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Full text of "Beiträge zur Völker und Länderkunde ..."

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Beitraͤge 


Pölker 
und Laͤnderkunde. 
Herausgegeben 8 


er 
und M. C. Sprengel. 


Dritter Theil. 


Leipzig, 
in der Weygandſchen Buchhandlung. 
1783. 


7 


Vorrede. 


7 


D⸗ dritte Theil unſerer Beytraͤge, enk⸗ 

haͤlt eine wie wir hoffen nicht geringere 
Mannigfaltigkeit von Nachrichten, als einer 
der vorhergehenden, und wir verſprechen uns 
auch daher fuͤr ihn ein nicht minder guͤtige 
Aufnahme. Was wir in demſelben hiemit 


dem deutſchen Publikum vorlegen, iſt aus foln ; 


genden Werken zum Theil uͤberſetzt, zum 
Theil in Auszuͤge gebracht, auch hin und wie⸗ 
der aus andern quellmaͤßigen Nachrichten er⸗ 
gaͤnzt oder berichtigt worden. 


I. Die Beſchreibung von Maſulipatan 
und den engliſchen nordlichen Cirkars, iſt aus 
Forſters b. u. V. K. 3. Th. 5 der 


der D' Eon Ritterin bekannten Loiſirs entlehnt. 
Dieſelbe iſt, bey den vielen Nachrichten welche 
im letzten Kriege, und den daruͤber gewechſel— 
ten Schriften, von dieſen Bezirken vorkom— 
men, um deſto wichtiger, je weniger man ſonſt 
von dieſen Ländern etwas wuſte. 


II. Man hatte bisher einen ſehr falſchen 
Begrif von der wahren Beſchaffenheit der 
Inſel Frankreich, weil man dieſelbe in den 
mehreſten Schriften, für ſehr wichtig ausge⸗ 
ſchrien fand. Ein Franzoſe Herr le Gentil 
beſchreibt ſie ganz anders, und man lernt es nun 
einſehen, daß man den einſeitigen prahleriſchen 
Nachrichten, nicht ſo ſehr zu trauen habe. 


III. Die Inſeln Nantucket und Mar⸗ 
tha's Weinberg gehoͤren zum Amerikaniſchen 
Staate Maſſachuſetsbay und haben ſo viel 
Beſonderes und Eigenthuͤmliches „daß es 
wohl der Mühe werth war, dieſe Beſchrei⸗ 
bung aus Hector St. Johns Briefen eines 
penſilvaniſchen Pachters dee und 
bier beſonders zu liefern. | 


IV. 


IV. Da des Dr. Schotte mündliche 
Nachrichten über den Zuſtand von Senegal 
in eine kleine Beſchreibung verwebet, und 
als das Neueſte von den Gegenden im er⸗ 
ſten Theile der Beytraͤge zur Voͤlker und 
Laͤnderkunde herausgegeben worden; ſo fand 
Herr D. Schotte es fuͤr gut, von London 
aus, einige noͤthige Berichtigungen guͤtigſt mit⸗ 
zutheilen, die wir dem Publikum nicht vorent— 
alten wollten. . 


V. Die beyden Briefe des verſtorbenen 

Kapitain Roſe ſtehen in den philoſophiſchen 
Tranſaktionen und enthalten einige ſehr an— 
genehme Nachrichten von Nepal, einem Lan— 
de das nur wenigen in Europa bekannt zu 


ſeyn ſcheint. 


VI. Die Nachrichten vom Handel der 
Franzoſen nach Nordafrika find im eilften Ban⸗ 
de der Nouvelles Ephemerides du Citoyen 
vom Jahre 1775 enthalten, und beſchreiben 
ein zwar kleines aber für den Marſeiller Hans 

del wichtiges Gebiet der Franzoſen auf der 
er Kuͤſte, nebſt den Hauptveraͤnde⸗ 
run⸗ 


rungen, und Gegenſtaͤnden ihres Afrifani- 
ſchen Handels, uͤber welchen der hier mitge⸗ 
theilte Aufſatz die beſten zuverlaͤßigſten und von 
deutſchen Statiſtikern noch nicht amen Nach⸗ 
richten enthaͤlt. 


VII. und VIII. Da die Franzoſen im 

letztem Kriege ſich der Beſi itzungen der Eng⸗ 
laͤnder in der Hudſonsbay auf eine kurze Zeit 
bemaͤchtigten, und der dahin handelnden brit⸗ 
tiſchen Geſellſchaft großen Schaden zufuͤgten, 
ſo wird vielleicht dieſe aus den philoſophiſchen 
Tranſaktionen gezogene Nachricht von einiz - 
gen vierfuͤßigen Thieren, Voͤgeln und Fiſchen 
dieſer Gegenden angenehm ſeyn, um ſo mehr 
da fie Ellis, Dobbs und anderer Beſchrei⸗ 
bungen dieſer Gegenden zur Erlaͤuterung und 
Berichtigung dienen kann. ö 


IX. Endlich fo dient die aus William 
Marsdens Geſchichte von Sumatra gezogene 
Nachricht von den Battahs zur Ergaͤnzung 
dem im erſten Theile der Beytraͤge zur Voͤl⸗ 
ker und Laͤnderkunde vorkommenden Aufſatze 
Karl Millers von Sumatra, Herr Eſchels⸗ 

kroon 


* 


kroon hat des Volks der Battahs nicht mit 
einem Worte gedacht, und wir hielten es den⸗ 
noch fuͤr gut, unſere dort zuerſt von dem Vol⸗ 
ke mitgetheilte Nachricht, ſo viel als moͤglich 
vollkommner zu machen. Es kann ſeyn, daß 
wenn ſich einige gluͤckliche Umſtaͤnde vereini⸗ 
gen, wir im Stande ſind, im folgenden 
Theil Marsdens Karte von Sumatra verbeſ— 
ſert zu liefern, und dabey aus Dalrymples 
Portulane einem Werke von dem man wol 
wenig Exemplare in Deutſchland antreffen 
moͤchte, und andern nicht jedermann zugaͤng⸗ 
lichen Quellen, die Geographie dieſer Inſel 
eben ſo zu berichtigen, wie von uns bereits bey 
den philippiniſchen Inſeln geſchehen. Valen⸗ 
tyns Karte iſt weder für unſere Zeiten rich⸗ 
tig, noch unſern durch die Britten ſo ſehr ver⸗ 
beſſerten Kenntniſſen von Indien angemeſſen 
genug, und um deſto mehr zu verwundern, 
daß ſolche bey Eſchelskroons Beſchreibung 
blos nachgeſtochen worden, ohne einmal die 
vielen Leſern gewiß unverſtaͤndlichen hollaͤndi⸗ 
ſchen Namen deutſch zu überfegen, und dieſen 
Nachſtich mit einer in Deutſchland bisher 

un⸗ 


ungewöhnlichen Dreifigkeit als eine neue Ori⸗ 
ginal-Karte zu debitiren. ˖ 


Die wichtigern Nachrichten von der Hud⸗ 
ſonsbay, ihrem Klima, Handel, und der Ge: 
ſchichte derſelben verſpahren wir nebſt einer 
Karte zur Erlaͤuterung derſelben fuͤr einen der 
folgenden Theile. 6 


Der Mangel der Karten in dem jetzigen 
Theile iſt durch eine groͤßere Zahl von Bogen 
hinlaͤnglich erſetzt. Halle, den Zoſten Sep⸗ 
tember. 1783. 


I. Bes 


TER eee 


Seite 

1 Beschreibung von Maſulipatan, und 
den nordlichen Circars. b 3 

II. Le Gentils Bemerkungen uͤber das Cli— 

ma und Die natürliche 1 
der Inſel Frankreich. 59 


III. St. Johns Beſchreibung der beyden 
Nordamericaniſchen Inſeln, Nantu⸗ 
cket und Marthas Weinberg. 91 


IV. Schottes Schreiben uͤber den Zuſtand 
von Senegal. 136 


V. Roſe Briefe über das Königreich Ne: 
pal. 5 145 


VI. Geſchichte der africaniſchen Handels⸗ 
geſellſchaft in Marſeille. 157 


vn. 


Seite 


VII. J. R. Forſtels Naturgeſchichte von 
der Hudſonsbah. 183 


VIII. J. R. Forſter Nachricht von einigen 
Fiſchen in den Gewaͤſſern der Hu 
ſonsbay. | 259 


| IX. Marsdens Nachrichten von Kumar. 
Erſte Lieferung, 275 


| J. 
Beſchreibung von Maſulipatan 
und der 

5 engliſchen nordlichen Circars 
8 1 f 

der Kuͤſte Koromandel 

in Oſtindien, 

nebſt einigen benachbarten Provinzen. 


Forſters L. u. V. K. 3. Th. 2 | 


a 
* 


l 


Vor dem Pariſer Frieden gehörten dieſe bes 
traͤchtlichen Länder laͤngſt der oͤſtlichen Kuͤſte 
des bengaliſchen Meerbuſens den Franzoſen, wel— 
che durch dieſe Abtretung die Wiedererlangung ih— 
rer uͤberall zerſtoͤrten oſtindiſchen Riederlaſſungen 
erkaufen muſten. Noch nie hatte die franzoͤſiſche 
Compagnie, ſeit der Zeit daß ſie ihren Handel in 
Indien trieb, fo wichtige Laͤndereyen beſeſſen, als 
dieſe welche ſie durch die Unruhen im Koͤnigreich 
Golkonda erhielt. Die Beſitzungen welche ſie ge⸗ 


genwaͤrtig an der Kuͤſte von Koromandel hat, ge— 


ſetzt auch daß Pondicherry und fogar. Karikal 1), 
A 2 wel⸗ 


5 Dieſe Feſtung liegt an einem Arm des Coleroon 
Fluſſes im Königreiche Tanjore, dicht an der Meeres 
Kuͤſte. Der Fluß kann Schiffe von hundert und 
funfzig Tonnen tragen. Jetzt hat der Ort etwa funf— 
zehn tauſend Einwohner, welche ſich groͤſtentheils 
mit Verfertigung ſchlechter Baumwollenzeuge fuͤr Ba⸗ 
tavia und die Philippinen beſchaͤftigen. Die Franzo⸗ 
fen ziehen aus dieſem Handelsort viel Reis für ihre 
andern Beſitzungen, und etwa 200 Ballen Baums 


wollene Wgaren für Europa, die Engländer erober⸗ 
ten 


+“ 


4 


welches ihr Herr Duͤmas im Jahr 1739 ver⸗ 
ſchafte, in dem beſtmoͤglichſten Zuſtande waͤren, 
betragen doch nicht den hundertſten Theil der Ein— 
kuͤnfte, welche ihr das Gouvernement von Ma— 
ſulipatan mit den jetzt unter der Benennung 
der nordlichen Circars bekannten Provinzen ver: 
ſchafte. 

Allein um ihre Wichtigkeit für den europaͤi⸗ 
ſchen Handel, und die Einwendungen einzuſehen, 
welche die engliſche oſtindiſche Compagnie, bey ih; 
ren andern betraͤchtlichen Beſitzungen gegen ihre 
Wiederabtretung an Frankreich macht, wird es 
genug ſeyn in wenig Worten die Groͤße und Lage 
dieſer Lander anzugeben: und zweytens anzuzeigen 
woraus die franzoͤſiſchen Einkuͤnfte beſtanden, und 
wie hoch ſie ſich beliefen. 

Es iſt freilich ſchwer, die Größe der ver: 
ſchiedenen Laͤnder, welche die franzöfifche Compag⸗ 
nie in Indien nach und nach von den Vieekoͤnigen 
von Golkonda erhalten hat, ganz genau zu be: 
ſtimmen. Man kann bloß uͤberhaupt ſagen, daß 
ſie zuſammen vereinigt einen Raum von beynahe 
hundert und achtzig Meilen von Norden gegen 
Suͤden zu einnehmen würden, nehmlich von dem 

Cir⸗ 


ten dieſen Ort im Jahr 1760, und ſprengten alle 
Feſtungswerke. Zum franzöfifchen Gebiet um dieſe 
Feſtung gehoͤren noch 113 Dörfer, welche nebſt dem 
Zoll in Karikal jährlih 106,000 Rupien eintragen, 
oder ſo viel als die Unterhaltung der Beſatzung er 
fordert. 


5 


Eiccar 2) Velore, (Velur) mit dem ſich Carnatic 3) 
gegen Süden endigt, bis Gangam oder Yanam, 
einem berühmten Handelsort in der Provinz Chi— 
cacole, und ohngefaͤhr funfzig bis ſechszig Meilen 
von Oſten gegen Weſten, wenn man ihre groͤßte 
Breite nimmt. 

Bey dieſer Stadt faͤngt das Koͤnigreich Ka— 
teck an, welches vor Zeiten von dem Vieekoͤnig—⸗ 
reich Golkonda abhing, die Maratten aber die 
ſich deſſen im Jahr 1742 bemaͤchtigten, haben 
es jetzt einem Fuͤrſten ihrer Nation uͤbergeben. 
Dieſer große Strich Landes, welcher beynahe die 
Laͤnge und Breite des Koͤnigreichs Frankreich hat, 
gehoͤrte vor 1762 wenn man einige engliſche und 
hollaͤndiſche Handlungsplaͤtze ausnimmt, mit allen 
feinen Städten, Flecken und Dörfern, von denen 

viele 


2) Sircar iſt der Name einer Provinz die keinen beſon⸗ 
dern Nabob, ſondern eine Art von Unterſtadthalter 
hat, den wieder geringere Befehlshaber unterwor⸗ 
fen ſind. 


3) Carnata oder Carnatie war ſonſt eine von den an⸗ 

ſehnlichſten Provinzen oder Nabobſchaften, die dem 
Subah von Decan unterworfen waren. Sie heiſt 
auch von der Hauptſtadt zuweilen die Nabobſchaft 
Arcot. Jetzt graͤnzt Carnatie gegen Norden, an den 
Fluß Gondecama, gegen Weſten an die großen Ge⸗ 
birge, welche die Halbinſel von Norden gegen Suͤden 
theilen, gegen Oſten mit dem Meer, und füdmärtd 
mit den Reichen Tritchinapoli, Tanjore und Myſore. 
Erſt zu Anfange dieſes Jahrhunderts haben ſich die 
Mogolen dieſes bandes bemeiſtert. 


6 


viele tief im Lande liegen, ganz den Franzoſen. 
Alle dieſe reichen Beſitzungen machten einen Theil 
des Koͤnigreichs Golkonda aus, welches ſelbſt 
nur eine Provinz des unermeßlichen mogolifchen 
Reichs, oder der davon ehedem abhaͤngenden ſuͤd— 
lichen Stadthalterſchaft war, die unter dem Namen 
Decan 4) durch die Kriege der Englaͤnder und 
Franzoſen, oder der mit ihnen verbuͤndeten indi⸗ 
ſchen und mogoliſchen Fuͤrſten in Europa bekann— 
ter iſt. 


Seitdem Thamas - Koulikan Hindoftan er: 
oberte, haben alle Vicekoͤnige oder Subahs der 
davon abhaͤngigen Reiche, wie Decan, Benga— 
len ꝛc. geſucht, ſich in ihren Gouvernement unab— 
haͤngig zu machen. Der Bicefönig von Golkon⸗ 
da insbeſondere iſt voͤllig Herr in ſeinem Lande, 
ob er gleich noch einige Zeichen von Unterwuͤrfig— 
keit gegen den Mogol beybehalten hat, indem er 
in ſeinem Namen Gold praͤgen laͤßt, und es fuͤr 
einen Monarchen ehrenden Titel haͤlt, fi einen 

Scla⸗ 


a, Decan, wie es noch ganz dem Großmogul unter 
worfen war, begrif ein Drittheil von Hindoſtan, oder 
die ganze Halbinſel diſſeit des Ganges von Brampore 
bis Cap Comorin. Der Name heiſt fo viel wie Suͤ⸗ 
den oder die ſuͤdliche Provinz, und zu derfelben gehoͤ—⸗ 
ren ſechs beſondere Reiche von denen Golconda, Bi: 
ſapur und Carnatic die vornehmſten find, Dreyßig 
verſchiedene Nabobs find dem Subah von Decan uns 
terworfen. Orme ſchaͤtzt die Zahl der . guf 
fünf und dreygig Millionen. 


2 
1 


Sclaven des großen Mogols zu nennen, der jetzt 
den Titel Schah Allum, Herr der Welt, wie der 
heilige Vater, die Oberherrſchaft der Chriſtenheit, 
auf einen kleinen Bezirk laͤngſt den Ufern des 
Ganges einſchraͤnken muß. Sein Königreich be⸗ 
greift eine große Strecke Landes, uud iſt wie⸗ 
derum in verſchiedene große Diſtricte zerſplit— 
tert, die beſondern Zemindars gehören, welche 
Pächter des Vicekoͤnigs find, und ihm alle Jahre 
die Einkuͤnfte der Länder bezahlen muͤſſen. Da 
aber die Unabhaͤngigkeit überall in dieſen Ländern 
herrſcht, ſo gelingt es auch dieſen untergeordneten 
Staatsbedienten, die weit vom Hofe leben, und 
eben ſo habſuͤchtig ſind als ihre Obern, ſich nach 
und nach zu unumſchraͤnkten Herren in ihrem Ges 
biet zu machen, das Volk zu pluͤndern, und ſich 
den groͤßten Theil der Einkuͤnfte von welchem ſie 
dem Vicekoͤnig nur ſo viel uschi als ihnen ge⸗ 

faͤllt, zuzueignen. 
Dieſe unrechtmaͤßigen Bestzungen, und die 
ſchlechte Ordnung die in dem ganzen Reiche 
herrſcht, veranlaſſen die häufigen Kriege, welche 
die Fuͤrſten in ihren eignen Ländern führen, denn 
fie find beynahe ſtets genoͤthigt durch Zwangsmit— 
tel ihre Einkuͤnfte berbey zu ſchaffen. Wenn viele 
ſich um die oberſte Herrſchaft bewerben, wird dieſe 
ſchon wankende Lage noch beſchwerlicher Unter 
dieſen Umſtaͤnden alſo beſchloſſen einige, die bey 
den Franzoſen verſchiedenemal Beiſtand gegen ihre 
twiederfpänftigen Vaſallen gefunden hatten, die 
Freund⸗ 


8 


Freundſchaft dieſer Nation noch mehr durch Ab⸗ 
tretung einiger Provinzen zu gewinnen. 

Durch dergleichen Schenkungen hat Frankreich 
ſich ein Land von einer anſehnlichen Groͤße zuſam—⸗ 
nem gebracht, das uͤberdem für den Handel ſehr 
vortheilhaft belegen iſt. Die Natur ſcheint es ſelbſt 
befeſtiget zu haben, und gegen alle Einfaͤlle zu 
ſichern. Von der einen Seite iſt es von dem 
Meere begraͤnzt, und von der andern von einer 
Reihe Gebirgen eingeſchloſſen, die eine unzugaͤng⸗ 
liche Graͤnze machen, gegen welche die vereinigte 
Macht von Dekan nichts ausrichten wuͤrde, zu— 
mal da dieſe Voͤlker ſo weit in der Kriegskunſt zu⸗ 
ruͤck ſind, und Ordnung, Diſciplin ſo bald noch 
nicht bey ihren Heeren werden eingefuͤhrt werden. 
Die Maratten die uͤberall eingedrungen ſind, ha— 
ben ſich nie in dieſes Land gewagt, weil man vor⸗ 
her durch einen funfzig Meilen langen mit Wal: 
dungen verwachſenen Strich Landes muß, in wel— 
chem man nur hin und wieder Wege findet, die 
kaum breit genug ſind, daß zwey nebeneinander 
gehen koͤnnen. Von denen drey vornehmſten Paͤſ— 
ſen, durch welche allein man in dies Land kom⸗ 
men kann, heißt der erſte Beſouars (Bezoara), 
er liegt wenn man von Golkonda kommt, auf der 
weſtlichen Seite von Maſulipatan, an dem Ufer 
des Kriſtna, eines großen Fluſſes, der in den Ma⸗ 
labariſchen Gebirgen entſpringt. Den zweyten 
Paß, welcher Padrautſa-Badra-Chelum heißt, 
findet man gegen Nordweſten zwiſchen Elour 95 

a: 


* 


9 


Ragimandry, zwey Provinzen gegen Norden von 
Maſulipatan. Der dritte liegt wenn man gegen 
Norden geht gerade auf dem Wege, der nach 
dem Koͤnigreiche Kateck fuͤhrt. Es iſt freylich 
wahr, daß die Seite gegen Karnatic in ſuͤdlichen 
Theile von Maſulipatan offen iſt, aber auch hier 
wird ein Feind durch die verſchiedene vereinigte 
große Fluͤſſe aufgehalten; unter welchen der Gon— 
decama iſt, an deſſen Ufern man ein Etabliſſement 
anlegen koͤnnte, daß allein in Stande ſeyn wuͤr— 
de, die Graͤnze an dieſer Seite vollkommen 
zu beſchuͤtzen. \ 

Nach dieſer allemeinen Beſchreibung will 
ich eine beſondere von jedem Diſtriete geben: ich 
werde mich hierin nach der Zeit richten in welcher 
ſie den Franzoſen uͤbergeben wurden, ohne jedoch 
die Verbindung in der ſie mit einander ſtehen aus 
den Augen zu verlieren. Sie machen insgeſamt 
ſieben verſchiedene Provinzen aus, nehmlich Ma⸗ 
ſulipatan mit den umligenden Gegenden, Narſa⸗ 
pur, die Inſel Divy, Devracote, der Circar von 
Niſampatnam, Condavir und zuletzt die vier noͤrd⸗ 
Aber Provinzen. | 


I. 


Beſchreibung von Maſulipatan nebſt der um; 
liegenden Gegend. 


Ich glaube es iſt niemand der nicht von der 
Stadt Maſulipatan gehoͤrt Hätte, oder fie we⸗ 
nig⸗ 


10 


nigſtens dem Ramen nach kennt. Sie liegt un⸗ 
ter dem ſechzehnten Grade und einige Minuten 
noͤrdlicher Breite, und war vor dem letzten Krie⸗ 
ge der vornehmſte Ort in den franzoͤſiſchen Be— 
ſitzungen an der Kuͤſte des Orixa: jetzt aber feıt 
dem im Jahr 1763 geſchloßnen Frieden beſitzt 
dieſe Nation daſelbſt nichts mehr als die Han- 
delsloge die ſie vor dem Jahr 1749 hatte. 
Ihre Lage hatte dieſe Stadt vor Zeiten zum 
Stapelorte des ganzen Handels gemacht, den In— 
doſtan mit dem Koͤnigreiche Bengalen, Perſien 
und den Kuͤſten treibt, die gegenuͤber den Kuͤ— 
ſten von Coromandel und von Orixa liegen, nehm 
lich Achem und das Koͤnigreich Siam. Ihren 
Handel der damals ſo beruͤhmt war, hat die ty⸗ 
ranniſche Herrſchaft der Mogolen zerſtoͤrt, jetzt 
aber fing er von neuem an zu leben, und haͤtte 
unter der franzöfifchen Regierung wiederum bluͤ⸗ 
hend werden koͤnnen. i 
Sie iſt ziemlich gut befeſtigt, und ſogar im 
Fall der Belagerung mit einer natuͤrlichen Schutz- 
wehr verſehen, denn auf einer Seite umgiebt ſie 
ein Moraſt, den man nicht ohne große Be⸗ 
ſchwerde paßiren kann, und auf der andern Seite 
iſt ein Sumpf worin Meerſalz gemacht wird, in 
welchem man durchaus keine Laufgraͤben ziehen 
kann. Der Grund um dieſe Stadt iſt nichts als 
eine unfruchtbare und ſumpfichte Heide, in der 
man nicht einen Fuß tief graben kann, ohne 
gleich Waſſer zu finden. Der Fluß welcher ne⸗ 
ben 


7 


11 


ben ihr vorbeyfließt und von ihr den Namen des 


Maſulipatan Fluſſes bekoͤmmt, ergießt ſich einis 
ge Schritte von der Stadt in das Meer, und for- 
mirt die Muͤndung in welcher die großen Schiffe 
ausgeladen werden, ehe ſie in die Stadt laufen, 
welche ziemlich ſchmutzig und ſchlecht gebaut iſt. 
Die Luft iſt ſehr ungeſund, und man findet we— 
der Waſſer noch Lebensmittel, ſondern, muß ſie 
wie das Brennholz, das die Inſel Divi liefert, 


ohngefehr eine halbe Meile weit holen. Bey 


dieſen großen Unbequemlichkeiten koͤnnte man doch 
leicht dem groͤßten Theil davon abhelfen. Was 
Traͤgheit und Unwiſſenheit der Eingebohrnen nicht 


thun konnte, werden vielleicht einmal die Kuͤnſte 


und der Fleiß der Europaͤer bewirken. 

Die Bewohner dieſer Stadt find theils Hei⸗ 
den, und theils Mahometaner, die ſich mit vers 
ſchiedenen Gewerben zu Waſſer und zu Lande ers 
naͤhren. Man findet daſelbſt viele Leute die in 
allen Arten von Arbeiten geſchickt ſind, und eine 
große Anzahl Saokars eine Sekte aus dem Koͤ— 
nigreich Guſerat die wegen ihrer Rechtſchaffen⸗ 
heit ihres Credits und ihrer Reichthuͤmer im gan— 
zen Lande angeſehen iſt. Sie fuͤhren den Wechſel— 
handel, und leihen ihr Geld den Kaufleuten auf 
Intereſſen. Sie werden öfters von Fuͤrſten, de⸗ 


nen fie zur Zeit der Noth große Summen lei⸗ 


hen zu Rath gezogen: ihre Correſpondenz er— 


ſtreckt ſich uͤberall, und man muß ſich an ſie 
wenden, wenn man Wechſel auf andere Oerter 


7 has 


— 


12 


haben will. Auch Braminen giebt es hier, wel⸗ 
ches die anſehnlichſte Sekte unter den Hindus 
iſt, von denen einige ſich den Wiſſenſchaften an— 
dere dem Handel widmen: Zemindars find Ab⸗ 
koͤmmlinge der alten Prinzen des Landes, denen 
die mogoliſchen Ueberwinder ein geringes Leibge— 
dinge zugeſtanden hat, welches ſie als ein Lehn 
von der Krone beſitzen. Die Patanen gehoͤren 
zu einer mahometaniſchen Nation, die unter ih— 
rem eignen Nabobs nicht weit von Delhy lebt: 
ſie ſind ſehr dem Handel ergeben, insbeſonders 
treiben fie den Seidenhandel beynahe ganz allein, 
und beſorgen die Ausruͤſtung der anſehnlichſten 
Schiffe die man an der Kuͤſte ſieht. Endlich 
findet man auch armeniſche Kaufleute, die ſich 
aber hier erſt nachdem die Franzoſen Beſitz von 
dieſem Lande genommen hatten, Weteeleßen 
haben. 


Vor dieſer Epoche hatten die Holländer 
hier ein vortrefliches Contoir, welches ihnen zur 
Handels-Niederſage diente; aber ſeit dem Mo⸗ 
nat November des Jahrs 1750 haben ſie es 
verlaſſen, um an der Kuͤſte ſechs Meilen von 
Yanım ein anderes vornehmes EContoir anzule— 
gen, welches Caquinara oder Jagarnat-Puroni 
heißt, und haben in ihren Gebäuden in Mafus 
lipatnam nicht mehr als einen Handelsbedienten 
und zwey Soldaten gelaſſen, um die Aufſicht dar⸗ 
uͤber zu haben. 


Bi 


13 


Zu dieſer Zeit hatten die Engländer auch 
ein Contoir in Maſulipatan, wovon ihnen nach 


dem letzten Kriege nichts als der Boden und die 


zerfallnen Mauren blieben. Sie hatten es ſchon 


vor beynahe funfzig Jahren eingeriſſen und den 


Schutt zur Erbauung des Contoirs zu Mada— 
pallum nahe bey Narſapur gebraucht, aber der 
im Jahr 1763 geſchloßne Friede hat dieſer Na— 
tion hier alles wieder verfchaft. d 
Dieſe Stadt hat von der Landſeite nur 

ein einziges Thor das auf jeder Seite von einem 
Bollwerke beſchuͤtzt wird. Es fuͤhrt zu einer 
großen Bruͤcke, die ohngeachtet der praͤchtigen 
Beſchreibung die Tavernier in ſeinen Reiſen da— 
von giebt, nur aus ſchlechten Brettern beſteht, 
und ohngefehr eine viertel Meile lang iſt. Sie 
iſt zu der Bequemlichkeit der Reiſenden erbau— 
et, die ſonſt gezwungen ſeyn wuͤrden durch den 
Schlamm zu gehen. Auf der rechten Seite dies 
ſer Bruͤcke iſt die Ebene oder die Straſſe die 
nach Narſapur fuͤhrt; das aͤuſere Anjehen von 
Mafulıpatan, iſt eben nicht ſehr reizend: deſto 


anmuthiger find aber die umliegenden Gegenden. 


Sobald man aus der Stadt und am En; 
de der erwaͤhnten Bruͤcke ift, findet man ver⸗ 


ſchiedene Aldeas oder Dörfer, die in einer gera⸗ 


den Linie im Angeſicht der Stadt n, und 


die man gewoͤhnlich die Pettas von Jougurdur 


nennt, welches der Name des eee Dor⸗ 
fes iſt. . Obefer ſind gleichſam die Vor⸗ 
ſtaͤdte 


14 


ſtaͤdte von Maſulipatan, und hier haben die 
vornehmſten Einwohner, die Saokars und an⸗ 
dere ihre Landhaͤuſer, in welchen fie ſich beyna⸗ 
he immer aufhalten, und nur alsdenn in die 
Stadt kommen, wenn Handel und andere Ge— 
ſchaͤfte ſie dahin rufen. In dieſem Orte den 
ſie dem Aufenthalte in Maſulipatan vorzogen, 
wohnten auch ſonſten die Foßedars 8). Man 
muß geſtehen, daß die Lage von Jougurdur ſehr 
geſund iſt, die Luft iſt rein und das Land ſehr 
angenehm. Deswegen hat man auch daſelbſt 
Gebaͤude aufgefuͤhrt, die den Kranken ſtatt Ho— 
ſpitaͤlern dienen. Mit einem Worte, dieſe Doͤr⸗ 
fer ſind aͤuſſerſt nothwendig fuͤr Maſulipatan, 
und der Nutzen den es daraus zieht iſt augen— 
ſcheinlich, weil es alle ſeine Lebensmittel, allen 
Vorrath und das Waſſer, woran es gaͤnzlich 
Mangel leidet, daher kommen laͤßt. 

Gegen Weſten zwey Meilen weit von der 
Stadt trift man zwey große Pergunnas oder 
Flecken, welche auf der Landſtraſſe nach Golkon⸗ 
da zu liegen, und Gondur und Adumanar heiſ— 
ſen. Ich kann ihre Größe nicht genau beſtim⸗ 
men, das Land aber, daß dazu gehört, und wel— 
ches verpachtet wird iſt ſehr ſchoͤn. Ihre Lage 
iſt ſehr vortheilhaft, wegen der erſtaunenden Men⸗ 

l ge 


) Faſſedars oder Phouzdors in allen großen indiſchen 
Staͤdten Polizeyangelegenheiten, und die Criminal⸗ 
jnrisdietion. Gemeinhin haben fie auch die Abgas 
ben der Zemindars. f 


15 


ge Lebensmittel und Waaren die beſtaͤndig ent⸗ 
weder von Golkonda nach Maſulipatan, oder 
von Muſulipatan nach Golkonda gefuͤhrt wer- 
den. Hier haben die Franzoſen auch einen Zoll 
von durchgehenden Waaren und Lebensmitteln. 

An der nordweſtlichen Seite, ſechs Meilen 
weit von der Stadt, findet man noch zwey an; 
dere Pergunnas, Tomedy und Pedana. Ihr Um— 
fang betraͤgt ohngefehr zehn oder zwoͤlf Meilen 
Landes, welches bis auf einige Salzwerke ver— 
pachtet iſt. 

Endlich findet man zehn Meilen gegen We⸗ 
ſten, etwas gegen Norden zu, die beyden Per— 
gunnas Gondur und Bondara, welche eben ſo 
anſehnlich ſind als die vorhergehenden; da ſie 
aber ſehr nahe Narſapur liegen, daher auch zu 
dieſer Provinz gehoͤren, will ich hier uͤberhaupt 
anmerken, daß alle dieſe Pergunnas eben ſo 
viele Hauptoͤrter ſind, von welchen ſehr viele Al— 
deas oder Dörfer abhängen, unter welchen letz⸗ 
tern wieder eine unbeſtimmte Anzahl Paleums, 
oder kleinern Dorfſchaften, von Be Hütten 
ſtehen. 

Dieſes iſt eine Vorſtellung im Kleinen von 
den Gegenden die zu Maſulipatan gehoͤren, die 
von der weſtlichen Seite dieſer Stadt bis zu der 
noͤrdlichen, einen vollkommenen Kreiß ausmachen, 
welcher bey der Provinz Narſapur dem zweyten 
Departement, von den ich jetzt reden will, auf⸗ 
‚mc 

2. Be⸗ 


16 
Beſchreibung von Narſapur. 


Dieſes zweyte Departement zu welchen auch die 
Pergunnas Gondur und Bondara gehoͤren, liegt 
ohngefehr funfzehn oder ſechszehn Meilen gegen 
orden zu von Maſulipatan, und die Frans 
zoſen haben es immer ſelbſt verwaltet, weil die 
Laͤndereyen viel einbringen, und fie gern den Ans 
bau derſelben befoͤrdern wollten. Es iſt ſchwer 
den Umfang dieſes Departemens ganz genau anz 
zugeben, oder deſſen Graͤnzen zu beſtimmen, we— 
gen der ſonderbaren Einrichtung dieſer Provin— 
zen, denn verſchiedene Aldeas oder Doͤrfer die 
zu einem Diſtrikt gehoͤren, ſind oft in einem an— 
dern eingeſchloſſen. Dieſes war urſpruͤnglich eine 
Folge der Politik der alten indiſchen Rajahs, wel⸗ 
che bey dem immerwaͤhrenden Mißtrauen gegen 
einander in dieſen unter einander zerſtreuten Bes 
ſitzungen ein Mittel fanden, ihre Laͤnder zu be— 
wahren. tar, 

Eben fo find auch alle die andern Herr— 
ſchaften beſchaffen, welche die Vicekoͤnige von 
Golkonda den Franzoſen uͤberlaſſen haben. Ich 
kann alſo den geographiſchen Umfang einer jeden 
insbeſonders nicht beſtimmen. Haͤtte ich die Spe⸗ 
cial- Charte erhalten koͤnnen, die Herr Duͤpleix 
hat aufnehmen laſſen, ſo wuͤrde ich meinen Le⸗ 
ſern mehr davon mitgetheilt haben. 

Die 


17 


Die vornehmſte Aldea dieſes Diſtricts iſt 
Narſapur, welches auch der Hauuptort iſt. Er 
liegt an dem Ufer eines Fluſſes der den Namen 
des Dorfes fuͤhrt, und ein Arm von dem großen 
Fluß Condavery iſt, welcher den ganzen noͤrdli⸗ 
chen Theil dieſer Kuͤſte durchlaͤuft, und ſo wie 
der Keiſtna in den malabariſchen Gebirgen ent— 
ſpringt. Bey Narſapur wird auf dieſem Fluß 
ein ſtarker Handel getrieben, und man ſieht be— 
ſtaͤndig eine Menge fremder Fahrzeuge mit ihren 
Ladungen aus und einlaufen. 

Nahe bey dieſem Fluſſe hatten die Eng⸗ 
länder ihr Handelscontoir in Madepallum errich— 
tet. Sie muſten es aber wieder verlaſſen, wie 
ſie an den buͤrgerlichen nen von Decan Wen 
nahmen. 

Der Vicekoͤnig von Golkonda, dem en 
Auffuͤhrung und ihre Bewegungen in der Pro— 
vinz Arcott verdroſſeu, befahl dem Unterſtadthalter 
zu Rajamundry fie von der ganzen Kuͤſte zu vers 
jagen, da ſie aber zeitig Nachricht davon erhiel— 
ten, ſo verlieſſen ſie ihr Contoir, und retteten 
ſich mit ihren Waaren nach einer benachbarten 
Inſel Bandamurilanca (Bandermalanca); wel— 
che nur durch einige Arme des Condaverifluſſes vom 
feſten Lande getrent wird, und ſehr bequem gegen 
alle feindliche Ueberfaͤlle liegt. Sie blieben auch 
im Beſitz derſelben, bis die Franzoſen Rajamun⸗ 
drum erlangten, zu welcher Provinz dieſe In⸗ 
ſel gehoͤrt. 5 | 

Forſters L. u. V. K. 3. Tb. B Da: 


18 


Damahl verpachteten fie diefe Inſel an ei- 
nem Zemindar, welcher von den Franzoſen gleich⸗ 
falls viele Provinzen in Pacht genommen hatte, 
bis endlich der Friede von 1763 ihnen den Be⸗ 
fi der Inſel nebſt einem anſehnlichen Theil des fes 
ſien Landes ſicherte. 

Der Boden dieſes Departemens iſt ſehr 
fruchtbar; die Laͤndereyen ſind, in der Sprache 
der Indianer von der erſten Gattung, uͤberhaupt 
tragen alle nördliche Länder mehr ein als die 
andern. Zu Narſapur wird ſehr viel und guter 
Reis gebaut, und es iſt der einzige Ort in wel⸗ 
chem die Coconußbaͤume wachfen, die an der Kuͤ⸗ 
ſte von Orixa ſehr ſelten ſind, und nur an der 
Kuͤſte von Coromandel gedeihen. Dies iſt die 
wahre Geſtalt der nordlichen zu Maſulipatan 
gehörigen Diſtriete. Die, welche gegenüber und 
im ſuͤdlichen Theil liegen, find eben fo betraͤcht— 
lich, und ich will in der Beſchreibung ann 
mit der Inſel Divy anfangen. 


3; 
Die Inſel Divy⸗ 


Dieſe liegt wie man auf der Charte ſehen 
kann, Maſulipatan gegen Suͤdweſten. Sie iſt 
auf der einen Seite vom Meer und auf der an— 
dern durch den Fluß Kriſtna umgeben, die In⸗ 
ſel hat etwa fünf und zwanzig franzoͤſiſche Mei⸗ 

den 


19 


len im Umkreiſe, und fuͤnf bis ſechs im Durch⸗ 
meſſer. 

Sie war beynahe unbewohnt, als die Fran⸗ 
zoſen im Monat Februar im Jahr 1751, daven 
Beſitz nahmen. Sie verſaͤumeten nichts ſie zu be— 
voͤlkern; und es gelang ihnen ziemlich gut, fo lan⸗ 
ge die Länder jenſeit des Fluſſes, nämlich Devra⸗ 
cota, Riſampatan und Condavir, drey Provinzen 
die nun unter Maſulipatan ſtehen, noch unter 
Mogoliſcher Botmaͤßigkeit waren: aber ſeit dem 
Ende des Jahrs 1752 da auch dieſe Länder uns 
ter franzöſiſche Hoheit kamen, war es ihnen uns 
moͤglich die Einwohner dieſer Oerter zu bere— 
den, ihre alten Wohnplaͤtze zu verlaſſen, und ſich 
nach Dioy zu begeben. Blos der Reitz der franz 
zoͤſiſchen Regierung hatte ſie in dieſe Safel gelockt, 
und da ſie nun ebenfalls unter dieſer ſtanden, bliea 
ben ſie lieber in ihrem eignen Lande. 

Die Luft in Dioy iſt rein, und der Boden 
vortreflich: aber der groͤßte Theil des Landes liegt 
brach, durch Armuth oder Traͤgheit des Landman⸗ 
nes; ſonſt wuͤrde das Erdreich, daß ſehr frucht— 
bar iſt, gewiß eine groſſe Menge Neis, Hirſe und 
andere Feldfruͤchte hervorbringen: ich glaube fos 
gar, daß der Weitzen, der ſonſt nirgends als in 
Golkonda wͤͤchſt, hier fortkommen würde. Auch 
hat dieſe Inſel Ueberfluß an allen Arten von Vieh 
und guter Weide. Sie hat uͤberdem auch den 
Vortheil, daß an den Ufern der Fluͤſſe und laͤngſt 
dem Meere viel Brennholz und Bauholz waͤchſt, 
ö V2 wel⸗ 


20 


welches der Stadt Maſulipatan, die ſolches Teich: 
ter aus dieſer Inſel als aus dem innern Theil 
des Landes kommen laſſen kann, zu großem Nu: 
tzen gereicht. i 


Dieſe Inſel hat die ſonderbare und vor— 
theilhafte Eigenſchaft, daß das Waſſer darauf 
ſechs Monate des Jahrs ſuͤß und ſechs Monate 
ſalzig iſt. Die Urſache dieſes Phenomens iſt das 
Meer, welches austritt, und die Inſel beynahe 
bedeckt, bis der Kriſtna von den Gewaͤſſern der 
Gebirge anlaͤuft, und ſich durch ſeine Muͤndung 
mehr als anderthalb Meilen ins Meer ergießt; 
alsdann iſt das Waſſer natuͤrlicherweiſe ſuͤß. So: 
bald aber die Ueberſchwemmung abgelaufen, und 
die Mündung des Kriſtna wieder kleiner iſt, gez 
winnt das Meer die Oberhand, tritt in das Lager 
des Fluſſes, und macht das Waſſer darin ſalzig; 
wodurch die Einwohner gezwungen werden ihre 
Zuflucht zu Brunnen die man in der Inſel gegra⸗ 
ben hat, zu nehmen, deren Waſſer obgleich ein 
wenig unſchmackhaft dennoch trinkbar iſt. 

Auch muß man noch anmerken, daß die Ans 
zahl der Einwohner die ſich als die Franzoſen von 
dieſer Inſel Beſitz nahmen, kaum auch drey bis 
viertauſend belief, nach einiger Zeit bis auf funf⸗ 
zehn tauſend geſtiegen war, und ſich ſeitdem an⸗ 
ſehnlich vermehrt haben muß. Man zählt hier 
bis auf achtzehn Aldeas oder Dörfer, von wel— 
chen vier von lauter Webern bewohnt werden. 


Als 


5 2 


Als die Franzoſen ſich hier zuerſt nieder⸗ 
lieſſen, errichteten ſie ihr Etabliſſement an dem 
Ufer der Inſel gegen Maſulipatan, nahe bey dem 
kleineren Arme des Kriſtna, und vier oder fuͤnf 
Meilen von der Muͤndung deſſelben. Es war 
nicht moͤglich es naͤher am Meere zu gruͤnden, weil 
der Boden daſelbſt ſehr ſchlammicht und mit 
Dornſtraͤuchen uͤberwachſen iſt. Der Ort den ſie 
gewaͤhlt hatten hieß Nagaytankam, aber fie vers 
aͤnderten den Namen deſſelben, und nannten ihn 
Nagaypatnam, welches in der Landſprache Stadt 
bedeutet, und da dieſe der Hauptort und die 
Reſidenz des Befehlshabers auf der Inſel war, 
ſo glaubten ſie ihm dieſe Benennung beylegen zu 
muͤſſen. 

Man hat gleich im Anfange einige Feſtungs⸗ 
werke aufgeworfen, die aber von keiner großen 
Bedeutung ſind, indem ſie nur in einer viereckig⸗ 
ten Schanze von Erde beſtehen, mit Raſen be— 
deckt nebſt vier Bollwerken, bey welcher ſich 
auch einige Gebaͤude von Ziegelſteinen befinden. 
Dieſe Schanze iſt mit einem Graben, mit einem 
bedeckten Wege, und einem Glacis umgeben, der 
ſie vor den Ueberſchwemmungen in Sicherheit 
ſetzt. Eben dieſerwegen kann man hier niemals 
dauerhaftere Feſtungswerke erbauen, weil die Kos 
ſten um den Boden zu erhoͤhen, zu betraͤchtlich 
ſeyn würden. Auch hat man die Schanze die: 
ſer Urſache wegen ſo weit als möglich vom Fluſſe 
angelegt. N ö 

Das 


22 


Das eben gefagte wird einen hinlaͤnglichen 
Begrif von den Vortheilen geben, die Maſuli⸗ 
patan ans dieſer Inſel zieht, die ihr nicht nur 
als eine Schutzwehr gegen alle Angriffe von der 
Serſeite dient, ſondern auch bey einer Belage⸗ 
rung von der Landſeite her, die Stadt mit fer 
bensmitteln aller Art zu verſehen im Stande ift, 


4. 
Der Diſtrict von Devracotta. 


Dieſer iſt unſtreitig einer der ſchoͤnſten von de⸗ 
nen die unter dem Gouvernement Maſulipatan 
ſtehen, und liegt gegen Suͤden von dieſer Stadt, 
in einer Entfernung von ſechs oder acht Meilen, 
und bedeckt mit ſeiner ſuͤdoſtlichen Seite die In⸗ 
ſel Divy. Devracotta war vor Zeiten die Haupt⸗ 
ftadt deſſelben, man hat aber hernach geglaubt 
Perapu, ein Dorf an dem Ufer eines Arms des 
Kriſtnaflußes zum Hauptort machen zu muͤſſen. 

Zu dieſem Diſtriet gehören beynahe ſechs⸗ 
zig bis ſiebzig Aldeas, die vielen kleinern Doͤr⸗ 
fer die unter ihnen ſtehen, ungerechnet. Der 
ganze Umfang deſſelben mag etwa dreyßig bis 
vierzig franzoͤſiſche Meilen betragen. 

Man finder darin eine große Menge Bau 
und Brennholz, wie auch eine betraͤchtliche An⸗ 
zahl Fruchtbaͤume, naͤmlich Piſangs, Mangus, 
Zitronenbaͤume und andere von dieſer a 

it 


23 


Mit einem Wort, man kann dieſes Land nicht 
beſſer bezeichnen, als wenn man es den Garten 
von Maſulipatan nennt, denn es verſieht dieſe 
Stadt mit allen Bequemlichkeiten des Lebens. 
Die Laͤndereyen dieſer Provinz find nicht beſſer 
angebauet als die andern, aus den nämlichen 
Urſachen derer ich oben gedacht habe, aber es 
hat den Vorzug vor den umliegenden Provin⸗ 
zen, daß es durch die Kriege nicht ſo verheert 
worden iſt. Der Ackerbau wird hier mit Vor⸗ 
theil getrieben, und aus dieſem Diſtriet die ber 
nachbarte Gegend mit Getraide verſehen. 

