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BEITRAGE
ZUR
VERGLEICHENDEN
SPRACHFORSCHUNG
AUF DEM GEBIETE
DER
ARISCHEN, CELTISOHEN UND SLAWISCHEN
SPRACHEN.
UNTER MITWIRKUNG
VON
A. LESSIEH und J. SCHMIDT
HERAUSGEGEBEN
VON
A. KUHN.
SECHSTER BAND.
BERLIN,
FERD. DÜMMLER'S VERLAGSBUCHHANDLUNG.
HARRWITZ UND GOSSMANN.
1870.
Verzeichnis der bisherigen mitarbeiten
C. Arendt z. z. in Peking.
Prof. Dr. G. I. Ascoli in Mailand.
Prof. Dr. Th. Aufrecht in Edinburg.
J. Baudouin de Courtenay in St. Petersburg.
Prof. Dr. J. Becker in Frankfurt a. M .
Prof. Dr. Sophus Bugge in Christiania.
Wenzel Burda.
K. Christ in Heidelberg.
Oberlehrer J. G. Cuno in Graudenz.
Stadtbibliothekar Dr. Lorenz Diefenbach in
Frankfurt a. M.
Dr. H. Ebel in Schneidemühl.
Chr. W. Glück in München, f
Prof. Dr. H. Kiepert in Berlin.
Prof. Dr. A. Kuhn in Berlin.
Prof. Dr. A. Leskien in Leipzig.
Dr. Lorenz im Haag.
Prof. Dr. C. Lottner in Dublin.
Lucian Malinowski in St. Petersburg«
Prof. Dr. Miclosich in Wien.
Prof. Dr. Max Müller in Oxford.
Prof. Dr. Friedrich Müller in Wien.
iv Verzeichnis der bisherigen mitarbeiter.
Prof. Dr. Th. Nöldeke in Kiel.
Prof, Dr. Novotny in Prag.
Dr. Carl Pauli in Münden.
Prof. Dr. Ign. Petters in Leitineritz.
Prof. Dr. C. T. Pfuhl in Dresden.
Prof. Dr. A. Pictet in Genf.
Prof. Dr. A. F. Pott in Halle.
Prof. Dr. A. Schleicher in Jena, f
Prof. Dr. Moriz Schmidt in Jena.
Dr. Johannes Schmidt in Bonn.
Prof. Dr. H. Schweizer-Sidler in Zürich.
Prof. Dr. Smith in Kopenhagen.
Prof. Dr. Spiegel in Erlangen.
Prof. Dr H. Steinthal in Berlin
Whitley Stokes, Secretary to the Legislative
Council, Calcutta.
Prof. Dr. A. Weber in Berlin.
Prof. Dr. Whitney, New-Haven, Connecticut,
ü. St.
Inhalt.
Miscellanea Celtica, von dem verstorbenen R. T. Siegfried. Gesam-
melt, geordnet nnd herausgegeben von Whitley Stokes . 1
Einige falle der Wirkung der analogie in der polnischen declination. Von
J. Baudouin de Conrtenay 19
Este, j(7«, nsque und ik). Von Wenzel Burda . . 89
Beitrüge zur kenntnis einiger suffixe im slawischen. Von demselben 92
J. £. Schmaler, Die slavischen Ortsnamen in der Oberlausitz. Ange-
zeigt von Joh. Schmidt 96
Camillo Keller, Kurze elementargrammatik der sanskritsprach e. An-
gezeigt von A. Weber 97
G. H. F. Nessel mann. Ein deutsch - preufsisches vocabularium aus
dem anfange des fünfzehnten Jahrhunderts. Angezeigt von Pott . 108
J. H. C. Kern Over het woord Zarathustra. Angezeigt von A. Kuhn 127
Die entwiekelung von unursprünglichem j im slawischen und litauischen.
Von Joh. Schmidt 129
Ueber den dialekt der rassischen Volkslieder des gouvernementB Olonec.
Von A. Leskien 162
Einige bemerkungen zu Schleichers compendium (zweite aufläge). Von
Wenzel Burda 188
Beitrage zur kenntois einiger suffixe im slawischen. Von demselben 194
Uebergang der tonlosen consonanten in die ihnen entsprechenden tonen-
den in der historischen entwiekelung der polnischen spräche. —
Wortformen und selbst sätze, welche in der polnischen spräche zu
stammen herabgesunken sind. — Doppelung' des suflßxes -ti- in der
polnischen und russischen spräche — Hinneigung zu e im polni-
schen. — Einige beobachtungen an kindern. — Zetacismus in den
denkmälern und mundarten der polnischen spräche. — Wechsel des
s (8, s) mit ch in der polnischen spräche. Von J. Baudouin de
Conrtenay 197
Neutra auf -as im altirischen. Von H. Ebel 222
Endlichen glossar. Von Whitley Stokes 227
Sanas Chormaic. Connac's Glossary translated and , annotated by the
late John O'Donovan, LL. D. Edited, with notes and indices,
by Whitley Stokes, LL. D. — Glossae hibernicae veteres Co-
dicis Taurinensis, edidit Constantinus Nigra. Angezeigt von
H. Ebel 28*
1) Gfit'fc Ahunavaiti. Sarat'ustrica carmina Septem latine vertit etc.
C. KossQwicz. — Gat'a Ustavaiti latine vertit etc. 0. Kosso-
wiez. Angezeigt von Fr. Spiegel 287
mm
vi Inhalt.
Saite
Bernhard Jttlg Über wesen und aufgäbe der Sprachwissenschaft. An-
gezeigt von Joh. Schmidt 240
Roget, Baron de Belloguet Ethnogenie Gauloise HI. Angezeigt
von Lorenz Diefenbach 241
Altböhmisch vrtrati und altind. vrtrl-. — Das litauische suffix -kla-.
Von Wenzel Burda 243
1) Nachtrag zu beitr. V, 209. — 2) Uebergang des i in u im polni-
schen. — S) Zur geschichte der poln. zahlworter. — 4) pcola. —
5) slza. Von J. Baudouin de Courtenay 246
Addenda. — Corrigenda. Von Whitley Stokes 248
Schreiben von C. Lottner * . . . 249
Nachruf (August Schleicher). Von Joh. Schmidt 251
Die partikeln skr. gha, ghff, ha und hi; zend. zi; griech. y», yt\
lith. -gi, slav. ze u. 8. w. Von Pott , . 267
Zur lautlehre der lehnworter in der polnischen spräche. Von Lucian
Malinowski 277
Zur Volksetymologie. Von demselben 300
Otto Blau Bosnisch -türkische Sprachdenkmäler. Angezeigt von Pott 806
Martin Hattala August Schleicher und die slaviscben consonanten-
gruppen. Angezeigt von Wenzel Burda 342
August Schleicher Indogermanische Chrestomathie. Angezeigt von
A. Kuhn 387
Vjritra — verethra, vritraghna — veretbraghna. — Frff,
fran, Tt^mQtjfMi. Von Fr. Spiegel 388
Ein beispiel der praesensstammbildung mittels ta im slavischen. Von
Wenzel Burda 392
Zum deutsch -preußischen vocabular, von Nesselmann. Von dem-
selben 393
Visucius Mercurius, ein beitrag zur geschichte der lateinischen as-
sibilation auf gallischem boden. Von K. Christ 407
Preufsische Studien. I. Lautlehre. Von Carl Pauli 411
Das altirische verbum. Von Whitley Stokes 469
Christian Donalitius littauische dichtungen nach den Königsberger hand-
schriften herausgegeben von 6. H. F. Nessel mann. Angezeigt
von Johannes Schmidt 475
Sach- und Wortregister 4S5
Verbesserungen.
8. 3 letzte zeile lis : Mogounos,
8. 11 z. 18 für: in lis: von.
s. 14 z. 5 lis: qädaena.
s. 25 anm.**) z. 4 nach: (grajem) flige bei: (dies letzte auch phonetisch
bedingt)
s. 26 z. 15 v. n. nach: das ä füge bei: es soll also dieser unterschied
dort bestehen. Ich kenne aber diese Verhältnisse nicht näher,
s. Sl z. 14—15 lis: opif'itosli.
8. 31 z. 6 v. u. lis: cerekef .
8.31 z. 5 v.u. lis: studnicy, studnica.
s. 32 z. 15 für: letzteren lis: ersteren.
s. 32 anm. z. 3 lis: 1857.
s. 39 z. 7 — 10 streiche von: und 2) dafs den ausgangspunkt bis: fremden
Ursprungs sind,
s. 41 z. 7 v. u. lis: äm'igus.
8.41 z. 7 v.u. lis: b'ibus.
8.41 z. 4 v.u. lis: um'izgus.
s. 41 am ende. Der ausschliefelich lateinische Ursprung der suffixe -us (-u§),
-is, y8 (-i§), -es ist sehr zweifelhaft,
s. 42 z. 15 v. u. lis: neba.
8.48 z. 6 — 3 v. u. lis: j$zytti, — powojnifci, — potsetki, —
pfediwniki, — £f attti, — fro&i*
s. 50 z. 9 lis: f £il&ch.
s. 58 z. 16—17 lis: f sf atloälech.
s. 54 z. 15 v.u. lis: cherb'ech.
s. 55 z. 3 v. u. lis: phonetischer.
8. 56 z. 2—3 streiche: hartauslautende.
8. 57 z. 19 lis: zyw'ol.
s. 57 z. 21 lis: s§£at.
8. 58 z. 17 v. o. lis: prysi<Sf .
8. 60 z. 3. lis: chodfila.
>
8. 61 z. 6 nach: auch füge bei: vorzüglich.
8. 61 unten streiche die anmerkung.
s. 67 z. 18 v. u. streiche: dw'e.
b. 6£ z. 19 v. u. lis: gospodnowy.
8. 71 z. 18 lis : nalezle.
8. 74 z. 14 v. u. lis: rekama.
8. 76 z. 12 zwischen: ob dm und: fast soll ein — stehen. *
8.83 z. 18 v. u. nach: jähren füge bei: ; ze stu chtopam'i mit 1*0
bauern.
8. 83 z. 3 v. u. streiche: alt tylo.
b. 85 z. 6 v. u. nach: plur. füge bei: fordernd.
8. 88 z. 14 für: so lis; dennoch.
8. 95 z. 16 v. u. lis: aQfjydtv.
8. 134 z. 9 v. u. lis: DOMOpCKa«.
8. 187 letzte zeile lis: OMieBanib.
8. 188 z. 8 lis: lun$6
8. 148 z. 9 v. u. lis: cupere.
8. 150 z. 6 v. u. lis : bliäuju.
s. 176 z. 16 lis: rfkftXMH.
8. 198 z. 2 streiche; altbulg.
8. 198 z. S für: au, so, sü IIa: so, su.
8. 200 z. 11 für: m'era lis: wz. m'ir-.
&i-2 00 z. 16 v. u. für: von lis: oder.
s. 204 z. 16 — 22 streiche von: Damit bis: 1. hälft« des 15. jabrh.j.
8.207 anm. *) z. 3 — 4 streiche: welcher sich nur nach praepositionen mit
dem vorgeschlagenen n als n erhalten hat.
8. 207 anm. *) letzte zeile fuge bei: cf. Beitr. VI, 81 ff.
s. 208 z. 11 v. u. für etuliSa lis*. stulisu.
s. 208 anm. *) letzte zeile füge bei: (Schleicher, Beitr. V, 208 209.
s. 209 z. 16 streiche: ?.
s. 211 z. 17 lis: m'iiofo
8.212 z. 8, 10 und 16 lis: t-f-s.
s. 213 z. 4 — 5 lis: w dobrem.
s. 215 z. 4 — 5 streiche: fortyl (kunstgriff) für und neben fortel.
s. 216 z. 9 lis: r, 1, 1.
s. 216 letzte zeile lis: zyk.
s 219 z. 3 lis: namaslowad.
8. 219 z. 9 v. u. lis: wöl. ,
8. 219 z. 2 v. n. für: p'e'fe lis: p'ere.
s. 220 z. 11 v. u. tilge die klammer hinter kn^ga.
s. 246 z. 15 lis: kup iL
s. 250 z. 16 lis: der gallischen,
s. 286 z. 13 lis: boulevard.
s. 288 z. 2 lis: *garkcar.
s. 389 anm. z. 1 lis: vrtrahana.
8. 396 z. 17 v. u. für z lis: z.
s. 402 z. 11 lis: wimino.
8. 428 z. 15 für ao lis: oa.
8. 429 z. 9 v. u. lis: coestue.
s. 432 z. 18 v. u. lis: übersieht,
s. 439 z. 4 für e lis : 8.
s. 446 z. 15 v. u. lis: usak.
s. 446 letzte zeile lis: allein.
8. 457 s. 14 lie: lgzüvis.
Verbesserung zu band V.
(Aus einem briete von Whitley Stokes Esq.).
From a recent cast it appears that the Ogham in the Killeen Oormac
inscription (Beitr. V, 863) is thus:
■SVrr" TrUIJLTr
Duftano- safei- sahattos
and in the last line of the Pictish inscription (Beitr. V, 366) for GVß the
»tone has CVS.
Miscellanea Celtica, von dem verstorbenen
R. T. Siegfried. Gesammelt, geordnet und
herausgegeben von Whitley Stokes.
Vor länger als einem jabre sandte mir dr. Todd aus
Dublin ein kistchen mit dem gröfsten theil der handschrift-
lichen hinterlassenschaft meines verstorbenen freundes Sieg«
fried, prof. des sanskrit und der vergl. gramm. an der iri-
schen Universität. Die papiere, bestehend aus über 3000
blättern in verschiedenem format und in verschiedenen
characteren und sprachen, einige mit bleistift geschrieben
und jetzt fast unleserlich, waren in grofser Verwirrung und
erst im herbst 1866 - vier Jahr nach seinem tode - war
es mir möglich sie zu ordnen.
Ueber sanskrit hinterliefs Siegfried folgendes: — 1) Be-
merkungen zu Pänini. 2 ) Bern, zu dem Vägasaneji Präti-
$äkhja. 3) Bern, zum §ik Prätipäkhj*. 4) Bern, zur ve-
dischen grammatik: lautgesetze, declination, verbum und
«scent. 5) Bern, zu Atharva Veda IX, 8. 6) Bern, zum
PanJkat&ntfb. 7) Bern, zur Qakuntalä. 8) Vorlesung über
die Vedas in zwei fassungen, beide unvollendet. 9)Vedica:
a) vedische literatur, b) volk des Veda, c) lehre und glaube
des Veda. 10) Sanskrit-literatur nach dr. A Weber, Ber-
lin 1849, bem. nach Vorlesungen von prof. Weber, dessen
Schüler, wie ich glaube, Siegfried gewesen war, 1 1) Bern,
zu Vorlesungen über sanskritgrammatik. Diese waren be-
stimmt für Siegfried's cursus an der Dubliner Universität.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 1. \
2 Stokes
12) Kurzes Sanskrit vocabular. 13) Uebersetzung von 29
faymnen aus dem Rig Veda. 14) Drei ploka's von RV.
VI, 75. 15) Uebersetzung von Atbarva Veda II, 33. 15) Eng-
lische Übersetzung der Qakuntalä.
Ueber zend findet sich eine grofse menge grammati-
scher bemerkungen.
Ueber Griechisch: Bern, über griech. lautgesetze..
Ueber lateinisch : Bern, über lat. lautgesetze und lat. Suf-
fixe. Ueber beide sprachen: .zahlreiche bemerkungen für
eine abhandlung mit dem titel: An Introduction to Com-
parative Pbilology for Classical Students.
Ferner finden sich bemerkungen über altpreufsisch und
litauisch, über angelsächsisch, über die geschichte der eng-
lischen ausspräche.
Ein manuscript, betitelt: The Indo-European Unity,
sketch of the results of Bopp's science of comparative
gram mar.
Bemerkungen, betitelt: Japetis. Darunter verstand
Siegfried, was Pictet „Origines Indo-Europeennes" nennt.
Endlich seine keltischen papiere, bestehend aus einer
grofsen zahl während der jähre 1858 — 1861 an mich ge-
richteter briefe und aus dem folgenden: 1) Bemerkungen
über keltische götter. 2) Alphabetisches verzeichnifs gal-
lischer götter. 3) „On some names of deities among the
Celt8tf ein essay. 4) Verzeichnifs welscher mythologischer
namen. 5) Gallische Inschriften. 6) Bemerkungen über
die Dontaurios-inschrift. 7) Alphabetisches Verzeichnis alt-
keltischer personen- und Ortsnamen. 8) Bemerkungen über
die Marcellischen formein. 9) Bemerkungen zu meinen
„Irish Glosses" Dublin 1860. 10) Bemerkungen über das
altirische verbum. 11) Bemerkungen zu der vorrede mei-
ner ausgäbe von Cormac's glossar. 12) Auszüge aus dem
Book of Armagh, den Brehon Laws und anderen irischen
handschriften. 13) Vorschläge zur bearbeitung eines iri-
schen thesaurus durch Curry und O'Donovan. 14) Be-
merkungen zu Zeufs, Glück, Ebel; niedergeschrieben für
O'Donovan. 15) Bemerkungen zu den Juvencus-glossen.
Miscellanea Geltica. 3
16) Bemerkungen über meine noten zu dem cornischen
gedieht von der Passion.
Aufserdem hinterliefs der verstorbene gelehrte: 1) Ein
durchschossenes exemplar von O'Reilly's Irish Dictionary,
mit Zusätzen und Verbesserungen. Dies ist jetzt im besitz
Lottner's. 2) Ein durchschossenes exemplar von Pughe's
Welsh Dictionary; dies ist, glaube ich, im besitz von
Siegfried's vater, einem richter zu Dessau. 3) Ein durch-
schossenes exemplar von Zeuf's Grammatica Celtica, mit
vielen anmerkungen; im besitz Lottner's. — Siegfried
hatte auch finnisch studiert und zeigte mir einmal hand-
schriftliche auszüge und Übersetzungen aus einem gedieht
in dieser spräche, wie ich vermuthe, der Kalevala. Ich
weifs nicht, was aus diesen geworden ist.
So viel ich weifs veröffentlichte Siegfried selbst nichts
unter seinem namen. Kühn genug in seinen eignen ideen
und freimüthig im verkehr mit freunden, besafs er eine
seltsame abneigung der weit die resultate seines fleifses
und Scharfsinns mitzutheilen. Er befürchtete, und nicht
ganz ohne grund, dafs das Selbstvertrauen einiger angehö-
rigen der neuen philologischen schule diese Wissenschaft
wieder in die mifsachtung bringen würde, der sie durch
Bopp und seine unmittelbaren nachfolger entrissen worden.
„Haben Sie acht, schrieb er mir einmal, dafs wir nicht
verfahren wie die älteren — aber ohne ihre entschuldigung
der Unwissenheit — und worte und formen abschlachten,
nur mit schärferen messern". Er verfafste indefs zwei
ausgezeichnete aufsätze in der Saturday Review, nämlich
eine anzeige von Glück's Keltischen Namen und eine an-
dere von Pictet's Origines Indo-Europ6ennes. Er erlaubte
mir aufserdem als von ihm herrührend zu veröffentlichen:
die etymologie von duine homo in meinen Irish Glosses
no. 89, von fiith ib. no. 99, von äue nepos ib. p. 68, n., von
den namen auf -gus ib. no. 352, von w. taten ib. no. 682,
von ir. in avis ib. no. 746, von 6a kleiner ib. no. 758,
von imb butter (skr. angi) ib. no. 784 (cf. walach. lembq
von lingua), von gallisch Magounos (= maghavan) ib. no.
1*
•J
4 Stokes
952, von stäche frau ib. no. 1073; seine erklärung der
welschen comparative ib. no. 1 1 33, der ir. relativen verbal-
formen ib. no. 1071; seine Übersetzung der gallischen in-
schriften an die Matres Nemausicae ib. p. 100 n. und an
Belesama Beitr. I, 451; seine geistreiche hypothese über
den Tarvos trigarunus ib. 473 ; seine entdeckung des ur-
sprünglischen s im anlaut des ir. relativs und pronotnens
ib. 470, 336; seine erklärung des dat. sg. der neutralen
n-stämme ib. 452 ; seine vergleichung von triath see, ^en.
trithan mit Tqitwv^ Thraitaona, Träitana ib. 472 und
meine Three Irish Glossaries praef. XIX; seine hübsche
gleichsetzung des altir. t-änac ich kam mit skr. änanka
Beitr. II, 396, seine entdeckung des alten futurs auf sjämi
im irischen Beitr. III, 51 ; seine beobachtung vom Verluste'
des suffixes des positivs in den celtischen comparativen
Beitr. IV, 403 und Three Irish Glossaries praef. XXX;
seine erklärung von altw. nemheunaur Beitr. IV, 417; seine
etymologie von lat. laurus, eigentl. ein u- stamm für *dau-
rus = ögvg, däruj triu: s. the Play of tke Sacrament In-
dex 8. v. laurelle; seine Zusammenstellung von altir. art
gott etc. mit skr. rta und von Brigit, die gottbeit welche
die dichter verehrten, Brigantia, Brigantes mit brahman
gebet: s. meine Three Irish Glossaries XXXIII*); seine
herleitung des altir. clam, w. cläf, com. da ff von der wz.
skr. klam (note zu meiner ausg. der com. Passion 25,2);
seine Zusammenstellung des altir. etile socius, servus mit
skr. Kar 9 niXw, ge- fährte ib. 179, 3; des com. neid lat.
nidus für *gnisdus mit slav. gne&do, gr. yivog, skr. nida
für *gni6da ib. 206, 1.
Aufser dieser liste, die noch verlängert werden könnte,
ist kaum ein artikel in meinen Irish Glosses, bei dem ich
nicht Siegfried für irgend einen zusatz oder eine Verbesse-
rung verpflichtet wäre. Im besondern verdanke ich ihm
fast alle vergleichungen welscher Wörter in diesem buche
*) Vgl. auch Bfhaspati herr des gebets, ein vedischer gott. Im altiri-
schen scheint ein fem. ifi-stamm Brigte existiert zu haben, der dem Brigan-
tia näher steht.
Miscellanea Celtica. {>
— gegen 540 an zahl. Die anerkennung seiner bilfe auf
p. 130 ist keine blofse höflicbkeitsformel.
Nach Siegfried^ tode hat Lottner dessen lesung und
Übersetzung der gallischen inschrift auf dem bei Poitiers
gefundenen silberamulet (s. den abdruck Beitr. III, 170)
veröffentlicht. Diese publication ist günstig beurtheilt
worden von Ebel (Beitr. IV, 252) und von J. in Benfey's
Or. und Occ. II , 570. Nichts destoweniger kann ich S.
hier nur theilweise folgen und benutze die gelegenheit, um
die nach meiner ansieht — so weit ich bis jetzt berichtet
bin — richtige lesung und Übersetzung der inschrift dar*
zulegen. Ich gebe die lat. worte cursiv, trenne die Wörter
und interpungiere:
Bis : Dontaurion anala; bis : Dontaurion deanala; 6t«,
bis : Dontaurios datalages : mm danima : vim spatemam
asta : magi ars secuta te Justina, quam peperit Sarra.
Blase an den Dontaurios*) [embryozerstörer] : blase
weg den Dontaurios : klage an die Dontaurii [so weit folge
ich S.] : verstärke kraft : unterstütze (o Justina) die vä-
terliche (i. e deines gatten) kraft : des magiers kunst hat
dich verfolgt, Justina,, welche Sarra gebar.
Das verbum datalages nehme ich für die 2. sing, im-
perat. medii von einem i- stamm, identisch in wurzel und
bedeutung mit altkymr. datolaham (gl. lego) Z. 1078. (So
ist vernus im gall. are-vernus (gl. ante obsta) = skr. ep^u&oa).
danima scheint 2. sing, imperat act. eines denom. von
ir. däna fortis, wie äveftooo von wz. AN. Spatemam ist das
lat. paternam mit dem in den romanischen sprachen so
häufigen verstärkten anlaut. S. Diez Gramm. I, 327, 442
und vgl. altir. seipar pfeffer aus *spiper, mittelbret. sclacc
eis von frz. glace, corn. squenip (gl. incestus), frz. guenipe.
asta scheint % sg. imper. act von lat. asto^ welches gele-
gentlich mit dem accus, construiert wird. Der spruch. ist
ein zauber gegen weibliche Unfruchtbarkeit, nicht männ-
liche inapotenz,
*) cf. Rv. I, 33, 9, übersetzt von Muir: Thou, Indra, with the believers,
didst blow against the unbelievers, with the priests thou didat blow away
the Dasyu.
■V
6 Stoke«
Bitter enttäuscht war ich zu finden, dafs mit aus-
nähme der wörtlichen Übersetzung der Qakuntalä und ei-
niger Übersetzungen vedischer hymnen keines der oben auf-
gezählten manuscripte zur veröffeptlichung fertig oder na-
hezu fertig war. Es blieb also nur übrig, sie durchzuge-
ben, sorgfältig alles neue und richtige oder möglicherweise
richtige auszuziehen und diese auszöge mit möglichster treue
zu drucken. Das erste resultat meiner herausgeberthätigkeit
ist nun veröffentlicht. Viel bloße conjecturen wird man
darin finden, einiges aus Siegfried's älteren papieren, das er
bei weiterer aufklärung würde aufgegeben haben, aber bei
d$m jetzigen zustand unserer kenntnis von den keltischen
sprachen und namentlich vom gallischen werden alle ge-
lehrte mit Ebel (Beitr. IV, 253) übereinstimmen, dafs jeder
▼ersuch eines so competenten forschers wie Siegfried, die
dunkelheit aufzuklären, mit dankbarkeit müsse angenommen
werden. Wie J. von Müller sagte: die Wahrheit ruht in
Gott, uns bleibt das forschen.
Oalcutta, den 6. febr. 1867. W. S.
[Wir haben im folgenden nur einige abschnitte aus
Siegfried's papieren ausgewählt, welche die keltische laut-
lehre, flexion und Wortbildung betreffen und behalten uns
weitere Veröffentlichungen vor. Die redaction].
VII. Phonetisches.
/ aus A. Ir. ri könig, altw. dou rig duo reges Z. 157,
skr. rag; fir wahr, altw. guir, nhd. wahr; mi monat, gen.
mfe, skr. mäs.
Behandlung der lautgruppe EST. In ichtar pars in-
ferior [von is infra =*ixo] Z. 147; echtar extra, w. eithyr,
uachtar pars superior, w. uthr und \* deckt ar dextera, gen.
8g. f. dechtire in] mac Dechiire mufs x bereits in der alt-
keltischen periode zu c geworden sein. So vielleicht in
bocht pauper aus BOESTO, skr. bhikU betteln.
Abfall des P im anlaut. P fallt ab in folge des ac-
Miscellanea Celtica. 7
Gentes: ir. lethan, w. llydan, skr. prthu, nhatvg; ir. athair,
skr. pitdr [ir. il, skr. pwrw, aoAug, got. filus ; ir» if A frumen-
tum = z, ptfw speise, skr. pitü trank].
Ausfall des P im in laut. 6, ua = apa, ano; da =
?7?r«(>; *i/a» = [sfla/wa] vnvog; [foaid dormiebat zu *©ä-
pajämi, sopio und das lehn wort caut = caput].
SV im an laut. Ir. F für SF = w. chw : ir. fairthe
[.i. fleadh O'Clery's Glossar] a feast = w. ckware play.
ir. faireög glandula, w. chwarel drüse, Verhärtung unter
der haut : cf. nhd. schwäre, ir. fedaim (a fedme quod cir-
cumferimus Z. 44 1 ), w. chwedl a story. ir. fillim ich wende,
w. chwel, chwylaw. ir. faolchü wolf, w. chwilgi. [ir. fiar
Schwester, w. chw'iawr, skr. svasar]. ir. farn vester, got.
%%vara [s. Beitr. IV, 396, wo chwi mit izvis vos verglichen
ist]. Aus Ihrem do-phethar-su [sororis tuae Beitr. I, 473]
würde ich nur schliefsen, dafs sv zu f werden kann, wel-
ches die altirische Orthographie zwischen zwei vocalen
durch ph ausdrückte, um es an solchen stellen von der f
emortua zu unterscheiden, und sehe darin noch keine ver-
anlassung zu glauben, dafs sv je nach iranischer weise zu
hartem p ward. [Ein anderes beispiel von ir. f aus sv im
anlaut ist *ßs sechs in mör-iöser sieben personen, wörtl.
eine grofse sechszahl personen Beitr. I, 473 , wo ich irrig
annahm, dafs dieses f nicht aspirierbar wäre. So foaid
dormiebat wz. svap. Das gaelische piuthar, gen. pethar =
skr. svasar ist völlig sicher. Dies p aus sv wird zuweilen
c (oder entstand c unmittelbar aus sv, cf. zend. q aus sv!)
wie in cadössin ipse Lib. Arm. 18, b. 1 = fadesin Z. 373;
canisin (duun chanisin nobis ipsis Z. 66, 1006 = fanisin
Z. 1004; cttach linkshändig, citdn linke hand, w. chwith
links. Und da anlautendes sv irisch oft 8 wird (cf. suan
schlaf, skr. svapna; siar Schwester = svasar; s6 sechs,
w. chwech, SVAKS, 2£, ^rfi£; serbh bitter, w. chwerto),
können wir, denke ich, trotz Siegfried's zweifei, wenigstens
vier repräsensanten des anlaut. sv im altirischen annehmen,
nämlich S, F, P, C. Das vereinzelte farn, welches auch
barn geschrieben wird, im mittelir. zuweilen uarn, jetzt
8 Stokes
bham, und gewifs tarn ausgesprochen wurde, würde die
zahl der möglichen repräsentanten von sv im anlaut auf
fünf steigern].
SC im inlaut aus DC. ir. uisce wasser, skr. udaka; ir.
mesc ebrius, mesce ebrietas, skr. madaka [Ich kenne dieses
wort nicht: rnada bedeutet trunkenheit, madakara berau-
schend. Das ir. adj. brise brittle, bret. bresk oder brüsk
fragile, wenn es aus brid-co, bnid-co entstanden ist — cf.
lat. frud in frustum aus *frudtum — , ist ein anderes bei-
spiel dieses Übergangs].
Welsch ff im anlaut. Das welsche anlaut. ff hat mir
mehr Verlegenheit bereitet als irgend ein andrer buchstabe.
In einigen Wörtern läfst es sich leicht aus sbh herleiten:
ffer knöchel, ocfvqov; ffaelu fehlen, öyaklco; ffunen vitta,
Gcpevöovri [ist ffunen nicht aus dem lat. funis entlehnt?],
ff est speedy [anovöaiog, OTzevduj], ffroen [nüster, nase],
üa<pQaivo[iüu; ffeli listig, ö%£Tfoog. Diese beispiele sprechen
für sich selbst. [Anderwärts vergleicht Siegfried w. ffraeth
redeflufs mit sprechen und bret. fel&h la rate mit indo-
europ. SPLIGHAN [splaghan?], woher skv.plihan, gr. (mXrjv,
lat. lien. Mir scheint, dais die meisten echt welschen
Wörter, welche mit ff beginnen, entweder auf indoeurop.
SP oder (wie frwdd) auf ST zurückweisen. Ob irgend
ein ff aus SV entstanden, bleibt zu beweisen].
Welsch ff im inlaut. w. cyffred [cause, course] =
[cyv-|-rhed =] com-+-ret laufen: ist das harte ff hier
durch den einflufs des rh herbeigeführt? [Ein ähnlicher
Übergang des aspirierten b (ausgespr. v) in f durch einflufs
von § = h begegnet in dem altir. honaif-leidmenaib , Tu-
rin, gl. no. 91 raig saniebus für ö naibh sleidmenaibh (sleidm
gl. sanies Z. 733). So ist neuir. foirfe das altir. foirbhthe
i. e. foirothe, wo th = h].
VIII. Declination.
Gallische fem. ä- stamme. In dem „legionis seeunde«
Italice* von Vaison (Soc> Ant. Fr. 16, 143) suche man den
Miscellanea Celtica. 9
einflufs eines gall. gen. [sg. auf -£*, woher das nicht aspi-
rierende ir. -e der fem. ä- stamme].
Altir. u-declination. Genitive wie ddnigthea, gen. sg.
von ddnigud Z. 994 erweisen einen gen. auf AVAS =
[dem -eoq in] rjöeog; ved. -w, gen. vas.
Altir. pronominaldeclination. Für den gen. sg. fem.
öena^ aine [Z. 348] sollte das lat. unius beachtet werden.
So inna [rrjg], cacha, nacha alle pronominal, [die endnng]
= lat. -ius. Die älteste form ÄJÄS dürfte vorliegen in
dem gewöhnlichen e [des gen. sg. der fem. ä-stämme].
Welsche u- stamme, w. tant schnür, pl. tannau m. =
skr. tantu faden, pl. tantavas. Der welsche plural auf -au
(für AVAS?) dieses und ähnlicher Wörter [z. b. dagr SdxQv,
pl. dagr au; yd körn ir. ith — z. pitu^ pL ydau] scheint
mir ursprünglich u-stämmen anzugehören.
Cornische declination. Wir erwähnten, glaube ich,
nie die cornischen genit. , die ich Lhuyd [Archaeologia
Britannien p. 242] entnehme: marh, gen. merk pferd; merk,
gen. myrh mädchen [diese genitive bei Lhuyd finden keine
stütze in den mss.]; und dat. : pen, dat. er dha byn auf dei-
nem haupte, krös, dat. in kreys in der mitte. [Dies ist
eine stelle aus einem an mich gerichteten briefe vom
3. aug. 1858, ein jähr vor dem erscheinen von Mr. Nor-
ris' Cornish Drama, in welchem derselbe vol. II, p. 214
gleichfalls auf pyn rücksicht nimmt, es jedoch , was wohl
als ein Schreibfehler anzusehen ist, den genit w von pen
nennt].
IX. Comparation (Comparativ, Superlativ).
Die annähme Ebels [Beitr. II, 80], dafs eine art von
schwachem comparativ mit ajans gebildet wurde, ist selt-
sam. Die unregelmäfsigkeiten zwischen -tu, ~a, -u und
dem völligen abfall [der endung] wie in ferr [besser] sind
natürlich, weil der accent, den wir vom comparativ besser
kennen als von fast jeder andern form, stets auf der Wurzel-
silbe liegt. Dies ist bemerkenswerth, denn es erklärt, warum
eine so sehr schwere endung wie IÄNS schwinden konnte,
10 Stokes
während das einfache derivative ia [im altir.] nie schwin-
det. Darüber mufs man stutzig werden, und das w. -ach
ist mit einem mal als ein anhang erwiesen. Ich schickte
Ihnen einmal eine bemerkung, in der ich darauf hindeutete
und Ihre aufmerksamkeit hinlenkte auf jenes altir. assa,
welches so häufig beim comparativ steht, Z. 286. Ich bin
eher geneigt, folgendes für richtig zu halten. Ich würde
ein adverb annehmen, ganz natürlich mit der praep. a$ ex
verbunden, welches zum stehenden anhängsei des compara-
tivs wurde, wie ^o^cc bei Homer beim Superlativ ägiarog.
[Dies ist, glaube ich, die angezogene bemerkung]: w.
hyn = ir. siniu [= senior] und andere beispiele beweisen
zu deutlich, dafs das comparativische IANS in der that
im welschen vollständig geschwunden ist, wie es nach al-
lem, was wir von welschen lautgesetzen kennen, sein mufste.
-ach und bret. -och müssen dann anhänge sein, und die
frage ist nur, welches wort dem comparativ kann ange-
hängt worden sein. Nach verschiedenen versuchen halte
ich fest an [einer form = ir.] ass [ex eo Z. 592], viell.
die praep. ex mit einem süffig, pron. Wie neuir. fearrde*
durch agglutination aus ferr entstanden ist, so, vermuthc
ich, w. hardach [amabilior Z. 305] aus hard(i) ach eo pul-
chrior. Dieses ach trat zuletzt auch an formen wie guell,
welche ursprünglich den reinen alten comparativ allein
bewahrten. [Anderwärts erwähnt Siegfried den doppelten
comparativ lleiach]. Die function von ir. assa [Z. 286]
beim comparativ macht dies wahrscheinlich. Welsch tec-
ach, comparativ von teg, steht dann für teg^ach*), ach
vielleicht in dem sinn von „far out handsomer". [Es ist
nicht zu bezweifeln, dafs -ach oder -ch ein anhang ist, wie
das -et (Z. 307) des comparativs der gleichheit (= skr.
jathä?). EheFs ansieht (Beitr. II, 79), dafs das alte s der
*) Die Verschiebung von g zu c ist durch die elision des folgenden vo-
cals herbeigeführt. Dies ist auch die richtige erklärung der com. form hac-
cra h&fslicher, welche Ebel (Beitr. V, 132) als ein beispiel von assimilation
hinstellt. Haccra} besser hacra, comparativ von hager, entsteht einfach aus
hag'ra. Die Verschiebung im welschen comparativ der gleichheit und im
Superlativ beruht wohl auf falscher analogie. W. S.
MisceUanea Celtica. 11
comparativendung als ch erhalten ist, ist anfechtbar, 1) weil
der Übergang von einf. s in ch den keltischen lautgesetzen
unbekannt ist, 2) weil finales s stets schwindet, abgesehen
davon, dafs sein früheres Vorhandensein am anlaut des fol-
genden wortes erkennbar ist. Ich war der ansieht, dafs
das welsche ch des comparativs ein beispiel von der aspi-
ration der gutturalen tenuis wäre, die regelmäfsig durch s
herbeigeführt wird, mag es dem c vorhergehen oder ihm
folgen (s. Z. 147, 171, 181); dafs die tenuis hier eine alt-
keltische conjunetion = frz. que9 it. che repräsentierte, dafs
das aspirierende s die endung des comparativs und das
-a- von -ach) bret. -o- gleich dem alten ä in iäns. Aber
Siegfried's ansieht gibt eine bessere erklärung des vocals
von -ach und wird unterstützt durch den neuir. anhang
-de de eo Z. 596, auf den er auch hinweist und den O'Do-
novan (Grammar p. 121) richtig erklärt hat. Siegfried's
annähme erklärt auch die Verschiebung in welschen compp.
in g, d, b zu c, f, p].
Etymologie von TRÄN. Altir. fr&t, w. tren [unge-
stüm, heftig] ergibt gallisch *trextios. So ir. friert infirmi-
tas gM.*exnertuos9 w. chwedeg sechzig für *seexdec-n. Com-
parativ ir. tressa, w. trech, gall. *trexiäs. Iäns ist im wel-
schen völlig verloren gegangen, wie in gwell, hyn (= ir. «$-
mu), uch = ir. uas9 altkeit, öxtäs. Superlativ [altir. tressam
Sanctäin's bymnus 1], w. traha Z. 144, 784 [wo es als po-
sitiv übersetzt ist], bret. trirfha, indoeurop. TRAKSAMA.
Ein verbum TRAKS wäre das intensiv von TRAGH lau-
fen (cf. ver-tragus, r^co, got. thragjan) und aus irruere
scheint die bedeutung des Ungestüms sich entwickelt zu
haben. Ir. tr6ise macht = w. trais gewalt, ungestüm, wo-
her treissiur [oppressor] Z. 796 wäre dann TRAKSTI oder
TRAKSTIA. [Aber dies gäbe ir. *trecht, *trechte und w.
w. *frae*Ä?]. Dafs der positiv TRAKS-NA und der com-
parativ TRAKS -IÄNS lautete, wäre nichts unnatürliches.
Manche derivationssilben des positivs gehen so verloren
[im keltischen sowohl wie im griech., lat. und skr. Siehe
die note Siegfried's über das suff. ra, go in Three Irish
12 Stokes
Glossaries praef. XXX]. Gallisch SACSANO von SAKS
wz. SAH ist eine ähnliche formation wie *trexnos, TRAK-
S(A)NA.
Gallischer Superlativ auf -imo. I. O. M. VXELL1M.
scheint „ Jupiter dem höchsten " zu bedeuten : cf. ir. na-
sal [superl. huaislimem Z. 287, das doppelte endung auf-
weist *öxal-im'imo. Beachte die assimilation in uxel-
lim(o). Woher übrigens S. diese interessante form habe,
vermag ich hier in Indien nicht nachzuweisen].
Superlative auf -tamo und -isto. [Die endung des]
altir. Superlativs nessam [proximus], osk. nessitno dürfte
TAMA sein, denn im zend lautet das simplex nazda.
[Altw. h-eithatn Z. 1091, jetzt eithaf äuiserst ist = lat.
extimus; und ist nicht der altkeit, name Cunotamos wahr-
scheinlich ein Superlativ von euno-s hoch?]. In Tolisto-boii
haben wir vielleicht einen Superlativ auf ISTA, skr. istha,
-i(Xro. [Positiv ist vielleicht toli-s, epitheton des Hercules
Rev. arch. VIII, 352, vgl. auch Herculi toli-andosso Hen-
zen 5916].
X. Zahlwörter.
II. Bret. daou m., diou f. Da das ursprüngl. v [des
anlauts DV] im altkeit, verloren gegangen zu sein scheint
— sonst müfste das welsche dwau haben — so weist das
wy des welschen fem. auf ein gall. ete, woher ir. dL Im z.
duje ist j rein phonetisch. Das lat. fem. duae dürfte plural
sein, besonders wenn wir das neutrum dua, selbst bei Ci-
cero, in betracht ziehen. Bopp vergleicht es mit skr. dvi.
III. Ir. tris tertius ist wichtig. Ich glaube, dafs s
ist rest von tja.
IV. Petorritum zu lesen petro-ritum? cf. Petrucorius,
Petrucorii, Petrocorii Glück K. N. 158.
V. Altir. cöic, w. pump. Welsch u [in pump] fordert
gleichfalls gallisch o. Der accent in cöic erweist keinen
langen vocal, sondern gehört zu dem neuen diphthong oi.
[Ich weiche hier von Siegfried ab: 6% in cöic ist kein diph-
thong, wie das neuir. cüig beweist, das caoig lauten müfste,
Miscellanea Oeltica. 13
wenn die altir. form diphthongisch gewesen wäre. Ich bin
der meinung, dafs o verlängert wurde zum ersatze des
ausfalls von n vor c].
VIII. Goldstücker's idee, dafs AKTÄM der dual von
KAT [vier] sei, ist ansprechend. Dafs AM die ursprüg-
liche dualbildung, beweist das vedische skr., wo sie AV,
durchaus nicht du. Ich erwähnte Ihnen, glaube ich, ein-
mal den ähnlichen fall des skr. locativs von t- und ^stam-
men: mati, matäu etc., gleichfalls aus am, daher in im
pron.: tasmin in hoc. Von AKTÄM kommt das ir. ordi-
nale ochtm-ad.
X. Ir. dec, w. deng, skr. dacan, DANKAM. [Ich
bezweifle dies. Altir. d6c ist contrahiert aus deac, welches
nicht nur bei Z. 312 vorkömmt, sondern auch in Fiacc's
hymnus, z. 2 (maccdn se mbliadan döac) und im Feiire 15. juli
und 22. sept. ( In da apstal deac und for dib milib deac)
— stets zweisilbig. — In diesem deac deutet das harte
c auf ursprüngliches NK (daher DÜ-ANK), welches viel-
leicht erhalten ist in w. deng. Das wort scheint im inlaut
einen consonanten verloren zu haben, wie ich vermuthe, p
(wie in ir. caut von caput). So erhalten wir *ctt-pank, wie
ich glaube, 2x5; *pank = skr. panttan].
•
XI. Pronomina.
Notae augentes [Z. 332, 333].
sg. -sa, -se 1. pl. -ni
-su9 -so, -siu 2. -si
-se 3.
Sg. 1. -sa (Z. 332), skr. svajam, lautet sse nach schwachen
vocalen [und das s] erleidet nie infection. pl. ni [für §n%]
mit infection weist auf die vocalische endung des verbums.
Sg. 2. -su (svajam) : das i [in -sin] durch einflufs der schwa-
chen verbalendung. Ir. tussu, skr. tvä svajam. pl. 2. r&i
kann nie infection erleiden, weil von SVIB [svi-\- sei?].
Sg. 3. -se ist nota augens (is-6 se skr. asti ajatn sa? oder
wieder svajam?). pl. 3. keine nota augens: absolute i.
14 Stokes
Verschiedene pronominä. Ir. som, sem, SVASMA?
intisiu [t-siu] = is ■+ svajam.
fadösin erinnert mich stets an skr. svadhajä sponte
— was vielleicht nur scheinbar ist [und fodHn (gl. ipse) gen.
fodüne erinnert mich an zend qädä$na das eigne selbst,
Justi].
Das weitverbreitete relativpronomen JA dürfte erhal-
ten sein in altir. id-mM, gl. quotus, quantus Z. 840, 1031,
id ss skr. jathä [heidmtit gl. quantus Z. 1031].
XII. Verbalpartikeln.
Vedisch stnä9 classisch *#»a, hat die kraft ein prae-
sens in ein Präteritum zu verwandeln. Dies smä war,
glaube ich, altir. no [Z. 417. Ich würde mit smä eher
altir. mu9 tno Z. 419 identifizieren und no auf den demon-
strativstamm NA beziehen].
XIII. Verb um.
Denominative*. Wie ir. tech für tegh haus, so steht
gra&acham [gratias ago Lib. Armach.] für altw. *grazagham
— in der that eine hübsche altbritische form*) — und be-
weist die identität der -aa/-verba mit den [ir. verben auf]
-aighim. Das altwelsche der Luxemburger und Oxforder
glossen hat nichts besseres als -aham. Siehe Z. 498 [auch
Z. 796]. „Dies ist das -ajämi der 10. coojugation" , sagt
Bopp, welches in Sapaw, Safid^w^ domo vorliegt. Aber
die lautgesetze werden die gleichsetzung kaum erlauben.
Sie werden sich erinnern, dafs ich sie [i. e. die keltischen
denominativa] mittelst -äcämi aus dem weitverbreiteten
keltischen suffix -äc herleitete, dessen tenuis in diesem fall
schon in gallischer zeit zur media herabgesunken sein
mufs.
*) Ich weiche hier von Siegfried ab: graz- ist gratias und acham ist
ago mit altw. person.-endnng. Grazacham ist nur ein lehnwort. W. S.
Miscellanea Oeltica. 15
[Anderwärts schreibt Siegfried]: Das griech. -afoi ist
gleichfalls unerklärt, denn ich kann nicht — wie Bopp es
thut — glauben, dafs es einfach = AJAMI: dies gibt
nur da). AKJÄMI wird mehr erklären und für die deri-
vative natur dieser verba passen, von denen manche im
ir. deutlich adj. auf -aka neben sich haben [z. b. cumach-
taigitn, cutnachtach]. Das w. -aw [im inf. der denominativa
Z. 52 1J beweist [das frühere Vorhandensein von] g [in die-
sen formen]; aber dies g könnte nur eine frühe defectio
[des c] sein.
Altir. itargninim [gl. sapio prudentia, Z. 431] ist deut-
lich ein denominativ von GNÄNA kenntnis.
Den Status durus von altir. -imm in der ersten pers.
sg. praes. ind. act. müssen wir, glaube ich, als eine aus-
nähme von der allgemeinen regel der infection ansehen.
Es [i. e. das m dieser person] erleidet regelrecht infection
im welschen. Ich gebe zu, dafs es nicht wünschenswerth
ist, solche Verletzungen weit ausgedehnter gesetze anzuneh-
men, aber sie finden sich sehr häufig in sehr häufigen
Wörtern.
Das s in altir. filus [sunt? Z. 1007, 1009] von -anti
[herzuleiten] ist sehr kühn. Es gibt ähnliche s in den
secundären zeiten: no-charmi-s [amabamus], no-charti-s
[amabant]. Sollten sie nicht alle zusammengehören? [Ich
verglich kürzlich, Beitr. V, 114, filus mit dem gallischen
karnidus der inschrift von Novara. Aber filus ist vielleicht
ein sg., denn der nom. cenike9 centte, mit dem es sich bei
Zeufs findet, ist ein neutrum pl.]
Das perfect auf t [Z. 442, 503]. Hinsichtlich dessel-
ben sind einige punkte sehr auffallend: erstens der directe
gegensatz gegen das germanische, wo die abgeleiteten
16 Stokes
stamme es [i. e. die wz. dhä] annehmen. Was hingegen
das [irische] s in den meisten perfectis anbetrifft, so ist
ein unleugbares factum, dafs es eigentlich ein doppeltes ss
ist. Dann auch die lautlichen eigenthümlichkeiten dieses t.
Im welschen ist es th [nach r], welches nicht aus dhä her-
geleitet werden kann und auch im irischen wirkt es mehr
wie t.
Ich wünschte, dafs es aus STÄ zu erklären gienge,
was für die s- und /-perfecta passen würde.
S fallt aus zwischen R und T : ir. tart = [got, thaur-
stei], engl, thirst, TARSTI [skr. tars *). So vielleicht das
ir. praeteritum ru-burt tuli aus] *ruburst, das w. kymerth
[aus *com-ber-st].
S fällt aus zwischen N und T. Ir. cinteir [sporn],
com. kentar = xiöTyov, x&vtqov, skr. gastram [seh wert,
messer] aus KANSTRAM [vergl. auch altir. daintech (gl.
dentatus) mit skr. dä&trä, ir. cainte Satiriker mit lat. cen-
sor für *cen$tor, osk. kenstur und viell. ir. sant, w. chwant
verlangen aus SVANSTA, wz. SVAS; so frz. contraindre
für con-s-traindre]. So [mag] welsch a gant cecinit [Z.
503 aus a canst entstanden sein].
S fallt aus zwischen K und T: von ex kömmt ir.
echtar, w. eithyr [und eithaf], von *öx kömmt ir.uachtar
(w. Uthr?). So entsteht ir. doecom -nacht [ communieavit
Z. 442] aus -NAKST und w. doeth venit, wz. AK, ANK
[aus *doectj *do-ak-§f].
Die altir. präterita auf -ai dürften wohl leicht zu er-
klären sein. Warum sollten sie nicht imperfecta sein?
r*ind-arpai [Z. 435, für rHnd-arbai exheredavit, ejeeit] ==
ARBHAJAT wie skr. ajögajat. [Weitere beispiele dieses
Präteritums sind an-as-ro-chumlai (gl. profectum) Z. 840,
*) Anderwärts stellt Siegfried ir. tirim, timne mit dieser wurzel zu-
sammen. Ein beispiel des Verlustes von s zwischen r und h ist altir. arco
ss skr. arh'hämi (ARSKÄMI), gr. fy/o^cu (*fy(Txo^ou). So auch vielleicht
der ir. mannsname Coro ss ags. horsc velox, callidus.
Miscellanea Celtica. 17
do-r-intai interpretatus est Z. 1064, ro-d-*cribai id scripsit
Book of Deir, letzte seite. Die altirisohen praeterita auf
-t#, -tt* könnten aus -ät>t(f), -ü>t(f) erklärt werden; vergl.
die 4. zeile der inschrift von Limone, tome decavi (wie ich
lese), wo tome vielleicht ein pronomen nie, decavi so lat.
dicavit und Obuldunu Tinu in der folgenden zeile der dat.
sg. vom namen des gottes, dem das weihegeschenk gemacht
wurde]*).
Altir. do-r'-acräid (gl. e^acerbavit) Z. 434: [die endung]
scheint = w. -awd Z. 504.
Die altir. s-fytura. Ich bin wirklich sehr befriedigt,
dafs Sie die «-futura für richtig halten [s. Beitr. III, 51].
Sie haben sicher recht, dafs dieselben fast ganz wie sub-
junctive gebraucht werden. Doch, wenn wir sie bei wei-
terem nachforschen aufrecht erhalten können, so wäre es
schade sie unter dem seltsamen namen s - conjunctive pas-
sieren zu lassen. Möchten Sie sie nicht „die alten *-fu-
tura als conjunctive gebraucht" nennen?
Belatu-oadrus : belatu scheint ein inf. auf -tu [cf. den
altir. inf. auf -ad = iTÜ, -tid « ATÜ Z. 459, 460].
Ebel's ansieht [Beitr. I, 162; III, 269], dafs die [altir.]
3. sg. praet. pass. ein partieipium, würde die impersonellen
oonstruetionen Z. 475 nicht erklären.
Die seeundären formen no-ltntae [etc. Z. 470] sind
deutlich wie die relativen zu erklären, durch anftkgung
eines e.
Die [entsprechenden] welschen formen beweisen genug
gegen diese participialtheorie.
*) Die ganze inschrift lautet (wie ich sie zu lesen vorschlage) so:
TETVMVS SEXTI DVGIAVA SA0ADIS TOME DECAVI OBVLDVNV
TINV „Tetumus Sexti (filius) Protector Sassadensis (vel Sassensis?) me di-
cavit Obulduno Tino. — W. S.
Beitrage z. vgl. sprachf. VI. 1. 2
18 Stokes, Miscellanea Geltica.
Altir. ata [ist, at + tä], skr. wz. sthä, lit. stSwmi [=
skr* fiädkämt] ist zehnte classe Bopp Vgl. Gr. II, 265. [Ist
ir. td = lit. st6w? Siegfried stellt anderwärts zu ir. td w.
fötr, welches Pughe eine conjunction nennt und mit „dafs"
fibersetzt].
Altir. bieid erit, skr. bhamäjati : biam bhavisjämas:
bieit bhacifyanti. w, fut bwyf [ero] = einem gallischen
besamt.
XIV. Praefixe und Suffixe.
Das irische negativpraefix am-, w. af- könnte skr. sämi
[yui-] sein = lat. sftni, ahd. sämi, ags. sdm- in sdmboren
unzeitig, sdmcwic, kanm lebendig, halb todt, sdtnms [semi-
sapiens, parum sapiens] = ir. aimUsach inscius« Das am-
bewirkt infection, wie es mufs, und erleidet selten umlaut,
weil es aus am- entstanden ist.
[So vergleicht Siegfried anderwärts ein anderes ir.
negativpraefix nemh (altir. neb geschrieben, i.e. net>) mit
dem vedischen nema halb; das ir. $6im, welches zuweilen
„wenig" bedeutet, mag = s&ni- sein].
Das suffix foä. Ich erkläre das altir. claideb schwert
durch das suffix toä. [Ist die wz. = skr. Math tödten,
verletzen?].
Dafs die derivata auf -unno [Z. 737] von u- stammen
kommen, kann durch beispiele bewiesen werden, und wenn
wir die Verwandtschaft von u mit VANT berücksichtigen,
können wir sogar vermuthen, dafs -unno aus VANTIA
entstanden ist.
Baudouin de Courtenay, einige tiüle der Wirkung der analogie etc. 19
Einige falle der Wirkung der analogie in der
polnischen declination.
Wenn man die in der spräche wirklich vorliegenden
worte nimmt wie sie sind und wie sie vom sprechenden
empfunden werden, so kann man keine vocalischen stamme
in der polnischen declination annehmen. Vocalische stamme
werden bei den polnischen nomina nicht gefühlt*
Es gibt gegenwärtig in der polnischen declination nur
consonantische stamme, wenigstens werden nur solche im
Sprachgefühle empfunden.
Uebrigens sieht man leicht, dafs sich im polnischen
die theilung der declination nach den stammen nicht durch-
führen läfst Manche casus haben bei allen nomina nur
eine einzige endung, andere zwei, andere drei u. 8. w.
Streng genommen also kann man nicht von den declina-
tionen der nomina, sondern nur von den declinationen der
einzelnen casus reden. Diese casusdeclinationen verändern
sich fortwährend; die aufgäbe des forschers ist nur die, zu
verfolgen, wie sie sich historisch entwickeln.
Nichts desto weniger lassen sich gewisse gruppen von
nomina aufstellen, die in allen ihren casus ähnlichkeit zei-
gen. Es werden stamm-, und, wie sich dies in den sla-
wischen sprachen secundär entwickelte, genusdeclinationen
sein. Es versteht sich aber, dafs es zwischen solchen grup-
pen keine entschiedene trennung gibt; vielmehr sind zahl-
reiche Übergänge und berührungspuncte vorhanden.
Nach dem vorbilde der jetzigen Sprachforscher ordne
ich in der zweiten abtheilung meiner abhandlung (von den
endungen) nach den einzelnen casus an und nicht nach
den sogenannten declinationen; ich füge hinzu, dafs der
entwickelungsgang der einzelnen casus nach den denkmä-
lern der polnischen spräche dargestellt und meine schreib-»
weise vollkommen phonetisch ist*
Es fragt sich jetzt, wie soll ich meinen Stoff im gan-
zen ordnen. Die einfache antwort ist: nach der art und
weise der analogien. Sehr wohl, aber man mufs bedenken
2#
80 Baodouin de Courtenay
dafs in allen fallen (z. b. besonders in den endungen), bei
allen casus die verschiedensten momente, die verschieden-
sten factoren, die verschiedensten arten der analogie in be-
tracht kommen. Die analogie kann bei einem und dem-
selben casus mit der zeit wirken nach dem stammauslaute
(phonetisches element, analogie der laute), nach dem ca-
susidentitätsgefühle, nach dem genusidentitätsgefühle, nach
dem blofsen wortidentitätsgefühle, nach dem identitätsge-
fuhle verschiedener anderer kategorien (z. b. numeraler en-
dungen), in folge des vergessens der ursprünglichen function
und des Zusammenhanges einer gewissen endung mit einer
gewissen kategorie der Wörter. Es kann auch ein über-
springen in ein anderes casusgefühl stattfinden, so dafs die
endung entweder in andere casus oder in anderen numerus
eindringen kann. Wir sehen also, wie complicirt die sache
ist, und dafs es unmöglich ist, nach einem einzigen prin-
cipe das material einzutheilen. Ich theile also ganz äufser-
lich in:
1) die Wirkung der analogie im inlaute,
2) die wirkung der analogie in den endungen,
3) überspringen in ein anderes casusgefühl.
Dies ist keine logische eintheilung; aber was thun? wie
kann man hier streng logisch ordnen? Es ist rein unmög-
lich logisch zu ordnen, ohne das objeot selbst ganz unna-
türlich zu zerreifsen.
I. Im inlaute.
A. Vocale.
1) Übergewicht der analogie der anderen casus
über das lautgesetz.
In der polnischen spräche gilt das lautgesetz, dafs die
vocale a, o zwischen zwei sogenannten erweichten (pala-
talen) consonanten in den ihnen entsprechenden, mehr pa-
latalen vocal e übergehen. Wenn also dem stammhaften
a oder o ein erweichter consonant vorangeht, und wenn
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 21
an den stammauslaut eine endung tritt, die als präjotirte
den harten consonanten des Stammauslautes erweicht, dann
geht das stammhafte a oder o in e über (assimilation).
Solche endungen in der declination der polnischen sab-
stantiva sind: voc. sing. masc. -je, loc. sing. masc. neutr.
-je; loc. und dat. sing. fem. -je, nom. acc. dual fem. (neutr.)
-je, nom. pl. masc. -ji, loc. pl. masc. neutr. -je eh. Also
bildete z. b. die altpolnische spräche:
1) von den männlichen stammen: cas (zeit), s$£ad-
(nachbar), sf'at- (weit), las- (wald) u. s. f.; p'otr- (Peter),
ariol- (engel), mod- (honig), lod- (eis) u. 8. f.. die voc.
und loc. sing, cese, s^sedze, sf ece (geschrieben $wie-
cie) lese; p'etfe, anele, m'edze, ledze;
2) von den neutr. st.: San- (heu), w'an- (brautschatz),
zw'er<5adl- (spiegel), lat- (sommer, jähr) u. s. f.;#öoi-
( stirn), jezor- (see), sol- (dorf), sodl- (sattel) u. s. w.
die loc: sene, w'ene, iw'erdedle, leöe, cele, jetefe,
sele, Sedle;
3) von den fem. stammen: b'esad- (schmaus), £<5an-
(wand), gw'azd- (stern), kolas- (kalesche), waräaw-
(Warschau) u. s. f.; zon- (ehefrau), sostr- ( Schwester),
m'otl- (besen) u. s. w. die loc. und dat. sing. b'e£ed£e,
sdene, gw'ezdze, kolese, waräew'e; zene, sestre,
m'etle (das dazwischenstehende t und st hebt den assi-
milirenden einflufs des fe und le nicht auf);
4) der nom. acc. dual von den fem. stäm/nen wurde
auf dieselbe weise gebildet;
5) vom st. sa.&ad- nom.pl. sa^edzi;
6) vom st. lat- loc. pl. lelech.
Schon früh aber ward von einflufs die analogie der
anderen casus, hauptsächlich die des nominativs, den das
Sprachgefühl jedenfalls als richtschnur für die anderen ca-
sus betrachtet. Demgemäfs wurde das lautgesetz vernach-
lässigt, und der stammhafte vocal kehrte in den genannten
fällen an seine stelle zurück, zu grofser freude gewisser
grammatiker, denen es beliebt, moralische begriffe in die
Wissenschaft zu übertragen, und die spräche der lautgesetze
22 Bandouin de Conrtenay
wegen sogenannter „trägheit" zu zeihen. 5) nnd 6) blie-
ben von dieser analogie unberührt; 5) kommt bis zur stunde
ohne nebenform vor und 6) mit der häufigeren nebenform
latach (cf. unten über den loc. pL).
Was die anderen fälle betrifft, so finden wir schon im
15. jahrh. z. b. neben gw'ezdze auch gw'aidze (wie als
dual, so auch als loc. und dat. sing.). Nichtsdestoweniger
sind manche von den in 1), 2), 3) angeführten formen bis
jetzt erhalten, und zwar ohne nebenform; so z. b. £f ede
(und nicht £ fade), s^äedze, le£e, anele,lede. Manche
haben entschieden das stammhafte a oder o: £a£e, lodze,
m'odze, w'ane, £odle, £<5ane, kola£e, waräaw'e,
Jone, Andere schwanken, und zwar ist entweder die um-
gelautete form häufiger, als die der analogie folgende : z wer-
<5edl$ neben zw'erdadle, gwezdze neben gw'azdze;
oder, was gewöhnlicher, umgekehrt: p'otre neben p'etfe,
jezore neben jezere, sole neben sele, $ostfe neben
Sestfe, m'otle neben m'etle; dzale (masc. im theile)
neben dzele, rozdzale (masc. im kapitel) neben roz-
dzele. Diese doppelten formen werden auch zur diffe-
renzierung der begriffe benutzt; so z. b. na cole heifst:
auf der stirn, und na cele im metaphorischen sinne: an
der spitze, z. b. einer partei, einer armee u. ä., ähnlich,
wie vom stamme f$d- der gen. r^du bedeutet: der reihe,
und das nach der analogie des nominativs gebildete r^du:
der regierung.
Der dual kommt in der jetzigen spräche nicht mehr
in rechnung, da er bis auf wenige spuren verschwun-
den ist.
2) Uebergewicht des bedeutungs- oder func-
tionsgefühls über die lautgesetze im bereiche
desselben casus.
Hieher gehören die endungen.: dat. sing. masc. -ow'i,
nom. plur. masc. -ow'e, die im altpolnischen, ganz ähnlich
Wie im altbulgarischen, nach palatalem (weichem oder er-
einige flüle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 23
weichtem) stamm auslaute, in -ew'i, -ew'e überzugehen
pflegten. So kommen nach harten consonanten vor: dat.
sing, clow'ekow'i (dem menschen), gradow'i (dem ha-
gel), prorokow'i (dem propheten), sa^adow'i (demnach-
bar); nom. pl.: biskupow'e (bischöfe), glosow'e (stim-
men), grobowe (gräber), chlebow'e (brote), chodowe
(gänge), panow'e (herren), sa^dow'e (gerichte), synow'e
(söhne), £ladow'e (spuren) u. s. f. Nach palatalem (wei-
chem oder erweichtem) stammauslaute aber: dat. sing, gfe-
gofew'i (dem Gregor), cesafew'i (dem kaiser), kup-
cew'i (dem kaufmanne), krölew'i (dem konige), km'e-
<5ew'i (dem bauern), andrejew'i (dem Andreas), made-
jew'i (dem Matthias), mojzeäewi (dem Moses), ma,zew'i
(dem manne), odcew'i (dem vater), ognew'i (dem feuer),
pisarew'i (dem Schreiber), s^pfew'i (dem Widersacher),
älachdicew'i (dem edelmanne) u. 8. w.; nom.pl. krölew'e
(könige), m^ew'e (männer), mistf ew'e (meister), w$zew'e
(schlangen) u. 8. f.
Nun verlor dies lautgesetz allmählich seine kraft, und
die endungen mit o, -owi, -ow'e begannen als nur in
dieser form dem dat. sing, und nom. pl. zukommende en-
dungen gefühlt zu werden. Dies ist bedingt durch die
gröfsere häufigkeit der hartauslautenden stamme. Schon
in den ältesten denkmälern der polnischen spräche finden
wir, neben den oben aufgezählten formen auf -ew i, -ew'e,
von denselben Substantiven solche auf -owi, -ow'e. So
z. b. pisafowi neben pisarew'i, krolow'i, ognow'i,
km'edow'i, maöejowi, mikolajowi (dem Nikolaus),
cudzozemcow'i (dem fremdlinge), ku bojow'i (zu dem
kämpfe), neutr. jimenowi neben jim'enu (dem namen)
u. s. w.; krölow'e, me,zowe, w^zow'e, krajowe (län-
der), bicow'e (peitschen), oöcow'e (väter), stryjow'e
(oheime), nepfyjadelow'e (feinde) u. s. w. Unter den
denkmälern des 14. und 15. jahrh. finden wir in einem,
und zwar einem solchen aus dem 14. jahrh., fast allein
-owi, -ow'e, in einem andern späteren dagegen -ew'i,
-ewe. Hierin erkenne ich dialektische Verschiedenheit.
24 Baudouin de Conrttnay
Schon im 16. jahrh. sind die endungeri -ew'i und
•ew'e völlig ausgestorben, und heute herrschen ausschliefst
lieh -»ow'i neben -u, und -ow'e neben -ji; nur mit der
beschränkung, dafs den nom. plur. der unpersönliche wesen
bezeichnenden substantiva der aco. plur. vertritt.
B. Consonanten.
1) Das wort nom. o<5ec (vater) hiefs im gen. odea, im
dat. oleu oder odeov/i oder oleewi u. s. f., welche for-
men naoh poln. lautgesetze in ojea, ojeu u. s. w. übergin-
gen, ähnlich wie rajca neben racea(rath), zdrajca aus
zdradea (verräther), und wie stajna aus stanna (stall),
was ich für eine dem polnischen eigenthümliche ersatzdeh-
nung halte. Nun ist aus dem Sprachgefühle das bewufst-
sein des Ursprungs der formen ojea, ojeu u. s. w. ge-
schwunden, und es schien, als ob j der wurzel gehörte
und darum ist nach der analogie der obliquen casus auch
der nom. ojdec gebildet. Damit vergl. die nom. ogröjec
(ölberg), gröjeo (stadt Gröjec), entstanden aus ogro-
diec, Grodiec, durch den einflufs der obliquen casus:
gen. ogröjca, gröjca f. ogrööca, grölea, dat. ogröj-
cow'i (resp. ogröjcew'i), grojcow'i (resp. gröjcew'i)
f. ogrödcowi, grööcowi u. s. f.
2) Das bestimmte pronomen fäytek, fsytka, fsytko
(aller, alle, alles), bildet den nom. plur. folgendermafsen:
fSytk-ji = fäytcy = fsyscy (da t vor c = ts in s
übergehen mufs). Dies s wird jetzt von dem Sprachge-
fühle als zum stamme gehörig angesehen und erstreckt sich
auch auf die andern casus, so dafs die formen fäystek,
fäystka, fäystko u. s. f. die älteren fäytek, fsytka,
fsytko u. 8. f. gänzlich verdrängten.
♦
II. In den endungen.
1. Nom« sing. fem.
Dieser casus hat bei den meisten Substantiven (deren
decünation nämlich der sogenannten a-declination ent-
einige falle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 25
spricht), die endung a, die zugleich als genuscharakter
gilt; z. b. wo da (wasser), g6ra (berg), feka(flufs), g$ba
(mund) u. 8. £ Dies -a ist in manchen fällen aus -ija
oder -aja, -oja entstanden; so z. b. gt^b'a (tiefe) aus
gl$b'ija, lutna aus lutnija (laute), skladnä (nach ana-
logie der contrahirten gebildet) aus skladnija (syntax),
laz'na (bad) aus laz'nija, studnä (brunnen) aus stud-
nija, karm'a (futter) aus karm'ija, collect, bra 14 (ge-
brüder) aus brat'ija = bradija, masc. s^dz'ä (richter)
aus 8 § dz' ija, collect, kä^za (die priester) aus k£$zija*)
u. s. f., und ferner alle zusammengesetzten adjectiva, bei
denen -a aus -aja, z. b. tnlodä (junge) aus mlodaja,
und manche pronomina, bei denen -a aus -oja (ma aus
moja, tfa aus tfoja, sfä aus sfoja) entstund. Es galt
aber im altpolnischen und gilt noch in der jetzigen polnischen
Volkssprache das lautgesetz, dafs ein contrahirtes a anders
lautet und andere phonetische bedeutung und Wirkung hat)
als das ursprüngliche a. Ein solches contrahirtes a näm-
lich näherte sich bedeutend und nähert sich noch jetzt
beim volke dem o- laute; es entspricht dem langen a des
böhmischen und dem o (aus a entstandenen) des kasubi-
schen; es wird getrübtes a (a pochylone, geneigtes a) ge-
nannt und als ä bezeichnet**). Alle diese erwähnten nom.
sing. fem. endeten also nicht auf a, sondern auf k. Da
aber alle diese contrahirten nominative bei den Substanti-
ven palatalen stammauslaut hatten, so betrachtete map,
nachdem der unterschied der contrahirten und uncontra-r
*) Daraus könnte man folgern, dafs dereinst der accent im polnischen
bei diesen Substantiven auf die drittletzte fiel. Vgl. aber heutiges pro w in«
cyja (volksmäfsig) = prowfncyja (in der schritt- und gebildeten spräche)
(provinz). — Vielleicht entstund: 1) pani (trau) u. s. w. aus panfja,
2) braöA u. s. f. aus br&lija).
**) Solches £ kam und kommt respective noch vor z. b. a) im gen. 8g.
neutr. kazanä (der predigt) aus kazanija u. ä.; b) in der 3., 2. u. 1. sg.
gra* (er spielt) aus graje, gr&s (du spielst) aus grajes, gräm (ich spiele)
aus graje. (grajem) u. s. w.; c) in auslautenden silben vor liquiden, na-
salen und (aber nur etymologisch) tönenden momentanen consonanten: r&z
(mal, ausgesprochen r&s), w&l (wall), s£m (selbst) u. s. w., doch nicht
ausnahmslos.
26 Baudouin de Courtenay
hirten substantiva aus dem Sprachgefühle geschwunden, das
ä im nom. sing. fem. als die eigenthümlicbkeit der palatal-
auslautenden stamme; und auf diese weise entstanden:
wola (wille), rola (acker), dolä (Schicksal), nedolä
(mifsgeschick); ferner: pracä (arbeit), n$dza (elend),
roz& (rose), mäa (messe) u. s. f., so aber, dafs neben die-
sen formen mit -ä die anderen mit -a existirten. Zu die-
sen palatalauslautenden stammen mufs man auch die fremd-
wörter auf -ija (und -yja) rechnen, z. b. Uli ja (lilie),
prowincyja (provinz), maryja (Marie) u. s. w. Diese
substantiva unterliegen im jetzigen entwickelungsstadium
der polnischen spräche der allmählichen oontraction; gu-
berna (gouvernement) z. b. kommt häufiger vor als gu-
bernija (= gubernja = guberna, welche entwicke-
lung man an den neben einander noch jetzt lebenden for-
men beobachten kann). Da aber das a schon im vorigen
Jahrhunderte aus der polnischen Schriftsprache geschwun-
den ist, so existirt jetzt kein unterschied der endung we-
der zwischen den contrahirten (verkürzten) und uncontra-
hirten nominativen, noch zwischen den hart und den pa-
latal auslautenden stammen. In der Volkssprache lebt
aber noch jetzt das a.
Alles dies bezieht sich nur auf diejenigen nomina, de-
ren declination der sogenannten a-declination entspricht.
Es gibt aber in der polnischen spräche substantiva fem.
gen., die der i-declination- entsprechen, und die sowohl im
nom. als auch im acc. sing, auf einen palatalen consonan-
ten auslauten: moc (macht), p'esn (lied) neben p'e£na,
pam'^d (gedächtnifs), ma<5 (mutter), na<5 (kräutig, blät-
terwerk), celad (celadz, gesinde), latoroäl (spröfsling),
karm' (futter, nahrung) neben karm'a, gl^p' (gl^b', tiefe)
neben gt^b'a u. 8. f. und im 16. jahrh. noch lani (hirsch-
kuh), welches jetzt entschieden lana heifst.
2. Accus, sing, fem.
Der accus, sing. fem. bei den nomina, die auf a im
nom. auslauten, besteht aus denselben theilen, wie der nom.,
einige fälle der "Wirkung der analogie in der poln. declination. 27
+ nasalem consonant. Es spaltet sich also diese form
in -a-f-m und -a-f-m. Dem altpolnischen lautgesetze
gemäfs pflegte -a-f-m im auslaute in -$, -a-f-m aber
in -3 (nasalirtes o) überzugehen, und hierin liegt die ganze
geschichte des Unterschiedes zwischen -q und -3 im acc.
sing. fem. -5 kommt also allen Substantiven, adjectiven,
pronomina und Zahlwörtern mit -a im nom. zu, -3 aber
solchen mit -a im nom. Demgemäfs nahm die entwicke-
lung dieses casus denselben gang, wie die des nominativs,
so lange der unterschied des -a und -a bestand. v Alle
contrahirten substantiva hatten -3 im acc. *). Dann reihten
sich ihnen die ihrer analogie folgenden palatalauslautenden
stamme an, doch neben anderen formen mit -$. Aehnlich
bei den adjectiven und pronomina.
Als nun der unterschied zwischen a und a im 18. jahrh.
schwand, begannen zwei elemente zu streiten: die sprach-
liche tradition und die neu sich entwickelnden analogien
(schon im anfange des 18. jahrh.). Es giebt viel mehr
substantiva fem., die uncontrahirt sind und harten stamm-
auslaut haben, als solche, die contrahirt sind und weichen
Stammauslaut haben. In diesem bereiche also waren die
Q-accusative viel mächtiger, als die 3-accusative, und was
kann natürlicher sein, als dafs, nachdem das gefühl von
der contraction, dann auch das gefühl des palatalen stamm-
auslautes, und endlich das des Unterschiedes von a und ä
längst geschwunden waren, das häufiger vorkommende q
sich auf alle substantiva fem. mit nom. auf a ausdehnte?
Die innere bedeutung, die einheit der grammatischen ka-
tegorie ist hier als latenter urheber hervorgetreten. Dies
geschah aber allmählich und stufenweise (wie es ja auch
nicht anders sein kann), und noch jetzt kann man acc. auf
-3 von solchen Substantiven hören, die ihn früher so hat-
ten. Dieser procefs bahnt sich einen umgekehrten weg,
als der andere, der der analogie des weichen stammaus-
*) Manche contrahirte substantiva werden im nom. in i contrahirt, z. b.
gospodyni'(wirthin), pani (trän), käeni (äbtissin). Im acc. hatten sie
und haben sie* meistenteils noch 9, wie die anderen contrahirten.
28 Bandouin de Conrtenay
lautes. Er ergriff zuerst die substantiva, 'welche am spft-
testen -q annahmen, wo also die vererbung der formen die
die kürzeste daner hatte, nämlich solche, wie prac^ (die
arbeit), n$dz$ (das elend), mä$ (die messe), rö£$ (die
rose), puäc$ (die wüste) u. 8. f., and kaum braucht noch
jemand pracq, n^dz^, mä^, r62a., puäc^u. s. w. Dann
folgten dieser neuen analogie solche substantiva wie rol$
(den acker), dol$, nedol$, wyobrain$ (die einbildungs-
kraft) n. s. f.; sodann: studn$, la£n$, wol$ u. 8. f.; und
endlich: prow'incyjs, familij? (die familie), lilijs*
Maryj^ u. 8. f., ferner: gospodyn$, pan$ u. ä. , welche
letzteren seltener vorkommen, als die ihnen entsprechenden
formen mit 3: prow'incyjq, familija., lilija.; gospo-
dyna., pana, u. s. f. Gleichberechtigt aber im Sprachge-
fühle sind 8tudn$ neben studna., wol$ neben wola.
u. s. f.
Eine ganz entgegengesetzte richtung bemerken wir bei
den adjectiven, pronomina und Zahlwörtern. Bei den adjecti-
ven ist die substantivische declination bis auf wenige spu-
ren schon längst geschwunden. Sie erhielt sich in den
adverbialischen redensarten, wie z. b. od dawna (seit
längst), z da wen dawna (seit lange her), za £ywa(beim
leben) u. s. wv in den meisten adverbien, und noch lange
im nomin. mancher adjectiva und participia, wie z. b. zyw,
-a, -o (lebendig), Mogoslaw'on, -a, -o (gesegnet), na-
leion, -a, -o (gefunden), dan, -a, -o (gegeben), d^gnon,
-a, -o (gezogen), tart, -a, -o (gerieben), widzal, -a, -o
(gesehend habend) u. s. f. acc. sg. fem. ±yw$ u. s. f.; deren
einige noch bis zur stunde fortleben. Solche adjectiva
sammt den pronomina bildeten ehemals ohne ausnähme
den acc. sing. fem. auf -5, da hier kein contrahirtes a zu
gründe liegt. Da es aber viel mehr adjectiva gibt, die in
allen ihren casus, den nominativ mitgerechnet, der soge-
genannten zusammengesetzten declination folgen, so fing
man, nachdem der unterschied des a und ä aus der sprä-
che, und folglich auch aus dem Sprachgefühle geschwun-
den war, an, auch den acc. sing. fem. nach dem vorbilde
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 29
der anderen obliquen casus bei allen adjectiven der zusam-
mengesetzten declination folgen zu lassen. Es entwickelte
sich so eine ganz eigentümliche durchgreifende adjectivi-
sche declination mit -3 im acc. sing. fem. Da nun auch
alle pronomina und das zahl wort jeden, jedna, jedno
(ein, eine, ein) in den anderen obliquen casus ihre eigent-
liche pronominale declination mit wenigen ausnahmen schon
längst aufgegeben hatten und nur der acc. sammt dem
nom. dieser pronominalen declination treu blieb, so begann,
nach dem schwinden des Unterschiedes zwischen a und a,
auch die analogie der zusammengesetzten declination auf
den acc. einzuwirken, und so entstanden neben sfoj $ (seine),
mojs (meine), fäystk^ (alle), sam§ (selbst), ow$ (jene),
tamtQ (die dort), jedn$ (eine) u. s. f., sfoj 3, moj^,
fäystkq, sam^, owq, tamtq, jedn$, die schritt für
schritt das bürgerrecht für sich gewinnen und die anderen
formen gänzlich zu verdrängen drohen. Selbst t$, neben
dem am längsten erhaltenen t$, fängt jetzt an aufzutauchen,
aber nur bei sehr wenigen individuen. Das schwanken in
dieser hinsieht ist so grois, dafs man bei einem und dem-
selben schriftsteiler, in einem und demselben buche, auf
einer und derselben sehe z^dzej neben z^dz^, lilij$ ne-
ben HliJ3, röz$ neben röz^, jedn^ neben jedn§, W0I3
neben wol§, swoj$ neben swoj§, selbst swoj$ neben #
8w$ (1750) u. s. w. findet
Wir sehen daraus, auf wie schwacher grundlage die
grammatiker fufsen, die auf den längst verschwundenen
unterschied von a und a orthographische regeln in betreff
des gebrauchs des § und 3 im accus, sing. fem. gründen
wollen. Auf etwas schon längst aus dem sprachbewust-
sein geschwundenes kann man sich nicht berufen. Es
entwickeln sich jetzt ganz neue analogien, die ein eben so
greises recht haben, als die früher wirkenden und die als
unüberwundene thatsache die vollkommene aussieht haben,
sich zu erhalten und allen Spitzfindigkeiten der grammati<*
ker zu spotten. Schon jetzt beginnt wieder eine neue
analogie sich zu entwickeln, der zufolge im Sprachgefühle
30 Bandouin de Conrtenay
$ als die einzige, sowohl den Substantiven, als auch den
adjectiven zukommende fem. accusativendung empfunden
wird, und 3 bleibt nur im instrum. (Warschauer -dialect:
accus. Saske Kempe die Sachseninsel, panne Mo£-
dienske das fräulein Mozdzenska, Julje GocalkofsKe
die Julie Goäalkofska; im acc. sing. fem. der adjectiva $
bei den dichtem des reimes wegen u. 8. w.). Da nun die
nasalen vocale (und besonders $) im auslaute schon jetzt
sehr oft wie die ihnen entsprechenden reinen vocale ausge-
sprochen werden, so wird sich künftig -e als accusativ-, -o
aber als instrumentalendung der nomina fem. feststellen.
Alles dies bezieht sich nur auf die polnische Schrift-
sprache, die zugleich Umgangssprache der sogenannten ge-
bildeten Polen ist.
Wir sehen also, dafs die neueste analogie im bereiche
des acc. sing. fem. -q zur substantivischen, -3 aber zur ad-
jectivischen endung gemacht hat. Dafs sich dieser unter-
schied in der polnischen spräche entwickelte, ist folge eines
rein phonetischen prozesses; dieser secundäre unterschied
existirt weder im altbulgarischen, noch in anderen slavi-
schen sprachen (wenigstens nicht in dieser weise).
3. Gen. sing. fem.
Der eigentliche gen. sing. fem. bei den polnischen sub-
stantiva ist dreifachen Ursprungs. Man unterscheidet näm-
lich in dieser hinsieht: 1) die substantiva, deren declination
der der sogenannten a- stamme entspricht, die also im nom.
sing, auf -a mit vorhergehendem harten consonant auslau-
ten; diesen kommt ursprünglich im gen. sing, der vocal -y
zu; 2) ferner substantiva, der ja- declination entsprechend,
die im nom. sing, a mit vorhergehendem palatalem conso-
nant zur casusendung haben; diese hatten ursprünglich,
wie auch im altbulgarischen, im gen. sing. -$, was jedoch
sehr früh zu -e herabgesunken ist; 3) die substantiva, der
i- declination sammt der consonantischen entsprechend, die
im nomin. singul. auf weiche (palatale) consonanten aus-
einige falle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 31
lauten und, was den auslaut des nom. betrifft, sich nicht
von dem im polnischen Sprachgefühle empfundenen stamme
unterscheiden; diesen kommt im gen. sing, -i als casusen-
düng zu. So finden wir in den ältesten, aus dem 14. und
15. jahrh. herrührenden denkmälern: 1) smolwy (der Ver-
abredung, heute zmowy), dzefki (f. dzefky, etymol.
geschrieben dziewki, der Jungfer), gtowy (des kopfes),
krowy (der kuh), new'asty (des weibes), kary (der
strafe), krölewny (der königin), matuchny (des mütter-
chens) u. s. w.; 2) nur zweimal duä$*) und sonst duäe
(der seele), zem'e (der erde), praw'ice (der rechten),
dzew'ice (der Jungfer), teänice (der Sehnsucht), jutfne
(des morgengebetes) nadzeje (der hoffnung), jidumeje
(Idumäa's) u. s. w.; 3) krfi (krwi, des blutes), oplfi-
toSdi (des Überflusses), öeladzi (des gesindes) u. 8. f.
Es bestund aber in den ältesten denkmälern selbst keine
stete unverletzte regel, und wahrscheinlich gab es auch der
ausnahmen eine eben so grofse zahl. Dies war die Wirkung
folgender prozesse: 1) Es ging vor sich eine Vermischung
der genitive auf -e (-$) (der ja- stamme) mit den geniti-
ven auf -i (i- stamme). So z. b. begegnen uns einerseits
neben krfi, celadzi, op!fito£<5i u. s. w. auch krf e,
malere nom. sing, mader (mutter), cerekf e nom. sing.
cerKef (kirche), 6<5e nom. sing. ce&<5 (ehre) u. 8. f.; an-
derseits studnicy nom. sing, stud nie a (brunnen), babi-
loniji (Babyloniens) u. s. f., welche letzteren genitive
auch durch anlehnung an die y- genitive entstanden sein
können, so dafs also eine wirkung der y- genitive auf e- ge-
nitive, und der e- genitive auf i- genitive anzunehmen
*) 1) ostrzeiy dusze. twoje'j, 2) rozumie'j dusze, moje'j. Diese
stellen aber ans dem sogenannten psalter Margaretha's scheinen mir zweifel-
haft zu sein, wie auch in einem buche aus dem anfang des 16. jahrh. vor-
kommendes ze wszytkie'j dusze. neben ze wszytkie'j dusze, was ein
einfacher druckfehler sein kann. Möglicherweise kann es auch wirkliche form
sein, da es in einem gebete gebraucht ißt, und, wie bekannt, in gebeten,
wie auch in andern stehenden redensarten und volkstümlichen Wendungen,
alterthttmliche formen sich am längsten erhalten. Miklosich, der mehrere
beispiele der poln. gen. sing. fem. auf -e, anfuhrt, liefs sich durch falsche und
unbrauchbare abdrücke der alten Schriftsteller verführen.
32. Baudouin de Courtenay
wäre. Damit aber endet die Verwirrung noch nicht. Wir
haben gesehen, dafs es in der altpolnischen spräche, wie
auch in der jetzigen Volkssprache der meisten gegenden
Polens ein getrübtes (geneigtes) a gibt, und dafs die con-
trahirten substantiva fem. (contrahirte j a* stamme) im nom.
sing« auf dies ä auslauteten. Ganz genau so aber endigten
auch im nom. sing. fem. die der zusammengesetzten decli-
nation folgenden adjectiva. Diese ähnlichkeit bewirkte
dieselben endungen im nom. und acc. sing, (-a und -3),
und dies konnte, ohne alle anlehnung an die zusammenge-
setzten adjectiva, nur in folge rein phonetischer prozesse
geschehen. Diese beiden casus aber, der nom. und acc.
sing, fem., verknüpften die zusammengesetzten adjectiva
mit den contrahirten Substantiven derartig, dafs sie eine
Wirkung der analogie der letzteren auf die anderen ermög-
lichten, und diese den adjectiven analoge bildung der for-
men der contrahirten substantiva kam auch im gen. sing,
fem. zum Vorschein. Diese adjectivische, auch in den be-
reich der substantiva hineingedrängte endung war -ej. Von
den contrahirten erweiterte sich die endung vermöge der
analogie auf die anderen palatal auslautenden stamme und
so finden wir bereits im 14. und 15. jahrh.: s$dz£j (der
richterin), bralej (der gebrüder), s$dz6j vom maso. nom.
sg. s$dzä (richter), r$kojm'£j vom masc. nom. sg. re-
kojma (bürge), panäj nom. sg. pani (frau), poselkin£j
nom. sing, poselkini (botschafterin), Maryjej (Mariens),
materyjej (der materie), wigilijej (des Vorabends), j i-
dumej£j neben jidumeje (Idumäa's); wolej (des wil-
lens) neben wole, rolej (des ackere), zem'ej (der erde),
puäöej (der wüste), strozej (der wache), <$a.26j (des ge-
richtsprozesses), mäej (der messe), pfytcej (der parabel)
u. s. f.*). — Man könnte dies -6j im gen. sing. fem. der
*) Leider kann uns das am besten und sorgfältigsten herausgegebene
denkmal der polnischen spräche ans dem 15. jahrh., Zabytek dawne'j
mowy polskie'j, Poznan 1867, in dieser hinsieht nicht viel belehren, da
es im auslaute y, i und 6} nicht unterscheidet, in allen diesen fallen bald
e, bald i (y) schreibend. Man findet in diesem denkmale: dawidowe f.
dawidowe'j, nasze f. nasze*j, dobre wole wahrscheinlich f. dobrrfj
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 33
contrahirten substantiva auch 30 erklären, dafs sie noch
vor ihrer contraction der analogie der hartauslautenden
stamme unterlagen, und ihr $ (e) mit y (i) vertauschten
(SQdäij$ = s$dziji), welches i mit dem vorangehenden
ij zu langem i zusammengezogen, und dann, wie im böh-
mischen, in ej übergegangen ist (s?dziji = *s$dzl sa
s^dz ej). Diese erklärung aber scheint mir etwas zu
künstlich und nicht in den entwickelungsgesetzen der pol*
nischen spräche begründet zu sein.
Die analogie des gen. sing, (und die analogie der ad-
jectiva im grofsen und ganzen) wirkt allmählich auch auf
den loc. und dat. sing, der contrahirten und somit der pa-
latalauslautenden fem. substantivstämme, und die adjectivi-
sche endung -ej vertritt auch in diesen fällen das Ursprung«
liehe -i. Während wir im 14. und noch im 15. jahrh. die
dative: bradi, duöy, locative: w woli, w newoli, na
puäcy, na iemi, na prawicy, w nadzeji, f chfili
(im augenblicke) u. s. w. finden, so haben wir schon in der
zweiten hälfte (1450) und am ende des 15. jahrh.: na ze-
mej, o bradäj, f parochijej oder f parachfijöj (in
der parochie), neben o woli, w zbroji (in der rüstung)
u. 8. w.
Am ende des 1 5. jahrh. stellte sich fest, was auch im
ganzen 16. jahrh. und im anfange des 17. fast unverändert
blieb, dafs fast alle substantiva fem. gen., deren nom. auf
-a und deren acc. auf -$ auslautete, im gen. sing, (safnmt
dem loc. und dat.) -ej hatten (vollkommen, wie die adjec-
tiva, aber neben anderen formen: gen. -je, loc. und dat.
-ji). Die anderen palatalauslautenden fem. Substantivstämme
wole*j, we wczorajsze ewangelije wahrscheinlich f. we wczorajsze'j
ewangelije'j, wasze f. waszdj, w teto ziemie Syryje wabtteneiiilieh
f. w tdjto ziemie'j Bylryjej, je f. j4j (dat. und gen.); awiety Ewan-
gieli wahrscheinlich f. swi$t4j Ewangielij 6y, od nagly smierc} f.
nagle'j, odfeki nieprzyjacielski f. nieprzyjaeielskie'j, z« w*zytfei
daiEe tirojl f. %% wszytkie'j dasze twejlj, s nie woli wahrscheinlich
£ z niewoHj, ku boiy sluzbie f. ku boze'j. Damit vergleiche man
die jetzige ausspräche des dorrVolkes in manchen gegen den: ziödfl f. zlo-
die'j (cüeb), Madi f. Madlj, Andfy f. Andrej n. ik
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 1. 3
34 Baudouin de Courtenay
hatten im gen. sing, -e neben -i (-7), in folge der Ver-
mischung ehemaliger ji-st. mit den ja- st. So z. b. gen,
sentencyjej (der sentenz), kfestyjij (der frage), ma-
ryjäj, galilejej neben galilee, samaryjej (Sama-
ria's), betanijej (Bethania's), kalwaryjäj neben kal-
waryje (der Kalwaria), op'inijej (der meinung); panej,
gospodynöj (der wirthin), brarfij, sukn£j (des rockes),
wol£j, newolej (der Sklaverei), rolej, kup'ej (des kau-
fes), pusöej, rb&6) (der rose), mäöj, p'eöij (der für-
sorge), pracej (der arbeit), z$dzej (der begierde) u. s. f.
neben studne (des brunnens) u. a. ; loc. und dat. o sen-
tencyjej, f oecylijöj (in der Cäcilie), w betanijej
u. 8. f. neben w ewaneli (im evangelium) nach der ana-
logie der i- stamme (z. b. cnotliwosci, der tugendhaftig-
keit), na puäöej neben na puäcy, ku wolej neben w
woli, panej, bralej u. 8. f.; gen. krotofile oder kro-
tochfile (der kurzweile), nadzeje (der hoffimng), zem'e,
tr6jce (der dreieinigkeit), dzew'ice, w'innice (des Wein-
berges), cudzoloznice (der ehebrecherin), malice (des
weinstockes), loinice (des ehezimmers), bogarodzice (der
gottesgebärerin), duäe, selbst krfe (des blutes) neben
roskoäy (der wonne).
Im 17. jahrh. und im anfange des 18. ist die durch
analogie in den bereich der substantiva hineingedrängte
genitivendung -ej noch mächtiger geworden. Sie ging
noch weiter, nicht nur die im acc. -3 und im nom. -& ha-
benden, sondern auch die im nom. auf a- und acc. auf -$
(einst harte a- stamme) und die im nom. und acc. weich-
consonan tisch auslautenden (die ehemaligen i- stamme) oft
genug ergreifend. In diesem Zeiträume kann man diesen
kämpf der formen um das dasein nach den verschiedenen
analogien am besten verfolgen. So begegnen uns neben
den auch froher vorkommenden gen. toinice, oblub'e-
nice (der braut), i$cyce (der Stadt Leozyca), prace,
ofce (des schafs), zloöynce masc. (des missethäters), ob-
mofce masc. (des Verleumders), tferdze (der festung),
duäe, jaskine (der höhle), lutrie (der laute), äyje (des
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 35:
halses), cele (der zelle), ot sylle masc. (von Sulla),
iem'e, nadzeje, hrab'e masc. (des grafen); krfe (des
blutes); ferner piwonijej (der pfingstrose), okazyjej (der
gelegenheit), bestyjej (der bestie), kampanijej (Cam-
pania's), bis toryj ej (der geschiebte), j in kl in acyjej (der
neigung, inclination), cezaryjej (Cäsaräas), ewaage-
lijej, newolej neben newoli, und selbst, möej etc.;
dann neben den loa f tracyjej (in Thracien), w esty-
macyjej (in der hoebachtung), w materyj£j, f chiäpa-
nijej (in Spanien), we franc.yjij (in Frankreich), fp.ro-
fesyjäj (in der profession), w gl§b'ej, pfy lutnöj u.s..f.,
dat. jintencyjej (der intention), z^dzej u. s. f., ; — auch
so seltsame formen, wie gen. ochotöj nom. ochota (tust),
glowej (des kopfes), neenotäj (der Untugend), eurotäj
(der Eurota), zdrad£j (des verrathes), adbidej (der Ad-
bida, eigennanie), £f$toslaw£j (der owi^toslawa, eigen-
name), bromyslawäj (der Bromyslawa, eigenname)
u. s. f.; noc£j nom. noc (nacht), rospaeöj nom. rospad
(Verzweiflung) u. s. f.; loc. und dat. w nadzej£j, w zbro-
j6j, w noc£j u. 8. f. — Dies bewirkte selbst eine. Vermi-
schung des -y und -i mit -ej in den casusendungen; es
zeigt sich eine gewisse Stumpfheit des Sprachgefühls in
dieser hinsieht, was von den dichtem kraft der licentia
poetica besonders benutzt wurde, z. b. nom. sing. masc. der
adj. upör zw'ef$cej f. up6r zw'er^cy (der tbierische
eigensinn), orsak zlotej f. oräak zloty (die goldene
sebaar, gefolge; beide des reimes wegen); gen. plur. der
masc. substanliva z ostathich stopn£j f. z ostatnich
stopni (von den letzten stufen), und umgekehrt -y f. -6j:
gen. sing. fem. der adjeetiva oery b'aly f. cery b'alej
(der weifsen gesichtsfarbe), do f£i wesoly f. do f£i we-
soläj (in das lustige dorf), z ochotäj öö6ry f. z ochoty
&öär6j (aus aufrichtiger lust; des reimes wegen), noeöj
plaöorody f. noey piaöorodöj (der weinengebären-
den nacht, des reimes wegen), älachty tamtejäy f.
Alachty tamtejääj (des dortigen adels) neben paster-
skiäj äopy (des hirtenstalls); dat. und loc. sing. fem. der
3*
3$ Battdonin de Courtenay
adjectiva 2?dz6j pfekl^ty, dyjanne Sf$ty f. pfe-
kl$t6j, £f$t£j (der verfluchten begierde, der heiligen
Dianna), po pariäöyzne dlu&i f. dlu£6j (nach der lan-
gen frohne) u. 8. f.
Wahrscheinlich ergriff diese analogie des gen. sing,
fem. im 17. jahrh. zunächst die ehemaligen i- stamme, und
später die a- stamme. Es war, wie es nicht anders sein
kann, eine stufenweise vor sich gehende ausbreitung. Ein
jedes substantivum war den verschiedenartigsten analogien
unterworfen. So konnten z. b. die palatalauslautenden sub-
stantivstämme fem. gen. mit a im nom. aus vier quellen
herkommende endungen im gen. sing, annehmen: 1) ihre
eigene -e (früher $), 2) nach der analogie der hartauslau-
tenden stamme mit a im nom., -y, was 3) mit dem i der
palatalauslautenden stamme, deren nominativ mit dem
stamme gleichlautend ist (ehemalige i-st), zusammenflofs,
und 4) t) nach der analogie der adjectiva. — Nun schwin-
det (in der 1. hälfte des 18. jahrh.) &, und die analogie
der adjectiva hört auf zu wirken. Es entwickelt sich ein
scharfer unterschied der substantivischen und adjectivischen
declination. Die hartauslautenden stamme fem. gen. pflegen
im gen. sing, y, die palatalauslautenden aber e anzuneh-
men. Dieser unterschied erhielt sich im 18. jahrh., und
selbst noch im anfange des 19. jahrh. lebten formen, wie
krf e, wole, zem'e u. s. f.
Endlich gaben auch die weichauslautenden fem. stamme
ihre eigene genitivendung auf und folgten der analogie der
harten, welche wahrscheinlich mit dem ehemaligen i der
i-8t zusammenwirkten, so dafs es jetzt nur eine einzige
endung y (i) im gen. sing. fem. der polnischen substantiva
gibt
4. Vocat. sing.
Bei den masoulinis haben wir zwei endungen, -je und
-u, die, aller Wahrscheinlichkeit nach, in froheren spraeh-
perioden zum stamme gehörten, und nur in folge seoun-
einige fülle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 87
därer prozesse später als endungen gefühlt werden: o näofr-
lich kann man als den erhaltenen stammauslaut der: u-
8tämme betrachten. Ursprünglich kam -je den meisten
hartauslautenden, u aber den palatal- und den meisten gut-
turalauslautenden stammen zu. So z. b. boze (Gott!), clo*
w'ece (mensch!), duse (geistig brade (bruder!), pole
(schweifst), kfede (blume!), herodze (Herodl), pane
(herr!), äatane (satanl), syne neben synu (söhn!),
adain e (Adam!), jezuse neben latein. jezu (Jesu!), p'e-
tfe (Peter!) u. 8. f.; ojce (vater!), kupöe (kaufmannl),
mlodzence (jQngling!) u. s. f.; mistfu (meistert), £al-
tafu (psalter!), pfyjadelu (freund!), krölu (königl),
km'elu (grofshüfnerl), towafysu (geführte!), mojzedu
(Moses!), go£lu (gast!) u. s. f.; pomocniku (helfer!),
op'ekalniku ( vormund! beschfitzerl), miloäniku (lieb-
haber!), synaöku (söhnchen!), zlo£niku (bösewicht!),
pfykladniku (muster! vorbild! vom menschen) u. e. f. —
Später aber nahmen alle gutturalauslautenden stamme -u
an, so dafs jetzt nur boze ausschliefalich und dtoWece
ausnahmsweise neben cloVeku gebraucht wird; im übrigen
aber sagt man duchu (geist!), rogu (hornl), kruku
(rabe!) u. s. f. u kommt jetzt ausschliefslich in synu und
ludu (volk; cf. ludze nom. voc. acc. plur.), und sehr oft
in dzadu neben dzadze (greis! grofs vater! alter bett»
ler!) vor.
Im femin. haben wir:
-o bei den hartauslautenden stammen: panno (fräu-
lein!), slawo (rühm!), matko (mutter!), dzefko (jung*
fer! später magd!), new'asto (weib!), pokoro (demuth!),
c6rko (tochter!), £ostro ( Schwester!) u. s. f. Bei den pa-
latalauslautenden stammen, die den ja- stammen entsprechen
ging früher dies -o gewöhnlich in e über (assimilation).
So z. b. im altpolnischen nur nadzejo (hoffnung!), ma-
ryjo neben maryja (Marie!), aber duäe neben duäo
(seelel), gospodze (herrin!), dzew'ico neben diewice
(Jungfrau!), s$däe neben s$dzo (richter!) etc., und neben
später entstandenen duöa, dzew'ica, 8fdz&, zdrajca
38 Baudonin de Courtenay
(verr&ther!) u. s. w. Vergl. damit voc. wojewoda (woje-
wbde!), dafca (geber!), rozböjca (räuber!), starosta
neben starosto (starost!) u. 8. f. im 16. jahrb.
Die ehemaligen i- stamme haben i im voc: g$£li (ci-
ther!), m'ilosdi (liebe!), dobroöi (gute!), p'eSni (lied!),
mocy (kraft!) u. s. f.
Nun aber finden wir solche voc. sing, fem., wie ka£u
(Eäthchen!), baSu (Bärbelchen!), kry£u l Kristinchen!),
j62u (Josefchen!), zo$u (Sophiechen!), do£u (Dorchenl),
andzu (Aennchen!), manu (Mariechen!), fruzu (Eu-
phrosinchen!), bronu und bron<5u (Bronislavchen!), lolu
(Eülalchen!), franu (Fränzchen!), oleSu (Alexandrin-
chen!), juldu (Julchen!), anulku (Aennchen!), bro-
nulku (Bronislavchen; aber nur paulinko Paulinchen,
justynko Justinchen, julko Julchen), lolu (täntchen!),
matulu (mtttterchen!), cörulu (töchtereben!); marysu
(Mariechen!), matu&u (mütterchenl), cörusu (töchter-
chen!), neben mary&, matu£, c6ru$* (besonders beim
volke). Diese formen sind augenscheinlich durch analogie
der masculina entstanden, die von zwei Seiten her wirken
konnte: 1) nach den lauten, und so finden wir es auch im
voc. sing, nur bei den palatal- und gutturalauslautenden
feminin8tämmen, 2) in folge der gemeinsamen benennungen
der knaben und mädchen, da, wie wir sehen, diese substantiva
meistens liebkosende eigennamen sind. Man sagt eben so
dem knaben (und respective manne) als auch dem mäd-
chen: staäu (Stanislavchen!), ludw'isu (Ludwig! Luis-
ohen!), brondu, wladzu (Wladislavchen!), jozu, oleSu
u. s.' f. ; und von diesen gemeinsamen namen könnte sich
die endung -u zuerst auf die andern liebkosenden mädchen-
namen und später auf die anderen palatal- und guttural-
auslautenden femin. stamme erweitert haben, die aber sämmt-
lich nur liebkosende verwäntschaftsnamen sind.
Wir haben im polnischen manche masculina mit nom.
auf -o, fast ausschliefslicb eigennamen und liebkosende
verwandtschaftswörter: fredro, tarto, jagetto (alle drei
zünamen), tadzo (Thaddäuschen), wtadzo (Wladislavchen),
einige Alle der Wirkung der anelogie in der poln. declination. 89
wujko (onkelchen), tato (tata, Väterchen), tatulo (ver-
kürzt tatlo, beim volke) u. 8. f. (vergl. bfucho neben
bjruch, bauch). Aug. Schleicher erkennt hier zweifachen
einflufs: des vocativs und des neutrums. Doch mu£s man
bedenken, dafs 1) der vocat. von mehreren von diesen sub-
stantiva auf -u auslautet: wujku, tatu neben tato, ta-
tulu, tad£u, wtadzü u. 8. f., und 2) dafs den ausgangs-
punkt für diese nominativbildung, pller Wahrscheinlichkeit
nach, die eigennamen, familiennamen bildeten, und alle
diese familiennamen fremden Ursprungs sind.
Hinsichtlich dieses punktes der polnischen declination
sind wir demnach noch im unklaren.
5. Nom. sing. masc. und neutr. der prono-
mina.
Die pronominale declination ist im polnischen schon
längst mit der sogenannten zusammengesetzten zusammen-
geflossen; die selbstständige pronominale erhielt sich am
längsten in den nominativen und accusativen aller genera.
Aber auoh diese casus erliegen im vorigen und jetzigen
Jahrhundert der analogie der adjectiva. Wie es sich mit
dem acc. sing. fem. verhält, haben wir sehpn gesehen. Der
accusativ des masc. und neutr. gleicht dem nominativ (im
neutrum vertritt eigentlich der acc. den nom.), und was
von diesem gilt, gilt auch von jenen. Im neutr. weichen
die ehemals ausschliefslich herrschenden formen samo,
jedno, tamto, to schritt fbr schritt den nach der ana-
logie der adjectiva gebildeten same, jedne, tarnte, te
(z. b. te diecko, dies kind) u. s. f. Die formen naäe,
vaäe, moje, tfoje u. s. f. sind ganz ursprünglich, da hier
e aus dem o in folge der assimilation an den vorangehen-
den palatalen consonanten entstund.
Im masc. kann man, neben den noch allgemein ge-
brauchten sam (selbst, allein), 6f (6w, jener), naä (unser)
hie und da samy, owy, naöy hören, welche formen
auch bei den Schriftstellern (schon im 17. jahrh.), und be-
40 Baudouin de CoorUnay
sonders bei den dichtem, aber nicht nur des reimes wegen,
vorkommen.
6* Acc. nom. plur. neutr, der pronomina und
adjectiva.
Im 15. jahrb. hatte dieser casus überwiegend noch
seine selbständige en/lung -a, ähnlich wie bei den Sub-
stantiven; z. b. neb'osa tfoja (deine himmel), fäytka
usta l£<5iwa (jeder schmeichlerische mund), usta sfoja
(seinen mund), k£$£$ta waäa (eure forsten), wrota w'e-
kujä (ewige ttiore), föelka zw'er^ta le£nä (alle wald-
thiere), bardzo w'elikä cu da (sehr grofse wunder), sfoja
m'asta (seine Städte), sfa prawa (seine rechte) u. 8. f.
Es unterlagen aber diese formen der analogie der feminina
und unpersönlichen masculina (acc), und gingen in tfoje,
l&liwe, sfoje, sfe, wase, w'ekuje, fäelke, le&ne
u. s. f. über. Die hartauslautenden pronominalstämme aber
erreichten diese formen nicht unmittelbar. Es lebten noch
mehr spuren der pronominalen declination, und eine solche
spur war der nom« und acc. fem. und der acc. masc. anf
y, z. b. ty. Der analogie dieser form folgte auch neutr.
ta, für welches also ty eintrat, z. b. ty wrota (diese
thore); erst später (im 17. Jahrhundert) folgte masc. fem.
neutr. ty der adjeotivischen (zusammengesetzten) declina-
tion! te.
7. Nom. (und acc.) pl. masc. auf -a.
Die gewöhnlichen endnngen des nom. pl. masc. sind
-ji, -ow'e, -e, und das aus dem acc. in den nominativ
übergegangene -y (-e). Manche substantiva masc. haben
aber in diesem casus -a. So z. b. akta (aoten), kori-
trakta (vertrage), dokumenta (documente), koäta (Un-
kosten), grunta (boden, gründe), Organa (organe) u. 8. f.;
diese mannichfaltigkeit der endnngen ward auch benutzt,
um bei einigen Wörtern verschiedene functionen anszur
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 41
drücken. So z. b, heifst akta acten, geschäftsbücher, akty
aber auftritte auf der bühne (scenische acte) oder band-
langen, organy (mit accent auf der vorletzten silbe) or-
gel, und Organa (mit accent auf der dritt- oder auch vor-
letzten silbe) organe. Das hineindrängen des a in diesen
casus bei masc. substantivis mufs man, meiner meinung
nach, mehreren factoren zuschreiben ; wie überall, so ist es
auch hier zu einseitig, nur eine einzige Ursache finden zu
wollen. Die Ursachen wirken complicirt und verstärken
sich gegenseitig. Eine einzelne Ursache könnte ja die ge-
gebene wirkung hervorrufen ; desto sicherer stellt sich die
Wirkung bei vielen Ursachen ein. Hier also wirkten fol-
gende factoren:
1) der einflufs des lateinischen (und griech.); denn zuerst
zeigt sich a im nom. pl. masc. bei den aus diesen sprachen
entlehnten Wörtern (sowohl bei den masc. als auch fem. und
neutr. auf dem einheimischen boden), so z. b. heifst es feno-
mena ((pawopeva), eksperymenta, dokumenta neben
dokumenty, elementa neben elementy, procenta
neben procenty, ekspensa neben ekspensy, ekscesa
neben ekscesy, procesa neben procesy, jinteresa
neben jinteresy*, gusta (masc. lat. -us), egzamina,
prezenta neben prezenty, volumina, poemata,akta
neben akty, kontrakta neben kontrakty u. s. f. Daf«
wirklich auch eine endung entlehnt sein kann, beweisen
unter andern voc jezu kryste neben jezu£e krystuse,
die gen. sing. fem. cezaree (17. jahrh.) neben cezaryjej,
und nom. pl. fem. monete (1450), muze (musae) neben
muzy (17.jabrh.), und Suffixe: lat. -us (-uä), -is, -ys (-iS)f
-es, im poln. w'isus (spitzbube), lajdus (schür ke), calus
(kufs), smigus (schmackostern), dyngus (dass.), bibus
saofbold), dzikus (menschenscheu, wild), w'arus (kriegs-
m&nn), nygus (faullenzer), obdartus oder odartus (ein
abgerissener kerl), umizgus (einer, der einem frauenzim-
mer den hof macht, pussirrath); now'icyjui (noviz), chu-
deuä (ein armer teufel), dandys neben dandy (galant,
stutzer), urw'is neben urw'iä (galgenstrick), rwetea neb.
42 Baudouin de Courtenay
rwentes (ripps! rapps!) u s.w.; -ista: oberzysta (gast-
wirth), stuzb'ista (fleifsig dienend), und davon sluzb'i-
sty, sluzb'istosc* u. 8. f.; so kommt die endung -unek
aus dem deutschen, z. b. stosunek (stofsung, verhält-
nifs), warunek (währung, bedingung) u. v. ä. Von den
lateinisch- griechischen Wörtern aus erstreckte sich a im
nom. plur. masc. auf einige aus dem deutseben entlehnte
Wörter: kosta neben koäty, grunta neben grunty u.s.f^
und endlich auf manche einheimische: j^öm'ona (geraten),
okr^ta neben okr^ty (schiffe), uf§da neben uf^dy
(ämter), otdena neben otdene (nuancen, schattirungen),
und selbst, in der neuesten zeit, predm'ota, ktopota,
äöegöta u. s. f., doch sind diese selten neben pf edm'oty
(gegenstände), ktopoty (kummer, sorgen), seegoty (ein*
zelheiten).
2) Was j^cm'ona betrifft, so kann diese form aus
der ehemaligen neutralen declination dieses Wortes erhalten
sein: nom. sing. j$cm'§, nom. pl. j$6m'ona, und so halte
ich die anlehnung an die neutrale declination für den zwei-
ten factor. Umgekehrt wirkte die masc. declination auf
die neutrale, und man kann bei einigen neutr. Wörtern im
nom. pl. -y treffen. So z. b. oöKi neben ocka (äuglein),
neb'osy neben neb'osa (himmel), neby neben neba (dass.),
cygary neben cygara (cigarren), slowy neben slowa
( worte), volksthümlich auch zniwy(zniwy) neben zniwa
(ernten) u. s. f. Vgl. russisch fety, licy (Puskin), v6jski
(Zukovskij) neben leta, lic&, vajskä u. s. f.
3) Dies a im nom. plur. masc. kann zu den resten des
dualis gehören. Damit kann man die im bereiche der con-
jugation stattfindende Vermischung der formen des duals
und plurals vergleichen. Die Schriftsprache hat den plüral
bewahrt: chodzmy (gehen wir), cbodle (gehet ihr), ro-
b'emy (wir machen), rob'ile (ihr macht) u. s. f.; die Volks-
sprache aber den dual: chodzwa, chodta, rob'iwa,
rob'ita u. s. f., oder in der 1. person eine merkwürdige
Verbindung des plur. consonanten m mit dem dualvocale a:
chodzma, rob'jma.
einige fülle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 43
Aug. Schleicher vermuthet noch
4) die gewöhnung des Sprachgefühls den genitiv sing,
und den nom. plur. oft gleichlautend zu vernehmen, z. b.
in altbulg. dela, polja, ryby, voljs, kosti; so auch
im russ. goto sa etc. gen. 8g. und nom. pl. — Ich stimme
dieser vermuthung vollkommen bei.
Das a im nom. plur. masc. ist keine ausschliefsliche
eigenthfimlichkeit des polnischen. Noch ausgedehnter be-
sitzt es die russische spräche, in der viele männl. substan-
tiva im nom. pl. nicht y, sondern a haben: b'erega, go-
to sa, gor od a u. s. f. Hier wenigstens mufs der einflufs
des lateins ausgeschlossen werden, da auch gerade die aus
dem latein entlehnten Wörter masc. gen. im nom. pl. y ha-
ben: dokum'enty, akty, pro<5enty, processy u. s. f.
8. Instr. plur.
Es gibt eine dreifache endung dieses casus im polni-
schen: -y, -m'i, -am'i. -y kam ursprünglich (aber nur
aller Wahrscheinlichkeit nach) den hartauslautenden mas-
culinis und neutris (den a- und u -stammen entsprechend),
-am'i den femininis mit dem nom. sing, -a (den a- und
ja-stämmen entsprechend), -m'i endlich den palatal aus-
lautenden mascul. und femin. mit consonantisch auslau-
tendem nom. sing, (den i- stammen entsprechend) zu. Diese
schöne regelmäl'sigkeit aber findet man selbst in den älte-
sten polnischen denkmälern nicht. Schon im 14. und 15.
jahrh. ist das gefühl des Unterschieds verloren gegangen,
und es hat eine so riesenhaft entwickelte wirkung der ana-
logien stattgefunden, dafs manchmal die ursprünglich einer
gewissen kategorie der substantiva zukommende endung
bis auf wenige spuren verdrängt ist. So z. b. neben masc.
j$zyki (f. j^zyky, mit den zungen), powojniki (mit
den windelbändern), pots$tki (mit den instruktionsrich-
tern), pfediwniki (mit den gegnern), Sfatki (mit den
zeugen), grechy (mit den Sünden), bogi (mit den göttern),
duchy (mit den geistern), dary (mit den gaben), ptoty
(mit den zäunen), naktady (mit den kosten), cudy
44 Baudouin de Oourtenay
(mit den wundern), syny (mit den söhnen), pany (mit
den herren), pogany (mit den beiden), zwony (mit den
glocken), organy (mit den orgeln), psy (mit den bunden),
glosy (mit den stimmen), nepfyjaloly (mit den feinden),
z$by (mit den zahnen) u. s. f. finden wir: nepryjadotm'i
und nepfyjadelm'i, synm'i, wozm'i (mit den wagen),
chlebm'i (mit den broten), wolm'i (mit den ochsen),
panm'i, zydm'i (mit den Juden), apostolm'i (mit den
aposteln) u. s. f., und obr$dam'i (mit den ceremonien)
u. s. f. Nur neutra halten sich fest: k£$z$ty (mit den
forsten), usty (mit dem munde), laty (mit den jähren),
stady (mit den berden), laly (mit den körpern), stowy
(mit den worten) u. s. w. Neben fem. slzam'i (mit den
thränen), nogam'i (mit den füfsen), wo dam' i (mit den
ge wässern), gfywnam'i (mit den marken), pracam'i (mit
den arbeiten), silam'i (mit den kräften), m$£cyznam'i
masc. (mit den mannspersonen) u. s. f. findet man, aber
selten, möwm'i (mit den reden); neben masc. mQzm'i (mit
den männern), krolm'i (mit den königen), zlodzejcui (mit
den dieben), ludzm'i (mit den leuten), krajm'i (mit den
ländern), pfyw'ilejm'i (mit den Privilegien), konm'i (mit
den pferden), rycefm'i. (mit den rittern), groäm'i (mit
den grosehen), p'en^dzm'i (mit geld), älachdicm'i (mit
den edelleuten), km'ecra'i (mit den gro&hüfoern), towa-
fyöm'i (mit den geführten), ojcm'i (mit den vätern),
strözm'i (mit den Wächtern), oraöm'i (mit den pflügern),
gwozdzm'i (mit den nageln), m'es^cm'i (mit den monateü),
mecm'i (mit den Schwertern), kijm'i (mit *den stocken)
u. 8. f. j$£cy (mit den gefangenen), o<5cy oder otcy oder
ojoy (mit den vätern), jescy (mit den reitern), starcy
(mit den greisen), llachdicy n. s. f.; neben fem. g$slm'i
(mit den cithern) auch culosdam'i (mit den Zärtlichkeiten),
sedam'i (mit den netzen), g$slam'i u. 8. f. Dieses allge-
meine schwanken setzt sich fort bis in das 18. jahrh. Es
begegnen uns in diesem Zeiträume formen, wie masc. braty
(mit den brüdesn), mury (mit den mauern), wlosy (mit
den haaren), greki (mit den Griechen) u. s. f. neben kon»
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 45
traktam'i (mit den vertragen), und kotm'i (mit den pflök-
ken), kutasm'i (mit den quasten), lasm'i (mit den Wäl-
dern); neutr. laly (mit den körpern), usty (mit dem
munde), wojsKi (mit den heeren) u. 8. f.; masc. m'istf m'i
(mit den meistern), m^oi'i (mit den uiännern), puklefm'i
(mit den Schilden), pacef ni'i (mit den panzern), plom'£iim'i
(mit den flammen) u. s. f. neben w'ency (mit den kränzen),
ojcy, padalcy (mit den blindscbleichen), w'ersy (mit
den versen), m'eskancy (mit den einwohnern) u. 8. f., to-
wafysm'i neben towaryäam'i, welcher analogie auch die
neutra folgten: sercy (mit den herzen), jajcy (mit den
hoden) und selbst usy (mit den ohren) u. s. f. Im fem.
neben göram'i (mit den bergen), gw'azdam'i (mit den
Sternen) u. s. f. auch görm'i, Zonm'i (mit den ehefrauen)
(selten); in der zweiten hälfte des 17. jabrh. nach der ana-
logie der hart auslautenden masc. und neutr. stamme: po-
n$ty, z. b. jinäem'i pon^ty (mit andern reizen), ügi,
z. b. ö$liwnem'i ügi (mit sehnebegabten bündnissen),
perlowem'i wody (mit perlen wassern), z nisRem'i
doliny (mit niedrigen thälern) u. ä.
Im 18. jahrh. hat -am'i des femin. das entschiedene
übergewicht gewonnen, was schon im 16. anfing; es ist
seit dieser zeit die allgemeine endung. Nichtsdestowenn
ger sind die anderen endungen nicht gänzlich verdrängt,
»m'i z. b. blieb bei einigen palatal auslautenden stammen;
man sagt jetzt fast ausschliefslich p'en$dzm'i, ludzm'i,
konm'i neben kon am'i, gwozdzni'i (od.gozdzm'i) neben
gwozdzam'i, krölm'i neben krölam'i, km'edm'i ne-
ben km'eeaini, kam'enm'i neben kam'enam'i (mit stei-
nen) u. s. f., und selbst nepfyjaöolm'i, anolm'i (mit
den engein); neutr. pol m'i neben polam'i (mit den feldern),
oöm'i selten neben ocami und ocyma, z. b. ocm'i spla-
kanem'i (mit verweinten äugen); femin. g§slm'i neben
g$6lam'i, ge.£m'i neben g$sami (mit den gänsen), po-»
stalm'i neben postadam'i (mit den gestalten), &$dzm'i
neben z$ dz am'i (mit den Begierden), fal m'i neben fal am'i
z. b. Stoma fal m'i (mit hundert wogen), skronm'i ne-
46 Baudouin de Courtenay
ben skronam'i, z. b. z jasnem'i skronm'i (mit hel-
len schlafen), selbst z. b. äponm'i neben äponam'i (mit
den klauen) u. s. f. Der instr. plur, auf -y aber kann von
allen hart auslautenden stammen gebildet werden, und
zwar nicht nur von inasc. und neutr., sondern auch von
femin. Diese letzten formen, feminina nämlich, werden
von den grammatikern, die sich um die sogenannte reinheit
der muttersprache sehr ängstlich bekümmern, und darum
die ganze spräche nach gewissen, meistens nur subjectiven
richtscbnuren geordnet haben wollen, despotisch verwiesen.
Hierbei vergafs man, dafs wie feminines -am'i sich als all-
gemeine endung auch bei masc. und neutr. festellen konnte,
so auch mit gleichem rechte masc.-neutr. -y ins femininum
übergehen kann. Man findet solche formen bei den besten
polnischen Schriftstellern, sowohl prosaikern, als auch dich-
tem, seit dem 17. jahrh., und selbst in der Volkssprache.
E9 ist nur beachtenswert!), dafs der instr. plur. auf-y von
Substantiven nur in Verbindung mit adjectiven oder prä-
positionen vorkommt, wenn nämlich die instrumentale be-
ziehung schon genügend durch adjectivisches -em'i oder
durch die präposition ausgedrückt wird; z. b. masc. s po-
licki plom'enej^cem'i (mit flammenden wangen), z dlu-
gem'i wlosy (mit langen haaren), t$sknem'i glosy (mit
sehnsuchtsvollen stimmen), kfitn^cem'i bfejäji (mit blü-
henden ufern) u. s. f.; 8 sokoly (mit falken), s psy (mit
banden) u. s. f. u. s. f.
Neutr. krötRem'i slowy (mit kurzen worten), ze-
lonem'i dfewy (mit grünen bäumen), öichem'i Soly
(mit stillen dörfern) u. s. w., und selbst jasnem'i neb'e-
s&em'i ocy (mit hellen blauen äugen), wyt$zonem'i
uSy (mit angespannten obren);
Fem. wody bl^kitnem'i (mit himmelblauen gewäs-
Sern), ze fsp analem' i budowy (mit herrlichen gebäu*
den), s trup'em'i glowy (mit todtenköpfen), z glowy
spuäöonem'i (mit gehängten köpfen), nagem'i älany
(mit nackten wänden), p'erfäem'i barwy (mit ersten fär-
ben), demnem'i drogi (mit dunkeln wegen), sfem'i p'e-
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 47
äöoty (mit seinen liebkosungen), dlugem'i godziny (mit
langen stunden), z gw'azdy jiskf 3c em'i (mit funkelnden
Sternen), namowy sfojem'i (mit seinen Überredungen),
sfojem'i pfestrogi (mit seinen Warnungen), srebrnem'i
ostrogi (mit silbernen sporen), sfem'i karty (mit seinen
blättern), sfojem'i pon$ty (mit seinen reizen), sfem'i
äpony (mit seinen klauen), olbfym'em'i sily (mit rie-
senkräften), nebotycnem'i baäty (mit himmelhohen ba-
steien), rözowem'i gazy (mit rosengasen), cujnem'i
warty (mit wachsamen wachen), rozowem'i fst$gi (mit
rosenbanden), zlocistem'i laski (mit goldreichen Stäben),
z dlugem'i palki (mit langen keulen), zlodistem'i galki
(mit goldreichen knöpfen), s kury i jindyki (masc; mit
hennen und truthähnen), und selbst: sm'ertelnem'i rfem-
nosdi (mit tödtlichen finsternissen), dziwnem'i nespo-
kojnosdi (mit wunderbaren ängsten, unruhen) u. s. f.;
volksthümlich: pfed tfojem'i syby (vor deinen fenster-
scheiben).
Im russischen hat sich die endung -am'i fast aus-
schliefslieh festgestellt«
9. Dat. plur.
Die älteste endung des masc. und neutr. war -6m,
fem. aber -am. So z. b. masc. sa^adöm (den nachbarn),
diiwom (den wundern), synöm (den söhnen), pbloköm
(den wölken), ptaköm (den vögeln), gfechöm (den Sün-
den), w'ek6m (den Zeitaltern), anjelöm (den engein),
iWeiöm (den thieren) u. s. f.; neutr. dzalom (den wer-
ken), ustom (dem munde), slow 6m (den Worten), zw'e-
f$t6m (den thieren) u. s.f.; fem. drogam (den wegen),
ob'etäm (den opfern), kobylam (den Stuten), nogam
(den fftfsen), poWek&m (den augenlidern), wargäm (den
lippen), kobylkam (den heuschrecken), s lug am (den die-
nern) u. s. f. Bei den wenigen palatal auslautenden masc.
und neutr. stammen kommt -em vor: ludzem neben lu-
dz6m (den leuten), dz e dem neben dze<56m (den kindern).
48 Battdonin de Courtenay
Da aber o m in der auslautenden sylbe vor m im altpol-
nischen ein getrübtes (geneigtes) o hatte, dessen ausspräche
sich der des u näherte, so findet man in den denkmälern
neben synom auch synuni, neben panom — panum
(den herren), neben zem'anom — zem'anum (den land-
edelleuten), neben latom — latum (den jähren), slow um
neben slowom oder slowam (den worten), was dem böh-
mischen -iim entspricht. — Aber schon in den ältesten denk*
malern des 14. und 15. jahrh. zeigt sich die gegenseitige
wirkung der genera. Das masc. neutr. -om treffen wir bei
femin. zuerst bei den palatal auslautenden stammen. So
z. b. koäöom (den knochen), skronom (den schlafen),
maso. pfest$pcom (den Verbrechern), s$dzom (den rieh*
tern, was auch das natürliche genus beförderte), s^sadom.
vom nom. fem. s$£ada (nachbarin, wozu sich der unmit-
telbare einflufs des masc. s^äadom, den nachbarn, ge-
sellte) u. s. f. neben duäam (den Seelen), gardzel&m
(den kehlen), studn&m (den brunnen), celu£<?&m (den
kinnladen) u. s. f. Der einflufs des femin. war sehr be-
schränkt. Bei masc. finden wir -am nur vereinzelt: gfe-
ch&m im 14. jahrh. (den sünjden), skutkam im 16. (den
Wirkungen) u. ä. Gröfser war der einflufs des fem. auf
das neutr., und zeigte sich zuerst bei den palatal auslau-
tenden stammen: dzejäm (den thaten, der geschichte),
ulQzanam (den belästignngen), udi^neriam (den bedrük-
kungen, 15. jahrh.) neben dzedem und neben dze<56m
(den kinderft); später, im 16, jahrh., kommt -im auch beiden
hart auslautenden stammen vor: b'odräm (den hüften),
wrot&m (dem thore), slowam (den worten), praw&m
(den gesetzen), m'ast&m (den Städten), latäm (den jäh-
ren) u. 8. f. neben b'odrom, wrotom, slowom, latom
u. 8. f. Nichtsdestoweniger blieb im 15. und 16. jahrh.
••om überwiegend masc. neutr., und -4m überwiegend fe-
minine endung, z. b. masc. öestnikom (den mundschen-
ken), k?e£<Sijanom (den Christen), otcom (den vätern),
ludzom (den leuten), rycefom (den rittern), w'epfom
(den borchen), liepfyjadelom (den feinden, 15. jabrb.),
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 49
korom (den chören), apostotom (den aposteln; 16. jahrh.)
u. s. f.; neutr. latom, slowom, ks^z^tom (deo forsten),
bydl^tom (dem vieh) u. 8. f. ; fem. dzefkam (den mäd-
chen), glachdankäm (den adeligen), gfywnäm (den
marken), robotam (den arbeiten), 8 lug am (den dienern),
stronäm (den Seiten), zonäm (den ehefrauen), pannäm
(den fräulein), skodam (den schaden), sosträm (den
Schwestern), cöräm (den töchtern), wdowam (den witt-
wen); starostäm masc. (den starosten) ; recam (den Sa-
chen), nem oc am (den schwächen, krankheiten), potfaram
(den verläumdungcn), c$sdäm (den theilen), paiiam (den
frauen), dzewicam (den Jungfern), sf in am (den Schwei-
nen), dusäm (den seelen), zem'am (den ländern), fsam
(den dörfern), dawnosdam (den antiquitäten); 8$ dz am
masc. (den richtern), zupcäm masc. (den den Salzberg-
werken vorgesetzten) u. s. f.; maram (den bahren), ne-
w'astam (den weibern), nogam (den ftifsen), göram (den
bergen), cnotäm (den tugenden); pastucham masc. (den
hirten); roskosam (den wonnen), mysläm), (den gedan-
ken), tluscäm (den volkshaufen), ofcäm (den schafen),
gle.bokos<5äm (den tiefen) u. 8« f.
Nun aber verursachen 2 factoren die vollständige aus-
rottung der endung -am:
1) die ausspräche dieses -am selbst, das sich als -am
dem -om sehr näherte, und
2) die analogie der häufiger gebrauchten masc. und
neutr. dative auf -om.
In folge der Wirkung dieser beiden factoren verlor sich
-am allmählich aus dem sprachgebrauche, und jetzt stellte
sich -om fest, als die einzige dem dat. plur. der substan-
tiva zukommende endung.
Im russischen ist das umgekehrte geschehen; dort ver-
drängte die endung -am die andere. Aber im russischen
war auch die Wirkung des phonetischen factors eine ent-
gegensetzte; denn bekanntlich zeigt sich im russischen die
neigung, ein jedes unbetontes o wie a auszusprechen.
Im dat. plur. sehen wir in der polnischen declination
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 1. 4
50 Baudonin de Courtenay
das übergewicht bei dem masc.; im loc. und instr. pl. bei
dem femin.
10. Locat. plur.
In den ältesten uns zugänglichen polnischen denkmä-
lern (14.jahrh.) stellt sich uns in diesem casus eine bunte
mannichfaltigkeit dar. Wir finden dort fünf endungen des
loc.pl. -jech (altbulg. -ech), -och, -ach, -ech, -ich.
Nicht alle aber sind gleich häufig. Den hart auslautenden
fem. stammen war -ach eigen, z. b. na fekach (auf den
flössen), f £ilach (in den kräften) u. 8. f. -jech kommt
den hart auslautenden, -och aber den weich auslautenden
masc. und neutr. zu, z. b. masc. w obrazech (in den bil-
den)), sqdzech (in den gerichten) u.a.; neutr. w dzelech
(in den werken), f p'ism'ech (in den schritten) u. 8. f.;
masc: na konoch (auf den pferden), f placoch (im
weinen; im poln. plur.) u. s. w.; neutr. f sercoch (in den
herzen), -ech kommt vor bei den palatal auslautenden
fem. stammen mit dem nom. = stamm (den i - stammen ent-
sprechend), z. b. f postadech (in den gestalten), w ros-
kosech (in den wonnen) u. s. f. -ich kommt nur ein-
mal vor in g^slich neben g$&lech, g§£loch und g$-
slach (in den cithern). — Diese schöne regelmäfsigkeit
wird jedoch durch die Wirkung der verschiedenen analo-
gien in den verschiedensten richtungen verdorben. Bald
richtet sich die analogie nach der phonetischen beschaffen-
heit des Stammauslautes, bald nach dem gefühle der ge-
nus verwand tschaft, bald entsteht sie nur durch vergessen des
ursprünglichen Zusammenhangs einer gewissen endung mit
einer gewissen kategorie der substantiva. Das phonetische
moment veranlafste das erscheinen des masc. neutr. -och
bei den palatal auslautenden fem. stammen, z. b. w g§-
sloch, f postadoch neben postadech u. s. f., und des
-jech bei den hart auslautenden fem. stammen, z. b. p'§t-,
nom. sg. p£ta (ferse), loc. pl. p'^dech.
Die analogie der häufiger vorkommenden formen im be-
reiche desselben casus (und genus) trug -ach auch über auf
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 51
einige palatalauslautende fem. stamme mit nom. auf con-
sonant (i -stamme), z. b. f pov/es<5ach (in den erzählun-
gen)9 w g$slach neben g§6loch, ge.£lech, g^Slich
u. s. f., und -ech auf palatalauslautende neutr. stamme:
f polech (in den feldern). Masc. w ludzech (in den
leuten) und neutr. f polech bildeten sich in folge der Wir-
kung zweier analogien: 1) der der palatalauslautenden fem.
stamme (phonetisches moment) -ech, 2) der der hartauslau-
tenden masculinen und neutralstämme (genusidentität)
-jech (vielleicht auch 3) durch umlaut, d. i. assimilation an
den vorangehenden palatalen consonanten). Nur durch ver-
gessen des Zusammenhanges der endung mit einer gewissen
kategorie der substantiva kann ich das vorkommen des
-ach bei masc. und neutr., z. b. we zwonkach (in klin-
geln, glöckchen), f sp'ewanach (in gesängen), w nale-
zeiiach (in erfindungen; zuerst bei palatalauslautenden
neutr.), und des -och bei den hartauslautenden masc. und
neutr. stammen erklären, was noch durch das genusiden-
titätsgefühl einerseits und das gefühl des Überflusses der
zwei formen für einen casus derselben zahl und desselben
genus andererseits unterstützt wurde. Es ist nur merk-
würdig, dafs -och von den palatalauslautenden masc. stam-
men auf die hartauslautenden masc. stamme zuerst über-
ging, die jetzt mit ihnen auch u im loc. sing, theilen, d. i.
auf gutturalauslautende und auf syn, nebst einigen ande-
ren, z. b. we zwonkoch, w bogoch (in den göttern),
f synoch (in den söhnen), w daroch (in den gaben) u.s.f.
Nach alledem finden wir in den ältesten polnischen
denkmälern (14. jahrh.) folgende beispiele des loc. plur.:
-jech: masc. w ostatcech (in den resten), f po-
dolcech (in den unteren theilen des kleides), w zam^-
tcech (in den Wirrnissen), f skutcech (in den Wirkun-
gen), w oblocech (in den wölken), f prorocech (in den
propheten), f pfebytcech neben f pfebytkoch (in den
Stiftshütten), w barlodzech (in dem wirrstroh), w bo-
dzech neben w bogoch (in den göttern), w gf esech (in
den Sünden), f stanech neben f stanoch (in den zelten),
4*
52 Baudouin de Courtenay
f poganecb neben f poganocb (in den beiden), f ka-
planech (in den priestern), w organech (in den orgeln),
w obrazech neben w obrazocb (in den bildern), w le-
£ech (in den wäldern), w narodzech (in den Völkern),
we s^dzech (in den gerichten), f chodzech (in den gan-
gen), f podolech (in den thälern), po liepfyjadelech
(nach den feinden), w rozum'ech (in der Vernunft), f
psalm'ech (in den psalmen), w r$kaw'ech (in den fir-
meln), w dziw'ech (in den wundern), f skarb'ech (in
den schätzen), w grobe ch (in den gräbern).
neutr. w neb'eäech (in den himmeln), w uädech (im
munde), we wrodech (im thore), na m'escech (an den
orten), w dzelech neben w dzaloch (in den werken),
na skr y dl ech (auf den flögein), fp'ism'ech (in den Schrif-
ten), o Sf'adectf'ech (von den Zeugnissen), we er ew'ech
(in den eingeweiden), w blogoslaw'enstf ech (in den
segen), w bogactf'ech (in den reichthümern), f slow'ech
(in den Worten), w neb'ech (in den himmeln).
fem. f p'^dech (in den fersen).
-och: masc: f krajoch (in den ländern), we dnoch
(in den tagen), na konoeb (auf den pferden), w lud z och
(in den menschen), f koncoch (in den enden), f pata-
coch (in den palästen), f placoch (im weinen), f pf e-
bytkoch neben pfebyteech, we zwonkoch neben we
zwonkach (in den glocken), w ueynkoch (in den tha-
ten), f pagörkoch (in den hQgeln), w bogoch neben w
bodzecb, f stanoch neben f stanech, f poganoch,
f synoch (in den söhnen), w daroch (in den geschen-
ken), w obrazocb.
neutr. f sercoch (in den herzen), w dzaloch neben
w dzelech.
fem. w g$£loch neben g$slecb, g$&lich, g^Slach
(in den cithern), f postadoch neben f postadech (in
den gestalten), w gl^bokoSdoch neben w gt^bokosdech
(in den tiefen).
-ach: fem. w naukach (in den lehren, Wissenschaf-
ten), na fekach (an den Aussen), w wargach (in den
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 53
lippen), w drogach (in den wegen), w niäinach (in den
thälern), f strunach (in den saiten), w gorach (in den
bergen), we zlzach (in den trähnen), w lichotach (im
elend), f prawotach (in der rechtlichkeit), na wo dach
(an den ge wässern), f Sjtach (in den kräften), we
dmach (in den finsternissen), w molwach (in den re-
den), na wir bach (auf den weiden), f tajnicach (in
den geheimnissen), w ulicach (in den strafsen); w io-
dzach (in den nachen); w g$£lach neben w g$sloch,
g^slech, g^slich, w myglach (in den gedanken), f ce-
rekf'ach (in den kirchen), w lubosdach (im ergötzen),
f pow'esdach (in den geröchten).
ma8c. we zwonkach neben we z wonkoch.
neutr. f sp'ewanach, w nalezenach.
-ech: fem. g§slech neben g$slicb, g^Sloch, g^-
slacb, f postadech neben f postaloch, f sf'atloS-
dach (in der helle), w gl^bokosdech, w roskoÄech
(in den wonnen), fkaznech (in den strafen).
masc. w ludzech (in den menschen).
neutr. f pol ech (in den feldern).
-ich: fem. g^slich.
Im 15. jahrh. (bis ungefähr zur hälft e des 16ten) sind
fem. -ech und -ich gänzlich vom -ach verdrängt, z. b.
w zaiobach (in den klagen), o kostkach (von den wor-
feln), pfy wojewodach masc. (bei den wojwoden), f ko-
pach (in den schocken), o ran ach (von den wunden),
pfy perlach (bei den perlen), w.d^browach (in den hai-
nen), wnedzelach (an den Sonntagen), w ze mach (in den
ländern, districten), o sf'inach (von den Schweinen), o r^-
kojmach masc. (von den bürgen), o zböjcach masc. (von
den räubern), o pozoscach masc. (von den mordbrennern),
w fecach (in den Sachen), we fsach (in den dörfern),
w jastkach (in dem kripplein Christi), pfy ja^ lach (bei
dem kripplein Christi), fpfeliwnosdach (in den mifs-
geechicken), w dobrocach (in der gute). Dies -ach
kommt auch vor bei masc: o km'elach (von den grofs-
hüfhern), f p'en^dzach (im gelde), f sm^tkach (in den
54 Baudouin de Courtenay
betrübnissen), na gozdzach (auf den nageln), undneutr.:
w bfem'onach (in den bürden), f sercach (in den her-
zen), o dzatkacb (von den kindern), — -ech kommt vor,
aber nur als umgelautetes -ach oder -och, z. b. w ze-
m'ech für w zemach, o 8§dzecb für sedzach inasc.
(von den richtern), f konech für f konoch, pfy ryce-
fech für rycefoch (bei den rittern), w ludzech für und
neben ludzoch. Bei den masc. und neutr. dauerten noch
-jech und -och fort, z. b. masc. na rocech (auf den
jährlichen gerichtsvereammlungen), w ogrodzech (in den
gärten), w liälech (in den briefen), po kloporfech (nach
den sorgen), na grodzech (auf den bürgen), o poz-
w'ech (von den Vorladungen), w zastawech (in den p fän-
dern), o 83 dz ech (von den gerichten), o d$b'ech (von den
eichen), pfy panech (bei den herren), w leäech (in den
wäldern), o testamendech (von den testamenten), f chro-
slech (in den reishölzern), ftardzech (in den markten),
na dwofech (auf den höfen), w zap'isech (in den ver-
schreibungen), o zydzecb (von den Juden), w le£ech, we
wolech (in den ochsen), o gwatrfech (von den gewalt-
thaten, nothzüchtigungen), na powrozech (auf den strik-
ken), na godzech (auf den schmausen), f sklep'ech (in
den kellern), o apostolech(von den aposteln), o herbe ch
(von den wappen) ; neutr. w m'esöech vom stamme m'ast-
nom. masto (ort), w ledech (in den jähren), f praw'ech
(in den gesetzen), na piSm'ech (auf den Schriften), o do-
bfech (von den gütern), .w u&dech, na neb'esech, na
drew'ech (auf den bäumen); masc. f p'en$dzoch, po
dnoch (nach den tagen), o orteloch (von den urtheilen,
aussprächen), w grogoch (in den groschen), o pfyw'i-
lejoch (von den Privilegien), o km'eloch, po odcoch
(nach den vätern), o älachdicoch (von den edelleuten),
o gajoch (von den hainen), o konoch neben f konech,
f koiicoch, o kupcoch (von den kaufleuten), o pala-
coch, o jigraöoch (von den Spielern), o ucrioch (von
den Schülern), f käme hoch (in den steinen), zwycajoch
(in den gebrauchen), ludzoch, o cesafoch (von den
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 55
kaisern), o rokoch (von den jährlichen gerichtsversamm«
hingen), we clonkoch (in den gliedern), na porockoch
(auf den filialen gerichtsversammlungen), na zamkoch(auf
den schlossern), o op'ekalnikoch (von den Vormündern),
w bf egoch (an den ufern), o zb'egoch (von den über*
lau fern), na sachoch (im Schachspiel), na zemanoch
(bei den landedelleuten), o fsanoch (von den landleuten),
o mescanoch (von den Städtern), w domoch (in den
häusern), o bratoch (von den brüdern), po casoch(nach
den zeiten), o d^boch (von den eichen), we dwu woloch
(in den zwei ochsen) neben we dwu wolech, f sm?t-
koch neben f sm§tkach, o ucynkoch, o zwoleni-
koch (von den anhängern), na bregoch, o germkoch
(von den knappen), o nalogoch (von den Qblen angewohn-
heiten); neutr.: na m'escoch nom. m'esce(ort), na m'ej-
scoch (dass.), o w'ecoch (von dem reichstage), na po-
loch (auf den feldern), o dzedoch (von den kindern),
na bydloch (auf dem vieh), o dzaloch (von den wer-
ken), w ococh (in den äugen), o uchoch (von den oh-
ren); fem.: w recoch (in den Sachen), na jagodzech
(auf den wangen). — Das fem. -a-ch wurde bis zur hälfte
des 16. jahrh. mit a (getrübtem a) ausgesprochen, was dem
böhmischen -ach entspricht, und näherte sich also dem
-och. Dies bewirkte die Verwechslung des -och und
-ach, und -ach erscheint zuerst bei den gewöhnlich auf
-och auslautenden masc. und neutr.: we zwonkäch ne-
ben we zwonkoch (14. jahrh.), f sp'ewanäch (in den
gesängen), w naiezenach (in den erfindungen; 14. jahrh.),
o km'edach, f pen^dzach (15. jahrh.). Um die mitte des
16. jahrh. findet der Übergang des -ach in -ach statt, und
da schon früher -ach und -och wechselten, so blieb auch
jetzt diese Verwechslung; -och verlor sich und -ach nahm
seinen platz ein. Es scheint, dafs zwei factoren das er-
scheinen des -ach bei masc. und neutr. bedingten: 1) ein
phonetisches: -ach zeigt sich zuerst bei palatalauslauten-
den stammen als Vertreter des -och; 2) das gefuhl der
Bedeutung: die masc. nämlich, zu der fem.-declination ge-
56 Baudouin de Courtenay
hörig, wie poborcach (Steuereinnehmer), 8 ^ dz ach, m$-
äcyznach, ermöglichten dem -ach auch auf andere hart-
auslautende masc. stamme sich zu erweitern. Vor allem
also zeigt sich -ach um die mitte des 16. jahrh. bei den
palatal- und gutturalauslautenden masc. stammen: obyca-
jach (gewohnheit, sitte), kr ajach (land), pfyw'ilejach
(Privilegium), post$pkach (betragen), uöynkach (that).
Bei andern hartauslautenden ist -ach nur eine ausnähme:
masc. na z^bach (auf den zahnen), f tfosach (in den
geldkatzen); neutr. zr od lach (quelle), dfewach (bäum). —
Erst allmählich, schritt für schritt, verdrängte -ach auch
-jech bei masc. und neutr.; aber dies letztere wurde noch
im 18. jahrh. gebraucht: masc. na balwanech (auf den
wogen), po wolech, w oblocech (in den wölken), pa-
sech (in den gürtein), f prusech (in Preufsen), f kano-
nech (in den kanonen), na mufech (auf den mauern),
f pow'edech (in den districten), f easech (in den zeiten),
grodzech (in den bürgen), w razech (in den fällen);
neutr. f praw'ech, w ledech, w m'esrfech (in den Städ-
ten), o dozywodech (von den leibgedingen) neben masc.
krölach (könig), koncach, pasach, ludach (volk),
w umyslach (in den gemüthern), miner ach (in den
mineralien), na sejmach (an den reichstagen), w dach-
ach (in den dächern); neutr. zolach (kraut) u.a. Ja
noch mehr, das -jech kommt auch bei einigen femin., aber
nur höchst selten vor: na jagodzech (auf den wangen;
schon 1520), f äacech (in den kleidern), skodzech (in
den schaden), f kralech (in den gittern) neben gewöhn-
lichem -ach.
Das allgemeine herrschen des -ach bei allen Substan-
tiven vollendete sich in der zweiten hälfte des 18. jahrh.
und jetzt bleiben vom früheren -jech nur sparsame reste:
we wloäech (in Italien, land) neben o wlochach (von
den Italienern; volk, doch auch land), we wQgfech (in
Ungarn, land) neben o W?grach (von Ungarn, meist nur
volk), prusech neben prusech (in Preufsen); neut. na
lieb'e&ech (im himmel), nur in gebeten gebräuchlich ne-
einige fälle der Wirkung der analogie in' der poln. declination. 57
ben na neb'osach, w le<5ech neben w latach (in den
jähren), und nur selten masc. f kfedech neben fkf'atach
(in bluinen), casech neben casach (in zeiten).
Im russischen herrscht -ach bei allen Substantiven.
11. Genit. plur. -öf (-6w).
Es gibt mehrere endungen in diesem casus: 1) reiner
stamm mit den lautgemäfsen Wandlungen und einschiebun-
gen im inlaute; 2) -i (-y), 3) -öf (-öw). Sie sind ur-
sprünglich verschieden auf die verschiedenen substantiva
vertheilt und nach den verschiedenen analogien im laufe
der zeit entwickelt. Ich will nicht auf diesen gegenständ
näher eingehen und beschränke mich nur auf eine von die-
sen endungen, nämlich auf -öf (-öw). Diese endung ge-
hört ursprünglich dem masc. an. Aber auch hier war sie
früher in beschränktem gebrauche; bei harten masc. stam-
men stand ihr reiner stamm, bei palatalen -i oder auch
reiner stamm zur seite. Noch im 16. jahrh. begegnen wir
solchen genitivformen, wie wtos (der haare), z$p (z$b,
der zahne), zyw'ol (der demente), cut (cud, der wun-
der), tys^c neben tys§cy (der tansende), Scjzeii neben
s^zni und sqzriof (der klaftern), sqsad (der nachbarn,
vielleicht auch durch das fem. desselben Stammes unter-
stützt und noch im 18. jahrh. gebräuchlich), starost (der
starosten) und wojew6t (wojewöd, der wojwoden; beide
masc, aber im sing, femininisch declinirt) u. 8. f.; im
17. jahrh. sind diese formen seltener, aber noch z. b. do
tatar (zu den Tataren). Dieser genitiv, dem reinen stamme
scheinbar gleich, ist bei den masc. bis auf wenige spuren
verloren gegangen und bei hartauslautenden stammen durch
-öf, bei palatalauslautenden durch -i uud -6f vertreten,
welches -öf auch das -i allmählich verdrängt. Jetzt sind
genitive dem reinen stamme gleich nur noch bei län-
dernamen in gebrauch, z. b. w§ger (Ungarns), wloch
(Italiens), nem'ec (Deutschlands) neben den völkernamen
WQgröf, wlochöf, nemcöf; ferner im adverbialen do-
58 Baudouin de Courtenay
tychcas (= do tych cas, bis jetzt), und vielleicht noch
in ein paar anderen fällen (vgl. adverb. z daw'en dawna,
seit lange her); im übrigen herrscht allgemein -öf bei har-
ten masc, und diese endung ist auch bei palatalen vor-
wiegend.
Aber das masc. -öf ging auch über seinen bereich
hinaus und suchte sich auch fremdes gebiet anzueignen.
Im 18. jahrh. nämlich fing es an, sich bei den fem. und
neutr. festzusetzen. Man findet in diesem Jahrhunderte
fem. fsöf (wsiöw, der dörfer), konfederacyjof (der
conföderationen), religijöf (der religionen), gfinköf (der
schweinchen), grof (der spiele), myäöf (der mause) u. s. f.
neben fsi, konfederacyji, religiji, sfinek, ger,
myäy; neutr. ucudöf (der gefühle), natchnenöf (der
begeisterungen), kazanöf (der predigten), pfyslow'öf
(der sprücbworte) u. s. f. neben ucuc, natchnen, kazan,
pfyslöf (przyslöw). Nun aber, am ende des 18. jahrh«,
kam die grammat. revision, und es schien den grammatikern,
dafs nur im masc. der gen. plur. auf -öf enden dürfe,
und tiiese regel gilt bis jetzt in der Schriftsprache. Nichts-
destoweniger war die analogie zu stark, um durch den
aussprach dieses oder jenes grammatikers sich vernichten
zu lassen; sie dauert fort, und selbst bei den sogenannten
gebildeten, in die schulmeisterlichen regeln eingeübten klas-
sen der polnischen gesellschaft beobachtet man diesen fort-
schritt der analogie in der Umgangssprache, und gerade
auch in den Städten. Man hört z. b. fem. klusköf (selbst
nach dieser analogie nom. sg. m. klusek neben f. kluska,
klos), palmöf(derpalmen), konfederacyjof, matköf (der
mütter), äaföf (der schränke), krowöf (der kühe), nogöf
(der füfse), r^köf (der hände) u.s.f. neben klusek, palm,
konfederacyji, matek, äaf, kröf (kröw), nök, ra.k
und re,ku (dual); neutr. kopytöf (der hufe), cygaröf
(der cigarren), oknöf (der fenster), pfyslow'öf, kazanöf
u. 8. f. neben kopyt, cygar, oKen, pfyslöf (przy-
stöw) oder pfyslöf (przyslöw), kazari. Und in der
purificirten Schriftsprache (in den büchern) selbst erhielt
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 59
sich die ununterbrochene tradition solcher formen seit dem
ende des 18. jahrh. bis auf die heutige zeit: fem. gl$b'öf
(der tiefen), trosköf (der sorgen), zaw'asöf(der thürbän-
der), p'eluchöf (der windeln) u. s. f. neben gl§b'i, trosk,
zaw'as, p'eluch; neutr. ucudöf, oblicöf (der antlitze),
cygaröf, pfyslow'öf u. 8. f. neben uöul, oblicy u. s.w.;
und in manchen fällen ist dies -öf selbst von der prakti-
schen schulmeisterlichen grammatik approbirt , nämlich im
femin. bei den einsilbigen, z. b. msöf (der messen), my-
äof, f$öf, fsöf (w8zow, der lause) u. s. f., und im neutr.
bei den aus dem lateinischen entlehnten mit nom. sg. auf
-um, z. b. gimnazyj öf nom. sg. gimnazyjum (gymna-
sium), seminaryjöf (der seminarien), liceöf (der lyceen)
u. s. f., so wie bei den aus dem dual stammenden: ocöf
(der äugen), uäöf (der obren) neben ocu, uäu und selbst
66, uä. — Es scheint, dafs im femin. die einsilbigen und
dann die palatal auslautenden stamme, im neutr. die aus
dem lateinischen entlehnten mit dem nom. sg. auf -um,
dann die palatal auslautenden stamme, und zwar zuerst
die contrahirten, diese endung vor den andern angenom-
men haben, und dafs sich diese endung -öf (-öw) trotz
alles sträubens purificirender grammatiker etwa nach einem
Jahrhundert als die allgemein gültige im gen. plur. aller '
genera feststellen wird.
Eine hauptursache dieses prozesses erkenne ich in der
deutlichkeit der endung -öf und in der bestimmtheit des
Zusammenhanges zwischen der lautform und der function.
12. Nom. pl. des participii praeteriti.
Dieses particip, mit dem präsens des hilfsverbums
jesm (jetzt jestem), je& (jetzt jestes) u. s. f. zusammen-
gezogen, vertritt im polnischen das präteritum, und zwar
ist in der 3. person das blofse particip ohne die vom hilfs-
verbum herrührende endung im gebrauch; dabei werden
die genera unterschieden. So z. b. vom verb. chodzil
(gehen) sing. masc. 1. chodzil-em aus chodzil jesm,
60 Baudouin de Courtenay
chodzites* aus chodzit jes, chodzit f. ehemaliges cho-
dzit jest; fem. chodziläm aus chodzita je&m, cho-
dzita £ aus chozilaje£ (getrübtes ä wegen der contrac-
tion), chodzita f. chodzita jest; neutr. chodzitom
aus chodzito je£m, chodzitoä aus chodzito je£,
beide ungebräuchlich, chodzito f. chodzito jest; plur.
masc. chodzilismy aus chodzili jesmy, chodzilisle
aus chodzili jesde, chodzili f. chodzili 83; fem. und
neutr. chodzilysmy aus chodzity jesmy, chodzity-
srfe aus chodzity jesde, chodzity f. chodzity 83
(die uncontrahirten formen kommen noch in den ältesten
denkmälern vor). Wir sehen also, dafs im plur. masc. und
femin. sammt neutr. unterschieden werden. Nun fangt
aber bei manchen personen z. b. in Warschau der genus-
unterschied zu schwinden an, und das masc. gewinnt das
übergewicht über die anderen genera. So z. b. sprechen
diese personen chodzilismy und chodzilim sowohl f.
chodzilismy als f. chodzilysmy, chodzilisde f. cho-
dzilisöe und chodzitysc'e, chodzili f. chodzili und
chodzity. Dies zusammenfliefsen ist, aller Wahrschein-
lichkeit nach, durch die syntactischen Verhältnisse bedingt.
Eine ähnliche erscheinung zeigt sich schon längst in der
russischen spräche, nur mit dem unterschiede, dafs es im
russischen keine vom hilfsverbum herkommenden personal-
endungen gibt, aber dafür mufs man jedesmal die person
mit dem pronomen (oder in der 3. person auch durch das
substantivum) ausdrücklich bezeichnen. So z. b. sagt man
im russischen my chadili (wir gingen), wy chadili (ihr
ginget), ani oder ane (ludi , zensciny, deti) chadili;
und so auch im sing., nur mit der Unterscheidung der ge-
nera: ja chadit, ja chadita (ja chadito), ty chadit,
ty chadita (ty chadito), on (cetovek) chadit, ana
(zenäöina) chadita, ano (dit'a) chadito. Doch
auch im polnischen kann man dieselbe neigung, das Per-
sonalpronomen vom verbum gesondert auszudrücken, wahr-
nehmen. Es gibt leute, die fortwährend ja, ty, on, ona
u. 8. f. brauchen.
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 61
13. Neutra mit dem suffixe -m'en (-m'on).
Die ncutra mit dem suffixe im plur. -m'on (-m'en),
im sing, -m'en, haben den nom. sing, auf -m'<j, z. b. stirem \
(Steigbügel), ram'§ (arm), bfem'§ (bürde) etc. Da nun
die nasalen vocale im auslaute ihren nasalton sehr leicht
aufgeben, so werden auch diese nominative von vielen mit
e anstatt q ausgesprochen. Dies übt einflufs auf die ganze
declination dieser Wörter; sie werden dann wie die palatal
auslautenden stamme mit nom. sg. auf -e (z. b. pole feld,
slonce sonne u. 8. f.) von manchen personen gefühlt und
demgemäfs declinirt: gen. stfema, bf em'a f. stf emena,
bfem'ena, dat. stfem'u, instr. stfemem, loc. stfem'u.
Vgl. stamm neb'os- neben neb- (himmel), *koles- neben
kol- (rad), *slow'es- neben slow- (wort) u. ähnl. Nur
ist, so viel ich weifs, der plural (in dem auch ein anderer,
hart auslautender stamm zu gründe liegt) von dieser ana-
logie verschont geblieben, und man sagt noch allgemein:
nom. strem'ona, brem'ona, gen. stfem'on, bfem'on
u. 8. f.; manche Wörter aber unterliegen, meines wissens
wenigstens, gar nicht dieser analogie, und man spricht z. b.
neben nom. ram'e ausnahmslos gen. ram'ena, dat. ram'enu
u. s. w.
14. Adjectivische declination bei den im sing,
femininisch declinirten masculina.
Manche substantiva sind masc. und werden dennoch,
im sing, wenigstens, feminin declinirt, z. b. 8§dza (richter),
hrab'a (graf), m$scyzna (mannsperson) *), wojewoda
(wojwode), organista (organist) u. s. f. Einige von ihnen
sind contrahirt oder haben auf palatale auslautende stamme
und hatten ehemals (vergl. den genit. sing.), nebst andern
contrahirten feminina, im gen., loc. und dat. sg. neben ih-
*) In den denkmälern des 15. jahrh. bedeutet das wort meniscyzna
neben zeniscyzna (vergl. rass. zenscina) u. a. nicht manns-, sondern
weibsperson.
62 ßaudouin de Courtenay
rer eigentlichen endung -i auch eine andere, in folge der
analogie von den adjeetiven entlehnte, nämlich -ej; man
sprach z. b. s$dzej neben s$dzi, r^kojm'ej neben r$-
kojm'i (des bürgen), hrab'ej neben hrab'i. Damit rei-
chen sie einigermaßen in das gebiet der adjeetiva hinüber,
und als später das gefühl des natürlichen genus erwachte
und manchmal das übergewicht über die endungsgemäfse
declination gewann, bekamen sie im gen. (acc), dat. und
loc. sing, die adjeetivischen masc. endungen -ego, -emu?
-ym (-im), z. b. gen. s$c|zego, hrab'ego, r§kojm'ego
neben s$dzej, hrab'ej, r^kojm'ej und s$dzi, hrab'i,
r^kojm'i (acc. s^dzego etc. neben s§dz§ oder SQdz§,
hrab'$ u. s. f.); loc. s$dzim, hrab'im neben s$dzej,
hrab'ej und s$dzi, hrab'i. Nun, und zwar wahrschein*
lieh erst in diesem Jahrhundert, wirkte die analogie dieser
substantiva auf einige andere ähnliche, vermöge des iden-
titätsgefühls einer kategorie von masculina mit dem nom.
sg. auf -a (wie feminina); und demgemäfs bildet das pol-
nische volk z. b. gen. f ^eeego (rz^deego), dozoreego,
ferner kolonistego, organistego (beide fremden Ur-
sprungs mit suff. -ist-, nom. ista) u. s. f. neben f §ccy,
dozorey, kolonisty, organisty; dat. r^ccemu, do-
zorcemu, kolonistemu, organistemu neben f$ccy,
dozorey, kolonis<5e, organis<5e; acc. (= gen.) f qc-
cego u. 8. f. neben f^cc§, kolonisty u. s. f., von den
stammen nom. sg. f $cca (haus Verwalter), dozorca (Schutz-
mann), kolonista (kolonist), organista (organist).
