen für e schreiben
neu, dann nur für £ und j a (cyr. % und ») gilt in {
litischer schrift dasselbe zeichen, nicht zugleich 1
Ebenso verhält es sich mit öSetü, d. i. cajeti (3
praes. von cajati, hoffen), und aus dem Miklos. wtb
ich noch hinzu äjasü für casü (zeit); die ältere foi
c£sü (neub. c£s), vergl. auch das entlehnte litai
cze'sas; später gilt nach palatalen älteres e = ja (
Schleicher, compendium p. 302, 303). Häufig ist
im Assem. evang. j$ für q in denselben fällen: öj^c
£$do (kind), zj$tva (ernte), lezj^äti (nom. plur.
e
.ber den dialekt der ras». Volkslieder des gouvernements Olonec. 163
, *J. lezq von lezati, liegen); vid&sj§, bSäj$'(3. plur.
.comp, von videti, sehen, byti, sein) und so sehr oft
.lerselben form. Diese zahlreichen Beispiele, scheint
^J machen es gewifs, dafs wir es nicht mit einer ortho-
lischen willkürlichkeit zu thun haben, sondern dafs
rfinglich die Verwandlung der gutturalen vor j (oder
Jen vocalen) in c, z, s, c, z, die der dentalen in
d mit erhaltüng des j-lautes stattgefunden hat, j dem-
nicht unmittelbar in diesen lauten aufgeht, sondern
später schwindet, dafs also die Stufenfolge ist z. b.
tju, *sqtsju, sqgtju, endlich nach schwund des j
;u, so *dychjs, dysjs, dyäa. u. 8. f. So geht auf
viel späteren sprachstufe j in palatalen auf, z. b. neu-
fc (Miklosich 1,257) pobre^e für pobrezje, porSöe
porecje = ab. nopmiie (porecije). Nach dem mir
Gegenden beobachtungsmaterial, das allerdings beschränkt
11 komme ich zu der vermuthung, dafs der vertust des j
"ersten im eigentlichen altbulgarischen und serbischen
getreten ist (das Ostrom, evang. und andere quellen ha-
. j nur noch sehr selten und in altserbischen quellen
[et sich nur sehr wenig ähnliches, vergl. Öafafik, serbi-
e lesekörner p. 39); dafs die glagolitischen denkmäler,
ja so manches alterthümliche erhalten haben, das j
älterer zeit mit hinüber genommen haben ; dafs endlich
russischen das j sich sehr lange gehalten hat und noch
banden ist in der oben ausgeführten ausspräche des
ekts. Gerade den altrussischen quellen scheinen hier-
gehörige Schreibungen besonders geläufig zu sein: Mi-
ich, über die spräche Nestors p. 28 fahrt viele an,
, vdovicjamü (dat. plur. von vdovica = ab. vi-
ica aus *vidovikja); mertvecja gen. sing. = alt-
•. mrütvica von mrutvici (der tote); solncju dat.
= ab. slünicu von slünice (sonne); dusju acc.
— ? ab. duäa. von dusa (seele); muzju dat. sing. =
n^zu von ma.zi (mann); cjudo (s. o.). Buslajev a. o.
68 führt aus altrussischen quellen an: odezju acc.
— s ab. odezda^ von odezda (kleid), yüurio (ca.zju,
11*
164 Leskien
d. i. nur graphisch für cuzju) acc. sing. fem. = ab. sta«
zd$ von ätuzdi (fremd), m ezju = ab. mez du (zwischen);]
p. 73 HJ3KH (nuzja) = ab. nnzda (noth), xohio (chocju)
= ab. cbostq (ich will). Andre slawische sprachen be-
stätigen ebenfalls die ausgesprochene ansieht: neubulg*-
risch heilst es nie anders als äjudo, cjuvam (ich höraj
ab. cuti), sjum (lärm), sjumü = ab. suma (wald), und
formen wie müz-jot d. i. = ab. m^zi + artikel tu sity)
doch auch nur zu erklären aus m^zjü-tü, so gut wil
bo-jüt oder bo-jot = ab. boj-f-tü aus bojü-tü; ebei
dahin gehören vocative wie muzjo zu müs = ab. m$it
Im kleinrussischen ferner ist ab. ca, cu stets da, du d.h.
cja, cju, z. b. lyda, lyc*u = ab. lica, licu (von licÖ!
gesicht); psenyda = ab. piäenica (weizen). Endlidj
glaube ich durch die annähme vom verbleiben des j nael
der palatalen Verwandlung eine dem russischen eigentüm-
liche lauterscheinung erklären zu können. Wo das rosafe
sehe die dem altbulgarischen eigenthümliche Wandlung voi
tj zu »t statt des ihm angehörigen c (d. i. ts) herüber«
genommen hat, erscheint jedesmal St§9 sc (m). Das i*
nur begreiflich, wenn man annimmt, dafs die laute ni<
£t, sondern noch s tj waren; dies tj ist dann regelret
nach russischen lautgesetzen zu ts geworden und so ent
steht sts; z. b. gen. sing. part. praes. bestimmter declingt
von delati ab. delaja.staago, dies aber aus delajf*
ätjaago nach dem oben bemerkten; daraus russisch *dS
lajustjago, dölajustsago ( ^Jiaiou^aro ). Auch wi
das russische altbulgarisches zd erhalten hat, hört man b
der ausspräche bisweilen zdz; dasselbe findet sich naef
Buslajev, a. o. p. 70, in altrussischen quellen des 12.jahrh-
z. b. #MKYk (duzdci für düzdzi) = ab. #MKAk (duzdf
regen), und ist auf dieselbe weise zu erklären.
Bei dem bisherigen habe ich wesentlich consonanfij
sches ursprünglich vorhandenes j im äuge gehabt, anaku
mufs aber der Vorgang bei den palatalen vocalen gewestf
sein. Wenn z. b. von peka^ die 2. sing, pecesi lautet
so sind die durchgangsstufen *pekjeäi (das heifst für
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouveraements Olonec 165
ist in der ausspräche je eingetreten oder, vielleicht rich-
tiger ausgedrückt, zwischen dem von vorne herein vor e
jffld i mehr palatalen, d. h. mehr vorn im munde als vor
,10.8. f. gesprochenen k und e oder i stellt sich von selbst
g ein), daraus *pecjeäi, endlich peceSi. Die mittelstnfe
£& erhalten z. b. in der oben angeführten Schreibung b£äj§
m. a. Man kann gegen die so angenommene mittelstufe
gpekjesi einwenden, dafs, wenn bereits för die ältere zeit
tJ0 = je anzusetzen sei, aus pleteäi (von pleta.) hätte
Ppleäteäi werden müssen. Dagegen ist aber zu erinnern,
Nifs, wie noch jetzt in den slawischen sprachen, der vor
Eden palatalen vocalen sich einstellende j-laut ein sehr lei-
[•er war, und überall die gutturalen vom j viel eher und
achter afficiert werden als die dentalen. Das ist eine
renn auch vielleicht schwer zu erklärende sprachliche that-
jfltche und eben der grund, weshalb in den slawischen
»rächen die Wandlung der gutturalen übereinstimmend ist,
lso der grundsprache angehörte, während sie in der wand-
ig der dentalen bekanntlich weit auseinander gehen (im
mutigen serbisch noch werden t und d selbst durch ur-
wüngliches j nur leise afficiert, so dafs in dieser bezie-
ing das serbische unter den slawischen sprachen auf der
ltesten stufe steht)*). Die häußgkeit der beibehaltung
[des j u in den oben angeführten beispielen gegenüber dem
[fehlen von j e erklärt sich einfach daraus, dafs u gar nichts
latales hat, man also, wenn die erweichung überhaupt
seichnet werden sollte, ju schreiben mufste, während e
unmal, wie bemerkt, an sich nach j e hin gesprochen wurde
ld aufserdem für j e das glagolitische aiphabet kein be-
[•onderes zeichen hat, sondern je durch e mit vertreten
[wird, wie ebenso im späteren kirchenslawisch -russischen
*) vielleicht ist in älterer zeit die ausspräche je = e gar nicht nach
italen eingetreten (wie sie z. b. im heutigen serbischen und sonst nicht
ittfindet) und das eintreten von j nach gutturalen hängt, wie oben be-
~rkt, nur von der an sich palatalen ausspräche dieser laute vor e und i ab.
würde zu weit führen, wollte ich hier die sache weiter untersuchen, da
b falle des zetacismus auch in den verwandten sprachen darauf hin zu
fptüfen wären.
166 Leekien
schreibgebrauch. Das $ hatte ohne zweifei so gut erwei-
chenden einflufs wie e, daher denn auch im Assem. evan-
gelium Schreibungen wie pj^ti für p$ti vorkommen. I
Nebenbei bemerke ich, dafs nach der gegebenen dar-
stellung die gewöhnliche Schreibung litauischer formen wie
j&uczio (gen. sing, von j&utis), woftkr Schleicher stets
jauczo schreibt, vielleicht auf richtiger warnehmung oder
auf älterer ausspräche beruht. Andre sprachen bieten eben-
falls beispiele von zetacismus mit erhaltung von j oder i,
z. b. wenn man seit dem 5. jahrh. n. Chr. Titsius für
Titius, aber nicht Titsus sprach (vergl. Corssen, aus-
spräche, vokalismus etc. 2. aufl. p. 64). Doch zurück zu
unserm dialekt.
Sehr auffallend ist es, dafs bei den guttural auslau-
tenden wurzelverben im praesens vor e die palatale Wand-
lung unterbleiben kann, z. b. neKenib (pekesi, von nem»,
1. sing, neiey, backen) statt neieini» (pecosf); meKemt
(tekotü, von meib, 1. sing, meicy, iliefsen) statt raeqenn.
(tecotü). Buslajev. a. o. I, p. 74 führt aus dem Twer-
schen und andern dialekten ähnliche beispiele an : CMoremi
(smogotü) für cMoacennb (smozetü 3. sing, praes. voe
cmohb vermögen), CMorean» (smogomü 1. plur. praes. des«.]
fiir CMOHteMi. (smozemü) u s. f. Dafs diese formen ali
seien, also in die zeit gehören, wo die Verwandlung dei
gutturale in palatale noch nicht eingetreten war, ist mii
unwahrscheinlich, weil es vereinzelte fälle sind und im rus-
sischen ähnliches vorkommt, was sich anders erklären läfst
Altbulgarisches YftORHi|n (clovece, loc. von clovekü) isi
russ. HeaoB*Kl» (celoveke), also ohne die dentale Wand-
lung des k und so in allen entsprechenden fällen der de-
clination. Hier ist es offenbar die analogie der übrigei
casus, die im russischen überall k vor der endung haben
gewesen, die auch die beibehaltung des k im locativ be
wirkt hat. So wird es die analogie von neicy, meiy
(peku, teku, 1. sing.) und nenjimb, meKymh (pekutu
tekutü, 3. plur.) gewesen sein, die neiceuib (pekesi
u. s. w. hervorgebracht hat, gerade wie im kleinrussischei
über den dialekt der rtus. Volkslieder des gonvernements Olonec. 167
die übrigen personen umgekehrt auf die 1. siog. und 3. plur.
wirken und man sagen kann peöu, pecut'.
Stehend scheint die assimilation von k, g, cb an n
zu sein: cineHO (steno) = gmr. cmerHO (stegno) = alt«
bulg. stigno (hüfte); cmeejuib (stenuti) = gmr. craer-
Hjmb (stegnuti); cmocny.iocb (stosnulo-si) wie ab.
tüsn^ti für *tüskn$ti (eilen), im russischen soll moc-
KHjnib cr (tosknuti 8 ja, sich ängstigen) vorkommen;
CMaHjjrh (smanulü) = gmr. cnaxHjjrB (smachnulü)
von CMaxfiymb (smachnuti, abschütteln, abhauen); cmoji-
HjjiHCb (stolnuli-si), gmr. infinitiv cmojucHynib (weg-
stofsen), ab. tlükngti; omoMHymb (otomnuti) = gmr.
omoMKHjmb (otomknuti, aufschliefsen), ab. mükn$ti
r- (die beispiele sind aus Rybnikov, eigenthümlichkeiten
U. 8. W.).
In den casusformen von jiioäoBb (ljubovi, liebe) as-
similiert sich v dem b, gen. und dat. juo6h (ljubi) =
•uoöbh (ljubvi).
I Die von Schleicher zum beweise des Überganges von
| j in g angeführten beispiele (compendium p. 628) lassen
\ sich noch vermehren durch CsjunocAaBroBHib (Svjato-
slavgovici) für CBHmocjiaßbeBHqb (S vjatoslavievici),
je ist zu go geworden. Vielleicht gehört hierher auch
repjunrb, repjibiKT» (gerlikü, g e r 1 y k ü) = gmr. HpAbiirb,
epawKT» (jarlykü, erlykü, diplom, brief), doch ist das
wort nicht russisch.
Die eigentlich dem ab. angehörige lautverbindung zd
= dj, die im gemeinrussischen ziemlich «verbreitet ist,
kennt der dialekt fast gar nicht („sehr selten zeigt sich
zd statt des gewöhnlichen z, z. b. caxe^aionib [sie setzen,
pflanzen]" Rybn.), sondern hat dafür die nach russischen
lautgesetzen regelrechte Vertretung von dj, nämlich 2, so
iimeaey (mezu), gmr. Meac^y (mezdu, zwischen); poreono
(rozono), gmr. posK^eiio (rozdeno, ntr. sing. part. praet.
pass. von roditi, gebären); npoöjacamb-cji (probuzati-
-8 ja), gmr. npoöyjK^arab-ca (probuzdatl-sja, erwachen).
Wie schon oben bemerkt, ist c (ts) die eigentlich russi-
168 Leskien
sehe Vertretung von urspr. tj, während im gemeinrnssischcn
auch das altbulg. St als äts (m) sehr verbreitet ist. Der
dialekt ist auch hierin zum theil consequenter: die pari,
praes., die aber nur noch adjectivisch gebraucht werden,
haben c, z. b. wBBywa. nrnni^u (pevuöija pticy, sin*
gende vögel); CBHcmyqiii Colonen (svistuöij solovej,
pfeifende nachtigall). Der dialekt besitzt daneben die den
gmr. entsprechenden formen mit m; (stä, sc), aber nach
Rybnikovs angäbe in etwas andrer bedeutung. Während •
nämlich die vorher angefahrten mit c fast stets als ste-
hende epitheta in offenbar alt überlieferten Verbindungen
erscheinen, drücken die mit m; eine besondere energie,
einen hervorragenden grad der im verbum bezeichneten
thätigkeit aus, wodurch die bedeutung sogar causativ wer-
den kann, z. b. cnamee 3ejibe (spjascee zelie) eigent-
lich schlafendes gift (oder kraut), d. h. für immer einschlä-
ferndes; iiHmhe 3a6yAyw,ee (pitle zabuduscee) eigent-
lich vergessender trank, d. i. vergessen machender, das ge-
dächtnifs raubender. Derartige secundäre bedeutungsdiffe-
renzierungen ursprünglich gleicher formen kommen ja auch
sonst in den sprachen vor. Ob jene formen mit in; wirk-
lich volksthümlich sind oder von aufsen hereingekommen,
vermag ich freilich nicht zu entscheiden.
Die in andern slawischen sprachen häufige abwerfung
des suffixes 3. sing, praes. verb. ist auch hier bei wurzel-
verben stehend: xone (choce, er will), Morce (mo£e, er -
kann), se3e (veze, er führt) statt gmr. xoieini» (cho-
cetü) u. s.w.; wenigstens in einigen gegenden auch bei
den abgeleiteten, das lied I, 51 gibt viele beispiele: noxa-
muBae (pochazivae, er geht hin), iiociwampHBae (po-
smatrivae, er sieht hin) u. s.w. In der 3. plur. praes.
kommt derselbe abfall des suffixes nur bei der i-classe vor,
z. b. CH^a (sidja) = CH^arcrb (sidjatü, sie sitzen);
xoma (chotja) = xomamrb (chotjatü, sie wollen).
Liebhaber auffallender lautübergänge finden in dem
dialekt reiches material; der Übergang von v in ra ist
nicht selten; Rybnikov führt an: MaKOMKa (makomka)
über den dialekt der rnss. Volkslieder des gouvernements Olonec. 169
maKOBica (mohnkopf, kirchthurmsknopf ) ; noxMamiea
ocbmatka) = noxBamKa (pochvatka, heldenthat?);
aMHE(Hmb (primicjati) = npHBtqamb (priv£cati).
ch das umgekehrte findet sich. in 6jia^on (bladoj) =
»40H (mladoj, jung); g für d steht in tm (glja) =
h (dlja, für). Die aufzählung weiterer einzelheiten im*
lasse ich, weil ich weder aus dem text etwaige fehler
'nehmen will, noch ans Rybnikovs darstellung ersehen
an, wie weit hier allgemeinere gesetze herrschen.
Die declination der nomin a bietet einige besonder-
en, die der erwähnung werth sind. Von der erhaltung
s ü im nom. sing, der männlichen a- stamme war bereits
en die rede. Bei den auf -ynja gebildeten femininen
det im nom. sing, zusammenziehung statt wie im ab.,
b. rocy^apwHH (gosudaryni, herrin); ebenso sind
3 den ab. entsprechenden nominative ao«w (doci, ab.
iäti, toohter; daneben auch ^oiepb, doöeri) und Manu»
iäti, mutter) erhalten.
Lautlich und syntaktisch völlig unerklärlich ist mir
i den femininen a- stammen die nominativform als acc.
ig. Einen fehler anzunehmen ist nicht möglich, da der
11 zu oft vorkommt. Zur bestätigung einige beispiele:
Mb sKHBaro Mjraa «ena onwjqamb I, 19, v. 331 (otü
vago muh zena otluöati, vom lebenden manne die
au wegnehmen), vgl. ebend. v. 187: Kino crnanem?» onn>
HBa MjJKa tk eny oimunnb (kto stanetü otü ziva
mza zenu otnjatl, wer wird vom 1. m. d. fr. w.), wo
igelrecht der acc. steht; He cboio mw paöornjimcy paäoma-
mb, mbi cmojibKO 3Haft in,H-Kama Bapmnb, I, 44, v. 144
ne svoju ty rabotusku rabotaesi, ty stoliko znaj
ci-kaäa variti, nicht deine arbeit arbeitest du, wisse
lu nur grütz-brei zu kochen); Kymiaa pbi6a noßbi^a-
torab (kunnaja ryba povydavati, kostbaren fisch her-
ausholen) 1,45, v. 5; cnpoöoBamb cboh ctuia öora-
HupcKaa I, 47, v. 125 (sprobovati svoja sila bo-
gatyrskaja, zu prüfen seine heldenkraft) ; na co6* ho-
CHmb o^esKHi^y öw CMfcimyio, cMßHnyio o^eacimy-mo
170 Leskien
KastcAMii AeHb, KasK^uä ^eHb o^exa cnosa Ha hoboI,48,
v. 166, dieselben vv. 181, 182, 232 (na sobe nositi
odezicu by smennuju, smennuju ode£icu-to ka-
f dyj deni, kazdyj deni odeza snova na novo, aa
sich zu tragen ein wechselndes kleid, ein wechselndes kleid
jeden tag, jeden tag ein kleid von neuem aufs neue, d.h.
immer ein andres). Derartige beispiele, wo accusativ- und
nominativform neben einander stehen, lieiöen sich noch
manche geben.
Ein nicht weniger auffallendes moment ist es, daß
den femininen a- stammen de? dativ-locativ sing, gänzlicl
fehlt und durch die genitivform ersetzt wird, z. b.: b<
Moeii ApysKHHbi (vo moej druziny, in meinem gefolge)
bt» xopoöpoä «iHmsbi (vü chorobroj Litvy, in den
tapfern Litauen); Ha ropw (na gory, auf dem berge)
ko 6epe.3bi (ko berezy, zur birke); roBopHim» ohi
Knü3eBOH njieMHHHHi^bi , MOJ1040H 3aöaBM (govoriti
onü knjazevoj plemjannicy, molodoj Zabavy
sagt er der fürstennichte, der jungen Zabava); roBopiut
ifaKa3bieajinb CBoefi mo^io/joh »eeHbi (govorilü-nakazy
valü svoej molodoj zeny, sprach-befahl er seine
jungen frau) u. s. w. (s. auch unten beim pronomen um
adjectivum). Woher diese erscheinung? Der dat.-loc. ha
die endung e, der genitiv y; da nun * (e) überall zu h (i
wird, könnte man annehmen, dafs durch die Schreibung
w (y) eben h (i), aber als nicht erweichend, ausgedröck
werden sollte (wie im kleinrussischen), dem widersprich
aber das oben über i = e bemerkte. Es bleibt, glaub
ich, nur eine möglichkeit der erklärung. Das y wir
schon im altbulgarischen nach j- haltigen lauten zu i
ebenso im russischen. Im russischen wird aufserdem ;
nie nach gutturalen geschrieben, sondern dafür stets i
z. b. gen. p*Kii (reki, von p*na, reka, flufs) = ab. p«i
(reky). Da nun in unserm dialekt das e des dat.-Io<
überall zu i wird, also AyuiH, p-fiKH (dusi, reki), &
mufste auf diese weise in einer grofsen anzahl von worte
über den dialekt der russ. Volkslieder des gonvernements Olonec. 171
gen. und dat.Joc. zusammenfallen. Das dadurch getrübte
Sprachgefühl für den formellen unterschied dieser casus
hatte die folge, dafs nun überhaupt nicht mehr geschieden
wurde, auch wo der dialekt lautlich scheiden konnte, wie
zwischen gen. «enu (zeny) und dat.-loc. «emi (zeni) =
sen-fe (zenej. Wir haben also hier den interessanten
(all, dafs durch ein ganz secundäres lautgesetz und falsche
analogie der spräche ein materieller schade zugefugt ist.
Wie dies aufhören des Unterschiedes zwischen gen. und
Joe. -dat. im substantivum dieselben casus des pronomens
und zusammengesetzten adjeetivs in Verwirrung gebracht
hat, davon nachher.
Der instrum. sg. von ctuia (sila, gewalt) lautet mehr-
mals cujiowh (silomü) : cujiomb B03bMj (silomü vo-
ziray, mit gewalt werde ich nehmen, I, 33, v. 28), chjiom'i*
jBe3T, (silomü uvezü, mit gewalt führte er weg, ebend.
v. 61). Das ist der erste beginn eines Vorganges, der im
serbischen durchgedrungen ist: zenöm, ab. zenojq.
t I^epKOBb (cerkovi, kirche) ist zum theil in die ana-
logie der a-8tämme übergetreten: gen. sing, daher uepKBbi
(cerkvy), acc. uepKBy (cerkvu).
Von genitiven und locativen auf u habe ich folgende
angemerkt. Sie stimmen zum theil mit den im russischen
gewöhnlichen; wie weit die ab weichung des dialekts hier
geht, vermag ich indefs nicht genau zu bestimmen. Gram-
matiken und Wörterbücher geben über diese formen nur
ungenügende auskunft und das DahPsche Wörterbuch fehlt
mir. Ich gebe jedoch die formen hier, weil die Beobach-
tung der ausdehnung, in der die declination der ursprüng-
lichen u- Stämme sich erhalten oder durch analogie in die
a-stämme eingedrängt hat, für die slawische grammatik
von einiger bedeutung ist; genitive: nojioiiy (polonu,
vgl. das gewöhnliche BbucynHmb Koro H3Tb iurfcHj, vyku-
piti kogo izü plenu, jemanden aus der gefangenschaft
loskaufen); *mo -öbijio Ha^-fcjiy ^oporo (öto bylo na-
delu dorogo, was war von der beute theuer); oinBfcmy
ntm*b (otvetu netü, keine antwort); Bbinie ji-bcy emo-
172 Leskien
fliaro (vyse l£su stojacagof, höher als, der stehende
wald); onrb Kpnicy (otü kriku, vom geschrei); mejsj
cjia^Karo (medu sladkago, süfsen honigs); noCBacmj
cojiOBbeßaro (posvistu solovievago, des nachtigallen-
pfiffs); nonpHKy aB^pmiaro (pokriku zverinago, des
aufschreis des wilden thieres); noait» 6010 (posle boja,
nach dem kämpfe); msoero po^y (tvoego rodu, deines
geschlechts, deiner geburt, vergl. das gewöhnliche onn»
po^y); ct» o^iioro pa3j (sü odnogo razu, mit einem
mal, wie gewöhnlich ct. paay); omo cny (oto sna9 ans
dem schlafe); onrb napy (otü paru, aus dem dampfe);
omvjyxy He ^asaioqH (otduchu ne davajuci, des auf-
athmens nicht gebend); ct. napy (sü piru, vom schmause);
cB*my 6bjiaro (svetu belago, der weifsen, d. i. der
schönen weit); hst» ayicy (izü luku, aus dem bogen);
msoro uaKSksy (tvogo nakazu, deines befehle); desi
mo jusy (bezü tolku, ohne ansagen); mejiKY aanropcxaro
(selku zamorskago, überseeischer sei de); noieopy Be-
jiHKaro (pokoru velikago, grofser demut); h3t> ^omj
(izü domu, aus dem hause); Moero pocmy (moego ro-
stu, meines wuchses); h3t» BH#y (izü vidu, aus dem ge-
sicht); ct. Aemy (sü letu, im fluge, eigentlich „vom
fluge"); bockj Jiparo (voskujarago, Jungfernwachses);
ct> rnnxa ,/TjOny (sü ticha Donu, vom stillen Don her);
locative: Ha öepery (na beregu, aufdemufer); na mipj
(na piru, beim schmause); na 6010 (na boju, im käm-
pfe); bt» cpyöy (vü srubu, im stalle?); bt» cwpoMT» 476/
(vü syromü dubu, in der feuchten eiche); bt» B*jJ-
o3epy (vü Belu-ozeru, in Belozero); 11a Kopaöjiio (na
korablju, auf dem schiffe); Ha hiomt» rpoöy (na tomu
grobu, auf jenem grabe); na Blucy moeMT. (na veku
toemü, in diesem leben); bt» 3jiamoMT> Bepxy (vü zla-
tomü verchu, in der goldnen höhe); bo moeuT» cmany
(vo toemü stanu, in diesem lager); bt» nojiouy (vü
polonu, in gefangenschaft); na Kasraio (na kamnju, auf
dem steine); Ha Mocnuncy (na mostiku, auf dem brück-*
Über den dialekt der rass. Volkslieder des gouvernements Olonec. ' 173
ein); bt» yrjiy, b* yrojuny (vü uglu, vü ugolku, im
vinkel); bt. mepexy (vü teremu, im erker).
Der alte vocativ der ja- stamme auf u ist erhalten in
chh3k> (knjazju) I, p. 309, in pamaio (nom. pamaii,
•ataj, abgekürzt aus opamaif, pflöger). In demselben
rerse I, 3, 63: afi jiee mw, pamaio, pamaiouiico (aj ze
ky, rataju, ratajusko, o du pflüger, pflügerchen), ebenso
v. 53: öosKbii hih noMom», opamaioniKO (bozija ti po-
moci, oratajuäko, gottes hülfe dir, lieber pflüger) sind
pamaioniKO, opamaioinKO vocative vom nominativ opama-
lomKa (oratajuska, liebkosendes deminutiv wie 6am-
loinKa, batjnska, Väterchen). Die so gebildeten deminu-
tiva, der form nach fem. a- stamme, können wie diese de-
cliniert werden, haben aber auch den nom. auf o und wer-
den dann wie die masc.-neutr. flectiert; nom. z. b. amonn>
opamafi-opainaioinKO 1,3 v. 83 (etotü orataj-orata-
jusko, dieser u. 8. w.); öamioinKO IV, 2 v. 5 und so öf-
ter; gen. öamioinKa, dat. 6amiouiKy (batjuska, bat-
jusku) u. 8. w. Der hergang ist hier der, dafs durch
den so sehr häufigen gebrauch der vocativformen dieser
Worte in der vertraulichen, schmeichelnden anrede, der
vocativ den nominativ verdrängt hat; die äußerliche ähn-
lichkeit desselben mit den neutris auf o hat dann die ana-
loge flexion bewirkt. Aehnliches findet sich im serbischen.
In den serbischen liedern ist der gebrauch der vocativform
fär den nominativ ungemein häufig. Man vergleiche fol-
gende beispiele: Ka# mo qvo Kpaju»eBii1?y MapKO, kad to
coo Kraljevic'u Marko, Vuk II, 59 v. 76 (als das hörte
Kraljevic Marko; nom. sg. wäre Kraljevic); noje34Hmc
£o 4Ba noöpamHMa (pojezdise do dva pobratima),
npeKO KpacHa iwecma I^apnrpa^a (preko krasna mesta
Carigrada), je^HO jecme KpaabesHtry MapKo), jedno
jeste Kraljevic'u Marko), a 4pyro je 6eme Kocma^mie
(a drugo je beze Kostadine) Vuk II, 61 v. 1 — 4 (es
ritten zwei bundesbrüder durch die schöne Stadt Carigrad,
[ der eine ist Kraljevic' Marko und der andere ist Beg Ko-
174 Leskien
I
Kostadin; der nom. wäre beg Kostadin); Hemieo 6jeme
Cmpaxmmtrj tfane (netko bjeäe Strahinic'u bane),
tfjeine tfane y iwajenoj BanbCKOJ (bjeäe bane u malenoj
Banjskoj) Vuk II, 44 v. 1 (es war ein ban Strahinic,
war ban im kleinen Banjska). Ich vermuthe daher, dafs
die im serbischen so häufigen nom. sing. masc. auf o von
eigennamen sich als vocative erklären und zwar femininaler
form, Marko wie zeno; als nominativ wäre also * Mark a
anzusetzen, gerade wie fiftr die liebkosungsnamen Bozo,
Mizo u. s. w., von denen Daniöic' (06mu>h cpncsori
je3HKa, 3. H3^. p. 14) sagt, sie seien in einigen gegenden
feminina mit a im nominativ. Es ist indefs möglich, daß
ein vocativ, später nominativ Marko nicht geradezu von
einer femininalen nominativform ausgegangen ist, sondern
dafs nur die vocativform der feminina, als eine besonders
in die ohren fallende, auf masculina fibertragen ist; we-
nigstens nehmen im neubulgarischen sehr viele männliche
a- und ja-8tämme die vocative auf o an, z. b. bezakö-
niko von bezakönik (gesetzloser); ratajo von rätaj
(knecht). Das neubulgarische fahrt mich darauf auch die
serbischen nominative Miloje, Blagoje u. 8. f., ebenfalls
nur von eigennamen, für ursprüngliche vocative anzuse-
hen; der vocativ lautet nämlich hier Miloje, nicht, wie
es sonst regel bei ja- stammen ist, #Miloju, im neubul-
garischen nun ist der nom. ganz regelrecht z. b. Dragöj,
der vocativ aber ebenfalls Dragöj e; es liegt also wenig-
stens sehr nahe, in den genannten serbischen nominativen
vocative zu suchen.
Der vocativ nejioB*He (celovßöe, von HejioB-bvrh ^
mensch) steht I, p. 88; 6ome (boze, von tfori», gott) wie {
gemeinrussisch auch.
Vom dual kommen einzelne beispiele vor: oCrbMa py-
ieaMa (obäma rukama, instr., mit beiden händen), ro-
numaMa (kopytama, mit den hufen), ganz vereinzelt
auch der instr. dual, statt des plur.: ct> acmuMa rocmawa
(8Ü estima gostjama, mit diesen deinen gasten; von der
dualform des instrum. pl. der adject. und pronom. sogleich).
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouveroements Olonec. 175
Im plural sind die ursprüngl. formen der u- stamme
Itener erhalten, abgesehen natürlich vom gen. plur. auf
bt» (-ovo), der hier wie allgemein russisch im gebrauch
. Oefter liest man den nom. plur. Tamapoee (Tata-
ve, die Tataren). Pluralformen wie gmr. cbinosba (sy-
► vija, von synü, söhn) sind: nymesba (putevija,
qh Rybnikovs wörterverzeichnifs vom nom. sing, nyino,
tz); monesba (tonevija, von moiia, netz); ^apoeba
arovija) mit gen. ^apoBbes?» (darovijevü) von AapT»
a.rfi, gäbe); Myacesba (muzevija, von mj9kt>, mann);
mesba (zjatevija, von aanib, Schwiegersohn); KpioBba
nmovija, von kjmt», gevatter); csamoBba (svatovija,
n GBami, freiwerber); mypeaba (surevija, nom. sing.
rpHHT», surin ü, Schwager); TamapoBba (Tatarovija,
itaren); .lyroBba (lugovija, von 4jn,, lugü, wiese;
ur. gew. Jiyra, luga); .gen. plur. 3B*pbeBT> (z verie vü,
m. sing« 3Btpb, zv Sri, thier).
Der alte dem altbulgarischen entsprechende genitiv
aralis auf ü ist erhalten in ceMb ro^T» (semi godü,
iben jähre); Typeu/b-aeMjuai (Turecü-zemlja, Türken-
ad); TamapT, (Tatarü) neben TamapoBefi (Tata-
► vej).
Der instr. plur. endet fast in allen liedern auf -mw
my): ^BByniKaaibi (d&vuäkamy, nom. sing, devuska,
ädchen); ropo^aMM (gorodamy, nom. sing, gorodü,
ladt); demnach ganz wie im kleinrussischen, z. b. ry-
amy = ab. pueauN (rybami), nur dafs in letzterer
(räche die allgemeine regel herrscht, wornach ab. i kleinr.
r wird, d. h. keinen erweichenden einflufs auf den vorher-
sehenden consonanten ausübt, während in unserm dialekt
tonst davon nichts zu bemerken ist. Es bleibt aber zur
Erklärung kaum ein andrer aus weg, wenn man nicht die
inaahme zulassen will, dafs die alte instrumentalendung
ler msc. und neutr. y hier erhalten ist, aber nach falscher
toalogie mit dem -am von -ami verbunden wurde, als
öan im russischen anfing, alle substantiva im dat., instr.,
oc. pl. nach analogie der femininalen a-stämme zu flectie-
176 Leskien
1t
PK
\-
ren. Ffir unmöglich halte ich solche dinge in der slawi-
schen declination nicht: man denke an das angeführte
ch^omt. für chjiow (im serbischen allgemein so) und an
falle, wie wenn im serbischen ein plural sinovi gebildet!
werden kann, d. h. an den regelrechten nom. plur. der
u- stamme, ab. cuHoee (synove), noch die endung der a-
stämme antritt (ab. ßAEH, r.abi). Kaum irgendwo herrscht •
die neigung ursprünglich verschiedene formen eine nack
der andern zu gestalten so sehr, wie in der declinatio»
der neueren slawischen sprachen. — Nicht selten ist vor
der endung der Stammauslaut weggefallen, z. b. Boponura
(vorotmy, von sopoma, plur. tant. , thor); rpa^vu
(gradmy von rpa^T», Stadt); öoraraupMw (bogatyrmy,
von öoranibipb, held). Diese formen gehen nicht zurück,
auf die gmr. BoporaaMH (vorotami) u. 8. w., sondern aufF
formen analog den ab. rpttpiiiH (gr echümi, vgl. Mikloaick '
III, p. 16), von denen Schleicher (dciOHeuie ochobi» Ha-y)
nachgewiesen hat, dafs sie den u- stammen entlehnt sind.
Endlich kann der vocal im auslaut der instrumentalenduDg
ganz abfallen, so dafs der casus dem dat. plur. gleich lau-
tet: öyjiaßaM'b-ino rojioßbi nepejiOManbi, KyniaKanfb-nO
öjHHbi 3aBA3aHbi 1,45 v. 15 (bulavamü-to golovy pe-
relomany, kusakamü-to bujny zavjazany, mit keo-
len waren die köpfe zerschlagen, mit binden die trotzig«
verbunden); pyicaarb Moryiinarb noHamysKHJicA (rnkami
moguciimü ponatuzilsja, mit den mächtigen händca
strengte er sich an) I, 51 v. 100; myiwb pyKaMTb op
cnjiemaioinca (tutü rukamü oni spletajutsja, darin-
gen sie mit den händen) ebend. v. 104. Eine verweoh*
lung mit dem dativ liegt hier nicht vor, die beiden WM*
sind syntaktisch zu streng geschieden. Ich erkläre daher
die sache so: das auslautende volle i der endung wird
zu T (wie öfter im russischen, z. b. infinitivendung »ti Ar
ab. -ti) und dies ging dann ganz verloren, wie auch sooft
oft. Ist das richtig, so würde es die oben geäufserte ver-
muthung bestätigen, dafs in -anibi das -w die an -aM- an-
gefügte instrumentalendung der masculina sei, angefügt so* *
m
ll
r
N
Ober den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernemente Olonec. 177
Unterscheidung vom dativ. Diese anftkgung müfste also
su einer zeit geschehen sein, als y bei den masculinen
Hoch lebendig war und der instrum. fem. schon auf -ami
oder -am auslautete; das so entstandene -amy ging dann,
als die masculina ihre eigenthfimliche form in den betref-
fenden casus des plurals verloren, auch auf diese über. —
Auffallend ist noch, dafs bei der Verbindung von adjectiv
und Substantiv ersteres im instrum. plur. stets die dual-
form hat: cmaptiMa cmapymKaMu (staryma staruä-
kamy, mit alten mütterchen), acejunuMa KjvjepKaMM (zel-
tyma kuderkamy, mit gelben locken), jiacKOBUMa cao-
eaMbi (laskovyma slovamy, mit schmeichelnden Wor-
ten), AOCuaMhi Ay6oBbima (doskamy dubovyma, mit
eichenen brettern) und so fast ausnahmslos. Das eintreten
der dualform für die des plurals ist wie im serbischen und
auch sonst in slawischen volksmundarten; dafs aber wie
hier gerade nur die adjectiva davon betroffen werden, dem
weiis ich sonst nichts an die seite zu stellen.
Nicht selten ist in der declination das übertreten der
a- Stämme in die analogie der ja- stamme. Rybnikov führt
an: srf> jmcmxrb (vü lisjachü) = bt» A-bcaurb (vü lesa-
chu, in den wäldern), BMHcmaxT. (vmistjachü für vü m.)
== BHicmaxii (vmestachü, bedeutung die des gemeinr.
Birfecmi, vmeste, zusammen), so ciihxt» (vo snjachü)
= bt» cHaxT. (vü snachü, in träumen). Rybnikov sagt,
dergleichen käme nur im loc. plur. vor; man kann daher
auf den gedanken kommen, ja sei hier = £ und jihchxt.
entspreche ab. kuckte (lesächü). Ganz consequent ist der
dialekt in der Verwandlung von e* zu i ja nicht, wie das
oben angefahrte B*pHae neben ^oöpee für Btpirfce, 4o6p*e
zeigt. Möglich ist es also, dafs sich in jenen locativen
die alte form erhalten hat. — Die mit suffix -nü gebil-
deten adjectiva können alle wie ja- stamme behandelt wer-
den z. b. tfyjiamHflfl (bulatnjaja), 6yjiammoto (bulat-
n j u j u ), öyJiainHee (bulatnee), nom. sing. msc. gmr. 6y-
jamHUH (bulatnyj, stählern); panraee (ratnee), pam
Henry (ratnemu), nom. sing. msc. gmr. panmwii (ratnyj),
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 12
{
*•*■
178 Leskien
ab. paTMi (ratinü, kriegerisch); so Aopo^HiS, cotfopmi,
tfojoinHÜi, 6ojbHiH für ^opo^Huä u. 8. f. Veranlassung
dazu mag der schon in älterer zeit vorkommende wechseT
der suffixe -n und -n gewesen sein, z. b. ab. ropurc (go-
rinü, bergig) neben ropkRk (gorini).
Die nicht zusammengesetzte declination der adjectiv»
ist in den casus des singulare und im nom.-acc. plur. durch-
aus in gebrauch auch bei attributiver anwendung, na-
mentlich in den feststehenden, altüberlieferten epischen for-
mein: cianem» Kien'b-rpaA'B (slavenü Kievü-gradü, d»
herrliche Kijev-stadt); cbipa seauui (syra zemlja, feuchte
erde), tochio nojie (öisto pole, freies feld), crae Mope
(sine more, blaues meer); cupy aeauio acc. sing. fem. 1
(syru zemlju); ghhio mopw dat. sing, neutr. (sinjuj
morju); chhh Mopa gen. sing. ntr. (sinja morja), ebenso
KpacHa aojioma (krasna zolota, des rothen goldes), hh-
cma cepeöpa (cista serebra, des reinen silbers); der
dat. sing. fem. wie beim Substantiv durch den genitiv ver-
treten kt» mojio^m HacmacbH (kü molody Nastasli,
zur jungen Nastasia); ^o6pw mo^o^i^u nom. plur. masc
(dobry molodcy, die braven Jünglinge); 6-bjua pjK*
nom.-acc. plur. (bely ruki, weise hände).
Die pronominale declination, zunächst der geschleck
tigen pronomina, ist durch zweierlei bemerkenswert!) : r)
(tu) wird mit h (i) zusammengesetzt, demnach declinier
wie die zusammengesetzten adjectiva; die casus des femt
ninums sind in Verwirrung gerathen in folge der oben be-
sprochenen Verwechslung von dativ und genitiv. Die vof
mir im texte angetroffenen von den gemeinrussischen ab-
weichenden formen geben folgendes Schema. Die gewöhn-
liehen kommen alle daneben vor, doch sind die folgendet
wenigstens eben so häufig und jenen im gebrauche ganz
gleich:
ber den dialekt der rass. Volkslieder des gonvernemenU Olonec 179
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B
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«8 es
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B
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(toe);
(tye)
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B B
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B
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B
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o ^
o 3
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B
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B B
3
B
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B B
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OB
1
'S*
12*
180 Letkien
Alle diese formen können auch von dmonrb (etotä,
dieser) vorkommen.
Vereinzelt kommen diese zusammengesetzten form«
schon im altbulgarischen vor (vgl. Miklosich III, 71). Ent*|H
sprechend ist im ab. die declination von nii? (kyj) ub4
vielleicht ist die analogie dieses in unserm dialekt ebooniL
flectierten pronomens für n mit mafsgebend gewesen. Dn
einzelnen formen erklären sich folgendermafsen :
sing, masc: iroh (toj) wäre ab. tmh; vgl. russ. mo-
jo^oh (maladoj) mit ab. uM^uft (mladyj). >
moeaiy (toemu, d. i. tojemu, vergl. ab. kojemft
von kyj), eigentlich = tomu-jemu; musiy (tymu) dft* £
gegen ist offenbar so entstanden, dafs die spräche die
ter wiederkehrende silbe mw- als stamm empfunden bat
moearb (toemü, vgl. ab. kojemi) = tomi-jemi.
muMi (tymu), zusammengezogen aus wumn» (tyi
mü, vgl. ab. kyimi) = *tümi- (nicht tämT-)imi; r&th-
selhaft ist mir mbiearb (co mueMT» nncbMOMOb I, 19, v. 1
so tyemü pisimomü, mit diesem briefe); man
wohl kaum annehmen können, dafs hier die älteste forml.
*tümi-jemi (denn daraus ist imi entstanden) zu gründe L
liege.
neutr. moe (toe d. i. toje) ist einfach = T0-ie (to-je);
in mue (tye) ist Nieder mw- als stamm gebraucht.
femin. maji (taja) = tä-r (ta-ja); das von Rybni-?
kov angeführte inue (tye) weifs ich nicht zu erklären;«
möglicherweise ist es = mua (tyja), da auslautendes j*
von je in der ausspräche sehr wenig unterschieden ist;
dann wäre mw- als stamm gefafst. *
myio (tuju) = tä-ä (t§j§); Rybnikovs moe (toe)i
ist mir unverständlich, wenn es nicht die form des geni-
tivs, also = tom (toj$) ist, für regelrechtes moa (toja)
stehend.
moa (toja) = ab. toia (toj$); mua (tyja) wäre
ab. *twä für *TiJieu (*tyje, #ty-jeje), d.h. das fem. «
nominal flectiert mit dem gen. von h. Ebenso lauten da*
tiv und locativ, hier ist also dasselbe ineinanderfliefsen der
über den dialekt der mss. Volkslieder des gouvernements Olonec. 181
Bus, wie beim femininum des Substantivs, uud das sab-
intiv bat offenbar das pronoraen io diese Verwechslung
Kleingezogen.
raoeü (toej) entspricht nicht ab. TS* (tojaj, sondern
aem *ts-kh (*to-jeja.), d.h. instr. von ■ an den stamm
gefügt. Daraus wurde russisch zunächst *tojeju, wie
>. Aoyw6t& (dusejq) zu Ayineio (duäeju), zuletzt moeä,
e man auch AynieÄ (dusej) sagen kann.
plur.: nom. msc. mw (ty) ist der ab. accus, tu, der
i russ., wie beim Substantiv, den nom. mit vertritt; muu
yi) wäre ab. *tm-h, d.h. die als nomin. benutzte accn-
tivform mit dem nom; plur. von u; mon (toi) hat mo-
i stamm gebraucht; mwe (tye) wäre ab. toi-ia, d.h. die
eusativform beider pronomina, im russischen als nom.,
e russisch ^otipue (dobrye, die guten) nom. plur« =
.. AOBpuift ( d o b r y j ej acc. plur.
nom. ntr. m&iA (tyja) enthält n (ja), aber an den
imm mw- gesetzt, wie das adjectivum in derselben form
bs. AoöpbiÄ (dobryja) gegenüber ab. ftespan (do-
aja).
nom. fem. araw (ety) = ab. tu (ty); uimä wäre
. to-ia ( t y - j ^ ) ; muH (tyi) dagegen ist mir uner-
irlich.
Die übrigen casusformen des plurals: mbiHXT», mbixT»;
dHMb, uibiMT» (tyichü, tychü; tyimü, tymü) ent-
rechen ganz der bildung der gleichen casus beim he-
mmten adjectivum; mbina (tyma) ist die dualform.
Das demonstrativpronomen ist in unserm dialekt be-
nders ausgebildet und die bedeutungen feiner differenziert
\ gewöhnlich, so weist aßraonn» (evtotü) hin auf ge-
nstände, die sich auf die erste person beziehen, acmonrb
ötotü) gehört zur zweiten, diimomii (entotü) z^ir drit-
n person.
Von h ist in vollem gebrauch der acc. sing. fem. io
jü) *= ab. k (j$). Der instr. plur. hat öfter die dual-
em Hmaa (niraa).
Von den personalpronomina sind die formen modo,
182 Leskien
1
■i-
•\~
m
rao6u u. 8. w. schon oben besprochen; es bleibt nur zu
erwähnen, dafs die enklitischen formen: im (tja9 acc),
mH (ti, dat. der 2. ps.) häufig sind, und dafs mha (mnja
gen. sing. 1. ps.) statt meua (menja) vorkommt.
Die declination des zusammengesetzten adjec-
tivs hat eine anzahl älterer und vom gemeinrussischen
abweichender formen.
Der nom. sing. masc. erscheint öfter in der auffallen-
den form noraHwifi (poganyij, heidnisch), rjijöoKHÜi :
(glubokiij, zusprechen glubokijij, tief), einmal sogar
(aus versehen?) I, 48 v. 357 .aoma^mibiiÜH (loäadinyiij,
pferde-). Ich weifs über diese form nichts anders zu sa-
gen, als dafs das schliefsende j vielleicht nur nachahmung
des gewöhnlichen russischen schreibgebrauchs ist, der no-
minativ also eigentlich auf j i auslautet und dies dann =
ab. h, d. h. ji anzusetzen wäre, indem ausnahmsweise das
T zu vollem i wurde. Ob das möglich war, ist iudefs sehr
zweifelhaft.
Als nom. sing. fem. kommt vor rAjnhm (glupyja,
dumm), wo nach falscher analogie rjiynM- als stamm ge-
fafst ist.
gen. sing. fem. xopoöpua (chorobryja, tapfer) gani
wie ab. tyaEfma (chrabryjs).
dat.-loc. sing. fem. ^oöpoeä (dobroej, gut) ist nicht
= ab. AOBputi (dobrej) sondern = *dobro-jej, d.h. derF
dativ jej an den stamm dobro- gefügt. In folge des 4
verwecbselns der dativ- und genitivformen beim femininum
kann aber diese form auch genitiv sein, z. b. ea^ Jlmnau
noraHoeu (izü Litvy poganoej, aus dem heidnische«
Litauen); wie umgekehrt die genitivform als dat. -loa er»
scheint, z. b. na ciaBiioä ropbi Ha bmcokih (na slavnoj
gory oa vysokija, auf dem herrlichen berge, auf dem
hohen).
loc. sing, masc aiaBnoeMi» (slavnoemü), wäre
ab. *cxABRO-KMk (*slavno-jemi), nicht = cxumut ftf
'cKABim-ieuk (slavneemi, *slavne-jeml) ; also die be*
treffende casusform von h dem stamme angefügt, wie
mehrfach.
t
Über den dialekt der rosa. Volkslieder des gouvernements Olonec. 183
instr. sing. masc. entspricht ganz dem ab. und kommt
oft unzusammengezogen vor, z. b. tforanuupciriiiM'b (bo-
gatyrskiimü, ritterlich, heldenmäfsig) = ab. ftOEfiJRUk
(dobry imi).
instr. sing. fem. ^oöpoefi (dobroej) steht der ur-
sprünglichen form näher als die ab. AOBftoi* (dobroj$);
aus den beiden zusammengerückten casusformen dobrojq-
- j e j 3 ist zunächst #dobro-jej§ geworden, daraus russisch
*dobro-jeju, nach verlust des u (wie in cblsoh, siloj =
chjioio, siloju) dobrojej (geschrieben Ao6poeä). Die
gmr. form ^oöpoio (dobroju) ist der ab. gleich.
nom.-acc.plur. msc. menrauH (temnyi, finster), 40-
tfpuH (dobryi) = ab. acc. plur. Aoepu (dobry) + nom.
plur. u (i); im russischen sind nom. und acc. beständig in
einander geflossen.
Die übrigen casus des plurals sind ganz wie im alt-
bulgarischen und sehr oft unzusammengezogen: gen. loc.
paaHbiHX'b (raznyichü, verschieden), bcjihkihxi, (veli-
kiichü, grofs); dat. pasHbirarb (raznyimü), ^pyriusvb
(drugiimü, ander); der instr. hat, wie oben erwähnt,
fast ausnahmslos die dualform: cmapwMa (staryma, alt),
Morywuia (mogucima, mächtig).
Wie auch in andern slawischen sprachen treten zu
masculinis femininaler form attributive bestimmungen, ad-
jectiva und pronomina, ebenfalls in dieser form, z. b. ciyra
mo« B*pHaa (sluga moja vernaja, mein treuer diener)
vergl. serb. Slugo moja, Oblaöic'u Rade. — Da ti bog
da, sibinjska vojvodo. Danicic'. Oöjihi^h p. 20.
Ueber die conjugation ist aufser den oben bespro-
chenen lautgesetzlichen Vorgängen wenig zu bemerken. Die
2. sing, praes. ecn (esi, du bist), ^acn (dasi, du gibst)
haben sich erbalten, wie nach Buslajev a. o. I p. 11 im
novgorodschen überhaupt.
Nur eine für die slawische grammatik bemerkenswer-
the form glaube ich in unserm dialekt gefunden zu haben,
die 3. sing. aor. öwcmb (bysti, er ward). Die stelle
(1,21 v. 58) läfst sich nur so verstehen:
184 Letkien
A MoryqiH 6oramupu bc* onre^nn» ^epaeanTb:
„KHHSb Bjta^HMHpi» cmojbHO-KieBCKiÄ!
^MaeMi. mw ci» HenpiamejieM'B nonpaBHmbCJi.tf
Bbicmb KHH3b Becejrb h pa^ocemb.
(a mogucii bogatyri vse otvetii derzatü:
„Knjazi Vladimirü stolino-Kievskij!
Duma&mü my sü neprijatelemü popravitisja."
Bysti knjazi veselü i radosenü.
d. h. die starken beiden geben alle die antwort: „först Wla-
dimir der hauptstadt Kijev, wir denken mit dem feinde
fertig zn werden." Es ward der fürst heiter und froh.)
Es sei mir gestattet, hier einige bemerkungen über
diese bildung der 3. ( und 2. ) sing. aor. comp, hinzuzufü-
gen, die sich bei vocalisch auslautenden wurzeln so häufig
findet (die fälle sind aufgezählt bei Miklosich III p. 85).
Die organische form dieses aorists ist z. b. oyuiwcm (um-
rechü, ich verstarb), oyupt, (umre), oyiipft; die 2. und
3. sing, entstanden durch den im slawischen notwendigen
abfall der auslautenden consonanten aus *umress, *um-
r$st. Statt der 3. sing. o\up% (und durch analogie auch
in der 2. sing.) tritt nun sehr häutig ovufwrb ein. Miklo-
sich (III p. 85 etc.) erklärt dies so : es sei der vocal u an-
getreten, um die secundäre personalendung t vor dem sonst
nothwendigen abfall zu schützen und vergleicht p. 87 diese
erscheinung mit dem gotischen that-a für that. Dieser
vergleich pafst nicht, denn das auslautende a von thata
mufs ein langes gewesen sein, sonst wäre es später abge-
fallen, und ist wahrscheinlich eine jener partikeln, wie sie
pronominibus so oft angefügt werden. Aber davon abge-
sehen scheint mir jene erklärung aus andern gründen un-
möglich, und Schleichers meinung (formenlebre der kir-
chensl. spräche p. 338; compend. p. 680), das -tu (-ti,
wovon sogleich) sei die nach falscher analogie von neuem
angefügte primärendung der 3. sing, praes., als die allein
haltbare. Miklosichs erklärung würde allenfalls passen auf
die formen etjctl, #icti, »erb (bystü er war, dastü er
Aber den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 185
gab, jastü er afs), wo man in *byst u. s.w. also die er-
haJtung der ursprünglichen form mit dem 8 des hülfsver-
baffi6 und dem secandären t sehen könnte; aber wie pafst
sie auf oifuptT*, npoxim, wtm (umr&tü, prolitü er ver-
goß, kl$tü er verfluchte)? Wäre Miklosichs erklärung
richtig, so würde es hier ja umrestü u. 8. w. heifsen.
Das fehlen des 8 zeigt aber ganz klar, dafs die form umri
Fertig vorhanden war, und dann erst, also in einer verhält-
aifsmäfsig späten periode das -tu antrat. Dem scheint
wa -die form bystü zu widersprechen, an die ja bei die-
ser annähme -tu angetreten sein müfste, als wenigstens 8
noch erhalten war, also in älterer zeit. Aber der wider-
sprach ist nur scheinbar. Das s findet sich nur in den
drei formen bystü, dastü, jastü, d. h. in den drei aori-
sten, deren praesentia lauten jesti, dasti, jastl, und
jene aoristformen sind rein nach der analogie dieser prae-
seosformen gebildet, während den übrigen aoristen auf -tu
keine praesentia mit s gegenüber stehen; daher haben sie
es auch nicht. Die Übereinstimmung ist evident. Das
aaslautende ü steht dann natürlich, wie Schleicher es an-
nahm, als spätere und unrichtige Schreibung für i. Auf
diesen punkt mufs ich aber etwas näher eingehen, denn
nach Miklosichs darstellung könnte es scheinen, als bilde
gerade das ü im auslaut ein hindernifs für die ausgespro-
3hene ansieht. Miklosich sagt (III, p. 165) mit hindeu-
»ung auf Schleichers ansieht: „an eine ersetzung der stum-
pfen personalendungen durch volle und Verwechslung des
> mit "L ist gewifs nicht zu denken". Aber gerade mit
lern ü im auslaut sieht es bedenklich aus. Unter den von
kfiklosich III, p. 85 etc. citierten quellen kommen der Clo-
ianus und das Assemanische evangelinm als glagolitische
hr die entscheidung, ob auslautend % oder k stehe, nicht
Q betraebt; von den übrigen ist der gröfste theil jung (der
SiSatovacer Apostolus vom jähre 1324; der Pentateuch aus
Crusedol aus dem 15. jahrh.; der Bolognaer Psalter aus
lern 12. jahrh., nach Miklosichs eignen angaben). Es blei-
ben als die ältesten der Suprasliensis und das Ostromirsche
186 Leskien
evangelium, beide aus dem ll.jabrh.; und Miklosich muft
hier (I, 78 sind die richtigen formen angeführt) ganz
übersehen haben, dafs im Ostrom, evang. nach Vosto-
kovs ausgäbe exicr (bystü) gar nicht vorkommt, son-
dern einzig und allein sxiCTk (bysti) z. b. gleich auf der
ersten seite des textes mehrmals und nach Vostokovs ei-
taten im gl ossär wenigstens 17 mal so. Ebenso fehlt jam
(dastü) in derselben quelle, nur #icTk (dasti) kommt
vor, und zwar oft. Die von Miklosich III, p. 85 als
„hctl ostrom. 44. 93" citierte form kann ich an beiden
stellen nicht finden, an beiden steht vielmehr tcn> (esti);
ferner ebend. „clitrcto ostrom. 9. 127" ist bei Vostokov
im glossar ckiracTk (sünesti) geschrieben und so steht
an beiden stellen im text. Aufserdem kommen im Ostrom,
evangelium vor die aoriste oehtl, hohht*, iati, oeir, Rptim,
mate, j^yäte, HpocTfOTE, ovupRTO (obitü, povitü, je tu,
ob$tü, kl§tti, zac§tü). Vielleicht haben diese for-
men mit "L Miklosich veranlafst, das k der oben angeführ-
ten für falsch zu halten und demgemäfs die von ihm ci-
tierten zu ändern. Der schlufs ist aber unberechtigt, wo
es sich um formen handelt, deren erkrärung zweifelhaft
ist; denn so gut man annehmen kann, das k, I, von suen
(bysti) u. 8. w. stehe mifs verständlich für i, ü, so gut
kann man sagen, t in Hin (j^tü) u. s. w. stehe für k und
das letztere ist hier in der that viel wahrscheinlicher schon
aus dem ganz äufserlichen gründe, dafs Eiim (bysti),
#iCTk (dasti) häufiger vorkommen als an und alle an-
dern, es also doch unbegreiflich wäre, wenn hier con-
sequent der fehler gemacht sein sollte. Und dafs ichs
kurz sage, auf die aus dem Ostrom, evangelium ange-
führten beispiele reduciert sich die ganze frage, denn der
Suprasliensis beweist gar nichts, weil in ihm zwischen
•l und k die gröfste Verwirrung herrscht. Wenn also z.b.
Joh. 1, 3 im Ostrom, lautet h ee; Nero HHYkTosce «e bwctw
lease streik (i bez nego nicitoze ne bysti jeze by-
sti), im Suprasl. (ed. Miklosich p. 7) heifst h cecToro ^
bwte hh kjvhho lesse euct'('e) (i bestogo ne bystü n*
über den dialekt der rnss. Volkslieder des gonvernements Olonec. 187
jedino je£e bystü), so ist das gleichgiltig, denn auf
derselben seite steht 3. sing. THopirrL (tvoritü), igctl
(jestü), auf der seite vorher viermal lecro (jestü) nebst
TKOßHTL (tvoritü) und 3. plur. ßMCA&i&TO (razdaj^tü),
p. 12 lecm (jesmü), p. 17 np^Aii'E (prädamü) und so
auf jeder seite. Damit dürfte wohl die frage erledigt sein.
Ich will nur noch hinzufügen, dafs es nichts als eine aus-
dehnung derselben analogie ist, wenn namentlich in altrus-
sischen quellen (vgl. Miklosich III, p. 87) auch in der 3. sg.
und 3. plur. des sogenannten imperfectums die primären-
dung angesetzt wird, z. H^mue-Tk (idjase-ti), #RÄWOif-Tk
(delacbu-ti). Die von Miklosich a. o. aus Nestor ci-
tierten beispiele haben alle k und statt des ebenda als
9uo\xflBuneTk [muzdaäetü] ostrom. 279" citierten steht
bei Vostokov in glossar und text uo^^AiueTk (Buslajev a. o.
I, p. 180 führt nur formen auf -ti an, die vor dem accu-
sativ u sogar mit vollem i geschrieben vorkommen , z. b.
uosuneTH h (moljaäeti i), mobahxoyth h (ljubljachuti i).
Eis ist einleuchtend, dafs hier überall die primärsuffixe an-
traten, weil in formen wie Auuuuue, a«2Hui]c& (delaase,
-ch^) das Sprachgefühl die charakteristische personalen-
düng vermifste. Endlich wird man nach dem gesagten
nicht daran zweifeln können, dafs die 1. sing. aor. emite
(für ewte, bymü), 2. sing, bhch (für euch, bysi), für die
Miklosich III, p. 168 sehr künstliche erklärungen sucht,
nichts anderes sind als Eil (by) mit den primärendungen
der 1. und 2. sing, (die dann wie das einfache eii auch
die 3. sing, vertritt), wie im kleinrussischen bym, bys'.
Göttingen, december 1868. A. Leskien.
188 Bord»
Einige bemerkungen zu Schleichers compen-
dium (zweite äufl.)-
1. Zu §. 182, s. 307, b und §. 226, s. 454, 455-
Suffix osti. ,
Geht man von dem grundsatze aus, dafs Vorschlag
oder einschub von cousonanten am meisten dort eintritt
und auch begründet ist, wo er zur Vermittlung heterogener
laute oder zur erleichterung der ausspräche dient, so siebt
man nicht ein, warum z. b. in I^kosti neben l^koti (hamuß)
(vom adj. l^kü, curvus) dem t ein s vorgeschlagen sein
sollte, da doch l^koti gerade so leicht oder noch leichter
auszusprechen ist als l^kosti. Uebrigens findet sich iu
ähnlicher weise die lautfolge o -+- 1 -+- vocal unzählige male
ohne 8 vor t (z. b. dobrota, bglota u. 8. w.) und wober
kommt es, dafs dieses s sich constant nur in gewissen Suf-
fixen zeigt? In bezug auf -osti wird wohl jedermann zu-
geben, dafs dieses suffix ursprünglich nicht so häufig ge*
braucht wurde, sondern anfangs nur auf bestimmte fiätt
beschränkt blieb und erst später so sehr überband nahm;
Immerhin ist eine befriedigende erklärung sehr schwierig,
und der folgende versuch stützt sich besonders auf einige
suffixe des litauischen.
a) Im griechischen finden sich neben vielen adjeotiren
auch substantiva auf og. Häufig tritt og an die gestei-
gerte wurzel nach abzug des adjectivsuffixes z. b. tgv&Qog
— 'dgev&og, f,taxg6g — firjxog; öfters aber genügt es, ohne
Steigerung der wurzel blos den stammvocal des adjectiv-
stammes mit og zu vertauschen, um das Substantiv zu er-
halten z. b. ß'Qccavg — OdoGog^ wgvg — evgog u. 8. w.
Dasselbe liegt auch im litauischen ed-rüs (gefräfsig) neben
e d-esis (frafs) und gail-üs (mitleidig) neben gail-esis (reue,
leid) vor; aus dem slawischen ist endlich ljuto, gen. ljut-
-ese (labor nimius) neben dem adjectivum ljutü (acerbus,
saevus, vgl. lett. adv. l'öti) hieher zu ziehen.
b) Im lateinischen werden ferner von stammen, welche
ursprünglich auf as ausgiengen, durch die suffixe to-, tat-
einige bemerknngen zu Schleichers compendium. 189
adjectiva und abstracta gebildet, z. b. onus-tus, robus-tus,
▼etus-tus, hones-tus, hones-tas u. s. w. Wenn es im latei-
nischen üblich wäre, von dergleichen stammen abstracta
auf ti abzuleiten, so könnte ein solches von vetus doch
nur etwa * vetus tis heifsen. Denkt man sich aber den-
selben Vorgang auf das slawische wort ljuto, gen. ljutese
angewendet, so erhält man das wirklich vorkommende Sub-
stantiv ljut-os-ti von derselben bedeutung wie ljuto, Nur
dürfte man, wie sich da mit recht einwenden läfst, eher
Ijot-es-ti (s. unten bei d) als ljutostl erwarten, weil das
suffix ti nur an den stamm gefügt werden kann und
dieser doch ljutes lautet. Doch kommt im griechischen
das suffix <*£, wiewohl selten, neben og vor wie in yrjgccg
vergl. skr. gar-as neben gar-ä, ferner gen. sing, xgiwg aus
*XQefaog, *XQ6faoog neben dem lat. cru-or u. a. m. Wenn
man ferner ostl aus dem slawischen in das litauische über-
trüge, so müfste es natürlich -asti- und im nom. sg. -asti-e
lauten. Nach Schleicher, lit. gramm. s. 117 kommt es
auch in der that vor z. b. in gyvastis (leben), rimastis
(rohe) u. a. m. Zu gyvastis neben dem adjectiv gyvas =
altel. zivu gibt es zufallig wohl im altslovenischen kein
*zivosti, allein dieses wort findet sich in andern slawischen
sprachen z. b. böbm. zivost' = gyvastis in laut und be-
deutung. Man bemerke auch, dafs sich zu rimastis im
gotischen rimis ein as- stamm nachweisen läfst, wie etwa
im slawischen ljuto, gen. ljutese neben ljutosti. Der unter-
schied, dafs rimastis mit got. rimis sich an ein verbum,
ljutosti und ljuto aber an ein adjektiv anschliefsen, dürfte
durch das lateinische -or ausgeglichen werden, das nicht
nur primär, wie in tim-or, sondern auch secundär, wie in
alb-or, gebraucht werden kann. Wie dann alb-or von al-
bus, so kommt z. b. druzosti (audacia) von driizü (audax)
her, npr dafs im slawischen eine Weiterbildung durch ti
stattgefunden hat. Um ferner das sekundäre ti im slawi-
schen möglich zu finden , denke man an das altindische
suffix täti (sarvä-täti u. a. m.), welches ein abstractum auf
tä (vgl, prthü-tä von prthü, aber altbaktrisch frath-anh-, gr.
190 Burda
ßccQ-og neben naxb-TYiq) voraussetzt. Wie also (sarva-)ta-ti
neben (prthü-)tä und dem adj. prthü steht, so verhält sieb
im slawischen ljut-os-ti zum stamme ljut-es- und dem adj«
ljutü.
c) Wenn von litauischen Wörtern auf -asti die rede
ist, können die auf -esti (Schleicher, lit. gramm. 8. 118)
nicht unerwähnt bleiben. Obwohl hier e (mökestis) und
dort a (gyvastls) erscheint, und die betonung eine andere
ist, so sind beide suffixe doch wohl identisch, weil meh-
rere umstände dafür sprechen. Was nämlich den voc&l e
betrifft, so führt Nesselmann im lit. Wörterbuch aus Szyr-
wid auch keikastis neben keikestis (fluch, von k£ikiu k&kti
fluchen) an, wodurch beide suffixe, -asti und «esti, wenig-
stens lautlich zusammenfallen. Wegen der abweichenden
betonung, wenn man sie Oberhaupt beachten will, dürfte
das sufflx ti in der lit. gramm. 8. 116 zu berücksichtigen
sein. Den abstracten nemlich, welche durch ti abgeleitet
sind und das suffix betonen (at-min-tis erinnerung; pri-
-gim-tis wesen, natur; pa-zin-tls erkenntnifs), stehen Infini-
tive zur seite, deren suffix das nämliche ist, welche aber
die Wurzelsilbe betonen (at-min-ti sich erinnern; pri-gim-ti
angeboren werden, pa-zln-ti erkennen). Der stamm, an
welchen ti in beiden fallen gefügt wird, ist derselbe. Ein
ähnliches verhältnifs, d. h. betonung des Suffixes ti bei
gyvastls und betonung der Wurzelsilbe bei gailestis (-es-
wird nach lit. gramm. s. 189, b übersprungen) findet bei
den in rede stehenden Wörtern statt; könnten wohl nicht
auch hier die stamme, die dem stamme at-min- in at-min-
-tls analog wären und an welche hier wie dort ti gehängt
wurde, ebenso in beiden fällen gleich sein, nämlich gyvas-
und gailes-? Es wäre dies eine parallele zu der erschei-
nung, dafs in den griechischen verben ctoqiwvfjL^ XQtpalh
vvfii die formen *OTooeg, *xQepag9 welche lautlich wohl so
den lit. gailes- und gyvas- passen, geradezu als verbal-
stämme dem oben genannten at-min- entsprechend gebraucht
werden, obwohl substantiva wie *arog^og, *xQe[A-ag aufser-
dem nicht vorkommen, wie etwa wiederum im litauischen
einige bemerkungen 20 Schleichen compendiom. 191
es zwar nomina rim-as-tls vgl. ;£Ä-a<x-(rt/s), aber keine dem
griechischen yzldw zu vergleichenden verba gibt. Wegen
des oben angeführten keik-as-tis sind ja die ausgänge as
und es wohl nicht wesentlich von einander verschieden.
Wenn man endlich, was für diesen fall von besonderer be-
deutung ist, anfser gailestis auch gailesis findet (Nessel-
mann), dann dürfte es wohl schwer gehen , an der iden-
tität von -es- in beiden Wörtern zu zweifeln. So wäre
man denn mit gailesis wiederum bei den as- stammen
angelangt (vergl. lit. gramm. s. 110: edesis u. a. m.), von
denen oben ausgegangen worden war. Durch die annähme
von as-stämmen in gyvas-tis und gailes-tis gewinnen aber
diese litauischen bildungen eine merkwürdige ähnlichkeit
mit altindischen nomina actionis auf as, deren dativ als In-
finitiv fungiert (Comp. §. 230, s. 470) und lassen sich auch
im litauischen zu diesen Substantiven mitunter präsens-
st&mme auf a angeben. Man vergleiche z. b., abgesehen
von der Verschiedenheit der wurzeln, das skr. subst. Käkäas,
inf. Käk&ase, praes. Käkäa- mit dem lit. subst. gailesis ne-
ben gailestis (= altslov. Zalosti), praes. gaila man. Das
verhältnifs des inf. givasö zum praes. gfva-si und dem adj.
glva-s ündet sich im lit. gyvas-tis, altpreufs. giwa-si (du
lebst) und lit. adj. gyvas ganz genau wieder. Ferner mö-
kestis neben möku moke'ti (verstehen; bezahlen); rüpestis
(sorge; vgl. Xxmr}) neben man rüp' (es liegt mir am her-
zen). Nomina wie *mökesis, *rüpesis sind mir nicht be-
kannt, aber doch möglich (s. kälbesis, sprichwörtliche re-
densart). Nbch häufiger stehen präsensstämme auf a den
Substantiven auf -esis zur seite, z. b. kälbesis zu kalbü
kalbfc'ti reden, wegen b-f-es vgl. lat. nub-ere; bildesis zu
bildu bildö'ti (poltern, d+es auch im lat. rod-ere); traszke-
818 zu traszku traszketi (poltern, k-f-es: lat. duc-ere);
skambesis zu skambü skambö'ti (tönen, aber lett. skanöt*),
adj. skans m., skana f. helltönend, mb + es: lat. lamb-
-ere) u. 8. w.
*) Auch sk&iidet (Stender). J. S.
192 Bord«
Für die erweiterung der as -stamme durch das suffix
ti mag wohl das überaus häufige vorkommen des letzteren
sowohl in infinitiven als auch in anderen Substantiven mais-
gebend gewesen sein.
d) Im slawischen läfst sich eine spur von -esti neben
-osti nachweisen. So findet sich z. b. in einem altböhmi-
V
sehen denkmal (Stitny) das wort cele8t> neben celost9 =
altslov. celosti und dann noch drzest' = altslov. drüzosti.
Es kann hier wohl böhmisches e sich zum altslovenischen
o so verhalten wie in nehet, vezech = altslov. nogutT, ve-
zochü oder sich auf ein aus o entstandenes ü stützen, al-
lein es scheint doch mehr als blofser zufall zu sein, dafs
im griechischen sich Wörter finden, die mit celes-t' und
drzes-t', sobald man von der erweiterung durch t' absieht,
nicht nur im Suffixe, sondern auch in der wurzel überein-
stimmen, nämlich xdkkog und &ccq6oq *). Wie sich ##£-
aog zu &Qccavg verhält, so hat man auch im litauischen
biaurüs (greulich) neben biaüres-tis (greuel). Durch das
adjeetivische biaures-tis m., biaures-t6 f. (ein schmutziger,
eine schmutzige) wird man sehr an das lateinische hones-
-tus gemahnt. Zu bedenken ist ferner, dafs im slawischen
sich seeundäres, abstraeta bildendes tä häufig findet (ra-
bo-ta u. a.), aber das daraus entstandene tä-ti scheint nicht
vorzukommen, sondern mag eben durch die combination
os*ti ersetzt worden sein, worin -os- die stelle von -tä
vertritt. Wenn endlich, wie aus skr. äp-n-as neben ap-as,
lat. facin-us u. a. hervorgeht, das suffix as nicht immer
unmittelbar an die wurzel treten mufs, so dürfte es um
so leichter geschehen sein, dafs das slawische noch weiter
gieng, indem es von den meisten adjeetiven abstraeta auf
osti ableitet.
e) Durch Zerlegung und annähme einer erweiterung
von ursprünglichen as- stammen lassen sich noch andere
*) Altbalg, drazü stammt von der wurzel dargh, skr. darh fest sefcr
vom suffixe abgesehen entspricht ihm got. tulg-us standhaft, fest. Allerdings
gehen darh und &<xqg -wohl beide aus der einfachen wz. dhar hervor, aber
mittels verschiedener anfugungen. J. S.
einige bemerkungen zu Schleichers compendium. 193
uifixe des slawischen mit denen verwandter sprachen ver-
einigen, für die sich sonst, wenn man sie nämlich als gan-
zes betrachten würde, wenig anknOpfungspunkte fanden.
So stimmen radost§ (pl. f. laetitia) und das daneben vor-
kommende radosti wohl darin überein, dafs beide auf
grundlage eines Stammes *rad-os- entstanden sind. Wäh-
rend aber rados-ti an seinem ende das suffix ti enthält,
bat radost$ (stamm radosta, aus *rados-tja) das daraus
hervorgegangene tjä, welches auch im lateinischen substan-
tiva aus adjectiven bildet, wie laeti-tia, justi-tia u. a. m.
Ebenso läfst sich altsl. zal-os-ti = lit. gail-es-tis mit dem
kleinrussischen zaloscy zusammenstellen, und aus dem alt-
böhmischen sind instr. pl. radoscemi (vor freude), miloscemi
(vor liebe) beizufügen. Ein anderer fall liegt in dem Suf-
fixe -oetyni vor. Denn der Zusammenhang von -tyni mit
dem griechischen -avvi] aus *rfavt]^ altind. -tvana- ist wohl
nicht zu verkennen (vgl. dwai,o-(Svvri mit blagos-tyni gute
o.a.); nur enthält das slawische suffix noch einen bestand-
theil mehr, nämlich -ja (nom. sg. -ji), so dafs also -tyni
für ursprüngliches *tvanjä steht, wie auch das y in cetyri
aus älterem va entsprungen ist. Nicht zu übersehen ist
endlich die ähnlichkeit, welche sich zwischen -os-tyni in
mil-os-tyni misericordia und dem gotischen -assu- in
ibnassus zeigt, welches Bopp für zusammengesetzt aus
as-f-tu erklärt (vgl. ysl-ac-TVSi und mit -inas- in skalk-
-inas-sus etwa facinus).
Schwieriger ist das litauische -jfete, alt -ysta (lit. gr.
8.118) zu erklären. Indessen kann betontes ^, d. i. i auch
eine contraction von ja sein wie in tretysis neben trecze-
sis, szlapysis neben szlapiesis, und somit würde dieses
suffix von ja -stammen seinen ausgang genommen haben
(vergl. z. b. got. reiki von reiks, barniski von barnisks mit
lit. nekyste von nekas, sarg^stä von eargüe, bei welchem
ohnedies schon einige casus von einem stamme *sargja-
gebildet werden). Ist ja z. b. auch xäklog für *xaijog
vom adj. xälog = skr. kaljäs ein ähnlicher stamm, wie er
in sarg^s-tö enthalten ist.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 13
194 Burda
Als endresultat dürfte sich aus dem vorhergehenden
etwa folgendes ergeben: der consonant s im slawischen
suffixe -osti scheint kein blofser Vorschlag, sondern ein in-
tegrierender bestandtheil zu sein. Denn es läfst sich schwer-
lich vom litauischen Suffixe -asti, -esti trennen, welches
aber wohl in -as-ti, -es-ti zu zerlegen ist und in dem wahr-
scheinlich ein ursprünglicher as- stamm durch das suffix
-ti weitergebildet wurde. Und andererseits mufs -os in
-osti gerade so erklärt werden wie in -osta (aus *os-tja,
in radoätej und -ostyni, von denen das letzte allem an-
scheine nach mit dem gothischen -assu- zusammenhängt.
Wenn nun in *-astu-, woraus -assu- jedenfalls zunächst ent-
standen ist, niemand einen blofsen Vorschlag von s an-
nimmt, warum sollte er in -osti u. a. stattgefunden haben?
Wenzel Burda«
Beiträge zur kenntnis einiger suffixe im
slawischen*
Suffix ynja, nom. sg. yni.
Es klingt für den ersten augenblick etwas sonderbar,
wird jedoch im folgenden zur Wahrheit werden, dafs das
soeben erwähnte suffix trotz seines geringen umfanges
aus drei anderen zusammengesetzt ist. Da ja im nom.
sing, in ji Übergeht und gerade n davor steht, so könnte
dieser umstand zu der meinung veranlafsen, es sei das
ganze suffix vielleicht nichts anderes als eine slawische form
des ursprünglichen -anjä-, welches wie im griechischen
&£cuva, Xmctiva feminina bildet. Aber -ynja- geradezu
einem ursprünglichen -anjä- gleich zu setzen,- ist haupt-
sächlich wegen des vocales y nicht zuläfsig oder doch et-
was misslich. Denn nach der analogie der suffixe -man-,
-an-, -ana- müfste ein ursprüngliches a im 'slawischen als
e erscheinen, vergl. ka-men-e, step-en-e (gen. sing.),
beitrage zur kenntnis einiger suffixe im slawischen. 195
pr^d-eno. Daraus geht wenigstens so viel hervor, dafs
der vocal y in -yni höchstwahrscheinlich einem ursprüng-
lichen a einzig und allein nicht entspricht.
a) Aus den femininen ljuby (amor), svekry (socrus)
und j$try (üvdzriQ) neben den masculinen ljubü (carus),
8 v ekrü (socer) und dem griechischen elvarrjQ kann man
entnehmen, dafs das suffix y = urspr. ü auch dazu dient,
feminina und abstracta zu bilden; letzteres ist in ljuby,
ersteres in svekry der fall. Am belehrendsten ist aber
das wort j$try. Es unterscheidet sich nämlich vom gr.
elvdriiQj lat. janitrix und lit. gente, gen. sing, genters be-
sonders dadurch, dafs das suffix -tar, mittels dessen alle
genannten Wörter abgeleitet sind, im slawischen zu einem
femininum auf ü weiter gebildet erscheint, grundform jan-
-trü-s aus jantarü-s. Wenn aber die slawische erwei-
terung durch -ü- mit der lateinischen durch -Ic- zusam-
menfällt, so beweist dies wohl, dafs beide suffixe -ü- und
-ic- dieselbe function haben. Ueberdies liegt die Weiter-
bildung eines Stammes auf -tar- zu einem neuen auf -tru-
auch im lateinischen Substantiv toni-tru- von tonare vor,
obgleich die gener a von j$try und tonitru verschieden
sind.
b) Ist aber svekry das femininum zum a-stamme
svekro-, nom. svekrü, und ljuby zu ljubo-, so wird
wohl die Voraussetzung erlaubt sein, dafs diese bildnngs-
weise nicht auf die erwähnten fälle beschränkt war, son-
dern häufigere anwendung fand.
Man nehme jetzt nur vorläufig an, dafs überall dort,
[ wo jetzt das suffix -ynja- sich findet, ein kürzerer stamm
auf ü vorangegangen ist, z. b. *bogy dem vorkommenden
bogyni (göttin). An einen solchen ü- stamm traten fer-
ner die suffixe an -ja, die ja auch im griechischen femi-
nina bilden: kvxaiva zu Avxog. Der stammvocal des an-
genommenen ü-stammes spaltete sich vor dem a des neuen
Suffixes notwendigerweise zu uv, vgl. gen. sing, krüv-e
zu nom. sing. *kry (erschlofsen aus dem neuslowenischen
kri and dem slowakischen krü), so dafs man als grund-
13*
196 Burda
form von bogyni etwa bhaguvani aus bhaguvanjä auf-
stellen kann. Und nun findet dasjenige anwendung, was
Bopp vgl. gramm. 3. ausg. 1. bd. s. 272 sagt: „Aus jüvao-
entsteht in den schwächsten casus die form jün- (gen. jü-
nas gegenüber dem acc. jüvänam ) ; indem nämlich , nach
zusammenziehung der silbe va zu u, dieser vocal mit dem
vorhergehenden u zu ü zusammenfliefsen mufs. Aus dem
zusammengezogenen stamme jün- entspringt auch durch
anfügung des feminincharacters I der weibliche stamm jünl;
hierzu stimmt merkwürdig der durch ein angefügtes c er-
weiterte lateinische stamm jünlc-, der sich zu seinem skr.
vorbilde verhält, wie genitrJc- zu ganitrl-*. Eine ver-
gleichung des Wortes *juvanf \mfr der angenommenen
grün d form *bhaguvani zeigt deutlich, dafs, abgesehen
von j und bhag, beide einen gleichen ausgang besitzen:
(j)uvani, (bhag)uvanl. Ferner sagt Bopp (a. a. o.):
„Ueberhaupt fügt sich im sanskrit der feminincharacter I
bei Wörtern, welche im masc. und neutr. stammschwächun-
gen zulafsen, in der regel an den geschwächten stamm der
letzteren". Nun aber ist I in (bhag)uvanl der genannte
feminincharacter, der einen geschwächten stamm verlangt, <
und ebenso ist -uvan- wirklich ein Stammauslaut, welcher
eine Schwächung zuläfst; man wird also wohl nicht irren,
wenn man behauptet, in bhag-uvan-l sei dieselbe Schwä-
chung eingetreten, durch welche jünf aus *juvanf her-
vorgegangen war, d. h. in bhaguvani schwand a und das
dadurch zu u vocalisierte v verschmolz mit dem vorher-
gehenden u zu ü, daher bhaguvani, bhaguunl und
endlich bhagünl.
Dem letzten worte entspricht das slawische femminum
bogyni so, wie man es sich nicht befser wünschen kann.
c) Als beweis für diese auffafsung des Suffixes yni
läfst sich noch folgendes anführen. Die erweiterung eines
älteren ü- Stammes durch -an-i zu yni ist schon mehr ah
wahrscheinlich, weil sich neben yni in blagyni (bonitas)
von blagü auch noch das einfachere y in ljuby (amor)
von ljubü, und zwar ohne unterschied der function vor-
findet.
Baudouin de Courtenay, tibergang der tonlosen consonanten etc. 197
Die länge des ü in der grandform ünl=yni ist fer-
ner im altpreufsischen erhalten. Denn Nesselmann führt
die worte sup-üni*) nom. sg. (hausfrau) und mald-ünin
acc. sg. (jugend) an, beide mit dem zeichen der länge. Ist
das erste ein femininum wie bogyni, rabyni u. s.w., so
verhält sich wiederum das zweite zum slawischen adjecti-
vum mladü wie z. b. dobryni zu dobrü. Gerade das
abstr actum maldünin beweist, dafs das altpreufsisehe
-üni mit dem slavischen -yni identisch ist.
Wenzel Burda.
Uebergang der tonlosen consonanten in die
ihnen entsprechenden tönenden in der histori-
schen entwickelung der polnischen spräche,
Präposition z, s. Diese präposition vertritt im
polnischen drei altbulgarische präpositionen: 1) izu (ex);
2) 8Ü, so (de); 3) su, so (cum). Dieser letzten stellt sich
als nebenform 83 zur Seite, und, was das Verhältnis des
8Ü und 83 betrifft, so scheint mir, dafs nicht erst im sla-
wischen sich su aus 83 entwickelt hat, sondern dafs beide
formen schon früher neben einander existirten, da wir z. b.
auch im sanskrit sa neben sam haben.
Diese drei präpositionen kommen sowohl gesondert,
causale beziehungen ausdrückend, vor als auch in Zusam-
mensetzung. Im polnischen finden wir in der Zusammen-
setzung nur 2) und 3) unterschiedlos gemischt, 1) wird
Wer durch vy vertreten, z. b. altbulg. izübrati, poln.
wybrac (wählen). Bei dem gesonderten gebrauche dieser
drei präpositionen fand im polnischen eine vollkommene
*) das ü ist hier wohl aus langem ö entstanden, vergl. lit. ziupöne,
and dies ist entlehnt aus dem slawischen zupanja, zupani; lit. ö, preufs.
6 also = slaw. a. Sr.
198 Bandouin de Conrtemy
Vermischung statt; nur dem poln. 89 se (cum) stehen als
ihm ausschliefslich zukommende nebenformen altbulg. 8§,
su, so, sü'zur seite.
Da in dieser gemeinsamen form sowohl die präposi-
tion mit z, als die" präpositionen mit s stecken, so hinter-
liefsen auch beide lautvarietäten ihre spur, aber nicht gleich-
mäfsig: z ist vorherrschend, s aber selbst in der uns zu-
gänglichen ältesten epoche seltener und mit der zeit ab-
nehmend.
Ob es s oder z lautet, kann man nur vor vocalen,
nasalen (m, m', n, n), Mauten (I, ?, P), zitterlauten (r, f)
und vor j bestimmen. Vor verschlufslauten und reibongs-
geräuschen (aufs er j) ist es, in folge der nothwendigen aa-
similation, unmöglich zu entscheiden. Gruppen also, wie
zb, 8p, zd, st, zz, ss u. s. f. kommen nicht in rech-
nung.
Getrennt finden wir s: 1) dem jiz (ex) entsprechend:
8 neba, s neb'os (aus dem himmel) (14. jahrh.); —8
mego (aus meinem), 8 jich domu (aus ihrem hause),
s m'ecewa (aus Mieczew), s r^kojemstfa (aus der bürg-
schaft) (um 1400); — fstal s martfy (er ist auferstan-
den), s egipta (aus Aegypten) (erste h. d. 15. jahrh.); —
se cmyntafa (aus dem kirchhofe), se dwu rodu (aus
den zwei geschlechtern), se fsi (aus dem dorfe) (1450); — -
s nich (aus ihnen), s riej (aus ihr), s nas (aus uns), s
nego (aus ihm), se mne (aus mir) (1520); daneben: i
osoby (aus der person) (14. jahrh.); z jej (aus ihr, 1500);
z ust (aus dem munde), z ra,k (aus den händen), z na-
dzeje (aus der hoffnung), z neba (aus dem himmel) (1520);
z mof a (aus dem meere) 1580) u. 8. f.
2) Dem s (de) entsprechend: s obu stronu (von
beiden Seiten) (14. und 15. jahrh.); s m'esca (von dem
orte, um 1400) u. s.w.;
3) dem s (cum) entsprechend: se drzenim (mit zit-
tern), se Izam'i (mit den thränen), se zw'^Kem (mit dem
klänge, — heutzutage ze dzw'$l£em), se ptacem (mit
dem weinen), s otcy nasym'i (mit unsern vätern), se
Übergang der tonlosen consonanten etc. 199
ks^z^ty (mit den forsten), 8 obliöym (mit dem antlitz),
8 m^zm'i (mit den männern), s ludzni'i (mit den leuten),
8 moc3 (mit macht), 8 jescy (mit den reitern) (14. jahrh.);
— se tfym'i (mit dreien), se ötyrm'i (mit vieren), s
mym'i (mit den meinigen), ß nim (mit ihm), s jednym
(mit einem), 8 margorata^ (mit Margaretha) (um 1400); —
se s?ym duchem (mit dem bösen geiste), 8 abramem
(mit Abraham), 8 m'ilym (mit dem lieben), s nim'i (mit
ihnen) (15. jahrh.); — se dw'ema paropkoma (mit zwei
knechten), se dw'ema dzestoma (mit zwanzig), se psco-
lam'i (mit den bienen), se dw'ema prys$znikoma (mit
zwei vereideten), 8 m ad er 3 (mit der mutter) (1450); —
8 nam'i (mit uns), s nim oder 8 neu (mit ihm), s 113
(mit ihr) (1500); — s nim, s nim'i (mit ihnen), 8 nam'i,
8,113 (1520); — se mna. (noch im 16. jahrh.); daneben:
zjizaakem (mit Isaak) (15. jahrh.); ze dw'ema sfat-
koma (mit zwei zeugen), z ryceftfem (mit der ritter-
sehaft), z jinem'i (mit den andern), ze sfym occem (mit
seinem vater), z jim'enim (mit dem gute) (1500); z laska.
(mit der gnade), z ojcy (mit den vätern), ze dw'ema
(mit zweien), z mlotsem (mit dem Jüngern), z onym'i
(mit jenen) (1560); z nim'i (mit ihnen) (1580) u. s. f.
In den präpositioneilen Zusammensetzungen wird z,
jiz (ex) durch wy vertreten; und wir finden hier nur s
(de) und s (cum), unterschiedslos zusammengeflofsen:
sebrad (sammeln), sebrane (Versammlung) (14. jahrh.,
1500); sjem oder sejm (reichstag) und sejmowac' (reichs-
tag halten) von se (cum) -4- wz. ji (ire) -f- sufF. m, z. b.
loc. na semm'e (1500); sejmowac (herabnehmen, heute
zdejmowad, verb. perf. zdj«|<5), sejmowane (das her-
abnehmen) von se (de) -+- wz. jim (nehmen) (1520), semfec
sterben), smart (er ist gestorben) (1450, 1500); serwac*
(herabreifsen , 1520), sjachac* (herabfahren, 15. jahrh.),
sjednocene (Vereinigung, 16. jahrh.), sjimac* (herabneh-
men, 1450); sl^öyc (16. jahrh.) neben zt^cyc (verbin-
den), sloinal (zerbrechen, 1500), slozyc (zusammensetzen,
16. jahrh.), siup'ic* (berauben, 1450), sme.öic' (betrüben),
900 Bsvdouin de Cmntemy
sm$tek (betröbnis) (14. jahrh. — 1520), sm'iiowae se
(sich erbarmen), sm'üowane (das erbarmen) 14. jahrh. —
1520), smotwa (Verabredung, 14. jahrh.), smowa (dass.),
s m 6 w' i d s e (sich verabreden ) ( 1 400 — 1520, und noch
1560); 3muli<5 se (sich betrüben), smuda (zeitversäum-
nis, 1450); smyst (sinn, 1500 — 1 650) neben zmysl (schon
1580), sm'$äane (Vermischung, 14. jahrh.); 8 durch pala-
tale assimilation zu s geworden z. b. in sliöny (hübsch,
1520), £lup(gelübde), slub'irf (versprechen) (1400— 1520);
Slub'id se (sich gefallen, 1520); Sm'erriy (mäfsig, 1520)
von s-f-m'era etc., Sm'erny, sm'erny (friedlich, cf. rnss.
sm'irnyj) (1520), Sm'erd (tod), £m'§kcyd (erweichen
1520), sne£<5 (aufefeen), z. b. snedli (sie haben gegefsen)
(14. jahrh.); Sm'otana (sahne, 16., 17. jahrh.); sfadek
(zeuge) mit assimilation des wurzelhaften W; — neben:
zw'adek (zeuge, 1500; hier eine umgekehrte assimilation);
zum'eli se (erstaunten) später zdum'eli £§; zl^kfsy se
(erschrocken seiend, 1520), zl^öyd (verbinden, 1520), se
zlub'iio (es gefiel, 1520), zm'^köywa (wir beide werden
es erweichen, 1580) u. 8. f. u. s. f.
In der nur dem 8 (cum) zukommenden nebenform 83,
so: s^sat (nachbar), samSat von samsat, saojsat(1650
— 1730); 8 3p'ef , s^perca (widersacher, 15. jahrh.); sam-
nene, somnene (gewifsen, 1520).
Allmählich beginnt dies im 15. und am anfange des
1 6. jahrh. weit genug verbreitete s dem tönenden z zu wei-
chen: 1520: 8 nim'i, schon 1560: z riim'i. In zwei bü-
chern von 1650, 1640 finden wir stets smysly (sinne), in
den andern ausgaben derselben bücher, 1752, 1754, nur
zmysly. — Heutzutage erhält sich tonloses 8 in einigen
präpositiönellen Zusammensetzungen deutlich tonlos, ob-
gleich vielleicht zehnmal weniger als im 15. jahrh.
In der nebenform 83, so, su: s 3 sat (nachbar), sa.sek
(scheuerfach); sobor (concilium), sojus (bündnifs); su-
m'ene oder sumnene (gewifsen).
Als eigentliche präposition s: sejm (reichstag), sej-
mowaö u. s. w., sm$tny oder smutny (trübe), * sm^tek
Übergang der tonlosen consonanten etc. 201
der smutek (betrübnis), smudid se. (sich betrüben) u. 8. f. ;
>alatal assimilirt, d. i. s: älicny (hübsch), £lup (auch
ilup ausgesprochen, gelübde, trauung), u-£m'erad (beru-
higen), sm'ede (kehricht), sm'erd (tod), sm'etana (sahne),
snadad (frühstücken), snadane (frühstück), snedny
(efsbar), sfadek (aus s-w'ad-e-k, zeuge, wo durch den
gegenseitigen einflufs des s und w', s palatal und w' ton-
los geworden ist), sf'adomy (aus s-Wad-o-m-y, be-
wufst), und in ihren ableitungen. Vielleicht auch: smyk
(bassgeigenbogen), smyäek ( Violinbogen), smyc oder
emyca (hetzriemen), smukty, wysmukty (schlank),
osmukad, osmykad (abstreifen), smagad (geifseln),
smazyd (prägein), skrydto (flügel), sköra (baut), sf^dzid
(aus s-w^dzid, dampfen), sfat (aus s-wad, dunst), slepy
(blind), slip'e (äugen); entschieden aber nicht in slach-
dic (edelmann), wie manche polnische historiker behaupten
(als ob dieses wort aus *z-laeh-ci-d von lach entstan-
den wäre), da slachdic vom ahd. slahta und slaht
(genus, ge-schlecht) stammt, von der Wunderlichkeit jener
etymologie selbst abgesehen. — Sonst herrscht in den prä-
positioneilen Zusammensetzungen z; für frühere Wörter mit
8 haben wir jetzt: zebrad, zebrane, zrfejmowad, zem-
fed, zmart, zerwad, zjeehad, zjednocyd, zrfejmad,
zrfjad, zl^cyd, ztamad, ztozyd, zfup'id, zm'ilowad
s$, zm'ilowane, zmowa, zmöw'id se, , zmuda,
zmysl, zm'$äane, nezm'erny (unermefslicb) u. s. w.
Beim volke mancher gegenden lebt tonloses s auch
getrennt fort, nämlich vor n, als s (palatal assimilirt):
s hij (aus ihr), s nich (aus ihnen), s riego (aus ihm),
s na. (mit ihr) u. s. w. Sonst hat sich hier z als allge-
meine präposition festgestellt und ist nur in folge laut-
physiologischer bedingungen tonlos (s), also vor tonlosen
consonanten, z. b. s konem (mit dem pferde), s panem
(mit dem herrn), 8 jsobij (mit sich), s torby (aus der
tasche) u. 8. f.; ähnlich in Zusammensetzung: skoncyd
(endigen), spusdid (herablafsen), ssadzic (herabsetzen),
stulic (zusammendrücken) u. s. w.
202 Baudouin de Conrten*/
Die präposition ote, ot (von) ist im polnischen in
ode, od übergegangen, natürlich steht od nur da, wo es
60 ausgesprochen werden kann, also vor vocalen u. 8. w.
Nichts destoweniger hat sich auch ot in wenigen spuren
erhalten, die sich aber mit der zeit vermindern. — Noch
im 17. jahrh. finden wir otm$t (Verwirrung), otnoga
(sprofs, flufsarm), jetzt nur odm$t, odnoga. Dafür aber
sind bis zur stunde erhalten otför (Öffnung), otfarty (ge-
öffnet, offenherzig), otf'erad und otfofyd (öffnen) u. s.w.
aus ot -h wz. w'er, wor, wo tonloses t auf w assimilirend
wirkte. — Im böhmischen ist ebenso älteres ot durch od(e)
vertreten.
Die präposition k (zu) gieng in g über in gfeöy,
gfecny (anständig, höflich) aus k fecy, und in gmy-
sli neben kmysli (dem sinne entsprechend; 16. jahrh.)
aus k mysli. Dafs sie in gwoli (halber, wegen, aus
k woli) in g übergieng, war physiologisch noth wendig (?).
Im anfange des 16. jahrh. finden wir neben srom
(schäm), sromad £e (sich schämen), 8 rom'ezliwy (scham-
haft) u. 8. f. auch zrora, za-zromane ( beschämuog),
zromaj^cy se (sich schämend), zrom'ezliwosd (schäm-
haftigkeit) u. s. f. von der wz. srom. Ebenso neben dze-
wosl^b (brautwerber) — dzewozt^b (s — z).
In allen formen und ableitungen des Wortes lab$d
(schwan) finden wir im 16. und noch im 17. jahrh. d, also
gen. sg. lab^da, dat. pl. lab$dom u. s. f.; adject. tab^di
(schwanen-) u. 8. f. Später aber trat im stamme das tö-
nende dz ein; also nom. sg. lab^d (physiologisch bedingt),
aber gen. lab^dza, dat. pl. lab$dzom u. 8. f., adj. lab$-
dzi u. s. f. Aehnlich steht im böhmischen labud' — neben
dem älteren labut', kaprad' — (farnkraut) für altböhm.
slowak. paprat'.
Im 16. jahrh. kommt w'elgi (grofs) nom.pl. w'eldzy
neben w'elki, w'elcy vor; im 17. und 18. aber w'elgo-
polski für und neben w'elkopolski (grofspolnisch), w
Welgipolsce für w Velkopolsce (in Grofspolen) u. s.f.;
und beim volke kann man noch heute w'elgi, Welgä
u. s. f. für w'elki, w'elka (grofs) hören.
Übergang der tonlosen consonanten etc. 203
Von der wurzel wys- (hoch) bildet die polnische
spräche adj. wysoki (hoch), wyssy (höher), auch wyäy
ausgesprochen u. 8. w. Von derselben wurzel stammen
auch das adverbium wyzej (höher) und subst. wyzyna
(hochebene). Das adverbium wyzej lautete noch im
16. jahrh. wysej; und dafs auch das subst. wyzyna ehe-
mals wyöyna gelautet hat, beweist der Ortsname vy-
syna; denn in den Ortsnamen erhalten, sich öfters alter-
tümlichere formen am längsten.
Die consonantengruppe st im yerbum jestem, jestes,
jest u. s. f. wird von manchen, wo dies physiologisch mög-
lich ist, wie zd ausgesprochen; also jezdem, jezdes, je-
zdesmy, jezdeSde, aber nur jest.
Auslautendes c vor e der aus dem verbum substantivum
übriggebliebenen -em, -e£, -e£my, -esce wird oft wie
dz ausgesprochen, z. b. nidzem (== nie jesm) ne w'i-
dzal (ich habe nichts gesehen), uledzem (= udec jesm)
ne mögt (ich konnte nicht entfliehen), ni dz es de (= nie
jesde) ne zrob'ili (ihr habt nichts gethan) u. s. f.; slach-
tfidzem (= slachdic jesm) dobry, moWis (ich bin
ein guter edelmann, sagst du; 17. jahrh.).
Eine entgegengesetzte richtung, nämlich die tönenden
consonanten in tonlose zu verwandeln, sehe ich 1) da wo
nach analogie des nominativs stammhafter tönender conso-
nant durch den entsprechenden tonlosen vertreten wird,
z. b. vom stamme caprag- (schabracke) finden wir noch
im 17. jahrh. nom. pl. capragi, gen. sg. capraga u. s. f.;
nun wirkte der physiologisch bedingte nom. sg. caprak auf
die ganze declination, und so entstanden gen. sg. capraka,
nom. plur. capra&i u. s. f. (vielleicht sind aber die im
17. jahrh. vorkommenden formen mit g folge jener richtung,
die tonlosen in tönende zu verwandeln). — Vom stamme
dezdz- (regen) mufs der nom. sg. desc lauten; und darum
haben wir auch den gen. descu neben dzdzu u. s. f. —
Das subst. nom. lep (köpf) vom stamme leb- wird zwar
gen. sg. Iba, dat. Ibu, nom. pl. Iby etc. declinirt; aber das
deminutivum lautet lepek (köpfchen).
Ferner finden sich vereinzelte beispiele dieser Wandlung
204 Baudouin de Coarteuay
der tönenden consonanten in tonlose. Das aus der präpos.
paz und dem subst. nogeö (dem altbulg. nogüti entspre-
chend) zusammengesetzte subst. lautet entweder paznoged
oder paznoked (nagel), welche letztere form durch die
anlehnung an die obliquen casus gen. paznok<5a, dat.
paznok^ow'i (beide physiologisch bedingt) u. s. f. entstehen
konnte.
Aehnlich spricht z. b. das Warschauer volk 1. pers.
prät. setem für ä edlem (ich gieng), nach analogie der
3. pers. (partic.) äet für sedl (er gieng) u. s. w.
Anfangs des 16. jahrh. kommen sporadisch formen
vor wie sreb's (füllen) für und neben ireVq (heute mei-
stens zreb's oder zreb'§), wesm'ede (ihr werdet nehmen)
für und neben wezm'ede, rie nalesli (sie haben nicht
gefunden) für und neben ne nalezli, pf ew'eSli (sie haben
hinübergeführt) für und neben pfew'ezli. Damit vergl.
maslo (butter) von der wz. maz, w'oslo (rüder) von der
wz. w'ez. — Im 14. und 15. jahrh. brauchte man ftir zly
(bös) — sly, z. b. pred slym pow'etf ym (vor der bösen
luft; um 1400), se slym duchem (mit dem bösen geiste),
nad slym'i duchy (über die bösen geister; 1. hälfte des
15. jahrh.).
Berlin, mai 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Wortformen und selbst sätze, welche in der
polnischen spräche zu stammen herabgesunken
sind.
Ich sehe hier vollkommen ab von allen entlehnten no-
mina masc, die meistens nur ihren nominativ im polnischen
als stamm gelten lassen. Ich spreche nicht darüber, dafs
z. b. der abl. pl. rebus (rebus) und der dat. pl. omnibus
(omnibus), vom volke auch ognibus (Volksetymologie) aus*
wortformen und selbst Sätze, welche in der poln. spräche etc. 205
gesprochen, im poln. stamme (und auch nominative sing.)
geworden sind (obgleich nicht unmittelbar aus dem latein
'entlehnt), denn hier fehlte es vollständig am Sprachgefühle;
ich will mich nur auf die einheimischen Wörter beschränken.
1. Fertige wortformen, als stamme dienend.
Gen. dual, dwu, obu wurden als stamm zur bildung
der gen. dual, (plur.) dwuch (dwöoh), obuch (ob och)
benutzt, welche neben älteren dwu, obu vorkommen.
In ähnlicher weise dient die 3. person sing. präs. vom
verbum subst. jest jetzt als präsensstamm für andere per-
sonell (die 3. pl. ausgenommen); sing, l.jest-em, 2. jest-
-es, pl. 1. jest-esmy, jest-esde. Damit kann man die
im 16. und 17. jahrb. gebrauchte Wendung mysmy 83 =
myjesmy (l.pl.) 83 (3. pl.) oder s^smy (wir sind) ver-
, gleichen. Noch im 15. jahrh. sagte man jesm, jes, jeSmy,
j jesce.
Vom pronomen ty (du) stammt das verbum ty-k-a-<5
(dutzen, du sagen), welches durch Volksetymologie mit
tyk-a-d (antasten, rühren) im Sprachgefühle zusammenge-
flofsen ist.
Pron. kto£ oder ktöl (jemand) = kto + s kann als
subst. gefühlt und dann folgendermafsen declinirt werden:
sg.nom. ktos, gen. ktosa, dat. kto&owl, loc. ktosu u.s.f.,
pl.nom. ktose, gen. ktosöf, dat. ktosom etc.; die pro-
nominale declination ist nur im sing, gebräuchlich: gen.
kogös, dat. komus etc.
Aus dem pronomen nie (nichts) = ni 4- c (co) wur-
den die substantiva nic-o-sc* ( Dichtigkeit), nic-e-stf-o
(nichts) und von letzterem weiterhin das verbum u-nic-
•e-stf-i-d (vernichten) gebildet. Von einer anderen, dem
polnischen fremden Variation dieses pronomens (niääo)
stammt das verbum niäcyd (vernichten).
Vom adverbium tak (ja; verkürzt aus neutr. tako,
solches) stammt das verbum po-taK-iw-a-d (beipflichten,
ja isagen). Vgl. russ. pod-da-k-iv-a-tf, deutsch be-ja-
•hen, ver-nein-en, ver-nicht-en u. s. f.
206 Baudouin de Conitenoy
Die adverbien dzi£aj (heute), fcoraj (gestern), beide
secundär postjotirt, werden von einigen Schriftstellern im
sinne von Substantiven verwendet, z. b. instr. sg. dzi£ajem,
fcoraj em u. 8. f.
2. Mit präpositionen verbundene casusformen,
welche neubildungen zu gründe liegen. \
Die adjectiva gfecny (artig, höflich), negrecny ,3
(unartig), dofecny (angemefsen, gescheit), nedof ecny ^
entstanden durch vermittelung der ausdrücke k (präpos. zu) *
recy (dat. sing, fem., subst. Sache) und do (präpos. zu) >J
f ecy (gen. sg. fem.).
Adj. codzenny (täglich) ist durch adverbialisches
codzeri (täglich) = co (pron.) -4-dzen (acc.'sg. masc.) *
vermittelt. *
Adj. nikcemny (früher untauglich, später nichtswür-
dig, niederträchtig) ist eine Weiterbildung, vermittelt durch |
den ausdruck nikcemu (für k niöemu, zu nichts) = ni "
(negation) -f-k (präposition) -4-cemu (dat. des pron. co *
was, mit ni = nichts), wofür man jetzt do riicego sagt :
Hier wird vom Sprachgefühle der seines endvocals beraubte
dativ vom pron. co (also cem- aus cemu) für den stamm
angesehen.
Subst. msc. dojutrek (verzögerer) ist eine Weiterbil-
dung, durch do jutra (bis morgen) = do (präp.) H-ju-
tra (gen. sg. ntr.) vermittelt.