Dieſe Provinz hat ſa wohl als Maſulipatan 
unter welcher fie ſteht, den Namen Circar bey⸗ 
behalten, und begreift eine fuͤnf und zwanzig 
Meilen lange Strecke Landes, von Norden ge⸗ 
gen Süden, namlich vom Ufer des Kriſtna im 
Norden, wo die Inſel Divy liegt, bis zum Fluſſe 
Gondejama, der ſuͤdwaͤrts die Graͤnze dieſes Cir⸗ 
cars macht, und ihn von Nelur⸗ Servapelli dem 


> = 


5. 
Diſtrict Nizampatnam. 


Die Hauptſtadt deſſelben war vor Zeiten eine 
der größten Staͤdte. Nizam al Muluck einer 

der Vicekoͤnige von Decan war ihr Erbauer, 
und legte ihr nachher ſeinen Ramen hey. Man 
f ver⸗ 


24 


verglich fie damals mit Maſulipatan, auch gab 
fie dieſer Stadt in Anſehung ihres Handels zu 
Lande nichts nach: aber ſeit dieſer Zeit hat ſie 
ihren erſten Glanz gaͤnzlich verloren. Durch die 
Tiranney der grosmogoliſchen Regierung und die 
Empoͤrungen verſchiedener Zemindaren, die dieſes 
Land zum Schauplatz der blutigſten Kriege ge⸗ 
macht haben, iſt die Provinz ganz zu Grunde 
gerichtet worden, und Niſampatnam gegenwaͤrtig 
blos ein großer Flecken, deſſen von Erde erbaute 
und mit Stroh bedeckte Haͤuſer dem Auge einen 
unangenehmen Anblick darbieten. Sie liegt an 
dem Ufer des Meeres, von welchem ſie jedoch 
durch eine Sandinſel getrennt iſt, die eine halbe 
Meiie breit, und zwoͤlf lang iſt, und nur von 
Thieren bewohnt wird. Man nennt ſie Petta⸗ 
polly oder Pedapoully, welches in der Sprache 
des Landes die Wohnung des großen Tigers bes 
deutet, weil dieſe Thiere daſelbſt von einer un⸗ 
geheuren Groͤße ſind. Der Boden dieſes De⸗ 
partements iſt, wenn man einige fandigte Ge: 
genden ausnımmt, die gar nicht bebauet wer— 
den koͤnnen, nicht ganz ſchlecht. Auch giebt es 
hier laͤngſt der Kuͤſte viele ſchoͤne und große 
Salzwerke, und eine große Anzahl Doͤrfer von 
Webern bewohnt, welche die ſchoͤnſten Manufak⸗ 
turen von Schnupftuͤchern haben, und auch zum 
theil diejenigen verfertigen, die man uneigent⸗ 
licherweiſe Schnupftuͤcher von Paliacate heißt. 


Uebri⸗ 


0. 


25 
Uebrigens iſt dieſes Gebiet das nicht fo 
breit als lang iſt in keinem guten Stande. Die 
meiſten Laͤndereyen darin liegen brach, wie bey: 
nahe in allen Laͤndern die den Franzoſen abge— 
treten wurden. Sobald ſie indeſſen ſich im 155 
derſelben ſahen, ſetzten ſie uͤberall Verwalter hin, 
die dem Lande eine neue Geſtalt geben ſollten; jes 
dem Tag ſchien es ſich zu verſchoͤnern, und hätte ſich 
die franzoͤſiſche Compagnie in demſelben erhal- 
ten koͤnnen, fo wäre es bald in den vortheilhaf- 
teſten Zuſtand verſetzt worden. 


Vor Zeiten war dieſe Provinz mit der Pro- 
vinz Condavir vereinigt, aber Nifam > al : Mu: 
luck Vicekoͤnig von Golkonda trennte fie von der- 
ſelben, um den Streitigkeiten ein Ende zu ma⸗ 
chen, die beftändig zwiſchen dem Befehlshaber von 
Condavir und Maſulipatan wegen der Salzwer— 
ker entſtanden, und vereinigte ſie auf immer mit 
Maſulipatan, indem er die Verwaltung derſelben 
dieſer Stadt uͤbergab. 


Aus dieſen vier Departements Niſampat⸗ 
nam, Devracotta, Divy und Narſapur beſtand, 
ehe ſie den Franzoſen abgetreten wurden das 
Gouvernement von Maſulipatan, unter welchem 
ohngefehr dreyhundert und ſechszig Aldeas oder 
Doͤrfer ſtehen, ohne eine große Anzahl Paleums 
oder kleinere Doͤrfer die uͤberall im Lande zer⸗ 
ſtreuet liegen. Dies war alſo kein unbetraͤcht⸗ 
liches Gebiet, indeſſen in Vergleichung der fol⸗ 
| gen: 


26 


genden Herrſchaften, welche den Franzoſen das 
mals auf dieſer Küfte abgetreten wurden, den 
noch das unwichtigſte. 


Die Provinz Condavir. 


Die berühmte Provinz Condavir allein iſt größ 
fer als alle Länder die unter Maſulipatan ſtehen 
zuſammen genommen. Sie beſteht aus ſiebzehn 
oder achtzehn Pergunnas, deren Namen es un⸗ 
noͤthig iſt hier anzugeben; genug, daß ſie acht⸗ 
hundert und funfzig anſehnliche Aldeas enthal⸗ 
ten, viele kleine Doͤrfer ohngerechnet. Hier⸗ 
aus kann man auf die Groͤße der Provinz ſchlieſ⸗ 
fen, welche zwiſchen ſechszig und achtzig Mei⸗ 
len im Umkreiſe hat. Sa 
Unter dieſen Herrſchaften giebt es einige, 
von welchen die Franzoſen obgleich ſie Herren 
des Landes waren, niemals gewagt haben Be⸗ 
ſitz zu nehmen, oder ſie nur zu verlangen. Die⸗ 
ſes ſind die beyden großen Pergunnas Venicon⸗ 
da und Bellamfonda die ſehr vortheilhaft gele⸗ 
gen, und mit einer anſehnlichen Feſtung verfe- 
hen ſind, welche ein Zemindar der nur eine 
kleine Pacht dafuͤr bezahlt fuͤr ſich behielt, und 
verſchiedene Aldeas oder Dörfer vier Meilen 
gegen Suͤden vom Fluß Gondejama, die der 
Najah Doupol an ſich geriſſen hat. Dieſes 9 
ii Ds I Lan 


27 


Land iſt indeſſen von großem Werth, denn un⸗ 
ter der Herrſchaft dieſer Doͤrfer liegt ein Strich 
Land, in welchem Meerſalz gemacht wird, wel— 
ches ohngefehr drey Meilen im Umkreiß hat, nnd 
jahrlich bis hundert tauſend Thaler eintraͤgt. 
Dieſes Gebiet, wie auch noch einige andere Al— 
deas und einige Salzwerke die zu Niſampatnam 
gehoͤren, und die Salzwerke von Devarampadon 
genannt werden, deren ſich der naͤmliche Rajah 
bemaͤchtigt hat, machen ein betraͤchtliches Land 
aus, welches die franzoͤſiſche Compagnie ſogar 
zur Zeit ihres größten Wohlſtandes nicht im 
Stande war zu erobern. 

Dieſe große Provinz hat ihren Namen von 
einem Ort bekommen, der vor Zeiten die Haupt⸗ 
ſtadt derſelben war, und an dem Fuß eines 
Gebirges lag, daß man noch jetzt das Gebirge 
von Condavir nennt. Dieſer Name iſt indiſch, 
und ward von den Mogolen nachher in Muſ— 
tafanagor verändert, 

Sie muß ſehr beruͤhmt geweſen eh denn 
überall findet man darinn Spuren einer unge— 
woͤhnlichen Groͤße. An vielen Oertern ſieht man 
Denkmaͤhler aus allen Zeiten, naͤmlich Pagoden, 


Feſtungen, Kolonnaden und andere Gebaͤude die 


jetzt unbewohnt ſind; Haufen von Ruinen, Ueber⸗ 
bleibſel von Schloͤſſern und Haͤuſern, und unter 
andern ein großer Bezirk mit Mauern umgeben 
die aus gehauenen Steinen aufgeführt fichtbare 
Beweiſe ſind, daß dieſes Land einmal in einem 

= blüs 


28 


ſehr bluͤhenden Zuſtande geweſen, aber durch 
Kriege verheert worden. 


Als die Mogolen ſich dieſer Provinz be— 
maͤchtigten, machten ſie einen Ort mit Namen 
Gontur der in der Mitte derſelben liegt, zur 
Hauptſtadt. Es iſt eher ein ſchlechter Flecken 
als eine Stadt, und hat keine andere Verthei— 
digung als eine elende Schanze von Erde, mit 
ſechs kleinen Thuͤrmen, deren durchbrochne Mau⸗ 
ten keine Bruſtwehr haben, und kaum dick ge 
nug ſind, um ein oder zwey Kanonen hinauf zu 
ſtellen. In dieſer Feſtung reſidirten die Foſſe⸗ 
dars oder Gouverneurs der Provinz, und die 
franzoͤſiſche Compagnie hatte dieſe Stadt auch zu 
ihren Hauptort gewaͤhlt, in welchem ihr Steu⸗ 
ereinnehmer ſich aufhalten mußte. 


Es ſcheint, daß die Mogoliſchen Prinzen 
dieſen Ort wegen der Sicherheit ſeiner Lage an⸗ 
dern vorzogen, denn Gontur liegt in der Mitte 
eines etwa fuͤnf bis ſechs Meilen tiefen Waldes, 
der keine Oefnung als eine kleine Ebene hat. 
Man mag kommen von welcher Seite man will, 
ſo muß man durch dieſen Wald um in die Stadt 
zu kommen. 


Der uͤbrige Theil der Prgeinz iſt theils 
Wald, theils bebautes Land, welches alle Arten 
von Korn, ausgenommen Reis im Ueberfluß her⸗ 
vorbringt. Der große Fluß Kriſtna fließt durch 
dieſes Land, und waͤſſert drey Aldeas in demſel⸗ 

ben, 


a 


x 29 


ben, naͤmlich Chentepelly, Ambrepudy, und Co— 
lur, die zwanzig Meilen von der Kuͤſte liegen, 
und einen Theil der Diamanten Minen in ſich 
begreifen, welche in Reiſebeſchreibungen unter 
dem Ramen dieſer letzten Aldea bekannt find. 6) 
Aber der groͤßte Vorzug dieſer Provinz beſteht 
in der großen Anzahl Aldeas die von Webern 
bewohnt ſind, welche die ſchoͤnſten baumwollene 


Waaren, naͤmlich Tuͤcher, gemahlte Zeuge und 


dergleichen verfertigen, mit welchen alle Euro— 
paͤiſche Nationen, fo wie auch die Mahometaner, 
Hindus und ſogar die Armenier handeln. Wer 
alſo Herr von dieſer Provinz iſt, kann wenn er 
will, ein ausſchlieſſendes Recht auf den Handel 
mit allen Tuͤchern ſowohl von Maſulipatan als 
von Paliacatta haben, und wenn er noch die 
Provinz Niſampatnam beſitzt, die ebenfalls im 
Verhaͤltniß mit ihrem Umfang eine große Ans 
zahl Manufakturen enthaͤlt, ſo iſt er wirklich 
Herr von allen Manufakturen dieſer Art. Es 
iſt in der That merkwuͤrdig, daß die Tücher des 
nen wir den Namen von Maſulipatan beylegen, 
weder in dieſer Stadt noch in ihren umliegen⸗ 
den Gegenden, ſondern einzig und allein in der 
Provinz Condavir verfertiget werden, ſo wie man 
auch diejenigen die man nach der Stadt Palia⸗ 
catta nennt, nicht daſelbſt, ſondern in Niſampat⸗ 
nam macht, ſie ſind alſo unter dem Namen der 
bey⸗ 

6) Tavernier hat in feiner Reiſe T. 2. S. 339, die 

Digmantgraben bey Culur umſtaͤndlich beſchrieben. 


30 


beyden vornehmſten Oerter bekannt, wo der groͤß⸗ 
te Handel damit getrieben wird. 

Mit Condavir hoͤren die Provinzen auf, wel⸗ 
che die Franzoſen vor dem Pariſer Frieden in Gol⸗ 
conda mit allen oberherrlichen Gerechtſamen be— 
ſaſſen. Die vier noͤrdlichen Provinzen ſind zwar 
anſehnlicher als diejenigen, von welchen ich ſchon 
geredet habe, ich glaubte aber ſie zuletzt ſtellen zu 
muͤſſen, weil die Franzoſen blos die Einkuͤnfte der⸗ 
ſelben zogen, und die Oberheerſchaft indiſchen 
Fuͤrſten nach wie vor blieb. 


7. 


Beſchreibung der eigentlichen vier ane 
Circars. | 


Dieſe vier Provinzen waren den Franzoſen we⸗ 
gen geleiſteter Dienſte als Jaghirs 7) gegeben 
worden, um von ihren Einkuͤnften Truppen zur 
Beſchuͤtzung von Golconda zu halten. Indeſſen 
iſt es wahrſcheinlich, daß der Vicekoͤnig von Gol⸗ 
konda, als er den Franzoſen dieſe vier Provinzen 


auf eine ſolche * abtrat, es blos gethan hat, 
um 


7) Jaghire ik in Ofindien, ein gewiſſer Diſtriet den 
die Regenten zuweilen jemand für geleiſtete Dienſte 
einraͤumen, um aus demſelben die Einkuͤnfte ſtatt ei⸗ 
ner Penſion zu heben. So hatte der verſtorbene Lord 
Clive ein Jaghire in Bengalen, das ihm jährlich 
30% 0% Pf. Sterl. einbrachte. 


31 


um den Englaͤndern und den Großen ſeines Ho⸗ 
fes nicht ſehen zu laſſen, wie weit ſeine Gros⸗ 
muth gehen wuͤrde, denn beyde ſahen mit glei⸗ 
cher Mißgunſt die zunehmende Große der fran⸗ 
zoͤſiſchen Nation in Indien. Es ſcheint ſogar 
gewiß zu ſeyn, daß ein geheimer Vertrag zwi⸗ 


ſchen dem Prinzen und Herrn Duͤpleir gemacht 


war, vermittelſt deſſen dieſes große Land nach 


einer gewiſſen Zeit ganz unter franzoͤſiſche Bots 
. mößigfeit kommen ſollte: aber der Friede im 


Jahr 1763 hat dieſen Vergleich vernichtet. 
Die Namen dieſer Provinzen ſind Elur, Conda⸗ 
pelly, Rajamundıy und Ehicacol. 8) Die beyden 


letzten ſind die anſehnlichſten, ſowohl wegen ihrer 


Produkten als ihrer Größe, denn fie nehmen einen 
Raum von mehr als zweyhundert Meilen laͤngſt 
der Kuͤſte ein, und ihre größte Breite beträgt über 
funfzig Meilen, Man kann ſich leicht ihre Lage vor⸗ 
ſtellen, wenn man ſich die von Maſulipatan und 
Narſapur erinnert, denn hinter beyden liegen 
Nordweſtwaͤrts Elur und Condavelly, und ne⸗ 
ben dieſen dehnen ſich weiter Nordwaͤrts Ras 
jamundrum und Chicacol laͤngſt der Kuͤſte aus. 

Con⸗ 


2) Die Englaͤnder veraͤndern dieſe Benennung etwas, 
nnd bey den Schriftiellern dieſer Nation heiſſen die 
vier Provinzen, Muſtaphanagur, Palore, Rajamun⸗ 
drum und Chieacol. Die erſte iſt eben dleſelbe, wel⸗ 
che bey den Franzoſen Condavir heiſt. Sie zaͤhlen 
auch fünf Circars und rechnen Maſulipatan mit ſet⸗ 
nem Gebiet dazu. 


32 


Condapelly liegt etwa ſechszehn franzoͤſiſche Meis 
len von der Stadt Maſulipatan entfernt, und 
wird durch den Kriſtnafluß von Condavir getrennt. 
Den Eingang in dieſe Provinz macht der bes 
kannte Paß Bezuars. 

Dieſes ganze Land ſtoͤßt an die Kette b von 
Gebirgen deren ich ſchon erwaͤhnt habe, welche 
im ſuͤblichen Theil der Provinz Condavir anfaͤngt, 
durch die Provinz Condapelly fortgeht, wie auch 
durch Elur, Rajamundry und Chicacol, bis zu 
den Graͤnzen des marattiſchen Koͤnigreichs Kateck. 

Es bringt alle Arten von Korn und andere 
Eßwaaren hervor. Auch findet man hier einige 
wenige Aldeas mit Webern. Ihr groͤßter Vor⸗ 
theil aber beſteht in dem Beſitz der diamanten 
Minen, in dem Bette des Kriſtna, in welchem 
man die ſchoͤnſten Steine findet, die man gewoͤhn⸗ 
lich Diamanten von Golkonda nennt. Dieſe Mi⸗ 
nen hätten immer ſehr reich ſeyn muͤſſen, aber 
bey den beynahe unaufhoͤrlichen Unruhen in 
dieſen Provinzen, waren die Mogolen ſelten im 
Stande ſie wegen Mangel geſchickter Arbeiter 
und noͤthiger Werkzeuge zu benutzen. Ohne 
Zweifel würde ein ſolcher Schatz ein ſehr wichtis 
ger Gegenſtand fuͤr eine europäifche Nation ſeyn, 
die Luſt haͤtte Nutzen daraus zu ziehen, und auch 
die Mittel dazu haͤtte. Die Provinz Elur liegt 
hinter Narſapur, an ihrer weſtlichen Seite, in 
einer Entfernung von funfzehn Meilen. Hier 
fangen die Manufakturen von alben Arten von 

Lein⸗ 


33 


Leinwand an, mit welchen die europaͤiſchen Natio: 
nen den vornehmſten Handel treiben. Auch hat 
dieſe Provinz großen Ueberfluß an Reis und al⸗ 
len Arten von Korn, denn dieſes ganze Land bis 
Yanaon in der Provinz Rajamundry wird von 
den vielen Fluͤſſen und Kanälen ſehr fruchtbar 
gemacht. So lange die Franzoſen den Genuß 
dieſer Provinz hatten, war ſie ſo wie auch die 
drey andern, entweder ganz oder zum Theil an 
Privatperſonen verpachtet worden, uͤber die der 
Kommendant von Maſulipatan und unter ihm 
der von Rajamundrum die Aufſicht hatten. 

Dieſe Provinz iſt ohngefaͤhr fünf und vier⸗ 
zig Meilen von Maſulipatan entfernt, und liegt 
funfzehn Meilen nordwaͤrts von der Provinz Elur. 
Funfzehn bis ſechszehn Meilen vom Meere an 
dem Ufer des großen Fluſſes Condavery, der 
durch dieſe ganze Provinz fließt, und ſich durch 
viele Muͤndungen in das Meer ergießt, liegt die 
Hauptſtadt, ein großer ſehr ſchlecht gebauter Ort, 
den eine elende Feſtung vertheidiget. 

Unter den Vortheilen dieſes Landes, gehoͤ⸗ 
ren vorzuͤglich die großen und ſchoͤnen Waͤlder 
von Teckholz, welche tief im Lande liegen; die⸗ 
ſes Holz wird nicht nur wegen ſeiner Schoͤnheit 
geſchaͤtzt, ſondern auch weil es das einzige in dies 
ſen Gegenden zum Schiffbau taugliche Holz iſt. 
Der Verkauf dieſes einzigen Produkts muͤſte einer 
Compagnie ſehr viel einbringen. Ueberdem wäre 
es auch eine beynahe unerſchoͤpfliche Quelle fuͤr 

Forſters . u. V. K. 3. Th. € das 


34 


das Seeweſen derjenigen europaͤiſchen Nation, die 
das Eigenthumsrecht davon ausſchlieslich hätte, 
und ſollte die Entfernung ein Hinderniß ſeyn, ſo 
wuͤrde man vielleicht auf der Stelle ſelbſt einen 
Ort zu Erbauung der Schiffe finden koͤnnen, in 
welchem Fall es leicht waͤre Schiffbaumeiſter hin⸗ 
zuſchicken, und Werfte daſelbſt anzulegen, an Ar⸗ 
beitern wuͤrde es auch nicht mangeln, da die 
Eingebohrnen ſehr geſchickt ſind, wenn fr nur. 
gut angeführt werden. 

Diefer wichtige Gegenſtand ſcheint doch nicht 
die Aufmerkſamkeit der Franzoſen an ſich gezo⸗ 
gen zu haben, fo lange fie im Beſitz dieſer Pro; 
vinz waren. Dieſe war blos auf den Handel 
mit Schleiern, Muſſelinen, und andern baum⸗ 
wollenen Waaren gerichtet, und vielleicht mit 
Recht, denn in Rajamundrum findet man die 
meiſten und beſten Fabriken von dieſer Gattung. 
Von der Hauptſtadt von Elur im Suͤden an bis 
zu der Hauptſtadt von Chicacol im Norden, for⸗ 
mirt das Land das zwiſchen dieſen Staͤdten liegt 
mit Rajamundrum eine Art von laͤnglichten Drey⸗ 
eck, in welchem man eine ungeheure Menge Doͤr— 
fer von Webern bewohnt antrift, welche die fein⸗ 
ſte und ſchoͤnſte Cattune in ganz Indien verfer⸗ 
tigen. 

Die Provinz Chicacol liegt dreyßig oder 
vierzig Meilen von Rajamundrum, und achtzig 
bis hundert von Maſulipatan. Es laͤßt ſich von 
derſelben alles wiederholen, was ſchon von den 

drey 


33 


drey vorhergehenden Provinzen gefagt iſt. Sie 
ift eben fo fruchtbar, und enthält auch eine ziems 
liche Anzahl von Webern bewohnter Aldeas, de— 
ren Manufakturen aber von ſchlechterer Art ſind. 
Die hier verfertigten Cattune ſind viel groͤber, 
und werden daher nicht ſo ſehr geſchaͤtzt; es ſind 
blos Betilles, Salompuris, Doreas, gemahlte 
Leinwand, und andere von dieſer Gattung. 

Chicacol die Hauptſtadt dieſer Provinz liegt 
nur drey bis vier Meilen vom Meer, am Ufer 
eines Fluſſes, deſſen Muͤndung nach dem Ramen 
des franzoͤſiſchen Befehlshabers Duͤpleix den ih: 
rigen einmal veraͤndern muſte. Der Eingang 
iſt ziemlich gut, wenn nur die Schiffe nicht ſehr 
groß ſind. * 

Zu dieſer Provinz gehoͤrt die große Pergun— 
na genannt Ganjeau, neben Belecor; die Kette 
von Gebirgen, von welcher ich geredet habe gr 
digt ſich hier mit dem obenerwehnten Paß ges 
gen Katec zu, der zugleich die aͤuſſerſte Graͤnze 
dieſer Circars iſt. Haͤtten die Hollaͤnder und 
Engländer nicht in dieſem Lande auch Handels- 
logen gehabt, ſo wuͤrde Frankreich hier ohne 
Zweifel ein feſtes Reich gegruͤndet haben. Ich 
will zur genauern Kenntniß des Landes auch 
dieſe nahmhaft machen. Die Hollaͤnder haben 
hier nur drey Etabliſſemens Palacoil, Caquinara 
und Bimilipatan. 

Palacoil, welches zwey Meilen jenſeits Nar⸗ 
ſapur liegt, iſt ſehr unbetraͤchtlich. Dieſer Ort. 
C 2 muß 


36 


muß nicht mit dem holländischen Etabliſſement 
Puliacatta, werwechſelt werden, welches in Car— 
natic hart an der nordlichen Graͤnze von Ma— 
dras belegen iſt, und durch die Feſtung Gels 
dria vertheidigt wird. 

Caquinara iſt weit anſehnlicher, und das vor⸗ 
nehmſte Contoir der Nation, und in Rajamuns 
drum ſechs Meilen nordwaͤrts des Fluſſes Ya- 
naon belegen. 9) * 

Bimilipatan liegt in der Provinz Chicacol, 
vier oder fuͤnf Meilen nordwaͤrts von engliſchen 
Contoir Viſagapatam. 

Den Englaͤndern gehoͤren hier acht verſchie— 
dene Contoirs. Dieſe ſind Madepallum wovon 
ich ſchon bey Narſapur geredet habe. Die Fa: 
ge daſelbſt iſt ziemlich gut, ſie wird aber nicht 
bewohnt. 

Die Inſel Bandamurilanka oder Bander⸗ 
malanka, wohin ſie von Madepallum zogen, iſt 
ohngefaͤhr anderthalb Meilen lang, und beynahe 
ſo breit; und wird groͤſtentheils von den Aer⸗ 
men des Fluſſes Kondavery umgeben. Die Eng⸗ 
laͤnder haben fie nebſt einem dazu gehörigen 


Dorfe in Pacht. 
a Das 


9) Dies hollaͤndiſche Handelscontoir wird ſonſt nir⸗ 
gendswo erwebnt, ſelbſt Herr Rademacher, der im 
erſten Theil der Abhandlungen der Batariſchen Ge: 
ſellſchaft, alle oſtindiſche Handelsplaͤtze feiner Nation 
angiebt, hat es nicht bemerkt. 


37 


Das Contoir Ingiron fonft auch Cambre⸗ 
palum genannt, liegt eine Meile jenſeits des alten 
Contoirs von Yanaon, nur nicht fo nahe am 
Fluſſe, auf dem Wege nach Rajamundrum. 
Die Englaͤnder haben den Grund davon gekauft, 
und hernach ein Luſthaus daraus gemacht, wel— 
ches fie gegenwaͤrtig auch zu nichts weiter Drau: 


chen koͤnnen. 


Auch die Inſel Elakatilpa dieſſeits Yanaon, 
iſt nicht ſehr wichtig. Es iſt eine wuͤſte Inſel, 
die ihnen wenig Nutzen bringt, denn ſie iſt 
beynahe immer uͤberſchwemmt; ſie haben aber 


den Einfall gehabt ſich hier niederzulaſſen, und 


einen Zoll auf alle Schiffe des Landes zu legen, 
die hier vorbey kommen, | 
Dieſe Inſel imgleichen Bandamurilanka ge⸗ 
hoͤren nebſt den folgenden zu Rajamundrum. 
Die Inſel Rellapelly ift von weit größerer 
Wichtigkeit. Sie war vorher blos eine Bleiche, 
aber ſeit ohngefaͤhr zwanzig Jahren iſt es eines 
der vornehmſten Etabliſſements der Englaͤnder ge⸗ 
worden. Verſchiedene Arme des Fluſſes Yanaon 


formiren dieſe Inſel; auf einem dieſer Arme der 


Nellapelly heiſt haben ſie dem alten franzoͤſiſchen 


Contoir gegen uͤber ihren Handelsplatz angelegt. 


Die Inſel Corangui liegt an dem Ufer des 
Meeres, zwiſchen den zahlreichen Armen des 
Fluſſes Condavery. Es iſt ein herrliches Land, 
das ſehr viel eintraͤgt, und ſehr bequem zum 
Handel gelegen iſt. Die Englaͤnder hatten ſie 

vor⸗ 


38 


vorher ehe die Franzoſen Herren dieſer Circars 
wurden, von dem Pachter der Provinz Rajamun⸗ 
drum gepachtet. 

Ouzara iſt zu unbetraͤchtlich um ſich dabey 
aufzuhalten, es beſteht blos in einem Hauſe in 
der Aldea dieſes Namens, in welchem ſich ein 
engliſcher Handlungsagent aufhaͤlt. 

Das letzte Contoir der Englaͤnder an der 
Kuͤſte, iſt Viſagapatan, welches ziemlich bekannt 
iſt, indem es den dritten Rang nach Madraß 
und Cudulur behauptet. Es gehoͤrt unter die 
Gerichtsbarkeit der Provinz Chicacol. Seine 
Lage iſt ſehr vortheilhaft, und es iſt ſehr gut 
befeſtigt. 

Es verdient angemerkt zu werden, daß die 
Aldea von Madepallum, und die Contoirs von 
Ingiron und Viſagapatan die einzigen von al 
len dieſen Etabliſſemens waren, welche die Eng— 
laͤnder mit einem Schein von Recht erlanget 
hatten, die andern beſaſſen ſie blos vermittelſt 
einer gewaltſamen Beſitznehmung, oder einer Un⸗ 
terpacht, die ihnen kein rechtmaͤßiges Eigenthums⸗ 
recht daruͤber geben konnte, haͤtte der im Jahr 

1763 geſchloßne Friede ihnen nicht ein Anſehen 
ertheilt, daß alle ihre Unternehmungen in die⸗ 
ſen Laͤndern rechtfertigte. 

Alle dieſe unter dem Namen der nördli- 
chen Circars begriffene Laͤnder, werden in ihrem 
ganzen Umfang von zwey großen Stroͤmen ge— 
waͤſſert, welche beyde in den Gebirgen entſprin⸗ 

gen, 


| 


39 


gen, ſich in viele Arme theilen, und ſich endlich 
durch viele Muͤndungen in das Meer ergieſſen. 
Es iſt nicht moͤglich ſie alle zu zählen, oder ein⸗ 
zeln anzugeben. 

Der Kriſtnafluß iſt wegen der Diamanten 


Minen ſehr beruͤhmt, und der Condavery mehr 


unter dem Namen Ganges bekannt, wird von 
den Heiden ſehr verehrt. Ihre vortheilhafteſte 
Eigenſchaft aber iſt, daß fie alle Jahre anſchwel⸗ 
len und ſich fo wie der Nil zu beſtimmten Zei— 


ten in Ueberſchwemmungen, welche im Monat 


Junius anfangen, und gegen das Ende des Au⸗ 
guſts aufhoͤren, ergieſſen. 

Dieſe Ueberſchwemmungen unterſcheiden ſich 
dadurch von andern, daß ſie nur eine kurze 
Weile dauern, und nach einer Zwiſchenzeit wie— 
der kommen; das Waſſer welches das ganze 
Land auf einmal uͤberſchwemmt, bleibt hoͤchſtens 
zwey oder drey Tage darauf ſtehen, und ver— 
ſchwindet hernach, weil es enkweder wegen der 


Naͤhe des Meeres einen leichten Abfluß hat, 


oder weil die duͤrre Erde es ſehr geſchwinde eins 
trinkt: nach acht Tagen aber werden dieſe Ueber: 
ſchwemmungen mit mehr oder weniger Staͤrke 
wiederholt, und dieſes waͤhrt ſo lange bis ſie 
ganzlich aufhören. Man kann kaum begreifen 
wie nuͤtzlich dieſes dem Lande iſt, denn der 
Schlamm den das Waſſer zuruͤck läßt, macht 


nicht nur den Boden fett, ſondern erleichtert 


auch das Umpfluͤgen. Es ſcheint als Hätte die 
Na⸗ 


40 


Natur hierdurch dieſe trocknen Gegenden ſchad— 
los halten wollen. Die große Hitze die darin 
nen herrſcht, wird durch die vielen Fluͤſſe erſetzt, 
deren man eilfe nach einander paßiren muß, 
wenn man von Maſulipatan nach Ganjam reiſt. 
Sie traͤnken die Erde, und waͤſſern und uͤber— 
ſchwemmen ſie beynahe zu gleicher Zeit, und in 
den naͤmlichen Maaß wie die beyden Ströme, 
von welchen ſie ihren Urſprung haben. 

Dieſer Vortheil iſt ſo groß, daß man ohn⸗ 
geachtet der Verſchiedenheit des Clima's, bey: 
nahe in Verſuchung gerathen moͤchte zu glau⸗ 
ben, daß die fruchtbarſten Gegenden in Europa 
dieſen Provinzen von Indien, weder in der na— 
tuͤrlichen Beſchaffenheit und Fruchtbarkeit des 
Bodens, noch in der Guͤte und dem Ueberfluß 
ihrer Fruͤchte gleich kommen, oder fie wenig⸗ 
ſtens nie uͤbertreffen. 

Wenn man dieſes annimmt, kann man ſich 
leicht vorſtellen, wie ungern die Franzoſen Be— 
ſitzungen verlaſſen mußten, welche von dieſer 
Seite allein betrachtet, aͤuſſerſt wichtig waren. 
Man erinnere ſich nur der Lage von Maſulipa⸗ 
tan, an dem Ufer des Meeres, und beynahe in 
der Mitte aller eben beſchriebenen Herrſchaften. 
Ihr zur rechten ſieht man den Fluß Kriſtna, 
welcher alle die Laͤnder gegen Mittag durch⸗ 
ſtroͤmt, und zur linken den Condavery, der auf 
naͤmliche Art die noͤrdlichen Gegenden traͤnkt. 
An einer Seite ſind lauter Manufakturen von 

indi⸗ 


i 41 


indiſchen Schnupftuͤchern, mit denen ein fo groß 
ſer Handel getrieben wird, und auf der andern 
lauter Fabriken von andern baumwollenen Zeu— 


gen, welche einen eben ſo ſtarken Abgang ha— 


ben. Ueberall entdeckt ſie entweder Schiffe die 
mit allen Arten von Guͤtern beladen, in ihren 
Hafen einlaufen, oder ein unermeßliches Land und 
Felder mit den herrlichſten Produkten bedeckt. 
Der Beſitz dieſes großen Landes wuͤrde der 
franzoͤſiſchen Compagnie in Indien wenig Vor: 
theil verſchaft haben, wenn ſie keine Einkuͤnfte 
daraus haͤtte ziehen koͤnnen; denn ſo groß auch 
immer der Handel ſeyn mochte den ſie daſelbſt 
treiben konnte, ſo wuͤrden doch die Koſten der 


Verwaltung und Regierung dieſer Herrſchaften 


die Handelsvortheile gaͤnzlich verſchlungen haben: 
Sie zog aber wichtige Einkuͤnfte aus denſelben, 
die ſich in folgende Claſſen eintheilen laſſen. 
Erſtens beſaß die Compagnie eine unermeß⸗ 
liche Strecke Landes, das mehr oder weniger be— 


bauet war, und deſſen Werth ſich nicht leicht be— 


ſtimmen ließ. Zweytens hatte ſie das Eigen⸗ 
thumsrecht der beſten und groͤßten Salzgruben 
die an der ganzen Kuͤſte ſind. Drittens hatte 
ſie das Recht Geld zu praͤgen, und alle unter der 
vorigen Herrſchaft uͤbliche Auflagen zu heben. 
Wenn man nun dieſe Artikel auch nur nach den 
Fuß berechnet, wie ſie zu der Zeit waren, als 
die Franzoſen dieſe Provinzen verlaſſen muſten, ſo 
trugen ſie dennoch Veh zehn Millionen Livres 

jaͤhr⸗ 


42 


jaͤhrlicher Einkuͤnfte, deren Hebung der Compag⸗ 
nie beynahe gar nichts koſtete, und die man mit 
etwas genauerer Aufmerkſamkeit auf dieſe Laͤn⸗ 
der, um ein Drittheil, ja vielleicht Doppelt hät: 
te vermehren fönnen. 


Ehe ich meinen Leſern eine ausführliche Nach⸗ 


richt von den Produkten dieſer Laͤndereyen gebe, 
muß ſich ihnen zuvor zwey Bemerkungen mittheilen, 
welche indem ſie ihnen einen Begrif geben von 


der Art, wie die Steuern in Indien auf die Laͤn⸗ 


dereyen gelegt und eingeſammelt werden, ihnen 
auch zugleich beweiſen koͤnnen, mit welcher Ge— 
wisheit ihr Betrag im voraus berechnet werden 
kann. h 
Die erite iſt, daß die Einkuͤnfte welche man 


aus dem Ertrag der Laͤnder in Indien zieht, auf 


eine ganz verſchiedene Art erhoben werden als in 


Europa, Hier bekommt man das Getraide ſelbſt, 


und muß es liegen laſſen, oder den Verkauf deſſel⸗ 
ben abwarten, um ſein Geld heraus zu ziehen. 
In Indien im Gegentheil beſitzt kein Privatmann 
liegende Guͤter, und die Laͤndereyen im ganzen 
Reich des Mogols gehoͤren dem Landesherrn. 


Die Ackerleute eine Kaſte oder Stamm, welche 


niemals aus ihren Stande treten, find verbun⸗ 
den das Land um die Hälfte des Gewinns zu be⸗ 
arbeiten; wenn alſo die Zeit der Erndte koͤmmt, 
wird die ganze Maſſe des Getraides in zwey gleis 
che Theile getheilt, von welchen einer dem Prin⸗ 


zen oder demjenigen der feine Stelle vertritt zuge- 


hoͤrt, 


43 


hört, und den andern behält der Ackersmann; 
jedoch um die ihm zufallende Haͤlfte zu nehmen, 
und zu ſeinem Nutzen anwenden zu koͤnnen, muß 
er zuvor dem Landesherrn ſeine Haͤlfte abkaufen, 
und dies geſchieht auf folgende Weiſe. 

Bediente welche man Dechapaudias nennt, 
und welche Braminen oder Schreiber ſind, haben 
die Aufſicht uͤber das Getraide, und muͤſſen es 
richtig ſchaͤtzen. Dieſe Schaͤtzung geſchieht zu 
zwey verſchiedenen Malen: einmal wenn das Ge⸗ 
traide noch ſteht, uud zweytens wenn es ſchon 
abgeſchnitten und in Haufen zuſammen getragen 
iſt, und alsdann wird es auch getheilt. 

Hat der Ackersmann gleich das Geld um die 
dem Grundherrn gehörige Hälfte zufolge der 
Schaͤtzung zu bezahlen, fo hat er die Freiheit das 
Getraide wegzufuͤhren und für feine Rechuung zu 
verkaufen; doch hat der Prinz oder fein Afterpächs 
ter der feine Stelle vertrit- immer ein Recht von 
feiner Hälfte fo viel zu nehmen, als er zu feinem 
Gebrauch noͤthig hat. Da die Kaufleute eilen, 
ihren Handel mit den Ackersleuten zu ſchlieſſen, 
ehe noch das Getraide abgeſchnitten iſt, ſo ha— 
ben dieſelben dieſes Geld ſchon beynahe immer 
bereit. 

ft aber im Gegentheil der Ackersemann 
nicht im Stande, den Theil des Prinzen zu be⸗ 
zahlen, ſo wird ihm der dritte Theil der Erndte 
uͤberlaſſen, und es werden ihm zur Bezahlung 
deſſelben drey Termine jeder von einem Monat 
geſetzt. 


44 


geſetzt. Dieſe beobachtet er ſehr richtig, denn 


unterlieſfe er es, würde alles übrige Getraide 
zum Vortheil des Prinzen an den Meiſtbietenden 
verkauft werden. Wenn er das Geld fuͤr den 
erſten Theil abgetragen hat, ſo bekommt er das 
zweyte Drittel, und fo fort bis er feinen Contract 
mit dem Prinzen ganz erfuͤllt hat. Auf dieſe Art 
hat der Ackersmann nicht nur die Muͤhe das Land 


zu bearbeiten und zu beſaͤen, ſondern er muß 


auch noch fuͤr den Verkauf und Abgang des Ge— 
traides ſorgen. Der Landesherr empfaͤngt immer 
die Hälfte des Werths aller Produkten, ohne daß 
er die geringſte Muͤhe noch Unkoſten hat, auſſer 
daß er die Beamten beſolden muß, die uͤber die 
Sicherheit der Erndte wachen, und die Ackers— 
leute zu Bezahlung ihrer Schulden zwingen muͤſ⸗ 
fen. Es iſt alſo leicht einzuſehen, daß die fran: 
zoͤſiſche Compagnie die in alle Rechte des Souve⸗ 
rains dieſer Lander eintrat, keine deutlichere und 
gewiſſere Einkuͤnfte haben konnte, als diejenigen, 
welche ſie aus dieſen Herrſchaften zog. 

Die zweyte Bemerkung welche ſich uͤber die— 
fe Einkuͤnfte machen laͤſt, iſt folgende. Dieſe 
Laͤndereyen waren eine ſo kurze Zeit in dem Beſitz 
der franzoͤſiſchen Compagnie geweſen, daß fie uns 
moͤglich ihren innerlichen Werth kennen konnten. 
Eine Menge Zemindars und andere kleine Prin— 
zen, die vorher die Blutigel und Tyrannen des 
Volks geweſen waren, wie auch viele Braminen 
Schreiber und Aufſeher, die noch einen Theil ih⸗ 

rer 


45 


rer Gewalt beybehalten hatten, bedrohten und 
ſchreckten die Ackersleute ohne Aufhoͤren, die ſich 
alsdann durch die Furcht noch einmal unter ihr 
Joch zu kommen gezwungen ſahen, ihre neuen 
Herren wieder ihren Willen zu betruͤgen. Sie 
wurden mit den Schreibern oder Dollmetſchern 
eins die Wahrheit zu verhehlen, wenn ſie uͤber 
den Ertrag ihrer Laͤnder befragt wurden, und 
gaben öfters nur die Hälfte an. Welche Verrin— 
gerung der Einkuͤnfte mußte nicht aus dieſem 
Betragen entſtehen? Hiezu kam noch, daß der 


groͤßte Theil der Länder durch die Tyranney und 
die Unterdruͤckungen der mogoliſchen Prinzen bey: 


nahe entvoͤlkert waren. Man kann ſich in der 
That kaum vorſtellen, in welch einem elenden Zu: 
ſtande ſich der Ackermann unter der vorigen Re— 


gierung befand. Die Dechapaudias oder Schrei⸗ 


ber verftanden ſich mit den Foſſedars um ihn zu 
pluͤndern. Sobald die Zeit der Schaͤtzung ge— 
kommen war, ſo ſetzten die Schreiber eine auf, 
die ſich noch einmal ſo hoch als der Betrag der 
Erndte belief. Der Theil des Prinzen alſo ver— 
ſchlang die ganze Maſſe des Getraides, und dem 


Ackersmann blieb nichts uͤbrig. Beklagte er ſich, 


ſo mishandelte man ihn, und drohte ihn, unter 
dem Vorwand, daß er einen Theil des Korns 
entwendet hätte, ins Gefaͤngniß zu werfen. 
Dieſe armen Bedruͤckte die vor Hunger umka— 
men, und kein Mittel hatten ſich Recht zu ver⸗ 
ſchaffen, verlieſſen in Menge das Land, wo ſie 

bey 


46 


bey aller Arbeit keinen Unterhalt fanden. Eben 
daher war der Hauptertrag dieſer Provinzen ſo 
geringe, wie ſie an Frankreich kamen, und da 
keine Einwohner im Lande waren, die auf die 


alte Weiſe das Feld baueten, fo war man ges 


zwungen große Laͤndereyen den Paͤchtern zu übers 
laſſen, die ſich dazu anboten. Dieſe boten oft 
nicht einmal den vierten Theil des Ertrags, den 
die Geſellſchaft aber annehmen muſte, um doch 
etwas zu gewinnen. 

Es iſt gewiß, daß blos das alte Gouver⸗ 
nement von Maſulipatan, ohne von dem Cirkar 
von Condavir, noch von den vier noͤrdlichen 
Provinzen, welche verpachtet waren zu reden, in 
fruchtbaren Jahren mehr denn ſieben bis acht 
hunderttauſend Livres an Getraide eintrug. Noch 
ein klarerer Beweis deſſen was ich behaupte, iſt daß 
die Provinz Niſampatnam, ob fie gleich die Fleins 
ſte und ſchlechteſte in dieſem Gouvernement iſt, 
und zuweilen mehr als Dreyviertel ihrer Laͤn⸗ 
dereyen brach lagen, dennoch in der letzten Zeit 


der franzoͤſiſchen Adminiſtration, verſchiedne Jah⸗ 


re nach einander ſechszigtauſend Rupien eintrug, 
welches die Rupie zu zwey Livre acht Sous ges 


7 


— 


rechnet, hundert vier und vierzig tauſend Livres 


machte. Man kann daſſelbe verhaͤltnißweiſe von 
den andern Departemens ſagen. Die Inſel Di— 
vy zum Beyſpiel trug jaͤhrlich wenigſtens tauſend 


Rupien, oder zweyhundert vierzigtaufend Livres 


ein, und * war dieſes nur der achte Theil 
von 


47 


von dem was ſie hätte einbringen koͤnnen: denn 
man ſieht darinnen große Ebenen, auf denen ſich 
Armeen von hundert tauſend Mann aufhalten 
koͤnnten, welche aus Mangel an Ackersleuten, 
unbearbeitet liegen bleiben. Nach dieſen beyden 
Beyſpielen, kann man auf das uͤbrige ſchlieſſen. 
Hingegen iſt es auch leicht einzuſehen, wie ſehr 
ſich die Einkuͤnfte durch die Veraͤnderung der 
Adminiſtration, deren Wirkungen ſich alle Jahre 
offenbarten, vermehrt haben wuͤrde. 

Doch dieſes iſt nicht die einzige Gattung 
von Einkuͤnften, welche die franzoͤſiſche Compag⸗ 
nie aus dieſem Theil von Indien zog: Sie hatte 
noch in dem Umfang ihrer Herrſchaften einen eben 
fo reichen Schag. Dieſer beſtand in den ſchoͤ— 
nen und anſehnlichen Salzwerken, deren Eintrag 
willkuͤhrlich iſt, und ſo viel man will vermehrt 
werden kann. Es iſt ein Tribut den das Meer 
jaͤhrlich bezahlt, und den man blos einzunehmen 
braucht. 

Die Salzgruben in Maſulipatan und in 
der Provinz Niſampatnam, ſind die beſten un⸗ 
ter allen denen, welche man laͤngſt der Kuͤſte 
trift, wegen der Beſchaffenheit des Bodens, der 
einen leimichten Grund hat, und gar nicht fürs 
dig iſt. Man bereitet darinnen eine unbegreif— 
liche Menge Salz auf die wohlfeilſte Art. 

Man waͤhlt zu dieſem Ende ein bequemes 
Feld, welches ziemlich nahe am Meere liegt, 
und theüt es in verſchiedns viereckigte Behalter 

ein, 


48 


ein, die mit einem Rande verfehen find, damit 
das Waſſer nicht abflieſſen moͤge; hernach graͤbt 
man hier und da Gruben, in welche das Waſ— 
ſer durch die Erde eindringt. Dieſes Waſſer 
leitet man hernach vermittelſt Waſſerleitungen die 
aus den Staͤmmen der Palmbaͤume gemacht wer— 
den, in die Behaͤlter; Vorher aber muͤſſen die 
Parias eine geringe Klaſſe des Volks, welche 
den Ackersleuten dienen, und in der Zwiſchenzeit 
der Feldarbeit, ſich gern hiezu gebrauchen laſſen, 
die Erde in den Behältern mit den Fuͤſſen ſtam— 
pfen, um ſie feſt zu machen; nach dieſem oͤfnet 
man die Schleuſen, und das Waſſer laͤuft in 
die Behaͤlter. Jedoch die Hitze der Sonne trock— 
net es bald aus, und es bleibt unten eine Art 
von Kriſtallner Rinde, welche mit einem Rechen 
zuſammengekratzt wird, und dieſes iſt das Salz. 
Dieſe Operation wird verſchiedenemal, und imz 
mer mit dem naͤmlichen Erfolg wiederholt. Der 
ganze Rand des Behaͤlters wird nach und nach 
mit einer Menge Salz bedeckt, welches man ab⸗ 
nimmt, und an dazu beſtimmte Oerter aufhaͤuft, 
bis die Kaufleute es wegzuholen kommen. 