Bei andern solchen Substantiven wirkte das erwachen
des genu8gefühls in anderer richtung; es erzeugte da sub-
stant. masc. endungen; z. b. dat. sing, stförcow'i neben
stförey nom. sing, stförca (schöpfer).
15. Syntactischer factor in der analogie.
Dieser ist ein mächtiger factor in seiner wirkung auf
die endungen. Ihm z. b. verdankt man, dafs bei den neu-
tren der nomin. dem aecusative gleicht.
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 63
In der geschichtlichen entwickelung der polnischen
declination läfst sich auch der syntactische factor bemer-
ken. Jch will dies nicht näher untersuchen und erwähne
blofs, dafs rein synthetische motoren folgendes verursachen
konnten:
1) allmähliche Verschmelzung des vocativs mit dem
nominativ. Der vocativ gibt stufenweise seine eigentüm-
liche endung auf und gleicht dem nom.
*2) die Vertretung des nom. pl. durch den acc. pl. bei
den feminina und unpersönlichen masculina (mit verschie-
denen übergangen);
3) die Vertretung des accus, durch den genitiv bei
den lebende wesen bezeichnenden masculina und anderes
(cf. dual).
16. Dual.
Der ganze dual im polnischen unterliegt jetzt, bis auf
wenige spuren, der analogie des plurals, wozu mancherlei
factoren mitwirkten; erstens der syntactische factor, ferner
das streben nach Vereinfachung der sprachlichen formen,
wobei beide die mehrheit bezeichnenden zahlen zusammen-
flössen, und zwar so* dafs der ungleich häufigere plural die
oberhand gewann; dann wirkte zur Vertilgung des duals
das vergessen des Zusammenhanges der endungen mit der
inneren form (wie hier, mit der zahl) u. s. w. Jedoch gibt
es auch reste des duals.
In der früheren polnischen spräche aber war der dual
im gebrauche, und seine anwendung nimmt erst mit der
zeit ab. Doch ist auch in den ältesten denkmälern sein
gebrauch fast nur auf namen der paarigen körperglieder
(meist mit pronomina possessiva) und auf die mit den Zahl-
wörtern dwa (zwei), oba (beide) u. ä. verbundenen sub-
stantiva beschränkt, wo die zweiheit dem syntactischen
zusammenhange zu folge ganz deutlich hervortritt. Es ist
beachtenswerth, dafs, wie die paarigen glieder aller
Wahrscheinlichkeit nach zur bildung des duals anlafs ge-
64 Baudouin de Courtenay
geben hatten, so auch die sie bezeichnenden substantiva
den dual am längsten behielten. Dies war die folge 1) des
altertümlichsten Ursprungs und der sehr häufigen Wieder-
holung, also der längsten vererbung tund damit des zähe-
sten zusammen Wachsens mit der natur der spräche, 2) der
natürlichen grundlage, die ganz augenscheinlich, handgreif-
lich ist. Später, als der gebrauch des duals allmählich
verschwand, erhielt er sich am längsten und bis zur stunde
aufser einigen benennungen der körperglieder (doch vielfach
entstellt) in festen Wendungen und sprüch worten. Damit
vergleiche man den locat. sing, ohne präposition in zim'e
(im winter), lele (im sommer; noch im 18. jahrh).
Gleich wie im altindischen und altbulgarischen wer-
den auch im polnischen drei dualendungen unterschieden:
1) nom. und acc, 2) dat. und instrum., 3) loa und gen.
Ich will alle diese formen einzeln durchnehmen.
1) Nom. und acc. a) Masc. Die endung ist -a,
bei allerlei stammen, nur mit dwa (zwei) und oba (beide)
gebräuchlich. Im gebiete der substantiva hielt sie sich
länger bei den palatal-, als bei den hartauslautenden stam-
men. So z. b. finden wir ona dwa bra<5enca (jene zwei
brüder), dwa grosa (zwei groschen), dwa rydla oder
dwa ryla (zwei spaten), dwa chor^za (zwei fahnen trä-
ger; 15. jahrh.), dwa m'e^ca (zwei monde), dwa m'eca
(zwei Schwerter; 1. hälfte des 16. jahrh.), puchaca dwa
(zwei uhu), dwa m'eca, dwa kfyza (zwei kreuze), dwa
tys^ca (zwei tausende), dwa krola (zwei könige; 2. hälfte
des 16. jahrh.), dwa konea (zwei enden; 17. jahrh.), dwa
tys^ca, dwa grosa, dwa garca (zwei garniec; 1. hälfte
des 18. jahrh.) u. s. f. Von den hartauslautenden stammen
haben wir nur sehr sparsame beispiele: dwa wota (zwei
ochsen) u. ä., und schon im 14. jahrh. liest man dwa pro-
logi (zwei prologe), und später dwa syny (zwei söhne;
1500), dwa ja8tfj|b'i (zwei habichte; um 1550), obadwa
narody (beide nationen; 1590) u. 8. f. Aber auch die
palatalauslautenden stamme fingen schon im 16. jahrh. an
den dual durch den plural zu ersetzen, z. b. dwa m'ece
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 65
(zwei Schwerter), dwa w^ze (zwei schlangen), dwa mto-
dzency (zwei Jünglinge) u. s. w., was stufenweise zum
schwinden des dualen -a führte. Nichtsdestoweniger kann
man noch heute dwa grosa, dwa garca und selbst
dwa kuryjerka (nom. sg. kuryjerek, courierchen, name
eines in Warschau erscheinenden tageblattes) neben den
häufigeren dwa grose, dwa garce, dwa kuryjerki
hören. Die Wirkung des nom. und acc. dual. masc. auf den
nom. plur. masc. haben wir schon oben gesehen.
Nicht nur substantiva, sondern auch adjectiva nahmen
im ältesten polnisch den dual an; ich habe nur ein beispiel
gefunden: dwa bradenca barzo bogata (zwei brüder
sehr reiche; 15. jahrh.); für pronomina: ta jesta m'$
naucyta (diese haben mich gelehrt; 14. jahrh.), ona
dwa brarferica (jene zwei brüder), jozef z maryjg
jesta ona byla pfyäla (Joseph mit Marie (sie) sind ge-
kommen), tac S3 byta (diese sind gewesen; 15. jahrh.).
Dagegen liefern mehr beispiele die participia praeteriti, in
der Zusammensetzung mit dem verbum substantivum (auch
im dual, z. b. 3. pers. jesta u. s. f.) das praeteritum bil-
dend: chodzita jeswa (wir zwei gingen; 14. jahrh.), ta
jesta m'$ naucyla (diese zwei haben, wörtl. sind, mich
gelehrt; 14. jahrh.), byta sta (f. jesta) dwa bradenca
barzo bogata a tad 83 byla sfoja m'asta, grody i
dzedziny spfedala a uböstfu (collectivum) i teze na
kosdoty s^d je oni byli rozdali (nicht ona byta roz-
data, wegen der zu weiten entfernung des subjects dwa
bradenca) a sf^tego Jana s%6 oni byli naslado-
wali (nicht nasladowala; es waren zwei brüder sehr
reich und diese haben ihre städte, bürgen und erbgüter
▼ erkauft und den armen und auch für die kirchen ha-
ben sie dieselben vert heilt, und dem heiligen Johann
sind sie gefolgt; 15. jahrh.); a gdysrfi w'^c jözef z
maryj^ jesta ona byta do tego to m'asta pfysta
(und nachdem also Joseph mit Marie (sie) sind in die Stadt
gekommen; 15. jahrh.), bytasta oba (jözef i maryja)
w tym domnimanu (sie waren beide — Joseph und
Beiträge z. vgl. spraohf. VI. 1. 5
66 Bandouin de Conrtenay
Maria — in dieser vermuthung; 1520). Bei diesen formen
werden manchmal die genera vergessen und das ganze als
eine verbale form betrachtet. So z.b. fßr das neutr.: serce
(neutr.) moje i rfalo (neutr.) moje weselita (f. wese-
lile, vielleicht auch der dissimilation wegen vermieden, cf.
französ. mon äme f. ma äme u. s. f. und durch den ein-
flufs des nom. pl. neutr. unterstützt) s$ jesta (mein herz
und mein körper freuten sich); för das fem. poc$lasta
(schon contrahirt aus poc^la jesta f. poetle jesta)
sob$ gadad i rozmaw'al dw'e gw'azdze neb'esKe
matki (pl.) sf§te (sie haben begonnen, mit sich zu
sprechen und zu unterreden, zwei himmlische Sterne, hei-
lige raütter; 1520).
Der nominativ masc. des Zahlwortes dwa wird noch
jetzt gebraucht, aber nur bei unpersönlichen substantiva.
Bei persönlichen hat er eine postjotation nach der analogie
anderer numeralia (tfej, cterej) bekommen und heifst
dwaj (cf. dzisaj heute, tutaj hier, fcoraj gestern u. s. f.
f. dzisa, tuta, fcora). Demzufolge sagt man dwa stoty
(zwei tische), dwa w'illti (f. w'ilky, zwei wölfe), aber
dwaj panow'e (zwei herren), oder, was noch häufiger
vorkommt, man setzt den gen. anstatt des nom. und acc:
dwoch (dwuch oder dwu) panöf oder synöf sowohl
pfyälo (nom. sing, neutr.; zwei herren oder söhne sind
gekommen), als auch dwoch panöf (acc.) widzalein (ich
habe zwei herrn gesehen). Dieser unterschied und Vertre-
tung eines casus durch den anderen ist eine seeundäre er-
scheinung und fällt in den bereich der syntax.
Vom dual des persönlichen pronomens finden wir keine
spuren. Man könnte ihn wohl aus den verbalformen aus-
scheiden, doch hätten diese erschlossenen formen nicht die
bedeutung wirklicher thatsachen. Es wären für die 1. ps.
wa oder vielleicht auch ma(pödzma, cf. oben bei nom.
pl. masc. auf a; wahrscheinlich m vom plur., a vom dual),
für die 2. und 3. ta. Ich füge noch hinzu, dafs die beim
volke gebräuchliche höfliche anrede der 2. person nicht
blofs ty (du), sondern wy (ihr) dwojenie (doppelung)
einige falle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 67
genannt wird. Es ist ein directer beweis dafür, dafs man
früher den dual, nicbt den plural zu solchem zwecke
brauchte, und dafs der gebrauch noch aus der zeit stammt,
als man den dual noch fohlte.
b) Neutr. Bei den hartauslautenden ist die endung
-je, bei den palatalauslautenden stammen aber -j\, z. b.
dw'e sde (zwei hundert, noch als zwei worte geffthlt im
15. und 16. jahrh.; jetzt gilt dw'esde als ein wort), dw'q
lede (zwei jähre; bis ins 18. jahrh. im allgemeinen ge-
brauche als sehr häufig wiederholte, stete Wendung), dw'e
wojsce (zwei beere), dw'e m'esde (zwei orte; 16. jahrh.)
neben dw'e wojska, dw'e m'asta, dw'e ja.dercc (zwei
kernchen oder testiculi), d w'e zarne (zwei kerne ; 1 7. jahrh.)
u. 8. f.; dw'e sloncy (zwei sonnen), dw'e poli (zwei fel-
der; 16. jahrh.), ocy (äugen), usy (ohren; bis zur stunde
gebräuchlich). Ein sehr bekanntes sprüchwort ist: m§dr^j
glow'e doStf dw'e slow'e (einem klugen köpfe sind genug
zwei worte). So lautete früher dies sprüchwort. Nach-
dem aber der dual aus dem sprachgebrauche verschwun-
den, verstand man dies sprüchwort nicht mehr und sub-
stituirte des reimes wegen f. dw'e slow'e — na slow'e
(auf einem worte, ein wort): ma,drej gtow'e dosd na
slow'e. — Dw'e lede kommt noch jetzt als stete wendung
in der polnischen Volkssprache vor, und selbst manche
Schriftsteller wenden diese alte form an. Sie fühlen dw'e
lede aber nicht mehr als den dual, sondern als eine mit den
numeralien zusammenhängende form, und schreiben auch
tfy lede, ctery lede für und neben tfy lata (drei jähre),
ctery lata (vier jähre); womit man vergl. den russischen
nom. pl. masc. auf -a (dualen Ursprungs) bei Zahlwörtern,
z. b. nicht nur dva celaVeka (zwei menschen), sondern
auch tri cetaveka (drei menschen), cetyre öelaVeka
(vier menschen), aber p'at' celav'ek (fünf menschen). — Der
nom. acc. dual auf -ji ist früher ausgestorben als der auf
-je; er hinterliefs aber einige spuren in der jetzigen spräche.
So haben wir ocy, uäy, plecy (schultern; letzteres jetzt
als plur. fem. gefohlt) von st. oc-, uä-, plec-, welche alle
5*
68 Baudouin de Courtenay
aber nur als plurale gefühlt werden (schon im 14. jahrh.).
Man bildet auch den eigentlichen plural von den stammen
ok-, uch-, also nom. oka, ucha, aber mit anderer be-
deutung: oka wohl äugen, aber in einem netz, ucha ohren,
aber am topfe oder korbe (früher auch menschliche ohren
bedeutend, z. b. dw'e ucha, 1700). Neben plecy findet
man im 17. jahrh. von demselben stamme den eigentlichen
plural pleca, dessen parallele ich in dem allein gebräuch-
lichen nozdfa (oder nozdfe fem., nasenlöcher), für den
dual nozdfy, welchen wir erschliefsen müssen, da andero
dnalcasus von nozdfe wirklich vorkommen (cf. unten; der
nom. sing, heifst nozdfe), und in jajca (hoden) f. dual
jajcy (sing, jajce kommt nicht vor; cf. jajo, jajko, das
ei) sehe.
Vom nom. acc. dual, des neutr. von den adjectiven
finde ich kein beispiel; dafür aber vom pronomen posses-
sivum, aber nur im 14. jahrh., und schon damals neben
den pluralen formen: oöy moji (meine äugen), oöy tfoji
(deine äugen) neben oöy moje und ocy gospodnowy
(die äugen des herrn), und nur usy tfoje (deine ohren).
Participium praeter, mit dem verbum subst. das prae-
teritum bildend: pom diele jesta ocy moje (meine äugen
sind matt geworden), wyw'edle jesta ocy moje
(meine äugen haben herausgeführt), w'idzcle jesta ocy
tfoji (deine äugen haben gesehen), ocy moji mdlesta
aus mdle jesta contrahirt, mdle eher adject. als partic.)
byle (meine äugen waren matt geworden; alles aus
dem 14. jahrh.).
Das zahlwort lautete im nom. acc. dual, neutr. dw'e,
ob'e, und noch nach dem verschwinden des duals bei
neutr. Substantiven brauchte man es in Verbindung mit plu-
ralen formen. So z. b. dw'e lerfe (zwei jähre), dw'e m'e-
ide (zwei ort£; cf. oben), ocy ob'e (beide äugen), heba
ob'e (beide himmel), dw'e ucha (zwei ohren), dw'e w'elKe
dfewa (zwei grofse bäume), f sto lat tfydzeSci i dw'e
(nach 132 Jahren), dw'e starostfa (zwei starosteien), pfes
dw'e le<5e (zwei jähre hindurch), na lat dw'e (auf zwei
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 69
jähre), wojska ob'e (beide heere), stowa ob'e (beide
worte), lat dw'e u. s. f. Aber schon im 17. jahrh. finden
wir im neutr. dwa, oba fiftr dw'e, ob'e, z. b. m'^dzy
oba wojska (zwischen beide heere). Diese formen dran-
gen ins neutrum ein in folge der wirkung zweier factoren,
zweier analogien: des duals masc, und des pl. neutr. Beim
volke ist noch die form dw'e, z. b. dw'e Jede, neben dwa
im gebrauche.
c) Fem. Die endungen sind identisch mit denen des
neutrums: -je bei den hart-, -ji bei den palatalauslauten-
den. Die femin. auf - j e hielten sich am längsten von allen
dualformen; z. b. dw'e bapce (zwei hebammen), je (f. jej)
r$ce (ihre hände), na ob'e strone (auf beide Seiten;
15. jahrh.), dw'e sekife (zwei äxte), dw'e motyce (zwei
hauen), dw'e persone (zwei personen; 1450), dw'e se-
kefe (zwei äxte; 1500), dwVryb'e (zwei fische), dw'e
gw'azdze (zwei sterne), na ob'e dw'e nodze (auf beide
fbfse), dw'e sukence (zwei rockeben; 1520), dw'e gf y wne
(zwei mark), dw'e nedzw'edze lap'e (zwei bärenpfoten),
dw'e zene (zwei frauen), ty dw'e dyjane (diese zwei
Dianen), dw'e osob'e (zwei personen), dw'e wadze (zwei
mängel), dw'e drodze (zwei wege), r§ce, nodze (föfse),
dw'e skodze (zwei schaden), dw'e s^sedze (zwei nach-
barinnen; 1570), giow'e ob'e (beide köpfe), dw'e äkodze
(zwei schaden), dw'e strone (zwei Seiten), ryb'e (zwei
fische), gw'azdze (zwei sterne), panne (zwei fräulein),
b'alegtow'e (zwei weiber; 1585), dw'e f ece (zwei flüsse),
strale (zwei pfeile), nauce (zwei doctrinen), dw'e skale
(zwei felsen), na strone ob'e (auf beide Seiten) neben
strony ob'e, re.ee ob'e (1590), po dw'e dragm'e (je
zwei drachmen), dw'e öcypde (zwei prisen), ob'e strone
(1620), ob'e korone (beide krönen), dw'e pafe (zwei
paare), dw'e osob'e (1690), na ob'e strone, dw'e k&q-
dze (zwei bücher), dw'e stom'e (zwei strohe), dw'e po-
wadze (zwei autoritäten), dw'e godzine (zwei stunden),
dw'e sestfe neben dw'e Sostfe (zwei Schwestern), ob'e
matee (beide mötter), dw'e kolumhe (zwei Säulengänge
70 Baudouin de Courteoay
1695), dw'e panne (1700), na ob'e strone, dw'e ks$-
dze, dw'e Sostfe, dw'e ätuce (zwei stück; 1720), dw'e
rode (zwei rotten), na ob'edw'e strone, dw'e klodze
(zwei tonnen; 1735), dw'e wloce (zweihufen), dw'e osob'e,
dw'e Sostfe (1740) u. s. f. Die formen auf -ji bei den
palatalauslautenden stammen dauerten nicht so lang; wenn
sie auch noch im 18. jahrh. vorkommen, so ist es dennoch
nur ausnahmsweise und sie werden mit dem plur. verwechselt:
dw'e nedzeli (zwei Sonntage), dw'e 6$sdi (zwei theile,
gleich dem plur.; 1450), dw'e nedzeli (1500), dw'ekonw'i
(zwei grofse kannen; 1570), dw'e zrenicy (zwei pupillen),
dw'e nedzeli, dw'e troji(zweiTroja's), dw'e m'ili(zwei
meilen; 1585), dw'e nedzeli, dw'e m'ili, dw'e pldi (zwei
geschlechter), dw'e smycy (zwei hetzriemen; 1695), dw'e
m'ili, dw'e pI<H, dw'e chorqgw'i (zwei fahnen; 1720),
dw'e f£i (zwei dörfer; 1730), dw'e nedzeli neben dw'e
nedzele, dw'e m'ili (1735) u.s. f. Diese form verwechselte
man später mit nom. pl. fem.: fsi, möy (messen), smycy,
zlo.4di u. s. f. neben fse, mäe, smyce, zlosde. Sie lebt
noch als volksthömlicher ausdruck: dw'e nedzeli, aber
man spricht auch tfy nedzeli neben tfy nedzele (drei
Sonntage); man fohlt also diese endung als eine mit den
numeralien zusammenhängende. Mehr verbreitet in der
Volkssprache und noch als dual gefühlt sind andere for-
men, von hartauslautenden stammen, auf -je, diese sind
zumal in Volksliedern des reimes wegen beibehalten; doch
sind sie auch in der Umgangssprache des volkes üblich.
So z. b. dw'e dzefcyiie (zwei mädchen), dw'e pole (zwei
schö&e am kleide, nom. sg. pola), dw'e bab'e (zwei alte
weiber), dw'e koze (zwei ziegen), dw'e kfarde (zwei
quart) u. s. f. — Die form r$ce (hände) kommt auch in
der Schriftsprache vor; aber sie ist jetzt plural geworden,
und von irgend einer mehrbeit von händen wird niemals
r$ki, sondern nur r$ce gebraucht; r$ki existirt gar nicht
als nom. und acc. plur. — Schon im 16. jahrh. begann
man auch in Verbindung mit dw'e, ob'e den plural anzu-
wenden. Selbst dann, wenn zu dw'e zwei substantiva ge-
eiuige fälle der wirkung der analogie in der poln. declination. 71
hören, und eines zu weit entfernt in demselben satze steht,
hört das geföhl des duals auf, z. b. dw'e gw'azdze ne-
b'cste matKi (nicht matce) sf$te (zwei himmlische
sterne, heilige mütter; 1520). Andere beispiele: strony
ob'e neben strone obe (beide Seiten; 1590), dw'e uncyje
(zwei unzen; 1620), strony ob'e dw'e (1680), dw'e drogi
(zwei wege), dw'e cörKi (zwei töchter), dw'e Wellte gory
(zwei grofse berge; 1695), dw'e kozy (zwei ziegen; 1700),
dw'e zawady (zwei hindernisse; 1720), dw'e nedzele
neben d w'e nedzeli (zwei Sonntage; 1735) u. s. w. u. 8. w.
Pronomen possessivum: r§ce sfoji (seine hände; 14.
jahrh.).
Pronomen demonstrativum : <?e (diese; 14. jahrh.).
Participium praeteriti, mit dem verbum substantivum
das praeteritum bildend: ne stregle (sie wachten nicht),
6e jcsta m'e pfew'edle i dow'edle (diese haben mich
durchgeführt und zugeführt), r§ce jego sluzyle jesta
(seine hände dienten), zama.tek i tesnica nalezle (in
folge der genuscongruenz mit dem zweiten substantivum fem.
tesnica, nach dem allgemeinen syntactischen gesetze sollte
sich das praedicat in betreff des genus nach dem masc.
zam^tek richten) jesta m'^ (die Verwirrung und Sehnsucht
haben mich gefunden; 14. jahrh«), je (gen. sg. fem. f. jej)
r$ce 83 (nicht jesta) byle uschle (ihre hände sind
verdorrt geworden; 15« jahrh.).
Das zahlwort dw'e, ob'e ist bis zur stunde ohne alle
Veränderung geblieben.
2) In str. und dat. Die verschiedenen endungen die-
ses casus sind: -ama, -oma, -ima, -ema, -jema,
-yma. Der haupttheil aller dieser endungen ist -ma,
und der vorhergehende vocal hing ursprünglich, wie es
scheint, vom stammauslaute oder vom genus ab. So z. b.
gehörte -ama ohne zweifei den femininen. Wir finden
nämlich instr. r$kama (mit zwei händen) im 14.. 15. und
selbst noch im 17. jahrh. Es kommt auch ein beispiel für
diese endung im masc. vor: m'e dz y dw'ema dorn ama
(zwischen zwei häusern; 15. jahrh.). Sie unterlag aber sehr
\
72 Baudouin de Courtenay
früh der analogie des masc. -oma, welches sowohl im
masc., als auch im fem. und neutr. 6ich zeigt, womit man
-öm vergleiche, das jetzt im dat. plur, allein herrscht,
-yma und -oma sind nur phonetische Veränderungen der-
selben endung und gehören dem neutr.; -jema kommt
beim zahlworte dw'ema, -yma nebst -ema bei adjectivis
und was damit zusammenhängt vor.
Der dativ hat viel froher seine duale endung aufge-
gegeben, als der instrumental. Vom dativ finden wir sehr
sparsame beispiele: masc. onyma dw'ema bradeneoma
(jenen zwei brüdern), ob'ema sfyma p an oma (seinen
beiden herren; 15. jahrh.), dw'ema groäoma (den zwei
groschen) neben zemanom dw'ema (zweien landedelleu-
ten; 1500) und dw'ema zwolenikom (zweien anhängern;
1520) u. s. f.; fem.: ob'ema stronoma (beiden Seiten;
1500) u. 8. f.; kein neutr., kein ocyma, usyma, sondern
nur plur. o com, uäom. Am längsten hielt sich der dativ
beim personalpronomen nama (uns beiden), wama (euch
beiden), und (bis zur stunde) im zahlworte dw'ema, ob'-
ema oder dwoma, oboma. Der entwickelungsgang des
instrum. ist reicher, mannichfaltiger und länger (die oben
angeführten beispiele auf -ama mitgerechnet), masc:
dw'ema zakonoma (mit zwei gesetzen; 14. jahrh.),
dw'ema prys$znikoma (mit zwei vereideten), dw'ema
sfatkoina (mit zwei zeugen), dw'ema woloma (mit
zwei ochsen), se dw'ema paropkoma (mit zwei knech-
ten), se dw'ema dzestoma gfyw'en (mit zwanzig mark
1450; 1500 schon: ze dw'ema dzesty instr. plur.), ze
dw'ema sfatkoma, dw'ema woloma, ze dw'ema
celadnikoma (mit zwei gesellen), ze dw'ema rydloma
(mit zwei spaten; 1500), m'edzy dw'ema lotroma (zwi-
schen zwei gaunern), m'edzy dw'ema ölow'ekoma (zwi-
schen zwei menschen), dw'ema Strumen oma (mit zwei
strömen), dw'ema dr$goina (mit zwei Stangen; 1520),
dw'ema narodoma (mit zwei Völkern), dw'ema rogoma
(mit zwei hörnern; 1560) u. s. w.; fem.: dw'ema riedze-
loma (mit zwei Sonntagen), m'$dzy dwoma dzedzi-
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. , 73
noma (zwischen zwei erbgütern), ze dw'ema slugoma
(ma8C mit zwei dienern), dw'ema ranoma (mit zwei wan-
den; 1500), r$koma wlasnyma (mit eigenen händen),
tn'edzy r$koma (zwischen den händen) neben r^kämi
panens&imi (mit den jungfräulichen händen; 1520),
dw'ema fekoma (mit zwei Aussen; 1580), ob'ema r$-
koma (mit beiden händen; 1590) u. s.w.; neutr.: pfede
dw'ema latoma (vor zwei jähren; 1500), ocyma (mit den
äugen), usyma (mit den ohren) beide seit dem 14. jahrh.
bis zur stunde; oeema (1680, 1730), usema (1660), noz-
dfema (mit den nasenlöchern ; 1590, 1680), plecoma
sfojima (mit seinen schultern; 14. jahrh.), s plecoma
äerokem'i (mit breiten schultern; 1590), s pf yp'econemi
jajoma (mit den angebackenen hoden, testibus, vor 1700)
u. ä. Hier aber begann die analogie des plurals auch sehr
früh (im 15. jahrh.) einzuwirken: masc. s konmi dw'ema
(mit zwei pferden; 1590), dVema w'efcham'i (mit zwei
gipfeln; 1650), z dw'ema w$zam'i (mit zwei schlangen;
1700), m'^dzy tem'i dw'ema zakonam'i (1730) u. s. f.;
fem. m'edzy dw'ema dzedzinam'i (zwischen zwei erb«
gütern; 1450), m'edzy dwoma fekam'i (zwischen zwei
Aussen; 1590) u. s. f. Aber der instr. dualis schwand nicht
ohne widerstand zu leisten und selbst einige spuren seiner
analogie zu hinterlassen. Aufser den eigentlichen dualen:
plecoma, nozdfema, ocyma, usyma, r$koma u.s.f.
finden wir im 17. jahrh. als plural z$boma: zgfytat z$-
boma (er knirschte mit den zahnen; 1660), in folge des
zusammenhangsgefübls mit numeralien: pfed 4ma riedze-
loma (vor vier wochen; 1690), bei den neuesten Schrift-
stellern neben ocyma, uäyma, plecyma (echter dual)
auch plural oknyma (mit den fenstern), wrotyma (mit
dem thore), fschodyma (mit den treppen), ustyma (mit
dem munde), sf^tyma (mit den feiertagen) u. s. w. neben
den häufigeren plur.: ocam'i, usam'i, plecam'i, ok-
nam'i, wrotam'i, fschodam'i oder schodam'i, ustam'i,
äf'Qtam'i und neben okny, wroty, fschody, usty,
Sf^ty, selbst ocy, usy (cf. oben instr.pl.). In volkslie-
74 , Baudouin de Courtenay
dem kommen neben den eigentlichen dualformen auch solche
nach der analogie des dnals gebildete instrumentale plur.
(des reimes wegen und in folge der attraction) vor, ähn-
lich wie im böhmischen, z. b. rudern federn f$doma
za ob'ema stotoma (der eigentliche dual, maec. ; in der
reihe in der reihe in den reihen hinter den beiden tischen),
in'^dzy dw'ema topoleckoma (femin., zwischen zwei
pappelchen), o ni'^dzy dwoma göreckoma b'ezy woda
struzeckoma (beide fem., o! zwischen zwei berglein läuft
das wasser in den Aufsehen). — Die jetzt gebräuchlichen
r^koma, usyma, oeyma sind keine duale mehr, es sind
der bedeutung nach lauter plurale, neben den eigentlichen
pluralformen, r^kam'i, uäani'i, ocam'i, üblich.
In der älteren spräche begegnen uns auch beispieie
des dat. instr. dual, von adjeetiven, possessiven fürwörtern
und ähnl.: dat. onyma dw'ema bralenconia (jenen zwei
brödern), ob'ema sfyma panoma (seinen beiden herren;
15. Jahrb.), dw'ema sob'e rownyma (zweien sich glei-
chen; 1500); instr. r$kama mojima (mit meinen bänden),
pfed oeyma myma (vor meinen äugen), pfed oeyma
tfojima (vor deinen äugen), pfed oeyma gospodno-
wyma (vor den äugen des herrn), usyma naäyma (mit
unseren obren), plecoma sfojima (mit seinen schultern;
14. jahrh), sfyma r$kama (mit seinen händen), dw'ema
sf'atkoma lepsyma albo znam'enitsyma i star-
syma (mit zweien besseren oder vornehmeren und älteren
zeugen; 1450), dw'ema rownyma (mit zwei gleichen;
1500), r$koma wlasnyma (mit eigenen händen), r§-
koma sfojima, tfyma r$koma (mit deinen händen) ne-
ben r$kami panenskem'i (mit den jungfräulichen hän-
den), sfyma oeyma, pfed tfyma oeyma, myma
ceyma (mit meinen äugen), pfed oeyma waäyma (vor
euren äugen), krfawyma oeyma (mit blutigen äugen;
1520), oeyma sfema (1570) u. 8. w., aber schon im
16. jahrh. neben den pluralen formen (r§kami panen-
sKem'i), und nicht über das 16. jahrh. hinaus.
Was die numeralia dwa, oba betrifft, so scheint ihre
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 75
ursprüngliche dativ- und instrumentalform dw'ema, ob'-
exna für alle genera zu gelten. Diese formen leben bis
jetzt fort, sind aber, besonders als dativ, in sehr seltenem
gebrauche; z. b. dat. masc. onyma dw'ema braden-
coma, ob'ema sfyma panoma (15. Jahrb.), dw'ema
groäoma, dw'ema sob'e röwnyma, zemanom dw'e-
ma (1500), dw'ema zwolenikom (1520), ob'ema
(1590), bfegom dw'ema (den beiden ufern; 1680),
tym dw'ema brarfi (diesen zwei brüdern), ob'ema (1730)
u. 8. f., noch heute z. b. ob'ema oder dw'ema panom
(beiden oder zweien herren); fem. ob'ema stronoma(den
beiden Seiten; 1500) u. s. f., noch heute: dw'ema dzef-
cynom (zweien mädchen), ob'ema stronom u. 8. w.; als
instr. werden dw'ema, ob'ema häufiger gesprochen und
geschrieben, doch nicht ausschliefslich. Daneben bildete
sich im 16. jahrh., vielleicht nach analogie der substantiva
in folge der congruenz, die form: dwoma, oboma, z. b.
m'$dzy dwoma fekam'i (zwischen zweien flössen) neben
ob'ema r$koma (mit beiden bänden; 1590), krölewi-
com dwoma (den zwei kronprinzen) u. ä. ; und jetzt ist
diese form häufiger ftls jene. Manche wollen damit masc.
und neutr. vom fem. unterscheiden (dwoma masc. neutr.,
dw'ema fem.), aber es ist nicht in der bisherigen entwik-
kelung der spräche begründet. Für den dativ ist jetzt
anstatt dwoma die form dwöm (dwum), durch den ein-
flufs des dat. plur. (und des tfem, öterem) entstanden,
die gewöhnlichste; instr. hat dwoma, dwuma (nach ana-
logie von dwu und dwuch), dw'ema. Daneben blüht
und hat grofse aussieht sich künftig zu erhalten die aus
dem genit. und loc. entlehnte endung u, sowohl im dativ
als auch im instr.: dwu, obu (cf. unten). Dafür aber
wird jetzt -oma (oder -ma) als instrumentale endung der
numeralia und der damit zusammenhängenden Wörter gefühlt,
und man sagt für älteres tfem'i, ctyrm'i oder cterm'i
— tfema (mit dreien), cterema (mit vieren), ferner:
p'$doma (mit fünfen), se&doma (mit sechsen) u. s. f.
dzesQloina (mit zehnen), jeden astoma (mit eilfen, alt:
76 Baudouin de Courtenay
jednym od. jednq na 6<5e), dwuna Stoma (alt: dw'ema
na sie, mit zwölfen), tfynastoma (alt: tfem'i na äc*e,
mit dreizehn) u. s. f., äesnastoma (mit sechszebn) u. 8. f.,
d wudzestoma (mit zwanzig, alt: dw'ema dzestoma oder
dWema dzesty), p'<?dze£§doma (älter: p'$<5i| dzeä^t,
mit 50) u.s. f., Stoma (mit 100, älter: stem); dann:
v/eloma (mit vielen), kilkoma (mit einigen) u. ä. neben:
dwu (nicht aber tf u, cteru), p'e^u, äesdu u. 8. f., stu,
w'elu u.s. f. und neben: p'§<5^, sesd§ u. s. f., selbst: je-
denastc|, dwudzest^, p'§dze£$<5j|, kilk^, w'elj| u.s.f.
(6. unten); dat. dw'ema, ob'ema neben dwum (dw6m),
obum (ob 6m fast ungebräuchlich), entstanden nach ana-
logie des tf em, cterem und des dat. plur. ; von andern
fast ausschliefslich die dativform auf u: p'$cu, dzes$du,
jedenastu, dwudzestu, stu u. 8. f., kil&u, v/elu ne-
ben w'elom u. s. w. (cf. unten).
Der dual vom pronom. personale ist in der Schrift-
sprache schon ausgestorben (im 17. jahrh.): dat. nama
(1585, 1610), instr. nama ob'ema (1520), m'^dzy nama
neben nad ob'ema nam'i(1590), dat. jima (ihnen beiden;
15. jahrh.). Noch jetzt spricht das volk mancher gegen-
den instr. woma (= w4ma).
3) Gen. und locat. Die endung ist bei beiden casus
för alle genera -u. Sie wich aber der analogie des plu*
rals, wenige spuren, obgleich der bedeutung nach auch
nicht echt dualisch, ausgenommen. Die beiden casus er-
fuhren dieses Schicksal nicht gleichzeitig. Früher ver-
schwand der loc. dual, als der gen. dualis, ähnlich wie der
dativ dem instrumentalis voranging. Beispiele für den loc.
masc. o dwu apostolu (von zwei aposteln), we dwu
wolu (in zwei ochsen; 15. jahrh.),. o dwu gtosu (von
zwei stimmen; 16. jahrh.), o dwu dluzniku (von zwei
Schuldnern), po dwu dnu (nach zwei tagen; 1520, 1570)
u. 8. f.; neutr. na dwu malu m'astku (auf den zwei klei-
nen Örtchen; 15. jahrh.), po dwu latu (nach zwei jähren;
1450, 1500), we dwu latu (1500), w o6u nasu (in un-
sern äugen; 14. Jahrb.), w ocu mojich, w ocu tfych
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 77
neben w oöach, w uäu, pfy uäu (1585), w obu tych
m'ejscu (in diesen beiden orten; 1590), w ocu neben w
ocach (1610), w ocu (1660, 1680), w usu neben w ocach
(1680) u.s.w,; fem. w r§ku tfoju (in deinen bänden),
w r$ku sfoju, w moju r$ku (14. jahrh.), w sfu r$ku,
w r§ku poganskich (in heidnischen händen), f tu to
dwu nedzelu (in diesen zwei wochen; 15. jahrh.), we
dwu zem'u (in zwei ländern), we dwu nedzelu neben
gen. do dwu nedzel (1500), w obu fsu (in beiden dör-
fern; 1505), w obu r^ku (1570) u. s.w. Aber im 17. Jahr-
hundert hört dies vollkommen auf; die Vertretung durch
den plural beginnt schon sehr früh: we dwu woloch (in
zwei ochsen; 1505), we dwuch kosdolach (in zwei
kirchen; 1700), na tych dwuch koncacb (auf diesen
zwei enden; 1720), we dwu m'e^cach (in zwei mona-
ten; 1730) u.s.f., w o6och(1550, 1570), o tfech uchoch
(vom stamme uch-, nicht nö-; 1570), w ocach neben
w ocu (1585, 1610), na usach (1630), w ocach neben
w uäu (1680) u. ä.; na mojicb oder sfych r^käch ne-
ben na sfycb r§ku (1520), po dwu dragmach (zu
zwei drachmen; 1620) u. s. w. Jetzt, wo man noch ganz
gewöhnlich den gen. usu, ocu braucht, darf man den lo-
cativ nicht so bilden, indem man ihn durch die nach ana-
logie des plurals von demselben stamme oc-, u§- gebilde-
ten und allein geltenden formen w oöach, w usach er-
setzt, w r$ku wird als locativ gebraucht, aber nicht mehr
als dual, sondern vielmehr als sing. loc. masc. gefohlt (über-
springen in anderes casus-, genus- und zahlgefühl), indem
man: na r^ku prawym (auf der rechten band), w mo-
jim r$ku (in meiner hand), w r$ku tfym (masc, als
ob nom. sing. r§k oder r$k wäre) neben loc. fem. r$ce
spricht. Loc. plur. (nebst dual) heifst: r§kach fem., z. b.
w mojich rgkach. Nur des Ursprungs der form r$ku
bewuste oder archaisirende schreiben und sprechen: w mo-
jich r$ku als dual, w r^kach als plur. und w r$ce
als sing. R$ku aber als genit. plur. wird allgemein ge-
braucht neben häufigerem r$k. — Beispiele für den ge«
78 Baudouin de Courtenay
nitiv, der aus syntactischen gründen bei den persönlichen
Substantiven masc. gen. auch den acc. (der entwickelungs-
gang dieses acc. dual, ist vom -a zu -u, und vom -u zu
-6f -6w) ersetzt: masc. se dwu rodu (aus zweien ge-
schlechtern), se dwu klejnotu opcu (obcu; aus zwei
fremden kleinoden), dwu celedniku (zweier gesellen),
dwu celadzinu (dass.), dwu wolu (zweier ochsen), pfes
(= be8)dwu kfartniku (ohne zwei accisebeamten), dwu
dze£$tu (der zwanzig; noch gesondert, jetzt contrahirt
dwudzestu; 1450), dwu wolu (zweier ochsen), dwu
pacholku (zweier burschen), dwu dostojniku (zweier
Würdenträger), dwu grosu (zweier groschen) neben dwu
dostojniköf, dwu celadniköf, dwu £f&tköf (zweier
zeugen; 1500), dwu w'epfu (zweier borche), dwu m'e-
£$cu (zweier monate; 1505), dwu zwoleniku (zweier
anhänger), dwu synu (zweier söhne), dwu onych lotru
(jener zwei gauner), dwu ariolu (zweier engel; 1520),
dwu groäu, dwu wolu, dwu tys^cu (zweier tausende),
dwu synu (1570), dwu uf^du (zweier ämter), dwu
m^zu (zweier gemahle), dwu synu (1585), dwu kotu
(zweier katzen), dwu bogu (zweier götter), dwu kupku
(zweier becher), dwu wolu, obu pfodku (beider vorfah-
ren), dwu scyp'ijonu (zweier Scipionen; 1590) u. 8. f.;
neutr. ocu moju, ocu tfoju, skfydlu tfoju (deiner flü-
gel; 14. jahrh.), dwu latu (zweier jähre; 1450) u. 8. f.;
fem. r§ku(14.jahrh.), obu fsu (beider dörfer), dwu kopu
(zweier schocke), obu stronu (beider Seiten; 1450), obu
dzedzinu (beider erbgüter) neben dwu riedzel (zweier
wochen; 1500), r$ku (1590) u. s. f.
Plurale form, diesen dualgenitiv vertretend: dwu ce-
ladnikof, dwu sfatkof, dwu dostojniköf neben dwu
dostojniku, dwu pacholku, dwu wolu (1500), tych
dwuch punktöf (dieser zwei puncte; 1720), dwu w'sznof
(zweier gefangenen ; 1740) etc.; dwu lat neben dwu latu
(1500), dwu dal (1570) u. 8. f.; dwu nedzel neben loc.
we dwu nedzelu und gen. z obu dzedzinu (1500)
u. s. f. — Gegenwärtig sind noch folgende reste des gen.
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 79
dualis bei Substantiven vorhanden: r§ku als plural neben
häufigeren ra.k (locativ r§ku gilt als singular) und uäur
ocu neben häufigerem, nach der analogie des gen. pl. masc.
(s. oben) gebildeten ocöf, usof, und neben seltnerem, der
analogie des gen. pl. neutr. folgenden 6 c, us.
Beispiele des loc. gen. dual, von adjectiven, nebst pro-
nomen demonstr. und possess.: loc. w ocu nasu (14. jahrh.),
na dwu maiu m'astku (auf den zwei kleinen Örtchen;
15. jahrh.), wmoju r^ku, wr^ku tfoju, wr§ku sfoju
(14. jahrh.), f sfu r$ku (15. jahrh.) u. 8. f., aber sehr früh
vom plur. verdrängt: w r^ku pogans&ich (15. jahrh.; in
heidnischen händen), na mojich r$käch, na sfych r§-
käch, na sfych r$ku (1520), w ocu mojich, w ocu
tfych (1585) u.s. f.
gen. (acc.) ww'esrf dwu starSu sfego rodu, a
drugu dwu drugego rodu po madery, a tfeöu dwu
(acc.) tfedego rodu (einführen zwei ältere seines Stam-
mes, und zwei andere anderen Stammes nach der mutter,
und zwei dritte dritten Stammes), dwu lepsu i staräu
a se dwu rodu dwu lepäu (acc. zwei bessere und
ältere und aus zwei stammen zwei bessere), se dwu
klejnotu opcu (aus zwei fremden kleinoden; 1450), dwu
tfe<5u (zwei dritte) neben ww'esrf dwu starsych ....
(1500 id. ac 1450), ocu moju, ocu tfoju, skfydlu
tfoju (deiner flögel; 14. jahrh.), moju r$ku, r^ku tfoju,
r$ku sfoju, r^ku lucku (d.i. ludzku) (der menschli-
chen hände; 14. jahrh.) etc.
Pronomina personalia: naju (noch im 16. jahrh., unser
beider), waju(euer beider): ktöryz waju obu näsilnöj
um'ilowäl (1520; wer von euch beiden hat am stärk-
sten geliebt) u. s. w. Beim volke mancher gegenden lebt
waju noch heute, z. b. z waju, kumo, s$ sm'eja^ (über
euch, gevatterin, lacht man).
Numeralia dwa, oba: die ältere und ehemals allein
giltige form für beide casus, loc. und gen. (respective acc),
und alle genera ist dwu, obu (die beispiele siehe oben).
Im 17. jahrh. entstand durch anlehnung an tf ech, cte-
80 Baudouin de Courtenay
rech die form dwuch, obuch, z. b. z obuch stron
(von beiden Seiten), tych dwuch pon$t (dieser beiden
reize), w dwuch lalach (in zwei körpern; 1690), we
dwuch ko&do}ach (in zwei kirchen), na tych dwuch
koncach (auf diesen zwei enden; 1720) neben we dwu
m'es^cach (in zwei monaten; 1730), dwuch nacyji
(zweier nationen), z obuch stron (1720), tych dwuch
punktöf (dieser beiden punkte; 1720) u. s. f. Diese form
dwuch, wie wir sehen, hat zwei endungen : 1) -u, 2) -eh.
Daraus bildete sich nach analogie des dat. instr. dwoma,
dwom (als ob dwo- stamm wäre), mit Verwechslung des
u mit o dwoch oder d wo ch (jetzt von dwuch ganz und
gar nicht lautlich zu unterscheiden, cf. dwom = dwum),
z. b. po dwoch ledech (nach zwei jähren), oboch (bei-
der) u. s. f. Alle diese formen: dwu, dwuch, dwoch
obu, obuch, oboch leben bis zur stunde fort, nur wer*
den obuch und oboch sehr selten gebraucht; dwoch
kommt auch im kleinrussischen vor.
Diese endung -u des gen. loc. dual, ist jetzt sehr ge-
bräuchlich und zwar mit ganz anderer bedeutung. Von
diesen Zahlwörtern dwu und obu erstreckte sie sich auf
andere Zahlwörter und Wörter, die sowohl zu den Zahl-
wörtern, als auch zu den unbestimmten fürwörtern gezählt
werden können, und, allen casus dienend, ist sie eine all-
gemeine, generelle endung der unbestimmten fürwörter und
Zahlwörter geworden. Da dies in folge des gewaltigen
überspringens in andere kategoriengefühle geschehen ist,
so will ich diese erscheinung im dritten und letzten ab-
schnitte meines aufsatzes behandeln.
m. Überspringen in ein anderes kategorien-
( casus-, genus- und zahl-) gefühl.
Die betrachtung der historischen entwickelung der
dualformen und ihres einflusses auf die neubildungen der
polnischen spräche hat uns schon manche bespiele dieser
erscheinung geliefert (die Vertretung des duals durch den
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 81
plnral fällt nicht in diesen bereich, weil hier eine ganze
kategorie zu gründe gebt):
1) fem. r$ce, r$koma, rqku (gen.), neutr. oöy,
uäy, plecy mit ihrer ganzen declination werden jetzt nur
als plural gefühlt;
2) loc. dual. fem. r^ku ist loc. sing. masc. (? neutr.)
geworden, z. b. na r$ku prawym(auf der rechten band,
als ob der nom. sg. r$k oder r$k wäre);
3) acc. nom. dual, neutr. le<5e wird von manchen als
die in Verbindung mit numeralien zu brauchende plurale
form gefühlt;
4) dwuch entstand nur in folge des vergessens der
ursprünglichen bedeutung von dwu, und diese bestimmte
form dwu ist zum thema herabgesunken, um bestimmteres
dwuch zu bilden.
Betrachten wir jetzt die Veränderungen, welche durch
den einflufs des -u des gen. loc. dual, in riesenhafter aus-
dehnung entstanden sind. Sie alle betreffen nur die die
sabstantiva bestimmenden werter, und nicht die substantiva
selbst. Dm sie zu verstehen, müssen wir noch eine andere
kraft, die sogenannte attraction, hinzunehmen. Man
mala diese hier in betracht kommende, so zu sagen, wör-
terzusammenhangsattraction von der syntactischen oder
satzbauattraction unterscheiden. Diese unsere attraction
ist nichts anderes, als eine innere congruenz des bestimm-
ten und bestimmenden, des subjeets und prädicats, des Sub-
stantivs und adjeetivs, des Substantivs und verbums, und
diese innere congruenz erzeugt sehr naturgemäfs auch die
äuisere congruenz. Es ist die congruenz, welcher die ad-
jeetiva ihre casusendungen , die verba ihre zahlen und
manchmal ihre genera verdanken. In folge dieser, schon
theilweise ins gebiet der syntax gehörenden und dort näher
zu untersuchenden kraft entstund folgendes.
1) Die Zahlwörter p's<5,5, äesö 6, sedem 7, osera 8,
dzew'^d 9, dzes§<5 10 sind ursprünglich substantiva ab-
straeta fem. gen., und wirklich kommen im älteren polnisch
fast ausschliefslich formen vor, wie gen. loa dat. p'^li,
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 1. 6
32 Baudouin de Courtenay
äesrfi, sedm'i u. 8. f.; instr. p'edQ, sesd^, sedm'3 u. 8. w»,
was man manchmal noch heute zu tage hören kann. Alle
syntactischen beziehungen also drückte man an diesen Zahl-
wörtern aus, und das substantivum trat nur als ergänzung
dazu, z. b. dal to p'§di (dat.) paropk6f (er hat es fünf
knechten gegeben), pojechal s p'<^3 (instr.) ludzi (er
ist mit fünf leuten gefahren), oltafe sw'ec sedm'q jasne
(die altäre durch sieben lichter hell) u. s. f. Allmählich
aber trat das gefühl ein, dafs dies beziehungen nicht des
Zahlwortes, sondern des Substantivs seien, und dafs das
zablwort eigentlich nur die rolle der näheren bestimmmung
spiele. Darum fing man an, die Casusbeziehungen am sub-
stantivum auszudrücken. Da, wie sich von selbst versteht,
diese sustantiva im plural stehen müssen, so versetzte man
in folge der inneren congruenz auch die sie näher bestim-
menden Zahlwörter in den plural und sagte: instr. p'^doma
(die duale, plural und numeral gewordene endung) ludzm'i
(mit fünf leuten), und andere casus nahmen vom dual die
jetzt numeral gewordene allgemeine endung -u an: dat.
p'$lu ludzom (den fünf leuten), gen. p'$lu ludzi, loc.
p'3<5u ludzach und selbst iustr. p'$lu ludzm'i neben
p'$doma ludzm'i u. 8. f. Nur wenn das Zahlwort allein
steht, kann man den nach der analogi^ des plurals gebil-
deten dativ p'^om, dzes^dom (dzes^dom) u. s. f.
brauchen. Hier sind fem. sing. p'$<5 u. s. f. zu pluralen
geworden, so dafs man selbst im nomin. bei persönlichen
masculinis nicht den nominativ, welcher em singular wäre,
sondern nur den gen. anwendet, z. b. p'^du ludzi pfyslo
(fünf leute sind gekommen), und dieser gen. plur. wird in
beziehung zum prädicat wieder als nom. sing, neutr. gefühlt :
jedenastu, dwudzestu, stu u. s. w. ludzi pfyälo (11,
20, 100 u. 8. w. leute sind gekommen).
2) Die Zahlwörter von 11 — 19 sind durch Verbindung
der Zahlwörter 1 — 9 mit 1 0 mittelst der präposition n a
entstanden, und wir finden in der älteren spräche noch
gen. jednego na srfe (der 11), dwu na srfe (der 12),
loc. f p'^di na sde (in 15) (sde f. dzes^de, altbulg. de-
einige fälle der Wirkung der analogie in der poln. declination. $3
8$te u. s. f. und selbst ordinalia: f p'a.tym na &de (in
dem fünfzehnten), w osmym na s de (in dem achtzehnten)
u. s. f. Indwunasde fand eine Wirkung der attraction
des zweiten gliedes an das erste statt, und ans dwu na
£<5e entstand dwunastu, jetzt die allgemeine form für
alle casus, und nach dieser analogie bildeten sich jede-
nastu 11, tfynastu 13, cternastu 14 u. s. f. dzew'$t-
nastu 19, kilkunastu (einige über 10). — Aehnlich
haben wir nach analogie des dwudzestu 20 für alle ca-
sus tfydzestu für tfech dzes^t 30, p'§dzes§du für
p'^di dzesa.t 50 etc., dzew^dzes^du 90, im instr. ne-
ben dwudzestoma (ze dwudzestu oder dwudzestoma,
mit 20), tfydzestoma, p'§dzes§doma, dzew^dzesQ-
doma, und im dat., aber höchst selten, dwudzestom,
tfydzestom, p'^dzeS^dom, dzew'^dzeS^dom. — Die-
ses allgemeine beherrschtwerden der numeralia durch die
endung -u, und noch specieller die echt duale form dwustu
2O0, wirkte auch auf die hunderte ein und so sagen wir
(in Verbindung mit subst. für alle casus) stu (od lat stu,
8eit 100 Jahren) für und neben gen. sta, dat. stu, instr.
stem (aber in anderer bedeutung, mehr concret), tfystu
300 für und neben gen. tfech set, dat. tfem stom, instr.
trema stam'i (tfem'i sty), loc. tfech stach, cterystu
400 neben cterech set u. s. f. Daneben instr. stoma,
dwustoma, tfystoma u.s.f. und im dat. sehr selten und
fast ungebräuchlich stom, dwustom, tfystom u.s.f.,
aber nur p'^duset 500, äesduset 600 u. 8. f. Wir sehen,
dafs hier sto, anstatt als neutr. sing, als numeraler plural
gefühlt wird.
3) In obojgu, dwojgu fliefst der loc. sing, von nom.
oboj go (beide), d wojgo (zwei) und die allgemeine numerale
und plurale endung -u zusammen (cf. r^ku). Nun aber ist
diese form für alle casus gesichert und wird neben gen.
obojga, dwojga, instr. obojgem, d wo jgem gebraucht.
4) Ganz ähnlich verhält es sich mit tyle (alt tylo,
so viel), w'ele (contrahirt; viel) und Kilka (alt Kilo,
]£ilko, einige). Es sind ursprünglich neutr. sing, und
6*
84 Bandonin de Courtenay
noch jetzt spricht das volk gen. w'ela. Aach diese Wörter
unterlagen der analogie der numeralia, and es bildete sich
tylu, w'elu, Kilku für alle casus neben tyloma, w'e-
loma, Kilkoma im instr., undtylom, w'elom, Rilkom
im dat. (jetzt selten und nur ohne subst, mit Substantiven
aber immer dat. w'elu, wie obu, dwu, obudwu). Der
instr. heifst pfed tylu, w'elu, Rilku laty, wie pfed
dwu laty, oder pfed tyloma, v/eloma, kilkoma
laty, wie pfed dwoma laty, oder pfed tyl$, Kilka^
Wel$ laty, wie pfed p'$l? laty f. p'^c^ lat (siehe un-
ten). Nom. sing, kilka, ganz unbestimmt in betreff des
genus, entstand wahrscheinlich durch den zweifachen ein-
flufe 1) des nom. pl. neutr., da dies wort als plural gefühlt
ward, und 2) des instr. Rilk^, der so aussieht, als ob er
mit dem nom. sing. fem. Kilka zusammenhinge.
5) Wir haben drei Wörter fem. gen., die neben ihrer
eigentlichen substantivischen function zu unbestimmten
Zahlwörtern (theil weise auch für Wörtern) herabgesunken
sind; nämlich para (paar), sila (kraft), masa (masse) in
der bedeutung ein paar, viel, menge, ungeheuer
viel. In dieser function erlagen auch diese Wörter dem
einflufs der numeralen endung und sind aus fem. sing, zu
pluralen Zahlwörtern geworden. Demzufolge finden wir im
17. jahrb. gen. silu zbrodni (vieler verbrechen), situ
do fortuny wy nosemy nesprobowanych (wir erheben
zur bedeutung viele unerprobten), wedlug situ zdana
(nach vieler meinung), drob'azgem silu slof (mit der
kleinigkeit vieler worte), w rozlicnosci situ fecy (in
der Verschiedenheit vieler sachen), u silu (bei vielen, of.
u w'elu), ludzi silu polykala (sie verschluckte viele
menschen) u. s. f. Wie wir sehen, es sind alles genitive,
resp. accusative, und es scheint, dafs nur in diesem ca-
sus dieses wortes sich die endung -u einnistete. Jetzt
ist nom. sila als zahl wort indeclinabel geworden, und man
sagt: nom. und acc. sila w'ilköf (gen. abhängig von sila,
viele wölfe), gen. sila w'ilköf, dat. sila w'ilkom, instr.
sila w'ilkam'i, loc. f sila w'ilkach, feöach (sacheu)
einige fälle der wirfcong der analogie in der poln. declination. 85
u. 8. f. Daf&r aber sagt man jetzt: gen. masu pf edm'o*
töf (einer menge von gegenständen), loa w masu pf ed-
m'o tach, dat. masu pfedm'otom, instr. masu pfed*
m'otami. — Ebenso do paru mlodych ludzi (zu ein
paar oder einigen jungen leuten; do pary mlodych ludii
nur dann, wenn man von zwei individuen ungleichen ge-
schlechtes spricht), na paru konach (auf ein paar pfer-
den), seltener na pafe koni (bestimmter gesagt).
Alle diese zahlreichen Übergänge und tief eingreifend«
Veränderungen bewirkte der einflufs des duals, ausgehend
von den Zahlwörtern dwu, ob u, unter ihn begünstigenden
umständen. Es giebt noch eine scheinbar eben so seltsame
von den zahlwortern stammende analogie, nämlich:
6) In-str. auf -q. Wie schon oben gesagt, sind die
numeralia 5 — 10 feminina abstracta und bilden eigentlich
den instr. eben so, wie andere substantiva fem. gen.: p'$c?
— dzes^cq. Diese formen erlitten theil weise beschränküng
in folge der einwirkung der analogie von dwu, obu«
Nichtsdestoweniger sind die formen p' § <5 $ — dies ^6^ ganz
und gar nicht vollkommen aufgegeben, sie werden noch
beliebig gebraucht. Ja noch mehr, sie vererbten sich auf
andere numeralia und mit diesen zusammenhängende Wörter
und demzufolge entstanden instrumentale, wie jedenastq
11, dwunast<| 12 u.a. f., Kilkanasts oder Kilkunast%
(mit einigen über zehn), dwudzestq 20, tfydzest^ 30
u, ß. f., st$ 100; Kilkq, v/el§7 tyl^, entweder den be-
ziehungsausdruck am Substantiv gar nicht störend (z. b. z
Wel% ludzm'i mit vielen leuten, pfed kilk$ laty vor
einigen jähren, pfed tyl^ m^zami vor so vielen männern),
oder als instr. vom nom. sing. fem. jeden asta, dwu-
dzesta, 8ta, kilka, w/ela, tyla gefühlt und das
Substantiv als eine ergänzung im gen. plur. (z w'elq
ludzi, pfed tyl$, w'el^, kilk^ u. 8. f. lat; cf. p'$c$
lat und par$ koÄi oder par$ konm'i). Gegen diese
formen sträuben sich alle polnischen grammatiker, da die-»
selben ihnen unverständlich, uncorrect, unregelmäßig, „un-
organisch " zu sein scheinen. Die Wirklichkeit spottet je-
86 Bandouin de Courteuay
doch des eifers der Schulmeister; schon im 17. jahrh. fin-
den wir zahlreiche beispiele dieser formen, und ihr entste-
hen kann man sehr leicht erklären.
Noch einige andere fälle des überspringens in ein an-
deres kategoriengeföhl sind:
1) Die ehemaligen collectiva neutr. gen. (contrahirt,
auf -je), z. b. lerne (dornstrauch), gwozdze (nägel),
kam'ene (gestein, aus kam'enije), w^gle (kohlen) u. s.f.
sind in den plural übergesprungen. Noch im 14. jahrh.
lesen wir z. b. w$gle rozglo se jest od nego (die
kohlen sind durch ihn angezündet). Nnn beginnen zwei
factoren einzuwirken: 1) der syntactische, da nämlich diese
substantiva, obgleich der form nach singular, nur die mehr-
heit ausdrücken; denken wir an die syntactische erscbei-
nung, dafs Wörter, wie volk, regiment u. s. w. in vielen
sprachen (z. b. griech., lat., altbulg., russisch u. s. f.) das
prädicat im plural bei sich haben; 2) die vollkommene
ähnlichkeit und auch das zusammentreffen in der form
(z.b. kam'ene collect, und plur. von sing, kam'en, gwoz-
dze collect, und plur. von gwozdz; dasselbe gilt von
cerne und w$gle) mit dem nomin. plur. der weichaus-
lautenden stamme. Demzufolge, obgleich man noch kf ece
(blumen), zboze (getreide) u. 8. f. als sing, fühlt und
demgemäfs declinirt, fühlt man doch kam'ene, gwozdze,
cerne, w$gle nur als plur. und declinirt darnach. — Zu
diesen collectiven gehört, aller Wahrscheinlichkeit nach,
auch noch das wort ludze (menschen). Cf. w'ele, gen.
w'ela neutr. sing., und später sing. fem. in w'ela., plur.
numerale in w'elu, w'eloma, w'elom.
2) Von den femin. collect, älachta (edelleute), braca
(gebrüder), ks$za (priesterschaft) ist nur Stacht a bei seiner
alten declination und kategorie geblieben. Ks$za ist jetzt
vollkommen in den plural übergesprungen, und bat bis auf
den nom. ks$za (aber auch als plur. gefafst: nicht ta ksQza,
sondern ci ks$za) masc. pluralendungen angenommen:
gen. (acc.) ks^zy (mit dem gen. sing. fem. gleichlautend),
dat. ks^zom (alt. sing. fem. ks^zy), instr. ksQzm'i (alt.
einige falle der Wirkung der analogie in der poln. declination. 87
8g. f. k£$23), loc. (o) ks^zach (alt. 8g. f. k&q&y oder
ks§£ej, cf. oben beim gen. sing. fem.). — Brada schwankt
und nimmt bald die form des masc. plur., bald die des
fem. sing, an: nom. ci braca (also als plural gefohlt), gen.
brali (gen. fem. sg. und pl. masc, zusammengeflossen), dat.
braci oder bralom (1728: tym dw'ema brali); acc.
= gen., instr. bradm'i oder brad$, loc. o braci oder o
bracach (1570: o tych dwu bracej). Das Übergewicht
ist aber entschieden auf der seite des masc. plur.
3) pojutfe (übermorgen) ist aus dem loc. sing, (po-
-jutfe) ein nom. sing, geworden und wird im Sprachge-
fühle zu den contrabirten gerechnet.
4) Das wort skurwysyn = s kurwy syn bedeutet
wörtlich: ex meretrice filius; 8 ist präposition (ex),
kurwy gen. sg. fem., syn nom. sg. masc. Nun fühlte man
s kurwy als adjectiv (nom. sing, masc.) und bildete im
17. jahrh. den gen. skurwego syna, dat. skurwemu
synow'iu. s. w. Heutzutage sind meines Wissens nur for-
men wie skurwysyna, skurwysynow'i im gange.
5) Stuka m'$sa (ein stück fleisch) besteht aus nom.
sg. f. Stuka und gen. sg. n. m'$sa. In folge der atfoaction
aber wird auch m'^sa als nom. sing. f. gefühlt und gen.
ötuKi m'$sy neben dem in ein wort zusammengeflossenen
ätukam'$8y gebildet (cf. Welkanoc ostern, acc. ehemals
w'elk$ noc, jetzt nur Welkanoc, gen. w'elRäjnocy od.
w'elkanocy u. s. f.; tydzen woche, bei welchem der ge-
nitiystamm tygodn- allen andern obliquen casus zu gründe
liegt).
Ich habe im vorstehenden die Wirkung der analogie
in der polnischen declination keineswegs erschöpft, sondern
nur angedeutet. Untersucht man genauer, so werden sich
noch zahlreiche fälle der analogie finden. Ich erwähne
nur die weitgreifende anlehnung der pronominalen declina-
tion an die adjectivische.
8S Baudouin de Courtenay, einige fidle der Wirkung der analogie etc.
Schließlich möge noch eine allgemeine bemerkung
über die analogie platz finden.
Aus meiner ganzen darstellung erhellt:
1) dafs jeder casus von jedem substantivum in po-
tentia alle endungen hat, die in der spräche leben, um
die diesem casus entsprechenden beziehungen auszudrücken.
Ueberwiegt nur eine gewisse analogie, gleich tritt au die
stelle der einen endung eine andere, früher diesem casus
gar nicht zukommende« — Gröfsere aussieht sich zu er-
halten haben hierbei die an anzahl überwiegenden formen,
formen die sich häufiger in der spräche wiederholen, die
stets gebraucht werden, deren analogie überwiegend ist;
denn die Wiederholung der eindrücke macht diese stärker
und fester haftend. Es kann so geschehen, dafs eine ge-
wisse analogie die erhaltung seltnerer formen begünstigt
und selbst neue kategorien für sie schaffit. — Bei alledem
strebt das volk nach Vereinfachung der sprachlichen for-
men, deren nothwendigkeit es nicht mehr fühlt.
2) Nur dann ist die Wirkung der analogie ermöglicht,
wenn es gewisse berührungspunete und Übergänge von
einer wörterkategorie zur andern giebt.
Zuletzt fragt es sieb, wie sollen wir uns die wirkung
dieser sprachlichen kraft, der analogie denken? Es ver-
steht sich, nur mechanisch, nur nach den einzelnen ent-
wickelungsmomenten. Man soll also eine ganze reihe der
allmählich wirkenden einflösse annehmen, die das Sprach-
gefühl der einzelnen die gegebene spräche redenden indi-
viduen stufenweise verändern (nicht aber aufheben) und
es in dieser oder anderer richtung sich entwickeln und
sich neue anschauungen bilden lassen. — Dies aber streng,
genau und erschöpfend zu bestimmen, wird niemals der
Wissenschaft gelingen.
Jena, februar 1868. J. Baudouin de Courtenay
aus Warschau.
^ -mi^p* iv i i^ — — — pw ^wwrTywf
Burda, este, fcrr*, usqne und iki. 89
Este, äw«, usque und iki.
Miklosich vergleicht in seinem lexikon das . adverb
eäte mit dem griechischen fri. Vom Standpunkte des alt-
slowenischen allein könnte man gegen jene Zusammenstellung
nichts einwenden, weil St der regelmäfsige Stellvertreter
von tj ist und wohl angenommen werden kann, dafs este
etwa auf *etje zurückgeht.
Aber eben mit diesem altslowenischen st hat es oft
seine besonderen Schwierigkeiten, sobald nämlich aus der
spräche selbst nicht erkannt werden kann, ob dem ät ein
t, st oder sk zu gründe liegt. Tritt dieser fall ein, dann
kann die beacbtung der anderen slawischen sprachen noch
einiges licht verschaffen. Im böhmischen z. b. steht einem
altslowenischen ät, wenn dieses aus tj entstanden ist, regel-
mäßig ein c gegenüber. Und dafs nun die böhmische form
des fraglichen wortes gerade jeät£, und nicht etwa *jece
lautet, macht die vergleichung mit ht, sehr zweifelhaft, da
ät (ätö ist nur bohemismus statt eines blofsen äte) im böh-
mischen nur dann einem altslowenischen dt entspricht, wenn
das letztere die Verbindungen st und sk enthält.
Neben eäte findet man noch häufiger j est e, ferner
auch oäte nebst jagte. Wenn man nach dem bekannten
gesetze des anlautes im altslowenischen von j in jeäte und
ja&te absieht, bleiben für die etymologie nur eäte, oSte
und *aäte zu berücksichtigen übrig.
Die betrachtung nun, dafs die enklitische partikel Ra
=s xt = que im altslowenischen seltener als in den andern
sprachen vorkommt, liefs mich im letzten theile von este
die vermifste partikel vermutben, indem ich annahm, daß
sie sich vielleicht öfter finden dürfte, aber nur nicht als
solche erkannt worden sei. Die analogie von ze = yi
läfst für Ra = T6 im altslowenischen ce erwarten und es
steht dann eäte einem lautgesetze zufolge für *es-ce. Wenn
man ferner, dies vorausgesetzt, in den andern sprachen sich
nach verwandten für eöte umsieht, so läfst es sich statt mit
£r* eher mit dem griechischen fort und dem lateinischen
90 ' Burda
usque vergleichen. Von iare ausgehend, dessen kg wohl
mit der präposition kg oder elg identisch ist, kann man
etwa *as-ka aus vollerem *ans-ka (vgl, kg, d. i. as, ne-
ben elg, d. i. ans) verkürzt, als grundform aufstellen.
Während die entstehung von &rre aus *aska, *anska
keine Schwierigkeiten bietet, läfst sich in beziig auf usque
voraussetzen, dafs sich aus der grundform zuerst *osque
entwickelte, welcher Vorgang im acc. pl. masc. der a-stämnra
deutlich vorliegt (lupos und vulfans) und dann erst in
usque überging. Es bleibt nur noch übrig, eine dem
griechischen kg analoge präposition auf dem gebiete des
slawolettischen nachzuweisen. Und in der that führt Bie-
lenstein (lettische spräche, IL bd., s. 293, §. 546) unter den
präpositionen auch die jetzt vollkommen veraltete Is (bis)
an, die nach den lautgesetzen des lettischen 3och nur aus
*ins oder *ens = ursprünglichen ans entstanden sein
kann. Daran, dafs im ersten theile von *aäte, oäte, este
ein n ausgefallen sein soll, und nicht vielmehr in einem
nasalen vokale erhalten blieb, darf man keinen anstofs neh-
men, sondern bedenken, dafs ja auch oba, obu im grie-
chischen äficpo) djLKpi lauten. Ueberdies stimmt die neben-
form oäte auch im anlautenden vokale vortrefflich zu oba
und obü.
Eine ähnliche Verstärkung einer präposition durch die
enklitika &a zeigt auch das litauische iki. Lautet nämlich
ye im litauischen gi, so schliefst man darnach auch ein
ki, und das anlautende i in iki ist nach litauischem laut-
gesetze aus dem volleren in = ursprünglichem an ent-
standen, weshalb iki zu schreiben vorzuziehen wäre. Zwi-
schen e£te und |ki besteht lautlich nur der unterschied,
dafs ersteres in Übereinstimmung mit griechisch und latei-
nisch vor der enklitika noch ein s enthält, welches dem
litauischen fehlt.
Die so gewonnene Zusammenstellung von este mit
&?rs, usque und theil weise auch mit 4 kl wird durch die
syntax bestätigt. Das slavische este kommt gewöhnlich
nur noch als adverb vor, das sich im deutschen am besten
este, ftrr*, usque und iki. 91
durch „noch immerfort, noch immer" wiedergeben läfst.
Z. b. böhmisch jeötö tu sedi(er sitzt noch immerfort
da), jeste neäel (er ist noch immer nicht gegangen).
Man vergleiche damit das horazische ... tarnen „usque*
recurret. Interessant ist es insofern, als sich darin die dem
griechischen lg entsprechende slawische präposition noch
als adverb erhalten hat. Die zweite von Miklosich ange-
führte bedeutung ron este, nämlich rjdr], kann ich mit der
lateinischen und griechischen nicht vergleichen, da ich den
Ostromir, aus welchem sie geschöpft ist, nicht zur hand
habe. Möglich ist übrigens, dafs sie sich aus einem ge-
brauche entwickelt hatte, der sich auch im lateinischen
findet, z. b. local usque a mari und temporal usque a
Thale, inde usque * ).
Das litauische ikl (Schleicher, lit. gramm. s. 286 und
287) und das lettische is (Bielenstein, lettische spräche,
IL bd., 8. 293, §. 546) stimmen zu lateinischen und grie-
chischen redensarten: usque Bomam und Üare Inl to dd-
neSov. Endlich bildet usque in sätzen wie: ferrum usque
eo retinuit, quoad . . . den Übergang zur griechischen kon-
junktion tera, der auch das litauische 4 kl (Schleicher, lit.
gr. s. 333) zur seite steht.
*) Nur an einer stelle, 95, 4 (Luc. 7, 6) Übersetzt jeste im ostr. das
griech. 17&7, sonst stäts das gr. *V». Diese stelle lautet: jeste ze jemu ne
dalece s§st§(lis s$Stn) otü domu, rjdij Sh av%ov ov (xaxQav anlxov-
Toq an 6 tt^q olxtaq* Der Assemanianus (ed. Racki) hat aber este ze emu
id$atju su nimi ne dalece s§stu otü domu. Da beide, Ostrom, und
Asseman., ans einer quelle stammen, so ist vor der hand der text noch nicht
als kritisch sicher gestellt zu betrachten. A. S.
Wenzel Burda.
92 Burda
Beiträge zur kenntnis einiger suffixe im
slawischen.
I. Suffix -yto, -yta und -*|tü.
Es ist bekannt, dafs der nom. 8g. part. praes. act. des
prä8ens8tammes *veze- = urspr. vag ha- auf die grund«
form vaghants für das masc. und vaghant für das neutr.
zurückgeht und dafs nach dem auslautsgesetze im masc.
ts und im neutr. t abfallen mufste. Das Qbrig bleibende
*vaghan verwandelte sich einem lautgesetze des slaw. zu-
folge schliefslich in vezy, welches für beide geschlechter
gilt, worauf besonders hingewiesen werden soll.
Von dem mit dem suffixe m an abgeleiteten subst. nom.
sg. kamy, plamy u. a. können mittelst des secundären
Suffixes ka deminutiva gebildet werden, wie kamy-kü,
plamy-kü. Hier ist deutlich zu sehen, dafs der stamm
kam an-, wenn das suffix -ka antritt, dieselbe form an-
nimmt, die er im nominativ zeigt.
Diese zwei sicheren beispiele sollen darthun, dafs ein
ursprüngliches, in den auslaut tretendes an ohne unterschied
des geschlechtes im masc. und neutr. zu y werden kann,
und zweitens, dafs ein konsonantischer, mit einem nasal
schliefsender stamm, sobald konsonantisch anlautende suf-
fixe an ihn treten, dieselbe form wie im nom. sg. annimmt.
Nachdem dieses vorausgeschickt worden ist, kann ich
zur sache übergehen, und als beispiel für das suffix -yto
möge kopyto (ungula) gelten. Ich bin nämlich der an-
sieht, dafs dieses suffix nicht einfach ist, sondern in -y-to
zerlegt werden mufs und dafs y in diesem falle gerade so
aus einem ursprünglichen an sich entwickelt hat, wie im
nom. sg. neutr. vezy und masc. kamy. Die grundform
des wortes ist daher *kapan-ta-m, und es hat aller
Wahrscheinlichkeit nach auch ein noch älteres nomen ge-
geben, dessen stamm *kapan mit einem konsonanten en-
digte und das im nom. sg. *kopy gelautet hat. An diesen
stamm trat dann das erweiternde suffix -ta wie -ka an
beitrage zur kenntnis einiger auffixe im slawischen. 93
*kaman und es hat sich *kapan- vor -ta in *k-opy-
verwandelt wie * kam an- vor -ka in kamy. Die ein-
wendung, dafs kamy ein masc. ist und *kopy ein neutr.
sein müfste, wird durch das oben angefahrte neutr. des
part. praes. act. vezy zurückgewiesen.
Aus dem slawischen allein lassen sich für diese auf-
fassung weiter keine gründe vorbringen, aber sie wird sehr
wahrscheinlich, ja beinahe gewifs, wenn man erscheinungen
in anderen sprachen berücksichtigt. Ich weise vor allem
auf das lateinische unguen und unguentum, in welchem
die erweiterung eines konsonantischen Stammes auf an
durch ein suffix -ta klar vorliegt und das auch in der
function ganz gut zu kopyto pafst. Denn so viel ist
gewifs, dafs dieses zu der wurzel kap (schlagen) gehört
und wie unguen, unguentum ein mittel oder Werkzeug
bezeichnet. Noch häufiger als das suffix an und an-ta
ist das damit sehr nahe verwandte suffix -man und -man-
-ta. Auch bei diesem bestehen öfter noch beide formen
neben einander wie segmen und segmentum, tegumen
und tegumentum, medicamen und medicamentum
u. a. m. oder, was im bezug auf kopyto besonders merk-
würdig ist, gerade die form mit dem schon erweiterten
suffixe -mento = urspr. -manta ist die ausschliefslich
übliche, und sind nomina auf -mentum im lateinischen
ziemlich häufig.
Noch wichtiger ist der umstand, dals die in rede ste-
hende erscheinung nicht auf das lateinische allein beschränkt
ist, sondern sich auch im altindischen, gotisch-althochdeut-
schen und, wenn meine vermuthung richtig ist, im griechi-
schen wieder findet. Die existenz derselben im altindischen
beweist der stamm apmanta-, welcher wie kopyto ein
neutrum ist, und aus dem gebiete der deutschen sprachen
gehört hieher das gotische hliuma neben dem althoch-
deutschen hliumunt. Für das griechische möchte ich die
nomina auf -{icc mit dem stamme -juar- erwähnen. Denn
da a nach einem lautgesetze gleich a-f- nasal sein kann,
so läge hier nur der fall vor, dafs statt ro = urspr. ta
94 , Burda
blofs r an einen stamm auf -man- getreten und -pavr- in
-uar- verwandelt worden wäre.
Aufser kopyto sind im slawischen, so viel ich weifs,
noch zwei nomina mit dem suffixe -y-to gebildet. Das
erste von ihnen ist koryto (cisterna), welches im böhmi-
schen vorzugsweise den trog bezeichnet, worin den thieren
futter vorgeschüttet wird. Es wäre daher möglich, dafs
es mit dem griechischen ^OQivvvfAi verwandt ist. Das
zweite wort varyto kommt in der königinhofer handschrift
vor, wo es ein Saiteninstrument bezeichnet. Ich führe es
hier an ohne allen commentar, blofs weil es in suffix und
function ganz mit koryto und kopyto übereinstimmt.
Endlich weifs ich recht gut, dafs neben kopyto einmal
auch kopato vorkommt; doch soll dieser fall der gegen-
ständ eines späteren artikels sein,
Aehnlich wie mit -y-to scheint es sich auch mit dem
suffixe -y-ta zu verhalten, was ich jedoch nur als unmafs-
gebliche meinung ausspreche. Mir sind zwei beispiele da-
von bekannt, nämlich das böhmische rokyta, welches
eine weidenart bezeichnet, und das russische volokyta
( altslo venisch wäre *vlakyta) mit der bedeutung homo
vagus als masc, procrastinatio als fem. (siehe Miklosich,
bild. d. nomina im altslov. §. 112). Man vergleiche übri-
gens das lateinische Carmenta neben Carmentis und
mit letzterem sementis nebst dem verbum sementare,
endlich noch placenta.
Liefsen sich endlich Wörter auf -y-tü nachweisen, so
besäfse man beispiele dieses Suffixes für alle drei geschlech-
ter, nämlich -y-to n., -y-ta f., -y-tü m.
Ein nomen auf -y-tü ist mir nun allerdings nicht
bekannt, aber für den fall, dafs in kopyto der vokal y
einem ursprünglichen an entspricht, ist das wort chom^tü
besonders wichtig, obwohl sich, wie gesagt, dagegen ein-
wenden läfst, dafs man ja statt 3 ein y erwartet hätte. Wer
jedoch gedenkt, dafs das part. praes. act. des verbums j esmi
nicht nur wie gewöhnlich sy lautet, sondern auch in der
form 83 nachgewiesen ist, der dürfte in 3 des Wortes cho-
beitrage zur kenntnis einiger suffixe im slawischen. 95
mi|tü die regelmäfsige Umwandlung eines ursprünglichen
an erblicken und, im vergleiche zu dem jedenfalls schon
abgeschwächten y, das 3 vielmehr fiir den volleren und
älteren laut ansehen. Dafs chomqtü mit dem litauischen
kamäntas identisch ist, bedarf keines be weises, aber ob
hier das suflßx -ta an einen früheren konsonantischen stamm
(etwa *kaman) getreten ist, läfst.sich nicht nachweisen,
sondern höchstens wahrscheinlich machen.
Die auffallende ähnlichkeit des slawischen kopyto
mit dem griechischen xojtccvov in wurzel, funetion und theil-
weise auch im suffixe ist sicherlich nicht zufällig (auch
das slawische hat neutra auf suffix -ana-, wie vreteno,
böhmisch vfeteno, deminutiv sogar noch vfet-än-ko,
was altslo venisch *vretenüko = ursprünglich vrata-
nakam lauten müfstej, und ferner ist zu bemerken, dafs
konsonantischen Suffixen bisweilen vocalische auf a zur
seite stehen, somit neben xonavov auch ein stamm *xo7iav-
wie unguen möglich wäre, welcher dann ganz mit
*kopy in kopy-to übereinstimmen würde. Mit den
Substantiven, welche ein mittel oder Werkzeug bezeichnen,
gehen nomina agentis band in hand, die konsonantischen
Stammes sind (ao^wi/, Tiavftijv edo, pecten), und der
Übergang konsonantischer stamme in vocalische weibliche
findet sich bei -uov und -^ova, ~piv und -piva. So wie
sich dann xonavov, Sqmavov zu kopyto verhalten, so
verhält sich SgsTtdvrj mit dem litauischen kämana zu ka-
mäntas und chom^tu, d. h. es könnte neben einem fe-
mininum auf -ana (Sgenäv^^ kämana) und einem neu-
trum auf -ana, -an (kopy-to, unguen, ÖQinavov) auch
ein masculinum auf -an vorkommen. Dieses wäre *ka-
man, an welches dann erst das erweiternde suffix -ta-
gefügt wurde. Zum Schlüsse mag noch bemerkt werden,
dafs das polnische chomqto wie kopyto ein neutrum
ist und das altslovenische masculinum kor§ in Miklosich's
Lex. palaeosl. auch einmal als neutrum angeführt wird,
also kors n. zu kor$ m. wie chom^to oder kopyto
zu chom^tü oder die grundformen der nominative karan
zu karans und kamantam oder kapantam zu ka-
mantas.
Wenzel Burda.
Die slawischen Ortsnamen in der Oberlansitz und ihre bedentnng, von
J. E. Schmaler. Bantzen 1867, Schmaler und Pech. 4. 16 sa.
Die ersten drei Seiten dieser abhandlung sowie der
titel sind in deutscher und sorbischer spräche geschrie-
ben, alles übrige nur deutsch. Der Verfasser theilt die
Ortsnamen in drei kategorien, 1) in solche, die von dem
namen des grunders oder herm eines ortes, 2) in solche,
die von natürlichen Verhältnissen herzuleiten sind und 3) in
solche, welche in folge einer gewissen Übereinkunft ent-
Ueber die einordnnng mancher namen in die eine oder
andere dieser kategorien mag man noch mit dem Verfasser
len, die Schwierigkeit aber, welche in allen
m Ordnungen von oft unverständlichen namen
lie kritik zur nachsieht stimmen müssen. In-
verschiedenen unterabtb eilungen der drei ka-
die alphabetische reihenfolge beobachtet wor-
ie benutzung der arbeit wesentlich erleichtert.
Zu danken haben wir dem Verfasser, dais er sich etymo-
logischer Spielereien ganzlich enthalten hat und bei dunke-
let namen seine rathloeigkeit offen bekennt.
Jena. Johannes Schmidt.
Weber, anzeigen. 97
Kurze elementargrammatik der sanskritsprache. Mit vergleichender be-
rückaichtigung des griechischen und lateinischen. Von Camillo Kell-
ner, dr. phil., lehrer am gymnasium zu Zwickau. Leipzig, F. A.
Brockhaus. 1868. 1 Thlr. 10 Sgr. pp. XXII. 211. 8.
Ein werk der vorliegenden art ist lange schon als ein
dringendes bedürfnifs gefühlt worden. Der verf. hat sich
somit ein überaus dankbares thema erkoren, als er die aus-
arbeitung desselben übernahm. Dieser glückliche griff zeugt
von muth und richtiger einsieht in das, was noth thut.
Auch ist die art der behandlung des Stoffes im allgemei-
nen *) dem gegenwärtigen niveau der vergleichenden Sprach-
wissenschaft wohl entsprechend. Leider aber läfst sich das
gleiche — und das bleibt denn doch bei einem solchen
werke die bauptsache — nicht auch von des verf.'s
kenntnifs des sanskrit selbst sagen. Es ergiebt sich
vielmehr augenscheinlich, dafs er seine künde desselben
nicht sowohl aus wirklicher Vertrautheit mit dem leben der
spräche, als vielmehr wesentlich nur aus den vorliegenden
sanskritgrammatiken geschöpft hat. Nicht einmal das Pe-
tersburger Wörterbuch, welches zumal in solchem falle
und för solche zwecke denn doch geradezu als ganz un-
entbehrlich erscheint, kann ihm bei der ausarbeitung sei-
nes werkes zur hand gewesen sein. Für diese unfertigkeit
und unzureichende sanskritkenntnifs des verf.'s treten die
folgenden punkte mit voller entschiedenheit ein.
1) Die häufige Verwendung entweder ganz unbelegter,
oder doch nur selten sich findender wurzeln in den bei-
spielen, und zwar mehrfach nicht einmal unter beobachtung
der dafür geltenden regeln. So auf p. 28. 29 tikate (müfste
wenigstens tekate oder tikate lauten), dramati p. 29 (dravati
läge näher), KandatS p. 29 (müfste Kandati lauten), aganti
sie gehen p. 30. Auch statt $ubhat€ p. 29 müfste
$obhate oder pubhati stehen.
*) mit ausnahmen freilich. So erscheint auf p. 74 in der note as als
pluralstamm des pronomens der ersten person, während denn doch das s von
asm&n etc. gar nicht zu dem anlautenden a, sondern zu dem folgenden ma
(sma) gehört.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 1. 7
98 Weber
2) Die bei bringung falscher beispiele. äli, biene, ist
masculinum, nicht femininum (p. 50); ebenso ahi schlänge,
nicht ahl (p. 5?). anta ist in der regel mascul.; es als
neutrales paradigma aufzufuhren (p. 61) leitet irre. — la-
turtaja p. 85 ist ein unding für Katuätaja. — Die 1. pers.
praes. von wurzel sü. ist suvö, nicht süvö (p. 106). —
Die 3. pers. imper. von wz. da lautet dadätu, nicht dattu
(1 zweimal, auf p. 108 und 167). — Hieher gehört auch
die falsche oder wenigstens gesuchte Übersetzung der ge-
gebenen beispiele. So väidja p. 15 der veden kundige,
baläpva: p. 22 das starke pferd, tarütpatti: ibid. der er-
trag des baumes, bäläutsukjam p. 23 des knaben angst,
bälartu: ibid. des knaben gang, kavjartha: ibid. des dich-
ters reichthum, pipakä p. 26 durstig (!), tvis ibid.
flamme, kas p. 40 gehend, würz. $iä p. 111 unter-
scheiden.
3) Die mehrfache Wiederholung desselben druckfehlers
dicht neben einander. So p. 10 zweimal mähäl, — p.27
zweimal märut, — p. 19 fünfmal wz. budh in der form
bhud, ebenso p. 34. 35 dreimal abhödhajam oder abhö-
dajam, p. 95 zweimal bhödanti, — p. 35 dreimal svadu
mit kurzem a, — p. 42 siebzehnmal hrid für hrd, —
p. 45 achtmal, p. 70 dreimal und p. 207 (im index) dur-
manas für duruianas, — p. 66 zweimal und p. 210 im
index pakthi für sakthi, — p. 175 panipadje und panipa-
düni für °patje, °patlmi, — p. 185 dreimal pambös für
gambhös. Die zahl der einzelnen druckfehler ist aufser-
dem eine überaus grofse.
4) Falsche oder doch ungehörige, resp. ungenau ge-
faßte regeln. Im gewöhnlichen sanskrit heifst es nie, wie
p. 24 gelehrt wird, strijäj iha oder gävä atra, nur strijä
iha und gäväv atra. Der Sprachgebrauch hat sich unbe-
dingt hiefür entschieden. Nur die grammatiker lehren auch
die andere weise. — Dafs anlautendes 9 nach finalem n zu
kh wird, ist §. 81 ganz mit stillschweigen übergangen, und
auch in §. 83 wird darauf nicht hingewiesen. — Die regel
§. 87 von der beliebigen vordopplung der consonanten
anzeigen. 99
nach r brauchte in einer „ elementargram matik" gar keine
stelle zu finden. — Dafs „die schweren casus aus der voll-
sten ursprünglichen form des Suffixes gebildet werden"
(p. 43), die mittleren aus der bereits „einmal geschwäch-
ten Stammform", die leichtesten aus der „zweimal ge-
schwächten" dgl., ist eine unrichtige darstellung des Sach-
verhaltes, steht auch im Widerspruch mit der eignen an-
gäbe des verf.'s auf p. 48, dafs „vant die ursprüngliche
form des suffixes väs sei". Nicht rag an (s. p. 175), son-
dern rag an ist die grundform. In den starken casus fin-
det eben meist eine Steigerung statt, während in den mitt-
leren sich meist das ursprüngliche thema zeigt. — Dafs
bei den radikalen nomina (p. 40) die mit bh beginnenden
endungcn an den nom. sg. antreten, ist eine rein von dem
äufserlichen ausgehende darstellung. — Die regel über su-
tus p. 46 ist in einer „ element argramm atiku sehr überflüs-
sig. — Die reihenfolge der vokalischen deklinationen geht
(p. 52) vom finalen ar (r) aus, blos wegen des leichteren
anschlusses an die vorangestellte consonantische deklina-
tion, den die ar-stämme bieten, und schliefst mit finalem a.
Die erste deklination wird somit zur letzten. So sehr
wir im übrigen für sprachgeschichtliche forschungen die
ersetzung des r durch ar billigen, so hat dieselbe bei einer
grammatik, resp. „elementargrammatik", des sanskrit denn
doch ihre bedenken, wie der vorliegende fall zeigt. — Die
Erklärung des lokativs und genetivs der Wörter auf u durch
eine Steigerung desselben, so dafs im lokativ aus av-i durch
abfall der endung an, resp. im gen. durch abfall des an-
lauts der endung (as) ös geworden sei (p. 55), ist ebenfalls
eine rein äufserliche, giebt resp. für den völlig gleichen
ausgang des locativs der i- stamme gar keine auskunft.
Auch die erklärung des Sna und äja im instr. dat. der
Wörter auf a (p. 60) ist eine ganz äufserliche. — ' Die en-
dung äis im instr. plur. der masc. auf a geht schwerlich
auf äbhis zurück (p. 61), steht ja doch die form ebhis
im Veda noch direkt daneben. — Der locativ von püs
100 Weber
heifst nicht punsu, wie der verf. aus M. Müller' 8 grarama-
tik ohne weiteres nachschreibt (p. 65), sondern püsn (vgl.
jetzt Böhtlingk-Roth V, 1 604). — Die obliquen casus von
9van werden aus pun, nicht aus ^ün (p- 65) gebildet. —
Die dualformen sind bei akäi etc. nicht von der analogie
der übrigen leichtesten casus auszunehmen (p. 66), wie
das eigene paradigma des verf.'s zeigt, wo richtig akänös
aufgeführt ist. — Bei sakhi ibid. ist zu lesen: „in dfen
übrigen schweren (dies wort fehlt) casus erscheint sa-
khäi". — anvanR hat in den starken casus nicht använk,
sondern nur anvanK (p. 61). 205). — Der instr. plur. des
pronomens der ersten person ist asmabhis, nicht asmabhis
(p. 74, wohl Mos druckfehler). — In den worten: „die fle-
xion ist die des simplex kastf p. 79 bricht mal der alte
Adam, die Wörter durch ihre nominative, nicht durch
ihre thematischen formen zu bezeichnen, wieder durch
(ebenso Qivas, viermal, auf p. 185.186). — Bei den zahl*
Wörtern ist tripatam p. 82 einfach als „300u angegeben,
ohne irgend notiz davon zu nehmen, dafs es vielmehr
eigentlich 103 bedeutet (vgl. ind. stud. IX, 469), und erst
sekundär auch für 300 verwendet wird. — - Dafs „die für
die verbalform am meisten charakteristische silbe den hoch-
ton hat" (p. 92), ist in dieser fassung völlig irrig. In
der ganzen ersten conjugation ruht ja der accent durch-
weg (bis auf die augmentirten formen) in den Specialtempora
nur auf dem thema, während er in der zweiten conjuga-
tion — bis auf die bekannten ausnahmen im 8g. par., im
1. ps. imper., und im potential — durchweg auf der
endung ruht. Hieraus ergiebt sich zugleich, dafs von
dem gewicht der personalendungen (p. 102) hierbei nicht
als mafsgebend die rede sein kann, denn dann müfste dies
gewicht doch auf alle verba gleichmäfsig wirken: in der
that gehören ja auch die faktisch schwersten dgl. en-
dungen, die der I. ps. imper., zu den angeblich leichten«
Die Verstärkung des thema's hängt vielmehr einfach nur
mit der betonung zusammen. Der grund freilich, warum
die alte weise der verba, denn das ist offenbar die der
anzeigen. 101
conjugation II, der neuen weise der conjugation I ge-
wichen ist, liegt noch nicht klar vor. — Die vollständige
aufführung der medialformen der wz. as auf p. 92 — 94
mufs den glauben erwecken, als ob dieselben ganz ge-
bräuchlich seien, während doch faktisch nur etwa der sg.
praes. belegbar ist, die übrigen formen nur aus der son-
stigen verbalconjugation erschlossen sind. — Dafs die „wur-
zeln auf a" (sie!) bei der bildung des praesensstammes
die halbvokale v oder j einschieben (p. 95), ist eine ganz
verkehrte anschauung. Die wurzel gjö speciell, die dem
verf. so schwere bedenken macht (s. p. XI und p. 95), exi-
stirt nur als eine abstraktion Vöpadeva's. Und die son-
stigen angeblichen wurzeln auf e, äi, ö, die er sich nicht
recht erklären kann, obschon er Schleichers ansieht, dafs
es „wurzeln auf a" seien, beitritt, sind höchst einfach als
bildungen der vierten, nicht der ersten (p. 97) classe,
resp. als wurzeln auf ä zu erkennen, deren ä sich vor dem
ja der vierten classe entweder bewahrt, so glä-jämi, oder
verkürzt, so da-jämi, hva-jämi, oder verliert, so d-jami
(kuriose andere erklärung auf p. 154). „Wurzeln auf ä"
giebt es im sanskrit überhaupt nicht, und wenn man auch
vom indogermanischen Standpunkte aus bei einigen wur-
zeln auf am und an allenfalls dergl. unnasalirte nebenfor-
men auf a vielleicht statüiren mag, so ist es doch schwer-
lich gerathen auf grund dessen die sämmtlichen, ziemlich
zahlreichen wurzeln auf ä, primäre wie pä, da, mä u. dgl.,
und sekundäre wie mnä aus man, glä aus gal (gar, gar),
hvä aus hü etc. als auf ä ausgehend hinzustellen, was nur
zur folge haben kann, dafs in jedem einzelnen falle die Ver-
längerung desselben erst wieder apart statuirt werden mufs
(vgl. z. b. hier p. 106. 108. 109. 118. 123. 125. 140. 148).—
Die wurzeln dhar und mar (p. 98) werden allerdings von
den indischen grammatikern kurioser weise als verba der
6ten classe aufgeführt, aber deren praesensstämme dhrijä,
mrijä sind vielmehr einfach als passiv- formen mit seeun-
därer aktivbedeutung aufzufassen; dasselbe gilt von wz. dar,
drijö (p. 99). — Die formen pipürvas pipürthas etc. (p.109)
102 Weber
sind grammatische düfteleien (Vöpadöva's). Die texte bie-
ten piprivas etc. — Der abfall eines „dentalen auslautes"
yor den mit t, tb, dh beginnenden endungen (p. 110) ist
ein falscher usus, der in eine „eleuientargrammatik" nicht
hineingehört. — Die wz. dar schwächt keineswegs ihr ar
zu „ri (nicht r)tf (p. 114), sondern zeigt nur r (drnä°,
nicht drinä0). — wz. bhrl (ibid.) bedeutet zunächst nicht:
tragen (dies ist nur eine unrichtige angäbe einiger), und
bildet ferner nicht bhrinä0, sondern entweder bhrinä0 oder
bhrnä0. — Beim „starken" aorist (p. 117) ist diejenige
form, bei welcher blos die endungen an die wurzel treten,
fast ganz bei seite geschoben (p. 118), während sie gerade
speciell in den Vordergrund treten mufste. — Der aorist
ahvam (ibid.) erklärt sich einfacher aus wz. hü direkt, als
aus der Weiterbildung derselben zu hva (d. i. hvä). — Beim
„ schwachen u aorist ist kurioser weise die form mit dem
bindevokal i, deren 2. ps. plur. ätm. übrigens auf idhvam,
nicht auf idhvam (so zweimal) ausgeht, vorangestellt
(p. 120). — Der aorist amäsisam für die wurzeln mi, ml
(p. 123) stützt sich nur auf Vöpadeva (aus Pän. VI, 1, 50
folgt er ebenso wenig, wie das bei Westergaard und Mül-
ler sich findende perfectum mainäu, mame); die texte bie-
ten, auch für das perfect, nur i- formen. — Ein perfect-
stamm guhva von wz. hva (p. 126) existirt nicht; das per-
fect wird aus wz. hü gebildet (guhäva), vergl. p. 164. —
Die wurzeln vart, vardh, vakä etc. lauten auch mit va an
und schliefsen consonantiscb, haben aber doch nicht u als
reduplikations8ilbe (p. 126) sondern va; die einfache con-
sonanz im auslaut war zu betonen. — Beim singular des
perfect par. (p. 127) war der Zusammenhang zwischen be-
tonung und Verstärkung des thema's hervorzuheben, resp.
in den Vordergrund zu stellen. — Die erklärung der for-
men teniva u. dgl. (p. 128) durch Schwächung des a der
Wurzelsilbe zu i, ausfall des anlauts derselben und con*
traktion des a der reduplikationssilbe mit dem i der Wur-
zelsilbe zu e ist eine ganz äufserliche. Vedische formen
wie paptima, tatniäe zeigen, dafs der weg ein ganz andrer
anzeigen. 103
war; der wurzel vokal fiel zuerst aus, dann der wurzelan-
laut, und die Verwandlung des a der reduplikationssilbe
zu e ist nur eine ersatzdehnung. — Von M und Mit (p. 132)
waren auch die beiden gebräuchlicheren formen Rikäja,
kiketa aufzuführen (zu la vgl. wenigstens p. 152), so wie
auf gi gigäja aufmerksam zu machen, um so mehr als der
verf. auf p. 1 73 n. zeigt, dafs er bei Kikls den werth dieser
form richtig schätzt. — Das zur bildung des futurum Sim-
plex (p. 134) verwendete sjämi etc. war gar nicht als ein
„futurum von asu, sondern eben nur als eine „praesens-
bildung auf ja" zu bezeichnen: denn es hat sich doch ge-
wifs nicht zuerst blos von wz. as allein ein „futurum" ge-
bildet, während alle die andern wurzeln leer ausgingen. —
Die medialform des participialfutur's (p. 138) ist im faktischen
gebrauch der spräche nicht recht vorhanden; ein para-
digma war daher unnöthig. — Dafs das part. praes. ätm.
bei cl. 10 vorwiegend sich auf äna bilde (p. 142), ist
irrig: es ist dies vielmehr höchst selten der fall. — Ebenso
ist die active form des part. praes. pass. äufserst selten,
die mediale form nicht blo3 die gewöhnlichere (p. 143),
sondern die fast alleinige. — Beim part. perf. pass. ist in-
lautendes ar der Schwächung in r fast durchweg unter-
worfen: der verf. sagt irrig (p. 145), dafs dies in der re-
gel nicht geschehe, und das von ihm angeführte beispiel
dharäita ist falsch; wz. dhrs bildet dhrsta oder dhräita,
dharsita ist part. perf. pass. des causativs. — Schliefsen-
des j bei wurzeln existirt entweder gar nicht, kann also
auch im p. p. p. gar nicht abgeworfen werden, so bei
wz. sphäj p. 145, welches trotz pasphäjö wohl nur als wz.
sphä cl. 4 aufzufassen ist, oder die betreffenden wurzeln
nehmen binde vocal i an. — Der unterschied der be to-
nung bei den formen des infinitivs auf tum, und des ge-
rnndiums auf tvä, welcher die verschiedene behandlung,
resp. Steigerung oder Schwächung, der wurzeln zur folge
hat, war hervorzuheben (p. 147. 148). — wz. gä gehen bil-
det gigämi, nicht gagämi (p. 151); „die vedischen formen
gagäti [wovon gagat], gagäjät sind noch nicht nachzu-
104 Weber
weisen" (petersb. wtb.). — g$jate (p. 152) ist ursprünglich
ein passivum, nicht medium der cl. 4; im Veda werden die
passiva, und zwar in deponentialer, wie in passiver bedeu-
tung, häufig auf der wurzel betont, — wz. gjä bildet fak-
tisch gita im p. p. p.; glna (p. 155) geben nur die gramma-
tiker an. — wz, div spielen (p. 154) bildet djüta im
p. p. p., djüna gehört zu wz. div jammern. — matja ist nicht
als verbaladjektiv von wz. man (p. 158) aufzufassen. —
Das perfect mamäu von wz. mi (p. 158) ist schwerlich zu
recht bestehend (s. oben p. 102). — Bei wz. $ü (p. 162) war
zu erwähnen, dafs der accent durchweg auf der wur-
zel ruht, was offenbar die stete guna-steigerung derselben
zur folge hat. Vermuthlich ist hier, wie bei wz. äs (auch
stets ebenso betont) die bedeutung für dies ruhen des
tones auf der wurzel mafsgebend gewesen. — Das p. p. p.
der wz. budh lautet regulär buddha, nicht budhita (p. 169),
eine form, die zum wenigsten nur sehr selten, resp. in spe-
cialer bedeutung, gebraucht wird. — Die erklärung der
wurzeln 90, so durch ap, resp. as (p. 162. 171) hat an die-
sem orte nichts rechtes zu suchen, ist ja zudem auch an
und für sich noch sehr zweifelhaft. — Das desiderativ
der wz. budh lautet in der regel bubhuts , nicht bubödhis
(p. 172). — Neben pipatis (ibid.) war pits zu erwähnen, wie
denn der gänzliche mangel einer erwähnung der formen
lips, rips, rits etc. höchst auffällig ist. — Das desiderativ
von kars ziehen lautet nicht Kiklr&ämi (p. 175), sondern
dies ist das desiderativ von wz. kar machen. — Das in-
tensivum wird nicht gebildet durch das passivum mit gu-
nirter praesensreduplikation (p. 174), wie die vom verf.
angegebenen beispiele ja auch selbst zeigen, z. b. kekrije
intens., aber passiv krijö, tästarje intens., aber stlrje pass.
(ein „passiv starjetf existirt nicht). Der verf. hat sich hier
durch sein bestreben, äufserliche hilfsmittel zur bildung
der formen anzugeben (vgl. z. b. p. 141. 142 „um das ...
zu finden"), irre leiten lassen. — Die aktivform des in-
tensivs ist etwas stiefmütterlich behandelt (p. 174); sie fin-
det sich nicht blos „zuweilen", sondern steht ganz gleich-
anzeigen. 105
berechtigt neben der deponensform da. — pälajämi (p. 175)
kommt nicht von päla, sondern ist aus pärajämi, caus. wz.
par, entstanden. — Die nominal bildung ist auf p. 176. 177
sehr kärglich abgespeist. — Bei der composition war
es bei dem sonstigen Standpunkt des verf.'s in der that
unerläfslich, etwas bessere Ordnung in die bekanntlich
theilweise zusammenfallenden sechs classen der indischen
grammatiker hineinzubringen (beiläufig bemerkt steht nicht
gandha fine comp, für gandhi p. 184, sondern gerade um-
gekehrt). Das speciminis caussa auf p. 185 — 6 erklärte
compositum ist nicht ganz richtig aufgefafst; in „$ambhö:
parjankagranthibandhadvigunitabhugagä^lesasävltagänö:
(whilst his serpents coil with the folds of his vesture
round his bended knees, Wilson) ist nämlich bhugaga plu-
ralisch aufzufassen, und dvigunita gehört nicht zu bhu-
gaga, sondern zu äplesa; also: „Qiva, dessen kniee bedeckt
sind durch die umwindungen seiner schlangen, welche die-
selben verdoppelt haben, um ihm zur Herstellung der pa-
rjankagranthi genannten positur (sitting on the hams with
a cloth fastened round the knees and back) behülflich
zu sein". Oder wenn man mit dem verf. konstruirt — und
in der that stimmt ihm der hiesige comm. des drama's
(Chambers 443) zu — , so darf man doch nicht vom
„schlangenpaar" sprechen, sondern mufs fibersetzen: „be-
deckt durch die umwindungen der schlänge, die sich ver-
doppelt hat, da sie das band für die parjanka-positur bil-
det". Jedenfalls wäre ein verweis auf den sachlichen ver-
halt der hier vorliegenden Vorstellung, die sonst als baarer
unsinn erscheint, wohl am platze gewesen. —
In der darstellung des schrift Systems ist die angäbe
(p. 189) unrichtig, dafs nur dann, wenn der erste der
zusammentreffenden consonanten zur rechten keinen
senkrechten strich hat, sich beide consonanten zu einem
compendium „auf folgende weise" vereinigen, denn die auf
p. 190 „folgenden" beispiele enthalten auch falle, wo der
erste consonant ein t, n, ä ist, die doch sämmtlich
zur rechten einen senkrechten strich haben. Das angeb-
106 Weber
liehe „compendium" gnj (p. 193) ist vielmehr gjr zu le-
sen. — In der Schriftprobe (p. 194 — 197), die kurioser
weise aus einer ganz sekundären quelle, nämlich aus einem
1861 von Kossowicz veranstalteten abdruck der Sävitrl, entr
lehnt ist, während doch die Boppsche ausgäbe (1829), resp.
die Originalausgabe des Mahäbhärata (III, 16620 — 16657)
weit besser zu gründe gelegt wäre, ist eine sehr grofse
zahl von fehlem enthalten, und zwar theilweise solche, die
auch in der lateinischen Umschrift auf p. 198 — 200 ganz
ebenso wiederkehren. Es sind darunter resp. einige sehr
grobe Schnitzer. So ist in v. 27 beide male nrpater
(mit viräma) pärevam aus Kossowicz herübergenommen,
und in v. 19 hat der verf. in cukle das von Kossowicz
für kl verwendete compendiumszeichen,- welches allenfalls
wie ktl aussieht, gänzlich verlesen, resp. in beiden texten
.durch culkte (siel) wiedergegeben! was er sich dabei wohl
gedacht haben mag? Abgesehen von diesen und den son-
stigen direkten fehlem (z. b. viermal sth statt st und drei-
mal umgekehrt st für sth) ist aber auch die beobachtete
Orthographie selbst sehr mangelhaft. Es ist gegen alle
Ordnung im innern der Wörter die nasale durch anusvara
zu geben, also käkanlm, krtägalir, dagegen finales m ei-
nes compo8itionsgliedes dem folgenden anlaut anzupassen,
so 8atjasandhö, santäpam, santänam (neben klkit, säme-
nire übrigens, wofür consequenter weise kin&it, samme-
nire zu erwarten wäre). Auch wäre bei der vom verf. be-
liebten durchführung der abtheilung der einzelnen Wörter
von einander darauf zu halten gewesen, dafs finales m vor
folgendem vocal eben durch m, nicht durch anusvara, ver-
treten ward. Die Verdoppelung des dh nach r in vjavard-
dhata v. 19. 21 ist ganz überflüssig, zumal da die regel
(§• 87) sonst nicht beobachtet, vielmehr dharmätmä, dhär-
mika:, sarva, artha etc. ohne Verdopplung geschrieben
ist. — Das zugefügte vocabularium (p. 205 — 211) be-
zieht sich nicht, was doch vor allem zu erwarten gewesen
wäre, auf die mitgetheilte sprachprobe. Und in bezug auf
die einzelnen darin aufgeführten Wörter ist z. b. zu bemer-
/
anzeigen. 107
ken, dafs anaduh (§. 140) nicht als thema gelten kann,
sondern nur anadvah, was ja übrigens auch zu dem eige-
nen System des verf.'s, wonach er sogar använk als thema
aufführt, besser pafst. — wz. khid heilst nicht betrüben,
sondern etwa drucken, und nur im ätm. sich bedrückt füh-
len, betrübt sein; auch ist die parasm. form khindämi in
der spräche selbst nicht lebendig, nur khidämi, resp. khid-
jämi (in neutraler bedeutung) ist belegbar.
Wir haben uns im vorstehenden wesentlich auf das
beschränkt, was uns gerade beim durchlesen des werkes
als besonders mangelhaft darin aufgestofsen ist. Es würde
zu weit führen, nun auch noch näher auf den plan des-
selben und die ausführung dieses planes, resp. die an-
ordnung und vertheilung des Stoffes einzugehen.
Auch da würden allerlei bedenken zu erheben sein. Und
doch beruht gerade hierin das eigentümliche verdienst
des verf.'s, welches wir ihm in keiner weise schmälern
wollen. Freilich ist er auch dabei nicht gerade mit be-
sonderer Originalität zu werke gegangen, hat sich resp.,
wie er auch selbst angiebt, wesentlich an Schleichers me-
thode angeschlossen, wie er denn sogar auch die morpho-
logischen formein Schleicher's je bei gelegenheit verwer-
thet. Immerhin aber bleibt das werk denn doch zum we-
nigsten eine wirklich selbständige umgiefsung alten Stoffes
in neue, leider eben durch die gerügten defecte arg ver-
unstaltete, form.
Für das Übungsbuch, welches der verf. auf p. XI in
aussieht stellt, empfehlen wir ihm noch ganz besondere
vorsieht. Nach dem speeimen, welches er hier bereits in
der „Schriftprobe" vorgelegt hat, halten wir ihn zunächst
noch lange nicht für reif genug, um etwas derartiges zu
unternehmen. Auch können wir es nicht billigen, dafs er
nur „transcribirte sprachstücke* in aussieht stellt; halten
es im gegentheil für dringend noth wendig, dafs die trän-
scription nur etwa den ersten beiden dgl. stücken bei-
gefügt wird, um eben in das lesen einzuführen; dagegen
müfsten auch sie, und alle folgenden stücke nur, in der
108 Pott
originalschrift gegeben werden. Das glossar könnte dann
wieder entweder blos oder doch gröfstentheils in lateini-
scher Umschrift gedruckt sein. Eine derartige Verbin-
dung beider methoden ist das beste mittel, um den an-
fönger allmälig in die kenntnifs des Qevanägari einzufüh-
ren, in welchem ja doch für immer der gröfste theil der
sanskritliteratur gedruckt werden wird.
Berlin, 16.juni 1868. A. Weber.
Ein deutsch - preufsisches vocabularium aus dem anfange des fünfzehnten
Jahrhunderts. Nach einer elbinger handschrift mit erläuterungen her-
ausgegeben von G. H. F. Nesselmann. Königsberg 1868. 56 s. 8.
Wer einem paläontologen die freude über den fund
einer bis dahin unbekannten vorweltlichen thiergattung hö-
herer art nachzuempfinden nicht unter seiner würde hält:
der wird auch den, und zwar, weil es sich dabei um un-
seres gleichen handelt, noch weitaus mehr berechtigten hoch-
genufs eines Sprachforschers begreifen, wenn ihm von einer
erloschenen spräche noch wieder aufgefundene kostbare
reste vor äugen gestellt und für wissenschaftliche benutzung
zugänglich gemacht werden. Jedes volk ist ein stück
menschheit und seine spräche ein gut theil seiner seele.
Deshalb büfst mit dem Verluste der spräche, d. h. mit dem
allmäligen eintausche gegen eine fremde ihm aufgedrun-
gene, ein volk (es sind aber die alten Preufsen durch die
deutschen Ordensritter nicht gänzlich vom erdboden ver-
tilgt, sondern, was von ihnen übrig geblieben, flofs zu an-
fange des 17. Jahrhunderts mit den deutschen ansiedlern
in eins ! ) zugleich auch die wichtigste seite seiner eigenart
ein, und geht damit, selbst beständen in der forterzeugung
seine leiber mit denen seiner sieger unvermischt fort, gleich-
wohl als dieses volk unter. Ein schmerzlicher verlust
das, unter allen umständen! — wo nicht, dies einmal, z. b.
von manchen rasch dahin schwindenden rohen Indianer-
anzeigen. * 109
stammen, zugegeben, im grofsen haushalte menschlicher
entwickelung, — doch jedenfalls, zu geschweigen theilnahm-
vollen mitgefuhls, für die Wissenschaft der Völker- und
Sprachkunde; und zwar ein unersetzlicher, dafern die sprä-
che als nicht durch die schrift eingefangen und gefesselt
spurlos wie vom winde verweht ist, nirgends mehr der
nachweit eine erinnerung von sich hinterlassend und den
anhält, das volk, welches in jenen sprachklängen lebte und
webte, nach diesen und mittelst dieser einzuordnen an
dem, ihm in dem grofsen vielstimmigen völkerconcerte ge-
bührenden platze.
Etwas ähnliches bietet uns nun wirklich obige schrift
von dem vielseitig, im besondern aber um die sprachen in
unserem engern vaterlande, lithauisch und das damit nächst-
verwandte ausgestorbene idiom der alten Preufsen wohl-
verdienten königsberger gelehrten. Natürlich kommt es
uns gar spafshaft vor, wenn man nicht selten bei Franzo-
sen (und das ist noch nicht übermäfsig lange her) dem
glauben begegnete, als spräche man im königr eich Preu-
fsen, Berlin an der spitze, nicht etwa deutsch, sondern
eine davon grundverschiedene spräche, die preufsische.
Wir lachen ob solcher Unwissenheit, und zwar mit vollem
rechte. Allein wie, wenn in unseren eignen busen zu grei-
fen wir nichts desto weniger alle Ursache hätten, und die
Franzosen doch nicht auf einem, in solchem maafse dik-
ken irrthume säfsen, als es auf den ersten blick scheinen
wollte? Es bleibe hier unbesprochen, dafs ein grofser theil
des an der Elbe und ihren Zuflüssen belegenen geländes
zwar lirdeutscher, allein erst wieder von den Slawen,
welche in die von germanischen stammen verlassenen länder-
gebiete nachrückten, zurückeroberter boden sei. Uns küm-
mert jetzt nur, dafs die provinz Preufsen, welche durch
eine allerdings sonderbare Verkettung von umständen in
erweitertem umfange dem gleichbenannten königreiche ih-
ren namen lieh, unläugbar nicht nur noch heute die sprach-
lich den Slawen um vieles näher als uns verwandten Li-
t hau er (mit preufs.-lith. mundart, wogegen die poln.-lith.
110 * Pott
in Schamaiten) in ihrem schoofse beherbergt, sondern auch
die nachkommen jener echten Preufsen, deren nun schon
seit Jahrhunderten verstummte rede mit dem lithauischen
und, in etwas weiterem verwandtschaftlichen abstände, dem
lettischen eine, dem allgemeinen typus nach slawische,
jedoch weitaus alterthümlichere besondere sprachgruppe
ausmacht, welche man, jedoch (z. b. wegen der finnischen
anwohner der Ostsee, Finnen, Esthen, Liven) nicht ganz
sachgemäfs, als baltische zusammenfafst. Wie viele nun
aber selbst in Preufsen wissen von jenem alten preufsen-
idiome aus mehr, oder vielleicht noch weniger, al6 blofsem
hörensagen, ungeachtet uns doch eine solche kenntnifs, und
wäre es nur aus rein vaterländischem interesse, nahe ge-
nug angeht? Das leidet aber jetzt keine entschuldigung
mehr.
Zuerst war es J. S. Vater, durch welchen das Stu-
dium des altpreufsischen wieder ermöglicht und belebt
wurde. In seinem 1821 erschienenen buche: Die spräche
der alten Preufsen nämlich ist, nach dem unvollständigen
exemplare des im geheimen köhigsberger archive aufbe-
wahrten lutherischen katechismus von 1561, der text mit
deutscher interlinear-übersetzung abgedruckt, sowie daraus
Sprachlehre und Wörterbuch angefertigt. Höheren anfor-
derungen jedoch genügte erst Nesselmann in: Die spräche
der alten Preufsen an ihren Überresten erläutert. Berlin
1845. Nicht nur, dafs er den vorgedachten katechismus
vollständig und fehlerfreier wiedergab, enthält sein buch
auch noch von zwei anderen altpreufsischen katechismen
(beide von 1545), welche typographische Seltenheiten sind,
den Wiederabdruck, und bekundet desgleichen durch rück-
sichtnahme auf die verwandten sprachen einen bedeuten-
den fort8chritt. Schon 1848 aber gab der stadtrath Ferd.
Neumann zu Elbing im V. bände der neuen preufs. pro-
vinzialblätter von einem, in seinem besitz befindlichen
handschriftlichen preufsischen Vokabular künde, ohne dafs
in den 20 jähren die von ihm verheifsene Veröffentlichung
erfolgt wäre. Allein, sobald im april 1868 Schenkung der
anzeigen. 111
handschrift an die elbinger Stadtbibliothek erfolgt war,
machte sich unser autor ohne verweilen daran, den bis
dahin fast ganz unbenutzt liegenden schätz zu heben und
ans Höht zu stellen. Es besteht aber das von Peter Holcz-
wesscher [-warther?] aus Marienburg abgefafste oder doch
abgeschriebene deutsch-preufs. Vokabular aus 802 nummern,
welche, mit ausnähme von no. 459 — 468: farbenadjeetiva,
sämmtlich Substantivs sind, und das bisherige material,
obschon, eben jener beschränkung wegen, nur in einseiti-
ger richtung bedeutend erweitern. Die grammatik trägt
vergleichsweise nur wenigen nutzen davon, wogegen der
gewinn auf Seiten des Wörterbuchs um so beträchtlicher
ausfallt, als der luthersche katechismus seiner natur nach
eine menge von sehr wissenswerthen benennungen zumal
dem täglichen leben angehörender dinge ausschlofs und
zu ausfullung jener schwer empfundenen locken das Grun-
au9sche verzeichnifs seines geringen umfanges halber nur
wenig aushalf. Ueberdem aber erweist sich das Vokabu-
lar auch für die deutsche lexikographie nicht ganz nutz-
los, indem die deutschen Wörter darin, welche, indem die
handschrift allem anscheine nach aus dem anfange des
15. jahrh. herrührt, zum theil sehr alterthümlich und viel-
leicht landschaftlich gefärbt sind, weshalb zu deren erklä-
rung sich der herausgeber öfters der beihülfe abseiten der
gerraanisten Schade und Zacher versichert hat. Da
diese Wörter aber durchaus hochdeutschen charakter trar
gen, ins alte Preufsen aber eher niederdeutsche bevöl?
kerung eindrang: so mufs dieser umstand mit in betracht
gezogen werden, will man sich etwa von dem zweck bei
abfassung dieses Vokabulars rechenschaft ablegen, welches
uns ein gütiges gescbick aus dem Schiffbruch der zeiten
gerettet hat.
Eine vorzüglich wichtige bemerkung sei mit des verf.'s
eigenen Worten hervorgehoben: „Eine genaue vergleichung
des vorliegenden Vokabulars mit der spräche des etwa
150 jähre jüngeren katechismus von 1561 ergiebt das au*
genscheinliche resultat, dafs in beiden quellen uns zwei
1 12 Pott
von einander abweichende dialekte der preufsischen spräche
vorliegen ; und zwar haben wir in dem aus Marienburg
datirten Vokabular den dialekt von Pomesanien, dagegen
in dem vom pfarrer Abel Will in Pobethen verfafsten
katechismus den dialekt von Samland vor uns; auch zeigt
die vergleichung, dafs der samländische dialekt, obgleich
die quelle, aus der wir ihn allein kennen, soviel späteren
Ursprungs ist, doch noch wesentlich reiner und unverfälsch-
ter sich darstellt, als der pomesanische dialekt in einer
anderthalb Jahrhunderte älteren Urkunde. Das aus Tolkemit
herrührende wörterverzeichnifs von Simon Grünau steht
zwischen beiden dialekten in der mitte, jedoch mit stärke-
rer hinneigung zu der spräche des katechismus".
Die einrichtung des buches ist die, dafs auf die ein-
leitung das Vokabular folgt, welches nicht alphabetisch ist,
sondern nach Sachen (z. b. gott und himmel; jähr und zeit;
erde; feuer; luft u. s. w.) geordnet. Dann kommt die sehr
sorgfältige erklärung der Wörter in alphabetischer reihen-
folge durch den herausgeber, mit angäbe der parallel -for-
men aus dem katechismus und mit vergleichen aus dem
lithauischen , lettischen und slawischen, sowie unter hin-
zuftlgung der erklärung von den deutschen Wörtern, wo
diese erforderlich ist. Den beschlufs macht: Deutsches
register.
Trotz der grofsen Sorgfalt, welche Nesselmann jedes-
mal der aufsuchung von verwandten gewidmet hat, steht
doch eine nicht geringe an zahl von artikeln noch ohne alle
anknfipfung da; und wer weifs, ob nicht viele von ihnen
durch die invidia temporum für immer verwaist bleiben
müssen. Die ernte hat der herausgeber, welchem wir allein
für die blofse Veröffentlichung des wichtigen fundes zu
reichstem danke verpflichtet wären, und zwar verdienter
mafsen, schon gehalten. Aehren, des bückens werth, wel-
che er mag haben liegen lassen, dürften sich nur noch
wenige sammeln lassen. Vielleicht ist unter dem folgenden
das eine oder andere nicht unbrauchbar. Aclocordo
leitseil, fahrleine, kommt von auclo, halfter, and cordo,
anzeigen. \[$
dessen o hinten, wie schon N. anmerkt, mundartlich der
feminalausgang ist für a im katechismns. Das ist ohne
zweifei poln. kor da (aus lat. chorda), obschon ein gürtel
von stricken, den einige ordensbräder um den leib tragen;
kordel m., strick, im poln., lith. kardelus starkes tan. —
Broakay, bruch als kleidungsstück , ist kelt. braccae
Dief. Origg Eur. no. 69, und hat mit poln. brzuch, bauch,
gewifs nichts zu thun. — Dantimax, Zahnfleisch, enthält
trotz menso, poln. mi^so, ksl. mjaso fleisch, doch viel-
leicht eine form, wie poln. mi^sko, zartes fleisch, in sich,
obschon der nasal% widerspricht, weshalb N. s. 34 zu an-
dern erklärungen greift. — Zu doacke (der vogel staar)
halte ich ahd. däha, taha (monedula) GrafF V, 364. Dohle
entsprang aus dem dem. dachel morgenbl. 1861, no. 51 8.
1205. Pr. kote, tale d. i. dohle. Stender hat im wtb. s. 387
lett. kohsa dole, tahlken (letzteres also wieder mit neuer
deminutivendung -ken niederd. st. chen). Merkwürdig ge-
nug kommt der lith. name des staares warne na auch mit
Warnas rabe Ness. wtb. 8. 54 zusammen. — Dumpbis,
gerberlohe, hängt, da sie aus eichenrinde gemacht wird, augen-
scheinlich mit poln. d$b, eiche, zusammen. Lith. döbai,
dobbai pl. die beize der rothgerber. Das wort mufs übri-
gens den Slawen abgeborgt sein, weil die eiche pr. au-
sons, lith. auzülas heifst. Gnode, teigtrog, zu poln.
gniot§ jch knete. — Granstis bohrer, lith. gr^sztas
Nesselm. wb. s. 269. — Caymoys, achsel, ist lett. ka*
meeschi (s durchstrichen), pl. von kammessis. — Kalso,
fladen, wird, da s hier wie im katechismus sehr verschie-
dene zischlaute vertreten mufs, poln. kolacz, fladen, eine
art kuchen, ksl. kolac", libum. Mikl. lex. p. 297 sein; xo-
Xixiov DC. — Hinter kisses, pelz, scheint verborgen ein
wort, wie poln. kozuch vom veralteten koza, kuza feil;
lett. kaschoks. Da schlufs-s wohl kaum für x gesetzt ist,
wäre z. b. an ksl. kozitza pellis, kozie n. öhguctva^ pelles
Mikl. lex. p. 295 zu erinnern. — Keckers, erweis, erbse,
ist wohl die kichererbse, cicter. — Gnabsem bei Grünau
möchte nicht eig. hanf knapios sein, sondern hanfsame (vgl,
Beiträge ». vgl- sprachf. VI. 1. 8
114 Pott
pr. 8 einen same, lith. im nom. semü hinten ohne nasal).
— Clumpis stuhl, k8l. kla^p" f. (scamnum) Mikl. lex.
p. 292. Da weiches jer hinten auf i hinweist, auch in der
endung sich deckend. — Ist kramp tis, glossirt nayl
(eiserner nagel), eigentlich unser krampe? Oder zu xqs-
pdvvvpi wz.-wb. II, 172? — Kumetis bauer (gebuer) wird
richtig mit lith. kümetys instmann (auch zardininkas) zu-
sammengestellt. Siehe indefs auch ksl. kmet" u.s.w. Mikl.
lex. p. 293, wo die walachische for"m ebenfalls u zeigt und
mir deshalb aus mou^Tijg aufgenommen scheint. — Lu-
riay, meer, mufs wahrscheinlich vorn i statt 1 gelesen
werden. Indefs das 1 in lagno, leber, welches (wenigstens
g statt k hindert nicht) mit lett. aknis sich vergleicht,
hätte auch in lat.jeour, jecinoris, skr. jakrt ein jot als
gegenstück. — Mandi welis (quirnestab), quirlstock, klingt
auffallend an das gleichbedeutende lith. menturre Nesselm.
lith. wb. 8. 393 an, das zu skr. manth gehört. — Palst
mulgeno mark (medulla) zu dem deutschen worte mit
eintausch von 1 gegen r, oder zu ksl. mozg Mikl. lex.
p. 378? Im letzteren falle dürfte man sich auf den Schreib-
fehler wolistian statt wosistian zicklein 8. 50 berufen.
Der zusatz hinten, wie in kartano stange, emelno mi-
stel. Deynayno morgenstern, ksl. d"n"nitza vom adj.
d"n"n (diei) Mikl. lex. p. 185. Krixtieno erdschwalbe,
lith. krägzde 8. Ness. wb. 8. 225. Daher bei Diosk. Ad-
xot XQovGxdvti statt y^XiSoviov ii&yct, Schöllkraut, russ. bo-
rod&vnik, lett. struttenes Grimm gesch. I, 204 no. 3. —
Pagaptis, bratspiefs, leitet sich passend von dem verbum,
wozu lith. pakabinu, aufhängen, Ness. lith. wb. s. 170 ge-
hört. Ob aber auch der acc. dylapagaptin, Werkzeug,
Ness. im katech. s. 94 mit dylan werk? Lith. kepti jedoch
ist backen, braten. Das g statt k dürfte uns nicht hin-
dern, da auch agins, sagnis, girmis den weicheren laut
seigen an stelle des harten. — Zu peccore, bäcker, wäre
besser ksl. pekar" (pistor), poln. pekarz verglichen, als
das den Germanen abgeborgte lith. bekere, das ganz an-
dern Ursprungs scheint. Die slawischen Wörter gehören
anzeigen. j ja
zu skr. paK, was von unserem backen unwahrscheinlich
ist. üeber die bildung s. später. — In penpalo Wachtel
und pense (kynboem) wäre man geneigt, u statt n zu
lesen, hielte nicht die vom vf. s. 29 unter kentaris gemachte
bemerkung, eu werde sonst nicht gefunden, einigermaßen
davon zurück. Die fichte heifst lith. puszis f., was, im
fall sz auf den indischen palatalzischer zurückweist, sich
recht gut mit mvxq vertrüge, woraus das ksL mit neugr.
ausspr. des diphtb. pevg' in. (adj. pev'kin nßvxivog) Mikl.
lex. p. 559 gemacht hat. Eine der lith. namensformen für
wachtel ist pepala. — Aus plinxne scheint d. plinse oder
plinze, art eierkuchen, s. Heyse, zu rühren. Die deutsche
glosse, wodurch es erklärt wird, pletcze ist, da cz in den
deutschen Wörtern stets unser z vertritt (im polnischen
aber drückt cz, wenigstens jetzt, tsch aus) unser platz
(kuchenart), z. b. in zuckerplätzchen, s. gleichfalls
Heyse. — Proglis, brantrute, soll, meint man, im zweiten
worte verschrieben, d. h. brantreite, dreifufs, sein. Ich
meinerseits halte die lesung aufrecht, und rathe auf eine
brandruthe, d. h. einen kienspahn, dergleichen man in jenen
nordlichen gegenden zur erleuchtung verwendet. Vergl.
esthnisch bei Hupel piirk, erklärt durch per gel. Eben
so lettisch bei Stender skalla pergel, holzfackel, weil eg
gesplissen wird. Das wort rute kennt das Vokabular
wirklich als erklärung von preufs. riste. In betreff der
Umstellung des r in proglis s. analoge fälle bei Nesselm.
s. 7; strambo, stoppeln, heifst lith. stambras Stengel,
halm. Fulda hat in der idiotikens. perge f., Schweiz,
forche, kiefer, kienbaum. Vergl. überdem Nesselm. unter
passupres. — Saltan, speck, liefse sich mit lith. pal-
tis, Speckseite, nur unter annähme eines fehlers im ersten
worte, vereinen, ßuss. sälo, poln. sadlo, schmeer, erklärt
nicht das t. Indefs haben wir auch kamerto kammer;
swintian schwein; lanxto fenster, lith. langas. Estq-*
reyto, eidechse, vgl. poln. jaszczur-ka. Das verhalten
der laute vorn, wie in staytan schild, poln. 6zczit. Ich
weifs nicht, ob, nach nicht seltener Verwechselung, t für k. ; —
8*
116 Pott
Skerptas, rttsterbaum , ist schwerlich verschieden von
lith. skirpstüs, rothbuche. Nesseln*, wb. s. 478. Das vok.
trennt davon wimino ulme. — Scritayle radfeige; litb.
skrittas, aber skritte kreis Ness. wb. 8. 482. Im letti-
schen heilst das rad skrittulis, die feige aber zufolge
Stender skrittula gabbals (stück, theil). — Seese
amsel, lith. szesze. — Kann sixdre durch Umstellung
lett. stehrts, lith. starta sein? — Smorde faulbaum.
Vgl. lith. smirdele (Sambucus ebulus) vom gestank, smir-
das. Faul, stinkend, lett. ssmirdens. — Snoxtis, rotz,
vgl. lith. snokszti schnauben. — Sperglawanag, Sper-
ber, ist leicht erklärt. Es ist wanag, habicht, verbunden
mit dem nur gering abweichenden spurglis, Sperling, wie
ja auch der deutsche name des vogels vorn goth. s parva
enthält. Vergl. nicht minder engl, sparrow-hawk, der
finkenfalk. Auch läfst sich nicht verkennen, dafs gertoa-
nax, habicht, genauer der hühnerhabicht ist aus gerto,
henne, mit lith. wänagas, lett. wanags habicht. In wa-
nag mufs aus versehen die endung weggeblieben sein, x
findet sich oft am schlufs als nominativzeichen s, zusam-
mengeflossen mit einem guttural, z. b. slayx regen wurm,
litb. sie kas. Wosux Ziegenbock. Czilix zeisig. Me-
denix-taurwis (beerhun, etwa beeren fressendes huhn f.
auerhahn?). Vielleicht d an t im ax, gaylux, genix, gun-
six, cawx, lonix. — Stabs ist schöps aus ksl. skop"tz
(eunuchus) mit s statt tz, falls nicht das s im preufs. no-
minativendung wegen poln. skop hammel.
S. 4 wird bemerkt, dafs c und t in der mitte der
Wörter zuweilen gar nicht zu unterscheiden seien, während
sie am anfange der Wörter einander gar nicht ähnlich sä-
hen. Das kann man nun auch sonst sehr häufig, z. b. in
den von Diefenbach herausgegebenen glossaren, wahrnehmen.
Die sache gewinnt aber för unseren fall an bedeutung,
* weil es den anschein hat, als sei der Wechsel zum öfteren
nicht blofs in graphischen mifsverständnissen zu suchen,
sondern sei ein mundartlicher, was auch um defswillen
nicht leicht zu entscheiden ist, weil man c und k zuweilen
anzeigen. 117
promiscue schreibt. Nesselmann bemerkt 8. 40 unter prei-
talis, ambofs, lith. prei-kalas lith. wb. 8. 176 von kälti
schmieden, das t sei in der handschrift sehr deutlich, und
verweist über die vertauschung von t und k in beiden
sprachen auf torbis korbgeflecht am wagen; tuylis der
zahme eher, lith. kuitys; turpelis leisten des Schuhma-
chers trotz und neben pr. kurpe schuh. Allein auch tun-
clis ist lith. kukälei m. pl. raden im körn, lett. kohkaTi
kornnäglein, rahden, ksl. k§kol" m. nigella, poln. kqkol-
nica kornraden (Agrostemma githago) von k§kol lolch,
lolium. — Desgleichen yttroy wade, lett. ikri waden am
schenket. 2. lett. fischrogen, und Kreewu semmes (Rufs-
lands) ikri kaviar. Irisch iuchair fish spawn. Der vf.
führt russ. ikry an. R. ikra, ikrü aber bezeichnet nicht
nur fischrogen, kaviar, sondern auch wade. Eben so zu-
folge Mrongovius poln. ikra der fischrogen 2. besonders
im preufs.-poln. die wade, sonst lytka. Vielleicht vermit-
telt durch die bedeutung drüse mit dem begriffe ange-
schwollenes als vergleichsdrittem. Mikl. lex. p. 255. —
Twaxtan, mit queste glossirt, erklärt Schade bade-
schürze, badehose. Das bedeutet nun mhd. queste wirk-
lich. S. Ben. I, 894 Bringe mir ouch den bader mit der
questen: läfst freilich zweifelhaft, ob das nämliche gemeint
sei. Auch im Vokabular folgt obiges wort hinter stubo-
nikis (beder, bader), bei Heyse stüberer auch stübner
ehemals für bader (s. Diez et. wb. 8. 336 it. stufa, franz.
6tuve badstube, ofen); d. loser (der zur ader läfst)
und loskop d. i. lafskopf = schröpfkopf (aus cupa,
nicht caput). Die queste bringt Müller mit castula in
Verbindung, was in Diefenb. gloss. p. 105 bad-tuch er-
klärt wird, und möglicher weise demin. wäre aus castus,
keusch. Trotz dem allen bin ich in zweifei, ob twaxtan
in Wahrheit so verstanden werden mufs, wie Schade meint.
Ob die alten Preufsen so zarte rücksichten nahmen, beim
baden badeschürzen vorzuthun, mag billig beanstandet
werden zu glauben, und ein badelaken, vermuthlich um
sich nachher hineinzuwickeln, hiefs kekulis. So darf ich
118 Pott
dann wohl bescheidentlich mit meiner vermuthung heraus-
rücket!, unter twaxtan sei vielmehr der badequast zu
verstehen, und das wort daraus entstellt. Dieser, bei den
Lithauern wanta Ness. 8. 51, heifst zufolge Stender, deutsch-
lett. wb. s. 101 perrema (zum baden gehörend, von pehrt
baden; prügeln) sslohta (besen, quast), die belaubten bir-
kenruthen dazu aber sehaggas, lappas. Mit diesen quästen
scheint man den badenden zu schlagen, da ksl. prati
'aqovuv ferire, auch lavare (wegen des schlagens des Zeu-
ges mit dem bläuel?) bezeichnet Mikl. lex. p. 659. — Die
picht seltene bezeichnung junger thiere mittelst der endung
-istian (eig. acc.) N. s. 50, z. b. gertistian, küchlein,
brächte die form dem griech. -i<rxog nahe, im fall ihr t
fbr k stünde und nicht etwa st (vgl. oben gegenüberstehen
von szcz im polnischen) doch anders zu fassen ist.
Für eine andere mundartliche eigenthümlichkeit erachte
ich, dafs o den Vorschlag von w zeiget. Woaltis eile,
woltis Unterarm, findet seine parallele in lith. ölektis,
indem das wohl berechtigte k (vgl. pr. alkunis ellenbogen)
nach voraufgegangener assi [Dilation gewichen ist, gerade
wie in pentinx (aus pienc-ts, lat. quin-tus, im ka-
tech.), freitag. So hat der Lette saltis art schlänge, lith.
zaltis, allein auch salktis hausschlange. Stender, Wör-
terbuch hinter der gramm. ausg. I, 8. 134. Desgleichen
woasis esche, woble apfel, wobsdus dachs, wosee ziege.
Wund an, wasser, lautet im kat. unds, ähnlich wie lat.
unda, welche formen mit blofsem u jedoch erst aus va
entstanden scheinen. Wubri, wimpro, wimper, braue,
schwerlich mit anschlufs an das deutsche comp., sondern
ähnlich wie öcpQvg oder doch and. ähnliche formen des Wor-
tes vorn mit vokal, wie z. b. ill. obärva, cafir. äbrü. S.
et. forsch. II, 411. Wobilis klee: lith., sonderbarer weise
mit d, döbilas, aber lett. ahbolites (als derain. von ah-
bols, apfel) und ah bot u sahles, vermuthlich indem man
die rothen köpfe des klees mit äpfeln verglich. Stender wb.
8. 393, allein als obs. auch dahboli s. 394. — Vgl. auch
z. b. lith. argonai, wargonai, orgel, aus Organum.
anzeigen. 119
Das wenige, was sich in grammatischer hinsieht
dem neuen Stoffe abgewinnen l&fst, besteht etwa in folgen-
dem. Nesselmann hat „spräche der alten Preufsen" 8. 47
die beobachtnng niedergelegt, dafs die im nom. sg. auf
vokal ausgehenden preufs. nomina weiblichen geschlechts
seien, und gilt dieser satz unstreitig auch hier. Vor allem
entspricht eine grofse masse solcher auf o im vok. denen
auf a im katechismus. Z. b. menso fleisch, kat. mensa,
lith. mesa, ös f.; crauyo blut, kat. krawia, jedoch lith.
kraujas, o m. Tauto land, lith. tatftä, 6s f. speziali-
sirt zu: das Oberland, Deutschland. Seltsam genug, dafs
wir weit von Preufsen weg und in unendlich früherer zeit
ganz der nämlichen erscheinung begegnen. Das oskische
nämlich hat schon in seinen älteren denkmälern im nom.
sg. der a-decl., trotz der scheinbaren annäherung an die
II. lat.-griech. decl., nachweislich blofs ü, während im um-
brischen anfangs noch u (o) und a neben einander gehen,
wogegen in der jüngeren periode o allein geltend geworden
sein mag. Aufrecht und Kirchhoff denkm. s. 110. — Dann
folgt eine grofse zahl auf e. Z. b. caune m arder, lith.
kiäune, &s f.; same erde, lith. z'eme, äs f. — Podu-
kre, Stieftochter, lith. pödukre, es f. (auch pödukra,
6s) Nesselm. wb. 8. 149 mit der präp. po-, pa- (bei) vok.
8. 11 zur bezeichnung von stief-, wie z. b. auch pomatre
Stiefmutter. Das sanskrit und zend (Justi wb. s. 392) ge-
ben bei den verwandtschaftsnamen auf r diesen cons. im
nom. auf, und ist dies in merkwürdiger Übereinstimmung
auch für das lithauische und preufsische als regel anzu-
nehmen. Daher pr. mothe mutter, lith. mote Nesselm. wb.
s. 409 eheweib, eben so aber auch bei dem m. pr. brote
bruder. Defshalb befindet sich Nesselmann im irrthum,
wenn er im lithauischen auch für den nom. sg. etwaige
formen mit r neben solchen ohne r als ursprünglicher be-
trachtet, während sie dasselbe doch nur erst jure postli-
minii (wie z. b. npers. dokhter statt des altertümlicheren
dokht) wieder erhielten. Defshalb ist swestro (o statt
a), poln. siostra, Schwester, nur nach dem slawischen
120 Pott
und germanischen zu rechtfertigen, während, ohne den Zu-
satz des fem. o, eine ähnliche form, wie lith. sessü =
skr. svasä, zend. qanha, allein lat. soror, zu erwarten
stünde. Podukre, pomatre sind nur durch das e, als
ableitenden zusatz, in der Ordnung. Semen der same,
lat. se-men, hat gleichfalls den schlufsnasal erst wieder
aus den obliquen casus hergestellt, wie lith. semenis an
stelle des altertümlicheren semü, gen. mens Nesselm.
wb. s. 459, wie ahd. samo, gen. samin Graff VI, 55.
Komaters gevatter, poln. kmotr, fem. kmotra (comma-
ter) entstammt dem latein. — Der nominalausgang e übri-
gens ist für gewöhnlich wohl als aus ia (vgl. skr. I f. aus
ja, z. b. de vi, göttin, lith. dewe; wie die lat. motion av-
-ia) entstanden zu denken, in ähnlicher weise wie die lat.
V. decl. nur gewissermafsen abart ist von der I. Daher,
vermuthlich durch assimilirenden einflufs des i, so viele
formen auf -ies, zumal wechselnd mit solchen auf -ia, z. b.
inateries : materia. So steht dem lith. kukne (coquina,
engl, kitchen, küche) gegenüber poln. kuchnia, russ.
küchnja, und sind die frauennamen Euphemia, Dorothea
von den Lithauern zu Pimme und Urte (das d wich der
epallelie wegen; lett. Dahrte, nach dem zweiten theil
Tihga) verunstaltet. — Warne, die krähe,' lithauisch
jedoch hinten mit a war na, wird unstreitig ihrer geringern
gröfse wegen von warnis, lith. wärnas (also hinten mit
a) m. rabe, als f. unterschieden. Vgl. Nesselm. wb. s. 54. —
Warene messingkessel, ist ungenau, da lith. var-inis
(fem. ines) ehern, kupfern, varies, erz Schleicher lit.
gramm. s. 122 und für messing preufs. cassoye aufgeführt
wird. Indefs vergl. bei Nesselm. wb. s. 51 szwitwaris,
messing, mit szwittu glänzen s. 533, lett. dseltanajs
warsch (r und s virgulirt) eigentlich gelbes kupfer; war-
rains kupfern, ehern. Mielcke und Nesselmann geben
waras, kupfer, ohne i an; allein zu varies (varias), ge-
wöhnlich varis, gen. rio erz, kupfer Schleicher glossar
s. 336 pafst nicht nur besser die durch striche im r (gen.
warra) angedeutete mouillirung im lettischen, sondern auch
anzeigen. 121
pr. wargien kupfer, was eigentlich der acc. sg. ist mit g
für jot, wie saligan, grün, lith. zalias. Kaum doch engl,
ore u. s. w.
Das lithauische hat übrigens auch fem. auf ia, z. b.
wyniczia weinberg, und i, wie marti die braut, Schwie-
gertochter. Defshalb mögen auch mehrere preufs. subst.
anf i als gleichen Charakters angesprochen werden 5 und
zwar als aus ia verschrumpft. So, als ein sehr deutliches
beispiel, dusi, seele, was doch wohl eher dem lith. duszia,
ös f. gleichkommt, als dusze, es f. Ferner ludini (wir-
tyne hausfrau, wirthin) von ludis wirth, hausherr, ähn-
lich wie lith. kunnigene, auch kunnige predigerfrau,
von kunnigas prediger (eig. herr, unser wort könig), vgl.
königin; Adomene Adams weib. Mielcke sprach!, s. 21.
Uebrigens scheinen zuweilen i und e blofs durch unge-
nauere Schreibung verwechselt. So z. b. pr. asy rain, lith.
eze; preufs. pelki bruch, sumpfstelle, lautet im lith. pelke;
ferner possi hälfte. — Bei änderen Wörtern wird die ent-
scheidung noch mifslicher, sei es nun aus mangel an paral-
lelen, oder auch wegen verdachtes, ob wir plurale vor uns
haben. Sansy, gans, mag einer anderen decl. folgen, als
lith. zasis (richtiger mit rhinismus 3), gen. es f., bei Mielcke
ies. Culczi, hüfte, verträgt sich wohl besser mit lith.
kulsze, es als mit der übrigens auch fem. form kulszis,
es. Mit wolti, ähre, vergleicht sich lith. waltis, es f.
rispe im hafer. Kaum aber fehlt jenem aus blofsem Schreib-
fehler das s. Vergl. etwa arelie adler, lith. erelis. —
Mehr oder weniger räthselhaft sind mir sari gluth (vergl.
etwa gorme hitze); kiosi becher; posty weide (im suff.
ähnlich wie sos-to, bank, lith. sos-tas d. i. sitz); lonki
steg; stabni ofen (etwa lapideus von stabis, stein?);
clattoy klette (aus dem deutschen?). Garkity senf.
Ksl. gor"k bedeutet mxQog. Wubri, s. ob., liefse in hin-
blick nach dem skr. nom. bhrü-s den ausgang u-s erwar-
ten, welchem man anderweitig oft genug begegnet, z. b.
dang us mit der doppelten bedeutung himmel und gaumen
(ovQavidKoq^ lith. dangus burnos, eig. himmel des mun-
\
122 Pott
des, wie holl. verhemelte, gehemelte des monds). Alu,
meth, hat wahrscheinlich aus blofsem versehen das end-s
nicht, wie es lith. alüs erfordert. Dolu, galle, schwerlich
noch neutr. — Sollte wubri mehrheitlich gemeint sein,
welche vermuthung auch bei noseproly3 nasenlocb, nahe
gelegt ist, gleichwie bei agins äuge, ausins ohr, die wohl
nur acc. plur. (Nesselm. spräche der alten Preufsen s. 53)
sein können, worin das ns trefflich zum gothischen stimmt?
Falls jedoch etwa zu ksl. prolijati (effundere), woher
proliva (os fluviorum) Mikl. lex. p. 699, wäre der i-laut
wurzelhaft. Bei peadey sacken, d. i. socken, und broakaj
hose (im neueren sinne) wegen der zwei beinlinge, zweifele
ich keinen augenblick an pluralität der form, wie pr. ta-
wai väter; gannai weiber; auch mit der Variante ei, in
seltenem einverständnifs mit griech. oi, ai; lat. i (ei), ae
bei sigmatischem ausgange auch hier im sanskrit. — Auch
blensky schilf und craysi halm neben crays heu
könnten recht wohl nach lithauischer weise plur. sein.
Wir kommen noch einmal auf den plur. zurück, wol-
len aber zuvor einiger benennungen von mannspersonen
gedenken, welche nichts desto weniger ausnahmsweise sich
in einen vokal verlaufen. Scrutele schroter, d. i. Schnei-
der, ist vollkommen richtig, indem dies durch dissimilation
hinten aus dem deutschen umgeänderte nom. ag. gerade so
gebildet ist, wie lith. brüvele brauer u. a. Schleicher lit.
gramm. s. 114. Gilt dieselbe entschuldigung für peccore
bäcker? Lith. bekere allerdings masc. S. oben. Tucko-
ris, weber, pafst besser (wohl contr.) zu lith. -orius, z. b.
stiklorius glaser, Schleicher a. a. o. 8. 111. Kukore
ist die köchin; aber lith. kükorius, koch. Gekürzt in
den vokalen ist auch artoys ackersmann, lith. artöjis
(pflüger), was ich im wesentlichen dem gr. ctQortig gleich
erachte trotz mangels eines i-lautes in dem griech. suffixe,
älter -rag. Es ist letzteres vermuthlich nach ausstofs von
jot contrahirt worden. Man mufs aber wissen, das o in
-tojis steht für langes a, wie sich aus lett. -tais (mit
ausstofs von a), fem. täja Bielenst. lett. gramm. I, s. 212
anzeigen. 123
ergiebt. Dafs i in lith. -tojis aber durch assinrilation aus
früherem a entstand, erhellet aus formen nach anderer li-
thauischer mundart, deren Bulgarin, Rufsland I, 170 f.
unt^r den benennungen von Handwerkern und nomm. ag.
nicht wenige auffährt. Nämlich korija-toja-fs krieger,
aber mokitoifs der lehrer (mokitinifs schäler). Passum-
ditojafs miethling. Skaititojafs rechnungsfuhrer. Scho-
kinetojafs tänzer. Tekintojas drechsler, aber auch
vorn mit a sogar: teplotajas der maier. Waistitojas
arzt. Blofsem ag, rjg (äol. a), lat. a, z. b. scriba, conviva
gemäfs: dainoiafs (von den dainos) Sänger; drosheijas
bildhauer. Aebnlicher bildung ist pr. medies Jäger, lith.
med£jis. — Ziemlich häufig kommt im preufsischen ein
anderes suffix -nikis, oder gekürzt -nix (Nesselm. spräche
der Preufsen 8. 219) vor. Nämlich stubonikis.bader;
laukinikis lehnsmann; mynix gerber. Balgninix Satt-
ler, im lithaui sehen bei Bulgarin balninikas, wogegen
preufs.-lith. balnininkas, also noch mit n vor k, wogegen
lett. -neeks. ßuss. sedjel"nik sattler. Desgleichen bei
Bulgarin schikschnikafs riemer; russ. ^omutnik (kum-
metmacher). Duoninikafs bäcker (nach dem brote be-
nannt, wie russ. ^Ijebnik) u. v. a. — Was soll man nun
aber sagen zu wald wico ritter, worin o als femininendung
falsch sein mufs, so gut wie in aubirgo (oder anbirgo?)
garbreter, garkoch (unmöglich doch frz. auberge)? Scheint
lett. wald ine eks regent. — Rapa, engel, ist, wie über-
haupt, so im besondern durch seinen schlufs sonderbar.
Es ist nur eine sehr schwache vermuthung, wenn ich an
ksl. rab (servus) denke, indem ja darin: diener gottes
gesucht werden müfste. — Smoy, mann, findet kaum
durch das g in lith. zmogus seinen vollen aufschlufs.
Auch menig mond und wanag habicht (ohne das s im
lith. und lett.) müssen hinten ungenau wiedergegeben sein.
Mary das haff, obschon lith. mär es pl.
Is ist weitaus die häufigste aller nominativendungen
der im Vokabular aufgeführten worter, und zwar um des-
willen, weil, wie schon Nesselmann angiebt, ein grofser
124 Pott
iheil derer auf urspr. a-s mit hineingezogen ist in das ge-
biet derer, welchen i-s von rechts wegen gebührt. Nun
finden sich aber auch die ausgänge es und os (ios). Welche
bewandtniis hat es damit? Obgleich der katechismus keine
sigmatische plurale nachzuweisen scheint, so dürften
doch, meine ich, die mehrzahl der Wörter mit obigen en-
dungen im Vokabular kaum anders gefafst werden, und
erhielten wir damit eine bis jetzt uns unbekannte preufsi-
eche pluralform. Nur mufs man sich entsinnen, dafs der
Lithauer auch viele pluralia tantum zählt, wie miezei
gerste (vok. moasis, als wäre es sing.), pinnigai (weil
aus mehreren stücken bestehend) geld, kamanos, zäum
u. s. w. Preufs. raples, zange, kann unmöglich etwas
anderes sein als lith. reples f. pl. von einem thema auf
-e, die, kneipzange, welche ihrer zwei glieder wegen den
mehrheitlichen numerus zeigt, wie desgl. die scheere, pr.
scrundos, unstreitig wie lith. rankos, die hände, plural
von rankä (im du. ranki), und schwerlich doch, wieder
gen. sg. rankös. Vgl. etwa ahd. scrintan (ändere) Wur-
zel- wb. II, 160. Nicht anders frz. les ciseaux, und esthn,
kärid scheere, aber auch kärad hafer (lett. plur. ausas
hafer, lat. avenae, engl, oats; rudsi roggeu Rosenb.
formenl. s. 80), linnad flachs u. s. w. Hupel esthn. gramm.
1818 s. 140. — Aketes die egge, lith. ekkeczios f. pl.
wie marczios, braute, von marti. Lett. ezzeschi (z
statt k, und s virgulirt). Das t (vgl. vormals egde) ver-
bürgt z. b. durch ekket-negelis eggzinke (nagel). —
Knapios, lett. kan'n'epes hanf, aber bei Nesselm. lith.
sg. knape, kanape, lat. cannabis. — Clines kleie, lith.
klynes f. pl., wie auch der Lateiner z. b. furfures bordea-
cei gebraucht, als ein vieltheiliger stoff. — Gewifs dra-
gios, hefen, eben so pl., wie das gleiche engl, dregs, und
lith. meles, lett. meeles. Desgleichen ksl. drozdija f.
pl. Tovyia faex. Mikl. lex. p. 176.
Auklextes, oberker, scheinen die vom geworfelten
getreide abgefegten spreutheile. Vergl. klexto kehrwisch
zum reinigen des backofens. Vorn steckt darin die preu-
anzeigen. 1 25
fsische untrennbare präp. au- (skr. ava), meine präpp.
ß. 604, und bedeutet demnach etwa das hinweggefegte.
Vgl. au-werus, sindir, metallschlacke, das ich zu poln.
u-wrze-<5, uwarzid gar kochen, gar sieden, halte. Au-
wirpis fluthrinne, d. h. ab- oder durchlafs, wie crauya-
wirps aderlasser Nesselm. s. 49. — Auch sirmes, lauge,
könnte pl. sein, freilich in Widerspruch mit dem lithauischen
männlichen sg. szärmas. Desgl. kaules dorn. Ackons,
granne, steht ohne zweifei mit lith. akötas, gewöhnlich
im pl. akötai in Verbindung. Ob es aber acc. pl. auf -ns
sei, oder ein vokal (i oder e) hinter n ausgestofsen : ich
weifs es nicht. — Passupres, Stangen zum trocknen von
holzspähnen. — Tusawortes manchuelt, als vielleicht
Zwerchfell? — Peles armmuskel, lith. pele (mus), oder
auch die starke muskel am daumen; pl. pferdekrankheit,
maus oder fiebel. Lett. pell es viehkrankheit, da die mause
oder drfisen lebendig werden. — Bei sarxtes, scheide
des Schwertes, ist dem begriffe nach pluralität nicht recht
glaubhaft. Möglich, dafs e einen anderen vokal vertritt,
wie in esketres stör, lith. erszketras. Stroysles ist
der fisch döbel. Ueber kisses pelz s. ob. Aber takes,
wehr an der mühle, könnte, wenn mit lith. takiszas ein-
hellig, eig. zweifachen zischlaut zu einem zusammengezogen
haben. Nothwendig jedoch ist die annähme nicht wegen
lett. taz-8, worin s nominativendung, und z für k steht
vor ausgefallenem i. — Lauksnos soll vermuthlich schon
der Übersetzung gestirne nach plur. sein. Auch wohl wayos
wesen, wiesen od. ahd. waso? Bei Schleicher gloss. s. 336
vejd (veja) rasen, rasenplatz. — Perwios estrich. —
Aboros raufe. — Lisytyos nothstall. — Brunyos brüst-
hämisch, brünne. — S. 18 hat das vok. sliwaytos pflu-
men, wisnaytos kirsen, krichaytos krichen (art kleiner
pflaumen; hann. kreiken; lith. kryke wilder Pflaumenbaum),
die schon durch die Übersetzung als pl. fem. gekennzeichnet
sind. Auch unstreitig crausios birne (eher plur. bieren,
piern vom sg. bir, wofür erst spät birne s. Grimm wb.),
wozu nicht ganz lith. krausze für birn (im pl. -es) pafste.
126 Pott
Crausy, der birnbaum, müfste, vgl. mit lith. krauszis,
jo m., das s aufgegeben haben, was ich jedoch nicht zu
behaupten wage. Was will aber die endung -aytos in
den drei obigen Wörtern? Es scheinen deminutivformen,
und zwar weibliche, von der deminutivendung im lithaui-
schen, z. b. brol-äitis brüderchen, Schleicher lit. gramm.
s* 131. 141, vielleicht indem man sie sich patron. dachte. —
Uebrigens kann es uns nicht wunder nehmen, wenn in der
endung, und so in decl., auch wohl genug und numerus,
die baltischen sprachen nicht immer zusammengehen. Bei-
spielsweise steht dem pr. dumis rauch gegenüber der lith.
pl. dümai; oder sarke elster, statt lith. szarka u. 8. w.,
während, im fall sie sich deckten, ersteres hinten o haben
müfste. Syrne, Samenkorn, entspricht polnischem ziarno,
scheint aber ausländisch wegen beibehaltung des älteren
girnoy wis handmühle. Vergl. mein wurzelwb. II, s. 256.
Aehnlich sari gluth (lith. zarija glühende kohle) und
gorme bitze.
Ein nicht gerade an der Oberfläche liegendes sufBx ist
versteckt in folgenden Wörtern, denen das lithauisebe sein
suff. -tuve f. und -tuvas masc. (Schleicher lit. gramm.
s. 117) gegenüber stellen würde. Pre-artue, pflugreute,
von lith. är-ti, pflügen. Schu-tuan acc. sg. zwirn, von
lett. schuh-t (seh wie im deutschen), nähen. So aber
auch wahrscheinlich coestue, bürste, in vergleich mit
coysnis kämm, und nurtue hemd. Lith. nerti wird
vom anziehen wenigstens der schuhe gebraucht. — In
compp, finden sich an präpp., aufser dem erwähnten au-,
noch pa (po) z. b. passalis frost, lith. pä-szalas Nes-
selm. wb. 8. 512; pre in preitalis, preartue. Attolis,
grummet, vgl. lett. at-sals, was, wie unser nachheu, eig.
abermaliges gras zu heifsen scheint. Eine andere präpos.
(nämlich sl. za) könnte verborgen liegen in sardis, czuen,
das freilich unser zäun ist, möglicher weise aber ein um-
zäuntes. Vergl. ksl. za-grada (sepimentum), woher das
adj.zagrad"n (horti), zagrad (urbs), Dobr. Inst. p. 202,
wie engl, town ja eig. ags. tun (septum, praedium, pagus,
oppidum), fris. tun v. Richth. 8. 1094 ist. Poln. za-groda,
anzeigen. 127
verzäunung, gehöft, wird nämlich budissin. (in einklang
mit häufigem wegfall von g in diesem lausitzischen idiome)
zu sa-roda garten. Es heifst aber lith. zardis ein rofs-
garten. Dagegen lith. gärdas horde, hürde, scheint nicht
sowohl mit diesen deutseben Wörtern zu stimmen, als mit goth.
gards oixog, avk^ altn. gerdi (sepes). Doch s. Diefenb.
goth. wb. II, 390 no, 20. Oder sollte pr. sardis eher ein
stangenzaun sein? Vergl. sl. zerd" palanga, pertica Dobr.