Der genitiv tygo-dna für tego-dna von ty-dzen
(woche) vermittelte den stamm tygodn- für die obliquen
casus und für den plur., also dat. tygodnov/i, instr.
tygodnem u. s. f., nom. pl. tygodne u. 8. f.
3. Stammgewordene casus mit präpositionen.
Ehemaliges ähnlich wie nikcemu gebildetes ni-we-c
(jetzt w nie, in nichts) = ni (negation) -4-we (präpos.,
in) -f-c (== ce, jetzt nur co, pronomen acc, was)*) wird
*) Damit vergi. zniscym = z ni 8 cym für z nicym (mit nichts),
wortformen und selbst Sätze, welche in der poln. spräche etc. 207
utzutage als subst. fem. gefühlt, und demzufolge werden
lerseits solche Wendungen, wie w niwec obrödid (zu
unde richten) ermöglicht, andererseits ein verbum ni-
ecyrf, zniwecyl vernichten), und was damit zusammen-
lügt, gebildet.
Ebenso gebildet ist das substantivum nicpon (tauge-
chts) = nie (nichts) + po (präpos. nach) -+- n (entweder
je. oder verkürzter loc. *) vom pronomen ji, ja, je, im
3min. durch on, ona, ono vertreten), und adjeetivisches
icpotym (unbrauchbar, zu nichts) = nic-Hpo-f- tym
loc. sg. msc. und ntr. vom pron. ten, ta, to), z. b. to
low'ek hiepotym (das ist ein mensch zu nichts).
Adj. potomny (nachfolgend), pfytomny (anwesend),
abst. potomek (nachkomme), potomstfo (nachkommen-
shaft), potomnosd (nachweit), pfytomnosrf (anwesen-
eit) u. s. w. sind Weiterbildungen von den mit den präpo-
tionen po (nach) und pfy (bei, an) zusammengesetzten
ic sing. (msc. und) ntr. po tom, pfy tom, sparsamen
)uren der heutzutage fast vollständig erloschenen prono-
tinalen declination.
Mehrere zusammengerückte Wörter (nomina)
als Stämme geltend.
Voc. sg. ojöe naä (vater unser!), als eigenname des
»treffenden gebets, ist zu einem subst. msc. zusammenge-
ickt, was auch der accent beweist: ojc&naä (nicht ojee
is), und wird dem entsprechend declinirt: gen. ojöenaäa,
str. ojeenasem, loa w ojeenasu u. s. f. '
Subst. neutr. Weleztego (eine pflanze, zehrwurz, esels-
iren, pfaffenbinde) ##) = w'ele (pron. viel) -+- ztego (gen.
nifcym (17. jahrh.) = wni w cym für w riicym (in nichts), znisk%t
2 ni 8 k§d für z nik%d (von nirgends).
*) Vergl. dori für do riego (gen.), dl an für dl a nego (gen.), nari
r na ji, acc.) neben na nego. Nach dem verschwinden des echten selb-
ndigen aecusativs ji, welcher sich nur nach präpositionen mit dem vor-
«hlagenen n als n erhalten hat, ist dies ursprünglich nur aecusativische n
• generellen form für alle casus neben den andern, ihnen eigenthümlichen,
■abgesunken, ähnlich wie duales -u.
**) nach Linde Arum maculatum. Sr.
208 Bandonin de Courtenay
s. n. vom adj. zly, schlimm), ist aber, so viel ich weift,
noch indeclinabel.
1) Wasmosd, wasd (eine anrede = Sie), asd (dass.),
2) asindzej, 3) jegomosd masc. (gnädiger herr), 4) jej-
mosd, jimosd (gnädige frau), 5) jespan, 6) acan (=*
deutsch 2. sing. Ihr) u. 3. f. sind aus 1) waäa mosl (nom.-
s. f.), 2) wasa mo£d dobrodzej, 3) jego (gen. sg.pron.)j
mosrf (nom. sing. fem. mit überspringen in anderes genuH
geftihl), 4) jej mosd, 5) jego mosd pan, 6) wasmoi
pan zusammengerückt, und, weil sehr häufig als ai
und titel gebraucht, meistens bedeutenden verkürzu
unterlegen.
Die zusammenrückung nom. Welkanoc (ostern)
w'elka (grofse) -h noc (nacht) dient jetzt als ein sta
ftkr die ganze declination dieses Wortes: gen. dat. v/elka
nocy (oder w'elK^jnocy) u. 8. f.
Das adj. pofsedni ist nach dem vorbilde des 1
nischen quotidianus*) aus der zusammenrückung p
(präp. nach, über)-i-fäe (wse, pron. alle) -f- dni (ac
plur. subst. tage) gebildet und hat dabei ein überspringe*^
in anderes kategoriengefühl stattgefunden u. s. w. 1
5. Verbale formen, substantivisch geworden, j
Das subst. stulis, gen. stulisa (masc. eine pflanz
Sophienkraut, Wiesenraute) **) könnte man för nichts m
und nichts weniger ansehen, als für die 2. pers. sing, v
verbum inf. stulid (schliefsen, zusammendrücken). Verj
aber gn ad os (braunes pferd), gnidoä (läusekraut), gw'az*ä
doä (sinnau) ***), sporyä (afterkorn), strojiö (stock am ■
zuggarne) u. s.,f.
Subst. fem. nezapom'inajka (vergifsmeinnicht)
eine Weiterbildung durch suffix ka vom imperativ ne za
pom'inaj (vergifs nicht). Damit vgl. lat. noli me tan
gere und deutsch vergifs mein nicht.
*) Damit vergl. altbulg. nas§stinyj und ruas. nasuscnyj, dem
einsehen tniovaioq genau nachgebildet.
**) nach Linde Thalictrum. Sr.
***) nach Linde werden mehrere pflanzen gw'azdos genannt. Sr.
wortformen und selbst s&tze, welche in der poln. spräche etc. 209
Ebenso ist der imper. rie chlej (wolle nicht) zum subst.
nechdej (trägheit, faulheit), gen. riechdeja, geworden.
6. Ganze sätze, die entweder zu stammen her-
abgesunken sind, oder Weiterbildungen ver-
mitteln.
Subst. masc., aber femininisch declinirt, w'erdip'$ta
*(luftspringer) ist durch den satz Wer6i p'^ta. (er dreht
mit der ferse) vermittelt. Mit 3 konnte dies wort im nom.
^takht schliefsen, und darum ersetzte man den instr. p'§t$
[. durch den entsprechenden nom. p'$ta. Aehnlich gebildet
md odfyskora masc. (leuteschinder) aus odfy (alter
per., schinde) sköre. (acc. s. f., die haut), dlaw'imu-
Ika fem. (fliegenschnäpper, einvogel) aus dlaw'i (er würgt)
muske, (das fliegchen), sf iäcypala oder sf iäcypafka
( Windbeutel) aus sf iäcy (er sauset, pfeift zischend) und
ia}a oder palka (keule?) u.a.
Das subst. masc. p^dziw'atr (windbeutel) ist nur der
p$dzi w'atr (er treibt den wind). Ebenso: wy-
rw'igroö (geldauslocker, geldschneider) == wydrw'i groß
er wird den groschen, das geld ablocken), odrw'isfat
ler okp'isf at (erzbetrüger) = odrw'i oder okp'i sfat
wird die weit betrügen), ob'ezysf'at (herumtreiber) =
iVezy sfat (er wird in der weit herumlaufen, wörtlich:
ie weit belaufen) u. s. f.
Subst. msc. sSekf'at (eine art kolibri) ist der satz:
;i$e kf at (er saugt die blume).
Aus dem satze samo b'ije (es schlägt selbst) entstand
[das subst. neutr. samob'ije oder masc. samob'ij dies
vielleicht aus dem imperativ: schlage selbst; beide
rorte bezeichnen in den volksfabeln ein wunderbares, un-
ilebtes und doch schlagendes wesen, in folge des stre-
iD8 nach personifioation und mythologisieren, das durch
üe spräche selbst gegeben ist.
Subst. neutr. w'idzim'iSs (gutdünken), indeclinabel
oder, da nom. widzim'ise ausgesprochen wird, gen. wid-
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 1 4
210 Baudouin de Court enay
zim'sa u. s. w., ist nur der satz: widzi m'i &$ (es schein*;
mir).
Das gebet zur heiligen Maria beginnt mit dem satze
zdrowää, zusammengezogen aus zdrowa jes (du bist
gegrOfst, sei gegrüfst). Davon ist durch eine Weiterbil-
dung mittelst des Suffixes k das subst. fem. zdrowask«
als benennung dieses gebetes entstanden. j
Von dem satze padam do n6k (n6g) („ich falle zui
ftkfsen", ein höflicher begrüfsungsausdruck) ist das subsUj
fem. pluiale tantum padamdonöäKi gebildet. j
Damit könnte man das wort copfak vergleichen, döjfcs
Spitznamen, der den Cechen von den österreichischen Deufc
sehen beigelegt wird, und der aus der böhmischen fraj "
„co pak?a (was denn) durch Volksetymologie (als ob
von zopf stamme) entstanden ist*).
Ferner könnte man an den Ursprung des Wortes „bi-
gota erinnern. *j
Es läfst sich diese Sammlung der hieher gehörenddfjj
Wörter des polnischen vielfach' vermehren. Ich habe z. IC
die Ortsnamen gar nicht berücksichtigt, und unter diesefl
findet sich eine beträchtliche zahl solcher, die einem sprich-
worte oder beiläufigen aussprüchen ihre entstehung ver-
danken. — Eine Sammlung der auf ähnliche weise gebflW
deten böhmischen Ortsnamen kann man finden in dem adft
satze „Humor v nasich nazvech mist a osob" in der zeii"
schrift „SvStozor«, Wien 1861, no. 5, s. 227.
Berlin, mai 1868.
*) Ich habe nur „zoppak", mit slaw. Schreibung „copak" gehört,
meist in Verbindung mit dem adjectivnm „ böhmisch u z. b. das ist ein riefe-
tiger böhmischer „zoppak", d. h. ein mensch der nur cechisch, nicht dei
spricht, oder sprechen will und jede deutsche anrede mit co pak?
denn? d. h. „ich verstehe das nicht" erwidert. Sr.
f wtffl
J. Baudouin de Courtenay.
doppelang des suffixes -ti- in der poln. und russ. spräche. 211
'Doppelung des suffixes -ti- in der polnischen
und russischen spräche.
■ -ti- ist die grundform dieses suffixes, die im altbul-
Igarischen vorkommt. Russisch haben wir -t' oder -ti (be-
£jonders im inlaute), polnisch aber -rf oder, noch im 16.jahrh.
fbei infinitiven, und im 14ten etwa bei Substantiven -<5i.
1) Substantiva, meistens femin. abstr. — Das ein-
fache suf'fix, im polnischen -c, weicht allmählich dem ver-
doppelten -sd (aus -cc). Im 14. jahrh. finden wir jednod:
. w jednodi u. s. f., später nur jednosd (einigkeit).
anfange des löten cystod neben cystosd und cy-
tota (reinigkeit, keuschheit); jetzt ist nur cystosl ge-
nüg. Das im 14. jahrh. vorkommende sromod aber ist
urch die form mit suffix -ta — sromota (schände) —
▼erdrängt. Heutzutage finden wir seltner das einfache (w'il-
go6 feuchtigkeit, dobrod gute u. s. w.), sehr häufig aber
verdoppelte suffix: rownosd (gleichheit), m'ilosc
ebe), zlosd (bosheit), wolnosc (freibeit), jednosd (ei-
keit) u. 8. f. — Im russischen sind die formen mit dem
rerdoppelten suffixe fast allein herrschend*).
2) Infinitivus. Noch im ganzen 16. jahrh. und am
fange des 17ten finden wir im polnischen den infinitiv
\i (gehen), was uns einen directen beweis dafür liefert,
das in der conjugation dieses verbums erscheinende
d nicht zu der wurzel gehört, — und zwar eben sowohl
in dem einfachen verbum ji<5, als auch in seinen zusam-
ensetzungen mit präpositionen : odyd oder odejC (aus
od-jid), wnid (aus w-jid), wyriiö**) (aus wy-jid),
*) Die deutung von -6<5, altbalg, -sti aus *-6 6 d. i. -ti ti ist mehr
zweifelhaft. Vgl. Miklos. bildung der nomioa, im altsl. §. 83; zeitschr-
143. Sr. [Vgl. auch oben s. 188—194. — J. S.J
**) n statt j kann nicht befremden. Man darf nur bei der ausspräche
Jdes j die luft auch durch die nase tonend strömen lassen, und n ist fertig.
[Damit vergl. den Wechsel des n mit j in jem'i für riemi (mit ihnen), jim
fftr riim (mit ihm) u. s. f., om'iriaö für om'ijaö (ausweichen) (16. und
[17. jahrh.), und noch heute wyrid§ für wyjd$, wynida, für wyjid§ (sie
(werden ausgehen), pryridz'e für pfyjdze (er wird kommen; z. b. in War-
| schau), bajdufyd = bandufyö (schwatzen) und viele andere. [Ueber den
werth dieses n vgl. Schleicher comp. §. 182, 7, c, s. 307. — J. S.]
14*
212 Baudomn de Courtenay
pfyd (aus pry-jil) u. 3. w. Später aber verdoppelte map
das suffix, und 30 entstanden formen, wie jisd, odejsl,
wej£rf, wyjsd, pfyjsd 11. s.w., wobei das im präsens-
stamme erscheinende d (jid$, jidzeä u. s. f.) nicht ohne
einflufs war. — Ebenso wird dieses suffix jetzt verdoppelt
im verbum w z 3 d (nehmen), man spricht neben w z 3 d auch
wz^d, was auch durch rein phonetische gründe befördert
sein kann. Denn $6 ist = 3-f-t-t-s = vocal mit dem na-
salen mittone (kein verschlufs) -+- verschlufslaut + reibunga-
geräusch; $s<5 aber = 3-hs-M-t-s, d.i. nasaler vocal +
reibungsgeräusch + verschlufslaut -+- reibungsgeräusch (alle
drei desselben organes). Es ist also leichter wz^srf, als
wz^ auszusprechen, und darum spricht man häufiger
wz^Sd oder wzond (on<5 = vocal -f- nasalconsonant mit
dem verschlufse -l-t-f-s), als wz$<5, was jedenfalls einet
gewisse anstrengung erfordert.
Im russischen wird das infinitivsuffix -ti (tf) bei den»
verbum it'i (gehen) verdoppelt, und zwar viel deutlicher*
aber nur in den präpositioneilen Zusammensetzungen: saj-*
titfsa (zusammenkommen) aus so-M-t'i-t'i-sa, ujtfit' (ab-
gehen) aus u-i-t'i-tf, najt'itf (finden) aus na- i-t'i-t', vaj-
tfitf (eingehen) aus vo-i-t'i-t', abajt'it'sa (entbehren) au»
obo-i-t'i-t'-sa u. s. f., neben den der Suffixverdoppelung
entbehrenden formen: sajtis, ujtfi, najt'i, vajtfi, abaj**
t'is" u. 8. w.
Berlin, mai 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Hinneigung zu e im polnischen.
1) Neben dem instr. dual, oeyma (mit den äugen)?
uäyma (mit den ohren) findet man im 17. und 18. jahrh.
oöema, usema; und nozdfema (mit den nasenlöchern)
ist die einzig vorkommende form.
2) -ym im instr. und loc. s. m. u. n., und selbst im
hinneigung zu e im polnischen.
213
dat. plur. der adjectiva wird von manchen wie em ausge-
\ «prochen, z. b. instr. m. dobrem 6tow'cKem (mit dem
fc guten menschen) f. dobrym ctow'eKem, n. t$pem p'ö-
rem (mit der stumpfen feder) f. t$pym p'orem, loc. w.
dobrem clow'ekn f. w dobrym ctoweku, f t$pem
^p'6fe für f t$pym p'öfeetc; dat.pl. m. dobrem ludiom
[den guten menschen), n. dzetom luc&em (den mensch-
lichen werken), t^pem p'örom (den stumpfen federn),
fem. ziem dzefcynom (den bösen mädchen) u. 8. f. für
dobrym ludzom, dzetom luckim, t$pyni p'örom,
«lym dzefcynom. Dies ist auch hauptursache des
Schwankens und der Uneinigkeit in der Orthographie. *
3) Eine gewisse dissimilation kommt vor in -ym'i des
Instr. pl. der adjectiva und -imy der 1. pers. plur., die im
tnfe der zeit allmählich in -em'i und -emy übergehen.
So spricht man z.b. für dobry m'i (mit den guten), t^pym'i
(mit den stumpfen), luc&im'i (mit den menschlichen )*
prednim'i (mit den vorderen) u. s. f. jetzt fast allgemein:
[dobrem'i, t^pem'i, lucKem'i, pfednemi u. s. f.; ftkr
[6ynimy (wir thuen), rob'imy {wir machen), patfymy
(wir schauen) u. s. w. — cynemy, rob'emy, patremy.
4) In den denkmälern des 16. (seltner), 17. (am häu-
ften) und 18 jahrh. kann man diese Vertretung des y
<frder i durch e im part. praet., das temp. praeter, bildend,
beobachten: sing. m. bei (er war), WcSöel (er wahrsagte),
[ tocet (er drehte), n. belo (es war), welo (es heulte),
zn'$delo s$ (es hat sich gelockt), fem. zycela (sie
wünschte), wystaWela (sie stellte heraus), prem'^nela
^ (sie verwandelte sich); pl. masc. kup'eli (sie haben ge-
kauft), beli (sie waren), zrob'eli (sie haben gemacht),
omyleli &$ (sie haben sich geirrt), belismy (wir waren);
fem. und ntr. bety (sie waren), äpecety (sie entstellten),
grozely (sie drohten), zawely (sie haben geheult), na-
baw'ely (sie erfüllten, verursachten) u. s. f. für und neben
byl, w'eäcyl, tocyl; bylo, wylo, zn$<5ilo S$, 4y-
cyla, pfem'enila s$; kup'ili, byli, zrob'ili, omylili
s$, bylismy; byly, äpelüy, grozily, zawyly,
214 Baudouin de Courtetiay
nabaw'ily etc. Dialectisch und von einzelnen personen
kann man noch heute solche formen hören.
5) Das adj. frygijsKi (phrygisch) kommt im 17.jahrh.
auch als frygejsKi : frygejsKej vor.
6) Aus styr (Steuerruder), syr (käse), pastyf (hirt),
bohatyr (held) etc. sind die darneben gebräuchlichen
ster oder ster, s4r oder ser, past4f oder pastef,
bohater u. s. f. entstanden.
7) Eine ähnliche erscheinung wie unter 6) im auslaute,
tritt uns auch im inlaute entgegen. So werden z. b. die
Wörter scyry (lauter, aufrichtig), styrnik (Steuermann)
jetzt meistentheils scery, sternik gesprochen. Im 16.,
17. und 18. jahrh. finden wir sporadisch nom. 8. f. sela
(kraft), instr. seta., dat. sele, voc. s. m. zb'ef e (raubmör-
derl); z belica. (mit dem beifufse, artemisia vulg.), ba-
rely (gen. sg. oder acc. pl., fafs), Kelka (ein paar), telko
(nur), mela. sq (sie irren sich), cerklem (mit dem zirkel),
tegodnöf (der wochen, — was den ansehein einer grö-
fseren ursprünglichkeit zeigt) u. f. f. für und neben sila,
sila., sile, instr. zb'ifeni, z bylica., baryty, Kilka,
tylko, myla. sq, cyrklem, cyrkulik (kreischen), ty-
godnöf u. s. f. Die meisten von diesen formen kann man
noch heute zu hören bekommen. — Viele Warschauer spre-
chen Jenny (anderer), jenstygowac (anklagen), jendyk
(truthahn), jembryk (kaffeekanne) u. s. f. und selbst j^-
stygowac, j^dyk (in folge der hinneigung zum nasal-
vocale q) für jinny, jinstygowac, jindyk, jimbryk;
so auch lenija oder lenja (liuie), lelija (lilie) f. linija-
lilija; diese letzte form lelija habe ich auch in den denk-
mälern des 16. jahrh. gefunden. Einige wenige individuec
sprechen jetzt z. b. selbst b'elet (billet) für b'ilet u.a.
Umgekehrt näherte sich e in manchen fallen, als ge-
trübtes, dem i oder y und ist selbst in diese übergegan-
gen. Dies ist der fall mit - e m im loc. sg. msc. und ntr.
welches, der analogie des instr. -ym erliegend, im 15. unc
16. jahrh. in -ym überging. So auch im 15. und 16. jahrh
der instr. sg. ntr. von den contrabirten stammen, z. b. jiro'e-
einige beobachtungen an kindern. 215
nim (mit dem gute) im unterschied von jim'enem (mit
dem Damen), zbozym (mit dem getreide), z weselim
(mit der freude) u. s. f.; heute nur -em. — Im 16. und
17. jahrb. finden wir forty 1 (kunstgriff) für und neben
fortel, dyjamynt (diamant) f. und n. dyjament, dzito
(werk) f. dzelo; dzilo sprechen auch jetzt viele Polen
u. s. f. u. s. f.
Berlin, mai 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Einige beobachtungen an kindern.
Alle im folgenden erwähnten beobachtungen habe ich
an polnischen kindern theils selbst gemacht, theils von
glaubwürdigen personen vernommen; nur ein einziger fall
bezieht sich auf ein russisches kind.
I. Lautliches. 1) u für i; ein dreijähriger knabe:
ja b$d$ möw'ul f. uiöv/il (ich werde sagen); später mit
1: omylut se, f. omylil se, (er hat geirrt); ne ma slu-
fof für ne ma slifof (er hat keine epauletten) u. ä.
2) e für a in folge der assimilation : pow'eda flir po-
Vada (er sagt) u. ä., wie auch von manchen erwachsenen
gesprochen wird.
3) 3 för q in wyp^dzaj^ für wype^dzajq (sie trei-
ben aus) u. ä.
4) Manche kinder sprechen j för r, t, 1, z. b. a)jak,
jozum, daj, kjaje, juja, jiba, jisa, jidel, jinek,
daji etc. für rak (krebs), rozum (vernunft), dar (gäbe),
kraje (er schneidet), rura (röhre), ryba (fisch), rysa
(spalte), rydel (spaten), rynek (markt), dary (gaben) etc.;
b)japa, juSko, jep, daj, jisy, jiko, daji etc. für
Upa (pfote), lösko(bett), lep (köpf), dal (er gab), tysy
(kahlköpfig), lyko(bast), daly (sie gaben) etc.; c)jaska,
jajka, dajeko, strejam, strejis, daji, jina u. s.f.
216 Baudouin de Couttenay
fUr laska (stock), lalka (puppe), daleko (weit), stfe-
lam (ich schiefse), stfeliä (du wirst schieisen), dali (sie
haben gegeben), lina (seil) u. s. w.
Der umstand, dafs sie für ryba, rysa, dary, iysy,
tyko, daty — jiba, jisa, daji, jisy, jiko, daji aus-
sprechen, liefert neben vielem andern den beweis daftr,
dafs i in der polnischen spräche (nicht Orthographie) im
anlaute und nach vocalen präjotirt ist. Denn wenn hier
blofs r, 1 nicht ausgesprochen wäre, dann würden diese Wör-
ter yba, ysa, day, ysy, yko, day lauten. Dies ist
aber nicht der fall; der vocal y macht keine ausnähme,
und auch vor ihm wird anstatt r j ausgesprochen. Nun
folgt eine assimilation des vocals y an den vorangehenden
consonanten j (es versteht sich, dafs alles dies auf einmal
geschieht, nicht nacheinander), um muskelthätigkeit zu er-
sparen, da der Übergang der sprachorgane von j zu y zu
schwierig ist. So geht jy in ji über, und der anlaut der
Wörter jiba, jisy für ryba, lysy stimmt vollkommen zu
dem der Wörter jinny, jich, jim'$ u. s. f. mit ursprüng-
lichem j.
5) Viele kinder sprechen 1 für l und r: für lep,
tapa, lysy, rura, rak, ryba u. 8. f. — lep, lapa,
lisy, lula, lak, liba (assimilation des y an den voran-
gehenden palatalen consonant 1, ähnlich wie an j).
6) r für 1: krutka für klötka (schlofs) habe ich von
einem dreijährigen kinde gehört.
7) Wie bei andern Völkern, so sprechen auch bei den
Polen viele kinder und einzelne erwachsene d, t für g, k
z. b. dura, tura, todut, tot, dadac u. s. f. für
göra (berg), kura (henne), kogut (hahn), kot (katze),
gadac (plaudern). Mir scheint aber, dafs dies keine ge-
wöhnlichen dentalen d, t sind, sondern hinten, am gaumen
entstehende, vielleicht an die sogenannten sanskritischen
cerebralen erinnernde laute.
8) Umgekehrt brauchen manche kinder k Dir t und p,
z. b. krochy für trochy oder troch$ (ein bifschen),
krosks für trosk«? (dass.); zyk für zyt (Jude); . kaü-
1
einige beobachtungen an kindern. 217
le ffir pantofle (pantoffeln); komidoj für pomidor
*besapfel).
9) s für z im anlaute: sjem, slodzej, s maslem,
>b'ic etc. fQr zjem (ich werde essen), ztodzej (dieb),
na 8 fem (mit butter), zrob'ic (machen).
10) Wechsel des f mit ch: Sf intuf fQr sfintuch
hweinhund), chaust für und neben faust (Faust).
11) ls für f in mulals für mular (maurer), übri-
tö z (s) für r, wie fast allgemein von den Polen aus-
krochen wird, z. b. ziie für f ne (er schneidet) u. s. f.
n andres kind sprach f für rz, z. b. dfy für drzy (er
tert) u. s. f.
12) Es ist allgemein bekannt, dafs die Polen kein tö-
ndes h (wie Böhmen und Kleinrussen, z. b. hora, hy-
>uti u. 8. f.) haben, und dafs sie dafür ch aussprechen,
ur die in klein- und weifsrussischen gegenden lebenden
achen hier meistentheils eine ausnähme. Es hängt dies
;m der beschaffenheit der sprachorgane ab. Indem ich
n fünfjähriges kind hora, huk, halastra aussprechen
efs, hörte ich vora oder ora, uk oder chuk, alastra
der chalastra.
13) ü für 1 wird auch von vielen erwachsenen Polen
besprochen, z. b. üep für tep, güaskac für glaskac
streicheln), mydüo für mydlo (seife) u. ä.
14) Sogenannte metathesis: na wdor für na dwör
hinaus), fka&ny f ü r k fa s n y (sauer) ; fsina oder chfsina
for sf ina (schwein); okuralöf für okularöf (der bril-
en); kawarel (oder kawalek) für kawaler (Jungge-
selle), perelina für peleryna (pelerine). Damit vergl.
las in manchen gegenden volksthümliche tko für kto
wer).
15) Vermeidung des hiatus: poleta für poeta (dich-
er), napolewon für napoleon (Napoleon); aber eu-
opa.
16) Vereinzelt habe ich gehört: k für c: ne plak
kr ne plac (weine nicht); t für p: pogfet für pogfep
tegräbnifs); kn für km': knotek für km'otek (bauer);
218 Baudouin de Courtenav
nt für mp: lonta für lompa ( eigen name); dv för c
dv'abel för djabel (teufel); bz für z und k für fe
bzankonc für zamknqc (schliefsen); mbl fürdn: be
blas für bednaf (böttcher); sr für str: sryj för sti
(onkel); pologancka bulka für poznanska bul
(posensche semmel); jaglowa, p'aglowa für pawto
(frau von Paul); assimilation : rutro für jutro (morge
Verkürzung: k 8 an der für aleksander (Alexander).
17) Eine merkwürdige contraction: pajanna
panna joanna (fräulein Johanne).
18) Ein russisches mädchen, wenn man es lateinisc
ecclesia auszusprechen aufforderte, konnte es auf ke
weise aussprechen, sondern sprach immer dafür kje:
ganz genau wie italienisches chiesa.
II. Stammbildung. 1) Wurzelgefühl. Für tyi
waden) brauchte ein kind primäres lydy; für zdja.c
anderes: zdyma.c (z-d-im-^-c).
2) Odebre. für odb'ore. oder odb'ere, (ich we
abnehmen).
3) Für zalozc. (ich werde legen) — zakiadne. i
der gleichbedeutenden wurzel klad-, wovon das verb
imperfectum zakladac.
4) Suffixe: von p'es (hund) bildete sich ein kind
deminutivum psunek, von gruby (dick) den compan
nicht grupäy, sondern grub'ensy; für posa.sc (
po-s^d-c, verb. perf. , in besitz nehmen) — posa.dz
von der wurzel kop- (verb. kopac, stofsen mit den füfs
subst. kops (das stofsen). Ein anderes kind bildete s
vom stamme powoz- (nom. powös, kutsche) ein sul
fem. powozna für wozowna (wagenremise), und von
wurzel tyk- (verschlingen) subst. m. tykac für gare
(kehle).
5) Wechsel der präpositionen : zakrajac für poki
jac (schneiden), posyfyc* für rosäefyc (verbreiten), -\
skryc für otkryc oder roskryc (aufdecken).
6) Verba denominativa : vom subst lak (siegellac
zalakowac für zap'ec$towac (siegeln); von sIoe
einige beobachtungen an kindern. 219
(sonne) unpersönliches stoncac s§, z. b. slohcalo se.
für slonce sf'ecilo (die sonne schien); vom subst. maslo
(butter) namaslowac für posmarowac maslem (mit
butter beschmieren) u. s. f.
III. Wortbildung. 1) Fut. zabra (nach analogie
von da, raa, scaga u. 8. f.) für zab'efe (er wird weg-
nehmen) u. 8. f.
2) Futurum, mittels des verbums chce. u. s. f. (ich
will) gebildet, z. b. chce, zlecec für zlece. (ich werde
herabfallen).
IV. Syntactisches. 1) Anstatt des pronom. possess.
ward der gen. pron. pers. gebraucht, z. b. öy to ceb'e jest
olöwek för cy to tföj olöwek (ist dies deine bleife-
der) u. 8. f.
2) Die meisten kinder trennen die personalendungen
von dem conditionalen by (ehemaliger aorist) ab, z. b. ja
by ci zaras oddalem für ja bym ci zaraz od dal (ich
. möchte dir gleich abgeben) u. s. f.
Y. Lexicalisches. 1) Ein kind nannte sich selbst
tocis, kartoffeln taua;ein zweites nannte kartoffeln kal-
kallH (gemination für kartofle), den thee balkulka
(fiir herbata), den zucker ary (für cuKer), den brun-
nen karyk (für studna), trommeln duchn^c (aus da.c
ftr^by für tr^b'ic), springen pyrgac (für skakac),
den umwölkten himmel rosmane riebo (für pochmurne
nebo). ^
2) Viele kinder brauchen onomatopoetische wörtchen,
um die thiere zu bezeichnen, z. b. o! o! jidze mu\ (siehe
dal siehe da! es geht ein ochs oder eine kuh — poln. w'ol
oder krowa), be! (schaf, poln. ofca) u. ä.
VI. Dafs auch die kinder gleichlautende aber verschie-
denes bedeutende Wörter durch kleine lautveränderungen
schattiren, dafür kann ich einen beweis anführen. Als
nämlich ein kind das rätsei: co to zw'efe ma ctyry
nogi i p'efe? (was für ein thier hat gefieder und füfse
vier?) hörte, sagte es: ne möw'i &q p'6fe, tylko p'ife
(p'efe), bo to kob'eta p'efe (man darf nicht p'efe
220 Baudouin de Courtenay
sagen, sondern p'ife [gefieder], denn ein weib p'ei
[wäscht]).
Berlin, juni 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Zetacisinus in den denkmälern und mundarte
der polnischen spräche.
In einem denkmale des 15. jabrb. lesen wir nicht n
loc. sg. msc. bodze, wo -je die endung ist, und nom. ]
shi dzy (beide wie gewöhnlich), sondern auch vor d
endungen -y, -e verwandelt sich dort g in dz oder d
so z. b. pfed bodzem oder bodzem (? vor gott) f
bog ein (bekanntlich müssen im polnischen g und
vor e und y palatal ausgesprochen werden, g, K, ung
fahr wie deutsches k in kind, g in giefsen, und dai
geht y in i über), drodze kam'ene (kleinode) für dro{
kam'ene, drodzim kam'enim (mit kleinoden) für dr
gim, tyto ks$dzi (diese bücher) für ks$gi, drud
pfyklat (ein anderes beispiel) für drugi, ubodzi (e
armer) für ubogi u. s. f.
In demselben denkmale lesen wir ogzen für og«
(feuer); dies ist kein schreib- oder druckfehler, da es ;
zwei stellen so vorkommt. Damit vergl. ksa.c (priest*
ehemals fürst), ks^ga (buch) für K^c, K^ga (kjs
kj$ga), und dies für kn^c, kn^ga) oder eher: knig
= kiriga s= &Sga = ks^ga.
In einer polnischen mundart, nämlich bei den sog
nannten Kurpiken im gubernium Lomza (früher Pfock
erliegen auch die labialen consonanten dem zetacismt
So z. b. bzaty für b'aly (weifs), kobzalka für kob'alt
(lüschke), kobzita für kob'eta (weib), bzaika f
b'alka (ehefrau, in der Schriftsprache und sonst zona g
naunt), obzat für ob'at (mittagessen), psiwo für p'iv
(bier) u. s. f.
Berlin, juni 1868. J. Baudouin de Courtenay
Wechsel des s (s, s) mit ch in der poln. spräche. 221
Wechsel des s ( s, s ) mit ch in der polnischen
spräche.
Es ist eine längst anerkannte thatsache, physiologisch
wie auch historisch begründet, dafs 8 (ä, s) und ch in
einander übergehen. Nichts desto weniger meine ich, dafs
directe beweise nicht überflüssig sind.
In den verschiedenen ausgaben desselben buches,
X. Marcin Smiglecki. O Lichwie y wyderkach,
finden wir: in zwei ausgaben von 1596: pokazalismy,
1621, 1640, 1641, 1753: pokazalichmy (wir zeigten).
Hier liegt uns eine merkwürdige Vermischung des ehema-
ligen aoristi mit dem präteritum vor, durch den Übergang
des 8 in ch ermöglicht. In der 1. pers. sing, aber wurde
ch in bych als personalendung angesehen und vom m
verdrängt, wie auch heute -£my im plur. widzelismy
o. 8. f. als personalendung gefühlt und von m verdrängt
zu werden beginnt: w'idzelim u. 8. f. für w'idzelismy
(wir sahen).
Im 17. jahrh. finden wir in einem und demselben buche
neben einander formen von syn^c und chyn$c (sich be-
wegen, losmachen, aufmachen), syn^fsy s§ neben ochy-
nona, ochyne £§, ochyn^t s§, chyn^c sq.
Noch in der jetzigen spräche hören wir äypKi neben
chypKi (rasch), sfintus neben sfintuch (schweinhund),
zdzis oder Zdzicho ( Zdzislavchen ), stas oder stach
oder stacho (Stanislavchen) u. s. f. Weitere beispiele aus
allen slawischen sprachen kann man bei Öafaf ik, O pfe-
tvofovani hrdelnich souhlasek, Öas. cesk. Mus. 1847. I.
37—71, nachlesen.
Dieser Wechsel des s und 6 mit ch ist im wesen der
polnischen spräche so tief begründet, dafs er, gleichsam
als consonantische Steigerung, zur diflerenzierung der be-
deutung benutzt wird (consonantische flexion). Mit der
Veränderung des wurzelhaften s (oder ä) in ch nämlich be-
zeichnet man die gröfse oder die plumpheit des betreffen-
den gegenständes, z. b. nos (nase), noch (eine grofse,
222 Ebel
plumpe nase) ; w 3 8 (Schnurrbart), w 3 ch (ein grofser Schnurr-
bart); wlosy (haare), wlochy (dass. grob); klu8ek(klofß),
kluch (ein grofser klofs); fraska (kleinigkeit), fracha
(dasselbe grob); Riska (blutwurst), kicha (eine große
blutwurst) u.s. f.; ebenso kalose (kaloschen), kalocby
(dass. grob).
Berlin, juni 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Neutra auf -as im altirischen.
In einem augenblicke, wo ich von der unsäglich mühe-
vollen arbeit an der Gramm. Celt. ein wenig „an den luft"
trete > wenn auch „in den ringen", sehe ich mich danach
um, was ich wohl unter den mancherlei interessanten er-
gebnissen meiner arbeit unsern lesern als das interessanteste
bieten könnte. Da lohnt es denn wohl einen blick auf die
altirischen neutra zu werfen, deren ausscheidung und ver-
theilung mir mitunter nicht geringe Schwierigkeiten ge-
macht hat.
Am leichtesten stellen sich im ganzen die neutralen
a- (vorzüglich die ia-) stamme dar, unter denen etwa fol-
gende besonders nennenswerth sind: sil (same, neuir. siol),
gen. sil (sil), als neutrum erwiesen durch die glosse: is-
hoisaac dofuisemthar asil nairegde (ex I. genera-
bitur semen eius principale) Wb. 4, und leth (dimidium),
bekannt aus leth ngotho Sg. 5a, von leth (latus) ge-
schieden durch den dat. leuth: noichthiche colleuth
duäriin (29£ tag zu zählen) Cr. 3b; doch bleiben unent-
schiednen geschlechts cumang, fulang, fugall, tor-
mag (für welches atormag Sg. fxf nicht beweisend ist,
da a auch pron. poss. sein könnte), ilar und die entspre-
chenden zahlsubstantiva.
Dagegen geben sich als i- stamme von vornherein nur
neutra auf -aa im altirischen. 223
bigende deutlich durch den umlaut im nom. acc. kund:
Qtrir (meer), acc. issammuir Tr. 132 (St. Goid. 14),
uin (wunde): angnin Ml. 55r, buäid (sieg): niba öin
ebas ambuäid huaibsi (non erit unus e vobis qui
ccipiet palmam) Wb. IIa. Drei andre, rind (gestirn),
ir (ager), mind (insigne, diaderaa), sind nach dem altiri-
shen nicht bestimmt unterzubringen, da u-umlaut oft un-
^rbleibt, wie in bith (mundus), bei i regelmäfsig, und der
inzige casus, der bei rind und mind den ausschlag ge-
en könnte, der dat. sing, nicht belegt ist; ich habe mich
aher an das einzige uns noch zu geböte stehende hülfs-
littel, an das neuirische um auskunft gewandt, und das
ietet uns alle drei ohne o: tir, mind, rinn, wonach es
»stamme sind (und der dat. plur. rendaib eine wunder-
iche anomalie).
Noch schlimmer sind wir mit den u- stammen daran,
ro sich deutlich als neutrum und zugleich als u- stamm
rar dorus (thür, dat. pl. merkwürdiger weise doirsib)
in erkennen gibt und die nebenform recht (sonst m.)
lebst desimrecht (exemplum). Bei andern sind wir entwe-
ler des genus nicht sicher wie bei ith (getreide), sruth
fiufs), loch (see), die ich wegen der heutigen ioth f., sroth
'. O'R. neben sruth m. O'Don., loch m. f. für neutra halte,
— fid (bäum), das ich vor zwölf jähren als neutr. ange-
setzt, habe ich längst als masc. aus infid, fid aile Z. 606
erkannt — oder wir müssen den stammauslaut erst aus dem
aeuirischen folgern, so bei öl (potns), lind (liquor, pptus),
lin (numerus), heut öl, Hon. Das ist nun bisjetzt unser
ganzer vorrath mit ausnähme eines einzigen, *suth, das
Qw im gen. sg. sotho und nom. plur. na sothe999. 1000
vorkommt, heut suth (ohne genusangabe bei O'R.) oder
*oth f. (frucht); das e in sothe, welches bei fem. nie vor-
kommt aufser durch assimilation (in delbe und litre),
nebst dem artikel na beweist, dafs wir ein neutrum, die
heutige form, dafs wir einen u-stamm vor uns haben.
Nun bleiben uns aber noch eine anzahl Wörter übrig,
die mehr oder minder entschieden sich als neutra kund-
224 Sbel
geben, aber solche abweichungen von den bisherigen zei<
gen, dafs man sie keiner von den drei classen zuweise«
kann und sogar theil weise für feminina gehalten hat, wo-
gegen doch mehrere formen aufs deutlichste sprechen. Ge-
nauere betrachtung hat mich zu dem resultate geführt, dafe
dies die neutralen -as- stamme sind, deren existenz im kel-
tischen wir alle bisher geleugnet haben. 1 ) teg, tech
(haus), neuir. teach, erweist sich als neutrum durch artikel ■>
und transportiertes u*) im nom.: ni doir ateg noiged-
sin (non ignobilis haec domus hospitum), leissom atech
didiu (illius igitur domus) Wb., i stech ndagfir (est
domus boni viri), cultech ndemin (culina secura) carm.
Ml. — gen. intige Cod. Mar. Sc, indidultaigae (gl.
fani) Sg. — dat. isintig (in domo) L. Hymn. (Goid. 71),J
itaig, itaig, hitaig Wb. — acc. natürlich wie der nom*
tech Broc. hymn. und Goid. 71. Eine schwesterform *steg
(vgl.riyog und driyog) steckt in den heute noch üblichen adv.
astigh (drinnen, dat.) und asteach (hinein, acc), deren unter-
schied nur von dem alten neutrum aus zu begreifen ist. —
2) nem (himmel), jetzt nearh, schliefst sich in der form
ganz an teg an: gen. nime, dat. loc nim, acc. nem; pl.
gen. s echt nime (septem caelorum) Fei., dat. nimib Sanct.
hymn., acc. nime SM. Zeuss hat das wort als fem. auf-
geführt, Stokes und ich haben das in gutem glauben an-
genommen und einen streit um das wort geführt, in dem
jeder recht und jeder unrecht haben mufste, weil sich die
formen von dieser Voraussetzung aus gar nicht begreifen,
geschweige denn erklären liefsen. Gegen das fem. sprach
aber schon der acc. nem an drei stellen des cod. Wb.,
von denen ich die dritte, weil sie neu ist, mittheile: is
assu linn scarad friarcorp massu düng anroga-
dammar .i. techt innarcorp fornem (2. Cor. 5, 8;
est facilius nobis separari a corpore nostro, si est impos-
sibile id quod rogavimus, i. e. escendere in corpore nostro in
*) Siehe darüber Celtic Studies, p. 91, not. 77.
i-
ist
gl
lv
IT.
er
k
neutra auf -as im altirUchen. 225
caelum), nirgends nim, neben dem ebenso unabänderlichen
dat. nim; Z. nahm zwar an, dafs sogar der nom. gele-
gentlich nim heifsen könnte, indessen das ist ein gewal-
tiger irrthum, hervorgegangen aus einer völligen misdeu-
tung des anfangs der Inc. Sg., die ganz unverkennbar den
loc. enthält*): ni artu ni nim ni domnu ni muir ar-
nöib briathraib etc. (non altius quidquam in caelo, non
profundius quidquam in mari quam Sacra verba). Den
diplomatischen beweis, dafs nem kein fem. ist, der uns bis
dahin noch fehlte, hat Colmän's hymnus (Goid. 78) gelie-
fert, wo es in v. 31 heifst: flaithem nime locharnaig
(dominus caeli lucernosi), also das zugesetzte adj. entweder
masc. oder neutr. ist, gegen das masc. sträubt sich aber
der acc. plur. — 3) leth, led (latus), nom. alled Wb.,
dat. leith, gen. du. indaleithesin Sg. wird durch die
analogie der beiden vorigen gestützt. — 4) mag erscheint
zwar mit neutralem artikel im nom. ammag Wb. nur in
der bedeutung: ort, indessen findet sich der acc. mag
(campum) auch bei Tir. neben dem gen. maige Broc. h.,
tauige Corm. und dem dat. maig Br. h., muich Corm.,
es ist also am genus nicht zu zweifeln; dat. du. indib-
maigib im Ortsnamen bei Tir. Besonders ist zu bemer-
ken, dafs dat. und acc. sg. bis auf den heutigen tag in den
adverbien amaigh (draufsen) und amach (hinaus) erhalten
sind, die genau ihren oben angeführten gegensätzen astigh
nnd asteach entsprechen. — 5) sliab (berg), als neutr.
erwiesen durch das n in: sliab nossa (gl. monsOssa) Sg.
'bei Z. 55, gen. intsleibe (buch von Lism. bei O'C. 594),
dat. sieib Wb. Ml. L. Ardm., acc. i sliab n-Uaid (in
montem Faad) SM. 68; plur. nom. siebe F£l., dat. slebib
ML Hier habe ich anfänglich an ein ähnliches Verhältnis
wie bei cian (longus, longinquus, remotus) gedacht, neben
*) Man beachte das zweimal deutlich unterschiedene ni — nf und die
völlige unhaltbarkeit der annähme von «bstracten Substantiven auf -u statt
-tu (sogar foirbthetu o. s. w.), während artu «■ arddu, ardu und
domnu als comparative beide belegt sind.
Beitrage z. vgl. sprach/. VI. 2. 15
226
Ebel, neutra auf -as im altirischen.
dem ein dat. c6in auftritt (gall. Ceno-mani und Ceni*5
magni); die analogie der übrigen Wörter gibt aber ei
einfachere erklärung an die band. — 6) log (pretium) mit
transportiertem n noch im SM. log nenech (pretium ho- '
noris) 92, gen. indlöge Wb., acc. log Wb., luach (gl. !
fenus) Sg. — 7)glün (knie) und 8) du n (bürg) allerdings | '
nur aus dem gen. duine SM. und den pluralformen nom. i
glüne (Goid. VII), gen. glunae Ml., dat. glunib, acc.
glüne Sg. zu folgern, aber der gen. sg. glüine und nom.
plur. glüine, düine existiert heute noch.
Alle diese Wörter zeichnen sich nun durch den gegen- ['
sats zwischen nom. und acc. sing, einer-, den übrigen ca- 1
sus andrerseits in einer solchen weise aus, dafs wir diesen
gegensatz nur aus einem stamme mit vocal Wechsel (i und
a, oder e und o) erklären können. Da ein solcher stamm
nicht wohl auf einen vocal enden konnte, so müssen wir
annehmen, dafs er auf den consonanten endete, der n
festem gesetz beständig ausfiel, also aufs. Dazu komoffj
als bestätigung, dafs mehrere der angeführten Wörter staU*
in andern sprachen mit offenbarem as- stamm wiederftw
den: teg steg = rtyog criyög, nem = viipog und slaf«
nebo, leth = lat. latus, mag = skr. mahas. Wi
dürfen also erschliefsen:
Sing. :
N.
A.
nemas
nem
nem
G.
nemisas
nimeas
nime
D.
L.
nemisi
nimt
nim.
Plur. :
N. A. nemisä nimea nime
G. nemisän nimean nime(n)
D. nemisibjas nimibas nimib.
Besonders wichtig mufs aber der umstand erscheinen, daß
wenn wir statt i und a nach anderweitigen analogien e und
o setzen, die zu folgernde gallische grundform dieser de-
clination, soweit eine vergleichung möglich ist, aufs haar
mit der griechischen, nächstdem mit der lateinischen und
davischen übereinstimmt, vor allen dingen der vocalwecb-
Stokes, Endlichen glossar.
nemos
*neme(s)os
*neme(8)i
*neme(s)a
*neme(s)on
*neme(s)ebos
Juli 1868.
vicpog
vicpeog
vicpet
latus
lateris
lateri
uebo
nebese
nebesi
Plur.;
227
ejiel darch alle diese sprachen hindurchgeht. Man ver«
eiche:
Sing.:
vicfsa latera nebesa
vecpioov laterum nebesü
(vecpieaai) lateribus nebesemü.
H. Ebel.
Endlichere glossar.
„De nominibus galücis". Hoc caput integrum descri-
Jrimus: Lugduno, desiderato monte; dun um enim mon-
jtem. Aremorici, antemarini; quia are ante. Arever-
jns; ante obsta. Roth, violentum, Dan et in gallico et
in hebreo judicem; ideo hrodanus; judex violentus.
Brio; ponte. Ambe; rivo. Interambes; inter rivos.
Lautro; balneo. Nanto; valle. Trinanto; tres valles.
Anam; paludem. Caio; breialo sive bigardio. Onno;
flumen. Nate; fili. Cambiare; rem pro re dare. Avallo;
poma. Doro; osteo. Renne; arborem grandem. Trei-
cle; pede,
Catalogus codd. mss. bibl. palat. vindob., pars I.
Vindobonae 1836, p. 199.
Stephan Endlicher fand das oben angeführte glossar
in einem manuscript des 9. jahrh. in der hofbibliothek zu
Wien. Außer Zeufs, der es auf p. 13 seiner Gramm. Cel-
tica citiert, hat bis jetzt niemand, so viel ich weifs, von
demselben kenntnis genommen.
Der name Lugdunum („Lyon") wird ebenso erklärt
in den Notae Veteres ad Itinerarium Burdigalense bei Du-
cange und auch bei Diefenbach (Origg. Europ. 325). Die
15*
228
Stoket
älteste gallische form ist Lugudunon {ylovyovdov
vvv de Jtovydovvov xalovfisvov, Dio Cassius XL VI, c.
das Siegfried für ein compositum hielt aus lugu „klei
(= ir. lü, compar. laigiu, i-la^v-^ laghu-s) und d
non (latinisiert dunum), hier durch „rnons" glossiert
bei Plutarch de flum. durch zonov h^kyovxa. Es ist
irische dün castrum, altw. din (gl. arx), nhd. zäun. Wei
man sich des beständigen gebrauchs der deminutiva
hypokoristischem sinne erinnert, hat es keine schwierig!
zu verstehen, wie ein wort, welches eigentlich „mons
tus" bedeutete, durch „mons desideratus" erklärt w
konnte.
Aremorici (gl. antemarini), are (gl. ante), arev
nus (gl. ante obsta). Eine der ersten dieser drei ähnli
glosse wird citiert bei Diefenbach (Origg. p. 231) aus
Itin. Hieros. „aremorici ante mare; are ante, m
dicnnt mare; et ideo Morini Marini". Die präposi
arS (der vers des Ausonius beweist die länge des e)
von Ebel (Beiträge III, 36) mit naqal verglichen w
morici ist der nom. plur. masc. von moricos ma
einem adjectiv von mori (ir. muir, w. mor) =
mare.
In arevernus (gl. ante obsta) sehe ich eine z
pers. 6g» imper. medii. Das s entspricht dem skr. sva
bhara-8va = cpeQov fÄr *(peQ-t~oo. Was die Wurzel
v er nus „obsta" anbetrifft, so möchte ich dies verbum
skr. vrnömi von vr „to resist" vergleichen, vernus
vrnuäva. Ein anderes beispiel dieser form auf s ist
leicht das datalages der inschrift von Poitiers. A
andere spuren des mediums sind bereits im keltischen
funden worden, wenn ich recht habe mit meiner erkl
des verb. subst. as Beitr. V, 313 und des namens S
gramnos ib. 363.
Die glosse hrodanus — leg. rhodanus — (gl.
dex violentus) findet sich auch in dem Itin. Hieros. bei
fenbach, Origg. pp. 407. 408, wo die erste silbe
durch „nimium" erklärt wird. Die richtige lesung ist r
Endlichen glossar. 239
nus oder ro-danos. Ro ist das wohlbekannte inten-
>rafix (Z. 829. 833) und da nus „judex" ist eine abtei-
lt von der wurzel dhä, wie griech. &i-fiig, z. dä-tam,
. dom-8, engl, doom, altir. er-dathe (gl. judicii)
>. arm ach. 10. a. 2. Der flufsname Rodanus von der
rzel rad ändere, fodere*) hat nichts damit zu thun.
Brio (gl. ponte) scheint ein v zwischen den vocalen
loren zu haben, wenn wir uns der formen Brivo du-
al (später Briodurum), Brivo-Isarae „Pont-Oisea,
maro-briva etc. erinnern. Dann ist bri(v)o der abl.
eines gallischen brivos (brivon?), brücke, das nach
stet verwandt ist mit w. briw „a cut", briwio „to
saku, gerade wie deutsch brücke mit brechen.
Ambe (gl. rivo) ist der abl. sg. und ambes in in-
r-ambes (gl. inter rivos) der acc. pl. von am bis, einem
hema, von der wurzel AB, wie der gallische flufsname
»m-bris, w. A-m-byr (Lib. Land. 165, 191, 216), o-^-
pog, i-m-ber, skr. a-m-bu „aqua" (Glück, Neuejahrb.
164, p. 600). Wir finden die unnasalierte wurzel in Abona
acit. Ann. XII, 3l), jetzt Avon, !äßog Ptol. II, 2; Abu-
oa, ir. abh „fluvius" und aibhell .i. uisce „wasser*.
Die präposition inter (altir. eter, etar, Zeufs G. C.
5) ist das lat. inter, osk. anter; ich finde sie nicht in
n britischen sprachen. Der auslautende vocal im ver-
indten corn. yntre (bret. entre) bleibt mir dunkel.
Lautro (gl. balneo) ist der abl. sg. eines gallischen
utron = Xovtqov, lat. lübrum in pol-lübrum, altir.
tbar (gl. alveiis) Z. 744, mbr. louazr, wz. LU, von
t auch luo, lustrum.
Nanto (gl. valle) ist gleichfalls der abl. sg. eines neu-
llstammes auf o. Ich würde nantu erwartet haben (vgl.
totn-de), denn die ableitung Nantuates deutet auf
den n- stamm. Der nom. (oder accus.?) pl. dieses wor-
l erscheint in tri-nanto (gl. tres valles), wo nantö,
*) Cf. XaQaSQoq. So ist der flufsname Scultenna, JBxovkrawa (in
Uia cispadana) verwandt mit ir. scoltaim „scindo, diffindo", lat. c alter
• *sculter?
230 Stakeg
wie avallö (gl. poma) zu vergleichen ist mit dem acc.
pl. dvorico „porticus", den Pictet neuerlich in der galli-:si
sehen inschrift von Gurret gefunden hat: Sacer Perocop
ieuru dvorico V. S. L. M. Hier ist natürlich ö = laU
-ä, gr. -a; im altirischen fällt es regelmäfsig ab im neutr.;
pl. wie nert „virtutes" Patricks hymn*, ole „mala" Z, 354,*
arm „arma" Z. 368, membur „membra" Z. 1006* Im;
neukeltischen entspricht diesem nanton w. nant „ravine^
brook", neint, jetzt pl. nentydd, com. nans (gl. vallis)f
pl. nanssow. *
Das zahlwort tri (in tri-nanto) findet sich auch inj
trigaranus und TQi-ftctgxioia. \
An am (gl. paludem) ist latinisierung des gall. *ananj
(änan?), vgl. logan „sepulcrum" in der inschrift von Todi. ,
Ich kenne nichts ähnliches aufser ir. an wasser, citiert von
O'Reilly s. v. Aidbeis, co hoin abna (?) gl. limpä fon-
tis, Lib. hymn. an .i. uisge O'Clery's gl., aber ich habe
es nie irgendwo gefunden. !Avava ein Salzsee im 8. Phry-
gien hat eine gewisse ähnlichkeit mit unserem gallischen
wort, aber wer möchte ihn zu vergleichen wagen?
Caio (gl. breialo sive bigardio) ist ein abl. sg. Die
lateinischen worte sind dunkel. Ducange hat broialum,
brolium etc., was er erklärt als ein feld „arboribus con-
situm „ . et muris aut sepibus cinetum". Pictet vermuthet,
bigardium bedeute „un Heu garde, enclos". Ich möchte
daher annehmen, dafs diesem caio-n im neukeltischen
entspreche w. cae „sepimentum" Z. 291, jetzt „an inclo-
sure, hedge, field*, altir. cae .i. tech „domus" in cerdd-
-chae (gl. officina) Z. 70, cerd-cha (gl. fabrica) Ir.
Glosses no. 218. Damit stimmt überein plattlat. cayum
„domus". Vgl. got. hai-m-s, xeifiat, quies etc.
Onno (gl. flumen) ist vielleicht ein fem. ä-stamm, das
correlat zu ir. inn f. „fluetus, unda* und skr. and ha
„wasser". Die glosse des Ausonius zu Divona („fons
addite divis") = skr. de van a das strahlen, glänzen be-
ruht auf einer angenommenen identität zwischen unserin
onno und der endung -öna.
Endlichere glossar. 231
Nate (gl. fili) sollte gnäte heifsen, der voc. sg. von
aatos = lat. (g)natus von GAN; vgl. eine bei Die-
lbach (Orrgg. p. 362) citierte glosse: Gnatus filius lin-
a Gallica et natus.
Cambiare (gl. rem pro re dare). Hier ist die en-
ng offenbar lateinisch. Wegen der würze] vergl. Cam-
s, ein epitheton des Mercur (De Wal, p. 52), welches
jgfried verglich mit dem Mercurius Nundinator eini-
r inschriften. Siehe Djez etym. wtb. I, 102. [M. d'Ar-
& de Jubainville vergleicht neubret. kemma].
Avallo (gl. poma) ist der noni. oder acc.pl. eines
ltralstammes auf -o. Vgl. ir. abhall „malus", ubhall
ialumtf, w. afall, mbr. aual.
Doro (gl. osteo) ist der abl. sg. von doron oder viel-
hr (wenn wir uns an dvorico erinnern) dvoron =
\ dväram. W. und br. dör, ir. dorus, corn. daras.
r gen. sg. dieses Wortes findet sich in Isarno-dori (gl.
rei ostii) Diefenb. Origg. p. 367.
Renne (gl. arborem grandem) scheint der acc. sing.
es neutralstammes auf -i. Ich kann dies wort nicht
;lären, vielleicht ist es (mit abfall des anlautenden p)
•wandt mit w. br. prenn = ir. crann, nqivog.
Treicle (gl. pede) ist der abl. sg. eines i -Stammes
1 kömmt scheinbar von *tregile, *tragile von der
rzel TRAGH in ver-tragus (gl. xvcov 7iod(ox?ig), ir.
aig »pe8tf, gr. r§^w, got. thragjan. Der Übergang
i g in c ist vielleicht durch die elision (oder metathe-
I des folgenden vocals veranlagt. Oder sollen wir hier
würzet TR AK, skr. trank, zend. thrak „marschieren"
ennen?
üalcutta, december 1867. Whitley Stokes.
233 Ebel
Sanas Cbormaic. Cormac's Glossary translated and annotated by the lau
John O'Donovan, LL. D. Edited, with notes and indices, by i
Whitley Stokes, LL. D. Calcnttt, printed for tbe Irish Arcbaeo-
logical and Celtic Society, 1868.
Das vorliegende buch, welches durch die schlufsworte
„in tris artäne for lige m' anarucharat A. Rudolf Tomas
Siegfried, inso süas* einen neuen beweis von der bekann-
ten pietät des herausgebers gibt, bietet uns nicht nur eine
höchst willkommene ergänzung zu seiner ausgäbe der Tbree
Irish glossaries, sondern enthält auch in den sprachlichen,
litterarischen, historischen und anderweitigen sachlichen
nachweisen, die wir in den anmerkungen theils von des
Übersetzers., theils von des herausgebers hand empfangen,
eine solche fülle schätzbaren materials aller art, dals wir
darauf verzichten müssen, innerhalb der grenzen einer an-
zeige unsern lesern auch nur annähernd ein bild von dem
reichen inhalt desselben zu geben.
Aufser der Übersetzung des früher aus Cod. A. gebo-
tenen textes, die der herausgeber zwar sorgfältig durch-
gesehen und vielfach verbessert hat, doch stets mit ge-
nauer angäbe von O'Donovan's abweichenden deutungeo,
erhalten wir hier zunächst die wichtigsten abweichungen
des gröfsten fragments (Cod. G.) und des Cod. B., des
sogenannten „gelben buchs von Lecan" (Leabhar Buidhe
Lecain), namentlich dessen zusatzartikel jedesmal am Schlüsse
des betreffenden buchstaben eingereiht; sodann aber liefern
die noten , die jedem artikel beigefügt sind , einen grofsen
reiohthura an belegen und parallelstellen, unter denen wii
ganz besonders die mittheilungen aus O'Clery's glossai
veralteter Wörter (Löwen 1643)*) hervorzuheben haben
Eine vorzüglich dankenswerthe beigäbe, die die brauch'
barkeit des werkes in hohem grade vermehrt, bilden di<
sorgfältigen regist er: sach-, quellen-, Personenregister, geo
graphischer index und endlich die Wortregister nach dei
*) Einen neuen abdrnck desselben stellt H. Gaidoz im prospectus d<
Revue Celtique in, hoffentlich nicht allzuferne, aussieht.
anzeigen. 233
erschiedenen sprachen geordnet. Doppelte Verzeichnisse
9D Addendis und Corrigendis zeugen davon, wie schwie-
g die aufgäbe war, und wie rastlos der verf. an deren
8trag fortgearbeitet hat.
Ref. erlaubt sich hier nur einige bemerknngen anzu-
löpfen, zu denen er sich bei flüchtiger durchsieht veran-
fst gefunden. Zu lüda (der kleine finger), im Cod. G.
utu geschrieben, bemerkt der verf. in den zweiten Ad-
udis unter beseitigung einer froheren irrigen vergleicbung
jhtig, dafs der altir. dativ lutain sich bei Z. 926 in der
ic. Sg. findet; ref. ist seit längerer zeit durch eine stelle
)i O'Don. 285 auf das richtige geführt worden, s. Gr.
elt. 265, kann aber jetzt noch mittheilen, dafs zufolge
ner note in Zeufs9 handexemplar (wo dieselbe stelle ei-
ert wird) die worte der Inc. atanessam dolutain it-
elaib, vor denen ein Versetzungszeichen ohne angäbe des
inen gebührenden platzes steht, vermutblich in die nächste
eile hinter indamer gehören. Zu diamain aus Cod. 6.
it aufser dem citat aus O'Dav. auch Z. 605 zu verglei-
hen : isdiamuin leiss cachthüare (jede speise ist für
in rein)Wb. Zu nel (wölke) ziehen wir auch in-niulu
Gr. C. 20). In der note (d) zu p. HO ist ebenso wie
rr. C. 158 zum com. caid (= captus) aus dem Voc.
och keth aus P. und den Dr. nachzutragen. Zu ep-
cop find, gewifs richtig in escop emendiert, liefs sich
ufger den verglichenen Wörtern auch wohl unser deutsches
choppen anfahren. Ob OD.'s deutung von messtar bü
i.v. segamlae) ganz richtig ist, wie in den letzten Cor-
igendis angenommen wird, bezweifeln wir; nach analogie
er beispiele Gr. C. 468 und 438 scheint uns vielmehr
lier eine 2. sg. eines 8-conj. oder fut. vorzuliegen, worauf
tich O'Dav. misir deutet, also: judicabis (judica) vaccas.
fam schlufs noch ein beispiel, wie in der Wissenschaft
ede kleinigkeit licht auf irgend einen andern punkt oft in
;anz entlegenem gebiet wirft. Unter naiscu .i. nescu
aal?) führt O'D. die neuere form eascu oder easgan an,
^d Mr. St. erwähnt unter andern beispielen eines solchen
234 Ebel
abfalls auch das bret. Ormandi; diese form findet sich
nebst Ormant und dem fem. Ormantes schon im Ca
tholicon von 1499, und wem fiele dabei nicht das Ori-
man, Orman aus dem Parzival und das (unbegreiflicher
weise bei Zarncke fehlende) Ormanie, Ormandin der
Küdrün ein?
Doch genug der einzelnheiten und kleinigkeiten; dan-
ken wir vielmehr dem unermüdlichen vcrf. für diese neue
treffliche förderung der keltischen philologie, indem wir
uns zugleich den wünsch auszusprechen erlauben, dafs
seine verheifsene ausgäbe des Fe'lire nicht allzulange auf
sich warten lasse.
20.juni 1869. H. Ebel.
Glossae hiberaicae veteres Godicis Taurinensis, edidit Conetantinus
Nigra. Lutetiae Parisiprum, 1869. gr. 8. XXXII und 72 s.
Wenn uns hier die Turiner glossen in einem neuen
abdruck geboten werden, so können wir es dem verf., der
sich in der vorrede wie in den beigefügten erklärungen
und bemerkungen vollkommen auf der höhe der heutigen
keltischen philologie zeigt, nur dank wissen, dafs er sich
durch die nachträgliche bekanntschaft mit Stokes' ausgäbe
derselben in den „Goidilica" nicht hat abhalten lassen,
seine gediegene arbeit zu vollenden und zu veröffentlichen.
Vier äugen sehen eben besser als zwei, und selbst die ge-
wissenhafteste copie einer handschrift pflegt für spätere
vergleichungen eine nachlese zu lassen. So findet sieb
denn auch hier manches, was dort zweifelhaft gelassen
oder verlesen war, festgestellt oder berichtigt, manche locke
ergänzt; namentlich sind auf p. IV col. 1 mehrere glos-
sen entziffert, die bei St. fehlen ; aufserdem ist durch splen-
dideren druck ein getreueres abbild des codex selbst ge-
geben. Sodann gibt der verf., obgleich er selbst den gan-
zen werth seiner arbeit nur in der treuen wiedergäbe der
handschrift, namentlich der glossen, gesucht wissen will
anzeigen. 235
doch mehrfach gar nicht zu verachtende neue deutungen,
und endlich erhalten wir in den anmerkungen (seltener in
der vorrede) werthvollo mittheilungen aus dem lange noch
nicht hinreichend ausgebeuteten Mailänder codex, einige
auch aus dem Wurzburger.
Aus der vorrede, die nach einem überblick über die
wichtigsten lauterscheinungen des altirischen genauere aus-
kauft über den codex selbst gibt, nebst Zusammenstellung
der hauptsächlichsten eigenheiten der schrift, heben wir
hier nur die herleitung des reimes von den Kelten, der
ein eigner excurs gewidmet ist, und die zu rückführ ung des
irischen Wegfalls der vocale auf die einwirkung des acceuts
hervor, eine annähme, mit der sich ref. solche formen
wie coscrad, conrotgatar seit längerer zeit ebenfalls
erklärt hat. (Der herleitung von incholnigud (inchol-
nugud?) aus einer grundform #incholnictu vermögen
wir jedoch nicht beizustimmen, da die subst. (infinitive)
auf -ud sich eng an ser. III (Gr. C. 427) anschliefsen,
wonach vielmehr eine Verkürzung von *ini- (eni-) col-
nicitu oder -colniciatu in -colnicitu anzunehmen
ist, welches incholnigiud, schliefslich incholnigud,
incholnugud ergeben mufste.) Dagegen können wir e»
uns um so weniger versagen, unsern lesern an einigen bei-
spielen den ertrag der neuen collation zu zeigen, da wir
durch die gute des hrn. verf. in den stand gesetzt sind,
uns mittelst eines vortrefflichen facsimile's der ganzen band-
schrift ein eignes urtheil zu bilden. Sogleich die erste
irische glosse, bei St. aeth (?) da son dombersom
beus, lautet hier: cech da son etc., unverkennbar rich-
tig; nur kann ref. der erklärung (quaeque duarum vocum
quam, i.e. utramque vocem) nicht beitreten, findet viel-
mehr hierin ein neues interessantes beispiel für die Gr. C.
307. 361 besprochene bezeichnung der distributivzahlen:
binae voces quas, i. e. binas voces affert ille porro (näm-
lich Jesus Messias, öcotijq XqiötoQ) salvator unctus). Dafs
61. 5. 6 bei St. zu verbinden sind, wie hier I, 1. 5 ge-
schehen ist, hatte ref. längst vermuthet; von den beiden
286 Ebel
abweichenden lesungen dan&ircechnatar som (vatici-
nati sunt, St. dun.) und triub (St. triab) haben wir die
erste sogleich, die zweite, obwohl mit einiger Schwierig-
keit, schlief8lich doch auch als richtig anerkennen müssen,
da der gerade auslaufende zweite grundstrich des u der
einzige sichere unterschied vom gerundeten, in der hand-
schrift des glossators (nicht des codex selbst!) meist eben-
falls oben offnen a ist. Ebenso steht in gl. 18. 19 bei St.
(hier weniger gut zu einer verbunden I, 1. 16) ganz deut-
lich das erstemal pardafs, das zweite mal parduis. In
der vorhergehenden I, 1. 15 (St. 17) ist das sinnlose noch
ris in hochrist verbessert; fürimmerume diar:ndam
liest hr. N. immerumedi ar adam, doch ohne genü-
gende erklärung. Für iacaum (?) St. 128, das ref. lei-
der noch Gr. C. 49 aufgenommen, später aber nach con-
jectur mit iarum vertauscht hat, findet sich letzteres nun
wirklich IV, 2. 13; ebenda ist forelgatar (?) in fosel-
gatar verbessert, was zu sligim, fosligim (Gr. C. 429)
stimmt. Eine wichtige textverbesserung ist I, 1: unde in
diserto querunt (quaerunt) iohannes et ihesus quod in
diserto amisum est (St. erant). Von neuentzifferten glos-
sen ist die wichtigste IV, 1. 21: habe's leusom dober-
tis daboc leu dochum tempuil 7 noleicthe inda-
lanai fon dithrub co pecad inpopuil 7 dobertis
maldachta foir 7 noircthe din (an)d op(opul)
tarcenn ap(ectha) indaile („erat mos apud eos ut af-
ferrent duos hircos secum ad templum et dimittebatur
unus in desertum cum peccato populi et afferebant male-
dictiones super eum et occidebatur igitur ibi alter a po-
pulo pro peccato suo").
Unter den erklärungen heben wir hervor die deutung
des forfenar (II, 1. 15, St. 45) als forbenar (perficitur),
was bei weitem ansprechender ist, als der von St. ange-
nommene Wechsel des ch mit f, den Z. auf höchst unsi-
cherer basis statuiert hatte.
Doch wir müssen abbrechen, um die grenzen einer
anzeige nicht zu sehr zu überschreiten; möge der hr. verf.
anzeigen. 237
die für die Revue Celtique verheifsenen mittheilungen aus
Cod. Ml. recht bald liefern.
25.juni 1869. H. Ebel.
1) Gat'ä Ahunavaiti. Sarat'ustrica carmina Septem latine vertit et expli-
cavit, commentarios criticos adjecit, textum archetypi recensuit C. Kos-
sowicz. Petropoli 1867. VI und 165 p. 8.
2) Gatfa Ustavaiti latine vertit et explicavit, textum archetypi recensuit
Dr. C. KoBßowicz. Petropoli 1869. IV. 94 und 41 p. 8.
Das Avesta hat mit dem A. T. so viele analogieen
und die einheimischen erklärer desselben mit den alten jü-
dischen selbst so viele innere Verwandtschaft, dafs es nicht
in erstaunen setzen kann, wenn die noch so junge exegese
des Avesta so ziemlich den verlauf zu nehmen anfängt,
den früher die biblische exegese auch genommen hat. Ge-
wissenhafte benutzung aller traditionellen hülfsmittel ist
hier eben so sehr geboten wie die anwendung aller regeln
der wissenschaftlichen exegese unserer tage: die anwen-
dung der Sprachvergleichung in engerem und weiterem
sinne, die eindringende und selbständige erforschung der
texte und der ihnen zu gründe liegenden anschauungen.
Voraussichtlich wird auch der erfolg unsrer arbeiten ein
ganz ähnlicher sein, wie wir ihn auf dem gebiete der exe-
gese des A. T. wahrnehmen können. Es läfst sich hoffen,
dafs wir noch über gar viele stellen, die uns jetzt ganz
oder theilweise dunkel sind, zur vollkommenen klarheit
gelangen werden. Ohne frage wird aber auch eine gute
anzahl von stellen zurückbleiben, bei welchen dieser fall
nicht eintritt, wo wir uns begnügen müssen zwei oder
mehr möglichkeiten der erklärung aufzustellen, von denen
jede etwas für sich anzuführen hat, keine aber genug um
als die einzig mögliche gelten zu können. Ein ganz voll-
kommenes verständnifs, eine erklärung, welche bis in alle
einzelnheiten hinab jedermann befriedigte, werden wir
wahrscheinlich nie erlangen. Aber bei wie vielen Urkun-
den des alterthums tritt denn überhaupt dieser fall ein?
238 Spiegel
Allgemein wird es zugestanden, dafs innerhalb des Avesta
die metrisch abgefafsten stücke, die sogenannten Gäthäs,
die schwierigsten sind. In diesen haben wir noch fragen
der allgemeinsten art zu lösen wie über den zweck, inhalt
und gedankenzusammenhang dieser gedichte; hinter diesen
Schwierigkeiten treten die gewöhnlichen fragen über die
construction der einzelnen sätze, die bestimmung der Wort-
bedeutungen ganz in den hintergrund, obwohl auch hier der
zweifei genug sind. Trotz der vielen Schwierigkeiten glau-
ben wir aber an einer endlichen glücklichen lösung dieser
aufgäbe nicht verzweifeln zu sollen. Es ist sogar die mög-
lichkeit nicht ausgeschlossen, dafs es einem genialen for-
scher gelingen könnte mit einem male durch glückliche
combinationen die mehrzahl der dunkelheiten aufzuklären,
welche uns bis jetzt hindern weiter fortzuschreiten. Diese
lösung der frage ist jedoch immerhin die unwahrschein-
lichste, viel wahrscheinlicher scheint.es uns, dafs eine gute
anzahl von forschem längere zeit hindurch sich abmühen
werde, den sinn und gedankengang einzelner gedichte, ja
einzelner Strophen und verse zu ermitteln und dafs erst
dann, nachdem durch solche zeit und geduld erfordernde
vorarbeiten die einzelerklärung fortgeschritten ist, es ge-
lingen werde den Zusammenhang im grofsen genauer zu
erkennen. Die exegese der Gäthäs dürfte mitbin einen
-ähnlichen verlauf nehmen wie die des buches Hiob. Mit
dem eben genannten buche scheint auch darin eine ähn-
Hcbkeit zu bestehen, dafs die kenntnifs des Zusammenhan-
ges und des gedankenganges der Gäthäs den einheimischen
erklärern schon frühzeitig abhanden gekommen ist. Diese
erklären meist jeden einzelnen vers fftr sich und der sinn,
den sie in vielen fällen gewinnen, widerspricht so sehr den
gewöhnlichsten regeln einer philologischen exegese, dafs man
ihn durchaus nicht annehmen kann. Man wolle indefs aus
dieser Sachlage keine voreiligen Schlüsse ziehen. Gar häufig
geschieht es auf diesem gebiete, dafs man anfangs für falsch
hält, was sich für die weiter fortgeschrittene forschung als
das einzig richtige ergiebt. Unsere kenntnifs der Gäthäs
anzeigen. 239
ist noch keine solche, dafs es uns erlaubt wäre ein end-
gültiges urtheil über den werth oder unwerth der tradi-
tion abzugeben ; überhaupt haben sich noch zu wenige for-
scher mit der sache beschäftigt, als dafs man die endgül-
tigen resultate von snbjectiven ansichten in Jedem einzel-
nen falle genau scheiden könnte. Darum ist bis jetzt jeder,
der sich mit diesem theile des Avesta beschäftigt, gehalten
die tradition selbst zu studiren. — Zur erklärung dieser
so schwierigen texte nun bat sich br. Kossowicz entschlos-
sen beizutragen und eine neue erklärung derselben zu ge-
ben, von welcher uns die beiden oben angeführten Schrif-
ten die ersten abtheilungen bringen. Der hr. verf. ver-
fährt dabei rein philologisch: er schafft sich selbständig
seinen eigenen text, wozu ihm die vorhandenen ausgaben
mit den ihnen beigegebenen Varianten das material liefern,
. er übersetzt und erklärt denselben — immer mit rücksicht
auf seine Vorgänger, aber ohne sich durch dieselben in
seiner eigenen auffassung behindern zu lassen. Ueber die
grammatische und lexikalische auffassung der einzelnen
Wörter und sätze sucht er sich gewissenhaft rechnung zu
geben, besonders aber sucht er in den sinn und Zusam-
menhang der einzelnen Strophen und gedichte einzudringen
I und fügt zu dem ende, wo es nöthig erscheint, den ein-
zelnen versen längere erläuterungen bei. Namentlich in
dieser hinsieht scheint uns hr. E. sehr beachtenswertes
zu leisten und ref. bekennt gerne gar manches von ihm
gelernt zu haben. Auf einzelnheiten hier einzugehen neh-
men wir bei den zwecken dieser Zeitschrift anstand; was
wir zu bemerken hätten, würde eher in eine philologi-
sche Zeitschrift passen als bieher, denn die Sprachverglei-
chung tritt in diesem werke gegen die philologische exe-
ge8e sehr in den hintergrund. Wir glaubten aber hier
diese arbeit auch denen empfehlen zu müssen, welche aus
linguistischen rücksichten von den Gäthäs und deren inhalte
kenntnifs zu nehmen wünschen.
Fr. Spiegel.
240 Schmidt
Ucber wesen und aufgäbe der Sprachwissenschaft mit einem überblick über
die hauptergebuiase derselben. Nebst einem anhang sprachwissen-
schaftlicher literatur. Vortrag bei gelegenheit der feierlichen Verkün-
digung der preisaufgaben, gehalten von prof. dr. Bernhard JüMg, d. z.
rector der univ. Innsbruck. Innsbruck 1868. 63 88. 8.
Der verf., bekannt für den ausgedehnten kreis seiner
Studien, gibt in diesem schiiftcben einen sehr knapp ge-
haltenen umriß der Sprachwissenschaft. Natürlich sind in-
nerhalb der grenzen eines Vortrages kaum die hauptpunkte
alle andeutbar. Allein der verf. hat für alle diejenigen,
welche sich weiter zu belehren wünschen, durch den an-
hang gesorgt, in welchem, dem gedankengange des Vor-
trages folgend und durch fortlaufende nummern mit ihm
verbunden, die wichtigste literatur für alle behandelten fra-
gen zusammengestellt ist, wofür man ihm nur danken kann.
Der Vortrag beginnt mit der Scheidung von sprachkennt-
nifs, Sprachwissenschaft und philologie. Letztere beide be-
dingen sich gegenseitig, unterscheiden sich aber in der
methode, indem die Sprachwissenschaft nicht zu den histo-
rischen disciplinen gehört, vielmehr die naturwissenschaft-
liche methode befolgt, dabei aber nicht aufhört eine auf
der psychologie beruhende geisteswissenschaft zu sein. In
der eintheilung der sprachen schliefst sich der verf. an
Humboldt und Schleicher an und betont die sprachlichen
Verhältnisse als ein wesentliches hilfsmittel der ethnogra-
phie und der „linguistischen paläontologie". Als aufgäbe
der Sprachwissenschaft wird dann ein System der allgemei-
nen Sprachenkunde und eine wahrhaft allgemeine gramma-
tik gefordert. Den gröfsten theil des Vortrages nimmt eine
systematische aufzählung der hauptsächlichsten bekannten
sprachen aller erdtheile ein, wobei unser sprachstamm frei-
lich etwas stiefmütterlich behandelt ist, denn aufser den
arischen sprachen sind nur die italischen detaillierter auf-
zählung gewürdigt worden. Doch wäre ungerecht hier zu
tadeln, da über diese Verhältnisse heute zu tage leicht
überall auskunft zu gewinnen ist, während eine gedrängte
aufzählung der aufsereuropäischen sprachen nach ihrer ver-
anzeigen. 241
mdtschaft nur dem fachmanne zn geböte steht und da-
r auf alle falle ein dankenswerthes unternehmen ist. Zur
[gemeinen Orientierung in der sprachenweit ist dies schrift-
len zu empfehlen.
Johannes Schmidt.
Ethnoge'nie Ganloise III. Preuves intellectnelles: le Glnie Ganlois
etc., par Böget, Baron de Belloguet. XI und 646 s. 8« Paris,
Maisonneuve 1868.
Referent hat die beiden ersten bände dieses inhalt-
eichen nationalwerkes in dqn Beiträgen I, 4 und III, 2
1858. 1862.) angezeigt, und erbittet deshalb auch för diese
nzeige eintritt innerhalb der engen schranken, die er mit
Ücksicht auf den — hier nur wenig berührten — sprach-
chen zweck der Zeitschrift sich zu ziehen hat.
Jede seite auch dieses bandes zeigt die vollständige
usbeutung der mannigfaltigsten quellen der gallischen
olturgeschichte durch den Verfasser. Den umfang sei-
es gebietes bezeichnen die hauptrubriken: „Caract&re
ational et facultas intellectnelles; Moeurs et coutumes
rivees; Institutions et croyances religieuses, le Druidisme,
es dieux et ses rites, les Druides, leurs fonctions religieu«
es et civiles, leur Hierarchie et leur enseignement; Insti~
ations civiles, politiques et militaires; Industrie et com-
lerce; Les monuments dits celtiques appartiennent-ils au
enie gaulois?"
Der Verfasser nimmt bei seiner kritik der quellen mit
?cht an : dafs vielen urtheilen der Römer über die Gallier
ie gegen alle „barbaren" gewohnte hochmüthige Verkeil-
ung und unkenntnifs anklebe, zu welcher noch seit dem
ege des ersten Brennus rachsüchtiger hafs kam, obgleich
e Gallier damals römisches unrecht gezüchtigt hatten,
ftr machen namentlich auf die besprechung von J. Cae-
.rs commentarien p. 158 ff. aufmerksam. Obgleich nun
t Verfasser die Gallier gegen so viele ungerechte ur-
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 16
242 Diefenbach
theile zu vertbeidigen und ihre guten eigenschaften zu be-
leuchten sucht, so ist er doch keineswegs blind für ihre
mängel. Bisweilen knüpft er an diese auch patriotische
mahnungen an ihre Epigonen. Allzu grofses gewicht legt
er p. 135 ff. auf den Unsterblichkeitsglauben der Gallier,
von unserem Standpunkte aus betrachtet.
Die Beigen erklärt er för Gallier, nur in dem be-
kannten satze: „plerosque Beigas ortos ab Germanis" fär
wie blofs geographische bezeicbnung der grofsentheils aus
eingewanderten Germanen bestehenden be wohner Belgiums.
Die Germani minores nebst Aduatici, Nervii und Treviri
hält er für in politischer hinsieht gallisierte Deutsche, was
wir nicht thun mögen. Den namen der Kimmerier trennt
er p. 156 ff. richtig von denen der Cimbri und der britan-
nischen Kymren, vermuthet jedoch in jenem durch die Be-
wegungen der Skythen westwärts gedrängten volke einen
theil der keltischen einwanderer in Europa. Er nimmt
p. 142 ein längeres verweilen der Kelten und der Germa-
nen neben den eranischen familiengliedern in Asien an,
wie wir es sonst eher den Griechen zuzuschreiben pflegen.
Seine ansichten über die Liguren entwickelt er hier pp.
45. 52. 171. 184. 535 ff. und II, 263 ff- 301 ff. Er findet
sie, aufser in Gallien und Italien, auch in Iberien und in
Gröfsbritannien , und zwar hier nicht blofs in den Loe-
griern, sondern auch in dem grundstocke der Gaedhail oder
Galen. Zugleich trägt er auf sie die sonst — mit unzu-
reichenden gründen — behauptete Verwandtschaft der Ibe-
ren mit den Berbern über. Seine sätze und folgerungen hal-
ten wir überall, auch wo wir sie nicht uns aneignen mö-
gen, der beachtung werth. Dafs übrigens die Iberen mit
den Finnen nichts zu schaffen haben, und dafs jene, sowie
viele vorgeschichtliche Europäer, Dolichokephalen sind,
haben die neuesten forschungen erwiesen (vgl. pp. 232. 531)«
In Irland werden wir, wenn auch späte, iberisch -baskische
einwanderungen nicht zurückweisen dürfen (vgl. p. 233).
Auffallend ist uns die vergleichung (p. 121) des skan-
dinavischen Äs (aus Ans!) mit dem indischen Asu, dem
anzeigen. 243
keltischen Esus und dem umbrischen Esun. Indessen
verwahrt sich der Verfasser p. 144 selbst, dafs seine un-
;ersuchungen über Esus keine eigentliche etymologie be-
gründen sollen. Der kymrische Hu durfte nicht (p. 151)
zugleich mit den sanskritischen stammen Su und Hu
verglichen werden. Bei dem Coifi, dem oberpriester der
Northumbrer bei Beda (angeblich gaidelisch coibhi und
dergl., vergl. J. Grimm, d. mythologie s. 82) erinnert der
Verfasser p. 249 an den samothrakiscben Kabirenpriester
Korjg9 Kohjg bei Hesychios. Ebendas. gleicht er die Nam-
neten mit den Samniten Strabons und den Amniten
Bionysios des Periegeten. Seine vergleichungen der Si-
rona als mondgöttin p. 270 ff. und der Saroniden p.
298 ff. mit kymr. ser gestirne u. s. w. halte ich schon des-
wegen für unstatthaft, weil in jener alten zeit ohne zwei-
fei kymr. ser noch st er lautete (vgl. m. OriginesEuropaeae
no. 137). Gewagt erscheint auch die deutung der benen-
nung UagaatroL als einer ursprünglich keltischen (p. 334).
Für raeto- gallisch planarati u. dgl. (plaum aratri?)
p. 459 ff. H, 81 ff. erlaube ich mir zur ergänzung und viel-
leicht zur berichtigung auf meinen artikel darüber a. a. o.
»0.255 zu verweisen, wo noch Diez, etymol. Wörterbuch
der rom. sprachen 2. ausg. I, 28 ff. zuzuziehen ist.
Unsere wenigen aussetzungen mindern natürlich den
hohen werth des buches nicht, welches überdiefs vor vie-
len andern die klarheit, nettigkeit und Übersichtlichkeit
der anordnung und der ganzen darstellungsweise voraus
hat, die wir überhaupt nicht selten den Franzosen gegen-
über den Deutschen nachrühmen müssen.
Frankfurt a. M. im märz 1869.
Lorenz Diefenbach.
Altböhmisch vrtrati und altind. vrträ-.
Es kommt nicht selten vor, dafs Wörter und redewei-
sen, welche eigentlich dem heidenthume angehören, sich
16*
244 Burda
tief in die christliche zeit hinein erhalten haben, weil der
Zusammenhang derselben mit der mythologie nicht mehr
empfunden oder die bedeutung modificiert wurde.
Ein solches wort scheint nun das altböhmische ver-
bum vrtrati zu sein. Vor allem ist es aber nöthig, eini-
ges über die form dieses Zeitwortes vorauszuschicken.
Nach Schleicher, Comp. §. 176, 2; §. 179, 3 und §. 181
kann man für die altbulgarischen und mithin auch für die
böhmischen consonanten t, v, r dieselben laute als ursprüng-
lich voraussetzen, so dafs diegrundform des wortes vrtrati,
abgesehen vom infinitivausgang ati, die nämlichen conso-
nanten enthalten wird. Wie ferner aus einer anmerkung
auf s. 18 desselben werk es ersichtlich ist, kann im böhmi-
schen r (oder 1) durch vocalscbwund selbst vocalisch wer-
den, d. h. mit andern consonanten ohne jeglichen vokal
silben bilden. Z. b. mr-tvy (todt) ist nur im suffixe vom
altind. mr-täs verschieden, vrtrati ist ein abgeleitetes
verbum, wie z. b. die altbulgar. de! ati und glagolati.
Als nomen läfst sich zu vrtrati zunächst nur vrtrak
nachweisen. Aber neben zebrati (betteln) gibt es zwar
auch nur ein zebräk (bettler), doch liegt ein stamm ze-
bro- in zebro-ta (bettelei, vgl. altbulg. dobro-ta, ra-
bo-ta) deutlich vor. So kann man auch annehmen, dafs
vrtrati von einem nominalstamme vrtro- abgeleitet ist
Was nun diesen erschlossenen nominalstamm vrtro- be-
trifft, so steht lautlich nicht das mindeste im wege, ihn
mit dem altind. stamme vrtra- zusammenzustellen. Fer-
ner ist noch die bedeutung von vrtrati bemerkenswertb.
Es bedeutet zumeist „aus Unzufriedenheit, aus Unwillen
murren";, doch ist aus vrtrak (ohrenbläser, verläumder)
und vrtra nie ( Schmähung, lästerung) ersichtlich, dafs es
neben „murren" auch „schmähen, lästern, verleumden" be-
deutete, d. b. es bezeichnete böse handlungen.
Wenzel Burda.
misceilen. 245
Das litauische suffix -kla-.
Nesselmann fuhrt im glossar zu seinem werke: die
räche der alten Preufsen, das umschriebene perfectum
bsentli-uns assei" (du hast bezeichnet) an. Wenn man
dem worte eb-sentli-uns von der praeposition eb und
in suffixe des part. perf. act. -uns absieht, so bleibt der
rbal8tamra *sentli- übrig, der doch nur einem abgeleite-
q verbum auf urspr. aja angehören kann. Der nominal-
amra aber, von welchem dieses verbum gebildet worden
ar, ist wohl *sentla- = urspr. gantra-, abgeleitet von der
urzel *sen (s wie tönendes slawisches z zu lesen, vergl.
;aui8ch zin-6ti) mittels des Suffixes -tla- = urspr. -tra-
gl. altindisch vas-tram, yy-rXov).
Mit diesem preufsischen stamme *sentla- nun ist der
tauisebe zenkla- in zenklas (zeichen) identisch bis auf den
iistand, dafs hier k für das ursprüngliche und zu erwar-
te t steht. Dies erklärt sich jedoch so, dafs der Li-
nier die für ihn schwer auszusprechende lautgruppe tl in
ie bequemere kl übergehen liefs.
Uebergang von t in k in einer nicht beliebten con-
mantenverbindung steht übrigens auf dem gebiete des
awolitauischen nicht vereinzelt da. Denn das altlitauische
retinale sekmas neben dem preufsischen septmas kann man
ar so erklären, dafs p ausgestofsen , t aber wegen des
Agenden m in k verwandelt wurde. Auch ein böhmischer
ialect zeigt kl für tl: z. b. klustej, in der Schriftsprache
U8ty (dick) = altslov. tlüstyj; ferner klouci, in der schrift-
)rache tlouci (schlagen) = altslov. tlüäti, welches neben
)m regelmäfsigen tlesti vorkommt.
Man kann somit annehmen, dafs das litauische suffix
Ja- nicht nur in seiner funetion mit dem urspr. -tra-,
iech. -T(>o-, -tAo- und slaw. -dlo- übereinstimmt, sondern
ch lautlich mit ihnen identisch ist.
Wenzel Burda.
246 Baudouin de Courtenay
1) Nachtrag zu beitr. V, 209.
Im polnischen pöc (podz) (imperativ, geh) für und
neben poje (pojdz), pod§ (sie werden gehen), pfyd$
(sie werden kommen) för und neben pöjd$, pfyjd^, ist
die eigentliche wurzel spurlos verloren gegangen. Die
grundform ist: 1) pojidji = po (präposition) —f- ji (wur-
zel) -+- d (wurzeldeterminativ) — | — j i (imperativzeichen);
2) po-f-ji-f-d+jj, pry-f-ji-f-d-h$. — In wes (wez)
(imperativ, nimm) zeigt sich die wurzel Jim nur noch in
der erweichung des auslautenden consonanten. Die grund-
form ist wez-jim-ji, und wirklich finden wir im älteren
polnisch wezm^i*).
2) Uebergang des i in u im polnischen.
Die partieipia praeteriti, jetzt das praeteritum bildend:
b'it (schlug), p'il (trank), rob'il (machte), kup'il (kaufte),
udaw'tl &q (erstickte), nosil (trug), chodzit (ging), und
selbst gnil (faulte) u. s. w. werden von manchen b'ul,
pul, rob'ul, kup'ul, udawul s§, nosul, chodzut,
ghut ausgesprochen**).
Umgekehrt sind die noch im 16. jahrh. vorkommenden
lutoSc (mitleid), lutoseiwy (mitleidig), lutowac se.
(mitleid haben) in litosc, litoseiwy, litowac s§ über»
gegangen. Daneben existirt heute ein anderes lutowac,
von dem deutschen löthen. — Das im 16. jahrh. vor-
kommende licem'ernicy (pharisäer, wörtl.: antlitzmesser)
erscheint im löten noch als lucem'ernicy; heute leben
nur einfaches lice, oblice (antlitz), Slicny (hübsch) und
policek (wange) mit ihren ableitungen. Von dem letzten
*) Ein beispiel, in welchem die wurzel aus tieftoniger silbe, ohne von
praepositionen gepresst zu sein, verloren gieng, ist mianowaö nennen, alt-
bulg. imenovati von im§ = urspr. gnä-man. J. S.
**) Ist wohl nur Wirkung des 1, das hier wie ul gesprochen wird und
das vorhergehende i verdrängte, von dem nur noch die erweichung des con-
sonanten Übrig igt: nosit, *nosiul, nosul. Sr.
miscellen. 247
worte wird in der warschauer gassenspracbe wurzelgemä-
fses primäres pölik gebildet*).
3) Zur geschichte der polnischen Zahlwörter.
In den polnischen denkmälern des 15. und selbst des
16. jahrb. lesen wir noch:
do p'$ci na See (aus dzes^ce) lat, beute: do p'et-
nastu lat (bis zu 15 jähren), od dwu na See lat, heute:
od dwilnastu lat (seit 12 jähren), jeden na See zwo-
lenikof, heute: jedenastu zwoleniköf (11 anbänger),
jeden ze dwu na See h. jeden ze dwunastu (einer
von 12), podlug dwanasce gw'azd h. dwunastu (nach
12 sternen), dwa na See koronami h. dwunastu (mit
12 krönen);
f p'§tem na ce lece h. f p'etnastym (im 15. jähre),
f cfartem na ce lece h. f cternastym (im 14. jähre);
cfartego na See dna h. cternastego dna (des 14. ta-
ges), pqtego na See dna h. p'etnastego dna (des 15.
i tages); z w'in^ p'etnadzeSc$ b. p'etnast^ (mit der
15. schuld);
we dwanastym kapitulum h. we dwunastym
(im 12. capitel).
4) pcola.
In einem polnischen denkmale des 15. jahrh. finden
u wir noch den gen. plur. peöl (später pseöl, der bienen),
aber schon neben dem instr. pscotam'i. — Im russischen
lebt bis jetzt pcela, und im böhmischen fcela (vcela
geschrieben).
5) slza.
In den polnischen denkmälern des 14., 15. und selbst
in denen des 16. jahrh. lesen wir noch nom. sg. slza (viel-
*) Altbalg, lice vultus, licemerü Simulator. Das u in lucem'er-
nicy kann nicht alt sein, sondern wird wohl seinen ursprang irgend welcher
analogie oder falschen deutung verdanken. Sr.
248 Stokes
leicht nur so geschrieben) oder zlza, heute 'Iza (thrane),
nom. pl. zlzy, loc. pl. w zlzach, gen. pl. zles u. 8. t
Wenn es je slza gelautet hätte, dann mttfste dies wort
zweisilbig (sl-za) sein; denn in einer silbe geht 8 vors
in z über. Wenn man zlza sprach, dann konnte es ent- '
weder zweisilbig (zl-za) oder einsilbig (zlza) sein.
Das wort zlza lebt bis heute als pl. zolzy neben
Iza, aber in anderer bedeutung: Iza ist thr&ne, zolzy
feifei, drüsen (pferdekrankheit).
Berlin, juni 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Addenda.
Beitr. V s. 310. 3. pers. plur. pan oa(n)t ouz e reo
dan mar? when they were dragging him to the deatb
M. 123 a.
s. 325. part. praet/pass. aznat (cogneu, notus) Catb.
8. 328. inf. gouzout. Die ältere form gouzvout
findet sich im Catholicon: da gouzvout (gl. scilicet).
s. 335. 2. pers. sing, imperat.: crist haz-vez trugarez
ouzimp (Cr., ayez mercy de nous) Cath. s. v. Crist.
s. 337. secund. praes. 3. pers. sing, douque M. 28a.
s. 338. part. praet. pass. diougwet (gl. delatus) Ca-
tholicon: dizoen (= di-doen) gl. deferre ibid.
s. 344 anm. füge hinzu altbreton. difeith in barb-
difeith rough-beard Gart. Roton. ed. de Courson.
8. 357. part. praet. groaet Cath. p. 81.
s. 361 z. 21 statt: dem armen manne lies: den armen
leuten.
Corrigenda.
Seit ich meine abhandlung über die mittelbretoni-
sehen unregelmäßigen verba (Beiträge V, 306) niederge-
schrieben, bin ich in den besitz von Lhuyd's Archaeo-
logia britannica (Oxford 1707) gekommen und fand darin
miscellen. 249
sine Übersetzung von Manoir's armorischer grammatik. Ma-
toir's anordnuDg der tempora des verbums ober (facere)
letzt mich in den stand formen, die ich (ohne großes ver-
bauen) als secundäres praesens bezeichnet hatte (Beitr.
V, 354), an ihren richtigen platz zu stellen. Ich sehe jetzt,
lafs die formen guereu, guerue, gueure dem praeter-
tum angehören und 8. 351 (wo beiläufig für greomp im
3*radigma gresomp zu lesen ist) hätten eingefügt werden
tollen, während die formen sing, grahenn, grahe, plur.
grahemp, grahech, grahent dem secundären futurum
oder, wie Manoir es nennt, dem optativ angehören. Die
formen guereu, guerue, gueure fecit (Manoir's e eure)
sind mir dunkel. Kann das h im futurum grahenn u. 8. w.
das ältere 8 vertreten, von dem wir im irischen so viel
beispiele haben? So in deuhymp (wir werden kommen);
ah y (er wird gehen), ahimp, eheut, ahint; grohimp
(wir werden thun), greheut, grehint.
8.310 z. 28 für: vit", deandid lies sit", diand-id.
8. 325, z. 8 von unten für: tat. ad- lies: ate-.
Calcutta, Weihnachten 1868. Whitley Stokes.
Geehrter herr professor!
Ich beeile mich, Sie und unsere mitarbeiter an Zeit-
schrift und beitragen auf eine der wichtigsten entdeckungen
aufmerksam zu machen, die im gebiete der vergleichenden
Mythologie Jn der letzten generation stattgefunden.
Am 25. Januar d.j. las Mr. W. Hennessey, bereits
durch seine ausgäbe des Chronicon Scotorum jedem celti-
schea philologen rühmlich bekannt, vor der irischen aka-
<fetofe eine denkschrift über die weiblichen kriegsgotthei-
ten der alten Iren, im anschlufs an Pictet's aufsatz „Sur
&ne nouvelle deesse Gauloise de la guerre". Revue Arch6o-
iogique 1868.
Gans neue, unerwartete, reiche ausbeute, fernsichten
250 Lottner, mitcellen.
in das indogermanische alterttram, fernsichten in die inter-
nationalen Verhältnisse der Germanen und Celten in röm
scher zeit eröffneten sieb, und auch die einsieht, dafs zwt»
sehen Norwegern und Iren noch ganz andere dinge
pfeilschüsse gewechselt worden sind, nämlich ideen,
ganz andere töne erklungen sind, als schwerterklirren, näm-
lich gesänge hinüber und herüber.
Die abhandlung hrn. Hennessey's ist leider für eini
zeit noch dem drucke entzogen. Ich will in der k
auf die wichtigsten punkte im voraus die aufmerksamkeit
richten. Es sind die folgenden:
1 ) Es gab gewisse irische kriegsgöttinnen, deren namen
verschieden angegeben werden.
2) Einer dieser namen ist Badb Catha, was allem an-
scheine nach mit dem restaurirten Cathubodua
aargauischen von Pictet behandelten inschrift iden-
tisch ist.
3) Andere geläufige namen sind: Neman, Morriga,
Ana, Be-Neit.
4) Gewöhnlich erscheinen diese genien zu drei, wenn
sie nicht ganz allein auftreten.
5) Nicht selten ist eine derselben einem helden speciell
als schützerin und braut zur seite gestellt.
6) Sie erscheinen oft in vogelgestalt, und heifsen dann
eines speciellen helden „bird of valour* (Hennes-
sey's ausdruck).
7) Wo diese gestalt specieller angegeben ist, ist es eine
krähenart (sealderow, roystering crow).
8) Wenn das Schicksal den helden ereilt, verlassen oe
ihn mit schmerzen.
Jedermann sieht und auch dem Scharfsinne herrn Hen-
nessey's ist das natürlich nicht entgangen, dafs wir hier !
das genaue gegenbild der germanischen Valkyrjen haben.
Selbst die krähengestalt wird in der Völsungasaga aus-
drücklich erwähnt.
Ich werde seiner zeit genaueren bericht über diese
höchst merkwürdige entdeckung erstatten. Was ihr aber
Nachruf. 251
mehr werth giebt als alles andere, ist, dafs aus gelegent-
lichen äufserungen in hrn. Hennessey's abhandlung sich klar
ergiebt, dafs noch ganz ungeahnte mythologische schätze
in den irischen Handschriften stecken, die der genannte
hoffentlich heben wird.
Ich glaube es der Wissenschaft schuldig zu sein, auf
einen so bedeutenden fund aufmerksam zu machen, da
geraume zeit bis zur offiziellen Veröffentlichung vergehen
könnte.
Dublin, 7. april 1869. C. Lottner.
Nachruf.
August Schleicher,
geboren den 19. februar 1821 zu Meiningen, gestorben den
6. december 1868 zu Jena.
Hie est ille situs cui nemo civis neque hostis
Quivit pro factis reddere opis pretinm.
Vor wenig mehr denn Jahresfrist ward der Sprachwis-
senschaft ihr begrfinder entrissen, und schon stehen wir
wieder an einem frischen grabe. Bopp war, wie wenigen,
das glück beschieden seine mission ganz zu erfüllen, er
gieng zur ewigen ruhe ein, nachdem er den grofsen ge-
danken seines lebens verwirklicht und ihm allgemeine an-
erkennung errungen hatte. Er hat eine Wissenschaft hin-
terlassen, deren grundlagen durch ihn für alle zeiten sicher
gestellt sind.
Schleicher ist vom plötzlichen tode mitten aus frucht-
barem schaffen hinweggerafft worden voll von entwürfen
zu rastloser arbeit, ohne vollenden zu können was er als
das hauptwerk seines -lebens betrachtete. Wohl ist ihm
ein beneidenswerthes loos gefallen im Vollgefühle der kraft
noch auf dem wege zum gipfel des ruhmes abgerufen zu
werden, die aber, welche gleiches strebens die von ihm
262 Nachruf.
gebrochene bahn verfolgen, empfinden schmerzlieh de
last des fbhrers, dessen Vorbild sie anfeuerte und <
Zuspruch sie stärkte.
Schleicher hat sich nicht ausgelebt, und doch w.
er geleistet! Mit ausnähme der etymologie gibt es
gebiet der Sprachwissenschaft, welches nicht durch i
Scharfsinn wesentlich gefördert ist
Wider willen war er zum Studium der theologi
stimmt, doch sein reger geist war nicht geschaffen
einem starren dogma zu unterwerfen, fohlte sich vie
zur philosophie hingezogen. Auch die Hegeische
vermochte den nach sicherer, objectiver erkenntniss
benden nicht dauernd zu befriedigen; er gieng in die &
strenger philologischer kritik und wandte sich, in ihi
thodisch gebildet, dem theile der philologie zu, wc
der subjectivität am wenigsten Spielraum gestattet,
grammatik. Dies war das feld, auf welches ihn ne
und angewöhnliche begabung gleichmäfsig hinwiesen;
er nicht alle theile desselben mit gleicher lust ang
hat, lag tief in seiner natur begründet. Ueberall s
er das gesetz der entwickelung, welches die persöi
willkür des forschers ausschliefst, den labyrinthen dei
mologie war er daher nie hold, sie bot ihm nicht
gen de bürgschaften ihrer ergebnisse, welche selten
wendigkeit, meist nur möglichkeit für sich beanspn
können; oft genug hat er sich geringschätzig über sie
gesprochen. Um so eifriger widmete er seinen fleifs
jenigen Seiten der Sprachwissenschaft, welche, wenigei
individuellen ermessen anheimgegeben, in sich selbe
regulativ gegen den irrthum tragen: der lautlehre, st;
und Wortbildung und der morphologie. Was Bopp in
fsen zügen angelegt hatte, ist nicht zum wenigsten c
Schleicher weiter ausgeführt, schärfer gefafst und be
tigt worden. Aber nicht die resultate allein, zu we
er auf diesen gebieten gelangte, haben sein ansehet
gründet, sondern vor allen dingen die art, wie er si<
wann und die gewonnenen der Wissenschaft einzuoi
Nachruf. 253
verstand. Schleicher besafs ein glänzendes organisatori-
sches talent. Wenige Wissenschaften bringen ihre jünger
so sehr in gefahr auf unermesslichem meere die richtung
zu verlieren, wie die Sprachwissenschaft. Dem vorgebeugt
zu haben ist Schleichers nicht geringstes verdienst. Er
ist es, der die Sprachwissenschaft in ein System gebracht
und die fülle des Stoffes unter feste, aus der natur der
sache selbst geschöpfte gesichtspuncte geordnet hat. Mu-
sterhafte klarheit und methode haben seinen arbeiten einen
so durchgreifenden einfiufs verliehen.
Mit der beherrschung des ganzen und der erkenntniss
des allen indogermanischen sprachen gemeinsamen verband
er einen scharfen blick für die eigenthümlichen charakter-
züge der einzelsprachen, welchen er stets gerecht wurde.
Er bekannte es gern, dafs er ein sclave der lautgesetze
y wäre, welche er bis ins einzelste beobachtete, verlor aber
dabei nie das grofse ganze ans dem äuge. Gleichweit ent-
u fernt von einer aufgezwängten teleologie wie von einem
rath- und ziellosen untergehen im Stoffe, vom Idealismus
wie vom materialismus, strebte er stets das eigenthümliche
wesen der erscheinungen zu erfassen und das in ihnen wir-
kende gesetz zu ermitteln. Hierbei kam ihm seine frühere
philosophische schule zu statten. Das, wodurch Hegel
einen nachhaltigen befruchtenden einfiufs auf die neueren
Wissenschaften geübt hat, ist dafs er den begriff der ent-
wickelung in den Vordergrund gerückt hat. Die organi-
sche entwickelung in ihrer continuität, ohne Sprünge, nach
inneren treibenden Ursachen, ist der leitstern, welchem
Schleicher bei allen seinen Untersuchungen gefolgt ist.