Das ganze Reich des Mogols wird bey— 
nahe allein aus den Salzgruben von Mafulipa: 
tan mit Salz verſehen, und uͤberdem werden 
noch viele Schiffe damit beladen, und auf dem 
Ganges in Bengalen geſchickt, welches Mangel 
daran hat. Karavanen von Lambadis eine Art 


von Kaufleuten dieſes Landes welche bieſen Handel 
trei⸗ 


49 


treiben, kommen vom Monat Januar an bis zum 
September, mit Heerden von dreyßig bis vier— 
zig tauſend Ochſen an und bezahlen alles was ſie 
nehmen in baarem Gelde. Es iſt manchmal 
ſchwer ſie zu befriedigen, und ſie laſſen dem 
Salz kaum Zeit hart zu werden, ehe fie es weg⸗ 
nehmen: manchmal machen ſie es ſich einander 
ſtreitig, und gerathen daruͤber in ein Handge— 
menge. Jeder bemuͤht ſich am meiſten davon 
zu bekommen, aus welcher Urſache ein Theil die⸗ 
ſer Karavanen ſehr oft leer zuruͤck kehret, weil 
die Anzahl der Kaͤufer gewoͤhnlich die Quantitaͤt 
der Waare übersteigt. 


Aus der Summe die buch den jahrlichen 
Verkauf des Salzes gewonnen wird, ſieht man 
bald die große Quantität, welche in dieſen Herr⸗ 
ſchaften zubereitet wird. Der Verkauf des Sal— 
zes von Maſulipatan bringt beynahe hunderttau⸗ 
ſend Rupien, oder zweyhundert und vierzig tau⸗ 
ſend Livres ein; da nun das Candil, ein Maaß 
des Landes, welches ohngefaͤhr zehntauſend Pfund 
enthält, zu hundert Livres verkauft wird, fo folgt 
daraus durch eine ſehr einfache Berechnung, daß 
blos in den Salzwerken von Maſulipatan alle 
Jahr zweytauſend vierhundert Candils zubereitet 
werden. Die Salzwerke von Niſampatnam brin⸗ 
gen beynahe eben fo viel, und die von Pens 
darby vielleicht noch mehr hervor; dieſes macht 

Forſters b. u. V. K 3. Th. D alſo 


50 


alſo zuſammen ſiebentauſend zweyhundert Can⸗ 
dils, und rechnet man das Candil zu hundert 
Livres, ſo koͤmmt eine Summe von ſiebenhundert 
zwanzigtauſend Livres heraus, die die franzöfifche 
Compagnie ſo lange ſie im Beſitz dieſer Salz⸗ 
werke war aus denſelben gezogen hat. Ueber⸗ 
dem hatte ſie noch die gewiſſe Hofnung ae 
Einfommen zu vermehren. 


Da die Franzoſen ferner an der Stelle der 
mogoliſchen Regenten kamen, ſo gehoͤrten ihnen 


auch alle Landesſteuern und andere Landesherliche | 


Rechte, 


Diele beſtehen unter andern in dem Recht 
Geld zu prägen; den Zoͤllen; in der Auflage Sa: 
hir genannt, eine Art Tranſitozoll, und der ſo⸗ 
genannten Steuer Mutafara, die nicht nur von 
Perſonen ſondern auch von allen unbeweglichen 
Guͤtern, wie Haͤuſer, Laden, Weberſt uͤhle und 
dergleichen erhoben wird. 


Das Muͤnzrecht hat den Franzoſen niemals 
viel eingetragen, wenn man eine kleine kupferne 
Muͤnze ausnimmt die dem gemeinen Volk ins⸗ 
beſondere den Webern ſehr noͤthig iſt, und de— 
ren Verfertigung ohngefaͤhr einen Gewinn von 
vierzig bis funfzig Procent verſchafte. 


Die Zolleinnahme war betraͤchtlicher, weil 
ſie von der Menge der Waaren oder Schiffe die 
in 


51 


in Maſulipatan aus oder einlaufen, abhaͤngt. 
Jemehr dieſe Rheede beſucht wird, je hoͤher wer— 
den dieſe Einkuͤnfte ſteigen. Außer dem Zollamt 
zu Maſulipatan, iſt noch ein anders zu Nar⸗ 
ſapur. | 

Die Europäer und Mogolen bezahlen bey 
beyden drey Procent, die Gentoos aber fuͤnf. 
Es iſt auch noch ein drittes zu Madepally einem 
Dorfe in Condavir, welches an der unterſten 
Graͤnze von Rifampatnam am Ufer des Meeres 
liegt. Hier laden die Kaufleute welche mit den 
Tuͤchern von Paliacatta handeln, immer einen 
Theil ihrer Waaren. Die jaͤhrliche Einnahme 
von dem erſten dieſer Zollaͤmter ward von den 
Franzoſen auf vierzigtauſend Rupien oder ſechs 
und neunzigtauſend Livres geſchaͤtzt; des zweyten 
anf dreytauſend Rupien oder ſiebentauſend zwey⸗ 
hundert Livres; und des dritten ohngefaͤhr auf 
viertauſend Rupien oder neun bis debrtaufenk 
Livres. 


Die Auflage Sahir genannt wird von al⸗ 
len Gattungen von Guͤtern gehoben, und muß 
von jederman entrichtet werden. Nichts iſt da: 
von frey: Menſchen, Thiere, Lebensmittel und 
Kaufmansguͤter muͤſſen ſie alle bey Ueberfahrt eines 
Fluſſes, oder wenn ſie ein ander Gebiet paßiren 
bezahlen. Die Summe welche dieſe Auflage eins 
bringt, haͤngt von der Menge Guͤter oder Per⸗ 

D 2 ſonen 


82 


ſonen ab, welche bey dieſen Oertern durchpaßi⸗ 
ren: bey einigen belaͤuft ſich dieſe Einnahme ſehr 
hoch. Die Pergunna von Gondur zum Beyſpiel, 
durch welche die Landſtraſſe nach Golkonda geht, 
wird wegen ihrer vortheilhaften Lage gewoͤhnlich 
für vierzigtauſend Rupien oder beynahe hundert⸗ 
tauſend Livres verpachtet. | 


Was das Recht Mutafara anbelangt, fo 
ſcheint es mir unnoͤthig davon zu reden, weil 
man ſich leicht die Beſchaffenheit und den Ums 
fang deſſelben vorſtellen kann. Ich will nur bloß 
anmerken, daß es mit dem Sahir gewoͤhnlich in 
dem Contract den man bey Verpachtung der Laͤn⸗ 
dereyen macht, eingeſchloſſen wird. Da nun ein 
Theil der Herrſchaften der franzoͤſiſchen Compag⸗ 
nie verpachtet, und ein Theil ſelbſt verwaltet 
ward, iſt es ſchwer zu beſtimmen, wie hoch ſich 
dieſe Auflagen belaufen; ich will indeſſen jedes 
Departement insbeſonders durchgehen, es mag 
verwaltet werden oder verpachtet ſeyn, und den 
Werth deſſelben nach der Berechnung der Com⸗ 
pagnie beſtimmen. | ' 


Die Einkuͤnfte des Zollamtes in Maſulipa⸗ 
tan belaufen ſich auf ſechs und neunzigtauſend 
Livres, die Salzwerke auf zweyhundert und vier 
zigtauſend, und die andern Auflagen auf vier 
und zwanzigtauſend Livres. 


83 


In den Pettas von Jougurdur war die 


| Erndte und der Tranſitozoll für zwanzigtauſend 
Rupien oder acht und vierzigtauſend Livres vera 


pachtet. 

Die Pergunnas von Gondur und Aduma— 
nar waren gleichfalls verpachtet, aber auf dem 
Fuß von funfzigtauſend Rupien oder hundert 
und zwanzigtauſend Livres. 


Die Einkuͤnfte der Laͤndereyen die zu den 
Pergunnas Tomedy und Pedana gehörten, moch= 


ten ſich auf vier und zwanzigtauſend Rupien oder 


ſechszigtauſend Livres belaufen, i 


Die Einfünfte des Departemens Narſapur, 
die beyden Pergunnas Tondur und Bondora, 
welche unter der naͤmlichen Verwaltung ſtanden, 
mit einbegriffen, beſtanden in dem Ertrag der 


Lander, dem Zoll, und der Verpachtung der Ko= 


konußbaͤume, und beliefen ſich jaͤhrlich auf mehr 
denn hundert und zwanzigtauſend Rupien oder 
zweyhundert und ſechszig bis zweyhundert und 
achtzigtauſend Livres. 


Das Departement Devrototta ward ie 


falls von der Compagnie verwaltet und brachte 
alle Jahr beynahe hunderttauſend Rupien oder 
zweyhundert und vierzigtauſend Liores ein, 


Die Einkuͤnfte der Inſel Divy die in Laͤn⸗ 
dereyen beſtanden, vermehrten ſich alle Jahr une 
N ter 


34 


ter der franzoͤüſchen Regierung; aus oben anz 
gefuͤhrten Urſachen, in vier Jahren waren ſie 
von zwanzigtauſend Rupien oder acht und vier— 
zigtaufend Libres auf hunderttauſend Rupien oder 
zweyhundert und vierzigtauſend Livres geſtiegen, 
und em laͤngerer Beſitz haͤtte ſie gewiß von neuem 
vermehrt. 


Der Circar von Niſampatnam ward ver⸗ 
waltet. Seine Einkuͤnfte beftanden in Laͤnde— 
reyen und Salzwerken: die erſten trugen ohn⸗ 
gerähr ſechszigtauſend. Rupien oder hundert und 
vier und vierziataufend Livres, und die zweyten 
gewis funfzigtauſend Rupien aber hundert und 
zwanzigtauſend Livres ein. 


Die Provinz Condavir iſt ſo lange ſie im 
Beſitz der Franzoſen war immer verpachtet wor: 
den, aus Mangel an Leuten denen man ihre 
Verwaltung in ihren ganzen Umfange vertrauen 
koͤnne. Ihre achtzehn Pergunnas ſtanden un⸗ 
ter verſchiedenen Privatperſonen, welche mehr 
oder weniger bezahlten nach der Groͤße des Lan— 
des welches ſie gepachtet hatten: das ganze aber 
betrug eine Summe von zweyhunderttauſend gofs 
denen pagoden 10) oder achthundert und funf⸗ 

zig 
10) Pagoda iſt eine in Coromandel, und Bengalen ge⸗ 


woͤhuliche Geldmuͤnze, die die Landesherrn ſowohl 
auch 


55 


zigtauſend Rupien, nach unſerm Gelde zwey Mit 
lionen vierzigtauſend Livres. 


Von den noͤrdlichen Provinzen hatten die 
Franzoſen nur geringe Einkuͤnfte. Sie uͤberlieſ— 
ſen ſolche verſchiedenen Zemindarn die ſie vorher 
beſeſſen hatten, um den naͤmlichen Preiß welchen 
fie vorher dafuͤr bezahlten. Die Pacht dieſes un: 
geheuren Strich Landes belief ſich auf beynahe 
fuͤnf und zwanzig Lacks Rupien, oder Huaffhe 
ſechs Millionen Livres. 


So anſehnliche Einkuͤnfte zog die franzoͤ⸗ 
ſiſch oſtindiſche Compagnie aus ihren ſeit 1749 
erlangten und in Golconda und Orixa belegenen 
Laͤndern, deren Größe und Beſchaffenheit bis— 
her in Europa ziemlich unbekannt waren. Um 
den wirklichen Ertrag davon noch deutlicher zu 
zeigen, ſetze ich eine Tabelle hinzu, in welcher 
ich die Einkuͤnfte jedes Departements ſo genau 
angegeben habe, daß wenn ſich auch jetzt ein 
Unterſchied finden ſollte, er doch nicht beträchtz 
lich fo fünnte, 


Mas, 
auch die Europäer in ihren Niederlaſſungen ſchlagen. 


1 Am Werth baͤlt fie gewöhnlich acht Schilling neun 
engliſche Pence. 


56 


Namen der 


Einkuͤnfte. 

Diſtricte. Rupien. Liores. 
Maſulipatan 150,000 — 360, ooo 
Jvigurdur 20,009 — 48,000 
Gondur, Adumanar 50,000 1 120,000 
Tomedy, Pedana 25,000 — 60,000 
Narſupur 120,000 — 288,000 
Devracotta 100,000 — 240,000 
Divy 100,000 —. 240, ooo 
Niſampatnam 110,000 — 260,000 
Condavir 850,000 — 2,040, ooo 


Die noͤrdl. Circars 2,500.000 6.090,000 


— — Zwiæi. — — 2 


4,025, 00 — 9,656,000 


It. 
| Bemerkungen 
uber das Clim a 
und die i 
natuͤrliche Beſchaffenheit 
d e r 


Inſel Frankreich. 


7 bees 0 
Nin 
N 


ele de France und Bourbon liegen in dem 
großen indiſchen Ocean ſieben Grade oſt— 
waͤrts von Madagaſcar. Erſtere die unter der 
hollaͤndiſchen Herrſchaft, welche hier 1710 auf⸗ 
hörte, St. Mauritius hies, liegt unter dem zwan— 
zigſten Grade ſuͤdlicher Breite. Letztere ſonſt auch 
unter dem Namen Maſcarenhas bekannt, ward 
fruͤher von den Franzoſen in Beſitz genommen, 
und ſchon 1654 fiengen einige Seefahrer dieſer 
Nation an ſich hier anzubauen. Isle de France 
enthält nach dela Cailles Ausmeſſung 432,630 
Arpens. Die Größe von Bourbon iſt nicht fo 
genau bekannt, fie wird aber gewöhnlich ſechs⸗ 
zig franzoͤſiſche Meilen in der Laͤnge, und fuͤnf 
und vierzig in der Breite angegeben. | 
Isle de France ift ſehr gebirgicht, doch die 
ſuͤdliche Seite mehr, als die Roͤrdliche. Beyde 
ſind noch nicht ganz und gar angebauet, indeſ— 
fen werden doch faſt jährlich neue Gegenden ur⸗ 
bar gemacht. | | 
Nach le Gentils Bemerkungen find die Difs 
trikte Pampelmuß und Flacg die ſchoͤnſten und 
Ffruchtbarſten. Flacq bringt ſehr guten Reis und 
| | aller: 


60 


allerhand Getraide hervor, in den Pampelmußen 
gewinnt man das beſte Getraide, ſehr gutes tuͤr— 
kiſches Korn, und die beſten Manioe Wurzeln: 
eben dergleichen liefern die langen Gebirge, 

Die Willems Ebenen, in der Mitte der 
Jaſel theilt man in niedre und hohe der niedri- 
ge Theil liegt am Meere; und iſt bey weiten der 
beſte. Der hohe Theil hingegen liegt gegen 
das Innere der Inſel zu, und hat ſchlechtes Er⸗ 
dreich. 

Moka iſt ein ſchoͤner Diſtrikt, es liegt hoch, 
iſt eben, und wird von verſchiedenen Fluͤſſen und 
Canälen gewaͤſſert; dem ungeachtet iſt er ſchlecht 
bebaut, obgleich ſich wegen der Menge Waſſers 
vieles mit großen Vortheil ziehen lieſſe. N 

Zwiſchen den Willems Ebenen und dem 
Distrikt Baßin⸗Desforges iſt eine Strecke Lan⸗ Ä 
des von anderthalb bis zwey Meilen wo man 
nicht den kleinſten Bach findet; ſtatt deſſen trift 
man ziemlich große Steinſchichten und an vielen 
Orten duͤnnes ſchlechtes Gehoͤlze an, und wahr⸗ 
ſcheinlich wuͤrde daher dieſes Erdreich nicht ſehr 
zum Ackerbau taugen. Der Distrikt von Baßin⸗ 
Desforges ſelber hat gute Teiche und ſchoͤnes Fluß⸗ 
waſſer, im Ganzen iſt er aber doch zu trocken, 
vornehmlich an der Seekuͤſte, und in dieſen Him⸗ 
melsſtrichen iſt das Waſſer die Seele der Pflan⸗ 
zen und Gewaͤchſe, ſo daß ſie ſogar im Sande und 
auf Felſen fortkommen, wenn es ihnen nur nicht, 
an dieſer ihrer vornehmſten Nahrung mangelt. 

g Die 


61 


Die Holländer hatten wie fie Herren der 

Inſel waren ihren Hauptſitz auf der oͤſtlichen Geis 
te der Inſel angelegt, den die gegenwaͤrtigen Her— 
ren den Hafen Bourbon nennen, und man haͤtte 
wohl gethan, wenn man dieſen großen Meiſtern 
in der Kunſt Colonien zu ſtiften gefolgt waͤre. 
Das uͤbrige der Inſel iſt wuͤſte und zum Theil 
mit Helz bewachſen. Der kleine Hafen Port⸗ 
Louis iſt die Hauptſtadt, ſie verdient aber dieſen 
Namen nicht. In allen dieſen Diſtrikten iſt nichts 
merkwuͤrdiges, wenn man die Eiſenwerke zu 
Pampelmuß und die drey Zuckerſtedereien zu Vil⸗ 
lebagne ausnimmt, die aber blos für die Beduͤrf⸗ 
niſſe der Einwohner Zucker verfertigen. Erſtere 
haben große Summen gekoſtet, und nie das gez 
ringſte eingebracht; und in den letztern hat man 
immer nur ſehr wenig Zucker gewonnen, der noch 
dazu ſchlechter und weit theurer als der Weftinz 
diſche iſt. | 
Da die Inſel Frankreich im zwanzigſten Grade 

ber Breite liegt, ſollte man glauben, daß es dort 
ſehr heiß ſeyn muͤſſe. Dem ungeachtet iſt die 
Hitze nicht an allen Orten gleich; um Port- Lou⸗ 
is herum iſt es beynahe immer heiß, da man 
hingegen zu Moka, in den Willems⸗Ebenen und 
in der ganzen Windfeite der Inſel eine ſehr ges 
maͤßigte Waͤrme fuͤhlt. Denn da dieſe Gegenden 
hoch liegen, ſind ſie dem Suͤdwinde ſehr ausge⸗ 
fen, der beynahe beftändig wehet, und die Luft 
ſehr 


62 


ſehr abkuͤhlt, indem er über verſchiedene wre 
und Wälder koͤmmt. 


Das Camp oder die Stadt Port Lou— 
is liegt beynahe gleich mit dem Waſſer, in ei- 
nem Strich Landes, der ganz mit Bergen um— 
geben iſt, wovon die niedrigſten beynahe zwey 
hundert Klafter, und die an der Windſeite uͤber 
vierhundert hoch ſind. Die Lage dieſes Orts iſt 
gegen Nordweſt und Suͤdoſt im 2often Grad 
ſuͤdlicher Breite. Indem die Sonne nun von 
der Linie nach dem Wendezirkel des Steinbocks 
ruͤckt, ſo erwaͤrmt ſie nach und nach das Erdreich 
zwiſchen den Bergen, und die Berge ſelbſt, wel—⸗ 
che alsdenn vornehmlich im Sommer die Wir- 
kung eines Reverberirofens haben, ſo daß man 
es nicht wagen darf vor Sonnenuntergang fpas 
zieren zu gehen. Wird die Sonne von einem 
kleinen Woͤlkchen bedeckt, fo fallt das Thermome⸗ 
ter gleich zwey bis drey Grad, und ſteigt wieder 
ſobald die Wolke voruͤber iſt. Wehet der Wind 
aus Sud: füd:oft, fo iſt die Hitze noch ertraͤg⸗ 
lich, indem ſie durch den die ganze Inſel durch⸗ 


ſtreichenden, und uͤber hohe Berge und Waldun⸗ 


gen gehenden Wind gemildert wird. Man un⸗ 
terſcheidet vier Jahreszeiten in Isle de France. 

Die erſte fängt im May mit Suͤdoſt Wins 

den und ſtarken Regen an, welches dem Getrai⸗ 

de ſehr zutraͤglich iſt. Die zweyte Jahreszeit 

faͤngt im September oder October an, * die 

ord⸗ 


63 


Rordoſt Winde wehen, und die erſtern Aufhö- 
ren, dies iſt die trockne Jahrszeit. Jetzt naͤhert 
ſich die Sonne dem Zenith der Inſel, und faͤngt 
an die Luft zu erwaͤrmen. Der Regen, die 
Windſtoͤſſe und Stuͤrme die im December regie— 
ren, bezeichnen die dritte Jahrzeit die bis in den 
Merz dauert, nachher kommt die letzte, welche nur 
ungefähr ſechs Wochen lang, und trocken iſt. 
Dieſe Eintheilung des Jahres bezieht ſich 
hauptſaͤchlich auf die Beſtellung des Ackers, denn 
eigentlich giebt es auf Isle de France nur zwey 
Jahrszeiten; nämlich wenn die Südoft oder Suͤd⸗ 
winde wehen, und die andere, wenn die Nord, 
Nordoſt oder Nordweſtwinde häufiger find. Die 
Suͤdwinde ſind ſehr heftig aber dabey gar nicht 
gefährlich fuͤr die Schifffarth. Denn ſobald ſie 
einen gewiſſen Grad der Staͤrke erreicht haben, 
bleiben fie beſtaͤndig fo ohne heftiger zu werden. 
Die Nordwinde hingegen obgleich ſie ſchwach und 
mit Windſtillen vermiſcht ſind, ſind den Schiffen 
doch ſehr gefaͤhrlich, weil ſie zur Jahrszeit der 
Regen und Stuͤrme, oder im dortigen Winter 
regieren. Man nennt dieſe Jahrszeit ſehr un⸗ 
recht Winter, denn es iſt gerade alsdenn am heiſ⸗ 
ſeſten. Die Schiffe duͤrfen ſich nicht in die offene 
See wagen, und man kann auch nur auf einem 
ſehr langweiligen und muͤhſamen Wege nach Ins 
dien kommen. 
Der Südoft iſt geſund, aber dem Wachs⸗ 
ühum der Pflaum und Baume ſehe nachtheilig, 
vor⸗ 


64 


vornehmlich in offenen Gegenden. Aus dieſem 
Grunde gedeihen die Obſtbaͤume auch ſo langſam 
im Difteift der Pampelmuße, welcher ganz von 
Waldungen entbloͤßt iſt. Die Citronen und Po⸗ 
meranzenbaͤume leiden am mehreſten vom Suͤd— 
oſtwinde, und beduͤrfen den meiſten Schutz ge⸗ 
gen ihn. Man hat bemerkt daß ſie in den 
Waͤldern ganz vortreflich wachſen, da ſie in den 
Ebenen gar nicht fort wollen. Dieſer Wind iſt 
fuͤr die Baͤume ſo ſchaͤdlich, daß diejenigen, ſo 
unmittelbar davon getroffen werden; an der Sei— 
te keine Fruͤchte tragen, die man alsdann nur 
an der entgegengeſetzten findet. 


Man ſieht andre Baͤume die nur eine hal⸗ 
be und noch dazu ſehr duͤnn belaubte Krone ha⸗ 
ben, die andre Haͤlfte hat der Wind ganz ver⸗ 
zehrt. Andre die ein wenig mehr Schutz ha⸗ 
ben, ſcheinen von ferne eine ſchoͤne runde Krone 
zu haben, und man vermuthet, daß der Stamm 
wie bey andern Baͤumen in der Mitte derſelben 
befindlich iſt, wenn man aber naͤher kommt fine 
det man, daß er am aͤuſſerſten Ende der Krone 
an der Windſeite ſteht. Die Tamarinden find 
nicht ſo zaͤrtlich, ſie trotzen der ganzen Gewalt 
der Winde, und fie wuͤrden zur Beſchuͤtzung eiz 
nes Obſtgartens ungemein dienlich ſeyn. Un⸗ 
gluͤcklicherweiſe wachſen fie aber auf dieſer In⸗ 
ſel aͤuſſerſt langſam, und man hat daher bis jetzt 
die Cultur dieſes koſtbaren Baues verabſaͤumt. 


x N Am 


65 


Am Cap der guten Hofnung ſchuͤtzen die 
fleißigen Hollander ihre Obſtbaͤume gegen eben 
dieſen Wind, durch Hecken von Eichen. In Isle 
de France kann man nur nach langen Jahren 
Schutz dagegen finden, weil die Baͤume hier aͤuſ— 
ſerſt langſam fortkommen. Statt der Tamarin— 
den pflanzen die Einwohner Bambusroͤhre die ſehr 
ſchnell wachſen, und ein ziemlich gutes Anſehen 
haben. Dies Gewaͤchſe iſt den Gaͤrten aber ſelbſt 
nachtheilig, indem es ſeine Wurzeln ſo weit um 
ſich herum verbreitet, und ein Theil dieſer Wur— 
zeln liegt jo nahe an der Oberflaͤche, daß auf 
zwoͤlfe, fun zehn und ſelbſt zwanzig Fuß umher 
nichts wachſen kann. Dieſem Uebel ſucht man 
dadurch abzuhelfen, daß man längft der Hecke ei⸗ 
nen Graben von zwey bis drey Fuß tief, und von 
eben der Breite zieht: der Bambus leidet aber 
darunter, und waͤchſt nicht mehr ſo ſchoͤn und 
wiederſteht folglich dem Winde noch weniger; 
uͤberdem gedeihet er nur im feuchten Gegenden; 
in andren will er gar nicht fort. 

Die Naͤchte ſind hier gewoͤhnlich ſehr helle 
und ſchoͤn, vornehmlich wenn die Nordoſtwinde 
wehen. In dieſer Jahrszeit geht die Sonne 
faſt immer ſehr heiter auf; gegen zehen Uhr. 
ſammeln ſich einige kleine Wölfchen die aber 
nichts zu bedeuten ſcheinen; fie nehmen nur eis 
nen kleinen Raum ein, und bewegen ſich gar 
nicht, einige Tropfen Waſſer fallen herab, und 
alsdenn iſt der Regen entſchieden. In kurzer 

Forſters b. u. V. K. z. Th. E Zeit 


66 


Zeit iſt der ganze Himmel bewölkt, ohne daß man 
ſieht woher die Wolken entſtehen, zugleich nimmt 
der Regen zu, und in fuͤnf bis ſechs Minuten 
regnet es ſo ſtark, daß man nicht zehn Schritte 
vor ſich ſieht, dieſe Negenguͤſſe halten ungefähr 
zwey Stunden an, und treffen nur ein, wenn 
der Wind von der See herweht, und es bey⸗ 
nahe ganz ſtille iſt; die Duͤnſte ſteigen alsdenn 
von der See herauf und werden von den Ber⸗ 
gen aufgehalten. Hingegen in der Jahrszeit 


wenn die Suͤdoſtwinde wehen, fällt zuweilen den 


ganzen, Abend ein feiner Staubregen, obgleich 
der Himmel dem Anſehen nach gam helle iſt, 
und die Sterne leuchten. In dieſer Jahrszeit 
ſieht man auch öfters in der Vertiefung beym 
Hafen Regenbogen, welche der Mond macht, 
welches an andren Orten ein ſehr ſeltnes Phe⸗ 
nomen iſt. 

Eigenttich giebt es gar keine herrschende 
Krankheiten in Isle de France, daß heißd im In⸗ 
nern der Inſel, denn in dem Nordweſtlichen Ha⸗ 
fen leidet die Geſundheit in der zänge der Zeit 
und der Scorbut zeigt ſich zuweilen. Im Suͤd⸗ 


oͤſtlichen Hafen im Gegentheil iſt es ſehr geſund, 


und man pflegt auch die Seorbutiſchen Patien⸗ 
ten dahin zuſchicken, wo fie ſich bald erhohlen, 
Auſſerdem zeigt ſich auch zuweilen die Ruhr, 
dies ſind aber auch die einzigen Krankheiten, wel⸗ 
chen die Bewohner dieſes gluͤcklichen Himmels⸗ 
ſtriches unterworfen find, 


| Die 


67 


Die Inſel Bourbon, ſcheint in dieſem Stück 
noch den Vorzug vor der Inſel Frankreich zu has 
ben, indem die Luft ſo rein und geſund iſt, daß 
man beynahe mit Gewisheit die Laͤnge des Le⸗ 
bens einer mäßig lebenden Perſon beſummen 
kann. 
| Der Charakter der Einwohner ſtimmet mit 
dieſem vortreflichen Clima vollkommen uͤberein, 
denn nirgends findet man ſanftere geſelligere 
Sitten oder groͤßere Gaſtfreiheit. 
Dieſe Colonie verdanket ihrem Urſprung dem 

u Dauphin, auf Madagascar, von welchem 

Ort Herr von Flacourt, eben derſelbe von dem 
wir die beſte Veſchreibung von Madagascar ha⸗ 
ben, 1) eine Anzahl Matroſen und andre Leute 
die in dem Innern des Landes krank geworden 
waren hieher ſchickte, um ihre Geſundheit wie⸗ 
der herzustellen, welches die hieſige geſunde Luft 
und die vielen Schildkroͤten die damahls auf der 
Inſel waren ſehr beguͤnſtigte. Da die Kranken 
nicht im Stande waren ſich ſelbſt zu bedienen, 
| fuhrten ſie verſchiedene Regreſſen von Madagas⸗ 
tar mit ſich, und fo entſtand nach ihrer Gene⸗ 
ſung dieſe Colonie, wozu noch diejenigen kamen, 
die ſich von der Niederlage zu Fort Dauphin 
gerettet hatten. Obgleich die Menſchengattungen 
hier ſehr vermiſcht find, iſt doch das Geſchlecht 
der Creolen groß, fehön und wohlgewachſen. 
| E 2 Das 

1) 1 de Flaconrt Relation de Madig ec. Faris, 

1601. 4. br 


68 


Das Erdreich in der Inſel Frankreich bringt 
mehr in einem Jahre hervor, als das europaͤi⸗ 
ſche Frankreich in zehen, ob es gleich weder ge— 
duͤngt wird, noch brach liegt. Dem Anſehen nach 
iſt es trocken, verbrandt und aͤuſſerſt duͤrre; das 
her erhalten die Gewaͤchſe hier auch ihre vor— 
nehmſte Nahrung vom Waſſer und von der Luft. 
Die Farbe des Erdreihs iſt dunkelroth mit Ei⸗ 
ſentheilchen vermiſcht, der Sand in den Fluͤſſen 
und Gräben ift mineraliſch, am Ufer des Mee— 
res aber ganz glasartig. Daher hat auch ein 
Einwohner der Inſel ſich anheiſchig gemacht aus 
dieſem Sande eben ſo ſchoͤne Criſtalle zu verfer⸗ 
tigen, als man in Frankreich macht, und man hat 
auch ſchon Anſtalten dazu gemacht, und ange: 
fangen Oefen zu errichten. Sollte der Verſuch 
gelingen, ſo wuͤrde dies ein nicht unbetraͤchtli⸗ 
cher Handelszweig fuͤr Indien werden koͤnnen. 

Die Caßavewurzel geraͤth hier ſehr gut, 
die beſten wachſen in den Diſtrikten der Pam⸗ 


plemuße und langen Gebuͤrge; fie muͤſſen acht- 


zehn Monate in der Erde bleiben ehe man ſie 
brauchen kann, und alsdenn ſind ſie ſo groß als 
ein Bein. | | | 
Das tuͤrkiſche Korn wird hier ganz vor— 
treflich: es erfordert viel Waſſer und Hitze, da⸗ 
her iſt die Zeit wo die Nordoſtwinde wehen ihm 
am zutraͤglichſten. Das beſte findet man in dem 
Diſtrikte Flacg, welches wie ſchon geſagt, ein 
bloßer Steinbruch iſt. Die Einwohner ſaͤubern 
ihn 


yyÿõ Um • ˙àh N I U U EEE 


69 


ihn daher von allen kleinen Steinen und ſaͤen 
hernach Mais darauf, welcher hier acht bis zehn 
Fuß hoch waͤchſt. Hier geraͤth er auch ohne vie— 
len Regen den es doch an andern Orten bedarf. 
Der ſtarke Thau und die Felſen erhalten die 
Wurzeln in der gehoͤrigen Feuchtigkeit, ſo daß 
die Erndten deren es jaͤhrlich zwey oder drey 
giebt, beſtaͤndig geraten. Hierin beſteht auch 
der vornehmſte Reichthum der Einwohner, den 
einen Theil dieſes Mais ſchuͤtten ſie in die oͤf— 
fentlichen Magazine; mit dem andren ſpeiſen ſie 
ihre Sklaven, kaufen Korn, fuͤttern ihr Federvieh, 
und Ziegen, Schweine und Enten mit welchen 
ſie Handel treiben. Sie haben hiezu die Be— 
quemlichkeit des Waſſers, weil Flacg wegen der 
vielen Fluͤſſe einen kleinen Archipelagus vorſtellt. 
In dieſem Diſtrikte giebt es auch nahe am Meer, 
wo das Land niedrig iſt, vortrefliches Erdreich 


zum Reisbau, und dies iſt auch der einzige Ort 


woher ihn die Compagnie für ihre Magazine bes 
koͤmmt. Die Gegenden der Inſel welche mehr 
dem Winde und der Sonne ausgeſetzt ſind, und 
wo es keine Felſen giebt, find zum Maisbau 
nicht ſo geſchickt. Bleibt der Regen hier zur 
geſetzten Zeit aus, ſo ſind die Einwohner ge— 
zwungen ihn zu verſchiedenen malen wieder zu 
pflanzen, denn wenn es ſehr trocken iſt, ſo ſengt 
und erſtickt die Sonne den Mais ſo bald nur 
der erſte Halm hervorkeimt. Die Pflanzzeit iſt 
vom October bis in dem December. Einige pflan⸗ 

zen 


70 


zen ihn ſogar im April und dies nennt man. die 


kleine Erndte. * 
Das Getraide ſcheint in Isle de Franee 


weniger zu gelingen, weil es in dieſer Breite 


ſchon außer feinem Elima iſt, es waͤchſt nicht 


über zwey bis drittehalb Fuß hoch und vermehrt 
ſich ſelten mehr als zehnfach, uͤberdem ſind die 


Körner klein, und geben wenig Mehl. Man fäet 


das Getraide vom May bis zu Ende des Ju⸗ 
nius In teocknen Jahren koͤmmt es gar nicht. 


hervor, und durch viele Naͤſſe verfault der Saa⸗ 
me oder wird weggeſchwemmt. Der beſte Saa⸗ 
me kommt von Surgte; er artet aber ſehr 
bald aus. N 


Auf der Inſel Bourbon im Gegentheil find 
die Eendten beynahe immer reich; und das Ge 


traide iſt fo ſchoͤn als in Frankreich, obgleich 
dieſe Jnſel auch noch zwiſchen den Wendezirkeln 
ligt. Den einzigen Unterſchied ans ihre hör 
here Lage. 

Im Jahr 1770 fäete man in einem Fel⸗ 
de ſiebenhundert Pfund Saamen, wovon die 
Haͤlfte ganz neuerlich von Surat gekommen, und 
die andre kleines oder einheimiſches Korn war. 


Von dieſem letztern muſte man hundert Pfund 


moch einmahl ſaͤen, ſowohl wegen der ſchlechten 
Qualitat des Korns, als auch weil es viel von 
den Ratten gelitten hatte. Das Suratſche Korn 
gerieth ſehr gut, das andre hingegen hatte klei⸗ 


nes ſchlechtes Stroh und Aehren. Beydes er 7 
ſehr 


— 


71 


ſehr von Regen, und die Ratten thaten ihm 
noch groͤßern Schaden als es ſchon im Halm 
war, fo daß man nicht uͤber Sooo Pfund in 
allem erhielt: welches etwas mehr als das ſie⸗ 
bende Pfund war. | we 
| Man hat aber auch Beyſpiele, daß das 
Getraide dreyzehnfach getragen hat, dies iſt aber 
ſehr ſelten und geſchieht nur wenn ganz beſon⸗ 
dre Umftände zuſammen treffen. 

Der Mehlthau iſt eine Krankheit ae den 
Erndten hier ſehr nachtheilig iſt, im Jahr 1770 
litte das Korn ſehr davon, auf einer Wurzel 
wo ſieben bis acht Aehren wuchſen, ſahe man 
drey oder vier davon getroffen. Dieß war nicht 
durchgaͤngig, aber doch war ſelten eine Wurzel 
wo nicht wenigſtens eine Aehre gelitten hätte. 

In dem Diſtrikte Flacg traͤgt es zuweilen 
zwanzig für eins, oder gar dreyßig, doch hiezu 
werden ganz beſondre Umſtande erfordert, als. 
daß das Erdreich wenig genutzt ſey, daß die 
Ratten und Boͤgel, der Regen und Mehlthau 
es verſchonen. 

Man muß ſich uͤber die geringe Vermeh⸗ 
rung des Getraides in Isle de France um ſo 
mehr wundern, da die Art es zu behandeln un⸗ 
gleich beſſer als die europaͤiſche iſt. Bey uns 
ſaͤet man es, dort wird es wirklich gepflanzt, weil 
man auf den felſichten Boden keinen Pflug brau⸗ 
chen kann. Dieſe Arbeit erfordert weit mehr 

Menſchen; bey dem allen auß man aber auch 
| be⸗ 


12 


bedenken, daß der Acker nie ausruhet, daß er 
nic geduͤnget wird, und daß verſchiedene Umſtaͤn⸗ 
de ſich zu vereinigen ſcheinen, um das Menſch—⸗ 
liche Geſchlecht aus dieſer Inſel zu verbannen. 

Ohne Zweifel koͤnnte man die Fruchtbar— 
keit wenigſtens an vielen Theilen der Inſel ver— 
mehren, wenn man den Acker ausruhen ließe und 
fleißig duͤngete. Erſteres waͤre leicht zu machen, 
das zweyte iſt aber beynahe unmoͤglich, da das 
Vieh in Isle de France ſehr rar iſt, und es 
vermuthlich aus Mangel an Futter beſtaͤndig blei— 
ben wird. Die Savannen liefern nur zu gewiſ— 
fen Jahrszeiten Gras, und es giebt keine Wie: 
ſen wo man Heu erndten koͤnnte. 

In Isle de France bekoͤmmt man das Rind⸗ 
vieh mehrentheils aus Madagaskar, wo es be= 
ſonders ſchoͤn iſt. Aber von dreyhundert Rinden 
die geſund von dieſer Inſel eingeſchift werden, 
kommen ſelten mehr als hundert und fünfzig oder 
zwey hundert an, alſo ſtirbt wenigſtens der dritte 
Theil unterwegens. Von dieſen koͤmmt noch bey⸗ 
nahe die Hälfte ums veben, ehe das erſteſ Jahr 
vergangen iſt; ſo ſchwer wird es den armen Thies 
ren ſich an das Clima zu gewoͤhmen. Sie neh: 
men ganz augenſcheinlich ab, bekommen unbe— 
kannte Krankheiten, die aber wahrſcheinlich von 
der Nahrung herrühren, denn die mehreſten ſter— 
ben an Unverdaulichkeiten, und ſind uͤberdem der 
Raͤude unterworfen. Wenn aber die Neuan— 
koͤmmlinge das erſte Jahr ohne Krankheit uͤberſte⸗ 

hen 


> JE ET p _ Seen. u — — — — —— . UT U EEE EEE 


73 


hen koͤnnen, werden fie das Clima gewohnt; 
Diejenigen die in der Inſel gebohren werden ſind 
dieſen Krankheiten nicht ausgeſetzt, fie ſind uͤbri— 
gens von ganz guter Art, obgleich weit ſchlechter 
als die don Madagaskar Isle de Bourbon und 
dem Cap der guten Hofnung. Die Vermehrung 
des hieſigen Rindviehs iſt fo geringe, daß von 
1722 an, in welchen Jahr die Franzoſen dieſe |n= 
ſel in Beſitz nahmen, bis 1765 ihre Anzahl nur 


auf etwa viertauſend Stuͤck angewachſen war, 


und fuͤnf Jahr nachher zaͤhlte man fuͤnftauſend 
Stuͤck. 

Auf der Inſel Bourbon ſieht man auf den 
ſteilſten Bergen die vortreflichſten Heerden Rin— 
der, und die obern Theile der Berge ſind ganz 
weiß, von den vielen Ziegen, die ſich auf denſelben 
aufhaltn. Ueberdem find auf dieſer Inſel auch 
allerley Gartengewaͤchſe und Federvieh; mit die— 


ſem pflegen ſich die Schiffe nach ihrer Abreiſe von 


Isle de France hier zu verſehen. 

Wegen dieſes Viehmangels giebt es auch 
hier keine offentlichen Fleiſchbaͤnke, und das Fleiſch 
galt in den Jahren 1779, 1771 das Pfund vier- 
zig bis funfzig Sols. In der guten Jahreszeit 
laͤßt man ſo viel Rinder wie moͤglich aus Mada— 
gaskar holen, dieſe werden aber immer bald ver— 
zehrt, und das Fleiſch iſt alsdenn ſehr rar. Im 
Jahr 1771 im April muſte man eine Schlacht— 
bank anlegen, weil man vor dem Junius kein 
Vieh von Madagaskar erwartete. Alle Tage 
5 wur⸗ 


74 


wurden zehen bis eilf ſowohl Kühe als Rinder ges 
ſchlachtet; ſo daß in einer Zeit von zwey Mona⸗ 
ten beynahe der ſechſte Theil des auf der Inſek 
vorhandenen Viehes geſchlachtet wurden, zum 
unerſetzlichen Schaden der Viehzucht. Dies war 
fuͤr die Inſel eine tiefe Wunde, und einige aͤhn⸗ 
liche Faͤle werden ſie wahrſcheinlich ganz etz 
ſchoͤpfen, wenn man dieſer Gefahr nicht durch eine 
dauerhafte Niederlaſſung auf Madagaskar vorzu⸗ 
beugen ſucht. Dies wuͤrde ſehr leicht einzurichten 
ſeyn, und in Jsle de Frauce giebt es viele Leute 
die gerne nach Fort-Dauphin gehen würden, fos 
bald ſie hoffen koͤnnten, daß dieſe Niederlaſſung 
Beſtand haͤtte. Von der Inſel Bourbon werden 
die Einwohner auch bald auswandern muͤſſen, 
da die Volksmenge ſehr groß iſt, und die Län: 
dereien ſchon in ſehr kleine Striche eingetheilt 
ſind. 

Die Inſel Frankreich wird von vielen Pla⸗ 
gen heimgeſucht, von dieſen find die Heuſchrecken, 
Ratten, Vögel, Raupen, Sommerroͤgel, die 
Duͤrre und Stuͤrme die vornehmſten. 

Die Heuſchrecken kommen zuweilen in gan⸗ 
zen Schwaͤrmen von Madagaskar heruͤber und 
wenn ſie ſich auf ein Feld niederlaſſen; haben ſie 
es in kurzen aufgezehrt. 

Man giebt vor, daß die Ratten die Hollaͤn⸗ 
der von dieſer Inſel vertrieben haben, und nach 
ihrer Menge zu ſchlieſſen, iſt es nicht unwahr— 
ſcheinlich. Die Bögel find auch ſehr daha 

un 


73 


7 


und unter die verderblichſten gehoͤrt eine Art 
Gruͤnfinken, die man im letzten Kriege vom Kap 


der guten Hofnung hieher gebracht hat um den 
Frauenzimmern Geſchenke damit zu machen; ſie 
ſind aber ſuͤr die Inſel ein trauriges Geſchenke 
geworden. Denn dieſe, und einige andre die 
von Java und Ehina hieher gekommen, und die 
man Calfats und Chineſiſche Sperlinge nennt, 
haben ſich ſo erſtaunend vermehrt, daß ſie ſich zu 
drey, vierhunderten auf ein Haber oder Waizen⸗ 
feld niederlaſſen, welches denn in kurzer Zeit zu 
Grunde gerichtet wird. 

Im Jahr 1721 mußte man eine Verord⸗ 
nung drucken laſſen, die in der ganzen Inſel her⸗ 
umgeſchickt wurde, worin man befahl, daß jeder 
Einwohner alle Jahr eine gewiſſe Anzahl Voͤgel⸗ 
koͤpfe und Rattenſchwaͤnze erlegen ſolle. Viel⸗ 


leicht werden dieſe weiſen Verordnungen mit der 
Zeit die Zahl dieſer verderblichen Geſchoͤpfe ver⸗ 
mindern, aber die Raupen, die Duͤrre und die 


Orkane ſind Plagen gegen welche der Fleiß der 
Menſchen nichts vermag. Die letztern ſind die 


groͤſte Geiſſel der Inſel, welche in dem Jahren 
1760 und 66 dadurch beynahe zu Grunde ae: 


richtet ward. In vielen Jahren war das Ge— 


traide nicht ſo ſchoͤn gerathen, verſchiedene Res 


gengüffe die zur rechten Zeit eintrafen, hatten alle 
Aecker fruchtbar gemacht, und man ſchmeichelte 
ſich, daß man den Windſtoͤſſen entgehen wuͤrde, 


ö obgleich die Zeit des Equinoxiums noch nicht vor: 


* über 


76 


über war, weil die Einwohner ſich nnr nach dem 


Neuen und Vollmonde richteten, und ihr Getrai- 


de vor dem kuͤnftigen Neumonde in ihre Scheu— 
ren zu ſammeln hoften. Aber den ı zten Merz 
verlor ſich dieſe Hofnung, denn dieſen Tag hatte 
man das erſte Viertel, und es fieng ſchon an 
ſchlecht Wetter zu werden, und in der Nacht des 
19ten Merz zerſtoͤrte der Orkan die ganze ſchoͤne 
Erndte, der Reid vornehmlich wurde fo gänzlich 
zernichtet, das auch keine Spuren davon übrig 
blieben. Nur in den Diſtrikte der Pampelmuße 
that der Sturm weniger Schaden; ſo daß doch 
etwas verſchont ward. 