Inst. p. 144, russ. zerd", dünne lange Stange. Lith. zar-
das Scheiterhaufen (lett. ss ah rts); ein gerüst, worauf man
erbsen zum trocknen aufhängt, was im esthn. sard lautet;
lett. sahrds erbsen oder bohnenstaken , sahrdeht einen
staken aufstecken.
Zum schluis sei dem vf. noch einmal mein wärmster
dank dafür ausgesprochen, dafs er seinem langjährigen ver-
schlusse endlich den bort entrifs, an welchem sich nunmehr
erfreuen und ihn benutzen kann, wer dazu lust verspürt.
In welchem mafse gegenwärtiger Schreiber dies gethan,
davon können sowohl leser wie hr. Nesselmann nach obi-
gem urtheilen, und wird letzterer überdem aus meiner
thätigen und raschen theilnahme an dem nur eben erschie-
nenen werke, hoffe ich, die Überzeugung gewinnen, wie
sehr ich die ehre zu würdigen weifs, wenn er mich bei
seinem, mir so werthen buche pathenstelle einnehmen
liefs.
Am 16. oct. 1868. Pott.
Over het woord Zarathnstra en den mythischen persoon van dien naam,
door J. H. C. Kern. (Overgedrukt uit de verslagen en mededeelingen
der koninglijke akademie van wetenschappen , afdeeling letterkunde,
deel XI). Amsterdam, C. G. van der Post 1867. 33 ss. 8.
Wir beabsichtigen in der folgenden kurzen anzeige
keine kritik der in der Überschrift genannten kleinen schrift
zu geben, zu der wir uns nicht berufen fühlen, sondern
nur kurz über ihren inhalt zu berichten, um auf denselben
auch weitere kreise aufmerksam zu machen.
Der vf. stellt sich als aufgäbe, eine antwort auf die
frage „wer oder was ist Zarathustra"" zu geben. Er spricht
128 Kuhn, anzeigen.
sich zunächst über den unterschied von historischer und
mythischer person aus und geht dann zur Untersuchung
der frage über, zu welcher von beiden kategorieen Zoroa-
ster gehöre, ob es der name eines mann es oder eines We-
sens sei, das nachweisbar zur mythologie unserer alten
stammverwandten in Iran gehöre. Die prüfung der Über-
lieferungen der alten, welche der vf. nun folgen läfst, er-
gibt ihm, dafs von historischen nachrichten auch nicht im
mindesten die rede sein könne, er wendet sich daher zur
Untersuchung der angaben, die das Avesta selber über Za~
rathustra und seine verwandten gibt und vermuthet, dafs
Pourusappa den nächtlichen mit Sternen besäten hinimel
und Maidhjomäo seinem namen nach den Vollmond oder,
wie das lat. medilunia, das erste viertel bedeute, wobei er
sein beiwort aparazäto „im westen geboren" erklärt. Es
folgt nun eine Untersuchung über den namen Zarathustra,
deren resultat ist, dafs das wort (von *zara gold und
*thwistra — w. tviä — ) goldglanz, den goldglänzenden, gr.
XQvaocpaiqq bedeute. Daran reiht K. die erwägung der
stellen, wo Zarathustra oder dessen Superlativ einen titel
oder eine würde zu bezeichnen scheint und wendet sich
gegen Spiegels und Justis annähme, dafs damit der ober-
priester gemeint sei; die vergleichung der stellen Jap. 1', 50
und Mihir-Jast 17. 115 ergibt ihm, dafs darin ein begriff
wie „majestät, superl. oberste majestät" liege und damit
in diesen stellen Mithra bezeichnet werde. Aber den ver-
künder des gesetzes, Zarathustra, hält er nicht auch für
Mithra, sondern für ein ihm verwandtes lichtwesen, den
abendstern, und sucht dies namentlich aus der stelle des
19 Farg. des Vendidad, die in zum theil von Spiegel und
Windischmann abweichender Übersetzung gegeben wird,
zu beweisen. Die sprachlichen und sachlichen gründe,
welche K. anführt, verdienen alle beachtung, so auch was
schliefslich über Qaoäjant (welches er von $uk, nicht wie
Windischmann, Mithra 79, von pu ableitet) vorgebracht
wird, den er als eine Wiedergeburt des Hesperus, als den
Phosporus, ansieht.
A. Kuhn.
Schmidt, die entwickeltrag von unurspr. j etc. 129
Die entwickelung von unursprünglichem j im
slawischen und litauischen.
Eine anerkannte thatsache ist, dafs der spiränt j im
körper der worte grofse Verwüstungen bewirkt, welche
zuerst von Schleicher (zur vergleichenden sprachengeschichte)
unter dem namen des zetacismus zusammengestellt und er-
klärt sind. Später haben Diez, Curtius, Schuchardt u. a.
diese erscheinung weiter erörtert. Indem ich den vocajis-
mus der indogermanischen wurzeln untersuchte, bin ich
darauf geführt worden, dafs nicht nur ursprünglich vor-
handenes j die anliegenden laute afficiert, sondern dafs sich
im verlaufe des sprachlebens auch ein parasitisches j hie
und da entwickelt, wo sein erscheinen durch wort- oder
Stammbildung gar nicht begründet ist, und den zersetzungs-
process der worte beschleunigt.
Da ich gegenwärtig durch andere arbeiten verhindert
bin, die einschlägigen erscheinungen auf dem ganzen ge-
biete unseres Sprachstammes zu verfolgen, so begnüge ich
mich fürs erste den theil der Untersuchung, welcher das
altbulgarische und litauische betrifft, zu veröffentlichen. In
diesen sprachen ist der Vorgang am klarsten erkennbar und
zugleich am ausgedehntesten.
Längst hat man erkannt, dafs sich im altbulgarischen
j in unursprünglicher weise vor vocalischem anlaute ent-
wickelt. Schleicher (compendium §. 89) fuhrt nur a, e, $,
3, e, I, i als solcher affection unterworfen auf. Aber auch
vor anlautendem u stellt sich j ein, z. b. udü, judü mem*
brum, utro, jutro diluculum^ nslov. jutro mane, osorb.
jutry ostern. Miklosich (lex.) meint utro stünde für
"ustro, ohne ein weiteres beispiel für den befremdenden
ausfall eines ursprünglichen s vor t anzuführen. Auch mir
ist keins zur hand. (Ueber das nur einmal vorkommende
jato neben jasto cibus aus *jad-to siehe Leskien beitr.
V, 413). Ueber allen zweifei erhoben wird aber die in
rede stehende etymologie durch die vergleichung der deut-
schen worte ahd. ös-tarä (vergl. osorb. jutry pl. ostern),
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 9
130 Schmidt
ös -tan, anord. aus-t-r osten, morgen. Als würzet ergibt
sich skr. uä brennen, vas leuchten (vgl. us-rä-s morgend-
lich, us-r& morgen, lit. ausz-rä morgenröthe, skr. us-as,
lat. aur-ör-a). Das j von jutro neben utro ist also un-
ursprünglich.
Ferner hat sich j eingestellt in jngü auster aus der
noch erhaltenen älteren form ugü. Ich verbinde dies wort
mit den gleichbedeutenden sv-Qo-g, aus-ter, indem ich
-gü als suffix betrachte wie -ga in slu-ga servus. (Suff,
-gü, -ga Miklosich bildung der nomina §. 156 flg.). Die
Wurzel hat ihr s ebenso verloren wie in utro*).
Die aus urspr. an hervorgegangene praeposition u ad,
apud (Schleicher comp.2 8. 127) erscheint auch als ju, z. b.
in ju-sini (sini lividus, niger) gräulich neben u-sini,
ju-crüminü (crüminu ruber) röthlich neben u-crü-
minü.
Umgekehrt verliert sich anlautendes j vor u in ucba,
russ. yxa fischsuppe, gewöhnlich jucha £a>^og (vergl. skr,
jüsa); in u, u-ze jam findet sich das ursprünglich vor-
handene j (vgl. lat. jam, lit. j au, got. ju) nur noch höchst
vereinzelt, bei ersterem wie es scheint nur in der Verbin-
dung mit der negation ne u und ne ju ovdenw. Dieser
verlust des anlautenden j ist höchst merkwürdig, da er zu
aller sonstigen neigung der slawischen sprachen in diame-
tralem gegensatze steht. Ist doch der anlaut j so beliebt,
dafs er selbst fremdworten vorgesetzt wird, z. b. jelinü
"isMifi^jevangelistü evangelista, jegupi tu neben eguptü
ALyvnxoQ, ja dies j wird sogar zu ij zerdehnt: ijerakli
*H(>axA??s, ijerüganü ögyavov (o nach j mufs e werden,
Schleicher comp.2 §. 87, 1, *ijorüganü wurde also ije-
rüganü) u.a. s. Miklosich vgl.gr. d. sl. spr. 1,22. Er-
innern will ich jedoch, dafs dieser im anlaute so seltene
Schwund von urspr. j im inlaute mehrfach eingetreten ist,
z. b. in den imperfecten dela-achü, nese-achü u. a. für
*) Vielleicht ist auch slu-ga aus *slus-ga entstanden, da slus-ati
auscultare, po-slus-ati obedire der bedeutung nach näher liegen als sln-ti
nomin ari, darum esse.
die entwickelang von unurspr. j im slawischen und litauischen. 131
*dela-jechü, *nese-jechü (s. Schleicher Comp.* §. 305)
und in der flexion des bestimmten adjectivs, z. b. gen.
dobra-ago aus dobra-jego, welches letztere von Sre-
znewskij (Drevnie glagoliceskie pamjatniki St. Petersburg
1866 p. 152) als wirklich vorkommend nachgewiesen ist«
Schon im altbulgarischen ist der anlaut a ohne vor-
geschlagenes j selten, aber er kommt doch noch vor, wie
das Wörterbuch ausweist. Im serbischen haben sich nur
noch a und die damit zusammengesetzten ako, ali ohne
den Vorschlag erhalten, ajle übrigen haben j angenommen,
z. b. ja, altbulg. azü, jazü ego, jagne, altbulg. agn§,
jagn^ agnus (s. Mikl. vergl. gramm. I, 298); ähnlich im
neubulgarischen, jaz, az", jagne, agne u.a. (Mikl. vgl.
gramm. I, 263). Auch polnisches anlautendes a erhält in
der älteren literatur und in der Volkssprache j vorgesetzt,
z. b. jastrycb, astrych (deutsch estrich), jantoni,
jawgustyn u.a. (Mikl. vgl. gramm. 1,446).
Dies parasitische j greift nun auch den folgenden vo-
cal an, so findet sich statt des älteren asjuti, asuti gra-
tis, frustra in späteren glagolitischen quellen jaäjuti und
jesuti, vergl. cech. jesutny, jesitn^ (altbulg. e nach j
weist auf älteres o, nicht a; die Schreibung mit o belegt
Mikl. lex. 8. v. osuti und jesuti). Im cechischen bleibt
anlautendes ja theils unverändert: jablko, jazyk, theils
wird es durch assimilation zu je: jehne, jeviti = alt-
bulg. agn$, jagne, javiti, theils endlich durch fortge-
setzte einwirkung des-j auf den folgenden vocal zu ji:
j ist i comedere, neben jedlcomedit, altbulg. jasti, jalü.
Aber nicht nur anlautend, sondern auch inlautend ent-
wickelt sich im altbulgarischen j vor vocalen. Am sicher-
sten ist es nachweisbar vor u (= indog. äu). ljubü ca-
rus, ljuby amor, ljubiti amare hat man von jeher mit
recht zu wz. lubh gestellt, ljudü populus entspricht dem
lett. laudis leute (Bielenstein lett. spr. s.75), got. -lauth-s
in jugga-lauth-s veavi(Sxog^ dessen th nur des folgen-
den s wegen för d eingetreten ist, daher in anderen casus
dem ursprünglicheren laute wieder weichen mufs, z. b.
132 Schmidt
juggalaudeis nom.pl. Marc. 14, 51, juggalaud voc.
sg. Luc. 7, 14; alts. liudi, ags. leöde, ahd. liuti homi-
nes. Die deutschen und slawischen worte entspringen also
aus einem stamme *läudh-a, welcher mit \aj:-6-q ver-
wandt ist; letzteres weist auf eine wz. ru, ersteres auf
ru-dh (s. Curtius g. e.a s. 325, Diefenbach vergl. wtb. d.
got. spr. II, 127 u. a.).
rjuti, rev$ (lautgesetzlich fflr *rjov^) rugire hat
ein klar erkennbares unurspr. j (vgl. w-qv-ü), lat. rü-mor,
räv-is, rau-cu-s, skr. ru, Curtius g. e.* 319f.). Ohne
dies parasitische j finden sich noch rutije Glag., dessen
r freilich wie öfter die geltung von rj haben kann, und
das mehr beweisende rovy hinniens Sup.
Für rjujinü, rjujenü September erweist lit. ruja
brunstzeit des wildes, rujis brunstmonat, September die
unursprünglichkeit des j (es findet sich auch rujenü).
Höchst wahrscheinlich ist, dafs lit. ruja ursprünglich das
brünstige gebrüll der hirsche bedeutete, und dafs obige
worte daher mit Dobrövsk^ Slovanka I, 72 und Pott wur-
zelwtb. 1269 von rjuti, wz. ru, abzuleiten sind*).
Das j von kljus^ jumentum wird durch poln. klusak
zeiter als unursprünglich erwiesen, da altbulgarischem lju
im polnischen lu entsprechen mufs.
Neben plusta ntr. plur. pulmo findet sich pljuäta,
welches in neuslov. pljuca, russ. njnonje, cech. plice fort-
lebt. Dafs j unursprünglich ist, folgt aus lit. plaüczei
pl. t. lunge (welches wie plusta aus *plau-tja hervor-
gegangen ist) und lat. pul-mo.
Auch in klju-ci uncus, clavis ist das j unursprüng-
lich, da das wort zu clav-i-s, nkrip-i-q gehört (Schleicher
formenl. d. ksl. spr. 8. 95); ci ist suffix wie in bi-ci fla-
gellum, bri-öi novacula. Es finden sich auch formen
ohne das j z. b. kluc$ Sup., welches jedoch wenig be-
weist, da j nach liquiden (1, r, n) oft unbezeichnet ge-
lassen wird.
*) Vgl. Miklosich die slav. monatanamen s. 10 f.
die entwickelang von mrarepr. j im slawischen und litauischen. 133
bljuda., bljusti videre leitet Miklosich (lex.) top
wz. budh ab, was nach der analogie der bisher behandel-
ten worte wohl möglich wäre. Ganz zweifellos ist diese
etymologie aber nicht, denn wz. budh liegt schon in alt*
bulg. büdeti vigilare, buditi excitare vor, und die be-
deutungsdifferenz zwischen büdeti und bljusti ist nicht
gering.
bljudo, bljuda patina ist deutsches lehn wort, vgl.
got.biudsr(>a7re£a, alts.biod, ags. beöd, nord. bioäfvon
biudan offerre Gr. III, 432.
Nach dieser erörterung wird man ohne bedenken in
folgenden worten die form ohne j für ursprünglicher hal-
ten, obwohl ich für diese annähme keine stützen aus den
verwandten sprachen herbei zu schaffen vermag:
rutiti 8$ agitari, rjutiti ist im altbulgarischen nur
in Verbindung mit praepositionen belegt vüz- rjutiti 8$
se praecipitare; ebenso liegen im 6echischen die nachkom-
men beider formen neben einander routiti und rititi =
poln. rzucil werfen. Ferner chlupati, chljupati men-
dicare, von den Varianten chlepiti, chlepiti wird spä-
tes die rede sein; ruma und rjuma Zxlvaig, deliquium
animi, wohl, aus dem griech. paifia durch entlebnung ge-
flossen.
Ich führe nun einige worte an, welche das j selbst
nicht mehr enthalten, sein einstiges Vorhandensein aber in
der assibilation vorhergehender consonanten verrathen:
ziv-ati (Iv lautgesetzliche Wandlung von ju Schlei-
cher Comp.2 §.85,4), praes. zv-a., zv-esi und zu-ja.,
zu-jeSi mandere und zv-ati, praes. 2v-s, zv-eäi ru-
minare weisen auf früheres *gju zurück; zivati verhält
sich zu zuj^ genau wie plivati zu pljuja. spuere, wz.
spiv, spju, nur dafs in letzterem das j sichtbar bleibt,
während es in zuja. in dem assibilierten guttural ver-
schwinden mufs. Miklosich (lex.) und Diefenbach (got.
wtb. II, 453), der viel ungehöriges einmischt, vergleichen
ahd. chiuwan, ags. ceovan, welche auf eine indogerma-
nische wurzel *gu zurückführen. Das von Grimm diphth.
134 Schmidt
206 vermuthete got. *kiggvan f&Ut durch vergleichung
der altbulgarischen worte. Diese wz. gu findet sich auf
lettischem gebiete in zunas f. pl. kiemen, zaunas kinn-
backen, kiemen. Auch das lit. £aune ein Stückchen brot
(Ness.) stelle ich hieher, veranlafst durch poln. zuchel
bissen neben £ucha<5, zuchled langsam kauen. Von
altbulg. zivati, zavati wird später gehandelt werden.
cu-ti, cu-j$ noscere, cuv-ati audire, servare ge-
hören, wie Ebel (beitr. I, 270) erkannt hat, zur wz. sku
(got. skav-jan, griech. xo-ia> u.a., s. Ebel zeitschr. IV,
157, Curtius g. e.2 140). Die in lat. cavere, got. us-
skavjan sis sich vorsehen, usskavs vorsichtig ausgebil-
dete bedeutungsmodification finden wir auch in altbulg.
cuvati, öuvajg neben der ursprünglicheren, cujcj hat
anlautendes s verloren, welches in stutiti sentire erhalten
ist (ät lautgesetzliche wandelung von skj Schleicher Comp.*
s. 305); ötutiti ist denominativum von vorauszusetzendem
*tStutü (= lat. cautus). Auch cu-do, stu-do miracu-
lum (gen. cudese und cuda) gehört hierher; es verhält
sich der bedeutung nach zu cuti, nhd. schauen wie
&avua zu itzdofxai und ist von cu mit dem suff. -do ge-
bildet wie sta-do grex von sta stare (Miklosich bildung
der nomina im altslov. §. 115). Von cudo mittels suffix
urspr. -ja kann abgeleitet sein cuzdi, stuzdi peregrinus,
in welchem der bedeutungsübergang von extraneus zu frz.
etrange, engl, stränge umgekehrt vorläge. Zweifel an die-
ser herleitung erwecken aber die nebenformen tuzdi,
stuädi. Nun findet sich noch £udü, studü gigas, d.h.
Tschude (über die 3aBo.aoi;Kaji und HOMopcKaa njßjb s.
Zeuss die Deutschen und die nachbarstämme s. 688 f., Sjög-
ren ges. schrift. 1,466 f. Castren kl. scbrift. 86 f.), keinesfalls
kann ätudü, cudü von cudo wunder abgeleitet sein oder
umgekehrt dies von jenem, da keins von beiden ein se-
cundärsuffix enthält; auch als msc. und neutr. coordiniert
können sie nicht sein, da cudo ursprünglich ein s-stamm
ist (gen. cudese). In cudü nun sieht Öafafik (slaw.
alterth. I, 285 ff. 314ff.) 2xv&ris. Da aber die Tscbuden
die entwickelang von anarspr. j im slawischen und litauischen. 135
ein finnischer stamm sind, die Skythen hingegen von Zeuss
(die Deutsehen und die nachbarst. 284 ff. und neuerdings
von Müllenhoff monatsber. d. akad. zu Berlin, aug. 1866)
mit guten gründen für Eranier erklärt werden, so ist die
vermuthung Safafiks bedenklich. Miklosich (lex.) ver-
gleicht mit ä tuzdi das got thiuda, indem er auf die
analogie von neuslov. ljudski peregrinus verweist. Die
ableitung wird durch Jornandes c. 23 gestützt, welcher
als arctoae gentes neben den Scythae die Thiudi auf-
zählt. Viel material hat Pott (wz. wtb. 849 ff.) zusammen-
gestellt, ohne aber zu einer entscheidung zu gelangen. Die
(8. 852) versuchte herleitung von öudo wunder aus cuzdi
fremd fallt nach dem oben gesagten. Alle vier formen öuzdi,
stuzdi, stuzdi, von dem präsumtiven völkernamen cudü,
&tudü herzuleiten sehe ich keine möglichkeit: cuzdi weist
auf anlautendes k, tuzdi hat anlaut. t und ä tuzdi kann
sein st sowohl aus tj wie aus stj wie aus skj entwickelt
haben. Mir ist daher am wahrscheinlichsten, dafs sich in
diesen formen ableitungen von zwei ursprünglich verschie-
denen worten gemischt haben, nämlich ein ä tuzdi, cuzdi
wunderbar und ein stuzdi, stuzdi tscbudisch, d. h.
dann fremd überhaupt (mit derselben Verallgemeinerung
wie unser spanisch, welsch, böhmisch, türkisch zur be-
zeichnung des fremden, wie Pott s. 854 bemerkt). Für
unseren zweck ist aber der Übergang von stuzdi, tuzdi
in stuzdi zu beachten, denn auch er kann nur durch ein
zwischen t und u entwickeltes j hervorgerufen sein.
Ferner hat sich j unursprünglich entwickelt in studi
mos, voluntas wie das darneben erhaltene kudi voluntas
erweist. Aus der combination beider ergiebt sich ein äl-
teres "skudi, woraus einerseits mit verlust des 8 kudi,
andererseits *skjudi, d.i. Studi ward.
äuj sinister, grundform *sjaujas hat, verglichen mit
skr. savja-s, lat. scaevus, griech. axcuog (urspr. also
skavja Curtius g. e.2 8. 152) ein unursprüngliches j.
Aus dem russischen führe ich noch mit unursprüng-
lichem j an AHMKHiia dutzend, aiohmi» daumen, zoll, beides
136 Schmidt
fremdworte, 4k>5k1h stark, vgl. poln. du£y, lit. daüg viel.
Secundäres j vor nicht afficiertem u zeigt im serbischen
durak, <5urka, daran (<5 = tj) für *kjuräk u. s. w.
(beispiele für 6 ans assibiliertem k s. bei Mikloslch vergl.
gramm. I, 333) truthahn, walach. curcanü, ngr. xovgxog,
xovqxcc, xovpxdvog, ans altbnlg. kurü gallus.
In manchen fallen nun gewann das parasitische j die
oberhand über das folgende u, so wurde ju zu i. Diesem
hergange begegnen wir auch in andern sprachen, z. b. ital.
pimaccio statt piumaccio, piviale statt pioviale,
umbr. iveka = lat. juvenca. Aehnlich ist auch die con-
traction in altbulg. igo = skr.juga-m, jedoch liegt hier
kein gesteigertes u vor, vielmehr wurde urspr. jugam zu
*jügo und dies regelrecht zu igo.
Es finden sich so: mit ursprünglichem j pli-nq-ti
neben plju-na-ti spuere, wz. spju, spiv, ferner mit un-
ursprünglichem j vüz-lib-iti neben vüz-ljub-iti amare,
von derselben wurzel libo neben ljubo, welches wie das
lat. vis den interrogativen und relativen pronomina ange-
fügt wird, um sie in indefinita zu verwandeln z. b. küto
ljubo (libo) quicunque, jakovü ljubo (libo) qualis-
cunque; ätitü scutum aus *skjutü = lat. scu-tu-m
wz. sku tegere (skutü extrema vestis kommt als deut-
sches lehnwort hier nicht in betracht, vergl. got. s kaut 8
xpaantdovy nord. skaut). Wenn also von zuj<| mando
im Gregor von Nazianz eine participialform zij^stiimü
erscheint, so erklärt sich diese hier ganz einfach und wir
haben nicht nöthig mit Miklosich (lex. s. v. zivati) das
wort für verschrieben aus zujqätiimü zu halten. Das
in dem assibilierten dental nicht völlig gebundene j hatte
noch, wie in gtitü aus *skjutü, die kraft, sich das fol-
gende u zu assimilieren. Indem man nun den Ursprung
des i vergaß, entwickelte sich Zivati und zavati, d. i.
*zevati, also völlig als ob die wz. gi oder giv lautete;
das v in Zivati kann man nämlich zwiefach deuten, ent-
weder ist es letzte reminiscenz von zvati, zivati, oder
es hat sein dasein der analogie häufiger verba auf -vati
zu verdanken.
die entwickelung von unurspr. j im slawischen und litauischen. 137
Ebenso entwickelte sich aus pljuskü sonus ein pH-
skü und mit zweiter Steigerung ein aus dem serbischen
pläsak zu folgerndes *pl£skü. Aehnlich haben wir zwi-
schen chljupati und chlepiti mendicare ein vermitteln-
des *chlipati anzunehmen, zwischen sljuzi malva und
der nebenform slezü ein *slizT. Das e der darneben
vorkommenden pleskü, chlepiti ist entweder nur gra-
phische Variante von e oder verdankt seinen Ursprung der
analogie von gnet$, gnesti neben gnetati comprimere,
greb$, greti remigare neben ogrebati 8$ abstinere,
leteti neben letati volare, mesti neben metati jacere
(mehr beispiele 8. bei Miklosich vgl. gramm. I, 134 ff.).
Durch diesen wandel von ju in i erklärt sich auch
die thatsache, dafs griech. v in fremdworten Sowohl durch
ju wie durch i wiedergegeben wird. Die lautverbindung
ju (io) hatte eben zu der zeit, als diese griechischen worte
herübergenommen wurden, zum theil schon einen i- ähn-
lichen klang und eignete sich dadurch zur Umschreibung
des griech. v. Beispiele; kjuminü xvfiivov, mjuro pv-
qov, zmjurna G^ivgva^ sjurijskü (fvQiaxog^ kjurilü und
kirilü KvQiXXog, kjurü und kirü xvQiog u. a.
In den jüngeren slawischen sprachen findet sich die
contraction von altbulg. ju in i mehrfach. Durchgängig
regel ist sie im cechischen: cititi = altb. stutiti, cizi
= stuzdi, lid = ljudü, plice = pljuäta u.a. s. Mi-
klosich vergl. gramm. I, 414. Im neubulgarischen sind j u
und i so in eine analogie verschmolzen, dafs nicht nur i
für ju, sondern auch umgekehrt ju für i eintritt. Es fin-
det sich also klic clavis neben kljuc, Hb! amo neben
ljubi, plijü spuo neben pljujü und umgekehrt ju an
stelle von altbulg. i zjuvejü vivo neben zivejü, sljuni
saliva maculo neben slini (altb. slina saliva, ahd. sllm),
äjurok latus neben äirok (s. Miklosich vergl. gramm. I,
266). Auch *in anderen slawischen, sprachen findet sich
vertauschung von älterem i mit ju, z. b. russ. caioHa und
ciHHa. Böhtlingk nimmt in cjaona ausfall von p an und
will es so mit mieBaiob, altbulg. plivati spuere vermit-
138 Schmidt
teln, ein anderes beispiel eines derartigem Ausfalles von p
ist aber nicht nachgewiesen. Aufserdem lassen sich cm-Ha,
caioiia nicht von ahd. sll-m trennen. Nach dem, was
eben vom neubulgarischen angeführt ist, macht aber die
annähme eines wechseis von h mit 10 keine Schwierigkeit,
auch das verwandte poln. sluz schleim (dies ist richtiger
als slöz; Miklosich vergl. gramm. I, 452) zeigt denselben
Wechsel. Aus dem polnischen nenne ich noch luna.c er-
gießen (das wäre altbulg. *lju-na.ti) für das veraltete
lina.d, vgl. altbulg. lijati fundere.
Da wir nun gesehen haben, wie häufig sich ein j vor
u entwickelt, und ferner die neigung ju in i zu contrahie-
ren beobachtet haben, werden wir berechtigt sein die nun
folgenden bisher unerklärten fälle, in welchen i neben äl-
terem u steht, so aufzufassen, dals wir ein zwischen bei-
den liegendes *j u voraussetzen. Miklosich (vergl. gramm.
I, 25) führt folgende beispiele auf: veriga, veruga ca-
tena, rimiskü, rumiskü romanus, zidü neben ijudej
lovSaioq. Schleicher (formenl. d. ksl. spr. 8. 4?) bringt noch
bei: tichü tranquillus, teäiti consolari, skr. tuö gaudere,
contentum esse, tüä-nlm tacite (die vocale dieser drei for-
men verhalten sich wie die von ahd. chiuwan : zivati :
zavati, d.i. zevati oder von pljuskü : pliskü:serb.
plesak); kricati clamare, skr. krup*). Auf diese weise
erkläre ich noch krizi crux (z für das zu erwartende c
findet sich öfter in fremd Worten, z. b. kalezi xaAv|, jere-
tizica haeretica), ferner obligati neben lugati men-
tiri **), vergl. got. liugan; cichati, cichna.ti sternuere
neben küchna.ti sternutare, kychavioa sternutatio (skr.
ksu niesen?). Das serbische zeigt auch in fremdworten
*) In eis tu für * cid- tu purus, welches Schleicher a. a. o. mit skr.
cudh purificari verbindet, und in Jtrivü obliquus, cnrvus welches er =
curvus setzt, ist das i auf anderem wege entstanden. Die entsprechenden
lit. skafstas klar, glänzend, skystas klar (von flüssigkeiten) und kreivas
krumm, schief beweisen, dafs schon zur zeit der slawisch-litauischen einheit
die beiden wurzeln in die i-reihe übergetreten sind.
**) Möglich ist jedoch auch die auffassung von Miklosich vgl. gramm.
I, 139.
die entwickelung von unurspr. j im slawischen und litauischen. 139
i an stelle von u z. b. mir murus, rim Roma (auch alt-
balg, rimü 8. o.) u. a. 8. Miklosich vergl. gramm. 1,301.
Das von mir vorausgesetzte vermittelnde ju zeigt unter
den von Miklosich aufgeführten beispielen ljutac, woraus
durch contraction litica saxum wurde.
Auf parasitisches j weisen auch cech, rihnouti (cech.
i = altbulg. ju 8. o.), poln. rzygn$<5, rzygad verglichen
mit russ. pwrHvinb, altbulg. rygati, griech. kgevysw\ das
lit. riaugmi rülpse zeigt das j un verhüllt.
Die resultate vorstehender Untersuchung sind also:
1) In den allermeisten fällen ist altbulg. ju aus älte-
rem u entstanden *).
2) Indem der parasitische spirant sich den folgenden
vocal assimiliert, wird letzterer im weiteren verlauf des
sprachlebens mehr oder weniger regelmäfsig in die i-reihe
hinüber gedrängt.
Mit fleifs habe ich das vor u entwickelte j in dieser
Untersuchung vorangestellt, weil es stets erkennbar ist, sei
es wirklich geschrieben, sei es nur in der affection der
vorhergehenden consonanten erhalten. Schwieriger ge-
staltet sich die beobachtung bei den übrigen vocalen. Ganz
aus dem spiele bleiben müssen i, i, &, $, weil sie an sich
schon assortierend auf vorangehende gutturale und — aus-
genommen i**) — dentale wirken, welche uns bei der bis-
herigen Untersuchung so gute führer waren, ein j aber vor
i, I, e nicht geschrieben wird (je wird i, s. Schleicher
Comp.2 §. 87, 3). Die Verbindung j$ findet sich nur an-
lautend, aufserdem waltet bei q stets zweifei, ob es aus
urspr. an oder in entstanden ist. Sie alle geben also über
parasitisches j keine auskunft. Vor e werden gutturale
ebenfalls assibiliert, wenn demnach z. b. die lautfolge öe
erscheint, so ist nicht zu entscheiden, ob ke oder kje zu
*) Ich habe zu vorliegender Untersuchung mir sämmtliche worte, welche
die Verbindung ju enthalten oder enthielten, zusammengestellt.
**) Anlautendes zdi findet sich nicht, sti kann aus stji und ski ent-
standen sein. Für den vorliegenden zweck weifs ich mit den sti im an-
laute bietenden worten nichts anzufangen.
140 Schmidt
gründe liegt. Die dentalen aber nebst s und z bleiben
vor e, verwandeln sich hingegen mit je zu ste, zde, de,
ze. Von diesen vier Verbindungen kann aber $e auch für
che = urspr.se stehen, also ohne parasitisches j entstan-
den sein, z. b. kann sesti res sowohl als *sjesti gelten
(vgl. pisa. für * p i s j ^ ) wie als *chestl aus *sesti. Es
bleiben also nur die lautfolgen äte, zde, ze als einzige
spuren eines etwa vor e entwickelten j, da das unverän-
derte je sich nie nach consonanten findet (ausgenommen
natürlich in fallen wie otü n-jego Schleicher Comp.3
s. 307).
So enthält unurspr. j zega, zesti urere, welches, wie
die bei Miklosich s. v. verzeichneten nebenformen zdegcj,
zdeguti (für zdegjjti) erweisen, aus *djeg- entstanden
ist. zega. verhält sich zu 2dega. genau wie die oben er-
örterten cudo : ctudo, cuti : gtutiti. Zu dieser Wur-
zel gehört auch serb. zagriti, welches nicht, wie Miklo-
sich (vgl. gramm. I, 334) annimmt, eine reduplicirte form
ist, „in welcher nach sanskritischer regel guttural durch
palatal ersetzt scheint", zagriti ist abgeleitet von
zag-rü, welches im lit. zagarai dürre reiser (ursprüng-
lich also brennmaterial) erhalten ist. Das erschlossene
*djeg weist auf älteres *djag, djagh, und hierin ist
leicht skr. dah mit parasitischem j zu erkennen, dessen d
in Aeromb birkentheer erhalten hat (vgl. lit. deg-ti brennen,
degütas = ^eromb). Der wurzelvocal ist dann in sü-
zigati, sü-zagati (d.i. *-zegati) in die i-reihe hin-
übergedrängt, ob durch das j veranlafst, ob der bekannten
allgemeinen neigung der spräche folgend, bleibt ungewiss.
Es bleiben noch die vocale a, o, ü zu untersuchen
übrig, jo wird inlautend zu e, aber e neben o erscheint
ganz regelrecht, wie im lateinischen und griechischen als
Vertreter von urspr. a. Also auch hier würde nichts ftr
unsere Untersuchung zu gewinnen sein, wenn nicht in einem
beispiele ein zischlaut auf einstiges Vorhandensein von j
wiese. Es findet sich neben solyga jaculum , baculum
selyga pertica, beide vermitteln sich durch *sjolyga,
die entwickelang von unurspr. j im slawischen und litauischen. 141
aus welchem durch gleichzeitige Wirkung des j nach vor-
wärts und rückwärts selyga entstehen muste.
Auch vor ü entwickeltes j zu erkennen ist misslich,
da jü lautgesetzlich zu i werden mufs, I und ü aber viel-
fach mit einander wechseln, ohne dafs man berechtigt wäre
ein vermittelndes j u anzusetzen. Vielleicht darf man das
in äilü, tSidü (part. perf. act, der bedeutung nach zu wz. i
gehörig, 8. Schleicher formenl. s. 326) enthaltene öid aus
ursprünglichem sjad erklären. Neben der wz. s ad, ä-sad
adire, griech. in öSog* (Curtius g. e.2217) erhalten, hat
das skr. nämlich sjand (gatikarmä Naigh.) fluere, fluc-
tuari, huc illuc cursitare Westerg. sad ist auf slawischem
boden in chod-iti ire bewahrt und sjand mochte ich in
sidü profectus sehen. Nimmt man an, dafs in sjad
— denn so ohne nasal ist die wahre wurzel von sjan-
dat§ anzusetzen, dessen nasal aus der praesensbildung
(nach Schleichers eintheilung IV, c, 2) in die anderen tem-
pora eindrang — sich das anlautende s ungewandelt er-
hielt, wie in der anderen wz. sad sedere, altbulg. s^d^,
sesti considere, nicht, wie in choditi, zu ch wurde, so
läge zwischen sjad und äid die mittelstufe *sjüd ganz
im einklange mit den altbulgarischen lautgesetzen. Ist diese
erklärung richtig, so haben wir ein beispiel von parasiti-
schem j übereinstimmend im sanskrit und slawischen.
Vor -3 läfst sich die entwickelung von j in einigen
fällen nachweisen; statt des zu erwartenden j$ findet sich
in russisierender weise ju geschrieben. Ich nenne folgende
worte: ljukati neben lqkati decipere (vgl. lqka malitia,
l$k$, l$8ti flectere, lit. l&nkti flectere, U%giog logog,
lat. licinus obliquus) raz-ljucati neben raz-lqcati
separare; stukü, d. i. *stjukü strepitus neben stukü
sonitus, in welchen der Ursprung des u aus 3 erwiesen
wird durch poln. szcz^k geplapper = ätukü und st$k
Seufzer = stukü.
Aus dem polnischen mögen noch erwähnt werden
chrz^szcz = altbulg. ehr 30 ti scarabaeus, wi$za fessel
8= altbulg. v^za, tysi^c = altbulg. tys^äta mille (auch
das öech. tisic zeigt das parasitische j).
142 Schmidt
Endlich bliebe der vocal a noch zu berücksichtigen.
Findet er sich nach assibilaten, so herrscht ungewifsheit,
ob ja oder e der ursprungliche laut war. a und e wech-
seln aber häufig miteinander, man bleibt also völlig im
unklaren, ob z. b. in öadü fumus neben kaditi suffitum
facere, in po-zarü incendium neben goreti ardere ein
älteres *kjadü *gjaru oder *kedü *gerü vorliegt. Im
ersteren falle wäre j entwickelt, im anderen hätte e als
dehnung von a zu gelton oder der wurzel vocal wäre, wie
oft, in die i- reihe Obergetreten. Also nur nach 1, r, v,
m, n ist klar erkennbar, ob älteres e oder ja vorliegt,
weil nur diese consonanten keine lautgesetzliche affection
des folgenden ja veranlassen. Ich vermag daher nur in
zwei beispielen parasitisches j vor a nachzuweisen: prja-
ziti frigere, russ. npasKHnib neben dem ursprünglicheren
praziti, nsl. praziti, nbulg. prazi, cech. prahnouti,
poln. prazyd; die wurzel ist sprag oder spragh, wie
das litauische lehrt: sprageti prasseln, spraginti rö-
sten, splrgti speck ausbraten, spirgas stück gebratenen
Speckes. Das andere beispiel ist prjaga %iS(>ov, novellum
tritici granum neben dem gleichbedeutenden prüga; mög-
licherweise gehört prjaga zu prjaziti, da x^Q0V e*n
gericht von gerösteten weizengraupen ist, unsere zwei bei-
spiele flössen also gar in eins zusammen. In jüngeren sla-
winen findet sich j mehrfach vor a eingeschaltet, z. b. in
den fremdworten serb. tirjanin = tyrannus und russ.
paca rjas.a mönchsgewand, altbulg. rasa = lat. rasum.
Vielleicht ist es nicht zufällig, dafs in den letztge-
nannten fallen ein r vor dem vocale steht, hängt vielmehr
mit einer ersoheinung zusammen, auf welche von hier aus
ein neues licht fällt. Wir finden nämlich vor r, 1, v
häufig gutturale assibiliert, ohne dafs ein vocal folgt, wel-
cher diese affection verursacht haben könnte. Dafs aber
die laute 1, r, v an sich nicht nothwendig vorhergehende
gutturale in palatale wandeln, beweisen die zahlreichen an-
laute von k, g + r, 1, v, welche im wörterbuche leicht zu
finden sind. Schleicher (Comp.2 s. 303) sagt: „vor r, 1, v
die entwickelang von unurspr. j im slawischen und litauischen. 143
tritt ebenfalls die in rede stehende Wandlung der gutturale
mit Vorliebe ein". Nach meinen beobachtungen halten die
fälle, in welchen die gutturalen unangetastet bleiben, so
ziemlich denen das gleichge wicht, in welchen sie afficiert
werden. Ich will nun hier die mir bekannten falle ange-
ben, in welchen worte derselben wurzel, zum theil auch
derselben bildung die einen assibilierten guttural zeigen,
die anderen nicht. Schleicher (a.a.O.) führt an: eye tu
blume neben böhmisch kvet; cveliti weinen, altböhm.
kveliti, neuböhm. kviliti; clov-eku mensch, wz. kru,
slu in slu-ti nominari; örüt-ati einschneiden neben
krat-ükü kurz (lautlich noch näher steht krüt-ü talpa).
Miklosich (vgl. gramm. I, 199) erwähnt noch: erüs-tvu
solidus, firmus neben vüs-krus-n^-ti lyetgeöd-ai, ävieta-
ö&cu. Diese Zusammenstellung macht er aber in seinem
lexicon selbst zweifelhaft, indem er erüs-tvü aus £rüd-
1 -tvü erklärt und mit got. hardus vergleicht; letzterer
etymologie neige ich nun mehr zu, weil in 6redü firmus
das in örüstvü erschlossene d klar vorliegt und credü
genau zu got. hardus stimmt; vüskrüsn^ti, dessen s
ursprünglich und keine wandelung von d ist, wie die con-
jugation ergibt, hat also mit erüstvu nichts gemein. Aus
Miklosichs grammatik (a. a. o.) entnehme ich noch zrülo
neben grülo guttur. Aufserdem habe ich assibilierende
kraft des r, 1 wahrgenommen in zreti, zrq deglutire (vgl.
lit. görti trinken) neben grütani guttur (lit. ger-kle'
gurgel, Schlund); zreti, zr^ sacrificare (lit. girti preisen,
skr. grnämi preise, yijgvg u. a. s. Curtius g. e.a s. 162)
neben gra-j cantus; zlüdati capere neben gladü fames
(vgl. got. gredus hunger); srüäeni neben srüseni cra-
bro (poln. sierszen, szerszen, lit. szirszys); crSpü
testa, later (skr. karpara schale, topf, ahd. scirbi testa),
mit erhaltenem k russ. KHpniprb (kirpicü Ziegelstein);
für ör&pü könnte man vielleicht annehmen, dafs die assi-
bilierende kraft des e durch r hindurch auf den guttural
gewirkt habe. Da wir nun c, z, £ sonst nur vor j und
palatalen vocalen entstehen sehen, so schliefse ich, dafs
144 Schmidt
r, 1, v, wenn sie assibilation vorhergehender laute veran-
lassen, einen weicheren, j- ähnlichen klang gehabt haben,
d. h. dafs sich aus ihnen ein parasitisches j entwickelt hat,
eine erscheimtag, welche namentlich bei 1 in den romani-
schen sprachen reichlich zu beobachten ist. Ich erinnere
nur an den Übergang von lat. 1 in ital. i, z. b. fiore =
lat. florem, chiamare, span. llamar, d. i. l'amar =
clamare, vergl. Diez granim. der roman. spr, I2, 195 ff.
Die schrift bezeichnete dies j nicht, wie sie selbst urspr. j
nach r, 1 oft unbezeichnet läfst, z. b. bura für burja
procella, v«ola für volja voluntas, so gut aber in diesen
fällen r, 1 den werth von rj, lj haben, können sie es auch
in obigen zrülo, zlüdati u. s. f. gehabt haben. Zur be-
gründung dieser ansieht erinnere ich an die im bisherigen
mehrfach erschienenen worte, deren parasitisches j gerade
nach r, 1 eingetreten ist (ljukati, d.i. lj^kati, prja-
ziti, poln. chrz^szcz und die worte aufs. 131 bis 133)
und nenne noch poln. grzbiet, altbulg. grübü dorsum;
rzodkiew rettig entweder direct oder durch deutsche
vermittelung aus radix.
Dafs die entwickelung von parasitischem j im ferneren
leben der slawischen sprachen mehr und mehr zunimmt,
ist in der bisherigen Untersuchung an den betreffenden
stellen angedeutet worden. Für das altbulgarische glaube
ich sie erschöpfend behandelt zu haben, für die übrigen
slawischen sprachen ist dies noch nicht möglich, wegen
der mangelnden Voruntersuchungen über den im einzelnen
sehr schwierigen vocalismus dieser sprachen. Die fast all-
gemeine Wandlung von altbulg. e in je, ie, resp. jo, io
ist bekannt. Ehe ich mich aber zum litauischen wende,
will ich hier noch einige polnische worte erörtern, welche
Miklosich (vgl. gr. I, 468) unerklärt läfst, die aber für die
beurtheilung des skr. kS von Wichtigkeit sind.
Eine im anlaute slawischer worte ganz ungewöhnliche
lautverbindung ks zeigen poln. ksi§ga, ksicjzka buch
und ksi^zQ fürst, altbulg. kniga und kn$zi. Beginnen
wir mit ersterem. Im suprasler codex findet sich geschrie-
die entwickelung von unurspr. j im slawischen und litauischen. 145
ben küniga, d. i. künjiga; hieraus entwickelte sich alt-
böhm. knjezka, kneh gen.pl. von kniha. Eine diesem
entsprechende form *kniega, *kniezka nehme ich auch
für das polnische an. In *kniega fiel nun der nasal aus
wie in dzis heute (für *dznis = altbulg. dini si) und
in gi$<5 beugen (für *gni^d, *gn§<5 = altbulg. gün^ti)
und der vocal erhielt eine nasale trübung wie in mi$dzy
neben dem älteren, noch in der bibel von 1563 vorkom-
menden miedzy = altbulg. mezdu inter, mi^szad ne-
ben mieszac' = altbulg. mesati miscere, piecz$c ===
altbulg. pecati sigillum (mehr beispiele für q aus e bei
Miklosich vgl. gramm. I, 454f. ). *kj^ga hätte nun nach
der gewöhnlichen regel *cz$ga werden sollen, statt des-
sen trat ksiega ein. Suchen wir dies lautpbysiologisch
zu begründen. Der Übergang von k in c geht durch fol-
gende stufen: kj, kch, tch (linguales t), ts, ts, d.i. c.
Die physiologische grenze zwischen dem am weitesten vorn
gesprochenen k und dem am weitesten hinten gesproche-
nen t ist nicht zu bestimmen, ebenso wenig lassen sich
ch, s und ä gegeneinander abgrenzen; k und t, wie an-
dererseits ch, & und ä sind durch continuierliche Über-
gänge untereinander vermittelt, sie schwimmen in einander.
Hiermit hängt zusammen, dafs das altbulgarische in fremd-
worten z (d. i. tönendes s) an stelle von j (d. i. tönendes
ch) setzt, z. b. zuku juncus, zidinü neben ijudej, von
denen sich das erstere an lat. judaeus, das letztere an
griech. lovSalog anzulehnen scheint. (Vgl. den entsprechen-
den wandel von lat. j in den romanischen sprachen). Fer-
ner ist zu berücksichtigen, dafs das altbulgarische in fremd-
worten — und fremd sind auch kn§zl und kniga*) —
gutturale vor vocalen, welche sonst assibilation bewirken,
unverändert läfst, in welchem falle der die ausspräche
möglichst getreu wiedergebende cod. supr. den gutturalen
*) knezi, kün§zi ist aus dem ahd. cuning entlehnt; auch kniga
führt Miklosich unter den fremdwörtern auf, Dobrovaky und Pott (wz.-wtb,
467) vermuthen entlehnung aus dem chines. king.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 10
146 Schmidt
das zeichen der erweichung beisetzt (zahlreiche beispielc
bei Miklosich vgl. gramoi. I, 205 f.); sein k" bedeutet aber
kj. Dürfen wir in unserem falle nun annehmen, dafs von
dieser lautgruppe kj sich das j wie in zidinü zu z wan-
delte, so muste kz als unaussprechbar entweder zu gz
oder zu ks werden. Letzteres liegt im poln. ksi^ga vor.
Und ich sehe in der that nichts, was dieser annähme im
wege stünde, wird doch j nach t, was wie wir sahen vom
palatalen k wenig absteht, im russischen zu s z. b. mbicaia,
d.i. tysjatäa, tausend, altbnlg. mit Umstellung tysqäta,
aus *tys$tja. Wenn wir also k£ an stelle des zu erwar-
tenden tä finden, so liegt ersteres dem ausgangspunkt kj
etwas näher, indem das k nur palatal wurde, seine arti-
culation8stelle am gaumen also der Sphäre der t-laute zwar
näherte, aber nicht ganz in sie hinein legte *). .Dafs nun
k in ksi$ga palatal auszusprechen sei, kann nicht bezwei-
felt werden, da diese ausspräche dem k vor allen mouil-
lierten lauten zukommt (s. Miklosich vgl. gramm. I, 475).
Entsprechende mittelstufen wie zwischen kniga und
ksi$ga zum theil erhalten sind, nehme ich zwischen alt-
bnlg. kn^zi und poln. ksi^dz fürst, priester, ksiqzs
fftrst an: *kni$zi, *kniqdz, *ki§dz. Die erschlofsene
form #kni$zi liegt, nach einer mündlichen mittbeilung
8chleichers, im polabischen wirklich vor: die manuscripte
bieten tgenangs, tjenangs, tschenangs, tjinangs,
an dem einstigen bestehen einer form Kn^z (kjnj^z),
worauf diese Schreibungen deuten, läfst sich also nicht
zweifeln.
Alle sonst noch mit ksi, d.i. ks anlautenden polni-
schen worte sind ableitungen von den eben besprochenen,
so ksieni äbtissin aus *ksi$gini, altbulg. kn^gyni (vgl.
öech. knini aus knjahynja), ksi$zyc mond erklärt
Linde wohl mit recht als fftrst der nacht; bei der bildung
des wortes scheint die analogie von miesieje eingewirkt
zu haben.
/
*) Skr. ks aus guttural -J- j Zeitschr. XVI, 438.
die entwickelung von unurspr. j im slawischen und litauischen. 147
Im litauischen habe ich ursprüngliches wie unursprüng-
liches j im inlaute der wurzeln nur vor u, au und ganz
vereinzelt vor o beobachtet. Es steht dies in bemerkens-
werthem einklange mit dem altbulgarischen, welches pa-
rasitisches j auch meist vor u = lit. au zeigte.
Dafs anlautendem e ein unursprüngliches j vorge-
schlagen wird, hat Schleicher (Comp.2 §. 194) schon er-
kannt. Diese erscheinung, in dialekten von gröfserer aus*-
dehnung, ist aber auch im hochlitauischen nicht auf an-
lautendes e beschränkt. Vor u, au findet sich unurspr. j
in junk-stü, jünk-ti gewohnt werden, jauk-inti ge-
wöhnen, dressieren, vgl. altbulg. vyk-nq-ti discere, pri-
-vyk-n^-ti assuescere, uc-iti docere, got. bi-ub-ts ge-
wohnt, biuhti gewohnheit (also nicht mit Gr. II, 23,
no. 262 zu biugan zu stellen), skr. üK-ja-ti gefallen fin-
den, gern thun, gewohnt sein. Hier ist demnach j vor
labiales u, au vorgeschlagen, wie umgekehrt v vor pala-
tales e in venas unus.
Da Nesselmann die erweichung der consonanten nicht
bezeichnet, Kurschats beitrage mir aber nicht zur hagd
sind, so bin ich für meine Untersuchung auf die in den
beiden Schleicherschen glossaren (zum lesebuche und zum
Donaleitis) enthaltenen worte beschränkt.
Zunächst finden wir einige alte bekannte aus dein
slawischen auf litauischem boden als lehn worte wieder:
bliüdas Schlüssel, altbulg. bljudü patina; liübyti zu
thun pflegen, gern haben, woneben Ness. 373 das, ich weifs
nicht ob bewährte, lab et i ohne j bietet, altbulg. ljubiti
amare, russ. »uoÖHinfc, poln. lubid; liutas lowe, bei wel-
chem man zweifeln kann, ob es eine Weiterbildung von
altbulg« livü leo ist oder ob es ein substantiviertes adjec-
tivum ist, dem altbulg. ljutu ferus entsprechend, vgl. lutis
stürm, unwetter, lutingas stürmisch (Ness.); pliüszkis
dummer Schwätzer, pliuszke'ti plappern, schnattern, alt-
bulg. pljuskü sonus, poln. pluskal plätschern; ziupöne
vornehme frau, altbulg. iupanü obrigkeitliche person, wel-
ches auch in das slawische aus der fremde eingedrungen
10*
148 Schmidt
ist (s. Pott wz.-wtb. 242 ff.)« Gar nicht erwähnt habe ich
hier die mit cz anlautenden worte (cz würde in echt li-
tauischen Worten auf älteres ti9 tj weisen), welche man
leicht finden kann; sie sind alle entweder aus dem slawi-
schen entlehnt oder schallnachahmend und haben daher für
unsere Untersuchung keinen werth.
Ein paar aus dem slawischen entlehnte worte, welche
in ihrer- heimath noch kein j zeigten, haben es auf litaui-
schem boden entwickelt. So ist das altbulg. gruäa pirus
theils unverändert herüber genommen als gruszä Ness.,
theils mit richtigem gefühle lituanisiert als kriäusze (te-
nuis für altbulg. media wie in möku, altbulg. mog^;
apibrgszkis, altbulg. br&zgü; pupä, altbulg. bobü;
sllpnas, altbulg. slabü). Ferner siülau, siülyti an-
bieten, ni8S. cyjmmh versprechen (das u im litauischen
worte weist auf entlehnung, denn russ. y entspricht in echt
litauischen worten au);piud^ti hetzen, russ. dial. nj^Hini.,
altbulg. p^diti pellere, poln. p^dzirf.
Auch deutsche lehnworte entwickeln j: liaups6' lob,
preis aus lob, lift'sininkas losmann, sziüilö schule,
sziüilmistras und szülmistras Schulmeister, sziurü'ti
scheuern, szliürpti schlürfen. Aus allen diesen fremd-
worten erhellt von vornherein, dafs die entwickelung eines
parasitischen j zu den neigungen des litauischen gehört.
Von echt litauischen worten zeigen nun folgende nach-
weislich später entwickeltes j: kiaüle seh wein, ohne j
kuil^s eber; kiaüszft schädel, welches Grimm (gr.P,539)
mit dem gleichbedeutenden anord. hau 8-8 vergleicht,
kiaüszis ei gehört wohl auch dazu, das tertium beider
ist die harte hülle (lit. sz = urspr. s wie in aüszti tagen,
auszrä morgenröthe wz. us, szeszuras Schwiegervater =
socer u. s. w.). Ferner kiäune marder, altbulg. kuna
felis, pellis melis, plur. kuny caprinae vestes. Die ver-
schiedenen bedeutungen des slawischen wortes lafsen sich
nur vereinigen, wenn man als ausgangspunkt aller den be-
griff des feiles setzt. Dachs und marder gelten ja auch
hauptsächlich des feiles wegen, welches in früherer zeit bei
die entwickelang von unurspr. j im slawischen nnd litauischen. 149
den Slawen wie geld zur Zahlung diente; so übersetzt denn
auch kuna an einer stelle des Zlatostruj das griecb. ößoXog
(s. Mikl. 8. v.), vergl. das veraltete russ. kvhm geld. Ich
stelle nun ku-na mit der grundbedeutung feil zu lat. cu-
-ti-s, alts. hü-d, wz. sku tegere. Diese Wurzel hat in
mehreren sprachen ihr anlautendes 8 theils bewahrt, theils
abgeworfen, so erscheint öxv-t-oq neben xv-v-og, lat. scü-
-tum neben cü-tis, ahd. sciu-ra receptaculum neben
hü-d cutis. Mit erhaltenem s und parasitischem j begeg-
nete uns die wurzel schon in altbulg. sti-tü aus *skju-tü
acutum, in ku-na haben wir sie also ohne s, in lit. kiaune
ohne 8, aber mit j. Dieselbe wurzel kju zeigt noch lit.
kiaü-ta-8 schale, hülse, welches sich in form und bedeu-
tung nahe zu alts. hü-d stellt*).
sziaurys nordwind aus *skaur^s, wie gpt. sküra
vindis Xallaxp (über ü s. Schleicher comp,9 s. 156), ahd.
scür tempestas, altbulg. severü boreas (grundform *skäv-
-ara-s), lat. caurus beweisen.
pa-liäu-ju, -liov-iau, -liau-ti aufhören stelle ich
zu Xv-u).
Dem lit. piau-la-s faules holz, das im finstern leuch-
tet (Ness., der hier ausnahmsweise die erweichung angibt),
entspricht genau das ahd. fü-1, nhd. faul; die wurzel pu
hat sich auf litauischem boden auch ohne j erhalten in
püv-ü, pü-ti faulen, pü-lei eiter u. a.
riäugmi, riaugeti rülpsen wurde schon oben er-
wähnt, es zeigt die gleiche entwickelung von j wie cech.
rihnouti, poln. rzygn^ö, rzygad gegenüber den rein
gehaltenen altbulg. rygati, kQtvyuv, ructare.
Für unursprünglich halte ich ferner das j in siunczü,
siq'sti senden, welches ich zu got. sintha- mal, ga-sin-
tha gefahrte, sandjan senden stelle, deren th, d, wie
Lottner (zeitschr. XI, 163) aus altir. set weg erwiesen hat,
*) Lit. skura haut, welches Curtius (g. e.9 ß. 164) von wz. sku her-
leitet, idt polnisches lehnwort, poln. sköra = altbulg. skora, gehört also
zu Curtius' no. 53.
150 Schmidt
einem ursprünglichen t entspricht, und die daher von wz.
8 a d, 686g u. 8. w., denen sie Curtins (g. e.* 8. 21?) zuge-
sellt, zu trennen sind. Ich nehme nun dem altir. set, got.
sintha- entsprechend einen litauischen stamm *sunta- an
mit der gleichen bedeutung wie altir. set, woraus sich
*siunta- mit parasitischem j entwickelte. Von diesem
*siunta- wurde siunczü abgeleitet, welches zwar ganz
das ausseben eines primären verbums bat, aber ebenso wenig
primär zu sein braucht wie viele andere, offenbar denomi-
native verba. So erheucheln ursprünglichkeit folgende mit
siunczü ganz gleich gebildete verba: plaukiu, pläukti
behaaren, jükius, ju'ktis scherzen, szvenczü, szv§'sti
feiern, heiligen, deren ableitung von plaukai haare, jü-
kas scherz, szv£ntas beilig niemand leugnen wird. Diese
und eine reihe anderer worte, unter welche ich nun auch
siunczü rechne, verbalten sich genau wie die griechischen
verba ayyiHia^ fiaXccödco, [iccguaioco u. a., die allgemein
als secundär anerkannt sind. Die erschlofsene ältere wur-
zelform sunt ist im lettischen sütu ich schicke erhalten;
litauischem siunt würde lett. schut entsprechen müfsen.
dzü-ti trocknen intrans. , dzäu-ti trans. (vgl. daito,
skr. du brennen trans. und intrans.; die bedeutungen ver-
halten sich wie die von lat. ar-ere und ar-d-ere).
Aus brSd-kriaünis messer mit einer schale von
hirschborn (Donaleitis) folgt, dafs Nesselmanns krauna
schale, heft des mefsers ungenaue Schreibung für kriauna
ist. Dies kriauna vergleiche ich mit Miklosich (lex.
palaeosl. s.v. crenü) dem altbulg. crenü manubrium. In
kriauna finden wir, gegen cr£nu gehalten, zwei affectio-
nen der wurzel vereinigt: entwickelung von parasitischem j
und übertritt des wurzelvocals in die u- reibe. Die näm-
lichen beiden lautaffectionen zeigen lit. bliaujn, bliöviau
brüllen, blöken gegenüber den gleichbedeutenden altbulg.
blejati, mbd. blaen, lat. balare; ferner kliüvü, kliüti
hangen bleiben gegenüber von altbulg. klej gluten, gr.
xoXKu SLUS*xol-ja; ferner ziurö'ti, ziuriü sehen gegenüber
von altbulg. zrj$, zrfeti videre, lit. zereti glänzen, zäras
die entwickelang von unurspr. j im slawischen und litauischen. 151
glänz (Schleicher lit.gr. 48); endlich sriubä suppe neben
sre'bti schlürfen*).
Endlich erwähne ich die einzige mir bekannte Wortsippe,
in welcher sich j vor o entwickelt hat: ziöju, zioti den
mund aufsperren, ziövauti gähnen, ziopsöti den mund
aufsperren, maulaffen feil halten. Sie stammen von der
indogermanischen Wurzel gha klaffen, gähnen, welche auch
als ghi und ghu erscheint. Man könnte versucht sein
zioti mit lat. hiare in engste beziehung zu setzen, allein
hiare enthält die wurzelform hi, nicht etwa hia mit pa-
rasitischem j aus ha entstanden. Dafs a im lat. hi-are
lediglich zur verbalen düng gehört, erhellt aus hi-scere
und hi-ul-cu-s (gebildet wie pat-ul-c-iu-s von pa-
tere). Andererseits aber läfst sich aus hi-are kein ar-
gument gegen meine erklärung von zi6-ti entnehmen, weil
ziov-auju, grundform ghjäv-äva-jä-mi, deutlich das
aus der wurzelform ghu (in ahd. gau-mo faux, lat. fau-c-,
#«f-og, %av-vo-g) gesteigerte ghäv mit parasitischem j
zeigt, dessen existenz damit auch für zioti erwiesen ist*
Aus dem litauischen habe ich also in einunddreiisig
fällen unursprüngliches j nachzuweisen versucht. In den
Schleicherschen glossaren finden sich aber überhaupt nur
einundfänfzig worte mit j vor vocalen im inlaute der Wur-
zel **). Die gröfsere hälfte derselben hat das j also in un-
ursprünglicher weise entwickelt. Es versteht sich, dafs bei
dieser Zählung eine zusammengehörige gruppe von worten
wie £iöti, äiövauti, ziopsöti, ziopczöti und andere
derivate von zio- nur als ein posten aufgeführt sind.
Wie der vocalismus des litauischen überhaupt noch
auf einer älteren stufe steht als der des altbulgarischen, so
hat auch das parasitische j ihn noch in keiner weise beein-
flußt und alle folgenden vocale unverändert gelafsen.
*) VergL oben die altbulgarischen sljuzi neben slezi, chljupati ne-
ben chlepati, pljuskü neben *pleskü.
**) Unter diesen einundfünfzig sind auch die worte begriffen, welche wie
dzaügtis das j nur noch aus seiner Wirkung auf die vorhergehende dentalia
erkennen lassen.
152 Leskien
Im lettischen greift das j noch weiter um sich: gfäut
praet. grawu zertrümmern, lit. gräuti (so schreibt Schlei-
cher im Donal. überall z. b. I, 2, während er im lesebuche
griäuti hat, z. b. z. 15. 19 der dainä aufs. 5; man siebt
daraus, dafs schon im litauischen die ausspräche schwankt);
?ukt einschrumpfen, raukt in falten ziehen, lit. surükti,
raükti; kraut häufen, kruwa häufe, lit. krau ti, kruvä;
krakt schnarchen, krächzen, lit. kränk ti, merüt mefsen,
lit. meruti. Bielenstein lett. spr. I, s. 98 sagt: ü erhält
gern ein leicht vorklingendes i, cf. bjüs f. büs er wird
sein, Zjüka f. züka, schwein, jüde'ns, f. üde'ns was-
8er, piüst f. püst blasen.
Johannes Schmidt.
Ueber den dialekt der russischen Volkslieder
des gouvernements Olonec.
Die zunehmende Wichtigkeit, welche die erforschung
der lebendigen volksdialekte für die Sprachwissenschaft be-
kommt, wird es rechtfertigen, wenn ich hier einige einge-
hendere mittheilungen über den russischen localdialekt des
gouvernements Olonec, also des landes um den Onegasee,
mache, zumal es der ist, dem die grofse Sammlung meist
epischer Volkslieder von Rybnikov angehört, eine Samm-
lung, die auch für die entwickelung und geschichte der
volkspoesie überhaupt die gröfste beacbtung verdient*).
Der vierte band enthält einen aufsatz vom Sammler: „Aber
die eigenthümlichkeiten des Oloneckischen dialekts", des-
sen kurze angaben im folgenden mit benutzt sind.
Was die laute betrifft, so ist es leider in der cyrilli-
schen Schrift nicht möglich, die wirklichen laut Verhältnisse
*) IIliCHII COtfpaHHblH IL H. PwÖHHKOBblMl,. MoCKBa
1861 — 1867. 4 theile. (Lieder, gesammelt von P. N. Rybnikov. Moskau
1861—1867).
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 153
genau zu erkennen. Diese schrift ist schon zum ausdruck
der laute des gemeinrussischen höchst ungenügend, wie
vielmehr für den dialekt. Auch hat der Sammler nicht
überall, wo es möglich war phonetisch zu schreiben, dies
gethan, sondern sich meist dem gebrauch der russischen
Schriftsprache mit ihrer historischen Schreibung angeschlos-
sen. Nur im 3. und 4. bände ist der versuch gemacht,
einige laute, die besonders stark von der gebräuchlichen
Sprechweise abweichen, durch fetteren druck als solche zu
bezeichnen. Ich beschränke mich daher für die lautlehre
auf das sicher erkennbare und auffallendste.
* (£) wird in den flexionsendungen ausnahmslos zu
h (i), z. b. loc. sing. senepH = Beiep'fe (nom. seiep'B,
veöerü, abend)*), dat. loc. p-BKH = pfotB (nom. ptaa
r£ka, flufs); mit den altbulgarischen formen stimmen auf
diese weise überein die locative und dative von ja- stam-
men, z. b. kohh (nom. kohb korri, pferd) = ab. konh
(koni), nojH (nom. nojie, feld) = ab. noziH (poli), ajbih
(nom. 4jnia, seele) = ab. ftoyiiiH (dusi). Im text der gedichte
steht meist * (e), obwohl Rybnikov selbst die regel als
eine durchgehende bezeichnet („der bucbstabe * wird fast
überall, am ende der wörte aber und in den flexionsfor-
men überall wie h (i) ausgesprochen"). Nämlich auch im
inlaute findet sehr häufig dieselbe Verwandlung statt, z. b.
CBBm&a'b MHcanb (svit'olii misjaci) = gemeinrussiscb.
cB-bme.i'b m'bcaui» (svetelü mesjacü, leuchtender mond):
In dem gedichte I, XXIV, wo durchgängig auch h (i)
geschrieben ist, kommen so vor: cHienrb (siöetü) =
gmr. ctienn. (seöetü, er schneidet); paKaBHemi» (rza-
vietü) = p3KaB*emrb (rzaveetü, rostet); l^BHomoe
(cvitnoe) = nB*nmoe (cvetnoe, farbig) u. a, 1,49,
v. 23 steht ^oöpee (dobrie) = ^o6p*e (dobree, com-
*) Ich gebe die russischen worte in der lateinischen Umschreibung buch-
stabe für buchstabe nach dam von Schleicher in diesen beitragen befolgten
princip; wo es nöthig ist, füge ich die wirkliche ausspräche hinzu; auslau-
tendes ü wird überall nicht ausgesprochen, 1 nur als erweichung des vorher-
gehenden lautes.
154 Leskien
par. besser), obwohl Rybnikov angibt, es hiefse im compar.
B-fepHjie (vernjae) = B*pH*e (vernee, treuer) u. s. f.
Im 3. und 4. bände wird das wie i zu sprechende e durch
den druck hervorgehoben. Aus der Zusammenstellung der
dort vorkommenden beispiele habe ich mir keine regel für
das unterbleiben oder eintreten der Verwandlung zu i bil-
den können; es werden nebeneinander geschrieben: p-bica
(reka, flufs) und pn<mHbKa (ricinika, demin. von reka);
4l»BHi^a (dSvica, mädchen) und a-bbhhhv = ahbhhhy
( d i v c i n u , acc. sing, von d i v c i n a , mädchen). Bekanntlich
ist der Übergang von e zu i auch sonst in den slawischen
sprachen häufig, durchgehend im chorvatischen zweige des
serbischen , ebenso im kleinrussischen, wo das so entstan-
dene i den vorhergehenden consonanten erweicht, also
eigentlich als ji zu fassen ist. Sicher ist das auch im
Olon. dialekt anzunehmen. Die nicht erweichende aus-
spräche des i wäre für ein russisches ohr zu auflallend,
als dafs der herausgeber sie nicht angemerkt haben sollte.
Die erhaltung des vollen i in der infinitivendung kann
bei allen verben stattfinden und ist regel am versende, z. b.
-bxamu (echati, fahren), während gmr. *xamt (gchati,
spr. jechat'), pymamH (rusati, zerschneiden), 4coih
(esti, essen) u. s. w.
Die im russischen, kleinrussischen, polnischen und sor-
bischen verbreitete neigung e in o, je in jo fibergehen zu
lassen (die öbrigen slawischen sprachen zeigen diese er-
scheinung nur vereinzelt) geht in diesem dialekt, nament-
lich, wie Rybnikov bemerkt, an der nord- und ostseite
des Onegasees sehr weit: monepb (top er i) = gmr. me-
nepb (teperi, jetzt); mo6a, co6n, moÖH, co6h (tobja,
sobja, tobi, sobi) für rneda, cetfn, meö-fc, ceö* (tebja,
sebja, tebe, seb£, deiner, seiner, dir, sich); poöanfa
(robjata) = peöama (rebjata, kinder); 6opo3no (bo-
rozno) für äepeaKHO (berezno, ntr.sing.von bereznyj,
vorsichtig). Auffallend ist, dafs in diesen beispielen die
erweichung fehlt, während in den übrigen sprachen, welche
denselben lautwandel kennen, nur erweichendes, d. h. also
Über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 155
in je übergegangenes e zu o, d. h. also jo wird. Die er-
weichung findet sich indefs auch hier in den meisten fäl-
len: coro (s'ogo, spr. s'ovo, gen. sing, von cefi, sej,
ab. Ch, sl, er) ceaiy (s'omu, dat. sing, desselben). Im 3.
und 4. theil ist das wie jo zu sprechende e durch den
druck hervorgehoben. Ich gebe die dort vorkommenden
beispiele (die zum theil mit den gemeinrussischen überein-
stimmen), ohne eine regel für das auftreten des jo finden
zu können: BecHymica (demin. von BecHa, vesna, früh-
ling), noAOHeHOMT», AHine, ie (d. i. imo), Ky,4ephiiiiKH,
npHcejinaMbi ; noiecnmoH, 6e3CHeniHoeH, noHH3exoHbKOH,
Bce; acHmbe, ötimbe, na^ema, nopyieifaji; Jiime, cömv,
cnaiem», pa3ieca.ia , maäaieKi», Be^ept, HHiero, ena,
maHi^eearnb , menjihixrb ^em» AOSK^vcb (III, 21, v. 9),
4*BH<u>eH, c§m#chhkoh, CBHme.n>, hcShj, om^aBagnrb ,
Cmasepnb.
Altbulgarisches le (je, russisch e geschrieben) wird
zu jo, z. b. §ro (jogo, spr. jovo), gemr. ero (spr. jevö)
= ab. lero, gen. sing, von h (er); eä (joj) = ab. kh (jej,
ebenso gmr.); CBoefi (svojoj) = ab. cboigh (svojej, dat.
sing. fem. von cboh, svoj, sein) und so in den gleicharti-
gen fällen. Jenes j o verliert bisweilen im anlaut das j ,
z. b. o^sa (odva, kaum) = ab. kaba, gmr. e^sa (jedva),
vergl. altrussisch o^sa (Miklosich, über die spräche Ne-
stors u. 8. w., p. 29); onje (oäce) = ab. ieiHT€ (jeste,
noch), gmr. enje (jeäce, spr. jeäcö). Derselbe fall ist
im gewöhnlichen russisch in worten wie o^hht» (odinü,
ein) = ab. le^mn (jedinü); oaepo (ozero, see) = ab.
K^epo; oceHk (oseni, herbst) = ab. lecem».
Als eine der vorigen analoge erscheinung mufs wohl
der Übergang von erweichendem e in h (j a), nach palata-
len einfach a, aufgefafst werden : sKaimx'b (zanichü, bräu-
tigam) = SKeHHXTb (Zenichü); HeajiaHHbiH (zalannyj,
erwünscht, lieb) = »eejiaHHbiii (ielannyj); p-BmamiainbiH
(resatöatyj, bunt ausgelegt) = p-fcmeiniaiiiMH (reset-
6atyj); nponjaifbiiije (proäöaniice, abschiedssegen) ae
uponjeiibHute (proäöeniice); BpeniiHH (vremjani) =
156 Leskien
BpeMeHH (vreineni, gen. -dat. sing, von vremja, zeit);
Maub (mjaci, messer) = gmr. Meib (raeci), ab. UkYh
(mici); sogar ha (nja) für He (ne, nicht). Uebrigens
sind die falle, wo j a = e nach m steht, beweisend dafür,
dafs vor e auch die labialen erweicht werden, was von
den grammatikern zum theil bezweifelt ward. Derselbe
Vorgang findet im Weifsrussischen statt: 3ajienbiu (zjalo-
nyj) = 3eaeHbiH (zelenyj, grün); sanum (zjamlja) =
aeMoa (zemlja, erde); mana (zana) == Heeiia (zena,
frau); vgl. ByciaeBT». HcmopimecKaji rpaMMamHKa pycc-
Karo jiabiKa. 2. H3#. MocKBa 1863 (Buslajev, historische
grammatik der russischen spräche. 2. aufl. Moskau 1863.
I, p. 24).
Das aus altem i entstandene e hat zuweilen abwei-
chend vom gewöhnlichen russisch keinen erweichenden ein-
flufs, z. b. in omaijbKm (otecikij, väterlich) von ab. OThi|b
(otici, vater); MOJio^aHbKiä (molodenikij, jugendlich),
vgl. ab. MsaAMTL (mladinü); doch scheint dieser fall sel-
ten zu sein.
Eine alterthümlichkeit ist es, dafs auslautendes i nach
c erhalten bleibt: Moao^ei^b (molodeci, Jüngling), mueam*
(misjaci, monat), wie im altbulgarischen MA^bifh (mla-
dici), MiCAifh (messet), gegenüber gmr. MO.io#eiVb (mo-
lodecü) u. s. w. Mit andern Worten: im gmr. ist i in
der ausspräche spurlos verschwunden, während es sich im
dialekt in der erweichung des vorhergehenden consonanten
noch erhalten hat. Die 3. plur. praes. hat ebenfalls die
dem altbulgarischen genau entsprechende form: ^asaionib
(davajuti, sie geben) = ab. pBAKTb (davaja.ti), wäh-
rend auch hier gmr. ^aßaionn. (davajutü, d. i. da-
vajut).
Die Vertretung von altbulgarischem i (u) durch o im
auslaut der praepositionen, die im gmr. im allgemeinen
nur vor consonantengruppen im anlaut des folgenden Wor-
tes regel ist, findet in den gedichten unzählige male auch
vor einfacher consonanz statt: bo KieBt (voKieve, in
Kijev), ko moMj (ko tomu, zu diesem), co Aoöpoio (so
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 157
dobroju, mit der guten); einzeln sogar vor folgendem
vocal; ko amtiiiMT» ko cmojiHKaM'b (ko etyimü ko sto-
likamü, zn diesen tischen), ko amoMj (ko etomu, zu
diesem). Häufig ist die erhaltung des ü als o im nom.
sing, der männlichen a- stamme bei suffigiertem artikel:
Kpecnrb-onrb (krestü-otü), vom herausgeber so geschrie-
ben, es ist aber zu schreiben Kpecmo-nnb (kr es to- tu,
spr. krestot, kreuz-das) = ab. KpicrE-rE (krüstu-tü);
zu vergleichen ist russ. mo-nrb (to-tü, dieser), zweimal
gesetztes ra, und Schreibungen altrussiscber quellen paäonrb
s=s ab. ßftEi-Ti (rabotü = rabü-tü, knecht-der), CB-femocb
(svetosi) = ab. arara-ch (svetü-si, welt-diese; vergl-
Buslajev a. o. I, p. 44). Ebenso sind zu erklären : mejuvb*
omi», d. i. also mciieo-mi» (selko-tü, seide-die), KO-ia-
qHRrb-omrb, d.i. KOjiaHHKO - nnb (kolaciko-tü, eine art
gebäck), caMO-nt'b (samo-tü) = ab. cam-ro (selber der);
Bmopoii-enrb pa3T», das wäre ursprüngliches vütorü-ji-tu
razü (das zweite mal), daneben aber nach j auch o z. b.
KHH3b-om%, d.i. ursprünglich *kün$zjü-tü, kün^zi-tü
(ftirst-der), daraus hätte russisch knjazje-tü werden müs-
sen, das je ist hier aber wie so oft zu jo geworden. Dafs
hier wirklich das pronomen tl gewissermafsen als artikel
angefügt ist, beweisen die fälle, wo die andern flexionsfor-
men desselben ebenso auftreten, z. b. rpji3f»-ina (grjazi-ta
nom. sing, fem., schmutz-der), nopjKj-mj (poruku-tu,
acc. sing, fem., bürgschaft-die), ijepKBH-mbi (cerkvi-ty,
nom. plur. fem., kirchen-die). In diesen fällen schreibt der
herausgeber den bindestrich, aber dasselbe verhältnifs wal-
tet in vielen beispielen, wo diese bezeichnung fehlt, z. b.
nmHi^bi mbi KjeByiyH (pticy ty klevucii, die pickenden
vögel), 3B-fcpeä mbixi. pbrayuiiiXT» (zvärej ty'chü ryku-
ciichü, gen. plur., der brüllenden tbiere) u. s. w. Hier
ist offenbar der anfang zu einer suffigierung des artikels,
wie sie im neubulgarischen zur regel geworden ist; auch
die Stellung desselben nach dem adjectivum in smopoH-
eim» pasi» (s. o.) ist ganz wie im neubulgarischen.
Es scheint, dafs in einzelnen fällen der dialekt altes
158 Leskien
ü ab solches mit eigenthflmlicher ausspräche bewahrt hat*
wenigstens macht Rybnikov IV, p. 8 zu der Schreibung
B'bicpjn» (statt gmr. BOKpyn», herum) die bemerkung: i»
eeje He nepeme.i'b bi» o („% ist noch nicht in o überge-
gangen"), was wohl nur heifsen kann: * wird noch ge-
sprochen, aber eben nicht wie o.
Bekanntlich wird im russischen die altbulgarische laut-
Verbindung ra, la durch oro, olo ersetzt, z. b. ropo#b
(gorodü) = ab. rpi#t (gradü, stadt), 110.104% (mo-
lodü) = ab. 111041 (mladü, jung). Dasselbe ist nach
Rybnikovs aussage in dem dialekt durchgehend der fall,
derselbe vermeidet sogar noch mehr als das gewöhnliche
russisch die Verbindungen r und 1 mit andern consonan-
ten, daher oöojioko (oboloko) =* gmr. odiaxo (oblako,
wölke), cmojioßi» (stolobü) = gmr. cmojfvb (stolbü,
pfeiler), Aotfgp'b (dob'örü) = gmr. 4o6p% (dobrü, gut),
vgl. serbisch dobar. Es ist daher als eine von der tra-
dition festgehaltene alterthümlichkeit anzusehen, wenn die
lieder sehr häufig die den altbulgarischen entsprechenden
formen haben; rpa^T» (gradü), gmr. ropo^nb (gorodü,
Stadt); Bpairb (vranü), gmr. BopoHi» (voronii, rabe);
nuia^uä (mladyj), gmr. mojio^uh (molodyj, jung);
djiamo (zlato), gmr. 3040010 (zoloto, gold); Bjiaci»
(vlasü), gmr. Bojiocb (volosü, haar) u. s. w.
Zu dem im slawischen so häufigen vorschlage von j
vor anlautende vocale liefert der dialekt auch einige neue
beispiele, so das auffallende Sin», ßna, auch iom» geschrie-
ben, d. i. jonü (spr. Jon), Jona für oht», oHa (onü, ona,
er, sie). Der Vorschlag von v findet sich in dem worte
BioHomb (vjunoäi), gmr. ioHoma (junosa, jQngling).
Dagegen fehlt öfter das n vor cass, obl. von n (i, er)
nach praepositionen, z. b. bt» ero (vu jego, spr. v jevö
oder v jövo, in ihn hinein); Ha Sura (na jomü, auf ihm),
kt. 6h (kü joj, spr. k joj, zu ihr) statt bt» nero (vü
nego, spr. v n'evö) u. s. w.
Häufig sind zusammenziehungen von vocalen nach aus«
über den dialekt der rtiss. Volkslieder des gouvernements Olonec. 159
fall des trennenden j: npojieinuBamnb (proletyvatü) =
npo^embiBaemnb (proletyvaetii, d. i. -vajetü, er fliegt
vorbei) und so in allen 3. sing, gleicher bildung; msoro
(tvogo) = niBoero (tvoego, d. i. tvojego, deiner);
cbomj (svomu) = CBoeMj (8voemu, d. i. svojemu,
seinem), wie im serbischen in denselben pronominalformen;
andre consonanten sind ausgefallen in xomb (choäi),
Momb (moäi) = xoiemb (choöeäi, du willst), MOHcemb
(mo2eäi, du kannst).
Gewisse gruppen anlautender consonanten scheint der
dialekt zu scheuen und erleichtert sie durch prosthetisches
o9 z. b. onjiemb (opletl) statt njemb (pleti, peitsche).
Auf der andern seite fallen aber auch anlautende silben
ganz ab, z. b. cmoK-b (stokü) für ab. bictoki (osten),
gmr. BocmoKT» (voetokü); stehend ist der abfall von bi-
(vü-) bei der praeposition sugi (vüzü), so dafs von der-
selben, die nur in Zusammensetzungen vorkommt, blos z
nachbleibt, z. b. s/iox'b (zdochü), gmr. bs^oxt. (vzdo-
chü, athemzug, seufzer; vz- fÖr vüz-); apa^osambCJi
(zradovati-sja) = ab. b^^obotü c*? sich freuen).
Als eine der haupteigenthümlichkeiten des oonso-
nantismus gibt Rybnikov an, dafs 14 (c) und * (c) be-
ständig eins statt des andern gebraucht, oder besser ge-
sagt, beide buchstaben ausgesprochen werden wie i*b (ci,
also wie weiches c; der laut mag ungefähr der des polni-
schen ci, 6 sein, wenigstens umschreiben die Russen diesen
laut durch ihr u(b). So soll also i^^jimh (celyj, ganz)
nach hIuuh (celyj), jmt^e (lice, gesicht) nach juhio
(liöo) hinklingen, und umgekehrt «rpKoe ( c uz oj, fremd)
nach i^ioskoh (cju2oj), Benepb (veöerü) nach Beijep'b
(vec orü, abend). Aus den b. IV, p. 225 ziemlich ge-
treu im dialekt wieder gegebenen prosaerzählungen flöge
ich noch hinzu die Schreibungen Hoi^bio (nöciju) für
HOHbio (noöiju, instr. sing, von noci, nacht); noaioiq»
(pomoci) f&r noMOHb (pomoöi, hülfe); ceäqacb (sej-
cjasü) fftr ceä-nacb (sej-casü, sogleich); vfi (c'o,
1 60 Leskien
was), vergl. gmr. hdio = ab. yi>-to (cto = ci-to, was),
irai^ero (ni-cego, spr. n'ic'evo; gen. sing., nichts) =
gmr. uiraero (nicego); pcma (d. i. c'istav) = gmr. qHcma
(cista, nom. sing, fem., rein). Nach Buslajev a. o. I, p. 10
ist dies eine eigenthümlichkeit des gesammten novgoroder
dialekts, von dem der unsrige eine unterabtheilung bilden
soll. Dafs eine ähnliche art der affection z erleidet, geht
aus Rybnikovs angäbe hervor, der laut werde vor n wie
z gesprochen, z. b. 4opo3Hwfi (doroznyj) für ^opoHCHbiu
(doroznyj, reise-); 6opo3HO (borozno) für 6epe$Kno
(berezno, s.o.). Da diese worte ab. *drazinü, *bre-
zinü lauten würden, so ist doroznyj wohl als doroz-
nyj zu fassen und z verhielte sich zu z', wie oben c zu c.
Während dieser Vorgang vor n übrigens nicht ausnahmslos
ist, findet er sich auch sonst, z. b. sejin3nmb (zeliziti)
für meA±3-bmb (zelezeti, zu eisen werden). [Das von
Bybnikov mit aufgezählte poro3eHH&m (rogozennyj) =
gmr. poro>KHbiH (rogoznyj, aus binsen bestehend) gehört
nicht hierher, es entspricht ab. rogozinü von rogozü,
wo die Verwandlung von z zu z ebenfalls nicht eingetreten
ist; ebenso ist alt nopo3Hi»iii (poroznyj), gmr. allerdings
noposKHUH (poroznyj, leer), aber noch nopo3HHmb (po-
rozniti, leeren) neben noposKHHim» (porozniti); z ist
hier der rest von zd des ab. nß&^hin» (prazdinü)]. Wie
sind diese erscheinunge\n zu erklären? Ich glaube, es ist
auf keinen fall daran zu denken, dafs der dialekt in die«
sen lauten ursprünglich die dentale Wandlung der guttu-
ralen statt der palatalen hat, weil z. b. in vecerü, ze-
lezo 6, z allgemein slawisch, also der slawischen grund-
sprache angebörig sind. Die ganze Sache wird vielmehr
darauf hinauskommen, dafs c, z, c entschieden weich ge-
sprochen werden, also obwohl sie selbst durch einflufs von j
entstanden sind, doch noch ein j-laut nach ihnen gehört
wird. Diese ausspräche mochte dem ohre des beobach-
ten bei c und z mehr dental als palatal klingen und in
der that allmählich dental geworden sein, daher die Schrei-
bungen ci = 6, z (d. i. zi) = z. Allerdings participie-
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 161
ren auch im gewöhnlichen russisch c und 2 an der erwei-
chung durch folgende laute, aber in sehr wenig hörbarem
grade, so dafs die erweichung nur an der davon afficier-
ten ausspräche des vorhergehenden vocals zu merken ist,
z. b. cmepeib (sterecf, hüten) wie stere'c, nicht wie
stere'c, was sein müfste, wenn i in diesem falle nicht
erweichte.
Diese hier an c, z, c zu beobachtende ausspräche
fuhrt mich auf einen punkt der slawischen lautlehre, der
mir eine besprechung zu verdienen scheint. Bekannt ist
die regel, dafs im altbulgarischen die gutturalen k, g, ch
mit j zu c, z, s, seltener k, g zu c, z, die dentalen t, d
aber zu £t, zd werden, z. b. 1. sing, praes. *plakj$ zu
placa., *lügja, zu luz§, dychja. zu dysa. (von pla-
kati, weinen; lügati, lügen; dychati, athmen); aus
*otikjü otici (vater), aus *stigja stiza(pfad); l.sing.
praes. *metjq zu mesta., 2$dja, zu z^zd^(von metati,
werfen; z§dati, dürsten). Man denkt sich diesen Vorgang
gewöhnlich so, dafs j in den so entstehenden palata-
len lauten völlig aufgehe und für die ausspräche ver-
schwinde, also nach slawischer auffassung, dafs diese laute
hart, ohne erweichung gesprochen werden. Dafs dies aber
wenigstens ursprünglich nicht der fall war, läfst sich,
glaube ich, sehr wahrscheinlich machen. Miklosich vergl,
gramm. I, p. 107 bemerkt: „praejerierte vocale haben ur-
sprünglich gewifs auch nach palatalen gestanden % d. h.
j ist nach diesen geblieben, und führt zum zeugnifs alte
Schreibungen wie Yiofleca (cjudesa, plur. von cudo, wun-
der), ftAKimio (davülju dat. sing. part. praet. act. davü),
nach c c2rLiiM|io (sliinicju, dat. sing, von slünice, sonne)
an; vergl. auch Schleicher, compendium p. 303. That-
sache ist nun, dafs die Schreibung von ju statt des ge-
wöhnlichen u bei der Verwandlung von gutturalen in c,
2, £, c, bei der von dentalen in St, zd aufserordentlich
häufig ist, namentlich in glagolitischen quellen* Raöki,
Aasemanov ili vatikanski evangeliatar, einl. p. XVII, führt
eine grofse anzahl von fällen an: das oft wiederkehrende
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 1 1
162 Leskien
oticju = oticu, dat. sing, von otici (vater); slepcju
= slepicju, dat. sing, von slepici (blinder); kora-
bicju, dass. von korabici (schiff); cjudotvorcju =
— tvoricju, dass. von — tvorici (wundertbäter) ; cju =
gew. cu (part., z. b. in nyne-cu, eben jetzt); sehr häufig
kommt vor öjudo (s.o.); ferner cjuesi, d. i. cujeäi,
2. sing, praes. von öuti (hören, merken); m^zju, dat. sing,
von m^zi (mann); äjujca (die linke); slysavüsjuju (gen.
dual, zusammenges. decl. des part. praet. act. slysavü,
gehört habend); äedüsjuju (dass. von sedü, sidü, ge-
gangen seiend); priäedüäju (dat. sing, dess.); naöenüsju
(dat. sing. part. praet. act. nacenü = nacinü, angefangen
habend); s^ätju (dat. sing. part. praes. syj, seiend), und
so in denselben casus öfter; ebenso im adv. mezdju (zwi-
schen). Kacki (p. XVIII) fugt hinzu, dafs dieser gebrauch
sich in den übrigen glagolitischen denkmälern ebenfalls
finde, auch in den chorvatischen, und zwar desto häufiger,
je älter die -quellen. In den cyrillischen denkmälern fehlt
•es wenigstens nicht ganz an beispielen, im Ostromirschen
evangelium cjudotvorici. Von j vor andern vocalen
finden «ich spuren: von je für e kenne ich kein beispiel,
dagegen kommt vor j a für gewöhnliches a, im Asseman.
evangelium (vgl. Racki, p. XVIII) der gen. syna clovece
(des menschensohns) für öloveca, gen. sing, des adj. ölo-
vö 6 1 (menschlich, = * ö 1 o v e k - j a - s von ö 1 o v £ k ü , mensch).
/ Wäre hier nicht der laut j a nach c gewesen, so hätte jene
glagolitische quelle nicht das zeichen für e schreiben kön-
nen, dann nur für g und ja (cyr. % und m) gilt in glago-
litischer schritt dasselbe zeichen, nicht zugleich für a.
Ebenso verhält es sich mit ceetü, d. i. cajeti (3. sing,
praes. von cajati, hoffen), und aus dem Miklos. wtb. füge
ich noch hinzu öjasü für casü (zeit); die ältere form ist
6£sü (neub. ces), vergl. auch das entlehnte litauische
cz&'sas; später gilt nach palatalen älteres e = ja (vergl.
Schleicher, compendium p. 302, 303). Häufig ist ferner
im Assem. evang. j§ für % in denselben fällen: öj$do =
ö$do (kind), zj^tva (ernte), lezj$gti (nom. plur. part.
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 163
praes. lez§ von lezati, liegen); vid£sj$, be§j§ (3.plur.
aor. comp, von videti, sehen, byti, sein) and so sehr oft
in derselben form. Diese zahlreichen beispiele, scheint
mir, machen es gewifs, dafs wir es nicht mit einer ortho-
graphischen willkürlichkeit zu thun haben, sondern dafs
ursprünglich die Verwandlung der gutturalen vor j (oder
palatalen vocalen) in c, z, ä, c, z, die der dentalen in
3t, zd mit erhaltung des j -lautes stattgefunden hat, j dem-
nach nicht unmittelbar in diesen lauten aufgeht, sondern
erst später schwindet, dafs also die Stufenfolge ist z. b.
*s$tju, "s^tsju, s$ätju, endlich nach schwund des j
s^ätu, so *dycbj3, dysj^, dyä$ u. s. f. So gehtauf
einer viel späteren sprachstufe j in palatalen auf, z. b. neu-
slov. (Miklosich 1,257) pobreze für pobrezje, porece
für poreeje = ab. noßHYHie (poreeije). Nach dem mir
! vorliegenden beobachtungsmaterial, das allerdings beschränkt
ist, komme ich zu der vermuthung, dafs der verlust des j
am ersten im eigentlichen altbulgarischen , und serbischen
eingetreten ist (das Ostrom, evang. und andere quellen ha-
ben j nur noch sehr selten und in altserbischen quellen
findet sich nur sehr wenig ähnliches, vergl. Safafik, serbi-
sche lesekörner p. 39); dafs die glagolitischen denkmäler,
die ja so manches alterthümliche erhalten haben, das j
aus älterer zeit mit hinüber genommen haben ; dafs endlich
im russischen das j sich sehr lange gehalten hat und noch
b vorhanden ist in der oben ausgeführten ausspräche des
dialekts. Gerade den altrussischen quellen scheinen hier-
her gehörige Schreibungen besonders geläufig zu sein: Mi-
klosich, über die spräche Nestors p. 28 fuhrt viele an,
z. b. vdovicjamü (dat. plur. von vdovica = ab. vi-
dovica aus *vidovikja); mertveeja gen. sing. = alt-
bulg. mrütvica von mrütvici (der tote); solncju dat.
sing. = ab. slünicu von slünice (sonne); duäju acc.
sing. = ab. duä§ von dusa (seele); muzju dat. sing. =
ab. mqzu von m^zi (mann); cjudo (s. o.). Buslajev a. o.
I, p. 68 führt aus altrussischen quellen an: odezju acc.
sing. » ab. odezd$ von odezda (kleid), Y&ftio (ö^zju,
11*
164 Leskien
d. i. nur graphisch für cuzju) acc. sing. fem. = ab. Stu-
idq von st uz dl (fremd), mezj u = ab. mez du (zwischen);
p. 73 hvskh (nuzja) = ab. nuzda (noth), xomo (chocju)
= ab. c host 3 (ich will). Andre slawische sprachen be-
stätigen ebenfalls die ausgesprochene ansieht: neubulga-
risch heifst es nie anders als cjudo, cjuvam (ich höre,
ab. cuti), äjum (lärm), sjumu = ab. suma (wald), und
formen wie müz-jot d.i. = ab. m^zi + artikel tu sind
doch auch nur zu erklären aus mijzjü-tü, so gut wie
bo-jüt oder bo-jot = ab. boj-|-tü aus bojü-tü; eben
dahin gehören vocative wie müzjo zu müä = ab. mqzi.
Im kleinrussischen ferner ist ab. ca, cu stets da, 6u d. b.
cja, cju, z. b. Jy^a, ty<5u = ab. lica, licu (von lice,
gesicht); psenyc'a = ab. piäenica (weizen). Endlich
glaube ich durch die annähme vom verbleiben des j nach
der palatalen Verwandlung eine dem russischen eigentüm-
liche lauterscheinung erklären zu können. Wo das russi-
sche die dem altbulgarischen eigenthümliche Wandlung von
tj zu st statt des ihm angehörigen c (d. i. ts) herüber-
genommen hat, erscheint jedesmal sts, äc (m). Das ist
nur begreiflich, wenn man annimmt, dafs die laute nicht
üit, sondern noch § tj waren; dies tj ist dann regelrecht
nach russischen lautgesetzen zu ts geworden und so ent-
steht sts; z. b. gen. sing. part. praes. bestimmter declinat.
von delati ab. delaj^dtaago, dies aber aus delaj§-
ätjaago nach dem oben bemerkten; daraus russisch *de-
lajuätjago, delajustäago (4*.iaiom,aro). Auch wo
das russische altbulgarisches zd erhalten hat, hört man in
der ausspräche bisweilen zdz; dasselbe findet sich nach
Buslajev, a. o. p. 70, in altrussischen quellen des 12.jahrh.,
z. b. #HKYk (düzdci für düzdzi) = ab. jpawL (düzdi,
regen), und ist auf dieselbe weise zu erklären.
Bei dem bisherigen habe ich wesentlich consonanti-
sches ursprünglich vorhandenes j im äuge gehabt, analog
mufs aber der Vorgang bei den palatalen vocalen gewesen
sein. Wenn z. b. von pek$ die 2. sing, peceäi lautet,
so sind die durchgangsstufen *pekje£i (das heifst für e
Über den dialekt der russ. Volkslieder des gouveraements Olonec. 165
ist in der ausspräche je eingetreten oder, vielleicht rich-
tiget* ausgedrückt, zwischen dem von vorne herein vor e
und i mehr palatalen, d. h. mehr vorn im munde als vor
a u. s. f. gesprochenen k und e oder i stellt sich von selbst
j ein), daraus *pecjesi, endlich pecesi. Die mittelstufe
ist erhalten z. b. in der oben angeführten Schreibung b£äj§
u. a. Man kann gegen die so angenommene mittelstufe
*pekjesi einwenden, dafs, wenn bereits für die ältere zeit
e = je anzusetzen sei, aus pletesi (von pleta.) hätte
*plesteäi werden müssen. Dagegen ist aber zu erinnern,
dafs, wie noch jetzt in den slawischen sprachen, der vor
den palatalen vocalen sich einstellende j-laut ein sehr lei-
ser war, und überall die gutturalen vom j viel eher und
leichter afficiert werden als die dentalen. Das ist eine
wenn auch vielleicht schwer zu erklärende sprachliche that-
sache und eben der grund, weshalb in den slawischen
sprachen die Wandlung der gutturalen übereinstimmend ist,
also der grund spräche angehörte, während sie in der Wand-
lung der dentalen bekanntlich weit auseinander gehen (im
heutigen serbisch noch werden t und d selbst durch ur-
sprüngliches j nur leise afficiert, so dafs in dieser bezie-
hung das serbische unter den slawischen sprachen auf der
ältesten stufe steht)*). Die häufigkeit der beibehaltung
des j u in den oben angeführten beispielen gegenüber dem
fehlen von j e erklärt sich einfach daraus, dafs u gar nichts
palatales hat, man also, wenn die erweichung überhaupt
bezeichnet werden sollte, ju schreiben mufste, während e
einmal, wie bemerkt, an sich nach j e hin gesprochen wurde
und aufserdem für j e das glagolitische aiphabet kein be-
sonderes zeichen hat, sondern je durch e mit vertreten
wird, wie ebenso im späteren kirchenslawisch- russischen
*) vielleicht ist in älterer zeit die ausspräche je s e gar nicht nach
dentalen eingetreten (wie sie z. b. im heutigen serbischen und sonst nicht
stattfindet) und das eintreten von j nach gutturalen hängt, wie oben be-
merkt, nur von der an sich palatalen ausspräche dieser laute vor e und i ab.
Es würde zu weit führen, wollte ich hier die sache weiter untersuchen, da
alle fälle des zetacismus auch in den verwandten sprachen darauf hin zu
prüfen wären.
*
166 Leskien
schreibgebrauch. Das q hatte ohne zweifei so gut erwei-
chenden einflufs wie e, daher denn auch im Assem. evan-
gelium Schreibungen wie pj^ti für p§ti vorkommen.
Nebenbei bemerke ich, dafs nach der gegebenen dar-
stellung die gewöhnliche Schreibung litauischer formen wie
jäuczio (gen. sing, von jäutis), wofür Schleicher stets
jäuczo schreibt, vielleicht auf richtiger warnehmung oder
auf älterer ausspräche beruht. Andre sprachen bieten eben-
falls beispiele von zetacismus mit erhaltung von j oder i,
z. b. wenn man seit dem 5. jahrh. n. Chr. Titsius für
Titius, aber nicht Titsus sprach (vergl. Corssen, aus-
spräche, vokalismus etc. 2. aufl. p. 64). Doch zurück zu
unserm dialekt.
Sehr auffallend ist es, dafs bei den guttural auslau-
tenden wurzelverben im praesens vor e die palatale Wand-
lung unterbleiben kann, z. b. neicenift (pekesi, von neqb,
1. sing. neKj, backen) statt neieuib (pecosi); meK&nn,
(teKotü, von meqi», 1 * sing, meicv, fliefsen) statt meiern*»
(tecotu). Buslajev. a. o. I, p. 74 führt aus dem Twer-
sehen und andern dialekten ähnliche beispiele an : CMorenn,
(smogotü) flär CMOjKenn, (smozetü 3. sing, praes. von
cmoHb vermögen), CMorewb (smogomü 1. plur. praes. desjs.)
für CMOJKeMT, (smo^emü) u 8. f. Dafs diese formen alt
seien, also in die zeit gehören, wo die Verwandlung der
gutturale in palatale noch nicht eingetreten war, ist mir
unwahrscheinlich, weil es vereinzelte fälle sind und im rus-
sischen ähnliches vorkommt, was sich anders erklären läfst.
Altbulgarisches yaobhi|H (ölovecS, loa von clovgkü) ist
russ. le^oB-feK-fc (celoveke), also ohne die dentale Wand-
lung des k und so in allen entsprechenden fällen der de-
clination. Hier ist es offenbar die analogie der übrigen
casus, die im russischen überall k vor der endung haben,
gewesen, die auch die beibehaltung des k im locativ be-
wirkt hat. So wird es die analogie von neicy, meicy
(peku, tekti, 1. sing.) und neKjniT», meKjnrb (pekutü,
tekutu, 3. plur.) gewesen sein, die neieeiiib (pekesi)
u* 8. w. hervorgebracht hat, gerade wie im kleinrussischen
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 167
die übrigen personen umgekehrt auf die 1. sing, und 3.plur.
wirken und man sagen kann peöu, peöut'.
Stehend scheint die assimilation von k, g, ch an n
zu sein: craeHO (steno) = gmr. craerno (stegno) = alt-
bulg. stigno (höfte); cmeHymb (stenuti) = gmr. cmer-
Hjmb (stegnuti); cmocnjaocb (stosnulo-si) wie ab.
tüsn^ti für *tuskn$ti (eilen), im russischen soll moc-
Knymh ca (tosknuti sja, sich ängstigen) vorkommen;
CMamyjn> (smanulü) = gmr. cxiaxuyjrb (smachnulu)
von CMaxnymb (smachnuti, abschütteln, abhauen); cmci-
Hyjmch (stolnuli-si), gmr. infinitiv cmojKHymb (weg-
stofsen), ab. tlüknqti; omoMHjmb (otomnuti) = gmr.
omoMKHviHb (otomknuti, aufschliefsen ), ab. mükn^ti
(die beispiele sind aus Rybnikov, eigenthümlichkeiten
u. s. w.).
In den casusformen von jito6oBb (ljubovi, liebe) as-
similiert sich v dem b, gen. und dat. juo6u (ljubi) =
juoöbh (ljubvi).
Die von Schleicher zum beweise des Überganges von
j in g angeführten beispiele (compendium p. 628) lassen
sich noch vermehren durch CBamocaaBroBHib (Svjato-
slavgovici) für CBjraiocsaBbeBHib (Svjatoslavieviöi),
je ist zu go geworden. Vielleicht gehört hierher auch
repaüirb, repjibiKT» (gerlikü, gerlykü) = gmr. jipjibiK'b,
epjübiK'b (jarlykü, erlykü, diplom, brief), doch ist das
wort nicht russisch.
Die eigentlich dem ab. angehörige lautverbindung zd
= dj, die im gemeinrussischen ziemlich verbreitet ist,
kennt der dialekt fast gar nicht („sehr selten zeigt sich
zd statt des gewöhnlichen 2, z. b. casK^aiomb [sie setzen,
pflanzen]" Rybn.), sondern hat dafür die nach russischen
lautgesetzen regelrechte Vertretung von dj, nämlich z, so
innewy (mezu), gmr. meiK^y (mezdu, zwischen); poacoHO
(rozono), gmr. posK^eno (rozdeno, ntr. sing. part. praet.
pass. von roditi, gebären); npotfysieainb-cji (probuzati-
-sja), gmr. npoÖyac^anib-CÄ (probuzdati-sja, erwachen).
Wie schon oben bemerkt, ist c (tä) die eigentlich russi-
1
168 Leakien /
sehe Vertretung von urspr. t j , während im gemeinrussiscbcn
auch das altbulg. st als sts (m) sehr verbreitet ist. Der
dialekt ist auch hierin zum theil consequenter : die part.
praes., die aber nur noch adjectivisch gebraucht werden,
haben c, z. b. n-Bßyiiji nnmijhi (pevuöija pticy, sin-
gende vögel); CBHcmyqiH cojOBeä (svistucij solovej,
pfeifende nacht igall). Der dialekt besitzt daneben die den
gmr* entsprechenden formen mit in; (sts, sc), aber nach
Rybnikovs angäbe in etwas andrer bedeutung. Während
nämlich die vorher angefahrten mit c fast stets als ste-
hende epitheta in offenbar alt fiberlieferten Verbindungen
erscheinen, drücken die mit in; eine besondere energie,
einen hervorragenden grad der im verbum bezeichneten
thätigkeit ans, wodurch die bedeutung sogar causativ wer-
den kann, z. b. cnaw;ee 3eju»e (spjascee zelie) eigent-
lich schlafendes gift (oder kraut), d. h. für immer einschlä-
ferndes; iininbe 3a6yAyin;ee (pitie zabuduscee) eigent-
lich vergessender trank, d. i. vergessen machender, das ge-
dächtnifs raubender. Derartige secundäre bedeutungsdifle-
renzierungen ursprünglich gleicher formen kommen ja auch
sonst in den sprachen vor. Ob jene formen mit in; wirk-
lich volksthümlich sind oder von aufsen hereingekommen,
vermag ich freilich nicht zu entscheiden.
Die in andern slawischen sprachen häufige abwerfung
des Suffixes 3. sing, praes. verb. ist auch hier bei wurzel-
verben stehend: xoie (choce, er will), Moace (moze, er
kann), Beae (veze, er führt) statt gmr. xoiemb (cho-
öetu) n. s. w.; wenigstens in einigen gegenden auch bei
den abgeleiteten, das lied 1,51 gibt viele beispiele: noxa-
HCHBae (pochazivae, er gebt hin), nocMampnBae (po-
smatrivae, er sieht hin) u. s.w. In der 3. plur. praee.
kommt derselbe abfall des Suffixes nur bei der i-classe vor,
z. b. ch^h (sidja) = chajmti» (sidjatu, sie sitzen);
xoina (chotja) = xomanib (cbotjatü, sie wollen).
Liebhaber auffallender lautübergänge finden in dem
dialekt reiches material; der Übergang von v in m ist
nicht selten; Rybnikov führt an: MaKOMica (makomka)
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. . 16$
= MaKOBKa (mohnkopf, kirchthurmsknopf ) ; noxataaiKa
(pochmatka) = noxßainKa (pochvatka, heldenthat?);
npuMHi^ADib (primicjati) .= npiiB-fcqanib (privecati).
Auch das umgekehrte findet sich in 6jiaaoü (bladoj) =
mjihaou (rnladoj, jung); g für d steht in rjui (gl ja) =
AJin (dlja, für). Die aufzäblung weiterer einzelheiten un-
terlasse ich, weil ich weder aus dem text etwaige fehler
aufnehmen will, noch aus Rybnikovs darstellung ersehen
kann, wie weit hier allgemeinere gesetze herrschen.
Die declination der nomina bietet einige besonder-
heiten, die der erwähnung werth sind. Von der erhaltung
des ü im nom. sing, der männlichen a-stämme war bereits
oben die rede. Bei den auf -ynja gebildeten femininen
findet im nom. sing, zusammenziehung statt wie im ab.,
z. b. rocj^apwHH (gosudaryni, herrin); ebenso sind
die den ab. entsprechenden nominative 40111 (doci, ab.
düsti, tochter; daneben auch ^oqepb, doceri) und Mama
(mati, mutter) erhalten.
Lautlich und syntaktisch völlig unerklärlich ist mir
bei den femininen a- stammen die nominativform als acc.
sing. Einen fehler anzunehmen ist nicht möglich, da der
fall zu oft vorkommt. Zur bestätigung einige beispiele:
onrb acHBaro siyaca areiia onuijqamb I, 19, v. 331 (otü
zivago muh zena otlucati, vom lebenden manne die
frau wegnehmen), vgl. ebend. v. 187: Kino cmaHenrb onn»
»HBa MyjKa aceHj omminib (kto stanetü otü ziva
muza zenu otnjati, wer wird vom 1. m. d. fr. w.), wo
regelrecht der acc. steht; He cboio dih paäomyuiKy patioma-
emb, mM cmo^ibKO 3Haä iu,H-Kaina BapHinb, I, 44, v. 144
(ne svoju ty rabotusku rabotaesi, ty stoliko znaj
sci-kasa variti, nicht deine arbeit arbeitest du, wisse
du nur grfitz-brei zu kochen); Kliman pbiäa noßbi^a-
Banu» (kunnaja ryba povydavati, kostbaren fisch her-
ausholen) 1,45, v. 5; cnpoöoBamb cboh CHjia 6ora-
mbipcKaa 1,47, v. 125 (sprobovati svoja sila bo-
gatyrskaja, zu prüfen seine heldenkraft); na co6± ho-
cnnib OAesKHiiy 6m cmjriihvio, CM-feHiijH) o^encimy-mo
170 Leskien
KasKAbiH Aem>, KajK^hiH ^em» o^enca cHosa na hobo 1,48,
v. 166, dieselben vv. 181, 182, 232 (na sob£ nositi
odezicu by sm£nnuju, sioennuju odezicu-to ka-
zdyj denf, kazdyj den! odeza snova na novo, an
sich zu tragen ein wechselndes kleid, ein wechselndes kleid
jeden tag, jeden tag ein kleid von neuem aufs neue, d. h.
immer ein andres). Derartige beispiele, wo accusativ- und
nominativform neben einander stehen, liefsen sich noch
manche geben.
Ein nicht weniger auffallendes moment ist es, dafs
den femininen a- stammen der dativ-locativ sing, gänzlich
fehlt und durch die genitivform ersetzt wird, z. b. : bo
Moefi ApysKMibi (vo moej druziny, in meinem gefolge);
b^ xopoäpoii JhnnBM (vü chorobroj Litvy, in dem
tapfern Litauen); na ropw (na gory, auf dem berge);
ko 6epe3&i (ko berezy, zur birke); roBopnnrb omb
KHüseBOH njieMHHHHHbi , mojeo^oh 3a6aBbi (govoritü
onü knjazevoj plemjannicy, molodoj Zabavy,
sagt er der fürstennichte, der jungen Zabava); roBopmrb-
HaKa3biBa.1i) cBoefi mojlo^ou Heenbi (govorilü-nakazy-
valü "Svoej molodoj zeny, sprach-befahl er seiner
jungen frau) u. s. w. (s. auch unten beim pronomen und
adjectivum). Woher diese erscheinung? Der dat.-loc. hat
die endung e, der genitiv y; da nun * (e) überall zu h (i)
wird, könnte man annehmen, dafs durch die Schreibung
m (y) eben h (i), aber als nicht erweichend, ausgedrückt
werden sollte (wie im kleinrussischen), dem widerspricht
aber das oben über i = e bemerkte. Es bleibt, glaube
ich, nur eine möglichkeit der erklärung. Das y wird
schon im altbulgarischen nach j- haltigen lauten zu i,
ebenso im russischen. Im russischen wird aufserdem y
nie nach gutturalen geschrieben, sondern dafür stets i,
z. b. gen. p1>KH (reki, von p*Ka, reka, flufs) = ab. p«KU
(reky). Da nun in unserm dialekt das e des dat-loc.
überall zu i wird, also AyiiiH, p-feicn (dusi, reki), so
mufste auf diese weise in einer grofsen anzahl von worten
über den dialekt der russ. Volkslieder des gonvernements Olonec. 171
gen. und dat.-loc. zusammenfallen. Das dadurch getrübte
Sprachgefühl für den formellen unterschied dieser casus
hatte die folge, dafs nun überhaupt nicht mehr geschieden
wurde, auch wo der dialekt lautlich scheiden konnte, wie
zwischen gen. hcchw (zeny) und dat.-loc. aceim (zeni) =
Heeirfc (zene). Wir haben also hier den interessanten
fall, dafs durch ein ganz secundäres lautgesefz und falsche
analogie der spräche ein materieller schade zugefügt ist.
Wie dies aufhören des Unterschiedes zwischen gen. und
loc.-dat. im substantivum dieselben casus des pronomens
und zusammengesetzten adjectivs in Verwirrung gebracht
hat, davon nachher.
Der instrum. sg. von cmia (sila, gewalt) lautet mehr-
mals chjiomt. (silomü) : chjiomi> sosbMj (silomü vo-
zimy, mit gewalt werde ich nehmen, 1, 33, v. 28), CEuioirb
yBe3i> (silomü uvezü, mit gewalt führte er weg, ebend.
v. 61). Das ist der erste beginn eines Vorganges, der im
serbischen durchgedrungen ist: zenöm, ab. zenoja..
E^epKOBb (cerkovi, kirche) ist zum theil in die ana-
logie der a-stämme übergetreten: gen. sing, daher ijepKBM
(cerkvy), acc. i^epiesy (cerkvu).
Von genitiven und locativen auf u habe ich folgende
angemerkt. Sie stimmen zum theil mit den im russischen
gewöhnlichen; wie weit die abweichung des dialekts hier
geht, vermag ich indefs nicht genau zu bestimmen. Gram-
matiken und Wörterbücher geben über diese formen nur
ungenügende auskunft und das DahPsche Wörterbuch fehlt
mir. Ich gebe jedoch die formen hier, weil die beobach-
tung der ausdehnung, in der die declination der ursprüng-
lichen u -stamme sich erhalten oder durch analogie in die
a-stämme eingedrängt hat, für die slawische grammatik
von einiger bedeutung ist; genitive: nojoHy (polonu,
vgl. das gewöhnliche BbiKynmnb Koro H3T» njräny, vyku-
piti kogo izü plenu, jemanden aus der gefangenschaft
loskaufen); qmo öbiao iia^-fejiy 40p oro (cto bylo na-
delu dorogo, was war von der beute theuer); omB^iny
irbiirjb (otvetu netü, keine antwort); Bbiuie a*cy cmo-
\72 Leskien
niaro (vyse lesu stojacagoj, höher als der stehende
wald); ohtb KpHicy (otü kriku, vom geschrei); Me^y
cjia^Karo (medu sladkago, süfsen honigs); nocsHcmy
coaoBbeBaro (posvistu solovievago, des nachtigallen-
pfiffs); noKpHKy 3Bl>pHHaro (pokriku zverinago, des
au&chreis des wilden thieres); noorfc 6oh> (posle boju,
nach dem kämpfe); mBoero po#y (tvoego rodu, deines
geschlechts, deiner geburt, vergl. das gewöhnliche omi.
po#y); ct. O/jHoro pa3j (sü odnogo razu, mit einem
mal, wie gewöhnlich cb paay); orao chj (oto snu, aus
dem schlafe); omi> napy (otü paru, aus dem dampfe);
omvjyxy ne ^aeaioqH (otduchu ne davajuci, des auf-
athmens nicht gebend); ct. nnpy (sü piru, vom schmause);
CBfciny ödtaaro (svetu belago, der weifsen, d. i. der
schönen weit); uzt» jijkj (izü luku, aus dem bogen);
msoro HaKa3j (tvogo nakazu, deines befehle); 6e3T»
mo^Kj (bezü tolku, ohne ansagen); inejuty saMopcxaro
(selku zamorskago, überseeischer seide); noitopy Be-
•uncaro (pokoru velikago, grofser demut); H3t aomj
(izü domu, aus dem hause); Moero poemy (moego ro-
stu, meines wuchses); h3t» bh^j (izü vi du, aus dem ge-
siebt); ci> jiemy (sü letu, im Auge, eigentlich „vom
fluge"); bockj aparo (vosku jarago, Jungfernwachses);
ct. mHxa flfiuy (sü ticha Donu, vom stillen Don her);
locative: na öepery (na beregu, auf dem ufer); na mipr
(na piru, beim schmause); Ha öoio (na boju, im käm-
pfe); bt» cpyöy (vü srubu, im stalle?); bt» chipoarb 4j6y
(vü syromü dubu, in der feuchten eiche); bt» S-Bjiy-
oaepy (vü Belu-ozeru, in Belozero); Ha Kopaöjiio (na
korablju, auf dem schiffe); na moan» rpoöy (na tomü
grob u, auf jenem grabe); Ha Biiicy moemb (na veku
toemü, in diesem leben); bt» 3jiamoMT> Bepxy (vü zla-
tomü verchu, in der goldnen höhe); bo inoeMT. emaey
(vo toemü stanu, in diesem lager); bt» noaoHy (vü
polonu, in gefangenschaft); na KajHHio (na kamnju, auf
dem steine); Ha MoemHKy (na mostiku, auf dem brück-
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 173
lein); bt» yr.iy, bt» yroAKy (vü uglu, vü ugolku, im
winkel); bt» mepemy (vü teremu, im erker).
Der alte vocativ der ja- stamme auf u ist erhalten in
khh3H) (knjazju) I, p. 309, in pamaio (nom. pamafi,
rataj, abgekürzt aus opamaii, pflüger). In demselben
verse I, 3, 63: afi me mw, pamaio, pamaioiiiKo (aj ze
ty,rataju,ratajusko, o du pflüger, pflügerchen), ebenso
v. 53: tfosKbfl mH noMO?b, opainaiouiKO (bozija ti po-
moci, oratajusko, gottes hülfe dir, lieber pflüger) sind
pamaioHiKO, opamaiomKO vocative vom nominativ opama-
iomKa (oratajuäka, liebkosendes deminutiv wie tfam-
lomKa, batjuäka, Väterchen). Die so gebildeten deminu-
tiva, der form nach fem. a- stamme, können wie diese de-
diniert werden, haben aber auch den nom. auf o und wer-
den dann wie die masc.-neutr. flectiert; nom. z. b. amonrb
opamaii- opamaiomKO 1,3 v. 83 (etotü orataj-orata-
jusko, dieser u. s. w.); tfaimouiKo IV, 2 v. 5 und so öf-
ter; gen. öamioniKa, dat. öamiouiKj (batjuska, bat-
jusku) u. s. w. Der hergang ist hier der, dafs durch
den so sehr häufigen gebrauch der vocativformen dieser
worte in der vertraulichen, schmeichelnden anrede, der
vocativ den nominativ verdrängt hat; die äufserliche ähn7
lichkeit desselben mit den neutris auf o hat dann die ana-
loge flexion bewirkt. Aehnliches findet sich im serbischen.
In den serbischen liedern ist der gebrauch der vocativform
für den nominativ ungemein häufig. Man vergleiche fol-
gende beispiele: Ka# mo nyo KpajibeBiitry MapKO, kad to
cuo Kraljevicu Marko, Vuk 11,59 v. 76 (als das hörte
Kraljevic Marko; nom. sg. wäre Kraljevic); nojes^Hine
40 Aaa no6pamnMa (pojezdise do dva pobratima),
npeKO xpacna Mecma E^apnrpa^a (preko krasna mesta
Carigrada), je^HO jecme Kpaabesiitty Mapxo), jedno
jeste Kraljevicu Marko), a #pyro je öeaee Kocma^HHe
(a drugo je beze Eostadine) Vuk II, 61 v. 1 — 4 (es
ritten zwei bundesbrüder durch die schöne Stadt Carigrad,
der eine ist Kraljevic' Marko und der andere ist Beg Ko-
174 Leskien
Kostadin; der nom. wäre begKostadin); neniKo öjeiue
CmpaxBHHtry 6ane (netko bjeäe Strahinic'u bane),
6jenie öaHe y najienoj BaHbCKoj (bje£e bane u malenoj
Banjskoj) Vuk II, 44 v. 1 (es war ein ban Strahinic',
war ban im kleinen Banjska). Ich vermuthe daher, dafs
die im serbischen so häufigen nom. sing. masc. auf o von
eigennamen sich als vocative erklären und zwar femininaler
form, Marko wie zeno; als nominativ wäre also * Mark a
anzusetzen, gerade wie für die liebkosungsnamen Bozo,
Mizo u. s. w., von denen Danicic' (OÖjihi^h cpncKora
jeaHKa, 3. »34, p. 14) sagt, sie seien in einigen gegenden
feminina mit a im nomioativ. Es ist indefs möglich, dafs
ein vocativ, später nominativ Marko nicht geradezu von
einer femininalen nominativform ausgegangen ist, sondern
dafs nur die vocativform der feminina, als eine besonders
in die ohren fallende, auf masculina übertragen ist; we-
nigstens nehmen im neubulgarischen sehr viele männliche
a- und ja-stämme die vocative auf o an, z. b. bezako-
niko von bezakönik (gesetzloser); rätajo von rätaj
(knecht). Das neubulgarische führt mich darauf auch die
serbischen nominative Miloje, Blagoje u. s. f., ebenfalls
nur von eigennamen, för ursprüngliche vocative anzuse-
hen; der vocativ lautet nämlich hier Miloje, nicht, wie
es sonst regel bei ja- stammen ist, *Miloju, im neubul-
garischen nun ist der nom. ganz regelrecht z. b. Dragöj,
der vocativ aber ebenfalls Dragöj e; es liegt also wenig-
stens sehr nahe, in den genannten serbischen nominativen
vocative zu suchen.
Der vocativ HcioB-feie (öelovece, von qe.soB'feK'h
mensch) steht I, p. 88; 6oxee (boze, von 6on», gott) wie
gemeinrussisch auch.
Vom dual kommen einzelne beispiele vor: oötota py-
Kaiia (obema rukama, instr., mit beiden händen), ko-
numana (kopytama, mit den hufen), ganz vereinzelt
auch der instr. dual, statt des plur.: cb acmioia rocmasia
(sü estima gostjama, mit diesen deinen gasten; von der
dualform des instrum. pl. der adject. und pronom. sogleich).
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 175
Im plural sind die ursprüngl. formen der u- stamme
seltener erhalten, abgesehen natürlich vom gen. plur. auf
-ob* (-ovo), der hier wie allgemein russisch im gebrauch
ist. Oefter liest man den nom. plur. Tamapoee (Tata-
rove, die Tataren). Pluralformen wie gmr. cwnoBba (sy-
novfja, von synü, söhn) sind: nymeßba (putevija,
nach Rybnikovs wörterverzeichnifs vom nom. sing, nymo,
netz); moHeßba (tonevija, von monji, netz); £apoBba
(darovija) mit gen. 4apoBbesi> (darovijevü) von Aapnt»
(darü, gäbe); MjaeeBbii (muzevija, von myaenb, mann);
ajimeBba (zjatevija, von 3amb, Schwiegersohn); kjmobwi
(kumovija, von Kjan», gevatter); CBamosba (svatovija,
von cBamt, freiwerber); inypeBbfl (surevija, nom. sing.
mypHH'b, surin ü, Schwager); TamapoBba ( Tatar ovija,
Tataren); jiyroBba (lugovija, von «lyra, lugü, wiese;
plur. gew. .«yra, luga); gen. plur. aß'spbeB'b (zverievü,
nom. sing. 3B*pb, zvSri, thier).
Der alte dem altbulgarischen entsprechende genitiv
pluralis auf u ist erhalten in ceMb ro#b (semi godü,
sieben jähre); Typeiyb-3eMoa (Turecü-zemlja, Türken-
land); Tamapb (Tatarü) neben Tamaposeä (Tata-
rovej).
Der instr. plur. endet fast in allen liedern auf -mm
(-my): ^-BsyniKaMbi (devuskamy, nom. sing, devuska,
mädchen); ropo^aMw (gorodamy, nom. sing, gorodü,
Stadt); demnach ganz wie im kleinrussischen, z. b. ry-
bamy = ab. puEaun (rybami), nur dafs in letzterer
spräche die allgemeine regel herrscht, wornach ab. i kleinr.
y wird, d. h. keinen erweichenden einflufs auf den vorher-
gehenden consonanten ausübt, während in unserm dialekt
sonst davon nichts zu bemerken ist. Es bleibt aber zur
erklärung kaum ein andrer aus weg, wenn man nicht die
annähme zulassen will, dafs die alte instrumentalendung
der msc. und neutr. y hier erhalten ist, aber nach falscher
analogie mit dem -am von -ami verbunden wurde, als
man im russischen anfing, alle substantiva im dat., instr.,
loc.-pl. nach analogie der femininalen a-stämme zu flectie-
<*T
176 Leskien
ren. Für unmöglich halte ich solche dinge in der slawi-
schen declination nicht: man denke an das angeführte
CHjioM'b für chjioh) (im serbischen allgemein so) und an
fälle, wie wenn im serbischen ein plural sinovi gebildet
werden kann, d. h. an den regelrechten nom. plur. der
u- stamme, ab. cwhok6 (synove), noch die endung der a-
stämme antritt (ab. pAEH, rabi). Kaum irgendwo herrscht
die neigung ursprünglich verschiedene formen eine nach
der andern zu gestalten so sehr, wie in der declination
der neueren slawischen sprachen. — Nicht selten ist vor
der endung der- Stammauslaut weggefallen, z. b. Boponoiw
(vorotmy, von sopoma, plur. tant., thor); rpa^Mw
(gradmy von rpa^nr», Stadt); öorambipMw (bogatyrmy,
von öoramwpb, held). Diese formen gehen nicht zurück
auf die gmr. BopomaMH (vorotami) u. s. w., sondern auf
formen analog den ab. rpwum (grechümi, vgl. Miklosich
III, p. 16), von denen Schleicher (CicioneHie ochobt» na -y)
nachgewiesen hat, dafs sie den u- stammen entlehnt sind.
Endlich kann der vocal im auslaut der instrumentalendung
ganz abfallen, so dafs der casus dem dat. plur. gleich lau-
tet: 6yjianawb-mo rojiOBw nepejiOMaiibi, KjmaKaM'b-mo
öyfiHbi 3aBA3anbi 1,45 v. 15 (bulavamü-to golovy pe-
relomany, kusakamü-to bujny zavjazany, mit keu-
len waren die köpfe zerschlagen, mit binden die trotzigen
verbunden); pyicaaib MoryqiHMrb noHStmyHsnjicn (rukamü
moguöiimü ponatuzilsja, mit den mächtigen händen
strengte er sich an) I, 51 v. 100; mynrb pytcaMi» ohh
cnjiernaionicA (tu tu rukamü oni spletajutsja, da rin-
gen sie mit den händen) ebend. v. 104. Eine Verwechs-
lung mit dem dativ liegt hier nicht vor, die beiden casus
sind syntaktisch zu streng geschieden. Ich erkläre daher
die sache so: das auslautende volle i der endung ward
zu I (wie öfter im russischen, z. b. infinitivendung -ti für
ab. -ti) und dies ging dann ganz verloren, wie auch sonst
oft. Ist das richtig, so würde es die oben geäusserte ver-
mutbung bestätigen, dafs in -amu das -m die an -aM- an-
gefügte instrumentalendung der masculina sei, angefügt zur
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 177
Unterscheidung vom dativ. Diese anfügung müßte also
zu einer zeit geschehen sein, als y bei den masculinen
noch lebendig war und der instrum. fem. schon auf -am!
oder -am auslautete; das so entstandene -amy ging dann,
als die masculina ihre eigenthömliche form in den betref-
fenden casus des plurals verloren, auch auf diese über. —
Auffallend ist noch, dafs bei der Verbindung von adjectiv
und Substantiv ersteres im instrum. plur. stets die dual-
form hat: cmapwMa cmapyaiKaMU (staryma staru£~
kamy, mit alten mütterchen), Hccimhiaia Ky^epieaMu (zel-
tyma kuderkamy, mit gelben locken), jiacKOBbisia caor
BaMbi (laskovyma slovamy, mit schmeichelnden Wor-
ten), AOCKattbi ^jöoBMMa (doskamy dubovyma, mit
eichenen brettern) und so fast ausnahmslos. Das eintreten
der dualform für die des plurals ist wie im serbischen und
auch sonst in slawischen volksmund arten; dafs aber wie
hier gerade nur die adjectiva davon betroffen werden, dem
weife ich sonst nichts an die seite zu stellen.
Nicht selten ist in der declination das übertreten der
a-8tämme in die analogie der ja- stamme. Bybnikov führt
an; m» jihcjixi» (vü lisjacbü) = bi> jrfecax'b (vü Jesa-
chü, in den wäldern), BMHcmnxrb (vmistjachü für vü m.)
= Bwbcmax'b (vmestachü, bedeutung die des gemeinr.
B9rfccnrfe9 vmeste, zusammen), bo cnaxT» (vo snjachü)
ä B'b cHaxi» (vü snachü, in träumen). Bybnikov sagt,
dergleichen käme nur im loc. plur. vor; man kann daher
auf den gedanken kommen, j a sei hier = e und jihc^xt»
entspreche ab. A*c*xh (lesechü). Ganz consequent ist der
dialekt in der Verwandlung von e zu i ja nicht, wie das
oben angefahrte Bfcpaae neben 4o6pne für B*fepsrfce, Aodpft?
zeigt» Möglich ist es also, dafs sich in jenen locativen
die alte form erhalten hat. — Die mit suffix -nü gebil-
deten adjectiva können alle wie ja- stamme behandelt wer-
den z. b. öyjiamHÄH (bulatnjaja), öyaammoio (bulat-
njuju), 6yjianiHee (bulatnee), nom. sing« msc. gmr. 6y-
jiamHBiH (bulatnyj, stählern); pamnee (ratnee), pam
neiuy (ratnemu), nom. sing. msc. gmr. panrauH (ratnyj),
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 12
l
178 Leskien
ab. ßaThM (ratinü, kriegerisch); so Aopo^mii, coöopHiH,
6o«aomBm9 dojibmä für ^opo^Hbiö u. s. f. Veranlassung
dazu mag der schon in älterer zeit vorkommende Wechsel
der Suffixe -in und -Hb gewesen sein, z. b. ab. rophNt (go-
rinü, bergig) neben rophith (gorini).
Die nicht zusammengesetzte declination der adjectiva
ist in den casus des Singulars und im nom.-acc. plur. durch-
aus in gebrauch auch bei attributiver anwendung, na-
mentlich in den feststehenden, altüberlieferten epischen for-
mein: ciaBeorb KieB-b-rpa^T» (slavenü Kievü-gradü, die
herrliche Kijev-stadt); cwpa seMAB (syra zemlja, feuchte
erde), «memo nojie (cisto pole, freies feld), cHHe Mope
(sine more, blaues meer); cwpy aeM^io acc. sing, fem«
(syru zemlju); chhio Mopio dat. sing, neutr. (sinju
morju); chha Mopa gen. sing. ntr. (sinja morja), ebenso
KpacHa 3oyioma (krasna zolota, des rothen goldes), m-
ema cepeäpa (cista serebra, des reinen silbers); der
dat. sing. fem. wie beim Substantiv durch den genitiv ver-
treten kt> MOjioAbi HacmacbH (kü molody Nastasii,
zur jungen Nastasia); ^oöpw Mojio^ubi nom. plur. masc.
(dobry molodey, die braven Jünglinge); 6-bjiu pyiua
nom.-acc. plur. (bSly ruki, weise bände).
Die pronominale declination, zunächst der geschlech-
tigen pronomina, ist durch zweierlei bemerkenswerth : n
(tu) wird mit h (i) zusammengesetzt, demnach decliniert
wie die zusammengesetzten adjectiva; die casus des femi-
ninums sind in Verwirrung gerathen in folge der oben be-
sprochenen Verwechslung von dativ und genitiv. Die von
mir im texte angetroffenen von den gemeinrussischen ab-
weichenden formen geben folgendes Schema. Die gewöhn-
lichen kommen alle daneben vor, doch sind die folgenden
wenigstens eben so häufig und jenen im gebrauche ganz
gleich:
aber
den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 179
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a
8-
gen.-lo
a
• IN
3
B
•ß
I
12 *
180 Leskien
Alle diese formen können auch von anionnb (etotü,
dieser) vorkommen.
Vereinzelt kommen diese zusammengesetzten formen
schon im altbulgariscben vor (vgl. Miklosich III, 71). Ent-
sprechend ist im ab. die declination von ruft (kyj) und
vielleicht ist die analogie dieses in unserm dialekt ebenso
flectierten pronomens für n mit mafsgebend gewesen. Die
einzelnen formen erklären sich folgeodermafsen :
sing.masc: noi (toj) wäre ab. ruft; vgl. russ. mo-
jio^oh (maladoj) mit ab. u»a#yH (mladyj). '
moeaiy (toemu, d. i. tojemu, vergl. ab. kojemu
von kyj), eigentlich = tomu-jemu; mHMy (tymu) da-
gegen ist offenbar so entstanden, dafs die spräche die öf-
ter wiederkehrende silbe ihm- als stamm empfunden hat.
moearb (toemü, vgl. ab. kojemi) = tomi-jemi.
nibiMT» (tymü), zusammengezogen aus üimhmt» (tyi-
mu, vgl. ab. kyimi) = *tümi- (nicht temi-)imi; räth-
selhaft ist mir mueiH'b (co raueMi. nnchMOMi» I, 19, v. 15,
so tyemü pislmomu, mit diesem briefe); man wird
wohl kaum annehmen können, dafs hier die älteste form
*tümi-j£mi (denn daraus ist imi entstanden) zu gründe
liege.
neutr. moe (toe d.i. toje) ist einfach = T0-ie(to- je);
in fflbie (tye) ist wieder mw- als stamm gebraucht.
femin.mskR (taja) = T«-fc (ta-ja)f das von Bybni-
kov angeführte mwe (tye) weifs ich nicht zu erklären;
möglicherweise ist es = m&ia (tyja), da auslautendes ja
von je in der ausspräche sehr wenig unterschieden ist;
dann wäre him- als stamm gefafst.
myio (tuju) =* tä-k (taja.); Rybnikovs moe (toe)
ist mir unverständlich, wenn es nicht die form des geni-
tivs, also := toh (tojs) ist, für regelrechtes moa (toja)
stehend.
moa (toja) = ab. toh (toj$); mwa (tyja) wäre
ab. *rua für *:ruieu (*tyj§, *ty-jej$), d. h. das fem. ra
nominal flectiert mit dem gen. von h. Ebenso lauten da-
tiv und locativ, hier ist also dasselbe ineinanderfliefsen der
über den dialekt der rnss. Volkslieder des gouvernements Olonec. 181
casus, wie beim femininum des Substantivs, und das Sub-
stantiv hat offenbar das pronomen in diese Verwechslung
hineingezogen«
moeä (toej) entspricht nicht ab. to* (toj$), sondern
einem *TO*iett (*to-jej$), d. h. instr. von n an den stamm
to gefügt. Daraus wurde russisch zunächst *tojeju, wie
ab. A0YUI6H (dusej^) zu Aymeio (duäeju), zuletzt moen,
wie man auch Ajnieä (dusej) sagen kann.
plur.: nom. msc. mw (ty) ist der ab. accus, tu, der
im russ.9 wie beim Substantiv, den nom. mit vertritt; mwH
(tyi) wäre ab. *tm-h, d. h. die als nomin. benutzte accu-
sativform mit dem nom. plur. von h; moH (toi) hat iho-
als stamm gebraucht; mwe (tye) wäre ab. ru-a, d.h. die
accusativform beider pronomina, im russischen als nom.,
wie russisch Aoöpue (dobrye, die guten) nom. plur. «*
ab. ^ospiJii (dobryj^) acc. plur.
nom. ntr. mwa (tyja) enthält n (ja), aber an den
stamm mw- gesetzt, wie das adjectivum in derselben form
russ. Aodpua (dobryja) gegenüber ab. Aocpan (do-
braja).
nom. fem. amw (ety) = ab. ttj (ty); mwa wäre
ab. Tii-a (ty-j$); muH (tyi) dagegen ist mir uner-
klärlich. ~
Die übrigen casusformen des plurals: mwnxi», rnuxi;
muHMb, mwMTb (tyichü, tychü; tyimü, tymü) ent-
sprechen ganz der bildung der gleichen casus beim be-
stimmten adjectivum; muuia (tyma) ist die dualform.
Das demonstrativpronomen ist in unserm dialekt be-
sonders ausgebildet und die bedeutungen feiner differenziert
als gewöhnlich, so weist aBinonrb (evtotü) hin auf ge-
genstände, die sich auf die erste person beziehen, acmonn»
(estotü) gehört zur zweiten, £mnonn» (entotü) zur drit-
ten person.
Von h ist in vollem gebrauch der acc. sing. fem. 10
(ju) sas ab. m (j$). Der instr. plur. hat öfter die dual-
form HHiua (nima).
Von den personalpronomina sind die formen mo6a,
182 Leskien
mo6ii u. 8. w. schon oben besprochen; es bleibt nur zu
erwähnen, dafs die enklitischen formen: ma (tja, acc),
mH (ti, dat. der 2. ps.) häufig sind, und dafs mhä (mnja
gen. sing. 1. ps.) statt Menn (menja) vorkommt.
Die declination des zusammengesetzten adjec-
tivs hat eine anzahl älterer und vom gemeinrussischen
abweichender formen.
Der nom. sing. masc. erscheint öfter in der auffallen-
den form noraHuifi (poganyij, heidnisch), rjiy6oKm&
(glubokiij, zusprechen glubokijij, tief), einmal sogar
(aus versehen?) I, 48 v. 357 ^oma^BHuaiH (loäadinyiij,
pferde-). Ich weifs über diese form nichts anders zu sa-
gen, als dafs das schliefsende j vielleicht nur nachahmung
des gewöhnlichen russischen Schreibgebrauchs ist, der no-
minativ also eigentlich auf j i auslautet und dies dann =
ab. h, d. h. ji anzusetzen wäre, indem ausnahmsweise das
I zu vollem i wurde. Ob das möglich war, ist indefs sehr
zweifelhaft.
Als nom. sing. fem. kommt vor rjiynwa (glupyja,
dumm), wo nach falscher analogie rjiynu- als stamm ge-
fafst ist. -
gen. sing. fem. xopoöpua (chorobryja, tapfer) ganz
wie ab. ppacpuii (chrabryjs).
dat.-loc. sing. fem. ^oöpoee (dobroej, gut) ist nicht
= ab. &OEp*iJ (dobrej) sondern = *dobro-jej, d.h. der
dativ jej an den stamm dobro- gefügt. In folge des
Verwechselns der dativ- und genitivformen beim femininum
kann aber diese form auch genitiv sein, z. b. h3t> JfriniBbi
noraHoeH (izüLitvy poganoej, aus dem heidnischen
Litauen); wie umgekehrt die genitivform als dat.-loc. er-
scheint, z. b. Ha ciaBHoii ropw Ha bucokui (na slavnoj
gory na vysokija, auf dem herrlichen berge, auf dem
hohen).
loc. sing. masc. cjiaBHoewb (slavnoemü), wäre =
ab. ^csABio-KMik (*slavno-jemi), nicht = casMttMh für
*CMM*-ieub (slavn&emi, *slavn£-jemi) ; also die be-
treffende casusform von h dem stamme angefugt, wie
mehrfach.
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 183
instr. sing. masc. entspricht ganz dem ab. und kommt
oft unzusammengezogen vor, z. b. öorambipcKiHMt (bo-
gatyrskiimü, ritterlich, beldenmäfsig) = ab. AOEpUHUh
(dobryimi).
instr. sing. fem. ^oöpoefi (dobroej) steht der ur-
sprünglichen form näher als die ab. AOBpOK (dobrojaj;
aus den beiden zusammengerückten casusformen dobroj^-
-jej ^ ist zunächst *dobro-jeja. geworden, daraus russisch
*dobro-jeju, nach verlust des u (wie in cujioh, siloj =
chjioio, siloj u) dobrojej (geschrieben ^oöpoeä). Die
gmr. form ^oöpoio (dobroju) ist der ab. gleich.
nom. -acc plur. msc. id6mhhh (temnyi, finster), 40-
tipuii (dobryi) = ab. acc. plur. £OcpiJ (dobry) + nom.
plur. h (i); im russischen sind nom. und acc. beständig in
einander geflossen.
Die übrigen casus des plurals sind ganz wie im alt-
bulgarischen und sehr oft unzusammengezogen: gen. loc.
paaHbiHX'b (raznyichü, verschieden), Be^HKiHXi» (veli-
kiichu, grofs); dat. pa3HWHMT> (raznyimü), ApyriHMi»
(drugiimü, ander); der instr. hat, wie oben erwähnt,
fast ausnahmslos die dualform: cmapwMa (staryma, alt),
Mory^BMa (mogucima, mächtig).
Wie auch in andern slawischen sprachen treten zu
masculinis femininaler form attributive bestimmungen, ad-
jectiva und pronomina, ebenfalls in dieser form, z. b. cjiyra
moä B-tpHaÄ (sluga moja vernaja, mein treuer diener)
vergl. serb. Slugo moja, Oblacic'u Rade. — Da ti bog
da, sibinjska vojvodo. Dantäic. Oöjihi^h p. 20.
Ueber die conjugation ist aufser den oben bespro-
chenen lautgesetzlichen Vorgängen wenig zu bemerken. Die
2. sing, praes. ecn (esi, du bist), ^acH (dasi, du gibst)
haben sich erhalten, wie nach Buslajev a. o. I p. 11 im
novgorodschen überhaupt.
Nur eine für die slawische grammatik bemerkenswer-
the form glaube ich in unserm dialekt gefunden zu haben,
die 3. sing. aor. tfucmb (bysti, er ward). Die stelle
(1,21 v. 58) läfst sich nur so verstehen:
184 Leskien
A MoryqiH öoramwpH bc* omB*im> ^epxeami»:
„Kiui3b Baa^HMHpi, cmojtbHO-KieBCKiii!
^BiaeMT. mw cnb iienpiflmejieM'b nonpaßmnbCJi.''
Bbicmb KHA3b BecejiT, h pa^oceirb.
(a mogucii bogatyri vse otvetü derzatü:
„Knjazi Vladimirü stolino-Kievskij!
Dumaemü my sü neprijatelemü popravitisja."
Bysti knjazi veselü i radosenu.
d. h. die starken helden geben alle die antwort: „fürst Wla-
dimir der hauptstadt Kijev, wir denken mit dem feinde
fertig zu werden." Es ward der fürst heiter und froh.)
Es sei mir gestattet, hier einige bemerkungen über
diese bildung der 3. (und 2.) sing. aor. comp, hinzuzufü-
gen, die sich bei vocalisch auslautenden wurzeln so häufig
findet (die fälle sind aufgezählt bei Miklosich III p. 85).
Die organische form dieses aorists ist z. b. ofiip«;?* (um-
rächü, ich verstarb), oriipft (umre), oifup*; die 2. und
3. sing, entstanden durch den im slawischen notwendigen
abfall der auslautenden consonanten aus * umre 88, "unt-
res t. Statt der 3. sing. OYiiptt (und durch analogie auch
in der 2. sing.) tritt nun sehr häutig OYMfTCTO ein. Miklo-
sich (III p. 85 etc.) erklärt dies so : es sei der vocal u an-
getreten, um die secundäre personalendung t vor dem sonst
nothwendigen abfall zu schützen und vergleicht p. 87 diese
erscheinung mit dem gotischen that-a für that. Dieser
vergleich pafst nicht, denn das auslautende a von thatä
mufs ein langes gewesen sein, sonst wäre es später abge-
fallen, und ist wahrscheinlich eine jener partikeln, wie sie
pronominibus so oft angefügt werden. Aber davon abge-
sehen scheint mir jene erklärung aus andern gründen un-
möglich, und Schleichers meinung (formenlehre der kir-
chensl. spräche p. 338; compend. p. 680), das -tu (-ti,
wovon sogleich) sei die nach falscher analogie von neuem
angefügte primärendung der 3. sing, praes., als die allein
haltbare. Miklosichs erklärung würde allenfalls passen auf
die formen euch, arcte, neu (bystü er war, das tu er
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 185
gab, jastü er afs), wo man in *byst u. s.w. also die er-
haltung der ursprünglichen form mit dem 8 des bülfs ver-
bums und dem secundären t sehen könnte; aber wie pafst
sie auf oyiipOTL, npoftinrL, kääti (umretü, prolitü er ver-
gofs, kl§tü er verfluchte)? Wäre Miklosichs erklärung
richtig, so würde es hier ja umrestü u. s. w. heifsen.
Das fehlen des 8 zeigt aber ganz klar, dafs die form umre
fertig vorhanden war, und dann erst, also in einer verhält-
nifsraäfsig späten periode das -tu antrat. Dem scheint
nun die form bystü zu widersprechen, an die ja bei die-
ser annähme -tu angetreten sein müfste, als wenigstens 8
noch erhalten war, also in älterer zeit. Aber der wider-
sprach ist nur scheinbar. Das s findet sich nur in den
drei formen bystü, dastü, jastü, d. h. in den drei aori»
sten, deren praesentia lauten jesti, dasti, jastl, und
jene aoristformen sind rein nach der analogie dieser prae-
sensformen gebildet, während den übrigen aoristen auf -tu
keine praesentia mit s gegenüber stehen; daher haben sie
es auch nicht. Die Übereinstimmung ist evident. Das
auslautende ü steht dann natürlich, wie Schleicher es an-
nahm, als spätere und unrichtige Schreibung für i. Auf
diesen punkt mufs ich aber etwas näher eingehen, denn
nach Miklosichs darstellung könnte es scheinen, als bilde
gerade das ü im auslaut ein hindernifs für die ausgespro-
chene ansieht. Miklosich sagt (III, p. 165) mit hindeu-
tung auf Schleichers ansieht: „an eine ersetzung der stum-
pfen personalendungen durch volle und Verwechslung des
b mit i> ist gewifs nicht zu denken". Aber gerade mit
dem ü im auslaut sieht es bedenklich aus. Unter den von
Miklosich III, p. 85 etc. citierten quellen kommen der Clo-
zianus und das Assemanische evangelium als glagolitische
für die entscheidung, ob auslautend i oder h stehe, nicht
in betracht; von den übrigen ist der gröfste th eil jung (der
Siäatovacer Apostolus vom jähre 1324; der Pentateuch aus
Kruöedol aus dem 15. jahrh.; der Bolognaer Psalter aus
dem 12. jahrh., nach Miklosichs eignen angaben). Es blei-
ben als die ältesten der Suprasliensis und das Ostromirsche
186 Leskien
evangelium, beide aus dem ll.jahrh.; und Miklosich mufs
hier (I, 78 sind die richtigen formen angeführt) ganz
übersehen haben, dafs im Ostrom, evang. nach Vosto-
kovs ausgäbe kxicti (bystü) gar nicht vorkommt, son-
dern einzig und allein EiiCTh (bysti) z. b. gleich auf der
ersten seite des textes mehrmals und nach Vostokovs ci-
taten im glossar wenigstens 17 mal so. Ebenso fehlt ßacn
(dastü) in derselben quelle, nur ßacib (dastl) kommt
vor, und zwar oft. Die von Miklosich III, p. 85 als
„lacTi ostrom. 44. 93" citierte form kann ich an beiden
stellen nicht finden, an beiden steht vielmehr *CTb (est!);
ferner ebend. „cmtcn ostrom. 9. 127" ist bei Vostokov
im glössar CEHCTb (sünesti) geschrieben und so steht
an beiden stellen im text. Aufserdem kommen im Ostrom,
evangelium vor die aoriste oehti, üoehti, am, oeate, npHBTO,
KKATl, J^AYATE, nßOCTß-ftrE, OlfllplTL (obitü, povitü, j^tÜ,
ob^tü, kl$tü, zac$tü). Vielleicht haben diese for-
men mit i Miklosich veranlafst, das b der oben angeführ-
ten für falsch zu halten und demgemäfs die von ihm ci-
tierten zu ändern. Der schlufs ist aber unberechtigt, wo
es sich um formen handelt, deren erklärung zweifelhaft
ist; denn so gut man annehmen kann, das b, I, von eijctl
(bysti) u. 8. w. stehe mifs verständlich für %, ü, so gut
kann man sagen, x in nrE (j?tü) u. s. w. stehe für b und
das letztere ist hier in der that viel wahrscheinlicher schon
aus dem ganz äufserlichen gründe, dafs eiicte (bysti),
AACTb (dasti) häufiger vorkommen als »te und alle an-
dern, es also doch unbegreiflich wäre, wenn hier con-
sequent der fehler gemacht sein sollte. Und dafs ichs
kurz sage, auf die aus dem Ostrom, evangelium ange-
führten beispiele reduciert sich die ganze frage, denn der
Suprasliensis beweist gar nichts, weil in ihm zwischen
i und b die gröfste Verwirrung herrscht. Wenn also z. b.
Joh. 1, 3 im Ostrom, lautet h E6£ Nero ■HVbio^e H€ eucte
KSKe EiiCTb (i bez nego nicitoze ne bysti jeze by-
sti), im Suprasl. (ed. Miklosich p. 7) heifst h Eecroro ne
etjcti ih kamo rose EWCT^i) (i bestogo ne bystü ni
- — 1
über den dialekt der russ. Volkslieder des gouvernements Olonec. 187
jedino jeze bystü), so ist das gleichgiltig, denn auf
derselben seite steht 3. sing. TBOpHTh (tvoritü), lecrL
(jestü), auf der seite vorher viermal recrE (jestü) nebst
TBOßHTO (tvoritü) und 3. plur. ßA2K#iiffiT'E (razdaj^tü),
p. 12 reciii (jesmü), p. 17 npt^aM'L (predamu) und so
auf jeder seite. Damit dürfte wohl die frage erledigt sein.
Ich will nur noch hinzufügen, dafs es nichts als eine aus-
dehnung derselben analogie ist, wenn namentlich in altrus-
sischen quellen (vgl. Miklosich III, p. 87) auch in der 3. sg.
und 3. plur. des sogenannten imperfectums die primären-
dung angesetzt wird, z. hahiu€-te (idjase-ti), A*KA,\QY-Tb
(delachu-ti). Die von Miklosich a. o. aus Nestor ci-
tierten beispiele haben alle e und statt des ebenda als
„ uovx^AiueTi [muzdasetu] ostrom. 279 a citierten steht
bei Vostokov in glossar und text moysk#iiii€TE (Buslajev a. o.
I, p. 180 führt nur formen auf -ti an, die vor dem accu-
sativ h sogar mit vollem i geschrieben vorkommen , z. b.
MOSKIIU6TH h (moljaseti i), moekhwyth h (ljubljachuti i).
Es ist einleuchtend, dafs hier überall die primärsuffixe an-
traten, weil in formen wie ^«KaAuie, #KKftix& (delaase,
-ch$) das Sprachgefühl die charakteristische personalen-
.düng vermifste. Endlich wird man nach dem gesagten
nicht daran zweifeln können, dafs die 1. sing. aor. ehitl
(für cum, bymü), 2. sing, bhch (für buch, bysi), für die
Miklosich III, p. 168 sehr künstliche erklärungen sucht,
nichts anderes sind als Ell (by) mit den primärendungen
der 1. und 2. sing, (die dann wie das einfache Ell auch
die 3. sing, vertritt), wie im kleinrussischen bym, bys'.
Göttingen, december 1868. A. Leskien.
188 Burda
Einige bemerkungen zu Schleicher's compen-
dium (zweite aufl.)-
1. Zu §. 182, s. 307, b und §. 226, s. 454, 455.
Suffix osti.
Geht man von dem grundsatze aus, dafs Vorschlag
oder einschub von consonanten am meisten dort eintritt
und auch begründet ist, wo er zur Vermittlung heterogener
laute oder zur erleichterung der ausspräche dient, so siebt
man nicht ein, warum z. b. in l^kosti neben lakoti (hamus)
(vom adj. lqkü, curvus) dem t ein s vorgeschlagen sein
sollte, da doch lakoti gerade so leicht oder noch leichter
auszusprechen ist als l^kosti. Uebrigens findet sich in
ähnlicherweise die lautfolge o + t + vocal unzählige male
ohne 8 vor t (z. b. dobrota, b&lota u. s. w.) und woher
kommt es, dafs dieses s sich constant nur in gewissen Suf-
fixen zeigt? In bezug auf -osti wird wohl jedermann zu-
geben, dafs dieses suffix ursprünglich nicht so häufig ge-
braucht wurde, sondern anfangs nur auf bestimmte falle
beschränkt blieb und erst später so sehr überhand nahm.
Immerhin ist eine befriedigende erklärung sehr schwierig,
und der folgende versuch stützt sich besonders auf einige
suffixe des litauischen.
a) Im griechischen finden sich neben vielen adjeotiven
auch substantiva auf og. Häufig tritt og an die gestei-
gerte wurzel nach abzug des adjectivsuffixes z. b. kQv&gog
— 'doev&oQ) paxQog — fiijxog; öfters aber genügt es, ohne
Steigerung der wurzel blos den stamm vocal des adjectiv-
stammes mit og zu vertauschen, um das Substantiv zu er-
halten z. b. ÜQaavg . — &dgöog^ evovg — evgog u. s. w.
Dasselbe liegt auch im litauischen ed-rüs (gefräfsig) neben
e'd-esis (frafs) und gail-üs (mitleidig) neben gail-esis (reue,
leid) vor; aus dem slawischen ist endlich ljuto, gen. ljut-
-ese (labor nimius) neben dem adjectivum ljutü (acerbus,
saevus, vgl. lett. adv. l'öti) hieher zu ziehen.
b) Im lateinischen werden ferner von stammen, welche
ursprünglich auf as ausgiengen, durch die suffixe to-, tat-
einige bemerkungen zu Schleichers compendium. 189
adjectiva und abstracta gebildet, z. b. onus-tus, robus-tus,
vetus-tus, hones-tus, hones-tas u. s. w. Wenn es im latei-
nischen üblich wäre, von dergleichen stammen abstracta
auf ti abzuleiten, so könnte ein solches von vetus doch
nur etwa *vetus-tis heifsen. Denkt man sich aber den-
selben Vorgang auf das slawische wort ljuto, gen. ljutese
angewendet, so erhält man das wirklich vorkommende Sub-
stantiv ljut-os-ti von derselben bedeutüng wie ljuto. Nur
dürfte man, wie sich da mit recht einwenden läfst, eher
*ljut-es-ti (s. unten bei d) als ljutosti erwarten, weil das
suffix ti nur an den stamm gefugt werden kann und
dieser doch ljutes lautet. Doch kommt im griechischen
das suffix <*£, wiewohl selten, neben og vor wie in yrjgag
vergl. skr. gar-as neben £ar-ä, ferner gen. sing, xgiwg aus
*xQ&aoQj *XQ€f<x6og neben dem lat. cru-or u. a. m. Wenn
man ferner osti aus dem slawischen in das litauische über-
trüge, so müßte es natürlich -asti- und im nom. sg. -aeti-s
lauten. Nach Schleicher, lit. gramm. s. 117 kommt es
auch in der that vor z. b. in gyvastis (leben), rimastis
(ruhe) u. a. m. Zu gyvastis neben dem adjectiv gyvas =
altsl. zivü gibt es zufällig wohl im altslovenischen kein
*zivosti, allein dieses wort findet sich in andern slawischen
sprachen z. b. böhm. zivost' = gyvastis in laut und be-
deutüng. Man bemerke auch, dafs sich zu rimastis im
gotischen rimis ein as- stamm nachweisen läfst, wie etwa
im slawischen ljuto, gen, ljutese neben ljutosti. Der unter-
schied, dafs rimastis mit got. rimis sich an ein verbum,
ljutosti und ljuto aber an ein adjektiv anschließen, dürfte
durch das lateinische -or ausgeglichen werden, das nicht
nur primär, wie in tim-or, sondern auch secundär, wie in
alb-or, gebraucht werden kann. Wie dann alb-or von al-
bus, so kommt z. b. drüzosti (audacia) von drüzü (audax)
her, nur dafc im slawischen eine Weiterbildung durch ti
stattgefunden hat. Um ferner das sekundäre ti im slawi-
schen möglich zu finden, denke man an das altindische
suffix täti (sarva-tati u. a. m.), welches ein abstractum auf
* (vgl* prthü-tä von prthu, aber altbaktri&ch frath-anb-, gr.
190 Burda
ßccQ-og neben na%b-TYig) voraussetzt. Wie also (sarva-)tä-ti
neben (prthü-)tä und dem adj. prthü steht, so verhält sich
im slawischen ljut-os-ti zum stamme ljut-es- und dem adj.
ljutü.
c) Wenn von litauischen Wörtern auf -asti die rede
ist, können die auf -esti (Schleicher, lit. gramm. s. 118)
nicht unerwähnt bleiben. Obwohl hier e (mökestis) und
dort a (gyvastis) erscheint, und die betonung eine andere
ist, so sind beide Suffixe doch wohl identisch, weil meh-
rere umstände dafür sprechen. Was nämlich den vocal e
betrifft, so führt Nesselmann im lit. Wörterbuch aus Szyr-
wid auch keikastis neben keikestis (fluch, von keikiu keikti
fluchen) an, wodurch beide suffixe, -asti und -esti, wenig-
stens lautlich zusammenfallen. Wegen der abweichenden
betonung, wenn man sie überhaupt beachten will, dürfte
das suffix ti in der lit. gramm. 8. 116 zu berücksichtigen
sein. Den abstracten nemlich, welche durch ti abgeleitet
sind und das suffix betonen (at-min-tis erinnerung; pri-
-gim-tls wesen, natur; pa-zin-tis erkenn tnifs), stehen infini-
tive zur seite, deren suffix das nämliche ist, welche aber
die Wurzelsilbe betonen (at-min-ti sich erinnern; pri-glm-ti
angeboren werden, pa-zin-ti erkennen). Der stamm, an
welchen ti in beiden fallen gefügt wird, ist derselbe. Ein
ähnliches verhältnifs, d. h. betonung des Suffixes ti bei
gyvastis und betonung der Wurzelsilbe bei gailestis (-es-
wird nach lit. gramm. s. 189, b übersprungen) findet bei
den in rede stehenden Wörtern statt; könnten wohl nicht
auch hier die stamme, die dem stamme at-min- in at-min-
-tis analog wären und an welche hier wie dort ti gehängt
wurde, ebenso in beiden fallen gleich sein, nämlich gyvas-
und gailes-P Es wäre dies eine parallele zu der erschei-
nung, dafs in den griechischen verben (ftoQivvvfxi, xgspdv-
WfAi die formen *aroQBg9 *XQ6pag, welche lautlich wohl zu
den lit. gailes- und gyvas- passen, geradezu als verbal-
stämme dem oben genannten at-min- entsprechend gebraucht
werden, obwohl substantiva wie *6tOQ-og, *xQB{i-ctg aufser-
dem nicht vorkommen, wie etwa wiederum im litauischen
einige bemerkungen zu Schleichers compendiam. 191
es zwar nomina rim-as-tls vgl. yeX-aa-(Tvg)) aber keine dem
griechischen ysXdat zu vergleichenden verba gibt. Wegen
des oben angeführten keik-as-tis sind ja die ausgänge as
und es wohl nicht wesentlich von einander verschieden.