Streng hielt er darauf, dafs man nicht gesetze, welche in
früheren perioden des Sprachlebens wirkten, unbesehens
auch auf spätere übertrüge oder umgekehrt. Hiermit hängt
zusammen, dafs er die Verwandtschaft der indogermani-
schen sprachen auf einen rationalen ausdruck zu bringen,
d. h. ihren Stammbaum festzustellen und die Ursprache zu
' reconstruieren suchte. Mögen auch manche der hier ein-
schlagenden fragen noch nicht endgiltig gelöst sein, so ge-
i
254 Nachruf.
bührt doch Schleicher das unstreitige verdienst sie ange-
regt und künftiger forschnng ihre bahnen vorgezeicbnet stt
haben*). Nicht genug, dafs er die Verwandtschaft der in-
dogermanischen sprachen genau zu bestimmen unternahi
wies er auch unserem ganzen sprachstamme seinen pl
in der sprachenweit an und entwarf nach mafsgabe d
morphologischen baues die grundzüge eines natürlichen &j4
stems der sprachen. Dies System wollte er zugleich
die einzig würdige Classification der menschheit betrachi
wissen, für welche er mit recht forderte, dafs man
nicht wie die der thiere nach leiblichen merkmalen ai
stellte sondern nach dem eigentümlich menschlichen, d.
eben nach der spräche.
Erhob sich so sein geist zu den höchsten und weit-
grcifendsten aufgaben menschlicher Wissenschaft, so w
er doch nie müde die anscheinend trockensten untersucht!
gen der lautlebre mit gewissenhafter Sorgfalt und nüchtei
heit zu führen. Und unter seiner behandlung blieb nie!
leicht etwas trocken, überall wufste er das wirkende gese
herauszufinden und den stoff sachgemäfs zu ordnen. An*
glänzendsten bewährte sich sein beobachtungstalent und
seine gestaltungskraft auf dem felde der slawolettischetf
sprachen. Seine litauische grammatik wird lange zeit die
grundlage für das Studium dieser spräche bleiben. Auch
das slawische ist hauptsächlich durch seine formenlehre
des altkirchenslawischen den blicken der Sprachforscher
näher gerückt worden. Leider sollte er die vergleichende
grammatik der slawischen sprachen, welche er als die
hauptaufgabe seines lebens betrachtete, nicht vollenden.
Einen theil derselben , vielleicht den schwierigsten , hat er
zum drucke fertig hinterlassen, die grammatik des jetzt
verschollenen polabischen, von welchem nur dürftige und
*) Die raöglichkeit, ein bild der Ursprache zu entwerfen,, findet sieh
zuerst angedeutet in Schleichers formenlehre der kirchenslawischen spräche
s. 4. Befremden raufs es, dafs an einem orte, wo die männer erwähnt wer-
den, „deren arbeiten auf die auf hellung des zustandes des indogermanischen
volkes vor seiner trennung gerichtet sind", Schleichers name fehlt.
Nachruf. 255
ehr entstellte aufzeichnungen unkundiger auf uns gekom-
men sind. Hier gab es eine arbeit, wie sie Schleicher zu-
ilgte und der wenige aufser ihm gewachsen waren : es galt
mn worten und Sätzen, welche deutsche, der spräche nicht
nichtige aufzeichner nach mangelhaftem gehöre aus vol-
«smunde aufgeschrieben haben, ihre wahre gestalt zurück-
gehen. Schleicher hat wiederholt diese polabische gram-
latik sein bestes werk genannt« Die übermäfsigen an-
trengungen, welchen er sich unterzog um es zum abschlusse
H bringen, haben seine gesundheit so untergraben, dafs
le dem anfalle einer lungenentzündung nicht mehr wider-
tand leisten konnte. Wenige tage vor seinem tode war
r noch mit der Vollendung des manuscriptes beschäftigt.
So schlofs ein rastlos für die Wissenschaft wirkendes
frben mitten im besten schaffen. Was wir an ihm verlo-
en haben, darüber herrscht nur eine stimme. Nicht nur
tus ganz Deutschland, aus fast allen ländern Europas hat
nan den hinterbliebenen die aufrichtigsten und zartesten
leweise der werthschätzung des verstorbenen und der trauer
HD seinen tod dargebracht.
Schleicher war eine natur von bewundernswürdiger
Kraft und rücksichtsloser aufrichtigkeit. Was er als wahr
erkannt hatte, danach handelte er gewissenhaft, und das
verkündete er, unbekümmert ob es ihm bei anderen scha-
bte oder nicht. Nicht geschaffen zu concessionen an
herrschende von der seinigen abweichende meinungen zwang
»jeden, der mit ihm in berührung kam, für oder wider
9m partei zu ergreifen. Dabei war er weder intolerant
»och suchte er anders denkende zu seiner meinung zu be-
kehren: „ich kann ja nicht verlangen, dafs alle menschen
Bur gleich organisiert seien", diese äufserung konnte man
oft aus seinem munde vernehmen. In stiller zurückgezo-
genheit lebend war er schwer zugänglich. Wem es aber
gelungen war ihm näher zu treten, der konnte keinen treue-
ren und aufopfernderen freund finden als ihn.
Für seine schüler war ihm keine mühe zu schwer,
keine zeit zu kostbar. Stets war er für sie zu sprechen,
256
Nachrvt
mochte er in seinem garten arbeiten oder, was er in den
letzten jähren oft tage lang hintereinander trieb, mit mi-
kroskopischen pflanzenuntersncbnngen beschäftigt sein, oder
am schreibpulte schaffen. Wer das glfick bat sein schüler
gewesen zu sein, kann ihn nie vergessen.
Alles was er war und wuftte durch eigene kraft er-
zielt zu haben, muftte dem .manne ein stolzes be
geben. Niemals aber ward dies berechtigte selbstg
cur Selbstüberschätzung, vielmehr bewahrte der seh
mann eine fast beispiellose bescheidenheit, verbunden
dem dränge nach immer höherer Vervollkommnung,
habe mein ganzes leben hindurch nach klarheit . ges
und es soll ja alles noch viel, viel besser werden *, wi
die letzten worte, welche er, aus fieberträumen noch ein-
mal zu sich kommend, sprach.
So lange der name Bopp lebt, wird Schleicher
nen platz neben ihm behaupten.
Johannes Schmidt fT*
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Pott, die partikeln skr. gha, ghä, ha und hi ; zend. zi etc. 257
ie partikeln skr. gha, ghä, ha und hi; zencL zi;
griech. yd, y*f; lith. -gi,- slav. ze u. s. w.
Ein etymologisch - syntaktischer versuch.
Von besonderer Wichtigkeit ist unstreitig die partikel
tia und ghä Benfey, gloss. 8.63, vedisch für später
uraus entstandenes ha und hä 8. 266, aber hi (denn) 207.
>asu gha pet. wb. II, 869. Was Benfey Ober deren ur-
)rung vermuthet: „wahrscheinlich alter adverbial gewor-
ener instr. des pron. gha = lat. ho [d. h. in hun-c,
6-c, hör um u. s. w.] vgl. griecb. wz. lex. II, 187", kön-
ten wir, als zu nichts führend, auf sich beruhen lassen.
Das sanskrit kennt einen derartigen pronominalstamm nicht,
ind aufgehellt wird das wort damit nicht im mindesten.
Wirklichen belang haben jedoch Benfey's weitere Bemer-
kungen: „dient zur Verstärkung; hinter pron. der 1. pers.
vajam gha (ypelg ye). Sa ghä o ye. Hinter ä [präp.
su, bei; adv. herbei]; äd [darauf] mit nächst, fd; hinter
cid [urspr. quid, indef. machend: irgend u. s.w.]; hin-
er j ad vä [jenes o, was; dieses lat. -ve, oder]; hinter
tdj. — Desgl. ha und hä, geschwächtes gha = griech.
'«. Verstärkend (Seh. €va, khalu, aber nach Nir. I, 9
rinigrahärhija vergl. Windischm. Sank» 73). Hinter pron.
uterrog.; hinter tvam [vergl. ct/^e], hinter j&d [o]tf. —
m pet. wtb. : »gha enkl. part. der hervorhebung: we-
nigstens, gewifs, ja; meistens nicht zu übersetzen, ana-
og dem griecb. yi. Im Rigveda häufig, sonst nur sehr
feiten vorkommend. Erscheint oft in verb. mit andern
Partikeln verwandter bedeutung, namentlich nach Kid;
Qta; vä und vor id. Man kann folgende Stellungen des
gha als die gewöhnlichsten hervorheben: 1) nach pron.
am anfange eines päda: sa ghä nö yöga (lok.) ä bhuvat,
8a räje sa purandbjäm Rv. I, 5. 3 [was Rosen übersetzt:
Iß utique (d. i. Indras) nobis acquirendi causa adsit, is
divitiarum causa, is propter omnigenam sapientiam.] Im am
ghä; asja ghä; tava ghä u. s. w. 2) nach präpp. am
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 3. 17
258 Pott
anfange eines pftda: upa, ann, ud, vi, &, pra. 3) nach
der neg. na. — Nicht selten erscheint die part. im nach-
säte eines bedingnngs- und relativsatzes".
Man hat nun längst erkannt, mit obiger partikel müsse
yi und yd Ahrens, Dor. p. 115 im wesentlichen gleich
sein. Man nehme nur die gut zum sanskrit stimmende
▼erb. mit dem pron, dor. fya>-ya und iymv-ya (ohne assim.
des y), tarent. lytiv-q (s. ah am mit 17, vero, gls. ego vero,
equidem?), rvya ib. p. 248, lfüv-ya 251. Desgl. böot
twv-ya, falls der asper richtig ist, Ahrens Aeol. p. 206,
rovya 207« In gewöhnlicher rede %yay*> ipovye, fyiotyt,
ovye, rovToy*, bei Epikern oyt Buttm. aus£ gramm. §. 72
anm. 4 und §. 80. 2. Etwa auch ksl. az ie, tu 4e, on
2e, oni 2e, ego antem, tu autem, ille autem, illi autem
bei Dobr. Inst. p. 448? Abschwächung von a zu « kann
keinerlei bedenken erregen, zumal sich in «Jfx«, dor. aha
(a sogar lang) ein analogem zeigt. Vergl. zeitschr. V, 64
Gesucht hat man die partikel auch in dem sonderbaren
ausgange des germ. acc. sg., goth. mi-k, thu-Jc, si-k,
mich, dich, sich, was sowohl nach sinn als form angienge,
indem das sanskrit auch die enkl. formen mfi, tvä (m§,
te), gr. [a£, ert, % (86), hat. S. Westphal in zeitschr. II, 177,
Bugge IV, 243. Auf blofsem zufall mag es beruhen,
wenn der Serbe einigen casus der pron. die silbe ka, kar
und karena, z. b. menika, tebika u. 8. w., anhangt
Grimm gramm. 8. 57. — Mit recht aber verwirft Schwei-
zer zeitschr. II, 372 die von Benfey versuchte gleichung von
unserem gha, yd mit lat. hi-c, illi-o, isti-c (nebst
ecce, nun-c, tun-c: tum, si-c) zu eis, £*s7, welche,
abgesehen von der lautschwierigkeit, auch dem sinne nach
fern abliegen. Das lat. -ce hat eine örtlich hinweisende
bedeutung (der da, jener dort, wie der schlufs in 68-i
u. s. w.), was aber von oys zu behaupten aller Wahrheit
gröblich widerspräche. Vgl. Härtung, gr. part. I, 408 z. •>•
aus IL €, 303 fiiya $Qyov, o y* ov Svo avSoe cpigoiev so
grofs, dais, quod quidem u. s. w. (formell wie im skr«
gha hinter ja dl). Dagegen II. u, 286 o ov Svo y ävdg*
die partikelo skr. gha, ghff, ha und hi; zd. zi etc. 259
<pE@oi6i>, wo das tongewicht vielmehr auf die zweizahl, ne
duo quidem, gelegt worden. — Lottner will aus der ge-
stalt yk neben ^oi, 8. ah am, dessen h mit aller gewalt,
jedoch durchaus unwahrscheinlich, aus gh entstanden sein
soll (als „Sprecher" vermuthlich zu s. äha, d. i. ait, rj)
u. s. w., wie überhaupt aus dergleichen lautveränderungen,
etwas verfröhete folgerungen für Völkergeschichte ziehen,
während sich Kuhn 11,270 mit bezug auf ah am skepti-
scher verhält. — Wer übrigens von dem weiten syntakti-
schen gebrauchsumfange von yk näheren aufscblufs wünscht,
den verweisen wir auf Härtung, griech. partikeln I, s. 344
bis 416, wo freilich alles, was zu vermeintlicher etymolo-
gischer auf hellung von yk gewagt worden, längst von der
Wissenschaft überholt ist. Ti, sowie ayav, ja sogar das
mit Sia (eig. acc. pl. von der zahl zwei, vgl. tqIo) in seinem
intens, gebrauche (durchweg, durchaus) gleiche £«-, mit
8. saba in Verbindung bringen zu wollen, was H. s. 228.
350 versucht, konnte dieser um so weniger vor sich recht-
fertigen, als er selbst in dem h von saha einstiges dh ver-
muthet, welches doch auch nicht mittelbar — durch h hin-
. durch — zu y oder zu £ zu werden vermöchte. Man mufs
diese ansieht vollends fallen lassen, seitdem in den veden
(8. Benfey glossar 8. 190) mehrere compp. mit 8 ad ha,
zd. badha, bezeugt sind. Ob übrigens ayav, in compp.
blofs aya- (dyd&€og9 rjya&sog, etymologisch verschieden
$d&eog)i sei es nun mit Wegfall von i>, wie ^rkaysvtjg,
oder weil v dort aecusativendung, mit unserem gha =
yi sich irgendwie berühre: ist mehr als zweifelhaft. Lith.
ganä genug, lett. gan (ganna) genug, vollständig (als
part. gan, gana wohl, zwar, Bielenstein lett. grammatik
s. 408) bietet wohl niir den äufseren schein einer Ver-
wandtschaft. Sonst müfste in ayav der nasal wurzelhaft
sein. — Hievon abgesehen findet sich in Hartungs dar-
stelkmg von der part. yk, so viel ich einsehe, nichts, was
dem nur vielleicht um vieles engeren und minder ausge-
bildeten gehrauche des indischen gha und ha wider-
spräche. So wird z. b. 8. 348 gesagt: „Wie nahe pkv und
17*
360 Pott
yi sich stehen, bat man allgemein gefohlt und erkannt,
ohne noch zu wissen, dafs in der lat. spräche yi, d.h.
qui-dem [nach meiner meinung nicht vorn mit yi Hart
s. 354, sondern aus quid mit dem, wie das neutr. i-dem],
wirklich for das synonymum eintrete, und die beiden äm-
ter, welche im griechischen getheilt sind, zugleich ver-
walte. Derjenige unterschied, welchen man gewöhnlich
angiebt, dafs piv den satz, yi einzelne Wörter angehe, ist
unwesentlich [doch wohl nicht so ganz, zumal ja die ent-
sprechende indische pari, zur hervorhebung eineeiner Wör-
ter dient], und, so gefafst, nicht einmal richtig. In der
bedeutung beider Wörter herrscht kein anderer, als der,
dafs bei piv auf die Wahrheit und gewifsheit [?], bei yi
auf die stärke und Überlegenheit der Sache getrotzt
wird". Und ferner: »FUg bezeichnet den umfang [ver-
möge seiner kürzung aus iiegi, 8. meine präpp. s. 489],
yi die überlegene kraft und stärke, niq nimmt die Sache,
so weit und breit, yi, so fest und tüchtig sie ist
Will man die grundbedeutung des yi noch sinnlicher, d. h.
räumlich fassen: so bezeichnet es die Verdichtung, so
wie nig die ausbreitung. Das gedrungene ist nicht mehr
zu beengen, und macht die feindlichen angriffe von sich
abprallen: ferner ist das intensive nachdruckvoll und ge-
wichtig, schliefst emphasis, auszeichnung und her-
vorhebung ein". Ueber restriction (vergl. z. b. skr.
khalu, womit ha erklärt wird) s. 346. Wenn man scher-
zen wollte: nicht wahr, da könnte man gelegentlich von
gha an 8. ghana (fest zusammengeschlagen) compact, fest,
hart, und zwar um so eher mit einigem scheine erinnern,
als von der gleichen wz. han auch gha schlagend, tödteod
vorkommt? — In Lassend Anthologie: Ha part. vocabulo
antecedenti vim addens, yi, postmodum ad versum explen-
dum inaniter addita; inpr. perfecto. Sodann: Hi part.
eniui, nam. Ab initio propositionis aliena est et primum
aut plura vocabula sequitur. Saepius ponitur nipkajena,
ut Indorum grammatici loquuntur: ad affirmationem et
confirmationem de re certa aut nota (ja).
die partikeln skr. gha, ghä, ha and hi; zend zi etc. 261
Die neg. na, lasen wir oben, kommt mit gha vor.
Auch giebt das pet. wb. unter na an: „die verb. na ha
bewirkt, dafs das verbum finitum seinen ton bewahrt, wenn
unter der form einer in der zukunft negirten thätigkeit ein
verbot ausgesprochen wird. Pan. 8, 1, 31 nahabhök-
äjase, na hädhjSäjasS 8. v. a. Du wirst nicht essen,
du wirst nicht lesen, das sage ich dir in allem ernst". Aehn-
lich das yi in ausrufen, welcherlei auch die stelle eines
befehles oder Wunsches vertreten können. Härtung s. 372
z. b. II. x, 235 [*Tjdt chy xakketneiv, dafs du nur ja
nicht. "Ect ye tcri/Ta, o lafs das! Weiter vergl. Härtung,
wo er, nachdem von dem zusatze des yi zu persön-
lichen fürwörtern und demonstr. um des contra-
stes willen die rede gewesen, s. 369 bemerkt: „die part.
tritt in diesem sinne sowohl hinter confirmativen part. als
auch hinter den negg. ovx und /aij nicht selten ein tf . Es
habe aber Nägelsbach Comm. de part. yi usu homerico
p. 18 gezeigt, die negation mit yi hinter sich besage so
viel als ne — quidem. Ovdi . . . ye und [lySi . . . ys 8.399. —
Es fragt sich nun, ob wir nicht auch anderwärts einer
dem s. gha entsprechenden part. begegnen, und wollen wir
zunächst einige gerade mit negation verbundene anbängsel
insauge fassen. Da haben wir also vor allem im altn. die part:
gi9 die nach t und s (vermöge der härte dieser laute) ki
lautet, nur als suffix vorkommt und verneinende kraft
hat. Grimm III, 33. Sie wird an partikeln, nomina und pro-
nomina (nie an verba) gehängt. Svägi (ita non), thägi
(tum non), aevagi (nunquam); thö (tarnen), theigi,
theygi(non tarnen, neutiquam); ülfgi (lupus non); thatki
(id non). Besonders eingi, eingi, ecki (in letzterem as-
similation von t) nullus u. s. w. An und für sich, d. h.
aufser verb. mit der part. ni, ohne welche sie selten vor-
kämen, verneinten sie freilich der strenge nach nicht, so
wenig als frz. jamais, rien und dergl. limitative ausdrücke
(8. et. forsch. I, 345 ff.). So komme hvatki für quidquam
(nicht nulluni), hvargi für üb ique (nicht nusquam)u. s.w.
vor. Wegen des n jedoch in ahd. und alts. huer-gin
262 Pott
(irgend, mit schmarotzerischem d) maoht Grimm 8. 32 den
ausgaDg einer berührung mit goth. hun, z. b. ainshun
(ullas) verdächtig; und scheint auch der schlofs in ags.
hvägu, nach Grimm 8. 30 mit gu ans ju (quondam), im
sinne von je, irgend, nicht etwa mit lith. gu, z. b. in
argu vergleichbar. Woher Bugge zeitschr. IV, 243 sein
gham [doch nicht etwa die interj. ham?] haben will für
gha, weifs ich nicht, und kann es deshalb nicht zur aufklä-
rung von ahd. huer*gin dienen. Vollends nicht, wenn
goth. mi-k = fy*g- yt, tbu-k <Skyi Od. I, 386 sein sollte.
Deshalb möchte ich auch nicht altn. hvargi mit Mikl.
lex. p. 192, mindestens ohne das bekenntnifs einigen Un-
glaubens, zu ksl ie halten. Uebrigens bat man doch auch
guten grund, nicht ohne weiteres das schlafsglied in ahd.
huer-gin mit -hun gleich zu achten. Letzteres hält man
am besten für gleich mit goth. hvan (noxt wann? aber
auch indef. noxk, je wann, einmal), indem u aus va, wie
so oft im sanskrit, wurde. In ni hvanhun, niemals, wäre
demnach ein zweimaliges hvan zu finden, obschon nicht
von gleicher würde. Hvar, ahd. hw&r ist nov9 wo =
lith. kur, wie kuris, kur's, io m., kuri, kurri, ios f.
Pron. rel. und interr. (welcher, welche) sogar bis auf die
endung zu goth. hvarjis welcher (von mehreren) stimmt.
Das u in lett. tur (dort, da, dahin), äur (her, hieher) ist
vielleicht nur durch die macht einer falschen analogie ans
kur hineingekommen. Vergl. goth. thar daselbst, hxü.
Wie sollte aber in ahd. hwer-gin (usquam) oder gar in
altn. hvar-gi (ußique) — wenn schon die ähnlichkeit mit
lett. kur-gi, wo denn? vielleicht auf blofser täuschung be-
ruht — die grofse Verschiedenheit ihres ausganges mit ahd.
hwanne und hwenne (quando) in einklang gebracht wer-
den dürfen, vollends wo das altn. für die letzteren kein
entsprechendes wort kennt? Sonst ist -cunque in qui-
cunque, quandocunque (wann immer) eine bildung aus
quisque nach dem muster von quum als neutr. accusa-
tiv, gleich ipsum. Wenn aber goth. hvan accusativiscb
steht: so gilt mindestens sein n nicht dem m in quum
die partikeln skr. gha, gbä, ha und hi; zend. zi etc. 263
gleich, weil flexi visches m im gothiscben stets abgefallen
ist. Eben deshalb aber ist das -gin auch nicht mit skr.
kirn vergleichbar, woher kin-Kit, was irgend.
Im lithauischen haben wir dagegen eine enkl. -gi9
welche freilich ihres i wegen nicht zu gha passen will,
dürfen wir es anders nicht für noch weiter« abschwä-
chung des e in ksl. 2e%<?£, vero u. 8. w. a. a. o. ausgeben.
Das sanskrit besitzt aber, aufser gha, ha, auch noch eine
zweite part. hi (denn), welche et. forsch. I, 405. WWb. I,
567 in ernstlichere erwägung genommen worden, zu wel-
cher jedoch lith. -gi (man erwartete Zischlaut) und griech.
yi sich minder gut schickten von Seiten des lautverhält-
nisses. Diesem hi entspricht übrigens genau zd. zi, zi
1) nam, enim, 2) certe. Meist nach dem ersten wort des
satzes (also mit ähnlicher Stellung, wie s. gha) und en-
klitisch. Vergl. Dorn Bulletin Tme XVI, p. 10, sowie
Justi s. 125. Trotzdem aber, dafs y-dg (denn) gleichfalls
enklitisch steht und das ys in sich enthält — s. auch Dö-
derlein über ydg beim Hom. in einer gratulationsschrifl
an Thiersch — : würde man gleichwohl anstand nehmen
müssen, etwa in seinem y das 8. hi zu suchen, und zwar,
da vai-%1, oi-%i (etwa selbst ndy%i und ndy%v, ganz und
gar, mit gekürztem näv?) augenscheinlich besser zu dem
hi, z. b. in na-hi ja (unbetont) nicht, denn nicht;
gewifs nicht, durchaus nicht PWb. IV, 86 stimmen.
Aber mit nabi kommt im Schlüsse, denke ich, ebenso
wenig überein lith. Nesselm. s. 418. nei-gi (wie es scheint,
blofs verstärktes ney, nicht, auch nicht, nicht einmal)
\Jl nicht einmal, auch nicht. Neigi kur (kur, wo? vgl.
damit das 1. glied in nord. hvar-gi). Vgl. Eur. Iph. A. 9:
owcoi/v (p&oyyog y (ne vox quidem) otV oqvi&cov Ovre
&ald(f(frjg* tiiyal 8' dvipcov TovSe xar Evgmov tyovöiv.
Net und netigi, wenn nicht, womit sich serb. niti we-
der, noch Grimm gramm. s. 102 mindestens äufserlich be-
rührt. Oder darf man, dem zd. Zischlaute in zi (z = 8. h)
zum trotz, gleichwohl das h in s. hi als aus gh ausge-
kernt betrachten? Das slawische z in ze entsprang unter
*
t
264 Pott
einflufs des e aus g, während 8. h zu seinem Stellvertreter
nicht i (frz. je), sondern z (nach franz. ausspräche) im sla-
wischen verlangen würde. Es besitzen die Slawen wirk-
lich eine part. -zi, s. später.
Im lithauischen haben wir als enklitische fragepartikd
-gu, wowDn sich aber doch fragt, ob sie nicht eigentlich
zum zweck habe, auf ein wort jjlen nachdruck zu legen,
um durch dieses mittel etwas als fraglich hinzustelleil«
So steht sie, gerade wie -yay -pe, an pronn, angefügt, z. b.
in: Aszgu, ich etwa? Tugu (<fv?e?) eisi, wirst du ge*>
hen? Tugu tas wagis? Bist du der dieb? Ansgu »t
es jener? Ferner ar-gu seltner als ar-gi ob denn? z. b.
argi jis yra ist er es denn? Argi turrejo hat eres
denn gehabt? Aus ar, fragpart. bei direkten und indirek-
ten fragen, Nesselmann 8. 8, wie auch lett. ar, z. b. Ar
wins nahks? Wird er kommen? Sonst hat Stender lett-d.
wb. s. 90 auch irrag? anstatt arrig (g durchstrichen)
irr? Ist er? hat er? (eigentlich Estne alicui?). Bielenstew
lett. spr. II, 8. 342, dessen vergleichung mit aga statt j?
äga freilich kaum zutrifft. Doch aqa ys kqoüTccq jus, $1 —
das heifst, du willst wissen, ob. Xen. Mem. IQ, 8, 3, vgl.
Hart. s. 395. Ar, arri, arridsan, auch, scheint zwar
der präp. ar, mit, identisch, sonst aber davon verschie-
den.— Hierait wollen wir nun die ausföhrungen vonBie-*
len stein (Lett. spräche bd.II, §. 625. Lett. gramm. §.834)
verbinden. „Zur nachdrücklichen hervorhebung einzel-
ner satztheile", bemerkt nämlich dieser, „dienen im letti-
schen einige kleine partikeln, die tonlos den betreffenden
Wörtern suffigirt werden. Es sind namentlich 1) -gu, -gi
(g durchstr., d. h. mouillirt), -g'; 2) -sc hu (seh mit der
ausspräche des weichen franz. j), 3) -le, -lei, 4) -ba.
Die erste reihe entspricht der lith. veralteten fragepart. -gu,
vgl. gale-gu kannst du? und dem lith. hervorhebenden
-gi, vergl. kas-gi wer? Im lettischen ist -gu, -gi (g
durchstr.) als fragpart. jetzt veraltet, vgl. wari-g, kannst
du? ira-g, ist auch? jau-g' schon (bei Marcelius in fra-
gesät zen); ne-gi (g durchstr.) nicht, ob nicht? in fragen,
die partikeln skr. gha, gbä, ha und hi; zend. zi etc. 265
die eine bejahende antwort erwarten lassen. Z. b. Neg'
(durchstr. g) es sazziju? sagte ich es nicht? — Wie das
lat. -que (auch hervorhebend, z. b. in quis-que) im laut*
der zeit copulative bedeutung erhalten, so auch das
lett. gi (g durchstr.) in ne-ds — ne-ds weder — noch,
welches noch heute gebräuchlich ist, und woneben auch
16-i — ne-i (mit Untergang des g), oft wie nej lautend,
aber seltener vorkommt (§. 598), cf. lat. neque, nectf. Ueber
-que handelt ausführlich 6. F. Schoemann Quaestio-
aum gramm. caput I. De particulae Que origine et signi-
ficatione copulativa. Gryphisw. MDCCCLXV. Cap. II. De
part. Que significatione in compositis ib. locoque eod. Mich
würde die zweifache bedeutung dieses wörtchens 1) die
cop. (und; quo que, auch; etwa: wozu, quo, auch, mit
vokalkfirzung, vgl. etiam, eig. noch drüber, s. ati) und
2) die verallgemeinernd steigernde (quisque, wer
auch, quicunque wer auch immer, cunque, zu welcher
zeit auch; utique in welcher weise auch) nicht sehr beun-
ruhigen, da ich darin nicht etwa sinnlosen pron. Ursprung
suche, sondern verbalen aus s. ki (colligere) wegen 8. Ka
WWb. 1,462. Das lettische kann damit etymologisch nichts
su thun haben, wenn dies auch Bielensteins meinung sein
sollte. Vergl. ihn §. 598 über neg. Was aber von dem
ausfall eines g in ne-i behauptet wird, will mir nicht recht
ein. Lett. nei (noch auch), z. b. nei sis nei tas, weder
dieser noch jener, weder dies noch das, wäre nicht ver-
schieden von lith. ney =— ney weder — noch, was dann den-
selben ausfall erlitten haben müfste. Eber riethe man ent-
weder auf adv. ausgang, z. b. labay sehr, lett. labbi gut,
wohl; lett. krahsni von krahäns, schön; lith. pirnay
zuvor, tenay dort, seney (vergl lat. senes), ilgai schon
lange u. 8. w.; oder auf ein dem pron. jis (er), vergl. jey
sofern, wenn, entnommenes i. Vergl. i pronominibus ad-
junctum im kirchenslawischen Miklosich lex. p. 235. Steht
auch etwa lett. woi, wai ja, gekürzt wa (ob; oder) Bie-
lenstein lett. spr. II. §. 599 für 8kr. vä, disjunctiv wie lat.
-ve? Nesselm. hat s. 417 lith. negu in der frage, nicht?
266 Pott
nicht etwa? Negi auch nicht; bei Sz. als, eher
Pirm negi, bevor, d.h. so lange noch nicht 8. et. foi
I, 351. Zwar positiv, aHein doch mit yk 8. nqlv ye (n{
compar. == prius) bei Passow. Bei den Letten ne kaj
(eig. nicht wie, d. h. quam, als, hinter comparativen)
lenstein lett. spr. s. 349, am den grad-anterschied
zuzeigen. Bei Szyrwid kommt aber auch die einfache lil
neg. ne für ney in der bedeutung als, als ob vor. Nl
lieh n£y, beinahe n6, n6i zufolge Nesselm. gespi
wird auch angewendet, um gleichsam, als ob am
drücken. So n6y ne maeziomis als ob er nicht
oder n£y raudonokas ant weido, rötblich, bräui
von gesicht. Das n£y soll vermuthlich eine in solel
maafse zusammengerückte annäherung bezeichfien, dafs
verglichene nur nicht ganz (tantum non) mit dem z\
ten zusammenfällt. Vgl. den comparativen gebrauch v<
skr. n a pet. wb. IV, 4, welcher gleichsam vor der verw<
seiung warnt von solchem, was völlig gleich scheint, al
es doch nicht ist. — Stender hat lett.-deutsch. wb. 8.1
neg9 und neg'g'i (die g durchstr.) ob nicht (nicht interr.)*j|
Neg' wehl (letzteres: noch, weiter), vielweniger,
schweige. Ferner neg'g', vielleicht, etwa [gleichsam mitj
halber neg.?]. Kad es ne buhtu glabbajis, neg'g' wehl,
kur wasatohs. Wenn ich es nicht verwahrt hätte, vielleicl
würde es sich noch wo herumschleppen. Ohne virgulatioo
negg, sogar dafs, z. b. negg aussis fsahp dafs die ob*<
ren recht wehethun. Wohl mit blos zufälligem anklänge.
Das lett. schu (spr. mit frz. j) kann freilich nicht am j
gu (also g vor u) entstanden sein, falls nicht dem g w4
i beigemengt war, wovon freilich keine spur zu erkennen.
Ob es aber dem russ. 2e gleiche, scheint gleichfalls nicht
recht einleuchtend, möge man es nun den Russen abge-
borgt ansehen oder nicht. Woher käme doch das u?
Uebrigens weist Bielenstein aufser verbb. wie tad-scha,
tak-schu doch, kä-schu wie, als wenn, unter anderem
auch ein frei, wenigstens ohne Verknüpfung mit anderen
Partikeln, stehendes schu aus Volksliedern nach, wie z. b.
die partikeln skr. gha, ghä, ha und hi; zend. zi etc. 267
lirt man bij schu jäunam, kad deewinä mani
t&ma, sterben traun! müfste ich jung, als gottchen mich
Ihm (= nehmen wollte).
Im altpreufsischen katechismus findet sich ni —
HBggi weder — noch Ness. s. 1 19. Ferner niquei-gi
Immermehr, niquei durchaus nicht, welche freilich nicht
bellt zu quei, wo, passen s. 105. Ebenda käi-gi (auch
Ntgi, kaige geschrieben) wie, gleichwie, sowie; interr.;
leichsam; wie, quam vor adj.; als, tanquam; zum beispiel,
fc. was alles sehr gut zu kai stimmt mit dem sinn von
iie interr., gleichwie, sowie; als nach compar.; als
■bquam, aber auch dafs, damit, welche bedeutungen ja
ftftch im lat. ut vereinigt vorkommen. Lith. kaip-gi, kai-
»gi wie denn? wie nun? irgend wie. Ateit kaipgi es
■rißt sich doch irgendwie, auf eine oder die andere weise.
Kaip ist gekürzt aus kaipo (wie) und enthält aller wahr-
fcheinlichkeit nach die präp. po. — Vielleicht auch beggi,
Iten. Sl. bo, yccQ, enim, weicht freilich im vokale ab.
Sbnst pafst es aber doch besser als das von Nesselmann
herbeigezogene besgi (bei Mielcke: nämlich, ob?). Viel-
mehr, wie bes, vielleicht, etwa, besonders in fragen: Besgi
ae 2inno? Sollt er's nicht wissen? hat der Lette bes
and best, vielleicht. Bes winä labbosees, vielleicht
irird er sich bessern. Best wins nahks, vielleicht wird
Br kommen. Das t hinten etwa gekürzt aus te da, hier.
Die 3. sg. fut. buhs (erit) würde zwar sinnentsprechend
lern, entfernt sich jedoch zu weit dem laute nach. Aber
loch kaum lith. esti, est9 (es ist), etwa mit hinblick auf
fett. best. Oder etwa nebst bille, wenn nur, zu poln.
by? Etwa wie böhm. gestli, s. sp.? — Dygi, deigi,
ineh, verstehe ich nicht, und würde ich auch nicht wagen
es mit russ. da adv. ja, also (oui, ainsi), auch conj. und,
et, in beziehung zu bringen. Vgl. lith. ir-gi, auch, von
ir, lett. eben so (und, auch), preufs. ir prei stan im kat.
fö, dazu, aufserdem, sowie irbhe (auch ohne; lith. be
)hne Mielcke s. 153). — Anga (so hinten mit a), ob, er-
onert allenfalls an lat. an. Doch wäre möglicherweise das
i verdruckt (vgl. lith. ar, argu).
fr
268
Pott
Wir wollen aber jetzt einen überblick zu gewii
suchen über die ausdehnung des gebraucbes von gi
lithauischen. Mielcke lith.-d. wtb. 8. 80. gi encl.
aber, denn. Dükgi so gieb denn. Vgl. Soph. Phil. 1<
Da Philoktet durch einen stürz vom felsen sich selbst
tödten droht, ruft Odysseus hastig: ^SvkldßsTS /
Packt ihn , packt ihn. Hart. 8. 372. Gleichfalls Mh
gramm. s. 65 über pron. mit einigen enklitischen
kein, z. b. jau, gi, gu. Tas-jau eben derselbe (j
schon; also: der schon — genannte, wie lat.idem,
pridem). Tas-gi oder tassai-gi ebenderselbe? Kurs^j
kursai-gi? wer doch. Afsgu, tngu, ansgu? Ej
tune, illene. Nesselm. s. 91 hat tasgi, fem. tagi,
togi, tösgi derselbe, ebenderselbe. Togi del, togidj
ebendefswegen , to del, lett. tadehl deswegen, —
fragpron. kas, fem. ka (auch neutr.): kasgi, kagi
denn? was denn? was nur immer. Kamgi warum d<
kam&gi wo denn? Ferner s. 211 kurgi wo denn?
denn? aus kur, goth. hvar, wo, wohin? Kurgi ne
nosu wo (d. h. wie) sollte ich das nicht wissen? Ja wi
weifs ich das! (eine sehr gewöhnliche form der bejaht
Kekagi wie viele denn? Kada-gi, kadai-gi wann d<
Kadä, vgl. lat. quando. Kadang, kadangi (Sz. ki
dungi) wenn nur; weil; demnach, endlich s. 170. El
preufs. kaden wenn, wann, als, zu deinan, tag, li1
dena? Kacz, kaczey und kaczei-g, kaczei-gi
gleich, obschon. Tacz dennoch. — Aus jei, jey, wc
insofern s. 39, kommt jeig wenn ja, wenn etwa; jeij
wenn ja; obgleich, obschon (vgl. kaczeig); jeigu w<
etwa, wenn ja. Jeigu reiks allenfalls, mit reiks (es
nöthig) s. 438. Der anklang an eiye, ät ydq Härtung 8.
beruht wohl auf blofsem zufall. Möglich übrigens jei
vom pron. jis (er) aus, da wenigstens das entsprechend
skr. jas (woher ja-di, wenn, eig. wohl: welches tages)
werth eines relativums hat. Doch ksl. jeda (ei) sch<
nicht, wie Mikl. lex. p. 1 150 angenommen wird, damit si<
zu berühren, sondern mit jegda (öre quando) unter aas-
die partikeln skr. gha, ghä, ha and hi ; zend. zi etc. 269
von g wesentlich gleich. Iga örs verlor umgekehrt
Vgl. p. 326 k'gda, k'da, k'ga, auch k'gü, quando.
shstens dafs die schlufssilbe in ja-di und in skr. ka-dä
indo) mit 6. dina u. s.w., tag, gleichstämmig sein möch-
— Jau schon, bereits (vergl. WWb. I, 1050), jaugi
freilich; schon, denn schon. Jaugi buwai bist du
schon gewesen? Auch ksl. ou (jatn), ou-ze rjörj, jam,
t«; ouäe ne ovxsri und ioze ne Mikl. lex. p. 1029.
im. gi£ schon, poln. iuz schon, bereits, iu£ iu2 bald
I. — Bau fragepart ; besonders vor der direkten frage,
dem nebenbegriff des zweifelns. Bau gana yra ist
ich genug? Ebenso baugi. Baugi noretum möch-
du es wohl haben wollen? Baugi namej yra ist er
auch zu hause? — B&t, aber, sondern; lett. bet
mstein lett. spr. §. 795. Etwa gar serb. vetj sondern,
imm gramm. s. 102? Lith. betaig, betaigi dennoch.
;'€, doch wenigstens. Vergl. Nesselm. s. 92 tai das,
da. Tai-gi 1) das nämliche, dasselbe; 2) daher,, des-
Ib. Es mag eines von zweien t ausgefallen sein. Taiga
iten mit a!) das ist's eben, allerdings. Ferner mit taip,
ipo, so, also: tai-pat, taipag (st. taipat-g?), tai-
yeg ebenso, desgleichen, falls in den letzten beiden un-
partikel steckt. Taipo-gu etwa so? ist's so? wie
upo-jau ebenso; auch: so, so sehr. — Beskogi aus
isko, darum. . — Nes-gi, nesang neben nes, nesa
weil. — Dezgi (wohl gekürzt aus dewa£in-gi)
weifs, wahrhaftig Nesselm. s. 140. — Jui und jui-gi
1 — Vgl. ausrufe wie evye, euge! gut so, recht so!
I. blago-ze interj. euge, neosl. blagor, quod subst. non
Cf. blago, to ayaftov* Mikl. p. 25. 192. Also ohne
»fei sehr ähnlich mit dem, was der grammatiker in
:er'8 Anecd. p. 971 sagt: kv T<p xalajg ys <$Yi\iaivu
tnitatiiv rrjg rov y.dklovg kym'kri&übq. Härtung 8. 371,
rgl. 395 hat dergl. ausrufe mehr. — Nügi jetzt, nun;
>hlan! mit nü jetzt, nun Nesselm. s. 424. — Jog dafs,
dafs, damit, sowie jeng von gleichem sinn (pirm neng
bevor, eher als, vermuthlich negation und redupl. mit -g?)
ou'l"'"'"' J° iÄBtet
ßb, *<">*'' ej'g bedeutet desto
tarn*?* %u£JJ'%g ■* »Älterer form* fll
""&*»wr *%•"'> weg' hiowe8» davon)
""r p'o ("'eb £ hütet präpp. vorkommt, tri
pßii iB> *** «jiwerlich etwas bei.
ljelliii>0 e b*beo wir ans noch dem slawisch
* jfikL Im. P. 192 gibt folgende gebr
*c0 jj vt>ro. Mitbin adversativ, indefs docl
*-Ujend. Raidajet", ne kr"mit" ze rt'xm,
Wt ' (et* etlam): ^e * " — *B( et — et> z* *>•
■ oU <5 i ti notstv re xai StdciGxuv. Vielleicht boII
redeweise erBt ein glied hervorgehoben werdt
sodann, gleichsam nachträglich, mittelst der
zweites nachzusenden. Kai ... yt Hart. 396, u
quidem, hat einen ganz anderen sinn. Ebenso '.
bindung von yi mit St s. 400 keinen vergleicl
pafst zn letzterem, schon der umgestellten folgt
Si, vero. I v"sa ze naga navra Si yvftve
•Auirot-yc (auch mit yi) ') quamvie, was jedoch]
übersetzt wird. Aus c"to(quid) entsteht c"to
Tjem"ze Sto propterea, wie p. lOlfi tjem
Aufserdem ze additur prooomini demonstrativo
*) Ebenfalls mit 10/, eigentlich lok. (da) vom pron. iö
Btena doch, doch wenigstens, auch yi toi Sr:, yi phim und
sow. Herrn. Vig. p. 842 Übersetzt fi/rtoiyi: tarnen carte; )
tarnen Eur. Alcest. 724, und o>«ic yi fu'nn; attamen cen
selbe aber hinzufügt: Heraclides, ut ex Euatathio dieeimi
1726, 26, /lirtot, quad in quodam Hameri loco aliqua exe:
bant, ab Argivis et Cretensibus pro jifrroi dictum Darraver
dum contra irSoi a quibusdam DoriensibuB pro TrSov diceret
in dem zweiten paare keine recht zutreffende analogie zu de:
nen. Toi und hSol (»gl. Sä, felis nicht etwa wie domi, i
p) sind unzweifelhaft lokative. Aber pcVrof und trior k&
unmöglich Ubereia kommen. Ersteres enthalt gewiß einen i
n dazu ein männliches e
so) ergänzt werden, oder sei es neutr. gedacht gl<
aavTor (oder iö mit vvl). Wer könnte jedoch das näml
behaupten? Das h liefse am natürlichsten auf einen hinten
lokativ rathen, und wohl möglich, (Ins v sei, wie in ir ^#oi
*Sou statt dfyioi;?) umgestaltet.
die partikeln skr. gha, ghä, ha und hi; zend. zi etc. 271
vgl. lat. eum, eam), ut fiat relativum, was um so we-
it auffallen kann, als das etymologisch ihm gleichende
D. ja-s, ja, ja-t = 6g ^ r\, 6 relativ steht, und das
ja (8. den ausführlichen artikel bei Justi 8. 237) noch
eh unserem der zwischen beiderlei gebrauch (demonstr.
1 relat.) schwankt. I-ze, ja-ze, je-ze, auch statt des
»eh. 6, 17, to Dobr. Inst. p. 608. I (s. Mikl. p. 235) cum
junctum omnes casus habet, absque ze nominativo non
rpatur a) is. b) 6g qui a) za nije Sio.ti quia. ß) i ad-
qr aliis pronominibus: onudaj, tedaj, kaj. c) ize
qui. Koliz"do (vgl. kolizdi, quoties) pronomini ize
ieunque) et vocabulis inde derivatis valet lat. -eunque.
>ze koliz"do onov idv ubieunque, ideze onov, ov
ans ide onov (etwa mit dem ausg. von skr. i-ha,
d. i-dha, hier) p. 237. Jamoze koliz"do onov kdv.
noze, quo p. 1145. Jelik' oöog, quantus. Za jeli-
se slg oöov. Jelik oze kolizdo lj et" ööovg Sonore
tvrovg p. 1156. Böhm, gelikoz adv. so fern. Ferner
I aäte ei si; ei an, num;,aäte li und aste li ze ei 8i
pero. Dobr. Inst. p. 449. Praecedente pronomine rela-
> aste respondet particulae -eunque: ize aste qui-
que; iz deze (onov) aäte ubieunque. Im"ze Sri quod,
r, eneiÖt], Sion quia, kneidtjneo quoniam. E-ze bei inf.
gr. ro Dobr. Inst. p. 610. — Der Grieche übrigens hat
i yi in relati vsätzen meistens in anderer art verwen-
* Härtung sagt s. 387 unter der rubrik: Einklang
auf einander bezogenen sätze: „Dieser gebrauch
der natur der sache • gemäfs seinen vorzüglichsten sitz
•elativsätzen , die zur erklärung und ergänzung an die
lönstrativstämme, als nebensätze an ihre hauptsätze, an-
ghoben sind, ferner in gliedern, die mit der cop. part.
(angefügt sind u. s. w. Die beispiele des gebrauches
en sich bequem unter zwei rubriken vertheilen, je nach-
t in ihnen vorzugsweise begründung oder berich-
nng und ergänzung des voranstehenden ausgedrückt
I: wir nennen jene argumentative (beweisführende),
e suppletive urtheile. Die partikel (yi) hat überall
272 Pott
keioe andere bedeutung and bestimmung, als dafs *
begründenden oder ergänzenden gedanken halt und g
erth eilen, ihn auszeichnen und hervorheben soll. [
denn auch wohl -ze im slawischen fflr das allumfa
-cunquel] Will man sie noch mit einem andern lat.
aufser quidem vergleichen, so ist dies praesertim [glei
in voranreihender weise], aber auf keinen fall sa
Weiter s. 390: In sätzen, welche mittelst der relati
geknöpft sind, kann nicht leicht eine andere als die
mentative oder die suppletive bedeutung gelten. £
z. b. knü .... ^ II. I, 299 hnti (i ccqiketf&e ye
idque propterea quod. Desgl. IV, 269 knsi avv y
tyevctv TqcHsq weil ja die Troer den vertrag geb
haben. Ferner Herod. I, 112 (Sv 8h aide noh)aov^
nätia y% avdyxtj otp&ijvai txxeifievov wenn es ja
durchaus nothwendig ist. Also dem sinne nach doc
so ziemlich vergleichbar mit obigem im"ze im slaw
Ferner p. 1157 jel"ma-£e i. q. jeP'ma conj. baov
tum; knei9 kneidtj; und el"mi-ze id. Aber jelje q
woher z. b. ot7 njelize äcp* ov ex quo. — Zweiten:
wie Härtung 8. 395 bemerkt, die partikel yi den su
tiven sinn, sowie den argumentativen, auch in i
sätzen. a) Sätze mit 6g gleichsam qui quidem; un<
yi (also etym. eins mit ksl. i-ze), olog dgl. Od. I, 2
uecf^aairo x&v ccvyiq, Aiöfäa no'kX oqocov, oGtiq niv\
fieriX&oi. b) mit sl. Her. IV, 32 el 8rj T(p kovri ye "(
xavxa ta 'inza knoirjos, das heilst, wenn anders (
dem; es könnte öich aber anders verhalten) H. \*
der verf. dieser gedieh te ist. c) mit ote ye, hnsi ;
ye etc. II. t^, 339 wg av toi nhjfivij ye etc. so zwar
Im böhmischen: Gestli, gestlize conj.
wofern; ob, kann doch kaum etwas anderes sein
fragpart. -li (-ne?) mit gest (es ist), und ze (con;
weil), indem dadurch also die sache als fraglich dar
wird. Takliz, taklize? Ist denn also (tak)? —
hieher aus geho (sein, dessen): on, gehoz otec
er, dessen vater starb. Tham, böhm.-d. wb. s. 117.
die Partikeln skr. gha, ghä, ha and hi ; zend. zi etc. 273
Urie, gleichwie; gakoz wie, gleichwie, so wie; da, indem,
akozto (mit to das?) als, als wie. Gakz takz so so.
akzkoli (vergl. gak^koli wie immer beschaffen) und
kzkoliwek (mit wek alter, Jahrhundert?) obwohl, wie-
►hl, obschon. Ksl. jako <ug, axfntQ uti; jakoze oSöfteo,
i&cig, xa&d, ov tqotiov. Jak'ze olog p. 1145, wie auch
Stk'ze p. 3. Also wie olog mit yi? Poln. jako als, wie,
*Jakoz und, in der that, auch, und allerdings, wie auch
Wirklich. Aber jakze wenn doch, wie in aller weit, wie
Inders, das versteht sich freilich. — Böhm, genz, welcher
Mn. 8. w., correspondirend mit ten (der, die, das). Ti, genz
Life potkali die, welche uns begegnet sind. Ten(ta), genz
ßtbne dnes nawsstiwil (im fem. -la) der (die), welcher mich
Mfeute besucht hat.
". Bandtke, gramm. §. 284 hat unter den polnischen
Enklitika (przyrostki angewachsenes) über unsere parti-
■^kel folgendes: „z hinter vokalen, ze hinter conson., z. b.
^-tenze, taz, toz dieser nämliche, ebenderselbe, die, das
ktidmliche; gen. tegoz, teyze (also doch auch hinter vo-
Malen?), tegoz, dat. temuz, teyze, temuz. Also wie
v*7*i ^7«, roye, sogar xelvog öys verbunden II. XIX, 344,
t mar dafs durch dieses pronomen, wie Passow sich aus-
drückt, „mehr eine person von anderen gesondert, als
j auf sie hingewiesen wird, wodurch es sich hinlänglich
!^vo& oSs unterscheidet a. Genau hingesehen, vollzieht es
■gleichwohl den nämlichen act wie tenze, indem ja fest-
stellen von einerleiheit, welchen begriff der Pole mit
tem worte verbindet, auch zugleich aussonderung
Von anderem mit einschliefst. Jedenze, jednaz, jednoz
r der-, die-, dasselbe, von jeden einer. So ferner „c6z, was
* denn; c6ze£ zrobil was hast du denn gemacht? Jakiz
t'fVergl. oben ksl. jak'ze, qualis] to czlowiek? Was ist
doch das für ein mensch? Imperativisch, wie bei den trag.
üni y^ sage doch: Dayze gieb doch [vgl. lith. dtik-gi];
ezytayciez leset doch; idzze gehe doch; idzmyz lafst
uns doch gehen. Man sieht, dafs dieses z, ze die Wörter,
denen es beigefügt wird, verstärkt". Iza, izali, iza-
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 3. lg
a
274 Pott
li-ä, ob, ob etwa, fragpart., wie ksl. jeza Mikl. p. UÄ
Jezeli, jezli, jesli wenn, wofern, ob. Jezeli nie t^dft
tedy ow$dy wenn es hier nicht angeht, eo geht es dort
— Fast möchte ich mich aber überzeugt halten, auch
poln. iz und ze conj. dafs, müfsten hier ihre stelle finde* '
Mrongovius bemerkt im Wörterbuch von dem anhängst! l
ze, es bezeichne die frage oder auch ungestümes anhaltet li
und inständiges bitten (ähnlich den deutschen verstärk«»
gen: doch, in aller weit). Z. b. Mial-ze on noz prtjr
sobie? hatte er ein messer bei sich? Dayze mi gieb
doch. Czym-ze sie to dzieje? Wie geht doch das
Jakiemi-z dowody — ? Durch welche beweise in
weit? Als conj. wird es aber, aufser mit weil, da, d
dafs übersetzt, z. b. Mowi, ze byl u niego er sagt,
er bei ihm gewesen sei. Es bemerkt aber Bandtke gram
§•218: „Durch die conj. by wird blofs mit ihr allein
- mit ihr in Zusammensetzungen mit den conjunctionen a
ze, dafs (lat. quod), iz dafs (quod); aby, zeby, iiby, ?
dafs, damit, auf dafs (das lat. ut) jeder modus subjunctH
vus gebildet, indem aby, zeby, izby und alle ändert
Zusammensetzungen, als z. b. gdyby, im fall, wenn, je* i
zeliby wofern, azeby auf dafs, poniewazby weil näm-
lich, maafsen, so wie by an und für sich selbst vor tempp*
mit suff. (also bei keinem präs.) stehen können". D. h. af
verbinden sich, gleichsam proklitisch, mit partic.-tempß
Z. b. By bylem (dafs ich wäre), bylas, bylo: bym, ab
zebym, izbym byl, la, lo: 2. sg. zebys, izbys byl,
to u. s. w. Sollte nicht by eigentlich (etwa fuat,
vom subst.-verb. skr. bhü ausgehen? Vgl. WWb. 1, 118t
Ich vermuthe, ze für: dafs bedarf etwa zu seiner ergäfr
zung eines relativpronomens, sei nun dies blos im gedan-f:
ken oder weil sich das ksl. neutrum je-ze kürzte. In Ü
steckt doch kaum i, und.
Noch sehr wichtige Verbindungen sind die der park ie
mit negativen ausdrücken. Z. b. ksl. nize (neque). Auek
mit dem fragpronomen , dem ni voraufgeht, welches aber
öfters durch die präposition von ersterem getrennt wird»
3
die Partikeln skr. gha, gha, ha und hi; zend. zi etc. 275
Likl. lex. p. 448 ni ot' kogoze, ai pri cesom"ze.
[ic"ze, nic"to-ze ovdkv nihil. Niküize, nullus, nikr-
)-ze nemo. Auch nikak'ze. Nicijego-ze, neminis.
ligdaze wahrscheinlich mit erweicbung der guttur. aus
ik'da-ze (nunquam) p. 451. Vergl. skr. kadä, wann?
.•b. w. WWb. I, 1045 ff. — Poln. niz, nizli, nizeli,
nizeli adv. comparat. als, -eher als. Böhm, on nenj
st nicht) wetssi, nez, nezli ga er ist nicht gröfser als
th. Vgl. neze li #, quam Mikl. lex. p. 419, worin die
?gation (li p. 336 rj vel aut; auch ij quam) hervorheben
)\l den grad, welchen der eine von den verglichenen ge-
ständen eben nicht besitzt. Vgl. et. forsch. II, 147 (1.)
öhm. drzj w nez eher als, wie griech. ttqiv ;«, jedoch ohne
Ration. Illyr. neg ig da — piucche mai — als je, aus neg,
ögo — ital. ma — sondern, und ig da — se mai — wenn
nrnal. Ksl. neg9 statt nego übrigens, sammt nekli
i%a, iaivg fortasse, negli u. 8. w. zeugt doch wohl kaum
ir Zusammensetzung mit einer sonst unbekannten parti-
»1, welche noch dem skr. gha näher stünde abseiten des
Utes. Die verb. na gha wäre sonst verführerisch genug,
ö mag aber in nego, wo nicht ein pron. mit genitiv-
ldung -go, doch etwa des k in nekli wegen irgend wel-
ler bezug zu dem interr. pronominalstamrae (vergl. poln.
to wer, g. kogo; nikt, g. nikogo niemand) gesucht
erden müssen. — Von goth. nib Gabelentz s. 131 ovdij
%Si9 und unserem verneinenden noch behauptet zwar
rimm III, 69 gar flink: „dem sinn wie dem buchstaben
ich = lat. nee". Nichts kann aber mit bezug auf die
ldpartikel zweifelhafter sein. Nee, wird Grimm doch wohl
icht in abrede stellen, ist blofse kürzung aus ne-que (vgl.
c: atque), dessen -que von s. -Ka zu trennen wohl nie-
mand einfallen wird, hätte auch nicht der Grieche ein ovtb
lit t« = que. Es wird aber in Gab. wb. s. 139 unter
. . uh gezeigt, dafs dieses hinter den vokalen mehrerer
Artikeln sein u verliere und dies auch in nih statt ni-uh
ler fall gewesen. Dies müfste denn auch den muth des-
jenigen zu boden schlagen, welcher etwa sonst in nih ein
18*
276 Pott
skr. na-hi oder na gha zu erblicken in sich lust ver-
spürte. Allerdinge, besäfse die enklitika ...uh das un-
fügsame u nicht, würde ich selbst scharf darauf sehen,
ob sie nicht dem skr. gha entspräche. Hiezu eröffnet sich
aber kaum eine aussieht, dafern man nicht in -uh schon
eine mit enklitischem h versehene partikel suchen darij
etwa wie lith. jau-gi ( ja^freilich ; schon) oben. Seltsam
bliebe dann immer jedoch der Wiederspruch des h mit dem
k in mi-k, mich, worin man gleichfalls yk sucht.
Es ist noch manches in dieser sippe von partikeln
dunkel geblieben. Selbst dies, ob und, dafern wirklich, in
welchem grade die reihen gha, ha und anderseits hi
mit genossen verwandtschaftlich zu einander stehen od«
auch, von dem blofsen, keineswegs überall mit Sicherheit
erkennbaren lautwechsel abgesehen, sich gegenseitig ety-
mologisch decken. Was soll man beispiels halber zu dem
schon früher erwähnten ksL zi sagen, unter welchem Mikl.
lex. p. 225 auf ze verweist? Vom ersten bemerkt er: haec
particula in codd. recentioribus [etwa, wie nachmals vieles,
aus volksmundarten in die alte kirchensprache eingedrun-
gen?] non raro pronominibus demonstrativis et adverbiis
inde derivatis additur: ov'zi. Vgl. p. 486 ov' (hie); ov'
— ov' &e 6 fiiv — 6 öe; ov'gda rote tum; ov'gda —
ov'gda ze tum — tum. On'zi (etwa wie xslvog ys II.
o>,490. Hart. s. 381). Sikvozi von sikov' (talis) Mikl.
p. 838. Siko-zi und siko ovrcog sie (welches lateinische
wort zwar im pronominalst. — doch wohl s. s ja, Utk
szis — mit dem slawischen übereinkommen mag, allein
nicht in der endung, welche die nämliche ist wie in hei-c
u. s. w.). Takozi, ita. Tazi. Toizi. Tomzi. Und noch
mehr dergl. verbb. mit dem pron. t' (ixaivog^ ille) p. 1016.
Particulam hanc habes bulg.; croat. ovazi, ondazi, ni-
kojzi. — Dagegen p. 981 von ta conj. et, tum, verstärkt
taze itaque, aber auch ar«, inuxa tum. Und p. 994
v'toi (to mit suff. i) ze vrjemja hv r<p xcayco kxüvcp.—
An eine blofs mundartliche vertauschung von z und % zu
glauben mufs ich vorderhand mir noch versagen. Sonst
die partikeln skr. gha, ghff, ha und hi; zend. zi etc. 277
jäbe etwa zelv" m. testudo, limax neben zel'v", griech.
(ilvg (also mit #, wie z. b. im skr. bi) dafür einigen
anhält.
Ueber manches in diesem tbema wird man erst ins
kfinftige klarer sehen. Indefs schien es mir nicht aufser
der zeit, derartige partikeln, wie die hier besprochenen,
deren sinn nichts weniger als auf der Oberfläche liegt,
wenngleich er in der Verstärkung von begriffen seinen
letzten und bedeutsamsten Hintergrund haben wird, schon
jetzt, so weit ich es vermochte, zu beleuchten. Mich zog
dahin vor allem auch das interesse, welches ein bis in das
fernste alterthum unseres Sprachstammes zurückreichender
gebrauch von wörtlein so luftiger art wie gha, ha, hi,
fd, yh, sl. ze, zi, zend. zi u. s. w. bei solchen einzuflöfsen
im stände sein möchte, welchen nicht überhaupt för derlei
aller sinn abgeht.
Halle, ostern 1869. Pott.
Zur lautlehre der lehnwörter in der polnischen
Sprache.
Jede spräche sucht sich fremde, mit der berührung
' flttt anderen culturen in sie eintretende elemente, einhei-
misch zu machen, indem sie die laute derselben nach der
Beschaffenheit der Sprachorgane des volkes verändert und
assimiliert; ja, der prozefs des lautverfalls in den lehnwör-
forn ist rascher und entschiedener, als in Stammwörtern,
da in ihnen, wegen ihrer wurzellosigkeit von der seite des
Sprachgefühls kein widerstand geleistet werden kann.
Es ist wohl für die lautlehre einer spräche nicht ohne
Wichtigkeit die auf das rein phonetische prinzip sich stütz-
enden lautwandlungen der fremdwörter zu erforschen, und
die gesetze, welche ihnen zu gründe liegen, festzustellen.
Phonetische prozesse der lehnwörter bestätigen nicht nur
1
Xi
278 Malinowski
die allgemeinen, von der Beobachtung des grammatischen
baues der spräche und der vergleichung mit den nächst- I!
verwandten sprachen herrührenden gesetze, sondern werfen f
auch auf den ganzen typus des lautsystems ein neues
licht.
Die folgende Zusammenstellung einiger lehnworte der ]
polnischen spräche hat zum ziel, die gesetze der lautent- $■
Stellung in derselben zu ermitteln. Ich habe mich zu- ■
nächst nur auf deutsche oder durch Vermittlung des deut« j
sehen ins polnische eingedrungene demente beschränkt,
und zwar auf solche, gegen deren herkunft kein zweifei f
erhoben werden kann. Der vorliegende theil enthält die
lautwandlungen der consonanten. Die Schreibweise der
polnischen worte ist streng phonetisch.
A. Consonanten,
Gutturale k, g, eh.
Poln. k tritt an die stelle des deutschen h und ch:
im anlaute: Kelich = ahd. ehelich, nhd. kelch, lat. calix.
kouwas*) = bandfafs; im inlaute: äukac = suchen, fuKel
= fuchtel (eine art degen); im auslaute geht das deutsche
ch, g fast immer in k über: alstuk = halstuch, capstfyk
= Zapfenstreich; pak = pech, chendryk = heinrich, ulryk
= ulrich, fryderyk = friedrich (in den eigennamen ist
diese erscheinung wohl dem einflufs des lateins zuzuschrei-
ben), brunsw'ik = braunschweig, auätuk = auszug, lustyk
=s lustig, jarlyk (einjährliches lamm) = Jährling und alle
auf unek = d. ung, wie stosunek (verhältnifs) = stofsung,
werbunek = Werbung, meldunek = meidung, rachunek =
rechnung, w'izerunek = visierung, ebenso kruzganek =
kreutzgang u. 8. w.
Poln. k entspricht dem deutschen t in oröyk = ort-
scheit.
*) In allen fällen, wo die bedeutung des polnischen Wortes nicht ange-
führt wird, ist sie dieselbe wie im deutschen.
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 279
g-
g = ch, h: gajic = hfigen, cyga ( Ziehbrunnen ) =
iehen, äp'eg, äp'egaf = ahd. *speho (holl. spie, engl, spy),
pehäri, uger = oeher lat. ochra fr. ocre, lodyga (stengel)
= ahd. ladducha, lat. lactuca.
g = k: gamrat = kamerad, gen. tfarogu zu n. tfarök
uarkkäse.
ch.
ch = g: obercuch = Überzug (übrigens im jetzigen
ratsch wird g im auslaut auch wie ch gesprochen);
irab'a neben grab'a = graf ist ins polnische durch das
chische gekommen.
ch = k, ck im inlaute: ätachety = stacket, dyjachet
: ndd. deuker, klecha = glöckner; im auslaute: gach
ebbaber) = geck.
ch = seh (ä): rostruchaf = rostäuscher (rofstrüger),
ynak = sebienhacken.
ch = h : chartowac = härten, chetman = hauptmann,
!alef = heller, chaWaf = hauer, chendryk = heinrich,
lufnal neben ufnal, ofnal = hufnagel, cholander neben
raltetem olander = holländer, choldowac neben oldowac
: huldigen, chnf, chuf ec neben uf, uf ec (schar) = häufe,
iabdank neben abdank (ein wappen) = habe dank, chaf-
wac neben aftowac (sticken) = heften, chaftka neben
tka= heftchen, chalSttfk neben alstuk = balstucb, chant-
8 neben antfas = handfafs, chandrychaf neben antrychaf
erggehülfe) = handreicher, poncoeba = bundschuh.
Palatale.
Deutsche diphtonge ei, eu, äu werden in den polni-
&en lehnwörtern durch a oder e mit folgendem j ersetzt:
ijerka = feuerkieke, salamaja = schalmeie, majef = meie-
ßi, glejt = geleit, majster = meister, rajtsula = reitschule,
fcjzbret = reifsbrett, gemajn = gemeine, grajear = kreu-
8er, rajtuzy = reithosen, lokaj = lakei.
280 Malinowaki
j = h im anlaute vor vocalen: jedlca, jelca (griff am
Schwerte) = ahd. bglza, mhd. heize, jatka ( fleisch waareü-
handlung) = hütte ahd. hutta, jadw'iga == hedwig, jintex-
mach =» bintergeinach.
j = g: gajiö' = hägen, gen. jedwab'u zu nom. jedwap'
= ahd. gotawebbi, alts. godowebbi kostbares gewebe,}
byssus.
s.
s = 8 im worte stru& = straufs.
Linguale.
Spiranten ä, z.
ä = nhd. seh, ahd. sc flaöa == flasche, ahd. flasca,
äala = schale, mhd. schal, ahd. scala (patera).
§ = s, ss, äabla = säbel, äaröa = sarsche (ein wol-
liges gewebe) ital. sargia, äelka = seilchen, äukac = su-
chen, kosary = kaserne, struköasy = truchsess, Kermai
= kirchmesse, ratus = rathaus, aber lamus (gen. lamust)
lehmhaus.
z = s im anlaute vor o, e, u: zolnef (soldat) ss Söld-
ner, zur (eine art suppe) = mhd. ndd. sür, zegnad = seg-
nen ahd. seganon, lat. signare, zoitar 6ech. zaltaf = psal-
ter, ahd. saltari gr.-lat. psalterium, zold = sold, zeglowal
= segeln, zagel = segel, zeglaf = Segler im imlaute zwi-
schen vokalen; bazant mhd. fasant, dzeza = bair. döse,
Rizel = kiesel, sp'iza = speise, sp izarna == Speisekammer,
gen. anyzu zu nom. anyä = anis, pap'eza (pap'eö) papst
= ahd. bäbes, jarmuzu zu nom. jarmuä (grünkohl) = jähr-
mu8S (?).
z = seh (s): zart scherz, g. potazu zu nom. potaä =
pottasche, wajdazu zu nom. wajdas = weidasche.
Dieser Übergang des deutschen s, ch in ö, z ist der
Wirkung eines eingeschalteten j zuzuschreiben, worüber
unten.
r-1-laute.
r vor a, u, o, e wird in palatal linguales r erweicht:
Kestrank = kirschtrans, rumple neben gefyna = gerüm-
zur lautlehre der lehnwörter in der polii. spräche. 281
el, fotkef = retticb, fem'en = riemen neben rymaf = rie-
ier*), dzetfech = dietrich im auslaut, in der endung er,
acb der analogie des poln. suff. -af , -er = altbulg. -an,
irif: pachdaf = pächter, alker = erker, chaftaf = hefter,
sdnaf = büttner, malaf = maier, dyugaf = dinger
)ergknappe, der ein gelinge liefert), falb' er = farber,
üw'ef = barbier, falber = falscher, fechtaf = fechter,
rytaf = vorreiter, frajef (liebhaber) = freier, pr^gef =
'anger, chawer, chaw'af = hauer, kichlaf = küchler,
>'ichf, $p'ichlef und sp'iklöf = Speicher, kusnöf = kürsch-
jr, kacyf, kac£f = ketzer, kölner = koller, Zoltaf =
salter, slusaf = Schlosser, pancef = panzer, rycef =
tter, rymaf = riemer, smuklef (knopfmacher)=schmucker,
■amaf = krämer, kuglaf = gaukler, £lif 6f = Schleifer,
iycef = Schnitter, Synkaf = schenker, lichtaf = leich-
r, ludVisaf = rothgiefser, strychaf = Streicher, wach-
f = fächer, wartöf = Wärter, werbaf = werber, w'elK6f
riebiscitum, Stadtsatzung) = willkübr, zeglaf = segler,
)ln6f (soldat) = Söldner, tal6f = teller, grabaf = grä-
er, gichsaf = gichter (der das erz in die gicht schüttet),
y§6f = frischer, garbaf = gärber, fraktaf = frachter,
lajef = meierei, m'elef, m'ilef = meiler, m'elcaf = mäl-
er, lakfaf = latwerge, m'istf neben majster = öech. mistr
neister).
Im auslaute folgender worte findet die erweichung
icht statt : oselbar = wasserbär, puchar = becher, bryf-
reger = briefträger, berajter = bereiter, comber = zä-
aer, ziemer z. b. von einem hirsche, cuker = zucker, fel-
«r = feldscheer, feler = fehler, frajb'iter = freibeuter,
roncymer = frauenzimmer, grajcar = kreutzer, cholender
= holländer, serwaser = scheidewasser, s wager = schwa-
5er, lager = lager, laber neben labwerk = laubwerk,
aufer = läufer, loncher neben lunaf = lohnherr, stör =
*) rymaf ist erst in jüngerer zeit entlehnt, während fem'en schon im
^bulgarischen als remeni vorliegt, daher die verschiedene behandlung des
«lautes. J. S.
282 Malinowski
Steuer, z£gar (uhr) = zeiger, giser = gieiser, goldar =
goldschläger, gefrajter = gefreiter, fryjor = fröhjahr u.a.
f = seh (ä): charnaf = harniscb.
i, t
Die polnische wie die russische spräche haben bis heut
zutage ein zweifaches 1 bewahrt; ein palatal-linguales (1
und ein mit unrecht guttural genanntes (1). Das polnisch
1 unterscheidet sich vom deutschen durch mehr palatal
ausspräche, da nicht nur das ende der zunge, sondern ihr
ganze Oberfläche sich 'dem gaumen nähert — Was da
harte l betrifft, so ist es keineswegs guttural in dem sinne
wie es von deutschen Sprachforschern verstanden wirc
Es giebt hier freilich mundartliche variierungen, doc
spricht es die masse des Volkes entschieden dental aus
die spitze der zunge beröhrt die obere zahnreihe, wie tx
n, nur mit dem unterschiede, dafs auf beiden Seiten de
zunge leerer räum für die aus dem kehlkopfe strömend
luft gelassen ist, was bekanntlich den 1-laut überhaupt cha
rakterisirt. Die Grofspolen kennzeichnen sich durch ein
labiale ausspräche des 1, etwa wie w; im krakauische
spricht man es aus mit einer resonanten schattirung, be
sonders nach den nasalen vocalen : datem (ich blies), willen
(ich nahm) dal, wzal klingen in dieser mundart fast wi
danem, wzanem, d^n, wzan*).
Polnisches l ersetzt das deutsche 1 vor a, u, o: laricu
(eine Stadt im krakauischen) = landshut, later = lachtet
hochd. klafter, last = last, lan (ein ackermafs) = Iahe
mlat. laneus, takoc — leckerei, ladunek = ladung, lado
wad = laden, lata = latte, walach = wallach, stola =
Stollen, äalamaja =*: schalmeie, cegla = ziegel, tut = loth
atun = alaun, lub'in = lupine lat. lupinum, loktusa =
lakentuch, lodyga (stengel) = ahd. ladducha, lotr = mhd.
loter, lat. latro, clo = zoll ; im auslaute : kubel neben ku-
*) Genaue angaben über die ausspräche des t s. bei Brücke grundz. 4*
und Merkel Physiol. d. menschl. spr. 217. J. S.
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 283
fei = kübel, Kizel = kiesel, fakel = fakel. Wir sehen,
dafs Miklosich (lautl. 445) unrichtig behauptet, „das deut-
sche 1 wird regelmässig durch den weichlaut 1 ersetzt" und
(467) „in entlehnten Wörtern wird regelmäfsig 1 nicht 1 ge-
sprochen". Doch in folgenden Wörtern erscheint das weiche
1: lanckoronä (eine Stadt im krakauischen) = landskrone,
lanckoronski (ein poln. familienname), lad = land, lokaj =
lakei, filnnek = fühlung, chalabarda = hellebarde, folarda
« füllerde, kuglaka = kugellack, bukätele = bogenstelle
(bogengerüst), chalef = heller, cholender = holländer,
lentfal = lendenfeil, talef = teller, drylich = drillich.
Vor consonanten steht fast immer hartes 1: faldowac*
= falten, falö = falsch, zoltaf = p salter ahd. saltari,
choldowac = huldigen, mälpa (äffe) = maulaffe, kstalt =
gestalt, gwaft = gewalt, gelda = gilde, jalmuzna = al-
mosen ahd. alamuosan, soltys = schuldheifs, äoldra =
Schulter (schweinschulter, Schimpfwort), galgan (lump) =
galgen; auch vor%palatalisirten: zolnef = Söldner, kolner
== koller, aber: meldowad = melden, jur^elt = jahrgelt,
tryngelt = trinkgeld.
] = j in cere^ele (la minauderie) = *cere£eje = *ce-
rereje = Zierereien.
Dentale.
t, c (ts), ö (tä), c (ts).
t = d: tebel = döbel (pflock), tuz = daus, fory-
towad = fördern, fryt (gen. frytu) = friede, Kerat(u) =
kehrrad, klejnot(u) = kleinod, bunt(u) (aufstand) = bund,
gamrat(a) = kammerad, gw'int (gewinde) u. a.
t wird vor e in c (ts) erweicht (dies 8 nach t ist als
ans j durch assimilationen des t entstanden zu betrachten,
worüber unten): rycer = rytsef = *rytjef = ritter cech.
ritüf, snycef (Steinmetz) = Schnitter. Manchmal geht t
in palat. c (U) über: pachcar = pächter, gichdaf = gich-
ter; so auch c in <5: stu<5ec = Stutzer (stucer).
c = s, z: demcowy = sämisch, kocel = ahd. chezzil
nahd. kessel.
284 Malinowski
6 (tä) = sch (ä): öacht = Schacht; = c (z): cacha
= zeche (bergstrafse in Olkuä), öop = zapfen, 6$br = Zie-
mer, cawun s» zäun, öynS = zins.
a
d, dz, dz.
d = t: knod (knodyöek) = knoten (an den pflanzen),
spadel = spaten, chalabarda = bellebarde, jinderak =
nnterrok, fajda<5 (cacare) = feuchten, gerada == gerate
(das haus- und kastengeräth, das die frau dem manne mit-
bringt). Vor e wird d in dz erweicht: dietrech neben
dytrych = dietrich, dzeäa (backtrog) = bair. döse, dz>
kowad neben dank nos§ = danken.
dz = c (z) volkthümlich dzygar neben zögar (uhr) =
zeiger. •
s.
Poln. 8 entspricht sehr selten einem deutschen s: Sm
= Sachse, weksel = Wechsel, lakmus =^= lackmus; = 88:
slösar = Schlosser, obertas(a) = Obertasse, ludw'isaf =
rotligiefser, karmasyk = kerbmesser.
s = tz, z (c) : spry 8 = die spritze, kasyf neben kacyf
= ketzer, besowa<5 neben becowad = beizen.
s = sch (s): sulaf = schürer, surowna = scheuer-
ofen (im bergwerk), sos (pfianzensprofs) = schofs, sottys
neben soltys (schulze) = mhd. schultheize ahd. scultheizo,
kalkus = kalkasche.
z.
Das polnische z ist seiner verengungsstelle nach mit
dem 8 identisch , es unterscheidet sich von letzteren nur 1
dadurch, dafs die Stimmbänder angestrengt, und durch die
aus der brüst strömende luft in Vibration versetzt werden.
Poln. z = deutschem s im anlaute vor vocalen: zegel-
garn = segelgarn, zolic = sohlen, zubas (der bafs in der
orgel) = franz. sous-bas (dieses wort ist durch das deut-
sche ins polnische gekommen, da aus den romanischen
sprachen unmittelbar entlehnte worte ihr anlautendes 8 be-
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 285
ihren: wie suma, sanitarny, satata, sylwetka, sezon, sotern
8. w.) ; im inlaute zwischen vocalen : fliza = fliese, sp'i-
sa = speileisen, lozem (frei, nicht gebändigt) = los,
yzowa<5 = hissen ; im auslaute: cekchauz(u) = zeughaus,
uz(u) = graus, tuz(a) = daus.
z = seh (§): maltuza = maultaschc.
z == z (c) zembraty = zimmerbretter (d. i. gezim-
ate bretter), zendra = zunder, dies ist graphischem ein-
ü zuzuschreiben.
z = h: zal£bant = halsband.
z = ä : nur im potaz(u) neben pota£(u) ss pottasche.
n.
Die polnische spräche kennt nur dentales n, welches
ich deutsches gutt. ng ersetzt: in allen Wörtern auf ung
: poln. unek, wie: rachunek = rechnung, stosunek (ver-
iltniis) = stofsung, warunek (bedingung) = Währung u. a.
Labiale.
p = b: poncocha (strumpf) = bundschuh, puchar =
scher, pytel (mühlbeutel) = beutel, pap'ez (papst) = ahd.
ibes, kolper = kaulbars, urlop gen. urlopu = Urlaub.
p = pf, f, ff: pal = pfal, p'epf = pfeffer, pulk (re-
ment) = volk mhd. volc ahd. folc, p'enadz (geld) = pfen-
ng, p'el$gnowa<5 aas pflegen, panwa = pfanne, pampuch
b pfannkueben, grypa = dreifufs, äyper = schiffer, ko-
jrftych es kupferstich, koperölag = kupferscblag, koper-
as = kupferwasser, kap'inaz (volksthümlich) = kaffee-
1U8, matpa (äffe) = maulaffe; im auslaute: litkup (merci-
otus) = mhd. litkouf, gnyp = kneif (schusterkneif, schu-
&rmesser, cf. franz. canif), gap' = *gaffe, b'iskup = ahd.
Ucouf, öop = zapfen u. aa.
b.
b = p sehr selten, und das fast ausschliefslich vor i :
ab'in = lupine (lat. lupinum), drab'ina = treppe; vor u:
ybula (zwiebel) = ahd. cipulla.
286 Malinowaki
b = f: ba£ant = mhd. fasant (lat. pbasianus), kucaba
und kocuba neben sufla = kothschaufel, drybus, trybus
neben grypa = dreifufs, grab'a, cbrab'a = graf.
f.
f = f , v: fartuch = vortuch, firanka = Vorhang,
firzac = vorsatz, forpocta = Vorposten, forut (ein aufruf
in berg werken) = nieder d. vorut (voraus)) fortel (mittel)
= vortheil, furwach = vorwache, furstus = verstofs.
f = pf : fajka = pfeife, fanna neben panwa = pfanoe,
funt = pfund, faraf = pfarrer, kfejfajfer = querpfeifer (?),
knafel = knöpf.
f = w: blofarek neben bulwark (die form bulwar
(strafse) ist ans dem franz. boulevar entlehnt) == bollweri,
fala = welle, faramuska = warmmufs, fartowal == warten
fisorek = wischer.
f = b: kufel (seidel) = kübel.
f = h: glif neben glijowaö = glühen; = ch: cefe ne-
ben cecha (merkmal) = zeichen. In den Wörtern rych-
fowac = bereifen und rychfa = reif spaltet sich f in cbf;
diese erscheinung ist auch dem russischen eigen : z. b.
chf edor (volksthümlich) neben f'edor = theodorus, proch-
fost = profos.
w.
w = f : wechtowac neben fechtowal = fechten, w'ar-
dunek == ferding, vierdung (eine münze), wachla = fackel,
wachlaf = facher, liwerunek (abgäbe) = lieferung.
w = v (f): wojt (schultz) = vogt, w'ertel (maafs)
= viertel.
w ist aus u zwischen voc. entstanden in chaw'ef, cha-
v/af (arbeiter in bergwerken) = hauer.
m.
m = b: mary neuslov. pare = bahre,
m =e v: m'isorka = visier am helme.
zur lautlehre der lehn Wörter in der poln. spräche. 287
Consonantische lautgesetze.
Nicht nur unmittelbar zusammentreffende, sondern
ich getrennte laute können auf einander wirken.
I. Assimilation.
Benachbarte consonanten assimiliren einander 1) durch
ränderung ihrer verschlufs- oder verengungssteile (über-
Qg in ein anderes sprachorgan, qualitative assimilation),
durch Veränderung der gegenseitigen Stellung der or-
ae (wechsel zwischen momentanen und dauerlauten, zwi-
len nasalen und nicbtnasalen, zwischen stummen und
lenden (quantitative assimilation)).
1) Qualitative assimilation. a. a. Der vorher-
bende consonant ähnlicht sich dem folgenden an durch
ergang in das organ desselben.
Linguales r gleicht sich dem folgenden j an : kfejfajfer
*kferfajfer= querpfeifer. — d assimilirt sich dem auslau-
fen r in serwaser = #sedwaser = Scheidewasser.
Dent. s wird zu ling. ä vor ling. 1: sie (geschirrriemen)
: *sle = seile, ölachta neben slachta (adel) = ahd. slahta
eschlecht).
Gut. ch vor dem dent. t wird zu n : antalek = achtel.
Labiale gehen vor dent. in dent. über: f in 8 vor t:
atro = *olftro = holfter.
ß. Der folgende consonant assimilirt sich dem vorher-
ihenden: palat. j wird zu dent. 8 nach dent. t in rycef =
ytsef ~ *rytjef = ritter, snycef = *snytsef = *snytj6f
: Schnitter u. aa.; j wird zu z nach d in dzekowad =
Ij^kowad = danken u. aa.
b. a. Anähnlichung durch Übergang des vorhergehen-
m consonanten in das dem folgenden nähere sprachorgan.
Dent. c (ts) assimilirt sich dem folgenden gutt. g, in-
'm es in ling. z übergeht: d. kreuzgang = #krucganek
= *krudzganek = *krudzganek = kruzganek.
Dent. s geht vor gutt. k ( cb ) in ling. s über : skuta
= *skuta = ndd. schute, holl. schuite, Skoda (schade) =
Jd. scado.
288 Malinowski
Gutt. g, k vor dent. t, c gehen in palat. j über: flej
tucb = flecktuch, grajcar = *garjcar = *garkear = korct
zieher.
§ nähert sich dem folgenden palat.-ling. 1, und gebt
in palat. £ über: slifef neben Slifef = Schleifer, sluza =;
schleuse, slaban*) = schlagbaum, &larka = Schleier, flo?
stram = oberd. schlufstram (schlufsbalken), £lusaf = schlot*
ser, auch vor jotirtem p' : sp'ikowal = spicken, £p'ichr =a
Speicher, sp'ilart = speilert, sp'izarna = Speisekammer,
Sp'eg = späher, sp'iluza = speileisen, wajsp'en = weife
spähne.
2) Quantitative assimilation. a. Anähnlicbuog
des vorhergehenden consonanten an den folgenden.
Spirans ch wird vor t zu moment. k: frokt neben
frocht, fraklaf neben frachtaf = fracht, dyktowny neben
dychtowny = dicht, fektowal, wektowarf neben fechtowac
= fechten; ft zu pt: äyptuch (segeltuch) = schifltuch.
Momentane k, p, b werden unter dem einflufs der fol-
genden dauerlaute 1, w, m zu den entsprechenden Spiran-
ten: machlaf neben m ekler = makler, wachla = *wakla
= fackel, chlob = kloben, ätochmal «= *stogmal = *stob-
mal = staubmehl (man bemerke die dissimilation der bei-
den labialen bm in gutt. und lab. chm für gm), bachm'istf
= *bakm'istf = *barkm'istr = bergmeister (in Welicka),
Suflada = Schublade, st$fle neben stemple = Stempel,
chfast = *kfast = quaste; c vor f zu S: suäfal = *sucfat
= *äurcfal = Schurzfell.
Anähnlichung der stummen an folgende tönende; k
vor r, 1, n wird zu g : zagr$plowac = verkrämpeln, graca
= kratze, grajcar = *krajcar = kreutzer, ryngraf =
*rynkrai = ringkragen, glon = *klon = #knöl = knollen,
gnap = knappe, gnyp' = kneif (schustermesser) cf. franz.
canif.
*) Unter der lautform slaban werden zwei ganz verschiedene wörter
begriffen, das eine ist das d. schlagbaum mit derselben bedeutung, das an-
dere ist aus dem d. schlafbank gebildet; es versteht sich von selbst, J"f'
das eine wort zur lautumformung des anderen mitwirkte.
I
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 289
c wird vor b zu dz: zydzbret = sitzbrett; zg = sg
== cg = cg: kruzganek = kreutzgang. s vor g, d, n, b
f» z: glazgal = glasgalle, sp'izglas == spiefsglas, lezda
consumtionsaccise) = leisten, uznacbt = hausknecht,
ajzbret = reisbrett; 6 vor b zu z: fiib'in = fischbein,
alzbant = *zaläbant = halsband. p vor 1 und w zu b:
lank = planken, obwach neben odwaoh = *opwach =
auptwache.
b. Anähnlichung des folgenden consonanten an den
orhergehenden : n wird nach g zu d in gdyrac =
Durren.
0. Blofs graphisch ist das zusammenfliefsen mehrerer
q deutschen getrennten consonanten in einen polnischen:
= rs, rsch: kolpef = kaulbarsch; c = ts: lice = leit-
äl, wacek = watsack, chunefot = *chuntsfot = hundsfott,
ineut = *lantsut = landshut, lanckorona = *lantskorona
= landskrone, golclar = goldschläger (aus der ndd. form
es wortes); c = tS (tsch): paca = *patäa = patsche; 8 =
S (tsch) : ponöocha (strumpf) = pontäocha = bundschuh,
ranöos (parietis contabulatio) = wandschofs, lancaft neben
rotSaft und lanäaft = landschaft, feiger = feldpcheer, ku-
aba neben koc'uba = kothschaufel , oröyk = ortscheit
an dem wagen), pryöa = pritsche, berlac = bärlatscbe.
Gegenseitige anähnlichung der laute aneinander findet
n bramrot für *bravnrot = braunroth und in moidzer =
WrzeiP = #morzjef = mörser statt.
II. Lauteinschiebung.
1. Consonanteneinschiebung. Ein consonant
kann eingeschoben werden: a) im anlaute «) vor einem
vocale, ß) vor einem consonanten; b) im inlaute a) zwi-
schen vocalen, ß) zwischen einem vocale und einem oonso-
öanten, y) zwischen einem consonanten und einem vocale,
ä) zwischen zusammentreffenden consonanten; c)im auslaute
nach consonanten.
a) Ein consonant wird im anlaute vorgeschlagen:
Beiträge z. vgl. spracht*. VI. 3. 19
2D0 Malinowftki
a) vor vocalen: cb: chatun neben atun = aiar
ohonälak neben an&lak = anschlag, chanyz neben anyz
anis, ohartful = erdpfal, cherst neben erst (räuberfahl
= erste; j in jachtel neben achtel, antalek = achtel,
tnuzna ahd. alamuosan (almosen), jastrych neben astr
= estrich, jinderak = unterrok; w in w$borek = dF1
etmber, ahd. einbar (eimer). |P
$) Vor consonanten: g vor 1, n, m: glot (die ladi
des kleinen feuergewehrs) = loth, gnarowal (sich näbi
von etwaa leben, sieh den unterhalt verschaffen) =
ren% gttivrac (mit bänden in etwas herumrühren) =
reu*h k vor f: kfandxjlber = feinsilber im ansdrn<
wytKtti föystko x domo na kfandzylber = er schleppt
au* dem hause« um es in feinsilber zu wechseln (von
lOderltehen manne): s vor t in starukca&y = truchsefs.
hl Im iulante eingeschoben:
it) a wischen vocalen» w in cawun = zäun.
xVl awt$ch*n v*cal«n nnd consonanten: n resp. m
M% atr* pnt tYiaknntk = twstnng* pd^oowad = p'eh
yn«w*c m pieken* $t*mhnofkn = *stempnöfka =
nahtt r vor * » tack* kurcdb* neben kucaba und koöal
st b*w*Cw**fek d tvt 1 in jedlc* neben jelca = ahd. hl
- V Etw^ctaftaag ein** coudOttautaa zwischen consonan»]
Hw*V*r £*£\Srt w *ätm Ae w^itgreifcnde, und allen
«tafcWJfc** ^c*^Wk SesÄ&iet* aber dem polnischen eigen-
t^M^^e wwkti*£ ^» ecngwAahwwn j> Nach einem lauft-
£*sy*w >W yv4afev*l>wa kJtoma goo. k, g vor e, y nicht
<*^*^*Vv^» wwie* an£ £*4«n in S, g = lg, gj (etwa
wii* ^«soW k* £ ir kifcii,. piie* iber- Diesem lautge-
***** tSsfc?N* wrirVi *a& Ä* kkawSrter. Beispiele: le-
r***k — ,icv«TOi>ok rsofc«!!^:*. kerorac = kjetowac (rich-
te — kvWr^ V*wrt = kehr^aiL kerea = kerze, kelich
— *k* >>k*kc* kÄ*.v *jk**«m* aabn» « keratneh, Kein»
%\
v*«* * *«■ ***»■ «*•< <*wA!»i» f *--. — j s.
zur laotlehre der lehn Wörter in der poln. spräche. 291
I kelle, Kichlaf = •kjychlaf = küchler, w'elkef (plebi-
tum) = willkühr, fuKet = fuchtel, pekeflejfi = pökel-
Bch, olkel = bohlkehle (archit.), Kestfank = kirsch-
|nk, nikel = nickel, alkef = erker, cyrkel = zirkel,
fcer = zacker, faket = fackel, zankel = senkel. & =
vor e gemza = gemse, gertruda = gertrud, gemajn
gemein, gerada = geräth (das haus- und kastenge-
h, das die frau dem manne mitbringt), gefyna = ge-
apel, wargelt = wehrgeld, tryngelt = trinkgeld, bryf-
ger = briefträger, blajgel = bleigelb, falgelt = pfal-
d, lager = lager, pr^gef = pranger, ty£el = tiegel,
ager = schwager, magel = mangel, cberweget neben
srgewet = heergewette, jurgelt = jahrgeld, zagel =
gel u. aa., cbj wird zu £ in loktuäa = "toktuchja =
:entuch.
f = rj vor a, u, y, o, e: Kestfank, *Kestfank = kirsch-
ink, rumple neben gefyna = gerumpel, fotkef = ret-
h, fem' eii = riemen, s. oben s. 281.
t wird vor e zu c = tß = tj erweicht: rycef =
ptsef = rytjef = ritter, snycef = Schnitter (steinmetz),
r a zu 6 = ts = tsj in pachlaf = p ächter, gichdaf
: gichter. Der Übergang des dent. s in ling. ä, £ ist. auch
sr Wirkung des eingeschobenen j zuzuschreiben: wie sabla
s *8jabla = säbel, zolnef = *zjolnef = *sjolnef = söld-
ar — mehrere beispiele sind oben beim ä, £ angegeben,
wird weiter zwischen n und e, manchmal auch a einge-
rieben: kusnef = *kusnjef = kürsebner, tanec = tanz,
inec = schanze, zolnef = Söldner, kölner = koller,
asarria = kaserne, waltorna = waldhorn, kuchna = ahd.
uchina, p'en^dz = pfenning.
p = pj = p' vor e in p'epf = *pepf = pfeffer, pa-
• ei (papst) = ahd. bäbes, p'en^dz = pfenning, p'el$gnowal
= pflegen.
b' = bj vor a, i und e: grab'a = graf, kob'atka =
cobel, b'iskup = ahd. piscouf, drab'ina = treppe, farb'ef
;= farber, b'efmowad = firmen, b'ernat = bernhard.
19*
292 Malinowaki
f = f j = f vor a, e: of ara (opfer) ahd. opfar (lat.
offero), ilifef = Schleifer.
W = wj: gWesny = gewifs, Wardunek = ferdiog,
vierdung, gleWja = mhd. glSve, glaevfn (frz. glaive) lanze,
spieis.
m' = mj vor a, i, e: m'arkowal (erwägen) = *mjar-
kowad = merken, m'isorka = visier (am helme), m'elcaf
= melzer, m'elcuch = malzhaus, m'eler = meiler, m'elätyn
= mehl8tein (eine barg im Krakauischen), stum'ec =
Steinmetz.
Nach Johannes Schmidt's ansieht ist die Verbindung
*k£ in den worten ksadz, käa£e, ksagka aus kj entstanden:
ahd. kuning erscheint im altbulgarischen in der form kü-
n$zi, altöech. knez, im polnischen sollte es lautgemüfi
*kn$z, kn^dz heifsen; nachdem aber das n zwischen k
und $ geschwunden, tritt j ein (*kj$dz), welches sich
in & verwandelt: gen. ks^dza zu nom. ksadz. Diese erklä-
rung wird durch den Übergang des j in s nach t in rycdf
*rytsef = rytjef, ritter,. in i nach d in di$kowal = dan-
ken bestätigt. — Eine andere differenzierung dieses j in 1
nach gutt. ch, k vor a, e findet man in den worten:
wachlaf = *wachjäf = föcher, warchlak = *warchjak =
barch porcus castratus, sp'ichlef = sp'ichjef und Sp'iklef =
Speicher neben sp'ichf, sp'ikf, smuklef = *smukjef (neben
smukaf) = schmucker; nach z: trenzle = *trenzje = trense,
gruzta = *gruzja = drüse. r wird nach t, p Vor y, u ein-
geschoben : trynkowal neben tynkowac = tünchen, rostro-
cha?= rofstäuscher (od. rofstrüger?), äprycha— radspeiebe.
f nach t in listfa — leiste, vielleicht nach der analo-
gie des poln. suff. tfa (twa) wie: ryb'itfa, bfytfa, pletfa ete. :
d) Einschiebung eines consonanten zwischen zusam
mentreffende consonanten. j wird in die mitte, zwischen n
und t, n-c eingeschoben, und fliefst mit vorhergehendem
n in n zusammen: rantuch = *ranjtuch = randtuch, wan-
tuch = *wanjtuch = wandtuch, poncocha = ponjäocha
(strumpf) = bundschuh, wancos = *wanj öos = wandschofs #).
*) In letzteren beiden beispielen ist wohl n nur durch das folgende c
^alatalisiert. J. S.
,- <
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 293
d wird zwischen nr und nz eingeschoben: chendryk
neben chenryk = heinrich, pendzel neben penzel = pin-
sel (lat. pennicilla). Die formen ksondz (priester), p'enondz
(geld), mosondz (messing) sind ans den grnndformen *k£onz
(*ksenz) = ksengj = altbulg. kün$zi, poln. collect, k£$2a
= ks$zja, mo£enz = *mo£engj (cf. mo£$£ny) = messing,
i'enenz = *p'enengj (cf. p'en$zny) pfenning dnrch die ein*
Schiebung eines d zwischen n und z entstanden.
t wird zwischen 8 und r eingeschoben: stragan =
sragan = schrägen neben saragi.
b wird zwischen 1 und r und m und r eingeschoben:
jen. combra zu nom. comber = ziemer, cembra, cembfyna
=i *cemra (brunnenkasten) = zimmerung, olbrot = #olrot
= wallrath.
c) Im auslaute wird j angefügt: nach r, mit welchem
» zu f = r + j wird: alkef = *alkerj = erker, meh-
rere beispiele wurden schon angegeben; nach s, mit wel-
chem es bald zu ä, bald zu i wird: ratuä = ratus-f-j =
athhaus, pap'ez(a) (papst) = ahd. b&bes, jarmui(u) (grfin-
Eohl) = jahrmuf8; nach st, mit welchem es zu äö = stj
fird in proboäc = #probostj = probst (praepositus);
lach n: wajäp'en = weifespänne; nach p in gnypf —
gnyp + j = kneif frz. canif, gap' =. gap H- j = gaffe.
2. Hilfsyocal. Zwischen zusammentreffende con-
tonanten werden folgende hilfsvocale eingeschoben: a: äa-
•agi (neben stragan) = *äragi = schrägen, faramuäka =
farmuska = warmmufs, äalamaja = *äalmaja = schallmeie,
itaman neben chetman = hauptmann;
u: armuämal = *arm£mal = *arimämal = eier im
ichmalz, larum = #larm = lärm.
e: blofarek neben bulwark = bollwerk, korek=kork,
ratunek = rettung, gzinek = gesenk, und mehrere andere
auf nek — ng. — fasalec = fafsholz, stosulec = stofsholz,
Smalec = schmalz, äariec = schanze, tanec = tanz, p'el§-
gnowac = *pl$gnowa<5 = pflegen.
o im worte lanckorona (eine Stadt) = landskrone, un-
ter dem einflufa des lat. Corona.
294 Malinowskl
III. Schwand.
Gutturale k, g, cfa (h): k schwindet im inlaute: s für
ks: sas — *8ak8 = Sachse ndd. Sasse, b'indas = *b'in-
daks = b'indaxt (queraxt), & für kS: Auäpurk = *Aukspurk
= Augsburg, warätat = Werkstatt; skn wird zn: uznacht
= h auskriecht; nkg zu ng tryngelt = trinkgeld, ngkr zu
ngr ryngraf = ringkragen. Im auslaute: laber = lanb-
werk; g schwindet: im anlaute aus der Verbindung gf:
rumple neben gef yna = *grumple = gerömpel cf. cech. fecky
= gfecky = graecus; im inlaute: zwischen vocalen, wel-
che dann zusammengezogen werden: gynal = *äynall =
*äynagel = schiennagel , bretnal = brettnagel , ufhal =
hufnagel, cf intnal = zwintnagel, fornal = vornagel (hacken
am deichsei), rydwan = reitwagen, golclar = goldschlä-
ger. Vor consonanten schwindet g in älaban = *älagban
= schlagbau m. Aus der mitte der Verbindung: landraf
= landgraf, jintermach = *jintergmach = hintergemach)
burm'istf = *burgm'istf = burgmeister (auch deutsch bur-
meister, besonders als nom. pr. erhalten), ch und h schwin-
den im anlaute vor vocalen: antaba = handhabe, antry-
chaf neben veraltetem chandrychaf ( berggehülfe) = hand-
reicher, antwerk = handwerk, uznacht = bauskoecbt,
odwach = hauptwache, olKel = bohlkehle, olstro = holf-
ter, ochm'istf = hofmeister (hauslehrer), ufnal, ofnal neben
chufnal = hufnagel, olander neben cholender = holländer,
otdowad neben üblicherem choldowac = huldigen, uf,
ufec neben chuf'ec = häufe, abdank (wappen) = habe
dank, aftowa<5 neben chaftowad = heften, alätuk neben
chalstuk = halstuch, antfas neben konwas = handfafs.
Im inlaute zwischen vocalen und consonanten: dysel (deich-
sei) = ahd. dihsila, mhd. dihsel; aus der mitte der con-
sonantenverbindung: fajdad (cacare) = *fajchda<5 = feuch-
ten, durslak und druslak = durchschlag, Kermaä = kirch-
messe; zwischen consonanten und vocalen : cykauz = Zeug-
haus, frysowad = frischhof (?), f'isolc = fischholz, f iranka
= Vorhang, forak = vorhacken, kutlof = kuttelhof,
waltorna = waldhorn, rajtuzy =r reithosen, ratus = rath-
zur lautlehre der lehn Wörter in der poln. spräche. 295
haus, zamtuz = sammthaus (Pschandhaus), antaba = hand-
habe, stosulec = stofsholz, lunaf = lohnherr, lamus =
lehmhaus, Sturmak = sturmhaken.
j schwindet im inlaute zwischen vocalen: in arinusmal
= *ajerimsmalc = eier im schmalz; aus den Verbindun-
gen: speflik = speilfleck, trepchauz = t reibhaus*); unter
dem einflufs des in der zweiten silbe sich befindenden j:
felajza = feileisen, strechajza = streicheisen, blejwas -
bleiweifs.
Linguale: r. Da die polnische spräche überhaupt
keine doppellaute leiden kann, so geht die Verbindung rr
in r über: jinderak = Unterrock, Kerat = kehrrad, gdyral
= gnurren, fory£, fory taf = vorreiter u. aa. Der Schwund
des r wird weiter nicht nur durch den zusammenstofs mit
anderen consonanten, sondern auch durch anwesenheit eines
zweiten, obwohl getrennten r in demselben worte bewirkt;
inlautend: bachm'istf = bergmeister (in W'elicka), Linde
leitet das wort unrichtig aus dem d. pachtmeister her,
wekf'ir = werkführer, kusnef = kürschner, äuäfal neben
eustfat = schurzfell, asleder (hinterleder) = arschleder,
Kestfank = kirschtrank, maserowad = marschieren, obla-
dra = Oberleder, foder, federunek, federowad (ausgaben
für die bergfabrik leisten) = fordern neben forytowad (p ro-
tegieren), wo das zweite r schwindet, und foldrowad, wo
es sich in 1 dissimiliert. Kfaterunek, kfaterowal = ein-
quartierung, zembraty = zimmerbretter, b'ernat = bern-
hard, bernadyn = bernhardinermönch, burstofka = bors-
dorfer apfel, rem'iza = rohrmeise, volksthümlich jarmak
neben jarmark = Jahrmarkt. 1 = 11: bukötele = bogen-
stelle, obstalowa<5 = bestellen, chalef = heller, taler =
teller, kuglaka = kugellack u. aa. 1 schwindet vor k:
blozbak = blasebalg, vor st: astyn = halsstein, aus der
Verbindung lfl: peKeflejä = pökelfleisch, öpeflik = speil-
fleck (beim schuster).
*) Richtiger ist wohl, dafs, mit ausnähme des ganz unkenntlich gewor-
denen armusmal , diese worte wie die meisten lehn worte aus dem nieder-
deutschen entnommen sind, den diphthong also nie gehabt haben. J. S.
396 Malioowaki
Dentale: t ■■ tt: witerunek = Witterung, gatunek
(art) = gattung, chuta s hfitte, ratowal = retten u. aa.
t, resp. d, schwindet im inlaute vor dentalen (t, e, ä):
botuoh » badetuch, wantucb = wandtuoh, rantuch ».j
randtuoh, bosak*) = bootshaken, lanäaft = landsfchaft,
konäacbty (geheimes verständnifs mit jemand) = kund-
schaffe, wanäos (ueben wancos) = wandscbois, rajäula =
reitschule, orätam = ortstamm, otötyn = altstein (bürg)»
munätuk und maätuk, muätuk = niundstöck, mor£pr$gr
■■ mordsprung; vor andern consonanten: fnsberta (hellen
barde) «r faustbart, obwach (russ. obwacht) neben odwach
= haupt wacht, konwas = handfais, chanwark (handpumpe)
aas handwerk, sylwach = schildwache, krochmal =» kraft- 1|
mehl, wachmistf = Wachtmeister, poöm'istf = postmeiöter,
äylkret = Schildkröte; nach consonanten: fukel = fucbteL
Im auslaute: jarmark = Jahrmarkt, frymark = freimarkt*
b'indas (queraxt) = bindaxt. c schwindet im inlaute: slo-
cha<5 = *£lochcal = schluchzen; im auslaute: armusmal
as *armusmalc = eier im schmalz.
s ass 88: slosaf = Schlosser, obertas = Obertasse; s
schwindet aus der Verbindung sä in mastab «= mafsstab.
n = nn : synal = schiennagel, wyzonowa<5 (austrock-
nen) = aussonnen; doch in folgenden Wörtern ist doppel-
tes n bewahrt : bry tfanna = bratpfanne, wanna = wanne,
in lenno = lehen ist es erst polnisch verdoppelt; n schwin-
det im inlaute vor consonanten: brokoli = braunkohl, ma-
£el = man gel, jarlyk — Jährling, olawa (anlaufeisen im 1
bergwerk) = anlauf, muätuk neben munstuk = round- 4
stock, brauätyn neben bronstyn = braunstein, gryspao I
nebeD grynäpan = grünspan.
In formen wie brastyn neben bronstyn, braustyn =
braunstein, maätuk = muätuk und munstuk = mundstück,
kaät neben kunät = kunst geht n mit dem vorhergehen-
*) Hier wie in mehreren anderen fallen wirkte noch eine andere Ur-
sache auf die lantumformung, nämlich Volksetymologie: dem Sprachgefühle
des volkes schwebte bei diesem werte die Vorstellung der wz. bos, lit bas
(bar) vor.
zur lautlehre der lehn Wörter in der poln. spräche. 297
so vocale in einen nasalvocal zusammen. Aus der mitte
>n conßonanten Verbindungen schwindet n : bodloch = bo-
inloch, klabrynek = klabenring (bergwerk), bukstele =
»genstelle, wajstyn = Weinstein, burötyn = bernstein,
pgtyn = rabenstein (eine bürg), capätfyk = Zapfenstreich,
ktusa sä lakentuch, lentfal = lendenfeil.
Nach consonanten schwindet n: in klecha = glöck-
>r, rachunek = rechnung, koäary = kaserne, ordynek,
dunek = Ordnung, nitabla = nietnagel, ramodel =
umaadel (bergwerk).
Labiale. Deutsches pp wird durch einfaches p wie-
;rgegeben : op ich = eppich, dupelb ir = doppelbier, gnap'
= knappe u. aa. — p schwindet zwischen consonanten:
letman = hauptmann, odwach neben obwach = haupt-
ache; b schwindet im worte Karmasyk = kerbmesser im
islaute. Auch deutsches ff erscheint im polnischen nur
8 f: öafowad = schaffen, trafid = treffen, kartofel =
artoffel, syfunt = schiffunt (?); w schwindet im anlaute
)r o: olbrot = wallrath (spermaceti), oselbar = wasser-
ir; nach b: laber neben labwerk = laubwerk (architekt.
•oament).
Deutsches mm erscheint als m: chamowad = hem-
en, ärama = schramme, froncymer = frauenzimmer u. aa. ;
)r w ist es geschwunden in: bawelna = *bamwelna =
lumwolle. Manchmal schwinden ganze consonantenver-
indungen und silben, wie: mustuk = mundstück, stamca
= stum'ec = Steinmetz, falendyä (holländisches tuch) =
inholländisch, lajtuch «= leichentuch, malbork = *mar-
,rk - marienburg, fajerka = feuerkike.
IV. Umstellung.
1 . Zusammenstofsende consonanten werden umgestellt :
t, sk für ks: wosk schon abulg.= wachs (wohl urverwandt),
iska aas *puksa = ahd. puchsa (büchse); tf, rf für ft, fr:
atfa = trafte, gerfajter neben gefrajter = gefreiter; rk
2U8 Maliuowski
für kr: Sperka = *öpekra = speckgriefe; 8tf für rst: kur-
fistr neben kurf irst = kurfürst, nach der analogie des
worte9 m'istr = meister.
2. Durch einen vocal getrennte consonanten werden [
gegeneinander verwechselt: kuglaf für *guklarä = gaukler,
cherweget = für und neben chergewet = heergewette,
glon = *gnol = *knol = knollen, kneplowal für *klepno
wad = klöppeln; opcas für *opsac = absatz.
