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in 2014 8
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Beitraͤge
Pölker
und Laͤnderkunde.
Herausgegeben 8
er
und M. C. Sprengel.
Dritter Theil.
Leipzig,
in der Weygandſchen Buchhandlung.
1783.
7
Vorrede.
7
D⸗ dritte Theil unſerer Beytraͤge, enk⸗
haͤlt eine wie wir hoffen nicht geringere
Mannigfaltigkeit von Nachrichten, als einer
der vorhergehenden, und wir verſprechen uns
auch daher fuͤr ihn ein nicht minder guͤtige
Aufnahme. Was wir in demſelben hiemit
dem deutſchen Publikum vorlegen, iſt aus foln ;
genden Werken zum Theil uͤberſetzt, zum
Theil in Auszuͤge gebracht, auch hin und wie⸗
der aus andern quellmaͤßigen Nachrichten er⸗
gaͤnzt oder berichtigt worden.
I. Die Beſchreibung von Maſulipatan
und den engliſchen nordlichen Cirkars, iſt aus
Forſters b. u. V. K. 3. Th. 5 der
der D' Eon Ritterin bekannten Loiſirs entlehnt.
Dieſelbe iſt, bey den vielen Nachrichten welche
im letzten Kriege, und den daruͤber gewechſel—
ten Schriften, von dieſen Bezirken vorkom—
men, um deſto wichtiger, je weniger man ſonſt
von dieſen Ländern etwas wuſte.
II. Man hatte bisher einen ſehr falſchen
Begrif von der wahren Beſchaffenheit der
Inſel Frankreich, weil man dieſelbe in den
mehreſten Schriften, für ſehr wichtig ausge⸗
ſchrien fand. Ein Franzoſe Herr le Gentil
beſchreibt ſie ganz anders, und man lernt es nun
einſehen, daß man den einſeitigen prahleriſchen
Nachrichten, nicht ſo ſehr zu trauen habe.
III. Die Inſeln Nantucket und Mar⸗
tha's Weinberg gehoͤren zum Amerikaniſchen
Staate Maſſachuſetsbay und haben ſo viel
Beſonderes und Eigenthuͤmliches „daß es
wohl der Mühe werth war, dieſe Beſchrei⸗
bung aus Hector St. Johns Briefen eines
penſilvaniſchen Pachters dee und
bier beſonders zu liefern. |
IV.
IV. Da des Dr. Schotte mündliche
Nachrichten über den Zuſtand von Senegal
in eine kleine Beſchreibung verwebet, und
als das Neueſte von den Gegenden im er⸗
ſten Theile der Beytraͤge zur Voͤlker und
Laͤnderkunde herausgegeben worden; ſo fand
Herr D. Schotte es fuͤr gut, von London
aus, einige noͤthige Berichtigungen guͤtigſt mit⸗
zutheilen, die wir dem Publikum nicht vorent—
alten wollten. .
V. Die beyden Briefe des verſtorbenen
Kapitain Roſe ſtehen in den philoſophiſchen
Tranſaktionen und enthalten einige ſehr an—
genehme Nachrichten von Nepal, einem Lan—
de das nur wenigen in Europa bekannt zu
ſeyn ſcheint.
VI. Die Nachrichten vom Handel der
Franzoſen nach Nordafrika find im eilften Ban⸗
de der Nouvelles Ephemerides du Citoyen
vom Jahre 1775 enthalten, und beſchreiben
ein zwar kleines aber für den Marſeiller Hans
del wichtiges Gebiet der Franzoſen auf der
er Kuͤſte, nebſt den Hauptveraͤnde⸗
run⸗
rungen, und Gegenſtaͤnden ihres Afrifani-
ſchen Handels, uͤber welchen der hier mitge⸗
theilte Aufſatz die beſten zuverlaͤßigſten und von
deutſchen Statiſtikern noch nicht amen Nach⸗
richten enthaͤlt.
VII. und VIII. Da die Franzoſen im
letztem Kriege ſich der Beſi itzungen der Eng⸗
laͤnder in der Hudſonsbay auf eine kurze Zeit
bemaͤchtigten, und der dahin handelnden brit⸗
tiſchen Geſellſchaft großen Schaden zufuͤgten,
ſo wird vielleicht dieſe aus den philoſophiſchen
Tranſaktionen gezogene Nachricht von einiz -
gen vierfuͤßigen Thieren, Voͤgeln und Fiſchen
dieſer Gegenden angenehm ſeyn, um ſo mehr
da fie Ellis, Dobbs und anderer Beſchrei⸗
bungen dieſer Gegenden zur Erlaͤuterung und
Berichtigung dienen kann. ö
IX. Endlich fo dient die aus William
Marsdens Geſchichte von Sumatra gezogene
Nachricht von den Battahs zur Ergaͤnzung
dem im erſten Theile der Beytraͤge zur Voͤl⸗
ker und Laͤnderkunde vorkommenden Aufſatze
Karl Millers von Sumatra, Herr Eſchels⸗
kroon
*
kroon hat des Volks der Battahs nicht mit
einem Worte gedacht, und wir hielten es den⸗
noch fuͤr gut, unſere dort zuerſt von dem Vol⸗
ke mitgetheilte Nachricht, ſo viel als moͤglich
vollkommner zu machen. Es kann ſeyn, daß
wenn ſich einige gluͤckliche Umſtaͤnde vereini⸗
gen, wir im Stande ſind, im folgenden
Theil Marsdens Karte von Sumatra verbeſ—
ſert zu liefern, und dabey aus Dalrymples
Portulane einem Werke von dem man wol
wenig Exemplare in Deutſchland antreffen
moͤchte, und andern nicht jedermann zugaͤng⸗
lichen Quellen, die Geographie dieſer Inſel
eben ſo zu berichtigen, wie von uns bereits bey
den philippiniſchen Inſeln geſchehen. Valen⸗
tyns Karte iſt weder für unſere Zeiten rich⸗
tig, noch unſern durch die Britten ſo ſehr ver⸗
beſſerten Kenntniſſen von Indien angemeſſen
genug, und um deſto mehr zu verwundern,
daß ſolche bey Eſchelskroons Beſchreibung
blos nachgeſtochen worden, ohne einmal die
vielen Leſern gewiß unverſtaͤndlichen hollaͤndi⸗
ſchen Namen deutſch zu überfegen, und dieſen
Nachſtich mit einer in Deutſchland bisher
un⸗
ungewöhnlichen Dreifigkeit als eine neue Ori⸗
ginal-Karte zu debitiren. ˖
Die wichtigern Nachrichten von der Hud⸗
ſonsbay, ihrem Klima, Handel, und der Ge:
ſchichte derſelben verſpahren wir nebſt einer
Karte zur Erlaͤuterung derſelben fuͤr einen der
folgenden Theile. 6
Der Mangel der Karten in dem jetzigen
Theile iſt durch eine groͤßere Zahl von Bogen
hinlaͤnglich erſetzt. Halle, den Zoſten Sep⸗
tember. 1783.
I. Bes
TER eee
Seite
1 Beschreibung von Maſulipatan, und
den nordlichen Circars. b 3
II. Le Gentils Bemerkungen uͤber das Cli—
ma und Die natürliche 1
der Inſel Frankreich. 59
III. St. Johns Beſchreibung der beyden
Nordamericaniſchen Inſeln, Nantu⸗
cket und Marthas Weinberg. 91
IV. Schottes Schreiben uͤber den Zuſtand
von Senegal. 136
V. Roſe Briefe über das Königreich Ne:
pal. 5 145
VI. Geſchichte der africaniſchen Handels⸗
geſellſchaft in Marſeille. 157
vn.
Seite
VII. J. R. Forſtels Naturgeſchichte von
der Hudſonsbah. 183
VIII. J. R. Forſter Nachricht von einigen
Fiſchen in den Gewaͤſſern der Hu
ſonsbay. | 259
| IX. Marsdens Nachrichten von Kumar.
Erſte Lieferung, 275
| J.
Beſchreibung von Maſulipatan
und der
5 engliſchen nordlichen Circars
8 1 f
der Kuͤſte Koromandel
in Oſtindien,
nebſt einigen benachbarten Provinzen.
Forſters L. u. V. K. 3. Th. 2 |
a
*
l
Vor dem Pariſer Frieden gehörten dieſe bes
traͤchtlichen Länder laͤngſt der oͤſtlichen Kuͤſte
des bengaliſchen Meerbuſens den Franzoſen, wel—
che durch dieſe Abtretung die Wiedererlangung ih—
rer uͤberall zerſtoͤrten oſtindiſchen Riederlaſſungen
erkaufen muſten. Noch nie hatte die franzoͤſiſche
Compagnie, ſeit der Zeit daß ſie ihren Handel in
Indien trieb, fo wichtige Laͤndereyen beſeſſen, als
dieſe welche ſie durch die Unruhen im Koͤnigreich
Golkonda erhielt. Die Beſitzungen welche ſie ge⸗
genwaͤrtig an der Kuͤſte von Koromandel hat, ge—
ſetzt auch daß Pondicherry und fogar. Karikal 1),
A 2 wel⸗
5 Dieſe Feſtung liegt an einem Arm des Coleroon
Fluſſes im Königreiche Tanjore, dicht an der Meeres
Kuͤſte. Der Fluß kann Schiffe von hundert und
funfzig Tonnen tragen. Jetzt hat der Ort etwa funf—
zehn tauſend Einwohner, welche ſich groͤſtentheils
mit Verfertigung ſchlechter Baumwollenzeuge fuͤr Ba⸗
tavia und die Philippinen beſchaͤftigen. Die Franzo⸗
fen ziehen aus dieſem Handelsort viel Reis für ihre
andern Beſitzungen, und etwa 200 Ballen Baums
wollene Wgaren für Europa, die Engländer erober⸗
ten
+“
4
welches ihr Herr Duͤmas im Jahr 1739 ver⸗
ſchafte, in dem beſtmoͤglichſten Zuſtande waͤren,
betragen doch nicht den hundertſten Theil der Ein—
kuͤnfte, welche ihr das Gouvernement von Ma—
ſulipatan mit den jetzt unter der Benennung
der nordlichen Circars bekannten Provinzen ver:
ſchafte.
Allein um ihre Wichtigkeit für den europaͤi⸗
ſchen Handel, und die Einwendungen einzuſehen,
welche die engliſche oſtindiſche Compagnie, bey ih;
ren andern betraͤchtlichen Beſitzungen gegen ihre
Wiederabtretung an Frankreich macht, wird es
genug ſeyn in wenig Worten die Groͤße und Lage
dieſer Lander anzugeben: und zweytens anzuzeigen
woraus die franzoͤſiſchen Einkuͤnfte beſtanden, und
wie hoch ſie ſich beliefen.
Es iſt freilich ſchwer, die Größe der ver:
ſchiedenen Laͤnder, welche die franzöfifche Compag⸗
nie in Indien nach und nach von den Vieekoͤnigen
von Golkonda erhalten hat, ganz genau zu be:
ſtimmen. Man kann bloß uͤberhaupt ſagen, daß
ſie zuſammen vereinigt einen Raum von beynahe
hundert und achtzig Meilen von Norden gegen
Suͤden zu einnehmen würden, nehmlich von dem
Cir⸗
ten dieſen Ort im Jahr 1760, und ſprengten alle
Feſtungswerke. Zum franzöfifchen Gebiet um dieſe
Feſtung gehoͤren noch 113 Dörfer, welche nebſt dem
Zoll in Karikal jährlih 106,000 Rupien eintragen,
oder ſo viel als die Unterhaltung der Beſatzung er
fordert.
5
Eiccar 2) Velore, (Velur) mit dem ſich Carnatic 3)
gegen Süden endigt, bis Gangam oder Yanam,
einem berühmten Handelsort in der Provinz Chi—
cacole, und ohngefaͤhr funfzig bis ſechszig Meilen
von Oſten gegen Weſten, wenn man ihre groͤßte
Breite nimmt.
Bey dieſer Stadt faͤngt das Koͤnigreich Ka—
teck an, welches vor Zeiten von dem Vieekoͤnig—⸗
reich Golkonda abhing, die Maratten aber die
ſich deſſen im Jahr 1742 bemaͤchtigten, haben
es jetzt einem Fuͤrſten ihrer Nation uͤbergeben.
Dieſer große Strich Landes, welcher beynahe die
Laͤnge und Breite des Koͤnigreichs Frankreich hat,
gehoͤrte vor 1762 wenn man einige engliſche und
hollaͤndiſche Handlungsplaͤtze ausnimmt, mit allen
feinen Städten, Flecken und Dörfern, von denen
viele
2) Sircar iſt der Name einer Provinz die keinen beſon⸗
dern Nabob, ſondern eine Art von Unterſtadthalter
hat, den wieder geringere Befehlshaber unterwor⸗
fen ſind.
3) Carnata oder Carnatie war ſonſt eine von den an⸗
ſehnlichſten Provinzen oder Nabobſchaften, die dem
Subah von Decan unterworfen waren. Sie heiſt
auch von der Hauptſtadt zuweilen die Nabobſchaft
Arcot. Jetzt graͤnzt Carnatie gegen Norden, an den
Fluß Gondecama, gegen Weſten an die großen Ge⸗
birge, welche die Halbinſel von Norden gegen Suͤden
theilen, gegen Oſten mit dem Meer, und füdmärtd
mit den Reichen Tritchinapoli, Tanjore und Myſore.
Erſt zu Anfange dieſes Jahrhunderts haben ſich die
Mogolen dieſes bandes bemeiſtert.
6
viele tief im Lande liegen, ganz den Franzoſen.
Alle dieſe reichen Beſitzungen machten einen Theil
des Koͤnigreichs Golkonda aus, welches ſelbſt
nur eine Provinz des unermeßlichen mogolifchen
Reichs, oder der davon ehedem abhaͤngenden ſuͤd—
lichen Stadthalterſchaft war, die unter dem Namen
Decan 4) durch die Kriege der Englaͤnder und
Franzoſen, oder der mit ihnen verbuͤndeten indi⸗
ſchen und mogoliſchen Fuͤrſten in Europa bekann—
ter iſt.
Seitdem Thamas - Koulikan Hindoftan er:
oberte, haben alle Vicekoͤnige oder Subahs der
davon abhaͤngigen Reiche, wie Decan, Benga—
len ꝛc. geſucht, ſich in ihren Gouvernement unab—
haͤngig zu machen. Der Bicefönig von Golkon⸗
da insbeſondere iſt voͤllig Herr in ſeinem Lande,
ob er gleich noch einige Zeichen von Unterwuͤrfig—
keit gegen den Mogol beybehalten hat, indem er
in ſeinem Namen Gold praͤgen laͤßt, und es fuͤr
einen Monarchen ehrenden Titel haͤlt, fi einen
Scla⸗
a, Decan, wie es noch ganz dem Großmogul unter
worfen war, begrif ein Drittheil von Hindoſtan, oder
die ganze Halbinſel diſſeit des Ganges von Brampore
bis Cap Comorin. Der Name heiſt fo viel wie Suͤ⸗
den oder die ſuͤdliche Provinz, und zu derfelben gehoͤ—⸗
ren ſechs beſondere Reiche von denen Golconda, Bi:
ſapur und Carnatic die vornehmſten find, Dreyßig
verſchiedene Nabobs find dem Subah von Decan uns
terworfen. Orme ſchaͤtzt die Zahl der . guf
fünf und dreygig Millionen.
2
1
Sclaven des großen Mogols zu nennen, der jetzt
den Titel Schah Allum, Herr der Welt, wie der
heilige Vater, die Oberherrſchaft der Chriſtenheit,
auf einen kleinen Bezirk laͤngſt den Ufern des
Ganges einſchraͤnken muß. Sein Königreich be⸗
greift eine große Strecke Landes, uud iſt wie⸗
derum in verſchiedene große Diſtricte zerſplit—
tert, die beſondern Zemindars gehören, welche
Pächter des Vicekoͤnigs find, und ihm alle Jahre
die Einkuͤnfte der Länder bezahlen muͤſſen. Da
aber die Unabhaͤngigkeit überall in dieſen Ländern
herrſcht, ſo gelingt es auch dieſen untergeordneten
Staatsbedienten, die weit vom Hofe leben, und
eben ſo habſuͤchtig ſind als ihre Obern, ſich nach
und nach zu unumſchraͤnkten Herren in ihrem Ges
biet zu machen, das Volk zu pluͤndern, und ſich
den groͤßten Theil der Einkuͤnfte von welchem ſie
dem Vicekoͤnig nur ſo viel uschi als ihnen ge⸗
faͤllt, zuzueignen.
Dieſe unrechtmaͤßigen Bestzungen, und die
ſchlechte Ordnung die in dem ganzen Reiche
herrſcht, veranlaſſen die häufigen Kriege, welche
die Fuͤrſten in ihren eignen Ländern führen, denn
fie find beynahe ſtets genoͤthigt durch Zwangsmit—
tel ihre Einkuͤnfte berbey zu ſchaffen. Wenn viele
ſich um die oberſte Herrſchaft bewerben, wird dieſe
ſchon wankende Lage noch beſchwerlicher Unter
dieſen Umſtaͤnden alſo beſchloſſen einige, die bey
den Franzoſen verſchiedenemal Beiſtand gegen ihre
twiederfpänftigen Vaſallen gefunden hatten, die
Freund⸗
8
Freundſchaft dieſer Nation noch mehr durch Ab⸗
tretung einiger Provinzen zu gewinnen.
Durch dergleichen Schenkungen hat Frankreich
ſich ein Land von einer anſehnlichen Groͤße zuſam—⸗
nem gebracht, das uͤberdem für den Handel ſehr
vortheilhaft belegen iſt. Die Natur ſcheint es ſelbſt
befeſtiget zu haben, und gegen alle Einfaͤlle zu
ſichern. Von der einen Seite iſt es von dem
Meere begraͤnzt, und von der andern von einer
Reihe Gebirgen eingeſchloſſen, die eine unzugaͤng⸗
liche Graͤnze machen, gegen welche die vereinigte
Macht von Dekan nichts ausrichten wuͤrde, zu—
mal da dieſe Voͤlker ſo weit in der Kriegskunſt zu⸗
ruͤck ſind, und Ordnung, Diſciplin ſo bald noch
nicht bey ihren Heeren werden eingefuͤhrt werden.
Die Maratten die uͤberall eingedrungen ſind, ha—
ben ſich nie in dieſes Land gewagt, weil man vor⸗
her durch einen funfzig Meilen langen mit Wal:
dungen verwachſenen Strich Landes muß, in wel—
chem man nur hin und wieder Wege findet, die
kaum breit genug ſind, daß zwey nebeneinander
gehen koͤnnen. Von denen drey vornehmſten Paͤſ—
ſen, durch welche allein man in dies Land kom⸗
men kann, heißt der erſte Beſouars (Bezoara),
er liegt wenn man von Golkonda kommt, auf der
weſtlichen Seite von Maſulipatan, an dem Ufer
des Kriſtna, eines großen Fluſſes, der in den Ma⸗
labariſchen Gebirgen entſpringt. Den zweyten
Paß, welcher Padrautſa-Badra-Chelum heißt,
findet man gegen Nordweſten zwiſchen Elour 95
a:
*
9
Ragimandry, zwey Provinzen gegen Norden von
Maſulipatan. Der dritte liegt wenn man gegen
Norden geht gerade auf dem Wege, der nach
dem Koͤnigreiche Kateck fuͤhrt. Es iſt freylich
wahr, daß die Seite gegen Karnatic in ſuͤdlichen
Theile von Maſulipatan offen iſt, aber auch hier
wird ein Feind durch die verſchiedene vereinigte
große Fluͤſſe aufgehalten; unter welchen der Gon—
decama iſt, an deſſen Ufern man ein Etabliſſement
anlegen koͤnnte, daß allein in Stande ſeyn wuͤr—
de, die Graͤnze an dieſer Seite vollkommen
zu beſchuͤtzen. \
Nach dieſer allemeinen Beſchreibung will
ich eine beſondere von jedem Diſtriete geben: ich
werde mich hierin nach der Zeit richten in welcher
ſie den Franzoſen uͤbergeben wurden, ohne jedoch
die Verbindung in der ſie mit einander ſtehen aus
den Augen zu verlieren. Sie machen insgeſamt
ſieben verſchiedene Provinzen aus, nehmlich Ma⸗
ſulipatan mit den umligenden Gegenden, Narſa⸗
pur, die Inſel Divy, Devracote, der Circar von
Niſampatnam, Condavir und zuletzt die vier noͤrd⸗
Aber Provinzen. |
I.
Beſchreibung von Maſulipatan nebſt der um;
liegenden Gegend.
Ich glaube es iſt niemand der nicht von der
Stadt Maſulipatan gehoͤrt Hätte, oder fie we⸗
nig⸗
10
nigſtens dem Ramen nach kennt. Sie liegt un⸗
ter dem ſechzehnten Grade und einige Minuten
noͤrdlicher Breite, und war vor dem letzten Krie⸗
ge der vornehmſte Ort in den franzoͤſiſchen Be—
ſitzungen an der Kuͤſte des Orixa: jetzt aber feıt
dem im Jahr 1763 geſchloßnen Frieden beſitzt
dieſe Nation daſelbſt nichts mehr als die Han-
delsloge die ſie vor dem Jahr 1749 hatte.
Ihre Lage hatte dieſe Stadt vor Zeiten zum
Stapelorte des ganzen Handels gemacht, den In—
doſtan mit dem Koͤnigreiche Bengalen, Perſien
und den Kuͤſten treibt, die gegenuͤber den Kuͤ—
ſten von Coromandel und von Orixa liegen, nehm
lich Achem und das Koͤnigreich Siam. Ihren
Handel der damals ſo beruͤhmt war, hat die ty⸗
ranniſche Herrſchaft der Mogolen zerſtoͤrt, jetzt
aber fing er von neuem an zu leben, und haͤtte
unter der franzöfifchen Regierung wiederum bluͤ⸗
hend werden koͤnnen. i
Sie iſt ziemlich gut befeſtigt, und ſogar im
Fall der Belagerung mit einer natuͤrlichen Schutz-
wehr verſehen, denn auf einer Seite umgiebt ſie
ein Moraſt, den man nicht ohne große Be⸗
ſchwerde paßiren kann, und auf der andern Seite
iſt ein Sumpf worin Meerſalz gemacht wird, in
welchem man durchaus keine Laufgraͤben ziehen
kann. Der Grund um dieſe Stadt iſt nichts als
eine unfruchtbare und ſumpfichte Heide, in der
man nicht einen Fuß tief graben kann, ohne
gleich Waſſer zu finden. Der Fluß welcher ne⸗
ben
7
11
ben ihr vorbeyfließt und von ihr den Namen des
Maſulipatan Fluſſes bekoͤmmt, ergießt ſich einis
ge Schritte von der Stadt in das Meer, und for-
mirt die Muͤndung in welcher die großen Schiffe
ausgeladen werden, ehe ſie in die Stadt laufen,
welche ziemlich ſchmutzig und ſchlecht gebaut iſt.
Die Luft iſt ſehr ungeſund, und man findet we—
der Waſſer noch Lebensmittel, ſondern, muß ſie
wie das Brennholz, das die Inſel Divi liefert,
ohngefehr eine halbe Meile weit holen. Bey
dieſen großen Unbequemlichkeiten koͤnnte man doch
leicht dem groͤßten Theil davon abhelfen. Was
Traͤgheit und Unwiſſenheit der Eingebohrnen nicht
thun konnte, werden vielleicht einmal die Kuͤnſte
und der Fleiß der Europaͤer bewirken.
Die Bewohner dieſer Stadt find theils Hei⸗
den, und theils Mahometaner, die ſich mit vers
ſchiedenen Gewerben zu Waſſer und zu Lande ers
naͤhren. Man findet daſelbſt viele Leute die in
allen Arten von Arbeiten geſchickt ſind, und eine
große Anzahl Saokars eine Sekte aus dem Koͤ—
nigreich Guſerat die wegen ihrer Rechtſchaffen⸗
heit ihres Credits und ihrer Reichthuͤmer im gan—
zen Lande angeſehen iſt. Sie fuͤhren den Wechſel—
handel, und leihen ihr Geld den Kaufleuten auf
Intereſſen. Sie werden öfters von Fuͤrſten, de⸗
nen fie zur Zeit der Noth große Summen lei⸗
hen zu Rath gezogen: ihre Correſpondenz er—
ſtreckt ſich uͤberall, und man muß ſich an ſie
wenden, wenn man Wechſel auf andere Oerter
7 has
—
12
haben will. Auch Braminen giebt es hier, wel⸗
ches die anſehnlichſte Sekte unter den Hindus
iſt, von denen einige ſich den Wiſſenſchaften an—
dere dem Handel widmen: Zemindars find Ab⸗
koͤmmlinge der alten Prinzen des Landes, denen
die mogoliſchen Ueberwinder ein geringes Leibge—
dinge zugeſtanden hat, welches ſie als ein Lehn
von der Krone beſitzen. Die Patanen gehoͤren
zu einer mahometaniſchen Nation, die unter ih—
rem eignen Nabobs nicht weit von Delhy lebt:
ſie ſind ſehr dem Handel ergeben, insbeſonders
treiben fie den Seidenhandel beynahe ganz allein,
und beſorgen die Ausruͤſtung der anſehnlichſten
Schiffe die man an der Kuͤſte ſieht. Endlich
findet man auch armeniſche Kaufleute, die ſich
aber hier erſt nachdem die Franzoſen Beſitz von
dieſem Lande genommen hatten, Weteeleßen
haben.
Vor dieſer Epoche hatten die Holländer
hier ein vortrefliches Contoir, welches ihnen zur
Handels-Niederſage diente; aber ſeit dem Mo⸗
nat November des Jahrs 1750 haben ſie es
verlaſſen, um an der Kuͤſte ſechs Meilen von
Yanım ein anderes vornehmes EContoir anzule—
gen, welches Caquinara oder Jagarnat-Puroni
heißt, und haben in ihren Gebäuden in Mafus
lipatnam nicht mehr als einen Handelsbedienten
und zwey Soldaten gelaſſen, um die Aufſicht dar⸗
uͤber zu haben.
Bi
13
Zu dieſer Zeit hatten die Engländer auch
ein Contoir in Maſulipatan, wovon ihnen nach
dem letzten Kriege nichts als der Boden und die
zerfallnen Mauren blieben. Sie hatten es ſchon
vor beynahe funfzig Jahren eingeriſſen und den
Schutt zur Erbauung des Contoirs zu Mada—
pallum nahe bey Narſapur gebraucht, aber der
im Jahr 1763 geſchloßne Friede hat dieſer Na—
tion hier alles wieder verfchaft. d
Dieſe Stadt hat von der Landſeite nur
ein einziges Thor das auf jeder Seite von einem
Bollwerke beſchuͤtzt wird. Es fuͤhrt zu einer
großen Bruͤcke, die ohngeachtet der praͤchtigen
Beſchreibung die Tavernier in ſeinen Reiſen da—
von giebt, nur aus ſchlechten Brettern beſteht,
und ohngefehr eine viertel Meile lang iſt. Sie
iſt zu der Bequemlichkeit der Reiſenden erbau—
et, die ſonſt gezwungen ſeyn wuͤrden durch den
Schlamm zu gehen. Auf der rechten Seite dies
ſer Bruͤcke iſt die Ebene oder die Straſſe die
nach Narſapur fuͤhrt; das aͤuſere Anjehen von
Mafulıpatan, iſt eben nicht ſehr reizend: deſto
anmuthiger find aber die umliegenden Gegenden.
Sobald man aus der Stadt und am En;
de der erwaͤhnten Bruͤcke ift, findet man ver⸗
ſchiedene Aldeas oder Dörfer, die in einer gera⸗
den Linie im Angeſicht der Stadt n, und
die man gewoͤhnlich die Pettas von Jougurdur
nennt, welches der Name des eee Dor⸗
fes iſt. . Obefer ſind gleichſam die Vor⸗
ſtaͤdte
14
ſtaͤdte von Maſulipatan, und hier haben die
vornehmſten Einwohner, die Saokars und an⸗
dere ihre Landhaͤuſer, in welchen fie ſich beyna⸗
he immer aufhalten, und nur alsdenn in die
Stadt kommen, wenn Handel und andere Ge—
ſchaͤfte ſie dahin rufen. In dieſem Orte den
ſie dem Aufenthalte in Maſulipatan vorzogen,
wohnten auch ſonſten die Foßedars 8). Man
muß geſtehen, daß die Lage von Jougurdur ſehr
geſund iſt, die Luft iſt rein und das Land ſehr
angenehm. Deswegen hat man auch daſelbſt
Gebaͤude aufgefuͤhrt, die den Kranken ſtatt Ho—
ſpitaͤlern dienen. Mit einem Worte, dieſe Doͤr⸗
fer ſind aͤuſſerſt nothwendig fuͤr Maſulipatan,
und der Nutzen den es daraus zieht iſt augen—
ſcheinlich, weil es alle ſeine Lebensmittel, allen
Vorrath und das Waſſer, woran es gaͤnzlich
Mangel leidet, daher kommen laͤßt.
Gegen Weſten zwey Meilen weit von der
Stadt trift man zwey große Pergunnas oder
Flecken, welche auf der Landſtraſſe nach Golkon⸗
da zu liegen, und Gondur und Adumanar heiſ—
ſen. Ich kann ihre Größe nicht genau beſtim⸗
men, das Land aber, daß dazu gehört, und wel—
ches verpachtet wird iſt ſehr ſchoͤn. Ihre Lage
iſt ſehr vortheilhaft, wegen der erſtaunenden Men⸗
l ge
) Faſſedars oder Phouzdors in allen großen indiſchen
Staͤdten Polizeyangelegenheiten, und die Criminal⸗
jnrisdietion. Gemeinhin haben fie auch die Abgas
ben der Zemindars. f
15
ge Lebensmittel und Waaren die beſtaͤndig ent⸗
weder von Golkonda nach Maſulipatan, oder
von Muſulipatan nach Golkonda gefuͤhrt wer-
den. Hier haben die Franzoſen auch einen Zoll
von durchgehenden Waaren und Lebensmitteln.
An der nordweſtlichen Seite, ſechs Meilen
weit von der Stadt, findet man noch zwey an;
dere Pergunnas, Tomedy und Pedana. Ihr Um—
fang betraͤgt ohngefehr zehn oder zwoͤlf Meilen
Landes, welches bis auf einige Salzwerke ver—
pachtet iſt.
Endlich findet man zehn Meilen gegen We⸗
ſten, etwas gegen Norden zu, die beyden Per—
gunnas Gondur und Bondara, welche eben ſo
anſehnlich ſind als die vorhergehenden; da ſie
aber ſehr nahe Narſapur liegen, daher auch zu
dieſer Provinz gehoͤren, will ich hier uͤberhaupt
anmerken, daß alle dieſe Pergunnas eben ſo
viele Hauptoͤrter ſind, von welchen ſehr viele Al—
deas oder Dörfer abhängen, unter welchen letz⸗
tern wieder eine unbeſtimmte Anzahl Paleums,
oder kleinern Dorfſchaften, von Be Hütten
ſtehen.
Dieſes iſt eine Vorſtellung im Kleinen von
den Gegenden die zu Maſulipatan gehoͤren, die
von der weſtlichen Seite dieſer Stadt bis zu der
noͤrdlichen, einen vollkommenen Kreiß ausmachen,
welcher bey der Provinz Narſapur dem zweyten
Departement, von den ich jetzt reden will, auf⸗
‚mc
2. Be⸗
16
Beſchreibung von Narſapur.
Dieſes zweyte Departement zu welchen auch die
Pergunnas Gondur und Bondara gehoͤren, liegt
ohngefehr funfzehn oder ſechszehn Meilen gegen
orden zu von Maſulipatan, und die Frans
zoſen haben es immer ſelbſt verwaltet, weil die
Laͤndereyen viel einbringen, und fie gern den Ans
bau derſelben befoͤrdern wollten. Es iſt ſchwer
den Umfang dieſes Departemens ganz genau anz
zugeben, oder deſſen Graͤnzen zu beſtimmen, we—
gen der ſonderbaren Einrichtung dieſer Provin—
zen, denn verſchiedene Aldeas oder Doͤrfer die
zu einem Diſtrikt gehoͤren, ſind oft in einem an—
dern eingeſchloſſen. Dieſes war urſpruͤnglich eine
Folge der Politik der alten indiſchen Rajahs, wel⸗
che bey dem immerwaͤhrenden Mißtrauen gegen
einander in dieſen unter einander zerſtreuten Bes
ſitzungen ein Mittel fanden, ihre Laͤnder zu be—
wahren. tar,
Eben fo find auch alle die andern Herr—
ſchaften beſchaffen, welche die Vicekoͤnige von
Golkonda den Franzoſen uͤberlaſſen haben. Ich
kann alſo den geographiſchen Umfang einer jeden
insbeſonders nicht beſtimmen. Haͤtte ich die Spe⸗
cial- Charte erhalten koͤnnen, die Herr Duͤpleix
hat aufnehmen laſſen, ſo wuͤrde ich meinen Le⸗
ſern mehr davon mitgetheilt haben.
Die
17
Die vornehmſte Aldea dieſes Diſtricts iſt
Narſapur, welches auch der Hauuptort iſt. Er
liegt an dem Ufer eines Fluſſes der den Namen
des Dorfes fuͤhrt, und ein Arm von dem großen
Fluß Condavery iſt, welcher den ganzen noͤrdli⸗
chen Theil dieſer Kuͤſte durchlaͤuft, und ſo wie
der Keiſtna in den malabariſchen Gebirgen ent—
ſpringt. Bey Narſapur wird auf dieſem Fluß
ein ſtarker Handel getrieben, und man ſieht be—
ſtaͤndig eine Menge fremder Fahrzeuge mit ihren
Ladungen aus und einlaufen.
Nahe bey dieſem Fluſſe hatten die Eng⸗
länder ihr Handelscontoir in Madepallum errich—
tet. Sie muſten es aber wieder verlaſſen, wie
ſie an den buͤrgerlichen nen von Decan Wen
nahmen.
Der Vicekoͤnig von Golkonda, dem en
Auffuͤhrung und ihre Bewegungen in der Pro—
vinz Arcott verdroſſeu, befahl dem Unterſtadthalter
zu Rajamundry fie von der ganzen Kuͤſte zu vers
jagen, da ſie aber zeitig Nachricht davon erhiel—
ten, ſo verlieſſen ſie ihr Contoir, und retteten
ſich mit ihren Waaren nach einer benachbarten
Inſel Bandamurilanca (Bandermalanca); wel—
che nur durch einige Arme des Condaverifluſſes vom
feſten Lande getrent wird, und ſehr bequem gegen
alle feindliche Ueberfaͤlle liegt. Sie blieben auch
im Beſitz derſelben, bis die Franzoſen Rajamun⸗
drum erlangten, zu welcher Provinz dieſe In⸗
ſel gehoͤrt. 5 |
Forſters L. u. V. K. 3. Tb. B Da:
18
Damahl verpachteten fie diefe Inſel an ei-
nem Zemindar, welcher von den Franzoſen gleich⸗
falls viele Provinzen in Pacht genommen hatte,
bis endlich der Friede von 1763 ihnen den Be⸗
fi der Inſel nebſt einem anſehnlichen Theil des fes
ſien Landes ſicherte.
Der Boden dieſes Departemens iſt ſehr
fruchtbar; die Laͤndereyen ſind, in der Sprache
der Indianer von der erſten Gattung, uͤberhaupt
tragen alle nördliche Länder mehr ein als die
andern. Zu Narſapur wird ſehr viel und guter
Reis gebaut, und es iſt der einzige Ort in wel⸗
chem die Coconußbaͤume wachfen, die an der Kuͤ⸗
ſte von Orixa ſehr ſelten ſind, und nur an der
Kuͤſte von Coromandel gedeihen. Dies iſt die
wahre Geſtalt der nordlichen zu Maſulipatan
gehörigen Diſtriete. Die, welche gegenüber und
im ſuͤdlichen Theil liegen, find eben fo betraͤcht—
lich, und ich will in der Beſchreibung ann
mit der Inſel Divy anfangen.
3;
Die Inſel Divy⸗
Dieſe liegt wie man auf der Charte ſehen
kann, Maſulipatan gegen Suͤdweſten. Sie iſt
auf der einen Seite vom Meer und auf der an—
dern durch den Fluß Kriſtna umgeben, die In⸗
ſel hat etwa fünf und zwanzig franzoͤſiſche Mei⸗
den
19
len im Umkreiſe, und fuͤnf bis ſechs im Durch⸗
meſſer.
Sie war beynahe unbewohnt, als die Fran⸗
zoſen im Monat Februar im Jahr 1751, daven
Beſitz nahmen. Sie verſaͤumeten nichts ſie zu be—
voͤlkern; und es gelang ihnen ziemlich gut, fo lan⸗
ge die Länder jenſeit des Fluſſes, nämlich Devra⸗
cota, Riſampatan und Condavir, drey Provinzen
die nun unter Maſulipatan ſtehen, noch unter
Mogoliſcher Botmaͤßigkeit waren: aber ſeit dem
Ende des Jahrs 1752 da auch dieſe Länder uns
ter franzöſiſche Hoheit kamen, war es ihnen uns
moͤglich die Einwohner dieſer Oerter zu bere—
den, ihre alten Wohnplaͤtze zu verlaſſen, und ſich
nach Dioy zu begeben. Blos der Reitz der franz
zoͤſiſchen Regierung hatte ſie in dieſe Safel gelockt,
und da ſie nun ebenfalls unter dieſer ſtanden, bliea
ben ſie lieber in ihrem eignen Lande.
Die Luft in Dioy iſt rein, und der Boden
vortreflich: aber der groͤßte Theil des Landes liegt
brach, durch Armuth oder Traͤgheit des Landman⸗
nes; ſonſt wuͤrde das Erdreich, daß ſehr frucht—
bar iſt, gewiß eine groſſe Menge Neis, Hirſe und
andere Feldfruͤchte hervorbringen: ich glaube fos
gar, daß der Weitzen, der ſonſt nirgends als in
Golkonda wͤͤchſt, hier fortkommen würde. Auch
hat dieſe Inſel Ueberfluß an allen Arten von Vieh
und guter Weide. Sie hat uͤberdem auch den
Vortheil, daß an den Ufern der Fluͤſſe und laͤngſt
dem Meere viel Brennholz und Bauholz waͤchſt,
ö V2 wel⸗
20
welches der Stadt Maſulipatan, die ſolches Teich:
ter aus dieſer Inſel als aus dem innern Theil
des Landes kommen laſſen kann, zu großem Nu:
tzen gereicht. i
Dieſe Inſel hat die ſonderbare und vor—
theilhafte Eigenſchaft, daß das Waſſer darauf
ſechs Monate des Jahrs ſuͤß und ſechs Monate
ſalzig iſt. Die Urſache dieſes Phenomens iſt das
Meer, welches austritt, und die Inſel beynahe
bedeckt, bis der Kriſtna von den Gewaͤſſern der
Gebirge anlaͤuft, und ſich durch ſeine Muͤndung
mehr als anderthalb Meilen ins Meer ergießt;
alsdann iſt das Waſſer natuͤrlicherweiſe ſuͤß. So:
bald aber die Ueberſchwemmung abgelaufen, und
die Mündung des Kriſtna wieder kleiner iſt, gez
winnt das Meer die Oberhand, tritt in das Lager
des Fluſſes, und macht das Waſſer darin ſalzig;
wodurch die Einwohner gezwungen werden ihre
Zuflucht zu Brunnen die man in der Inſel gegra⸗
ben hat, zu nehmen, deren Waſſer obgleich ein
wenig unſchmackhaft dennoch trinkbar iſt.
Auch muß man noch anmerken, daß die Ans
zahl der Einwohner die ſich als die Franzoſen von
dieſer Inſel Beſitz nahmen, kaum auch drey bis
viertauſend belief, nach einiger Zeit bis auf funf⸗
zehn tauſend geſtiegen war, und ſich ſeitdem an⸗
ſehnlich vermehrt haben muß. Man zählt hier
bis auf achtzehn Aldeas oder Dörfer, von wel—
chen vier von lauter Webern bewohnt werden.
Als
5 2
Als die Franzoſen ſich hier zuerſt nieder⸗
lieſſen, errichteten ſie ihr Etabliſſement an dem
Ufer der Inſel gegen Maſulipatan, nahe bey dem
kleineren Arme des Kriſtna, und vier oder fuͤnf
Meilen von der Muͤndung deſſelben. Es war
nicht moͤglich es naͤher am Meere zu gruͤnden, weil
der Boden daſelbſt ſehr ſchlammicht und mit
Dornſtraͤuchen uͤberwachſen iſt. Der Ort den ſie
gewaͤhlt hatten hieß Nagaytankam, aber fie vers
aͤnderten den Namen deſſelben, und nannten ihn
Nagaypatnam, welches in der Landſprache Stadt
bedeutet, und da dieſe der Hauptort und die
Reſidenz des Befehlshabers auf der Inſel war,
ſo glaubten ſie ihm dieſe Benennung beylegen zu
muͤſſen.
Man hat gleich im Anfange einige Feſtungs⸗
werke aufgeworfen, die aber von keiner großen
Bedeutung ſind, indem ſie nur in einer viereckig⸗
ten Schanze von Erde beſtehen, mit Raſen be—
deckt nebſt vier Bollwerken, bey welcher ſich
auch einige Gebaͤude von Ziegelſteinen befinden.
Dieſe Schanze iſt mit einem Graben, mit einem
bedeckten Wege, und einem Glacis umgeben, der
ſie vor den Ueberſchwemmungen in Sicherheit
ſetzt. Eben dieſerwegen kann man hier niemals
dauerhaftere Feſtungswerke erbauen, weil die Kos
ſten um den Boden zu erhoͤhen, zu betraͤchtlich
ſeyn würden. Auch hat man die Schanze die:
ſer Urſache wegen ſo weit als möglich vom Fluſſe
angelegt. N ö
Das
22
Das eben gefagte wird einen hinlaͤnglichen
Begrif von den Vortheilen geben, die Maſuli⸗
patan ans dieſer Inſel zieht, die ihr nicht nur
als eine Schutzwehr gegen alle Angriffe von der
Serſeite dient, ſondern auch bey einer Belage⸗
rung von der Landſeite her, die Stadt mit fer
bensmitteln aller Art zu verſehen im Stande ift,
4.
Der Diſtrict von Devracotta.
Dieſer iſt unſtreitig einer der ſchoͤnſten von de⸗
nen die unter dem Gouvernement Maſulipatan
ſtehen, und liegt gegen Suͤden von dieſer Stadt,
in einer Entfernung von ſechs oder acht Meilen,
und bedeckt mit ſeiner ſuͤdoſtlichen Seite die In⸗
ſel Divy. Devracotta war vor Zeiten die Haupt⸗
ftadt deſſelben, man hat aber hernach geglaubt
Perapu, ein Dorf an dem Ufer eines Arms des
Kriſtnaflußes zum Hauptort machen zu muͤſſen.
Zu dieſem Diſtriet gehören beynahe ſechs⸗
zig bis ſiebzig Aldeas, die vielen kleinern Doͤr⸗
fer die unter ihnen ſtehen, ungerechnet. Der
ganze Umfang deſſelben mag etwa dreyßig bis
vierzig franzoͤſiſche Meilen betragen.
Man finder darin eine große Menge Bau
und Brennholz, wie auch eine betraͤchtliche An⸗
zahl Fruchtbaͤume, naͤmlich Piſangs, Mangus,
Zitronenbaͤume und andere von dieſer a
it
23
Mit einem Wort, man kann dieſes Land nicht
beſſer bezeichnen, als wenn man es den Garten
von Maſulipatan nennt, denn es verſieht dieſe
Stadt mit allen Bequemlichkeiten des Lebens.
Die Laͤndereyen dieſer Provinz find nicht beſſer
angebauet als die andern, aus den nämlichen
Urſachen derer ich oben gedacht habe, aber es
hat den Vorzug vor den umliegenden Provin⸗
zen, daß es durch die Kriege nicht ſo verheert
worden iſt. Der Ackerbau wird hier mit Vor⸗
theil getrieben, und aus dieſem Diſtriet die ber
nachbarte Gegend mit Getraide verſehen.
Dieſe Provinz hat ſa wohl als Maſulipatan
unter welcher fie ſteht, den Namen Circar bey⸗
behalten, und begreift eine fuͤnf und zwanzig
Meilen lange Strecke Landes, von Norden ge⸗
gen Süden, namlich vom Ufer des Kriſtna im
Norden, wo die Inſel Divy liegt, bis zum Fluſſe
Gondejama, der ſuͤdwaͤrts die Graͤnze dieſes Cir⸗
cars macht, und ihn von Nelur⸗ Servapelli dem
> =
5.
Diſtrict Nizampatnam.
Die Hauptſtadt deſſelben war vor Zeiten eine
der größten Staͤdte. Nizam al Muluck einer
der Vicekoͤnige von Decan war ihr Erbauer,
und legte ihr nachher ſeinen Ramen hey. Man
f ver⸗
24
verglich fie damals mit Maſulipatan, auch gab
fie dieſer Stadt in Anſehung ihres Handels zu
Lande nichts nach: aber ſeit dieſer Zeit hat ſie
ihren erſten Glanz gaͤnzlich verloren. Durch die
Tiranney der grosmogoliſchen Regierung und die
Empoͤrungen verſchiedener Zemindaren, die dieſes
Land zum Schauplatz der blutigſten Kriege ge⸗
macht haben, iſt die Provinz ganz zu Grunde
gerichtet worden, und Niſampatnam gegenwaͤrtig
blos ein großer Flecken, deſſen von Erde erbaute
und mit Stroh bedeckte Haͤuſer dem Auge einen
unangenehmen Anblick darbieten. Sie liegt an
dem Ufer des Meeres, von welchem ſie jedoch
durch eine Sandinſel getrennt iſt, die eine halbe
Meiie breit, und zwoͤlf lang iſt, und nur von
Thieren bewohnt wird. Man nennt ſie Petta⸗
polly oder Pedapoully, welches in der Sprache
des Landes die Wohnung des großen Tigers bes
deutet, weil dieſe Thiere daſelbſt von einer un⸗
geheuren Groͤße ſind. Der Boden dieſes De⸗
partements iſt, wenn man einige fandigte Ge:
genden ausnımmt, die gar nicht bebauet wer—
den koͤnnen, nicht ganz ſchlecht. Auch giebt es
hier laͤngſt der Kuͤſte viele ſchoͤne und große
Salzwerke, und eine große Anzahl Doͤrfer von
Webern bewohnt, welche die ſchoͤnſten Manufak⸗
turen von Schnupftuͤchern haben, und auch zum
theil diejenigen verfertigen, die man uneigent⸗
licherweiſe Schnupftuͤcher von Paliacate heißt.
Uebri⸗
0.
25
Uebrigens iſt dieſes Gebiet das nicht fo
breit als lang iſt in keinem guten Stande. Die
meiſten Laͤndereyen darin liegen brach, wie bey:
nahe in allen Laͤndern die den Franzoſen abge—
treten wurden. Sobald ſie indeſſen ſich im 155
derſelben ſahen, ſetzten ſie uͤberall Verwalter hin,
die dem Lande eine neue Geſtalt geben ſollten; jes
dem Tag ſchien es ſich zu verſchoͤnern, und hätte ſich
die franzoͤſiſche Compagnie in demſelben erhal-
ten koͤnnen, fo wäre es bald in den vortheilhaf-
teſten Zuſtand verſetzt worden.
Vor Zeiten war dieſe Provinz mit der Pro-
vinz Condavir vereinigt, aber Nifam > al : Mu:
luck Vicekoͤnig von Golkonda trennte fie von der-
ſelben, um den Streitigkeiten ein Ende zu ma⸗
chen, die beftändig zwiſchen dem Befehlshaber von
Condavir und Maſulipatan wegen der Salzwer—
ker entſtanden, und vereinigte ſie auf immer mit
Maſulipatan, indem er die Verwaltung derſelben
dieſer Stadt uͤbergab.
Aus dieſen vier Departements Niſampat⸗
nam, Devracotta, Divy und Narſapur beſtand,
ehe ſie den Franzoſen abgetreten wurden das
Gouvernement von Maſulipatan, unter welchem
ohngefehr dreyhundert und ſechszig Aldeas oder
Doͤrfer ſtehen, ohne eine große Anzahl Paleums
oder kleinere Doͤrfer die uͤberall im Lande zer⸗
ſtreuet liegen. Dies war alſo kein unbetraͤcht⸗
liches Gebiet, indeſſen in Vergleichung der fol⸗
| gen:
26
genden Herrſchaften, welche den Franzoſen das
mals auf dieſer Küfte abgetreten wurden, den
noch das unwichtigſte.
Die Provinz Condavir.
Die berühmte Provinz Condavir allein iſt größ
fer als alle Länder die unter Maſulipatan ſtehen
zuſammen genommen. Sie beſteht aus ſiebzehn
oder achtzehn Pergunnas, deren Namen es un⸗
noͤthig iſt hier anzugeben; genug, daß ſie acht⸗
hundert und funfzig anſehnliche Aldeas enthal⸗
ten, viele kleine Doͤrfer ohngerechnet. Hier⸗
aus kann man auf die Groͤße der Provinz ſchlieſ⸗
fen, welche zwiſchen ſechszig und achtzig Mei⸗
len im Umkreiſe hat. Sa
Unter dieſen Herrſchaften giebt es einige,
von welchen die Franzoſen obgleich ſie Herren
des Landes waren, niemals gewagt haben Be⸗
ſitz zu nehmen, oder ſie nur zu verlangen. Die⸗
ſes ſind die beyden großen Pergunnas Venicon⸗
da und Bellamfonda die ſehr vortheilhaft gele⸗
gen, und mit einer anſehnlichen Feſtung verfe-
hen ſind, welche ein Zemindar der nur eine
kleine Pacht dafuͤr bezahlt fuͤr ſich behielt, und
verſchiedene Aldeas oder Dörfer vier Meilen
gegen Suͤden vom Fluß Gondejama, die der
Najah Doupol an ſich geriſſen hat. Dieſes 9
ii Ds I Lan
27
Land iſt indeſſen von großem Werth, denn un⸗
ter der Herrſchaft dieſer Doͤrfer liegt ein Strich
Land, in welchem Meerſalz gemacht wird, wel—
ches ohngefehr drey Meilen im Umkreiß hat, nnd
jahrlich bis hundert tauſend Thaler eintraͤgt.
Dieſes Gebiet, wie auch noch einige andere Al—
deas und einige Salzwerke die zu Niſampatnam
gehoͤren, und die Salzwerke von Devarampadon
genannt werden, deren ſich der naͤmliche Rajah
bemaͤchtigt hat, machen ein betraͤchtliches Land
aus, welches die franzoͤſiſche Compagnie ſogar
zur Zeit ihres größten Wohlſtandes nicht im
Stande war zu erobern.
Dieſe große Provinz hat ihren Namen von
einem Ort bekommen, der vor Zeiten die Haupt⸗
ſtadt derſelben war, und an dem Fuß eines
Gebirges lag, daß man noch jetzt das Gebirge
von Condavir nennt. Dieſer Name iſt indiſch,
und ward von den Mogolen nachher in Muſ—
tafanagor verändert,
Sie muß ſehr beruͤhmt geweſen eh denn
überall findet man darinn Spuren einer unge—
woͤhnlichen Groͤße. An vielen Oertern ſieht man
Denkmaͤhler aus allen Zeiten, naͤmlich Pagoden,
Feſtungen, Kolonnaden und andere Gebaͤude die
jetzt unbewohnt ſind; Haufen von Ruinen, Ueber⸗
bleibſel von Schloͤſſern und Haͤuſern, und unter
andern ein großer Bezirk mit Mauern umgeben
die aus gehauenen Steinen aufgeführt fichtbare
Beweiſe ſind, daß dieſes Land einmal in einem
= blüs
28
ſehr bluͤhenden Zuſtande geweſen, aber durch
Kriege verheert worden.
Als die Mogolen ſich dieſer Provinz be—
maͤchtigten, machten ſie einen Ort mit Namen
Gontur der in der Mitte derſelben liegt, zur
Hauptſtadt. Es iſt eher ein ſchlechter Flecken
als eine Stadt, und hat keine andere Verthei—
digung als eine elende Schanze von Erde, mit
ſechs kleinen Thuͤrmen, deren durchbrochne Mau⸗
ten keine Bruſtwehr haben, und kaum dick ge
nug ſind, um ein oder zwey Kanonen hinauf zu
ſtellen. In dieſer Feſtung reſidirten die Foſſe⸗
dars oder Gouverneurs der Provinz, und die
franzoͤſiſche Compagnie hatte dieſe Stadt auch zu
ihren Hauptort gewaͤhlt, in welchem ihr Steu⸗
ereinnehmer ſich aufhalten mußte.
Es ſcheint, daß die Mogoliſchen Prinzen
dieſen Ort wegen der Sicherheit ſeiner Lage an⸗
dern vorzogen, denn Gontur liegt in der Mitte
eines etwa fuͤnf bis ſechs Meilen tiefen Waldes,
der keine Oefnung als eine kleine Ebene hat.
Man mag kommen von welcher Seite man will,
ſo muß man durch dieſen Wald um in die Stadt
zu kommen.
Der uͤbrige Theil der Prgeinz iſt theils
Wald, theils bebautes Land, welches alle Arten
von Korn, ausgenommen Reis im Ueberfluß her⸗
vorbringt. Der große Fluß Kriſtna fließt durch
dieſes Land, und waͤſſert drey Aldeas in demſel⸗
ben,
a
x 29
ben, naͤmlich Chentepelly, Ambrepudy, und Co—
lur, die zwanzig Meilen von der Kuͤſte liegen,
und einen Theil der Diamanten Minen in ſich
begreifen, welche in Reiſebeſchreibungen unter
dem Ramen dieſer letzten Aldea bekannt find. 6)
Aber der groͤßte Vorzug dieſer Provinz beſteht
in der großen Anzahl Aldeas die von Webern
bewohnt ſind, welche die ſchoͤnſten baumwollene
Waaren, naͤmlich Tuͤcher, gemahlte Zeuge und
dergleichen verfertigen, mit welchen alle Euro—
paͤiſche Nationen, fo wie auch die Mahometaner,
Hindus und ſogar die Armenier handeln. Wer
alſo Herr von dieſer Provinz iſt, kann wenn er
will, ein ausſchlieſſendes Recht auf den Handel
mit allen Tuͤchern ſowohl von Maſulipatan als
von Paliacatta haben, und wenn er noch die
Provinz Niſampatnam beſitzt, die ebenfalls im
Verhaͤltniß mit ihrem Umfang eine große Ans
zahl Manufakturen enthaͤlt, ſo iſt er wirklich
Herr von allen Manufakturen dieſer Art. Es
iſt in der That merkwuͤrdig, daß die Tücher des
nen wir den Namen von Maſulipatan beylegen,
weder in dieſer Stadt noch in ihren umliegen⸗
den Gegenden, ſondern einzig und allein in der
Provinz Condavir verfertiget werden, ſo wie man
auch diejenigen die man nach der Stadt Palia⸗
catta nennt, nicht daſelbſt, ſondern in Niſampat⸗
nam macht, ſie ſind alſo unter dem Namen der
bey⸗
6) Tavernier hat in feiner Reiſe T. 2. S. 339, die
Digmantgraben bey Culur umſtaͤndlich beſchrieben.
30
beyden vornehmſten Oerter bekannt, wo der groͤß⸗
te Handel damit getrieben wird.
Mit Condavir hoͤren die Provinzen auf, wel⸗
che die Franzoſen vor dem Pariſer Frieden in Gol⸗
conda mit allen oberherrlichen Gerechtſamen be—
ſaſſen. Die vier noͤrdlichen Provinzen ſind zwar
anſehnlicher als diejenigen, von welchen ich ſchon
geredet habe, ich glaubte aber ſie zuletzt ſtellen zu
muͤſſen, weil die Franzoſen blos die Einkuͤnfte der⸗
ſelben zogen, und die Oberheerſchaft indiſchen
Fuͤrſten nach wie vor blieb.
7.
Beſchreibung der eigentlichen vier ane
Circars. |
Dieſe vier Provinzen waren den Franzoſen we⸗
gen geleiſteter Dienſte als Jaghirs 7) gegeben
worden, um von ihren Einkuͤnften Truppen zur
Beſchuͤtzung von Golconda zu halten. Indeſſen
iſt es wahrſcheinlich, daß der Vicekoͤnig von Gol⸗
konda, als er den Franzoſen dieſe vier Provinzen
auf eine ſolche * abtrat, es blos gethan hat,
um
7) Jaghire ik in Ofindien, ein gewiſſer Diſtriet den
die Regenten zuweilen jemand für geleiſtete Dienſte
einraͤumen, um aus demſelben die Einkuͤnfte ſtatt ei⸗
ner Penſion zu heben. So hatte der verſtorbene Lord
Clive ein Jaghire in Bengalen, das ihm jährlich
30% 0% Pf. Sterl. einbrachte.
31
um den Englaͤndern und den Großen ſeines Ho⸗
fes nicht ſehen zu laſſen, wie weit ſeine Gros⸗
muth gehen wuͤrde, denn beyde ſahen mit glei⸗
cher Mißgunſt die zunehmende Große der fran⸗
zoͤſiſchen Nation in Indien. Es ſcheint ſogar
gewiß zu ſeyn, daß ein geheimer Vertrag zwi⸗
ſchen dem Prinzen und Herrn Duͤpleir gemacht
war, vermittelſt deſſen dieſes große Land nach
einer gewiſſen Zeit ganz unter franzoͤſiſche Bots
. mößigfeit kommen ſollte: aber der Friede im
Jahr 1763 hat dieſen Vergleich vernichtet.
Die Namen dieſer Provinzen ſind Elur, Conda⸗
pelly, Rajamundıy und Ehicacol. 8) Die beyden
letzten ſind die anſehnlichſten, ſowohl wegen ihrer
Produkten als ihrer Größe, denn fie nehmen einen
Raum von mehr als zweyhundert Meilen laͤngſt
der Kuͤſte ein, und ihre größte Breite beträgt über
funfzig Meilen, Man kann ſich leicht ihre Lage vor⸗
ſtellen, wenn man ſich die von Maſulipatan und
Narſapur erinnert, denn hinter beyden liegen
Nordweſtwaͤrts Elur und Condavelly, und ne⸗
ben dieſen dehnen ſich weiter Nordwaͤrts Ras
jamundrum und Chicacol laͤngſt der Kuͤſte aus.
Con⸗
2) Die Englaͤnder veraͤndern dieſe Benennung etwas,
nnd bey den Schriftiellern dieſer Nation heiſſen die
vier Provinzen, Muſtaphanagur, Palore, Rajamun⸗
drum und Chieacol. Die erſte iſt eben dleſelbe, wel⸗
che bey den Franzoſen Condavir heiſt. Sie zaͤhlen
auch fünf Circars und rechnen Maſulipatan mit ſet⸗
nem Gebiet dazu.
32
Condapelly liegt etwa ſechszehn franzoͤſiſche Meis
len von der Stadt Maſulipatan entfernt, und
wird durch den Kriſtnafluß von Condavir getrennt.
Den Eingang in dieſe Provinz macht der bes
kannte Paß Bezuars.
Dieſes ganze Land ſtoͤßt an die Kette b von
Gebirgen deren ich ſchon erwaͤhnt habe, welche
im ſuͤblichen Theil der Provinz Condavir anfaͤngt,
durch die Provinz Condapelly fortgeht, wie auch
durch Elur, Rajamundry und Chicacol, bis zu
den Graͤnzen des marattiſchen Koͤnigreichs Kateck.
Es bringt alle Arten von Korn und andere
Eßwaaren hervor. Auch findet man hier einige
wenige Aldeas mit Webern. Ihr groͤßter Vor⸗
theil aber beſteht in dem Beſitz der diamanten
Minen, in dem Bette des Kriſtna, in welchem
man die ſchoͤnſten Steine findet, die man gewoͤhn⸗
lich Diamanten von Golkonda nennt. Dieſe Mi⸗
nen hätten immer ſehr reich ſeyn muͤſſen, aber
bey den beynahe unaufhoͤrlichen Unruhen in
dieſen Provinzen, waren die Mogolen ſelten im
Stande ſie wegen Mangel geſchickter Arbeiter
und noͤthiger Werkzeuge zu benutzen. Ohne
Zweifel würde ein ſolcher Schatz ein ſehr wichtis
ger Gegenſtand fuͤr eine europäifche Nation ſeyn,
die Luſt haͤtte Nutzen daraus zu ziehen, und auch
die Mittel dazu haͤtte. Die Provinz Elur liegt
hinter Narſapur, an ihrer weſtlichen Seite, in
einer Entfernung von funfzehn Meilen. Hier
fangen die Manufakturen von alben Arten von
Lein⸗
33
Leinwand an, mit welchen die europaͤiſchen Natio:
nen den vornehmſten Handel treiben. Auch hat
dieſe Provinz großen Ueberfluß an Reis und al⸗
len Arten von Korn, denn dieſes ganze Land bis
Yanaon in der Provinz Rajamundry wird von
den vielen Fluͤſſen und Kanälen ſehr fruchtbar
gemacht. So lange die Franzoſen den Genuß
dieſer Provinz hatten, war ſie ſo wie auch die
drey andern, entweder ganz oder zum Theil an
Privatperſonen verpachtet worden, uͤber die der
Kommendant von Maſulipatan und unter ihm
der von Rajamundrum die Aufſicht hatten.
Dieſe Provinz iſt ohngefaͤhr fünf und vier⸗
zig Meilen von Maſulipatan entfernt, und liegt
funfzehn Meilen nordwaͤrts von der Provinz Elur.
Funfzehn bis ſechszehn Meilen vom Meere an
dem Ufer des großen Fluſſes Condavery, der
durch dieſe ganze Provinz fließt, und ſich durch
viele Muͤndungen in das Meer ergießt, liegt die
Hauptſtadt, ein großer ſehr ſchlecht gebauter Ort,
den eine elende Feſtung vertheidiget.
Unter den Vortheilen dieſes Landes, gehoͤ⸗
ren vorzuͤglich die großen und ſchoͤnen Waͤlder
von Teckholz, welche tief im Lande liegen; die⸗
ſes Holz wird nicht nur wegen ſeiner Schoͤnheit
geſchaͤtzt, ſondern auch weil es das einzige in dies
ſen Gegenden zum Schiffbau taugliche Holz iſt.
Der Verkauf dieſes einzigen Produkts muͤſte einer
Compagnie ſehr viel einbringen. Ueberdem wäre
es auch eine beynahe unerſchoͤpfliche Quelle fuͤr
Forſters . u. V. K. 3. Th. € das
34
das Seeweſen derjenigen europaͤiſchen Nation, die
das Eigenthumsrecht davon ausſchlieslich hätte,
und ſollte die Entfernung ein Hinderniß ſeyn, ſo
wuͤrde man vielleicht auf der Stelle ſelbſt einen
Ort zu Erbauung der Schiffe finden koͤnnen, in
welchem Fall es leicht waͤre Schiffbaumeiſter hin⸗
zuſchicken, und Werfte daſelbſt anzulegen, an Ar⸗
beitern wuͤrde es auch nicht mangeln, da die
Eingebohrnen ſehr geſchickt ſind, wenn fr nur.
gut angeführt werden.
Diefer wichtige Gegenſtand ſcheint doch nicht
die Aufmerkſamkeit der Franzoſen an ſich gezo⸗
gen zu haben, fo lange fie im Beſitz dieſer Pro;
vinz waren. Dieſe war blos auf den Handel
mit Schleiern, Muſſelinen, und andern baum⸗
wollenen Waaren gerichtet, und vielleicht mit
Recht, denn in Rajamundrum findet man die
meiſten und beſten Fabriken von dieſer Gattung.
Von der Hauptſtadt von Elur im Suͤden an bis
zu der Hauptſtadt von Chicacol im Norden, for⸗
mirt das Land das zwiſchen dieſen Staͤdten liegt
mit Rajamundrum eine Art von laͤnglichten Drey⸗
eck, in welchem man eine ungeheure Menge Doͤr—
fer von Webern bewohnt antrift, welche die fein⸗
ſte und ſchoͤnſte Cattune in ganz Indien verfer⸗
tigen.
Die Provinz Chicacol liegt dreyßig oder
vierzig Meilen von Rajamundrum, und achtzig
bis hundert von Maſulipatan. Es laͤßt ſich von
derſelben alles wiederholen, was ſchon von den
drey
33
drey vorhergehenden Provinzen gefagt iſt. Sie
ift eben fo fruchtbar, und enthält auch eine ziems
liche Anzahl von Webern bewohnter Aldeas, de—
ren Manufakturen aber von ſchlechterer Art ſind.
Die hier verfertigten Cattune ſind viel groͤber,
und werden daher nicht ſo ſehr geſchaͤtzt; es ſind
blos Betilles, Salompuris, Doreas, gemahlte
Leinwand, und andere von dieſer Gattung.
Chicacol die Hauptſtadt dieſer Provinz liegt
nur drey bis vier Meilen vom Meer, am Ufer
eines Fluſſes, deſſen Muͤndung nach dem Ramen
des franzoͤſiſchen Befehlshabers Duͤpleix den ih:
rigen einmal veraͤndern muſte. Der Eingang
iſt ziemlich gut, wenn nur die Schiffe nicht ſehr
groß ſind. *
Zu dieſer Provinz gehoͤrt die große Pergun—
na genannt Ganjeau, neben Belecor; die Kette
von Gebirgen, von welcher ich geredet habe gr
digt ſich hier mit dem obenerwehnten Paß ges
gen Katec zu, der zugleich die aͤuſſerſte Graͤnze
dieſer Circars iſt. Haͤtten die Hollaͤnder und
Engländer nicht in dieſem Lande auch Handels-
logen gehabt, ſo wuͤrde Frankreich hier ohne
Zweifel ein feſtes Reich gegruͤndet haben. Ich
will zur genauern Kenntniß des Landes auch
dieſe nahmhaft machen. Die Hollaͤnder haben
hier nur drey Etabliſſemens Palacoil, Caquinara
und Bimilipatan.