Wenn man endlich, was für diesen fall von besonderer be-
deutung ist, aufser gailestis auch gailesis findet (Nessel-
mann), dann dürfte es wohl schwer gehen , an der iden-
tität von .-es- in beiden Wörtern zu zweifeln. So wäre
man denn mit gailesis wiederum bei den as- stammen
angelangt (vergl. lit. gramm. s. 110: e'desis u. a. m.), von
denen oben ausgegangen worden war. Durch die annähme
von as-stämmen in gyvas-tis und gailes-tis gewinnen aber
diese litauischen bildungen eine merkwürdige ähnlichkeit
mit altindischen nomina actionis auf as, deren dativ als in-
finitiv fungiert (Comp. §. 230, s. 470) und lassen sich auch
im litauischen zu diesen Substantiven mitunter präsens-
stämme auf a angeben. Man vergleiche z. b. , abgesehen
von der Verschiedenheit der wurzeln, das skr. subst. kaksas,
inf. Käkdase, praes. Kaksa- mit dem lit. subst. gailesis ne-
ben gailestis (= altslov. zalostT), praes. gaila man. Das
verhältnifs des inf. glväse zum praes. gfva-si und dem adj.
glvärS findet sich im lit. gyvas-tls, altpreufs. giwa-si (du
lebst) und lit. adj. gyvas ganz genau wieder. Ferner mö-
kestis neben möku moke'ti (verstehen; bezahlen); rüpestis
(sorge; vgl. Xvny]) neben man rüp' (es liegt mir am her-
zen). Nomina wie *mökesis, *rüpesis sind mir nicht be-
kannt, aber doch möglich (s. kälbesis, sprichwörtliche re-
densart). Noch häufiger stehen präsensstämme auf a den
Substantiven auf -esis zur seite, z. b. kälbesis zu kalbü
kalbe'ti reden, wegen b + es vgl. lat. nub-ere; bildesis zu
blldu bildeti (poltern, d-t-es auch im lat. rod-ere); traszke-
sifi zu traszku traszketi (poltern, k-t-es: lat. duc-ere);
skambesis zu skambü skambe'ti (tönen, aber lett. skanöt *),
adj. skans m., skana f. helltönend, mb + es: lat. lamb-
-ere) u. s. w.
*) Auch akandlt (Stender). J. S.
192 Burda
Für die erweiterung der as- stamme durch das suffix
ti mag wohl das überaus häufige vorkommen des letzteren
sowohl in infinitiven als auch in anderen Substantiven mafs-
gebend gewesen sein.
d) Im slawischen läfst sich eine spur von -esti neben
-osti nachweisen. So findet sich z. b. in einem altböbmi-
V
sehen denkmal (Stitny) das wort celest' neben celost' =
altslov. celosti und dann noch drzest' = altslov. drüzosti.
Es kann hier wohl böhmisches e sich zum altslovenischen
o so verhalten wie in nehet, vezech = altslov. nogütT, ve-
zochü oder sich auf ein aus o entstandenes ü stützen, al-
lein es scheint doch mehr als blofser zufall zu sein, dafs
im griechischen sich worter finden, die mit celes-t' und
drzes-t', sobald man von der erweiterung durch t' absieht,
nicht nur im Suffixe, sondern auch in der wurzel überein-
stimmen, nämlich xdllog und öagoog *). Wie sich frag*
oog zu &gccavg verhält, so hat man auch im litauischen
biaurüs (greulich) neben biaüres-tis (greuel). Durch das
adjectivische biaures-tis m., biaures-fö f. (ein schmutziger,
eine schmutzige) wird man sehr an das lateinische hones-
-tus gemahnt. Zu bedenken ist ferner, dafs im slawischem
sich secundäres, abstracta bildendes tä häufig findet (ra~
bo*ta u. a.), aber das daraus entstandene tä-ti scheint nicht
vorzukommen, sondern mag eben durch die combination
os-ti ersetzt worden sein, worin -os- die stelle von -i#
vertritt. Wenn endlich, wie aus skr. ap-a-as neben ap-aa,
lat. facin-us u. a. hervorgeht, das suffix as nicht immer
unmittelbar an die wurzel treten muis, so dürfte es um
so leichter geschehen sein, dafs das slawische noch weiter
gieng, indem es von den meisten adjectiven abstracta *uf
osti ableitet.
e) Durch Zerlegung und annähme einer erweiterung
von ursprünglichen as- stammen lassen sich noch andere
*) Altbnlg. draza stammt von der wurzel dar gh, skr. darh fest Bein,
vom suffixe abgesehen entspricht ihm got. tnlg-us standhaft, fest. Allerdings
gehen darh und &ag<r wohl beide ans der einfachen wz. dhar hervor, aber
mittels verschiedener anfügungen. J* S.
einige bemerkangen zu Schleichers compendium. 193
suffixe des slawischen mit denen verwandter sprachen ver-
einigen, für die sich sonst, wenn man sie nämlich als gan-
zes betrachten würde, wenig anknüpfungspunkte fanden.
So stimmen radost$ (pl. f. laetitia) und das daneben vor-
kommende radosti wohl darin übereiu, dafs beide auf
grundlage eines Stammes *rad-os- entstanden sind. Wäh-
rend aber rados*ti an seinem ende das suffix ti enthält,
hat radost$ (stamm radosta, aus *rados-tja) das daraus
hervorgegangene tjä, welches auch im lateinischen substan-
tiva aus adjectiven bildet, wie laeti-tia, justi-tia u. a. m.
Ebenso läfst sich altsl. zal-os-ti = lit. gail-es-tis mit dem
kleinrussischen zaloäcy zusammenstellen, und aus dem alt-
böhmischen sind instr. pl. radoscemi (vor freude), miloäcemt
(vor liebe) beizufügen. Ein anderer fall liegt in dem Suf-
fixe -ostyni vor. Denn der Zusammenhang von -tyni mit
dem griechischen -ovvtj aus« *Tfavri, altind. -tvana- ist wohl
nicht zu verkennen (vgl. dixcuo-tivvri mit blagos-tyni gute
u. a.); nur enthält das slawische suffix noch einen bestand-
theil mehr, nämlich -ja (nom. sg. -ji), so dafs also -tyni
für ursprüngliches *tvanjä steht, wie auch das y in öetyri
aus älterem va entsprungen ist. Nicht zu übersehen ist
endlich die ähnlichkeit, welche sich zwischen -os-tyni in
mi l-o s- tyni misericordia und dem gotischen -assu- in
ibnassus zeigt, welches Bopp für zusammengesetzt aus
as + tu erklärt (vgl. /e/Uatf-irtv, und mit -inas- in ska&~
-inas-8us etwa facinus).
Schwieriger ist das litauische -^st6, alt -ysta (lit. gr,
8. 118) zu erklären. Indessen kann betontes y, d. i. i auch
eine contraction von ja sein wie in tretysis neben trecz£-
8is9 szlap^sis neben szlap&sis, und somit würde dieses
suffix von ja -stammen seinen ausgang genommen haben
(vergl. z. b. got. reiki von reiks, barniski von barnisks mit
lit. nekystö von nekas, sarg^ste von sargüs, bei welchem
ohnedies schon einige casus von einem stamme *sargja-
gebildet werden). Ist ja z. b. auch xdtäog für *xa#o£
vom adj. xäXog = skr. kaljas ein ähnlicher stamm, wie er
in sarg^s-t& enthalten ist.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 13
194 Burda
Als endresultat dürfte sich aus dem vorhergehenden
etwa folgendes ergeben: der consonant s im slawischen
suffixe -osti scheint kein blofser Vorschlag, sondern ein in-
tegrierender bestandtheil zu sein. Denn es läfst sich schwer-
lich vom litauischen suffixe -asti, -esti trennen, welches
aber wohl in -as-ti, -es-ti zu zerlegen ist und in dem wahr-
scheinlich ein ursprünglicher as- stamm durch das suffix
-ti weitergebildet wurde« Und andererseits mufs -os in
-osti gerade so erklärt werden wie in -oäta (aus *os-tja,
in radoätej und -ostyni, von denen das letzte allem an-
scheine nach mit dem gothischen -assu- zusammenhängt.
Wenn nun in *-astu-, woraus -assu- jedenfalls zunächst ent-
standen ist, niemand einen blofsen Vorschlag von s an-
nimmt, warum sollte er in -osti u. a. stattgefunden haben?
Wenzel Burda.
Beiträge zur kenntnis einiger suffixe im
slawischen*
Suffix ynja, nom. 8g. yni.
Es klingt für den ersten augenblick etwas sonderbar,
wird jedoch im folgenden zur Wahrheit werden, dafs das
soeben erwähnte suffix trotz seines geringen umfanges
aus drei anderen zusammengesetzt ist. Da ja im nom.
sing, in ji übergeht und gerade n davor steht, so könnte
dieser umstand zu der meinung veranlafsen, es sei das
ganze suffix vielleicht nichts anderes als eine slawische form
des ursprünglichen -anjä-, welches wie im griechischen
■friaiva, Xvxaiva feminina bildet. Aber -ynja- geradezu
einem ursprünglichen -anjä- gleich zu setzen, ist haupt-
sächlich wegen des vocales y nicht zuläfsig oder doch et-
was misslich. Denn nach der analogie der suffixe -man-,
-an-, -ana- müfste ein ursprüngliches a im slawischen als
e erscheinen, vergl. ka-men-e, step-en-e (gen. sing.),
beitrage zur kenntnis einiger suffixeim slawischen. 195
pr^d-eno. Daraus geht wenigstens so viel hervor, dafs
der vocal y in -yni höchst wahrscheinlich einem ursprüng-
lichen a einzig und allein nicht entspricht.
a) Aus den femininen ljuby (amor), svekry (socrus)
und j^try (tivdrriQ) neben den masculinen ljubü (carus),
sv ekrü (socer) und dem griechischen üvazriQ kann man
entnehmen, dafs das euffix y = urspr. ü auch dazu dient,
feminina und abstracta zu bilden; letzteres ist in ljuby,
ersteres in svekry der fall. Am belehrendsten ist aber
das 'wort j§try. Es unterscheidet sich nämlich vom gr.
eh'ccTtiQ, lat. janitrix und lit. gente, gen. sing, genters be-
sonders dadurch, dafs das suffix -tar, mittels dessen alle
genannten Wörter abgeleitet sind, im slawischen zu einem
femininum auf ü weiter gebildet erscheint, grundform jan-
-trü-8 aus jantarü-s. Wenn aber die slawische erwei-
terung durch -ü- mit der lateinischen durch -ic- zusam-
menfallt, so beweist dies wohl, dafs beide suffixe -ü- und
-Ic- dieselbe function haben. Ueberdies liegt die weiter-
bildung eines Stammes auf -tar- zu einem neuen auf rtru-
auch im lateinischen Substantiv toni-tru- von tonare vor,
obgleich die genera von j^try und tonitru verschieden
sind.
b) Ist aber svekry das femininum zum a- stamme
svekro-, noui. svekrü, und ljuby zu ljubo-, so wird
wohl die Voraussetzung erlaubt sein, dafs diese bildungs-
weise nicht auf die erwähnten fälle beschränkt war, son-
dern häufigere anwendung fand.
Man nehme jetzt nur vorläufig an, dafs überall dort,
wo jetzt das suffix -ynja- sich findet, ein kürzerer stamm
auf ü vorangegangen ist, z. b. *bogy dem vorkommenden
bogyni (göttin). An einen solchen ü- stamm traten fer-
ner die suffixe an -ja, die ja auch im griechischen femi-
nina bilden: Xvxaiva zu Xvxog. Der stammvocal des an-
genommenen ü-stammes spaltete sich vor dem a des neuen
Suffixes nothwendigerweise zu uv, vgl. gen. sing, krüv-e
zu nom. sing. *kry (erschlofsen aus dem neuslowenischen
kri und dem slowakischen krü), so dafs man als grund-
13*
196 Bord«
form von bogyni etwa bhagnvanl aus bhaguvanjä auf-
stellen kann. Und nun findet dasjenige anwendung, was
Bopp vgl. gramm. 3. ausg. 1. bd. s. 272 sagt: „Aus jtivan-
entsteht in den schwächsten casus die form jün- (gen. jü-
n&s gegenüber dem acc. jüvänam) ; indem nämlich, nach
zusammenziehung der silbe va zu u, dieser vocal mit dem
vorhergehenden u zu ü zusammenfliefsen mufs. Aus dem
zusammengezogenen stamme jün- entspringt auch durch
anftkgung des feminincharacters I der weibliche stamm jünf;
hierzu stimmt merkwürdig der durch ein angefügtes c er-
weiterte lateinische stamm jünlc-, der sich zu seinem skr.
vorbilde verhält, wie genitrlc- zu ganitrl-". Eine ver-
gleichung des wortes *juvanf und der angenommenen
grundform *bhaguvanl zeigt deutlich, dafs, abgesehen
von j und bhag, beide einen gleichen ausgang besitzen:
(j)uvanf, (bhag)uvanl. Ferner sagt Bopp (a. a. o.):
„Ueberhaupt fügt sich im sanskrit der feminincharacter t
bei Wörtern, welche im masc. und neutr. stamm Schwächun-
gen zulafsen, in der rege] an den geschwächten stamm der
letzteren". Nun aber ist I in (bhag)uvani der genannte
feminincharacter, der einen geschwächten stamm verlangt,
und ebenso ist -uvan- wirklich ein stammauslaut, welcher
eine Schwächung zuläfst; man wird also wohl nicht irren,
wenn man behauptet, in bhag-uvan-l sei dieselbe Schwä-
chung eingetreten, durch welche jünf aus *juvani her*
vorgegangen war, d. h. in bhaguvani schwand a und das
dadurch zu u vocalisierte v verschmolz mit dem vorher-
gehenden u zu ü, daher bhaguvani, bhaguum und
endlich bhagüni.
Dem letzten worte entspricht das slawische femininum
bogyni so, wie man es sich nicht befser wünschen kann.
c) Als beweis für diese auffafsuog des Suffixes yni
lä&t sich noch folgendes anführen. Die erweiterung eines
älteren ü- Stammes durch -an-l zu yni ist schon mehr als
wahrscheinlich, weil sich neben yni in blagyni (bonitas)
von blagü auch noch das einfachere y in ljuby (amor)
von ljubü, und zwar ohne unterschied der fhaction vor-
findet.
Baudouin de Courtenay, Übergang der tonlosen consonanten etc. 197
Die länge des ü in der grundform ünl=yni ist feiv
Der im altpreufsischen erhalten. Denn Nesselmann fährt
die worte sup-üni*) nom. sg. (hausfrau) und mald-ünin
acc. sg. (jugend) an, beide mit dem zeichen der länge. Ist
das erste ein femininum wie bogyni, rabyni u. s.w., 80
verhält sich wiederum das zweite zum slawischen a^jecti-
vum mladu wie z. b. dobryni zu dobri*. Gerade das
abstractum maldünin beweist, dafs das altpreufsiscbe
-üni mit dem slavischen -yni identisch ist.
Wenzel Burda«
Uebergang der tonlosen consonanten in die
ihnen entsprechenden tönenden in der histori-
schen entwickelung der polnischen spräche.
Präposition z, s. Diese präposition vertritt im
polnischen drei altbulgarische präpositionen : 1) izü (ex);
2) 8Ü, so (de); 3) sü, so (cum). Dieser letzten stellt sich
als nebenform 8q zur seite, und, was das Verhältnis des
sü und sq betrifft, so scheint mir, dafs nicht erst im sla-
wischen sich sü aus 83 entwickelt hat, sondern dafs beide
formen schon früher neben einander existirten, da wir z. b«
auch im sanskrit sa neben sam haben.
Diese drei präpositionen kommen sowohl gesondert,
causale beziehungen ausdrückend, vor als auch in Zusam-
mensetzung. Im polnischen finden wir in der Zusammen-
setzung nur 2) und 3) unterschiedlos gemischt, 1) wird
hier durch vy vertreten, z. b. altbulg. izübrati, poln«
wybrac (wählen). Bei dem gesonderten gebrauche dieser
drei präpositionen fand im polnischen eine vollkommene
*) das ü ist hier wohl aas langem 5 entstanden, vergl. lit. iiupöne,
und dies ist entlehnt aus dem slawischen zupanja, zupani; lit.«, preufs.
fi also sss slaw. a. Sr.
198 Baudotiin de Conrtenay
Vermischung statt; nur dem poln. s, se (cum) stehen als
ihm ausschliefslich zukommende nebenformen altbulg. 83,
su9 so, sä zur seite.
Da in dieser gemeinsamen form sowohl die präposi-
tion mit z, als die präpositionen mit 8 stecken, so hinter-
ließen auch beide lautvarietäten ihre spur, aber nicht gleich-
mäßig: z ist vorherrschend, 8 aber selbst in der uns zu-
gänglichen ältesten epoche seltener und mit der zeit ab-
nehmend.
Ob es s oder z lautet, kann man nur vor vocalen,
nasalen (m, m', n, n), l-lauten (1, J, 1'), zitterlauten (r, f)
und vor j bestimmen. Vor verscblufslauten und reibungs-
geräuschen (aufser j) ist es, in folge der nothwendigen as-
similation, unmöglich zu entscheiden. Gruppen also, wie
zb, sp, zd, st, zz, ss u. s. f. kommen nicht in rech-
nung.
Getrennt finden wir s: 1) dem jiz (ex) entsprechend:
8 neba, s neb'os (aus dem hinimel) (14. jabrh.); — s
inego (aus meinem), s jich domu (aus ihrem hause),
s m'eöewa (aus Mieczew), 8 r$koj ernst fa (aus der bürg-
schaft) (um 1400); — fstat s martfy (er ist auferstan-
den), 8 egipta (aus Aegypten) (erste b. d. 15. jahrh.); —
8e cmyntafa (aus dem kirebhofe), se dwu rodu (aus
den zwei geschlechtern), se f£i (aus dem dorfe) (1450); —
s nich (aus ihnen), s nej (aus ihr), s nas (aus uns), 8
nego (aus ihm), se mne (aus mir) (1520); daneben: z
osoby (aus derperson) (14. jahrh.); z jej (aus ihr, 1500);
z ust (aus dem munde), z r^k (aus den händen), zna-
dzeje (aus der hoffnung), z neba (aus dem himmel) (1520);
z mof a (aus dem meere) 1580) u. 8. f.
2) Dem s (de) entsprechend: 8 obu stronu (von
beiden Seiten) (14. und 15. jahrh.); s m'esca (von dem
orte, um 1400) u. s.w.;
3) dem s (cum) entsprechend: se drzenim (mit zit-
tern), se tzam'i (mit den thränen), se zw'? Kern (mit dem
klänge, — heutzutage ze dzw'§lrem), se placem (mit
dem weinen), s otcy naäym'i (mit unsern vätern), se
Übergang der tonlosen consonanten etc. 199
ks<jz$ty (mit den forsten), s obliöym (mit dem antlitz),
8 m^zm'i (mit den männern), 8 ludzm'i (mit den leuten),
s moc$ (mit macht), 8 jescy (mit den reitern) (14.jahrh.);
— se tfym'i (mit dreien), se ctyrm'i (mit vieren), s
inym'i (mit den meinigen), 8 nim (mit ihm), s jednym
(mit einem), s margorat^ (mit Margaretha) (um 1400); —
se slym duchem (mit dem bösen geiste), s abramem
(mit Abraham), s tn'üym (mit dem lieben), s nim'i (mit
ihnen) (15. jahrh.); — se dw'ema paropkoma (mit zwei
knechten), se dw'ema dzestoma (mit zwanzig), se psöo-
lam'i (mit den bienen), se dw'ema pfys^znikoma (mit
zwei vereideten), s mal er 3 (mit der matter) (1450); —
8 nam'i (mit uns), s nim oder s nem (mit ihm), 8 ri§
(mit ihr) (1500); — s nim, s nim'i (mit ihnen), 's nam'i,
s 113 (1520); — se mn$ (noch im 16. jahrh.); daneben:
z jizaakem (mit Isaak) (15. jahrh.); ze dw'ema sfat-
koma (mit zwei zeugen), z ryceftfem (mit der ritter-
schaft), z jinem'i (mit den andern), ze sfym odeein (mit
seinem vater), z jim'enim (mit dem gute) (1500); z task$
(mit der gnade), z ojcy (mit den vätern), ze dw'ema
(mit zweien), z mlot&em (mit dem j ungern), z onym'i
(mit jenen) (1560); z nim'i (mit ihnen) (1580) u. 8. f.
In den präpositioneilen Zusammensetzungen wird z,
jiz (ex) durch wy vertreten; und wir finden hier nur s
(de) und s (cum), unterschiedslos zusammengeflofsen :
sebrad (sammeln), sebrane (Versammlung) (14. jahrh.,
1500); sjem oder sejm (reichstag) und sejmo wad (reichs-
tag halten) von se (cum)-Hwz. ji ( ire ) -f- suff. m, z. b.
loc. na semm'e (1500); sejmo wac (herabnehmen, heute
zrfejmowad, verb. perf. zdj<|d), sejmowane (das her-
abnehmen) von se (de) -+- wz. j im (nehmen) (1520), semred
sterben), smart (er ist gestorben) (1450, 1500); s er wad
(herabreifsen, 1520), 6Jachad (herabfahren, 15. jahrh.),
sjednoöerie (Vereinigung, 16. jahrh.), sjimad (herabneh-
men, 1450); slqcyd (16. jahrh.) neben zl(|cy6 (verbin-
den), sioroad (zerbrechen, 1500), slozyc (zusammensetzen,
16. jahrh.), stupid (berauben, 1450), sm^did (betrüben).
200 Baodouin de Oonrtenay
sm$tek (betrübnis) (14. jahrh. — 1520), sm'ilowae se
(sich erbarmen), sm'iiowane (das erbarmen) 14. jahrh. —
1520), smoiwa (Verabredung, 14. jahrh.), smowa (dass.),
smow'id se (sich verabreden) (1400 — 1520, und noch
1560); smudirf se (sich betrüben), smuda (zeitversäum-
nis, 1450); smysl (sinn, 1500 — 1650) neben zmysl (schon
1580), sm'säane (Vermischung, 14. jahrh.); s durch pala-
tale assimilation zu s geworden z. b. in slicny (hübsch,
1520), slup(gelübde), slub'ic (versprechen) (1400— 1520);
£lub'i<5 se (sich gefallen, 1520); Sm'erny (mäfsig, 1520)
von s-f-m'era etc., sm'erny, sm'erny (friedlich, cf. russ.
sm'irnyj) (1520), Sm'erd (tod), sm'§kcyc5 (erweichen
1520), sneSd (aufefsen), z. b. snedli (sie haben gegefsen)
(14. jahrh.); £m'otana (sahne, 16., 17. jahrh.); sfadek
(zeuge) mit assimilation des wurzelhaften w'; — neben:
zw'adek (zeuge, 1500; hier eine umgekehrte assimilation) ;
zum'eli Se (erstaunten) später zdum'eli £$; zl^kfsy se
(erschrocken seiend, 1520), zl^cyd (verbinden, 1520), se
zlub'iio (es gefiel, 1520), zm'^kcywa (wir beide werden
es erweichen, 1580) u. s. f. u. s. f.
In der nur dem s (cum) zukommenden nebenform 83,
so: 83 sat (nach bar), sämsat von samsat, sarusat(1650
— 1730); s^p'ef , s^p'erca (widersacher, 15. jahrh.); sam-
nene, somnene (gewifsen,. 1520).
Allmählich beginnt dies im 15. und am anfange des
1 6. jahrh. weit genug verbreitete s dem tönenden z zu wei-
chen: 1520: 8 nim'i, schon 1560: z nim'i. In zwei bü-
ehern von 1650, 1640 finden wir stets smysly (sinne), in
den andern ausgaben derselben bücher, 1752, 1754, nur
zmysly. — Heutzutage erhält sich tonloses 8 in einigen
präpositionellen Zusammensetzungen deutlich tonlos, ob-
gleich vielleicht zehnmal weniger als im 15. jahrh.
In der nebenform 83, 80, su: s^sat (nachbar), s^sek
(scheuerfach); sobor (concilium), sojuä (bündnifs); su-
m'ene oder sumAene (gewifsen).
Als eigentliche präposition s: sejm (reichstag), sej-
mowa<5 u. 8. w., sm$tny oder smutny (trübe), sm$tek
Übergang der tonlosen consonanten etc. 201
oder sm utek (Betrübnis), smucid s $ (sich betrüben) u. s. f. ;
palatal assimilirt, d. i. s: slicny (hübsch), slup (auch
Slup ausgesprochen^ gelübde, trauung), u-£m'efad (beru-
higen), sm'ece (kehricht), sm'erd (tod), sm'eta na (sahne),
gnadad (frühstücken), snadane (frühstück), snedny
(efsbar), sfadek (aus s-w'ad-e-k, zeuge, wo durch den
gegenseitigen einflufs des 8 und w', s palatal und w' ton-
los geworden ist), sf'adomy (aus s-w'ad-o-m-y, be-
wufst), und in ihren ableitungen. Vielleicht auch: smyk
(bassgeigenbogen), smycek ( Violinbogen), smyc oder
emyca (hetzriemen), smukly, wysmukly (schlank),
osmukad, osmykac (abstreifen), smagad (geifseln),
8ma2yd (prägein), skr y dlo (fiügel), sköra (haut), sf$dzid
(aus 8-w§dzid, dampfen), sfqt (aus s-wqd, dunst), slepy
(blind), £lip'e (äugen); entschieden aber nicht in äl ac ti-
li c (edelmann), wie manche polnische historiker behaupten
(als ob dieses wort aus *z-lach-ci-d von lach entstan-
den wäre), da slachdic vom ahd. slahta und slaht
(genus, ge-schlecht) stammt, von der Wunderlichkeit jener
etymologie selbst abgesehen. — Sonst herrscht in den prä-
positioneilen Zusammensetzungen z; für frühere Wörter mit
s haben wir jetzt: zebrac, zebrane, zrfejmowad, zem- .
red, zmarl, zexwad, zjechad, zjednocyd, zdejmad,
zdj^d, zla^yd, zlamad, zto2yd, zlup'id, zm'ilowad
6$, zm'ilowane, zmowa, zm6w;i<5 s§ , zmuda,
zmysl, zra'$äane, riezm'erny (unermefslich) u. s. w.
Beim volke mancher gegenden lebt tonloses s auch
getrennt fort, nämlich vor n, als s (palatal assimilirt):
& nij (aus ihr), s nich (aus ihnen), s riego (aus ihm),
s na. (mit ihr) u. s. w. Sonst hat sich hier z als allge-
meine präposition festgestellt und ist nur in folge laut-
physiologischer bedingungen tonlos (s), also vor tonlosen
consonanten, z. b. s konem (mit dem pferde), s panem
(mit dem herrn), 8 sob$ (mit sich), s torby (aus der
tasche) u. 8. f.; ähnlich in Zusammensetzung: skoncyc*
(endigen), spusdid (herablafsen), ssadziö (herabsetzen),
stulid (zusammendrücken) u. s. w.
202 Baudouin de Courtenay
Die präposition ote, ot (von) ist im polnischen in
ode, od übergegangen, natürlich steht od nur da, wo es
so ausgesprochen werden kann, also vor vocalen u. 8. w.
Nichts desto weniger hat sich auch ot in wenigen spuren
erhalten, die sich aber mit der zeit vermindern.* — Noch
im 17. jahrh. finden wir otm$t (Verwirrung), otnoga
(sprofs, flufsarm), jetzt nur odme.t, odnoga. Dafür aber
sind bis zur stunde erhalten otför (Öffnung), otfarty (ge-
öffnet, offenherzig), otferaC und otfofyc* (öffnen) u.s.w.
aus ot + wz. w'er, wor, wo tonloses t auf w assimilirend
wirkte. — Im böhmischen ist ebenso älteres ot durch od(e)
vertreten.
Die präposition k (zu) gieng in g über in gfeöy,
gfecny (anständig, höflich) aus k fecy, und in gmy-
sli neben kmysli (dem sinne entsprechend; 16. jahrh.)
aus k mysli. Dafs sie in gwoli (halber, wegen, aus
k woli) in g übergieng, war physiologisch nothwendig (?).
Im anfange des 16. jahrh. finden wir neben srom
(schäm), srom ad se (sich schämen), srom'ezliwy (schäm*
haft) u. 8. f. auch zrom, za-zromane (beschämung),
zromaje.cy se (sich schämend), zrom'ezliwoäc* (Schad-
haftigkeit) u. s. f. von der wz. srom. Ebenso neben dze-
wosl^b (brautwerber) — dzewozl$b (s — z).
In allen formen und ableitungen des Wortes lab$<5
(schwan) finden wir im 16. und noch im 17. jahrh. <5, also
gen. sg. lab$da, dat. pl. labe^om u. s. f.; adject. Iab$<5i
(schwanen-) u. s. f. Später aber trat im stamme das tö-
nende dz ein; also nom. sg. lab $(5 (physiologisch bedingt),
aber gen. lab^dza, dat. pl. lab$dzom u. s. f., adj. lab§-
dzi u. s. f. Aehnlich steht im böhmischen labud' — neben
dem älteren labut', kaprad' — (farnkraut) für altböhm.
slowak. paprat'.
Im 16. jahrh. kommt w'elgi (grofs) nom.pl. v/eldzy
neben w'elki, w'elcy vor; im 17. und 18. aber w'elgo-
polski für und neben w'elkopolski (grofspolnisch), w
w'elgipolsce für w w'elkopolsce (in Grofspolen) u. 8. f.;
und beim volke kann man noch heute w'elgi, w'elgä
u. s. f. für w'elki, w'elkä (grofs) hören.
Übergang der tonlosen consonanten etc. 203
Von der wurzel wys- (hoch) bildet die polnische
spräche adj. wysoki (hoch), wyssy (höher), auch wyäy
ausgesprochen u. s. w. Von derselben wurzel stammen
auch das adverbium wyzej (höher) und subst. wyzyna
(hochebene). Das adverbium wyzej lautete noch im
16. jahrh. wyäej; und dafs auch das subst. wyzyna ehe-
mals wysyna gelautet hat, beweist der ortsname vy-
äyna; denn in den Ortsnamen erhalten sich öfters alter-
tümlichere formen am längsten.
Die consonantengruppe st im verbum jestem, jestes,
jest u. s. f. wird von manchen, wo dies physiologisch mög-
lich ist, wie zd ausgesprochen; also jezdem, jezdes, je-
zdesmy, jezdeSde, aber nur jest.
Auslautendes c vor e der aus dem verbum substantivum
übriggebliebenen -em, -es, -esmy, -esce wird oft wie
dz ausgesprochen, z. b. nidzem (= nie jesm) ne w'i-
dzat (ich habe nichts gesehen), udedzem (= udec jesm)
ne mögt (ich konnte nicht entfliehen), nidze&de (= nie
je£rfe) ne zrob'ili (ihr habt nichts gethan) u. s. f. ; älach-
lidzem (= slachdic jesm) dobry, moWis (ich bin
ein guter edelmann, sagst du; 17. jahrh.).
Eine entgegengesetzte richtung, nämlich die tönenden
consonanten in tonlose zu verwandeln, sehe ich 1) da wo
nach analogie des nominativs stammhafter tönender conso-
nant durch den entsprechenden tonlosen vertreten wird,
z. b. vom stamme caprag- (Schabracke) finden wir noch
im 17. jahrh. nom. pl. capragi, gen. sg. capraga n. s. f.;
nun wirkte der physiologisch bedingte nom. sg. caprak auf
die ganze declination, und so entstanden gen. sg. capraka,
nom. plur. capra&i u. s. f. (vielleicht sind aber die im
17. jahrh. vorkommenden formen mit g folge jener richtung,
die tonlosen in tönende zu verwandeln). — Vom stamme
dezd£- (regen) mufs der nom. sg. desc lauten; und darum
haben wir auch den gen. descu neben dzdzu u. s. f. —
Das subst. nom. lep (köpf) vom stamme leb- wird zwar
gen. sg. tba, dat. Ibu, nom. pl. tby etc. declinirt; aber das
deminutivum lautet tepek (köpfchen).
Ferner finden sich vereinzelte beispiele dieser Wandlung
204 Bandonin de Coartenay
der tönenden consonanten in tonlose. Das aus der präpos.
paz und dem subst. noged (dem altbulg. nogüti entspre-
chend) zusammengesetzte subst. lautet entweder paznoged
oder paznokec (nagel), welche letztere form durch die
anlehnung an die obliquen casus gen. paznoktSa, dat.
paznokdow'i (beide physiologisch bedingt) u. s. f. entstehen
konnte.
Aehnlich spricht z. b. das Warschauer volk 1. pers.
prät. setem für ä edlem (ich gieng), nach analogie der
3. pers. (partic.) set für sedl (er gieng) u. 8. w.
Anfangs des 16. jahrh. kommen sporadisch formen
vor wie sreb'$ (füllen) für und neben zfeb'$ (heute mei-
stens zreb'$ oder zreb's), wesm'ede (ihr werdet nehmen)
für und neben weim'ede, ne nalesli (sie haben nicht
gefunden) für und neben ne nalezli, pfew'e£li (sie haben
hinübergeführt) für und neben pfew'ezli. Damit vergl.
maslo (butter) von der wz. maz, w'oslo (rüder) von der
wz. w'ez. — Im 14. und 15. jahrh. brauchte man für zly
(bös) — s?y, z. b. pfed slym pow'etrym (vor der bösen
luft; um 1400), se slym duchem (mit dem bösen geiste),
nad stym'i duchy (über die bösen geister; 1. hälfte des
15. jahrh.).
Berlin, mai 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Wortformen und selbst sätze, welche in der
polnischen spräche zu stammen herabgesunken
sind.
•
Ich sehe hier vollkommen ab von allen entlehnten no-
mina masc., die meistens nur ihren nominativ im polnischen
als stamm gelten lassen. Ich spreche nicht darüber, dafs
z. b. der abl. pl. rebus (rebus) und der dat. pl. omnibus
(omnibus), vom volke auch ognibus (Volksetymologie) aus-
/
wortformen und selbst s&tze, welche in der poln. spräche etc. 205
gesprochen, im poln. stamme (und auch nominative sing.)
geworden sind (obgleich nicht unmittelbar aus dem latein
entlehnt), denn hier fehlte es vollständig am Sprachgefühle;
ich will mich nur auf die einheimischen Wörter beschränken.
1. Fertige wortformen, als stamme dienend.
Gen. dual, dwu, obu wurden als stamm zur bildung
der gen. dual, (plur.) dwuch (dwöch), obuch (oböch)
benutzt, welche neben älteren dwu, obu vorkommen.
In ähnlicher weise dient die 3. person sing. präs. vom
verbum subst. jest jetzt als präsensstamm für andere per-
sonen (die 3. pl. ausgenommen); sing. 1. jest-em, 2. jest-
-e£, pl. 1. jest-esmy, jest-esde. Damit kann man die
im 16. und 17. jahrh. gebrauchte wendung mysmy s$ =
my jesmy (1. pl.) s§ (3. pl.) oder s^smy (wir sind) ver-
gleichen. Noch im 1 5. jahrh. sagte man jesm,jes,je£my,
jesce.
Vom pronomen ty (du) stammt das verbum ty-k-a-d
(dutzen, du sagen), welches durch Volksetymologie mit
tyk-a-d (antasten, röhren) im Sprachgefühle zusammenge-
flofsen ist.
Pron. kto£ oder ktö£ (jemand) = kto + s kann als
subst. gefühlt und dann folgendermaßen declinirt werden:
8g. nom. kto£, gen. kto£a, dat. kto£ow'i, loc ktosu u.s.f.,
pl. dorn, ktose, gen* ktosöf, dat. ktosom etc.; die pro-
nominale declination ist nur im sing, gebräuchlich: gen.
kogös, dat. komus etc.
Aus dem pronomen nie (nichts) = ni 4- c (co) wur-
den die substantiva nic-o-sd (nichtigkeit), nic-e-stf-o
(nichts) und von letzterem weiterhin das verbum u-nic-
-e-8tf-i-d (vernichten) gebildet. Von einer anderen, dem
polnischen fremden Variation dieses pronomens (niä£o)
flfAyyfnt. das verbum niäcyd (vernichten).
Vom adverbiam tak (ja; verkürzt aus neutr. tako,
solches) stammt das verbum po-taJ£-iw-a-d (beipflichten,
ja sagen). Vgl. russ. pod-da-k-iv-a-tf, deutsch be-ja-
-hen, ver-nein-en, ver-nicht-en u. s. f.
206 Baudouin de Courtenay
Die adverbien dzi£aj (heute), fcoraj (gestern), beide
secundär postjotirt, werden von einigen Schriftstellern im
sinne von Substantiven verwendet, z. b. instr. 8g. dzisajem,
föorajem u. 8. f.
2. Mit präpositionen verbundene casusformen,
- welche neubildungen zu gründe liegen.
Die adjectiva gfecny (artig, hoflich), negfecny
(unartig), dorecny (angemefsen, gescheit), nedofecny
entstanden durch vermittelung der ausdrücke k (präpos. zu)
feöy (dat. sing, fem., subst. Sache) und do (präpos. zu)
f ecy (gen. sg. fem.). .
Adj. codzenny (täglich) ist durch adverbialisches
codzen (täglich) = co (pron.) 4-dzeri (acc. sg. masc.)
vermittelt.
Adj. nikcemny (früher untauglich, später nichtswür-
dig, niederträchtig) ist eine Weiterbildung, vermittelt durch
den ausdruck nikcemu (für k nicemu, zu nichts) = ni
(negation) -+-k (präposition) -+- cemu (dat. des pron. co
was, mit ni = nichts), wofür man jetzt do nicego sagt.
Hier wird vom Sprachgefühle der seines endvocals beraubte
dativ vom pron. co (also cem- aus cemu) für den stamm
angesehen.
Subst. msc. dojutrek (verzögerer) ist eine Weiterbil-
dung, durch do jutra (bis morgen) = do (präp.) H-ju-
tra (gen. sg. ntr.) vermittelt.
Der genitiv tygo-dna für tego-dna von ty-dien
(woche) vermittelte den stamm tygodn- für die obliquen
casus und für den plur., also dat. tygodnow'i, instr.
tygodnem u. s. f., nom. pl. tygodne u. s. f.
3. Stammgewordene casus mit präpositionen.
Ehemaliges ähnlich wie niköemu gebildetes ni-we-£
(jetzt w nie, in nichts) = ni (negation) 4-we (präpos.,
in) + 5 (= öe, jetzt nur co, pronomen acc, was)*) wird
*) Damit vergl. ziiis6ym = z lii s 2ym für % Aiiym (mit nichts),
wortformen und selbst Sätze, welche in der poln. spräche etc. 207
heutzutage als subst. fem. gefühlt, und demzufolge werden
einerseits solche Wendungen, wie w niwec obrödic (zu
gründe richten) ermöglicht, andererseits ein verbum ni-
wecyd, zniwecyrf vernichten), und was damit zusammen-
hängt, gebildet.
Ebenso gebildet ist das substantivum nicpon (tauge-
nichts) = nie (nichts) 4- po (präpos. nach) -f- n (entweder
acc. oder verkürzter loc. *) vom pronomen ji, ja, je, im
nomin. durch on, ona, ono vertreten), und adjeetivisches
niepotym (unbrauchbar, zu nichts) = nic-f-po-f-tym
(loc. sg. msc. und ntr. vom pron. ten, ta, to), z. b. to
clow'ek niepotym (das ist ein mensch zu nichts).
Adj. potomny (nachfolgend), pfytomny (anwesend),
subst. potomek (nachkomme), potomstfo (nachkommen-
schaft), potomnosd (nachweit), prytomnosd (anwesen-
heit) u. s. w. sind Weiterbildungen von den mit den präpo-
sitionen po (nach) und pry (bei, an) zusammengesetzten
loc. sing. (msc. und) ntr. po tom, pfy tom, sparsamen
spuren der heutzutage fast vollständig erloschenen prono-
minalen declination.
4. Mehrere zusammengerückte Wörter (nomina)
als stamme geltend.
Voc. sg. ojee naä (vater unser!), als eigenname des
betreffenden gebets, ist zu einem subst. msc. zusammenge-
rückt, was auch der accent beweist: ojc&nas (nicht öjce
naä), und wird dem entsprechend declinirt: gen. ojeenasa,
instr. ojeenasem, loc« w ojeenasu u. s. f.
Subst. neutr. Weleziego (eine pflanze, zehrwurz, esels-
ohren, pfaffenbinde) **) = w'ele (pron. viel) -+- ztego (gen.
w nifcym (17. jahrh.) = w lii w cym für w riicym (in nichts), zniskgt
= z rii 8 k^d für z nik$d (von nirgends).
*) Vergl. dori für do nego (gen.), dlari Air dla liego (gen.), nan*
(für na ji, acc.) neben na nego. Nach dem verschwinden des echten selb-
ständigen aecusativs ji, welcher sich nur nach prftpositionen mit dem vor-
geschlagenen n als n erhalten hat, ist dies ursprünglich nur aecusativische n
cur generellen form für alle casus neben den andern, ihnen eigentümlichen,
herabgesunken, ähnlich wie duales -u.
**) nach Linde Arum maculatum. Sr.
208 Baudouin de Courtenay
s. n. vom adj. zly, schlimm), ist aber, so viel ich weifs,
noch indeclinabel.
1) WasmoSd, was<5 (eine anrede = Sie), asrf (dass.),
2)asindzej, 3) jegomos<5 masc. (gnädiger herr), 4)j^j-
rnosd, jimosd (gnädige frau), 5) jespan, 6) acan (=
deutsch 2. sing. Ihr) n. s. f. sind aus 1) waäa mosd (nom.
8. f.), 2) wasa mo£<5 dobrodzej, 3) jego (gen. sg.pron.)
mos 6 (nom. sing. fem. mit überspringen in anderes genus-
geföhl), 4) jej mo£<5, 5) jego mo£<5 pan, 6) waämoäö
pan zusammengerückt, und, weil sehr häufig als anrede
and titel gebraucht, meistens bedeutenden Verkürzungen
unterlegen.
Die zusammenrückung nom. Velkanoc ( oster n) =
w'elka (grofse) -+■ noc (nacht) dient jetzt als ein stamm
für die ganze declination dieses wortes: gen. dat. v/elka-
nocy (oder w'elK^jnocy) u. 8. f.
Das adj. pofäedni ist nach dem vorbilde des latei-
nischen quotidianus*) aus der zusammenrückung po
(präp. nach, über)-r-ffie (wäe, pron. alle) -H drii (acc.
plur. subst. tage) gebildet und hat dabei ein überspringen
in anderes kategoriengefühl stattgefunden u. s. w.
5. Verbale formen, substantivisch geworden.
Das subst. stuli£, gen. stulisa (masc. eine pflanze,
sophienkraut, Wiesenraute) **) könnte man für nichts mehr
und nichts weniger ansehen, als für die 2. pers. sing, vom
verbum inf. stuliö (schliefsen, zusammendrücken). VergL
aber g n ad oä (braunes pferd), griidoeS(läusekraut), gw'az-
dos (sinnau)***), sporyä (afterkorn), strojiä (stock am
zuggarne) u. s. f.
Subst. fem. nezapom'inajka (vergifsmeinnicht) ist
eine Weiterbildung durch suffix ka vom imperativ ne za-
pom'inaj (vergüs nicht). Damit vgl. lat. noli me tan-
gere und deutsch vergifs mein nicht.
*) Damit vergl. altbnlg. naefstinyj und rnas. nasuscnyj, dem grie-
chischen inbovaioq genau nachgebildet.
**) nach Linde Thalictrnm. Sr.
***) nach Linde werden mehrere pflanzen gw'azdos genannt Sr.
wortformen und selbst sätze, welche in der poln. spräche etc. 209
Ebenso ist der imper. he chlej (wolle nicht) zum subst.
n e c h 6 e j (trägheit, faulheit), gen. n e c h 6 e j a , geworden.
6. > Ganze Sätze, die entweder zu stammen her-
abgesunken sind, oder Weiterbildungen ver-
mitteln,
Subst. masc., aber femininisch declinirt, w'er«5ip'§ta
(luftspringer) ist durch den satz w'errfi p'qtq (er dreht
mit der ferse) vermittelt. Mit 3 konnte dies wort im nom.
nicht schliefsen, und darum ersetzte man den instr. p'§tc|
durch den entsprechenden nom. p'^ta. Aehnlich gebildet
sind odfysköra masc. (leuteschinder) aus odfy (alter
imper., schinde) skor§ (acc. s. f., die haut), dlaw'imu-
yka fem. (fliegenschnäpper, einvogel) aus dlaw'i (er würgt)
musk$ (das fliegchen), sf iscypala oder sf iscypaJka
(windbeutel) aus sf i§cy (er sauset, pfeift zischend) und
pala oder palka (keule?) u. ä.
Das subst. masc. p^dziw'atr (windbeutel) ist nur der
satz p^dzi w'atr (er treibt den wind). Ebenso: wy-
drw'igros (geldauslocker, geldschneider) = wydrw'i gros
(er wird den groschen, das geld ablocken), odrw'isf'at
oder okp'isf at (erzbetruger) = odrw'i oder okp'i sfat
(er wird die weit betrügen), obezysf'at (herum treiber) =
ob'ezy sfat (er wird in der weit herumlaufen, wörtlich:
die weit belaufen) u. s. f.
Subst. msc. ssekfat (eine art kolibri) ist der satz:
s&e kfat (er saugt die blume).
Aus dem satze samo b'ije (es schlägt selbst) entstand
das subst. neutr. samob'ije oder masc. samob'ij dies
letzte vielleicht aus dem imperativ; schlage selbst; beide
worte bezeichnen in den volksfabeln ein wunderbares, un-
belebtes und doch schlagendes wesen, in folge des stre-
bens nach personification und mythologisieren, das durch
die spräche selbst gegeben ist.
Subst. neutr. w'idzim'is^ (gutdünken), indeclinabel
oder, da nom. widzim'ise ausgesprochen wird, gen. wid-
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 14
210 Baudouin de Courtenay
£im'sa u. 8. w., ist nur der satz: widzi m'i s^ (es scheint
mir).
Das gebet zur heiligen Maria beginnt mit dem satze
zdrow&&, zusammengezogen aus zdrowa jes (du bist"
gegrüfst, sei gegrüfst). Davon ist durch eine Weiterbil-
dung mittelst des Suffixes k das subst. fem. zdrowaska
als benennung dieses gebetes entstanden.
Von dem satze padam do nök (nög) („ich falle zu
fbfsen", ein höflicher begrQfsungsausdruck) ist das subst.
fem. pluiale tantum padamdonöäki gebildet.
Damit könnte man das wort copfak vergleichen, den
Spitznamen, der den Cechen von den österreichischen Deut-
schen beigelegt wird, und der aus der böhmischen frage:
„co pak?" (was denn) durch Volksetymologie (als ob es
von zopf stamme) entstanden ist*).
Ferner könnte man an den Ursprung des wortes „bi-
got" erinnern.
Es läfst sich diese Sammlung der hieher gehörenden
Wörter des polnischen vielfach vermehren. Ich habe z. b.
die Ortsnamen gar nicht berücksichtigt, und unter diesen
findet sich eine beträchtliche zahl solcher, die einem sprich-
worte oder beiläufigen aussprflchen ihre entstehung ver-
danken. — Eine Sammlung der auf ähnliche weise gebil-
deten böhmischen Ortsnamen kann man finden in dem auf-
. satze „Humor v nasich nazvecb mist a osob" in der Zeit-
schrift „Svetozor", Wien 1861, no. 5, s. 227.
Berlin, mai 1868.
*) Ich habe nur „zoppak", mit slaw. Schreibung „copak" gehört,
meist in Verbindung mit dem adjectivum „böhmisch" z. b. das ist ein rich-
tiger böhmischer „zoppak", d. h. ein mensch der nur cechisch, nicht deutsch
spricht, oder sprechen will und jede deutsche anrede mit co pak? was
denn? d. h. „ich verstehe das nicht" erwidert. Sr.
J. Baudouin de Courtenay.
doppelung des suffixea -ti- in der poln. und russ. spräche. 211
Doppelung des Suffixes -ti- in der polnischen
und russischen spräche.
-ti- ist die grundform dieses Suffixes, die im altbul-
garischen vorkommt. Russisch haben wir -t' oder -ti (be-
sonders im inlaute), polnisch aber -d oder, noch im 16.jahrh.
bei Infinitiven, und im 14ten etwa bei Substantiven -di.
1) Substantiva, meistens femin. abstr. — Das ein-
fache suffix, im polnischen -c, weicht allmählich dem ver-
doppelten -sd (aus -cc). Im 14. jähr b. finden wir jednod:
loc. w jednodi u. s. f., später nur jednosd (einigkeit).
Am anfange des 16ten cystod neben cystoSd und cy-
stota (reinigkeit, keuschheit); jetzt ist nur cystosd ge-
läufig. Das im 14. jahrh. vorkommende sromod aber ist
durch die form mit suffix -ta — sromota (schände) —
verdrängt. Heutzutage finden wir seltner das einfache (w'il-
god feuchtigkeit, dobrod gute u. 8. w.), sehr häufig aber
das verdoppelte suffix: rownosd (gleichheit), m'ilosd
(liebe), zlosd (bosheit), wolnosd (freiheit), j e d n o s d (ei-
nigkeit) u. 8. f. — Im russischen sind die formen mit dem
verdoppelten Suffixe fast allein herrschend*).
2) Infinitivus. Noch im ganzen 16. jahrh. und am
anfange des 17ten finden wir im polnischen den infinitiv
jid (gehen), was uns einen directen beweis dafür liefert,
dafs das in der conjugation dieses verbums erscheinende
d nicht zu der wurzel gehört, — und zwar eben sowohl
in dem einfachen verbum jid, als auch in seinen Zusam-
mensetzungen mit präpositionen: odyd oder odejd (aus
od-jid), wriid (aus w-jid), wyriid**) (aus wy-jid),
*) Die deutung von -s<5, altbulg. -sti aus *-<5c d. i. -ti ti ist mehr
als zweifelhaft. Vgl. Miklos. bildung der nomina, im altsl. §. 83; zeitschr.
I, 148. Sr. [Vgl. auch oben 8. 188—194. _ J. S.]
**) n statt j kann nicht .befremden. Man darf nur bei der ausspräche
des j die luft auch durch die nase tonend' strömen lassen, und n ist fertig.
Damit vergl. den Wechsel des n mit j in jem'i für riemi (mit ihnen), jim
für nim (,mit ihm) u. s. f., om'ina<5 für om'ija<5 (ausweichen) (16. und
17. jahrh.), und noch heute wyrida, für wyjd$, wynida. für wyjid§ (ßie
werden ausgehen), pfyndz'e für pfyjdz'e (er wird kommen; z. b. in War-
schau), bajduryl = banduryl (schwatzen) und viele andere. [Ueber den
werth dieses n vgl. Schleichef comp. §. 182, 7, c, s. 807. — J. S.]
14*
212 Baudouin de Courtenay
pfyd (aus pry-jil) u. s.w. Später aber verdoppelte man
das suffix, und so entstanden formen, wie jisd, odejsd,
wej£<5, wyjSd, pryjSd u. 8. w., wobei das im präsens-
stamme erscheinende d ( j i d 9 , jidzeä u. s. f.) nicht ohne
einflufs war. — Ebenso wird dieses suffix jetzt verdoppelt
im verbum w z 3 d (nehmen), man spricht neben wzqd auch
wza^d, was auch durch rein phonetische gründe befördert
sein kann. Denn qd ist = q-f-t-f-s = vocal mit dem na-
salen mittone (kein verschlufs) -f- verschlufslaut -+- reibungs-
geräusch; %&6 aber = a. + s-f-t + s, d.i. nasaler vocal -f-
reibungsgeräusch -+- verschlufslaut -+- reibungsgeräusch (alle
drei desselben organes). Es ist also leichter wza.sd, als
wzqd auszusprechen, und darum spricht man häufiger
wza.£d oder wzond (ond = vocal -+- nasalconsonant mit
dem verschlufse -f-t-f-s), als wz§d, was jedenfalls eine
gewisse anstrengung erfordert.
Im russischen wird das infinitivsuffix -ti (t') bei dem
verbum it'i (gehen) verdoppelt, und zwar viel deutlicher,
aber nur in den präpositioneilen Zusammensetzungen: saj-
ti tfs a (zusammenkommen) aus so-f-i-t'i-t'i-sa, ujt'it' (ab-
gehen) aus u-i-t'i-tf, najtfitf (finden) aus na-i-t'i-tf, vaj-
tfitf (eingehen) aus vo-i-t'i-t', abajt'it'sa (entbehren) aus
obo-i-t'i-t'-£a u. s. f., neben den der Suffixverdoppelung
entbehrenden formen: sajtiS, ujt'i, najt'i, vajt'i, abaj-
IfiS u. s. w.
Berlin, mai 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Hinneigung zu e im polnischen.
. 1) Neben dem instr. dual, ocyma (mit den äugen),
uSyma (mit den ohren) findet man im 17. und 18. jahrh.
oöema, uäema; und nozdfema (mit den nasenlöchern)
ist die einzig vorkommende form.
2) -ym im instr. und loc. 8. m. u. n., und selbst im
hinneigung zu e im polnischen. 213
dat. plur. der adjectiva wird von manchen wie em ausge-
sprochen, z. b. instr. m. dobrem clow'eKem (mit dem
guten menschen) f. dobrym clow'eKem, n. t$p*em p'ö-
rem (mit der stumpfen feder) f. t^pyrn p'orem, loc. w.
dobrem clow'eku f. w dobrym clow'eku, f t^pem
p'öfe für f t^pym p'öf e etc.; dat.pl. m. dobrem ludzom
(den guten menschen), n. dzelom lue Kern (den mensch-
lichen werken), t^pem p'örom (den stumpfen federn),
fem. ziem dzefcynom (den bösen mädchen) u. s. f. für
dobrym ludzom, dzelom luckim, t^pym porom,
ztym dzefcynom. Dies ist auch hauptursache des
Schwankens und der Uneinigkeit in der Orthographie.
3) Eine gewisse dissimilation kommt vor in -ym'i des
instr. pl. der adjectiva und -imy der 1. pers. plur., die im
laufe der zeit allmählich in -em'i und -emy übergehen«
So spricht man z.b. für dobrym'i (mit den guten), t^pym'i
(mit den stumpfen), lucKim'i (mit den menschlichen),
pfedriim'i (mit den vorderen) u. s. f. jetzt fast allgemein:
dobrem'i, t^pem'i, lucKem'i, pfednem'i u. s. f.; für
cynimy (wir thuen), rob'imy (wir machen), patfymy
(wir schauen) u. s. w. — cynemy, rob'emy, patfemy.
4) In den denkmälern des 16. (seltner), 17. (am häu-
figsten) und 18. jahrh. kann man diese Vertretung des y
oder i durch e im part. praet., das temp. praeter, bildend,
beobachten: sing. m. bei (er war), w'eäcel (er wahrsagte),
tocel (er drehte), n. belo (es war), welo (es heulte),
zn^öelo s$ (es hat sich gelockt), fem. zycela (sie
wünschte), wystaWela (sie stellte heraus), prem'$nela
s$ (sie verwandelte sich); pl. masc. kup'eli (sie haben ge-
kauft), beli (sie waren), zrob'eli (sie haben gemacht),
omyleli s§ (sie haben sich geirrt), belismy (wir waren);
fem. und ntr. bely (sie waren), äpedely (sie entstellten),
grozely (sie drohten), zawely (sie haben geheult), na-
baw'ety (sie erfüllten, verursachten) u. s. f. für und neben
byl, w'egcyl, tocyl; bylo, wylo, zn^lilo $s, zy-
cyla, pfem'enila s$; kup'ili, byli, zrob'üi, omylili
6$, bylismy; byly, Speöity, grozily, zawyty,
214 Baudouin de Courtenav
nabaw'ify etc. Dialectisch und von einzelnen personen
kann man noch heute solche formen hören.
5) Das adj. frygijsKi (phrygisch) kommt im 17.jahrh.
auch als frygejsti : frygejsKej vor.
6) Aus styr (Steuerruder), syr (käse), pastyf (hirt),
bohatyr (held) etc. sind die darneben gebräuchlichen
ster oder ster, ser oder ser, paster oder paster,
bohater n. s. f. entstanden.
7) Eine ähnliche erscheinung wie unter 6) im auslaute
tritt uns auch im inlaute entgegen. So werden z. b. die
Wörter söyry (lauter, aufrichtig), styrnik (steuermann)
jetzt meistenteils äcery, sternik gesprochen. Im 16.,
17. und 18. jahrh. finden wir sporadisch nom. s. f. sela
(kraft), instr. sel$, dat. sele, voc. s. m. zb'ef e (raubmör-
der!); z belic$ (mit dem beifufse, artemisia vulg.), ba-
re ly (gen. sg. oder acc. pl., fafs), Kelka (ein paar), telko
(nur), mel<| sq (sie irren sich), cerklem (mit dem zirkel),
tegodnöf (der wochen, — was den anschein einer grö-
sseren ursprünglichkeit zeigt) u. f. f. für und neben sila,
sil^, sile, instr. zb'irem, z bylic^, baryly, Kilka,
tylko, myla^ s$, cyrklem, cyrkulik (kreischen), ty-
godnöf u. 8. f. Die meisten von diesen formen kann man
noch heute zu hören bekommen. — Viele Warschauer spre-
chen Jenny (anderer), jenstygowac (anklagen), jendyk
(truthahn), jembryk (kaffeekanne) u. 8. f. und selbst j^-
stygowac, j^dyk (in folge der hinneigung zum nasal-
vocale q) für jinny, jinstygowac, jindyk, jimbryk;
80 auch lenija oder lenja (linie), lelija (lilie) f. linija,
lilija; diese letzte form lelija habe ich auch in den denk-
mälern des 16. jahrh. gefunden. Einige wenige individuen
sprechen jetzt z. b. selbst b'elet (billet) für b'ilet u. ä.
Umgekehrt näherte sich e in manchen fällen, als ge-
trübtes, dem i oder y und ist selbst in diese übergegan-
gen. Dies ist der fall mit -em im loc. sg. msc. und ntr.,
welches, der analogie des instr. -ym erliegend, im 15. und
16. jahrh. in -ym überging. So auch im 15. und 16. jahrh.
der instr. 8g. ntr. von den contrahirten stammen, z. b. jim'e-
einige beobachtungen an kindern. 215
nim (mit dem gute) im unterschied von jim'enem (mit
dem namen), zbozym (mit dem getreide), z weselim
(mit der freude) u. s. f.; heute nur -em. — Im 16. und
17. jahrb. finden wir forty] (kunstgriff) für und neben
fortel, dyjamynt (diamant) f. und n. dyjament, dzito
(werk) f. dzelo; dzilo sprechen auch jetzt viele Polen
u. 8. f. u. 8. f.
Berlin, aiai 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Einige beobachtungen an kindern.
Alle im folgenden erwähnten beobachtungen habe ich
an polnischen kindern theils selbst gemacht, theils von
glaubwürdigen personen vernommen; nur ein einziger fall
bezieht sich auf ein russisches kind.
I. Lautliches. 1) u für i; ein dreijähriger knabe:
ja b$d$ möw'ul f. mow'il (ich werde sagen); später mit
t: omylut s$ f. omylil £$ (er hat geirrt); ne ma älu-
fof für ne ma äliföf (er hat keine epauletten) u. ä.
2) e für a in folge der assimilation : pow'eda für po-
w'ada (er sagt) u. ä., wie auch von manchen erwachsenen
gesprochen wird.
3) 3 för 5 in wyp$dzaj$ för wyp^dzajq (sie trei-
ben aus) u. ä.
4) Manche kinder sprechen j für r, 1, 1, z. b. a) jak,
jozum, daj, kjaje, juja, jiba, jisa, jidel, jinek,
daji etc. für rak (krebs), rozum ( Vernunft), dar (gäbe),
kraje (er schneidet), rura (röhre), ryba (fisch), rysa
(spalte), rydel (spaten), rynek (markt), dary (gaben) etc.;
b) japa, juäko, jep, daj, jisy, jiko, daji etc. ftkr
lapa (pfote), löäko(bett), lep (köpf), dal (er gab), lysy
(kahlköpfig), lyko(bast), daly (sie gaben) etc.; c)jaska,
jajka, dajeko, stfejam, strejiä, daji, jina u. 8. f.
216 Baudouin de Courtenay
für laska (stock), lalka (puppe), daleko (weit), stre-
lam (ich schiefse), stfelis (du wirst schiefsen), dali (sie
haben gegeben), lina (seil) u. 8. w.
Der umstand, dafs sie für ryba, rysa, dary, lysy,
Jyko, daly — jiba, jisa, daji, jisy, jiko, daji aus-
sprechen, liefert neben vielem andern den beweis dafür,
dafs i in der polnischen spräche (nicht Orthographie) im
anlaute und nach vocalen präjotirt ist. Denn wenn hier
blofs r, 1 nicht ausgesprochen wäre, dann würden diese Wör-
ter yba, ysa, day, ysy, yko, day lauten. Dies ist
aber nicht der fall; der vocal y macht keine ausnähme,
und auch vor ihm wird anstatt r j ausgesprochen. Nun
folgt eine assimilation des vocals y an den vorangehenden
consonanten j (es versteht sich, dafs alles dies auf einmal
geschieht, nicht nacheinander), um muskelthätigkeit zu er-
sparen, da der Übergang der spracborgaue von j zu y zu
schwierig ist. So geht jy in ji über, und der anlaut der
Wörter jiba, jisy für ryba, tysy stimmt vollkommen zu
dem der Wörter jinny, jich, jim'§ u. s. f. mit ursprüng-
lichem j.
5) Viele kinder sprechen 1 für t und r: für lep,
tapa, lysy, rura, rak, ryba u/s. f. — lep, lapa,
Hey, lula, lak, liba (assimilation des y an den voran-
gehenden palatalen consonant 1, ähnlich wie an j).
6) r für 1: krutka für klötka (schlofs) habe ich von
einem dreijährigen kinde gehört.
7) Wie bei andern Völkern, so sprechen auch bei den
Polen viele kinder und einzelne erwachsene d, t für g, k
z. b. dura, tura, todut, tot, dadac u. 8. f. für
göra (berg), kura (henne), kogut (hahn), kot(katze),
gadac (plaudern). Mir scheint aber, dafs dies keine ge-
wöhnlichen dentalen d , t sind, sondern hinten, am gaumen
entstehende, vielleicht an die sogenannten sanskritischen
cerebralen erinnernde laute.
8) Umgekehrt brauchen manche kinder k für t und p,
z. b. krochy für trochy oder trooh$ (ein bifschen),
kroäk$ für troäk? (das6.); zyk für zyt (Jude); kan-
einige beobachtungen an kindern. 217
tofle für pantofle (pantoffeln); komidoj für pomidor
( liebesapfel).
9) s für z im anlaute: sjem, slodzej, s maslem,
srob'ic etc. für zjem (ich werde essen), zlodzej (dieb),
z mastem (mit butter), zrob'ic (machen).
10) Wechsel des f mit ch: sf intuf für sfintuph
(schweinhund), c hau st für und neben faust (Faust).
11) ls für f in mulals für mular (maurer), übri-
gens z (ä) für f, wie fast allgemein von den Polen aus-
gesprochen wird, z. b. zne für rne (er schneidet) u. 8. f.
Ein andres kind sprach f für rz, z. b. dfy für drzy (er
zittert) u. s. f.
12) Es ist allgemein bekannt, dafs die Polen kein tö-
nendes h (wie Böhmen und Kleinrussen, z. b. hora, hy-
nouti u. 8. f.) haben, und dafs sie dafür ch aussprechen.
Nur die in klein- und weifsrusgischen gegen den lebenden
machen hier meistenteils eine ausnähme. Es hängt dies
von der beschaffen heit der Sprachorgane ab. Indem ich
ein fünfjähriges kind hora, huk, halastra aussprechen
liefs, hörte ich vora oder ora, uk oder chuk, atastra
oder chatastra.
13) ü für 1 wird auch von vielen erwachsenen Polen
gesprochen, z. b. üep für lep, guaskac für glaskac
(streicheln), mydüo für mydlo (seife) u. ä.
14) Sogenannte metathesis: na wdör für na dwör
(hinaus), fkaSny für kfaSny (sauer); fSina oder chfsina
für sf iiia (schwein); okuralöf für okularöf (der bril-
len); kawarel (oder kawalek) für kawaler (Jungge-
selle), perelina für peleryna (pelerine). Damit vergl.
das in manchen gegenden volksthümliche tko für kto
(wer).
15) Vermeidung des biatus: poleta für poeta (dich-
ter), napolewon für napoleon (Napoleon); aber eu-
ropa.
16) Vereinzelt habe ich gehört: k für c: ne plak
für ne plac (weine nicht); t für p: pogret für pogföp
(begräbnifs); kii für km': knotek für km'otek (bauer);
218 Bandooin de Courtenay
nt ftir mp: lonta für lompa ( eigen name); dv' für dj:
dv'abel fiir djabet (teufel); bz für z und k für kn:
bzankonc für zamkn 3c (schließen); mbl für dn: bem-
blas für bednaf (böttcher); er für str: sryj für stryj
(onkel); pologancka bulka für poznanska bulka
(poseosche semmel); jaglowa, p'aglowa für pawlowa
(frau von Paul); assimilation: rutro für jutro (morgen);
Verkürzung: ksander für aleksander (Alexander).
17) Eine merkwürdige contraction: pajanna aus
panna joanna (fräulein Johanne).
18) Ein russisches mädchen, wenn man es lateinisches
ecclesia auszusprechen aufforderte, konnte es auf keine
weise aussprechen, sondern sprach immer dafilr kjeza,
ganz genau wie italienisches chiesa.
II. Stammbildung. 1) Wurzelgefühl. Für lytki
waden) brauchte ein kind primäres lydy; für zdj^c ein
anderes: zdyma.c (z-d-im-a.-c).
2) Odebre, für odb'ore. oder odb'ere, (ich werde
abnehmen).
3) Für zaloze. (ich werde legen) — zakladne, von
der gleichbedeutenden wurzel klad-, wovon das verbum
imperfectum zakladac.
4) Suffixe: von p'es (hund) bildete sich ein kind das
deminutivum psunek, von gruby (dick) den comparativ
nicht grupäy, sondern grub'ensy; für pos$sc. (aus
po-s§d-c, verb. perf., in besitz nehmen) — posqdzic;
von der wurzel kop- (verb. kopac, stofsen mit den füfsen)
subst. kops (das stofsen). Ein anderes kind bildete sich
vom stamme powoz- (nom. powös, kutsche) ein subst.
fem. powozna für wozowna (wagenremise), und von der
wurzel tyk- (verschlingen) subst. m. tykaö für gardlo
(kehle).
5) Wechsel der präpositionen: zakrajac für pokra-
jac (schneiden), poäyfyc* für rosäefyc (verbreiten), ve-
skryc für otkryc oder roskryc (aufdecken).
6) Verba denominativa : vom subst lak (Siegellack),
zalakowac für zap'ec$towac (siegeln); von slonce
einige beobachtungen an kindern. 219
(sonne) unpersönliches sloncac s§, z. b. sloricalo &q
für slonce sf'ecilo (die sonne schien); vom subst. maslo
(butter) namaslowac för posmarowac maslem (mit
butter beschmieren) u. s. f.
III. Wortbildung. 1) Fut. zabra (nach analogie
von da, ma, sc$ga u. s. f.) für zab'efe (er wird weg-
nehmen) u. 8. f.
2) Futurum, mittels des verbums chc^ u. 8. f. (ich
will) gebildet, z. b. chc§ zlecec för zlec$ (ich werde
herabfallen).
IV. Syntactisches. 1) Anstatt des pronom. possess.
ward der gen. pron. pers. gebraucht, z. b. cy to ielle jest
olöwek för cy to tföj olowek (ist dies deine bleife-
der) u. s. f.
2) Die meisten kinder trennen die personalendungen
von dem conditionalen by (ehemaliger aorist) ab, z. b. ja
by ci zaras oddalem för ja bym ci zaraz oddal (ich
möchte dir gleich abgeben) u. s. f.
V. Lexicalisches. 1) Bin kind nannte sich selbst
tocis, kartoffeln taua; ein zweites nannte kartoffeln kal-
kalki (gemination för kartofle), den thee balkulka
(för herbata), den zucker ary (för cuKer), den brun-
nen karyk (för studna), trommeln duchn^c (aus dqc
f trqby för tr^b'id), springen pyrgac (för skakax5),
den umwölkten himmel rosmane nebo (för pochmurne
nebo).
2) Viele kinder brauchen onomatopoetische wörtchen,
um die thiere zu bezeichnen, z. b. ol ol jidze mu\ (siehe
dal siehe da! es geht ein ochs oder eine kuh — poln. w'ol
oder krowa), be! (schaf, poln. ofca) u. ä.
VI. Dafs auch die kinder gleichlautende aber verschie-
denes bedeutende Wörter durch kleine lautveränderungen
schattiren, daför kann ich einen beweis anföhren. Als
nämlich ein kind das rätsei: co to zw'efe ma ctyry
nogi i p'efe? (was för ein thier hat gefieder und föfse
vier?) hörte, sagte es: he mow'i &$ p'ere, tylko p'ife
(p'efe), bo to kob'eta p'efe (man darf nicht p'efe
220 Baudouin de Courtenay
sagen, sondern p'ife [gefieder], denn ein weib p'efe
[wäscht]).
Berlin, juni 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Zetacismus in den denkmälern und mundarten
der polnischen spräche.
In einem denkmale des 15. jahrh. lesen wir nicht nur
loc. sg. msc. bodze, wo -je die endung ist, und nom. pl.
studzy (beide wie gewöhnlich), sondern auch vor den
endungen -y, -e verwandelt sich dort g in dz oder dz;
so z. b. pfed bodzem oder bodzem (? vor gott) für
bogem (bekanntlich müssen im polnischen g und k
vor e und y palatal ausgesprochen werden, g, K, unge-
fähr wie deutsches k in kind, g in giefsen, und dann
geht y in i über), drodze kam'ene (kleinode) für droge
kam'ehe, drodzim kam'enim (mit kleinoden) für dro-
gim, tyto ks§dzi (diese bücher) für k£$gi, drudzi
pfyktat (ein anderes beispiel) für drugi, ubodzi (ein
armer) für ubogi u. 8. f.
In demselben denkmale lesen wir ogzen für ogeii
(feuer); dies ist kein schreib- oder druckfehler, da es an
zwei stellen so vorkommt. Damit vergl. ks§c (priester,
ehemals fürst), ks^ga (buch) für K^c, K^ga (kj$c,
kj§ga), und dies für kn^c, kn§ga) oder eher: kriiga
= Kinga = K$ga = ks^ga.
In einer polnischen mundart, nämlich bei den soge-
nannten Kurpiken im gubernium Lomza (früher Plock),
erliegen auch die labialen consonanten dem zetacismus.
So z. b. bzaly für b'aly (weifs), kobzalka für kob'alka
(lüschke), kobzita für kob'eta (weib), bzaika für
b'atka (ehefrau, in der Schriftsprache und sonst zona ge-
nannt), obzat für ob'at (mittagessen), psiwo für p'iwo
(bier) u. s. f.
Berlin, juni 1868. J. Baudouin de Courtenay.
Wechsel des s (s, s) mit ch m der poln. spräche. 221
Wechsel des s (s, s') mit ch in der polnischen
spräche.
Es ist eine längst anerkannte tbatsache, physiologisch
wie auch historisch begründet, dafs s (3, s) und ch in
einander übergehen. Nichts desto weniger meine ich, dafs
directe beweise nicht überflüssig sind.
In den verschiedenen ausgaben desselben buches,
X. Marcin Smiglecki. O Licbwie y wyderkach,
finden wir: in zwei ausgaben von 1596: pokazalismy,
1621, 1640, 1641, 1753: pokazalichmy (wir zeigten).
Hier liegt uns eine merkwürdige Vermischung des ehema-
ligen aori8ti mit dem präteritum vor, durch den Übergang
des 8 in ch ermöglicht. In der 1. pers. sing, aber wurde
ch in bych als personalendung angesehen und vom m
verdrängt, wie auch heute -6my im plur. widzelismy
u. 8. f. als personalendung gefühlt und von m verdrängt
zu werden beginnt: w'idzelim u. s. f. für w'idzelismy
(wir sahen).
Im 17. jahrb. finden wir in einem und demselben buiche
neben einander formen von äyn§c und chyn^c (sich be-
wegen, losmachen, aufmachen), äyn^fäy s§ neben ochy-
nona, ochyne £$, ochyn^t s§, chyn^c s§.
Noch in der jetzigen spräche hören wir sypKi neben
chypKi (rasch), sf intus neben sfiiituch (schweinhund),
zdzis oder Zdzicho ( Zdzislavchen ), stas oder stach
oder stacho (Stanislavchen) u. s. f. Weitere beispiele aus
allen slawischen sprachen kann man bei Öafaf ik, O pfe-
tvofovani hrdelnich souhlasek, Gas. cesk. Mus. 1847. I.
37 — 71, nachlesen.
Dieser Wechsel des s und ä mit ch ist im wesen der
polnischen spräche so tief begründet, dafs er, gleichsam
als consonantische Steigerung, zur differenzierung der be-
deutung benutzt wird (consonantische flexion). Mit der
Veränderung des wurzelhaften s (oder ä) in ch nämlich be-
zeichnet man die gröfse oder die plumpbeit des betreffen*
den gegenständes, z. b. nos (nase), noch (eine grofse,
222 Ebel
v
plumpe nase); w^s (Schnurrbart), wach (ein grofser Schnurr-
bart); wlosy (haare), wlochy (dass. grob); klusek (klofs),
kluch (ein grofser klofs); fraska (kleinigkeit), fracha
(dasselbe grob); Kiäka (blutwurst), kicha (eine grofse
blutwurst) u. 8. f.; ebenso k alose (kaloschen), kalochy
(dass. grob).
Berlin, juni 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Neutra auf -as im altirischen.
In einem augenblicke, wo ich von der unsäglich mühe-
vollen arbeit an der Gramm. Celt. ein wenig „an den luft"
trete, wenn auch „in den ringen", sehe ich mich danach
um, was ich wohl unter den mancherlei interessanten er-
gebnissen meiner arbeit unsern lesern als das interessanteste
bieten könnte. Da lohnt es denn wohl einen blick auf die
altirischen neutra zu werfen, deren ausscheidung und ver-
theilung mir mitunter nicht geringe Schwierigkeiten ge-
macht hat.
Am leichtesten stellen sich im ganzen die neutralen
a- (vorzüglich die ia-) stamme dar, unter denen etwa fol-
gende besonders nennenswerth sind: sil (same, neuir. siol),
gen. sil (sil), als neutrum erwiesen durch die glosse: is-
hoisaac dofuisemthar asil nairegde (ex I. genera-
bitur semen eius principale) Wb. 4, und leth (dimidium),
bekannt aus leth ngotho Sg. 5a, von leth (latus) ge-
schieden durch den dat. leuth: noichthiche colleuth
duarim (29| tag zu zählen) Cr. 3b; doch bleiben unent-
schiednen geschlechts cumang, fulang, fugall, tör-
mag (für welches atormag Sg. fx| nicht beweisend ist,
da a auch pron. poss. sein könnte), ilar und die entspre-
chenden zahlsubstantiva.
Dagegen geben sich als i- stamme von vornherein nur
neutra auf -as im altirischen. 223
folgende deutlich durch den umlaut im nom. acc. kund:
muir (meer), acc. issammuir Tr. 132 (St. Goid. 14),
guin (wunde): anguin Ml. 55 r, buäid (sieg): niba oin
gebas ambuäid huaibsi (non erit unus e vobis qui
accipiet palmam) Wb. Ha. Drei andre, rind (gestirn),
tir (ager), mind (insigne, diadema), sind nach dem altiri-
schen nicht bestimmt unterzubringen, da u-umlaut oft un-
terbleibt, wie in bith (mundus), bei i regelmäfsig, und der
einzige casus, der bei rind und mind den ausschlag ge-
ben könnte, der dat. sing, nicht belegt ist; ich habe mich
daher an das einzige uns noch zu geböte stehende hülfs-
mittel, an das neuirische um auskunft gewandt, und das
bietet uns alle drei ohne o: ttr, mind, rinn, wonach es
i-st&mme sind (und der dat. plur. rendaib eine wunder-
liche anomalie).
Noch schlimmer sind wir mit den u- stammen daran,
wo sich deutlich als neutrum und zugleich als u- stamm
nur dorus (thür, dat. pl. merkwürdiger weise doirsib)
zu erkennen gibt und die nebenform recht (sonst m.)
nebst desimrecbt (exemplum). Bei andern sind wir entwe-
der des genus nicht sicher wie bei ith (getreide), sruth
(flufs), loch (see), die ich wegen der heutigen ioth f., sroth
f. O'ß. neben sruth m. O'Don., loch m. f. für neutra halte,
— fid (bäum), das ich vor zwölf jähren als neutr. ange-
setzt, habe ich längst als masc. aus in fid, fid aile Z. 606
erkannt — oder wir müssen den stammauslaut erst aus dem
neuirischen folgern, so bei 61 (potus), lind (liquor, potus),
lin (numerus), heut öl, Hon. Das ist nun bisjetzt unser
ganzer vorrath mit ausnähme eines einzigen, *suth, das
nur im gen. sg. sotho und nom, plur. na sothe999. 1000
vorkommt, heut suth (ohne genusangabe bei O'R.) oder
soth f. (frucht); das e in sothe, welches bei fem. nie vor-
kommt aufser durch assimilation (in delbe und litre),
nebst dem artikel na beweist, dafs wir ein neutrum, die
heutige form, dafs wir einen u-stamm vor uns haben.
Nun bleiben uns aber noch eine anzahl Wörter übrig,
die mehr oder minder entschieden sich als neutra kund-
224 Ebel
geben, aber solche abweichungen von den bisherigen zei-
gen, dafs man sie keiner von den drei classen zuweisen
kann und sogar theil weise für feminina gehalten hat, wo-
gegen doch mehrere formen aufs deutlichste sprechen. Ge-
nauere betrachtung hat mich zu dem resultate geführt, dafs
dies die neutralen -as- stamme sind, deren existenz im kel-
tischen wir alle bisher geleugnet haben. 1) teg, tech
(haus), neuir. teach, erweist sich als neutrum durch artikel
und transportiertes u*) im nom.: ni döir ateg noiged-
sin (non ignobilis haec domus hospitum), leissom atech
didiu (illius igitur domus) Wb., istech ndagfir (est
domus boni viri), cultech ndemin (culina secura) carm.
Ml. — gen. intige Cod. Mar. Sc, indidultaigaß (gl.
fani) Sg. — dat. i sin t ig (in domo) L. Hymn. (Goid. 71),
itaig, itaig, hitaig Wb. — acc. natürlich wie der nom.
tech Broc. hymn. und Goid. 71. Eine schwesterform *steg
(vgl. T&yog und äTeyog) steckt in den heute noch üblichen adv.
astigh (drinnen, dat.) und asteach (hinein, acc), deren unter-
schied nur von dem alten neutrum aus zu begreifen ist. —
2) nem (himmel), jetzt nearh, schliefst sich in der form
ganz an teg an: gen. nime, dat. loc. nim, acc. nem; pl.
gen. secbt nime (septem caelorum) Fei., dat. nimib Sanct.
hymn., acc. nime SM. Zcuss hat das wort als fem. auf-
geführt, Stokes und ich haben das in gutem glauben an-
genommen und einen streit um das wort geführt, in dem
jeder recht und jeder unrecht haben mufste, weil sich die
formen von dieser Voraussetzung aus gar nicht begreifen,
geschweige denn erklären liefsen. Gegen das fem. sprach
aber schon der acc. nem an drei stellen des cod. Wb.,
von denen ich die dritte, weil sie neu ist, mittheile: is
assu linn scarad friarcorp massu düng anroga-
dammar ,i. techt innarcorp fornem (2. Cor. 5, 8;
est facilius nobis separari a eorpore nostro, si est impos-
sibile id quod rogavimus, i. e. escendere in corpore nostro in
*) Siehe darüber Geltic Studies, p. 91, not. 77.
neutra auf -as im altirischen. 225
caelum), nirgends nim, neben dem ebenso unabänderlichen
dat, nim; Z. nahm zwar an, dafs sogar der nom. gele-
gentlich nim heifsen könnte, indessen das ist ein gewal-
tiger irrthum, hervorgegangen aus einer völligen misdeu-
tung des anfangs der Inc. Sg., die ganz unverkennbar den
loc. enthält*): ni artu ni nim ni domnu ni muir ar~
nöib briathraib etc. (non altius quidquam in caelo, non
profundius quidquam in mari quam sacra verba). Den
diplomatischen beweis, dafs nem kein fem. ist, der uns bis
dahin noch fehlte, hat Colman's bymnus (Goid. 78) gelie-
fert, wo es in v. 31 heifst: flaithem nime locharnaig
(dominus caeli lucernosi), also das zugesetzte adj. entweder
masc. oder neutr. ist, gegen das masc. sträubt sich aber
der acc. plur. — 3) leth, led (latus), nom. alled Wb.,
dat leith, gen. du. indaleithesin Sg. wird durch die
analogie der beiden vorigen gestützt. — 4) mag erscheint
zwar mit neutralem artikel im nom. ammag Wb. nur in
der bedeutung: ort, indessen findet sich der acc. mag
(campum) auch bei Tir. neben dem gen. maige Broc. h.,
muige Corm. und dem dat. maig Br. h., muich Corm.,
es ist also am genus nicht zu zweifeln; dat. du. indib-
maigib im Ortsnamen bei Tir. Besonders ist zu bemer-
ken, dafs dat. und acc. sg. bis auf den heutigen tag in den
adverbien amaigh (draufsen) und amach (hinaus) erhalten
sind, die genau ihren oben angeführten gegensätzen astigh
und asteach entsprechen. — 5) sliab (berg), als neutr.
erwiesen durch das n in: sliab nossa (gl. monsOssa) Sg.
bei Z. 55, gen. intsleibe (buch von Lism. bei O'C. 594),
dat. sieib Wb. Ml. L. Ardm., acc. i sliab n-Uaid (in
montem Fuad) SM. 68; plur. nom. siebe Fei., dat. slebib
ML Hier habe ich anfänglich an ein ähnliches Verhältnis
wie bei cian (longus, longinquus, remotus) gedacht, neben
*) Man beachte das zweimal deutlich unterschiedene ni — nf und die
völlige unhaltbarkeit der annähme von abstracten Substantiven auf -u statt
-tu (sogar foirbthetu u, *. w.), wtttretBd artu es arddu, ardu und
domnu als comparative beide belegt sind.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. 15
226 Ebel, nentra auf -as im altirischen.
dem ein dat. cein auftritt (gall. Ceno-mani nnd Ceni-
magni); die analogie der übrigen Wörter gibt aber eine
einfachere erklärnng an die hand. — 6) log (pretium) mit
transportiertem n noch im SM. log nenech (pretium ho-
noris) 92, gen. indlöge Wb., acc. log Wb., luach (gl.
fenus) Sg. — 7)glün (knie) und 8) dün (bürg) allerdings
nur aus dem gen. duine SM. und den pluralformen nom.
glüne (Goid. VII), gen. glunae Ml., dat. glunib, acc.
glüne Sg. zu folgern, aber der gen. sg. glüine und nom.
plur. glüine, düine existiert heute noch.
Alle diese worter zeichnen sich nun durch den gegen-
satz zwischen nom. und acc. sing, einer-, den übrigen ca-
sus andrerseits in einer solchen weise aus, dafs wir diesen
gegensatz nur aus einem stamme mit vocal Wechsel (i und
a, oder e und o) erklären können. Da ein solcher stamm
nicht wohl auf einen vocal enden konnte, so müssen wir
annehmen, dafs er auf den consonanten endete, der nach
festem gesetz beständig ausfiel, also auf s. Dazu kommt
als bestätigung, dafs mehrere der angeführten Wörter sich
in andern sprachen mit offenbarem as- stamm wiederfin-
den: teg Steg = rkyog Credos, nem = vitpog und slav.
nebo, leth = lat. latus, mag = skr. mahas. Wir
dürfen also erscbliefsen:
Sing.:
N. A. nemas nem nem
6. nemisas nimeas nime
D. L. nemisi nimi nim.
Plur. :
N. A. nemisä nimea nime
G. nemisän nimean nime(n)
D. nemisibjas nimibas nimib.
Besonders wichtig mufs aber der umstand erscheinen, dals
wenn wir statt i und a nach anderweitigen analogien e und
o setzen, die zu folgernde gallische grundform dieser de-
clination, soweit eine vergleichung möglich ist, aufs haar
mit der griechischen, nächstdem mit der lateinischen und
slavischen übereinstimmt, vor allen dingen der yocalwech-
Stokes, Endlichere glossar.
227
sei durch alle diese sprachen hindurchgeht. Man ver-
gleiche:
Sing.:
*nemos vicpog latus nebo
*neme(s)os vicpsog lateris nebese
*neme(s)i vicpe't lateri nebesi
*neme(s)a
*neme(8)on
*neme(8)ebos
Juli 1868:
Plur.:
vi(fea latera nebesa
vecpioov laterum nebesu
(vtcpitGöi) lateribus nebesemü.
H. Ebel.
Endlichers glossar.
„De nominibus galücis". Hoc caput integrum descri-
bimus: Lugduno, desiderato monte; dunum enim mon-
tem. Aremorici, antemarini; quia are ante. Arever-
nus; ante obsta. Roth, violentum, Dan et in gallico et
in hebreo judicem; ideo hrodanus; judex violentus.
Brio; ponte. Ambe; rivo. Interambes; inter rivos.
Lautro; balneo. Nanto; valle. Trinanto; tres valles.
An am; paludem. Caio; breialo sive bigardio. Onno;
flumen. Nate; fili. Cambiare; rem pro re dare. Avallo;
poma. Doro; osteo. Henne; arborem grandem. Trei-
cle; pede.
Catalogus codd. mss. bibl. palat. vindob., pars I.
Vindobonae 1836, p. 199.
Stephan Endlicher fand das oben angeführte glossar
in einem manuscript des 9. jahrh. in der hofbibliothek zu
Wien. Aufser Zeufs, der es auf p. 1 3 seiner Gramm. Cel-
tica citiert, hat bis jetzt niemand, so viel ich weifs, von
demselben kenntnis genommen.
Der name Lugdun um („Lyon") wird ebenso erklärt
in den Notae Veteres ad Itinerarium Burdigalense bei Du-
cange und auch bei Diefenbach (Origg. Europ. 325). Die
15*
""1
228 Stokes
älteste gallische form ist Lugudunon (AovyovSovvoV)
vvv de AovySovvov xaXovpevov, Dio Cassius XLVI, c. 50),
das Siegfried für ein compositum hielt aus lugu „klein"
(s= ir. lü, compar. laigiu, £-A«#v-c;, laghu-s) und dft-
non (latinisiert dunum), hier durch „mons" glossiert und
bei Plutarch de flum. durch xonov k&xovra. Es ist das
irische dün castrum, altw. din (gl. arx), nhd. zäun. Wenn
man sich des beständigen gebrauchs der deminutiva in
hypokoristischem sinne erinnert, hat es keine Schwierigkeit
zu verstehen, wie ein wort, welches eigentlich „mons par-
vus" bedeutete, durch „mons desideratus" erklärt werden
konnte.
Aremorici (gl. antemarini), are (gl. ante), arever-
nus (gl. ante obsta). Eine der ersten dieser drei ähnliche
glosse wird citiert bei Diefenbach (Origg. p. 231) aus dem
Itin. Hieros. „aremorici ante mare; are ante, more
dicunt mare; et ideo Morini Marini". Die präposition
are (der vers des Ausonius beweist die länge des e) ist
von Ebel (Beiträge III, 36) mit Ttaqal verglichen worden.
morici ist der nom. plur. masc. von moricos marinus,
einem adjectiv von mori (ir. muir, w. mor) = lat.
mare.
In arevernus (gl. ante obsta) sehe ich eine zweite
pers. sg. imper. medii. Das s entspricht dem skr. svain
bhara-sva= tpigov für *cptg-B~co. Was die wurzel von
vernus „obsta" anbetrifft, so möchte ich dies verbum mit
skr. vrnömi von vr „to resist" vergleichen, vernus =
vrnuöva. Ein anderes beispiel dieser form auf s ist viel-
leicht das datalages der inschrift von Poitiers. Auch
andere spuren des mediums sind bereits im keltischen ge-
funden worden, wenn ich recht habe mit meiner erklärung
des verb. subst. as Beitr. V, 313 und des namens Sa-
gramnos ib. 363.
Die glosse hrodanus — leg. rhodanus — (gl. ju-
dex violentus) findet sich auch in dem Itin. Hieros. bei Die-
fenbach, Origg. pp. 407. 408, wo die erste silbe besser
durch „nimium" erklärt wird. Die richtige lesung ist ro-
Endlichen glossar. 229
-danus oder ro-danos. Ro ist das wohlbekannte inten-
sivpräfix (Z. 829. 833) und danus ^judex" ist eine ablei-
tung von der wurzel dhä, wie griech. #6-jus, z. da- tarn,
got. dom-s, engl, doom, altir. er-dathe (gl. judicii)
Lib. armach. 10. a. 2. Der flufsname Rodanus von der
wurzel rad ändere, fodere*) hat nichts damit zu thun.
Brio (gl. ponte) scheint ein v zwischen den vocalen
verloren zu haben, wenn wir uns der formen Brivo du-
rum (später Briodurum), Brivo-Isarae „Pont-Oise",
Samaro-briva etc. erinnern. Dann ist bri(v)o der abl.
gg. eines gallischen brivos (brivon?), brücke, das nach
Pictet verwandt ist mit w. briw „a cut", briwio »to
break", gerade wie deutsch brücke mit brechen.
Ambe (gl. rivo) ist der abl. sg. und ambes in in-
ter-ambes (gl. inter rivos) der acc. pl. von am bis, einem
i-thema, von der wurzel AB, wie der gallische flufsname
A-m-bris, w. A-m-byr (Lib. Land. 165, 191, 216), 6'-«-
-ßgog, i-m-ber, skr. a-m-bu „aqua" (Glück, Neuejahrb.
1864, p. 600). Wir finden die unnasalierte wurzel in A bona
(Tacit. Ann. XII, 3l), jetzt Avon, !Aßog Ptol. II, 2; Abu-
sina, ir. abh „fluvius* und aibhell .i. uisce „wasser".
Die präposition inter (altir. eter, etar, Zeufs G. C.
615) ist das lat. inter, osk. anter; ich finde sie nicht in
den britischen sprachen. Der auslautende vocal im ver-
wandten com. yntre (bret. entre) bleibt mir dunkel.
Lautro (gl. balneo) ist der abl. sg. eines gallischen
lautron = Xovtqov, lat. lübrum in pol-lübrum, altir.
lothar (gl. alveus) Z. 744, mbr. louazr, wz. LU, von
der auch luo, lustrum.
Nanto (gl. valle) ist gleichfalls der abl. sg. eines neu-
tralstammes auf o. Ich würde nantu erwartet haben (vgl.
bratu-de), denn die ableitung Nantuates deutet auf
einen u- stamm. Der nom. (oder accus.?) pl. dieses Wor-
tes erscheint in tri-nanto (gl. tres valles), wo nantö,
*) Cf. XdyaÖQoq. So ist der flufsname Scultenna, JSxovXvavva (in
Gallia cispadana) verwandt mit ir. scolta im „scindo, diffindo", lat. culter
(Ur *sculter?
230 Stokes
wie avallö (gl. poma) zu vergleichen ist mit dem acc.
pl. dvorico „porticas", den Pictet neuerlich in der galli-
schen inschrift von Gueret gefunden hat: Sacer Peroco
ieuru dvorico V. S. L. M. Hier ist natürlich ö = lat.
-ä, gr. -a; im altirischen fällt es regelmäfsig ab im neutr.
pl. wie nert „virtutes" Patricks hymn., olc „mala" Z. 354,
arm „arma" Z. 368, membur „membra" Z. 1006. Im
neukeltischen entspricht diesem nanton w. nant „ravine,
brook", neint, jetzt pl. nentydd, corn. nans (gl. vallis)
pl. nanssow.
Das zahlwort tri (in tri-nanto) findet sich auch in
trigaranus und TQi-fictQxioia.
Anam (gl. paludem) ist latinisierung des gall. *anan
(ftnan?), vgl. logan „sepulcrum" in der inschrift von Todi.
Ich kenne nichts ähnliches aufser ir. an wasser, citiert von
O'Reilly s. v. Aidbeis, co hoin abna (?) gl. limpa fon-
tis, Lib. hymn. an .i. uisge O'Clery's gl., aber ich habe
es nie irgendwo gefunden. !Avava ein salzsee im 8. Phry-
gien hat eine gewisse ähnlichkeit mit unserem gallischen
wort, aber wer möchte ihn zu vergleichen wagen?
Caio (gl. breialo sive bigardio) ist ein abl. sg. Die
lateinischen worte sind dunkel. Ducange hat broialum,
brolium etc., was er erklärt als ein feld „arboribus con-
situm . . et muris aut sepibus cinctum". Pictet vermuthet,
bigardium bedeute „un lieu gardö, enclos". Ich mochte
daher annehmen, dafs diesem caio-n im neukeltischen
entspreche w. cae „sepimentum" Z. 291, jetzt „an inclo-
sure, hedge, fielda, altir. cae .i. tech j,domu8a in cerdd-
-chae (gl. officina) Z. 70, cerd-cha (gl. fabrica) Ir.
Glosses no. 218. Damit stimmt überein plattlat. cayum
Ädomu8u. Vgl. got. hai-m-s, xelfiai^ quies etc.
Onno (gl. flumen) ist vielleicht ein fem. ä-stamm, das
correlat zu ir. inn f. „fluctus, unda" und skr. and ha
„wassert Die glosse des Ausonius zu Dtvona („fons
addite divis") = skr. devana das strahlen, glänzen be-
ruht auf einer angenommenen identität zwischen unserm
onno und der endung -öna.
Endlichere glossar. 231
Nate (gl. fili) sollte gnäte heifsen, der voc. sg. von
gnätos = lat. (g)natus von GAN; vgl. eine bei Die-
fenbach (Origg. p. 362) citierte glosse: Gnatus filius lin-
gua Gallica et natus.
Cambiare (gl rem pro re dare). Hier ist die en-
dung offenbar lateinisch. Wegen der wurzel vergl. Cäm-
bos, ein epitheton des Mercur (De Wal, p. 52), welches
Siegfried verglich mit dem Mercurius Nundinator eini-
ger inschriften. Siehe Diez etym. wtb. I, 102. [M. d'Ar-
bois de Jubainville vergleicht neubret. kemma].
Avallo (gl. poma) ist der nom. oder acc.pl. eines
neutralstammes auf -o. Vgl. ir. abhall „malus", ubhall
„mal um", w. afall, mbr. aual.
Doro (gl. osteo) ist der abl. sg. von doron oder viel-
mehr (wenn wir uns an dvorico erinnern) dvoron =
skr. dväraro. W. und br. dör, ir. dorus, corn. daras.
Der gen. sg. dieses Wortes findet sich in Isarno-dori (gl.
ferrei ostii) Diefenb. Origg. p. 367.
Kenne (gl. afborem grandem) scheint der acc. sing,
eines neutralstammes auf -i. Ich kann dies wort nicht
erklären, vielleicht ist es (mit abfall des anlautenden p)
verwandt mit w. br. prenn = ir. crann, nqivog.
Treicle (gl. pede) ist der abl. sg. eines i -Stammes
und kömmt scheinbar von *tregile, *tragile von der
wurzel TRAGH in ver-tragus (gl. xvcov 7toSoixt]g)9 ir.
traig »pesa, gr. r^w, got. thragjan. Der fibergang
von g in c ist vielleicht durch die elision (oder metathe-
sis) des folgenden vocals veranlafst. Oder sollen wir hier
die wurzel TR AK, skr. trank, zend. thrak „marschieren"
erkennen?
Calcutta, december 1867. Whitley Stokes.
232 Ebel
Sanas Chormaic. Cormac's Glossaiy tran&lated and annotated by the late
John O'Donovan, LL. D. Edited, witb notes and indices, by
Whitley Stokes, LL. D. Calcutta, printed for the Irish Archaeo-
logical and Celtic Society, 1868.
Das vorliegende buch, welches durch die schlufsworte
„in tris arteme for lige m' ananicharat .i. Rudolf Tomas
Siegfried, inso süastf einen neuen beweis von der bekann-
ten pietät des herausgeben gibt, bietet uns nicht nur eine
höchst willkommene ergänzung zu seiner ausgäbe der Tbree
Irish g]o8sarie8, sondern enthält auch in den sprachlichen,
litterarischen, historischen und anderweitigen sachlichen
nachweisen, die wir in den anmerkungen theils von des
Übersetzers, theils von des Herausgebers hand empfangen,
eine solche fülle schätzbaren materials aller art, dafs wir
darauf verzichten müssen, innerhalb der grenzen einer an-
zeige unsern lesern auch nur annähernd ein bild von dem
reichen inhalt desselben zu geben.
Aufser der Übersetzung des früher aus Cod. A. gebo-
tenen textes, die der herausgeber zwar sorgfaltig durch-
gesehen und vielfach verbessert bat, doch stets mit ge-
nauer angäbe von O'Donovan's abweichenden deutungen,
erhalten wir hier zunächst die wichtigsten abweicbungen
des gröfsten fragments (Cod. G.) und des Cod. B. , des
sogenannten „gelben buchs von Lecan" (Leabhar Buidhe
Lecain), namentlich dessen zusatzartikel jedesmal am Schlüsse
des betreffenden bucbstaben eingereiht; sodann aber liefern
die noten, die jedem artikel beigefügt sind, einen grofsen
reichthum an belegen und parallelstellen, unter denen wir
ganz besonders die mittheilungen aus O'Clery's glossar
veralteter Wörter (Löwen 1643)*) hervorzuheben haben.
Eine vorzüglich dankenswerthe beigäbe, die die brauch-
barkeit des werkes in hohem grade vermehrt, bilden die
sorgfältigen register: sach-, quellen-, Personenregister, geo-
graphischer index und endlich die Wortregister nach den
*) Einen neuen ab druck desselben stellt H. Gaidoz im prospectus der
Revue Celtique in, hoffentlich nicht allzuferne, aussieht.
anzeigen. 233
verschiedenen sprachen geordnet. Doppelte Verzeichnisse
von Addendis und Corrigendis zeugen davon, wie schwie-
rig die aufgäbe war, und wie rastlos der verf. an deren
losung fortgearbeitet hat.
Ref. erlaubt sich hier nur einige bemerkungen anzu-
knüpfen, zu denen er sich bei flüchtiger durchsieht veran-
lafst gefunden. Zu lüda (der kleine finger), im Cod. G.
lau tu geschrieben, bemerkt der verf. in den zweiten Ad-
dendis unter beseitiguug einer früheren irrigen vergleichung
richtig, dafs der altir. dativ lutain sich bei Z. 926 in der
Inc. Sg. findet; ref. ist seit längerer zeit durch eine stelle
bei O'Don. 285 auf das richtige geführt worden, s. Gr.
Celt. 265, kann aber jetzt noch mittheilen, dafs zufolge
einer note in Zeufs' handexemplar (wo dieselbe stelle ci-
tiert wird) die worte der Inc. atanessam dolutain it-
belaib, vor denen ein Versetzungszeichen ohne angäbe des
ihnen gebührenden platzes steht, vermutblich in die nächste
zeile hinter indamer gehören. Zu diamain aus Cod. B.
ist aufser dem citat aus O'Dav. auch Z. 605 zu verglei-
chen: isdiamuin leiss cachthüare (jede speise ist für
ihn rein)Wb. Zu nel (wölke) ziehen wir auch in-niulu
(Gr. C. 20). In der note (d) zu p. 110 ist ebenso wie
Gr. C. 158 zum com. caid (== captus) aus dem Voc.
noch keth aus P. und den Dr. nachzutragen. Zu ep-
scop fina, gewifs richtig in escop emendiert, liefs sich
aufser den verglichenen Wörtern auch wohl unser deutsches
schoppen anführen. Ob OD.'s deutung von messtar bü
(s. v. sägamlae) ganz richtig ist, wie in den letzten Cor-
rigendis angenommen wird, bezweifeln wir; nach analogie
der beispiele Gr. C. 468 und 438 scheint uns vielmehr
hier eine 2. sg. eines s-conj. oder fut. vorzuliegen, worauf
auch O'Dav. misir deutet, also: judicabis (judica) vaccas.
Zum schlufs noch ein beispiel, wie in der Wissenschaft
jede kleinigkeit licht auf irgend einen andern punkt oft in
ganz entlegenem gebiet wirft. Unter naiscu .i. nescu
(aal?) führt O'D. die neuere form eascu oder easgan an,
und Mr. St. erwähnt unter andern beispielen eines solchen
234 Ebel
abfalls auch das bret. Ormandi; diese form findet sich
nebst Ormant und dem fem. Ormantes schon im Ca
tholicon von 1499, und wem fiele dabei nicht das Ori-
man, Orman aus dem Parzival und das (unbegreiflicher
weise bei Zarncke fehlende) Ormanie, Ormandin der
Küdrün ein?
Doch genug der einzelnheiten und kleinigkeiten; dan-
ken wir vielmehr dem unermüdlichen verf. für diese nene
treffliche förderung der keltischen philologie, indem wir
uns zugleich den wünsch auszusprechen erlauben, dafs
seine verheifsene ausgäbe des Fälire nicht allzulange auf
sich warten lasse.
20.juni 1869. H. Ebel.
Glossae hibernicae veteres Codicis Taurinensis, edidit Constantinus
Nigra. Lutetiae Parisiorum, 1869. gr. 8. XXXII und 72 8.
Wenn uns hier die Turiner glossen in einem neuen
abdruck geboten werden, so können wir es dem verf., der
sich in der vorrede wie in den beigefügten erklärungen
und bemerkungen vollkommen auf der höhe der heutigen
keltischen philologie zeigt, nur dank wissen, dafs er sich
durch die nachträgliche bekanntschafb mit Stokes' ausgäbe
derselben in den „Goidilica" nicht hat abhalten lassen,
seine gediegene arbeit zu vollenden und zu veröffentlichen.
Vier äugen sehen eben besser als zwei, und selbst die ge-
wissenhafteste copie einer handschrift pflegt fiör spätere
vergleichungen eine nachlese zu lassen. So findet sich
denn auch hier manches, was dort zweifelhaft gelassen
oder verlesen war, festgestellt oder berichtigt, manche lücke
ergänzt; namentlich sind auf p. IV col. 1 mehrere glos-
sen entziffert, die bei St. fehlen ; aufserdem ist durch splen-
dideren druck ein getreueres abbild des codex selbst ge-
geben. Sodann gibt der verf., obgleich er selbst den gan-
zen werth seiner arbeit nur in der treuen wiedergäbe der
handschrift, namentlich der glossen, gesucht wissen will,
anzeigen. 235
doch mehrfach gar nicht zu verachtende neue deutungen,
und endlich erhalten wir in den anmerkungen (seltener in
der vorrede) werthvolle mittheilungen aus dem lange noch
nicht hinreichend ausgebeuteten Mailänder codex, einige
auch aus dem Würzburger.
Aus der, vorrede, die nach einem überblick über die
wichtigsten lauterscheinungen des altirischen genauere aus-
kunft über den codex selbst gibt, nebst Zusammenstellung
der hauptsächlichsten eigenheiten der schrift, heben wir
hier nur die herleitung des reimes von den Kelten, der
ein eigner excurs gewidmet ist, und die zurückfuhrung des
irischen Wegfalls der vocale auf die einwirkung des acceuts
hervor, eine annähme, mit der sich ref. solche formen
wie coscrad, conrotgatar seit längerer zeit ebenfalls
erklärt hat. (Der herleitung von incholnigud (inchol-
nugud?) aus einer grundform *incholnictu vermögen
wir jedoch nicht beizustimmen, da die subst. (infinitive)
auf -ud sich eng an ser. III (Gr. C. 427) anschliefsen,
wonach vielmehr eine Verkürzung von *ini- (eni-) col-
uicitu oder -colniciatu in -colnicitu anzunehmen
ist, welches incholnigiud, schliefslich incholnigud,
incholnugud ergeben mufste.) Dagegen können wir es
uns um so weniger versagen, unsern lesern an einigen bei-
spielen den ertrag der neuen collation zu zeigen, da wir
durch die gute des hrn. verf. in den stand gesetzt sind,
uns mittelst eines vortrefflichen facsimile's der ganzen hand-
schrift ein eignes urtheil zu bilden. Sogleich die erste
irische glosse, bei St. aeth (?) da son dombersom
beus, lautet hier: cech da son etc., unverkennbar rich-
tig; nur kann ref. der erklärung (quaeque duarum vocum
quam, i.e. utramque vocem) nicht beitreten, findet viel-
mehr hierin ein neues interessantes beispiel für die Gr. C.
307. 361 besprochene bezeichnung der distributivzahlen:
binae voces quas, i. e. binas voces affert ille porro (näm-
lich Jesus Messias, (Hjüttjq Xpiövog, salvator unctus). Dafs
Gl. 5. 6 bei St. zu verbipden sind , wie hier I, 1 . 5 ge-
schehen ist, hatte ref. längst vermuthet; von den beiden
236 Ebel
abweichenden lesungen danäircechnatar som (vatici-
nati sunt, St. dun.) und triub (St. triab) haben wir die
erste sogleich, die zweite, obwohl mit einiger Schwierig-
keit, schliefslich doch auch als richtig anerkennen müssen,
da der gerade auslaufende zweite grundstrich des u der
einzige sichere unterschied vom gerundeten, in der hand-
schrift des glossators (nicht des codex selbst!) meist eben-
falls oben offnen a ist. Ebenso steht in gl. 18. 19 bei St.
(hier weniger gut zu einer verbunden I, 1. 16) ganz deut-
lich das erstemal pardais, das zweite mal parduis. In
der vorhergehenden I, 1. 15 (St. 17) ist das sinnlose noch
ris in hochrist verbessert; für immerume diar:ndam
liest br. N. immerumedi ar adam, doch ohne genü-
gende erklärung. Für iacaum (?) St. 128, das ref. lei-
der noch Gr. C. 49 aufgenommen, später aber nach con-
jectur mit iarum vertauscht hat, findet sich letzteres nun
wirklich IV, 2. 13; ebenda ist forelgatar (?) in fosel-
gatar verbessert, was zu sligim, fosligim (Gr. C. 429)
stimmt. Eine wichtige textverbesserung ist I, 1: unde in
diserto querunt (quaerunt) iohannes et ihesus quod in
diserto amisum est (St. erant). Von neuentzifferten glos-
sen ist die wichtigste IV, 1. 21: babes leusom dober-
tis daboc leu dochum tempuil 7 noleicthe inda-
lanäi fon dithrub co pecad inpopuil 7 dobertis
maldachta foir 7 noircthe din (an)d op(opul)
tarcenn ap(ectha) indaile („erat mos apud eos ut af-
ferrent duos hircos secum ad templum et dimittebatur
unus in desertum cum peccato populi et afferebant male-
dictiones super eum et occidebatur igitur ibi alter a po-
pulo pro peccato suotf).
Unter den erklärungen heben wir hervor die deutung
des forfenar (II, 1. 15, St. 45) als forbenar (perficitur),
was bei weitem ansprechender ist, als der von St. ange-
nommene Wechsel des ch mit f, den Z. auf höchst unsi-
cherer basis statuiert hatte.
Doch wir müssen abbrechen, um die grenzen einer
anzeige nicht zu sehr zu überschreiten; möge der hr. verf.
anzeigen. 237
die för die Revue Geltique verheifsenen mittheilungen aus
Cod. Ml. recht bald liefern.
25.juni 1869. H. Ebel.
1) Gät'a* Ahunavaiti. Sarat'ustrica carmina Septem latine vertit et expli-
cavit, commentarios criticos adjecit, textum archetypi recensnit C. Kos-
sowicz. Petropoli 1867. VI nnd 165 p. 8.
2) Gatra Ustavaiti latine vertit et explicavit, textum archetypi recensnit
Dr. C.Kossowicz. Petropoli 1869. IV. 94 nnd 41 p. 8.
Das Avesta hat mit dem A. T. so viele analogieen
und die einheimischen erklärer desselben mit den alten jü-
dischen selbst so viele innere Verwandtschaft, dafs es nicht
in erstaunen setzen kann, wenn die noch so junge exegese
des Avesta so ziemlich den verlauf zu nehmen anfängt,
den früher die biblische exegese auch genommen hat. Ge-
wissenhafte benutzung aller traditionellen hülfsmittel ist
hier eben so sehr geboten wie die anwendung aller regeln
der wissenschaftlichen exegese unserer tage: die anwen-
dung der Sprachvergleichung in engerem und weiterem
sinne, die eindringende und selbständige erforschung der
texte und der ihnen zu gründe liegenden anschauungen.
Voraussichtlich wird auch der erfolg unsrer arbeiten ein
ganz ähnlicher sein, wie wir ihn auf dem gebiete der exe-
gese des A. T. wahrnehmen können. Es läfst sich hoffen,
dafs wir noch über gar viele stellen, die uns jetzt ganz
oder theilweise dunkel sind, zur vollkommenen klarheit
gelangen werden. Ohne frage wird aber auch eine gute
anzahl von stellen zurückbleiben, bei welchen dieser fall
nicht eintritt, wo wir uns begnügen müssen zwei oder
mehr möglichkeiten der erklärung aufzustellen, von denen
jede etwas für sich anzuführen hat, keine aber genug um
als die einzig mögliche gelten zu können. Ein ganz voll-
kommenes verständnifs, eine erklärung, welche bis in alle
einzelnheiten hinab jedermann befriedigte, werden wir
wahrscheinlich nie erlangen. Aber bei wie vielen Urkun-
den des alterthums tritt denn überhaupt dieser fall ein?
238 Spiegel
Allgemein wird es zugestanden, dafs innerhalb des Avesta
die metrisch abgefafsten stücke, die sogenannten Gäthäs,
die schwierigsten sind. In diesen haben wir noch fragen
der allgemeinsten art zu lösen wie Ober den zweck, inhalt
und gedankenzusammenhang dieser gedieh te; hinter diesen
Schwierigkeiten treten die gewöhnlichen fragen über die
construetion der einzelnen sätze, die bestimmung der Wort-
bedeutungen ganz in den hintergrund, obwohl auch hier der
zweifei genug sind. Trotz der vielen Schwierigkeiten glau-
ben wir aber an einer endlichen glücklichen lösung dieser
aufgäbe nicht verzweifeln zu sollen. Es ist sogar die mög-
lichkeit nicht ausgeschlossen, dafs es einem genialen for-
scher gelingen könnte mit einem male durch glückliche
combinationen die mehrzahl der dunkelheiten aufzuklaren,
welche uns bis jetzt bindern weiter fortzuschreiten. Diese
lösung der frage ist jedoch immerhin die unwahrschein-
lichste, viel wahrscheinlicher scheint es uns, dafs eine gute
anzahl von forschem längere zeit hindurch sich abmühen
werde, den sinn und gedankengang einzelner gedichte, ja
einzelner Strophen und verse zu ermitteln und dafs erst
dann, nachdem durch solche zeit und geduld erfordernde
vorarbeiten die einzelerklärung fortgeschritten ist, es ge-
lingen werde den Zusammenhang im grofsen genauer zu
erkennen. Die exegese der Gäthäs dürfte mithin einen
ähnlichen vtfrlauf nehmen wie die des buches Hiob. Mit
dem eben genannten buche scheint auch darin eine ähn-
lichkeit zu bestehen, dafs die kenntnifs des Zusammenhan-
ges und des gedankenganges der Gäthäs den einheimischen
erklärern schon frühzeitig abhanden gekommen ist. Diese
erklären meist jeden einzelnen vers für sich und der sinn,
den sie in vielen fällen gewinnen, widerspricht so sehr den
gewöhnlichsten regeln einer philologischen exegese, dafs man
ihn durchaus nicht annehmen kann. Man wolle indefs aus
dieser Sachlage keine voreiligen Schlüsse ziehen. Gar häufig
geschieht es auf diesem gebiete, dafs man anfangs für falsch
hält, was sich für die weiter fortgeschrittene forschung als
das einzig richtige ergiebt. Unsere kenntnifs der Gäthäs
anzeigen. 239
ist noch keine solche, dafs es uns erlaubt wäre ein end-
gültiges urtheih über den werth oder unwerth der tradi-
tion abzugeben; überhaupt haben sich noch zu wenige for-
scher mit der sache beschäftigt, als dafs man die endgül-
tigen resultate von subjectiven ansichten in jedem einzel-
nen falle genau scheiden könnte. Darum ist bis jetzt jeder,
der sich mit diesem theile des Avesta beschäftigt, gehalten
die tradition selbst zu studiren. — Zur erklärung dieser
so schwierigen texte nun hat sich hr. Kossowicz entschlos-
sen beizutragen und eine neue erklärung derselben zu ge-
ben, von welcher uns die beiden oben angeführten Schrif-
ten die ersten abtheilungen bringen. Der hr. verf. ver-
fährt dabei rein philologisch: er schafft sich selbständig
seinen eigenen text, wozu ihm die vorhandenen ausgaben
mit den ihnen beigegebenen Varianten das material liefern,
er übersetzt und erklärt denselben — immer mit rücksicht
auf seine Vorgänger, aber ohne sich durch dieselben in
seiner eigenen auffassung behindern zu lassen. Ueber die
grammatische und lexikalische auffassung der einzelnen
Wörter und sätze sucht er sich gewissenhaft rechnung zu
geben, besonders aber sucht er in den sinn und Zusam-
menhang-der einzelnen Strophen und gedichte einzudringen
und fügt zu dem ende, wo es nöthig erscheint, den ein-
zelnen versen längere erläuterungen bei. Namentlich in
dieser hinsieht scheint uns hr. K. sehr beachtenswertes
zu leisten und ref. bekennt gerne gar manches von ihm
gelernt zu haben. Auf einzelnheiten hier einzugehen neh-
men wir bei den zwecken dieser Zeitschrift anstand; was
wir zu bemerken hätten, würde eher in eine philologi-
sche Zeitschrift passen als hieher, denn die Sprachverglei-
chung tritt in diesem werke gegen die philologische exe-
gese sehr in den hintergrund. Wir glaubten aber hier
diese arbeit auch denen empfehlen zu müssen, welche aus
linguistischen rücksichten von den Gäthäs und deren inhalte
kenntnifs zu nehmen wünschen.
Fr. Spiegel.
240 Schmidt
Ueber wesen und aufgäbe der Sprachwissenschaft mit einem Überblick Über
die hauptergebnisse derselben. Nebst einem anhang sprachwissen-
schaftlicher literatur. Vortrag bei gelegenheit der feierlichen Verkün-
digung der preisaufgaben, gehalten von prof. dr. Bernhard Jülg, d. %.
rector der univ. Innsbruck. Innsbruck 1868. 63 88. 8.
Der verf., bekannt für den ausgedehnten kreis seiner
Studien, gibt in diesem schiiftchen einen sehr knapp ge-
haltenen umriüs der Sprachwissenschaft. Natürlich sind in-
nerhalb der grenzen eines Vortrages kaum die hauptpunkte
alle andeutbar. Allein der verf. hat für alle diejenigen,
welche sich weiter zu belehren wünschen , durch den an-
hang gesorgt, in welchem, dem gedankengange des Vor-
trages folgend und durch fortlaufende nummern mit ihm
verbunden, die wichtigste literatur für alle behandelten fra-
gen zusammengestellt ist, wofür man ihm nur danken kann.
Der Vortrag beginnt mit der Scheidung von sprachkennt-
nifs, Sprachwissenschaft und philologie. Letztere beide be-
dingen sich gegenseitig, unterscheiden sich aber in der
methode, indem die Sprachwissenschaft nicht zu den histo-
rischen disciplinen gehört, vielmehr die naturwissenschaft-
liche methode befolgt, dabei aber nicht aufhört eine auf
der psychologie beruhende geisteswissenschaft zu sein. In
der eintheilung der sprachen schliefst sich der verf. an
Humboldt und Schleicher an und betont die sprachlichen
Verhältnisse als ein wesentliches hilfsmittel der ethnogra-
phie und der „ linguistischen paläontologie". Als aufgäbe
der Sprachwissenschaft wird dann ein System der allgemei-
nen Sprachenkunde und eine wahrhaft allgemeine gramma-
tik gefordert. Den gröfsten theil des Vortrages nimmt eine
systematische aufzählung der hauptsächlichsten bekannten
sprachen aller erdtheile ein, wobei unser sprachstamm frei-
lich etwas stiefmütterlich behandelt ist, denn aufser den
arischen sprachen sind nur die italischen detaillierter auf-
zählung gewürdigt worden. Doch wäre ungerecht hier zu
tadeln, da über diese Verhältnisse heute zu tage leicht
überall auskunft zu gewinnen ist, während eine gedrängte
aufzählung der aufsereuropäischen sprachen nach ihrer ver-
anzeigen. 241
wandtschaft nur dem fachmanne zu geböte steht und da*
her auf alle fälle ein dankenswerthes unternehmen ist. Zur
allgemeinen Orientierung in der sprachenweit ist dies Schrift*
eben zu empfehlen.
Johannes Schmidt.
Ethnoge'nie Gauloise III. Preuves intellectueUes : le Ge'nie Gauloift
etc., par Roget, Baron de Belloguet. XI and 546 s. 8. Paris,
Maisonneuve 1868.
Referent hat die beiden ersten bände dieses inhalt-
reichen national werkes in den Beiträgen I, 4 und III, 2
(1858. 1862.) angezeigt, und erbittet deshalb auch für diese
anzeige eintritt innerhalb der engen schranken, die er mit
rücksicht auf den — hier nur wenig berührten — sprach-
lichen zweck der Zeitschrift sich zu ziehen hat.
Jede seite auch dieses bandes zeigt die vollständige
ausbeutung der mannigfaltigsten quellen der gallischen
kulturgeschichte durch den Verfasser. Den umfang sei-
nes gebietes bezeichnen die bauptrubriken: „Caract&re
national et facultes intellectueUes; Moeurs et coutumes
privees; Institutions et croyances religieuses, le Druidisme,
s€8 dieux et ses rites, les Druides, leurs fonetions religieu-
ses et civiles, leur hierarchie et leur enseignement; Insti-
tutions civiles, politiques et militaires; Industrie et com-
merce; Les monuments dits celtiquee appartiennent-ils au
genie gaulois?"
Der Verfasser nimmt bei seiner kritik der quellen mit
recht an : dafs vielen urtheilen der Römer über die Gallier
die gegen alle „ barbaren u gewohnte hoebmüthige verken-
nung und unkenntnifs anklebe, zu welcher noch seit dem
siege des ersten Brennus rachsüchtiger hafs kam, obgleich
die Gallier damals römisches unrecht gezüchtigt hatten.
Wir machen namentlich auf die besprechung von J. Cae-
sars commentarien p. 158 ff. aufmerksam. Obgleich nun
der Verfasser die Gallier gegen so viele ungerechte ur-
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 2. \ Q
242 Diefenbach
theile zu vertheidigen und ihre guten eigenschaften zu be-
leuchten sucht, so ist er doch keineswegs blind für ihre
mängel. Bisweilen knüpft er an diese auch patriotische
mahnungen an ihre Epigonen. Allzu grofses gewicht legt
er p. 135 ff. auf den Unsterblichkeitsglauben der Gallier,
von unserem Standpunkte aus betrachtet.
Die Beigen erklärt er für Gallier, nur in dem be-
kannten satze: „plerosque Beigas ortos ab Germanis" für
eine blofs geographische bezeichnung der grofsentheils aus
eingewanderten Germanen bestehenden bewohner Belgiums.
Die Germani minores nebst Aduatici, Nervii und Treviri
hält er für in politischer hinsieht gallisierte Deutsche, was
wir nicht thun mögen. Den namen der Kimmerier trennt
er p. 156 ff. richtig von denen der Cimbri und der britan-
nischen Kymren, vermuthet jedoch in jenem durch die be-
wegungen der Skythen westwärts gedrängten volke einen
theil der keltischen einwanderer in Europa. Er nimmt
p. 142 ein längeres verweilen der Kelten und der Germa-
nen neben den eranischen familiengliedern in Asien an,
wie wir es sonst eher den Griechen zuzuschreiben pflegen.
Seine ansichten über die Liguren entwickelt er hier pp.
45. 52. 171. 184. 535 ff. und II, 263 ff. 301 ff. Er findet
sie, aufser in Gallien und Italien, auch in Iberien und in
' Grofsbritannien , und zwar hier nicht blofs in den Loe-
griern, sondern auch in dem grundstocke der Gaedhail oder
Galen. Zugleich trägt er auf sie die sonst — mit unzu-
reichenden gründen — behauptete Verwandtschaft der Ibe-
ren mit den Berbern über. Seine sätze und folgerungen hal-
ten wir überall, auch wo wir sie nicht uns aneignen mö-
gen, der beachtung werth. Dafs übrigens die Iberen mit
den Finnen nichts zu schaffen haben, und dafs jene, sowie
viele vorgeschichtliche Europäer, Dolichokephalen sind,
haben die neuesten forschungen erwiesen (vgl. pp. 232. 531).
In Irland werden wir, wenn auch späte, iberisch -baskische
einwanderungen nicht zurückweisen dürfen (vgl. p. 233).
Auffallend ist uns die vergleichung (p. 121) des skan-
dinavischen As (aus Ans!) mit dem indischen Asu, dem
anzeigen. 243
keltischen Esus und dem umbrischen Esun. Indessen
verwahrt sich der Verfasser p. 144 selbst, dafs seine Un-
tersuchungen über Esus keine eigentliche etymologie be-
gründen sollen. Der kymrische Hu durfte nicht (p. 151)
zugleich mit den sanskritischen stammen Su und Hu
verglichen werden. Bei dem Coifi, dem oberpriester der
North u m brer bei Beda (angeblich gaidelisch coibhi und
dergl., vergl. J. Grimm, d. mythologie s. 82) erinnert der
Verfasser p. 249 an den samothrakischen Kabirenpriester
Kotig, Koirtg bei Hesychios. Ebendas. gleicht er die Na m-
neten mit den Samniten Strabons und den Amniten
Dionysios des Periegeten. Seine vergleichungen der Si-
rona als mondgöttin p. 270 ff. und der Saroniden p.
298 ff. mit kymr. ser gestirne u. s. w. halte ich schon des-
wegen für unstatthaft, weil in jener alten zeit ohne zwei-
fei kymr. ser noch st er lautete (vgl. m. OriginesEuropaeae
no. 137). Gewagt erscheint auch die deutung der benen-
nung üagaairoi als einer ursprünglich keltischen (p. 334).
Für raeto- gallisch planarati u. dgl. (plaum aratri?)
p. 459 ff. II, 81 ff. erlaube ich mir zur ergänzung und viel-
leicht zur berichtigung auf meinen artikel darüber a. a. o.
no. 255 zu verweisen, wo noch Diez, etymol. Wörterbuch
der rom. sprachen 2. ausg. I, 28 ff. zuzuziehen ist.
Unsere wenigen aussetzungen mindern natürlich den
hohen werth des buches nicht, welches überdiefs vor vie-
len andern die klarheit, nettigkeit und Übersichtlichkeit
der anordnung und der ganzen darstellungsweise voraus
hat, die wir überhaupt nicht selten den Franzosen gegen-
über den Deutschen nachrühmen müssen.
Frankfurt a. M. im märz 1869.
Lorenz Diefenbach.
Altböhmisch vrtrati und altind. vrträ-.
Es kommt nicht selten vor, dafs Wörter und redewei-
sen, welche eigentlich dem heidenthume angehören, sich
16*
244 Burda
tief in die christliche zeit hinein erhalten haben, weil der
Zusammenhang derselben mit der mythologie nicht mehr
empfunden oder die bedeutung modificiert wurde.
Ein solches wort scheint nun das altböhmische ver-
bum vrtrati zu sein. Vor allem ist es aber nöthig, eini-
ges über die form dieses Zeitwortes vorauszuschicken.
Nach Schleicher, Comp. §. 176, 2; §. 179, 3 und §. 181
kann man für die altbulgarischen und mithin auch für die
böhmischen consonanten t, v, r dieselben laute als ursprüng-
lich voraussetzen, so dafs diegrundform des wortes vrtrati,
abgesehen vom infinitivausgang ati, die nämlichen conso-
nanten enthalten wird. Wie ferner aus einer anmerkung
auf 8. 18 desselben Werkes ersichtlich ist, kann im böhmi-
schen r (oder 1) durch vocalschwund selbst vocalisch wer-
den, d. h. mit andern consonanten ohne jeglichen vokal
Silben bilden. Z. b. mr-tvy (todt) ist nur im suffixe vom
altind. mr-tas verschieden, vrtrati ist ein abgeleitetes
verbum, wie z. b. die altbulgar. delati und glagolati.
Als nomen läfst sich zu vrtrati zunächst nur vrtrak
nachweisen. Aber neben zebrati (betteln) gibt es zwar
auch nur ein iebrak (bettler), doch liegt ein stamm ze-
bro- in zebro-ta (bettelei, vgl. altbulg. dobro-ta, ra-
bo-ta) deutlich vor. So kann man auch annehmen, dafs
vrtrati von einem nominalstamme vrtro- abgeleitet ist.
Was nun diesen erschlossenen nominalstamm vrtro- be-
trifft, so steht lautlich nicht das mindeste im wege, ihn
mit dem altind. stamme vrtra- zusammenzustellen. Fer-
ner ist noch die bedeutung von vrtrati bemerkenswerth.
Es bedeutet zumeist „aus Unzufriedenheit, aus Unwillen
murrend; doch ist aus vrtrak (ohrenbläser, verläumder) ,
und vrtra nie ( Schmähung, lästerung) ersichtlich, dafs es
neben „murren" auch „schmähen, lästern, verleumden" be-
deutete, d. h. es bezeichnete böse handlungen.
Wenzel Burda.
^/^
raiscellen. 245
Das litauische suffix -kla-.
Nesselmann führt im glossar zu seinem werke: die
spräche der alten Preufsen, das umschriebene perfectum
„ebsentli-uns assei" (du hast bezeichnet) an. Wenn man
in dem worte eb-sentli-uns von der praeposition eb und
dem suffixe des part. perf. act. -uns absieht, so bleibt der
verbalstamm *sentli- übrig, der doch nur einem abgeleite-
ten verbum auf urspr. aja angehören kann. Der nominal-
stamm aber, von welchem dieses verbum gebildet worden
war, ist wohl *sentla- = urspr. gantra-, abgeleitet von der
wurzel *sen (s wie tönendes slawisches z zu lesen, vergl.
litauisch zin-oti) mittels des Suffixes -tla- =» urspr. -tra-
(vgl. altindisch vas-tram, %v-t)*ov).
Mit diesem preufsischen stamme *sentla- nun ist der
litauische zenkla- in zenklas (zeichen) identisch bis auf den
umstand, dafs hier k für das ursprüngliche und zu erwar-
tende t steht. Dies erklärt sich jedoch so, dafs der Li-
tauer die für ihn schwer auszusprechende lautgruppe tl in
die bequemere kl übergehen liefs.
Uebergang von t in k in einer nicht beliebten con-
sonanteuverbindung steht übrigens auf dem gebiete des
slawoli tauischen nicht vereinzelt da. Denn das altlitauische
ordinale sekmas neben dem preufsischen septmas kann man
nur so erklären, dafs p ausgestofsen , t aber wegen des
folgenden m in k verwandelt wurde. Auch ein böhmischer
dialect zeigt kl für tl: z. b klustej, in der Schriftsprache
tlusty (dick) = altslov. tlüstyj ; ferner klouci, in der Schrift-
sprache tlouci (schlagen) = altslov. tlüsti, welches neben
dem regelmäfsigen tlesti vorkommt.
Man kann somit annehmen, dafs das litauische suffix
-kla- nicht nur in seiner function mit dem urspr. -tra*,
griech. -Tpo-, -täo- und slaw. -dlo- übereinstimmt, sondern
auch lautlich mit ihnen identisch ist.
Wenzel Burda.
«««
246 Baudouin de Courtenay
1) Nachtrag zu beitr. V, 209.
Im polnischen p6c (p6dz) (imperativ, geh) für und
neben pojo (pöjdz), pöd$ (sie werden gehen), pfyd§
(sie werden kommen) für und neben pöjdq, pfyjd$, ist
die eigentliche wurzel spurlos «verloren gegangen. Die
grün d form ist: 1) pojidji = po (präposition) -f-ji (wur-
zel) -f- d (wurzeldeterminativ) — | — j i (imperativzeicben);
2) po-r-ji-r-d-r-3, p f y -+- j i -H d -H ^. — In wes (wez)
(imperativ, nimm) zeigt sich die wurzel Jim nur noch in
der erweichung des auslautenden consonanten. Die grund-
form ist wez-jim-ji, und wirklich finden wir im älteren
polnisch wezm'i*).
2) Uebergang des i in u im polnischen.
Die participia praeteriti, jetzt das praeteritum bildend:
b'it (schlug), p'il (trank), rob'it (machte), kup'il (kaufte),
udaw7!! s$ (erstickte), nosil (trug), chodzil (ging), und
selbst gnil (faulte) u. s. w. werden von manchen b'ut,
p'ul, rob'ul, kup'ul, udaw'ul s$, nosul, chodzul,
gnul ausgesprochen**).
Umgekehrt sind die noch im 1 6. jahrh. vorkommenden
lutosc (mitleid), lutosciwy (mitleidig), lutowac s$
(mitleid haben) in litosc, litoSciwy, litowac s§ über-
gegangen. Daneben existirt heute ein anderes lutowac',
von dem deutschen löthen. — Das im 16. jahrh. vor-
kommende licem'ernicy (pharisäer, wörtl.: antlitzmesser)
erscheint im löten noch als lucem'ernicy; heute leben
nur einfaches lice, oblice (antlitz), Slicny (hübsch) und
pölicek (wange) mit ihren ableitungen. Von dem letzten
*) Ein beispiel, in welchem die wurzel aus tieftoniger silbe, ohne von
praepositionen gepresst zu sein, verloren gieng, ist mianowad nennen, alt-
bulg. imenovati von ime. = urspr. gnS-man. J. S.
**) Ist wohl nur Wirkung des 1, das hier wie ul gesprochen wird und
das vorhergehende i verdrängte, von dem nur noch die erweichung des con-
sonanten übrig ist: nosil, *nosiul, nosul. Sr.
miscellen. 247
worte wird in der warschauer gassensprache wurzelgemä-
fses primäres pölik gebildet*).
3) Zur geschichte der polnischen zahlworter.
In den polnischen denkmälern des 15. und selbst des
16. jahrb. lesen wir noch:
do p'^ci na sce (aus dzes^ce) lat, heute: do p'et-
nastu lat (bi3 zu 15 jähren), od dwu na See lat, heute:
od dwuna8tu lat (seit 12 jähren), jeden na sce zwo-
leniköf, heute: jedenastu zwoleniköf (11 anhänger),
jeden ze dwu na sce h. jeden ze dwunastu (einer
von 12), podlug dwanaäc'e gw'azd h. dwunastu (nach
12 sternen), dwa na See koronami h. dwunastu (mit
12 krönen);
f p'^tem na ce lece h. f p'etnastym (im lö.jahre),
f cfartem na ce lece h. f cternastym (im 14. jähre);
cfartego na sce dna h. öternastego dna (des 14. ta-
ges), p'^tego na sce dna h. p'etnastego dna (des 15.
tages); z w'inq p'etnadzesc'3 h. p'etnastq (mit der'
15. schuld);
we dwanastym kapitulum h. we dwunastym
(im 12. capitel).
4) pcola.
In einem polnischen denkmale des 15. jahrh. finden
wir noch den gen. plur. pcot (später pscot, der bienen),
aber schon neben dem instr. pscolam'i. — Im russischen
lebt bis jetzt peeta, und im böhmischen fcela (vcela
geschrieben).
5) slza.
In den polnischen denkmälern des 14., 15. und selbst
in denen des 16. jahrh. lesen wir noch nom. sg. slza (viel-
*) Altbulg. lice vultus, licemerü Simulator. Das u in lucem'er-
nicy kann nicht alt sein, sondern wird wohl seinen Ursprung irgend welcher
analogic oder falschen deutung verdanken. Sr.
248 Stokes
leicht nur so geschrieben) oder ziza, heute 'tza (thräne),
nom. pl. ztzy, loc. pl. w ztzach, gen. pl. zles u. s. f.
Wenn es je slza gelautet hätte, dann möfste dies wort
zweisilbig (sl-za) sein; denn in einer silbe geht s vor z
in z über. Wenn man ziza sprach, dann konnte es ent-
weder zweisilbig (zl-za) oder einsilbig (ziza) sein.
Das wort ziza lebt bis heute als pl. zolzy neben
ha, aber in anderer bedeutung: Iza ist thräne, zolzy
feifei, drüsen (pferdekrankheit).
Berlin, juni 1868.
J. Baudouin de Courtenay.
Addenda.
Beitr. V s. 310. 3. pers. plur. pan oa(n)t ouz e ren
dan marv wben they were dragging bim to the death
M. 123 a.
8. 325. part. praet. pass. aznat (cogneu, notus) Cath.
8. 328. inf. gouzout. Die ältere form gouzvout
findet sich im Catholicon: da gouzvout (gl. scilicet).
8. 335. 2. pers. sing, imperat. : crist haz-vez trugarez
ouzimp (Cr., ayez mercy de nous) Cath. s. v. Crist.
s. 337, secund. praes. 3. pers. sing, douque M. 28a.
s. 338. part. praet. pass. diouguet (gl. delatus) Ca-
tholicon: dizoen (= di-doen) gl. deferre ibid.
8. 344 antn. fuge hinzu altbreton. difeith in barb-
difeith rough-beard Cart. Roton. ed. de Courson.
8. 357. part. praet. groaet Cath. p. 81.
s. 361 z. 21 statt: dem armen manne lies: den armen
leuten.
Corrigenda.
Seit ich meine abhandlung über die mittelbretoni-
schen unregelmäfsigen verba (Beiträge V, 306) niederge-
schrieben, bin ich in den besitz von Lhuyd's Archaeo-
logia britannica (Oxford 1707) gekommen und fand darin
miscellen. 249
eine Übersetzung von Manoir's armorischer grammatik. Ma-
noir's anordnung der tempora des verbums ober (facere)
setzt mich in den stand formen, die ich (ohne grofses ver-
trauen) als secundäres praesens bezeichnet hatte (Beitr.
V, 354), an ihren richtigen platz zu stellen. Ich sehe jetzt,
dafs die formen guereu, guerue, gueure dem praeter-
itum angehören und 8. 351 (wo beiläufig für greomp im
paradigma gresomp zu lesen ist) hätten eingefugt werden
sollen, während die formen sing, grahenn, grabe, plur.
grahemp, grahech, grahent dem secundären futurum
oder, wie Manoir es nennt, dem optativ angehören. Die
formen guereu, guerue, gueure fecit (Manoir's e eure)
sind mir dunkel. Kann das' b im futurum grahenn u. s. w.
das ältere s vertreten, von dem wir im irischen so viel
beispiele haben? So in deuhymp (wir werden kommen);
ahy (er wird geben), ahimp, eheut, ahint; grohimp
(wir werden thun), greheut, grehint.
8.310 z. 28 für: vit", deandid lies sit", diand-id.
s. 325, z. 8 von unten für: lat. ad- lies: ate-.
Calcntta, Weihnachten 1868. Whitley Stokes.
Geehrter herr professor!
Ich beeile mich, Sie und unsere mitarbeiter an Zeit-
schrift und beitragen auf eine der wichtigsten entdeckungen
aufmerksam zu machen, die im gebiete der vergleichenden
mythologie in der letzten generation stattgefunden.
Am 25. Januar d. j. las Mr. W. Hennessey, bereits
durch seine ausgäbe des Chronicon Scotorum jedem celti-
schen philologen rühmlich bekannt, vor der irischen aka-
demie eine denkschrift über die weiblichen kriegsgotthei-
ten der alten Iren, im anschlufs an Pictet's aufsatz „Sur
une nouvelle d£esse Grauloise de la guerre". Revue Arch6o-
logique 1868.
Ganz neue, unerwartete, reiche ausbeute, fernsichten
250 Lottner, miscellen.
in das indogermanische alterthum, fernsichten in die inter-
nationalen Verhältnisse der Germanen und Celten in romi-
scher zeit eröffneten sich, und auch die einsieht, dafs zwi-
schen Norwegern und Iren noch ganz andere dinge als
pfeilschüsse gewechselt worden sind, nämlich ideen, noch
ganz andere töne erklungen sind, als schwerterklirren, näm-
lich gesänge hinüber und herüber.
Die abhandlung hrn. Hennessey's ist leider für einige
zeit noch dem drucke entzogen. Ich will in der kürze
auf die wichtigsten punkte im voraus die aufmerksamkeit
richten. Es sind die folgenden:
1 ) Es gab gewisse irische kriegsgöttinnen, deren namen
verschieden angegeben werden.
2) Einer dieser namen ist Bad b Catha, was allem an-
scheine nach mit dem restaurirten Cathubodua
dergallischen von Pictet behandelten inschrift iden-
tisch ist.
3) Andere geläufige namen sind: Neman, Morriga,
Ana, Be-Neit.
4) Gewöhnlich erscheinen diese genien zu drei, wenn
sie nicht ganz allein auftreten.
5) Nicht selten ist eine derselben einem helden speciell
als schützerin und braut zur seite gestellt.
G) Sie erscheinen oft in vogelgestalt, und heifsen dann
eines speciellen helden „bird of valour" (Hennes-
sey's ausdruck).
7) Wo diese gestalt specieller angegeben ist, ist es eine
krähenart (sealderow, roystering crow).
8) Wenn das Schicksal den helden ereilt, verlassen sie
ihn mit schmerzen.
Jedermann sieht und auch dem Scharfsinne herrn Hen-
nessey's ist das natürlich nicht entgangen, dafs wir hier
das genaue gegenbild der germanischen Valkyrjen haben.
Selbst die krähengestalt wird in der Völsungasaga aus-
drücklich erwähnt.
Ich werde seiner zeit genaueren bericht über diese
höchst merkwürdige entdeckung erstatten. Was ihr aber
Nachruf. 251
mehr werth giebt als alles andere, ist, dafs aus gelegent-
lichen änfserungen in hm. Hennessey's abhandlung sieh klar
ergiebt, dafs noch ganz ungeahnte mythologische schätze
in den irischen handschriften stecken, die der genannte
hoffentlich heben wird.
Ich glaube es der Wissenschaft schuldig zu sein, auf
einen so bedeutenden fund aufmerksam zu machen, da
geraume zeit bis zur officiellen Veröffentlichung vergehen
konnte.
Dublin, 7. april 1869. C. Lottner.
Nachruf.
August Schleicher,
geboren den 19. februar 1821 zu Meiningen, gestorben den
6. december 1868 zu Jena.
Hie est üle situs cui nemo civis neqae hostis
Quivit pro factis reddere opis pretium.
Vor wenig mehr denn Jahresfrist ward der Sprachwis-
senschaft ihr begründer entrissen, und schon stehen wir
wieder an einem frischen grabe. Bopp war, wie wenigen,
das glück beschieden seine mission ganz zu erfüllen, er
gieng zur ewigen ruhe ein, nachdem er den grofsen ge-
danken seines lebens verwirklicht und ihm allgemeine an-
erkennung errungen hatte. Er hat eine Wissenschaft hin-
terlassen, deren grundlagen durch ihn für alle zeiten sicher
gestellt sind.
Schleicher ist vom plötzlichen tode mitten aus frucht-
barem schaffen hinweggerafft worden voll von entwürfen
zu rastloser arbeit, ohne vollenden zu können was er als
das hauptwerk seines lebens betrachtete* Wohl ist ihm
ein beneidenswerthes loos gefallen im Vollgefühle der kraft
noch auf dem wege zum gipfel des ruhmes abgerufen zu
werden, die aber, welche gleiches strebens die von ihm
25*2 Nachruf.
gebrochene bahn verfolgen, empfinden schmerzlieh den ver-
tust des führers, dessen vorbild sie anfeuerte und dessen
Zuspruch sie stärkte.
Schleicher hat sich nicht ausgelebt, und doch was hat
er geleistet! Mit ausnähme der etymologie gibt es kein
gebiet der Sprachwissenschaft, welches nicht durch seinen
Scharfsinn wesentlich gefördert ist.
Wider willen war er zum Studium der theologie be-
stimmt, doch sein reger geist war nicht geschaffen sich
einem' starren dogma zu unterwerfen, fühlte sich vielmehr
zur philosophie hingezogen. Auch die Hegeische lehre
vermochte den nach sicherer, objectiver erkenntniss stre-
benden nicht dauernd zu befriedigen; er gieng in die schule
strenger philologischer kritik und wandte sich, in ihr me-
thodisch gebildet, dem theile der philologie zu, welcher
der subjectivität am wenigsten Spielraum gestattet, der
grammatik. Dies war das feld, auf welches ihn neigung
und ungewöhnliche begabnng gleichmäfsig hinwiesen; dafs
er nicht alle theile desselben mit gleicher lust angebaut
hat, lag tief in seiner natur begründet. Ueberall suchte
er das gesetz der entwickelung, welches die persönlichem
willkür des forschers ausschliefst, den labyrinthen der ety-
mologie war er daher nie hold, sie bot ihm nicht genü-
gende bürgschaften ihrer ergebnisse, welche selten noth-
wendigkeit, meist nur möglichkeit für sich beanspruchen
können; oft genug hat er sich geringschätzig über sie aus-
gesprochen. Um so eifriger widmete er seinen fleifs den-
jenigen seiten der Sprachwissenschaft, welche, weniger dem
individuellen ermessen anheimgegeben, in sich selbst ein
regulativ gegen den irrthum tragen: der lautlehre, stamm-
und Wortbildung und der morphologie. Was Bopp in gro-
fsen zügen angelegt hatte, ist nicht zum wenigsten durch
Schleicher weiter ausgeführt, schärfer gefafst und berich-
tigt worden. Aber nicht die resultate allein, zu welchen
er auf diesen gebieten gelangte, haben sein ansehen be-
gründet, sondern vor allen dingen die art, wie er sie ge-
wann und die gewonnenen der Wissenschaft einzuordnen
Nachruf. 253
verstand. Schleicher besafs ein glänzendes organisatori-
sches talent. Wenige Wissenschaften bringen ihre jünger
so sehr in gefahr auf unermesslichem meere die richtung
zu verlieren, wie die Sprachwissenschaft. Dem vorgebeugt
zu haben ist Schleichers nteht geringstes verdienst. Er
ist es, der die Sprachwissenschaft in ein System gebracht
und die fülle des Stoffes unter feste, aus der natur der
sache selbst geschöpfte gesichtspuncte geordnet hat. Mu-
sterhafte klarheit und methode haben seinen arbeiten einen
so durchgreifenden einflufs verliehen.
Mit der beherrschung des ganzen und der erkenntniss
des allen indogermanischen sprachen gemeinsamen verband
er einen scharfen blick für die eigen thümlichen charakter-
züge der einzelsprachen, welchen er stets gerecht wurde.
Er bekannte es gern, dafs er ein sclave der lautgesetze
wäre, welche er bis ins einzelste beobachtete, verlor aber
dabei nie das grofse ganze aus dem äuge. Gleichweit ent-
fernt von einer aufgezwängten teleologie wie von einem
rath- und ziellosen untergehen im Stoffe, vom idealismus
wie vom materialismus, strebte er stets das eigenthümliche
wesen der erscheinungen zu erfassen und das in ihnen wir-
kende gesetz zu ermitteln. Hierbei kam ihm seine frühere
philosophische schule zu statten. Das, wodurch Hegel
einen nachhaltigen befruchtenden einflufs auf die neueren
Wissenschaften geübt hat, ist dafs er den begriff der ent-
wickelung in den Vordergrund gerückt hat. Die organi-
sche entwickelung in ihrer continuität, ohne Sprünge, nach
inneren treibenden Ursachen, ist der leitstern, welchem
Schleicher bei allen seinen Untersuchungen gefolgt ist.
Streng hielt er darauf, dafs man nicht gesetze, welche in
früheren perioden des sprachlebens wirkten, unbesehens
auch auf spätere übertrüge oder umgekehrt. Hiermit hängt
zusammen, dafs er die Verwandtschaft der indogermani-
schen sprachen auf einen rationalen ausdruck zu bringen,
d. h. ihren Stammbaum festzustellen und die Ursprache zu
reconstruieren suchte. Mögen auch manche der hier ein-
schlagenden fragen noch nicht endgiltig gelöst sein, so ge-
254 Nachruf.
bührt doch Schleicher das unstreitige verdienst sie ange-
regt und künftiger forschung ihre bahnen vorgezeichnet zu
haben*). Nicht genug, dafs er die Verwandtschaft der in-
dogermanischen sprachen genau zu bestimmen unternahm,
wies er auch unserem ganzen sprachstamme seinen platz
in der sprachenweit an und entwarf nach mafsgabe des
morphologischen baues die grundzüge eines natürlichen Sy-
stems der sprachen. Dies System wollte er zugleich als
die einzig würdige Classification der menschheit betrachtet
wissen, für welche er mit recht forderte, dafs man sie
nicht wie die der thiere nach leiblichen merkmalen auf-
stellte sondern nach dem eigentümlich menschlichen, d. h.
eben nach der spräche.
Erhob sich so sein geist zu den höchsten und weit-
grcifendsten aufgaben menschlicher Wissenschaft, so ward
er doch nie müde die anscheinend trockensten Untersuchun-
gen der lautlebre mit gewissenhafter Sorgfalt und nüchtern-
heit zu führen. Und unter seiner behandlung blieb nicht
leicht etwas trocken, überall wufste er das wirkende gesetz
herauszufinden und den Stoff sachgemäfs zu ordnen. Am
glänzendsten bewährte sich sein beobachtungstalent und
seine gestaltungskraft auf dem felde der slawolettischen
sprachen. Seine litauische grammatik wird lange zeit die
grundlage für das Studium dieser spräche bleiben. Auch
das slawische ist hauptsächlich durch seine formenlehre
des altkirchenslawischen den blicken der Sprachforscher
näher gerückt worden. Leider sollte er die vergleichende
grammatik der slawischen sprachen, welche er als die
hauptaufgabe seines lebens betrachtete, nicht vollenden.
Einen theil derselben, vielleicht den schwierigsten, hat er
zum drucke fertig hinterlassen, die grammatik des jetzt
verschollenen polabischen, von welchem nur dürftige und
*) Die möglichkeit, ein bild der Ursprache zu entwerfen, findet sich
zuerst angedeutet in Schleichers formenlehre der kirchenslawischen spräche
s. 4. Befremden mufs es, dafs an einem orte, wo die männer erwähnt wer-
den, »deren arbeiten auf die auf hellung des zustandes des indogermanischen
volkes vor seiner trenn ung gerichtet sind", Schleichers name fehlt.
Nachruf. 255
sehr entstellte aufzeichnungen unkundiger auf uns gekom-
men sind. Hier gab es eine arbeit, wie sie Schleicher zu-
sagte und der wenige aufser ihm gewachsen waren : es galt
den Worten und Sätzen, welche deutsche, der spräche nicht
mächtige aufzeichner nach mangelhaftem gehöre aus vol-
kesmunde aufgeschrieben haben, ihre wahre gestalt zurück-
zugeben. Schleicher hat wiederholt diese polabische gram-
matik sein bestes werk genannt. Die übermäfsigen an-
strengungen, welchen er sich unterzog um es zum abschlusse
zu bringen, haben seine gesundheit so untergraben, dafs
sie dem anfalle einer lungenentzündung nicht mehr wider-
stand leisten konnte. Wenige tage vor seinem tode war
er noch mit der Vollendung des manuscriptes beschäftigt.
So schlofs ein rastlos für die Wissenschaft wirkendes
leben mitten im besten schaffen. Was wir an ihm verlo-
ren haben, darüber herrscht nur eine stimme. Nicht nur
aus ganz Deutschland, aus fast allen ländern Europas hat
man den hinterbliebenen die aufrichtigsten und zartesten
beweise der werthschätzung des verstorbenen und der trauer
um seinen tod dargebracht.
Schleicher war eine natur von bewundernswürdiger
kraft und rücksichtsloser aufrichtigkeit. Was er als wahr
erkannt hatte, danach handelte er gewissenhaft, und das
verkündete er, unbekümmert ob es ihm bei anderen scha-
dete oder nicht. Nicht geschaffen zu concessionen an
herrschende von der seinigen abweichende meinungen zwang
er jeden, der mit ihm in berührung kam, für oder wider
ihn partei zu ergreifen. Dabei war er weder intolerant
noch suchte er anders denkende zu seiner meinung zu be-
kehren: „ich kann ja nicht verlangen, dafs alle menschen
mir gleich organisiert seien", diese äufserung konnte man
off aus seinem munde vernehmen. In stiller zurückgezo-
genheit lebend war er schwer zugänglich. Wem es aber
gelungen war ihm näher zu treten, der konnte keinen treue-
ren und aufopfernderen freund finden als ihn.
Für seine schüler war ihm keine mühe zu schwer,
keine zeit zu kostbar. Stets war er für sie zu sprechen,
256 Nachruf.
mochte er in seinem garten arbeiten oder, was er in den
letzten jähren oft tage lang hintereinander trieb, mit mi-
kroskopischen pflanzenunter8uchungen beschäftigt sein, oder
am schreibpulte schaffen. Wer das glück hat sein schüler
gewesen zu sein, kann ihn nie vergessen.
Alles was er war . und wufste durch eigene kraft er*
zielt zu haben, mufste dem manne ein stolzes bewufstsein
geben. Niemals aber ward dies berechtigte Selbstgefühl
zur Selbstüberschätzung, vielmehr bewahrte der schlichte
mann eine fast beispiellose bescheidenheit, verbunden mit
dem dränge nach immer höherer Vervollkommnung. „Ich
habe mein ganzes leben hindurch nach klarheit gestrebt,
und es soll ja alles noch viel, viel besser werden ", waren
die letzten worte, welche er, aus fieberträumen noch ein-
mal zu sich kommend, sprach.
So lange der narae Bopp lebt, wird Schleicher sei-
nen platz neben ihm behaupten.
Johannes Schmidt.
Pott, die partikeln skr. gha, ghä, ha and hi ; zend. zi etc. 257
Die partikeln skr* gha, ghä, ha und hi; zend. zi;
griech. yd, y£\ lith. -gi, slav. ze u. s. w.
Ein etymologisch- syntaktischer versuch.
Von besonderer Wichtigkeit ist unstreitig die partikel
gha und ghä Benfey, gloss. 8. 63, vedisch für später
daraus entstandenes ha und ha s. 266, aber hi (denn) 207.
Dazu gha pet. wb. II, 869. Was Benfey über deren Ur-
sprung vermuthet: „wahrscheinlich alter adverbial gewor-
dener instr. des pron. gha = lat. ho [d. h. in hun-c,
ho-c, hör um u. s. w.] vgl. griech. wz. lex. II, 187", könr
nen wir, als zu nichts führend, auf sich beruhen lassen.
Das sanskrit kennt einen derartigen pronominalstamm nicht,
und aufgehellt wird das wort damit nicht im mindesten.
Wirklichen belang haben jedoch Benfey's weitere bemer-
kungen: „dient zur Verstärkung; hinter pron. der 1. pers.
vajam gha (rjftelg ys). Sa ghä 6 ys. Hinter ä [präp.
zu, bei; adv. herbei]; äd [darauf] mit nächst, id; hinter
Kid [urspr. quid, indef. machend: irgend u. s.w.]; hin-
ter jad vä [jenes o, was; dieses lat. -ve, oder]; hinter
adj. — Desgl. ha und hä, geschwächtes gha = griech.
yi. Verstärkend (Seh. eva, khalu, aber nach Nir. I, 9
vinigrahärhlja vergl. Windischm. Sank. 73). Hinter pron.
interrog.; hinter tvam [vergl. <svya\, hinter jad [o]u. —
Im pet. wtb. : „gha enkl. part. der hervorhebung: we-
nigstens, gewif8,ja; meistens nicht zu übersetzen, ana-
log dem griech. ye. Im Rigveda häufig, sonst nur sehr
selten vorkommend. Erscheint oft in verb. mit andern
partikeln verwandter bedeutung, namentlich nach Kid;
uta; vä und vor id. Man kann folgende Stellungen des
gha als die gewöhnlichsten hervorheben: I) nach pron.
am anfange eines päda: sa ghä nö yöga (lok.) ä bhuvat,
sa räjö sa purandbjäm Rv. I, 5. 3 [was Rosen übersetzt:
Iß utique (d. i. Indras) nobis acquirendi causa adsit, is
divitiarum causa, is propter omnigenam sapientiam.] Im am
ghä; asja ghä; tava ghä u. s. w. 2) nach präpp. am
Beiträge z- vgl. sprachf. VI. 3. 17
258 Pott
anfange eines päda: upa, anu, ud, vi, ä, pra. 3) nach
der neg. na. — Nicht selten erscheint die part. im nach-
satz eines bedingungs- und relativsatzes".
Man hat nun längst erkannt, mit obiger partikel müsse
yk und yd Ahrens, Dor. p. 115 im wesentlichen gleich
sein. Man nehme nur die gut zum sanskrit stimmende
verb. mit dem pron. dor. eyco-ya und tycov^ya (ohne assim.
des v), tarent. kytov-r\ (s. ah am mit ?;, vero, gls. ego vero,
equidem?), rvya ib. p. 248, hydv-ya 251. Desgl. böot.
Sotv-ya, falls der asper richtig ist, Ahrens Aeol. p. 206,
tovya 207. In gewöhnlicher rede tywys, kpovys, ^uoiys,
avye, Tovroys, bei Epikern oye Buttm. ausf. gramm. §. 72
anm. 4 und §. 80. 2. Etwa auch ksl. az ze, tu ze, on
ze, oni ze, ego autem, tu autem, ille autem, illi autem
bei Dobr. Inst. p. 448? Abschwächung von a zu e kann
keinerlei bedenken erregen, zumal sich in ehe, dor. aha
(a sogar lang) ein analogon zeigt. Vergl. zeitschr. V, 64.
Gesucht hat man die partikel auch in dem sonderbaren
ausgange des germ. acc. sg., goth. mi-k, thu-k, si-k,
mich, dich, sich, was sowohl nach sinn als form angienge,
indem das sanskrit auch die enkl. formen mä, tvä (me,
te), gr. (w£, rö, g (se), hat. S. Westphal in zeitschr. II, 177,
Bugge IV, 243. Auf blofsem zufall mag es beruhen,
wenn der Serbe einigen casus der pron. die silbe ka, kar
und karena, z. b. menika, tebika u. s. w., anhängt.
Grimm gramm. s 57. — Mit recht aber verwirft Schwei-
zer zeitschr. II, 372 die von Benfey versuchte gleichung von
unserem gha, yd mit lat. hi-c, illi-c, isti-c (nebst
ecce, nun-c, tun-c: tum, si-c) zu eis, £x£7, welche,
abgesehen von der lautschwierigkeit, auch dem sinne nach
fern abliegen. Das lat. -ce hat eine örtlich hinweisende
bedeutung (der da, jener dort, wie der seblufs in 6J-e
u. 8. w.), was aber von oys zu behaupten aller Wahrheit
gröblich widerspräche. Vgl. Härtung, gr. part. I, 408 z. b.
aus II. 6, 303 ftiiya Hgyov^ 6 y* ov Svo avSQS (pigoiev so
grofs, dafs, quod quidem u. s. w. (formell wie im skr.
gha hinter ja dl). Dagegen II. u, 286 o ov Svo y AvSqb
die partikeln skr. gha, gha", ha und hi; zd. zi etc. 259
cpipoisv, wo das tongewicht vielmehr auf die zweizahl, ne
duo quidem, gelegt worden. — Lottner will aus der ge-
stalt ye neben lyoi, 8. aha in, dessen h mit aller gewalt,
jedoch durchaus unwahrscheinlich, aus gh entstanden sein
soll (als „Sprecher" vermuthlich zu s. äha, d. i. ait, 17)
u. s. w., wie überhaupt aus dergleichen lautveränderungen,
etwas verfröhete folgerungen für Völkergeschichte ziehen,
während sich Kuhn 11,270 mit bezug auf ah am skepti-
scher verhält. — Wer übrigens von dem weiten syntakti-
schen gebrauchsumfange von ye näheren aufschlufs wünscht,
den verweisen wir auf Härtung, griech. partikeln I, s. 344
bis 416, wo freilich alles, was zu vermeintlicher etymolo-
gischer aufbellung von ye gewagt worden, längst von der
Wissenschaft überholt ist. jH, sowie ayav, ja sogar das
mit Std (eig. acc. pl. von der zahl zwei, vgl. tqio) in seinem
intens, gebrauche (durchweg, durchaus) gleiche £«-,* mit
s. saha in Verbindung bringen zu wollen, was H. s. 228.
350 versucht, konnte dieser um so weniger vor sich recht-
fertigen, als er selbst in dem h von saha einstiges dh ver-
muthet, welches doch auch nicht mittelbar — durch h hin-
durch — zu y oder zu £ zu werden vermöchte. Man mufs
diese ansieht vollends fallen lassen, seitdem in den veden
(8. Benfey glossar 8. 190) mehrere compp. mit 8 ad ha,
zd. hadha, bezeugt sind. Ob übrigens äyav, in compp.
blofs aya- (äyd&eog, rjya&sog, etymologisch verschieden
£d&eog)) sei es nun mit wegfall von i>, wie IdrXayevTjg^
oder weil v dort aecusativendung, mit unserem gha =
ye sich irgendwie berühre: ist mehr als zweifelhaft. Lith.
ganä genug, lett. gan (ganna) genug, vollständig (als
part. gan, gana wohl, zwar, Bielenstein lett. grammatik
s. 408) bietet wohl nur den äufseren schein einer Ver-
wandtschaft. Sonst müfste in äyccv der nasal wurzelhaft
sein. — Hievon abgesehen findet sich in Hartungs dar-
stellung von der part. ye, so viel ich einsehe, nichts, was
dem nur vielleicht um vieles engeren und minder ausge-
bildeten gehrauche des indischen gha und ha wider-
spräche. So wird z. b. 8. 348 gesagt: „Wie nahe uiv und
17*
260 Pott
yi sich stehen, hat man allgemein gefühlt und erkannt,
ohne noch zu wissen, dafs in der lat. spräche yi, d. h.
qui-dem [nach meiner meinung nicht vorn mit yi Hart.