3. Der consonant wird mit dem benachbarten vocale i
oder mit einer ganzen silbe umgestellt, und dadurch ein .*
unbequemer zusammenstofs von consonanten vermieden,
ro für or in brök für und neben borg, borgowad = borgen;
ra für ar: grajcar = *krajcar = *karkcar = korkzieher;
ru für ur: druslak neben durslak = durchschlag, 1q flflr
ol = blofarek neben bulwark = bollwerk, plajtaze für
platajze = plätteisen, jinflanty = *jilflanty = *liflanty =
Lievland.
V. Dissimilation.
1 . Dissimilation durch Übergang in ein anderes sprach-
organ. Wechsel zwischen den dem organe nach gleichen
consonanten.
Von zwei gutturalen geht der erste oder der zweite
in einen labial über: kafel neben kachel = kachel, ryn-
graf = *ryngrak(g) = ringkragen, tfarög = *kfarög =
*kfark = quarkkäse (hier ist wohl auch die assimilierende
kraft des labialen f anzuerkennen).
Linguale: von r — r geht das zweite in £ über: ce- !
regele = *cererele — *cerereje = Zierereien. Der. dop- '
pellaut 11 wird zu In : kelna = kelle, kölner = koller. Von /
zwei getrennten 1 geht eins in n über: jinflanty = *jil- r
flanty = *liflanty = lievland, kalisan, kaltesan = kalte >'
schale. Ling. ä vor r geht in palat. s über in äruba =
sruba = schraube, srot = *§röt = schrot.
Dentale. Der doppellaut tt geht in cht über in
ölichtada = *äüttada = schlittenfahrt, trucht = der trott
(ital. trotto, der trab).
;>,
zur lautlehre der lehn Wörter in der poln. spräche. 299
d vor t geht in w über: wytrych = dietrich.
s vor t geht in ling. S über: kasta = kästen, mast
= mast, laät = last, grust = gerüst, klaätor = kloster,
unöt = kunst, rynätunek = rüstung, alätuk = halstuch.
Der doppellaut nn geht in nw über: pan wa = *panna
s pfanne, rynwa neben rynna = rinne; n — n in m — n:
i'inög = *ninög = ahd. niunouga = neunauge; dent. z
or n geht in ling. 2 über in jatmuzna = ahd. alamuosan
ilmosen). In au&tuk für *au8cug = auszug differenzieren
ich beide laute.
Labiale. Das zweite f wandelt sich in k in fajka
= *fajfa = pfeife. Das auslautende m wandelt sich un-
sr dem einflufs des vorhergehenden lab. b (p) in n: slaban
ss *älabam = schlagbaum, bukspan = buchsbaum, folbun
bs föllbaum.
Zwei dem organe nach nicht gleiche consonanten dif-
eren zieren sich.
Gutturale. Gutt. g vor ling. 1 geht in lab. b über:
itabla = nitagla = nietnagel.
Palatale 8 j nach gutt. k geht in palatal. & über in
:sondz (ksadz) = *kjondz = *knadz = ahd. kuning (man
ergl. oben).
Dentale: t vor w (f) geht in k über: lakfaf = *lat-
eaf sä» latwerge, vor 1 in ch: spachla = *äpatla = Spa-
hel (bei den malern); #d vor r geht in g über: gruzla =
druzla = drüse, grypa = *drypa = dreifufs; 8, z vor
ab. p, b gehen in ling. 6 resp. & über: raäpla = *raspla
es raspel, bukspan = buchsbaum, zalzbant = halsband.
Labiale: f vor dent. t geht in ch: konsachty (gehei-
aes verständnifs mit jemandem) = kundschaft, kruchta =
hd. cruft, mhd. kraft, nhd. gruft, lat. crypta, gr. XQtmTrj,
luchta sbs #klufta = kluft, locht, lucht neben luft = luft,
rochmal = kraftmehl *), ochmistr = hofmeister, stochmal
s staubmehl.
*) Der wandel von ft in cht ist nicht erst polnisch, obige worte sind
elmehr aus dem niederdeutschen entlehnt. J. S.
300
Malinowtki
2. Dissimilation durch Veränderung der Stellung de*]
organe.
a) Wechsel zwischen r und 1. Von zwei in eil
worte sich befindenden r wird das erste zu 1: alktf
*arkef cech. arklf = erker, falber = ftrber, balw'är
barbier, mulaf neben murar bb maurer, oeelbar = m
bär, malbork = marienburg, folwark ■■* Vorwerk, Sali
neben sarwark = schaarwerk, folaf , fulaf = föhrer (I
werk), foldrowaö, foldrunek, foldrunek, foldrowac n<
fedrowa<5 (ausgaben für bergwerk leisten) = fordern,
wertaf = vorwärter (im bergw.), olbora =» urbar (I
zehnte, dime des mines), sulaf *» schürer neben veraltet
soraf, äoraf (bergw.), ludw'isaf = *rudw'isaf «* rot]
das zweite r geht in 1 über in rudel s* rüder.
b) Wechsel zwischen stummen und tönenden
nanten. Aus zwei tönenden wird einer stumm: klecha
glöckner, kolpef = kaulbars. Aus zwei stummen
einer tonend: wachlaf =* *fachlaf ■■ focher, wachla
*fachla = fackel.
St. Petersburg, im februar 1869.
Lucian Malinowski.
Zur Volksetymologie.
Wenn das bewufstsein der ursprünglichen inneren be^j
deutung der wurzel eines wortes beim volke verloren
gangen ist, oder, wie bei der entlehnung, gar nicht voi
handen gewesen , so geräth das Sprachgefühl auf irrwef
stellt das unverständliche wort mit einem andern zu«
men und macht es diesem phonetisch ähnlich. Diese kraft),
zwei wörter, die etymologisch unverwandt sind und
sentlich miteinander nichts zu thun haben, zu verknüpfefi
und zu assimiliren, hat man Volksetymologie genannt,
können die berührungspunkte für diese anähnlichung in1
zwei richtungen vorhanden sein : entweder ist das gegebene
zur Volksetymologie. , 301
>rt mehr zufällig einem andern der lautform nach ähn-
h, oder man will neben der phonetischen ähnlichkeit
ch eine Verwandtschaft zwischen den funktionell beider
>rte fühlen.
Ich föhre hier in alphabetischer reihenfolge einige bei-
iele polnischer, meistenteils entlehnter Wörter an, die
ter der wirkung der Volksetymologie eine lautliche um-
staltung erlitten haben.
,) Fälle, wo nur der phonetische faktor wirkt.
bosak aus dem d. bootshaken in derselben bedeutung
i mit einem wurzelhaften poln. worte bosak im aus-
ucke „na bosaka" (barfufs) von wz. bos-, lit. bas-, mit
m suff. -ak- identisch geworden, ohne dafs irgend ein
nerer Zusammenhang vorhanden ist.
chfast ist aus dem d. quaste (beim degen) mit der-
lben bedeutung entlehnt, der lautform nach ist es mit
>m echt polnischen worte (chwast, unkraut) identisch ge-
orden, welches letztere gewifs nichts mit dem degen zu
iun hat.
Der bildung des Wortes grajcar aus korkzieher lag
is ganz verschiedene, ebenso entlehnte wort grajcar aus
reuzer zu gründe.
Das wort jener al (general in der armee) heifstbeim
)lke nicht selten jednoral, in welcher gestalt es an das
thl wort jeden (ein) anklingt.
kaltesal, kaltesan (kalte schale) ist in den östli-
len provinzen allgemein unter der form kaliäan bekannt,
t also lautlich mit dem kaliäan, kalisanin (einwohner
r Stadt Kaliä) identificirt, ohne damit irgend einen inne-
q Zusammenhang zu haben.
kaim'irek (gewebe) aus kaschmir hat sich dem di-
inutiven kazmirek zu kazim'ef (eigenname) angeähnlicht.
pocta im altpolnischen bedeutete hochachtung von
aer slaw. wurzel ölt- (ce^<5 = #6et-d ehre, öech. ucta,
l88. po-cit-ati ehren), die jetzige spräche aber braucht
i in dieser bedeutung nicht mehr und hat seine lautform
302
Malinowski
einem lehn wort poöta ftkr und neben po&ta, posUj
(post ital. posta) verliehen.
Aus „stearynowa £f'eca (Stearinlicht) macht
manchmal das Wortspiel „stara i nowa &fecatf (das
und neue licht).
äl ab an ist aus dem d. schlagbaum mit derselben
deutung gebildet; es lag der lautumformung eines g*
verschiedenen wortes 6 lab an aus dem d. schlaf bank
derselben bedeutung zu gründe«
Tys^önik ist eine wörtliche Übersetzung des det
sehen „tausendgüldenkraut" (ty£$c = tausend), das
der einer falschen Übersetzung des lat, centaureum,
xevTavgeiov sein dasein verdankt.
Das wort wacek aus dem d. watsack mit derselt
bedeutung erinnert an das diminut. wacek vom voi
poln. cech. Wactaw, altbulg. V^äteslavu (vergl.
diminut. ja£ek eigentlich = Hans zu jan = Johann
der bedeutung ohrkifschen, und dimin. jadw'iäka Hedi
chen zu jadw'iga Hedwig, in der bedeutung nadelkiseen)
WelKef (plebiscitum, Stadtsatzung) ist aus dem
willkühr entlehnt, phonetisch aber hat es sich dem
w'elln (grofs) genähert; w'elkef nennt man auch eine
von riesenhanf.
Das wort jeometra (geometer) hat das volk in om<
tra, m$tra, m$ter, und am ende in wn§tcr vei
delt; das wort wn^ter bedeutet aber im polnischen ai
einen hengst (cum uno testiculo).
zb'er, zb'ir (henkersknecht), aus ital. sbirro,
licht sich dem poln. zb'er ad (sammeln) an.
Die zouaven während des letzten aufstandes in Pole
wurden von dem volke zulaweycy genannt, und dadt
mit zulaweyk, dem ein wohner des Weichselniederlan<
(zulawy) in Altpreufsen identificirt.
b) Das gefühl der funktionsverwandschaft al
faktor der phonetischen anähnlichung.
Bednar (böttcher) aus dem d. büttner wird
L- "
zur Volksetymologie. 303
v
volke in der gegend von Warschau, BJorie, Cersk allge-
mein in der form bembnar, bembnarcyk gebraucht mit
einer anähnlichung an das wort bemben (trommel),
bembnid (trommeln), da der böttcher in seiner arbeit
L einen trommelschläger nachahmt.
r' Bruk neben burk, bork, börgowac (borgen) im
l ausdrucke „w m'esde na bruku osadl" (er hat sich in
t der stadt niedergesetzt, um vom borgen zu leben) von
i einem bankerotten landwirthe. Hier hat man zwei Wörter,
borg (borgen) und bruk (pflaster), verwechselt, und im
obigen ausdrucke heifst es: „er hat sich auf dem pflaster
niedergesetzt". Vergl. den analogen ausdruck: osadl na
kosu „er hat sich auf dem korbe niedergesetzt" von einem,
der eine stelle verloren hat.
Burätöfka (borsdorfer apfel), aus dem dorfe Bors-
dorf bei Leipzig, ähnlicht sich dem worte burstyn (bern-
stein) lautlich an, und wird als bernsteinapfel, d. h. gelb
wie bernstein, gefühlt.
Das wort jinspekta stammt zweifelsohne aus dem
d. mistbet, da es dieselbe bedeutung hat, und von den pol-
nischen gärtnern in Schlesien, die den deutschen einflössen
näher stehen, in der form m'ispety gebraucht wird; nun
wurde es aber in dieser letzten form unverständlich und
man glaubte es von dem lat. inspectus herleiten zu dürfen,
wozu auch die analogie der bedeutung, da die mistbete
einer sorgfaltigen pflege bedürfen, beigetragen haben mag.
Hier sieht man klar, wie sich zwei fremde einflüsse be-
gegnen können.
Lotka (neben loftka) aus dem d. lothkugel wird als
von wurzel let (leded, fliegen), lot (flug) gebildet gefühlt.
Lubcyk (lubcyk) und lubscyk (ein zu liebestränken
gebrauchtes kraut) aus dem ahd. lubesteca, mbd. lübesteche,
lat. ligusticum, lubisticum, ist unter dem einflufs der slaw.
wz. lub (lieben) lubid, altbulg. l'ubiti, gebildet.
Mary (todtenbahre) aus dem deutsch, bahre, neuslov.
pare, ist zu der slaw. würz, mr (mreti poln. mfed ster-
ben, £m'er<5 tod, mar-l gestorben) in beziehung gesetzt.
EE
fc
304 Malinowski
M'arkowa<5 (erwägen, nachdenken) aus dem d. mer-
ken entlehnt, wird aber zugleich mit m'arka (kleines
maafs) von m'ara, altbulg. mira (maafs) zusammengestellt,
als ob bei dem denkprozefs ein messen stattfände.
M^klej ist aus dem d. mundleim entlehnt, doch wird
es als aus maka (mehl) und kl öj (leim) zusammengesetzt J^
gefohlt.
Dem worte m'encar, m'encarstfo ( Wechsler, wech- V
selgeschäft) liegt das d. münze zu gründe, es wird aber
dabei an m'enarf (wechseln) gedacht; cf. nenslov. menoS
kl. russ. myneä (rofstäuscher) vom magyarischen men
(equus admissarius) (Mikl. fremdwörter).
Das wort netoper (fledermaus) von Mikl. mit recht
aus dem griech. vvxTonvsQog abgeleitet, hat noch folgende
volksthflmliche nebenformen: nedop£r, nedop'6f, la- L
topyf und latomyä, die sich auf verschiedene Volksety-
mologien stützen. Die formen nedopef und nedop'ef
werden von dem adj. nedop'ef ony (nicht ganz mit fe-
dern bedeckt) (p'oro feder, collect, p'efe = p'erije ge-
fieder) abgeleitet; den formen latopyf, latomyä liegt !
das d. fledermaus (flattern) und russ. letuöaja myä w \
gründe.
potch ak, aus doppelhaken hat sich nach dem Schwunde
der anlautenden silbe do an pöl, polowa (halb) angenä-
hert und wird als halbhaken gefühlt.
In dem glaubensbekenntnisse heifst es: um^öon pod
ponckim p'ilatem (gelitten unter Pontio Pilato); dem
volke aber wurde das wort poncRim unverständlich, und I
es hat, einer gewissen analogie folgend, das wort in pan-
slcim verändert, demnach heifst es: um§öon pod pan-
8 Kim p'ilatem (gelitten unter dem Pilatus des herrn).
Das wort rozgfeäyrf für rozfeäyd (sflndenablafs
geben), russ. razrSäit' stammt von r£äiti (entscheiden),
wird aber wegen der phonetischen einschiebung eines g
mit dem w. gfech, russ. gr£ch (sünde) zusammengestellt,
und als denominativum von diesem worte hergeleitet.
Skfer (engl, square) eine öffentliche gartenanlage in
i
I
zur Volksetymologie. 305
Warschau hat das volk ironisch skfar (hitze) wegen schat-
enlosigkeit des gartens benannt.
S^dziwy (ältlich), mit dem russ. s£doj, sed'ivyj
grau) verwandt, wird nicht, mehr der ursprünglichen be-
leutung nach gefühlt, und nun mit s$dza (richter) zu-
ammeDgestellt und von diesem worte abgeleitet.
Das wort samojed stammt aus samojedischen sä-
nejets, same (Sumpfboden) und jets (einwohner), wird
aber von den slawischen worten sam (selbst) und jed-,
ad- (essen) abgeleitet und von allen Slawen als anthro-
K>phagos oder lieber autophagos gefühlt.
Sm$tar neben cmentaf (kirchhof), aus gr.-lat. coe-
pjeterium, wird in erster form mit dem worte sm$tek
lärübsinn), sm$tny (trübe) neben smutek, smutny zu-
bmmengestellt und als räum der trübseligkeit gef&hlt.
ustarcyc (verstärken), aus dem d. stärken entnom-
men, erinnert an das poln. starcyd (hinreichen).
wym'oty (das erbrechen) neben wom'ity ist aus dem
«lt. vomita entlehnt, seiner lautform aber nach bei der
Erwirkung der analogie der function mit dem wurzelhaf-
1 wym'ot (wy- aus, und slav. wurzel met werfen, poln.
t/e£<5, wy-miat-a-<5 ausfegen) identisch geworden.
zwyd$4yd, zwyd^ica (sieger) altbulg. vit^zi ist
tps dem deutschen witing abzuleiten (s. Miklosich fremd-
■rörter), das Sprachgefühl findet hier aber verwand t-
Ichaft mit der slawischen wurzel t$g, tag, poln. t^gi
f tüchtig), <5$2ki (schwer) — etwa z-wy-d§4y<5 über-
legen.
S. Petersburg, im märz 1869.
Lucian Malinowski.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 3. 20
3<H>
Pott
Bosnisch- türkische Sprachdenkmäler, gesammelt, gesichtet und heransgeg^j
ben von dr. Otto Blau, norddeutschem consol in Bosnien u. s.v.
Leipzig 1868. 316 ss. 8.
Dies im fünften bände der abhandlungen fOr die kund
des morgenlandes durch die deutsche morgenländische
seUschaft veröffentlichte werk scheint ganz ausserhalb d<
fftr die beitrage gezogenen grenzen zu liegen. Dem
aber in Wirklichkeit nicht so. Was doch aber, wird
fragen, geht den Indogermanisten das an, wovon in abth.!
Uskufl's Potur äahydijje nach drei serajevoer hi
Schriften; in II. türk.-bosnische gespräche, Sprüche, li<
nebst einem droguenverzeichnifs aus türkischen handscl
ten; endlich in III. Abdusselam, d. i. türkisch-bosnu
glossarien, auch wieder nach serajevoer handschriften,
rede ist? Man halte sich indefs einmal lebhaft vor
das ungeheure völkergewirr an beiden ufern des Istejj
oder die zum theil aus ureingesessenen bestehende, all
andererseits erst unter wilden kämpfen dort eingewandt
und zusammengeströmte colluvies gentium; und man
begreifen, welch eine schwere arbeit dem sprachvergleicl
obliegt, um allmälig in dem sprachendunkel der länder
der untern Donau licht zu schaffen und jeder zunge g^j
recht zu werden nach dem ihr gebührenden antheil.
haben wir also zuerst die Bomäer oder Neugriechen
ihren altvordern, den alten Hellenen, welcher edlem
sich im mittelalter hat gefallen lassen müssen, zur bezeieW
nung von „heiden" herabzusinken. Ksl. jelin (j in 8l%|
vischer weise vorgeschoben und i itakistisch) "EXXqv, pa*|
ganus. Mikl. lex. p. 1156. Dann die Walachen, welche-
mit besserem gründe, d. h. nicht blofs wie die Romftflr
politisch des oströmischen reiches (im Orient Rum) hat
ber, sondern mit volklicher berechtigung sich Römer (Ru-
mänen) heifsen, weil sie ja aus römischen militär-colo-
nieen ihren Ursprung nahmen und ein wirklich romani-
sches idiom reden. Weiter die Schkipetaren, Alba*
nesen (bei den Türken Arnauten geheifsen) mit einem
anzeigen. 807
eigentümlichen, jedoch an das indogermanische anstrei-
fenden idiom; — nach allem zu schliefsen nachkommen
eines alten barbarenstammes, der Ulyrier, welche viel-
leicht schon vor den Griechen die griechische halbinsel
bewohnten, aber durch letztere zurückgedrängt sein moch-
ten. Ich schweige von den Deutschen (zumal den Sach-
ten Siebenbürgens); von den Zigeunern, welche dem
norden Vorderindiens entstammen; von den aus dem Wol-
gagebiete eingedrungenen Magyaren finnischen Stam-
mes. Auch gehe ich nicht weiter ins mittelalter und bis
zum alterthum mit seinen Daken oderGeten; Pannoniern;
Kelten und dergl. zurück. Es bleiben noch zwei stamme
übrig, auf deren betrachtung es uns gegenwärtig allein
ankommt. Die osmanischen Türken*), welche vor 400
Jahren den alten byzantin. kaiserthron umstiefsen und den
herrscherstab der Paläologen in ihre hand nahmen. Und
zweitens von dem in ungeheuerster ausdehnung von Eu-
ropa nach Asien hinein sich erstreckenden Slawenstamme,
die, wohl niemand weifs mit Sicherheit zu sagen seit wann,
ia den einzelnen gegenden ansässigen Südslawen. Wer
eben begriff bekommen will von dem bunten durcheinan-
S der von Völkern unter osmanischer hoheit und in den an-
S grenzenden gebieten: der mufs eine ethnographische karte
(jener gegenden zur band nehmen, und empfehle ich ihm
iuezu, aufser P. J. Safafik, Slovansky Narodopis (eth-
nogr.) 8 mappou 3. aufl. 1849, die karte in folio, desglei-
chen The languages of the Seat of war in the East. By
Alax Müller. See. ed. with an ethnographical map, drawn
by Augustus Petermann 1855 (die erste etwas flüchtige
ausgäbe 1854 ist von mir angezeigt d. morgenl. zeitschr.
IX, 275 — 281). Sodann aber, wen sich von den Slawen
eingehender zu unterrichten gelüstet, sei es in sprachlicher
*) Erwähnt bei dieser gelegenheit mag werden, dafs der dichter Pe-
t Tarka (also schon im 13. jahrh.) ein im handelsinteresse verfafstes kn-
manisches Wörterverzeichnis besafs, "welches, von J. Klaproth in^ seinen
Mim. relatifs a l'Asie T. III veröffentlicht, klärlich zeigt, dafs die Rumänen
ein türkisches idiom sprachen.
20*
308
Pott
und volkskundlicher hinsieht oder im fache der geschieht*^
der alterthumskunde und literatur, wie könnte der desnfrj
mens Schaffarik vergessen? Ich gedenke aber jetzt
niger seiner schon vor 40 jähren erschienenen, allein
recht durch seinen söhn, wenn auch leider in unverfii
tem abdruck Prag 1869 erneuerten „geschichte der slai
sehen spräche und literatur nach allen mondarten %
vielmehr des noch von dem grofsen Slawisten selbst
führlich bearbeiteten und 1864 — 1865 von Jiredek
ausgegebenen theiles, welcher die südslawischen
lekte (leider mit ausnähme des alt- und neubulgaris<
das weiter nach osten zu hause ist) umfafst.
So viel zum verständnifs des folgenden vorausgesebfa
dürfen wir nunmehr an unser buch selbst näher heran!
ten. Der hauptsächlich in den orientalischen sprachen
bewanderte verf. desselben verhehlt zwar nicht (s. 14),
„es ihm näher liege, über die leistungen der Bosniaki
in türkischem schriftthum, welche zum theil in den
Sprüngen auf mehr als drittehalb Jahrhunderte zurü«
ben, recben8cbaft zu geben, zumal über diesen zweig
serer Wissenschaft noch so gut wie nichts geschrieben ist
Allein es wird von ihm dabei nicht im geringsten
kannt, dafs, wie in fast allen unteren Don aul ändern
slawische Sprachelement mit in frage kommt, so au(
nicht blofs dasjenige türkische, welches in Bosnien v<
den gebildeteren gesprochen wird, sondern auch das
manli überhaupt vielfach von Wörtern slawischen ursprui
durchsetzt ist und wiederum umgekehrt bei den Slawe
des Südens, welche in ihren westlichen zweigen mit m<
oder minder bedeutender abweichung sich an das eij
liehe serbische anlegen, eine menge den Türken al
borgten sprachgutes in allgemeinerem gebrauch ist. „.
serbischen und illyrischen Wörterbücher, namentlich
Vocabolario illirico-italiano von Parcic* (Zara 1858), enfcj
halten hunderte von Vokabeln, die theils von den herans-*j
gebern schon als fremdwörter mit einem asterisk bezeit
net sind, theils als rein slawische betrachtet werden, in
anzeigen. 309
ihrheit aber türkischen Ursprunges sind". Von 8. 10
i findet sich bei Blau ein reiches verzeichnifs von mili-
rischen ausdrücken, ferner von solchen ans dem
»chtsleben, benennungen von handelsgegenständen
id ausdrücke aus dem geschäfts verkehr, namen von
atadwerksgeräth und technische Bezeichnungen, —
riebe unter den Slawen des Südens üblich geworden,
in ähnliches verzeichnifs 8. 6 enthält slawische Wörter,
äche ins türkische eingedrungen. Z. b. türk. potyra,
ne art landstur m, aus slaw. potera, potjera verfol-
Ug. Beiläufig: warum verschmäht hr. Blau anführungen
u dem ältesten Slawenidiome, dem kirchenslawischen,
:b. nach Miklosich's Lex. Pälaeslovenico-Graeco-La-
Mom? Z. b. hat dieser p. 647 potjera insecutio u. s. w.
Iffenbar wäre damit z. b. am eindringlichsten widerlegt,
mo Bianchi und Zenker derlei allgemeiner slawische wör-
t als im besondern „polnische" bezeichnen. Z. b. viänia,
une der Weichselkirsche (bei Voltiggi ill. visenja — ital.
fcaciola und marasca, weil sauer,' ohne zweifei, wie
tttto amaro herbe frucht) geht hoch nach Lithauen hin-
if, wo sie wyszna heifst. S. mich Lassen zeitschr. VII,
98 und Mikl. slaw. elem. s. 17. Auch der wermut pelin,
L pelin, poln. piolun, lith. plur. pelinos, unstreitig
in der fahlen mausefarbe (lith. pele maus).
Slawen machen, wie bekannt, im reiche des Sultans
Ine so grofse Ziffer aus, dafs die zahl der eigentlichen
hmanli's daneben verschwindet. Was aber im besonde-
li Bosnien anbetrifft: so wird 8. 13 bemerkt: es „zähle
f den grenzen des heutigen Vilajets auf 1,300000 einw. bei-
bfig 500000 Muhammedaner, welche fast ohne ausnähme
lawischer race sind und als muttersprache das bös-
liche reden, vom türkischen sich jedoch so viel ange-
gnet haben, um sich Türken nennen zu dürfen. Nur in
r wenig zahlreichen türkischen beamtenweit, unter einem
eile der muhammedanischen geistlichkeit und in den von
t abhängigen schulen wird überwiegend türkisch gespro-
len. Die übrigen 800000 seelen sind zur gröfseren hälfte,
810 Pott
Aber fttnf achtel, der orthodoxen, hier sogenannten serbi-
schen kirche zugethan, zur kleineren dem röm.-kathol. re-
ligionsbekenntnifs. Die ersteren haben in ihrer literatar
und schulen das cyrillische aiphabet angenommen, die Ka-
tholiken das kroatische, lateinische. Für beide ist durch*
gängig die slawische die gewöhnliche Umgangssprache,
vom türkischen verstehen sie nur das zum verkehr mü
beamten u. s. w. nothdörftig ausreichende". Bei solcherlei
Stellung der beiden in Bosnien üblichen idiome, wo jedes
von ihnen sich beständig am anderen reiben mnfs, ist ran
erklärlich, wie sich allmälig zwischen ihnen gesetze voa
Veränderungen in laut und Schreibung, selbst gram-
matischer art durchgearbeitet haben, deren kundnabme
für den Sprachforscher von nicht geringerem interesse ist,
als f&r den eulturhistoriker die erzeugnisse bosnischer oa* ..
tionalliteratur es sein möchten, welche ein bild von den .
gegenseitigen Verhältnisse beider sprachen in diesem lande
zurückwerfen. Nun erhalten wir von dem gelehrten verf
einen überblick über die wesentlichsten eigenthümlichkei»
ten der lautlehre derjenigen gruppe der literatur, dem
denkmäler durch ihn in seiner Sammlung kennen zu lernen
wir so glücklich sind. Es habe ihn aber, erklärt er, bei
der Veröffentlichung das doppelte interesse geleitet, wel-
ches dieselben sowohl für die slawische als für die türki-
sche philologie haben. Aufser dem wissenschaftlichen zwecke
aber, der ihm freilich die hauptsache gewesen, spricht er
zugleich die hoffhung aus, „dafs seine arbeit dazu beitra-
gen werde, auch das praktische interesse an beiden spra-
chen gerade in den ländern mehr zu wecken, denen die
kenntnifs beider zur nächsten nothwendigkeit geworden ist i
und noch werden wird". ;
Man wird sich entsinnen, wie seiner zeit der berühmte |
„ fragmentist tf (Fallmerayer) den heutigen Griechen alles
rein hellenische blut absprechen und sie dafür zu abkömm- [
lingenvon Slawen machen wollte. In dieser allgemeinst
ausgesprochen arge Übertreibung, allerdings. Allein sein
aufzeigen von Ortschaften mit unweigerlich slawischen na-
1"
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anzeigen. 311
■- men, z. b. in der Peloponnes, ist eine stehen gebliebene
» that8acbe; und sogar die jetzige bezeichnung der Pelops-
» iosel Morea rührt gewifs mit unendlich gröfserer wahr-
{ scheinlichkeit von ihrer läge im meere (ksL morije n.,
Imare Mikl. lex. p. 381; bei Voltiggi ill. more, gen. ra,
oder morje, ja n.) her, als von der ähnlichkeit, wie man
fitbelt, mit einem maul beerb] atte. (Bosn. murva maulbeere
^ Blau s. 223 aus dem grieph.) Trotzdem dafs nur mor^sk'
i dalaTTtog als adj. mir bekannt ist; — man denke doch
nur an Pommern (land am meere, wie kelt. Armorica)
tmd !AtTtxri, d.i. uferland aus axti] (durch assimilation)! —
Die slawischen elemente im rumunischen aber
T sind in der so betitelten schrift des berühmten Slawisten
Miklosich Wien 1861 nachgewiesen, wie durch Robert
Rösler Wien 1865: „die griechischen und türkischen be-
Standtbeile im romanischen".
Was enthält nun aber unser buch? Zuerst das werk
von Uskufl, d.h. dem aus Skoplje oder Skopje, einem
flecken Oberbosniens am Verbas; und mufs dies, da es
dem sultan Murad Chan, söhn Ahmed Chans, gewidmet
ist, der von 1624—1640 regierte, auch in gedachten Zeit-
raum fallen. Potur (s. 255 = türk. Kojlü bauer), als
abkürzung von po-turica, bezeichnet einen zum Islam
fibergetretenen Christen und will demnach der titel witzig
genug sagen: der gleichsam vertürkte (zum türkenthum
bekehrte) nach Scbahidi's methode. Die aufgäbe,
welche sich unser dichter (denn er schreibt metrisch*))
gestellt hat, besteht darin, den gemeingebräuchlichen Wort-
schatz der bosnischen spräche, vorwiegend nomina, mit
den entsprechenden türkischen vulgärwörtern wiederzuge-
*) Das mag uns heute sonderbar vorkommen. Aber eine von den gern-
men am hofe des Vikramäditja , der berühmte Amara STha, verfafste
ebenfalls sein indisches Wörterbuch in versen. UndThurot, Extraits de di-
vers Manuscrits Latins p. 492 erwähnt ein um 1491 veröffentlichtes werk:
Spica quatuoT voluminum von Mancinelli, un poöme sur les dlclinaisons,
les genres, les pre'te'rits et les supins, das an die stelle des allmälig als bar-
barisch verschrieenen Doctrinale des Alexander Gallus zu treten bestimmt
war, welches gleichfalls die schttler in versen unterrichtete.
312 Pott
ben. Von alphabetischer anordnung des materials kam
bei solcher behandlung nicht <iie rede sein« Es wird aber
in den einzelnen abschnitten, 13 der zahl nach, eine ge-
wisse gruppiruog nach den Sachen beobachtet: von gott
(a Jove principium) und mensch ab zum landschaftlich«
kalender, zu den dementen der natur und so fort bis»
zahlen und allerlei hinunter. Da jedoch das türkische g*
gen die oft groise häufung von consonanten in d*
wischen Wörtern, zumal im anlaut, einen Widerwillen hatr
so wird letzterem, vollends wenn das metrum schwierig!»»
ten macht, zum öfteren namentlich durch einschiebung oder
vorschiebung von vokalen nachgeholfen, um es gescbmei»
diger zu machen. Freilich ein von Türken selbst ange-
wendetes mittel von hülfsvokalen, wodurch man die slaw*
sehen Wörter für den türkischen mund zurichtet und ihm
anpafst.
Nachdem nun Uskufl im 17. jahrb. mit seinem Potur
vorangegangen war, empfanden auch andere das bedürf-
nifs, sowohl für den praktischen gebrauch der Muhamme-
daner in Bosnien, welche die landessprache nicht kannten,
als auch für diejenigen eingebornen, welche das türkische
erlernen wollten, Vokabularien anzulegen mit abstrerfong
des poetischen gewandes im Potur. Solche original -gloe-
sarien türkischer verff. sind es, welche in geordneter weise
verschmolzen in abth. III uns vorliegen. Schon blofs ein-
mal in arabisch -türkischem kleide slawische Wörter zu er-
blicken, gewährt dem forscher ein ungewöhnliches inter-
esse. Es hat denn aber der verf., wo nöthig, mehrere
beibehalten, in der regel aber transcribirt und viele dunkle
mit hülfe südslawischer Wörterbücher oder auch durch er-
fragung, wie desgleichen die türkischen aus eigner kennt-
nifs oder auch aus Wörterbüchern erläutert. Dafs nicht
alles auf den ersten wurf hin richtig sein werde: liegt in
der natur der Sache und kann daraus dem verf. kein Vor-
wurf gemacht werden, um so mehr als er sehr viel schwie-
riges ins reine gebracht hat.
Wenn ich nun im folgenden das eine oder das andere
anzeigen. 313
laube in zweifei ziehen zu müssen oder auch wohl be-
ichtigen und aufhellen zu können: so wird das meiner-
3its keiner entschuldigung bedürfen. Z. b. will es mich
in irrthum bedünken, wenn s. 39 von einem „echt Slawi-
nnen grib (fischnetz)" gesprochen wird, das als ygryb,
Iso mit milderndem prosth. vokale, ins türkische gewan-
ert sei. Möglich, dafs grib von einigen Slawen gebraucht
rird. Ich kenne nur mreza, netz s. 224 und vlak fisch-
etz (vergl. illyr. vlacsiti, ziehen) s. 195 bei dem verf.
elbst. Es ist aber unzweifelhaft griech. yqlcpog^ yyiTiog
stach noch im jetzigen griechisch Gott. gel. anz. 1869 8.199
Äch JlowToöixov 'IdiioTixa xijg vewtiQag lllrivixrjq ykaic-
fyg)> woraus man in neuerer zeit: logogriph gemacht hat.
lach der mastbaum ill. katarka bei Voltiggi entstammt
lein griech. xaragria, xaraQTiov (s. Passow und DC). Ksl.
catr'ga xdreqyov, navis, scheint trotz Mikl. lex. p. 284
licht dasselbe. Kaligü nedika erklärt sich doch sicher
aus lat. caliga, Soldatenstiefel, welches wort sich durch
die römischen heere verbreiten konnte. Desgl. hat gewifs
der Türke sein eksi herbe, sauer s. 227 von den Griechen
(ö£vg). Türk. salanbur lake, sauerbrühe, ital. salamura
ist rückbildung mit sal vorn aus äkpvQog. Alb. oekkipsa,
geg. öekkive. — Bosnisch prekalamit ist das comp, von
kalamitti (ital. nestare, annestare, innestare) beizen, nach
Voltiggi, d. h. bäume pfropfen. Siehe Blau s. 185. 234,
aber nav&rnut 200. Ich glaube darin xahapog oder xa-
kxpri suchen zu dürfen. Alb. xaXjifi-i röhr, schreibrohr,
schreibfeder, rebzweig, pfropfreis. — Der türkische name
Kybty für bosnisch Cigan Zigeuner s. 269. 280, albane-
sisch bei v. Hahn wb. s. 240 jeßjn-i (hinten mit art.), fem.
jicpye-a, macht keine Schwierigkeit. Es ist Aegyptii, so
gut wie engl. Gipsies, span., mit neuem suffix, Gita-
Qos, weil man ehemals, obschon mit unrecht, dies wan-
dervolk, statt von Indien her, aus Aegypten kommen liefs.
Wiederum aber hat man nichts anderes in dem namen der
Gopten zu suchen, welcher seit der herrschaft der Ara-
ber über Aegypten datirt. Vgl. Faba Aegyptiaca Lassen
314 Pott
zeitschr. VII, 157. Qebt', qibt' (auch in Kybty ist to-
tes Qaf gemeint), wofür die Aethiopen Gebtz sagen, sind
Umbildungen des alten namens im munde der Araber, und
auch das nur willkürlich davon geschiedene Qeft* (mitf,
weil p im arabischen fehlt) fbr die Stadt Koptos scheint
gleichen Ursprungs. S. Schwartze, kopt. gramm. s. 3. Sorot
steht auch bei Blau 8.214 törk. Cingan fllr Zigeuner. -
Statt K'afyr (daher Kaffern in Afrika, und die Siahpcnch
in Kaferistan) durch körzung bosnisch Kaur, gesprochen
Djaur Blau 8. 29. 248 ftlr ungläubiger, alb. xccovqq-i, ist
bei Voltiggi synonym mit kerscsenik ein christ (von
kerst taufe), alb. xeaTtQe-t. — Besonderes interesse erregt
der name der milchstrafse (poln. biaiomleczna droga na niebie
eigentlich milchweifse strafse am himmel) 8. 288 tflrk. ift-
man-ogrusy, bosn. slamica, von saman, slama stroh.
„Nach einer legende, in welcher St. Petrus seinen stroh-
sack ausgeschüttet hat, heißt die milchstrafse in einigen
gegenden Dalmatiens: St. Peters stroh, Petrova slama.
Aehnlich ist bei Fröhlich, handwtb. der ill. spr. 124: Kü-
mo vska slama (eig. gevatters-stroh)a. Dazu pafst denn j
vortrefflich die bei den Gegen übliche bezeichnung der
milchstrafse : xdäts 6 xovfmsgiT (compatris), wörtlich eben-
falls des gevatters stroh. WB. v. Hahn's 8. 43. Ein neuer
willkommener beleg zu Grimm myth. I, 331 (filtere aus-
gäbe 214). Sant iacobes Strosse Galaxia Dief. Novom
Gloss. — K'önbardak, lederner schlauch 8.255, stimmt
gut zu bosn. matara, bei Voltiggi eine lederne feldflasche
(borraccia; tiasco di cuojo). — Postal pantoffel; vergl.
postolar Schuhmacher bei Voltiggi. — Tflrk. Purtläk
und bosn. Vänpir (daher unser Vampyr) atp, gespenst
s. 285. Leider auch fbr mich unbekannten Ursprungs. —
Sagyröak, tetrßb. Der türkische name des auerhabns
besagt: taub, weil er während des balzens weder sieht
noch hört. Daher auch lith. kurtinys ein tauber, auch
ein auerhahn. Desgl. russ. glychar" von glychK taub.—
S. 196 Agystos, der monat Augustus mit voller latei-
nischer endung trotz ital. Agosto, aber mit a statt an,
anzeigen. 315
wie in diesem worte durch eine flntb von Zeugnissen bei
Schuchardt vok. II, 308 belegt ist. Der slawische name
kolovoz bezeichnet sinnvoll „wagenfahren" der ärnte
wegen. Kolovazac, fuhrmann. Volt.
Eine ganz vorzügliche aufmerksamkeit hat hr. Blau
der aufBuchung von bosnischen benennungen für pflan-
zen, verglichen mit deren türkischen synonymen (von
letzteren findet sich ein yerzeichnils in Davids, Gramm.
Türke p. 139 — 144), zugewendet nnd mit deren botani-
scher feststellung sich beschäftigt. Auch will er ferner,
wie er mir schreibt, in dieser richtung weiter forschen.
Nun trifft es sich, dais vor jähren auf erklärung insbeson-
dere persischer und arabischer pflanzennamen sowie
desgleichen solcher aus dem lithauisch-slawischen
sprachkreise auch bemQhungen von mir gerichtet waren.
S. Ober die ersteren in Lassen's zeitschr. f. d. künde des
morgen]. V, 57—83 und VII, 91—167 und über die zwei-
ten in meiner: De Borusso-Lithuanicae tarn in Slavicis
quam Letticis principatu Comm. II. Hai. 1841 p. 18 — 37.
Man wird um dieser berührung in den Studien wegen es
nicht nur begreiflich, sondern, hoffe ich, auch entschuld-
bar finden, wenn die folgenden bemerkungen sich gerade
in diesem kreise bewegen. Zum theil lag eine besondere
aufforderung darin, die beiderseitigen forschungen durch
einander zu ergänzen, zumal herrn Blau die meinigen un-
bekannt geblieben. Uebrigens sage man nicht, der gegen-
ständ sei zu unbedeutend und kleinlich. Oder müfste ich
an die worte unseres J. Grimm erinnern, womit er das
»kräuter nnd steine" überschriebene 37. kapitel seiner my-
thologie einleitet? „Plinius hat über seine naturgeschichte
dadurch eignen reiz gebreitet, dafs er auch die abergläu-
bischen meinungen des volks von thieren und pflanzen um-
ständlich anzufahren nicht verschmäht. tt Und ferner:
»fiele kräuter und blumen sind nach göttern benannt",
deren ein gut theil aber nachmals bei der christianisirung
sich mufsten in heilige oder in den teufel (s. WWb.
1> 988) verwandeln. So ward man dann auf weg und steg
316 Pott
an göttliches erinnert. S. aufser Kuhn's zeitschr. IV, 172
s. b. Preller im index zu der griech. mythol. anter: Sym-
bol. Yergl. Lobeck in Friedländer's mitth« ans Lobecb
briefwecbsel nebst liter. anhang s. 177. Man nehme unter
den mit alfxa gebildeten pflanzenbenennungen nur allein
die mit dem namen eines gottes im gen. dazu beim DO.
Nämlich alpa Hdqmg (Asarum. Lilium. Portulaca); — 'IZjw-
xlsovg (Crocus; item Centaurium magnum et parvum; tob
den Centauren und nicht tausendgflldenkraut aus centum
aureü); — !d&ijväg (Ajuga, xatiainiTV$) 5 — 'JEgpov (Ver-
benaca recta); — Kqovov (Artemisia, von der Artemis);
und nach ägyptischen göttern: alpa Oduuoivog (NepeUi
montana); — "SIqov (Apium). Sonst alfxa ävS-qmnov (Ar-
temisia; vgl. schon alt ardgag-ai^ov^ art Johanniskraut mit
blutröthlichem saft, auf das blut Christi gedeutet Wöste
in Kuhn's zeitechr. IV, 2 2 3), 6q>&ak^ov (Anagallis), und räth*
selhaft genug nach thierarten, deren blut charakteristisch n
unterscheiden man doch kaum die mittel besaß*. Nämlich
alfia TavQOV, yaXrjq, alXovqov^ ovovj ixtivog, XQOxodeiXov,
ißecog. Ferner alfia anoxa&ri\iivYig (der abgesondert und
müssig dasitzenden) für Lychnis, warum? Und xixdvov (des
kalks) f. Lactuca silvestris; sideritis; rubus; tivqstov (des
fiebere) Ricinus; auch noöovtog oder noSotog (Scordium)
zu äTioöidtojLiL — das eine so räthselhaft wie das andere.
Dafs trivialnamen und deren etymologische aufklärnng
auch für die wissenschaftliche pflanzcnkunde nicht ohne
interesse seien: haben selbst botaniker von fach anerkannt
Siehe in Hornschuch's archiv skandinavischer beitrage
zur naturgesch. 1845, th. I: über die namen der
pflanzen. Von dr. Elias Fries" (vergl. A. L. Z. 1845
no. 51 8 405). Der verf. beginnt mit einer etymologie der
pflanzennamen, welche jedoch seiner meinung nach nur
dann von wahrem nutzen sein kann, wenn man sich an
die geschichte der namen hält, und hat denn auch zu einer
solchen den entwurf gegeben. Die ältesten botaniker hät-
ten noch keine selbstgeschaffene namen den pflanzen bei-
gelegt. Erst bei Dioskorides sei eine anzahl namen von
anzeigen. 317
diesem selbst gebildet worden. Die namen der alten wa-
ren überhaupt nur [?] adjj., zu denen man sieb das aus-
gelassene subst. hinzudenken müfste, z. b. secale, triticum,
bordeum u. s. w., wo gramen oder frumentum das ausge-
lassene substantivum gewesen, und ndnuyog, yvnuQog u.s.w.,
wozu xcckafnog als subst. gehört [?]. Namen, welche aus
zwei Substantiven gebildet sind, kommen in den älte-
sten griechischen Schriften selten vor, werden aber bei
Dioskorides gewöhnlich. Ein großer theil der namen
*rar jedoch auch fremden Ursprungs, welche durch den
fcandel eingeführt wurden, aber man nationalisirte sie nach
der eigenen ausspräche. Der gebrauch, pflanzen nach per-
eonen zu nennen, war den alten unbekannt [das nicht
ganz, vgl. Gentiana nach dem illyrischen könige Gen-
tins; die afrikanische Euphorbia nach dem griechischen
Ärzte Euphorbus]; die mythologischen namen, welche
manche pflanzen tragen, rühren zum theil erst aus der
neueren zeit her; andere ältere jedoch, wie z. b. Narcis-
sus, Hyacinthus, Adonis [ist doch unzweifelhaft das
phönikisch-hebr. wort für herr], sind als pflanzennamen äl-
ter als die mythen. Erst im mittelalter fing man an, ge-
'wächse nach personen zu benennen, aber nach heiligen.
Dies ungefähr ist der gedankengang von hrn. Fries, wel-
chen er verfolgt, um danach die Verdienste hervorzuheben,
"welche sein landsmann Linne durch seine reform der bo-
tanischen nomenclatur sich erworben habe. — Um die
kenntnifs der trivialnamen verschiedener länder zu würdi-
gen, bedarf es nur eines winkes. Schon Nemnicb hat
das in seinem, auch für den Sprachforscher viel nützliches
enthaltenden Catholicon begriffen und für seine zeit treff-
liches geleistet. Allein andrerseits gedenken wir doch der
Wichtigkeit der pflanzen und ihrer auffindung im offi-
cinellen interesse. Wie viele unter ihnen, wenn auch zu
einem grofsen theile aus den Pharmakopoen verschwunden,
haben doch dereinst in der materia medica in achtung ge-
standen und verdanken oft der wirklichen oder blofs ihnen
zugeschriebenen heilkraft ihre bezeichnung. So finden
318 Poti
sich beim Du Cange eine grofse zahl von angaben ua
arabisch-griechischer vh} larqixrh welche von mir an o
zuerst angefahrter stelle ihre erklärung gefunden ha
S. auch Langkavel, botanik der späteren Griechen v
3. bis 13. Jahrhundert 1866. Kuhn's zeitsohr. XVI, 450.
Vgl. ferner in Mein, de la Soc. de linguist. de Paris. T.
2. faso, p. 15: La Soc. de linguistiqne a le projet de r
sembler les noms vulgaires donnes aux plantes dans 1
diverses regions de la France, afin d'en composer un gl
saire special, avec la collaboration de quelques botanis
Ein neuer beweis dafür, wie man jetzt dergleichen trat
suchungen allgemeiner zu würdigen anfingt.
Noch sei ein anderer nicht unwichtiger punkt erw
Viele namen von pflanzen enthalten in irgend einer w
auch das ursprungs-attest letzterer mit. Hievon
paar beispiele. Dafs der buchweizen vom Orient her
uns gekommen : bezeugt, aufser anderen gründen, sein li
name pl. grikkai, d. h. griechisch. Vergl. welsch
nufs, walnufs WWb. I, 898. In ähnlicher weise verrl
sich die gurke durch ihren namen als bei uns ausl
disch und durch vermittelung der Slawen zu uns gekörnt]
men. Schicken wir vorauf, dafs zufolge Stender lett-deut-
sches wb. 8. 117 der Russe Kr eews heifst, und Rufsland,
vorn mit gen. plur., Kreewu semme. Danach sagt de* 4
Lette für gurke (gurk'is aus dem deutschen) Kreewu*]
ahbols (der apfel der Russen), für kürbis leels (grofser) ]
Kreewu ahbols, wie litb. agurkas (cucumis) didisift \
(magnus). Auch heifst bei den Letten die hirsegrütsa
Kreewu putraimi. Das wort gurke nun hat vorn einen
vokal eingebüfst (siehe darüber Lassen zeitschr. VII, 150.
Comiu. Litb. II, 26). So z. b. dänisch agurk, wangero-
gisch bei Ehrentraut, fris. archiv 1,359 augürk f. Vol-
tiggi im Ricsoslovnik Ulirisckoga hat ugorak, rkain.
(cocomero) mit deminutivendung, was an ugor m., aal,
— etwa der schlangenartigen gestalt wegen — erinnern
könnte, falls man nicht an der erklärung aus ayyovQMV
(cucumis) DC. festhalten muisr indem der nasal in den
anzeigen. 311)
Iptwischen formen sich verwischen konnte. Ital. anguria
Ipsserinelone, angurie. Etwa zig. bobork-a, gurke, mit
fc.fftr g? In Stulli Lex. Lat.-Italico-Illyricum 1801: Cu-
^mis: dinja, ljubenicca, krastavicca, ugörka,
ipun (TtknooV) pfebe). Skarlatos im neugriech. wtb. hat
ovqc (mit der, schon des nasals wegen zweifelhaften er-
*ung kx tüv 'Hcoqov ka&izo&ai) JEixvg, concombre (als
} mit con- comp.); ayyovgia. JSixva, la plante qui pro-
dt les concombres. Ksl. dünja ninwv Mikl. lex. p. 184,
lone, Voltiggi. Ljubenicca etwa von ljubiti lieben
1. iu auch in goth. Hubs lieb), schätzen, wie wal. lub
(Cucurbita citrullus) Mikl. slaw. elem. im rum. s. 28; allein
bitza (melissa) 8. 29? Ebenda 8.26 auch wal. kra-
,vjete, Hl. bei Volt krastavac — melone, gurke, aber
astavicca — borrana, borragine — borrätsch, salat in
lien; krastavicca ceder. Krastav, grindig, krätzig,
fcpn krasta ausschlag, bei Blau s. 296; bei Voltiggi
•■*• ital* croata, franz. croüte — grind (etwa, wenn s vor
fc. aus dentalmuta, damit verwandt); im fall etwa eine
mtt mit rauher, höckeriger Oberfläche. So Miklosich lex.
gk. 309. Albao. xgaaraßirg und durch Umstellung des g
^mtftgaßitg. Aufserdem xgdvyovl gurke, was doch kaum
ayyovgia enthält. Türk. hyjar (Lassen VII, 153), bosn.
fcastavac gurke, Blau 8. 236. Derselbe hat s. 263 türk.
Itarbuz, karpuz, bosn. lubenica (Mikl. slaw. elem. s. 28.
Bflder bestandth. s. 39) Wassermelone. Alb. xccgnova-fy,
Wassermelone, auch v. Hahn s. 119 öekxjiv-vi. Röeler a.
%»o. 8.48 sucht darin lat. Cucurbita nach dem um die
tfidupl. gebrachte ahd. churbiz. Mir doch sehr fraglich,
obschon auch Vullers lex. Pers. I, 668 so will. Ital. ro ei-
len e, melone, scheint ampliativ von mela, also grofser
apfeL Vielleicht aber, dafs man, um den honig (mele;
iRellifero oder melifero honigreich) mit hineinzube-
kommen, das 1 verdoppelte. Alb. xoxoftdge-ja, melone, aus
Hftlcocoraero (letzteres aus den obl. casus von cucumis).
ferner türk., Blau s. 265, kavun, kaun, bosn. dinja,
<Un melone. Beide z. b. im poln. arbuz, kawon Lassen,
zeitschr. VII, 151. Davids gr. p. 142, wo auch äghadj
320 Pott
qävouni (baummelone), citrone. 111. tikva (cucuzza, col-
loquintida) körbifs, Volt. Türk. kabak, bosn. tikva Blau
s. 260, ksl. tükü (Cucurbita) Mikl. p. 1020. Slav. elem.
p. 50. Lassen 8. 152. Bryonia, die zaunrübe, beifstin
Stulli Lex. tikva divja, wilder körbifs; bei Blau türk
ravend-tavyl, bosnisch debela (dick) tikva 8. 286.
Griseb. Flor. I, 162. Aber 8. 285 ravend Gentiana, und
zeravend-tavyl = Aristolocbia longa 8. 157, vgl. vo-
öja jabuka (wörtlich wolfapfel) 8. 158. 248, was jedoch
koloquinte 8. 225. 234. Bei mir in Lassen'e zeitschr.
IV, 69 gaßavn T^ivfj und vorn mit zusatz (kaum doch
zer gold) £ctgaßdvTi r^hrf to ghov ßdgßagov, der at»
China kommende rbabarber. Prosp. Alpini med. Aeg.
Acc. ejusd. lib. de balsamo et rhapontico. Tgl. VuDers,
lex. Pers. II, 125 zarävand nom. plantae cujusdam, enj»
duae sunt species. Optima est flava, crocea. Aristolochi*.
Davids gr. p. 143 hat zerävendi t'avll aristoloche (km-
gue), aber zerävendi mudevver aristoloche (ronde).
Türk. öop-cin, jabucica Chinawurzel (?) Blau 8. 214. —
Hantal koloquinte (s. oben) no. 115 und 8. 234, vergi.
auch Lassen VII, 153. — Türk. hytme ciöeki = bosn.
trandopio s. 151 no. 5, vergl. s. 236, wo durch trudja
trava eibisch (hibiscus) erklärt. Vergl. xcctfiV fl*r ak&tß
Lassen VII, 133. So schickte sich denn auch wohl daso
bosn. trandofilj, trandovilje (Alcea rosea). Eigent-
lich ist es die centifolie, hier dem wortverstande nach die
mit 30 blättern. Lassen VII, 119, womit man aber wahr-
scheinlich einen vergleich anstellte, wie in unserem Stock-
rose. Wal. trandafiru, alban. nach Blanchus dran-
dof'illeia (rosa) und ndrandofiless (rosaceus), DG
TQiavrdcpvXXoV) tgavracpvXXov^ TQiaxovxdyvXXov. Auch bei
Forskäl Flora p. XXVII aygia tgiavSatpikia (R. canina).
Rösler s. 19. Unsere rose statt goSect, rosenstrauch, mit
zischlaut durch einflufs des vokales auf S (vgl. Sab. Clau-
sus statt Claudius) aus godov stammt vermöge der altern
form ßgoSov aus armenisch vard u. s. w., und mit nichten
aus kgev&w. K'ul (aus dem pers. gül), bosn. ruziea
anzeigen. 321
(gleichsam röschea) s. 256. — Als ein beispiel seltsamer
entstellungen diene das basilikum (s. 32. 231; sajmaran
••287; 8. auch Lassen VII, 145). Alb. GecpsQyjev mit Um-
stellung von (f> und a. Türk. fesliKen, bosn. bosiok
(das zweite o vokalisirt aus 1), aber auch mit m: mes-
lidjen. Feien dzmisk, für melisse gehalten, ist bei mir
anders gedeutet Lassen VII, 145 in cf<x?>avT£a/LUT (r statt
x?), ankgfxa ßaüilucov. Es finden Vermischungen beider kräu-
ter statt Lassen VII, 118, unstreitig starken gerucbes bei
dem einen wie bei dem andern wegen. Badrendz-
bujeh, vergl. pehlwi vädrengboi melisse Justi s. 254.
Badrenz melisse Blau s. 201. Nach bienen benannt anm.
278. Ahd. binicrüt ist thymus. Bei Voltiggi Mleci, cih
(auch 1 statt n), ital. Venetia, Venedig. — Mavez =
ital. bambagia bäum wolle; bei Blau s. 282 pambuk,
bosn. pamuk. Rosler, griech. und türk. bestandth. s. 32.
DC. pambicium und s. Lassen s. 75. Wahrscheinlich
occidentalen Ursprungs aus bombyx (seiden wurm) durch
Übertragung. — 'Maveipd* xa ia, falls nicht fi aus verse-
hen für jbtn (ngr. = b) Lassen 123, Blau 8. 204 benefäe,
bosn. ljubica (oben melissa) veilchen. Etwa wal. mik-
ännea veilchen Rosler 8. 41 mit ks statt \p und nasal um-
gestellt. Baqdunis Lassen 149. MaxaSovifaov , Apium
Macedonicum. Vergl. auch für Muhammed ksl. Bo^mit
ICikl. p. 41. Im albanesischen heifst die melisse bäg (herba)
%'&£ (apum) aus fiährra.
Jetzt noch einige andere pflanzen. Ganz besonders
freut es mich für den griechischen namen des waizens
(8. Pictet Origg. §.61) eine weitere Verbreitung nachwei-
sen zu können. Also nvyog, auch im plur. bei Hom., was
man der feuergelben färbe wegen glaubt zu nvg bringen zu
können. Allein, warum dann nicht nvQQoq, dessen zweites q
entweder durch assimilation , vielleicht von i, oder durch
Suffix -qo entstanden? Lett. puhr'i winterwaizen. S. meine
Comm. Lith. 11,33. Bei Blau s. 187. 262 türk. kaplud£a,
kaplydza, bosn. krupnik (doch wohl zu ill. krupan
dick, wanstig, wo nicht zu krupa graupenhagel ; aber
Beiträge z. Tgl. sprachf. VI. 3. 21
322 Pott
pultes, polenta Dobr. Inst. p. 238) und pir, speit. Also
Triticum spelta. Ksl. püro n. ökvga (etwa zu aXeli; mah-
len WWb. II, 537?) far, allein auch, wenn dies nicht auf
irrthum beruht, xiyxQog milium (Blau 8. 218« 299 törk.
dary, taru, tary, bosn. proso hirse, mit entferntem
anklang des slawischen wortes an püro). Bosnisch da-
gegen pirika (Triticum repens, queckengras) Blau note
233. 237, wie botanisch mit dem waizen verwandt, so auch
von dessen namen hergeleitet. Im preufs. vok. pure trespe.
Wal. im lex. Bud. piru (triticum repens, gramen cani-
num), ungr. per je queckengras. Mikl. slaw. elem. s. 41.
Böhm, peyrz, peyr, peyrawka queckengras, aber wai-
zen pssenice, ksl. p"£enitza alrog, triticum. Mikl. lex.
p. 160, d. b. mehlfrucht, von p"£eno alq>iTov9 farina, das
ich von skr. piö, lat. pinser e leite. Vergl. nriaävt] ent-
hülsete gerste. Pictet erklärt es falsch aus skr. psäna,
essen, da psä erst aus bhas. Vom mahlen auch unser
körn WWb. bd. II, 256 und kaum, wie skr. gäritra,
reis, vom verschlingen s. Pictet Origg. p. 260, sowie tri-
ticum vom ausdreschen s. 287, während franz. froment
(specialisirt aus frumentum, als — zur nahrung dienend),
wie auch sl. Zito, getraide, als lebensmittel, auf ziti ri-
vere, pasci zurückgeht. Mit dem räthselhaften <og be-
steht kein Zusammenhang. Ueber lat. far, engl, barley
8. 492. Der schon im gothischen vorhandene name des
waizens hvaiteis m. Diefenbach goth. wb. II, 599 scheint
herleitung aus skr. pve-ta, weife, unter Voraussetzung einer
wz. pvid; und würde also davon den namen führen, dafs
diese getraideart nicht, wie andere, schwarz-, sondern
weifsbrot liefert. Vgl. goth. hveits weifs. Lith. kwS-
tys m. waizenkorn, plur. coli, kwecziei, lett. kweeii
(cz, ä durch einflufs des i ) mufs man als den einst an der
Weichsel ansässigen Gothen abgeborgt betrachten. Der
Lithauer und Lette sind wegen mangels an aspiraten in
ihren sprachen, wie in meiner Comm. Lith. I, 15 durch
viele belege dargethan worden, genöthigt, slawisches X
durch k zu ersetzen. Und so sind sie denn auch hier mit
anzeigen. 323
dem h des gothischen Wortes verfahren. Ueberdcm ver-
r&th das t (im gothischen auf älteres d zurückweisend),
kwetys müsse erborgtes gut sein. Wäre es einheimisch,
da müfste man in gemäfsheit mit skr. £v€ta, weifs, regel-
recht eines Zischlautes gewärtig sein. Der Preufse dage-
gen hat nach ausweis des Nesselmannischen Vokabulars
8.25 gaydis, d. weyse (d. h. waizen) und fttr sommer-
waizen dagagaydis. Dagis heifst sommer, lith. dagas,
dagä erntezeit, mit i, wie oft, statt des ursprünglicheren
a, welches im comp, sich erhielt, wie auch (freilich um
der epallelie willen als o, falls nicht oa zusammenge-
hört) dago-angis sommerlatte. Geytye, brot, läge
immer noch näher als lith. kwetys, oder wohl gar pers.
gandüm waizen. Ueber letzteren Lassen zeitschr. VII, 155.
In Memel lith. pürai m. pl. (also griech. nvooi) winter-
waizen; aber kwetei sommerwaizen, wofür um Ragnit
wasarinni kweczei. Preufs. seamis, Winterkorn, ist,
woran Nesselmann vok. s. 42 keinen augenblick zweifeln
durfte, ein aus semo (mit weichem 8, ksl. zima = hiems),
winter, hergeleitetes adj. Mit preufs. semen (s hart, wie
in ksl. sjemja n. semen) und lith. semenis saat, im pl.
semen ys saatfrucht, besonders leinsaat, hat es augen-
scheinlich nichts zu schaffen, wie auch schon die abwe-
senheit von n beweist. Türk. bogdaj, aber auch hynta,
bosn. pSenica, Senica 8. 206. 236. — Kukuruz mais,
bosn. kla8, was bei Volt. ähre. Der sogenannte türkische
waizen entstammt übrigens Amerika. Der zusatz ist dem-
nach eben so falsch, als wenn mysyr-tauk, tuka,
trutbuhn, s. 274 eigentlich so viel als ägyptisches huhn
bezeichnet, obschon dieser vogel doch nicht in Ost-, son-
dern in Westindien und Amerika zu hause ist. Türk.
biba namentlich von jungen truthühnern ist vielleicht a
pipiendo gesagt. — Mit uns Deutschen gemein hat der
PreuJfee den namen für roggen, rugis, lith. ruggei pl.
(ruggy8 ein roggenkorn), lett. rudsi. Bei Blau 8. 212
Bosn. ra£, türk. öavdar.
Aus dem verzeichnifs s. 151 no. 3 türk. rumid = bosn.
C%4 #
824 Pott
oraäak, welches letztere muskatnuls, aber auch eine pflanze
sein soll. Dagegen s. 168. 303 türk toplak = orisak
erdnufs mit fragezeichen des autors. Also gewifs ablei-
tungen von orjech xagvov, nux, orjeäije (nucetum) mit
zischlaut. Co mm. Lith. II, 29. Tfirk. koz, bosn. orab wall-
nufs 8. 2(i7, während 217 türk. dzeviz, orah, nufs. Die
beiden türkischen Wörter sind wesentlich einerlei Lassen
VII, Hl, nur in verschiedener gestalt von fremdher auf-
genommen. Funduk, ljeänik, haselnufs, wahrscheinlich
aus nux Pontioa Pltn. s. Lassen VII, 112. Das f, weil
durch das arabische hindurchgegangen, wo fehlendes p häufig
durch f ersetzt wird. — Hajjulfarikun durch falsche
punctation (s. s. 22(3 ejjübä-1 -äryfun) mit k statt f,
aus Evifoqßiov Lassen VII, 98. — Zu no. 8 ffavr&xüvtt'
to TzsvrdyvhXov Lassen VII, 135. </> = f statt p, weil
dies persische wort durch das arabische hindurchgegangen.
Der Türke hat pentäfiliyoün (quintefeuille, mit t statt
qu in quinquefolium) Davids p. 144. Keltisch pempedula.
Ueber Pastinaca Secacul 149. — No. 9 Mentha, in Stulli
lex. metva, mötvicca, mjätva, bei Voltiggi metica,
ksl. mjäta und mjatva mit rhinistischem ja. Lassen
VII, 143, wo kurd. punk mit ausstofs von d als Menta
silvatica gegen nänä als erba domestica. Vergl. Pehlwi
Justi Bundeh. s. 245 nänupprm brotkraut, mentha panem
condiendo. Vergl. über das zweite wort Lassen VII, 145
unter ääbsprem. Blau hat s. 271 lefne-ot (buchst, lor-
beerkraut) für Mentha. Interessant ist kacpvy öacpvfy
üsgyaloi Hes. Ahrens, Dor. p. 85. Also das türkische
überkam den namen des lorbeerbaumes als lafne vielleicht
in dieser gestalt schon aus einer griechischen mundari
Sollte auch laurus aus kd<pvq verdreht sein? Andere Do-
rnen des lorbeers Lassen V, 77. — No. 10 Kyzyl-söküt
(buchst, roth-weide im gegensatz gegen no. 4 ak sökfit?
verba, weifse weide) wird j oho vi na erklärt. Blau sagt?
das sei erle. Ungenau, indem es der analogie gemäfs, ab
elliptisches adj., erlen- holz bezeichnen mufs. Sonst ku-
pina (rubus), maslina (olea) u. s. w. Dobr. Inst p. 291*
anzeigen. 385
Itulli lex. p. 73 übersetzt es auch: lignum ex alno. Joba
üt einschwinden von 1, auch olha (alnus), aber johiscte,
Dhisctvo, olhovnik und (s statt b) olesnik Locus
lnis consitus. Lith. elksnis Comm. Lith. I, 18. 11,27.
[sl. jel'/a (alnus), jel'sin adj. (aypov, viticis) Miklosich
•. 1157. Das latein könnte einen consonanten ausgestofsen
taben, welcher aber eher zischlaut sein möchte als das
läufig im slawischen dafür eintretende % (lith. ks durch
usatz von k?). Wie aber steht es mit ahd. erila erle
md elira eller? Letzteres ist wahrscheinlich die ältere
brm und r aus s zu deuten. Vgl. Blau no. 58 borovina,
ins pinus stammend, wie je! 6 vi na (no. 59) lignum abie-
jnura. S. auch 8.211. Senevber vergl. sich rtrit %anri
idvocnaq, rä GTQoßtla Lassen VII, 72. Blau no. 61 hav-
iovina von #ebd Sambucus ebulus Dobr. Inst. p. 211. —
?. 257 türk. kalken bukva buche (ulme), aber kü Uten -
agadzy, bukovina (daher landesname Bukowina) bu-
cbenholz. Mikl. lex. p. 48 betrachtet boukü (fagus, durch
lautverschiebung buche) uns Deutschen abgeborgt. Bu-
kovski jezik d. i. buchsprache (lingua latina). S. W Wb.
1,805. Preiifs. bucus buche. K'ulken-agac, javoro-
vina, ahorn. S. 160 wird diesem deutschen baumnamen
lat. Acorus beigeschrieben: das kann jedoch nur schreib-
fehler sein för Acer. Wenn Vullers II, 1415 citirt wird:
8o trägt der nicht die schuld. Vi rag und varaj, aco-
nim turcicum, was zum überflufs der hinweis auf vag
Uli, acorum, bezeugt, ist der ächte kalmus (Acorus cala-
tous), im skr. vakä, wie aus Lassen VII, 130 zu ersehen
i&t. Mit dem lateinischen worte würde ich ahd. ahorn,
»bwohl bei Graff I, 135 platanus wiedergegeben, gleich-
stellen, als h für c, und n ableitend Für Acer hat das
Btullische Wörterbuch makljen, aber Acer majus, ital.
icero maggiore, kl ei, etwa lith. kl e was leinbaum, ahorn-
baum (Acer platanoides), woher das dorf Kiew innen d.i.
fthornwald, wie Stadt Ja uer und ein ahd. Ahornwanc,
vergl. wangus im preufs. katechismus, erklärt durch da-
toeraw (vergl. den orts- und personennainen Damerow),
826 Pott
ksl. d^brava (arbores, nemus). Leinbaum (preufe. stuckis)
ist ksl. klen (acer) Mikl. p. 288. Linboum wird bei
Graff und Benecke ornus glossirt, aber fladerboum Graff
III, 868 clenus, während Ben. I, 129. III, 334 hebenus,
ebenus, weshalb clenus möglicher weise blols verschrieben
wäre. Doch 8. auch clenus Dief. Nov. Gloss. Yergl.
meine Comm. Lith. 11,34. Javor (platanus), javorina,
javorovina Lignum ex platano, im Stull. wb. Lith. aor-
nas ist blofs den Deutschen abgeborgt. Das gleiche aber
von javor zu glauben verbietet der durchgreifende man-
gel des nasales. Die orientalische platane öynar, javor
s. 216. Lassen V, 71. — S. 283 türk. pelit, bosn. brast,
eiche, Mikl. slaw. elem. s. 51; pelid, hrastovina; und
pelit-agadzy, hrastovina eichenholz. Lignnm quer-
num hrastovina, hrastina, dubövina von h rast, ra-
stövina, düb, cser Quercus Stull. — S. 232 Funduk-
agad2y, bosn. leäkovina baselnufsholz, wie kos-aga-
däy, orahovina, nufsbolz. Bei Davids, Gramm. Türke
p. 142 ist foundouq Noisette, djeviz Noix.DC. vr£aovg,
worin die consonantengruppe = engl, j, ital. gi. Ueber mus-
katnufs Lassen V, 83. Lassen alterth. 1, 3:"»0. — Filamur-
agaö, likovina [k verdruckt statt p] lindenholz, wie
8. 237 iflamur agadzy. Das türkische wort nehme ich
in verdacht blofse Verschmelzung zu sein aus türk. öghla-
mür äghädji (tilleul) Davids, Gramm, p. 140 und <p
XvQa. — S. 222 diä-agac, jasenovina escbenholz Comm.
Lith. II, 27. Lassen VII, 137. — S. 229 eriK-agad^y,
slivovina zwetschenholz, von erik, äliva pflaume. Ksl.
sliva (prunus). Vielleicht zu schiebe, engl, sloe Comm.
Lith. 11,37, wo poln. tarnosliwka, dessen erster be-
standtbeil = dorn, wie im System Prunus spinosa. Vgl*
s. 262 kara-diken (schwarzer dorn s. 221 vgl. note 208),
ternovina, Schlehdorn. — S. 262 kara-agad^y (auch
schwarzer bäum, wohl von der dunkleren färbung), bre»
stovina ulme, und deshalb schwer mit kara-agadiy
(franz. ormeau), grabovina, weifsbuche, zu vereinigen*
„Schwarze rüster* s. Comm. Lith. II, 33. Grab (carpinuSj
anzeigen. 327
omit vielleicht verwandt) Dobr. Inst. p. 200 ist bei Da-
da Gramm, p. 140 gülgen äghädji Charme. — S. 251
ermeäik, budikovina Schneeball (strauch). — S. 293
oKüt-agadzy, verbovina weidenholz. Vgl. note 232,
o rakitta Salix Stull., serb. Salix caprea Mikl. slaw. elem.
42, wal. räcbitä Salix viminalis, ungr. reketye und
•alix purpurea. — S. 295 süpüröe-agaö (d. i. besenholz,
rie auch besen mit dem keltischen worte, im lat. betula,
ermittelt sein könnte, dochs.Dief. Origg.Eur. p.258. Cam-
»ouliu, Rech, sur les origg. etym. de l'idiome Catalan p. 9),
irezovina birkenholz. Aus skr. bhürga birkenart, vgl.
ngl. birch, was aber eine sichere herkunft nicht hat. Al-
enfalls zu bhräg (fulgere), wenn die indische birke auch
rie unsere Betula alba eine weifse rinde hat. Uebrigens
iat auch das deutsche wort kaum mit borke oder gar
ergen etwas zu thun. — S. 229 erzedz-agadzy, ti-
ovina eibenholz. Mikl. slaw. elem. 8.49. — S. 271 ky-
yldzyk-agac, drenovina kornelkirschenholz. Ky-
yldzyk kornelkirschenbaum, bei Davids cornouiller. Dren
3ornaro) Voltiggi. — No. 11 KeKlik-oty = Majorana.
nders Lassen VII, 144. — No. 15 endzüre = kopriva
Urtica) Mikl. lex. p. 302. Vgl. s. 237 indzir, koprono-
I8i ine (brennesselsamen 8. 316), ein kraut. Vgl. avT^qd*
xvijöig Lassen VII, 136. Dagegen feige £i/r£*7p, skr.
n^lra HO. — Zu iskardiun no. 17, Allium silvestre,
ar sein griechischer Ursprung aus axogodov, gekürzt axoQ-
>y, knoblauch, auch axogöiov eine pflanze mit knoblauchs-
eruch, zu bemerken. Etwa hinten mit od (lat. odor),
gl. SvooCfiog, und vorn gekürztes öxcoq (vgl. das kurze s
i xeQ-Touog). Kaum doch zu skr. $rdh. Auch schwer-
ch XQOfifivov, der angäbe nach schlechtere form als xqo-
vqV) mit assimilation von S. Gegründet scheint des verf.
esserung s. 232 g enden eh statt 1., bosn. pasji luk
undsknoblauch (Allium ursinum). Vgl. pehlwi gandenäk
porrum, lauch) aus skr. gandha, geruch Justi Bundeh.
• 221. Lassen II, 150, dafern nicht zu skr. kanda. —
äindiba (Intybus Cichorium ; frz. chicoröe, wal. cicöre,
328 Pott
DC. r&xovQia, alb. rooreia Bl.) = zenoterga no. 20,
trag, katang. In Lassend zeitschr. VII, 141 babe ich
kurd. hendeba ftkr ital. endivia. Etwa abd. hintlopht,
Cichorium, Graff III, 870? Loft beifat bast. Das h wahr-
scheinlich aus verkehrter gelehrsamkeit, indem man an
hinduisch dachte, während die pflanze vielmehr davon ih-
ren namen haben soll, dafs der monat Tybi in Aegyptetfi
die kvrvßtoi gebe. Jedoch hat Parthey im Voc. Copt in-
tubus kolakinon, ouoti und Cichorium hrintou, aber
cichorii genus saris, vgl. aiqig. Stulli lex. Intubus xot»
jenica, csihora. Alb. bytöe-a cichorie. — No. 21 vgl. 231
harbak, und s. 262 karadza-ot, kukurek, schwarz»
nief8wurz. Voltiggi kukuvjek niefswurz mit v. Stulli
lex. Helleboru8 kukurjek, aufserdem csemerikka, ja*
sönak, sprex, talovo. Helleborus albus csemerikka
bjela, zlätna kittica, goldenes blumensträufschen. Bei <
Voltiggi ist csemer gift, cemerika weifse niefswurz (Ve-
ratrum album) Blau no. 118 und 8. 258. Nach Grimm
aus poln. ezraer kribbel im köpfe. Bei Nesselm. lith. wb.
8. 162 czemerei enzian (Gentiana rubra), sehr bitter; nach
anderen jedoch auch Helleborus albus. S. noch Mikl. lex.
p. 1113 cemer", venenum. Er hat auch den pflanzen-
namen koukourjetz". Bei Richards welsch pelydr(pel-
litory) Yspaen (of Spain), aber pelydr Yspain du
(black) Black bellebore. Ahd. sutirwurz, sittiwurz
helleborum, Graff 111,871. In Ray, Collection p. 60: To
setter; to cut the dew-lap of an ox or cow, into whieb
they put Helleboraster, which we call setterwort,
by which an issue is made, whereout ill bumours vent them-
selves. Bei mir in Lassens zeitschr. V, 79 x<xQßax (helle-
borus), kharbaq siyäh, kh. sefld ellebore noir, blanc,
Davids Gr. p. 143. Aus dem pers. mit i izafet xaQVnaZ
1-anriT und xccpfmäg (vielmehr hinten x) y-6t>& (das ti itak.)?
weifser und schwarzer. — Zu no. 24 ill. bei Volt, popo-
nac — serpillo, sermollino — Quendel, ahd. quenala,
konala mit einschub von d; vgl. xovilri. — No. 26 ra-
ziane = moraö fenchel; vgl. no. 85. 91. Lassen VII, 145.
anzeigen. 329
[tn Stullischen wb. moraö, ohne zweifei aus pccQa&ov,
smer der epallelie wegen um das eine q gebrachten neben-
forcn zu (ActQad'Qov. 0 im neugriechischen gelispelt. Au-
ßerdem komor&cs (etwa verdreht aus innondqa&QOv mit
k statt n\ wegen ksl. komar mücke?), koromäcs und
slächki (dulce) köpar (anethum). Altpr. kamato fencbel.
Böen, kopriö dill no. 25, vgl. Mikl. lex. p. 302. — No. 27
bosn. Vilina kosa, d.i. feenhaar, wie Adiantum capillus
Veneris, also von religiösem Charakter. Auch ist in
9fr auenhaar" die Jungfrau Maria gemeint. Beräiav-
jan 8. Lassen VII, 138. — No. 28 kara-agyz, lisan-
-et-thevr = gavez. Lisan-i-thevri Bourrache, Da-
vids Gr. p. 143, aber yabän (wild) lisänl thevri Buglose,
öavez, heifst es aber note 80, ist fesstehender name für
Wallwurz (Symphytum officinale). Oaves, sa m. (freilich
mit hartem s), ital. polmonaria lungenkraut, Voltiggi 8.61.
Doch s. no. 128. — No. 29. 177 lisan usfur = jase-
nova-resa und jasenovo seme. Ersteres arab. lingua
passerina, i. e. semen fraxini s. Lassen VII, 137, wo noch
andere pflanzennamen, welche mit zungen verglichen wer-
den. — No. 30 lilab = berätan. Hedera, bärsctan,
bljust — Blau no. 56. — Stulli lex. Wal. im Ofener wb.
ederä, ung. borosty&n epheu 8.27t. Mikl. slaw. elem.
8.15 scheinen Blaues Verbesserungen Hb lab und purätan
(eher vorn mit b) zu bestätigen. Vielleicht hat er auch
recht, in baloäyt, bosn. kukavicl vez den epheu zu
'" finden. Der slawische name, wörtlich „kuckuks-stickerei"
\ pafste dazu vielleicht gerade so gut oder besser als zu
£ der granatblüthe, balaustium. Lebläb bei mir Lassen
* VII, 139 ist Hedera. Convolvulus. — No. 31 Artemisia
\ vgl. Lassen V, 69. Arabisch Qai£üm Southernwood (A.
^ abrotanum). Gael. burmaid f. aus engl, wormwood
: (Verdrehung aus wermuth, obschon A. abrotanum wirklich
auch als Wurmmittel dient): absinthium. Holl. alsem, al-
8ene, alst, woher alsembier bitterbier, alsem wyn
Vermuthwein. In Schottelius, haubtspr. s. 1279 altz m.
(1310 eltz) absinthium Ponticum, breiter und feister wer-
330 Pott
muth, daraus der wermuthwein gemacht wird. Sollte
aus dem arabischen natnen desselben, älkh, mit vorgesei
tem artikel entstanden sein? Eher ist es aus der glosse
ahd. wormiota, nämlich alosantus, aber uuermott
absinthia Graff I, 978 durch kürzung (tz statt st) vei
staltet. Alosantus hinten mit sanctus und viellei<
als yox hybrida mit 6Xo-\ der all erb eiligste? Vergl. \\
semesanto (semen sanctum?) in Jagemann's wb. : der
lige beifufs; der tatarische beifufs. Ueber ahd. pipöz Ai
temisia Grimm myth. s. 1161. Türk. misk eütl Davids j
p. 143 = armoise aus Artemisia. Ueber gallisch bri<
cum u s (artemisia) Dief. Origg. Eur. p. 272. — No. 3i
turäek (s. s. 314) ve Dzentiane -rumi (römische G<
tiana vgl. no. 180) ve laboda = ätavje. Stavel (
mex) Stull. Vgl. Mikl. slaw. elem. 8. 53. Ich habe
sen VII, 148 rovgdd' (d.i. im pers. acida) Xdaa&ov. Ai
diesem griechischen worte, eine ampferart, lapatham«
deren genufs den leib öflhet und erweicht (daher wohl
Xand&iv)) rührt nun unzweifelhaft laboda her. Ai
stimmt dazu vortrefflich Mikl. lex. p. 332 lapota f. lap|
(das wäre freilich die klette) Azbukovnik, ubi [und wal
scheinlich nicht ohne grund] dicitur esse scavel" kon
skoi, buchstäblich pferde-sauerampfer. Vgl. lett. sak'k'iri
(leporum) fskahbenes hasenklee. Poln. szczawik (Oxa-
lis acetosella) Comm. Lith. II, 37. Poln. szczaw' Rumex,
ampfer; szczaw' kwasny Sauerampfer, R. acetosa. KsL
ätav', ätavije n. (rumex) Mikl. p. 1135. Ich glaube aber,
man hätte unrecht, mit obigem laboda, welches die Tür-
ken aus dem griech. Xdna&ov haben, den freilich sehr nahe
anklingenden ausdruck zu verwechseln, dessen sich die
Slawen für die melde (ksl. loboda f. vere atriplex MikL
p. 341; slaw. elem. 8.28) bedienen. At-kulagy (buchst
pferdeohr), loboda (Atriplex hortensis) 8.200. Das latei- I
nische wort durch falschdeutung aus argdcfa^tg und, mit I
einschmuggelung von avdgeg (als ob: von menschen ge- I
gessen, vergl. cfayeiv), auch dvdqdcfa^ig Lassen VII, 147. *
Wal. loboda Mikl. slaw. elem. 8. 28. — Ahd. stur, stir i
anzeigen. 331
$tum, intybus Graff III, 872 vergleicht sich mit wal.
fciru Amaranthus blitum, der meyeramaranth , wilde
g|lde, ung. ester-pärej 2. A. sanguineus, ung. veres-
^röj. Lex. Bud. p. 673. Dobr. Inst. p. 173. Mikl. slaw.
|pga. 8.53. — No. 35 bummaz ve kasni — kiselica,
Ü 8. 236 hummäs, kiselaca Sauerklee, Sauerampfer.
in VII, 142 pctg' (gewifs vorn verstümmelt) to Xana-
Ksl. küsel öucpaxi&v, acerbus, und daher küseli-
(mahi8 punica).
No. 36 bahur-Merjem = skriz. Ein ßovxovq-
>!*) Lassen VII, 134, nach Cast. lex. Suffitus Ma-
e (als zur Vertreibung der motten dienend) s. Cycla-
, vulgo Arthenita, worüber bei mir s. 133. Des-
mag die erklärung richtiger sein, als storax (doch
hür äghädji hat Davids Gramm, p. 141 unter den
mamen für storax), welches Lassen s. 95 mit ganz
iren namen vorkommt, übrigens auch ein erzeugnifa
räuchern liefert. Skriz möglicherweise aus versehen
it ausgeschrieben. In Stullis wb. Cyclaminum Plin. (da
porcino hinzugefügt wird, meint er Cyclamen, saubrod)
ixalina, auch krixalina. — No. 39 keäver (?) =
sirkva. Das letztere, nebst ahd. moraha (pastinaca, s.
Fenbach Nov. Gloss.), mhd. morche, morhe, more,
ihre (Daucus carotta) Ben. 11,217, vgl. meine Comm.
II, 30, rechtfertigte zur noth gleichstellung des tfirki-
n wortes mit kurd. giezer (pastinaca) Lassen VII, 149.
ischen verweist Blau 8. 314 auf ein chiva'sches keäir
rübe, carotte. Die ähnlichkeit mit r^aßovorjQ u.s.w.
totinaca Opopanax, woher ein danach benanntes gummi
imt) Lassen 100 beruht wohl auf blofsem zufall. —
199 Arnaud-biberi (arnautischer pfeffer), spejica
'kraut, Satureja hortensis. Dagegen FrenK-biberi
i. fränkischer (bei uns: spanischer) pfeffer, paprika
ill. papar pfeffer) s. 232. — No. 43 vgl. 120 saatr
conj.) = öubar. Unter 45 at-kulagy (s. schon
Üben) = öubra. Letzteres schliefst sich noch enger an
piech. d-vfjißqa an, woraus (s. früher morac wegen gelis-
832 Pott
pelter ausspräche von &) in meiner Comm. Lith. II
Dobr. Inst. p. 181. Mikl. slaw. eiern. 8. 53 z. b. lith.
bras pfefferkraut. Wal. im lex. Bud. p. 119 cimbri
ung. tsombor 1) Satureja hortensis, 2)hyssopus, 3)Th
8erpillum. Poln. bei Mrongovius cz^br, cz 3b er (mit
nismus), auch c^br (aufser = ziemer, mit einschub?
rückenbraten, aus dem deutschen) = Satureja hört
saturei und zatrei, gemeines pfefferkraut, bohnen- oder *
kraut; kalbsysop, zwiebelysop, wie ja Zenker ein gl
lautendes türkisches wort mit hyssopus wiedergiebt. 2
aus Hyssopus vgl. no. 91. Bei Davids p. 143 zoüfä
(letzteres franz. herbe) hysope sauvage, aber ipär by
Czubrika majoran (?) Blau s. 289. Etwa adrceq ri
yavov Lassen VII, 135 dem lateinischen satureja enl
men, welches als aphrodisiakon von den Satyrn fi
namen hat? — No. 41 Aneb-et-thaleb, pasvica
lanum nigrum). 'Avamtsotkan (eig. uvae vulpium) 6
Xvog Lassen VII, 129. Pasuica Stulli lex. p. 580.
nun». — No. 48 keleni (?), bobovnik Sedtim Telepl
doch 8. no. 93. In Stulli lex. Sempervivum, aufser va
-xiv (sempervivens) auch bobövnjak, böb groi
u. 8. w. Da grom, gromovina der donner heifst:
ich darin einen ähnlichen aberglauben, wie beim don
bart (hüslouch barba Jovis Ben. I, 1044. Dief.
Gloss. p. 48), die b aus würz, sempervivum tectorum, ^
aufs dach gepflanzt vor dem einschlagen des blitzes si
Grimm myth. 8. 167. Jedoch hat Blau s. 228 en
cuvakula für Sempervivum tectorum, angeblich von
vati bewahren, bewachen, csuvar hüter (Volt.) —
dem einschlagen oder ganz allgemein? Unstreitig li
seiner ausdauer selbst im winter (daher bei DC. ^im.
erklärt durch atitioov, also: immer lebend) auch für g
Standort gleichsam die bürgschaft von dessen stetem
geschädigtem fortbestehen. — No. 50Man-helalie =
sopast. Chelidonium Stulli lex. rosopas (ohne t
vielen anderen namen. Pehlwi zardah, d. h. gelb,
gen seines gelben eaftes Justi Bundeh. s. 166. — N
anzeigen. 333
^ru ve kenevir(ex conj.) = konoplje, hanf, canna-
Comm. Litb. II, 35. Das türkische wort enthält, ver-
ie ich, noch arab.be rri (agrestis) Lassen VII, 158. —
53 közbere ve kiänidz = deäpik. Nardum — ' ital.
do, spigo — descpik, kvenda [quendel?] Stulli
also Lavendula spica, spieke. Ueber Govfjißovl (spica
i) dagegen s. Lassen s. 122; die beiden türkischen
jedoch bezeichnen beide den koriander s. 141. —
10. 60 öovÄßa pro tsovgßa vielleicht speierlinge Lassen
106» Vgl. Blau s. 308. Wal. oskoruä Mikl. slaw. elem.
Türk. uves Sorbe, corme, aber tnuchmulah Nefle,
jnnscmula mispel, alb. povopovka-a aus /uovöTiovXoVy
lilom, v. Hahn, s. 78 und ßädeye-a, geg. ßoÖe s. 4.
nicht etwa durch Verwechselung mit bädäm man-
Lassen VII, 1 1 1 ? — No.62 Kahu ve marol ve kasni
ocika (ksl. loötika &gidaxivij Mikl. lex. p. 344, umge-
aus lat. lactuca, eigentlich milchpflanze) ve salata
trten. Lassen VII, H^', wo pecqovkiuv (Blau s. 273),
(semen) xa%ov (Blau 8. 183) und kurd. kbas (lat-
). Bei Davids märöl Laitue; adjl märöl Laitue
— No. 64 vergl. note 371 jebruh (emendirt) -es-
am = okoio6ep. Die berühmte Mandragora, welche
arabischen von ihrer angeblichen menschenähnlichkeit
namen führt, s. Lassen VII, 128, auch Alraune (d. b.
alle geheimnisse wissend und, nach umständen, ver-
lend) Grimm niyth. s. 1153. Okolocep ist dem Ser-
ein kraut, das zu liebestränken dient Grimm s. 1166.
in ill. okolo um, beinahe, und es ep Stoppel darin lie-
? Zuwendend, wie ivy!;? Nach Blau wäre es Centaurea
itrapa. — No.66. 77 und 8. 204 Behen rubra et alba
b. 132.
No. 68 ager (aus äxoguv herübergenommen), vireg
wie oben gezeigt, nicht der ahorn, sondern kalmus, und
letzterer den indischen namen vaöä trägt, wäre leicht
[lieh, no. 69 veud-hindl [lignum aloes Indicum Las-
V, 81] gehöre als indisches gewächs noch dazu,
aber zen£ebil-el- adzem (ersteres ingwer, aus skr.
^rngavöra) Lassen VII, 127 mit der bjela sablica
884 Pott
solle, begreift sich schwer, ciafern man nicht die
stalt des ingwers mit einem krammen s&bel zum vei
dritten gemacht hat. Das bosnische wort nämlich I
net dem subjectiven sinne nach weifses säbelchen (s*
kleiner degen, Voltiggi), und pafste demnach der fa
gen zu der Schwertlilie (gladiolus) seinerseits aucl
Swertelbluomen acira Ben. I, 217 ist im latei
worte offenbar plnr. von acorum. Geilswertila
Graff 111,872. — No. 70. 186 sedef raute Lass
142. Mikl. slaw. elem. 8. 43. Bei Davids sadaf 1
No. 71 rätlnedz, harz, ist ohne zweifei aus Qrfn
standen, woher die Lateiner ihr resina mit assi
des r haben. Das wort ist in die orientalischen sj
wohl kaum erst durch die heutigen Griechen gek
indem alsdann die erste silbe itakistisch ein i haben
— Zu 72 Agaricum, ill. agarik, peczurak Stu
ayaqixov. Champignon note 259, wie desgl. tfirk. i
Davids p. 142. — No. 79 vergl. 129. 181 papun
papadia = obreniö (?), kamille. Lassen VII, U
char. bäbünag. Päpädiyah camomille. Davids, <
p. 143. — Zu no. 80 Melilotus Lassen VII, 120. —
kehruba, zamg rumi — orahova-smola (buche
harz) Lassen VII, 95, wo ijlexrqov^ im pers. Stroh
hend. Dafs der bernstein gemeint sei, bezeugt c
wort rumi (römisch, abendländisch). Vgl. 8 am gl
vasheq Galbanum Lassen 97. — No. 89 vergl. ll
und 8. 205 besfaldz = sladka paprad süfsfan
slawische wort Comm. Lith. II, 33. Pap rät, pap
poporotnik, praprutac, preprut Filix (ital.
felice Diez wörterb. s. 141) Stulli lex. Pire-ot
anzeigen. 335
ichen Umänderungen Blau no. 113. — Zu no. 95. 137. 198
»a'dinös Persil. MaxeSoviciov s. Lassen VII, 149. —
No. 96 8elk = blitva. Beta vulgaris a. a. o. 148. Blitva,
it. bieta, mangold. Blirov erklärt man für melde. —
jjjo. 98 abbal = smrekove-bobe (Wacholderbeeren).
(doch ist Lassen V, 71 'inxovX (DC. App. p. 63 'ißovl)
ibina et baccae ejus. Erzedz-aghadzy (eibenfaolz)
s. 229 erinnert umgekehrt flüchtig an äras (Sabina,
iperus) bei mir a. a. o. — Ardyc, smreka wachhol-
sr no. 165 und 8. 199, bei Voltiggi smrekka (ginepro),
i. smrjeö" f. (juniperus), als m. und smrjeca f. xidgog.
al. cätinä (Juniperus communis) Mikl. slaw. elem.
52. — Zu no. 99 pers. gauarz (milium) Lassen VII, 160,
auch ragov' 6 x£y%Qog. Bei Davids p. 143 däroü
llet), aber arnäoüd däroüsi (arnautische hirse) panic.
lau hat s.218 dary, jedoch s. 299 mit t sowohl tary
taru = proso hirse, altpr. prassan im acc. Dhurrah
ihm s. 294. — No. 102 kurunb (crambe? ) = lahana.
. k&rnabit (Cavoli fiori) Lassen VII, 147. Lahhanah
iou. Davids p. 142, unstreitig aus Xd%avov (olus und
dbaupt grüne waare). Lachan'm. kdxavovy olus Mikl.
334. Bei Blau s. 271 lahhan, lahhanah = kupus
erste u statt a wegen p?) kraut, kohl. Vgl. ksl. ca-
ipusta, was freilich = ital. composta, wogegen ital.
puccio, frz. cabus, deutsch kabisz, kabis, als wei-
kopfkohl von caput Grimm wb. V, 9. Meine Comm.
i. DE, 34. Voltiggi giebt kapus, sa m. — cavolo, ca-
lci — kraut (also in mehr besonderter anwendung). Böhm,
iiawatice kopfkobl von hlawa köpf. Ben. I, 891 hat
tabezkrüt köpf kohl, aber kompeskrüt Sauerkraut, aus
mpost. — No. 4 harnub (warum n?) Siliqua cerato-
8. Xagovßa Lassen VII, 105. 111. rogacs — ital. ca-
oba — bocksbörnlein, Volt, aus rog, hörn, der gestalt
Johannisbrotes wegen. — No. 107 äah-belut (gleich-
königseichel. Lassen VII, 111) = kesten vahäi würde,
fäll der schlufs dazu gehörig, wilde kastanie sein,
fork. k es tän eh Chätaigne. Ksl. kastan' m. Mikl. lex.
u
336 Pott
p. 284 und kos tan" m. (castanea) 305, nach einer Stadt
am Pontus, meint man. — Zu no. 109 kümmel, türk. ki-
nön Davids p. 144. Lassen VII, 140. Ksl. kjomin xt>
iiivov Mikl. lex. p. 328. Bei Graff afad. kumin, kumil,
kumi. — No. 122 an zeru t (sarcocolla) Lassen s. 98. Völ-
lers lex. I, 117. — Zu No. 135. Auch Voltiggi giebt gla-
disc (etwa daher der familienn. G lad i seh) — it. anno-
nide — beuheckel (-hecbel?); aber in Stulli lex. nicht nur
Anonis, sondern auch Nardus salonides. — No. 139. 197
torak-oty, wie 119 dorak oty, auch s. 223, bosn.ko-
par dill (anethum). Düragh eutl Anet. Davids p. 143«
Ksl. kopr äpq&ov Mikl. lex. p. 302. Dagegen anis, ab
dem griechischen entstammend Lassen VII, 140 (#mitge-
lispelter ausspräche, wie engl, th, und i itakistisch), türk.
anisön (anis sucrä). — No. 147 devetabany = vratica.
Das erste soll tournesol, nämlich heliotropium sein;
Vgl. Lassen VII, 123. Deshalb leitet sich das slawische
wort ohne zweifei (vgl. auch ahd. sunnunwendil, itaL
girasole) ab von ill. vartitti — girare, volgere — dre-i
hen, und mit r vorauf: vratati sich umwälzen. Nach der
sonne benannt hat das lex. Stull. Solsequium, heliotropium
sunesenik, sunesenjak, suncsac. Vgl. Blau note 39.
Für Foenum graecum hat lex. Stull. u. a. prosenicsak, \
prosenica, was doch von sjeno (foenum) kommen und]
auch in sunjica (?) bei Blau für bocksdorn zu suchen
sein möchte. — No. 148 Cuscuta Lassen VII, 136. —
No. 152 Portulaca Lassen 140. — No. 155. 196 Jasmin
Lassen 121. Rösler, bestandth. s.35. — No. 159 vgl. 78
und s. 273 kaloper, balsamita vulgaris, frauenkraut, ma-
rienwurzel. In Stulli lex. wird koloper (vorn mit o) für
Mentha romana ausgegeben, während unter sisymbriam
nicht nur sisimbrio und pjenez Rimski (ital. moneta
Romana), sondern auch kaloper steht. Siehe über dies
dunkle wort Mikl. die slaw. eiern, s. 24. — Zu 168 vergL
s. 292 akee-oty = hren. Nach ill. hren — nasturzio,
radica forte, dente di cavallo — kren, Voltiggi zu schlie-
fsen, müCste man an den meerrettig (Comm. Litb. 11,29)
anzeigen. 337
denken. Ksl. hrjen' m. cochlearia armoracia Mikl. lex.
p. 1099. Ahd. chrene (raphanus). Graffül, 869, aber IV
{kreen, meerrettich), rabigudium, wie nieriratih 111,866
raphanus, radegudium ausgelegt wird. Dief. im Novum
glossarium p. 313 hat unter raphanus: merredich, aber
«lieh ratich [doch kaum anderswoher als aus radix], was
jdenn vielleicht als primitiv anzusehen von radegudium. —
3So. 171 vgl. mich Lassen VII, 163, wo auch kurd. me-
tuk (liquerizia), was zu türk. miam-kökü pafste. —
JJo. 176 safran Lassen 123. — No. 179 akarkarha Py-
-yethrum, im zweiten gliede gleich mit oud elqarah Las-
sen 134. Jedoch Davids bringt yäpichkäa (pyr&thre).
Im deutschen zu bertram umgedeutet. Grimm mythol.
•. 1163. — No.184 seliha, buröak-kabugy Cassia fistu-
laris Lassen 4. 154. — No. 187 trefil (aus rglyvllov)
kann nicht ruta sein, was sich gewifs nur durch blofses
verdrehen aus dem vorigen artikel eingeschlichen hat. Vgl.
Ki. 245. 301. Skr. tripatra (auch dreiblätterig) Lassen
M. 139. — S. 196 ajva, bosn. tunja quitte. Lassen s. 106.
Im Stullischen wb. dünja Cydonium malum, ital. coto-
gfia. Ahd. kutina (Cydonia), chutenbaum, cydonia,
eotanas. Das slaw. wort bat demgemäfs vorn kürzung erfah-
ren, wie das unsrige am ende. Bei Voltiggi findet man
.Jttitina und tunja. In Mikl. lex. p. 286 kidonije. Auch
ticca, vogel, hat durch einbufse von p (ksL p'tist") seine
beziehung zu skr. pat, fliegen, verdunkelt. — Anar, nar,
ynar s. 275. 310, sipak, sipak granatapfel Lassen 8.106.
Das slawische wort bedeutet eigentlich rose, ksl. äip'k
: podoVy allein auch goid malum granatum Mikl. lex. p. 1134.
Mhd. margramboum und margrat sind Umbildungen
ftos mala granata, ital. melogranato, melograno. —
8.198 älydZ, divakinja, azerole, mispel. Bei mir Las-
, ien 8. 105 stehen dafür andere namen, und ist äkovr£ als
deminutivform s. 108 eine pflaumenart. Etwa die wildwach-
fcrtde sogenannte krieke? — Prunum silvestre — ital. pru-
gtiola, susina salvatica — sllva divja, Stull. Dazu auch
ieft-äl« (pSche) 1Ö9. Blau 8. 297. Erik (prune), äliwa,
Beitrüge z. vgl. sprachf. VI. 3. 22
338 Pott
pflaume Blau 8. 229. — S. 198 vgl. no. 69 alant (Inula
Helenium) Comm. Litb. II, 36. Bei Stulli Inula oman,
aber Helenium oman, ovnak, ovnlka. Auch devja-
sil, devjatisil, d. b. neunerlei krftfte besitzend, wie desgl.
litb. debessylai alant« Das erklärt eich aus v. Strah-
lenberg, das Nord- und OstL Tb. von Europa und Asia
1730 s. 78, wo berichtet wird: „Bei den bauern in Lief-
land gilt 9 [3 mal 3] als heilige zahl, z. b. neunerlei kräu-
ter zu ihren arzneitränken a u. s. w. Nesselmann litb. wb.
8. 132 hat d£besylas, im pl. döbesylai alant, Schwarz-
wurz, Sympbytum officinale. — S. 202 baldoran (törk.
bäldirän Cigue) Davids p. 144, mit der zwiefachen er-
klärung drozgina, kerkotina. In letzterem vermuthe
ich xucoinx, cicuta, xoviov, aber auch xixgvvog (gv falsch
für ov?) ro C7i&Q(ia rov xo&vaiov DC. Sonst heilst russ.
omjeg Conium maculatum. Mikl. sl. elem. s. 34. — Bakla,
bob bohne. Lassen VII, 157. Baqlah (feve). — S. 204
vergl. 297 behadör hyzyr, tatula Stechapfel. Lassen
V, 79. Er ist bei uns erst eingeführt (Prichard, naturgesoh.
des menschengeschlechts 1,36). S. petersb. wb. dhattüra,
dhustüra (Datura alba). Auch khala Stechapfel, allein
desgl. böser boshafter mensch, bei Wilson wicked. Kala-
bha Datura fastuosa. Kärtasvara (als synonym vod
gold) Stechapfel, wie känKana (goldig) Datura fastuosa
ebenso. — S. 207 vgl. 214 bödzek, jagoda. Letzteres
erdbeere und daher vermutblich das erstere aus versehen
statt türk. qödjah yemich Fraise, Davids p. 141, wie
qödjah yemich äghadji erdbeerbaum, arbousier. —
S. 209 burdzy, bosn. imel mistel (Viscum album) Comm.
Litb. II, p. 26. — Butruk, bosn. cicak Arctium lappa,
klette, kurd. bei mir Lassen VII, 138. Blau hat 8, 242
japysgan-ot d.i. kleberich, klette, bosn. torica. Lappa
in Stulli lex. lopuh, csicsak, torica. Böhm, lupen,
lupaun klette, mit anklang an das lat. ; indefs ersteres auch
überhaupt blatt. — S. 214 öirez-aghaö, bosn. treänja
kirschbaum. Aber kiras mit weichem k, treänja kirsche.
Ksl. crjeä"nja (cerasus) Mikl. p. 1126. Slaw. elem. s. 53
9
1
anzeigen. 339
ans dem griech.-lat. worte mit assibilation von k oder da-
für t. — Zu 8. 248 jylan-jasdugy, bosn. kruzladza
Schlangenkraut. Wenn estragon, wäre es dragon, ital.
tragon, wallach. tarconu aus draco (vergl. Artemisia
dracunculns) Diez Wb. s. 342, das aber auch in der
gestalt von tqccxov, tclqxov Lassen VII, 142 durch das ara-
bische hindurchgegangen. Ung. tärkony der bertram. —
S. 251 Kerfiz, bosn. miloduh, aber Kirfiz, bosn. ra-
vanj Sellerie (Apium graveolens). Lassen VII, 149. Ke-
refes (c£leri) Davids p. 142. In Stulli lex. Apium pe-
trusin, petruscka (aus nerqoaiXivov mit eliminirung von
X) und mirodia, doch unstreitig fivQoSia (odor) DC. Dann
aber apium Macedonicum miloda, miloduh (anschei-
nend: geliebter geist, duh, wo nicht du ha geruch; vgl.
bosn. miruh duft s. 266; vielleicht aber blofse Umgestal-
tung des griechischen wortes). Freilich wird bei Blau
8. 290 miloduh für liebstöckel genommen, und da ligu-
sticum Stulli mit milloduh, milloda übersetzt: ist
der name mit mil (mitleidig, lieblich) wohl in folge der
deutschen wortverdrehung geschaffen. No. 95 phatra-
saliun (ex conj.), jaban- Ma'donos. Ahd. federscelli
(als ob aus: feder), petroselinum Grafflll, 868. — Zu s. 261
Arum Colocassia Lassen VII, 131. — Kukolj 8. 263 (Agro-
stemma gitbago) Comm. Lith. II, 35. — Anm. 255 kyzy 1-
-boja, metorica (?) farberröthe. S. Lassen VII, 125
<povep ein f&rberkraut, krapp. Der slawische name nicht
in Stulli lex. unter Rubia. Dieser hat aber, aufser cser-
vlenac, noch bröche, brok, brojuch; Mikl. lex. p. 45
broöt' m. cpocvtxovv, purpura. Vgl. Dens, die slaw. elem.
s. 15. — S. 265 kaz-öiöeki (buchst, gänseblume; vergl.
Potentilla anserina und alba; über das zweite wort Las-
sen 118), podbeo huflattich, mit o für 1 aus podbjel
Tussilago farfaraMikl. slaw. elem. s. 37. Poln. podbialTus-
silago bedeutet dem wortsinne nach wahrscheinlich nicht:
weifslich (podbielec weifslich werden), sondern unten
(pod), d. h. auf der unteren blattseite, bialy weifs. Vgl.
bielica der beifufs (Artemisia), bialawiec das weifs-
840 Pott
silberkraut. Vermengung mit Veratrum albom note 136
könnte eben in der weifse ihren grund haben. MaroldZik
als dem. von marol lattich, gerade wie in unserem huf-
lattich. Ru88. bjelokopfitnik eigentlich weifshufig ffcr
T. farfarus. — S. 273 mazy, äi&ka gallapfel Lassen 161.
Mikl. lex. p. 1134. — S. 276 nohut nach sicherer Verbes-
serung, sl. grah (xvctpo^ faba Mikl. p. 142) Lassen 156.—
S. 284 pirinö, oruz, reis, worüber ausführlich Lassen
159. — S. 289 saramsak, bosn. beli-luk knoblauch. Ro-
manisch sarmisac Lassen 149« Ksl. louk ist unser lauch
Mikl. lex. p. 344, und das comp, wird also: weifser lauch
bezeichnen. Sogan, luk zwiebel. Lassen 150. Voltiggi
dafür kapula — ital. cipolla — aus lat. caepulla (eig.
zwiebelfeld) mit ausspräche des c noch als k. Bei Davids
p. 142 efärimsaq Ail; s'öghän Ognon. — S. 291 vergL
no. 14 Bokviza Wegerich, aber in Stulli lex. p. 317 boek-
vltza, päskitza, also mit s: Plantago. Auch Davids
giebt den türk. namen sinirlü etlt Plantain = ital. pian*
taggine. „Sinnreich", wie bei Schieiden, die pflanze II, 344
zu lesen, „benennt der nordamerikanische wilde unsern
wegebreit die fufsstapfe der weifsen". Sodann
Ausland 1862. no. 41 8.981: „Was den wegerich betrifft,
so geben ihm die Indianer einen namen, welcher „fufs
von Engländern" bedeutet, als ob sie ihn wirklich un-
ter den füfsen derselben wachsen sehen". Plantago, mhd.
wegerich Ben. HI, 639, hat unstreitig schon im latein
seinen namen von planta im sinne von fufssohle. Den
wegebreit aber mit seinen breiten blättern dem abdrucke
des fufses im erdboden zu vergleichen, liegt um so näher
als er sich gern auf und an wegen hinbreitet (mbd.
wSgebreite, septinervia, arnoglossa). Bei Graff III, 864,
wo viele pflanzennamen, ahd. wegaspreita, wegabreita
plantago, centinodia, aber wegatreta centinodia, proser-
pinaca, umbitreta serpinaca, welches demnach vermuthlicb
die vordersilbe verloren hat. Böhm, gitrooel wegerich,
doch 8. Mikl. slaw. elem. s. 54 walach. otr&tzelu Borrago
officinaüs. — S. 294 Voltiggi hat ill. hajda, hajdina
anzeigen. 341
heidekorn, ital. saraceno, d. i. buchweizen. Böhm, pohanka
heidekorn, eig. heidin, von pohan (paganus), vergl. Mikl.
lex. p. 588. Litb. grikkai (eigentlich das grieoh.) Comm.