Man hat ziemlich gute Gartengewaͤchſe in der 
Inſel Franckreich; auch findet man dort die Frucht- 
baͤume die in den heiſſen Erdſtrichen einheimiſch 
ſind. Ihre Fruͤchte ſind aber weit ſchlechter als 
auf Java und den Philippinen wo ſie wild wach— 
ſen. Die Europaͤiſchen Obſtbaͤume wollen auch 
in dem beſten Erdreich nicht fortkommen, ſondern 
ſchieſſen in lauter Zweige und Blaͤtter. Dieß iſt 
zwar ſehr angenehm fuͤr das Auge, ſie tragen 
aber niemals Fruͤchte und verdorren bald, doch 
muß man den Pfirſichbaum ausnehmen, welcher 
Fruͤchte von mittelmaͤßiger Guͤte traͤgt. Alle 
Baͤume aus unſerm Clima verlieren ihre Blätter 
waͤhrend des hieſigen Winters, obgleich er fo ge: 
linde iſt, daß man keines Feuers ſich zu erwaͤrmen 
bedarf. 


Bey 


77 


Bey der erſten Errichtung einer Niederlaſ— 
ſung auf dieſer Inſel hat man verſucht Seiden— 


wuͤrmer, Indigo und Baumwolle hier zu ziehen. 


Im Jahr 1760 war gar nichts davon übrig 
als eine ſchlechte Baumwollen Anſtalt, und eini— 
ge Maulbeerbaͤume. Die hieſige Baumwolle iſt 
von weit geringerer Guͤte als die Indiſche, 


vornehmlich die welche aus Bengalen koͤmmt, 


und dabey viel theurer; doch werden jaͤhr— 


lich viertauſend Pfund gewonnen. Mit den 


Seidenwuͤrmern dem Indigo und den Zucker— 
plantagen die man hier eingefuͤhrt hat, hat es 
eben dieſelbe Bewandniß. 

Es giebt in dieſer Inſel auch wie geſagt 
Eiſen, und man behauptet gewoͤhnlich, es ſey 
von wenigen Werth. Viele Erfahrungen bewei— 


ſen aber gerade das Gegentheil. Es iſt wahr, 


es hat in Indien einen weit geringern Abſatz 
als das Franzoͤſiſche. Es kann aber den— 
noch gut ſeyn, ohne jenem an Guͤte gleich zu 
kommen. Dabey kommt auch ſehr viel auf die 
mehr oder weniger geſchickte Art es zu behan⸗ 
deln, es aus den Minen zu gewinnen, von ans 
dern fremden Theilen zu ſaͤubern, und uͤberhaupt 
zum Gebrauch geſchickt zu machen, an. Die 
folgende Erfahrung die man bey Maſtbaͤumen 
gemacht hat, ſcheint dies zu beſtaͤtigen. 

Da die Maſten in Europa von leichten 
Holze ſind, ſo dringen die eiſernen Ringe deren 
man 92 bedient um ION mehr Feſtigkeit zu 

geben 


78 


geben leicht in dieſes Holz, wenn ſie bis auf eis | 
nen gewiſſen Grad geſchlagen werden. In den 
Inſel France hingegen iſt das Holz, womit man 
die Maſtbaͤume befeſtiget, außerordentlich hart, 
und wiederſteht den Naͤgeln die man hinein⸗ 
ſchluͤgt, die nun die eiſernen Ringe womit man 
die Maſten belegt, das harte Holz nicht ſo 
feſt einſchlieſſen koͤnnen, ſo geſchahe es oͤfters, 
daß die Ringe durch die Elaſtieitaͤt des Holzes 
in Stuͤcken ſprangen; und hieraus ſchloß man 
das Eiſen ſey ſchlecht. Aber alle Ringe die zum 
Gebrauche der Schiffe im letzten Kriege von dies 
ſem Eiſen gemacht und gut bearbeitet waren, 
haben ſehr gut ausgehalten. Hiebey muß noch 
ein Umſtand bemerkt werden. Man glaubt ohne 
Grund, daß man auf dieſer Inſel an allen Or— 
ten Eiſen findet. Es iſt freilich ſehr haufig, nur 
nicht allenthalben gleich, und ungluͤcklicherweiſe 
hat man die Schmelzoͤfen eben da angelegt, wo 
das wenigſte iſt. Sie liegen in einer großen und 
ſchoͤnen Ebene, und man fand vormals das Ei⸗ 
ſen ſehr nahe bey denſelben, jetzt muß man es 
aber ſchon eine halbe Meile weit ſuchen, wel— 
ches auch noch nicht ſehr weit ſehn wuͤrde, wenn 
die Mine nur reich waͤre; man findet aber das 
Eiſen nur acht Fuß unter der Erde, und tiefer 
hinunter ſtoͤßt man auf einen Felſengrund, und 
eine Art Tuchſtein. Weil man eine Zeit her ſo 
wenig gefunden hat, iſt man gezwungen worden 
die Mine in dem Diſtrikte der Pampelmuße ganz 
aufs 


79 


aufzugeben, obgleich die ganze Ebene bey weis 
ten noch nicht durchſucht worden; eigentlich iſt 
es auch nicht einmal eine Mine, denn das Eiſen 
ſo da gefunden wird, ſcheint blos eine Art von 
Mooreiſen zu ſeyn. 

N Gewoͤhnlich geben neuntauſend Pfund Eiſen⸗ 
erz von funfzehnhundert bis zweytauſend Pfund 
Gußeiſen, welches ungefaͤhr zwanzig von hundert 
macht; aber aus dieſen funfzehnhundert Pfun⸗ 
den gewinnt man nicht mehr als die Haͤlfte 
Stangeneiſen, ſo daß ein Centner Eiſenerz, nur 
zehn Pfund Stangeneiſen giebt. 5 

In den Diſtrikten Villebagne, Militaire und 
Nouvelle Decouverte ſind die Minen reichhaltiger 
aber ſie ſind alle zu weit entfernt von den Ei⸗ 
ſenhaͤmmern, an ſteilen unzugaͤnglichen Orten, 
denen es uͤberdem Villebagne ausgenommen an 
Waſſer fehlt. . 

Die oſtindiſche Geſellſchaft wie ihr noch die 
Inſel gehörte, hatte zum Gebrauch der. Eifens 
werke Waldungen von zehntauſend Morgen Land 
beſtimmt, und ſchmeichelte ſich, daß wenn das 
hochſtaͤmmige Holz mit Vorſicht gefaͤllet wuͤrde, 
die niedrigen jungen Baͤume mit der Zeit die⸗ 
ſen Verluſt wieder erſetzen koͤnnten, aber viele 
Generationen werden vergehen, ehe dieſe ſchoͤnen 
Waͤlder wieder aufwachſen; denn die ARE, 
gen beweiſen zu ſehr, daß Wälder die in Isle 
de France einmal gefaͤllt ſind, nie wieder her⸗ 
vorſchieſſen; ſo daß der ſchoͤne Wald Mondeſir 
bald 


80 


bald in eine Wuͤſte verwandelt ſeyn wird. Im 
Jahr 1770 muſte man ſchon anderthalb Mei- 
len gehen Kohlen zu hohlen, und jetzt da die 
Waldungen immer entfernter werden, iſt die 
ganze Anſtalt aufgehoben worden. Seit einiger 
Zeit iſt man darauf gefallen Caffee hier zu bau⸗ 
en, welcher in der Inſel Bourbon das vornehm⸗ 
ſte Produckt iſt. In dieſer Inſel pflanzt man 
ihn ſechs Fuß auseinander, ein Fuß ins Ge— 
vierte traͤgt bis auf vier Pfund Caffee, ob man 
gleich nur ein Pfund auf jeden Baum, rechnen 
kann, und ein Einwohner der eine Caffee Plan- 
tage, von funfzigtauſend Fuß haͤtte, nie mehr als 
funfzigtauſend Pfund Caffee gewinnen wuͤrde. 
Man rechnet einen Neger auf jede tauſend Fuß 
Caffee, welches zuſammen funfzig Neger auf eine 
ſolche Plantage macht, die aber außer dem An— 
kaufspreiſen, dem Eigenthuͤmer keine weitere 
Muͤhe machen, da ſie ihren eigenen Unterhalt 
bauen. 

Die Compagnie hat lange Zeit her den Preis 
des Caffees feſtgeſetzt, fie bezahlte den Einwoh- 
nern acht Sols fuͤrs Pfund; ſo daß ein 
Pflanzer der dreyßigtanſend Fuß Caffee haͤtte, 
ein gewiſſes jaͤhrliches Einkommen von zwoͤlf 
tauſend Livres haben wuͤrde, dieß iſt in einem 
Lande wo alle Beduͤrfniſſe des Lebens im Ueber— 
fluß und vortreflich ſind, eine ſehr anſehnliche 
Einnahme. Das einzige was der Inſel fehlt, 

ſind Wein und Kleidungsſtuͤcke und dieſe 2 
‚ fie 


81 


ſie ſich mit ihrem Caffee leicht anſchaffen. Der 
Caffee iſt daher ein ſehr wichtiger Handelszweig 
und verdient wol einige weitere Bemerkungen. 

Der Caffeebaum iſt ein Gewaͤchs der heiſ— 
fen Länder, er erfordert aber um zu feiner Voll⸗ 
kommenheit zu gelangen nicht blos Hitze, und 
daher iſt er in verſchiedenen Laͤndern von fo verz 
ſchiedener Guͤte. 

Der beſte Caffee koͤmmt aus Arabien, der 
von Martinique und Isle de Bourbon iſt einander 
gleich und verdient die zweyte Stelle. Es giebt 
noch eine vierte Art von Java und Ceylan: die- 
fer iſt aber ſehr ſchlecht; obgleich dieſe Länder 
unter der Linie oder nahe dabey belegen ſind, 
und es daher unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤn⸗ 
den weit heißer ſeyn muß als in dem Theil von 
Arabien wo der Caffee waͤchſt. Zwar iſt es in 
Moka, welches im 132 Grade der noͤrdlichen 
Breite liegt, eben fo heiß und vielleicht gar heiſ⸗ 
ſer als in Java und Ceylan, dies beſtimmt aber 
nicht die Hitze von Arabien, und in Moka, und 
funfzehn Meilen in die Runde waͤchſt kein einz 
ziger Caffeebaum; ſondern im innern Theil des 
Landes. Betelfaqui welches fuͤnf und zwanzig 
Meilen weit davon, gegen Nord- nord: oft liegt, 
iſt der Ort in deſſen Nachbarſchaft der meiſte 
Caffee gebaut wird, und Moka das mitten im 
brennenden Sande liegt, wo es nie regnet, und 
wo nur einzelne Palmbaͤume fortkommen, der 

Hafen wo der meiſte Caffee zur Ausfuhr ver⸗ 
Forſters L. u. V. K. 3. Th⸗ 8 ſchift 


82 


ſchift wird. Man rechnet, daß jährlich dreyzehn 
Millionen Pfunde von arabiſchen oder levantiſchen 


Caffee auswärts gehen. Die europäifchen oſtindi⸗ 


ſchen Compagnien kaufen anderthalb Millionen, 
die Perſer viertehalb, die nach Sues gehende 
Flotte holt ſechs und eine halbe Million Pfun⸗ 
de. Die Caravanen eine Million, und das übri- 
ge, geht nach Hindoſtan, den Maldiven, und den 
arabiſchen Colonien auf Oſtafrira. 

Dahingegen regnet es in den Gebirgen von 
Arabien, und durch dieſen Regen, den die Ara⸗ 
ber ſehr vorſichtig zu gebrauchen pflegen, unter⸗ 
halten fie ihre Caffeebaͤume. Sie pflanzen fok 
che ringsum die Berge in einer ſchneckenſoͤrmi⸗ 
gen Linie ziemlich weit von einander, und im⸗ 
mer niedriger als der Ort, wo ſie das Regen⸗ 


waſſer aufbehalten, welches fie von Zeit zu Zeit 


durch Rinnen oder Graͤben auf die Baͤume her— 
unter leiten. In Ceylan und Java regnet es 
zu viel, denn wenn gleich der Caffee Feuch⸗ 


tigkeit erfordert, ſo iſt ihm doch große Naͤſſe 


ſchaͤdlich. 
Ungeachtet es in Moka während dem Som⸗ 
mer ſehr heiß iſt, ſo iſt die Luft im Winter doch 


friſch, und folglich in den Bergen wo die Caf A 


fee⸗Plantagen find, kalt. 

Um zu verhindern, daß das Erdrei ch weg⸗ 
geſchwemt werde, umgeben die Araber daſſel— 
be mit einer kleinen Mauer von Stein oder 
Kieſeln, und ſchuͤtzen auf dieſe Art die Wur⸗ 

N zel 


83 


zel des Baums. Sie beſchneiden ihre Bäume 
auch nicht, ſondern laſſen ſolche ihre ganze Hoͤhe 
von fuͤnf und zwanzig, dreyßig, und fuͤnf und 
dreyßig Fuß erreichen. | 

Die Araber ſchaͤtzen den Caffee nicht der 
in den Ebenen waͤchſt; dieſer hat große Bohnen 
und wird um einen geringen Preis verkauft. Je 
weiter man ins Land koͤmmt, und je hoͤher das 
Erdreich wird, deſto vortreflicher iſt der Caffee. 
Auf den Bergen ſelbſt wo es ſehr kalt iſt, waͤchſt 
der aller beſte, welches beweiſt wie ſchon oben 
geſagt, daß die Hitze nicht die einzige Urſache 
der Guͤte des Caffees iſt. | 

Zu Sanaa der Hauptftadt des Reichs Ye⸗ 
men, welche im funfzehnten Grade noͤrdlicher Breite 
liegt, friert es ſo ſtark das die Teiche zuweilen mit 
Eis belegt ſind, und doch wachſen in den Gaͤr— 
ten dieſer Stadt, welche auf einem hohen Ber⸗ 
ge belegen iſt, Caffeebaͤume. Es giebt auch eine 
Art Caffee die man Yemen Caffee nennt, und 
von vorzuͤglicher Guͤte iſt: die franzoͤſiſche oſtin⸗ 
diſche Compagnie pflegte vormals viel davon zu 
kaufen. 

In der Inſel Bourbon hatten einige Par⸗ 
ticuliers ebenfalls ihre Caffee⸗Plantagen auf 
den Bergen, bis auf eine Hoͤhe von vierhundert 
Klaftern über die Oberflache des Meeres ausge— 
breitet; hier giebt es; noch keinen Schnee und das 
Thermometer faͤllt im Winter nie niemals unter 
ſechs Grad uͤber den Gefrierpunkt. Das Erdreich 
ſcheint ſehr gut, und dennoch ſahen ſich die Be⸗ 

F 2 ſitzet 


84 


ſitzer 1766 genoͤthigt, alle Caffee-Plantagen auf 
dieſer Hoͤhe von vierhundert Klaftern zu zerſtoͤren, 
weil die Baͤume arm an Zweigen und Fruͤchten 
waren, und nur im Februar zur Reife gelang— 
ten, da die gewoͤhnliche Caffeeerndte ſchon im 
July und Auguſt einfaͤllt, und uͤberhaupt fanden 
ſie mehr Vortheil dabey Getraide zu ſaͤen. In 
Arabien weis man nichts von der Ausartung 
des Caffeebaums, in der Inſel Bourbon aber 
geſchieht es haͤufig. Die vermuthliche Urſache da— 
von iſt, weil ſie den Caffeebaum auf eine ganz 
andre Art als die Araber behandeln. In Ara— 
bien läßt man ihn feine natuͤrliche Höhe wach— 
ſen, und in Isle de France und Bourbon hin— 
gegen zieht man ihn als ein Geſtraͤuche von ſie— 
ben bis acht Fuß hoch. Ihr Grund hiezu iſt, 
weil die hohen Baͤume den Sturmwinden zu 
ſehr ausgeſetzt ſeyn wuͤrden, und weil es be— 
quemer iſt, Frucht von den Buͤſchen einzuſam⸗ 
meln. Doch da man um des Schutzes willen 
die Caffee-Plantagen doch nur laͤngſt den Waͤl— 
dern anlegt, fo würden hohe Baͤume dort ver- 
muthlich eben fo ſicher ſeyn als die breiten Ge— 
ſtraͤuche. Sollte man aber auch dem Caffeebaum 
auf Bourbon ſein voͤlliges Wachsthum erreichen 
laſſen, fo würde er dem ungeachtet nie ſehr fort— 
kommen, weil er das Erdreich in welchem er 
ſteht gaͤnzlich erſchoͤpft, und nach Verlauf von 
funfzehn oder zwanzig Jahren endlich ganz aus— 
geht. Man kann auch keine neue Caffee-Plan⸗ 
tage an demſelben Ort wieder anlegen, und es 

ge: 


| 


F 


| 


85 


gehört dazu immer ganz neues Erdreich, und 
daher haben ſich die Einwohner von der Inſel 


Bourbon auch 1780 entſchloſſen, kuͤnftig Baum— 


wolle zu bauen, welche im gebrauchten und un— 
gebrauchten Erdreich gleich gut geraͤth. 


Auf Isle de France hat man auch verſucht 
Caffee⸗ Sagen anzulegen, es ift aber nicht 
wahrſcheinlich, daß er hier fortkommen follte, 
da dies Erdreich im Ganzen genommen weit 
ſchlechter iſt als das der Inſel Bourbon, wo er 
doch ſo geſchwinde ausartet. Die Gegenden wo 
er noch am erſten haͤtte gerathen koͤnnen, ſind 
die Diſtrikte der Pampelmuße, und die Ebenen 
von Willems und Moka; dieſe Gegenden ſind 
aber jetzt gaͤnzlich von Holz entbloͤßt, folglich 
ſchon abgenutzt, und daher zum Caffeebau ganz 
ungeſchickt, der ein unbenutztes Erdreich und 
Schutz gegen die Suͤdoſtwinde erfodert. Das 


Innere der Inſel ift dieſen zerſtoͤrenden Winden 


noch mehr ausgeſetzt, und daher nicht zu ers 
warten, daß der Caffee je ein Handelszweig der 
Inſel France werden ſollte, obgleich die ſchon 
angelegten Plantagen bis jetzt ziemlich viel zu 


verſprechen ſcheinen. 


Man hat neuerlich verſucht Muskatennuͤſſe 
und Nelken hier zu ziehen, und ſollten dieſe Vera 
ſuche auch gelingen, fo würden die Muskatnuͤſſe 
doch immer weit ſchlechter ausfallen, als die 
Moluckiſchen, denn dieſe Ruß erfordert ein aus: 
gebranntes, ſchwamartiges, volkaniſches Erdreich 

und 


36 


und viel Hitze und Raͤſſe. Die Moluckiſchen In⸗ 
ſeln vereinigen alle dieſe Eigenſchaften. 

Sie wurden im Jahr 1770 zuerſt hinge⸗ 
bracht, und zwar beydes, Pflanzen und Nuͤſſe. 


Die Nuͤſſe waren aber mehrentheils von der grofs . 


ſen, ſchlechten, laͤnglichten Art, welche man auf 
den Philippinen hat, und die Spanier fuͤr aͤchte 
Muskaten ausgeben. Dieſe Art hat mit der ans 
dern verglichen wenig Geruch, und man brachte 
vier oder fünfmal mehr davon als von der rech—⸗ 
ten, welche klein und rund iſt. 

Bey der Vertheilung derſelben unter die 
Einwohner bekommen ſie nur eine runde auf 
vier bis fuͤnf laͤnglichte. Man hatte eine Art 
von Duͤnger bereitet, worin die Ruß gelegt ward, 
und auf dieſe Weiſe wurden ſie vertheilt, wie man 
mit Blumenzwiebeln zu thun pflegt. Es ſey nun 
daß dieſer Duͤnger ſie zum keimen brachte oder 
daß einige ſchon ausgekeimt waren da man ſie 
hinbrachte, ſo iſt gewiß, daß an einigen Orten 
kleine Knoͤſpchen hervorkamen. Dies iſt aber 
auch alles, denn von zweytauſenden ift feine ein; 
zige recht aufgegangen. 

Bey dem allen muß man den Einwohnern 
die Gerechtigkeit wiederfahren laſſen, daß ſie ſich 
alle erſinnliche Muͤhe gaben, die ihnen gegebenen 
Anweiſungen zu befolgen. Man machte nehm— 
lich Gräben von fünf bis ſechs Fuß tief und 
vier bis fuͤnf breit. In dieſer Arbeit ſtieß man 
allenthalben auf Felſenbruͤche, die zu groß was 
ren um ſo weggeraͤumt zu werden und alſo ge⸗ 


ſprengt 


| 
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| 
| 
| 


87 


ſprengt werden mußten, Ueberdem mußte man 
jeden Graben mit ſtarken dichtaneinander ſtehen— 
den Pfaͤhlen umgeben, die mit Reiſern feſt zu— 
ſammen geflochten wurden, um die Musfatnüffe 


gegen die Ratten zu ſchuͤtzen, welche wie man 


weis auf dieſe Ruͤſſe ſehr begierig ſind. Alle 
dieſe Arbeiten waren ſehr beſchwerlich, und be— 
wieſen daß die Einwohner ſich keine Muͤhe ver— 
drießen ließen, um ſich eines gluͤcklichen Erfolges 
zu verſichern, dem ungeachtet war im Februar, 
Merz und April ſechs Monate nachher noch 
nichts aufgegangen. Und als einige neugieriger 
als die uͤbrigen die Erde durchwuͤhlten, fanden 
ſie die Nuͤſſe verfault. 

Die Pflanzen die man im koͤniglichen Gars 
ten verpflanzt hatte, hatten Wurzel gefaßt, ſie 


werden aber ſchwerlich gerathen. 


Im Jahr 1771 ſoll man noch eine Expedi⸗ 
tion nach den Molucken gemacht haben, um neues 
Gewuͤrze zu neuen Verſuchen zu holen. Man 


hat auch wirklich eine Menge aͤchter Muskat⸗ 


nuͤſſe mitgebracht, von dieſen find aber die meis 
ſten nach den Seichelleinſeln, 2) und Cayenne 
geſandt. Außer den angeführten Ruͤſſen erhielt 

5 die 


2) Dieſe Inſeln auch Maheinſeln genannt, liegen eini⸗ 
ge Seemeilen Nordoſtwaͤrts von Madagascar. Die 
Franzoſen haben fie ſeit dem letzten Krieg in Beſitz 
genommen, und halten dort eine Beſatzung. Sie wa⸗ 
ren vorher unbewohnt, haben eine ſichere Rhede fuͤr 

enkommende Schiffe. Eine von dieſen Inſeln haben 

die Franzoſen Prasline genannt, auf derſelben wächft 
ſeyr gutes Bauholz, | 


— 


88 


die Inſel auch Gewuͤrznelken Pflanzen. Von al: 
len beyden Verſendungen hat man in den fd: 
niglichen Garten nicht mehr als acht und fun- 
zig Muskat, und acht und dreyßig Relkenbaum⸗ 
chen fortgebracht. Von den letztern haben nach? 
her zwey Bäume 1775 auch wirklich Fruͤchte ge— 
tragen, die aber gegen die Moluckiſchen klein und 
ſehr ausgeduͤrrt ausſahen. 

Der Mangobaum der fo Wobtro Fruͤchte 
trägt, iſt auch nach Isle de France verpflanzt 
worden, und iſt ſchoͤn von Anſehen, die Fruͤchte 
find aber hier von ſehr mittelmäßigen Geſchmack. 
Dieſer Baum welcher nach dem Urtheil aller 
die ihn kennen, der Fuͤrſt der Fruchtbaͤume iſt, 
waͤchſt nur auf der oͤſtlichen Seite von Indien, 
1754 hat man junge Pflanzen von dieſem Baum 
nach Isle de France gebracht; im Jahr 1770 
waren noch einige davon übrig, aber in fo ſchlech— 
tem Zuſtande, daß man nicht hoffen kann, daß er 
je gut gerathen koͤnne. Man kann ſich hieruͤber 
auch nicht wundern, wenn man die Verſchieden⸗ 
heit des Erdreichs bedenkt. In Malacca iſt es 
fett, ſchlammicht und moraſtig, das Clima iſt 
uͤberdem ſehr heiß, und es regnet oft und häufig; 
in Isle de France hingegen iſt das Land leicht 
und trocken, und die Hitze weit geringer. 

Mit allen andern indianiſchen hieher ver— 
pflanzten Fruͤchten hat es dieſelbe Bewandniß, ſie 
werden alle ſehr mittelmaͤßig oder kommen gar, 
nicht fort. 


III. 


| III. 
Beſchreibung der beiden 
1 * | 
Provinz Maſſachuſetsbay 
gehoͤrigen Inſeln, | 
Nantucket und Marthas 
Weinberg 


in Nordamerica, 


— —ä—ä—ä—ä ꝛ—v—E mn mn nn nn nn nn 


Hi Inſel Nantucket liegt ein und vierzig 
Grad zehn Minuten nördlicher Breite, hun— 
dert engliſche Seemeilen weit gegen Nordoſt vom 
Cap Cod in Maſſachuſetbay, achtzig Meilen von 
Boſton; hundert und zwanzig von Rhode Island, 
und achthundert Suͤdwaͤrts von den Bermudas. 
Sie iſt ein ſandichter Fleck von ungefaͤhr drey 
und zwanzigtauſend Morgen Land, man findet 
darauf weder Steine, Holz, Wieſen oder Acker⸗ 
land, und doch hat ſie eine artige Stadt, Na⸗ 
mens Scherborn von mehr als fuͤnfhundert Haͤu— 
fern, und zweyhundert Schiffe; ſie beſchaͤftigt 
über zweytauſend Matroſen, ernährt funfzehns 
tanfend Schaafe, fünfhundert Kühe, zweyhun⸗ 
dert Pferde; und verſchiedne ihrer Einwohner be: 
ſitzen ein Vermoͤgen von zwanzigtauſend Pfund 
Sterling. Auf derſelben wohnen uͤberhaupt fuͤnf— 
tauſend Seelen die ihren Unterhalt auf der See 
| finden, und trotz des armſeligen Erdreichs keinen 
| nge an irgend etwas leiden. 
Scherborn, die einzige Stadt auf der Inſel, 
va aus ue und ais Haͤuſern, die 
auf 


ö 


92 


auf dem feſten Land gezimmert worden find; 1) 
ſie ſind inwendig von Lattenwerk und mit Kalk 
beworfen, und auswendig von artig angeſtriche⸗ 
nen Brettern zu ammengeſetzt. Jedes Haus hat 
einen aus Steinen erbauten Keller, die man auch 
vom feſten Lande geholet hat. Alle Haͤuſer find 
vollkommen gleich in ihrer Einrichtung und von 
Anſehen; alles iſt von der aͤußerſten Einfalt, und 
von innen und von außen ohne den geringſten 
Zierrath. In der ganzen Stadt iſt nur ein Ge— 
baͤude von Backſteinen, und dies iſt eben ſo ſim⸗ 

pel als die uͤbrigen. | 
Die Stadt liegt auf einer kleinen Anhöhe 

auf der weſtlichen Seite des Hafens, der vollkom⸗ | 
men gegen alle Winde geſchuͤtzt iſt. In derfelben 
ſind zwey gottesdienſtliche Verſammlungs-Haͤu⸗ 
ſer, eines fuͤr die Geſellſchaft der Freunde 2) und 
eins fuͤr die Presbyterianer. Mitten in der 
Stadt 


1) Fertige hölzerne Häufer zur See auszufahren iſt ein 
anſehnlicher Nahrungszweig der Einwohner von Maſ⸗ 
ſachuſetsbay und Neuhampſchire. Die meiſten gehen 
nach Weſtindien, unter andern ward die Stadt St. 
Nicolas im franzoͤſiſchen Antheil von St. Domingo 
bald nach dem Pariſer Frieden, auf dieſe Art in Nord⸗ 

america erbaut, und einzeln nach ihrer gegenwaͤrti⸗ 
gen Stelle tranſportirt. 

2) Der Verf. dieſer Beſchreibung die mit Weglaſſung 
des uͤberfluͤßigen Kaifonnements aus den Briefen ei⸗ 
nes nordamerieaniſchen Paͤchters London 1782 gezogen 
iſt, giebt dieſe Benennung allemal den Quäckern fein 
nen Glaubens genoſſen. 


1 


93 


Stadt am Markte ſteht ein einfaches Gebaͤude, 
welches das Rathhaus iſt. In der Nähe der 
Stadt ſind verſchiedene Felder und Gaͤrten, die 
jährlich von Stadt? Kühen und den Straßenduͤn— 

ger geduͤngt werden. In den Straßen und an 

einigen andern Orten ſtehen eine mute Men⸗ 
ge Kirſch und Pfirſichbaͤume, die Aepfelbaͤume 
kommen hier aber nicht fort, und alſo hat man 
nur wenige gepflanzt. Obgleich die Inſel keine 

Berge hat, ſo bilden doch die vielen Huͤgel und 
Anhoͤhen nebſt den verſchiedenen Vertiefungen eis 
ne Menge Suͤmpfe, in welchen das indianiſche 
Gras und andre dieſem Erdreich eigene Pflan⸗ 
zen ſehr gut wachſen. In einigen dieſer Sim: 
pfe findet man vielen Torf, deſſen ſich die Ar— 
men zur Feurung bedienen. Es ſind vierzehn 
Teiche auf der Inſel, die alle ihren mannichfal⸗ 
tigen Nutzen haben, und zum Theil reichlich mit 

Fiſchen und Waſſergefluͤgel verſehen ſind. Die 

Straßen der Stadt ſind nicht gepflaſtert, da 

aber, außer zur Zeit der Abreiſe und Ankunft 

ihrer Flotten, wenig gefahren wird, hat dies 
nicht viel zu bedeuten. In vielen Theilen der 

Stadt iſt ein unangenehmer Geruch, von dem 

ielen Fiſchtrahn, den ſie bey aller ihrer Liebe 

zur Reinlichkeit nicht verhindern koͤnnen. Nahe 
bey den Schiffswerften find eine Menge Waaren—⸗ 
ger, wo ſie ſowohl dieſe ihre Haupthandels⸗ 
waare als auch die unzaͤhligen Werkzeuge und 
Materialien zur Ausruͤſtung fo vieler Schiffe zum 
Wall⸗ 


94 


Wallfiſchfang aufbewahren. Es ſind hier drey ſehr 
bequeme Werfte zum Schiffbau, jeder dreyhun 
dert Fuß lang, oberhalb welchen das Waſſer eine 
Tiefe von zehen Schuh hat; ſie ſind auf dieſelbe 
Art gebaut als die zu Boſton, naͤmlich aus fs 
genannten Steinkiſten, wozu man Balken und 
Steine von feſten Landen holen muͤſſen. Zwi⸗ 
ſchen dieſen Werften und der Stadt hat man 
Raum zur Landung der Waaren, und zur Durch—⸗ 
farth fuͤr, die vielen Wagen, deren beynahe jeder 
Einwohner einen oder mehrere hat, gelaſſen. 
Die Werfte an der Nord und Suͤd Seite ſind von 
denſelben Materialien erbaut, und geben einem 
Ankoͤmmling einen großen Begriff von dem Reichs 
thum und Wohlſtande des Landes. Um die Werf⸗ 
te herum iſt Raum fuͤr dreyhundert Schiffe, und 
in der That wenn ihre Flotten wohl beladen zu- 
ruͤckkommen, iſt das Gewuͤhl in den erſten Tas 
gen ſo groß, daß man glauben ſollte, Scherborn 
wäre die Hauptſtadt einer ſehr anſehnlichen Pros 
vinz. Auf der Landſpitze an der Weſtſeite des 
Hafens, den die gegen uͤber liegende Landſpitze 
Coitou genannt, gegen die gefaͤhrlichſten Winde 
ſchuͤtzt, ſteht ein ſehr artiger Leuchtthurm. In 
der Nähe der Stadt find nur wenige Gaͤr— 
ten und Aecker, denn dies iſt der ſandigſte 
und unfruchtbarſte Theil der ganzen Inſel; 
dennoch haben die Einwohner durch unermuͤde⸗ 
ten Fleiß es fo weit gebracht, daß einige Stel⸗ 
len indianiſch Korn, Kartoffeln, Kuͤrbiſſe, Kür 

ben 


* 


ben und andre Gewächſe hervorbringen. Auf 
dem hoͤchſten Theil dieſer ſandigen Anhöhe, ſte— 
hen drey Windmuͤhlen wo das eingefuͤhrte und 
einheimiſche Getraide gemahlen wird. In der 
Naͤhe von dieſen iſt die Reiferbahn, wo ſie die 
groͤſte Hälfte ihres Thauwerls verfertigen. Zwi⸗ 
ſchen den Werften, den Ufern des Hafens und 
der Stadt, liegt ein vortrefliches Stuͤck Wieſe— 
land das mit unendlicher Muͤhe und vielen Kor 
ſten eingezaͤunt und geduͤnget iſt, und beweiſet, 
wie koſtbar und zugleich wie nothwendig das 
Gras in Nantucket ſey. Gegen die Landſpitze 
Schemah zu, it das Land ebener und das Sr: 
dreich beſſer; hier ſind auch verſchiedene ſorg— 
faͤltig eingezoͤunte und reichlich geduͤngte Felder, 
woher ſie mit vieler Muͤhe ihre jaͤhrliche Ernd— 
ten erhalten. Es ſind nur wenige Bauerhoͤfe 
auf der Inſel, weil nur wenige Stellen ohne 
die Beyhuͤlfe von vielen Duͤnger dem man mit 
großen Koſten vom feſtem Lande holen muß, be⸗ 
arbeitet werden koͤnnen. 

Dieſe Juſel wurde im Jahr 1671 von der 
Provinz Neuyork, welche ſich alle Inſeln von 
RNeway Sink bis Cap Cod zueignete, durch ein 
Patent ſieben und zwanzig Eigenthuͤmern uͤber— 
laſſen. Dieſe fanden ſie ſo durchgehends un⸗ 
fruchtbar und zum Ackerbau untauglich, daß ſie 
einig wurden, ſie nicht zu theilen, da keiner den 
Theil welchen ihm das Schickſal zuwerfen wuͤr— 
de, allein verbeſſern, noch ſeine en Unterhalt dar⸗ 


auf 


96 


auf gewinnen koͤnnte. Sie wandten daher ihre 
Augen nach der See, und da ſie gedrungen was 
ren Fiſcher zu werden, ſuchten ſie einen Hafen 
in deſſen Nachbarſchaft fie ihre Wohnungen auf- 
ſchlugen, aus welchen in der Folge die Stadt 
Scherborn entſtand. Zu dieſem Ende wurde ſo 
viel Land ausgemeſſen, als für jeden zur Woh- 
nung, Garten n. ſ. w. noͤthig war, hiezu fand 
man vierzig Morgen hinlaͤnglich, denn wozu ſollte 
ihnen mehr Land nuͤtzen als ſie urbar machen oder 
nur einzaͤunen konnten; da in ihrem ganzen Sans 
de nicht ein einziger Baum war. Dies war alles 
was jeder eigenthuͤmlich beſitzen follte; das uͤbrige 
war gemeinſchaftlich, und als ſie bemerkten, daß 
das hin und wieder ſtehende duͤnne Gras Schaafe 
ernähren koͤnnte, beſchloſſen ſie, daß jeder Ei— 
genthuͤmer das Recht haben ſollte, fuͤnfhundert 
und ſechszig Schaafe zu halten, wenn er Luſt 
dazu hätte. Auf dieſe Art ſollte die National— 
Heerde aus funfzehntauſend Schaafen beſtehen. 
Sie wurden ferner einig, daß wenn das Gras 
mit der Zeit beſſer wuͤrde, ſollten vier Schaafe 
fuͤr eine Kuh, une zwey Kuͤhe fuͤr ein Pferd 
gerechnet werden. Einige hundert Schaafwei⸗ 
den fi nd feitdem vertheilt worden, welche jetzt 
Ackerland find. Die übrigen find durch Heuras 
then und Erbſchaft fo zerftücelt, daß ein Maͤd⸗ 
chen ſehr oft keinen andren Brautſchatz hat, als 
ihre Ausſtattung und vier Schaafweiden oder 
das Recht eine Kuh futtern zu duͤrfen. Da 

aber 


— — — — ——— —r ——— —— —— ˖—§Üͤ¹Aũ . — — — —— — — 


27 
) 


aber dieſes Privilegium ein Eigenthumsrecht auf 
ein unbeſtimmtes Stuͤck Land in ſich faßt, wel⸗ 
ches einmal beſtimmt werden kann, ſo iſt es doch 
nicht fo veraͤchtlich als eine bloße Erlaubniß auf 
einer Haide eine Kuh weiden zu laſſen: indem 
jeder dem eine gewiſſe Anzahl Schaafweiden ger 
hoͤrt, dieſes Recht in der Zukunft wenn das Ta⸗ 
gelohn geringer, oder ihre Seefahrten weniger 
einträglich werden ſollten, geltend machen und fo 
viel Land dafuͤr erhalten kann, als ſein Antheil 
an der ganzen Inſel betraͤgt. Aus dieſem Grun⸗ 
de laſſen die Einwohner dieſes kleine Privilegium 
ungerne fahren, da es ihnen die gewiſſe ob⸗ 
gleich entfernte Hofnung giebt ſich an irgend ei⸗ 
nem Lieblingsorte einmal eine Huͤtte zu bauen, 
und dort ihre letzten Tage in Ruhe zuzubringen. 
Eine beſtimmte Geſellſchaft von Eigenthuͤmern ent⸗ 
ſcheidet die Beſitzungsſtreitigkeiten; ihre Anſpruͤ⸗ 
che ſind alle in den Buͤchern der Landſchaft auf⸗ 
gezeichnet, wie auch die Uebergabe von Laͤndereien 
und andre Kaufkontrakte. 

Dieieſe Inſel reicht dem Naturforſcher wenig 
Stoff zu ſeinen Unterſuchungen dar: ſie ſcheint 
die ungleiche Spitze eines aus der See hervor: 
ragenden ſandigen Felſens zu ſeyn, der an eini⸗ 
gen Stellen mit Sauerampf, Gras, wenigen 
Cederſtraͤuchen und kleinen ſchlechten Eichengebuͤ⸗ 
ſchen bedeckt iſt; ihre Suͤmpfe ſind von groͤßeren 


Werth indem ſie Torf zur Feurung geben. Die 


abſchuͤßigen Ufer der See find mit Meergras be: 
Forſters L. u. V. K. 3. Th. G deckt 


98 


deckt, das getrocknet nur ſchlechte Nahrung giebt, 
aber friſch ein gutes Futter fuͤr das Vieh iſt. 
Auf der oͤſtlichen Seite giebt es verſchiedene mit 
Salzgras bedeckte Striche, welche da ſie ſorgfaͤltig 
eingezaͤunt ſind, einen ziemlichen Vorrath dieſes 
gefunden Futters liefern. Unter den vielen Tei— 
chen oder Seen die es auf dieſer Inſel giebt, 
ſind verſchiedne, welche die Landeinwaͤrts drin⸗ 
gende See gebildet hat, dieſe find folglich ſal— 
zig und die andern ſuͤß. Die erſtern haben ei— 
nen zweyfachen Nutzen, fie erleichtern den Ein— 
wohnern die Arbeit bey den zum Schutz des 
Landes errichteten Deichen, auch kommen mit der 
Fluth eine Menge Fiſche hinein, die in denſel— 
ben fett werden. Zu gewiſſen Jahrszeiten vers 
fammeln ſich alsdenn die Einwohner, zerſtoͤren 
den kleinen Damm den die Wellen aufgeworfen 
haben, laſſen das Waſſer ablaufen, und fangen 
auf dieſe leichte Art ſo viele Fiſche als ſie brau— 
chen. Die gewoͤhnlichſten Arten ſind, eine Art 
Kabbeljau, Makrelen, Heringe, Fluͤndern, Aal, 
und einige andre. Die Fiſcherey iſt uͤberhaupt 
eine Hauptbeluſtigung der Inſel. Auf der Weſt— 
ſeite liegt der Hafen Mardiket, er iſt aber we⸗ 
der fo ſicher als der erſte, noch hät er ſo gu⸗ 
ten Ankergrund. Drey kleine Baͤche flieſſen in 
ihn, die eine außerordentlich bittere Art Aal bey 
ſich fuͤhren. Nicht weit von Schenah Point, iſt 
ein ebener Strich Land, der beſte in der ganzen 
Inſel; er iſt in ſieben Theile getheilt, wovon 
a eins 


* 


99 


eins jahrlich von den Eigenthuͤmern bearbeitet 
wird. Man nennt es die Gemeinſchaftliche Plan⸗ 
tage, die ganze Einrichtung iſt ſehr ſimpel aber 
dabey nützlich. Denn wenn jeder Eigenthuͤmer 
ſein Theil einzaͤunte, ſo wuͤrde es erſtaunend viel 
Pfaͤhle und Strauchwerk erfordern, die alle vom 
feſten Lande geholet werden muͤſſen. Statt die⸗ 
ſer Privatabtheilungen wird jedes Stuͤck Land 
in das gemeinſchaftliche Antheil geworfen und 
auf Koſten aller Miteigenthuͤmer verzaͤunt, und 
jeder macht nachher mit dem Seinigen was er 
will. Auf dieſe Art wird der ganze Strich alle 
ſieben Jahr. bebaut, und giebt nachher wenn er 
geduͤngt und durch den Pflug bearbeitet worden 
vortreflichen Wieſewachs; hieher werden auch die 
Stadtkuͤhe deren uͤber fuͤnfhundert ſind, vom 
Hirten täglich hin und auf den Abend wieder 
nach der Stadt getrieben. Man muß ſich nicht 
voibſtellen, daß alle Einwohner ſich mit der Land⸗ 
wirthſchaft beſchaͤftigen. Nein der groͤſte Theil 
hat zur See mit der Fiſcheren zu thun; andre 
treiben ihr Gewerbe als Handwerker; und ſind 
mit einigen Schaafweiden zufrieden worauf ſie 
eine oder ein paar Kuͤhe halten. Viele haben auch 
nur eine Kuh, und die Menge ihrer Kinder hat 
ſo viele Zerſtuͤckelungen und Verwirrungen per? 
anlaßt, daß man ſie kaum mehr entwickeln kann. 
| Einige die ihr Gluͤck zun See gemacht haben, 
haben viele von dieſen urſpruͤnglichen Schaaf⸗ 
wweide Gerechtigkeiten an ſich gekauft, und aus 


2 der 


100 

der Gemeinſchaft gezogen. Das befte Land der 
Inſel iſt zu Palpus, wo nichts merkwuͤrdiges als 
ein guter Gaſthof iſt. Quayes iſt ein kleiner 


aber wichtiger Strich Land, wo das beſte Haus 


auf der Inſel ſteht. Durch die dequeme Lage 
an der See und unermuͤdeten Fleiß iſt dieſer 
Ort der Garten von Nantucket geworden. Auf 
der Weſtſeite deſſelben fließt ein kleiner Bach an 
dem man eine Walkmuͤhle angelegt hat. Weis 
ter hinunter iſt eine zweyte Muͤhle. Hier iſt 
ſchoͤner leimichter Boden auf dem vortreflicher 
Klee waͤchſt, der zweymal des Jahres gemaͤhet 


wird. In dieſen beiden Muͤhlen wird alles hier 
verfertigte Tuch gewalkt. Wegen ihrer vielen 
Schaafe haben ſie einen Ueberfluß an Wolle; 


ein Theil derſelben wird ausgeführt und das uͤbri⸗ 


ge von ihren fleißigen Weibern gefponnen, und 


warme, dauerhafte Kleider daraus verfertiget. 


Auf der Suͤdoſtſeite iſt eine große Abtheilung der 
Inſel, welche das Siasconſet Loos heißt; es iſt 
ein ungleicher Strich Land voller Suͤmpfe; hier 
ſchicken ſie ihr gemaͤſtet Vieh, oder ſolches das 


ſie zum Winter Vorrath maͤſten wollen, hin. 


An den Ufern dieſes Theils der Inſel fangen 


ſie auch ihre beſten Fiſche, es ſind an dieſem Ort 
auch einige kleine Hütten wo die Fiſcher fi) waͤh⸗ 
rend dem Fiſchfange aufhalten. Auf der Halb— 
inſel von Coitou wachſen viele rothe Cederbuͤſche 
und Meergras; das Erdreich iſt locker und fans 
digt und dient vielen Kaninchen zum Aufenthalt, 

hier 


— 


191 


hier ſuchen auch die Schaafe des Winters Schutz 
gegen die Schneeſtuͤrme. An der Nordfeite von 
Nantucket iſt eine lange Erdzunge die ſich weit 
in die See erſtreckt, wo oft auf eine kuͤnſtli— 
che Art Hayfiſche und Tuͤmmler gefangen wer— 
den, es waͤchſt hier blos etwas Gras, welches 
bey voͤlliger Reife nichts nutzt, im Fruͤhjahr aber 
treiben die Einwohner oͤfters ihre Pferde zur 
Weide hieher. Zwiſchen dieſer Zunge und dem 
innern der Inſel liegt eine Salz- Wieſe von groſ— 
ſem Werth: Namens Croskaty. Die Einwoh— 
ner von Squam legen ſich mehr auf dem Acker— 
bau, als die andern, und ihr Beyſpiel zeigt, daß 


derſelbe auch an andern Gegenden der Inſel ge— 


deihen wuͤrde. Auch manche Baͤume wurden 


bey mehrerer Wartung auf der Inſel fortkom— 


men, und den Einwohnern die Mühe erfparen 
ihr Bau und Brennholz vom feſten Lande zu 
holen. Unter dieſen nenne ich nur den virgini— 
ſchen Wacholder, (uniperns Virginiana) die 
zweydornige Robinia, (Robinia pſeudo Acacia) 
und den Knopfbaum, (Cephalantus Occidenta- 
Iis.) Letzterer hat fuͤrtrefliches Holz und das Gras 
waͤchſt unter ſeinen Schatten ſehr gut. Von 


Getraidearten, koͤmmt tuͤrkiſches Korn, Weizen 


und Rocken ſehr gut fort, auch Buchweizen wuͤr— 
de eben ſo reichliche Erndten geben wenn man 
deſſen Anbau hier verſuchen wolte. Der uͤbrige 
Theil der Inſel iſt unbebaut und dient zu ge— 
meinſchaftlichen Schaafweiden. Weſtwaͤrts von 
a Nan⸗ 


102 


Nantucket liegt die Inſel Tackanuck, wo⸗ ſie im 


Fruͤhjahr ihr junges Vieh zur Weide ſchicken; 
auf derſelben ſind einige Eichenbuͤſche und zwey 
friſche Waſſer⸗ Seen oder Teiche, wo ſich wilde 
Enten und andre Seevoͤgel in Menge aufhalten. 
Auf Rantucket giebt es weder Wölfe noch Fuͤch⸗ 
ſe; deswegen ziehen die Einwohner ſo außer der 
Stadt leben ſo viel Federvieh als ihnen gefällt, 
worunter ihre Truthuͤhner vorzuͤglich gut ſind. 
Das Clima iſt hier im Sommer ſehr angenehm, 


weil eine beftändige Seeluft die große Hitze mäfz 


ſiget. Der Winter iſt aber um deſto rauher; 
er iſt erſtaunend kalt, und der Nord: weſtwind 
der in allen dieſen Gegenden ſehr beſchwerlich iſt, 


ſtuͤrmt auf dieſer offenen Inſel mit verdoppelter 
Starke, nachdem er fo lange zwiſchen den Ameris 


kaniſchen Waͤldern und Bergen verſchloſſen war. 