8. 354, sondern aus quid mit dem, wie das neutr. i-dem],
wirklich für das synonymum eintrete, und die beiden äm-
ter, welche im griechischen getheilt sind, zugleich ver-
walte. Derjenige unterschied, welchen man gewöhnlich
angiebt, dafs piv den satz, yi einzelne Wörter angehe, ist
unwesentlich [doch wohl nicht so ganz, zumal ja die ent-
sprechende indische pari zur hervorhebung einzelner Wör-
ter dient], und, so gefafst, nicht einmal richtig. In der
bedeutung beider Wörter herrscht kein anderer, als der,
dafs bei piv auf die Wahrheit und gewifsheit [?], bei yi
auf die stärke und Überlegenheit der sache getrotzt
wird". Und ferner: „//«(> bezeichnet den umfang [ver-
möge seiner kürzung aus neqi, s. meine präpp. s. 489],
yi die überlegene kraft und stärke, niq nimmt die sache,
so weit und breit, yi, so fest und tüchtig sie ist.
Will man die grundbedentung des yi noch sinnlicher, d. h.
räumlich fassen: so bezeichnet es die Verdichtung, so
wie niQ die ausbreitung. Das gedrungene ist nicht mehr
zu beengen, und macht die feindlichen angriffe von sich
abprallen: ferner ist das intensive nachdruckvoll und ge-
wichtig, schliefst emphasis, auszeichnung und her-
vorhebung ein". Ueber restriction (vergl. z. b. skr.
khalu, womit ha erklärt wird) s. 346. Wenn man scher-
zen wollte: nicht wahr, da könnte man gelegentlich von
gha an s. ghana (fest zusammengeschlagen) compact, fest,
hart, und zwar um so eher mit einigem scheine erinnern,
als von der gleichen wz.han auch gha schlagend, tödtend
vorkommt? — In Lassen's Anthologie: Ha part. vocabuk)
antecedenti vim addens, yi, postmodum ad versum explen-
dum inaniter addita; inpr. perfecto. Sodann: Hi part.
enim, nam. Ab initio propositionis aliena est et primum
aut plura vocabula sequi tur. Saepius ponitur ni^Rajena,
ut Indorum grammatici loquuntur: ad affirmationem et
confirmationem de re gerta aut nota (ja).
die partikeln skr. gha, ghf> ba und hi; zend zi etc. 261
Die neg. na, lasen wir oben, kommt mit gha vor.
Auch giebt das pet. wb. unter na an: „die verb. na ha
bewirkt, dafs das verbum finitum seinen ton bewahrt, wenn
unter der form einer in der zukunft negirten thätigkeit ein
verbot ausgesprochen wird. Pan. 8, 1,31 na ha bhök-
äjas$, na hädhjöäjase 8. v. a. Du wirst nicht essen,
du wirst nicht lesen, das 6age ich dir in allem ernst*. Aehn-
lich das yi in ausrufen, welcherlei auch die stelle eines
befehles oder Wunsches vertreten können. Härtung s. 372
z. b. II. x, 235 pr]d& Cvy xaklaineiv, dafs du nur ja
nicht. "£a ye Tavra, o lafs das! Weiter vergl. Härtung,
wo er, nachdem von dem zusatze des yi zu person-
lichen fürwörtern und demonstr. um des contra-
stes willen die rede gewesen r s. 369 bemerkt: „die part.
tritt in diesem sinne sowohl hinter confirmativen part. als
auch hinter den negg. ovx und fiij nicht selten ein". Es
habe aber Nägelsbach Comm. de part. ye usu homerico
p. 18 gezeigt, die negation mit ye hinter sich besage so
v^el als ne — quidem. Ovdi . . . ye und pi]öi . . . ys 8.399. —
Es fragt sich nun, ob wir nicht auch anderwärts einer
dem s. gha entsprechenden part. begegnen, und wollen wir
zunächst einige gerade mit negation verbundene anhängsei
ins äuge fassen. Da haben wir also vor allem im altn. die part.
gi9 die nach t und s (vermöge der härte dieser laute) ki
lautet, nur als sufBx vorkommt und verneinende kraft
hat. Grimm III, 33. Sie wird an partikeln, nomina und pro«
nomina (nie an verba) gehängt. Sv&gi (ita non), thägi
(tum non), aevagi (nunquam); thö (tarnen), theigi,
theygi (non tarnen, neutiquam); ülfgi (lupus non); tbatki
(id non). Besonders eingi, eingi, ecki (in letzterem as«
8imilation von t) nullus u. s. w. An und für sich, d. h.
aufser verb. mit der part. ni, ohne welche sie selten vor-
kämen, verneinten sie freilich der strenge nach nicht, so
wenig als frz. jamais, rien und dergl. limitative ausdrücke
(s. et. forsch. I, 345 ff). So komme hvatki för quidquam
(nicht nullum), hvargi für ubique (nicht nusquam)u. s.w.
vor. Wegen des n jedoch in ahd. und alte, huer-gin
262 Pott
(irgend, mit schmarotzerischem d) macht Grimm s. 32 den
ausgang einer berübrung mit gotb. hun, z. b. ainshun
(ullus) verdächtig; und scheint auch der schlufs in ags.
hvägu, nach Grimm s. 30 mit gu aus ju (quondam), im
sinne von je, irgend, nicht etwa mit lith. gu, z. b. in
argu vergleichbar. Woher Bugge zeitschr. IV, 243 sein
gham [doch nicht etwa die interj. harn?] haben will für
gha, weifs ich nicht, und kann es deshalb nicht zur aufklä-
rung von ahd. huer-gin dienen. Vollends nicht, wenn
goth. mi*k = fy*«- ye9 thu-k cfiys Od. I, 386 sein sollte.
Deshalb möchte ich auch nicht altn. hvargi mit Mikl.
lex. p. 192, mindestens ohne das bekenntnifs einigen Un-
glaubens, zu ksl ze halten. Uebrigens hat man doch auch
guten grund, nicht ohne weiteres das schlufsglied in ahd.
huer-gin mit -hun gleich zu achten. Letzteres hält man
am besten für gleich mit goth. hvan (tiotb wann? aber
auch indef. noxk, je wann, einmal), indem u aus va, wie
so oft im sanskrit, wurde. In ni hvanhun, niemals, wäre
demnach ein zweimaliges hvan zu finden, obschon nicht
von gleicher würde. Hvar, ahd. hwär ist nov, wo =
lith. kur, wie kuris, kur's, io m., kuri, kurri, ios f.
Pron. rel. und interr. (welcher, welche) sogar bis auf die
endung zu goth. hvarjis welcher (von mehreren) stimmt.
Das u in lett. tur (dort, da, dahin), sur (her, hieher) ist
vielleicht nur durch die macht einer falschen analogie aus
kur hineingekommen. Vergl. goth. thar daselbst, txei.
Wie sollte aber in ahd. hwer-gin (usquam) oder gar in
altn. hvar-gi (ubique) — wenn schon die ähnlichkeit mit
lett. kur-gi, wo denn? vielleicht auf blofser täuschung be-
ruht — die grofse Verschiedenheit ihres ausganges mit ahd.
h wanne und hwenne (quando) in einklang gebracht wer-
den dürfen, vollends wo das altn. filr die letzteren kein
entsprechendes wort kennt? Sonst ist -cunque in qui-
cunque, quandocunque (wann immer) eine bildung aus
quisque nach dem muster von quum als neutr. accusa-
tiv, gleich ipsum. Wenn aber goth. hvan accusativisch
steht: so gilt mindestens sein n nicht dem in in quum
die partikeln skr. gha, ghä, ha und hi; zend. zi etc. 263
gleich, weil flexivisches m im gothisehen stets abgefallen
ist. Eben deshalb aber ist das -gin auch nicht mit skr.
kirn vergleichbar, woher kin-Kit, was irgend.
Im lithauischen haben wir dagegen eine enkl. -gi,
welche freilich ihres i wegen nicht zu gha passen will,
dürfen wir es . anders nicht für noch weitere abschwä-
chung des e in ksl. ze J£, vero u. s. w. a. a. o. ausgeben.
Das sanskrit besitzt aber, aufser gha, ha, auch noch eine
zweite part. hi (denn), welche et. forsch. I, 405. WWb. I,
567 in ernstlichere erwägung genommen worden, zu wel-
cher jedoch lith. -gi (man erwartete Zischlaut) und griecb.
yt sich minder gut schickten von Seiten des lautverhält-
nisses. Diesem hi entspricht übrigens genau zd. zi, zi
1) nam, enim, 2) certe. Meist nach dem ersten wort des
satzes (also mit ähnlicher Stellung, wie s. gha) und en-
klitisch. Vergl. Dorn Bulletin Tme XVI, p. 10, sowie
Justi s. 125. Trotzdem aber, dafs y-ccQ (denn) gleichfalls
enklitisch steht und das ye in sich enthält — s. auch Dö-
derlein über yotQ beim Hom. in einer gratulationsschrift
an Thiersch — : würde man gleichwohl anstand nehmen
müssen, etwa in seinem y das s. hi zu suchen, und zwar,
da vai-yi, oi)-%i (etwa selbst nctyx1 un(^ nc*/'Xvi g&nz und
gar, mit gekürztem ndv?) augenscheinlich besser zu dem
hi, z. b. in na-hi ja (unbetont) nicht, denn nicht;
gewifs nicht, durchaus nicht PWb. IV, 86 stimmen.
Aber mit nahi kommt im Schlüsse, denke ich, ebenso
wenig überein lith. Nesselm. s. 418. nei-gi (wie es scheint,
blofs verstärktes ney, nicht, auch nicht, nicht einmal)
nicht einmal, auch nicht. Neigi kur(kur,wo? vgl.
damit das 1. glied in nord. hvar-gi). Vgl. Eur. Iph. A. 9:
ovxovv (pfroyyog y (ne vox quidem) oiV oQvidwv Ovre
\}a?.ccGGrjQ' tiiycci d* äviuwv Tovöb xar EvQmov i^oviSiv.
Net und netigi, wenn nicht, womit sich serb. niti we-
der, noch Grimm gramra. s. 102 mindestens äufserlich be-
rührt. Oder darf man, dem zd. Zischlaute in zi (z = s. h)
zum trotz, gleichwohl das h in s. hi als aus gh ausge-
kernt betrachten? Das slawische z in ze entsprang unter
264 Pott
einflute des e aus g, während s. h zu seinem Stellvertreter
nicht z (frz. je), sondern z (nach franz. ausspräche) im sla-
wischen verlangen würde. Es besitzen die Slawen wirk-
lich eine part. -zi, 8. später.
Im lithauischen haben wir als enklitische fragepartikel
-gu, wovon sich aber doch fragt, ob sie nicht eigentlich
zum zweck habe, auf ein wort den nachdruck zu legen,
um durch dieses mittel etwas als fraglich hinzustellen.
So steht sie, gerade wie -;a, -y«, an pronn. angefügt, z. b.
in: Aszgu, ich etwa? Tugu ((Tvye?) eisi, wirst du ge-
hen? Tngu tas wagis? Bist du der dieb? Ansgu ist
es jener? Ferner ar-gu seltner als ar-gi ob denn? z. b.
argi jis yra ist er es denn? Argi turrejo hat er es
denn gehabt? Aus ar, fragpart bei direkten und indirek-
ten fragen, Kesselmann s. 8, wie auch lett. ar, z. b. Ar
winä nahks? Wird er kommen? Sonst hat Stender lett.-d.
wb. s. 90 auch irrag? anstatt arrig (g durchstrichen)
irr? Ist er? hat er? (eigentlich Estne alicui?). Bielenstein
lett. spr. II, 8. 342, dessen vergleichung mit aga statt r\
aqa freilich kaum zutrrfft. Doch aqä ye tQcoräg ^us, si —
das heifst, du willst7 wissen, ob. Xen. Mem, III, 8, 3, vgl.
Hart. 8. 395. Ar, arri, arridsan, auch, scheint zwar
der präp. ar, mit, identisch, sonst aber davon verschie-
den. — Hiemit wollen wir nun die ausfährungen von Bie-
lenstein (Lett. spräche bd. II, §. 625. Lett. gramm. §.834)
verbinden. „Zur nachdrücklichen hervorhebung einzel-
ner satztheile", bemerkt nämlich dieser, „dienen im letti-
schen einige kleine partikeln, die tonlos den betreffenden
Wörtern suffigirt werden. Es sind namentlich 1) -gu, -gi
(g durchstr., d. h. mouillirt), -g'; 2) -schu (seh mit der
ausspräche des weichen franz. j), 3) -le, -lei, 4) -ba.
Die erste reihe entspricht der lith. veralteten fragepart. -gu,
vgl. gale-gu kannst du? und dem lith. hervorhebenden
-gi, vergl. kas-gi wer? Im lettischen ist -gu, -gi (g
durchstr.) als fragpart. jetzt veraltet, vgl. wari-g, kannst
da? ira-g, ist auch? jau-g' schon (bei Marcelius in fra-
gesätzen); ne-gi (g durchstr.) nicht, ob nicht? in fragen,
die partikeln skr. gha, ghä, ha und hi; zend. zi etc. 265
die eine bejahende antwort erwarten lassen. Z. b. Neg'
(durchstr. g) es sazziju? sagte ich es nicht? — Wie das
lat. -que (auch hervorhebend, z. b. in quis-que) im lauf
der zeit copulative bedeutung erhalten, so auch das
lett. gi (g durchstr.) in ne-ds — ne-ds weder — noch,
welches noch heute gebräuchlich ist, und woneben auch
ne-i — ne-i (mit Untergang des g), oft wie nej lautend,
aber seltener vorkommt (§. 598), cf. lat. neque, nee". Ueber
-que handelt ausfuhrlich G. F. Schoemann Quaestio-
num gramm. Caput I. De particulae Que origine et signi-
ficatione copulativa. Gryphisw. MDCCCLXV. Cap. IL De
part. Que significatione in compositis ib. locoque eod. Mich
würde die zweifache bedeutung dieses wörtchens 1) die
cop. (und; quo que, auch; etwa: wozu, quo, auch, mit
vokalkürzung, vgl. etiam, eig. noch drüber, s. ati) und
2) die verallgemeinernd steigernde (quisque, wer
auch, quieunque wer auch immer, eunque, zu welcher
zeit auch; utique in welcher weise auch) nicht sehr beun-
ruhigen, da ich darin nicht etwa sinnlosen pron. Ursprung
suche, sondern verbalen aus 8. Ki (colligere) wegen 8. ka
WWb. 1,462. Das lettische kann damit etymologisch nichts
zu thun haben, wenn dies auch Bielensteins meinung sein
sollte. Vergl. ihn §. 598 über neg. Was aber von dem
ausfall eines g in ne-i behauptet wird, will mir nicht recht
ein. Lett. nei (noch auch), z. b. nei sis nei tas, weder
dieser noch jener, weder dies noch das, wäre nicht ver-
schieden von lith. ney — ney weder — noch, was dann den-
selben ausfall erlitten haben müfste. Eher riethe man ent-
weder auf adv. ausgang, z. b. labay sehr, lett. labbi gut,
wohl; lett. krahäni von krahäns, schön; lith» pirnay
zuvor, tenay dort, seney (vergl lat. senes), ilgai schon
lange u. 8. w.; oder auf ein dem pron. jis (er), vergl. jey
sofern, wenn, entnommenes i. Vergl. i pronominibus ad-
junetum im kirchenslawischen Miklosich lex. p. 235. Steht
auch etwa lett. woi, wai ja, gekürzt wä (ob; oder) Bie-
lenstein lett. spr. II. §. 599 für skr. vä, disjunetiv wie lat.
-ve? Nesselm. hat 8. 417 lith. negu in der frage, nicht?
266 Pott
nicht etwa? Negi auch nicht; bei Sz. als, eher als.
Pirm negi, bevor, d. h. so lange noch nicht 8. et. forsch.
1,351. Zwar positiv, allein doch mit yi s. nqiv ye (ttqiv
compar. = prius) bei Passow. Bei den Letten ne ka
(eig. nicht wie, d. h. quam, als, hinter comparativen) Bie-
lenstein lett. spr. s. 349, um den grad- unterschied an-
zuzeigen. Bei Szyrwid kommt aber auch die einfache lith.
neg. ne für ney in der bedeutung als, als ob vor. Näm-
lich ney, beinahe ne, nei zufolge Nesseln», gesprochen,
wird auch angewendet, um gleichsam, als ob auszu-
drücken. So ney ne macziomis als ob er nicht sähe,
oder ney raudonokas ant weido, röthlich, bräunlich
von gesicht. Das ney soll vermuthlich eine in solchem
maafse zusammengerückte annäherung bezeichnen, dafs das
verglichene nur nicht ganz (tantum non) mit dem zwei-
ten zusammenfallt. Vgl. den comparativen gebrauch von
skr. n a pet. wb. IV, 4, welcher gleichsam vor der Verwech-
selung warnt von solchem, was völlig gleich scheint, aber
es doch nicht ist. — Stender hat lett.-dentsch. wb. s. 177
neg' und neg'g'i (die g durchstr.) ob nicht (nicht interr.).
Neg' wehl (letzteres: noch, weiter), vielweniger, ge-
schweige. Ferner neg'g', vielleicht, etwa [gleichsam mit
halber neg.?]. Kad es ne buhtu glabbajis, neg'g' wehl
kur wasatohs. Wenn ich es nicht verwahrt hätte, vielleicht
würde es sich noch wo herumschleppen. Ohne virgulation
negg, sogar dafs, z. b. negg aussis fsahp dafs die oh-
ren recht wehethun. Wohl mit blos zufälligem anklänge.
Das lett. schu (spr. mit frz. j) kann freilich nicht aus
gu (also g vor u) entstanden sein, falls nicht dem g ein
i beigemengt war, wovon freilich keine spur zu erkennen.
Ob es aber dem russ. ze gleiche, scheint gleichfalls nicht
recht einleuchtend, möge man es nun den Russen abge-
borgt ansehen oder nicht. Woher käme doch das u?
Uebrigens weist Bielenstein aufser verbb. wie tad-schu,
tak-schu doch, kä-schu wie, als wenn, unter anderem
auch ein frei, wenigstens ohne Verknüpfung mit anderen
Partikeln, stehendes schu aus Volksliedern nach, wie z. b.
die partikeln skr. gha, ghä, ha und hi; zend. zi etc. 267
Mirt man bij schu jaunam, kad deewinS mani
n'ema, sterben traun! müfste ich jung, als gottchen mich
nahm (= nehmen wollte).
Im altpreufsischen katechismus findet sich ni —
neggi weder — noch Ness. s. 119. Ferner niquei-gi
nimmermehr, niquei durchaus nicht, welche freilich nicht
recht zu quei, wo, passen s. 105. Ebenda käi-gi (auch
kägi, kaige geschrieben) wie, gleichwie, sowie; interr.;
gleichsam; wie, quam vor adj.; als, tanquam; zum beispiel,
— was alles sehr gut zu kai stimmt mit dem sinn von
wie interr., gleichwie, sowie; als nach compar.; als
tanquam, aber auch dafs, damit, welche bedeutungen ja
auch im lat. ut vereinigt vorkommen. Lith. kaip-gi, kai-
pogi wie denn? wie nun? irgend wie. Ateit kaipgi es
trifft sich doch irgendwie, auf eine oder die andere weise.
Kaip ist gekürzt aus kaipo (wie) und enthält aller Wahr-
scheinlichkeit nach die präp. po. — Vielleicht auch beggi,
denn. Sl. bo, yccQ, enim, weicht freilich im vokale ab.
Sonst pafst es aber doch besser als das von Nesselmann
herbeigezogene besgi (bei Mielcke: nämlich, ob?). Viel-
mehr, wie bes, vielleicht, etwa, besonders in fragen: Besgi
ne zinno? Sollt er's nicht wissen? hat der Lette bes
und best, vielleicht. Bes wins labbosees, vielleicht
wird er sich bessern. Best wins nahks, vielleicht wird
er kommen. Das t hinten etwa gekürzt aus te da, hier.
Die 3. sg. fut. buhs (erit) würde zwar sinnentsprechend
sein, entfernt sich jedoch zu weit dem laute nach. Aber
auch kaum lith. esti, est' (es ist), etwa mit binblick auf
lett. best. Oder etwa nebst bille, wenn nur, zu poln.
by? Etwa wie böhm. gestli, s. sp.? — Dygi, deigi,
auch, verstehe ich nicht, und würde ich auch nicht wagen
es mit russ. da adv. ja, also (oui, ainsi), auch conj. und,
et, in beziehung zu bringen. Vgl. lith. ir-gi, auch, von
ir, lett. eben so (und, auch), preufs. ir prei stan im kat.
76, dazu, aufserdem, sowie irbhe (auch ohne; lith. be
ohne Mielcke s. 153), — Anga (so hinten mit a), ob, er-
innert allenfalls an lat. an. Doch wäre möglicherweise das
n verdruckt (vgl. lith. ar, argu).
268 Pott
Wir wollen aber jetzt einen Oberblick zu gewinnen
suchen über die ansdehnung des gebrauches von gi im
lithauischeiL Mielcke lith.-d. wtb. 8.80. gi eneL doch,
aber, denn. Dukgi so gieb denn. Vgl. Soph. Phil. 1003.
Da Philoktet durch einen stürz vom felsen sich selbst zu
tödten droht, ruft Odysseus hastig: JSvkXaßete y ovtopl
Packt ihn , packt ihn. Hart. 8. 372. Gleichfalls Mielcke
gramm. s. 65 über pron. mit einigen enklitischen Parti-
keln, z. b. jan, gi, gu. Tas-jau eben derselbe (jan,
schon; also: der schon — genannte, wie lat. idem, vergl.
pridem). Tas-gi oder tassai-gi ebenderselbe? Kurs-gi,
kursai-gi? wer doch. Afsgu, tugu, ansgu? Egone,
tune, illene. Nesselm. s. 91 hat tasgi, fem. tagi, gen.
togi, tösgi derselbe, ebenderselbe. Togi del, togidel,
ebendefswegen, to del, lett. tadehl deswegen. — Von
fragpron. kas, fem. ka (auch neutr.): kasgi, kagi wer
denn? was denn? was nur immer. Kamgi warum denn?
kamegi wo denn? Ferner s. 211 kurgi wo denn? wohin
denn? aus kur, goth. hvar, wo, wohin? Kurgi ne zi-
nosu wo (d. h. wie) sollte ich das nicht wissen? Ja wohl
weifs ich dasl (eine sehr gewöhnliche form der bejahung).
Kekagi wie viele denn? Kada-gi, kadai-gi wann denn?
Kadä, vgl. lat. quando. Kadäng, kadängi (Sz. ka-
dungi) wenn nur; weil; demnach, endlich s. 170. Etwa
preufs. kaden wenn, wann, als, zu deinan, tag, lith.
dena? Kacz, kaczey und kaczei-g, kaczei-gi ob-
gleich, obschon. Tacz dennoch. — Aus jei, jey, wenn,
insofern s. 39, kommt jei g wenn ja, wenn etwa; jeigi
wenn ja; obgleich, obschon (vgl. kaczeig); jeigu wenn
etwa, wenn ja. Jeigu reiks allenfalls, mit reiks (es ist
nöthig) s. 438. Der anklang an dys, at ydq Härtung 8. 395
beruht wohl auf blofsem zufall. Möglich übrigens jei gehe
vom pron. jis (er) aus, da wenigstens das entsprechende
skr. jas (woher ja-di, wenn, eig. wohl: welches tages) den
werth eines relativums bat. Doch ksl. jeda (ei) scheint
nicht, wie Mikl. lex. p. 1 1 50 angenommen wird, damit sich
zu berühren, sondern mit jegda (litt quando) unter aus-
die Partikeln skr. gha, ghä, ha und hi; zend. zi etc. 269
stofs von g wesentlich gleich. Iga öts verlor umgekehrt
d. Vgl. p. 326 k'gda, k'da, k'ga, auch k'gü, quando.
Höchstens dafs die schlufssilbe in ja-di und in skr. ka-dä
(quando) mit s. dina u, s.w., tag, gleichstämmig sein möch-
ten. — Jau schon, bereits (vergl. WWb. I, 1050), jaugi
ja, freilich; schon, denn schon. Jaugi buwai bist du
denn schon gewesen? Auch ksl. ou (jam), ou-ze rfS*], jam,
naXcct; ouze ne otxsri und ioze ne Mikl. lex. p. 1029.
Böhm, giz schon, poln. iuz schon, bereits, iuz iuz bald
bald. — Bau fragepart. ; besonders vor der direkten frage,
mit dem nebenbegriff des zweifelns. Bau gana yra ist
es auch genug? Ebenso baugi. Baugi noretum möch-
test du es wohl haben wollen? Baugi namej yra ist er
denn auch zu hause? — B&t, aber, sondern; lett. bet
Bielenstein, lett. spr. §. 795. Etwa gar serb. vetj sondern,
Grimm gramm. s. 102? Lith. betaig, betaigi dennoch.
lAXXa ?'£, doch wenigstens. Vergl. Nesselm. s. 92 tai das,
das da. Tai-gi 1) das nämliche, dasselbe; 2) daher, des-
halb. Es mag eines von zweien t ausgefallen sein. Taiga
(hinten mit a!) das ist's eben, allerdings. Ferner mit taip,
taipo, so, also: tai»pat, taipag (st. taipat-g?), tai-
pajeg ebenso, desgleichen, falls in den letzten beiden un-
sere partikel steckt. Taipo-gu etwa so? ist's so? wie
taipo-jau ebenso; auch: so, so sehr. — Beskogi aus
besko, darum. — Nes-gi, nesang neben nes, nesa
denn, weil. — Dezgi (wohl gekürzt aus dewazin-gi)
gott weifs, wahrhaftig Nesselm. s. 140. — Jui und jui-gi
wehe! — Vgl. ausrufe wie Bvye, euge! gut so, recht so.!
Ksl. blago-ze interj. euge, neosl. blagor, quod subst. non
est. Cf. blago, xo äya&ov. Mikl. p, 25. 192. Also ohne
zweifei sehr ähnlich mit dem, was der grammatiker in
Bekker's Anecd. p. 971 sagt: hv tq> xaXwg ys (Syiplolivu
trjv knltatitv rijg rov xdllovg kxnXrj^etog. Härtung 8. 371,
vergl. 395 hat dergl. ausrufe mehr. — Nügi jetzt, nun;
wohlan! mit nü jetzt, nun Nesselm. s. 424. — Jog dafs,
auf dafs, damit, sowie jeng von gleichem sinn (pirm neng
bevor, eher als, vermuthlich negation und redupl. mit -g?)
270 Pott
könnten etwa g als zusatz enthalten. Jo lautet der genitiv
von jis (er), und jü, lett. jo bedeutet desto. Auch ist
mir die natur ^on nüg als „älterer form" für nü, von,
lett. no (auch nohst, weg, hinweg, davon) räthselhaft.
Dafs im skr. gha hinter präpp. vorkommt, trägt zur auf-
hellung des g schwerlich etwas bei.
Zuletzt haben wir uns noch dem slawischen ze zuzu-
wenden. Mikl. lex. p. 192 gibt folgende gebrauchsweisen
an. Ji vero. Mithin adversativ, indefs doch auch ver-
bindend. Razdajet", ne kr"mit" ze tixtsi, ptri TQ&qxav.
Mit i (et, etiam): ze i re — xai et — et, z. b. tvoriti ze
i ouciti noiüv re xai äidacfxeiv. Vielleicht soll durch diese
redeweise erst ein glied hervorgehoben werden, um ihm
sodann, gleichsam nachträglich, mittelst der kopula ein
zweites nachzusenden. Kai . . . ys Hart. 396, und zwar, et
quidem, hat einen ganz anderen sinn. Ebenso läfst die Ver-
bindung von yi mit de s. 400 keinen vergleich zu. Eher
pafst zu letzterem, schon der umgestellten folge nach: i ze
dt, vero. I v"sa ze naga ndvta 8h yvfxvd. I to ze
xairoiye (auch mit ye)*) quam vis, was jedoch p. 993 idque
übersetzt wird. Aus c"to(quid) entsteht c"toze quidque.
Tjem"ze dio propterea, wie p. 1016 tjem" Sto ideo.
Aufserdem ze additur pronomini demonstratio i (litb. ji-s,
*) Ebenfalls mit rof, eigentlich lok. (da) vom pron. xö: yi to* wenig-
stens doch, doch wenigstens, auch yi to* £»}, yi /uivroi und pivToi ye Pas-
sow. Herrn. Vig. p. 842 Übersetzt /iivzoiye: tarnen certe; yl ^fWot: certe
tarnen Eur. Alcest. 724, und 6/* tax; ys (xtvioi: attamen certe. Wenn der-
selbe aber hinzufügt: Heraclides, ut ex Eustathio discimus p. 722, 59.
1726, 26, fiivTov, quod in quodam Homeri loco aliqua exemplaria exhibe-
bant, ab Argivis et Cretensibus pro fieviot, dictum narraverat, quemadmo-
dum contra höol a quibusdam Doriensibus pro Mov diceretur, so läfst sich
in dem zweiten paare keine recht zutreffende analogie zu dem ersten erken-
nen. Toi und ivdol (vgl. <?d>, falls nicht etwa wie domi, unter ausst. von
fi) sind unzweifelhaft lokative. Aber fihxov und h'dov können im schlufs
unmöglich über ein kommen. Ersteres enthält gewifs einen acc. tov, müsse
nun dazu ein männliches subst. (etwa tqotiov, vgl. tovtov %qv igönov, auf
diese art, so) ergänzt werden, oder sei es neutr. gedacht gleichwie in too~-
aovTov (oder to mit vi>?). Wer könnte jedoch das nämliche von tvdov
behaupten? Das ip liefse am natürlichsten auf einen hinten um * gekürzten
lokativ rathen, und wohl möglich, das v sei, wie in h x&ovt, aus u (etwa
*dofi statt <?o/to??) umgestaltet
die partikeln skr. gha, ghä, ha und hi; zend. zi etc. 271
er, vgl. lat. eum, eam), ut fiat relativum, was um so we-
niger auffallen kann, als das etymologisch ihm gleichende
pron. ja-s, ja, ja-t = Hg, ij, o relativ steht, und das
zd. ja (s. den ausführlichen artikel bei Justi s. 237) noch
gleich unserem der zwischen beiderlei gebrauch (demonstr.
und relat.) schwankt. I-ze, ja-ze, je-ze, auch statt des
griech. 6, ??, to Dobr. Inst. p. 608. I (s. Mikl. p. 235) cum
ze junctum omnes casus habet, absque ze nominativo non
usurpatur a) is. b) ög qui «) za nije Sion quia. ß) i ad-
ditur aliis pronominibus: onudaj, tedaj, kaj. c) ize
6g qui. Koliz"do (vgl. kolizdi, quoties) pronomini ize
(quicunque) et vocabulis inde derivatis valet lat. -cunque.
Ideze koliz"do onov hdv ubicunque, ideze onov, ov
ubi aus ide onov (etwa mit dem ausg. von skr. i-ha,
zend. i-dha, hier) p. 23.7. Jamoze koliz"do onov hdv.
Jamoze, quo p. 1145. Jelik5 oöog, quantus. Za jeli-
koze elg oöov. Jelikoze kolizdo lj et" otiovg örjnore
ivuxvxovg p. 1156. Böhm, gelikoz adv. so fern. Ferner
p. 9 aste ei si; ei an, num; aste li und aste li ze ei öe
si vero. Dobr. Inst. p. 449. Praecedente pronomine rela-
tivo aste respondet particulae -cunque: ize aste qui-
cunque; iz deze (onov) aste ubicunque. Im"ze oti quod,
knet\ tneiäi], Sioti quia, insiSrjnsQ quoniam. E-&e bei inf.
für gr. to Dobr. Inst. p. 610. — Der Grieche übrigens hat
sein yk in relativsätzen meistens in anderer art verwen-
det. ^Härtung sagt s. 387 unter der rubrik: Einklang
der aufeinander bezogenem sätze: „Dieser gebrauch
hat der natur der sache gemäfs seinen vorzüglichsten sitz
in relativsätzen, die zur erklärung und ergänzung an die
demonstrativstämme, als nebensätze an ihre hauptsätze, an-
geschoben sind, ferner in gliedern, die mit der cop. part.
xai angefügt sind u. s. w. Die beispiele des gebrauches
lassen sich bequem unter zwei rubriken verth eilen, je nach-
dem in ihnen vorzugsweise begründung oder berich-
tigung und ergänzung des voranstehenden ausgedrückt
wird: wir nennen jene argumentative (beweisführende),
diese suppletive urtheile. Die partikel (yi) bat überall
272 • Pott
keine andere bedeatung and bestimmung, als dafs sie den
begründenden oder ergänzenden gedanken halt und gewicht
erth eilen, ihn auszeichnen und hervorbeben soll. [Daher
denn auch wohl -ze im slawischen für das allumfassende
-cunque!] Will man sie noch mit einem andern lat. worte
aufser quidem vergleichen, so ist dies praesertim [gleichsam
in voranreihender weise], aber auf keinen fall saltem".
Weiter s. 390: In sätzen, welche mittelst der relativa an-
geknüpft sind, kann nicht leicht eine andere als die argu-
mentative oder die suppletive bedeutung gelten. So also
z. b. inet . . . . yk II. I, 299 inel p txqhXeti&i ye dovreg
idque propterea quod. Desgl. IV, 269 knei avv y oqxi
tyevav Tgweg weil ja die Troer den vertrag gebrochen
haben. Ferner Herod. I, 112 öV S& a>Se TtoitjaoV) eh ätj
nätict ye avdyxij 6<p&rjvai hxxeifievov wenn es j a einmal
durchaus nothwendig ist. Also dem sinne nach doch wohl
so ziemlich vergleichbar mit obigem im"£e im slawischen.
Ferner p. 1157 jel"ma-ze i. q. jel"ma conj. oaov quan-
tum; kmi)k7iuSri\ und el"mi-ze id. Aber jelje quando,
woher z.b. ot' njelize ay ov ex quo. — Zweitens zeigt,
wie Härtung s. 395 bemerkt, die partikel ye den supple-
tiven sinn, sowie den argumentativen, auch in relativ-
s&tzen. a) Sätze mit 6g gleichsam qui quidem; und og...
yk (also etym. eins mit ksl. i-£e), olog dgl. Od. I, 229 i>«-
ueötiyGcuTO xev ccvtJq, Aiti%ea noXX oqowv, oöxig niWTogye
[igt&&ol b) mit el. Her. IV, 32 el Srj rtp kovn ye "OprjQog
tavva ra $nea Inoirjae, das heifst, wenn anders (si qui-
dem; es könnte sich aber anders verhalten) H. wirklich
der verf. dieser gediente ist. c) mit 6t e ye, knei ye, 6&i
ye etc. II. 1/s, 339 wg äv toi nhjfivt] ye etc. so zwar dafs.
Im böhmischen: Gestli, gestlize conj. wenn,
wofern; ob, kann doch kaum etwas anderes sein als die
fragpart. -li (-ne?) mit gest (es ist), und ze (conj. dafs,
weil), indem dadurch also die sache als fraglich dargestellt
wird. Takliz, takltäe? Ist denn also (tak)? — Sicher
hieher aus geho (sein, dessen): on, gehoz otec umrzel
er, dessen vater starb. Tham, böhm.-d. wb. s. 117. Gako
die Partikeln skr. gha, gha, ha and hi; zend. zi etc. 273
wie, gleichwie; gakoz wie, gleichwie, so wie; da, indem.
Gakozto (mit to das?) als, als wie. Gakz takz so so.
Gakzkoli (vergl. gakzkoli wie immer beschaffen) und
gakzkoliwek (mit wek alter, Jahrhundert?) obwohl, wie-
wohl, obschon. Ksl. jako <ug, (oöneg uti; jakoze &>oft£(>,
xa&rig, xa&d, ov tgonov. Jak'ze olog p. 1145, wie auch
ak'ze p. 3. Also wie olog mit yi? Poln. jako als, wie,
jako z und, in der that, auch, und allerdings, wie auch
wirklich. Aber jakze wenn doch, wie in aller weit, wie
anders, das versteht sich freilich. — Böhm, genz, welcher
u. s. w., correspondirend mit ten (der, die, das). Ti, genz
n&s potkali die, welche uns begegnet sind. Ten(ta), genz
mne dnes nawsstiwil (im fem. -la) der (die), welcher mich
heute besucht hat.
Bandtke, gramm. §. 284 hat unter den polnischen
enklitika (przyrostki angewachsenes) über unsere parti*
kel folgendes: „z hinter vokalen, ze hinter conson., z. b.
tenze, taz, toz dieser nämliche, ebenderselbe, die, das
nämliche; gen. tegoz, teyze (also doch auch hinter vo-
kalen?), tego2, dat. temuz, teyze, temuz. Also wie
öye, fjye, toye, sogar xelvog oye verbunden II. XIX, 344,
nur dafs durch dieses pronomen, wie Passow sich aus-
drückt, „mehr eine person von anderen gesondert, als
auf sie hingewiesen wird, wodurch es sich hinlänglich
von 6Se unterscheidet ". Genau hingesehen, vollzieht es
gleichwohl den nämlichen act wie tenze, indem ja fest-
stellen von einerleiheit, welchen begriff der Pole mit
seinem worte verbindet, auch zugleich aussonderung
von anderem mit einschliefst. Jedenze, jednaz, jednoz
der-, die-, dasselbe, von jeden einer. So ferner „cöz, was
denn; cöze£ zrobil was hast du denn gemacht? Jakiz
[vergl. oben ksl. jak'ze, qualis] to czlowiek? Was ist
doch das för ein mensch? Imperativisch, wie bei den trag.
slni ye, sage doch: Dayze gieb doch [vgl. lith. dfik-gi];
czytayciez leset doch; idzze gehe doch; idzmyz lafst
uns doch gehen. Man sieht, dafe dieses z, ze die Wörter,
denen es beigefügt wird, verstärkt*. Iza, izali, iza-
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 8. 18
274 Pott
li-4, ob, ob etwa, fragpart., wie ksl. jeza Mikl. p. 1155.
Jezeli, jezli, jesli wenn, wofern, ob. Jezeli nie t$dy,
tedy ow?dy wenn es hier nicht angeht, so geht es dort.
— Fast möchte ich mich aber überzeugt halten, auch
poln. iz und ze conj. dafs, müfsten hier ihre stelle finden.
Mrongovius bemerkt im Wörterbuch von dem anhängsei
ze, es bezeichne die frage oder auch ungestümes anhalten
und inständiges bitten (ähnlich den deutschen Verstärkun-
gen: doch, in aller weit). Z. b. Mial-ze on noz przy
eobie? hatte er ein messer bei sich? Dayze mi gieb mir
doch. Czym-ze sie to dzieje? Wie geht doch das zu?
Jakiemi-z dowody — ? Durch welche beweise in aller
weit? Als conj. wird es aber, aufser mit weil, da, durch
dafs übersetzt, z. b. Mowi, ze byl u niego er sagt, dafs
er bei ihm gewesen sei. Es bemerkt aber Bandtke gramm.
§.218: „Durch die conj. by wird blofs mit ihr allein oder
mit ihr in Zusammensetzungen mit den conjunctionen a und
ze, dafs (lat. quod), iz dafs (quod); aby, zeby, izby,
dafs, damit, auf dafs (das lat. ut) jeder modus subjuncti-
vus gebildet, indem aby, zeby, izby und alle andern
Zusammensetzungen, als z. b. gdyby, im fall, wenn, je-
zeliby wofern, azeby auf dafs, poniewazby weil näm-
lich, maafsen, so wie by an und für sich selbst vor tempp.
mit suff. (also bei keinem präs.) stehen können". D. h. sie
verbinden sich, gleichsam proklitisch, mit partic.-tempp.
Z.b. By bylem (dafs ich wäre), bylas, bylo: bym, abym,
zebym, izbym byl, la, lo: 2. 8g. zebys, izbys byl, la,
lo u. 8. w. Sollte nicht by eigentlich (etwa fuat, esto)
vom 8ubst.-verb. skr. bhü ausgehen? Vgl. WWb I, 1182.
Ich vermuthe, ze für: dafs bedarf etwa zu seiner ergän-
zung eines relativpronomens, sei nun dies blos im gedan-
ken oder weil sich das ksl. neutrum je-ze kürzte. In iz
steckt doch kaum i, und.
Noch sehr wichtige Verbindungen sind die der part. ze
mit negativen ausdrücken. Z.b. ksl. nize (neque). Auch
mit dem fragpronomen, dem ni voraufgeht, welches aber
öfters durch die präposition von ersterem getrennt wird.
die partikeln skr. gha, ghi, ha und hi; zend. zi etc. 275
Mikl. lex. p. 448 ni ot' kogoze, ni pri öesom"ze.
Nic"ze, nic"to-ze ovdiv nihil. Niküize, nullus, nikr-
to-ze nemo. Auch nikak'ze. Niöijego-ze, neminis.
Nigdaze wahrscheinlich mit erweichung der guttur. aus
nik'da-ze (nunquam) p. 451. Vergl. skr. kadä, wann?
u. s. w. WWb. I, 1045 ff. — Poln. niz, nizli, nizeli,
anizeli adv. comparat. als, eher als. Böhm, on nenj
(ist nicht) wetssi, nez, nezli ga er ist nicht gröfser als
ich. Vgl. neze li rj , quam Mikl. lex. p. 419, worin die
negation (li p. 336 rj vel aut; auch rj quam) hervorheben
soll den grad, welchen der eine von den verglichenen ge-
genständen eben nicht besitzt. Vgl. et. forsch. II, 147 (1.)
Böhm, drzj w nez eher als, wie griech. tiqiv ye, jedoch ohne
negation. Ulyr. neg ig da — piuccträ mai — als je, aus neg,
nego — ital. ma — sondern, und ig da — se mai — wenn
einmal. Ksl. neg9 statt nego übrigens, sammt nekli
rccxa, tawg fortasse, negli u. 8. w. zeugt doch wohl kaum
für Zusammensetzung mit einer sonst unbekannten parti-
kel, welche noch dem skr. gha näher stünde abseiten des
lautes. Die verb. na gha wäre sonst verführerisch genug.
Es mag aber in nego, wo nicht ein pron. mit genitiv-
endung -go, doch etwa des k in nekli wegen irgend wel-
cher bezug zu dem interr. pronominalstamme (vergl. poln.
kto wer, g. kogo; nikt, g. nikogo niemand) gesucht
werden müssen. — Von goth. nih Gabelentz s. 131 ovSiy
fiqSi, und unserem verneinenden noch behauptet zwar
Grimm III, 69 gar flink: „dem sinn wie dem buchstaben
nach = lat. nee". Nichts kann aber mit bezug auf die
endpartikel zweifelhafter sein. Nee, wird Grimm doch wohl
nicht in abrede stellen, ist blofse kürzung aus ne-que (vgl.
ac: atque), dessen -que von 8. -ka zu trennen wohl nie-
mand einfallen wird, hätte auch nicht der Grieche ein ovts
mit T£ aar que. Es wird aber in Gab* wb. s. 139 unter
. . . uh gezeigt, dafs dieses hinter den vokalen mehrerer
partikeln sein u verliere und dies auch in nih statt ni-uh
der fall gewesen. Dies müfste denn auch den muth des-
jenigen zu boden schlagen, welcher etwa sonst in nih ein
18*
i
276 Pott
skr. na-hi oder na gha zu erblicken in sich lust ver-
spürte. Allerdings, besäfse die enklitika . . . u h das an-
fügsame u nicht, würde ich selbst scharf darauf sehen,
ob sie nicht dem skr. gha entspräche. Hiezu eröffnet sich
aber kaum eine aussieht, dafern man nicht in -uh schon
eine mit enklitischem h versehene partikel suchen darf,
etwa wie lith. jau-gi (ja, freilich; schon) oben. Seltsam
bliebe dann immer jedoch der wiederspruch des h mit dem
k in mi-k, mich, worin man gleichfalls yk sucht.
Es ist noch manches in dieser sippe von partikeln
dunkel geblieben. Selbst dies, ob und, dafern wirklich, in
welchem grade die reihen gha, ha und anderseits hi
mit genossen verwandtschaftlich zu einander stehen oder
auch, von dem blofsen, keineswegs überall mit Sicherheit
erkennbaren lautwechsel abgesehen, sich gegenseitig ety-
mologisch decken. Was soll man beispiels halber zu dem
schon früher erwähnten ksl. zi sagen, unter welchem Mikl.
lex. p. 225 auf ze verweist? Vom ersten bemerkt er: haec
particula in codd. recentioribus [etwa, wie nachmals vieles,
aus volksmundarten in die alte kirchensprache eingedrun-
gen?] non raro pronominibus demonstrativis et adverbiis
inde derivatis additur: ov'zi. Vgl. p. 486 ov' (hie); ov*
— ov' ie 6 f4.ev — 6 Se; ov'gda rore tum; ov'gda —
ov'gda 2e tum — tum. On'zi (etwa wie xelvog ys II.
(»,490. Hart. 8.381). Sikvozi von sikov' (talis) Mikl.
p. 838. Siko-zi und siko ovrcog sie (welches lateinische
wort zwar im pronominalst. — doch wohl s. 8 ja, lith.
szis — mit dem slawischen übereinkommen mag, allein
nicht in der endung, welche die nämliche ist wie in hei-c
u. s. w.). Takozi, ita. Tazi. Toizi. Tomzi. Und noch
mehr dergl. verbb. mit dem pron. t' (kxslvog, ille) p. 1016.
Particulam haue habes bulg.; croat. ovazi, ondazi, ni-
kojzi. — Dagegen p. 981 von ta conj. et, tum, verstärkt
ta£e itaque, aber auch stra, inuxa tum. Und p. 994
v'tof (to mit suff. i) ie vrjemja kv reo xaiyqi kxuvcp. —
An eine blofs mundartliche vertauschung von z und i zu
glauben mufs ich vorderhand mir noch versagen. Sonst
die partikeln skr. gha, ghff, ha und hi; zend. zi etc. 277
g&be etwa zelv" m. testudo, Umax neben iel'v", griech.
X&vq (also mit %-> w*e ^ *). im skr. bi) dafür einigen
anhält.
Ueber manches in diesem thema wird man erst ins
künftige klarer sehen. Indefs schien es mir nicht aufser
der zeit, derartige partikeln, wie die hier besprochenen,
deren sinn nichts weniger als auf der Oberfläche liegt,
wenngleich er in der Verstärkung von begriffen seinen
letzten und bedeutsamsten hintergrund haben wird, schon
jetzt, so weit ich es vermochte, zu beleuchten. Mich zog
dahin vor allem auch das interesse, welches ein bis in das
fernste alterthum unseres Sprachstammes zurückreichender
gebrauch von wörtlein so luftiger art wie gha, ha, hi,
yd, yi, sl. 2e, zi, zend. zi u. s. w. bei solchen einzuflößen
im stände sein möchte, welchen nicht überhaupt für derlei
aller sinn abgeht.
Halle, ostern 1869. Pott.
Zur lautlehre der lehnwörter in der polnischen
spräche.
Jede spräche sucht sich fremde, mit der berührung
mit anderen culturen in sie eintretende demente, einhei-
misch zu machen, indem sie die laute derselben nach der
beschaffenheit der Sprachorgane des volkes verändert und
assimiliert; ja, der prozefs des lautverfalls in den lehnwör-
tern ist rascher und entschiedener, als in Stammwörtern,
da in ihnen, wegen ihrer wurzellosigkeit von der seite des
Sprachgefühls kein widerstand geleistet werden kann.
Es ist wohl für die lautlehre einer spräche nicht ohne
Wichtigkeit die auf das rein phonetische prinzip sich stütz-
enden lautwandlungen der fremdwörter zu erforschen, und
die gesetze, welche ihnen zu gründe liegen, festzustellen.
Phonetische prozesse der lehnwörter bestätigen nicht nur
278 Malinowski
die allgemeinen, von der beobachtnng des grammatischen
baues der spräche und der vergleichung mit den nächst«
verwandten sprachen herröhrenden gesetze, sondern werfen
auch auf den ganzen typus des lautsystems ein neues
licht.
Die folgende Zusammenstellung einiger lehnworte der
polnischen spräche hat zum ziel, die gesetze der lautent-
stellung in derselben zu ermitteln. Ich habe mich zu«
nächst nur auf deutsche oder durch Vermittlung des deut-
schen ins polnische eingedrungene demente beschränkt,
und zwar auf solche, gegen deren herkunft kein zweifei
erhoben werden kann. Der vorliegende theil enthält die
lautwandlungen der consonanten. Die Schreibweise der
polnischen worte ist streng phonetisch.
A. Consonanten.
Gutturale k, g, eh.
Poln. k tritt an die stelle des deutschen h und ch:
im anlaute: keuch = ahd. ehelich, nhd. kelch, lat. calix.
kouwas*) = handfafs; im inlaute: äukac = suchen, fukel
= fuchtel (eine art degen); im auslaute geht das deutsche
ch, g fast immer in k über: alstuk = halstuch, capätryk
= Zapfenstreich; pak = pech, chendryk = heinrich, ulryk
= ulrich, fryderyk = friedrich (in den eigennamen ist
diese erscheinung wohl dem einflufs des lateins zuzuschrei-
ben), brunsWik — braunschweig, auätuk = auszug, lustyk
s=s lustig, jartyk (einjährliches lamm) = Jährling und alte
auf unek = d. ung, wie stosunek (verhältnifs) = stoftung,
werbunek = Werbung, meldunek = meidung, rachunek =
rechnung, Wizerunek = visierung, ebenso kruzganek =»
kreutzgang u. 8. w.
Poln. k entspricht dem deutschen t in oreyk = ort-
scheit.
*) In allen fallen, wo die bedeutung des polnischen wortes nicht ange-
führt wird, ist sie dieselbe wie im deutschen.
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 279
g-
g = ch, h: gajic = h&gen, cyga (ziehbrunnen) =
ziehen, äp'eg, öp'egaf = ahd. *speho (holl. spie, engl, spy),
spehäri, uger = ocher lat. ochra fr. ocre , todyga (stengel)
=± ahd. ladducha, lat. lactuca.
g = k: gamrat = kamerad, gen. tfarogu zu n. tfarök
quarkkäse.
ch.
ch = g: obercuch = öberzug (übrigens im jetzigen
deutsch wird g im auslaut auch wie ch gesprochen);
cbrab'a neben grab'a = graf ist ins polnische durch das
cechische gekommen.
ch = k, ck im inlaute: ätachety = stacket, dyjachet
= ndd. deuker, klecha = glöckner; im auslaute: gach
(liebhaber) = geck.
ch = seh (ä): rostruchar = rostäusoher (rofstrüger),
chynak = schienbacken.
ch = h : chartowac = härten, chetman = hauptmann,
chaler = heller, chaw'af = hauer, cbendryk = heinrich,
chufnal neben ufnal, ofnal = hufnagel, cholander neben
veraltetem olander = holl&nder, chotdowac neben otdowac
= huldigen, chuf, chuf ec neben uf, uf ec (schar) = häufe,
chabdank neben abdank (ein wappen) = habe dank, ohaf-
towac neben aftowac (sticken) = heften, chaftka neben
aftka— heftchen, chalätuk neben alätuk = halstuch, chant-
fas neben antfas = handfafs, chandrychaf neben antryohaf
(berggehülfe) = handreicher, poncocha = bundschuh.
Palatale.
•
J-
Deutsche diphtonge ei, eu, äu werden in den polni-
schen lehnwörtern durch a oder e mit folgendem j ersetzt:
fajerka = feuerkieke, äatamaja = schalmeie, majef = meie*
rei, glejt = geleit, majster = meister, rajtäula = reitschule,
rajzbret = reifsbrett, gemajn s= gemeine, grajcar = Kreu-
tzer, rajtuzy = reithosen, lokaj = lakei.
280 MalinowBki
j = h im anlaute vor vocalen: jedlca, jelca (griff am
Schwerte) = ahd. helza, mhd. heize, jatka ( fleisch waaren-
handlung) = hütte ahd. hutta, jadw'iga = hedwig, jinter-
mach = hintergemach.
j ss g: gajic = hägen, gen. jedwab'u zu nom. jedwap'
s=s ahd. gotawebbi, alts. godowebbi kostbares gewebe,
byssus.
3.
ä ss 8 im worte 8tru£ ss straufs.
Linguale.
Spiranten 8, i.
§ = nhd. seh, ahd. sc flaäa == flasche, ahd. flasca,
gala = schale, mhd. schal, ahd. scala (patera).
§ = 8, ss, sabla = sabel, äar&a ss sarsche (ein wol-
liges gewebe) ital. sargia, äelka = seilchen, Sukac = su-
chen, kosary = kaserne, struköasy = truchsess, Kermas
= kirchmesse, ratuö = rathaus, aber lamus (gen. lamusa)
lehmhaus.
z = 8 im anlaute vor o, e, u : Kölner (soldat) ss Söld-
ner, £ur (eine art suppe) = mhd. ndd. sür, zegna<5 = seg-
nen ahd. seganon, lat. signare, zoltaf öech. £altaf = psal-
ter, ahd. saltari gr.-lat. psalterium, zold ss sold, zeglowaö
= segeln, zagel = segel, £eglaf = segler im imlaute zwi-
schen vokalen; baiant mhd. fasant, dz£2a = bair. döse,
kizel = kiese], sp'täa = speise, £p'izarna == Speisekammer,
gen. any£u zu nom. anyS = anis, pap'eza (pap'eä) papst
=s ahd. babes, jarmuzu zu nom. jarmuä (grflnkohl) = jahr-
muss (?)•
i =» seh (ä): iart scherz, g. potaiu zu nom. potaä =
pottasche, wajdaäu zu nom. wajdaä = weidasche.
Dieser Übergang des deutschen s, ch in £, z ist der
Wirkung eines eingeschalteten j zuzuschreiben, worüber
unten.
r-1-laute.
r vor a, u, o, e wird in palatal linguales f erweicht:
Mestrank = kirschtrans, rumple neben geryna ss gerüm-
zur lautlehre der lebnwörter in der poln. spräche. 281
pel, fotkef=retticb, rem'eä = riemen neben rymaf = rie-
mer*), dzetrech = dietrich im auslaut, in der endung er,
nach der analogie des poln. suff. -af , -er = altbulg. -an,
-eri: pachlar = päcbter, alker = erker, chaftaf = hefter,
bednaf = büttner, malar = maier, dyngar = dinger
(bergknappe, der ein gedinge liefert), falb' er = farber,
balw'er = barbier, falsef = falscher, fechtaf «= fechter,
forytaf = vorreiter, frajef (liebhaber) = freier, pr§£ef =
pranger, chawer, chaw'ar = hauer, kichlaf = küchler,
sp'ichr, £p'ichler und sp'iklef = Speicher, kusner = kürsch-
ner, kacyf, kacef = ketzer, kolner = koller, zoltaf =
psalter, slusaf = Schlosser, pancer = panzer, rycef =
ritter, rymaf = riemer, ämukler (knopfmacher);=8chmucker,
kramaf = krämer, kuglar = gaukler, slif er = Schleifer,
snycef = Schnitter, äynkar = schenker, lichtar = leich-
ter, ludw'isar = rothgiefser, strychaf = Streicher, wach-
laf = f&cher, wart6f = wärter, werbaf = werber, w'elkef
(plebiscitum, Stadtsatzung) = willkühr, zeglar = segler,
zolner (soldat) = Söldner, talef = teller, grabaf = grä-
ber, gichsaf = gichter (der das erz in die gicht schüttet),
fry&r = frischer, garbaf = gärber, fraktaf = frachter,
majef = meierei, m'elef, m'ilef = meiler, m'elcar = mäl-
zer, lakfaf = latwerge, m'istf neben majster = öech. mistr
(meister).
Im auslaute folgender worte findet die erweichung
nicht statt: oselbar = wasserbär, puchar = becher, bryf-
tre£er = briefträger, berajter = bereiter, comb er = zä-
mer, ziemer z. b. von einem hirsche, cuker = zucker, fel-
ger = feldscheer, feler = fehler, frajb'iter = freibeuter,
fironcymer = frauenzimmer, grajcar = kreutzer, cholender
= holländer, serwaser = scheidewasser, swa£er = Schwa-
ger, lager = lager, laber neben labwerk = laubwerk,
laufer = laufer, loncher neben lunar = lohnherr, st£r =
*) rymaf ist erst in jüngerer zeit entlehnt, während fem' eri schon im
altbulgarischen als remeni vorliegt, daher die verschiedene behandlnng des
anlantes. J. S.
282 Malinowski
Steuer, zegar (uhr) = zeiger, giser = gielser, goldar =
goldschläger, £efrajter = gefreiter, fryjor == frühjahr u. a.
f = seh (ä): charnaf = hämisch.
1,1.
Die polnische wie die russische spräche haben bis heut*
zutage ein zweifaches 1 bewahrt; ein palatal-linguales (1)
und ein mit unrecht guttural genanntes (1). Das polnische
1 unterscheidet sich vom deutschen durch mehr palatale
ausspräche, da nicht nur das ende der zunge, sondern ihre
ganze Oberfläche sich dem gaumen nähert. — Was das
harte t betrifft, so ist es keineswegs guttural in dem sinne,
wie es von deutschen Sprachforschern verstanden wird.
Es giebt hier freilich mundartliche variierungen, doch
spricht es die masse des volkes entschieden dental aus:
die spitze der zunge berührt die obere zahnreihe, wie bei
n, nur mit dem unterschiede, dafs auf beiden Seiten der
zunge leerer räum für die aus dem kehlkopfe strömende
luft gelassen ist, was bekanntlich den 1-laut überhaupt cha-
rakterisirt. Die Grofspolen kennzeichnen sich durch eine
labiale ausspräche des t, etwa wie w; im krakauischen
spricht man es aus mit einer resonanten schattirung, be-
sonders nach den nasalen vocalen: datem (ich blies), wzalem
(ich nahm) d$t, wzcjl klingen in dieser mundart fast wie
danem, wzanem, d$n, wz^n *).
Polnisches 1 ersetzt das deutsche 1 vor a, u, o: taneut
(eine Stadt im krakauischen) = landshut, Jäter = lachter,
hochd. klafter, lagt = last, tan (ein ackermafs) = lahn,
mlat. laneus, takoc = leckerei, tadunek hb ladung, tado-
wa<5 — laden, lata = latte, watach ™ wallach, stota ==
Stollen, äatamaja = schalmeie, cegta = ziegel, tut = loth,
atun = alaun, tub'in = lupine lat. lupinum, toktusa ==
lakentuch, todyga (stengel) = ahd. ladducha, totr = mhd.
loter, lat. latro, cto = zoll ; im auslaute : kubel neben ku-
*) Genaue angaben über die ausspräche des 1 s. bei Brücke gründe. 4t
und Merkel Physiol. d. menschl. spr. 217. J. S.
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 283
fei =± kflbel, Kizel = kiesel, faket = fakel. Wir sehen,
dafs Miklosich (laotl. 445) unrichtig behauptet, „das deut-
sche I wird regelmäfsig durch den weichlaut 1 ersetzt" und
(467) „in entlehnten Wörtern wird regelmäfsig 1 nicht t ge-
sprochen a. Doch in folgenden Wörtern erscheint das weiche
1: lanckorona (eine Stadt im krakauischen) = landskrone,
lanckoronslü (ein poln. familienname), l^d = land, lokaj =
lakei, filunek == fühlung, chalabarda = hellebarde, folarda
sss fallerde, kuglaka = kugellack, bukätele = bogenstelle
(bogengerüst), chalef = heller, cholender = holländer,
lentfal =» lendenfeil, tal6f = teller, drylich = drillich.
Vor consonanten steht fast immer hartes 1: fatdowa<5
= falten, falä = falsch, zottaf = psalter ahd. saltari,
choldowac = huldigen, malpa (äffe) » maulaffe, kätalt =
gestalt, gwalt = gewalt, gelda = gilde, jalmuzna = al-
mosen ahd. alamuosan, soltys = schuldheifs, soldra =
Schulter (schweinschulter, Schimpfwort), gatgan (lump) =
galgen; auch vor palatalisirten: zoln£r = söldner, kölner
= koller, aber: meldowal = melden, j urgelt = jahrgelt,
tryngelt = trinkgeld.
1 == j in ceregele (la minauderie) =a= *ceregeje = *ce-
rereje = Zierereien.
Dentale.
t, c (ts), ö (tä), c (ts).
t = d: tebel = döbel (pflock), tuz = daus, fory-
towad = fördern, fryt (gen. frytu) = friede, kerat(u) =
kehrrad, klejnot(u) = kleinod, bunt(u) (aufstand) = bund,
gamrat(a) = kammerad, gw'int (gewinde) u. a.
t wird vor e in c (ts) erweicht (dies s nach t ist als
aus j durch assimilationen des t entstanden zu betrachten,
worüber unten): ryc6f ^= ryts&f = *rytj£f = ritter cech.
ritif, snycär ( Steinmetz) = Schnitter. Manchmal geht t
in palat. c (tt) über: pachcar = pächter, gichda? = gich-
ter; so auch c in ö: Ötuöec = Stutzer (stucer).
6 = 8, z: demcowy = sämisch, kolel = ahd. chezzil
mhd. kessel.
284 Malinowski
c (tä) = sch (ä): cacht = schacht; = c (z): cacha
= zeche (bergstrafse in Olkus), öop = zapfen, ö$br = zie-
mer, cawun = zäun, cyns = zins.
d, dz, dz.
d == t: knod (knodyäek) = knoten (an den pflanzen),
spadel = spaten, chalabarda = hellebarde, jinderak =
unterrok, fajdad (cacare) = feuchten, gerada = geräth
(das haus- und kastengeräth, das die frau dem manne mit-
bringt). Vor e wird d in dz erweicht: dzetrech neben
dytrych = dietrich, dz£2a (backtrog) = bair. döse, dz$-
kowad neben dank nos$ = danken.
dz = c (z) volkthömlich dzygar neben zegar (uhr) =
zeiger.
s.
Poln. s entspricht sehr selten einem deutschen s: Sas
= Sachse, weksel = Wechsel, lakmus = lackmus; = ss:
sl6saf = Schlosser, obertas(a) = Obertasse, ludw'isaf =
rothgiefser, karmasyk = kerbmesser.
s = tz, z (c) : sprys = die spritze, kasyf neben kacyf
= ketzer, besowad neben becowac = beizen.
s = sch (ä): sulaf = schürer, surowna = scheuer-
ofen (im bergwerk), sos (pflanzensprofs) = schofs, sottys
neben äoltys (schulze) = mhd. schultbeize ahd. scultheizo,
kalkus = kalkasche.
z.
Das polnische z ist seiner verengungssteile naoh mit
dem s identisch, es unterscheidet sich von letzteren nur
dadurch, dafs die Stimmbänder angestrengt, und durch die
aus der brüst strömende luft in Vibration versetzt werden*
Poln. z = deutschem 8 im anlaute vor vocalen: zegel-
garn = segelgarn, zolic = sohlen, zubas (der bafs in der
orgel) = franz. sous-bas (dieses wort ist durch das deut-
sche ins polnische gekommen, da aus den romanischen
sprachen unmittelbar entlehnte worte ihr anlautendes s be-
zur lautlehre der lehn Wörter in der poln. spräche. 285
wahren: wie suma, sanitarny, satata, sylwetka, sezon, sotern
u. 8. w.) ; im inlaute zwischen vocalen : fliza = fliese, sp'i-
luza =■ speileisen, I6zem (frei, nicht gebändigt) = los,
chyzowa<5 = hissen; im auslaute: cekchauz(u) = zeughaue,
gruz(u) ss graus, tuz(a) = daus.
z äs seh (S): maltuza = maultasche.
z = z (c) zembraty = zimmerbretter (d. i. gezim-
merte bretter), zendra = zunder, dies ist graphischem ein-
Aufs zuzuschreiben.
z = h: zalzbant = halsband.
z = ä: nur im potaz(u) neben potaz(u) = pottasche.
n.
Die polnische spräche kennt nur dentales n, welches
auch deutsches gutt. ng ersetzt: in allen Wörtern auf ung
es poln. unek, wie: rachunek = rechnung, stosunek (ver-
hältnifs) = stofsung, warunek (bedingung) = Währung u. a.
Labiale.
P-
p sss b: poricocha (strumpf) = bundschuh, pnchar =
becher, pytel (mühlbeutel) = beute], pap'e£ (papst) = ahd.
bäbes, kolpef = kaulbars, urlop gen. urlopu = Urlaub.
p = pf, f, ff: pal = pfal, p'epf =. pfeffer, putk (re-
giment) * volk mhd. volc ahd. folc, p'en$dz (geld) = pfes-
ning, p'el$gnowa<5 = pflegen, panwa = pfanne, pampuch
sss pfannkuchen, grypa = dreifufs, äyper = schiffer, ko-
perötych =a kupferstich, koperälag = kupferschlag, kopeiv
was = kupferwasser, kap'inaz (volksthümlich) = kaffee-
haus, malpa (äffe) = tnaulaffe; im auslaute: litkup (merci-
potue) s=s mhd. lttkouf, gnyp = kneif (schusterkneif, schu-
8termes8er, cf. franz. canif), gap' = *gaffe, b'iskup = ahd.
piscouf, öop sss zapfen u. aa.
b.
b sä p sehr selten, und das fast ausschliefslich vor i :
hib'in s= lupine (lat. lupinüm), drab'ina = treppe; vor u:
cybula (zwiebel) = ahd. cipulla.
286 Malinowski
b = f: baiant = mhd. fasant (lat. phasianus), kucaba
und kocuba neben sufla = kothscbaufel, drybus, trybus
neben grypa = dreifufs, grab'a, cbrab'a -■= graf.
f = f , v: fartuch = vortuch, firanka = Vorhang,
firzac = vorsatz, forpocta = Vorposten, forut (ein aufruf
in bergwerken) = niederd. vorut (voraus), fortel (mittel)
= vortheil, furwach = vorwache, furstus = verstofs.
f = pf : fajka = pfeife, fanna neben panwa == pfanne,
funt = pfund, faraf = pfarrer, kfejfajfer = querpfeifer (?),
knafel = knöpf.
f = w: blofarek neben bulwark (die form bulwar
(strafse) ist aus dem franz. boulevar entlehnt) — bollwerk,
fala = welle, faramuska = warmmufs, fartowarf = warten,
fiäorek = wischer.
f = b: kufel (seidel) = kübel.
f = h: glif neben glijowal = glühen; = ch: cefa ne-
ben cecha (merkmal) = zeichen. In den Wörtern rych-
fowac = bereifen und rychfa = reif spaltet sich f in chf ;
diese erscheinung ist auch dem russischen eigen: z. b.
chf edor (volksthömlich) neben f'edor =» theodorus, proch-
fost = profos.
w.
w = f : wechtowac neben fechtowad « fechten, w'ar-
dunek = ferding, vierdung (eine münze), wachla = fackel,
wachlaf = facher, liwerunek (abgäbe) = lieferung.
w = v (f): wöjt (schultz) = vogt, Vertel (maafs)
s=a viertel.
w ist aus u zwischen voc« entstanden in chaw'ef, oha-
War (arbeiter in bergwerken) = hauen
m.
m = b: mary neuslov. pare = bahre,
m =s v: m'isorka = visier am helme.
zur lautlehre der lehn Wörter in der poln. spräche. 287
Consonantische lautgesetze.
Nicht nur unmittelbar zusammentreffende, sondern
auch getrennte laute können auf einander wirken.
I. Assimilation.
Benachbarte consonanten assimiliren einander 1) durch
Veränderung ihrer verschlufs- oder Verengungsstelle (Über-
gang in ein anderes sprachorgan, qualitative assimilation),
2) durch Veränderung der gegenseitigen Stellung der Or-
gane (wechsel zwischen momentanen und dauerlauten, zwi-
schen nasalen und nichtnasalen, zwischen stummen und
tonenden (quantitative assimilation)),
1) Qualitative assimilation. a. «. Der vorher-
gehende consonant ähnlicht sich dem folgenden an durch
Übergang in das organ desselben.
Linguales r gleicht sich dem folgenden j an : kfejfajfer
= *kferfajfer = querpfeifer. — d assimilirt sich dem auslau-
tenden r in serwaser = *sedwaser = scheidewasser.
Dent. 8 wird zu ling. & vor ling. 1: sie (geschirrriemen)
= *sle = seile, älachta neben slacbta (adel) = ahd. slahta
(geschlecht).
Gut. ch vor dem dent. t wird zu n : antalek = achtel.
Labiale gehen vor dent. in dent. über: f in s vor t:
olstro = *olftro = holfter.
ß. Der folgende consonant assimilirt sich dem vorher-
gehenden: palat. j wird zu dent. s nach dent. t in rycef =
*rytsef = *rytjef = ritter, snyc^f = *enyts^f = *snytj6r
= Schnitter u. aa.; j wird zu z nach d in dz$kowad ==
*dj$kowal = danken u. aa.
b. «. Anäbnlichung durch Übergang des vorhergehen-
den consonanten in das dem folgenden nähere sprachorgan.
Dent. c (ts) assimilirt sich dem folgenden gutt. g, in-
dem es in ling. z übergeht: d. kreuzgang = *krucganek
= *krudzganek = *krudzganek = kruzganek.
Dent. 8 geht vor gutt. k ( ch ) in ling. ä über : skuta
= *skuta = ndd. schute, holl. schuite, äkoda (schade) =
ahd. scado.
288 Malinowski
Gutt. g, k vor dent. t, c geben in palat. j über: flej-
tuch = flecktuch, grajcar = *garjcar = *garkear es korck-
zieher.
£ nähert sich dem folgenden palat.-ling. 1, und geht
in palat. 6 über: slif er neben älif er = Schleifer, sluza =
schleuse, slaban*) = schlagbaum, £larka = schleier, £lo-
stram = oberd. scblufstrain (schlofsbalken), Slusaf = Schlos-
ser, auch vor jotirtem p' : sp'ikowal = spicken, Sp'ichf =
Speicher, sp'ilart = speilert, &p'izarna = Speisekammer,
Sp'eg = späher, sp'iluza = speileisen, waj£p'en = weifs-
spähne.
2) Quantitative assimilation. a. Anäbnlichung
des vorhergehenden consonanten an den folgenden.
Spirans ch wird vor t zu moment. k: frokt neben
frocht, fraktaf neben fracbtaf = fracht, dyktowny neben
dychtowny = dicht, fektowad, wektowad neben fechtowac
= fechten; ft zu pt: syptuch (segeltuch) = schifftuch.
Momentane k, p, b werden unter dem einflufs der fol-
genden dauerlaute 1, w, m zu den entsprechenden Spiran-
ten: machlaf neben mekler = makler, wachla = *wakla
= fackel, chlob = kloben, ätochmal = *stogmal = *ätob-
mal = staubmehl (man bemerke die dis9imilation der bei-
den labialen bm in gutt. und lab. chm für gm), bachm'istf
= *bakm'istf = *barkm'istf = bergmeister (in Weliöka),
äuflada = Schublade, st$fle neben stemple = Stempel,
chfast = *kfast = quaste; c vor f zu 8: äuäfai = *öucfat
= *öorcfal = schurzfeil.
Anähnlichung der stummen an folgende tönende; k
vor r, 1, n wird zu g : zagr$plowac = verkrämpeln, graca
= kratze, grajcar = *krajcar = kreutzer, ryngraf =
*rynkrat a ringkragen, glon = *klon = *knol = knollen,
gnap = knappe, gnyp' = kneif (schustermesser) cf. franz.
canif.
*) Unter der lautform 8 lab an werden zwei ganz verschiedene Wörter
begriffen, das eine ist das d. schlagbaura mit derselben bedeutnng, das an-
dere ist aus dem d. schlafbank gebildet; es versteht sich von selbst, dafs
das eine wort zur lautomformung des anderen mitwirkte.
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 289
c wird vor b zu dz: zydzbret = sitzbrett; zg = äg
= cg = cg: kruzganek = kreutzgang. s vor g, d, n, b
= z: glazgal = glasgalle, sp'izglas = spiefsglas, lezda
(consumtionsaccise) = leisten, uznacht =*= hausknecht,
rajzbret = reisbrett; ä vor b zu z: fiSb'in = fischbein,
zalzbant = *zalSbant = halsband. p vor 1 und w zu b:
blank = planken, obwach neben odwach = *opwach =
hauptwache.
b. Anähnlicbung des folgenden consonanten an den
vorhergehenden: n wird nach g zu d in gdyrac =
gnurren,
c. Blofs graphisch ist das zusammenfliefsen mehrerer
im deutschen getrennten consonanten in einen polnischen:
f = rs, rech: kolpef = kaulbarsch; c = ts: lice = leit-
seil, wacek = watsack, chuncfot = *chuntsfot = hundsfott,
lancut = *lantsut = landshut, lanckorona = *lantskorona
= landskrone, golclar = goldschläger (aus der ndd. form
des Wortes); c = tä (tsch): paca= *patäa = patsche; c =
tS (tsch) : ponöocha (strumpf) =?= pontäocha = bundscbuh,
wanöos (parietis contabulatio) = wandschofs, lancaft neben
lantäaft und lanäaft = landschaft, felcer = feldscheer, ku-
caba neben koc'uba = kothschaufel , orcyk = ortscheit
(an dem wagen), pryca = pritsche, berlac = bärlatsche.
Gegenseitige anähnlichung der laute aneinander findet
in bramrot für *bravnrot = braunroth und in moidier==
*morzef = *morzjef = mörser statt.
II. Lauteinschiebung.
1. Consonanteneinschiebung. Ein consonant
kann eingeschoben werden: a) im anlaute a) vor einem
vocale, ß) vor einem consonanten; b) im inlaute a) zwi-
schen vocalen, ß) zwischen einem vocale und einem conso-
nanten, y) zwischen einem consonanten und einem vocale,
£) zwischen zusammentreffenden consonanten; c)im auslaute
nach consonanten.
a) Ein consonant wird im anlaute vorgeschlagen:
Beitrüge z. vgl. sprachf. VI. 3. 19
290 Malinowski
a) vor vocalen: ch: chalun neben alun = alaun,
chanälak neben anälak = anschlag, chanyz neben anyz =
anis, cbartful = erdpfal, cherst neben erat (räuberf obrer)
= erste; j in jacbtel neben achtel,, antalek = achtel, jal-
muzna ahd. alamuosan (almosen), jastrych neben astrych
= estrich, jinderak = unterrok; w in w^borek = mhd.
eimber, ahd. einbar (eimer).
ß) Vor consonanten: g vor 1, n, m: glot (die ladung
des kleinen feuergewehrs) = loth, gnarowad (sieh nähren,
von etwas leben, sich den unterhalt verschaffen) = näh-
ren, gmyrad (mit händen in etwas herumrühren) = mäh-
ren*); k vor f: kfandzylber = feinsilber im ausdrucke:
wynosi fsystko z domu na kfandzylber = er schleppt alles
aus dem hause, um es in feinsilber zu wechseln (von einem
löderlichen manne); s vor t in strukcaSy = truchsefs.
b) Im inlaute eingeschoben:
a) zwischen vocalen. w in öawun = zäun.
ß) zwischen vocalen und consonanten: n resp. m vor
ät, str, pn: rynstunek = rüstung, p'el^gnowad = p'elen-
gnowac = pflegen, stembnofka == *stempnofka = step-
naht: r vor c = tsch: kurcaba neben kucaba und koduba
= kothschaufel, d vor 1 in jedlca neben jelca = ahd. he^a
(griff am Schwerte).
y)* Einschiebung eines consonanten zwischen consonan-
ten und vocalen.
Hierher gehört vor allem die weitgreifende, und allen
slawischen sprachen, besonders aber dem polnischen eigen-
thömliche Wirkung des eingeschobenen j. Nach einem laut-
gesetze des polnischen können gutt. k, g vor e, y nicht
ausgesprochen werden und gehen in k, g = kj, gj (etwa
wie deutsches k, g in kind, gilde) über. Diesem lautge-
setze folgen natürlich auch die lehn Wörter. Beispiele: ke-
runek = *kjerunek (richtung), kerowad = kjerowac' (rich-
ten) = kehren, kerat = kehrrad, kerca = kerze, kelich
= ahd. ehelich (kelch), Kernowe sukno = kerntuch, kelria
*) Dies g ist wohl das deutsche ge-. — J. S.
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 291
— kelle, Kichlaf = *kjychlaf = küchler, w'ellfcf (plebi-
scitum) = willkühr, fuket = fuchtel, pekeflejä = pökel-
fleisch, olkel = hohlkehle (archit.), Kestfank = kirsch-
trank, nikel = nicke], alkef = erker, cyrkel = zirkel,
cuker = zucker, faket = fackel, zankel = senkel. g =
gj: vor e gemza = gemse, gertruda = gertrud, gemajn
=> gemein, gerada = geräth (das haus- und kastenge-*
räth, das die frau dem manne mitbringt), gefyna = ge-
rumpel, war^elt = wehrgeld, tryngjelt = trinkgeld, bryf-
treger = briefträger, blaj^el = bleigelb, fälbelt = pfal-
geld, lagjer = lager, pr$gef = pranger, ty£el = tiegel,
swa£er = seh wager, magel = mangel, cherweget neben
chergewet = heergewette, j urgelt = jahrgeld, zagei =
segel u. aa., chj wird zu ä in loktuäa = *loktucbja =
lakentuch.
f = rj vor a, u, y, o, e: kestfank, "kestfank = kirsch-
trank, rumple neben gefyna = gerumpel, fotkef = ret-
tich, fem' eii = riemen, s. oben s. 281.
t wird vor e zu c = ts = tj erweicht: rycef =
*rytsef = rytjef = ritter, snycef = Schnitter (Steinmetz),
vor a zu 6 = ts = tsj in pachdaf = pächter, gichlaf
= gichter. Der Übergang des dent. s in ling. S, z ist auch
der Wirkung des eingeschobenen j zuzuschreiben : wie äabla
a= *8jabla = säbel, zolnef = *zjolnef = *sjolhef = Söld-
ner — mehrere beispiele sind oben beim ä, z angegeben.
j wird weiter zwischen n und e, manchmal auch a einge-
schoben: kusnef = *kusnjef = kürschner, tanec = tanz,
äanec = schanze, zolnef = Söldner, kolnef = kotier,
kasarna = kaserne, waltorna = waldhorn, kuchna = ahd.
kuchina, p'en^dz = pfenning.
p = pj = p' vor e in p'epf = *pepf = pfeffer, pa-
p'ez (papst) = ahd. bäbes, p'eri^dz = pfenning, p'el$gnowaö
= pflegen.
b' = bj vor a, i und e: grab'a = graf, kob'alka =
kobel, b'iskup = ahd. piscouf, drab'ina = treppe, färb' er
— färber, b'efmowad = firmen, b'ernat = bernhard«
19*
292 Malinowaki
f = f j = f vor a, e: of ara (opfer) ahd. opfar (lat.
offero), £lif er = Schleifer.
W = wj: gWe&ny = gewifs, w'ardunek = ferding,
vierdung, gleWja = mhd. glöve, glsevin (frz. glaive) lanze,
spieis.
m' = mj vor s, i, e: m'arkowal (erwägen) = *mjar-
kowad = merken, m'iSorka = visier (am helme), m'elcaf
= melzer, m'elcuch = malzhaus, m'eler = meiler, m'elötyn
= mehlstein (eine bürg im Krakauischen), stum'ec =
Steinmetz.
Nach Johannes Schmidt's ansieht ist die Verbindung
k£ in den worten ks$dz, k£$£e, ks^zka aus kj entstanden:
ahd. kuning erscheint im altbulgarischen in der form ku-
n$zl, altöech. knäz, im polnischen sollte es lautgemäfs
, *kn$z, kn^dz heifsen; nachdem aber das n zwischen k
und e geschwunden, tritt j ein (*kj$dz), welches sich
in 6 verwandelt: gen. k&$dza zu nom. ks^dz. Diese erklä-
rung wird durch den Übergang des j in s nach t in rycef
*rytsef =* rytjef, ritter, in z\ nach d in dz^kowad = dan-
ken bestätigt. — Eine andere differenzierung dieses j in 1
nach gutt. ch, k vor a, e fiudet man in den worten:
wachlaf = *wachjaf = fächer, warchlak = *warchjak =
barch porcus castratus, sp ichlef = sp'ichjer und sp'ikler =
Speicher neben sp'ichf, sp'ikf, ämuklef = *ämukjer (neben
smukaf) = schmucker; nach z: trenzle = #trenzje = trense,
gruzta = *gruzja = drfise. r wird nach t, p vor y, u ein-
geschoben : trynkowal neben tynkowac = tünchen, rostru-
ohaf = rofstäuscher (od. rofstrüger?), äprycha—- radspeiche.
f naoh t in listfa = leiste, vielleicht nach der analo-
gie des poln. suff. tfa (twa) wie: ryb'itfa, Mytfa, pletfa etc.
d) Einschiebung eines consonanten zwischen zusam-
mentreffende consonanten. j wird in die mitte, zwischen n
und t, n-6 eingeschoben, und fliefst mit vorhergehendem
n in n zusammen: rantuch = *ranjtuch = randtuch, wan-
tuch = *wanjtuch = wandtueb, poncocha = ponjöocha
(strumpf) = bundschuh, wanöos = *wanjöos = wandschofs *).
*) In letzteren beiden beispielen ist wohl n nur durch das folgende c
jaUtaluiert. J. S.
\
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 293
d wird zwischen nr und nz eingeschoben: chendryk
neben chenryk = heinrich, pendzel neben penzel =? pin-
sel (lat. pennicilla). Die formen ksondz (priester), p'enondz
(geld), mosondz (messing) sind aus den grundformen *k&onz
(*ksenz) = ksengj = altbulg. kün$zi, poln. collect, k£$2a
= ks$zja, moäenz = *moäengj (cf. moä$2ny) = messing,
p'enenz = *p'enengj (cf. p'eii^iny) pfenning durch die ein-
schiebung eines d zwischen n und z entstanden.
t wird zwischen s und r eingeschoben: stragan =
*8ragan = schrägen neben saragi.
b wird zwischen 1 und r und m und r eingeschoben:
gen. combra zu nom. comber = ziemer, cembra, cembryna
= *cemra (brunnenkasten) = zimmerung, olbrot = *olrot
= wallratb.
c) Im auslaute wird j angefügt: nach r, mit welchem
es zu f = r-}-j wird: alker = *alkerj = erker, meh-
rere beispiele wurden schon angegeben; nach s, mit wel-
chem es bald zu s, bald zu i wird: ratuä = ratu8-hj =
ratbhaus, pap'ez(a) (papst) = ahd. bäbes, jarmu£(u) (grün-
kohl) = jahrmufs; nach st, mit welchem es zu öö = stj
wird in proboäc = *probostj = probst (praepositus);
nach n: wajSp'en = weifsspänne; nach p in gnyp' =
*gnyp 4- j = kneif frz. canif, gap' — gap + j = gaffe.
2. Hilfsvocal. Zwischen zusammentreffende con-
sonanten werden folgende hilfsvocale eingeschoben: a: äa-
ragi (neben stragan) = *£ragi = schrägen, faramuäka ss
*farmu£ka ~ warmmufs, äalamaja = *äalmaja = schallmeie,
ataman neben chetman = hauptmann;
u: armuämal = *armämal = *arim£mal = eier im
schmalz, larum = *larm = lärm.
e: blofarek neben bulwark = bollwerk, korek=kork,
ratunek = rettung, gzinek = gesenk, und mehrere andere
auf nek — ng. — fasalec = fafsbolz, stosulec =. stoisholz,
ämalec = schmalz, äanec » schanze, tanec = tanz, p'el$-
gnowac = *pl$gnowarf = pflegen.
o im worte lanckorona (eine Stadt) = landskrone, un-
ter dem einflufs des lat. Corona.
/
294 Malinowski
III. Schwand.
Gutturale k, g, ch (h): k schwindet im inlaute: s für
ks: sas = *saks = Sachse ndd. Sasse, b' in das = *b'in-
daks = b'indaxt (queraxt), ä för ks: Auspurk = *Aukäpurk
= Augsburg, warStat = Werkstatt; skn wird zn: uznacht
= hausknecht; okg zu ng tryngelt = trinkgeld, ngkr zu
ngr ryngraf = ringkragen. Im auslaute: laber = laub-
werk; g schwindet: im anlaute aus der Verbindung gr:
fumple neben £eryna == *gf umple = gerümpel cf. cech. f ecky
= gfeck^ = graecus; im inlaute: zwischen vocalen, wel-
che dann zusammengezogen werden: äynal = *Synall =
*öynagel = schiennagel, bretnal = brettnagel, ufnal =
hufhage), cf intnal = zwintnagel, fornal = vornagel (hacken
am deichsei), rydwan = reitwagen, golclar = goldschlä-
ger. Vor consonanten schwindet g in slaban = *älagban
= scblagbaum. Aus der mitte der Verbindung: landraf
= landgraf, jintermach = *jintergmach = hintergemach,
burm'istr = *burgna'istf = burgmeister (auch deutsch bur-
meister, besonders als nom. pr. erhalten), ch und h schwin-
den im anlaute vor vocalene antaba = handhabe, antry-
char neben veraltetem chandrychaf (berggehülfe) = hand-
reicher, autwerk = handwerk, uznacht = hausknecht,
odwach = hauptwache, olKel = bohlkehle, olstro = holf-
ter, ochm'istf = hofmeister (hauslehrer), ufnal, ofnal neben
chufhal = hufnagel, olander neben cholender = holländer,
otdowad neben üblicherem chotdowa6 = huldigen, uf,
ufec neben chuf'ec = häufe, abdank (wappen) = habe
dank, aftowad neben chaftowal = heften', alstuk neben
chalätuk = balstuch, antfas neben konwas = handfafs.
Im inlaute zwischen vocalen und consonanten: dyäel (deich-
sei) = ahd. dihsila, mhd. dihsel; aus der mitte der con-
sonantenverbindung: fajdad (cacare) = *fajchda<5 = feuch-
ten, durslak und druälak = durchschlag, Kermaä = kirch-
messe; zwischen consonanten und vocalen : cykauz = Zeug-
haus, frysowad = frischbof (?), f iäolc = fiscbbolz, firanka
= Vorhang, forak = vorhacken, kutlof = kuttelhof,
waltorna = waldhorn, rajtuzy =• reithosen, ratuä = rath-
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 295
haus, zamtuz = sammthaus (Pschandbaus), antaba == hand-
habe, stosulec = stofsholz, lunaf = lohnherr, lamus =
lehmhaus, äturcnak = sturmhaken.
j schwindet im inlaute zwischen vocalen: in armusmal
= *ajerimämalc = eier im schmalz; aus den Verbindun-
gen: speflik = speilfleck, trepchauz = treibhaus*); unter
dem einflufs des in der zweiten silbe sich befindenden j:
felajza = feileisen, strechajza = streicheisen, blejwas ~
bleiweifs.
Linguale: r. Da die polnische spräche überhaupt
keine doppellaute leiden kann, so geht die Verbindung rr
in r ober: jinderak — Unterrock, kerat = kehrrad, gdyrad
= gnurren, fory£, forytaf = vorreiter u. aa. Der Schwund
des r wird weiter nicht nur durch den zusammenstofs mit
anderen consonanten, sondern auch durch anwesenheit eines
zweiten, obwohl getrennten r in demselben worte bewirkt;
inlautend: bachm'istf = bergmeister (in Welicka), Linde
leitet das wort unrichtig aus dem d. pachtmeister her,
wekf'ir = werkffihrer, ku&ner = kürschner, suäfal neben
äustfal sss schurzfell, asleder (hinterleder) = arschleder,
Kestrank = kirschtrank, maserowad = marschieren, obla-
dra = oberleder, foder, federunek, federowac (ausgaben
für die bergfabrik leisten) = fordern neben forytowad (pro-
tegieren), wo das zweite r schwindet, und foidrowad, wo
es sich in J dissimiliert. Kfaterunek, kfaterowad = ein-
quartierung, zembraty = zimmerbretter, b'ernat = bern-
hard, bernadyn = bernhardinermönch, burätöfka = bors-
dorfer apfel, rem'iza = rohrmeise, volksthümlich jarmak
neben jarmark = Jahrmarkt. 1 = 11: bukätele = bogen-
stelle, obstalowad = bestellen, chalef == heller, talef =
teller, kuglaka = kugellack u. aa. 1 schwindet vor k:
blozbak = blasebalg, vor st: astyn = halsstein, aus der
Verbindung lfl: peKeflejä = pökelfleisch, Speflik = speil-
fleck (beim schuster).
*) Richtiger ist wohl, dafs, mit ausnähme des ganz unkenntlich gewor-
denen armusmal , diese worte wie die meisten lehnworte aus dem nieder-
deutschen entnommen sind, den diphthong also nie gehabt haben. J. S.
296 Malinow8ki
Dentale: t s» tt: witeruuek = Witterung, gatunek
{art) = gattung, chuta = hütte, ratowad = retten u. aa.
t, rcsp. d, schwindet im inlaute vor dentalen (t, s, s):
botucb äs» badetuch, wantueb = wandtueh, rantuch =
randtuch, bosak * ) = bootshaken, lansaft = landschaft,
konäachty (geheimes verständnifs mit jemand) = kund-
schafte wanäos (neben wancos) = wandschofs, rajäula =
reitschule, orstam = ortstamm, olstyn = altstein (bürg),
raunätuk und mastuk, muätuk = nmndstfick, morspr$gi
as mordsprung; vor andern consonanten: fusberta (helle-
barde) = faustbart, obwach (russ. obwacht) neben odwach
= hauptwacht, konwas = bandfafs, chanwark (handpumpe)
= bandwerk, sylwach = schildwache, krochmal == kraft-
mehl, wachmistf = Wachtmeister, pocm'istf = postmeister,
äylkret = Schildkröte; nach consonanten: fukel = fucbtel.
Im auslaute: jarmark = Jahrmarkt, frymark = freimarkt,
b'indas (queraxt) = bindaxt. c schwindet im inlaute: slo-
cha<5 = *slochca<5 = schluchzen; im auslaute: armusmal
= *armusmalc = eier im schmalz.
8 s= ss: slösaf = Schlosser, obertas = obertasse; s
schwindet aus der Verbindung ss in mastab = mafsstab.
n = nn :' öynal = schiennagel, wyzonowad (austrock-
nen) = aussonnen; doch in folgenden Wörtern ist doppel-
tes n bewahrt : brytfanna = bratpfanne, wanna = wanne,
in lenno = leben ist es erst polnisch verdoppelt; n schwin-
det im inlaute vor consonanten : brokoli = braunkohl, ma-
gel = mangel, jartyk = Jährling, olawa (anlaufeisen im
bergwerk) = anlauf, mustuk neben munstuk = round-
stück, braustyn neben bronätyn = braunstein, gryspan
neben grynäpan = grftnspan.
In formen wie brastyn neben bronätyn, brauätyn ss
braunstein, mastuk = mustuk und munätuk ss mundstück,
kaöt neben kunät = kunst geht n mit dem vorhergehen-
*) Hier wie in mehreren anderen fällen wirkte noch eine andere Ur-
sache auf die lautumformung, nämlich Volksetymologie: dem Sprachgefühle
des Volkes schwebte bei diesem worte die Vorstellung der wz. bos, lit. bau
(bar) vor.
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 297
den vocale in einen nasalvocal zusammen. Aus der mitte
von consonanten Verbindungen schwindet n : bodloch = bo-
denloch, klabrynek = klabenring (bergwerk), bukstele =
bogenstelle, wajstyn = Weinstein, burstyn = bernstein,
rapötyn = rabenstein (eine bürg), capätfyk = Zapfenstreich,
toktusa = lakentuch, lentfal = lendenfell.
Nach consonanten schwindet n: in klecha = glöck-
ner, rachunek = rechnung, kosary = kaserne, ordynek,
ordunek = Ordnung, hitabla = nietnagel, ramodel =
raumnadel (bergwerk).
Labiale. Deutsches pp wird durch einfaches p wie-
dergegeben: op'ich = eppich, dupelb ir = doppelter, gnap
= knappe u. aa. — p schwindet zwischen consonanten:
chetman = hauptmann, od wach neben ob wach = haupt-
wache; b schwindet im worte Karmasyk = kerbmesser im
auslaute. Auch deutsches ff erscheint im polnischen nur
als f: safowad = schaffen, trafid = treffen, kartofel =
kartoffel, syfunt = schiffunt (?); w schwindet im anlaute
vor o: olbrot = wallrath (spermaceti), oselbar = wasser-
bär; nach b: laber neben labwerk = laubwerk (architekt.
Ornament),
Deutsches mm erscheint als m: chamowad = hem-
men, ärama = schramme, froncymer = frauenzimmer u. aa. ;
vor w ist es geschwunden in: bawelna = *bamwelna =
baumwolle. Manchmal schwinden ganze consonantenver-
bindungen und silben, wie: mustuk = mundstück, stamca
= stum'ec = Steinmetz, falendyä (holländisches tuch) =
feinholländisch, lajtuch = leichentuch, malbork = *mar-
bork = marienburg, fajerka = feuerkike.
IV. Umstellung.
1 . Zusammenstofsende consonanten werden umgestellt :
sk, sk für ks: wosk schon abulg.= wachs (wohl urverwandt),
puäka a= *puksa = ahd. puchsa (büchse); tf, rf für ft, fr;
tratfa = trafte, gerfajter neben gefrajter = gefreiter; rk
298 Malinowski
för kr: öperka = *äpekra =s speckgriefe; stf fttr rst: kur-
f istf neben kurf irst = kurfürst, nach der analogie des
Wortes in istf = meister.
2. Durch einen vocal getrennte consonanten werden
gegeneinander verwechselt: kuglaf für *guklarg = gaukler,
cherweget = für und neben chergewet = heergewette,
glon =~*gnol = *knol = knollen, kneplowad für *klepno-
wad = klöppeln; opcas für *opsac = absatz.
3. Der consonant wird mit dem benachbarten vocale
oder mit einer ganzen silbe umgestellt, und dadurch ein
unbequemer zusammen stofs von consonanten vermieden:
ro für or in brok für und neben borg, borgowal = borgen;
ra für ar: grajcar =a *krajcar sbb *karkcar = korkzieher;
ru für ur: druslak neben durälak = durchschlag, lo für
ol = blofarek neben bulwark = bollwerk, plajtaze für
platajze = plätteisen, jinflanty = *jilflanty sbb *liflanty =
Lievland.
V. Dissimilation.
1. Dissimilation durch Übergang in ein anderes sprach-
organ. Wechsel zwischen den dem organe nach gleichen
consonanten.
Von zwei gutturalen geht der erste oder der zweite
in einen labial über: kafel neben kachel = kachel, ryn-
graf = #ryngrak(g) = ringkragen, tfarög = *kfarog «
*kfark = quarkkäse (hier ist wohl auch die assimilierende
kraft des labialen f anzuerkennen).
Linguale: von r — r geht das zweite in g über: ce-
regele = *cererele = #cerereje = Zierereien. Der dop-
pellaut 11 wird zu In : kelna = kelle, kölner = koller. Von
zwei getrennten 1 geht eins in n über: jinflanty = *jil-
flanty = *liflanty = lievland, kalisan, kalteäan = kalte
schale. Ling. s vor r geht in palat. 4 über in sruba =
sruba = schraube, sröt = *srot = schrot.
Dentale. Der doppellaut tt geht in cht über in
älichtada = *älittada = schlittenfahrt, trucht = der trott
(ital. trotto, der trab).
zur lautlehre der lehnwörter in der poln. spräche. 299
d vor t geht in w Über: wytrycb = dietrich.
s vor t geht in ling. ä über: kasta = kästen, maSt
= mast, laät = last, grust = gerüst, klastor = kloster,
kunät ass kunst, rynätunek = rüstung, alätuk = halstuch.
Der doppellaut nn geht in nw über: panwa = *panna
= pfanne, rynwa neben rynna = rinne; n— n in m — n:
m'inög = *ninog == ahd. niunouga = neunauge; dent. z
vor n geht in ling. z über in jahnuzna = ahd. alamuosan
(almosen). In auätuk für *auscug = auszug differenzieren
sich beide laute.
Labiale. Das zweite f wandelt sich in k in fajka
= *fajfa sb pfeife. Das auslautende m wandelt sich un-
ter dem einflufs des vorhergehenden lab. b (p) in n : slaban
s= *slabam = schlagbaum, bukspan = buchsbaum, folbun
= füllbaum.
Zwei dem organe nach nicht gleiche consonanten dif-
ferenzieren sich.
Gutturale. Gutt. g vor ling. 1 geht in lab. b über:
nitabla = hitagla = nietnagel.
Palatal es j nach gutt. k geht in palatal. & über in
ksondz (ksadz) = *kjondz = *knadz = ahd. kuning (man
vergl. oben).
Dentale: t vor w (f) geht in k über: lakfaf = *lat-
waf sss latwerge, vor 1 in ch: gpachla = *&patla = äpa-
thel (bei den malern); d vor r geht in g über: gruzla =
*druzla = drüse, grypa = *drypa = dreifufs; 8, z vor
lab. p, b gehen in ling. ä resp. i über: raäpla = *raspla
= raspel, bukspan = buchsbaum, zalzbant = halsband.
Labiale: f vor dent. t geht in ch: konsachty (gehei-
mes verständnifs mit jemandem) = kundschafte, kruchta =
ahd. cruft, mhd. kruft, nbd. gruft, lat. crypta, gr. xqwityi,
kluchta s= *klufta = kluft, locht, lucht neben luft = luft,
krochmal = kraftmehl *), ochmistf = bofmeister, stochmal
s=e staubmebl.
*) Der wandel yon ft in cht ist nicht erst polnisch, obige worte sind
vielmehr aus dem niederdeutschen entlehnt. J. S.
300 Malinowski
2. Dissimilation durch Veränderung der Stellung der
organe.
a) Wechsel zwischen r und 1. Von zwei in einem
worte sich befindenden r wird das erste zu 1: alKef =
*arkef cech. arkif = erker, falb' er = farber, balw'äf =
barbier, mulaf neben muraf = maurer, oselbar = wasser-
bär, malbork = inarienburg, folwark = vorwerk, äalwark
neben sarwark = scbaarwerk, folar, fulaf = führer (berg-
werk), foldrowac, foidrunek, foldrunek, foldrowac neben
fedrowad (ausgaben för bergwerk leisten) = fordern, fol-
wertaf = vorwärter (im bergw.), olbora = urbar (berg-
zehnte, dtme des mines), sulaf = schurer neben veraltetem
sorar, Soraf (bergw.), ludw'isaf = *rudw'isaf = rothgiefser;
das zweite r geht in 1 über in rudel = rüder.
b) Wechsel zwischen stummen und tönenden conso-
nanten. Aus zwei tönenden wird einer stumm: klecha =
glöckner, kolpef = kaulbars. Aus zwei stummen wird
einer tönend: wachlaf = *fachlaf = facher, wachla =
*fachla = fackel.
St. Petersburg, im februar 1869.
Lucian Malinowski.
Zur Volksetymologie.
Wenn das bewufstsein der ursprünglichen inneren be-
deutung der wurzel eines wortes beim volke verloren ge-
gangen ist, oder, wie bei der entlehnung, gar nicht vor-
handen gewesen, so geräth das Sprachgefühl auf irrwege,
stellt das unverständliche wort mit einem andern zusam-
men und macht es diesem phonetisch ähnlich. Diese kraft,
zwei Wörter, die etymologisch unverwandt sind und we-
sentlich miteinander nichts zu thun haben, zu verknüpfen
und zu assimiliren, hat man Volksetymologie genannt. Es
können die berührungspunkte für diese anähnlichung in
zwei richtungen vorhanden sein : entweder ist das gegebene
zur Volksetymologie. 301
wort mehr zufällig einem andern der lautform nach ähn-
lich, oder man will neben der phonetischen ähnlichkeit
auch eine Verwandtschaft zwischen den funktionen beider
worte fühlen.
Ich führe hier in alphabetischer reihenfolge einige bei-
spiele polnischer, meistenteils entlehnter Wörter an, die
unter der Wirkung der Volksetymologie eine lautliche Um-
gestaltung erlitten haben.
a) Fälle, wo nur der phonetische faktor wirkt.
bosak aus dem d. bootsbaken in derselben bedeutung
ist mit einem wurzelhaften poln. worte bosak im aus-
drucke „na bosaka" (barfufs) von wz. bos-, lit. bas-, mit
dem suff. -ak- identisch geworden, ohne dafs irgend ein
innerer Zusammenhang vorhanden ist.
chfast ist aus dem d. quaste (beim degen) mit der-
selben bedeutung entlehnt, der lautform nach ist es mit
dem echt polnischen worte (chwast, unkraut) identisch ge-
worden, welches letztere gewifs nichts mit dem degen zu
thun hat.
Der bildung des wortes grajcar aus korkzieher lag
das ganz verschiedene, ebenso entlehnte wort grajcar aus
kreuzer zu gründe.
Das wort jener al (general in der armee) heifst beim
volke nicht selten jednoral, in welcher gestalt es an das
zahlwort jeden (ein) anklingt.
kaltesal, kalteäan (kalte schale) ist in den östli-
chen provinzen allgemein unter der form kaliäan bekannt,
ist also lautlich mit dem kalisan, kaliäanin (einwohner
der Stadt Kaliä) identificirt, ohne damit irgend einen inne-
ren Zusammenhang zu haben.
kazm'irek (gewebe) aus kaschmir hat sich dem di-
minutiven kazmirek zu kazim'er (eigenname) angeähnlicht.
pocta im altpolnischen bedeutete hochachtung von
einer slaw. wurzel cit- (öesd = *cet-<5 ehre, cech. ucta,
ru88. po-Öit-ati ehren), die jetzige spräche aber braucht
es in dieser bedeutung nicht mehr und hat seine lautform
302 Malinowski
einem lehnwort pocta für und neben poäta, posta
(post ital. posta) verlieben.
Aus „stearynowa sf'6ca (Stearinlicht) macht man
manchmal das Wortspiel „stara i nowa sfeca" (das alte
und neue licht).
slaban ist aus dem d. schlagbaum mit derselben be-
deutung gebildet; es lag der lautumformung eines ganz
verschiedenen wortes slaban aus dem d. schlaf bank in
derselben bedeutung zu gründe.
Tys^cnik ist eine wörtliche Übersetzung des deut-
schen „tausendgüldenkraut" (tysqc = tausend), das wie-
der einer falschen Übersetzung des lat. centaureum, gr«
xevravQSiov sein dasein verdankt.
Das wort wacek aus dem d. watsack mit derselben
bedeutung erinnert an das diminut. wacek vom vornamea
poln. cech. Waclaw, altbulg. Ve^teslavü (vergl. dazu
diminut. jasek eigentlich = Hans zu jan = Johann in
der bedeutung ohrkifschen, und dimin. j ad w'iska Hedwig-
chen zu jadw'iga Hedwig, in der bedeutung nadelkissen).
WelKef (plebiscitum, Stadtsatzung) ist aus dem d.
willkühr entlehnt, phonetisch aber hat es sich dem poln.
w'eläi (grofs) genähert; w'elKef nennt man auch eine art
von riesenhanf.
Das wort jeometra (geometer) hat das volk in om§-
tra, m$tra, m$ter, und am ende in wn§ter verwan-
delt; das wort wn^ter bedeutet aber im polnischen auch
einen hengst (cum uno testiculo).
zb'er, zb'ir (henkersknecht), aus ital. sbirro, ähn-
licht sich dem poln. zb'ärad (sammeln) an.
Die zouaven während des letzten aufstandes in Polen
wurden von dem volke zulawcycy genannt, und dadurch
mit Zulawöyk, dem ein wohner des Weichselniederlandes
(zulawy) in Altpreufsen identificirt.
b) Das gefühl der funktionsverwandschaft als
faktor der phonetischen anähnlichung.
Bednar (böttcher) aus dem d. büttner wird beim
zur Volksetymologie. 303
volke in der gegend von Warschau, Btone, Cersk allge-
mein in "der form bembnaf, bembnarcyk gebraucht mit
einer anähnlichung an das wort bemben (trommel),
bembnid (trommeln), da der böttcher in seiner arbeit
einen trommelschläger nachahmt.
Bruk neben burk, bork, borgowac (borgen) im
ausdrucke „w m'esde na bruku osadl" (er hat sich in
der stadt niedergesetzt, um vom borgen zu leben) von
einem bankerotten landwirthe. Hier hat man zwei Wörter,
borg (borgen) und bruk (pflaster), verwechselt, und im
obigen ausdrucke heifst es: „er hat sich auf dem pflaster
niedergesetzt". Vergl. den analogen ausdruck: osadl na
koäu „er hat sich auf dem korbe niedergesetzt" von einem,
der eine stelle verloren hat.
Burstöfka (borsdorfer apfel), aus dem dorfe Bors-
dorf bei Leipzig, ähnlicht sich dem worte burstyn (bern-
stein) lautlich an, und wird als bernsteinapfel , d. h. gelb
wie bernstein, gefühlt.
Das wort jinspekta stammt zweifelsohne aus dem
d. mistbet, da es dieselbe bedeutung hat, und von den pol-
nischen gärtnern in Schlesien, die den deutschen einflössen
näher stehen, in der form m'ispety gebraucht wird; nun
wurde es aber in dieser letzten form unverständlich und
man glaubte es von dem lat. inspectus herleiten zu dürfen,
wozu auch die analogie der bedeutung, da die mistbete
einer sorgfaltigen pflege bedürfen, beigetragen haben mag.
Hier sieht man klar, wie sich zwei fremde einflösse be-
gegnen können.
Lotka (neben loftka) aus dem d. lothkugel wird als
von wurzel let (lerfed, fliegen), lot (flug) gebildet gefühlt.
Lubcyk (luböyk) und lubäcyk (ein zu liebestränken
gebrauchtes kraut) aus dem ahd. lubesteca, mbd. lübesteche,
lat. ligusticum, lubisticum, ist unter dem einflufs der slaw,
wz. lub (lieben) lubid, altbulg. l'ubiti, gebildet.
Mary (todtenbahre) aus dem deutsch, bahre, neuslov.
pare, ist zu der slaw. würz, mr (mreti poln. mred ster-
ben, &m'er<5 tod, mar-} gestorben) in beziehung gesetzt.
304 Malinowski
M'arkowa<5 (erwägen, nachdenken) aus dem d. mer-
ken entlehnt, wird aber zugleich mit m'arka (kleines
maafs) von m'ara, altbulg. mera(maafs) zusammengestellt,
als ob bei dem denkprozefs ein messen stattfände.
M^klej ist aus dem d. mundleim entlehnt, doch wird
es als aus m§ka (mehl) und klej (leim) zusammengesetzt
gefühlt.
Dem worte m'encaf, m'encarstfo (wechsler, wech-
selgeschäft) liegt das d. münze zu gründe, es wird aber
dabei an m'enad (wechseln) gedacht; cf. neuslov. menus
kl. rus8. myneä (rofstäuscher) vom magyarischen men
(equus admissarius) (Mikl. fremdwörter).
Das wort netopef (fledermaus) von Mikl. mit recht
aus dem griech. vvxTonzeQog abgeleitet, hat noch folgende
volksthümliche nebenformen: nedopef, nedop'ef, la-
topyf und latomyä, die sich auf verschiedene Volksety-
mologien stützen. Die formen nedopef und nedop'6?
werden von dem adj. nedop'efony (nicht ganz mit fe-
dern bedeckt) (p'oro feder, collect, p'efe = p'erije ge-
fieder) abgeleitet; den formen latopyf, latomyä liegt
das d. fledermaus (flattern) und russ. letucaja myä zu
gründe.
pölch ak, aus doppelhaken hat sich nach dem Schwunde
der anlautenden silbe do an pol, polowa (halb) angenä-
hert und wird als halbhaken gefühlt.
In dem glaubensbekenntnisse heifst es: um$con pod
poncRim p'ilatem (gelitten unter Pontio Pilato); dem
volke aber wurde das wort ponckim unverständlich, und
es hat, einer gewissen analogie folgend, das wort in paii-
sRim verändert, demnach heifst es: um^öon pod pan-
skim p'ilatem (gelitten unter dem Pilatus des herrn).
Das wort rozgfeöyd für rozfeSyd ( sündenablafs
geben), russ. razrSSit' stammt von resiti (entscheiden),
wird aber wegen der phonetischen einschiebung eines g
mit dem w. gfech, russ. gräch (sünde) zusammengestellt,
und als denominativum von diesem worte hergeleitet.
Skfer (engl, square) eine öffentliche gartenanlage in
zur Volksetymologie. 305
Warschau hat das volk ironisch skfar (hitze) wegen schat-
tenlosigkeit des gartens benannt.
Sfdziwy (ältlich), mit dem russ. södoj, secTivyj
(grau) verwandt, wird nicht mehr der ursprünglichen be-
deutung nach gefühlt, und nun mit s$dza (richter) zu-
sammengestellt und von diesem worte abgeleitet.
Das wort samojed stammt aus samojedischen sä-
mejets, same (Sumpfboden) und jets (einwohner), wird
aber von den slawischen Worten sam (selbst) und jed-,
jad- (essen) abgeleitet und von allen Slawen als anthro-
pophagos oder lieber autophagos gefohlt.
Sm^tar neben cmentaf (kirchhof), aus gr.-lat. coe-
meterium, wird in erster form mit dem worte sm§tek
(trübsinn), sm$tny (trübe) neben smutek, smutny zu-
sammengestellt und als räum der trübseligkeit gefohlt.
ustarcyc (verstärken), aus dem d. stärken entnom-
men, erinnert an das poln. star6y<5 (hinreichen).
wym'oty (das erbrechen) neben wom'ity ist aus dem
lat. vomita entlehnt, seiner lautform aber nach bei der
mitwirkung der analogie der function mit dem wurzelhaf-
ten wym'ot (wy- aus, und slav. würze! met werfen, poln.
m'e£<5, wy-miat-a-<5 ausfegen) identisch geworden.
zwy<5$zy<5, zwj6qica (sieger) altbulg. vit$zT ist
aus dem deutschen witing abzuleiten (s. Miklosich fremd-
Wörter), das Sprachgefühl findet hier aber Verwandt-
schaft mit der slawischen wurzel t?g, t$g, poln. t§gi
(tüchtig), cQ&ki (schwer) — etwa z-wy-<5$£ytf über-
wiegen.
S. Petersburg, im märz 1869.
Lucian Malinowski.
Beitrüge *. vgl. spracbf. VI. 8. 20
306 ?ott
Bosnisch-türkische Sprachdenkmäler, gewimmelt, gesichtet und herausgege-
ben von dr. Otto Blau, norddeutschem conanl in Bosnien n. s. w.
Leipzig 1868. 316 ss. 8.
Dies im fönften bände der abhandlangen für die künde
des morgenlandes durch die deutsche morgenländische ge-
sellschaft veröffentlichte werk scheint ganz aniserhalb der
f&r die beitrage gezogenen grenzen zu liegen. Dem ist
aber in Wirklichkeit nicht so. Was doch aber, wird man
fragen, geht den Indogermanisten das an, wovon in abtb. I
Uskufl's Potur äahydijje nach drei serajevoer hand-
schriften; in II. türk.-bosnische gespräche, sprfiche, lieder
nebst einem droguenverzeicbnifs ans türkischen handschrif-
ten; endlich in IIL Abdusselam, d. i. türkisch-bosnische
glossarien, auch wieder nach serajevoer handschriften, die
rede ist? Man halte sich indeis einmal lebhaft vor äugen
das ungeheure völkergewirr an beiden ufern des Ister,
oder die zum theil aus ureingesessenen bestehende, allein
andererseits erst unter wilden kämpfen dort eingewanderte
und zusammengeströmte colluvies gentium; und man wird
begreifen! welch eine schwere arbeit dem sprachvergleicher
obliegt, um allmälig in dem sprachendunkel der länder an
der untcora Donau licht zu schaffen und jeder zunge ge-
recht zu werden nach dem ihr gebührenden antheil. Da
haben wir also zuerst die Bomäer oder Neugriechen mit
ihren altvordern, den alten Hellenen, welcher edle name
ach im mittelalter hat gefallen lassen müssen, zur bezeich-
nung von „heiden" herabzusinken. Ksl. jelin (j in sla-
vischer weise vorgeschoben und i itakistisch) r/£kXtjv9 pa-
ganus. Mikl. lex. p. 1156. Dann die Walachen, welche
mit besserem gründe, d. h. nicht blofs wie die Romäer
politisch des oströmischen reiches (im Orient Rum) hal-
ber, sondern mit volklicher berech tigung sich Römer (Ru-
mänen) heifsen, weil sie ja aus römischen militär-colo-
nieen ihren Ursprung nahmen und ein wirklich romani-
sches idiom reden. Weiter die Schkipetaren, Alba-
nesen (bei den Türken Arnauten geheifsen) mit einem
anzeigen. 307
eigentümlichen, jedoch au das indogermanische anstrei*
fenden idiom; — nach allem zu schliefsen nachkommen
eines alten bar barenstammes , der Illyrier, welche viel*
leicht schon vor den Griechen die griechische halbinsel
bewohnten, aber durch letztere zurückgedrängt sein moch-
ten. Ich schweige von den Deutschen (zumal den Sach-
sen Siebenbürgens); von den Zigeunern, welche dem
norden Vorderindiens entstammen; von den aus dem Wol-
gagebiete eingedrungenen Magyaren finnischen Stam-
mes* Auch gehe ich nicht weiter ins mittelalter und bis
5jum alterthum mit seinen Daken oder Geten; Pannoniern;
Kelten und dergl. zurück. Es bleiben noch zwei stamme
übrig, auf deren betrachtung es uns gegenwärtig allein
ankommt. Die osmanischen Türken*), welche vor 400
jähren den alten byzantin. kaiserthron umstiefsen und den
herrscherstab der Paläologen in ihre hand nahmen. Und
zweitens von dem in ungeheuerster ausdehnung von Eu-
ropa nach Asien hinein sich erstreckenden Slawenstamme,
die, wohl niemand weifs mit Sicherheit zu sagen seit wann,
in den einzelnen gegenden ansässigen Südslawen. Wer
einen begriff bekommen will von dem bunten durcheinan-
der von volkern unter osmanischer hoheit und in den an-
grenzenden gebieten: der mufs eine ethnographische karte
jener gegenden zur hand nehmen, und empfehle ich ihm
biezu, aufser P. J. Safafik, Slovansk^ Narodopis (eth-
nogr.) s mappou 3. aufl. 1849, die karte in folio, desglei-
chen The languages of the Seat of war in the East. By
Max Müller. See. ed. with an ethnograpbical map, drawn
by Augustus Petermann 1855 (die erste etwas flüchtige
ausgäbe 1854 ist von mir angezeigt d. morgenl. zeitsebr.
IX, 275 — 281). Sodann aber, wen sich von den Slawen
eingehender zu unterrichten gelüstet, sei es in sprachlicher
*) Erwähnt bei dieser gelegenheit mag werden, dafc der dichter Pe~
trarka (also schon im 13. jahrh.) ein im handele in teresse verfafstes ku-
manisches wörterverzeichnifs besafs, welches, von J. Klaproth in seinen
Mem. relatifs a l'Asie T. III veröffentlicht, klaiüch zeigt, dafs die Rumänen
ein türkisches idiom sprachen.
20*
308 Pott
und volkskundlicher hinsieht oder im faehe der geschiebte,
der alterthumskunde und literatur, wie könnte der des na-
mens Schaffarik vergessen? Ich gedenke aber jetzt we-
niger seiner schon vor 40 jähren erschienenen, allein mit
recht durch seinen söhn, wenn auch leider in unveränder-
tem abdruck Prag 1869 erneuerten „geschiente der slawi-
schen spräche und literatur nach allen mundarten", als
vielmehr des noch von dem grofsen Slawisten selbst aus-
führlich bearbeiteten und 1864 — 1865 von Jirecek her-
ausgegebenen theiles, welcher die südslawischen dia-
lekte (leider mit ausnähme des alt- und neubulgarischen,
das weiter nach osten zu hause ist) umfafst.
So viel zum verständnifs des folgenden vorausgeschickt,
dürfen wir nunmehr an unser buch selbst näher herantre-
ten. Der hauptsächlich in den orientalischen sprachen viel-
bewanderte verf. desselben verhehlt zwar nicht (s. 14), wie
„es ihm näher liege, über die leistungen der Bosniaken
in türkischem schriftthum, welche zum theil in den Ur-
sprüngen auf mehr als drittehalb Jahrhunderte zurückge-
hen, rechenschaft zu geben, zumal über diesen zweig un-
serer Wissenschaft noch so gut wie nichts geschrieben ist".
Allein es wird von ihm dabei nicht im geringsten ver-
kannt, dafs, wie in fast allen unteren Donauländern das
slawische Sprachelement mit in frage kommt, so auch
nicht blofs dasjenige türkische , welches in Bosnien von
den gebildeteren gesprochen wird, sondern auch das Os-
manli überhaupt vielfach von Wörtern slawischen Ursprungs
durchsetzt ist und wiederum umgekehrt bei den Slawen
des Südens, welche in ihren westlichen zweigen mit mehr
oder minder bedeutender abweichung sich an das eigent-
liche serbische anlegen, eine menge den Türken abge-
borgten sprachgutes in allgemeinerem gebrauch ist. „Die
serbischen und illyrischen Wörterbücher, namentlich das
Vocabolario illirico-italiano von Parcid (Zara 1858), ept-
halten hunderte von Vokabeln, die theils von den heraus-
geben) schon als fremdwörter mit einem asterisk bezeich-
net sind, theils als rein slawische betrachtet werden, in
anzeigen. 309
Wahrheit aber türkischen Ursprunges sind". Von 8. 10
ab findet sich bei Blau ein reiches verzeichnifs von mili-
tärischen ausdrücken, ferner von solchen aus dem
rechtsleben, benennungen von handelsgegenständen
und ausdrücke aus dem geschäftsverkehr, namen von
handwerksgerätb und technische bezeichnungen, —
welche unter den Slawen des Südens üblich geworden.
Ein ähnliches verzeichnifs s. 6 enthält slawische Wörter,
welche ins türkische eingedrungen. Z. b türk. potyra,
eine art landsturm, aus slaw. potera, potjera Verfol-
gung. Beiläufig: warum verschmäht hr. Blau anführungen
aus dem ältesten Slawenidiome, dem kirchenslawischen,
z. b. nach Miklosich's Lex. Palaeslovenico-Graeco- La-
tinum? Z. b. hat dieser p. 647 potjera insecutio u. s. w.
Offenbar wäre damit z. b. am eindringlichsten widerlegt,
wenn Bianchi und Zenker derlei allgemeiner slawische wor-
ter als im besondern „polnische" bezeichnen. Z. b. visnia,
name der Weichselkirsche (bei Voltiggi ill. viscnja — ital.
visciola und marasca, weil sauer, ohne zweifei, wie
frutto amaro herbe frucht) geht hoch nach Lithauen hin-
auf, wo sie wyszna heifst. S. mich Lassen zeitschr. VII,
108 und Mikl. slaw. elem. s. 17. Auch der wermut pelin,
ill. pelin, poln. piotun, lith. plur. pelißos, unstreitig
von der fahlen mausefarbe (lith. pele maus).
Slawen machen, wie bekannt, im reiche des Sultans
eine so grofse ziffer aus, dafs die zahl der eigentlichen
Osmanli's daneben verschwindet. Was aber im besonde-
ren Bosnien anbetrifft: so wird s. 13 bemerkt; es „zähle
in den grenzen des heutigen Vilajets auf 1,300000 einw. bei-
läufig 500000 Mohammedaner, welche fast ohne ausnähme
slawischer race sind und als muttersprache das bos-
nische reden, vom türkischen sich jedoch so viel ange-
eignet haben, um sich Türken nennen zu dürfen. Nur in
der wenig zahlreichen türkischen beamtenweit, unter einem
theile der muhammedanischen geistlichkeit und in den von
ihr abhängigen schulen wird überwiegend türkisch gespro-
chen. Die übrigen 800000 seelen sind zur gröfseren hälfte,
810 Pott
über fünf achtel, der orthodoxen, hier sogenannten serbi-
schen kirche zugethan, zur kleineren dem röm.»kathol. re~
ligionsbekenntnifs. Die ersteren haben in ihrer literatur
und schulen das cyrillische aiphabet angenommen, die Ka-
tholiken das kroatische, lateinische. Für beide ist durch-
gängig die slawische die gewöhnliche Umgangssprache,
vom türkischen verstehen sie nur das zum verkehr mit
beamten u. s. w. nothdürftig ausreichende". Bei solcherlei
Stellung der beiden in Bosnien üblichen idiome, wo jedes
von ihnen sich beständig am anderen reiben mufs, ist nun
erklärlich, wie sich allmälig zwischen ihnen gesetze von
Veränderungen in laut und Schreibung, selbst gram-
matischer art durchgearbeitet haben, deren kundnahme
für den Sprachforscher von nicht geringerem interesse .ist,
als für den culturhistoriker die erzeugnisse bosnischer na-
tionalliterattir es sein möchten, welche ein bild von dem
gegenseitigen Verhältnisse beider sprachen in diesem lande
zurückwerfen. Nun erhalten wir von dem jgelehrten verf.
einen überblick über die wesentlichsten eigenthümlichkei-
ten der lautlehre derjenigen gruppe der literatur, deren
denkmäler durch ihn in seiner Sammlung kennen zu lernen
wir so glücklich sind. Es habe ihn aber, erklärt er, bei
der Veröffentlichung das doppelte interesse geleitet, wel-
ches dieselben sowohl für die slawische als für die türki-
sche philologie haben. Aufser dem wissenschaftlichen zwecke
aber, der ihm freilich die hauptsacbe gewesen, spricht er
zugleich die hofihung aus, „dafs seine arbeit dazu beitra-
gen werde, auch das praktische interesse an beiden spra-
chen gerade in den ländern mehr zu wecken, denen die
kenntnifs beider zur nächsten nothwendigkeit geworden ist
und noch werden wird".
Man wird sich entsinnen, wie seiner zeit der berühmte
„ fragmentist " (Fallmerayer) den heutigen Griechen alles
rein hellenische blut absprechen und sie dafür zu abkömm-
lingenvon Slawen machen wollte. In dieser allgemeinheit
ausgesprochen arge Übertreibung, allerdings. Allein sein
aufzeigen von Ortschaften mit unweigerlich slawischen na-
anzeigen. 31 1
men, z. b. in der Peloponnes, ist eine stehen gebliebene
thatsache; und sogar die jetzige bezeiehnung der Pelop*»
insel Morea rührt gewifs mit unendlich gröfserer wahr*
scheinlichkeit von ihrer läge im meere (ksl. morije n.,
mare Mikl. lex. p. 381; bei Voltiggi ill. more, gen. ra,
oder morje, ja n.) her, als von der ähnlichkeit, wie man
fabelt, mit einem maulbeerblatte. (Bosn. murva maulbeere
Blau s. 223 aus dem g riech.) Trotzdem dafs nur mor"sk'
öakccTTtog als adj. mir bekannt ist; — man denke doch
nur an Pommern (land am meere, wie kelt. Armorica)
und !ArTiX7]y d. i. uferland aus axnj (durch assimilation)l —
Die slawischen elemente im rumunischen aber
sind in der so betitelten schrift des berühmten Slawisten
Miklosich Wien 1861 nachgewiesen, wie durch Robert
R Osler Wien 1865: „die griechischen und türkischen be-
standtheile im romanischen a.
Was enthält nun aber unser buch? Zuerst das werk
von Uskufl, d. h. dem aus Skoplje oder Skopje, einem
flecken Oberbosniens am Verbas; und mufs dies, da es
dem sultan Murad Chan, söhn Ahmed Chans, gewidmet
ist, der von 1624—1640 regierte, auch in gedachten Zeit-
raum fallen. Potur (s. 255 = türk. Kojlfi bauer), als
abkürzung von po-t urica, bezeichnet einen zum Islam
übergetretenen Christen und will demnach der titel witzig
genug sagen: der gleichsam vertürkte (zum türkenthum
bekehrte) nach Schahidi's methode. Die aufgäbe,
welche sich unser dichter (denn er schreibt metrisch*))
gestellt hat, besteht darin, den gemeingebrftuchlichen Wort-
schatz der bosnischen spräche, vorwiegend nomina, mit
den entsprechenden türkischen vulgärwörtern wiederzuge»
*) Das mag uns heute sonderbar vorkommen. Aber eine von den gem-
men am hofe des Vikramäditja , der berühmte Amara Siha, verfafote
ebenfalls sein indisches Wörterbuch in versen. UndThurot, Extraits de di-
vers Manuscrits Latins p. 492 erwähnt ein um 1491 veröffentlichtes werk:
Spica quatuor voluminum von Mancinelli, un potime sur les dlclinaisons,
les genres, les pre'terits et les supins, das an die stelle des allm&lig als bar-
barisch verschrieenen Doctrinale des Alexander Gallus zu treten bestimmt
war, welches gleichfalls die schaler in versen unterrichtete.
319 . Pott
ben» Von alphabetischer anordnung des materials kann
bei solcher behandlung nicht die rede sein. Es wird aber
in den einseinen abschnitten, 13 der zahl nach, eine ge-
wisse gruppirung nach den Sachen beobachtet: von gott
(a Jove prineipium) nnd mensch ab zum landschaftlichen
kalender, zu den dementen der natur und so fort bis zu
zahlen und allerlei hinunter. Da jedoch das türkische ge-
gen die oft große bäufung von consonanten in sla-
wischen Wörtern, zumal im anlaut, einen Widerwillen hat:
so wird letzterem, vollends wenn das metrum Schwierigkei-
ten macht, zum öfteren namentlich durch einschiebung oder
vorsohiebung von vokalen nachgeholfen, um es geschmei-
diger zu machen. Freilich ein von Türken selbst ange-
wendetes mittel von hülfsvokalen, wodurch man die slawi-
schen Wörter für den türkischen mund zurichtet und ihm
anpafst.
Nachdem nun Uskuf I im 1 7. jahrh. mit seinem Potur
vorangegangen war, empfanden auch andere das bedürf-
nifs, sowohl fär den praktischen gebrauch der Muhamme-
daner in Bosnien, welche die landessprache nicht kannten,
als auch für diejenigen eingebornen, welche das türkische
erlernen wollten, Vokabularien anzulegen mit abstreifung
des poetischen gewandes im Potur. Solche original -glos-
sarien türkischer verff. sind es, welche in geordneter weise
verschmolzen in abth. III uns vorliegen. Schon blofs ein-
mal in arabisch -türkischem kleide slawische Wörter zu er-
blicken, gewährt dem forscher ein ungewöhnliches inter-
esse. Es hat denn aber der verf„, wo nöthig, mehrere
beibehalten, in der regel aber transcribirt und viele dunkle
mit hülfe südslawischer Wörterbücher oder auch durch er-
fragung, wie desgleichen die türkischen aus eigner kennt-
nifs oder auch aus Wörterbüchern erläutert. Dafs nicht
alles auf den ersten wurf hin richtig sein werde: liegt in
der natur der sache und kann daraus dem verf. kein Vor-
wurf gemacht werden, um so mehr als er sehr viel schwie-
riges ins reine gebracht hat.
Wenn ich nun. im folgenden das eine oder das andere
anzeigen. 313
glaube in zweifei ziehen zu müssen oder auch wohl be-
richtigen und aufhellen zu können: so wird das meiner-
seits keiner entschuldigung bedürfen. Z. b. will es mich
ein irrthum bedünken, wenn s. 39 von einem „echt slawi-
schen grib (fischnetz)u gesprochen wird, das als ygryb,
also mit milderndem prosth. vokale, ins türkische gewan-
dert sei. Möglich, dafs grib von einigen Slawen gebraucht
wird. Ich kenne nur mreza, netz s. 224 und vlak fisch-
netz (vergl. illyr. vlacsiti, ziehen) s. 195 bei dem verf.
selbst. Es ist aber unzweifelhaft griech. ygicpog, yqlnog
(a,uch noch im jetzigen griechisch Gott. gel. anz. 1869 8.199
nach JlQcozodixov Idiwrixa rijg vmtkqag iXkrjvixijg yXoia-
örjg), woraus man in neuerer zeit: logogriph gemacht bat.
Auch der mastbaum ill. katarka bei Voltiggi entstammt
dem griech. xaxaqxia^ xoctccqtiov (s. Passow und DC). Ksl.
katr'ga xareq/ov, navis, scheint trotz Mikl. lex. p. 284
nicht dasselbe. Kaligü neSika erklärt sich doch sicher
aus lat. caliga, soldatenstiefel , welches wort sich durch
die römischen heere verbreiten konnte. Desgl. hat gewifs
der Türke sein eksi herbe, sauer s. 227 von den Griechen
(o£vg). Türk. salanbur lake, sauerbrühe, ital. salamura
ist rückbildung mit sal vofn aus ccXfivoog. Alb. pcAAi^ea,
geg. oeX?uv€. — Bosnisch prekalamit ist das comp, von
kalamitti (ital. nestare, annestare, innestare) beizen, nach
Voltiggi, d. h. bäume pfropfen. Siehe Blau s. 185. 234,
aber nav&rnut 200. Ich glaube darin xalctfiog oder xa-
Xdflir] suchen zu dürfen. Alb. xaXji{i-i, röhr, schreibrohr,
schreibfeder, rebzweig, pfropfreis. — Der türkische name
Kybty für bosnisch Cigan Zigeuner s. 269. 280, albane-
sisch bei v.'Hahn wb. s. 240 jeßjit-i (hinten mit art.), fem.
jecp/s-a, macht keine Schwierigkeit. Es ist Aegyptii, so
gut wie engl. Gipsies, span., mit neuem suffix, Gita-
nos, weil man ehemals, obschon mit unrecht, dies wan-
dervolk, statt von Indien her, aus Aegypten kommen liefs.
Wiederum aber hat man nichts anderes in dem namen der
Kopten zu suchen, welcher seit der herrschaft der Ara-
ber über Aegypten datirt. Vgl. Faba Aegyptiaca Lassen
314 Pott
zeit sehr. VII, 157. Qebt', qibt' (auch in Kybty ist har-
tes Qaf gemeint), wofür die Aethiopen Gebtz sagen, sind
Umbildungen des alten namens im munde der Araber, und
auch das nur willkürlich davon geschiedene Qeft* (mit f,
weil p im arabischen fehlt) für die Stadt Koptos scheint
gleichen Ursprungs. S. Schwartze, kopt. gramm. s. 3. Sonst
steht auch bei Blau s. 214 türk. Cingan für Zigeuner. —
Statt K'afyr (daher Raffern in Afrika, und die Siahpusch
in Kaferistan) durch kürzung bosnisch Kau r, gesprochen
Djaur Blau s. 29. 248 för ungläubiger, alb. x<xovqq-i, ist
bei Voltiggi synonym mit kersesenik ein Christ (von
kerst taufe), alb. 3csgt£qs-i. — Besonderes interesse erregt
der name der milchstrafse (poln. biatomleczna droga na niebie
eigentlich milch weifse strafse am himmel) s. 288 türk. sa-
man-ogrusy, bosn. slamica, von saman, slamastroh.
.„Nach einer legende, in welcher St. Petrus seinen stroh-
sack ausgeschüttet hat, heifst die milchstrafse in einigen
gegenden Dalmatiens: St. Peters stroh, Petrova slama.
Aehnlich ist bei Fröhlich, handwtb. der ill. spr. 124: Ku-
movska slama (eig. gevatters-stroh)". Dazu pafst denn
vortrefflich die bei den Gegen übliche bezeichnung der
milchstrafse: xccgts e xovfATisQiT (compatris), wörtlich eben-
falls des gevatters stroh. WB. v. Hahn's s. 43. Ein neuer
willkommener beleg zu Grimm myth. I, 331 (ältere aus-
gäbe 214). Sant iacobes Strosse Galaxia Dief. Novum
Gloss. — K'önbardak, lederner schlauch s. 255, stimmt
gut zu bosn. matara, bei Voltiggi eine lederne feldflasche
(borraccia; tiasco di cuojo). — Postal pantofiel; vergl.
postolar Schuhmacher bei Voltiggi. — Türk. Purtlak
und bosn. Vänpir (daher unser Vampyr) alp, gespenst
s. 285. Leider auch für mich unbekannten Ursprungs. —
Sagyrcak, tetrßb. Der türkische name , des auerhahns
besagt: taub, weil er während des balzeus weder sieht
noch hört. Daher auch lith. kurtinys ein tauber, auch
ein auerhahn. Desgl. russ. glychar" von glychif taub. —
S. 196 Agystos, der monat Augustus mit voller latei-
nischer endung trotz ital. Agosto, aber mit a statt au,
anzeigen. 815
wie in diesem worte durch eine fluth von Zeugnissen bei
Schuchardt vok. II , 308 belegt ist. Der slawische name
kolovoz bezeichnet sinnvoll „wagenfahren" der ärnte
wegen. Kolovazac, f uhrmann. Volt.
Eine ganz vorzügliche aufmerksamkeit hat hr. Blau
der aufsuchung von bosnischen benennungen för pflan-
zen, verglichen mit deren türkischen synonymen (von
letzteren findet sich ein verzeicbnifs in Davids, Gramm.
Türke p. 139 — 144), zugewendet und mit deren botani-
scher feststellung sich beschäftigt. Auch will er ferner,
wie er mir schreibt, in dieser richtung weiter forschen.
Nun trifft es sich, dafs vor jähren auf erklärung insbeson-
dere persischer und arabischer pflanzennamen sowie
desgleichen solcher aus dem lithauisch-slawischen
sprachkreise auch bemühungen von mir gerichtet waren.
S. Über die ersteren in Lassen's zeitschr. f. d. künde des
morgenl. V, 57—83 und VII, 91—167 und über die zwei-
ten in meiner: De Borusso-Lithuanicae tarn in Slavicis
quam Letticis principatu Comm. II. Hai. 1841 p. 18 — 37.
Man wird um dieser berührung in den Studien wegen es
nicht nur begreiflich, sondern, hoffe ich, auch entschuld-
bar finden, wenn die folgenden bemerkungen sich gerade
in diesem kreise bewegen. Zum theil lag eine besondere
aufforderung darin, die beiderseitigen forscUungen durch
einander zu ergänzen, zumal herrn Blau die meinigen un-
bekannt geblieben. Uebrigens sage man nicht, der gegen-
ständ sei zu unbedeutend und kleinlich. Oder müfste ich
an die worte unseres J. Grimm erinnern, womit er das
„kräuter und steine* überschriebene 37. kapitel seiner my-
thologie einleitet? „Plinius hat über seine naturgeschichte
dadurch eignen reiz gebreitet, dafs er auch die abergläu-
bischen meinungen des volks von thieren und pflanzen um-
ständlich anzufahren nicht verschmäht. a Und ferner:
„viele kräuter und blumen sind nach göttern benannt a,
deren ein gut theil aber nachmals bei der christianisirung
sich mufsten in heilige oder in den teufel (s. WWb.
I, 988) verwandeln. So ward man dann auf weg und steg
316 Pott
i
an göttliches erinnert. S. aufser Kubn's zeitschr. IV, 172
z. b. Preller im index zu der griech. mythol. unter: Sym-
bol. Vergl. Lobeck in Friedländer's mitth. aus Lobecks
Briefwechsel nebst liter. anhang s. 177. Man nehme unter
den mit alua gebildeten pflanzenbenennungen nur allein
die mit dem namen eines gottes im gen. dazu beim DG.
Nämlich cclfia Hdqzwg (Asarum. Lilium. Portulaca); — 'Hqa-
xteovg (Crocus; item Centaurium magnum et parvum; von
den Centauren und nicht tausendgüldenkraut aus centum
aureü); — !Atfj]väg (Ajuga, xafActmiTvg); — 'Eofiov (Ver-
benaca recta); — Kqovov (Artemisia, von der Artemis),
und nach ägyptischen göttern: cclua Odfuuwvog (Nepeta
montana); — "£Iqov (Apium). Sonst cupia av&qamov (Ar-
temisia; vgl. schon alt ävdqog-ai^ov^ art Johanniskraut mit
blutröthiichem saft, auf das blut Christi gedeutet Wöste
inKuhn' s zeitschr. IV, 2 23), ocpO-aK^ov (Anagallis), und räth-
selhaft genug nach thierarten, deren blut charakteristisch zu
unterscheiden man doch kaum die mittel besafs. Nämlich
alfjta ravgoV) ycclijg, ciIXqvqov, ovov^ Ixrivog, xqoxoSuIov,
tßecog. Ferner atficc aTtoxa&rjfjtivrjg (der abgesondert und
müßsig dasitzenden) für Lychnis, warum? Und titccvov (des
kalks) f. Lactuca silvestris; sideritis; rubus; nvQetov (des
fiebers) Ricinus; auch nodovrog oder nodorog (Scordium)
zu änodiöcofit — das eine so rätbselhaft wie das andere.
Dafs trivialnamen und deren etymologische aufklärung
auch für die wissenschaftliche pflanzenkunde nicht ohne
interesse seien: haben selbst botaniker von fach anerkannt.
Siehe in Hornschuch's archiv skandinavischer beitrage
zur naturgesch. 1845, th. I: über die namen der
pflanzen. Von dr. Elias Fries" (vergl. A. L. Z. 1845
no. 51 s 405). Der verf. beginnt mit einer etymologie der
pflanzennamen , welche jedoch seiner meioung nach nur
dann von wahrem nutzen sein kann, wenn man sich an
die geschichte der namen hält, und hat denn auch zu einer
solchen den entwurf gegeben. Die ältesten botaniker hät-
ten noch keine selbstgeschaffene namen den pflanzen bei-
gelegt. Erst bei Dioskorides sei eine anzahl namen von
anzeigen. 317
diesem selbst gebildet worden. Die namen der alten wa-
ren überhaupt nur [?] adjj., zu denen man eich das aus-
gelassene sub8t. hinzudenken müfste, z. b. secale, triticum,
hordeum u. s. w., wo gramen oder frumentum das ausge-
lassene substantivum gewesen, und nänvQog, xvneigog u.8.w.)
wozu xdlcc/ÄOQ als subst. gehört [?]." Namen, welche aus
zwei Substantiven gebildet sind, kommen in den älte-
sten griechischen Schriften selten vor, werden aber bei
Dioskorides gewöhnlich. Ein grofser theil der namen
war jedoch auch fremden Ursprungs, welche durch den
handel eingeführt wurden, aber man nationalisirte sie nach
der eigenen ausspräche. Der gebrauch, pflanzen nach per-
sonen zu nennen, war den alten unbekannt [das nicht
ganz, vgl. Gentiana nach dem illyrischen könige Gen-
tius; die afrikanische Euphorbia nach dem griechischen
arzte Euphorbus]; die mythologischen namen, welche
manche pflanzen tragen, rühren zum theil erst aus der
neueren zeit her; andere ältere jedoch, wie z. b. Narcis-
8us, Hyacinthus, Adonis [ist doch unzweifelhaft das
phönikisch-hebr. wort für herr], sind als pflanzennamen äl-
ter als die mythen. Erst im mittelalter fing man an, ge-
wächse nach personen zu benennen, aber nach heiligen.
Dies ungefähr ist der gedankengang von hrn. Fries, wel-
chen er verfolgt, um danach die Verdienste hervorzuheben,
welche sein landsmann Linne durch seine reform der bo-
tanischen nomenclatur sich erworben habe. — Um die
kenntnifs der trivialnamen verschiedener länder zu würdi-
gen, bedarf es nur eines winkes. Schon Nemnich hat
das in seinem, auch für den Sprachforscher viel nützliches
enthaltenden Catholicon begriffen und für seine zeit treff-
liches geleistet. Allein andrerseits gedenken wir doch der
Wichtigkeit der pflanzen und ihrer auffindung im offi-
cio eilen interesse. Wie viele unter ihnen, wenn auch zu
einem grofsen theile aus den Pharmakopoen verschwunden,
haben doch dereinst in der materia medica in achtung ge-
standen und verdanken oft der wirklichen oder blofs ihnen
zugeschriebenen heil kraft ihre bezeichnung. So finden
318 Pott
sich beim Du Cange eine grofse zahl von angaben nach
arabisch-griechischer vh] larQixtj, welche von mir an oben
zuerst angeführter stelle ihre erklärung gefunden haben.
S. auch Langkavel, botanik der späteren Griechen vom
3. bis 13. Jahrhundert 1866. Kuhn's zeitschr. XVI, 450.—
Vgl. ferner in Mem. -de la Soc. de linguist. de Paris. T. I.
2. fasc. p. 15: La Soc. de linguistique a le projet de ras-
sembler les noms vulgaires donnes aux plantes dans les
diverses rägions de la France, afin d'en composer un glos-
saire special, avec la collaboration de quelques botanistes.
Ein neuer beweis dafür, wie man jetzt dergleichen Unter-
suchungen allgemeiner zu würdigen anfängt.
Noch sei ein anderer nicht unwichtiger punkt erwähnt.
Viele namen von pflanzen enthalten in irgend einer weise
auch das ursprungs-attest letzterer mit. Hievon ein
paar beispiele. Dafs der buchweizen vom Orient her zu
uns gekommen : bezeugt, aufser anderen gründen, sein litb.
name pl. grikkai, d. h. griechisch. Vergl, welsche
nufs, walnufs WWb. I, 898. In ähnlicher weise verräth
sich die gurke durch ihren namen als bei uns auslän-
disch und durch vermittelung der Slawen zu uns gekom-
men. Schicken wir vorauf, dafs zufolge Stender lett-deut*
sches wb. s. 11? der Russe Kr eews heifst, und Rufeland,
vorn mit gen. plur,, Kreewu semme. Danach sagt der
Lette für gurke (gurk'is aus dem deutschen) Kreewu
ahbols (der apfel der Russen), für kürbis leels (grofser)
Kreewu ahbols, wie lith. agurkas (cucumis) didisis
(magnus). Auch heifst bei den Letten die hirsegrütze
Kreewu putraimi. Das wort gurke nun bat vorn einen
vokal eingebüfst (siehe darüber Lassen zeitschr. VII, 150.
Comm. Lith. II, 26). So z. b. dänisch agurk, wangero-
gisch bei Ehrentraut, fris. archiv I, 359 augürk f. Vol-
tiggi im Ricsoslovnik Illirisckoga bat ugorak, rka m.
(cocomero) mit deminutivendung, was an ugor m., aal,
— etwa der schlangenartigen gestalt wegen — erinnern
könnte, falls man nicht an der erklärung aus ayyovQwv
(cucumis) DC. festhalten «mufs, indem der nasal in den
anzeigen. 319
slawischen formen sich verwischen konnte. Ital. anguria
Wassermelone, angurie. Etwa zig, bobork-a, gurke, mit
b für g? In Stulli Lex. Lat.-Italico-Illyricum 1801: Cu-
cumis: dinja, ljubenicca, krastavicca, ugörka,
pipun (izinwv, pfebe). Skarlatos im neugriech. wtb. hat
ayyovQi (mit der, schon des nasals wegen zweifelhaften er-
klärung ix tov 'Hwqov ko&ieo&cu) 2ixvg, concombre (als
ob mit con- comp.); ayyovgia. JStxva, la plante qui pro-
duit les concombres. Ksl. dünja nenoav Mikl. lex. p. 184,
melone, Voltiggi. Ljubenicca etwa von ljubiti lieben
(vgl. iu auch in goth. Hubs lieb), schätzen, wie wal. lub
(Cucurbita citrullus) Mikl. slaw. elem. im rum. s. 28; allein
ljubitza (melissa) s. 29? Ebenda 8.26 auch wal. kra-
stavjete, ill. bei Volt, krastavac — melone, gurke, aber
krastavicca — borrana, borragine — borrätsch, salat in
Italien; krastavicca ceder. Krastav, grindig, krätzig,
von krasta ausschlag, bei Blau s. 296; bei Voltiggi
— ital. crosta, franz. croüte — grind (etwa, wenn s vor
t aus dentalmuta, damit verwandt); im fall etwa eine
art mit rauher, höckeriger Oberfläche. So Miklosich lex.
p. 309. Alban. xqaaraßktq und durch Umstellung des q
xaGTQaßarg. Aufserdem TQavyovX gurke, was doch kaum
ayyovgia enthält. Türk. hyjar (Lassen VII, 153), bosn.
krastavac gurke, Blau 8. 236. Derselbe hat s. 263 türk.
karbuz, karpuz, bosn. lubenica (Mikl, slaw. elem. s. 28.
ßösler bestandth. s. 39) Wassermelone. Alb. xagnova-fy,
Wassermelone, auch v. Hahn s. 119 öelxjLv-vi. Rösler a,
a. o. 8.48 sucht darin lat. Cucurbita nach dem um die
redupl. gebrachte ahd. churbiz. Mir doch sehr fraglich,
obschon auch Vullers lex. Pers. I, 668 so will. Ital. mel-
lone, melone, scheint ampliativ von mela, also grofser
apfel. Vielleicht aber, dafs man, um den honig (mele;
mellifero oder melifero honigreich) mit hineinzube-
kommen, das 1 verdoppelte. Alb. xoxofdage-ja, melone, aus
ital. cocomero (letzteres aus den obl. casus von cucumis).
Ferner türk., Blau s. 265, kavun, kaun, bosn. dinja,
diu melone. Beide z. b. im poln. arbuz, kawon Lassen,
zeitschr. VII, 151. Davids gr. p. 142, wo auch äghadj
320 Pott
qävounl (baummelone), citrone. 111. tikva (cucuzza, col-
loquintida) kürbifs, Volt. Türk. kabak, bosn. tikva Blau
8. 260, ksl. tfikü (Cucurbita) Mikl. p. 1020. Slav. elem.
p. 50. Lassen 8. 152. Bryonia, die zaunrübe, heifst in
Stulli Lex. tikva divja, wilder kürbifs; bei Blau türk.
ravend-tavyl, bosnisch debela (dick) tikva 8. 286.
Griseb. Flor. I, 162. Aber 8. 285 ravend Gentiana, und
zeravend-tavyl = Aristolochia longa s. 157, vgl. vu-
cja jabuka (wörtlich wolfapfel) s. 158. 248, was jedoch
koloquinte s. 225. 234. Bei mir in Lassen's zeitschr.
IV, 69 gaßavtv T&vt? und vorn mit zusatz (kaum doch
zer gold) fogaßdvTi r^ivt]' to gkov ßdgßagov , der aus
China kommende rhabarber. Prosp. Alpini med. Aeg.
Acc. ejusd. üb. de balsamo et rhapontico. Vgl. Vullers,
lex. Pers. II, 125 zarävand nom. plantae cujusdam, cujus
duae sunt species. Optima est flava, crocea. Aristolochia.
Davids gr. p. 143 hat zerävendi t'avll aristoloche (lon-
gue), aber zerävendi mudevver aristoloche (ronde).
Türk. öop-cin, jabucica Chinawurzel (?) Blau 8. 214. —
Hantal koloquinte (s. oben) no. 115 und 8.234, vergl.
auch Lassen VII, 153. — Türk. hytme ciöeKi = bosn.
trandopio s. 151 no. 5, vergl. 8. 236, wo durch trudja
trava eibisch (hibiscus) erklärt. Vergl. xat(A1l ^r «Ä#fe
Lassen VII, 133. So schickte sich denn auch wohl dazu
bosn. trandofilj, trandovilje (Alcea rosea). Eigent-
lich ist es die centifolie, hier dem wortverstande nach die
mit 30 blättern. Lassen VII, 119, womit man aber wahr-
scheinlich einen vergleich anstellte, wie in unserem Stock-
rose. Wal. trandafiru, alban. nach Blanchus dran-
dofilleia (rosa) und ndrandofiless (rosaceus), DC.
TQiavvdqjvkXoVy xgavvacpvXkov^ tgiaxovtdcpvXXov. Auch bei
Forskäl Flora p. XXVII äygia rgiavScupiXia (R. canina).
Rösler s. 19. Unsere rose statt podia, rosenstrauch, mit
Zischlaut durch einflufs des vokales auf 3 (vgl. Sab. Clau-
sus statt Claudius) aus goSov stammt vermöge der altern
form ßgoSov aus armenisch vard u. 8. w., und mit dichten
aus >o>&<*>. K'ul (aus dem pers. gül), bosn. ruiioa
anzeigen. 321
(gleichsam röschen) s. 256. — Als ein beispiel seltsamer
entstellungen diene das basilikum (s. 32. 231; sajmuran
8. 287; s. auch Lassen VII, 145). Alb. ascpsqyjsp mit Um-
stellung von (f> und <j. Türk. fesliRen, bosn. bosiok
(das zweite o vokalisirt aus 1), aber auch mit m: mes-
lidjen. Feien dz misk, für melisse gebalten, ist bei mir
anders gedeutet Lassen VII, 145 in (faXavT&fitT (r statt
x?), oniQfia ßctc>i?axov. Es finden Vermischungen beider krau-
ter statt Lassen VII, 118, unstreitig starken geruches bei
dem einen wie bei dem andern wegen. BadrendZ-
bujeh, vergl. pehlwi vädrengboi melisse Justi s. 254.
Badrenz melisse Blau s. 201. Nach bienen benannt anm.
278. Ahd. binicrüt ist thymus. Bei Voltiggi Mleci, cih
(auch 1 statt n), ital. Venetia, Venedig. — Mavez =
ital. bambagia bäum wolle; bei Blau s. 282 pambuk,
bosn. pamuk. Rösler, griech. und türk. bestand th. s. 32.
DC. pambicium und s. Lassen s. 75. Wahrscheinlich
occidentalen Ursprungs aus bombyx (seiden wurm) durch
Übertragung. — Mavsipcc' rd ta, falls nicht p aus verse-
hen für fjtn (ngr. = b) Lassen 123, Blau s. 204 benefäe,
bosn. ljubica (oben melissa) veilchen. Etwa wal. mik-
sunea veilchen Rösler s. 41 mit ks statt ^ und nasal um-
gestellt. Baqdunis Lassen 149. MaxeSoviöiov , Apium
Macedonicum. Vergl. auch für Mubammed ksl. Bo^mit
Mikl. p. 41. Im albanesischen heifst die melisse bäQ (herba)
blßts (apum) aus ftehrta.
Jetzt noch einige andere pflanzen. Ganz besonders
freut es mich für den griechischen namen des waizens
(8. Pictet Origg. §.61) eine weitere Verbreitung nachwei-
sen zu können. Also nvQoq, auch im plur. bei Hom., was
man der feuergelben färbe wegen glaubt zu nvg bringen zu
können. Allein, warum dann nicht nvppog, dessen zweites q
entweder durch assimilation, vielleicht von t, oder durch
suffix -qo entstanden? Lett. puhr i winterwaizen. S. meine
Comm. Lith.11,33. Bei Blau s. 187. 262 türk. kapludza,
kaplydza, bosn. krupnik (doch wohl zu ill. krupan
dick, wanstig, wo nicht zu krupa graupenhagel; aber
Beitrüge z. vgl. sprachf. VI. 3. 21
322 Pott
pultes, polenta Dobr. Inst. p. 238) und pir, speit. Also
Triticum spelta. Ksl. pfiro n. oXvga (etwa zu alür, mah-
len WWb. II, 537?) far, allein auch, wenn dies nicht auf
irrthura beruht, xey%gog milium (Blau s. 218. 299 törk.
dary, taru, tary, bosn. proso hirse, mit entferntem
anklang des slawischen wortes an püro). .Bosnisch da-
gegen pirika (Triticum repens, queckengras) Blau note
233. 237, wie botanisch mit dem waizen verwandt, so auch
von dessen namen hergeleitet. Im preufs. vok. pure trespe.
Wal. im lex. Bud. piru (triticum repens, gramen cani-
num), ungr. per je queckengras. Mikl. slaw. elem. s. 41.
Böhm, peyrz, pcyr, peyrawka queckengras, aber wai-
zen pssenice, ksl. p"äenitza clrog, triticum. Mikl. lex.
p. 160, d. h. inehlfrucht, von p"seno äkcfirov, farina, das
ich von skr. pis, lat. pinser e leite. Vergl. nnödvt] ent-
hülsete gerste. Pictet erklärt es falsch aus skr. psäna,
essen, da psä erst aus bhas. Vom mahlen auch unser
körn WWb. bd* II, 256 und kaum, wie skr. gäritra,
reis, vom verschlingen 8. Pictet Origg. p. 260, sowie tri-
ticum vom ausdreschen s. 287, während franz. froment
(specialisirt aus fr um en tum, als — zur nahrung dienend),
wie auch sl. zito, getraide, als lebensmittel, auf ziti vi-
vere, pasci zurückgeht. Mit dem räthselhaften alrog be-
steht kein Zusammenhang. Ueber lat. far, engl, barley
s. 492. Der schon im gothischen vorhandene name des
waizens hvaiteis m. Diefenbach goth. wb. II, 599 scheint
herleitung aus skr. £v£-ta, weife, unter Voraussetzung einer
wz. $vid; und würde also davon den namen fahren, dafs
diese getraideart nicht, wie andere, schwarz-, sondern
weifsbrot liefert. Vgl. goth. hveits weifs. Lith. kw€-
tys m. waizenkorn, plur. coli, kwecziei, lett. kweeäi
(cz, 6 durch einflufs des i) mufs man als den einst an der
Weichsel ansässigen Gothen abgeborgt betrachten. Der
Lithauer und Lette sind wegen mangels an aspiraten in
ihren sprachen , wie in meiner Comm. Lith. I, 1 5 durch
viele belege dargethan worden, genöthigt, slawisches %
durch k zu ersetzen. Und so sind sie denn auch hier mit
anzeigen. 323
dem b des gothischen wortes verfahren. Ueberdem ver-
räth das t (im gothischen auf älteres d zurückweisend),
kwetys müsse erborgtes gut sein. Wäre es einheimisch,
da müfste man in gemäfsheit mit skr. cveta, weifs, regel-
recht eines Zischlautes gewärtig sein. Der Preufse dage-
gen hat nach ausweis des Nesselmannischen Vokabulars
s. 25 gaydis, d. weyse (d. h. waizen) und für sommer-
waizen dagagaydis. Dagis heifst sommer, lith. dagas,
dagä erntezeit, mit i, wie oft, statt des ursprünglicheren
a, welches im comp, sich erhielt, wie auch (freilich um
der epallelie willen als o, falls nicht oa zusammenge-
hört) dago-angis sommerlatte. Geytye, brot, läge
immer noch näher als lith. kwetys, oder wohl gar pers.
gandüm waizen. Ueber letzteren Lassen zeitschr. VII, 155.
In Memel lith. pürai m. pl. (also griech. hvqoi) winter-
waizen; aber kwetei sommerwaizen, wofür um Ragnit
wasarinni kweczei. Preufs. seamis, Winterkorn, ist,
woran Nesselmann vok. s. 42 keinen augenblick zweifeln
durfte, ein aus semo (mit weichem s, ksl. zima = hiems),
winter, hergeleitetes adj. Mit preufs. seinen (s hart, wie
in ksl. sjemja n. semen) und lith. semenis saat, im pl.
semenys saatfrucht, besonders leinsaat, hat es augen-
scheinlich nichts zu schaffen, wie auch schon die abwe-
senheit von n beweist. Türk. bogdaj, aber auch hynta,
bosn. päenica, äenica 8.206. 236. — Kukuruz mais,
bosn. klas, was bei Volt. ähre. Der sogenannte türkische
waizen entstammt übrigens Amerika. Der zusatz ist dem-
nach eben, so falsch, als wenn mysyr-tauk, tuka,
truthuhn, 8. 274 eigentlich so viel als ägyptisches huhn
bezeichnet, obschon dieser vogel doch nicht in Ost-, son-
dern in Westindien und Amerika zu hause ist. Türk.
biba namentlich von jungen truthübnern ist vielleicht a
pipiendo gesagt. — Mit uns Deutschen gemein hat der
Preufse den namen für roggen, rugis, lith. ruggei pl.
(ruggys ein roggenkorn), lett. rudsi. Bei Blau s. 212
Bosn. ra£, türk. öavdar.
Aus dem verzeichnifs s. 151 no. 3 türk. rumid = bosn,
21*
324 Pott
oraäak, welches letztere muskatnufs, aber auch eine pflanze
sein soll. Dagegen s. 188. 303 türk. toplak = orisak
erdnufs mit fragezeichen des autors. Also gewifs ablei-
tungen von orjech xccqvov, nux, orjeSije (nucetum) mit
zischlaut Comm. Lith. II, 29. Türk. koz, bosn. orah wall-
nu& 8.267, während 217 türk. dzeviz, orah, nufs. Die
beiden türkischen Wörter sind wesentlich einerlei Lassen
VII, 111, nur in verschiedener gestalt von fremdher auf-
genommen. Funduk, ljeänik, haselnufs, wahrscheinlich
ans nux Pontica Plin. s. Lassen VII, 112; Das f , weil
durch das arabische hindurchgegangen, wo fehlendes p häufig
durch f ersetzt wird. — Hajjulfarikun durch falsche
punctation (s. s. 226 ejjühä-1 - äryfun) mit k statt f,
aus Evcpoqßiov Lassen VII, 98. — Zu no. 8 (pavT&xov&f
tu nsvrdcfvlkov Lassen VII, 135. </> = f statt p, weil
dies persische wort durch das arabische hindurchgegangen.
Der Türke hat pentäfiliyoün (quintefeuille, mit t statt
qu in quinquefolium) Davids p. 144. Keltisch pempedula.
Ueber Pastinaca Secacul 149. — No. 9 Mentha, in Stulli
lex. m&tva, m&tvicca, mjätva, bei Voltiggi metica,
ksl. mjata und mjatva mit rhinistischem ja. Lassen
VII, 143, wo kurd. punk mit ausstofs von d als Menta
silvatica gegen nänä als erba domestica. VergL Pehlwi
Justi Bundeh. 8.245 nänu$prm brotkraut, mentha panem
condiendo. VergL über das zweite wort Lassen VII, 145
unter äähsprem. Blau hat s. 271 lefne-ot (buchst, lor-
beerkraut) für Mentha. Interessant ist Xd<pv?y ddcpvri*
IIeqycuoi Hes. Ahrens, Dor. p. 85. Also das türkische
überkam den namen des lorbeerbaumes als lafne vielleicht
in dieser gestalt schon aus einer griechischen mundart.