Lith. II, 34. Unter heidekorn (cioer, medica) Ben. 1, 862
wird man wohl kaum den buchweizen (fagopyrum) zu ver-
stehen haben. Möglich auch, dafs es sich auf kräuter be-
zieht, die in der heide wachsen. Heidekorn aber für
buchweizen bezeichnet sicherlich : heidnisches oder mor-
genländisches körn, indem heiden mit paganus, gentilis,
8arracenu8 glossirt wird. Wal. im lex. Bud. tätarcä(Po-
lygonum fagopyrum), ung. tatarka der buchweizen, das
heidekraut. Mikl. slaw. elem. s. 48 übersetzt polygonum
tataricum, und verweist auf sich s. 20, wo russ. greca
(vgl. familiennamenGretsch), grecycha, d. h. eigentlich
griech. frucht. Wal. hriäkä, hiriöcä, ung. haritska
und, wenn kein komma ausgefallen, tautologisch hajdina
pohanka lex. Bud. p. 262. — S. 294 susam, lilie, Lassen
VII, 122; allein zanbak kenne ich zwar auch als lilien-
art, indefs nicht minder als Jasmin 121. Vgl. noch Blau
note 354. — S. 295 vgl. 66 no. 114 sünbOle, maökova
trava (buchst, katzenkraut) katzenbaldrian. Sümbül,
bei mir Lassen VII, 122 hyacinthe und narde. Ebenso
Rösler bestandth. s. 34. Vgl. auch Blau no. 49 Asarun
(bei Davids asörön Cabaret d. i. Asarum Europaeum, wil-
der nardus, haselwurz), ve Sünbül-rumi (also römisch,
europäisch!), kedy-oty, bosn. macjatrava. Alb. baQ
fiärae katzenkraut bei v. Hahn, ohne botanische bestim-
mung. Kedi eüti Pouliot. Davids p. 144. — Für rübe,
bosn. repa, tttrk. äalgam 8.296, bei Davids p. 142 choul-
gham (navet). Lassen VII, 148. — S. 302 tetre-aghaö,
rujevina (ex conj.) Sumach Lassen V, 78. — & 304
trup, turub rotkva, rodakva rettich (aus radix). Las-
sen VII, 148« Davids p. 142 dagegen hat turbe Bave,
aber pändjär Baifort. — S. 305 turund2, naranöa
apfelsine. Genauer orange, ital. arancio, narancio, wel-
ches daraus entstanden, allein mit aurum nichts zu tbun
bat. Lassen VII, 114. — Tut, murva maulbeere Lasseti
842 Burda
107, Comm. Lith. II, 29. — S. 308 bosn. troskot vogel-
knöterich. Mikl. slaw. elem. 8.49. Im lex. Bud. troscotu,
troscotzelu 1) Polygonum aviculare. 2) Portulaca ole-
racea. Bei Mikl. p. 1004 troskot9 äyQwarig; also wie
bei Blau no. 116: agrostis spica venti.
Gern wäre ich noch auf die dakischen benennungen
Ton pflanzen beim Dioskorides hier eingegangen, um so
mehr als Jakob Grimm in seiner geschichte fbr gleich-
setzung der Gothen und Geten daraus, freilich nicht sehr
glückliche, argumente hergenommen hat. Indefs würde das
einen räum erfordern, welcher mit dem gegenwärtigen
zwecke in keinem ebenmafe stände.
Halle. Pott.
August Schleicher und die abwischen consonantengrappen. Ein bä-
trag zur /neuesten geschichte der indogermanischen Sprachforschung
überhaupt und der slavischen insbesondere, von Martin Hattala.
Prag 1869. H. Karl J. Satow.
Die veranlassung zur ausarbeitung dieser parallele, be-
ziehungsweise replik, so berichtet der Verfasser selbst auf
s. 2, bot ihm der von A. Leskien gefertigte in den beitra-
gen zur vergleichenden Sprachforschung (1868, V,403 — 444)
erschienene aufsatz: „Zur neuesten geschichte der slavi-
schen Sprachforschung". Er war jedoch erst mit den vor-
arbeiten dazu beschäftigt (s. 1), als er die nachricht von
dem abieben seines „gegners", des prof. Schleicher, erhielt,
so dafs es also noch nicht zu spät war „manches anders"
zu sagen. Dieser umstand darf nun bei der beurtheilung
der vorliegenden, 94 Seiten umfassenden replik nicht über-
sehen werden. Wenn schon in jeder Wissenschaft differen-
zen und somit reger Wetteifer unter den gelehrten nur zum
gedeihen derselben beitragen können, so wäre es unter die-
ser Voraussetzung auch für die Sprachwissenschaft ersprieß-
lich, dafs zwischen Hattala uud Schleicher differenzen be-
anzeigen. 343
stehen oder bestanden, sollten sie selbst tiefer liegen und
nicht blos älter, sondern auch wichtiger sein als bei an-
deren (replik s. 35). In folge derselben bekämpfte natür-
lich H. *) den seligen schon froher sehr anhaltend, aber
stets rein objectiv, weil sie sich seit jeher principiell ent-
gegenstanden (R. s. 35). Bleibt ein solcher kämpf bei der
sache, ohne persönlich zu werden oder die gränzen des
literarischen anstandes zu überschreiten, so brauchte man
darüber wahrlich nicht viel worte zu verlieren. Leider
kann man dies aber der in rede stehenden R. nicht nach-
rühmen, weil, was H. anbelangt und gleich im eingange
bemerkt worden ist, nicht einmal der anderswo versöh-
nende tod im stände war die schärfe der gegensätze zu
mildern. Er gesteht unumwunden, dafs er nicht nur von
einer „bedeutenden geringschätzung u (R. s. 32, 92) son-
dern auch von „erbitterung" gegen den seligen erfüllt sei
(R. s. 81); dafs jedoch die replik mitunter auch weit über
das hinausschiefst, was H. selbst (R. 8.31) gränzen des
literarischen anstandes nennt, beweist 8. 90 derselben am
schlagendsten. Denn nachdem EL daselbst die s. 69 der
formenlehre der kirchenslavischen grammatik von Seh. er-
wähnt hat, findet er es für gut zu diesem ^ärgsten Ju-
gendstreich der glottik", wie er sich ausdrückt, folgende
erklärung zu geben: „Darnach war die erst im werden be-
griffene glottik schon so artig, dafs sie keinen augenblick
zögerte sogar den begründer der vergleichenden Sprach-
forschung und gewissermaßen ihren geistigen vater, Fr.
Bopp, als einen betrüger oder charlatan zu schmähen. Die
glottik meinte also dazumal ernstlich, in der literatur, wie
in den wäldern der nordamerikanischen wilden, seien die
väter von den söhnen todtzuschlagen, sobald sie alt und
schwach geworden; oder aber war sie entschlossen das
beispiel der beiden Schlegel nachzuahmen, die, wenn Heine
*) H. bedeutet: Hattala, Seh.: Schleicher, Cp.: dessen compendium in
2. aufl. , Dm.: die abhandlang Hattala's De mutatione, Sr.: dessen Srovnl-
▼aef mlnvnice, B.: seine replik.
344 Burda
recht hat, berühmtheit Oberhaupt nur durch die damals
unerhörte, durch sie zur mode gewordene keckheit erlaug-
ten, womit sie die vorhandenen literarischen autoritätei
angriffen. Sie rissen nach demselben-als junge hei mathlose,
die nichts zu verlieren hatten, lorberkränze von den alt«
perQcken und erregten bei dieser gelegenheit viel puder-
staub. Ihr rühm war eine natürliche tochter deß — seaa-
dals und der emporkömmlingssucht". Weil solche worte
und dieser ton keines weiteren commentars bedürfen, so
kann ich nur noch bemerken, dafs die erbitterung H.'s
bisweilen selbst von einem gewissen hochmuthe nicht frei
ist. Derselbe spricht am deutlichsten aus dem, was auf
s. 37 der B. steht: „Der selige scheint ungeachtet der ge-
ringschätzung, die er mir gegenüber znr schau trug, sogar
gefürchtet zu haben, dafs meine vorletzte abbandlung seinen
in klingende russische rubeln umzusetzenden Ursprachen
doch verderblich werden könnte, da er keinen anstand nahm,
gegen dieselbe ein solches heidengeschfei erbeben zu lassen,
wie es nach meiner unmafsgeblichen ansieht die Leskien'-
sehe apologie ist". Dafs Seh., um mit den worten H.'ff
zu reden, gegen des letzteren abbandlung ein „heidenge-
schrei " erheben liefs, darüber darf sich H. am allerwenig-
sten wundern, da er doch in der replik s. 94 gesteht, daft
er Seh. in jener abbandlung nicht allein bekämpft, sondern
ihm „kaustisch" auch dinge vorgehalten habe, die man sieb
aufserhalb der Wissenschaft noch weniger gefallen läßt.
Was den sonstigen inhalt der R. anbelangt, so wmGste der
biograph Sch.'s im Naucnjr slovnik, tb. VII, b. 7, s. 326
sioh recht gut zu erklären, warum derselbe die glottik zu
den natur Wissenschaften gerechnet habe, da er sagt: „Da-
neben beschäftigte sich Seh. auch mit botanik, die er bis
jetzt nicht zu betreiben aufhörte, wodurch sich die in sei-
nen Schriften hervortretende naturhistorisebe richtung er-
klärt". Doch nicht nur die naturhistorische, sondern auch
die materialistische richtung Sch.'s oder „dafs der selige
die rein materialistische auffassung der spräche auf die
spitze getrieben habe", wie sich H. in der R. 8. 41 äufsert,
anzeigen. ' 345
nach jener meinung leicht zu begreifen. Die aufstellung
a grundformen dagegen bekämpft H. von s. 85 — 89 der
unter andern auch mit folgenden worten: „Dieselbe
intessenz der glottik ist nur eine geist- und rücksichts-
e nachahmung desjenigen Verfahrens, welches die an-
ndung eines der Cuvier'schen grundsätze auf dem gebiete
r paläontologie übertreibt*. Darnach sollte man fast
tuben, daf&Sch. nach der lectüre eines paläontologischen
irkes nichts eiligeres zu thun fand als diesen grundsatz
tmell in die glottik einzuführen. Er hatte jedoch folgende
linde dafür geltend gemacht. 1) Nach 8. 8, anm. des
).s „wird dem lernenden sofort das letzte ergebnis in
ncreter anschaulichkeit vor äugen gestellt". Wenn Seh.
b. für skr. vfkas, altbaktr. vehrkas, lit. vilkas und altslov.
akü die grundform varkas aufstellt, so will er damit wohl
\r sagen, diese verwandten Wörter hätten nicht immer so
lautet 9 wie sie uns in den sprachen vorliegen, sondern
ies hätte »ich aus einer älteren form entwickelt, die Seh.
en grundform nennt und im vorliegenden falle als varkas
setzt. Darin stimmt er bisweilen mit Bopp überein, wo
&er z. b. für skr. vrkas die „urform" varkas voraussetzt
ergl. gramm., 4. ausg., I, 283, anm.). Dafs eine solche
ondform immer auch wirklich vorhanden gewesen ist,
rd durch die aufstellung derselben von Seh. nicht be-
aptet (indog. chrestom., nachtrag zum Cp. s. 9). Selbst
io Meyer, der die vergleichende Sprachwissenschaft für
»e „vor allem historische Wissenschaft" hält (vgl. gramm.
griech. und lat. spr. I, 4), stellt mitunter eine „gemein-
ne grundform" z. b. agram für agrum, aygov und agram
f^ welche einer Schwachen so ähnlich sieht, wie ein ei
m andern. 2) Seh. will nach Cp. s. 8, anm. dem vor-
urfe „Sanskritist" begegnen und sagt anderswo (vgl. Dm.
9): „Man vergleicht nicht die einzelnen sprachen mit
m tanskrit oder zend, sondern man sucht mit bilfe aller
lagermanischen sprachen das ursprüngliche zu ermitteln
id dessen Veränderung und Weiterbildung in den einzelnen
bieten des indogermanischen zu verfolgen". Man könnte
346 Bord»
dies anwendung des grundsatzee der entwickelung auf die.
sprachen oder genetische erklärung ihrer erscheinunj
nennen. In einem briefe an meine Wenigkeit aufseile si<
Seh., er halte „mehr auf die erforschnng der laut- 01
bildungsgesetze der sprachen* als auf die etymologk
Demnach lehrt er z. b., dafs wxtig nicht aus dem skr«
entstanden ist, sondern jedes wort nach den eigen thümlicl
lautgesetzen seiner spräche sich selbständig entwickelt
Durch die grundform fikus will er dem lernenden eben ni
anschaulich machen, dafs atxvg nicht das kind von
sondern dafs beide Wörter brüder und kinder eines s(
dritten Wortes sind. „Wir nennen sprachen verwandt,
Leo Meyer (a. a. o. I, 4), die, wenn aueh noch so
auseinander gegangen und noch so verschieden entwickf
doch in einer früheren zeit einmal noch nicht
waren, sondern eine ursprüngliche einheit bildeten",
sind die Wörter 6$tis und t&xvg verwandt, wie will
denn also die ursprüngliche einheit beider anders und
facher als durch eine grundform fikus herstellen? 3)
dritter grund findet sich in der indog. chrestom., nachtt
zu Cp. s. 9, wo es heifst: „Erst dann, wenn formen ?<
schiedener lautstufen auf eine und dieselbe lautstufe gebract
sind, lassen sie sich mit einander vergleichen". Diese woi
Seh. 's erinnern einigermafsen an brüche von ungleiche
nenner, die vor der vergleichung hinsichtlich der gröl
erst gleichnamig gemacht werden müssen. So ist der
z. b. die form pätis der gemeinschaftliche nenner für n6<H
got. -faths u. s. w. 4) Daraus ergibt sich ein vierter praki
tischer grund, welcher im vorigen schon enthalten ist.
sind verwandte Wörter aus verschiedenen sprachen durck;
den einfluls der lautgesetze wie mit einem Schleier verhüllt
so dafs ihre identität dadurch verborgen bleibt. Wer m
entfernt verwandte sprachen mit einander vergleichen
der wird immerhin gut thun, sich die grundformen wenige
stens in gedanken zu construiren, im falle er empfind*'
liehen seelen kein ärgernis geben will. Ich setze ein bei-
spiel her. In dem von Nesselmann veröffentlichten alt*
anzeigen. 347
feufsischen vocabular kommt s. 14, n. 367 das wort ansis
:en) vor, welches der herausgeber mit dem altlit. ansa
Ibabe, benkel) zusammenstellt. Weil jedoch geschlecht
bedeutung beider Wörter nicht gut übereinstimmen, so
iie ich mir die beiden bei ansis möglichen monstra
ida von grundformen, nämlich *ansas und *ankas.
kam die ähnlichkeit von *ankas mit dem gr. äyx-
)g und öyxog nebst dem lat. uncus zum Vorschein,
liehe form, geschlecht und bedeutung der Wörter ansis
i), oyxog (krümmung, haken) und uncus (dass.) liefsen
nichts zu wünschen übrig. Weil man ferner nach den
*tzen im litauischen sz zu erwarten hat, so gehört
wort väszas (haken, Nesselmann, lit. wb. s. 55) hieher,
dies um so mehr, als Nesselmann a. a. o. aus einer
»liehen quelle auch die formen wanszas und waszas
Dieses litauische wort ist dann in einer andern
lehung merkwürdig, als es nämlich beweist, dafs in
spräche einem anlautenden a der consonant v vor-
liegen werden kann. Dadurch wird aber auch der
ixnmenhang des lit. venas mit dem altpr. ains (selbst
Mäng sss alvens, lit. wb. 8. 5) viel wahrscheinlicher, wie-
Wil anlautendes § sonst ein j erhält (jSszköti u. 8. w.).
Ter also die bis jetzt angeführten gründe, welche im Cp.
ftd in den nachtragen bei der indog. chrestom. entweder
^gesprochen sind oder sich von selbst daraus ergeben,
Snau erwägt, der wird hoffentlich beistimmen, dafs der
H-wurf einer „geist- und rücksichtslosen nachahmung"
Mb zu stark ist. Wenn die grundformen Sch.'s meist
fcb nur pure abstractionen sind, so haben sie doch immer
leh das gute sprechbar zu sein. So oft aber H. z. b.
gt, der stamm von beru = altsl. bera. sei ber, stellt er
fenfalls eine rein abstrahirte form auf, indem ja ber als
Ht nirgends vorkommt, es sei denn, dafs die endung ab-
len wäre. Auf was für monstra horrenda indessen nicht
ir Seh., wie man nach H. doch annehmen sollte, sondern
ob dieser selbst mit seinen abstractionen kommen kann,
weist z. b. die Sr., s. 273 und 297, wo er unter anderen
348
Burda
folgende lautgebilde allen ernstes als itftmne aufzählt:
tn, zn, jm, mn, dm, £dm, rr, fr» zf9if, Stv, lh, ss,
Diese quintessenz der Sr. ist eine unüberlegte m
eines Miklosich'sehen oder Curtins'schen Verfahrens,
ches wohl im altslovenischen und griechischen, nicht
im böhmischen angewendet werden kaaa. Denn jeder,
solche stamme, wie jm, dm u. dgL vorlesen sollte,
ihnen sicherlich das lob ertheilen, dafs sie nicht m
strahirt, sondern auch „unaussprechlich* eind; wenn
am ende nicht gar fttr eine art semitischer wurzeln
wird. Endlich glaube ich, dafs Seh* selbst nahe
war, wenigstens einen theil seiner grandformen zu
Denn so würde sich am natürlichsten auslegen lassen,
er in der vorrede zu den nachtragen bei der indog«
stom. erwähnt: „Beim drucke einer etwa ndthij
3. aufläge soll durch zweckmäfsige abkfiraangen di
sorgt werden, dafs trotz der nöthigen zusfttze umfing" i
preis des buches nicht wachse*. Diese vermuthung
allerdings nur vermuthung, sie hat aber das gute, dtfc'
nach einem bekannten spruche von dem todten immer
bessere voraussetzt. Bei H. hingegen mufs man biswe
annehmen, er halte es beinahe für unmöglich, daft
menschen einen und denselben ge danken haben. Denn
so wird man die stelle auf s. 73 der B. vollständig
fen: „Nach meiner unmafsgeblichen ansieht verhält es
mit dieser entschuldigung der glottik um vieles ärger
mit der Curtius'schen. Denn es ist ja z. b. beinahe
greif lieh, dafs ihr kern sogar als plagiat gebranndi
werden mufs, da er der Cnrtius'schen unter den dazu
wendigen und vorhandenen bedingungen entnommen
Joh. Schmidt hätte also ein plagiat begangen und Ci
am ende nicht? Wenn nämlich jemand sohon auf die y
nach plagiaten auszieht, der kann sich ja mit leichter
das vergnügen verschaffen, auch die entschuldigung von
tius (B. 8. 72, anm. 1) als „plagiat zu brandmarken0,
j. 1860 gab Kvet, von dem H. in Dm. s. 19 selbet
„qui ex auditore amicissimns mihi evaserat optimeque
anzeigen. 349
»86 sperare jusserat hoc praesertim opusculo: Staroceskä
l^nice", die eben genannte altböhmische grammatik her-
ly welche nur die laut- und flexionslehre, mithin noch
ir als das Cp.9 enthält« Wie entschuldigt sich jedoch
dafs er gar keine syntax bietet? „Vor allem", sagt er,
ich mich Entschuldigen, dafs ich, obwohl es der titel
rerkchen8 erheischt, die altböhmische syntax mit still-
agen übergangen habe. Der grund, warum ich diesen
begangen, ist hauptsächlich der, dafs es in unserer
wo die böhmische syntax überhaupt wissenschaftlichen
sich erst zu erringen beginnt, einerseits weder gera-
noch zeitgemäfs wäre schon jetzt mit jenem erfolge
die altböhmische syntax einzugehen, den jeder leitfaden
schule sichern soll, andererseits dafs es der studirenden
hauptsächlich und vor allem darum zu thun ist, die
(mischen formen gehörig kennen zu lernen und zu
ma. Wer nun den passus von Curtius: „Für eine
[reifende neugestaltung der griechischen syntax fehlen
die wissenschaftlichen vorarbeiten a mit jenem von
„Die böhmische syntax überhaupt beginnt erst wis-
laftlicben werth sich zu erringen u vergleicht, der mufs
einsehen, dafs beide sätze an ihrer stelle das nämliche
Daraus folgt jedoch, dafs der kern der Curtius'schen
ktddigung eigentlich schon ein plagiat aus Kvet wäre.
die schlufsfolgerung etwa nicht richtig? Denn ob Cur-
denselben nun wirklich von Ev£t hat, darnach braucht
kdoch nicht zu fragen. Kv&t's altböhmische grammatik
fetten ja in erster aufläge zu Prag im j. 1860, die er-
Rertmgen von Curtius hingegen erst 1863, allein schon
toro wufste: „quidquid antecedat quamque rem, id co-
felrere cum re necessario (Dm. s. 43)!" Hält man ferner
p-worte von Joh. Schmidt: „Es wäre verfrüht jetzt, wo
fc der rein formellen seite der spräche noch so vieles
Uk*l ist, schon auf die syntax einzugehen" zo dem letz-
h theile der stelle, welche ich oben aus der vorrede von
Mt übersetzt habe, so sollte man nach H.'s vorgange
ebeefalfe ein plagiat erblicken. Wober hat endlich
350
Bord«
Scb. selbst die anm. 2 im Cp. 8. 2, welche er als
schuldigung vorbringt? „Die fonetion und den satzbau
indogermanischen sind wir zur zeit noch au&er stände;
der art wissenschaftlich zu behandeln, wie wir es bei
mehr äufserlichen und leichter erfa&baren selten
spräche, den lauten und formen, vermögen"'. Das will
sagen, die syntax des indogermanischen fange erst an
sen8chaftlich behandelt zu werden; ist es also anch
plagiat aus Kv8t? Auf diese weise gäbe ea, wie man
der plagiate nach dem begriffe H.'s gar kein ende,
geht seine Opposition gegen Seh. an anderen stellen biii
kleinliche. Man lese z. b. die s. 84, anm. 221 in
„Litvani autem teste MiUosichio (dicunt) vaskas, pro
apud Seh. constanter reperies vaszkas — nnm jure an
cus, alii et in his ii, qui de vocabuli ejusdem origine
ceptaturi sunt, videriut*. Um aus diesem zweifei w<
oder sz herauszukommen, möge H. das litauische w(
buch von Nesselmann, dessen objectivit&t er in der R.
selbst lobt, nachschlagen, wo er auf 8. 55 vorläufig
wäszkas finden wird. Wenn er jedoch voskü durch
thesis aus #voksu neben dem deutschen wachs erklärt,
nimmt er doch wohl an, das slavisch- litauische wort
aus dem deutschen entlehnt. Es liefee sich aber
väsz-kas und vos-kii abtheilen und lit. sz neben altslo^
einem deutschen chs (vgl. achse, lit. aszis, sl. osl) gleic
setzen, so dafs kas, kü das suffix wäre. Was aber
note 257 in Dm. 8. 96 betrifft, die da mit den Worten
det: »Me insuper consolatur 8pes, quod valde sospk
fore, ut quidam eorum assentiantur mihi exclamanti:
rarissimo illi vocabulo, si in eruditas Seh. manus incic
rit!u die ist nicht, wie A. Leskien sagt, höchst unanst
dig, sondern sie ist ganz einfach lächerlich. Glaubt d«
H. in der that, dafs Seh. nicht schon von weitem gerocl
hätte, welcher slovakismus in der form matera stecke?,
hätte es ja aus der von ihm recensirten Sr. s. 182 und II
erfahren können, wo H. die slovakischen Wörter l'udia
altsl. ljudije (leute) und znamenia = altal. znamenije (i
anzeigen. 351
»m. 8g« zeichen) anführt. Und wie erklärt H. den vocal a
i slovakischen gen. und acc. 8g. teba und seba (Sr. s. 232),
rr doch formell dem altslov. tebe, sebe so genau entspricht,
ie matera dem altsl. matere? Wenn Seh. weiter im Cp.
344 eine wurzel i oder u aufstellt, so ist eine solche
wicht nach R s. 36 nur „köhlerglaube" ! Jene stelle kann
doch im Cp. keinen anderen als folgenden sinn haben:
St den mittein, welche uns die heutige Sprachwissenschaft
i die band gibt, lassen sich aus gewissen Wörtern nur die
Wide i und u als wunseln herauslösen. Wie man z. b.
r v&lmi eine wurzel vid annimmt, so kommt man in ämi
Br auf eine wurzel i. Dafs H. für das altsl. iti die wur-
il in der form ji ansetzt (R. 8. 75), reicht eben nur für
18 altslovenische aus; denn was soll man bei lit. eimi, gr.
pu und skr. ^mi annehmen, und wie verhält sich iti zu
k. eiti? Doch alle diese bemerkungen werden hier nur ge-
tacht, um vorerst zu zeigen, dafs H.'s Opposition, wie ich
Über bemerkt habe, zuweilen bis in' 8 kleinliche geht
temit wird man sich auch erklären können, dafs er, der
ich seinen eigenen worten für die syntax erglüht (R. s. 60),
t bezug auf diese natürlich keine entschuldigung gelten
tssen will, auch wenn sie noch so begründet wäre. Seh.
atte ja im Cp. die vergleichende syntax aller oder doch
er meisten darin behandelten sprachen zu bieten und
nfste nur zu gut, dafs selbst die beste casustheorie noch
eine ftyntax ist (R. s. 56 — 61 und 72, anm. 2), so dafs
ie Schwierigkeiten, denen er gegenüberstand, unendlich
röfeer waren als bei Kvet. Denn dieser, der in der oben
ereiferten vorrede bekennt, dafs H. ihm bei der ausarbei-
ing der altböhmischen grammatik „mit freundschaftlichem
*thea beigestanden habe, /konnte sich an jener syntax,
reiche den ersten theil der Sr. bildet (R. 8. 30, anm. 1),
ie muster nehmen, hatte ferner Öafafik's elemente der alt-
böhmischen grammatik (§. 89 — 100) vor sich und konnte
ueb seinen lehrer H. um rath fragen. Wenn er aber die
Itböhmisohe syntax dennoch mit stillschweigen überging
tnd wenn EL in Dm. s. 19 dennoch über Kv&t sagt: „qui
352 Burda
optime rae de se eperare jusserat hoc praesertim
opusculo: Staro£esk& mluvniee", so mnft man sich doch
fragen: 1) beifst das nicht sieb selbst loben, wenn man
das buch seines sehölers lobt, dem man bei der ausarbw-
tung geholfen hat, nnd 2) heiftt das nicht bei KvSt ein
äuge zudrücken, wenn man ihn hoffbungsvoll üennt, blofe
weil er die consonanten so bebandelt wie H., oblgteicb mb
buch weder eine wortbildungslebre noch eine synta* eafc-
hält, fittr welche sein lehrer doch erglüht? Dafllr wird ab#
A. Leskien ein „ausbund jedweder Parteilichkeit" genaust
( B. s. 39 ), Job. Schmidt gleichviel, ob mit rttebt oder ti&
recht, eines plagiates beschuldigt, Scb.'s atmen wird #
gegen öfter mit dem worte syntkx in eine solche verbw*
düng gebracht, als wäre derselbe in syntaktischen ding«!
ein wahrer idiöt gewesen (vergl. Dm. s. 9, antö» 23; etai
ß. s. 69, 54, 18)! Endlich liest man aof s 70 dei*K.Sögif
das urtbeil, welches H. Ober die griechische syntax vorf
Curtius und die litauische von Seh. fällt: „Wer den trfil&ff
ein druck nicht scheut, den die Wahrnehmung verurs
dafs an zwei männern wie 6. Curtius und A. Seh. die enf*
wickelung der sprachwissepschaft von 1816 bis heute ibrefti
wesen nach spurlos vorüber gehen konnte, der werfe Ü
ihre syntaxen einen blick". Nun, meine Wenigkeit hat
einen trüben eindruck nicht gescheut und die Syntax fö
der griechischen schulgrammatik von Curtius mit jener itf
der Sr. verglichen. Das ergebnis dieser vergleichung waf
aber, dafs sich Curtius vor H. nicht zu Schämen braucht.
Zu den „kleinigkeiten", welche man in der Sr. vermißt,
gehört z. b. der gebrauch des numerus (siehe unten bei
xrhow), der gebrauch der präpositionen, die sehr stiefmüt*
terlich abgefertigt werden, obwol sie bei den idiotismeö
(R. 8. 10) eine grofse rolle spielen, der gebrauch der tefr
pora und modi, vor allem jedoch der gebrauch der Verb*
perfectiva, durativa und iterativa, welcher theil für die
böhmische syntax so wichtig ist, dafs man einem jed&
böhmischen syntaktiker: hie Rhodus! zurufen kann. Demi
die bedeututog der beiden momente des böhmischen zeit-
anzeigen. 353
ortes, welche Curtius mit den worten „zeitstufe und
»tart* nur andeutet, ist bis jetzt immer noch zu wenig
machtet oder besser gesagt fast ganz vernachlässigt wor-
an, obwol sie nicht nur för das böhmische, sondern ftir
as slavische überhaupt höchst charakteristisch ist. Denn
id quemque maxime decet, quod est cujusque maxime
aum" (Dm. 8. 13, anm. 28), und ist die ausbildung der
geifert" nach dem aussterben der einfachen form für das
ltnrum (wie lit. büsin) und in einigen slawischen sprächen
och nach dem Verluste des aoristes för die syntax wichtig,
ter glottiker Curtius sieht ferner z. b. nicht allein auf die
arm, sondern auch auf die bedeutung der Zusammensetzung,
as der syntaktiker EL nicht thut, obwol er sich mehr nm
ie geistige seite der spräche kümmert. Sogar in der
ortbildungslehre, so skizzenhaft dieser theil in Curtius'
bulgrammatik bearbeitet werden mufste, steht EL gegen
urtius darin zurück, dafs er auf die bedeutung, welche
e durch Vereinigung des Suffixes mit der wurzel oder mit
aem stamme entstandenen Wörter haben, ^weniger gewicht
ajfc als der glottiker Curtius. Oder soll der schüler etwa
cht erfahren, welche bedeutung z. b. das dem altslov.
►gatfotvije entsprechende böhmische wort bobatstvi hat?
on der syntax in der Sr. kann man dagegen überhaupt
gen, dafs sie mehr eine allgemeine als eine böhmische
ntax ist. Kv£t, der die biographie H.'s (s. Naucn^ slo-
ilk, th. III, s. 667) geschrieben hatte, nahm sie später
eh in schütz, indem er sagte: „Dafs die syntax als die
ste arbeit dieser art nicht ohne mängel ist, versteht sich
«i selbst. Mit so vielen und solchen ist sie aber kaum
haftet, als Pranta dumavsk/ daran zu rügen fand*.
Mnnach war es noch nicht genug, dafs schon H. dieselbe
iher mit einer „kaustischen" feder (R. s. 30) vertheidigt
Ate, wiewol er selbst gesteht (vorrede zur Sr. XVII), dafs
die böhmische syntax zum theil auf einen leisten schlug,
tn andere fftr die lateinische oder deutsche gemacht ha-
lte. Soll aber die syntax einer spräche nicht einen eige-
in leisten haben, damit gerade dasjenige, was ihr am
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 3. 23
364 Borda
meisten eigeotbfimlicb ist, dadurch auch am besten hervor-
treten könne? Jene »kaustische feder* wurde von §embera
(xeitsohr. d. böhm. museums, 1858, s. 618) so bezeichnet:
„In H.'s Schriften beleidigt es jeden nicht wenig, dafe er
sich fortwährend Ober andere erhebt, als bitte er allein die
ganze slavische Sprachwissenschaft . gepachtet", obgleich
derselbe die Verdienste H.'s sehr gut an schätzen weile.
Auch meine Wenigkeit stimmt z. b. H. bei, wenn er die
genitive vlüka und iga den skr* ablativea vfk&t und jagit
gleichsetzt, doch nicht aus syntaktischen, sondern nur «o*
lautlichen gründen. Was nimlioh den gebrauch anbelangt,
so stimmt z. b. der griechische genitiv mit dem slarisoheo
merkwürdig überein, und ist dennoch genitiv vom reinetea
wasser. Geht ferner jemand von dem falle aus, dafe die
casus Vfejis und Athenis auch locativ gebraucht werdeo,
so könnte er sich bewogen fühlen jene formen lieber gleich
für plurale locative zn erklären. Ob Leo Meyer, der s«b.
die form equls der griechischen tmtoi<; gleichsetzt (vgl.fr*
I, 1 74), dies nun aus syntaktischen gründen thut, kann ick
nicht bestimmen, sondern nur angeben, auf welchem wege
meine Wenigkeit zu dieser ansieht gekommen ist. Als ick
im gymnasium hörte, dafe die form Bomae, Corinthi aoek
ein loc. sing, sei, so dachte ich, daß es vielleicht auch einen
locativ pluralis geben könnte, und fand später die vergtei-
chung von equis mit innoig und &$v£äu in lautlicher hin-
sieht leichter als die mit apvebbjas. Es genügt, wie «u
sehen, mitunter die geringfügigste Wahrnehmung, auf dafi
jemand, einmal aufmerksam gemacht, weiter gehen und
noch mehr entdecken könne. Dieser umstand hat noch |n
eine besondere Wichtigkeit, weil er zum Verständnisse der
worte H.'s auf s. 93 — 94 der R. nicht wenig beizutragen
vermag. Dort gesteht derselbe nämlich ganz aufrichtig:
„Ich hatte (Dm. s. 43) den muth seinem meister (d. i. Seh.)
das siebente gebot gottes hinsichtlich meiner eigenen lehre
über den hiat freilich sehr kaustisch in's gedächtnis so
rufen", ftkr welche phrase das gewöhnliche leben einen ein*
fächeren namen hat. Wo jedoch das siebente gebot in's
l
i'
i
r ■
anzeigen. 855
spiel kommt, dort ist es wol auch angezeigt sich etwas
genauer umzusehen. An der genannten stelle (Dm. s. 43)
führt H. zuerst aus Sch.'s aufsatz: „Das auslautgesetz des
altkirchenslavischen" folgende worte an: „Mit der aus-
schliesslichen Vorliebe des altbolgariscben för vocalischen
nuslaut hängt, wie bereits von slavischen gelehrten ver-
•mnthet, seine Vorliebe für oonsonantischen anlaut zusammen;
denn auch im inlaate zeigt diese spräche eine entschiedene
ecken vor dem hiatns u. 8. w.a. Daraus kann der gesunde
verstand doch nur zweierlei entnehmen, 1) dafs Seh. nicht
dar einzige zu sein vorgibt, welcher zu dieser ansieht sich
bekennt, und 2) dais slavisohe gelehrte bereits dasselbe
Yennuthet haben. Ob so etwas schon den namen plagiat
verdient oder nicht, kann man vielleicht beurtheilen, wenn
man jene ansteht z. b. mit einem bilde vergleicht. Wenn
cimlich Seh. sein bild vorzeigt und die bemerkung macht,
dafs bereits slavisohe maier auch ein solches gemalt haben,
ist nun einer von diesen malern berechtigt gleich mit dem
sanupfable des siebenten gebotes über Seh. herzufallen,
«eil er jene meister nicht namentlich anführt (vergl. Dm.
. s. 43 mit R. s. 94)? Diese worte scheinen im ersten augen-
Uicke vielleicht derb zu sein, dock erwäge man, was gleich
folgt Jener von H. berührte aufsatz Scb.'s erschien auf
, kehien fall vor dem jähre 1858, allein schon 2 jähre zuvor,
& i 1856 1 gab Seh. seine litauische grammatik heraus,
woselbst s* 66 zu lesen ist: „In manchen gegenden liebt
man beim zusammentreffen eng zusammengehöriger worte,
von denen das erste auf einen vocal auslautet und das
zweite mit einem vocal anlautet, letzterem ein j vorzuschla-
gen,, s. h» sükasi m^' jänt (für änt) szirdes; päs t&v&i j&u-
gau (fikr 4ngau). Ja man setzt vor jeden anlautenden vo-
oal.j, z. b. j6 kqf dar^sit jisz mano szakü (för 6, isz). In
niederlitauischen drucken findet sich j innerhalb des wortes,
s. b# jyms, d. i. Jims för uns; nujyms, d. i. nujims für
nubns); diese ausspräche hört man auch im hochlitauischen
blutig*. Damit verbinde man noch, was aufs. 55 und 341
steht; )| Anlautendem, aus i gesteigertem & wird j vorge-
23*
366
•eist (pra-jgrkk, jtaköti, j&smas)? dagegen lautet das aus
a entstandene 6 ohne j an: 6'ris, Tgl. ap-mfe, tfdmi, würzet
ad. — Nach Kureohat (beitrage II, p. 16) m11 diea vorger
aetate j nur nach vorausgehendem vocale hörbar sein, eine
ausspräche, die gewiß» nur dialectiach iat; ich habe dieses
j stets bei diesen worten vernommen. Vor hartem e kotomt
ein vorgesetztes j vor in ap-j&kti (erblinden), vgl. &k-la»
(blind); im Sem. scheint diea häufiger vorzukommen, z. h
jesti für hochlit ö'sti, wurzel ad, vgl. §. 22*. Durch diessa
anaatz: vgl §. 22, weist aber Seh. wiederum gerade auf
das, was ich schon von der s. 66 citirt habe. Erwögt man
daher alles genau, so wird man mit fug und recht folgende
schlösse sieben können. 1) Die Wahrnehmung, dafa »heia j
zusammentreffen eng zusammengehöriger worte, von deaea I
das erste auf einen vocal auslautet und das zweite mit
einem vocale anlautet, letzterem ein j vorgeschlagen* wenkt
hatte Seh. dort gemacht, wo ihn H. keines plagtaies be-
schuldigen darf. 2) Seh. hatte sie aber auch froher ge>
macht, ehe er den betreffenden aufsata Ober das auslaufe
gesetz des altslovenisohen geschrieben haben konnte.
3) Wenn Seh., dessen obren überdies glaubwürdige zeugen
waren, also wufste, dafs und wo im litauischen ein j vor-
geschlagen werde, so blieb er sich nur consequent, als er
den Vorschlag eines j im altslovenisohen ebenso erklärte. Wer
aber mit Columbus ein ei auf die spitze stellt, der kann
doch auch zwei und mehrere so aufrichten, d. h. sich auch
den Vorschlag von v so auslegen. Nehmen wir somit an,
Seh. hätte sich etwa so ausgedrückt: Mit der ausschließ-
lichen . Vorliebe des altbulgarischen für vocalischen auslaut
hängt seine Vorliebe für .consonan tischen anlaut zusammen,
zu welcher ansieht ich durch gewisse erscheinungen in den
dialecten des nah verwandten litauischen (s. lit gramm.
s. 66, z. 1 — 13 v. o.) gekommen bin; wäre H. im stände
auch nur das geringste dagegen einzuwenden? Also gerade
durch die ausdrückliche bemerkung: »wie bereits von sla-
vischen gelehrten vermuthet", leistet Seh. mindestens so
viel, wenn nicht mehr als z. b. Miklosich, der im lex. pa-
a&fteigen. 357
laeosl. unter vütoryj sich auf die worte beschränkt: „Nos
olim cum Dobrovio de dva cogitabamus, comparantes gr.
fovrzQog". Diese besagen jedoch nach meiner ansieht nicht
mehr, als a) dafs Miklosich und Dobrovsty vütoryj mit
Stvrtgog verglichen haben, und b) dafs jener nicht der erete
Wir, welcher es mit &ntaras zusammenstellte. Wo ist,
dftrfte man fragen, eine wenn auch noch so leise andeutuüg
cter quelle, die das fragliche wort zuerst mit &ntaras ver-
gehen hatte? Und wie reimt sieb demnach diese lichtseite
E's gegen Miklosich mit seiner Schattenseite gegen Seh.
im betug auf die lehre vom hiatus? Der beweis, dafs Scb.
dtevergleichung von vütoryj mit &ntaras nur aus der zeit*
•ohrift -des böhmischen museums, 1852, II, 176 kennen
gelernt hätte, den H. in Dm. s. 54 zu liefern versuchte,
ist noch nicht unumstöfslich (R. 8. 94), obwol er sich durch
seine fassung ebenfalls wie ein wink mit dem zaunpfahle
J&r siebenten gebotes ausnimmt. Damit jedoch der ge-
kannte beweis wirklich unumstöfslich wftre, dazu sind nach
Heiner unmafsgeblicben meinung noch zwei stücke erfor-
lerlicb: 1) der beweis, dafs Seh. die abschwächung von
in, am zu ü an keinem anderen worte wahrnehmen konnte
tls an vutorü und vü, namentlich dafs er das böhmische
►otery (dienstag, eig. der zweite) nicht kannte, weil dieses
ich nicht aus dem altslovenisohen vütoryj erklärt, sondern
in *3toryj oder schon *utoryj voraussetzt, und 2) dafs er
o gleicher zeit nicht wufste, einem anlautenden ü werde
' vorgeschlagen oder u könne auch in vü übergehen.
Sinen dritten interessanten umstand bietet H. selbst in der
5r., wo in der anmerkung auf s. 249 auch keine quelle
genannt worden ist. So viel kann man jedoch gleich sagen,
lafe die consequente Verfolgung dieses von H. gegen Seh.
ingeftchlagenen weges nur zu einer förmlichen jagd nach
»lagiatett Ähren mufs, wie es denn z. b. auch schon mode
geworden zu sein scheint seinem gegner. das compliment
:q machen, er sei um ein halbes Jahrhundert zurück, weil
lieht blofs Scb. (s. d. beitr. IV, 120) und Curtius (s. vor-
%ede z. 8. aufl. d. griech. schulgramm. V), sondern auch EL
358
selbst es macht. Wenn e* auch diese mode nicht aufge-
bracht hat, so kann man doch sagen: qood qmdem in*
Tantum amicns ejusmodi rebus H. aTide arripmt (beweis
B. s. 18, 19, 32, 56). Des beispides halber wül ich noch
drei etymologien bersetsen, nm dann an zeiget), was skh
daran knüpfen liebe, a) Die lesart sanmslc (gflrtel) des
ahpreufsischen Tocabnlars n. 485 möchte ich in san4wb
umändern; denn san gehört cum lit. san, s*, so s. b. in ,
san-dora, sq-dora neben su-deröti, iusle stellt eich dagege* 1
zum lit. jA's-ti (gürten) sammt su-jösti (umgürten, sugürtaf)* ■
Daselbst wird z. b. noch pense (kiefor, n. 597) in pesu i
umzuändern sein, damit sich die Verbindung mit lit pueril?
gr. ntvxTj und ahd. fiobta anbahnen tiefte, b) Daa lit nxk-
-mens (pl. tantum, das leichenbegängnis, bes. aber der W- t
chenschmaus) kann mit dem homerischen arlpto (pl. frier* i
liehe leichenbestattung) verglichen werden, indem lü ss »
gr. xv wie in tasz/ti neben rfxrw, so dafs beide Wörter
nur im suffixe abweichen. Die bedeutung beider im m-
gular mag, nach dem skr. k8ar& (cadueus, fragilis, roortala)
zu urtheilen, wol nur: auflösung, tod gewesen sein, welche
durch den plural die obige modification erhalten hat
Aehnliches kommt ja öfter vor, z. b. lit. galvk (köpf), pl.
g&lvos (köpfende des bettes); böhm. seno (heu), pl. eena i
(zeit des heumacbens); zito (roggen), pl. Uta (roggenfdder)
u. s. w. Ich erwähne diesen fall nur deshalb, um auch so
beweisen, dafs ich nicht ganz im unrechte war, ab ich
oben sagte, die syntax von H. hätte es in der Sr. zu kei-
ner rechten lehre von der bedeutung und dem gebrauche
des numerus im böhmischen gebracht (wäre in dieser be-
ziebung also keine böhmische syntax), wozu doch selbst
die „mechanischen" (R. s. 56) von Curtius und Seh. anlaof
nehmen. Allerdings gehören einzelnheiten in das Wörter-
buch, allein gewisse modificationen in der bedeutung der
Wörter, welche sie im plural erleiden, hangen eben mit dem
wesen oder der bedeutung des plurals so innig zusammen)
dafs jede grammatik die pflicht hat sie wenigstens in SU-
gemeinen zügen zu lehren. Was aber meine obigen ety-
anzeigen. 350
mologien betrifft, so weifs ich fiör jetzt nicht, ob die näm-
lichen gedanken nicht auch schon in eines anderen men-
schen köpfe aufgestiegen sind; wer mich jedoch eines
plagiates beschuldigen wollte, der wäre genau so gerecht
wie meine Wenigkeit, wenn sie H. ein solches in nachfol-
gendem stücke vorwerfen würde. Man lese z. b. in der
vergl. gramm. von Leo Meyer zwei stellen, von denen die
erste (I, 200) lautet: „Dadurch aber, dafs hier der leichtere
laut (r, 1, n, m, v) nachfolgt, im ersten fall aber der Zisch-
laut vor den festeren laut (k, p, t) treten konnte, entstehen
nun auch Verbindungen dreier consonanten, deren festester
in der mitte steht. Auf diese weise erscheinen im anlaute
iie consonantischen grnppen skr u. s. w.tf. Wie zu sehen,
verfährt Leo Meyer hier constructiv, was sich etwa so
veranschaulichen läfst: k + r « kr, sk + r =» skr. Die
«weite stelle (I, 201) sagt: „Oefters ist neben der dreifachen
consonanten Verbindung skr, die das lateinische mehrfach
aufweist, das griechische aber gar nicht mehr hat, im letz-
teren eine verstümmelte form beliebt geworden. So steht
das des Zischlautes beraubte ygaupeiv neben dem gleichbe-
deutenden scnbere u. s. w.tf. Hier geht der Verfasser also
wiederum destructiv vor, was mau etwa durch skr — 8 =
kr ausdrücken könnte. Denn dafs im griechischen hernach
7P oder %q erscheint (vgl. auch ^gefiTtrea&ai^ screare mit
lit skreplei), ist jetzt nebensache, da es sich nur um das
princip handelt. Nimmt man darauf H.'s abhandlung Dm.
zur band, so findet man dort auf 8. 28, II die worte: „Nul-
los horum acervorum (d. i. der dreigliedrigen) aliis conso-
uantibus ac liquidis r, 1 et spirante v terminatur. Nee Ul-
las eorum ita comparatus est, ut abjeeta vel prima vel ul-
tima consonante a primi generis acervis discrepet. Ut uno
alterove exemplo utar, skr demto s prorsus congruit cum
acervo kr". Daraus kann man wol so viel entnehmen, dafs
H. im j. 1865 dort stand, wo Leo Meyer schon 1861 sich
befand. Wer dann hinzusetzte, dafs EL das werk Leo
Meyer's gelesen hatte (R s. 80) und dafs „qnidquid ante-
cedat quamque rem, id cum re cohaerere necessario", der
360 Bord*
könnte leicht io die Versuchung kommen B.V geseU von
den drei- und viergliedrigen conaonantengruppen „als pl*-
giat zu brandmarken**. Hiemit ist man bei den consonaD-
tengruppen angelangt, die H. ao «ehr auv herzen liegen
Denn anknüpfend an einen »ata der vorrede zur erstea
aufläge des Cp.'s, dafs daseelhe nämlich, nur die sieherea
ergebnisae der Sprachforschung enthalten solle, ftufaert $kh
EL auf 8. 80—81 der R. folgendenna&fcn: «Solcher art sind
meinem ermessen nach z. b. die ausaiatnenetjelluogen der
sanskritischen consonantengrnppen von Benfey, BöhÜiogk
und Pott, der altbulgarisoben (anlautenden) Von BShUingk,
der lettischen von Bielenstein, der loteiqisoben und grie-
chischen von Leo Meyer. Darin und in. der dem seliges
sonst eigenen rücksichtslosigkeit liegt nun der eigentlichste
grund meiner erbitterung gegen denselben*.. Wie rück-
sichtsvoll Oberhaupt EL sein kann, beweisen seine oben ci-
tirten worte hinlänglich, in denen -so schön von den nord-
amerikanischen wäldern gesprochen und Heine bei den
haaren herbeigezogen wird. Allein das ist noch nicht ge-
nug, Seh. war auch ein „enfant terrible* (R. s. 30), wel-
cher titel ihm erst nach dem tode ertheilt wurde, während
Miklosich noch bei lebzeiten einen hieb mit dem ritter-
schwerte zu erhalten die ehre hatte (B. 8. 92). Denkt man
zugleich an die kaustische erinnerung an das siebente ge-
bot, so mufs man die ausdrücke: „geist- und rücksichtslose
naebahmung", „unvergleichlicher bildner von Ursprachen a
(R. s, 25) oder „quintesseuz der phosphorescirenden glottik*
(R. s. 46) noch für cotnplimente halten. Wer aber böh-
misch versteht, der lese die schon erwähnte biographie H.'s
von dessen schüler Kvet; er wird daraus nebenbei erfahren,
dafs H. oder „die syntax" bei der „glottik" in die schule
gegangen war, dafs sie daher die aufgezählten ehrenuamen
der glottik nur aus pietät noch in's grab nachruft. Neh-
men wir weiter an, ein zweiter gegner wäre gegen Seh.
erbittert, weil er im Cp. 8. 28, anm. 2 die betonung nur
berührt, ein dritter aber, dafs er auf s. 348 die Zusammen-
setzung blofs erwähnt, u. s. w., so darf es gar als glück
anzeigen. 361
<?n sein, dafs Seh. gestorben ist; denn seine erbit-
▼ner hätten ihn nicht allein um seine „literarische
" gebracht, sondern ihm vielleicht noch etwas
-ethan. Doch um wieder auf die consonanten*
eigentlichsten grund der erbitterung, zurück-
-£> > weifs doch jedermann, dafs Scb. im Cp.,
.acht alle, so doch diejenigen Veränderungen
.oonantengrupppn berücksichtigte, welche für die
. gleich ung der sprachen nach ihren lautlichen elementen
{ ^wiofatigkeit haben. Daher war ihm bei der vergleichung
^on skr. pru, gr. xkv und sl. slu vornehmlich daran gelegen
sa beweisen, dafs skr. 9 und sl. 8 hierin auf ein ursprüng-
liches k zurückgeht und dafs an der stelle eines skr. r in
anderen sprachen auch 1 erscheinen kann. Wenn aber 9
jf- + r9 8 + 1, x -f- k die consonantengruppen pr, sl, xX bilden,
*f- so ergibt sich dieser und die meisten anderen fälle schon
& warn den gesetzen der lautvertretung einfacher consonanten
i^ Ton selbst. Oft ging ja die Veränderung der consonanten
-gerade von den einfachen aus wie im deutschen, wo die
-consonantengruppen st, sp, sk die lautverschiebung gehemmt
haben. Freilich entspricht dagegen z. b. gr. £vqo-v dem
skr. käurä, die wurzel xtsp aber der skr. ksan, allein wo-
her dies kommt, erfährt man noch immer nicht, wenn man
•i auch noch so oft in Zusammenstellungen findet, dafs unter
^ den anlautenden consonantengruppen des altindischen kö,
:*■ des griechischen aber £ und xr vorkommen. Hier hilft
ri wohl aar das, was H. selbst aus einer vorrede Scb. 's citirt
ki. (Dm. s.9), d.h. man mufs versuchen „mit hilfe aller in-
^ dogermanischen sprachen das ursprüngliche zu ermitteln
efe und dessen Veränderung nnd Weiterbildung in den einzelnen
or gebieten des indogermanischen zu verfolgen tf. Geht man
nnn von dieser ansieht aus, so mufs man alle consonanten*
gruppen zunächst in zwei abtheilungen unterbringen. Sie
l sind nämlich 1 ) schon gegeben, sofern sie in den wurzeln
($r in pro) und in den Suffixen (z. b. nt in bhärant) vor*
kommen, oder 2) erst geworden, wenn sie der Wortbildung
oder anderen lautgesetzen ihre entstehung verdanken. So
36*
lautet st in mrjwat, krtl und nimtg Ar das ohr ganz gleich,
bat aber in jedem der drei Alle einen anderen ursprosg
ood eine andere geltung. Obwol ferner die böhmisch«
Wörter stHbro (silber) ond stfeU (pfeil, geeohofs) denselben
anlaut zeigen, so fthrt dennoeh das ernte auf aksL svehty
das zweite dagegen auf strila = ahd. sträla (pfeil, wir«
got. #strela) zurück. Es ist daher unumgänglich nothweav
dig gleich bei der auficäblung oder Zusammenstellung tos
coosonantengruppen, s. b. der anlautenden, den bntgesetsstf
die eingehendste bcrucksicbtigung zu theil werden an la*
sen. Denn wer ohne etymologte, ohne berbeisaefcung ?*
wandter sprachen oder genetische erUlrung nar die ose*
sonantengruppen nach dem wörterbocbe anfikhrt wie BMesp»
stein (die lett spr. §. 43) oder H. selbst (Dm. s. 27— 28^
der entwirft ein blofses inhaltsverzeichnis, an dem das bock
erst gesucht werden muß, oder er verfthrt wie gtmim
geographen und Zoologen, welche die fauna eines landet
hinlänglich cbarakterisirt zu haben glauben, wenn sie zu-
sammenstellen, dafs darin z. b. 5 gattungen von raubthiem
in 9 arten u. s. w. angetroffen werden« Darunter sind aber
oft auch rein locale Varietäten oder so seltene species begrtf-
fen, dafs sie blofs mitzählen, ohne die geringste Wichtigkeit
zu besitzen. Zu den localen Varietäten unter den conso-
nantengruppen geboren nun die altslovenischen zr, £r, ilj
£1 u. a. m. (Dm. s. 27, 1, 2), und doch werden sie ohne alle
umstände den uralten wurzelbaften kr, pr u. 8. w. gleich-
gesetzt 1 Welchen wertb Oberhaupt gruppen haben können,
die einem in seiner etyroologie und Orthographie so unsi- fc
cberen worte entnommen sind, als es 6vanü, fövanü, 6e- i
vanü, öbanü, öibanü und zbanlcT ist, kann jeder leicht ent- \
scheiden. Auch hängt das charakteristische einer spräche j
nicht von sämmtlichen coosonantengruppen, sondern von
dem häufigen vorkommen einiger ab. So erweist sich denn \
unter den in Dm. s. 27, 5 angeführten 6 gruppen nur eine
einzige, nämlich sm, als ganz sicher, indem sie auch an* <
deren sprachen zukommt; die übrigen erscheinen entweder
als etymologisch unklar (zm in zrnij, dessen z auch aus s
anzeigen. 363
^ entstanden sein kann, vergl. smokü), oder als blofse unioa
* (im, im), oder endlich sie sind nur durch Verflüchtigung
* und Vernachlässigung der vocale i, ü zusammengerathen,
s. b. km in kmeti « lit. kümetys; cbm&li, da schon andere
das wort mit humulus verglich«! haben. Dagegen haben
wieder bd und gd in bdula, gdunije mit dem slavischen
nichts su schaffen, weil sie eben fremd sind. Oder gehört
es etwa notwendiger weise zur Charakteristik der fauna
Baropa's, dafs z. b. der kanarienvogel bei uns ein gelbes
kleid trägt? Das lautgesetz der metathesis wird weder bei
der anfzählung der zweigliedrigen noch der dreigliedrigen
grappen berücksichtigt, sondern gelegenheitlich erst 8. 85
erwähnt, obwol viele derselben gerade darauf beruhen, z. b.
tl in tlaka = lit. talkä, vi in vlad? = got. valda u. s. w.
Warum sprachen die Altslovenen wol tlustü, dlügü, aber
plelü (aus *plet-lü), Silo (aus *öidlo) und jasli (aus *jad-li)?
Es ist doch kein wunder, dafs z. b. smr — r zu sm werden
mnfs, weil smr ja erst durch zusammenrücken der früher
getrennten theile sm und r entstanden ist, z. b. smrüd&ti
= lit smirdö'ti u. s. w. Wie hingegen z. b. aus splj ein
plj (aus pj) entstehen kann, zeigt wieder lit. spiäuju = lett
spl'auju = altsl. pljujq. Ob nun aus solchen blofs statisti-
schen oder rein mechanischen Zusammenstellungen von
oonsonantengruppen , wie den von H. und Bielenstein, das
Ä ingenium u (Dm. s. 23) einer spräche erkannt werden
kann, möge dahingestellt bleiben; wenn Seh. sie jedoch
för die zweite aufläge des Cp.'s nicht benutzt hatte, so
beweist dies nur, dafs sie für „eine vergleichende gram-
matik" nicht brauchbar sind. Böhtlingk selbst hat auf die
seinige (Dm. 8. 15) gewifs kein solches gewicht gelegt, da
er im j. 1862 auch nicht den geringsten anstand nahm zu
erklären (R. s. 15 und 20), dafs Seh. „est ä la hauteur de
la linguistique moderne et qu'il possäde une connaissance
solide des langues indo-europäennes", worin der zweite eatz
eine handgreifliche hinweisung auf das Cp. enthält. Wie
stimmt dagegen H.'s anmafsendes urtbeil, Scb. sei in be-
zug auf die consonanten beinahe um ein halbes Jahrhundert
364
zurück (R. 8. 19), tu dem obigen von Böbtln^k, «nd wet
ches von beiden ist wahr and hat mehr gerächt?
Was aber die inlautenden consonanteagrtippen snbtt'
langt, so i8t die berOhrnog «wischen« wmaek oder «kanwlii
aaslaut einerseits und suffixankmV andererseits die. qaettüf \
neuer consonantenverbindungeu, d. i. «rieben, die
sohon ganz eigenthom der worsel oder *dce aaf&xes
(«. b. tv in nagna-tvam oder tr in g&trans)* Die
lang derselben mufs von- gesiohispunkten ausgehen,
in H.'8 abhandlang gar nicht cur spräche kämmen. W
nämlich die erste silbe eines Wortes mit zwei oder
ren consonanten anhebt, so ll&t sich1 gar «iaht daran
fein, dafs eine solche oonsonantengruppe «. b. %& in
nicht allein graphisch, sondern anoh phonetisch m
gruppe bildet, d. h. dafs die swei censoaanten %*+- &'
blofs neben einander geschrieben stehen, sondern auch
aussprechen einer und derselben silbe angehören; Was cB*
zahl der iulautenden grnppen im altslovenischen beträft, •*
bemerkt zwar H. ausdrücklich (Dm. s. 29), dafs sie
der anlautenden überwiegt; er hfttte aber noch hinzusetzen
sollen, was z. b. Leo Meyer (vgl* gramm» I, 240) zu sage*
sich bewogen fand: „Jede innere consonanteo Verbindung*
zerfällt gleichsam in zwei theile, deren erster an den vor*'
ausgehenden vocal sich anlehnt, während der aweite sieb
zu dem folgenden neigt". Betrachtet man z. b. die Wörter
'/&£$ und ndvtig, so findet man in beiden zwei consonanten,
yfr und vt, neben einander, ohne dafs es richtig wäre diese
zweitheiligen Verbindungen nun auch der ausspräche nach
als solche anzusehen. Denn während in £#ä? die zwei-
gliedrige oonsonantengruppe ganz in den bereieb einer ein-
zigen silbe fällt, lehnt sich bei vr in piä»ttq der consonsnt
v an den vocal a, wogegen r sich zu i hinneigt. Eis
ganzer apfel und zwei halbe äpfel sind zwar gleich grofs,
allein ein halbirter apfel bildet nie mehr eine solche einheit,
wie sie der noch unversehrte dargestellt hatte, ja gerade
die Schnittflächen sind der ort, wo die föulnis beginnt. So
vergleiche man z. b. die lateinischen stamme mortuo- und
ameigeir. 365
enti- mit den altalovenisohen mrutvii und m$ti und pa-
a$ti. Die darin vorkommenden consonantenverbindungen
and nt lassen sieb auf keinen fall im anlaute eines wor-
B oder einer silbe aussprechen; welches mittel ergriff also
e spräche in diesem falle? Als durch die anffigung der
fiixe tuo und ti an die wurzeln mor und men die con-
nanten r, n von der einen und t von der anderen Seite
mmmenflielsen , erleichterte sich die spräche die mühe,
alche das aussprechen von r-f-t und n-f-t verursacht,
nächst dadurch, dafs sie die graphische consonanten-
uppe rt, nt phonetisch in zwei theile spaltete, d. h. jene
fcrter beim sprechen in die silben mor-tu-o- und men-ti-
rlegte. Dadurch geriethen nun die consonanten r und n
eine Stellung, wo sie mit der zeit oft lästig und daher
(f&hrdet waren. Sie wurden a) zwar erhalten, aber an
aen andern ort versetzt, wo sie der spräche bequemer
tren (z. b. mru-tvü, xpaölct neben xagdia, spr&ätnm neben
>Ar£tum), oder b) an derselben stelle belassen, jedoch ge-
hwächt (pa-m$-tl für *pa-min-ti, skr. mä-si von der wur-
1 man), oder endlich c) unterdrückt, was der höchste
*ad von absohwächung ist (sar-tus für *sarc-tus). Die
Ige des letzten umstandes war, dafs dann im anlaute der
Igenden silbe nur solche consonanten blieben, welche auch
I anlaute des Wortes stehen konnten. Zu einer vertei-
lenden behandlung der consonantengruppen des inlautes
k anch die entscheidung einer anderen frage erforderlich,
1 nämlich ein und dasselbe wort in verschiedenen spra-
len verschieden abgetheilt werden soll oder nicht, z. b.
ar. v&ti und altsL visti. Beide Wörter sind entstanden,
dem die personalendung ti an die gesteigerte wurzel vid
rfftgt wurde, wobei der wurzelauslaut d sich dem suffix-
ilante t so weit assimilirte, als er selbst in die tenuis
lines organes überging. Während aber das altindische
ibei bleibt und daher nur v&-ti abtheilen kann, geht das
talovenische einen schritt weiter und verwandelt in *vStti,
ie dieses wart wenigstens seiner ausspräche nach sicher
nmal gelautet haben mufste, das erste t in die spiratis
366 BwU
desselben organes, so dal* min vSeti erscheint. Der Über-
gang von t in s ist jedenfalls eine abschwächung, allein m
kann sich doch nur im grade Ton jener art unterschei
wie das altslovenische z. b. ein doppeltes n vermieden
da es *po-min-na. in po-mQ-na. übergehen lieft« Soll
daher v&stl in v£s-tff abtheilen, um mit dem skr. vit-ti
im principe mit po-m$-na, übereinzustimmen, oder joD
es in die silben vä-sti «erlegen, weil st im anlaute
Yenischer Wörter vorkommt und somit auch im
einer silbe stehen kann?
Wenn man nach dem, was bis jetzt gesagt
H.'s aufzählung der inlautenden consonantenverbind
(Dm. s. 29 — 32) durchliest, so kamt man ihr getrost
lob der Vollständigkeit erthetlen. Hiemit dürfte aber
alles gesagt sein, was sich gutes von ihr angeben
Denn sAmmtliohe vorwürfe, welche die susamm
der anlautenden consonantengruppen treffen, lassen sich
wiederholen, weil altes und neues, fremdes und ei
schee, seltenes und häufiges in bunter Ordnung neben
ander auftritt Dafs auch solche consonantenverbind
darunter genannt werden, welche oft nur an der naht
Zusammensetzungen vorkommen (R. s. 67), trägt zu
rer durchsichtigkeit gewife nicht bei. Sonderbar
nimmt sich auch das suffix stvo (Dm. s. 31) aus, das eigent-
lich fetvo lautet und worin i ein hilfsvocal sein soll, wäh-
rend der consonant s weder dem stamme noch dem suffix«
tvo angehört, sondern seine ezistenz nur einer gewisses
Vorliebe der Altslovenen für stv verdankt, wie H. meint
Allein wenn sich von den Suffixen fctvo, lskü eigentlich nsr
die letzten theile tvo (got. thiva-dv, skr. nagna-tvam) uadl
ku (skr. sindbu-ka von sindhü) genau mit denen verwandter
sprachen vergleichen lassen, so sollte man wol glauben, man
müsse z. b. die Wörter ljudistvo und ljudiskü vielmehr in
ljud-is-tvo und ljud-is-kft abtheilen und -is- für ein eigene*
suffix erklären* Es gibt neben ljub-is-tvo auch ljub4H>&
(wegen z vgl. glavisna und glavizna), dann ljubföa, angel-
sächsisch lyfesne, so dafs man wol hoffen kann, mit der
]
anzeigen. 367
ieit werde sich dieses vermittelnde suffix is oder iz noch
ms anderen bildungeu herauslösen lassen. Auch Leo Meyer
got. spr. s. 174) zerlegt das gotische iska in is-ka. Wäh-
«nd is im gotischen noch auf is-ka beschränkt bleibt, ist
m slavischen Ts auch schon vor tvo eingedrungen, wo die
leiden suffixe is und tvo nunmehr als ein einfaches istvo
gefohlt werden, üeber ndr im zusammengesetzten worte
M>-ndr&ti bemerkt H. (Dm. s. 32), dafs man nur n weg-
lehmen könne, um die gebräuchliche gruppe dr zu erhalten;
illein jedes syllabirende kind dürfte die nämliche entdeckung
Dachen. Denn wie z. b. avSgog neben dem homerischen
ivkgoQ steht und beim sprechen in die silben av-Ögog zer-
EUlt, so kann auch pondreti phonetisch nur in pon-dre-ti
abgetheilt werden, woraus sich von selbst ergibt, dafs im
anlaute der zweiten silbe die gebräuchliche gruppe dr steht.
Obwol ein volles n am Schlüsse der ersten silbe vor d
agentlich gegen ein lautgesetz verstöfst, so beweist dies
nichts gegen die richtigkeit der silbentheilung, sondern
seigt.nur, dafs pondreti schon eine spätere bildung ist und
bei dergleichen principiellen fragen gar nicht in betracht
kommen soll. Darf man sich endlich über das gesetz
wundern, das H. aufstellt? „Darnach nehmen sich nämlich
die drei- und viergliedrigen gruppen als höchst regelmäfsige
erweiterungen der zweigliedrigen aus (R. 8. 66)". Es ist
in der that so wahr wie folgende arithmetische sätze:
2 + 1 = 3, 1+2 = 3, 1+3 = 4,2 + 2 = 4; wenn aber
EL gesteht jenes gesetz im jähre 1854 noch nicht gekannt
zu haben, so gibt er damit zu, dafs er damals die lautge-
•etze zu wenig berücksichtigte oder nicht genetisch vorging.
Diese entdeckung mufs jeder machen, wenn er auch nur
z. b. äetvrütu, welches die dreigliedrige gruppe tvr enthält,
mit dem lit. ketvlrtas vergleicht. Denn dafs dort, wo zu-
erst zwei consonanten waren, endlich drei beisammen stehen
werden, sobald bei einem platzwechsel noch einer hinzu-
kommt, ist so klar wie 2 + 1 = 3 oder 1+1 = 2. Denn
anoh die zweigliedrigen gruppen nehmen sich, um mit den
Worten H.'s zu reden, sehr oft als höchst regelmäßige er-
;I68 Burda
Weiterungen einfacher consonanten aus, z. b. dlato = alt*
preufs. dalptan, so dafs man das Verhältnis aufstellen kann
tv : tvr = d : dl u. dergl. m. Noch deutlicher tritt e»
ähnliches Verhältnis in den lebenden slavischen spräche»
hervor, da z. b. im böhm. sto neben dem altsl. süto die
früher getrennten consonanten s und t erst nach Verflüch-
tigung von ü zusammengefallen sind. Allein darf man dt*
st von sto dem st in der wurzel sta (stehen) in jeder be-
ziehung gleichsetzen? Darf man auch tvP (streng genommes
tvlj ! ), welches nach abzug des consonanten ä von ätvP m
umrüätvl\i bleibt, schnell mit tvr in tvrfidü oder öetvröft
vergleichen (Dm. s. 32 uud R s. 65), obwol ätvl9 nur auf |ä
tv+j, tvr hingegen auf tv-f-r zurckgeht, und der con-
sonant 1 noch dazu ein späterer euphonischer einschob ist?
Durch seine aufzählung der an- und inlautenden consonan-
tenverbindungen will H. freilich nur darthun, die letzteres
seien den ersteren „Staunens wert h ähnlich" (R. 8. 43); al-
lein wenn er dabei meist rein mechanisch verfährt, so
dürfte man sich füglich wundern, dafs er dennoch solche
Schlüsse daraus ziehen kann, wie der satz auf s. 23 und 44
in Dm. oder s. 47 der R. ist. Zu empfehlen bleibt vor-
läufig a) das Stadium der volkstbümlichen und archaisti-
schen lateinischen spräche, die im auslaute staunenswert!)
ähnliche erscheinungen darbietet, ohne im inlaute mit den
altslovenischen übereinzustimmen; b) das Studium mancher
lautgesetze, nach denen lateinische Wörter zu französischen
geworden sind, als chateau aus castellum (vergl. altsl. jato
neben jasto), maftre für maistre (vgl. utro im lex. palaeosL),
und c) eine ausgedehnte herbeiziehung der verwandten
sprachen (trotz Dm. s. 7). Hätte es EL getban, so wäre
nicht nur sein satz etwas anders ausgefallen, sondern er
hätte auch in andern dingen sein urtheil über Seh. gemil-
dert. Dafs H. nämlich glaubt, Seh. hätte die Steigerung
eines y zu va ebenso verlernt wie die des I zu i (R. s. 34
und 76), ist nicht im ganzen zutreffend. Was nun die
Steigerung von y zu va betrifft, so möge man vorerst z* b.
s. 125 der Sr. aufschlagen, wo H. über y sagt, es werde
anzeigen. 369
im zum behufe der Steigerung a oder o vorgeschlagen,
wodurch die diphthonge ay, oy entstehen. Wie dann die
prache in consonantisch geschlossenen wurzeln angeblich
amit verfuhr, wird an den beispielen kys-nouti (altsl. kys-
D§ti) und slovakisch ätyri (böhm. ctyfi, altsl. cetyri) gezeigt,
nd zwar in der weise: a) Vorschlag von a und o, daher
ays-iti, stoyro; ß) Verwandlung von ay, oy in av, ov, also
avs-iti, stovro; endlich y) metathesis zu va, vo, somit
vas-iti, ötvoro (böhm. ctvero, altsl. cetvero und cetvoro).
n Dm. s. 36 äufsert sich dagegen H., dafs es nicht darauf
nkomme, ob in der angesetzten form kaysü, woraus nach
einer ansieht kvasü, das Stammwort von kvasiti, jedenfalls
entstanden, der vocal y schon vor oder erst nach der rae-
athesis in v verwandelt worden ist. Hier mufs nun vor
illem bemerkt werden, dafs y in cetyri gewöhnlich durch
Verkürzung eines ursprünglichen va erklärt wird, und ist
liese Verkürzung von va zu u = altsl. y analog der von
ra zu r, von ja zu i (Bopp vgl. gramm. I, 5). So gibt es
bekanntlich im altindischen eine wurzel vjadh mit dem
präsens vidhjämi neben den ableitungen vjädha und vödha.
Durch die vergleichung der perfeetformen vivjädha, vivi-
dhüs mit den entsprechenden gagama, gagmüs und susvapa,
BuSupüs ergibt sich vjadh, svap als volle, vidh, sup dagegen
als verkürzte wurzel. Aehnlich gibt es neben tvar in tvarä
(eile) auch tür in türnam und tur in tütörmi. Ehe man
also, um wieder zum altslo venischen zurückzukehren, kys,
ehyt, kyp als wurzeln ansetzt und kvasü, chvatiti und
ldhmi8ch kvap (= altsl. *kvapü) so davon ableitet, wie es
IL thut, sollte man sich durch vergleichung mit den ver-
wandten sprachen vorher wenigstens die volle gewifsheit
verschaffen, dafs z. b. kys jene wurzelform ist, von der man
anbedingt ausgehen mufs. Denn wie cetyri schon verkürzt
it (altlit. noch ketveri, Nesselmann, lit. wb., s. 193), so
könnte ja auch kys vereinfacht sein, und eine wenn auch
vielleicht nur seeundäre wurzel kvas ist der form nach
möglich (vgl. skr. pvas, abgesehen von der bedeutung, auf
Jie es hier nicht ankommt). Ferner dürfte das numerale
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 3. 24
370 Burda
vier am geeignetsten sein zu lehren, welche formen eine
derartige wurzel aufweisen kann. Während nämlich na-
(jagest neujon. riäaene^, quatuor, altlit. ketveri noch den
grundvocal in verschiedenen abstufungen haben, zeigen skr.
Katür-, äol. niavoej, altsl. 6etyri, lit. keturi, got. fidur- schon
eine verkürzte, skr. Katväras und got. fidvor hingegen eine
gesteigerte form. Das Verhältnis zwischen kysnati und
kvasü ist jenem zwischen fidur- und fidvor, Katür- und
Ratväras staunenswerth ähnlich. Ueberdies bleibt die mög-
lichkeit nicht ausgeschlossen, dafs der consonant 8 in kys
auch ein späteres element sein kann (vgl. skr. wurzel bbl
neben wurzel bhjas und den bildungen bhlsma, bhlcSajami).
An der naht zwischen der primären wurzel und einem
8ecundärem Zuwachs s, t, p ist mancherlei möglich, was
sonst vielleicht nicht vorkommt. Der secundäre zusatz.
eines p ist noch recht deutlich z. b. im lit« tempiü neben
tandmi, Teivw; im lit. zerpiu neben zerä'ti (glühen); im lit.
verpiü (spinnen) neben vöras (spinne); im böhm. r^pati ne-.
ben r^ti (wühlen, graben, graviren) u. s. w. Die erklärung
von kyp- und *kvapü aus einer wurzel kvap ist nicht nur,
wenigstens was das letztere betrifft, leichter, sondern diese
ansieht erscheint überhaupt für die vergleichung der spra-
chen und die lautgeschichte fruchtbarer. Man sieht z. b.
gleich am lit. säpnas, wie leicht v schwinden kann. Wenn
dann Leo Meyer (vgl. gramm. I, 363) die griechische wur-
zel xan in xanvog (rauch, dampf) und xanueiv (aushauchen)
aus kvap herleitet, so hat er damit die vergleichung der
griechischen Wörter mit lett. küpet (rauchen, dampfen; altsl.
kypeti?), lit. kväpas (hauch, athem; luftzug; geruch) u.a.m.
angebahnt. Ein anderes beispiel von dem ausfalle des ▼
gibt altpreufs. golis, gallan (tod), gallintwei (tödten), lit.
gil-tine (todesgöttin) neben dem alts. quelan (mori), quellian
(necare) und skr. gvara (aegritudo). Durch den schwund
von v einerseits und durch Verkürzung von va zu u ande-
rerseits kann es schliefslich auch geschehen, dafs eine und
dieselbe wurzel hier in die a-reihe, dort wieder in die u-reibe
geräth. Doch wie dem auch immer sein mag, vor der band
anzeigen. 371
dürfte es mindestens doch erlaubt sein zu zweifeln, ob
kvasü von kys-nqti herstammt, wie H. lehrt, bis durch
▼ergleichung mit den verwandten sprachen die ursprüng-
liche wurzelform der hieher gehörigen Wörter festgesetzt
sein wird. Wie wenig überzeugend H.'s gründe für Seh.
waren, beweist auch der umstand, dafs in den berichtigun-
gen und nachtragen zum Cp. in der indogermanischen
Chrestomathie, also wenigstens 3 jähre nach dem erscheinen
von H.'s abhandlung Dm. diese art der Steigerung gar nicht
erwähnt wird. Ebenso wenig hatte Seh. seine ansieht über
den aorist basü von bod§ geändert (Cp. 3. 129 und 300),
die nun von H. (R. s. 77) so bekämpft wird: „ Sollte ich
dieselbe lehrart genau kennzeichnen, so müfste ich unum-
wunden sagen, dafs sie dem althergebrachten begriffe der
quantität auf die keckste weise ins gesicht schlägt. Denn
nur so kann man z. b. behaupten, in basü sei o zu a ge-
dehnt, da man dabei sonst stets dieselbe qualität der vo-
cale voraussetzt". Das bewufstsein, womit Sch.'s lehrart
auf diese weise abgefertigt wird, ist grofs genug, wie man
sieht, aber doch nicht so abschreckend, dafs man nicht
einige bemerkungen dazu machen könnte. Der weg von
*nes-8Ü zu nesü läfst sich z. b. mit jenem vergleichen, auf
welchem im sanskrit aus *as-dhi endlich edhi geworden ist,
obwol ein 8 auch ohne Veränderung des vocales ausfallen
kann, wie in äsi = altsl. jesi (du bist). Uebrigens hat noch
niemand bewiesen, dafs die Steigerung von e zu e und von
o zu a im gründe nicht auf eine dehnung hinausläuft, wenn
Mich die qualität der vocale jetzt nicht mehr dieselbe ist.
Daraus folgt ja noch nicht, dafs diese Ungleichheit von
allem anfange an da gewesen sein müsse; es läfst sich
vielmehr auch denken, dafs die früher qualitativ gleichen
vocale erst später eine Veränderung erlitten haben, und
unter dieser Voraussetzung ist es wol möglich, dafs ein
vocal hinsichtlich der qualität von seiner älteren dehnung
abweicht. Wenn z. b. das volk in Böhmen das deminutiv
des wortes plamen (flamme) ganz wie plaminek ausspricht,
*> beweist es, da der gedanke an eine Steigerung von e
24*
L '
372 Burda
zu i hiebei ausgeschlossen bleibt, dadurch am besten, wa
so eben bemerkt wurde. Das wort, welches mit skr. häa;
ahd. kans, altsl. gqsi, lit. zqsis übereinstimmt, lautet b<
kanntlich dor. yäv in dessen « man eine ersatzdehmu
erblickt; ist dagegen in yjjv und ijuettf (neben dor. a p
und äol. ciuueg) keine ersatzdehnung anzunehmen, bk
weil die qualität des vocalcs abweicht? Es gibt weiter :
litauischen einen dialekt, der ein a nur unter dem einflut
des accentes, also nicht in folge einer Steigerung, in
übergehen läfst, z. b. atö-jemu neben dem in f. ata-jei
statt des gewöhnlichen ät-imu, at-imti. Für die verwar
lung eines e in e ohne Steigerung können mehrere beispi
angeführt werden. Hieher gehört das particip von esi
das da &'s$s lautet; das wort vö'daras (magen, lett. vedc
bauch) neben skr. udaras (bauch) ; dann das deminutivsui
e'lis in vainikelis neben elis in sunelis. Alle diese t
noch andere fälle beweisen also, dafs ein vocal und se
dehnung nicht immer und überall von gleicher qualität 8
müssen. Somit bliebe noch der einwand übrig, welcl
H. (Dm. s. 90, anm. 235) dagegen erbebt: „Seh. enim, <
a Bulgarorum majori bus fere omne longa rum breviunx
vocalium discrimen sublatum esse omnino concedere det
novissime tarnen hac in causa de pbulg. vocalium prod
tione disserit u. 8. w.u. Was nun diese frage betrifft,
brauchen folgende zwei sätze wol nicht erst bewiesen
werden: a) dem altsloveniscben war die quantität von haus j
eigen, so dafs z. b. der vocal a in bratrü ehemals so {
lang war, wie in den verwandten sprachen; b) der unt
schied zwischen langen und kurzen vocalen hörte endl
fast ganz auf. Nun aber pflegt der gewöhnliche mensch"
verstand es für möglich zu halten, dafs etwas, was eim
da war und später „ beinahe" ganz getilgt wurde, de
wenigstens spuren seiner früheren anwesenheit zuröckj
lassen haben könnte. Anders ausgedrückt dürfte die
satz etwa so lauten: Es ist nicht gar so absonderlich i
zunehmen, dafs die ehemalige quantität altsloveniscber ,
cale bei ihrem schwinden auf die qualität derselben ein]
anaeigen. 373
wirkt hat. Zu dem ende vergleiche man z. b. das lettische
wort nakts (nacht) mit mate (mutter), deren a- laute zwar
von gleicher qualität sind, in der quantität aber von ein-
ander abweichen. Nun stelle man die entsprechenden sla-
vischen Wörter noötl und mati dazu und man wird daraus
8chlief8en müssen, dafs mati sein a nur deshalb ungetrübt
bewahrt hatte, weil sich dasselbe auf ein unmittelbar vor-
angehendes, noch langes ä stützt. Denn wenn die länge
des a-lautes in mati durch lit. möte, lett. mäte, ahd. muoter
erwiesen ist, so befindet sich das altslovenische a von mati,
selbst wenn es schon als kurz angesehen werden darf, erst
in dem Stadium der Verkürzung und nur die noch nach-
wirkende quantität kann dasjenige sein, was a vor der
trübuog zu o wie in nosti geschützt hat. Mit hilfe des
so gewonnenen resultates wird es leichter sein die Steige-
rung von o in a zu begreifen. So erscheint z. b. o von
tociti in dem verbum is-tacati zu a gesteigert, welches im
böhmischen vytaceti lang ist. Wir wissen wol nicht, ob
a im altslov. is-tacati auch lang war, allein wir wissen be-
stimmt, dafs der vocal o in tociti mit seiner Steigerung a
in is-tacati einmal gleiche qualität gehabt haben mufs,
weil das Stammwort des ersteren, nämlich tokü, dem lit.
takas und dem lett. taks entspricht, welche noch deutlich
die alte qualität zeigen. Bei gleicher qualität kann aber
der gewichtigere vocal sich nur durch seine quantität von
dem leichteren unterscheiden, woraus folgt, dafs a in is-
tacati früher lang war und eben deshalb seine qualität
bewahrte, während das kurze a sich zu o trübte. Für
diese auffassung spricht ferner die analogie einer anderen
Erscheinung im gotischen. Vergleicht man nämlich die
Steigerung von e zu o, lit. e zu a (z. b. ved$ — voditi,
Vedü — vadas) mit der des gotischen i zu a (vrikan, pf.
vrak, subst. vraks), so mufs man folgerichtig z. b. prositi
Und vü-prasati mit *fragau und pf. *frog zusammenstellen.
Mithin kommt man wieder auf die länge des a in vu-pra-
gati, und da prositi im lit. praszyti noch a zur Seite hat,
auf die gleiche qualität, welche einst zwischen o und sei-
374 Burd*
Der Steigerung bestand. Dadurch erscheint aber die letz-
tere eben nur als eine ältere dehnung, auch wenn der vo-
cal a im altslo venischen später nicht mehr lang gewesen
sein sollte. Was dagegen den vocal 6 anbelangt, so ist
desseu quantität so zu sagen noch greifbar, wenn man z. b.
d&ti mit lit. d&'ti, lett. det, got. deds in vaila-deds und ahd.
tat, dann s£m$ mit lat. sSmen, lit. s&'ti, lett. s£t, got. seths
in mana-seths und ahd. sät vergleicht. Im altslovenischen
erscheint ferner e in jüngeren bildungen, wo es sich nur
mit e in Verbindung bringen läßt, z. b. tekati mit testi^
l&gati mit lesti, letati mit leteti u. 8. w. Sein Zusammen-
hang mit dem a- laute erhellt dagegen aus s&deti = lit.
8&dg'ti und dessen Steigerung in sadü = lit. södas und sa-
diti, lit. sodin ti, welches Verhältnis durch ein ähnliches im
got. leta = ahd. lk$u und dem pf. lailot am besten aufge-
klärt wird. Wie endlich gotisches e zuweilen zu i wird,
so gibt es auch im altslovenischen Wörter, welche i und c
neben einander zeigen, z. b. pogrebati und pogribati neben
pogrebq und pogrebü. Das bisher gesagte läfst sich nun
zur übersieht etwa so zusammenfassen: 1) Das altsl. e als
Steigerung von e ist eigentlich eine dehnung, weil die
quantität des ersteren durch das lit. 6, lett. e oder e, got. e
und ahd. ä dargethan wird; 2) das altsl. a als Steigerung
von o ist auch nur eine dehnung, da die länge des ersteren
durch das entsprechende lit. o, lett. a oder ä, got. o und
ahd. uo, die einst mit ihm gleiche qualität des letzteren
hingegen durch lit. a, lett. a und got. a bewiesen wird.
Darf man ferner aus gewissen entlehnten Wörtern schliefsen,
so war der spräche eine dehnung von o zu ö sogar fremd*
weil z. b. das got. boka im altslovenischen buky lautet, wie
umgekehrt das litauische und gotische wol ein ö, aber kein
ö kennen. Der hauptunterschied also, der zwischen H.
und Seh. besteht, beruht darauf, ob der Übergang von e,
o in e, a in den aoristen wie näsü, basü als dehnung oder
als Steigerung aufgefafst werden soll. Nach dem oben ge-
sagten dürfte der unterschied indessen so unbedeutend sein,
dafs H. besser gethan hätte sich darüber etwas glimpflicher
anzeigen. 375
auszudrücken. Auch hat Seh. (Cp. s. 119) ausdrücklich
nur zugegeben, dafs die quantität des altbulgarischen bis
jetzt uoch nicht ermittelt ist, wodurch dieselbe also nicht
geläugnet wird, im gegentheil, es kann gerade durch die
herbeiziehung verwandter sprachen für die ermittelung der
altslovenischen quantität noch manches geleistet werden.
Wenn aber jemand wissen will, wie einem althergebrachten
begriffe in's gesicht geschlagen wird, so nehme er die Sr.
zur band und schlage die s. 129, §. 119 auf, wo zu lesen
ist: „Die reichlichste quelle langer vocale aufser der Stei-
gerung ist bei uns die contraction. Sie bezieht sich auf j,
welches dort, wo es zwischen zwei vocalen steht, oft durch
schnelle ausspräche entweder sammt dem vorangehenden
vocale oder aber dieser allein ausgestofsen wird. Im ersten
falle wird der hinter j stehende vocal lang nach der be-
kannten regel: zusammenziebung bewirkt langen vocal a.
Wenn also z. b. aus dem altslovenischen adjeetiv dobraja
vi osya&rj) das böhmische dobrä werden soll, so wird nach
•
jener regel j sammt dem vorangehenden vocale a ausge-
ßtofsen, wodurch man nur eine form dobra erhält. Allein
W1© kann man 1) dabei noch von contraction reden, wo es
factisch nichts mehr als ein a zu contrahiren gibt, sobald
aJ aus dobraja geschwunden ist? Und 2) wenn der a^sgang
des böhmischen dobrä dennoch lang ist, so kann die länge
des a doch nicht von der contraction mit einem ausgestofsenen
kurzen a, sondern nur von einer ersatzdehnung des ersteren
herrühren. Das drolligste an dieser contractionsregel ist
noch der umstand, dafs sich einige formen als m^ch, do-
hrymi nach ihr gar nicht erklären lassen. Denn stöfst man
in *dobryjimi (s. Cp. s. 637), *mojich den consonant j
sammt den vorangehenden vocalen y, o aus und dehnt das
gebliebene i, so erhält man zunächst *dobrimi und *mich,
woraus nach den lautgesetzen des böhmischen die formen
*dobfimi und *mich entstehen müssen. Allein die richtigen
formen lauten dobr^mi und m^ch; woher kommen jene
monstra horrenda wie *dobfimi, da doch genau nach der
regel contrahirt worden ist? Zu empfehlen ist daher vor
37<> Burda
allem Leo Meyer, vgl. gramm. I, 291 ff., woraus man doch
nicht nur die consonanteng nippen des griechischen und la-
teinischen (R. s. 80), sondern auch die contraction erlernen
kann. Nicht blofs dieses für die böhmische grammatik
äufserst wichtige gesetz weifs man nicht genügend darzu-
stellen, man ist z. b. auch iu der comparation nicht sehr
fest, wie die erklärung der böhmischen comparative lehä,
tenci (Sr. e. 223) beweist. In der so gelobten altböhmi-
schen grammatik von Kvet (vergl. Dm. 8. 19 mit B. 8. 85)
bildet die comparation der adjectiva leider die schwächste
partie des ganzen buches (§. 148 der 2. aufl.), obwol H.
nach der vorrede »zur Vervollkommnung des werkchens
mit freundschaftlichem rathe gütig und sorgsam beizutragen
nicht beschwerlich fand". Unter sothanen umständen er-
scheint es vorläufig nur als anmafsung, was K. 8. 56 steht: -
„Uebrigens werde ich nicht ermangeln die Verdienste der
glottik um die wortbildungslehre im allgemeinen eingehend
zu würdigen4*. Da ferner in Dm. s. 82 — 104 Wörter aus
allen slavischen sprachen als beispiele angeführt werden,
so dürfte man doch so unbescheiden sein auch sehr inter- *
essante und ziemlich bekannte Wörter aus der Volkssprache
jenes landes zu suchen, in dem H. schon viele jähre lebt
So könnten, um nur zwei wichtige fälle zu berühren, in
Dm. 8. 103 — 104 die in einem grofsen theilen vou Böhmen
allbekannten Wörter ftäk (vogel) und schof ( litis) stehen.
Das letztere ist aus tchof = altsl. ttichori entstanden, das
erste stimmt in der form der Schriftsprache ptäk hinsicht-
lich seiner wurzel zum altsl. püt-ica (vogel) und erinnert
durch sein ft für pt an ein lautgesetz der deutschen spräche.
Man darf aus diesen beispielen, denen sich noch eine hüb-
sche anzahl anderer anreihen liefse, doch wenigstens so viel
schliefsen, dafs EL, der in dem für ihn so nahe liegenden
böhmischen nicht immer bescheid gibt, sicherlich nicht
der competenteste richter über das Verhältnis Sch.'s zum
litauischen sein kann (R. s. 4). Dafs der lexikograph Nes-
selmanu etwas anders verfahren mufste als der grammatiker
Seh., versteht sich von selbst; aber die vergleichung mit
anzeigen. 377
ielenstein ist nicht ganz zutreffend (R. s. 4). Denn zur
darlegung des genius (!) der lettischen spräche" gehört
ich meiner unmaßgeblichen ansieht etwas mehr als in dem
erke „die lettische spräche4* enthalten ist, und zeigt das-
ilbe an zahreichen stellen nur zu deutlich, wie viel es der
tauischen grammatik von Seh. verdankt. Was dagegen
b. die consonantengruppen in §. 43 desselben buches be-
ifft, so könnte dieser tbeil ohne schaden wegbleiben und
ioer gröfseren Sammlung von beispielen aus den lettischen
ialekten platz machen. Das „ingenium" (Dm. s. 23) oder
er „genius" einer spräche in bezug auf die consonanten-
ruppen springt ja am meisten in die äugen, wenn man
ie consonanten mit denen anderer sprachen vergleicht und
u erforschen trachtet, wie sich aus dem ursprünglichen
astande d$r gegenwärtige entwickelt hat. Das ist lehr-
eicher als die vollständigste aufzähluug ohne berücksich-
ung der lautgesetze! Dafs Seh. besonders die ihm am
Msten bekannte Schriftsprache der preufsischen Litauer
berücksichtigte (R. 8. 6 — 7), findet ein seitenstück bei H.
leibst, weil man nach seinen werken sonst glauben mufs,
äafe zwischen Nordungarn, dem gebiete der Slovaken, und
«wischen Böhmen, der heimath der böhmischen Schrift-
sprache, ein vaeuum sich befindet. Wie sehr übrigens
Seh. im jähre 1852 — 1856 bemüht war „dem forscher zu-
verlässiges material tt zu gewähren (lit. gramm. vorrede Xu),
erhellt z. b. auch daraus, dafs die grammatik viele Wörter
(Abereinstimmend mit Nesselmann) anders accentuirt, als
dies in der von Seh. 9 jähre später besorgten ausgäbe des
Christian Donaleitis geschieht. So findet sich die von
Nesselmann (Christ. Donalitius litauische dichtungen, s. XVI)
Erlangte betonung düriau 8. 244, ejaü 240, grebiu grebiau
242, padükstü padükaü 248, parszingä 128, seklä 126,
türgus s. 191 der litauischen grammatik. Dafür hat wieder
Nesselmann im altpreufsischen vocabular Wörter nicht an-
gegeben, obgleich sie in seinem litauischen wörterbuche auf
den genannten Seiten angeführt sind, z. b. 1) dumpbis, lit.
dlibai 147, 2) granstis, lit. grasztas 269, 3) grobis, lit. gro-
378
Burda
bas 271, 4) kracto, lit. krakis 223, 5) kulnia, lit. kulbz»
208, 6) palasallis, lit. pälszas 277, 7) plauxdine, lit. plan**;
dine 306, 8) sawayte, lit. vaitä 58, 9) sulis, lit. szülas 523,:
10) wedigo, lit. vedäga 59. Was aber speciell die betononfj
betrifft, so haben die preufsisch- litauischen dialekte, vou^
denen man als den bestbekannten jedenfalls ausgehen molfl^
für die Slaven noch eine besondere Wichtigkeit. Sie
sitzen nämlich den sogenannten freien oder bewegliche^
accent, während er im Norden von der endung auf dfejj
Stammsilbe zurückröckt. Sicherlich ist die erste betomm^
die ursprünglichere, wenn sie sich auch im laufe der zeitei,
mannigfach geändert haben mufste. Wie nun der :
accent zu einem gebundenen werden kann, lehren also dttj
südlichen dialekte, weil man doch erst das ältere, frei«
und lebendige kennen mufs, ehe man das erstarrte oder.j
gebundene erklären kann. Allein auch unter den slavischc
sprachen besitzen einige einen freien (z. b. das russische]
andere wieder einen gebundenen accent (z. b. das böhmi-j
sehe). Statt daher Seh. zu kritisiren oder von der vett<
schaft der Deutschen, Litauer und Slaven zu reden (R. 8.45))!
sollte man lieber auf die beantwortung folgender zwei fra-
gen dringen, a) Läfst sich zwischen dem freien accente.
im sla vischen und litauischen keine ähnlichkeit oder ana-
log! e auffinden, wodurch sich derselbe vielleicht mit dem1
altindischen und griechischen vereinigen liefse? Und b) kann
der gebundene accent des niederlitauischen sich aus dem
freien hochlitauischen nicht etwa so entwickelt haben, wie
z. b. der böhmische aus einem älteren freieu? Durch seine
litauische grammatik hat Seh., dessen ohren zeugen waren,
welche vollen glauben verdienen (Nesselmann, Christ. Do-
nalitius, s. XII), für die lautlehre der preufsisch-litauischen
Schriftsprache eine feste grundlage geschaffen. Von dieser
kann die erforschung der einzelnen dialekte ausgehen, da-
mit diese sammt den schriftlichen denkmälern das material
zu einer das litauische aller zeiten und aller dialekte oder
alle erscheinungen des litauischen nach zeit und räum um-
fassenden grammatik abgeben möchten. Wie viel jähre,
anzeigen. 379
«eiche hilfsmittel und welche kräfte zur erreichung dieses
teles erforderlich sind, braucht hier nicht weiter verfolgt
■ werden, sondern man kann die oben citirten worte
It&'s mit der nothwendigen Veränderung anführen: Dafs
eb.'s litauische grammatik als die erste vollständige gram-
tatik (vorrede 8. XI) vom sprachwissenschaftlichen stand-
linkte nicht ohne man gel sein kann, versteht sich von
dbst; allein gerade die competentesten richter, wie Kür-
Aat, Nesselmann u. a. m. hätten anstand genommen die
rvache gewisser dinge im liberalismus zu suchen (R. s. 11).
Eo einem solchen liberalismus gehört es aber bekanntlich,
fegt H. daselbst, insbesondere Rufsland je tüchtiger, desto
esser zu beschimpfen oder wenigstens wie immer zu ver-
■chtigen. Das letztere that nun auch Seh. öffentlich si~
her, wenn auch sehr ungeschickt und zaghaft, mit". Da-
gegen ist es in einem anderen lande sitte die deutsche
rissensebaft, bei der man doch in die schule gegangen ist,
gAter nicht nach seinem geschmacke zu finden (R. s. 26
(Hd 39), und wenn jemand die Unparteilichkeit derselben
berührt, ihn 60 abzufertigen, wie R. s. 39 zu lesen ist:
;<8cbade nur, dafs, wenn dem ganz so wäre, Deutschland
oberhalb der weit oder auch factiscb so null und nichtig
fein müfste, wie diplomatisch keines gibt, sondern bekadnt-
ioh nur den norddeutschen bund und die ruinen des alten:
Bayern, Liechtenstein u. s. w.". Dann begreift H. auch
licht, dafs zwischen 1852 und 1862 ein Zeitraum von
10 jähren liegt, in welchem sowol der liberalismus als auch
üe Liberalität (R. s. 13) manche Veränderung erleiden kann,
besonders wenn die Veröffentlichung einer litauischen gram-
ftatik und eines Cp.'s in denselben fallt. Auch vergifst
jian dabei, dafs es selbst männern, welche über 20 jähre
bozusagen im litauischen Sprachgebiete selbst wohnen, bis
Jetzt noch nicht gelungen ist auch die russisch -litauischen
dialekte zu durchforschen. Es ist dagegen viel leichter aus
Wörterbüchern, welche man sich in's haus bringen lassen
kann, die consonantengruppen des an-, in- und auslautes
Hiöammenzustellen (Dm. s. 26—32 und 64 — 74) als in Li-
380 Burda
tauen herumzureisen uud den landleuten dort durch frag
grammatische und dialektische formen abzulocken (lit
V und VIII). Mau verschafft sich so das vergnügen 8a(
zu könnet), Miklosicb und Scb. seien in der lehre von <
consonanten um eiu halbes Jahrhundert zurück (R. 8. 1
und man wird es durch die Sorgfalt um die Litauer
weit bringen, data diese ihre dialekte viel früher ken
lernen und eine solche grammatik ihrer spräche wie
oben angedeutete erhalten werden , als z. b. die Böhn
bei denen die erforschung der Volkssprache oder der <
lekte gerade von den grammatischen auctoritäten nicht i
gefördert wird.
Die aufgäbe, welche man der Sprachwissenschaft 8t
ist so grofs, dafs ein mensch unmöglich alle theile gle
mäfsig beherrschen kann, dafs also eine theilung der ai
erfolgen mufs (R. s. 51 — 52). Sobald jedoch Seh., „dasz
einseitige aber doch grol'se formgenie", diesen grundsats
arheitstheilung practisch befolgt und sich jenes feld
Sprachwissenschaft erwählt, auf dem sein talent unbestri
ist, dann wirft man ihm „geistlosigkeit" (R. s. 51), „I
neuartiges herumwühlen in den sprachen" (R. s. 54), „sc!
derhaftes behagen am verwesungsproeeis tf (R. 8.53 —
u. a. vor. Man kann oder will nicht begreifen, dafs 2
nur die für alle Wissenschaften so fruchtbaren gründe
„vergleichung und entwickelung oder genetische erkläre
auch auf die Sprachwissenschaft anwendet, sondern
beurtheilt z. b. das Cp. so, als seien „darin die resu
der bisherigen forschung so sauber gleichmäfsig in das l
HegeFs grundsätzen zusammengeschweifste und mit
verstandenen oder absichtlich verdrehten phrasen der
terialistischen Weltanschauung verbrämte System der gl<
gebracht" (R. s. 84 — 85). Mau hat also noch nicht
gesehen, dafs Seh. im Cp. hauptsächlich die regel statt
ausnähme berücksichtigt, da auch die „libera vox" (
s. 1 1 aum.) „ wie auch alles geistige sein gesetz haben dg
(Leo Meyer got. spr. s. 392); dafs er besonders jene
scheinungen in den sprachen hervorhebt, welche für
anzeigen. 38 1
rgleichung derselben wichtig sind; dafs er also den an-
agern vor allem einen überblick verschaffen will, damit
* sich nachher in das detailstudium einlassen können,
ine dariu zu versinken: alle diese und noch andere um-
lüde beachtet man gar nicht, sondern man hämmert „zur
ahrung seiner ehre" (R. s. 2) auf dem fast noch frischen
rge Sch.'s herum, als wäre es noch nicht genug, dafs
lion der tod „im best verstandenen interesse die sprach-
usenschaft von einem solchen enfant terrible, als zu wei-
tem es der selige vermöge seines sehr weit gehenden und
wksicbtslosen liberalismus und kraft der übrigen eigen-
haften gebracht" (R. s. 30), befreit hätte. Dagegen fin-
9t man es ganz in der Ordnung die böhmischen schüler
fit dem hiatus (Sr. s. 131 — 134), mit dem vocal Wechsel
Jr. s. 135 — 138), mit falschen contractionsregeln (Sr.
-129 — 130) u. dgl. m. zu martern oder zu lehren, die
rondvocale des böhmischen wären i, a, u, die vocale e,
, y entständen dagegen durch brechung aus ai, au, ui
9r. 8. 112). Als man dieses meiner Wenigkeit und den
Kitschülern im gymnasium so vortrug, glaubten wir steif
nd fest, die böhmischen vocale a, u seien primäre oder
rund vocale, ohne natürlich zu ahnen, dafs die von der
prach Wissenschaft erschlossenen grundvocale a, u, denen
Mm böhmisch a, u ohne viele geschienten gleichgesetzt
atte, eine ganz andere geltung haben. Die ableitung von
* o, y mittels brechung aus ai, au, ui kam uns spafsig
or, weil wir uns wunderten, dafs der professor des grie-
hischen nie auf den einfall kam die analogen vocale £,
f v auch so entstehen zu lassen. In derselben grammatik
8r. 8. 274) lasen wir dann auch, dafs es „naebahmungs-
rtodiger* wäre im böhmischen ob-jati, po-jati statt ob-jiti,
ö-jiti oder obe-jmouti, po-jmouti (= altsl. obü-j§ti, po-j$ti)
8 schreiben, »weil auf diese weise dem ursprünglichen
rgani8mus des slavischen überhaupt mehr reebnung ge-
nigen wird, vor allem jedoch deswegen, weil das böhmi-
she selbst so den abgang gewichtigerer vocale, welcher
ich in folge des consequent und streng durchgeführten
382 Burda
progressiven Umlautes eingestellt hatte, fast ausschliefst^
zu ersetzen trachtet". Wenn Seh. noch lebte, so kö
er in der that ausrufen:
ijllkixog «V rtv viuv öogvßog^ tl hyw tovto Inoiovv*
Wir schüler konnten freilich die tragweite jenes grün
damals nicht würdigen, nur erschien es uns sonder
warum man zu diesem zwecke gerade slovakische fo
in die böhmische Schriftsprache einschmuggeln sollte. A
wufsten wir damals noch nicht, dafs es schon viel frö
böhmische patrioten gab, welche allen ernstes vorschl
z. b. duäa statt duse zu schreiben, um auf diese art
verwandten Polen näher zu rücken. Wie die böbmi
Schriftsprache noch sonst von patrioten und nichtpatri
maltraitirt wurde, gehört nicht bieher, wo nur zu berich
bleibt, wie H. (R. s. 27 — 30) von Seh. erzählt, dafs
„nicht nur die Orthographie, sondern auch 'das wesen
böhmischen Schriftsprache zertrümmern und mit einem
drolligsten kauderwälsche ersetzen wollte". Man darf
nicht glauben, dafs es lauter böhmische patrioten gab,
berechtigt gewesen wären über Sch.'s „offenes schrei
eines fremden linguisten an einen Böhmen" (Bonn 1
mehr als blofs unwillig zu sein (R. s. 29) oder dafs a
„dieses machwerk" (R. s. 27) »der bereits augedeute
Verachtung preisgegeben haben" (R. s. 30). Im gegentheil
es gab auch böhmische patrioten, welche dieses sendschrei*
ben so beurtheilen, wie es unter den damaligen Verhältnis
sen einzig und allein beurtheilt werden konnte. Dies be-
weist z. b. eine anzeige in der Zeitschrift des böhmisch»
museums (1852, heft 3, s. 100), wo es heifst: »Als ein sel-
tenes beispiel, wie selbst ein ausländer in den geist der
slavischen spräche dringen kann, ist dieses schriftchen be-
achtungswerth ; was aber den Vorschlag desselben anbelangt
einige eigenthümlichkeiten der provinciellen spräche in dk
Schriftsprache aufzunehmen, darüber ist, glaube ich, unter1
uns schon entschieden". Das entscheidende moment beruht
darauf, dafs die böhmische Schriftsprache in ihrer überlie-
ferten form jetzt nirgends mehr so gesprochen wird, wie
anzeigen. 383
» in den bQchern vorkommt. Denn die lebendige spräche,
* volkes hat sich, wie alles in der weit, seit der zeit,
D jene sich herausgebildet hatte, in vielen punkten ver-
tdert. Diesem umstände gegenüber gibt es zwei mögliche
Ue: Man mufs die Schriftsprache auf der stufe zu erhaltep
achten, auf welcher sie uns überliefert wurde, oder man
nfs der veränderten lebendigen spräche des volkes rech-
nig tragen und ihr näher rücken. Gibt man einmal zu,
%ta das erstere sich nicht durchfuhren läfst, so folgt dar-
Bt mit noth wendigkeit, dafs man kein anderes als das
{reite mittel zu ergreifen habe. Dies hat Seh. also ver-
lebt; allein gerade H. ist nicht derjenige, welcher darüber
i unwillig sein und Sch.'s Sendschreiben so verachten
Mite, wie die schon oben aus der Sr. s. 274 citirte stelle
©weist. Denn sobald der eigentliche Zusammenhang von
b-jiti (umarmen, umfassen) mit obe-jmu aus dem sprach-
lehen bewufstsein des volkes geschwunden, ist kein gram-
iiatiker, also weder Seh. noch auch H., im stände diesen
Ijisammenhang wieder herzustellen. Die formen der Wörter,
Mche dieselben unter dem einflusse eines früher lebendi-
gen lautgesetzes erhalten haben, werden entweder unver-
ndert so fortgepflanzt, wie H. auf s. 55 der R. nach
Wsitz erzählt, oder das volk verfährt mit ihnen, wie es
^lbst will oder, besser gesagt, wie das agens aller verän-
krongen in den sprachen es hiebei leitet. Dafs also die
böhmische Schriftsprache jetzt z. b. trasti (schütteln) der
angeläuteten form tfisti vorziehe, um etwa „dem ursprüng-
lichen Organismus des slavischen" näher zu kommen oder
gar „um den abgang gewichtigerer vocale zu ersetzen",
vie H. glaubt (Sr. 8. 274), beruht auf einer ziemlichen Un-
kenntnis des einflusses, welchen die stets lebendige, stets
ich ändernde spräche des volkes auf die Schriftsprache
tosübt. Woher weifs H., dafs die form trasti nicht etwa
leben der klassischen tfisti im munde des volkes fortgelebt
md sie später sogar aus der Schriftsprache verdrängt hat?
lach gilt von der klassischen böhmischen Schriftsprache
litunter das wort eines Römers, der da meinte, man brauche
384 UunU
■#■-
nur pertlsum statt pcrtaesum zu sagen, um fein zu »prent
Es wäre nach allem, was hier nur flüchtig berührt wer
konnte, in der tbat für die Böhmen j für die Slavii
die Sprachwissenschaft überhaupt viel ersprießlicher, \
IL, statt in einer replik vdd „machwerk oder „veracht
zu reden, seinen einflufs lither dazu benutzen würde,
die Böhmen nicht blofs die schriftlichen denkmäler, soi
auch den lebendig sprudelnden quell ihrer spräche,
alle dialekte, kennen lernen möchten. Denn diese b
schätze in sich, welche für die lautlehre und die S'
sehr wichtig sind. Die Verachtung aber, welcher
20 jähre später das „ offene schreiben" des linguisten
preisgibt, muis natürlich um so gröfser sein, weil es <
zufall (wovon Seh. wahrscheinlich nichts wufste) das liel
weit in einer zeit erblickte, wo H.'s landsleute, „die
vaken, gegen die seit jeher bestandene literische ein
mit den Böhmen so energisch thätig waren, dafs er
nicht umhin konnte ihnen mit vorbehält beizutreten
s. 29). Um jedoch zu erfahren, was sich einer der <
sten Verfechter der literarischen einigkeit zwischen Böi
Mährern, Slovaken über diesen beitritt mit vorbeha
dacht hat, lese man die Zeitschrift des böhmischen
seums (1858, 8. ülo, anm.), wo Sembera von H. sagt
spielte die rolle des Schöpfers einer Schriftsprache fi
Slovakenu. Noch weniger darf es jemanden wunder
men, wenn H. »den seligen seit jeher gering geschätzl
(R. s. 92), weil dieser auch so frei war an der echthe
königinhofer handschrift zu zweifeln. Hiebei will ma
nicht einsehen, dafs Seh. dieselbe nicht unbedingt verd
hat, wie seine worte (d. beitr. II, 480—482) mehr al
genüge durchblicken lassen, sondern man bringt diese
in der replik wieder aufs tapet (s. 91— i>3), damit di
der vorwürfe gegen Seh. eben vollzählig werde. Um :
zu verschweigen, mu(s meine Wenigkeit hier gestehen
sie noch bei lebzeiten Sch.'s diesen gegenständ in
briefe an denselben ebenfalls berührt und dafs er sie
bei nicht gar so „empfindlich" benommen hat, als
anzeigen. 385
■tmoh der replik etwa glauben sollte. Nun aber, da Scb.
todt ist, erscheint es ganz und gar überflüssig diesen streit
fea erneuern, es wäre hingegen bei weitem besser seinem
tagegner" ein: eh] aoi xard yT]g xuvq>t] xuvigl in's grab
bflohzurufen. Statt dessen aber rühmt man ihm in äufserst
herzloser weise das nach, was auf s. 35 der R. zu lesen
Sit: „In seinem kämpfe um das dasein zeichnete sich der-
selbe insbesondere dadurch aus, dafs er weder um die
^raffen selbst noch urn die wähl und führung derselben
namentlich gegen uns Slaven je verlegen war". Leider
betrachten sich auch manche Slaven als solche unglücks-
4dnder, von denen H. mit Buckle auf s. 24 der R. spricht,
4and viele von ihnen werden vielleicht glauben, dafs Seh.