Palacoil, welches zwey Meilen jenſeits Nar⸗
ſapur liegt, iſt ſehr unbetraͤchtlich. Dieſer Ort.
C 2 muß
36
muß nicht mit dem holländischen Etabliſſement
Puliacatta, werwechſelt werden, welches in Car—
natic hart an der nordlichen Graͤnze von Ma—
dras belegen iſt, und durch die Feſtung Gels
dria vertheidigt wird.
Caquinara iſt weit anſehnlicher, und das vor⸗
nehmſte Contoir der Nation, und in Rajamuns
drum ſechs Meilen nordwaͤrts des Fluſſes Ya-
naon belegen. 9) *
Bimilipatan liegt in der Provinz Chicacol,
vier oder fuͤnf Meilen nordwaͤrts von engliſchen
Contoir Viſagapatam.
Den Englaͤndern gehoͤren hier acht verſchie—
dene Contoirs. Dieſe ſind Madepallum wovon
ich ſchon bey Narſapur geredet habe. Die Fa:
ge daſelbſt iſt ziemlich gut, ſie wird aber nicht
bewohnt.
Die Inſel Bandamurilanka oder Bander⸗
malanka, wohin ſie von Madepallum zogen, iſt
ohngefaͤhr anderthalb Meilen lang, und beynahe
ſo breit; und wird groͤſtentheils von den Aer⸗
men des Fluſſes Kondavery umgeben. Die Eng⸗
laͤnder haben fie nebſt einem dazu gehörigen
Dorfe in Pacht.
a Das
9) Dies hollaͤndiſche Handelscontoir wird ſonſt nir⸗
gendswo erwebnt, ſelbſt Herr Rademacher, der im
erſten Theil der Abhandlungen der Batariſchen Ge:
ſellſchaft, alle oſtindiſche Handelsplaͤtze feiner Nation
angiebt, hat es nicht bemerkt.
37
Das Contoir Ingiron fonft auch Cambre⸗
palum genannt, liegt eine Meile jenſeits des alten
Contoirs von Yanaon, nur nicht fo nahe am
Fluſſe, auf dem Wege nach Rajamundrum.
Die Englaͤnder haben den Grund davon gekauft,
und hernach ein Luſthaus daraus gemacht, wel—
ches fie gegenwaͤrtig auch zu nichts weiter Drau:
chen koͤnnen.
Auch die Inſel Elakatilpa dieſſeits Yanaon,
iſt nicht ſehr wichtig. Es iſt eine wuͤſte Inſel,
die ihnen wenig Nutzen bringt, denn ſie iſt
beynahe immer uͤberſchwemmt; ſie haben aber
den Einfall gehabt ſich hier niederzulaſſen, und
einen Zoll auf alle Schiffe des Landes zu legen,
die hier vorbey kommen, |
Dieſe Inſel imgleichen Bandamurilanka ge⸗
hoͤren nebſt den folgenden zu Rajamundrum.
Die Inſel Rellapelly ift von weit größerer
Wichtigkeit. Sie war vorher blos eine Bleiche,
aber ſeit ohngefaͤhr zwanzig Jahren iſt es eines
der vornehmſten Etabliſſements der Englaͤnder ge⸗
worden. Verſchiedene Arme des Fluſſes Yanaon
formiren dieſe Inſel; auf einem dieſer Arme der
Nellapelly heiſt haben ſie dem alten franzoͤſiſchen
Contoir gegen uͤber ihren Handelsplatz angelegt.
Die Inſel Corangui liegt an dem Ufer des
Meeres, zwiſchen den zahlreichen Armen des
Fluſſes Condavery. Es iſt ein herrliches Land,
das ſehr viel eintraͤgt, und ſehr bequem zum
Handel gelegen iſt. Die Englaͤnder hatten ſie
vor⸗
38
vorher ehe die Franzoſen Herren dieſer Circars
wurden, von dem Pachter der Provinz Rajamun⸗
drum gepachtet.
Ouzara iſt zu unbetraͤchtlich um ſich dabey
aufzuhalten, es beſteht blos in einem Hauſe in
der Aldea dieſes Namens, in welchem ſich ein
engliſcher Handlungsagent aufhaͤlt.
Das letzte Contoir der Englaͤnder an der
Kuͤſte, iſt Viſagapatan, welches ziemlich bekannt
iſt, indem es den dritten Rang nach Madraß
und Cudulur behauptet. Es gehoͤrt unter die
Gerichtsbarkeit der Provinz Chicacol. Seine
Lage iſt ſehr vortheilhaft, und es iſt ſehr gut
befeſtigt.
Es verdient angemerkt zu werden, daß die
Aldea von Madepallum, und die Contoirs von
Ingiron und Viſagapatan die einzigen von al
len dieſen Etabliſſemens waren, welche die Eng—
laͤnder mit einem Schein von Recht erlanget
hatten, die andern beſaſſen ſie blos vermittelſt
einer gewaltſamen Beſitznehmung, oder einer Un⸗
terpacht, die ihnen kein rechtmaͤßiges Eigenthums⸗
recht daruͤber geben konnte, haͤtte der im Jahr
1763 geſchloßne Friede ihnen nicht ein Anſehen
ertheilt, daß alle ihre Unternehmungen in die⸗
ſen Laͤndern rechtfertigte.
Alle dieſe unter dem Namen der nördli-
chen Circars begriffene Laͤnder, werden in ihrem
ganzen Umfang von zwey großen Stroͤmen ge—
waͤſſert, welche beyde in den Gebirgen entſprin⸗
gen,
|
39
gen, ſich in viele Arme theilen, und ſich endlich
durch viele Muͤndungen in das Meer ergieſſen.
Es iſt nicht moͤglich ſie alle zu zählen, oder ein⸗
zeln anzugeben.
Der Kriſtnafluß iſt wegen der Diamanten
Minen ſehr beruͤhmt, und der Condavery mehr
unter dem Namen Ganges bekannt, wird von
den Heiden ſehr verehrt. Ihre vortheilhafteſte
Eigenſchaft aber iſt, daß fie alle Jahre anſchwel⸗
len und ſich fo wie der Nil zu beſtimmten Zei—
ten in Ueberſchwemmungen, welche im Monat
Junius anfangen, und gegen das Ende des Au⸗
guſts aufhoͤren, ergieſſen.
Dieſe Ueberſchwemmungen unterſcheiden ſich
dadurch von andern, daß ſie nur eine kurze
Weile dauern, und nach einer Zwiſchenzeit wie—
der kommen; das Waſſer welches das ganze
Land auf einmal uͤberſchwemmt, bleibt hoͤchſtens
zwey oder drey Tage darauf ſtehen, und ver—
ſchwindet hernach, weil es enkweder wegen der
Naͤhe des Meeres einen leichten Abfluß hat,
oder weil die duͤrre Erde es ſehr geſchwinde eins
trinkt: nach acht Tagen aber werden dieſe Ueber:
ſchwemmungen mit mehr oder weniger Staͤrke
wiederholt, und dieſes waͤhrt ſo lange bis ſie
ganzlich aufhören. Man kann kaum begreifen
wie nuͤtzlich dieſes dem Lande iſt, denn der
Schlamm den das Waſſer zuruͤck läßt, macht
nicht nur den Boden fett, ſondern erleichtert
auch das Umpfluͤgen. Es ſcheint als Hätte die
Na⸗
40
Natur hierdurch dieſe trocknen Gegenden ſchad—
los halten wollen. Die große Hitze die darin
nen herrſcht, wird durch die vielen Fluͤſſe erſetzt,
deren man eilfe nach einander paßiren muß,
wenn man von Maſulipatan nach Ganjam reiſt.
Sie traͤnken die Erde, und waͤſſern und uͤber—
ſchwemmen ſie beynahe zu gleicher Zeit, und in
den naͤmlichen Maaß wie die beyden Ströme,
von welchen ſie ihren Urſprung haben.
Dieſer Vortheil iſt ſo groß, daß man ohn⸗
geachtet der Verſchiedenheit des Clima's, bey:
nahe in Verſuchung gerathen moͤchte zu glau⸗
ben, daß die fruchtbarſten Gegenden in Europa
dieſen Provinzen von Indien, weder in der na—
tuͤrlichen Beſchaffenheit und Fruchtbarkeit des
Bodens, noch in der Guͤte und dem Ueberfluß
ihrer Fruͤchte gleich kommen, oder fie wenig⸗
ſtens nie uͤbertreffen.
Wenn man dieſes annimmt, kann man ſich
leicht vorſtellen, wie ungern die Franzoſen Be—
ſitzungen verlaſſen mußten, welche von dieſer
Seite allein betrachtet, aͤuſſerſt wichtig waren.
Man erinnere ſich nur der Lage von Maſulipa⸗
tan, an dem Ufer des Meeres, und beynahe in
der Mitte aller eben beſchriebenen Herrſchaften.
Ihr zur rechten ſieht man den Fluß Kriſtna,
welcher alle die Laͤnder gegen Mittag durch⸗
ſtroͤmt, und zur linken den Condavery, der auf
naͤmliche Art die noͤrdlichen Gegenden traͤnkt.
An einer Seite ſind lauter Manufakturen von
indi⸗
i 41
indiſchen Schnupftuͤchern, mit denen ein fo groß
ſer Handel getrieben wird, und auf der andern
lauter Fabriken von andern baumwollenen Zeu—
gen, welche einen eben ſo ſtarken Abgang ha—
ben. Ueberall entdeckt ſie entweder Schiffe die
mit allen Arten von Guͤtern beladen, in ihren
Hafen einlaufen, oder ein unermeßliches Land und
Felder mit den herrlichſten Produkten bedeckt.
Der Beſitz dieſes großen Landes wuͤrde der
franzoͤſiſchen Compagnie in Indien wenig Vor:
theil verſchaft haben, wenn ſie keine Einkuͤnfte
daraus haͤtte ziehen koͤnnen; denn ſo groß auch
immer der Handel ſeyn mochte den ſie daſelbſt
treiben konnte, ſo wuͤrden doch die Koſten der
Verwaltung und Regierung dieſer Herrſchaften
die Handelsvortheile gaͤnzlich verſchlungen haben:
Sie zog aber wichtige Einkuͤnfte aus denſelben,
die ſich in folgende Claſſen eintheilen laſſen.
Erſtens beſaß die Compagnie eine unermeß⸗
liche Strecke Landes, das mehr oder weniger be—
bauet war, und deſſen Werth ſich nicht leicht be—
ſtimmen ließ. Zweytens hatte ſie das Eigen⸗
thumsrecht der beſten und groͤßten Salzgruben
die an der ganzen Kuͤſte ſind. Drittens hatte
ſie das Recht Geld zu praͤgen, und alle unter der
vorigen Herrſchaft uͤbliche Auflagen zu heben.
Wenn man nun dieſe Artikel auch nur nach den
Fuß berechnet, wie ſie zu der Zeit waren, als
die Franzoſen dieſe Provinzen verlaſſen muſten, ſo
trugen ſie dennoch Veh zehn Millionen Livres
jaͤhr⸗
42
jaͤhrlicher Einkuͤnfte, deren Hebung der Compag⸗
nie beynahe gar nichts koſtete, und die man mit
etwas genauerer Aufmerkſamkeit auf dieſe Laͤn⸗
der, um ein Drittheil, ja vielleicht Doppelt hät:
te vermehren fönnen.
Ehe ich meinen Leſern eine ausführliche Nach⸗
richt von den Produkten dieſer Laͤndereyen gebe,
muß ſich ihnen zuvor zwey Bemerkungen mittheilen,
welche indem ſie ihnen einen Begrif geben von
der Art, wie die Steuern in Indien auf die Laͤn⸗
dereyen gelegt und eingeſammelt werden, ihnen
auch zugleich beweiſen koͤnnen, mit welcher Ge—
wisheit ihr Betrag im voraus berechnet werden
kann. h
Die erite iſt, daß die Einkuͤnfte welche man
aus dem Ertrag der Laͤnder in Indien zieht, auf
eine ganz verſchiedene Art erhoben werden als in
Europa, Hier bekommt man das Getraide ſelbſt,
und muß es liegen laſſen, oder den Verkauf deſſel⸗
ben abwarten, um ſein Geld heraus zu ziehen.
In Indien im Gegentheil beſitzt kein Privatmann
liegende Guͤter, und die Laͤndereyen im ganzen
Reich des Mogols gehoͤren dem Landesherrn.
Die Ackerleute eine Kaſte oder Stamm, welche
niemals aus ihren Stande treten, find verbun⸗
den das Land um die Hälfte des Gewinns zu be⸗
arbeiten; wenn alſo die Zeit der Erndte koͤmmt,
wird die ganze Maſſe des Getraides in zwey gleis
che Theile getheilt, von welchen einer dem Prin⸗
zen oder demjenigen der feine Stelle vertritt zuge-
hoͤrt,
43
hört, und den andern behält der Ackersmann;
jedoch um die ihm zufallende Haͤlfte zu nehmen,
und zu ſeinem Nutzen anwenden zu koͤnnen, muß
er zuvor dem Landesherrn ſeine Haͤlfte abkaufen,
und dies geſchieht auf folgende Weiſe.
Bediente welche man Dechapaudias nennt,
und welche Braminen oder Schreiber ſind, haben
die Aufſicht uͤber das Getraide, und muͤſſen es
richtig ſchaͤtzen. Dieſe Schaͤtzung geſchieht zu
zwey verſchiedenen Malen: einmal wenn das Ge⸗
traide noch ſteht, uud zweytens wenn es ſchon
abgeſchnitten und in Haufen zuſammen getragen
iſt, und alsdann wird es auch getheilt.
Hat der Ackersmann gleich das Geld um die
dem Grundherrn gehörige Hälfte zufolge der
Schaͤtzung zu bezahlen, fo hat er die Freiheit das
Getraide wegzufuͤhren und für feine Rechuung zu
verkaufen; doch hat der Prinz oder fein Afterpächs
ter der feine Stelle vertrit- immer ein Recht von
feiner Hälfte fo viel zu nehmen, als er zu feinem
Gebrauch noͤthig hat. Da die Kaufleute eilen,
ihren Handel mit den Ackersleuten zu ſchlieſſen,
ehe noch das Getraide abgeſchnitten iſt, ſo ha—
ben dieſelben dieſes Geld ſchon beynahe immer
bereit.
ft aber im Gegentheil der Ackersemann
nicht im Stande, den Theil des Prinzen zu be⸗
zahlen, ſo wird ihm der dritte Theil der Erndte
uͤberlaſſen, und es werden ihm zur Bezahlung
deſſelben drey Termine jeder von einem Monat
geſetzt.
44
geſetzt. Dieſe beobachtet er ſehr richtig, denn
unterlieſfe er es, würde alles übrige Getraide
zum Vortheil des Prinzen an den Meiſtbietenden
verkauft werden. Wenn er das Geld fuͤr den
erſten Theil abgetragen hat, ſo bekommt er das
zweyte Drittel, und fo fort bis er feinen Contract
mit dem Prinzen ganz erfuͤllt hat. Auf dieſe Art
hat der Ackersmann nicht nur die Muͤhe das Land
zu bearbeiten und zu beſaͤen, ſondern er muß
auch noch fuͤr den Verkauf und Abgang des Ge—
traides ſorgen. Der Landesherr empfaͤngt immer
die Hälfte des Werths aller Produkten, ohne daß
er die geringſte Muͤhe noch Unkoſten hat, auſſer
daß er die Beamten beſolden muß, die uͤber die
Sicherheit der Erndte wachen, und die Ackers—
leute zu Bezahlung ihrer Schulden zwingen muͤſ⸗
fen. Es iſt alſo leicht einzuſehen, daß die fran:
zoͤſiſche Compagnie die in alle Rechte des Souve⸗
rains dieſer Lander eintrat, keine deutlichere und
gewiſſere Einkuͤnfte haben konnte, als diejenigen,
welche ſie aus dieſen Herrſchaften zog.
Die zweyte Bemerkung welche ſich uͤber die—
fe Einkuͤnfte machen laͤſt, iſt folgende. Dieſe
Laͤndereyen waren eine ſo kurze Zeit in dem Beſitz
der franzoͤſiſchen Compagnie geweſen, daß fie uns
moͤglich ihren innerlichen Werth kennen konnten.
Eine Menge Zemindars und andere kleine Prin—
zen, die vorher die Blutigel und Tyrannen des
Volks geweſen waren, wie auch viele Braminen
Schreiber und Aufſeher, die noch einen Theil ih⸗
rer
45
rer Gewalt beybehalten hatten, bedrohten und
ſchreckten die Ackersleute ohne Aufhoͤren, die ſich
alsdann durch die Furcht noch einmal unter ihr
Joch zu kommen gezwungen ſahen, ihre neuen
Herren wieder ihren Willen zu betruͤgen. Sie
wurden mit den Schreibern oder Dollmetſchern
eins die Wahrheit zu verhehlen, wenn ſie uͤber
den Ertrag ihrer Laͤnder befragt wurden, und
gaben öfters nur die Hälfte an. Welche Verrin—
gerung der Einkuͤnfte mußte nicht aus dieſem
Betragen entſtehen? Hiezu kam noch, daß der
groͤßte Theil der Länder durch die Tyranney und
die Unterdruͤckungen der mogoliſchen Prinzen bey:
nahe entvoͤlkert waren. Man kann ſich in der
That kaum vorſtellen, in welch einem elenden Zu:
ſtande ſich der Ackermann unter der vorigen Re—
gierung befand. Die Dechapaudias oder Schrei⸗
ber verftanden ſich mit den Foſſedars um ihn zu
pluͤndern. Sobald die Zeit der Schaͤtzung ge—
kommen war, ſo ſetzten die Schreiber eine auf,
die ſich noch einmal ſo hoch als der Betrag der
Erndte belief. Der Theil des Prinzen alſo ver—
ſchlang die ganze Maſſe des Getraides, und dem
Ackersmann blieb nichts uͤbrig. Beklagte er ſich,
ſo mishandelte man ihn, und drohte ihn, unter
dem Vorwand, daß er einen Theil des Korns
entwendet hätte, ins Gefaͤngniß zu werfen.
Dieſe armen Bedruͤckte die vor Hunger umka—
men, und kein Mittel hatten ſich Recht zu ver⸗
ſchaffen, verlieſſen in Menge das Land, wo ſie
bey
46
bey aller Arbeit keinen Unterhalt fanden. Eben
daher war der Hauptertrag dieſer Provinzen ſo
geringe, wie ſie an Frankreich kamen, und da
keine Einwohner im Lande waren, die auf die
alte Weiſe das Feld baueten, fo war man ges
zwungen große Laͤndereyen den Paͤchtern zu übers
laſſen, die ſich dazu anboten. Dieſe boten oft
nicht einmal den vierten Theil des Ertrags, den
die Geſellſchaft aber annehmen muſte, um doch
etwas zu gewinnen.
Es iſt gewiß, daß blos das alte Gouver⸗
nement von Maſulipatan, ohne von dem Cirkar
von Condavir, noch von den vier noͤrdlichen
Provinzen, welche verpachtet waren zu reden, in
fruchtbaren Jahren mehr denn ſieben bis acht
hunderttauſend Livres an Getraide eintrug. Noch
ein klarerer Beweis deſſen was ich behaupte, iſt daß
die Provinz Niſampatnam, ob fie gleich die Fleins
ſte und ſchlechteſte in dieſem Gouvernement iſt,
und zuweilen mehr als Dreyviertel ihrer Laͤn⸗
dereyen brach lagen, dennoch in der letzten Zeit
der franzoͤſiſchen Adminiſtration, verſchiedne Jah⸗
re nach einander ſechszigtauſend Rupien eintrug,
welches die Rupie zu zwey Livre acht Sous ges
7
—
rechnet, hundert vier und vierzig tauſend Livres
machte. Man kann daſſelbe verhaͤltnißweiſe von
den andern Departemens ſagen. Die Inſel Di—
vy zum Beyſpiel trug jaͤhrlich wenigſtens tauſend
Rupien, oder zweyhundert vierzigtaufend Livres
ein, und * war dieſes nur der achte Theil
von
47
von dem was ſie hätte einbringen koͤnnen: denn
man ſieht darinnen große Ebenen, auf denen ſich
Armeen von hundert tauſend Mann aufhalten
koͤnnten, welche aus Mangel an Ackersleuten,
unbearbeitet liegen bleiben. Nach dieſen beyden
Beyſpielen, kann man auf das uͤbrige ſchlieſſen.
Hingegen iſt es auch leicht einzuſehen, wie ſehr
ſich die Einkuͤnfte durch die Veraͤnderung der
Adminiſtration, deren Wirkungen ſich alle Jahre
offenbarten, vermehrt haben wuͤrde.
Doch dieſes iſt nicht die einzige Gattung
von Einkuͤnften, welche die franzoͤſiſche Compag⸗
nie aus dieſem Theil von Indien zog: Sie hatte
noch in dem Umfang ihrer Herrſchaften einen eben
fo reichen Schag. Dieſer beſtand in den ſchoͤ—
nen und anſehnlichen Salzwerken, deren Eintrag
willkuͤhrlich iſt, und ſo viel man will vermehrt
werden kann. Es iſt ein Tribut den das Meer
jaͤhrlich bezahlt, und den man blos einzunehmen
braucht.
Die Salzgruben in Maſulipatan und in
der Provinz Niſampatnam, ſind die beſten un⸗
ter allen denen, welche man laͤngſt der Kuͤſte
trift, wegen der Beſchaffenheit des Bodens, der
einen leimichten Grund hat, und gar nicht fürs
dig iſt. Man bereitet darinnen eine unbegreif—
liche Menge Salz auf die wohlfeilſte Art.
Man waͤhlt zu dieſem Ende ein bequemes
Feld, welches ziemlich nahe am Meere liegt,
und theüt es in verſchiedns viereckigte Behalter
ein,
48
ein, die mit einem Rande verfehen find, damit
das Waſſer nicht abflieſſen moͤge; hernach graͤbt
man hier und da Gruben, in welche das Waſ—
ſer durch die Erde eindringt. Dieſes Waſſer
leitet man hernach vermittelſt Waſſerleitungen die
aus den Staͤmmen der Palmbaͤume gemacht wer—
den, in die Behaͤlter; Vorher aber muͤſſen die
Parias eine geringe Klaſſe des Volks, welche
den Ackersleuten dienen, und in der Zwiſchenzeit
der Feldarbeit, ſich gern hiezu gebrauchen laſſen,
die Erde in den Behältern mit den Fuͤſſen ſtam—
pfen, um ſie feſt zu machen; nach dieſem oͤfnet
man die Schleuſen, und das Waſſer laͤuft in
die Behaͤlter. Jedoch die Hitze der Sonne trock—
net es bald aus, und es bleibt unten eine Art
von Kriſtallner Rinde, welche mit einem Rechen
zuſammengekratzt wird, und dieſes iſt das Salz.
Dieſe Operation wird verſchiedenemal, und imz
mer mit dem naͤmlichen Erfolg wiederholt. Der
ganze Rand des Behaͤlters wird nach und nach
mit einer Menge Salz bedeckt, welches man ab⸗
nimmt, und an dazu beſtimmte Oerter aufhaͤuft,
bis die Kaufleute es wegzuholen kommen.
Das ganze Reich des Mogols wird bey—
nahe allein aus den Salzgruben von Mafulipa:
tan mit Salz verſehen, und uͤberdem werden
noch viele Schiffe damit beladen, und auf dem
Ganges in Bengalen geſchickt, welches Mangel
daran hat. Karavanen von Lambadis eine Art
von Kaufleuten dieſes Landes welche bieſen Handel
trei⸗
49
treiben, kommen vom Monat Januar an bis zum
September, mit Heerden von dreyßig bis vier—
zig tauſend Ochſen an und bezahlen alles was ſie
nehmen in baarem Gelde. Es iſt manchmal
ſchwer ſie zu befriedigen, und ſie laſſen dem
Salz kaum Zeit hart zu werden, ehe fie es weg⸗
nehmen: manchmal machen ſie es ſich einander
ſtreitig, und gerathen daruͤber in ein Handge—
menge. Jeder bemuͤht ſich am meiſten davon
zu bekommen, aus welcher Urſache ein Theil die⸗
ſer Karavanen ſehr oft leer zuruͤck kehret, weil
die Anzahl der Kaͤufer gewoͤhnlich die Quantitaͤt
der Waare übersteigt.
Aus der Summe die buch den jahrlichen
Verkauf des Salzes gewonnen wird, ſieht man
bald die große Quantität, welche in dieſen Herr⸗
ſchaften zubereitet wird. Der Verkauf des Sal—
zes von Maſulipatan bringt beynahe hunderttau⸗
ſend Rupien, oder zweyhundert und vierzig tau⸗
ſend Livres ein; da nun das Candil, ein Maaß
des Landes, welches ohngefaͤhr zehntauſend Pfund
enthält, zu hundert Livres verkauft wird, fo folgt
daraus durch eine ſehr einfache Berechnung, daß
blos in den Salzwerken von Maſulipatan alle
Jahr zweytauſend vierhundert Candils zubereitet
werden. Die Salzwerke von Niſampatnam brin⸗
gen beynahe eben fo viel, und die von Pens
darby vielleicht noch mehr hervor; dieſes macht
Forſters b. u. V. K 3. Th. D alſo
50
alſo zuſammen ſiebentauſend zweyhundert Can⸗
dils, und rechnet man das Candil zu hundert
Livres, ſo koͤmmt eine Summe von ſiebenhundert
zwanzigtauſend Livres heraus, die die franzöfifche
Compagnie ſo lange ſie im Beſitz dieſer Salz⸗
werke war aus denſelben gezogen hat. Ueber⸗
dem hatte ſie noch die gewiſſe Hofnung ae
Einfommen zu vermehren.
Da die Franzoſen ferner an der Stelle der
mogoliſchen Regenten kamen, ſo gehoͤrten ihnen
auch alle Landesſteuern und andere Landesherliche |
Rechte,
Diele beſtehen unter andern in dem Recht
Geld zu prägen; den Zoͤllen; in der Auflage Sa:
hir genannt, eine Art Tranſitozoll, und der ſo⸗
genannten Steuer Mutafara, die nicht nur von
Perſonen ſondern auch von allen unbeweglichen
Guͤtern, wie Haͤuſer, Laden, Weberſt uͤhle und
dergleichen erhoben wird.
Das Muͤnzrecht hat den Franzoſen niemals
viel eingetragen, wenn man eine kleine kupferne
Muͤnze ausnimmt die dem gemeinen Volk ins⸗
beſondere den Webern ſehr noͤthig iſt, und de—
ren Verfertigung ohngefaͤhr einen Gewinn von
vierzig bis funfzig Procent verſchafte.
Die Zolleinnahme war betraͤchtlicher, weil
ſie von der Menge der Waaren oder Schiffe die
in
51
in Maſulipatan aus oder einlaufen, abhaͤngt.
Jemehr dieſe Rheede beſucht wird, je hoͤher wer—
den dieſe Einkuͤnfte ſteigen. Außer dem Zollamt
zu Maſulipatan, iſt noch ein anders zu Nar⸗
ſapur. |
Die Europäer und Mogolen bezahlen bey
beyden drey Procent, die Gentoos aber fuͤnf.
Es iſt auch noch ein drittes zu Madepally einem
Dorfe in Condavir, welches an der unterſten
Graͤnze von Rifampatnam am Ufer des Meeres
liegt. Hier laden die Kaufleute welche mit den
Tuͤchern von Paliacatta handeln, immer einen
Theil ihrer Waaren. Die jaͤhrliche Einnahme
von dem erſten dieſer Zollaͤmter ward von den
Franzoſen auf vierzigtauſend Rupien oder ſechs
und neunzigtauſend Livres geſchaͤtzt; des zweyten
anf dreytauſend Rupien oder ſiebentauſend zwey⸗
hundert Livres; und des dritten ohngefaͤhr auf
viertauſend Rupien oder neun bis debrtaufenk
Livres.
Die Auflage Sahir genannt wird von al⸗
len Gattungen von Guͤtern gehoben, und muß
von jederman entrichtet werden. Nichts iſt da:
von frey: Menſchen, Thiere, Lebensmittel und
Kaufmansguͤter muͤſſen ſie alle bey Ueberfahrt eines
Fluſſes, oder wenn ſie ein ander Gebiet paßiren
bezahlen. Die Summe welche dieſe Auflage eins
bringt, haͤngt von der Menge Guͤter oder Per⸗
D 2 ſonen
82
ſonen ab, welche bey dieſen Oertern durchpaßi⸗
ren: bey einigen belaͤuft ſich dieſe Einnahme ſehr
hoch. Die Pergunna von Gondur zum Beyſpiel,
durch welche die Landſtraſſe nach Golkonda geht,
wird wegen ihrer vortheilhaften Lage gewoͤhnlich
für vierzigtauſend Rupien oder beynahe hundert⸗
tauſend Livres verpachtet. |
Was das Recht Mutafara anbelangt, fo
ſcheint es mir unnoͤthig davon zu reden, weil
man ſich leicht die Beſchaffenheit und den Ums
fang deſſelben vorſtellen kann. Ich will nur bloß
anmerken, daß es mit dem Sahir gewoͤhnlich in
dem Contract den man bey Verpachtung der Laͤn⸗
dereyen macht, eingeſchloſſen wird. Da nun ein
Theil der Herrſchaften der franzoͤſiſchen Compag⸗
nie verpachtet, und ein Theil ſelbſt verwaltet
ward, iſt es ſchwer zu beſtimmen, wie hoch ſich
dieſe Auflagen belaufen; ich will indeſſen jedes
Departement insbeſonders durchgehen, es mag
verwaltet werden oder verpachtet ſeyn, und den
Werth deſſelben nach der Berechnung der Com⸗
pagnie beſtimmen. | '
Die Einkuͤnfte des Zollamtes in Maſulipa⸗
tan belaufen ſich auf ſechs und neunzigtauſend
Livres, die Salzwerke auf zweyhundert und vier
zigtauſend, und die andern Auflagen auf vier
und zwanzigtauſend Livres.
83
In den Pettas von Jougurdur war die
| Erndte und der Tranſitozoll für zwanzigtauſend
Rupien oder acht und vierzigtauſend Livres vera
pachtet.
Die Pergunnas von Gondur und Aduma—
nar waren gleichfalls verpachtet, aber auf dem
Fuß von funfzigtauſend Rupien oder hundert
und zwanzigtauſend Livres.
Die Einkuͤnfte der Laͤndereyen die zu den
Pergunnas Tomedy und Pedana gehörten, moch=
ten ſich auf vier und zwanzigtauſend Rupien oder
ſechszigtauſend Livres belaufen, i
Die Einfünfte des Departemens Narſapur,
die beyden Pergunnas Tondur und Bondora,
welche unter der naͤmlichen Verwaltung ſtanden,
mit einbegriffen, beſtanden in dem Ertrag der
Lander, dem Zoll, und der Verpachtung der Ko=
konußbaͤume, und beliefen ſich jaͤhrlich auf mehr
denn hundert und zwanzigtauſend Rupien oder
zweyhundert und ſechszig bis zweyhundert und
achtzigtauſend Livres.
Das Departement Devrototta ward ie
falls von der Compagnie verwaltet und brachte
alle Jahr beynahe hunderttauſend Rupien oder
zweyhundert und vierzigtauſend Liores ein,
Die Einkuͤnfte der Inſel Divy die in Laͤn⸗
dereyen beſtanden, vermehrten ſich alle Jahr une
N ter
34
ter der franzoͤüſchen Regierung; aus oben anz
gefuͤhrten Urſachen, in vier Jahren waren ſie
von zwanzigtauſend Rupien oder acht und vier—
zigtaufend Libres auf hunderttauſend Rupien oder
zweyhundert und vierzigtauſend Livres geſtiegen,
und em laͤngerer Beſitz haͤtte ſie gewiß von neuem
vermehrt.
Der Circar von Niſampatnam ward ver⸗
waltet. Seine Einkuͤnfte beftanden in Laͤnde—
reyen und Salzwerken: die erſten trugen ohn⸗
gerähr ſechszigtauſend. Rupien oder hundert und
vier und vierziataufend Livres, und die zweyten
gewis funfzigtauſend Rupien aber hundert und
zwanzigtauſend Livres ein.
Die Provinz Condavir iſt ſo lange ſie im
Beſitz der Franzoſen war immer verpachtet wor:
den, aus Mangel an Leuten denen man ihre
Verwaltung in ihren ganzen Umfange vertrauen
koͤnne. Ihre achtzehn Pergunnas ſtanden un⸗
ter verſchiedenen Privatperſonen, welche mehr
oder weniger bezahlten nach der Groͤße des Lan—
des welches ſie gepachtet hatten: das ganze aber
betrug eine Summe von zweyhunderttauſend gofs
denen pagoden 10) oder achthundert und funf⸗
zig
10) Pagoda iſt eine in Coromandel, und Bengalen ge⸗
woͤhuliche Geldmuͤnze, die die Landesherrn ſowohl
auch
55
zigtauſend Rupien, nach unſerm Gelde zwey Mit
lionen vierzigtauſend Livres.
Von den noͤrdlichen Provinzen hatten die
Franzoſen nur geringe Einkuͤnfte. Sie uͤberlieſ—
ſen ſolche verſchiedenen Zemindarn die ſie vorher
beſeſſen hatten, um den naͤmlichen Preiß welchen
fie vorher dafuͤr bezahlten. Die Pacht dieſes un:
geheuren Strich Landes belief ſich auf beynahe
fuͤnf und zwanzig Lacks Rupien, oder Huaffhe
ſechs Millionen Livres.
So anſehnliche Einkuͤnfte zog die franzoͤ⸗
ſiſch oſtindiſche Compagnie aus ihren ſeit 1749
erlangten und in Golconda und Orixa belegenen
Laͤndern, deren Größe und Beſchaffenheit bis—
her in Europa ziemlich unbekannt waren. Um
den wirklichen Ertrag davon noch deutlicher zu
zeigen, ſetze ich eine Tabelle hinzu, in welcher
ich die Einkuͤnfte jedes Departements ſo genau
angegeben habe, daß wenn ſich auch jetzt ein
Unterſchied finden ſollte, er doch nicht beträchtz
lich fo fünnte,
Mas,
auch die Europäer in ihren Niederlaſſungen ſchlagen.
1 Am Werth baͤlt fie gewöhnlich acht Schilling neun
engliſche Pence.
56
Namen der
Einkuͤnfte.
Diſtricte. Rupien. Liores.
Maſulipatan 150,000 — 360, ooo
Jvigurdur 20,009 — 48,000
Gondur, Adumanar 50,000 1 120,000
Tomedy, Pedana 25,000 — 60,000
Narſupur 120,000 — 288,000
Devracotta 100,000 — 240,000
Divy 100,000 —. 240, ooo
Niſampatnam 110,000 — 260,000
Condavir 850,000 — 2,040, ooo
Die noͤrdl. Circars 2,500.000 6.090,000
— — Zwiæi. — — 2
4,025, 00 — 9,656,000
It.
| Bemerkungen
uber das Clim a
und die i
natuͤrliche Beſchaffenheit
d e r
Inſel Frankreich.
7 bees 0
Nin
N
ele de France und Bourbon liegen in dem
großen indiſchen Ocean ſieben Grade oſt—
waͤrts von Madagaſcar. Erſtere die unter der
hollaͤndiſchen Herrſchaft, welche hier 1710 auf⸗
hörte, St. Mauritius hies, liegt unter dem zwan—
zigſten Grade ſuͤdlicher Breite. Letztere ſonſt auch
unter dem Namen Maſcarenhas bekannt, ward
fruͤher von den Franzoſen in Beſitz genommen,
und ſchon 1654 fiengen einige Seefahrer dieſer
Nation an ſich hier anzubauen. Isle de France
enthält nach dela Cailles Ausmeſſung 432,630
Arpens. Die Größe von Bourbon iſt nicht fo
genau bekannt, fie wird aber gewöhnlich ſechs⸗
zig franzoͤſiſche Meilen in der Laͤnge, und fuͤnf
und vierzig in der Breite angegeben. |
Isle de France ift ſehr gebirgicht, doch die
ſuͤdliche Seite mehr, als die Roͤrdliche. Beyde
ſind noch nicht ganz und gar angebauet, indeſ—
fen werden doch faſt jährlich neue Gegenden ur⸗
bar gemacht. | |
Nach le Gentils Bemerkungen find die Difs
trikte Pampelmuß und Flacg die ſchoͤnſten und
Ffruchtbarſten. Flacq bringt ſehr guten Reis und
| | aller:
60
allerhand Getraide hervor, in den Pampelmußen
gewinnt man das beſte Getraide, ſehr gutes tuͤr—
kiſches Korn, und die beſten Manioe Wurzeln:
eben dergleichen liefern die langen Gebirge,
Die Willems Ebenen, in der Mitte der
Jaſel theilt man in niedre und hohe der niedri-
ge Theil liegt am Meere; und iſt bey weiten der
beſte. Der hohe Theil hingegen liegt gegen
das Innere der Inſel zu, und hat ſchlechtes Er⸗
dreich.
Moka iſt ein ſchoͤner Diſtrikt, es liegt hoch,
iſt eben, und wird von verſchiedenen Fluͤſſen und
Canälen gewaͤſſert; dem ungeachtet iſt er ſchlecht
bebaut, obgleich ſich wegen der Menge Waſſers
vieles mit großen Vortheil ziehen lieſſe. N
Zwiſchen den Willems Ebenen und dem
Distrikt Baßin⸗Desforges iſt eine Strecke Lan⸗ Ä
des von anderthalb bis zwey Meilen wo man
nicht den kleinſten Bach findet; ſtatt deſſen trift
man ziemlich große Steinſchichten und an vielen
Orten duͤnnes ſchlechtes Gehoͤlze an, und wahr⸗
ſcheinlich wuͤrde daher dieſes Erdreich nicht ſehr
zum Ackerbau taugen. Der Distrikt von Baßin⸗
Desforges ſelber hat gute Teiche und ſchoͤnes Fluß⸗
waſſer, im Ganzen iſt er aber doch zu trocken,
vornehmlich an der Seekuͤſte, und in dieſen Him⸗
melsſtrichen iſt das Waſſer die Seele der Pflan⸗
zen und Gewaͤchſe, ſo daß ſie ſogar im Sande und
auf Felſen fortkommen, wenn es ihnen nur nicht,
an dieſer ihrer vornehmſten Nahrung mangelt.
g Die
61
Die Holländer hatten wie fie Herren der
Inſel waren ihren Hauptſitz auf der oͤſtlichen Geis
te der Inſel angelegt, den die gegenwaͤrtigen Her—
ren den Hafen Bourbon nennen, und man haͤtte
wohl gethan, wenn man dieſen großen Meiſtern
in der Kunſt Colonien zu ſtiften gefolgt waͤre.
Das uͤbrige der Inſel iſt wuͤſte und zum Theil
mit Helz bewachſen. Der kleine Hafen Port⸗
Louis iſt die Hauptſtadt, ſie verdient aber dieſen
Namen nicht. In allen dieſen Diſtrikten iſt nichts
merkwuͤrdiges, wenn man die Eiſenwerke zu
Pampelmuß und die drey Zuckerſtedereien zu Vil⸗
lebagne ausnimmt, die aber blos für die Beduͤrf⸗
niſſe der Einwohner Zucker verfertigen. Erſtere
haben große Summen gekoſtet, und nie das gez
ringſte eingebracht; und in den letztern hat man
immer nur ſehr wenig Zucker gewonnen, der noch
dazu ſchlechter und weit theurer als der Weftinz
diſche iſt. |
Da die Inſel Frankreich im zwanzigſten Grade
ber Breite liegt, ſollte man glauben, daß es dort
ſehr heiß ſeyn muͤſſe. Dem ungeachtet iſt die
Hitze nicht an allen Orten gleich; um Port- Lou⸗
is herum iſt es beynahe immer heiß, da man
hingegen zu Moka, in den Willems⸗Ebenen und
in der ganzen Windfeite der Inſel eine ſehr ges
maͤßigte Waͤrme fuͤhlt. Denn da dieſe Gegenden
hoch liegen, ſind ſie dem Suͤdwinde ſehr ausge⸗
fen, der beynahe beftändig wehet, und die Luft
ſehr
62
ſehr abkuͤhlt, indem er über verſchiedene wre
und Wälder koͤmmt.
Das Camp oder die Stadt Port Lou—
is liegt beynahe gleich mit dem Waſſer, in ei-
nem Strich Landes, der ganz mit Bergen um—
geben iſt, wovon die niedrigſten beynahe zwey
hundert Klafter, und die an der Windſeite uͤber
vierhundert hoch ſind. Die Lage dieſes Orts iſt
gegen Nordweſt und Suͤdoſt im 2often Grad
ſuͤdlicher Breite. Indem die Sonne nun von
der Linie nach dem Wendezirkel des Steinbocks
ruͤckt, ſo erwaͤrmt ſie nach und nach das Erdreich
zwiſchen den Bergen, und die Berge ſelbſt, wel—⸗
che alsdenn vornehmlich im Sommer die Wir-
kung eines Reverberirofens haben, ſo daß man
es nicht wagen darf vor Sonnenuntergang fpas
zieren zu gehen. Wird die Sonne von einem
kleinen Woͤlkchen bedeckt, fo fallt das Thermome⸗
ter gleich zwey bis drey Grad, und ſteigt wieder
ſobald die Wolke voruͤber iſt. Wehet der Wind
aus Sud: füd:oft, fo iſt die Hitze noch ertraͤg⸗
lich, indem ſie durch den die ganze Inſel durch⸗
ſtreichenden, und uͤber hohe Berge und Waldun⸗
gen gehenden Wind gemildert wird. Man un⸗
terſcheidet vier Jahreszeiten in Isle de France.
Die erſte fängt im May mit Suͤdoſt Wins
den und ſtarken Regen an, welches dem Getrai⸗
de ſehr zutraͤglich iſt. Die zweyte Jahreszeit
faͤngt im September oder October an, * die
ord⸗
63
Rordoſt Winde wehen, und die erſtern Aufhö-
ren, dies iſt die trockne Jahrszeit. Jetzt naͤhert
ſich die Sonne dem Zenith der Inſel, und faͤngt
an die Luft zu erwaͤrmen. Der Regen, die
Windſtoͤſſe und Stuͤrme die im December regie—
ren, bezeichnen die dritte Jahrzeit die bis in den
Merz dauert, nachher kommt die letzte, welche nur
ungefähr ſechs Wochen lang, und trocken iſt.
Dieſe Eintheilung des Jahres bezieht ſich
hauptſaͤchlich auf die Beſtellung des Ackers, denn
eigentlich giebt es auf Isle de France nur zwey
Jahrszeiten; nämlich wenn die Südoft oder Suͤd⸗
winde wehen, und die andere, wenn die Nord,
Nordoſt oder Nordweſtwinde häufiger find. Die
Suͤdwinde ſind ſehr heftig aber dabey gar nicht
gefährlich fuͤr die Schifffarth. Denn ſobald ſie
einen gewiſſen Grad der Staͤrke erreicht haben,
bleiben fie beſtaͤndig fo ohne heftiger zu werden.
Die Nordwinde hingegen obgleich ſie ſchwach und
mit Windſtillen vermiſcht ſind, ſind den Schiffen
doch ſehr gefaͤhrlich, weil ſie zur Jahrszeit der
Regen und Stuͤrme, oder im dortigen Winter
regieren. Man nennt dieſe Jahrszeit ſehr un⸗
recht Winter, denn es iſt gerade alsdenn am heiſ⸗
ſeſten. Die Schiffe duͤrfen ſich nicht in die offene
See wagen, und man kann auch nur auf einem
ſehr langweiligen und muͤhſamen Wege nach Ins
dien kommen.
Der Südoft iſt geſund, aber dem Wachs⸗
ühum der Pflaum und Baume ſehe nachtheilig,
vor⸗
64
vornehmlich in offenen Gegenden. Aus dieſem
Grunde gedeihen die Obſtbaͤume auch ſo langſam
im Difteift der Pampelmuße, welcher ganz von
Waldungen entbloͤßt iſt. Die Citronen und Po⸗
meranzenbaͤume leiden am mehreſten vom Suͤd—
oſtwinde, und beduͤrfen den meiſten Schutz ge⸗
gen ihn. Man hat bemerkt daß ſie in den
Waͤldern ganz vortreflich wachſen, da ſie in den
Ebenen gar nicht fort wollen. Dieſer Wind iſt
fuͤr die Baͤume ſo ſchaͤdlich, daß diejenigen, ſo
unmittelbar davon getroffen werden; an der Sei—
te keine Fruͤchte tragen, die man alsdann nur
an der entgegengeſetzten findet.
Man ſieht andre Baͤume die nur eine hal⸗
be und noch dazu ſehr duͤnn belaubte Krone ha⸗
ben, die andre Haͤlfte hat der Wind ganz ver⸗
zehrt. Andre die ein wenig mehr Schutz ha⸗
ben, ſcheinen von ferne eine ſchoͤne runde Krone
zu haben, und man vermuthet, daß der Stamm
wie bey andern Baͤumen in der Mitte derſelben
befindlich iſt, wenn man aber naͤher kommt fine
det man, daß er am aͤuſſerſten Ende der Krone
an der Windſeite ſteht. Die Tamarinden find
nicht ſo zaͤrtlich, ſie trotzen der ganzen Gewalt
der Winde, und fie wuͤrden zur Beſchuͤtzung eiz
nes Obſtgartens ungemein dienlich ſeyn. Un⸗
gluͤcklicherweiſe wachſen fie aber auf dieſer In⸗
ſel aͤuſſerſt langſam, und man hat daher bis jetzt
die Cultur dieſes koſtbaren Baues verabſaͤumt.
x N Am
65
Am Cap der guten Hofnung ſchuͤtzen die
fleißigen Hollander ihre Obſtbaͤume gegen eben
dieſen Wind, durch Hecken von Eichen. In Isle
de France kann man nur nach langen Jahren
Schutz dagegen finden, weil die Baͤume hier aͤuſ—
ſerſt langſam fortkommen. Statt der Tamarin—
den pflanzen die Einwohner Bambusroͤhre die ſehr
ſchnell wachſen, und ein ziemlich gutes Anſehen
haben. Dies Gewaͤchſe iſt den Gaͤrten aber ſelbſt
nachtheilig, indem es ſeine Wurzeln ſo weit um
ſich herum verbreitet, und ein Theil dieſer Wur—
zeln liegt jo nahe an der Oberflaͤche, daß auf
zwoͤlfe, fun zehn und ſelbſt zwanzig Fuß umher
nichts wachſen kann. Dieſem Uebel ſucht man
dadurch abzuhelfen, daß man längft der Hecke ei⸗
nen Graben von zwey bis drey Fuß tief, und von
eben der Breite zieht: der Bambus leidet aber
darunter, und waͤchſt nicht mehr ſo ſchoͤn und
wiederſteht folglich dem Winde noch weniger;
uͤberdem gedeihet er nur im feuchten Gegenden;
in andren will er gar nicht fort.
Die Naͤchte ſind hier gewoͤhnlich ſehr helle
und ſchoͤn, vornehmlich wenn die Nordoſtwinde
wehen. In dieſer Jahrszeit geht die Sonne
faſt immer ſehr heiter auf; gegen zehen Uhr.
ſammeln ſich einige kleine Wölfchen die aber
nichts zu bedeuten ſcheinen; fie nehmen nur eis
nen kleinen Raum ein, und bewegen ſich gar
nicht, einige Tropfen Waſſer fallen herab, und
alsdenn iſt der Regen entſchieden. In kurzer
Forſters b. u. V. K. z. Th. E Zeit
66
Zeit iſt der ganze Himmel bewölkt, ohne daß man
ſieht woher die Wolken entſtehen, zugleich nimmt
der Regen zu, und in fuͤnf bis ſechs Minuten
regnet es ſo ſtark, daß man nicht zehn Schritte
vor ſich ſieht, dieſe Negenguͤſſe halten ungefähr
zwey Stunden an, und treffen nur ein, wenn
der Wind von der See herweht, und es bey⸗
nahe ganz ſtille iſt; die Duͤnſte ſteigen alsdenn
von der See herauf und werden von den Ber⸗
gen aufgehalten. Hingegen in der Jahrszeit
wenn die Suͤdoſtwinde wehen, fällt zuweilen den
ganzen, Abend ein feiner Staubregen, obgleich
der Himmel dem Anſehen nach gam helle iſt,
und die Sterne leuchten. In dieſer Jahrszeit
ſieht man auch öfters in der Vertiefung beym
Hafen Regenbogen, welche der Mond macht,
welches an andren Orten ein ſehr ſeltnes Phe⸗
nomen iſt.
Eigenttich giebt es gar keine herrschende
Krankheiten in Isle de France, daß heißd im In⸗
nern der Inſel, denn in dem Nordweſtlichen Ha⸗
fen leidet die Geſundheit in der zänge der Zeit
und der Scorbut zeigt ſich zuweilen. Im Suͤd⸗
oͤſtlichen Hafen im Gegentheil iſt es ſehr geſund,
und man pflegt auch die Seorbutiſchen Patien⸗
ten dahin zuſchicken, wo fie ſich bald erhohlen,
Auſſerdem zeigt ſich auch zuweilen die Ruhr,
dies ſind aber auch die einzigen Krankheiten, wel⸗
chen die Bewohner dieſes gluͤcklichen Himmels⸗
ſtriches unterworfen find,
| Die
67
Die Inſel Bourbon, ſcheint in dieſem Stück
noch den Vorzug vor der Inſel Frankreich zu has
ben, indem die Luft ſo rein und geſund iſt, daß
man beynahe mit Gewisheit die Laͤnge des Le⸗
bens einer mäßig lebenden Perſon beſummen
kann.
| Der Charakter der Einwohner ſtimmet mit
dieſem vortreflichen Clima vollkommen uͤberein,
denn nirgends findet man ſanftere geſelligere
Sitten oder groͤßere Gaſtfreiheit.
Dieſe Colonie verdanket ihrem Urſprung dem
u Dauphin, auf Madagascar, von welchem
Ort Herr von Flacourt, eben derſelbe von dem
wir die beſte Veſchreibung von Madagascar ha⸗
ben, 1) eine Anzahl Matroſen und andre Leute
die in dem Innern des Landes krank geworden
waren hieher ſchickte, um ihre Geſundheit wie⸗
der herzustellen, welches die hieſige geſunde Luft
und die vielen Schildkroͤten die damahls auf der
Inſel waren ſehr beguͤnſtigte. Da die Kranken
nicht im Stande waren ſich ſelbſt zu bedienen,
| fuhrten ſie verſchiedene Regreſſen von Madagas⸗
tar mit ſich, und fo entſtand nach ihrer Gene⸗
ſung dieſe Colonie, wozu noch diejenigen kamen,
die ſich von der Niederlage zu Fort Dauphin
gerettet hatten. Obgleich die Menſchengattungen
hier ſehr vermiſcht find, iſt doch das Geſchlecht
der Creolen groß, fehön und wohlgewachſen.
| E 2 Das
1) 1 de Flaconrt Relation de Madig ec. Faris,
1601. 4. br
68
Das Erdreich in der Inſel Frankreich bringt
mehr in einem Jahre hervor, als das europaͤi⸗
ſche Frankreich in zehen, ob es gleich weder ge—
duͤngt wird, noch brach liegt. Dem Anſehen nach
iſt es trocken, verbrandt und aͤuſſerſt duͤrre; das
her erhalten die Gewaͤchſe hier auch ihre vor—
nehmſte Nahrung vom Waſſer und von der Luft.
Die Farbe des Erdreihs iſt dunkelroth mit Ei⸗
ſentheilchen vermiſcht, der Sand in den Fluͤſſen
und Gräben ift mineraliſch, am Ufer des Mee—
res aber ganz glasartig. Daher hat auch ein
Einwohner der Inſel ſich anheiſchig gemacht aus
dieſem Sande eben ſo ſchoͤne Criſtalle zu verfer⸗
tigen, als man in Frankreich macht, und man hat
auch ſchon Anſtalten dazu gemacht, und ange:
fangen Oefen zu errichten. Sollte der Verſuch
gelingen, ſo wuͤrde dies ein nicht unbetraͤchtli⸗
cher Handelszweig fuͤr Indien werden koͤnnen.
Die Caßavewurzel geraͤth hier ſehr gut,
die beſten wachſen in den Diſtrikten der Pam⸗
plemuße und langen Gebuͤrge; fie muͤſſen acht-
zehn Monate in der Erde bleiben ehe man ſie
brauchen kann, und alsdenn ſind ſie ſo groß als
ein Bein. | | |
Das tuͤrkiſche Korn wird hier ganz vor—
treflich: es erfordert viel Waſſer und Hitze, da⸗
her iſt die Zeit wo die Nordoſtwinde wehen ihm
am zutraͤglichſten. Das beſte findet man in dem
Diſtrikte Flacg, welches wie ſchon geſagt, ein
bloßer Steinbruch iſt. Die Einwohner ſaͤubern
ihn
yyÿõ Um • ˙àh N I U U EEE
69
ihn daher von allen kleinen Steinen und ſaͤen
hernach Mais darauf, welcher hier acht bis zehn
Fuß hoch waͤchſt. Hier geraͤth er auch ohne vie—
len Regen den es doch an andern Orten bedarf.
Der ſtarke Thau und die Felſen erhalten die
Wurzeln in der gehoͤrigen Feuchtigkeit, ſo daß
die Erndten deren es jaͤhrlich zwey oder drey
giebt, beſtaͤndig geraten. Hierin beſteht auch
der vornehmſte Reichthum der Einwohner, den
einen Theil dieſes Mais ſchuͤtten ſie in die oͤf—
fentlichen Magazine; mit dem andren ſpeiſen ſie
ihre Sklaven, kaufen Korn, fuͤttern ihr Federvieh,
und Ziegen, Schweine und Enten mit welchen
ſie Handel treiben. Sie haben hiezu die Be—
quemlichkeit des Waſſers, weil Flacg wegen der
vielen Fluͤſſe einen kleinen Archipelagus vorſtellt.
In dieſem Diſtrikte giebt es auch nahe am Meer,
wo das Land niedrig iſt, vortrefliches Erdreich
zum Reisbau, und dies iſt auch der einzige Ort
woher ihn die Compagnie für ihre Magazine bes
koͤmmt. Die Gegenden der Inſel welche mehr
dem Winde und der Sonne ausgeſetzt ſind, und
wo es keine Felſen giebt, find zum Maisbau
nicht ſo geſchickt. Bleibt der Regen hier zur
geſetzten Zeit aus, ſo ſind die Einwohner ge—
zwungen ihn zu verſchiedenen malen wieder zu
pflanzen, denn wenn es ſehr trocken iſt, ſo ſengt
und erſtickt die Sonne den Mais ſo bald nur
der erſte Halm hervorkeimt. Die Pflanzzeit iſt
vom October bis in dem December. Einige pflan⸗
zen
70
zen ihn ſogar im April und dies nennt man. die
kleine Erndte. *
Das Getraide ſcheint in Isle de Franee
weniger zu gelingen, weil es in dieſer Breite
ſchon außer feinem Elima iſt, es waͤchſt nicht
über zwey bis drittehalb Fuß hoch und vermehrt
ſich ſelten mehr als zehnfach, uͤberdem ſind die
Körner klein, und geben wenig Mehl. Man fäet
das Getraide vom May bis zu Ende des Ju⸗
nius In teocknen Jahren koͤmmt es gar nicht.
hervor, und durch viele Naͤſſe verfault der Saa⸗
me oder wird weggeſchwemmt. Der beſte Saa⸗
me kommt von Surgte; er artet aber ſehr
bald aus. N
Auf der Inſel Bourbon im Gegentheil find
die Eendten beynahe immer reich; und das Ge
traide iſt fo ſchoͤn als in Frankreich, obgleich
dieſe Jnſel auch noch zwiſchen den Wendezirkeln
ligt. Den einzigen Unterſchied ans ihre hör
here Lage.
Im Jahr 1770 fäete man in einem Fel⸗
de ſiebenhundert Pfund Saamen, wovon die
Haͤlfte ganz neuerlich von Surat gekommen, und
die andre kleines oder einheimiſches Korn war.
Von dieſem letztern muſte man hundert Pfund
moch einmahl ſaͤen, ſowohl wegen der ſchlechten
Qualitat des Korns, als auch weil es viel von
den Ratten gelitten hatte. Das Suratſche Korn
gerieth ſehr gut, das andre hingegen hatte klei⸗
nes ſchlechtes Stroh und Aehren. Beydes er 7
ſehr
—
71
ſehr von Regen, und die Ratten thaten ihm
noch groͤßern Schaden als es ſchon im Halm
war, fo daß man nicht uͤber Sooo Pfund in
allem erhielt: welches etwas mehr als das ſie⸗
bende Pfund war. | we
| Man hat aber auch Beyſpiele, daß das
Getraide dreyzehnfach getragen hat, dies iſt aber
ſehr ſelten und geſchieht nur wenn ganz beſon⸗
dre Umftände zuſammen treffen.
Der Mehlthau iſt eine Krankheit ae den
Erndten hier ſehr nachtheilig iſt, im Jahr 1770
litte das Korn ſehr davon, auf einer Wurzel
wo ſieben bis acht Aehren wuchſen, ſahe man
drey oder vier davon getroffen. Dieß war nicht
durchgaͤngig, aber doch war ſelten eine Wurzel
wo nicht wenigſtens eine Aehre gelitten hätte.
In dem Diſtrikte Flacg traͤgt es zuweilen
zwanzig für eins, oder gar dreyßig, doch hiezu
werden ganz beſondre Umſtande erfordert, als.
daß das Erdreich wenig genutzt ſey, daß die
Ratten und Boͤgel, der Regen und Mehlthau
es verſchonen.
Man muß ſich uͤber die geringe Vermeh⸗
rung des Getraides in Isle de France um ſo
mehr wundern, da die Art es zu behandeln un⸗
gleich beſſer als die europaͤiſche iſt. Bey uns
ſaͤet man es, dort wird es wirklich gepflanzt, weil
man auf den felſichten Boden keinen Pflug brau⸗
chen kann. Dieſe Arbeit erfordert weit mehr
Menſchen; bey dem allen auß man aber auch
| be⸗
12
bedenken, daß der Acker nie ausruhet, daß er
nic geduͤnget wird, und daß verſchiedene Umſtaͤn⸗
de ſich zu vereinigen ſcheinen, um das Menſch—⸗
liche Geſchlecht aus dieſer Inſel zu verbannen.
Ohne Zweifel koͤnnte man die Fruchtbar—
keit wenigſtens an vielen Theilen der Inſel ver—
mehren, wenn man den Acker ausruhen ließe und
fleißig duͤngete. Erſteres waͤre leicht zu machen,
das zweyte iſt aber beynahe unmoͤglich, da das
Vieh in Isle de France ſehr rar iſt, und es
vermuthlich aus Mangel an Futter beſtaͤndig blei—
ben wird. Die Savannen liefern nur zu gewiſ—
fen Jahrszeiten Gras, und es giebt keine Wie:
ſen wo man Heu erndten koͤnnte.
In Isle de France bekoͤmmt man das Rind⸗
vieh mehrentheils aus Madagaskar, wo es be=
ſonders ſchoͤn iſt. Aber von dreyhundert Rinden
die geſund von dieſer Inſel eingeſchift werden,
kommen ſelten mehr als hundert und fünfzig oder
zwey hundert an, alſo ſtirbt wenigſtens der dritte
Theil unterwegens. Von dieſen koͤmmt noch bey⸗
nahe die Hälfte ums veben, ehe das erſteſ Jahr
vergangen iſt; ſo ſchwer wird es den armen Thies
ren ſich an das Clima zu gewoͤhmen. Sie neh:
men ganz augenſcheinlich ab, bekommen unbe—
kannte Krankheiten, die aber wahrſcheinlich von
der Nahrung herrühren, denn die mehreſten ſter—
ben an Unverdaulichkeiten, und ſind uͤberdem der
Raͤude unterworfen. Wenn aber die Neuan—
koͤmmlinge das erſte Jahr ohne Krankheit uͤberſte⸗
hen
> JE ET p _ Seen. u — — — — —— . UT U EEE EEE
73
hen koͤnnen, werden fie das Clima gewohnt;
Diejenigen die in der Inſel gebohren werden ſind
dieſen Krankheiten nicht ausgeſetzt, fie ſind uͤbri—
gens von ganz guter Art, obgleich weit ſchlechter
als die don Madagaskar Isle de Bourbon und
dem Cap der guten Hofnung. Die Vermehrung
des hieſigen Rindviehs iſt fo geringe, daß von
1722 an, in welchen Jahr die Franzoſen dieſe |n=
ſel in Beſitz nahmen, bis 1765 ihre Anzahl nur
auf etwa viertauſend Stuͤck angewachſen war,
und fuͤnf Jahr nachher zaͤhlte man fuͤnftauſend
Stuͤck.
Auf der Inſel Bourbon ſieht man auf den
ſteilſten Bergen die vortreflichſten Heerden Rin—
der, und die obern Theile der Berge ſind ganz
weiß, von den vielen Ziegen, die ſich auf denſelben
aufhaltn. Ueberdem find auf dieſer Inſel auch
allerley Gartengewaͤchſe und Federvieh; mit die—
ſem pflegen ſich die Schiffe nach ihrer Abreiſe von
Isle de France hier zu verſehen.
Wegen dieſes Viehmangels giebt es auch
hier keine offentlichen Fleiſchbaͤnke, und das Fleiſch
galt in den Jahren 1779, 1771 das Pfund vier-
zig bis funfzig Sols. In der guten Jahreszeit
laͤßt man ſo viel Rinder wie moͤglich aus Mada—
gaskar holen, dieſe werden aber immer bald ver—
zehrt, und das Fleiſch iſt alsdenn ſehr rar. Im
Jahr 1771 im April muſte man eine Schlacht—
bank anlegen, weil man vor dem Junius kein
Vieh von Madagaskar erwartete. Alle Tage
5 wur⸗
74
wurden zehen bis eilf ſowohl Kühe als Rinder ges
ſchlachtet; ſo daß in einer Zeit von zwey Mona⸗
ten beynahe der ſechſte Theil des auf der Inſek
vorhandenen Viehes geſchlachtet wurden, zum
unerſetzlichen Schaden der Viehzucht. Dies war
fuͤr die Inſel eine tiefe Wunde, und einige aͤhn⸗
liche Faͤle werden ſie wahrſcheinlich ganz etz
ſchoͤpfen, wenn man dieſer Gefahr nicht durch eine
dauerhafte Niederlaſſung auf Madagaskar vorzu⸗
beugen ſucht. Dies wuͤrde ſehr leicht einzurichten
ſeyn, und in Jsle de Frauce giebt es viele Leute
die gerne nach Fort-Dauphin gehen würden, fos
bald ſie hoffen koͤnnten, daß dieſe Niederlaſſung
Beſtand haͤtte. Von der Inſel Bourbon werden
die Einwohner auch bald auswandern muͤſſen,
da die Volksmenge ſehr groß iſt, und die Län:
dereien ſchon in ſehr kleine Striche eingetheilt
ſind.
Die Inſel Frankreich wird von vielen Pla⸗
gen heimgeſucht, von dieſen find die Heuſchrecken,
Ratten, Vögel, Raupen, Sommerroͤgel, die
Duͤrre und Stuͤrme die vornehmſten.
Die Heuſchrecken kommen zuweilen in gan⸗
zen Schwaͤrmen von Madagaskar heruͤber und
wenn ſie ſich auf ein Feld niederlaſſen; haben ſie
es in kurzen aufgezehrt.
Man giebt vor, daß die Ratten die Hollaͤn⸗
der von dieſer Inſel vertrieben haben, und nach
ihrer Menge zu ſchlieſſen, iſt es nicht unwahr—
ſcheinlich. Die Bögel find auch ſehr daha
un
73
7
und unter die verderblichſten gehoͤrt eine Art
Gruͤnfinken, die man im letzten Kriege vom Kap
der guten Hofnung hieher gebracht hat um den
Frauenzimmern Geſchenke damit zu machen; ſie
ſind aber ſuͤr die Inſel ein trauriges Geſchenke
geworden. Denn dieſe, und einige andre die
von Java und Ehina hieher gekommen, und die
man Calfats und Chineſiſche Sperlinge nennt,
haben ſich ſo erſtaunend vermehrt, daß ſie ſich zu
drey, vierhunderten auf ein Haber oder Waizen⸗
feld niederlaſſen, welches denn in kurzer Zeit zu
Grunde gerichtet wird.
Im Jahr 1721 mußte man eine Verord⸗
nung drucken laſſen, die in der ganzen Inſel her⸗
umgeſchickt wurde, worin man befahl, daß jeder
Einwohner alle Jahr eine gewiſſe Anzahl Voͤgel⸗
koͤpfe und Rattenſchwaͤnze erlegen ſolle. Viel⸗
leicht werden dieſe weiſen Verordnungen mit der
Zeit die Zahl dieſer verderblichen Geſchoͤpfe ver⸗
mindern, aber die Raupen, die Duͤrre und die
Orkane ſind Plagen gegen welche der Fleiß der
Menſchen nichts vermag. Die letztern ſind die
groͤſte Geiſſel der Inſel, welche in dem Jahren
1760 und 66 dadurch beynahe zu Grunde ae:
richtet ward. In vielen Jahren war das Ge—
traide nicht ſo ſchoͤn gerathen, verſchiedene Res
gengüffe die zur rechten Zeit eintrafen, hatten alle
Aecker fruchtbar gemacht, und man ſchmeichelte
ſich, daß man den Windſtoͤſſen entgehen wuͤrde,
ö obgleich die Zeit des Equinoxiums noch nicht vor:
* über
76
über war, weil die Einwohner ſich nnr nach dem
Neuen und Vollmonde richteten, und ihr Getrai-
de vor dem kuͤnftigen Neumonde in ihre Scheu—
ren zu ſammeln hoften. Aber den ı zten Merz
verlor ſich dieſe Hofnung, denn dieſen Tag hatte
man das erſte Viertel, und es fieng ſchon an
ſchlecht Wetter zu werden, und in der Nacht des
19ten Merz zerſtoͤrte der Orkan die ganze ſchoͤne
Erndte, der Reid vornehmlich wurde fo gänzlich
zernichtet, das auch keine Spuren davon übrig
blieben. Nur in den Diſtrikte der Pampelmuße
that der Sturm weniger Schaden; ſo daß doch
etwas verſchont ward.