Sollte auch lauruß aus "katfvri verdreht sein? Andere na-
men des lorbeers Lassen V, 77. — No. 10 Kyzyl-söKüt
(buchst, roth-weide im gegensatz gegen no. 4 ak söküt,
verba, weilse weide) wird j oho vi na erklärt. Blau sagt,
das sei erle. Ungenau, indem es der analogie gemäfs, als
elliptisches adj., erlen-holz bezeichnen mufs. Sonst ku-
pina (rubus), maslina (olea) u. s.w. Dobr. Inst. p. 291.
anzeigen. 325
Stulli lex. p. 73 übersetzt es auch: lignum ex alno. Joha
mit einscbwinden von 1, auch olha (alnus), aber johiscte,
johisctvo, olhovnik und (s statt h) olesnik Locus
alnis consitus. Lith. elksnis Comm. Lith. I, 18. II, 27.
Ksl. jel'^a (alnus), jel'äin adj. (äyvov^ viticis) Miklosich
p. 1157. Das latein könnte einen consonanten ausgestofsen
haben, welcher aber eher zischlaut sein möchte als das
häufig im slawischen dafür eintretende x (lith. ks durch
zusatz von k?). Wie aber steht es mit ahd. erila erle
und elira eller? Letzteres ist wahrscheinlich die ältere
form und r aus 8 zu deuten. Vgl. Blau no. 58 borovina,
aus pinus stammend, wie jelovina (no. 59) lignum abie-
gnum. S. auch s. 211. Senevber vergl. sich mit xanr\
advanctQ) ra argoßila Lassen VII, 72. Blau no. 61 hav-
dovina von #ebd Sambucus ebulus Dobr. Inst. p. 211. —
S. 257 türk. Külken bukva buche (ulme), aber Külken-
agadzy, bukovina (daher landesname Bukowina) bu-
chenholz. Mikl. lex. p. 48 betrachtet boukü (fagus, durch
lautverschiebuög buche) uns Deutschen abgeborgt. Bu-
kovski jezik d. i. buchsprache (lingua latina). S. WWb.
1,805. Preufs. bucus buche. K'ulken-agac, javoro-
vi na, ahorn. S. 160 wird diesem deutschen baumnamen
lat. Acorus beigeschrieben: das kann jedoch nur schreib*
fehler sein für Acer. Wenn Vullers II, 1415 citirt wird:
so trägt der nicht die schuld. Virag und varaj, aco-
runi turcicum, was zum überflufs der hinweis auf vag
1411, acorum, bezeugt, ist der ächte kalmus (Acorus cala-
mus), im skr. vakä, wie aus Lassen VII, 130 zu ersehen
ist. Mit dem lateinischen worte würde ich ahd. ahorn,
obwohl bei Graff I, 135 platanus wiedergegeben, gleich-
stellen, als h für c, und n ableitend. Für Acer hat das
Stullische Wörterbuch makljen, aber Acer majus, ital.
acero maggiore, kl ei, etwa lith. kl 6 was leinbaum, ahorn-
baum (Acer platanoides), woher das dorf Kiew innen d.i.
ahornwald, wie Stadt Jauer und ein ahd. Ahornwanc,
vergl. wangus im preufs. katechismus, erklärt durch da-
meraw (vergl. den orts- und personennamen Damerow),
326 P«tt
ksL d«|brava (arbores, nemus). Leinbaum (prent*, stuckis)
ist ksl. klen (acer) MiU. p. 288. Linboum wird bei
Graff and Benecke ornns glossirt, aber fladerboum Graff
III, 868 den äs, während Ben. I, 129. III, 334 hebenus,
ebenus, weshalb clenns möglicher weise Mols verschrieben
wäre. Doch 8. anch clenns Die£ Not. Gloss. Vergl.
meine Comm» Lith. 11,34. Javor (platanns), javorina,
javorovina Lignnm ex platano, im Stull. wb. Lith. aor-
nas ist Mols den Deutschen abgeborgt. Das gleiche aber
von javor zu glauben verbietet der durchgreifende man-
gel des nasales. Die orientalische platane cynar, javor
s. 216. Lassen V, 71. — S. 283 törk. pelit, bosn. hrast,
eiche, Mikl. slaw. elem. 8.51; pelid, hrastovina; und
pelit-agadzy, hrastovina eichenholz. Lignum quer-
num hrastovina, hrastina, dubövina vonbräst, ra-
stövina, dttb, cser Quercus Stull. — S. 232 Funduk-
agadiy, bosn. leäkovina haselnufsholz, wie kos-aga-
d£y, orahovina, nufsholz. Bei Davids, Gramm. Türke
p. 142 ist foundouq Noisette, djeviz Noix.DC. vr^dovg9
worin die consonantengrnppe = engl, j, ital. gi. Ueber mus-
katnufs Lassen V, 83. Lassen alterth. 1, 3M). — Filamur-
aga£, likovina [k verdruckt statt p] lindenholz, wie
s. 237 iflamur agadZy. Das türkische wort nehme ich
in verdacht blofse Verschmelzung zu sein aus tfirk. öghla-
mür äghädji (tilleul) Davids, Gramm, p. 140 und qp£-
Xvga. — S. 222 diä-agac, jasenovina eschenholz Comm.
Lith. II, 27. Lassen VII, 137. — S. 229 erik-agadzy,
ölivovina zwetschenholz, von erik, Suva pflaume. Ksl.
sliva (prunus). Vielleicht zu schiebe, engl, sloe Comm.
Lith. 11,37, wo poln. tarnosliwka, dessen erster be-
standtbeil = dorn, wie im System Prunus spinosa. Vgl.
s. 262 kara-diken (schwarzer dorn 8. 221 vgl. note 208),
ternovina, Schlehdorn. — S. 262 kara-agadzy (auch
schwarzer bäum, wohl von der dunkleren färbung), bre-
stovina ulme, und deshalb schwer mit kara-agadzy
(franz. ormeau), grabovina, weifsbuche, zu vereinigen.
„Schwarze rüster" s. Comm. Lith. II, 33. Grab (carpinus,
4
f
anzeigen. 327
womit vielleicht verwandt) Dobr. Inst. p. 200 ist bei Da-
vids Gramm, p. 140 gülgen äghädji Charme. — S. 251
Kermesik, hudikovina Schneeball (strauch). — S. 293
söKüt-agadäy, verbovina weidenholz. Vgl. note 232,
wo rakitta Salix Stull., serb. Salix caprea Mikl. slaw. elem.
s. 42, wal. rächitä Salix viminalis, ungr. reketye und
Salix purpurea. — S. 29.") süpüröe-agac (d.i. besenholz,
wie auch besen mit dem keltischen worte, im lat. betula,
vermittelt sein könnte, doch s. Dief. Origg.Eur. p.258. Cam-
bouliu, Rech, sur les origg. etym. de Tidiome Catalan p. 9),
brezovina birkenholz. Aus skr. bhürga birkenart, vgl.
engl, birch, was aber eine sichere herkunft nicht hat. Al-
lenfalls zu bhräg (fulgere), wenn die indische birke auch
wie unsere Betula alba eine weifse rinde hat. Uebrigens
hat auch das deutsche wort kaum mit borke oder gar
bergen etwas zu thun. — S. 229 erzedz-agadzy, ti-
sovina eibenholz. Mikl. slaw. elem. s. 49. — S. 271 ky-
zyldzyk-agac, drenovina kornelkirschenholz. Ky-
zyldzyk kornelkirschenbaum, bei Davids cornouiller. Dren
(cornaro) Voltiggi. — No. 11 KeKlik-oty = Majorana.
Anders Lassen VII, 144. — No. 15 endzüre==kopriva
(urtica) Mikl. lex. p. 302. Vgl. s. 237 indzir, koprono-
visime (brennesselsamen s. 316), ein kraut. Vgl. ävr£t]()d'
i\ xvi]dtg Lassen VII, 136. Dagegen feige £i>r£j%>, skr.
aiiglra 110. — Zu iskardiun no. 17, Allium silvestre,
war sein griechischer Ursprung aus oxoqoöov, gekürzt Gxoq-
SoVj knoblauch, auch öxoodiov eine pflanze mit knoblauchs-
geruch, zu bemerken. Etwa hinten mit od (lat. odor),
vgl. dvaodfioq^ und vorn gekürztes axcoQ (vgl. das kurze e
in X6Q- topos). Kaum doch zu skr. prdh. Auch schwer-
lich xqofjt^vov^ der angäbe nach schlechtere form als xqo-
juvov, mit assimilation von d\ Gegründet scheint des verf.
besserung 8. 232 gendeneh statt 1., bosn. pasji luk
hundsknoblauch (Allium ursinum). Vgl. pehlwi gandenäk
(porrum, lauch) aus skr. gandha, geruch Justi Bundeh.
s. 221. Lassen II, 150, dafern nicht zu skr. kanda. —
Hindi ba (Intybus Cichorium; frz. chicoree, wal. cicöre,
328 Pott
DC. T&xovQea , alb. rcoreia Bl.) = zenoterga no. 20,
ung. katäng. In Lassend zeitschr. VII, 141 habe icb
kurd. hendeba für ital. endivia. Etwa ahd. hintlopht,
Cichorium, Graff III, 870? Loft heifst bast. Das h wahr-
scheinlich aus verkehrter gelehrsamkeit, indem man an
hinduisch dachte, während die pflanze vielmehr davon ih-
ren namen haben soll, dafs der monat Tybi in Aegypten
die htvßiot, gebe. Jedoch hat Parthey im Voc. Copt. in-
tubus kolakinon, ouoti und Cichorium hrintou, aber
cichorii genus saris, vgl, cegig. Stulli lex. Intubus xut-
jenica, csihora. Alb. bQtte-a cichorie. — No. 21 vgl. 234
harbak, und s. 262 karadza-ot, kukurek, schwarze
niefswurz. Voltiggi kukuvjek niefswurz mit v. Stulli
lex. Helleborus kukurjek, aufserdem csemerikka, ja-
s£nak, sprex, talovo. Helleborus albus csemerikka
bjela, zlätna kittica, goldenes blumensträufschen. Bei
Voltiggi ist csemer gift, ö e m e r i k a weifse niefswurz (Ve-
ratrum album) Blau no. 118 und s. 258. Nach Grimm
aus poln. czmer kribbel im köpfe. Bei Nesselm. lith. wb.
s. 162 czemerei enzian (Gentiana rubra), sehr bitter; nach
anderen jedoch auch Helleborus albus. S. no$h Mikl. lex.
p. 1113 cemer", venenum. Er hat auch den pflanzen-
namen koukourjetz". Bei Richards welsch pelydr(pel-
litory) Yspaen (of Spain), aber pelydr Yspain du
(black) Black hellebore. Ahd. sutirwurz, sittiwurz
helleborum, Graff III, 871. In Ray, Collection p. 60: To
setter; to cut the dew-lap of an ox or cow, into which
they put Helleboraster, which we call setterwort,
by which an issue is made, whereout ill humours vent tbem-
selves. Bei mir in Lassens zeitschr. V, 79 xagßax (helle-
borus), kharbaq siyäh, kh. sefld ellebore noir, bjanc,
Davids Gr. p. 143. Aus dem pers. mit i izafet %a§uncr£
i-anrJT und %apfA7tdg (vielmehr hinten %) rj-Gid (das y itak.),
weifser und schwarzer. — Zu no, 24 ill. bei Volt* popo-
nac — serpillo, sermollino — Quendel, ahd. quenala,
konala mit einschub von d; vgl. xovikrj. — No. 26 ra-
ziane = morac fenchel ; vgl. no. 85. 9 K Lassen VII, 1 45.
I
üPlfc— IBJBWtP— » ^»»w^jiiTWTrMT.Wir ■■iiliiw»! Hu i —w^i .iii ■.Uiii'lKyiq«» '«■u-:t- » ..-) <>. w. ■— «>■ - - «•~r<-
anzeigen. 329
Im Stullischen wb. moraö, ohne zweifei aus fidoa&ov^
einer der epallelie wegen um das eine q gebrachten neben-
form zu paoa&()ov. & im neugriechischen gelispelt. Au-
fserdem komoräcs (etwa verdreht aus irnionaqa&Qov mit
x statt 7i] wegen ksl. komar mücke?), koromäcs und
slädki (dulce) köpar (anethum). Altpr. kamato fenchel.
Bosn. kopric dill no. 25, vgl. Mikl. lex. p. 302. — No. 27
bosn. Vilina kosa, d.i. feenhaar, wie Adiantum capillus
Veneris, also von religiösem charakter. Auch ist in
„frauenhaar" die Jungfrau Maria gemeint. Beräiav-
äan 8. Lassen VII, 138. — No. 28 kara-agyz, lisan-
-et-thevr = gavez. Lisan-i-thevri Bourrache, Da-
vids Gr. p. 143, aber yabän (wild) lisänl thevri Buglose.
Gavez, heifst es aber note 80, ist fesstehender name für
Wallwurz (Symphytum officinale). Gaves, sa m. (freilich
mit hartem s), ital. polmonaria lungenkraut, Vbltiggi s. 61.
Doch s. no. 128. — No. 29. 177 lisan usfur = jase-
nova-resa und jasenovo seme. Ersteres arab. lingua
passerina, i. e. semen fraxini 8. Lassen VII, 137, wo noch
andere pflanzennamen, welche mit zungen verglichen wer-
den. — No. 30 li lab = berstan. Hedera, bärsctan,
bljust — Blau no. 56. — Stulli lex. Wal. im Ofener wb.
ederä, ung. borostyän epheu 8.271. Mikl. slaw. elem.
s. 15 scheinen Blau's Verbesserungen liblab und purstan
(eher vorn mit b) zu bestätigen. Vielleicht hat er auch
recht, in balosyt, bosn«. kukavicl vez den epheu zu
finden. Der slawische name, wörtlifch „kuckuks-stickerei*
pafste dazu vielleicht gerade so gut oder besser als zu
der granatblüthe, balaustium. Lebläb bei mir Lassen
VII, 139 ist Hedera. Convolvulus. — No. 31 Artemisia
vgl. Lassen V, 69. Arabisch Qaisüin Southernwood (A.
abrotanum). Gael. burmaid f. aus engl, wormwood
(Verdrehung aus wermuth, obschon A. abrotanum wirklich
auch als Wurmmittel dient): absinthium. Holl. alsem, al-
sene, alst, woher alsembier bitterbier, alsemwyn
wermuthwein. In Schottelius, haubtspr. s. 1279 altz m.
(1310 eltz) absinthium Ponticum, breiter und feister wer-
330 Pott
muth, daraus der wermuthwein gemacht wird. Sollte es
aus dem arabischen namea desselben, £lkh, mit vorgesetz-
tem artikel entstanden sein? Eher ist es aus der glosse zu
abd. wormiota, nämlich alosantus, aber nnermota
absinthia Graff I, 978 durch kürzung (tz statt st) verun-
staltet. Alosantus hinten mit sanctus und vielleicht
als vox hybrida mit oAo-; der allerheiligste? Vergl. ital.
semesanto (seinen sanctum?) in Jagemann's wb. : der hei-
lige beifufs; der tatarische beifufs. Ueber ahd. pipöz Ar-
temisia Grimm myth. 8. 1161. Türk. misk eütl Davids
p. 143 = armoise aus Artemisia. Ueber gallisch bri-
cumns (artemisia) Dief. Origg. Eur. p. 272. — No. 32
turäek (s. s. 314) ve Dzentiane -rumi (römische Gen*
tiana vgl. no. 180) ve laboda = stavje. Stavel (ru-
mex) StulL Vgl. Mikl. slaw. elem. s. 53. Ich habe Las-
sen VII, 148 rovQtfd' (d. i. im pers. acida) Xdna&ov. Aus
diesem griechischen worte, eine ampferart, lapathum,
deren genufs den leib öflhet und erweicht (daher wohl zu
Xand&iv), rührt nun unzweifelhaft laboda* her. Auch
stimmt dazu vortrefflich Mikl. lex. p. 332 lapota f. lappa
(das wäre freilich die klette) Azbukovnik, ubi [und wahr-
scheinlich nicht ohne grund] dicitur esse scavel" kon-
skoi, buchstäblich pferde-sauerampfer. Vgl. lett. sak'k'a
(leporum) fskahbenes hasenklee. Poln. szczawik (Oxa-
li8 acetosella) Comm. Lith. II, 37. Poln. szczaw' Rumex,
ampfer; szczaw' kwasny Sauerampfer, R. acetosa. Ksl.
ätav', ätavije n. (rumex) Mikl. p. 1135. Ich glaube aber,
man hätte unrecht, mit obigem laboda, welches die Tür-
ken aus dem griech. Xdna&ov haben, den freilich sehr nahe
anklingenden ausdruck zu verwechseln, dessen sich die
Slawen für die melde (ksl. loboda f. vere atriplex Mikl,
p. 341; slaw. elem. 8. 28) bedienen. At-kulagy (buchst,
pferdeobr), loboda (Atriplex hortensis) 8. 200. Das latei-
nische wort durch falschdeutung aus argdtfa^ig und, mit
einschmuggelung von avSgeg (als ob: von menschen ge-
gessen, vergl. (fayüv\ auch dvöqd(pa§ig Lassen VII, 147.
Wal. loboda Mikl. slaw. elem. s. 28. — Ahd. stur, stir
anzeigen. 331
Blitum, intybus Graff III, 872 vergleicht sich mit wal.
ätiru Amaranthus blitum, der - meyeramaranth , wilde
melde, ung. ester-pärej 2. A. sanguineus, ung. veres-
parej. Lex. Bud. p. 673. Dobr. lost. p. 173. Mikl. slaw.
elem. s. 53. — No. 35 hummaz ve kasni = kiselica,
und 8. 236 hu mm äs, kiselaca Sauerklee, Sauerampfer.
Lassen VII, 142 pag* (gewifs vorn verstümmelt) ro Xana-
ß-ov. Ksl. küsel oftcpaxi^oov, acerbus, und daher küseli-
cije (malus punica).
No. 36 bahur-Merjem = skriz. Ein ßovxovq-
fA&giofi) Lassen VII, 134, nach Cast. lex. Suffitus Ma-
riae (als zur Vertreibung der motten dienend) s. Cycla-
men, vulgo Arthenita, worüber bei mir s. 133. Des-
halb mag die erklärung richtiger sein, als storax (doch
bohhür äghädji hat Davids Gramm, p. 141 unter den
baumnamen für storax), welches Lassen s. 95 mit ganz
anderen namen vorkommt, übrigens auch ein . erzeugnifs
zum räuchern liefert. Skriz möglicherweise aus verseben
nicht ausgeschrieben. In Stullis wb. Cyclaminum Plin. (da
pan porcino hinzugefügt wird, meint er Cyclamen, saubrod)
skrixalina, auch krixalina. — No. 39 keäver (?) =
m&rkva. Das letztere, nebst ahd. moraha (pastinaca, s.
Diefenbach Nov. Gloss.), mhd. morche, morhe, more,
möhre (Daucus carotta) Ben. 11,217, vgl. meine Comm.
Lith. II, 30, rechtfertigte zur noth gleich Stellung des türki-
schen wortes mit kurd. giezer (pastinaca) Lassen VII, 1 49.
Inzwischen verweist Blau s. 314 auf ein chiva'sches keäir
gelbe rübe, carotte. Die ähnlichkeit mit r^aßovarjQ u. s.w.
(Pastinaca Opopanax, woher ein danach benanntes gummi
stammt) Lassen 100 beruht wohl auf blofsem zufall. —
S. 199 Arnaud-biberi (arnautischer pfeffer), spejica
pfefferkraut, Satureja hortensis. Dagegen FrenR-biberi
d. i. fränkischer (bei uns: spanischer) pfeffer, paprika
(aus ill. papar pfeffer) s. 232. — No. 43 vgl. 120 saatr
(ex conj.) = cubar. Unter 45 at-kulagy (s. schon
oben) = cubra. Letzteres schliefst sich noch enger an
griech. &vfißQa an, woraus (s. früher morac wegen gelis-
332 Pott
pelter ausspräche von &) in meiner Comm. Lith. II, 28.
Dobr. Inst. p. 181. Mikl. slaw. elem. s. 53 z. b. lith. czo-
bras pfefferkraut. Wal. im lex. Bud. p. 119 cimbru m.,
ung. tsombor 1) Satureja hortensis, 2) hyssopus, 3) Thymus
serpillum. Poln. bei Mrongovius cza.br, cz 3b er (mit rhi-
nismus), auch ca.br (aufser = zieme r, mit einschub von b,
rückenbraten, aus dem deutschen) = Satureja hortensis,
saturei und zatrei, gemeines pfefferkraut, bohnen- oder wurst-
kraut; kalbsysop, zwiebelysop, wie ja Zenker ein gleich-
lautendes türkisches wort mit hyssopus wiedergiebt. Zovya
aus Hyssopus vgl. no. 91. Bei Davids p. 143 zoüfä eüti
(letzteres franz. herbe) hysope sauvage, aber ipär hysope.
Czubrika majoran (?) Blau s. 289. Etwa aaraq to oqi-
yavov Lassen VII, 135 dem lateinischen satureja entnom-
men, welches als aphrodisiafcon von den Satyrn seinen
namen hat? — No. 41 Aneb-et-tha leb, pasvica (So-
lanum nigrum). yAvaniCakan (eig. nvae vulpium) 6 ötqv-
%voq Lassen VII, 129. Pasuica Stulli lex. p. 580. Sola*
num. — No. 48 keleni (?), bobovnik Sedum Telephium;
doch s. no. 93. In Stulli lex. Sempervivum, aufser vazda-
-xiv (sempervivens) auch bobövnjak, böb gromovi
u. s.w. Da grom, gromovina der donner heifst: suche
ich darin einen ähnlichen aberglauben, wie beim donner*
bart (hüslouch barba Jovis Ben. I, 1044. Dief. Nov.
6I08S. p. 48), die hauswurz, sempervivum tectorum, welche
aufs dach gepflanzt vor dem einschlagen des blitzes sichert.
Grimm myth. s. 167. Jedoch hat Blau s. 228 enbuh,
cuvakuda für Sempervivum tectorum, angeblich von csu-
vati bewahren, bewachen, csuvar hüter (Volt.) — vor
dem einschlagen oder ganz allgemein? Unstreitig lag in
seiner ausdauer selbst im winter (daher bei DC. xLfiSQlvVj
erklärt durch dei£u>ov, also: immer lebend) auch für seinen
Standort gleichsam die bürgschafb von dessen stetem, un-
geschädigtem fortbestehen. — No. 50Man-helalie = ro-
sopast. Chelidonium Stulli lex. rosopas (ohne t) mit
vielen anderen namen. Pehlwi zardah, d. h. gelb, we-
gen seines gelben saftes Justi Bnndeh. s. 166. — No« 52
-3tz — - : --^
anzeigen. 333
horu ve kenevir(ex conj.) = konoplje, hanf, canna-
bis Comm. Lith. II, 35. Das türkische wort enthält, ver-
miithe ich, noch arab. berri (agrestis) Lassen VII, 158. —
No. 53 közbere ve kisnidz = deäpik. Nardum — ital.
nardo, spigo — descpik, kvenda [quendel?] Stulli
lex., also Lavendula spica, spieke. Ueber cov[ißovX (spica
nardi) dagegen s. Lassen s. 122; die beiden türkischen
Wörter jedoch bezeichnen beide den koriander s. 141. —
Zu no. 60 GovXßa pro öovgßa vielleicht speierlinge Lassen
s. 106. Vgl. Blau s. 308. Wal. oskoruä Mikl. slaw. elem.
s.34. Türk. uves Sorbe, corme, aber muchmulah Nefle,
ill. muscmula mispel, alb. povapovle-cc aus f,tov(SnovXov^
mespilum, v. Hahn, s. 78 und ßadege-a, geg. ßoSe s. 4.
Doch nicht etwa durch Verwechselung mit bädäm man-
deln Lassen VII, 111? — No. 62 kahu ve marol ve kasni
= locika (ksl. loätika d-oidanivri Mikl. lex. p. 344, umge-
bildet aus lat. lactuca, eigentlich milchpflanze) ve salata
salatarten. Lassen VII, 148, wo fiaqovXiov (Blau s. 273),
r6%{ie (semen) xa%ov (Blau s. 183) und kurd. khas (lat-
tuca). Bei Davids märöl Laitue; adjl märöl Laitue
amere. — No. 64 vergl. note 371 jebruh (emendirt) -es-
sanam = okolocep. Die berühmte Mandragora, welche
im arabischen von ihrer angeblichen menschenähnlichkeit
den namen führt, s. Lassen VII, 128, auch Alraune (d.h.
wohl: alle geheimnisse wissend und, nach umständen, ver-
kündend) Grimm myth. s. 1153. Okolocep ist dem Ser-
ben ein kraut, das zu liebestränken dient Grimm s. 1166.
Kann ill. okolo um, beinahe, und csep Stoppel darin lie-
gen? Zuwendend, wie ivy!;? Nach Blau wäre es Centaurea
calcitrapa. — No.66. 77 und s. 204 Beben rubra et alba
Lassen s. 132.
No. 68 ager (aus äxogov herübergenommen), vireg
ist, wie oben gezeigt, nicht der ahorn, sondern kalmus, und
da letzterer den indischen namen vacä trägt, wäre leicht
möglich, no. 69 veud-hindi [lignum aloes Indicum Las-
sen V, 81] gehöre als indisches gewächs noch dazu.
Was aber zengebil-el- adzem (ersteres ingwer, aus skr.
prngavera) Lassen VII, 127 mit der bjela sablica
334 Pott
solle, begreift sich schwer, ciafern man nicht die hornge-
stalt des ingwers mit einem krummen säbel zum Vergleichs-
dritten gemacht hat. Das bosnische wort nämlich bezeich-
net dem subjectiven sinne nach weifses säbelchen (sabljica
kleiner degen, Voltiggi), und pafste demnach der färbe we-
gen zu der Schwertlilie (gladiolus) seinerseits auch nicht.
Swertelbluomen acira Ben. I, 217 ist im lateinischen
worte offenbar plur. von a cor um. Geil^vertila acorus,
Graff 111,872. — No. 70. 186 sedef raute Lassen VII,
142. Mikl. slaw. elem. s. 43. Bei Davids sadaf Rue. —
No. 71 rätlned2, harz, ist ohne zweifei aus QYplvri ent-
standen, woher die Lateiner ihr resina mit assibilation
des r haben. Das wort ist in die orientalischen sprachen
wohl kaum erst durch die heutigen Griechen gekommen,
indem alsdann die erste silbe itakistisch ein i haben müfste.
— Zu 72 Agaricum, ill. agarik, peczurak Stull., aus
äyaqixov. Champignon note 259, wie desgl. türk. menter
Davids p. 142. — No. 79 vergl. 129. 181 papunedz ve
papadia = obrenic (?), kamille. Lassen VII, 140. Bu-
char. bäbünag. Päpädiyah camomille. Davids, Gramm,
p. 143.— Zu no. 80 Melilotus Lassen VII, 120. — No.87
kehruba, zamg rumi = orahova-smola (buchst, nufs-
harz) Lassen VII, 95, wo ijlexrQov^ im pers. Stroh -anzie-
hend. Dafs der bernstein gemeint sei, bezeugt das bei-
wort rumi (römisch, abendländisch). Vgl. samghqana-
vasheq Galbanum Lassen 97. — No. 89 vergl. 169. 170
und 8. 205 besfaXdz = sladka paprad süfsfarn. Das
slawische wort Comm. Lith. II, 33. Paprät, paprätca,
poporotnik, praprutac, preprut Filix (ital. felce,
felice Diez wörterb. 8. 141) Stulli lex. Pire-oty (d.i.
flöhkraut, von verschiedenen zur Vertreibung von insecten
gebrauchten kräutern; von Davids p. 144 engeror über-
setzt) erklärt durch paprad farnkraut Blau 8. 284. Grimm
myth. 8. 1161, wo Ober den mit ihm verbundenen aber-
glauben. Das deutsche wort liegt dem anscheinend redu-
plicirten slawischen, wie mich bedünken will, fern. Griech.
7iT£Qig wegen seiner gefiederten blätter, mit den orientali-
anzeigen. 335
sehen Umänderungen Blau no. 113. — Zu no. 95. 137. 198
ma'dinös Persil. Maxzdoviciov 8. Lassen VII, 149. —
No. 96 selk = blitva. Beta vulgaris a. a. o. 148. Blitva,
it. bieta, mangold. Bkirov erklärt man für melde. —
No. 98 abhal = smrekove-bobe (Wacholderbeeren).
Jedoch ist Lassen V, 71 iny^ovX (DC. App. p. 63 %ßovX)
Sabina et baccae ejus. Erzedz-aghadzy (eibenholz)
Blau s. 229 erinnert umgekehrt flöchtig an äras (Sabina,
juniperus) bei mir a. a. o. — Ardyc, smreka wachhol-
der no. 165 und 8. 199, bei Voltiggi smrekka (ginepro),
ksl. srarjec" f. (juniperus), als m. und smrjeca f. xidgog.
Wal. cetinä (Juniperus communis) Mikl. slaw. elem.
p. 52. — Zu no. 99 pers. gauarz (milium) Lassen VII, 160,
aber auch ragov' 6 %tyxQ0S* Bei Davids p. 143 däroü
(millet), aber arnäoüd däroüsi (arnautische hirse) panic.
Blau hat s. 218 dary, jedoch s. 299 mit t sowohl tary
als taru = proso hirse, altpr. prassan im acc. Dhurrah
bei ihm 8. 294. — No. 102 kurunb (crambe?) = lahana.
Kurd. kärnabit(Cavoli fiori) Lassen VII, 147. Lahhanah
Chou. Davids p. 142, unstreitig aus Xa%avov (olus und
überhaupt grüne waare). Lachan'm. Xdxavov, olus Mikl.
p. 334. Bei Blau s. 271 lahhan, lahhanah = kupus
(das erste u statt a wegen p?) kraut, kohl. Vgl. ksl. ca-
pousta, was freilich = ital. composta, wogegen ital.
capuccio, frz. cabus, deutsch kabisz, kabis, als wei-
fser kopfkohl von caput Grimm wb. V, 9. Meine Comm.
i Lith. II, 34. Voltiggi giebt kapus, sa m. — cavolo, ca-
pucci — kraut (also in mehr besonderter anwendung). Böhm,
hlawatice kopfkohl von hlawa köpf. Ben. I, 891 bat
kabezkrüt kopfkohl, aber kompeskrüt Sauerkraut, aus
kompost. — No. 4 harnub (warum n?) Siliqua cerato-
nia s. xaQ°vßa Lassen VII, 105. 111. rogacs — ital. ca-
roba — bockshörnlein, Volt, aus rog, hörn, der gestalt
des Johannisbrotes wegen. — No. 107 3ah -bei ut (gleich-
sam königseichel. Lassen VII, 111) = kesten vahsi würde,
im fall der schlufs dazu gehörig, wilde kastanie sein.
Türk. kestaneh Chätaigne. Ksl. käst an' m. Mikl. lex.
336 Pott
p. 284 und kostan" m. (castanea) 305, nach einer Stadt
am Pontus, meint man. — Zu no. 109 kümmel, türk. ki-
nön Davids p. 144. Lassen VII, 140. Ksl. kjomin y.v-
uivov Mikl. lex. p. 328. Bei Graft' ahd. kumin, kumil,
kumi. — No. 122 anzerut (6arcocolla) Lassen s. 98. Vul-
lers lex. I, 117. — Zu No. 135. Auch Voltiggi giebt gla-
disc (etwa daher der familienn. Gl ad i seh) — it. anno-
nide — heuheckel (-hechel?); aber in Stulli lex. nicht nur
Anonis, sondern auch Nardus salonides. — No. 139. 197
torak-oty, wie 119 dorak oty, auch s. 223, bosn. ko-
par dill (anethum). Duragh eütl Anet. Davids p. 143*
Ksl. kopr ävrj&ov Mikl. lex. p. 302. Dagegen anis, als
dem griechischen entstammend Lassen VII, 140 (& mit ge-
lispelter ausspräche, wie engl, th, und i itakistisch ), türk.
anlsön (anis sucrö). — No. 147 devetabany = vratica.
Das erste soll tournesol, nämlich heliotropium sein.
Vgl. Lassen VII, 123. Deshalb leitet sich das slawische
wort ohne zweifei (vgl. auch ahd. sunnunwendil, ital.
girasole) ab von ill. vartitti — girare, volgere — dre-
hen, und mit r vorauf: vratati sich umwälzen. Nach der
sonne benannt hat das lex. Stull. Solsequium, heliotropium
sunesenik, sunesenjak, suncsac. Vgl. Blau note 39*
Für Foenum graecum hat lex. Stull. u. a. prosenicsak,
prosenica, was doch von sjeno (foenum) kommen und
auch in sunjica (?) bei Blau für bocksdorn zu suchen
sein möchte. — No. 148 Cuscuta Lassen VII, 136. —
No. 152 Portulaca Lassen 140. — No. 155. 196 Jasmin
Lassen 121. Rösler, bestandth. s. 35. — No. 159 vgl. 78
und s. 273 kaloper, balsamita vulgaris, frauenkraut, ma-
rien wurzel. In Stulli lex. wird koloper (vorn mit o) für
Mentha romana ausgegeben, während unter sisymbrium
nicht nur sisimbrio und pjenez Rimski (ital. moneta
Romana), sondern auch kalop ersteht. Siebe über dies
dunkle wort Mikl. die slaw. elem. s. 24. — Zu 168 vergl.
8. 292 akee-oty = hren. Nach ill. hren — nasturzio,
radica forte, dente di cavallo — kren, Voltiggi zu schlie-
fsen, müiste man an den meerrettig (Comm. Lith. II, 29)
anzeigen. 337
denken. Ksl. hrjen' m. cochlearia armoracia Mikl. lex.
p, 1099. Ahd. chrene (raphanus). GraffHI, 869, aber IV
(kreen, ineerrettich), rabigudium, wie meriratib 111,866
raphanus, radegudium ausgelegt wird. Dief. im Novum
glossarium p. 313 hat unter raphanus: merredich, aber
auch ratich [doch kaum anderswoher als aus radix], was
denn vielleicht als primitiv anzusehen von radegudium. —
No. 171 vgl. mich Lassen VII, 163, wo auch kurd. me-
kuk (liquerizia), was zu türk. miara-kökü pafste. —
No. 176 safran Lassen 123. — No. 179 akarkarha Py-
rethrum, im zweiten gliede gleich mit oud elqarah Las-
sen 134. Jedoch Davids bringt yäpichkän (pyrethre).
Im deutschen zu bertram umgedeutet. Grimm mythol.
8. 1163. — No.184 seliha, burcak-kabugy Cassia fistu-
laris Lassen s. 154. — No. 187 trefil (aus rgicpvXXov)
kann nicht ruta sein, was sich gewifs nur durch blofses
verdrehen aus dem vorigen artikel eingeschlichen hat. Vgl.
8. 245. 301. Skr. tripatra (auch dreiblätterig) Lassen
s. 139. — S. 196 ajva, bosn. tunja quitte. Lassen s. 106.
Im Stullischen wb. dünja Cydonium malum, ital. coto-
gna. Ahd. kutina (Cydonia), chutenbaum, cydonia,
cotanas. Das slaw. wort hat demgemäfs vorn kürzung erfah-
ren, wie das unsrige am ende. Bei Voltiggi findet man
kutina und tunja. In Mikl. lex. p. 286 kidonije. Auch
ticca, vogel, hat durch einbufse von p (ksl. p'tist") seine
beziehung zu skr. pat, fliegen, verdunkelt. — Anar, nar,
ynar s.275.310, äipak, sipak granatapfel Lassen 8. 106.
Das slawische wort bedeutet eigentlich rose, ksl. äip'k
podovj allein auch qoicc malum granatum Mikl. lex. p. 1134.
Mhd. margramboum und margrat sind Umbildungen
aus mala granata, ital. melogranato, melograno. —
S. 198 alyd£, divakinja, azerole, mispel. Bei mir Las-
sen 8. 105 stehen dafür andere namen, und ist akovT^ als
deminutivform 8. 108 eine pflaumenart. Etwa die wildwach-
sende sogenannte krieke? — Prunum silvestre — ital. pru-
gftola, susina salvatica — sllva divja, Stull. Dazu auch
seft-alü (pSche) 109. Blau s. 297. Erik (prune), äliwa,
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 8. 22
338 Pott
pflaume Blau 8. 229. — S. 198 vgl no. 69 alant (Inula
Helenium) Comra. Lith. II, 36. Bei Stulli Inula oman,
aber Helenium oman, ovnak, ovnika. Auch devja-
sil,devjatisil, d. h. neunerlei kräfte besitzend, wie desgl.
lith. debessylai alant. Das erklärt sich aus v. Strah-
lenberg, das Nord- und Ostl. Th. von Europa und Asia
1730 s. 78, wo berichtet wird: „Bei den bauern in Lief-
land gilt 9 [3 mal 3] als heilige zahl, z. b. neunerlei kräu-
ter zu ihren arzneitränken" u. s. w. Nesselmann lith. wb.
s. 132 hat debesylas, im pl. debesylai alant, Schwarz-
wurz, Symphytum officinale. — S. 202 baldoran (türk.
bäldirän Cigue) Davids p. 144, mit der zwiefachen er-
klärung drozgina, kerkotina. In letzterem vermuthe
ich xixqvtoi, cicuta, xoviov , aber auch xixgvrog ((jv falsch
für ov?) to GnhQfjLa rov xcovsiov DC. Sonst heifst russ.
omjeg Conium maculatum. Mikl. sl. elem. s. 34. — Bakla,
bob bohne. Lassen VII, 157. Baqlah (feve). — S. 204
vergl. 297 behadörhyzyr, tatula Stechapfel. Lassen
V, 79. Er ist bei uns erst eingeführt (Prichard, naturgesch.
des menschengeschlechts 1,36). S. petersb. wb. dhattüra,
dhustüra (Datura alba). Auch khala Stechapfel, allein
desgl. böser boshafter mensch, bei Wilson wicked. Kala-
bha Datura fastuosa. Kärtasvara (als synonym von
gold) Stechapfel, wie kähkana (goldig) Datura fastuosa
ebenso. — S. 207 vgl. 214 bödzek, jagoda. Letzteres
erdbeere und daher vermuthlich das erstere aus versehen
statt türk. qödjah yemich Fraise, Davids p. 141, wie
qödjah yemich äghadji erdbeerbaum, arbousier. —
S. 209 burdzy, bosn. imel mistel (Viscum album) Comm.
Lith. II, p-. 26. — Butruk, bosn. cicak Arctium lappa,
klette, kurd. bei mir Lassen VII, 138. Blau hat s. 242
japysgan-ot d.i. kleberich, klette, bosn. torica. Lappa
in Stulli lex. lopuh, csicsak, torica. Böhm, lupen,
lupaun klette, mit anklang an daslat. ; indefs ersteres auch
überhaupt blatt. — S. 214 cirez-aghac, bosn. treänja
kirschbaum. Aber Kiras mit weichem k, tresnja kirsche.
Ed. örjeö"nja (cerasus) Mikl. p. 1126. Slaw. elem. s. 53
anzeigen. 339
aus dem griech.-lat. worte mit assibilation von k oder da-
für t. — Zu s. 248 jylan-jasdugy, bosn. kruzladza
Schlangenkraut. Wenn estragon, wäre es dragon, ital.
tragon, wallach. tarconu aus draco (vergl. Artemisia
dracunculus) Diez Wb. s. 342, das aber auch in der
gestalt von rpa^öV, raqxdv Lassen VII, 142 durch das ara-
bische hindurchgegangen. Ung. tärkony der bertram. —
S. 251 Kerfiz, bosn. miloduh, aber Kirfiz, bosn. ra-
vanj sellerie (Apium graveolens). Lassen VII, 149. Ke-
refes (celeri) Davids p. 142. In Stulli lex. Apium pe-
trusin, petruscka (aus TiETQockhvov mit eliminirung von
X) und mirodia, doch unstreitig fivQoSia (odor) DC. Dann
aber apium Macedonicum miloda, miloduh (anschei-
nend: geliebter geist, duh, wo nicht du ha geruch; vgl.
bosn. miruh duft s. 266; vielleicht aber blofse Umgestal-
tung des griechischen Wortes). Freilich wird bei Blau
8. 290 miloduh für liebstöckel genommen, und da ligu-
sticucn Stulli mit milloduh, milloda übersetzt: ist
der name mit mil (mitleidig, lieblich) wohl in folge der
deutschen wortverdrehung geschaffen. No. 95 phatra-
saliun (ex conj.), jaban- Madonos. Ahd. federscelli
(als ob aus: feder), petroselinum GraffHI, 868. — Zu s. 261
Arum Colocassia Lassen VII, 131. — Kukolj s. 263 (Agro-
stemma githago) Comm. Lith. II, 35. — Anm. 255 kyzyl-
-boja, metorica (?) förberröthe. S. Lassen VII, 125
(povev ein färberkraut, krapp. Der slawische name nicht
in Stulli lex. unter Rubia. Dieser hat aber, aufser cser-
vlenac, noch bröche, brok, brojüch; Mikl. lex. p. 45
broät' m. (poivixovv, purpura. Vgl. Dens, die slaw. elem.
8. 15. — S. 265 kaz-öiceki (buchst, gänseblume; vergl.
Potentilla anserina und alba; über das zweite wort Las-
sen 118), podbeo huflattich, mit o für 1 aus podbjel
Tussilago farfaraMikl. slaw. elem. s. 37. Poln. podbialTus-
silago bedeutet dem wortsinne naöh wahrscheinlich nicht:
weifslich (podbielec weifslich werden), sondern unten
(pod), d. h. auf der unteren blattseite, biaty weifs. Vgl.
bielica der beifufs (Artemisia), bialawiec das weifs-
22*
340 Pott
silberkraut. Vermengung mit Veratrum album note 136
könnte eben in der weifse ihren grund haben. Maroldzik
als dem. von marol lattich, gerade wie in unserem huf-
lattich. Russ. bjelokoptitnik eigentlich weifshufig für
T. farfarus. — S. 273 mazy, siska gallapfel Lassen 161.
Mikl. lex. p. 1134. — S. 276 nohut nach sicherer Verbes-
serung, st. grah (xvctfADg, faba Mikl. p. 142) Lassen 156. —
S. 284 pirinc, oruz, reis, worüber ausführlich Lassen
159. — S.289 saramsak, bosn. beli-luk knoblauch. Ro-
manisch sarmisac Lassen 149. Ksl. louk ist unser lauch
Mikl. lex. p. 344, und das comp, wird also: weifser lauch
bezeichnen. Sogan, luk zwiebel. Lassen 150. Voltiggi
dafür kapula — ital. cipolla — aus lat. caepulla (eig.
zwiebelfeld) mit ausspräche des c noch als k. Bei Davids
p. 142 s'ärimsaq Ail; s'öghän Ognon. — S. 291 vergl.
no. 14 Bokviza wegerich, aber in Stulli lex. p. 317 bosk-
vltza, päskitza, also mit s: Plantago. Auöh Davids
giebt den türk. namen sinirlü eüt Plantain = ital. pian-
taggine. „Sinnreich", wie bei Schieiden, die pflanze II, 344
zu lesen, „benennt der nordamerikanische wilde unsern
wegebreit die fufsstapfe der weifsen". Sodann
Ausland 1862. no. 41 s. 981: „Was den wegerich betrifft,
so geben ihm die Indianer einen namen, welcher „fufs
von Engländern" bedeutet, als ob sie ihn wirklich un-
ter den füfsen derselben wachsen sehen". Plantago, mhd.
wegerich Ben. 111,639, hat unstreitig schon im latein
seinen namen von planta im sinne von fufssohle. Den
wegebreit aber mit seinen breiten blättern dem abdrucke
des fufses im erdboden zu vergleichen, liegt um so näher
als er sich gern auf und an wegen hin breitet (mhd.
wggebreite, septinervia, arnoglossa). Bei Graff III, 864,
wo viele pflanzennamen, ahd. wegaspreita, wegabreita
plantago, centinodia, aber wegatreta centinodia, proser-
pinaca, umbitreta serpinaca, welches demnach vermuthlich
die vordersilbe verloren hat. Böhm, gitrocel wegerich,
doch s. Mikl. slaw. elem. 8. 54 walach. oträtzelu Borrago
officinalis. — S. 294 Voltiggi hat ill. hajda, hajdina
anzeigen. 341
heidekorn, ital. saraceno, d. i. buchweizen. Böhm, pohanka
heidekorn, eig. heidin, von pohan (paganus), vergl. Mikl.
lex. p. 588. Lith. grikkai (eigentlich das griech.) Comm.
Lith. II, 34. Unter heidekorn (cicer, medica) Ben. 1, 862
wird man wohl kaum den buchweizen (fagopyrum) zu ver-
stehen haben. Möglich auch, dafs es sich auf kräuter be-
zieht, die in der heide wachsen. Heidekorn aber für
buchweizen bezeichnet sicherlich: heidnisches oder mor-
genländisches körn, indem heiden mit paganus, gentilis,
sarracenus glossirt wird. Wal. im lex. Bud. tätarcä(Po-
lygonum fagopyrum), ung. tatärka der buchweizen, das
heidekraut. Mikl. slaw. elem. s. 48 übersetzt polygonum
tataricum, und verweist auf sich s. 20, wo russ. greca
(vgl. familiennamen Gretsch), grecycha, d. h. eigentlich
griech. frucht. Wal. hriskä, hiriäcä, ung. haritska
und, wenn kein komma ausgefallen, tautologisch hajdina
pohanka lex. Bud. p. 262. — S. 294 susam, lilie, Lassen
VII, 122; allein zanbak kenne ich zwar auch als lilien-
art, indefs nicht minder als jasmin 121. Vgl. noch Blau
note 354. — S. 295 vgl. 66 no. 114 sünböle, mackova
trava (buchst, katzenkraut) katzenbaldrian. SümbQl,
bei mir Lassen VII, 122 hyacinthe und narde. Ebenso
Röaler bestandth. s. 34. Vgl. auch Blau no. 49 Asarun
(bei Davids asärön Cabaret d. i. Asarum Europaeum, wil-
der nardus, haselwurz), ve Sünbül-rumi (also römisch,
europäisch!), Kedy-oty, bosn. macjatrava. Alb. bccQ
judroe katzenkraut bei v. Hahn, ohne botanische Bestim-
mung. Kedi eüti Pouliot. Davids p. 144. — Für rfibe,
bosn. repa, türk. salgam 8.296, bei Davids p. 142 choul-
gham (navet). Lassen VII, 148. — S. 302 tetre-agbaö,
rujevina (ex conj.) Sumach Lassen V, 78. — S. 304
trup, tujrub rotkva, rodakva rettich (aus radix). Las-
sen VII, 148. Davids p. 142 dagegen hat turbe Rave,
aber pändjär Baifort. — S. 305 turundz, naranca
ap fei sine. Genauer orange, ital. arancio, narancio, wel-
ches daraus entstanden, allein mit aurum nichts zu thun
hat. Lassen VII, 114. — Tut, murva maulbeere Lassen
342 Burda
107. Comm. Lith. II, 29. — S. 308 bosn. troskot vogel-
knöterich. Mikl. slaw. elem. 8.49. Im lex. Bud. troscotu,
troscotzelu 1) Polygonum aviculare. 2) Portulaca ole-
racea. Bei Mikl. p. 1004 troskot' ayqwarig; also wie
bei Blau no. 116: agrostis spica venti.
Gern wäre ich noch auf die dakischen benennungen
von pflanzen beim Dioskorides hier eingegangen, um so
mehr als Jakob Grimm in seiner geschichte für gleich-
setzung der Gothen und Geten daraus, freilich nicht sehr
glückliche, argumente hergenommen hat. Indefs würde das
einen räum erfordern, welcher mit dem gegenwärtigen
zwecke in keinem ebenmafs stände.
Halle. Pott.
August Schleicher und die slavischen consonantengruppen. Ein bei-
trug zur neuesten geschichte der indogermanischen Sprachforschung
überhaupt und der slavischen insbesondere, von Martin Hattala.
Prag 1869. H. Karl J. Satow.
Die veranlassung zur ausarbeitung dieser parallele, be-
ziehungsweise replik, so berichtet der Verfasser selbst auf
s. 2, bot ihm der von A. Leskien gefertigte in den beitra-
gen zur vergleichenden Sprachforschung (1868, V,403 — 444)
erschienene aufsatz: „Zur neuesten geschichte der slavi-
schen Sprachforschung". Er war jedoch erst mit den vor-
arbeiten dazu beschäftigt (s. 1), als er die nachricht von
dem abieben seines „gegners", des prof. Schleicher, erhielt,
so dafs es also noch nicht zu spät war „manches anders"
zu sagen. Dieser umstand darf nun bei der beurtheilung
der vorliegenden, 94 Seiten umfassenden replik nicht über-
sehen werden. Wenn schon in jeder Wissenschaft differen-
zen und somit reger Wetteifer unter den gelehrten nur zum
gedeihen derselben beitragen können, so wäre es unter die-
ser Voraussetzung auch für die Sprachwissenschaft erspriefs-
lich, dafs zwischen Hattala uud Schleicher differenzen be-
anzeigen. 343
stehen oder bestanden, sollten sie selbst tiefer liegen und
nicht blos älter, sondern auch wichtiger sein als bei an-
deren (replik s. 35). In folge derselben bekämpfte natür-
lich H. *) den seligen schon früher sehr anhaltend, aber
stets rein objectiv, weil sie sich seit jeher principiell ent-
gegenstanden (R. s. 35). Bleibt ein solcher kämpf bei der
sache, ohne persönlich zu werden oder die gränzen des
literarischen anstandes zu überschreiten, so brauchte man
darüber wahrlich nicht viel worte zu verlieren. Leider
kann man dies aber der in rede stehenden R. nicht nach-
rühmen, weil, was H. anbelangt und gleich im eingange
bemerkt worden ist, nicht einmal der anderswo versöh-
nende tod im stände war die schärfe der gegensätze zu
mildern. Er gesteht unumwunden, dafs er nicht nur von
einer „bedeutenden geringschätzung a (R. s. 32, 92) son-
dern auch von „erbitterungu gegen den seligen erfüllt sei
(R. s. 81); dafs jedoch die replik mitunter auch weit über
das hinausschiefst,, was H. selbst (R. s. 31) gränzen des
literarischen anstandes nennt, beweist s. 90 derselben am
schlagendsten. Denn nachdem H. daselbst die s. 6$ der
formenlehre der kirchenslavischen grammatik von Seh. er-
wähnt hat, findet er es für gut zu diesem „ärgsten Ju-
gendstreich der glottik", wie er sich ausdrückt, folgende
erklärung zu geben: „Darnach war die erst im werden be-
griffene glottik schon so artig, dafs sie keinen augenblick
zögerte sogar den begründer der vergleichenden Sprach-
forschung und gewissermafsen ihren geistigen vater, Fr.
Bopp, als einen betrüger oder charlatan zu schmähen. Die
glottik meinte also dazumal ernstlich, in der literatur, wie
in den wäldern der nordamerikanischen wilden, seien die
väter von den söhnen todtzuschlagen, sobald sie alt und
schwach geworden; oder aber war sie entschlossen das
beispiel der beiden Schlegel nachzuahmen, die, wenn Heine
*) H. bedeutet: Hattala, Seh.: Schleicher, Cp.: dessen compendium in
2.*aufl. , Dm.: die abhandlnng Hattala' s De mutatione, Sr. : dessen Srovnä-
vaef mluvnice, R. : seine replik.
344 Burda
recht hat, berühmtheit überhaupt nur durch die damals
unerhörte, durch sie zur mode gewordene keckheit erlang-
ten, womit sie die vorhandenen literarischen autoritäten
angriffen. Sie rissen nach demselben als junge hei math lose,
die nichts zu verlieren hatten, lorberkränze von den alten
perücken und erregten bei dieser gelegenheit viel puder-
staub. Ihr rühm war eine natürliche tochter des — scan-
dal8 und der emporkömmlingssucht ". Weil solche worte
und dieser ton keines weiteren commentars bedürfen, so
kann ich nur noch bemerken, dafs die erbitterung H.'s
bisweilen selbst von einem gewissen hochmuthe nicht frei
ist. Derselbe spricht am deutlichsten aus dem, was auf
s. 37 der R. steht: „Der selige scheint ungeachtet der ge-
ringschätzung, die er mir gegenüber zur schau trug, sogar
gefürchtet zu haben, dafs meine vorletzte abhandlung seinen
in klingende russische rubeln umzusetzenden Ursprachen
doch verderblich werden könnte, da er keinen anstand nahm,
gegen dieselbe ein solches heidengeschrei erheben zu lassen,
wie es nach meiner unmafsgeblichen ansieht die Leskien'-
sche apologie ist". Dafs Seh., um mit den Worten H.'s
zu reden, gegen des letzteren abhandlung ein „heidenge-
schrei" erheben liefs, darüber darf sich H. am allerwenig-
sten wundern, da er doch in der replik s. 94 gesteht, dafs
er Seh. in jener abhandlung nicht allein bekämpft, sondern
ihm „kaustisch" auch dinge vorgehalten habe, die man sich
aufserhalb der Wissenschaft noch weniger gefallen läfst.
Was den sonstigen inhalt der R. anbelangt, so wufste der
biograph Sch.'s im Naucn^ slovnik, th. VII, h. 7, s. 326
sich recht gut zu erklären, warum derselbe die glottik zu
den naturwissenschaften gerechnet habe, da er sagt: „Da-
neben beschäftigte sich Seh. auch mit botanik. die er bis
jetzt nicht zu betreiben aufhörte, wodurch sich die in sei-
nen Schriften hervortretende naturhistorisohe richtung er-
klärt". Doch nicht nur die naturhistorische, sondern auch
die materialistische richtung Sch.'s oder „dafs der selige
die rein materialistische auffassung der spräche auf die
spitze getrieben habe", wie sich H. in der R. s. 41 äufsert,
anzeigen. 345
ist nach jener meinung leicht zu begreifen. Die aufstellung
von grundformen dagegen bekämpft H. von s. 85 — 89 der
ß. unter andern auch mit folgenden Worten: „Dieselbe
quintessenz der glottik ist nur eine geist- und rücksichts-
lose nachahmung desjenigen Verfahrens, welches die an-
wendung eines der Cuvier'schen grundsätze auf dem gebiete
der paläontologie übertreibt". Darnach sollte man fast
glauben, dafs Seh. nach der leetüre eines paläontologischen
werkes nichts eiligeres zu thun fand als diesen grundsatz
schnell in die glottik einzuführen. Er hatte jedoch folgende
gründe dafür geltend gemacht. 1) Nach s. 8, anm. des
Cp.s „wird dem lernenden sofort das letzte ergebnis in
concreter anschaulichkeit vor äugen gestellt". Wenn Seh.
z. b. für skr. vrkas, altbaktr. vehrkas, lit. vilkas und altslov.
vlükü die grundform varkas aufstellt, so will er damit wohl
nur sagen, diese verwandten Wörter hätten nicht immer so
gelautet, wie sie uns in den sprachen vorliegen, sondern
jedes hätte sich aus einer älteren form entwickelt, die Seh.
eben grundform nennt und im vorliegenden falle als varkas
ansetzt. Darin stimmt er bisweilen mit Bopp überein, wo
dieser z. b. für skr. vrkas die „urform" varkas voraussetzt
(vergl. gramm., 4. ausg., I, 283, anm.). Dafs eine solche
grundform immer auch wirklich vorhanden gewesen ist,
wird durch die aufstellung derselben von Seh. nicht be-
hauptet (indog. chrestom., nachtrag zum Cp. s. 9). Selbst
Leo Meyer, der die vergleichende Sprachwissenschaft für
eine „vor allem historische Wissenschaft" hält (vgl. gramm.
d. griech. und lat. spr. I, 4), stellt mitunter eine „gemein-
same grundform" z. b. agram für agrum, äygov und ä£ram
auf, welche einer Sch.'schen so ähnlich sieht, wie ein ei
dem andern. 2) Seh. will nach Cp. 8. 8, anm. dem vor-
würfe „Sanskritist" begegnen und sagt anderswo (vgl. Dm.
s. 9): „Man vergleicht nicht die einzelnen sprachen mit
dem sanskrit oder zend, sondern man sucht mit hilfe aller
indogermanischen sprachen das ursprüngliche zu ermitteln
und dessen Veränderung und Weiterbildung in den einzelnen
gebieten des indogermanischen zu verfolgen". Man konnte
346 Burda
dies anwendung des grundsatzes der entwickelung auf die
sprachen oder genetische erklärung ihrer erscheinungen
nennen. In einem briefe an meine Wenigkeit aufseile 6ich
Seh., er halte „mehr auf die erforschuog der laut- und
bildnng8gesetze der sprachen B als auf die etymologie.
Demnach lehrt er z. b., dafs wxirg nicht aus dem skr. äcüs
entstanden ist, sondern jedes wort nach den eigentümlichen
lautgesetzen seiner spräche sich selbständig entwickelt hat.
Durch die grundform äkus will er dem lernenden eben nur
anschaulich machen, dafs <oxvg nicht das kind von äcüs,
sondern dafs beide Wörter brüder und kinder eines seligen
dritten Wortes sind. „Wir nennen sprachen verwandt, sagt
Leo Meyer (a. a. o. I, 4), die, wenn auch noch so weit
auseinander gegangen und noch so verschieden entwickelt,
doch in einer früheren zeit einmal noch nicht getrennt
waren, sondern eine ursprüngliche einheit bildeten". Nun
sind die Wörter äcus und wxvg verwandt, wie will man
denn also die ursprüngliche einheit beider anders und ein-
facher als durch eine grandform äkus herstellen? 3) Ein
dritter grund findet sich in der indog. chrestom., nachtrag
zu Cp. s. 9, wo es heifst: „Erst dann, wenn formen ver-
schiedener lautstufen auf eine und dieselbe lautstufe gebracht
sind, lassen sie sich mit einander vergleichen tf. Diese worte
Sch.'s erinnern einigermafsen an brüche von ungleichem
nenner, die vor der vergleicbung hinsichtlich der gröfse
erst gleichnamig gemacht werden müssen. So ist denn
z. b. die form pätis der gemeinschaftliche nenner für noaig,
got. -faths u. s. w. 4) Daraus ergibt sich ein vierter prak-
tischer grund, welcher im vorigen schon enthalten ist. Oft
sind verwandte Wörter aus verschiedenen sprachen durch
den einflufs der lautgesetze wie mit einem schleier verhüllt,
so dafs ihre identität dadurch verborgen bleibt. Wer nun
entfernt verwandte sprachen mit einander vergleichen will,
der wird immerhin gut thun, sich die grundformen wenig-
stens in gedanken zu construiren, im falle er empfind-
lichen eeelen kein ärgernis geben will. Ich setze ein bei-
spiel her. In dem von Nesselmann veröffentlichten alt-
anzeigen. 347
preußischen vocabular kommt s. 14, n. 367 das wort ansis
(haken) vor, welches der herausgeber mit dem altlit. ansa
(handhabe, henkel) zusammenstellt. Weil jedoch geschlecht
und bedeutung beider worter nicht gut übereinstimmen, so
bildete ich mir die beiden bei ansis möglichen monstra
horrenda von grundformen, nämlich *ansas und *ankas.
Sofort kam die ähnlichkeit von *ankas mit dem gr. dyx-
-ikog und öyxog nebst dem lat. uncus zum Vorschein.
Lautliche form, geschlecht und bedeutung der Wörter ansis
(haken), oyxog (krümmung, haken) und uncus (dass.) liefsen
nun nichts zu wünschen übrig. Weil man ferner nach den
lautgesetzen im litauischen sz zu erwarten hat, so gehört
das wort väszas (haken, Nesselmann, lit. wb. 8. 55) hieher,
und dies um so mehr, als Nesselmann a. a. o. aus einer
verläfslichen quelle auch die formen wanszas und waszas
anführt. Dieses litauische wort ist dann in einer andern
beziehung merkwürdig, als es nämlich beweist, dafs in
dieser spräche einem anlautenden a der consonant v vor-
geschlagen werden kann. Dadurch wird aber auch der
Zusammenhang des lit. venas mit dem altpr. ains (selbst
erains = alvens, lit. wb. s. 5) viel wahrscheinlicher, wie-
wohl anlautendes e sonst ein j erhält (jeszköti u. s. w.).
Wer also die bis jetzt angeführten gründe, welche im Cp.
und in den nachtragen bei der indog. chrestom. entweder
ausgesprochen sind oder sich von selbst daraus ergeben,
genau erwägt, der wird hoffentlich beistimmen, dafs der
Vorwurf einer „geist- und rücksichtslosen nachahmung"
doch zu stark ist. Wenn die grundformen Sch.'s meist
auch nur pure abstractionen sind, so haben sie doch immer
noch das gute sprechbar zu sein. So oft aber H. z. b.
sagt, der stamm von beru = altsl. bera. sei ber, stellt er
ebenfalls eine rein abstrahirte form auf, indem ja ber als
wort nirgends vorkommt, es sei denn, dafs die endung ab-
fallen wäre. Auf was für monstra horrenda indessen nicht
nur Seh., wie man nach H. doch annehmen sollte, sondern
auch dieser selbst mit seinen abstractionen kommen kann,
beweist z. b. die Sr., s. 273 und 297, wo er unter anderen
348 Burda
folgende lautgebilde allen ernstes als stamme aufzählt: cn,
tn, zn, jm, mo, dm, zdm, rv, rv, zv, zv, ätv, lh, 88, cp.
Diese quintessenz der Sr. ist eine nnüberlegte nachahmung
eines Miklosich'sehen oder Curtius'schen Verfahrens, wel-
ches wohl im altslovenischen und griechischen, nicht aber
im böhmischen angewendet werden kann. Denn jeder, der
solche stamme, wie jm, dm u. dgl. vorlesen sollte, wird
ihnen sicherlich das lob ertheilen, dafs sie nicht nur ab-
strahirt, sondern auch „unaussprechlich" sind, wenn er sie
am ende nicht gar für eine art semitischer wurzeln halten
wird. Endlich glaube ich, dafs Seh. selbst nahe daran
war, wenigstens einen theil seiner grundformen zu opfern«
Denn so würde sich am natürlichsten auslegen lassen, was
er in der vorrede zu den nachtragen bei der indog. chre-
stom. erwähnt: „Beim drucke einer etwa nöthig werdenden
3. aufläge soll durch zweckmäfsige abkürzungen dafür ge-
sorgt werden, dafs trotz der nöthigen zusätze umfang und
preis des buches nicht wachse". Diese vermuthung bleibt
allerdings nur vermuthung, sie hat aber das gute, dafs sie
nach einem bekannten Spruche von dem todten immer das
bessere voraussetzt. Bei H. hingegen mufs man bisweilen
annehmen, er halte es beinahe für unmöglich, dafs zwei
menschen einen und denselben gedanken haben. Denn nur
so wird man die stelle auf s. 73 der ß. vollständig begrei-
fen: „Nach meiner unmafsgeblichen ansieht verhält es sich
mit dieser entschuldigung der glottik um vieles ärger als
mit der Curtius'schen. Denn es ist ja z. b. beinahe hand-
greiflich, dafs ihr kern sogar als plagiat gebranndmarkt
werden mufs, da er der Curtius'schen unter den dazu not-
wendigen und vorhandenen bedingungen entnommen ist".
Joh. Schmidt hätte also ein plagiat begangen und Curtius
am ende nicht? Wenn nämlich jemand schon auf die jagd
nach plagiaten auszieht, der kann sich ja mit leichter mühe
das vergnügen verschaffen, auch die entschuldigung von Cur-
tius (R. s. 72, anm. 1) als „plagiat zu brandmarken". Im
j. 1860 gab Kvet, von dem H. in Dm. s. 19 selbst sagt:
„qui ex auditore amicissimus mihi e vaserat optimeque me
anzeigen. 349
de se sperare jusserat hoc praesertim opusculo: Staroceskä
mluvnice", die eben genannte altböhmische grammatik her-
aus, welche nur die laut- und flexionslehre, mithin noch
weniger als das Cp., enthält. Wie entschuldigt sich jedoch
Kvet, dafs er gar keine syntax bietet? »Vor allem", sagt er,
„mufs ich mich entschuldigen, dafs ich, obwohl es der titel
des werkchens erheischt, die altböhmische syntax mit still-
schweigen übergangen habe. Der grund, warum ich diesen
fehler begangen, ist hauptsächlich der, dafs es in unserer
zeit, wo die böhmische syntax überhaupt wissenschaftlichen
werth sich erst zu erringen beginnt, einerseits weder gera-
then noch zeitgemäfs wäre schon jetzt mit jenem erfolge
auf die altböhmische syntax einzugehen, den jeder leitfaden
der schule sichern soll, andererseits dafs es der studirenden
jugend hauptsächlich und vor allem darum zu thun ist, die
altböhmischen formen gehörig kennen zu lernen und zu
würdigen". Wer nun den passus von Curtius: „Für eine
durchgreifende neugestaltung der griechischen syntax fehlen
noch die wissenschaftlichen vorarbeiten" mit jenem von
Kvet: „Die böhmische syntax überhaupt beginnt erst wis-
senschaftlichen werth sich zu erringen" vergleicht, der mufs
doch einsehen, dafs beide sätze an ihrer stelle das nämliche
sagen. Daraus folgt jedoch, dafs der kern der Curtius'schen
entschuldigung eigentlich schon ein plagiat aus Kvet wäre.
Ist die schlufsfolgerung etwa nicht richtig? Denn ob Cur-
tius denselben nun wirklich von Kvet hat, darnach braucht
H. doch nicht zu fragen. Kvet's altböhmische grammatik
erschien ja in erster aufläge zu Prag im j. 1860, die er-
läuterungen von Curtius hingegen erst 1863, allein schon
Cicero wufste: „quidquid antecedat quamque rem, id co-
haerere cum re necessario (Dm. 8. 43)!" Hält man ferner
die worte von Joh. Schmidt: „Es wäre verfrüht jetzt, wo
an der rein formellen seite der spräche noch so vieles
dunkel ist, schon auf die syntax einzugehen" zu dem letz-
ten theile der stelle, welche ich oben aus der vorrede von
Kv£t übersetzt habe, so sollte man nach H.'s vorgange
darin ebenfalls ein plagiat erblicken. Woher hat endlich
350 Burda
Sch» selbst die anm. 2 im Cp. s. 2, welche er als ent-
schuldigung vorbringt? „Die function und den satzbau des
indogermanischen sind wir zur zeit noch aufser stände in
der art wissenschaftlich zu behandeln, wie wir es bei den
mehr äufserlichen und leichter erfafsbaren seiten der
spräche, den lauten und formen, vermögen". Das will doch
sagen, die syntax des indogermanischen fange erst an wis-
senschaftlich behandelt zu werden; ist es also auch ein
plagiat aus Kvet? Auf diese weise gäbe es, wie man sieht,
der plagiate nach dem begriffe H.'s gar kein ende. Dazu
geht seine Opposition gegen Sch. an anderen stellen bis in's
kleinliche. Man lese z. b. die s. 84, anm. 221 in Dm.:
„Litvani autem teste Miklosichio (dicunt) vaskas, pro quo
apud Sch. constanter reperies vaszkas — num jure an se-
cu8, alii et in his ii, qui de vocabuli ejus dem origine dis-
ceptaturi sunt, viderint*. Um aus diesem zweifei wegen s
oder sz herauszukommen, möge H. das litauische wörter-
blich von Nesselmann, dessen objectivität er in der R. s. 4
selbst lobt, nachschlagen, wo er auf s. 55 vorläufig nur
wäszkas finden wird. Wenn er jedoch voskü durch meta-
thesis aus *voksü neben dem deutschen wachs erklärt, so
nimmt er doch wohl an, das slavisch- litauische wort sei
aus dem deutschen entlehnt. Es Hefse sich aber auch
väsz-kas und vos-kü abtheilen und lit. sz neben altslov. s
einem deutschen chs (vgl. achse, lit. aszis, sl. osi) gleich-
setzen, so dafs kas, kü das suffix wäre. Was aber die
note 257 in Dm. s. 96 betrifft, die da mit den worten en-
det: „Me insuper consolatur spes, quod valde suspicor
fore, ut quidam eorum assentiantur mihi exclamanti: vae
rarissimo illi vocabulo, si in eruditas Sch. manus incide-
rit!" die ist nicht, wie A. Leskien sagt, höchst unanstän-
dig, sondern sie ist ganz einfach lächerlich. Glaubt denn
H. in der that, dafs Sch. nicht schon von weitem gerochen
hätte, welcher slovakismus in der form matera stecke? Er
hätte es ja aus der von ihm recensirten Sr. s. 182 und 190
erfahren können, wo H. die slovakischen Wörter l'udia =
altsl. ljudije (leute) und znamenia = altsl. znamenije (neutr.
anzeigen. 351
nom. 8g. zeichen) anführt. Und wie erklärt H. den vocal a
im slovakischen gen. und acc. 8g. teba und seba (Sr. s. 232),
der doch formell dem altslov. tebe, sebe so genau entspricht,
wie matera dem altsl. matere? Wenn Seh. weiter im Cp.
s. 344 eine wurzel i oder u aufstellt, so ist eine solche
ansieht nach R s. 36 nur „köhlerglaube" ! Jene stelle kann
jedoch im Cp. keinen anderen als folgenden sinn haben:
Mit den mittein, welche uns die heutige Sprachwissenschaft
an die hand gibt, lassen sich aus gewissen Wörtern nur die
vocale i und u als wurzeln herauslösen. Wie man z. b.
für vedmi eine wurzel vid annimmt, so kommt man in emi
nur auf eine wurzel i. Dafs H. für das altsl. i.ti die wur-
zel in der form ji ansetzt (R. 8. 75), reicht eben nur für
das altsloveniscbe aus; denn was soll man bei lit. eimi, gr.
eifu und skr. emi annehmen, und wie verhält sich iti zu
lit. eiti? Doch alle diese bemerkungen werden hier nur ge-
macht, um vorerst zu zeigen, dafs H.'s Opposition, wie ich
früher bemerkt habe, zuweilen bis in's kleinliche geht.
Damit wird man sich auch erklären können, dafs er, der
nach seinen eigenen worten für die syntax erglüht (R. s. 60),
in bezug auf diese natürlich keine entschul digung gelten
lassen will, auch wenn sie noch so begründet wäre. Seh.
hatte ja im Cp. die vergleichende syntax aller oder doch
der meisten darin behandelten sprachen zu bieten und
wufste nur zu gut, dafs selbst die beste casustheorie noch
keine syntax ist (R. s. 56 — 61 und 72, anm. 2), so dafs
die Schwierigkeiten, denen er gegenüberstand, unendlich
gröfser waren als bei Kvet. Denn dieser, der in der oben
berührten vorrede bekennt, dafs H. ihm bei der ausarbei-
tung der altböhmischen grammatik „mit freundschaftlichem
rathea beigestanden habe, konnte sich an jener syntax,
welche den ersten theil der Sr. bildet (R. 8. 30, anm. 1),
V
ein muster nehmen, hatte ferner Safafik's demente der alt-
böhmischen grammatik (§. 89 — 100) vor sich und konnte
auch seinen lehrer H. um rath fragen. Wenn er aber die
altböhmische syntax dennoch mit stillschweigen überging
und wenn EL in Dm. s. 19 dennoch über Kvöt sagt: „qui
352 Burda
optime tue de se sperare jusserat hoc praesertim
opusculo: Staroceska mluvnice", so mufs man sich doch
fragen: 1) heifst das nicht sich selbst loben, wenn man
das buch seines schülers lobt, dem man bei der ausarbei-
tung geholfen hat, und 2) heifst das nicht bei Kvet ein
äuge zudrücken, wenn man ihn hoffnungsvoll nennt, blofs
weil er die consonanten so behandelt wie H., oblgleich seih
buch weder eine wortbildungslehre noch eine syntax ent-
hält, für welche sein lehrer doch erglüht? Dafür wird aber
A. Leskien ein „ausbund jedweder Parteilichkeit" genannt
(R. 8. 39), Joh. Schmidt gleichviel, ob mit recht oder un-
recht, eine.s plagiates beschuldigt, Sch.'s namen wird da-
gegen öfter mit dem worte syntax in eine solche Verbin-
dung gebracht, als wäre derselbe in syntaktischen dingen
ein wahrer idiot gewesen (vergl. Dm. s. 9, anm. 23; dann
R. 8. 69, 54, 18)! Endlich liest man auf s. 70 der R. sogar
das urtheil, welches H. über die griechische syntax von
Curtius und die litauische von Seh. fällt: „Wer den trüben
eindruck nicht scheut, den die Wahrnehmung verursacht,
dafs an zwei männern wie 6. Curtius und A. Seh. die ent-
wickelung der Sprachwissenschaft von 1816 bis heute ihrem
wesen nach spurlos vorüber gehen konnte, der werfe in
ihre syntaxen einen blick". Nun, meine Wenigkeit hat
einen trüben eindruck nicht gescheut und die syntax in
der griechischen schulgrammatik von Curtius mit jener in
der Sr. verglichen. Das ergebnis dieser vergleichung war
aber, dafs sich Curtius vor H. nicht zu schämen braucht.
Zu den „kleinigkeiten", welche man in der Sr. vermifst,
gehört z. b. der gebrauch des numerus (siehe unten bei
xrigsa), der gebrauch der präpositionen, die sehr stiefmüt-
terlich abgefertigt werden, obwol sie bei den idiotismen
(R. 8. 10) eine grofse rolle spielen, der gebrauch der tem-
pora und modi, vor allem jedoch der gebrauch der verba
perfectiva, durativa und iterativa, welcher theil für die
böhmische syntax so wichtig ist, dafs man einem jeden
böhmischen syntaktiker: hie Rhodus! zurufen kann. Denn
die bedeutung der beiden momente des böhmischen zeit-
anzeigen. 353
Wortes, welche Curtius mit den worten „zeitstufe und
zeitart" nur andeutet, ist bis jetzt immer noch zu wenig
beachtet oder besser gesagt fast ganz vernachlässigt wor-
den, obwol sie nicht nur für das böhmische, sondern für
das slavische überhaupt höchst charakteristisch ist. Denn
„id quemque maxime decet, quod est cujusque maxime
suum" (Dm. s. 13, anm. 28), und ist die ausbildung der
„zeitart" nach dem aussterben der einfachen form für das
futurum (wie lit. büeiu) und in einigen slavischen sprachen
auch nach dem Verluste des aoristes für die syntax wichtig.
Der glottiker Curtius siebt ferner z. b. nicht allein auf die
form, sondern auch auf die bedeutung der Zusammensetzung,
was der syntaktiker H. nicht thut, obwol er sich mehr um
die geistige seite der spräche kümmert. Sogar in der
wortbildungslehre, so skizzenhaft dieser theil in Curtius9
schulgrammatik bearbeitet werden mufste, steht H. gegen
Curtius darin zurück, dafs er auf die bedeutung, welche
die durch Vereinigung des Suffixes mit der wurzel oder mit
einem stamme entstandenen Wörter haben, weniger gewicht
legt als der glottiker Curtius. Oder soll der schüler etwa
nicht erfahren, welche bedeutung z. b. das dem altslov.
bogatistvije entsprechende böhmische wort bobatstvi hat?
Von der syntax in der Sr. kann man dagegen überhaupt
sagen, dafs sie mehr eine allgemeine als eine böhmische
syntax ist. Kvet, der die biographie H.'s (s. Nauänjf slo-
vnik, th. III, s. 667) geschrieben hatte, nahm sie später
noch in schütz, indem er sagte: „Dafs die syntax als die
erste arbeit dieser art nicht ohne mängel ist, versteht sich
von selbst. Mit so vielen und solchen ist sie aber kaum
behaftet, als Franta Öumavsk^ daran zu rügen fand".
Demnach war es noch nicht genug, dafs schon H. dieselbe
früher mit einer „kaustischen" feder (R. s. 30) vertheidigt
hatte, wiewol er selbst gesteht (vorrede zur Sr. XVII), dafs
er die böhmische syntax zum theil auf einen leisten schlug,
den andere für die lateinische oder deutsche gemacht ha*
ben. Soll aber die syntax einer spräche nicht einen eige-
nen leisten haben, damit gerade dasjenige, was ihr am
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 8. 23
354 Bords
meisten eigentümlich ist, dadurch auch am besten hervor-
treten könne? Jene „kaustische feder" wurde von Öembera
(zeitschr. d. böhm. museums, 1858, s. 618) so bezeichnet:
„In H.'s Schriften beleidigt es jeden nicht wenig, dafs er
sich fortwährend über andere erhebt, als hätte er allein die
ganze slavische Sprachwissenschaft gepachtet ", obgleich
derselbe die Verdienste H.'s sehr gut zu schätzen weife.
Auch meine Wenigkeit stimmt z. b. H. bei, wenn er die
genitive vlüka und iga den skr. ablativen vfkät und jug&t
gleichsetzt, doch nicht aus syntaktischen, sondern nur aus
lautlichen gründen. Was nämlich den gebrauch anbelangt,
so stimmt z. b. der griechische genitiv mit dem slavischen
merkwürdig überein, und ist dennoch genitiv vom reinsten
wasser. Geht ferner jemand von dem falle aus, dafs die
casus Vejis und Athenis auch locativ gebraucht werden,
so könnte er sich bewogen fühlen jene formen lieber gleich
für plurale locative zu erklären. Ob Leo Meyer, der z. b.
die form equis der griechischen tnnoig gleichsetzt (vgl. gr.
I, 1 74), dies nun aus syntaktischen gründen thut, kann ich
nicht bestimmen, sondern nur angeben, auf welchem wege
meine Wenigkeit zu dieser ansieht gekommen ist. Als ich
im gymnasium hörte, dafs die form Romae, Corinthi auch
ein loc. sing, sei, so dachte ich, dafs es vielleicht auch einen
locativ pluralis geben könnte, und fand später die verglei-
chung von equis mit i'nnoig und &$vgäu in lautlicher hin-
sieht leichter als die mit äpvebhjas. Es genügt, wie zu
sehen, mitunter die geringfügigste Wahrnehmung, auf dafs
jemand, einmal aufmerksam gemacht, weiter gehen und
noch mehr entdecken könne. Dieser umstand hat noch
eine besondere Wichtigkeit, weil er zum Verständnisse der
worte H.'s auf s. 93 — 94 der R. nicht wenig beizutragen
vermag. Dort gesteht derselbe nämlich ganz aufrichtig:
„Ich hatte (Dm. 8. 43) den muth seinem meister (d. i. Seh.)
das siebente gebot gottes hinsichtlich meiner eigenen lehre
über den hiat freilich sehr kaustisch in's gedächtnis zu
rufen", f&r welche phrase das gewöhnliche leben einen ein-
facheren namen hat. Wo jedoch das siebente gebot in's
anzeigen. 355
spiel kommt, dort ist es wol auch angezeigt sich etwas
genauer umzusehen. An der genannten stelle (Dm. 8.43)
f&hrt H. zuerst aus Seh. 's aufsatz: „Das auslautgesetz des
altkirchenslavischen " folgende worte an: „Mit der aus*
schliefslichen Vorliebe des altbulgarischen für vocalischen
auslaut hängt, wie bereits von slavischen gelehrten ver-
muthet, seine Vorliebe f&r consonantischen anlaut zusammen ;
denn auch im inlaute zeigt diese spräche eine entschiedene
scheu vor dem hiatus u. s. w.". Daraus kann der gesunde
verstand doch nur zweierlei entnehmen, 1) dafs Seh. nicht
der einzige zu sein vorgibt, welcher zu dieser ansieht sich
bekennt, und 2) dafs slavische gelehrte bereits dasselbe
vermuthet haben. Ob so etwas schon den namen plagiat
verdient oder nicht, kann man vielleicht benrtheilen, wenn
man jene ansieht z. b. mit einem bilde vergleicht. Wenn
nämlich Seh. sein bild vorzeigt und die bemerkung macht,
dafs bereits slavische maier auch ein solches gemalt haben,
ist nun einer von diesen malern berechtigt gleich mit dem
zaunpfahle des siebenten gebotes über Seh. herzufallen,
weil er jene meister nicht namentlich anführt (vergl. Dm.
s. 43 mit B. s. 94)? Diese worte scheinen im ersten äugen-
blicke vielleicht derb zu sein, doch erwäge man, was gleich
folgt. Jener von H. berührte aufsatz Sch.'s erschien auf
keinen fall vor dem jähre 1858, allein schon 2 jähre zuvor,
d. i. 1856, gab Seh. seine litauische grammatik heraus,
woselbst s. 66 zu lesen ist: „In manchen gegenden liebt
man beim zusammentreffen eng zusammengehöriger worte,
von denen das erste auf einen vocal auslautet und das.
zweite mit einem vocal anlautet, letzterem ein j vorzuschla-
gen, z. b. sükasi m% jänt (für änt) szirdes; päs t&v£li j&u-
gau (für &ugau). Ja man setzt vor jeden anlautenden vo-
cal j, z. b. jö ke[ dar^sit jisz m&no szakü (für ö, ißz). In
niederlitauischen drucken findet sich j innerhalb des Wortes,
z. b. jyms, d. i. Jims fbr ims; nujyms, d. i. nujims für
nulms) ; diese ausspräche hört man auch im hochlitauischen
häufig". Damit verbinde man noch, was aufs. 55 und 341.
steht: „Anlautendem, aus i gesteigertem fc wird j vorge-
23*
356 Burda
setzt (pra-jörkä, j£szk6ti, jeszmas); dagegen lautet das aus
a entstandene 6 ohne j an: ö'ris, vgl. äg-vog, e'dmi, wurzel
ad. — Nach Kurschat (beitrage II, p. 16) soll dies vorge-
setzte j nur nach vorausgehendem vocale hörbar sein, eine
ausspräche, die gewifs nur dialectisch ist; ich habe dieses
j stets bei diesen Worten vernommen. Vor hartem e kommt
ein vorgesetztes j vor in ap-jekti (erblinden), vgl. ak-las
(blind); im zem. scheint dies häufiger vorzukommen, z. b.
jesti für bochlit. 6'sti, wurzel ad, vgl. §. 22*. Durch diesen
zusatz: vgl. §. 22, weist aber Seh. wiederum gerade auf
das, was ich schon von der s. 66 citirt habe. Erwägt man
daher alles genau, so wird man mit fug und recht folgende
Schlüsse ziehen können. 1) Die Wahrnehmung, dafs „beim
zusammentreffen eng zusammengehöriger worte, von denen
das erste auf einen vocal auslautet und das zweite mit
einem vocale anlautet, letzterem ein j vorgeschlagen" werde,
hatte Seh. dort gemacht, wo ihn H. keines plagiates be-
schuldigen darf. 2) Seh. hatte sie aber auch früher ge-
macht, ehe er den betreffenden aufsatz über das auslaut-
gesetz des altslovenischen geschrieben haben konnte.
3) Wenn Seh., dessen obren überdies glaubwürdige zeugen
waren, also wufste, dafs und wo im litauischen ein j vor-
geschlagen werde, so blieb er sich nur consequent, als er
den Vorschlag eines j im altslovenischen ebenso erklärte. Wer
aber mit Columbus ein ei auf die spitze stellt, der kann
doch auch zwei und mehrere so aufrichten, d. h. sich auch
den Vorschlag von v so auslegen. Nehmen wir somit an,
Seh. hätte sich etwa so ausgedrückt: Mit der ausschliefst
liehen Vorliebe des altbulgarischen für vocalischen auslaut
hängt seine Vorliebe für consonantischen anlaut zusammen,
zu welcher ansieht ich durch gewisse erscheinungen in den
dialecten des nah verwandten litauischen (s. lit. gramm.
s. 66, z. 1 — 13 v. o.) gekommen bin; wäre H. im stände
auch nur das geringste dagegen einzuwenden? Also gerade
durch die ausdrückliche bemerkung: „wie bereits von sla-
vischen gelehrten vermuthet", leistet Seh. mindestens so
viel, wenn nicht mehr als z. b. Miklosich, der im lex. pa-
anzeigen. 3.57
laeosl. unter vütoryj sich auf die worte beschränkt: „Nos
olim cum Dobrovio de dva cogitabamus , coraparantes gr.
öevvsQog". Diese besagen jedoch nach meiner ansieht nicht
mehr, als a) dafs Miklosich und Dobrovsk^ vütoryj mit
Öevveoog verglichen haben, und b) dafs jener nicht der erste
war, welcher es mit äntaras zusammenstellte. Wo ist,
dürfte man fragen, eine wenn auch noch so leise andeutung
der quelle, die das fragliche wort zuerst mit äntaras ver-
glichen hatte? Und wie reimt sich demnach diese lichtseite
H.'s gegen Miklosich mit seiner Schattenseite gegen Seh.
im bezug auf die lehre vom hiatus? Der beweis, dafs Seh.
die vergleichung von vütoryj mit äntaras nur aus der Zeit-
schrift des böhmischen museums, 1852, II, 176 kennen
gelernt hatte, den H. in Dm. s. 54 zu liefern versuchte,
ist noch nicht unumstöfslich (R. s. 94), obwol er sich durch
seine fassung ebenfalls wie ein wink mit dem zaunpfahle
des siebenten gebotes ausnimmt. Damit jedoch der ge-
nannte beweis wirklich unumstöfslich wäre, dazu sind nach
meiner unmafsgeblichen meinung noch zwei stücke erfor-
derlich: 1) der beweis, dafs Seh. die abschwächung von
an, am zu ü an keinem anderen worte wahrnehmen konnte
als an vütorü und vü, namentlich dafs er das böhmische
outery (dienstag, eig. der zweite) nicht kannte, weil dieses
sich nicht aus dem altslovenischen vütoryj erklärt, sondern
ein *J|toryj oder schon *utoryj voraussetzt, und 2) dafs er
zu gleicher zeit nicht wufste, einem anlautenden ü werde
v vorgeschlagen oder u könne auch in vü übergehen.
Einen dritten interessanten umstand bietet H. selbst in der
Sr., wo in der anmerkung auf s. 249 auch keine quelle
genannt worden ist. So viel kann man jedoch gleich sagen,
dafs die consequente Verfolgung dieses von H. gegen Seh.
eingeschlagenen weges nur zu einer förmlichen jagd nach
plagiaten führen mufs, wie es denn z. b. auch schon mode
geworden zu sein scheint seinem gegner das compliment
zu machen, er sei um ein halbes Jahrhundert zurück, weil
nicht blofs Seh. (s. d. beitr. IV, 120) und Curtius (s. vor-
rede z. 8. aufl. d. griech. scbulgramm. V), sondern auch H.
358 Bord»
selbst es macht. Wenn er auch diese mode nicht aufge-
bracht hat, so kann man doch sagen: quod qnidem in-
ventum amicus ejusmodi rebus H. avide arripuit (beweis
R. s. 18, 19, 32, 56), Des beispieles halber will ich noch
drei etymologien hersetzen, um dann zu zeigen, was sich
daran knöpfen liefse. a) Die lesart saninsle (gürtel) des
altpreufsischen vocabulars n. 485 möchte ich in san-iusle
umändern; denn san gehört zum lit. san, s^, su z. b. in
san-dora, sq-dora neben su*der6ti, iusle stellt sich dagegen
zum lit. jü's-ti (gürten) sammt su-justi (umgürten, zugürten).
Daselbst wird z. b. noch pense (kiefer, n. 597) in peuse
umzuändern sein, damit sich die Verbindung mit lit. puszis,
gr. Ttavxi] und ahd. fiohta anbahnen liefse. b) Das lit. szfcr-
-mens (pl. tantum, das leichenbegängnis, bes. aber der lei-
chenschmaus) kann mit dem homerischen xvegsa (pl. feier-
liche leichenbestattung) verglichen werden, indem lit. sz =
gr. xr wie in taszjHi neben rixtiav, so dafs beide Wörter
nur im suffixe abweichen. Die bedeutung beider im Sin-
gular mag, nach dem skr. käarä (caducus, fragilis, mortalis)
zu urtheilen, wol nur: auflösung, tod gewesen sein, welche
durch den plural die obige raodification erhalten hat.
Aehnliches kommt ja öfter vor, z. b. lit. galvä (köpf), pl.
gälvos (köpfende des bettes); bötun. seno (heu), pl. sena
(zeit des heumachens); zito (roggen), pl. zita (roggenfelder)
u. s. w. Ich erwähne diesen fall nur deshalb, um auch zu
beweisen, dafs ich nicht ganz im unrechte war, als ich
oben sagte, die syntax von H. hätte es in der Sr. zu kei-
ner rechten lehre von der bedeutung und dem gebrauche
des numerus im böhmischen gebracht (wäre in dieser be-
ziehung also keine böhmische syntax), wozu doch selbst
die „mechanischen" (R. s. 56) von Curtius und Seh. anlauf
nehmen. Allerdings gehören einzelnheiten in das Wörter-
buch, allein gewisse modificationen in der bedeutung der
Wörter, welche sie im plural erleiden, hangen eben mit dem
wesen oder der bedeutung des plurals so innig zusammen,
dafs jede grammatik die pflicht hat sie wenigstens in all-
gemeinen zügen zu lehren. Was aber meine obigen ety-
anzeigen. 359
mologien betrifft, so weifs ich fttr jetzt nicht, ob die Däm-
lichen gedanken nicht auch schon in eines anderen men-
schen köpfe aufgestiegen sind; wer mich jedoch eines
plagiates beschuldigen wollte, der wäre genau so gerecht
wie meine Wenigkeit, wenn sie H. ein solches in nachfol-
gendem stücke vorwerfen würde. Man lese z. b. in der.
vergl. grammj von Leo Meyer zwei stellen, von denen die
erste (I, 200) lautet: „Dadurch aber, dafs hier der leichtere
laut (r, 1, n, m, v) nachfolgt, im ersten fall aber der Zisch-
laut vor den festeren laut (k, p, t) treten konnte, entstehen
nun auch Verbindungen dreier consonanten, deren festester
in der mitte steht. Auf diese weise erscheinen im anlaute
die consonantischen gruppen skr u. s. w.". Wie zu sehen,
verfährt Leo Meyer hier construetiv, was sich etwa so
▼eranschaulichen läfst: k -H r = kr, sk + r = skr. Die
zweite stelle (I, 201) sagt: „Oefters ist neben der dreifachen
consonanten Verbindung skr, die das lateinische mehrfach
aufweist, das griechische aber gar nicht mehr hat, im letz-
teren eine verstümmelte form beliebt geworden. So steht
das des Zischlautes beraubte ygdupeiv neben dem gleichbe-
deutenden 6crlbere u. 8. w.tf. Hier geht der Verfasser also
wiederum destruetiv vor, was mau etwa durch skr — 8 =
kr ausdrücken könnte. Denn dafs im griechischen hernach
YQ oder %q erscheint (vgl. auch yoiunTSG&cu, screare mit
lit. skreplei), ist jetzt nebensache, da es sich nur um das
prineip handelt. Nimmt man darauf H.'s abhandlung Dm.
zur band, so findet man dort auf s. 28, II die worte: „Nul-
lus horum acervorum (d. i. der dreigliedrigen) aliis conso-
nantibus ac liquidis r, 1 et spirante v terminatur. Nee ul-
lus eorum ita coroparatus est, ut abjeeta vel prima vel ul-
tima consonante a primi generis acervis discrepet. Ut uno
alterove exemplo utar, skr demto s prorsus congruit cum
acervo kr". Daraus kann man wol so viel entnehmen, dafs
H. im j. 1865 dort stand, wo Leo Meyer schon 1861 sich
befand. Wer dann hinzusetzte, dafs H. das werk Leo
Meyer's gelesen hatte (R. s. 80) und dafs „quidquid ante-
cedat qu^mque rem, id cum re cohaerere necessario", der
360
könnte leicht in die Versuchung kommen H.'s gesetz tob
den drei- und viergliedrigen consonantengruppen „als pla-
giat zu brandmarken". Hiemit ist man bei den consonan-
tengrnppen angelangt, die H. so sehr am herzen liegen.
Denn anknüpfend an einen satz der vorrede zur ersten
aufläge des Cp.'s, dafc dasselbe nämlich nur die sicheren
ergebnisse der Sprachforschung enthalten solle, änfisert sich
EL auf s. 80 — 81 der R. folgendermaßen: „Solcher art sind
meinem ermessen nach z. b. die znsammenstellnngen dar
sanskritischen consonantengrnppen von Benfey, Böhtlingk
und Pott, der altbulgarischen (anlautenden) von Böhtlingk,
der lettischen von Bielenstein, der lateinischen und grie-
chischen von Leo Meyer. Darin und in der dem seligen
sonst eigenen rficksichtslosigkeit liegt nun der eigentlichste
grund meiner erbitterung gegen denselben a. Wie rück-
sichtsvoll überhaupt EL sein kann, beweisen seine oben ci-
tirten worte hinlänglich, in denen so schön von den nord-
amerikanischen wäldern gesprochen und Heine bei den
haaren herbeigezogen wird. Allein das ist noch nicht ge-
nug, Seh. war auch ein „enfant terrible" (R. s. 30), wel-
cher titel ihm erst nach dem tode ertheilt wurde, während
Miklosich noch bei lebzeiten einen hieb mit dem ritter-
schwerte zu erhalten die ehre hatte (R. s. 92). Denkt man
zugleich an die kaustische erinnerung an das siebente ge-
bot, so mufs man die ausdrücke: „geist- und rücksichtslose
naebahmung", „unvergleichlicher bildner von Ursprachen
(R. s. 25) oder „quintessenz der phosphorescirenden glottik
(R. s. 46) noch für complimente halten. Wer aber böh-
misch versteht, der lese die schon erwähnte biographie H.'s
von dessen schüler Kv&t; er wird daraus nebenbei erfahren,
daf8 H. oder „die syntax" bei der „glottik" in die schule
gegangen war, dafs sie daher die aufgezählten ehrennamen
der glottik nur aus pietät noch in's grab nachruft. Neh-
men wir weiter an, ein zweiter gegner wäre gegen Seh*
erbittert, weil er im Cp. 8. 28, anm. 2 die beton uog nur
berührt, ein dritter aber, dafs er auf s. 348 die Zusammen-
setzung blofs erwähnt u. 8. w., so darf es gar als glück
anzeigen. 361
anzusehen sein, dafs Seh. gestorben ist; denn seine erbit-
terten gegner hätten ihn nicht allein um seine „literarische
reputation" gebracht, sondern ihm vielleicht noch etwas
ärgeres angethan. Doch um wieder auf die consonanten-
gruppen, den eigentlichsten grund der erbitterung, zurück-
zukommen, so weifs doch jedermann, dafs Seh. im Cp.,
wenn auch nicht alle, so doch diejenigen Veränderungen
der consonantengruppen berücksichtigte, welche für die
vergleichung der sprachen nach ihren lautlichen elementen
Wichtigkeit haben. Daher war ihm bei der vergleichung
von skr. $ru, gr. xkv und sl. slu vornehmlich daran gelegen
zu beweisen, dafs skr. 9 und sl. s hierin auf ein ursprüng-
liches k zurückgeht und dafs an der stelle eines skr. r in
anderen sprachen auch 1 erscheinen kann. Wenn aber 9
+ r, s -f- 1, x -+- X die consonantengruppen pr, sl, xX bilden,
so ergibt sich dieser und die meisten anderen fälle schon
aus den gesetzen der lautvertretung einfacher consonanten
von selbst. Oft ging ja die Veränderung der consonanten
gerade von den einfachen aus wie im deutschen, wo die
1 consonantengruppen st, sp, sk die lautverschiebung gehemmt
haben. Freilich entspricht dagegen z. b. gr. !;vg6-v dem
skr. käurä, die wurzel xtbv aber der skr. k£an, allein wo-
her dies kommt, erfährt man noch immer nicht, wenn man
auch noch so oft in Zusammenstellungen findet, dafs unter
den anlautenden consonantengruppen des altindischen kä,
des griechischen aber £ und xr vorkommen. Hier hilft
wohl nur das, was EL selbst aus einer vorrede Sch.'s citirt
(Dm. s. 9), d. h. man mufs versuchen „mit hilfe aller in-
dogermanischen sprachen das ursprüngliche zu ermitteln
und dessen Veränderung und Weiterbildung in den einzelnen
gebieten des indogermanischen zu verfolgen u. Geht man
nun von dieser ansieht aus, so mufs man alle consonanten-
gruppen zunächst in zwei abtheilungen unterbringen. Sie
sind nämlich 1) schon gegeben, sofern sie in den wurzeln
(pr in pru) und in den Suffixen (z. b. nt in bharant) vor-
kommen, oder 2) erst geworden, wenn sie der Wortbildung
oder anderen lautgesetzen ihre entstehung verdanken. So
362 Burda
lautet st in atrjvat, kati lind niavtg für das ohr ganz gleich,
hat aber iu jedem der drei fälle einen anderen Ursprung
und eine andere geltung. Obwol ferner die böhmischen
Wörter stfibro (silber) und strela (pfeil, geschofs) denselben
anlaut zeigen, so führt dennoch das erste auf altsl. srebro,
das zweite dagegen auf strela = ahd. sträla (pfeil, wäre
got. *strela) zurück. Es ist daher unumgänglich nothwen-
dig gleich bei der aufzählung oder Zusammenstellung von
consonantengruppen, z. b. der anlautenden, den lautgesetzen
die eingehendste berücksichtigung zu theil werden zu las-
sen. Denn wer ohne etymologie, ohne herbeiziehung ver-
wandter sprachen oder genetische erklärung nur die con-
sonantengruppen nach dem wörterbuche anführt wie Bielen-
stein (die lett. spr. §. 43) oder H. selbst (Dm. s. 27 — 28),
der entwirft ein blofses Inhaltsverzeichnis, zu dem das buch
erst gesucht werden niufs, oder er verfährt wie gewisse
geographen und Zoologen, welche die fauna eines landes
hinlänglich charakterisirt zu haben glauben, wenn sie zu-
sammenstellen, dafs darin z. b. 5 gattungen von raubthieren
in 9 arten u. s. w. angetroffen werden. Darunter sind aber
oft auch rein locale Varietäten oder so seltene species begrif-
fen, dafs sie blofs mitzählen, ohne die geringste Wichtigkeit
zu besitzen. Zu den localen Varietäten unter den conso-
nantengruppen gehören nun die altslovcnischen zr, ör, £1,
öl u. a. m. (Dm. s. 27, 1 , 2), und doch werden sie ohne alle
umstände den uralten wurzelhaften kr, pr u. 8. w. gleich-
gesetzt! Welchen werth überhaupt gruppen haben können,
die einem in seiner etymologie und Orthographie so unsi-
cheren worte entnommen sind, als es cvanü, cfvanü, ce-
vanü, cbanü, öibanü und zbanict ist, kann jeder leicht ent-
scheiden. Auch hängt das charakteristische einer spräche
nicht von sämmtlichen consonantengruppen, sondern von
dem häufigen vorkommen einiger ab. So erweist sich denn
unter den in Dm. s. 27, 5 angeführten 6 gruppen nur eine
einzige, nämlich sm, als ganz sicher, indem sie auch an-
deren sprachen zukommt; die übrigen erscheinen entweder
als etymologisch unklar (zm in zmij, dessen z auch aus 8
anzeigen. 363
entstanden sein kann, vergl. smokti), oder als bloise unica
(am, 2m), oder endlich sie sind nur durch Verflüchtigung
und Vernachlässigung der vocale i, ü zusammengerathen,
z. b. km in kmeti = lit. kümetys ; cbmeli, da schon andere
das wort mit humulus verglichen haben. Dagegen haben
wieder bd und gd in bdula, gdunije mit dem slavischen
nichts zu schaffen, weil sie eben fremd sind. Oder gehört
es etwa noth wendiger weise zur Charakteristik der fauna
Europa's, dafs z. b. der kanarienvogel bei uns ein gelbes
kleid trägt? Das lautgesetz der metathesis wird weder bei
der aufzählung der zweigliedrigen noch der dreigliedrigen
gruppen berücksichtigt, sondern gelegenheitlich erst s. 85
erwähnt, obwol viele derselben gerade darauf beruhen, z. b.
tl in tlaka = lit. talkä, vi in vladq = got. valda u. 8. w.
Warum sprachen die Altslovenen wol tlüstü, dlügü, aber
plelü (aus *plet-lü), Silo (aus *sidlo) und jasli (aus *jad-li)?
Es ist doch kein wunder, dafs z. b. smr — r zu sm werden
mufs, weil smr ja erst durch zusammenrücken der früher
getrennten theile sm und r entstanden ist, z. b. smrudeti
= lit. smirde'ti u. s. w. Wie hingegen z. b. aus splj ein
plj (aus pj) entstehen kann, zeigt wieder lit. spiäuju = lett
spl'auju = altsl. pljujq. Ob nun aus solchen blofs statisti-
schen oder rein mechanischen Zusammenstellungen von
consonantengruppen , wie den von H. und Bielenstein, das
„ingenium" (Dm. 8. 23) einer spräche erkannt werden
kann, möge dahingestellt bleiben; wenn Scb. sie jedoch
für die zweite aufläge des Cp.'s nicht benutzt hatte, so
beweist dies nur, dafs sie für „eine vergleichende gram*
matik" nicht brauchbar sind. Böhtlingk selbst hat auf die
seinige (Dm. 8. 15) gewifs kein solches gewicht gelegt, da
er im j. 1862 auch nicht den geringsten anstand nahm zu
erklären (R. 8. 15 und 20), dafs Seh. „est ä )a hauteur de
la linguistique moderne et qu'il possede une connaissance
solide des langues indo-europeennes", worin der zweite satz
eine handgreifliche hinweisung auf das Cp. enthält. Wie
stimmt dagegen H.'s anmafsendes urtheil, Seh. sei in be-
zug auf die consonanten beinahe um ein halbes Jahrhundert
364 Buida
zurück (R. 8. 19), zu dem obigen von Böhtlingk, und wel-
ches von beiden ist wahr and hat mehr gewicht?
Was aber die inlautenden consonantengruppen anbe-
langt, so ist die berflbrung zwischen würzet- oder stamm-
auslaut einerseits und suffixanlaut andererseits die quelle
neuer consonanten Verbindungen, d. i. solcher, die nicht
schon ganz eigenthum der würzet oder des Suffixes sind
(z. b. tv in nagna-tvam oder tr in g£-tram). Die behand-
lung derselben mufs von gesichtspunkten ausgehen, welche
in H.'s abbandlung gar nicht zur spräche kommen. Wenn
nämlich die erste silbe eines Wortes mit zwei oder mehre-
ren consonanten anbebt, so läfst sich gar nicht daran zwei-
feln, dafs eine solche consonantengruppe z. b. £#* in %&eg
nicht allein graphisch, sondern auch phonetisch eine
gruppe bildet, d. h. dafs die zwei consonanten % -f- & nicht
blofs neben einander geschrieben stehen, sondern auch beim
aussprechen einer und derselben silbe angehören. Was die
zahl der inlautenden gruppen im altslovenischen betrifft, so
bemerkt zwar H. ausdrücklich (Dm. s. 29), dafs sie jene
der anlautenden fiberwiegt; er hätte aber noch hinzusetzen
sollen, was z. b. Leo Meyer (vgl. gramm. I, 240) zu sagen
sich bewogen fand: „Jede innere consonantenverbindung
zerfällt gleichsam in zwei theile, deren erster an den vor-
ausgehenden vocal sich anlehnt, während der zweite sich
zu dem folgenden neigt". Betrachtet man z. b. die Wörter
£c?£g und navTiq, so findet man in beiden zwei consonanten,
%& und vt, neben einander, ohne dafs es richtig wäre diese
zweitheiligen Verbindungen nun auch der ausspräche nach
als solche anzusehen. Denn während in £t%g die zwei-
gliedrige consonantengruppe ganz in den bereich einer ein»
zigen silbe fällt, lehnt sich bei vr in jucii'Ttg der consonant
v an den vocal «, wogegen r sich zu i hinneigt. Bin
ganzer apfel und zwei halbe äpfel sind zwar gleich grofs,
allein ein halbirter apfel bildet nie mehr eine solche einheit,
wie sie der noch unversehrte dargestellt hatte, ja gerade
die Schnittflächen sind der ort, wo die faulnis beginnt. So
vergleiche man z. b. die lateinischen stamme mortuci- und
anzeigen. 365
menti- mit den altslo venischen mrutvü und mqii und pa-
-m§ti. Die darin vorkommenden consonanten Verbindungen
rt und nt lassen sich auf keinen fall im anlaute eine6 Wor-
tes oder einer silbe aussprechen; welches mittel ergriff also
die spräche in diesem falle? Als durch die anfügung der
suffixe tuo und ti an die wurzeln mor und men die con-
sonanten r, u von der einen und t von der anderen seite
zusammenfliefsen, erleichterte sich die spräche die mühe,
welche das aussprechen von r -+- 1 und n + t verursacht,
zunächst dadurch, dafs sie die graphische consonanten-
gruppe rt, nt phonetisch in zwei theile spaltete, d. h. jene
Wörter beim sprechen in die Silben mor-tu-o- und men-ti-
zerlegte. Dadurch geriethen nun die consonanten r und n
in eine Stellung, wo sie mit der zeit oft lästig und daher
gefährdet waren. Sie wurden a) zwar erhalten, aber an
einen andern ort versetzt, wo sie der spräche bequemer
waren (z. b. mru-tvü, xgaSia neben xagdia, spräätum neben
spärätum), oder b) an derselben stelle belassen, jedoch ge-
schwächt (pa-m§-ti für *pa-min-ti, skr. mä-si von der Wur-
zel man), oder endlich c) unterdrückt, was der höchste
grad von abschwächung ist (sar-tus für *sarc-tus). Die
folge des letzten umstandes war, dafs dann im anlaute der
folgenden silbe nur solche consonanten blieben, welche auch
im anlaute des Wortes stehen konnten. Zu einer verglei-
chenden behandlung der consonantengruppen des inlautes
ist auch die entscheidung einer anderen frage erforderlich,
ob nämlich ein und dasselbe wort in verschiedenen spra-
chen verschieden abgetheilt werden soll oder nicht, z. b.
ökr. v&ti und altsl. vgsti. Beide Wörter sind entstanden,
indem die personalendung ti an die gesteigerte wurzel vid
gefügt wurde, wobei der wurzelauslaut d sich dem suffix-
anlaute t so weit assimilirte, als er selbst in die tenuis
seines organes überging. Während aber das altindische
dabei bleibt und daher nur v^t-ti abtheilen kann, geht das
altriovenische einen schritt weiter und verwandelt in *vetti,
wie dieses wort wenigstens seiner ausspräche nach sicher
einmal gelautet haben mufste, das erste t in die spirans
366 BunU
desselben organes, so dafc nun vesti erscheint. Der Ober-
gang von t in s ist jedenfalls eine abschwäcbung, allein sie
kann sieb doch nur im grade von jener art unterscheiden,
wie das altslovenische z. b. ein doppeltes n vermieden hatte,
da es *po-min-n3 in po-m<*-n§ übergehen liefe. Soll man
daher vesti in ves-tl abtheilen, um mit dem skr. ve't-ti und
im principe mit po-m$-n$ übereinzustimmen, oder soll man
es in die Silben ve-sti zerlegen, weil st im anlaute altslo-
venischer Wörter vorkommt und somit auch im anlaute
einer silbe stehen kann?
Wenn man nach dem, was bis jetzt gesagt wurde,
H.'s aufzählung der inlautenden consonantenverbindungen
(Dm. 8. 29 — 32) durchliest, so kann man ihr getrost das
lob der Vollständigkeit ertheilen. Hiemit dürfte aber auch
alles gesagt sein, was sich gutes von ihr angeben läfst.
Denn sämmtliche vorwürfe, welche die Zusammenstellung
der anlautenden consonantengruppen treffen, lassen sich hier
wiederholen, weil altes und neues, fremdes und einheimi-
sches, seltenes und häufiges in bunter Ordnung neben ein-
ander auftritt. Dafs auch solche consonantenverbindungen
darunter genannt werden, welche oft nur an der naht von
Zusammensetzungen vorkommen (R. s. 67), trägt zu größe-
rer durchsichtigkeit gewifs nicht bei. Sonderbar genug
nimmt sich auch das suffix stvo (Dm. s. 31) aus, das eigent-
lich istvo lautet und worin i ein hilfsvocal sein soll, wäh-
rend der consonant s weder dem stamme noch dem Suffixe
tvo angehört, sondern seine existenz nur einer gewissen
Vorliebe der Altslovenen für stv verdankt, wie H. meint.
Allein wenn sich von den Suffixen istvo, iskü eigentlich nur
die letzten theile tvo (got. thiva-dv, skr. nagna-tv&m) und
kü (skr. sindhu-ka von sindhü) genau mit denen verwandter
sprachen vergleichen lassen, so sollte man wol glauben, man
müsse z. b. die Wörter Ijudistvo und ljudiskü vielmehr in
ljud-is-tvo und ljud-is-ku abtheilen und -Ts- für ein eigenes
suffix erklären. Es gibt neben ljub-is-tvo auch ljub-iz-nu
(wegen z vgl. glavisna und glavizna), dann ljubiza, angel-
sächsisch lyfesne, so dafs man wol hoffen kann, mit der
anzeigen. 367
zeit werde sich dieses vermittelnde suffix is oder iz noch
aus anderen bildungen herauslösen lassen. Auch Leo Meyer
(got. spr. s. 174) zerlegt das gotische iska in is-ka. Wäh-
rend is im gotischen noch auf is-ka beschränkt bleibt, ist
im slavischen Ts auch schon vor tvo eingedrungen, wo die
beiden suffixe is und tvo nunmehr als ein einfaches istvo
gefühlt werden, üeber ndr im zusammengesetzten worte
po-ndrSti bemerkt H. (Dm. s. 32), dafs man nur n weg-
nehmen könne, um die gebräuchliche gruppe dr zu erhalten;
allein jedes syllabirende kind dürfte die nämliche entdeckung
machen. Denn wie z. b. ävSpog neben dem homerischen
av&Qoq steht und beim sprechen in die Silben av-ÖQoq zer-
fällt, so kann auch pondreti phonetisch nur in pon-dre-ti
abgetheilt werden, woraus sich von selbst ergibt, dafs im
anlaute der zweiten silbe die gebräuchliche gruppe dr steht.
Obwol ein volles n am Schlüsse der ersten silbe vor d
eigentlich gegen ein lautgesetz verstöfst, so beweist dies
nichts gegen die richtigkeit der silbentheilung, sondern
zeigt nur, dafs pondreti schon eine^spätere bildung ist und
bei dergleichen principiellen fragen gar nicht in betracht
kommen soll. Darf man sich endlich Ober das gesetz
wundern, das H. aufstellt? „Darnach nehmen sich nämlich
die drei- und viergliedrigen gruppen als höchst regelmäfsige
erweiterungen der zweigliedrigen aus (R. s. 66)". Es ist
in der that so wahr wie folgende arithmetische sätze:
2-M = 3, l-h2 = 3, 1-1-3 = 4, 24-2 = 4; wenn aber
H. gesteht jenes gesetz im jähre 1854 noch nicht gekannt
zu haben, so gibt er damit zu, dafs er damals die lautge-
setze zu wenig berücksichtigte oder nicht genetisch vorging.
Diese entdeckung mufs jeder machen, wenn er auch nur
z. b. öetvrütü, welches die dreigliedrige gruppe tvr enthält,
mit dem lit. ketvlrtas vergleicht. Denn dafs dort, wo zu*
erst zwei consonanten waren, endlich drei beisammen stehen
werden , sobald bei einem platzwechsel noch einer hinzu-
kommt, ist so klar wie 2-4-1 = 3 oder 1 4- 1 = 2. Denn
auch die zweigliedrigen gruppen nehmen sich, um mit den
Worten H.'s zu reden, sehr oft als höchst regelmäfsige er-
368 Burda
Weiterungen einfacher consonanten aus, z. b. dlato = alt-
preufs. dalptan, so dafs man das Verhältnis aufstellen kann
tv : tvr = d : dl u. dergl. m. Noch deutlicher tritt ein
ähnliches Verhältnis in den lebenden slavischen sprachen
hervor, da z. b. im böhm. sto neben dem altsl. süto die
froher getrennten consonanten 8 und t erst nach Verflüch-
tigung von ü zusammengefallen sind. Allein darf man das
st von sto dem st in der wurzel sta (stehen) in jeder be*
ziehung gleichsetzen? Darf man auch tvP (streng genommen
tvlj!), welches nach abzug des consonanten s von ätvl' in
umruötvl'3 bleibt, schnell mit tvr in tvrudü oder cetvrutü
vergleichen (Dm. s. 32 und R. s. 65), obwol stvl' nur auf
tv-+-j, tvr hingegen auf tv-f-r zurckgeht, und der con-
sonant 1 noch dazu ein späterer euphonischer einschub ist?
Durch seine aufzählung der an- und inlautenden consonan-
tenverbindungen will H. freilich nur darthun, die letzteren
seien den ersteren „staunenswerth ähnlich u (R. s. 43); al-
lein wenn er dabei meist rein mechanisch verfahrt, so
dürfte man sich füglich wundern, dafs er dennoch solche
Schlüsse daraus ziehen kann, wie der satz auf 8. 23 und 44
in Dm. oder 8. 47 der R. ist. Zu empfehlen bleibt vor-
läufig a) das Studium der volksthümlichen und archaisti-
schen lateinischen spräche, die im auslaute staunenswerth
ähnliche erscheinungen darbietet, ohne im inlaute mit dem
altslovenischen übereinzustimmen; b) das Studium mancher
lautgesetze, nach denen lateinische worter zu französischen
geworden sind, als chäteau aus castellum (vergl. altsl. jato
neben jasto), maitre für maistre (vgl. utro im lex. palaeosl.),
und c) eine ausgedehnte herbeiziehung der verwandten
sprachen (trotz Dm. s. 7). Hätte es H. gethan, so wäre
nicht nur sein satz etwas anders ausgefallen, sondern er
hätte auch in andern dingen sein nrtheil über Seh. gemil-
dert. Dafs H. nämlich glaubt, Seh. hätte die Steigerung
eines y zu va ebenso verlernt wie die des i zu i (R. s. 34
und 76), ist nicht im ganzen zutreffend. Was nun die
Steigerung von y zu va betrifft, so möge man vorerst z. b.
s. 125 der Sr. aufschlagen, wo H. über y sagt, es werde
anzeigen. 369
ihm zum behofe der Steigerung a oder o vorgesehlagen,
wodurch die diphthonge ay, 07 entstehen. Wie dann die
Sprache in consonantisch geschlossenen wurzeln angeblich
damit verfuhr, wird an den beispielen kys-nouti (altsl. kys-
-n§ti) und slovakisch ätyri (böhm. ätyfi, altsl. cetyri) gezeigt,
und zwar in der weise: a) Vorschlag von a und o, daher
kays-iti, ätoyro; ß) Verwandlung von ay, oy in av, ov, also
kavs-iti, stovro; endlich y) metathesis zu va, vo, somit
kvas-iti, ätvoro (böhm. ötvero, altsl. öetvero und cetvoro).
In Dm. 8. 36 äufsert sich dagegen H., dafs es nicht darauf
ankomme, ob in der angesetzten form kaysü, woraus nach
seiner ansieht kvasü, das Stammwort von kvasiti, jedenfalls
entstanden, der vocal y schon vor oder erst nach der me-
tathesis in v verwandelt worden ist. Hier mufs nun vor
allem bemerkt werden, dafs y in öetyri gewöhnlich durch
Verkürzung eines ursprünglichen va erklärt wird, und ist
diese Verkürzung von va zu u = altsl. y analog der von
ra zu r, von ja zu i (Bopp vgl. gramm. I, 5). So gibt es
bekanntlich im altindischen eine wurzel vjadh mit dem
präsens vidhjämi neben den ableitungen vjädha und vgdha.
Durch die vergleichung der perfeetformen vivjädha, vivi-
dhüs mit den entsprechenden £ag&ma, gagmtis und suäväpa,
susupüs ergibt sich vjadh, svap als volle, vidh, sup dagegen
als verkürzte wurzel. Aehnlich gibt es neben tvar in tvarä
(eile) auch tür in türnam und tur in tütörmi. Ehe man
also, um wieder zum altslovenischen zurückzukehren, kys,
ohyt, kyp als wurzeln ansetzt und kvasü, chvatiti und
böhmisch kvap (= altsl. *kvapü) so davon ableitet, wie es
H. thut, sollte man sich durch vergleichung mit den ver-
wandten sprachen vorher wenigstens die volle gewifsheit
verschaffen, dafs z. b. kys jene wurzelform ist, von der man
unbedingt ausgehen mufs. Denn wie cetyri schon verkürzt
ist (altlit. noch kätveri, Nesselmann, lit. wb., 8. 198), so
könnte ja auch kys vereinfacht sein, und eine wenn auch
vielleicht nur seeundäre wurzel kvas ist der form nach
möglich (vgl. skr. $vas, abgesehen von der bedeutung, auf
die es hier nicht ankommt). Ferner dürfte das numerale
Beiträge z. vgl. sprach f. VI. 3. 24
370 Burda
vier am geeignetsten sein zu lehren, welche formen eine
derartige wnrzel aufweisen kann. Während nämlich reo-
aageg9 nenjon. ricotQtq^ quatuor, altlit. ketveri noch den
grundvocal in verschiedenen abstufungen haben, zeigen skr.
Katar-, äol. nicvot^ altsl. cetyri, lit. keturi, got. fidur- schon
eine verkürzte, skr. Katväras und got. fidvor hingegen eine
gesteigerte form. Das Verhältnis zwischen kysn^ti und
kvasu ist jenem zwischen fidnr- und fidvor, Katar- and
Katviras staanenswerth ähnlich. Ueberdies bleibt die mög-
lichkeit nicht ausgeschlossen, dafs der consonant 8 in kys
auch ein späteres element sein kann (vgl. skr. würze! bhl
neben wurzel bhjas und den bildnngen bhtimä, bblsajämi).
An der naht zwischen der primären wnrzel und einem
secnndärem Zuwachs s, t, p ist mancherlei möglich, was
sonst vielleicht nicht vorkommt. Der secondäre zusatz
eines p ist noch recht deutlich z. b. im lit. tempiü neben
tanömi, reivo); im lit. zerpiu neben zereti (glühen); im lit.
verpiü (spinnen) neben vöras (spinne); im böhm. rypati ne-
ben rfti -(wühlen, graben, graviren) u. s. w. Die erklärung
von kyp- und *kvapü aus einer wurzel kvap ist nicht nur,
wenigstens was das letztere betrifft, leichter, sondern diese
ansieht erscheint überhaupt für die vergleichung der spra-
chen und die lautgeschichte fruchtbarer. Man sieht z. b.
gleich am lit. säpnas, wie leicht v schwinden kann. Wenn
dann Leo Meyer (vgl. gramm. I, 363) die griechische wur-
zel xctTi in xanvog (rauch, dampf) und xanvuv (aushauchen)
aus kvap herleitet, so hat er damit die vergleichung der
griechischen Wörter mit lett. küpet (rauchen, dampfen; altsl.
kyp£ti?), lit. kväpas (hauch, athem; luftzug; geruch) u. a. m.
angebahnt. Ein anderes beispiel von dem ausfalle des v
gibt altpreufs. golis, gallan (tod), gallintwei (tödten), lit.
gil-tinö' (todesgöttin) neben dem alts. quelan (mori), quellian
(necare) und skr. gvara (aegritudo). Durch den Schwund
von v einerseits und durch Verkürzung von va zu u ande-
rerseits kann es schliefslich auch geschehen, dafs eine und
dieselbe wurzel hier in die a-reibe, dort wieder in die u-reihe
geräth. Doch wie dem auch immer sein mag, vor der hand
anzeigen. 371
dürfte es mindestens doch erlaubt sein zu zweifeln, ob
kvasü von kys-n^ti herstammt, wie H. lehrt, bis durch
vergleichung mit den verwandten sprachen die ursprüng-
liche wurzelform der hieher gehörigen Wörter festgesetzt
sein wird. Wie wenig überzeugend H.'s gründe für Seh.
waren, beweist auch der umstand, dafs in den berichtigun*
gen und nachtragen zum Cp. in der indogermanischen
Chrestomathie, also wenigstens 3 jähre nach dem erscheinen
von H.'s abhandlung Dm. diese art der Steigerung gar nicht
erwähnt wird. Ebenso wenig hatte Seh. seine ansieht über
den aorist basu von bod$ geändert (Cp. s. 129 und 300),
die nun von H. (R. 8. 77) so bekämpft wird: „Sollte ich
dieselbe lehrart genau kennzeichnen, so müfste ich unum-
wunden sagen, dafs sie dem althergebrachten begriffe der
quantität auf die keckste weise ins gesicht schlägt. Denn
nur so kann man z. b. behaupten, in basü sei o zu a ge-
dehnt, da man dabei sonst stets dieselbe qualität der vo-
cale voraussetzt tf. Das bewufstsein, womit Seh. 's lehrart
auf diese weise abgefertigt wird, ist grofs genug, wie man
sieht, aber doch nicht so abschreckend, dafs man nicht
einige bemerkungen dazu machen könnte. Der weg von
*nes-sü zu nSsü läfst sich z. b. mit jenem vergleichen, auf
welchem im sanskrit aus *as-dhi endlich edhi geworden ist,
obwol ein s auch ohne Veränderung des vocales ausfallen
kann, wie in asi = altsl. jesi (du bist). Uebrigens hat noch
niemand bewiesen, dafs die Steigerung von e zu e und von
o zu a im gründe nicht auf eine dehnung hinausläuft, wenn
auch die qualität der vocale jetzt nicht mehr dieselbe ist.
Daraus folgt ja noch nicht, dafs diese Ungleichheit von
allem anfange an da gewesen sein müsse; es läfst sich
vielmehr auch denken, dafs die früher qualitativ gleichen
vocale erst später eine Veränderung erlitten haben, und
unter dieser Voraussetzung ist es wol möglich, dafs ein
vocal hinsichtlich der qualität von seiner älteren dehnung
abweicht. Wenn z. b. das volk in Böhmen das deminutiv
des Wortes plamen (flamme) ganz wie plaminek ausspricht,
so beweist es, da der gedanke an eine Steigerung von e
24*
372 Burda
za i hiebei ausgeschlossen bleibt, dadurch am besten, was
so eben bemerkt wurde. Das wort, welches mit skr. häsa,
ahd. kans, altsl. g^si, lit. z^sis übereinstimmt, lautet be-
kanntlich dor. %&v in dessen ä man eine ersatzdehnung
erblickt; ist dagegen in %rjv un^ Vu&G (neben dor. a (iiq
und äol. äfiiteg) keine ersatzdehnung anzunehmen, blofs
weil die qualität des vocales abweicht? Es gibt weiter im
litauischen einen dialekt, der ein a nur unter dem einflusse
des accentes, also nicht in folge einer Steigerung, in o
übergehen läfst, z. b. ato-jemu neben dem inf. ata-jemti
statt des gewöhnlichen ät-imu, at-linti. Für die verwand*
lung eines ö in e ohne Steigerung können mehrere beispiele
angeführt werden. Hieher gehört das particip von esmi,
das da #838 lautet; das wort ve'daras (magen, lett. vede'rs
bauch) neben skr. udaras (bauch) ; dann das deminutivsuffix
e'lis in vainike'lis neben elis in sun£lis. Alle diese und
noch andere falle beweisen also, dafs ein vocal und seine
dehnung nicht immer und überall von gleicher qualität sein
müssen. Somit bliebe noch der einwand übrig, welchen
H. (Dm. 8. 90, anm. 235) dagegen erhebt: „Seh. enim, etsi
a Bulgarorum majoribus fere omne longarum breviumque
vocalium discrimen sublatum esse omnino concedere debet,
novissime tarnen hac in causa de pbulg. vocalium produc-
tione disserit u. s. w.tf. Was nun diese frage betrifft, so
brauchen folgende zwei Sätze wol nicht erst bewiesen zu
werden : a) dem altslovenischen war die quantit&t von haus aus
eigen, so dafs z. b. der vocal a in bratru ehemals so gut
lang war, wie in den verwandten sprachen; b) der unter-
schied zwischen langen und kurzen vocalen hörte endlich
fast ganz auf. Nun aber pflegt der gewöhnliche menschen-
verstand es für möglich zu halten, dafs etwas, was einmal
da war und später „beinahe" ganz getilgt wurde, doch
wenigstens spuren seiner früheren anwesenheit zurückge-
lassen haben könnte. Anders ausgedrückt dürfte dieser
satg etwa so lauten: Es ist nicht gar so absonderlich an-
zunehmen, dafs die ehemalige quantität altslovenischer vo-
cale bei ihrem schwinden auf die qualität derselben einge-
anzeigen. 37,3
wirkt hat. Zu dein ende vergleiche man z. b. das lettische
wort nakts (nacht) mit mäte (mutier), deren a- laute zwar
von gleicher qualität sind, in der quantität aber von ein-
ander abweichen. Nun stelle man die entsprechenden sla-
vischen Wörter nosti und mati dazu und man wird daraus
schlief8en müssen, dafs mati sein a nur deshalb ungetrübt
bewahrt hatte, weil sich dasselbe auf ein unmittelbar vor-
angehendes, noch langes ä stützt. Denn wenn die länge
des a-lautes in mati durch lit. möte, lett. mäte, ahd. muoter
erwiesen ist, so befindet sich das altslovenische a von mati,
selbst wenn es schon als kurz angesehen werden darf, er6t
in dem Stadium der Verkürzung und nur die noch nach-
wirkende quantität kann dasjenige sein, was a vor der
trübung zu o wie in nosti geschützt hat. Mit hilfe des
so gewonnenen resultates wird es leichter sein die Steige-
rung von o in a zu begreifen. So erscheint z. b. o von
tociti in dem verbum is-tacati zu a gesteigert, welches im
böhmischen vytäceti lang ist. Wir wissen wol nicht, ob
a im altslov. is-tacati auch lang war, allein wir wissen be-
stimmt, dafs der vocal o in tociti mit seiner Steigerung a
in is-tacati einmal gleiche qualität gehabt haben mufs,
weil das Stammwort des ersteren, nämlich tokü, dem lit.
täkas und dem lett. taks entspricht, welche noch deutlich
die alte qualität zeigen. Bei gleicher qualität kann aber
der gewichtigere vocal sich nur durch seine quantität von
dem leichteren unterscheiden, woraus folgt, dafs a in is-
-tacati früher lang war und eben deshalb seine qualität
bewahrte, während das kurze a sich zu o trübte. Für
diese auffassung spricht ferner die analogie einer anderen
erscheinung im gotischen. Vergleicht man nämlich die
Steigerung von e zu o, lit. e zu a (z. b. ved$ — voditi,
vedü — vädas) mit der des gotischen i zu a (vrikan, pf.
vrak, subst. vraks), so mufs man folgerichtig z. b. prositi
und vü-prasati mit *fragan und pf. *frog zusammenstellen.
Mithin kommt man wieder auf die länge des a in vü-pra-
äati, uud da prositi im lit. praszyti noch a zur seite hat,
auf die gleiche qualität, welche einst zwischen o und sei-
374 Butda
ner Steigerung bestand. Dadurch erscheint aber die letz*
tere eben nur als eine ältere dehnung, auch wenn der vo-
cal a im altslovenischen später nicht mehr lang gewesen
sein sollte. Was dagegen den vocal e anbelangt, so ist
dessen quantität so zu sagen noch greifbar, wenn man z. b.
deti mit lit. de'ti, lett. det, got. deds in vaila-deds und ahd.
tat, dann 8&mQ mit lat. semen, lit se ti, lett. set, got. seths
in maua-seths und ahd. sät vergleicht. Im altslovenischen
erscheint ferner e in jüngeren bildungen, wo es sich nur
mit e in Verbindung bringen läfst, z. b* tekati mit testi,
legati mit lesti, letati mit leteti u. s. w. Sein Zusammen-
hang mit dem a-laute erhellt dagegen aus sedeti ±= lit.
sede'ti und dessen Steigerung in sadü = lit. södas und sa*
diti, lit. sodinti, welches Verhältnis durch ein ähnliches im
got. leta = ahd. lägu und dem pf. lailot am besten aufge-
klärt wird. Wie endlich gotisches e zuweilen zu i wird,
so gibt es auch im altslovenischen Wörter, welche i und e
neben einander zeigen, z. b. pogrebati und pogribati neben
pogreb$ und pogrebu. Das bisher gesagte läfst sich nun
zur übersieht etwa so zusammenfassen: 1) Das altsl. e als
Steigerung von e ist eigentlich eine dehnung, weil die
quantität des ersteren durch das lit. 6, lett. e oder e, got. e
und ahd. ä dargethan wird; 2) das altsl. a als Steigerung
von o ist auch nur eine dehnung, da die länge des ersteren
durch das entsprechende lit. o, lett. ä oder ä* got. o und
ahd. uo, die einst mit ihm gleiche qualität des letzteren
hingegen durch lit. a, lett. a und got. a bewiesen wird.
Darf man ferner aus gewissen entlehnten Wörtern schliefsen,
so war der spräche eine dehnung von o zu ö sogar fremd,
weil z. b. das got. boka im altslovenischen buky lautet, wie
umgekehrt das litauische und gotische wol ein ö, aber kein
ö kennen. Der hauptunterschied also, der zwischen H.
und Seh. besteht, beruht darauf, ob der Übergang von e,
o in e, a in den aoristen wie nesü, basü als dehnung oder
als Steigerung aufgefafst werden soll. Nach dem oben ge-
sagten dürfte der unterschied indessen so unbedeutend sein,
dafs H. besser gethan hätte sich darüber etwas glimpflicher
anzeigen. 375
auszudrücken. Auch hat Seh. (Cp. 8. 119) ausdrücklich
nur zugegeben, dafs die quantität des altbulgarischen bis
jetzt noch nicht ermittelt ist, wodurch dieselbe also nicht
geläugnet wird, im gegen theil, es kann gerade durch die
herbeiziehung verwandter sprachen für die ermittelung der
altslovenischen quantität noch manches geleistet werden.
Wenn aber jemand wissen will, wie einem althergebrachten
begriffe in's gesicht geschlagen wird, so nehme er die Sr.
zur band und schlage die s. 129, §. 119 auf, wo zu lesen
ist: „Die reichlichste quelle langer vocale aufser der Stei-
gerung ist bei uns die contraction. Sie bezieht sich auf j,
welches dort, wo es zwischen zwei vocalen steht, oft durch
schnelle ausspräche entweder sammt dem vorangehenden
vocale oder aber dieser .allein ausgestofsen wird. Im ersten
falle wird der hinter j stehende vocal lang nach der be-
kannten regel: zusammenziehung bewirkt langen vocal".
Wenn also z. b. aus dem altslovenischen adjeetiv dobraja
(?7 äya&ij) das böhmische dobra werden soll, so wird nach
jener regel j sammt dem vorangehenden vocale a ausge-
stofsen, wodurch man nur eine form dobra erhält. Allein
wie kann man 1) dabei noch von contraction reden, wo es
factisch nichts mehr als ein a zu contrahiren gibt, sobald
aj aus dobraja geschwunden ist? Und 2) wenn der ausgang
des böhmischen dobra dennoch lang ist, so kann die länge
des k doch nicht von der contraction mit einem ausgestofsenen
kurzen a, sondern nur von einer ersatzdehnung des ersteren
herrühren. Das drolligste an dieser contractionsregel ist
noch der umstand, dafs sich einige formen als m^ch, do-
brymi nach ihr gar nicht erklären lassen. Denn stöfst man
in *dobryjimi (s. Cp. 8. 637), *mojich den consonant j
sammt den vorangehenden vocalen y, o aus und dehnt das
gebliebene i, so erhält man zunächst *dobrimi und *mich,
woraus nach den lautgesetzen des böhmischen die formen
*dobfiini und *mich entstehen müssen. Allein die richtigen
formen lauten dobrymi und m^ch; woher kommen jene
mon8tra horrenda wie *dobrimi, da doch genau nach der
regel contrahirt worden ist? Zu empfehlen ist daher vor
376 Burda
allem Leo Meyer, vgl. grainm. I, 291 ff., woraus man doch
nicht nur die consonantengruppen des griechischen und la-
teinischen (R. s. 80), sondern auch die contraction erlernen
kann. Nicht blofs dieses für die böhmische grammatik
äofserst wichtige gesetz weifs man nicht genügend darzu-
stellen, man ist z. b. auch in der comparation nicht sehr
fest, wie die erklärung der böhmischen oomparative lehci,
tenöi (Sr. 8. 223) beweist. In der so gelobten altböhmi-
schen grammatik von KvSt (vergl. Dm. 8. 19 mit R. s. 85)
bildet die comparation der adjectiva leider die schwächste
partie des ganzen buches (§. 148 der 2. aufl.), obwol H.
nach der vorrede „zur Vervollkommnung des werkchens
mit freundschaftlichem ratbe gütig und sorgsam beizutragen
nicht beschwerlich fand". Unter sothanen umständen er-
scheint es vorläufig nur als anmafsung, was R. s. 56 steht:
„Uebrigens werde ich nicht ermangeln die Verdienste der
glottik um die wortbildungslebre im allgemeinen eingehend
au würdigen". Da ferner in Dm. 8. 82 — 104 Wörter aus
allen slavischen sprachen als beispiele angeführt werden,
so dürfte man doch so unbescheiden sein auch sehr inter-
essante und ziemlich bekannte Wörter aus der Volkssprache
jenes landes zu suchen, in dem H. schon viele jähre lebt.
So könnten, um nur zwei wichtige fölle zu berühren, in
Dm. s. 103 — 104 die in einem grofsen theilen von Böhmen
allbekannten Wörter ftak (vogel) und schof (iltis) stehen.
Das letztere ist aus tchof = altsl. tüchori entstanden, das
erste stimmt in der form der Schriftsprache ptak hinsicht-
lich seiner würzet zum altsl. püt-ica (vogel) und erinnert
durch sein ft für pt an ein lautgesetz der deutschen spräche.
Man darf aus diesen beispielen, denen sich noch eine hüb-
sche anzahl anderer anreihen ließe, doch wenigstens so viel
schliefsen, dal's EL, der in dem für ihn so nahe liegenden
böhmischen nicht immer bescheid gibt, sicherlich nicht
der competenteste richter über das Verhältnis Sch.'s zum
litauischen sein kann (R. s. 4). Dafs der lexikograph Nes-
selmann etwas anders verfahren mufste als der grammatiker
Seh., versteht sich von selbst; aber die vergleichung mit
— 'W V
anzeigen. 377
Bielenstein ist nicht ganz zutreffend (R. s. 4). Denn zur
„darlegung des genius (!) der lettischen spräche u gehört
nach meiner unmafsgebliohen ansieht etwas mehr als in dem
werke „die lettische spräche" enthalten ist, und zeigt das-
selbe an zahreichen stellen nur zu deutlich, wie viel es der
litauischen grammatik von Seh. verdankt. Was dagegen
z. b. die consonantengruppen in §. 43 desselben buches be-
trifft, so könnte dieser theil ohne schaden wegbleiben und
einer gröfseren Sammlung von beispielen aus den lettischen
dialekten platz machen. Das „ingenium" (Dm. s. 23) oder
der „ genius " einer spräche in bezug auf die consonanten-
gruppen springt ja am meisten in die äugen, wenn man
die consonanten mit denen anderer sprachen vergleicht und
zu erforschen trachtet, wie sich aus dem ursprönglichen
zustande der gegenwärtige entwickelt hat. Das ist lehr-
reicher als die vollständigste aufzäbluug ohne berücksich-
tung der lautgesetze! Dafs Seh. besonders die ihm am
besten bekannte Schriftsprache der preufsischen Litauer
berücksichtigte (B. s. 6 — 7), findet ein seitenstück bei H.
selbst, weil man nach seinen werken sonst glauben mufs,
dais zwischen Nordungarn, dem gebiete der Slovaken, und
zwischen Böhmen, der heimath der böhmischen Schrift-
sprache, ein vaeuum sich befindet. Wie 6ehr übrigens
Seh. im jähre 1852 — 1856 bemüht war „dem forscher zu-
verlässiges material " zu gewähren (lit. gramm. vorrede Xu),
erhellt z. b. auch daraus, dafs die grammatik viele Wörter
(übereinstimmend mit Nesselmann) anders accentuirt, als
dies in der von Seh. 9 jähre später besorgten ausgäbe des
Christian Donaleitis geschieht. So findet sich die von
Nesselmann (Christ. Donali tius litauische dichtungen, s. XVI)
verlangte betonung düriau 8. 244, 6jaü 240, grebiu grebiau
242, padükstü padükaü 248, parszingä 128, söklä 126,
türgus s. 191 der litauischen grammatik. Dafür hat wieder
Nesselmann im altpreufsischen vocabular Wörter nicht an-
gegeben, obgleich sie in seinem litauischen wörterbuche auf
den genannten Seiten angeführt sind, z, b. 1) dumpbis, lit«
dübai 1 47, 2) granstis, lit. grasztas 269, 3) grobis, lit. gro-
378 Burda
bas 271, 4) kracto, lit. krakis 223, 5) kulnis, lit. kulkszis
208, 6) palasallis, lit. pälszas 277, 7) plauxdine, lit. pläuz-
din6 306, 8) sawayte, lit. vaite 58, 9) sulis, lit. szülas 523,
10) wedigo, lit. vedega 59. Was aber speciell die betonung
betrifft, so haben die preufsisch- litauischen dialekte, von
denen man als den bestbekannten jedenfalls ausgehen mufs,
für die Slaven noch eine besondere Wichtigkeit. Sie be-
sitzen nämlich den sogenannten freien oder beweglichen
accent, während er im Norden von der endung auf die
Stammsilbe zurückrückt. Sicherlich ist die erste betonung
die ursprünglichere, wenn sie sich auch im laufe der zeiten
mannigfach geändert haben mufste. Wie nun der freie
accent zu einem gebundenen werden kann, lehren also die
südlichen dialekte, weil man doch erst das ältere, freiere
und lebendige kennen mufs, ehe man das erstarrte oder
gebundene erklären kann. Allein auch unter den slavischen
sprachen besitzen einige einen freien (z. b. das russische),
andere wieder einen gebundenen accent (z. b. das böhmi-
sche). Statt daher Seh. zu kritisiren oder von der vetter-
schaft der Deutschen, Litauer und Slaven zu reden (R. s. 45),
sollte man lieber auf die beantwortung folgender zwei fra-
gen dringen, a) Läfst sich zwischen dem freien accente
im slavischen und litauischen keine ähnlichkeit oder ana-
logie auffinden, wodurch sich derselbe vielleicht mit dem
altindischen und griechischen vereinigen liefse? Und b) kann
der gebundene accent des niederlitauischen sich aus dem
freien hochlitauischen nicht etwa so entwickelt haben, wie
z. b. der böhmische aus einem älteren freien? Durch seine
litauische grammatik hat Seh., dessen ohren zeugen waren,
welche vollen glauben verdienen (Nesselmann, Christ. Do-
nalitius, 8. XII), für die lautlebre der preufsisch-litauischen
Schriftsprache eine feste grundlage geschaffen. Von dieser
kann die erforschung der einzelnen dialekte ausgehen, da-
mit diese sammt den schriftlichen denkmälern das material
zu einer das litauische aller zeiten und aller dialekte oder
alle erscheinungen des litauischen nach zeit und räum um-
fassenden grammatik abgeben möchten. Wie viel jähre,
'V«
anzeigen. 379
welche hilfsmittel und welche kräfte zur erreichung dieses
Zieles erforderlich sind, braucht hier nicht weiter verfolgt
zu werden, sondern man kann die oben citirten worte
Kvet's mit der nothwendigen Veränderung anfuhren: Dafs
Seh. 's litauische grammatik als die erste vollständige gram-
matik (vorrede 8. XI) vom sprachwissenschaftlichen Stand-
punkte nicht ohne mängel sein kann, versteht sich von
selbst; allein gerade die competentesten riebter, wie Kur-
schart, Nesselmann u. a. m. hätten anstand genommen die
Ursache gewisser dinge im liberalismus zu suchen (R. s. 11).
„Zu einem solchen liberalismus gehört es aber bekanntlich,
sagt H. daselbst, insbesondere Rufsland je tüchtiger, desto
besser zu beschimpfen oder wenigstens wie immer zu ver-
dächtigen. Das letztere that nun auch Seh. öffentlich si-
cher, wenn auch sehr ungeschickt und zaghaft, mit". Da-
gegen ist es in einem anderen lande sitte die deutsche
Wissenschaft, bei der man doch in die schule gegangen ist,
später nicht nach seinem geschmacke zu finden (R. s. 26
und 39), und wenn jemand die Unparteilichkeit derselben
berührt, ihn so abzufertigen, wie R. s. 39 zu lesen ist:
„Schade nur, dafs, wenn dem ganz so wäre, Deutschland
aufserhalb der weit oder auch factiscb so null und* nichtig
sein möfste, wie diplomatisch keines gibt, sondern bekannt-
lich nur den norddeutschen bund und die ruinen des alten:
Bayern, Liechtenstein u. 8. w.". Dann begreift H. auch
nicht, dafs zwischen 1852 und 1862 ein Zeitraum von
10 Jahren liegt, in welchem sowol der liberalismus als auch
die liberalität (R. s. 13) manche Veränderung erleiden kann,
besonders wenn die Veröffentlichung einer litauischen gram-
matik und eines Cp.'s in denselben fallt. Auch vergifst
man dabei, dafs es selbst männern, welche über 20 jähre
sozusagen im litauischen Sprachgebiete selbst wohnen, bis
jetzt noch nicht gelungen ist auch die russisch -litauischen
dialekte zu durchforschen. Es ist dagegen viel leichter aus
Wörterbüchern, welche man sich in's haus bringen lassen
kann, die consonantengruppen des au-, in- und auslautes
zusammenzustellen (Dm. s. 26—32 und 64 — 74) als in Li-
380 Burda
tauen herumzureisen und den landleuten dort durch fragen
grammatische und dialektische formen abzulocken (lit. gr.
V und VIII). Man verschafft sich so das vergnügen sagen
zu können, Miklosich und Seh. seien in der lehre von den
consonanten um ein halbes Jahrhundert zurück (R. s. 19),
und man wird es durch die Sorgfalt um die Litauer so
weit bringen, dafs diese ihre dialekte viel früher kennen
lernen und eine solche grammatik ihrer spräche wie die
oben angedeutete erbalten werden , als z. b. die Böhmen,
bei denen die erforsebung der Volkssprache oder der dia-
lekte gerade von den grammatischen auetoritäten nicht sehr
gefördert wird.
Die aufgäbe, welche man der Sprachwissenschaft stellt,
ist so grofs, dafs ein mensch unmöglich alle theile gleich-
mäfsig beherrschen kann, dafs also eine theilung der arbeit
erfolgen mufs (R. 8. 51 — 52). Sobald jedoch Seh., „das zwar
einseitige aber doch grofse formgenie", diesen grundsatz der
arbeitstheilung practisch befolgt und sich jenes feld der
Sprachwissenschaft erwählt, auf dem sein talent unbestritten
ist, dann wirft man ihm „ geistlosigkeit u (R. s. 51), »hyä-
nenartiges herumwühlen in den sprachen" (R. s. 54), „schau-
derhaftes behagen am verwesungsprocefs " (R. s. 53 — 54)
u. a. vor. Man kann oder will nicht begreifen, dafs Seh.
nur die für alle Wissenschaften so fruchtbaren grundsätze
„vergleichung und entwickelung oder genetische erklärung"
auch auf die Sprachwissenschaft anwendet, sondern man
beurtheilt z. b. das Cp. so, als seien „darin die resultate
der bisherigen forschung so sauber gleichmäfsig in das nach
Hegers grundsätzen zusammengeschweifste und mit mis-
verstandenen oder absichtlich verdrehten phrasen der ma-
terialistischen Weltanschauung verbrämte System der glottik
gebracht" (R. s. 84 — 85). Man hat also noch nicht ein-
gesehen, dafs Seh. im Cp. hauptsächlich die regel statt der
ausnähme berücksichtigt, da auch die „libera vox" (Dm.
s. 11 anm.) »wie auch alles geistige sein gesetz haben mufs"
(Leo Meyer got. spr. s. 392); dafs er besonders jene er-
scheinungen in den sprachen hervorhebt, welche für die
anzeigen. 381
vergleichuog derselben wichtig sind; dafs er also den an-
fangen! vor allem einen überblick verschaffen will, damit
sie sich nachher in das detailstudium einlassen können,
ohne darin zu versinken: alle diese und noch andere um-
stände beachtet man gar nicht, sondern man hämmert „zur
wahrung seiner ehre" (R. s. 2) auf dem fast noch frischen
sarge Seh. 's herum, als wäre es noch nicht genug, dafs
schon der tod „im best verstandenen interesse die Sprach-
wissenschaft von einem solchen enfant terrible, als zu wel-
chem es der selige vermöge seines sehr weit gehenden und
rücksichtslosen liberalismus und kraft der übrigen eigen-
schaften gebracht" (R. s. 30), befreit hätte. Dagegen fin-
det man es ganz in der Ordnung die böhmischen schüler
mit dem hiatus (Sr. s. 131 — 134), mit dem vocal Wechsel
(Sr. 8. 135 — 138), mit falschen contractionsregeln (Sr.
s. 129 — 130) u. dgl. m. zu martern oder zu lehren, die
grundvocale des böhmischen wären i, a, u, die vocale e,
o, y entständen dagegen durch brechung aus ai, au, ui
(Sr. 8. 112). Als man dieses meiner Wenigkeit und den
mitschülern im gymnasium so vortrug, glaubten wir steif
und fest, die böhmischen vocale a, u seien -primäre oder
grundvocale, ohne natürlich zu ahnen, dafs die von der
Sprachwissenschaft erschlossenen' grundvocale a, u, denea
man böhmisch a, u ohne viele geschiebten gleichgesetzt
hatte, eine ganz andere geltung haben. Die ableitung von
e, o, y mittels brechung aus ai, au, ui kam uns spafsig
vor, weil wir uns wunderten, dafs der professor des grie-
chischen nie auf den einfall kam die analogen vocale e,
o, v auch so entstehen zu lassen. In derselben grammatik
(Sr. s. 274) lasen wir dann auch, dafs es „nachahmungs-
würdiger" wäre im böhmischen ob-jati, po-jati statt ob-jiti,
po-jiti oder obe-jmouti, po-jmouti (== altsl. obü-j$ti, po-j^ti)
zu schreiben, „weil auf diese weise dem ursprünglichen
Organismus des slaviscben überhaupt mehr rechnung ge-
tragen wird, vor allem jedoch deswegen, weil das böhmi-
sche selbst so den abgang gewichtigerer vocale, welcher
sich in folge des consequent und streng durchgeführten
382 Burda
progressiven utnlautes eingestellt hatte, fast ausschliefslicb
zu ersetzen trachtet". Wenn Seh. noch lebte, so könnte
er in der that ausrufen:
^HXixog ccp r\v viüv &OQvßog<) el tyco tovto knoiovv"\
Wir schtiler konnten freilich die tragweite jenes grundes
damals nicht würdigen, nur erschien es uns sonderbar,
warum man zu diesem zwecke gerade slovakische formen
in die böhmische Schriftsprache einschmuggeln sollte. Auch
wufsten wir damals noch nicht, dafs es schon viel früher
böhmische patrioten gab, welche allen ernstes vorschlugen,
z. b. dusa statt duäe zu schreiben, um auf diese art den
verwandten Polen näher zu rücken. Wie die böhmische
Schriftsprache noch sonst von patrioten und nichtpatrioten
maltraitirt wurde, gehört nicht hieher, wo nur zu berichten
bleibt, wie H. (R. 8. 27 — 30) von Seh. erzählt, dafs er
„uicht nur die Orthographie, sondern auch das wesen der
böhmischen Schriftsprache zertrümmern und mit einem der
drolligsten kauderwälsche ersetzen wollte". Man darf nur
nicht glauben, dafs es lauter böhmische patrioten gab, die
berechtigt gewesen wären über Sch.'s „ offenes schreiben
eines fremden linguisten an einen Böhmen" (Bonn 1849)
mehr als blofs unwillig zu sein (R. s. 29) oder dafs alle
„dieses machwerk" (R. s. 27) »der bereits angedeuteten
Verachtung preisgegeben haben" (R. s. 30). Im gegentheil,
es gab auch böhmische patrioten, welche dieses Sendschrei-
ben so beurtheilen, wie es unter den damaligen Verhältnis-
sen einzig und allein beurtheilt werden konnte. Dies be-
weist z. b. eine anzeige in der Zeitschrift des böhmischen
museums (1852, beft 3, 8. 100), wo es heifst: „Als ein sel-
tenes beispiel, wie selbst ein ausländer in den geist der
slavischen spräche dringen kann, ist dieses schriftchen be-
achtungswerth ; was aber den Vorschlag desselben anbelangt
einige eigentbümlichkeiten der provinciellen spräche in die
Schriftsprache aufzunehmen, darüber ist, glaube ich, unter
uns schon entschieden". Das entscheidende moment beruht
darauf, dafs die böhmische Schriftsprache in ihrer überlie-
ferten form jetzt nirgends mehr so gesprochen wird, wie
anzeigen. 383
sie in den bücfaern vorkommt. Denn die lebendige spräche
des volkes bat sich, wie alles in der weit, seit der zeit,
wo jene sich herausgebildet hatte, in vielen punkten ver-
ändert. Diesem umstände gegenüber gibt es zwei mögliche
fälle: Man mufs die Schriftsprache auf der stufe zu erhaltep
trachten, auf welcher sie uns überliefert wurde, oder man
mufs der veränderten lebendigen spräche des volkes rech-
nung tragen und ihr näher rücken. Gibt man einmal zu,
dafs das erstere sich nicht durchführen läfst, so folgt dar-
aus mit noth wendigkeit, dafs man kein anderes als das
zweite mittel zu ergreifen habe. Dies hat Seh. also ver-
sucht; allein gerade H. ist nicht derjenige, welcher darüber
so unwillig sein und Sch.'s Sendschreiben so verachten
sollte, wie die schon oben aus der Sr. s. 274 citirte stelle
beweist. Denn sobald der eigentliche Zusammenhang von
ob-jiti (umarmen, umfassen) mit obe-jmu aus dem sprach-
lichen bewufstsein des volkes geschwunden, ist kein gram-
matiker, also weder Seh. noch auch H., im stände diesen
zusammenbang wieder herzustellen. Die formen der Wörter,
welche dieselben unter dem einflusse eines früher lebendi-
gen lautgesetzes erbalten haben, werden entweder unver-
ändert so fortgepflanzt, wie EL auf s. 55 der R. nach
Waitz erzählt, oder das volk verfährt mit ihnen, wie es
selbst will oder, besser gesagt, wie das. agens aller Verän-
derungen in den sprachen es hiebei leitet. Dafs also die
böhmische Schriftsprache jetzt z. b. trasti (schütteln) der
umgelauteten form tfisti vorziehe, um etwa „dem ursprüng-
lichen Organismus des slavischen" näher zu kommen oder
gar „um den abgang gewichtigerer vocale zu ersetzen tf,
wie H. glaubt (Sr. s. 274), beruht auf einer ziemlichen Un-
kenntnis des einflusses, welchen die stets lebendige, stets
sich ändernde spräche des volkes auf die Schriftsprache
ausübt. Woher weifs H., dafs die form trasti nicht etwa
neben der klassischen tfisti im munde des volkes fortgelebt
und sie später sogar aus der Schriftsprache verdrängt hat?
Auch gilt von der klassischen böhmischen Schriftsprache
mitunter das wort eines Römers, der da meinte, man brauche
384 Burda
nur pertisum statt pertaesum zu sagen, um fein zu sprechen.
Es wäre nach allem, was hier nur flüchtig berührt werden
konnte, in der tbat für die Böhmen, für die Slaven und
die Sprachwissenschaft überhaupt viel erspriefslicber, wenn
EL, statt in einer replik von „mach werk oder „Verachtung4*
zu reden, seinen einflufs lieber dazu benutzen würde, dafs
die Böhmen nicht blofs die schriftlichen denkmäler, sondern
auch den lebendig sprudelnden quell ihrer spräche, d. i.
alle dialekte, kennen lernen möchten. Denn diese bergen
schätze in sich, welche für die lautlehre und die syntax
sehr wichtig sind. Die Verachtung aber, welcher man
20 jähre später das „offene schreiben a des linguisten Seh«
preisgibt, mufs natürlich um so gröfser sein, weil es durch
zufall (wovon Seh. wahrscheinlich nichts wufste) das licht der
weit in einer zeit erblickte, wo H.'s landsleute, „die Slo-
vaken, gegen die seit jeher bestandene literische einigkeit
mit den Böhmen so energisch thätig waren, dafs er selbst
nicht umhin konnte ihnen mit vorbehält beizutreten" (R.
s. 29)- Um jedoch zu erfahren, was sich einer der eifrig-
sten Verfechter der literarischen einigkeit zwischen Böhmen,
Mährern, Slovaken über diesen beitritt mit vorbehält ge-
dacht hat, lese man die Zeitschrift des böhmischen mu-
V
seums (1858, 8. 615, anm.), wo Sembera von H. sagt: „Er
spielte die rolle des Schöpfers einer Schriftsprache für die
Slovaken". Noch weniger darf es jemandep wunder neh-
men, wenn EL „den seligen seit jeher gering geschätzt hat"
(B. s. 92), weil dieser auch so frei war an der echtheit der
königinhofer bandschrift zu zweifeln. Hiebei will man nur
nicht einsehen, dafs Scb. dieselbe nicht unbedingt verdammt
hat, wie seine worte (d. beitr. II, 480—482) mehr als zur
genüge durchblicken lassen, sondern man bringt diese sache
in der replik wieder aufs tapet (s. 91—93), damit die zahl
der vorwürfe gegen Seh. eben vollzählig werde. Um nichts
zu verschweigen, mufs meine Wenigkeit hier gestehen, dafs
sie noch bei lebzeiten Seh. 's diesen gegenständ in einem
briefe an denselben ebenfalls berührt und dafs er sich da-
bei nicht gar so „empfindlich" benommen hat, als man
anzeigen. 385
nach der replik etwa glauben sollte. Nun aber, da Seh.
todt ist, erscheint es ganz und gar überflüssig diesem streit
zu erneuern, es wäre hingegen bei weitem besser seinem
„gegner" ein: eir? aoi xara yfjg y,ovrpii xovigl in's grab
nachzurufen. Statt dessen aber rühmt man ihm in äufserst
herzloser weise das nach, was auf s. 35 der R. zu lesen
jst: „In seinem kämpfe um das dasein zeichnete sich der-
selbe insbesondere dadurch aus, dafs er weder um die
waffen selbst noch um die wähl und führung derselben
namentlich gegen uns Slaven je verlegen war". Leider
betrachten sich auch manche Slaven als solche Unglücks-
kinder, von denen H. mit Buckle auf s. 24 der R. spricht,
und viele von ihnen werden vielleicht glauben, dafs Seh;
gerade darauf ausging sie zu bekämpfen Gegen eine solche
vermeintliche bekämpfung gibt es ein ganz einfaches mittel,
welches freilich etwas mehr zeit in anspruch nimmt als die
ausarbeitung einer replik, und dieses läfst sich mit zwei
worten bezeichnen: gediegenes wissen und würdiges betra-
gen. Wer diese zwei „ kleinigkeiten " besitzt, dem wird
überall mehr achtung von selbst zu theil werden, als wenn
er noch so sehr mit „industrierittern" (R. s. 94), „gering-
Schätzung ", „ Verachtung ", „ ausbund aller Parteilichkeit "
und andern zärtlichen namen dieser art herumwirft, von
denen man aus der replik eine ziemliche blumeniese zu-
sammenbringen könnte. Viele Slaven sind gewifs nicht
minder stolz darauf Slaven zu sein als EL, allein die
schamröthe mufs ihnen doch in's gesiebt steigen, wenn sie
eine solche replik zu lesen bekommen, worin man seine
„deutschen" gegner mit namen -wie die obigen tractirt.
Wer besser zu sein glaubt, als seine »gegner", der darf
solche waffen wie die vorliegende replik nicht führen, weil
er seiner Sache dadurch nicht nutzen, sondern nur schaden
kann« In den „wäldern der nordamerikanischen wilden"
(R. 8. 90) gibt es keine Sprachforschung, dort schreibt man
also auch nicht auf dem titelblatte einer replik: „Ein bei-
trag zur neuesten geschiente der indoeuropäischen Sprach-
forschung überhaupt und der slavischen insbesondere", um
Beiträge z. vgl. sprach f. VI. 3. 25
386 Burda, anzeigen.
dieses buch dazu zu benutzen, dafs man Seh. 's leben und
wirken als einen kämpf gegen die Slaven hinstellt oder
anspielungen auf die politische Stellung Deutschlands in der
weit macht. (R. s. 39), zumal es in der eigenen heimath
für eine alle erscheinungen des böhmischen, d. h. alle dia-
lekte und alle denkmäler berücksichtigende grammatik
vollauf zu thun gibt. „Bleiben Sie bei der böhmischen
grammatik, da ist noch viel zu thuntf, so schrieb einmal
Seh. an meine Wenigkeit und hatte dabei vor allem die
erforschung der Volkssprache im sinne.
Man kann daher zum Schlüsse der replik die worte
nachsagen, dafs H. seine ehre vielleicht besser gewahrt,
der Wissenschaft eher gedient und den Slaven, beziehungs-
weise Böhmen, gewifs mehr achtung in den äugen apderer
verschafft hätte, wenn er ohne geringschätzung und erbit-
ter ung „manches anders" gesagt und überhaupt getrachtet
hätte, dafs man seine eigenen worte nicht auf ihn selbst
anwenden dürfte; In seinem kämpfe und in seiner erbitte-
rung gegen Seh. zeichnete sich derselbe dadurch aus, dafs
er ohne rüoksicht auf zeit, räum und sonstige Verhältnisse
alle möglichen vorwürfe zusammensuchte, um „zur Wahrung
seiner ehre" den gegner, welchen er schon bei lebzeiten
„gering geschätzt" hatte, erst nach dem tode als einen aus-
bund von „sehr weit gebendem und rücksichtslosem libe-
ralismus" und anderen ei ge rischaften hinzustellen.