'gerade darauf ausging sie zu bekämpfen Gegen eine solche
"vermeintliche bekämpfung gibt es ein ganz einfaches mittel,
welches freilich etwas mehr zeit in anspruch nimmt als die
'Ausarbeitung einer replik, und dieses läfst sich mit zwei
-Worten bezeichnen: gediegenes wissen und würdiges betra-
'* gen. Wer diese zwei „ kleinigkeiten u besitzt, dem wird
- überall mehr achtung von selbst zu theil werden, als wenn
. er noch so sehr mit „industrierittern" (R. s. 94), „gering-
•chätzung", ,, Verachtung u, „ausband aller Parteilichkeit K
und andern zärtlichen namen dieser art herumwirft, von
; denen man aus der replik eine ziemliche blumeniese zu-
r flammenbringen könnte. Viele Slaven sind gewifs nicht
minder stolz darauf Slaven zu sein als H., allein die
schäm röthe mufs ihnen doch in's gesicht steigen, wenn sie
-eine solche replik zu lesen bekommen, worin man seine
. »deutschen" gegner mit namen wie die obigen tractirt.
Wer besser zu sein glaubt als seine „ gegner u, der darf
solche waffen wie die vorliegende replik nicht führen, weil
er seiner Sache dadurch nicht nutzen, sondern nur schaden
kann. In den „wäldern der nordamerikanischen wilden u
(R. 8. 90) gibt es keine Sprachforschung, dort schreibt man
also auch nicht auf dem titelblatte einer replik: „Ein bei-
trag zur neuesten geschiebte der indoeuropäischen Sprach-
forschung überhaupt und der slavischen insbesondere", um
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 3. 2")
386 Burda, anzeigen.
dieses buch dazu zu benutzen , dafs man Seh. 's leben jdA
wirken als einen kämpf gegen die Slaven binslelfc oder
anspielungen auf die politische Stellung Deutschlands in der
weit macht (R. s. 39), zumal es iu der eigenen heimath
für eine alle erscheinungen des böhmischen, d. h. alle dia-
lekte und alle denkmäler . berücksichtigende grammatik
vollauf zu thun gibt. „Bleiben Sie bei der böhmischen
grammatik, da ist noch viel zu thuntf, so schrieb einmal
Seh. an meine Wenigkeit und hatte dabei vor allem die
erforschu ng der Volkssprache im sinne.
Man kann daher zum Schlüsse der replik die worte
nachsagen, dafs H. seine ehre vielleicht besser gewahrt,
der Wissenschaft eher gedient und den Slaven, beziehungs-
weise Böhmen, gewifs mehr achtung in den äugen anderer
verschafft hätte, wenn er ohne geringschätzung und erbit-
terung „manches anders" gesagt und überhaupt getrachtet
hätte, dafs man seine eigenen worte nicht auf ihn selbst
anwenden dürfte: In seinem kämpfe und in seiner erbitte*
rung gegen Seh. zeichnete sich derselbe dadurch aus, dftb
er ohne rücksiebt auf zeit, räum und sonstige Verhältnisse
alle möglichen vorwürfe zusammensuchte, um „zur wahruog
seiner ehre" den gegner, welchen er schon bei lebzeitea
„gering geschätzt" hatte, erst nach dem tode als einen aus-
bund von „sehr weit gehendem und rücksichtslosem übe
ralismus" und anderen eigenschaften hinzustellen.
Anmerkung. Ich gebrauche die ausdrücke: hoch-
litauisch und niederlitauisch (zemaitiszkas), obwol das letfr
tere wort noch einen besondern sinn haben mufs. Als i
nämlich im april des Jahres 1868 in Wien mit einem Ii»j
tauer aus Rufsland sprach, nannte dieser kurzweg alks
zemaitiszkai, was nicht in seinen dialekt zu passen sc
ob es gleich nach Seh. echt hochlitauisch war. Das w
zemaitiszkas mufs daher noch eine andere, vielleicht
locale bedeutung haben.
Eisenberg, 11. Oktober 1869.
Wenzel Burda.
Kahn, anzeigen. 387
indogermanische Chrestomathie. Schriftproben und lesestflcke mit
erklärenden glossaren zu August Schleichers compendium der verglei-
chenden grammatik der indogermanischen sprachen. Bearbeitet von
H. Ebel, A. Leskien, Johannes Schmidt und August Schlei-
cher. Nebst Zusätzen und berichtigungen zur zweiten aufläge des
compendiums heraufs gegeben von August Schleicher. Weimar 1869.
V und 378ss. 8.
Die aufgäbe, welche sich unser verstorbener freund
i der herausgäbe dieses buches gestellt hatte, war, schrift-
d sprachproben der im compendium grammatisch behan-
Iten sprachen zu geben, damit, wenn auch nur an kleinen
schnitten, die eigen thümlichkeit der im compendium be-
reiteten sprachen im gegensatz zu dem, was allen oder
ihreren gemeinsam ist, unter der anleitung eines bequemen
odbuches bei Vorlesungen erläutert werden könne. Mit
n zu mitarbeitern gewonnenen freunden und Schülern hat
bleicher deshalb schrift- und sprachproben des vedischen
d späteren sanskrit, des altbaktrischen, altpersischen, alt-
iechischen, altlateinischen, oskischen, umbrischen, altiri-
len, altbulgarischen , litauischen und gotischen gegeben
d denselben genaue glossare beigefügt, in welchen bei
n einzelnen Wörtern auf die §§. des compendiums, in
aen die betreffenden grammatischen formen behandelt
rden, verwiesen ist. Das buch wird daher bei vorlesun-
i so wohl als beim Selbststudium eine sehr zweckmäfsige
fthhrung in das Studium aller im compendium behandel-
i sprachen bilden und zeigt, dafs Schleicher bis zum
sten lebenshauch dem grundsatz, dafs die vergleichende
achforschung sich nicht auf das Studium von lexicon und
.mmatik beschränken dürfe, sondern die verglichenen
achen auch in ihrem ganzen leben zu erfassen habe,
trkennung und förderung zu verschaffen bemüht war. —
» zahlreichen nachtrage und berichtigungen zur 2. aufläge
compendiums (s. 342 — 78) sind eine werthvolle zugäbe
I allen besitzen) jenes buches unentbehrlich.
A. Kuhn.
25 *
388 Spiegel
Vritra — verethra, vritraghna — verethraghna.
Der letzte band der neuen aufläge von Potts ety-
mologischen forschungen (II, 3, p. 554 fg.) erinnert mich
daran, dafs ich meine ansieht über die in der Überschrift
genannten Wörter noch nirgends vollständig und im zu
sammenhange dargelegt habe. Die Wichtigkeit der
Schlußfolgerungen, die man gerade aus denselben ffir die
indogermanische urzeit zu ziehen pflegt, wird es entschul-
digen, wenn ich hier nochmals ausführlich auf diese schon
so viel besprochenen Wörter zurückkomme; ich stütze midi
bei dieser darlegung meiner ansieht auf meine eigenen for-
schungen auch in den Vedas und die folgenden citate aus,
dem Rigveda dürften wenigstens so lange nicht unnöthig
sein , als das petersburger Wörterbuch noch nicht zu dem
buchstaben v vorgerückt ist. Zwar, dafs Vritra im Veda :
einen dämon bedeute, der von Indra oder einem anderen
gotte getödtet wird, ist bekannt genug und wird weiterer
belege nicht bedürfen. Weniger bekannt dürfte es schon
sein, dafs vritra n. pl. auch die feinde überhaupt bedeutet
(cf. Rigv. 457, 34. 460, 13. 467, 8. 48 >, 14 u. s. w.; vritrl
bhürlni 313, 19 oder vritra bhüri 699, 4. Durch päpäni
wird das wort 337, 2 erklärt), endlich, dafs es auch adjee-
tivisch gebraucht worden sein mufs, wie man aus dem
comparativ vritratara (32, 5) erkennen kann. Ebenso ist
allgemein bekannt, dafs Vritrahan ein beiwort namentlich
des Indra sei und Vritatödter heifse, auch hierfür wird man
mir nähere angaben erlassen. Allein, dafs Vritrahan überall,
wo das wort vorkommt, den Vritratödter bezeichnen müsse
und nicht auch den schläger der feinde bezeichnen könne,
wäre erst noch zu erweisen. Die ansieht des scholiasten
ist es gewifs nicht, dafs Vritrahan nur Vritratödter be- ;
zeichne, denn er übersetzt z. b. 486, 5 das wort mit fa-
trünä hantä und dafs dies auch die ansieht der hymnen-
dichter selbst war, läfst sich leicht erweisen, da Indra nicht
blos vritrahan, sondern auch ghano vritränä genannt wird
(283, 1. 705, 18), er heifst ferner auch vritrahantama
niiscellei). 3S1)
194, 1), was doch nicht am meisten den Vritra tödtend
»ifsen kann. Zum Überfluß erhält Indra auch noch den
jinamen amitrahan (486, 14), über dessen bedeutung doch
glich ein zweifei nicht bestehen kann. Es ist endlich
ikannt, dafs vritrahan nicht ein beiname des Indra allein
t, so heifst unter anderen auch Soma (91, 5. 458, 11 *))
id Agni (74, 3. 457, 48). Gewöhnlich nimmt man an,
ifs die liederdichter bald den einen, bald den andern gott
ir den besieger des Vritra gehalten hätten. Allein Indra
od Agni heifsen auch zusammen vritra hanä (246, 4.
09, 1 ) und auch in diesem zusammenhange wird vritrahan
esser als feindestödter zu übertragen sein. Schwer ist es
uch zu glauben, dafs worte wie vritraghna (440, 3), vri-
raghnl (beiname der Sarasvatl 502, 7), vritrahatha (250, 1),
mtrahathja (320, 2 = vritränä, patrünä hananä), värtra-
latja (271, 1), die alle siegreich, sieg bedeuten, in der
wme entstanden sein, dafs man ursprünglich blos an die
irlegung des Vritra dachte und dann diese worter erst
in zweiter linie die besiegung der feinde überhaupt be-
deuten. Viel natürlicher scheint es mir für vritra als
grundbedeutung die eines feindes überhaupt anzunehmen,
woraus sich dann erst Vritra als name eines besonderen
feindes entwickelte.
Zu ganz ähnlichen ergebnissen wie bei den Vedas
werden wir auch kommen, wenn wir die betreffenden Wör-
ter im Avesta betrachten. Hierüber habe ich in meiner
Übersetzung des Avesta (III, p. XXXII) schon einiges mit-
gttheilt, näheres findet man bei Justi. Das wort verethra
bt häufig genug und bedeutet nach der tradition sieghaf-
tigkeit, verethraghna bedeutet sieg oder auch persönlich
gefafst, den genius des sieges, den neueren Behräm. Ve-
rethragan soll als adjectiv siegreich bedeuten, es ist ein
bei wort, welches Ahura, Qaosjanp, Haoma und besonders
praosa erhält, der Superlativ verethraganptema findet sich
*) An letzterer stelle erklärt Säjana vritrahani mit 9atrü9l hantärä und
ftgt bei: atra vritrahan^abdena somo 'bhidhijate, plte hi sati some vritrSoi
iuntom indra i samartfao bbavatiti jävat.
390
Spiegel
auch von Zarathustra gebraucht. Im engen zusamm
mit dem eben angeführten worte steht väretfcaqgÄM,
reich. Wenn die zuletzt erwähnten Wörter mit skr. Tritt»-
han, vritrahantama sehr gut zusammenstimmen, so siu4
doch gründe vorhanden, welche uns hindern, die eränische
bedeutung „siegreich" aus der vedischen „feindetödtend8
abzuleiten. Die bedeutung feindschaft will nämlich ftr
verethrem nirgends passen, ebenso wenig wie feind, und von
den bedeutungen feind, feindschaft zu der des Sieges zu
gelangen dürfte auch nicht leicht sein. Dazu kommt noch
das adjectivum verethravan siegbegabt, sieghaft, das ebenso
wenig von der grundbedeutung: mit feindschaft begabt aus-
gehen kann. Ueberhaupt ist auch vom Standpunkte der
eränischen sprachen aus nicht die geringste nöthigung vor-
handen, einen solchen bedeutungsübergang anzunehmen.
Das wort kommt von der wurzel vere abwehren, von wel-
cher auch häm-vereta tapfer, bewehrt und häm-vereüY
tapferkeit abgeleitet werden mufs; nach meiner schon frü-
her ausgesprochenen ansieht hängt damit das neupersische
v>^i gurd, held und ^^ gar(fa, tapferkeit zusammen.
Demnach wird man vom eränischen Standpunkte aus vere-
thraghna, verethravan nicht als feindetödtend, mit feinden
begabt und daher siegreich auffassen dürfen, sondern viel-
mehr: mit sieghaftigkeit tödtend, so dafs verethra im in-
strumental stehend zu denken wäre. Diese fassung wird
Jp 10, 24 von der tradition für verethra-taurväo vorge-
schrieben, was dem vedischen vritratur entspricht.
Nachdem wir nun die Sachlage in den beiden arischen
sprachen dargestellt haben, kommen wir nun zu der frage,
wie wir uns die Verwandtschaft zwischen vritra und vere-
thra, vritraghna und verethraghna zu denken haben. Diese
Wörter entsprechen sich buchstabe für buchstabe und es
ist mir daher nicht wahrscheinlich, dafs ihre gleichheit
nur eine zufällige sei, ich nehme vielmehr an, dafs sie sich
schon in der arischen periode gebildet haben. Unsere auf-
gäbe wird nun sein, eine grundbedeutung für ihre Wörter
zn finden, aus welcher sich einerseits die bedeutung
..* miscellen. 391
yÄftdes iin indischen, andererseits die des sieges im eräni-
wAen entwickeln konnte. Diese glaube ich nun in der
•djecti vischen bedeutung des Wortes vritra gefunden zu
laben, welche in den Vedas noch deutlich hervortritt.
)»fs mit der endung tra früher adjectiva gebildet wurden,
st bekannt, ein ähnliches beispiel dürfte mitra sein, neben
matra; in den classischen sprachen hat L. Meyer (vergl.
[ramm, ü, 3(>2 fg.) auf vereinzelte beispiele dieser art wie
dulter, ÄafajfrQog hingewiesen. Aus der grundbedeutung
»abwehrend* konnten sich nun die bedeutungen „feindlich"
rie „siegend" entwickeln, je nachdem man sich als das
Hibject oder das object der handlung ansah. Bei dieser
Erklärung versteht es sich von selbst, dafs dem worte ur-
sprünglich eine mythologische bedeutung nicht zukam und
ich glaube, dafs man mit der erklärung des wortes schon
lange ins reine gekommen wäre, wenn man auf den my-
thologischen hintergedanken verzichtet hätte. Aber vere-
bhra sollte nicht blos das indische wort vritra, es sollte
weh der dämon Vritra sein. Und doch braucht man nur
len Rigveda zu lesen, um zu erkennen, dafs wir zu dieser
'orderung gar kein recht haben, dafs auch dort der name
PVitra für den erschlagenen dämon noch nicht feststeht,
sondern derselbe mit verschiedenen anderen namen benannt
«rird, ich verweise hierüber auf Breals Untersuchungen.
Wenn man es wahrscheinlich machen kann, dafs der my-
;hus, den die indischen religionsbücher von Vritra erzählen,
rieh in dem weiteren kreise der indogermanischen mytho-
ogien in ziemlich sicheren spuren erhalten habe, so'mufs
nan dagegen gestehen, dafs die bemühungen auch den dä-
boii Vritra wiederzufinden , nicht sehr glücklich gewesen
lind. An das griechische "Ogögog habe ich selbst früher mit
ML. Müller den namen anschliefsen wollen, bin aber seitdem
lurch Potts gegenbemerkungen (et. forsch. II*, 1, p. 747 fg.)
lavon zurückgekommen.
Erlangen. Fr. Spiegel.
3i)2 Burda, miscellen.
Frä, fran, nifmQrjfu.
Als grundbedeutung der worte frä, fran, welche den
worten wie H>aQvt}^ <I>c*()Vüvzoq etc. zu gründe liegen, haben
wir beitr. V, 390 fg. den begriff des glänzens oder brennens
gefunden, ohne jedoch eine entsprechende wurzel in den
indogermanischen sprachen nachweisen zu können. Es
waren mir eben damals die griechischen Wörter wie nip
nQi]iU) 7iQij&(o entgangen, welche auf dieselbe wurzel zu-
rückgeben dürften und über die man jetzt Pott et. forsch.
II, 2, p. 249 vergleichen kann.
Erlangen. Fr. Spiegel.
Ein beispiel der praesensstammbildung mittels
ta im slavischen.
So häufig die praesensbildung mittels ta im litauischen
ist (s. Schleicher, lit. gramm., s. 246), so selten ist sie im
slavischen, wo sich nur kümmerliche spuren derselben er-
halten. Hier tritt überdies noch der umstand ein, dafs das
dement, welches nur zur praesensbildung dient, mit der
wurzel selbst bleibend verwächst.
Ein verbum dieser art ist nun rasti, rasta. (wachsen).
Was seine bedeutung betrifft, so ist es ein intransitivum
und stimmt darin also vollkommen mit dem litauischen
überein. Die wurzel ferner, von der es herkommt, ist ardh
(wachsen). Und diese wurzel ardh mit dem das praesens
bildenden suffixe ta und der personalendung der III. sg. ti
gibt die grundforin ardh-ta-ti, woraus nach einem bekannten
lautgesetze zunächst ars-ta-ti und im slavischen vorläufig
*ars-te-ti entstanden ist.
Dabei mufs man sich erinnern, dafs der vocal vou rasti
so zu sagen erstarrt, nicht mehr lebendig, d. h. einer be-
wegung innerhalb seiner vocalreihe nicht mehr fähig ist,
weil er immer nur als a erscheint, vergl. subst. rastü und
causat. rastiti. Erklärt wird diese erscheinung dadurch,
dafs im slavischen zwischen a und r in *ars-te-ti notwen-
diger weise eine metathesis eintrat und dafs gerade durch
diesen umstand der vocal a als a erhalten wurde, vgl. ka-
-my mit ak-mu, vratiti mit vart^ti, aber prositi mit pra-
szyti. Dafs endlich t mit der ursprünglichen wurzel ardh
bleibend verwuchs und mit ihr so die secundäre wurzel
rast (aus arst) bildete, findet sein seitenstück im ahd. fleh-
tan. Wenzel Burda.
Burda, zum deuUch-preufe. vocabular. 393
- Zum deutsch -preufsischen vocabular, von
Nesselmann.
Wie der deutsche theil dieses Wörterbuches für die
leatsche Sprachforschung wichtig ist, so bietet wiederum
ier preufsische dem forscher des litauischen und slavischen
nanche interessante ausbeute. Ucbrigens läfst sich die
richtige leseart nach des herausgebers eigenen worten in
3er vorrede oft eben nur durch die vergleichung mit den
nächstverwandten sprachen festsetzen, was in manchen fäl-
len wohl noch leichter geworden wäre, wenn man durch
ein dem buche angehängtes facsimile sich einen klareren
begriff von der schritt machen könnte, als dies nach dem
in der vorrede erwähnten möglich ist. So ist leicht ein-
«sehen, dais der preufsische theil nur gewinnen kann, wenn
tr von der vergleichenden Sprachforschung recht benutzt
wird.
Die folgenden zeilen bringen nun als beitrag zum theile
▼ergleiche mit dem litauischen und slavischen, welche im
buche noch fehlen, zum theil haben sie auch den zweck,
Ai einer genaueren Untersuchung der handschrift anzuregen
(•.' unten bei keuto, musgeno und stranibo), indem sich
nur auf diesem doppelwege noch mancher gewinn aus dem
vocabular ziehen läfst. Nesselmann's litauisches Wörter-
buch sei der kürze halber hier mitWbch, Miklosich's Le-
Jrioon palaeoslovenicum wieder mit Lex. bezeichnet; die
Ordnung aber, in welcher die Wörter besprochen werden,
*t die alphabetische.
Wenn man zwischen den lesearten ab-stocle und ab-
tfötten die wähl hat, so wird man sich aus etymologischen
gründen für cl statt tt entscheiden. Denn ab-stocle ist
Wahrscheinlich durch das siiffix cle (vergl. gur-cle = lit.
fer-kte') von jener wurzel gebildet, von der auch das wort
tdgis (dach) kommt, nur ist statt *ab-stog-cle der aus*
prache nach blos abstocle geschrieben. Auch ist nur alne
Je einzig richtige leseart, weil bei N. 64? unter tyer
icht das thier (animal) überhaupt, sondern wohl das „thier"
Beitrüge z. vgl. sprachf. VI. 4. 26
394 Burda
der Jägersprache gemeint ist; mithin entspricht alne dem
lit. elng (hindin, Wbch., 8. 19) so genau als möglich. Bei
ane (altmutter) wäre eher das lat. anus anzufahren, da
dessen bedeutung befser palst. Wenn arglobis den Schei-
tel bezeichnet, so braucht man noch nicht an glawo zu
denken; es läfst sich ja arg-lobis abtheilen, worauf lob»
dem altslov. liibü (calvaria, Lex.) gleich ist« Das wort
arwarbs (langbaum) stimmt bis auf das b zum lit. al-vtrw
(Langbaum, Wbch. s. 5), dessen zweiter tbeil nicht nur if>
dem gleichbedeutenden p£r-varas (Wbch. s. 51), sondern
auch in dem böhmischen roz-vora (dass.) enthalten ist. Im
bezug auf assegis (barsch) liegt es näher, das wort mit
dem lit. ezegys (kaulbarsch, Wbch. s. 20) neben ezgys zo
vergleichen , indem preufsiscb ss darin dem lit» z so ent-
spricht wie in assaran neben lit. 4zeras. Zugleich sei hitr
noch erwähnt, dafs derselbe fisch (Acerina cernua) in eini-
gen gegenden Böhmens jezdik genannt wird, was nach den
lautgesetzen für *jezgik steht und dem lit. ezgys. ziemlich
nahe kommt. Ferner ist attolan, lit atölas wohl mü dem
slavischen otava (grummet) zusammenzustellen. Klexto
(kehrwisch) und das mit der praep. au = slav. u zusam-
mengesetzte au-klextos (oberkehricht) hangen sicherlich mit
dem lit. klastyti (spreu und staub vom getreide auf der
tenne abfegen, Wbch. s. 217) zusammen, von dem auch ;
klastykle (abfegebesen) und nöklastos (das abgefegte) ab-
stammen. Während dann brisgelan (zäum) dem slav. bruzda
(frenum, Lex.) ähnlich ist, hat broakay mit russisch brjucbo
(bauch) nichts zu thun, sondern ist zum altslov. bracina
(sericae vestes, Lex.) zu ziehen. Sobald man weiter dago-
-angis in dago-augis verbessert, erhält man ein analogon
zum lit. vasar-augis (reis, sprofs, Wbch. s. 55), mit dem
es im zweiten theile wurzelhaft identisch ist (vergl. aug-ti
wachsen) und der bedeutung nach zum ahd. sumar-lot»
nebst dem slav. leto-rasli. Dafs im altslov. dla-to (scal-
prum, Lex.) vor t ein b ausgefallen, wird durch das prea-
fsische dalp-tan bestätigt, besonders wenn man noch das
böhmische iterativ dlab-ati (ausmeifseln) dazu hält. Dopgo
zum deutsch-preufsUchen vocabular. 395
(Ärefea) wird man wohl mit recht zu d$ga (arcus, iris
Lex.) stellen können, weil dieses in den jüngeren slawi-
schen sprachen auch die faisdaube bezeichnet und im be-
zog auf die lautliche form mit dem preufsischen worte
ganz zusammenfällt. Mit drimbis (schleier) vergleiche man
das lit. drimba in stal-drimba (tisohtuch, Wbch. s. 497)
und mit geytye (brot, d.i. „lebensmittel") vielleicht das
alav. £ito (frumentum, Lex.). Dafs gertoanax (habicht) in
gerto-anax abzutheilen ist, wird niemand bestreiten, aber
wohl auch die vermuthung nicht übel finden, dafs zur
erkl&rung von anax kein neues wort zu suchen ist, weil
man mit der annähme ausreicht, dafs ein w ausgefallen
und *gerto-wanax zu lesen ist, was „hühnerhabicht" be-
deutet. So steht das wort in einem nicht zu übersehen-»
den gegensatze zu spergla-wanag (s. unten). Die würzet
von golis (tod) scheint zu der des lit. gil-tine' (todesgöttin,
Wbch* 8. 255) zu stimmen. Das slavische grübü, womit
grabis und garbs (berg) identisch ist, kann auch die be*
deutung berg haben, wie unter anderem aus dem böhu).
pa-hrb-ek (kleiner berg, hügel) sich ersehen läfst; in wosi-
-grabis (spillenbaum) könnte dagegen das russische grabu
(hainbuche) stecken. Zu granstis (bohrer) pafst wohl das
lit. gramdyti (schrapen, kratzen, Wbch. s. 266), wovqq
grtadyklö (trogechrape, kurzes krummes eisen, womit man
teig vom backtroge abkratzt) kommt; mit mehr wahr?
leheinlicbkeit wird jedoch zu kalpus (rungenstock) das lit,
kalpa (querstück, in welches die rungenstücke gefügt wert
den, Wbch. s. 174) zu ziehen sein. Bei kanowe (tonne)
Utfst eich an das böhmische konev (kanne), bei woytis in
caria- woytis (heerschau) an das altslov. veäte (für *vetje,
senatus, oonsilium, Lex.) denken. Stimmt ferner kexti
(aopfhaar) schön zum böhmischen kstice (caesaries, wäre
altslov. *küstic$), so findet wiederum kekulis (badelaken)
seine verwandten im lit. kiklikas (leibchen ohne schöfse,
Wbeh. 8. 199), dem altslov. cechlu (velamen, Lex.) und
d&m böhm« cechlik, welches auch badetuch bedeuten tann.
Obwohl Nessel maup bei keataris sagt, dafs man dieses
26*
396 Burda
wort in der Handschrift eher keutaris lesen würde, dafs eu
aber sonst nicht vorkomme, so mufs dennoch statt kento
entschieden keuto (haut) gelesen werden, weil diesem worte
im litauischen kiautas (weiche haut an verschiedenen fruch-
ten, Wbch. s. 189) entspricht. Ist nun eu dadurch eini-
germafsen sichergestellt, so wird auch keutaris, das die
handschrift bietet, wahrscheinlich die richtige lesart sein.
Aus keuto, welches man nach dem lit. kiautas neben lat.
cutis etwa wie kiüto auszusprechen sich versucht fühlt,
könnte man vielleicht schliefen, dafs erweichte consonan-
ten dem dialecte des vocabulare wenigstens theilweise nicht
fremd waren (vgl. auch geauris, teausis oder teansis, sehn«
wikis aas lit. siuvikas), doch fällt wieder caune neben lit.
kiaun& auf. Ob die Zusammenstellung von kerko (taucher)
mit dem böhm. kfechaf (dass.) angeht oder nicht, sei da-
hingestellt; kiosi (becher) ist aber gewiis das altslov. £aäa
(poculum, Lex.), mag man sich das preufsische wort io
litauischem gewande als #kias£ oder *kiös& denken. Kisses
(pelz), der form naoh wahrscheinlich ein nom. plur. fem.,
könnte zum altslov. koza (pellis) und kozuchu (vestis pel-
licea, Lex.) gehören. Denn 88 ftkr z kommt öfter vor, und
wenn man zu slav. o im preufsischen vielleicht ein a er-
warten würde, so vergleiche man wieder wirds aus dem
katechismus mit lit. värdas. Ein plurale tantum von einem
worte, das im sing, feil bedeutet, wäre zur bezeichnung
des pelzes nicht gar so unpassend. Wegen des oonsonan-
ten s ist wohl die vergleichung von kirsnan (schwarz) mit
dem altslov. erünu (niger, Lex.) etwas bedenklich, unbe-
streitbar scheint hingegen der Zusammenhang des Wortes
knaistis (angebranntes scheit) mit dem altslov. gnetiti (ac-
cendere Lex.). In coestue (bürste) und coysnis (kämm)
erscheinen ableitungen von einer würzet kas, von der im
litauischen kas-tuvas ( Striegel, Wbch. 8. 184) herrührt.
Neben dem suffixe tuva-s besitzt das litauische auch tuvö
(8. Schleicher, lit. gramm. s. 117), so dafs coes-tue einem
lit. *kas-tuve entsprechen würde. Im slavischen lautet aber
dieselbe wurzel ces für *kes, und stammen von ihr böhm*
zum dentsch-prenfsischen vocabular. 397
8-adlö (kämm; Striegel), altsl. öes-lu (pecten, Lex.) und
>vakisch 6esen, gen. 2esn& (kämm), womit das preufsische
ysnis grofse ähnlicbkeit hat. Erixtieno (erdschwalbe)
jhört zum lit. kr6g£d& (schwalbe; auch Uferschwalbe Wbch.
225); kristionisto (Christenheit; so und nicht kristiomsto
t zu lesen) dagegen entspricht dem lit. krikszczon^stg
ass., Wbch. s. 228) bis auf den umstand, dafs dort das
iffix isto = altlit. ysta (s. Schleicher, lit. gramm. 8. 118
im.), hier ystä vorliegt. Läfst die Übereinstimmung zwi-
then kumetis (bauer), lit. kümetys und slav. kmeti, wel-
les letztere in den slavischen sprachen noch jetzt bauer
»deutet (8. Lex. unter kmetT) oder ehemals bedeutete,
chts zu wünschen übrig, so könnte die vergleichung von
gnq (leber) mit skr. jakan zweifelhaft erscheinen. Doch
•wäge man wegen 1 preufsisch luriay neben lit. jürgs, dann
t.jekno8 (leber, Wbch. 8. 38) neben skr. jakan, und we-
en g statt k z. b. preufs. sagnis (würzet) neben lit. szaknls
iass.). Dafs ferner laitian (wurst) etwas an das böhmi-
&e jelito (blutwurst) erinnert, ist nicht so interessant als
as wort larga-seraytan (steigbügelriemen). So wie es ge-
trieben steht, scheint es nicht sehr klar zu sein; sobald
an indessen eine Versetzung des g zuläfst und *lara-ser-
lytan liest, gewinnt man gleich einen einblick in die ety-
ologie. Während nämlich der erste theil *lara einen an-
ang an das lat. lörum verräth*), ist *sergaytan unstrei-
5 dem lit. zerg-ti (auf das pferd steigen, Wbch. s. 544)
ir seite zu stellen. Daraus ergibt sich nun als bedeu-
ng von *lara-8ergaytan etwa „ riemensteige tf, was dem
»utschen sticledder ganz gut entspricht, nur dafs die stel-
ag der einander in der bedeutung entsprechenden be-
andtheile eine andere ist. Das preufs. lonix (stier) läfst
ßh mit dem slav. lono (pudenda Lex.) recht gut vereini-
*n, wogegen luckis (scheit) zum böhm. louö (ou ist deh-
ing von u) in der bedeutung von fackel, span passen
*) Zu berücksichtigen bleibt jedoch, dafs lorum für Morum steht (s.
»rasen ausspr. I *, 812). J. S.
398 Bord»
würde. Dann kann auch mandiwelis (quirnestab) wohl
nicht vom polnischen matew, böhm. moutev (quirl) getrennt
werden. Merkwürdig ist weiter die Übereinstimmung zwischen
panno (feuer) einerseits und dem got. fon, funan- (feuerj
andererseits. Hält man zu staclan in panu-staclan (fener-
eisen) auch das ahd. stahal (stahl, h = orspr. k), so ge-
winnt dieses altpreulsische compositum nur um so mehr
interesse für das deutsche Gibt man hernach zu, dabin
pa-ssortis (schürstange) das 88 wie in assaran und £zeras
einem lit i entsprechen kann, so ist die Zusammenstellung
dieses Wortes mit dem lit. £6r-ti, zar-styti (schüren, Wbck
s. 544) zulässig und würde es im litauischen etwa *pa- y
-zartis lauten. Ob auch pa-ssupres („ase") unter gleicher
Voraussetzung sich mit dem lit. zuber-klas (lange Stange
mit eisernen spitzen zum aalstechen, Wbch. s. 550) verein-
baren läfst, ist nicht leicht auszumachen. Was dann pasto
und pasto wis (webe und laken) betrifft, so leuchtet ans
dem slav. postav (linteum, pannus, s. Lex. unter postavu)
wohl ein, dafs an eine leseart pascowis nicht zu denken
ist. Zweifelhaft ist es vielleicht, bei pele (weihe) an das
altslov. piljukü (milvus, Lex.) zu denken, wogegen die ver-
gleichung von perwios (estrich der tenne) mit lit. pürvas
(koth, Wbch. 8. 299) deshalb sicherer zu sein scheint, weil
der feste tennenboden aus lehm besteht. Der zweite theil
von piwa-maltan (malz) zeigt einige ähnlichkeit in der laut*
liehen form mit dem böhm. mlato (treber, durch metathe-
sis aus *malto), wofern er nicht aus dem deutschen ent-
lehnt ist. Roaban (gestreift) ist wohl nichts anderes als
das lit. raibas (buntsprenkelig, Wbch s. 431), weil preo/s.
oa = lit. ai sein kann, wie moasis (blasebalg) neben lit
mäi8za8 (sack) zeigt Dafs saltan (speck) zum russischen
salo (fett) gehört, sieht man noch befser ein, wenn man
sich die polnische form dieses Wortes sadto vergegenwär-
tigt. Salus (regenbach) dürfte einer würzet sal (sich be-
wegen) entsprofsen sein, von der auch skr. salilam (wasser)
herstammt, so dafs die eigentliche bedeutung von salos
nur wafser, speciell regen wafser wäre. Zu sardis (zäun)
zum deutsch-preufsischen vocabular. 399
■
stelle man das lit zardas (gerüste von bolz, Wbcb. s. 539),
Muri (glat) stimmt nicht allein zum lit zarija (glühende
kohle), sondern auch zum slav. zarja und zorja (splendor,
Lex.), während schokis (gras) doeb wohl mit dem lit. szö'-
kas (frisch gemähtes gras zum füttern, Wbch. s. 514) iden-
tisch ist. Preufsisch o und lit. 6 finden sich auch in pa-
-towelis (Stiefvater) und lit pa-te'vis, auffallender ist seh
neben lit sz. Durch die etymologie wird ferner die leseart
sehumeno (draht) festgestellt, indem dieses wort bei no. 507
den draht des Schuhmachers bezeichnet und als solches
ohne zweifei von der wurzel schu = lit. siu durch das
suffiz meno = urspr. manä (vgl. auch lit. mene) abgeleitet
ist Seamis (winterkorn) gehört auf jeden fall nur zu semo
(winter), wie aus dem böhm. o-zime zito (winterkorn, wäre
altsl. *o-zimoje zito), o-zimä psenice ( winter weizen , wäre
altsl. *o-zimaja piäenica) und o-zim fem. (wintergetreide,
wäre altsl. *o-zimi) zur genüge hervorgeht. Mit seese
(amsel) vergleiche man das lit. szesz6 oder szäze (dass.
Wbch. 8« 516 und 517), mit seydis (wand) das altslov. zidü
(murus, Lex.) und mit sidis (hartriegel) endlich das böhm.
avfd, womit der rothe hartriegel, Cornus sanguinea, be-
zeichnet wird. Das suffix von seweynis (saustall) entspricht
dem lit fn&s wie in angynas (natternnest), sew hingegen
kt wohl durch Spaltung von u eines Stammes *su (vergl.
au««, av-g) entstanden, wie es auch in dem lettischen suv-
»ens oder siv-ens (ferkel) geschehen ist. Interessant ist
auch das Verhältnis von scabre (fisch zärthe), wenn so
richtig gelesen ist, zu dem lit. zabrys (Wbch. s. 536) oder
iobrys und zobras (Wbch. 8. 550), welches den nämlichen
fisch bezeichnet Skerptus (rüsterbaum) erkennt man in
dem lit. skirpstüs (rothbuche, Wbch. s. 478) wieder, scri-
tayle* (radfeige) zeigt aber eine Weiterbildung des lit. skrl-
tas oder sknftas (die feigen, Wbch. 6. 482) und slaune
(arme der Vorderachse des wagens) mit slaunis nebst dem
lit. szlaünis (hüfte», Oberschenkel) stimmen sehr schön zu
skr. {jrönis und altbaktr. $r.aonis (hüfte). Denn die sans-
kritwurzel $ru erscheint hier regelrecht als slu im letti~
400 Bord«
»eben und preufsischen, als szlu dagegen im litauischen
wie auch die bekanntere gleichlautende $m (hören). Wenn
man ferner slidenikis (leithund) neben das slav. sledü (spur)
und das davon stammende verbum sl&diti (spören, Lex.)
8 teilt, so möchte man an entlehnung aus dem slawischen
denken, weil jenes wort genau einem slav. *sledinikü gleich
ist. Das böhmische slidnik bezeichnet einen spörhund.
Weiter unten entspricht smoy (mann) doch wohl nur
dem altlitauischen 2mä (mensch, Wbch. 8.553) und mit
ihm dann dem got. guma und lat. homo. Wenn es auch
wenig Wahrscheinlichkeit für sich haben sollte, dafs smorde
(faulbaum) mit dem lit. smirdas (gestank) nnd smardve
(unfläthigkeit, Wbch. 8.489) zusammenhängt, so ist hin-
gegen an der richtigkeit der leseart spaustan statt span-
stan (mühlwinde) nicht zu zweifeln, weil sich im litaui-
schen spauda und spaus-tüvö (kelter, presse, Wbch. 8. 492)
findet. Erinnert man sich an das vorgeschlagene *gerto-
wanax statt des vorkommenden gerto-anaz, so wird man
in spergla-wanag (sperber), was den ersten theil an-
betrifft, mit leiebtigkeit den Sperling, spurglis, erkennen,
so dafs dieses zusammengesetzte wort nur „sperlingsha-
bicht" bedeutet, was wiederum auch ein beweis ist, daft
oben wirklich nur *gerto-wanax gelesen werden mufs. Mit-
hin heifsen diese zwei raubvögel „höhnerhabicht" und
„ Sperlingshabicht ", und das letztere findet sein seitenstfick
in der deutschen benennung desselben vogels ahd. sparwari
aus sparo, got. sparva ( Sperling). Wegen e und u in
spergla- und spurglis vergleiche man gurcle mit lit. gerkle ;
dafs aber g im preufsischen worte kein blofser einschob
ist, beweist z. b. die deutsche dialectische form „sperk".
Statt stabs (schöps) wäre vielleicht *scabs zu lesen, weil
es so zum slavischen *skopü passen würde, von dem das
deminutiv altslov. skopie? (der verschnittene), böhm. skopec
(schöps) kommt, vgl. auch skopiti (evirare, Lex.). Wenn
man nach der vorrede oft nicht weifs, ob man m oder m
zu lesen hat, so könnte auch strambo (stoppeln) vielleicht
in #stran-ibo verändert werden. Das suffix *ibo gehörte
zum deutsch-preufsiscben vocabular. 401
uro nebst be in pagonbe (heideoschaft) zum lit. yba, ybe
. Schleicher, lit. gramm. 8. 128, 129), *8tran aber würde
eh durch das slav. strüni (stipula, Lex. ; böhm. strn-istS
ttoppel und Stoppelfeld) recht gut erklären. Es scheint
»er, daft *stran aus einem älteren *starn umgestellt ist,
kr welchen Vorgang sich im vocabular noch andere bei-
piele auffinden lassen. Und selbst wenn nur strambo ge-
»en werden sollte, so stünde dies der vergleichung mit
trüni nicht im wege, weil n vor b sehr leicht zu m wird,
o daf8 also strambo sich aus *stran-bo erklären würde,
fit strigeno (gehirn) kann slav. struzeni (medulla, Lex.)
»glichen werden, und wenn man #scurdis statt des an-
gegebenen sturdis liest, was ja nach der handschrift auch
nöglich wäre, so tritt die Verwandtschaft mit dem altslov.
)-8krudü (instrumentum lapicidae, Lex.), böhm. o-skrd
[mühleisen, bille, spitzhammer) hervor. Während ferner
»uppis (dämm) sich leicht mit dem slav. supü im altslov«
n*>8Üpü (Lei.), serb. na-sap, böhm. nä-sep (beide: agger)
vergleicht, scheint sutristio (molken) ein überflüssiges t zu
enthalten, wie vielleicht das slav. syriäte (coagulum, Lex.)
und auch das böhm. feyr-ovatka (molken) zeigt. Deutlich
ist der Zusammenhang von sweriapis mit dem poln. swier-
zepa (stute, Lex. unter sverepu) und dem altböhm. svefep-
-ice (stute), wenn das preufsische wort nicht gar selbst
davischen Ursprunges ist. Bei tallokinikis (freier), wozu
lit talkä (8. Wbch. 8. 68) das Stammwort bietet, wird auch
las slav. tlaka anzufahren sein, obwohl es mit freiwilliger
Arbeit nichts zu thun hat, sondern frohndienst bedeutet.
trotzdem verhält sich talkä zu tlaka wie etwa valdjfti zu
rlad-ati. So wie sich talus (boden) zum slav. tilo (pavi-
kientum, Lex.) und skr. tala (solum) stellt, so ist tarkne
bindriemen) zum slav. trakü (fascia, Lex.) und trupis (klotz)
su trupu (truncus, Lex.) zu ziehen. In tunclis (rade), wo-
fern nicht *cunclis zu lesen ist, läfst sich das slav. k^koli
[nigella, Lex.), böhm. koukol (kornrade) und lit. kükalas
(dass. Wbch. s. 207) nicht verkennen. Wäre dann die
Useart *cussis statt tussis (mücke) erlaubt, so könnte das
402 Bord*
lit. kiuzu, kiuzti (wimmeln, kribbeln, Wbch. 8. 214) herbei-
gezogen werden. Berechtigter ist jedoch die Zusammen-
stellung von welgen (schnupfen) mit slay. vlügü-kü (humi-
dus, Lex.) und lit. vilgyti (anfeuchten, Wbch. 8. 79), ebenso
die von winsus (hals) mit dem böhm. vaz (geniok). Dean
hält man das russ. vjaziga (rflckensehne des Störs) und das
altsloven. v$ziga (nervus piscium, Lex.) dazu, so erschliefst
man aus dem böhm. vaz ein altsl. *ve,zu, da einem altslov.
$ im russischen regelmäßig ja, im böhmischen oft ein a
entspricht, wie z. b. auch in svat/ = altsl. svetyj. Statt
des angegebenen vimino (ulme) im vocabular etwa *wincsoo
oder #winxno zu lesen, geht wohl nicht an, obgleich es
auf diese weise zum lit. vinkszna (ulme, Wbch. 8. 81) pas-
sen würde. Auch russisch vjazu (eine ulmenart), böhm.
vaz (ulme) lassen ein ähnlich lautendes altslov. *ve*u er-
schliefsen. Woapis (färbe) ist das altslov. vapü (color,
Lex.), wolti (ähre) aber genau das lit. valtis (haferrispe,
Wbch. 8. 49), serbisch vlat (arista, Lex. unter vlatü) und
nach vertust des anlautenden v das neuslov. lat und böbm.
tat oder latka (rispe), während wuysis („wacker") wohl
mit dem böhm. vyz-el (spörhund; hühnerhund) zusammen-
zustellen ist, da preufs. uy einem slav. y entsprechen kann,
wie z. b. luysis (luchs) und slav. rysi (dass.) zeigt.
Nachträglich müssen zwei oben übergegangene wör-
tor erst hier erwähnt werden. Weil ro in grobis (dann)
auch wohl aus or umgestellt sein kann, so läfst sich die
lautliche ähnlichkeit von grobis mit skr. garbhas (uterns)
nicht übersehen. Zur Vermittlung der bedeutung beider
Wörter kann aber altslav. crevo dienen. Dieses bedeutet
nämlich wie garbhas im sanskrit „uterus", allein das ge-
nau entsprechende böhmische wort stfevo hat schon die
bedeutung „darin, gedärme" angenommen. Wie sich da-
her die functionen von crevo (uterus) und stfevo (dann)
zu einander verhalten, so hat man auch zwischen garbhas
und grobis denselben Wechsel der bedeutungen. In dem
worte scebelis (haar) ist allem anscheine nach sceb die
wurzel, elis dagegen auffix, so dafs bei der vergleicbung
zum deutsch -prenfsischen vocabular. 403
r jene in betracht kommt. Für so darf man nun in
tem verwandten gotischen worte ebenfalls sk9 für b wie-
rnm b oder auch p erwarten, die aber nach dem be-
nnten lautgesetze vor einem folgenden t ohne unterschied
f übergehen. Unter dieser Voraussetzung darf man da-
r sceb-elis wohl mit dem got. skuft (haupthaar) zusam-
snstellen.
Zum Schlüsse mögen noch folgende drei bemerkungen
er stehen.
a) Aus den im buche gegebenen lesearten lalasso
ichs), wolistian (zicklein) und czilix (zeisig) liefse sich
bleicht vermuthen, dafs die handschrift hier ein dem 1
nliches f , d. i. s aufweist und jene Wörter daher als la-
iso, wofistian und czifix zu lesen sind. Dadurch würde
\8 letzte wort so ziemlich mit altsl. cizikü (acanthis, Lex.),
>hm. cizek (zeisig) übereinstimmen. Aufserdem scheint
ich ein wort für diese vermuthung zu sprechen, nämlich
ulgeno (mark) wie Nesselmann liest. Nimmt man aber
ae leseart mufgeno an, so läfst sich das altslov. mozgü
aedulla, Lex.) vergleichen. Will man gar lit. smagena
oark, Wbch. s. 486) herbeiziehen, so müfste man dazu
>cb eine Versetzung dieses f möglich finden. Doch wie dem
ich immer sein mag, auf jeden fall wäre es der mühe
erth, die handschrift in dieser hinsieht zu untersuchen.
b) Wenn Nesselmann in der vorrede auf 8. 7 die mei~
mg ausspricht, dafs die auf n ausgehenden Wörter des
»cabulars als ursprüngliche aecusativformen aufzufassen
ad, so kann man ihm darin nicht ganz beipflichten. Se-
en (samen) z. b. dürfte als nom. und acc. sing, wohl
hwerlicb anders lauten , besonders wenn man lat. semen
id altslov. sem$ dazu hält. Selbst in pirsten (finger) liegt
abrsoheinlich ein stamm auf en vor; man vergleiche den
ine zweifei von einem consonantischen stamme herrüh-
nden altsl. gen. sg. prüst-en-e, trotzdem dafs dieser stamm
ihon fingerring bedeutet. Was w eigen betrifft, so kann
ie$es wort mittels des Suffixes en von einem adjeetiv ab-
leitet sein (vergl. altsl. *vlügü in vlügukü), wie das lit.
404 Burda
ma£-en von maias (klein) in der redensart isz maz&ns (von
kindheit an, Wbcb. s. 386). Doch könnte jemand einwen-
den, dafs die Wörter auf en im vocabular nnr die minder-
zabl bilden, während solche auf an ziemlich häufig vor-
kommen. Aber auch da ist kein zwingender grund vor-
handen, an in allen Allen fl&r den ausgang des acc sing.
zu nehmen. Wie leicht zu vermuthen, haben wir es mit
abstammen zu thun, und diese bilden den acc. sing., wie
bekannt, ursprünglich mittels m. Das casussuffix m ist
nun im altpreufsischen noch als n erhalten; wie aber sollte
nach dieser analogie der nom. sing, eines neutralen a-stam-
mes im altpreufsischen gelautet haben, wenn schon in spra-
chen, die masc. und neutr. an den a- stammen beim Sub-
stantiv und adjektiv noch gut unterscheiden, der acc. sing,
masc. und der nom. sing, neutr. vollständig zusammenfallen
(vgl. Xvxuv und SdgoPy lupum und donum)? Mit recht kann
man allerdings voraussetzen, dafs uns das vocabular die
einzelnen Wörter im nom. vorführt; gehört jedoch der aus-
gang is in den weitaus meisten fallen dem nom. sg. eines
männlichen a-stammes an, so folgt doch aus diesem um-
stände allein noch nicht mit nothwendigkeit, dafs der aus-
gang an immer und überall der des acc. sing, eben solcher
stamme sein mufs. Wir können vielmehr wenigstens in
einigen der Wörter auf an auch beispiele eines nom. sing,
neutraler a-stämme erblicken, worauf wohl auch schon die
vergleichung einiger von ihnen mit denen des slavischen
führen dürfte. Denn nur das slavische kann unter den
am meisten verwandten sprachen hier zunächst in betracht
gezogen werden, weil das litauische und lettische trotz
ihrer näheren Verwandtschaft mit dem altpreufsischen kei-
nen ausschlag geben, indem sie jetzt am Substantiv um kein
neutrum mehr unterscheiden. Man vergleiche also assaran
mit slav. jezero, creslan mit poln. krzesto, kelan mit kolo,
prassan mit pro so, mestan mit m£sto, lunkan mit lyko,
saltan mit poln. sadto , stay tan vielleicht mit lat. scutum.
Wie dalp-tan neben dla-to steht, so scheinen auch andere
Wörter mit demselben suffixe gebildet zu sein, als piwa-
zum deutsch - preußischen vocabular. 405
Altan neben böhm. mläto, ebenso meltan und spaustan.
m suffixe tuan in schu-tuan (zwirn) pafst altslov. tvo =
;pr. tvam in tvori-tvo (qualitas, Lex.), indem es vom
initivstamme tvori so abgeleitet ist wie schutuan von
in äs lit. siu. Dafs die Wörter aufian, welche das junge
seichnen, neutra sein können, ist leicht zu begreifen,
eh läftt sich vielleicht maldian (füllen) im bezug auf den
»gang ian mit dem griech. top in naiöiov vereinigen.
> ferner bei den namen auf istian als eristian, wosistian
&bst den daraus verstümmelten) eben dieses istian zum
. yksztis wie in varnyksztis (junger rabe, Wbch. s. 54)
er dem griech. taxo in vsaviaxog, besser vielleicht einem
vetterten anzunehmenden *veavi(fxiov , gehört, läfst sich
r jetzt noch nicht mit Sicherheit bestimmen; dafs sie
er neutra sind, ist wahrscheinlich. Wird ferner in allen
logermanischen sprachen das neutrum eines adjectivs oft
bstantivisch gebraucht, so könnte in no. 460 — 468 bei
n farbennamen ein ähnlicher fall vorliegen. Den balti-
ben sprachen, mithin auch dem altpreufsischen, war, wie
lermann zugeben wird, das neutrum beim substantivum
sprünglich so gut eigen wie jetzt noch dem slavischen.
Itte uns daher das vocabular aus dem anfange des lö.jahr-
inderts einige, vielleicht nur diabetische spuren davon
wahrt? so wäre ein solcher fall nicht gar so unglaub-
h. Müfste man z. b. swetan (weit) für ein neutrum hal-
l, so kann dies nicht auffallen; denn ist svetü im slavi-
len ein masculinum, so ist im katechismus switai wie-
rum ein femininum.
c) Ueber das dunkle wort rikisnan (rücken) möge hier
sh eine vermuthung platz finden. Da schwerlich jemand
mben wird, es sei aus dem deutschen entlehnt, so wird
n wohl eine andere erklärung versuchen müssen. Be-
intlich bedeutet das altslov. zadu, welches mit der prä-
sition za (hinter) zusammenhängt, nicht blos pars po-
oa sondern auch dorsum, welches letztere sicherlich nicht
> ursprüngliche bedeutung ist. Nach diesem beispiele
re es daher nicht unpassend, in rikisnan eine wurzel
406 Bord«, mm deuUch-preuftischen rotabnlar.
von der bedeutung „ hinten, rückwärts" zu vermathen.
Eine solche scheint denn auch das lat. re, re-d (vgl. pro,
pro*d), re-tro zu sein, und dafs von einer partikel mittels
des Suffixes ka ein nomen abgeleitet werden kann, beweist
z. b. skr. adhi-ka von ädhi. Ein stamm *ri-ka im altpreu-
feischen ist daher wenigstens denkbar; es geht aber tos
skr. garas neben £arä noch weiter hervor, wie einem vo-
kalischen stamme auch ein solcher auf as zur seite stehen
kann , so dafs ein *ri-ka und *ri-k-is (über preufs. i vergl.
krixtieno mit lit. kregzd£) doch nicht so ohne alle analo-
gie sind. Dann vergl. man das altslov. loz*es-ino (uterus)
neben loze (uterus, Lex.), woran man sieht, wie ein stamm
*loz-es durch ein suffix ino = urspr. ina weitergebildet
worden ist. Ein i aber kann im altpreufsischen bisweilen
auch unterdrückt werden, wie meine (blauer Striemen) ne-
ben lit. m6'line zeigt. Daher enthält rikisnan in isnan eine
ähnliche Weiterbildung wie das altslov. lozesino in esmo,
die bedeutung hingegen wäre ursprünglich „das hintere*,
und dann speciell „der rücken".
Einen analogen fall der erweiterung zeigt auch das
altböhmische wort ritesne (nates ; es ist nom. dualis), wozu
der nom. sing, entweder #ritesno oder *ritesna sein könnte.
Ein böhmisches *ritesno müfste nun im altslovenischen etwa
*ritesino lauten und würde sich zu dem wirklich vorkom-
menden ritT (podex, Lex.) beinahe so verhalten wie loze-
sino zu loze. Man übersehe auch nicht die lautliche äbn-
lichkcit zwischen *ritesino und rikisnan. Während endlich
zadü beide bedeutungen: bintertbeil und rücken, in sieb
vereinigt, hätte man im altböhm. ritesne (nates) die erste,
im altpreufs. rikisnan (rücken) aber die zweite bedeutung.
Erst nach Vollendung dieser Zeilen fiel mir die Über-
einstimmung zwischen dem lit. kos6r6 (luftröhre) und dem
preufs. tosy (kehle) in laut und bedeutung auf. Zu kos&'rß
(Wbch, s. 205 > bemerkt Nesselmann, dafs statt dessen ge-
wöhnlich stemple gebraucht werde, und führt beim letzte'
ren worte (Wbch. s. 500) „kehle, luftröhre44 als erste be-
deutung an. Die ähnlichkeit ist wohl noch gröfser, wenn
;
i
Christ, Visucius Mercurius. 407
man bedenkt, dais kos&'rö auch mittels eines secundären
rö = urspr. rjä aus einem einfachen älteren *kose weiter-
gebildet sein kann. Etwas ähnliches zeigt z. b. mus&lö'
(fliege, Schleicher lit. gramm. s. 114) neben musö', ferner
fit, utele' (laus) neben lett. ute und uts (dass., letzteres ein
i-8tamm uti). So ist im litauischen ein altes *kose' auch
möglich und stimmt mit dem preufs. tosy ziemlich über-
ein. Ueber t im preufsischen vergleiche man z. b. tuylis
mit lit. kuitys, turpelis und lit. kurpälius. Ja man weifs
aolchen fallen gegenüber oft gar nicht, ob das preufs. t
auf einer falschen leseart beruht oder ob es seinen Ur-
sprung einem eigenthümlichen lautgesetze verdankt, und
dies ist auch oben überall festzuhalten, wo ein c für t vor-
geschlagen wurde.
Wenzel Burda.
Visucius Mercurius,
ein beitrag zur geschichte der lateinischen assibilation auf
gallischem boden.
In der sequanischen Stadt Visontio, später auch Be-
lantium u. s. w. genannt, fand sich früher ein stein dem
Mercprjus Vesuccius, dem Apoll und der Minerva geweiht;
eine götterdreiheit der musik und erfindung, die auch sonst
in keltischen ländern vorkommt*), nur dafs die allgemeine
lateinische bezeichnung „Mercurius" nicht durch hinzufü-
gung eines specielleren gallischen namens individualisiert
erscheint, wie in unserem falle. Die genannte inschrift
steht bei de Wal „mytbol." p. 201 f. und 208 f., wo er zu-
gleich den Vesontius einer andern nach Orelli 2064 mit
recht für .gefälscht hält.
*) So zn Stettfeld im Badischen auf einem zu Karlsruhe aufgestellten,
bei Brambach „ Baden unter römischer herrschaft u abgebildeten relief ; —
andere erwähnt Lersch in den Bonner Jahrbüchern IX 8. 56.
*) Dafür ist sacta geschrieben, sodafs also hier der gutturale nasal, (Im
sogenannte n adulterinum, gar nicht schriftlich ausgedrückt ist, wie öfters
(s. Corssen s. 261; Schuchardt vokalismus des Vulgärlateins III s. 58). Vgl«
die Schreibungen conjux, conjunx und conjuncx.
**) Ein italienischer ort dieses namens führt wirklich inschriftlich beide
namensformen (s. Henzen p. 20 indicis). (In Italien liegt auch ein Viaen-
tiura!) — Welcher ort aber als heimath jener Brittonen anzusehen sei, ist
schwer zu bestimmen. Lersch vermuthet in den Bonner Jahrbüchern IX
8. 69 f., derselbe sei in der Bretagne zu suchen und die bisherige annähme,
in England wäre ein Tripontium gelegen, sei unrichtig, daselbst wäre nur
ein Trimontium oder Trimuntium gewesen.
408 Christ
Der lokalgott Vesontio's wurde jedoch nicht allein in
seiner heimath, sondern auch weit davon am Neckar ver-
ehrt, und zwar nicht von ihre garnison oft wechselnden
Soldaten, sondern meist von einheimischen beamten derci-
vitates des grenzlandes. Dies ist der fall zu Köngen am
obern Neckar, wo das götterpaar Mercurius Visucius nnd
sancta*) Visacia sich zeigt (Brambach 1581). Desglei-
chen auf dem heiligen berge bei Heidelberg, wo aber der
römisch-keltische doppelname des gottes unter aufgäbe sei-
ner römischen identiticierung zu blofeem Visucius verein-
facht ist (Brambach 1704), bei Hockenheim, gegenüber
Speier, ^lagegen wieder in der widmung VIS V CIO MEB-
CVRIO (Brambach 1696) erscheint. — Trotzdem nun,
dafs die abstammung des besprochenen beinamens klar
vorliegt, so wurden doch schon andere gänzlich unhaltbare
deutungen versucht; so vergliche man z. b. die personen-
namen Esuggius, Isugius (bei de Wal p. 200 f.), die ganz
anderen Stammes sind! Dagegen könnte man wohl auf den
namen des flusses Väzouse bei Lflneville hinweisen, der
um 800 Vizuzia hiefs; desgleichen auf die in Vesnnna ||
(Perigueux) selbst, wie auch in Italien auftretende gott-
heit Vesuna.
Dafs und auf welche weise aber der Vesucius oder
Visucius aus dem namen der Stadt entstanden, ist bereits
1819 von Schmidt „gesch. d. grofsherz. Hessen" II s. 399
angedeutet und auf die analogie der Brittones Triputienses
verwiesen, deren namen auf ein Tripontium oder vielmehr
auf eine nebenform Tripuntium zurückgeht**). Zur wei-
Visucius Mercurius. 409
wn erklärung des sprachlichen Vorgangs wollen wir jedoch
ier auf Corssens jüngst erschienene zweite aufläge seiner
iteioischen ausspräche u. s. w. verweisen. Derselbe ver-
reitet sich 8. 50 — 67 mit nachtragen aufs. 794 f. ausführ-
et! Aber die assibilation des -ti und -ci mit folgendem
okal zu schliefslichem -si, einen Vorgang, den er gegen
tohuchardt, namentlich auf gallischem boden, doch etwas
q jung taxiert, wenn er sein eintreten hier ins sechste bi6
iebente Jahrhundert rückt, während er sich in Afrika schon
in 3. jahrh. n. Chr. entwickelt haben soll*). — Die ge-
launten Visucius «inschriften Südwest-Deutschlands fallen
tber auch nicht später als in das 3. jahrh. — In ihnen ist
tber bereits die assibilierung ersichtlich, die sich im heu-
igen „Besanpon" zeigt, worin sie, wie im franzosischen
iberhaupt, bis zum blofsen scharfen Zischlaute s (p) fortge-
ebritten ist. In „Besantion" nämlich wurde die endung
rat zu -tsjon, dann weiter zu -tson, endlich -son assibi-
tert. Die n wurden auf die dadurch nasalierten vokale
.bertragen und nur für die schrift erhalten,' während im
lercurius Visucius der nasalierte vokal vollständig unbe-
eichnet erscheint, weil die lateinische spräche kein mittel
u seiner bezeichnung hatte. (Ueber den auefall des n vor
, t und d vergl. Corssen 8.251 — 259.) Dafs der nasal
ber schon damals wie jetzt noch gehört wurde, beweist
lie Unbestimmtheit des im namen jener Stadt dem n des
tammes vorausgehenden vokale, der zwischen a, o und u
oh wankt: „Besantio, Vesontio, Visuntium", weil er eben
lureb nasalierung unter aufgäbe des folgenden n- lautes
erdumpft wurde. — Dasselbe sehen wir in Tripontium,
Cripuntium — Triputienses. Ebenso nun wie ti vor fol-
genden vokalen assibiliert wird, fand dies unter keltischem
linflusse schon frühe auf gallischem boden auch mit ab-
eitungssilben wie -cius, -cies, -cio u. 8. w. statt, die gleich-
falls tsjus, tsjes, tsjo (später mit aufgäbe des t und ver-
*) Weniger gelungen ist die darstellung dieses lautlichen Vorganges,
welche Mowat anläfslich des namens Bonifatius in der Revue arche'ol. 1869
p. 240 f. in der anmerkung gibt.
Beitrüge z. vgl. sprachf. VI. 4. 27
410 Christ, Visucius Mwcuriua.
8chlingung des j *)) gesprochen, leicht mit den wirklichen
endnngen -tius u. s. w. verwechselt werden konnten, wie
dies in Visucius statt Visutius, resp. Visuntios der fall war.
Ueberblicken wir nun noch einmal in kürze den laut-
lichen hergang bei der assibilierung in den romanischen
sprachen in endsilben, wie z. b. tio, so können wir die fol-
genden Schemata aufstellen, worin wir nach Lepsius'scher
weise das weiche, tönende s durch z ausdrücken, wie im
französischen. Ebenso ist £ = franz. j. Mit j bezeichnen
wir aber nach deutscher art das consonantische i. Unser
seh wird durch s gegeben. Hierbei sind jedoch zwei ge-
biete zu unterscheiden, nämlich
1) italienischer sprachboden als erste stufe. Hier wird
tio — tjo zu täjo, dies wieder vereinfacht zu tsjo, endlich
unter Schwund des halbvokals j zu ts z. b. Firenze ans
Florentia, palazzo aus Palatiujn. — Es ist dies das deut-
sche wie italienische harte z = ts — nicht das franzö-
sische.
2) Altkeltischer sprachboden in Gallien und Hispanien:
Sowohl die nord- wie sudromanischen sprachen entwickel-
ten hier je nach dem vorwalten der tonlosen s — s oder
der tönenden z — z eine doppelte reihe:
.. ( täo — tso — so
tio — tio j xv
J ( tzo — tzo — zo.
Hierbei können natürlich nur die volkstümlichen Wörter
berücksichtigt werden , worin regelmäßig Schwund des i
stattfindet, z. b. maison, lepon aus mansio, lectio. In an-
dern dagegen, wo i bleibt, wirkt der einflufs der etymolo*
gie auf die schrift störend , z. b. nation , das wie napion
gesprochen wird, ebenso action u. s. w.
*) So dafs, wie z. b. im französischen face aas facies, nur noch der
laut s Übrig blieb. — Im italienischen gieng diese assibilation in der weise
vor sich, dafs ci vor folgendem vokal zu tsch wurde, so z. b. wird braccio,
faccia, cielo = bratscho, fatscha, tschelo gesprochen. Es ist dies eine folge
des zu j consonantierten vokales i.
Heidelberg. K. Christ.
Pauli, preufsische Studien. 411
Preufsische Studien.
I. Lautlehre.
Ne8selmann hat im vorigen jähre unter dem titel: „Ein
deutsch -preufsisches vocabularium aus dem anfange des
fünfzehnten Jahrhunderts" nach einer von Peter Holczwe-
seher geschriebenen, jetzt der Elbinger Stadtbibliothek ge-
hörigen hand8chrift eine höchst werthvolle Wörtersammlung
des altpreufsischen, und zwar pomesanischer mundart, ver-
öffentlicht, werthvoll einmal an sich als mehrung des vor-
handenen Stoffes und sodann durch die trefflichen register
des herausgebers, welche den preufsischen formen die ver-
gleichbaren Wörter der andern preufsischen quellen, des
litauischen, lettischen und der slawischen sprachen hinzu-
fügen. Der Schreiber des vocabulars war, wie sein name
zeigt, ein deutscher. Es fragt sich, woher er sein voca-
bular entnahm, ob aus schriftlichen quellen, ob aus münd-
licher Überlieferung oder ob er selber des preufsischen kun-
dig war. Letzteres ist an sich unwahrscheinlich; denn
welchem zwecke sollte dann überhaupt das vocabular ge-
dient haben? Doch liegen auch positive anzeichen vor, die
erweisen, dafs der Schreiber der handschrift des preufsi-
schen selbst nicht kundig war, sondern es lediglich nach
dem gehör, vielleicht nach dem dictat eines Preufsen, und
fcwar mit deutscher Orthographie, niederschrieb. Das letz-
tere lehrt ein einziger blick zur genüge, das erstere folgt
&U8 dem umstände, der nachher im einzelnen zur Unter-
suchung gelangen wird, dafs er nämlich manche laute ent-
weder ganz überhört oder falsch aufgefafst hat, was eben
doch nur beim dictat möglich ist.
Was mm seine Orthographie anlangt, so befolgt er
auch innerhalb des deutschen selbst keine festen regeln, so
dafs er z. b. hintereinander vlys flufs und reynflis regen-
flufs, hoer haar und czophor zopfhaar, naze nase und na-
seloch nasloch, vues fufs und vüssole fufssohle, czee zeh
and czeballe zeh ballen, becker bäcker und bachus back-
27*
413 Pauli
haus schreibt und dergleichen vieles. Ebenso inconsequent
ist seine Orthographie der pomesanischen Wörter. Aber
noch ein drittes kommt hinzu, welches die Zuverlässigkeit
des vocabulars beeinträchtigt. Holtzwäscher hörte nicht
nur unter umständen ungenau und schrieb inconsequent,
sondern er hat sich auch mehrmals geradezu verschrieben.
So in wolistian, malunastäb (d. i. -stmbb), die Nesselmann,
ganz unzweifelhaft richtig, in wosistian, malunastabis cor-
rigirt bat. Ebenso unzweifelhaft ist silkasdrunber in eil-
kasdrimbis zu ändern. Aber es sind mir aufser diesen
noch manche andre verdächtig.
Es wird nun im folgenden versucht werden, aus den,
wenn ich so sagen soll, empirischen formen des vocabu-
lars die rationellen herauszufinden und diese nach einheit-
licher Orthographie umzuschreiben, wozu ich, der gleicb-
mäfsigkeit wegen, das litauische System Schleichers ver-
wende. Dabei kommt es vor allem darauf an, sorgfaltig
zu scheiden, was blofs auf rechnung des Schreibers kommt, |l
und was wirkliche lautabweichung des dialekts ist.
Zu dem zwecke ist nötbig, zunächst das laut System
des pomesanischen vergleichend festzustellen, wonach sich
die bezeichnung der einzelnen laute durch buchstaben nach
Schleichers System von selbst ergiebt.
a. Die vocale.
1 . Das pomesanische zeigt in der form, wie es Holtz-
wäscher überliefert, folgende vokale und vokalverbindun-
gen: a, e, o, i, y, u; ee, ea, oa; ai, ay, ei, ey, eey, iey,
oi, oy, oe, oay; au, eau; uy, iu; ia, ie, io, ue. Sehen wir
selbst von den letzten vier grnppen ab, die nicht eigent-
lich diphtbonge sind, so ist es doch schon an und für sich
wahrscheinlich, dafs diese bunte reihe, dem verhältnifs-
mäfsig einfachen Vokalsysteme des litauischen gegenüber,
nicht das wirkliche lautsystem des pomesanischen enthalten
wird, sondern, namentlich in den complicirteren gruppen,
das vorkommen dieser oder jener Verbindung lediglich der
Holtzwäscherschen auffassung eines gehörten lautes und
%
preufsische Studien. 413
em bestreben, diesen vermeintlich gehörten laut genau
bezeichnen, zuzuschreiben ist. Diese ansieht wird noch
urch bestätigt, dafs einzelne obiger vocalgruppen sehr
;n vorkommen, so z. b. eey, iey, oe, oay je einmal, ee
mal, ea fünfmal, eau dreimal, iu zweimal, uy dreimal,
rend z. b. die dem litauischen entsprechenden diph-
lge überaus häufig sind. So findet sich ai 48 mal, ei
lal, au 43 mal. Trotzdem entspricht jedoch das laut-
em des pomesanischen dem des litauischen im einzelnen
eswegs, sondern es finden sich .genug erscheinungen,
wirklich als lautliche, nicht blofs graphische abweichun-
beider sprachen zu bezeichnen sind. Ein genaues
jhgehen der einzelnen vocale und vocalgruppen des vo-
ilar8 wird das zeigen.
2. Pome8anische8 a entspricht im grofsen und ganzen
a des litauischen und somit dem der indogermani-
n grundsprache. Die beispiele dafür bietet das voca-
r in so groüer fülle (ich zähle allein in der wurzel-
> deren 69), dafs ich, um räum zu sparen, keine belege
er gebe.
3. Da, wo vergleichbare litauische formen fehlen, kann
slawische mit seinem o = lit. a beweisend eintreten,
in folgenden formen:
assanis herbst, russ. Ösen9;
babo bohne, sl. bobu;
dragios hefen, russ. droizi;
nage fufs, russ. noga;
naricie iltis, russ. norök" wiesei;
pracartis trog, russ. koryto;
prassan hirse, russ. proso;
rawys graben, russ. rov";
salowis nachtigall, russ. solovej.
4. Es giebt nun ferner eine anzahl von fällen, in de-
das pomesanische ein a, das litauische ein e zeigt.
indet sich dies in:
arelie adler, lit. erelis;
asy rain, lit. eze';
414 Pauli
assegis barsch, lit. eszer/s;
weware eichhorn, lit vovert';
addle tanne, lit. £gl6;
assaran landsee, lit. ezeras;
galdo mulde, lit gelda;
ladis eis, lit 16das;
raples zange, lit. rtplte;
ratinsis kette, lit r&özis;
same erde, lit. z£m&;
tackelis Schleifstein, lit. tökäas;
tatarwi8 birkhuhn, lit. tetörva.
In letzterem worte macht die reduplicationssilbe den Wech-
sel mit Dies a findet sich anch im zemaitischen, z. b. in
arälis (Nesselmann lit. wtb. 8. ▼.), Udas (Szyrwid). Be-
kanntlich ist lit. e und seine acoentdehnnng 6 nichts an-
ders, als das griech. c, d. h. Vertreter eines alten a. Dies
herabsinken eines älteren a zu e oder & wird innerhalb
des litauischen, sowohl hochlitauischen, als zemaitischen,
noch jetzt gefunden (Schleicher lit. spr. I, 31). Es ist also
mit völliger Sicherheit anzunehmen, daß in obigen formen
das pomesanische den älteren vokal noch gewahrt hat
5. Dieser ältere lautstand des pomesanischen findet
sich auch noch weiteren Schwächungen des litauischen ge-
genüber, namentlich gegenüber i und u. Ersteres ist der
fall in:
artwes kriegsfahrt zur see, lit. Irti rudern;
garian bäum, lit. gir& wald.
Beide litauische formen halten das i in allen ableitungen
ausschließlich fest, während das sl. gora berg hier den
dem pomesanischen a genauer entsprechenden o-laut zeigt.
Aehnlich ist der fall in: piwa-maltan malz, lit milteris
mälzer. Da das litauische die Schwächung des a zu i vor
r und 1 auch sonst liebt (cf. das verzeichnifs bei Schleicher
lit. spr. I, 35 sqq ), so dürfen wir das r und 1 auch hier
als grund derselben ansehn.
7. Ganz analog ist der fall, wo pomesanisches a einem
lit u gegenübersteht, wie in :
preufsische Studien. 415
angurgis aal, lit. ungurfs;
wanso flaum, lit. usal schnurbart;
ape fluis, lit. üp£;
8abatico Sonnabend, lit. subatä*).
uch hier sind die litauischen Schwächungen 'folge einmal
r nasalen (cf. die beispiele bei Schleicher 1. c. 47), all-
erseits der labialen, deren nahe Verwandtschaft zu u ja
ch in andern sprachen oft genug hervortritt.
8. In allen diesen fallen, 19 an zahl, gehört das rei-
re pomesanische a der Wurzelsilbe an, worauf ich schon
3r besonders aufmerksam mache.
9. Pomesanisches i einem litauischen i oder dessen
hnung y entsprechend zähle ich in 43 fällen, wobei ich
er den unterschied zwischen echtem i und dem aus a
geschwächten unberücksichtigt gelassen und aufserdem
ch das pomesanische y, als blofs graphisch von i ver-
mieden, als i mitgezählt habe. Denn Holtzwäscher braucht
ide zeichen ohne jeglichen unterschied, sowohl in seiner
Reibung deutscher, als auch der preufsischen Wörter,
ir gewöhnlich schreibt er in Stammsilben i, doch steht
in:
sylecke hering, lit. silkö;
sylo heide, lit. szilas;
ylo ahle, lit. ^la;
lyso ackerbeet, lit. tys& ;
sywan grau, lit. sz^vas schimmelig (vom pferde).
ese beispiele zeigen, dafs pomesanisches i und y sich
:ht, wie die litauischen buchstaben, dem laute nach als
rze und länge unterscheiden.
10. In einigen andern formen, wo das litauische nichts
rgleichbares bietet, erweisen lettische oder slawische for-
in die richtigkeit des pomesanischen i; so in:
singuris Stieglitz, lett. siglis;
sineco meise, poln. siniak hohltaube;
swintian seh wein, russ. svin'ja.
* ) subata ist dem russ. subota entlehnt, dessen u aus altbulg. § regel-
et entstanden ist, ab. sabota. wanso = ab. vasü. J. S. *
416 Pauli
I
11. Wie oben beim a, so finden sich auch beim i meh-
rere fälle, in denen der poinesanische vocal dem litauischen >
nicht entspricht. So zeigt sich zunächst pomesamisches i
neben lit. a in :
sirmes lauge, lit. szärmas;
neben slawischem in:
irmo oberarm, sl. ramo Schulter.
Da hier in beiden fällen dem vokale ein r folgt, so halte
ich hier das i für wirkliche Schwächung des a, wie oben
in litauischen formen, nicht für ungenau gehört.
12. Ob in:
werwirsis lerche, lit. veversjfa;
krixtieno erdschwalbe, lit. kregzde' schwalbe;
pyculs hölle, lit. pekla,
blofs Holtz wasch er i zu hören geglaubt hat, oder ob eine
wirkliche Schwächung zu i vorliegt, ist schwer zu entschei-
den. Doch scheinen die formen, die der katechismus f&r
letzteres wort gleichfalls mit i bietet, auf wirkliche Schwä-
chung zu deuten, um so mehr, da ja auch litauisch die
Schwächungsreihe a, e, i sich findet. In werwirsis wird
das i einmal durch das s, sodann auch durch dissimilation
hervorgerufen sein.
13. Einem litauischen e zur seite steht pomesanisches
i in:
sixto sand, lit. ze gzdras kies.
Derselben lautentsprechung werden wir in den endsilben
noch öfter begegnen, namentlich bei femininen der ja-de-
clination neben e. Darnach ist es sicher, dafs hier ledig-
lich Holtzwäschers ohr ungenau aufgefafst hat, welches ein
i zu hören glaubte statt lit. e, von welchem Schleicher (lit.
spräche 1,9) sagt: „e ist das weiche, nach i hin klin-
gende e". Es ist also auch pomesanisch e zu schreiben.
14. Ob dasselbe verhältnifs auch in stibinis schütten-
bein obwaltet, ist nicht sicher zu entscheiden, da es so-
wohl zu ste'bas pfeiler, als zu stipinas Speiche gehören
kann, welche beide Nesselmann aufführt. Doch neige ich
preufsische Studien. 417
dazu, es zu stipinas zu beziehen, da auch sonst Holtzwä-
8cher fortis und lenis nicht reinlich auseinander hält.
15. In:
siduko durchschlag, lit. setas;
lipe linde, lit. lepa;
kylo bachstelze, lit. kele
steht i neben lit. e. Da letzteres die ausspräche ea hat
(Schleicher lit. spräche 9), so ist es sehr wahrscheinlich,
dafs hier Holtzwäscher das nachklingende ä überhört und
e wie oben als i aufgefafst hat. Ich schreibe deshalb un-
bedenklich in obigen Wörtern auch pomesanisch e.
16. Ganz vereinzelt findet sich die Schreibung ie in
der Wurzelsilbe, nur in
liede hecht, lit. lydekä.
Sie scheint langes i zu bezeichnen, wie in den deutschen
Wörtern bier bier, rytslitte reitschlitten, w^es weifs, ob-
gleich sonst im vocabular die vocallänge nicht bezeichnet
ist und z. b. neben bier sich schenkbir findet.
17. Auf a und i lasse ich zunächst e folgen, welches
seinem Ursprünge nach im litauischen als e (e) und e be-
kanntlich auf a, als e auf i zurückgeht. Holtzwäscher
schreibt gleichmäfsig e, es läfst sich aber mit Sicherheit
erweisen, dafs das pomesanische trotzdem, wie das litaui-
sche, die drei e geschieden habe. Das e (e) zunächst fan-
den wir schon oben pomesanisch oft noch als älteres a.
Dieser umstand deutet auf die noch sehr offne ausspräche
des e, wo es aus a hervorgeht. Umgekehrt fanden wir
eben in sixdo i an stelle eines lit. e. Auch für € fand sich
i, daneben aber zeigt sich in:
seamis Winterkorn neben semo winter, lit. zemä
der kurze nachklang ä sogar bezeichnet. Wir gewinnen
somit auch für das pomesanische die laute e (e) = ä,
e = ö, e = e*. Es scheint hier geboten, die Wörter, die
jedem zukommen, zusammenzustellen.
18. Es findet sich e (e) in:
esketres stör, lit. erszke'tras;
geguse kukuk, lit. geguze' ;
418 Pauli
medies Jäger, lit med&'jis;
medione jagd, lit. medzön&;
melato grQnspeeht, lit. meleta;
merga Jungfrau, lit. merga;
pelki brach im felde, lit. pelk£ ;
percunis donner, lit perkünas;
pettis Schulterblatt, lit. petls Schulter;
pleske sielengeschirr, lit pleszkä';
spenis zitze, lit spenys;
swestro Schwester, lit sesfi7;
genix specht, lit. gen^s;
meddo honig, lit medüs;
pelanne asche, lit pelenai (plur.);
pelwo spreu, lit. pelal (plur.);
bebrus bieber, lit. bebrus;
gerwe kranich, lit gervä;
pentis ferse, lit. päntis;
thetis ältervater, lit tötis Väterchen;
weders bauch, lit. vädaras (Schi, v&'daras);
berse birke, lit. börzas;
emelno mistel, lit. ömalas;
median wald, lit. mödis bäum;
inettan jähr, lit. metas;
pelanno herd, lit. pölenas.
19. Da slawisches e = lit e, so gehört hieher auch
noch:
genno weib, sl. Jena.
20. Von gröfserer Seltenheit ist 6, welches auch im
litauischen gegen e (6) weit zurücktritt Es findet sich in:
meine blauer Striemen, lit. m&linö;
na-dele sonntags lit. ne-d6'l&;
wetro wind, lit. v&'tra stürm;
eristian lamm, lit 6'ras ;
creslan lehnstuhl, lit. krö'slas ehrenstuhl;
peccore bäcker, lit. p6'czus backofen (Schi, päczus);
semen saat, lit. sömu';
semeno brach vogel, lit. sömenö' hänfling;
menius monat, lit. mö'nu.
preufsische Studien. 419
21. Nur vereinzelt findet sich pomesanisch e = lit. e;
nur in dem schon genannten:
sema winter, lit. iemh;
•ner in:
mestan stadt, lit. mestas;
swetan weit, lit. svetas.
sr grund für dies seltne vorkommen wird sich beim ai
geben.
22. Neben dieser grofsen zahl von übereinstimmenden
•mesanischen und litauischen formen finden sich nun aber
ch wieder einige abweichende. So steht zunächst po-
esanisches e neben lit. a in:
treste drossel, lit strazdas;
wessis Spazierschlitten, lit. vä&is;
elleicht auch in
kexti haarzopf, lit. kasä;
klexto kehrwisch, lit. klastyklä besen;
au-klextes oberkehricht, lit. nü-klastos.
chon oben sahen wir, dafs das a beider sprachen sich
cht deckte; dasselbe ist offenbar auch hier der fall, nur
i umgekehrter weise, insofern hier das litauische das äl-
re a bewahrt, doch überwiegt pomesanisches a numerisch
)ch immer über das litauische bedeutend.
23. Ferner steht e neben lit. i in:
meltan mehl, lit. miltai.
a das litauische den grundvokal a im verbum m<i mah-
d, das pomesanische in piwa-maltan malz ihn bewahrt
it, so halte ich natürlich beide formen für geschwächt,
doch in verschiedener weise. Denn meltan neben -mal-
n hat unzweifelhaft e, wie z. b. lit. ekö'czos, störkas ne-
in aketes, starkas und ist als blofse nebenform dazu an-
isehn, während in lit. miltai die Schwächung bis zum i
»rgedrungen ist, wie z. b. in pilnas, vllkas u. a.
24. Bisweilen begegnet die Schreibung ee. In der
jrzelsilbe zeigen sie folgende formen:
peempe kiebitz, lit. p&npö ; .
seese amsel, lit. sz£z6 (3?);
steege scheuer, lit. stegti ein dach mit stroh decken.
420 Pauli
Da ausserdem sich ee einmal in der femininendung der ja-
declination findet, nämlich in wosee, lit. *oi6' (fem. zu ozys),
so erscheint es also neben drei arten des litauischen e, als
e, e, e. Unmöglich kann es demnach in den pomesani-
sehen Wörtern qualitativ gleichwertig sein. Das zeigt
auch die anwendung des ee in Holtzw&schers schreibuog
der deutschen Wörter; er bietet es auslautend in see see,
czee zeh, klee klee, ree reh, wo es unzweifelhaft den
werth des lit. 6 hat. Inlautend hat es in weer wehr, heer
heer die dehnung des mhd. e, also gleichfalls lit. e, zu
bezeichnen. Ebenso entspricht es litauischem e in dein
dem litauischen kletis vorrathshaus entlehnten kleet, so
wie in beer eber mit ursprünglich langem 6. In meel mehl
dagegen bezeichnet es gedehntes mhd. S, d.h. lit. e, in
reen rain und leethunt leithund . steht es sogar neben ei,
in czeen zinn neben älterem i. So viel wird auch daraus
klar, dafs es qualitativ verschiedene laute bezeichnet. Da
aber alle genannten beispiele, mit alleiniger ausnähme von
czeen zinn, lange vokale aufweisen, so ist es nicht un-
wahrscheinlich, dafs es auch in den preufsischen Wörtern
gleichen zwecken dient, obgleich Holtz Wäscher sonst die
länge des vokals weder im deutschen, noch im poraesani-
seben bezeichnet und z. b. neben czee sich czeballe findet.
Jedenfalls ist für die darstellung durch das litauische ai-
phabet die Schreibweise ee zu verwerfen und blos e zu
schreiben, wobei es in dem einzelnen falle fraglich bleiben
mag, welches?
25. Schon oben begegnete uns in seamis winkerkorn
ein ea, dessen werth auf e zurückgeführt wurde. Außer-
dem findet sich ea in folgenden Wörtern geschrieben:
geasnis schnepfe,
mealde blitz,
peadey socken,
deren letzteres doch wohl gleich lit pädai sohlen ist, wäh-
rend die beiden ersten nichts vergleichbares bieten. In peadey
haben wir alsdann nicht die bezeichnung eines ans e-f-a
bestehenden lautes, wie in seamis, sondern ea giebt den
preufsische Studien. 421
zwischenlaut zwischen e und a, eine bezeichnungs weise,
die auch sonst oft genug sich findet und auch von Holtz-
wäscher noch öfter angewandt wird (cf. oa in 46). Es
liegt demnach hier der laut e (d. i. ä) vor und so möchte
ich auch schreiben, falls man nicht geradezu a vorzieht.
Ob in geasnis und mealde e, wie in seamis, oder e (a),
wie in peadey vorliegt, läfst sich bis jetzt nicht entschei-
den. Vielleicht bringt später Kurschats Wörterbuch licht.
26. Wir wenden uns zum pomesanischen ei (ey) und
ai (ay). Beide Schreibweisen wendet Holtzwäscher fürs
deutsche an, meist jedoch ei, ai nur da, wo contraction
aus agi stattgefunden hat, wie in hayl hagel, wayn wa-
gen, nayl nagel, haynbuche hagebuche, hayn gehege, jayt
Jagd. Da sonst das deutsche diese beiden arten ei dem
laute nach nicht scheidet (mhd. gleichmäfsig ei für beide
Alle), so haben wir hier wohl etymologische, keine phone-
tische Scheidung vor uns. Ebenso ist es im pomesanischen
heile. Hier steht broakay hosen, luriay meer mit ai ne-
)en peadey socken (lit. pädai sohlen) mit ei, und alle drei
ind doch plurale der a-declination. Das suffix in estü-
eyto eidechse wird gleichfalls nicht verschieden sein von
lern in krichaytos pflaumen, sliwaytos pflaumen, wisnaytos
□rechen. Daraus folgt also, dafs Holtzwäscher auch im
)omesani8chen ei und ai nicht klar scheidet. Indessen
)leibt noch immer die frage offen, ob nicht die spräche
(eiber doch vielleicht, wie das litauische, die laute ei und
ü geschieden habe. Zur entscheidung dieser frage wird
js nöthig, den pomesanischen formen die litauischen ge-
genüber zu stellen, und da findet sich das ei und ai Holtz-
räschers geschrieben neben lit. ei, e und ai.
27. So entsprechen sich:
kalo-peilis hackmesser, lit. peilis messer;
weydulis augapfel, lit. veidas antlitz;
preitalis ambofs, lit. preikalas.
3ier also 3 mal ei = lit. ei.
28. Neben lit. S finden sich :
ay8mis spiefs, lit. eszmas;
422 Pauli 4
braydis den, lit brädis;
deynayno morgenstern, lit. denä tag;
deywis gott, lit. devas;
caymis dorf, lit. kämas (wohl nicht gleich kaimas);
playnis stahl, lit. plenas;
reisis nufs, lit. reszutas,-
slayx regenwurm, lit sl&as;
snaigis schnee, lit. snegas;
also 6 mal ai, 3mal ei = lit. 8.
29. Litauischem ai entspricht im vocabular:
maysotan bunt, lit. maisz^ti mischen;
wayklis söhn, lit. vaikelis knabe;
also 2 mal ai = lit. ai.
30. Hier zeigt sich also neben lit. ei nur ei, neben lit.
ai nur ai und blofs für lit. S schwankt die Schreibung. Er-
wägt man aber, dafs lit. ei und 8 etymologisch gleichwertig
sind, dafs letzteres aus ersterem wohl nur durch Verschmel-
zung entstanden ist, wie z. b. lit preikilas und prSkalas
neben einander stehn (Kurschat lit. wb. I, 8. v. ambofe),
zieht man dazu die vereinzelte Schreibung
plieynis flockasche, lit planus
in betracht, deren iey doch schwerlich als ai, sondern nur
als ei (d. h. ei) gedeutet werden kann, erinnert man sieb
ferner, dafs oben auch schon hin und wieder im pomesa-
nischen die Verschmelzungen e (ea), selbst i litauischen e
entsprachen, so wird man doch dem Schlüsse kaum aus-
weichen können, der pomesanische laut, der dem lit e* ent-
spreche, sei ei, nicht aber ai, welches litauischem ai gleich
bleibe. So also wird theoretisch und auch praktisch für
die schrift zu scheiden sein.
31. Ob in seweynis schweinstall neben swintian schweio
ei oder ai vorliegt, ist zweifelhaft. Das verbältnifs von
autre schmiede neben wutris schmied spräche ftr ai.
32. Das pomesanische ei, welches in größerer zahl
neben lit. e steht, dem nur wenige pom. ö entspräche!
(siehe oben no. 21), ist entschieden eine gröfsere alterthttm-
lichkeit des pomesanischen, die sich etwa der bewabruog
preufsische Studien. 423
las a neben lit. e vergleichen läfst, der wir oben begeg-
leten.
33. Wie wir oben einige male ein ee fittr e antrafen,
io begegnet auch einmal, nämlich in:
geeyse, reiher, lit. gersze
iin eey. Ich halte dies eey für blofse Umschreibung des e
sur bezeichnung eines zwischenlautes zwischen e und i,
Nie wir dergleichen bei Holtzwäscher öfter treffen (cf. 25).
Jeber das fehlen des r später (112).
34. Das pomesanische u entspricht im allgemeinen dem
tauischen, sowohl, wo es aus a geschwächt, als, wo es
rsprünglich ist. Ich zähle 36 formen, in deren Stammsilbe
eide sprachen gemeinsam ein u aufweisen.
35. Daran schliefst sich mit iu:
piuclan sichel, lit. piüklas säge,
o iu, wie auch sonst, wurzelhaft ist.
36. Daneben schreibt Holtzwäscher jedoch auch in
nzelnen fallen u, wo das litauische andere vocale hat.
o steht u neben a in:
curwis ochse, lit. kärve kub.
>afs hier wirklich verdumpfung des a zu u vorliegt, zeigt
er katechismus, der gleichfalls den acc. kurwan darbietet.
>afs der grund dieser affection des a vielleicht in dem
Agenden w liege, scheint sich zu ergeben aus:
wundan wasser, lit. van du';
enn hier ist offenbar das u durch das w hervorgerufen.
)er nasal kann nicht schuld sein, denn oben sehen wir,
afs das pomesanische die neigung des litauischen, beson-
ers des zemaitischen, zur verdumpfung des a vor nasalen
Schleicher lit. spr. I, 31) nicht theilt. Auch in
wumbaris eimer, poln. w^borek
»t das u unzweifelhaft durch das w hervorgerufen.
37. Sonst findet sich u neben lit. e noch in:
gurcle gurgel, lit. gerkle'.
)b hier Holtzwäscher richtig gehört hat, kann zweifelhaft
rscheinen, denn er schreibt z. b. innerhalb des pomesani-
chen selbst in spurglis Sperling ein u, dagegen in spergla-
424 Pauli
-wanag Sperlingshabicht, Sperber (cf. Grimm gesch. I1, 52),
dessen deutung Nesselmann entgangen ist, ein e. Da in
gurcle und spurglis die lautlage genau dieselbe ist, so,
glaube ich, ist auch in erstcrem worte ein e zu schreiben,
dessen dumpfen tiefen laut vor dem r Holtzwäscher irr-
thümlich als u auffafste und fixirte, jedoch zeigt auch das
litauische bereits ein u in gurklys kröpf, adamsapfel, so
dafs auch pom. u möglich scheint.
40. Das pomesanische o erscheint zunächst in 15 fäl-
len in Stammsilben gleich dem litauischen o, also als Stei-
gerung des a.
41. Wo litauische formen fehlen, können slawische mit
a den nachweis der länge des o führen, da bekanntlich sl.
a = lit. o. Dies verhältnifs findet statt in:
moke mohn, sl. makü;
pore brodem, russ. par";
posty weide, russ. pästi weiden;
somukis schlofs zum schliefsen, russ. zamok".
42. Daneben aber gebraucht Holtzwäscher das o auch
zur bezeichnung entschieden kurzer laute. Hauptsächlich
freilich geschieht das in der femininendung o « lit. a, de-
ren kürze nachher erwiesen werden wird, allein vereinzelt
zeigt sich kurzes o auch in Stammsilben. So steht es ne-
ben litauischem a oder a noch in:
torbis korb, lit. karbas (und kürbas);
bordus bart, lit. barzdä;
snoxtis rotz, lit. snargljfs;
*' i /*\ ( lit. gäras dampf;
goro vuerstant (r), ) ° r
golis tod, lit. gälas ende;
wolti ähre, lit. vältis rispe im hafer.
Wieder sind es hier die liquidae r und 1, vor denen das o
auftritt, wie oben in gurcle und spurglis das u statt e,
denn auch snoxtis enthält ein r, wie weiter unten zur
spräche kommen wird. Glaubten wir oben schon das u
als ein nur dumpf gesprochenes und darum von Holtzwä-
scher falsch aufgefaßtes e feststellen zu müssen, so liegt
preufsische Studien. 425
hier dasselbe fftr a vor. Diese auffassung eines a als o
durch Holtzwäscher ist um so weniger auffällig, als er
auch in deutschen Wörtern mehrfach o för a setzt, z. b. in
sonnobent Sonnabend, hoer haar, -oder ader, bloze blase
u. a. Ich schreibe demnach auch hier a; soll jedoch die
dumpfe ausspräche noch besonders bezeichnet werden, so
schlage ich nach Schleichers vorgange (lit. spr. II, 28) die
zeichen e und a vor, schreibe also gerkle und bardus.
Doch halte ich diese bezeichnung kaum för nötbig, da der
dumpfe laut nur in bestimmter läge, vor den liquiden, sich
einstellt.
43. Ebenso schreibe ich a für o in:
golimban blau, russ. goluboX,
wo wegen des russ. o ein lit. a zu erwarten stände, obgleich
lit. gelumbö blautuchner frauenoberrock, welches doch wohl
verwandt ist, e zeigt, so dafs vielleicht auch e zu schreiben
wäre.
44. Dasselbe a scheint noch vorzuliegen in:
wormyan roth,
wofür Grünau warmun bietet. Da indes der katechismus
urminan giebt, so läge auch die möglichkeit vor, assimila-
ktion durch das w anzunehmen und, wie oben wundan, wum-
baris, hier wurmyän zu schreiben.
45. Denn auch für u schreibt Holtzwäscher mehrfach
o; so in:
grosis reif, lit. kruszä;
possi hälfte, lit. püse ;
konagis könig, lit. künjgs pfarrer;
odro fischotter, lit. üdra;
komaters gevatter, lit. kümas;
pa~ssons stiefsöhn, lit. pö-sunis;
Dafs hier u zu schreiben sei, kann nicht zweifelhaft er-
scheinen, da das vocabular selber neben pa-ssons die form
8unaibis bruderkind bietet; überdies scheidet auch Holtz-
wäscher in den deutschen formen das u und o nicht immer
scharf; so schreibt er donner donqer neben dunreyn fer-
Beiträge z. vgl. sprachf. VJ. 4. 28
426 Pauli
ner donner, suller ftr söller, stöbe für stube, vorch ftr
furche u. ä.
46. Mehrfach begegnet .uns auch die Schreibweise oa
und zwar neben verschiedenen litauischen lauten. Zuerst
erscheint es neben lit. a in:
doalgis sense, lit. däigis;
dann neben lit. u in:
moargis morgen, lit. mürgas.
Beide falle sind identisch, denn lit. u steht hier, wie oben
in kürbas neben karbas, als Schwächung von a. Wenn ir-
gend etwas, so beweist in diesen beiden Wörtern das os
die richtigkeit meiner auffassung des o in torbts etc. als
ä, denn dafs hier in doalgis, moargis das oa den nach o
hin neigenden a-laot bezeichne, ist evident; das oa hier und
das o dort stebn aber in gleicher laotlage, es ist also auch
jenes o = a. So fasse ich nun weiter auch das o in:
po-corto schwelle, lit. kürti bauen;
ich schreibe demnach auch hier -karto.
47. Weiter giebt es aber ein oa, welches einen langen
laut bezeichnet. Dasselbe findet sich in:
woaltis eile, lit. ölektis;
soalis krautriebt, lit. £öl6s kräuter;
noatis nessel, lit. notere;
ploaste bettlaken, lit. plöszte;
moazo muhme, lit. mösza Schwägerin.
Für die erklärung dieses oa sind zwei beobachtuogen von
grofser Wichtigkeit. Einmal nämlich steht im vocabular
selbst neben woaltis eile ein woltis unterarm, deren identi-
tät auch Nesselmann anerkennt; sodann wechseln in einer
anzahl von formen bei Holtzwäscher a und o, wo das hoch-
litauische nur o bietet. Letzteres findet statt in:
motbe mutter, \ r , , c
^ * x^ ( ht« mote enefrau:
po~matre Stiefmutter, )
noay nase, \ , .
... 1 ht. noai8 nase;
po-tiasse oberhppe, >
ausserdem in der praeposition po- neben pa- in der nomi-
nalcomposition, wie in pomatre Stiefmutter neben passons
preufsiscbe Stadien. 427
»iefsohn, wo das litauische pösunis gleichfalls o bietet.
Vir haben hier also die drei bezeichnungen o, oa, a für
in und denselben laut, der aber sonst (in 19 fällen) blofs
dt o geschrieben ist. * Da in obigen beispielen sich eine
fectioo des vocals durch bestimmte consonanten nicht zo
'geben scheint, so werden wir auch hier wohl blofses o
i schreiben haben, für die ausspräche jedoch wäre zu
erken, daüs der laut des o sich der zemaitischen aus-
bräche desselben als ä nähere, wie sie um Memel herrscht
ksUeicher lit. spr. I, 30). Nur bei der präposition po- ist
elleicht eine nebenform pä- anzunehmen, die auch das
»uische z. b. in patö'wis Stiefvater, kennt (cf. Schleicher
c. 133).
48« Als blofses o ist dann auch wohl das oa zu fas-
«i in:
boadis stich, lit. badyti stechen;
; wäre gebildet wie lit. zödis wort neben zadeti verspre-
ien u. ä.
49. Auch für lit. ft treten o und oa neben einander
lf; so steht o in:
glossis korb weide, lit. glü'snis weide;
podalis mörser, lit. pu das topf;
»gegen oa in:
woasis esche, lit. u*'sis.
it. ü ist = o*, wie e = 6*. Fanden wir nun oben fiir
meist blofs e geschrieben mit Vernachlässigung des nach-
sschlagenen ä, so steht hier das einfache o dem völlig
irallel. Dafs aber der nachklang wirklich da war, bewies
>en vereinzelte seamis Winterkorn, hier woasis esche.
7iv sind also auch hier berechtigt, überall u zu schreiben,
ie wir oben e schrieben. Mit ü wird auch vielleicht das
3m deutschen entlehnte broakay bruch, hose, mhd. bruoch,
33ch rieben, falls man nicht etwa nach dem niederdeutschen
•ök blofses Ö zu schreiben hat.
50. Ob o auch als contraction ftir au vorkommen
tone, ist nngewifs, denn die einzige parallele:
brokis schlag, hieb, fit. braukis,
28*
428 Pauli
ist deshalb nicht streng beweisend, weil das lit. wort sich
ntir bei Szyrvid findet.
51. Ebenso wenig sicher ist io flttr lit iau in:
kiosi becher, lit. kiaüszg hirnsohale,
die der bedeatong nach sehr wohl verwandt sein könnten,
da z. b. skr. kap&las schale und schädel bedeutet und ana-
loges auch sonst nicht fehlt, allein kiosas könnte möglicher-
weise auch zu lit. k&uszas Schöpflöffel, hölzernes trinkge-
ftis oder zu kösziu seihen, bier zapfen gehören, so da&
sich nichts sicheres herausstellt Sollten die obigen paral-
lelen richtig sein, so wäre doch wohl statt o besser im
schreiben, welches sich zu au verhielte, wie 6 zu ai in ke-
ma8 neben kaimas.
m
52. Aeufserst merkwürdig sind die fUle, in denen
Holtzwftscher o oder ao schreibt in formen, die im litaui-
schen 8 zeigen. So stehen neben einander, mit oa und 8:
moasis gerste, lit. mezei
und, nach dem slawischen zu urtheilen, auch
moasis blasebalg, sl. m£chü .lederschlauch,
ferner mit o und ö:
lopis flamme, lit. lepsnä.
Beachtet man, dafs in allen drei beispielen labiale in der
nähe sind, dafs ferner Holtzwäscher auch im deutschen
theile o für e in gleicher lautlage in volge d. i. velge
schreibt, was ich nicht mit Nesselmann für einen Schreib-
fehler halte, so wird man nicht umhin können, hier wieder
eine art assimilation oder verdumpfung anzunehmen, die
sich darin zeigt, dafs 6 oder £* als o oder o» auftritt. Es
wird demnach auch hier wieder der etymologisch richtige
laut ö zu schreiben sein, jedoch der genauigkeit wegen,
wie oben a und e, mit dem verdumpfungszeichen, also f.
53. Etwas anders liegt der fall in:
towis vater, lit. tä'vas;
pa-towelis Stiefvater, lit. pa-tevSlis.
Hier scheint die pomesanische form wieder auf das zemai-
tische tavas (Schleicher lit. spr. I, 32) sich zu beziehen und
preufsische Studien. 429
es liegt also hier ein verdumpftes a vor, hervorgerufen
durch das w, wie oben (44) in wormyan.
54. Als vereinzelte Schreibungen in Stammsilben be-
gegnen uns noch: oay in spoayno, durch welches deutsches
gest übersetzt wird. Nesselmann erklärt letzteres nach
dem mhd. jest, gest für gischt, schäum; in meiner heimat
Neuvorpommern wird gest die oberhefe genannt, auch mhd.
j$fwe, gSrwe heifst hefe und im vooabular steht gest un-
mittelbar hinter -heuen hefen; es könnte also auch spoayno
möglicherweise die oberhefe bezeichnen. Das von Nessel-
mann verglichene russ. pjena ist doch wohl unverwandt und
entspricht vielmehr lit. penas milch. Andre verwandte feh-
len, es läfst sich also lediglich vermuthen, dafs oay = ai
oder ei, das vorgeschlagene o aber eine affection durch den
Torhergehenden labialen sei, wie wir sie eben ähnlich er-
kannten.
- 55. Ferner steht oi (oy) in caria-woytis heerschau,
stroysles döbel (ein fisch) und coysnis kämm. Für ersteres
vrort föhrt Nesselmann nach Toppen die form karige-wayte
an, wodurch das ohnehin in dem oi zu vermuthende ai
oder ei erwiesen wird. Möglicherweise steckt in dem letz-
ten theile des wortes das lit. veta ort, stelle, der Übergang
von heerstelle in heerschau wäre wohl nicht zu kühn. Als-
dann wäre ei zu schreiben und oy könne wohl nur auf
rechnung des vorhergehenden w. In diesem und dem vor-
hergehenden worte könnte man auch die verdumpften vo-
kale wieder mit ai oder ei bezeichnen.