Man hat ziemlich gute Gartengewaͤchſe in der
Inſel Franckreich; auch findet man dort die Frucht-
baͤume die in den heiſſen Erdſtrichen einheimiſch
ſind. Ihre Fruͤchte ſind aber weit ſchlechter als
auf Java und den Philippinen wo ſie wild wach—
ſen. Die Europaͤiſchen Obſtbaͤume wollen auch
in dem beſten Erdreich nicht fortkommen, ſondern
ſchieſſen in lauter Zweige und Blaͤtter. Dieß iſt
zwar ſehr angenehm fuͤr das Auge, ſie tragen
aber niemals Fruͤchte und verdorren bald, doch
muß man den Pfirſichbaum ausnehmen, welcher
Fruͤchte von mittelmaͤßiger Guͤte traͤgt. Alle
Baͤume aus unſerm Clima verlieren ihre Blätter
waͤhrend des hieſigen Winters, obgleich er fo ge:
linde iſt, daß man keines Feuers ſich zu erwaͤrmen
bedarf.
Bey
77
Bey der erſten Errichtung einer Niederlaſ—
ſung auf dieſer Inſel hat man verſucht Seiden—
wuͤrmer, Indigo und Baumwolle hier zu ziehen.
Im Jahr 1760 war gar nichts davon übrig
als eine ſchlechte Baumwollen Anſtalt, und eini—
ge Maulbeerbaͤume. Die hieſige Baumwolle iſt
von weit geringerer Guͤte als die Indiſche,
vornehmlich die welche aus Bengalen koͤmmt,
und dabey viel theurer; doch werden jaͤhr—
lich viertauſend Pfund gewonnen. Mit den
Seidenwuͤrmern dem Indigo und den Zucker—
plantagen die man hier eingefuͤhrt hat, hat es
eben dieſelbe Bewandniß.
Es giebt in dieſer Inſel auch wie geſagt
Eiſen, und man behauptet gewoͤhnlich, es ſey
von wenigen Werth. Viele Erfahrungen bewei—
ſen aber gerade das Gegentheil. Es iſt wahr,
es hat in Indien einen weit geringern Abſatz
als das Franzoͤſiſche. Es kann aber den—
noch gut ſeyn, ohne jenem an Guͤte gleich zu
kommen. Dabey kommt auch ſehr viel auf die
mehr oder weniger geſchickte Art es zu behan⸗
deln, es aus den Minen zu gewinnen, von ans
dern fremden Theilen zu ſaͤubern, und uͤberhaupt
zum Gebrauch geſchickt zu machen, an. Die
folgende Erfahrung die man bey Maſtbaͤumen
gemacht hat, ſcheint dies zu beſtaͤtigen.
Da die Maſten in Europa von leichten
Holze ſind, ſo dringen die eiſernen Ringe deren
man 92 bedient um ION mehr Feſtigkeit zu
geben
78
geben leicht in dieſes Holz, wenn ſie bis auf eis |
nen gewiſſen Grad geſchlagen werden. In den
Inſel France hingegen iſt das Holz, womit man
die Maſtbaͤume befeſtiget, außerordentlich hart,
und wiederſteht den Naͤgeln die man hinein⸗
ſchluͤgt, die nun die eiſernen Ringe womit man
die Maſten belegt, das harte Holz nicht ſo
feſt einſchlieſſen koͤnnen, ſo geſchahe es oͤfters,
daß die Ringe durch die Elaſtieitaͤt des Holzes
in Stuͤcken ſprangen; und hieraus ſchloß man
das Eiſen ſey ſchlecht. Aber alle Ringe die zum
Gebrauche der Schiffe im letzten Kriege von dies
ſem Eiſen gemacht und gut bearbeitet waren,
haben ſehr gut ausgehalten. Hiebey muß noch
ein Umſtand bemerkt werden. Man glaubt ohne
Grund, daß man auf dieſer Inſel an allen Or—
ten Eiſen findet. Es iſt freilich ſehr haufig, nur
nicht allenthalben gleich, und ungluͤcklicherweiſe
hat man die Schmelzoͤfen eben da angelegt, wo
das wenigſte iſt. Sie liegen in einer großen und
ſchoͤnen Ebene, und man fand vormals das Ei⸗
ſen ſehr nahe bey denſelben, jetzt muß man es
aber ſchon eine halbe Meile weit ſuchen, wel—
ches auch noch nicht ſehr weit ſehn wuͤrde, wenn
die Mine nur reich waͤre; man findet aber das
Eiſen nur acht Fuß unter der Erde, und tiefer
hinunter ſtoͤßt man auf einen Felſengrund, und
eine Art Tuchſtein. Weil man eine Zeit her ſo
wenig gefunden hat, iſt man gezwungen worden
die Mine in dem Diſtrikte der Pampelmuße ganz
aufs
79
aufzugeben, obgleich die ganze Ebene bey weis
ten noch nicht durchſucht worden; eigentlich iſt
es auch nicht einmal eine Mine, denn das Eiſen
ſo da gefunden wird, ſcheint blos eine Art von
Mooreiſen zu ſeyn.
N Gewoͤhnlich geben neuntauſend Pfund Eiſen⸗
erz von funfzehnhundert bis zweytauſend Pfund
Gußeiſen, welches ungefaͤhr zwanzig von hundert
macht; aber aus dieſen funfzehnhundert Pfun⸗
den gewinnt man nicht mehr als die Haͤlfte
Stangeneiſen, ſo daß ein Centner Eiſenerz, nur
zehn Pfund Stangeneiſen giebt. 5
In den Diſtrikten Villebagne, Militaire und
Nouvelle Decouverte ſind die Minen reichhaltiger
aber ſie ſind alle zu weit entfernt von den Ei⸗
ſenhaͤmmern, an ſteilen unzugaͤnglichen Orten,
denen es uͤberdem Villebagne ausgenommen an
Waſſer fehlt. .
Die oſtindiſche Geſellſchaft wie ihr noch die
Inſel gehörte, hatte zum Gebrauch der. Eifens
werke Waldungen von zehntauſend Morgen Land
beſtimmt, und ſchmeichelte ſich, daß wenn das
hochſtaͤmmige Holz mit Vorſicht gefaͤllet wuͤrde,
die niedrigen jungen Baͤume mit der Zeit die⸗
ſen Verluſt wieder erſetzen koͤnnten, aber viele
Generationen werden vergehen, ehe dieſe ſchoͤnen
Waͤlder wieder aufwachſen; denn die ARE,
gen beweiſen zu ſehr, daß Wälder die in Isle
de France einmal gefaͤllt ſind, nie wieder her⸗
vorſchieſſen; ſo daß der ſchoͤne Wald Mondeſir
bald
80
bald in eine Wuͤſte verwandelt ſeyn wird. Im
Jahr 1770 muſte man ſchon anderthalb Mei-
len gehen Kohlen zu hohlen, und jetzt da die
Waldungen immer entfernter werden, iſt die
ganze Anſtalt aufgehoben worden. Seit einiger
Zeit iſt man darauf gefallen Caffee hier zu bau⸗
en, welcher in der Inſel Bourbon das vornehm⸗
ſte Produckt iſt. In dieſer Inſel pflanzt man
ihn ſechs Fuß auseinander, ein Fuß ins Ge—
vierte traͤgt bis auf vier Pfund Caffee, ob man
gleich nur ein Pfund auf jeden Baum, rechnen
kann, und ein Einwohner der eine Caffee Plan-
tage, von funfzigtauſend Fuß haͤtte, nie mehr als
funfzigtauſend Pfund Caffee gewinnen wuͤrde.
Man rechnet einen Neger auf jede tauſend Fuß
Caffee, welches zuſammen funfzig Neger auf eine
ſolche Plantage macht, die aber außer dem An—
kaufspreiſen, dem Eigenthuͤmer keine weitere
Muͤhe machen, da ſie ihren eigenen Unterhalt
bauen.
Die Compagnie hat lange Zeit her den Preis
des Caffees feſtgeſetzt, fie bezahlte den Einwoh-
nern acht Sols fuͤrs Pfund; ſo daß ein
Pflanzer der dreyßigtanſend Fuß Caffee haͤtte,
ein gewiſſes jaͤhrliches Einkommen von zwoͤlf
tauſend Livres haben wuͤrde, dieß iſt in einem
Lande wo alle Beduͤrfniſſe des Lebens im Ueber—
fluß und vortreflich ſind, eine ſehr anſehnliche
Einnahme. Das einzige was der Inſel fehlt,
ſind Wein und Kleidungsſtuͤcke und dieſe 2
‚ fie
81
ſie ſich mit ihrem Caffee leicht anſchaffen. Der
Caffee iſt daher ein ſehr wichtiger Handelszweig
und verdient wol einige weitere Bemerkungen.
Der Caffeebaum iſt ein Gewaͤchs der heiſ—
fen Länder, er erfordert aber um zu feiner Voll⸗
kommenheit zu gelangen nicht blos Hitze, und
daher iſt er in verſchiedenen Laͤndern von fo verz
ſchiedener Guͤte.
Der beſte Caffee koͤmmt aus Arabien, der
von Martinique und Isle de Bourbon iſt einander
gleich und verdient die zweyte Stelle. Es giebt
noch eine vierte Art von Java und Ceylan: die-
fer iſt aber ſehr ſchlecht; obgleich dieſe Länder
unter der Linie oder nahe dabey belegen ſind,
und es daher unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤn⸗
den weit heißer ſeyn muß als in dem Theil von
Arabien wo der Caffee waͤchſt. Zwar iſt es in
Moka, welches im 132 Grade der noͤrdlichen
Breite liegt, eben fo heiß und vielleicht gar heiſ⸗
ſer als in Java und Ceylan, dies beſtimmt aber
nicht die Hitze von Arabien, und in Moka, und
funfzehn Meilen in die Runde waͤchſt kein einz
ziger Caffeebaum; ſondern im innern Theil des
Landes. Betelfaqui welches fuͤnf und zwanzig
Meilen weit davon, gegen Nord- nord: oft liegt,
iſt der Ort in deſſen Nachbarſchaft der meiſte
Caffee gebaut wird, und Moka das mitten im
brennenden Sande liegt, wo es nie regnet, und
wo nur einzelne Palmbaͤume fortkommen, der
Hafen wo der meiſte Caffee zur Ausfuhr ver⸗
Forſters L. u. V. K. 3. Th⸗ 8 ſchift
82
ſchift wird. Man rechnet, daß jährlich dreyzehn
Millionen Pfunde von arabiſchen oder levantiſchen
Caffee auswärts gehen. Die europäifchen oſtindi⸗
ſchen Compagnien kaufen anderthalb Millionen,
die Perſer viertehalb, die nach Sues gehende
Flotte holt ſechs und eine halbe Million Pfun⸗
de. Die Caravanen eine Million, und das übri-
ge, geht nach Hindoſtan, den Maldiven, und den
arabiſchen Colonien auf Oſtafrira.
Dahingegen regnet es in den Gebirgen von
Arabien, und durch dieſen Regen, den die Ara⸗
ber ſehr vorſichtig zu gebrauchen pflegen, unter⸗
halten fie ihre Caffeebaͤume. Sie pflanzen fok
che ringsum die Berge in einer ſchneckenſoͤrmi⸗
gen Linie ziemlich weit von einander, und im⸗
mer niedriger als der Ort, wo ſie das Regen⸗
waſſer aufbehalten, welches fie von Zeit zu Zeit
durch Rinnen oder Graͤben auf die Baͤume her—
unter leiten. In Ceylan und Java regnet es
zu viel, denn wenn gleich der Caffee Feuch⸗
tigkeit erfordert, ſo iſt ihm doch große Naͤſſe
ſchaͤdlich.
Ungeachtet es in Moka während dem Som⸗
mer ſehr heiß iſt, ſo iſt die Luft im Winter doch
friſch, und folglich in den Bergen wo die Caf A
fee⸗Plantagen find, kalt.
Um zu verhindern, daß das Erdrei ch weg⸗
geſchwemt werde, umgeben die Araber daſſel—
be mit einer kleinen Mauer von Stein oder
Kieſeln, und ſchuͤtzen auf dieſe Art die Wur⸗
N zel
83
zel des Baums. Sie beſchneiden ihre Bäume
auch nicht, ſondern laſſen ſolche ihre ganze Hoͤhe
von fuͤnf und zwanzig, dreyßig, und fuͤnf und
dreyßig Fuß erreichen. |
Die Araber ſchaͤtzen den Caffee nicht der
in den Ebenen waͤchſt; dieſer hat große Bohnen
und wird um einen geringen Preis verkauft. Je
weiter man ins Land koͤmmt, und je hoͤher das
Erdreich wird, deſto vortreflicher iſt der Caffee.
Auf den Bergen ſelbſt wo es ſehr kalt iſt, waͤchſt
der aller beſte, welches beweiſt wie ſchon oben
geſagt, daß die Hitze nicht die einzige Urſache
der Guͤte des Caffees iſt. |
Zu Sanaa der Hauptftadt des Reichs Ye⸗
men, welche im funfzehnten Grade noͤrdlicher Breite
liegt, friert es ſo ſtark das die Teiche zuweilen mit
Eis belegt ſind, und doch wachſen in den Gaͤr—
ten dieſer Stadt, welche auf einem hohen Ber⸗
ge belegen iſt, Caffeebaͤume. Es giebt auch eine
Art Caffee die man Yemen Caffee nennt, und
von vorzuͤglicher Guͤte iſt: die franzoͤſiſche oſtin⸗
diſche Compagnie pflegte vormals viel davon zu
kaufen.
In der Inſel Bourbon hatten einige Par⸗
ticuliers ebenfalls ihre Caffee⸗Plantagen auf
den Bergen, bis auf eine Hoͤhe von vierhundert
Klaftern über die Oberflache des Meeres ausge—
breitet; hier giebt es; noch keinen Schnee und das
Thermometer faͤllt im Winter nie niemals unter
ſechs Grad uͤber den Gefrierpunkt. Das Erdreich
ſcheint ſehr gut, und dennoch ſahen ſich die Be⸗
F 2 ſitzet
84
ſitzer 1766 genoͤthigt, alle Caffee-Plantagen auf
dieſer Hoͤhe von vierhundert Klaftern zu zerſtoͤren,
weil die Baͤume arm an Zweigen und Fruͤchten
waren, und nur im Februar zur Reife gelang—
ten, da die gewoͤhnliche Caffeeerndte ſchon im
July und Auguſt einfaͤllt, und uͤberhaupt fanden
ſie mehr Vortheil dabey Getraide zu ſaͤen. In
Arabien weis man nichts von der Ausartung
des Caffeebaums, in der Inſel Bourbon aber
geſchieht es haͤufig. Die vermuthliche Urſache da—
von iſt, weil ſie den Caffeebaum auf eine ganz
andre Art als die Araber behandeln. In Ara—
bien läßt man ihn feine natuͤrliche Höhe wach—
ſen, und in Isle de France und Bourbon hin—
gegen zieht man ihn als ein Geſtraͤuche von ſie—
ben bis acht Fuß hoch. Ihr Grund hiezu iſt,
weil die hohen Baͤume den Sturmwinden zu
ſehr ausgeſetzt ſeyn wuͤrden, und weil es be—
quemer iſt, Frucht von den Buͤſchen einzuſam⸗
meln. Doch da man um des Schutzes willen
die Caffee-Plantagen doch nur laͤngſt den Waͤl—
dern anlegt, fo würden hohe Baͤume dort ver-
muthlich eben fo ſicher ſeyn als die breiten Ge—
ſtraͤuche. Sollte man aber auch dem Caffeebaum
auf Bourbon ſein voͤlliges Wachsthum erreichen
laſſen, fo würde er dem ungeachtet nie ſehr fort—
kommen, weil er das Erdreich in welchem er
ſteht gaͤnzlich erſchoͤpft, und nach Verlauf von
funfzehn oder zwanzig Jahren endlich ganz aus—
geht. Man kann auch keine neue Caffee-Plan⸗
tage an demſelben Ort wieder anlegen, und es
ge:
|
F
|
85
gehört dazu immer ganz neues Erdreich, und
daher haben ſich die Einwohner von der Inſel
Bourbon auch 1780 entſchloſſen, kuͤnftig Baum—
wolle zu bauen, welche im gebrauchten und un—
gebrauchten Erdreich gleich gut geraͤth.
Auf Isle de France hat man auch verſucht
Caffee⸗ Sagen anzulegen, es ift aber nicht
wahrſcheinlich, daß er hier fortkommen follte,
da dies Erdreich im Ganzen genommen weit
ſchlechter iſt als das der Inſel Bourbon, wo er
doch ſo geſchwinde ausartet. Die Gegenden wo
er noch am erſten haͤtte gerathen koͤnnen, ſind
die Diſtrikte der Pampelmuße, und die Ebenen
von Willems und Moka; dieſe Gegenden ſind
aber jetzt gaͤnzlich von Holz entbloͤßt, folglich
ſchon abgenutzt, und daher zum Caffeebau ganz
ungeſchickt, der ein unbenutztes Erdreich und
Schutz gegen die Suͤdoſtwinde erfodert. Das
Innere der Inſel ift dieſen zerſtoͤrenden Winden
noch mehr ausgeſetzt, und daher nicht zu ers
warten, daß der Caffee je ein Handelszweig der
Inſel France werden ſollte, obgleich die ſchon
angelegten Plantagen bis jetzt ziemlich viel zu
verſprechen ſcheinen.
Man hat neuerlich verſucht Muskatennuͤſſe
und Nelken hier zu ziehen, und ſollten dieſe Vera
ſuche auch gelingen, fo würden die Muskatnuͤſſe
doch immer weit ſchlechter ausfallen, als die
Moluckiſchen, denn dieſe Ruß erfordert ein aus:
gebranntes, ſchwamartiges, volkaniſches Erdreich
und
36
und viel Hitze und Raͤſſe. Die Moluckiſchen In⸗
ſeln vereinigen alle dieſe Eigenſchaften.
Sie wurden im Jahr 1770 zuerſt hinge⸗
bracht, und zwar beydes, Pflanzen und Nuͤſſe.
Die Nuͤſſe waren aber mehrentheils von der grofs .
ſen, ſchlechten, laͤnglichten Art, welche man auf
den Philippinen hat, und die Spanier fuͤr aͤchte
Muskaten ausgeben. Dieſe Art hat mit der ans
dern verglichen wenig Geruch, und man brachte
vier oder fünfmal mehr davon als von der rech—⸗
ten, welche klein und rund iſt.
Bey der Vertheilung derſelben unter die
Einwohner bekommen ſie nur eine runde auf
vier bis fuͤnf laͤnglichte. Man hatte eine Art
von Duͤnger bereitet, worin die Ruß gelegt ward,
und auf dieſe Weiſe wurden ſie vertheilt, wie man
mit Blumenzwiebeln zu thun pflegt. Es ſey nun
daß dieſer Duͤnger ſie zum keimen brachte oder
daß einige ſchon ausgekeimt waren da man ſie
hinbrachte, ſo iſt gewiß, daß an einigen Orten
kleine Knoͤſpchen hervorkamen. Dies iſt aber
auch alles, denn von zweytauſenden ift feine ein;
zige recht aufgegangen.
Bey dem allen muß man den Einwohnern
die Gerechtigkeit wiederfahren laſſen, daß ſie ſich
alle erſinnliche Muͤhe gaben, die ihnen gegebenen
Anweiſungen zu befolgen. Man machte nehm—
lich Gräben von fünf bis ſechs Fuß tief und
vier bis fuͤnf breit. In dieſer Arbeit ſtieß man
allenthalben auf Felſenbruͤche, die zu groß was
ren um ſo weggeraͤumt zu werden und alſo ge⸗
ſprengt
|
|
|
|
|
87
ſprengt werden mußten, Ueberdem mußte man
jeden Graben mit ſtarken dichtaneinander ſtehen—
den Pfaͤhlen umgeben, die mit Reiſern feſt zu—
ſammen geflochten wurden, um die Musfatnüffe
gegen die Ratten zu ſchuͤtzen, welche wie man
weis auf dieſe Ruͤſſe ſehr begierig ſind. Alle
dieſe Arbeiten waren ſehr beſchwerlich, und be—
wieſen daß die Einwohner ſich keine Muͤhe ver—
drießen ließen, um ſich eines gluͤcklichen Erfolges
zu verſichern, dem ungeachtet war im Februar,
Merz und April ſechs Monate nachher noch
nichts aufgegangen. Und als einige neugieriger
als die uͤbrigen die Erde durchwuͤhlten, fanden
ſie die Nuͤſſe verfault.
Die Pflanzen die man im koͤniglichen Gars
ten verpflanzt hatte, hatten Wurzel gefaßt, ſie
werden aber ſchwerlich gerathen.
Im Jahr 1771 ſoll man noch eine Expedi⸗
tion nach den Molucken gemacht haben, um neues
Gewuͤrze zu neuen Verſuchen zu holen. Man
hat auch wirklich eine Menge aͤchter Muskat⸗
nuͤſſe mitgebracht, von dieſen find aber die meis
ſten nach den Seichelleinſeln, 2) und Cayenne
geſandt. Außer den angeführten Ruͤſſen erhielt
5 die
2) Dieſe Inſeln auch Maheinſeln genannt, liegen eini⸗
ge Seemeilen Nordoſtwaͤrts von Madagascar. Die
Franzoſen haben fie ſeit dem letzten Krieg in Beſitz
genommen, und halten dort eine Beſatzung. Sie wa⸗
ren vorher unbewohnt, haben eine ſichere Rhede fuͤr
enkommende Schiffe. Eine von dieſen Inſeln haben
die Franzoſen Prasline genannt, auf derſelben wächft
ſeyr gutes Bauholz, |
—
88
die Inſel auch Gewuͤrznelken Pflanzen. Von al:
len beyden Verſendungen hat man in den fd:
niglichen Garten nicht mehr als acht und fun-
zig Muskat, und acht und dreyßig Relkenbaum⸗
chen fortgebracht. Von den letztern haben nach?
her zwey Bäume 1775 auch wirklich Fruͤchte ge—
tragen, die aber gegen die Moluckiſchen klein und
ſehr ausgeduͤrrt ausſahen.
Der Mangobaum der fo Wobtro Fruͤchte
trägt, iſt auch nach Isle de France verpflanzt
worden, und iſt ſchoͤn von Anſehen, die Fruͤchte
find aber hier von ſehr mittelmäßigen Geſchmack.
Dieſer Baum welcher nach dem Urtheil aller
die ihn kennen, der Fuͤrſt der Fruchtbaͤume iſt,
waͤchſt nur auf der oͤſtlichen Seite von Indien,
1754 hat man junge Pflanzen von dieſem Baum
nach Isle de France gebracht; im Jahr 1770
waren noch einige davon übrig, aber in fo ſchlech—
tem Zuſtande, daß man nicht hoffen kann, daß er
je gut gerathen koͤnne. Man kann ſich hieruͤber
auch nicht wundern, wenn man die Verſchieden⸗
heit des Erdreichs bedenkt. In Malacca iſt es
fett, ſchlammicht und moraſtig, das Clima iſt
uͤberdem ſehr heiß, und es regnet oft und häufig;
in Isle de France hingegen iſt das Land leicht
und trocken, und die Hitze weit geringer.
Mit allen andern indianiſchen hieher ver—
pflanzten Fruͤchten hat es dieſelbe Bewandniß, ſie
werden alle ſehr mittelmaͤßig oder kommen gar,
nicht fort.
III.
| III.
Beſchreibung der beiden
1 * |
Provinz Maſſachuſetsbay
gehoͤrigen Inſeln, |
Nantucket und Marthas
Weinberg
in Nordamerica,
— —ä—ä—ä—ä ꝛ—v—E mn mn nn nn nn nn
Hi Inſel Nantucket liegt ein und vierzig
Grad zehn Minuten nördlicher Breite, hun—
dert engliſche Seemeilen weit gegen Nordoſt vom
Cap Cod in Maſſachuſetbay, achtzig Meilen von
Boſton; hundert und zwanzig von Rhode Island,
und achthundert Suͤdwaͤrts von den Bermudas.
Sie iſt ein ſandichter Fleck von ungefaͤhr drey
und zwanzigtauſend Morgen Land, man findet
darauf weder Steine, Holz, Wieſen oder Acker⸗
land, und doch hat ſie eine artige Stadt, Na⸗
mens Scherborn von mehr als fuͤnfhundert Haͤu—
fern, und zweyhundert Schiffe; ſie beſchaͤftigt
über zweytauſend Matroſen, ernährt funfzehns
tanfend Schaafe, fünfhundert Kühe, zweyhun⸗
dert Pferde; und verſchiedne ihrer Einwohner be:
ſitzen ein Vermoͤgen von zwanzigtauſend Pfund
Sterling. Auf derſelben wohnen uͤberhaupt fuͤnf—
tauſend Seelen die ihren Unterhalt auf der See
| finden, und trotz des armſeligen Erdreichs keinen
| nge an irgend etwas leiden.
Scherborn, die einzige Stadt auf der Inſel,
va aus ue und ais Haͤuſern, die
auf
ö
92
auf dem feſten Land gezimmert worden find; 1)
ſie ſind inwendig von Lattenwerk und mit Kalk
beworfen, und auswendig von artig angeſtriche⸗
nen Brettern zu ammengeſetzt. Jedes Haus hat
einen aus Steinen erbauten Keller, die man auch
vom feſten Lande geholet hat. Alle Haͤuſer find
vollkommen gleich in ihrer Einrichtung und von
Anſehen; alles iſt von der aͤußerſten Einfalt, und
von innen und von außen ohne den geringſten
Zierrath. In der ganzen Stadt iſt nur ein Ge—
baͤude von Backſteinen, und dies iſt eben ſo ſim⸗
pel als die uͤbrigen. |
Die Stadt liegt auf einer kleinen Anhöhe
auf der weſtlichen Seite des Hafens, der vollkom⸗ |
men gegen alle Winde geſchuͤtzt iſt. In derfelben
ſind zwey gottesdienſtliche Verſammlungs-Haͤu⸗
ſer, eines fuͤr die Geſellſchaft der Freunde 2) und
eins fuͤr die Presbyterianer. Mitten in der
Stadt
1) Fertige hölzerne Häufer zur See auszufahren iſt ein
anſehnlicher Nahrungszweig der Einwohner von Maſ⸗
ſachuſetsbay und Neuhampſchire. Die meiſten gehen
nach Weſtindien, unter andern ward die Stadt St.
Nicolas im franzoͤſiſchen Antheil von St. Domingo
bald nach dem Pariſer Frieden, auf dieſe Art in Nord⸗
america erbaut, und einzeln nach ihrer gegenwaͤrti⸗
gen Stelle tranſportirt.
2) Der Verf. dieſer Beſchreibung die mit Weglaſſung
des uͤberfluͤßigen Kaifonnements aus den Briefen ei⸗
nes nordamerieaniſchen Paͤchters London 1782 gezogen
iſt, giebt dieſe Benennung allemal den Quäckern fein
nen Glaubens genoſſen.
1
93
Stadt am Markte ſteht ein einfaches Gebaͤude,
welches das Rathhaus iſt. In der Nähe der
Stadt ſind verſchiedene Felder und Gaͤrten, die
jährlich von Stadt? Kühen und den Straßenduͤn—
ger geduͤngt werden. In den Straßen und an
einigen andern Orten ſtehen eine mute Men⸗
ge Kirſch und Pfirſichbaͤume, die Aepfelbaͤume
kommen hier aber nicht fort, und alſo hat man
nur wenige gepflanzt. Obgleich die Inſel keine
Berge hat, ſo bilden doch die vielen Huͤgel und
Anhoͤhen nebſt den verſchiedenen Vertiefungen eis
ne Menge Suͤmpfe, in welchen das indianiſche
Gras und andre dieſem Erdreich eigene Pflan⸗
zen ſehr gut wachſen. In einigen dieſer Sim:
pfe findet man vielen Torf, deſſen ſich die Ar—
men zur Feurung bedienen. Es ſind vierzehn
Teiche auf der Inſel, die alle ihren mannichfal⸗
tigen Nutzen haben, und zum Theil reichlich mit
Fiſchen und Waſſergefluͤgel verſehen ſind. Die
Straßen der Stadt ſind nicht gepflaſtert, da
aber, außer zur Zeit der Abreiſe und Ankunft
ihrer Flotten, wenig gefahren wird, hat dies
nicht viel zu bedeuten. In vielen Theilen der
Stadt iſt ein unangenehmer Geruch, von dem
ielen Fiſchtrahn, den ſie bey aller ihrer Liebe
zur Reinlichkeit nicht verhindern koͤnnen. Nahe
bey den Schiffswerften find eine Menge Waaren—⸗
ger, wo ſie ſowohl dieſe ihre Haupthandels⸗
waare als auch die unzaͤhligen Werkzeuge und
Materialien zur Ausruͤſtung fo vieler Schiffe zum
Wall⸗
94
Wallfiſchfang aufbewahren. Es ſind hier drey ſehr
bequeme Werfte zum Schiffbau, jeder dreyhun
dert Fuß lang, oberhalb welchen das Waſſer eine
Tiefe von zehen Schuh hat; ſie ſind auf dieſelbe
Art gebaut als die zu Boſton, naͤmlich aus fs
genannten Steinkiſten, wozu man Balken und
Steine von feſten Landen holen muͤſſen. Zwi⸗
ſchen dieſen Werften und der Stadt hat man
Raum zur Landung der Waaren, und zur Durch—⸗
farth fuͤr, die vielen Wagen, deren beynahe jeder
Einwohner einen oder mehrere hat, gelaſſen.
Die Werfte an der Nord und Suͤd Seite ſind von
denſelben Materialien erbaut, und geben einem
Ankoͤmmling einen großen Begriff von dem Reichs
thum und Wohlſtande des Landes. Um die Werf⸗
te herum iſt Raum fuͤr dreyhundert Schiffe, und
in der That wenn ihre Flotten wohl beladen zu-
ruͤckkommen, iſt das Gewuͤhl in den erſten Tas
gen ſo groß, daß man glauben ſollte, Scherborn
wäre die Hauptſtadt einer ſehr anſehnlichen Pros
vinz. Auf der Landſpitze an der Weſtſeite des
Hafens, den die gegen uͤber liegende Landſpitze
Coitou genannt, gegen die gefaͤhrlichſten Winde
ſchuͤtzt, ſteht ein ſehr artiger Leuchtthurm. In
der Nähe der Stadt find nur wenige Gaͤr—
ten und Aecker, denn dies iſt der ſandigſte
und unfruchtbarſte Theil der ganzen Inſel;
dennoch haben die Einwohner durch unermuͤde⸗
ten Fleiß es fo weit gebracht, daß einige Stel⸗
len indianiſch Korn, Kartoffeln, Kuͤrbiſſe, Kür
ben
*
ben und andre Gewächſe hervorbringen. Auf
dem hoͤchſten Theil dieſer ſandigen Anhöhe, ſte—
hen drey Windmuͤhlen wo das eingefuͤhrte und
einheimiſche Getraide gemahlen wird. In der
Naͤhe von dieſen iſt die Reiferbahn, wo ſie die
groͤſte Hälfte ihres Thauwerls verfertigen. Zwi⸗
ſchen den Werften, den Ufern des Hafens und
der Stadt, liegt ein vortrefliches Stuͤck Wieſe—
land das mit unendlicher Muͤhe und vielen Kor
ſten eingezaͤunt und geduͤnget iſt, und beweiſet,
wie koſtbar und zugleich wie nothwendig das
Gras in Nantucket ſey. Gegen die Landſpitze
Schemah zu, it das Land ebener und das Sr:
dreich beſſer; hier ſind auch verſchiedene ſorg—
faͤltig eingezoͤunte und reichlich geduͤngte Felder,
woher ſie mit vieler Muͤhe ihre jaͤhrliche Ernd—
ten erhalten. Es ſind nur wenige Bauerhoͤfe
auf der Inſel, weil nur wenige Stellen ohne
die Beyhuͤlfe von vielen Duͤnger dem man mit
großen Koſten vom feſtem Lande holen muß, be⸗
arbeitet werden koͤnnen.
Dieſe Juſel wurde im Jahr 1671 von der
Provinz Neuyork, welche ſich alle Inſeln von
RNeway Sink bis Cap Cod zueignete, durch ein
Patent ſieben und zwanzig Eigenthuͤmern uͤber—
laſſen. Dieſe fanden ſie ſo durchgehends un⸗
fruchtbar und zum Ackerbau untauglich, daß ſie
einig wurden, ſie nicht zu theilen, da keiner den
Theil welchen ihm das Schickſal zuwerfen wuͤr—
de, allein verbeſſern, noch ſeine en Unterhalt dar⸗
auf
96
auf gewinnen koͤnnte. Sie wandten daher ihre
Augen nach der See, und da ſie gedrungen was
ren Fiſcher zu werden, ſuchten ſie einen Hafen
in deſſen Nachbarſchaft fie ihre Wohnungen auf-
ſchlugen, aus welchen in der Folge die Stadt
Scherborn entſtand. Zu dieſem Ende wurde ſo
viel Land ausgemeſſen, als für jeden zur Woh-
nung, Garten n. ſ. w. noͤthig war, hiezu fand
man vierzig Morgen hinlaͤnglich, denn wozu ſollte
ihnen mehr Land nuͤtzen als ſie urbar machen oder
nur einzaͤunen konnten; da in ihrem ganzen Sans
de nicht ein einziger Baum war. Dies war alles
was jeder eigenthuͤmlich beſitzen follte; das uͤbrige
war gemeinſchaftlich, und als ſie bemerkten, daß
das hin und wieder ſtehende duͤnne Gras Schaafe
ernähren koͤnnte, beſchloſſen ſie, daß jeder Ei—
genthuͤmer das Recht haben ſollte, fuͤnfhundert
und ſechszig Schaafe zu halten, wenn er Luſt
dazu hätte. Auf dieſe Art ſollte die National—
Heerde aus funfzehntauſend Schaafen beſtehen.
Sie wurden ferner einig, daß wenn das Gras
mit der Zeit beſſer wuͤrde, ſollten vier Schaafe
fuͤr eine Kuh, une zwey Kuͤhe fuͤr ein Pferd
gerechnet werden. Einige hundert Schaafwei⸗
den fi nd feitdem vertheilt worden, welche jetzt
Ackerland find. Die übrigen find durch Heuras
then und Erbſchaft fo zerftücelt, daß ein Maͤd⸗
chen ſehr oft keinen andren Brautſchatz hat, als
ihre Ausſtattung und vier Schaafweiden oder
das Recht eine Kuh futtern zu duͤrfen. Da
aber
— — — — ——— —r ——— —— —— ˖—§Üͤ¹Aũ . — — — —— — —
27
)
aber dieſes Privilegium ein Eigenthumsrecht auf
ein unbeſtimmtes Stuͤck Land in ſich faßt, wel⸗
ches einmal beſtimmt werden kann, ſo iſt es doch
nicht fo veraͤchtlich als eine bloße Erlaubniß auf
einer Haide eine Kuh weiden zu laſſen: indem
jeder dem eine gewiſſe Anzahl Schaafweiden ger
hoͤrt, dieſes Recht in der Zukunft wenn das Ta⸗
gelohn geringer, oder ihre Seefahrten weniger
einträglich werden ſollten, geltend machen und fo
viel Land dafuͤr erhalten kann, als ſein Antheil
an der ganzen Inſel betraͤgt. Aus dieſem Grun⸗
de laſſen die Einwohner dieſes kleine Privilegium
ungerne fahren, da es ihnen die gewiſſe ob⸗
gleich entfernte Hofnung giebt ſich an irgend ei⸗
nem Lieblingsorte einmal eine Huͤtte zu bauen,
und dort ihre letzten Tage in Ruhe zuzubringen.
Eine beſtimmte Geſellſchaft von Eigenthuͤmern ent⸗
ſcheidet die Beſitzungsſtreitigkeiten; ihre Anſpruͤ⸗
che ſind alle in den Buͤchern der Landſchaft auf⸗
gezeichnet, wie auch die Uebergabe von Laͤndereien
und andre Kaufkontrakte.
Dieieſe Inſel reicht dem Naturforſcher wenig
Stoff zu ſeinen Unterſuchungen dar: ſie ſcheint
die ungleiche Spitze eines aus der See hervor:
ragenden ſandigen Felſens zu ſeyn, der an eini⸗
gen Stellen mit Sauerampf, Gras, wenigen
Cederſtraͤuchen und kleinen ſchlechten Eichengebuͤ⸗
ſchen bedeckt iſt; ihre Suͤmpfe ſind von groͤßeren
Werth indem ſie Torf zur Feurung geben. Die
abſchuͤßigen Ufer der See find mit Meergras be:
Forſters L. u. V. K. 3. Th. G deckt
98
deckt, das getrocknet nur ſchlechte Nahrung giebt,
aber friſch ein gutes Futter fuͤr das Vieh iſt.
Auf der oͤſtlichen Seite giebt es verſchiedene mit
Salzgras bedeckte Striche, welche da ſie ſorgfaͤltig
eingezaͤunt ſind, einen ziemlichen Vorrath dieſes
gefunden Futters liefern. Unter den vielen Tei—
chen oder Seen die es auf dieſer Inſel giebt,
ſind verſchiedne, welche die Landeinwaͤrts drin⸗
gende See gebildet hat, dieſe find folglich ſal—
zig und die andern ſuͤß. Die erſtern haben ei—
nen zweyfachen Nutzen, fie erleichtern den Ein—
wohnern die Arbeit bey den zum Schutz des
Landes errichteten Deichen, auch kommen mit der
Fluth eine Menge Fiſche hinein, die in denſel—
ben fett werden. Zu gewiſſen Jahrszeiten vers
fammeln ſich alsdenn die Einwohner, zerſtoͤren
den kleinen Damm den die Wellen aufgeworfen
haben, laſſen das Waſſer ablaufen, und fangen
auf dieſe leichte Art ſo viele Fiſche als ſie brau—
chen. Die gewoͤhnlichſten Arten ſind, eine Art
Kabbeljau, Makrelen, Heringe, Fluͤndern, Aal,
und einige andre. Die Fiſcherey iſt uͤberhaupt
eine Hauptbeluſtigung der Inſel. Auf der Weſt—
ſeite liegt der Hafen Mardiket, er iſt aber we⸗
der fo ſicher als der erſte, noch hät er ſo gu⸗
ten Ankergrund. Drey kleine Baͤche flieſſen in
ihn, die eine außerordentlich bittere Art Aal bey
ſich fuͤhren. Nicht weit von Schenah Point, iſt
ein ebener Strich Land, der beſte in der ganzen
Inſel; er iſt in ſieben Theile getheilt, wovon
a eins
*
99
eins jahrlich von den Eigenthuͤmern bearbeitet
wird. Man nennt es die Gemeinſchaftliche Plan⸗
tage, die ganze Einrichtung iſt ſehr ſimpel aber
dabey nützlich. Denn wenn jeder Eigenthuͤmer
ſein Theil einzaͤunte, ſo wuͤrde es erſtaunend viel
Pfaͤhle und Strauchwerk erfordern, die alle vom
feſten Lande geholet werden muͤſſen. Statt die⸗
ſer Privatabtheilungen wird jedes Stuͤck Land
in das gemeinſchaftliche Antheil geworfen und
auf Koſten aller Miteigenthuͤmer verzaͤunt, und
jeder macht nachher mit dem Seinigen was er
will. Auf dieſe Art wird der ganze Strich alle
ſieben Jahr. bebaut, und giebt nachher wenn er
geduͤngt und durch den Pflug bearbeitet worden
vortreflichen Wieſewachs; hieher werden auch die
Stadtkuͤhe deren uͤber fuͤnfhundert ſind, vom
Hirten täglich hin und auf den Abend wieder
nach der Stadt getrieben. Man muß ſich nicht
voibſtellen, daß alle Einwohner ſich mit der Land⸗
wirthſchaft beſchaͤftigen. Nein der groͤſte Theil
hat zur See mit der Fiſcheren zu thun; andre
treiben ihr Gewerbe als Handwerker; und ſind
mit einigen Schaafweiden zufrieden worauf ſie
eine oder ein paar Kuͤhe halten. Viele haben auch
nur eine Kuh, und die Menge ihrer Kinder hat
ſo viele Zerſtuͤckelungen und Verwirrungen per?
anlaßt, daß man ſie kaum mehr entwickeln kann.
| Einige die ihr Gluͤck zun See gemacht haben,
haben viele von dieſen urſpruͤnglichen Schaaf⸗
wweide Gerechtigkeiten an ſich gekauft, und aus
2 der
100
der Gemeinſchaft gezogen. Das befte Land der
Inſel iſt zu Palpus, wo nichts merkwuͤrdiges als
ein guter Gaſthof iſt. Quayes iſt ein kleiner
aber wichtiger Strich Land, wo das beſte Haus
auf der Inſel ſteht. Durch die dequeme Lage
an der See und unermuͤdeten Fleiß iſt dieſer
Ort der Garten von Nantucket geworden. Auf
der Weſtſeite deſſelben fließt ein kleiner Bach an
dem man eine Walkmuͤhle angelegt hat. Weis
ter hinunter iſt eine zweyte Muͤhle. Hier iſt
ſchoͤner leimichter Boden auf dem vortreflicher
Klee waͤchſt, der zweymal des Jahres gemaͤhet
wird. In dieſen beiden Muͤhlen wird alles hier
verfertigte Tuch gewalkt. Wegen ihrer vielen
Schaafe haben ſie einen Ueberfluß an Wolle;
ein Theil derſelben wird ausgeführt und das uͤbri⸗
ge von ihren fleißigen Weibern gefponnen, und
warme, dauerhafte Kleider daraus verfertiget.
Auf der Suͤdoſtſeite iſt eine große Abtheilung der
Inſel, welche das Siasconſet Loos heißt; es iſt
ein ungleicher Strich Land voller Suͤmpfe; hier
ſchicken ſie ihr gemaͤſtet Vieh, oder ſolches das
ſie zum Winter Vorrath maͤſten wollen, hin.
An den Ufern dieſes Theils der Inſel fangen
ſie auch ihre beſten Fiſche, es ſind an dieſem Ort
auch einige kleine Hütten wo die Fiſcher fi) waͤh⸗
rend dem Fiſchfange aufhalten. Auf der Halb—
inſel von Coitou wachſen viele rothe Cederbuͤſche
und Meergras; das Erdreich iſt locker und fans
digt und dient vielen Kaninchen zum Aufenthalt,
hier
—
191
hier ſuchen auch die Schaafe des Winters Schutz
gegen die Schneeſtuͤrme. An der Nordfeite von
Nantucket iſt eine lange Erdzunge die ſich weit
in die See erſtreckt, wo oft auf eine kuͤnſtli—
che Art Hayfiſche und Tuͤmmler gefangen wer—
den, es waͤchſt hier blos etwas Gras, welches
bey voͤlliger Reife nichts nutzt, im Fruͤhjahr aber
treiben die Einwohner oͤfters ihre Pferde zur
Weide hieher. Zwiſchen dieſer Zunge und dem
innern der Inſel liegt eine Salz- Wieſe von groſ—
ſem Werth: Namens Croskaty. Die Einwoh—
ner von Squam legen ſich mehr auf dem Acker—
bau, als die andern, und ihr Beyſpiel zeigt, daß
derſelbe auch an andern Gegenden der Inſel ge—
deihen wuͤrde. Auch manche Baͤume wurden
bey mehrerer Wartung auf der Inſel fortkom—
men, und den Einwohnern die Mühe erfparen
ihr Bau und Brennholz vom feſten Lande zu
holen. Unter dieſen nenne ich nur den virgini—
ſchen Wacholder, (uniperns Virginiana) die
zweydornige Robinia, (Robinia pſeudo Acacia)
und den Knopfbaum, (Cephalantus Occidenta-
Iis.) Letzterer hat fuͤrtrefliches Holz und das Gras
waͤchſt unter ſeinen Schatten ſehr gut. Von
Getraidearten, koͤmmt tuͤrkiſches Korn, Weizen
und Rocken ſehr gut fort, auch Buchweizen wuͤr—
de eben ſo reichliche Erndten geben wenn man
deſſen Anbau hier verſuchen wolte. Der uͤbrige
Theil der Inſel iſt unbebaut und dient zu ge—
meinſchaftlichen Schaafweiden. Weſtwaͤrts von
a Nan⸗
102
Nantucket liegt die Inſel Tackanuck, wo⸗ ſie im
Fruͤhjahr ihr junges Vieh zur Weide ſchicken;
auf derſelben ſind einige Eichenbuͤſche und zwey
friſche Waſſer⸗ Seen oder Teiche, wo ſich wilde
Enten und andre Seevoͤgel in Menge aufhalten.
Auf Rantucket giebt es weder Wölfe noch Fuͤch⸗
ſe; deswegen ziehen die Einwohner ſo außer der
Stadt leben ſo viel Federvieh als ihnen gefällt,
worunter ihre Truthuͤhner vorzuͤglich gut ſind.
Das Clima iſt hier im Sommer ſehr angenehm,
weil eine beftändige Seeluft die große Hitze mäfz
ſiget. Der Winter iſt aber um deſto rauher;
er iſt erſtaunend kalt, und der Nord: weſtwind
der in allen dieſen Gegenden ſehr beſchwerlich iſt,
ſtuͤrmt auf dieſer offenen Inſel mit verdoppelter
Starke, nachdem er fo lange zwiſchen den Ameris
kaniſchen Waͤldern und Bergen verſchloſſen war.
Dieſe Unannehmlüchkeiten werden ihnen aber durch
die Bequemlichkeiten ihrer Wohnungen die ge⸗
ſellige Gaſtfreiheit ihres Umganges und uͤber⸗
haupt durch ihren Wohlſtand reichlich verguͤtet.
Der Schnee iſt auch nicht ſo häufig als auf
den feften Lande. Da dieſe Jahrszeit dem Acker⸗
bau nicht guͤnſtig iſt, ſo ſind gewoͤhnlich mehr
als die Haͤlfte der Einwohner im Winter mit
dem Fiſchfange in gelinderen Gegenden befchäfs
tiget.
Nantucket iſt wie ſchon geſagt worden die
Spitze eines großen ſandigen Berges der einige
trockne Stellen zum Aufenthalt fuͤr Menſchen
dar⸗
103
darbietet, Suͤdwaͤrts von diefer Inſel liegen ver-
ſchiedene andre die aber von der See bedeckt
werden; dieſe Gegend iſt den Seefahrern unter
den Namen der Nantucket Scheren bekannt ge;
nug. Allein durch dieſe Bruſtwehren wird die
Inſel gegen die Wuth der Wellen geſchuͤtzt, die
ohne dieſe natuͤrlichen Graͤnzen laͤngſt ein Raub
derſelben geworden waͤre; dieſen Scheren haben
auch die Einwohner von Nantucket ihren erſten
Unterhalt zu danken, well fie ihnen Fiſche im
Ueberfluſſe lieferten und ſie lehrten ſich weiter zu
wagen als ſich die Fiſche von ihrer Inſel zuruͤckzo—
gen. Die Ufer derſelben find mit den weichſchaa—⸗
ligten, hartſchaaligten und großen Clams bedeckt,
welches eine ſehr nahrhafte Muſchelart iſt. Die
Sandbaͤnke find voll davon, und fie vermehren
ſich ſo haͤufig, daß man ſie immer in Ueberfluß
faͤngt. Dieſe und die Menge andrer Fiſche ſind
die vornehmſte Nahrung der Einwohner; auch
die Ureinwohner von Nantucket, welche die erſten
Europäer hier vorfanden, naͤhrten ſich von dens
ſelben. Die Abkoͤmmlinge dieſer Wilden wohnen
noch in gut gebauten Häufern auf der Suͤdſeite
der Inſel Sie ſind fleißige unſchaͤdliche Men⸗
ſchen die dem Seeleben ſehr ergeben, und darin
eben ſo geſchickt ſind, als ihre Mitbuͤrger die
Weißen. Lange vor der Ankunft der Letztern,
waren ſie in beſtaͤndigen kleinen Zwiſtigkeiten un⸗
ter einander verwickelt. Durch die Fremden 4
N
ropier
104
ropaͤer das fefte Land verlaſſen hatten. Dieſe
Inſel gehoͤrte damals unter die Gerichtsbarkeit
von Neuyork fo wohl als Marthas Weinberg,
u. ſ. w. Aber ſeitdem hat man ſie zur Provinz
Maſſachuſet geſchlagen, ſie genießt dieſelbe Mu⸗
nicipal Einrichtung als die uͤbrigen Grafſchaften
der Provinz, und hat alfo auch dieſelben Bedie—
nungen als Scherif, Friedensrichter, Oberauf-⸗
ſeher, Beyſitzer, Gerichtsdiener, Armenvoͤgte u.
ſ. w. Ihre Auflagen ſind wie in Maſſachuſetbay,
ſie werden nach einer Schaͤtzung gehoben die durch
die Geſetze der Provinz und in den jährlichen
Volksverſammlungen beſtimmt wird. Zwey Drit—
tel des ganzenhieſigen Magiſtrats ſind von der Ge—
ſellſchaft der Freunde.
Nantucket iſt eine große Schule fuͤr See⸗
leute, Lootſen, Kuͤſtenfahrer und Fiſcherleute; als
eine Grafſchaft die zur Provinz Maſſachuſets ges
hört, hat fie den Vortheil eines eignen Gericht:
hofes, von welchem man an das Obergericht zu
Boſton appelliren kann. Ich habe zuvor bemerkt,
daß die Quaker zwey Drittel des Magiſtrats aus⸗
machen, ſie haben dem zufolge die vornehmſte
Gewalt in Haͤnden; obgleich aber hier mehr als
fuͤnftauſend Menſchen bey einander leben, fo fin—
det ſich doch ſelten eine Gelegenheit, Strafgeſetze
auszuuͤben, weil Muͤßiggang und Armuth die
Quelle fo vieler Vergehungen hier gänzlich under
kannt ſind. Noch hat ſeit der Erbauung der
Stadt, das iſt, ſeit mehr als hundert *
ö ei⸗
105
feiner fein Leben gerichtlich verwirkt. Die Ein—
falt der Sitten welche die Beduͤrfniſſe vermins
dert, die Armuth des Bodens, welcher jeden
der dem Mangel entgehn will, zu einem unab—
laͤßigen Fleiß anhält, und die Hofnung durch
dieſen Fleiß einen bequemen Unterhalt zu erwer—
ben, oder im Fall das Schickſal ihnen unguͤn⸗
ſtig wäre, die Gewisheit der Unterſtuͤtzung von
ihren Brüdern; alles dieſes entfernt fie von La—
ſtern und Ausſchweifungen. Ein Land welches
nur durch großen Fleiß die nothwendigen Be—
duͤrfniſſe, oder allenfalls Bequemlichkeiten des
Lebens liefert, muß bey ſeinen Einwohnern ent—
weder Geſundheit, Maͤßigkeit, und eine gewiſſe
Gleichheit des Standes oder das aͤußerſte Elend
hervorbringen. Das erſtere iſt der Fall in dies
ſer Inſel, und wenn es auch hier eine Verſchie—
denheit der Staͤnde als Hohe, Mittlere und Ge—
ringe giebt, ſo iſt dieſe Verſchiedenheit doch nicht
ſo groß, und der Mangel der Geringen nicht ſo
druͤckend, daß er Neid erregen und große Laſter
hervorbringen ſollte. Der ganze Unterſchied bes
ſteht darin, daß die Seefahrer ſo wie ſie groͤſ—
ſeren Gefahren ausgeſetzt find, auch eher Reich—
thum erlangen koͤnnen als die Ackerleute; dies
macht aber keine nachtheilige Wuͤrkung, und die
I Reichern behalten dieſelbe Einfalt in ihren Klei—
dungen, Wohnungen und Sitten bey. Die Ein:
gebohrnen leben in eben dieſem ruhigen, fried—
fertigen Zuſtande; ſie ſind fruͤh von Engliſchen
Miſ⸗
106 |
Pißtonarien zur chriſtlichen Religion bekehrt uud
getauft worden, und ſie folgen den Vorſchriften
dieſer Religion in der ſie in ihrer fruͤhen Ju—
gend unterrichtet werden ſehr genau. Die Bi-
bel ift von einem Neuengliſchen Geiftfichen Nas
mens Elliot in ihre Sprache uͤberſetzt, und bald
darauf zu Cambridge bey Boſton gedruckt wor—
den. Derſelbe Geiſtliche hat auch den Katechis—
mus und viele andre nuͤtzliche Buͤcher uͤberſetzt,
die alle ſehr haͤufig in dieſer Inſel zu finden
ſind, und von denen Indianern die leſen koͤnnen
fleißig gebraucht werden. Die jungen Europäer
lernen gewoͤhnlich dieſe Sprache auch, und ſpre⸗
chen fie mit eben fo viel Leichtigkeit als ihre eig
ne. Dieſe Nation ſcheint jetzt ihrem Untergan⸗
ge nahe zu ſeyn, welcher aber nicht wie in vie-
len andren Provinzen der Fall iſt, durch Ger
walt oder Liſt der Europaͤer bewirkt worden.
Sie werden vielmehr von dieſen als Brüder bes
trachtet, und haben ihnen große Vortheile zu
verdanken; aber ihre eignen feindfeligen Kriege
unter einander vor Ankunft der Europaͤer haben
ihre Anzahl ſehr verringert, noch mehrere ſind
durch die Blattern die fie von uns befoms
men haben, und durch den haͤufigen Gebrauch
des Brandweins aufgerieben worden. Die erſte
Krankheit iſt fuͤr ſie beſonders gefaͤhrlich, da ſie
gar nicht die Art ſie zu behandeln kennen, und
ganze Voͤlkerſchaften find dadurch weggeraft. Vor
einigen Jahren wurden drey Canots voll Ameri⸗
kaner
107
kaner auf ihrer Ruͤckkehr nach Detroit von den
Waſſerfaͤllen des Niagara, mit den Pocken durch
die Europaͤer angeſteckt, mit denen ſie Handel
trieben. Die Seuche brach bald aus und alle
kamen nahe bey Long Point am See Erie um,
einige Reiſende die denſelben Weg kamen, fanz
den nachher ihre Boͤte, Geraͤthe und Hunde.
Ueberhaupt ſcheint es eine Art von Verhaͤngniß
über fie zu ſeyn, daß fie nicht mit den Europaͤ⸗
ern zuſammen wohnen ſollen, denn in ihrer Nach—
barſchaft find fie beſtaͤndig allerley Zufaͤllen und
anſteckenden Krankheiten unterworfen, die ihre
Zahl täglich geringer machen.
Die vornehmſte Erziehung welche die Ein⸗
wohner von Nantucket ihren Kindern geben, ber _
ſteht in dem guten Beyſpiel, welches beſtaͤndig
vor ihren Augen iſt; ſie werden fruͤh von dem
ernſten und doch freundlichen Betragen ihrer El—
tern geruͤhrt; man gewoͤhnt ſie von ihrer Kind⸗
heit an zu einem ſtrengen Gehorſam, der aber
— 2 2 Ze
nicht aus unuͤberlegter Leidenſchaft, ſondern mit
der groͤſten Gleichmuͤthigkeit gefordert wird, und
‚überhaupt werden fie mit Sanftmuth und Ernſt
gezogen, die das unterſcheidende Kennzeichen in
dem ganzen Betragen eines aͤchten Quaͤkers find.
Obgleich alle erſinnliche Sorgfalt auf ſie gewandt
wird, ſo iſt ihre Kleidung doch immer aͤußerſt
einfach und ihre Eltern gehen ihnen auch hier
mit ihren Beyſpiel vor, wodurch ſie fruͤh allen
unnuͤtzen eitlen ann als ſuͤndlich betrachten
ler⸗
108
lernen. Dem ungeachtet haben fie eine außer-
ordentliche Liebe zur Reinlichkeit die bey die-
fer Religtonsparthey bis zum hoͤchſten Grade ges |
trieben wird, aber doch mit Klugheit und Spar-
ſamkeit vergeſellſchaftet iſt. Durch die Sanft⸗
muth mit der ſie beſtaͤndig angeredet werden,
erhält ihre eigne Stimme eine Biegſamkeit die
fie nachher nie verlieren, und die ſie ſo vortheil⸗
haft von andren unterſcheidet. Ordnung und
Fleiß ſind ihnen wie angebohren, da ſie ihre
Eltern nie anders als nuͤtzlich befchäftiget ſehen,
und ihre Augen nie an Ausſchweifung und Muͤſ⸗
ſiggang gewoͤhnt werden. Hinterlaſſen ihre El-
tern ihnen Vermoͤgen, ſo lehrt man ſie, es mit
Maͤßigung und Beſcheidenheit zu genießen; hin
terlaſſen fie ihnen Feines, fo haben fie Muth etz
was zu wagen, und zu arbeiten wie ihre Väter |
vor ihnen gethan haben, und follte ihr Fleiß
nicht mit einem guten Fortgange belohnt wer-
den, ſo ſind auf dieſer Inſel wie uͤberall unter
dieſer Sekte die wohlthaͤtigſten Anſtalten, daß
keiner Mangel leiden ſoll. In ihren Gottesdienſt⸗
lichen Verſammlungen werden ihnen die wenigen,
einfachen Saͤtze ihrer Religionsparthey beigebracht;
die gewiß geſchickt find, fie zu mäßigen, fleißi—
gen, gerechten und mitleidigen Menſchen zu bil-
den; fie werden in den vornehmſten Lehren der
chriſtlichen Religion unterrichtet, und dieſe febeis
nen auch auf ihren Wandel Einfluß zu haben,
denn ſie zeichnen ſich durch einen uneingeſchraͤnk⸗
ten
109
ten Gehorſam gegen die Geſetze, große Gerech—
tigkeitsliebe, allgemeine Menſchenliebe, Sanft—
muth, Maͤßigung und Fleiß aus. In den Schu—
len lernen ſie leſen und eine gute Hand ſchreiben
bis ſie zwoͤlf Jahr alt ſind, alsdenn thut man
ſie auf ein paar Jahre bey einem Boͤttger in
die Lehre, welches der zweyte anſehnliche Nah:
rungszweig auf der Inſel iſt. Im vierzehnten
Jahre werden ſie auf ein Schiff gegeben, wo
fie das Praktiſche und Theoretiſche der Schiff
farth zu gleicher Zeit lernen; fie lernen dabey
alles was zum Wallfiſchfang gehoͤrt, und nach—⸗
dem ſie einige Reiſen mitgemacht haben, ſo ſind
fie geſchickt entweder die Geſchaͤfte in einen Cons
toir oder auf einen Schiffe zu übernehmen.
Die erſten Eigenthuͤmer der Inſel oder viel:
mehr die Erbauer der Stadt, fiengen mit einem
einzigen Fiſcher Fahrzeuge (Whaleboat) an, mit
welchem ſie ausliefen um Kabbeljau zu fangen.
Dies koſtete ihnen ſo wenig Muͤhe, daß ſie ihre
Geſchaͤfte bald weiter ausbreiteten, und dieſer
erſte gluͤckliche Fortgang erdfnete ihnen neue Aus;
ſichten. Es fiel ihnen ein, daß ſie auch Wall⸗
fiſche fangen koͤnnten, die bisher ruhig an ihren
Kuͤſten geſpielt hatten. Nach vielen Verſuchen
wovon einige ungluͤcklich abliefen, gelang ihnen
ihr Vorſatz; und ſo kamen ſie nach und nach
weiter. Der Gewinnſt einer gluͤcklichen Farth
ſetzte ſie in den Stand ſich beſſere Materialien
zu weitlaͤuftigern Unternehmungen anzuſchaffen;
und
110
und ihr Gewinnſt wurde immer größer. Die
Suͤdſeite der Inſel ward in vier gleiche Theile
getheilt, und jeder Theil ward einer Geſellſchaft
von ſechs Perſonen uͤbergeben, und dieſe, ob⸗
gleich ſie auf dieſe Art ane waren, arbei—
teten zum gemeinen Nutzen. In der Mitte ei⸗
nes jeden Diſtrikts e ſie einen hohen
Maſt mit verſchiedenen Koͤrben verſehen, und
nahe dabey wurde eine leichte Hütte aufgeführt; |
in welcher fünf von der Gemeinſchaft wohnten,
der ſechſte nahm ſeine Stelle auf dem Maſt ein,
und ſah ſorgfaͤltig zur See hinaus, um das Waſ⸗
ſerſpeien der Wallfifche zu beobachten, ſobald er
einige entdeckte kam er hinunter und benachrich⸗
tigte feine Gefährten; das Wallfiſchboot ward
in die See gelaſſen, und die Geſellſchaft ſetzte
ihrer Beute nach. Es ift zu bewundern, daß
ſechs verwegne Geſchoͤpfe in einem kleinen Ame; |
rikaniſchen Fiſchergefaͤße es wagen ſollten, ein
ſo ungeheures Thier in ſeinem eignen Elemente |
anzugreifen. Aber eine außerordentliche Geſchick⸗
lichkeit und lange Gewohnheit haben dieſe Wallſi⸗ |
ſchfaͤnger allen andern vom ſelben Handwerke über,
legen gemacht; durch eine genaue Kenntniß von
den Bewegungen des Wallfiſches nach dem erſten
Angriffe, und viele andre Bemerkungen, ſind ſie
fo vorſichtig geworden, daß es ihnen ſelten mise
lingt ihn mit der Harpoon zu treffen und ans
Üfer zu ſchleppen. Dieſe Beſchaͤftigung feßten
fie fo lange fort, bis fie größere Schiffe kaufen,
und
111
und weitere Reiſen thun konnten, weil ſich die
Wallſiſche allmaͤhlig von ihren Kuͤſten entfernten.
Diejenigen welche in ihren Unternehmungen un⸗
gluͤcklch waren, kehrten zum Kabbeljaufang zu:
ruͤck; welches ihre erſte Schule war und wo ſie
ihren erſten Unterhalt gefunden hatten; ſie fien⸗
gen ſogar an, die Ufer von Cap Breton, die Inſel
Sable und die vielen fiſchreichen Stellen an den
Ufern von Amerika zu beſuchen. Allmaͤhlich gien—
gen ſie auch nach Neufundland dem Meerbuſen
von St. Lorenz, der Straße Belisle, der Kuͤſte
von Labrador, der Davies Straße, und ſogar
nach Cap Deſolation im 7often Grade, auf den
Wallfiſchfang. Nach dieſem beſuchten ſie auch
die Weſtindiſchen Inſeln, die Gegend im 34ften
Grad der Breite, wo die Wallfifche beſonders
häufig find, Braſilien und die Kuͤſte von Guinea.
Sie find ſogar ſchon nach den Falklands Inſeln
gekommen, und haben den Vorſatz nach der Suͤd⸗
ſee zu ſegeln. Auf dieſe Art mit einem ſo gerin—
gen Anfange ſind ſie endlich in ihren jetzigen wohl⸗
habenden Zuſtand verſetzt worden. Nach ihrem
Beyſpiel hat man verſchiedene Handelsgeſellſchaf⸗
ten auf dem feſten Lande errichtet, aber der Fleiß
der Einwohner von Nantucket hat ſie bisher uͤber
alle ihre Nebenbuhler erhoben, und ihte Inſel iſt
noch immer der vornehmſte Niederlagsort fuͤr
Thran, Fiſchbein und Spermaceti. Dem unge⸗
achtet ſind ihre Reiſen auch nicht immer gluͤcklich
an Bun Farth bringt nicht einmal die Koften
ein.
112
ein. Dieſe Ungluͤcksfaͤlle tragen fie aber mit Ges
duld und eine kuͤnftige Reiſe erſetzt den Verluſt.
Zuweilen verkaufen ſie ihre ganze Ladung auf dem
feſten Lande, wo ſie ſolche Waaren dafuͤr bekom⸗
men als ihnen noͤthig ſind; gewoͤhnlich aber ſchi⸗
cken ſie alles nach England und bekommen baares
Geld dafuͤr. Wenn ſie dieſes vorhaben wird ein
größer Schiff als gewohnlich ausgeruͤſtet, auf der
Stelle wo man die Wallfifche fängt, mit Trahn
beladen, und ſogleich ohne nach der Juſel zuruͤck⸗
zukommen nach England geſandt, wodurch ſie viel
Zeit und Koſten erſparen. Sie brauchen auch
verſchiedene Schiffe um Bauholz von dem feſten
Lande nach der Weſtindiſchen Inſel zu fuͤhren,
und bringen von dort die Landesprodukte zuruͤck,
welche ſie alsdenn wo ſie koͤnnen mit guten Vor⸗
theil abſetzen. Sie ſind uͤberhaupt ſehr zum Han⸗
del aufgelegt, und beſitzen fehe viel Scharfſichtig⸗
keit um alle Vortheile zu nutzen, ſie wiſſen auf
ein Haar auf welche Art fie am wohlfeilſten Bau⸗
holz von Kennebeck, Penobſcot u ſ. w. Pech und
Theer von Nord Carolina; Mehl und Zwieback
von Philadelphia: Rind und Schweinefleiſch von
Connekticut verſchaffen koͤnnen. Ihren Kablejau
und die Weſtindiſchen Produkte vertauſchen ſie
gegen ſolche Artikel die entweder ſie nach ihrer
Inſel bringen, oder wieder anderwaͤrts abſetzen
koͤnnen. Durch dieſe verſchiedenen Handelszwei⸗
ge haben fie ſich die Ausruͤſtung ihrer Wallfiſch⸗
fangs⸗ Flotten ſehr erleichtert, und ihre Fiſche⸗
9 reyen
113
reyen überhaupt ſehr verbeſſert. Alle dieſe Vor⸗
theile aber verdanken fie nicht fo wohl ihrer eig⸗
nen Geſchicklichkeit als der Armuth ihres Erd—
reichs. Um dieſes zu beweiſen darf man nur die
die nahgelegne Inſel Marthas Weinberg betrach—
ten, welche von Leuten bewohnt wird, die nicht
weniger ſcharfſinnig und fleißig ſind; aber das
Erdreich iſt ungleich fruchtbarer, und die Schiff;
farth wird daher weniger geachtet, wenn ihre
Lage gleich eben ſo bequem zur Fiſcherey iſt.