Dieſe Unannehmlüchkeiten werden ihnen aber durch 


die Bequemlichkeiten ihrer Wohnungen die ge⸗ 
ſellige Gaſtfreiheit ihres Umganges und uͤber⸗ 
haupt durch ihren Wohlſtand reichlich verguͤtet. 
Der Schnee iſt auch nicht ſo häufig als auf 


den feften Lande. Da dieſe Jahrszeit dem Acker⸗ 


bau nicht guͤnſtig iſt, ſo ſind gewoͤhnlich mehr 


als die Haͤlfte der Einwohner im Winter mit 
dem Fiſchfange in gelinderen Gegenden befchäfs 
tiget. 

Nantucket iſt wie ſchon geſagt worden die 


Spitze eines großen ſandigen Berges der einige 


trockne Stellen zum Aufenthalt fuͤr Menſchen 
dar⸗ 


103 


darbietet, Suͤdwaͤrts von diefer Inſel liegen ver- 
ſchiedene andre die aber von der See bedeckt 
werden; dieſe Gegend iſt den Seefahrern unter 
den Namen der Nantucket Scheren bekannt ge; 
nug. Allein durch dieſe Bruſtwehren wird die 
Inſel gegen die Wuth der Wellen geſchuͤtzt, die 
ohne dieſe natuͤrlichen Graͤnzen laͤngſt ein Raub 
derſelben geworden waͤre; dieſen Scheren haben 
auch die Einwohner von Nantucket ihren erſten 
Unterhalt zu danken, well fie ihnen Fiſche im 
Ueberfluſſe lieferten und ſie lehrten ſich weiter zu 
wagen als ſich die Fiſche von ihrer Inſel zuruͤckzo— 
gen. Die Ufer derſelben find mit den weichſchaa—⸗ 
ligten, hartſchaaligten und großen Clams bedeckt, 
welches eine ſehr nahrhafte Muſchelart iſt. Die 
Sandbaͤnke find voll davon, und fie vermehren 
ſich ſo haͤufig, daß man ſie immer in Ueberfluß 
faͤngt. Dieſe und die Menge andrer Fiſche ſind 
die vornehmſte Nahrung der Einwohner; auch 
die Ureinwohner von Nantucket, welche die erſten 
Europäer hier vorfanden, naͤhrten ſich von dens 
ſelben. Die Abkoͤmmlinge dieſer Wilden wohnen 
noch in gut gebauten Häufern auf der Suͤdſeite 
der Inſel Sie ſind fleißige unſchaͤdliche Men⸗ 
ſchen die dem Seeleben ſehr ergeben, und darin 
eben ſo geſchickt ſind, als ihre Mitbuͤrger die 
Weißen. Lange vor der Ankunft der Letztern, 
waren ſie in beſtaͤndigen kleinen Zwiſtigkeiten un⸗ 
ter einander verwickelt. Durch die Fremden 4 


N 


ropier 


104 


ropaͤer das fefte Land verlaſſen hatten. Dieſe 
Inſel gehoͤrte damals unter die Gerichtsbarkeit 
von Neuyork fo wohl als Marthas Weinberg, 
u. ſ. w. Aber ſeitdem hat man ſie zur Provinz 
Maſſachuſet geſchlagen, ſie genießt dieſelbe Mu⸗ 
nicipal Einrichtung als die uͤbrigen Grafſchaften 
der Provinz, und hat alfo auch dieſelben Bedie— 
nungen als Scherif, Friedensrichter, Oberauf-⸗ 
ſeher, Beyſitzer, Gerichtsdiener, Armenvoͤgte u. 
ſ. w. Ihre Auflagen ſind wie in Maſſachuſetbay, 
ſie werden nach einer Schaͤtzung gehoben die durch 
die Geſetze der Provinz und in den jährlichen 
Volksverſammlungen beſtimmt wird. Zwey Drit— 
tel des ganzenhieſigen Magiſtrats ſind von der Ge— 
ſellſchaft der Freunde. 

Nantucket iſt eine große Schule fuͤr See⸗ 
leute, Lootſen, Kuͤſtenfahrer und Fiſcherleute; als 
eine Grafſchaft die zur Provinz Maſſachuſets ges 
hört, hat fie den Vortheil eines eignen Gericht: 
hofes, von welchem man an das Obergericht zu 
Boſton appelliren kann. Ich habe zuvor bemerkt, 
daß die Quaker zwey Drittel des Magiſtrats aus⸗ 
machen, ſie haben dem zufolge die vornehmſte 
Gewalt in Haͤnden; obgleich aber hier mehr als 
fuͤnftauſend Menſchen bey einander leben, fo fin— 
det ſich doch ſelten eine Gelegenheit, Strafgeſetze 
auszuuͤben, weil Muͤßiggang und Armuth die 
Quelle fo vieler Vergehungen hier gänzlich under 
kannt ſind. Noch hat ſeit der Erbauung der 
Stadt, das iſt, ſeit mehr als hundert * 

ö ei⸗ 


105 


feiner fein Leben gerichtlich verwirkt. Die Ein— 
falt der Sitten welche die Beduͤrfniſſe vermins 
dert, die Armuth des Bodens, welcher jeden 
der dem Mangel entgehn will, zu einem unab— 
laͤßigen Fleiß anhält, und die Hofnung durch 

dieſen Fleiß einen bequemen Unterhalt zu erwer— 
ben, oder im Fall das Schickſal ihnen unguͤn⸗ 
ſtig wäre, die Gewisheit der Unterſtuͤtzung von 
ihren Brüdern; alles dieſes entfernt fie von La— 
ſtern und Ausſchweifungen. Ein Land welches 
nur durch großen Fleiß die nothwendigen Be— 
duͤrfniſſe, oder allenfalls Bequemlichkeiten des 
Lebens liefert, muß bey ſeinen Einwohnern ent— 
weder Geſundheit, Maͤßigkeit, und eine gewiſſe 
Gleichheit des Standes oder das aͤußerſte Elend 
hervorbringen. Das erſtere iſt der Fall in dies 
ſer Inſel, und wenn es auch hier eine Verſchie— 
denheit der Staͤnde als Hohe, Mittlere und Ge— 
ringe giebt, ſo iſt dieſe Verſchiedenheit doch nicht 
ſo groß, und der Mangel der Geringen nicht ſo 
druͤckend, daß er Neid erregen und große Laſter 
hervorbringen ſollte. Der ganze Unterſchied bes 
ſteht darin, daß die Seefahrer ſo wie ſie groͤſ— 
ſeren Gefahren ausgeſetzt find, auch eher Reich— 
thum erlangen koͤnnen als die Ackerleute; dies 
macht aber keine nachtheilige Wuͤrkung, und die 
I Reichern behalten dieſelbe Einfalt in ihren Klei— 
dungen, Wohnungen und Sitten bey. Die Ein: 
gebohrnen leben in eben dieſem ruhigen, fried— 
fertigen Zuſtande; ſie ſind fruͤh von Engliſchen 
Miſ⸗ 


106 | 


Pißtonarien zur chriſtlichen Religion bekehrt uud 
getauft worden, und ſie folgen den Vorſchriften 
dieſer Religion in der ſie in ihrer fruͤhen Ju— 
gend unterrichtet werden ſehr genau. Die Bi- 
bel ift von einem Neuengliſchen Geiftfichen Nas 
mens Elliot in ihre Sprache uͤberſetzt, und bald 
darauf zu Cambridge bey Boſton gedruckt wor— 
den. Derſelbe Geiſtliche hat auch den Katechis— 
mus und viele andre nuͤtzliche Buͤcher uͤberſetzt, 
die alle ſehr haͤufig in dieſer Inſel zu finden 
ſind, und von denen Indianern die leſen koͤnnen 
fleißig gebraucht werden. Die jungen Europäer 
lernen gewoͤhnlich dieſe Sprache auch, und ſpre⸗ 
chen fie mit eben fo viel Leichtigkeit als ihre eig 
ne. Dieſe Nation ſcheint jetzt ihrem Untergan⸗ 
ge nahe zu ſeyn, welcher aber nicht wie in vie- 
len andren Provinzen der Fall iſt, durch Ger 
walt oder Liſt der Europaͤer bewirkt worden. 
Sie werden vielmehr von dieſen als Brüder bes 
trachtet, und haben ihnen große Vortheile zu 
verdanken; aber ihre eignen feindfeligen Kriege 
unter einander vor Ankunft der Europaͤer haben 
ihre Anzahl ſehr verringert, noch mehrere ſind 
durch die Blattern die fie von uns befoms 
men haben, und durch den haͤufigen Gebrauch 
des Brandweins aufgerieben worden. Die erſte 
Krankheit iſt fuͤr ſie beſonders gefaͤhrlich, da ſie 
gar nicht die Art ſie zu behandeln kennen, und 
ganze Voͤlkerſchaften find dadurch weggeraft. Vor 
einigen Jahren wurden drey Canots voll Ameri⸗ 
kaner 


107 


kaner auf ihrer Ruͤckkehr nach Detroit von den 
Waſſerfaͤllen des Niagara, mit den Pocken durch 
die Europaͤer angeſteckt, mit denen ſie Handel 


trieben. Die Seuche brach bald aus und alle 


kamen nahe bey Long Point am See Erie um, 


einige Reiſende die denſelben Weg kamen, fanz 


den nachher ihre Boͤte, Geraͤthe und Hunde. 
Ueberhaupt ſcheint es eine Art von Verhaͤngniß 
über fie zu ſeyn, daß fie nicht mit den Europaͤ⸗ 
ern zuſammen wohnen ſollen, denn in ihrer Nach— 
barſchaft find fie beſtaͤndig allerley Zufaͤllen und 
anſteckenden Krankheiten unterworfen, die ihre 


Zahl täglich geringer machen. 


Die vornehmſte Erziehung welche die Ein⸗ 
wohner von Nantucket ihren Kindern geben, ber _ 
ſteht in dem guten Beyſpiel, welches beſtaͤndig 
vor ihren Augen iſt; ſie werden fruͤh von dem 
ernſten und doch freundlichen Betragen ihrer El— 
tern geruͤhrt; man gewoͤhnt ſie von ihrer Kind⸗ 


heit an zu einem ſtrengen Gehorſam, der aber 


— 2 2 Ze 


nicht aus unuͤberlegter Leidenſchaft, ſondern mit 
der groͤſten Gleichmuͤthigkeit gefordert wird, und 


‚überhaupt werden fie mit Sanftmuth und Ernſt 
gezogen, die das unterſcheidende Kennzeichen in 


dem ganzen Betragen eines aͤchten Quaͤkers find. 
Obgleich alle erſinnliche Sorgfalt auf ſie gewandt 
wird, ſo iſt ihre Kleidung doch immer aͤußerſt 
einfach und ihre Eltern gehen ihnen auch hier 
mit ihren Beyſpiel vor, wodurch ſie fruͤh allen 
unnuͤtzen eitlen ann als ſuͤndlich betrachten 

ler⸗ 


108 


lernen. Dem ungeachtet haben fie eine außer- 
ordentliche Liebe zur Reinlichkeit die bey die- 
fer Religtonsparthey bis zum hoͤchſten Grade ges | 
trieben wird, aber doch mit Klugheit und Spar- 
ſamkeit vergeſellſchaftet iſt. Durch die Sanft⸗ 
muth mit der ſie beſtaͤndig angeredet werden, 
erhält ihre eigne Stimme eine Biegſamkeit die 
fie nachher nie verlieren, und die ſie ſo vortheil⸗ 
haft von andren unterſcheidet. Ordnung und 
Fleiß ſind ihnen wie angebohren, da ſie ihre 
Eltern nie anders als nuͤtzlich befchäftiget ſehen, 
und ihre Augen nie an Ausſchweifung und Muͤſ⸗ 
ſiggang gewoͤhnt werden. Hinterlaſſen ihre El- 
tern ihnen Vermoͤgen, ſo lehrt man ſie, es mit 
Maͤßigung und Beſcheidenheit zu genießen; hin 
terlaſſen fie ihnen Feines, fo haben fie Muth etz 
was zu wagen, und zu arbeiten wie ihre Väter | 
vor ihnen gethan haben, und follte ihr Fleiß 
nicht mit einem guten Fortgange belohnt wer- 
den, ſo ſind auf dieſer Inſel wie uͤberall unter 
dieſer Sekte die wohlthaͤtigſten Anſtalten, daß 
keiner Mangel leiden ſoll. In ihren Gottesdienſt⸗ 
lichen Verſammlungen werden ihnen die wenigen, 
einfachen Saͤtze ihrer Religionsparthey beigebracht; 
die gewiß geſchickt find, fie zu mäßigen, fleißi— 
gen, gerechten und mitleidigen Menſchen zu bil- 
den; fie werden in den vornehmſten Lehren der 
chriſtlichen Religion unterrichtet, und dieſe febeis 
nen auch auf ihren Wandel Einfluß zu haben, 
denn ſie zeichnen ſich durch einen uneingeſchraͤnk⸗ 

ten 


109 


ten Gehorſam gegen die Geſetze, große Gerech— 
tigkeitsliebe, allgemeine Menſchenliebe, Sanft— 
muth, Maͤßigung und Fleiß aus. In den Schu— 
len lernen ſie leſen und eine gute Hand ſchreiben 
bis ſie zwoͤlf Jahr alt ſind, alsdenn thut man 
ſie auf ein paar Jahre bey einem Boͤttger in 
die Lehre, welches der zweyte anſehnliche Nah: 
rungszweig auf der Inſel iſt. Im vierzehnten 
Jahre werden ſie auf ein Schiff gegeben, wo 
fie das Praktiſche und Theoretiſche der Schiff 
farth zu gleicher Zeit lernen; fie lernen dabey 
alles was zum Wallfiſchfang gehoͤrt, und nach—⸗ 
dem ſie einige Reiſen mitgemacht haben, ſo ſind 
fie geſchickt entweder die Geſchaͤfte in einen Cons 
toir oder auf einen Schiffe zu übernehmen. 
Die erſten Eigenthuͤmer der Inſel oder viel: 
mehr die Erbauer der Stadt, fiengen mit einem 
einzigen Fiſcher Fahrzeuge (Whaleboat) an, mit 
welchem ſie ausliefen um Kabbeljau zu fangen. 
Dies koſtete ihnen ſo wenig Muͤhe, daß ſie ihre 
Geſchaͤfte bald weiter ausbreiteten, und dieſer 
erſte gluͤckliche Fortgang erdfnete ihnen neue Aus; 
ſichten. Es fiel ihnen ein, daß ſie auch Wall⸗ 
fiſche fangen koͤnnten, die bisher ruhig an ihren 
Kuͤſten geſpielt hatten. Nach vielen Verſuchen 
wovon einige ungluͤcklich abliefen, gelang ihnen 
ihr Vorſatz; und ſo kamen ſie nach und nach 
weiter. Der Gewinnſt einer gluͤcklichen Farth 
ſetzte ſie in den Stand ſich beſſere Materialien 
zu weitlaͤuftigern Unternehmungen anzuſchaffen; 
und 


110 


und ihr Gewinnſt wurde immer größer. Die 

Suͤdſeite der Inſel ward in vier gleiche Theile 
getheilt, und jeder Theil ward einer Geſellſchaft 
von ſechs Perſonen uͤbergeben, und dieſe, ob⸗ 
gleich ſie auf dieſe Art ane waren, arbei— 
teten zum gemeinen Nutzen. In der Mitte ei⸗ 
nes jeden Diſtrikts e ſie einen hohen 
Maſt mit verſchiedenen Koͤrben verſehen, und 
nahe dabey wurde eine leichte Hütte aufgeführt; | 
in welcher fünf von der Gemeinſchaft wohnten, 
der ſechſte nahm ſeine Stelle auf dem Maſt ein, 
und ſah ſorgfaͤltig zur See hinaus, um das Waſ⸗ 
ſerſpeien der Wallfifche zu beobachten, ſobald er 
einige entdeckte kam er hinunter und benachrich⸗ 
tigte feine Gefährten; das Wallfiſchboot ward 
in die See gelaſſen, und die Geſellſchaft ſetzte 
ihrer Beute nach. Es ift zu bewundern, daß 
ſechs verwegne Geſchoͤpfe in einem kleinen Ame; | 
rikaniſchen Fiſchergefaͤße es wagen ſollten, ein 
ſo ungeheures Thier in ſeinem eignen Elemente | 
anzugreifen. Aber eine außerordentliche Geſchick⸗ 
lichkeit und lange Gewohnheit haben dieſe Wallſi⸗ | 
ſchfaͤnger allen andern vom ſelben Handwerke über, 

legen gemacht; durch eine genaue Kenntniß von 
den Bewegungen des Wallfiſches nach dem erſten 
Angriffe, und viele andre Bemerkungen, ſind ſie 
fo vorſichtig geworden, daß es ihnen ſelten mise 


lingt ihn mit der Harpoon zu treffen und ans 


Üfer zu ſchleppen. Dieſe Beſchaͤftigung feßten 
fie fo lange fort, bis fie größere Schiffe kaufen, 
und 


111 


und weitere Reiſen thun konnten, weil ſich die 
Wallſiſche allmaͤhlig von ihren Kuͤſten entfernten. 
Diejenigen welche in ihren Unternehmungen un⸗ 
gluͤcklch waren, kehrten zum Kabbeljaufang zu: 
ruͤck; welches ihre erſte Schule war und wo ſie 
ihren erſten Unterhalt gefunden hatten; ſie fien⸗ 
gen ſogar an, die Ufer von Cap Breton, die Inſel 
Sable und die vielen fiſchreichen Stellen an den 
Ufern von Amerika zu beſuchen. Allmaͤhlich gien— 
gen ſie auch nach Neufundland dem Meerbuſen 
von St. Lorenz, der Straße Belisle, der Kuͤſte 
von Labrador, der Davies Straße, und ſogar 
nach Cap Deſolation im 7often Grade, auf den 
Wallfiſchfang. Nach dieſem beſuchten ſie auch 
die Weſtindiſchen Inſeln, die Gegend im 34ften 
Grad der Breite, wo die Wallfifche beſonders 
häufig find, Braſilien und die Kuͤſte von Guinea. 
Sie find ſogar ſchon nach den Falklands Inſeln 
gekommen, und haben den Vorſatz nach der Suͤd⸗ 
ſee zu ſegeln. Auf dieſe Art mit einem ſo gerin— 
gen Anfange ſind ſie endlich in ihren jetzigen wohl⸗ 
habenden Zuſtand verſetzt worden. Nach ihrem 
Beyſpiel hat man verſchiedene Handelsgeſellſchaf⸗ 
ten auf dem feſten Lande errichtet, aber der Fleiß 
der Einwohner von Nantucket hat ſie bisher uͤber 
alle ihre Nebenbuhler erhoben, und ihte Inſel iſt 
noch immer der vornehmſte Niederlagsort fuͤr 

Thran, Fiſchbein und Spermaceti. Dem unge⸗ 
achtet ſind ihre Reiſen auch nicht immer gluͤcklich 
an Bun Farth bringt nicht einmal die Koften 
ein. 


112 


ein. Dieſe Ungluͤcksfaͤlle tragen fie aber mit Ges 
duld und eine kuͤnftige Reiſe erſetzt den Verluſt. 
Zuweilen verkaufen ſie ihre ganze Ladung auf dem 
feſten Lande, wo ſie ſolche Waaren dafuͤr bekom⸗ 
men als ihnen noͤthig ſind; gewoͤhnlich aber ſchi⸗ 
cken ſie alles nach England und bekommen baares 
Geld dafuͤr. Wenn ſie dieſes vorhaben wird ein 
größer Schiff als gewohnlich ausgeruͤſtet, auf der 
Stelle wo man die Wallfifche fängt, mit Trahn 
beladen, und ſogleich ohne nach der Juſel zuruͤck⸗ 
zukommen nach England geſandt, wodurch ſie viel 
Zeit und Koſten erſparen. Sie brauchen auch 
verſchiedene Schiffe um Bauholz von dem feſten 
Lande nach der Weſtindiſchen Inſel zu fuͤhren, 
und bringen von dort die Landesprodukte zuruͤck, 
welche ſie alsdenn wo ſie koͤnnen mit guten Vor⸗ 
theil abſetzen. Sie ſind uͤberhaupt ſehr zum Han⸗ 
del aufgelegt, und beſitzen fehe viel Scharfſichtig⸗ 
keit um alle Vortheile zu nutzen, ſie wiſſen auf 
ein Haar auf welche Art fie am wohlfeilſten Bau⸗ 
holz von Kennebeck, Penobſcot u ſ. w. Pech und 
Theer von Nord Carolina; Mehl und Zwieback 
von Philadelphia: Rind und Schweinefleiſch von 
Connekticut verſchaffen koͤnnen. Ihren Kablejau 
und die Weſtindiſchen Produkte vertauſchen ſie 
gegen ſolche Artikel die entweder ſie nach ihrer 
Inſel bringen, oder wieder anderwaͤrts abſetzen 
koͤnnen. Durch dieſe verſchiedenen Handelszwei⸗ 
ge haben fie ſich die Ausruͤſtung ihrer Wallfiſch⸗ 

fangs⸗ Flotten ſehr erleichtert, und ihre Fiſche⸗ 

9 reyen 


113 


reyen überhaupt ſehr verbeſſert. Alle dieſe Vor⸗ 
theile aber verdanken fie nicht fo wohl ihrer eig⸗ 
nen Geſchicklichkeit als der Armuth ihres Erd— 
reichs. Um dieſes zu beweiſen darf man nur die 
die nahgelegne Inſel Marthas Weinberg betrach— 
ten, welche von Leuten bewohnt wird, die nicht 
weniger ſcharfſinnig und fleißig ſind; aber das 
Erdreich iſt ungleich fruchtbarer, und die Schiff; 
farth wird daher weniger geachtet, wenn ihre 
Lage gleich eben ſo bequem zur Fiſcherey iſt. 

Die Einwohner von Nantucket heirathen ge— 
meiniglich ſehr früh, weil man mit den Maͤd⸗ 
chen keinen Brautſchatz erwartet, und ſich jeder 
durch ſeinen Fleiß hinlaͤnglichen Unterhalt ſchaffen 
kann. Der Reichthum der Toͤchter iſt ihre Er⸗ 
ziehung, Geſundheit und Haͤuslichkeit, nebſt der 
gewoͤhnlichen Ausſtattung; ſo wie die Maͤnner 
oft nichts mehr als ihren Fleiß, ihre Geſchicklich⸗ 
keit in irgend einem Gewerbe und ihre Geſund—⸗ 
heit beſitzen; aber wenige Jahre von wechſel⸗ 
ſeitigen Bemuͤhungen ſetzen ſie unfehlbar in den 
Stand ihre gewoͤhnlich zahlreiche Familie ordent⸗ 
lich zu ernähren. Dieſe Kinder die an der Sees 
kuͤſte ihr Leben empfangen, werden früh mit ak 
len Gefahren des Meeres bekannt, ſie baden von 
ihrer Kindheit an darin, und da ſie ſich allem 
Wind und Wetter ausſetzen, fo werden fie da— 
durch geſchickte und abgehärtete Seeleute; ſie hoͤ— 
ren von ihren Eltern die Erzaͤhlung ihrer Reiſen, 
kuss ausgeſtandenen Gefahren und ihre Siege 

Forſters b. u. V. K. 3. Th. uͤber 


114 


über die Wallfiſche, und dies flößt ihnen ein guͤn⸗ 
ſtiges Vorurtheil fuͤr dieſe Lebensart ein. Sie 
reiſen oft nach dem feſten Lande, und dieſe kur⸗ 
zen Reifen machen fie zu längern und gefährlis 
chern Unternehmungen. geſchickt, und daher ſind ſie 
auf dem ganzen feſten Lande wegen ihrer Kenntniß 
und Geſchicklichkeit im Seeweſen bekannt. Ein 
Bewohner dieſer Inſel iſt gleich durch die außer⸗ 
ordentliche Biegſamkeit und Geſchmeidigkeit ſei⸗ 
nes ganzen Koͤrpers kenntlich, und dieſe behalten 
ſie noch bis in ihr hohes Altes. Man ſchreibt 
dies gewoͤhnlich dem Thran zu, mit dem fie fo 
Häufig. ehe er zum Verkauf geſchickt iſt, e 
werden. 

Es wandern jährlich viele Emigranten von 
dieſer Inſel aus da die Volksmenge durch die 
fruͤhen Heirathen, das geſunde Clima, und die 
Maͤßigkeit der Einwohner beſtaͤndig zunimt. Im 
Jahr 1766 kauften eine ziemliche Anzahl Perſo⸗ 
nen, einen großen Strich Landes in der Herrſchaft 
Orange in Nord Carolina, an dem Urſprung des 
tiefen Fluſſes Deep River) belegen, gegen We⸗ 
ſten von Cap Fear. Die Bequemlichkeit zur See 
nahe bis an den Ort gehen zu koͤnnen, die Vor⸗ 
treflichkeit des Bodens und die Annehmlichkeit 
der Lage, machte es ihren leicht ihren erſten 
Wohnort zu verlaffen der fie nicht mehr faſſen 
konnte; fie haben jetzt hier ein ſchoͤnes Etabliſ⸗ 
ſement angelegt, welches unter der Benennung 
Neugarten bekannt iſt, und nahe an der beruͤhm⸗ 

ten 


115 


ten Niederlaſſung liegt, welche die Mährifchen 
Bruͤder zu Bethabara, Bethanſa und Salem am 
Fluß Dadfin beſitzen. Die ganze Gegend iſt ber 
zaubernd ſchoͤn, und beſteht aus abwechſelnden 
ſanften Anhoͤhen und fruchtbaren Thaͤlern, mit 
kleinen Fluͤſſen durchſchlaͤngelt. Nirgends kann 
man ein Land finden, welches den Fleiß des Be: 


bauers ſo reichlich belohnt; als beynahe alle Laͤn⸗ 


der an den unzaͤhligen Quellen der großen Fluͤſſe 
die in die Eheſapeakbay fallen, oder durch die 
Provinzen Nord- und Süd: Carolina, und Geor⸗ 
gien fließen; es iſt vielleicht die vortheilhafteſte 


Gegend, auf dem feſten Lande, denn obgleich 


zwiſchen denſelben und den Seehaͤfen zu gewiſſen 
Jahrszeiten eine bequeme Communication ift, fo 
athmet man doch dort nicht die ungeſunde Luft 


der man in den niedrigen Gegenden am Atlanti⸗ 


ſchen Meer ausgeſetzt iſt. Die Leute von Neu⸗ 
garten ſind zwiſchen 200 und 300 Meilen von 


— — — . — — 


0 


4 ——„— — —— U An ie — —— ů— 
. — — — 


Cap Fear und 400 von Nantucket entfernt, und 
koͤnnen daher wie leicht zu erachten, mit ihrem 
kleinen Hauptlande nur in geringer Verbindung 
ſtehen. Andre Emigranten von Nantucket haben 
ſich an Fluß Kennebeck, in dem Theil der Herr⸗ 


ſchaft von Maſſachuſetsbay, der unter dem Na— 


men Sagadahok bekannt iſt, niedergelaſſen. Hier 


beſchaͤftigen ſie ſich damit, die unzugaͤnglich⸗ 
ſten Waͤlder in Amerika auszurotten, und mit 


Holzwaaren zu handeln, wozu der ſchoͤne Fluß 


und ihre bequeme Lage an der See ihnen Gele— 
H 2 gen⸗ 


116 


genheit geben. Anſtatt alle ihr Holz zu verbren⸗ 
nen wie viele Provinzen in Amerika zu thun ge⸗ 
noͤthiget ſind, fuͤhren ſie vieles davon mit großen 
Nutzen aus, als Stäbe, Reife, Bretter, Stans 
gen und dergleichen. Sie ſtehen deswegen auch 
mit ihrem Vaterlande noch in Verbindung, und 
es giebt viele angeſehne Kaufleute in Scherborn 
die ſchoͤne Guͤter am Kennebeckfluſſe beſitzen, von 
denen ſie viele Lebensmittel, und andre Sachen 
ziehen, als Fleiſch, Getraide, Brennholz und 

dergleichen. 


Die Laͤndereyen gehören eigentlich der alten 
Plymouth Compagnie, welche zuerſt die Provinz 
Maſqachuſets mit Coloniſten bevoͤlkerte; und dieſe 
Geſellſchaft die noch zu Boſton ihren Sitz hat, 
beſitzt das Recht, die noch unbebauten Laͤnder wel⸗ 
che in dieſem Bezirk liegen, zu vergeben. g 


Dieſer Theil der Provinz iſt ohngeachtet feis 
ner gluͤcklichen vage und Fruchtbarkeit ſehr lange 
ganz vernachloßiget worden; und alle Niederlaſ⸗ 
ſungen von hier bis Penobſcot ſind noch in ihrer 
Kindheit. Es iſt wahr, es erfordert ungeheure 
Anstrengung um das Land von den Hoͤlzungen zu 
ſaͤubern, aber alsdenn belohnt es den fleißigen Be; 
ſitzer auch reichlich für feine angewandte Mühe, 
Es iſt hier nicht diejenige vorübergehende Frucht- 
barkeit, welche in wenigen Jahren ihre Endſchaft 
erreicht; ſondern hier iſt ſelbſt auf den hoͤchſten 
Gegenden ein tiefes, fettes, feuchtes Erdreich, 

wel⸗ 


117 


welches das vortreflichſte Gras, und nie fehlſchla⸗ 
gende Erndten hervorbringt. 

Neugarten uͤbertrift zwar dieſe Riederlas⸗ 
ſung in der Gelindigkeit des Climas, und daß 
Erdreich bringt mit geringerer Muͤhe eine groͤßere 
Verſchiedenheit von Produkten hervor, aber eben 
dieſes gelinde Clima reitzt zum Muͤßiggange und 
ſchwaͤcht die alten thaͤtigen Einwohner von Nan— 
tucket, da hingegen die Leute von Kennebeck weit 
abgehaͤrteter, und zu Gefahren und Beſchwerden 
geſchickter ſind. f 

Es giebt in Scherborn nur zwey Gemeinen, 

die Presbyterianer die den einzigen Geiſtlichen 
auf der Inſel haben und die Quaker unter wel— 
chen bekanntermaßen keine feſtgeſetzten Lehrer ſind. 
Dieſe beiden Sekten wohnen ſehr friedfertig bey 
einander, und wiſſen gar nichts von den Reli- 
gionsſtreitigkeiten, welche in Amerika vormals ſo 
haͤufig waren. In der ganzen Inſel ſind auch 
nur zwey Aerzte. Maͤßigkeit, Gemuͤthsruhe und 
beſtaͤndige Bewegung erhalten den Einwohnern eis 
nen geſunden Koͤrper, welchen ſie von ihren Eltern 
erben; dem ungeachtet giebt es einige ſchwindſuͤch⸗ 
tige und mit Fiebern behaftete Perſonen, aber ſeit 
Erbauung der Stadt ſind ſie noch mit keiner Epi⸗ 
demie heimgeſucht worden, die in andern Laͤn⸗ 
dern ſo große Verwuͤſtungen machen. Seit eini⸗ 
gen Jahren hat ein Rechtsgelehrter Mittel gefunz 
den, ſich ſeinen Unterhalt hier zu verſchaffen, der 
| en Theil feines BR koͤmmt aber von 
ſei⸗ 


118 


feiner Frau her, die die reichſte Parthie auf der 
ganzen Inſel war, und wenn auch dies nicht waͤ e 
re, wurde es ihn gewiß ſchwer fallen durch ſei⸗ 
ne Rechtswiſſenſchaft fo viel zu verdienen als er 
bedarf, denn man weiß hier nichts von Rechts⸗ 
haͤndeln und bedient ſich ſeiner nur zuweilen um 
ausſtehende Gelder auf dem feſten W einzu⸗ 
treiben. 
Was aber den Einwohnern von Nantucket 

zum beſondren Ruhme gereicht, iſt daß ſie aus 
wahrer Menſchenliebe und Grosmuth allen ih⸗ 
ren Negerſklaven die Freiheit gegeben haben, ſo 
daß kein einziger Sklave auf der ganzen Inſel 
zu finden iſt, obgleich dieſer Gebrauch noch von 
allen ihren Nachbaren beybehalten wird, 3 
Sie halten außerordentlich viel auf die aͤuf⸗ 
ferfte Simplicität in Kleidung und Sprache, und 
wenn man ſich ihnen in dieſen beyden Stuͤcken 
gleich ſtellt, iſt es leicht ihr Zutrauen zu gewin⸗ 
nen. Sie ſind aber ſo oft auf dieſe Art hin⸗ 
tergangen worden, daß ſie jetzt anfangen vorſich⸗ 
tiger zu werden. Ihre Liebe zur Sparſamkeit 
geht ſo weit, daß wenn einer unter ihnen mit 
einem langen Kleide von engliſchen Tuch in der 
Woche oder an den gewoͤhnlichen Arbeitstagen er- 
ſcheinen ſollte, man ihn verlachen, und fuͤr einen 
unbeſonnenen Verſchwender halten wuͤrde, dem 
man auf keinen Fall trauen oder ſich feiner an⸗ 
nehmen muͤßte. Sie bedienen ſich keines andern 
Fuhrwerks als eines kleinen zweyraͤdigen Wa⸗ 
f gens, 


119 


gens, der mit Leinwand bedeckt ift, und vor dem 
ſie ein Pferd ſpannen, aber vor einigen Jahren 
wurden zum nicht geringen Aerger dieſer klugen 
VBuͤrger zwey einſpaͤnnige Chaiſen von Boſton hin— 
uͤbergebracht; jede Zunge gerieth uͤber diefe fünd- 
liche Verſchwendung in Bewegung; einige weiſ— 
ſagten den nahen Untergang der beiden Fami— 
lien die dieſes bunt bemahlte Fuhrwerk einge— 
fuͤhrt hatten; andere zitterten vor den Uebeln, 
| 


welche die Nachahmungsſucht hervorbringen wuͤr— 
de, und es entſtand beynahe ein Aufruhr wegen 
eines fo unerhoͤrten Vorfalls. Einer von den Bes 
ſitzern dieſer weltlichen Fuhrwerke wurde durch 
dieſe allgemeine Misbilligung zur Buße uͤber ſein 
Vergehen gebracht, und ſchickte ſeinen Wagen 
kluͤglich zuruͤck; der andre aber der ein hartnaͤ⸗ 
ckigerer Suͤnder war behielt den ſeinigen bis 
ſich ſeine Mitbuͤrger allmaͤhlig daran gewoͤhnten. 
Noch hat fein Beyſpiel keine ſchaͤdliche Wuͤrkung 
gehabt, denn die vornehmſten Buͤrger bedienen 
ſich noch immer ihrer zweyraͤdrigen Karren wenn 
fie nach der Kirche oder auf ihre Landhäuſer 
fahren. N. u 
Der Muͤßiggang wird auf Nantucket fuͤr 
das groͤſte Verbrechen gehalten, und ein Muͤßig⸗ 
gaͤnger wird überall als ein Gegenſtand des Mit⸗ 
leidens angeſehen, denn bey ihnen ſind Faulheit 
und Mangel und Hunger gleichbedeutende Wor⸗ 
te; dieſer Grundſatz iſt fo allgemein angenoms 
men, daß fie im woͤrtlichſten Verſtande nie un⸗ 
be: 


120 


beſchaͤftiget find; ſelbſt auf dem Markte, wo ſie 


als nach einen Caffeehauſe hingehen um Geſchaͤfte 
zu verrichten oder ihre guten Freunde zu fpre; 
chen, ſieht man ſie immer mit einem Stuͤck Holz 


in den Haͤnden, woraus ſie Doſen, Spunte und 
Zapfen für ihre Trahnfaͤſſer, oder dergleichen ver- 
fertigen; ſie ſind in dieſen Arbeiten ſehr geſchickt 


und bedienen ſich dazu blos eines Meſſers. 


Ihre Weiber ſind eben ſo geſchickt und fleiſ⸗ | 


fig, durch die öfteren Reifen ihrer Männer find 


fie verbunden alle Gefchäfte des Hauſes zu befors 


gen, Rechnungen zu führen, und ihren Familien 
in allem vorzuſtehen; und da dies oft vorkommt, 


haben ſie in allen dergleichen Sachen eine große | 


Fertigkeit erlangt, und verrichten fie mit großer 


Klugheit und Sorgfalt. Dieſe Beſchaͤftigungen 
ſchaͤrfen ihre Urtheilskraft, und erheben fie über 


die mehreſten ihres Geſchlechts in dieſen nordame⸗ 
ricaniſchen Gegenden, indem ſie ſelbſt im gemei⸗ 


nen Umgange gefaͤlliger und unterhaltender find. 
Sie ſind auch ſehr geſellig und beſuchen einander 


er 


welches ſich auch auf die erſtreckt deren Maͤnner 


nicht verreiſen; dieſe folgen ihren Weibern frieds 


fertig nach, ſobald fie von ihrer täglichen Arbeit 


zuruͤckkehren, und führen fie alsdenn nach Haufe. 


Die jungen Leute beyderley Geſchlechts folgen den 


Beyſpielen ihrer Eltern, und bringen den Abend 
gewoͤhnlich in froͤhlichen Geſpraͤchen und Scher⸗ 
zen zu. Da Kartenſpiele, Tanz, Muſick und 

Trin⸗ 


121 


Trinken ihnen gleich verhaßt find, fo halten fie 
um ſich die Zeit zu verkuͤrzen viel von den Ver⸗ 
gnuͤgungen der Tafel, und kommen niemals zus 
ſammen, ohne ſich mit Backwerk, Milchſpeiſen 
und dergleichen zu bewirthen. 

| Mit dieſer Liebe zur Geſelligkeit verbinden 
die Weiber von Nantucket einen großen Fleiß, ſie 
ſpinnen ſehr viel, und man würde es ihnen als 
eine große Schande anrechnen, wenn die ganze 
Familie nicht in gute dauerhafte Zeuge von ihrer 
eignen Arbeit gekleidet waͤre. Nur des Sonn⸗ 
tags iſt es beyden Geſchlechtern erlaubt ſich in 
Kleidern von Engliſcher Manufaktur zu zeigen; 
und dieſe ſind dennoch von geringem Preiſe und 
beſcheidenen nicht auffallenden modiſchen Farben; 
übrigens giebt es keinen Unterſchied in der Klei— 
dung verſchiedener Staͤnde, ſie gehen alle gleich 
und ſcheinen daher nur zu einer großen Familie 
zu gehören. 
7 Seit vielen Jahren hat ſcch hier eine beſon⸗ 
dre Gewohnheit eingeſchlichen, und die vornehm— 
lich unter dem weiblichen Geſchlecht beynahe all⸗ 
gemein geworden iſt, und dies iſt der Gebrauch 
des Opiums. Sie haben ſich hieran ſo erſtau⸗ 
nend gewoͤhnt, daß ſie es gar nicht mehr entbeh⸗ 
ren koͤnnen, und ſich lieber nothwendige Beduͤrf⸗ 
niſſe als dieſen Lieblingsgenuß entziehen wuͤrden. 
Unter den Maͤnnern giebt es nicht viele die von 
dieſer Thorheit angeſteckt ſind, aber unter dieſen 
| ie der Scheriff der noch dazu ein geſchickter Arzt 
iſt; 


122 


iſt; dieſer nimmt täglich nach dem Fruͤhſtuͤck drey 


Gran davon, und behauptet, daß er phne dieſes 
Mittel ſeine Geſchaͤfte nicht beſorgen koͤnnte. 

Die mehreſten der hieſigen Einwohner ſind 
Abkoͤmmlinge der ſieben und zwanzig erſten Anz 
bauer denen die Inſel gegeben ward; die uͤbrigen 
find nachher vornehmlich aus der Provinz Maſſa⸗ 
chuſets heruͤber gekommen; es giebt unter ihnen 
weder Schottländer, Irrlaͤnder noch Franzoſen ſon⸗ 


dern die ganze Race iſt von unvermiſchter engliſcher 


Abkunft, und durch die Länge der Zeit ſind ſie 


beynahe alle untereinander verwandt, woher ſie 
sich auch beſtaͤndig Vetter, Couſine, Onkle oder 
Tante nennen. Dies iſt ſo allgemein, daß ſelbſt 
die Nichtverwandten ſich dieſer Benennungen bes 


dienen, und es würde für ſteif und geziert gehal⸗ 


ten werden, ſollte man ſich ihrer enthalten. 
| Die andere zu Maſſachuſetsbay gehörige 


Inſel deren Einwohner ſich wie Nantucket, mit 
dem Wallfiſchfange beſchaͤftigen, und eine Art 
von kleinen Staat fuͤr ſich ausmachen heift Marz 1 


thas Weinberg. 


Sie hat zwanzig engliſche Seemeilen in boys | 
Fänge, und iſt fieben bis achte breit; ſie liegt 


neun Meilen vom feſten Lande, und macht zu⸗ 


ſammen mit den Eliſabeths⸗Inſeln eine Graf⸗ 


fchaft der Provinz Maſſachuſetsbay aus, welche 
den Namen der Herzog Grafſchaft Dukes Coun- 


ty) führe. Die Eliſabeths-Inſeln, ſechs an der 


Zahl liegen ungefaͤhr neun Meilen vom Weinberg 


und 


21 


123 


und find wegen ihrer vortreflichen Hollaͤndereyen 
bekannt. Marthas Weinberg wird in drey Stadt⸗ 
bezirke abgetheilt, dieſe ſind Edgar, Chilmark, 
Disbury; die Zahl der Einwohner wird auf vier⸗ 
tauſend geſchaͤtzt, und von dieſen find, dreyhun⸗ 
dert Amerikaner, die Nachkoͤmmlinge der Wilden. 

| Edgar iſt die vornehmſte Stadt in der Grafſchaft 
und hat den beſten Hafen; da das Erdreich in 
dieſer Gegend locker und ſandig iſt, folgen viele 
von den Einwohnern dem Beyſpiel der Leute von 
Nantucket: und beſchaͤftigen ſich mit der Schiff⸗ 
farth. Von hier aus geht eine gute Faͤhre nach. 
Falmouth auf dem feſten Lande, welches neun. 
Meilen weit iſt. Die Stadt Chilmark hat kei⸗ 
nen guten Hafen, aber das Erdreich iſt vortrefs 
lich; ſie hat ſchoͤne Weide, bequemes Waſſer zu 
Mühlen, Steine zu Vefriedigungen und fo weis 
ter. Die Stadt Tisbury iſt wegen ihres ſchoͤnen 
Vauholzes berühmt, und hat einen Hafen in, 
welchen Schiffe von der Linie Waſſer genug zum 
ankern haben. Dieſe Inſel naͤhrt zwanzigtauſend. 
Schaafe, zweytauſend Stuͤck Rindvjeh, außerdem 
Pferde nnd Ziegen, es giebt auf derſelben auch, 
einige Rehe und erſtaunend viel Seevoͤgel. Sie. 
iſt von jeher das vornehmſte Seminarium der Sn: 
dianer geweſen; dieſe wohnen in einem Theil der 
Inſel der Chapaquidick heiſt, und wurden fruͤh 
von der würdigen Familie der Mahews den erſten 
Eigenthuͤmern, zur chriſtlichen Religion bekehrt. 
Der erſte Beſitznehmer dieſes Namens vermachte 
durch 


124 


durch ein Teſtament einen gewiſſen Theil der Inſel 
auf dem wilde Reben wuchſen, einer Lieblings 
Tochter; von ihr erhielt er die Benennung Mar⸗ 
thas Weinberg, und in der Folge der Zeit bekam 
die ganze Inſel dieſen Namen. Die Abkoͤmmlinge 
der alten Eingebohrnen wohnen noch bis auf dieſen 
Tag hier, auf den Laͤndereyen die ihre Vorfahren 
ſich vorbehalten haben, und die mit großer Ges 
wiſſenhaftigkeit vor allen Beeinträchtigungen ge⸗ 
huͤtet werden. Die Neuengellaͤnder zeichnen ſich 
in dieſer ganzen Provinz uͤberhaupt durch die 
Treue und Redlichkeit, mit welcher ſie alle mit 
den Eingebohrnen gemachte Vertraͤge beobachten 
vor allen andren aus. Daher find die Amerika— 
ner hier den Europaͤern in ihrem Wohlſtande, in 
ihrem Fleiß und ihren Sitten auch voͤllig gleich. 
Die Europaͤer machen hier zwey Claſſen aus. Die 
erſtere beſchaͤftigt ſich mit der Landwirthſchaft die 
mit außerordentlicher Sorgfalt und Kenntniß ges’ 
trieben wird. Die letztere die keine liegende Gruͤn⸗ 
de beſitzt, naͤhrt ſich vom Seeweſen, welches in 
dieſem Theil der Welt die gewoͤhnliche Zuflucht 
iſt. Dieſe Inſel verſieht daher wie Nantucket 
die ganze meitläuftige Kuͤſte von Amerika mit 
Lootſen und Matroſen, und von Neuſchottland 
bis zum Mißiſippi findet man überall Eingebohrne 
dieſer beyden Inſeln. Das Clima iſt der Bevoͤl⸗ | 
kerung fo guͤnſtig, daß die mehreſten ſehr früh 
heirathen, und dies veranlaßt eine fo ſtarke Vers 
mehrung, daß viele verbunden ſind, ihr Vater⸗ 
’ land 


125 


land zu verlaffen und anderwaͤrts ihren Untechalt 
zu ſuchen. Sie ſind alle Presbyterianer, welches 
die herrſchende Sekte in ganz Mafachufer ift. 

Nach dieſer kurzen Beſchreibung wollen wir 
noch etwas von dem Wallfiſchfang hinzufuͤgen, 


welchem beyde Inſeln vorzuͤglich Nantucket treibt. 