Anmerkung. Ich gebrauche die ausdrücke: hoch-
litauisch und niederlitauisch (zemaitiszkas), obwol das letz-
tere wort noch einen besondern sinn haben mufs. Als ich
nämlich im april des jabres 1868 in Wien mit einem Li-
tauer aus Rufsland sprach, nannte dieser kurzweg alles
Zemaitiszkai, was nicht in seinen dialekt zu passen schien,
ob es gleich nach Seh. echt hochlitauisch war. Das wort
zemaitiszkas mufs daher noch eine andere, vielleicht nur
locale bedeutung haben.
Eisenberg, 11. Oktober 1869.
Wenzel Burda.
Kuhn, anzeigen. 387
Indogermanische Chrestomathie. Schriftproben und lesestücke mit
erklärenden glossaren zu August Schleichers compendium der verglei-
chenden grammatik der indogermanischen sprachen. Bearbeitet von
H. Ebel, A. Leskien, Johannes Schmidt und August Schlei-
cher. Nebst Zusätzen und berichtigungen zur zweiten aufläge des
compendiums heraufs gegeben von August Schleicher. Weimar 1 8 69 .
V und 378 ss. 8.
Die aufgäbe, welche sich unser verstorbener freund
bei der herausgäbe dieses bucbes gestellt hatte, war, schrift-
und sprachproben der im compendium grammatisch behan-
delten sprachen zu geben, damit, wenn auch nur an kleinen
abschnitten, die eigenthümlichkeit der im compendium be-
arbeiteten sprachen im gegensatz zu dem, was allen oder
mehreren gemeinsam ist, unter der anleitnng eines bequemen
handbuches bei Vorlesungen erläutert werden könne. Mit
den zu mitarbeitern gewonnenen freunden und schulern hat
Schleicher deshalb schrift- und sprachproben des vedischen
und späteren sanskrit, des altbaktrischen, altpersischen, alt-
griechischen, altlateinischen, oskischen, umbrischen, altiri-
schen, altbulgarischen, litauischen und gotischen gegeben
und denselben genaue glossare beigefügt, in welchen bei
den einzelnen Wörtern auf die §§. des compendiums, in
denen die betreffenden grammatischen formen behandelt
werden, verwiesen ist. Das buch wird daher bei Vorlesun-
gen sowohl als beim Selbststudium eine sehr zweckmäfsige
einführung in das Studium aller im compendium behandel-
ten sprachen bilden und zeigt, dafs Schleicher bis zum
letzten lebenshauch dem grundsatz, dafs die vergleichende
Sprachforschung sich nicht auf das Studium von lexicon und'
grammatik beschränken dürfe, sondern die verglichenen
sprachen auch in ihrem ganzen leben zu erfassen habe,
anerkennung und förderung zu verschaffen bemüht war. —
Die zahlreichen nachtrage und berichtigungen zur 2. aufläge
des compendiums (s. 342 — 78) sind eine werthvolle zugäbe
und allen besitzern jenes buches unentbehrlich. '
A. Kuhn.
25*
388 Spiegel
Vritra — verethra, vritraghna — verethraghna.
Der letzte band der neuen aufläge von Potts ety-
mologischen forschungen (II, 3, p. 554 fg.) erinnert mich
daran, dafs ich meine ansieht ober die in der Überschrift
genannten Wörter noch nirgends vollständig und im zu-
sammenhange dargelegt habe. Die Wichtigkeit der
8 chlüfs folger ungen, die man gerade aus denselben för die
indogermanische urzeit zu ziehen pflegt, wird es entschul-
digen, wenn ich hier nochmals ausführlich auf diese schon
so viel besprochenen Wörter zurückkomme; ich stütze mich
bei dieser darlegung meiner ansieht auf meine eigenen for-
schungen auch in den Vedas und die folgenden citate aus
dem Rigveda dürften wenigstens so lange nicht unnöthig
sein, als da9 petersburger Wörterbuch noch nicht zu dem
buchstaben v vorgerückt ist. Zwar, dafs Vritra im Veda
einen dämon bedeute, der von Indra oder einem anderen
götte getödtet wird, ist bekannt genug und wird weiterer
belege nicht bedürfen. Weniger bekannt dürfte es schon
sein, daft vritra n. pl. auch die feinde überhaupt bedeutet
(cf. Rigv. 457, 34. 460, 13. 467, 8. 48 >, 14 u. s. w.; vritra
bhürlni 313, 19 oder vritra bhüri 699, 4. Durch päpäni
wird das wort 337, 2 erklärt), endlich, dafs es auch adjec*
tivisch gebraucht worden sein mufs, wie man aus dem
comparativ vritratara (32, 5) erkennen kann. Ebenso ist
allgemein bekannt, dafs Vritrahan ein beiwort namentlich
des Indra sei und Vritatödter heifse, auch hierfür wird map
mir nähere angaben erlassen. Allein, dafs Vritrahan überall,
wo das wort vorkommt, den Vritratödter bezeichnen müsse
und nicht auch .den schläger der feinde bezeichnen könne,
wäre erst noch zu erweisen. Die ansieht des scholiasten
ist es gewifs nicht, dafs Vritrahan nur Vritratödter be-
zeichne, denn er übersetzt z. b. 486, 5 das wort mit $a-
trünä hantä und dafs dies auch die ansieht der hymnen-
dichter selbst war, läfst sich leicht erweisen, da Indra nicht
blos vritrahan, sondern auch gbano vritränä genannt wird
(283, 1. 705, 18), er heifst ferner auch vritrahantama
mi sc eilen. 389
(394, 1), was docb nicht am meisten den Vritra tödtend
heifsen kann. Zum öberflufs erhält Indra auch noch den
heinamen amitraban (486, 14), über dessen bedeotung doch
täglich ein zweifei nicht bestehen kann. Es ist endlich
bekannt, dafs vritrahan nicht ein beiname des Indra allein
ist, so heifst unter anderen auch Soma (91, 5. 458, 11 *))
und Agni (74, 3. 457, 48). Gewöhnlich nimmt man an,,
dafs die liederdichter bald den einen, bald den andern gott
für den besieger des Vritra gehalten hätten. Allein Indra
und Agni heifsen .auch zusammen vritrahanä (246, 4.
609, 1) und auch in diesem zusammenbange wird vritrahan
besser als feindestödter zu übertragen sein. Schwer ist es
auch zu glauben, dafs worte wie vritraghna (440, 3), vri-
traghnl (beiname der Sarasvatl 502, 7), vritrahatha (250, 1 ),
vritrahathja (320, 2 = vritränä, patrünä hananä), värtra-
hatja (271, 1), die alle siegreich, sieg bedeuten, in der
weise entstanden sein, dafs man ursprünglich blos an die
erlegung des Vritra dachte und dann diese Wörter erst
in zweiter linie die besiegung der feinde überhaupt be-
deuten. Viel natürlicher scheint es mir für vritra als
grundbedeutung die eines feindes überhaupt anzunehmen,
woraus sich dann erst Vritra als name eines besonderen
feindes entwickelte.
Zu ganz ähnlichen ergebnissen wie bei den Vedas
werden wir auch kommen, wenn wir die betreffenden Wör-
ter im Avesta betrachten. Hierüber habe ich in meiner
Übersetzung des Avesta (III, p. XXXII) schon einiges mit-
getheilt, näheres findet man bei Justi. Das wort verethra
ist häufig genug und bedeutet nach der tradition steghaf-
tigkeit, verethraghna bedeutet sieg oder auch persönlich
gefafst, den genius des sieges, den neueren Behräm. Ve-
rethra£an soll als adjectiv siegreich bedeuten, es ist ein
bei wort, welches Ahura, Qaoäjanp, Haoma und besonders
QraoSa erhält, der Superlativ veretbragan^tema findet sich
*) An letzterer stelle erklärt Sffjaoa vritrahanä mit 9atrfinS hantärä und
fügt bei: atra viitrahancabdena somo 'bhidhijate, pite hi sati some vritrSni
hantum indra: samartho bhavatiti jfivat.
390 Spiegel
auch von Zarathustra gebraucht. Im engen zusammenhange
mit dem eben angeführten worte steht värethraghni, sieg-
reich. Wenn die zuletzt erwähnten Wörter mit skr. vritra-
ban, vritrahantama sehr gut zusammenstimmen, so sind
doch gründe vorhanden, weiche uns hindern, die eränische
bedeutung „ siegreich tt aus der vedischen „feindetödtend*
abzuleiten. Die bedeutung feindschaft will nämlich für
verethrem nirgends passen, ebenso wenig wie feind, und von
den bedeutungen feind, feindschaft zu der des sieges zu
gelangen dürfte auch nicht leicht sein. Dazu kommt noch
das adjectivura verethravan siegbegabt, sieghaft, das ebenso
wenig von der grundbedeutung: mit feindschaft begabt aus-
gehen kann. Ueberhaupt ist auch vom Standpunkte der
iranischen sprachen aus nicht die geringste nöthigung vor-
handen, einen solchen bedeutungsübergang anzunehmen.
Das wort kommt von der wurzel vere abwehren, von wel-
cher auch häm-vereta tapfer, bewehrt und häm-veretis
tapferkeit abgeleitet werden mufs; nach meiner schon frü-
her ausgesprochenen ansieht hängt damit das neupersische
öß gnrd, held und ^ß grt|,dl5 tapferkeit zusammen.
Demnach wird man vom eränischen Standpunkte aus vere-
tbraghna, verethravan nicht als feindetödtend, mit feinden
begabt und daher siegreich auffassen dürfen, sondern viel-
mehr: mit sieghaftigkeit tödtend, so dafs verethra im in-
strumental stehend zu denken wäre. Diese fassung wird
Jp 10, 24 von der tradition für verethra-taurväo vorge-
schrieben, was dem vedischen vritratur entspricht.
Nachdem wir nun die Sachlage in den beiden arischen
sprachen dargestellt haben, kommen wir nun zu der frage,
wie wir uns die Verwandtschaft zwischen vritra und vere-
thra, vritraghna und verethraghna zu denken haben. Diese
Wörter entsprechen sich buchstabe für buchstabe und es
ist mir daher nicht wahrscheinlich, dafs ihre gleichheit
nur eine zufällige sei, ich nehme vielmehr an, dafs sie sich
schon in der arischen periode gebildet haben. Unsere auf-
gäbe wird nun sein, eine grundbedeutung für ihre Wörter
zu finden, aus welcher sich einerseits die bedeutung des
miscellen. 391
feindes im indischen, andererseits die des sieges im eräui-
schen entwickeln konnte. Diese glaube ich nun in der
adjecti vischen bedeutung des Wortes vritra gefunden zu
haben, welche in den Vedas noch deutlich- hervortritt.
Dafs mit der endung tra früher adjectiva gebildet wurden,
ist bekannt, ein ähnliches beispiel dürfte mitra sein, neben
ämatra; in den classischen sprachen hat L. Meyer ( vergl.
gramm. II, 3b2 fg.) auf vereinzelte beispiele dieser art wie
adulter, Xahiftgog hingewiesen. Aus der grund bedeutung
^abwehrend* konnten sich nun die bedeutungen „feindlich"
wie „siegend" entwickeln, je nachdem man sich als das
subject oder das object der handlung ansah. Bei dieser
erklärung versteht es sich von selbst, dafs dem worte ur-
sprünglich eine mythologische bedeutung nicht zukam und
ich glaube, dafs man mit der erklärung des Wortes schon
lange ins reine gekommen wäre, wenn man auf den my-
thologischen hintergedanken verzichtet hätte. Aber vere-
thra sollte nicht blos das indische wort vritra, es sollte
auch der dämon Vritra sein. Und doch braucht man nur
den Rigveda zu lesen, um zu erkennen, dafs wir zu dieser
forderung gar kein recht haben, dafs auch dort der name
Vritra für den erschlagenen dämon noch nicht feststeht,
sondern derselbe mit verschiedenen anderen namen benannt
wird, ich verweise hierüber auf Breals Untersuchungen.
Wenn man es wahrscheinlich machen kann, dafs der my-
thus, den die indischen religionsbücher von Vritra erzählen,
sich in dem weiteren kreise der indogermanischen my Uro-
logien in ziemlich sicheren spuren erhalten habe, so mufs
man dagegen gestehen, dafs die bemühungen auch den dä-
mon Vritra wiederzufinden, nicht sehr glücklich gewesen
sind. An das griechische 'Ogiigog habe ich selbst früher mit
M. Müller den namen anschliefsen wollen, bin aber seitdem
durch Potts gegen bemerkungen (et. forsch. II2, 1, p. 747 fg.)
davon zurückgekommen.
Erlangen. Fr. Spiegel.
392 Burda, miscellen.
Frä, fran, TtifinQtjfii.
Als grundbedeutung der worte frä, fran? welche den
worten wie <l^ccQprjg^ <I>a()Vüv%og etc. zu gründe liegen, haben
wir beitn V, 390 fg. den begriff des glänzens oder brennens
gefunden, ohne jedoch eine entsprechende wurzel in den
indogermanischen sprachen nachweisen zu können. Es
waren mir eben damals die griechischen Wörter wie ni^
fiQt]/Aij 7tQ7Jd-(o entgangen, welche auf dieselbe wurzel zu-
rückgehen dürften und über die man jetzt Pott et. forsch.
II, 2, p. 249 vergleichen kann.
Erlangen. Fr. Spiegel.
Ein beispiel der praesensstaminbildung mittels
ta im slavischen.
So häufig die praesensbildung mittels ta im litauischen
ist (s. Schleicher, lit. gramm., s. 246), so selten ist sie im
slavischen, wo sich nur kümmerliche spuren derselben er-
halten. Hier tritt überdies noch der umstand ein, dafs das
dement, welches nur zur praesensbildung dient, mit der
wurzel selbst bleibend verwächst.
Ein verbum dieser art ist nun rasti, rast$ (wachsen).
Was seine bedeutung betrifft, so ist es ein intransitivum
und stimmt darin also vollkommen mit dem litauischen
überein. Die wurzel ferner, von der es herkommt, ist ardh
(wachsen). Und diese wurzel ardh mit dem das praesens
bildenden Suffixe ta und der personalendung der III. sg. ti
gibt die grundforin ardh-ta-ti, woraus nach einem bekannten
lautgesetze zunächst ars-ta-ti und im slavischen vorläufig
*ars-te-tl entstanden ist.
Dabei mufs man sich erinnern, dafs der vocal von rasti
so zu sagen erstarrt, nicht mehr lebendig, d. h. einer be-
wegung innerhalb seiner vocalreihe nicht mehr fähig ist,
weil er immer nur als a erscheint, vergl. subst. rastü und
causat. rastiti. Erklärt wird diese erscheinung dadurch,
dafs im slavischen zwischen a und r in *ars-te-ti notwen-
diger weise eine metathesis eintrat und dafs gerade durch
diesen umstand der vocal a als a erhalten wurde, vgl. ka-
-ray mit ak-mu', vratiti mit vart^ti, aber prositi mit pra-
szyti. Dafs endlich t mit der ursprünglichen wurzel ardh
bleibend verwuchs und mit ihr so die secundäre wurzel
rast (aus arst) bildete, findet sein seitenstück im ahd. fleh-
tan. Wenzel Burda.
Burda, zum deutsch-preufs. vocabular. 393
Zum deutsch - preufsischen vocabular, von
Nesselmaun,
Wie der deutsche theil dieses Wörterbuches ftir die
deutsche Sprachforschung wichtig ist, so bietet wiederum
der preufsische dem forscher des litauischen und slavischen
manche interessante ausbeute. Ucbrigehs läfst sich die
richtige leseart nach des herausgebers eigenen worten in
der vorrede oft eben nur durch die vergleichung mit den
nächstverwandten sprachen festsetzen, was in manchen fäl-
len wohl noch leichter geworden wäre , wenn man durch
ein dem buche angehängtes facsimile sich einen klareren
begriff von der schrift machen könnte, als dies nach dem
in der vorrede erwähnten möglich ist. So ist leicht ein-
zusehen, dafs der preufsische theil nur gewinnen kann, wenn
er von der vergleichenden Sprachforschung recht benutzt
wird.
Die folgenden zeilen bringen nun als beitrag zum theile
vergleiche mit dem litauischen und slavischen, welche im
buche noch fehlen, zum theil haben sie auch den zweck,
zu einer genaueren Untersuchung der handschrift anzuregen
(s. unten bei keuto, musgeno und stranibo), indem sich
nur auf diesem doppelwege noch mancher gewinn aus dem
vocabular ziehen läfst. Nesselmann's litauisches Wörter-
buch sei der kürze halber hier mit Wbch, Miklosich's Le-
xicon palaeoslovenicum wieder mit Lex. bezeichnet; die
Ordnung aber, in welcher die Wörter besprochen werden,
ist die alphabetische.
Wenn man zwischen den lesearten ab-stocle und ab-
statten die wähl hat, so wird man sich aus etymologischen
gründen für cl statt tt entscheiden. Denn ab-stocle ist
wahrscheinlich durch das suffix cle (vergl. gur-cle = lit.
ger-kle) von jener wurzel gebildet, von der auch das wort
stogis (dach) kommt, nur ist statt *ab-stog-cle der aus-
spräche nach blos abstocle geschrieben. Auch ist nur alne
die einzig richtige leseart, weil bei N. 647 unter tyer
nicht das thier (animal) überhaupt, sondern wohl das „thier"
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 4. 26
394 Burda
der Jägersprache gemeint ist; mithin entspricht alne dem
lit. eln& (hindin, Wbch., s. 19) so genau als möglich. Bei
ane (altmutter) wäre eher das lat. anus anzufahren, da
dessen bedeutung befser pafst. Wenn arglobis den Schei-
tel bezeichnet, so braucht man noch nicht an glawo zu
denken; es läfst sich ja arg-lobis abtheilen, worauf lobis
dem altslov. lubü (calvaria, Lex.) gleich ist. Das wort
arwarbs (langbaum) stimmt bis auf das b zum lit. al-varas
(Langbauro, Wbch. s. 5), dessen zweiter theil nicht nur in
dem gleichbedeutenden p£r-varas (Wbch. s. 51), sondern
auch in dem böhmischen roz-vora (dass.) enthalten ist. Im
bezug auf assegis (barsch) liegt es näher, das wort mit
dem lit. ezegys (kaulbarscb, Wbch. s. 20) neben ezgys zu
vergleichen , indem preufsiscb ss darin dem lit. z so ent-
spricht wie in assaran neben lit. ezeras. Zugleich sei hier
noch erwähnt, dafis derselbe fisch (Acerina cernua) in eini-
gen gegenden Böhmens jezdik genannt wird, was nach den
lautgesetzen für *jezgik steht und dem lit. ezgys ziemlich
nahe kommt. Ferner ist attolaü, lit. atölas wohl mit dem
slavischen otava (grummet) zusammenzustellen. Klexto
(kehrwiscb) und das mit der praep. au = slav. u zusam-
mengesetzte au-klexto8 (oberkehricht) hangen sicherlich mit
dem lit. klastyti (spreu und staub vom getreide auf der
tenne abfegen, Wbch. 8. 217) zusammen, von dem auch
klastyklö (abfegebesen) und n&klastos (das abgefegte) ab-
stammen. Während dann brisgelan (zäum) dem slav. brüzda
(frenum, Lex.) ähnlich ist, hat broakay mit russisch brjucho
(bauch) nichts zu thun, sondern ist zum altslov. braöina
(sericae vestes, Lex.) zu ziehen. Sobald man weiter dago-
-angis in dago-augis verbessert, erhält man ein analogon
zum lit. vasar*augis (reis, sprols, Wbch. s. 55), mit dem
es im zweiten theile wurzelhaft identisch ist (vergl. aug-ti
wachsen) und der bedeutung nach zum ahd. sumar-lota
nebst dem slav. l&to-raslf. Dafs im altslov. dla-to (scal-
prum, Lex.) vor t ein b ausgefallen, wird durch das preu-
fsische dalp-tan bestätigt, besonders wenn man noch das
böhmische iterativ dlab-ati (ausmeifseln) dazu hält. Dongo
zum deutflch-prenfsischen vocabular. 395
(„refetf) wird man wohl mit recht zu d^ga (arcus, iris
Lex.) stellen können, weil dieses in den jüngeren slawi-
schen sprachen auch die fafsdaube bezeichnet und im be-
zug auf die lautliche form mit dem preufsischen worte
ganz zusammenfällt. Mit drimbis (schleier) vergleiche man
das lit. drimba in stal-drimba (tischtuch, Wbch. s. 497)
und mit geytye (brot, d. i. „lebensmittel") vielleicht das
slav. zito (frumentum, Lex.). Dafs gertoanax (habicht) in
gerto-anax abzutheilen ist, wird niemand bestreiten, aber
wohl auch die vermuthung nicht übel finden, dafs zur
erklär ung von anax kein neues wort zu suchen ist, weil
man mit der annähme ausreicht, dafs ein w ausgefallen
und *gerto-wanax zu lesen ist, was „hühnerhabicht" be-
deutet. So steht das wort in einem nicht zu übersehen-
den gegensatze zu spergla-wanag (s. unten). Die wurzel
von golis (tod) scheint zu der des lit. gil-tin&' (todesgöttin,
Wbch. s. 255) zu stimmen. Das slavische grübü, womit
grabis und garbs (berg) identisch ist, kann auch die be«-
deutung berg haben, wie unter anderem aus dem böhm.
pa-hrb-ek (kleiner berg, hügel) sich ersehen läfst; in wosi-
-grabis ( spillenbaum ) konnte dagegen das russische grabu
(hainbuche) stecken. Zu granstis (bohrer) pafst wohl das
lit. gramdyti (schrapen, kratzen, Wbch. 8.266), wovon
grämdykle (trogschrape, kurzes krummes eisen, womit man
teig vom backtroge abkratzt) kommt; mit mehr Wahr-
scheinlichkeit wird jedoch zu kalpus (rungenstock) das lit*
kalpa (querstück, in welches die rungenstücke gefügt wer-
den, Wbch. 8. 174) zu ziehen sein. Bei kanowe (tonne)
l&fst sich an das böhmische konev (kanne), bei woytis in
caria-woytis (heerschau) an das altslov. väste (für *v£tje,
senatus, consilium, Lex.) denken. Stimmt ferner kexti
(zopfhaar) schön zum böhmischen kstice (caesaries, wäre
altslov. *ku£tica), so findet wiederum kekulis (badelaken)
seine verwandten im lit. kiklikas (leibchen ohne schöfse,
Wbch. 8. 199), dem altslov. cechlü (velamen, Lex.) und
dem böhm. öechlik, welches auch badetuch bedeuten kann.
Obwohl Nesselmann bei kentaris sagt, dafs man dieses
26*
396 Burda
wort in der handschrift eher keutaris lesen würde, dafs eu
aber sonst nicht vorkomme, so mufs dennoch statt kento
entschieden keuto (haut) gelesen werden, weil diesem worte
im litauischen kiautas (weiche haut an verschiedenen fruch-
ten, Wbch. s. 189) entspricht. Ist nun eu dadurch eini-
germafsen sichergestellt, so wird auch keutaris, das die
handschrift bietet, wahrscheinlich die richtige lesart sein. }
Aus keuto, welches man nach dem lit. kiautas neben lat. j
cutis etwa wie kiüto auszusprechen sich versucht fühlt, <
könnte man vielleicht schliefsen, dafs erweichte consonan-
ten dem dialecte des vocabulars wenigstens theilweise nicht
fremd waren (vgl. auch geauris, teausis oder teansis, schu-
wikis = lit. siuvikas), doch fällt wieder caune neben lit.
kiaune auf. Ob die Zusammenstellung von kerko (taucher)
mit dem böhm. kfechar (dass.) angeht oder nicht, sei da-
hingestellt; kiosi (becher) ist aber gewifs das altslov. caäa
(poculum, Lex.), mag man sich das preufsische wort in
litauischem gewande als *kiase oder *kiöse denken. Kisses
(pelz), der form nach wahrscheinlich ein nom. plur. fem.,
könnte zum altslov. koza (pellis) und kozuchü (vestis pel-
licea, Lex.) gehören. Denn ss für z kommt öfter vor, und
wenn man zu slav. o im preufsi sehen vielleicht ein a er-
warten würde, so vergleiche man wieder wirds aus dem
katechi8mus mit lit. värdas. Ein plurale tantum von einem
worte, das im sing, feil bedeutet, wäre zur bezeichnung
des pelzes nicht gar so unpassend. Wegen des consonan-
ten *8 ist wohl die vergleichung von kirsnan (schwarz) mit
dem altslov. erünü (niger, Lex.) etwas bedenklich, unbe-
streitbar scheint hingegen der Zusammenhang des wortes
knaistis (angebranntes scheit) mit dem altslov. gnetiti (ac-
cendere Lex.). In coestue (bürste) und coysnis (kämm)
erscheinen ableitungen von einer wurzel kas, von der im
litauischen kas-tuvas ( Striegel, Wbch. 8. 184) herrührt.
Neben dem suffixe tuva-s besitzt das litauische auch tuvö
(s. Schleicher, lit. gramm. s. 117), so dafs coes-tue einem
lit. *kas~tuve entsprechen würde. Im slavischcn lautet aber
dieselbe wurzel ces für *kes, und stammen von ihr böhm.
zum deutsch-preufsischen vocabular. $97
ces-adlo (kämm; Striegel), altsl. ces-lu (pecten, Lex.) und
slovakisch cesen, gen. cesne (kämm), womit das preufsische
coysnis grofse ähnlichkeit hat. Krixtieno (erdschwalbe)
gehört zum lit. kr^gzde (schwalbe; auch Uferschwalbe Wbch.
s. 225); kristionisto (Christenheit; so und nicht kristiomsto
ist zu lesen) dagegen entspricht dem lit. krikszczonyste
(dass., Wbch. s. 228) bis auf den umstand, dafs dort das
suffix isto = altlit. ysta (s. Schleicher, lit. grarain. s. 118
anm.), hier yste vorliegt. Läfst die Übereinstimmung zwi-
schen kumetis (bauer), lit. kümetys und slav. kmett, wel-
ches letztere in den slavischen sprachen noch jetzt bauer
bedeutet (s. Lex. unter kmeti) oder ehemals bedeutete,
nichts zu wünschen übrig, so könnte die vergleichung von
lagno (leber) mit skr. jakan zweifelhaft erscheinen. Doch
erwäge man wegen 1 preufsisch luriay neben lit. jür&s, dann
lit. jeknos (leber, Wbch. 8. 38) neben skr. jakan, und we-
gen g statt k z. b. preufs. sagnis (wurzel) neben lit. szaknis
(dass.). Dafs ferner laitian (wurst) etwas an das böhmi-
sche jelito (blut wurst) erinnert, ist nicht so interessant als
das wort larga-seraytan (steigbügelriemen). So wie es ge-
schrieben steht, scheint es nicht sehr klar zu sein; sobald
man indessen eine Versetzung des g zuläßt und *lara-ser-
gaytan liest, gewinnt man gleich einen einblick in die ety-
mologie. Während nämlich der erste theil *lara einen an-
klang an das lat. lörum verräth*), ist *sergaytan unstrei-
tig dem lit. zerg-ti (auf das pferd steigen, Wbch. s. 544)
zur seite zu stellen. Daraus .ergibt sich nun als bedeu-
tung von *lara-sergaytan etwa „riemensteige4*, was dem
deutschen sticledder ganz gut entspricht, nur dafs die Stel-
lung der einander in der bedeutung entsprechenden be-
standtheile eine andere ist. Das preufs. lonix (stier) läfst
sich mit dem slav. lono (pudenda Lex.) recht gut vereini-
gen, wogegen luckis (scheit) zum böhm. louc (ou ist deh-
nung von u) in der bedeutung von fackel, span passen
*) Zu berücksichtigen bleibt jedoch, dafs lortihi für Morum steht (s.
Corssen ausspr. I9, 812). J. S.
398 Burda
würde. Dann kann auch mandiwelis (quirnestab) wobl
nicht vom polnischen m^tew, böhm. moutev (quirl) getrennt
werden. Merkwürdig ist weiter die Übereinstimmung zwischen
panno (feuer) einerseits und dem got. fon, funan- (feuer)
andererseits. Hält man zu staclan in pann-staclan (feuer-
eisen) auch das ahd. stahal (stahl, h = urspr. k), so ge-
winnt dieses altpreuisische compositum nur um so mehr
interesse für das deutsche Gibt man hernach zu, dafs in
pa-ssortis (schürstange) das ss wie in assaran und ezeras
einem lit. & entsprechen kann, so ist die Zusammenstellung
dieses wortes mit dem lit. z£r-ti, zar-styti (schüren, Wbch.
s. 544) zulässig und würde es im litauischen etwa *pa-
-zartis lauten. Ob auch pa-ssupres („ase") unter gleicher
Voraussetzung sich mit dem lit. zuber-klas (lange Stange
mit eisernen spitzen zum aalstechen, Wbch. s. 550) verein-
baren läfst, ist nicht leicht auszumachen. Was dann pasto
und pasto wis (webe und laken) betrifft, so leuchtet aus
dem slav. postav (linteum, pannus, s. Lex. unter postavü)
wohl ein, dafs an eine leseart pascowis nicht zu denken
ist. Zweifelhaft ist es vielleicht, bei pele (weihe) an das
altslov. piljukü (milvus, Lex.) zu denken, wogegen die ver-
gleichung von perwios (estrich der tenne) mit lit. pürvas
(koth, Wbch. 8. 299) deshalb sicherer zu sein scheint, weil
der feste tennenboden aus lehm besteht. Der zweite theil
von piwa-maltan (malz) zeigt einige ähnlichkeit in der laut-
lichen form mit dem böhm. mlato (treber, durch metathe-
sis aus *malto), wofern er nicht aus dem deutschen ent-
lehnt ist. Roaban (gestreift) ist wohl nichts anderes als
das lit. raibas (buntsprenkelig, Wbch s. 431), weil preufs.
oa = lit. ai sein kann, wie moasis (blasebalg) neben lit.
mäiszas (sack) zeigt Dafs saltan (speck) zum russischen
salo (fett) gehört, sieht man noch befser ein, wenn man
sich die polnische form dieses wortes sadlo vergegenwär-
tigt. Salus (regenbach) dürfte einer würzet sal (sich be-
wegen) entsprofsen sein, von der auch skr« salil&m (wasser)
herstammt, so dafs die eigentliche bedeutung von salus
nur wafser, speciell regenwafser wäre. Zu sardis (zäun)
zum detitsch -preuf Bischen vocabular. 399
stelle man das lit. zardas (gerüste von holz, Wbcb. s. 539),
8ari (glut) stimmt nicht allein zum lit. zarlja (glühende
kohle), sondern auch zum slav. zarja und zoija (splendor,
Lex.), während schokis (gras) doch wohl mit dem lit. see'-
kas (frisch gemähtes gras zum füttern, Wbch. s. 514) iden-
tisch ist. Preufsisch o und lit. e finden sich auch in pa-
-towelis (Stiefvater) und lit. pa-te'vis, auffallender ist seh
neben lit sz. Durch die etymologie wird ferner die leseart
schumeno (draht) festgestellt, indem dieses wort bei no. 507
den draht des Schuhmachers bezeichnet und als solches
ohne zweifei von der würzet schu = lit. siu durch das
suffix meno = urspr. manä (vgl. auch lit. mene) abgeleitet
ist. Seamis (winterkorn) gehört auf jeden fall nur zu semo
(winter), wie aus dem böhm. o-zime zito (winterkorn, wäre
altsl. *o-zimoje zito), o-zimä psenice (winterweizen, wäre
altsl. *o-zimaja piäenica) und o-zim fem. (wintergetreide,
wäre altsl. *o-zimi) zur genüge hervorgeht. Mit seese
(amsel) vergleiche man das lit. szesze oder szezö (dass.
Wbch. 8. 516 und 517), mit seydis (wand) das altslov. zidü
(murus, Lex.) und mit sidis (hartriegel) endlich das böhm.
svid, womit der rothe hartriegel, Cornus sanguinea, be-
zeichnet wird. Das suffix von seweynis (saustall) entspricht
dem lit. fnas wie in angynas (natternnest), sew hingegen
ist wohl durch Spaltung von u eines Stammes *su (vergl.
su-8, av-g) entstanden, wie es auch in dem lettischen suv-
-6n8 oder siv-ens (ferkel) geschehen ist. Interessant ist
auch das Verhältnis von scabre (fisch zärthe), wenn so
richtig gelesen ist, zu dem lit. zabrys (Wbch. 8. 536) oder
zobrys und zobras (Wbch. s. 550), welches den nämlichen
fisch bezeichnet. Skerptus (rüsterbaum) erkennt man in
dem lit. skirpstüs (rothbuche, Wbch. s. 478) wieder, scri-
tayle (radfeige) zeigt aber eine Weiterbildung des lit. skrl-
tas oder skrftas (die feigen, Wbch. 8. 482) und slaune
(arme der Vorderachse des wagens) mit slaunis nebst dem
lit. szlaünis (hüfte, Oberschenkel) stimmen sehr schön zu
skr. erönis und altbaktr. craonis (hüfte)« Denn die sans-
kritwurzel $ru erscheint hier regelrecht als slu im letti-
400 Burda
sehen und preufsischen, als szlu dagegen im litauischen
wie auch die bekanntere gleichlautende pru (hören). Wenn
man ferner slidenikis (leithund) neben das slav. sledü (spur)
und das davon stammende verbum slediti (spüren, Lex.)
stellt, so möchte man an entlehnung aus dem sl aviseben
denken, weil jenes wort genaueinem slav. *sledinikü gleich
ist. Das böhmische slidnik bezeichnet einen spürhund.
Weiter unten entspricht smoy (mann) doch wohl nur
dem altlitauischen zmu (mensch, Wbch. s. 553) und mit
ihm dann dem got. guma und lat. homo. Wenn es auch
wenig Wahrscheinlichkeit für sich haben sollte, dafs smorde
(faulbaum) mit dem lit. smlrdas (gestank) und smardvö
(unfläthigkeit, Wbch. s. 469) zusammenhängt, so ist hin-
* gegen an der richtigkeit der leseart spaustan statt span-
stan (mühlwinde) nicht zu zweifeln, weil sich im litaui-
schen spauda und spaus-tüv6 (kelter, presse, Wbch. s.492)
findet. Erinnert man sich an das vorgeschlagene *gerto-
wanax statt des vorkommenden gerto.-anax, so wird man
in spergla-wanag (sperber), was den ersten theil an-
betrifft, mit leichtigkeit den sperling, spurglis, erkennen,
so dafs dieses zusammengesetzte wort nur „sperlingsha-
bichtu bedeutet, was wiederum auch ein beweis ist, dafs
oben wirklich nur *gerto-wanax gelesen werden mufs. Mit-
hin heifsen diese zwei raubvögel „ hühnerhabicht u und
„Sperlingshabicht", und das letztere findet sein seitenstöck
in der deutschen benennung desselben vogels ahd. sparwäri
aus sparo, got. sparva (sperling). Wegen e und u in
spergla- und spurglis vergleiche man gurcle mit lit. gerkle';
dafs aber g im preufsischen worte kein blofser einschub
ist, beweist z. b. die deutsche dialectische form „sperktf.
Statt stabs (schöps) wäre vielleicht *scabs zu lesen, weil
es so zum slavischen *skopü passen würde, von dem das
* deminutiv altslov. skopici (der verschnittene), böhm. skopec
(schöps) kommt, vgl. auch skopiti (evirare, Lex.). Wenn
man nach der vorrede oft nicht weifs, ob man m oder ni
zu lesen hat, so könnte auch strambo (stoppeln) vielleicht
in *stran-ibo verändert werden. Das suffix *ibo gehörte
zum deutsch-preufsischen vocabular. 401
dann nebst be in pagonbe (heidenschaft) zum lit. yba, ybfc
(s. Schleicher, lit. gramm. 8. 128, 129), *8tran aber würde
sich durch das slav. strüni (stipula, Lex. ; böhm. strn-iste
( Stoppel und Stoppelfeld) recht gut erklären. Es scheint
aber, dafs *stran aus einem älteren *starn umgestellt ist,
für welchen Vorgang sich im vocabular noch andere bei-
spiele auffinden lassen. Und selbst wenn nur strambo ge-
lesen werden sollte, so stünde dies der vergleichung mit
strüni nicht im wege, weil n vor b sehr leicht zu m wird,
so dafs also strambo sich aus *stran-bo erklären würde.
Mit strigeno (gehirn) kann slav. strüzem (medulla, Lex.)
verglichen werden, und wenn man *scurdis statt des an-
gegebenen sturdis liest, was ja nach der handschrift auch
möglich wäre, so tritt die Verwandtschaft mit dem altslov.
o-skrüdü (instrmnentum lapicidae, Lex.), böhm. o-skrd
(mühleisen, bille, spitzhammer) hervor. Während ferner
suppis (dämm) sich leicht mit dem slav. süpü im altslov. .
na-süpü (Lex.), serb. na-sap, böhm. na-sep (beide: agger)
vergleicht, scheint sutristio (molken) ein überflüssiges t zu
enthalten, wie vielleicht das slav. syriste (coagulum, Lex.)
und auch das böhm. syr-ovätka (molken) zeigt. Deutlich
ist der Zusammenhang von sweriapis mit dem poln. swier-
zepa (stute, Lex. unter sverepü) und dem altböhm. sverep-
-ice (stute), wenn das preufsische wort nicht gar selbst
slavischen Ursprunges ist. Bei tallokinikis (freier), wozu
lit. talkä (8. Wbch. s. 88) das Stammwort bietet, wird auch
das slav. tlaka anzuführen sein, obwohl es mit freiwilliger
arbeit nichts zu thun hat, sondern frohndienst bedeutet.
Trotzdem verhält sich talkä zu tlaka wie etwa valdyti zu
vlad-ati. So wie sich talus (boden) zum slav. tilo (pavi-
mentum, Lex.) und skr. tala (solum) stellt, so ist tarkne
(bindriemen) zum slav. trakü (fascia, Lex.) und trupis (klotz)
zu trüpu (truncus, Lex.) zu ziehen. In tunclis (rade), wo-
fern nicht *cunclis zu lesen ist, läfst sich das slav. kakoli
(nigella, Lex.), böhm. koukol (kornrade) und lit. kükalas
(dass. Wbch. 8. 207) nicht verkennen. Wäre dann die
leseart *cussis statt tussis (mücke) erlaubt, so könnte das
402 Burda
Kt. kiuzu, kiu£ti (wimmeln, kribbeln, Wbch. 8. 214) herbei-
gezogen werden. Berechtigter ist jedoch die Zusammen-
stellung von welgen (schnupfen) mit slav. vlügü-kü (bumi-
dus, Lex.) und lit. vilgyti (anfeuchten, Wbch. 8. 79), ebenso
die von winsus (hals) mit dem böhm. vaz (genick). Denn
hält man das russ. vjaziga (rückensehne des Störs) und das
altsloven. v$ziga (nervus piscium, Lex.) dazu, so erscbüefst
man aus dem böhm. vaz ein altsl. *v$zü, da einem altslov.
q im russischen regelmäfsig ja, im böhmischen oft ein a
entspricht, wie z, b. auch in svaty = altsl. sv^tyj. Statt
des angegebenen vimino (ulme) im vocabular etwa *wincsno
oder *winxno zu lesen, geht wohl nicht an, obgleich es
auf diese weise zum lit. vinkszna (ulme, Wbch. s. 81) pas-
sen würde. Auch russisch vjazü (eine ulmenart), böhm.
vaz (ulme) lassen ein ähnlich lautendes altslov. *vqzü er-
schließen. Woapis (färbe) ist das altslov. vapü (color,
Lex«), wolti (ähre) aber genau das lit. valtis (haferrispe,
Wbch. s. 49), serbisch vlat (arista, Lex. unter vlatü) und
nach verlust des anlautenden v das neuslov. lat und böhm,
lat oder latka (rispe), während wuysis („wacker") wohl
mit dem böhm. vyz-el (spürbund; hühnerhund) zusammen-
zustellen ist, da preufs. uy einem elav. y entsprechen kann,
wie z. b. luysis (luchs) und slav. rysi (dass.) zeigt.
Nachträglich müssen zwei oben übergegangene Wör-
ter erst hier erwähnt werden. Weil ro in grobis (darin)
auch wohl aus or umgestellt sein kann, so läist sich die
lautliche ähnlicbkeit von grobis mit skr. garbhas (uterus)
nicht übersehen. Zur Vermittlung der bedeutung beider
Wörter kann aber altslav. crevo dienen. Dieses bedeutet
nämlich wie garbhas im sanskrit „uterus", allein das ge-
nau entsprechende böhmische wort stfevo hat schon die
bedeutung „dann, gedärme" angenommen. Wie sich da-
her die functionen von ör£vo (uterus) und stfevo (darm)
zu einander verhalten, so hat man auch zwischen garbhas
und grobis denselben Wechsel der bedeutungen. In dem
worte scebelis (haar) ist allem anscheine nach sceb die
wurzel, elis dagegen suffix, so dafs bei der vergleichung
zum deutsch -preufsischen vocabular. 403
nur jene in betracht kommt. Für sc darf man nun in
einem verwandten gotischen worte ebenfalls sk, für b wie*
derum b oder auch p erwarten, die aber nach dem be-
kannten lautgesetze vor einem folgenden t ohne unterschied
in f übergehen. Unter dieser Voraussetzung darf man da-
her sceh-elis wohl mit dem got. skuft (haupthaar) zusam-
menstellen.
Zum Schlüsse mögen noch folgende drei bemerkungen
hier stehen.
a) Aus den im buche gegebenen lesearten lalasso
(lachs), wolistian (zicklein) und czilix (zeisig) liefse sich
vielleicht vermnthen, dafs die handschrift hier ein dem 1
ähnliches f, d. i. s aufweist und jene Wörter daher als la-
fasso, wofistian und czifix zu lesen sind. Dadurch würde
das letzte wort so ziemlich mit altsl. cizikü (acanthis, Lex.),
böhm. cizek (zeisig) übereinstimmen. Aufserdem scheint
noch ein wort für diese vermuthung zu sprechen, nämlich
mulgeno (mark) wie Nesselmann liest. Nimmt man aber
eine leseart mulgeno an, so läfst sich das altslov. mozgü
(medulla, Lex.) vergleichen. Will man gar lit. smagena
(mark, Wbch. s. 486) herbeiziehen, so müfste man dazu
noch eine Versetzung dieses f möglich finden. • Doch wie dem
auch immer sein mag, auf jeden fall wäre es der mühe
werth, die handschrift in dieser hinsieht zu untersuchen.
b) Wenn Nesselmann in der vorrede auf s. 7 die mei«-
nung ausspricht, dafs die auf n ausgehenden Wörter des
vocabulars als ursprüngliche accus ativ formen aufzufassen
sind, so kann man ihm darin nicht ganz beipflichten. Se*
men (samen) z. b. dürfte als nom. und acc. sing, wohl
schwerlich anders lauten , besonders wenn man lat. seinen
und altslov. söm^ dazu hält. Selbst in pirsten (finger) liegt
wahrscheinlich ein stamm auf en vor; man vergleiche den
ohne zweifei von einem consonantischen stamme herrüh-
renden altsl. gen. sg. prüst-en-e, trotzdem dafs dieser stamm
schon fingerring bedeutet. Was welgen betrifft, so kann
dieses wort mittels des Suffixes en von einem adjeetiv ab-
geleitet sein (vergl. altsl. /vlügu in vlügukü), wie das lit.
404 Burda
maz-en von mäzas (klein) in der redensart isz maz&ns (von
kindheit an, Wbch. 8. 386). Docb könnte jemand einwen-
den, dafs die Wörter auf en im voeabular nur die minder-
zahl bilden, während solche auf an ziemlich häufig vor-
kommen. Aber auch da ist kein zwingender grund vor-
handen, an in allen fällen för den ausgang des acc. sing,
zu nehmen. Wie leicht zu vermuthen, haben wir es mit
a-stämmen zu thun, und diese bilden den acc. sing., wie
bekannt, ursprünglich mittels m. Das casussuffix m ist
nun im altpreufsischen noch als n erhalten; wie aber sollte
nach dieser analogie der nora. sing, eines neutralen a-stam-
mes im altpreufsischen gelautet haben, wenn schon in spra-
chen, die masc. und neutr. an den a- stammen beim Sub-
stantiv und adjektiv noch gut unterscheiden, der acc. sing,
masc. und der nom. sing, neutr. vollständig zusammenfallen
(vgl. Xvxuv und Swqov, lupum und donum)? Mit recht kann
man allerdings voraussetzen, dafs uns das voeabular die
einzelnen Wörter im nom. vorführt; gehört jedoch der aus-
gang is in den weitaus meisten fällen dem nom. 8g. eines
männlichen a-stammes an, so folgt doch aus diesem um-
stände allein noch nicht mit noth wendigkeit, dafs der aus-
gang an immer und überall der des acc. sing, eben solcher
stamme sein mufs. Wir können vielmehr wenigstens in
einigen der Wörter auf an auch beispiele eines nom. sing,
neutraler a-stämme erblicken, worauf wohl auch schon die
vergleichüng einiger von ihnen mit denen des slavischen
führen dürfte. Denn nur das slavische kann unter den
am meisten verwandten sprachen hier zunächst in betracht
gezogen werden, weil das litauische und lettische trotz
ihre* näheren Verwandtschaft mit dem altpreufsischen kei-
nen ausschlag geben, indem sie jetzt am substantivum kein
neutrum mehr unterscheiden. Man vergleiche also assaran
mit slav.jezero, creslan mit poln. krzeslo, kelan mit kolo,
prassan mit proso, mestaa mit mesto, lunkan mit lyko,
saltan mit poln. sadto, staytan vielleicht mit lat. scutum.
Wie dalp-tan neben dla-to steht, so scheinen auch andere
Wörter mit demselben suffixe gebildet zu sein, als piwa-
zum deutsch -preufsischen vocabular. 405
-maltan neben böbm. inläto, ebenso meltan und spaustan.
Zum suffixe tuan in schu-tuan (zwirn) pafst altslov. tvo =
urspr. tvam in tvori-tvo (qualitas, Lex.), indem es vom
infinitivstamme tvori so abgeleitet ist wie schutuan von
schu = lit. siu. Dafs die Wörter auf ian, welche das junge
bezeichnen, neutra sein können, ist leicht zu begreifen,
auch läist sich vielleicht maldian (füllen) im bezug auf den
ausgang ian mit dem griech. iov in ncudiov vereinigen.
Ob ferner bei den namen auf istian als eristian, wosistian
(nebst den daraus verstümmelten) eben dieses istian zum
lit. yksztis wie in varnyksztis (junger rabe, Wbch. s. 54)
oder dem griech. taxo in vsaviaxog, besser vielleicht einem
erweiterten anzunehmenden *veaviüxiov , gehört, läfst sich
für jetzt noch nicht mit Sicherheit bestimmen; dafs sie
aber neutra sind, ist wahrscheinlich. Wird ferner in allen
indogermanischen sprachen das neutrum eines adjectivs oft
substantivisch gebraucht, so könnte in no. 460 — 468 bei
den farbennamen ein ähnlicher fall vorliegen. Den balti-<
sehen sprachen, mithin auch dem altpreufsischen, war, wie
jedermann zugeben wird, das neutrum beim substantivum
ursprünglich so gut eigen wie jetzt noch dem slavischen«
Hätte uns daher das vocabular aus dem anfange des 15. Jahr-
hunderts einige, vielleicht nur diabetische spuren davon
bewahrt) so wäre ein solcher fall nicht gar so unglaub-
lich. Müfste man z. b. swetan (weit) für ein neutrum hal-
ten, so kann dies nicht auffallen; denn ist svetü im slavi-
schen ein ma8culinum, so ist im katechismus switai wie-
derum ein femininum.
c) Ueber das dunkle wort rikisnan (rücken) möge hier
noch eine vermuthung platz finden. Da schwerlich jemand
glauben wird, es sei aus dem deutschen entlehnt, so wird
man wohl eine andere erklärung versuchen müssen. Be-
kanntlich bedeutet das altslov. zadü, welches mit der prä-
position za (hinter) zusammenhängt, nicht blos pars po-
stica sondern auch dorsum, welches letztere sicherlich nicht
die ursprüngliche bedeutung ist. Nach diesem beispiele
wäre es daher nicht unpassend, in rikisnan eine wurzel
406 Burda, zum dentsch-preufslschen vocabular.
von der bedeutung „hinten, rückwärts" zu vermuthen.
Eine solche scheint denn auch das lat. re, re-d (vgl. pro,
pro-d), re-tro zu sein, und dafs von einer partikel mittels
des Suffixes ka ein nomen abgeleitet werden kann, beweist
z. b. skr. adhi-ka von ädhi. Ein stamm *ri-ka im altpreu-
fsischen ist daher wenigstens denkbar; es geht aber ans
skr. garas neben garä noch weiter hervor, wie einem vo-
kalischen stamme auch ein solcher auf as zur seite stehen
kann, so dafs ein *ri-ka und *ri-k-is (über preufs. i vergl.
krixtieno mit lit. kregzd6) doch nicht so ohne alle analo-
gie sind. Dann vergl. man das altslov. loz-es-ino (uterus)
neben loze (uterus, Lex.), woran man sieht, wie ein stamm
*loz-e8 durch ein suffix ino = urspr. ina weitergebildet
worden ist. Ein i aber kann im altpreufsischen bisweilen
auch unterdrückt werden, wie meine (blauer Striemen) ne-
ben lit. mö'linö zeigt. Daher enthält rikisnan in isnan eine
ähnliche Weiterbildung wie das altslov. lozesino in esmo,
die bedeutung hingegen wäre ursprünglich „das hintere*,
und dann speciell „der rücken".
Einen analogen fall der erweiterung zeigt auch das
altböhmische wort ritesne (nates; es ist nom. dualis), wozu
der nom. sing, entweder *ritesno oder *ritesna sein könnte.
Ein böhmisches *ritesno müfste nun im altslovenischen etwa
*ritesino lauten und würde sich zu dem wirklich vorkom-
menden ritt (podex, Lex.) beinahe so verhalten wie loze-
sino zu loze. Man übersehe auch nicht die lautliche ähn-
lichkeit zwischen *ritesino und rikisnan. Während endlich
zadü beide bedeutungen: hintertheil und rücken, in sich
vereinigt, hätte man im altböhm. ritesne (nates) die erste,
im altpreufs. rikisnan (rücken) aber die zweite bedeutung.
Erst nach Vollendung dieser zeilen fiel mir die Über-
einstimmung zwischen dem lit. kosö'rö (luftröhre) und dem
preufs. tosy (kehle) in laut und bedeutung auf. Zu kos&'rg
(Wbch. s. 205; bemerkt Nesselmann, dafs statt dessen ge-
wöhnlich stemplö gebraucht werde, und führt beim letzte«
ren worte (Wbch. s. 500) „kehle, luftröhre" als erste be-
deutung an. Die ähnlichkeit ist wohl noch größer, wenn
Christ, Visucius Mercurius. " 407
man bedenkt, dafs kosfc're auch mittels eines secundären
re = urspr. rjä aus einem einfachen älteren *kose' weiter-
gebildet sein kann. Etwas ähnliches zeigt z. b. mus6l&'
( fliege y Schleicher lit. gramm. s. 114) neben muse', ferner
lit. utele (laus) neben lett. ute und uts (dass., letzteres ein
i-stamqi uti). So .ist im litauischen ein altes *kose' auch
möglich und stimmt mit dem preufs. tosy ziemlich über-
ein. Ueber t im preufsischen vergleiche man z. b. tuylis
mit lit. kuitys, turpelis und lit. kurpalius. Ja man weifs
solchen fallen gegenüber oft gar nicht, ob das preufs. t
auf einer falschen leseart beruht oder ob es seinen Ur-
sprung einem eigenthümlichen lautgesetze verdankt, und
dies ist auch oben überall festzuhalten, wo ein c für t vor-
geschlagen wurde.
Wenzel Burda.
Visucius Mercurius,
ein beitrag zur geschichte der lateinischen assibilation auf
gallischem boden.
*
In der sequanischen Stadt Visontio, später auch Be*
santium u. 8. w. genannt, fand sich früher ein stein dem
Mercurius Vesuccius, dem Apoll und der Minerva geweiht;
eine götterdreiheit der musik und erfindung, die auch sonst
in keltischen ländern vorkommt *), nur dafs die allgemeine
lateinische bezeichnung „Mercurius" nicht durch hinzufü-
gung eines specielleren gallischen namens individualisiert
erscheint, wie in unserem falle. Die genannte inschrift
steht bei de Wal „mythol." p. 201 f. und 208 f., wo er zu-
gleich den Vesontius einer andern nach Orelli 2064 mit
recht fQr gefälscht hält.
*) So zu Stettfeld im Badischen auf einem zu Karlsruhe aufgestellten,
bei Brambach „ Baden unter römischer herrschaft " abgebildeten relief ; —
andere erwähnt Lersch in den Bonner Jahrbüchern IX s. 66.
408 Christ
Der lokalgott Vesontio's wurde jedoch nicht allein in
seiner heimath, sondern auch weit davon am Neckar ver-
ehrt, und zwar nicht von ihre garnison oft wechselnden
Soldaten, sondern meist von einheimischen beamten der ci~
vitates des grenzlandes. Dies ist der fall zu Köngen am
obern Neckar, wo das götterpaar Merourius Visucius und
sancta *) Visucia sich zeigt (Brambach 1581). Desglei-
chen auf dem heiligen berge bei Heidelberg, wo aber der
römisch-keltische doppelname des gottes unter aufgäbe sei«
ner römischen identiiicierung zu blofsem Visucius verein-
facht ist (Brambach 1704), bei Hockenheim, gegenüber
Speier, dagegen wieder in der widmung VISVCIO MER-
CVRIO (Brambach 1696) erscheint. — Trotzdem nun,
dafs die abstammung des besprochenen beinamens klar
vorliegt, so wurden doch schon andere gänzlich unhaltbare
deutungen versucht; so vergliche man z. b. die personen-
namen Esuggius, Isugius (bei de Wal p. 200 f.), die ganz
anderen Stammes sind! Dagegen könnte man wohl auf den
namen des Busses Vezouse bei Lüneville hinweisen, der
um 800 Vizuzia hiefs; desgleichen auf die in Vesunna
(Perigueux) selbst, wie auch in Italien auftretende gott-
heit Vesuna.
Dafs und* auf welche weise aber der Vesucius oder
Visucius aus dem namen der Stadt entstanden, ist bereits
1819 von Schmidt „gesch. d. grofsherz. Hessen" II s. 399
angedeutet und auf die analogie der Brittones Triputienses
verwiesen, deren namen auf ein Tripontium oder vielmehr
auf eine nebenform Tripuntium zurückgeht**). Zur wei-
*) Dafür ist sacta geschrieben, sodafs also hier der gutturale nasal, das
sogenannte n adulterinum , gar nicht schriftlich ausgedrückt ist, wie öfters
(s. Corssen s. 261; Schuchardt vokalismus des Vulgärlateins III s. 58). Vgl.
die Schreibungen conjux, conjunx und conjuncx.
**) Ein italienischer ort dieses namens führt wirklich inschriftlich beide
namensformen (s. Henzen p. 20 indicis). (In Italien liegt auch ein Visen-
tinm!) — Welcher ort aber als heimath jeuer Brittonen anzusehen sei, ist
schwer zu bestimmen. Lersch vermuthet in den Bonner Jahrbüchern IX
s. 69 f., derselbe sei in der Bretagne zu suchen und die bisherige annähme,
in England wäre ein Tripontium gelegen, sei unrichtig, daselbst wäre nur
ein Trimontium oder Trimuntium gewesen.
Visueius Mercorius. 409
tern erklärung des sprachlichen Vorgangs wollen wir jedoch
hier auf Corssens jüngst erschienene zweite aufläge seiner
lateinischen ausspräche u. s. w. verweisen. Derselbe ver-
breitet sich s. 50 — 67 mit nachtragen aufs. 794 f. ausführ-
lich ober die assibilation des -ti und -cd mit folgendem
vokal zu schliefslichem -si, einen Vorgang, den er gegen
Schuchardt, namentlich auf gallischem boden, doch etwas
zu jung taxiert, wenn er sein eintreten hier ins sechste bis
siebente Jahrhundert rückt, während er sich in Afrika schon
im 3. jahrh. n. Chr. entwickelt haben soll*). — Die ge-
nannten Visucius-inschriften Südwest-Deutschlands fallen
aber auch nicht später als in das 3. jabrh. — In ihnen ist
aber bereits die assibilierung ersichtlich, die sich im heu-
tigen „Besanpon" zeigt, worin sie, wie im französischen
überhaupt, bis zum blofsen scharfen Zischlaute s (9) fortge-
schritten ist. In „Besantiontf nämlich wurde die endung
erst zu -tsjon, dann weiter zu -tson, endlich -6on assibi-
liert. Die n wurden auf die dadurch nasalierten vokale
übertragen und nur für die schrift erhalten, während im
Mercurius Visucius der nasalierte vokal vollständig unbe»
zeichnet erscheint, weil die lateinische spräche kein mittel
zu seiner bezeichnung hatte. (Ueber den auefall des n vor
s, t und d vergl. Corssen s. 251 — 259.) Dafs der nasal
aber schon damals wie jetzt noch gehört wurde, beweist
die Unbestimmtheit des im namen jener Stadt dem n des
Stammes vorausgehenden vokals, der zwischen a, o und u
schwankt: „Besantio, Vesontio, Visuntium", weil er eben
durch nasalierung unter aufgäbe des folgenden n- lautes
verdumpft wurde. — Dasselbe sehen wir in Tripontium,
Tripuntium — Triputienses. Ebenso nun wie ti vor fol-
genden vokalen assibiliert wird, fand dies unter keltischem
einflu8se schon frühe auf gallischem boden auch mit ab-
leitungssilben wie -cius, -cies, -cio u. s. w, statt, die gleich-
falls t8jus, tsjes, tsjo (später mit aufgäbe des t und ver-
*) Weniger gelangen ist die darstellung dieses lautlichen Vorganges,
welche Mowat anläfslich des namens Bonifatins in der Revue archlol. 1869
p. 240 f. in der anmerkung gibt.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 4. 27
410 Christ, Visucius Mercurius.
schlingung des j *)) gesprochen, leicht mit den wirklichen
endungen -tius u. 8. w. verwechselt werden konnten, wie
dies in Visucius statt Visutius, resp. Visuntius der fall war.
Ueberblicken wir nun noch einmal in kürze den laut-
lichen hergang bei der assibilierung in den romanischen
sprachen in endsilben, wie z. b. tio, so können wir die fol-
genden Schemata aufstellen, worin wir nach Lepsius'scher
weise das weiche, tönende s durch z ausdrücken, wie im
französischen. Ebenso ist z = franz. j. Mit j bezeichnen
wir aber nach deutscher art das consonantische i. Unser
seh wird durch s gegeben. Hierbei sind jedoch zwei ge-
biete zu unterscheiden, nämlich
1) italienischer sprachboden als erste stufe. Hier wird
tio — tjo zu täjo, dies wieder vereinfacht zu tsjo, endlich
unter sebwund des halbvokals j zu ts z. b. Firenze aus
Florentia, palazzo aus Palatium. — Es ist dies das deut-
sche wie italienische harte z = ts — nicht das franzö-
sische.
2) Altkeltischer sprachboden in Gallien und Hispanien:
Sowohl die nord- wie südromanischen sprachen entwickel-
ten hier je nach dem vorwalten der tonlosen & — s oder
der tönenden z — z eine doppelte reibe:
x. ( töo — tso — so
tio — tio .„
J ( tzo — tzo — zo.
Hierbei können natürlich nur die volkstümlichen Wörter
berücksichtigt' werden, worin regelmäfsig Schwund des i
stattfindet, z. b. maison, le$on aus mansio, lectio. In an-
dern dagegen, wo i bleibt, wirkt der einflufs der etymolo-
gie auf die schrift störend, z. b. nation, das wie napion
gesprochen wird, ebenso action u. s. w.
*) So dafs, wie z. b. im französischen face aus facies, nur noch der
laut s übrig blieb. — Im italienischen gieng diese assibilation in der weise
vor sich, dafs ci vor folgendem vokal zu tsch wurde, so z. b. wird braccio,
faccia, cielo = bratscho, fatscha, tschelo gesprochen. Es ist dies eine folge
des zu j consonantierten vokales i.
Heidelberg. K. Christ.
Pauli, preufsische Studien. 411
Preufsische Studien.
I. Lautlehre.
Nesselmann hat im vorigen jähre unter dem titel: „Ein
deutsch -preufsisches vocabularium aus dem anfange des
fünfzehnten Jahrhunderts" nach einer von Peter Holczwe-
scher geschriebenen, jetzt der Elbinger Stadtbibliothek ge-
hörigen handschrift eine höchst werthvolle Wörtersammlung
des altpreufsischen, und zwar pomesanischer mundart, ver-
öffentlicht, werthvoll einmal an sich als mehrung des vor-
handenen Stoffes und sodann durch die trefflichen register
des herausgebers, welche den preufsischen formen die ver-
gleichbaren Wörter der andern preufsischen quellen, des
litauischen, lettischen und der slawischen sprachen hinzu-
fügen. Der Schreiber des vocabulars war, wie sein name
zeigt, ein deutscher. Es fragt sich, woher er sein voca-
bular entnahm, ob aus schriftlichen quellen, ob aus münd-
licher Überlieferung oder ob er selber des preufsischen kun-
dig war. Letzteres ist an sich unwahrscheinlich; denn
welchem zwecke sollte dann überhaupt das vocabular ge-
dient habeü? Doch liegen auch positive anzeichen vor, die
erweisen, dafs der Schreiber der handschrift des preufsi-
schen selbst nicht kundig war, sondern es lediglich nach
dem gehör, vielleicht nach dem dictat eines Preufsen, und
zwar mit deutscher Orthographie, niederschrieb. Das letz-
tere lehrt ein einziger blick zur genüge, das erstere folgt
aus dem umstände, der nachher im einzelnen zur Unter-
suchung gelangen wird, dafs er nämlich manche laute ent-
weder ganz überhört oder falsch aufgefafst hat, was eben
doch nur beim dictat möglich ist.
Was nun seine Orthographie anlangt, so befolgt er
auch innerhalb des deutschen selbst keine festen regeln, so
dafs er z. b. hintereinander vlys flufs und reynflis regen-
flufs, hoer haar und czophor zopfhaar, naze nase und na-
seloch nasloch, vues fufs und vilssole fufssohle, czee zeh
und czeballe zehballen, becker bäcker und bachüs back-
27*
41Ä Pauli
haus schreibt und dergleichen vieles. Ebenso inconsequent
ist seine Orthographie der pomesanischen Wörter. Aber
noch ein drittes kommt hinzu, welches die Zuverlässigkeit
des vocabulars beeinträchtigt, Holtzwäscher hörte nicht
nur unter umständen ungenau und schrieb inconsequent,
sondern er hat sich auch mehrmals geradezu verschrieben.
So in woljstian, malunastab (d.i. -stmbb), die Nesselmann,
ganz unzweifelhaft richtig, in wosistian, malunastabis cor-
rigirt hat. Ebenso unzweifelhaft ist silkasdrunber in sil-
kasdrimbis zu ändern. Aber es sind mir aufser diesen
noch manche andre verdächtig.
Es wird nun im folgenden versucht werden, aus den,
wenn ich so sagen soll, empirischen formen des vocabu-
lars die rationellen herauszufinden und diese nach einheit»
liehe? Orthographie umzuschreiben, wozu ich, der gleich-
mäfsigkeit wegen, das litauische System Schleichers ver-
wende. Dabei kommt es vor allem darauf an, sorgfältig
zu scheiden, was blofs anf rechnung des Schreibers kommt,
und was wirkliche lautabweichung des dialekts ist.
Zu dem zwecke ist nöthig, zunächst das lautsystem
deB pomesanischen vergleichend festzustellen, wonach sich
die bezeichnung der einzelnen laute durch buchstaben nach
Schleichers System von selbst ergiebt.
a. Die vocale.
1 . Das pomesanische zeigt in der form, wie es Holtz-
wäscher überliefert, folgende vokale und vokalverbindnn-
gen: a, e, o, i, y, u; ee, ea, oa; ai, ay, ei, ey, eey, iey,
oi, oy, oe, oay; au, eau; uy, iu; ia, ie, io, ue. Sehen wir
selbst von den letzten vier grnppen ab, die nicht eigent-
lich diphthonge sind, so ist es doch schon an und für sich
wahrscheinlich, dafs diese bunte reihe, dem verhältnifs-
mäfsig einfachen Vokalsysteme des litauischen gegenüber,
nicht das wirkliche lautsystem des pomesanischen enthalten
wird, sondern, namentlich in den complicirteren gruppen,
das vorkommen dieser oder jener Verbindung lediglich der
Holtzwäscherschen auffassung eines, gehörten lautes und
preufsißche Studien. 413
seinem bestreben, diesen vermeintlich gehörten laut genau
zu bezeichnen, zuzuschreiben ist. Diese ansieht wird noch
dadurch bestätigt, dafs einzelne obiger vocalgruppen sehr
selten vorkommen, so z, b. eey, iey, oe, oay je einmal, ee
viermal, ea fünfmal, eau dreimal, iu zweimal, uy dreimal,
während z. b. die dem litauischen entsprechenden diph-
thonge überaus häufig sind. So findet sich ai 48 mal, ei
21 mal, au 43 mal. Trotzdem entspricht jedoch das laut-
system des pomesanischen dem des litauischen im einzelnen
keineswegs, sondern es finden sich genug erscheinungen,
die wirklich als lautliche, nicht blofs graphische abweichun-
gen beider sprachen zu bezeichnen sind. Ein genaues
durchgehen der einzelnen vocale und vocalgruppen des vo»
cabulars wird das zeigen.
2. Pomesanisohes a entspricht im grofsen und ganzen
dem a des litauischen und somit dem der indogermani-
schen grundsprache. Die beispiele dafftr bietet das voca-
bular in so gro&er fülle (ich zähle allein in der Wurzel-
silbe deren 69), daJfe ich, um räum zu sparen, keine belege
weiter gebe.
3. Da, wo vergleichbare litauische formen fehlen, kann
das slawische mit seinem o =«= lit. a beweisend eintreten,
wie in folgenden formen:
assanis herbst, russ, Ösen';
babo bohne, sl. bobü;
dragios helfen, ruas. droizi;
nage fufs, russ. noga;
naricie iltis, russ. norök" wiesei;
pracartis trog, russ. koryto;
prassan hirse, russ. proso;
rawys graben, russ. rov";
salowis nachtigall, russ. solov&j.
4. Es giebt nun ferner eine anzahl von fallen, in de-
nen das pomesanisebe ein a, das litauische ein e zeigt.
Es findet sich dies in:
arelie adler, lit. erelis;
asy rain, lit. ez&' ;
414 Pauli
assegis barsch, lit. eszerys;
weware eichhorn, lit. vovere';
addle tanne, Ht. egle;
assaraD landsee, lit. ezeras;
galdo mulde, lit. gelda;
ladis eis, lit. lädas;
raples zange, lit. reples;
ratinsis kette, lit. retezis;
same erde, lit. zeme;
tackelis Schleifstein, lit. tekSlas;
tatarwis birkbuhn, lit. teterva.
In letzterem worte macht die reduplicationssilbe den Wech-
sel mit. Dies a findet sich auch im zemaitischen, z. b. in
arelis (Nesselmann lit. wtb. s. v.), ladas (Szyrwid). Be-
kanntlich ist lit. e und seine accentdehnung e nichts an-
ders, als das griecb. 6, d. h. Vertreter eines alten a. Dies
herabsinken eines älteren a zu e oder 6 wird innerhalb
des litauischen, sowohl hochlitauischen, als zemaitischen,
noch jetzt gefunden (Schleicher lit. spr. I, 31). Es ist also
mit völliger Sicherheit anzunehmen, dafs in obigen formen
das pomesanische den älteren vokal noch gewahrt hat.
5. Dieser ältere lautstand des pomesaniscben findet
sich auch noch weiteren Schwächungen des litauischen ge-
genüber, namentlich gegenüber i und u. Ersteres ist der
fall in:
artwes kriegsfahrt zur»see, lit. irti rudern;
garian bäum, lit. gire wald.
Beide litauische formen halten das i in allen ableitungen
ausschliefslich fest, während das sl. gora berg hier den
dem pomesanischen a genauer entsprechenden o-laut zeigt.
Aehnlich ist der fall in: piwa-maltan malz, lit. milteris
mälzer. Da das litauische die Schwächung des a zu i vor
r und 1 auch sonst liebt (cf. das verzeichnifs bei Schleicher
lit. spr. I, 35 sqq.), so dürfen wir das r und 1 auch hier
als grund derselben ansehn.
7. Ganz analog ist der fall, wo pomesanisches a einem
lit. u gegenübersteht, wie in :
preufsische Studien. 415
angurgis aal, lit. ungurys;
. wanso flaum, lit. usai schnurbart ;
ape fluis, lit. üpe;
sabatico Sonnabend, lit. subatä*).
Auch hier sind die litauischen Schwächungen folge einmal
der nasalen (cf. die beispiele bei Schleicher 1. c. 47), an-
drerseits der labialen, deren nahe Verwandtschaft zu u ja
auch in andern sprachen oft genug hervortritt.
8. In allen diesen fällen, 19 an zahl, gehört das rei-
nere pomesanische a der Wurzelsilbe an, worauf ich schon
hier besonders aufmerksam mache.
9. Pomesanisches i einem litauischen i oder dessen
dehnung y entsprechend zähle ich in 43 fällen, wobei ich
aber den unterschied zwischen echtem i und dem aus a
abgeschwächten unberücksichtigt gelassen und außerdem
auch das pomesanische y, als blofs graphisch von i ver-
schieden, als i mitgezählt habe. Denn Holtzwäscher braucht
beide zeichen ohne jeglichen unterschied, sowohl in seiner
Schreibung deutscher, als auch der preufsischen Wörter.
Ffir gewöhnlich schreibt er in Stammsilben i, doch steht
y in;
sylecke hering, lit sllk6;
sylo heide, lit. szilas;
ylo ahle, lit. yla;
lyso ackerbeet, lit. tysg;
sywan grau, lit. szyvas schimmelig (vom pferde).
Diese beispiele zeigen, dafs pomesanisches i und y sich
nicht, wie die litauischen buchstaben, dem laute nach als
kürze und länge unterscheiden.
10. In einigen andern formen, wo das litauische nichts
vergleichbares bietet, erweisen lettische oder slawische for-
men die richtigkeit des pomesanischen i; so in:
singuris Stieglitz, lett. sigli^;
sineco meise, poln. siniak hohltaube;
swintian scbwein, russ. svin'ja.
* ) subata ist dem russ. subota entlehnt, dessen u ans altbulg. % regel-
recht entstanden ist, ab. sabota. wanso = ab. vasü. J. S.
416 Panli
11. Wie oben beim a, so finden sich auch beim i meh-
rere fälle, in denen der pomesaniecbe vocal dem litauischen
nicht entspricht. So zeigt sich zunächst pomesamisches i
neben lit. a in:
sirmes lauge, lit. szarmas;
neben slawischem in:
irmo oberarm, sl. ramo schulter.
Da hier in beiden fällen dem vokale ein r folgt, so halte
ich hier das i für wirkliche Schwächung des a, wie oben
in litauischen formen, nicht für ungenau gehört
12. Ob in:
werwirsis lerche, lit. vfcversys;
krixtieno erdschwalbe, lit. kregzdß' schwalbe;
pyculs hölle, lit. peklä,
blofs Holtzwä8cber i z\x hören geglaubt hat, oder ob eine
wirkliche Schwächung zu i vorliegt, ist schwer zu entschei-
den. Doch scheinen die formen, die der katechismus ffir
letzteres wort gleichfalls mit i bietet, auf wirkliche Schwä-
chung zu deuten, um so mehr, da ja auch litauisch die
Schwächungsreihe a, e, i sich findet. In werwirsis wird
das i einmal durch das s, sodann auch durch dissimilation
hervorgerufen sein.
13. Einem litauischen & zur seile steht pomesanisches
i in:
shtto sand, lit. zö'ggdras kies.
Derselben lautentsprechung werden wir in den endsilben
noch Öfter begegnen, namentlich bei femininen der ja-de-
clination neben e. Darnach ist es sicher, dafs hier ledig-
lich Holtzwäscbers obr ungenau aufgefafst hat, welches ein
1 zu hören glaubte statt lit. £, vqu welchem Schleicher (lit.
spräche 1,9) sagt: „e ist das weiche, nach i hin klin-
gende e". Es ist ateo auch pomesanisch & zu schreiben.
14. Ob dasselbe verhältnils auoh in stibinis schlitten-
bein obwaltet, ist nicht sicher zu entscheiden, da es so-
wohl zu stä'bas pfeiler, als zu stipinas Speiche gehören
kann, welche beide NeßseJm&nn aufführt, Doch neige ich
preufsische Stadien. 417
dazu, es zu stipinas zu beziehen, da auch sonst Holtzwä-
scher fortis und lenis nicht reinlich auseinander hält.
15. In:
siduko durchschlag, lit. setas;
lipe linde, lit. läpa;
kylo bachstelze, lit. kele
steht i neben lit. ö. Da letzteres die ausspräche 6* hat
(Schleicher lit. spräche 9), so ist es sehr wahrscheinlich,
daf8 hier Holtzwäscher das nachklingende ä überhört und
6 wie oben als i aufgefafst hat. Ich schreibe deshalb un-
bedenklich in obigen Wörtern auch pomesanisch e.
16. Ganz vereinzelt findet sich die Schreibung ie in
der Wurzelsilbe, nur in
liede hecht, lit. lydeka.
Sie scheint langes i zu bezeichnen, wie in den deutschen
Wörtern bier bier, rytslitte reitschlitten , w^es weifs, ob-
gleich sonst im vocabular die vocallänge nicht bezeichnet
ist und z. b. neben bier sich schenkbir findet.
17. Auf a und i lasse ich zunächst e folgen, welches
seinem Ursprünge nach im litauischen als e (4) und e be-
kanntlich auf a, als ö auf i zurückgeht. Holtzwäscher
schreibt gleichmäfsig e, es läfst sich aber mit Sicherheit
erweisen, dafs das pomesanisohe trotzdem, wie das litaui-
sche, die drei e geschieden habe. Das e (e) zunächst fan-
den wir schon oben pomesanisch oft noch als älteres a.
Dieser umstand deutet auf die noch sehr offne ausspräche
des e, wo es aus a hervorgeht. Umgekehrt fanden wir
eben in sixdo ian stelle eines lit. &. Auch fftr £ fand sich
i, daneben aber zeigt sich in:
seamis Winterkorn neben semo winter, lit. zömä
der kurze nachklang ä sogar bezeichnet. Wir gewinnen
somit auch für das pomesanische die laute e (£) = ä,
e = e, e = e*. Es scheint hier geboten, die Wörter, die
jedem zukommen, zusammenzustellen.
18. Es findet sich e (6) in:
esketres stör, lit. erszke'tras;
geguse kukuk, lit. geguzö' ;
418 Pauli
medies Jäger, lit. medö'jis;
medione jagd, lit. med£ön6;
melato grflnspecht, lit. meletä;
merga Jungfrau, lit« mergä;
pelki brach im felde, lit. pelkö;
percunis donner, lit perkünas;
pettis Schulterblatt, lit. petls schulter;
pleske sielengeschirr, lit. pleszke';
spenis zitze, lit. spenys;
swe8tro Schwester, lit. sesü';
genix specht, lit. gen^s;
meddo honig," lit. medüs;
pelanne asche, lit. pelenai (plur.);
pelwo spreu, lit. pelai (plur.);
bebrus bieber, lit. bebrus;
gerwe kranich, lit. gervg;
pentis ferse, lit; p£ntis;
thetis ältervater, lit. tötis Väterchen;
weders bauch, lit. vedaras (Schi, ve'daras) ;
berse birke, lit. beräas;
emelno mistel, lit. emalas;
median wald, lit. m£dis bäum;
mettan jähr, lit. mätas;
pelanno herd, lit. pelenas.
19. Da slawisches e = lit. e, so gehört hieher auch
noch:
genno weib, sl. zena.
20. Von gröberer Seltenheit ist e, welches auch im
litauischen gegen e (6) weit zurücktritt. Es findet sich in:
meine blauer Striemen, lit. me'line;
na-dele sonntag, lit. ne-d&l& ;
wetro -wind, lit, ve'tra stürm;
eristian lamm, lit. e'ras ;
creslan lehnstuhl, lit. kr6 'slas ehrenstuhl;
peccore bäcker, lit. pe'czus backofen(Schl. päczus);
semen saat, lit. s6mü';
semeno brachvogel, lit. semene' hänfling;
menius monat, lit. menu.
preufsische Studien. 419
21« Nur vereinzelt findet sich pomesanisch e = lit. e;
so nur in dem schon genannten:
sema winter, lit. 4&mä;
ferner in:
mestan Stadt, lit. mestas;
swetan weit, lit. svetas.
Der grund für dies seltne vorkommen wird sich beim ai
ergeben.
22. Neben dieser grofsen zahl von übereinstimmenden
pomesanischen und litauischen formen finden sich nun aber
auch wieder einige abweichende. So steht zunächst po-
mesanisches e neben lit. a in:
treste drossel, lit. sträzdas;
wessis Spazierschlitten, lit. väiis;
vielleicht auch in
kexti haarzopf, lit. kaeä;
klexto kehrwisch, lit. klastyklö besen;
au-klextes oberkehricht, lit. nü-klastos.
Schon oben sahen wir, dafs das a beider sprachen sich
nicht deckte; dasselbe ist offenbar auch hier der fall, nur
in umgekehrter weise, insofern hier das litauische das äl-
tere a bewahrt, doch überwiegt pomesanisches a numerisch
noch immer über das litauische bedeutend.
23. Ferner steht e neben lit. i in:
meltan mehl, lit. mlltai.
Da das litauische den grundvokal a im verbum mälti mah-
len, das pomesanische in piwa-maltan malz ihn bewahrt
hat, so halte ich natürlich beide formen für geschwächt,
jedoch in verschiedener weise. Denn meltan neben -mal-
tan hat unzweifelhaft e, wie z. b. lit. ekö'czos, stärkas ne-
ben ak&tes, starkas und ist als blofse nebenform dazu an-
zusehn, während in lit. mlltai die Schwächung bis zum i
vorgedrungen ist, wie z. b. in pilnas, vilkas u. a.
24. Bisweilen begegnet die Schreibung ee. In der
Wurzelsilbe zeigen sie folgende formen:
peempe kiebitz, lit. pempg ;
seese amsel, lit. sze£6 (3?);
steege scheuer, lit. stegti ein dach mit stroh decken.
420 Pauli
Da ausserdem sich ee einmal in der fearininendupg der ja-
declination findet, nämlich in wosee, lit. *o£e' (fem« zu oays),
so erscheint es also neben drei arten des litauischen e, als
6, ö, 6. Unmöglich kann es demnach in den poraesaai*
sehen Wörtern qualitativ gleichwertig sein. Das zeigt
auch die anwendung des ee in Holtzwäschers Schreibung
der deutschen Wörter; er bietet es auslautend in see see,
czee zeh, klee klee, ree reh, wo es unzweifelhaft den
werth des lit. 6 hat. Inlautend bat es in weer wehr, heer
beer die dehnung des mhd. e, also gleichfalls lit. 6, zu
bezeichnen. Ebenso entspricht es litauischem e in dem
dem litauischen kle'tis vorrathshaus entlehnten kleet, so
wie in beer eber mit ursprünglich langem e. In meel mehl
dagegen bezeichnet es gedehntes mhd. e, d.h. lit. e, in
reen rain und leethunt leithund steht es sogar neben ei,
in czeen zinn neben älterem i. So viel wird auch daraus
klar, dais es qualitativ verschiedene laute bezeichnet. Da
aber alle genannten beispiele, mit alleiniger ausnähme von
czeen zinn, lange vokale aufweisen, so ist es nicht un-
wahrscheinlich, dafs es auch in den preufsischen Wörtern
gleichen zwecken dient, obgleich Holtzwäsoher sonst die
länge des vokals weder im deutsehen, noch im pomesani-
seben bezeichnet und z. b. neben czee sich czeballe findet.
Jedenfalls ist Air die darstellung durch das litauische ai-
phabet die Schreibweise ee zu verwerfen und blos e zu
schreiben, wobei es in dem einzelnen falle fraglich bleiben
mag, welches?
25. Schon oben begegnete uns in seamis winkerkorn
ein ea, dessen werth auf £ zurückgeführt wurde. Aufser-
detn findet sich ea in folgenden Wörtern geschrieben:
geasnis schnepfe,
mealde blitz,
peadey socken,
deren letzteres doch wohl gleich lit. padai sohlen ist, wäh-
rend die beiden ersten nichts vergleichbares bieten. In peadey
haben wir alsdann nicht die bezeichnung eines aus e -f- a
bestehenden lautes, wie in seamis, sondern ea giebt den
preufsische Studien. 421
zwischenlaut zwischen e und a, eine bezeichnungs weise,
die auch sonst oft genug sich findet und auch von Holtz-
wäscher noch öfter angewandt wird (cf. oa in 46). Es
liegt demnach hier der laut e (d. i. ä) vor und so möchte
ich auch schreiben, falls man nicht geradezu a vorzieht.
Ob in geasnis und mealde e, wie in seamis, oder e (a),
wie in peadey vorliegt, läfst sich bis jetzt nicht entschei-
den. Vielleicht bringt später Kurschats Wörterbuch licht.
26. Wir wenden uns zum pomesanischen ei (ey) und
ai (ay). Beide Schreibweisen wendet Holtzwäscher fürs
deutsche an, meist jedoch ei, ai nur da, wo contraction
aus agi stattgefunden hat, wie in hayl hagel, wayn wa-
gen, nayl nagel, haynbuche hagebuche, hayn gehege, jayt
jagd. Da sonst das deutsche diese beiden arten ei dem
laute nach nicht scheidet (mhd. gleichmäfsig ei für beide
falle), so haben wir hier wohl etymologische, keine phone-
tische Scheidung vor uns. Ebenso ist es im pomesanischen
theile. Hier steht broakay hosen, luriay meer mit ai ne-
ben peadey socken (lit. pädai sohlen) mit ei, und alle drei
sind doch plurale der a-declination. Das suffix in estu-
reyto eidecbse wird gleichfalls nicht verschieden sein von
dem in krichaytos pflaumen, sliwaytos pflaumen, wisnaytos
kirschen. Daraus folgt also, dafs Holtzwäscher auch im
pomesanischen ei und ai nicht klar scheidet. Indessen
bleibt noch immer die frage offen, ob nicht die spräche
selber doch vielleicht, wie das litauische, die laute ei und
ai geschieden habe. Zur entscheidung dieser frage wird
es nöthig, den pomesanischen formen die litauischen ge-
genüber zu stellen, und da findet sich das ei und ai Holtz-
wäschers geschrieben neben lit. ei, e und ai.
27. So entsprechen sich:
kalo-peilis hackmesser, lit. peius messer;
weydulis augapfel, lit. veidas antlitz;
preitalis ambofs, lit. preikalas.
Hier also 3 mal ei = lit. ei.
28. Neben lit. e* finden sich:
aysmis spiefs, lit. e&Emas;
422 Pauli
braydis elen, lit. bredis;
deynayno morgenstern, lit. d£nä tag;
deywis gott, lit. devas;
caymis dorf, lit. kemas (wohl nicht gleich kaimas) ;
playnis stahl, lit. plenas;
reisis nufs, lit. reszutas;
slayx regen wurm, lit. slekas;
snaigis schnee, lit. snegas;
also 6 mal ai, 3mal ei = lit. 8.
29. Litauischem ai entspricht im vocabular:
maysotan bunt, lit. maisz^ti mischen;
wayklis söhn, lit. vaikö'lis knabe ;
also 2 mal ai = lit. ai.
30. Hier zeigt sich also neben lit. ei nur ei, neben lit.
ai nur ai und blofs für lit. e schwankt die Schreibung. Er-
wägt man aber, dafs lit. ei und e etymologisch gleichwerthig
sind, dafs letzteres aus ersterem wohl nur durch Verschmel-
zung entstanden ist, wie z. b. lit. preikälas und prek&las
neben einander stehn (Kurschat lit. wb. I, s. v. ambofs),
zieht man dazu die vereinzelte Schreibung
plieynis flockasche, lit. pleo/s
in betracht, deren iey doch schwerlich als ai, sondern nur
als ei (d. h. öi) gedeutet werden kann, erinnert man sich
ferner, dafs oben auch schon hin und wieder im pomesa-
nischen die Verschmelzungen e (ea), selbst i litauischen £
entsprachen, so wird man doch dem Schlüsse kaum aus-
weichen können, der pomesanische laut, der dem lit. § ent-
spreche, sei ei, nicht aber ai, welches litauischem ai gleich
bleibe. So also wird theoretisch und auch praktisch für
die schrifb zu scheiden sein.
31. Ob in seweynis schweinstall neben swintian seh wein
ei oder ai vorliegt, ist zweifelhaft. Das verhältnifs von
autre schmiede neben wutris schmied spräche fttr ai.
32. Das pomesanische ei, welches in gröfserer zahl
neben lit. e steht, dem nur wenige pom. § entsprachen
(siehe oben no. 21), ist entschieden eine gröfsere alterthflm-
lichkeit des pomesanischen, die sich etwa der bewahrung
preufsische Studien. 423
das a neben lit. e vergleichen läfst, der wir oben begeg-
neten.
33. Wie wir oben einige male ein ee für e antrafen,
so begegnet auch einmal, nämlich in:
geeyse, reiher, lit. gerszö
ein eey. Ich halte dies eey f&r blofse Umschreibung des e
zur bezeichnung eines zwischenlautes zwischen e nnd i,
wie wir dergleichen bei Holtzwäscher öfter treffen (cf. 25).
Ueber das fehlen des r später (112).
34. Das pomesanische u entspricht im allgemeinen dem
litauischen, sowohl, wo es aus a geschwächt, als, wo es
ursprünglich ist. Ich zähle 36 formen, in deren Stammsilbe
beide sprachen gemeinsam ein u aufweisen.
35. Daran schliefst sich mit iu:
piuclan sichel, lit. piüklas säge,
wo iu, wie auch sonst, wurzelhaft ist.
36. Daneben schreibt Holtzwäscher jedoch auch in
einzelnen fällen u, wo das litauische andere vocale hat.
So steht u neben a in:
curwis ochse, lit. k&rv6 kuh.
Dafs hier wirklich verdumpfung des a zu u vorliegt, zeigt
der katechismus, der gleichfalls den acc. kurwan darbietet.
Dafs der grund dieser affection des a vielleicht in dem
folgenden w liege, scheint sich zu ergeben aus:
wundan wasser, lit. vandä';
denn hier ist offenbar das u durch das w hervorgerufen.
Der nasal kann nicht schuld sein, denn oben sehen wir,
dafs das pomesanische die neigung des litauischen, beson-
ders des iemaitischen, zur verdumpfung des a vor nasalen
(Schleicher lit. spr. I, 31) nicht theilt. Auch in
wumbaris eimer, poln. w$borek
ist das u unzweifelhaft durch das w hervorgerufen.
37. Sonst findet sich u neben lit. e noch in:
gurcle gurgel, lit. gerklö'.
Ob hier Holtzwäscher richtig gehört hat, kann zweifelhaft
erscheinen, denn er schreibt z. b. innerhalb des pomesani-
schen selbst in spurglis Sperling ein u, dagegen in spergla-
424 Pauli
-wanag Sperlingshabicht, sperber (cf. Grimm gesch. I1, 52),
dessen deutung Nesselmann entgangen ist, ein e. Da in
gurcle und spurglis die lautlage genau dieselbe ist, so,
glaube ich, ist auch in ersterem worte ein e zu schreiben,
dessen dumpfen tiefen laut vor dem r Holtzwäscher irr-
thümlich als u auffafste und fixirte, jedoch zeigt auch das
litauische bereits ein u in gurklys kröpf, adamsapfel, so
dafs auch pom. u möglich scheint.
40* Das pomesanische o erscheint zunächst in 15 fäl-
len in Stammsilben gleich dem litauischen o, also als Stei-
gerung des a.
41. Wo litauische formen fehlen, können slawische mit
a den nachweis der länge des o führen, da bekanntlich sl.
a = lit. o. Dies verhältnifs findet statt in :
moke mohn, sl. makü;
pore brodem, russ. par" ;
posty weide, russ. pästi weiden;
somukis scblofs zum schliefsen, russ. zamok".
42. Daneben aber gebraucht Holtzwäscher das o auch
zur bezeichnung entschieden kurzer laute. Hauptsächlich
freilich geschieht das in der femininendung o = lit. a, de-
ren kürze nachher erwiesen werden wird, allein vereinzelt
zeigt sich kurzes o auch in Stammsilben. So steht es ne-
ben litauischem a oder ä noch in:
torbis korb, lit. karbas (und kürbas);
bordus bart, lit. barzdä;
snoxtis rotz, lit. snargtys;
gorme hitze, ) .. . , «
x . /*»^ lit. garas dampf;
goro vuerstant (r), ) ° r
golis tod, lit. galas ende;
wolti ähre, lit. valtis rispe im hafer.
Wieder sind es hier die liquidae r und 1, vor denen das o
auftritt, wie oben in gurcle und spurglis das u statt e,
denn auch snoxtis enthält ein r, wie weiter unten zur
spräche kommen wird. Glaubten wir oben schon das u
als ein nur dumpf gesprochenes und darum von Holtzwä-
scher falsch aufgefafstes e feststellen zu müssen, so liegt
preufsische Studien. 425
hier dasselbe för a vor. Diese auffassung eines a alsx»
durch Holtzwäscher ist um so weniger auffällig, als er
auch in deutschen Wörtern mehrfach o für a setzt, z. b. in
sonnobent Sonnabend, hoer haar, -oder ader, bloze blase
u. a. Ich schreibe demnach auch hier a; soll jedoch die
dumpfe ausspräche noch besonders bezeichnet werden, so
schlage ich nach Schleichers Vorgänge (lit. spr. II, 28) die
zeichen e und a vor, schreibe also gerklö und bardus.
Doch halte ich diese bezeichnung kaum für nöthig, da der
dumpfe laut nur in bestimmter läge, vor den liquiden, sich
einstellt.
43. Ebenso schreibe ich a für o in:
golimban blau, russ. goluboX,
wo wegen des russ. o ein lit. a zu erwarten stände, obgleich
lit. gelumbö blautuchner frauenoberrock, welches doch wohl
verwandt ist, e zeigt, so dafs vielleicht auch e zu schreiben
wäre.
44. Dasselbe a scheint noch vorzuliegen in:
wormyan roth,
wofür Grünau warmun bietet. Da indes der katechismus
urminan giebt, so läge auch die möglichkeit vor, assimila-
tion durch das w anzunehmen und, wie oben wundan, wum-
baris, hier wurmyan zu schreiben.
45. Denn auch für u schreibt Holtzwäscher mehrfach
o; so in:
grosis reif, lit. kruszä;
possi hälfte, lit. püs£;
konagis könig, lit. kün^gs pfarrer;
odro fischotter, lit. üdra;
komaters gevatter, lit. kümas;
pa-ssons Stiefsohn, lit. po-sunis;
Dafs hier u zu schreiben sei, kann nicht zweifelhaft er-
scheinen, da das vocabular selber neben pa-ssons die form
sunaibis bruderkind bietet; überdies scheidet auch Holtz-
wäscher in den deutschen formen das u und o nicht immer
scharf; so schreibt er donner donner neben dunreyn fer-
Beitrage z. vgl. sprachf. VI. 4. 28
426 Pauli
ner donner, suller für söller, stöbe für Stube, vorch für
furche u. ä.
46. Mehrfach begegnet uns auch die Schreibweise oa
trad zwar neben verschiedenen litauischen lauten. Zuerst
erscheint es neben lit. a in :
doalgis sense, ht. dälgis;
dann neben lit. u in:
moargis morgen, lit. mürgae.
Beide fälle sind identisch, denn lit. u steht hier, wie oben
in kürbas neben karbas, als Schwächung von a. Wenn ir-
gend etwas, so beweist in diesen beiden Wörtern das oa
die richtigkeit meiner aiuffassung des o in torbis etc. als
a, denn dafs hier in doalgis, moargis das oa den nach o
hin neigenden a-laut bezeichne, ist evident; das oa hier und
das o dort stehn aber in gleicher lautlage, es ist also auch
jenes o ■= a. So fasse ich nun weiter auch das o in:
po-corto schwelle, lit. kürti bauen; -
ich schreibe demnach auch hier -karto.
47. Weiter giebt es aber ein oa, welches einen langen
laut bezeichnet. Dasselbe findet sich in:
woaltis eile, lit. olektis;
soalis kräutricht, lit. zölös kräuter;
noatis nessel, lit. noter 6;
ploaste betüaken, lit. plöszte;
moazo muhme, lit. mösza Schwägerin.
Für die erklärung dieses oa sind zwei beobachtungen von
grofser Wichtigkeit. Einmai nämlich steht im vocabular
selbst neben woaltis eile ein woltis unterarm, deren identi-
tät auch Nesselmann anerkennt; sodann wechseln in einer
anzahl von formen bei Holtzwäscher a und o, wo das hoch-
litauische nur o bietet. Letzteres findet statt in:
mothe mutter, i ... . , „
^ i* ^ \ ht, mot6 eherrau;
po-matre Stiefmutter, )
nozy nase, \ ... . .
■ ,. ( lit. nosis nase;
po~naase oberhppe, ) '
aufserdem in der praeposition po- neben pa- in der nomi-
nalcomposition, wie in pomatre Stiefmutter neben passons
preufsische Studien. 427
Stiefsohn, wo das litauische pösunis gleichfalls o bietet.
Wir haben hier also die drei bezeichnungen o, oa, a ftr
ein und denselben laut, der aber sonst (in 19 Allen) blofs
mit o geschrieben ist. Da in obigen beispielen sich eiüe
affection des vocals durch bestimmte consonanten nicht zu
ergeben scheint, so werden wir auch hier wohl blofses o
zu schreiben haben, für die ausspräche jedoch wäre zu
merken, dafs der laut des o sich der zemaitischen aus*
spräche desselben als ä nähere, wie sie um Memel herrscht
(Sohleicher lit. spr. I, 30). Nur bei der präposition po- ist
vielleicht eine nebenform pa- anzunehmen, die auch das
litauische z. b. in patö'wis Stiefvater, kennt (cf, Schleieher
1. c. 133).
48. Als blofses o ist dann auch wohl das oa zu fas-
sen in:
boadis stich, lit» badjHi stechen;
es wäre gebildet wie lit. zödis wort neben zadg'ti verspre-
chen u. ä.
49. Auch für lit u treten o und oa neben einander
auf; so steht o in:
glossis korb weide, lit. glu'snis weide;
podaliß mör8er, lit. pu das topf;
dagegen oa in:
woasis esche, lit. ü'sis.
Lit. fi ist s o», wie e = e». Fanden wir nun oben für
e meist blofs e geschrieben mit Vernachlässigung des" nach-
geschlagenen ä, so steht hier das einfache o dem völlig
parallel. Dafs aber der nachklang- wirklich da war, bewies
oben vereinzelte seamis Winterkorn, hier woasis esche.
Wir sind also auch hier berechtigt, überall u zu schreiben,
wie wir oben e schrieben. Mit u wird auch vielleicht das
dem deutschen entlehnte broakay bruch, hose, mhd. bruoch,
geschrieben, falls man nicht etwa nach dem niederdeutschen
brök blofses ö zu schreiben hat.
50. Ob o auch als contraction fttr au vorkommen
könne, ist ungewifs, denn die einzige parallele:
brokis schlag, hieb, lit. braukis,
28*
» 428 Pauli
«
ist deshalb nicht streng beweisend, weil das lit. wort sich
"nur bei Szyrvid findet.
51. Ebenso wenig sicher ist io für lit. iau in;
kiosi becher, lit. kiaüszg hirnschale,
die der bedeutung nach sehr wohl verwandt sein könnten,
da z. b. skr. kapalae schale und schädel bedeutet und ana-
loges auch sonst nicht fehlt, allein kiosas könnte möglicher-
weise auch zu lit. käuszas Schöpflöffel, hölzernes trinkge-
föfs oder zu kösziu seihen, bier zapfen gehören, so dafs
sich nichts sicheres herausstellt. Sollten die obigen paral-
lelen richtig sein, so wäre doch wohl statt o besser u zu
schreiben, welches sich zu au verhielte, wie e zu ai in ke-
mas neben kaimas.
52. Aeufserst merkwürdig sind die fälle, in denen
Holtzwäscher o oder ao schreibt in formen, die im litaui-
schen 8 zeigen. So stehen neben einander, mit oa und e:
moasis gerate, lit. mezei
und, nach dem slawischen zu urtheilen, auch
moasis blasebalg, sl. mSchü lederschlauch,
ferner mit o und §:
lopis flamme, lit. lepsnä.
Beachtet man, dafs in allen drei beispielen labiale in der
nähe sind, dafs ferner Holtzwäscher auch im deutschen
theile o für e in gleicher lautlage in volge d. i. velge
schreibt, was ich nicht mit Nesselmann für einen Schreib-
fehler halte, so wird man nicht umhin können, hier wieder
eine art assimilation oder verdumpfung anzunehmen, die
sich darin zeigt, dafs 6 oder e* als o oder o* auftritt. Es
wird demnach auch hier wieder der etymologisch richtige
laut ö zu schreiben sein, jedoch der genauigkeit wegen,
wie oben a und e, mit dem verdumpfungszeichen, also 6.
53. Etwas anders liegt der fall in:
towis vater, lit. tä'vas;
pa-towelis Stiefvater, lit. pa-t&v&lis.
Hier scheint die pomesanische form wieder auf das £emai-
tische tavas (Schleicher lit. spr. I, 32) sich zu beziehen und
preufsische Studien. 429
es liegt also hier ein verdampftes a vor, hervorgerufen
durch das w, wie oben (44) in wormyan.
54. Als vereinzelte Schreibungen in Stammsilben be-
gegnen uns noch: oay in spoayno, durch welches deutsches
gest übersetzt wird. Nesselmann erklärt letzteres nach
dem mhd. jöst, g&st für gischt, schäum; in meiner heimat
Neuvorpommern wird gest die oberhefe genannt, auch mhd.
j£rwe, ggrwe heifst hefe und im vocabular steht gest un-
mittelbar hinter heuen hefen; es könnte also auch spoayno
möglicherweise die oberhefe bezeichnen. Das von Nessel-
mann verglichene russ. pjena ist doch wohl unverwandt und
entspricht vielmehr lit. penas milch. Andre verwandte feh-
len, es läfst sich also lediglich vermuthen, dafs oay = ai
oder ei, das vorgeschlagene o aber eine affection durch den
vorhergehenden labialen sei, wie wir sie eben ähnlich er-
kannten.
55. Ferner steht oi (oy) in caria-woytis heerschau,
stroysles döbel (ein fisch) und coysnis kämm. Für ersteres
wort führt Nesselmann nach Toppen die form karige-wayte
an, wodurch das ohnehin in dem oi zu vermutbende ai
oder ei erwiesen wird. Möglicherweise steckt in dem letz-
ten theile des Wortes das lit. veta. ort, stelle, der Übergang
von heerstelle in heerschau wäre wohl nicht zu kühn. Als-
dann wäre ei zu schreiben und oy könne wohl nur auf
rechnung des vorhergehenden w. In diesem und dem vor-
hergehenden worte könnte man auch die verdumpften vo-
kale wieder mit ai oder ei bezeichnen.
56. Für stroysles weifs ich keinen rath ; dagegen wird
coysnis durch das oe in coestne bürste insofern klar, dafs
man wohl nicht irrt, wenn man in der silbe coys- oder
coes- ein kw&s- oder kw&s- vermuthet, so dafs o hier den
halbvocal bezeichnet, der in queke stecken durch u gege-
ben ist.
57. Das pomesanische au stimmt iu der Wurzelsilbe
mit dem litauischen in 17 fällen.
58. Dazu kommen einige, in denen es durch slaw. u
als richtig erwiesen wird; so in:
430 Pauli
austo mund, sl. usta (plur.) mund;
tauris büffel, sl. turü stier;
in einem falle erweist sogar das zend die riohtigkeit der
pomesanisohen form, in:
lauksnos gestirne, baktr. raokhäna- glänzend.
59. Abweichend hat das pomesanische in mehreren
fällen an, wo das litanische blofses n zeigt; so in:
danris grofees thor, lit. dürys hansthQr;
pausto- wild, lit. ptistas.
Es seheint mir, dafs hier ein ähnliches Verhältnis obwalte,
wie oben bei lit. ö eben pom. ei, d. h. au ist der echte,
ältere laut, n contraction*).
60. Anders liegt die saohe da, wo, wie in autre
schmiede neben wutris schmied, beide vocale innerhalb des
pomesanisohen selbst neben einander vorkommen. Hier ist
au ganz offenbare Steigerung aus dem u des grundworts,
wird aber eben dadurch als richtiger laut erwiesen.
61. Ob straunay lenden wirklich mit dem von Nessel-
mann verglichenen lit. stre'nos kreuz des rückens verwandt
sei, möchte ich bezweifeln, da ich eine vermittelnng zwi-
schen pom. au und lit. ö nicht zu finden weift.
62. Da Holtzwäscher in den deutschen Wörtern öfter
aw, ew ftkr au, eu schreibt, wie in hawe haue, herschaw
heerschau, schewer scheuer, schewne schenne u. a., so dür-
fen wir diese Schreibung auch im pomesanisohen erwarten,
und so findet sich:
cawx teufel, lit. kaukai kobolde.
Es ist natürlich auch hier au zu schreiben.
63. Bisweilen findet sich auch die Schreibweise eau,
sicher in:
geauris wasserrabe,
greauste strick von reisern,
vielleicht auch in:
teausis deicbsel,
*) Für p austo- wird diese annähme durch altbalg, pustn bestätigt.
J. S.
preufsische Studien. 431
wenn letzteres nicht vielleicht, wie Nesselmann schwankt,
teansis zu lesen ist. In ermangelung irgend welcher ver-
wandten läist sich nicht erweisen, welcher laut dies 6£Ui
bezeichnen solle, doch liegt die vermuthung auf blofses au
nahe (cf. jedoch 86).
64. Pomesanisches ui (uy) findet sich geschrieben in:
luysis luchs, lit. lüszis;
wuysis hofhund, lit. fehlt;
tuylis zahme eber, lit. kuilys.
Irgend etwas sicheres scheint sich aus diesen beiapielen
nicht. zu ergeben, doch ist zu beachten, dafs der memelsobe
dialekt z. b. builis bulle für hochlit. bulius bietet.
65. Ueberblicken wir jetzt den vocalismus des pome-
sanischen, soweit er bis jetzt in betracht kam, noch einmal
im zusammenhange, so ergiebt sich folgendes:
1) das pomesanische zeigt sich alterthfimlicher als das
litauische in der bewahrung vieler ei und einiger au,
wo dieses e und u hat;
2) in der bewahrung des alten a statt e steht das po-
mesanische auf dem Standpunkte des, namentlich äl-
teren, äemaitischen (Schleicher lit. spr. I, 32);
3) in der ausspräche des e und u scheint große hinnei-
gung des poraesanischeu zum memeler dialekt zu
herrschen, der resp. e und p spricht (Schleicher lit.
spr. I, 30, 32), doch beweisen die vereinzelten Schreib-
weisen ea und oa, dafs jene ausspräche noch nicht
durchgedrungen ist und Holtzwäscher nur ungenau
achreibt;
4) die gleiche hinneigung zum memeler dialekt zeigt sich
in der ausspräche des ö als a und des e als y, wie
sie durch die mehrfache Schreibung oa, ja selbst Mo-
fses a und i (y), erwiesen wird (1- °* 30);
5) beide dialekte kennen die affection von a und zwar
zu i vor folgendem r und 1, zu u vor oder nach la-
bialen, 1 und v; jedooh stimmen sie in den einzelnen
fallen nicht tiberein, zumal das pomesanische in die-
ser verdumpfung weiter gebt, ato das litauische.
432 Pauli
66. leb lasse nun eine tabellarische Zusammenstellung
des pomesanischen, hochlitauischen und memelschen laut-
systems folgen unter angäbe der Schreibweise Holtzwä-
schers :
lit.:
mem. :
pom.:
Holtzwäscher:
a
a
a, a (vor r, 1)
a, o und oa (beides vor
r und 1)
ia
iÄ
1*
e
le
( e, e (vor r)
( e, zuw. ee und u (vor r)
6
6 (fast y)
6 (fast y)
e, vereinzelt ee, bisw. i
ö
ä
•
ö (fast ä)
o, bis w. oa und (selten) a
S
x
{ meist ei
i ei,ai, vereinz.ee, eei,iei
\ ea, meist e, bisweilen i
e
\ bisweilen 8 (fast e)
ei
ei
ei
ei
ai
ai
ai
ai
u
u
u
u, bisweilen o
d
ö
u (fast ö)
oa, meist o
au
au
au
au, bisweilen eau (?)
ui
ui
ui
ui.
Durch diese tabellarische Überschrift wird die specielle
Verwandtschaft des pomesanischen mit dem memelschen
recht augenfällig.
67. Die betrachtung des vocalismus hat sich bis jetzt
auf die Stammsilben beschränkt, absichtlieh, denn nur hier
zeigt das pomesanische die reinheit der vocale und die
Übereinstimmung mit dem litauischen. In der silbe nach
der Wurzelsilbe, bisweilen auch vor derselben, zeigt sich
ein gewaltiges schwanken der vocale, in den endsilben
starke Schwächung.
68. Betrachten wir zuerst die silbe nach dem stamm,
die ich kurzweg als mittelsilbe bezeichnen will, so haben
wir hier folgende reihen, die ich der Übersichtlichkeit we-
gen gleich nach den litauischen vokalen ordne:
lit. a:
emelno mistel, lit. £malas;
giwato leben, lit. gyvatä;
kadegis wachholder, lit. kadagys;
preufsische Studien. 433
kalabian schwort, lit. kalävijas;
kamerto kammer, lit. kamarä;
-wanag habicht, lit. vänagas;
turpelis leisten, lit. kurpalius;
weders bauch, lit. vädaras.
Hier wechselt das pomesanische ohne ersichtliche regel
zwischen a und e ; letzteres scheint allerdings vor r und 1
zu stehn, aber kadegis hat auch e, wanag in gleicher
lautlage a.
69. Lit. e: •
arelie adler, lit. erelis;
assaran see, lit. &eras;
assegis barsch, lit. 6szerys;
brisgelan zäum, lit. brizgelas;
gelso eisen, lit. gelezis und gelzis;
glosano blindschleiche, lit. glodenä;
grundelis gründling, lit. gründelis;
kumetis bauer, lit. kumetys instmann;
lopto spaten, lit. lopetä holzschaufel ;
melato grünspecht, lit. meletä;
pelanne asche, lit. pelenai;
pelanno herd, lit. päenas;
podalis mörser, lit. pudelis topf;
semeno brach vogel, lit. s6men6' hänfling;
wayklis söhn, lit, vaikelis knabe ;
wobalne apfelbaum, lit. obells.
Auch hier schwankt ohne sichtbaren grund das pomesa-
nische zwischen a und e, und grade zeigt sich a wieder
meist vor 1, wo eben e erschien, so dafs sich irgend eine
regel nicht ergiebt. Zwischen leicht zusammen zu spre-
chenden consonanten, wie ls, pt, kl schwindet der vokal
ganz.-
70. Lit. 6:
esketres stör, lit. erszkötres:
medies Jäger, lit. medö'jis.
Einmal e, einmal i.
71. Lit. o:
434 Pauli
artoys ackersmann, lit. artöjis;
attolis gruminet, lit* atölas;
kukore köchin, lit. kükorius koch;
medione Jagd, lit. medzone;
wogonis Stulpschüssel, lit. vogone butterbüchse.
Beide sprachen in Übereinstimmung.
72. Lit. i:
asilis esel, lit. asilas;
awins Schafbock, lit. ävinas;
kamenis esse, lit. käminas;
catils kessel, lit. katilas;
meine Striemen, lit. meline;
stibinis schlittenbein, lit. stipinis Speiche;
wobilis klee, lit. dobilas.
Meist i, doch in kamenis ein e, wo in awins in gleichet
lautlage i steht; zwischen In völliger ausfall. Letzterer ist
auch, wie Nesselmann richtig angiebt, in
prastian ferkel für *prasistian;
werstian kalb für *wersistian
anzunehmen.
73. Lit. e:
tackelis Schleifstein, lit. tekelag.
Die qualität des pomesanischen e unbestimmt.
74. Lit. u:
abse espe, lit. apuszö;
alkunis eilenbogen, lit. alktinä;
angurgis aal, lit, ungurys;
geguse kukuk, lit. geguze';
malunis müble, lit. mal&nas;
nagutis fingernagel, lit. nagütis;
percunis donner, lit, perkünas;
wosux Ziegenbock, lit. oziükas.
Mit ausnähme des ausfalls zwischen p und s in abse ist
das u gewahrt.
75. Lit. ü:
woble apfel, lit. obulys.
Ausfall des vocals.
preufsische Studien. 435
76. Es zeigt sich also unter den vocalen der mittel-
silbe völlige Übereinstimmung beider sprachen nur bei dem
schweren ö, meist auch bei i und u, den prägnantesten der
vocale, bei den zwischenlauten e, e zeigt sich ein bedeuten-
des schwanken mit a und umgekehrt. Ja, das e, i, u und
selbst das schwere u schwinden zwischen einzelnen conso-
nanten ganz. Und doch sind die vocale dieser mittelsil-
ben nicht blofs überhaupt nötbig, sondern sogar in einer
bestimmten form nöthig, weil sie die anlaute bestimmter
ableitungssuffixe sind. Woher also dies schwanken? Holtz-
wäscher schrieb, wie er zu hören glaubte. Er überhörte
aber laute, die der Wortbildung nach nothwendig sind, und
das erklärt sich nur aus einer sehr corripirten, gleichsam
schewaähnlichen ausspräche der betreffenden vocale durch
seinen gewährsmann. So aber konnte dieser die laute nur
sprechen in tieftonigen silben, deren lautgewicht ein sehr
geringes ist.
77. Umgekehrt, wie oben Holz Wäscher vocale zwi-
schen consonantengruppen überhörte, hörte er auch laute,
die dem litauischen an der stelle fehlen, so in
gelatynan gelb, lit. geltönas;
sirsilis hornifs, lit. szirsztys wespe;
sylecke häring, lit. silke;
ebenso vor der Stammsilbe in
seweynis schweinstall neben swintian schwein,
während in gleicher stelle wieder
knapios hanf, lit. kanäpös
des vocak ermangelt Auch diese erscheinungen weisen
darauf hin, dafs einmal Holtzwäscher lediglich seinem ge-
hör folgte, und dafs ferner diese irrationalen vocale unbe-
dingt tieftonig waren. Welche laute in diesen mittelsilben
für dem einzelnen fall pomesanisch zu schreiben seien, das
zu ermitteln, ist sache der wortbildungslehre und mufs da-
her bis zu deren betrachtung verspart bleiben.
78. Dafs diese mittelsilben tieftonig gewesen seien,
scheint mir festzustehen. Es fragt sich nun aber weiter,
wo stand der hochton, auf der Wurzelsilbe oder auf der
436 Pauli
declinationsendung. Ersteres ist schon an sich wahrschein-
lich, findet aber in den lautverhältnissen der declinations-
endungen seinen positiven beweis. Zunächst erscheint hier
das -as der a-declination in folgenden gestalten:
als as nur in
silkas seide, lit. szUkai;
als es in
esketres stör, lit. erszk&'tras;
sirmes lauge, lit. szärmas;
als is in:
aysmis spiefs, lit. eszmas;
alwis blei, lit. älvas zinn;
asilis esel, lit. äsilas esel,
und vielen andern; endlich als blofses 8 in:
awins Schafbock, lit. ävinas;
catils kessel, lit. kätilas ;
cawx teufel, lit. kaukai kobolde;
kuliks beutel, lit. kullkas;
niynix gerber, lit. minlkas;
slayx regen wurm, lit. slekas;
weders bauch, lit. vädaras;
wosux Ziegenbock, lit. oziükas böcklein.
Dieses variiren des a bis zum völligen schwinden, und zwar
in denselben Suffixen, z. b. in:
asilis esel neben catils kessel;
schuwikis Schuhmacher neben mynix gerber;
stibinis schlittenbein neben awins Schafbock;
ja in demselben wort, wie: miskilis (246) neben miskils
(299) schiene, beweist, dafs auch hier der vokal völlig ir-
rational geworden war. Eine gleichmälsige Schreibung aber
wird nöthig sein und, da die meisten Wörter von Holtz-
wäscher mit i geschrieben sind, so schlage ich i für alle
vor nach analogie der bezeichnung des dumpfen i in der
mundart Ejdymtts bei Schleicher ( Donalei tis 327).
Das pomesanische schliefst sich hier zumeist der hoch-
litauischen mundart von Anykszczei an, welche nach den
mittheilungen Baranowskis bei Schleicher Donaleitis 335
preufsische Studien. 437
die endung as als üs (ü = sl. i) erscheinen läfst, wäh-
rend das preufsisch- litauische das a entweder ganz aus*
wirft oder als reines a bewahrt.
79. Eine ähnliche Schwächung erleidet das feminine
a der a-declination, hervorgegangen aus altem ä. Diese
letztere ältere lautstufe findet noch ihre reflexe in dem
sl. a und dem lit. o, wie es vor affixen, namentlich in der
bestimmten^ declination der adjectiva, z. b. in geröji neben
gerä, erscheint. Mit diesem ö aber hat, wie sich leicht
erweisen läfst, das o, welches am ende der pomesanischen
feminina auftritt, nichts gemein. Es erscheint, abgesehen
von dem ganz unklaren rapa engel, ganz constant; so
z. b. in:
galdo mulde, lit. gada;
gislo ader, lit. gysla;
giwato leber, lit. gyvatä;
lopto spaten, lit. lopetä holzscbaufel
und vielen anderen.
80. Für die richtige auffassung dieses o sind die end-
vocale im ersten theile der composita entscheidend, welche
hier bewahrt bleiben, wie in der hochlitauischen mundart
von Anykszczei (Schleicher, Donaleitis 334 j, während das
preufsisch-litauiscbe sie tilgt. Die gewöhnliche form der-
selben im pomesanischen ist a, und zwar gleichmäfsig bei
den männlichen a- und den weiblichen ä-stämmen, wie dies
z. b.
maluna-stabis mühlstein von malunis müble;
piwa-maltan malz von piwis bier;
daga-gaydis eomm.erweizen von dagis sommer
für das maseulinum,
crauya-wirps aderlasser von crauyo blut
für das femininum erweisen. Daneben aber erscheint in
pausto-caican wildes pferd von *paustis wild;
dago-angis sommerlatte von dagis sommer;
gerto-anax habicht von gerto henne
und mehreren anderen in ihrer bildüng nicht ganz klaren
der betreffende vocal als o. Hier kann o unmöglich lang
438 Pauli
sein, es ist vielmehr die erste binneigung zur verdumpfung,
die sich dann im hochlitauischen als gänzlicher Schwund
des vocals zeigt.
81. Parallel damit erscheint die mehrmalige verdum-
pfung der femininendung der ia-declination, ö, zu i (y),
sowohl im compositum, nämlich in:
api-sorx eisvogel von ape flufk;
possi-ssawaite mittwoch von Ht. püse mitte;
wosi-grabis spillenbaum von wosee ziege,
als auch im einfachen worte. So steht i (y) für 6 in:
asy rain, lit. ez&';
mary haf, lit. mares (plur.);
pelki brucb, sumpf, lit. pelkg.
Dieser letzteren verdumpfung begegnen wir wieder im ze-
maitischen (Schleicher lit. spr. I, 32), wo sie die folge der
Zurückziehung des tones auf die Stammsilbe ist. Es liegt
also bei den auch sonst schon beobachteten zemaitischen
neigungen des pomesanischen nahe, diese trübung des & zu
i auf die gleiche quelle zurückzufahren.
82. Was aber der ia-declination recht ist, ist der a-
declination billig, es kann somit das o des ersten compo-
sitionsgliedes und am wortende nicht die alte länge sein,
sondern kürzung oder trübung wie beim maso. derselben
decl. as zu is sich trübt.
83. Damit dürfte wohl der beweis erbracht sein, dafs
die declinationsendung im pomesanischen den hochton
nicht trägt. Es bleibt für denselben also nur die Wurzel-
silbe übrig.
84. Für die praktische Schreibung scheint es mir ge-
boten, da die Schwächung von e zu i nur ausnahmsweise
erscheint, ö beizubehalten; ebenso verhält es sich mit o in
der composition, wo ich also gleichfalls a schreibe; das o
dagegen am wortende erscheint, wie das is des masc, als
constante Schreibung, und beide sind daher als völlig durch-
gedrungene laute festzuhalten. Ueber die weiteren deoli-
nationsendungen, namentlich das häufig erscheinende an,
wird bei der betracbtung der declination gehandelt werden.
preufsische Studien. 439
85. Ueberblicken wir nun den pomesanischen vocalis*
mu8 seinen hauptzögen nach, so zeigte sich in den Wurzel-
silben gegenüber dem litauischen gröfsere alterthümlichkeit
in der bewahrung vieler a und ei für lit. e und e und in
dem meistenteils bewahrten compositionsvocal (das nähere
später), dagegen schwankten in den Silben vor und nach
der Wurzelsilbe die pomesanischen vocale nach verschiede-
denen riohtungen hin bis zum völligen schwand, während
in den endsilben as zu is, a zu o geschwächt wurde. Ich
glaube nicht geirrt zu haben, wenn ich die gesammtheit
dieser erscheinungen aus einer quelle ableitete, nämlich
aus der ausschliefslichen betonung der Wurzelsilbe, wie die-
selbe auch im zemaitischen herrscht (Schleicher lit. spr. 5).
Einzelne anklänge an das letztere zeigten sich bereits eben
in der hinneigung des ö zu a und des u zu ö, und ähnlichen
äemaitischen neigungen werden wir auch im folgenden noch
begegnen.
86. Die weitere Untersuchung Ober die accentuation,
obgleich im engen zusammenhange mit dem vocalismus
stehend, mufs ich bis zur Vollendung des litauischen Wör-
terbuches von Kurschat verschieben, da bekanntlich Schlei-
cher die Unterscheidung zwischen gestofsenem und geschlif-
fenem tone nicht anerkannt und demnach auch durch die
schrift nicht ausdrückt. Ich bin der meinung, dafs in
diesem punkte Schleicher, gegenüber Rosenberger, Bielen-
stein und Kurschat, im irrthum sich befindet, und ich
glaube, was ich bereits hier andeuten will, vermuthen zu
dürfen, dafs im pomesanischen der geschliffene ton überall
da zu statuiren sei, wo Holtzwäscher seine seltsamen grup-
pen ee, eey, iey, eau u.dgl. vorbringt, durch die er sich
bemühte, ein gewisses etwas, das den vokal begleitete, aus-
zudrücken, eben den geschliffenen ton.
b. Die consonanten.
87. Der erste punkt, der hier die Orthographie Holtz-
wäschers von der Schleichers scheidet, ist die gemina-
440 Pauli
tion. Sie findet sich in folgenden formen des vocabulars:
kk in : accodis rauchloch, stuckis ahornbaum,
ackons granne, suckis fisch,
buccareisia buchnufs, tackelis Schleifstein,
doacke vogel staar, tuckoris weber,
keckers erbse, wackis kriegsgeschrei,
luckis scheit, wickis wicken,
paccaris riemen, sylecke häring,
peccore bäcker.
Alle diese formen zeigen die gemination in der Stammsilbe,
ausgenommen sylecke; da aber die lit. form sllkö ist, so
bat hier, wie es scheint, das e vor dem ck gar keine be-
rechtignng, und sodann tritt auch hier ck in die Stamm-
silbe. Neben buccareisis schreibt Holtzwäscher bucawarne
holzkrähe, neben keckers ebenso lituckekers mit einfachem
k, ist also keineswegs consequent.
tt in: abstotten decke], mettan jähr,
attolis grummet, nawetto getriebe,
batto stirne, paustocatto wildkatze,
bitte biene, pette Schulter,
buttan haus, pettegislp rückenader*
yttroy wade, pettis Schulterblatt,
lattaco hufeisen.
Auch hier ist es lediglich die Stammsilbe, wo die gemi-
nation sich findet, den atestotten (wohl verschrieben N.),
na-wetto, pausto-cattö sind composita.
pp in: suppis dämm im mühlenwerk.
Gleichfalls in der Stammsilbe,
gg kommt nicht vor.
dd in: addle tanne, meddo honig,
gudde gebüsch, paddis kummetgeschirr.
Alle vier in der Stammsilbe.
bb in: lubbo brett.
Wieder in der Stammsilbe, doch ist hier Holtzwäscher
wieder inconsequent, denn neben lubbo schreibt er trotz
vollständig gleicher bildung stubo stube, tubo filz, lit. lubä,
stubä, tubä.
preufsische Studien. 441
nn in: genno weib, panno feuer,
ennoys fieberfrost, pelanne asche,
pannean moosbruch, polanno herd.
Mit ausnähme der beiden letzten Wörter wieder Stammsil-
ben, doch inconsequent, denn neben panno findet sieb panu-
-staclan feuerstahl.
11 in: pellekis giebel, palasallis ein fisch.
Wenn letzteres ein comp, pala-sallis ist, so steht auch 11
nur in Stammsilben, Ueber die geminirten Zischlaute spä-
ter. Es steht also die geminata 40 mal in der Stammsilbe,
2 mal im suffix.
Da wir die Holtzwäschersche Orthographie überall durch
die Schleichersche ersetzen wollen, so fallt praktisch fftr
uns die gemination fort, wir schreiben einfachen laut.
88. Es fragt sich aber, ob sich aus der gemination
Holtzwäschers nicht theoretisch etwas entnehmen lasse för
die spräche selbst. Gemination wird in den sprachen bald
angewandt, um die länge, bald, um die kürze eines vocals
zu bezeichnen. Ersteres, dem lateinischen und einzelnen
romanischen sprachen eigen, ist für das pomesanische sehr
wenig wahrscheinlich, letzteres hingegen, als deutsche weise,
mehr als wahrscheinlich. Im deutschen theile des voca-
bulars gebraucht Holtzwäscher geminaten häufig, ich zähle,
wieder abgesehen von den ziqghlauten, 17 ck, 14tt, 10 pp,
1 bb, 5 ff, 9 nn, 3 mm, 9 11, 4 rr. Zwar ist er auch hier
wieder nicht consequent, indem er z. b. einmal volle, ein
andermal vole fohlen schreibt; wo aber geminata sich fin-
det, da ist es, wie oben im pomesanischen auch, stets in
der Wurzelsilbe , und zwar nach kurzen vocalen. Da die
Wurzelsilbe im deutschen gleichbedeutend ist mit der hoch-
tonigen silbe, so ergiebt sich: Holtzwäscher schreibt im
deutschen geminaten nach betonten silben mit kurzem vo-
cal. Es liegt nahe, diese regel auch auf seine Schreibung
des pomesanischen zu übertragen, doch sind dabei erst die
litauischen formen auf länge oder kürze der Wurzelsilbe
bin zu untersuchen. In den vergleichbaren litauischen Wör-
tern steht kurzer vocal, und zwar betont, in : vikei wicken,
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 4. 29
442 Pauli
silkg häring, bütas haus, unbetont in: akä'tas granne,
atolas grummet, bit&' biene, kate katze, petls schulter,
medü8 honig, lubä brett, langer betonter vokal in büka
buche, tekSlas Schleifstein, metas jähr, egle tanne. Sehen
wir von büka ab, welches offenbar germanismus aus dem
niederdeutschen ist, so liegt in den zuletzt genannten for-
men überall die accentdehnung e vor, also an sich kurze
vocale (cf. Schleicher lit. spräche I, 15). Da nun das ze-
maitische in solchem falle oft die kürze unter dem accent
bewahrt (1. c. 34), das pomesanische aber auch Vmst sich
zum zemaitischen neigte, so dürfen wir auch in den ent-
sprechenden pomesanischen Wörtern kurzen vokal anneh-
men. Wir haben also dann die gemination pomesaniscb
nur nach kurzen vokalen. Den nachweis, dafs das pome-
sanische die Wurzelsilbe betont habe, glaube ich oben aus
dem vocalismus erbracht zu haben, ich finde aber in der
geminata eine neue nicht unwesentliche stütze dieses satzes,
den das einmalige nn (in pelanno und pelanne) in einer
suffixsilbe wohl nicht alterirt. Somit schreibt also auch
in den pomesanischen Wörtern Holtzwäscher die geminata
nach hochtoniger silbe mit kurzem vocal.
89. Von ungeminirten consonanten betrachte ich zu-
erst die muten. Sie entsprechen in ihrer anwendung bei
Holtzwäscher im grofsen imd ganzen fast durchweg den
litauischen, doch zeigen sich im einzelnen einige abwei-
chungen. Zunächst sondert Holtzwäscher die fortes und
lenes nicht genau, so schreibt er z. b. lenis für fortis in:
agins äuge, lit. akis;
sagnis wurzel, lit. szaknls;
lagno leber, lett. aknis;
grosis reif, lit. kruszä hagel;
siduko siebtopf, lit. setas sieb;
stibinis schlittenbein, lit. stlpinas Speiche;
fortis für lenis in:
siraplis silber, russ. serebro»
Holtzwäscher hat überhaupt, wie wir nachher eingehender
bei betrachtung der zischlaute sehen werden , kein feines
preufsische Studien. 443
gehör für den unterschied der lenes und fortes. Dazu
kommt, dafs gerade die fortis in der Stellung, die sie oben
einnimmt, d.h. zwischen vocalen, vorn oder anlautend
vor liquida, wirklich gern in die lenis übergeht, wie z. b.
im lateinischen digitus, dignus, gracilis. Erwägt man dies,
so konnte Holtzwäscher leicht die zur lenis hinneigende
fortis als volle lenis auffassen und so schreiben. Doch
aber, denke ich, müssen wir fortis schreiben, da auch der
samlundische katechismus ackis äuge bietet. Derselbe be-
weist auch durch sein sirablan silber, dafs hier p blofser
gehörfehler ist; ich schreibe daher b.
90. Anders aber liegt der fall in:
kruwis fall, lit. griüti fallen.
Hier bietet der katechismus krüt fallen und es scheint mir
demnach, als hätte das preufsische in der fortis den ech-
ten laut, und die lit. lenis wäre erweichung.
91. Einige male schreibt Holtzwäscher die lenis, wo
das litauische die entsprechende weiche spirans bietet. Das
geschieht zunächst mit g für j. Letzteren buchstaben ver-
wendet Holtzwäscher im vocabular überhaupt nicht, we-
nigstens nicht im pomesanischen theile, sondern er schreibt
dafür bald i, bald y. Das kommt einmal daher, dafs wur-
zelhaftes j sich nur in:
iuse fleischbrühe, lit. juszö sauerteigsuppe
findet. In suffixsilben zeigt es sich öfter, hier hat es aber
den von Kurschat (lit. wb. I, XI) bezeichneten mittellaut
zwischen i und j. Man kann sich daher nicht wundern,
wenn Holtzwäscher den laut bald so, bald so auffafste.
Weich, d. h. als i, ihn hörend, schrieb er i oder y, här-
ter g oder ig. Dafs diese auffassung richtig ist, beweist
im vocabular kragis heer neben caria-woytis heerschäu,
karyago heereszug. Hier hat, von der später zu behan-
delnden metathese abgesehen, ein und dasselbe wort alle
drei Schreibungen. Ich schreibe nach consonanten i, nach
vocalen j. In eugis hammer schwankt der laut auch im
litauischen, wo sich küjis und kügis finden. Dagegen liegt
29*
444 Pauli
in Baligan grOn neben lit. äalias ganz offenbar nur die en-
dung -ian vor.
92. Ebenso erscheint einige male b, wo man v er-
warten sollte. Dem kragis ganz parallel steht ar-globis
scheitel, welches, wie auch Nesselmann andeutet, doch ge-
wifs zu glawo köpf gehört. Hier aber wird das w als
echt durch das sl. glava erwiesen. Weniger klar liegt die
sache in wirbe seil. Hier bietet das litauische freilich
«ein vlrv& (Schi. virv&') seil, allein daneben hat es doch
auch virbas birkenreis, virbinis schlinge. Zu kalabian
schwert bietet der katechitmus kalblan, das litauische ka-
lavijas. Letzteres ist wohl die etymologisch richtige form,
denn sollte ich irren, wenn ich das wort als verwandten
des lat. cl&va keule hinstellte, beide durch das suffix -va
von wimsei kal schlagen, lit. kalti schmieden, bftmmern,
.abgeleitet, im litauischen -ija weitergebildet?
93. Zeigte sich hier eine gewisse geftkhllosigkeit des
Holtzwäscherschen obres fiir die unterschiede zwischen
homorganen, aber heterogenen lauten, wie sie sonst nur
Obersachsen und Thüringern (war er etwa von da gebür-
tig?) eigen ist, und wie wir sie nachher bei den Zischlau-
ten noch einmal treffen werden, so scheidet er zwischen
den verschiedenen Organen ziemlich genau. Nur einige
male bringt er dentale statt der gutturalen, nämlich t für
k in:
prei-talis ambofs, lit. prei-kalas;
torbis korb, lit. karbas;
tuylis Zuchteber, lit. kuitys;
turpelis schusterleisten, lit. kurp&lius.
Dafs hier wieder ein äemaitisirender zug des pomesani-
sohen vorliegt, scheinen formen, wie das memelsche trau-
ssis birne für hochlit. kräuszö anzudeuten, doch bringt das
vocabular neben turpelis leisten ein kurpe schuh, so dafs
wir den laut des t wohl noch nicht als volles t ansetzen
dürfen. Vielleicht ist er am besten als palatales (ich meine
das wort natürlich im physiologischen, nicht im modern-
sanskritischen sinne) K zu bezeichnen.
preufsiscbe Studien. 445
94. Einmal begegnet auch d für g, nämlich in:
addle tanne, lit. eglg.
Da auch das poln. jodta diesen öbergang zeigt, so ver-
muthe ich fast in addle assimilation des gutturalen an das
dentale 1. Alsdann dürfte das d beizubehalten sein.
95. Weitere Verwechslungen der verschiedenen organe
kommen nicht vor. Zwar vergleicht Nesselmann pom. plo-
nis tenne mit lit. klunas, doch mit unrecht. Lett. plahns
flach, subst. tenne, welches er gleichfalls beibringt, zeigt,
dafs beide Wörter nicht verwandt sind, klunas verlangt
die grundform klaunas, plonis dagegen und plahns gehn
auf plänas zurück.
9(5. In bezug auf die nasalen zeigt sich das pome-
sanische alterthümlicher als das litauische, insofern es vor
s und t das n bewahrt, wo wenigstens das hochlitauische
es auswirft. Das £emaitische, so wie ältere drucke, schrei-
ben hier freilich meist das n, ob es aber wirklich noch
gesprochen sei, ist wenigstens vom jähre 1653 ab zweifel-
haft (Schleicher lit. spräche I, 73 sq.). Im pomesanischeu
dagegen sind sie unzweifelhaft gesprochen, da ja Holtz-
wäscher nach dem gehöre schreibt, und es liegt somit hier
wirklich ein punkt vor, wo das pomesanische einen älteren
lautstand einnimmt, als das litauische. Dies n begegnet
nun in folgenden formen:
ansis haken, lit. §sä (alt ansa) henkel;
sansy gans, lit. äqsis (alt äansis) ;
menso fleisch, lit. mösä;
ratinsis kette, lit. ret&zis;
wanso flaumbart, lit. üsas schnurbart;«
pentinx freitag, lit. petnycza *).
Hierbei ist zu beachten, dafs im litauischen ersatzdehnung
eintritt, denn q ist stets lang, en und in erscheinen als ö,
wan als ü. Das c als ersatzdehnung vergleicht sich dem
sl. 6 in formen, wie v&sü ich führte für vedsü u. a. (Schlei-
*) Altbulg. mggo, retgzi, v§sü, pgtinica. J. S.
446 Pauli
eher comp.1 122) und ähnlichen erscheinungen im sanskrit,
griechischen, lateinischen und gotischen.
97. Aehnlich, obwohl etwas verschieden, liegt der
fall in:
penpalo wachtet, lit. pütpela.
Als grundform scheint mir för beide ein *penpala voraus-
zusetzen, woraus das litauische zunächst *pentpela bildete
mit einem t als vermittler der disharmonirenden laute n
und p; dann wandelte sich en zu u, wie auch sonst im
litauischen, und so entstand dann pütpela.
98. Von den Spiranten 13t in bezug auf das j schon
oben (91.) erwähnt worden, dafs Holtz Wäscher das zeichen
j überhaupt nicht gebrauche, sondern bald i, bald y, bald
g (ig) schreibe. So erklärt sich dann, auch oy alsojiin:
artoys ackersmann, lit. artojis;
ie als eji (i = £ nach 13) in:
medies Jägersmann, lit. mede'jis.
99. Mehr zu sagen ist vom v. Hier zeigt sich das
pomesanische altertümlicher als das litauische, indem es
v bewahrt hat in:
swestro Schwester, lit. sesü' ;
swibe finke, lit. szube ;
wanso flaum, lit. usä schnurbart,
wie für letzteres wort das polnische w$8 beweist.
100. Vor o, 6 und u im anlaut fiudet sich ganz re-
gulär ein w vorgeschlagen, ähnlich wie in der mundart
Ejdymtts (Schleicher Donaleitis 338) und im altslawischen
(id. comp.2 132). Das geschieht im vocabular in:
• wobalne apfelbaum, lit. obelis;
woble apfel, lit. obülys;
wobzdus dache, lit. obszrüs;
wosee ziege, \
wosistian zicklein, ) lit ozys, oziükas bock;
wosux Ziegenbock, )
woasis esche, lit. usis;
wutris Schmied, lit. fehlt,
allen pom. autre schmiede beweist auch hier den Vorschlag.
preufsische Studien. 447
Dieser Vorschlag ist natürlich in der schritt beizubehalten,
doch schreibe ich hier, wie überall, dem Schleicherechen
Systeme zu liebe, v statt w. Ein vorgeschlagenes j bietet
das vocabular nicht.
101. Wie oben in artoys, medies das j zwischen vo-
calen unbezeichnet blieb, so auch einmal das v, nämlich
in gertoanax habicht, denn ich glaube nicht zu irren, wenn
ich hieraus ein gerto(w)anax herauslese und es dem sper-
glawanag(s) Sperber parallel stelle; lit. vänagas heifst raub-
vogel, speciell habicht, gertoanax ist demnach der hühner-
habicht, sperglawanag der Sperlingshabicht.
102. Räthselhaft ist das verhältnifs von:
wobilis klee, lit. döbilas.
Gehen beide auf eine grundform dvobilas oder dvabilas,
oder hat Holtzwäscher sich geradezu verhört oder ver-
schrieben?
103. Eine eingehendere betrachtung erfordern unter
den Spiranten die Zischlaute. Das litauische bat deren
bekanntlich vier, s und z, sz und z, das pomesanische bie-
tet anscheinend nur einen, das s, woneben blofs vereinzelt
seh und z erscheint. Gehen wir auch hier wieder von
der deutschen Orthographie Holtzwäschers aus, so ist zu-
nächst sicher, dai's er seh und s ganz klar auseinander-
hält, denn er schreibt sne schnee, swarte köpf haut, slag
schlag, smyt schmied, arsbel hinterbacke, weil er noch so
sprach, aber schueb schuh, schere scheere, vysch fisch,
esche esche. Nach r erscheint in hircz birsch (d. i. hirz)
auch einmal cz für s. Nach kurzen vocalen verdoppelt
er s zu ss, seh zu ssch oder schz in derselben weise, wie
er überhaupt die gemination anwandte (cf. 87.), so in nes-
sel nessel, kessel kessel, schussel Schüssel; assche asche,
halpvischz halbfisch, schölle. Dagegen ist ihm, wie er
sich schon oben in bezug auf fortis und lenis als unzuver-
lässig erwies, der unterschied zwischen hartem und wei-
chem s noch gar nicht aufgegangen. Für beide durchein-
ander gebraucht er sein s, gelegentlich auch einmal z. So
ist s geschrieben für den scharfen laut in vues fufs, hals
448 Pauli
hals, weyse waizen, für den weichen in naselocb nasloch,
reise heereszag, ebenso z für den scharfen in ächze acbse,
ochze ochse, vochz fuchs, welz weis, för den weichen in
naze nase, bloze blase, meyze meise, senze sense. Ver-
einzelt begegnet sz ftlr scharfes s in snszemilch süfse milch.
104. Daraus folgt nun also, dafe wir Holtzwäscher
in den pomesanischen Wörtern wohl in bezog auf den un-
terschied von seh und s trauen dürfen, dafs aber, da der
unterschied zwischen hartem und weichem Zischlaut ihm
noch überhaupt gar nicht aufgegangen ist, in bezug hier-
auf seine Schreibweise für uns absolut unmafsgebend ist,
dafs vielmehr der richtige laut lediglich aus den verwand-
ten sprachen zu erweisen ist. Demnach steht scharfes
s in:
sabatico Sonnabend, lit. snbatä;
sagis schnalle, lit. sagtis ;
sackis harz, lit. sakai;
saule sonne, lit. saule;
Semen saat, lit. semü';
semeno brach vogel, lit. semene hänfling;
siduko durchschlag, lit. setas sieb;
sylecke bäring, lit. silke;
siraplis silber, lit. sidabras;
sosto bank, lit. sostas stuhl;
suris käse, lit. süris;
slayx regen wurm, lit. slekas;
slauke grofse Schnepfe, lit. slaukä;
süwaytos pflaumen, lit slyva;
soaigis schnee, lit. snegas;
snoxtis rotz, lit. snarglys;
swestro seh wester, lit. sesu ;
swetau weit, lit. svätas;
sparis sparren, lit. sparas;
spenis zitze, lit. spenys;
stacle stütze, lit. stakle lilsstock;
staldis stall, lit. staldas;
stalis tisch, lit. stalas;
preufßische Studien. 449
starkis zander, lit. starkas;
steege scheune, lit. stegti dach decken;
stibinis schlittenbein , lit. ste'bas pfeiler oder stipi-
nas Speiche;
sticio trinkglas, lit. stiklas;
stogis dach, lit. stögas;
stubo stube, lit. stubä;
asiÜ8 esel, lit. äsilas;
ausins ohr, lit. ausls;
glossis korb weide, lit. glusnis weide;
lyso ackerbeet, lit. Iys6 gartenbeet;
muso fliege, lit. muse ;
nozy nase t ...
' , !• «t. nosi8 nase;
nose-proly nasenloch, )
podsi hälfte, lit. püse;
woasis esche, lit. ü'sis;
ansis haken, lit. 38a henkel;
menso fleisch, lit. mesä;
wanso flaumbart, lit. usai schurbart;
werwersis lerche, lit. we versus;
gislo ader, lit. gysla;
creslan lehn$tuhl, lit. kre'slas ehrenstuhl;
glosto wetsstein, lit. glöstyti streicheln;
lasto bett, lit. lastä mastnest der gänse;
mestan Stadt, lit. mestas;
pausto- wild, lit. püstas.
Liier also ist überall die Schreibweise s beizubehalten, resp.
einzuführen, ebenso natürlich, wo der zischlaut auslautet,
denn in dieser lautlage findet sich bloi's scharfes 8.
105. In folgenden formen dagegen ist die Schreibweise
z gemäfs dem litauischen einzuführen:
brisgelan zäum, lit. brizgelas;
brusgis peitsche, lit. brüzgas baumstumpf;
treste drossel, lit. strazdas,
also lediglich vor einer media, denn das t in dem letzten
worte ist des s wegen fälschlich so dargestellt.
106. Wenden wir uns jetzt zu dem lit. sz, so finden
450 Pauli
wir den entsprechenden laut seh in unserm vocabular nur
in folgenden formen:
schumeno draht, \ . . . .
. . / Jit. siuti nahen, siuvikas schnei-
schutuan zwirn, ) , , . ' , . x
. ... . , . ( der, aber lett. schuht,
schuwikis Schuhmacher, )
und in
schokis gras.
Wenn letzteres dem lit. szüka heuhaufen, dem es sich ver-
gleichen liefse, wirklich verwandt ist, so wäre dies das
einzige beispiel, dafs lit. sz und pomesanisches seh sich
entsprächen, denn in schumeno (wie Nesselmann jedenfalls
richtig liest), schutuan, schuwikis ist seh doch, wie im let-
tischen, jedenfalls aus sj entstanden, welches die wurzel
siv, sju verlangt.
107. U$berall sonst antwortet dem lit. sz pomesani-
sches 8, und da, wie wir gesehn haben, Holtzwäscher sonst
8 und seh scharf scheidet, so ist anzunehmen, dafs hier
wirklich ein lautunterschied beider sprachen vorliegt, inso-
fern das pomesanische gleich dem lettischen für lit. s und
sz denselben laut des einfachen scharfen 8 hat. Beispiele
dafür sind:
sagnis wurzel, lit. szaknis;
salmis heim, lit. szalmas;
sarke elster, lit. szarka;
sarwis waffen, lit. szarvai (plur.);
saxsto baum8tamm, lit. szeksztas;
seese amsel, lit. szgze (e?);
silkas seide, lit. szilkai (plur.);
sylo heide, lit. szilas;
sirines lauge, lit. szarmas;
sirsilis hornifs, lit. szirszlys;
sywan grau, lit. szyvas weifs;
sunis hund, lit. szü';
slayo schütten, lit. szlajos;
slaunis Oberschenkel, lit. szlaunis;
swibe fink, lit. szube;
abse espe, lit. apusz6;
r
preufsische Studien. 451
aysmis spiefs, lit. eszmas;
assegis barsch, lit. eszerys;
a8sis achse, lit. aszis;
grosis reif, lit. kruszä hagel;
juse fleischbrühe, lit. jusze sauerteigsuppe;
crausy birnbaum, lit. krauszis;
crausios birne, lit. kräusze;
kiosi becher, lit. kiaüszö birascbale (?);
lasasso lachs, lit. läsziszas;
luysis luchs, lit. lüszis;
moazo muhme, lit. mösza Schwägerin;
reisis nufs, lit. reszutas ;
brunse plötze, lit. brünszis;
pusne Stiefel, lit. püsznis;
wisnaytos kirschen, lit. v^szna;
aswinan pferdemilcb, lit. äszva stute;
pleske sieleDgeschirr, lit. pleszke ;
ploaste bettlaken, lit. ploszte;
esketres stör, lit. erszke tras;
mit contraction:
prastian ferkel für prasistian, lit. parszas;
werstian kalb für wersistian, lit. verszis.
.108. Das schriftzeichen s tritt nun bei Holtzwäscber
consequent auch für lit. z auf. Da wir sahen, dafs er
hartes und weiches s nicht scheidet, so dürfen wir hier
sicher annehmen, dafs dies dem lit. z entsprechende s das
weiche und demnach mit z zu schreiben sei. Die ein-
schläglichen formen sind folgende:
saligan grün, lit. zalias;
same erde, lit. zeme;
sansy gans, lit. z$sis;
sari glut, lit. zarija glühende kohle;
semo winter, lit. zgmä;
sixdo sand, lit. zö'gzdras kies;
sirgis wallach, lit. zirgas rofs;
smoy mann, lit. zmu;
soalis kräuticbt, lit. zol6' kraut;
452 Pauli
asy rain, Ht. e£e ;
assaran landsee, Ht. ezeras;
ausonis eiche, Ht. äuzülas;
geguse kukuk, Ht. geguie';
moasis gerate, lit. mezei;
seese amsel, lit. szeze (doch auch szesze);
wessis spazierschlitten, lit. väzis;
wosee ziege, lit. ozys bock;
wosux Ziegenbock, Ht. oziükas;
gelso eisen, lit. gelezis, gelzis;
berse birke, Ht. ber£as;
ratinsis kette, lit. retezis;
blusne milz, Ht. bluzne.
101). Das ergebnifs ist demnach dieses: das pomesa-
uische hat, abgesehen von vereinzeltem seh, nur zwei Zisch-
laute, 8 und z, ersteren gleich lit. 8 und sz, letzteren gleich
lit. z und z. Hierdurch scheidet es sich bedeutend vom
litauischen und stellt sich entschieden auf seite des letti-
schen, so wie auch des slawischen, dessen s gleichfalls =
lit. s und sz, so wie z = Ht. z und z (cf. die lauttabelle
Schleicher comp.3 340). Beide laute, s und z, werden im
folgenden auch durch diese buchstaben bezeichnet werden.
1 10, Dem entsprechend dürfen wir nun fiir die grup-
pen, guttural + zischlaut, deren das litauische vier bietet,
pom$sanisch nur zwei erwarten, nämlich ks für lit. ks und
ksz, sowie gz für lit. gz und gz. Holtzwäscher scheidet
in seiner Orthographie natürlich ks so wenig von gz, wie
8 von z, sondern schreibt durchweg x, bisweilen ks. Die
verwandten sprachen bieten aber auch hier das mittel der
Scheidung. Es ist demnach ks zu schreiben in:
inxcze niere, lit. inkstas;
saxsto bäum stumpf, lit. szeksztas;
dagegen gz in:
krixtieno erdschwalbe, lit. kregzde schwalbe;
sixto sand, lit. ze gzdras.
In diesen letzten beiden formen hat die unempfindlichkeit
Holtzwäschers gegen fortis und lenis sich auf das folgende
preufsische Studien. 453
d übertragen, welches er hier als t schreibt (cf. oben auch
siduko 89 und treste 105).
111. Im litauischen wechseln die x- laute häufig mit
den blofsen Zischlauten und die gutturalen schwinden. So
steht neben plöksztas eine hand voll die form plösztas,
neben zegzdras sand ze zdras, neben zvaigzde stern zvaizd&.
So hat nun das pomesanische mehrfach x- laute neben lit.
s-lauten. Der fall zeigt sich in:
klexto kehrwisch, lit. klastyklä besen;
au-klextes oberkehricht, lit. nu-klastos;
kexti zopf haar, lit. kasä zopf ;
plinxne platze (gebäck), lit. plyskas fladen;
wo ks, und in:
laxde haselstrauch, lit. lazdfc,
wo gz zu schreiben ist, wie auch die lettische form lagsda
neben lasda sich findet.
112. Der Wechsel zwischen x und s ist aber auch
dem pomesanischen nicht fremd. Es steht im vocabular
lanxto fenster neben perst-lanstan fensterlade. Jedenfalls
beweist das, dafs auch im pomesanischen der guttural von
dem zischlaut übertönt wird und demnach auch wohl schwin-
den kann. Es darf daher auch nicht befremden, wenn
sich pom. 8 neben lit. x findet, wie in :
ausis gold, lit. qnksas; -
instixs daumen, lit. nyksztis;
riste ruthe, lit. rykszte,
wo überall scharfes s vorliegt.
113. Bisweilen auch haben das pomesanische und li-
tauische den gutturalen beide getilgt, und nur das letti-
sche weist ihn nach; so in:
pirsten finger, lit. plrsztas, lett. pirksts;
plasmeno fufsrist, lit. plasztaka handfläche, lett.
pleksne rist,
wo das s gleichfalls als scharf, und in:
listis lager, lit. lizdas nest, lett. ligsda,
wo es als weich erwiesen wird.
114. Bei letzterem worte sei es mir verstattet, einen
454 Pauli
etymologischen gewinn zu constatiren. Durch die lettische
form wird die gewöhnliche etymologie von lit. llzdas, die
es, mit angeblichem Wechsel von 1 und n, zu deutschem
nöst und seinen verwandten stellt, als unhaltbar darge-
than; das wort gehört vielmehr zu griech. Ae£0£9 lat. lectica,
got. ligan.
1 1 5. In :
lanxto fenster, lit. langas;
snoxtis rotz, lit. snarglys;
soanxti funke, lit. zväke kerze
kann erst durch Untersuchung der suffixe festgestellt wer-
den, ob ks oder gz vorliege, dagegen ist in:
plauxdine federbett, lit. plauzdine bett
wohl ks zu schreiben, denn lit. plünksna feder hat diesen
laut, und da das litauische auch sonst (cf. Kurschat lit.
wb. I, XVIII über mfcsdinu) harte Zischlaute vor d duldet,
so darf man das auch wohl für das pomesanische voraus-
setzen, obwohl das lit. plauzdine erweichende assimilation
zeigt. In lauksnos gestirne ist das harte ks nicht zwei-
felhaft.
115. In wenigen formen findet sich bei Holtzwäscher
ein cz. Im deutschen theile bezeichnet er damit unser
jetziges z, geminirt czcz = tz, einmal auch unser sz nach
liquida in hircz hirsch. Ebenso gebraucht er es in pome-
sanischen Wörtern. Wenn wir absehen von czilix zeisig,
welches mir neben lit. z^le meise dunkel bleibt, so be-
zeichnet cz einfach scharfes s nach der liquida in:
eulezi hüfte, lit. külszis;
unser z dagegen ist es in: karezemo krug und stukamec-
czeris Stechmesser, beide entlehnt, ersteres dem poln. kar-
czma, letzteres dem deutschen. Auf den ersten blick kann
es befremden, dafs ich neben poln. karezma, lit. karezamä,
wo cz beidemal = tsch, für pom. karezemo es gleich ts
setze. Allein das verhältnifs ist kein anderes, als wenn
pom. sirsilis neben lit. szirsztys steht, denn pom. ts : lit.
tsch = pom. s : lit. seh. Aufserdera schreibt Holtzwäscher
auch im deutschen kretzem, wo über den laut gar kein
zweifei sein kann.
preufsische Studien. 455
116. Der gewichtigste grund aber für pom. cz = ts
liegt darin, dafs die lautgruppen ts und dz (lit. cz, dz)
sich überhaupt im pomesanischen nicht finden. Sie ent-
stehen im litauischen ja meist aus ti, resp. di. Hier aber
tritt wieder das pomesanische völlig auf seite des zemai-
tischen, welches bekanntlich das ti, di rein bewahrt. Glück-
licherweise bietet uns das vocabular je ein beispiel für
jeden fall; denn
plauti lunge, lit. plaüczei;
medione jagd, lit. medzöne
beweisen unumstöfslich den zemai tischen character des po-
mesanischen in dieser beziehung.
117. Nicht so rein bewahrt es sich in bezug auf jene,
wenn ich so sagen soll, spontane Wandlung des d in zd
und weiter in z (Schleicher comp.3 322). Zwar hat es
reines d in:
bordus bart, lit. barzdä;
daneben aber findet sich auch gerade umgekehrt s, d. i.
hier z, neben lit. d in:
gloeano blindschleiche, lit. glodenä.
118. Wenden wir uns nun zu den halbvocalen
(liquiden), so zeigt sich uns hier zuerst ein gewisses
schwanken in der Stellung derselben oder es finden sich,
nach gewöhnlicher ausdrucksweise, mehrfache metathesen.
So bietet das vocabular die schon von Neeselmann p. 7
hervorgehobenen formen:
® , . . , i lit. galvä köpf;
pec-galwis genick, ;
kragis heer, ) ... , , . , .
. B , ' . . > lit. karias kneg;
karyago heerfahrt, ) °
prastian ferkel, lit. pärszas seh wein ;
grabis berg, sonst -garbs (in Ortsnamen);
nage-pri8ti8 zeh, j Ht g
pirsten finger, )
Da auch dem litauischen solche metathesen nicht fremd
sind , wie z. b. in tramyna termin, so müssen wir hier im
vocabular wohl wirklich gleichberechtigte nebenformen an-
456 Pauli
erkennen, die mit dem halbvocal vor dem vocal hervor-
gegangen aus einer slawisirenden neigung, wie sie sich
auch in der Vermischung des s mit sz und des z mit z
zeigte.
119. Während in:
werwirsis lerche, lit. vevers^s
die rednplicationssilbe im pomesanischen das r bewahrt
hat, vermifst man es einige male, wo es im litauischen
steht. So schreibt Holtzwäscher:
snoxtis rotz, lit. snarglys;
esketres stör, lit. erszkä'tras;
geey6e reiher, lit. gerszä;
sixto sand, lit. zö'gzdras;
wobsdus dachs, lit. obszrüs.
Ich glaube, dafs hier Holtzwäscher das r überhört hat,
welches vor und nach den Zischlauten vielleicht unvollkom-
men gebildet wurde. Demnach scheint es doch besser ge-
schrieben zu werden. Man könnte geeyse auch mit lit.
gensze vergleichen wollen. Da aber sonst im vocabular
gerade n vor s stets bewahrt ist (96.)? so erscheint es bes-
ser, die form gerszg zu gründe zu legen. Für wobsdus
neben obszrüs ist wohl als grundform des Suffixes -drus
anzusetzen, so dafs das litauische das d verloren hätte.
120. Zwischen vocalen scheint das pomesanische r den
laut des r gutturale oder uvulare (Brücke physiologie der
sprachlaute 49) gehabt zu haben. Ich schliefse dies aus
der Schreibweise Holtz Wäschers, der in folgenden Wörtern
rg oder g schreibt, wo die verwandten formen r haben:
angurgis aal, lit. ungurys;
wargien kupfer, lit. värias;
assegis barsch, lit. eszerjfa.
Neben wargien steht im vocabular selbst warene messing-
kessel. Doch könnte man auch das g zum folgenden i
ziehn und gi als bezeichnung des mittellautes zwischen i
und j ansehn, der oben (91.) schon durch g (ig) sich be-
zeichnet fand. Zu schreiben ist jedenfalls blofses r.
121. Auffällig ist auch das lg neben lit. 1 in:
preuf8isch6 Stadien. 457
balgnan sattel, lit. bälnas;
balgninix Sattler, lit. balninlnkas.
Ist hier im litauischen g ausgefallen, oder bezeichnet lg
das früher auch im litauischen vorkommende 1 (Kurschat
lit. wb. I, XV)? Sollte letzteres der fall sein, dann möchte
ich in dem li von:
arelie adler, lit. erälis
das palatale 1 == 1 — | — j (Schleicher comp.2 305) suchen,
obwohl man arelie auch als arelia deuten könnte nach der
uncontrahirten ia-declination, wovon später.
122. In:
luriay meer, lit. jiires;
lagno leber, lett. aknis
könnte prothetisches 1 vorliegen, wie in lit. lezüvis neben
pom. insuwis, sl. j^zykü, doch möchte ich auch die mög-
lichkeit eines Schreibfehlers für iuriay, iagno (cf. iuse) nicht
ganz von der hand weisen.
123. Auch im gebiete des consonantismus fanden wir
also mehrere punkte, die nicht blofs falscher auffassung von
Seiten Holtzwäschers zuzuschreiben waren, was allerdings
auch oft genug vorkam, sondern die wirklich abweichende
lautgestaltungen des pomesanischen erwiesen. Es waren
vornehmlich folgende:
1) das pomesanische zeigt sich altertümlicher als das
litauische in der bewahrung des n vor s und t;
2) neigung zum zemaitischen läfst sich auch bei den
consonanten beachten: ti und di bleibt bewahrt und
wird nicht in cz, dz gewandelt;
3) der Vorschlag von v vor dumpfen vocalen ist slawi-
sirend, zeigte sich aber auch in einzelnen litauischen
mundarten;
4) auch die metathesen des r und 1 sind slawischer na-
tur, obgleich dem litauischen nicht völlig fremd;
5) der wichtigste und wesentlichste unterschied des po-
mesanischen vom* litauischen beider mundarten ist die
behandlung der Zischlaute, indem es hier s für s und
Beitrage z. vgl. sprachf. VI. 4. 30
458 Pauli, preufeische Studien.
sz, z für z und z gemeinschaftlich hat, wodurch es
völlig auf seite des lettischen und slawischen tritt.
124. Das oben aus der betrachtung der vocale gefun-
dene accentgesetz, wonach das pomesanische, gleich dem
zemaitischen, die Wurzelsilbe betont, fand durch die be-
trachtung der consonanten, vornehmlich der von Holtz-
wäscher geminirt geschriebenen, seine volle bestätigung;
es fand aber gleichzeitig noch eine erweiterung dahin, dafs
diese betonung die vocale der Stammsilbe in bestimmt
nachweisbaren fällen nicht gedehnt hat, wodurch wieder
das pomesanische auf seite des zemaitischen tritt.
125. Als schlufsresultat, die Stellung des pomesani-
schen zu den verwandten sprachen betreffend, ergiebt sich
somit: das pomesanische ist dem zemaitischen in manchen
punkten des vocal-, so wie des consonantensystems, na-
mentlich auch in der betonung, näher verwandt als dem
hochlitauischen ; es überragt aber beide mundarten in man-
chen punkten an alterthümlichkeit und nimmt in bezug auf
die Zischlaute eine so singulare, dem lettischen und slawi-
schen zuneigende Stellung ein, dafs es keinesfalls als blofse
litauische mundart angesehen werden kann (cf. nämlich
Schleicher lit. spr. I, 2).
Die folgende abhandlung wird sich mit der wortbil-
dungs- und flexionslehre des pomesanischen beschäftigen
und, wie die vorliegende, die unkritischen Schreibungen
Holtzwäschers durch gewinnen allgemeiner gesichtspunkte
zu normiren und zu regeln suchen. Auch sie wird sich,
gleich dieser, zunächst auf das von Nesselmann gebotene
material, d. h. die nächstverwandten sprachen, beschränken.
Was dann noch als rückstand in der retorte geblieben ist,
wird in einer dritten einer schärferen etymologischen be-
handlung unterworfen werden, woran sich zum schlufs die
Zusammenstellung der erschlossenen formen in Schleicher-
scher Orthographie schliefsen soll. Die weitere betrach-
Stokes, das altirische verbum. 459
tung der accentlehre, namentlich in bezug auf die Unter-
scheidung zwischen gestoßenem und geschliffenem tone,
mufs vor der hand bis zur Vollendung des Wörterbuchs
von Kurschat verspart bleiben.
Münden, 9. october 1869. Dr. Carl Pauli.
Das altirische verbum.