Die Einwohner von Nantucket heirathen ge—
meiniglich ſehr früh, weil man mit den Maͤd⸗
chen keinen Brautſchatz erwartet, und ſich jeder
durch ſeinen Fleiß hinlaͤnglichen Unterhalt ſchaffen
kann. Der Reichthum der Toͤchter iſt ihre Er⸗
ziehung, Geſundheit und Haͤuslichkeit, nebſt der
gewoͤhnlichen Ausſtattung; ſo wie die Maͤnner
oft nichts mehr als ihren Fleiß, ihre Geſchicklich⸗
keit in irgend einem Gewerbe und ihre Geſund—⸗
heit beſitzen; aber wenige Jahre von wechſel⸗
ſeitigen Bemuͤhungen ſetzen ſie unfehlbar in den
Stand ihre gewoͤhnlich zahlreiche Familie ordent⸗
lich zu ernähren. Dieſe Kinder die an der Sees
kuͤſte ihr Leben empfangen, werden früh mit ak
len Gefahren des Meeres bekannt, ſie baden von
ihrer Kindheit an darin, und da ſie ſich allem
Wind und Wetter ausſetzen, fo werden fie da—
durch geſchickte und abgehärtete Seeleute; ſie hoͤ—
ren von ihren Eltern die Erzaͤhlung ihrer Reiſen,
kuss ausgeſtandenen Gefahren und ihre Siege
Forſters b. u. V. K. 3. Th. uͤber
114
über die Wallfiſche, und dies flößt ihnen ein guͤn⸗
ſtiges Vorurtheil fuͤr dieſe Lebensart ein. Sie
reiſen oft nach dem feſten Lande, und dieſe kur⸗
zen Reifen machen fie zu längern und gefährlis
chern Unternehmungen. geſchickt, und daher ſind ſie
auf dem ganzen feſten Lande wegen ihrer Kenntniß
und Geſchicklichkeit im Seeweſen bekannt. Ein
Bewohner dieſer Inſel iſt gleich durch die außer⸗
ordentliche Biegſamkeit und Geſchmeidigkeit ſei⸗
nes ganzen Koͤrpers kenntlich, und dieſe behalten
ſie noch bis in ihr hohes Altes. Man ſchreibt
dies gewoͤhnlich dem Thran zu, mit dem fie fo
Häufig. ehe er zum Verkauf geſchickt iſt, e
werden.
Es wandern jährlich viele Emigranten von
dieſer Inſel aus da die Volksmenge durch die
fruͤhen Heirathen, das geſunde Clima, und die
Maͤßigkeit der Einwohner beſtaͤndig zunimt. Im
Jahr 1766 kauften eine ziemliche Anzahl Perſo⸗
nen, einen großen Strich Landes in der Herrſchaft
Orange in Nord Carolina, an dem Urſprung des
tiefen Fluſſes Deep River) belegen, gegen We⸗
ſten von Cap Fear. Die Bequemlichkeit zur See
nahe bis an den Ort gehen zu koͤnnen, die Vor⸗
treflichkeit des Bodens und die Annehmlichkeit
der Lage, machte es ihren leicht ihren erſten
Wohnort zu verlaffen der fie nicht mehr faſſen
konnte; fie haben jetzt hier ein ſchoͤnes Etabliſ⸗
ſement angelegt, welches unter der Benennung
Neugarten bekannt iſt, und nahe an der beruͤhm⸗
ten
115
ten Niederlaſſung liegt, welche die Mährifchen
Bruͤder zu Bethabara, Bethanſa und Salem am
Fluß Dadfin beſitzen. Die ganze Gegend iſt ber
zaubernd ſchoͤn, und beſteht aus abwechſelnden
ſanften Anhoͤhen und fruchtbaren Thaͤlern, mit
kleinen Fluͤſſen durchſchlaͤngelt. Nirgends kann
man ein Land finden, welches den Fleiß des Be:
bauers ſo reichlich belohnt; als beynahe alle Laͤn⸗
der an den unzaͤhligen Quellen der großen Fluͤſſe
die in die Eheſapeakbay fallen, oder durch die
Provinzen Nord- und Süd: Carolina, und Geor⸗
gien fließen; es iſt vielleicht die vortheilhafteſte
Gegend, auf dem feſten Lande, denn obgleich
zwiſchen denſelben und den Seehaͤfen zu gewiſſen
Jahrszeiten eine bequeme Communication ift, fo
athmet man doch dort nicht die ungeſunde Luft
der man in den niedrigen Gegenden am Atlanti⸗
ſchen Meer ausgeſetzt iſt. Die Leute von Neu⸗
garten ſind zwiſchen 200 und 300 Meilen von
— — — . — —
0
4 ——„— — —— U An ie — —— ů—
. — — —
Cap Fear und 400 von Nantucket entfernt, und
koͤnnen daher wie leicht zu erachten, mit ihrem
kleinen Hauptlande nur in geringer Verbindung
ſtehen. Andre Emigranten von Nantucket haben
ſich an Fluß Kennebeck, in dem Theil der Herr⸗
ſchaft von Maſſachuſetsbay, der unter dem Na—
men Sagadahok bekannt iſt, niedergelaſſen. Hier
beſchaͤftigen ſie ſich damit, die unzugaͤnglich⸗
ſten Waͤlder in Amerika auszurotten, und mit
Holzwaaren zu handeln, wozu der ſchoͤne Fluß
und ihre bequeme Lage an der See ihnen Gele—
H 2 gen⸗
116
genheit geben. Anſtatt alle ihr Holz zu verbren⸗
nen wie viele Provinzen in Amerika zu thun ge⸗
noͤthiget ſind, fuͤhren ſie vieles davon mit großen
Nutzen aus, als Stäbe, Reife, Bretter, Stans
gen und dergleichen. Sie ſtehen deswegen auch
mit ihrem Vaterlande noch in Verbindung, und
es giebt viele angeſehne Kaufleute in Scherborn
die ſchoͤne Guͤter am Kennebeckfluſſe beſitzen, von
denen ſie viele Lebensmittel, und andre Sachen
ziehen, als Fleiſch, Getraide, Brennholz und
dergleichen.
Die Laͤndereyen gehören eigentlich der alten
Plymouth Compagnie, welche zuerſt die Provinz
Maſqachuſets mit Coloniſten bevoͤlkerte; und dieſe
Geſellſchaft die noch zu Boſton ihren Sitz hat,
beſitzt das Recht, die noch unbebauten Laͤnder wel⸗
che in dieſem Bezirk liegen, zu vergeben. g
Dieſer Theil der Provinz iſt ohngeachtet feis
ner gluͤcklichen vage und Fruchtbarkeit ſehr lange
ganz vernachloßiget worden; und alle Niederlaſ⸗
ſungen von hier bis Penobſcot ſind noch in ihrer
Kindheit. Es iſt wahr, es erfordert ungeheure
Anstrengung um das Land von den Hoͤlzungen zu
ſaͤubern, aber alsdenn belohnt es den fleißigen Be;
ſitzer auch reichlich für feine angewandte Mühe,
Es iſt hier nicht diejenige vorübergehende Frucht-
barkeit, welche in wenigen Jahren ihre Endſchaft
erreicht; ſondern hier iſt ſelbſt auf den hoͤchſten
Gegenden ein tiefes, fettes, feuchtes Erdreich,
wel⸗
117
welches das vortreflichſte Gras, und nie fehlſchla⸗
gende Erndten hervorbringt.
Neugarten uͤbertrift zwar dieſe Riederlas⸗
ſung in der Gelindigkeit des Climas, und daß
Erdreich bringt mit geringerer Muͤhe eine groͤßere
Verſchiedenheit von Produkten hervor, aber eben
dieſes gelinde Clima reitzt zum Muͤßiggange und
ſchwaͤcht die alten thaͤtigen Einwohner von Nan—
tucket, da hingegen die Leute von Kennebeck weit
abgehaͤrteter, und zu Gefahren und Beſchwerden
geſchickter ſind. f
Es giebt in Scherborn nur zwey Gemeinen,
die Presbyterianer die den einzigen Geiſtlichen
auf der Inſel haben und die Quaker unter wel—
chen bekanntermaßen keine feſtgeſetzten Lehrer ſind.
Dieſe beiden Sekten wohnen ſehr friedfertig bey
einander, und wiſſen gar nichts von den Reli-
gionsſtreitigkeiten, welche in Amerika vormals ſo
haͤufig waren. In der ganzen Inſel ſind auch
nur zwey Aerzte. Maͤßigkeit, Gemuͤthsruhe und
beſtaͤndige Bewegung erhalten den Einwohnern eis
nen geſunden Koͤrper, welchen ſie von ihren Eltern
erben; dem ungeachtet giebt es einige ſchwindſuͤch⸗
tige und mit Fiebern behaftete Perſonen, aber ſeit
Erbauung der Stadt ſind ſie noch mit keiner Epi⸗
demie heimgeſucht worden, die in andern Laͤn⸗
dern ſo große Verwuͤſtungen machen. Seit eini⸗
gen Jahren hat ein Rechtsgelehrter Mittel gefunz
den, ſich ſeinen Unterhalt hier zu verſchaffen, der
| en Theil feines BR koͤmmt aber von
ſei⸗
118
feiner Frau her, die die reichſte Parthie auf der
ganzen Inſel war, und wenn auch dies nicht waͤ e
re, wurde es ihn gewiß ſchwer fallen durch ſei⸗
ne Rechtswiſſenſchaft fo viel zu verdienen als er
bedarf, denn man weiß hier nichts von Rechts⸗
haͤndeln und bedient ſich ſeiner nur zuweilen um
ausſtehende Gelder auf dem feſten W einzu⸗
treiben.
Was aber den Einwohnern von Nantucket
zum beſondren Ruhme gereicht, iſt daß ſie aus
wahrer Menſchenliebe und Grosmuth allen ih⸗
ren Negerſklaven die Freiheit gegeben haben, ſo
daß kein einziger Sklave auf der ganzen Inſel
zu finden iſt, obgleich dieſer Gebrauch noch von
allen ihren Nachbaren beybehalten wird, 3
Sie halten außerordentlich viel auf die aͤuf⸗
ferfte Simplicität in Kleidung und Sprache, und
wenn man ſich ihnen in dieſen beyden Stuͤcken
gleich ſtellt, iſt es leicht ihr Zutrauen zu gewin⸗
nen. Sie ſind aber ſo oft auf dieſe Art hin⸗
tergangen worden, daß ſie jetzt anfangen vorſich⸗
tiger zu werden. Ihre Liebe zur Sparſamkeit
geht ſo weit, daß wenn einer unter ihnen mit
einem langen Kleide von engliſchen Tuch in der
Woche oder an den gewoͤhnlichen Arbeitstagen er-
ſcheinen ſollte, man ihn verlachen, und fuͤr einen
unbeſonnenen Verſchwender halten wuͤrde, dem
man auf keinen Fall trauen oder ſich feiner an⸗
nehmen muͤßte. Sie bedienen ſich keines andern
Fuhrwerks als eines kleinen zweyraͤdigen Wa⸗
f gens,
119
gens, der mit Leinwand bedeckt ift, und vor dem
ſie ein Pferd ſpannen, aber vor einigen Jahren
wurden zum nicht geringen Aerger dieſer klugen
VBuͤrger zwey einſpaͤnnige Chaiſen von Boſton hin—
uͤbergebracht; jede Zunge gerieth uͤber diefe fünd-
liche Verſchwendung in Bewegung; einige weiſ—
ſagten den nahen Untergang der beiden Fami—
lien die dieſes bunt bemahlte Fuhrwerk einge—
fuͤhrt hatten; andere zitterten vor den Uebeln,
|
welche die Nachahmungsſucht hervorbringen wuͤr—
de, und es entſtand beynahe ein Aufruhr wegen
eines fo unerhoͤrten Vorfalls. Einer von den Bes
ſitzern dieſer weltlichen Fuhrwerke wurde durch
dieſe allgemeine Misbilligung zur Buße uͤber ſein
Vergehen gebracht, und ſchickte ſeinen Wagen
kluͤglich zuruͤck; der andre aber der ein hartnaͤ⸗
ckigerer Suͤnder war behielt den ſeinigen bis
ſich ſeine Mitbuͤrger allmaͤhlig daran gewoͤhnten.
Noch hat fein Beyſpiel keine ſchaͤdliche Wuͤrkung
gehabt, denn die vornehmſten Buͤrger bedienen
ſich noch immer ihrer zweyraͤdrigen Karren wenn
fie nach der Kirche oder auf ihre Landhäuſer
fahren. N. u
Der Muͤßiggang wird auf Nantucket fuͤr
das groͤſte Verbrechen gehalten, und ein Muͤßig⸗
gaͤnger wird überall als ein Gegenſtand des Mit⸗
leidens angeſehen, denn bey ihnen ſind Faulheit
und Mangel und Hunger gleichbedeutende Wor⸗
te; dieſer Grundſatz iſt fo allgemein angenoms
men, daß fie im woͤrtlichſten Verſtande nie un⸗
be:
120
beſchaͤftiget find; ſelbſt auf dem Markte, wo ſie
als nach einen Caffeehauſe hingehen um Geſchaͤfte
zu verrichten oder ihre guten Freunde zu fpre;
chen, ſieht man ſie immer mit einem Stuͤck Holz
in den Haͤnden, woraus ſie Doſen, Spunte und
Zapfen für ihre Trahnfaͤſſer, oder dergleichen ver-
fertigen; ſie ſind in dieſen Arbeiten ſehr geſchickt
und bedienen ſich dazu blos eines Meſſers.
Ihre Weiber ſind eben ſo geſchickt und fleiſ⸗ |
fig, durch die öfteren Reifen ihrer Männer find
fie verbunden alle Gefchäfte des Hauſes zu befors
gen, Rechnungen zu führen, und ihren Familien
in allem vorzuſtehen; und da dies oft vorkommt,
haben ſie in allen dergleichen Sachen eine große |
Fertigkeit erlangt, und verrichten fie mit großer
Klugheit und Sorgfalt. Dieſe Beſchaͤftigungen
ſchaͤrfen ihre Urtheilskraft, und erheben fie über
die mehreſten ihres Geſchlechts in dieſen nordame⸗
ricaniſchen Gegenden, indem ſie ſelbſt im gemei⸗
nen Umgange gefaͤlliger und unterhaltender find.
Sie ſind auch ſehr geſellig und beſuchen einander
er
welches ſich auch auf die erſtreckt deren Maͤnner
nicht verreiſen; dieſe folgen ihren Weibern frieds
fertig nach, ſobald fie von ihrer täglichen Arbeit
zuruͤckkehren, und führen fie alsdenn nach Haufe.
Die jungen Leute beyderley Geſchlechts folgen den
Beyſpielen ihrer Eltern, und bringen den Abend
gewoͤhnlich in froͤhlichen Geſpraͤchen und Scher⸗
zen zu. Da Kartenſpiele, Tanz, Muſick und
Trin⸗
121
Trinken ihnen gleich verhaßt find, fo halten fie
um ſich die Zeit zu verkuͤrzen viel von den Ver⸗
gnuͤgungen der Tafel, und kommen niemals zus
ſammen, ohne ſich mit Backwerk, Milchſpeiſen
und dergleichen zu bewirthen.
| Mit dieſer Liebe zur Geſelligkeit verbinden
die Weiber von Nantucket einen großen Fleiß, ſie
ſpinnen ſehr viel, und man würde es ihnen als
eine große Schande anrechnen, wenn die ganze
Familie nicht in gute dauerhafte Zeuge von ihrer
eignen Arbeit gekleidet waͤre. Nur des Sonn⸗
tags iſt es beyden Geſchlechtern erlaubt ſich in
Kleidern von Engliſcher Manufaktur zu zeigen;
und dieſe ſind dennoch von geringem Preiſe und
beſcheidenen nicht auffallenden modiſchen Farben;
übrigens giebt es keinen Unterſchied in der Klei—
dung verſchiedener Staͤnde, ſie gehen alle gleich
und ſcheinen daher nur zu einer großen Familie
zu gehören.
7 Seit vielen Jahren hat ſcch hier eine beſon⸗
dre Gewohnheit eingeſchlichen, und die vornehm—
lich unter dem weiblichen Geſchlecht beynahe all⸗
gemein geworden iſt, und dies iſt der Gebrauch
des Opiums. Sie haben ſich hieran ſo erſtau⸗
nend gewoͤhnt, daß ſie es gar nicht mehr entbeh⸗
ren koͤnnen, und ſich lieber nothwendige Beduͤrf⸗
niſſe als dieſen Lieblingsgenuß entziehen wuͤrden.
Unter den Maͤnnern giebt es nicht viele die von
dieſer Thorheit angeſteckt ſind, aber unter dieſen
| ie der Scheriff der noch dazu ein geſchickter Arzt
iſt;
122
iſt; dieſer nimmt täglich nach dem Fruͤhſtuͤck drey
Gran davon, und behauptet, daß er phne dieſes
Mittel ſeine Geſchaͤfte nicht beſorgen koͤnnte.
Die mehreſten der hieſigen Einwohner ſind
Abkoͤmmlinge der ſieben und zwanzig erſten Anz
bauer denen die Inſel gegeben ward; die uͤbrigen
find nachher vornehmlich aus der Provinz Maſſa⸗
chuſets heruͤber gekommen; es giebt unter ihnen
weder Schottländer, Irrlaͤnder noch Franzoſen ſon⸗
dern die ganze Race iſt von unvermiſchter engliſcher
Abkunft, und durch die Länge der Zeit ſind ſie
beynahe alle untereinander verwandt, woher ſie
sich auch beſtaͤndig Vetter, Couſine, Onkle oder
Tante nennen. Dies iſt ſo allgemein, daß ſelbſt
die Nichtverwandten ſich dieſer Benennungen bes
dienen, und es würde für ſteif und geziert gehal⸗
ten werden, ſollte man ſich ihrer enthalten.
| Die andere zu Maſſachuſetsbay gehörige
Inſel deren Einwohner ſich wie Nantucket, mit
dem Wallfiſchfange beſchaͤftigen, und eine Art
von kleinen Staat fuͤr ſich ausmachen heift Marz 1
thas Weinberg.
Sie hat zwanzig engliſche Seemeilen in boys |
Fänge, und iſt fieben bis achte breit; ſie liegt
neun Meilen vom feſten Lande, und macht zu⸗
ſammen mit den Eliſabeths⸗Inſeln eine Graf⸗
fchaft der Provinz Maſſachuſetsbay aus, welche
den Namen der Herzog Grafſchaft Dukes Coun-
ty) führe. Die Eliſabeths-Inſeln, ſechs an der
Zahl liegen ungefaͤhr neun Meilen vom Weinberg
und
21
123
und find wegen ihrer vortreflichen Hollaͤndereyen
bekannt. Marthas Weinberg wird in drey Stadt⸗
bezirke abgetheilt, dieſe ſind Edgar, Chilmark,
Disbury; die Zahl der Einwohner wird auf vier⸗
tauſend geſchaͤtzt, und von dieſen find, dreyhun⸗
dert Amerikaner, die Nachkoͤmmlinge der Wilden.
| Edgar iſt die vornehmſte Stadt in der Grafſchaft
und hat den beſten Hafen; da das Erdreich in
dieſer Gegend locker und ſandig iſt, folgen viele
von den Einwohnern dem Beyſpiel der Leute von
Nantucket: und beſchaͤftigen ſich mit der Schiff⸗
farth. Von hier aus geht eine gute Faͤhre nach.
Falmouth auf dem feſten Lande, welches neun.
Meilen weit iſt. Die Stadt Chilmark hat kei⸗
nen guten Hafen, aber das Erdreich iſt vortrefs
lich; ſie hat ſchoͤne Weide, bequemes Waſſer zu
Mühlen, Steine zu Vefriedigungen und fo weis
ter. Die Stadt Tisbury iſt wegen ihres ſchoͤnen
Vauholzes berühmt, und hat einen Hafen in,
welchen Schiffe von der Linie Waſſer genug zum
ankern haben. Dieſe Inſel naͤhrt zwanzigtauſend.
Schaafe, zweytauſend Stuͤck Rindvjeh, außerdem
Pferde nnd Ziegen, es giebt auf derſelben auch,
einige Rehe und erſtaunend viel Seevoͤgel. Sie.
iſt von jeher das vornehmſte Seminarium der Sn:
dianer geweſen; dieſe wohnen in einem Theil der
Inſel der Chapaquidick heiſt, und wurden fruͤh
von der würdigen Familie der Mahews den erſten
Eigenthuͤmern, zur chriſtlichen Religion bekehrt.
Der erſte Beſitznehmer dieſes Namens vermachte
durch
124
durch ein Teſtament einen gewiſſen Theil der Inſel
auf dem wilde Reben wuchſen, einer Lieblings
Tochter; von ihr erhielt er die Benennung Mar⸗
thas Weinberg, und in der Folge der Zeit bekam
die ganze Inſel dieſen Namen. Die Abkoͤmmlinge
der alten Eingebohrnen wohnen noch bis auf dieſen
Tag hier, auf den Laͤndereyen die ihre Vorfahren
ſich vorbehalten haben, und die mit großer Ges
wiſſenhaftigkeit vor allen Beeinträchtigungen ge⸗
huͤtet werden. Die Neuengellaͤnder zeichnen ſich
in dieſer ganzen Provinz uͤberhaupt durch die
Treue und Redlichkeit, mit welcher ſie alle mit
den Eingebohrnen gemachte Vertraͤge beobachten
vor allen andren aus. Daher find die Amerika—
ner hier den Europaͤern in ihrem Wohlſtande, in
ihrem Fleiß und ihren Sitten auch voͤllig gleich.
Die Europaͤer machen hier zwey Claſſen aus. Die
erſtere beſchaͤftigt ſich mit der Landwirthſchaft die
mit außerordentlicher Sorgfalt und Kenntniß ges’
trieben wird. Die letztere die keine liegende Gruͤn⸗
de beſitzt, naͤhrt ſich vom Seeweſen, welches in
dieſem Theil der Welt die gewoͤhnliche Zuflucht
iſt. Dieſe Inſel verſieht daher wie Nantucket
die ganze meitläuftige Kuͤſte von Amerika mit
Lootſen und Matroſen, und von Neuſchottland
bis zum Mißiſippi findet man überall Eingebohrne
dieſer beyden Inſeln. Das Clima iſt der Bevoͤl⸗ |
kerung fo guͤnſtig, daß die mehreſten ſehr früh
heirathen, und dies veranlaßt eine fo ſtarke Vers
mehrung, daß viele verbunden ſind, ihr Vater⸗
’ land
125
land zu verlaffen und anderwaͤrts ihren Untechalt
zu ſuchen. Sie ſind alle Presbyterianer, welches
die herrſchende Sekte in ganz Mafachufer ift.
Nach dieſer kurzen Beſchreibung wollen wir
noch etwas von dem Wallfiſchfang hinzufuͤgen,
welchem beyde Inſeln vorzuͤglich Nantucket treibt.
Die Schiffe welche zum Wallfiſchfang an geſchick⸗
teſten ſind, muͤſſen ungefähr hundert und funf—
zig Tonnen haben. Die Mannſchaft beſteht aus
dieyzehn Perſonen, damit ſie in zwey Boͤten ru—
dern koͤnnen, wozu nothwendig ſechs Perſonen
ſeyn muſſen; vier rudern, einer ſteht an einem
Ende mit der Harpune und der andre ſteuert.
Es muͤſſen auch immer zwey Boͤte ſeyn, daß wenn
das eine, weiches den Wallfiſch angreift ſollte ber
ſchaͤdigt werden, das andre die Leute re ten kann.
Funf von der Mannſchaft ſind beſtaͤndig von alter
amerikaniſcher Abkunft, der zuletzt dazu gekom—
mene bleibt im Schiff um es waͤhrend dem An—
griff zu lenken. Die Leute bekommen keinen Sold;
denn jeder erhalt einen beſtimmten Antheil des
Gewinnſts in Gemeinſchaft mit dem Eigenthuͤmer
|
|
|
|
des Fahrzeuges. Durc dieſe kluge Einrichtung
ſind alle gleich intereßirt in dem gluͤcklichen Aus⸗
gang des Unternehmens und wenden alle mögliche
Sorgfalt und Geſchicklichkeit an. Keiner von
dieſen Wallfiſchfaͤngern iſt über vierzig Jahr alt,
denn ſie glauben, daß man nach dieſem Alter nicht
mehr die gehörige Staͤrke und Leichtigkeit zu ei⸗
nem fo gefaͤhrlichen Gewerbe beſitze.
f | | So⸗
126
Sobald ſie in die Gegenden kommen, wo
ſie Wallfiſche erwarten koͤnnen, wird einer von
den Leuten auf den Gipfel des Maſts geſchickt. |
Wenn er einen entdeckt ruft er Avaite Par
wana; (hier iſt ein Wallfiſch) alle bleiben ganz
ruhig bis er das Wort Pawana ein (Wallfiſch)
wiederholt; alsdenn werden die beiden Böte mit
allen noͤthigen Geraͤthſchaften verſehen in die See
gelaſſen. Sie rudern mit der groͤſten Geſchwin—
digkeit auf den Wallfiſch zu; da es verſchiedene
Arten von Wallfiſchen giebt, fo muß ein jeder
beſonders behandelt werden, und hierauf koͤmmt
viel an. Sobald die Boͤte nah genug find bleibt
das eine zuruͤck um das Gefecht zubeobachten: An
der Spitze des andren ſteht der Harpunier, auf
den hauptſaͤchtich die ganze Sache ankoͤmmt.
Er traͤgt eine dicht zugeknoͤpfte Jacke und ein
Schnupftuch feſt um den Kopf gebunden. In
der Hand haͤlt er die Harpune, die von dem
beſten Stahl verfertiget und mit dem Namen
der Stadt oder des Schiffes bezeichnet iſt. An
dem Ende des Inſtruments iſt ein Strick von
gehoͤriger Staͤrke der ſorgfaͤltig zuſammengewi⸗
ckelt in der Mitte des Boots befeſtiget liegt.
Auf dieſe Weiſe rudern ſie in der groͤſten Stille
fort, indem ſie allen Befehlen des Harpuniers
und Steuermans folgen, welche jetzt die Aufſicht
uͤber das ganze Unternehmen haben. Wenn der
erſte nahe genug zu ſeyn glaubt, das heißt in
einer Entfernung von ungefaͤhr funfzehn Fuß, ſo
0 «der |
i
127
befiehlt er ihnen Stille zu halten. Hat der
Wallfiſch ein Junges fo zieht dies die ganze
Aufmerkſamkeit der Mutter auf ſich, und dies
iſt ein guͤnſtiger Umſtand; iſt er von einer ge⸗
fährlihen Art fo iſt es am ſicherſten ſich etwas
zuruͤckzuziehen, aber ihr Muth erlaubt ihnen ſel⸗
ten dies zu thun. Zuweilen ſchlaͤft der Walls
ſiſch auch und in dem Fall hebt der Harpunier
feine Harpune ohne weitere Umſtaͤnde in die Hoͤ⸗
he, ſammelt alle ſeine Kraͤfte und ſchnellt ihn
fort. Aus den erſten Bewegungen die der Wall
fiſch macht, nachdem er verwundet iſt, beurtheilen
ſie ſeine Boͤsartigkeit und ihren kuͤnftigen Er⸗
folg. Zuweilen ſchießt er in der erſten Wuth
auf das Boot, zerſchmettert es mit einem Schla—
ge ſeines Schwanzes, und wirft alle ſeine Fein⸗
de in die See. Zuweilen taucht er auch uns
ter das Waſſer und verſchwindet, und was er
alsdenn auf ſeinen Wege antrift iſt unfehlbar
verloren. Zu andern Zeiten ſchwimmt er wei⸗
ter als ob ihm nichts begegnet wäre, und zie:
het den Strick ſo ſchnell mit ſich fort, daß die
Friction den Rand des Boots entzuͤndet. Wenn
er alsdenn aus dem Waſſer herauskommt, ehe
er die ganze Laͤnge des Stricks ausgelaufen hat,
ſo wird er als eine gewiſſe Beute angeſehen.
Das viele Blut das er in der Flucht verliert,
ſchwaͤcht ihn ſo ſehr, daß wenn er auch wieder
untertauchet, es nur auf kurze Zeit iſt. Das
Boot folgt ihm unterdeß immer fort, auf der
n | Spur
128
Spur die das Blut gemacht hat, endlich wird
er durch die heftigen Bewegungen erſchoͤpft und
ſtirbt, auf der Oberflaͤche der See ſchwimmend.
Zuweilen geſchieht es, daß er nicht gefaͤhrlich ver—
wundet iſt, obgleich die Harpune noch feſt in der
Wunde ſteckt, alsdenn ſchwimmt er mit großem
Muth weiter und zieht das Boot mit unglaubli—
cher Geſchwindigkeit mit ſich fort. Der Harpu—
nier ſteht unterdeſſen mit dem Beil in der Hand
bereit, und wenn er bemerkt, daß die Gefahr
dringend und der Rand der Boots durch den ſtar⸗
ken Zug des untertauchenden Wallfiſches beynahe
mit den Waſſer gleich iſt, ſo haut er den Strick
entzwey und das Boot kommt wieder in feine ges
woͤhnliche Lage. Kommt der Wallfiſch nachher
wieder zum Vorſchein fo wird er noch einmal anz
gegriffen und ſtirbt bald, er wird alsdenn an das
Schiff befeſtiget und ſo fortgezogen.
Die nächfte Arbeit iſt jetzt einen jeden Theil
der Thran enthält mit Art und Spaten herauszu-
ſchneiden. Dieſe werden geſotten, und wenn alle
Fettigkeit herausgekocht auf Faͤſſer gefüllt. Da
aber dies weit mehr Zeit erfordert als das Zer-
ſchneiden, ſo werden die Stuͤcken in dem Schiffs
Raum aufbewahrt, damit ſie nicht durch einen
Sturm gezwungen werden ihrer Beute zu ent-
ſagen. | | |
Die Menge des Thrans, dasıman von einis
gen dieſer Wallfiſche erhält, iſt wirklich erſtau⸗
nend. Diejenigen im Fluß St. Lorenz find fünf
5 und
129
und fiebenzig Fuß lang, und ſechszehn hech. Der
Fiſchbein welcher gewoͤhnlich dreytauſend Pfund
wiegt, iſt zwoͤlf Fuß lang; der Schwanz iſt zwan⸗
zig Fuß breit, und man erhaͤlt aus dem ganzen
Thier an hundert und achtzig Tonnen Trahn,
wovon allein ſechszehn aus der Zunge ee
werden koͤnnen.
Nachdem dieſer gefaͤhrliche Gegner uͤber—
wunden iſt, haben die Wallfiſchfaͤnger noch mit
zwey andren Feinden zu kaͤmpfen. Der erſte iſt
der Hayfiſch, ein aͤußerſt gefraͤßiger und gefaͤhrli⸗
cher Fiſch, der ſich trotz aller ihrer Bemuͤhungen
über ihre Beute hermacht, und ihnen vornehm—⸗
lich des Nachts einen großen Theil davon raubt.
Der zweyte iſt eine Art Wallfiſch von dreyßig
Schuh lang, der ſo viel Muth und Behendigkeit
beſitzt, daß er die groͤſten Spermaceti Wallfiſche,
(Cachelotfiſche) angreift, und den Fiſchern nicht ſel⸗
ten ihre ganze Beute entreißt; und gegen dieſen
fuͤrchterlichen Feind giebt es kein Mittel ſich zu
fügen. Sobald ihre Faͤſſer alle voll find, denn
ſie verrichten alle ihre Arbeiten zur See, oder
wenn die beſtimmte Zeit ihres Außenbleibens zu
Ende geht, und ihr Vorrath an Lebensmitteln
beynahe verzehrt iſt, kehren fie nach Haufe zurück,
Folgende ſind die Namen und Merkmahle
| der verſchiedenen Gattungen Wallfiſche die dieſen
beuten bekannt ſind.
Der eben beſchriebene St. Lorenz Wallfiſch.
| Der Disko oder Grönland Wallfiſch, wird
nur drey Klafter lang, und giebt kaum vier Ton:
N dorſters b. u. B. K. 3. 20. J nen
130
nen Thran. Man nennt ihn auch Wittſiſch oder
Weisfiſch.
Der rechte Wallfiſch, der ſieben Fuß Fiſch⸗
bein hat, iſt haͤufig an den Kuͤſten dieſes Landes
und ungefaͤhr ſechszig Fuß lang.
Der Cachelot oder Spermaceti Wallfifch wird
aller Orten gefunden, und iſt von verſchiedener |
Größe, die geöften find ſechzig Fuß lang, und ges
ben hundert Faͤſſer Trahn. |
Der Hoͤcker (Hump - back) auf der Neu-
fundland Küfte von vierzig zu ſiebenzig Fuß lang.
Der Finnfiſch ein Amerikaniſcher Wallfiſch,
der wegen ſeiner außerordentlichen Geſchwindig⸗
keit nie getödtet wird. |
Der Grampus dreyßig Fuß lang wird aus
derſelben Urſache nicht getoͤdtet. g
Der Schwefelbauch (Sulphur bottom) ein
St. Lorenz Wallfiſch neunzig Fuß lang; wird we⸗
gen feiner Geſchwindigkeit ſelten getoͤdtet.
Der Thraſcher dreyßig Fuß lang; diefer
tödtet oft die andren Wallſiſche mit denen er im
beſtaͤndigen Kriege iſt. |
Der ſchwarze Wallfiſch zwanzig Fuß lang,
giebt acht bis zehn Faͤſſer Thran.
Derr Tuͤmmeler wiegt ungefaͤhr hundert und
ſechszig Pfund.
Die Einwohner von Nantucket ruͤſteten im
Jahr 1769 hundert fuͤnf und zwanzig Schiffe fuͤr N
den Wallfiſchfang aus, wovon funfzig welche zu⸗
erſt zurückkehrten eilftaufend Faͤſſer Trahn heim⸗
brachten. Im Jahr 1770 ruͤſteten ſie hundert
fünf |
131
Fünf und dreyßig Schiffe für die Fiſchereyen aus,
jedes mit dreyzehn Perſonen bemannt; vier Weſt—
indienfahrer mit zwoͤlf Mann; fuͤnf und zwanzig
Holzſch; ffe mit vier Mann; achtzehn Kuͤſtenfahrer
mit fuͤnf Mann, und funfzehn Schiffe nach London
mit eilf Mann jedes; dieſe zuſammen machen zwey
tauſend ein hundert acht und funſzig Leute auf
hundert ſieben und neunzig Schiffe, und man kann
daraus abnehmen wie ſehr ſich ihr Handel erwei⸗
bert hat. Die Einwohner dieſer Inſel haben den
ganzen Americaniſchen Krieg durch mit Grosbrit—⸗
tannien Handel getrieben, und ihre Waaren uͤber⸗
all in Engliſchen Häfen verkauft. Nantucket wurde
von der engliſchen Flotte bey der Beſitznehmung
von Neuyork im Jahr 1777 beſetzt, und weil der
Congres die Einwohner nicht beſchuͤtzen konnte, ver⸗
onnte er ihnen ſich mit den Eroberern auf die be—
ke Art zu vergleichen. Sie übergaben daher ihre
Waffen und wurden von beiden Theilen für neu—
tral erklart. Die beiden erften Schiffe, welche
nach dem geſchloſſenen Frieden den sten Februar
unter amerikaniſcher Flagge in die Themſe einlie⸗
fen, waren zwey mit Trahn beladene Fahrzeuge
von Nantucket.
Wie wichtig fuͤr dieſe kleine Inſel der Wall—
fiſchfang ſey, lehrt die Vergleichung mit dem Wall:
ſſchfange der Holländer, die in neuern Zeiten nicht
viel mehr Schiffe als dieſe Inſulaner ausruͤſten.
Von 1771 bis 1777 find aus verſchiedenen hol—
laͤndiſchen Seehaͤfen ein Jahr ins andere gerech—
nes, nad dem Eismeer nur 90 Schiffe, und nach
| J 2 der
132 |
5 |
der Straße Davis binnen eben dieſer Zeit jährlich
etwa 45 Schiffe ausgelaufen, welches zuſammen
jährlich nur 135 Schiffe beträgt. In England
und Schottland wurden 1775 nur 104 Schiffe
auf dem Wallfiſchfang ausgeruͤſtet. Doch ſie
brauchen beide England fo wohl als Holland groͤſ⸗
ſere Schiffe zu dieſer Fiſcherey als Nantucket und
gewinnen daher mit einer dem Anſcheine nach gez
ringern oder faft gleichen Anzahl der Schiffe doch
mehr Trahn und Fiſchbein, als die gluͤcklichen
Wagehaͤlſe dieſer Inſel. — .
3) Der erſte St. Lorenz Wallfiſch iſt wahrſcheinlich
der beim Linne genannte Balaena Muſculus, oder Pen⸗
nants Round -lipped. 2) Der Disko oder Grönland
Wallfiſch iſt wahrſcheinlich ein dem Linne unbekannter
Fiſch, den aber Pennant The beaked nennet der deut⸗
ſchen Butskopf. 3) Der dritte iſt Linne's B. ıny-
iticetus. Pennants common. 4) Der Cachelot iſt Lin⸗
ned Physcter macrocephalus. 5) Der Hoͤcker iſt B.
Doops, oder Pennants pikeheaded. 6) Der Finnfiſck
iſt B. phyſalus. Pennants Finfiſch. 7) Der Grampus
iſt Delphinus orea Linn. Pennants Srampus, des
Martens Butskopf. 8) Der Schwefelbauch it ges
wis ein ganz unbekannter Fiſch, den die Naturkuͤndi⸗
ger wohl noch nicht kennen oder er iſt hier nicht ge⸗
nung beitimmt. 9) Der Thraſcher iſt ein junger Fiſch,
ich kann nicht fagen von welcher Art, der in feiner
Brunſt ſich auf die Seite legt und mit ſeiner Finne
ſich den Bauch ſchlaͤgt oder driſcht; wie der Pöbel
glaubt, ſoll dieſer Oraͤſcher den großen Wallfiſch oben
mit dem Schwanze ſchlagen, daß er nicht kann
Othem hohlen, derweil der Grampus ihm unten mit
der ſcharfen Ruͤckenfinne den Bauch aufreißet. 10) Der
ſchwarze Wallfiſch iſt mir auch unbekannt, wenigſtens
nicht beſtimmt genung. 11) Die Tuͤmmeler find Lin⸗
ne's Delphinus phocaena oder das Meerſchwein,
Marſwin der Schweden, woraus die Franzoſen le Mar-
fouın gemacht. F.
— — a nennen
ı IV.
| Schreiben |
Herrn Doktor Schotte's
aus London
an den
Doktor und Prof. Forſter
uͤ ber
den Zuſt and von Senegal.
| Im ıften Bande der Beiträge zur Voͤlker und
5 Laͤnderkunde. S. 39 — 78.
Da ee EEE EEE
m
Wohlgebohrner |
Hochzuehrender Herr Profeſſor;
ch erhielte von ihren Herrn Sohn, kurz nach
ſeiner Ankunft allhier, die wenigen Nachrich—
ten uͤber den Zuſtand von Senegal, im Drucke,
welche ich das Vergnuͤgen hatte Ihnen, waͤhrend
meines Beſuchs, mitzutheilen. Ich las ſie, und
fand ſie meiſtens richtig. Ich danke Ihnen fuͤr
die gute Geſinnungen die ſie von mir hegen, und
bin Ihnen vielmahls verbunden fuͤr die Ehre die
Sie mich darin genieſſen laſſen. Da es aber faſt
unmoͤglich war in einer ſolchen kurzen Unterres
dung, wie ich die Ehre hatte mit Ihnen zu has
ben, Sachen genau zu beſtimmen, ſo halte ich es
fuͤr noͤthig, das eine und das andere in dieſen
Nachrichten deutlicher und weitlaͤuftiger zu er⸗
klaͤren.
Seite 44. Ihre eigene Anmerkung. Ein
kleines Geſchwader, welches Senegal im Anfang
April 1758 einnahm, wurde nicht vom Admiral N
Keppel, ſondern vom Capitain Marſh comman⸗
diret,
136
diret, und die Marines vom Major Maſon, der
erwehnte Admiral war gar nicht dabey. Der
Quaͤcker Cumming machte hiervon den Entwurf
und war auch perſoͤnlich da. Nach der Erobe⸗
rung Senegals machte dieſes naͤmliche Geſchwa⸗
der einen Angrif auf Goree, welches ihnen mis—
lung. Im folgenden Monat November ſeegelte
der jetzige Lord Keppel mit einer Flotte von Cor⸗
ke gegen Goree, und eroberte es im December
1758.
Seite 46. Es giebt zwey Haupt- Native
nen der Mohren, welche an der noͤrdlichen Seite
des Senegal Fluſſes wohnen. Die eine heißt
Trarzas, und iſt am naͤchſten zu Senegal; die
andere Bracknais, und iſt weiter entfernt von
Senegal, ohngefaͤhr 40 oder 3 teutſche Meilen
öſtlich. Dieſe Nationen find wieder in verſchie—
dene Staͤmme abgetheilt, und ein jeder dieſer
Staͤmme hat ſein Oberhaupt welche aber von
dem einen oder dem. andern Könige der zwey erz
waͤhnten Nationen abhaͤngen. Der König der
Trarzas hies zu meiner Zeit Ely Kouri, und der
Koͤnig der Bracknais, Hamed, welche ich beyde
geſehen. Dieſe beyden Nationen fuͤhren oft Krieg
gegen einander, und in dieſem Falle treten alle zu
einer jeden Nation gehoͤringen Staͤmme zuſammen,
und ſammlen ſich unter ihrem Koͤnige. Es ge—
ſchiehet auch bisweilen, daß ſich zwey Staͤmme
von der naͤmlichen Nation bekriegen. Dieſe Krie—
ge ſind aber von keiner großen Wicket und
lan⸗
langen Dauer, und werden gemeiniglich geendiz
get, durch das Hinrichten des einen oder des an-
dern aufruͤhriſchen Oberhaupts, wann er vom Koͤ—
nige kann erwiſcht werden. Dieſe beyde Natio—
nen der Mohren find in nichts von einander vers
ſchieden, ausgenommen daß die Bracknais viel gez
ſitteter und ehrlicher ſind als die Trarzas, und
die Azunas, ein Stamm dieſer letzten, ſind die
allerſchlinmſten. Die Darmanfors, ein anderer
Stamm von Mohren (zu welcher Nation er aber
gehoͤre, kann ich nicht eigentlich beſtimmen) ſind
die allerbeſten, und beſtehen aus lauter Marabuts
oder muhamedaniſchen Prieſtern. Dieſe ſind es
hauptſaͤchlich, welche mit ihren Sklaven das Gum—
mi ſammlen, und an die Europaͤer verkaufen.
Seite 49. Die Kameele ſchwimmen ſehr
ſchlecht, und die Mohren haben die groͤßte Muͤhe
mit ihnen, wann ſie durch den Fluß ſchwimmen
ſollen. Ohnerachtet ihres langen Halſes ſiehet
man weiter nichts als den Kopf, wann fie ſchwim⸗
men, und ſie verſaufen nicht ſelten. Die dorti—
gen Pferde ſchwimmen auch nicht ſehr gut, das
Rindvieh aber deſto beſſer, und dienet denjenigen
Weibern, die ſelbſt nicht ſchwimmen en zur
Ueberfarth.
Seite 81. Almami iſt der Site des Ober⸗
haupts der Fuhls, und ich glaube, daß es in der
arabiſchen oder in der fuhliſchen Sprache Ober—
prieſter bedeute. Vorzeiten wurde dieſe Nation
durch weltliche Koͤnige regieret, nachher aber
mach⸗
136
machten ſich die Prieſter einen Anhang unter dem
Volke, bekamen die Oberhand, vertrieben die
koͤnigliche Familie, und ernennten einen von ih—
nen zum Almami.
Die Reger am Senegal haben keine rothe
Lippen, ſondern ſchwarze wie die Haut. Ich
glaube auch, daß es überhaupt keine Neger mit
rothen Lippen gebe, zum wenigſten ſind diejenigen
Theile der Lippen, welche der Luft ausgeſetzt ſind,
allzeit ſchwarz. Ich habe ſogar viele Neger von
der ſchwaͤrzeſten Gattung geſehen, in welchen das
vordere Zahnfleiſch ſchwarz war.
Das Haar der Fuhls iſt eine Mittelgattung
zwiſchen der Wolle der Regern, und dem krauſen
Haare der Mohren. Man möchte es doch viele
mehr Wolle als Haar nennen.
Seite 82. Die Haare der Wulufs fi nd |
ganz wollicht, aber ziemlich lang, wann fie vom
Kopfe abgezogen werden.
Biele von den Einwohnern auf der Inſel
Senegal um Fort ©. Louis herum find zum chriſt⸗
lichen Glauben bekehrt, aber keines von den
nächften Dörfern; es iſt kein einziger Chriſt in ih⸗
nen befindlich.
Seite 54. Die platten eingedruckten Na⸗
ſen werden den Kindern nicht durch die Kunſt
gegeben. Die Neger lieben ſolche Naſen ſelbſt
nicht.
Seite 62. Das Stuͤck gediegen Eiſen konnte
ich wegen meiner Gefangenſchaft nicht mit nach
Frank-
9
139
Frankreich nehmen. Ich habe es in der Ber;
wahrung eines Einwohners zu Senegal zuruͤckge—
laſſen. 5
Seite 63. Die Neger ſind nicht ſehr blut—
gierig, und ſie bringen ſelten einen weißen ums
Leben, ſondern ſie begnuͤgen ſich, ihm das Seini—
ge abzunehmen. Die Neger, welche an der
Seekuͤſte und am Senegal Fluße wohnen, ſind
ſchlimmer, als die im innern Lande. Dieſe letz⸗
tern jind beſonders gaftfrey. Es find die frei:
fenden Partheyen der raͤuberiſchen Mohren, wel;
che das Reiſen zu Lande ſo ſehr gefaͤhrlich ma—
chen, und es iſt ſeit einigen Jahren um ſo viel
mehr gefaͤhelicher, da fie auf beyden Seiten des
Fluſſes Meiſter find, und die Länder der Schwarz
zen ungeſtoͤhrt durchſtreichen.
Seite 66. Bromelia ananas iſt weder in
Senegal noch in Gambia, und die Mufa paradi-
ſiaca nur im Gambia allein anzutreffen. Von
dieſer letzteren giebt es zwey Sorten, welche die
Engelaͤnder Plantains und Bananas nennen.
Seite 70. Ich zweifle, daß der Trichecus
manatus aus der See komme. Er haͤlt ſich
nicht im Senegal Fluſſe ſelbſt auf, ſondern nur
in ſeinen kleinen Neben-Armen, welche bisweilen
tief im Lande herum laufen, und wo er von kei—
nen Leuten oder Schiffen geſtoͤhrt wird. Es hat
der Gouverneur Clarke die ausgeſtopfte Haut von
einem dieſer Thiere, welches zu Senegal gefan⸗
* war, an das brittiſche Muſeum geſchenkt.
Seite
140 |
Seite 71. Die Ochſen mit den Hoͤckern find
zwar wilder als die andern, dennoch gehoͤren ſie
unter die 5 Thiere.
Seite 72. Ich habe Stuͤcken von der Haut
und einen Theil ort der Hirnſchale mit drey ſtum⸗
pfen Hoͤrnern von dem Cervus camelopardalis
geſehen, welche von Galam kamen, und ich habe
einen ſchoͤnen Schweif von dieſem Thiere, wel⸗
cher auch daher kam, an das brittiſche Muſeum
geſchenkt.
Seite 73. Schaafe mit dem fetten Schwan⸗
ze habe ich nie in Senegal geſehen. Es koͤnnte
dennoch ſeyn, daß ſie im innern Lande anzutreffen
waͤren.
Seite 74. Die Hyaͤne, welche das Kind
ſtahl, war eine junge, welche ein Europaͤer auf
der Inſel an der Kette liegen hatte, wovon ſie
in der Nacht losgebrochen war. Ich weiß aber
auch, daß Hpaͤnen in der Nacht durch den Fluß
auf die Inſel geſchwommen ſind, und die todten
Koͤrper der Schwarzen, welche auf dem aͤußer⸗
ſten Ende der Inſel begraben lagen, gefreſſen
haben.
Seite 75. Der Lanius barbarus, ein Bo:
gel von ſehr ſchoͤnem Gefieder, iſt auch in Sene⸗
gal. Ich glaube Briſſon nennt ihn Pie grieche
du Senegal. Ich habe einen ausgeſtopften mit⸗
A und dem Sir Joſeph Banks geſchenkt.
Seite
zz
141
Seite 77. Ich habe keine Schwalben auf
der Inſel Senegal bruͤten ſehen, ob ſie ſchon
haͤufig da ſind, und ich kann auch nicht ſagen, ob
fie auf dem feſten Lande, um Senegal herum, bruͤ—
ten. Zu Fort James, im Gambia, aber hatten
wir in verſchiedenen Zimmern, Magazinen und
Baracken im Monat Junius uͤber die dreyhun—
dert Neſter voller Junge. Die Nefter waren von
Leimen gebauet, eben ſo, wie ſie die europaͤiſchen
Schwalben verfertigen. —
Ich glaubte es meine Schuldigkeit zu ſeyn
Ihnen dieſe wenige Anmerkungen mitzutheilen,
ich uͤberlaſſe es aber Ihrem Gutduͤnken ſolche an⸗
zuwenden oder nicht.
Ich habe die Ehre mit der groͤſten Soda
tung zu beharren
Ew. Wohlgebohrnen
ergebenſter Diener.
J. P. Schotte.
N. S. Ich finde in Ihren Beytraͤgen, Seite
23, daß Herr Miller den Condamine anfuͤhrt,
als welcher keine Muſchelbaͤnke zwiſchen den Wen⸗
dezirkeln zugiebt. — Es iſt eine Muſchelbank zu
Senegal von einigen engliſchen Meilen im Durch:
ſchnitte. Sie liegt ſuͤdlich vom Fluſſe an einem
ſei⸗
142
. feiner Neben: Arme (Creeks) 1) und ift ohnge⸗
fahr 21 engliſche Meilen von der Mündung des
Fluſſes. Sie beſtehet aus lauter Auſterſchalen
welche acht bis zehn Fuß dicke liegen. Die ganze
Bank iſt mit ohngefaͤhr ſechs Zoll hoch ſandigten
Erdreich bedecket, welches überall mit dicken Baus
men und Buͤſchen bewachſen iſt. Was aber die
Sache merfwürdiger macht, iſt, daß in dem Fluſſe
und an der ganzen Seekuͤſte von Senegal keine
einzige lebendige Auſter zu finden ſey; in der
Muͤndung des Gambia Fluſſes aber iſt eine große
Bank von lebendigen Auſtern.
y Dieſe Creek, welche höber im Lande vom Fluſſe abe
gehet, vereiniget ſich wieder mit ihm zwey englifche
Meilen unter der Muſchelbank, oder neunzehn Meis
len von feiner Mündung.
— —— bb—
|
j V.
Zweene Briefe
des
Capitain Alexander Roſe
| aus Indien
über feine Hinreiſe
und über
das Königreich Nepal,
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3 aus zweyen Briefen des feeli-
f gen Capitain Alexander Roſe vom 5 2ften
| 8 an Dr. Murdoch.
* N. S.
Aus dem ıftlen Briefe.
Madras den 20ſten Septbr. 1768.
ir kamen hier erſt den ı sten dieſes Monats
an; weil wir nicht allein bey unſerer Ab—
reife ſchlechtes Wetter gehabt haben, ſondern
auch nachhero durch kontraͤren Wind auf die Kuͤ—
ſte von Portugall getrieben wurden. Von dort
ſegelten wir nach den Canariſchen Inſeln, wo ich
Gelegenheit erhielt meine Neugierde durch den
Anblick des beruͤhmten Pick von Teneriffe zu be⸗
friedigen. Ohngefaͤhr zehn Tage nachher legten
wir die Inſeln des gruͤnen Vorgebuͤrges zuruͤck,
und, durch ein Verſehen des Capitains, (welches
mir lieb war) ſegelten wir dichte bey der wegen
ihres feuerſpeyenden Berges beruͤhmten Inſel
Fuogo vorbey, den wir auch in ſeiner Vollkom⸗
Forſters L. u. V. K. 3 Th. K men⸗
3
146
menheit ſahen, und die, der Beſchreibung des
Virgils vom Berge Etna voͤllig gleich kommt.
Kaum hatten wir das gruͤne Vorgebuͤrge au 1
Geſichte verlohren, fo wurden wir von einem
Sturm überfallen, der eine beträchtliche Zeit dau⸗ |
erte, und von dem wir beynahe auf die Küfte von
Braſilien getrieben wurden. Endlich als der
Sturm nachließ, und wir waͤhrend einem ganzen
Monate guten Wind hatten, langten wir bald an
dem Vorgebuͤrge der guten Hofnung an, wo wir
mit allem uͤberfluͤßig verſehen wurden was wir zu
unſrer Erfriſchung brauchten. Sowohl das dor⸗
tige Clima als auch das Erdreich ſind ſo gut
daß die Baͤume, Fruͤchte, und Gewaͤchſe aus den
heißen und kalten Himmelsſtrichen, da nicht allein
blühen, ſondern auch zur groͤſten Vollkommen⸗
heit gelangen. Die Holländer find dort eben das
ſelbe Volk, das fie in Holland find: fo daß ich!
zur Veraͤnderung einen Spaziergang nach denen
Krahls oder Doͤrfern der Hottentotten machte, die
ich ſehr begierig war zu ſehen. Ich finde die
Nachricht ſo Kolbe davon gegeben hat, uͤberhaupt
genommen, ſehr richtig. Allein er thut keine Er
waͤhnung von ihrer Muſik, die ich doch ziemlich!
erträglich gefunden habe; ihr vorzuͤglichſtes Ine
ſtrument iſt eine mit Saiten uͤberzogene Cocos
Nuß ⸗Schaale, die, viele Aehnlichkeit mit e
Zitter hat. un 9
Durch genaue, und wiederholte Bemerkun,
gen fanden wir, daß am Kap die Abweichung dei
147
|
Magnet: Nadel 191 war, ob es gleich in den
no n Abmweichungs + Karten mit 16 angegeben
ift,
Den 2often July verließen wir dieſen Ort,
ind waͤhrend dieſer langen Reiſe nach Indien be—
chaͤftigte ich mich öfters mit Microſkopiſchen Bes
nerkungen, davon ich ihnen einige Nachricht ges
en werde; weil, fo viel ich weiß, einige da—
on, durch andere Schriftſteller über dieſe Ma:
erie, nicht ſind beobachtet worden, die auch keine
irwaͤhnung von der Art der Thierchen thun, die
der Atmosphäre des unermeßlichen Oceans,
rem eigenthuͤmlichen Elemente wimmeln.
Da ich keine große Verſchiedenheit der Ges.
enſtaͤnde an Bord des Schiffes finden konnte, ſo
emuͤhte ich mich kleine Thierchen auf die gewoͤhn—
che Art (durch Pfeffer⸗Waſſer, Heu ꝛc.) hervor⸗
bringen; da ich aber fand daß fie meinem Vor⸗
aben nicht Genuͤge leiſteten, fo machte ich Vers
che mit bloßem friſchem Waſſer, daß ich waͤh⸗
nd zween Tagen der Luft ausſetzte, und da
h ſolches betrachtete, fand ich eine gute Anzahl
hierchen; die aber bald ermatteten und ſtarben.
kachhero ſtellte ich das friſche Waſſer nur auf zwo
stunden heraus, und fand wieder einige darin,
e aber nur eine ſehr kurze Zeit lebten. Daher
eſchloß ich einen Verſuch mit Seewaſſer zu ma⸗
en, welches, da es nur einige Zeit in der Luft
weſen war, gleich von Thierchen wimmelte;
9 der genaueſten Unterſuchung fand ich, daß
1 K 2 dieſe
148
diefe von eben derſelben Gattung, wie die aus
dem friſchen Waſſer waren; nur ſchienen ge
hafter und beruͤhriger zu ſeyn, und anfta
dieſelben zu ſterben, fuhren fie fort ſich zu ver:
mehren, und außerordentlich zuzunehmen, je laͤn—
ger ich ſie behielte. Jetzt brachte ich einige aus
dem falzen in das friſche Waſſer; allein hier er-
matteten ſie bald und ſtarben. Daraus ſchließe
ich daß ſie eine ganz andere Gattung als d
find, die wir auf dem Lande oder nicht weit dar
von antreffen. Ich fing meine Experimente ohn⸗
gefaͤhr zehn Tage nachher an, da wir das La
aus dem Geſichte verlohren hatten, und fuhr da⸗
mit die ganze Reiſe fort; ſo daß ich, mit Huͤlfe
einiger Buͤcher meine Zeit ſehr angenehm DW
brachte. „
Ich hatte ch mit einem Thermometer ve
ſehen, um die Grade der Hitze und Kaͤlte, in d
verſchiedenen Himmelsſtrichen, die wir durchrei
ſen wuͤrden, zu meſſen; und nun fand ich, daß
ſolches nach dem Fahrenheitſchen Maaßſtabe, vor
53 bis auf 80 ſtieg, dieſe letztere Höhe uͤberſtieg
es niemals, ob wir gleich oͤfters zwiſchen de
Tropicis, und unter der Linie Windſtille hatten
Dieſen Grad der Hitze habe ich auch öfters ir)
Canada wahrgenommen, fo wie ich uͤberzeugt bir
daß man es auch mehrmalen in England gethan
hat. Sobald ich in dieſem Theile der Welt et
was merkwuͤrdiges habe, ſo werde ich nicht er
mangeln es Ihnen mitzutheilen. 1
Au
| 149
Aus dem zweyten Briefe.
*
Muxadabad in Bengalen
den 20ſt en Auguſt 1769.
Bad nach meiner Ankunft in Bengalen, wurde
ich vom Gouverneur, zum Land-Meſſer der Lanz
der der Compagnie beſtimmt, und erhielt Befehl,
die nordlichen und nordoͤſtlichen Provinzen, bis
Napal zuvermeſſen; wozu ich mich den vorigen
November unter militaͤriſcher Bedeckung auf den
Weg machte; weil man große Urſache hatte zu
glauben, daß die Bergbewohner die Vermeſſung
verhindern wuͤrden. Nachdem ich dieſe Arbeit
geendiget hatte; ließ ich die Truppen wegge⸗
en; und bat den Raja von Napal, daß er
mir in Begleitung einiger wenigen Bedienten ſein
Land zu durchreiſen erlauben moͤchte; welches er
dlich mit vieler Schwierigkeit zugeſtand.
Es iſt ein ſehr flaches Land, das mit drey
Reihen von unzugaͤnglichen Bergen, die den gan:
zen Winter und einen großen Theil des Sommers
mit Schnee bedeckt ſind, umgeben iſt: ſo daß,
wenn faſt alles auf dem Ebenen von Indien durch
die außerordentliche Hitze verbrannt iſt, die Einwoh⸗
ner der Berge dennoch nur eine kuͤhle gemaͤßigte
Luft genießen. Allein ſie ſind auch ein von den
Einwohnern der Ebene ſehr verſchiedenes Volk,
‚fie find Olivenfarbig, ihre Geſichts bildung iſt
breit und platt, und ihre ganze Statur iſt kurz
| und
-
1
und unterſetzt: ſie bekennen ſich zur Religion der
Gentoos; unterſcheiden ſich aber von ihnen da-
durch, daß ſie opferen, und alle Arten von Fleiſch
außer Kuh- und Schweinefleiſch eſſen. Ihre
Sprache iſt diejenige ſo die Nagri heißet, die ich
aus guten Gruͤnden, fuͤr die urſpruͤngliche Spra⸗
che von Indien halte; denn ſie iſt aͤlter als die
Shanſcritta, die wie ich vermuthe von den Bras
minen gemacht und eingefuͤhrt worden iſt, um ih⸗
re Religion fuͤr den gemeinen Leuten zu verhee⸗
len. Es giebt jetzt zwo Mundarten des Nagri,
davon die eine nicht ſehr gebraͤuchlich iſt, und die
Bengal ſche genannt wird, fie wird daher auch
nur von wenigen verſtanden, und kann die alte
Nagriſche genannt werden; und die andere die
neuere. Ich fand verſchiedene Manuſkripte bey
denen Bergbewohnern, davon einige eine Ge
ſchichte von 3000 Jahren her, enthielten. Ich
bin dahero uͤberzeugt, daß um zu der wahren
Geſchichte der früheren Zeiten dieſes Landes zuge⸗
langen, man ſeine Zuflucht zu den Buͤchern die
in dieſer Sprache geſchrieben ſind nehmen muͤſte.
Ich bemuͤhe mich jetzt einige davon uͤberſetzen z
la ſſen.
Dieſes Land iſt außer einige, wenigen Ita⸗
liüniſchen Mißionarien, die man uͤrzlich darauf
vertrieben hat, nie von Europäern beſucht wor⸗
den. Ich traf ſolche zufaͤlliger Weiſe an, und
ſchmeichelte mir einige nuͤtzliche Nachrichten von
ihnen zu erhalten, fand mich aber ſehr betrogen;
denn
151
denn ſie waren gewiß die dummſten Leute die ich
je 1
\ Ihr Vorſteher, der am verſtändigſten zu
ſeyn ſchien; konnte mir doch keinen Bericht von
irgend einem Orte oder Sache, die ſich außerhalb
der Stadt da er lebte befanden geben; ob er
gleich feit zwölf Jahren in dem Lande wohnte.
ennoch, um ſeinen Mißionariſchen Eifer zu zei—
gen, erzählete er mir, daß er 3000 Manuffripte
wahrend feinem hieſigen Aufenthalte verbrannt
habe. Er hatte zwey elende Familien bey ſich,
ie er ſeine Bekehrten nannte.
Ich wunderte mich ſehr, ſo viele Chineſiſche
Waaren unter den Einwohnern von Napal zu
inden; allein bey näherer Erkundigung fand ich,
daß fie feit vielen Zeit; Altern her eine Gemein-
chaft mit China uͤber Thibet haben. Dieſer
Nachricht zufolge habe ich auch bey dem hieſigen
Jouverneur und dem Rathe von Bengalen Bor:
chlaͤge eingegeben, um dieſen Weg zu erforſchen
nd nachzuſpuͤhren, auch bin ich jetzt in dieſer
bſi cht auf meinem Wege nach Calcutta. Da
ie regnichte Jahreszeit ſich ſtark heran nahete,
o konnte ich mich nur eine kurze Zeitlang in Na⸗
al aufhalten: ob es gleich meiner Meynung
lach eines der ſchoͤnſten Länder iſt, die ich je ge⸗
hen habe. Wenn meine Vorſchlaͤge von hie:
iger Regierung iugefguben werden, und es Gott
gefaͤl⸗
1
152 |
gefällig iſt mein Leben, und die 1) Geſundheit
mir zu friſten, ſo hoffe ich im ſtande zu ſeyn, ih⸗
nen nicht allein eine Nachricht von dieſem Lande,
ſondern auch von vielen anderen Laͤndern, die ich
peßiren muß ehe ich China erreiche, geben zu
koͤnnen. 1
Die Voͤgel und Thiere fo ich in den Gebuͤr⸗
gen von Napal angetroffen, waren folgende —
der Mumal eine Art von Faſan, von ſchoͤnem
dunkelbraunem Gefieder mit rothen Flecken, auch
einem rothen Federbuſch auf dem Kopfe — Die
Dophia, zu dem Pfauen⸗Geſchlecht gehoͤrig; al
lein der Kamm und die Federn des Halſes uber:
treffen die des Pfauen bey weitem. Der Schwan
iſt kurz, von einer ſchmuzigen Orange Farbe, und
ſcheint nur dazu zu dienen um das andere Gefie:
der deſto deſſer abzuſetzen. — Von Thieren ha:
be ich das Schaf mit vier Hoͤrnern, und eine Art
von Rech von der Größe eines Schooßhundes an⸗
ge
1) Anſtatt dieſem, brachte das folgende Indiſch
Schiff die traurige Nachricht von ſeinem Tode
Ein Verluſt! den feine Familie und Freunde be
ſtaͤndig beklagen muͤſſen — und es kann ſolcher fo
gar als ein Verluſt für die Wiſſenſchaften, für dat
Publicum, wie auch für die Geſellſchaſt, in derer
Dienſt er ſtarb, angeſehen werden: da er ſchon i.
frühen Jahren, die Wirkſamkeit und den Muth ei
nes braven Offieiers, mit einer unbegraͤnzten Wisbe
gierde und der Standhaftigkeit eines Phileſerhen
verband.
183
| *
getroffen: Auch ſchickte ich einige an den Gou⸗
verneur, allein ſie ſtarben auf der Reiſe.
|
| Nun muß ich Ihnen noch ſagen, daß da
ich mich mit mit einem (Teleskop) und einer Aſtro—
nomiſchen Taſchenuhr verſehen hatte, fo beobach⸗
tete ich den Durchgang der Venus, der hier den
Aten July 1769 vor ſich ging, und meine Be⸗
obachtungen ſind folgende:
4
0
Nordliche Breite von Pheſabad 258. 30“. —
Ich beobachtete den Planet da
er bereits einen guten Theil
auf den Körper der Sonne ha, 4
vorgeruͤckt war. 5. 35. 57. +
(ſcheinbahre Zeit) Erſte Be—
ruͤhrung bey dem Aus⸗
gange, 6. 52. 25. L
Letzte Beruͤhrung. 2. 104 47,
2) Zeit zwiſchen der erften .
und der letzten Beruͤhrung. o. 18. 22.