Die Schiffe welche zum Wallfiſchfang an geſchick⸗ 
teſten ſind, muͤſſen ungefähr hundert und funf— 
zig Tonnen haben. Die Mannſchaft beſteht aus 


dieyzehn Perſonen, damit ſie in zwey Boͤten ru— 


dern koͤnnen, wozu nothwendig ſechs Perſonen 


ſeyn muſſen; vier rudern, einer ſteht an einem 
Ende mit der Harpune und der andre ſteuert. 
Es muͤſſen auch immer zwey Boͤte ſeyn, daß wenn 
das eine, weiches den Wallfiſch angreift ſollte ber 


ſchaͤdigt werden, das andre die Leute re ten kann. 
Funf von der Mannſchaft ſind beſtaͤndig von alter 
amerikaniſcher Abkunft, der zuletzt dazu gekom— 
mene bleibt im Schiff um es waͤhrend dem An— 


griff zu lenken. Die Leute bekommen keinen Sold; 
denn jeder erhalt einen beſtimmten Antheil des 


Gewinnſts in Gemeinſchaft mit dem Eigenthuͤmer 


| 
| 


| 
| 


des Fahrzeuges. Durc dieſe kluge Einrichtung 


ſind alle gleich intereßirt in dem gluͤcklichen Aus⸗ 


gang des Unternehmens und wenden alle mögliche 
Sorgfalt und Geſchicklichkeit an. Keiner von 


dieſen Wallfiſchfaͤngern iſt über vierzig Jahr alt, 


denn ſie glauben, daß man nach dieſem Alter nicht 


mehr die gehörige Staͤrke und Leichtigkeit zu ei⸗ 
nem fo gefaͤhrlichen Gewerbe beſitze. 
f | | So⸗ 


126 


Sobald ſie in die Gegenden kommen, wo 
ſie Wallfiſche erwarten koͤnnen, wird einer von 
den Leuten auf den Gipfel des Maſts geſchickt. | 
Wenn er einen entdeckt ruft er Avaite Par 
wana; (hier iſt ein Wallfiſch) alle bleiben ganz 
ruhig bis er das Wort Pawana ein (Wallfiſch) 
wiederholt; alsdenn werden die beiden Böte mit 
allen noͤthigen Geraͤthſchaften verſehen in die See 
gelaſſen. Sie rudern mit der groͤſten Geſchwin— 
digkeit auf den Wallfiſch zu; da es verſchiedene 
Arten von Wallfiſchen giebt, fo muß ein jeder 
beſonders behandelt werden, und hierauf koͤmmt 
viel an. Sobald die Boͤte nah genug find bleibt 
das eine zuruͤck um das Gefecht zubeobachten: An 
der Spitze des andren ſteht der Harpunier, auf 
den hauptſaͤchtich die ganze Sache ankoͤmmt. 
Er traͤgt eine dicht zugeknoͤpfte Jacke und ein 
Schnupftuch feſt um den Kopf gebunden. In 
der Hand haͤlt er die Harpune, die von dem 
beſten Stahl verfertiget und mit dem Namen 
der Stadt oder des Schiffes bezeichnet iſt. An 
dem Ende des Inſtruments iſt ein Strick von 
gehoͤriger Staͤrke der ſorgfaͤltig zuſammengewi⸗ 
ckelt in der Mitte des Boots befeſtiget liegt. 
Auf dieſe Weiſe rudern ſie in der groͤſten Stille 
fort, indem ſie allen Befehlen des Harpuniers 
und Steuermans folgen, welche jetzt die Aufſicht 
uͤber das ganze Unternehmen haben. Wenn der 
erſte nahe genug zu ſeyn glaubt, das heißt in 

einer Entfernung von ungefaͤhr funfzehn Fuß, ſo 
0 «der | 


i 


127 


befiehlt er ihnen Stille zu halten. Hat der 
Wallfiſch ein Junges fo zieht dies die ganze 
Aufmerkſamkeit der Mutter auf ſich, und dies 
iſt ein guͤnſtiger Umſtand; iſt er von einer ge⸗ 
fährlihen Art fo iſt es am ſicherſten ſich etwas 
zuruͤckzuziehen, aber ihr Muth erlaubt ihnen ſel⸗ 
ten dies zu thun. Zuweilen ſchlaͤft der Walls 
ſiſch auch und in dem Fall hebt der Harpunier 
feine Harpune ohne weitere Umſtaͤnde in die Hoͤ⸗ 
he, ſammelt alle ſeine Kraͤfte und ſchnellt ihn 
fort. Aus den erſten Bewegungen die der Wall 
fiſch macht, nachdem er verwundet iſt, beurtheilen 
ſie ſeine Boͤsartigkeit und ihren kuͤnftigen Er⸗ 
folg. Zuweilen ſchießt er in der erſten Wuth 
auf das Boot, zerſchmettert es mit einem Schla— 
ge ſeines Schwanzes, und wirft alle ſeine Fein⸗ 
de in die See. Zuweilen taucht er auch uns 
ter das Waſſer und verſchwindet, und was er 
alsdenn auf ſeinen Wege antrift iſt unfehlbar 
verloren. Zu andern Zeiten ſchwimmt er wei⸗ 
ter als ob ihm nichts begegnet wäre, und zie: 
het den Strick ſo ſchnell mit ſich fort, daß die 
Friction den Rand des Boots entzuͤndet. Wenn 
er alsdenn aus dem Waſſer herauskommt, ehe 
er die ganze Laͤnge des Stricks ausgelaufen hat, 
ſo wird er als eine gewiſſe Beute angeſehen. 
Das viele Blut das er in der Flucht verliert, 
ſchwaͤcht ihn ſo ſehr, daß wenn er auch wieder 
untertauchet, es nur auf kurze Zeit iſt. Das 
Boot folgt ihm unterdeß immer fort, auf der 

n | Spur 


128 


Spur die das Blut gemacht hat, endlich wird 
er durch die heftigen Bewegungen erſchoͤpft und 
ſtirbt, auf der Oberflaͤche der See ſchwimmend. 
Zuweilen geſchieht es, daß er nicht gefaͤhrlich ver— 
wundet iſt, obgleich die Harpune noch feſt in der 
Wunde ſteckt, alsdenn ſchwimmt er mit großem 
Muth weiter und zieht das Boot mit unglaubli— 
cher Geſchwindigkeit mit ſich fort. Der Harpu— 
nier ſteht unterdeſſen mit dem Beil in der Hand 
bereit, und wenn er bemerkt, daß die Gefahr 
dringend und der Rand der Boots durch den ſtar⸗ 
ken Zug des untertauchenden Wallfiſches beynahe 
mit den Waſſer gleich iſt, ſo haut er den Strick 
entzwey und das Boot kommt wieder in feine ges 
woͤhnliche Lage. Kommt der Wallfiſch nachher 
wieder zum Vorſchein fo wird er noch einmal anz 
gegriffen und ſtirbt bald, er wird alsdenn an das 
Schiff befeſtiget und ſo fortgezogen. 

Die nächfte Arbeit iſt jetzt einen jeden Theil 
der Thran enthält mit Art und Spaten herauszu- 
ſchneiden. Dieſe werden geſotten, und wenn alle 
Fettigkeit herausgekocht auf Faͤſſer gefüllt. Da 
aber dies weit mehr Zeit erfordert als das Zer- 
ſchneiden, ſo werden die Stuͤcken in dem Schiffs 
Raum aufbewahrt, damit ſie nicht durch einen 
Sturm gezwungen werden ihrer Beute zu ent- 
ſagen. | | | 
Die Menge des Thrans, dasıman von einis 
gen dieſer Wallfiſche erhält, iſt wirklich erſtau⸗ 
nend. Diejenigen im Fluß St. Lorenz find fünf 

5 und 


129 


und fiebenzig Fuß lang, und ſechszehn hech. Der 
Fiſchbein welcher gewoͤhnlich dreytauſend Pfund 
wiegt, iſt zwoͤlf Fuß lang; der Schwanz iſt zwan⸗ 
zig Fuß breit, und man erhaͤlt aus dem ganzen 
Thier an hundert und achtzig Tonnen Trahn, 

wovon allein ſechszehn aus der Zunge ee 
werden koͤnnen. 

Nachdem dieſer gefaͤhrliche Gegner uͤber— 
wunden iſt, haben die Wallfiſchfaͤnger noch mit 
zwey andren Feinden zu kaͤmpfen. Der erſte iſt 
der Hayfiſch, ein aͤußerſt gefraͤßiger und gefaͤhrli⸗ 

cher Fiſch, der ſich trotz aller ihrer Bemuͤhungen 
über ihre Beute hermacht, und ihnen vornehm—⸗ 
lich des Nachts einen großen Theil davon raubt. 
Der zweyte iſt eine Art Wallfiſch von dreyßig 
Schuh lang, der ſo viel Muth und Behendigkeit 
beſitzt, daß er die groͤſten Spermaceti Wallfiſche, 
(Cachelotfiſche) angreift, und den Fiſchern nicht ſel⸗ 
ten ihre ganze Beute entreißt; und gegen dieſen 
fuͤrchterlichen Feind giebt es kein Mittel ſich zu 
fügen. Sobald ihre Faͤſſer alle voll find, denn 
ſie verrichten alle ihre Arbeiten zur See, oder 
wenn die beſtimmte Zeit ihres Außenbleibens zu 
Ende geht, und ihr Vorrath an Lebensmitteln 
beynahe verzehrt iſt, kehren fie nach Haufe zurück, 
Folgende ſind die Namen und Merkmahle 
| der verſchiedenen Gattungen Wallfiſche die dieſen 
beuten bekannt ſind. 

Der eben beſchriebene St. Lorenz Wallfiſch. 
| Der Disko oder Grönland Wallfiſch, wird 
nur drey Klafter lang, und giebt kaum vier Ton: 


N dorſters b. u. B. K. 3. 20. J nen 


130 


nen Thran. Man nennt ihn auch Wittſiſch oder 
Weisfiſch. 

Der rechte Wallfiſch, der ſieben Fuß Fiſch⸗ 
bein hat, iſt haͤufig an den Kuͤſten dieſes Landes 
und ungefaͤhr ſechszig Fuß lang. 

Der Cachelot oder Spermaceti Wallfifch wird 
aller Orten gefunden, und iſt von verſchiedener | 
Größe, die geöften find ſechzig Fuß lang, und ges 
ben hundert Faͤſſer Trahn. | 

Der Hoͤcker (Hump - back) auf der Neu- 
fundland Küfte von vierzig zu ſiebenzig Fuß lang. 

Der Finnfiſch ein Amerikaniſcher Wallfiſch, 
der wegen ſeiner außerordentlichen Geſchwindig⸗ 
keit nie getödtet wird. | 

Der Grampus dreyßig Fuß lang wird aus 
derſelben Urſache nicht getoͤdtet. g 

Der Schwefelbauch (Sulphur bottom) ein 
St. Lorenz Wallfiſch neunzig Fuß lang; wird we⸗ 
gen feiner Geſchwindigkeit ſelten getoͤdtet. 

Der Thraſcher dreyßig Fuß lang; diefer 
tödtet oft die andren Wallſiſche mit denen er im 
beſtaͤndigen Kriege iſt. | 

Der ſchwarze Wallfiſch zwanzig Fuß lang, 
giebt acht bis zehn Faͤſſer Thran. 

Derr Tuͤmmeler wiegt ungefaͤhr hundert und 
ſechszig Pfund. 

Die Einwohner von Nantucket ruͤſteten im 

Jahr 1769 hundert fuͤnf und zwanzig Schiffe fuͤr N 
den Wallfiſchfang aus, wovon funfzig welche zu⸗ 
erſt zurückkehrten eilftaufend Faͤſſer Trahn heim⸗ 
brachten. Im Jahr 1770 ruͤſteten ſie hundert 

fünf | 


131 


Fünf und dreyßig Schiffe für die Fiſchereyen aus, 
jedes mit dreyzehn Perſonen bemannt; vier Weſt— 
indienfahrer mit zwoͤlf Mann; fuͤnf und zwanzig 
Holzſch; ffe mit vier Mann; achtzehn Kuͤſtenfahrer 
mit fuͤnf Mann, und funfzehn Schiffe nach London 
mit eilf Mann jedes; dieſe zuſammen machen zwey 
tauſend ein hundert acht und funſzig Leute auf 
hundert ſieben und neunzig Schiffe, und man kann 
daraus abnehmen wie ſehr ſich ihr Handel erwei⸗ 
bert hat. Die Einwohner dieſer Inſel haben den 
ganzen Americaniſchen Krieg durch mit Grosbrit—⸗ 
tannien Handel getrieben, und ihre Waaren uͤber⸗ 
all in Engliſchen Häfen verkauft. Nantucket wurde 
von der engliſchen Flotte bey der Beſitznehmung 
von Neuyork im Jahr 1777 beſetzt, und weil der 
Congres die Einwohner nicht beſchuͤtzen konnte, ver⸗ 
onnte er ihnen ſich mit den Eroberern auf die be— 
ke Art zu vergleichen. Sie übergaben daher ihre 
Waffen und wurden von beiden Theilen für neu— 
tral erklart. Die beiden erften Schiffe, welche 
nach dem geſchloſſenen Frieden den sten Februar 
unter amerikaniſcher Flagge in die Themſe einlie⸗ 
fen, waren zwey mit Trahn beladene Fahrzeuge 
von Nantucket. 
Wie wichtig fuͤr dieſe kleine Inſel der Wall— 
fiſchfang ſey, lehrt die Vergleichung mit dem Wall: 
ſſchfange der Holländer, die in neuern Zeiten nicht 
viel mehr Schiffe als dieſe Inſulaner ausruͤſten. 
Von 1771 bis 1777 find aus verſchiedenen hol— 
laͤndiſchen Seehaͤfen ein Jahr ins andere gerech— 
nes, nad dem Eismeer nur 90 Schiffe, und nach 
| J 2 der 


132 | 
5 | 
der Straße Davis binnen eben dieſer Zeit jährlich 
etwa 45 Schiffe ausgelaufen, welches zuſammen 
jährlich nur 135 Schiffe beträgt. In England 
und Schottland wurden 1775 nur 104 Schiffe 
auf dem Wallfiſchfang ausgeruͤſtet. Doch ſie 
brauchen beide England fo wohl als Holland groͤſ⸗ 
ſere Schiffe zu dieſer Fiſcherey als Nantucket und 
gewinnen daher mit einer dem Anſcheine nach gez 
ringern oder faft gleichen Anzahl der Schiffe doch 
mehr Trahn und Fiſchbein, als die gluͤcklichen 
Wagehaͤlſe dieſer Inſel. — . 


3) Der erſte St. Lorenz Wallfiſch iſt wahrſcheinlich 
der beim Linne genannte Balaena Muſculus, oder Pen⸗ 
nants Round -lipped. 2) Der Disko oder Grönland 
Wallfiſch iſt wahrſcheinlich ein dem Linne unbekannter 
Fiſch, den aber Pennant The beaked nennet der deut⸗ 
ſchen Butskopf. 3) Der dritte iſt Linne's B. ıny- 
iticetus. Pennants common. 4) Der Cachelot iſt Lin⸗ 
ned Physcter macrocephalus. 5) Der Hoͤcker iſt B. 
Doops, oder Pennants pikeheaded. 6) Der Finnfiſck 
iſt B. phyſalus. Pennants Finfiſch. 7) Der Grampus 
iſt Delphinus orea Linn. Pennants Srampus, des 
Martens Butskopf. 8) Der Schwefelbauch it ges 
wis ein ganz unbekannter Fiſch, den die Naturkuͤndi⸗ 
ger wohl noch nicht kennen oder er iſt hier nicht ge⸗ 
nung beitimmt. 9) Der Thraſcher iſt ein junger Fiſch, 
ich kann nicht fagen von welcher Art, der in feiner 
Brunſt ſich auf die Seite legt und mit ſeiner Finne 
ſich den Bauch ſchlaͤgt oder driſcht; wie der Pöbel 
glaubt, ſoll dieſer Oraͤſcher den großen Wallfiſch oben 
mit dem Schwanze ſchlagen, daß er nicht kann 
Othem hohlen, derweil der Grampus ihm unten mit 
der ſcharfen Ruͤckenfinne den Bauch aufreißet. 10) Der 
ſchwarze Wallfiſch iſt mir auch unbekannt, wenigſtens 
nicht beſtimmt genung. 11) Die Tuͤmmeler find Lin⸗ 
ne's Delphinus phocaena oder das Meerſchwein, 
Marſwin der Schweden, woraus die Franzoſen le Mar- 
fouın gemacht. F. 


— — a nennen 


ı IV. 
| Schreiben | 
Herrn Doktor Schotte's 
aus London 
an den 


Doktor und Prof. Forſter 


uͤ ber 


den Zuſt and von Senegal. 


| Im ıften Bande der Beiträge zur Voͤlker und 
5 Laͤnderkunde. S. 39 — 78. 


Da ee EEE EEE 


m 


Wohlgebohrner | 
Hochzuehrender Herr Profeſſor; 


ch erhielte von ihren Herrn Sohn, kurz nach 

ſeiner Ankunft allhier, die wenigen Nachrich— 
ten uͤber den Zuſtand von Senegal, im Drucke, 
welche ich das Vergnuͤgen hatte Ihnen, waͤhrend 
meines Beſuchs, mitzutheilen. Ich las ſie, und 
fand ſie meiſtens richtig. Ich danke Ihnen fuͤr 
die gute Geſinnungen die ſie von mir hegen, und 
bin Ihnen vielmahls verbunden fuͤr die Ehre die 
Sie mich darin genieſſen laſſen. Da es aber faſt 
unmoͤglich war in einer ſolchen kurzen Unterres 
dung, wie ich die Ehre hatte mit Ihnen zu has 
ben, Sachen genau zu beſtimmen, ſo halte ich es 
fuͤr noͤthig, das eine und das andere in dieſen 
Nachrichten deutlicher und weitlaͤuftiger zu er⸗ 


klaͤren. 


Seite 44. Ihre eigene Anmerkung. Ein 


kleines Geſchwader, welches Senegal im Anfang 


April 1758 einnahm, wurde nicht vom Admiral N 
Keppel, ſondern vom Capitain Marſh comman⸗ 
diret, 


136 


diret, und die Marines vom Major Maſon, der 


erwehnte Admiral war gar nicht dabey. Der 


Quaͤcker Cumming machte hiervon den Entwurf 


und war auch perſoͤnlich da. Nach der Erobe⸗ 


rung Senegals machte dieſes naͤmliche Geſchwa⸗ 
der einen Angrif auf Goree, welches ihnen mis— 
lung. Im folgenden Monat November ſeegelte 
der jetzige Lord Keppel mit einer Flotte von Cor⸗ 


ke gegen Goree, und eroberte es im December 


1758. 
Seite 46. Es giebt zwey Haupt- Native 


nen der Mohren, welche an der noͤrdlichen Seite 
des Senegal Fluſſes wohnen. Die eine heißt 


Trarzas, und iſt am naͤchſten zu Senegal; die 
andere Bracknais, und iſt weiter entfernt von 
Senegal, ohngefaͤhr 40 oder 3 teutſche Meilen 
öſtlich. Dieſe Nationen find wieder in verſchie— 
dene Staͤmme abgetheilt, und ein jeder dieſer 
Staͤmme hat ſein Oberhaupt welche aber von 
dem einen oder dem. andern Könige der zwey erz 
waͤhnten Nationen abhaͤngen. Der König der 
Trarzas hies zu meiner Zeit Ely Kouri, und der 
Koͤnig der Bracknais, Hamed, welche ich beyde 
geſehen. Dieſe beyden Nationen fuͤhren oft Krieg 
gegen einander, und in dieſem Falle treten alle zu 
einer jeden Nation gehoͤringen Staͤmme zuſammen, 
und ſammlen ſich unter ihrem Koͤnige. Es ge— 
ſchiehet auch bisweilen, daß ſich zwey Staͤmme 
von der naͤmlichen Nation bekriegen. Dieſe Krie— 
ge ſind aber von keiner großen Wicket und 

lan⸗ 


langen Dauer, und werden gemeiniglich geendiz 
get, durch das Hinrichten des einen oder des an- 
dern aufruͤhriſchen Oberhaupts, wann er vom Koͤ— 
nige kann erwiſcht werden. Dieſe beyde Natio— 
nen der Mohren find in nichts von einander vers 
ſchieden, ausgenommen daß die Bracknais viel gez 
ſitteter und ehrlicher ſind als die Trarzas, und 
die Azunas, ein Stamm dieſer letzten, ſind die 
allerſchlinmſten. Die Darmanfors, ein anderer 
Stamm von Mohren (zu welcher Nation er aber 
gehoͤre, kann ich nicht eigentlich beſtimmen) ſind 
die allerbeſten, und beſtehen aus lauter Marabuts 
oder muhamedaniſchen Prieſtern. Dieſe ſind es 
hauptſaͤchlich, welche mit ihren Sklaven das Gum— 
mi ſammlen, und an die Europaͤer verkaufen. 

Seite 49. Die Kameele ſchwimmen ſehr 
ſchlecht, und die Mohren haben die groͤßte Muͤhe 
mit ihnen, wann ſie durch den Fluß ſchwimmen 
ſollen. Ohnerachtet ihres langen Halſes ſiehet 
man weiter nichts als den Kopf, wann fie ſchwim⸗ 
men, und ſie verſaufen nicht ſelten. Die dorti— 
gen Pferde ſchwimmen auch nicht ſehr gut, das 
Rindvieh aber deſto beſſer, und dienet denjenigen 
Weibern, die ſelbſt nicht ſchwimmen en zur 
Ueberfarth. 

Seite 81. Almami iſt der Site des Ober⸗ 
haupts der Fuhls, und ich glaube, daß es in der 
arabiſchen oder in der fuhliſchen Sprache Ober— 
prieſter bedeute. Vorzeiten wurde dieſe Nation 
durch weltliche Koͤnige regieret, nachher aber 

mach⸗ 


136 


machten ſich die Prieſter einen Anhang unter dem 
Volke, bekamen die Oberhand, vertrieben die 


koͤnigliche Familie, und ernennten einen von ih— 


nen zum Almami. 
Die Reger am Senegal haben keine rothe 
Lippen, ſondern ſchwarze wie die Haut. Ich 


glaube auch, daß es überhaupt keine Neger mit 
rothen Lippen gebe, zum wenigſten ſind diejenigen 


Theile der Lippen, welche der Luft ausgeſetzt ſind, 
allzeit ſchwarz. Ich habe ſogar viele Neger von 


der ſchwaͤrzeſten Gattung geſehen, in welchen das 


vordere Zahnfleiſch ſchwarz war. 


Das Haar der Fuhls iſt eine Mittelgattung 
zwiſchen der Wolle der Regern, und dem krauſen 
Haare der Mohren. Man möchte es doch viele 


mehr Wolle als Haar nennen. 


Seite 82. Die Haare der Wulufs fi nd | 


ganz wollicht, aber ziemlich lang, wann fie vom 
Kopfe abgezogen werden. 


Biele von den Einwohnern auf der Inſel 
Senegal um Fort ©. Louis herum find zum chriſt⸗ 
lichen Glauben bekehrt, aber keines von den 
nächften Dörfern; es iſt kein einziger Chriſt in ih⸗ 


nen befindlich. 
Seite 54. Die platten eingedruckten Na⸗ 


ſen werden den Kindern nicht durch die Kunſt 
gegeben. Die Neger lieben ſolche Naſen ſelbſt 


nicht. 
Seite 62. Das Stuͤck gediegen Eiſen konnte 
ich wegen meiner Gefangenſchaft nicht mit nach 
Frank- 


9 


139 


Frankreich nehmen. Ich habe es in der Ber; 
wahrung eines Einwohners zu Senegal zuruͤckge— 
laſſen. 5 

Seite 63. Die Neger ſind nicht ſehr blut— 
gierig, und ſie bringen ſelten einen weißen ums 
Leben, ſondern ſie begnuͤgen ſich, ihm das Seini— 
ge abzunehmen. Die Neger, welche an der 
Seekuͤſte und am Senegal Fluße wohnen, ſind 
ſchlimmer, als die im innern Lande. Dieſe letz⸗ 
tern jind beſonders gaftfrey. Es find die frei: 
fenden Partheyen der raͤuberiſchen Mohren, wel; 
che das Reiſen zu Lande ſo ſehr gefaͤhrlich ma— 
chen, und es iſt ſeit einigen Jahren um ſo viel 
mehr gefaͤhelicher, da fie auf beyden Seiten des 
Fluſſes Meiſter find, und die Länder der Schwarz 
zen ungeſtoͤhrt durchſtreichen. 

Seite 66. Bromelia ananas iſt weder in 
Senegal noch in Gambia, und die Mufa paradi- 
ſiaca nur im Gambia allein anzutreffen. Von 
dieſer letzteren giebt es zwey Sorten, welche die 


Engelaͤnder Plantains und Bananas nennen. 


Seite 70. Ich zweifle, daß der Trichecus 
manatus aus der See komme. Er haͤlt ſich 
nicht im Senegal Fluſſe ſelbſt auf, ſondern nur 
in ſeinen kleinen Neben-Armen, welche bisweilen 
tief im Lande herum laufen, und wo er von kei— 


nen Leuten oder Schiffen geſtoͤhrt wird. Es hat 
der Gouverneur Clarke die ausgeſtopfte Haut von 


einem dieſer Thiere, welches zu Senegal gefan⸗ 


* war, an das brittiſche Muſeum geſchenkt. 
Seite 


140 | 

Seite 71. Die Ochſen mit den Hoͤckern find 
zwar wilder als die andern, dennoch gehoͤren ſie 
unter die 5 Thiere. 


Seite 72. Ich habe Stuͤcken von der Haut 
und einen Theil ort der Hirnſchale mit drey ſtum⸗ 
pfen Hoͤrnern von dem Cervus camelopardalis 
geſehen, welche von Galam kamen, und ich habe 
einen ſchoͤnen Schweif von dieſem Thiere, wel⸗ 
cher auch daher kam, an das brittiſche Muſeum 
geſchenkt. 

Seite 73. Schaafe mit dem fetten Schwan⸗ 
ze habe ich nie in Senegal geſehen. Es koͤnnte 
dennoch ſeyn, daß ſie im innern Lande anzutreffen 
waͤren. 

Seite 74. Die Hyaͤne, welche das Kind 
ſtahl, war eine junge, welche ein Europaͤer auf 
der Inſel an der Kette liegen hatte, wovon ſie 
in der Nacht losgebrochen war. Ich weiß aber 
auch, daß Hpaͤnen in der Nacht durch den Fluß 
auf die Inſel geſchwommen ſind, und die todten 
Koͤrper der Schwarzen, welche auf dem aͤußer⸗ 
ſten Ende der Inſel begraben lagen, gefreſſen 
haben. 

Seite 75. Der Lanius barbarus, ein Bo: 
gel von ſehr ſchoͤnem Gefieder, iſt auch in Sene⸗ 
gal. Ich glaube Briſſon nennt ihn Pie grieche 
du Senegal. Ich habe einen ausgeſtopften mit⸗ 
A und dem Sir Joſeph Banks geſchenkt. 


Seite 


zz 


141 


Seite 77. Ich habe keine Schwalben auf 
der Inſel Senegal bruͤten ſehen, ob ſie ſchon 


haͤufig da ſind, und ich kann auch nicht ſagen, ob 


fie auf dem feſten Lande, um Senegal herum, bruͤ— 


ten. Zu Fort James, im Gambia, aber hatten 


wir in verſchiedenen Zimmern, Magazinen und 
Baracken im Monat Junius uͤber die dreyhun— 


dert Neſter voller Junge. Die Nefter waren von 


Leimen gebauet, eben ſo, wie ſie die europaͤiſchen 
Schwalben verfertigen. — 


Ich glaubte es meine Schuldigkeit zu ſeyn 

Ihnen dieſe wenige Anmerkungen mitzutheilen, 

ich uͤberlaſſe es aber Ihrem Gutduͤnken ſolche an⸗ 
zuwenden oder nicht. 


Ich habe die Ehre mit der groͤſten Soda 


tung zu beharren 


Ew. Wohlgebohrnen 


ergebenſter Diener. 


J. P. Schotte. 


N. S. Ich finde in Ihren Beytraͤgen, Seite 
23, daß Herr Miller den Condamine anfuͤhrt, 
als welcher keine Muſchelbaͤnke zwiſchen den Wen⸗ 


dezirkeln zugiebt. — Es iſt eine Muſchelbank zu 
Senegal von einigen engliſchen Meilen im Durch: 
ſchnitte. Sie liegt ſuͤdlich vom Fluſſe an einem 


ſei⸗ 


142 


. feiner Neben: Arme (Creeks) 1) und ift ohnge⸗ 
fahr 21 engliſche Meilen von der Mündung des 
Fluſſes. Sie beſtehet aus lauter Auſterſchalen 


welche acht bis zehn Fuß dicke liegen. Die ganze 


Bank iſt mit ohngefaͤhr ſechs Zoll hoch ſandigten 


Erdreich bedecket, welches überall mit dicken Baus 


men und Buͤſchen bewachſen iſt. Was aber die 


Sache merfwürdiger macht, iſt, daß in dem Fluſſe 
und an der ganzen Seekuͤſte von Senegal keine 


einzige lebendige Auſter zu finden ſey; in der 
Muͤndung des Gambia Fluſſes aber iſt eine große 
Bank von lebendigen Auſtern. 


y Dieſe Creek, welche höber im Lande vom Fluſſe abe 
gehet, vereiniget ſich wieder mit ihm zwey englifche 


Meilen unter der Muſchelbank, oder neunzehn Meis 


len von feiner Mündung. 


— —— bb— 


| 


j V. 
Zweene Briefe 
des 
Capitain Alexander Roſe 
| aus Indien 
über feine Hinreiſe 
und über 
das Königreich Nepal, 


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| 


| 

3 aus zweyen Briefen des feeli- 
f gen Capitain Alexander Roſe vom 5 2ften 
| 8 an Dr. Murdoch. 

* N. S. 


Aus dem ıftlen Briefe. 


Madras den 20ſten Septbr. 1768. 


ir kamen hier erſt den ı sten dieſes Monats 
an; weil wir nicht allein bey unſerer Ab— 
reife ſchlechtes Wetter gehabt haben, ſondern 
auch nachhero durch kontraͤren Wind auf die Kuͤ— 
ſte von Portugall getrieben wurden. Von dort 
ſegelten wir nach den Canariſchen Inſeln, wo ich 
Gelegenheit erhielt meine Neugierde durch den 
Anblick des beruͤhmten Pick von Teneriffe zu be⸗ 
friedigen. Ohngefaͤhr zehn Tage nachher legten 
wir die Inſeln des gruͤnen Vorgebuͤrges zuruͤck, 
und, durch ein Verſehen des Capitains, (welches 
mir lieb war) ſegelten wir dichte bey der wegen 
ihres feuerſpeyenden Berges beruͤhmten Inſel 
Fuogo vorbey, den wir auch in ſeiner Vollkom⸗ 
Forſters L. u. V. K. 3 Th. K men⸗ 


3 


146 


menheit ſahen, und die, der Beſchreibung des 
Virgils vom Berge Etna voͤllig gleich kommt. 
Kaum hatten wir das gruͤne Vorgebuͤrge au 1 
Geſichte verlohren, fo wurden wir von einem 
Sturm überfallen, der eine beträchtliche Zeit dau⸗ | 
erte, und von dem wir beynahe auf die Küfte von 
Braſilien getrieben wurden. Endlich als der 
Sturm nachließ, und wir waͤhrend einem ganzen 
Monate guten Wind hatten, langten wir bald an 
dem Vorgebuͤrge der guten Hofnung an, wo wir 
mit allem uͤberfluͤßig verſehen wurden was wir zu 
unſrer Erfriſchung brauchten. Sowohl das dor⸗ 
tige Clima als auch das Erdreich ſind ſo gut 
daß die Baͤume, Fruͤchte, und Gewaͤchſe aus den 
heißen und kalten Himmelsſtrichen, da nicht allein 
blühen, ſondern auch zur groͤſten Vollkommen⸗ 
heit gelangen. Die Holländer find dort eben das 
ſelbe Volk, das fie in Holland find: fo daß ich! 
zur Veraͤnderung einen Spaziergang nach denen 
Krahls oder Doͤrfern der Hottentotten machte, die 
ich ſehr begierig war zu ſehen. Ich finde die 
Nachricht ſo Kolbe davon gegeben hat, uͤberhaupt 
genommen, ſehr richtig. Allein er thut keine Er 
waͤhnung von ihrer Muſik, die ich doch ziemlich! 
erträglich gefunden habe; ihr vorzuͤglichſtes Ine 
ſtrument iſt eine mit Saiten uͤberzogene Cocos 
Nuß ⸗Schaale, die, viele Aehnlichkeit mit e 
Zitter hat. un 9 
Durch genaue, und wiederholte Bemerkun, 
gen fanden wir, daß am Kap die Abweichung dei 


147 
| 
Magnet: Nadel 191 war, ob es gleich in den 
no n Abmweichungs + Karten mit 16 angegeben 
ift, 

Den 2often July verließen wir dieſen Ort, 
ind waͤhrend dieſer langen Reiſe nach Indien be— 
chaͤftigte ich mich öfters mit Microſkopiſchen Bes 
nerkungen, davon ich ihnen einige Nachricht ges 
en werde; weil, fo viel ich weiß, einige da— 
on, durch andere Schriftſteller über dieſe Ma: 
erie, nicht ſind beobachtet worden, die auch keine 
irwaͤhnung von der Art der Thierchen thun, die 
der Atmosphäre des unermeßlichen Oceans, 
rem eigenthuͤmlichen Elemente wimmeln. 

Da ich keine große Verſchiedenheit der Ges. 
enſtaͤnde an Bord des Schiffes finden konnte, ſo 
emuͤhte ich mich kleine Thierchen auf die gewoͤhn— 
che Art (durch Pfeffer⸗Waſſer, Heu ꝛc.) hervor⸗ 
bringen; da ich aber fand daß fie meinem Vor⸗ 
aben nicht Genuͤge leiſteten, fo machte ich Vers 
che mit bloßem friſchem Waſſer, daß ich waͤh⸗ 
nd zween Tagen der Luft ausſetzte, und da 
h ſolches betrachtete, fand ich eine gute Anzahl 
hierchen; die aber bald ermatteten und ſtarben. 
kachhero ſtellte ich das friſche Waſſer nur auf zwo 
stunden heraus, und fand wieder einige darin, 
e aber nur eine ſehr kurze Zeit lebten. Daher 
eſchloß ich einen Verſuch mit Seewaſſer zu ma⸗ 
en, welches, da es nur einige Zeit in der Luft 
weſen war, gleich von Thierchen wimmelte; 
9 der genaueſten Unterſuchung fand ich, daß 
1 K 2 dieſe 


148 


diefe von eben derſelben Gattung, wie die aus 
dem friſchen Waſſer waren; nur ſchienen ge 

hafter und beruͤhriger zu ſeyn, und anfta 
dieſelben zu ſterben, fuhren fie fort ſich zu ver: 
mehren, und außerordentlich zuzunehmen, je laͤn— 
ger ich ſie behielte. Jetzt brachte ich einige aus 
dem falzen in das friſche Waſſer; allein hier er- 
matteten ſie bald und ſtarben. Daraus ſchließe 
ich daß ſie eine ganz andere Gattung als d 
find, die wir auf dem Lande oder nicht weit dar 
von antreffen. Ich fing meine Experimente ohn⸗ 
gefaͤhr zehn Tage nachher an, da wir das La 
aus dem Geſichte verlohren hatten, und fuhr da⸗ 
mit die ganze Reiſe fort; ſo daß ich, mit Huͤlfe 
einiger Buͤcher meine Zeit ſehr angenehm DW 
brachte. „ 
Ich hatte ch mit einem Thermometer ve 
ſehen, um die Grade der Hitze und Kaͤlte, in d 
verſchiedenen Himmelsſtrichen, die wir durchrei 
ſen wuͤrden, zu meſſen; und nun fand ich, daß 
ſolches nach dem Fahrenheitſchen Maaßſtabe, vor 
53 bis auf 80 ſtieg, dieſe letztere Höhe uͤberſtieg 
es niemals, ob wir gleich oͤfters zwiſchen de 
Tropicis, und unter der Linie Windſtille hatten 
Dieſen Grad der Hitze habe ich auch öfters ir) 
Canada wahrgenommen, fo wie ich uͤberzeugt bir 
daß man es auch mehrmalen in England gethan 
hat. Sobald ich in dieſem Theile der Welt et 
was merkwuͤrdiges habe, ſo werde ich nicht er 
mangeln es Ihnen mitzutheilen. 1 
Au 


| 149 


Aus dem zweyten Briefe. 


* 
Muxadabad in Bengalen 
den 20ſt en Auguſt 1769. 


Bad nach meiner Ankunft in Bengalen, wurde 
ich vom Gouverneur, zum Land-Meſſer der Lanz 
der der Compagnie beſtimmt, und erhielt Befehl, 
die nordlichen und nordoͤſtlichen Provinzen, bis 
Napal zuvermeſſen; wozu ich mich den vorigen 
November unter militaͤriſcher Bedeckung auf den 
Weg machte; weil man große Urſache hatte zu 
glauben, daß die Bergbewohner die Vermeſſung 
verhindern wuͤrden. Nachdem ich dieſe Arbeit 
geendiget hatte; ließ ich die Truppen wegge⸗ 
en; und bat den Raja von Napal, daß er 
mir in Begleitung einiger wenigen Bedienten ſein 
Land zu durchreiſen erlauben moͤchte; welches er 
dlich mit vieler Schwierigkeit zugeſtand. 

Es iſt ein ſehr flaches Land, das mit drey 
Reihen von unzugaͤnglichen Bergen, die den gan: 
zen Winter und einen großen Theil des Sommers 
mit Schnee bedeckt ſind, umgeben iſt: ſo daß, 
wenn faſt alles auf dem Ebenen von Indien durch 
die außerordentliche Hitze verbrannt iſt, die Einwoh⸗ 
ner der Berge dennoch nur eine kuͤhle gemaͤßigte 
Luft genießen. Allein ſie ſind auch ein von den 
Einwohnern der Ebene ſehr verſchiedenes Volk, 
‚fie find Olivenfarbig, ihre Geſichts bildung iſt 
breit und platt, und ihre ganze Statur iſt kurz 
| und 


- 


1 


und unterſetzt: ſie bekennen ſich zur Religion der 
Gentoos; unterſcheiden ſich aber von ihnen da- 
durch, daß ſie opferen, und alle Arten von Fleiſch 
außer Kuh- und Schweinefleiſch eſſen. Ihre 
Sprache iſt diejenige ſo die Nagri heißet, die ich 
aus guten Gruͤnden, fuͤr die urſpruͤngliche Spra⸗ 
che von Indien halte; denn ſie iſt aͤlter als die 
Shanſcritta, die wie ich vermuthe von den Bras 
minen gemacht und eingefuͤhrt worden iſt, um ih⸗ 
re Religion fuͤr den gemeinen Leuten zu verhee⸗ 
len. Es giebt jetzt zwo Mundarten des Nagri, 
davon die eine nicht ſehr gebraͤuchlich iſt, und die 
Bengal ſche genannt wird, fie wird daher auch 
nur von wenigen verſtanden, und kann die alte 
Nagriſche genannt werden; und die andere die 
neuere. Ich fand verſchiedene Manuſkripte bey 
denen Bergbewohnern, davon einige eine Ge 
ſchichte von 3000 Jahren her, enthielten. Ich 
bin dahero uͤberzeugt, daß um zu der wahren 
Geſchichte der früheren Zeiten dieſes Landes zuge⸗ 
langen, man ſeine Zuflucht zu den Buͤchern die 
in dieſer Sprache geſchrieben ſind nehmen muͤſte. 
Ich bemuͤhe mich jetzt einige davon uͤberſetzen z 
la ſſen. 


Dieſes Land iſt außer einige, wenigen Ita⸗ 
liüniſchen Mißionarien, die man uͤrzlich darauf 
vertrieben hat, nie von Europäern beſucht wor⸗ 
den. Ich traf ſolche zufaͤlliger Weiſe an, und 
ſchmeichelte mir einige nuͤtzliche Nachrichten von 
ihnen zu erhalten, fand mich aber ſehr betrogen; 

denn 


151 


denn ſie waren gewiß die dummſten Leute die ich 
je 1 


\ Ihr Vorſteher, der am verſtändigſten zu 
ſeyn ſchien; konnte mir doch keinen Bericht von 
irgend einem Orte oder Sache, die ſich außerhalb 
der Stadt da er lebte befanden geben; ob er 
gleich feit zwölf Jahren in dem Lande wohnte. 
ennoch, um ſeinen Mißionariſchen Eifer zu zei— 
gen, erzählete er mir, daß er 3000 Manuffripte 
wahrend feinem hieſigen Aufenthalte verbrannt 
habe. Er hatte zwey elende Familien bey ſich, 
ie er ſeine Bekehrten nannte. 


Ich wunderte mich ſehr, ſo viele Chineſiſche 
Waaren unter den Einwohnern von Napal zu 
inden; allein bey näherer Erkundigung fand ich, 
daß fie feit vielen Zeit; Altern her eine Gemein- 
chaft mit China uͤber Thibet haben. Dieſer 
Nachricht zufolge habe ich auch bey dem hieſigen 
Jouverneur und dem Rathe von Bengalen Bor: 
chlaͤge eingegeben, um dieſen Weg zu erforſchen 
nd nachzuſpuͤhren, auch bin ich jetzt in dieſer 
bſi cht auf meinem Wege nach Calcutta. Da 
ie regnichte Jahreszeit ſich ſtark heran nahete, 
o konnte ich mich nur eine kurze Zeitlang in Na⸗ 
al aufhalten: ob es gleich meiner Meynung 
lach eines der ſchoͤnſten Länder iſt, die ich je ge⸗ 
hen habe. Wenn meine Vorſchlaͤge von hie: 
iger Regierung iugefguben werden, und es Gott 
gefaͤl⸗ 


1 
152 | 
gefällig iſt mein Leben, und die 1) Geſundheit 
mir zu friſten, ſo hoffe ich im ſtande zu ſeyn, ih⸗ 
nen nicht allein eine Nachricht von dieſem Lande, 
ſondern auch von vielen anderen Laͤndern, die ich 
peßiren muß ehe ich China erreiche, geben zu 
koͤnnen. 1 
Die Voͤgel und Thiere fo ich in den Gebuͤr⸗ 
gen von Napal angetroffen, waren folgende — 
der Mumal eine Art von Faſan, von ſchoͤnem 
dunkelbraunem Gefieder mit rothen Flecken, auch 
einem rothen Federbuſch auf dem Kopfe — Die 
Dophia, zu dem Pfauen⸗Geſchlecht gehoͤrig; al 
lein der Kamm und die Federn des Halſes uber: 
treffen die des Pfauen bey weitem. Der Schwan 
iſt kurz, von einer ſchmuzigen Orange Farbe, und 
ſcheint nur dazu zu dienen um das andere Gefie: 
der deſto deſſer abzuſetzen. — Von Thieren ha: 
be ich das Schaf mit vier Hoͤrnern, und eine Art 
von Rech von der Größe eines Schooßhundes an⸗ 
ge 
1) Anſtatt dieſem, brachte das folgende Indiſch 
Schiff die traurige Nachricht von ſeinem Tode 
Ein Verluſt! den feine Familie und Freunde be 
ſtaͤndig beklagen muͤſſen — und es kann ſolcher fo 
gar als ein Verluſt für die Wiſſenſchaften, für dat 
Publicum, wie auch für die Geſellſchaſt, in derer 
Dienſt er ſtarb, angeſehen werden: da er ſchon i. 
frühen Jahren, die Wirkſamkeit und den Muth ei 
nes braven Offieiers, mit einer unbegraͤnzten Wisbe 
gierde und der Standhaftigkeit eines Phileſerhen 
verband. 


183 


| * 
getroffen: Auch ſchickte ich einige an den Gou⸗ 
verneur, allein ſie ſtarben auf der Reiſe. 


| 

| Nun muß ich Ihnen noch ſagen, daß da 
ich mich mit mit einem (Teleskop) und einer Aſtro— 
nomiſchen Taſchenuhr verſehen hatte, fo beobach⸗ 
tete ich den Durchgang der Venus, der hier den 
Aten July 1769 vor ſich ging, und meine Be⸗ 
obachtungen ſind folgende: 


4 


0 


Nordliche Breite von Pheſabad 258. 30“. — 


Ich beobachtete den Planet da 
er bereits einen guten Theil 
auf den Körper der Sonne ha, 4 
vorgeruͤckt war. 5. 35. 57. + 
(ſcheinbahre Zeit) Erſte Be— 
ruͤhrung bey dem Aus⸗ 
gange, 6. 52. 25. L 
Letzte Beruͤhrung. 2. 104 47, 


2) Zeit zwiſchen der erften . 
und der letzten Beruͤhrung. o. 18. 22. 


2) Da der Mittelpunkt des Planeten auf dem Rande 
der Sonne war — 7b. . 35%; und dieſe Beobach⸗ 
tung verglichen mit einer Bemerkung des Central 
Austritts und Eintritts die an einem entferntern 
Orte gemacht worden, ßoird die Parallax der Sonne 
geben; da die andern noͤthigen Punete durch Rech⸗ 
nung bereits feſtgeſetzt ſind. Zu gleicher Zeit erſehen 

a 5 wir mus der Connoiſſance des Tems für 1769, daß 


Phe⸗ 


154 | 


Pheſabad in Bengalen, wo der Capitain Roſe 5 
obachtete, 817. 45’. oſtwaͤrts von Paris liegt. 


Die Uhr war den vorhergehenden Tag nach glei⸗ 
chen Sonnenhoͤhen geſtelt worden, die Hoͤhen der 
Sonne bey den beyden Beruͤhrungen, waren auch 
in den Brlefen des Capitains angefuͤhret; allein dies 
fen Theil der Arbeit hatte er vermuthlich einem we⸗ 
niger geſchickten Menſchen anvertrauet, weil feine 
eigene Aufmerkſamkeit bey dem Teleskope und der 
Uhr ganzlich befchäftiget war; da ich aber finde, daß 
der Unterſchied der reſpectiven Zeiten mit denen der 
Höhe, nicht mit den Zwiſchenraͤumen der Beruͤhrun⸗ 
gen uͤbereinſtimmt; fo habe ſolche aus dieſen Grüß 
den hier weggelaſſen. | 


VI. 


1 VI. 

1 | 

# Nachrichten 
| von der 


| fricaniſchen Handelsgeſellſchaft 


in Marſeille. 


4 


Von dem ehemaligen und gegenwärtigen 
Handel der Franzoſen nach Nordafrica, 
vorzuͤglich nach Algiers und Tunis. 