56. Für stroysles weifs ich keinen rath ; dagegen wird
coysnis durch das oe in coestne börste insofern klar, dafs
man wohl nicht irrt, wenn man in der silbe coys- oder
coes- ein kwes- oder kwes- vermuthet, so dafs o hier den
halbvocal bezeichnet, der in queke stecken durch u gege-
ben ist.
57. Das pomesanische au stimmt in der Wurzelsilbe
mit dem litauischen in 17 fallen.
58. Dazu kommen einige, in denen es durch slaw. u
als richtig erwiesen wird; so in:
430 Pauli
austo mund, sl. usta (plur.) mimd;
tauris bftffel, sl. tora stier;
in einem falle erweist sogar das äsend die richtigkeit der
pomesanisohen form, in:
lanksnoe gestirne, baktr. raokhäna- glänzend.
59. Abweichend bat das pomesanische in mehreren
fallen au, wo das litauische blofses n zeigt; so in:
danri8 groftes thor, lit dürre hausthör;
pausto- wild, lit. püstas.
Es seheint mir, dafs hier ein ähnliches Verhältnis obwalte,
wie oben bei lit« 8 eben pom. ei, d. h. an ist der echte,
ältere laut, n contraction*).
60. Anders liegt die saohe da, wo, wie in autre
schmiede neben wutris schmied, beide vocale innerhalb des
pomesanisohen selbst neben einander vorkommen. Hier ist
au ganz offenbare Steigerung aus dem n des grundworts,
wird aber eben dadurch als richtiger laut erwiesen.
61. Ob straunay lenden wirklich mit dem yon Nessel-
mann verglichenen lit. strö'nos kreuz des rückens verwandt
sei, möchte ich bezweifeln, da ich eine vermittelung zwi-
schen pom. au und lit. e nicht zu ünden weiüs.
62. Da Holtzwäscher in den deutschen Wörtern öfter
aw, ew för au, eu schreibt, wie in hawe haue, herschaw
heerschau, schewer scheuer, schewne scheune u. a., so dür-
fen wir diese Schreibung auch im pomesanisohen erwarten,
und so findet sich:
cawx teufel, lit. kaukai kobolde.
Es ist natürlich auch hier au zu schreiben.
63. Bisweilen findet sich auch die Schreibweise eau,
sicher in:
geauris wasserrabe,
greauste strick von reisern,
vielleicht auch in:
teausis deichsei,
*) Für p austo- wird diese annähme durch altbulg, pustü bestätigt.
J. 8.
preufsiacbe Studien. 431
dd letzteres nicht vielleicht, wie Nesselmann schwankt,
nsis zu lesen ist. In ermangelung irgend welcher ver-
daten läfst sich nicht erweisen, welcher laut dies eau
eichnen solle, doch liegt die vermuthung auf blofses au
le (cf. jedoch 86).
64. Pomesanisches ui (uy) findet sich geschrieben in:
luysis luchs, litf. lüszis;
wuysis hofhund, lit. fehlt;
tuylis zahme eber, lit. kuilys.
end etwas sicheres scheint sich aus diesen beispielen
lit zu ergeben, doch ist zu beachten, dafs der memelscbe
lekt z. b. builis bulle für hochlit. bülius bietet.
65. Ueberblicken wir jetzt den vocalismus des pome-
ischen, soweit er bis jetzt in betracht kam, noch einmal
zusammenhange, so ergiebt sich folgendes':
) das pomesanische zeigt sich altertümlicher als das
litauische in der bewahrung vieler ei und einiger au,
wo dieses e und u hat;
)) in der bewahrung des alten a statt e steht das po-
mesanische auf dem Standpunkte des, namentlich äl-
teren, zemai tischen (Schleicher lit. spr. I, 32);
>) in der ausspräche des e und ü scheint groüse hinnei-
gung des pomesanischen zum memeler dialekt zu
herrschen, der resp. 6 und o spricht (Schleicher lit.
epr. I, 30. 32), doch beweisen die vereinzelten Schreib-
weisen ea und oa, dafs jene ausspräche noch nicht
durchgedrungen ist und Holtzw&scher nur ungenau
schreibt;
i) die gleiche hinneigung zum memeler dialekt zeigt sich
in der ausspräche des ö als ä und des & als y, wie
sie durch die mehrfache Schreibung oa, ja selbst blo-
fses a und i (y), erwiesen wird (L c. 30);
>) beide dialekte kennen die affection von a und zwar
zu i vor folgendem r und 1, zu u vor oder nach la-
bialen, 1 und v; jedoch stimmen sie in den einzelnen
fallen nicht überein, zumal das pomesanische in die-
ser verdumpfung weiter geht, als das litauische.
432 Pauli
66. Ich lasse nun eine tabellarische zusammen*
des pomesanischen, hochlitauischen und memelsch(
Systems folgen unter angäbe der Schreibweise H
schere :
lit:
mem.:
pom. :
Holtzwäschei
a
a
a, a (vor r, 1)
a, o und oa (be
•
r und 1)
e
i:
( e, e (vor r)
( e, zuw.ee und i
6
6 (fast y)
£ (fast y)
e, vereinzelt ee
ö
i
ö (fast ä)
o,bisw.oaund(
e
fc
l meist ei
| ei,ai, vereinz.e«
\ ea, meist e, bis
( bisweilen 8 (fast e)
ei
ei
ei
ei
ai
ai
ai
ai
u
u
u
u, bisweilen o
4
O
ü (fast ö)
oa, meist o
au
au
au
au, bisweilen e*
ui
ui
ui
ui.
Durch diese tabellarische Überschrift wird die i
Verwandtschaft des pomesanischen mit dem mea
recht augenfällig.
67« Die betrachtung des vocalismus hat sich 1
auf die Stammsilben beschränkt, absichtlich, denn i
zeigt das pomesanische die reinheit der vocale i
Übereinstimmung mit dem litauischen. In der sill
der Wurzelsilbe, bisweilen auch vor derselben, ze
ein gewaltiges schwanken der vocale, in den ei
starke Schwächung.
68. Betrachten wir zuerst die silbe nach dem
die' ich kurzweg als mittelsilbe bezeichnen will, s<
wir hier folgende reihen, die ich der übersichtlichl
gen gleich nach den litauischen vokalen ordne:
lit. a:
emelno mistel, lit. emalas;
giwato leben, lit. gyvatä;
kadegis wachholder, lit. kadagys;
preufsische Studien. 433
kalabian schwert, lit. kalävijas;
kamerto kammer, lit. kamarä;
-wanag habicht, lit. vänagas;
turpelis leisten, lit. kurpalius;
weders bauch, lit. vedaras.
r wechselt das pomesanische ohne ersichtliche regel
ichen a und e ; letzteres scheint allerdings vor r und 1
ätehn, aber kadegis hat auch e, wanag in gleicher
läge a.
69. Lit. e:
arelie adler, lit. erelis;
assaran see, lit. ezeras;
assegis barsch, lit. &szerys;
brisgelan zäum, lit. brizgelas;
gelso eisen, lit. gelezis und gelzis;
glosano blindschleiche, lit. glodenä;
grundelis gründling, lit. gründelis;
kumetis bauer, lit. kumetys instmann;
lopto spaten, lit. lopetä holzscbaufel ;
melato grönspecht, lit. meletä;
pelanne asche, lit. pelenai;
pelanno herd, lit. pelenas;
podalis möroer, lit. püdelis topf;
semeno brach vogel, lit. semene' hänfling;
wayklis söhn, lit. vaikelis knabe ;
wobalne apfelbaum, lit. obelis.
h hier schwankt ohne sichtbaren grund das pomesa-
ie zwischen a und e, und grade zeigt sich a wieder
t vor 1, wo eben e erschien, so dafs sich irgend eine
I nicht ergiebt. Zwischen leicht zusammen zu spre-
iden consonanten, wie ls, pt, kl schwindet der vokal
*
70. Lit. 6:
esketres stör, lit. erszketres :
medies Jäger, lit. medö'jis.
aal e, einmal i.
71. Lit. o:
434 Pauli
artoys ackersmann, lit. artöjis;
attolis gruminet, lit« at61as;
kukore köchin, lit. kükorios koch;
medione jagd, lit. medäönö ;
wogonis Stulpschüssel, lit. vogönö butterbüchse.
Beide sprachen in Übereinstimmung.
72. Lit. i:
asilis esel, lit. &silas;
awins Schafbock, lit»&vinas;
kamenis esse, lit. kaminas;
catils kessel, lit katilas; ;
meine Striemen, lit. mölinö;
stibinis schlittenbein, lit. sÜpinis Speiche;
wobilis klee, lit« dobilas.
Meist i, doch in kamenis ein e, wo in awins in gleichet
lautlage i steht; zwischen In völliger ausfall. Letzterer ist
auch, wie Nesselmann richtig angiebt, in
prastian ferkel für *prasistian;
werstian kalb ffcr *wersistian
anzunehmen.
73. Lit. 8:
tackelis Schleifstein, lit. t£k€las.
Die qualität des pomesanischen e unbestimmt.
74. Lit. u:
abse espe, lit. apuszö;
alkunis ellenbogen, lit. alkiinö;
angurgis aal, lit. ungur/s;
geguse kukuk, lit. geguäö';
malunis mühle, lit. maliinas;
nagutis fingernagel, lit. nagütis;
percunis donner, lit. perkünas;
wosux Ziegenbock, lit. oziükas.
Mit ausnähme des ausfalls zwischen p und 8 in abse ist
das u gewahrt.
75. Lit. u:
woble apfel, lit. obülys.
Ausfall des vocals.
preufsische Studien. 435
76. Es zeigt sich also unter den vocalen der mittel«
übe völlige Übereinstimmung beider sprachen nur bei dem
shweren ö, meist auch bei i und u, den prägnantesten der
ocale, bei den zwischenlauten e, ö zeigt sich ein bedeuten-
es schwanken mit a und umgekehrt. Ja, das e, i, u und
elbst das schwere ü schwinden zwischen einzelnen conso-
anten ganz. Und doch sind die vocale dieser mittelsil-
en nicht blofs überhaupt nöthig, sondern sogar in einer
estimmten form nöthig, weil sie die anlaute bestimmter
bleitungssuffixe sind. Woher also dies schwanken? Holtz-
äscher schrieb, wie er zu hören glaubte. Er überhörte
ber laute, die der Wortbildung nach nothwendig sind, und
äs erklärt sich nur aus einer sehr corripirten, gleichsam
:hewaähnlichen ausspräche der betreffenden vocale durch
iinen gewährsmann. So aber konnte dieser die laute nur
»rechen in tieftonigen silben, deren lautgewicht ein sehr
Jringes ist.
77. Umgekehrt, wie oben Holzwäscher vocale zwi-
hen consonantengruppen überhörte, hörte er auch laute,
e dem litauischen an der stelle fehlen, so in
gelatynan gelb, lit. geltönas;
sirsilis hornifs, lit. szirsztys wespe;
8y lecke häring, lit. silke;
enso vor der Stammsilbe in
seweynis schweinstall neben swintian schwein,
ihrend in gleicher stelle wieder
knapios hanf, lit. kanäpös
s vocals ermangelt. Auch diese erscheinungen weisen
ranf hin, dafs einmal Holtzwäscher lediglich seinem ge-
r folgte, und dafs ferner diese irrationalen vocale unbe-
igt tieftonig waren. Welche laute in diesen mittelsilben
r den einzelnen fall pomesanisch zu schreiben seien, das
ermitteln, ist sache der wortbildungslehre und muis da-
r bis zu deren betrachtung verspart bleiben.
78. Dafs diese mittelsilben tieftonig gewesen seien,
heint mir festzustehen. Es fragt sich nun aber weiter,
i stand der hochton, auf der Wurzelsilbe oder auf der
436 Pauli
deolinationsendung. Ersteres ist schon ao sich wahrschein-
lich, findet aber in den lautverhältnissen der declinatioD*
endungen seinen positiven beweis. Zunächst erscheint hier
das -as der a-declination in folgenden gestalten:
als as nur in
silkas seide, lit. szilkai;
als es in
esketres stör, lit. erszkätras;
sirmes lauge, lit. szarmas;
als is in:
aysmis spiefs, lit. dszmas;
alwis blei, lit. älvas zinn;
asilis esel, lit. asilas esel,
und vielen andern; endlich als blofses 8 in:
awins Schafbock, lit. avinas;
catils kessel, lit. katilas ;
cawx teufel, lit. kaukai kobolde;
kuliks beutel, lit. kulikas;
mynix gerber, lit. minlkas;
8layx regen wurm, lit. slekas;
weders bauch, lit. vedaras;
wosux Ziegenbock, lit. oziükas böcklein.
Dieses variiren des a bis zum völligen schwinden, und zwar
in denselben suffixen, z. b. in:
asilis esel neben catils kessel;
schuwikis Schuhmacher neben mynix gerber;
stibinis schütten bein neben awins Schafbock;
ja in demselben wort, wie: miskilis (246) neben miskils
(299) schiene, beweist, dafs auch hier der vokal völlig ir-
rational geworden war. Eine gleichmäfsige Schreibung aber
wird nöthig sein und, da die meisten Wörter von Holte-
Wäscher mit i geschrieben sind, so schlage ich i für alle
vor nach analogie der bezeichnung des dumpfen i in der
mundart Ejdymtts bei Schleicher (Donaleitis 327).
Das pomesanische schliefst sich hier zumeist der hoch-
litauischen mundart von Anykszczei an, welche nach den
mittheilungen Baranowskis bei Schleicher Donaleitis 335
preufsische Studien. 437
Üe endung as als üs (ü = sl. i) erscheinen läfst, wäb-
end das preufsisch- litauische das a entweder ganz aus-
wirft oder als reines a bewahrt.
79. Eine ähnliche Schwächung erleidet das feminine
der a-declination, hervorgegangen aus altem ä. Diese
rtztere ältere lautstufe findet noch ihre reflexe in dem
l. a und dem lit. o, wie es vor aflöxen, namentlich in der
estimmten declination der adjeetiva, z. b. in geröji neben
erä, erscheint. Mit diesem ö aber hat, wie sich leicht
rweisen läfst, das o, welches am ende der pomesanischen
)minina auftritt, nichts gemein. Es erscheint, abgesehen
on dem ganz unklaren rapa engel, ganz constant; so
. b. in:
galdo mulde, lit. gelda;
gislo ader, lit. gysla;
giwato leber, lit. gyvatä;
lopto spaten, lit. lopetä holzschaufel
&d vielen anderen.
80. Für die richtige auffassung dieses o sind die end-
>cale im ersten theile der composita entscheidend, welche
er bewahrt bleiben, wie in der hochlitauischen mundart
>n Anykszczei (Schleicher, Donaleitis 334), während das
'eufsisch-ütauische sie tilgt. Die gewöhnliche form der-
Iben im pomesanischen ist a, und zwar gleichmäfsig bei
*n männlichen a- und den weiblichen ä-stämmen, wie dies
b.
maluna-stabis mfihlstein von malunis mühle;
piwa-maltan malz von piwis bier;
daga-gaydis Sommerweizen von dagis sommer
r das masculinum,
crauya-wirps aderlasser von crauyo blut
r das femininum erweisen. Daneben aber erscheint in
pausto-caican wildes pferd von #paustis wild;
dago-angis sommerlatte von dagis sommer;
gerto-anax habicht von gerto henne
td mehreren anderen in ihrer bildung nicht ganz klaren
r betreffende vocal als o. Hier kann o unmöglich lang
438 Pauli
sein, es ist vielmehr die erste hinneigung zur Verdampfung,
die sich dann im hochlitauischen als gänzlicher schwand
des vocals zeigt.
81. Parallel damit .erscheint die mehrmalige Verdam-
pfung der femininendung der ia-declination, ö, zu i (y)»
sowohl im compositum, nämlich in:
api-sorx eisvogel von ape flnüs;
possi-ssawaite mittwoch von lit. püs& mitte;
wosi-grabis spillenbaum von wosee ziege,
als auch im einfachen worte. So steht i (y) fftr 6 in:
asy rain, lit. e£ö';
mary haf, lit. m&rös (plnr.);
pelki bruch, sumpf, lit. pelkö.
Dieser letzteren verdumpfbng begegnen wir wieder im 4e-
maitischen (Schleicher lit. spr. I, 32), wo sie die folge der
Zurückziehung des tones auf die Stammsilbe ist. Es liegt
also bei den auch sonst schon beobachteten zemaitischen
neigungen des pomesanischen nahe, diese trfibung des e zo
i auf die gleiche quelle zurückzuführen.
82. Was aber der ia-declination recht ist, ist der a-
declination billig, es kann somit das o des ersten compo-
sitionsgliedes und am wortende nicht die alte länge sein,
sondern kürzung oder trübung wie beim masc. derselben
decl. as zu is sich trübt.
83. Damit dürfte wohl der beweis erbracht sein, dafs
die declinationsendung im pomesanischen den hochtan
nicht trägt. Es bleibt für denselben also nur die Wurzel-
silbe übrig. *
84. Für die praktische Schreibung scheint es mir ge-
boten, da die Schwächung von 6 zu i nur ausnahmsweise
erscheint, 6 beizubehalten; ebenso verhält es sich mit o in
der composition, wo ich also gleichfalls a schreibe; das o
dagegen am wortende erscheint, wie das is des masc, als
constante Schreibung, und beide sind daher als völKg durch-
gedrungene laute festzuhalten. Ueber die weiteren decli-
nationsendungen, namentlich das häufig erscheinende an,
wird bei der betrachtung der declination gehandelt werden.
preufsische Stadien. 439
85. Ueberblicken wir nun den pomesanischen vocalis-
U8 seinen hauptzögen nach, so zeigte sich in den Wurzel-
ben gegenüber dem litauischen gröfsere alterthümlichkeit
der bewahrung vieler a und ei für lit. e und e und in
m meistentheils bewahrten compositionsvocal (das nähere
Iiter), dagegen schwankten in den Silben vor und nach
r Wurzelsilbe die pomesanischen vocale nach verschiede-
nen ricbtnngen hin bis zum völligen Schwund, während
den endsilben as zu is, a zu o geschwächt wurde. Ich
lube nicht geirrt zu haben, wenn ich die gesammtheit
&er erscheinungen aus einer quelle ableitete, nämlich
s der ausschliefslichen betonung der Wurzelsilbe, wie die-
be auch im zemaitischen herrscht (Schleicher lit. spr. 5).
nzelne anklänge an das letztere zeigten sich bereits eben
der hinneigung des Ö zu ä und des ü zu 6, und ähnlichen
maitischen neigungen werden wir auch im folgenden noch
gegnen.
86. Die weitere Untersuchung ober die accentuation,
gleich im engen zusammenhange mit dem vocalismus
diend, mufs ich bis zur Vollendung des litauischen wör-
rbucbes von Kurschat verschieben, da bekanntlich Schlei-
er die Unterscheidung zwischen gestofsenem und geschlif-
lem tone nicht anerkannt und demnach auch durch die
hrift nicht ausdrückt. Ich bin der m einung, dafs in
e s em punkte Schleicher, gegenüber Rosenberger, Bielen-
;in und Kurschat, im irrthum sich befindet, und ich
aube, was ich bereits hier andeuten will, vermutben zu
irfen, dafs im pomesanischen der geschliffene ton überall
t zu statuiren sei, wo Holtzwäscher seine seltsamen grup-
m ee, eey, iey, eaa a. dgl. vorbringt, durch die er sich
»mühte, ein gewisses etwas, das den vokal begleitete, aus-
drücken, eben den geschliffenen ton.
b. Die consonanten.
87. Der erste punkt, der hier die Orthographie Holtz-
i8chens von der Schleichers scheidet, ist die gemina-
440
Pioli
tion. Sie findet sich in folgenden formen des vocabulara:
kk in: acoodis rauchloch, stuckis ahornbaum,
ackons granne,
boocareisis buchnuis,
doacke vogel staar,
keckere erbse,
lackis scheit,
paccaris riemen,
peccore bäcker.
Alle diese formen zeigen die gemination in der Stammsilbe,
ausgenommen sylecke; da aber die lit. form ßUke ist, w
hat hier, wie es scheint, das e vor dem ck gar keine Be-
rechtigung, und sodann tritt auch hier ck in die stamp-
silbe. Neben buccareisis schreibt Holtzwäscher bucawarne
holzkrähe, neben keckers ebenso lituckekers mit einfachem
k, ist also keineswegs consequent.
suckis fisch,
tackelis Schleifstein,
tuckoris weber,
wackis kriegsgeschrei,
wickis wicken,
sylecke häring,
tt in: abstotten decket,
attolis grummet,
batto stirne,
bitte biene,
buttan haus,
yttroy wade,
mettan jähr,
nawetto getriebe,
paustocatto Wildkatze,
pette schulter,
pettegislo rückenader,
pettis Schulterblatt,
lattaco hufeisen.
Auch hier ist es lediglich die Stammsilbe, wo die gemi-
nation sich findet, den ab-stotten (wohl verschrieben N.),
na-wetto, pausto-catto sind composita.
pp in: suppis dämm im mflhlenwerk.
Gleichfalls in der Stammsilbe,
gg kommt nicht vor.
meddo honig,
paddis kummetgeschirr.
dd in: addle tanne,
gudde gebüsch,
Alle vier in der Stammsilbe.
bb in: lubbo brett.
Wieder in der Stammsilbe, doch ist hier Holtzwäscher
wieder inconsequent, denn neben lubbo schreibt er trotz
vollständig gleicher bildung stubo stube, tubo filz, lit. lubk,
stubä, tuba.
preufsische studieu. 441
Qn in: genno weib, panno feuer,
ennoys fieberfrost, pelanne asche,
pannean moosbruch, pelanno herd.
Ädit aasnahme der beiden letzten Wörter wieder Stammsil-
ben, doch inconsequent, denn neben panno findet sich panu-
~»staclan feuerstahl.
11 in: pellekis giebel, palasallis ein fisch.
Wenn letzteres ein comp, pala-sallis ist, so steht auch 11
nur in Stammsilben. Ueber die geminirten Zischlaute spä-
ter. Es steht also die geminata 40 mal in der Stammsilbe,
2 mal im suffix.
Da wir die Holtzwäschersche Orthographie überall durch
die Schleichersche ersetzen wollen, so fällt praktisch für
uns die gemination fort, wir schreiben einfachen laut.
88. Es fragt sich aber, ob sich aus der gemination
Holtzwäschers nicht theoretisch etwas entnehmen lasse für
die spräche selbst. Gemination wird in den sprachen bald
angewandt, um die länge, bald, um die kürze eines vocals
zu bezeichnen. Ersteres, dem lateinischen und einzelnen
romanischen sprachen eigen, ist für das pomesanische sehr
wenig wahrscheinlich, letzteres hingegen, als deutsche weise,
mehr als wahrscheinlich. Im deutschen theile des voca-
bulars gebraucht Holtzwäscher geminaten häufig, ich zähle,
wieder abgesehen von den Zischlauten, 17 ck, 14tt, 10 pp,
1 bb, 5 ff, 9 nn, 3 mm, 9 11, 4 rr. Zwar ist er auch hier
wieder nicht consequent, indem er z. b. einmal volle, ein
andermal vole fohlen schreibt; wo aber geminata sich fin-
det, da ist es, wie oben im pomesanischen auch, stets in
der Wurzelsilbe, und zwar nach kurzen vocalen. Da die
Wurzelsilbe im deutschen gleichbedeutend ist mit der hoch-
tonigen silbe, so ergiebt sich: Holtzwäscher schreibt im
deutschen geminaten nach betonten silben mit kurzem vo-
cal. Es liegt nahe, diese regel auch auf seine Schreibung
des pomesanischen zu übertragen, doch sind dabei erst die
litauischen formen auf länge oder kürze der Wurzelsilbe
hm zu untersuchen. In den vergleichbaren litauischen Wör-
tern steht kurzer vocal, und zwar betont, in: vlkei wicken,
Beitrüge z. vgl. sprachf. VI. 4. 29
442 Pauli
sHk& häring, bütas haus, unbetont in: akü'tas granne,
atölas grummet, bite biene, kate katze, petls schulter,
medüs honig, lubä brett, langer betonter vokal in buka
buche, tekelas Schleifstein, metas jähr, &gl& tanne. Sehen
wir von büka ab, welches offenbar germanismus aus dem
niederdeutschen ist, so liegt in den zuletzt genannten for-
men überall die accentdehnung e vor, also an sich kurze
vocale (cf. Schleicher lit. spräche I, 15). Da nun das ze-
maitische in solchem falle oft die kürze unter dem accent
bewahrt (1. c. 34), das pomesanische aber auch sonst sich
zum zemaitischen neigte, so dürfen wir auch in den ent-
sprechenden pomesanischen Wörtern kurzen vokal anneh-
men. Wir haben also dann die gemination pomesanisch
nur nach kurzen vokalen. Den nachweis, dafs das pome-
sanische die Wurzelsilbe betont habe, glaube ich oben aus
dem vocalismns erbracht zu haben, ich finde aber in der
geminata eine neue nicht unwesentliche stütze dieses satzes,
den das einmalige nn (in pelanno und pelanne) in einer
suffixsilbe wohl nicht alten rt. Somit schreibt also auch
in den pomesanischen Wörtern Holtzwäscher die geminata
nach hochtoniger silbe mit kurzem vocal.
89. Von ungeminirten consonanten betrachte ich zu-
erst die muten. Sie entsprechen in ihrer anwendung bei
Holtzwäscher im grofsen und ganzen fast durchweg den
litauischen, doch zeigen sich im einzelnen einige abwei-
chungen. Zunächst sondert Holtzwäscher die fortes und
lenes nicht genau, so schreibt er z. b. lenis für fortis in:
agins äuge, lit. akis;
sagnis wurzel, lit. szaknis;
lagno leber, lett. aknis;
grosis reif, lit. kruszä hagel;
siduko siebtopf, lit. setas sieb;
stibinis schlittenbein, lit. stipinas Speiche;
fortis für lenis in:
siraplis silber, russ. serebro.
Holtzwäscher hat überhaupt, wie wir nachher eingehender
bei betrachtung der zischlaute sehen werden, kein feines
preufsiscbe Studien. 443
gebor för den unterschied der lenes und fortes. Dazu
kommt, dafs gerade die fortis in der Stellung, die sie oben
einnimmt, d. h. zwischen vocalen, vor n oder anlautend
ror liquida, wirklich gern in die lenis übergeht, wie z. b.
m lateinischen digitus, dignus, gracilis. Erwägt man dies,
10 konnte Holtzwäscher leicht die zur lenis hinneigende
brtis als volle lenis auffassen und so schreiben. Doch
tber, denke ich, müssen wir fortis schreiben, da auch der
lamländische katechismus ackis äuge bietet. Derselbe be-
reist auch durch sein sirablan silber, dafs hier p blofser
Gehörfehler ist; ich schreibe daher b.
90. Anders aber liegt der fall in:
kruwis fall, lit. griüti fallen.
3ier bietet der katechismus krüt fallen und es scheint mir
lemnach, als hätte das preufsische in der fortis den ech-
ten laut, und die lit. lenis wäre erweichung.
91* Einige male schreibt Holtzwäscher die lenis, wo
las litauische die entsprechende weiche spirans bietet. Das
geschieht zunächst mit g für j. Letzteren buchst aben ver-
wendet Holtzwäscher im vocabular überhaupt nicht, we-
nigstens nicht im pomesanischen theile, sondern er schreibt
lafür bald i, bald y. Das kommt einmal daher, dafs wur-
selhafbes j sich nur in:
iuse fleischbrühe, lit. jusze sauerteigsuppe
Sndet. In suffixsilben zeigt es sich öfter, hier hat es aber
den von Kurschat (lit. wb. I, XI) bezeichneten mittellaut
zwischen i und j. Man kann sich daher nicht wundern,
wenn Holtzwäscher den laut bald so, bald so auffafste.
Weich, d. h. als i, ihn hörend r schrieb er i oder y, här-
ter g oder ig. Dafs diese auffassung richtig ist, beweist
im vocabular kragis heer neben caria-woytis heerschaa,
karyago heereszug. Hier hat, von der später zu behan-
lelnden raetathese abgesehen, ein und dasselbe wort alle
Irei Schreibungen. Ich schreibe nach consonanten i, nach
rocalen j. In cugis hammer schwankt der laut auch im
itauischen, wo sich küjis und kügis finden. Dagegen liegt
29*
444 Pauli
in saligan grün neben lit. zalias gartz offenbar nur die en-
dung -ian vor.
92. Ebenso erscheint einige male b , wo man v er-
warten sollte. Dem kragis ganz parallel steht ar-globis
scheitel, welches, wie auch Nesselmann andeutet, doch ge-
wifs zu glawo köpf gehört. Hier aber wird das w als
echt durch das sl. glava erwiesen. Weniger klar liegt die
sache in wirbe seil. Hier bietet das litauische freilieb
sein vlrv6 (Schi, virve ) seil, allein daneben hat es doch
auch vlrbas birkenreis, virbinis schlinge. Zu kalabian
schwert bietet der katechitmus kalblan, das litauische ka-
lävijas. Letzteres ist wohl die etymologisch richtige form,
denn sollte ich irren, wenn ich das wort als verwandten
des lat. cläva keule hinstellte, beide durch das suffix -va
von wurzel kal schlagen, lit. kalti schmieden, hämmern,
abgeleitet, im litauischen -ija weitergebildet?
93. Zeigte sich hier eine gewisse gefübllosigkeit des
Holtzwäscherschen ohres für die unterschiede zwischen
honlorganen, aber heterogenen lauten, wie sie sonst nur
Obersachsen und Thüringern (war er etwa von da gebür-
tig?) eigen ist, und wie wir sie nachher bei den Zischlau-
ten noch einmal treffen werden, so scheidet er zwischen
den verschiedenen Organen ziemlich genau. Nur einige
male bringt er dentale statt der gutturalen, nämlich t für
k in:
prei-talis ambofs, lit. prei-kalas;
torbis korb, lit. karbas;
tuylis Zuchteber, lit. kuitys;
turpelis schusterleisten, lit. kurpälius.
Däft hier wieder ein zemaitisirender zug des pomesani-
schen vorliegt, scheinen formen, wie das memelsche trau-
szis birne für hochlit. krausze anzudeuten, doch bringt das
vocabular neben turpelis leisten ein kurpe schuh, so daß
wir den laut des t wohl noch nicht als volles t ansetzen
dürfen. Vielleicht ist er am besten als palatales (ich meine
das wort natürlich im physiologischen, nicht im modern-
sanskritischen sinne) & zu bezeichnen.
preußische Studien. 445
94. Einmal begegnet auch d für g, nämlich in:
addle tanne, lit. egl&.
a auch das poln. jodta diesen Übergang zeigt, so ver-
uthe ich fast in addle assimilation des gutturalen an das
jntale 1. Alsdann dürfte das d beizubehalten sein.
95. Weitere Verwechslungen der verschiedenen organe
>mmen nicht vor. Zwar vergleicht Nesselmann pom. plp-
s tenne mit lit. klft'nas, doch mit unrecht. Lett. plahns
ich, subst. tenne, welches er gleichfalls beibringt, zeigt,
ifs beide Wörter nicht verwandt sind, klunas verlangt
e gmndform klaunas, plonis dagegen und plahns gehn
jf plänas zurück.
96. In bezug auf die nasalen zeigt sich das poqr^e-
,ni8che alterthümlicher als das litauische, insofern es vor
und t das n bewahrt, wo wenigstens das hochlitauische
t auswirft. Das zemaitische, so wie ältere drucke, schrei»
*n hier freilich meist das n, ob es aber wirklich noch
ssprophen sei, ist wenigstens vom jähre 1653 ab zweifel-
et (Schleicher lit. spräche I, 73 sq.). Im pomesanischen
igegen sind sie unzweifelhaft gesprochen, da ja Holtz-
äscher nach dem gebore gchreibt, und es liegt somit hier
irklich ein punkt vor, wo das pomesanische einen älteren
utstand einnimmt, als das litauische. Dies n begegnet
in in folgenden formen:
ansis haken, lit. $8ä (alt ansa) henkel; i
sansy gans, lit. z^sis (alt zansis);
menso fleisch, lit. m£sä;
ratinsis kette, lit. retäzis;
wanso flaumbart, lit. üsas sehnurbart ;
pentinx freitag, lit. petnycza*).
ierbei ist zu beachten, dafs im litauischen ersatzdebnung
itritt, denn 3 ist stets lang, en und in erscheinen als g,
in als ü. Das e als ersatzdebnung vergleicht sich dem
e in formen, wie vesü ich führte fiir vedsu u. a. (Schlei-
* ) Altbulg. m$so, ret$zi, v§su, pgtuiica. J. S.
446 Pauli
eher comp.1 122) und ähnlichen erscheinungen im sanskrit,
griechischen, lateinischen und gotischen.
97. Aehnlich, obwohl etwas verschieden, liegt der
fall in:
penpalo wachtel, lit. pütpela.
Als grundform scheint mir für beide ein *penpala voraus-
zusetzen, woraus das litauische zunächst *pentpela bildete
mit einem t als vermittler der disharmonirenden laute n
und p; dann wandelte sich en zu u, wie auch sonst im
litauischen, und so entstand dann pütpela.
98. Von den Spiranten ist in bezug auf das j schon
oben (91.) erwähnt worden, dafs Holtzwäscher das zeichen
j überhaupt nicht gebrauche, sondern bald i, bald y, bald
g (ig) schreibe. So erklärt sich dann, auch oy als oji in:
artoys ackersmann, lit. artöjis;
ie als eji (i = e nach 13) in:
medies Jägersmann, lit. inede'jis.
99. Mehr zu sagen ist vom v. Hier zeigt sich das
pomesanische altertümlicher als das litauische, indem es
v bewahrt hat in:
swestro Schwester, lit. sesu ;
swibe finke, lit. szube ;
wanso flaum, lit. usä schnurbart,
wie für letzteres wort das polnische was beweist.
100. Vor o, u und u im anlaut findet sich ganz re-
gulär ein w vorgeschlagen, ähnlich wie in der mundart
Ejdymtts (Schleicher Donaleitis 338) und im altslawischen
(id. comp.2 132). Das geschieht im vocabular in:
wobalne apfelbaum, lit. obelis;
woble apfel, lit. obulys;
wobzdus dachs, lit. obszrüs;
wosee ziege, \
wosistian zicklein, > lit. ozys, oziükas bock;
wosux Ziegenbock, ;
woasis esche, lit. üsis;
wutris schmied, lit. fehlt,
allen pom. autre schmiede beweist auch hier den Vorschlag.
prcufsischc Studien. 447
Dieser Vorschlag ist naturlich in der schrift beizubehalten,
doch schreibe ich hier, wie überall, dem Schleicherschen
Systeme zu liebe, v statt w. Ein vorgeschlagenes j bietet
das vocabular nicht.
101. Wie oben in artoys, medies das j zwischen vo-
calen unbezeichnet blieb, so auch einmal das v, nämlich
in gertoanax habicht, denn ich glaube nicht zu irren, wenn
ich hieraus ein gerto(w)anax herauslese und es dem sper-
glawanag(s) Sperber parallel stelle; lit. vänagas heilst raub-
vogel, speciell habicht, gertoanax ist demnach der hübner-
habicht, sperglawanag der Sperlingshabicht.
102. Räthselhaft ist das verhältnifs von:
wobilis klee, lit. döbilas.
Gehen beide auf eine grundfonn dvobilas oder dvabilas,
oder hat Holtz Wäscher sich geradezu verhört oder ver-
schrieben?
103. Eine eingehendere betrachtung erfordern unter
den Spiranten die Zischlaute. Das litauische hat deren
bekanntlich vier, s und z, sz und z, das pomesanische bie-
tet anscheinend nur einen, das s, woneben blofs vereinzelt
seh und z erscheint. Gehen wir auch hier wieder von
der deutschen Orthographie Holtzwäschers aus, so ist zu-
nächst sicher, dafs er seh und s ganz klar auseinander
hält, denn er schreibt sne schnee, swarte köpf haut, slag
schlag, smyt schmied, arsbel hinterbacke, weil er noch so
sprach, aber schlich schuh, schere scheere, vysch fisch,
esche esche. Nach r erscheint in hircz hirsch (d. i. hirz)
auch einmal cz für s. Nach kurzen vocalen verdoppelt
er s zu 88, seh zu ssch oder schz in derselben weise, wie
er überhaupt die gemination anwandte (cf. 87.), so in nes-
sel nessel, kessel kessel, schussel Schüssel; assche asche,
halpvischz halbfisch, schölle. Dagegen ist ihm, wie er
sich schon oben in bezug auf fortis und lenis als unzuver-
lässig erwies, der unterschied zwischen hartem und wei
chem 8 noch gar nicht aufgegangen. Für beide durchein-
ander gebraucht er sein s, gelegentlich auch einmal z. So
ist s geschrieben für den scharfen laut in vues fufs, hals
448 Pauli
hak, weyse waizen, für den weichen in naseloch naslocb,
reise heereszug, ebenso z für den scharfen in ächze achse,
ochze ochse, vochz fuchs, welz weis, för den weichen in
naze nase, bloze blase, meyze meise, senze sense. Ver-
einzelt begegnet sz ftkr scharfes 8 in suszemilch süfse milch.
104. Daraus folgt nun also, da& wir Holtzwäscher
in den pomesanischen Wörtern wohl in bezug auf den un-
terschied von seh und b tränen dürfen, dafs aber, da der
unterschied zwischen hartem und weichem Zischlaut ihm
nooh überhaupt gar nicht aufgegangen ist, in bezug hier-
auf seine Schreibweise für uns absolut unmafsgebend ist,
dafs vielmehr der richtige laut lediglich aus den verwand-
ten sprachen zu erweisen ist. Demnach steht scharfes
8 in:
sabatico Sonnabend, lit subata;
sagis schnalle, lit. sagtis ;
sackis harz, lit sakai;
saule sonne, lit. saulö;
semen saat, lit. sem&';
semeno brachvogel, lit semeng' hänfiing;
siduko durchschlag, lit. setas sieb;
sylecke häring, lit. silkä;
siraplis silber, lit. sidäbras ;
sosto bank, lit. söstas stuhl;
suris käse, lit. süris;
slayx regenwurm, lit. slekas ;
slauke grofse schnepfe, lit slaukä;
sliwaytos pflaumen, lit slyva;
snaigis schnee, lit snegas;
snoxtis rotz, lit. snarglys;
swestro Schwester, lit sesö';
swetau weit, lit. svg'tas;
sparis sparren, lit. späras;
spenis zitze, lit. spenys;
stacle stütze, lit. stakle lifsstock;
staldis stall, lit stäldas;
stalis tisch, lit. stalas;
preufsische Studien. 449
starkis zander, iit. stärkas;
steege scheune, lit. stegti dach decken;
stibinis 8chlittenbein , lit. stebas pfeiler oder stipi-
nas speicbe;
sticlo trinkglas, lit. stlklas;
stogis dach, lit. stögfts;
stubo stube, lit. stubä;
asilis esel, lit. äsilas;
ausins ohr, lit. ausls;
glossis korb weide, lit. glüsnis weide;
lyso ackerbeet, lit. lysfc gartenbeet;
muso fliege, lit. musö';
nozy nase i ..
* , 11 bt. D0S18 nase;
nose-proly nasenloch, )
possi hälfte, lit. püse ;
woasis esche, lit. ü'sis;
ansis haken, lit. ?8ä benkel;
menso fleisch, lit. roesä;
wanso flaumbart, lit. usai schurbart;
werwersis ierche, lit. wo versus;
gislo ader, lit. gysla;
creslan lehnstuhl, lit. krö'slas ehrenstuhl;
glosto Wetzstein, lit. glostyti streicheln;
lasto bett, lit. lastä mastnest der gänse;
mestan Stadt, lit. mestas;
pausto- wild, lit. püstas.
r also ist überall die Schreibweise 8 beizubehalten, resp.
:uführen, ebenso natürlich, wo der Zischlaut auslautet,
d in dieser lautlage findet sich blofs scharfes 8.
105. In folgenden formen dagegen ist die Schreibweise
?mäfs dem litauischen einzuführen:
brisgelan zäum, lit. brlzgelas;
brusgis peitsche, lit. brüzgas baumstumpf;
treste drossel, lit. strazdas,
lediglich vor einer media, denn das t in dem letzten
te ist des s wegen fälschlich so dargestellt
106. Wenden wir uns jetzt zu dem lit. sz, so finden
450 Pauli
wir den entsprechenden laut seh in unserm vocabular nur
in folgenden formen:
schumeno draht, \. . . , .
. A . / lit. siüti nahen, sumkas scnoei-
schutuan zwirn, ) , , . ' , .
. ... ,/ , i der, aber lett. schuht,
schuwikis Schuhmacher, ;
und in .„
schokis gras.
Wenn letzteres dem lit. szuka heuhaufen, dem es sich ver-
gleichen liefse, wirklich verwandt ist, so wäre dies das
einzige beispiel, dafs lit sz und pomesanisches seh sich
entsprächen, denn in schumeno (wie Nesselmann jedenfalls ,
richtig liest), schutuan, schuwikis ist seh doch, wie im let-
tischen, jedenfalls aus sj entstanden, welches die wurzel
siv, sju verlangt.
107. Ueberall sonst antwortet dem lit. sz pomesani-
sches 8, und da, wie wir gesehn haben, Holtzwäscher sonst
8 und seh scharf scheidet, so ist anzunehmen, dafs hier
wirklich ein lautunterschied beider sprachen vorliegt, inso-
fern das pömesanische gleich dem lettischen für lit. s und
sz denselben laut des einfachen scharfen s hat. Beispiele
dafür sind:
sagnis wurzei, lit. szaknis;
salmis heim, lit. szalmas;
sarke elster, lit. szärka;
sarwis waffen, lit. szarvai (plur.);
saxsto baumstamm, lit. szeksztas;
seese amsel, lit. szeze (e?);
silkas seide, lit. szilkai (plur.);
sylo beide, lit. szilas;
sirmes lauge, lit. szärmas;
sirsilis hornifs, lit. szirszlys;
sywan grau, lit. szjrvas weifs;
sunis hund, lit. szu ;
slayo schütten, lit. szlajos;
slaunis Oberschenkel, lit. szlaüuis;
swibe fink, lit. szube;
abse espe, lit. apusze;
preufsische Studien. 451
aysmis spiefs, lit. eszmas;
assegis barsch, lit. eszerys;
assis achse, lit. aszls;
grosis reif, lit. kruszä bagel;
juse fleischbrfihe, lit. jusze sauerteigsuppe;
crausy birnbaum, lit. krauszis;
crausios birne, lit. kräusze;
kiosi becher, lit. kiaüszö birnschale (?);
lasasso lachs, lit. lasziszas;
luysis luchs, lit. lüszis;
moazo muhme, lit. mösza Schwägerin;
reisis nufs, lit. reszutas;
brunse plötze, lit. brünszis;
pusne stiefel, lit. püsznis;
wisnaytos kirschen, lit. v^szna;
aswinan pferdemilch, lit. äszva stute;
pleske 8ielengeschirr, lit. pleszke ;
ploaste bettlaken, lit. plöszte;
esketres stör, lit. erszke tras;
t contractiou:
prastian ferkel für prasistian, lit. parszas;
werstian kalb für wersistian, lit. verszis.
108. Das schriftzeichen s tritt nun bei Holtz Wäscher
nsequent auch für lit. z auf. Da wir sahen, dafs er
rtes und weiches 8 nicht scheidet, so dürfen wir hier
:her annehmen, dafs dies dem lit. z entsprechende s das
»che und demnach mit z zu schreiben sei. Die ein-
bläglichen formen sind folgende:
saligan grün, lit. zälias;
same erde, lit. zeme;
sansy gans, lit. z^sis;
sari glut, lit. zarija glühende kohle;
semo winter, lit. zemä;
sixdo sand, lit. ze'gzdras kies;
sirgis wallacb, lit. zirgas rofs;
smoy mann, lit. zmu;
soalis kräuticht, lit. zolö' kraut;
452 Pauli
asy rain, lit. eze ;
assaran landsee, lit. £zeras;
ausonis eiche, lit. auzülas;
geguse kukuk, lit. geguz&';
moasis gerste, lit. mezei;
seese amsel, lit. szeze (doch auch szesze);
wessis spazierschlittep, lit, vazis;
wosee ziege, lit. ozys bock;
wosux Ziegenbock, ljt. oziükas;
gelso eisen, lit. gelezis, geizte;
berse birke, lit birzas;
ratinsis kette, lit. rät&zis;
blusne milz, lit. bluzng.
100. Das ergebnifs ist demnach dieses: das pomesa-
nische hat, abgesehen von vereinzeltem seh, nur zwei Zisch-
laute, 8 und z, ersteren gleich lit, s und sz, letzteren gleich
lit. z und z. Hierdurch scheidet es sich bedeutend vom
litauischen und stellt sich entschieden auf seite des letti-
schen, so wie auch des slawischen, dessen s gleichfalls =
lit. s und sz, so wie z = lit. z und z (cf. die lauttabelle
Schleicher comp.2 340). Beide laute, s und z, werden im
folgenden auch durch diese buchstaben bezeichnet werden.
110. Dem entsprechend dürfen wir nun für die grup-
pen, guttural -+- Zischlaut, deren das litauische vier bietet,
pomesanisch nur zwei erwarten, nämlich ks für lit. ks und
ksz, so wie gz für lit. gz und gz. Holtz Wäscher scheidet
in seiner Orthographie natürlich ks so wenig von gz, wie
8 von z, sondern schreibt durchweg x, bisweilen ks. Die
verwandten sprachen bieten aber auch hier das mittel der
Scheidung. Es ist demnach ks zu schreiben in:
inxcze niere, lit. inkstas;
saxsto baumstumpf, lit. szeksztas;
dagegen gz in:
krixtieno erdschwalbe, lit. kregzde schwalbe;
sixto saud, lit. ze'gzdras.
In diesen letzten beiden formen hat die unempfindlichkeit
Holtzwäschers gegen fortis und lenis sich auf das folgende
preufsische Stadien. 453
übertragen, welches er hier als t schreibt (cf. oben auch
uko 89 und treste 105)*
111. Im litauischen wechseln die x- laute häufig mit
a bloisen Zischlauten und die gutturalen schwinden. So
;ht neben plöksztas eine band voll die form plösztas,
ben ze'gzdras sand ze'zdras, neben zvaigzde stern zvaizde.
» hat nun das pomesanische mehrfach x- laute neben lit.
auten. Der fall zeigt sich in:
klexto kehrwisch, lit. klastykle besen;
au-klextes oberkehricht, lit. nu-klastos;
kexti zopf haar, lit. kasä zopf ;
plinxne platze (gebäck), lit. plyskas fladen;
) ks, und in:
laxde haselstrauch, lit. lazdfc,
> gz zu schreiben ist, wie auch die lettische form lagsda
ben lasda Sich findet.
112. Der Wechsel zwischen x und s ist aber auch
in pomesanischen nicht fremd. Es steht im vocabular
axto fenster neben perst-lanstan fensterlade. Jedenfalls
weist das, dafs auch im pomesanischcn der guttural von
m zischlaut übertönt wird und demnach auch wohl schwin-
n kann. Es darf daher auch nicht befremden, wenn
3h pom. 8 neben lit. x findet, wie in :
ausis gold, lit. äuksas;
instixs daumen, lit. nyksztis;
riste ruthe, lit. rykszte,
3 überall scharfes 8 vorliegt.
113. Bisweilen auch haben das pomesanische und li-
üische den gutturalen beide getilgt, und nur das letti-
he weist ihn nach; so in:
pirsten finger, lit. plrsztas, lett. pirkste;
plasmeno fufsrist, lit. plasztaka handfläche, lett.
pleksne rist,
3 das s gleichfalls als scharf, und in:
listis lager, lit. lizdas nest, lett. ligsda,
o es als weich erwiesen wird.
114. Bei letzterem worte sei es mir verstattet, einen
454 Pauli
etymologischen gewinn zu constatiren. Durch die lettische
form wird die gewöhnliche etyruologie von lit. lizdas, die
es, mit angeblichem Wechsel von 1 und n, zu deutschem
nest und seinen verwandten stellt, als unhaltbar darge*
than; das wort gehört vielmehr zu griech. Aä^og, lat. lectlca,
got. ligan.
1 1 5. In :
lanxto fenster, lit. langas;
snoxtis rotz, lit. snargtys;
soanxti funke, lit. zväke kerze
kann erst durch Untersuchung der Suffixe festgestellt wer-
den, ob ks oder gz vorliege, dagegen ist in:
plauxdine federbett, lit. plauzdine bett
wohl ks zu schreiben, denn lit. plünksna feder hat diesen
laut, und- da das litauische auch sonst (cf. Kurschat lit
wb. I, XVIII über mesdinu) harte zischlaute vor d duldet,
so darf man das auch wohl für das pomesanische voraus-
setzen, obwohl das lit. plauzdine erweichende assimilation
zeigt. In lauksnos gestirne ist das harte ks nicht zwei-
felhaft.
115. In wenigen formen findet sich bei Holtzwäscher
ein cz. Im deutschen theile bezeichnet er damit unser
jetziges z, geminirt czcz = tz, einmal auch unser sz nach
liquida in hircz hirsch. Ebenso gebraucht er es in pome-
sanischen Wörtern. Wenn wir abseben von czilix zeisig,
welches mir neben lit. zyle meise dunkel bleibt, so be-
zeichnet cz einfach scharfes s nach der liquida in:
culczi hüfte, lit. külszis;
unser z dagegen ist es in: karczerao krug und stukamec-
czeris Stechmesser, beide entlehnt, ersteres dem poln. kar-
czma, letzteres dem deutschen. Auf den ersten blick kann
es befremden, dafs ich neben poln. karczma, lit. karczamä,
wo cz beidemal = tsch, für pom. karczemo es gleich te
setze. Allein das verhältnifs ist kein anderes, als wenn
pom. sirsilis neben lit. szirszlys steht, denn pom. ts : lit.
tsch = pom. 8 : lit. seh. Aufserdem schreibt Holtzwäscher
auch im deutschen kretzem, wo über den laut gar kein
zweifei sein kann.
preufsische Studien. 455
116. Der gewichtigste grund aber für pom. cz = ts
gt darin, dafs die lautgruppen ts und dz (lit. cz, dz)
:h überhaupt im pomesanischen nicht finden. Sie ent-
jhen im litauischen ja meist aus ti, resp. di. Hier aber
tt wieder das pomesanische völlig auf seite des zemai-
chen, welches bekanntlich das ti, di rein bewahrt. Glück-
herweise bietet uns das vocabular je ein beispiel für
len fall; denn
plauti lunge, lit. plaüczei;
medione jagd, lit. medzöne
weisen unumstöfslich den zemaitischen character des po-
lnischen in dieser beziehung.
117. Nicht so rein bewahrt es sich in bezug auf jene,
;nn ich so sagen soll, spontane Wandlung des d in zd
d weiter in z (Schleicher comp.2 322). Zwar hat es
ines d in:
bordus bart, lit. barzdä;
neben aber findet sich auch gerade umgekehrt s, d. i.
;r z, neben lit. d in:
glosauo blindschleiche, lit. glodenä.
118. Wenden wir uns nun zu den halbvocalen
iquiden), so zeigt sieb uns hier zuerst ein gewisses
b wanken in der Stellung derselben oder es finden sich,
ch gewöhnlicher ausdrucksweise, mehrfache metathesen.
bietet das vocabular die schon von Nesselmann p. 7
rvorgehobenen formen :
glawokopf, 1 1U -
pec-galwis genick, 5
kragis beer, ) ... ,, . , .
, e i /. i . I "t. karias kneg;
karyago heerfahr t,* ) °
prastian ferkel, lit. pärszas schwein ;
grabis berg, sonst -garbs (in Ortsnamen);
nage-pristis Zeb, j Ut g
pirsten nnger, y r
k auch dem litauischen solche metathesen nicht fremd
d, wie z. b. in tramyna termin, so müssen wir hier im
sabular wohl wirklich gleichberechtigte nebenformen an-
45G Pauli
erkennen, die mit dem halbvocal vor dem vocal hervor-
gegangen aus einer slawisirenden neigung, wie sie sich
auch in der Vermischung des s mit sz und des z mit i
zeigte.
119. Während in:
werwirsis lerche, lit. vfcvers^s
die reduplicationssilbe im pomesanischen das r bewahrt
hat, vermißt man es einige male, wo es im litauischen
steht. So schreibt Holtzwäscher: .
snoxtis rotz, lit. snarglys;
esketres stör, lit. erszk&'tras;
geeyse reiher, lit. gerszg;
sixto sand, lit. zö'gzdras;
wobsdus dachs, lit. obszrüs.
Ich glaube, dafs hier Holtzwäscher das r überhört hat,
welches vor und nach den Zischlauten vielleicht unvollkom-
men gebildet wurde. Demnach scheint es doch besser ge-
schrieben zu werden. Man könnte geeyse auch mit lii
gensze vergleichen wollen. Da aber sonst im vocabular
gerade n vor s stets bewahrt ist (96.), so erscheint es bes-
ser, die form gersze zu gründe zu legen. Pör wobsdus
neben obszrüs ist wohl als grundform des Suffixes -drus
anzusetzen, so dafs das litauische das d verloren hätte.
120. Zwischen vokalen scheint das pomesanische r den
laut des r gutturale oder uvulare (Brücke physiologie der
sprachlaute 49) gehabt zu haben. Ich schliefse dies aus
der Schreibweise Holtz Wäschers, der in folgenden Wörtern
rg oder g schreibt, wo die verwandten formen r haben:
angurgis aal, lit. ungurys;
wargien kupfer, lit. värias;
assegis barsch, lit. eszerys.
Neben wargien steht im vocabular selbst warene inessing-
kessel. Doch könnte man auch das g zum folgenden i
zichn und gi als bezeichnung des mittellautes zwischen i
und j ansehn, der oben (91.) schon durch g (ig) sich be-
zeichnet fand. Zu schreiben ist jedenfalls blofses r.
121. Auffallig ist auch <Jäs lg neben lit. 1 in:
preufsische Studien. 457
balgnan sattel, lit. bälnas;
balgninix sattler, lit. balnininkas.
Ist hier im litauischen g ausgefallen, oder bezeichnet lg
das früher auch im litauischen vorkommende 1 (Kurschat
lit. wb. I, XV)? Sollte letzteres der fall sein, dann möchte
ich in dem li von:
arelie adler, lit. erelis
das palatale 1 = 1 — | — j (Schleicher comp.2 305) suchen,
obwohl man arelie auch als arelia deuten könnte nach der
uncontrahirten ia-declination, wovon später.
122. In:
luriay meer, lit. jüres;
lagno leber, lett. aknis
könnte prothetisches 1 vorliegen, wie in lit. lezüvis neben
pom. insuwis, sl. j^zykü, doch möchte ich auch die mög-
lichkeit eines Schreibfehlers für iuriay, iagno (cf. iuse) nicht
ganz von der hand weisen.
123. Auch im gebiete des consonantismus fanden wir
also mehrere punkte, die nicht blofs falscher auffassung von
Seiten Holtzwäschers zuzuschreiben waren, was allerdings
auch oft genug vorkam, sondern die wirklich abweichende
lautgestaltungen des pomesanischen erwiesen. Es waren
vornehmlich folgende:
1 ) das pomesanische zeigt sich altertümlicher als das
litauische in «der bewahrung des n vor s und t;
2) neigung zum zemaitischen läfst sich auch bei den
consonanten beachten: ti und di bleibt bewahrt und
wird nicht in cz, dz gewandelt;
3) der Vorschlag von v vor dumpfen vocalen ist slawi-
sirend, zeigte sich aber auch in einzelnen litauischen
mundarten;
4) auch die metathesen des r und 1 sind slawischer na-
tur, obgleich dem litauischen nicht völlig fremd;
5) der wichtigste und wesentlichste unterschied des po-
mesanischen vom litauischen beider mundarten ist die
behandlung der zischlaute, indem es hier s für s und
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 4. 30
458 Pauli, preufsische Stadien.
sz, z für z und £ gemeinschaftlich hat, wodurch es
völlig auf seite des lettischen und slawischen tritt
124. Das oben aus der betrachtung der vocale gefun-
dene accentgesetz, wonach das pomesanische, gleich dem
iemai tischen, die Wurzelsilbe betont, fand durch die be-
trachtung der consonanten, vornehmlich der von Holtz-
wäscher geminirt geschriebenen, seine volle bes tätigung;
es fand aber gleichzeitig noch eine erweiterung dahin, daß
diese betonung die vocale der Stammsilbe in bestimmt
nachweisbaren fällen nicht gedehnt hat, wodurch wieder
das pomesanische auf seite des iemaitischen tritt.
125. Als schlufsresultat, die Stellung des pomesani-
schen zu den verwandten sprachen betreffend, ergiebt sich
somit: das pomesanische ist dem äemaitischen in manchen
punkten des vocal-, so wie des consonantensystems, na-
mentlich auch in der betonung, näher verwandt als dem
hochlitauischen ; es überragt aber beide mundarten in man-
chen punkten an alterthümlichkeit und nimmt in bezug auf
die zischlaute eine so singulare, dem lettischen und slawi-
schen zuneigende Stellung ein, dafs es keinesfalls als bloße
litauische mundart angesehen werden kann (cf. nämlich
Schleicher lit. spr. I, 2).
Die folgende abhandlung wird sich mit der wortbil-
dungs- und flexionslehre des pomesanischen beschäftigen
und, wie die vorliegende, die unkritischen Schreibungen
Holtzwäschers durch gewinnen allgemeiner gesichtspunkte
zu normiren und zu regeln suchen. Auch sie wird sich,
gleich dieser, zunächst auf das von Nesselmann gebotene
material, d. h. die nächstverwandten sprachen, beschränken.
Was dann noch als rückstand in der retorte geblieben ist,
wird in einer dritten einer schärferen etymologischen be-
handlung unterworfen werden, woran sich zum schlufs die
Zusammenstellung der erschlossenen formen in Schleicher-
scher Orthographie schliefsen soll. Die weitere betrach-
Stokes, das altirische verbum. 459
fang der accentlehre, namentlich in bezog auf die Unter-
scheidung zwischen gestofsenem und geschliffenem tone,
muft vor der band bis zur Vollendung des Wörterbuchs
von Kurschat verspart bleiben.
Münden, 9. october 1869. Dr. Carl Pauli.
Das altirische verbum.
Seit ich meinen aufsatz in den beitr. z. vergl. sprachf.
III, 47 geschrieben, habe ich alle verbalen formen in dem
Fälire von Oengus und in den zwei bruchstücken des
Amra Choluimchille, die in dem Lebar na huidre
enthalten sind, gesammelt. Desgleichen habe ich die seltne-
ren formen in den Goidilica, in dem Tripartite Life of
Patrick (Egerton 93, Mus. Brit. u. Rawl. 505, Mus. Bodl.), in
dem Seirglige Coneulainn (herausg. von O'Curry in
der Atlantis, aus dem Lebar na huidre), dem Fis Adamnain,
dem Scela na eserge und anderen stücken in demselben ms.
pp. 15 — 42, Cormac's Glossar, Codex B., O'Clery's Glossar
(Louvain 1643), O'Davoren's Glossar, dem Senchas Mär,
Dublin 1865 u.s.w. gesammelt. Neuerdings habe ich noch
den vortheil gehabt, die 55 Seiten über das irische verbum in
dem ersten theile von EbePs trefflicher ausgäbe der Gram-
matica celtica lesen zu können; und nun soll meine aufgäbe
eine doppelte sein, erstlich, so weit es mir möglich, die for-
men nachzutragen, welche weder Zeufs noch Ebel gefunden,
und zweitens mit geziemender bescheidenheit gewisse
punkte festzustellen, über welche ich mit dem letztgenann-
ten gelehrten nicht einer meinung sein kann. Unser streit
wird, so hoffe ich, durch Schleicher * ) in der dritten aus-
l) Dieser abschnitt war geschrieben, bevor ich von dem schweren Ver-
lust gehört hatte , den die vergl. Sprachforschung durch Schleichers tod er-
litten hat Studirende des celtischen sind dem gelehrten zu grofsem danke
verpflichtet, der das altirische zuerst als eine der acht hauptsächlichsten
indogermanischen sprachen behandelte.
30*
460 Stokes
gäbe seines Compendiums entschieden werden, oder durch
Lottner, dem ich diesen aufsatz freundschaftlichst zueigne,
oder durch Nigra, für dessen vortreffliche ausgäbe der
Turiner glossen ich zeugnifs ablegen will, oder durch
Ascoli, von dem wir einen vollständigen abdruck der alt-
irischen glossen zu Mailand erwarten dürfen.
§. 1. Das praesens indicativ activ.
Zuerst mufs ich meine genugthuung darüber ausspre-
chen, dafs, wie ich fipde, Ebel in Übereinstimmung mit
mir (beitrage III, 47) im indicativ drei classen anerkennt,
die ä-, die a> und die ia-stämme, welche beziehentlich mit
der dritten, ersten und vierten conjugation des lateinischen
zu vergleichen sind. Wir stimmen ferner darin überein,
dafs wir eine besondere classe in gniu „facio", -ciu „vi-
deo" und ihren zehn oder zwölf compositen nicht aner-
kennen. Aber was gniu betrifft, so ist es nicht wahr-
scheinlich, dafs viele Sprachforscher Ebels theorie*) an-
nehmen werden, es sei nur eine abart der ersten oder
ä-reihe, die mit der ia-reihe in der vocalischen declination
zu vergleichen sei. Dies erklärt die länge des i nicht.
Mir scheint, dafs, wie in dem ähnlich flectirten verbum
^ciu (aus #ceiu, *cesiö), ein wurzelhaftes 8 zwischen vo-
caleh verloren gegangen ist3), so in gniu (aus *gneiu, *ge-
nefifio) wir ein denominativum haben vom s- stamm gne
9) Ebel selbst scheint dieser theorie nicht ganz gewifs zu sein, denn
Z. * p. 428 — 438 behandelt er gniu als zur ersten oder a -reibe gehörig:
aber p. 462 behandelt er das jpraeteritnm dorigni als zu der dritten oder
ia-reihe gehörig; und in den berichtigungen zu Schleichet Comp. 2. aufl.
p. 856 führt er gniu als ein beispiel von Lottners 8 -classe (beitr. II, 824)
an, deren Vorhandensein im celtischen nicht festgestellt, ist.
3) Dies 8 ist erhalten in imCASti (coraideramdus) imCAISsiu (gl.
specimen), remCAISsiu (Providentia), fresCSiu (spes), nephfresCAStu (gl.
fosperata, motte) Ml. 66 d. foirOSru „tooking-on", 1 SM. 288, deiOdta (visio),
a comCISnib („from inspectionsM), O'Davoren 40, adCHESs (viaus est):
ränic fath nad adaig acCEStar . i. aicither („er kam zu einem land, worin
nadht nicht gesehen wird"), Amra Chol, (vielleicht ein 8 -futurum), cais .ij.
suil „oculus«, 0*01. Gl. Wenn wir den gewöhnlichen wandel von p zu c
und Verlust von anlautendem s annehmen, so würde das ir. -cfu = lat
spero aus *speso sein, wie gnfu = genero aus *geneso ist.
das altirische verbam.
461
= *genes (skr. ganas) wie latein. genero (aus *geneso),
aly(eo)£a) etc. Das -iu würde so ein älteres -eiu aus
-e(s)iö darstellen, und die verba gniü und -ciu müfsten
zur dritten oder ia-reihe gerechnet werden. Die paradig-
men der drei classen im praesens iftdic. act. würden dann
folgendermaf8en beschaffen sein:
caru [„amo"]
-cari(-ai)
-cara
-caram
-carith (-id)
-carat
Alte (oder „subjoined") form.
1) a- stamm: 2) ä- stamm:
Sg. 1. biru, biur [„fero"]
2. -bir
3. -beir, -ber
PI. 1. -beram
2. -berith (-id)
3. -berat
8) ia- stamm:
Sg. 1. ailiu [„oro") gniu [Äfacioa]
2. -äili -gni
3. -üli -gni
PI. 1. -äilem -gniam
2. -ailith (-id) -gniith (-id)
3. -äilet -gniat
Spätere (oder „absolute") form:
1) a -stamm:
Sg. 1. berimm
2. beri
3. berith (-id)
rel. beres
PL 1. bermme, bermmit
2. berthi
3. berit
rel. berte
8) ia- stamm:
Sg. 1. ailimm gniimm
2. Äili gni
3. Ailith (-id) gniith (-id)
rel. äiles gnis
2) ä- stamm:
carimm (-aimm)
cari (-ai)
carith (-id, -aid)
caras
carmme, carmmait
carthi
carit (-ait)
carate
468 Stokts
PL 1. ailmme, ailmmit gnimme, gnimmit
2. ail« gnitbi
3. ailit gniit
rel. ailte gnite.
Die alte oder kürzere form, welche Zeuis „brevior,
constructa vel negativa" nannte, nennt Ebel „forma sub-
juucta" und sagt „brevior forma. .. sem per est subjuncta
vel praepositionibus vel particulis quibusdam ut verbalibus
no, ro, negativis ni, nä(nad, nach), interrogativae in.
Wahr ist es, dafs in den ältesten Schriften nach praepo-
sitionen oder d&n genannten partikeln im plural und in
der 2. und 3. person des Singulars die kürzere form immer
gefunden wird. (Der grund ist vermuthlich, im falle der
Zusammensetzung der verba mit praepositionen, dafs die
pronominalen anfugungen, die sich in der späteren form
finden, worte von einer unbequemen länge ergeben hätten,
und im andern falle, wo den verbis die bezeichneten par-
tikeln vorangehen, dafs man der emphatischen bezeiohnung
der person meist wenig bedürftig war). Aber es ist ebenso
wahr, dafs sich die kürzere form in der 1. pers. sing, fin-
det, ohne dafs sie mit irgend einer praeposition zusammen-
gesetzt, ohne dafs ihr irgend eine partikel vorgesetzt wäre.
So: — aco .i. nego, unde ac, H. 3. 18. p. 80, col. 1.
tiagu, tiagu-ssa (= arelxco): frisgart olldom in bre-
them birusa for firu . . („answered O. the brehon. „„I
adjudge on men etc.aa) Rawl. 505, p. 252 col. 2. beru
(ms. bera)4) ord n-aire .i. brethemnaighimsi ordughudb
na hesgaine („I adjudge the ordering of the curse")
O'Dav. 49: arco fuin dorn dia („ich erflehe tod von mei-
nem gotttf) Cormac: arco fuin dorn rig («ich erflehe tod
von meinem könig") Lebar na huidre, 77: ised inso rogab
patricc forsin cailech gaibiu anfis ibiu anfis frisia üathib
4) O'Davoren hat so tillschlich ni aera (leg. aeru) aen cach („ich ver-
spotte niemand ") 47, tisca (leg. tiscu) bri ban finn („ich beginne die worte
von chönen frauen") 57. So vielleicht O'Curry, Longes mac nUisnig 445
n. topg atong (leg. tongu tong?) „ich schwöre einen eid": cf. tongn-sa Inga
„ ich schwöre einen eid" (woher intf dodfongad n is qui id jnrabat"
JH. J6b) O'Don. supp. s. v. tongaim,
das altirische verbum. 46$
ibiu litba in christo ihu. amen. .i. ciabeith afis ocund
cencofil fbthar inanmum isu crist („dies ist, was P. wie-
derholte über dem (vergifteten) kelcbe: „Ich nehme in
Unwissenheit, ich werde trinken in Unwissenheit, was davon
kommen (?) wird" ')• Ich werde trinken weine 8) in Christo
etc. i. e. „ob die kenntnifs davon uns beiwohne (oder) ob
nicht, es soll getrunken werden in Jesu Christi namena)Trip.
Life of Patrick, B. 163. b. guidiu itge doib („Ich bete
ein gebet an sie"), F61ire Oenguso, prol. 17. guidiu itche
naile („Ich bete ein anderes gebet"), ibid. epil. 413:
ailiu duil(e)am duilib dligthechuib („Ich flehe den
heim an mit schuldigen erklärungena ) O'Dav. 75: ailiu
dia dirged mo set (»ich flehe gott an: lafs ihn meinen
pfad lenken"), 1 Senchas Mär 10: aile (Mac F. ailiu)
laith .i. guidbimsi in laith („ich frage nach dem bier"
O'Dav. 104, meild: biini-sa ,oc irbaig darfarcennsi
(gl* glorior de vobis) Z. 419. jEs scheint also nach dem
iriseben selbst, dafs in den ä-verben und in den abge-
leiteten verben auf ä und ia (aus aia) diese form auf
-u die älteste ist; und dieser schlufs wird durch die ana-
logie des griechischen und des althochdeutschen (Schlei-
cher Comp. 665. 666) unterstützt.
Die durch die 1. sing, verursachte infection (asmbiur frit
„quod dico tibi" Z.* 182, ni ta chumme-se friusom „non
* ) Uathib: cf. uadaib („ab eo") 1 Senchas Mär 94: corotoirci aen dib
naidib („so dafs eine von ihnen schwanger wurde durch ihn"), Book of
Ballimote citirt von O'Curry, Children of Tuireann p. 236. Siehe ferner
Beitr. V, 332 und vergleiche das dem verbum bad suffigirte ib in dem fol-
genden auszug aus dem Amra Choluimchille: coich boi coich bfa beo
badib amradair ariathaib irdocht irthuaith („wer ist gewesen, wer wird sein
am leben, der wäre mehr als er, bad-ib, bewunderungswerth in den Hin-
dern, welche er lehrte im nordwesten?"). Der commentator erklärt hier
badib amradair durch bad chomuasal fris («wer wäre gleich edel
wie er"), aber amradair ist offenbar ein comparativ auf -tara, -t* ooc
(pos. amre „ bewunderungswürdig * Z. 864). Diese comparative regierten
den accusativ: cf. it luathidir gaith n-erraig („sie sind schneller als ein
frühlingswind") Seirg. Conc. binnithir ilcherflu indomain („slifser als die vie-
len melodien der weit**) Fis Adamnain. So zuweilen die u- comparative:
trommu cach n-osnaid („schwerer als jeglicher seufzer") Lebar na huidre
p. 29. b.
6) Eine reine vermuthung. Zu vergl. vielleicht goth. leithus „wein,
eider«, Ut lytus »regen".
464 Stoket
som aequalis eis* Z.G10. nida chomsech mn s6ire „ich habe
keine gewalt, non sum potens, über meine freiheit *, Trip.
Life Eg. 17. b. 2), die 2. pl. (dioiprid cbach „fraudatis quem-
vis" Z. 856) und die 3. pl. (conosciget chenel „commutant
genus* Z. 856. fodalet cben£l „distinguunt genus", ni fodlat
chenel „non d. g.tf Z.a 182: nad toirndet fholad „non de-
finiunt sensum". toglüaset chombairt „movent foetum* Bern.
31b. ataat chetnaidi „sunt priores u Z.2 182: it chethir
chet „sunt 400a) zeigen, dafs die eben mit beispielen be-
legten personen jede auf einen vokal geendet haben müs-
sen 7 ).
Auf der andern seite weist das fehlen der infection
in der 2. ps. sg. (annon geiss cäch „cum obsecras quemvis)
und in der 1. pers. pl. (ni taibrem seirc „non damus amo-
rema, focertam fial „ponimus velum", dogniam cechtarde
„facimus utrumque") deutsch' auf eine alte consonantische
endung hin, welche, wie im lateinischen, s gewesen sein
mufs, da sich in höre doninfedam etargne (quia inspiramus
cognitionem) ein transportirtes n nicht findet. So zeigt
das fehlen von infection8) in der 3. sing, (ni ib finn „non
bibit vinumu, fodera fäilti „efficit gaudium", brata set „he
takes a treasure", O'Dav. 59, dogni colnidi „facit carna-
les", immefolngi sonartai „quod efficit firmitatemu, is follus
„est darum", is cenn „est Caput", nita cumacc „non est
potentia"), dafs diese person auch auf einen consonanten
endete, welcher natürlich t war und in dem deponentialen
und passivischen -thar, -thir9) erhalten ist.
Demnach dürfen wir mit einiger Zuversicht das alt-
celtische praesens ind. act. so herstellen:
7) Auch im lateinischen haben wir tremonti.
8) Ausgenommen offenbar bei dem defectiven verbum fil: nifil chum-
tubairt (non est dubium), ni fail chumscugud (non est commutatio). Aber
hier haben wir wahrscheinlich eine praeterito-praesen tische form, wie fitir.
(fid-f- dir), griech. olöa etc., wo die 3. sing, auf einen vokal ausging.
°) Eine spur dieses schliefsenden t findet sich auch in formen wie fri-
stinfet (exsufflat, fris-tin-feth-t: cf. tinfedam „inspiramus"), fordin-
det (denunciat, for-do-in-ded-t, cf. aisn-dedat gl. conserunt verba
i. e. narrant, Z. 998). Eine andere spur von diesem t findet sich in den re-
lativen formen caras = carätja, s. weiter unten, und in den verbalen for-
men mit sufngirten pronomen.
das altirische verbum. 465
1) a-etämme: 8g. berö, beris, berit. Plur. beramas, be-
riti, beranti.
2) ä-8tämrae: 8g. carö (aus caräö), caräis, carät, Plur.
carämas, carftti, caränti.
3) ia -stamme: sg. äliö, äliis, alit (äliit). PL äliamas, äliti
(äliiti), älianti.
Die längere spätere oder „absolute" form bietet viel grö-
ere Schwierigkeiten. Denn da diese (wenigstens im plural
ld der 2. und 3. sg.) das product von rein neuceltischen
ifögungen von pronomina oder trümmern von solchen, sind
ir hier fast gänzlich des gewöhnlich aus der vergleichung
jr verwandten sprachen fliefsenden lichtes beraubt. Diese
'onominalen elemente scheinen folgende zu sein:
Sg. -mrai 1. PL -mis, -mes
-i 2. -is (-jus?)
-is. 3. .-! (-ii)
rel. -e ^= ja -e = ja.
Aehnliche formen finden sich im plural und der 3. sg.
»s b-futurums. Doch vor der betrachtung dieser agglu-
aationen ist zu bemerken, dafs die drei klassen in der
Ȋteren form sich so unterscheiden lassen: erstens, der
urzel vokal in stammen auf ia ist umgelautet; nicht so in
ämmen auf ä und ä: zweitens, die 3. sing. rel. in den
•Stämmen endet immer auf -as, in den ia- stammen
lf es.
Was die erste person auf imm betrifft, so habe ich
l dem, was in den beitr. III, 49. 50 zu lesen ist, nichts
nzuzufflgen aufser dafs Schleicher §. 269 meint, dafs hier
ie abgeleiteten verben (wie die lesbisch -äolischen formen
iXa-fti, cpikq-fii) doxlfuo-pi) der analogie des verbum sub-
antivum amm, griech. ei/ui, aus AS-mi, gefolgt sind. Aber
arum haben wir dann berimm, carimm und nicht
eramm, caramm? Ich halte immer noch an meiner
einung fest, dafs wir hier eine vergleichsweise späte neu-
^tische agglutination haben, ähnlich dem pronominalen
m in limm, lemm „apud me" etc., die nach falscher ana-
gie die organische infection des m der 1. pers. plur. hin-
466 Stoket
derte. So haben wir in welsch, bnm „fai" und dem redu-
plicirten praeteritum kiglef , kiglif (audivi) Z. 559 si-
cherlich junge agglutinationen.
Die 3. sing, auf -th, -d verursacht keine infection
(e. g. sluindith folad „significat sensum", techtid cosmailius
„habet similitudinem"). Ich fasse die erhaltung des dentals
hier und in dem a-coniunctiv so auf, dafs sie durch das i
des agglutinirten pronominalstammes I im nom. sing. masc.
hervorgerufen ist. Berith, carith, äilith würde so
sein = berit + is, carät+is, alit-j-is und das casus-
zeichen 8 verhindert die infection. Eine ähnliche aggluti-
nation mag stattgefunden haben in den altwelschen formen
crihot (leg. cridot und cf. crit „tremor"?) gl. vibrat Z.
1096, istlinnit .i. loquitur Juv. 4 = ir. sluindith, und bit
(assit) ib. 32.
Die relativen formen in der 3.j>erson (sing. -s, plur.
-e, -a) sind von Siegfried (beitr. III, 63) als durch pro-
nominale agglutination hervorgebracht erklärt worden. Was
ist nun dieses für ein pronomen? Wir müssen bedenken,
erstens, dafs beide formen aspiriren und deshalb jede frü-
her auf einen vokal geendigt haben mufs, zweitens daß
das fragliche pronomen im singular nicht nur das gewöhn-
liche -s, sondern auch das -e von vier formen (boie,
leg. böi-e „was war", fil-e „was ist", tet-e „was geht",
giul-ae gl. herenti) erklären mufs, drittens, dafs im plural
wir das e wo möglich als den plural des pronomens erklä-
ren müssen, welches s im singular hervorbrachte, und vier-
tens, dafs das so angefügte pronomen im nominativ und
accusativ dasselbe sein mufs 10)a
1 ° ) Beispiele von relativen formen, die sich auf ein object beziehen, nnd
sg. tuicci an-gaibe-8 in salin (intellegit quod continet psalmns). ished <fa
saige-s som (hoc est quod dicit). issed saige-s sfs (est hoc quod didt
infra). nf o oin innan ilchial techta-s arroet ainmnigud (non ab una mul-
tarum significationum, quas habet, denominationem accepit). iscetna n-etar-
gn» sluinde-s ipse intan as foilsigthech (est prima cognitio quam signi-
ficat ipse, cum est demonstrativum ). PI. doberr ainm ndoib din gnim
gnit-e (datur nomen iis ex actu quem agunt). candadas innan degnima«
son gnit-e in chadchoimnidi (candor benefactorum horum quae faciunt
catechumeni). is hinunn intsliucht sluindite diblinaib (est eadem signifi-
catio quam continet utrumque).
das altirische verbum. 467
Das pronomen ja im neutrum genügt diesen vier an-
brderungen. Caras zum beispiel, welches bedeutet 1) „qui
quae vel quod) amat", oder 2) „quem (quam vel quod)
unat" steht, wie Nigra XIX vermuthet, für carät+ja,
gerade wie tri 8 ^dritter u für tritja steht. Hier verliert
a sss skr. nom. acc. ja-t, zend. jat, das altcel tische wie
las griechische — cf. 6 = jat — durchweg das finale t.
[n derselben weise entsteht boi-e „was wara aus babäva
-H ja (cf. skr. babhüva). Im plural steht carate für
;aränti+jä (cf. zend. ja, skr. nom. acc. jäni). Zu dem
gebrauche eines neutralen pronomens, um relativität für
die geschlechter auszudrücken, vergleiche das englische
uhat.
Der vocal in dem -mmi, -mme der 1. ps. pl. ist mir
lunkel. Vielleicht haben wir hier den nom. pl. eines i-stammes
MI, wie im gotischen veis „wir" nom. plur. eines i-stam-
mes VI ist. In dem verbum substantivum ammi (sumus)
bewirkt er keine infection (ammi corp, Wb. 5d., ammi fäilti
Z. 678, ammi techtiri Z. 825) und folgt ihm einmal ein
transportirtes n (ammi n-eulig „sumus guari"), doch mag
dies einer der fälle sein, in welchen dieses n seine grenzen
überschritten hat11). Das suffix -mit, -mait (jetzt -mid,
•maoid) ist gleichfalls dunkel. Zu den von Ebel gegebe-
nen beispielen dieser endungen kann ich die folgenden zu-
fügen: ä-8tämme: guidme (petimus) Feiire Epil. 243, can-
naae (canimus) ibid. 242, tiagmait (venimus) Comm. zu
Amra. ä- stamme: carmaitne (amamus), Cogad Gaedel 94,
'ogmait (dimittimus) Lebar Brecc paternoster. ia-stämme:
ftilmini (oramus) Feiire, B. Jan. 10, tuirme (adnumeramus),
Felire, Sep. 17.
Die zweite ps. plur. wird von Ebel vermuthungsweise
Us auf -the endigend gegeben. Aber dies ist eine con-
Unctivische endung. Die endung im indicativ ist -thi,
In mittel- und modernen irischen diphthongirt oder ver-
1 1 ) Es kommt nicht vor in ammi oin-chorp hi er. (sumus unum corpus
u Christo) Z. 590. ammi irlaim Z. 476, ammi dee huili ib.
468 Stokes
längert. So haben wir von dem ä-verbnm riccu ,f):
rictbai a les a firu eirenn suidiughadh ocus ordughadl
cach rechta lend (»ihr bedürft, o mftnner von Irland,
einer festsetzung und anordnung von jeglichem gesetf
durch uns") 1 Senchas Mär 14. Und von dem ä-ver-
bum iarraim (quaero) haben wir dobärthar duib inni
iarrtbai („das, was ihr verlangt, wird euch gewährt
werden") note zu Feiire, Sept. 9. So im modernen iri-
seben moltaoi (laudatis). Das ia-verbum blaisim (gti-
sto) hat blasti in seiner2.ps.pl.: dixit patricras eis noco*
chumcaissi imchaisin crist acht m ablast! bas arthüs 7
acht mä airfemaid corp christ 7 afuil („ihr könnt Christas
nicht sehen, wenn ihr nicht den tod erst kostet, und wenn
ihr nicht empfanget Christi leib und sein bluta) Trip. Life,
B. 173 b.18). indeoin atchithi-si dan isna crannaib („die
vögel, die ihr seht auf den bäumen") Leb. na huidre (fortan
durch LU. bezeichnet) p. 25b. So in modernem irisch
foillsigthi, chithi.
Der umlaut in der 3. plur. ist offenbar einem prono*
men (i?) zuzuschreiben, welches angefügt worden und dann
verloren gegangen ist, nachdem es den voraufgehenden
vocal afficirt hatte. Eine ähnliche erscheinung findet man
in den 3. plur. passivi wie desmirechtaigtir ( exemplificao-
tur), dlegtair (debentur), gaibtir (canuntur) etc., welche
aus desmirechtaigter-i, dlegtar-f etc. hervorgegangen sind.
Der umlaut in der absoluten form der 3. sg. pass. (e. g.
berrthir baitsidir scribthir abgitir do („er hat die toosar
erhalten, er ist getauft, ein aiphabet ist geschrieben ffir
ihn") Trip. Life, Eg. 12. b. 2. daingnigthir gl. munitor,
Ml. 49 r.) wurde vermuthlich durch eine ähnliche agglutma-
tion desselben pronomens im sing, verursacht, welches dann
abfiel wie in foir (super eum) = for-hi.
Das -ann, -enn derjenigen form der 3. sing., welche
13) Die ähnlichkeit mit lith. refkia „nöthig sein* ist zufällig: riccu
= ro-iccu : cf. rohi aless (egebit) Z. 9 466.
1 3 ) So im Lib. Armach. 12, a. 2 : dixit eis sanotus nisi mortem gort*
ueritis non potestis uidere faciem ehristi et nisi sacrificium aeeipietis.
das altirische verbum. 469
zt unpersönlich gebraucht wird als das sogenannte ge-
»hnheitspraesens, ist von beträchtlicher alterthümlichkeit.
\ im Seirgl. Conc. ni charand mo menma müad („mein
ist liebt den frohsinn nicht")14), ni chesend nech dib
m fbr a fochraic fein („keiner von ihnen beklagt sich
»er seinen eignen lohn") LU. 36a. So im Fis Ada-
i&id: erch6tigend (nocet), lenand (adhaeret), fastand
etinet), töcband (sublevat), curend (ponit), foichlend
curat), ni fuillend cond cnaima („nothing saves an active
ulta) 1 SM. 102. ni fuilgend nech ein araile („no one
stains another's liability") ib. 262. rethann grian (currit
1) ib. 30. cusin f&t fris fuinenn grian („zu dem .... wo
e sonne untergeht") Rumann, Laud 610. fo. 10a. insinn
b hi funend grian („an dem orte, an dem die sonne
itergeht") Seirgl. Conc. in lenand do sithlongaib ib.
3 aran-erailend isu foirn („wozu ermahnt uns Jesus?")
eb. brecc, 121b. in trath nach dearbhann int agarthöir
agra fuaslaicter inti forambi agra („wenn der kläger
ine klage nicht beweist, so ist der, gegen welchen die
age gerichtet ist, frei") H. 3. 17 citirt O'Don. Supp. 8. v.
rarthöir: vergl. das unten citirte beispiel dosluinend
is dem Amra Choluimchille, einem der ältesten un-
r den vorhandenen irischen Schriftstücken. Einen parti-
pialen Ursprung für diese formen anzunehmen werde ich
eiter unten in Vorschlag bringen.
2. Praesens indicativi (deponentia).
Alte formen:
. a - stamme : ä - stamme :
Sg. 1. sechur molur (-or)
2. sechther molter
3. sechethar (-edar) molathar (-adar)
PI. 1. sechemmar molammar
2. sechid molid
3. sechetar molatar
14 ) O'Curry, ohne jedwede gewähr (so viel ich sehen kann), überträgt
lad durch „jealousy": doch vergl. den Zusammenhang und die skr. wz.
id, send* maodhana, germ. mu-n-ter.
470 Stoke*
ia - stamme :
Sg. 1. midiur cairigur
2. mitter cairigther
3. midethar (-edar) cairigethar (-edar)
PL 1. midemmar (-mer) cairigmar (-mer)
2. midid cairigid
3. midetar cairigetar.
Absolute formen:
a - stamme : i - stamme :
Sg. 3. sechithir (-idir) molithir (-idir)
PI. 3. sechitir molitir
ia - stamme :
Sg. 3. midithir (-idir) cairigitbir (-idir)
PI. 3. miditir cairigitir.
Da8 paradigma der ä- stamme ist zum gröfsten theil
nur erschlossen. In der ersten sing, enden die ia- stamme
entweder auf -iur oder zeigen umlaut des wurzelvocals.
Zu den von Zeufs und Ebel gegebenen beispielen mö-
gen folgende zugefügt werden:
Sg. 1. ä- stamme: agur ägur iar cein chein bith ipein
phein („ich fürchte, ich fürchte, nach einer langen, langen
zeit in pein, pein zu sein") LU. 6b. adägur tusa („ich
fürchte dich") Battle ofMoira 210. fritotsamlor (te comparo)
gedieht citirt von O'Curry Lect. 476. ia-classe: tochuiriur
(„ascisco") Patr. h. B. dochuiriur Z. 844. tomliur (edo)
Trip. Life, fordomdiur (fortomidiur B.) „adjudico* Cormac,
fir. fosisiur (declaro) 1 Senchas mar 10, woher trisinniris
fosissetar imbathis (per fidem quam confitentur in baptismo)
Tur. 2. a. coro-acilliur ocu („that I may address Cham-
pions") Book of Leinster, citirt O'Curry Lect. 637.
Sg. 2. ia-stämme: a ri rimther flaithe (o könig, der
du fürsten zählest« ) Fei. prol. 286. cid ara todlai(g)ther
(gl. quare postolas) Ml. 32 a. Diese endung -ther ist noch
zu erklären.
Sg. 3. ä-stämme? genither (nascitur) Corm. bnanand,
geinithir, Corm. B. trogein: und vielleicht arsisedar (per-
\
das altiriache verbnm. 471
istit) Corm. B. aurso, cuisnit: ä- stamme: dond fiur
drodar idlu (viro qui adorat idola) Z. 1066: ia-stämme:
tminither15) .i. timchella („circuit") Cormac B. ebron:
loepethar (mordet, taipe „concisio" Z. 1067) Corm. B.
jelestar: docuirethar (apponit) Corm. B. ferb: docuire-
lar, galuigedar (fervet) Corm. B. coire brecain. mo-
ihaigedar (gl. stupentis) Ml. 26b. am. nerladaigedar (gl.
;anquam obsequitur) Ml. 64 d, aber erladaigidir (gl. obse-
mitur) ib.
PI. 1. ä- stamme: nosmolamar (»wir preisen sie") Fei.
Tan. 17. atagamar tra for loeg in fer dimbert a ferci
brnd (we beseech, says L.9 the mau to ply his rage on
is) Seirgl. Conc. ia-stämme: admuinemmair (adimus?)
tffnine, cf. muinither oben. Ranic tir domoise mune*
n ar .i. ranic intir itoimnemni moisi dobitb („er kam
su dem lande, in welchem wir glauben dafs Moses ist")
kmra Chol. LU. 9 b. miad mar munemar mann, ibid. fo-b-
lisimarni (»wir erklären euch") Leb. buide Lecain, col. 647.
PL 3. ä- stamme: ranic maige mos nadgeuetar ciuil
„er kam zu gefilden, in denen melodieen nicht geboren
prerden", „sed sunt semper in se" fügt der scholiast hinzu)
imra Chol. LU. 9b. moderne form: is d& lelap geinitir
md („es sind zwei kinder, die da geboren sind") Corm. B.
>main. ia-stämme: lobraigetar (gl. egrescentium) Ml. 61 r.
3. Der a-coniunctiv.
Alte (oder „subjoined") form: Spätere (oder „absolute") form:
Sg. 1. -ber, -bar bera, beram
2. -berae, -bera berae
3. -bera beraid, rel. beras
■*) Mit diesem verbum möchte ich verbinden das bret. monet „ireÄ,
orn. mones, w. myned, lat. minore in e-minere, pro-minere. Das ir.
mint er „familia" mag auch dazu gehören: cf. griech. äpcptnokoq nnd
kr. parilara, jedes von einer wurzel mit der bedentung „gehen". Auch
ie wurzel von lat. anculus, ancilla mag ANK, skr. an K „gehen" sein
nd die wurzel des gall. amb-ac-tos (w. amaeth) mag AK sein. Das ir.
imthrecht, timthirecht (ministratio), timthirthid (servus), "drim-
hirid (ministravit), dorimthirthetar (ministraverunt) mag in gleicher
reise von der wurzel TAB kommen.
472 Stokes
PI. 1. -beram bermme (-mmi)
2. -beraid berthe
3. -berat, -barat berait, rel. berte.
Hier haben wir wieder zwei formen, von denen die
eine auf endungen des italo-celtischen alterthums hinweist,
die andere mittels neuceltischer agglutinationen gebildet ist
Die alte form findet sich nach praepositionen und Parti-
keln, die spätere, wo das verbum alleinsteht. Zu aerbar
(„utar"), fadam („ea patiar" i. e. fo-a-dam, wie es Ebel vor-
trefflich erklärt) und den andern beispielen der ersten sing,
von der alten form, die von ihm Z.a p. 440 angeführt
werden, füge hinzu duemsa (protegam) Ml. 37c. conru-
relsa (ut manifestem) Ml. 41 d. nasroin (gl. nullo mem-
bro aegrotem) Gildas. Und vergl. altlateinische formen wie
attinge, dice, ostende, recipie (Corssen ausspräche
2. aufl. 267). Zu Ebel's beispielen von der späteren form
füge hinzu cofothea-sa (gl. ut mordeam16), cf. owctu,
engl, wou-n-d) Z. 934. 1064, und con-da (ut sim, tä)
Z. 589. Von der späteren form der 1. sing, auf m habe
ich schon (Beitr. III, 53) drei beispiele citirt, nämlich as-
beram17) (gl. indicam bis verbis) Z. 1065, cur-bam (gl.
ut sim) Gildas, biam soer (nicht söir) „salvus sim" Ultan's
h. 8. Zu diesen mögen folgende zugefügt werden: in-
natlugum buide (gl. exsoluam gratiam, leg. -g am?) Ml. 45a.
ni athregsa he hicein bam beo („ich will es nicht ändern,
so lange als ich am leben bin") note zu Feiire Feb. II*
ropadh maith lern cor bam cisaige don flaith („es wäre
gut für mich, dafs ich dem fürsten ein tributpflichtiger
wäre") gedieht citirt O'Curry Lect. 616. nipam slansa
(„ich werde nicht wohl sein") Longes mac nUsnig. ni-
-bam anmeharasa arse dolucht dergmartra („ich möchte
nicht seelenfreund sein, sagt er, von leuten von rothem
märtyrthum") note zu F6lire, April 17, und andere bei-
,6) Ebel unterdrückt „ut mordeam" und überträgt Z.* 466 „ut rocce-
dam ego."
17) Ebel unterdrückt die lateinischen worte „ indicam a etc. und über-
setzt p. 442 diese glosse durch „dieimus."
dos altirische verbum. 4M
spiele von Main „sima, e. g. biam torbachu (aptior sim)
Cormac prull, = bem torbachsa ib. B. biam raithsa dia
raith8um nodgäba cech dia („ich wollte mich für die gnade
dessen verbürgen, der es täglich singen wird") Feiire Ep.
166, 6. Das m (mm?) ist hier agglutinirt an subjuncte
(as-bera-m) sowohl als auch an isolirte formen, gerade so
wie wir im indicativ sowohl do-fui-bni-mm, cuim-tgi-mm 18)
haben als auch gui-di-mm, cari-mm.
Sg. 2. (alte form): ni malartaesiu, ni derlegaesiu (ne
disperdas) Ml. citirt von Nigra pp. 48, 61. tarilbse (ad-
dicas) Z. 858, 1052. dia ndamse noe for thir („wenn du
eine person auf dem lande leidest") Corm. B. noe. Eine
reduplicirte 2. sg. als ein imperativ gebraucht (geoghna .i.
guin „vulnera") findet sich in O'Clery's glossar. Vielleicht
ist diese form eine redupl. 2. sg. fut.
Der dental in der späteren 3. sg., der durch aggluti-
nation von -is an das alte -ät erhalten ist, findet eine
parallele im altwelschen dafraud (gl. subtrahet) Juvencus, 2.
Hier ist eine coniunctivische form als futurum gebraucht,
wie in der ersten sing, der classischen lateinischen futura
der 3. und 4. coniugation. So finden wir in einem verein-
zelten, in dem älteren theil des Red Book of Hergest er-
haltenen gedieht, gedruckt in vol. 2 von Skene's Four
ancient books of Wales (Edinburgh 1868), gwledychawt
(regnabit) p. 221, dyrchauawt (surget) p. 223, treiglawt, ef
grynnawt (transibit, tremet ille) p. 224, und gwasgarawt
(diffundet) p. 229. 232.
Ein beispiel für ein zusammengesetztes, die spätere
1S) Verdruckt eunutgim in der zweiten aufläge von Zeuss p. 492, aber
vergl. cumtach, ad chumtach. Andere irrthümer in dieser aufläge sind auf-
uirig 480, 1. 36, leg. aurfuirig : anlas 4SI, 1. 18, 466, 1. 37, leg. anf as („id
qnod est0) : arribaigedar 439, 1. 6, leg. adribaigedar : armgister, 431, 1, 28,
leg. armagistir : ciinsamlar 442, 1. 29, leg. cenusamlar (Z. 1033. i. e. co*
nu-s-saralar) : forelgatar 450. 1. 31, leg. foselgatar: nämmin duine 445, 1. 81,
leg. nimm in duine, (cf. O'Don. Gr. 165 und Ir. Glosses p. 149) : forime (?)
455. 1. 34, leg. forrae : donacht 455, 1. 46 leg. doenacht : rosiu 467, 1. 14,
leg. resfa : inhadehoimnidi 472. 1. 9, leg. inchadehoimnidi (so in Goidilica
p. 7 für cach chomnidi lies cathehomnidi = catechumeni) : brathnighthe
479. 1. 26, leg. bruthnigthe. Für vier von diesen bin ich verantwortlich.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 4. 31
474 Stokes, das altirische verbum.
form in der I. pl. annehmendes verbum ist ma confodma
(si compatimur) Z. 40, welches (durch abkörzung und pro-
gressive assimilation) für *con-fo-dam-me steht. Ein an-
deres beispiel, wo das verbum der praeposition do ange-
schlossen ist, bietet co-do-s-gnemi (ut faciamus ea) Z.*333.
Vom conjunctiv der deponentia füge ich folgende zu
den von Ebel gegebenen beispielen hinzu: Sg. 1. nufail-
tiger (gl. letari) Ml. 46b. cura dichuirer (gl. deleam):
cura et ellaiger (gl. e volare valeam) Gild. conacor olse
cia creitfes dam 7 nätcreitfi („so dafs ich sehen kann,
sagt er, wer an mich glauben wird und wer nicht glau-
ben wird") Trip. Life B. 163a. Sg. 2. batoisc dam ol-
sechnall molad dorignius dialailiu düne nde (sie!) co-
-cloithersu („ich wünsche, sagt S., dafs du eine lob-
preisimg hören möchtest, welche ich für einen gewissen
gottesmann gemacht habe") Trip. Eg. 17a. 1. ma me-
braigther feli („wenn du der festtage gedenkst") Fei. März 2.
PI. 1. tabred dagberta forarnimthechta forarnimrimmend
arnach-nelammar („lafs ihn gute gesetze für unsre gäoge,
für unsre ritte geben, dafs wir nicht irren", elud) ge-
dieht von Columbcille, LU. p. 15 a. con dermanammar
(ut obliviscamur) Z. 834. mani decamar (gl. nisi attenda-
mus) Z. 1024. PI. 3. dian inbothigetar (si nubunt) Z. 1050.
intomnatar (gl. putent) Ml. 18 a. fristuichetar (gl. exstete-
rint) Ml. 21 c.
Whitley Stokes.
(Fortsetzung folgt.)
Schmidt, anzeige. 475
Christian Donalitius littauische dichtungen nach den Königsberger hand-
8Chriften mit metrischer Übersetzung, kritischen anmerkungen und ge-
nauem glossar, herausgegeben von 6. H. F. Nessel mann. Königs-
berg 1869.
Als Schleicher den Donalei tis*) herausgab, mufste
Khesas text als die einzige uns erhaltene Überlieferung gel-
ten, da sowol das origininalmanuscript als die Hohlfeld-
sehe abschrift verschollen waren. Wie unerhört gewissen-
los Rhesa mit seinen vorlagen verfahren war, das konnte
dazumal niemand wissen, es gab eben keine andere quelle,
und kein herausgeber konnte mehr thun als den Rh.'schen
text säubern und grammatisch richtig herstellen. Dies that
Schleicher. Nachdem er seine arbeit vollendet und schon
zum drucke nach Petersburg gesandt hatte, tauchten die
originalhandschrift der pavasario linksm^bes und der va-
sarös darbai sowie die Hohlfeldsche copie sämmtlicher be-
kannter dichtungen des D. auf. Schleicher hatte nun sei-
nen schon festgestellten text an unzähligen stellen zu än-
dern, da sich herausstellte, dafs Rhesa nicht nur mehr als
fünftehalbhundert verse ausgelassen, sondern auch mit den
von ihm gegebenen beispiellos willkürlich geschaltet hatte
(Schleicher vorrede 8. 4). Dafs bei dieser Umarbeitung,
welche des unmittelbar bevorstehenden druckes wegen in
höchster eile geschehen mufste, manches übersehen worden
ist, hat Schleicher selbst anerkannt und es in seinen „nach-
träglichen bemerkungen" **) zu bessern gesucht (s. Beitr.
V, 380). Diese entstehungsgeschichte der Schleicherschen
ausgäbe, welche jeder kennt, der Schleichers vorrede auch
nur flüchtig angesehen hat, mufste hier kurz wiederholt
werden, da Nesselmann den thatbestand in seiner vorrede
völlig entstellt. Er ergeht sich über Schleichers wissen-
schaftlichen Charakter (s. VII) und fährt dann fort : „Dazu
*) Ueber diese nur aus dem latinisierten Donalitius reconstruierte
namensform vergl. Schleicher s. 1 anm. Nesselmann vorr. 1 hält für wahr-
scheinlich, dafs Donalitius die latinisierung von Donalies, Donalya
sei.
**) Für Nesselmann existieren diese nicht, er ignoriert in den anmer»
kungen der vorliegenden ausgäbe alles durch sie nachgeholte.
31*
476 Schmidt
kam noch von seiner seite ein mifsgriff, der den übelsten
einflute auf seine arbeit geübt hat, und der darin bestand,
dais er neben den beiden Königsberger bandschriften die
Rhesasche ausgäbe als eine dritte mit jenen nicht nur gleich
berechtigte, sondern von ihm sogar vorwiegend hochge-
stellte quelle betrachtete. Anstatt den aller kritik und ge-
wissenhaftigkeit baaren Khesa bei seite liegen zu lassen
und stricte von den handschrifteh auszugehen, ist er um-
gekehrt von Rhesa ausgegangen a u. 8. f. Was anderes
hätte herr N., der über den aufenthaltsort der fraglichen
handschriften vor dem jähre 1864 auch nichts anzugeben
weife (Nesselmann vorr. s. III), seiner ausgäbe zu gründe
legen können, wenn er sie, wie Schleicher die seinige,
schon 1863 unternommen hätte? Am Schlüsse der vorrede
erklärt N., er würde in den anmerkungen und im glossare
manches anders gesagt haben, wenn es erst nach Schlei-
chers tode gedruckt worden wäre. .Die anmerkungen und
das glossar sind aber, was gehässigkeit angeht, nichts ge-
gen eben diese nach Schleichers tode geschriebene vorrede.
In welcher weise dabei N. mit der Wahrheit verfahrt, ist
von anderer seite schon genügend ans licht gestellt wor-
den (litter. centralblatt 5. märz 1870), und braucht daher
hier nicht wiederholt zu werden. Die folgenden Zeilen ge-
hen nicht darauf aus die Schleichersche ausgäbe zu ver-
theidigen, da diese nach wie vor ihren werth behält, son-
dern sind einzig bestrebt die Nesselmannsche leistung zu
charakterisieren.
N. gibt die gedichte nach der reihenfolge der Hohl-
feldschen copie, zuerst die fabeln, dann die erzählung des
Priczkus, herbst, winter, frühling, sommer, und erst hinter
diesem die „fortsetzung". Dies soll die „natürliche reihen-
folge u der gedichte sein (s. IX ff.). Den herausgeber stört
dabei nicht, dafs eine hauptperson nach dieser anordnung
im winter stirbt, aber im frübling und sommer „wieder"
lebt, das mag er mit sich ausmachen. Dafs die erzählung
des Priczkus eine Vorstudie zu den Jahreszeiten ist, hat
schon Schleicher gesehen (Schi. s. 14 f.), als eine solche
anzeige. 477
ist aber auch die von N. hinter denselben aufgeführte „Fort-
setzung" anzusehen, denn sie ist vor Vollendung des som-
mers geschrieben (Schi. s. 18) und ihre fünf ersten verse
sind etwas verändert in den „herbst" aufgenommen (VIII,
851 — 855 Ness.). In der natürlichen reihenfolge hätte also
die „fortsetzung" vor diese beiden gehört.
Bei der wiedergäbe der handschriften hat es N. „zur
darstellung der intentionen des dichters für sehr wichtig,
ja fär unumgänglich nothwendig erachtet, auch die von
ihm über den text gesetzten scansionszeichen als einen we-
sentlichen bestandtheil in den text aufzunehmen". Ja er
hat sie für wichtiger gehalten als die accente, welche er
nicht überall im texte zu setzen für nöthig hielt (s. XII).
Diese scansionszeichen bestehen in zwei häkchen " " , welche
mit rother dinte über je zwei unbetonte silben gesetzt sind.
Durch diese bezeichnung kann leicht der schein entstehen
als wären die betreffenden silben kurz, sie sind aber nur
unbetont, denn das zeichen ^- steht nicht nur über pyr-
rbichien, sondern auch über iamben, trochäen und sogar
spondeen mit natura oder positione langen vocalen, z. b.
vaikpäläikiu, übägais, übägö, küdikei, kq veiki,
\j —
pämöklno, tär6 oft (dagegen täre V, 12), mänö, tä-vö,
sävö neben mäno, tävo, sävo, lssiziöj^s, nütverä
£mögi8zkä u. s. f.
Umgekehrt besteht die thesis oft nur aus einer kürze,
z. b. in dem verse II, 33 N. = s. 138, 33 Schi.
Ir vtsür vertai kaip glüpg nar^ nüplekö
füllen die beiden durch den druck hervorgehobenen kur-
zen vocale je eine ganze Senkung, während das 3 von
n&r39 dem von glüpzj ganz gleich, mit dem folgenden
nü zusammen erst eine ganze thesis bildet. Auch ist die
arsis nicht an metrische länge gebunden. Aus allem dem
geht zur genüge hervor, dafs Donalitius seine hexameter
nicht nach der quantität, sondern nur nach dem wortac-
cente gebaut hat. Mochte er selbst oder sein abschreiber
auch, um sich das lesen der verse zu erleichtern, die zwei-
silbige thesis, welche bei weitem seltener als die einsilbige
478 Schmidt
ist, durch besondere zeichen angeben: ein heutiger her-
ausgeber, welcher diese "" wiedergibt, ohne den leeer über
ihren werth zu unterrichten, sie sogar vor den accenten
bevorzugt, läuft gefahr das 'princip des Donalitiusschen
Versbaues zu verdunkeln.
In der Orthographie ist N. „wesentlich dem von Kur-
schat eingeführten und von Schleicher weiter fortgebilde-
ten System gefolgt, soweit nämlich letzterer sich in den
schranken der phonetik hält; denn Kurschats und Schlei-
chers ohren sind vier zeugen, welche vollen glauben ver-
dienen; wo aber Schleicher sich in das gebiet der etymo-
logischen speculation begiebt, da« habe ich meistens von
ihm abgehen zu müssen geglaubt; so habe ich mich nicht
und werde ich mich nie entschliefsen können, mit Schlei-
cher ozka, mezlas, uzsi-, iszsi- und ähnliches zu
schreiben, weil jeder Littauer bei solcher völlig unphone-
tischen Schreibweise anstofsen müfste". Ein ganz berech-
tigter Standpunkt, wenn er consequent durchgeführt wäre.
Wer aber möszlas, grisztes XI, 637, milsztuwe 518,
iszdröszti 331 u. a. schreibt und sich trotzdem zu mezk
XI, 275, nuwozt 295, iszverzt 337. 407 entschliefst,
macht sich dadurch nicht nur der gerügten unphonetischen
Schreibung und der etymologischen speculation, soudern
auch noch der inconsequenz schuldig. Für das „ganz un-
littauische " v hat N. wieder w eingeführt, weil die Litr
tauer von den Polen die schrift angenommen haben und
das polnische kein v, nur w kennt. Auch die alte Schrei-
bung ay, ey, uy der adverbialendungen hat er wieder
aufgenommen, obwohl er zugibt, dafs sie nicht anders als
ai, ei, ui gesprochen werden, N. glaubt sie berechtigt
als „grammatisches zeichen, welches dem äuge das ver-
ständniss erleichtert". Aehnlichen erwägungsgründen hatte
unsere deutsche Orthographie die Unterscheidung von seyn
und sein zu verdanken.