2) Da der Mittelpunkt des Planeten auf dem Rande
der Sonne war — 7b. . 35%; und dieſe Beobach⸗
tung verglichen mit einer Bemerkung des Central
Austritts und Eintritts die an einem entferntern
Orte gemacht worden, ßoird die Parallax der Sonne
geben; da die andern noͤthigen Punete durch Rech⸗
nung bereits feſtgeſetzt ſind. Zu gleicher Zeit erſehen
a 5 wir mus der Connoiſſance des Tems für 1769, daß
Phe⸗
154 |
Pheſabad in Bengalen, wo der Capitain Roſe 5
obachtete, 817. 45’. oſtwaͤrts von Paris liegt.
Die Uhr war den vorhergehenden Tag nach glei⸗
chen Sonnenhoͤhen geſtelt worden, die Hoͤhen der
Sonne bey den beyden Beruͤhrungen, waren auch
in den Brlefen des Capitains angefuͤhret; allein dies
fen Theil der Arbeit hatte er vermuthlich einem we⸗
niger geſchickten Menſchen anvertrauet, weil feine
eigene Aufmerkſamkeit bey dem Teleskope und der
Uhr ganzlich befchäftiget war; da ich aber finde, daß
der Unterſchied der reſpectiven Zeiten mit denen der
Höhe, nicht mit den Zwiſchenraͤumen der Beruͤhrun⸗
gen uͤbereinſtimmt; fo habe ſolche aus dieſen Grüß
den hier weggelaſſen. |
VI.
1 VI.
1 |
# Nachrichten
| von der
| fricaniſchen Handelsgeſellſchaft
in Marſeille.
4
Von dem ehemaligen und gegenwärtigen
Handel der Franzoſen nach Nordafrica,
vorzuͤglich nach Algiers und Tunis.
—
wey Kaufleute von Marſeille, aus welcher
Handelsſtadt noch gegenwaͤrtig Frankreichs
Handel nach den Kuͤſten der Barbarey getrieben
wird und immer getrieben worden, Namens Tho:
mas Linche, und Carlin Didier, waren die erſten
Franzoſen, welche ſich in der erſten Haͤlfte dez
ſechszehnten Jahrhunderts vereinigten, um an den
Kuͤſten von Algier und Tunis, Corallen zu fiſchen.
Sie trieben außerdem einigen Handel in der Nach—
barſchaft der kleinen Inſel Tabarca, welche Soli—
mann der zweyte zur Ranzion des Corſaren Dra-⸗
gut an Carl den fünften abtrat, und dieſer wie⸗
derum den beyden Genueſern Grimaldi, und Lo⸗
mellini nebſt dem Corallenfang uͤberlies.
! Ums Jahr 1561 erlaubte der Mauriſche
Fuͤrſt oder Schech von Bona dieſen franzoͤſiſchen
Handelsleuten eine ordentliche Niederlaſſung gegen
eine jährliche nicht unbetraͤchtliche Abgabe, und fie
legten hier mit Bewilligung der Pforte die Ba⸗
ſtion
158 5
ftion Frankreich im Gebiet von Algiers an, allein
ſie wurden bald wieder daraus vertrieben. Tuͤr⸗
kiſche Seeraͤuber die 1568 Algiers einnahmen,
beunruhigten die Fiſcher und bemaͤchtigten ſich des
Platzes. Um 1597 erhielten fie dieſe kleine Fes
ſtung von der Pforte wieder, aber nur auf kurze
Zeit. Denn die Algierer, die keine Fremde auf
ihrer Kuͤſte leiden wollten, verjagten die Franzoſen
abermals aus der Baſtion. 6
Doch dieſe Wiederwaͤrtigkeiten, der Verluſt
den die Feindſeligkeiten der Algierer nach ſich zes
gen, und die Sclaverey welche den Kaufleuten
und Fiſchern gewöhnlich zu theil ward, ſchreckten
die Einwohner von Marſeille keinesweges ab,
den Handel mit den Barbaren zu erneuern. Herr
Savary de Breves, franzoͤſiſcher Geſandter bey der
Pforte, brachte es endlich 1604 dahin, daß dieſe
den Franzoſen wieder Handel und Schifffarth er⸗
laubte, allein die Algierer wolten nicht. Endlich
erlaubten ſie 1628 einer neuen Geſellſchaft unter
Sanſon Napollon den Handel wieder anzufangen. |
Dieſe breitete fich ſehr bald aus, und 1633 hat⸗
ten ſich ſchon wieder 800 Franzoſen auf dieſer
Kuͤſte niedergelaſſen, bis ungluͤcklicherweiſe Rapol-
lons Tod, der in einem Gefecht mit dem Mauren
auf der Inſel Tabarca blieb, die meiſten Fiſchern
und Handelsleute zerftreute, Um 1637 kamen
die Franzoſen hieher zuruͤck, bauten ihre zerſtoͤhr⸗
te Baſtion wieder auf, wurden aber wie vorher
von den Barbaren verjagt, und W zum
Theil
159
Thel nach Calle, das ebenfalls im Gebiet von Alk
giers liegt und wo die Eingebohrnen kurz vorher
die Englaͤnder verjagt hatten.
| Die nachherigen Kriege Ludewigs des vier⸗
zehnten mit den Seeraͤuberſtaaten, in welchen Al—
gier, Tunis und Tripolis verſchiedenemal von der
sanzöfifchen Flotte, doch ohne ſonderlichen Erfolg
heftig bombardirt wurden, unterbrachen das alte
Verkehr voͤllig. Endlich wagte es Peter Hely
1694 wieder die Baſtion Frankreich und andere
benachbarte Handelsoͤrter, dieſer Seeraͤuberkuͤſte,
u beſuchen. Er verband ſich mit neun andern
dandelshaͤuſern, davon drey in Marſeille, drey in
Bajonne, und eben ſo viel in Paris angeſeſſen
varen zu einem neuen Handel nach Nordafrica,
ind war fo glücklich mit dem Dey, dem Divan und
er Miliz von Algier, oder was dorten die Regie-
rung heiſt, einen Handelstractat zu ſchlieſſen.
Durch dieſen wurden Hely und feine Aſſoclir—
1, Eigenthuͤmer von der Baſtion Frankreich, La
ale, Cap Raſe, Bonne und andern davon ab—
gaͤngenden Plaͤtzen. Sie erhielten ausſchließliche
Freyheit Corallen zu filhen. Kein Fremder außer
der Geſellſchaft, durfte hieher handeln, und das
wichtigſte was ſie von den Algierern erhielt war,
daß auch in dem Fall, wenn Frankreich etwa in
einem Krieg mit Algiers verwickelt wuͤrde, dieſe
Handelsgeſellſchaft in ihren Beſitzungen keineswe⸗
ges geſtoͤrt werden ſollte. Leder, Wolle, Talg
und Wachs waren damals die vornehmſten Waa⸗
FR ven
160
ren, die die Geſellſchaft, aus dieſen Gegenden zog,
fie muſte aber für die Handelsfreyheit dem Divan
von Algiers jährlich 34,000 Dublonen in feche
Terminen zahlen. ö
Im Jahr 1714 ward ſogar vom Bey vom
Conſtantine, einem Unterbefehlshaber, des algie⸗
riſchen Seeraͤuberſtaats allen Muſelmaͤnnern vers‘
boten Korn in den Handelsplaͤtzen zu handeln,
worin die Compagnie das Monopolium fuͤr die
angeführte Summe erkauft hatte, und woher fol
che Getraide von allen Arten zog. Sie mufte
aber jährlich von dem Bey von Bonne, zweyhun⸗
dert Caffis Korn 1) fuͤr den feſtgeſetzten Preiß vo
zehn Piaſter nehmen, das übrige Getraide aber
konnte ſie nach dem Marktpreiß kaufen. |
Die Intereſſenten dieſer Handelsgeſellſchaft
wechſelten bis 1712 verſchiedentlich ab. In die
ſem Jahr ward eine ausſchließliche Compagnie vom
Könige bis Ausgange 1718 errichtet. Ihre Ger
rechtſame und Beſitzungen erhielt 1719 die Oft
indiſche Geſellſchaft auf vier und zwanzig Jahr,
1725 aber auf ewig. Doch war fie nur fünf Jah
im Stande den Handel mit Vortheil zu treiben)
und fie bat den König dieſen wieder wie vorher
einer beſondern Geſellſchaft zu uͤberlaſſen. Dei
Hof ertheilte alſo 1730 an Jacob Auriol und
1) Ein Caffi iſt ein Getraidemaaß, das auch unter die
ſen Namen, in Alicante gewoͤhnlich iſt, andertha
Marſeiller Laſten beträgt, und an Gewicht 364 Pfun
de haͤlt. |
161
den mit ihm vereinigten Handelshaͤuſern von Mar: -
ſelle, dies Monopol auf zehn Jahr.
Das Privilegium dieſer Geſellſchaft gieng
1740 zu Ende, und man machte damals dem Kb;
nige den Vorſchlag eine neue africaniſche Compag⸗
nie zu errichten, welches auch vermoͤge eines Edikts
vom Februar 1741 geſchahe.
Sie erhielt wie alle vorigen, das aus⸗
ſchließliche Handelsrecht nach allen Häfen der Kö;
nigreiche Algier und Tunis, mit Ausnahme der
beyden Hauptſtaͤdte, und einiger andren Plaͤtze
in dieſem letzteren Staate, deren Handel fuͤr alle
| anzöfifche Unterthanen frey blieb. DIE Gefells
bafı beſteht gegenwärtig noch.
Das vornehmſte Comtoir der Geſelſchaft,
vo ſich der General Direktor aufhaͤlt, iſt zu Calle,
zuf der Algieriſchen Küfte, und hier werden auch
inige Soldaten zur Sicherheit gegen die Mau⸗
zen unterhalten. Die andern Häfen find von ges
inger Bedeutung, und es werden nur Agenten
hes Handels wegen hingeſchickt.
Die Compagnie zahlt dem Dey fuͤr ihr Pri⸗
llegium, und den Mauren an allerhand Abgaben,
auf ſechzigtauſend Liores, das Ankergeld für die
in und auslaufenden Schiffe ungerechnet.
Das Capital der Compagnie beſteht aus
woͤlfmal hunderttauſend Livres, welche in zmölfs
auſend Aktien von tauſend Livres vertheilt find.
f Das Handels - Collegium zu Marſeille iſt
urch einen Artikel der Oetroy von 1741 verbun⸗
Forſters 9. u. V K. 3. Tb. 2 den
162
den, dreyhundert Aktien zu nehmen, und ſich füt
die Bezahlung der Dividenden oder Intereſſen
neunhundert andrer Aktien zu verbuͤrgen. |
Dieſe Intereſſen find ſechs Procent jahrlich,
und der koͤnigliche Stiftungsbrief verordnet, daß
im Fall eines außerordentlichen Gewinnſtes, glei⸗
che Vertheilungen unter die Aktionairs german
werden füllen,
Die Compagnie ir die Comtoirs bey del
Beſitznehmung in fo ſchlechten Zuſtande, daß fi
beträchtliche Summen borgen muſte, um die um
umgaͤnglich nothwendigen Verbeſſerungen vorzu
nehmen. 4
In dem Kriege mit Tunis 1742, welch
gleich auf ihre Errichtung folgte, gieng das Ca
Neger im Königreich Tunis verloren, die Feftun
wurde der Erde gleich gemacht, und iſt ſeitden
nicht wieder aufgebauet worden, auch gerieten di
Bedienten der Compagnie in die barbariſche Ge
fangenſchaft. .
Die Peſt welche beynahe um eben die Zei
im Koͤnigreich Algier wuͤthete, hatte alle Handels
geſchaͤfte unterbrochen, und der 1740 zwiſche
Frankreich und England entſtandene Krieg, wuͤr
de die ganze Anſtalt zu Grunde gerichtet ha
ben, wenn ſie ſich nicht neutraler Flaggen bedien
haͤtten; dies mußte jedoch mit einiger Vorſicht i
Abſicht der Barbaren geſchehen, und man wa
verbunden den Capitains franzoͤſiſche Paͤſſe zu ge
ben, um ſolche in den algiriſchen und den Haͤfe
vo!
163
‚on Tunis vorzeigen zu koͤnnen, die fonft diefe
Schiffe den Freiheiten der franzoͤſiſchen Geſell—
haft gemaͤß, und aus Begierde zur Beute wahr—
heinlich ausgepluͤndert haͤtten.
um 1744 nahmen die algieriſchen Corſaren
en groͤßten Theil der Corallenfiſcher weg, und
ieſe Gewaltthaͤtigkeit jagte den Einwohnern von
a Calle ein ſolches Schrecken ein, daß fie den Ort
erließen. Siebenzig von den Compagnie Bedien—
m wurden von den Mauren erſchlagen, und eine
enge der Einwohner zu Gefangenen gemacht,
e ihre Freiheit nur vermittelſt eines ſtarken Loͤſe⸗
des wieder erhielten.
Wegen aller dieſer Ungluͤcksfaͤlle, welche ſich
im Untergange der Compagnie verbunden zu ha—
n ſchienen, entſchloß ſich die Regierung ihnen die
hrliche Beyhuͤlfe von vierzigtauſend Livres, wel—
3 das Handels Collegium ihr nur bis auf dieſe
eit zu zahlen gehalten war, noch auf fuͤnf andre
ahre zu bewilligen.
Die fuͤnf folgenden Jahre waren weniger
glücklich ; ohnerachtet der hohen Preiſe der Affes
tanzen und der Kriegesſchaͤden, erlangte die Com
nie nicht allein ihr Capital wieder, ſondern
ch einen Ueberſchuß von 270,000 Livres.
Seit dieſer Zeit iſt ihr Zuſtand ziemlich bluͤ—
End geweſen; die einzigen Hinderniſſe welche ſich
rem Handel jetzt entgegen ſetzen, find die Ver-
Inftigungen, welche der Bey von Conſtantine den
ch en geſtattet, und die kleinen Strei⸗
| a 2 tig⸗
*
164
tigkeiten welche zuweilen mit der Regierung 5
Algier und den Eingebohrnen vorfallen. |
Wichtiger waren die Hinderniffe welche dur
die Unordnungen in der Adminiſtration entſtande
und verſchiedene Jahre fortdauerten. Sie veı
dienen, daß die Entſtehung derſelben hier nahe
angezeigt wird. 2
Das Mißtrauen welches die Aktionairs
die Direktion zu Marſeille ſetzten, war die Quel
unzaͤhliger Forderungen und Klagen, die kein El
de nahmen, bis das Miniſterium ihres ungefti
men Anhaltens uͤberdruͤßig, ihnen die Erlaubn
gab, einen Öberdireftor zu wählen,
Die 1755 getroffene Wahl wurde allgeme |
gemißbilliget. Der Direktor brachte die Sache
der Compagnie aus Mangel an gehoͤriger Einſic )
in ſolche Unordnung, daß es unmöglich war, 5 |
wieder heraus zu finden.
Diejenigen die er zum Dienfte der Compag
nie unter feinen Creaturen gewaͤhlt hatte, ware
ohne alle Kenntniß und ohne Erfahrung, und mad
ten den Mauren oder Mahommetanern in de
Nachbarſchaft von Calle, die Franzoſen verhaße
fo daß die Mauren mit den Fremden zu handel
anfiengen, den Ackerbau vernachlaͤßigten, ſich lie
ber mit Wurzeln naͤhrten, als daß fie blos zun
Vortheil, ſtolzer eigennuͤtziger Fremden Getraid
bauen ſollten. |
Die Gehuͤlfen des Oberdirekteurs hatten
weder Zeit noch Gewalt ihn zu lenken; der Prafi
den
165
sent hatte den Einfluß verloren den er in der Ge
ellſchaft haben muß, um was Gutes zu ſtiften:
ind der Direktor bediente ſich aller moͤglichen
Nittel „ um ihm die Kenntniß der Geſchaͤfte zu
ntziehen. Die Balancen wurden fo lange als
noͤglich zurück gehalten, und der wahre Zu—
‚and der Compagnie mit großer Sorgfalt verdeckt.
Ran brachte ungewiſſe Schulden, und fingirte
zerechnungen des Handelscapitals in Rechnung.
efe Poſten ſtanden in jeder Balance wiederholt,
nd wenn die Aktionairs zu Paris daruͤber klag⸗
„, ſuchte der Direktor ihnen durch zweydeuti⸗
Antworten auszuweichen. Endlich ſtieg das
agluͤck der Compagnie 1766 auf den hoͤchſten
ad; das Miniſterium erkannte die Nothwen—
gkeit einer ſchleunigen Huͤlfe; der Direktor wur⸗
zuruͤck berufen, und Herr Martin wurde ein⸗
mmig von dem Handels-Collegium in Marſeille
d den Pariſer Aktion-Inhabern zum vornehm—
n Direktor erwaͤhlt.
Er fand die Sachen der Compagnie in einer
jegreiflichen Unordnung, das urſpruͤngliche Ca:
gal von 1 200,000 Livres war bis auf 570,000
ſchmolzen; die Rechnungen der Unterbedienten
der groͤßten Verwirrung; ſo daß er erſt 1767
wahren genauen Zuſtand der eee ent⸗
ken konnte.
Sobald man die Auffuͤhrung des Direktors
jerfucht hatte, entdeckte man Unrichtigkeiten die
nicht einmal vermuthet hatte, allerley heim:
liche
166
liche Schliche und Verſtaͤndniſſe zwiſchen ihm un
den zur Einnahme der Gelder verordneten Leuten
und in allen Caſſen anſehnliche Defekte.
Der Direktor und Einnehmer wurden hier
auf feſtgeſetzt, und ihre Familien erlangten ihr
Freiheit nur, nachdem fie einen Theil des unterge
ſchlagenen Geldes wieder erſetzt hatten.
Herr Martin war ſo gluͤcklich die Compag
nie in kurzer Zeit durch Fleiß und Oekonomie i
ihren vorigen Zuſtand zu verſetzen. Zu dieſen
Ende wurden die Oberaufſeher des Handels unte
denjenigen Bedienten gewaͤhlt, welche der Com
pagnie mit dem groͤßten Eifer und Einſicht gedien
hatten, und es gelang ihnen den Handel in alle
Comtoirs von denen er ſich entfernt hatte, wiede
herzuſtellen. So daß der jetzige Zuſtand de
Compagnie bluͤhender iſt, als man ihn je hoffe
konnte. Denn ihr Capital belaͤuft ſich nach de
letzten Rechnungen vom December 1773* 4
4,812,445 Livres. N ö
Dieſen Flor verdankt ſie der Sorge alle ih
Privat-Geſchaͤfte nach den Grundſaͤtzen einer har
delnden Geſellſchaft einzurichten; die Adminiſtrg
tion oͤconomiſch, treu und genau ſowohl in Fran
reich als in der Barbarey zu fuͤhren, und ihr de
moͤglichen Schutz von Seiten der koͤniglichen Flot
ten im Fall der Roth, zu verſichern. Hiezu ſin
noch verſchiedene guͤnſtige Umſtaͤnde gekomme
nehmlich daß ſeit einigen Jahren ſehr viel bey d
Kornhandel gewonnen worden, ob ihn gleie
1 de
167
der Schleichhandel in der Levante ſehr geſtoͤrt
hat.
Die Direkteurs behaupten, man habe ihnen
den Unterhalt der füdlichen Provinzen in den letz⸗
ten Jahren zu verdanken. Sie haben während
der Theurung in den Jahren 177 und 1772
der Regierung von Marſeille, eine Laſt (Charge)
Getraide von etwa 343 franzoͤſiſchen Pfunden,
zwanzigmal wohlfeiler als damals der Marktpreis
war uͤberlaſſen. Dies hat ſie dennoch nicht gegen
verſchiedene Beſchuldigungen ſchuͤtzen koͤnnen.
Die Regierung hat ſich aber nie um dieſe
Vorfälle ihres Handels bekuͤmmert, welcher gaͤnzlich
in den Händen der Geſellſchafts⸗ Vorſteher iſt.
Im Jahr 1774 hat die Compagnie dem Koͤ⸗
ige zur Erbauung der Schiffsdocken im Hafen vom,
Feulon 1,200, ooo Livres für 5 Procent. vorge:
hoffen, und zur Bezahlung der Intereſſen ſo⸗
vohl als des Capitals iſt ihnen ein Theil des Ar⸗
enals zu ihrem Gebrauch angewieſen worden.
Diefes haben fie um einen gewiſſen Preis zur
Niethe, und der Miethzins iſt zur Abtragung der:
Intreſſen, und der Ueberſchus zu Bezahlung des
apitals beſtimmt.
R Das Haupt: Contoir der Geſellſchaft iſt zu
Narſeille, wohin alle Vorfaͤlle des Handels be⸗
ichtet werden. Dieſes Contoir beſteht aus einen
Iberdireftor der einen feſtgeſetzten Gehalt hat,
nd der vornehmſte Agent bey allen Ankauf und
8 * iſt, und überhaupt alles was die Admini⸗
| ſtra⸗
168
fteation befchloffen zur Ausführung bringt. Zwey⸗
tens aus verſchiedenen andern Direktoren, deren
Anzahl nicht beſtimmt iſt, weil in dem Edikt ſteht,
daß jedes Mitglied der Geſellſchaft, welches zwan⸗
zig Aktien in der Caſſe deponirt, Direktor werden
kann, (welches aber nicht immer geſchieht.) Drit⸗
tens aus vier Deputirten des Marſeiller Handels
Collegii und ihrem Archivar, welche allen Zuſann
menkuͤnften als immerwaͤhrende Direktoren bey⸗
wohnen; und da das Handelscollegium den vier⸗
ten Theil des Capitals der Compagnie beſitzt, und
Buͤrge fuͤr die Dividenden der Aktien iſt, hat es
dadurch die vornehmſte Stelle bey der Adminiſtra⸗
tion erhalten. Alle Direktoren verwalten ihre
Stellen umſonſt, nur der Oberdirektor iſt der eins
zige Beſoldete.
Die Compagnie beſoldet aber zu Paris,
Marſeille, und in ihren Contoirs, Schreiber,
Sekretaire und dergleichen die ihre Geſchaͤfte ung
Correſpondenzen fuͤhren müffen.
Zu Paris hat ſie einen Agenten, deſſen Amt
darin beſteht, den Actieninhabern dieſer Stadt ihre
Dividenden auszuzahlen, ihnen die von Marfeille
zugeſchickten Bilancen mitzutheilen, und mit dem
Oberdirektor in den Geſchaͤften der Compagnie zu
correſpondiren. |
Die Compagnie unterhält gleichfalls einen
Agenten zu Corſika um mit den Corſikanern die
dort den Corallenfang treibeu, zu handlen un
auf ihre Auffuͤhrung zu wachen.
Die
169
| Die Compagnie hat ferner einen koͤniglichen
Commiſſarius, welcher den Titel eines Präfidenten
führt, und Aufſeher des Handels zu Marſeille iſt;
er wacht uͤber ihre Berathſchlagungen und beſtaͤti—
get ſie, unterſucht ihre Rechnung, und unterrichtet
ſich von allen ihren Geſchaͤften, um bey vorfoms
menden Fallen dem Miniſter Nachricht davon zu
geben.
Die Gruͤnde welche die Regierung bewogen
haben, der africaniſchen Compagnie ein ausſchließ⸗
liches Privilegium zu geben, welches doch wie die
Erfahrung beftätigt, nur wenig Perſonen bereis
chert, den Handel im Ganzen mindert, feine Thaͤ⸗
tigkeit einſchraͤnket, und das was allen gehoͤrt,
einigen wenigen Großen und Reichen einraͤumt, die
um ihre Dividenden zu vergroͤßen, wie die großen
Oſtindiſchen Handelsgeſellſchaften zeigen, ſich die
grauſamſten Unterdruͤckungen erlauben, find dieſe.
Erſtens gruͤndet ſich dieſes Privilegium auf
die politiſche Beſchaffenheit der Barbarey, wo der
Getraidehandel niemals frey und allen offen iſt,
ſondern beydes in Algier und Tunis dem Prinzen
18 ein Monopolium zugehoͤrt.
Man hat zweytens immer geglaubt, daß die
Beybehaltung dieſes Handels ein wichtiger Ge—
genſtand ſey, weil die ſuͤdlichen Provinzen von
Frankreich von dort aus mit Lebensmitteln verſe—⸗
hen werden, und man geglaubt hat, nur eine
Compagnie konne die Unkoſten beſtreiten, welche
dieſer Handel unumgaͤnglich erfordert.
Ueber⸗
170
Ueberdem ift dieſer Handel, wegen der gro⸗
ßen Summe die dafür erlegt wird, das ſtaͤrkſte
Band, welches die Algierer mit den Franzoſen
verbindet, und das beſte Mittel die Schifffahrt
der letzteren in dem ganzen mittellaͤndiſchen Meer
zu ſichern. Von den jaͤhrlichen Abgaben welche
die Compagnie der Algierer Regierung bezahlt,
und dem Tribut der Mauren welche an die abges
tretnen Laͤndereyen gränzen, wird die Miliz beſol⸗
det. Der geringſte Aufſchub bey Bezahlung die⸗
ſes Soldes wuͤrde dem Dey gefaͤhrlich ſeyn, und
ihn zwingen Gewaltthaͤtigkeiten gegen die Franzo⸗
ſen auszuuͤben, um ſich gegen die Wuth ſeines
uͤbermuͤthigen Kriegesvolks zu ſichern. Dieſe
Summen moͤchten ſich auch nicht ſo leicht unter
einzelne Kauffahrer vertheilen laſſen.
Als Ludwig der vierzehnte in einem zwanzig
jaͤhrigen Kriege, vergeblich verſucht hatte ſeiner
Flagge bey den Algierern Achtung zu verſchaffen:
befahl er 1665 dem Marſchall d' Etrèes welcher
ſeine Flotten Commandirte, ſich mit den Regie-
rungen zu Algier und Tunis wegen des aus-
ſchließlichen Handelsprivilegiums nach dem Cap
Neger der Frankreich Baſtion und ihren davon
abhaͤngenden Logen in Unterhandlungen einzulaf
fen, und es gelang dem Marſchall feinen Auf-
trag auszurichten. Die Ausbreitung des Hans
dels in mittellaͤndiſchen Meer, nebſt der ungehins
derten Schifffahrt waren die Folgen dieſer Unter
handlung.
Die
171
Die Revenuen welche die vornehmſten Bes
ſehlshaber der Regierung zu Algier von der Com—
pagnie ziehen, machen es ihnen nothwendig, den
Frieden zu halten, und da die Summen welche
die Compagnie durch ihren Handel in der Barba—
rey verbreitet, es den Mauren erleichtert die Abs
gaben an Algier zu entrichten, wuͤnſchen dieſe den
Frieden eben ſo ernſtlich, wovon das, was ſich
17361 in Algier zutrug ein Beweis iſt.
Es wurde dem Divan mit der Heftigkeit,
welche den Tuͤrken eigen iſt, vorgeſchlagen, den
Franzoſen den Krieg anzukuͤndigen. Die Großen
des Landes, welche ſich vor der Beſchuldigung
fuͤrchteten, ihr Privatintereſſe dem gemeinen Be—
ſten aufzuopfern, durften ſich dem Vorſchlage nicht
wiederſegen. Die Miliz erklaͤrte aber ſogleich daß
ſie nicht darin willigen würde, wenn die Regierung
ihnen nicht einen andren Fond als die Abgaben
der Mauren zu Bezahlung ihres Soldes anwieſe.
Nach vielen Streitigkeiten wurde beſchloſſen, mit
den Franzoſen aus dieſem einzigen Grunde Friede
zu halten, und mit den Hollaͤndern zu brechen.
Die franzoͤſiſche Regierung waget es nicht in den
ihr abgetretenen Laͤndereyen freyen Handel zu er—
lauben, aus Furcht, ſie moͤchten in die Haͤnde der
Engellaͤnder fallen, welche in Algier noch immer
Unterhandlungen pflegen, um die Franzoſen von
dort zu vertreiben, und dorten Niederlaſſungen zu
erhalten, aus denen ſie ihre Flotten zu Mahon und
Gibraltar bequem verproviantiren koͤnnen.
|
Sie
172
Sie haben ſchon zu verſchiedenenmalen vers
ſucht, die Franzoſen zu verdrengen, indem ſie weit
vortheilhaftere Bedingungen angeboten als die
Franzoſen zu bewilligen im Stande waͤren, allein
bisher hat es ihnen in ihren arg se noch
nicht gelingen wollen. N
Es iſt auch nicht zu leugnen, vr wenn man
das Syſtem eines freyen Handels befolgen ſollte,
man große Vorſicht gebrauchen muͤßte, um dem Dey
allen Argwohn wegen eines Projekts zu benehmen,
daß ihm fo zuwieder waͤre. Man muͤßte ſich übers
dem jaͤhrlich ſehr anſehnliche Opfer gefallen laſſen,
die den koͤniglichen Schatz läftig ſeyn und den
franzoͤſiſchen Namen in Algier erniedrigen wuͤrden.
Sobald fie mit andren Nationen in eine Claſſe kaͤ⸗
men, wuͤrde man fie auch auf gleichen Fuß bes
handlen; der Dey würde feinen Erpreſſungen kei-
ne Grenzen ſetzen, und ein Krieg den das Cabinet
zu Verſailles mit Grunde ſcheut, unvermeidlich
werden. el
Dies find die politiſchen urſachen, welche
das Miniſterium bewogen haben, ſich von den alle
gemein angenommenen Grundſaͤtzen zu entfernen;
ſie verdienen erwogen zu werden. Denn ſo bald
die Handelsfreiheit einmal beſchloſſen iſt, wuͤrde es
zu ſpaͤt ſeyn, ein ſtolzes unwiſſendes Volk wie-
der zu gewinnen, welches ſich nur durch ſeine
Launen und einem uͤbel verſtandenen Eigennutz
lenken laßt.
Die
173
Die Compagnie handelt hauptſaͤchlich mit
Getraide und andren Lebensmitteln die ſie in der
Barbarey aufkauft; Haͤuten, Wolle und einigen
andren Artikeln. Sie hat überdem das Privile⸗
gium der Korallenfiſcherey auf der Kuͤſte, welches
zuweilen ein ſehr wichtiger aber dabey ungewiſſer
und zufälliger Gegenſtand iſt. Wenn nur die Sir
ſcher mehr Erfahrung und Muth beſaͤßen ſo koͤnnte
es doch noch etwas vortheilhafter ſeyn.
Die Catalonier und Corſikaner welche fuͤr die
beſten Corallenfiſcher gehalten werden, bedienen
ſich auch weit beſſerer Werkzeuge als die Fran⸗
zoſen.
Die Genueſer die ſich auf der Inſel Tabarka
iebetörlafien hatten, waren zu der Zeit da der Bey
von Tunis dieſe Inſel wegnahm, wegen des Coral:
enfanges berühmt. Zweyhundert Tabarfaner die
ſich während daß dieſe Begebenheit vorfiel, auf der
See befanden, retteten ſich nach Calle, und boten
dem Direktor ihre Dienſte an. Um 1774 ließ ſich
der Dey von Algier einfallen wieder alles Recht
dieſe Tabarkaner zu verlangen; und ſandte zu
dem Ende fuͤnf Chebecken welche Befehl hatten ſie
dreiſt heraus zu fordern. Der Direktor verließ
lieber das Comtoir mit allen ſeinen Leuten als das
er fie heraus gegeben hätte; indem aber die Ta—
barkaner den Algierer zu entgehen ſuchten, fielen
ſie den Mauren in die Haͤnde, und die Compagnie
verlor durch dieſen Zufall eine Menge geſchickter
Coral
174
Corallenfaͤnger, und bedient ſich daher gegenwaͤr⸗
tig der Lorſen. ö
In dem Theil der Barbarey in welchem ſich |
die Länder der Compagnie befinden, iſt eine ſehr |
geringe Waaren-Conſumption; der ganze Handel
wird mehrentheils mit Piaſtern gefuͤhrt, welche
die Compagnie in Spanien aufkaufen laͤßt. Gold⸗
muͤnzen gelten wenig unter den Mauren, wal
ihren Werth nicht kennen. |
Die Geſellſchaft beſitzt jetzt folgende Con
toirs.
La Calle iſt das vornehmſte, und der Haupt
ort der Compagnie auf der barbariſchen Kuͤſte.
Bey Errichtung deſſelben war der Corallen-
fang die Hauptabſicht; in der Folge legte man
ſich hier auch auf den Getraidehandel, welcher
ſehr anſehnlich geworden iſt. Man kauft hier eis
nige wenige Haͤute und etwas Wachs. 1
Die Wohnungen der Franzoſen zu Calle, und
die aͤußeren Feſtungswerke, find von der Com
pagnie mit Genehmigung des Deys, aufgefuͤhrt
worden, und es iſt nicht erlaubt ſelbige zu ver-
aͤndern, oder zu verſtaͤrken. Die Feſtungswerke
beſtehen aus verſchiedenen Batterien, die mit ſech⸗
zehn ſechs und vierpfuͤndigen Kanonen beſetzt find; |
Zwey von dieſen Batterien, find dazu beſtimmt
den Eingang des Hafens zu vertheidigen. 1
Die Feſtungswerke koͤnnen die Einwohner
nicht ohne eine beſtaͤndige Wachſamkeit des Direk⸗
tors und feiner Leute gegen einen Angriff ſichern.
Die
175
| >
Die Barnifon beſteht aus 120 Mann, welche im
Dienſte ſehr ungeuͤbt ſind; im Fall der Roth aber
giebt man nicht allein den Einwohnern, ſondern
auch den Corallenſiſchern Waffen, welches zuſammen
dreyhundert funfzig Perſonen ausmacht; es ſind
dorten aber Waffen für ſechshundert vorhanden.
Bonne iſt ein Contoir in der Provinz Con-
ſtantine, wo die Compagnie einen Agenten und eis
nige Unterbediente unterhält.
Der Handel dieſes Comtoirs beſteht in Wol-
fenen Zeugen die man Conſtantinen nennt, Haͤuten
und Wachs; und iſt von jeher ſehr eintraͤglich ge⸗
weſen, wenn die Agenten der Compagnie gewußt
haben ſich die Gunſt der Großen des Landes zuzu—
ziehen. Außerdem erlaubet der Traktat von 1694
der Compagnie jaͤhrlich 500 Caffis oder 2006
Laſten Getraide von Bonne auszufuͤhren bis zum
Jahr 1760. Die Compagnie hat ſich gewoͤnlich
nicht auf dieſe Quantitat eingeſchraͤnkt, aber von
dieſer Zeit bis 1764 hat der Bey von Conſtantine
den Getraidehandel ganz verboten, und endlich
ſogar den Agenten der Compagnie fortgeſchickt.
Seitdem aber die Direktion zu Marſeille in beſſere
Haͤnde gerathen iſt, hat man geſchicktere Agenten
gewaͤhlt, und alles iſt zu Bonne wieder in der vo⸗
rigen Ordnung, wie auch in den andren Com—
toirs.
Le Collo iſt ein Comtoir der Compagnie auf
der Kuͤſte der Provinz Conſtantine. Man handelt
hier blos mit Haͤuten und Wachs. Die Betruͤge—
unt | ren
176
rey der Eingebohrnen, und die Unwiſſenheit der
Agenten haben die Compagnie ſchon verſchiedene⸗
male genoͤthiget, dieſes Contoir zu verlaffen.
Die kleine Inſel Tabarka, welche auf der
Kuͤſte von Tunis liegt, iſt immer ein Gegenſtand
der eifrigen Wuͤnſche aller europaͤiſchen Seemaͤch⸗
ten geweſen. Wenn die Barbaren ſich ihnen nicht
wiederſetzten, koͤnnten die Franzoſen hier eine Nies
derlaſſung haben, die ihnen vielleicht nuͤtzlicher als
alle übrigen in der Barbarey ſeyn wuͤrde, vor
nehmlich wegen des Corallenfanges der hier ſehr
eintraͤglich iſt.
Dieſe Inſel gehoͤrte ſeit langer Zeit der Ge⸗
nueſiſchen Familie Lomellini, welche dort Fiſcher
von ihren Landsleuten und einige Soldaten zu Ber
deckung des Schloſſes unterhielten.
Die Geſellſchaft machte 1741 den Ar |
Verſuch ſich dieſe Inſel zu verſchaffen; da fie vers
nommen hatten daß ſie den Lomellinis zur Laft fiele,
und ſie ſolche zu veraͤußern wuͤnſchten, ſie ſchickten
daher einen gewiſſen M. de Fougaſſe nach Genua
um wegen dieſer Sache zu handeln, mit der
Erlaubniß bis auf dreyhunderttauſend Livres zu
bieten, welche bezahlt werden ſollten, ſobald
ſie im Beſitz waͤren. M. de Fougaſſe wurde im
Fall eines gluͤcklichen Ausgangs dort als Gouver⸗
neur und Oberdirektor der abgetretenen Laͤnder
etablirt. Dieſe Negociation kam aber nicht zu
Stande, und die Eroberung der Inſel im Monat
Auguſt durch den Sohn des Bey von Tunis, eis
laubte
177
laubte der Geſellſchaft nicht ihren mißlungenen
Berſuch zu bedauern.
1. Im Junus 1742 wurde M. de Saurin ein
Seeofficier mit dreyhundert Mann, (wovon die
mehreſten Corallenfiſcher, und im Landdienſte wenig
geuͤbt waren) abgeſchickt, um einen Angriff auf
die Inſel zu machen: ſein Unternehmen war aber
durch einen Mauren verrathen worden, und er
wurde mit Verluſt von zwey Drittheilen ſeiner
Mannſchaft, die entweder getödtet oder gefangen
genommen wurden, zuruͤckgeſchlagen.
Dier uͤble Ausgang dieſer Sache ließ die
Br befürchten, der Dey von Tunis moͤchte
adurch noch mehr erbittert, und zum Frieden
abgeneigter werden. Man hielt es daher fuͤr
rathſam den ganzen Vorfall zu deſavouiren und
auszuſprengen, daß der Koͤnig ſehr unzufrieden
mit der Auffuͤhrung des M. de Saurin waͤre;
und um der Sache mehr Wahrſcheinlichkeit zu ge⸗
den, wurde M. Fougaſſe der Oberdirektor, wel—
cher Herrn Saurin zu La Calle die noͤthigen
Huͤlfsmittel zu ſeiner Expedition gegeben hatte,
durch einen Befehl des Koͤniges zuruͤckgerufen,
5 in den Stand eines ſimplen Agenten geſetz,
Zwey Haupthinderniſſe wiederſetzen ſich der
Niederlaſſung der Europäer in der Inſel Ta:
Harka.
FVorſters 9. u. V. K 3. Tb. M Das
178
Das erſte iſt, weil ber Dey von Algier
wegen eines Tributs von funfzehn Kiſten ausge-
ſuchter Korallen die zuſammen fuͤnf und ſiebenzig
Pfund wiegen, und die ihm die Inſel zu Lomelli⸗
nis Zeiten zahlte, ſich das Recht der Oberherr⸗
Schaft über dieſelben anmaßt, und daß folglich der
Bey von Tunis ſie nicht ohne ſein Vorwiſſen ver⸗
aͤußern kann.
Das zweyte Hinderniß beſteht darin, das
im Kriege von Tunis 1742, der damalige Bey
ein Meiſterſtuͤck in der Politik zu machen glaubte,
wenn er den Großſultan fuͤr die Erhaltung dieſer
Inſel intereßirte. Er überfandte ihm daher die
Schluͤſſel derſelben; und indem er auf dieſe Art
feine Oberherrſchaft erkannte, ſetzte er ſich auf
fer Stand fie ohne feine Erlaubniß zu vergeben.
Ueberdem koͤnnen die beyden Maͤchte von Algier
und Tunis nicht ohne Eiferſucht eine Niederlaf
ſung ſo nahe an ihren Kuͤſten ſehen, deren Be
ſitzer die Haͤfen beyder Koͤnigreiche nach ihren Be
lieben bloquiren koͤnnten.
Bizerta iſt eine Seeſtadt im Koͤnigreich Tu
nis, 1741 unterhielt die Geſellſchaft hier einen
Agenten der bloß dazu angeſetzt war die Commu
nikation zwiſchen Cap Neger und La Calle zu be
foͤrdern; es wurde aber dort kein Handel getrie
ben, auch waren da keine franzöſiſchen Haͤuſer.
Im Jahr 1768 erhielt M. de Seizieu na
langen Unterhandlungen von dem Bey von Tunit
die Erlaubniß, fuͤr die eye Geſellſchaft i
den
179
dem Meer von Bizerta Korallen zu fiſchen. Die
Compagnie verſuchte dieſe Fiſcherey mit Fahrzeu⸗
gen von La Calle, es gelang ihnen aber nicht, weil
die Schiffsherrn verſicherten, es gaͤbe dorten mes
nig Corallen; allein der ſchlechte Fortgang ſchreck⸗
te die Direkteurs nicht ab, fie glaubten, es wäre
blos eine Folge der Unerfahrenheit ihrer Fiſcher,
und machten einen Contrakt mit den Fiſchern von
Marguerite, den Corallenfang fortzuſetzen. Kaum
waren aber die zwoͤlf Fahrzeuge, welche man an
der Kuͤſte von Genua ausgeruͤſtet hatte, zu Bi⸗
ertä angelangt, als der Bey von Tunis dem dor⸗
igen Agenten der Compagnie verbot ſich laͤnger
horten aufzuhalten, und den Schiffern in ſeinen
Meeren Corallen zu ſiſchen.
Dies Verbot that der Compagnie großen
Schaden, nicht allein wegen der verlornen Hofs
zung, hier eine reiche Corallenernte zu finden, ſon⸗
ern auch der vergeblichen Ausgaben wegen, das
somtoir zu Biſerta in gehörigen Stand zu ſetzen.
Der Krieg der hierauf folgte, würde durch
inen Frieden geendigt, dem man einen beföndren
zergleich zwiſchen der Compagnie und dem Bey
on Tunis, hinzufuͤgte. In dieſem geſtattete der
nz, frey von allen Abgaben auf ſechs Monate
en Korallenfang, und unter gleichen Bedingungen
ben ſo lange die Erlaubniß 2000 Caffis Getraide
uszufuͤhren, und das alte Comtoir zu Cap Neger
bieder herzuſtellen.
Seit⸗
180
Seitdem braucht die Compagnie corfſiſche Ko:
rallenfiſcher von Ajaccio, die ihren Fang gegen ei⸗
nen feſtgeſetzten Preis der Geſellſchaft abliefern.
Der Werth der hier und ſonſt an der africaniſchen
Kuͤſte uͤberhaupt gefangenen Korallen iſt nicht gewiß
zu beſtimmen. Der Preis der rothen Korallen
haͤngt blos von der Groͤße des Stuͤcks und der
Schoͤnheit der Farben ab. Die ſchlechteſte Sorte,
koſtet drey bis zehn Livres das Pfund, die beſſern
aber wohl dreyßig Livres. Ganz große Stücken
ausgenommen, wird der ganze Fang Centner weiſe
verkauft. In der Provence ſind fuͤnf Korallenfabtis
ken, zwey in Marſeille, und zwey in Kaſis. Es
werden in denſelben nicht blos Africaniſche, fon
dern auch andere an der Küfte von Provence, Ca⸗
talonien und Corſica gefiſchte Korallen geſchliffen
und gebort. Im Jahr 1773 wurden in denſel⸗
ben überhaupt für 900,000 Livres verfertigt. In
eben dieſem Jahr erhielt Marſeille durch Schiffe
dieſer Geſellſchaft, deren damahls hundert und
Kuͤſte befchäftiget waren, 84,336 Laſten (Char-
ges) Weizen jede von 443 Pfunde, und 16,173
Laſten Gerſten, Bohnen und Hirſe. Ohne was
eben daher an Wolle, Wachs und Häuten ang
fuͤhrt wurde. —
3
Raturaersiäte
4 der
ie füßigen Thiere und Vaud,
welche
95 "a in den die Hudſonsbay umgebenden
A | Ländern finden.
Da der Durchgang der Venus über den Sonnen + Zeller
der Koͤnigl. Geſellſch. der Wiſſenſchaften zu London Ge
legenbeit gab nach manchen Orten einen Brieſwechſel
iu eroͤfnen, die ſonſt wenig bekannt ſind, ſo ward es
auch für nöthig erachtet, allenthalben anzuhalten, daß
man doch die Thiere der Gegend, ſo viel als moͤglich
unterſuchen und die Unterſuchungen der Koͤnigl. Soeie⸗
taͤt der Wiſſenſchaften mittheilen moͤgte. Die a
Geſellſchaft gab ihren deuten in der Hudſonsbay zufo
eines ſolchen Antrages Befehle, alle die Thiere der
gend zu ſammlen und nebſt einigen Nachrichten die Br
tur und Ekonomie der Thiere betreffend, einzuſenden.
Dieſe wurden befolget, und nachdem die Thiere und
Nachrichten eingelaufen waren, ſchenkte die Hudſons⸗
bay Geſellſchaft beyde der Koͤnigl. Societaͤt der Wiſſen⸗
ſchaften und dieſes Geſchenk hat dieſe kurze Naturze⸗
ſchichte der Thiere yeranlaſſet.
Eine Nachricht von verſchiedenen vierfüßi⸗
gen Thieren aus der Hudſonsbay, von
Johann Reinhold Forſter.
.
N.
. De Arctiſche Fuchs. Penn, Synops. of
f Quadr. p. 155. n. 133. Canis Lago-
pus Linn.
Vom Severn⸗Fluſſe.
Der ſchneeweiße Pelz womit dieſes Thier
bedeckt iſt, giebt ihm ein ſehr ſchoͤnes Anſehen;
es ſcheint niedriger zu ſeyn als der gemeine Fuchs,
und wird durch die Laͤnge und Dicke ſeiner Haare,
die ſo weich wie Seide ſind, vortreflich gegen die
heftige Kaͤlte des Klimas geſichert. In der Nach⸗
richt welche wir mit demſelben von Severn erhal—
ten haben, wird geſagt, daß dieſe Fuͤchſe ſehr ein:
faͤltige und unſchaͤdliche Thiere ſind; ſie ſehen
Vouchmal zu, wenn eine Falle fuͤr ſie mit einer
Lockſpeiſe verſehen wird, und ſtecken ſobald ſie fer⸗
tig iſt, den Kopf hinein: wenn fie vom Hunger gez
quält werden, verzehren fie diejenigen von ihrer
Gattung die ſich in dieſen Fallen haben fangen laſ⸗
ſen.
184
fen. Am ſonderbarſten aber find ihre Wanderuns
gen gegen Norden und nach den oͤſtlichen Kuͤſten
der Bay; denn obgleich alle Jahr einige wenige
bey York Fort und am Fluſſe Churchill gefangen
werden, ſo kommen ſie doch nur alle drey oder
vier Jahre in großer Anzahl dahin; zu welcher Zeit,
die immer im November anfaͤngt und im April
aufhoͤrt, hunderte von ihren Fellen nach England
geſchickt werden. Das uͤberſchickte Thier iſt voll
kommen ausgewachſen, und das Fell iſt in der
groͤßten Vollkommenheit.
2. Die kleinere Fiſchotter. Penn. Synopſ.
Quadr. p.239. n. 174. Muſtela Lutreola Linn.
Syſt. Nat. 60. Faun. Suec. No. 13.
Vom Severn- Fluffe. I
Es iſt noch zweifelhaft ob man dieſes Thier
für die kleinere Fiſchotter halten ſoll, die in Eu-
ropa und Aſien gefunden wird; viele Umſtände
ſcheinen es zu beweiſen; aber andere, wie zum
Beyſpiel der Mangel an Schwimmhaͤuten die ich
nicht zwiſchen den Zehen entdecken konnte, und
der weiße Fleck am Halſe, ſind dieſer Meynung
entgegen. Ich habe alſo eine Beſchreibung deſſel⸗
ben dieſer Nachricht beyfuͤgen wollen. Die Ein⸗
gebohrnen der Hudſonsbay nennen dieſes Thier
Jackaſch; Herr Graham vom Severn-Fluße mel⸗
det uns, daß es ſich bey Buchten aufhaͤlt, und
ſich wie die Fiſchotter von Fiſchen naͤhrt; es geht
nur ſehr langſam fort und wirft vier bis ſieben
Junge auf einmal; an Groͤße iſt es dem 1
nz
185
hnlich; ſeine Lange iſt ohngefehr 16 Zoll; der
5 anze Leib iſt mit glaͤnzenden dunkelbraunen Haa⸗
ven bedeckt, die ſehr dicht zuſammen liegen, und
ſich ſehr gut für ein amphibiſches Thier zu ſchi⸗
cken ſcheinen; die wollichten Haare darunter find
braͤunlichtgelb, die ganze untere Kinlade iſt mit
einer Streife von weißen Haaren umgeben, und
auf der Mitte des Halſes ſieht man einen kleinen
unfoͤrmlichen Flecken von der naͤmlichen Farbe;
die Fuͤße find mit Haaren ganz bis an die Nägel
bedeckt, es hat fuͤnfe an jedem Fuße, die ſehr
ein und von einer weißlichten halb durchſichtigen
Farbe find, der Schwanz iſt obgleich nicht bus
Sicht doch ziemlich dick mit Haaren beſetzt, viel
chwärzer wie der übrige Theil des Leibes, und
ohngefehr halb fo lang als das ganze Thier.
3 Der Baummarder. Penn, Syn. Quadr.
5. AR n. 155. Muſtela Martes. (Abietum)
a inn.
Vom Severn⸗Fluß. Maͤnnchen und Weibchen.
| Dieſes fcheint eine Abartung von dem gelb-
gen Marder Br. Zool. 1. 81. zu ſeyn, denn
hre Farbe, insbeſondere bey den Weibchens, ift
iel beſſer als deſſen, welches Herr Pennant be⸗
chreibt. Das Maͤnnchen iſt nußbraun, das Weib⸗
ben aber hellgelblichbraun; das erſtere hat einige
Junfelbraunen Haare auf der Bruſt, die an dem
Vetzteren hellbraunroth find. Beyde haben weiße
R Basis und weiße Spitzen an den Ohren. Ihr
| Fell
186
Fell iſt ſehr dick an Haaren und ſchuͤtzt ſie gut ge
gen die Kaͤlte. Der Schwanz iſt an beyden Ge
ſchlechtern buſchicht und dunkler als der Leib; bei
dem Weibchen aber gelblicht mit einer ſchwarzen
Spitze; er war bey beyden kuͤrzer als ihn Hern
Pennant, Briſſon und andere beſchrieben haben
und iſt vielleicht verftümmelt worden. Dieſe Gat
tung naͤhrt ſich von Maͤuſen, Kaninchen und der
gleichen, wenn man aber eine todte Maus alz
Lockſpeiſe in eine Falle legt ruͤhrt es ſie nicht an,
und die Einwohner muͤſſen deswegen den Kopf ei
nes Rebhuhns oder eines andern Vogels dazu ge
brauchen. Verfolgt man es mit Geraͤuſch, fü
klettert es gleich auf einen Baum. Man hat ver
ſucht dieſe Thiere zahm zu machen, aber ohne Er:
folg, und wenn ſie in dieſer Abſicht in einen Ke⸗
ficht eingeſperrt werden, hat man bemerkt daß ſie
Anfaͤlle von der fallenden Sucht bekommen. Sie
werden in der Hudſonsbay in großer Anzahl ü
Fallen von kleinen Stoͤckern gemacht, gefangen.
Sie vergraben ſich in die Erde, und werfen jc
mal vier bis ſieben Junge.
4. Das Hermelin : Wiefel. Penn. Syn.
Quad. p. 212, n. 115. &. Q. e Ermi⸗
nea. Linn.
Vom Severn⸗ Fluß und Albany: Fort. |
Eins in dem Sommer und ein anders in dem
Winter⸗ Felle, die Eingebohrnen bey Albany nen⸗
nen ſie Sick⸗Kuſſe⸗ſue, aber warum ſie ihnen
die⸗
187
biefen Namen geben, weiß man nicht. Sie fref
fen Maͤuſe, kleine Voͤgel, und alle Arten von Fi⸗
ſchen, Fleiſch und Gefluͤgel.
S6. Das gemeine Wieſel. Penn. Pyn. Quadr.
211. n, 115. Muftela nivalis Linn.
Eins in ſeiner Winter-Tracht, ſieben Zoll
lang, der Schwanz ohngefehr einen Zoll, aber
felleicht verſtuͤmmelt; es iſt ganz weiß, nur fin⸗
det man hier und da beſonders im Schwanze ei:
ge braͤunliche Haare. Ein anders in dem Som⸗
mer Fell, welches unſerm Wieſel vollkommen er
ich iſt.
6. Der Skunk. Penn. Syn. Quad. P-167.
Ralms Reifen. J. 273. tab. I.
Es trift ganz mit Pennants Beſchreibung
überein; außer daß der weiße Streif auf dem
Kopf, nicht mit dem auf dem Ruͤcken verbunden
iſt, auch iſt der braune Raum zwiſchen den zwey
weißen Flecken auf dem Ruͤcken breiter als er ihn
D er
Das Kanadiſche Stachelſchwein. Penn.
Syn. Quadı. p. 226. n. 196, Hyſtrix dorfa«
t ta „ Linn,
Bom Severn⸗Fluß.
Es ſtimmt vollkommen mit den Beſchreibun⸗
gen davon uͤberein. Dieſe Thiere halten ſich bey
den Fichtenbaͤumen auf, deren Rinde ſie im Win⸗
ter eſſen, ſo wie die Spitzen von Weiden und an—
dern ‚Bäumen im Sommer. Sie paaren ſich im
Sep⸗
188
September, und kriegen nur ein Junges auf ein,
mal, in der erſten Woche des Aprils. Im Win:
ter reiſen ſie ſelten mehr als fuͤnfhundert Ellen
weit, ſobald man alſo einen Baum ſieht dem die
Rinde vor kurzem abgeſtreift iſt, kann man gewiß
ſeyn bald ein Stachelſchwein zu finden. Die lang:
ſten Stacheln eines alten Stachelſchweins ſind
ohngefehr fünf Zoll lang. Die Europaͤer eſſen
das Fleiſch dieſer Thiere fehr gern, weil es gebra⸗
ten ganz den Geſchmack eines jungen Ferkels hat,
Die Knochen haben im Winter eine gruͤnlichtgelbe
Farbe, welches vielleicht von der Rinde der Fichten
baͤume die fie beftändig eſſen, herruͤhrt. Es iſt bes
kannt, daß Thiere welche ſich von Färberwurz naß
ren, rothe Knochen bekommen.
8. Der Biber. Penn. Syn. Quad. p. 25%
n. 190. Caſtor Fiber Linn. 9 2
Dom Churchill-Fluſſe Nr. 1. 9
Ein ſehr ſchoͤnes Exemplar, das Fell iſt in
der größten Vollkommenheit, und in ſehr gu⸗
tem Stande. Es iſt ſchoͤn glänzend ſchwarz: der
Schedel eines andern iſt auch mitgeſchickt worden.
Man findet eine große Aehnlichkeit zwiſchen der
Geſtalt der Schneidezaͤhne dieſes Thieres und des
vorhergehenden; nur ſind ſie bey dem letztern
länger. Pr
9. Der Bifam + Bieber. Penn. Syn. Quadr,
p. 259. n. 12 1. Caftor Zibethicus. Linn,
Der Muſquaſch, vom Severn-Fluſſe. 4
159
Es haͤlt ſich in flachen Gegenden auf, baut
daͤuſer wie der Bieber, wirft fünf bis ſieben Jun⸗
auf einmal, und, naͤhrt ſich von Gras und
Laub der Weiden und Pappelbaͤume.
10. Der Alpen Haaſe. Penn. Syn. Quadr,
249 n. 185. Lepus variabilis Pallas Nov.
pec. Quadr. e Glir. ordine. p. 1 - 17. Kalnis
geiſen nach Nordamerika Th. 3. S. 59.
Von York⸗Fort.
. Ein ſchoͤnes Exemplar in ſeinem Winterpelze,
yelcher ganz weiß iſt, ausgenommen an den Dh:
en, deren aͤußerſte Spitzen ſchwarz ſind. Es iſt
iel größer als das naͤchſtfolgende Thier. Der
emeine Haaſe, Penn. Syn. Quadr. ſcheint nicht
| heimiſch in Amerika zu ſeyn.
11. Der Amerikaniſche Haaſe, in der Hud:
onsbay Kaninchen genannt. Kalms Reiſen nach
tordamerifa, 1. 105. IL. 45.
Von den Fluͤſſen Severn und Churchill.
Dieſe Gattung welche uneigentlicher Weiſe
aninchen genannt worden iſt, vielleicht weil fie
einer iſt als der Haaſe, iſt ganz gewiß neu, und
ch niemals beſchrieben worden, außer von
zalm in ſeinen Reiſen durch Nordamerika. Th. 1.
5. 104. 11. 45. Seine Nachricht davon trift
nit der von Herrn Graham, und mit dem Exem⸗
lare in der Sammlung der Koͤniglichen Societaͤt
ollkommen überein. Man findet diefe Thiere in
koßer . in der Hudſonsbay, ſie vergraben
| ſich
190
ſich nicht unter die Erde, ſondern halten ſich Som
mer und Winter unter herabgefallnen Blättern
und Wurzeln der Bäumen auf. Sie ziehen nicht
nach andern Gegenden, ſondern bleiben wenn fit
nicht geſtoͤrt werden, immer an dem nämlichen,
Sie werfen ein oder zweymal des Jahres, und ben
kommen fuͤnf bis ſieben Junge auf einmal . die
Ausgewachſenen wiegen von 3 bis 44 Pfund,
Ihr Fleiſch welches nicht ſo weiß und zart als das
Fleiſch des gemeinen Kaninchens iſt, wird doch
beydes im Sommer und Winter als eine geſunde
Speiſe genoßen. Es wird jaͤhrlich eine große An⸗
zahl von dieſen Thieren auf folgende Art gefangen!
da ſie gewohnt ſind beſtaͤndig nur einen Weg zu
gehen, legen die Englaͤnder und Eingebornen jum:
ge Bäume quer über denſelben, und machen ſo
einen Zaun, in welchem nur eine Oefnung iſt wo
das Thier durchgehn kann; in dieſe ſtellen fie eine
Schlinge welche aus einem Stuͤck Meßingdrath,
Bindfaden oder dergleichen beſteht, daß mit einem
zuſammengezogenen Knoten an ein querliegendes
Stuck Holz befeſtigt und deſſen Ende an eine ela—
ſtiſche Stange gebunden iſt; ſobald alfo das Thie
feinen Kopf in die Schlinge ſteckt, wird der Kno⸗
ten von dem Stuͤck Holz herab gezogen, die Stats
ge fliegt in die Hoͤhe, und das Thier haͤngt in
der Luft. |
Die eigentlichen unterſcheidenden Kennzeichen
dieſer Gattung ſcheinen zu ſeyn: |
1) Sei⸗
| ’ 191
1) Seine Größe; indem es etwas groͤßer ift
Alpen oder kleinere Haaſe.
2) Die Proportion ſeiner Glieder; denn ſeine
Hinterfuͤße find im Verhaͤttniß gegen den
Leib langer als bey dem Kaninchen und dem
gemeinen Haaſen. Siehe des Herrn Dalnes
Barrington Brief an Doktor Watfon über
dieſe neue Gattung von Haaſen.
3) Die Spitzen der Ohren und des Schwan—⸗
zes, die beſtaͤndig grau und nicht ſchwarz
wie beym Alpen ⸗Haaſen ſind. Kalms Rei⸗
fen. 2. S. 45.
Vielleicht koͤnnte man noch eini ge andere Kenn⸗
ben feſtſetzen, wenn das Thier einmal in feinem
zommerfell uͤberſchickt wurde, denn alle Exem⸗
are in dem Muſeum der Königlichen Societaͤt
d entweder ganz in ihrer Wintertracht oder
erden wo das Klima viel gelinder iſt als in der
hudſonsbay, ihre graue Farbe beydes im Som—
hr in hohlen Baͤumen werfen, im Sommer aber
N Graſe; daß ſie ſobald man ſie verfolgt ſich in
ztoͤcken, Rauch de. heraustreibt; und endlich daß
e in den Kohl-Feldern und Baum⸗Gaͤrten gro—
en Schaden anrichten, indem fie in der Nacht,
er & einzigen Zeit in der ſie ihre Nahrung zu ſich
| neh⸗
als ein Kaninchen, aber doch kleiner als der
den in dem Zuſtande der Veraͤnderung. Herr
alm erzaͤhlt, daß die ſo in Neu⸗ Jerſey gefunden
er und Winter beybehalten; daß fie im Fruͤh⸗
hle Baͤume fluͤchten, wo man fie mit krummen
*
192
nehmen, wie auch der gemeine Haaſe zu thun
pflegt, die Kohlpflanzen und die Rinde der Aepfel
baͤume abnagen. | |
| 12. Das Canadiſche Murmelthier; Penn
Syn. Quadr. p. 27% n. 199. Mus Emperra
Pallas. Nov. Spec. Quad. e Glir. ord. |
Vom Churchill-Fluße Nr. fi
Dieſes Thier wird zu Churchill Fort ei
Grund Eichhorn genannt; an Groͤße iſt es von
dem in der Syn. Quadr. befchriebenen. ziemlid
verſchieden, denn es iſt viel kleiner als ein Kanin
chen, und mag vielleicht noch jung ſeyn. Da ic
es mit dem Bahamiſchen Murmelthier nicht gan
ähnlich fand, habe ich es auf folgende Art bei
ſchrieben: Die Naſe iſt ſtumpf, die Ohren fin]
kurz und abgerundet, der obere Theil des Kopfe
nußfarb, und der Ruͤcken weißlicht, ſchwarz un
gelblichtbraun geſprenkelt: die Beine und der gan
ze Unterleib des Thieres ſind hell Eiſenfarb; de
Schwanz iſt ſehr kurz und an der Spitze ſchwarz
Von der Naſe bis zu dem Anfange des Schwan
zes iſt es eilf Zoll lang, der Schwanz drey Zoll
An dem Vorderfuͤßen hat es vier, an den dint
fuͤßen fuͤnf Zehen.
1.3. Das eiſenfarbige Eichhorn. Penn. Syn
Quadr. p. 279. n. 206. Sciurus hudſonius
Pallas. novae Species e glirium ordine e
Schreber. Mammalia. |
Eine Gattung die von der gemeinen obgehet
denn es iſt etwas kleiner, und hat einen eiſenfar
bigten
193
bigten Ruͤcken, mit einem grauen Bauche, der
Schwanz iſt kuͤrzer als bey der gemeinen europaͤi—
ſchen Gattung, und von einer ſchoͤnen roͤthlichen
Eiſenfarbe, mit Schwarz eingefaßt. Dieſes Thier
haͤlt ſich auf Tannenbaͤumen auf, und naͤhrt ſich
von den Zapfen derſelben; den groͤßten del des
Winters uͤber ſchlaͤft es.
14. Das groͤßere fliegende Eichhorn, Ceiu-
rus Volucelia, Pallas. nov. Spec. e glir. ord.
K Vom Severn⸗Fluſſe.
Es iſt eben ſo groß, wo nicht groͤßer als das
gemeine Eichhorn; hat ziemlich lange Haare die
nten von einer dunkeln Farbe, und an den Spi—
tzen roͤthlich braun ſind, und ſo liegen, daß der
Ruͤcken bloß von dieſer letztern Farbe zu ſeyn
cheint, der Schwanz iſt ſehr buſchig, etwas zu—
ammen gedruͤckt, aber die Haare von demſelben
ſtehen nicht gefiedert an jeder Seite, wie bey dem
gemeinen Eichhorn, oben iſt es braͤunlich mit einer
dunkelgrauen Spitze, unten aber gelblich weiß;
der ganze Untertheil des Thieres hat die naͤmliche
gelblich weiße Farbe. Die Haut womit es fliegt
reicht von den Border = bis zu den Hinterfuͤßen,
ohne ſich zu den Ohren zu erſtrecken: es wird in
Jamesbay ohngefehr unter dem 5 1. Grad noͤrd⸗
icher Breite gefunden. ;
Dies iſt vielleicht der Sciurus volans des
Linnaeus, und das fliegende Eichhorn aus den
arktiſchen Gegenden von Turopa. Herr Briſſon
ö cheint dieſes und das kleine virginiſche Eichhorn
Vorſters L. u. V. K. 3. Th. N Mm:
194
zuſammen vermengt zu haben, und die Stellen die
er dabey anfuͤhrt find ganz verworren. Der Mus
Volans von Linnaeus, iſt ganz gewiß eine Abar
tung des kleinen fliegenden Eichhorns aus den wil
dern Gegenden von Nordamerika, nämlich Neu⸗
york, Penſilvanien und Virginien, welches beydes
an Groͤße und Farbe von dieſem ſehr ares
den iſt.
15. Ein kleines Thier, eine Feldmaus 90
nannt. Mus lagurus? Pallas nov. Spec. e glir,
ordine.
Vom Churchill⸗Fluſſe.
Ein ſehr ſchlechtes Exemplar dem die Beine
und der Schwanz fehlen, weswegen man unmög⸗
lich beſtimmen kann, zu welcher Gattung es ger
hoͤrt; es iſt etwas groͤßer als eine Maus, die
Farbe iſt dunkelgrau mit gelblicht braun vermiſcht,
und auf dem Bauche iſt es ſchmutzig weiß. Der
Kopf iſt breit wie bey der kurzſchwaͤnzigten Feld⸗
maus, und hat in der Mitte zwiſchen den Augen
einen dunkelgrauen Strich der ſich obgleich etwas
undeutlich über den ganzen Rücken erſtreckt; die
Ohren ſind ſehr klein und rund. Das Maͤuschen
von Hudſonsbay war nicht fo groß als des Herren dl
Collegienrath Pallas Mus hudſonius aus Labra⸗
dor, ſondern war eher der Gestalt und „ |
nach Mus lagurus. 1
16. Auch dieſes iſt ein ſehr ſchlechtes ver⸗
ſtuͤmmeltes Exemplar j kleiner als die gewoͤhnliche |
"a. |
3 |
En Te
195
Maus, oben dunkelgrau und braun, und unten
weißlicht; die Ohren find ziemlich groß und her⸗
vorragend.