— 


wey Kaufleute von Marſeille, aus welcher 
Handelsſtadt noch gegenwaͤrtig Frankreichs 
Handel nach den Kuͤſten der Barbarey getrieben 
wird und immer getrieben worden, Namens Tho: 
mas Linche, und Carlin Didier, waren die erſten 
Franzoſen, welche ſich in der erſten Haͤlfte dez 
ſechszehnten Jahrhunderts vereinigten, um an den 
Kuͤſten von Algier und Tunis, Corallen zu fiſchen. 
Sie trieben außerdem einigen Handel in der Nach— 
barſchaft der kleinen Inſel Tabarca, welche Soli— 
mann der zweyte zur Ranzion des Corſaren Dra-⸗ 
gut an Carl den fünften abtrat, und dieſer wie⸗ 
derum den beyden Genueſern Grimaldi, und Lo⸗ 
mellini nebſt dem Corallenfang uͤberlies. 
! Ums Jahr 1561 erlaubte der Mauriſche 
Fuͤrſt oder Schech von Bona dieſen franzoͤſiſchen 
Handelsleuten eine ordentliche Niederlaſſung gegen 
eine jährliche nicht unbetraͤchtliche Abgabe, und fie 
legten hier mit Bewilligung der Pforte die Ba⸗ 
ſtion 


158 5 


ftion Frankreich im Gebiet von Algiers an, allein 

ſie wurden bald wieder daraus vertrieben. Tuͤr⸗ 

kiſche Seeraͤuber die 1568 Algiers einnahmen, 

beunruhigten die Fiſcher und bemaͤchtigten ſich des 

Platzes. Um 1597 erhielten fie dieſe kleine Fes 

ſtung von der Pforte wieder, aber nur auf kurze 

Zeit. Denn die Algierer, die keine Fremde auf 

ihrer Kuͤſte leiden wollten, verjagten die Franzoſen 

abermals aus der Baſtion. 6 
Doch dieſe Wiederwaͤrtigkeiten, der Verluſt 

den die Feindſeligkeiten der Algierer nach ſich zes 

gen, und die Sclaverey welche den Kaufleuten 

und Fiſchern gewöhnlich zu theil ward, ſchreckten 
die Einwohner von Marſeille keinesweges ab, 

den Handel mit den Barbaren zu erneuern. Herr 

Savary de Breves, franzoͤſiſcher Geſandter bey der 

Pforte, brachte es endlich 1604 dahin, daß dieſe 

den Franzoſen wieder Handel und Schifffarth er⸗ 

laubte, allein die Algierer wolten nicht. Endlich 

erlaubten ſie 1628 einer neuen Geſellſchaft unter 

Sanſon Napollon den Handel wieder anzufangen. | 
Dieſe breitete fich ſehr bald aus, und 1633 hat⸗ 
ten ſich ſchon wieder 800 Franzoſen auf dieſer 
Kuͤſte niedergelaſſen, bis ungluͤcklicherweiſe Rapol- 
lons Tod, der in einem Gefecht mit dem Mauren 
auf der Inſel Tabarca blieb, die meiſten Fiſchern 
und Handelsleute zerftreute, Um 1637 kamen 
die Franzoſen hieher zuruͤck, bauten ihre zerſtoͤhr⸗ 
te Baſtion wieder auf, wurden aber wie vorher 


von den Barbaren verjagt, und W zum 
Theil 


159 


Thel nach Calle, das ebenfalls im Gebiet von Alk 
giers liegt und wo die Eingebohrnen kurz vorher 
die Englaͤnder verjagt hatten. 

| Die nachherigen Kriege Ludewigs des vier⸗ 
zehnten mit den Seeraͤuberſtaaten, in welchen Al— 
gier, Tunis und Tripolis verſchiedenemal von der 
sanzöfifchen Flotte, doch ohne ſonderlichen Erfolg 
heftig bombardirt wurden, unterbrachen das alte 
Verkehr voͤllig. Endlich wagte es Peter Hely 
1694 wieder die Baſtion Frankreich und andere 
benachbarte Handelsoͤrter, dieſer Seeraͤuberkuͤſte, 
u beſuchen. Er verband ſich mit neun andern 
dandelshaͤuſern, davon drey in Marſeille, drey in 
Bajonne, und eben ſo viel in Paris angeſeſſen 
varen zu einem neuen Handel nach Nordafrica, 
ind war fo glücklich mit dem Dey, dem Divan und 
er Miliz von Algier, oder was dorten die Regie- 
rung heiſt, einen Handelstractat zu ſchlieſſen. 
Durch dieſen wurden Hely und feine Aſſoclir— 
1, Eigenthuͤmer von der Baſtion Frankreich, La 
ale, Cap Raſe, Bonne und andern davon ab— 
gaͤngenden Plaͤtzen. Sie erhielten ausſchließliche 
Freyheit Corallen zu filhen. Kein Fremder außer 
der Geſellſchaft, durfte hieher handeln, und das 
wichtigſte was ſie von den Algierern erhielt war, 
daß auch in dem Fall, wenn Frankreich etwa in 
einem Krieg mit Algiers verwickelt wuͤrde, dieſe 
Handelsgeſellſchaft in ihren Beſitzungen keineswe⸗ 
ges geſtoͤrt werden ſollte. Leder, Wolle, Talg 
und Wachs waren damals die vornehmſten Waa⸗ 
FR ven 


160 


ren, die die Geſellſchaft, aus dieſen Gegenden zog, 
fie muſte aber für die Handelsfreyheit dem Divan 
von Algiers jährlich 34,000 Dublonen in feche 
Terminen zahlen. ö 

Im Jahr 1714 ward ſogar vom Bey vom 
Conſtantine, einem Unterbefehlshaber, des algie⸗ 
riſchen Seeraͤuberſtaats allen Muſelmaͤnnern vers‘ 
boten Korn in den Handelsplaͤtzen zu handeln, 
worin die Compagnie das Monopolium fuͤr die 
angeführte Summe erkauft hatte, und woher fol 
che Getraide von allen Arten zog. Sie mufte 
aber jährlich von dem Bey von Bonne, zweyhun⸗ 
dert Caffis Korn 1) fuͤr den feſtgeſetzten Preiß vo 
zehn Piaſter nehmen, das übrige Getraide aber 
konnte ſie nach dem Marktpreiß kaufen. | 

Die Intereſſenten dieſer Handelsgeſellſchaft 
wechſelten bis 1712 verſchiedentlich ab. In die 
ſem Jahr ward eine ausſchließliche Compagnie vom 
Könige bis Ausgange 1718 errichtet. Ihre Ger 
rechtſame und Beſitzungen erhielt 1719 die Oft 
indiſche Geſellſchaft auf vier und zwanzig Jahr, 
1725 aber auf ewig. Doch war fie nur fünf Jah 
im Stande den Handel mit Vortheil zu treiben) 
und fie bat den König dieſen wieder wie vorher 
einer beſondern Geſellſchaft zu uͤberlaſſen. Dei 
Hof ertheilte alſo 1730 an Jacob Auriol und 


1) Ein Caffi iſt ein Getraidemaaß, das auch unter die 
ſen Namen, in Alicante gewoͤhnlich iſt, andertha 
Marſeiller Laſten beträgt, und an Gewicht 364 Pfun 
de haͤlt. | 


161 


den mit ihm vereinigten Handelshaͤuſern von Mar: - 
ſelle, dies Monopol auf zehn Jahr. 
Das Privilegium dieſer Geſellſchaft gieng 
1740 zu Ende, und man machte damals dem Kb; 
nige den Vorſchlag eine neue africaniſche Compag⸗ 
nie zu errichten, welches auch vermoͤge eines Edikts 
vom Februar 1741 geſchahe. 
Sie erhielt wie alle vorigen, das aus⸗ 
ſchließliche Handelsrecht nach allen Häfen der Kö; 
nigreiche Algier und Tunis, mit Ausnahme der 
beyden Hauptſtaͤdte, und einiger andren Plaͤtze 
in dieſem letzteren Staate, deren Handel fuͤr alle 
| anzöfifche Unterthanen frey blieb. DIE Gefells 
bafı beſteht gegenwärtig noch. 
Das vornehmſte Comtoir der Geſelſchaft, 
vo ſich der General Direktor aufhaͤlt, iſt zu Calle, 
zuf der Algieriſchen Küfte, und hier werden auch 
inige Soldaten zur Sicherheit gegen die Mau⸗ 
zen unterhalten. Die andern Häfen find von ges 
inger Bedeutung, und es werden nur Agenten 
hes Handels wegen hingeſchickt. 
Die Compagnie zahlt dem Dey fuͤr ihr Pri⸗ 
llegium, und den Mauren an allerhand Abgaben, 
auf ſechzigtauſend Liores, das Ankergeld für die 
in und auslaufenden Schiffe ungerechnet. 
Das Capital der Compagnie beſteht aus 
woͤlfmal hunderttauſend Livres, welche in zmölfs 
auſend Aktien von tauſend Livres vertheilt find. 
f Das Handels - Collegium zu Marſeille iſt 
urch einen Artikel der Oetroy von 1741 verbun⸗ 


Forſters 9. u. V K. 3. Tb. 2 den 


162 


den, dreyhundert Aktien zu nehmen, und ſich füt 
die Bezahlung der Dividenden oder Intereſſen 
neunhundert andrer Aktien zu verbuͤrgen. | 
Dieſe Intereſſen find ſechs Procent jahrlich, 

und der koͤnigliche Stiftungsbrief verordnet, daß 
im Fall eines außerordentlichen Gewinnſtes, glei⸗ 
che Vertheilungen unter die Aktionairs german 
werden füllen, 
Die Compagnie ir die Comtoirs bey del 
Beſitznehmung in fo ſchlechten Zuſtande, daß fi 
beträchtliche Summen borgen muſte, um die um 
umgaͤnglich nothwendigen Verbeſſerungen vorzu 
nehmen. 4 
In dem Kriege mit Tunis 1742, welch 

gleich auf ihre Errichtung folgte, gieng das Ca 
Neger im Königreich Tunis verloren, die Feftun 
wurde der Erde gleich gemacht, und iſt ſeitden 
nicht wieder aufgebauet worden, auch gerieten di 
Bedienten der Compagnie in die barbariſche Ge 
fangenſchaft. . 
Die Peſt welche beynahe um eben die Zei 

im Koͤnigreich Algier wuͤthete, hatte alle Handels 
geſchaͤfte unterbrochen, und der 1740 zwiſche 
Frankreich und England entſtandene Krieg, wuͤr 
de die ganze Anſtalt zu Grunde gerichtet ha 
ben, wenn ſie ſich nicht neutraler Flaggen bedien 
haͤtten; dies mußte jedoch mit einiger Vorſicht i 
Abſicht der Barbaren geſchehen, und man wa 
verbunden den Capitains franzoͤſiſche Paͤſſe zu ge 
ben, um ſolche in den algiriſchen und den Haͤfe 
vo! 


163 


‚on Tunis vorzeigen zu koͤnnen, die fonft diefe 
Schiffe den Freiheiten der franzoͤſiſchen Geſell— 
haft gemaͤß, und aus Begierde zur Beute wahr— 
heinlich ausgepluͤndert haͤtten. 

um 1744 nahmen die algieriſchen Corſaren 
en groͤßten Theil der Corallenfiſcher weg, und 
ieſe Gewaltthaͤtigkeit jagte den Einwohnern von 
a Calle ein ſolches Schrecken ein, daß fie den Ort 
erließen. Siebenzig von den Compagnie Bedien— 
m wurden von den Mauren erſchlagen, und eine 
enge der Einwohner zu Gefangenen gemacht, 
e ihre Freiheit nur vermittelſt eines ſtarken Loͤſe⸗ 
des wieder erhielten. 

Wegen aller dieſer Ungluͤcksfaͤlle, welche ſich 
im Untergange der Compagnie verbunden zu ha— 
n ſchienen, entſchloß ſich die Regierung ihnen die 
hrliche Beyhuͤlfe von vierzigtauſend Livres, wel— 
3 das Handels Collegium ihr nur bis auf dieſe 
eit zu zahlen gehalten war, noch auf fuͤnf andre 
ahre zu bewilligen. 

Die fuͤnf folgenden Jahre waren weniger 
glücklich ; ohnerachtet der hohen Preiſe der Affes 
tanzen und der Kriegesſchaͤden, erlangte die Com 
nie nicht allein ihr Capital wieder, ſondern 
ch einen Ueberſchuß von 270,000 Livres. 

Seit dieſer Zeit iſt ihr Zuſtand ziemlich bluͤ— 
End geweſen; die einzigen Hinderniſſe welche ſich 
rem Handel jetzt entgegen ſetzen, find die Ver- 
Inftigungen, welche der Bey von Conſtantine den 
ch en geſtattet, und die kleinen Strei⸗ 
| a 2 tig⸗ 


* 


164 


tigkeiten welche zuweilen mit der Regierung 5 
Algier und den Eingebohrnen vorfallen. | 
Wichtiger waren die Hinderniffe welche dur 

die Unordnungen in der Adminiſtration entſtande 
und verſchiedene Jahre fortdauerten. Sie veı 
dienen, daß die Entſtehung derſelben hier nahe 
angezeigt wird. 2 
Das Mißtrauen welches die Aktionairs 

die Direktion zu Marſeille ſetzten, war die Quel 
unzaͤhliger Forderungen und Klagen, die kein El 
de nahmen, bis das Miniſterium ihres ungefti 
men Anhaltens uͤberdruͤßig, ihnen die Erlaubn 
gab, einen Öberdireftor zu wählen, 
Die 1755 getroffene Wahl wurde allgeme | 
gemißbilliget. Der Direktor brachte die Sache 
der Compagnie aus Mangel an gehoͤriger Einſic ) 
in ſolche Unordnung, daß es unmöglich war, 5 | 
wieder heraus zu finden. 
Diejenigen die er zum Dienfte der Compag 

nie unter feinen Creaturen gewaͤhlt hatte, ware 
ohne alle Kenntniß und ohne Erfahrung, und mad 
ten den Mauren oder Mahommetanern in de 
Nachbarſchaft von Calle, die Franzoſen verhaße 
fo daß die Mauren mit den Fremden zu handel 
anfiengen, den Ackerbau vernachlaͤßigten, ſich lie 
ber mit Wurzeln naͤhrten, als daß fie blos zun 
Vortheil, ſtolzer eigennuͤtziger Fremden Getraid 
bauen ſollten. | 
Die Gehuͤlfen des Oberdirekteurs hatten 
weder Zeit noch Gewalt ihn zu lenken; der Prafi 
den 


165 


sent hatte den Einfluß verloren den er in der Ge 
ellſchaft haben muß, um was Gutes zu ſtiften: 
ind der Direktor bediente ſich aller moͤglichen 
Nittel „ um ihm die Kenntniß der Geſchaͤfte zu 
ntziehen. Die Balancen wurden fo lange als 
noͤglich zurück gehalten, und der wahre Zu— 
‚and der Compagnie mit großer Sorgfalt verdeckt. 
Ran brachte ungewiſſe Schulden, und fingirte 
zerechnungen des Handelscapitals in Rechnung. 

efe Poſten ſtanden in jeder Balance wiederholt, 

nd wenn die Aktionairs zu Paris daruͤber klag⸗ 
„, ſuchte der Direktor ihnen durch zweydeuti⸗ 

Antworten auszuweichen. Endlich ſtieg das 

agluͤck der Compagnie 1766 auf den hoͤchſten 

ad; das Miniſterium erkannte die Nothwen— 

gkeit einer ſchleunigen Huͤlfe; der Direktor wur⸗ 

zuruͤck berufen, und Herr Martin wurde ein⸗ 
mmig von dem Handels-Collegium in Marſeille 

d den Pariſer Aktion-Inhabern zum vornehm— 

n Direktor erwaͤhlt. 

Er fand die Sachen der Compagnie in einer 

jegreiflichen Unordnung, das urſpruͤngliche Ca: 

gal von 1 200,000 Livres war bis auf 570,000 

ſchmolzen; die Rechnungen der Unterbedienten 

der groͤßten Verwirrung; ſo daß er erſt 1767 

wahren genauen Zuſtand der eee ent⸗ 

ken konnte. 

Sobald man die Auffuͤhrung des Direktors 

jerfucht hatte, entdeckte man Unrichtigkeiten die 

nicht einmal vermuthet hatte, allerley heim: 

liche 


166 


liche Schliche und Verſtaͤndniſſe zwiſchen ihm un 
den zur Einnahme der Gelder verordneten Leuten 
und in allen Caſſen anſehnliche Defekte. 
Der Direktor und Einnehmer wurden hier 

auf feſtgeſetzt, und ihre Familien erlangten ihr 
Freiheit nur, nachdem fie einen Theil des unterge 
ſchlagenen Geldes wieder erſetzt hatten. 
Herr Martin war ſo gluͤcklich die Compag 

nie in kurzer Zeit durch Fleiß und Oekonomie i 
ihren vorigen Zuſtand zu verſetzen. Zu dieſen 
Ende wurden die Oberaufſeher des Handels unte 
denjenigen Bedienten gewaͤhlt, welche der Com 
pagnie mit dem groͤßten Eifer und Einſicht gedien 
hatten, und es gelang ihnen den Handel in alle 
Comtoirs von denen er ſich entfernt hatte, wiede 
herzuſtellen. So daß der jetzige Zuſtand de 
Compagnie bluͤhender iſt, als man ihn je hoffe 
konnte. Denn ihr Capital belaͤuft ſich nach de 
letzten Rechnungen vom December 1773* 4 
4,812,445 Livres. N ö 
Dieſen Flor verdankt ſie der Sorge alle ih 
Privat-Geſchaͤfte nach den Grundſaͤtzen einer har 
delnden Geſellſchaft einzurichten; die Adminiſtrg 
tion oͤconomiſch, treu und genau ſowohl in Fran 
reich als in der Barbarey zu fuͤhren, und ihr de 
moͤglichen Schutz von Seiten der koͤniglichen Flot 
ten im Fall der Roth, zu verſichern. Hiezu ſin 
noch verſchiedene guͤnſtige Umſtaͤnde gekomme 
nehmlich daß ſeit einigen Jahren ſehr viel bey d 
Kornhandel gewonnen worden, ob ihn gleie 
1 de 


167 


der Schleichhandel in der Levante ſehr geſtoͤrt 
hat. 
Die Direkteurs behaupten, man habe ihnen 
den Unterhalt der füdlichen Provinzen in den letz⸗ 
ten Jahren zu verdanken. Sie haben während 
der Theurung in den Jahren 177 und 1772 
der Regierung von Marſeille, eine Laſt (Charge) 
Getraide von etwa 343 franzoͤſiſchen Pfunden, 
zwanzigmal wohlfeiler als damals der Marktpreis 
war uͤberlaſſen. Dies hat ſie dennoch nicht gegen 
verſchiedene Beſchuldigungen ſchuͤtzen koͤnnen. 
Die Regierung hat ſich aber nie um dieſe 
Vorfälle ihres Handels bekuͤmmert, welcher gaͤnzlich 
in den Händen der Geſellſchafts⸗ Vorſteher iſt. 

Im Jahr 1774 hat die Compagnie dem Koͤ⸗ 
ige zur Erbauung der Schiffsdocken im Hafen vom, 
Feulon 1,200, ooo Livres für 5 Procent. vorge: 
hoffen, und zur Bezahlung der Intereſſen ſo⸗ 
vohl als des Capitals iſt ihnen ein Theil des Ar⸗ 
enals zu ihrem Gebrauch angewieſen worden. 
Diefes haben fie um einen gewiſſen Preis zur 
Niethe, und der Miethzins iſt zur Abtragung der: 
Intreſſen, und der Ueberſchus zu Bezahlung des 
apitals beſtimmt. 

R Das Haupt: Contoir der Geſellſchaft iſt zu 
Narſeille, wohin alle Vorfaͤlle des Handels be⸗ 
ichtet werden. Dieſes Contoir beſteht aus einen 
Iberdireftor der einen feſtgeſetzten Gehalt hat, 
nd der vornehmſte Agent bey allen Ankauf und 
8 * iſt, und überhaupt alles was die Admini⸗ 
| ſtra⸗ 


168 


fteation befchloffen zur Ausführung bringt. Zwey⸗ 
tens aus verſchiedenen andern Direktoren, deren 
Anzahl nicht beſtimmt iſt, weil in dem Edikt ſteht, 
daß jedes Mitglied der Geſellſchaft, welches zwan⸗ 
zig Aktien in der Caſſe deponirt, Direktor werden 
kann, (welches aber nicht immer geſchieht.) Drit⸗ 
tens aus vier Deputirten des Marſeiller Handels 
Collegii und ihrem Archivar, welche allen Zuſann 
menkuͤnften als immerwaͤhrende Direktoren bey⸗ 
wohnen; und da das Handelscollegium den vier⸗ 
ten Theil des Capitals der Compagnie beſitzt, und 
Buͤrge fuͤr die Dividenden der Aktien iſt, hat es 
dadurch die vornehmſte Stelle bey der Adminiſtra⸗ 
tion erhalten. Alle Direktoren verwalten ihre 
Stellen umſonſt, nur der Oberdirektor iſt der eins 
zige Beſoldete. 

Die Compagnie beſoldet aber zu Paris, 
Marſeille, und in ihren Contoirs, Schreiber, 
Sekretaire und dergleichen die ihre Geſchaͤfte ung 
Correſpondenzen fuͤhren müffen. 

Zu Paris hat ſie einen Agenten, deſſen Amt 
darin beſteht, den Actieninhabern dieſer Stadt ihre 
Dividenden auszuzahlen, ihnen die von Marfeille 
zugeſchickten Bilancen mitzutheilen, und mit dem 
Oberdirektor in den Geſchaͤften der Compagnie zu 
correſpondiren. | 

Die Compagnie unterhält gleichfalls einen 
Agenten zu Corſika um mit den Corſikanern die 
dort den Corallenfang treibeu, zu handlen un 
auf ihre Auffuͤhrung zu wachen. 


Die 


169 


| Die Compagnie hat ferner einen koͤniglichen 
Commiſſarius, welcher den Titel eines Präfidenten 
führt, und Aufſeher des Handels zu Marſeille iſt; 
er wacht uͤber ihre Berathſchlagungen und beſtaͤti— 
get ſie, unterſucht ihre Rechnung, und unterrichtet 
ſich von allen ihren Geſchaͤften, um bey vorfoms 
menden Fallen dem Miniſter Nachricht davon zu 
geben. 

Die Gruͤnde welche die Regierung bewogen 
haben, der africaniſchen Compagnie ein ausſchließ⸗ 
liches Privilegium zu geben, welches doch wie die 
Erfahrung beftätigt, nur wenig Perſonen bereis 
chert, den Handel im Ganzen mindert, feine Thaͤ⸗ 
tigkeit einſchraͤnket, und das was allen gehoͤrt, 
einigen wenigen Großen und Reichen einraͤumt, die 
um ihre Dividenden zu vergroͤßen, wie die großen 
Oſtindiſchen Handelsgeſellſchaften zeigen, ſich die 
grauſamſten Unterdruͤckungen erlauben, find dieſe. 

Erſtens gruͤndet ſich dieſes Privilegium auf 
die politiſche Beſchaffenheit der Barbarey, wo der 
Getraidehandel niemals frey und allen offen iſt, 
ſondern beydes in Algier und Tunis dem Prinzen 
18 ein Monopolium zugehoͤrt. 

Man hat zweytens immer geglaubt, daß die 
Beybehaltung dieſes Handels ein wichtiger Ge— 
genſtand ſey, weil die ſuͤdlichen Provinzen von 
Frankreich von dort aus mit Lebensmitteln verſe—⸗ 
hen werden, und man geglaubt hat, nur eine 
Compagnie konne die Unkoſten beſtreiten, welche 
dieſer Handel unumgaͤnglich erfordert. 


Ueber⸗ 


170 


Ueberdem ift dieſer Handel, wegen der gro⸗ 
ßen Summe die dafür erlegt wird, das ſtaͤrkſte 
Band, welches die Algierer mit den Franzoſen 
verbindet, und das beſte Mittel die Schifffahrt 
der letzteren in dem ganzen mittellaͤndiſchen Meer 
zu ſichern. Von den jaͤhrlichen Abgaben welche 
die Compagnie der Algierer Regierung bezahlt, 
und dem Tribut der Mauren welche an die abges 
tretnen Laͤndereyen gränzen, wird die Miliz beſol⸗ 
det. Der geringſte Aufſchub bey Bezahlung die⸗ 
ſes Soldes wuͤrde dem Dey gefaͤhrlich ſeyn, und 
ihn zwingen Gewaltthaͤtigkeiten gegen die Franzo⸗ 
ſen auszuuͤben, um ſich gegen die Wuth ſeines 
uͤbermuͤthigen Kriegesvolks zu ſichern. Dieſe 
Summen moͤchten ſich auch nicht ſo leicht unter 
einzelne Kauffahrer vertheilen laſſen. 

Als Ludwig der vierzehnte in einem zwanzig 
jaͤhrigen Kriege, vergeblich verſucht hatte ſeiner 
Flagge bey den Algierern Achtung zu verſchaffen: 
befahl er 1665 dem Marſchall d' Etrèes welcher 
ſeine Flotten Commandirte, ſich mit den Regie- 
rungen zu Algier und Tunis wegen des aus- 
ſchließlichen Handelsprivilegiums nach dem Cap 
Neger der Frankreich Baſtion und ihren davon 
abhaͤngenden Logen in Unterhandlungen einzulaf 
fen, und es gelang dem Marſchall feinen Auf- 
trag auszurichten. Die Ausbreitung des Hans 
dels in mittellaͤndiſchen Meer, nebſt der ungehins 
derten Schifffahrt waren die Folgen dieſer Unter 
handlung. 


Die 


171 


Die Revenuen welche die vornehmſten Bes 
ſehlshaber der Regierung zu Algier von der Com— 
pagnie ziehen, machen es ihnen nothwendig, den 
Frieden zu halten, und da die Summen welche 
die Compagnie durch ihren Handel in der Barba— 
rey verbreitet, es den Mauren erleichtert die Abs 
gaben an Algier zu entrichten, wuͤnſchen dieſe den 
Frieden eben ſo ernſtlich, wovon das, was ſich 
17361 in Algier zutrug ein Beweis iſt. 

Es wurde dem Divan mit der Heftigkeit, 
welche den Tuͤrken eigen iſt, vorgeſchlagen, den 
Franzoſen den Krieg anzukuͤndigen. Die Großen 
des Landes, welche ſich vor der Beſchuldigung 
fuͤrchteten, ihr Privatintereſſe dem gemeinen Be— 
ſten aufzuopfern, durften ſich dem Vorſchlage nicht 
wiederſegen. Die Miliz erklaͤrte aber ſogleich daß 
ſie nicht darin willigen würde, wenn die Regierung 
ihnen nicht einen andren Fond als die Abgaben 
der Mauren zu Bezahlung ihres Soldes anwieſe. 
Nach vielen Streitigkeiten wurde beſchloſſen, mit 
den Franzoſen aus dieſem einzigen Grunde Friede 
zu halten, und mit den Hollaͤndern zu brechen. 
Die franzoͤſiſche Regierung waget es nicht in den 
ihr abgetretenen Laͤndereyen freyen Handel zu er— 
lauben, aus Furcht, ſie moͤchten in die Haͤnde der 
Engellaͤnder fallen, welche in Algier noch immer 
Unterhandlungen pflegen, um die Franzoſen von 
dort zu vertreiben, und dorten Niederlaſſungen zu 
erhalten, aus denen ſie ihre Flotten zu Mahon und 

Gibraltar bequem verproviantiren koͤnnen. 


| 


Sie 


172 


Sie haben ſchon zu verſchiedenenmalen vers 
ſucht, die Franzoſen zu verdrengen, indem ſie weit 
vortheilhaftere Bedingungen angeboten als die 
Franzoſen zu bewilligen im Stande waͤren, allein 

bisher hat es ihnen in ihren arg se noch 
nicht gelingen wollen. N 


Es iſt auch nicht zu leugnen, vr wenn man 
das Syſtem eines freyen Handels befolgen ſollte, 
man große Vorſicht gebrauchen muͤßte, um dem Dey 
allen Argwohn wegen eines Projekts zu benehmen, 
daß ihm fo zuwieder waͤre. Man muͤßte ſich übers 
dem jaͤhrlich ſehr anſehnliche Opfer gefallen laſſen, 
die den koͤniglichen Schatz läftig ſeyn und den 
franzoͤſiſchen Namen in Algier erniedrigen wuͤrden. 
Sobald fie mit andren Nationen in eine Claſſe kaͤ⸗ 
men, wuͤrde man fie auch auf gleichen Fuß bes 
handlen; der Dey würde feinen Erpreſſungen kei- 
ne Grenzen ſetzen, und ein Krieg den das Cabinet 
zu Verſailles mit Grunde ſcheut, unvermeidlich 
werden. el 


Dies find die politiſchen urſachen, welche 
das Miniſterium bewogen haben, ſich von den alle 
gemein angenommenen Grundſaͤtzen zu entfernen; 
ſie verdienen erwogen zu werden. Denn ſo bald 
die Handelsfreiheit einmal beſchloſſen iſt, wuͤrde es 
zu ſpaͤt ſeyn, ein ſtolzes unwiſſendes Volk wie- 
der zu gewinnen, welches ſich nur durch ſeine 
Launen und einem uͤbel verſtandenen Eigennutz 
lenken laßt. 

Die 


173 


Die Compagnie handelt hauptſaͤchlich mit 
Getraide und andren Lebensmitteln die ſie in der 
Barbarey aufkauft; Haͤuten, Wolle und einigen 
andren Artikeln. Sie hat überdem das Privile⸗ 
gium der Korallenfiſcherey auf der Kuͤſte, welches 
zuweilen ein ſehr wichtiger aber dabey ungewiſſer 
und zufälliger Gegenſtand iſt. Wenn nur die Sir 
ſcher mehr Erfahrung und Muth beſaͤßen ſo koͤnnte 
es doch noch etwas vortheilhafter ſeyn. 


Die Catalonier und Corſikaner welche fuͤr die 
beſten Corallenfiſcher gehalten werden, bedienen 
ſich auch weit beſſerer Werkzeuge als die Fran⸗ 
zoſen. 

Die Genueſer die ſich auf der Inſel Tabarka 
iebetörlafien hatten, waren zu der Zeit da der Bey 
von Tunis dieſe Inſel wegnahm, wegen des Coral: 
enfanges berühmt. Zweyhundert Tabarfaner die 
ſich während daß dieſe Begebenheit vorfiel, auf der 
See befanden, retteten ſich nach Calle, und boten 
dem Direktor ihre Dienſte an. Um 1774 ließ ſich 
der Dey von Algier einfallen wieder alles Recht 
dieſe Tabarkaner zu verlangen; und ſandte zu 
dem Ende fuͤnf Chebecken welche Befehl hatten ſie 
dreiſt heraus zu fordern. Der Direktor verließ 
lieber das Comtoir mit allen ſeinen Leuten als das 
er fie heraus gegeben hätte; indem aber die Ta— 
barkaner den Algierer zu entgehen ſuchten, fielen 
ſie den Mauren in die Haͤnde, und die Compagnie 
verlor durch dieſen Zufall eine Menge geſchickter 

Coral 


174 


Corallenfaͤnger, und bedient ſich daher gegenwaͤr⸗ 
tig der Lorſen. ö 

In dem Theil der Barbarey in welchem ſich | 
die Länder der Compagnie befinden, iſt eine ſehr | 
geringe Waaren-Conſumption; der ganze Handel 
wird mehrentheils mit Piaſtern gefuͤhrt, welche 
die Compagnie in Spanien aufkaufen laͤßt. Gold⸗ 
muͤnzen gelten wenig unter den Mauren, wal 
ihren Werth nicht kennen. | 

Die Geſellſchaft beſitzt jetzt folgende Con 


toirs. 
La Calle iſt das vornehmſte, und der Haupt 

ort der Compagnie auf der barbariſchen Kuͤſte. 
Bey Errichtung deſſelben war der Corallen- 

fang die Hauptabſicht; in der Folge legte man 
ſich hier auch auf den Getraidehandel, welcher 
ſehr anſehnlich geworden iſt. Man kauft hier eis 
nige wenige Haͤute und etwas Wachs. 1 
Die Wohnungen der Franzoſen zu Calle, und 

die aͤußeren Feſtungswerke, find von der Com 
pagnie mit Genehmigung des Deys, aufgefuͤhrt 
worden, und es iſt nicht erlaubt ſelbige zu ver- 
aͤndern, oder zu verſtaͤrken. Die Feſtungswerke 
beſtehen aus verſchiedenen Batterien, die mit ſech⸗ 
zehn ſechs und vierpfuͤndigen Kanonen beſetzt find; | 
Zwey von dieſen Batterien, find dazu beſtimmt 
den Eingang des Hafens zu vertheidigen. 1 
Die Feſtungswerke koͤnnen die Einwohner 
nicht ohne eine beſtaͤndige Wachſamkeit des Direk⸗ 
tors und feiner Leute gegen einen Angriff ſichern. 
Die 


175 
| > 
Die Barnifon beſteht aus 120 Mann, welche im 
Dienſte ſehr ungeuͤbt ſind; im Fall der Roth aber 
giebt man nicht allein den Einwohnern, ſondern 
auch den Corallenſiſchern Waffen, welches zuſammen 
dreyhundert funfzig Perſonen ausmacht; es ſind 
dorten aber Waffen für ſechshundert vorhanden. 
Bonne iſt ein Contoir in der Provinz Con- 
ſtantine, wo die Compagnie einen Agenten und eis 
nige Unterbediente unterhält. 

Der Handel dieſes Comtoirs beſteht in Wol- 
fenen Zeugen die man Conſtantinen nennt, Haͤuten 
und Wachs; und iſt von jeher ſehr eintraͤglich ge⸗ 
weſen, wenn die Agenten der Compagnie gewußt 
haben ſich die Gunſt der Großen des Landes zuzu— 
ziehen. Außerdem erlaubet der Traktat von 1694 
der Compagnie jaͤhrlich 500 Caffis oder 2006 
Laſten Getraide von Bonne auszufuͤhren bis zum 
Jahr 1760. Die Compagnie hat ſich gewoͤnlich 
nicht auf dieſe Quantitat eingeſchraͤnkt, aber von 
dieſer Zeit bis 1764 hat der Bey von Conſtantine 
den Getraidehandel ganz verboten, und endlich 
ſogar den Agenten der Compagnie fortgeſchickt. 
Seitdem aber die Direktion zu Marſeille in beſſere 
Haͤnde gerathen iſt, hat man geſchicktere Agenten 
gewaͤhlt, und alles iſt zu Bonne wieder in der vo⸗ 
rigen Ordnung, wie auch in den andren Com— 
toirs. 

Le Collo iſt ein Comtoir der Compagnie auf 
der Kuͤſte der Provinz Conſtantine. Man handelt 
hier blos mit Haͤuten und Wachs. Die Betruͤge— 
unt | ren 


176 


rey der Eingebohrnen, und die Unwiſſenheit der 
Agenten haben die Compagnie ſchon verſchiedene⸗ 
male genoͤthiget, dieſes Contoir zu verlaffen. 

Die kleine Inſel Tabarka, welche auf der 
Kuͤſte von Tunis liegt, iſt immer ein Gegenſtand 
der eifrigen Wuͤnſche aller europaͤiſchen Seemaͤch⸗ 
ten geweſen. Wenn die Barbaren ſich ihnen nicht 
wiederſetzten, koͤnnten die Franzoſen hier eine Nies 
derlaſſung haben, die ihnen vielleicht nuͤtzlicher als 
alle übrigen in der Barbarey ſeyn wuͤrde, vor 
nehmlich wegen des Corallenfanges der hier ſehr 
eintraͤglich iſt. 

Dieſe Inſel gehoͤrte ſeit langer Zeit der Ge⸗ 
nueſiſchen Familie Lomellini, welche dort Fiſcher 
von ihren Landsleuten und einige Soldaten zu Ber 
deckung des Schloſſes unterhielten. 

Die Geſellſchaft machte 1741 den Ar | 
Verſuch ſich dieſe Inſel zu verſchaffen; da fie vers 
nommen hatten daß ſie den Lomellinis zur Laft fiele, 
und ſie ſolche zu veraͤußern wuͤnſchten, ſie ſchickten 
daher einen gewiſſen M. de Fougaſſe nach Genua 
um wegen dieſer Sache zu handeln, mit der 
Erlaubniß bis auf dreyhunderttauſend Livres zu 
bieten, welche bezahlt werden ſollten, ſobald 
ſie im Beſitz waͤren. M. de Fougaſſe wurde im 
Fall eines gluͤcklichen Ausgangs dort als Gouver⸗ 
neur und Oberdirektor der abgetretenen Laͤnder 
etablirt. Dieſe Negociation kam aber nicht zu 
Stande, und die Eroberung der Inſel im Monat 
Auguſt durch den Sohn des Bey von Tunis, eis 

laubte 


177 


laubte der Geſellſchaft nicht ihren mißlungenen 
Berſuch zu bedauern. 


1. Im Junus 1742 wurde M. de Saurin ein 
Seeofficier mit dreyhundert Mann, (wovon die 
mehreſten Corallenfiſcher, und im Landdienſte wenig 
geuͤbt waren) abgeſchickt, um einen Angriff auf 
die Inſel zu machen: ſein Unternehmen war aber 
durch einen Mauren verrathen worden, und er 
wurde mit Verluſt von zwey Drittheilen ſeiner 
Mannſchaft, die entweder getödtet oder gefangen 
genommen wurden, zuruͤckgeſchlagen. 


Dier uͤble Ausgang dieſer Sache ließ die 
Br befürchten, der Dey von Tunis moͤchte 
adurch noch mehr erbittert, und zum Frieden 
abgeneigter werden. Man hielt es daher fuͤr 
rathſam den ganzen Vorfall zu deſavouiren und 
auszuſprengen, daß der Koͤnig ſehr unzufrieden 
mit der Auffuͤhrung des M. de Saurin waͤre; 
und um der Sache mehr Wahrſcheinlichkeit zu ge⸗ 
den, wurde M. Fougaſſe der Oberdirektor, wel— 
cher Herrn Saurin zu La Calle die noͤthigen 
Huͤlfsmittel zu ſeiner Expedition gegeben hatte, 
durch einen Befehl des Koͤniges zuruͤckgerufen, 
5 in den Stand eines ſimplen Agenten geſetz, 


Zwey Haupthinderniſſe wiederſetzen ſich der 
Niederlaſſung der Europäer in der Inſel Ta: 
Harka. 

FVorſters 9. u. V. K 3. Tb. M Das 


178 


Das erſte iſt, weil ber Dey von Algier 
wegen eines Tributs von funfzehn Kiſten ausge- 
ſuchter Korallen die zuſammen fuͤnf und ſiebenzig 
Pfund wiegen, und die ihm die Inſel zu Lomelli⸗ 
nis Zeiten zahlte, ſich das Recht der Oberherr⸗ 
Schaft über dieſelben anmaßt, und daß folglich der 
Bey von Tunis ſie nicht ohne ſein Vorwiſſen ver⸗ 
aͤußern kann. 

Das zweyte Hinderniß beſteht darin, das 
im Kriege von Tunis 1742, der damalige Bey 
ein Meiſterſtuͤck in der Politik zu machen glaubte, 
wenn er den Großſultan fuͤr die Erhaltung dieſer 
Inſel intereßirte. Er überfandte ihm daher die 

Schluͤſſel derſelben; und indem er auf dieſe Art 
feine Oberherrſchaft erkannte, ſetzte er ſich auf 
fer Stand fie ohne feine Erlaubniß zu vergeben. 
Ueberdem koͤnnen die beyden Maͤchte von Algier 
und Tunis nicht ohne Eiferſucht eine Niederlaf 
ſung ſo nahe an ihren Kuͤſten ſehen, deren Be 
ſitzer die Haͤfen beyder Koͤnigreiche nach ihren Be 
lieben bloquiren koͤnnten. 

Bizerta iſt eine Seeſtadt im Koͤnigreich Tu 
nis, 1741 unterhielt die Geſellſchaft hier einen 
Agenten der bloß dazu angeſetzt war die Commu 
nikation zwiſchen Cap Neger und La Calle zu be 
foͤrdern; es wurde aber dort kein Handel getrie 
ben, auch waren da keine franzöſiſchen Haͤuſer. 

Im Jahr 1768 erhielt M. de Seizieu na 
langen Unterhandlungen von dem Bey von Tunit 
die Erlaubniß, fuͤr die eye Geſellſchaft i 

den 


179 


dem Meer von Bizerta Korallen zu fiſchen. Die 
Compagnie verſuchte dieſe Fiſcherey mit Fahrzeu⸗ 
gen von La Calle, es gelang ihnen aber nicht, weil 
die Schiffsherrn verſicherten, es gaͤbe dorten mes 
nig Corallen; allein der ſchlechte Fortgang ſchreck⸗ 
te die Direkteurs nicht ab, fie glaubten, es wäre 
blos eine Folge der Unerfahrenheit ihrer Fiſcher, 
und machten einen Contrakt mit den Fiſchern von 
Marguerite, den Corallenfang fortzuſetzen. Kaum 
waren aber die zwoͤlf Fahrzeuge, welche man an 
der Kuͤſte von Genua ausgeruͤſtet hatte, zu Bi⸗ 
ertä angelangt, als der Bey von Tunis dem dor⸗ 
igen Agenten der Compagnie verbot ſich laͤnger 
horten aufzuhalten, und den Schiffern in ſeinen 
Meeren Corallen zu ſiſchen. 


Dies Verbot that der Compagnie großen 
Schaden, nicht allein wegen der verlornen Hofs 
zung, hier eine reiche Corallenernte zu finden, ſon⸗ 
ern auch der vergeblichen Ausgaben wegen, das 
somtoir zu Biſerta in gehörigen Stand zu ſetzen. 


Der Krieg der hierauf folgte, würde durch 
inen Frieden geendigt, dem man einen beföndren 
zergleich zwiſchen der Compagnie und dem Bey 
on Tunis, hinzufuͤgte. In dieſem geſtattete der 
nz, frey von allen Abgaben auf ſechs Monate 
en Korallenfang, und unter gleichen Bedingungen 
ben ſo lange die Erlaubniß 2000 Caffis Getraide 
uszufuͤhren, und das alte Comtoir zu Cap Neger 
bieder herzuſtellen. 


Seit⸗ 


180 

Seitdem braucht die Compagnie corfſiſche Ko: 
rallenfiſcher von Ajaccio, die ihren Fang gegen ei⸗ 
nen feſtgeſetzten Preis der Geſellſchaft abliefern. 
Der Werth der hier und ſonſt an der africaniſchen 
Kuͤſte uͤberhaupt gefangenen Korallen iſt nicht gewiß 
zu beſtimmen. Der Preis der rothen Korallen 
haͤngt blos von der Groͤße des Stuͤcks und der 
Schoͤnheit der Farben ab. Die ſchlechteſte Sorte, 
koſtet drey bis zehn Livres das Pfund, die beſſern 
aber wohl dreyßig Livres. Ganz große Stücken 
ausgenommen, wird der ganze Fang Centner weiſe 
verkauft. In der Provence ſind fuͤnf Korallenfabtis 
ken, zwey in Marſeille, und zwey in Kaſis. Es 
werden in denſelben nicht blos Africaniſche, fon 
dern auch andere an der Küfte von Provence, Ca⸗ 
talonien und Corſica gefiſchte Korallen geſchliffen 
und gebort. Im Jahr 1773 wurden in denſel⸗ 
ben überhaupt für 900,000 Livres verfertigt. In 
eben dieſem Jahr erhielt Marſeille durch Schiffe 
dieſer Geſellſchaft, deren damahls hundert und 


Kuͤſte befchäftiget waren, 84,336 Laſten (Char- 
ges) Weizen jede von 443 Pfunde, und 16,173 
Laſten Gerſten, Bohnen und Hirſe. Ohne was 
eben daher an Wolle, Wachs und Häuten ang 
fuͤhrt wurde. — 


3 
Raturaersiäte 
4 der 
ie füßigen Thiere und Vaud, 


welche 


95 "a in den die Hudſonsbay umgebenden 
A | Ländern finden. 


Da der Durchgang der Venus über den Sonnen + Zeller 
der Koͤnigl. Geſellſch. der Wiſſenſchaften zu London Ge 
legenbeit gab nach manchen Orten einen Brieſwechſel 
iu eroͤfnen, die ſonſt wenig bekannt ſind, ſo ward es 
auch für nöthig erachtet, allenthalben anzuhalten, daß 
man doch die Thiere der Gegend, ſo viel als moͤglich 
unterſuchen und die Unterſuchungen der Koͤnigl. Soeie⸗ 
taͤt der Wiſſenſchaften mittheilen moͤgte. Die a 
Geſellſchaft gab ihren deuten in der Hudſonsbay zufo 
eines ſolchen Antrages Befehle, alle die Thiere der 
gend zu ſammlen und nebſt einigen Nachrichten die Br 
tur und Ekonomie der Thiere betreffend, einzuſenden. 
Dieſe wurden befolget, und nachdem die Thiere und 
Nachrichten eingelaufen waren, ſchenkte die Hudſons⸗ 
bay Geſellſchaft beyde der Koͤnigl. Societaͤt der Wiſſen⸗ 
ſchaften und dieſes Geſchenk hat dieſe kurze Naturze⸗ 
ſchichte der Thiere yeranlaſſet. 


Eine Nachricht von verſchiedenen vierfüßi⸗ 
gen Thieren aus der Hudſonsbay, von 
Johann Reinhold Forſter. 


. 
N. 
. De Arctiſche Fuchs. Penn, Synops. of 
f Quadr. p. 155. n. 133. Canis Lago- 
pus Linn. 
Vom Severn⸗Fluſſe. 
Der ſchneeweiße Pelz womit dieſes Thier 
bedeckt iſt, giebt ihm ein ſehr ſchoͤnes Anſehen; 
es ſcheint niedriger zu ſeyn als der gemeine Fuchs, 
und wird durch die Laͤnge und Dicke ſeiner Haare, 
die ſo weich wie Seide ſind, vortreflich gegen die 
heftige Kaͤlte des Klimas geſichert. In der Nach⸗ 
richt welche wir mit demſelben von Severn erhal— 
ten haben, wird geſagt, daß dieſe Fuͤchſe ſehr ein: 
faͤltige und unſchaͤdliche Thiere ſind; ſie ſehen 
Vouchmal zu, wenn eine Falle fuͤr ſie mit einer 
Lockſpeiſe verſehen wird, und ſtecken ſobald ſie fer⸗ 
tig iſt, den Kopf hinein: wenn fie vom Hunger gez 
quält werden, verzehren fie diejenigen von ihrer 
Gattung die ſich in dieſen Fallen haben fangen laſ⸗ 
ſen. 