Hie und da vermifst man consequente durchführung
einer Schreibung, so erscheint neben herrschendem wez-
libas, wezlibay ein wezlybai VII, 192, und zwar mit
anzeige. 479
absiebt, denn diese form ist ausdrücklich im glossar verzeich-
net, gerechtfertigt wird sie nirgends; Schi, vezlibai auch
hier, ohne Variantenangabe.
Nicht abzusehen ist ferner, weshalb die adverbia auf
ay, ey mit dem acut auf dem y accentuiert werden, wäh-
rend die übrigen gleich betonten diphthonge den gravis er-
halten, didey, asztrey, dosne^, dosnay, dowana/,
dywinajf u. s. w. gegen dywai, draugais, darzai,
elti, relk', greitay u. s. f. Die absonderliche betonung
dieser adverbia ist ebenso wenig begründet wie ihre Schrei-
bung mit y. Von den beiden Schreibarten skrusdelyns
und skruzdel^ns bei D. (s. die anm. z. XI, 418) wäre
nur eine an den drei stellen, wo sich das wort findet,
durchzuführen gewesen, und zwar nach Schi, die mit z,
da auch H. skruzd&lg' schreibt, und N. den Zischlaut
vor d gewöhnlich als z gibt: blauzdä, barzdä, zaizdä.
Beide formen aber als getrennte artikel im glossar aufzu-
führen, ist übertriebene Unterwürfigkeit gegen die hand-
sebrift. Dasselbe schwanken zwischen plesdenti und
plezdenti, während Schi, consequent z schreibt.
Für die feststellung des textes war N. in einer un-
vergleichlich günstigeren läge als Schi. Er konnte direct
die handschriften in der von Schi, besorgten consequenten
Schreibung abdrucken und brauchte sich um Rhesa gar
nicht zu kümmern. Daher ist es natürlich, dafs N. den
text dieser handschriften im einzelnen genauer gibt als
Schi., und dafür sind wir ihm dank schuldig. Der druck
ist ziemlich correct, die meisten der untergelaufenen druck-
fehler sind in den anmerkungen berichtigt (nicht berichtigt
sind: tSwa^ XI, 65, Äi XI, 36, negalesim XI, 609,
lapes Überschrift I für te'w^, Ai, negalesim lapes).
Keineswegs aber ist die Schleichersche ausgäbe durch die
, vorliegende überflüssig geworden, denn N. hat sich zwar
im ganzen von Schleichers grammatischer einsieht leiten
lassen, an einigen stellen aber selbständig grammatische
fehler gröbster art in den text hineincorrigirt, welche sich
bei Schi, nicht finden ; ich werde weiter unten darauf zu-
480 Schmidt
rückkommen. Die hauptverechiedenheit beider ausgaben
beruht in der accentuation. Schi, bat im texte die heu-
tige betonung durchgeführt und wo D. constant von der-
selben abweicht, dies meist im glossar bemerkt; vgl. auch
Schi. vorr. 6. N. dagegen accentuiert jede in der arsis
stehende silbe. Darin geht er entschieden zu weit, denn
wenn man auch aus der Oberall bei D. herrschenden be-
tonung szypsaus, dyvai, väsara, näktyj, t6'vai u.a.
schliefsen mufs, dafs in diesen worten damals eine andere
betonung herrschte als heute, so gibt es dagegen auch
worte, welche bei D. bald auf der einen, bald auf der an*
deren silbe den accent tragen, z. b. rüstautP und ru-
stauti (Schi. s. 6); orai, oru, ma£u und die meisten
casus von toks und kok 3 sind abwechselnd auf der ersten
oder letzten silbe betont. Dafs in diesen und anderen
worten zu D.'s zeit zweierlei betonungen wirklich gestattet
waren, wird erst dann feststehen, wenn es aus anderen
gleichzeitigen Sprachdenkmalen erwiesen ist, so lange dies
aber nicht geschehen ist, bleibt die annähme höchst wahr-
scheinlich, dafs D., welcher in versnoth sogar Sprachfehler
begieng (s. Schi. gl. s.v. keliäuju, savo), vor einer dif-
ferenz zwischen wort- und verston gelegentlich noch we-
niger zurückgeschrocken sein wird. Hohlfeld wenigstens
zeigt durch seine accentwidrige scansion II, 14. 24 (s. N.'s
anm.), dafs er an dergleichen keinen anstofs nahm. Beson-
ders ist natürlich «vorsieht geboten bei den äna£ ÄeyofAtva mit
abweichender betonung z.b. bürnasXI,656(burnäs Schi.)
es$ welches D. XI, 500 auf der endsilbe accentuiert, wäh-
rend jetzt nur es 3 gilt (Kurschat laut- und tonlehre 8. 186,
Schleicher lit. gramm. s.211.94). Wenn D. seinen ahr
weichenden accent wirklich schreibt, wie in tüla XI, 55,
peliu XI, 259, so wird man ihm glauben müssen, in al-
len anderen fallen aber sich nach weiteren anhaltspunkten
umsehen, ehe man die abweichende betonung als im sprach-
gebrauche jener zeit wirklich lebend anerkennen darf, wie
man auf grund von N.'s metrischer Übersetzung IX, 647-
654 unserer spräche kein nachbarlich, aufhört auf-
bürden wird.
anzeige. 481
Wenn der ton auf einem der vocale §, $, i, q, e, e, ü
ruht, 8o bat N. aus äufseren gründen im texte demselben
keinen graphischen ausdruck gelieben, im glossar aber
findet sich in der regel der accent gesetzt. Auch im
glossar überall verinifst habe ich die accentuierung von
sz\j ta, ka/, j', welche oft in der arsis stehen, und für
welche doch anzugeben war, ob sie ' oder x erhalten.
Das glossar gibt bei den meisten worten sämmtliche
stellen und formen, in welchen sie vorkommen, und dies
ist ein Vorzug vor dem Schleicherschen glossare; „nur bei
einigen gar zu oft vorkommenden partikeln, pronomen und
Substantiven (dewas, pönas, büras u. a.) ist die zahl
der citate beschränkt". Ganz ohne belege ausgegangen ist
\; be- fehlt überhaupt; von den fünf für die instrumentale
Verwendung von sü aufgeführten stellen sind drei falsch
X, 22, XI, 15, VIII, 53, zu den zwei richtigen hätte noch
XI, 470 gefügt werden sollen.
Grammatische und etymologische auskünfte finden sich
im glossar gar nicht, einige geben die anmerkungen, doch
stehen beide zusammen in dieser hinsieht bedeutend hinter
Schleichers glossar zurück.
Die anmerkungen hinter dem texte enthalten das kri-
tische material: die Varianten der handschriften und der
Schleicherschen ausgäbe. Nach welchen grundsätzen die
letzteren aufnähme gefunden haben, ist nicht klar, die ge-
ringfügigsten druckfehler sind meist angegeben, dagegen
habe ich von XI, 285 — 656 neun nicht angegebene abwei-
chende betonungen (285, 358, 383, 396, 427, 451, 577,
656) und 326 ir Schi., bei N. ebenfalls ausgelassen ge-
funden.
Ferner enthalten diese anmerkungen grammatische und
exegetische bemerkungen, von denen ein theil fortschritte
gegen die Schleichersche auffassung enthält, z. b. XI, 201
der nachweis, dafs veszpats von D. auch auf menschen
angewandt wird. XI, 256, wenn gälvos wirklich kopf-
gegend bedeutet, was in N.'s Wörterbuch nicht angegeben
ist, also zu belegen gewesen wäre, so hat N. recht, D.'s
pogalwu zu bewahren. Das adverbium zu dosnüs ist
482 Schmidt
nur einmal mit -ey geschrieben XI, 663, sonst mit -ay,
was N. festhält, ob mit recht, mag noch zweifelhaft sein,
da dosnas, auf welches das adv. dosnai zurückgehen
würde, bei D. nicht vorkommt, ai für ei aber auch sonst
geschrieben ist, z. b. IV, 34. VIII, 12. X, 32 (s. die Va-
rianten in N.'s an merkungen). Die unter VIII, 248 ste-
hende bemerkung gehört zu X, 248. Nicht zu billigen ist
VIII, 308, wo N. das H.'sche iszolojau festhält, welches
offenbar aus dem von Rh, und Schi, hergestellten' isz kö-
liojau verschrieben ist. Weshalb, wie N. meint, ein aus-
schelten in der stelle nicht passen soll, ist gar nicht ab-
zusehen, da die scheltworte gleich nachfolgen. N. erklärt
iszolojau für „ unverständlich a, übersetzt es aber ohne
alle berechtigung durch „ich brüllte". Ungerechtfertigt
ist auch die anm. zu IX, 10. Die form eg£r& in text
und glossar für e'g e r £ ist nicht begründet durch die anm.
zu XI, 101. Falsch ist XI, 631 die bevorzugung des
"D.'schen Jos vor dem jus H. Schi.; klsza wird dadurch
in ungehöriger weise objectlos.
Mit nicht geringer Verwunderung gewahrt man einige
anmerkungen, welche eine grofse unkenntniss der litaui-
schen spräche verrathen. Zu XI, 169, welchen vers ich
in N.'s Schreibung und Übersetzung anführe:
Ak isztes ir Werts, kad jö kasden pämlnetu
Ja, er verdient es fürwahr, dafs täglich man seiner ge-
denke,
zu diesem verse macht N. folgende anmerkung: „Ich wäre
geneigt, für ir, das D. und H. haben, yr' zu Substituten,
und habe demgemäfs übersetzt u. Mufs man den Heraus-
geber eines litauischen Schriftstellers daran erinnern, dafs
ein adjectivum, um als prädicat zu fungiren, keiner copula
bedarf (Schleicher gramm. s. 261), dafs dies selbige werts
sieben verse später noch einmal ohne copula als prädicat
begegnet, dafs ir werts also heifst „er ist es auch wertha?
Zu VIII, 829 Paikius . . . ir jo püsbrolis bemerkt
N.: „Für jo püsbrolis müfste es grammatisch richtig
heifsen sawo püsbrolis". Was soll hier das reflexi-
anzeige. 483
um? Würde N. etwa auch sagen M. Tullius et frater
uus Quintus? Es scheint, dafs obige angefochtene fastauf
eder seite litauischer texte zu findende construction für
S. noch besonders belegt werden mufs. Ich gebe was mir
;erade zur band ist: VII, 79 Krizas köliojo o jo kü-
tarka pabügo. XI, 196 äle jo tärnas Diksas, zu
reichen N. gar keine anmerkung macht; um auch aus an-
lerer quelle ein paar belege zu geben, schlagen wir das
nhaltsverzeichniss des Schleicherschen lesebuches auf: Ape
taräliq ir jo tris sünus lautet eine Überschrift. Matth.
), 1: ir se'dosi, ir atejo pas j\ jo mokytinei. Ja
N. selbst hat in der anm. zu X, 58 schon vergessen, dafs
wr diese construction für grammatisch falsch erklärt hat,
ienn er will abweichend von Schi, in: ö gaspadine jo
püstynes mändagei löpe das jo zu gaspadine zie-
len: und seine hausfrau (nämlich des vorhergenannten
ryr8). Dies verstöfst aber gegen die Wortstellung, denn
o steht, wie die gegebenen beispiele darthun, vor dem
^gehörigen substantivum, ist also mit pustynes zu ver-
öden und nach Schi, zu erklären. Wie wenig N. mit
fcm gebrauche des reflexivums vertraut ist, zeigt er auch
Och zu IX, 157, wo er den entscheidenden grund, welcher
sine von der Schi. 'sehen abweichende auffassung zur ein-
!g richtigen macht, ganz übersieht: vens . . ju'kiasi
feMmis 6 kitsai, käd jam Jtiktu, nekina Dev§.
chl. im glossar übersetzt käd jam itiktu, wenn es ihm
:> passen sollte, wenn es sich so fügen sollte, N. erklärt
ie8 einfach für falsch und übersetzt: damit er ihm ge-
üle. Einen grund dafür gibt er nicht an, er liegt in dem
im, die Schleichersche Übersetzung wäre nur dann zu-
issig, wenn statt dessen sav stünde.
Die bisher entfaltete grammatische unkenntniss hat we-
igstens am texte nichts verdorben, das ist aber an ande-
rn stellen wirklich geschehen. VIII, 201 hat Schi.: brang-
^no ne' paziure't nenorejo und erklärt dies n6' =
ei (üt. gramm. s. 325): sie (die weiber) wollten den brannt-
ein nicht einmal sehen. Dagegen N.: „Ich bezweifle
484 Schmidt
die richtigkeit des nfc bei Schi, im sinne von nei; H. hat
einfach ne, möglicherweise Schreibfehler für nei*. H.'s
ne beweist nun gar nichts gegen Schi., denn H. unter-
scheidet e und e Oberhaupt nicht (s. Schi. von*. 8. 3). Sein
nei in den text zu setzen hat N. nicht gewagt, sondern
schreibt nur n&, ohne zu bemerken, dafs er dadurch D.
gerade das gegen theil von dem sagen läfst, was dorthin
gehört und was N. tibersetzt, denn ne paziure't neno-
re'jo kann nicht heifsen, wie N. übersetzt „wollten durch-
aus gar nicht beachten", sondern, falls es überhaupt üb-
lich wäre „wollten durchaus sehen"; das object von neno-
re ti wird nie selbst noch mit der negation versehen, vgl.
VIII, 780. 837. IX, 282. 366. 368. X, 263. 272. 358. 624
512. XI, 117. 562.
Endlich hat N. auch die litauische formenlehre berei-
chert. Er flectiert nämlich im dat. plur. wargdenems
VI, 23, näpretelSms VII, 170; VIII, 335 sweczems
VIII, 153, iszd^kelems VIII, 473, bedewgms 886,
rüpesczems 902, gaspadörems IX, 528. Alle diese
formen sind nicht etwa druckfehler, denn sie werden im
glossar ausdrücklich wieder aufgeführt, noch mehr, die bei
Schi, richtig hergestellten formen werden in den an-
merkungen als Varianten verzeichnet! z. b. VI, 23 „Schi,
wargdeniäms". H., welcher für ia meist ie oder e
schreibt, hat wargdieniems, was N., wenn er die far-
bung des a durch vorhergehendes i beibehalten wollte, na-
türlich nur in wjargdeniems umschreiben durfte. Wie
inconsequent N. selbst in seinen Sünden ist, zeigt X, 346,
wo H. paukszcziems giebt, dies ändert N. mit Schi,
richtig in paükszczams. Ferner X, 366 nabagelems
H., nabageliams N.; X, 55 gaspadoriems H., gas-
padöriams N. Dabei ist er von der richtigkeit dieser
neuen dative so fest überzeugt, dafs er im glossar, ohne
irre zu werden, gaspadörems und gaspadöriams fried-
lich nebeneinander verzeichnet. Danach scheint N. den
substantivischen ja-stämmen im dat. plur. nach belieben
substantivische und adjectivische flexion zu gestatten.
Anzeige.
485
Wer sich aber derartige blöfsen in den elementarsten
grammatischen dingen gibt, dem hätte wohl eine weniger
herausfordernde spräche gegen Schleicher angestanden als
rie diese ausgäbe führt. Wie viel N. Schleicher verdankt,
trotzdem er seinen namen fast nur polemisierend nennt,
und sich nicht scheut ihn zu verdächtigen, lehrt eine ge-
naue vergleichung beider ausgaben.
Soll ich das urtheil über das vorliegende buch kurz
zusammenfassen, so lautet es dahin, dafs N. trotz aller ge-
rügten fehler sich um das Studium des litauischen verdient
gemacht hat, dadurch dafs er einen an manchen stellen
sorrecteren text als Schi, veröffentlicht und im glossare
edem worte seine belegstellen beigefügt hat. Benutzen
kann man diese ausgäbe aber nur unter beständiger rtick-
»ichtnahme auf die Schleichersche.
Johannes Schmidt.
I. Sachregister.
Adverb ia. Litauische adverbia auf
ai, ay, ey 265 ; deren betonung 479.
— lettische adverbia auf i 265.
Assibilation. Assibilation der sla-
wischen gutturale vor v, r, 1 und
deren bedeutong für die ausspräche
der letzteren 142 ff. — Zur ge-
schiente der lateinischen assibilation
auf gallischem boden 408 ff. — Vgl.
noch Consonanten.
Betonung. Betonung des passive
im Veda 104. — betonung der for-
men von wz. 91 und äs 104. — Weg-
fall der vocale durch einwirkung
des accents im irischen 285. —
betonung des litauischen bei Dona-
litius 480.
Böhmisch. Verhältnis der böhmi-
schen Schriftsprache zu den dialek-
ten 882 ff.
Comparation des keltischen 9 ff.
Comparativ. Altirische corapara-
tive auf -dair, -dir (= -tara, -t* ^0),
zuweilen auch die auf -u, mit dem
aecusativ construiert 463.
Conjugation. Irische perfectbil-
dung mit t und s 16. — praeterita
des altir. auf-ai, -u, -iu; gallische
auf -avi 16 f. — 3. sg. des altiri-
schen praet. pass. ist kein partieip
17. — futura des altirischen mit
s 17. — 3. sg. aor. comp, auf ti,
tu im altbulg. durch anfügung der
primären personalendungen an die
organische form entstanden 184 ff.,
wie die altruss. 3. sg. und pl. des
imperfecta 187. — ein beispiel der
praesensbildung mit ta im slawi-
schen 392. — praeterito-praesentia
im irischen 464. — conjunetivi-
sche formen (wie im lat.) als futura
gebraucht im altwelschen 473. —
i
486
Sachregister.
Conjugation des altirischen im
Zusammenhang behandelt: 1. praes.
indic. activ. : in demselben drei
classen anzuerkennen: ä-, ä- und
ia- stamme 460 f. — ältere oder
„ subjoined " form 462 ff. ; ihre
vorauszusetzende altceltische gestalt
465. — jüngere oder „absolute"
form 465 ff. — die relativen for-
men der dritten person 466 f. —
3.sg. (gewohnheitspraesens) auf -ann
-enn, älter -and -end 469. 2. prae-
sens ind. des deponens 469 ff. 3. a-
conjunetiv 471 ff; conjunetiv des
deponens 474.
Consonanten. Consonanten-
gruppen. Verstärkung des anlauts
durch s im romanischen und kelti-
schen 5. — behandlung der conso-
nantengruppe -xt- im keltischen 6
(vgl. 11. 16), desgl. von xn 11. —
p fällt ab im irischen anlaut in
folge des accents 7, fällt ab im iri-
schen inlaut 7. 18. — behandlung
von anl. sv im irischen 7. 8. —
inl. ir. sc aus de 8. — Ursprung
von welsch ff im anlaut 8, im in-
laut 8. — Übergang von aspiriertem
b (gesprochen v) in f durch einflufs
von s oder th = h im alt- und
neuirischen 8. — Verschiebung von
g zu c im welschen und cornischen
durch elision des folgenden vocals
herbeigeführt 10 (über den gleichen
Vorgang im gall. vgl. 231). — aspira-
tion der guttur. tenuis zu ch im wel-
schen durch vorhergehendes oder fol-
gendes s 11. — dv altkeltisch zu d
geworden 12. — hartes c altir. aus
nk entstanden 13. — ausfall von s
zwischen r — t, n — t, k — t, r — k
im keltischen 16. — verschiedene
entstehungsweisen von altbulg. st:
es liegen t, st, sk zu gründe; im
ersteren fall entspricht böhm. c, in
den beiden andern böhm. st (böhm.
ste = altbulg. ste) 89. — abfall
von 8 vor t im slaw. inlaut 129,
von s vor g ebenda 130. — aus-
fall von n hinter consonanten im
polnischen 145. — lit. tenuis =
altbulg. media, namentlich in lehn-
warten 148. — Übergang tonloser
consonanten in die entsprechenden
tönenden im polnischen 197 ff., Über-
gang tönender in tonlose ebenda
203 f. — poln. naus j 211. -
Übergang von s (ä, s) in ch ho
polnischen 221 f. — w Übergang voo
g in c im gallischen vielleicht her-
beigeführt durch elision oder meta-
thesis des folgenden vocals 231. —
Wechsel von ch mit f im altirischen
höchst unsicher 236. — Übergang
von t in k in unbequemen lautver-
bindungen im slawo-lit. 245. —
vertauschung von z und i im alt-
bulg. 276. 277. — die zwei arten
des poln. 1 und ihre ausspräche 282.
— Vorschlag von j und v vor anl.
vocalen im slaw. und lit 347. 355 ff.
— lit. sz = xr 358. — consonan-
tengruppen überhaupt, besonders des
slaw. 359— 868. — ausfall von v
in griech., altpr. und lit. consonan-
tengruppen 370. — abfall von anl.
v vor 1 im böhm. und neuslov.402.
Unursprüngl. j im slawischen, na-
mentlich altbulg.: a) vor anlauten-
dem vocal 129 ff. (umgekehrt einige
male abfall von echtem j im anlaut
130). b) inlautend nach conso-
nanten: vor u altbulg. 131 ff., im
speciellen Wörter, welche j selbst,
nicht mehr enthalten, sein einstiges
Vorhandensein aber in der assibila-
tion vorhergehender consonanten
verrathen 133 ff. — vor u russ. 135.
136; vor nicht afficiertem u ser-
bisch 136. — aus diesem ja wird
i : fälle, in denen es schon altbulg.
zu i geworden, welches sogar zu e
gesteigert wird 136 f. (daher auch
ju neben i im altbulg. zur bezeieb-
nung des griech. v verwendet 137);
fälle, in denen es in den neueren
slaw. spiachen zu i geworden 137
(umgekehrt ju fUr altes i im neu-
bulg., russ., poln. 137. 138); dies
berechtigt, auch sonst, wo wir slaw.
i neben älterem u finden, die mit-
telstufe ju vorauszusetzen 1 3 8 f . —
uliursprüngliches j vor andern vo-
calen als u 139 ff. — entstehong
von poln. ksi (i. e. ks), für die be-
urtheilung von skr. ks wichtig 144 ff.
(vgl. 220. 292). — unureprüngliehes
j nach consonanten in poln. lehn-
Sachregister.
487
wortern ans dem deutschen 290 ff.
— — Unursprüngliches j im lit.
147 ff.; im lettischen 152.
Declination. Gen. sg. der femini-
nen S-stämme im gallischen nnd iri-
schen 8. 9. — gen. sg. der altir.
u-stämme 9. — gen. sg. der pro-
nominaldeclination im irischen 9. —
welscher plural anf -au gehört ei-
gentlich zu u- stammen 9. — gen.
and dat. sg. im cornischen 9. —
loc. der i- und u-stämme im skr. 18.
— loc. der pronominaldeclination
auf -in 13. als im instr. plur.
der masc. auf -a geht schwerlich
auf -Sbhis zurück, da im Veda
-ebhis daneben steht 99. — decli-
nation des poln. und Wirkung der
analogie in derselben 19 — 88. —
nom, acc. plur. der neutra im gall.
nnd irischen 230. — Ursprung des
altbulg. gen. sg. 354. — dat. plur.
der substantivischen ja- stamme im
litauischen 497. — Vergl. noch
Dual.
Dehnung. Dehnung von altir. o
zum ersatz für ausgefallenen nasal
13. — vocaldehnung im altbulga-
rischen und litauischen 371 ff.
DuaL Ursprüngliche bildung dessel-
ben 13.
Erweichung. Erweichung der la-
bialen vor e im russischen 156. —
erweichung von c, z im russischen
an der ausspräche des vorhergehen-
den vocals zu merken 161. — er-
weichte consonanten dem dialekt
• des altpreufsischen vocabulars viel-
leicht nicht fremd 396 (vgl. jedoch
Über die in frage kommenden vo-
calverbindungen 439).
Gallisch. Gallische inschrift des
amulets von Poitiers 5.
Hiatus. Vermeidung des hiatus in
litauischen dialekten 355.
tnfection. Altirische ausnähme von
der regel der infection 15.
Infinitiv. Infinitiv des keltischen:
gall. -tu, altir. -(a)d, -(u)d 17. 235.
— Verdoppelung des infin.-suff. im
polnischen und russischen 211 f.
Iren. Kriegsgöttinnen der Iren 250.
Kinder. Sprachliche beobachtungen
an kindern 215 - 219.
jLehnwörter. Deutsche lehnwörter
des polnischen: ihr consonantismus
an sich 278 — 286, consonantische
lautgesetze 287 — 300, vocaleinschub
293. — Vgl. noch Consonanten
(letzter ab s atz). Volksetymo-
logie.
Medium. Reste desselben im galli-
schen 228.
Metathesis im altbulgarischen und
ihr verhältnifs zum vocal der be-
treffenden silbe 392.
Milchstrafse. Namen derselben bei
Illyriern, Bosniern, Albanesen 314.
Nasale trübung reiner vocale im pol-
nischen 145.
Negativpraefixe des irischen 18.
Neutra des altirischen 222—227 : a-
(und ia-) stamme 222, i- stamme
223, u- stamme 228, as- stamme
224 ff.
Notae augentes des irischen 13.
Plural. Bedeutungsmodificationen im
plural 358.
Pflanzennamen 315 — 342.
Preufsisch. Pomesanischer dialekt
des altpreufsisch-deutschen vocabu-
lars. A. Lautsystem.
Vocalismus in Stammsilben : altpr.
a = lit. a (resp. slaw. o) 413, =
lit. e (zemaitisch z. th. noch a)
413 f., = lit. i 414, ss lit. u 415.
— i, y (nur graphisch verschieden)
= lit. i, y (resp. lettisch slaw. i)
415, = lit. a 416 (cf. 396), =
lit. e 416, es lit. e 416; = lit. 8
417. altpr. ie (= lit. y) scheint
langes i zu bezeichnen 417. —
altpr. e gleichmäfsig für lit. e (e*),
e, e* mufs dennoch nach mafsgabe
des lit. verschieden ausgesprochen
worden sein 417 ff. altpr. e = lit.
a 419, s= lit. i (als Schwächung
von a) 419. ee bezeichnet vielleicht
die länge von e 420. ea 420. 421.
ei (ey), ai (ay) 421 f. iey = lit.
€ 422. eey 423. eu 396. . — u =
lit. u 423 [iu = lit. iu 423], u
=s lit. a 423, s= lit. e 423. 424.
— o = lit. o (resp. slaw. a) 424,
=s lit. a oder a vor den liquiden 1
und r 424 f., = lit. u 425. oa =
lit. a oder daraus geschwächtem u
426, = lit. o 426; für letzteren
488
Sachregister.
laut steht aufserdem einige male a,
so dafs also die drei Schreibungen
0,0a, a für lit. o auf die ausspräche
a hinweisen 426 f. o, oa = lit. ü
427; o vielleicht = lit. au 427.1
428. o, oa = lit. e* 428 (oa =
lit. ai 898), o = lit e 428 (cf.
399). oay 429. oy 429. — au ==
lit. au 428 (resp. slaw. u, zend. ao
480), = lit. u (welches in diesem
fall contraction aus au) 430, kaum
= lit. e 480. aw wohl mit au
identisch 430. eau 430 (cf. 439). —
ui, uy sä lit. u, ui 481 (= slaw.
y 402).
Uebersicht Über den ganzen vo-
caiismus der Stammsilben, erweist
nächste beziehung zum memelschen
dialekt des lit. 431 f.
Vocalismus der silbe nach dem
stamm, nach den lit. vocalen ge-
ordnet: lit. a 432 f., lit. e 433, lit.
e 483, lit. o 434, lit. i 434 (cf.
406), lit. e* 434, lit. u 434, lit. ü
434; zwischenvocale bei consonan-
tengruppen, welche im litanischen
fehlen 435. — Vocalismus der end-
silben: masc. endung lit. -as =
preufsisch -as, -es, -is, -8 436; fem.
endung lit. -a = altpr. -o 437; be-
handlung des stammhaften a der
masc. und fem. im ersten gliede
von compositis 437. femininendung
der ia-declination, lit. e, wird mehr-
fach zu i, y im ersten gliede der
composita wie im einfachen worte
438.
Durchgehende Schwächung der ne-
bensilben beweist, dafs der accent
wie im zemaitischen auf der Wur-
zelsilbe ruht 438. — spuren des
geschliffenen tons liegen vielleicht
vor in den Schreibungen ee, eey,
iey, eau u. s. w. 439.
Consonantismus. Gemination
440 fF., steht nach hochtoniger silbe
mit kurzem vocal 442. lenis für
fortis (ein paarmal fortis für lenis)
442 f. (cf. 114.397),— j wird g, ig;
i, y geschrieben 448 f. (bleibt unbe-
zeichnet zwischen vocalen 446). —
b aus v 444. — t = lit. k 444 (cf.
116f. 407), dd = lit g 445. — n
bleibt vor t und s bewahrt, während
lit. ersatzdehnung eintritt (altpr. ans
lit. 4; en, in = e; wan = u) 445.
— altes w bewahrt im vortheil ge-
gen das lit. 446; w als Vorschlag
vor vocalen 446 (cf. 119); w bleibt
unbezeichnet zwischen vocalen 447.
— Zischlaute 448 ff.: s = lit s
448. 449, = lit. z 449. seh ent-
steht aus sj und entspricht vielleicht
nur einmal lit sz 450 (cf. 899). s
= lit sz 450 f. = lit z 451 f (cf.
394. 896. 398). ergebnis der be-
trachtung über die Zischlaute 452,
— z und sein Wechsel mit s 452 ff.
— bedeutung von cz 454 f. — ti,
di werden rein bewahrt 456. — d.
= lit. zd, 3 = lit. d 455. — li-
quiden: metathesis derselben 455 f.
(cf. 115. 401. 402). — r gegen-
über lit. r fehlend 466. rg, g für
lit r 466. — lg = lit. 1 456. -
prothet 1 möglicherweise Schreib-
fehler 457. Unterdrückung von k
zwischen liquiden und t 118.
Uebersicht der eigenthümlichkei-
ten des pomesanisch-altpreufs. con-
sonantismus 457 f.
Schlufsresultat: Stellung des po-
mesanisch-altpreufs. zu seinen ver-
wandten 458.
B. Nomina. Ihre ausgänge im
nom. sg.: feminina gehen voealisch
aus 119—122. vocalisch ausge-
hende masc. 122 f. formen auf -*n
wahrscheinlich nominative des neu-
trums 404. — pluralia auf -es und
-os 124f. (cf. 396). pluralia wf
-aytos scheinen deminutiva zu sein
126.
C. Suffixa. -eno, -ano, -no 114«
to 115. istian 118.405.-
-toys = lit. -töjis, lett. -täis (fem-
-taja), russ.-lit. -tojas, -tajas, »n
wesentlichen s -tj/jj, -tok; 128 *•
— altpr. -nikis, -nix, rusg.-W.
-nikas, preufs. -lit. -n\nkas, M**
-neeks 123. — -tue, -tuan zu W-
-tuvas, -tuve 126.396. — -ünil97.
cle 393. isto, lit -^sta,
-yste 397. — -meno zu lit. -mene
399. — -eynis, lit. -fn&s 399. —
-be zu lit. -yba, -ybe 401. - -«^
402. eyto; -aytos 421.
Quantität. Hexameter des Donali-
Sachregister.
489
tiu8 nach dem wortaccent, nicht
nach der quantität gebaut 477.
Reflexivum des litauischen 482 f.
Russisch. Olonecischer dialekt
des russischen. Lautsystem: für e
tritt i ein 153 f. — erhaltung^ des
vollen i der infinitivendung 164. —
Übergang von e, je in o, jo 154 f.
— altbulg. je, russ. 6 geschrieben,
wird jo, welches anlautend zuweilen
j verliert 155 (davon Anden sich
auch gemeinrussisch beispiele ebd.).
— erweichendes e wird ja, nach
palatalen a 155 f. (ähnlich im weifs-
russ. 156). — aus altem i entstan-
denes e hat zuweilen keinen erwei-
chenden einflufs 156. — ausl. l
bleibt erhalten nach c und in der
dritten pl. praes. 156. — Vertretung
von altbulg. ü durch o: im auslaut
der praep. auch vor einfacher con-
sonanz 156, sogar vor vocal 157;
im nom. sg. männlicher a- stamme
vor suffigiertem artikel tu
157 (ähnliches im altruss. ebd.). —
ü als solches mit eigenthümlicher
ausspräche bewahrt 158. — behand-
lang von altbulg. ra, la 158. —
Vorschlag von j vor vocalen 158;
Vorschlag von v 158. — fehlen des
n vor obliquen casus des pronomen
i nach praepositionen 168. — zu-
sammenziehung von vocalen nach
ausfall des trennenden j 169. —
ausfall anderer consonanten 159. —
erleichterung anlautender consonun-
tengruppen durch prosthetisches o
159. — abfall anlautender silben 169.
— behandlung von c, z, c 159 f. —
assimilation von k, g, ch an fol-
gendes jy 167; von v an vorherge-
hendes b 167. — Übergang von j
in g 167. — z steht für *dj =
altbulg. zd 167; c für *tj = alt-
bulg. st z. th. consequenter als im
gemeinruss. 168, in den part. praes.
daueben sc mit besonderer (sogar
causativer ) bedeutungsmodification
168. — abfall des Suffixes der 3.sg.
ßraes. 168, der 3. pl. nur bei der
i-classe 168. — Übergang von v in
m, von m in b, von d in g 169.
Declination. Zusammenziehung
im nom. sg. der fem. auf -ynja wie
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 4.
im altbulg. 169. — nom. sg. do6i
und mati 169. — nominativform
des sg. als acc. bei den femininen
a-stämmen 169. 170. — dat.-loc.
sg. fehlt gänzlich bei den femiui-
nen a-stämmen und wird durch den
genitiv ersetzt — Ursache dieser, er-
scheinung 170. 171. — instr. si-
lomü (von sila) 171. — declination
von cerkovi 171. — genitive und
locative auf -u 171 f. — alter vo-
cativ auf -u von ja- stammen 173.
— declination der deminutrva auf
-uska, -usko 173. — beispiele des
duals 174. — pluralformen 175 ff.
— übertritt der a- stamme in die
analogie der ja -stamme 177. —
Nicht zusammengesetzte declination
der adj. 178. — Pronominaldecli-
nation: declination von tu (und
etotu) 178 ff. demonstrativen be-
sonders ausgebildet 181. declina-
tion von i 181. personalpronomen
182. — Declination des zusammen-
gesetzten adjectivs 182 f.
Stammbildung. Wortformen und
sätze, welche im polnischen zu stam-
men herabgesunken sind 204 — 210.
Steigerung. Statt angeblicher Stei-
gerung von y zu va im slawischen
ist vielmehr Verkürzung von va zu
y anzunehmen 368 ff. — Steigerung
von altbulg. o, e zu a, e und ihre
bedeutung für die quantität im alt-
bulg. 373 f.
Suffixa. Rest des suff. skr. -tvä im
altir. 18. — gall. -unno und seine
entstehung 18. — auf nasal schlie-
fsend er stamm nimmt im altbulg.
bei antritt weiterer consonantiscber
suffixe dieselbe form an wie im nom.
sg. 9 2 ff. altbulg. -yto 92 ff., -yta
94, atö 94 f. — erweiterung des
suffixes -an durch angefügtes -ta
im slaw., lat., skr., deutschen und
vielleicht griech. 93. — gegensei-
tiges Verhältnis der suff. -an -ana,
-fioi' -fiora, -fitv -ftvva Tl. ä. 96. —
altbulg. -gü, -ga 130. — altbulg.
-ci 132. — lat. -Ulcus, -ulciuslöl.
ksl. -osti 188 ff. — griech. neutra
abstracta auf -oq neben adj. und
ihre lituslawischen parallelen 188.
— lat. adj. und abstracta mit den
32
490
Sachregister.
■uffixen -to und -tft von stimmen
auf urspr. -as 189. — lit. -asft-s
189. — lat. or primär und secun-
där 189. — lit. -esti-s 190. — lit.
-eai-s 191. — altböhm -est* 192.
— secundäres abstracta bildendes
-ti im slaw. häufig 192. — ksl.
-oste, kleinr. oscy, böhm. (instr. pl.)
oscemi 198. — ksl. -os-tyni ver-
wandt mit -ovit], skr. -tvana, an-
dererseits mit got. -assu 198. —
lit. -yste, alt -ysta 198. — ksl.
-ynja, nom. sg. -yni 194 ff. — ksl.
y = urspr. ü, feminina und ab-
stracta bildend 195. — Weiterbil-
dung eines Stammes auf urspr. -tar
zu -tru im lat. 195. — poln. -d
allmählich immer mehr vor -s<?
(altbulg. -sti) zurückweichend 211.
— annähme altir. abstracta auf -u
statt -tu ganz unhaltbar 225. —
lit. -kla = altpr. -tla, urspr -tra
245. — altbulg. -istvo; altbulg.
-isku, got. -iska 866. 867. — lit.
deminutivsufßx -elis, -e'lis 372. —
-tra adjectiva bildend 891.
Verba, secundäre. Denominativa
des keltischen 1 4 f. ; griech. auf
-a£« 15. — secundäre verba des
litauischen von scheinbar primärem
aussehen 150.
Vocale. Irisch i, welsch i aus ä 6.
— welsch u = gall. o 12. — ent-
stehung von skr. e im reduplicier-
ten praeteritum von wurzeln mit
inlautendem a 102 f. — poln. e für
i und y 212 ff.; umgekehrt i, y
für e 214 f. — Wechsel von i und
u im poln. 246. 247. — böhra. ou
dehnung von u 397. — böhm. a
mehrfach = altbulg. e, russ. ja
402.
Vocalreihen. Uebertritt von der
a- reihe in die u- reihe im litaui-
schen 150.
Vocativ. Vocativ statt nominativ
im serbischen 173 f. — serbische
nom. sg. masc. auf o sind eigent-
lich vocative, desgleichen die auf
oje 174. — neubulgarische voca-
tive auf o von a- und ja-stämmen
174.
Volksetymologie. Lautliche Um-
gestaltung polnischer lehnwörter aus
dem deutschen durch Volksetymo-
logie 301 — 805.
Wurzeln. Angebliche sanskritwur-
zeln auf e äi 5 und ihr Verhältnis
zu den wurzeln auf 5 101; angeb-
liche sanskritwurzeln auf j 108.—
verlust der Wurzelsilbe in polnischen
wortern 246.
Zahlwörter. Zahlwörter des kelti-
schen 12 f.; bezeichnung der dietri-
butivzahlen im altirischen 235. —
polnische Zahlwörter im löten und
I6ten sec. 247.
Zemaitisch 386.
Zetacismus. Aelteste, in einigen
sprachen noch jetzt erhaltene stufe
des slawischen zetacismus mit er-
haltung von j 161 — 165 (ähnliches
im litauischen und lateinischen 166);
für die erkenntnis dieser stufe von
bedeutung russ. sc (neben c ) = alt-
bulg. st = tj und russ. zdz =
altbulg. zd = *dj 164. — guttu-
rale eher und leichter von j affi-
ciert als dentale 165. — ausnah-
men vom zetacismus der gutturale
in russ. dialekten durch überwie-
gende analogie der formen mit er-
haltenem guttural 166. — zetacis-
mus, speciell labialzetacismus im
polnischen 220. - Vgl. noch Rus-
sisch.
Wortregister.
491
IL Wortregister.
A. Arische sprachen.
l) Sanskrit.
wz. ank 471.
angi 3.
angira 827.
ati 265.
andha 230.
apa 7.
apas 192.
apnas 192.
araatra 891.
amäaisara (wz. mi,
102.
amitrahan 389.
ambu 229.
artthämi 16.
wz. ardh 392.
ava 125.
acmanta 93.
aham 259.
ahvam 102.
änanka 4.
aha 259.
liltjati 147.
udaka 8.
udara 372.
wz. us 130.
usaa 130.
usr&s 130.
usri 130.
rta 4.
kadi 269. 275.
kanda 327.
karpara 148.
kalabha 838.
kffnkana 338.
kffrtasvara 888.
wz. kruc 138.
wz. klath 18.
wz. klam 4.
ksara* 358.
wz. käu 138.
khala 388.
khalu 260.
wz. khid 107.
gandha 827.
garbha 402.
gfiritra 822.
grnami 143.
mi)
gläjffmi 101.
gha, ghä 257 ff.
gha (schlagend) 260.
ghana 260.
ka 89. 90. 265.
katür- 870.
katvÄras 370.
wz. kar 4.
wz. ki 265.
kikäja 103.
kikis- 103.
kiketa 103.
gagat 103.
gagffti 103.
gagffjfft 103.
ganas 461.
gara* 189.
gar* 189.
gajatS 104.
gigämi 103.
gigäja 103.
gita, gina (wz. gj«) 104.
gvari 370.
tatnise 102.
tanämi 370.
tantu 9.
wz. tars 16.
tala 401.
wz. tos 138.
tüsnim 138.
teniva 102.
wz. trank 231.
tripatra 337.
traltana 4.
dästra 16.
dajSmi 101.
wz. darh 192.
dacan 13.
wz. dah 140.
däru 4.
wz. du 150.
djimi 101.
djöta 104.
djüna 104.
drije 101.
dvftram 231.
dve 12.
dhattüra 338.
wz. dhar 192.
dhustüra 388.
dhrijä- 101.
na (in compar. sinn) 266.
nahi 263. 276.
ni4a 4.
nema 18.
wz. pak 115.
paptima 102.
parikara 471.
palajffmi 105.
pitar 7.
pitd 7.
pipürvas, pipürthas
u. s. w. 101.
wz. pis 322.
purü 7.
prthü 7.
prthutä 189.
plihan 8.
babhüva 467.
wz. budh 138.
budhita 104.
brhaspati 4.
brahman 4.
bhavisjati 18.
wz. bhiks 6.
wz. bhi 370.
bhlsajämi 370.
bhisW 370.
bhürga 327.
wz. bhjas 370.
wz. bhräg 327.
wz. bhri 102.
maghavan 8.
matja 104.
mada 8.
wz. manth 114. 485.
mamau, mamS (wz. mi,
ml) 102. 104.
mahas 226.
mffs 6.
mitra 891.
wz. mud 469.
mrijd- 101.
ja 467.
jakan, jakrt 114. 397.
jathS 10. 14.
jadi 268. 269.
jngam 186.
32*
491
Wortregister.
fiU 180.
wz. rad 229.
räi 6.
wz. ru 132.
Ughu 228.
wz. lubh 181.
vafc* 825. 833.
wz. vas 180.
vS 265.
vartrahatja 889.
wz. vf, vrpömi 228.
vrtra 244. 388 ff.
vitragbna 389 f.
vftraghni 389.
vftratara 388.
vrtratur 390.
vptrahatha 389.
vrtrahathja 389.
vftrahan 388 ff.
vrtrahantaraa 388 f. 390.
castram 16.
wz. 9udh 188.
wz. 9rdh 327.
9raddadhimi 481.
9r6ni 399.
wz. 9vas 369.
9veta 322. 323.
sa- 197.
wz. sad (sedere) 141.
wz. sad, fi-sad (adire) 141.
sadha- 259.
sam 197.
salitt 398.
savja 135.
wz. sah 12.
saha 259.
8ämi 18.
wz. sthS 18.
wz. sphäj, pasphäje 103.
sma, smä 14. 476.
sja 276.
wz. sjand 141.
svadhaja* 14.
svapna 7.
svajam 13.
svasar 7.
eväpajämi 7.
ha, hfi 257 ff. 276.
wz. han 260.
hi 257 ff. 276.
hvajfimi 101.
2) Neuindiscbe
sprachen.
kfifir. fibrü 118.
3) Altbaktrisch.
aparazfita 128.
qädaena 14.
zarathustra 128.
sarathuströtema 128.
zi, zi 263.
thraetaona 4.
wz. thrak 231.
dätam 229.
duje 12.
nazda 12.
pitu 7. 9.
pourusa9pa 128.
frathanh 189.
maidhömSo 128.
raaodhana 469.
ja 467.
verethraghni 390.
wz. vere 390.
verethra 389 f.
verethraghna 389 f.
verethragan 389.
verethragä9tema 389.
verethrataurväo 390.
vcrethravan 390.
hadha 259.
9aosjan( 128.
9raoni 399.
häravereta 890.
häravercti 390.
4) Altpersisch.
frfi, fran in Itdyrris, *a»-
ror/o? u. s w. 392.
5) Pehlri.
gandenSk 327.
nanu9prm 324.
vädrengboi 321.
zardah 332.
6) Heupersisch.
behrfim 389.
gandüm 323.
gauarz 335.
gurd 390.
gurdi 390.
vag 325.
varaj 325.
virag 325.
zarävand 320.
7) Kardisch.
giezer 331.
karnabit 335.
khas 333.
raekuk 337.
nänä 324.
punk 324.
B. Keltische sprachen.
1) Altkeltisch.
Abona 229.
Abusina 229.
'Jßoq 229.
anam 230.
jivava 230.
ambactos 471.
ambe, arabes 229.
Ambris 229.
are 228.
aremorici 228.
arevernus 5. 228.
ate- 249.
avallo 230. 231.
Belatucadrus 17.
Besantium 407.
bratude 229.
Wortregister.
498
Brigantes 4.
Brigantia 4.
brio 229.
Brivodurnm , Briodurum
229.
Brivo-Isarae 229.
caio 230.
cambiare 231.
Cambos 231.
karnidus 15.
Cathubodua 250.
Cenomani 226.
Cenimagni 226.
Coifi 243.
Cunotamos 12.
danima 5.
datalages 5. 228.
deeavi 1 7.
Divona 230.
Dontaurios 5.
doro 231.
dunon 228.
dvorico 280. 231.
Esuggius 408.
Esua 243.
gnatus 231.
hrodanus 228 f.
inter 229.
Isarnodori 231.
Isugius 408.
lautro 229.
logan 230.
Lugadunon , Lugdunon
227 f.
Mogounos 3.
more 228.
morini 228.
nanto 229.
Nantuates 229.
nate 231.
Obuldunu 17.
onno 230.
pempedula 324.
petorritum 12.
Petrocorii 12.
Petrucorius, -ii 12.
planarati 243.
renne 231.
R(h)odanus 229.
Sacsano 12.
Sagramnos 228.
Samarobriva 229.
Scultenna, SnovXxawa
229.
Sirona 243.
Tinn 17.
Toliandosso 12.
Tolistoboii 12.
tome 17.
treicle 231.
trigaranus 4. 230.
iQtfinQHiala 230.
trinanto 229.
uxellim. 12.
vertragus 11. 231.
Vesontius 407.
Vesuccius 407.
Vesunna 408.
Visontio 407.
Visucia 408.
Visucius 408 ff.
Vizuzia (j. Ve'zouse) 408.
2) Irisch. Gaelisch.
Neuirisch gesperrt.
abh 229.
abhall 231.
accestar 460.
aco 462.
ad che 88 460.
admuinemmair 471.
adrodar 471.
aeth 235.
aibhell 229.
aile 463.
ailith 466.
ailiu 463.
aimf-e'sach 18.
aine 9.
aisndedat 464.
am- 18.
amach 225.
amaigh 225.
ambuäid 223.
ammag 225.
amradair 463.
amre 463.
an 230.
an 230.
Ana 250.
anasrochumlai 16.
angaibes 466.
anguin 223.
alled 225.
aranerailend 469:
arco 16. 462.
arm 230.
arnachnelammar 474.
arsisedar 470.
art 4.
artu, arddu, ardu 225.
as 10. 228.
asberam 472. 473.
ass 10.
assa 10.
asteach 224. 225.
astigh 224. 225.
ata 18.
atchithisi 468.
ateg, atech 224.
athair 7.
atong 462.
atormag 222.
6ue 3.
Badb Catha 250.
badib 463.
baitsidir 468.
bam 472.
barn 7.
bem 473.
Be-Neit 250.
berith 466.
berrthir 468.
beru 462.
bharn 8.
biam 18. 472. 473.
Meid 18.
bieit 18.
birusa 462.
bith 228.
biuusa 463.
blaisim 468.
blast* 468.
bocht 6.
boie (leg* brfie) 466. 467.
Brigit 4.
Brigte 4.
brise 8.
buaid 223.
gael. burmaid 329.
cacha 9.
cad&sin 7.
cae 230.
cainte 16.
cais 460.
canisin 7.
caras 464. 467.
carate 467.
carith 466.
494
Wortregister.
catchhomnidi 478.
caut 7. 18.
ce*ile 4.
cero 226.
centflc, cenele 15.
cenusamlar 478.
cerdcha, cerddchae 280.
charand 469.
chesend 469.
chfttaf 468.
cian 225.
cinteir 16.
citacb 7.
cftin 7.
cfu 460 461.
claideb 18.
clara 4.
codosgnemi 474.
cofotheasa 472.
gael. coibhi 243.
cöic 12.
comcisnib 460.
conda 472.
confodma 474.
conrotgatar 235.
conrurelsa 472.
Corc 16.
coscrad 235.
crann 231.
cüig 12.
cuimtgimm (nicht cunut-
gim) 473.
cultech 224.
cumachtach 15.
cumachtaigim 1 5 .
cumang 222.
cumtach 473.
curbam 472.
curend 469.
daingnigthir 468.
daintech 16.
d&na 5.
danaircechnatar 236.
danigthea 9.
danigud 9.
-de 11.
d^ac 13.
dearbhann 469.
dec 13.
dechtire 6.
deicsiu 460.
delbe 223.
desimrecht J23.
desmirechtaigtir 468.
df 12.
diamain 283.
diandid 249.
dlegtair 468.
dodfongad 462.
doe'comnacht 16.
doepethar 471.
doiraib 228.
domnu 225.
dophetharsu 7.
doracrdid 17.
dorigni 460.
dorimthirthetar 471.
dorintai 17.
dorus 223. 281.
dosluinend 469.
drimthirid 471.
duemsa 472.
duine 8.
diiine 226.
drin, gen. duine 226. 228.
dun&ircecbnatar 236.
eascu 283.
easgan 233.
echtar 6 16.
en 3.
e*nert 11.
epscop 233.
serbar 472
erchdtigend 469.
erdathe 229.
erladaigidir 471.
escop 283.
eter, etar 229.
fadam 472.
fad<fein 7. 14.
faireög 7.
fairthe 7.
fanisin 7.
faolchu 7.
farn 7.
fastand 469.
fearrde 10.
fedaim 7.
fedme 7.
felth 3.
ferr 9. 10.
fiar 7.
fid 223.
ffl 464.
file 466.
fillira 7.
filus 7.
ffr 6,
fitir 464.
foaid 7.
fode'in, gen. fodline 14.
foicnlend 469.
foillsigthf 468.
foir 468.
foirbhthe 8.
foirbtheta 225.
foircsiu 460.
foirfe 8.
fordindet 464.
forelgatar 286.
forfenar 236.
fornem 224.
foselgatar 236.
fosligim 236.
frescsiu 460.
fristinfet 464.
fugall 222.
fuilgend 469.
fuillend 469.
fuinenn 469.
fulang 222.
funend 469.
gaibiu 462.
galbtir 468.
geinitir 471.
geinithir 470.
genither 470.
geoghna 473.
giulae 4615.
glüine 226.
glün 226.
glunae 226.
glune 226.
glunib 226.
gn^ 460.
gnite 466.
gnfu 460. 461.
guidiu 463.
guin 223.
-gus 3.
heidme'it 14.
hochrfst 236.
honaifleidmenaib 8.
buaislimem 12.
iacaum 236.
iarraim 468.
iarrthai 468.
iarum 236.
fchtar 6.
idmcit 14.
n 7.
ilar 222.
Wortregister.
•
mesce 8.
sin 460.
messt ar 233.
i 460.
mf, gen. mi's 6.
ligud 235.
mind 223.
thesin 225.
mind 228.
laigib 225.
misir 233.
ltaigae 224.
moltaoi 468.
e 226.
mrirfe'ser 7.
!23.
Morriga 250.
10.
mu, mo 14.
•
rauich 225.
igum 472.
m u ige 225.
i 233.
muinitber 471.
224.
mninter 471.
>e 225.
muir 223. 228.
14
nacba 9.
223.
nadgenetar 471.
naiscu, nescn 233.
uin 233.
nasroin 472.
13.
n eam 224.
224.
neb 18.
mir 223.
nel 233.
224.
nero 224. 226.
itaig, bitaig 224.
Neman 250.
oim 15.
nemh 18.
9. 223.
sephfrescastu 460.
ir 117.
nerladaigedar 471.
233.
nert 280.
25.
nessam 12.
469.
nibara, nipam 472.
d (latus) 222. 225.
nim 224. 225.
.
nirae 224. 225.
dat. leuth ( dirai-
nimib 224.
i) 222.
no 14.
7.
nocharmis 15.
lemm 464.
nochartis 15.
3.
nolfntae 17.
23.
6 7.
523.
öa 3. 7.
23.
ochtmad 18.
23.
öena 9.
223.
61 223.
6.
61 228.
229.
olc 230.
ipar. laigiu 228.
pardais 286.
226.
parduis 236.
33.
gael. piuthar, gen. pe-
233.
tbar 7.
tf 468.
recht 223.
25. 226.
remcaissin 460.
!25.
rendaib 228.
225.
rethann 469.
r 230.
rf 6.
!.
riccn 468.
495
ricthai 468.
rimther 470.
rind 223.
rindarpai 16.
rinn 223.
ro- 229.
rodscrfbai 17.
rubnrt 16.
saiges 466.
sant 16.
scipar 5.
scoltaim 929.
scribthir 468.
se 7.
s6im 18.
se'itche 4.
serbh 7.
s6t 149. 150.
siar 7.
sfl, gen. sü 222.
sinin 10. II.
sfol, gen. sÜ 222.
sleidm 8.
siebe 225.
slebib 225.
sleib 225.
sliab 225.
sligim 236.
slnindes 466.
sluindite 466.
slnindith 466.
so m, sem 14.
sotho, sothe 223.
sroth, srnth 298.
srnth 223.
suan 7.
suth, soth 228.
t£ 18.
taipe 471.
tinac 4.
tart 16.
teach 224.
tech 14. 224.
tecbtas 466.
teg 224. 226.
t6te 466.
tiagu, tiagussa 462.
timthirthid 471.
timthrecht, timthirecht
471.
tinfedam 464.
tfr 228.
tfr 223.
tfriro 16.
496
Wortregister.
türme 16.
töcband 469.
todlai(g)ther 470.
tongusa 462.
tonnag 222.
traig 231.
tre'ise 11.
treissiur 11.
tre'n 11.
tressa 11.
tressam 11.
triab 236.
trfath, gen. tre'than 4,
tris 12. 467.
triub 236.
tU88U 13.
ua 7.
uachtar 6. 16.
uadaib 468.
uaidib 463.
mittelir. uarn 7.
uas 11.
uasal 12.
uathib 463.
ubhall 231.
oisce 8.
3) Welsch.
af- 18.
afall 231.
amaeth 471.
Ambyr 229.
altw. bit 466.
briw 229.
briwio 229.
bum 466.
bwyf 18.
cae 230.
kiglif, kiglef 466.
cläf 4.
cyffred 8.
kymerth 16.
chwant 16.
chware 7.
chwarel 7.
chwech 7.
chwedeg 11.
chwedl 7.
chwel 7.
chwerw 7.
chwi 7.
chwiawr 7.
! chwilgi 7.
'chwith 7.
chwylaw 7.
crihot (leg. cridot) 466.
crit 466.
, altw. dafraud 478.
dagr, dagrau 9.
datolaham 5.
. deng 13.
din 228.
doeth 16.
dor 231.
dyrchauawt 473.
eitbaf 12. 16.
eithyr 6. 16.
ffaelu 8.
ffell 8.
ffer 8.
ffest 8.
ffraeth 8.
ffroen 8.
ffirwdd 8.
ffunen 8.
a gant 16.
grazacham 14.
grynnawt 473.
guell, gwell 10. 11.
guir 6.
gwasgarawt 473.
gwledychawt 473.
hardach 10.
heitham 12.
Hu 243.
hyn 10. 11.
iawn 3.
' istlinnit 466.
'. llafti 480.
Heiach 10.
llydan 7.
mor 228.
myned 471.
nant 230.
neint 230.
nentydd 230.
ncmheunaur 4.
prenn 231.
I pump 12.
rig 6.
ser 243.
taut, pl. tannau 9.
taw 18.
tecach 10.
traha 11.
trais 11.
trech 11.
treiglawt 473.
treissiur 1 1.
tren 11.
uch 1 1 .
üthr 6. 16.
wy 12.
yd, pl. ydau 9.
4) Gornisch.
caid 233.
kentar 16.
keth 233.
claff 4.
kres, dat. kreys 9.
daras 231.
haccra 10.
hager 10.
marh, gen. merh 9.
merh, gen. myrh 9.
mones 471.
nans, pl. nanssow 230.
neid 4.
pen, dat. pyn 9.
squenip 5.
yntre 229.
5) Bretonisch.
!
ahimp 249.
ahint 249.
• ahy 249.
aual 231.
aznat 248.
barbdifeith 248.
, bresk, brüsk 8.
\ kemma 231.
\ daou 12.
i
deuhymp 249.
difeith 248.
diou 12.
diouguet 248.
dizoen 248.
; dor 231.
douque 248.
, eheut 249.
entre 229.
felc'h 8.
' gouzout, gouzvout 248.
grahe 249.
grahech 249.
Wortregister.
249.
| guereu 249.
ober 249.
249.
, guerue 249.
Ormandi 284.
49.
' gueure 249.
Ormant 234.
49.
( hazvez 248.
Ormantes 234.
49.
| louazr 229.
prenn 231.
8.
1 raonet 471.
sclacc 5.
249.
; oa(n)t 248.
treVha 11.
497
C. Lituslawische sprachen.
Dakisch.
Ibabo 413.
glawo 444. 455.
balgnan 457.
glosano 455.
r\ 114.
i beggi 267.
glossis 427.
iboadis 427.
i
gnabsem 113.
1 bordus 455.
gnode 113.
tpreufsisch.
brisgelan 394.
golimban 425.
(broakay 113. 427. 394.
golis 370. £95.
393.
j brokis 427.
gorme 121. 126.
393.
bucus 325.
grabis, garbs 395.
455.
5.
dagagaydis 323.
granstis 113. 377.
395.
2. 442.
; dagis 323.
grobis 377. 402.
•
dagoangis 323. 394.
grosis 442.
24.
dalptan 368. 394
gurcle 393. 400.
423.
3.
dangus 121.
424.
25.
dantimax 113.
instixs 453.
118.
dauris 430.
insuwis 457.
. 394.
deynayno 114.
irmo 416.
dygi, deigi 267.
yttroy 117.
dylagaptin 114.
iuse 443. 457.
1\
doacke 113.
kaden 268.
415. 456.
doalgis 426.
kaigi, kägi, kaige
267.
1.
dongo 394.
caymis 422.
dragios 124. 413.
caymoys 118.
1. 457.
drimbis 395.
kamato 329.
394. 444.
dumpbis 113. 877.
kalabian, kalbian <
144.
16.
ebsentliuns 245.
kalpus 395.
14.
erains 347.
kalso 113.
394.
esketres 125. 456.
kanowe 395.
estureyto 115.
karyago 443. 455.
13.
gaydis 323.
cariawoytis 395.
429.
194.
gallan 370.
443.
94. 456.
gallintwei 370.
karige wayte 429.
94.
garian 414.
karczemo 454.
26.
garkity 121.
caune 396.
anbirgo?) 1J3.
geauris 396.
cawx 430.
. 124. 394.419.
geeyse 423. 456.
keckers 113.
geytye 823. 395.
kekulis 395.
' •
gelatynan 435.
kento (vielmehr keuto)
0.
genno 418.
396.
2. 430. 446.
gertoanax 116. 395. 400.
kentaris (vielmehr
keu-
125.
447.
taris) 895. 896.
125.
girnoywis 126.
kerko 396.
498
Wortregister.
kexti 395. 419. 458.
kylo 417.
kiosi 396. 428.
kirsnan 396.
kisses 118. 396.
clattoy 121.
klexto 394. 419. 453.
clinea 124.
clampis 114.
knaistis 396.
knapios 124. 485.
coestne 126. 896. 429.
coysnis 396. 397. 429.
komatere 120.
cordo 112
kote 113*
kragis 443. 455.
kracto 378.
kraraptie 114
crausy 126.
kristiom«to (vielmehr kri-
stionisto) 897.
krixtieno 114. 397. 416.
452.
krfit 448.
kruwis 443.
cugis 443.
kulnis 378.
colczi 121. 454.
knmetis 114. 397.
kurpe 117. 444.
curwis, kurwan 423.
lagno 114. 397.442.457.
laitian 397.
lalasso 403.
lanxto 115. 453. 454.
largaseraytan 397.
lauksnos 430. 454.
laxde 453.
liede 417.
lipe 417.
listis 453.
lonix 397.
lopis 428.
luyßis 402. 431.
luckis 397.
luriay 114. 397. 457.
maldian 405.
mal dünin 197.
malunastabis 412.
mandiwelis 114. 398.
mary 128.
medies 123. 446.
medione 455.
meine 406.
meltan 419.
; menig 123.
. menso 445.
mestan 419.
moargis 426.
moasis 124. 898. 428.
moke 424.
mothe 426.
mulgeno 114. 403.
nage 413.
nagepristis 455.
naricie 413.
ni — neggi 267.
niquei, niqueigi 267.
noseproly 122.
nozy 426.
nurtue 126.
pagaptis 114.
pagonbe 401.
palasallis 378.
panno 398.
panustaclan 398.
passons 426.
passortis 398.
| passupres 398.
Ipaato 398.
! paetowis (nicht pascowis)
| 398.
patowelis 399. 428.
' pausto- 430.
peadey 420. 421.
pecgalwis 455.
peccore 114. 418.
pele 398.
peles 125.
pelki 121.
penpalo 115. 446.
pense 115. 358.
pentinx 118. 445.
perstlanstan 453.
perwios 398.
piencts 118.
pyculs 416.
pirsten 403. 453. 455.
piuclan 423.
piwamaltan 398. 414.
419.
plasmeno 453.
plauti 455.
plauxdine 378. 454.
plieynis 422.
plinxne 115. 453.
plonis 445.
podaliß 427.
podnkre 119.
pocorto 426.
pomatre 119. 426.
ponasse 426.
pore 424.
posty 424.
pracartis 413.
prassan 335. 413.
prastian 434. 451. 465.
preartue 126.
preitalis 117. 444.
proglis 115.
pure 322.
rapa 123. 437.
raples 124.
ratinsis 445.
rawys 413.
rikisnan 405 f.
riste 453.
roaban 398.
rugis 323.
sabatico 415.
sagnis 397. 442.
saligan 121. 444.
salowis 413.
saltan 115. 398.
salus 398.
saninsle 358.
sansy 121.
sardis 126. 127.
sari 121. 126. 399.
sarxtes 125.
sawayte 378.
seamis 323. 399. 417.
seese 116. 399.
sema 419.
semen 403.
semo 323. 399. 417.
seydis 399.
eeptmas 245.
seweynis 399. 419. 435.
sidis 399.
!8iduko 417. 442.
sy lecke 435.
silkasdrimbis (nicht sil-
kasdrunber) 412.
■ sineco 415.
8inguri8 415.
sirablan 443. #
siraplis 442.
sirmes 125. 416.
syrne 126.
sirsilis 435. 454.
4
?
Wortregister.
6.
tarkne 401.
1. 456.
teauris 430.
>9.
teausis 396.
r02.
torbis 117. 424. 444.
116. 899.
tosy 406. 407.
116. 399.
towis 428.
124.
treste 419. 449. 453.
»9.
trupis 401.
99.
tuylis 117. 431. 444.
400.
tunclis 117. 401.
1. 400.
turpelis 117. 444.
16. 400.
tussis 401.
16. 424.
454.
twaxtan 1 1 7 f.
unds 118.
54.
urminan 425.
424.
waldwico 123.
.
wanag 123.
(nicht spanstan)
wan8o 415. 445. 446.
warene 456.
nag 116.
395.
wargien 121. 456.
:3. 447.
warmun 425.
129.
warne 120.
1
16. 400.
423.
wayos 125.
weders 418.
1.
wedigo 378.
1.
welgen 402. 403.
I. 400.
werstian 484. 451.
15. 404.
werwirsiß 416. 456.
16. 442.
wessis 419.
i.
wimino 402.
115. 400. 401.
winßus 142.
430.
wirbe 444.
101.
wirds 396.
429.
wo.iltis, woltis 118.
i 117.
woapis 402.
;zeris 454.
woasis 427.
elleicht scurdis)
wobilis 118. 447.
wobsdus 456.
•
wolistian (resp. wosistian)
0.
114. 403. 412.
)7.
wolti 121. 402.
101.
wormyan 425.
401.
wosigrabis 395.
46.
wubri 118. 121. 122.
19.
wuysis 402.
*
wumbaris 423.
415 419.
435.
wundan 118. 423.
99. 450.
wutris 422. 430. 446.
399. 450
•
czilix 403. 454.
126. 450.
396. 450
•
3) Litauisch.
is 401.
akis 442.
•
akmfi' 392.
499
akötas 125.
alvaras 394.
alvgns 347.
angynas 899.
ansa 347.
aornas 326
apibreszkis 148.
zem. arelis 414.
argonai, wargonai 118.
argi 264.
argu 257. 264.
asziß 350.
atölas 394.
'auksas 453.
auszra 130. 148.
aüszti 148.
badyti 427.
balnas 457.
barzda, 455.
be*kere 114.
bes 267.
besgi 267.
bet 269.
betaig, betaigi 269.
biaurestis, -ste 192.
biaurüs 192.
bildesis 191.
bli&uju, bliöviau 150.
bliüdaa 147.
braukis 427.
brBdkriatinis 150.
memelscb builis 431.
bülius 431.
büsiu 353.
czemerei 328.
czesas 162.
czöbras 332.
dägas 323.
daga, 323.
dalgis 426.
daiig 136.
dlbesylas, del>esylai 388.
degti 140.
degütas 140.
dezgi 269.
döbai, dobbai 113.
döbilas 118. 447.
dübai 377.
dürys 430.
dzäuti 150.
dzüti 150.
edesis 188. 191.
edrüs 188.
e gere (nicht egere) 48$.
500
Wortregister.
Igle 445.
elksnis 326.
eine 394.
er«flis 121. 457.
erezke'tras 456.
e'sas 372.
eszerys 456.
eze 121.
ezegys, ezgys 394.
e'zeras 394.
gailesis 188. 191.
gaflestis 190. 191. 193.
gailüs 188.
galvä 358. 455.
gälvos 358. 481.
gank 259.
gar das 127.
gelton as 435.
gelumbe 425.
gensze 456.
gente 195.
gerkle 143. 393. 400.
423.
gersze 423. 456.
ge'rti 143.
-gi 90. 263. 268 f.
giltine' 370. 395.
gire 414.
girti 143.
gyvastis 189. 190. 191.
glodenk 455.
glü snis 427.
grämdyti 395.
gr^sztas 113. 377.
grduti, griäuti 152.
grikkai 318. 341.
griüti 443.
grobas 377. 378.
•gu 262. 264.
gurklys 424.
ik\ 90 f.
lrti 414.
iszolojau 482.
jaü 130.
jaugi 269. 276.
jaukmti 147.
jei, jey 268.
jeig, jeigi, jeigu 268.
jeknos 397.
jöszköti 347.
jeng 269.
jog 269.
jü 270.
jui, juigi 269,
junkstü, jünkti 147.
jure's 397. 457.
jusze 443.
kaimas 422. 428.
kaipgi, kaipogi 267.
kalävijas 444.
kälbesis 191.
kalpa 395.
kiüti 117. 444.
kämana 95.
kamkntas 95.
kanäpes 435.
karbas 424. 426. 444.
karczamä 454.
kardelus 113.
karias 455.
kärve 423.
kasä 419. 453.
kastuvas 396.
kaukai 430.
kduszas 428.
keikastis, -estis 190. 191.
kele 417.
kemas 422. 428.
ke'pti 114.
ke'turi, ke'tveri 369. 370.
kiaüle 148.
kutane 148. 149. 396.
kiausze 148. 428.
kiaüszis 148.
kiaütas 149. 396.
kiklikas 395.
kiuzu, kiuzti 402.
klastykle 419. 453.
klastyti 394.
kletis 419.
klevas 325.
klynes 124.
kliüvü, kliüti 150.
klü'nas 445.
kosere 406. 407.
kösziu 428.
krakis 378.
krauna, kriauna 150.
kräusze 444.
kregzde 114. 397.416.
krefvas 138.
kiiäusze 148.
krikszczonyste 397.
kruszk 442.
kuilys 117. 148. 431.
444.
kiijis, kiigis 443.
kfikflas 117. 401.
kulkszis 378.
kulsze 121.
külszis 121. 454.
küraetys 114. 863. 397.
kur 262.
kürbas 424. 426.
kuris, kars 262.
kurpalius 444.
kürti 426.
kurtinys 314.
kvapas 870.
kvetys 322. 323.
zem. l&das 414.
längas 115. 454.
lazda 453.
lenkti 141.
lepa 417.
lgpsnä 428.
lgzüvis 457.
liaupse 148.
lhibyti 147.
liu'sininkas 148
lidtas 147.
lizdas 453. 454.
lydekä 417.
lytüs 463.
lübeti 147.
lutingas 147.
lutis 147.
mdiszas 398.
mälti 419.
märes 123.
mäzas 404.
mazen 404.
medejis 123.
me line 406.
menturre 114.
raesa 445.
me'stas 419.
mezei 124. 428.
miltai 419.
milteris 414.
raökestis 190. 191.
möku 148.
mote' 426.
mürgas 426.
muse 407.
musele' 407.
negi 265.
negu 265.
neigi 263.
ce'y, ney — ney 263
265 f.
nökyste 193.
Wortregister.
501
39.
26.
».
63.
$ 453.
26.
; 270.
>s 419. 453.
456.
118.
20. 421.
u 114.
, paliauti 149.
378.
455.
s 428.
399. 427.
p^czus 418.
16.
5. 309.
309
21.
s 394.
29.
115.
i 445.
149.
453. 455.
148.
423.
a 453.
132.
e 378. 454.
r22.
453.
» 147.
i 454.
427.
392.
>, prekdlas 117.
444.
:27.
9.
8.
13.
*98.
30.
15. 358.
446.
iti 149.
98.
18.
14.
45.
riäugrai 139. 149.
szaknis 397. 442.
rimastis 189. 191.
szärmas 125. 416.
rykszte 453.
sze'kas 899.
ruja 132.
szermens 358.
rujis 132.
8zesze, szeze 116. 399.
ruggys 323.
8z^szura8 148.
nipestis 191.
sziaurys 149.
sadora, sandora 358.
sziüile 148.
sapnas 370.
sziurü ti 148.
sardis 398.
szirszys 143.
sargyste 193.
szirszlys 435. 454.
se'kmas 245.
szis 276.
setas 417. 442.
szlapysis 198.
silke 435.
szlapiesis 193.
silpnas 148.
szlaünis 399.
shilau, siulyti 148.
szliürpti 148.
siunczü, siu'sti 149. 150.
szube 446.
siüti 450.
szüka 450.
siuvikas 896. 450.
szülas 378.
skaistas 138.
taiga 269.
skambesis 191.
täkiszas 125.
skambü, skambe'ti 191.
talkk 401.
skirpstüs 116. 399.
taszyti 358.
skystas 138.
zem. tavas 428.
skreplei 359.
tempiü 370.
skritas, skrytas 1 1 6. 399.
te'vas 428.
skura 149.
tramyna 455.
smagena 403.
traszkesis 191.
smärdve 400.
memelsch trauszis 444.
s mir das 400.
treczesis 193.
smirdele 116.
tretysis 193.
snarglys 424. 454. 456.
ungur^s 415. 456.
snokszti 116.
üpe 415.
söstas 121.
usas, usai 415. 445. 446
spauda 400.
u sis 427.
spaustüve 400.
utele' 407.
spirgas 142.
vaite 378.
spirgti 142.
vältis 121. 402.
sprageti 142.
vdnagas 116. 447.
spräginti 142.
vandu' 423.
sre'bti 151.
värdas 396.
sriubk 151.
varias 456.
staldrimba 395.
varnas 113.
stambras 115.
varnena 118.
stärta 116.
vartyti 392.
ste'bas 416.
va8araugis 394.
stipinas 416. 442.
vdszas, w^szas 347.
stövmi 18.
vaszkas, vaskas 350.
sträzdas 419. 449.
väzis 419.
stre'nos 430.
ve'daras, ve'daras 372.
subatä 415.
418.
sudereti 358.
ved^ga 378.
sujüsti 358.
vedü 477.
svetas 419.
veje (vejk) 125,
502
Wortregister.
rfnai 147. 847.
verpiü 870.
▼esspats 481.
▼tta 429.
vevere^s 416. 456.
vilgyti 142.
vinkszna 402.
rirbaa 444.
virbinis 444.
▼\rve, virve' 444.
vyszoa 809.
vöras 870.
iabrys 899.
iagaraf 140.
zaliaa 121. 444.
zaltis 118.
ziras 150.
zardas 127. 399.
zardi»127.
zarija 126. 399.
zaais 121.
zäune 134.
ze'gzdras 416. 456.
zemk 417. 419.
zemaftiszkas 386.
z^nkla 245.
zereti 150. 370.
Zergti 897.
zerpiu 370.
z^rti, zarstyti 398.
zindti 245.
zidju, zitfti 151.
ziopczdti, ziopsöti 151.
ziövauti 151.
ziupone 147. 197.
ziure'ti, ziuriü 150.
zyle 454.
zmogus 123.
zmu 400.
zobrys, zobras 399.
zuberklas 398.
zvftke 454.
4) Lettisch.
ahbolites 118.
aknis 114. 442. 457.
atsals 126.
bes, best 267.
bet 269.
dahboli 118.
gan 259.
gana 259.
ganna 259.
gu, -*>» g' 264. 266.
ikri 117.
irrag, arrig 264.
is 90. 91.
jo 270.
kammessis 113.
kaschoks 113.
kobkali 117.
kohsa 113.
kdpe't 870.
kurgi 262.
kweesi 82.».
lagsda, laada 453.
taudis 131.
ligsda 468.
l'öti 188.
neds — neds 265.
n6i — n6i 265.
neggi n. 8. w. 266.
negg 266.
no, nohst 270.
pebrt 118.
pelles 125.
perrema 118.
pirkste 463.
p Jahns 445.
pleksne 453.
puhr'i 321.
rndsi 323.
sahrds 127.
saltis, salktis 118.
-schu 266. 267.
schuht 450.
siglis 415.
skalla 115.
skan&, skande't 191.
skans, skana 191.
skrittulis 116.
ssahrts 127.
stehrts 116.
sur 262.
siitu 150.
suve'ns, siv^ns 399.
tur 262.
ute, uts 407.
valdineeks 123.
vanags 116.
vede're 372.
voi, vai, va 266.
zaunas 134.
zunas 134.
5) KlreheulawlseL
agn£, jagnf 181.
aajuti, asnti 181.
azu, jazü 131.
basu 371.
biet 132.
bimü, bis! 187.
blagostyni 193.
blagoze 269.
blagyni 196.
blejati 150.
bljuda 193.
bljud$, bljusti 133.
bljudo 133.
bljudu 147.
bo 267.
bobu 148. 413.
Bochmit 321.
bod? 371.
bogyni 195 f.
bracina 394.
brezgu 148.
brici 132.
bruzda 394.
büdeti 133.
buditi 133.
boukü 325.
by 187.
bysti 186.
bystü 184.
casa 396.
casu, cjasu 162.
cechlü 395.
celosti 192.
cemer" 328.
ceslu 397.
cetyri , cetvero , cetvoi
369. 370.
cichati, cichnati 138.
cistu 138.
cito 160.
eizikü 403.
clovekü 143.
credu 143.
crenü 150.
crepü 143.
crjes"nja 338.
crevo 402.
erünü 396.
erüstvü 143.
erütati 148.
cudo, studo 134. 185.
cudü, studii 134. 135.
Wortregister.
503
cuja. 134.
i, £uvaj§ 134.
, stuzdi 134. 185.
i 143.
J43.
1325.
>ati, chlepiti u. s.w.
3. 137. 151.
li 363.
ti 141.
atf 94 f.
ti 141.
337.
iti 369.
395.
186.
184.
titza 114.
368. 394.
ija 124.
sti 189. 192.
192.
319.
89 ff.
186.
143.
444.
ma, glavizna 366.
i 396.
lo 4.
414.
121.
326.
143.
iimi 176.
i 144. 395.
143.
148.
ni 143.
i 145.
69.
36.
li 130.
;anu 130.
138. 145.
>vati 246.
aze, jeze 271.
97.
131.
i, jesuti 131.
89.
131.
129. 368.
184.
jato 129. 368.
javiti 131.
jeda 2€8.
jegda 268.
jelinü 130. 306.
jel'cha 325.
jeste 89.
jftry 196.
jezykü 457.
jeretizica 138.
jucrüminü, ucrüniinü 130.
jugü, ugu 130.
jusini, usinT 130
kakoli 117. 401.
kalezT 138.
kamv 892.
capousta 335.
kastan' 335.
katr'ga 313.
klapi 114.
klej 150.
klen 326.
kljuci 132.
kljuse 132.
kluce 132.
kmeti 114. 363. 397.
knegyni 146.
kn$zi, künfzi 144 ff.
kniga, kuniga 144 ff.
kolac" 113.
komar 329.
kopato 94.
kopyto 94 ff.
kor^ 95.
koryto 94.
kostan" 336.
koza 396.
kozitza 113.
kozie 113.
kratükü 143.
kricati 138.
krizi 138.
krivü 138.
krutu 143.
kuchn^ti 138.
kudi 135.
k'gda u. s. w. 269.
koukourjetz" 328.
kuna, kuny 148. 149.
küngzi 292
kuru 136.
kvasiti 369. 370.
kvasu 369. 370.
kychavica 138.
kyj 180.
kypeti 370.
kttsel 331.
ktteelicije 831.
kysn^ti 369. 870.
laka 141.
l^kostT, l§koti 188.
lapota 330.
lekfc lesti 141.
letorasli 894.
lice 247.
licemerü 247.
lijati 138.
libo, ljubo 136.
livu 147.
ljubistvo 366.
ljubiti 131. 147.
ljubiza 366.
ljubiznu 366.
ljubü 181. 195.
ljuby 131. 195. 196.
ljudü 131.
ljukati, lakati 141.
ljuto, gen. ljutese 188.
189.
ljutosti 189.
ljutu 147. 188.
loboda 330.
lono 897.
lostika 838.
loze 406.
lozesmo 406.
lübü 394.
lügati 188.
rnakü 424.
mecbü 428.
mesati 145.
meso 445.
mjata, mjatva 824.
mezdu 146. *
mici 156.
rail08tyni 198.
moga. 148.
mozgu 114. 403.
nasastinyj 208.
nasupä 401.
nebo 226.
negli 275.
neg* 275.
nekli 275.
nigdaze 275.
nize 274.
noguti 192. 204.
oba 90,
504
Wortregister.
obü 90.
obligati 138.
orjechj orjeaije 324.
osi 350.
08krüdü 401.
oste 89. 90.
osuti 131.
otava 394.
paditi 148.
pekar" 114.
pelin 309.
p§tinica 445.
piljukü 398.
p"8eno, p"senitza 822.
pleskü 137.
plinati, pljunaü 136.
plivati, pljoj§ 133. 137.
pljuskü, pliskü 137.147.
151
plusta, pljusta 132.
podbjel 339.
pondreti 367.
poslusati 130.
postavu 398.
potjera 309.
prati 118.
prazdinü 160.
prjaga 142.
prjaziti, praziti 142.
prolijati 122.
proliva 122.
prositi 392.
prüga 142.
prüstene 403.
pustü 430.
pütica 376.
püro 322.
rabil 123.
radoste 193.
radosti K)3.
ramo 416.
rasa 142.
rast§, rasti 392.
rastiti 392.
rastü 392.
raeljucati, razlacati 141.
retezi 445.
remeni 281.
rimiskü, rumtskü 138.
rimu 139.
ritt 406.
rjujinü, rjujenü 132.
rjuti, rev§ 132.
rogozü, rogozinil 160.
rovy 133.
rujenü 132.
ruma, rjuma 183.
rutije 132.
rutiti, rjutiti 133.
rygati 139. 149.
rysi 402.
s§ 94.
sabota 415.
sed§, aesti 141.
selyga 140.
severu 149.
siko, sikozi 276.
silu, sidu 141.
sip'k 337.
skopici 116. 400.
skopiti 400.
skora 149.
skutü 136.
sledu 400.
slina 137.
• sliva 326.
sluga 130.
slusati 130.
sluti 130. 143.
sljuzi, slezi 137. 151.
smokü 363.
solyga 140.
8ruseni, sruseni 14d.
stado 134.
stav', stavije 330.
stitü 136. 149.
struni 401.
strüzeni 401.
studi 135.
stukü, stukü 141.
; stutiti 134.
Istuzdi 134. 135.
so 197.
135.
sünesti 186.
süzigati, süzagati 140.
sy 94.
8vekrü 195.
svekry 195.
sverepü 401.
svetyj 402.
syriste 401.
tSsiti 138.
tichu 138.
tilo 401.
tlaka 401.
tlesti 245.
tlüknati 167.
8U,
V .
SU)
tlüsti 245.
tlüstyj 245.
traku 401.
troekot' 342.
trupü 401.
tuchori 376.
turii 430.
tüsnati 167.
tuzdi 134. 135.
tüktt 320.
tysajsta 141.
u 130. 269. 394.
ucha, jucha 130.
uciti 147.
udu, judü 129.
usta 430.
utro,jutro 129. 130.368.
uze 130. 269.
vapü 402.
vasü 415. 445.
vaza 141.
veriga, veruga 138.
veste 395.
vpziga 402.
vezochü 192.
visnia 309.
vitezi 305.
vlatu 402.
vlügükü 402. 403.
voskü 350.
vratiti 392.
vreteno 95.
vüskriisnati 143.
vüstokü 159.
vilzlibiti, vüzljubiti 131
vüzü 159.
vüzradovati s§ 159.
vyknati 147.
za 405.
zadü 405. 406.
zalosti 191. 193.
zarja, zorja 399.
zavati 134. 136.
zdeg$ 140.
zdegutl 140.
ze, -ze 89. 258 ff. 27(
zeg$ 140.
zelv", zelV 277.
i zena 418.
Izerd" 127.
-zi 264. 276.
zidinü 145.
zidu 138. 399.
zijastiimü 136.
Wortregister.
505
zito 322. 895.
zivati 134. 186.
zivati 133. 136.
zlüdati 143.
zmij 362.
zreti, zrja. 150.
zreti, zra. 143.
zrülo 143.
zukü 145.
zu p an ja 197.
zupanü 147.
zvati 133. 136.
6) Russisch.
Die mit einem stern be-
zeichneten Wörter gehören
dem Olonecischen dia-
lekt an.
bjelokopütnik 340.
♦bladoj 169.
♦bogatyrmy 176.
brjucho 894.
klein ru 88. bym, bys 187.
*bysti 183. 184.
♦chosi 159.
*6o 159.
cto 160.
da 267.
*dasi 183.
dögotT 140.
djujmü 135.
djuzij 136.
djuzina 135.
*dob'öru 158.
•doci, doceri 169.
drozzi 418.
♦entotu 181.
*esi 183.
♦estotu 181.
*evtotü 181.
•gerliku, gerlyku 167.
•glja 169.
glychar" 314.
goluboi 425.
grabü 395.
♦gradmy 176.
ikry 117.
jarlykü, erlyku 167.
*^onü, jona 158.
*ju 181.
kirpicü 148.
koryto 413.
kuny 149.
ljubiti 147.
*makomka 168.
♦mati 169.
tneci 156.
*mjaqi 156.
♦mnja 182.
*mo§i 159.
kleinr. mynes 304.
nasuscnyj 208.
ne 156.
*nima 181.
*nja 156.
noga 413.
norök" 413.
odinü 155.
olon. altr. odva 155.
♦opleti 159.
*osce 155.
oseni 155. 413.
ozero 155.
par" 424.
pasti 424.
pcela 247.
pjena 429.
plevati 137.
pljnsce 132.
*pochmalka 169.
pocitati 301.
porozniti, porozniti 160.
*poroznyj 160.
poroznyj 160.
prjaziti 142.
*primicjati 169.
proso 413.
puditi 148. 0
razresit' 304.
rjasa 142.
♦rogozennyj 160.
rov" 413.
rygnuti 139.
salo 398.
sedoj 305.
sed'ivyj 305.
♦silomu 171. 176.
sljuna, slina 137. 138.
solovej 413.
*stoku 159.
stolknuti 167.
snbota 415.
suliti 148.
svin'ja 415.
♦svomu 159.
*toj u. b. w. 180 f.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 4.
tosknuti sja 167.
totü 157.
*lvogo 159.
ucha 130.
vjaziga 402.
vjazü 402.
•vjunosi 158.
volokyta 94.
*vorotmy 176.
vo8tokü 159.
vzdochü ^59.
*z- 159.
kleinrnss. zaloscy 193.
zamok" 424.
*zdoch« 159.
*zradovatT sja 159.
7) Serbisch.
a 131.
ako 131.
ali 131.
duräk, durka 136.
durdn 136.
dobar 158.
ja 131.
jagne 131.
litica 139.
ljutac 139.
menfka u. s. w. 258.
mir 139.
nasap 401.
niti 263.
plesak 137.
rim 139.
sinovi 176.
aljuni, 8lini 137.
tebika u. s. w. 258.
tirjanin 142.
vetj 269.
vlat 402.
zagriti 140.
8) Neubulgarisch.
ces 162.
jagne, agne 131.
jaz, az 131.
prazi 142.
9) IllyTisch. Bosnisch.
blitva 885.
33
506
Wortregister.
böb gromoyi 88?.
bobövnjak 882.
bosiok 821.
brexovina 827.
bokovina 826.
bukva 825.
csemer 828.
osemerikka 828.
£ubar, fabra 881.
6avaku<5a 882.
csuvati 332.
devjaail, devjatisü 388.
dinja, din 819.
dünja 337.
gavez, gaves 829.
gladiac 336.
grib 318.
grom 332.
gromovina 882.
hajda, hajdina 340.
havdovina 826.
hren 336.
javor, javorina 826.
javorovina 826.
joha 825.
johovina 824.
kalamitti 813.
kaligtt 313.
kaloper, koloper 336.
kapula 340.
kapus 335.
katarka 313.
kferkotina 338.
kisflica, kiselaca 331.
klei 325.
kolovoz 315.
komoräcs, koromäcs 329.
köpar 329.
kopric 329.
krasta 319.
krastav, krastavac 319.
krupa 321.
krupan 321.
krupnik 321.
kukure'k, knkurjek 328.
kukuvjek 328.
kupus 325.
lubenica, ljubenicca 319.
mavez 321.
raerkva 331.
metva, metica, mjätva
324.
ttttoda 339.
miloduh 339.
mirodia 839.
miruh 389.
Mleci, Mlecih 321.
morac 828. 331.
muscmula 333.
neg, nego 275.
obarva 118.
okolocep 333.
olesnik 325.
olha 325.
orah, oraSak 324.
pamuk 321.
paprad, paprfit 334.
petrusin, petruscka839.
pir 322.
pirika 322.
potur 311.
prekalamit 313.
prosenica 336.
proso 322. 335.
rakitta 327.
rog 335.
rogacs 335.
ruzica 820.
Sipak, sipak 887
skrixalina, krixalina 381.
skriz 381.
slamica 314.
Sliva 326.
gtavje 330.
suDCsenik 336.
Sunjica 336.
tatula 338.
tfernovinar 326.
ticca 337.
tikva 320.
trandofilj,trandovilje 820.
trandop io 320.
tresnja 338.
tunja 837.
ugorak, ugorka 318.319.
vartitti 336.
Vflina kosa 829.
vlacsiti 313.
vlak 313.
vratati 336.
vratica 336.
10) Neuslovenisch.
jutro 129.
kri 195.
lat 402.
Ijudski 185.
roeimi 304.
pare 803.
pljuca 132.
praziti 142.
11) Böhmisch.
cechlik 395.
celest', celost' 192.
cesadlo 397.
cizek 403.
ctyfi, 6tvero 369.
dlabati 394.
drzest* 192.
ftÄk 376.
gestli, gestlize 272.
gitrocel 340.
giz 269.
jablko 131.
jazyk 131.
jedl 131.
jehne 181.
jelito 397.
jeste 89. 91.
jesutny, jesitny 131.
jeviti 181.
jezdik 394.
jisti 131.
kaprad' 202.
klustej 245.
klouci 245.
kneh 145.
knez 292.
knini 146.
knjezka 145.
konev 395,.
koryto 94.
koukol 401.
kfechaf 396.
kstice 395.
kvap 369.
kveliti 143.
kvet 143.
kviliti 143.
kysnouti 369.
labud', labut' 202.
lat, latka 402.
louc 397.
lupen 338.
lupaun 338.
miloscemi 193.
mläto 398.
Wortregister.
507
moutev 898.
nasep 401.
nebet 192.
nez 275.
od(e) 202.
outery 357.
ozim 399.
pahrbek 395.
peyrz, peyr 302.
plamen 371.
plamfnek 371.
ptfce 132.
pohanka 341.
prahnouti 142.
radoscemi 193.
nhnouti 139. 149.
ritesne 406.
n'titi 183.
rokyta 94.
routfti 133.
rozvora 394.
rypati 370.
ryti 870.
recky 294.
schor 376.
sena 358.
seno 358.
skopec 400.
slfdnfk 400.
stfevo402.
strntäte 401.
svaty 402.
gyefepice 401.
svfd 399.
syrovätka 401.
tisic 141.
tlouci 245.
tlusty 245.
acta 301.
varyto 94.
vaz 402.
vezech 192.
vrtrtLk 244.
vrtranie 244.
mrtrati 244.
vreteno 95.
vretänko 95.
vcela 247.
vyzel 402.
-z 272 f.
zita 358.
zito 358.
zivoßt' 189.
12) Slovakisch.
cesen 897.
kni 195.
l'udia 350.
matera 350 f.
paprat' 202.
seba 351.
Styri, stvoro 369.
teba 351.
znamenia 350.
13) Polnisch.
bembnaf, bembnarcyk
303.
bdrgowad 303.
bork 303.
bosak 296. 301.
bruk 303.
burk 303.
by 274.
bzalka 220.
cabr 832.
cbfast (chwast) 301.
chomato 95.
chrzaszcz 141.
cmentaf 305.
dezki 305.
cesd 301.
codzenny 206.
czabr, czaber 332.
czinlr 328.
dab 113.
dlari 207. #
dojutrek 206.
don 207.
dorecny 206.
duzy 136.
dwu, dwuch (dwöch) 205.
dzis 145.
dziaaj 206.
fcoraj 206.
gi§d 145.
gmysli, kmysli 202.
gniote 118.
grajcar 301.
gfecy, grecny 202. 206.
grzbiet 144.
gwoli 202.
ikra 117.
iuz 269.
iz 274.
jadw iska 302.
jantoni 131.
jastrych, astrych 181.
jasek 302.
jaszczurka 115.
jawgastyn 131.
jestera u. s. w. 205.
jid 211.
jinspekta 808.
jisd 212.
jodla 445.
karczma 454.
khisak 132.
korda 113.
kordel 113.
ksiadz 146. 220. 292.
ksiaze 144 ff. 292.
ksifga, ksiazka 144 f.
' 220. 292.
ksieni 147.
ksiezyc 147.
ktos, ktds 205.
labed, gen. labedza 202.
latomyS 304.
latopyr 804.
iepek 203.
lice 246.
licem'ern'icy, lucem'-246.
247.
litosd 246.
litowad se 246.
lotka, loftka 803.
lubcyk, lubscyk 303.
lubid 147.
lun^d, lin§d 188.
lutosd 246.
lutowad (löthen) 246.
lutowad s$ 246.
Jza 248.
m§tew 398.
mary 303.
makle'j 304.
mianowad 246.
miasko 113.
miedzy, mi^dzy 145.
m'encar, m'encarstfo 304.
mieszad, mi^szad 145.
m'ispety 808.
nan 207.
nechd^j 209.
netoper u. s. w. 304.
nezapom'inajka 208.
nie 205.
nicestfo 205.
33*
508
Wortregister.
Aicosd 206.
nicpori 207.
nicpotym 207.
riiftym 207.
nikcenmy 206.
nikcemu 206.
rii&cyd 205.
niwec 206.
riiwecyd, zniwecyö 207.
niz 275.
noged 204.
oblice 246.
obu, ubuch (oboch) 205.
ode, od 202.
ogzeri 220.
otf'enid, otfoiyd 202.
otm^t 202.
otnoga 202.
pazno£e<5, -nofced 204.
pcdl 247.
pedziö 148.
pieczed 145.
pluskad 147.
pocta 301. 802.
p<5d$, pöjd§ 246.
p<Sd (pödz) 246.
pofsedni 208.
pdjd (pöjdz) 246.
pölicek 246.
pdlik 247.
pötcbak 304.
posta 302.
posta 302.
potakiwac 205.
potomny 207.
prazyd 14*2.
pryd$, pryjd§ 246.
prytomny 207.
pscöt 24*7.
rozgresyd 804.
rymar 281.
feni'en 281.
rzodkiew 144.
rzygad, rzygn§d 139. 149.
rzucid 133.
s, se 197 ff.
sadio 398.
samnene, somnene 200.
samob'ij, samob'ije '209.
sap'ef, s$p'erca 200.
sasat 200.
easek 200.
sedziwy 804.
sierszeri, szerszen 143.
8iniak 415.
skop 116.
sköra 149.
slicny 246.
sluz, slöz 138.
slza 247. 248.
smetaf 305.
sobör 200.
sojuS 200.
stek 141.
stulis 208.
sum'eiie, sumrierie 200.
swierzepa 401.
szczaw', szczawik 330.
szczek 141.
szczit 115.
Slaban 288. 302.
slachdic 201.
tak 205.
tarnosliwka 326.
t^gi 305.
tko (für kto) 217.
tygodria 206.
tykad 205.
tysi&c 141.
tysacnik 802.
unicestf id 205.
ustarcyd 305.
uwrzed, uwarzid 125.
wacek 302.
was 446.
wpborek 423.
wes (wez) 246.
wezm'i 246.
w'elKer 302.
wieza 141.
wom'ity 305.
wym'oty 306.
wysoki 203.
wyssy, wysy 203.
wyzej 203.
wyzyna 203.
wz^d, wz^sd 212.
z 197 ff.
-z, -ze 273 f.
zb'er, zb'ir 302.
ze 198 ff.
ziarno 126.
zlza 248.
znisk^t 207.
zriiscym 206.
zolzy 248.
zuchad, zachled 134.
zuchel 134.
zwydezyd, zwydezca 305.
14) Wendisch.
obersorb. jutry 129.
budiss. saroda 127.
polab. tgenangs, tjenangs
u. s. w. 146.
D. Germanische sprachen.
1) Gotisch.
biudan 133.
biuds 133.
biuhts 147.
biuhti 147.
doros '229.
fidur- 370.
fidvor 370.
tilus 7.
fon 398.
funa 398.
gards 127.
gasin tha 149.
gredug 143.
haims 230.
hardus 143.
hliuma 93.
-hun 262.
hvaiteis 322.
hvan 262.
hvar 262.
hvarjis 262.
hveits 322.
ibnassue 198.
izvara 7.
izvis 7.
ju 130. 262.
juggalauths 131,
leithus 463.
Wortregister.
509
ligan 454.
liugan 138.
mik 258. 262. 276.
nih 275.
rimis 189.
sandjan 149.
sik 258.
sintha- 149. 150.
skalkinassus 193.
skants 136.
skavjan 134.
skuft 403.
skura 149.
sparva 116. 400.
tulgus 192.
thar 262.
thata '84.
thaurstei 16.
thiuda 135.
Thiudi 135.
thragjan 11. 231.
thuk 258. 262.
-uh 275. 276.
usskavjan sis 134.
usskavs 134.
veis 467.
2) Althochdeutsch.
ahorn 325.
binicrüt 321.
chiuwan 133.
chrene 337.
kuning 145. 292.
churbiz 319.
quenala, konela 328.
daba, taha 113.
erila, elira 325.
federscelli 839.
fleh tan 392.
fiohta 358.
ffil 149.
gaumo 151.
hintlopht 828.
hliumunt 93.
h wanne 262.
bw&r 262.
bwenne 262.
buergin 261. 262.
liuti 132.
linboum 326.
moraha 881.
östan 130.
ostara 129.
s&mi- 18.
scirbi 148.
sciura 149.
scrintan 124.
scür 149.
slfm 137. 188.
sparo 400.
sparwäri 400.
stabal 398.
stur, stir 380.
suroarlota 394.
sutirwurz, sittiwurz 328.
triu 4.
waso 125.
wormiota, uuerroota 330.
3) Mittelhochdeutsch.
blaen 150.
hüslouch 332.
kabezkrüt 335.
kompeskrüt 335.
m argrat 337.
margramboum 337.
morche, more 331.
Oriman 234.
Orman 234.
Orraanie 234.
Ormandin 234.
queste 117.
4) Neuhochdeutsch.
achse 350.
altz, eltz 329.
backen 115.
bergen 327.
bertram 837.
beßen 327.
borke 327.
brechen 229.
brücke 229.
dohle 118.
donnerbart 382.
estrich 131.
farnkraut 334.
franenhaar 829.
geführte 4.
gurke 318.
beidekorn 341.
kabis, kabisz 885.
balt. kleet 419.
körn 822.
krampe 114.
liebstöckel 339.
löthen 246.
mark 114.
munter 469.
noch 275.
Schweiz, perge 115.
balt. pergel 115.
platz, plätzchen 115.
plinse, plinze 115.
qnendel 328.
roggen 323.
schauen 134.
schlehe 326.
schoppen 233.
schwäre 7.
sperber 116.
sperk 400.
sprechen 8.
stüberer, stabner 117.
tausend gülden kraut 302.
wachs 350.
wahr 6.
wermuth 329.
zäun 228.
ziemer 332.
5) Altsächsisch.
biod 133.
hüd 149.
huergin 261.
liudi 132.
quelan, quellian 370.
6) Holländisch.
altem 329.
alst 329.
7) Friesisch.
wangerog. augtirk 318.
8) Angelsächsisch.
beöd 133.
ceövan 138.
510
Wortregister.
borac 16.
hrftgu 262.
leöde 132.
ljfesne 866.
sim- 18.
9) IngUsch.
birch 827.
doom 229.
dregs 124.
to setter 328.
setterwort 328.
sloe 326.
sparrow-hawk 116.
speedy 8.
Strange 134.
thirst 16.
wormwood 329.
• wo und 472.
10) Altnordisch.
anstr 130.
bi<58 133.
gerdi 127.
-gi, -ki 261.
hauss 148.
hvargi 261, 262.
skaut 136.
11) Dänisch.
agurk 318.
1 ) Altgriechisch.
oya- 259.
ayar 269.
dyxvXoq 347.
dor. alxa 258.
axoyov 883.
aXih 822.
aXftiiycxi 313.
a/bt<pl 90.
äfiyirfokoq 471.
afufjüi 90.
nfdfjmpct^K; 330.
aröyooaifiov 316.
a/ro 7.
afja 264.
dgrjywr 95.
ai^arfaSt? 380.
ßXdor 335.
dor. yd 258 ff
yay 268.
yt 89. 90. 267 ff. 271 f.
yikaüivs 191. 193.
yirfx 4.
ytj^aq 189.
yfj^r? 143.
yQi<poqf yylnoq 313.
<?a/w 150.
daxgv 9.
Jid 259.
rf^r»«,' 4.
JlymavTj 96.
työi 259.
dor. iywvya 258.
tarent. fyw»-^ 258.
t't'xe 258.
fii'ari^ 195.
E. Griechisch.
ixtl 258.
eAa*i>« 228-
Mol 270.
fidov 270.
ivivßim, 328.
$ 7.
fto*a 10.
iniovatoq 208.
tyfryttr 189. 149.
fyci'fro« 188.
ifjv&jto*; 188.
ty/apai 16.
*<;, «J« 90. 91.
for* 89 ff.
ftt 89.
myt 269.
e?.Of»c 130. 188.
tvfjfq 188.
ja- 269.
MMt- 18.
quay 7.
&d<joo<; 188. 192.
&av(ia 134.
&tdouai, 134.
O-Qaavq 188. 192.
ß-t'ftßya 331.
#f^s 229.
böot. iwvya 258.
xdAa^un?, xahtf.it] 313.
xdAAoi,- 192. 193.
xaAo; 193.
xa;r''o? 370.
xctni'fir 370.
818.
xiljuai 230.
xffraii^(»ni' 30&
xri-T^ov 16.
x/ai^o*' 16.
xAqfs 132.
xoio> 134.
Xo^fc 243.
jtojqc 243.
xnXlxiOr 113.
xnAAa 150.
xoi'CXfj 328.
xosraroi* 95.
xofjiwbfii. 94.
*{)i(a$ 189.
xoo/fi'oyf x{toft[{vor 327.
xcf'(jta 358.
xi'uos 149.
XO)flt)Tt}4 114.
AdAi^^n? 391.
A«na»9oi- 330.
Aa7ra£«"- 330.
Aao« 132.
Ad/ i'ij 324.
Xixoq 454.
Aijf()<ns 141.
AoSo? 141.
Aoiroo» 229.
Ai»7i/ 191.
Arw 149.
jnaxyoq 188.
[laqa&ov 329.
ftdya&yov 329.
,MfV 260.
tit'i'ioi. 270.
pivxov 270.
prfxoq 188.
ra//( 263.
vi<po<; 226.
oyt 258,
Wortregister.
511
nyxnq 847.
odnq 141.
olSa 464.
6Xr(ta 322.
ofißißoq 229.
*0(j.9<}oq 391.
oo<f\)afiOiiat 8.
ni'toto) 472.
ni/'' 263.
oqfjvq 118.
7Ta)'X'i r,a/'/1' 263.
nafjnt 228.
rrcAw 4.
7i^ 260.
tt*^ 260.
nuynaiXuof 339.
/TfH&TJf 95.
ntvxri 115. 358.
nl((i{it](u 392.
äol. TifavQis 870.
TrAaTi'S 7.
noP. i <j 7.
7i(jii&w 392.
710Z105 231.
TiTf{jfq 334.
TTTurä'ti 822.
7ii 'yo? 321.
orr/na 183.
QrjTirfj 334.
<r/^t; 328.
(Tito? 322.
crxfluo? 185.
«jxö^noW, ffxoyfim- #827.
Sxv&tjq 134.
«TKrto; 149.
anti'Atri 8.
aiXijv 8.
«TTTOlffJOUOS 8.
<rrtyo<; 224. 226.
ai(lx<u 462.
oyüXhii 8.
(Hffi'dnrti 8.
0*7 ? -^oi' 8.
o/fahnt; 8.
r* 89.
x^o? 224. 226.
ififni 870.
lixiittr 358.
rlaaaQtq 370.
neuion. riaaiQtq 870.
Tof 270.
Uff/W 11. 231.
Ty/iotr 4.
»"tiio? 7.
/äo$ 151.
Xä(jad^o^ 229.
Xavrnq 151.
//AiS 277.
Xfff/nTiTfa&ai 369.
(t)(ji'<>) 132.
2) Byzantinisch. Neu-
griechisch.
«yyoi'^w, ayyoi'^t 818.
819.
xixoi/ra 888.
yJxouToq 338.
xoj'oxoq, xoi'oxa, xoi'^-
xaioc 186.
(AovaifovXov 883..
[tVQoöCa 839.
i (><ar iot<pi'AAoi' 320.
F. Italische sprachen.
1) Lateinisch.
acer 325.
adulter 391.
ago 14.
alnus 325.
an 267.
ancilla 471.
anculus 471.
anus 394.
ardere 150.
arere 150.
atriplex 330.
aurora 130.
auster 130.
avia 120.
balare 150.
betula 327.
Bonifatius 409.
caepulla 840.
caliga 313.
caput 7. 13.
Carmenta 94.
Carmenti8 94.
carpinus 826.
caurus 149.
cautus* 134.
cavere 134.
-ce 258.
censor 16.
centanreura 802.
eis 258.
clava 444.
clavis 132.
cruor 189.
Cucurbita 319.
culter 229.
eunque 262. 265.
curvus 188.
cutis 149. 396.
dua, duae 12.
ecce 258.
edo, edonis 95.
eminere 471.
etiara 265.
ex 10. 16.
extimu8 12.
extraneus 134.
faciuus 192. 198.
faux 151.
frustum 8.
funis 8.
gratias 14.
hiare 151.
hie 258.
hiscere 151.
hiuleus 151.
st ho- 257.
humulus 363.
illic 258.
imber 229.
inter 229.
istic 258.
jam 130.
janitrix 195.
jeeur, jeeinoris 114.
lactuca 338.
latus 226.
laurus 4. 324.
lectica 454.
licinus 141.
lien 8.
ptrten 95.
pinsere 822.
placenU Di.
plauUgo »40.
pollubrum '229.
pulmo 182.
quatuor «70.
qtliei SSO.
qnüque '26S.
quoque 265.
quotidiauüs 2<
ecreare 359.
acutum 136. 149- 404.
sementare 94.
triticum 822.
tone 258.
uncus S47.
nniui 9.
2) MtteliatelnUcb.
■ein S34.
alunsntus 360.
breialum 280.
broUlom 230,
brolinm 280.
den us 326.
I c*f um 280.
pambiciam 821.
hambugi» 321.
bieta 385.
capuccio 836.
4) Fnaxblicb.
armoiae 830.
Bwancon 409.
froment 832.
gnenipe 5.
eimbru 333.
enreanü 186.
briäU, hiriscK 841.
lob 810.
miksonea 321.
piro 622.
rtchit*. 827.
7) Ürabrisch.
iveka 136.
ßiilt>f-a 33S.
ßött S88.
bäv bljtn 121
bvi„f-a 828.
G. Albanesisch.
\jtßn**,jift*-* »IB. \aiwtJt, 821.
iHtüjtp-* 813- -etlUifta, äilUrr 813.
\xuvnat'o-%t 819. tyär^aoa 819.
i ftovS ffüvlt-a 363.
A.W. Schade
s Buchdrucks«! (L. Sihade) in Berlin, Stallacbreiberatr. 47.