17. Die Feldmaus. Penn. Syn. Quadr.
p. 302. n. 230. Mus Sylvaticus Linn.
Z3bwey Exemplare die ziemlich mit den Be⸗
ſchreibungen uͤbereinſtimmen, die Ohren find groß
und rund, der Schwanz iſt ſehr lang und unten
weißlich. 5
is. Kurzſchwänzige Maus. Penn. Syn.
Quadr. p. 305. n. 233. Mus terreſtris, Linn.
Le Campagnol de Buffon.
Herrn Pennants Abmeſſungen troffen bey
dieſem Exemplar nicht ganz zu, aber die von Herrn
Daubenton ſtimmen damit uͤberein.
19. Die ſtinkende Spitzmaus. Penn, Syn.
Quadr, p. 207. n. 235. Sorex Araneus, Linn.
Dieſes Exemplar iſt viel ſchwaͤrzer auf dem
Rüden als die europäifche Spitzmaus, auf den
Seiten iſt es roͤthlich braun. |
20. Spitzmaus, zwey Exemplare. Sorex
onſtrictus Hermaani apud Schreber. mam-
nal.
Es iſt diefe Gattung oben dunkel grau, und
inten ſchmutzig weiß oder gelblich, die Naſe iſt
ehr lang und dünn: das eine Exemplar iſt von
her Naſe bis zum Schwanz 2%, das andere bey⸗
tahe 2 Zoll lang; der Schwanz iſt ohngefehr anz
herthalb Zoll lang, duͤnn mit Haaren bewachſen,
ben braun und unten gelblich. Wenn dieſe Gat⸗
N2 tung
196
tung keinen Schwanz hatte, wuͤrde ich es für Die
kleine Spitzmaus gehalten haben, die Herr Lag
mann in Siberien fand, und die beym Linnaeus
Sorex minutus heißt. |
Eine Nachricht von den Voͤgeln die de
Koͤnigl. Societaͤt von der Hudſonsbay ge
ſchickt wurden; mit Bemerkungen ihre na
tuͤrliche Geſchichte betreffend.
Von J. R. Forſter.
en —
I. Landvoͤgel.
Accipitres
; 1 Kauboögel Faun. Am. Sept.
1. Pico, 1. Columbarius,
Falke, Tauben,
Hawk. Faun. Am. Sept, p. 9. mee, c. 1
Epervier de la Caroline. Briſſon I. p. 378.
Vom SevernFluſſe Nr. 19. 80
Dieſe Gattung wird zur Hudſonsbay kleiner
Voͤgel Habicht genannt. Er veraͤndert ſeinen Auf
enthalt, und kommt im May nach dem Severn
Fluß, wo er ſeine Eyer ausbruͤtet, und denn in
- Herbf
10 28. 21. Pigeon
197
Herbſt nach einem wätmern Himmelsſtriche zieht.
Seine Speiſe iſt kleine Voͤgel: naͤhert ſich jemand
fo fliegt er in Kreiſen herum, und erhebt ein graͤß⸗
liches kreiſchendes Geſchrey. An Bruſt und Bauche
iſt er gelblich mit braunen Streifen, welche von
den Ornithologiſten deren Beſchreibungen ſonſt in
allem richtig ſind, nicht erwaͤhnt worden. Er
wiegt ſiebentehalb Unzen, und iſt 10% Zoll lang,
und von den Spitzen der Fluͤgel 222 breit. Die
Abbildung davon beym Catesby iſt ſehr mittels
maͤßig.
Falco, 2. Spadiceus. Nova Species. Cho-
colate Falcon. Faun. Am. Sept. p. 9.
Dieſe Gattung hat beym erſten Anblick ei
nige Aehnlichkeit mit dem europaͤiſchen Sumpf—
Buſtard oder Aeruginofus, Lion, fie iſt aber viel
kleiner; auch fehlen ihr die lichten Flecken auf
dem Kopfe und den Schultern. Keine Nummer
oder Beſchreibung iſt dieſem Exemplare beygefuͤgt
worden. N
* Stocker-Falke. Falco 3. Sacer, Briſſon,
1. p. 337. Sacre de Buffon, Oiſeaux (die Aus⸗
II. p. 349. t. 14. Faun.
Am. Sept. p. 9.
Vom Severn-Fluſſe. Nr. 16.
Er wird in der Hudſonsbay, geſprenkelter
Rebhuhn Habicht genannt, weil er ſich von den
Voͤgeln vom Waldhuhn Geſchlechte naͤhrt, die man
daſelbſt gewoͤhnlich Rebhuͤhner heißt. Der Ring
um * Augapfel iſt gelb, und die Beine blau.
Er
198
Er ift dem Sacre des Briſſon, Buffon und Ber
fon am ähnlichften; aber Buffon ſagt, er habe
ſchwarze Augen, welches ſehr unbeſtimmt geredt
ift; denn der Ring iſt bey keinem Falken und bey
wenigen andern Voͤgeln ſchwarz. Der Augapfel
hingegen, wenn er dieſen meint, hat bey allen
Voͤgeln dieſe Farbe. Belon zufolge ſoll er von
der Tartarey und Rußland kommen, und iſt alſo
wahrſcheinlicherweiſe ein nordiſcher Vogel. Er iſt
ſehr gefräßig und fo kuͤhn, daß er oͤfters aus eiß
nem Volke Rebhuͤhner, welches die Europäer nach
ihren Netzen zu jagen, welche wegfaͤngt. Im
April und May legen und bruͤten ſie ihre Eyer
aus. Die Jungen koͤnnen ſchon in der Mitte des
Junius fliegen. Sie bauen wie alle andere Fal
ken ihre Reſter an unbefuchten Oertern, weswe⸗
gen der Verfaſſer der Nachricht vom Severnfluſſe
auch nicht beſtimmen konte wie viel Eyer fie lea
gen; die Indianer aber ſagten ihm ſie legten
zwey. Er zieht nie in andere Gegenden, und
wiegt 23 Pfund; die Länge iſt 22 Zoll, die %
der Flüge 3 en 7
2. trix 1 4. Brachyotos. J he chort ea.
Eule red Owl. Brit. Zoology, fo-
lio, plate B. 2 octavo, 1. p. 156. Faun. A
Sept. 9
Vom Severn-Fluſſe. Nr. 17. und 64.
An der Hudſonsbay Maus⸗Habicht genannt.
Sie ſtimmt mit der Beſchreibung und Abbildung
in
199
in der Brittiſchen Zoology uͤberein, nur fehlen
die Ohren oder langen Federn. Die Kleinheit
des Kopfes hat vermuthlich zu der Berernung
Habicht Anlaß gegeben, obgleich ſie zufolge der
Nachricht vom Severn: Slufle, nicht wie andere
Habichte nach Raub herumfliegt, ſondern ruhig
auf dem abgehaunen Stamme eines Baumes ſitzt,
und mit aller der Aufmerkſamkeit einer zahmen
Katze auf Maͤuſe lauert, gegen welche fie einen
angebornen Haß hegt. Sie legen ihre Eher laͤngſt
der Kuͤſte; und ziehen im Herbſt gegen Süden.
Der Ring um den Augapfel iſt gelb, dieſe wiegt
14 Unzen, iſt 16 Zoll lang und 3 Schuh breit.
Strix. 5. Nyctea, 132, 6. Snowy Owl,
Faun. Am. Sept. 9.
Vom Fluſſe Churchill Nr. 7. Weiße Eule.
Sie ſcheint in ihrer Wintertracht zu ſeyn,
indem ſie ganz weiß iſt. Die Fuͤſſe ſind bis an die
Nägel, mit langen weißen Haoraͤhnlichen Federn
edeckt, auf den Sohlen aber oder Untertheilen
der Zehe giebt es keine.
Strix. 6, Funerea. 133. 11. Canada Owl.
Faun. Am. Sept. 9
Vom Fluſſe 2 Nr. 13. Vom Fluſſe
Churchill, Nr. It.
Der Indianiſche Name dieſes Vogels iſt Ca—
beticutſch oder Cabadueutſch. Die Beſchreibung
des Linneus trift vollkommen damit uͤberein. Das
Maͤn nchen welches bey Raubvoͤgeln gewoͤhnlich
klei⸗
209
kleiner iſt als das Weibchen, ift doch nach der
Nachricht vom Severn Fluſſe bey dieſer Gattung
größer, Auch iſt die Farbe deſſelben viel ſchwaͤr
zer, und die Flecken deutlicher. Die Augen find
groß und hervorragend; der Strich um den Aug⸗
apfel iſt hellgelb. Dieſe wiegt 12 Unzen, iſt 17
Zoll lang und 2 Schuh breit. Sie brüten nur
zwey Junge auf einmal aus. |
trix. 7. Pallerina. 133. 12. Little Owl,
Brit, Zool. Faun, Am. Sept. 9.
(Die Nummer die zu dieſem Vogel gehörte
ift verloren gegangen, aber allen Anſchein nach if
es der vom Severn-Fluſſe Nr. 15. von den Ein !
gebornen Schihomoſpiſch genannt.)
Der obere Theil des Kopfes iſt mit weiß 90
ſprenkelt, wie bey der Strix funerea,
Strix. 8. Nebuloſa. Eine neue Gattung.
Die graue Eule.
Vom Severn-Fluſſe. Nr. 35.
Dieſe ſchoͤne noch unbeſchriebene Eule naͤhrt
ſich von Haaſen, Mäufen und dergleichen. Sie
bruͤtet jedesmal zwey Junge aus. Das uͤberſchickte
Exemplar ſoll eine von den größten ſeyn. Sie ift,
noch von keinem Autor beſchrieben worden. |
wiegt 3 Pfund, ift 16 Zoll lang und 4 Schuh
breit.
3. Lanius! 9. Excubitor. 135. 11. Gre-
Wuͤrger f at Butcher Bird. Brit, Zool.
cinereous Shrike. Faun. Am. Sept. |
Vom Severn⸗Fluſſe. Nr. 11. 3
| n
201
In der Hudſonsbay white Whisky John
jenannt, Das Exemplar ift ein Männchen, und
biegt 27 Unze. Sie naͤhren ſich von kleinen Voͤ⸗
eln, und werden felten an der Küfte gefunden,
ondern halten ſich ohngefehr hundert Meilen weit
m Lande auf. Sie treffen vollkommen mit den
nſrigen überein,
f Picae.
II. J Azeln Faun. Am. Sept.
0 ra | 10. Canadenfis, 158. 16. ci.
1 Krähe.| nereous Crow. Faun, am.
| bt. 9. Kanadiſche Kraͤhe.
Vom Severn⸗Fluſſe. Nr. 9. und Nr. ro.
Dieſe Voͤgel werden in der Hudſonsbay Whis-
y John und Wiskyjack genannt, Sie wiegen
unzen; und find 9 Zoll lang und III breit,
hre Augen ſind ſchwarz, und ihre Fuͤße haben
je nämliche Farbe. Ihre Kennzeichen treffen mit
er Linneiſchen Beſchreibung überein, Sie legen
re Eyer im Anfange des Fruͤhjahrs; ihre Nez
er verfertigen fie aus Reiſern und Gras, und
zuen fie in Tannenbaͤumen; fie haben ſelten mehr
8 zwey Junge auf einmal; ihre Eyer find blau:
iche fliegen in paaren; das Männchen und Weib-
en find ganz gleich; fie freſſen ſchwarze Moos—
Deren, Wuͤrmer und auch Fleiſch. Wenn fie na—
bey Wohnungen oder Zelten find, pflegen fie
les was fie nur koͤnnen, zu ſtehlen, ſogar gefalzs
18 * und ſind ſo dreiſt, daß ſie in die Zel⸗
ö ter
202
/ |
ter kommen um aus den Schuͤſſeln zu eſſen. Gill
belauren die Leute welche Fallen fuͤr Marder auf
ſtellen, und freſſen ſobald ſie den Ruͤcken wenden
die Lockſpeiſe auf. Dieſe Vögel ſammeln Vorrat
für den Winter, und werden im Januar ſeltes
wo anders als bey Wohnungen gesehen: fie fim
eine Art von Nachaͤffer; wenn fie eingeſperrt wer
den, freſſen fie wohl, zehren ſich aber doch allmaͤh
lich ab, und ſterben endlich. 4
Corvus, 1 I. Pica.157.13. Magpie. Brit
Zool. Faun. Am. Sept, 9. Aelſter. |
Von Albany-Fort. Mr. 5
Sie wird von den Indianern Un⸗te⸗ b afk
genannt, welches Herz- Vogel bedeutet. Es
ein Zugvogel und wird ſelten geſehn; ich habe ih
mit der europäiſchen Aelſter verglichen, der e
ane aͤhnlich iſt. 1
Specht. 5 woe re |
Am. Sept. 10. Catesby. . 18. Gocdſüͤgliche K
Specht. | |
Von Albany⸗Fort, Nr. 4. der große Specht, h
Die Eingebornen von Amerika nennen dieſe |
Vogel U:thi- quan- nor- nau, weil der Schaft a h
den Schwungfedern, und der untere Theil de
Schwanzfedern gelb iſt. Er iſt ein Zugvogel, Ink
April beſucht er die Gegend bey Albany For
und verlaͤßt ſie wieder im September; er leg |
vier bis ſechs Eyer in hohle Bäume, und naͤhiß 1
203
ich von kleinen Würmern und andern Inſekten.
Die Beſchreibungen davon ſind ganz richtig.
Picus 13. Villoſus, 175. 16. Hairy
Woodpecker, Faun. Am, Sept, 15. Caresby
19. der gehaͤrte Specht.
Vom Severn⸗Fluſſe. Nr. 59.
Das uͤberſchickte Exemplar iſt ein Weibchen,
peil ihm das rothe auf dem Kopfe fehlt. Die
Beſchreibung des Linneus und Briſſon treffen das
nit überein; nur die zwey mittelſten Federn ſind
hwarz, die nächſten find von der naͤmlichen Barz
e, haben aber dicht bey der Spitze einen weißen
autenfoͤrmigen Flecken: an den naͤchſten die auch
Ipwarz find, iſt die oberſte Hälfte quer über weiß,
nd die äußerſte Spitze ſchwarz; die naͤchſtfolgen⸗
n find ganz weiß, mit einem runden ſchwarzen
ecken an der innern Seite dicht bey der Spule,
Juch iſt der untere Theil des Schafts ſchwarz, die
ußerſten Federn find ganz weiß, außer dem
Ichafte welcher am Ende ſchwarz iſt.
14. Tridactylus 177 21. Three toed
Voodpecker. Faun. Am. Sept.
f Vom Severn⸗Fluſſe. Nr. 8. der dreyzaͤhigte
echt.
Ein Weibchen, wiegt 12 Unzen, iſt 8 Zoll
ng, 13 breit; die Augen dunkelblau, die Beine
bwarz. Dieſer Vogel Kaen Neſt in Baͤu⸗
sen, und hält ſich in Waͤldern auf, wo er ſich
a on Würmern die er in Baͤumen findet näher.
An
*
204
Am Severn-Fluſſe ift er nicht ſehr gemein. Dil
Beſchreibungen davon ſind richtig. |
Im Gallinae. |
4 Hausvögel, Faun. Am. "Br
6, A 15. Canadenſis 274.3. 1
Waldhuhn.“ Canace 275. 7.
Am. Sept. 10. Spotted Grous. Geſleckte Wald
huhn. Gelinotte du Canada, male et femelle
Pl. enl. 131. et 133. Buffon Oiſeaux II. p
279. 4to. Briſſon J. p. 203. t. 20. f. 1. 2. un
p. 201. app. 10. Edwards, t. 118 und 71.
Vom Severn⸗Fluſſe. Nr. 5. Waldrebhuhn.
Dieſe Vögel halten ſich das ganze Jahr hir!
durch in der Hudſonsbay auf, und verändern dil
Farbe ihres Gefieders niemals. In den Nachrich
ten von der Hudſonsbay ſteht, daß zwiſchen den
Hümhen und Weibchen kein weſentlicher Unter
Fa |
denn fie find in der That ſehr verſchieden von eir,
ander. Linnaeus Befchreibungen von dem Tel
trao Canadenſis und Canace, ſtimmen beyde mi
den uͤberſchickten Exemplaren überein; ich find
alſo nachdem ich fie mit einander verglichen hab
daß es nur eine Gattung if. Ich vermuth
daß Briſſon's und Edward’s Beſchreibungen nac f
ſchiedenen Gegenden des Aeris feſte
Landes kamen, und vielleicht auch zu einer vel
|
| 205
ſchiedenen Jahrszeit gefangen wurden, und da⸗
durch Anlaß zu einer Abtheilung in zwey Gattun—
zen gegeben haben. Herr von Buffon iſt, wie
ich finde, auch von dieſer Meynung geweſen, und
wenn man die Zeichnungen im Edward's mit de—
in den Flanches enlumindes zuſammen hält,
ann man ſich vollkommen davon uͤberzeugen.
Dieſe Voͤgel ſind ſehr dumm, und laſſen ſich mit
nem Stocke niederſchlagen; die Eingebornen fan—
zen ſie oͤfters mit einem Stock und einer Schlinge.
Im Sommer wenn ſie Beeren eſſen, iſt ihr Fleiſch
ehr gut, im Winter aber ſchmeckt es ſehr ſtark
jach den Tannenzapfen von denen ſie ſich in dieſer
Fahrszeit naͤhren. Sie leben in Tannenwaͤldern,
achen ihre Neſter auf der Erde, und legen ge—
zoͤhnlich nicht mehr als fünf Eher. |
Tetrao 16. Lagopus. 274. 4. White
Sirous. Faun. Am. Sept. 10. Prarmigan. Br.
ool. Lagopode de la Baye de Hudfon. Buf-
on Oiſeaux II. p. 276. Edu. t. 72. Das
Von Severn⸗ Fluſſe, Nr. 1 — 4. Weiden⸗
ebhuhn. |
| Das Schneehuhn von der Hudſonsbay iſt in
er Brittiſchen Zoologie und hernach auch von
derren Buffon von den Europaͤiſchen abgeſondert
sorden, ich muß indeſſen geſtehn, daß ich die Ber:
biedenheiten dieſer Gattungen, welche fie ange—
Jen noch nicht finden kann. Sie behaupten, der
Jogel aus der Hudſonsbay von Edward's abge⸗
I WIE
206
bildet, ſey zweymal fo groß als der Europaͤiſche.
Mir leuchtet es nicht ein, daß Herrn Edward's
Worte: „dieſer Vogel iſt von mittlerer Größe,
zwiſchen einem Rebhuhn und Faſan,' dieſes an⸗
zeiget; er hält fie im Gegentheil für die nämfice
Gattung. Die Brittiſche Zoologie ſagt nach dem
Willoughby; die Länge des Schneehuhns iſt 133
Zoll. Die Nachricht vom Severn-Fluß, melde
daß es 161. Zoll lang ſey. Die Breite heißt es
in der Brittiſchen Zoologie iſt 23 Zoll. Die Vol
gel von der Hudſonsbay ſind zufolge den Nach⸗
richten vom Severn-Fluſſe 23 Zoll Breite. Wil
loughby's Schneehuhn wog 14 Unzen; das in
der Brutiſchen Zool. illuſtr. t. 13. 19 Unzen
und das von der Hudſonsbay (12 Pf.) 24 Unzen.
Dieſe Verſchiedenheiten find von keiner Bedeu⸗
tung, und machen den Vogel von der Hudſonsbay
noch lange nicht zweymal fo groß, als den Euro
paͤiſchen. Die Brittiſche Zoologie ſagt, es ſey ein
Unterſchied in den Sommerfarben; Herr Edward
aber berichtet uns, daß er den Vogel von dei
Hudſonsbay mit den Beſchreibungen voriger Orne
thologiften zuſammen gehalten, und fie ganz über
eintreffend gefunden habe; auch verſichert er den
naͤmlichen Vogel aus Norwegen erhalten zu has
ben. Ich kann alſo nicht umhin in dieſem Punk
in meiner Meynung von der Brittifchen Zoologi ö
abzugehen und Linneus und Briſſon darin beyzu⸗
treten, daß das Europaͤiſche Schneehuhn und das
von der Hudſonsbay nur eine Gattung ſey, daß
ohne⸗
207
hnedem die Farben bey den verſchieden Geſchlech—
ern und zu verſchiedenen Jahrszeiten ſehr unter—
chieden find. Hiezu kann man noch das Zeugniß
ines in der natürlichen Geſchichte ſehr erfahrnen
Nannes ſetzen, der Gelegenhrit gehabt hat viele
öchneehuͤhner aus Europa und der Hudſonsbay
it einander zu vergleichen, und mich verficherte,
aß er keinen Unterſchied zwiſchen ihnen bemerkte.
Jie fliegen im Anfange des Oktobers in großen
Hoͤlkern zuſammen, und halten ſich bey Weiden
„ deren Spitzen fie eſſen, und davon den Na—
Jen Weiden rebhuhner erhalten haben: um dieſe
it vertauſchen fie ihr ſchoͤnes Sommergeſieder
lit einer ſchneeweißen Wintertracht, die ſehr weis—
y eingerichtet fit, fie durch ihre Dicke vor der
Mengen Kälte der Jahrszeit zu beſchuͤtzen, und
ech ihre Farbe gegen ihre Feinde die Habichte
ne Weiſe wuͤrden entgehen koͤnnen. Um ſie
m zu halten, iſt jede Feder doppelt, und eine
Aurze liegt immer unter einer langen. Am Ende
Maͤrzes fangen fie wieder an ihr Gefieder zu
zaͤndern, und gegen das Ende des Junius er⸗
einen ſie in ihrer vollkommenen Sommertracht.
e brüten allenthalben länaft der Kuͤſte, und has
neun bis eilf Junge auf einmal; ihre Neſter
chen fie auf der Erde und gewöhnlich auf trock⸗
em | Ihr Fleiſch iſt eine vortrefliche Spei⸗
len bey den Forts York, Severn, und Chur⸗
8 chill
208
chill zehntauſend in einem Winter bekommen hat
Sie werden auf folgende Art gefangen: Ein Nes
von Bindfaden gemacht, das zwanzig Schuh in
Gevierte iſt, wird an vier lange Stangen ge
ſchnuͤrt, und durch die Stoͤcke in einer ſenkrechte
Lage erhalten; an dieſe Stuͤtzen wird ein Strie
befeſtigt, deſſen Ende einer Perſon gegeben wird
die ſich nicht weit davon verſteckt halten muß
verſchiedene Leute treiben alsdenn die Schneehuͤh
ner (welche insbeſondere bey gelindem Wette
wenn es ſchneyt, ſo zahm als junge Huͤhner ſind
nach dem Netze, auf welches fie ſobald fie es ei
blicken zulaufen. Die verſteckte Perſon zieht alt
dann den Strick, wodurch das Retz herunter fall
und 50 bis 70 Schneehuͤhner auf einmal fang
Sie find manchmal ziemlich ſcheu, werden abe
wie Herr Graham ſagt, zahmer durchs herumtre
ben; denn ſie verlaſſen ſelten die Weiden, welch
ſie einmal gewohnt ſind zu beſuchen. |
Tetrao, 17. Logatus, 275. 8. Shou
derknot Grous. Groſſe Gelinotte du Canade
Pl. enl. 104. Briſs. I. 202. t. 21. f. 1. Buffot
Oiſeaux II. p. 287. Epauletten-Huhn.
Vom Severn Fluſſe, Nr. 60 und 61.
bany Fort, 1 und 2 *
Dieſer Vogel trift mit den Beſchreibungen
welche die Ornithologiſten von ihm gemacht ha
ben, in allen Stuͤcken uͤberein, und gleicht vol
kommen den Abbildungen im Briſſon und dei
Planches enluminees, Er iſt von Edwards da
| Kra
- 209
|
ragenbirkhuhn t. 248. oder dem Tetrao um-
ellus des Linnaeus verſchieden, denn das letztere
at nicht die glaͤnzenden Schulterfedern oder Ach—
lbaͤnder, ſondern Eifenfarbigte, iſt auch viel Fleie
er und hat hellere Farben. Herr von Buffon
lt fie indeſſen fuͤr dieſelben, und vermuthet
er Vogel weichen er la graſſe Gelinotte du Ca-
ada nennt (und welcher der naͤmliche mit den
reinplaren der Societaͤt iſt) ſey das Weibchen
en Edwards Vogel, t. 248. Dieſe Muthma—
ung wird durch die von der Hudſonsbay uͤber—
hickten Exemplare wiederlegt, welche wie die
achricht ausdruͤcklich meldet, Maͤnnchens ſind.
as Waldhuhn mit dem Achſelbande wird an der
dſonsbay mit ſeinen Indianiſchen Namen Pus—
oder Puspuski genannt, weil das Fleiſch davon
je mager und trocken iſt, es iſt zu gleicher Zeit
he weiß und feſt, und eine vortrefliche Speiſe
enn gut zubereitet. Zu Mooſe-Fort und Hen⸗
Hauſe findet man fie ziemlich häufig, aber ges
n Norden von diefen Oertern, und zu Albany—
et werden fie ſelten geſehen. Im Winter naͤh—
| ‚fie ſich von den Spitzen der Wacholdergeſtraͤu⸗
im Sommer aber von Stachelbeeren, Him—
ren, Johannes beeren und dergleichen, fie ziez
nicht nach andern Gegenden, ſondern halten
das ganze Jahr durch zu Mooſe- Fort auf;
machen ihre Neſter auf trocknem Boden, und
ıten neun Junge auf einmal aus, welche die
itter mit Gluckſen zu ſich ruft, wie unſere ges
orſters L. u. V. K. 3. Th. O mei⸗
U
210
meine Henne, und fie bey dem geringſten Anſchel
der Gefahr, oder auch um ihnen eine angeneh,
me Waͤrme zu woe unter ihre Fluͤgel |
ſammelt.
NB. Einem Exemplar welke entweder |
junger Vogel oder ein Weibchen zu fep,
ſcheint, fehlt das blaͤulicht ſchwarze Achfel
| band; ſonſt aber ift es in allen Stuͤcken de
andern gleich. 5
Tetrao 18. Phaſianellus. Linn. Syft. N
Ed. X. p. 160. n. 4. Edw. 117. Longraile
Grous, Faun. Am. Septentr. 10. Das Fafıl,
Waldhuhn. | |
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 6. und 7. Alban
Fort, Nr. 3. 3
Dieſen Vogel, welchen Herr Sonn ai
der 117 Kupfertafel abgebildet hat, hat L
naͤus in der zehnten Ausgabe ſeines Syſtems a
eine neue Gattung von Waldhuhn oder T etre
angegeben, und ihm den ſpeciſiſchen Na Hi
Phaſiauellus gegeben, als eine Anſpielung ai
den Namen Faſan, den es an der Hudſonsbi
führt, und auch wegen feines ſpitzen Schwänze
Hernach in der neuen oder zwoͤlften Ausgabe fü
nes Syſtems macht er es zu einer Abartung DE
großen Auerhahns oder Terrao Urogallus, wo
er vermuthlich durch Edwards Nachricht, den
das Männchen ſehr gerade geht, gewoͤhnlich vi
dunklerer Farbe als das Weibchen iſt, und * |
—
211
Mänzenden Hals hat, veranlaßt worden ict. Dieſe
Imitände find indeſſen nicht hinreichend ſte zu ei—
zer naͤmlichen Gattung zu machen; denn es iſt
gekannt, daß alle die Männchens von dem Wald—
huhn Geſchlechte und in der That auch von den
zeiſten huͤhnerartigen Voͤgeln ſehr gravitztiſch ein:
jergehen, und daß die Farben ihres Gefieders
el beſtimmter ſind, als bey den Weibchen Aber
Hon der fpecififche Unterſchied allein, welchen Lin⸗
Aus bey dem Auerhahne angiebt, ſchließt uns
we Gattung von der Hudſonsbay ganz von aller
keichheit mit demſelben aus; denn er neant ihn
etrao pedibus hirſutis, eauda rotundata, axil-
albis. Wer aber Herrn Edwards Zeichnung,
d die Exemplare im Beſitz der Societaͤt unters
cht, wird finden, daß der Schwanz ſehr kurz
der dennoch ſpitz iſt, indem die zwey mitttern
edern einen halben Zoll laͤnger find als die ans
ern, (Herr Edwards ſagt zwey Zoll) auch find
ie Schultern keinesweges weiß: überdem tft der
zogel von der Hudſonsbay an Farbe und Groͤße
ſtaunlich verſchieden von dem Auerhahn. Er ift
7 Zoll lang und 24 breit und wie Herr Ed—
Mards ſehr richtig ſagt, etwas groͤßer als der ges
N eine Faſan. Der a Auerhahn iſt ſo 4 55
13 breit i. Ei die Brittijche Südlage octav,
201.
O2 Die
212
Die Abbildung von dem Weibchen des T.
Urogallus in der Br. Zool. folio, Tafel M *
und die Planches enluminees t. 75, find ein über
zeugender Beweis von dem großen Unterfchiedt
zwiſchen dem Faſan Waldhuhn von der Hudſons
bay und dem Europaͤiſchen Auerhahne. Herrn
Edwards Zeichnung dieſes erſtern Vogels trif
nicht ganz mit den Exemplaren der Societaͤt uͤber
ein; denn er hat den Flecken auf der Bruſt di
Geſtalt eines halben Mondes gegeben, obgleich fü
die Geſtalt eines Herzens haben wie die auf den
Bauch des getrockneten Vogels; das heißt,
find weiße Flecken mit einem blaßbraͤunlicht gelber
ſchnurfoͤrmigen Rande. Auch kann ich Herr
Edwards nicht beyſtimmen, wenn er dieſen Vo
gel das langgeſchwaͤnzte Waldhuhn von der Hud
ſonsbay nennt, denn es hat wirklich in Verglei
chung mit andern Waldhuͤhnern einen ſehr kurze
Schwanz, und feine Kleinheit und Spitze machen
ſogar eines von den unterſcheidenden en
der Gattung aus.
Die eingebornen Indianer nennen dieſe
Vogel, Ok-kiß-Kau: man findet fie das ganz
Jahr hindurch, unter den kleinen Wacholder Ge
ſtraͤuchen, deren Spitzen ihre vornehmſte Naß
rung ſind, wie auch die Knospen der Birken in
Winter, und alle Arten von Beeren im Sommei
Sie veraͤndern ihre Farbe niemals, auch iſt kei
großer Unterſchied zwiſchen dem Maͤnnchen un
Weibchen ausgenommen in der caruncula ode
der
8.
213
dem Kamme über dem Auge, welcher bey dem
Maͤnnchen einen Zoll lang und z von einem Zoll
hoch iſt. Die Nachricht von Albany Fort ſetzt
hinzu, daß die Farben des Maͤnnchens von etwas
dunklerer Farbe iſt als Weibchen, und auf der
Bruſt beynahe Schokoladenbraun. Sie ſind ſehr
h tt, und ihr Fleiſch ift hellbraun, und ſehr ſaftig.
Sie legen von neun bis dreyzehn Eyer; ihre Jun⸗
en koͤnnen beynahe fo bald fie ausgebruͤtet ſind
herumlaufen, und machen ein pipendes Geſchrey
die die jungen Hühner. Der Hahn hot eine helle
raͤhende Stimme, die jedoch nicht ſehr laut iſt;
ber wenn er fliegt oder man ihn ſtoͤrt, macht er
in erbat Geſchrey, daß wie Kuck, Kock
autet. Im Winter werden ſie bey app: Fort
m haͤufigſten gefunden.
Che ich das Waldhuhn Geſchlecht verlaſſe,
mp ich noch bemerken, daß ihre Fuͤße eine befons
ve Eigenſchaft haben die von wenig Naturkuͤn⸗
gern erwähnt worden: bey verſchiedenen Gat⸗
ingen haben die Zehen an jeder Seite eine Rei—
e kurzer biegſamer Zaͤhne, wie die Zaͤhne eines
zammes; die Gattungen welche ſolche ausgezackte
aͤhne haben, find:
1. Der große Auerhahn, Tetrao Urogallus,
Linn.
| in. Das Birkhuhn, Ye, Tetrix, Linn.
| 8. Das gefleckte Waldhuhn, . Canadenfis
| FT: Canace, Linn,
| 3 „ Dos Rragenmaldjuhn, l. Umbellus, Linn.
5. Das
214 1
5. Das Epauletten waghuhn, 7 T. Togatus,
Linn ö
7 Das Faſan Waldhuhn, T. Phaſianellus.
Das Haſelhuhn, I. Bonaſia, Linn.
8. Das Pirenäische Wolchuhn, . Alchagg
Lin,
Auf dieſen Umſtand follte man fünftig bey al
len andern Gattungen von Waldhuͤhnern Achtung
geben, weil es mit der Zeit ein vorzuͤgliches Nenn
zeichen bey einer Abtheilung in dieſem großen Ge
ſchlecht werden kann; das Schneehuhn, oder F
Lagopus, Linn. hat dieſe Zähne nicht, fo wenig
als das gemeine und rothe Rebhuhn. 4
IV. ‚ Columbas, OR:
L .. Faun, Am. Sept.
7. „ 19. Migratoria. 285. 36
Taube. J Migrarory Pigeon, Catesb
I. 23. Kalm II. p. 22. t. Paflengar Pigeon
Faun. Am. Sept. II. Die Wandertaube. 4
Vom Severn-Fluſſe, Nr. 63. Holztaube. 1
Dieſe Tauben werden fo weit gegen Nordei
als der Severn Fluß iſt ſehr ſelten gefunden, be
Mooſe Fort aber, und weiter im Lande nach Si
den find fie in großer Menge. Ihre gewoͤhnlichſ
Nahrung find Beeren und im Winter Wachhol
derſchoßen; ſie fliegen in großen Schaaren, un
werden für eine ſehr gute Speiſe gehalten. Dies
Nachricht wird von Halm in feinen Reifen (den
!
215
Engliſchen Ausgabe) Th. 2. S. 82 und 311. be
‚fätigt. Sie brüten nur zwey Eyer auf einmal
aus, und bauen ihre Neſter in Baͤumen. Ihre
Augen ſind klein und ſchwarz, der Ring gelb, die
Fuͤße roth: der Hals ſpielt ein ſchoͤnes glaͤnzendes
Biolet, daß bey dem Männchen heller iſt als bey
dem Weibchen. Sie wiegen 9 Unzen.
. v Paſſeres.
. ! Singvoͤgel. Faun. Am, Sept.
38. Alauda, ] 20. Alpeftris. 289. 10.
Lerche. } Klein, Vogelgeſch. 4 to. p. 73.
Shore Lark, Fun Am, > 12. Catesby,
„ 32.
* Albany Fort, Nr. 6.
Linnaͤus hat dieſe Gattung nicht zum beſten |
baben, denn er ſagt, daß der innere Theil
er Fahne bey allen Schwanzfedern weiß ſey,
reetrieibus dimidia interiore albis) obgleich es
icht ſcheint, daß er ſelbſt ein Exemplar davon gez
ehn habe. Beydes die Schwung und Schwanz⸗
edern find dunkel, und bey beyden hat nur die
ußerſte Feder einen weißen Rand. Die Deckfe⸗
ern am Schwanze haben eine bloße Eiſenfarbe,
ind zwey von ihnen find beynahe fo lang als der
Schwanz ſelbſt. Die Schulterfedern find. bey dem
Näunchen gleichfalls eifenfarhis . auch der Kopf
e mit dunkeln Streifen e bey dem
N Weib⸗
216
Weibchen iſt der Ruͤcken grau, und die Streifen
find dunkler. Der Scheitel iſt bey dem Maͤnn
chen ſchwarz, bey dem Weibchen dunkelgrau; die
Stirne iſt gelb, der Schnabel und die Füße ſchwar,
und der Bauch von einem ſchmuzigen roͤthlichter
Weiß. Dieſe Lerchen find Zugvoͤgel; fie beſuchen
die Gegenden bey Albany-Fort im Anfange dei
Mayes, ziehen aber zur Brutzeit weiter nach Nor
den: fie nähren ſich von Grasſaamen und det
Knoſpen der Birke und kriechen in kleine Loͤcher
und halten ſich dicht an der Erde auf, wovon di
Eingebornen ihnen dem Ramen Tſchi-tſchup- pi
ſchue gegeben haben. |
9. Turdus ] 21. Migratorius, 292. 6
Droſſel. ] American Fieldfare, Kalm 2
S. 90. Faun. Alm, Sept. II. ae 29
Die Wander Droſſel.
Vom Severn⸗-Fluſſe, Rr. 59. Von aan
Fort, 7. 8. 9.
Die Beſchreibungen dieſer Vögel bey ver
ſchiedenen Naturfündigern ſtimmen mit dieſe
Exemplaren uͤberein; fie erſcheinen beym Severn
Fluſſe im Anfange des Mays, und verlaſſen die
Gegenden ehe der Froſt eintritt. Zu Mooſe-Forſ
unter dem 5 ıften Grad nördlicher Breite, baue
fie in einer Zeit von vierzehn Tagen ihre Meftet
legen ihre Eyer und hecken ihre Jungen aut
Aber zu York Fort und Severn-Pflanzung brat
chen ſie 26 18 dazu: ſie bauen ihre * i
)
0 117
|
Bäume, legen vier ſchoͤne hellblaue Eyer, und
naͤhren ſich von Würmern und Aas: wenn fie
ey ſind ſingen ſie ſehr ſchoͤn, ſobald ſie aber in
einem Keſichte eingeſperrt ſind, verl eren ſie ihre
Stimme. Zwiſchen dem Maͤnnchen und Weibchen
iſt kein weſentlicher Unterſchied. Sie wiegen 22
Unzen, ſind 9 Zoll lang und 1 Schuh breit. Zur
Hudſonsbay werden ſie rothe Voͤgel und von den
Indianern Pi- pi⸗ tſchue genannt.
Turdus, 22. Hudſons-Amſel.
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 54 und 55, ein
Maͤnnchen und Weibchen. |
Wegen der auffallenden Aehnlichkeit, die
dieſer Vogel mit unſerer Amſel hat, haben die
Englaͤnder an der Hudfonsday ihm dieſen Na—
men gegeben. Jedoch finde ich bey einer naͤhern
Unterſuchung, daß der Unterſchied zwiſchen unſerer
Europaͤiſchen Amſel und der von der Hudſonsbay
ſehr groß iſt. Das Gefieder des Maͤnnchens ans
ſtatt dunkel ſchwarz ohne den geringſten Glanz zu
ſeyn, ſpielt ſchoͤn Violet, ohngefehr wie das Ge—
ieder des Gracula Quiscula Linn. oder glaͤnzen—
den Maysdiebes Faun, Am. Sept.; oder das
Maysdiebes des Kalm. Das Weibchen iſt in der
That dem Weibchen unſerer Amſel ſehr aͤhnlich,
denn es iſt von einer dunkeln Farbe auf dem Ruͤ—
ken, und auf der Bruſt dunkelgruͤn. Die Fuͤſſe
ind der Schenkel find bey beyden Geſchlechtern
ganz ſchwarz; bey den erſtern iſt die Hinterklaue
deynahe noch einmal ſo lang als die uͤbrigen
| Klaus
1 \
218
Klauen. Weder das Männchen noch Weibchen
hat gelbe Augenlieder; der Schnabel iſt bey bey:
den ſtark, glatt und pfriemenfoͤrmig; die obere
Kinnlade iſt ſcharf geraͤndert, aber wenig gebo⸗
gen, und hat keine Zaͤhne oder Einſchnitte auf
der untern Seite. Die Naſenloͤcher ſind wie bey
andern Droſſeln. Dieſer Vogel hat keine Bor:
ſten an der Wurzel des Schnabels, ſeine Fuͤße ha⸗
ben ſolche wie Scopoli im Annus 4, Hiftorieo
Naturalis den Staaren zueignet. Anſtatt die
Einſamkeit zu lieben und ſich wie die Europaͤiſchen
Amſeln an abgeſonderten Oertern aufzuhalten,
kommen dieſe amerikaniſchen Voͤgel im Junius in
großen Schaaren nach dem Severn-Fluß, woh
nen unter den Weiden, bauen ihre Neſter auf alle
Gattungen von Baͤumen, und kehren im Herbfl
nach Süden zuruͤck. Sie naͤhren ſich von Wür:
mern und Maden, wiegen 27 Unzen, und find
neun Zoll lang und einen Schuh breit. Eine
welche man ein Jahr hindurch in einem Kefichte
gefangen hielt, zehrte ſich nach und nach ab und
ſtarb. Ungeachtet dieſer Umſtaͤnde bin ich doch
noch unſchluͤßig wo ich dieſen Vogel, der beyn
erſten Anblicke der Amſel gleich iſt, den Schnabel
einer Droſſel und die Fuͤße und das gefekige Wei
fen eines Staars hat, hinſtellen fol. Wir muͤſſen
hoffen das kuͤnftige Nachrichten von der Hudſons⸗
bay uns mit demſelben beſſer bekannt machen, und
uns feine Bruͤtezeit, die Anzahl Eyer welche er!
legt, wie auch feinen Geſang, die Verſchiedenheit
und
| ‚219
und die unterſcheidenden Kennzeichen des Männs
chens und Weibchens und andere Umſtande anzeir
gen werden, welche vielleicht beſtimmen konnen,
zu welchem be oder Gattung dieſer Vogel
gehört,
10. Loxia, 23. Curviroſtra 299. I. Crofs-
Kernbeißer. bill. Br. Zool. Faun. Am, Sept,
1. Die kleine Abartung, .
Vom Severn-⸗Fluſſe, Ne. 27 und 28.
Dieſer Vogel kommt gegen das Ende des
May nach dem Severn⸗Fluſſe, zieht zur Bruͤte⸗
eit mehr gegen Norden, und kehrt im Herbfte
bieder zuruͤck, fo bald aber der Froſt eintritt, ſetzt
2 ſeinen Weg nach den ſuͤdlichen Gegenden fort.
Der Ring in den Augen iſt bey dem Maͤnnchens
choͤnroth, und bey den Weibchen gelb: zufolge
her Nachricht ſollen fie 10 Unzen wiegen, (vers
nuthlich muß es eine Unze ſeyn, denn es iſt uns
noͤglich, daß ein ſo kleiner Vogel ſchwerer ſeyn
ollte), ihre Länge iſt ſechs Zoll, die Breite zehn.
2 4. Euucleator, 299. 3. Pine Grosbeak,
zr. Zool. und Faun, Ag. Sept. Edw. 123.
24. Fl. enl. 135. f. I. Kreutzſchnaͤbler.
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 29. 30.
Dieſer Vogel trift ziemlich mit den Bes
chreibungen und Abbildungen der Ornithologiſten
überein; nur iſt das rothe an dem Weibchen bey
Edwards zu hell: bey unſerm Exemplar iſt es
N auf
220
auf dem Kopfe, Halſe und Deckfedern des Schwar
zes mehr Pomeranzenfarb als roth. Er beſucht di
Kolonie in der Hudſonsbay nur im May auf ſeine
Reiſe nach Norden, und kehrt, nicht wiede
im Herbſt zuruͤck; ſeine Nahrung beſteht in de
Knospen der Birken, Weiden und anderer Bäy
me; er wiegt 2 Unzen, iſt 9 Zoll lang und 1.
breit.
11. Emberiza, I 25. Nivalis 308. ı
Ammer. Greater brambling
Br. Zool. Snowbird, Snowäldke” ibid. Snow
bunting. Faun. Am. Sept. 11. Schneeammer.
Vom Severn Fluſſe, Nr. 24 — 26. |
Dieſer Vogel trift in feiner Sommertrach
vollkommen mit der Beſchreibung des größer
Ammers in der Brittiſchen Zoologie überein, Di
Beſchreibüng des Schneeammers welches de
naͤmliche Vogel in der Wintertracht iſt, ibid. vo)
IV. p. 19. iſt etwas verſchieden, vielleicht we
die Vögel zu verſchiedenen Jaheszeiten gefangel
find, da es bekannt iſt, daß fie ihre Farbe nad
und nach veraͤndern. Sie ſind die erſten Zug
voͤgel die im Fruͤhjahre nach Severn-Pflanzun
kommen; im Jahr 1771 erſchienen ſie dem ite
April, blieben ohngefehr einen Monat oder fuͤn
Wochen, und zogen alsdenn weiter nach Nordei
um daſelbſt zu bruͤten; ſie kehren im Septembe
zuruͤck, bleiben bis im November, wenn die ſtren
ge Kälte anfängt, und begeben ſich denn ſuͤdwaͤrt
nad
221
jach einem waͤrmeren Klima. Sie leben in Ge:
ellſchaft, naͤhren ſich von Grasſaamen, und denn
vas ſie auf Miſthaufen finden, und werden ſehr
eicht in einem kleinen Netze gefangen, worunter
nan etwas Habermehl geſtreuet hat, um ſie anzu—
ocken; fie find ſehr fett, und gut zu eſſen. Sie
biegen 1 Unze und 5 Quentchens, find 62 Zoll
ang und 10 Zoll breit.
Emberiza. 26. Leucophrys. Eine neue
attung. White Crowned Bunting.
Vom Severn⸗ Fluſſe, Nr. 50. Vom Albany⸗
ort, o. Der weisſcheitlige Ammer.
Dieſe artige kleine Gattung von Ammern
5 zur Hudſonsbay eine Grasmüͤcke genannt,
d iſt bis jetzo noch nicht beſchrieben worden.
ie beſucht Severn Pflanzung im Junius, und
aͤhrt ſich von Grasſaamen, Würmern, Raupen
nd dergleichen. Sie wiegen 4 von einer Unze,
id find 72 Zoll lang, und neun breit; der
ebnabel und die Beine find fleiſchfarben; das
aͤnnchen und Weibchen find nicht weſentlich von
nander unterſchieden; ſie bauen ihre Neſter ganz
ten im Weiden ⸗Geſtraͤuche, und legen drey
nkelbraune Eyer. Im May treffen fie zu Al—
ny⸗Fort ein, brüten daſelbſt, und verlaſſen es
September.
rn .
12. Fringilla, C 27. Lapponica. 317. 1.
Finke. J Faun. Suec. 235. Der
Vom
222
Vom Severn:Fluffe, Nr. 52. |
Dieſer Vogel wird von den Eingebornen de
Hudſonsbay Tekurmaſchiſch genannt. Die Be
ſchreibung davon in unnaͤus Fauna Suecica ſtim
vollkommen mit dieſem Exemplare überein; auc
die in ſeinem Syſtem kommt ihm ziemlich gleich
aber Herrn Briſſons Beſchreibung iſt, obgleich
Linnaͤus ihn anfuͤhrt und er den Linnaͤus, dennod
ſehr verſchieden davon. Das uͤberſchickte Exem
plar iſt ein Weibchen; die Maͤnnchens haben meh
eiſenfarbigte Federn auf dem Kopfe; die Auge
find blau, und die Beine dunkelblau. Sie halte,
ſich nur im Winter in den Gegenden beym Se
vern-Fluſſe auf, erſcheinen nicht vor dem Novem
ber, und werden gewoͤhnlich bey Wachholder-Ge
ſtraͤuchen gefunden; fie wiegen eine halbe Unze
find 5 Zoll lang und 7 breit.
Fringilla. 28. Linaria. 322. 29. Leſſe
redheaded Linnet. Er. Zool. Der kleinere rolh
koͤpfge Haͤnfling.
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 23.
Die Beſchreibungen im Linnaͤus, Sf
und der Brittiſchen Zoologie find vollkommen
uͤbereintreffend. Der auf der Planche enlumi
nee 15 1. f. 2. abgebildete Vogel hat einen gan
eiſenfarbigen Ruͤcken, welches allen Beſchreibun
gen und auch unſerm Exemplare ganz zuwieder ift
denn bey dieſem find alle Federn auf dem Ruͤcken
dunkelgrau mit ſchmuzigweißen Rändern,
|
29
223
209. Fringilla Montana, 324. 37. Moun-
tain Sparrow, Hr. Zool. We Briflon II. p. 79.
Faun. Am. ept. Bergfinke.
Vom Severn: Fluſſe, Rr 20.
Dieſes ſcheint eine Abartung zu ſeyn, indem
her Schwanz etwas länger als gewoͤhnlich und ges
heilt iſt; das uͤberſchickte Exemplar iſt den Bes
chreibungen welche die Oenithologiſten von dieſer
Battung gemacht haben, ziemlich ahnlich; und
Teint ein Weibchen zu ſeyn, weil es unter der
ehle und den Augen nichts ſchwarzes hat, und
zuch kein weißes Halsband. Der Schnabel und
Die Beine find ſchwarz, die Augen blau. Sie
Fommen im May zu Severn- Pflanzung an, ger
en zur Bruͤtezeit weiter nach Norden, und keh—
Ten im Herbſte wieder zuruͤck: fie wiegen 3 einer
inze, find 62 Zoll lang und 10 breit. Ich war
nfang willens aus dieſem Vogel eine neue Gats
ng zu machen, weil es in fo vielen Stuͤcken von
em Bergſinken verſchieden iſt; da ich aber bes
chte, daß das uͤberſchickte Exemplar nicht in den
eſten Zuſtande und vielleicht ein Weibchen iſt,
Jielt ich es für rathſamer ihn an feiner Stelle zu
Iıffen, bis wir ihn beſſer kennen lernen.
Fringilla. 30. Hudſonias. Eine neue Gat⸗
Jung. Der Hudſonſche ſchwarze Finke.
e Bom Severn⸗-⸗Fluſſe, Nr. 18. 6
| Dieſes iſt gewiß eine noch unbeſchriebene
zattung; fie beſucht Severn Pflanzung nur im
| Som⸗
224
Sommer, und erſcheint niemals vor dem Junius
alsdann haͤlt ſie ſich ohngefehr vierzehn Tage auf
zieht hernach weiter nach Norden um zu brüten
und geht im Herbſte auf ihrer Ruͤckkehr nach Suͤ
den wieder daſelbſt durch. Da fie ſehr ſchwer zi
fangen ſind, konnte man nicht entſcheiden, ob dat
uͤberſchickte Exemplar ein Männchen oder Weib
chen iſt. Sie wohnen in flachen Hegenden, und
naͤhren ſich von Grasſaamen; fie wiegen X Unze
ſind 64 Zoll lang und 9 breit: das Auge iſt klein
und 9 0 und der Schnabel ganz blaßroth; den
ganze Leib iſt ſchwaͤrzlich oder Rußfarbig, ausge
nommen der Bauch, und die zwey aͤußerſten
Schwanzfedern an jeder Seite, welche weiß find,
Es waͤre zu wuͤnſchen, daß wir mehr Exemplar
und umſtaͤndlichere Nachrichten von dieſem Voge |
erhielten, damit wir im Stande feyn möchten!
ihm ſeine Stelle mit mehrerer Gewisheit anzu |
weiſen. |
13. Muscicspa, 31. Striara, Eine neue
Fliegenfaͤnger. J Gattung, Striped Fly
catcher. Geſtreifter Fliegenſtecher.
Vom Severn Fluſſe, Nr. 48 und 49. Ein
Maͤnnchen und Weibchen. 1
Dieſe Gattung beſucht die Gegenden beym
Severn-Fluſſe nur im Sommer, naͤhrt ſich von
Grasſaamen und dergleichen; fie wiegen eine hal⸗
be Unze, find 5 Zoll lang und 7 breit; das
Maͤnnchen iſt ſehr verſchieden von dem Weib⸗
chen:
225
t a auch dieſe Gattung iſt noch nie befchrieben
vorden. N
14. e 32, Calendula, 337. 47.
Bachſtelge. 1 Ruby crowsed Wren.
dw. 23 4. Faun. Am. Sept. Das Goldhaͤnchen.
Dieſer Vogel trift mit den Beſchreibungen
adon, und mit der Abbildung Edwards ganz
derein; er wiegt 4 Quentchen, iſt 4 Zoll lang
ad 5 breit. Er zieht aus einer Gegend in die
dere, naͤhrt ſich von Grasſaamen und derglei—
en, und bruͤtet in flachen Gegenden; die An⸗
hl feiner Eyer weiß man nicht,
15. Parus, [ 33. Atricapillus, 33 1. 6. Black
Maiſe.] Cap Litmouſe. Die ſchwarzkoͤ⸗
ge Maiſe. | ee
Von Albany Fort, Rr. 117931 A
Linnaͤus Beſchreibung und auch die des Briſ⸗
n find in den meiſten Stuͤcken zutreffend, nur
d die Schwungfedern auf der innern Seite nicht
iß. Dieſe Voͤgel halten ſich das ganze Jahr
durch bey Albany- Fort auf, und je kaͤlter das
Metter iſt, in deſto größerer Anzahl laſſen fie ſich
hen; weil fie vermuthlich alsdann mehr Man:
an Nahrung haben und ſich alſo den Wohn—
Atzen naͤhern, um was fie finden koͤnnen aufzu—
en. Ihre Speiſe find Fliegen, kleine Müden,
d auch die Knospen der Birken, doch ſuchen ſie
leicht in dieſen nur Inſekten; ſie geben einen
Jorſtets L. u. V. K. 3. Tb. P zwit⸗
226
zwwitſchernden Laut von ſich, nach welchem die Ei
gebornen fie Kis-Kis-Ke⸗ſchiſch genannt haben
Parus. 3 4. Hudfonicus, Eine neue Go
tung. Hudfon’s Bay Titmoufe, Die Hudfon
Maiſe.
Vom Severn Fluſſe, Nr. 12. |
Diefe neue Gattung der Maiſe wird 9.
den Eingebornen Petſche-Ke⸗Ke⸗ſchiſch genam
Man findet ſie gewoͤhnlich bey Wacholder -E
ſtraͤuchen deren Schoßen fie eſſen; im Winter fl
gen ſie, auch bey der ſtrengſten Kaͤlte in klein
Schaaren von einem Baume zum andern. E
brüten nahe bey den Wohnplaͤtzen, und legen
Eyer auf einmal; ihre Augen find klein, und u
ter denſelben haben fie einen weißen Streif. 2
Beine ſind ſchwarz. Das Maͤnnchen und We
chen ſind einander ganz aͤhnlich; fie wiegen 1
T Unze, find 35 Zoll lang und 7 breit. g
16. Hirundo, f 35.
Schwalbe. 1 | N
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 5 b. |
Die Schwalben bauen ihre Reſter un
Senftern und an ſteilen Ufern der Flaͤſſe, im der N
verſchwinden fie, und die Indianer ſagen, fie fi 8
ren wie erſtarrt unter dem Waſſer gefunden wi
den, vermuthlich weil fie keine große Netze 1
ben, womit fie unter dem Eiſe ſiſchen koͤnnſ
Das ͤberſchickte Exemplar fimmt in einigen S |
cken mit der Hausſchwalbe Hirund. Urbica Lir 0
uͤb.
227
uͤberein, ſcheint aber kleiner zu ſeyn, und hat
nichts weißes an dem Steiße. Ich habe es des—
wegen fuͤr beſſer gehalten, die Gattung unbeſtimmt
zu laſſen, bis wir weitere Nachrichten von dieſen
Vogel aus des Hudſonsbay erhalten.
II. Vo ah
VI. f Grallae.
1 1 Sumpfodgel, Faun. Am, Sept,
17. Ardea,f 36. Canadenfis, 233. 3.
Reiger. I Edw. 133. Canada Crane,
aun. Am, Sept. Der Eanada-franid,
Vom Severin - Fluſſe, Nr. 35. Der blaue
ranich. f
In der Nachricht von Severn Pflanzung
ird geſagt, daß kein weſentlicher Unterſchied zwi—
ben den Männchen und Weibchen ſey; indeſſen
alte ich das uͤberſchickte Exemplar für ein Weib:
en, weil das Gefieder überhaupt nicht fo hell
„als bey dem welches Edwards abgebildet hat,
nd ihm auch die letzte Reihe weißer Fluͤgel-Deck—
dern fehlen. Dieſe Kraniche kommen im May
ch der Gegend beym Severn-Fluſſe, brüten
ir zwey Junge auf einmal aus, und ziehen im
erbte wieder gegen Süden zu; halten ſich am
bſten bey Seen und Teichen auf und naͤhren ſich
ahn Fiſchen, Wuͤrmern und dergleichen. Sie wie—
ol Br und ein halbes Pfund, find 35 Schuh
| P 2 8 9
228
lang und 3 Schuh s Zoll breit; der Schnabel 1
4 Zoll lang, die Beine 7, und das Bein un
Schenkel zuſammen 19 Zoll. | |
| Ardea. 37. Americana, 234.5. Hoopin
Crane, Edw. 132. Catesby, 1. 75. Fauf
Am. Sept. 14. Der Amerikanſche Kranich.
Von Pork ⸗Fort. |
Die Zeichnung von Edwards iſt ſehr 2
tig; Co tes by's ſeine iſt nicht ſo gut, weil er de
Schnabel gegen die Spitze zu, zu dick gemacht. |
Ardea 38. Stellaris, 239. 2 1. Varieta
The Bittern, Br. Zool, dw. 136. Faun, am
Septpag. 14 *. Der Rohrdommel. |
Vom Sebern⸗ Fluſſe, Nr. 64. |
Beym erſten Anblicke glaubte ich, das vo
der Hudſonsbay uͤberſchickte Exemplar ſey ein jun
ger Vogel; aber nachdem ich es naͤher unterſuchl
und mit Herrn Edwards Nachricht und Zeichnung
verglichen habe, halte ich es für eine Abartun
der gemeinen Nordamerikaniſchen Rohrdommel
fie iſt kleiner, hat aber im Ganzen viel Aehnlich
keit mit unferer Rohrdommel. Herrn Edward
Abmeſſungen und Zeichnungen treffen ganz mi
dem Exemplar uͤberein.
Der Vogel laͤßt ſich gegen das Ende de
May in der Gegend beym Severn-Fluß ſehen
hält ſich gewöhnlich in Suͤmpfen und bey Weider
auf, wo er auch fein Neft baut, und nur jedes“
mal zwey Eyer legt; er iſt ſehr träge, und fliege
nut
229
ur eine kurze Een weiter, wenn er aufge:
heucht wird.
18. Scolopax, 39. Totanus 245. 13.
Waldſchnepfe.] Spotted Woodcok, Faun.
‚m. Sept. 14. Geſprenkte Waldſchnepfe.
Von Albany-Fort, Nr. 16.
Dieſer Vogel wird zu Albany-Fort Gelb—
5 genannt, weil die Beine insbeſonders bey al—
In Voͤgeln eine hellgelbe Dat haben, ein Um⸗
ind in welchem er mit Linnaͤus und Briſſons
eſchreibungen nicht zuſammen ſtimmt, vermuth—
b weil dieſe nach getrockneten Exemplaren ges
acht worden ſind, bey welchen die gelbe Farbe
mer braun wird. In andern Stuͤcken gleicht
den Beſchreibungen vollkommen: im April oder
Anfange des May kommt er nach Albany—
rt, und zieht gegen das Ende des Septembers
Jeder fort. Seine Nahrung find kleine Muſchel—
ſche, Würmer und Maden; er hält ſich ges
hnlich an den Ufern der Fluͤſſe, in Moraͤſten
d dergleichen auf, und wird wegen des Geraͤun-
es welches er macht von den Eingebornen Sa⸗
ſchu genannt.
Scolopax. 40. Lapponica, 246. 15. Red
Pdwit, Br. Zool. Faun. Am. Sept. 14. Edw,
8. Die Lappland Schnepfe.
Vom Churchill⸗Fluſſe, Nr. 13.
Linnaͤus hat dieſen Vogel in feinem Syfte-
Naturae ſehr richtig beſchrieben. Die Mitte
: des
* .
230
des Bauches hat nichts weißes bey dieſem Exen
plare, wie bey dem, nach welchem die Beſchre
bung in der Brittiſchen Zoologie 1. pag. 325. g
macht worden iſt. Die uͤbrigen Kennzeichen tre
fen alle ein.
Scolopax. 41. Borealis. Eine neue Ga
tung. Eskimaux Curlew. Faun. Am. Sept. 1.
Die Eskimahs Schnepfe.
Von Albany⸗Fort. Nr. 15.
Dieſe Gattung Brachvogel iſt den Ornith
logiſten noch nicht bekannt; und iſt zuerſt in d
Faunula Americae Nie oder V
zeichniß der Rordamerikaniſchen Thiere, erwaͤß
worden. Sie wird von den Eingebornen Wi
me⸗ naß ſchu genannt; ihre Nahrung beſteht a
Wuͤrmern, Raupen und dergleichen. Im Ap
oder Anfange des May kommen ſie nach Alban
Fort; ziehen zur Bruͤtezeit nach Rorden, Echt
im Auguſt wieder zuruͤck, und gehen gegen d
Ende des Septembers wieder ſuͤdwaͤrts.
19. Tringa, f 42. Interpres 248.
Strandlaͤufer. Turnſtone. Edw. 14
Faun. Am, Sept. 14. Steinwende. |
Vom Eevern: Zluffe, Nr. 31 und 32. |
Dieſe Gattung iſt von den Ornithologißß
ſehr gut beſchrieben worden: fie wiegen 34 Un
find 83 Zoll lang, und 17 breit; ihre Augen fi
ſchwarz, und die Fuͤße helle pomeranzenfarb;
231
Ja en ſich an den Ufern der Fluͤſſe auf, und bruͤ⸗
| en jedesmal vier Junge aus.
Tringa 43. Helvetica. 250. 12. Briffon,
Av. V. p. 106. t. 10. f. 2.
(Die Nummer iſt verloren gegangen; iel;
eicht iſt es Nr. 17. von Fort Albany; dieſer Vers
nuthung zufolge gehört folgende Nachricht dazu:
„Die Eingebornen nennen ihn Wau pusk abrea⸗
ſchiſch, oder weißer Baͤrvogel; er naͤhrt ſich
von Beeren, Inſekten, Raupen, Wuͤrmern und
kleinen Muſcheln; und beſucht und verlaͤßt Al⸗
bany⸗Fort zu gleicher Zeit mit dem Scolopax
Totanus und Borealis.”)
Dieſer Vogel ſtimmt ſehr gut mit der Be—
hreibung überein; der Hals, Bruſt und obere
heil des Bauches ſind ſchwaͤrzlich, wie in den
Beſchreibungen, aber mit kleinen mondfoͤrmigen
lecken vermiſcht, welche weder von Herrn Briſ—
n beſchrieben, noch in feiner Zeichnung Ausges
uͤckt worden, und vielleicht der Verſchiedenheit
es Geſchlechts und Klimas zuzuſchreiben find,
S
aN SER Es.
VI.. 5 Schwimmvoͤgel. Faun. Am. Sept.
29. AN As, 7 44. Marila, 196 8. Scaup
Ente. Duck. Br. Zool. Faun. Am.
ept. 17. Die Bollente.
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 44 und 45. Fi⸗
hende Enten.
Die
232
Die Beſchreibung des kinnzus und die Ab⸗
bildung in der Er. Zool. folio, plate Q. p. 153,
kommen mit dieſen Sremplaren vollkommen über:
ein. Das Weibchen ift wie Linnaͤus bemerkt ganz
braun, die Bruſt und der obere Theil des Ruͤ⸗
ckens find glänzend roͤthlich braun, und die Fiir
gelſpiegel und der Bauch weiß. Die Augen 2 |
5 und 20 beit.
Anas, 45. Nivalis. Faun. Aid. Sept
16. Lawfon’s Carolina. Anſer niveus Brit,
VI. 288. Klein. Anfer nivis. Schwenkfeld
Marfigli. Danub. p. 802. t. 49, Die Sches
Gans. 1
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 40. und eine junge
Nr. 41. Die weiße Gans.
Dieſe weißen Gaͤnſe ſind ſehr zahlreich in]
der Hudſonsbay, und viele taufende werden alle
Jahre zum Gebrauch der Kolonien getoͤdtet. Sie
werden gewoͤhnlich im Fluge geſchoſſen, welches
die Indianer die ſich von Jugend auf im Schieß
fen üben, ſehr gut verſtehn; fie wiegen fünf oder
ſechs Pfund find 25 Schuh lang und 37 breit
ihre Augen ſind ſchwarz, der Ring klein und roth,
von welcher Farbe auch die Beine ſind; ſie ſuchen
ihre Nahrung bey der See, und ihr Fleiſch ift
ſeht
|
233
ſehr ſchmackhaft: ihre Jungen find blaͤulicht grau,
und werden nicht eher vollkommen weiß als bis ſie
ein Jahr alt ſind. Erſt in der Mitte des May
beſuchen ſie auf ihrer Reiſe nach Norden, wo ſie
ihre Eyer ausbruͤten, die Gegend beym Severn—
Fluſſe; kehren im Anfange des Septembers mit
ihren Jungen zuruͤck, und halten ſich jedesmal
nicht länger als vierzehn Tage zu Scbern-Pflan⸗
N zung auf Der Name den die Indianer am Chur⸗
chill⸗Fluſſe ihnen geben tft Way- way. Linnaͤus
at von dieſer Gartung keine Meldung gethan.
Anas. 46. Canadenſis 198. 14. Canada
Gooſe Faun. Am. Sept. 16. Edw. 181. Ca-
sb. I. 92. ete. Kanada Gans.
Vom Severn-⸗Fluſſe, Nr. 42.
Die Kanadiſchen Gaͤnſe ſind ſehr haͤufig zur
Hudſonsbay, und werden in großer Menge geſal—
zen, haben aber einen fiſchigen Geſchmack. Das
iberſchickte Exemplar ſtimmt vollkommen mit den
Beſchreibungen und Abbildungen uͤberein. An
der Hudſonsbay wird dieſe Gattung die kleine graue
Hans genannt. Herr Graham welcher uns die
Nachrichten von Severn-Pflanzung geſchickt hat,
rwähnt noch außer dieſer, und der vorhergehen
en weißen Gans, drey anderer Gattungen wilder
Baͤnſe, die an der Hudſonsbay gefunden werden;
ind er nennt ſie:
1. Die große graue Gans.
2. Die blaue Gans.
3. Die lachende Gans. |
1 Die
2 34
Die evfte von dieſen, die große graue Gans
iſt, ſagt er, ſo gemein in England, das er es fuͤr
unnoͤthig hielt Exemplare davon zu uͤberſchicken.