Seit ich meinen aufsatz in den beitr. z. vergl. spracht
III, 47 geschrieben, habe ich alle verbalen formen in dem
Feiire von Oengus und in den zwei bruchstücken des
Amra Choluimchille, die in dem Lebar na huidre
enthalten sind, gesammelt. Desgleichen habe ich die seltne-
ren formen in den Goidilica, in dem Tripartite Life of
Patrick (Egerton 93, Mus. Brit. u. Rawl. 505, Mus. BodL), in
dem Seirglige Conculainn (herausg. von O'Curry in
der Atlantis, auä dem Lebar na huidre), dem Fis Adamn&in,
dem Sc£la na eserge und anderen stücken in demselben ms.
pp. 15 — 42, Cormac's Glossar, Codex B., O'Clery's Glossar
(Louvain 1643), O'Davoren's Glossar, dem Sen'fehas Mar,
Dublin 1865 u.s.w. gesammelt. Neuerdings habe ich noch
den vortheil gehabt, die 55 Seiten über das irische verbum in
dem ersten theile von EbePs trefflicher ausgäbe der Gram*
matica celtica lesen zu können; und nun soll meine aufgäbe
eine doppelte sein, erstlich, so weit es mir möglich, die for-
men nachzutragen, welche weder Zeufs noch Ebel gefunden,
und zweitens mit geziemender bescheidenheit gewisse
punkte festzustellen, über welche ich mit dem letztgenann-
ten gelehrten nicht einer meinung sein kann. Unser streit
wird, so hoffe ich, durch Schleicher 1 ) in der dritten aus-
1) Dieser abschnitt war geschrieben, bevor ich von dem schweren Ver-
lust gehört hatte, den die vergl. Sprachforschung durch Schleichers tod er-
litten hat. Studirende des celtischen sind dem gelehrten zu grofsem danke
verpflichtet, der das altirische zuerst als eine der acht hauptsächlichsten
indogermanischen sprachen behandelte.
30*
460 Stokes
gäbe seines Compendiuma entschieden werden, oder durch
Lettner, dem ich diesen aufsatz freundschaftlichst zueigne,
oder durch Nigra, für dessen vortreffliche ausgäbe der
Turiner glossen ich zeugnifs ablegen will, oder durch
Ascoli, von dem wir einen vollständigen abdruck der alt-
irischen glossen zu Mailand erwarten dürfen.
§. 1. Das praesens indicativ activ.
Zuerst mufs ich meine genugthuung darüber ausspre-
chen, dafs, wie ioh finde, Ebel in Übereinstimmung mit
mir (beitrage III, 47) im indicativ drei classen anerkennt,
die ä-, die ä- und die ia-stämme, welche beziehentlich mit
der dritten, ersten und vierten conjugation des lateinischen
zu vergleichen sind. Wir stimmen ferner darin überein,
dafs wir eine besondere classe in gnfu „facio*, -ciu „vi-
deoa und ihren zehn oder zwölf compositen nicht aner-
kennen. Aber was gnin betrifft, so ist es nicht wahr-
scheinlich , dafs viele Sprachforscher Ebels theorie * ) an-
nehmen werden, es sei nur eine abart der ersten oder
ä-reihe, die mit der ia-reihe in der vocalischen declination
zu vergleichen sei. Dies erklärt die länge des i nicht.
Mir scheint, daft, wie in dem ähnlich flectirten verbum
-ciu (aus *ceiu, *cesiö), ein wurzelhaftes s zwischen vo-
ealen verloren gegangen ist3), so in gniu (aus *gneiu, *ge-
nes*6) wir ein denomin&tivmn haben vom s- stamm gn£
3) Ebel selbst scheint dieser theorie nicht ganz gewifs zu sein, denn
Z. * p. 428 — 433 behandelt er gnfu als zur ersten oder a -reihe gehörig:
ab«r pw 462 behandelt er das praeteutnm. dorigai als an der dritten oder
ia-reihe gehörig; und in den berichtigungen zu Schleichers Comp. 2. aufl.
p. 356 fuhrt er gniu als ein beispiel von Lottaers 3 -classe (beitr. II, 324)
an, deren Vorhandensein im cekischen nicht festgestellt ist.
3) Dies s ist erhalten in imCASti (con&Uerandus) iroCAISsiu (gl.
speeimen), remCAISsiu (Providentia), fresCSiu (spes), nephfresCAStn (gl.
hwperata, motte) Ml. 56 d. foirCSiu „rooktog-on", 1 SM. 288, dteiCSru (visio),
a comCISnib („firom inspections"), O'Davoren 40, adCHESs (visus est):
ranic fath nad adaig acCEStar . i. aicither (»er kam zu einem land, worin
nacht nicht gesehen wird"), Amra Chol, (vielleicht ein 8 -futurum), cais .ij.
suü „oculus", O'Cl. 61. Wenn wir den gewöhnlichen wandel von p zu c
und Verlust von anlautendem s annehmen, so würde das ir. -cfu ss lat.
spero aus +speso sein, wie gnfu = genero aus *geneso ist.
das altirische verbum.
461
= *gene8 (skr. ganas) wie latein. genero (aus *geneso),
aly(ea)ea) etc. Das -iu würde so ein älteres -eiu aus
-e(s)iö darstellen, und die verba gniu und -ciu müßten
zur dritten oder ia-reihe gerechnet werden. Die paradig-
men der drei classen im praesens indic. act. würden dann
folgendermafsen beschaffen sein:
Alte (oder „subjoined") form,
1) &- stamm: 2) ä- stamm:
Sg. 1. biru, biur [„feroa]
2. -bir
3. -beir, -ber
PL 1. -beram
2. -berith (-id)
3. -berat
3) ia- stamm-.
Sg. i. •ailiu [„oro")
2. -aili
3. -aili
PL 1. -ailem
2. -ailith (-id)
3. -ailet
caru [„amo"]
-cari (-ai)
-cara
-caram
-carith (-id)
-carat
gniu [„facio"]
-gni
-gni
-gniam
-gniith (-id)
-gniat
Spätere (oder „absolute") form:
1) a-8tamm: 2) ä- stamm:
Sg. 1. berimm
2. beri
3. berith (-id)
rel. beres
PL 1. bermme, bermmit
2. berthi
3. berit
rel. berte
3) ia- stamm:
Sg. 1. ailimm gniimm
2. aili gni
. 3. ailith (-id) gniith (-id)
rel. ailes gnis
carimm (-aimm)
cari (-ai)
carith (-id, -aid)
caras
carmme, carmmait
carthi
carit (-ait)
carate
462 Stokea
PI. 1. ailmme, äilmmit gnimme, gnimmit
2. äilti gnithi
3. äilit gniit
rel. äilte gnite.
Die alte oder kürzere form, welche Zeufs „brevior,
constructa vel negativa" nannte, nennt Ebel „forma sub-
junctau und sagt „brevior forma... semper est subjuncta
vel praepositionibus vel particulis quibusdam ut verbalibus
no, ro, negativis ni, nä(näd, nach), interrogativae iYi.
Wahr ist es, dafs in den ältesten Schriften nach praepo-
sitionen oder den genannten partikeln im plural und in
der 2. und 3. person des Singulars die kürzere form immer
gefunden wird. (Der grund ist vermuthlich, im falle der
Zusammensetzung der verba mit praepositionen , dafs die
pronominalen anfügungen, die sich in der späteren form
finden, worte von einer unbequemen länge ergeben hätten,
und im andern falle, wo den verbis die bezeichneten par-
tikeln vorangehen, dafs man der emphatischen bezeichnung
der person meist wenig bedürftig war). Aber es ist ebenso
wahr, dafs sich die kürzere form in der 1. pers. sing, fin-
det, ohne dafs sie mit irgend einer praeposition zusammen-
gesetzt, ohne dafs ihr irgend eine partikel vorgesetzt wäre.
So: — aco .i. nego, unde ac, H. 3. 18. p. 80, col. 1.
tiagu, tiagu-ssa (= otsixcü): frisgart olldom in bre-
them birusa for firu . . („answered O. the brehon. „„I
adjudge on men etc.*") Rawl. 505, p. 252 col. 2. beru
(ms. bera)4) ord n-aire .i. brethemnaighimsi ordughudh
na hesgaine („I adjudge the ordering of the curse")
O'Dav. 49: arco fuin dorn dia (»ich erflehe tod von mei-
nem gott") Cormac: arco fuin dorn rig (»ich erflehe tod
von meinem könig") Lebar na huidre, 77: ised inso rogab
patricc forsin cailech gaibiu anfis ibiu anfis frisia üathib
4) O'Davoren hat so fälschlich ni aera (leg. aeru) aen cach („ich ver-
spotte niemand") 47, tisca (leg. tiscu) bri ban finn („ich beginne die worte
von chönen frauen") 57. So vielleicht O'Curry, Longes mac nüisnig 445
n. tong atong (leg. tongu tong?) „ich schwöre einen eid«: cf. tongu-sa Inga
„ich schwöre einen eid" (woher intf dodfongad „is qui id jurabat a
Ml. 36b) O'Don. supp. s. v, tongaim.
das altiriflche verbum. 465
ibiu lithn in christo ibu. amen. .i. ciabeith afis ocund
cencofil ibthar inanmum fsu crist („dies ist, was P. wie-
derholte über dem (vergifteten) kelche: „Ich nehme in
Unwissenheit, ich werde trinken in Unwissenheit, was davon
kommen (?) wird" 6). Ich werde trinken weine6) in Christo
etc. i. e. „ob die kenntnifs davon uns beiwohne (oder) ob
nicht, es soll getrunken werden in Jesu Christi namen")Trip.
Life of Patrick, B. 163. b. guidiu itge doib („Ich bete
ein gebet an sie"), Feiire Oenguso, prol. 17. guidiu itche
naile („Ich bete ein anderes gebet"), ibid. epil. 413:
ailiu duil(e)am duilib dligthechuib (»Ich flehe den
herrn an mit schuldigen erklärungen" ) O'Dav. 75: ailiu
dia dirged mo set (»ich flehe gott an: lafs ihn meinen
pfad lenken"), 1 Senchas Mär 10: aile (Mac F. ailiu)
laith ,i. guidhimsi in laith (»ich frage nach dem bier"
O'Dav. 104, meild: biuu-sa oc irb&ig darfarcennsi
(gl- glorior de vobis) Z. 419. Es scheint also nach dem
irischen selbst, dafs in den ä-verben und in den abge-
leiteten verben auf ä und ia (aus aia) diese form auf
-u die älteste ist; und dieser schlufs wird durch die ana-
logie des griechischen und des althochdeutschen (Schlei-
cher Comp. 665. 666) unterstützt.
Die durch die 1. sing, verursachte infection (asmbiur firit
„quod dico tibi" Z.a 182, ni ta chumme-se friusom „non
* ) üathib: cf. uadaib („ab eo") 1 Senchas Mar 94: corotoirci aen dib
uaidib („so dafs eine von ihnen schwanger wurde durch ihn"), Book of
Ballimote citirt von O'Curry, Children of Tuireann p. 336. Siehe ferner
Beitr. V, 832 und vergleiche das dem verbum bad suffigirte.ib in dem fol-
genden auszug aus dem Amra Choluimchille: coich boi coich bfa beo
badib amradair ariathaib irdocht irthuaith („wer ist gewesen, wer wird sein
am leben, der wäre mehr als er, bad-ib, bewunderungswerth in den län-
dern, welche er lehrte im nordwejten?"). Der commentator erklärt hier
badib amradair durch bad chomuasal fris („wer wäre gleich edel
wie er"), aber amradair ist offenbar ein comparativ auf -tara, -t^o?
(pos. amre „ bewunderungswürdig " Z. 864). Diese comparative regierten
den accusativ: cf. it luathidir gaith n-erraig („sie sind schneller als ein
frtthlingswind" ) Seirg. Conc. binnithir ilcherflu indomain („süTser als die vie-
len melodien der weit41) Fis Adamnam. So zuweilen die u- comparative:
trommu cach n-osnaid (, schwerer als jeglicher Seufzer") Lebar na huidre
p. 29. b.
') Eine reine vermuthung. Zn vergl. vielleicht goth. leithus „wein,
eider**, lit. lytus „regen".
464 StokM
sum aequalis eis* Z. 610. nida chomsech mu soire „ich habe
keine gewalt, non sum potens, über meine f reiheit " , Trip,
Life Eg. 17. b. 2), die 2. pL (dioiprid cbach „fraudatis quem-
vis" Z. 856) und die 3. pl. (conosciget chenel „commutant
genus" Z. 856. fodälet chenel „distinguunt genus", ni fodlat
chenel „non d. g.tt Z.* 182: nad toirndet fholad „non de-
finiunt sensum". togltiaset chombairt „movent foetum" Bern.
31b. ataat chetnaidi „sunt priores" Z.2 182: it chethir
chet „sunt 400") zeigen, daüs die eben mit beispielen be-
legten personen jede auf einen vokal geendet haben müs-
sen 7 ).
Auf der andern seite weist das fehlen der infection
in der 2. ps. sg. (annon geiss cäch „cum obsecras quemvis)
und in der 1. pers. pl. (ni taibrem seirc „non damus amo-
remtt, focertam fial „ponimus velum", dogniam cechtarde
„faeimus utrumque") deutlich auf eine alte consonantische
endung hin, welche, wie im lateinischen, s gewesen sein
mufs, da sich in höre doninfedam etargne (quia inspiramus
cognitionem) ein transportirtes n nicht findet. So zeigt
das fehlen von infection6) in der 3. sing, (ni ib finn „non
bibit vinum", fodera failti „efficit gaudium", brata set „he
takes a treasure", O'Dav. 59, dogni colnidi „facit carna-
lestf, immefolngi sonartai „quod efficit firmitatem", is follus
„est darum", is cenn „est caput", nita cumacc „non est
potentia"), dafs diese person auch auf einen consonanten
endete, welcher natürlich t war und in dem deponentialen
und passivischen -thar, -thir 9 ) erhalten ist.
Demnach dürfen wir mit einiger Zuversicht das alt-
celtische praesens ind. act. so herstellen:
7) Aach im lateinischen haben wir tremonti.
*) Ausgenommen offenbar bei dem defectiven verbum fil: nifil chum-
tubairt (non est dubium), ni fail chnmscagud (non est commutatio). Aber
hier haben wir wahrscheinlich eine praeterito-praesentische form , wie fitir
(fid-f- dir), griech. otda etc., wo die 3. sing, aar einen vokal ausging.
•) Eine spur dieses schliefsenden t findet sich auch in formen wie fri-
stinfet (exsufflat, fris-tin-feth-t: cf. tinfedam „ inspiramus41), fordin-
det (denunciat, for-do-in-ded-t, cf. aisn-dedat gl. conserunt verba
i. e. narrant, Z. 998). Eine andere spur von diesem t findet sich in den re-
lativen formen caras = carätja, s. weiter unten, und in den verbalen for-
men mit ßuffigirten pronomen.
das altirische verbum. 465
1) a- stamme: 8g. berö, beris, berit Plur. beramas, be-
riti, beranti.
2) ä- stamme: sg. caro (aus caräo), caräis, carät. Plur.
carämas, caräti, caränti.
3) ia- stamme: sg. älio, äliis, alit (aliit). PL äliamas, äliti
(aliiti), alianti.
Die längere spätere oder „absolute" form bietet viel grö-
fsere Schwierigkeiten. Denn da diese (wenigstens im plural
und der 2. und 3. sg.) das product von rein neucel tischen
anfugungen von pronomina oder trümmern von solchen, sind
wir hier fast gänzlich des gewöhnlich aus der vergleichung
der verwandten sprachen fliefsenden lichtes beraubt. Diese
pronominalen demente scheinen folgende zu sein:
Sg. -rami 1. PI. -mis, -mes
-i 2. -is (-jus?)
-is 3. -1 (-ii)
rel. -e = ja -e = ja.
Aehnliche formen finden sich im plural und der 3« sg.
des b-futurums. Doch vor der betrachtung dieser agglu-
tinationen ist zu bemerken, dafs die drei klassen in der
späteren form sich so unterscheiden lassen: erstens, der
wurzelvokal in stammen auf ia ist umgelautet; nicht so in
stammen auf ä und ä: zweitens, die 3. sing. rel. in den
ä- stammen endet immer auf -as, in den ia* stammen
auf es.
Was die erste person auf imm betrifft, so habe ich
zu dem , was in den beitr. III, 49. 50 zu lesen ist, nichts
hinzuzufügen aufser dafs Schleicher §. 269 meint, dafs hier
die abgeleiteten verben (wie die lesbisch -äolischen formen
yiXa-pi, <pikr]-fUi doxi/Ltw-fui) der analogie des verbum sub-
stantivum amm, griech. «fyi/, aus AS-mi, gefolgt sind. Aber
warum haben wir dann berimm, carimm und nicht
beramm, caramm? Ich halte immer noch an meiner
meinung fest, dafs wir hier eine vergleichsweise späte neu-
celtische agglutination haben, ähnlich dem pronominalen
mm in limm, lemm „apud me" etc., die nach falscher ana-
logie die organische infection des m der 1. pers. plur. hin-
466 Stoket
derte. So haben wir in welsch, bum „ftu" und dem redu-
plicirten praeteritum kiglef, kiglif (audivi) Z. 559 si-
cherlich junge agglutinationen.
Die 3. sing, auf -th, -d verursacht keine infection
(e. g. sluindith folad „significat sensum", techtid cosmailius
„habet similitudinem"). Ich fasse die erhaltung des dentals
hier und in dem a-coniunctiv so auf, dafs sie durch das i
des agglutinirten pronominalstammes I im nom. sing. masc.
hervorgerufen ist. Berith, carith, äilith würde so
sein = berit-f-is, carätH-is, älft-f-is und das casus-
zeichen s verhindert die infection. Eine ähnliche aggluti-
nation mag stattgefunden haben in den altwelschen formen
crihot (leg. cridot und cf. crit „tremor*?) gl. vibrat Z.
1096, istlinnit .i. loquitur Juv. 4 = ir. sluindith, und bit
(assit) ib. 32.
Die relativen formen in der 3. person (sing, -s, plur.
-e, -a) sind von Siegfried (beitr. III, 63) als durch pro-
nominale agglutination hervorgebracht erklärt worden. Was
ist nun dieses für ein pronomen? Wir müssen bedenken,
erstens, dafs beide formen aspiriren und deshalb jede frü-
her auf einen vokal geendigt haben mufs, zweitens dafs
das fragliche pronomen im singular nicht nur das gewöhn-
liche -8, sondern auch das -e von vier formen (boie,
leg. böi-e „was war", fil-e „was ist", tit-e „was geht %
giul-se gl. herenti) erklären mufs, drittens, dafs im plural
wir das e wo möglich als den plural des pronomens erklä-
ren müssen, welches 8 im singular hervorbrachte, und vier-
tens, dafs das so angefügte pronomen im nominativ und
aecusativ dasselbe sein mufs l0)*
1 • ) Beispiele von relativen formen) die sich auf ein objeet beziehen, sind
sg. tuicci an-gaibe-s in salm (intellegit quod continet psalmns). ished <5n
saige-s 8om (hoc est quod dicit). issed saige-s sfs (est hoc quod dicit
infra). nf o oin innan ilchial techta-s arroet ainmnigud (non ab nna mul-
tarum significationum, quas habet, denominationem aeeepit)* iscetna n-etar-
gn» sluinde-s ipse intan as foilsigthech (est prima cognitio quam signi-
ficat ipse, cum est demonstrativum). PL doberr ainm ndoib din gnim
gnit-e (datur nomen iis ex actu quem agunt). candadas innan degnimae
son gnit-e in chadehoimnidi (candor benefactorum horum quae faciunt
catechumeni). is hinunn int&liucht sluindite diblinaib (est eadem fignifi-
catio quam continet utrumque).
das altirische verbum. 467
Das pronomen ja im neutrum genügt diesen vier an-
forderungen. Caras zum beispiel, welches bedeutet 1) „qui
(quae vel quod) amat", oder 2) „quem (quam vel quod)
amat" steht, wie Nigra XIX vermuthet, für carät+ja,
gerade wie tris „ dritter * flör tritja steht. Hier verliert
ja = skr. nom. acc. ja-t, zend. jat, das altceltische wie
das griechische — cf. 6 = jat — durchweg das finale t.
In derselben weise entsteht böi-e „was war" aus babäva
4- ja (cf. skr. babhüva). Im plural steht carate ftkr
caränti+j& (cf. zend. ja, skr. nom. acc. jäni). Zu dem
gebrauche eines neutralen pronomens, um relativität für
alle geschlechter auszudrücken, vergleiche das englische
that.
Der vocal in dem -mmi, -mme der 1. ps. pl. ist mir
dunkel. Vielleicht haben wir hier den nom. pl. eines i-stammes
MI, wie im gotischen veis „wir" nom. plur. eines i-stam-
mes VI ist. In dem verbum substantivum ammi (sumus)
bewirkt er keine infection (ammi corp, Wb. 5d., ammi failti
Z. 678, ammi techtiri Z. 825) und folgt ihm einmal ein
transportirtes n (ammi n-eulig „sumus gnari"), doch mag
dies einer der fälle sein, in welchen dieses n seine grenzen
überschritten hat11). Das suffix -mit, -mait (jetzt -mid,
-maoid) ist gleichfalls dunkel. Zu den von Ebel gegebe-
nen beispielen dieser endungen kann ich die folgenden zu-
flögen: ä-8tämme: guidme (petimus) Feiire Epil. 243, can-
mae (canimus) ibid. 242, tiagmait (venimus) Comm. zu
Amra. ä- stamme: carmaitne (amamus), Cogad Gaedel 94,
logmait (dimittimus) Lebar Brecc paternoster. ia-stämme:
ailmini (oramus) Feiire, B. Jan. 10, tuirme (adnumeramus),
F&ire, Sep. 17.
Die zweite ps. plur. wird von Ebel vennuthungsweise
als auf -the. endigend gegeben. Aber dies ist eine con-
junctivische endung. Die endung im indicativ ist -thi,
im mittel- und modernen irischen diphthongirt oder ver-
1 ! ) Es kommt nicht vor in ammi oin-chorp hi er. (sumus unttm corpus
in Christo) Z. 590. ammi irlaim Z. 476, ammi dee huili ib.
468 Stokes
läogert. So haben wir von dem ä-verbum riocu ");
ricthai a les a firu eirenn suidiugbadb oous ordughadb
cacb rechta lend („ihr bedürft, o männer von Irland,
einer festsetzung und anordnung von jeglichem gesetz
durch uns") 1 Senchas M&r 14. Und von dem ä-ver-
bum iarraim (quaero) haben wir dob£rthar duib inni
iarrthai („das, was ihr verlangt, wird euch gewährt
werden") note zu F£lire, Sept. 9. So im modernen iri-
schen moltaoi (laudatis). Das iaverbum blaisim (gu-
sto) hat blasti in seiner 2. ps. pl.: dixit patricius eis noco-
ohumcaissi imchaisin crist acht m ablast! bas arthüs 7
acht m& airfemaid corp christ 7 afuil („ihr könnt Christus
nicht sehen, wenn ihr nicht den tod erst kostet, und wenn
ihr nicht empfanget Christi leib und sein blut") Trip. Life,
B. 173 b. 1S). ind£oin atchithi-si dan isna crannaib („die
vögel, die ihr seht auf den bäumen") Leb. na huidre (fortan
durch LU. bezeichnet) p. 25 b. So in modernem irisch
foillsigthi, chithi.
Der umlaut in der 3. plur. ist offenbar einem prono-
men (i?) zuzuschreiben, welches angefügt worden und dann
verloren gegangen ist, nachdem es den voraufgehenden
vocal afficirt hatte. Eine ähnliche erscbeinung findet man
in den 3. plur. passivi wie desmirechtaigtir (exemplifican-
tur), dlegtair (debentur), gaibtir (canuntur) etc., welche
aus desmirechtaigter-f, dlegtar-f etc. hervorgegangen sind.
Der umlaut in der absoluten form der 3. sg. pass. (e. g.
berrthir baitsidir scribthir abgitir do („er hat die tonsur
erhalten, er ist getauft, ein aiphabet ist geschrieben Ar
ihn") Trip. Life, Eg. 12. b. 2. daingnigthir gl. munitur,
Ml. 49 r.) wurde vermuthlich durch eine ähnliche agglutina-
tion desselben pronomens im sing, verursacht, welches dann
abfiel wie in foir (super eum) = for + i«
Das -ann, -enn derjenigen form der 3. sing«, welche
19) Die ähnlichkeit mit lith. refkia „nöthig sein« ist zufällig: riccn
ss ro-iccu : cf. rohf aleas (egebit) Z. * 466.
18 ) So im Lib. Armach. 12, a. 2: dixit eis sanctna niai mortem gusta-
ueritiß non potegtis uidere faciem christi et niai sacrificium accipietif.
das altirische verbum. 469
jetzt unpersönlich gebraucht wird als das sogenannte ge-
wohnheitspraesens, ist von beträchtlicher alterthümlichkeit.
So im Seirgl. Conc. ni charand mo menma müad („mein
geist liebt den frobsinn nicht")14), ni ohesend nech dib
som fbr a fochraic fein („keiner von ihnen beklagt sich
über seinen eignen lohn") LU. 36 a. So im Fis Ada-
mnain: er chötigend (nocet), lenand (adhaeret), fastand
(detinet), töcband (sublevat), curend (ponit), foichlend
(curat), ni fuillend cond onaima („nothing saves an active
adult") 1 SM. 102. ni fuilgend nech ein araile („no one
sustains another's liability") ib. 262. retbann grian (currit
so!) ib. 30. cusin fät fris fuinenn grian („zu dem .... wo
die sonne untergeht") Rumann, Laud 610. fo. 10a. insinn
ait hi funend grian („an dem orte, an dem die sonne
untergeht") Seirgl. Conc. in lenand do sithlongaib ib.
cid aran-erailend isu foirn („wozu ermahnt uns Jesus?")
Leb. brecc, 121b. in trath nach dearbhann int agartböir
a agra fuaslaicter inti forambi agra („wenn der kläger
seine klage nicht beweist, so ist der, gegen welchen die
klage gerichtet ist, frei") H. 3. 17 citirt O'Don. Supp. s. v.
agarthöir: vergl. das unten citirte beispiel dosluinend
aus dem Amra Choluimchille, einem der ältesten un-
ter den vorhandenen irischen Schriftstücken. Einen parti-
cipialen Ursprung für diese formen anzunehmen werde ich
weiter unten in Vorschlag bringen.
2. Praesens indicativi (deponentia).
Alte formen:
a - stumme : ä - stamme :
Sg.'l. sechur molur (-or)
2. sechther molter
3. sechethar (-edar) molathar (-adar)
PI. 1. sechemmar. molammar
2. sechid molid
3. sechetar molatar
14 ) O'Curry, ohne jedwede gewähr (so. viel ich sehen kann), überträgt
müad durch „jealousy": doch vergl. den Zusammenhang und die skr. wz,
m u d , send, maodhana, germ. mu-n-ter.
470 Stokes
ia- stamme:
Sg. 1. midiur cairigur
2. mitter cairigther
3. midethar (-edar) cairigethar (-edar)
PL 1 • midemmar (-mer) cairigmar (-mer)
2. midid cairigid
3. midetar cairigetar.
Absolute formen:
a - stamme : ä - stamme :
Sg« 3. sechithir (-idir) molithir (-idir)
PL 3. sechitir molitir
ia- stamme:
Sg. 3. miditbir (-idir) cairigithir (-idir)
PL 3. miditir cairigitir.
Das paradigma der ä- stamme ist zum gröfsten theil
nur erschlossen. In der ersten sing, enden die ia-stämme
entweder auf -iur oder zeigen umlaut des wurzelvocals.
Zu den von Zeufs und Ebel gegebenen beispielen mö-
gen folgende zugefügt werden:
Sg. 1. ä- stamme: agur agur iar c£in cbein bith ipein
phein („ich fürchte, ich fürchte, nach einer langen, langen
zeit in pein, pein zu sein") LU. 6b. adägur tusa („ich
fürchte dich") Battle ofMoira 210. fritotsamlor (te comparo)
gedieht citirt von O'Curry Lect. 476. ia-classe: tochuiriur
(„ascisco") Patr. h. B. dochuiriur Z. 844. tomliur (edo)
Trip. Life, fordomdiur (fortomidiur B.) „adjudico* Cormac,
fir. fosisiur (declaro) 1 Senchas mar 10, woher trisinniris
fosissetar imbathis (per fidem quam confitentur in baptismo)
Tur. 2. a. coro-acilliur ocu („that I may address Cham-
pions") Book of Leinster, citirt O'Gtrfry Lect. 637.
Sg. 2. ia-stämme: a ri rimther flaithe (o könig, der
du fürsten zählest« ) F6L prol. 286. cid ara todlai(g)tber
(gl. quare postolas) Ml. 32a. Diese endung -ther ist noch
zu erklären.
Sg. 3. ä-stämme? genither (nascitur) Corm. buanand,
geinithir, Corm. B. trogein: und vielleicht arsisedar (per-
das altirische verbum. 471
sistit) Corm. B. aurso, cuisnit: ä- stamme: dond fiur
adrodar idlu (viro qui adorat idola) Z. 1066: ia-stämme:
muinither16) .i. timchella („circuit") Cormac B. ebron:
doepethar (mordet, taipe „concisio" Z. 1067) Corm. B.
gelestar: docuirethar (apponit) Corm. B. ferb: docuire-
dar, galuigedar (fervet) Corm. B. coire brecain. mo-
thaigedar (gl. stupentis) Ml. 26b. am. nerladaigedar (gl.
tanquam obsequitur) Ml. 64 d, aber erladaigidir (gl. obse-
quitur) ib.
PI. 1. ä- stamme: nosmolamar (»wir preisen sie") F£l.
Jan. 17. atagamar tra for loeg in fer dimbert a ferci
fornd (we beseech, says L., the man to ply bis rage on
us) Seirgl. Conc. ia-stämme: admuinemmair (adimus?)
Ninine, cf. muinither oben. Ranic tir domoise mune-
mar .i. ranic intir itoimnemni moisi dobith („er kam
zu dem lande, in welchem wir glauben dafs Moses ist")
Amra Chol. LU. 9 b. miad mar munemar mann, ibid. fo-b-
sisimarni (»wir erklären euch") Leb. buide Lecain, col. 647.
PI. 3. ä- stamme: ranic maige mos nadgenetar ciuil
(»er kam zu gefilden, in denen melodieen nicht geboren
werden", „sed sunt semper in se" fügt der scholiast hinzu)
Amra Chol. LU. 9b. moderne form: is da lelap geinitir
and (»es sind zwei kinder, die da geboren sind") Corm. B.
emain. ia-stämme: lobraigetar (gl. egrescentium) Ml. 61 r.
3. Der a-coniunctiv. *
Alte (oder „subjoined") form: Spätere (oder „absolute") form:
Sg. 1. -ber,x -bar bera, beram
2. -berae, -bera berae
3* -bera beraid, rel. beras
19 ) Mit diesem verbum mochte ich verbinden das bret. monet „ire",
com. monea, w. myned, lat. minore in e-minere, pro-minere. Das ir.
muinter „familia" mag auch dazu gehören: cf. griech. afiyCnoloq und
skr. parikara, jedes von einer wurzel mit der bedeutung „gehen11. Auch
die wurzel von lat. anculus, ancilla mag ANK, skr. an K „gehen" sein
und die wurzel des gall. amb-ac-tos (w. amaeth) mag AK sein. Das ir.
timthrecht, timthirecht ( ministratio ), timthirthid (servus), drim-
thirid (rainistravit), dorimthirthetar (ministraverunt) mag in gleicher
weise von der wurzel TAR kommen.
472 Stokes
PI. 1. -beram bermme (-mmi)
2. -beraid berthe
3. -berat, -barat berait, rel. berte.
Hier haben wir wieder zwei formen, von denen die
eine anf endungen des italo-celtischen alterthums hinweist,
die andere mittels neoceltischer agglntinationen gebildet ist
Die alte form findet sich nach praepositionen und Parti-
keln, die spätere, wo das verbum alleinsteht. Zu serbar
(„utar"), fadam („ea patiar* i. e. fo-a-dam, wie es Ebel vor-
trefflich erklart) und den andern beispielen der ersten sing.
von der alten form, die von ihm Z.* p« 440 angeführt
werden, füge hinzu duemsa (protegam) Ml. 37c. conru-
rflsa (ut manifestem) Ml. 41 d. nasroin (gl. nnllo mein»
bro aegrotem) Gildas. Und vergl. altlateinische formen wie
attinge, dice, ostende, recipie (Corssen ausspräche
2. aufl. 267). Zu Ebel' 8 beispielen von der späteren form
flöge hinzu cofothea-sa (gl. ut mordeam16), cf. ovrac*,
engl, wou-n-d) Z. 934. 1064, und con-da (ut sim, ta)
Z. 589. Von der späteren form der 1. sing, auf m habe
ich schon (Beitr. III, 53) drei beispiele citirt, nämlich as-
beram17) (gl. indicam his verbis) Z. 1065, cur-bam (gl.
ut sim) Gildas, biam soer. (nicht söir) „salvus sim" Ultan's
h. 8. Zu diesen mögen folgende zugefügt werden: in-
natlugum buide (gl. exsoluam gratiam, leg.-gam?)M1.45a*
ni athregsa he hicein bam beo (»ich will es nicht ändern,
so lange als ich am leben bin") note zu Fälire Feb. 11.
ropadh maith lern cor bam cisaige don flaith („es wäre
gut för mich, dafs ich dem forsten ein tributpflichtiger
wäre") gedieht citirt O'Curry Lect. 616. nipam slansa
(„ich werde nicht wohl sein") Longes mac nUsnig. ni-
-bam anmeharasa ars6 dolucht dergmartra („ich möchte
nicht seelenfreund sein, sagt er, von leuten von rothem
märtyrthum") note zu Fälire, April 17, und andere bei-
lfi) Ebel unterdrückt „ut mordeam** und überträgt Z.1 466 „ut eucce-
dam ego."
17) Ebel unterdrückt die lateinischen worte „indicam" etc. und Über-
setzt p. 443 diese glosse durch „dieimus."
das altirische verbum. 4?ä
spiele von triam „sim", e. g. biam torbachu (aptior sim)
Cormac prull, = bem torbachsa ib. B. biam raithsa dia
raithsum nodgeba cech dia („ich wollte mich für die gnade
dessen verbürgen, der es täglich singen wird") Feiire Ep.
166, B. Das m (mm?) ist hier agglutinirt an subjuncte
(as-bera-m) sowohl als auch an isolirte formen, gerade so
wie wir im indicativ sowohl do-fui-bni-mm, cuim-tgi-mm I8)
haben als auch gui-di-mm, cari-mm.
Sg. 2. (alte form): ni malartaesiu, ni derlegsesiu '(ne
disperdas) Ml. citirt von Nigra pp. 48, 61. tarilbae (ad-
dicas) Z. 858, 1052. dia ndamae noe for thir („wenn du
eine person auf dem lande leidest") Corm. B. noe. Eine
reduplicirte 2. sg. als ein imperativ gebraucht (geoghna .i.
guin „vulnera") findet sich in O'Clery's glossar. Vielleicht
ist diese form eine redupl. 2. sg. fut.
Der dental in der späteren 3. sg., der durch aggluti-
nation von -is an das alte -ät erhalten ist, findet eine
parallele im altwelschen dafraud (gl. subtrahet) Juvencus, 2.
Hier ist eine coniunctivische form als futurum gebraucht,
wie in der ersten sing, der classischen lateinischen futura
der 3. und 4. coniugation. So finden wir in einem verein-
zelten, in dem älteren theil des Red Book of Hergest er-
haltenen gedieht, gedruckt in vol. 2 von Skene's Four
ancient books of Wales (Edinburgh 1868), gwledychawt
(regnabit) p. 221, dyrchauawt (surget) p. 223, treiglawt, ef
grynnawt (transibit, tremet ille) p. 224, und gwasgarawt
(diffundet) p. 229. 232.
Ein beispiel für ein zusammengesetztes, die spätere
18) Verdruckt eunutgim in der zweiten aufläge von Zeuss p. 492, aber
vergl. cumtach, ad chumtach. Andere irrthümer in dieser aufläge sind auf-
uirig 480, 1. 35, leg. aurfuirig : anias 431, 1. 18, 466, 1. 37, leg. anf as („id
quod est") : arribaigedar 439, 1. 6, leg. adribaigedar : armgister, 431, 1, 28,
leg. armagistir : ciinsamlar 442, 1. 29, leg. cenusamlar (Z. 1033. i. e. c6
nu-8-samlar) : forelgatar 450. 1. 31, leg. foselgatar: nämmin duine 445, 1. 31,
leg. namm in duine, (cf. O'Don. Gr. 165 und Ir. Glosses p. 149) : fori me (?)
455. 1. 34, leg. forrae : donacht 455, 1. 46 leg. doenacht: rosfu 467, 1. 14,
leg. resfu : inhadehoimnidi 472. 1. 9, leg. inchadehoimnidi (so in Goidilica
p. 7 für cach chomnidi lies cathehomnidi = catechumeni) : bratbnighthe
479. 1. 26, leg. bruthnigthe. Für vier von diesen bin ich verantwortlich.
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 4. 3 1
474 Stokes, das altirische verbum.
form in der 1. pl. annehmendes verbum ist raa confodma
(8i compatimur) Z. 40, welches (durch abkürzung und pro-
gressive assimilation) für *con-fo-dam-me steht. Ein an-
deres beispiel, wo das verbum der praeposition do ange-
schlossen ist, bietet co-do-s-gnemi (ut faciamus ea) Z.2333.
Vom conjunctiv der deponentia füge ich folgende zu
den von Ebel gegebenen beispielen hinzu: Sg. 1. nufail-
tiger (gl. letari) ML 46b. cura dichuirer (gl. delearo):
cura etellaiger (gl. evolare valeam) Gild. conacor ojse
cia creitfes dam 7 natcreitfi („so dafs ich sehen kann,
sagt er, wer an mich glauben wird und wer nicht glau-
ben wird") Trip. Life B. 163a. Sg. 2. batoisc dam ol-
sechnall molad dorignius dialailiu dtine nde (sie!) co-
-cloithersu („ich wünsche, sagt S., dafs du eine lob-
prei8iing hören möchtest, welche ich für einen gewissen
gottesmann gemacht habe") Trip. Eg. 17a. 1. ma me-
braigther feli („wenn du der festtage. gedenkst") Fei. März 2.
PI. 1. tabred. dagberta forarnimthechta forarnimrimmend
arnach-nelammar („lafs ihn gute gesetze für unsre gange,
für unsre ritte geben, dafs wir nicht irren", elud) ge-
dieht von Columbcille, LU. p. 15 a. con dermanammar
(ut obliviscamur) Z. 834. mani decamar (gl. nisi attenda-
mus) Z. 1024. PI. 3. dian inbothigetar (si nubunt) Z. 1050.
intomnatar (gl. putent) Ml. 18 a. fristuichetar (gl. exstete-
rint) Ml. 21 c.
Whitley Stokes.
(Fortsetzung folgt.)
Schmidt, anzeige. 475
Christian Donalitius iittauische dichtungen nach den Königsberger hand-
- Schriften mit metrischer Übersetzung, kritischen anmerkungen und ge-
nauem glossar, herausgegeben von 6. H. F. Nessel mann. Königs-
berg 1869.
Als Schleicher den Donaleitis*) herausgab, mufste
Rhesas text als die einzige ans erhaltene Überlieferung gel-
ten, da sowol das origininalmanuscript als die Hohlfeld-
sche abschrift verschollen waren. Wie unerhört gewissen-
los Rhesa mit seinen vorlagen verfahren war, das konnte
dazumal niemand wissen, es gab eben keine andere quelle,
und kein herausgeber konnte mehr thun als den Rh.'schen
text säubern und grammatisch richtig herstellen. Dies that
Schleicher. Nachdem er seine arbeit vollendet und schon
zum drucke nach Petersburg gesandt hatte, tauchten die
Originalhandschrift der paväsario linksm^bes und der va-
sarös , darbai sowie die Hohlfeldsche copie sämmtlicher be-
kannter dichtungen des D. auf. Schleicher hatte nun sei-
nen schon festgestellten text an unzähligen . stellen zu än-
dern, da sich herausstellte, dafs Rhesa nicht nur mehr als
fünftehalbhundert verse ausgelassen, sondern auch mit den
von ihm gegebenen beispiellos willkürlich geschaltet hatte
(Schleicher vorrede s. 4). Dafs bei dieser Umarbeitung,
welche des unmittelbar bevorstehenden druckes wegen in
höchster eile geschehen mufste, manches übersehen worden
ist, hat Schleicher selbst anerkannt und es in seinen „nach-
träglichen bemerkungen" **) zu bessern gesucht (s. Beitr.
V, 380). Diese entstehungsgeschichte der Schleicherschen
ausgäbe, welche jeder kennt, der Schleichers vorrede auch
nur flüchtig angesehen hat, mufste hier kurz wiederholt
werden, da Nesselmann den thatbestand in seiner vorrede
völlig entstellt. Er ergeht sich über Schleichers wissen-
schaftlichen charakter (s. VII) und fährt dann fort: „Dazu
*) Ueber diese nur aus dem latinisierten Donalitius reconstruierte
namensform vergl. Schleicher s. 1 anm. Nesselmann vorr. 1 hält für wahr-
scheinlich, dafs Donalitius die latinisierung von Donalies, Donalvs
sei.
**) Für Kesselmann existieren diese nicht, er ignoriert in den anmer-
kungen der vorliegenden ausgab« alles durch sie nachgeholte.
31*
4?6 Schmidt
kam noch von seiner seite ein mifsgriff, der den übelsten
einfiufs auf seine arbeit geübt hat, und der darin bestand,
dafs er neben den beiden Eönigsberger handschriften die
Rhesasche ausgäbe als eine dritte mit jenen nicht nur gleich
berechtigte, sondern von ihm sogar vorwiegend hochge-
stellte quelle betrachtete. Anstatt den aller kritik und ge-
wissenhaftigkeit baaren Rhesa bei seite liegen zu lassen
und stricte von den handschriften auszugehen, ist er um-
gekehrt von Rhesa ausgegangen * u. s. f. Was anderes
hätte herr N., der über den aufenthaltsort der fraglichen
handschriften vor dem jähre 1864 auch nichts anzugeben
weifs (Nesselmann vorr. s. III), seiner ausgäbe zu gründe
legen können, wenn er sie, wie Schleicher die seinige,
schon 1863 unternommen hätte? Am Schlüsse der vorrede
erklärt N., er würde in den anmerkungen und im glossare
manches anders gesagt haben, wenn es erst nach Schlei-
chers tode gedruckt worden wäre. Die anmerkungen und
das glossar sind aber, was gehässigkeit angeht, nichts ge-
gen eben diese nach Schleichers tode geschriebene vorrede.
In welcher weise dabei N. mit der Wahrheit verfährt, ist
von anderer seite schon genügend ans licht gestellt wor-
den (litter. centralblatt 5. märz 1870), und braucht daher
hier nicht wiederholt zu werden. Die folgenden zeilen ge-
hen nicht darauf aus die Schleichersche ausgäbe zu ver-
theidigen, da diese nach wie vor ihren werth behält, son-
dern sind einzig bestrebt die Nesselmannsche leistung zu
charakterisieren.
N. gibt die gedichte nach der reihenfolge der Hohl-
feldschen copie, zuerst^ die fabeln, dann die erzählung des
Priczkus, herbst, winter, frühling, sommer, und erst hinter
diesem die „fortsetzung". Dies soll die „natürliche reihen-
folge" der gedichte sein (s. IX ff.). Den herausgeber stört
dabei nicht, dafs eine hauptperson nach dieser anordnung
im winter stirbt, aber im frühling und sommer „wieder"
lebt, das mag er mit sich ausmachen. Dafs die erzählung
des Priczkus eine Vorstudie zu den Jahreszeiten ist, hat
schon Schleicher gesehen (Schi. s. 14 f.), als eine solche
anzeige. 477
ist aber auch die von N. hinter denselben aufgeführte „forfc
Setzung" anzusehen, denn sie ist vor Vollendung des som-
mers geschrieben (Schi. s. 18) und ihre fünf ersten verse
sind etwas verändert in den „herbst" aufgenommen (VIII,
851 — 855 Ness.). In der natürlichen reihenfolge hätte also
die „fortsetzung" vor diese beiden gehört.
Bei der wiedergäbe der handschriften hat es N? „zur
darstellung der intentionen des dichters für sehr wichtige
ja fiör unumgänglich nothwendig 'erachtet, auch die von
ihm über den text gesetzten scansionszeichen als einen we-
sentlichen bestandtheil in den text aufzunehmen tf. Ja er
hat sie für wichtiger gehalten als die accente, welche er
nicht überall im texte zu setzen für nötbig hielt (s. XII).
Diese scansionszeichen bestehen in zwei häkchen " " , welche
mit rother dinte über je zwei unbetonte silben gesetzt sind.
Durch diese bezeichnung kann leicht der schein entstehen
als wären die betreffenden silben kurz, sie sind aber nur
unbetont, denn das zeichen "^ steht nicht nur über pyr-
rhichien, sondern auch über iamben, trochäen und sogar
spondeen mit natura oder positione langen vocalen, z. b.
vaikpäläikiu, übägais, übägö, küdikei, kq veiki,
pämöklno, tärö oft (dagegen täre V, 12), mänö, tävö,
sävö neben mano, tavo, sävo, lssiziöj^s, niitv^re
2mögi8zkä u. s. f.
Umgekehrt besteht die' thesis oft nur aus einer kürze,
z. b. in dem verse II, 33 N. =5 s. 138, 33 Schi.-
Ir visür vertai kafp glüpt? nkr% nüplekä
fällen die beiden durch den druck hervorgehobenen kur-
zen vocale je eine ganze Senkung, während das 3 von
n&r^, dem von glüp^ ganz gleich, mit dem folgenden
nu zusammen erst eine ganze thesis bildet. Auch ist die
arsis nicht an metrische länge gebunden. Aus allem dem
geht zur genüge hervor, dafs Donalitius seine bexameter
nicht nach der quantität, sondern nur nach dem wortac-
cente gebaut bat. Mochte er selbst oder sein abscbreiber
auch, um sich das lesen der verse zu erleichtern, die zwei-
silbige thesis, welche bei weitem seltener als die einsilbige
47$ Schmidt
ist, durch besondere zeichen angeben: ein heutiger her«
ausgeber, welcher diese vw wiedergibt, ohne den leser über
ihren werth zu unterrichten, sie sogar vor den accenten
bevorzugt, läuft gefahr das princip des Donalitiusschen
Versbaues zu verdunkeln.
In der Orthographie ist N. „wesentlich dem von Kur-
schat1 eingeführten und von Schleicher weiter fortgebilde-
ten System gefolgt, soweit nämlich letzterer sich in den
schranken der phonetik hält; denn Kurschats und Schlei-
chers ohren sind vier zeugen, welche vollen glauben ver-
dienen; wo aber Schleicher sich in das gebiet der etymo-
logischen speculation begiebt, da habe ich meistens von
ihm abgeben zu müssen geglaubt; so habe ich mich nicht
und werde ich mich nie entschliefsen können, mit Schlei-
cher ozka, mezlas, uzsi-, iszsi- und ähnliches zu
schreiben, weil jeder Littauer bei solcher völlig unphone-
tischen Schreibweise anstofsen müfste". Ein ganz berech-
tigter Standpunkt, wenn er consequent durchgeführt wäre.
Wer aber m£szlas, griszt&s XI, 637, milsztuwe 518,
iszdröszti 331 u. a. schreibt und sich trotzdem zu mezk
XI, 275, nuwoit 295, iszvärzt 337. 407 entschliefst,
macht sich dadurch nicht nur der gerügten unphonetischen
Schreibung und der etymologischen speculation, sondern
auch noch der inconsequenz schuldig. Für das „ganz un-
littauische " v hat N. wieder w eingeführt, weil die Lit-
tauer von den Polen die schrift angenommen haben und
das polnische kein v, nur w kennt. Auch die alte Schrei-
bung ay, ey, uy der adverbialendungen hat er wieder
aufgenommen, obwohl er zugibt, dafs sie nicht anders als
ai, ei, ui gesprochen werden, N. glaubt sie berechtigt
als „grammatisches zeichen, welches dem äuge das ver-
ständniss erleichtert". Aebnlichen erwägungsgründen hatte
unsere deutsche Orthographie die Unterscheidung von seyn
und 8 ein zu verdanken. (
Hie und da vermifst man consequente durchführung
einer schreibqpg, so erscheint neben herrschendem wez-
libas, wezlibay ein wezlybai VII, 192, und zwar mit
anzeige. 479
absieht, denn diese form ist ausdrücklich im glossar verzeich-
net, gerechtfertigt wird sie nirgends; Schi, vezlibai auch
hier, ohne Variantenangabe.
Nicht abzusehen ist ferner, weshalb die adverbia auf
ay, ey mit dem acut auf dem y accentuiert werden, wäh-
rend die übrigen gleichbetonten diphthonge den gravis er-
halten, didey, asztrey, dosney, dosnay, dowanay,
dywina^ u. 8. w. gegen dywai, draugais, darzai,
eiti, relk', greitay u. s. f. Die absonderliche betonung
dieser adverbia ist ebenso wenig begründet wie ihre Schrei-
bung mit y. Von den beiden Schreibarten skrusdelyns
und skruzdelyns bei D. (s. die anm. z. XI, 418) wäre
nur eine an den drei stellen, wo sich das wort findet,
durchzufahren gewesen, und zwar nach Schi, die mit z,
da auch H. skruzdele' schreibt, und N. den zischlaut
vor d gewöhnlich als z gibt: blauzdä, barzdä, zaizdä.
Beide formen aber als getrennte artikel im glossar aufzu-
führen, ist übertriebene Unterwürfigkeit gegen die hand-
schrift. Dasselbe schwanken zwischen plesdenti und
plezdenti, während Schi, consequent z schreibt.
Für die feststellung des textes war N. in einer un-
vergleichlich günstigeren läge als Schi. Er konnte direct
die handschriften in der von Schi, besorgten consequenten
Schreibung abdrucken und brauchte sich um Rhesa gar
nicht zu kümmern. Daher ist es natürlich, dafs N. den
text dieser handschriften im einzelnen genauer gibt als
Schi., und dafür sind wir ihm dank schuldig. Der druck
ist aiemlich correct, die meisten der untergelaufenen druck-
fehler sind in den anmerkungen berichtigt (nicht berichtigt
sind: tew9 XI, 65, Äl XI, 36, negalesim XI, 609,
lapes Überschrift I für te'w^, AI, negalesim lapes).
Keineswegs aber ist die Schleichersche ausgäbe durch die
vorliegende überflüssig geworden, denn N. hat sich zwar
im ganzen von Schleichers grammatischer einsieht leiten
lassen, an einigen stellen aber selbständig grammatische
fehler gröbster art in den text bineincorrigirt, welche sich
bei Schi, nicht finden; ich werde weiter unten darauf zu-
480 Schmidt
rückkommen. Die hauptverschiedenheit beider ausgaben
beruht in der accentuation. Schi, hat im texte die heu-
tige betouung durchgeführt und wo D. constant von der-
selben abweicht, dies meist im glossar bemerkt; vgl. auch
Schi. vorr. 6. N. dagegen accentuiert jede in der arsis
stehende silbe. Darin geht er entschieden zu weit, denn
wenn man auch aus der überall bei D. herrschenden be-
tonung szypsaus, dyvai, väsara, näktyj, te'vai u.a.
schliefsen mufs, dafs in diesen worten damals eine andere
betonung herrschte als heute, so gibt es dagegen auch
worte, welche bei D. bald auf der einen, bald auf der an-
deren silbe den accent tragen, z. b. rüstauti und ru-
stauti (Schi. s. 6); orai, oru, mazu und die meisten
casus von toks und koks sind abwechselnd auf der ersten
oder letzten silbe betont. Dafs in diesen und anderen
worten zu D.'s zeit zweierlei betonungen wirklich gestattet
waren, wird erst dann feststehen, wenn es aus anderen
gleichzeitigen Sprachdenkmalen erwiesen ist, so lange dies
aber nicht geschehen ist, bleibt die annähme höchst wahr-
scheinlich, dafs D., welcher in versnoth sogar Sprachfehler
begieng (s. Schi. gl. s.v. keliäuju, s&vo), vor einer dif-
ferenz zwischen wort- und verston gelegentlich noch we-
niger zurückgeschrocken sein wird. Hohlfeld wenigstens
zeigt durch seine accentwidrige scansion II, 14. 24 (s. N.'s
anm.), dafs er an dergleichen keinen anstofs nahm. Beson-
ders ist natürlich «vorsieht geboten bei den anal; Xsyopsva mit
abweichender betonung z.b. bürnasXI,656(burnäs Schi.)
es 3 welches D. XI, 500 auf der endsilbe accentuiert, wäh-
rend jetzt nur es 3 gilt (Eurschat laut- und tonlehre s. 186,
Schleicher lit. gramm. s. 211. 94). Wenn D. seinen ab-
weichenden accent wirklich schreibt, wie in tüla XI, 55<*
peliu XI, 259, so wird man ihm glauben müssen, in al-
len anderen fallen aber sich nach weiteren anhaltspunkten
umsehen, ehe man die abweichende betonung als im sprach-
gebrauche jener zeit wirklich lebend anerkennen darf, wie
man auf grund von N.'s- metrischer Übersetzung IX, 647
654 unserer spräche kein nachbarlich, aufbort auf.
bürden wird.
anzeige. 481
*
Wenn der ton auf einem der vocale 3, $, i, ij, e, §, ü
ruht, so hat N. aus äufseren gründen im texte demselben
keinen graphischen ausdruck geliehen, im glossar aber
findet sich in der regel der accent gesetzt. Auch im
glossar überall vermifst habe ich die accentuierung von
sz\\ tä, k$', V9 welche oft in der arsis stehen, und für
welche doch anzugeben war, ob sie ' oder x erhalten.
Das glossar gibt bei den meisten worten sämmtliche
stellen und formen, in welchen sie vorkommen, und dies
ist ein Vorzug vor dem Schleicherschen glossare; „nur bei
einigen gar zu oft vorkommenden partikeln, pronomen und
Substantiven (dewas, pönas, büras u.a.) ist die zahl
der citate beschränkt". Ganz ohne belege ausgegangen ist
l'; be- fehlt überhaupt; von den fünf für die instrumentale
Verwendung von sü aufgeführten stellen sind drei falsch
X, 22, XI, 15, VIII, 53, zu den zwei richtigen hätte noch
XI, 470 gefügt werden sollen.
Grammatische und etymologische auskönfte finden sich
im glossar gar nicht, einige geben die anmerkungen, doch
stehen beide zusammen in dieser hinsieht bedeutend hinter
Schleichers glossar zurück.
Die anmerkungen hinter dem texte enthalten das kri-
tische material: die Varianten der handschriften und der
Schleicherschen ausgäbe. Nach welchen grundsätzen die
letzteren aufnähme gefunden haben, ist nicht klar, die ge-
ringfügigsten druckfehler sind meist angegeben, dagegen
habe ich von XI, 285 — 656 neun nicht angegebene abwei-
chende betonungen (285, 358, 383, 396, 427, 451, 577,
656) und 326 ir Schi., bei N. ebenfalls ausgelassen ge-
funden.
Ferner enthalten diese anmerkungen grammatische und
exegetische bemerkungen, von denen ein theil fortschritte
gegen die Schleichersche auffassung enthält, z. b. XI, 201
der nachweis, dafs veszpats von D. auch auf menschen
angewandt wird. XI, 256, wenn gälvos wirklich köpf-
gegend bedeutet, was in N.'s Wörterbuch nicht angegeben
ist, also zu belegen gewesen wäre, so bat N. recht, D.'s
pogalwu zu bewahren. Das adverbium zu dosnüs ist
48$ Schmidt
nur einmal mit -ey geschrieben XI, 663, sonst mit -ay,
was N. festhält, ob mit recht, mag noch zweifelhaft sein,
da dosnas, auf welches das adv. dosnai zurückgehen
würde, bei D. nicht vorkommt, ai für ei aber auch sonst
geschrieben ist, z. b. IV, 34. VIII, 12. X, 32 (s. die Va-
rianten in N.'s anmerkungen). Die unter VIII, 248 ste-
hende bemerkung gehört zu X, 248. Nicht zu billigen ist
VIII, 308, wo N. das H.'sche iszolojau festhält, welches
offenbar aus dem von Rh,. und Schi, hergestellten iszkö-
liojau verschrieben ist. Weshalb, wie N. meint, ein aus-
schelten in der stelle nicht passen soll, ist gar nicht ab-
zusehen, da die scheltworte gleich nachfolgen. N. erklärt
iszolojau für „unverständlich", übersetzt es aber ohne
alle berechtigung durch „ich brüllte u. Ungerechtfertigt
ist auch die anm. zu IX, 10. Die form eg£r& in text
und glossar für e'gerG ist nicht begründet durch die anm.
zu XI, 101. Falsch ist XI, 631 die bevorzugung des
D. 'sehen jos vor dem jus H. Schi.; klsza wird dadurch
in ungehöriger weise objectlos.
Mit nicht geringer Verwunderung gewahrt man einige
anmerkungen, welche eine grofse unkenntniss der litaui-
schen spräche verrathen. Zu XI, 169, welchen vers ich
in N.'s Schreibung und Übersetzung anführe:
Ak isztes ir werts, kad jö kasden päminetu
Ja, er verdient es fürwahr, dafs täglich man seiner ge-
denke,
zu diesem verse macht N. folgende anmerkung: „Ich wäre
geneigt, für ir, das D. und H. haben, yr' zu substituiren,
und habe demgemäfs übersetzt ". Mufs man den heraus-
geber eines litauischen Schriftstellers daran erinnern, dafs
ein adjeetivum, um als prädicat zu fungiren, keiner copula
bedarf (Schleicher gramm. s. 261), dafs dies selbige werts
sieben verse später noch einmal ohne copula als prädicat
begegnet, dafs ir w&rts also heifst „er ist es auch werth* ?
Zu VIII, 829 Paikius . . . iT jo püsbrolis bemerkt
N.: „Für jo püsbrolis müfste es grammatisch richtig
heifsen sawo püsbrolis". Was soll hier das reflexi-
anzeige. 483
vum? Würde N. etwa auch sagen M. Tullius et frater
8UU3 Quintus? Es scheint, dafs obige angefochtene fast auf
jeder seite litauischer texte zu findende construction für
N. noch besonders belegt werden raufs. Ich gebe was mir
gerade zur hand ist: VII, 79 Krizas koliojo o jo kü-
karka pabügo. XI, 196 äle jö tärnas Dlksas, zu
welchen N. gar keine anmerkung macht; um auch aus an-
derer quelle ein paar belege zu geben; schlagen wir das
inhaltsverzeichniss des Schleicherschen lesebuches auf: Ape
karäliii ir jö tris sünus lautet eine Überschrift. Matth.
5, 1: ir se'dosi, ir ate'jo pas j\ jo mokytinei. Ja
N. selbst hat in der anm. zu X, 58 schon vergessen, dafs
er diese construction für grammatisch falsch erklärt hat,
denn er will abweichend von Schi, in: ö gaspadine jo
pustynes mändagei löpe das jo zu gaspadine zie-
hen: und seine hausfrau (nämlich des vorhergenannten
vyrs). Dies verstöfst aber gegen die Wortstellung, denn
jo steht, wie die gegebenen beispiele darthun, vor dem
zugehörigen substantivum, ist also mit pustynes zu ver-
binden und nach Schi, zu erklären. Wie wenig N. mit
dem gebrauche des reflexivums vertraut ist, zeigt er auch
noch zu IX, 157, wo er den entscheidenden grund, welcher
seine von der Schl.'schen abweichende auffassung zur ein-
zig richtigen macht, ganz übersieht: vens . . ju'kiasi
sz&lmis ö kitsaf, käd jäm (tiktu, nekina Dev$.
Schi, im glossar übersetzt käd jäm jtiktu, wenn es ihm
so passen sollte, wenn es sich so fügen sollte, N. erklärt
dies einfach für falsch und übersetzt: damit er ihm ge-
falle. Einen grund dafür gibt er nicht an, er liegt in dem
jäm, die Schleichersche Übersetzung wäre nur dann zu-
lässig, wenn statt dessen säv stünde.
Die bisher entfaltete grammatische unkenntniss hat we-
nigstens am texte nichts verdorben, das ist aber an ande-
ren stellen wirklich geschehen. VIII, 201 hat Schi.: brang-
vfno ne paziure't nenorä'jo und erklärt dies ne' =e
nei (lit. gramm. s. 325): sie (die weiber) wollten den brannt*
wein nicht einmal sehen. Dagegen N.: „Ich bezweifle
484 Schmidt „
die richtigkeit des ne bei Schi, im sinne von nei; H. hat
einfach ne, möglicherweise Schreibfehler für nei*. H.'s
ne beweist nun gar nichts gegen Schi., denn H. unter-
scheidet e und e überhaupt nicht (s. Schi. vorr. s. 3). Sein
nei in den text zu setzen bat N. nicht gewagt, sondern
schreibt nur ne, ohne zu bemerken, dafs er dadurch D.
gerade das gegen theil von dem sagen läfst, was dorthin
gehört und was N. übersetzt, denn ne paziure't neno-
rejo kann nicht heifsen, wie N. übersetzt „wollten durch-
aus gar nicht beachten", sondern, falls es überhaupt üb-
lich wäre „wollten durchaus sehen"; das object von neno-
re'ti wird nie selbst noch mit der negation versehen, vgl.
VIII, 786. 837. IX, 282. 366. 368. X, 263. 272. 358. 624
512. XI, 117.562.
Endlich hat N.- auch die litauische formenlehre berei-
chert. Er flectiert nämlich im dat. plur. wargdenems
VI, 23, nepretelgms VII, 170; VIII, 335 sweczems
VIII, 153, iszd^kelSms VIII, 473, bedewgms 886,
rüpesczgms 902, gaspadörems IX, 528. Alle diese
formen sind nicht etwa druckfehler, denn sie werden im
glossar ausdrücklich wieder aufgeführt, noch mehr, die bei
Schi, richtig hergestellten formen werden in den an-
merkungen als Varianten verzeichnet 1 z. b. VI, 23 „Schi,
wargdeniäms". H., welcher für ia meist ie oder e
schreibt, bat wargdieniems, was N., wenn er die f&r-
bung des a durch vorhergehendes i beibehalten wollte, na-
türlich nur in wjargd§niems umschreiben durfte. Wie
inconsequent N. selbst in seinen sünden ist, zeigt X, 346,
wo H. paukszcziems giebt, dies ändert N. mit Schi,
richtig in paükszczams. Ferner X, 366 nabagelems
H., nabageliams N.; X, 55 gaspadoriems H., gas-
padöriams N. 'Dabei ist er von der richtigkeit dieser
neuen dative so fest überzeugt, dafs er im glossar, ohne
irre zu werden, gaspadörems und gaspadöriams fried-
lich nebeneinander verzeichnet. Danach scheint N. den
substantivischen ja -stammen im dat. plur. nach belieben
substantivische und adjectivische flexion zu gestatten.
anzeige.
485
Wer sich aber derartige blöfsen in den elementarsten
grammatischen dingen gibt, dem hätte wohl eine weniger
herausfordernde spräche gegen Schleicher angestanden als
sie diese ausgäbe führt. Wie viel N. Schleicher verdankt,
trotzdem er seinen namen fast nur polemisierend nennt,
und sich nicht scheut ihn zu verdächtigen, lehrt eine ge-
naue vergleichung beider ausgaben.
Soll ich das urtheil über das vorliegende buch kurz
zusammenfassen, so lautet es dahin, dafs N. trotz aller ge-
rügten fehler sich um das Studium des litauischen verdient
gemacht hat, dadurch dafs er einen an manchen stellen
correcteren text als Schi, veröffentlicht und im glossare
jedem worte seine belegsteilen beigefügt hat. Benutzen
kann man diese ausgäbe aber nur unter beständiger rück-
sichtnahme auf die Schleichersche.
Johannes Schmidt.
I. Sachregister.
Adverbia. Litauische adverbia auf
ai, ay, ey 265 ; deren betonung 479.
— lettische adverbia auf i 265.
Assibilation. Assibilation der 'sla-
wischen gutturale vor v, r, 1 und
dere% bedeutung für die ausspräche
der letzteren 142 ff. — Zur ge-
schiente der lateinischen assibilation
auf gallischem boden 408 ff. — Vgl.
noch Consonanten.
Betonung. Betonung des passivs
im Veda 104. — betonung der for-
men von wz. ci und äs 104. — Weg-
fall der vocale durch einwirkung
des accents im irischen 285. —
betonung des litauischen bei Dona-
litius 480.
Böhmisch. Verhältnis der böhmi-
schen Schriftsprache zu den dialek-
ten 882 ff.
Comparation des keltischen 9 ff.
Comparativ. Altirische compara-
tive auf -dair, -dir (= -tara, -t*£o),
zuweilen auch die auf -u, mit dem
aecusativ construiert 468.
Conjugation. Irische perfectbil-
dung mit t und s 16. — praeterita
des altir. auf-ai, -u, -iu; gallische
auf -avi 16 f. — 8. sg. des altiri-
schen praet. pass. ist kein partieip
17. — futura des altirischen mit
s 17. — 3. sg. aor. comp, auf ti,
tu im altbulg. durch anfügung der
primären personalendungen an die
organische form entstanden 184 ff.,
wie die altruss. 3. sg. und pl. des
imperfecta 187. — ein beispiel der
praesensbildung mit ta im slawi-
schen 892. — praeterito-praesentia
im irischen 464. — conjunetivi-
sche formen (wie im lat.) als futura
gebraucht im altwelschen 473. —
486
Sachregister.
Conjugation des altirischen im
Zusammenhang behandelt: 1. praes.
indic. activ. : in demselben drei
classen anzuerkennen: a~, S- und
ia- stamme 460 f. — altere oder
„ 8ubjoined u form 462 ff. ; ihre
vorauszusetzende altceltische gestalt
465. — jüngere oder „absolute"
form 465 ff. — die relativen for-
men der dritten person 466 f. —
3.9g- (gewohnheitspraesens) auf -ann
-enn, älter -and -end 469. 2. prae-
sens ind. des deponens 469 ff. 3. a-
conjunctiv 471 ff.; conjunctiv des
deponens 474.
0 o n s o n a n t e n. Consonanten-
g r u p p e n. Verstärkung des anlaute
durch s im romanischen und kelti-
schen 5. — behandlung der conso-
nantengruppe -xt- im keltischen 6
(vgl. 11. 16), desgl. von xnll. —
p fällt ab im irischen anlaut in
folge des accents 7, fällt ab im iri-
schen inlaut 7. 13. — behandlung
von anl. sv im irischen 7. 8. —
inl. ir. sc aus de 8. — Ursprung
von welsch ff im anlaut 8, im in-
laut 8. — Übergang von aspiriertem
b (gesprochen v) in f durch einflufs
von s oder th = h im alt- und
neuirischen 8. — Verschiebung von
g zu c im welschen und cornischen
durch elision des folgenden vocals
herbeigeführt 10 (über den gleichen
Vorgang im gall. vgl. 231). — aspira-
tion der guttur. tenuis zu ch im wel-
schen durch vorhergehendes oder fol-
gendes s 11. — dv altkeltisch zu d
geworden 12. — hartes c altir. aus
nk entstanden 13. — ausfall von s
zwischen r — t, n — t, k — t, r — k
im keltischen 16. — verschiedene
entstehungsweisen von altbulg. st:
es liegen t, st, sk zu gründe; im
ersteren fall entspricht böhra. c, in
den beiden andern böhm. st (böhm.
stfr = altbulg. ste) 89. — abfall
von s vor t im slaw. inlaut 129,
von s vor g ebenda 130. — aus-
fall von n hinter consonanten im
polnischen 145. — lit. tenuis =
altbulg. media, namentlich in lehn-
warten 148. — Übergang tonloser
consonanten in die entsprechenden
tönenden im polnischen 197 ff., Über-
gang tonender in tonlose ebenda
203 f. — poln. ri aus j 211. —
Übergang von s (s, s) in ch im
polnischen 221 f. — Übergang von
g in c im gallischen vielleicht her-
beigeführt durch elision oder meta-
thesis des folgenden vocals 231. —
Wechsel von ch mit f im altirischen
höchst unsicher 236. — Übergang
von t in k in unbequemen lautver-
bin düngen im slawo-lit. 245.
vei tauschung von z und z im alt-
bulg. 276. 277. — die zwei arten
des poln. 1 und ihre ausspräche 282.
— Vorschlag von j und v vor anl.
vocalen im slaw. und lit. 347. 355 ff.
— lit. sz = xi 358. — consonan-
tengruppen überhaupt, besonders des
slaw. 359— 868. — ausfall von v
in griech., altpr. und lit. consonan-
tengruppen 370. — abfall von anl.
v vor 1 im böhm. und neuslov.402.
Unursprüngl. j im slawischen, na-
mentlich altbulg.: a) vor anlauten-
dem vocal 129 ff. (umgekehrt einige
male abfall von echtem j im anlaut
130). b) inlautend nach conso-
nanten: vor u altbulg. 131 ff., im
speciellen Wörter, welche j selbst
nicht mehr enthalten, sein einstiges
Vorhandensein aber in der assibila-
tion vorhergehender consonanten
verrathen 133 ff. — vor u russ. 135.
136; vor nicht afneiertem u ser-
bisch 136. — aus diesem ju wird
i : falle, in denen es schon altbulg.
zu i geworden, welches sogar zu e
gesteigert wird 136 f. (dahe* auch
ju neben i im altbulg. zur bezeich-
nung des griech. v verwendet 137);
fälle,' in denen es in den neueren
slaw. spiachen zu i geworden 137
(umgekehrt ju für altes i im neu-
bulg., russ., poln. 137. 138); dies
berechtigt, auch sonst, wo wir slaw.
i neben älterem u finden, die mit-
telstufe ju vorauszusetzen 188 f. —
unursprüngliches j vor andern vo-
calen als u 139 ff. — entstehung
von poln. ksi (i. e. ks), für die be-
urtheilung von skr. ks wichtig 144 ff.
(vgl. 220. 292). — unursprüngliches
j nach consonanten in poln. lehn-
Sachregister.
487
Wörtern aus dem deutschen 290 ff.
— — Un ursprüngliches j im lit.
147 ff. ; im lettischen 152.
Declination. Gen. sg. der femini-
nen fi-stämme im gallischen und iri-
schen 8. 9. — gen. sg. der altir.
u-stämme 9. — gen. sg. der pro-
nominaldeclination im irischen 9. —
welscher plural auf -au gehört ei-
gentlich zu u- stammen 9. — gen.
und dat. sg. im co mischen 9. —
loc. der i- und u-stämme im skr. 13.
— loc. der pronominaldeclination
auf -in 13. Sis im instr. plur.
der masc. auf -a geht schwerlich
auf -Sbhis zurück, da im Veda
-ebhis daneben steht 99. — decli-
nation des poln. und Wirkung der
analogie in derselben 19 — 88. —
nom. acc. plur. der neutra im gall.
- und irischen 230. — Ursprung des
altbulg. gen. sg. 354. — dat. plur.
der substantivischen ja- stamme im
litauischen 497. — Vergl. noch
Dual.
Dehnung. Dehnung von altir. o
zum ersatz für ausgefallenen nasal
13. — vocaldehnung im altbulga-
rischen und litauischen 371 ff.
Dual. Ursprungliche bildung dessel-
ben 13.
Erweichung. Erweichung der la-
bialen vor e im russischen 156. —
erweichung von c, z im russischen
an der ausspräche des vorhergehen-
den vocals zu merken 161. — er-
weichte consonanten dem dialekt
des altpreufsischen vocabulars viel-
leicht nicht fremd 396 (vgl. jedoch
Über die in frage kommenden vo-
calverbindungen 439).
Gallisch. Gallische inschrift des
amulets von Poitiers 5.
Hiatus. Vermeidung des hiatus in
litauischen dialekten 355.
Infection. Altirische ausnähme von
der regel der infection 15.
Infinitiv. Infinitiv des keltischen:
gall. -tu, altir. -(a)d, -(u)d 17. 235.
— Verdoppelung des iniin. -suff. im
polnischen und russischen 211 f.
Iren. Kriegsgöttinnen der Iren 250.
Kinder. Sprachliche beobachtungen
an kindern 215 219.
Lehnwörter. Deutsche lehnwörter
des polnischen: ihr consonantismus
an sich 278 — 286, conson antische
lautgesetze 287 — 300, vocaleinschub
293. — Vgl. noch Consonanten
(letzter absatz). Volksetymo-
logie.
Medium. Reste desselben im galli-
schen 228.
Metathesis im altbulgarischen und
ihr verhältnifs zum vocal der be-
treffenden silbe 392.
Milchstrafse. Namen derselben bei
Illyriern, Bosniern, Albanesen 314.
Nasale trübung reiner vocale im pol-
nischen 145.
Negativpraefixe des irischen 18.
Neutra des altirischen 222 — 227: a-
(und ia-) stamme 222, i- stamme
223, u- stamme 228, as -stamme
224 ff.
Notae augentes des irischen 13.
Plural. Bedeutungsmodificationen im
plural 358.
Pflanzennamen 315 — 342.
Preufsisch. Pomesanischer dialekt
des altpreufsisch-deutschen vocabu-
lars. A. Lautsystem.
Vocalismus in Stammsilben : altpr.
a = lit. a (resp. slaw. o) 413, =
lit. e (zemaitisch z. th. noch a)
413 f., = lit. i 414, = lit. u 415.
— i, y (nur graphisch verschieden)
= lit. i, y (resp. lettisch slaw. i)
415, = lit. a 416 (cf. 896), =
lit. e 416, = lit. e 416, = lit. e*
417. altpr. ie (= lit. y) scheint
langes i zu bezeichnen 417. —
altpr. e gleichmäfsig für lit. e (e),
e, 6 mufe dennoch nach mafsgabe
des lit. verschieden ausgesprochen
worden sein 41 7 ff. altpr. e = lit.
a 419, =3= lit. i (als Schwächung
von a) 419. ee bezeichnet vielleicht
die länge von e 420. ea 420. 421.
ei (ey), ai (ay) 421 f. iey = lit.
Ö 422. eey 423. eu 396. — u =
lit. u 423 [iu = lit. iu 428], u
= lit. a 423, = lit. e 423. 424.
— o = lit. o (resp. slaw. a) 424,
= lit. a oder a* vor den liquiden 1
und r 424 f., = lit. u425. oa =
lit. a oder daraus geschwächtem u
426, = lit. o 426; für letzteren
488
Sachregister.
laut steht aufserdem einige male a,
so dafs also die drei Schreibungen
o, oa, a für lit. o auf die ausspräche
ä hinweisen 426 f. o, oa = lit. u
427; o vielleicht = lit. au 427.
428. o, oa = lit. e* 428 (oa =
lit. ai 898), o = lit. e 428 (cf.
399). oay 429. oy 429. — au =
lit. au 428 (resp. slaw. u, zend. ao
480), = lit. u (welches in diesem
fall contraction aus au) 480, kaum
= lit. e 430. aw wohl mit au
identisch 430. eau 430 (cf. 439).—
ui, uy sss lit u, ui 431 (= slaw.
y 402).
Uebersicht Über den ganzen vo-
calismus der Stammsilben, erweist
nächste beziehung zum meinelschen
dialekt des lit. 431 f.
Vocalismus der silbe nach dem
stamm, nacb den lit. vocalen ge-
ordnet: lit. a 432 f., lit. e 433, lit.
e 433, lit. o 434, lit. i 434 (cf.
406), lit. e* 434, lit. u 434, lit. u
434; zwischenvocale bei consonan-
tengruppen, welche im litauischen
fehlen 435. — Vocalismus der end-
silben: masc. endung lit. -as =
preufsisch -as, -es, -is, -s436; fem.
endung lit. -a = altpr. -o 437; be-
hau dlung des stammhaften a der
masc. und fem. im ersten gliede
von compositis 437. femininendung
der ia-declination, lit. e, wird mehr-
fach zu i, y im ersten gliede der
composita wie im einfachen worte
438.
Durchgehende Schwächung der ne-
bensilben beweist, dafs der accent
wie im zemaitischen auf der Wur-
zelsilbe ruht 438. — spuren des
geschliffenen tons liegen vielleicht
vor in den Schreibungen ee, eey,
iey, eau u. s. w. 439.
Gon8onantismus. Gemination
440 ff., steht nach hochtoniger silbe
mit kurzem vocal 442. lenis für
fortis (ein paarmal fortis für lenis)
442 f. (cf. 114. 397),— j wird g, ig;
i, y geschrieben 448 f. (bleibt unbe-
zeichnet zwischen vocalen 446). —
b aus v 444. — t = lit. k 444 (cf.
116f. 407), dd = lit. g 446. — n
bleibt vor t und s bewahrt, während
lit. ersatzdehnung eintritt (altpr. an=
lit. J; en, in = e; wan = ü) 445.
— altes w bewahrt im vortheil ge-
gen das lit. 446 ; w als Vorschlag
vor vocalen 446 (cf. 119); w bleibt
unbezeichnet zwischen vocalen 447.
— Zischlaute 448 ff.: s = lit. s
448. 449, = lit. z 449. seh ent-
stoht aus sj und entspricht vielleicht
nur einmal lit. sz 450 (cf. 399). s
= lit. sz 450 f. = lit. z 461 f (cf.
394. 396. 398). ergebnis der be-
trachtung über die Zischlaute 452,
— z und sein Wechsel mit s 452 ff.
— bedeutung von cz 454 f. — ti,
di werden rein bewahrt 455. — d.
== lit. zd, s aas lit. d 455. — li-
quiden: metathesis derselben 455 f.
(cf. 115. 401. 402). — r gegen-
über lit. r fehlend 456. rg, g für
lit. r 456. — lg *= lit. 1 456. —
prothet. 1 möglicherweise Schreib-
fehler 457. Unterdrückung von k
zwischen liquiden und t 118.
Uebersicht der eigenthümlichkei-
ten des pomesanisch-altpreufs. con-
sonantismus 457 f.
Schlufsresultat: Stellung des po-
mesanisch-altpreufs. zu seinen ver-
wandten 458.
8. Nomina. Ihre ausgänge im
nom. 8g.: feminina gehen vocalisch
aus 119 — 122. vocalisch ausge-
hende masc. 122 f. formen auf -an
wahrscheinlich nominative des neu-
trums 404. — pluralia auf -es und
-os 124 f. (cf. 396). pluralia auf
-aytos scheinen deminutiva zu sein
126.
C. Suffixa. -eno, -ano, -no 114.
to 115. istian 118.405.—
-toys sss lit. -töjis, lett. -täis (fem.
-taja), ru8S.-lit. -tojas, -tajas, im
wesentlichen a= -t^s, -xa? 122 f.
— altpr. -nikis, -nix, russ.-lit.
-nikas, preufs. -lit. -nlnkas, lett.
-neeks 123. — -tue, -tuan zu lit.
-tuvas, -tuve 126.396. — -üni!97.
— -cle 393. isto, lit. -^sta,
-yste 897. — -meno zu lit. -mene
399. — -eynis, lit. -^nas 399. —
-be zu lit. -yba, -ybe 401. — -elis
402. eyto; -aytos 421.
Quantität. Hexameter des Donali-
Sachregister*
4«9
tiii8 nach dem wortaccent, nicht
nach der quantität gebaut 477.
Reflexivum des litauischen 482 f.
Russisch. Olonecischer dialekt
des russischen. Lautsystem: für e
tritt i ein 153 f. — erhaltung des
vollen i der infinitivendung 154. —
Übergang von e, je in o, jo 154 f.
— altbulg. je, russ. 6 geschrieben,
wird jo, welches anlautend zuweilen
j verliert 155 (davon finden sich
auch gemeinrussisch beispiele ebd.).
— erweichendes e wird ja, nach
palatalen a 155 f. (ähnlich im weifs-
russ. 156). — aus altem i entstan-
denes e hat zuweilen keinen erwei-
chenden einflufs 156. — ausl. i
bleibt erhalten nach c und in der
dritten pl. praes. 166. — Vertretung
von altbulg. ü durch o: im auslaut
der praep. auch vor einfacher con-
sonanz 156, sogar vor vocal 157;
im nom. sg. männlicher a- stamme
vor suffigiertem artikel tu
157 (ähnliches im altruss. ebd.). -
ü als solches mit eigentümlicher
ausspräche bewahrt 158. — behand-
lung von altbulg. ra, la 158. —
Vorschlag von j vor vocalen 158;
Vorschlag von v 158. — fehlen des
n vor obliquen casus des pronomen
i nach praepositionen 158. — zu-
sammenziehung von vocalen nach
ausfall des trennenden j 159. —
ausfall anderer consonanten 159. —
erleichterung anlautender consonun-
tengruppen durch prosthetisches o
159. — ab fall anlautender silben 169.
— behandlung von c, z, c 159 f. —
assimilation von k, g, ch an fol-
gendes n 167; von v an vorherge-
hendes b 167. — Übergang von j
in g 167. — z steht für *dj =
altbulg. zd 167; c für *tj = alt-
bulg. st z. th. consequenter als im
gemeinruss. 168, in den part. praes.
daueben sc mit besonderer (sogar
causativer ) bedeutungsmodification
168. — ab fall des Suffixes der 8.sg.
praes. 168, der 3« pl. nur bei der
i-classe 168. — Übergang von v in
m, von m in b, von d in g 169.
Declination. Zusammenziehung
im nom. sg. der fem. auf -ynja wie
Beiträge z. vgl. sprachf. VI. 4.
im altbulg. 169. — nom. sg. doel
und mati 169. — nominativform
des sg. als acc. bei den femininen
a-stämmen 169. 170. — dat.-loc.
sg. fehlt gänzlich bei den femini-
nen a-stämmen und wird durch den
genitiv ersetzt — Ursache dieser er-
scheinung 170. • Hl. — instr. si-
lomü (von sila) 171. — declination
von cerkovi 171. — genitive und
locative auf -u 171 f. — alter vo-
cativ auf -u von ja- stammen 173.
— declination der deminutiva auf
-uska, -usko 173. — beispiele des
duals 174. — pluralformen 175 ff.
— übertritt der a- stamme in die
analogie der ja -stamme 177. —
Nicht zusammengesetzte declination
der adj. 178. — Pronominaldedi-
nation: declination von tu (und
etotü) 178 ff. demonstrativum be-
sonders ausgebildet 181.. declina-
tion von i 181. Personalpronomen
182. — Declination des zusammen-
gesetzten adjectivs 182 f.
Stammbildung. Wortformen und
sätze, welche im polnischen zu stam-
men herabgesunken sind 204 — 210.
Steigerung. Statt angeblicher Stei-
gerung von y zu va im slawischen
ist vielmehr Verkürzung von va zu
y anzunehmen 368 ff. — Steigerung
von altbulg. o, e zu a, e und ihre
bedeutung für die quantität im alt-
bulg. 373 f.
Suffixa. Rest des suff. skr. -tvä im
altir. 18. — gall. -unno und seine
entstehung 18. — auf nasal schlie-
fsender stamm nimmt im altbulg.
bei antritt weiterer consonantischer
suffixe dieselbe form an wie im nom.
sg. 9 2 ff. altbulg. -yto 92 ff., -yta
94, atü 94 f. — erweiterung des
Suffixes -an durch angefügtes -ta
im slaw., lat., skr., deutschen und
vielleicht griech. 93. — gegensei-
tiges Verhältnis der suff. -an -ana,
-jaov -fiora, -/Air -/ui>va u. ä. 96. —
altbulg. -gii, -ga 130. — altbulg.
-ci 182. — lat. -ulcus, -ulcine 151.
ksl. -osti 188 ff. — griech. neutra
abstracta auf -oq neben adj. und
ihre lituslawischen parallelen 188.
— lat. adj. und abstracta mit den
32
490
Sachregister.
Suffixen -to and -tft yon stammen
auf urspr. -as 189. — lit. -astl-s
189. — lat. or primär und secun-
där 189. — lit. -esti-s 190. — lit.
-esi-s 191. — altböhm -est' 192.
— secnndäres abstracta bildendes
-tä im slaw. häufig 192. — ksl.
-ostf, kleinr. oscy, böhm. (instr. pl.)
oscemi 198. — ksl. -os-tyni ver-
wandt mit -oört]t skr. -tvani, an-
dererseits mit got. -assu 198. —
lit. -yete, alt -yata 198. — ksl.
-ynja, nom. sg. -yni 194 ff. — ksl.
y = urspr. ö, feminina und ab-
stracta bildend 195. — Weiterbil-
dung eines Stammes auf urspr. -tar
zu -tru im lat. 195. — poln. -<5
allmählich immer mehr vor -s£
(altbulg. -sti) zurückweichend 211.
— annähme altir. abstracta auf -u
statt -tu ganz unhaltbar 225. —
lit. -kla as altpr. -tla, urspr. -tra
245. — altbulg. -istvo; altbulg.
-iskü, got. -iska 366. 367. — lit.
deminutivsuffix -elis, -e'lis 372. —
-tra adjectiva bildend 391.
Verba, secundäre. Denominativa
des keltischen 14 f.; griech. auf
-a£w 15. — secundäre verba des
litauischen von scheinbar primärem
aussehen 150.
Vocale. Irisch f, welsch i aus ä 6.
— welsch u = gall. o 12. — ent-
stehung von skr. e im reduplicier-
ten praeteritum von wurzeln mit
inlautendem a 102 f. — poln. e für
i und y 212 ff.; umgekehrt i, y
für e 214 f. — Wechsel von i und
u im poln. 246. 247. — böhm. ou
dehnung von u 397. — böhm. a
mehrfach = altbulg. $, russ. ja
402.
Vocalreihen. Uebertritt von der
a- reihe in die u- reihe im litaui-
schen 150.
Vocativ. Vocativ statt nominativ
im serbischen 173 f. — serbische
nom. sg. masc. auf o sind eigent-
lich vocative, desgleichen die auf
oje 174. — neubulgarische voca-
tive auf o von a- und ja-etämmen
174.
Volksetymologie. Lautliche Um-
gestaltung polnischer lehn Wörter aus
dem deutschen durch Volksetymo-
logie 301—805.
Wurzeln. Angebliche sanskritwur-
zeln auf S äi ö und ihr Verhältnis
zu den wurzeln auf ä 101; angeb-
liche sanskritwurzeln auf j 103. —
Verlust der Wurzelsilbe in polnischen
Wörtern 246.
Zahlwörter. Zahlwörter des kelti-
schen 12 f.; bezeichnung der distri-
butivzahlen im altirischen 235. —
polnische Zahlwörter im löten und
löten sec. 247.
Zemaitisch 886.
Zetacismus. Aelteste, in einigen
sprachen noch jetzt erhaltene stufe
des slawischen zetacismus mit er-
haltung von j 161—166 (ähnliches
im litauischen und lateinischen 166);
für die erkenntnis dieser stufe von
bedeutung russ. sc (neben c) = alt-
bulg. st ss tj und russ. zdz =
altbulg. zd s *dj 164. — guttu-
rale eher und leichter von j affi-
ciert als dentale 165. — ausnah-
men vom zetacismus der gutturale
in russ. dialekten durch überwie-
gende analogie der formen mit er-
haltenem guttural 166. — zetacis-
mus, speciell labialzetacismus im
polnischen 220. — Vgl. noch Rus-
sisch.
Wortregister.
491
II. Wortregister.
A. Arische sprachen.
l) Sanskrit.
wz. arik471.
angi 3.
an|ira 327.
ati 265.
andha 280.
apa 7.
ipas 192.
apnas 192.
amatra 391.
amäsisam (wz. mi,
102.
amitrahan 889.
ambu 229.
arkhämi 16.
wz. ardh 392.
ava 125.
acmanta 93.
aham 259.
ahvam 102.
änanka 4.
äha 259.
ükjati 147.
udaka 8.
udara 872.
wz. us 130.
usas 130.
usras 180.
usr* 180.
rta 4.
kadä 269. 275.
kanda 327.
karpara 148.
kalabha 338.
kffnkana 388.
kffrtasvara 838.
wz. kru9 138.
wz. klath 18.
wz. klam 4.
ksara* 858.
wz. ksu 138.
khala 888.
khalu 260.
wz. khid 107.
gandha 327.
garbha 402.
gSritra 822.
grnämi 148.
mi)
gläjffmi 101.
gha, ghä 257 ff.
gha (schlagend) 260.
ghana 260.
ka 89. 90. 265.
Katiir- 870.
katväras 370.
wz. kar 4.
wz. ki 265.
kikäja 103.
kikis- 108.
kiketa 108.
gagat 103.
gagSti 103.
|agSjSt 108. ,
ganas 461.
garäs 189.
gar* 189.
gajati 104.
gigämi 103.
gigäja 103.
gita, glna (wz. gja") 104.
gvara" 370.
tatnise 102.
tan6mi 370.
tan tu 9.
wz. tars 16.
tala 401.
wz. tos 138.
tüsnim 138.
tiniva 102.
wz. trank 231.
tripatra 887.
trfiitana 4.
däsfrä 16.
dajami 101.
wz. darb 192.
dacan 18.
wz. dah 140.
däru 4.
wz. du 150.
djämi 101.
djüta 104.
djüna 104.
drije 101.
dvaram 281.
dve" 12.
dhattüra 338.
wz. dhar 192.
dhustüra 388.
dhrij*- 101.
na (in compar. sinn) 266,
nahi 268. 276.
ni<|& *•
nema 18.
wz. pak 115.
paptima 102.
parikara 471.
pjüajffmi 105.
pit*r 7.
pitd 7.
pipürvas, pipfirtnas
u. s. w. 101.
wz. pis 322.
purd 7.
prthd 7.
prthütS 189.
pllhan 8.
babhüva 467.
wz. budh 183.
budhita 104.
brhaspati 4.
brahman 4.
bhavisjati 18.
wz. bhiks 6.
wz. bhl 370.
bhisajämi 370.
bhismä 870.
bhörga 327.
wz. bhjas 370.
wz. bhräg 827.
wz. bhri 102.
maghavan 8.
matja 104.
mada 8.
wz. manth 114. 485.
mamau, mamS (wz. mi,
ml) 102. 104.
mahas 226.
mas 6.
mitra 391.
wz. mud 469.
mriji- 101.
ja 467.
jakan, jakrt 114. 897.
jathfi 10. 14.
jadi 268. 269.
jugam 136.
32 #
m
Wortregister.
jfis* 130.
wz. rad 229.
r&i 6.
wz. ru 132.
laghu 228.
wz. lubh 181.
vafcfi 325. 338.
wz. vas 130.
vfi 265.
vfirtrataatja 389.
wz. vf, vraömi 228.
vrtra 244. 388 ff.
vrtraghna 389 f.
vrtraghni 389.
vrtratara 388.
vjrtratur 390.
vrträhatha 389.
vrtrahathja 889.
vrtrahan 388 ff.
vrtrabantama 388 f. 890.
ca8tram 1 6.
wz. 9udh 188.
wz. 9Fdh 827.
91-addadhämi 481.
9rÖai 399.
wz. 9va8 369.
9veta 322. 323.
sa- 197.
wz. sad (sedere) 141.
wz. sad, ä-sad (adire) 141.
sadha- 259.
sam 197.
salila* 398.
savja 135.
wz. sah 12.
saha 259.
sämi 18.
wz. sthä 18.
wz. sphäj, pasphffje 103.
sma, smfi 14. 476.
•ja 276.
wz. sjand 141.
svadhajfi 14.
svapna 7.
svajäm 13.
svasar 7.
Bväpajämi 7.
ha, hfi 257 ff. 276.
wz. han 260.
hi 257 ff. 276.
hvajSmi 101.
2) Neuindiscbe
sprachen.
kSfir. fibrü 118.
3) Altbaktrisch.
aparazSta 128.
qffdaena 44.
zarathustra 128.
zarathuströtema 1 28.
zi, zi 263.
thraetaona 4.
wz. thrak 231.
dfitam 229.
duje 12.
nazda 12.
pitu 7. 9.
pourusa?pa 128.
frathanh 189.
maidhömSo 128.
maodhana 469.
ja 467.
verethraghni 390.
wz. vere 390.
verethra 389 f.
verethraghna 389 f.
verethragan 389.
verethragä9tema 389.
verethrataurväo 390.
vcretbravan 390.
hadha 259.
9a 08 jan ( 128.
9raoni 399.
hämvereta 890.
häravereti 390.
4) Altpersisch.
frfi, fran in tfJajjn/c;, 4>«m-
10170? u. s w. 392.
5) Pehivi.
gandenfik 327.
nfinu9prm 324.
vSdrengboi 321.
zardah 332.
6) Neupersisch.
behrfim 389.
gandfim 323.
ganarz 335.
gurd 390.
gurdl 390.
vag 325.
varaj 325.
virag 825.
zarävand 820.
7) Kurdisch.
giezer 331.
karaabit 335.
khas 333.
mekuk 337.
nänä 324.
punk 324.
B. Keltische sprachen.
1) Altkeltisch.
Aboüä 229.
Abusina 229.
'Aßas 229.
anam 230.
*Avava 230.
ambacto8 471.
ambe, ambes 2-29.
Ambris 229.
ara 228.
aremorici 228.
arevernus 5. 228.
ate- 249.
avallo 230. 231.
Belatucadrus 17.
Be8antium 407.
bratude 229.
Wortregister.
493
Brigantes 4.
Brigantia 4.
brio 229.
Brivodurum , Brio durum
229.
Brivo-Isarae 229.
caio 230.
cambiare 231.
Cambos 231.
karnidus 15.
Cathubodua 250.
Cenomani 226.
Cenimagni 226.
Coifi 243.
Cunotamo8 12.
daniraa 5.
datalages 5. 228.
decavi 1 7 .
Divona 230.
Dontaurios 5.
doro 231.
dunon 228.
dvorico 280. 231.
Esuggius 408.
Esus 243.
gnatus 231.
hrodanus 228 f.
inter 229.
Isarnodori 231.
Istigius 408.
lautro 229.
logan 230.
Lugudunon, Lugdunon
227 f.
Mogounoa 3.
more 228.
morini 228.
nanto 229.
Nantuates 229.
nate 231.
Obuldumi 17.
onno 230.
pempedula 324.
petorritum 12.
Petrocorii 12.
Petrncorius, -ii 12.
planarati 243.
renne 281.
R(h)odanus 229.
Sacsano 12.
Sagramnos 228.
Samarobriva 229.
Scultenna, Snovliawa
229.
Sirona 243.
Tinu 17.
Toliandosso 12.
Tolistoboii 12.
tome 17.
treicle 231.
trigaranus 4* 230.
iQtficiQxiota 230.
trinanto 229.
nxellim. 12.
vertraguB 11. 231.
Vesontius 407.
Vesuccius 407.
Vesunna 408.
Visontio 407.
Visucia 408.
Visucius 408 ff.
Vizuzia (j. Wzouse) 408.
2) Irisch. Gaelisch.
Neuirisch gesperrt.
abh 229.
abhall 231.
accestar 460.
aco 462.
adchess 460.
admuinemmair 471.
adrodar 47 K
aeth 235.
aibhell 229.
aile 463.
ailith 466.
ailiu 463.
aimf'e'sach 18.
aine 9.
aisndedat 464.
am- 18.
amach 225.
amaigh 225.
ambuaid 223.
ammag 225.
amradair 463.
amre 463.
an 230.
an 230.
Ana 250.
anasrochumlai 16.
angaibes 466.
angnin 223.
alled 225.
aranerailend 469.
arco 16. 462.
arm 230.
arnachnelammar 474.
arsisedar 470.
art 4.
artu, arddu, ardu 225.
as 10. 228.
asberam 472. 473.
ass 10.
assa 10.
asteach 224. 225.
astigh 224. 225.
ata" 18.
atchithisi 468.
ateg, atech 224.
athair 7.
atong 462.
atormag 222.
aue 3.
Badb Catha 250.
badib 463.
baitsidir 468.
bam 472.
barn 7.
bem 473.
Be-Neit 250.
berith 466.
berrthir 468.
beru 462.
bharn 8.
biam 18. 472. 473.
bieid 18.
bieit 18.
birusa 462.
bith 223.
biuusa 463.
blaisim 468.
blast* 468.
bocht 6,
boie (leg. bdie) 466. 467.
Brigit 4.
Brigte 4.
brise 8.
buaid 223.
gael. burmaid 329.
cacha 9.
cad^ssin 7.
cae 280.
cainte 16.
cais 460.
canisin 7.
caras 464. 467.
carate 467.
carith 466.
494
Wortregister*
catchhottmidi 478.
caut 7. 13.
clile 4.
cem 226.
cen^lae, cenele 15.
cenusamlar 478.
cerdcha, cerddchae 280.
charand 469.
chesend 469.
chftM 468.
cian 225.
cinteir 16.
cftach 7.
cftan 7.
-cfo 460. 461.
claideb 18.
clam 4.
codosgnemi 474.
cofotheasa 472.
gael. coibhi 248.
ctfic 12.
comcisnib 460.
conda 472.
confodma 474.
conrotgatar 285.
conrurelsa 472.
Corc 16.
coscrad 285.
crann 281.
cuig 12.
cuimtgimm (nicht cunut-
gim) 478.
cultech 224.
cumachtach 15.
cumachtaigim 15.
cumang 222.
cumtach 478.
curbam 472.
curend 469.
daingnigthir 468.
daintech 16.
däna 5.
dan&ircechnatar 236.
d&ügthea 9.
d&iigud 9.
-de Tl.
d^ac 13.
dearbhann 469.
d6c 13.
dechtire 6.
deicsiu 460.
delbe 223.
deaimrecht '223.
dearairechtaigtir 468.
df 12.
diamain 233.
diandid 249.
dlegtair 468.
dodfongad 462.
dolcomnacht 16.
doepethar 471.
doirsib 228.
domnu 225.
dophetharsu 7.
doracräid 17.
dorigni 460.
dorimthirthetar 471.
dorintai 17.
dorus 228. 281.
dosluinend 469.
drimthirid 471.
duemsa 472.
deine 8.
diiine 226.
dtin, gen. duine 226. 228.
dunäircecbnatar 286.
eascu 283.
easgan 238.
echtar 6 16.
en 3.
e*nert 11.
epscop 233.
aerbar 472
erchötigend 469.
erdathe 229.
erladaigidir 471.
escop 283.
eter, etar 229.
fadam 472.
fad&in 7. 14.
faireog 7.
fairthe 7.
fanisin 7.
faolchii 7.
farn 7.
fastand 469.
fearrde 10.
fedaim 7.
fedme 7.
fe'ith 3.
ferr 9. 10.
fiar 7.
fid 223.
fil 464.
nie 466.
fillim 7.
filus 7.
ffr 6.
fitir 464.
foaid 7.
fode'in, gen. fodelne 14.
foicblend 469.
foillsigthf 468.
foir 468.
foirbhthe 8.
foirbthetu 225.
foircsiu 460.
foirfe 8.
fordindet 464.
forelgatar 286.
forfenar 236.
fornem 224.
foselgatar 236.
fosligim 236.
fresesiu 460.
fristinfet 464.
fugall 222.
fuilgend 469.
fuiUend 469.
fuinenn 469.
falang 222.
funend 469.
gaibiu 462.
gaibtir 468.
geinitir 471.
geinithir 470.
genither 470.
geoghna 478.
giulae 466.
gltiine 226.
gltfn 226.
glunae 226.
glüne 226.
glunib 226.
gne* 460.
gnite 466.
gnfu 460. 461.
guidiu 463.
guin 228.
-gus 3.
heidme'it 14.
hochrfst 236.
honaifleidmenaib 8.
huaislimem 12.
iacanm 236.
iarraim 468.
iarrthai 468.
iarum 236.
fchtar 6.
idmdit 14.
fl 7.
ilar 222.
Wortregister.
491
imb 3.-
imcaissiu 460.
imcasti 460.
incholnignd 235.
indaleithesin 225.
indib maigib 225.
indidultaig« 224.
indlöge 226.
infid 223.
inn 280.
inna 9.
innatlugum 472.
innfalu 233.
intige 224.
intsleibe 225.
intfsfa 14
ioth 223.
fs 6.
isdiamnin 233.
isö se 18.
isintig 224.
issammuir 228.
istech 224.
itaig, ftaig, hitaig 224.
itargninim 15.
ith 7. 9. 223.
inchair 117.
lautu 238.
leith 225.
lenand 469.
leth, led (latus) 222. 225.
226. .
leth, dat. leuth (dirai-
diura) 222.
lethan 7.
limm, lemm 464.
lfn 223.
lind 223.
Hon 228.
litre 223.
loch 223.
loch 228.
log 226.
löthar 229.
lü\ compar. laigiu 228.
luach 226..
lüda 233.
lutain 238.
mablastf 468.
mag 225. 226.
maig 225.
maige 225.
membur 280.
mesc 8.
mesce 8.
messtar 283.
rai, gen. mis 6.
mind 223.
mind 223.
misir 288.
moltaoi 468.
mörföser 7.
Morriga 250.
mu, mo 14.
muich 225.
muige 225.
muinither 471.
muhiter 471.
muir 228. 228.
nacha 9.
nadgenetar 471.
naiscü, nescn 233.
nasroin 472.
neam 224.
neb 18.
nel 233.
nem 224. 226.
Neman 250.
nemh 18.
nephfrescastu 460.
nerladaigedar 471.
nert 230.
nessam 12.
nibam, nipam 472.
nim 224. 225.
nime 224. 225.
nimib 224.
no 14.
nochartnis 15.
nochartis 15.
notfntae 17.
6 7.
öa 3. 7.
ochtmad 18.
öena 9.
öl 223.
öl 228.
olo 230.
pardais 236.
parduis 286.
gael. piuthar, gen.
thar 7.
recht 228.
remcaissin 460.
rendaib 228.
rethann 469.
rf 6.
riccu 468.
pe-
ricthai 468.
rimther 470.
rind 223.
rindarpai 16.
rinn 223.
ro- 229.
rodscrfbai 17.
rubnrt 16.
saiges 466.
sant 16.
scipar 5.
scoltaim 229.
scribthir 468.
se 7.
söim 18.
söitche 4.
serbh 7.
söt 149. 150.
siar 7.
sfl, gen. sfl 222.
siniu 10. 11.
sfol, gen. sfl 222.
sleidm 8.
siebe 225.
slebib 225.
Bleib 225.
ßliab 225.
sligim 286.
slnindes 466.
sluindite 466.
sluindith 466.
Bora, Bern 14.
Botho, Bothe 228.
sroth, 8ruth 238.
Brnth 228.
snan 7.
Buth, Both 228.
t£ 18.
taipe 471.
tanac 4.
tart 16.
teach 224.
tech 14. 224.
techtas 466.
teg 224. 226.
töte 466.
tiagu, tiagussa 462.
tirathirthid 471.
timthrecht, timthirecht
471.
tinfedam 464.
tfr 228.
tfr 2S3.
tfrim 16.
496
Wortregister.
tirme 16.
tdcband 469.
todlai(g)ther 470.
tongusa 462.
törmag 222.
traig 231.
trelse 11.
treissiur 11.
trän 11.
tressa 11.
tressam 11.
triab 236.
tnath, gen. tre'than 4.
tris 12. 467.
triub 236.
tussu 13.
ua 7.
uachtar 6. 16.
uadaib 463.
uaidib 463.
mittelir. uarn 7.
uas 11.
uasal 12.
uathib 463.
ubhall 231.
uisce 8.
3) Welsch.
af- 18.
afall 231.
amaeth 471.
Ambyr 229.
altw. bit 466.
briw 229.
briwio 229.
bum 466.
bwyf 18.
cae 230.
kiglif, kiglef 466.
cläf 4.
cyffred 8.
kjmerth 16.
chwant 16.
chware 7.
chwarel 7.
chwech 7.
chwedeg 11.
cbwedl 7.
chwel 7.
cbwerw 7.
chwi 7.
chwiawr 7.
chwilgi 7.
chwith 7.
chwylaw 7.
crihot (leg. cridot) 466.
crit 466.
altw. dafraud 473.
dagr, dagrau 9.
datolaham 5.
deng 13.
din 228.
doeth 16.
dor 231.
dyrcbauawt 473.
eithaf 12. 16.
eithyr 6. 16.
ffaelu 8.
ffeU 8. \
ffer 8.
ffest 8.
ffraeth 8.
fFroen 8.
ffrwdd 8.
ffunen 8.
a gant 16.
grazacham 14.
grynnawt 473.
guell, gwell 10. 11.
guir 6.
gwasgarawt 473.
gwledychawt 473.
hardach 10.
heitham 12.
Hu 243.
hyn 10. 11.
iawn 3.
istlinnit 466.
Uafn 480.
lleiach 10.
llydan 7.
mor 228.
myned 471.
nant 230.
neint 230.
nentydd 230.
nemheunaur 4.
prenn 231.
pump 12.
rig 6.
ser 243.
tant, pl. tannau 9.
taw 18.
tecach 10.
traha 11.
trais 11.
trech 11.
treiglawt 473.
treissiur 11.
tren 11.
uch 11.
üthr 6. 16.
wy 12.
yd, pl. ydau 9.
4) Gornisch.
caid 233.
kentar 16.
keth 233.
claff 4.
kres, dat. kreys 9.
daras 231.
haccra 10.
hager 10.
marh, gen. merh 9.
merh, gen. myrh 9.
mones 471.
nans, pl. nanssow 230.
neid 4.
pen, dat. pyn 9.
squenip 5.
yntre 229.
5) Bretonisch.
ahimp 249.
ahmt 249.
ahy 249.
', aual 231.
j aznat 248.
barbdifeith 248.
bresk, brüsk 8.
; kemma 231.
j daou 12.
deuhymp 249.
difeith 248.
diou 12.
I diouguet 248.
! dizoen 248.
dor 231.
douque 248.
eheut 249.
entre 229.
felc'h 8.
gouzout, gouzvout 248.
grahe 249.
grahech 249.
Wortregister.
497
grahemp 249.
grahenn 249.
grahent 249.
greheut 249.
grehint 249.
groaet 248.
grohimp 249.
guereu 249.
guerue 249.
gueure 249.
hazvez 248.
louazr 229.
monet 471.
oa(n)t 248.
ober 249.
Ormandi 234.
Ormant 234.
Ormantes 234.
prenn 231.
sclacc 5.
treVha IX.
C. Lituslawische sprachen.
1) Dakisch.
xyofaidrri 114.
2) Altpreufsisch.
abstocle 393.
abstotten 393.
addle 445.
agins 122. 442.
ains 347.
aketes 124.
ackis 443.
ackons 125.
alkunis 118.
alne 393. 394.
alu 122.
ane 394.
anga 267.
angurgis 415. 456.
ansis 347.
ape 415.
arelie 121. 457.
arglobis 394. 444.
artoys 446.
artwes 414.
arwarbs 394.
asy 121.
assanis 418.
assaran 394.
assegis 394. 456.
attolan 394.
attolis 126.
aubirgo (anbirgo?) 13.
auklextes 124. 394.419.
453.
ausis 453.
austo 430.
antre 422. 430. 446.
auwerus 125.
auwirpis 125.
babo 413.
balgnan 457.
beggi 267.
boadis 427.
bordus 455.
brisgelan 894.
broakay 113. 427. 394.
brokis 427.
bucuB 325.
dagagaydis 823.
dagis 323.
dagoangis 323. 394.
dalptan 368. 394
dangus 121.
dantimax 113.
dauris 480.
deynayno 114.
dygi, deigi 267.
dylagaptin 114.
doacke 113.
doalgis 426.
dongo 394.
dragios 124. 413.
drimbi8 395.
dnmpbis 113. 377..
ebsentlrans 245.
erains 347.
esketres 125. 456.
eetureyto 115.
gaydis 323.
gallan 370.
gallintwei 870.
garian 414.
garkity 121.
geauris 396.
geeyse 428. 456.
geytye 823. 895.
gelatynan 435.
genno 418.
gertoanax 116. 395. 400.
447.
girnoywis 126.
glawo 444. 455.
glosano 455.
glossis 427.
gnabsem 113.
gnode 118.
golimban 425.
golis 370. 395.
gorme 121. 126.
grabis, garbs 395. 455.
granstis 113. 377. 395.
grobis 377. 402.
grosis 442.
gurcle 393. 400. 423.
424.
inetixs 458.
insuwis 457.
irmo 416.
yttroy 117.
iuse 448. 457.
kaden 268.
kaigi, kägi, kaige 267.
caymis 422.
caymoys 118.
kamato 829.
kalabian, kalbian 444.
kalpus 395.
kalso 118.
kanowe 395.
karyago 448. 455.
cariawoytis 895. 429.
443.
karige wayte 429.
karczemo 454.
caune 396.
cawx 480.
keckers 113.
kekulis 895.
kento (vielmehr keuto)
396.
kentaris (vielmehr keu-
taris) 895. 896.
kerko 896.
498
Wortregister.
kexti 895. 419. 458.
kylo 417.
kiosi 896. 428.
kiranan 396.
kisses 113. 396.
clattoy 121.
klexto 894. 419. 458.
clines 124.
clnmpis 114.
knaistis 896.
knapios 124. 435.
coestue 126. 896. 429.
coysnis 396. 397. 429.
komaters 120.
cordo 112
kote 118. *
kragis 448. 455.
kracto 378.
kramp tis 114.
crausy 126.
kristiomsto (vielmehr kri-
stiomsto) 897.
krixtieno 114. 397. 416.
452.
krfit 448.
kruwis 448.
cugis 443.
kulnis 378.
culczi 121. 454.
knmetis 114. 397.
knrpe 117. 444.
curwis, knrwan 428.
lagno 114.397.442.457.
laitian 897.
lalasso 408.
lanxto 115. 453. 454.
largaseraytan 897.
lauksnos 480. 454.
laxde 458.
liede 417.
lipe 417.
listis 458.
lonix 897.
lopis 428.
luysis 402. 431.
luckis 897.
luriay 114. 897. 457.
maldian 405.
maldünin 197.
malunastabis 412.
mandiwelis 114. 398.
mary 128.
medies 128. 446.
medione 455.
meine 406.
meltan 419.
menig 123.
menso445.
mestan 419.
moargis 426.
moasis 124. 898. 428.
moke 424.
mothe 426.
mulgeno 114. 403.
nage 413.
nagepristis 455.
naricie 413.
ni — neggi 267.
niquei, niqueigi '267.
noseproly 122.
Dozy 426.
nurtue 126.
pagaptis 114.
pagonbe 401.
palasallis 378.
panno 898.
panustaclan 898.
passons 426.
paasortis 398.
passupres 898.
pasto 398.
pastowis (nicht pascowis)
398.
patowelis 399. 428.
pausto- 430.
peadey 420. 421.
pecgalwis 455.
peccore 114. 418.
pele 398.
peles 125.
pelki 121.
penpalo 116. 446.
pense 115. 358.
pentinx 118. 445.
peretlanstan 453.
perwios 398.
piencts 118.
pyculs 416.
pirsten 408. 458. 455.
piuclan 428.
piwamaltan 398. 414.
419.
plasmeno 458.
plauti 455.
plaoxdine 878. 454.
plieynis 422.
plinxne 115. 453.
plonis 445.
podalis 427.
podukre 119.
pocorto 426.
pomatre 119. 426.
ponasse 426.
pore 424.
postv 424.
pracartis 413.
prassan 835. 418.
prastian 434. 451. 455.
preartue 126.
preitalis 117. 444.
proglis 115.
pure 822.
rapa 123. 437.
raples 124.
ratinsis 445.
rawys 418.
rikisnan 405 f.
ri8te 458.
roaban 398.
rugis 828.
sabatico 415.
sagnis 397. 442.
saligan 121. 444.'
salowis 413.
saltan 115. 398.
salus 398.
aaninsle 858.
sansy 121.
sardis 126. 127.
Bari 121. 126. 399.
sarxtes 125.
sawayte 378.
seamis 328. 399. 417.
seese 116. 399.
sema 419.
semen 403.
semo 323. 399. 417.
seydis 399.
septmas 245.
seweynis 399. 419. 485.
sidis 899.
siduko 417. 442.
sylecke 485.
silkasdrimbis (nicht sil-
kasdrunber) 412.
sinecö 415.
singaris 415.
•irablan 448.
siraplis 442.
•irmes 125. 416.
Byrne 126.
sirsilis 435. 454. -
Wortregister.
499
sixdre 116.
sixto 416. 466.
scabre 399.
scebelis 402.
skerptus 116. 399.
scritayle 116. 399.
scrundos 124.
slaune 399.
slaunis 399.
slidenikis 400.
smoy 123. 400.
smorde 116. 400.
snoxtis 116. 424. 454.
456.
soanxti 454.
somukis 424.
sosto 121.
spanstan (nicht spanstan)
400.
sperglawanag 116. 395.
400. 428. 447.
spoayno 429.
spurglis 116. 400. 423.
424.
stabis 121.
stabni 121.
stabs 116. 400.
staytan 115. 404.
stibinis 416. 442.
stogis 393.
strambo 115. 400. 401.
straunay 430.
strigeno 401.
stroysles 429.
8tubonikis 117.
stukamecczeris 454.
8turdis (vielleicht scurdis)
401.
sulis 378.
snppis 410.
supfmi 197.
sutristio 401.
sweriapis 401.
swestro 446.
swetan 419.
swibe 446.
swintian 415. 419. 485.
schokis 399. 450.
schumeno 399. 450.
schutuan 126. 450.
schuwikis 396. 450.
takes 125.
tallokinikis 401.
talus 401.
tarkne 401.
teauris 430.
teausis 396.
torbis 117. 424. 444.
tosy 406. 407.
towis 428.
treste 419. 449. 453.
trupis 401.
tuylis 117. 431. 444.
tunclis 117. 401.
turpelis 117. 444.
tussis 401.
twaxtan 1 1 7 f.
nnds 118.
urminan 425.
waldwico 123.
wanag 123.
wanso 415. 445. 446.
warene 456.
wargien 121. 456.
warmun 425.
warne 120.
wayos 125.
weders 418.
wedigo 378.
welgen 402. 403.
werstian 434. 451.
werwirsis 416. 456.
wessis 419.
wimino 402.
winsus 142.
wirbe 444.
wirds 396.
woaltis, woltis 118.
woapis 402.
woasis 427.
wobilis 118. 447.
wobsdus 456.
wolistian (resp. wosistian)
114. 403. 412.
wolti 121. 402.
wormyan 426.
wosigrabis 895.
wubri 118. 121. 122.
wuysis 402.
wuinbaris 423.
wandan 118. 423.
wntris 422. 430. 446.
czilix 408. 454.
3) Litauisch.
afts 442.
akmü' 392.
akötas 125.
alvaras 894.
alve*ns 347.
angynas 399.
ansa 347.
aornas 326.
apibreszkis 148.
zem. arelis 414.
argonai, wargonai 118.
argi 264.
argu 257. 264.
aszis 350.
atrflas 894.
auksas 458.
auszrä 130. 148.
adszti 148.
badyti 427.
balna8 457.
barzda 455.
be'kere 114.
bes 267.
beegi 267.
bet 269.
betaig, betaigi 269.
biaure8tis, -ste 19'2.
biaurüs 192.
bildesis 191.
bliäuju, blidviau 150.
bliüdas 147.
braukis 427.
br^dkriaünis 150.
memelsch builis 431.
bülius 431.
büsiu 353.
czemerei 328.
cze sas 162.
czöbras 332.
dagas 828.
dagä 323.
dälgiö 426.
daiig 136.
d^besylas, deTiesylai 338.
degti 140.
degutas 140.
dezgi 269.
dbbai, dobbai 113.
döbilas 118. 447.
dubai 377.
dürys 430.
dzäuti 150.
dzüti 150.
edesis 188. 191.
. edrüs 188.
, e'gere (nicht egere) 482.
500
Wortregister.
Igle 445.
elksnis 325.
eine 894.
erdis 121. 457.
erszketras 456.
e'sas 372.
eszerys 456.
eze 121.
ezegys, ezgys 394.
e'zeras 394.
gailesis 188. 191.
gaflestis 190. 191. 193.
gailüs 188.
galvä 358. 455.
gdlvos 358. 481.
gana 259.
gardas 127.
geltrfnas 435.
gelumbe 425.
gensze 456.
gente 195.
gerkle 148. 893. 400.
428.
gersze 423. 456.
gärti 143.
-gi 90. 263. 268 f.
giltine' 370. 895.
gire 414.
gfcti 143.
gyvastis 189. 190. 191.
glodena 455.
glnsnis 427.
grärndyti 895.
grasztas 113. 877.
grauti, griauti 152.
grikkai 318. 341.
griuti 443.
grobas 377. 378.
-gu 262. 264.
gurklys 424.
ik\ 90 f.
\rti 414.
iszolojau 482.
jau 130.
jaagi 269. 276.
jaukinti 147.
jei, jey 268.
jeig, jeigi, jeigu 268.
jeknos 397.
j&zkö'ti 847.
jeng 269.
jog 269.
jft 270.
Jui, juigi 269.
junkstü, jünkti 147.
jures 397. 457.
jusze 443.
kaimas 422. 428.
kaipgi, kaipogi 267.
kalävijas 444.
kalbesis 191.
kalpa 895.
käti 117. 444.
k&mana 95.
kamantas 95.
kan£pes 435.
karbas 424. 426. 444.
karczamä 454.
kardelus 118.
karias 455.
karve 428.
kaea 419. 453.
kastuvas 396.
kaokai 430.
käuazas 428.
keikastis, -estis 190. 191.
kele 417.
kemas 422. 428.
kepti 114.
keluri, keVeri 369. 870.
kiaule 148.
kiaune 148. 149. 896.
kiauaze 148. 428.
kiatiszis 148.
kiaiitas 149. 896.
kiklikas 895.
kiuzu, kiuzti 402.
klastykle 419. 453.
klastyti 394.
kle'tis 419.
kleVas 325.
klynes 124.
kliüvü, kliüti 150.
klunas 445.
kosere 406. 407.
kdsziu 428.
krakis 378.
! krauna, kriauna 150.
I krausze 444.
kregzde 114. 897.416.
krefvas 188.
krütasze 148.
krikszczonyste 397.
krusza 442.
kuilys 117. 148. 481.
444.
ktijis, kügis 448.
kQkalas 117. 401,
kulkszis 378.
kulsze 121.
külezis 121. 454.
kümetys 114. 363. 397.
kur 262.
kürbas 424. 426.
kuris, kurs 262.
kurpälius 444.
kürti 426.
kartinys 814.
kvapas 870.
kvetys 322. 323.
zem. Udas 414.
langas 115. 454.
lazda 453.
lenkti 141.
lepa 417.
ltipsna 428.
lözüvis 457.
liaupse 148.
litfbyti 147.
liu'sininkas 148
liütas 147.
llzdas 453. 454.
lydeka 417.
lytüs 463.
lubeti 147.
latingas 147.
lutis 147.
mäiszas 398.
malti .419.
märes 123.
mazas 404.
roazen 404.
medejia 123.
meline 406.
menturre 114.
mesa 445.
me'stas 419.
raezei 124. 428.
mUtai 419. >>
milteris 414.
rodkestis 190. 191.
möku 148.
mote' 426.
mürgas 426.
muse' 407.
musele' 407.
negi 265.
nega 265.
neigi 268.
cey, ney — ney 263.
265 f.
nükyste 193.
Wortregister.
501
neng 269.
nert> 126.
net 263.
netigi 268.
nyksztia 453.
nösis 426.
nft, n&g 270.
nuklastos 419. 453.
obszrüs 456.
ölektis 118.
pädai 420. 421.
pakabinu 114.
paliduju, paliäuti 149.
palszas 378- .
parszas 455.
patevelis 428.
patevis 399. 427.
pe'czus, peczus 418.
pekla416.
pele 125. 309.
pelinos 309
pelke 121.
peVvaras 394.
penaa 429.
pepala 115.
petnycza 445.
piaulas 149.
pirsztas 453. 455.
piudyti 148.
piiiklas 423.
plasztaka 453.
plaüczei 132.
plauzdine 378. 454.
ple*nys 422.
plyakas 458.
pliiiszkis 147.
plünksna 454.
pösunis 427.
praszyti 392.
preikälas , prgkdlas 117.
422. 444.
pü'das 427.
pulei 149.
pupä 148.
pürai 828.
pürvae 398.
püstae 430.
puszis 115. 358.
pütpela 446.
püvii, piiti 149.
raibas 398.
reikia 468.
reples 124.
rltezis 445.
riäugmi 139. 149.
rimastis 189. 191.
r^kszte 453.
ruja 132.
rnjis 132.
ruggys 323.
rtipestis 191.
s§dora, sandora 358.
sapnas 370.
sardis 398.
sargyste 193.
s^kmas 245.
setas 417. 442.
sllke 435.
silpnas 148.
siiilau, siulyti 148.
sianczü, siu'sti 149. 150.
siuti 450. *
siuvikas 896. 450.
skaistas 138.
skambesis 191.
skambü, skambe'ti 191.
skirpstüs 116. 399.
sk^stas 138.
skrlplei 359.
skritas, skrytas 1 16. 899.
skurk 149.
smagena 403.
smärdve 400.
smirdas 400.
smirdele 116.
enarglys 424. 454. 456.
snokszti 116.
söstas 121.
spauda 400.
spaustüve 400.
splrgas 142.
spirgti 142.
sprageti 142.
spr&ginti 142.
sre'bti 151.
sriuba 151.
staldrimba 395.
stambraä 115.
atärta 116.
ste'bas 416.
stipinas 416. 442.
stövmi 18.
strizdas 419. 449.
stre'nos 480.
subatk 415.
sudereti 358.
sujüeti 358.
svetas 419.
szaknis 397. 442.
szarmas 125. 416.
sze'kas 399.
szermens 358.
szesze, szeze 116. 399.
szäszaras 148.
sziaur^s 149.
sziüile 148.
sziurü ti 148.
szirszvs 148.
szircztys 435. 454.
szis 276.
szlapysis 193.
szlapiesis 193.
szlaünie 899.
szliürpti 148.
szube 446.
sziika 450.
szülas 878.
taiga 269.
t&kiszas 125.
talka-401. .
taszyti 358.
zem. taväs 428.
tempiü 370.
te'vas 428.
tramyna 455.
traszkesis 191.
memelsch trauszis 444.
treczesis 193.
tretyais 193.
ungurys 415. 456.
üpe 415.
usas, usa\ 415. 445. 446.
usis 427.
utele' 407.
vaite 378.
valtis 121. 402.
vänagas 116. 447.
vandu' 423.
värdas 396.
värias 456.
varnas 118.
varnena 118.
vartyti 392.
vasaraugis 394.
vdszas, waszas 847.
vaszkas, vaskas 350.
vizis 419.
vedaras, ve'daras 372.
418.
vede*ga 378.
vedii 477.
veje (veja) 125,
502
Wortregister.
ve'nae 147. 847.
rerpiü 370.
veszpata 481.
vöta 429.
vevers^s 416. 456.
vilgyti 142.
vinkszna 402.
vlrbas 444.
virbinis 444.
vhve, virve' 444.
vyszna 809.
vdras 870.
iabrys 899.
iagaraf 140.
zalias 121. 444.
Haitis 118.
2aras 150.
iirdas 127. 899.
zardisl27.
iarija 126. 899.
zasis 121.
zäune 184.
z^'gzdras 416. 456.
*e*ma 417. 419.
iemaftiszkas 886.
ienkla 245.
zere'ti 150. 870.
zergti 397.
zerpiu 370.
ze'rti, zaretyti 898.
zinöti 245.
ziöju, iiöti 151.
ziopczdti, iiopsöti 151.
ziövauti 151.
ziupöne 147. 197.
ziure'ti, ziuriü 150.
ifle 454.
zmogus 123.
4mu 400.
zobrys, iobras 399.
iuberklas 898.
zväke 454.
4) Lettisch.
ahbolites 118.
aknis 114. 442. 467.
atsals 126.
bes, best 267.
bet 269.
dahboli 118.
gan 259.
gana 259.
ganna 259.
gu, -gi, g' 264. 266.
ikri 117.
irrag, arrig 264.
Is 90. 91.
jo 270.
kammessis 113.
kaschoks 118.
kohkali 117.
kohsa 113.
kdp^t 870.
korgi 262.
kweeei 822.
lagsda, laeda 458.
taudis 131.
ligsda 458.
l'öti 188.
neds — neds 265.
nli — n6i 265.
neggi u. s. w. 266.
negg 266.
noy nohst 270.
pehrt 118.
pelles 125.
perrema 118.
pirksts 458.
plahns 445.
pleksne 453.
pubr'i 321.
rudai 828.
sahrds 127.
saltis, salktis 118.
-sehn 266. 267.
schuht 450.
siglis 415.
skalla 115.
skanlt, skandlt 191.
skans, skana 191.
skrittulis 116.
ssahrts 127.
stehrts 116.
sur 262.
siitu 150.
suväas, sive'ns 399.
tur 262.
ute, uts 407.
valdineeks 123.
vanags 116.
veMe'rs 372.
voi, vai, va 265.
iaunas 134.
iunas 184.
5) Kirchenslawisch.
agne^jagne. 181.
asjuti, asuti 181.
azü, jazu 181.
basü 371.
bici 132.
bimü, bisi 187.
blagostyni 193.
blagoie 269.
blagyni 196.
blejati 150.
bljuda 133.
bljud§, bljusti 133.
bljudo 138.
bljudü 147.
bo 267.
bobü 148. 418.
Bochmit 321.
boda, 371.
bogjmi 196 f.
bra&ina 894.
brSzgü 148.
brici 182.
bruzda 394.
büd&i 183.
buditi 138.
boukU 325.
by 187.
bysti 186.
bystü 184.
casa 396.
casü, cjasü 162.
cechlü 395.
celosti 192.
ferner" 328.
ceslu 397.
cetyri , cetvero , ietvoro
369. 870.
öichati, ftichnati 188.
6istu 188.
cito 160.
eizikü 408.
clovSkü 143.
erädu 143.
cremi 150.
irepü 143.
crjes"nja 888.
crevo 402.
6rünü 896.
crustvü 143.
erütati 148.
öudo, studo 184. 186.
cudu, studii 134. 185.
Wortregister.
508
cuti, cuj§ 184.
cuvati, cuvaja, 134.
cuidi, stuzdi 134. 185.
cveliti 143.
cv&ii 143.
chebd325.
chljupati, chlepiti u. s.w.
133. 137. 151.
chm&i 363.
choditi 141.
chomatä 94 f.
cbrasti 141.
hrjen' 837.
chvatiti 369.
d*ga 395.
dasti 186.
dastü 184.
dwn"nitza 114.
dlato 868. 394.
drozdija 124.
druzosti 189. 192.
drüzü 192.
dünja 819.
eiste 89 ff.
est! 186.
gladü 143.
glava 444.
glavisna, glavizna 366.
gnetiti 896.
gnezdo 4.
gora 414.
gornk 121.
grab 826.
graj 148.
gr Schumi 176.
grübü 144. 895.
grulo 143.
grusa 148.
grfitam 143.
gunati 145.
iga 269.
igo 136.
ijerakli 130.
ijeruganu 130.
yudej 188. 145.
iraenovati 246.
ize, jaze, jeze 271.
izü 197.
jalü 131.
jasjutT, jesuti 131.
jaste 89.
jaati 131.
jaato 129. 868.
jastu 184.
jato 129. 368.
javiti 181.
jeda 268.
jegda 268.
jelinü 180. 806.
jel'cha 325.
jeste 89.
j$try 196.
jgzykü 457.
jeretizica 138.
jucrämrati, uörüminü 180.
jugu, ugu 130.
jusini, usim 130
kakoli 117. 401.
kalezi 188.
kamv 392.
capousta 385.
kaatan' 835.
katr'ga 813.
klaj» 114.
ktfj 150.
klen 326.
kljucT 132.
kljttse. 132.
kluce. 132.
kmeti 114. 863. 397.
kn$gyni 146.
kn$zi, kanf zi 1 44 ff.
kniga, kfiniga 144 ff.
kolac" 113.
komar 329.
kopato 94.
kopyto 94 ff.
köre 95.
koryto 94.
kostan" 836.
koza 396.
kozitza 113.
kozie 113.
kratukn 143.
kricati 138.
krizi 188.
krivä 138.
krutu 143.
küchnatf 138.
kudi 135.
k'gda u. s. w. 269.
koukourjetz" 328.
kuna, kuny 148. 149.
künezi 292.
kurü 186.
kvasiti 869. 870.
kvasü 869. 870.
kychavica 188.
kyj 180.
kypeti 870.
küsel 381.
küselicije 331.
kysnati 369. 370.
laka 141.
lakosti, lakoti 188.
lapota 330.
lek$, lesti 141.
letorasli 394.
lice 247.
licemörii 247.
lijati 138.
libo, ljubo 136.
livu 147.
ljubistvo 366.
ljubiti 181. 147.
ljubiza 366.
ljubiznü 866.
IJubü 131. 195.
ljuby 181. 195. 196.
ljudü 131.
ljukati, lakati 141.
ljuto, gen. ljutese 188.
189.
ljutosti 189.
ljutu 147. 188.
loboda 330.
lono 397.
lostika 388.
loze 406.
lozesino 406.
lübü 894.
lägati 188.
makü 424.
mecbu 428.
mesati 145.
m^so 445.
mjata, mjatva 324.
mezdu 145.
mici 156.
milostyni 198.
mog§ 148.
mozgä 114. 408.
nasaatinyj 208.
nasupü 401.
nebo 226.
negli 275.
neg* 275.
nekli 275.
nigdaze 275.
nize 274.
nogttti 192. 204.
oba 90,
504
Wortregister.
obu 90.
obligati 138.
orjech, orjesije 824.
osi 350.
oekrüdu 401.
oste 89. 90.
osuti 131.
otava 394.
paditi 148.
pekar" 114.
pelin 309.
p$tinica 445.
piljukü 398.
p"seno, p"senitza 822.
pleskü 137.
plin§ti, pljunati 186.
plivati, pljuj§ 133. 137.
pljuskü, pliskü 137.147.
151
plusta, pljusta 132.
podbjel 339.
pondreti 367.
poslusati 130.
postavü 898.
potjera 309.
prati 118.
prazdinü 160,
prjaga 142.
prjaziti, praziti 142.
prolijati 122.
proliva 122.
prositi 392.
pruga 142.
prüstene 403.
pustu 430.
pütica 376.
pttro 322.
rabü 123.
radoste 193.
radosti 193.
ramo 416.
rasa 142.
rasty, rasti 392.
rastiti 392.
rastu 392.
razljucati, razlacati 141.
retezi 445.
remem 281.
rimiskü, rumisku 188.
rimü 189.
riti 406.
rjujinü, rjujenü 132.
rjuti, reva, 132.
rogozü, rogozinü 160.
rovy 138.
rujenü 182.
ruma, rjuma 133.
rutije 132.
rutiti, rjatiti 133.
rygati 139. 149.
rysi 402.
8§ 94.
s§bota 415.
sed§, sesti 141.
selyga 140.
severu 149.
siko, sikozi 276.
silu, 8idü 141.
sip'k 337.
skopici 116. 400.
skopiti 400.
skora 149.
skutu 136.
sltaü 400.
slina 137.
sliva 326.
sluga 130.
slusati 180.
sluti 130. 143.
sljuzi, slezi 137. 151.
smoku 368.
solyga 140.
srusem, sruseni 143.
stado 134.
stav', stavije 330.
stitü 136. 149.
struni 401.
struzem 401.
stu dl 185.
stnku, stnku 141.
stutiti 184.
stuzdi 134. 135.
8Ü, so 197.
suj 135.
süneeti 186.
süzigati, suzagati 140.
sy 94.
svekrü 195.
svekry 195.
sverepü 401.
sv^tyj 402.
syriäte 401.
tlgiti 138.
ticbu 138.
tilo 401.
tlaka 401.
tleäti 245.
tlüknati 167.
Üügti 245.
tlüstyj 245.
trakü 401.
troskot' 342.
trnpü 401.
tuchori 876.
turn 430.
tüsnati 167.
tuzdi 184. 135.
tükü 320.
tysasta 141.
u 130. 269. 394.
ucha, jucha 130.
u&ti 147.
adü, judü 129.
usta 480.
utro, jutro 129. 130. 368.
uze 130. 269.
vapü 402.
vasu 415. 445.
vaza 141.
veriga, veruga 138.
veSte 395.
veziga 402.
vezochü 192.
viSnia 309.
vitezi 805.
vlatü 402.
vlügükü 402. 403.
vosku 850."
vratiti 392.
vreteno 95.
vüskrüsnati 143.
vüstokü 159.
vüzlibiti, vüzljubiti 186.
vüzü 159.
vüzradovati se. 159.
vyknati 147.
za 405.
zadü 405. 406.
zalosti 191. 193.
zarja, zorja 399.
zavati 134. 136.
zdega. 140.
zdeguti 140.
ze, -ze 89. 258 ff. 270 f.
zeg§ 140.
zelv", zelV 277.
zena 418.
zerd" 127.
-zi 264. 276.
zidinu 145.
zidu 138. 899.
zijaStiimü 136.
Wortregister.
505
' zito 322. 395.
kuny 149.
zivati 134. 136.
ljubiti 147.
zivati 133. 136.
"makomka 168.
zlüdati 148.
*mati 169.
zmij 362.
meci 156.
zreti, zrj§ 150.
*mjaci 156.
zrSti, zra 143.
*mnja 182.
zrülo 143.
*mo8i 159.
zuku 145.
kleinr. mynes 304.
zupanja 197.
nasuscnyj 208.
zupanü 147.
ne 156.
zyati 133. 136.
*nima 181.
*nja 166.
noga 413.
6) Russisch.
norök" 413.
odinii 155.
Die mit einem stern be-
olon. altr. odva 155.
zeichneten Wörter gehören
*opleti 159.
♦osce 155.
dem Olonecischen dia-
lekt an.
oseni 155. 413.
bjelokopütnik 340.
ozero 165.
•bladoj 169.
par" 424.
♦bogatyrmy 176.
pasti 424.
brjucho 394.
pceia 247.
klein nisa. bym, bys 187.
pjena 429.
*bysti 183. 184.
plevati 187.
♦choSi 159.
pljusce 132.
*<5o 159.
*pochmatka 169.
cto 160.
pocitati 301.
da 267.
porozniti, porozniti 160.
♦dasi 183.
*poroznyj 160.
dögoti 140.
poroznyj 160.
djujmü 185.
prjaziti 142.
djuzij 136.
*primicjati 169.
djuzina 135.
proso 413.
♦dob'öra 158.
puditi 148.
•doci, doceri 169.
razresit' 804.
drozzi 413.
rjasa 142.
♦entotä 18 h
"Vogozennyj 160.
*esi 188.
rov" 413.
*eatotu 181.
rygnuti 1B9.
♦evtotü 181.
salo 398.
♦gerlikü, gerlyku 167.
sedoj 805.
•glja 169.
sed'ivyj 306.
glychar" 314.
♦silomü 171. 176.
goluboi 425.
sljuna, slina 137. 138.
grabü 895.
solovej 418.
•gradmy 176.
♦stokü 159.
ikry 117.
stolknuti 167.
jarlykü, erlykü 167.
subota 415.
*jonü, jona 158.
suliti 148.
*ju 181.
svin'ja 415.
kirpicu 143.
*svomu 169.
koryto 413.
*toj u. s.w. 180 f.
Beitrage z. vgl. sprachf. VI. 4.
tosknuti sja 167.
totü 157.
♦tvogo 169.
ucha 130.
vjaziga 402.
vjazu 402.
*vjunosi 158.
volokyta 94.
♦vorotmy 176.
vostokü 159.
vzdochü 159.
*z- 159.
kleinruss. zalo§cy 193.
zamok" 424.
fzdochii 159.
♦zradovati sja 159.
7) Serbisch.
a 131.
ako 131.
ali 131.
durak, durka 136.
duran 136.
dobar 158.
ja 131.
jagrie 131.
litica 139.
ljntac 139.
menfka n. s. w. .258.
mir 139.
nasap 401.
niti 263.
plesak 137.
rim 139.
sinovi 176.
sljnni, slini 137.
tebika n. s. w. 258.
tirjanin 142.
vetj 269.
vlat 402.
zagriti 140.
8) Neubilgarlsch;
eis 162.
jagne, agne 131.
jaz, az 131.
prazi 142.
9) Illyrisch. BosnUoh.
blitva 835.
33
m
Wortregister;
bbb groniovi 382.
bobövnjak 332.
bosiok 321.
brezovina 827.
• bukovina 825,
bnkva 325.
csemer 328,
csemerikka $28.
6ubar, cubra 331.
6uvaku«5a 382-
csuvati 332,
devjasil, devjatisjl $38.
dinja, diu 119*
dünja 337.
gavez, gavea $2Q.
gladisc 836.
grib 313.
grom 382.
gromovina 882.
hajda, kajdina 840.
havdovina 825.
hren 836.^
javor, javorina 326.
javorovipa 825,
joha 325.
johovina 824.
kalamitti 313.
kaligtt 313.
kaloper, kolope? 336.
kapula 340.
kapas.335.
katarka 313.
kferkotina 838,
kiselica, kiselaca 381.
klei 325.
kolovoz 315.
komorScs, kofünjäcs 329.
kbpar 82$.
kopric 829.
krasta 819.
krastav, krastavac 319.
krupa 321.
krupan 321.
krupnik 821.
kukure'k, kukurjek 328.
kukwjtk »»8..
kupns 825.
lubenica, ljube^tfcca 819.
mavez 321.
merkva 381.
aaetva, metica, mjätva
824.
mit** »89.
müoduh 389.
mirodia 389.
miruh 389.
Mleci, Mlecih 321.
morac 328. 331.
muscmnla 888.
neg, nego 275.
obfirva 118.
okolocep 833.
olesnik 325.
olha 325.
orah, oraäak 324.
pamuk 321.
paprad, paprfft 334.
petrusin, petruscka839.
pir 322.
pirika 322.
potur 311.
prekalamit 313,
prosenica 336.
proso 822, 335.
rakitta 827.
rog 385.
rogacs 385.
ruzica 320.
äipak, sipak 837
skrixalina, krijaliaa 331.
skriz 331.
slamica 314.
Suva 326.
Stavje 330.
stmcsenik 336.
sunjica 386-
tatula ^38.
ternovina 326.
ticca 337.
tikva 320.
trandofilj , trao,do vilje 820.
trandopio 820.
trelfoja 338.
tunja 837.
ugorak, ugorka.818.919.
vartitti 336.
Vflina kosa 829.
vlacsiti 313.
vlak 313.
vrAtati 836.
vratica 336.
10) Neusiovente«k.
jutro 129.
kri 195.
lat 402.
ljudaki 135.
melius 304.
pare 303.
pljuca 132.
praziti 142.
11) Böhmifoh.
cechlfk 395.
celest', celost' 192.
cesadlo 397.
cfzek 403.
ctyfi, ätvero 369.
dlabati 894.
drzest' 192.
ftak 876.
gestii, gestliie 272.
gitrocel 340.
giz 269.
jablko 181.
jazyk 131.
jedl 131.
jehnö 181.
jelito 397.
jegte 89. 91.
jesutny, je§itu^ 131.
jeviti 181.
jezdft 394.
jfsti 181.
kaprad' 202.
klustej 245.
klouci 245.
kneh 145.
knez 292.
knfni 146.
knjezka 145.
konev 395.
koryto 94.
koukol 401.
kfechaf 396.
kstice 395.
kvap 369.
kveliti 143.
kvet 148.
kvfliti 143.
kysnouti 369.
labud', labut' 202.
lat, latka 402.
louc 397.
lupen 838.
lupann 888.
niiloScemi 193.
mllto 898.
Wortregister.
507
moutev 898.
nasep 401.
nebet 192.
nez 275.
od(e) 202.
outer^ 357.
ozim 399.
pahrbek 895.
peyrz, peyr 302.
plamen 371.
plamfaek 371.
plice 182.
pohanka 341.
prahnouti 142.
radoscemi 193.
rihnouti 139. 149.
ritesne 406.
rftiti 183.
rokyta 94.
routfti 133.
rozvora 394.
rypati 870.
ryti 870.
recky 294.
schor 376.
sena 358.
seno 358.
skopec 400.
slfdnfk 400.
8trevo402.
strniste 401.
evaty 402.
svefepice 401.
svid 899,
syrov&tka 401.
tisic 141.
tlouci 245.
tlusty 245.
acta 301.
varyto 94.
vaz 402.
vezech 192.
vrtrik 244.
vrtranie 244.
vrtrati 244.
vfeteno 95.
vretanko 95.
vcela 247.
vyzel 402.
-z 272 f.
zita 858.
zito 858.
iivost' 189.
12) Slowakisch
cesen 897.
kni 195.
l'udia 350.
matera,350 f.
paprat' 202.
seba 351.
Styri, stvoto 369.
teba 351.
znamenia 350.
13) Polnisch.
bembnaf, bembnarfyk
303.
börgowad 303.
bork 303.
bosak 296. 301.
bruk 308.
burk 303.
by 274.
bzalka 220.
cabr 332.
chfast (chwast) $01.
chomato 95.
chrzaszcz 141.
cmentaf 305.
öezki 305.
cesd 801.
codzenny '206.
czabr, czaber 882.
czme'r 328.
dab 113.
dlan 207.
dojutrek 206.
don 207.
dorecny 206.
duzy 136.
dwu, dwuch (dwdch) 205.
dzis 145.
dftfaj 206.
fcoraj 206.
gi§<5 145.
gmysli, kmysli $02.
gniote 113.
grajcar 301.
grecy, grecny 202. 266.
grzbiet 144.
gwoli 202.
ikra 117.
iuz 269.
iz 274.
jadw iska 302.
jantoni 181.
jastrych, astrych 131.
jasek 802.
jaszczurka 115.
jawgnstyn 181.
jestem u. g. w. 205.
ji<5 211.
jinspekta 803.
jisd 212.
jodla 445.
karczma 454.
klasak 132.
korda 113.
kordel 113.
ksiadz 146. 220. 292.
ksiaze 144 ff. 292.
ksi§ga, ksiaika 144 f.
220. 292.
ksieni 147.
ksiezyc 147.
ktos, ktös 205.
tabed, gen. iabedia 202.
latomys 304.
latopyr 304.
iepek 203.
lice 246.
licem'ern'icy, luceW-246.
247.
Ütos<5 246.
litowal 8^ 246.
lotka, loftka 803.
lubcyk, lubscyk 803.
lubid 147.
luna<5, lina.6 188.
Intosö 246.
lutowa1** (löthen) 246.
lutowad s$ 246.
iza 248.
matow 398.
mary 308.
makle'j 304.
mianöwal 246.
miasko 113.
miedzy, mtylzy 145.
m'encar, m'ericarstfo 804.
mieszadi mieszad 146.
m'ispety 803.
nan 207.
nechde'j 209.
netoper u. 8. w. 304.
nezapom'inajka 208.
nie 205.
nicestfo 205.
33 #
508.
Wortregister.
Aicosd 205.
nicpori 207.
nicpotym 207.
nifcym 207.
nikcemny 206.
nikcemu 206.
niscyd 205.
niwec 206.
riiwecyd, zniwecyd 207.
niz 275.
noged 204.
oblice 246.
obu, obuch (oboch) 205.
ode, od 202.
ogzeri 220.
otf'<*rad, otforyd 202.
otm^t 202.
otnoga 202.
pazno£e<5, -noked 204.
pcöl 247.
pedziö 148.
pieczed 145.
pluekad 147.
pocta 301. 802.
pdd§, pdjd? 246.
pöd (pödz) 246.
pofSedrii 208.
pöjd (pöjdz) 246.
pölicek. 246.
pölik 247.
pöichak 304.
posta 802.
poSta 302.
potakiwad 205.
potomny 207.
prazyd 142.
prydfc pryjd§ 246.
prytomny 207.
pscdl 247.
rozgreSyd 804.
rymaf 281.
rem'en 281.
rzodkiew 144.
rzygad, rzygn^d 1 39. 149.
rzucid 133.
s, se 197 ff.
sadlo 398.
samnene, somnene 200.
samob'ij, samob'ije 209.
s§p'ef, 8§p'erca 200.
sasat 200.
easek 20,0.
sedziwy 804.
sierszen, szerszen 143.
siniak 415.
skop 116.
skdra 149.
slicny 246.
sluz, slöz 138.
slza 247. 248.
sm^tar 805.
sobdr 200.
sojus 200.
stek 141.
stulis 208.
sum'ene, sumnene 200.
swierzepa 401.
szczaw', szczawik 380.
szczek 141.
szczit 115.
Diaban 288. 802.
Slachdic 201.
tak 205.
tarnosliwka 326.
t^gi 305.
tko (für kto) 217.
tygodna 206.
tyka<5 205.
tyiiac 141.
tysacnik 302.
unicestf'id 205.
ustarcyd 305.
uwrzed, uwarzid 125.
wacek 302.
waa 446.
weborek 423.
wes (wez) 246.
wezm'i 246.
VellÄ 302.
wieza 141.
wom'ity 305.
wym'oty 305.
wvsoki 203.
wyssy, wysy 208.
wyzej 208.
wyzyna 203.
wza<5, wzasd 212.
z 197 ff.
-z, -ze 273 f.
zb'er, zb'ir 302.
ze 198 ff.
ziarno 126.
zlza 248.
zriisk§t 207.
znigcym 206.
zoizy 248.
zuchad, zuchled 134.
zuchel 134.
zwyd^zyd, zwydezca 305.
14) Wendisch.
obersorb. jutry 129.
budiss. saroda 127.
polab. tgenangs, tjenangs
u. s. w. 146.
D. Germanische sprachen.
1 ) Gotisch.
biudan 133.
biuds 133.
biohts 147.
biuhü 147.
doms 229.
fidur- 370.
fidvor 370.
filus 7.
fon 398.
funa 398.
gards 127.
gasintha 149.
gredus 148.
haims 230.
hardns 148.
hliuma 98.
-hnn 262.
hvaiteis 322.
hvan 262.
hvar 262.
hvarjis 262.
hveits 322.
ibnassus 198.
izvara 7.
izvis 7.
ju 180. 262.
juggalauths 131
leithus 468.
Wortregister,
509
ligan 454.
liugan 138.
mik 258. 262. 276.
nih 275.
rimis 189.
sandjan 149.
sik 258.
sintba- 149. 150.
skalkinassus 198.
skants 136.
skayjan 1 34.
skuft 403.
skura 149.
sparva 116. 400.
tulgus 192.
thar 262.
thata 184.
thaurstei 16.
thiuda 135.
Thiudi 135.
thragjan 11. 231.
tfank 258. 262.
-uh 275. 276.
nsskavjan sis 134.
U88kavs 184.
veis 467.
2) Althochdeutsch.
ahorn 325.
binicrüt 321.
chiuwan 133.
ehren e 337.
kuning 145. 292.
churbiz 319.
qnenala, konela 828.
daha, talia 118.
erila, ejira 825.
federscelli 339.
flehtan 392.
fiohta 858.
ful 149.
gaumo 151.
hintlopht 828.
hlinmnnt 98.
hwanne 262.
hw&r 262.
hwenne 262.
huergin 261. 262.
liuti 132.
linbouin 326.
moraha 831.
ostan 130.
ostarä 129.
sami- 18.
scirbi 143.
sciura 149.
scrintan 124.
scür 149.
sllm 137. 138.
sparo 400*-
gparwari 400.
stahal 398.
stur, stir 330.
sumarlota 394.
sutirwurz, sittiwurz 828.
tritt 4.
waso 125.
wormiota, uuerroota 330.
3) Mittelhochdeutsch.
blaen 150.
hüslouch 332.
kabezkrüt 335.
korapeskrüt 335.
margrat 337.
margramboum 337.
morche, more 331.
Oriman 234.
Orman 234.
Ormanie 284.
Ormandin 234.
qneste 117.
4) Neuhochdeutsch.
achse 350.
altz, eltz 329.
backen 115.
bergen 827.
bertram 887.
besen 827.
borke 827.
brechen 229.
brücke 229.
dohle 113.
donnerbart 382.
estrich 181.
farnkraut 384.
frauenhaar 829.
geführte 4.
gurke 318.
heidekorn 341.
kabis, kabisz 385. .
balt kleet 419.
körn 822.
krampe 114.
liebstöckel 339.
löthen 246«
mark 114.
mnnter 469.
noch 275.
Schweiz, perge 115.
balt. pergel 115.
platz, plätzchen 115.
plinse, plinze 116.
quendel 328.
roggen 323.
schauen 184.
schlehe 3 '2 6.
Schoppen 283.
schwäre 7.
sperber 116.
sperk 400.
sprechen 8.
stüberer, stübner 117.
tausendgüldenkraut 302.
wachs 350.
wahr 6.
wermuth 329.
zäun 228.
ziemer 332.
5) Altsächsisch.
biod 133.
hüd 149.
hnergin 261.
liudi 132.
quelan, qnellian 370.
6) Holländisch.
alsem 829.
alst 829.
7) Friesisch.
wangerog. augurk 818.
8) Angelsächsisch.
bedd 133.
cedvan 138.
510
Wortregister.
horsc 16.
hv&gu 262.
lerfde 132.
lyfesne 866.
sftm- 18.
9) Englisch.
birch 327.
doom 229.
dregs 124,
to setter 828.
setterwort 328.
sloe 326.
sparrow-hawk 116.
speedy 8. -
stränge 184.
thirst 16.
wormwood 329.
wound 472.
10 ) Altnordisch.
austr 180.
bi<5Ö 133.
gerdi 127.
-gi, -ki 261.
hauss 148.
hvargi 261, 262.
skaut 136.
11) Dänisch.
agurk 818.
1 ) Altgriechisch.
aya- 259.
dyar 259.
dyitvXoq 347.
dor. crfxa 258.
axogov 883.
dXtl» 822.
aX/btVQÖq 318.
dttcpl 90.
dfiifinoXoq 471.
äftqjw 90.
aydgrtyaljbq 880.
dvSqeaaifiov 316.
anö 7.
a^a 264.
dgijy<av 95.
dx^acpaliq 380.
/flUro»» 385.
dor. ya 258 ff
y«o 268.
yi 89. 90. 257 ff. 271 f.
ytXaaivq 191. 193.
yfooc 4.
y»/0«? 189.
y^i'S 143.
y(jl(foq, yqlnoq 313.
öWw 150.
Saugv 9.
rfia 259.
«fyi"£ 4.
dqtnavri 95.
tyw 259.
dor« iyüvya 258.
tarent. fywv^ 2(58.
tlxt 258.
fiidjTjq 195,
E. Griechiöeh,
*x«X 258.
eUct^s 228.
*io*oi 270.
Moi» 270.
iiivßioi, 328.
R 7.
#o*a 10.
iniovaiot 208.
iQti'yti* 139. 149.
fyfv&oq 1^8.
tyi'£^0£ 188-
fyXOfiai 16.
*?1 «*s 90. f 1.
forc 89 ff.
fr* 89.
«v^< 269.
i?Voq 130. 188.
ti>£t;£ 188.
£a- 269.
«H**- 18.
ijnag 7.
^-ct^ao? 188. 192.
&avfAa 134.
&iäo(jtai> 134.
#0ao~t'<; 188. 192.
9-vftßga 381.
*^iK 229.
boot. ifovyct 258.
xdAa^uoc, xakkfjirj 818.
xcUAo« 192. 198i
xaAo<j 193.
xa^i'O? 370.
xct7itmv 870.
xa%a,Qxla% xbttd^ibv
818.
xct^a» 230.
xivraüfiiwv 802.
Xfl'T^O»* 16.
xiaiQov 16.
k^c 182.
xoiw 184.
Kojq 243.
Koiqq 243.
xoAVxioj' 113.
xoUa 150.
xortXrj 328.
xÖTtavov 95.
xo^i'i't/itt 94.
xqftoq 189.
XQOflVOV, XQO/JftVO»' 327.
x regtet 858.
xt/io? 149.
XOJ/Ltt'lTTjq 114.
XdXfJ&Qnq 391.
A«7ia#oi' 380.
Ao»7ia£et»' 830.
Actos 132.
Adqpi'17 824.
Aijjfos 454.
A^oto? 141.
Ao£o« 141.
Aoi'T^o»' 229.
Aü-r^ 191.
Ara> 149.
liaxoo? 188.
i(ja&ot> 329.
a&Qov 829«
?60.
i*xo* 270.
'toi' 270.
pijxoq 188.
falgt 268.
vitpoq 226.
oy« 258,
fttf
fiivxov
Wortregister.
511
oyxoq 347.
odoq 141.
oida 464.
olvya 322.
öpßQoq 229.
"Oq&qos 391.
oo(f^a(rof,tai 8.
(H'Taoj 472.
mV 263.
OfQvq 118.
nnyXh n<*Ytv ^68.
TtctQai 228.
7i^Ao> 4.
7i^ 260.
7if^ 260.
7ifi^oaiA»ioi' 339.
/T*1'#ljr 95.
ntvxrj 115. 358.
nCftTifjtj^i 392.
äol. nfovQo; 870.
TrAaxrs 7.
7roA»<j 7.
nfytj&ü) 892.
7I£t»'0? 281.
nrtgfq 884.
nrnromi 322.
7ii'(iO(j 321.
otipa 183.
^qTirq 334.
<T^i? 328.
<tIto5 822.
axouo; 135.
axögodoi; axoyöof 827.
Sxv&ijq 134.
ö-K^ros 149.
(TTJSvSü) 8.
<rnAiji' 8.
<rftoi/<fa»o? 8.
«rifyo« 224. 226.
Gidxu) 462.
(TipäXXat 8.
(Tipa'Sovfj 8.
aipiQQv 8.
(t^tjUo? 8.
t* 89.
t^o? 224. 226.
i«tra> 370.
xixTiüv 358.
riffffa^rq 370.
neuion. T&nr«£«c 370.
to* 270.
Tgf/bJ 11. 231.
T^zwi» 4.
i^foc 7.
^äo; 151.
Xa^cK^ot; 229.
Xttvroq 151.
*Äi»S 277.
XQf{(7iT((T&ai 359.
1ÜQVM 132.
2) Byiantintech. Neu-
griechisch.
ayyovQtov, ayyovqi 318.
819.
xixot/Tct 338.
x/x^t/ro? 88$.
xoi/pxo;, xoi/<»xa, x«t>£-
xaro? 136.
povanovXov 833.
fivQoSCa 839.
r£M»vTG»9>vAAoi' 820.
F. Italische sprachen.
1) Lateinisch.
acer 325.
a dulter 391.
ago 14.
alnus 825.
an 267.
ancilla 471.
anculus 471.
anus 394.
ardere 150.
arere 150.
atriplex 330.
aurora 130.
auster 130.
avia 120.
balare 150.
betula 327.
BoDifatius 409.
caepulla 340.
caliga 813.
caput 7. 13.
Carmenta 94.
Carmentia 94.
carpinua 326.
cauru8 149.
cautus 134.
cavere 134.
-ce 258.
cen8or 16.
centaureum 302.
eis 258.
clava 444.
clavis 182.
cruor 189.
Cucurbita 819.
eulter 229.
eunque 262. 265.
curvus 138.
cutia 149. 396.
dua, duae 12.
ecee 258.
edo, edonis 95.
eminere 471.
etiam 265.
ex 10. 16.
extimus 12.
extraneua 134.
faciuus 192. 198.
faux 151.
frustum 8.
funis 8.
gratias 14.
hiare 151.
hie 258.
hiscere 151.
hi ulcus 151.
st. ho- 257.
humulus 368.
illic 258.
imber 229.
inter 229.
iatic 258.
jam 130.
janitrix 195.
jeeur, jecinorU 114.
lactuca 333.
latus 226.
laurua 4. 324.
lectica 454.
licinus 141.
lien 8.
512
Wortregister.
lorum 897.
lno 229.
lnstrum 229.
msre 228.
natus 281.
neqne, nee 276.
nidns 4.
nunc 258.
obliqnns 141.
patulcius 151.
pecten 96.
pinsere 822.
placenta 94.
plsntago 840.
pollubrum 229.
prominere 471.
pulmo 182.
quatuor 870.
-que 89. 265.
quidem 260.
qnies 280.
qnisque 266.
quoque 265.
quotidianus 208.
raueus 182.
ravU 132.
re-, red- 406.
resina 334.
retro 406.
ruetare 149.
rumor 182.
aatnreja 332.
scaevus 185.
screare 359.
acutum 136. 149. 404.
sementare 94.
sementis 94.
semi- 18.
senior 10.
sie 258. 276
sopio 7.
apero 460.
tonitru 195.
tremonti 464.
Tripontium, Tripuntiam
' 408. 409.
triticum 822.
tunc 258.
uncu8 347.
unius 9.
usque 90. 91.
utique 265.
-ve 265.
2) Mittellateinisch.
acira 384.
alosantas 380.
bigardium 230.
breialum 280.
broialnm 280.
brolium 230.
castula 117.
clenus 326.
cayum 280.
pambichun 821.
spaternam 6.
3) Italienisch.
aiancio, narancio 341.
bambagia 321.
bieta 835.
capuccio 886.
che 11.
composta 386.
crosta 819.
marasca 309.
mellone 319.
pimaccio 186.
piviale 136.
salamura 313.
semesanto 330.
4) Französisch.
armoise 830.
Besan9on 409.
cabus 385.
contraindre 16.
croüte 819.
Itranger 184.
froment 322.
glace 6.
gnenipe 5.
orange 841.
que 11.
5) Walachisch.
eimbru 332.
enreanü 136.
hriskä, hiriscä 341.
lemba, 3.
lub 319.
miksunea 321.
piru 322.
rächitä 827.
stira 381.
6) Oskisch.
anter 229.
kenstur 16.
nessimo- 12.
7) ümbrisch.
iveka 136.
ßadcQt-a 888.
ßodi 883.
bäQ bXje'jt 821.
bgiüt-a 828.
G. Albanesisch.
jtßjiT-tt ji<pfe-a 813.
xaXjifi-i 313.
xaynovo-^i 819.
fiovöfioidt-a 888.
otymfjtv 321.
fieXllyta, ffekktvt 818.
xQoiifovX 819.
A. W. Schade's Buchdrnckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreib erstr. 47.
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