Man darf indeſſen annehmen, daß Herr Graham
obgleich er ſich als einen ſorgfaͤltigen Beobachter
und unermuͤdeten Sammler gezeigt hat; doch da
er kein Naturkuͤndiger iſt, keine genaue Unterſu⸗
chung uͤber die Gattung zu welcher dieſe Gans ge⸗
hoͤrt anſtellen konnte, noch ſich mit Gewisheit er⸗
innern, daß ſie wirklich in England zu finden ſey.
Ein Raturkenner findet öfters weſentliche Ver⸗
ſchiedenheiten die dem Auge das mit der natürlied
chen Geſchichte unbekannten Mannes ganz entge⸗
hen. Jeder Liebhaber dieſer Wiſſenſchaft wird
alſo ae Exemplare dieſer Gaͤnſe zu ſehen. Hi
Herr Graham ſagt die große graue Gans ſey die 0
einzige Gattung welche in der Gegend des Sell
vern-Fluſſes bruͤten. Die Ebenen und Suͤmpfe
laͤngſt der Kuͤſte find ihr gewöhnlicher Aufenthalt.
Sie wiegen neun Pfund. |
Die blaue Gans ift fo groß als die weiße
Gans, und die lachende Gans iſt von einer Groͤße
mit der Kanadiſchen oder kleinen grauen Gans.
Dieſe zwey letztern Gattungen werden an der ſuͤd-
lichen Seite der Hudſonsbay ſehr haufig gefunden,
aber gegen Norden vom Gevern » Fluſſe find fie
ſehr ſelten. Die Indianer haben eine beſondere
Methode alle or Gattungen Gaͤnſe und auch
Schwaͤne zu toͤdten. Da dieſe Vögel beſtaͤndig
laͤngſt den Suͤmpfen fliegen, ſtellen ſie ſich in einer
Rei⸗
235
Reihe quer über den Moraſt, von dem Walde an
bis zu dem Ort wo die Fluth aufhoͤrt, ohngefehr
einen Flintenſchuß von einander entfernt, ſo daß
ſie ſicher ſind allen Gaͤnſen welche nach dieſer Sei—
te zufliegen den Weg abſchneiden zu koͤnnen. Ge
der von ihnen legt etwas Reisholz um ſich herum,
hinter welches er ſich verbirgt; auch machen ſie
alſche Gaͤnſe von Koth und Reiſern, welche fie in
einer kleinen Entfernung von ſich ſtellen, um die
dirklichen Gaͤnſe fo nahe anzulocken, daß fie in»
erhalb ihres Schuſſes find: nach dieſen Vorberei—
tungen fegen fie ſich nieder und lauern auf, bis
ſich der Flug naͤhert, worauf ſie ſich alle nieder le—
gen, und das Geſchrey der Gaͤnſe nachahmen,
delches dieſe nicht fo bald hoͤren, und die Lockvoͤ—
Igel gewahr werden, fo laſſen fie ſich zu ihnen her—
unter; hierauf erheben ſich die Indianer auf ihre
nie und loͤſen jeder zwey bis drey Flinten ab; fie
ind fo. geuͤbt hierin, daß fie bey jedem Schuß
zwey auch drey be aͤnſe tödten, und Herr Graham
perſichert eine Reihe Indianer geſehen zu haben,
Joelche durch ihr nachahmendes Geſchrey, einen
Flug Gaͤnſe ſo lange um ſich flatternd erhielten,
eis fie jede von ihnen getoͤdtet hatten. Die
Schwierigkeit des Anlockens wird noch dadurch
dermehrt, daß jede Gattung Gaͤnſe ihren beſon⸗
ern Laut oder Geſchrey hat.
Ä Anas. 47. Ae 199. 18. The pied
Duck. Faun. Am. Sept. 17. Edw. t. 100,
N Sar-
236
Sarcelle de la Lonifiane, Beiffon VI
1. Die bunte Ente.
Vom Severn⸗Fluſſe, 1 5 7 und 38. gich⸗ |
fangende Vögel,
Das Männchen a ſehr gut mit den Bes
ſchreibungen und Abbildungen uͤberein, nur ſind
die drey aͤußern Federn nicht weiß an der Außen⸗
ſeite, ſondern ganz dunkelgrau.
Da das Weibchen noch von keinem Ornitho—
logiſten beſchrieben worden iſt, werde ich um fünf:
tigen Irrungen zuvor zu kommen, ſolches hier
thun. Der ganze Vogel iſt dunkelgrau, außer
emigen Federn auf der Stirne welche roſtfarbig
ſind, und einigen ſchmuzig weißen neben den Oh⸗
ren; die Bruſt iſt grau, der Bauch und die Fluͤ⸗
gelſpiegel ſind weiß, und der Schnabel und die
Beine ſchwarz. Sie beſuchen Severn- Pflanzung
im Junius, bauen ihre Reſter in Baͤume, und
Hecken in den Wäldern und bey Teichen. Das
Weibchen wiegt ein en, iſt 14 Zoll lang, und
21 breit.
Anas. 48. Clangula. 201. 23. Golden
Eye. Br. Zool. Fann. Am. Sept. 16. Das
Goldauge. |
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 51. |
Dieſe Voͤgel halten ſich gewoͤhnlich bey Seen
und Teichen auf, wo fr auch ihre Eyer ausbruͤ e“
ten; ſie eſſen Fiſche und durchſuchen die Mudde
g und
237
und den Schlamm, und koͤnnen ſich nicht vom
trocknen Lande in die Luft erheben. Die Beine
und Ringe der Augen find gelb: fie wiegen 25
Pfund, und haben 19 Zoll in der Laͤnge, und 2
Schuh in der Breite, das uͤberſchickte Exemplar
iſt ein Maͤnnchen.
Anas, 49. Perfpicillata. 201. 25. Black
Duck. Faun. Am. Sept. 16. Edw. 135. Der
Weißnacken.
Vom Churchill-Fluſſe, Nr 14.
Dieſe Gattung iſt von Edwards ſehr genau
beſchrieben und richtig gezeichnet worden. Die
Indianer nennen fie Sche⸗ fe ſupartem. Sie
ſollte beym Linnaus unter die erſte Abtheilung der
Enten kommen, „roftro bafı gibbo,“ weil ihr
Schnabel wirkli h an der Wurzel ſehr hoͤckerig iſt.
Anas. 50. Glacialis. 203. 30. und Hye-
malis, 202. 29. Edw. t. 156. Swallow-
tail. Br. Zool. Faun. Am. Seh, 17. Pfeilſtaͤrz
Ente.
Vom Churchill⸗ Fluſſe, Nr. 12.
Die Indianer beym Churchill-Fluſſe nennen
dieſe Gattung Har-har- vey; fie ſtimmt mit Ed⸗
wards Beſchreibung und Zeichnung, Tafel 156.
uͤberein, iſt aber ſehr verſchieden von Linnaͤus un⸗
richtiger Beſchreibung der Anas Hyemalis, bey
der er doch den Edwards angeführt hat. Ueber—
haupt läßt es ſich wohl kaum in Zweifel ziehen,
daß der Vogel welcher beym Cdwards Tafel 280.
" und
238
und in der Br. Zool. Tafel Q. 7. abgebildet und
von Linnaͤus als ſeine Anas glacialis angefuͤhrt
iſt, nicht das Männchen ſey, und der beym Ed⸗
wards T. 156. gezeichnete und vom Linnaͤus als
feine Anas Hyemalis angeführte Vogel, das
Weibchen. Linnaͤus beſchreibt feine Anas Hye-
malis mit einem weißen Leibe, beym Edwards
Tafel 156, aber und dem Exemplar der Societaͤt |
ift der Leib ganz braun und dunkelgrau, außer der
Bauch, die Schlaͤfe, ein Flecken an der Seite des
Kopfes, und die Seiten des Steißes welche weiß
find. Linnaͤus ſagt, die Schläfe find ſchwarz;
dennoch ſind ſie in dem uͤberſchickten Exemplar und
in Herrn Edwards Zeichnung welche Linnaͤus an-
geführt hat, ganz weiß; die Bruft, Ruͤcken und
Fluͤgel ſind nicht ſchwarz wie er ſagt, ſondern viel⸗
mehr braun und dunkelgrau. Noch ein Beweis,
daß die Anas Glaeialis und Hyemalis des Lin⸗
naͤus nur eine Gattung fev, iſt daß die Fuͤße bey—
des in der 186. und 280. Tafel des Edwards
roth find, und der Schnabel, ſchwarz mit einem
pomeranzenfarben Flecken.
Anas. 5 1. Crecca. 204. 33. Varietas.
Teal. Br. Faun. Am. Sept. 17. Krieckente.
Vom Severn-Fluſſe, Nr. 33, 34. Maͤnnchen |
und Weibchen. | 0
Dies iſt eine Abartung der Krieckente, denn
ihr fehlen die zwey weißen Streifen über und un
ter dem Auge; doch iſt der untere bey dem Maͤnn⸗
chen
239
chen obwohl ganz ſchwach ausgedruͤckt, auch hat
es uͤber jeder Schulter einen weißen mondfoͤrmigen
Streif; welcher bey der Europaͤiſchen Krieckente
nicht iſt. Dieſe Gattung iſt in der Gegend beym
Severn⸗Fluſſe nicht ſehr zahlreich; fie leben in
Wäldern und Ebenen neben kleinen Teichen, und
bruͤten jedesmal fuͤnf bis ſieben Junge aus.
Anas, 5 2. Hiflrionica. 204. 35. Harle=
quin Duck. Faun. Am. Sept. 16. Edu. t. 99.
Die Harlekin-⸗Ente.
Dieſer Vogel hat keine Nummer angeheftet;
er ſtimmt vollkommen mit Edwards Zeichnung
uͤberein.
Anas. 53. Boſchas. 205. 40. Mallard
Drake. Faun. Am. Sept. Br. Zool. Stodente,
Vom Severn-Fluſſe, Nr. 39.
Dieſe Gattung wird an der Hudſonsbay
Stockerpel genannt, und iſt nach einer angeſtellten
Vergleichung der Europaiſchen in allen Stuͤcken
aͤhrlich.
2 I. PELECANUs, J 54. . 251.
Pelikan. ı. eine Abart.
Vom York: Fort.
Die Abart des Pelikans gleicht dem oriente:
liſchen Pelikan (Pelicanus onoerotalus orientalis)
des Linnaͤus vollkommen, nur hat er einen fonders
baren Buſch oder Franze von Fibern in der Mitte
des obern Schnabels, dieſer Buſch iſt von keinem
Na
240
Naturkuͤndiger erwaͤhnt worden, und fehlt auch
bey Edwards Pelikan, t. 92. welcher ſonſt in al⸗
len Stuͤcken mit dem Exemplar der Soc etaͤt uͤber⸗
einſtimmt. Der P. Onocrotalus occidentalis des
Linnaͤus oder der Amerikaniſche Pelikan des Ed—
wards t. 93. ift ſehr verſchieden von dieſen, ins⸗
beſonders in der Farbe welche bey unſerm Vogel
von der Hudſonsbay weiß iſt, bey Edwards aber
graulicht braun, und der Groͤße; indem der weiße
Vogel beynahe noch einmal ſo groß iſt, als der
braune. Die Schwungfedern ſind ſchwarz, und
die Schafte der groͤßern weiß. Der Afterfluͤgel
iſt ſchwarz nnd der Schnabel und die Beine gelb.
22. Colymbus, f 55. Glacialis. 22 1. 5.
*Täucher. | Northern Diver. Br,
Zool. Faun. Am. Sept. 16. Nordlicher Täucher.
Vom Churchill Fluſſe, Nr. 8. wird daſelbſt |
Lumme genannt, |
Dieſer Vogel iſt in der Brittiſchen Zoolos
gie in folio ſehr gut beſchrieben und gezeichnet |
worden. |
**Colymbus, ! 56, Auritus, 2. 222. 8.
Haubentaͤucher. V Edw. 145. Eared Grebe.
Faun. Am. Sept. 15.
Vom Severn-Fluſſe, Nr. 43. 2
Dies iſt der naͤmliche Vogel welchen Ed⸗
wards t. 146. abgebildet hat. Das uͤberſchickte
Exemplar iſt ein Weibchen. Es iſt von unſerm
klei⸗
241
kleinern Haubentaucher Br. Zool. oetavo .
396. und Br. Zool. illuſtr. plate 77. fig.
und Edw. 96. fig. 2. ſehr verſchieden. Jrdeß
ſen halten doch die Verfaſſer dieſer beyden Werke
dafuͤr, daß es bloß eine Abartung oder von ver:
ſchiedenem Geſchlecht iſt. Auch Herr Graham iſt
don dieſer Meynung. Sie leben von Fiſchen,
halten ſich gewohnlich auf den Seen und an der
Kuͤſte des Meeres auf, legen ihre Eyer in das
Waſſer in ein ſchwimmend Neſt zwiſchen dem
Ende: in die Luft en. Sie erſcheinen im
Anfange des Junius, und ziehen im Herbſt nach
Suͤden zu. De Eingebornen nennen dieſen Vo⸗
gel Se- Kiez. Seine Augen find klein und haben
othe Ringe; er wiegt ein Pfund, und hat einen
chuh in der Laͤnge, und ein Drittel mehr in der
reite.
23. Larus, f 57. Paraſiticus 226. 10.
Meve. I Arctic Gull. Br. Zool. Faun.
m. Sept. 16. Edw. 148. 149. Struntjager.
Vom Churchill-Fluſſe, Nr. 15.
Diefe Gattung wird an der Hudſons bay
an of war (Fregatte) genannt. Nach der
muzig weißen Farbe die das Gefieders unten
hat, ſcheint dieſes Exemplar ein Weibchen zu
pn; es trift fehr gut mit Edwards Zeichnung
und der in der Br. Zool. illuſtr. uberein.
Vorſters L. u. V. K. 3. Th. 2 24.
\
hoͤrte ift verloren gegangen, vielleicht ift es Nr.
Eingebornen eine Art Meve genannt, die ſie en.
ſchwalbe.
242
|
24. Sterna, } 58. Hirundo (eine Abar⸗
tung) 227. 2. Ihe greater
Tern. Br. Zool. Faun. Am. Sept. Die Meer ⸗
|
(Die Nummer welche zu diefem Vogel gez
17. vom Ehurchill⸗ Fluſſe, und wird von den
erbrecher heißen.)
Die Fuͤße ſind ſchwarz; der Schwanz iſt kur |
zer und viel weniger getheilt als bey dem in der
Brittiſchen Zoologie abgezeichneten und beſchrie⸗
benen Vogel: auch fehlt der Außerften Schwanz⸗
feder das ſchwarze, welches das Exemplar in der
Brittiſchen Zoologie hat. In allen übrigen Sfuͤ⸗
cken ſind ſie voͤllig gleich. 7
|
9355 243
DESCRIPTIONES
Avium Rariorum et Non Deſeriptarum e
n Sinu Hudſonis.
I, we s ACER.
. cerà pedibufque coeruleis; corpo-
re, remigibus rectricibufque fuſeis, faſeiis
pallidis; capite, pectore et abdomine albis,
maculis longitudinalibus fuſeis.
Habitat ad ſinum Hudſonis et in reliqua Ame-
rica Septentrionali; victitat Lagopodibus et
Tetraonum fpeciebus.
DE sR. Magnitudo Corvi,
Koſtrum, cera, pedes coerulea; ro-
ſtrum breve, curvum, coeruleo.
atrum; mandibula utraque, baſi
pallide coerulea, apice nigrefcen-
te, utraque emarginata.
Caput tectum pennis albidis, maculis
longitudinalibus, fuſcis.
culi magni; irides flavac.
Gula alba, fuſco - maculata.
Dorfum et tectrices alarum, plumis
fuſcis, ferrugineo . pallide margina-
tis, maculatifque , maculis rachin
non attingentibus,
22 HPectus,
*
244
Pectusz venter, eriſſum, tectrices ala-
rum inferiores, et femora alba, ma-
oulis longitudinalibus nigro- -fufeis,
Remiges fuſco- nigrae, viginti duo;
primores apicibus margine albis,
maculis ferrugineo- pallidis, intra
majoribus, tranſverfis, extra mi
noribus, rotundatis.
Kectrices duodecim, ſupra fufcae, fat. |
ciis circiter duodecim et apice al-
bidis; infra cinereae, fafciis al-
bidis. |
2. S TRIX NEBU LOS A.
S TRI capite laevi, corpore fuſeo, albido un-
dulatim ſtriato, remige ſexta longiore, api-
ce nigricante.
Habitat circa Sinum Hudfonis, victitat Lepori- |
bus, Lagopodibus, Muribuſque.
Descr. Koſtrum fufeo-favum; mandibula ſu-
periore ſuperius magis flava.
Oculi magni, iridibus flavis.
Caput facie einerea, e pennis fuſeo et
pallide cinereo alternatim ſtriatis.
Pone haſce pennas, collum verſus,
eſt ordo plumularum fuſcarum ad
utramque genam, femicirculum ni-
grum efliciens,
Occi-
245
Occivut, cervix, et collum fuſea,
pennis, duursinits albo - macu-
latis.
Pectus albidum, ee longitudi-
nalibus tranſverſiſque fuſcis.
Abdomen album, ſuperius uti pectus
maculis longitudinalibus, ſed infe-
rius ſtriis tranfverfis notatum.
Dorum totum et tectrices alae, cau-
daeque confertim ex fuſco et al-
bido undulato ſtriatae. A
Aae fuſcae ; remiges primores fuſ-
cae, grifeo tranfverfim fafciatae,
faſciis latis nebuloſis. Remex fex-
ta, reliquis longior, apice magis
nigricans; prima vero reliquis
primoribus brevior. Remiges re-
liquae pallidiores, obſcurius faf-
ciatae. 9 5397
Cauda rotundata, rectricibus duode-
eim: duae intermediae paullo lon-
giores, totae cinerafcente albido
fuſeoque undulatim ſtriatae, lineis
duplicatis fufeis tranſverſis pluri-
bus. Rectrices reliquae fuſcae al-
bido ſubſtriatae. |
Pedes tecti pennis albidis fufco-ftriatis,
Mag-
246
Magnitudo fere Strigis Nycteae, Linn,
TLongitudo unciarum 16 pedis Angie
cani.
LTatitudo pedum quatuor.
- Pondus librarum trium.
8 TET RAO P ASIAN EIL LVs.
Linn. Ed. X. p. 160. n. 5.
TET RAO pedibus hirſutis, cauda cuneiformi,
remigibus nigris, exterius albo-maculatis.
Habitat ad Sinum Hudſonis.
Deschr. Magwitide fere Tetraonis Tetrici
Linn.
Koftrum nigrum.
Oculorum irides avellaneae. |
Caput, collum et dorfum teſtacea, nie
gro tranſverſim faſciata: macula
albida inter roſtrum et oculos: la-
tera colli uotata maculis rotunda-
tis albidis.
Dor ſum teſtaceum, plumis a
late nigro-fafciatis.
Uropygium magis albido- einereumy
nigredine fimbriata ſecundum ra-
chim plumarum.
Pectus et Venter albida, maculis core
datis fufco-teftaceis in ventre ſatu-
ratioribus.
Aa
247
Alarum teetrices dilute teftaceo, ni.
gro, alboque tranſverſim faſciatae,
maculis pluribus rotundis albis,
Remiges primores nigrae, latere
exteriore albo-maculatae; fecun-
dariae fufcae, apice et ad margi-
nem exteriorem albo ſubfaſciatae:
poftremae vero teſtaceo fafciatae,
apice tantum albae. |
Rectrices breves, exteriores pallide
fuſcae, apice albae, duae interme-
diae reliquis longiores, teftaceo-
maculatae.
Pedes plumis albo grifeis veſtiti, di-
gitis pectinatis.
Longitudo unciarum 16 pedis 37
cani.
Latitudo pedum duorum.
4. EMBERIZA LEUCOPHRYSa).
EMBERIZA remigibus rectricibuſque fuſeis,
capite nigro, fafcia verticis, ſuperciliiſque
niveis. N
Habitat in America Borcal ad Sinum Hud-
fonis. Ir 8
* DEscR.
| ) a Asuxs; albus, Ofevs ſupercilium.
248
Descr. Magnitudo circiter fringillae caelibis.
KRofirum rubrum, ſ. carnei coloris:
Nares ſubrotundae.
Caput faſcia verticali lata Sean
paululum ante roſtrum deſinente;
faſcia atra lata ad utrumque latus
faſciae albae. Supercilia alba, den
finentia in lineas, faſciam albam
verticalem adtingentes; arcus dein
atri, ex angulis oculorum, fere in
occipite confluentes, I
Collum eineraſcens, in pectore dilu-
tius. |
Dorfum ferrugineo- fufeuw, margini-
bus plumularum einereis.
Alae fufcae; remigum primorum
margines exteriores tenuiſſimi pal-
lidi, interiores cinerafcentes: fe-
cundariae et pennae tectrices fuſ-
cee, marginibus latiuſculis, verſus
apicem albis, efficientibus faſciam
albam; ſuper quam faſcia altera
alba ex maculis albis in apice te.
etricum minorum, ſ. plumarım
ſcapularium. Alulae albae. Re-
miges ſubtus cinereae, margini-
bus albis.
Pectus
249
Poectus cinereum „.abdomen dilutius,
fere album.
| Criffum et TREE. enn tegentes
J luteſcentia.
Droxygium einereo- fuſeum.
Cauda aequalis; rectrices duodecim
fuſcae, marginibus paullo palli-
dioribus, ſubtus cinereae.
Br Pedes carnei coloris, digito interme-
dio et ungue poſtico rens lon-
gioribus.
‚Longitudo uneiarum 7 pedis Angli-
cani. 182
Latitudo inter alas extenfas 9 uncia-
rum pedis Anglicani.
Cauda partem tertiam longitudinis
totius aviculae efffeit.
Alae complicatae paululum ultra cau-
dae exortum protenduntur.
Pondus drachmarum ſex.
5. FRINOILLA HU PDDPSON TAS.
F RINGILLA fufco-cinerafcens, roftro albi-
do; pectore inferiore, abdomine, rectrici-
bufque quatuor extremis albis.
Habitat i in America Boreali.
DEs R. Magnitudo circiter fringillae cardue-
lis. | Ä
\ Ko-
Koſtrum albidum , rubedine aliqua
imbutuni. |
Oeculi parvi, caerulei.
Corpus totum cinereo-nigricans, .
potius fuliginoſum.
Pectus inferius et abdomen alba.
Remiges fuſcae, ciner&p-marginatae:
alae complicatae mediam fere cau-
dam adtingunt. SE
Rectrices fufcae, extimae utrinque
duae totae albae, tertia fufca, ma-
cula oblonga alba, ad latus inte-
rius, prope rachin, apicem attin-
gens; reliquae totae fuſcae.
Pondus femunciae.
L ongitudo unciarum 6% pedis Ange |
cani. |
L.̃atitudo unciarum novem.
6. Mvscıcara STRIAT A.
Mus ci cinereo-virens, dorſo nigro
ftriato, ſubtus flaveſcenti- alba, gula lateri-
bufque pectoris fuſco maculatis. _ |
Habitat ad Sinum Hudfonis. |
Quum mas ä,foemina multum differat,
utique congruum eſt, utrumque fexum
ſeparatim deſcribere. |
Dscn.
251
Ds ck. Mas. |
Rofirum trigonum , andibu fupe-
riore paululum longiore, ante api-
cem leviter emarginata, nigra; in-
feriore baſi flaveſcente.
Nares ſubrotundae.
Vibriſſae nigrae.
Caput ſupra totum atrum ad oculos uf-
que. Genae à roſtro in occiput
totae albae; oceiput albo et nigra
variegatum. 2
Sula flaveſcenti alba maculis fufeis.
Pectus albidum, lateribus, five ver-
ſus oceiput maculis | inigris varie
gatum.
Dor ſum cinereo-virens, 5 five ma-
eulis; longitudinalibus nigris latio-
ribus, è plumulis nigris, margine
virentibus.
Abdomen album. 3
Uropygium cinereum, nigro- macu-
latum.
Aae fuſcae; remiges primores palli-
do marginatae, feeundariae apice
tenuiſſimo albo; duae ultimae mar-
gine exteriore albo; tectrices fuſ-
eae, majores flavefcenti-albae, mi-
naores
252
nores candidae in apice maculatae,
Ando faſciae albae binae in alis.
| Cauda fuſca; rectrix utrinque prima |
f- extima, latere interiore macula
magna alba, marginem interiorem
attingente; proxima ſ ſecunda ma-
cula oblonga minore alba, etiam
marginem interiorem attingente;
utrinque tertia, latere interiore
Oinin verſus apicem albo-marginata.
| Pedes lutei; ungues breves, pallide
fuſci. | |
Magnitudo circiter Pari atricapilli;
Linn. |
Longitudo 5 unciarum.
Latitudo 7 unciarum pedis Anglicani.
Foemina
‚Roftrum, alae, cauda, nen; uropy-
gium, pedes et menſurae ut in mare.
Caput flavo-virens, ftriis brevibus te-
nuibufque longitudinalibus nigris;
linea flaviſſima à baſi roſtri inei-
piens ſuper oculos ducta; palpe-
brae flavae.
Gula, genae et pectus albido-fiava;
maculae fparfae oblongiufeulae I
fuſeae, ab utroque oris angulo uf
que in pectoris latera,
D 07
253
Diorſum, ut in mare, ſed viridius, et
ftriae nigrae minores.
fi { 0 u.
7. Parvs Hupsoniıcuvs,
2 vs capite fufco- rubeſcente, dorſo cinereo,
jugulo atro, faſcia ſuboculari, pegtoreque al-
bis, hypochondriis rufis.
Habitat ad Sinum Hudfonis.
Desch, Roftrum ſubulatum, integerrimum,
atrum, baſi € regione narium te-
etum fafcieulis ſetarum ferruginea-
a rum, lineas 4 (uneiae pedis Angli-
eani) longum.
Caput fufco-ferrugineum, faſeia ſub
oculis alba; gula atra, nigredine
extenſa ſub hac faſcia alba.
Dor ſum einereo-virens, € plumis Ion-
gioribus, fufeis, apice tantum ci-
nereo-virentibus, ſ. olivaceis.
Pectus et Abdomen alba, fed plumae
omnes bafı e apice tantum
albae.
6 Latera abdominis et lumbi ferru-
f ginei. Ä
Ale fuſcae, remigum margine omni
einereo.
7 Cauda fuſea, rotundata, e e
125 margine cinereis.
Uro-
254
N Urcpygium teetum plumulis aliquot
| nigris, apice albido-rufis. |
Pedes nigri; digitus poſticus cum
ungue anticorum digitorum me.
dio, duplo longior.
Longitudo unciarum 85 pedis lag.
cani. |
‚ Zatitudo unciarum 7.
Cauda uncias 23 longa.
8. ScoLOPAx BOREALIS,
dic o LO Ax roftro areuato „ pedibufque Die
gris, corpore fufco, brite alles, ubtus
ochroleuco.
Habitat in Sinus Hudſonis A et rated
humidis, victitans vermibus et infectist
menſe Aprili vel initio Maii primum vifa eft,
Circa Caſtellum Albany, inde in terras magis
arcticas migrat, ibique nidificat; redit ad
idem caſtellum menſe Auguſto; regiones Au-
ſtralioces petit circa finem Septembris.
Aflinis Scolopaci arquatae. Linn. ſed diſſert
corpore triplo minore, roſtro ratione
corporis breviore, colore in dorſo ſatu-
rate fuſco, in abdenune ochroleuco.
DES c R. Caput pallidum, lineolis confertis lon-
gitudinalibus fufeis: fineiput ſatu-
rate ſuſeum, pallido f
9.
on
258
Kaſtrum nigrieans, arcuatum, longi-
tudine duarum uneiarum pedis An-
glicani, mandibula inferiore baſi
rufa.
Collum, pectus, abdomen et eriſſum
ochroleuca; pectore colloque li-
neolis longitudinalibus fuſeis con-
fertioribus, ahdomine et criffo fe-
re nullis, vel tenuibus notatis.
Femora femi-tecta plumulis ochroleus
cis, fufco maculatis.
Latera abdominis füb. alis praeſer-
tim, rufa, pennis tranſverſim fuſ⸗
co faſeiatis.
Dorfum totum faturate fuſeum, pen-
nis margine albido griſeis.
Aae fuſcae; remiges primores im-
maculatae, primores rachi tota al-
ba; reliquae, f. ſecundariae pallide
griſeo. marginatae. Tectrices late
griſeo- marginatae. Tectrices in-
feriores alae, ferrugineae fufco
tranſverſim faſeiatae. Alae compli-
catae fere mediam caudam attin«
gunt. |
Uropygium fuſeum, marginibus ma-
euliſque pennarum albidis.
Cauda
256
Cauda brevis, fuſca, toetkieibus abie
do tranſverſim faſeiatis. |
Pedes nigri, ſ. eee
Longitudo unciarum 13
Latitudo cireiter anche 21.
9. AN As NIV ALIS.
AN As,; roftro cylindrico, corpore albe, remi-
gibus primoribus nigris.
Habitat in America Boreali, per Sinum Hud.
ſonis migrans. |
DEs R. Corpus totum album, magnitudine
anſeris domeſtici noſtratis.
Roſtrum luteum, mandibulis fubfer-
ratis. |
Oculi iride rubra.
Kemiges decem primores nigrae, ſea-
pis albis: tectrices infimae cine-,
‚ Teaey ſeapis nigris; pennae duae
alulae, itidem cinereae, fcapis nie
gris.
Pedes rubri.
Longitudo pedum duorum et uncia-
rum oeto. |
Latitudo pedum 32.
Pondus librarum 5 vel 6.
— — —
VIII.
| vi.
0, Eine Nachricht
von einigen Fiſchen,
welche
in den Gewaͤſſern der Hudſonsbay
gefunden werden. r
Von
J. R. Forſter.
5 Forſters 2. u. V. K. 3. Th. R
|
Eine Nachricht von einigen Fiſchen, wel:
che in den Gewaͤſſern der Hudſons⸗
bay gefunden werden.
De Fiſche welche aus der Hudſonsbay einge—
ſchickt wurden beliefen ſich nur auf 4 ver—
ſchiedene Gattungen.
| 1. Der erſte derſelben war ein Stöhr 1),
der aber nur 14 Zoll Laͤnge hielte, und alſo ſehr
wahrſcheinlich ein junger Fiſch, nach der Anmer—
kung des Hrn. Beobachters von Pork-Fort war.
Die Naſe iſt lang und ſpitz- Die Augen
klein. Unter der langen Schnautze, vor dem
ee a ſtehen 4 Baͤrte, (cirrhi), die aber
R 2 nicht
* i
1) Der Stöhr if, wie bekannt, ein ſehr großer
Fiſch, wenn er völlig ausgewachſen iſt; er hat den
Namen von dem altteutſchen Worte Stor oder
Stuhr, welches gros bedeutet; fo nennen eben
daher die Schottlaͤnder den Thun fiſch, Mackrel
Sture; und die Schweden in der Provinz Helſinga⸗
land heißen einen großen Hecht Gäddilörja, und eis
nen großen Lachs Laxftörja,
*
260
nicht wie in einigen anderen Arten, paarweiſe
hintereinander geſtellt ſind, ſondern alle beinahe in
einer Reihe ſtehen. Der Mund iſt unten, beina⸗
he unter den Augen, zahnlos, Kno:pelartig, halb-
mondenfoͤrmig wenn geſchloſſen und rund wenn of—
fen. An jeder Seite find zwey Naſenloͤcher. Der
ganze Kopf iſt beinahe viereckig und platt: der
uͤbrige Leib aber iſt fuͤnfeckig, und nimmt allmaͤh⸗
lich nach dem Schwanze zu ab. Die Haut die
denſelben deckt iſt zaͤh, und es laufen fuͤnf Reihen
von knochenartigen ruͤckwaͤrts gehaͤckten Schild:
ſchuppen, laͤngſt den fünf Ecken des Körpers.
In der Ruͤckenreihe ſind vierzehn runde große
Schuppen, und eine hinter der Ruͤckenfinne: jede
Seitenreihe beſteht aus fuͤnf und dreyßig ſchraͤgen
Schuppen: die zwo Bauchreihen beſtehen aus
neun ſtarken Schuppen die ſich zwiſchen der Bruſt
und Bauchfinnen befinden. Eine Schuppe ſitzt
noch hinter dem Aftern, und noch eine andere hin-
ter der Afterfinne, |
Nach dieſer Beſchreibung ſcheint der Fiſch
der Art Stöhre am nächften zu kommen, die ich
vor dieſem in den Philoſ. Tranſ. B. LVII. in dem
Verſuche der Naturgeſchichte des Wolgafluſſes
Nr. 10. unter dem Namen von Acipenfer Ru-
thenus major, roftro elongato acuminato,
paululum 2 beſchrieben habe, und welche
die Ruſſen 8 dewrjuga nennen. Nur allein Kra-
mer in Elencho Vegetab. et Anim. Auſtriae.
S. 383. erwaͤhnt . Stoͤhrs ur nennt ihn,
Acı
E
261
Acipenfer roſtro acuto, corpore tuberculis
ſpinoſis aſpero. Die Oeſterreicher nennen dieſe Art
Schhirk, welcher Name mir von dem Slavoniſchen
Namen Sewrjuga abzuſtammen ſcheint. Der bes
ruͤhmte Reiſende und Mahler ornel ys de Bruyn
‚erwähnt gleichfalls, aber nur ſehr kurz, dieſes
Fiſches; und man ſiehet leicht, daß er die unters
ſcheidenden Kennzeichen der natuͤrlichen Koͤrper
nicht recht verſtanden und zu dergleichen Beobach⸗
tungen nicht gewoͤhnt war. Er ſagt: „Die vor⸗
„nehmſten Fiſche find hier die Balugen, welche
„einen auch wohl zwo Klaftern lang ſind. Die
„groͤßeſte Sorte der Sterletten iſt wohl eine Elle
„lang. Dieſe Sterletten werden fuͤr den beſten
„Fiſch in ganz Rußland gehalten; ſo daß man in
„Moskow zuweilen 5, 6 bis 7 Rubel für einen
„wenn er lebendig iſt zahlt, wovon ich ein Zeuge
„bin; dagegen kann man hier in Aſtrakhan einen
„lebendigen Sterlett vor zwey oder drey Stuͤver
„bekommen. Man bereitet dieſe Fiſche ſo wie
„den Lachs zu, und man braͤtet ſie auch wohl
„ganz. Sie ſind ſo angenehm, daß ich nicht ſa⸗
„gen kann jemahls einen wohlgeſchmackeren Fiſch
„gegeſſen zu haben. Man hat zwey Arten derſel⸗
„ben: davon die eine eine laͤngere Schnauze hat.
„Es iſt eine große Aehnlichkeit zwiſchen dieſem Fi⸗
„fe und dem Stoͤhre, wie man ſolches an der
„Figur Nr. 33. ſehen kann. Aus Vergnuͤgen
„trocknete ich deren zween, um ſie aufzuheben.
„Die * ſind ſo wie der Stoͤhr den ſie
„hier
\
262
„hier Aſſetrina nennen. Von der Beluga, Aſſe⸗
„trina, und Sewruga wird der mehreſte Kawiar
„gemacht, und nach fremden Laͤndern geſchickt.“
S. Kornel. de Brunn Reizen over Moskovien
door Perfie en Indie. Amſterd. 1711. fol.
S. 87. Hätte de Bruyn die Sewrjuga gehoͤ⸗
rig unterſucht, fo würde er wohl gefunden haben,
daß fie weſentlich von dem Osjetrina oder Afle-
trina verſchieden ſey, d. i. von dem ſtumpfnaͤſi⸗
gen gemeinen Stoͤhre, den man in den Fluͤſſen
Deutſchlands und der Oſtſee fängt. Der Britti—
ſche Stoͤhr, den ich einmahl im Vorbeygehen ge—
ſehen, als man ihn als ein ſeltenes Geſchenk zum
Könige hintrug, jo wie ich ihn auch aus Ven-
nant's Brittiſ h. Zoology der ꝗten Ausgabe. Th.
3. S. 109. und aus der Tafel 19. Fig. 53.
kenne, iſt mit dem Stoͤhre von der Hudſonsbay,
dem Sewrjuga der Ruſſen und den Schirk der
Oeſterreicher vollkommen einerley. Der wahre
Stöhr, den die Ruſſen Aſsetrina heißen, iſt des
Linne. Acipenfer Sturio; So wie der Ster—
lett, deſſelben Aeipenſer Ruthenus iſt, und der
Rußiſche Beluga iſt der Hauſen der Deutſchen
und Linnes Acipenſer Huſo. Der Sewrjuga
iſt dem großen Linne gar nicht bekannt geweſen.
Man hat noch eine Art, die man Koſtera nennt,
von der ich aber nicht gewiß beſtimmen kann, ob
es eine beſondere eigene Art, oder nur eine Abart
oder junger Fiſch vom Stoͤhre iſt; er hat ro—
thes Fleiſch, ſo wie der Sterlett ein weißes, die
| Schnau⸗
263
Schnauze ift ſpitz, im Sterlett aber ſtumpf. Man
hat auch noch eine Abart des Stoͤhrs mit laͤnge⸗
rer Schnauze und ſchlichterem Ruͤcken, den man
Schyhp nennt. Hieraus nun erhellet, daß ei⸗
gentlich der einzige Sewrjuga eine neue Art aus-
macht, die von Linne nicht beſchrieben und ae
nennt hat, die ich alſo jetzt gerne mit dem verdiene
ten Herren Collegienrathe Pallas Acipenſer ſtel-
latus nennen will, da feine Schuppenſchilde ſehr
‚ gefternt ſind. Es iſt indeß noͤthig, daß man das
entdeckte richtig beſtimme, wie ich ſolches in den
Philof. Trans. Vol. LVII. p. 352 — 355,
wirklich zuerſt geleiſtet habe. Klein Hiſt. Piſe.
Miſſu IV. p. 11 — 16. zählet zehn Stoͤhrar⸗
ten auf und der Graf Marſigli Danub. Tom,
IV. rechnet ſechs Arten. Allein Klein hat nur ei⸗
gentlich zwo Stoͤhrarten geſehen, und eine dritte
die in Weingeiſt aufbehalten war. Der Graf
Marſigli aber war nicht genug mit der Naturge⸗
ſchichte bekannt, als daß Er hätte gute Rachrich⸗
ten von den Arten der Stoͤhre koͤnnen geben. Es
iſt demnach eine genaue Beſtimmung und Beſchrei⸗
bung dieſer Fiſche um deſto nöthiger geweſen.
NB. Nachdem die vorigen Nachrichten in den
Phil. Trans. Vol. LVII. gedruckt waren,
ſind die mit mehrerer Muſſe, und aus einer
groͤßeren Menge von Exemplaren verfertig:
ten Beſchreibungen und Nachrichten von
Stoͤhren des Herren Collegienrath Pallas in
RR 5 ee
264
feinen Reiſen, Band 1. S. 131. 132. und
4600. herausgekommen; fie konnten alſo
auch genauer und beſtimmter ſeyn.
2. Der zweete Fiſch von der Hudſonsbay
wird dort von den Eingebohrnen Marthy ge⸗
nannt und iſt die Aalraupe oder Quappe, Ga-
dus Lota Lin. nur iſt ſie viel groͤßer, als die, ſo
man gemeiniglich in Europa faͤngt. Die Be⸗
ſchreibungen in der Brittiſchen Zoologie in 4t0
paſſen ſehr gut. Jedoch die Kiefenhaut in den
Hudſonsbayhiſchen verband nur ſechs Strahlen, ob⸗
gleich Artedi, Linne' und Pennant ſieben zaͤhlen.
Artedi hat auch vollkommen recht, da er anmerkt,
daß die Bärte an der Aalraupe nur die Deckel
ihrer Naſeloͤcher wären, denn ich fand bey ge
nauer Unterſuchung, daß an der Unterſeite der
Baͤrte ſich eine Oefnung fand, die nach dem un⸗
teren Naſenloche fuͤhrte. Herr Andreas Graham
der Sammler am Severnfluſſe in der Hudſonsbay
bemerket, daß dieſe Fiſche allezeit am Grunde
ſchwimmen und ſehr gefraͤßig ſind. Sie freſſen
nicht nur jeden Fiſch, deſſen ſie koͤnnen maͤchtig
werden 2), ſondern ſie verzehren ſogar faulende
Rehe und Hirſche und ander Aas das ihnen in
Weg kommet; und ſelbſt werden von ihnen, zu
Erfuͤllung ihres nimmerſatten Magens, zäh
auf:
2) Es iſt auch dieſer Fiſch, der durch feine gefräßis
ge Glerigkelt, ſo großen Schaden im e
ülftet.
265
aufgeſchluckt. Herr Graham fand einſt einen-
Stein, der ein Pfund wog, in dem Magen eines
dieſer Fiſche. 3) Selbſt der Hecht, nebſt der Fo—
relle und dem Saugkarpen oder Tickomeg und
vielen andern werden ein Schlachtopfer der Gie—
tigkeit, dieſes Raubfiſches. Nach Sonnenunter—
gang werden fie mittelſt einer über Nacht im
Waſſer gelaſſenen Fiſchangel und dran geſteckten
Köder gefangen. Der Fiſch kaͤuet nicht feine
Speiſe, ſondern ſchluckt ſie ganz nieder. Sein
Rogen und Leber werden als eine ſehr leckere
Speiſe angeſehen, ſo lange ſie noch friſch ſind: al—
lein fo bald fie nur einge Tage aufbewahrt wer⸗
den, und ob ſie gleich ſo fort ganz durch und
durch gefrieren ſo werden ſie doch ranzig und oͤh⸗
lich
3) Die Anweſenheit großer Steine im Magen dieſer
Fiſche iſt nicht allezeit ein Beweis fuͤr die Gefraͤßig⸗
keit derſelben. Die Robben, beſonders die, welche
man den Seebaͤr nennet, hatten da wir ſie unter.
ſuchten, oft eine ganze Muͤtze voll Steine, von der
Groͤße einer Fauſt, in ihren Maͤgen; und doch wuͤrde
es ſehr unrecht geweſen ſeyn auf ihre Fraͤßigkeit das
her zu ſchließen. Dieſe Thiere haben, wie es das
Anſehen hat, einen ſebr ſcharſen ätzenden Saft in
ihren Magen: da fie nun zur Zeit ihrer Brunſt, we⸗
nig oder gar nichts zu freſſen pflegen, ſo wuͤrde die
Schaͤrfe des Safts den Magen anfreſſen, und ihn ſo⸗
gar durchfreſſen; Aus Inſtinkt alſo ſchlucken dieſe
Thiere dieſe Steine, damit der ſcharfe Saft, auf die
Steine und nicht auf die Mägen wirken ge. Eben
dies ſcheint der Fall mit den Aalraupen zu ſeyn.
266
lich 4). In der Hudſons bay haͤlt man dieſen Fiſch
fuͤr trocken und ungeſchmack; und man faͤngt fie
daſelbſt von dem Gewichte eines Pfundes, bis zu
acht Pfund ſchwer. a
3. Die dritte Art Fiſche iſt von dem in der
Hudſonsbay genannten Fiſche Tickomeg, oder dem
Schnaͤpel (Gangfiſch, Weisfiſch, oder Blauling)
Salmo Lavaretus Linn. Der einzige Unterſchied
beſteht in der Groͤße, welche weit betraͤchtlicher iſt
old bey denen die man gewöhnlich in Grosbritan⸗
niſchen Gewaͤſſern fängt. Denn das groͤßeſte
uͤberſchickte Exemplar war 18 Zoll lang, 45 Zoll
breit, und 14 Zoll dick, und doch werden die zu
dieſer Art gehörigen Ferra's aus dem Genfer⸗
See von 15 Zoll für ſehr groß gehalten. Herr
Graham bemerket daß ihr Gewicht von 1 Pfund
bis 3 Pfund ſteige. Allein mir ſchienen die von
mir unterſuchten Fiſche, da ſie lebendig waren,
noch mehr gewogen zu haben. Die große Menz I
ge von Nahrung welche hauptſaͤchlich in dem Lai⸗
che anderer Fiſche beſtehet, und die wenigen Ein⸗
wohner der Gegenden, welche in den vielen dor⸗
tigen Gewaͤſſern unmoͤglich die große Menge Fi⸗
ſche verzehren koͤnnen, ſind wohl ſchuld daran,
enen daß
4) Das Frieren ſondert ſo gleich die thieriſche Saͤure
von den öhligen Theilen, und wenn die an Oehl rei⸗
chen Lebern nach dem Frieren zubereitet und alſo dem
Feuer näher gebracht werden, fo ſcheidet ſich ſogleich
diefe Säure von dem oͤhligen und verurſachet alſo den
ranzigen Geſchmack derſelben. 65 |
267
daß man fie von fo ungemeiner- Größe daſelbſt fin
det. Die Eingebohrnen legen hie und da in den
Fluͤſſen Wehre an, und ſtellen denn ihre Netze
auf und ſie bekommen in denſelben zuweilen fuͤnf
bis ſechshundert Stücke in einem Tage. Sie
beißen nicht an einen Koͤder und koͤnnen daher
nicht wohl mit Angeln gefangen werden. Wenn
das Eis im Fruͤhlinge in den Fluͤſſen aufgehet,
ſind dieſe Schnaͤpel ſehr mager. Da die Fluͤſſe
oft durch Winde ſehr ſtark anſchwellen, fo gera—
then die Schnaͤpel oft aufs Trockne zwiſchen den
Moraͤſten, wenn das Waſſer wieder abläuft wer:
den fie denn den Kraͤhen zu Theil. Die Ein⸗
wohner der Hudſonsbay halten dieſe Fiſche für
eine ſehr angenehme Speiſe, da doch viele Euros
paͤer mit ihnen hierin nicht einſtimmig ſind.
435) Der vierte und letzte Fiſch den man aus
der Hudſonsbay eingeſendet hat wird von den da—
ſelbſt ſich aufhaltenden Englaͤndern the Sucker,
der Sauger genannt, weil er ſich durchs Saugen
des Schlammes und der darin gefundenen Wuͤr—
mer naͤhrt. Dieſer Fiſch iſt bisher, ſo viel ich
weis, noch nie von einem Naturforſcher beſchrie—
ben worden. Herr Graham meldet zugleich, es
gaͤbe zwo Abarten dieſes Fiſches, beyde waͤren
weislich, nur daß die eine Abart mit einem ſchoͤ—
nen rothe das Weiße vermiſcht habe. An dem
kleinſten der uͤberſaͤndten Exemplare, konnte man
laͤngſt der Seitennaht einen breiten rothen Strei—
fen bemerken. Sie find in den Fluͤſſen und Baͤ⸗
chen
ſehr anfuͤllen. Sie find eben keine angenehme
Speiſe, denn ihr Fleiſch iſt ſehr reichlich und mit
kleinen Graͤten angefüllt. Sie wiegen von einem
. 15 zu zwey und ein halb Pfund. |
ſitzet, ganz gerade abgeſondert iſt. |
| Der Mund ift unten, wenn geſchloſſen halb 2
Bartlappen angewachſen. Der Fiſch ift zahnlos.
Die Augen find ziemlich gros. Die Kiefenhaut
verbindet drey kurze ſtarke Graͤten.
welche in der Mitte des Leibes und nach dem
Schwanze zu an Groͤße zunehmen. Die Farbe
des Fiſches und der Schuppen iſt weis und ſilber⸗
farb.
5) Von «ere unten und genes der Mund.
269
Kopfe 2 Zoll dick, bey der Nückenfloße 14 x Zoll
dick, und feine größte Breite vor der Afterfloße
iſt 2 Zoll.
Recht an der aͤußerſten Spitze der Schnauze
ſieht man s etwas erhöhte Knochenſpitzen. Man
findet zwey Naſenloͤcher davon das den Augen
naͤchſte nierenfoͤrmig iſt Die Kiefendeckel find
wie an den mehreſten Fiſchen getheilt. Es giebt
am Kopfe deſſelben ſehr viele Naͤthe. Da wo
der Kopf an den Rumpfe feſt iſt findet ſich eine
Quehrnath, die ſich ſchraͤge nach der Schnauze
zieht und bey den Naſenloͤchern wieder durch eine
kurze Quehrnath verbunden iſt. Hinter dem Auge
oberhalb ſchlieſt ſich eine Nath an die obere vorge—
dachte, zieht ſich unter dem Auge weg und endigt
ſich an der Schnauze. Noch eine Nath laͤuft an
dem vorderſten Kiefendeckel von hinter den Augen
hervor und endigt ſich nahe bey den beyden Bart:
lappen. Die Seitennath geht vom Kopfe erſt
herunterwaͤrts und denn bey den Bruſtfloßen laͤngſt
er Mitte des Leibes bis zu der Mitte des Schwan⸗
zes in einer ziemlich geraden Linie. Die Ruͤcken⸗
e iſt viereckig, ſteht weit nach hinten zu und
hat 12 Strahlen. Die Bruſtfloße faͤngt nahe
unter den Kiefen an, hat 17 Strahlen, die
Bauchfloße — jede 10 oder 11 Strahlen, die
After floße hat acht ſtarke Strahlen, ſo wie die
Schwanzfloße, welche in der Mitte etwas aus⸗
gehoͤhlt iſt, 17 Strahlen hat.
Ür-
8
270
CyeRrınus catoſtomus pinna ani radiis VII
labio imo caruncula biloba papilloſa, cauda
ſemilunata. Pinnae D. 12. P. 17. * 10
II. A. 8 C. 17. 1
Habitat in Sinus Hudfonici fluminibus et rivu-
lis copioſe: ſugendo vietum quaerit. Anglis |
the Sucker. |
Diser. Caput füb-tetragonum, verſus apicem
ſenſim attenuatum obtuſiuſculum,
corpore fere craflius et minus la-
tum. 4
Tubercula globoſa, confertiora in api,
ce roſtri, eirciter quinque; carinata
et acuminata, in vertice fparfa. 4
Nares geminae, oculis proximae reni-
formes, majores. |
Oculi magni, laterales, füperi, i in we.
dio fere capitis. a
Opercula branchiarum, magna, a
ſub oculis, anteriori jungitur o
culum, prima ſpecie pro radio Mem-
branae branchioſtegae ſumendum.
Suturae in capite plures catenulatae;
una ſuperior utrinque brevis a nu-
cha, ſupra oculos naresque, nec ba-
ſin nec apicem capitis attingens,
regione narium juncta per ri |
mam tranfverfalem ſuturam; fecuns |
da inferior utrinque incipiens ad
angulum loborum carunculae, 110
labio adnatae, in oſſiculo ſub ant
operculo decurrit et prope oeculos
alcen-
271
Wa aſcendit; tertia media incipit utrin-
que prope apicem roſtri, linea recta
8 ducitur fub oculis, dein verfus ſu-
turam ſuperiorem pone oeulos af-
eendit et ſupra aperturam branchia-
lem jungitur, quartaè tranfverfali,
in nucha caput a reliquo corpore,
diſtinguente. Membrana Branchio-
ftega radiis III. brevibus, validis
0 EKictus inferus, lunulatus ſeu fe-
h miorbicularis, labiis ineluſus tenui-
bus, ſuperiore (ore feilicet claufo)
ccC̃oncavo, inferiore convexo.
Caruncula biloba, papilloſa, carnoſa,
labio inferiori adnata, angulos oris
ambiens.
Corpus lateribus np e at verſus
abdomen magis compreſſum, euneatum, a
capite ad caudam ſenſim attenuatum, tectum
ſquamis minoribus, ovatis, ſtriatis, prope
caput minimis, pallide argenteis, in quibus-
dam hujus fpeciei circa lineam lateralem au-
reo · rubris. *
Linea lateralis a nucha ad medium cir-
2 citer truncum defcendens, dein me-
dia, recta, inermis.
Anus parvus, caudae multo propior
quam capiti.
Pinna Dorfi pone aequilibrium poſita
rhombea, radiis validis, dichoto-
mis XII.
Pinnae pectorales lanceolatae pone oper-
eula affixæ, oblique, exæquantes par-
tem
272
tem quartam trunei (exclufo capite
et cauda) radiis dichotomis XVII.
Pinnae Ventrales oblongae, ſub pinna
dorſali ſitae, pinnis pectoralibus di-
midio breviores, radiis X et XI.
Pinna Ani poſtica, pectorales fere exae-
quans, fub-lanccolata, radiis dicho-
tomis, validis VIII.
Cauda leviter bifurca, pinnas pectora-
les longitudine et radiorum numero.
aequans. XVII. Pinnae omnes pal-
lidae.
Longitudo piſcis unciarum 15. ped.
Anglic.
wi en ante pinnas ventrales circiter
. unciarum. |
Cafe ad nucham fere 2 unciarum,
ante pinnam dorſalem 14 unc.
* *
*
Ueberdem ſo hatte man noch einen gewoͤhn⸗
lichen Flußkrebs von der Hudſonsbay beygelegt,
der dem Europaͤiſchen in allem gleich war. Can
cer Aftacus Lin. |
Dies iſt alfo die ganze Nachricht von denen
in der Hudſonsbay vorkommenden Thieren, ſo
wie ſolche nach den mitgeſchickten Exemplaren der
Thiere, und aus den beygelegten Nachrichten
konnte verfertigt werden.
2
% Nachrichten
on Sumatra.
Erſte tleferun z.
Von dem Volke der Battas.
—
Eine Ergaͤnzung
er im erſten Bande dieſer Beytraͤge gegebenen
Nachrichten von Sumatra, von
Carl Miller.
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(Sinan iſt von den Europäern ſchon ſeit
1506 beſucht worden, allein die geringe
Verbindung mit den Eingebohrnen, und der
den Fremden immer verborgen gebliebene innere
Theil der Inſel hat uns nur wenige, zerſtreute
oft wiederſprechende Nachrichten von dieſer grofs
fen und durch ihre Produkte Gold, Pfeffer, Weih—
rauch und Kampfer wichtige Inſel verſchaft. Vor
kurzem iſt Sumatra durch aufmerkſamere Reiſen—
de bekannter geworden. Herr Carl Miller hat
in ſeiner Beſchreibung von Enganho 1) ſehr viel
unbekanntes von den Einwohnern und ihren Sit—
ten mitgetheilt. Herr Eſchelskron, ehemaliger hol⸗
laͤndiſcher Reſident auf Ayerbangies hat uns den
Handel und die holländifchen Beſitzungen auf Su⸗
matra am genaueſten detaillirt, 2) und ganz kuͤrzlich
iſt von Herrn Marsden, ehemaligen Secretair der
engliſchen Praͤſidentſchaft Bencoolen die ganze Inſel
in einem beſondern Werk, vollſtaͤndig beſchrieben wor⸗
den, und er hat durch feine genaue und geſchmack—
volle Arbeit, unſere Kenntniß dieſes großen Landes
S 2 fehe
1) ©. den erften Theil dieſer Beytraͤge.
2) Eſchelskrons Beſchreibung von Sumatra, Hamburg
bey Bohn. 1781.
276
ſehr vervollſtaͤndigt, und mehr erweitert, als vor
ihm durch alle vorhandene Beſchreibungen zus
ſammen genommen, geſchehen. 3) 1
Aus dieſem eben in England gedruckten Werke
wollen wir diesmal nur, weil das Ganze fuͤr unſern
Plan zu weitlaͤuftig iſt, Herrn Millers Beſchrei⸗
bung ergänzen, und feine Nachricht von dem Lan⸗
de und den Sitten der Battas ausheben, einem
der merkwuͤrdigſten maleiiſchen Voͤlker, die ſich
durch Sprache, Sitten und Gebraͤuche von den
uͤbrigen ſehr unterſcheiden, und einen Theil der
weſtlichen Kuͤſte von Sumatra, zwiſchen den su
fen Sinkel und Tabojan beſitzen.
Man kann die Einwohner von Sumatra in
Maleyen und Eingebohrne theilen. Die erſten haben
lange vor Ankunft der Europaͤer Niederlaſſungen
und Reiche hin und wieder auf der Kuͤſte geſtiftet,
und die Eingebohrnen Landeinwaͤrts verdrängt, |
Sie ſind Mahommetaner, und das Reich Me⸗
nangcabo in der Mitte der Inſel, das maͤchtigſte,
dem einmal der groͤßte Theil der Inſel unterwor⸗
fen war und gewiſſermaſſen noch iſt, haben Ero⸗
berer aus dieſer Nation geſtiftet. Die ſogenann—
ten
3) The hüſtory of Sumatra containing an Account of
the Government, Laws, Cuſtoms ard Manners of
the Native Inhabitants, with a Defcription of the
natural Productions, and à Relation of the ancient
Political State of that Island. by William Marsden.
London. 1783. 4to.
377
ten Eingebohrnen oder die zweyte Klaſſe der Be:
| wohner von Sumatra ſind Heiden, und ein Volk
mit den Tagalos und Pampangos auf Manilla,
dem Biſayas auf den kleinern Philippinen, den
Maruts und Idahans auf Borneo und den gelb—
lichen Einwohnern der Ladronen, Carolinen, den
freundlichen und andern Suͤdſeeinſeln. Sie ſtam⸗
men wie ihre Sprache zeigt, mit den vorher an⸗
gefuͤhrten Maleyen, von einem Volk, ſind aber
viel fruͤher hier eingewandert, ehe die Malepen,
Kultur und den Koran annahmen, und waren halb⸗
wilde wie ſie vom feſten Lande Indiens nach den
ön lichen großen und kleinen Inſeln zogen, viele
dieſer Inſeln zuerſt anbauten, von andern aber
die Aborigines, die wilden Negervoͤlker, welche
die aͤlteſten Geographen, Mela, und die Araber
hier immer bemerken in die innern Gebirge ver⸗
drengten. Auf der Inſel Sumatra haben ſich dieſe
erften maleiifchen Ankoͤmmlinge in verſchiedene von
einander ganz unabhaͤngige Voͤlkerſchaften getrennt,
davon die Battas, Reangs, und Lampoons die
zahlreichſten und befannteften find.
Die Battas, welches Volk wir hier beſchrei—
ben wollen, waren den alten und mittlern Reiſe⸗
beſchreibern Indiens unter dieſem Namen nicht
unbekannt, allein erſt feit 1752 wie die Englaͤn⸗
der ſich bey Natal niederließen, kamen ſie mit
den Europaͤern, näher in Rerbiadung , und man
erfuhr durch den Umgang mit ihnen ihre in man⸗
chen Stücken ungewöhnliche Gebraͤuche. Daher
„ g a ſagt
278
fagt Valentyn in feiner fonft genauen Beſchrei⸗
bung von Sumatra von dieſem Volk nichts, auch
auf ſeiner Karte dieſer Inſel, die Herr von Schi⸗
rach bey Eſchelskrons angefuͤhrter Beſchreibung
nachſtechen laſſen, iſt der Name der Battas nicht
zu finden.
Das auf Sumatras Weſtkuͤſte belegene Land
der Battas graͤnzt gegen Norden an Acheen, und
gegen Suͤden an Paßumman und den freyen Di⸗
ſtrikt Rou oder Aru. Eigentlich aber erſtrecket
es ſich an der Seeſeite von dem großen Fluße Sin⸗
kel, bis an den Taboogong, und Landeinwaͤrts
gegen Suͤden bis Ayerbangos, einem Comtoir
der hollaͤndiſchen Compagnie, hinter welchem Di⸗
ſtrikt ſich das Volk der Rous aufhaͤlt. Das Land
iſt ſehr volkreich, der groͤßte Theil der Einwohner
aber wohnt in einiger Entfernung von der See,
mitten im Lande, hier iſt das Erdreich ſehr fruchtbar,
und der Grad der Kultur ſo ungleich groͤßer, als
in den Suͤdlichen mit Waͤldern bedeckten Gegen⸗
den, daß man kaum einen Baum ſieht, den die
Einwohner nicht ſelbſt zum Nutzen gepflanzt haͤt⸗
ten. Da dieſer Theil der Inſel ſehr ſchmal it,
liegen ihre ſogenannten Staͤdte ſo wohl an den
Fluͤſſen die ſich in die Meerenge von Malacca er⸗
gieſſen, als an denen welche ihren Lauf nach der
Weſtlichen Kuͤſte nehmen; die Kommunikation
nach dieſer letztern Seite zu, iſt jetzt groͤßer als
vormals, wegen des Salzes, und andrer Artikel,
welche man ihnen von den Engliſchen Riederlaſ⸗
ſun⸗
5 —
279
ſungen, und durch Fahrzeuge die von dem feſten
Lande Indiens kommen zufuͤhrt.
Das Land iſt in eine Menge Diſtrikte dertheilt;
von welchen Ancola, Padambola, Mandeeling,
Toba, Selendong und Sinkel die vornehmſten
find, Die Einwohner dieſer Diſtrikte find wieder
in Stämme vertheilt, von denen Ancola fuͤnf hat,
Mandeeling drey, und Toba fuͤnf, die Zahl der
Übrigen weis man nicht.
Die Engliſchen Niederlaſſungen in dieſem
Theil der Inſel find zu Natal, 4) und Tappas
nooly. Am erſtgenannten Ort iſt die Kommuni⸗
kation mit den Battas blos mittelbar, da ſie ſich
nicht dort aufhalten. Er wird von Leuten be⸗
wohnt, die des Handels wegen, aus den benach—
barten Landern Acheen, Rou, und Menangcabow
hingezogen ſind, und den Ort reich und volkreich
machen. Es wird hier eine anſehnliche Menge
Gold aus den Minen gegraben, von denen einige
nur zehen engliſche Meilen von der Faktorey ent⸗
fernt ſind. Auch wird ein ſtarker Handel mit
indiſchen Waaren getrieben.
Die Stadt wird wie andre Malayiſche Ders
ter von Dattoos regiert, wovon einer den Titel
Dattoo Buſſar fuͤhrt, (welches ſo viel als die
’ vor⸗
4) Die Engländer lieſſen ſich 1752 erſt hier nieder, und
die Hollaͤnder machten Einwendungen dagegen. Es
ward im Kriege 1762 von den Franzoſen genommen,
aber im Pariſer Frieden reſtituirt, der Platz gehoͤrt
ueſpruͤnglich zum Reiche Menangcabo.
280
vornehmſte Magiſtratsperſon bedeutet) und gro⸗
ße Gewalt in Haͤnden hat. Obgleich die Eng⸗
liſche Kompagnie hier viel Einfluß hat, ſo iſt⸗
ihre Gewalt doch bey weitem nicht ſo feſt ge⸗
gruͤndet als in den Suͤdlichen Pfeffer Provinz
zen; dieſer Unterſchied ruͤhrt daher, weil das
Volk hier zahlreich, reich, und von einem freyen
unternehmenden Charakter iſt.
Sie finden daß die Englaͤnder ihnen nuͤtz⸗
lich find, um fie gegen die gewaltſamen Unter⸗
|
drücfungen der Holländer, zu ſchuͤtzen. Dieſe
machten vormals große Anfprüche auf dies Land,
und verſuchten beſtaͤndig ſich dort feſtzuſetzen, bis
ein Artikel des Pariſer Friedens von 1763 ih⸗
ren Anſpruͤchen ein Ende machte.
Die zweyte Riederlaſſung iſt auf einer klei⸗
nen Inſel Puchong cacheel genannt an der bee
ruͤhmten Bay Tappanooly, die in Abſicht auf
ihre natuͤrlichen Vorzuͤge wenig ihres gleichen in
der ganzen Welt. Seefahrer behaupten das alle
Flotten von ganz Europa, mit vollkommener
liegen konnten. Und die Menge verſchiedener
Haͤfen, einer innerhalb des andern, iſt ſo groß,
|
|
|
Sicherheit vor allen Stuͤrmen darin vor Anker
ö
|
daß einige ſogar verſichern, ein großes Schiff
koͤnne darin verborgen liegen, ohne leicht ent—
deckt zu werden. Ungluͤcklicherweiſe iſt die Lage
des Hafens nur ſchlecht in Abſicht des gewoͤhn—
lichen Laufs der Schiffarth, und von dem Sitz
des wichtigen Handels mit Indien ſo weit ent—
fernt,
*
|
|
. 281
|
fernt, daß man ihn bisher noch wenig benutzt
hat. Der Hafen erſtreckt ſich bis ins Innere
des Landes der Vattas, und feine Ufer werden
dukte ihres Landes vertauſchen. Die Eingebohr—
nen find mehrentheils ſehr friedfertig, und mas
chen den engliſchen Riederlaſſungen wenige Müs
he. Die Acheneſer verſuchten lange die Engel—
nern des Landes verminderten. Dadurch wur—
den die Englaͤnder zu einen Krieg mit dem Vol⸗
dauerte f
Man ſagt, daß kein Europaͤer je weiter
als zwanzig Meilen in das Innere des Landes
hinter Napal gekommen ſey. Zu Tappanooly
hingegen bereiſeten Herr Holloway Befehlshaber
des Orts, und Herr Miller ein Botanikus def:
ſen Nachricht von Sumatra wir im erſten Ban⸗
de dieſer Beytraͤge mitgetheilt haben, 1772 auf
zefehl des Conſeils die Diſtrikte der Battas,
m den Handel in Caßia 5) welcher eine Zeitz
ang aufgehoͤrt hatte, zu unterſuchen, und ihn
wieder herzuſtellen.
Die Produkte des Landes ſind Kampfer,
das ſogenannte Benzon Harz, Caßia,, Baum—
olle und Indigo. Die zahmen Thiere find Pfer⸗
de, Kuͤhe, Buͤffel, Ziegen, Schweine und Hunde
1 | von
5) ©. Th. 1. dieſer Beytraͤge. S. 18.
von dieſer Nation bewohnt, welche hier die Proz
länder von Tappanooly mit Gewalt zu vertrei⸗
ben, weil dieſe ihren Handel mit den Einwoh⸗
ke von Acheen gezwungen, der verſchiedene Jahre
4
282
von der Gattung unfrer Schäferhunde. Die wil⸗
den Thiere find die nemlichen als in dem uͤbri⸗
gen Theil von Sumatra. In den noͤrdlichen Ges
genden findet man kein Gold, und es wird auch
keines nach Tappanooly gebracht. Der Reis iſt
in einigen Diſtrikten welche nahe an der See lie⸗
gen, ſehr häufig, und in andern aber ſehr ſelten.
Man ſagt, daß ſich dieſes Gewaͤchs zu Natal ſieb⸗
zig bis achtzigfaͤltig vermehrt, und an einem Ort,
Sooſoo ſogar hundertfaͤltig. Gegen Norden des
Sinkel und gegen Suͤden von Batangtara an der
Bay findet man keinen Weihrauch. Die Kam-
pferbaͤume wachſen auch nur in gewiſſen Gegend
den, und an der Suͤdſeite der Linie findet man
keine.
Weit hinauf an dem Battoo- bava: Fluffe;
welcher in dem Lande der Battas entſpringt, ſich
in die Meerenge Malacca ergießt, und fuͤr den
groͤßten ſchiffbaren Fluß in dieſem Theil der Inſel
gehalten wird, findet man ein großes Gebaͤude
von Backſteinen, von deſſen Erbauung keine Tra-
dition unter dem Volke vorhanden iſt. Es wird
beſchrieben als aus einem oder mehreren Vier-
ecken beſtehend, mit einer ſehr hohen Saͤule in ei⸗
ner Ecke, die dazu beſtimmt ſcheint eine Fahne auf⸗
zuſtecken. An den Mauren find erhabne menſch⸗
liche Figuren zu ſehen, die man fuͤr Chineſiſche
Goͤtzen hält, Die Backſteine, von denen man ei⸗
nige noch Tappanooly brachte, ſind kleiner als die
ſo man in England braucht.
Die
283
Die Battas ſind kleiner von Geſtalt als die
Malayen, und haben eine weiſſere Haut, welches
vielleicht von ihrer Entfernung von dee See her—
ruͤhrt, mit der fie überhaupt ſich gar nicht ab⸗
geben.
Ihre Kleidung beſteht aus einer Gattung
Baumwollen Zeug, welches ſie ſelbſt verfertigen;
es iſt ſtark, hart, und von verſchiedenen Farben,
unter welchen ein braͤunliches Roth, und ein
Blauß das ins Schwarze fällt die vornehmſten find.
Dieſe ihre Kleidung ſchmuͤcken fie gerne mit Ko⸗
rallenſchnuͤren. Die Bedeckung des Kopfs iſt ge=
woͤhnlich aus Baumrinde. Die Maͤdchen tragen
Ringe von Blech in den Ohren, und daß in ſo
großer Menge, daß ſie pe funfzig in jedem
Ohr haben.
Die Speiſe der geringen Leute iſt Mais (ma⸗
laiſch Jaggang) und Kartoffeln; nur die Rajahs
und Vornehmen eſſen gewoͤhnlich Reis, einige mi⸗
ſchen beydes unter einander. Nur bey oͤffentli⸗
chen Gelegenheiten wird Vieh zum Eſſen ger
ſchlachtet; da ihr Geſchmack aber eben nicht ſehr
edel iſt, fo eſſen fie ohne Umſtaͤnde ein Stuͤck ei⸗
nes geſtorbenen Buͤffels oder Krokodils, wenn ſie
folhe auf ihren Wege antreffen. In ihren Fluͤſ⸗
ſen haben ſie wenige Fiſche wegen der vielen Waſ—
ſerfaͤlle und des ſchnellen Laufs der meiften Stroͤ -
me. In andren Theilen der Inſel hingegen ſind
die Fluͤſſe ſehr fiſchreich, und nirgends wimmeln
die Ufer der See von einer ſo großen Menge jr
0
254
fo verſchiedenen Gattungen, als hier. Pferde⸗
fleiſch halten ſie fuͤr eine ſehr leckere Speiſe, und |
füttern daher ihre Pferde ſehr ſorgfaͤltig mit Ges,
traide, und reiben fie oͤfters ab. Sie find in dies,
fer Gegend ſehr häufig, und die Europäer bes
kommen viele ſehr gute von dort, die beſten aber
heben die Eingebohrnen zu ihren Feſten auf.
Einige vortrefliche Arten Bauholz, vor
nehmlich der Kampferbaum ſind hier ſehr haus
fig, ſonſt aber iſt das Holz des Landes leicht,
ſchwammicht und ſehr zur Faͤulniß geneigt. Ihre
Haͤuſer ſtehen auf hoͤlzernen Pfaͤhlen ſechs bis acht
Fuß hoch, welche oben breit und unten zugeſpitzt
ſind. Sie find von Balken und Brettern zuſam⸗
mengeſetzt, und beſtehen gewoͤhnlich nur ous eis
nem großen Gemach, in welches man vermittelſt
einer Fallthuͤre in der Mitte, auf einen ſtarken
mit einigen Einſchnitten verſehenen Holze hinauf
ſteigt. Die Furcht vor wilden Thieren hat ver⸗
muthſich dieſe ſonderbare Bauart zuerſt veranlaßt,
und noch jetzt werden die einzelnen Gebaͤude bey
ihren Plantagen zehen bis zwoͤlf Fuß hoch von
der Erde erbaut, und die Leiter wird wegen der
Gefahr vor Tigern des Nachts ſorgfaͤltig hinein=
gezogen. Die Dächer werden aus einer vegetaz
biliſchen Subſtanz, Ejoo genannt verfertiget, die
groben Pferdehaaren ſo ſehr gleicht, daß man es
kaum unterſcheiden kann; es bedeckt die Staͤmme
einer Palmenart die ſie Anou nennen, und von
welchem man den beſten Palmwein erhaͤlt. Die
Daͤ⸗
* 285
Daͤcher werden auf eben die Art wie die Strohdaͤ—
cher bey uns gemacht, und ſind fo dauerhaft, daß fie
nie einer Ausbeſſerung bedürfen. Daher iſt es auch
gewoͤhnlich mit dieſer Subſtanz Pfaͤhle und Balken,
ſo weit zu bewickeln, als man ſie in die Erde
graͤbt. Ihre Städte heiſſen Campong und beſte—
hen ſelten aus mehr als zwanzig Haͤuſern; jedem
gegenuͤber ſteht ein offenes Gebaͤude wo ſie den
Tag uͤber ſitzen, und wo die unverheuratheten
Mannsperſonen des Nachts ſchlafen. Dieſe ma—
chen nebft den Häufern eine Art von Straße aus.
Außerdem hat jeder Campong ein Balli (wie es
bey den Malayen heißt) oder Rathhaus, wo oͤf—
fentliche Angelegenheiten betrieben, Feſte gefey—
ert, und Fremde mit Gaſtfreiheit und Freundlich—
keit bewirthet werden. An einem Ende dieſes
Gebaͤudes iſt ein abgetheilter Ort, wo die Weiber
den oͤffentlichen Schauſpielen des Fechtens und
Tanzens zu ſehen, und unter dieſem Platze iſt das
Orcheſter für die Muſikanten. b
Ein Mann hat die Freyheit ſo viele Weiber
zu nehmen als ihm gefaͤllt, oder er ernaͤhren kann,
und es iſt gar nichts ungewoͤhnliches ſechs auf ein—
mal zu haben. Jede von dieſen hat ihren ange—
wieſenen Platz in dem Zimmer, wo ſie ſitzt und
ſchlaͤft, doch ohne von den andern durch eine
Wand oder Abtheilung getrennt zu ſeyn, Auch
giebt der Mann jeder ihre eigne Feuerſtelle und
Küchengeräthe, wo fie ihre Speiſen und wechſel—
weiſe die des Mannes zubereitet.
Es
286 N. 4
Es giebt dreyerley Arten von Heyrathen bey
den Einwohnern von Sumatra, durch Joojoor,
Ambel ana, und Semundo. Das Joojoor iſt
eine Summe Geldes, gewoͤhnlich hundert und
zwanzig Thaler, die ein Mann dem andern als
eine Schadloshaltung für den Verluſt feiner Toch—
ter giebt, die durch die Heirath wenig mehr als die
Sklavin des Mannes wird. Seine uneingeſchraͤnk⸗
te Gewalt uͤber ſie haͤngt demungeachtet von ver⸗
ſchiedenen delikaten Umſtaͤnden ab. Denn außer
dem Batang Joojoor oder der Hauptſumme giebt
es noch verſchiedene kleinere Unkoſten, unter wel-
chen das Tallenkoolo von 5 Thalern aus Freund⸗
ſchaft oder Delikateſſe gewoͤhnlich unbezahlt bleibt,
denn ſo lange dies der Fall iſt, wird es angeſehen
als ob zwiſchen den Familien eine Verbindung
oder Verwandſchaft ſtatt faͤnde, und die Eltern
der Frau haben bey vorfallenden Streitigkeiten
das Recht ſich darein zu miſchen, und den Mann
zu einer Geldſtrafe zu zwingen, wenn er die Frau
mishandelt. Sobald aber die angeführte Sum⸗
me bezahlt iſt, welches gewoͤhnlich nur im Fall
eines gaͤnzlichen Bruches geſchieht, heißt es das
Tallenkoolo oder Verwandſchaftsband iſt zerriſſen,
und die Frau wird denn ganz die Sklavin ihres
Mannes, der ſie nach Gutduͤnken ſogar verkaufen
kann, nur muß er ſie den Eltern zuerſt anbieten.
Sie kann auch alsdenn in keinem Fall auf eine
Eheſcheidung klagen. Andre Nebenſummen ſind
das Toolistangel, von welchem Herr Marsden
8 c die
287
die Bedeutung nicht erfahren hat, und das Oopa
daoun codo zur Beſtreitung der Unkoſten des
Hochzeitfeſtes, welches die Eltern des Maͤdchens
ausrichten. (Dieſe Worte haben eine Beziehung
auf das Blatt in dem man den Reis auftraͤgt.)
Dieſe kleineren Summen werden aber felten bes.
zahlt oder gefordert ehe die Hauptſumme entrich⸗
tet worden, von welcher ein großer Theil als
funfzig, achtzig oder hundert und vier Thaler bey
der Heurath deponirt werden muͤſſen; ehe we—
nigſtens die erſt genannte Summe herbeygeſchaft
iſt, kann der Mann ſeine Frau nicht mit nach
Hauſe nehmen. Mit dem uͤbrigen aber hat es
Zeit, und wenn die Familien in gutem Verneh—
men bleiben, ſo vergehen oft Jahre ehe die Schuld
gefordert wird: es ſey denn daß fie aus Noth ger
zwungen werden auf die Bezahlung zu dringen.
Zuweilen bleiben dieſe Schulden zwey bis drey
Generationen unbezahlt, und es iſt nicht unges
woͤhnlich, daß ein Mann das Koojoor für die
Schweſter ſeines Grosvaters einzutreiben ſucht.
Dieſe Schulden machen eigentlich den größten
Theil ihres Reichthums aus, und man haͤlt einen
Mann für wohlhabend der verſchiedene Joojoors
für feine Schweſtern, Töchter, Tanten oder Gros⸗
tanten ausſtehen hat. Schulden von dieſer Art
werden als heilig betrachtet und gehen ſelten ver—
loren. In Paſſummah muß das Dorf, dieſe uns
bezahlten Schulden eines ausgeſtorbenen Stam⸗
mes bezahlen.
An⸗
287
Anſtatt das Joojoor zu bezahlen, pflegen fie
auch ein Mädchen gegen ein andres zu vertau-
ſchen, und oft wird ſogar ein Maͤdchen zu dieſem
Endzwecke von einen Freunde oder Verwandten
geborgt, wobey ſich der Anleiher anheiſchig macht
eine andre an ihre Stelle zu ſchaffen, oder ihr
Joojoor zu bezahlen, wann es verlangt wird. Ein
Mann der einen Sohn und eine Tochter hat,
giebt die letztere gegen eine Frau fuͤr den erſteren
weg, und derjenige der ſie empfaͤngt, verſorgt ſie
entweder als ſein eigen Kind, oder heurathet ſie
ſelbſt. Ein Bruder pflegt ſeine Schweſter gegen
eine Frau zu vertauſchen, oder wenn er keine hat,
borget er ſich eine Couſine zu dieſem Endzweck.
Wenn das Maͤdchen ſo zum Tauſche gegeben wird
noch nicht mannbar iſt, wird gewöhnlich eine be⸗
ſtimmte Summe jährlich zu gegeben bis fie das
gehoͤrige Alter erreicht hat. Wenn eine Frau
bald nach der Heurath oder ohne Kinder ſtirbt,
fo kann das ganze Joojoor nicht verlangt wer—
den, und es wird auf achtzig Thaler herunter
geſetzt, es ſey denn das ſchon mehr ausgezahlt
ſeyn ſollte. Das Joojoor einer Wittwe iſt gleich⸗
falls achtzig Thaler ohne alle Rebenunfoften, und
bey einer dritten Heurath wird es noch geringer.
Eine Wittwe die ſchwanger iſt, kann nicht vor
ihrer Entbindung wieder heurathen, ohne eine
Strafe zu erlegen. Eben ſo iſt es bey Eheſchei—
dungen, ſollten keine Anzeigen der Schwanger-
ſchaft vorhanden ſeyn, ſo muß ſie dennoch drey
Mo⸗
289
Monate und zehen Tage anſtehen, ehe ſie eine
zweyte Verbindung trift.
Wenn die Verwandten oder Freunde des
Mannes die Eltern des Mädchens foͤrmlich beſu—
chen, um die Heurath zu verabreden, bezahlen ſie
das Addat Beſaſala oder Handgeld von ſechs
Thalern, und es wird ein Bock oder einige Huͤh—
ner zu ihrer Bewirthung geſchlachtet. Sobald
der Vater dies Handgeld bekommen hat, darf er
ſich mit keinen in Traktaten einlaſſen, ohne eine
Geldſtrafe zu erlegen. Hiezu zwingt ihn doch zuwei⸗
len das junge Frauenzimmer, denn indeſſen, daß die
Eltern eine foͤrmliche Verbindung zwiſchen zwey
Familien zu ſtiften ſuchen, geſchieht es oft daß
ſich das Mädchen mit einem gluͤcklichern Schäfer
der väterlichen Gewalt entzieht. Dieſe Art Heu-
rathen zu ſchließen iſt ſehr gewoͤhnlich; und wird
ſelbſt durch Geſetze beftätigt. Dem Vater bleibt
blos die Freyheit die Art der Heurath zu beſtim—
men, und er kann dem Liebhaber das Maͤdchen
nicht entziehen, wenn dieſer ſich den gewoͤhnlichen
Gebraͤuchen in ſolchen Faͤllen unterwerfen will:
das Maͤdchen muß unberuͤhrt in das Haus einer
Familie von Anſehen gebracht werden, wo ſie
bleibt, bis die Verwandten von ihrer Entfuͤhrung
benachrichtiget ſind und die Bedingungen feſtſetzen.
Wuͤrden die Fluͤchtlinge aber ſo gleich verfolgt,
und noch unter Wegens eingeholt, ſo kann die
Tochter zuruͤck genommen werden, aber nicht,
wenn ſie ſchon ihren Schutzort erreicht hat.
Forſters V. u. V. K. 3. Th. z In
290
In dem Moſaiſchen Geſetze muſte der Bru⸗
der, wenn ein Mann ohne Kinder ſtarb, die Witt⸗
we heurathen. Unter den Einwohnern von Sur
matra iſt es gebraͤuchlich, daß ſie der Bruder oder
der naͤchſte unverheurathete männliche Verwandte
(der Vater ausgenommen) heurathet, es moͤgen
Kinder da ſeyn oder nicht. Wenn der Bruder die
Wittwe nimmt, iſt er verbunden dasienige zu bes
zahlen, was etwa noch von ihrem Joojoor oder
Preiſe ſchuldig iſt, und ſtellt uͤberhaupt in allen
Fällen den Verſtorbenen vor, dies nennt man, ſich
auf ſeine Matte und Kiſſen ſetzen.
Die Keuſchheit iſt eine Tugend, welche an
dieſem Ort mehr als an irgend einem andern
herrſcht. Denn da die Toͤchter der vornehmſte
Reichthum der Eltern find, iſt es ihr größter Vor⸗
theil ſie genau zu bewachen, um ihre Tugend un⸗
befleckt zu erhalten. Dem ungeachtet wird ihre
Sorgfalt doch zuweilen hintergangen. In dieſem
Fall kann der Verfuͤhrer gezwungen werden ſie zu
heurathen und das Jooßoor zu bezahlen, oder
wenn der Vater ſeine Tochter behalten will, muß
der Liebhaber, ihren verringerten Werth durch
eine Summe Geldes erſetzen, und uͤberdem eine
Geldſtrafe Tppong Boomee geben, um die 9
fleckung von der Erde zu tilgen.
Wenn ſich ein Mann von ſeiner Frau e
den laſſen will, die er auf die Art die man Joo—
joor nennt geheurathet hat, kann er alles fo er bes
zahlt hat, zuruͤck fordern, ausgenommen das Ad⸗
N dat
291
dat Charro von fünf und zwanzig Thalern, fuͤr
den ihr zugefuͤgten Schaden. Hat er aber ſchon
die ganze Summe bezahlt, koͤmmt es auf die El⸗
tern an, ob ſie ihre Tochter wiedernehmen wollen,
wo nicht, kann ſie der Mann verkaufen. Die
urſpruͤngliche Ceremonie der Eheſcheidung beſteht
darin, daß man ein Rohr in Gegenwart der Par—
theien, der Verwandten und Vornehmſten des
Landes in zwey Theile ſchneidet.
Die zweyte Art Heurathen heißt Ambelana,
und geſchieht auf folgende Weiſe. Ein Vater
wählt einen jungen Menſchen für feine Tochter
zum Manne, der gewoͤhnlich von einer geringeren
Familie iſt. Dieſe entſagt allen ihren Rechten auf
ihn, und er wird in das Haus ſeines Schwieger—
vaters genommen, der bey der Gelegenheit einen
Buͤffel ſchlachtet, und zwanzig Thaler von den
Verwandten des Sohnes empfaͤngt; und nun ge⸗
hoͤrt derſelbe ganz zur Familie ſeiner Frau; wenn
er ſtiehlt oder mordet, bezahlt dieſe die Strafe.
und wenn er erſchlagen wird, emp faͤngt fie. ſolche,
Eben dieſe Familie muß alle Schulden die er nach
der Heurath macht bezahlen; er behauptet in der
Familie einen Mittelſtand zwiſchen Sohn und
Schuldner. Er genießt alles mit als ein Sohn,
hat aber ſelbſt kein Eigenthum, feine Reisplanta⸗
gen, feine Pfeffergaͤrten und alles was er gewinnt
oder erwirbt, gehoͤrt der Familie. Er kann nach
Gutduͤnken der Eltern geſchieden werden, und
wenn er gleich Kinder hat, muß er doch alles ver⸗
2 2 laſ⸗
*
292
laſſen, und leer zuruͤckkehren wie er gekommen iſt.
Zuweilen ertheilt ihm die Familie die Erlaubniß
ein eignes Haus zu beziehen, aber er, ſeine Frau
und Kinder oleiben nichts deſto weniger ihr Eigen:
thum. Hat er keine Töchter fo kann er ſich los⸗
kaufen wenn er ſeiner Frauen Joojoor bezahlt.
Wenn aber Töchter da find, find die Schwierig⸗
keiten weit größer, weil die Familie ein Recht auf
ihren kuͤnftigen Werth hat. Dennoch iſt es ges
braͤuchlich ihn nachdem er ein Joojoor oder als
lenfalls eine Zugabe von funfzig Thalern bezahlt
hat, loszulaſſen; und mit * Zugabe kann er
auf ſeine Freylaſſung dringen, ſo lange er keine
mannbaren Toͤchter hat. Hat die Familie fuͤr
ihn Schulden bezahlt, ſo muß er die Auslage er⸗
ſetzen. Sollte er mehr Schulden machen als ſie
zu bezahlen fuͤr gut finden, oder wenn ſie befuͤrch⸗
ten, er moͤchte ſie noch mehr haͤufen, ſo laſſen ihn
die Eltern ſcheiden und ſchicken ihn ſeinen Ver⸗
wandten zuruͤck; alle bis zu der Zeit gemachten
Schulden, muͤſſen aber bezahlt werden. Iſt der
Schwiegerſohn ein gaͤnzlicher Verſchwender, ſo
wird er verbannt, wenn ihn aber feine Schwie⸗
gereltern je wieder annehmen, oder ihm mit der
kleinſten Summe beyſtehen, ſo muͤſſen ſie alle ſeine
Schulden uͤbernehmen.
Außer dieſen beyden Arten von Heurathen
giebt es eine dritte Art, die man Semundo nennt.
Dieſe Heurath iſt eine Verbindung der beyden
Theile auf voͤllig gleichen Fuß, und der Braͤuti⸗
gam
293}
gam zahlt den Eltern des Mädchens nur zwoͤlf
Thaler. In dem Kontrakt wird feſtgeſetzt, das
alles Eigenthum, Verdienſt oder Gewinn von jes
der Art, beyden Theilen gleich zugehoͤren ſoll, und
wenn beyde einſtimmig eine Eheſcheidung fordern,
ſo werden die Guͤter und Schulden gleich getheilt.
Verlangt der Mann allein die Scheidung, fo bes
koͤmmt die Frau die Hälfte der Effekten, und der
Mann verliert ſeine zwoͤlf Thaler; fordert aber
blos die Frau die Trennung, ſo verliert ſie ihre
Anſpruͤche auf die Hälfte aller Effekten, und kann
nur ihre Ausſtattung fordern; die Eltern muͤſſen
auch die zwoͤlf Thaler erſetzen, es wird aber ſelten
verlangt.
Die Heurathsgebraͤuche beſtehen blos darin,
daß die Haͤnde der Brautleute zuſammen gegeben
werden. Dies pflegen die Eltern felbſt, oder der
Vornehmſte des Dorfs zu thun: und hierauf
folgt ein Gaſtmahl.
Vor der Heurath haben beyde Geſchlechter
nur wenig Umgang mit einander, denn ſie werden
ſehr forgfältig abgeſondert; und die Mädchen dürs
fen ſich nie von der Mutter entfernen. Nur bey
ihren oͤffentlichen Feſten, die in dem Balli oder
gemeinſchaftlichen Verſammlungshauſe eines jeden
Dorfs gehalten werden, koͤnnen ſie einander ſehen.
Denn hier tanzen und ſingen die jungen Leute
zuſammen, und dies ſind gewoͤhnlich die erſten
Veranlaſſungen zu kuͤnftigen Heurathen, denn ſo⸗
bald die jungen Mannsperſonen ihre Aufmerkſam⸗
keit
294
keit auf eine beſondre Schöne gerichtet haben, pflee
gen ſie ſich eines alten Weibes zu bedienen, Lie |
dem Mädchen ihre Geſchenke uͤberbringt. Die
Eltern miſchen ſich bald in die Sache, die Bedin— |
gungen werden feſtgeſetzt, und ein Gaſtmahl wird
angeſtellt. Dies wird nicht blos von den Ver⸗
wandten und Freunden beſucht, ſondern von allen
Einwohnern der benachbarten Gegend, welche Luſt
haben hinzugehen, und je großer die Menge der
Men ſchen bey einer ſolchen Gelegenheit iſt, deſto
mehr Ehre macht es dem Wirth.
Der Zuſtand der Weiber in dieſen Gegenden
iſt wenig beſſer als der dortigen Sklaven; außer
den haͤuslichen Beſchaͤftigungen, muͤſſen ſie ganz
allein den Reisbau beſorgen. Die Maͤnner fuͤhren,
wenn fie nicht im Kriege ihrer Lieblingsbeſchaͤfti⸗
gung, verwickelt find, ein unthaͤtiges traͤges fa
ben, und bringen den ganzen Tag damit zu, |
mit Blumenkraͤnzen von Amaranth geziert, „ auf
einer Art Floͤten zu ſpielen.
Sie ſind dem Spiel ſehr ergeben, und die—
ſes iſt durchaus keiner Einſchraͤnkung unterwor—
fen, auch hoͤren ſie ſelten auf, ehe einer von bey—
den ganz zu Grunde gerichtet iſt. Wenn einer
mehr verliert als er bezahlen kann, wird er einges
ſperrt, und als ein Sklave verkauft, welches felz.
ten außer bey dem Spiel zu geſchehen pflegt. Iſt
fein Gegner großmuͤthig, fo ſchenkt er ihm zuwei⸗
len die Freyheit, mit der Bedingung ein Pferd zu
ſchlachten, und ein an anzuſtellen.
Eine
295
Eine von ihren Lieblings Beluftigungen find
die Pferderennen. Sie reiten ohne Sattel; das
Gebiß iſt von Eiſen, und beſteht aus verſchiedenen
Gelenken; die Zuͤgel ſind von Rohr; an andren
Orten find ſie von der obenerwaͤhnten Subſtanz,
Ejoo genannt, und das Gebiß von Holz, man
ſagt, daß ſie auch Rehe zu Pferde jagen.
g Die Battas haben dem Anſcheine nach eine
befondere Sprache, die von der malaiſchen ab:
weicht, aber bey genauerer Unterſuchung verhal—
ten ſich die meiſten Woͤrter dieſer Sprache zur
Malapyiſchen, wie ein Dialekt zur Mutterſprache.
Ihre Schriftzuͤge aber find wirklich von den ma:
layiſchen unterſchieden. Es iſt merkwuͤrdig, daß
die Anzahl derer die Leſen und Schreiben koͤnnen,
weit größer iſth als derer, welche es nicht verſtehen;
ein Umſtand den man ſchwerlich bey einem unkul—
tivirten Volke erwarten ſollte, da dies nicht im⸗
mer der Fall bey den geſitteten Nationen iſt.
Es giebt wenige herrſchende Laſter unter Ih⸗
nen. Der Diebſtahl ift beynahe gaͤnzlich unbe⸗
kannt, und ſie beobachten die genaueſte Ehrlichkeit
in ihren Geſchaͤften unter einander. Sie beſitzen
zwar eine ziemliche Fertigkeit Fremden Kleinig-
keiten zu entwenden, halten es aber nicht fuͤr
Unrecht, da fie die uͤblen Folgen davon nicht einſe⸗
hen. 6) Der Ehebruch wird bey den Maͤnnern
f mit
6) Die Gründe warum die Battas Fremde berduben,
unter einander aber Dieberebn n ſind eben
die⸗
296
mit dem Tode, bey den Weibern mit dem Verluſt
des Haupthaars und der Sklaverey beſtraft. Die⸗
ſe Einrichtung iſt ſehr ſonderbar, und muß daher
ruͤhren, daß fie die Weiber für blos Paßive Ges
ſchoͤpfe halten, daher pflegen die Weiſen der
Hindus zu ſagen, „koͤnnt ihr die Butter an das
Feuer halten, und vermuthen, daß fie nicht ſchmel⸗
zen werde?“ Sie glauben, daß die Männer allein
die Eigenſchaften eines freyen Weſens beſitzen,
welches ſeine Leidenſchaften bezaͤhmen oder ihnen
freyen Lauf laſſen kann, je nachdem es gut oder
boͤſe geſinnt iſt. Ein Mord aber wird gelinder
beſtraft und kann abgekauft werden, wenn der
Schuldige oder ſeine Verwandten reich genug ſind,
denn die Summe haͤngt einigermaßen von dem
Gutduͤnken des beleidigten Theils ab.
Aber faͤhrt Herr Marsden fort, eine ihrer
außerordentlichſten, wenn gleich nicht ſeltenen Ges
wohnheiten iſt folgende. Viele alte Schriftſteller
haben die Welt mit Erzählungen von Amtropo—
e oder Menſchenfreſſern beschenkt und ihre
Nach⸗
dieſelben, welche Beobachter bey allen unkultirirten
Nationen angetroffen haben. Durch Dieberey wird ein
Glied des Volks oder des Stamms beleidigt, dies iſt ein
Verbrechen, bey allen Wilden und Barbaren, und
wird alſo unterlaſſen, wie bey den Battas der Fall
ſeyn fell, oder hart beſtraft, wie bey allen Übrigen
Voͤlkern. Raub hingegen wird an Fremden ausge⸗
üͤbt, die nicht zur Geſellſchaft gehoͤren, und daher nie
oder weit weniger als Diebſtahl beſtraft, wie die erſten
Geſetzbuͤcher aller Nationen beweiſen.
297
Nachrichten, fie mochten wahr oder falſch ſeyn,
wurden in den Zeiten, wo man das Wunderbare
gerne hoͤrte, allgemein geglaubt. In der Folge,
da ein groͤßerer Unterſuchungsgeiſt allgemeiner
ward, fand man, daß viele dieſer angeblichen Be:
richte falſch waren, und aus einem Hange der
der Menſchlichen Natur angebohren iſt, ſchweifte
man jetzt auf der entgegengeſetzten Seite aus, und
es ward als eine Philoſophiſche Wahrheit, die ſich
beynahe Mathematiſch beweiſen ließ, feſtgeſetzt,
daß keine ſolche Menſchengattung je exiſtirt hätz
te, oder exiſtiren koͤnnte. Aber die Verſchie⸗
denheiten und Wiederſpruͤche der menſchlichen Sit—
ten ſind zu zahlreich und auffallend, als daß es
möglich. wäre, allgemeine Grundſaͤtze zu beſtim⸗
men, die man bey allen Gattungen von Menſchen
anwenden koͤnnte; und es laͤßt ſich kaum eine
Ausſchweifung denken, die nicht bey dieſen oder
jenen zu finden waͤre. Die Reiſen unſrer letzten
beruͤhmten Weltumſegler deren Glaubwuͤrdigkeit
unbezweifelt iſt, haben der Welt ſchon bewieſen,
daß die Wilden von Neuſeeland Menſchenfleiſch eſ—
ſen: und ich kann das Publikum mit gleicher Ge⸗
wisheit verſichern, daß es gegenwaͤrtig auf der
Inſel Sumatra von dem Volk der Battas und
blos von ihnen gegeſſen wird. Ob dieſer abſcheu⸗
liche Gebrauch in alten Zeiten ausgebreiteter qe=
weſen iſt, kann ich nicht beſtimmen. Aber eben
die alten Schrifſteller die es von den Battas ev:
zaͤhlen, und deren cen unrechtmaͤßig fuͤr
falſch
298
falſch gehalten wurden, melden eben das von
vielen andren oͤſtlichen Voͤlkern, und vornehm:
lich von den Einwohnern der Inſel Java; welche
ſeit der Zeit vermuthlich 4 geſittet geworden
find. 7
Die
7) Der Battas und ihrer Sitten geſchieht bey fol⸗
genden Schriftſtellern Erwaͤhnung. Nicoli di Con-
ti der 1449 in Indien war, ſagt beym Ramuſio.
„Die Einwohner von Sumatra ſind Heiden. Die
Leute von Battach eſſen Menſchenfleiſch und gebrau⸗
chen die Schädel ihrer Feinde als Geld, und derjeni⸗
ge wird fuͤr den Vornehmſten gehalten wer die meh⸗
reifen aufzuweiſen hat.“ — Odoardo Barbofa der
1510 ſchrieb. In Aru, welches nahe bey Batta liegt,
eſſen fie Menſchenfleiſch.“ — Beaulieu 1622. erzählt
von den Battas, daß ſie eine Sprache reden die von
dem Malapyiſchen verſchieden it, Abgoͤtter und Kanni⸗
balen wären, ihre Gefangenen niemals auslöfen, fon»
dern fie mit Pfeſſer und Salz eſſen. Sie haben keine
Religion, aber eine Art von Politiſcher Verfaſſung.
— De Barros 1558. Die Heiden zogen ſich vor den
Malayen in die inneren Theile der Inſel zuruͤck. Die⸗
jenigen, welche in dem Malacca gegen uͤber liegenden
Theile wohnen, werden Battas genannt. Sie eſſen
Menſchenfleiſch, und find das wildeſte kriegeriſche
Volk der. Inſel. Die, welche gen Süden wohnen,
heißen Sotumas und find mehr gefittet. — Kapitain
Hamilton. Man ſagt, daß die Einwohner von Dell⸗
my (an einem Fluſſe der durch das Land Battas
fließt) Menſchenfreſſer ſind. — Vartomannus ſchreibt
ſchreibt 1504, daß die Einwohner von Java Men⸗
ſchenfleiſch aßen, ehe ſie mit den Chineſern handel⸗
ten, welches wie die Leute ſagten etwa ſeit hundert
Jahren war.
299
Die Battas eſſen nicht Menfchenfleifch um
den Hunger zu ſtillen, oder aus Mangel an en—
dren Nahrungsmittem; eben fo wenig wird es,
wie unter den Neuſeelaͤndern, als ein Leckerbifien
geſucht. Sie eſſen es blos als eine Art von Cere—
monie; um ihren Abſcheu gegen das Laſter, durch
eine ſchmaͤhliche Strafe an den Tag zu legen, und
als einen ſchrecklichen Beweis des Haſſes und der
Verſpottung ihrer ungluͤcklichen Feinde. Die Ge—
genſtaͤnde dieſer unmenſchlichen Mahlzeiten ſind im
Kriege gemachte Gefangene; und Miſſethaͤter die
großer Verbrechen uͤberwieſen find. Erſtere koͤnnen
ausgeloͤſet oder umgetauſcht werden, und es wird
zuweilen lange darauf gewartet; und die letzteren
werden nur um das Leben gebracht, wenn ihre
Verwandten die gewoͤhnliche Geldſtrafe von acht—
zig Thalern nicht bezahlen koͤnnen. Sie werden
von dem Volk des Stammes gerichtet, wo die
That begangen ward, das Urtheil kann aber nicht
eher vollzogen werden, bis ihr eigener Rajah oder
Chef die Rechtmaͤßigkeit deſſelben beftätiget hat;
dies geſchieht durch Ueberſendung eines Tuches,
welches man dem Verbrecher über den Kopf brei⸗
tet, nebſt einer großen Schuͤſſel von Salz und Ci⸗
tronen. Der Ungluͤckliche wird denn an einen
Pfahl gebunden; das verſammelte Volk wirft feis
ne Lanzen nach ihm in einer gewiſſen Entfernung,
und ſobald er toͤdtlich verwundet iſt laufen ſie wuͤ⸗
tend hin, ſchneiden Stuͤcke aus ſeinen Leibe mit
ihren Meſſern, tauchen ſie in die Schuͤſſel mit
Salz
300
Salz und Citronenſaft: röften fie ein wenig uͤber
einem Feuer das zu dem Zweck bereitet wird, und
verzehren die Biſſen mit einem wilden Enthuſias⸗
mus. Zuweilen (vermuthlich nachdem ihre Rad:
gier groß iſt) verzehren fie den ganzen Körper,
und man hat Beyſpiele, daß ſie mit noch erhöhes
ter Barbarey das Fleiſch mit den Zaͤhnen abgeriſ—
ſen haben. So tief kann der Menſch fallen, wenn
weder Religion noch Philoſophie ſeinen Weg er—
leuchten. Alles was man vorbringen kann um
den Greuel dieſer entſetzlichen Ceremonie zu mils
dern, iſt, daß ſie nicht die Abſicht zu haben
ſcheinen, die Qualen der Ungluͤcklichen Leidenden
unnoͤthig zu verlängern: ihre ganze Wuth iſt ges
gen den Koͤrper gerichtet; der zwar noch warm
vom Ueberreſte des Lebens iſt, aber doch keinen
Schmerz mehr empfindet.
In Abſicht auf das Verzehren ihrer Feinde
die in der Schlacht fallen, habe ich verſchiedene
Meinungen gehoͤrt. Einige Perſonen die ſich lan⸗
ge dort aufgehalten haben, und mit ihren Sitten
gut bekannt ſind, verſichern, daß es nicht ge⸗
braͤuchlich ſey; da aber hingegen andere Beyſpiele
genug anfuͤhren, wenn und wo von den Battas
Kriegsgefangene aufgefreſſen worden, iſt es billig
zu ſchlieſſen, daß es zuweilen, wenn gleich nicht
gewoͤhnlich gethan wird. Man glaubte, daß Ra⸗
jah Neabin aus dieſer Abſicht ſo lange und eifrig
um den Koͤrper des Herrn Nairne focht, einen
wuͤrdigen und um die Indiſche Compagnie ſehr
ver⸗
301
verdienten Mann, der bey einem Angrif auf das
Campong dieſes Chefs 1775 blieb.
Es iſt mir uͤber dieſen Punkt verſchiedentlich
eingewandt worden, daß ich ſelbſt kein Augenzeuge
eines Battafeſtes dieſer Art geweſen, und daß
mein Zeugniß ſehr viel von ſeiner Staͤrke verliere,
weil ich meine Nachrichten nur aus der zweyten,
vielleicht gar dritten Hand bekommen habe. Al⸗
les was ich dagegen ſagen kann, iſt, daß ich den
Umſtand ſelbſt für ganz wahr halte, und daß mei:
ne Ueberzeugung aus folgenden Umſtaͤnden ent:
ſtanden iſt. Erſtlich iſt es eine in der ganzen In⸗
ſel allgemein bekannte und nie bezweifelte Sache;
Zweytens habe ich mit Eingebohrnen geſprochen,
die die Wahrheit des Gebrauchs eingeſtanden,
und ſich deſſen ſchaͤmten, ſobald fie ſich eine Zeit-
lang unter geſittetern Menſchen aufgehalten hate
ten. Drittens ſind drey meiner Bruͤder Chefs
der Riederlaſſungen zu Natal und Tapanooly
geweſen, welche täglichen Umgang mit Battas
hatten, und alle haben mich verſichert die Sa⸗
che waͤre wahr. Dieſelben Verſicherungen habe
ich von verſchiedenen andren Perſonen gehabt, die
eben die und noch mehrere Gelegenheit hatten ſich
zu belehren, und alle ihre Erzaͤhlungen ſtimmen
im weſentlichen uͤberein. Herr Bradley Reſident
zu Tapanooly, legte vor einigen Jahren einem
Rajah eine Geldſtrafe auf, weil er einen Gefan⸗
genen zu nahe bey den Riederlaſſungen der Com⸗
pagnie verzehrt hatte. Herr Alexander Hall be⸗
rech⸗
302 a
rechnete der Compagnie eine Summe die er einem
Rajah des Landes gegeben hatte, um ihn zu be⸗
wegen einen Ungluͤcklichen zu ſchonen, den Herr
Hall zum Opfer hatte zubereiten ſehen. Herr
Karl Miller fagt in dem oben angefuͤhrten Tage: |
buch. In dem Sappeou oder Haufe wo die Ra⸗
jahs Fremde empfangen, ſahen wir einen Mens
ſchenſchaͤdel hängen, von welchem uns der Rajah
erzaͤhlte, daß er dort als ein Siegeszeichen aufbe⸗
wahrt wuͤrde, und von einem Feinde waͤre, deſſ en
Körper fie (nach der Gewohnheit der Battas) vor
zwey Monaten verzehrt haͤtten.
Die Regierung des Landes iſt in den Hän-
den vieler kleiner Chefs die Rajahs genannt wer⸗
den, und die ſelten von einer hoͤheren Gewalt ab⸗
haͤngen; dieſe verbinden ſich oft unter einander
(vornehmlich die zu einem Stamme gehoͤren), zur
gegenſeitigen Vertheidigung und Sicherheit gegen
einen entfernten Feind. Sie ſind ſehr eiferſuͤch⸗
tig auf die zunehmende Gewalt dieſes oder jenen
unter ihnen, und bey dem geringſten Vorwande
entſteht ein Krieg. Das Anſehen verfchiedener.
Campongs iſt aber ſehr ungleich, und muß natürz
lich auch ſo ſeyn, da jeder der zehen oder zwoͤlf
Mann und zwey, oder drey Gewehre zuſammen—
bringen kann, die Unabhaͤngigkeit ſpielt, und kei⸗
nen Obern erkennt.
Die beyden Diſtrikte Ankola en Mandee⸗
ling ſcheinen dennoch eine Ausnahme gegen dieſen
allgemeinen Mangel an Subordingtion zu ſevn,
da
303
da jeder einen eignen oberſten Rajoh hat, der
uͤber alle Staͤmme geſetzt iſt. Sie beſitzen aber
freylich nur einen Schatten von Gewalt, weil
die mächtigen Vaſallen ihnen wenig Unterwuͤrfig—
keit bezeigen, außer wenn es ihr Vortheil ers
fordert.
Die maͤchtigern Rajahs maßen ſich Gewalt
uͤber das Leben ihrer Unterthanen an. Die Ein—
ohner in allen Campongs find verpflichtet ihren
Chef auf allen ſeinen Reiſen und Zuͤgen zu beglei—
ten, und wenn einer ſich deſſen weigert, wird er
gus der Gemeinſchaft verſtoſſen, und darf das
Seinige nicht mitnehmen. Der Rajah verſieht
fie während des Zuges mit Lebensmitteln, und
giebt jedem der einen Feind toͤdtet eine Beloh—
lung von zwey Beenchangs. (ungefähr vier Spas
niſche Thaler). Wenn er ſeine Spielſchulden be—
zahlt, beſtimmt er ſelbſt nach Gutduͤnken den
Werth der Pferde und Büffel die er ſtatt Bezah⸗
lung giebt (den Geld wird nicht in dem Lande
gebraucht), und feine Unterthanen muͤſſen es ſich
gefallen laſſen fie nach feiner Schaͤtzung anzuneh—
men. Sie ſind alle verbunden eine gewiſſe An⸗
zahl Tage in ſeinen Reisplantagen zu arbeiten.
Außer dieſem giebt es noch eine Art von kleinern
Dienſt, wegen Ländereien die einer von dem anz
dren gepachtet hat Der Pachter iſt gehalten den
Eigenthuͤmer uͤberall wo er ihn begegnet Achtung
zu bezeigen, und jo oft er ihn mit feinen Veſuche
beehrt gut zu bewirthen. Das Volk hat ein un:
Forſters L. u. V. K. 3. Tb. U ein
304
eingeſchraͤnktes Eigenthumsrecht über feine Guͤ
ter. Es kann ſie verkaufen wenn es ihnen gut
duͤnkt. Wenn einer Baͤume pflanzt und ſie ver⸗
läßt, kann der folgende Inhaber wohl die Fruͤch⸗
te derſelben verzehren, aber nicht die Bäume ver⸗
kaufen.
Die Einkuͤnfte des Chefs, beſtehen haupt⸗
ſaͤchlich in den Strafgeldern die bey gerichtlichen
Streitigkeiten vorfallen, und die ſich der Naja
ſelbſt zueignet; wie auch aus dem Ertrag aller
Benzoe und Kampferbaͤume in dem ganzen Dis
ſtrikt, die als das Eigenthum des Chefs betrach⸗
tet werden: auf letzteres wird aber nicht ſtrenge
gehalten.
Wenn unter den Einwohnern von einerley
Campong Streitigkeiten entſtehen, werden fie von.
einer dazu beſtimmten Magiſtratsperſon unters
ſucht und entſchieden, und man ſagt, daß von
dieſem keine Appellation an den Rajah ſtatt fin
det: fallen Uneinigkeiten zwiſchen Perſonen von
verſchiedenen Campongs vor, ſo werden ſie in ei⸗
ner Zuſammenkunft der Rajahs beygelegt. Wird
eine Anzahl Leute nach der Bay geſchickt, um
Salz zu kaufen, oder andre Geſchaͤfte zu beſor⸗
gen, ſo werden ſie von einem Aufſeher degleitet,
der uͤber ihre Auffuͤhrung wacht, und ſie zuweilen
auf der Stelle beſtraft, wenn ſie ſich auf irgend
eine Art vergehen, oder wiederſpaͤnſtig bezeigen.
Dieſe Einrichtung erhält eine ſehr große Ordnung
| und Ruhe.
Uns
305
Ungeachtet die Bottas einen großen Hang
zur Unabhängigkeit fühlen, und alle die ſich cinis
ge Gewalt über ihre kleinen Geſellſchaften anma-
ßen herzlich verachten, fo haben fie doch durch
gaͤngig eine aberglaͤubiſche Ehrfurcht für den Sul—
tan von Menangcabo. Dieſer mahommetaniſche
Prinz iſt der maͤchtigſte auf der ganzen Inſel, und
ehedem beherſchte er ſie ganz. Seine ihm noch
unterwuͤrſige Staaten liegen etwa in der Mitte
derſelden, haben aber vermittelſt der großen
Fluͤſſe Gemeinſchaft mit der weſtlichen Kuͤſte. Die
ſogenannten ſumatriſcheu Könige von Acheen, nz
drapur, Moco moco, Palembang und Jambee
erkennen ihn fuͤr ihren Oberherrn, erlegen auch
ihm zuweilen einiges Schutzgeld, und dezeigen
ſeinen wirklichen oder vorgegebnen Verwandten
und Abgeſandten, wenn ſie ſich unter ihnen ſehen
laſſen, einen blinden Gehorſam: ſogar wenn er ſie
beleidiget, oder ihr Leben bedroht wird, wieder—
ſetzen ſie ſich nicht: denn ſie glauben, daß ihre
Geſchaͤfte nie gut gehen, daß der Mehlthau ihre
Erndten treffen, ihre Buͤffel ſterben und ſie un—
ter einer Art von Bezauberung bleiben wuͤrden,
wenn ſie dieſe heilige Abgeſandten erzuͤrnten.
| Sie werden durch ſehr geringe Veranlaſſun⸗
gen zum Kriege gereitzt, und ihre Entſchluͤſſe wer—
den eben ſo bald ausgefuͤhrt als gefaßt. Eigent⸗
lich iſt ihr ganzes Leben ein Beftändiger Krieg,
und fie find entweder zum Angeif oder zur Ges
genwehr fertig. Sobald ſie eine Unternehmung
| u 2 ber
zu Grunde richten würde. - Selten wagen fie
Sie pflegen zuweilen um den Feind aufzuhalten,
ſen Gelegenheiten kann ſich ein Mann einen gan⸗
306
beſchloſſen haben, wird der Anfang damit ge—
macht, daß man blind in das feindliche Campong
feuert, um der andren Parthie Trotz zu bieten.
Sonach wird dem Feinde drey Tage Zeit gelaſſen
um Friedensvorſchlaͤge zu thun; geſchieht dies
aber nicht, oder die Vorſchloͤge find etwa nicht
annehmlich, fo wird der Krieg, völlig deklarirt.
Die Ceremonie blos mit Pulver zu ſchießen nen-
nen fie „dem Feinde Rauch hintragen.“ In ih⸗
ren Kriegen die zuweilen zwey bis drey Jahre
dauern, liefern ſie ſelten ein Treffen auf offe—
nen Felde; da ein Verluſt von zehen oder zwoͤlf
Mann auf jeder Seite beynahe beyde Partheien
auch einen öffentlichen Angriff auf ihre Doͤrfer;
ſondern begnuͤgen ſich damit, daß ſie den einzel-
nen Herumlaͤufern in den Waͤldern auflauern.
Hier verbergen ſich zuweilen drey oder vier nes
ben dem Fußſteige, und wenn ſie ihre Feinde ſe—
hen, geben ſte Feuer und laufen ſogleich fort.
ſpitzige Pfaͤhle in die Erde zu ſchlagen. Bey dies.
zen Tag mit einer einzigen Kartoffel behelfen,
welches ihnen einen großen Vortheil uͤber die
Malayen giebt, mit denen ſie oft zu thun haben,
und die beſſere Nahrung verlangen.
Si.e befeſtigen ihre Campongs oder Flecken
mit großen Erdwaͤllen, die auf der Hälfte der Anz
hoͤhe mit Strauchwerk bepflanzet ſind. Außer⸗
| 0 halb
307
halb dem Wall iſt ein Graben, uud an jeder
Seite deſſelben eine hohe Paliſade von Kampfer—
holz, weiter hin iſt eine undurchdringliche Hecke
von dem ſtachlichten Bamboo, der, ſo bald er
ſeinen gehoͤrigen Wachsthum erreicht hat erſtau—
nend dicht wird, und allen Anſchein einer Stadt
verſteckt. Außer allen dieſen Befeſtigungen mer:
den noch ſcharfe ſpitze Pfaͤhle an allen Seiten hin—
gepflanzt, die die Annäherung einen beynahe mas
ckenden Feinde ſehr gefährlich machen. An jeder
Ecke der Feſtung wird ſtatt eines Thurms ein ho⸗
her Baum geſetzt, auf welchen ſie klettern, um
zu kundſchaften oder zu feuern. Sie bleiben un-
gern blos zur Vertheidigung in ihren Campongs,
und laſſen daher gewohnlich nur einige zur Bez
ſchuͤtzung zuruͤck, indeſſen fie in die Ebene vorrüs
cken, wo fie leichte Bruſtwehren und Retranche—
mens aufwerfen. Sie werden nie Handgemein,
ſondern bleiben in einer ſichern Entfernung, ſel—
ten naͤher als einen Flintenſchuß; ausgenommen
wenn ſie uͤberraͤſcht werden.
Ihre Standarte im Kriege iſt ein Pferde—
kopf an dem eine lange Maͤhne oder Schweif von
Pferdehaaren herunter haͤngt. Ihre Waffen be—
ſtehen in einer Flinte die mit einer Lunte ange—
zuͤndet wird, Lanzen von Bamboorohr, und ei—
nem kleinen Seitengewehr wie ein Degen oder
großes Meſſer. Sie tragen keinen Dolch oder
Kris wie die Malayen. Ihre Ammunitionska—
ſten ſind mit vielen kleinen hoͤlzernen Buͤchſen ver⸗
ſehen, 0
308
ſehen, von welchen jedes einen Schuß enthält,
und in dieſen verwahren ſie auch ihre Lunten,
und kleine Ranjows oder ſcharfe Stecken; die
größeren werden in einem Gelenke des Bamboos
getragen, welches wie ein Köcher über die Schule
ter geworfen wird. Sie haben ſehr kuͤnſtlich ges
ſchnitzte und verzierte Maſchienen, um ihre Ku⸗
geln zu bewahren, und noch andre von einer ganz
ungewoͤhnlichen Geſtalt, fuͤr ihren Vorrath von
Schießpulver. Dieſes letztere bereiten fie ſelbſt,
und erhalten den Salpeter von Ziegenkoth. Ihre
Flinten bekommen ſie durch Kaufleute, die ſie ih⸗
nen aus Menangcabo bringen, wo ſie verfertiget
werden. Ihre Seitengewehr machen fie ſelbſt.
Die Kuͤſtenbewohner vertauſchen ihren Weih⸗
rauch und Kampfer gegen Eiſen, Stahl, Meſ—⸗
ſingdraht und Salz; von letzterem nehmen ſie in
der Bay von Tappandoly jaͤhrlich hunderttauſend
Gallons 8) oder Bamboos. Die Artikel vers
kaufen ſie wieder an die Einwohner der inneren
Theile, gegen die Produkte und Manufakturwaa⸗
ren des Landes, hauptſächlich Baumwollene Zeu⸗
ge von denen wenig eingefuͤhrt wird. Einige
tragen um den Kopf einen Streif fremdes blaues
Tuch und einige wenige haben Ladjoos, oder
Oberkleider von Ziz; im Ganzen aber iſt der Abs
ſatz der Waaren in der Bay ſehr geringe. Ein
großer Handel wird von Natal aus nach der nah⸗
gele⸗
8) Eine Gallon enthält a2 Dunst Mön ner deut⸗ |
ſchen Maßes.
309
gelegenen Inſel Neas, getrieben. Sie erhalten
von dort Reis un) Sklaven, und von letzteren bis
auf vierhundert und funfzig jaͤhrlich, außerdem
aber noch ungefaͤhr hundert und funfzig die nach
den noͤrdlichen Gegenden gehen. Auch rechnet
man, daß nicht weniger als zweyhundert dieſer
ungluͤcklichen Schlachtopfer auf der Menſchen⸗
jagd, wo ſie ihre Freiheit verlieren, umkommen,
welches zuſammen genommen eine fehr anfehnliz
che Anzahl für ein fo kleines unbedeutendes, und
ſonſt kaum dem Namen nach bekanntes Eiland ift,
Die Einwohner von Neas find klein von Perſon;
und ſehr blond, vornehmlich die Weiber, von des
nen viele nach Batavia geſchickt werden. Eine
große Anzahl von beyden Geſchlechtern ſind aber
mit einer Art von Ausſatz behaftet, welcher de;
ganzen Leib mit weißen Schuppen bedeckt; ihre
Ohren ſind auch auf eine ſo unnatuͤrliche Art aus—
gezerrt, daß fie bis auf die Schultern herabhan—
gen, die Käufer der Weiber helfen dieſem Uebel—
ſtand aber gewoͤhnlich ab, und verſchneiden die
Ohren bis zu einer maͤßigen Groͤße. Sie ſind
ſehr geſchickt in allen Handarbeiten und koͤnnen
ſogar ſehr kuͤnſtlich durch Schroͤpfen zur Ader lafs
ſen, beynahe auf eben die Art als bey uns uͤb⸗
lich iſt. |
Unter den Einwohnern von Sumatra hin-
gegen, wird nie in einer ſo nuͤtzlichen Abſicht, Blut
vergoſſen. Sie haben in ihrer Sprache und Sit⸗
ten mit den Battas viel Aehnlichkeit, ſind aber in
eini⸗
310
einigen Hauptpunkten ſehr verſchieden. Ihre
vornehmſte Speiſe iſt Schweinefleiſch, und die
Chefs pflegen ihre Häufer mit den Kinbacken der
Schweine, ſo wohl als mit den Schaͤdeln ihrer
erſchlagenen Feinde zu ſchmuͤcken. Sie ſind rach-
gierig von Natur, und man haͤlt es fuͤr gefaͤhr⸗
lich ſie zu Hausarbeiten zu gebrauchen. Dieſen
Fehler ihres Charakters aber werden die Philoſo—
phen leicht bey einem freyen Volk entſchuldigen,
das man mit Gewalt feinem Vaterlande und feis
nen Verbindungen entreißt.
Da die Battas ſich keines Geldes bedienen, f
wird der Werth einer jeder Sache nach verſchie—
denen Waaren beſtimmt. Im Handel mit Frem⸗
den rechnen fie nach Tampang oder Kuchen von
Weihrauch; unter ſich ſelbſt aber gewoͤhnlich nach
Buͤffeln; zuweilen werden auch Meßingdrath oder
Glaskorallen als Scheidemuͤnze gebraucht. Ein
Gallon oder Rolle Meßingdrath iſt ungefaͤhr ſo
viel als ein Thaler. Zu ganz kleinen Bezahlun⸗
gen brauchen ſie Salz, und hier gilt ein Maaß
von ungefaͤhr zwey Pfund Saloop genannt, etwa
zwey Groſchen; ein kleineres Maaß (Ballee) iſt
vier Pfennige werth.
Zur groͤßeren Bequemlichkeit des Handels,
ſind quer durch das Land hinter Tappanooly dem
vornehmſten Handelsplatz, vier Stationen feſtge—
ſetzt, wo alle vier Tage das ganze Jahr durch ein
Öffentlicher. Markt gehalten wird; der einen Tag
dauert. Die Leute in dem Diſrikt der vierten
Sta⸗
311
Station, verſammeln ſich mit ihren Waaren an
dem beſtimmten Ort; und hier kommen die von
dem dritten Diſtrikte hin, und kaufen von ihnen.
Auf gleiche Weiſe handeln die dritten mit den
zweyten, und die zweyten mit den erſten, die den
Europäern und Malayen wieder an ihrem Markt⸗
tage die eingehandelten Waaren verkaufen. Bey
dieſen Gelegenheiten ruhen alle Uneinigkeiten. Je—
der der eine Flinte beſitzt, trägt einen grünen
Zweig in der Muͤndung derſelben, zum Zeichen
des Friedens, 9) und wenn er auf den Markt
kommt, folgt er dem Beyſpiel des Aufſehers, und
ſchießt ſein Gewehr in einem Haufen Erde ab,
wenn er aber weggeht ſucht er ſeine Kugel wieder.
Es iſt nur ein Haus an dem Ort wo der Markt
gehalten wird, und dies iſt zum Behuf des Spiels.
Der Platz iſt mit geraden Reihen Obſtbaͤumen bes
pflanzt, die ſtatt der Buden dienen, und eine von
dieſen Alleen iſt blos fuͤr die Weiber beſtimmt.
Dieſe Maͤrkte welche die Malayen Onan nennen,
ſind nicht allein bey den Battas eingefuͤhrt; doch
werden in andern Theilen von Sumatra nicht die:
ſelben Formalitäten dabey beobachtet. N
Von
9) Die an der Muͤndung mit Roſen, Nelken und ans
dern Blumen gezierten Buͤchſen, der zum Scheiben-
ſchieſſen ausziehenden deutſchen Bürger unterſchieden
ſich vielleicht in den Anfängen dieſer Bürgerlichen
Luſtbarkeit eben dadurch, von der zum Krieg und
Streit ausmarſchirenden buͤrgerlichen aßili.
312
Von ihrer Religion, kann man kaum mit
Gewisheit ſagen, daß ſie eine haͤtten. Doch ha⸗
ben ſie noch mehr Ceremonien als die Leute von
Rejang oder Paſſummah; und es giebt eine Klaf
ſe von Menſchen unter ihnen, die man Prieſter
nennen koͤnnte, da ſie das Amt haben die Todten
zu begraben, und ungluͤckliche oder gluͤckliche Ta-
ge zu weiſſagen, welche die Battas ſehr genau
beobachten. Einer von dieſen Maͤnnern befindet
ſich in jedem Campong. Sie haben einigen Ber
griff von einem maͤchtigen Weſen, welches guͤtig
geſinnt iſt, und einem andren, daß den Menſchen
Boͤſes zufuͤgt; aber ſie bezeigen keinen von bey⸗
den eine Art von Anbetung, und ſcheinen keine
Hofnung oder Furcht eines zukuͤnftigen Zuſtandes
zu haben. Man ſagt, ſie haben einen Namen
für das erſtere Weſen den fie auszuſprechen fuͤrch—
ten, Herr Marsden glaubt aber, daß es das
Wort Daibattah ſey (wie er aus einer andren
Quelle erfahren hat,) welches mit der allgemei⸗
Benennung der Gottheit im ganzen Oſten uͤber⸗
einkoͤmmt. 10) Den boͤſen Geiſt nennen ſie Mur⸗
giſo. Die einzigen Gebraͤuche die eine Verbin—
dung mit der Religion zu haben ſcheinen, finden
ſich
10) Das hoͤchſte Weſen, was die Battas Daibattah
nennen, führt bey den Malayen den Namen Allah⸗
tallah, bey den Einwohnern von Acheen Allah, den
Rejangs einem andern ſumatriſchen Volk Oolah⸗
tallo, und den Einwohnern von Lampoon, Alle:
talla.
313
ſich bey ihren Eidesleiſtungen, bey ihren Weiſſa⸗
gungen und Begraͤbniſſen. Ein Menſch der eis
nes Verbrechens beſchuldiget wird, und feine Uns
ſchuld behauptet, wird in einigen Faͤllen losge⸗
ſprochen, wenn er einen feyerlichen Eyd ablegt,
zuweilen aber muß er eine Art von Feuerprobe
aushalten. Es giebt verſchiedene Arten einen Eyd
abzulegen, gewoͤhnlich wird bey dieſer Gelegen—⸗
heit ein Hahn geſchlachtet. Der Veklagte nimmt
alsdenn ein wenig Reis in den Mund, und
wuͤnſcht, daß es Stein werden moͤge, wenn er
des beſagten Verbrechens ſchuldig iſt; oder er
haͤlt eine Flintenkugel empor, und wuͤnſcht, daß
er in dieſen Falle erſchoſſen werden moͤge. Bey
wichtigern Veranlaſſungen, ſetzen ſie ein kleines
blechernes oder bieyernes Bild mitten in eine
Schuͤſſel voll Reis rund um welche Flintenkugeln
liegen. Neben dieſer kniet der Beklagte, und
betet daß ſeine Erndte fehlſchlagen, ſein Vieh ſter⸗
beu, und er nie Salz genießen moͤge (welches ſie
vermuthlich als etwas zum Leben unentbehrliches
anſehen) wenn er nicht die Wahrheit ſagt. Dieſe
blechernen Figuren koͤnnen vielleicht Gegenſtaͤnde
eines Abgoͤttiſchen Dienſtes ſeyn, Here Marsden
hat aber nie erfahren, daß man ihnen irgend eine
Art von Anbetung bey andren Gelegenheiten be—
zeigt hatte. Wie die Heiligen: Reliquien werden
ſie blos gebraucht um dem Eyde ein geheimniß⸗
volleres und feyerlicheres Anſehn zu geben. Sie
haben auch geſchnitzte Abbildungen eines Pferde⸗
| kopfes
5
314
kopfes die die Europäer gewoͤhnlich Battagoͤtzen
nennen, aber weiter nichts find als die vorer⸗
waͤhnten Standarten.
Ehe ſie in den Krieg ziehen, ſchlachten ſie
einen Büffel oder ein ganz weißes Huhn, und
weiſſagen aus der Bewegung der Eingeweide den
guten oder uͤblen Ausgang ihres Vorhabens.
Der Prieſter der dieſe Ceremonie verrichtet, muͤßte
eigentlich unfehlbar ſeyn, denn wenn der Er-
folg ſeinen Prophezeyungen wiederſpricht, koſtet
ihm ſein Mangel an Geſchicklichkeit zuweilen das
Leben. b
a Wenn ein Rajah oder andre Standesperſon
ſtirbt, dauert das Begraäbniß zuweilen einige Mo—
nate; das heißt, die Leiche bleibt fo lange unbe-
graben, bis alle benachbarte und entfernte Ra—
jahs; und in gewoͤhnlichen Faͤllen alle Verwandte
und Glaͤubiger des Verſtorbenen, ſich verſammeln
koͤnnen, um die Beerdigung mit gehoͤriger Wuͤr—
de zu feyern. Zuweilen kommt die Saat- oder
Erndtezeit dazwiſchen, und dieſe nothwendigen
Geſchaͤfte muͤſſen erſt beſorgt werden, ehe man
zur Ceremonie ſchreiten kann. Die Leiche wird
mittlerweile in einem Sarg aus einem ausgehoͤhl⸗
ten Amoubaum gelegt, und gut mit Harz bederkt.
Demungeachtet wird noch eine Bambooroͤhre an
dem untern Theil des Sarges angebracht, die von
dort in die Erde geht, und dazu dient alle Faͤul⸗
niß abzufuͤhren, ſo daß eigentlich nichts als die
Knochen bleiben.
So⸗
—
315
Sobald das Volk verfammelt ift, wird der
Sarg herausgebracht, und an einem freyen Platz
hingeſtellt. Jede von den ankommenden Wei—
bern bringt einen Korb mit Reis, und ſetzt ihn
neben der Leiche; ſie tanzen darauf um dieſelbe
und beluſtigen ſich bis ihr Vorrath von Speiſen
verzehrt iſt, denn es werden auch zu gleicher Zeit
ein oder mehrere Büffel oder Pferde geſchlachtet
und geſpeiſet. Denn nimmt der Prieſter (deſſen
Leib mit allerley Figuren von Vögeln und Thies
ren tatovirt und mit verſchiedenen Farben be—
mahlt iſt) ein Stuͤck Buͤffelfleiſch, ſchwingt es
herum, wirft ſich dabey mit großer Heftigkeit in
viele ſonderbare und verdrehte Stellungen, und
verzehrt den Biſſen mit vieler Gierigkeit. Nach—
her ſchlachtet er ein Huhn uͤber dem todten Koͤr—
per und laͤßt das Blut auf dem Sarg laufen;
denn nimmt er einen Beſen aus den Fibern der
Kokosnuß gemacht, und feget damit wuͤtend um
ſich her, als wenn er einen boͤſen Geiſt vertreiben
wollte. Unterdeſſen kommen auf einmal vier das
zu beſtimmte Maͤnner, nehmen den Sarg auf und
laufen geſchwinde damit fort, als wenn ſie den
böfen Geiſt entrinnen wollten, waͤhrend deſſen der
Prieſter immer hinter ihnen her fegt. Der Sarg
wird denn drey oder vier Fuß tief in die Erde
geſenkt, die um das Grab herum aufgeſchuͤttet
wird; ein Schuppen wird daruͤber gebaut, und
die Hoͤrner der geſchlachteten Buͤffel werden an
die Pfoſten genagelt, und jeder begiebt ſich nach
Hauſe. Die
316
Die Nation der Battas hat ihren urſpruͤng⸗ |
lichen Charakter und ihre Sitten unveraͤnderter
beybehalten, als alle wenigſtens don den Nörds |
lichen Einwohnern der Inſel gethan haben. Hie—
zu koͤnnen verſchiedene Urſachen beygetragen bez
ben. Erſtlich ihre Entfernung von der Seekuͤſte |
und gaͤnzliche Unerfahrenheit in der Schifffarth.
Zweytens weil es in ihrem Lande (ausgenommen
in den aller ſuͤdlichſten Ende) kein Gold giebt,
welches raubbegierige Eroberer oder Koloniſten
reisen koͤnnte. Hiezu kann man noch die Form
der Regierung die unter viele kleine Chefs zer⸗
theilt iſt, rechnen; die die Annahme neuer Mey⸗
nungen und Gebraͤuche wenig beguͤnſtiget, wel⸗
ches eher geſchieht wo ein ganzes Volk ſich nach
den Willen eines einzigen richtet, und ſeinen Bey⸗
ſpielen folget, und endlich iſt es nicht unglaublich,
daß durch den Ruf von der Wildheit der Einwoh⸗
ner, die durch ihr Menſchenfreſſen fo ſehr ver-
mehrt wurde, der Bekehrungsgeiſt der mahommet⸗
taniſchen Religtongeiferer, welche Sitten und Ge:
brauche bey den oͤſtlichen Inſulanern fo man⸗
nichfaltig umgeaͤndert haben, vieleicht gedaͤmpft
worden.
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