184 


fen. Am ſonderbarſten aber find ihre Wanderuns 
gen gegen Norden und nach den oͤſtlichen Kuͤſten 
der Bay; denn obgleich alle Jahr einige wenige 
bey York Fort und am Fluſſe Churchill gefangen 
werden, ſo kommen ſie doch nur alle drey oder 
vier Jahre in großer Anzahl dahin; zu welcher Zeit, 
die immer im November anfaͤngt und im April 
aufhoͤrt, hunderte von ihren Fellen nach England 
geſchickt werden. Das uͤberſchickte Thier iſt voll 
kommen ausgewachſen, und das Fell iſt in der 
groͤßten Vollkommenheit. 

2. Die kleinere Fiſchotter. Penn. Synopſ. 
Quadr. p.239. n. 174. Muſtela Lutreola Linn. 
Syſt. Nat. 60. Faun. Suec. No. 13. 

Vom Severn- Fluffe. I 

Es iſt noch zweifelhaft ob man dieſes Thier 
für die kleinere Fiſchotter halten ſoll, die in Eu- 
ropa und Aſien gefunden wird; viele Umſtände 
ſcheinen es zu beweiſen; aber andere, wie zum 
Beyſpiel der Mangel an Schwimmhaͤuten die ich 
nicht zwiſchen den Zehen entdecken konnte, und 
der weiße Fleck am Halſe, ſind dieſer Meynung 
entgegen. Ich habe alſo eine Beſchreibung deſſel⸗ 
ben dieſer Nachricht beyfuͤgen wollen. Die Ein⸗ 
gebohrnen der Hudſonsbay nennen dieſes Thier 
Jackaſch; Herr Graham vom Severn-Fluße mel⸗ 
det uns, daß es ſich bey Buchten aufhaͤlt, und 
ſich wie die Fiſchotter von Fiſchen naͤhrt; es geht 
nur ſehr langſam fort und wirft vier bis ſieben 
Junge auf einmal; an Groͤße iſt es dem 1 

nz 


185 


hnlich; ſeine Lange iſt ohngefehr 16 Zoll; der 

5 anze Leib iſt mit glaͤnzenden dunkelbraunen Haa⸗ 
ven bedeckt, die ſehr dicht zuſammen liegen, und 
ſich ſehr gut für ein amphibiſches Thier zu ſchi⸗ 
cken ſcheinen; die wollichten Haare darunter find 
braͤunlichtgelb, die ganze untere Kinlade iſt mit 
einer Streife von weißen Haaren umgeben, und 
auf der Mitte des Halſes ſieht man einen kleinen 
unfoͤrmlichen Flecken von der naͤmlichen Farbe; 
die Fuͤße find mit Haaren ganz bis an die Nägel 
bedeckt, es hat fuͤnfe an jedem Fuße, die ſehr 
ein und von einer weißlichten halb durchſichtigen 
Farbe find, der Schwanz iſt obgleich nicht bus 
Sicht doch ziemlich dick mit Haaren beſetzt, viel 
chwärzer wie der übrige Theil des Leibes, und 
ohngefehr halb fo lang als das ganze Thier. 


3 Der Baummarder. Penn, Syn. Quadr. 
5. AR n. 155. Muſtela Martes. (Abietum) 
a inn. 


Vom Severn⸗Fluß. Maͤnnchen und Weibchen. 


| Dieſes fcheint eine Abartung von dem gelb- 
gen Marder Br. Zool. 1. 81. zu ſeyn, denn 
hre Farbe, insbeſondere bey den Weibchens, ift 
iel beſſer als deſſen, welches Herr Pennant be⸗ 
chreibt. Das Maͤnnchen iſt nußbraun, das Weib⸗ 
ben aber hellgelblichbraun; das erſtere hat einige 
Junfelbraunen Haare auf der Bruſt, die an dem 
Vetzteren hellbraunroth find. Beyde haben weiße 
R Basis und weiße Spitzen an den Ohren. Ihr 
| Fell 


186 


Fell iſt ſehr dick an Haaren und ſchuͤtzt ſie gut ge 
gen die Kaͤlte. Der Schwanz iſt an beyden Ge 
ſchlechtern buſchicht und dunkler als der Leib; bei 
dem Weibchen aber gelblicht mit einer ſchwarzen 
Spitze; er war bey beyden kuͤrzer als ihn Hern 
Pennant, Briſſon und andere beſchrieben haben 
und iſt vielleicht verftümmelt worden. Dieſe Gat 
tung naͤhrt ſich von Maͤuſen, Kaninchen und der 
gleichen, wenn man aber eine todte Maus alz 
Lockſpeiſe in eine Falle legt ruͤhrt es ſie nicht an, 
und die Einwohner muͤſſen deswegen den Kopf ei 
nes Rebhuhns oder eines andern Vogels dazu ge 
brauchen. Verfolgt man es mit Geraͤuſch, fü 
klettert es gleich auf einen Baum. Man hat ver 
ſucht dieſe Thiere zahm zu machen, aber ohne Er: 
folg, und wenn ſie in dieſer Abſicht in einen Ke⸗ 
ficht eingeſperrt werden, hat man bemerkt daß ſie 
Anfaͤlle von der fallenden Sucht bekommen. Sie 
werden in der Hudſonsbay in großer Anzahl ü 
Fallen von kleinen Stoͤckern gemacht, gefangen. 
Sie vergraben ſich in die Erde, und werfen jc 
mal vier bis ſieben Junge. 


4. Das Hermelin : Wiefel. Penn. Syn. 
Quad. p. 212, n. 115. &. Q. e Ermi⸗ 
nea. Linn. 

Vom Severn⸗ Fluß und Albany: Fort. | 


Eins in dem Sommer und ein anders in dem 
Winter⸗ Felle, die Eingebohrnen bey Albany nen⸗ 
nen ſie Sick⸗Kuſſe⸗ſue, aber warum ſie ihnen 

die⸗ 


187 


biefen Namen geben, weiß man nicht. Sie fref 
fen Maͤuſe, kleine Voͤgel, und alle Arten von Fi⸗ 
ſchen, Fleiſch und Gefluͤgel. 


S6. Das gemeine Wieſel. Penn. Pyn. Quadr. 

211. n, 115. Muftela nivalis Linn. 

Eins in ſeiner Winter-Tracht, ſieben Zoll 
lang, der Schwanz ohngefehr einen Zoll, aber 
felleicht verſtuͤmmelt; es iſt ganz weiß, nur fin⸗ 
det man hier und da beſonders im Schwanze ei: 
ge braͤunliche Haare. Ein anders in dem Som⸗ 
mer Fell, welches unſerm Wieſel vollkommen er 
ich iſt. 

6. Der Skunk. Penn. Syn. Quad. P-167. 
Ralms Reifen. J. 273. tab. I. 
Es trift ganz mit Pennants Beſchreibung 
überein; außer daß der weiße Streif auf dem 
Kopf, nicht mit dem auf dem Ruͤcken verbunden 
iſt, auch iſt der braune Raum zwiſchen den zwey 
weißen Flecken auf dem Ruͤcken breiter als er ihn 
D er 

Das Kanadiſche Stachelſchwein. Penn. 
Syn. Quadı. p. 226. n. 196, Hyſtrix dorfa« 
t ta „ Linn, 
Bom Severn⸗Fluß. 

Es ſtimmt vollkommen mit den Beſchreibun⸗ 
gen davon uͤberein. Dieſe Thiere halten ſich bey 
den Fichtenbaͤumen auf, deren Rinde ſie im Win⸗ 
ter eſſen, ſo wie die Spitzen von Weiden und an— 
dern ‚Bäumen im Sommer. Sie paaren ſich im 
Sep⸗ 


188 


September, und kriegen nur ein Junges auf ein, 
mal, in der erſten Woche des Aprils. Im Win: 
ter reiſen ſie ſelten mehr als fuͤnfhundert Ellen 
weit, ſobald man alſo einen Baum ſieht dem die 
Rinde vor kurzem abgeſtreift iſt, kann man gewiß 
ſeyn bald ein Stachelſchwein zu finden. Die lang: 
ſten Stacheln eines alten Stachelſchweins ſind 
ohngefehr fünf Zoll lang. Die Europaͤer eſſen 
das Fleiſch dieſer Thiere fehr gern, weil es gebra⸗ 
ten ganz den Geſchmack eines jungen Ferkels hat, 
Die Knochen haben im Winter eine gruͤnlichtgelbe 
Farbe, welches vielleicht von der Rinde der Fichten 
baͤume die fie beftändig eſſen, herruͤhrt. Es iſt bes 
kannt, daß Thiere welche ſich von Färberwurz naß 
ren, rothe Knochen bekommen. 


8. Der Biber. Penn. Syn. Quad. p. 25% 

n. 190. Caſtor Fiber Linn. 9 2 
Dom Churchill-Fluſſe Nr. 1. 9 
Ein ſehr ſchoͤnes Exemplar, das Fell iſt in 

der größten Vollkommenheit, und in ſehr gu⸗ 
tem Stande. Es iſt ſchoͤn glänzend ſchwarz: der 
Schedel eines andern iſt auch mitgeſchickt worden. 
Man findet eine große Aehnlichkeit zwiſchen der 
Geſtalt der Schneidezaͤhne dieſes Thieres und des 
vorhergehenden; nur ſind ſie bey dem letztern 
länger. Pr 
9. Der Bifam + Bieber. Penn. Syn. Quadr, 

p. 259. n. 12 1. Caftor Zibethicus. Linn, 


Der Muſquaſch, vom Severn-Fluſſe. 4 


159 


Es haͤlt ſich in flachen Gegenden auf, baut 

daͤuſer wie der Bieber, wirft fünf bis ſieben Jun⸗ 

auf einmal, und, naͤhrt ſich von Gras und 
Laub der Weiden und Pappelbaͤume. 


10. Der Alpen Haaſe. Penn. Syn. Quadr, 
249 n. 185. Lepus variabilis Pallas Nov. 
pec. Quadr. e Glir. ordine. p. 1 - 17. Kalnis 
geiſen nach Nordamerika Th. 3. S. 59. 

Von York⸗Fort. 

. Ein ſchoͤnes Exemplar in ſeinem Winterpelze, 
yelcher ganz weiß iſt, ausgenommen an den Dh: 
en, deren aͤußerſte Spitzen ſchwarz ſind. Es iſt 
iel größer als das naͤchſtfolgende Thier. Der 
emeine Haaſe, Penn. Syn. Quadr. ſcheint nicht 
| heimiſch in Amerika zu ſeyn. 


11. Der Amerikaniſche Haaſe, in der Hud: 
onsbay Kaninchen genannt. Kalms Reiſen nach 
tordamerifa, 1. 105. IL. 45. 

Von den Fluͤſſen Severn und Churchill. 
Dieſe Gattung welche uneigentlicher Weiſe 
aninchen genannt worden iſt, vielleicht weil fie 
einer iſt als der Haaſe, iſt ganz gewiß neu, und 
ch niemals beſchrieben worden, außer von 
zalm in ſeinen Reiſen durch Nordamerika. Th. 1. 
5. 104. 11. 45. Seine Nachricht davon trift 
nit der von Herrn Graham, und mit dem Exem⸗ 
lare in der Sammlung der Koͤniglichen Societaͤt 
ollkommen überein. Man findet diefe Thiere in 
koßer . in der Hudſonsbay, ſie vergraben 
| ſich 


190 


ſich nicht unter die Erde, ſondern halten ſich Som 
mer und Winter unter herabgefallnen Blättern 
und Wurzeln der Bäumen auf. Sie ziehen nicht 
nach andern Gegenden, ſondern bleiben wenn fit 
nicht geſtoͤrt werden, immer an dem nämlichen, 
Sie werfen ein oder zweymal des Jahres, und ben 
kommen fuͤnf bis ſieben Junge auf einmal . die 
Ausgewachſenen wiegen von 3 bis 44 Pfund, 
Ihr Fleiſch welches nicht ſo weiß und zart als das 
Fleiſch des gemeinen Kaninchens iſt, wird doch 
beydes im Sommer und Winter als eine geſunde 
Speiſe genoßen. Es wird jaͤhrlich eine große An⸗ 
zahl von dieſen Thieren auf folgende Art gefangen! 
da ſie gewohnt ſind beſtaͤndig nur einen Weg zu 
gehen, legen die Englaͤnder und Eingebornen jum: 
ge Bäume quer über denſelben, und machen ſo 
einen Zaun, in welchem nur eine Oefnung iſt wo 
das Thier durchgehn kann; in dieſe ſtellen fie eine 
Schlinge welche aus einem Stuͤck Meßingdrath, 
Bindfaden oder dergleichen beſteht, daß mit einem 
zuſammengezogenen Knoten an ein querliegendes 
Stuck Holz befeſtigt und deſſen Ende an eine ela— 
ſtiſche Stange gebunden iſt; ſobald alfo das Thie 
feinen Kopf in die Schlinge ſteckt, wird der Kno⸗ 
ten von dem Stuͤck Holz herab gezogen, die Stats 
ge fliegt in die Hoͤhe, und das Thier haͤngt in 
der Luft. | 
Die eigentlichen unterſcheidenden Kennzeichen 
dieſer Gattung ſcheinen zu ſeyn: | 
1) Sei⸗ 


| ’ 191 
1) Seine Größe; indem es etwas groͤßer ift 


Alpen oder kleinere Haaſe. 

2) Die Proportion ſeiner Glieder; denn ſeine 
Hinterfuͤße find im Verhaͤttniß gegen den 
Leib langer als bey dem Kaninchen und dem 
gemeinen Haaſen. Siehe des Herrn Dalnes 
Barrington Brief an Doktor Watfon über 
dieſe neue Gattung von Haaſen. 

3) Die Spitzen der Ohren und des Schwan—⸗ 
zes, die beſtaͤndig grau und nicht ſchwarz 
wie beym Alpen ⸗Haaſen ſind. Kalms Rei⸗ 
fen. 2. S. 45. 

Vielleicht koͤnnte man noch eini ge andere Kenn⸗ 
ben feſtſetzen, wenn das Thier einmal in feinem 
zommerfell uͤberſchickt wurde, denn alle Exem⸗ 
are in dem Muſeum der Königlichen Societaͤt 
d entweder ganz in ihrer Wintertracht oder 


erden wo das Klima viel gelinder iſt als in der 
hudſonsbay, ihre graue Farbe beydes im Som— 


hr in hohlen Baͤumen werfen, im Sommer aber 
N Graſe; daß ſie ſobald man ſie verfolgt ſich in 


ztoͤcken, Rauch de. heraustreibt; und endlich daß 
e in den Kohl-Feldern und Baum⸗Gaͤrten gro— 
en Schaden anrichten, indem fie in der Nacht, 

er & einzigen Zeit in der ſie ihre Nahrung zu ſich 
| neh⸗ 


als ein Kaninchen, aber doch kleiner als der 


den in dem Zuſtande der Veraͤnderung. Herr 
alm erzaͤhlt, daß die ſo in Neu⸗ Jerſey gefunden 


er und Winter beybehalten; daß fie im Fruͤh⸗ 


hle Baͤume fluͤchten, wo man fie mit krummen 


* 


192 


nehmen, wie auch der gemeine Haaſe zu thun 
pflegt, die Kohlpflanzen und die Rinde der Aepfel 
baͤume abnagen. | | 

| 12. Das Canadiſche Murmelthier; Penn 

Syn. Quadr. p. 27% n. 199. Mus Emperra 
Pallas. Nov. Spec. Quad. e Glir. ord. | 

Vom Churchill-Fluße Nr. fi 
Dieſes Thier wird zu Churchill Fort ei 

Grund Eichhorn genannt; an Groͤße iſt es von 
dem in der Syn. Quadr. befchriebenen. ziemlid 
verſchieden, denn es iſt viel kleiner als ein Kanin 
chen, und mag vielleicht noch jung ſeyn. Da ic 
es mit dem Bahamiſchen Murmelthier nicht gan 
ähnlich fand, habe ich es auf folgende Art bei 
ſchrieben: Die Naſe iſt ſtumpf, die Ohren fin] 
kurz und abgerundet, der obere Theil des Kopfe 
nußfarb, und der Ruͤcken weißlicht, ſchwarz un 
gelblichtbraun geſprenkelt: die Beine und der gan 
ze Unterleib des Thieres ſind hell Eiſenfarb; de 
Schwanz iſt ſehr kurz und an der Spitze ſchwarz 
Von der Naſe bis zu dem Anfange des Schwan 
zes iſt es eilf Zoll lang, der Schwanz drey Zoll 
An dem Vorderfuͤßen hat es vier, an den dint 
fuͤßen fuͤnf Zehen. 

1.3. Das eiſenfarbige Eichhorn. Penn. Syn 
Quadr. p. 279. n. 206. Sciurus hudſonius 
Pallas. novae Species e glirium ordine e 
Schreber. Mammalia. | 

Eine Gattung die von der gemeinen obgehet 
denn es iſt etwas kleiner, und hat einen eiſenfar 
bigten 


193 


bigten Ruͤcken, mit einem grauen Bauche, der 
Schwanz iſt kuͤrzer als bey der gemeinen europaͤi— 
ſchen Gattung, und von einer ſchoͤnen roͤthlichen 
Eiſenfarbe, mit Schwarz eingefaßt. Dieſes Thier 
haͤlt ſich auf Tannenbaͤumen auf, und naͤhrt ſich 
von den Zapfen derſelben; den groͤßten del des 
Winters uͤber ſchlaͤft es. 

14. Das groͤßere fliegende Eichhorn, Ceiu- 
rus Volucelia, Pallas. nov. Spec. e glir. ord. 
K Vom Severn⸗Fluſſe. 

Es iſt eben ſo groß, wo nicht groͤßer als das 
gemeine Eichhorn; hat ziemlich lange Haare die 
nten von einer dunkeln Farbe, und an den Spi— 
tzen roͤthlich braun ſind, und ſo liegen, daß der 
Ruͤcken bloß von dieſer letztern Farbe zu ſeyn 
cheint, der Schwanz iſt ſehr buſchig, etwas zu— 
ammen gedruͤckt, aber die Haare von demſelben 
ſtehen nicht gefiedert an jeder Seite, wie bey dem 
gemeinen Eichhorn, oben iſt es braͤunlich mit einer 
dunkelgrauen Spitze, unten aber gelblich weiß; 
der ganze Untertheil des Thieres hat die naͤmliche 
gelblich weiße Farbe. Die Haut womit es fliegt 
reicht von den Border = bis zu den Hinterfuͤßen, 
ohne ſich zu den Ohren zu erſtrecken: es wird in 
Jamesbay ohngefehr unter dem 5 1. Grad noͤrd⸗ 
icher Breite gefunden. ; 
Dies iſt vielleicht der Sciurus volans des 
Linnaeus, und das fliegende Eichhorn aus den 
arktiſchen Gegenden von Turopa. Herr Briſſon 
ö cheint dieſes und das kleine virginiſche Eichhorn 
Vorſters L. u. V. K. 3. Th. N Mm: 


194 


zuſammen vermengt zu haben, und die Stellen die 
er dabey anfuͤhrt find ganz verworren. Der Mus 
Volans von Linnaeus, iſt ganz gewiß eine Abar 
tung des kleinen fliegenden Eichhorns aus den wil 
dern Gegenden von Nordamerika, nämlich Neu⸗ 
york, Penſilvanien und Virginien, welches beydes 
an Groͤße und Farbe von dieſem ſehr ares 
den iſt. 


15. Ein kleines Thier, eine Feldmaus 90 
nannt. Mus lagurus? Pallas nov. Spec. e glir, 
ordine. 


Vom Churchill⸗Fluſſe. 


Ein ſehr ſchlechtes Exemplar dem die Beine 
und der Schwanz fehlen, weswegen man unmög⸗ 
lich beſtimmen kann, zu welcher Gattung es ger 
hoͤrt; es iſt etwas groͤßer als eine Maus, die 
Farbe iſt dunkelgrau mit gelblicht braun vermiſcht, 
und auf dem Bauche iſt es ſchmutzig weiß. Der 
Kopf iſt breit wie bey der kurzſchwaͤnzigten Feld⸗ 
maus, und hat in der Mitte zwiſchen den Augen 
einen dunkelgrauen Strich der ſich obgleich etwas 
undeutlich über den ganzen Rücken erſtreckt; die 
Ohren ſind ſehr klein und rund. Das Maͤuschen 
von Hudſonsbay war nicht fo groß als des Herren dl 
Collegienrath Pallas Mus hudſonius aus Labra⸗ 
dor, ſondern war eher der Gestalt und „ | 
nach Mus lagurus. 1 

16. Auch dieſes iſt ein ſehr ſchlechtes ver⸗ 
ſtuͤmmeltes Exemplar j kleiner als die gewoͤhnliche | 

"a. | 


3 | 


En Te 


195 


Maus, oben dunkelgrau und braun, und unten 
weißlicht; die Ohren find ziemlich groß und her⸗ 
vorragend. 

17. Die Feldmaus. Penn. Syn. Quadr. 
p. 302. n. 230. Mus Sylvaticus Linn. 
Z3bwey Exemplare die ziemlich mit den Be⸗ 
ſchreibungen uͤbereinſtimmen, die Ohren find groß 
und rund, der Schwanz iſt ſehr lang und unten 
weißlich. 5 
is. Kurzſchwänzige Maus. Penn. Syn. 
Quadr. p. 305. n. 233. Mus terreſtris, Linn. 
Le Campagnol de Buffon. 

Herrn Pennants Abmeſſungen troffen bey 
dieſem Exemplar nicht ganz zu, aber die von Herrn 
Daubenton ſtimmen damit uͤberein. 

19. Die ſtinkende Spitzmaus. Penn, Syn. 
Quadr, p. 207. n. 235. Sorex Araneus, Linn. 
Dieſes Exemplar iſt viel ſchwaͤrzer auf dem 
Rüden als die europäifche Spitzmaus, auf den 
Seiten iſt es roͤthlich braun. | 

20. Spitzmaus, zwey Exemplare. Sorex 
onſtrictus Hermaani apud Schreber. mam- 
nal. 

Es iſt diefe Gattung oben dunkel grau, und 
inten ſchmutzig weiß oder gelblich, die Naſe iſt 
ehr lang und dünn: das eine Exemplar iſt von 
her Naſe bis zum Schwanz 2%, das andere bey⸗ 
tahe 2 Zoll lang; der Schwanz iſt ohngefehr anz 
herthalb Zoll lang, duͤnn mit Haaren bewachſen, 
ben braun und unten gelblich. Wenn dieſe Gat⸗ 
N2 tung 


196 


tung keinen Schwanz hatte, wuͤrde ich es für Die 
kleine Spitzmaus gehalten haben, die Herr Lag 
mann in Siberien fand, und die beym Linnaeus 
Sorex minutus heißt. | 


Eine Nachricht von den Voͤgeln die de 

Koͤnigl. Societaͤt von der Hudſonsbay ge 

ſchickt wurden; mit Bemerkungen ihre na 

tuͤrliche Geſchichte betreffend. 
Von J. R. Forſter. 


en — 


I. Landvoͤgel. 


Accipitres 
; 1 Kauboögel Faun. Am. Sept. 


1. Pico, 1. Columbarius, 
Falke, Tauben, 
Hawk. Faun. Am. Sept, p. 9. mee, c. 1 
Epervier de la Caroline. Briſſon I. p. 378. 

Vom SevernFluſſe Nr. 19. 80 
Dieſe Gattung wird zur Hudſonsbay kleiner 
Voͤgel Habicht genannt. Er veraͤndert ſeinen Auf 
enthalt, und kommt im May nach dem Severn 
Fluß, wo er ſeine Eyer ausbruͤtet, und denn in 


- Herbf 


10 28. 21. Pigeon 


197 


Herbſt nach einem wätmern Himmelsſtriche zieht. 
Seine Speiſe iſt kleine Voͤgel: naͤhert ſich jemand 
fo fliegt er in Kreiſen herum, und erhebt ein graͤß⸗ 
liches kreiſchendes Geſchrey. An Bruſt und Bauche 
iſt er gelblich mit braunen Streifen, welche von 
den Ornithologiſten deren Beſchreibungen ſonſt in 
allem richtig ſind, nicht erwaͤhnt worden. Er 
wiegt ſiebentehalb Unzen, und iſt 10% Zoll lang, 
und von den Spitzen der Fluͤgel 222 breit. Die 
Abbildung davon beym Catesby iſt ſehr mittels 
maͤßig. 

Falco, 2. Spadiceus. Nova Species. Cho- 
colate Falcon. Faun. Am. Sept. p. 9. 

Dieſe Gattung hat beym erſten Anblick ei 
nige Aehnlichkeit mit dem europaͤiſchen Sumpf— 
Buſtard oder Aeruginofus, Lion, fie iſt aber viel 
kleiner; auch fehlen ihr die lichten Flecken auf 
dem Kopfe und den Schultern. Keine Nummer 
oder Beſchreibung iſt dieſem Exemplare beygefuͤgt 
worden. N 
* Stocker-Falke. Falco 3. Sacer, Briſſon, 
1. p. 337. Sacre de Buffon, Oiſeaux (die Aus⸗ 
II. p. 349. t. 14. Faun. 


Am. Sept. p. 9. 
Vom Severn-Fluſſe. Nr. 16. 

Er wird in der Hudſonsbay, geſprenkelter 
Rebhuhn Habicht genannt, weil er ſich von den 
Voͤgeln vom Waldhuhn Geſchlechte naͤhrt, die man 
daſelbſt gewoͤhnlich Rebhuͤhner heißt. Der Ring 
um * Augapfel iſt gelb, und die Beine blau. 

Er 


198 


Er ift dem Sacre des Briſſon, Buffon und Ber 
fon am ähnlichften; aber Buffon ſagt, er habe 
ſchwarze Augen, welches ſehr unbeſtimmt geredt 
ift; denn der Ring iſt bey keinem Falken und bey 
wenigen andern Voͤgeln ſchwarz. Der Augapfel 
hingegen, wenn er dieſen meint, hat bey allen 
Voͤgeln dieſe Farbe. Belon zufolge ſoll er von 
der Tartarey und Rußland kommen, und iſt alſo 
wahrſcheinlicherweiſe ein nordiſcher Vogel. Er iſt 
ſehr gefräßig und fo kuͤhn, daß er oͤfters aus eiß 
nem Volke Rebhuͤhner, welches die Europäer nach 
ihren Netzen zu jagen, welche wegfaͤngt. Im 
April und May legen und bruͤten ſie ihre Eyer 
aus. Die Jungen koͤnnen ſchon in der Mitte des 
Junius fliegen. Sie bauen wie alle andere Fal 
ken ihre Reſter an unbefuchten Oertern, weswe⸗ 
gen der Verfaſſer der Nachricht vom Severnfluſſe 
auch nicht beſtimmen konte wie viel Eyer fie lea 
gen; die Indianer aber ſagten ihm ſie legten 
zwey. Er zieht nie in andere Gegenden, und 
wiegt 23 Pfund; die Länge iſt 22 Zoll, die % 
der Flüge 3 en 7 


2. trix 1 4. Brachyotos. J he chort ea. 
Eule red Owl. Brit. Zoology, fo- 
lio, plate B. 2 octavo, 1. p. 156. Faun. A 
Sept. 9 
Vom Severn-Fluſſe. Nr. 17. und 64. 


An der Hudſonsbay Maus⸗Habicht genannt. 
Sie ſtimmt mit der Beſchreibung und Abbildung 
in 


199 


in der Brittiſchen Zoology uͤberein, nur fehlen 
die Ohren oder langen Federn. Die Kleinheit 
des Kopfes hat vermuthlich zu der Berernung 
Habicht Anlaß gegeben, obgleich ſie zufolge der 
Nachricht vom Severn: Slufle, nicht wie andere 
Habichte nach Raub herumfliegt, ſondern ruhig 
auf dem abgehaunen Stamme eines Baumes ſitzt, 
und mit aller der Aufmerkſamkeit einer zahmen 
Katze auf Maͤuſe lauert, gegen welche fie einen 
angebornen Haß hegt. Sie legen ihre Eher laͤngſt 
der Kuͤſte; und ziehen im Herbſt gegen Süden. 
Der Ring um den Augapfel iſt gelb, dieſe wiegt 
14 Unzen, iſt 16 Zoll lang und 3 Schuh breit. 
Strix. 5. Nyctea, 132, 6. Snowy Owl, 
Faun. Am. Sept. 9. 

Vom Fluſſe Churchill Nr. 7. Weiße Eule. 
Sie ſcheint in ihrer Wintertracht zu ſeyn, 
indem ſie ganz weiß iſt. Die Fuͤſſe ſind bis an die 
Nägel, mit langen weißen Haoraͤhnlichen Federn 
edeckt, auf den Sohlen aber oder Untertheilen 
der Zehe giebt es keine. 


Strix. 6, Funerea. 133. 11. Canada Owl. 
Faun. Am. Sept. 9 

Vom Fluſſe 2 Nr. 13. Vom Fluſſe 
Churchill, Nr. It. 
Der Indianiſche Name dieſes Vogels iſt Ca— 
beticutſch oder Cabadueutſch. Die Beſchreibung 
des Linneus trift vollkommen damit uͤberein. Das 
Maͤn nchen welches bey Raubvoͤgeln gewoͤhnlich 
klei⸗ 


209 


kleiner iſt als das Weibchen, ift doch nach der 
Nachricht vom Severn Fluſſe bey dieſer Gattung 
größer, Auch iſt die Farbe deſſelben viel ſchwaͤr 
zer, und die Flecken deutlicher. Die Augen find 
groß und hervorragend; der Strich um den Aug⸗ 
apfel iſt hellgelb. Dieſe wiegt 12 Unzen, iſt 17 
Zoll lang und 2 Schuh breit. Sie brüten nur 
zwey Junge auf einmal aus. | 

trix. 7. Pallerina. 133. 12. Little Owl, 
Brit, Zool. Faun, Am. Sept. 9. 

(Die Nummer die zu dieſem Vogel gehörte 
ift verloren gegangen, aber allen Anſchein nach if 
es der vom Severn-Fluſſe Nr. 15. von den Ein ! 
gebornen Schihomoſpiſch genannt.) 

Der obere Theil des Kopfes iſt mit weiß 90 
ſprenkelt, wie bey der Strix funerea, 

Strix. 8. Nebuloſa. Eine neue Gattung. 
Die graue Eule. 

Vom Severn-Fluſſe. Nr. 35. 

Dieſe ſchoͤne noch unbeſchriebene Eule naͤhrt 
ſich von Haaſen, Mäufen und dergleichen. Sie 
bruͤtet jedesmal zwey Junge aus. Das uͤberſchickte 
Exemplar ſoll eine von den größten ſeyn. Sie ift, 
noch von keinem Autor beſchrieben worden. | 
wiegt 3 Pfund, ift 16 Zoll lang und 4 Schuh 
breit. 


3. Lanius! 9. Excubitor. 135. 11. Gre- 
Wuͤrger f at Butcher Bird. Brit, Zool. 
cinereous Shrike. Faun. Am. Sept. | 
Vom Severn⸗Fluſſe. Nr. 11. 3 
| n 


201 


In der Hudſonsbay white Whisky John 
jenannt, Das Exemplar ift ein Männchen, und 
biegt 27 Unze. Sie naͤhren ſich von kleinen Voͤ⸗ 
eln, und werden felten an der Küfte gefunden, 
ondern halten ſich ohngefehr hundert Meilen weit 
m Lande auf. Sie treffen vollkommen mit den 
nſrigen überein, 


f Picae. 


II. J Azeln Faun. Am. Sept. 


0 ra | 10. Canadenfis, 158. 16. ci. 
1 Krähe.| nereous Crow. Faun, am. 
| bt. 9. Kanadiſche Kraͤhe. 

Vom Severn⸗Fluſſe. Nr. 9. und Nr. ro. 

Dieſe Voͤgel werden in der Hudſonsbay Whis- 
y John und Wiskyjack genannt, Sie wiegen 
unzen; und find 9 Zoll lang und III breit, 
hre Augen ſind ſchwarz, und ihre Fuͤße haben 
je nämliche Farbe. Ihre Kennzeichen treffen mit 
er Linneiſchen Beſchreibung überein, Sie legen 
re Eyer im Anfange des Fruͤhjahrs; ihre Nez 
er verfertigen fie aus Reiſern und Gras, und 
zuen fie in Tannenbaͤumen; fie haben ſelten mehr 
8 zwey Junge auf einmal; ihre Eyer find blau: 
iche fliegen in paaren; das Männchen und Weib- 
en find ganz gleich; fie freſſen ſchwarze Moos— 
Deren, Wuͤrmer und auch Fleiſch. Wenn fie na— 
bey Wohnungen oder Zelten find, pflegen fie 
les was fie nur koͤnnen, zu ſtehlen, ſogar gefalzs 
18 * und ſind ſo dreiſt, daß ſie in die Zel⸗ 
ö ter 


202 


/ | 
ter kommen um aus den Schuͤſſeln zu eſſen. Gill 
belauren die Leute welche Fallen fuͤr Marder auf 
ſtellen, und freſſen ſobald ſie den Ruͤcken wenden 
die Lockſpeiſe auf. Dieſe Vögel ſammeln Vorrat 
für den Winter, und werden im Januar ſeltes 
wo anders als bey Wohnungen gesehen: fie fim 
eine Art von Nachaͤffer; wenn fie eingeſperrt wer 
den, freſſen fie wohl, zehren ſich aber doch allmaͤh 
lich ab, und ſterben endlich. 4 


Corvus, 1 I. Pica.157.13. Magpie. Brit 
Zool. Faun. Am. Sept, 9. Aelſter. | 
Von Albany-Fort. Mr. 5 

Sie wird von den Indianern Un⸗te⸗ b afk 
genannt, welches Herz- Vogel bedeutet. Es 
ein Zugvogel und wird ſelten geſehn; ich habe ih 
mit der europäiſchen Aelſter verglichen, der e 
ane aͤhnlich iſt. 1 


Specht. 5 woe re | 

Am. Sept. 10. Catesby. . 18. Gocdſüͤgliche K 
Specht. | | 
Von Albany⸗Fort, Nr. 4. der große Specht, h 
Die Eingebornen von Amerika nennen dieſe | 
Vogel U:thi- quan- nor- nau, weil der Schaft a h 
den Schwungfedern, und der untere Theil de 
Schwanzfedern gelb iſt. Er iſt ein Zugvogel, Ink 
April beſucht er die Gegend bey Albany For 
und verlaͤßt ſie wieder im September; er leg | 
vier bis ſechs Eyer in hohle Bäume, und naͤhiß 1 


203 


ich von kleinen Würmern und andern Inſekten. 
Die Beſchreibungen davon ſind ganz richtig. 


Picus 13. Villoſus, 175. 16. Hairy 
Woodpecker, Faun. Am, Sept, 15. Caresby 
19. der gehaͤrte Specht. 
Vom Severn⸗Fluſſe. Nr. 59. 
Das uͤberſchickte Exemplar iſt ein Weibchen, 
peil ihm das rothe auf dem Kopfe fehlt. Die 
Beſchreibung des Linneus und Briſſon treffen das 
nit überein; nur die zwey mittelſten Federn ſind 
hwarz, die nächſten find von der naͤmlichen Barz 
e, haben aber dicht bey der Spitze einen weißen 
autenfoͤrmigen Flecken: an den naͤchſten die auch 
Ipwarz find, iſt die oberſte Hälfte quer über weiß, 
nd die äußerſte Spitze ſchwarz; die naͤchſtfolgen⸗ 
n find ganz weiß, mit einem runden ſchwarzen 
ecken an der innern Seite dicht bey der Spule, 
Juch iſt der untere Theil des Schafts ſchwarz, die 
ußerſten Federn find ganz weiß, außer dem 
Ichafte welcher am Ende ſchwarz iſt. 


14. Tridactylus 177 21. Three toed 
Voodpecker. Faun. Am. Sept. 

f Vom Severn⸗Fluſſe. Nr. 8. der dreyzaͤhigte 
echt. 

Ein Weibchen, wiegt 12 Unzen, iſt 8 Zoll 
ng, 13 breit; die Augen dunkelblau, die Beine 
bwarz. Dieſer Vogel Kaen Neſt in Baͤu⸗ 
sen, und hält ſich in Waͤldern auf, wo er ſich 
a on Würmern die er in Baͤumen findet näher. 
An 


* 


204 


Am Severn-Fluſſe ift er nicht ſehr gemein. Dil 
Beſchreibungen davon ſind richtig. | 


Im Gallinae. | 
4 Hausvögel, Faun. Am. "Br 


6, A 15. Canadenſis 274.3. 1 
Waldhuhn.“ Canace 275. 7. 
Am. Sept. 10. Spotted Grous. Geſleckte Wald 
huhn. Gelinotte du Canada, male et femelle 
Pl. enl. 131. et 133. Buffon Oiſeaux II. p 
279. 4to. Briſſon J. p. 203. t. 20. f. 1. 2. un 
p. 201. app. 10. Edwards, t. 118 und 71. 

Vom Severn⸗Fluſſe. Nr. 5. Waldrebhuhn. 
Dieſe Vögel halten ſich das ganze Jahr hir! 
durch in der Hudſonsbay auf, und verändern dil 
Farbe ihres Gefieders niemals. In den Nachrich 
ten von der Hudſonsbay ſteht, daß zwiſchen den 
Hümhen und Weibchen kein weſentlicher Unter 


Fa | 


denn fie find in der That ſehr verſchieden von eir, 
ander. Linnaeus Befchreibungen von dem Tel 
trao Canadenſis und Canace, ſtimmen beyde mi 
den uͤberſchickten Exemplaren überein; ich find 
alſo nachdem ich fie mit einander verglichen hab 
daß es nur eine Gattung if. Ich vermuth 
daß Briſſon's und Edward’s Beſchreibungen nac f 


ſchiedenen Gegenden des Aeris feſte 
Landes kamen, und vielleicht auch zu einer vel 


| 


| 205 


ſchiedenen Jahrszeit gefangen wurden, und da⸗ 
durch Anlaß zu einer Abtheilung in zwey Gattun— 
zen gegeben haben. Herr von Buffon iſt, wie 
ich finde, auch von dieſer Meynung geweſen, und 
wenn man die Zeichnungen im Edward's mit de— 
in den Flanches enlumindes zuſammen hält, 
ann man ſich vollkommen davon uͤberzeugen. 
Dieſe Voͤgel ſind ſehr dumm, und laſſen ſich mit 
nem Stocke niederſchlagen; die Eingebornen fan— 
zen ſie oͤfters mit einem Stock und einer Schlinge. 
Im Sommer wenn ſie Beeren eſſen, iſt ihr Fleiſch 
ehr gut, im Winter aber ſchmeckt es ſehr ſtark 
jach den Tannenzapfen von denen ſie ſich in dieſer 
Fahrszeit naͤhren. Sie leben in Tannenwaͤldern, 
achen ihre Neſter auf der Erde, und legen ge— 
zoͤhnlich nicht mehr als fünf Eher. | 

Tetrao 16. Lagopus. 274. 4. White 
Sirous. Faun. Am. Sept. 10. Prarmigan. Br. 
ool. Lagopode de la Baye de Hudfon. Buf- 
on Oiſeaux II. p. 276. Edu. t. 72. Das 


Von Severn⸗ Fluſſe, Nr. 1 — 4. Weiden⸗ 
ebhuhn. | 

| Das Schneehuhn von der Hudſonsbay iſt in 
er Brittiſchen Zoologie und hernach auch von 
derren Buffon von den Europaͤiſchen abgeſondert 
sorden, ich muß indeſſen geſtehn, daß ich die Ber: 
biedenheiten dieſer Gattungen, welche fie ange— 
Jen noch nicht finden kann. Sie behaupten, der 
Jogel aus der Hudſonsbay von Edward's abge⸗ 
I WIE 


206 


bildet, ſey zweymal fo groß als der Europaͤiſche. 
Mir leuchtet es nicht ein, daß Herrn Edward's 
Worte: „dieſer Vogel iſt von mittlerer Größe, 
zwiſchen einem Rebhuhn und Faſan,' dieſes an⸗ 
zeiget; er hält fie im Gegentheil für die nämfice 
Gattung. Die Brittiſche Zoologie ſagt nach dem 
Willoughby; die Länge des Schneehuhns iſt 133 
Zoll. Die Nachricht vom Severn-Fluß, melde 
daß es 161. Zoll lang ſey. Die Breite heißt es 
in der Brittiſchen Zoologie iſt 23 Zoll. Die Vol 
gel von der Hudſonsbay ſind zufolge den Nach⸗ 
richten vom Severn-Fluſſe 23 Zoll Breite. Wil 
loughby's Schneehuhn wog 14 Unzen; das in 
der Brutiſchen Zool. illuſtr. t. 13. 19 Unzen 
und das von der Hudſonsbay (12 Pf.) 24 Unzen. 
Dieſe Verſchiedenheiten find von keiner Bedeu⸗ 
tung, und machen den Vogel von der Hudſonsbay 
noch lange nicht zweymal fo groß, als den Euro 
paͤiſchen. Die Brittiſche Zoologie ſagt, es ſey ein 
Unterſchied in den Sommerfarben; Herr Edward 
aber berichtet uns, daß er den Vogel von dei 
Hudſonsbay mit den Beſchreibungen voriger Orne 
thologiften zuſammen gehalten, und fie ganz über 
eintreffend gefunden habe; auch verſichert er den 
naͤmlichen Vogel aus Norwegen erhalten zu has 
ben. Ich kann alſo nicht umhin in dieſem Punk 
in meiner Meynung von der Brittifchen Zoologi ö 
abzugehen und Linneus und Briſſon darin beyzu⸗ 
treten, daß das Europaͤiſche Schneehuhn und das 
von der Hudſonsbay nur eine Gattung ſey, daß 

ohne⸗ 


207 


hnedem die Farben bey den verſchieden Geſchlech— 
ern und zu verſchiedenen Jahrszeiten ſehr unter— 
chieden find. Hiezu kann man noch das Zeugniß 
ines in der natürlichen Geſchichte ſehr erfahrnen 
Nannes ſetzen, der Gelegenhrit gehabt hat viele 
öchneehuͤhner aus Europa und der Hudſonsbay 
it einander zu vergleichen, und mich verficherte, 
aß er keinen Unterſchied zwiſchen ihnen bemerkte. 
Jie fliegen im Anfange des Oktobers in großen 
Hoͤlkern zuſammen, und halten ſich bey Weiden 
„ deren Spitzen fie eſſen, und davon den Na— 
Jen Weiden rebhuhner erhalten haben: um dieſe 
it vertauſchen fie ihr ſchoͤnes Sommergeſieder 
lit einer ſchneeweißen Wintertracht, die ſehr weis— 
y eingerichtet fit, fie durch ihre Dicke vor der 
Mengen Kälte der Jahrszeit zu beſchuͤtzen, und 
ech ihre Farbe gegen ihre Feinde die Habichte 


ne Weiſe wuͤrden entgehen koͤnnen. Um ſie 
m zu halten, iſt jede Feder doppelt, und eine 
Aurze liegt immer unter einer langen. Am Ende 
Maͤrzes fangen fie wieder an ihr Gefieder zu 
zaͤndern, und gegen das Ende des Junius er⸗ 
einen ſie in ihrer vollkommenen Sommertracht. 
e brüten allenthalben länaft der Kuͤſte, und has 
neun bis eilf Junge auf einmal; ihre Neſter 

chen fie auf der Erde und gewöhnlich auf trock⸗ 
em | Ihr Fleiſch iſt eine vortrefliche Spei⸗ 


len bey den Forts York, Severn, und Chur⸗ 
8 chill 


208 


chill zehntauſend in einem Winter bekommen hat 
Sie werden auf folgende Art gefangen: Ein Nes 
von Bindfaden gemacht, das zwanzig Schuh in 
Gevierte iſt, wird an vier lange Stangen ge 
ſchnuͤrt, und durch die Stoͤcke in einer ſenkrechte 
Lage erhalten; an dieſe Stuͤtzen wird ein Strie 
befeſtigt, deſſen Ende einer Perſon gegeben wird 
die ſich nicht weit davon verſteckt halten muß 
verſchiedene Leute treiben alsdenn die Schneehuͤh 
ner (welche insbeſondere bey gelindem Wette 
wenn es ſchneyt, ſo zahm als junge Huͤhner ſind 
nach dem Netze, auf welches fie ſobald fie es ei 
blicken zulaufen. Die verſteckte Perſon zieht alt 
dann den Strick, wodurch das Retz herunter fall 
und 50 bis 70 Schneehuͤhner auf einmal fang 
Sie find manchmal ziemlich ſcheu, werden abe 
wie Herr Graham ſagt, zahmer durchs herumtre 
ben; denn ſie verlaſſen ſelten die Weiden, welch 
ſie einmal gewohnt ſind zu beſuchen. | 
Tetrao, 17. Logatus, 275. 8. Shou 
derknot Grous. Groſſe Gelinotte du Canade 
Pl. enl. 104. Briſs. I. 202. t. 21. f. 1. Buffot 

Oiſeaux II. p. 287. Epauletten-Huhn. 
Vom Severn Fluſſe, Nr. 60 und 61. 
bany Fort, 1 und 2 * 

Dieſer Vogel trift mit den Beſchreibungen 
welche die Ornithologiſten von ihm gemacht ha 
ben, in allen Stuͤcken uͤberein, und gleicht vol 
kommen den Abbildungen im Briſſon und dei 
Planches enluminees, Er iſt von Edwards da 
| Kra 


- 209 
| 

ragenbirkhuhn t. 248. oder dem Tetrao um- 
ellus des Linnaeus verſchieden, denn das letztere 
at nicht die glaͤnzenden Schulterfedern oder Ach— 
lbaͤnder, ſondern Eifenfarbigte, iſt auch viel Fleie 
er und hat hellere Farben. Herr von Buffon 
lt fie indeſſen fuͤr dieſelben, und vermuthet 
er Vogel weichen er la graſſe Gelinotte du Ca- 
ada nennt (und welcher der naͤmliche mit den 
reinplaren der Societaͤt iſt) ſey das Weibchen 
en Edwards Vogel, t. 248. Dieſe Muthma— 
ung wird durch die von der Hudſonsbay uͤber— 
hickten Exemplare wiederlegt, welche wie die 
achricht ausdruͤcklich meldet, Maͤnnchens ſind. 
as Waldhuhn mit dem Achſelbande wird an der 
dſonsbay mit ſeinen Indianiſchen Namen Pus— 
oder Puspuski genannt, weil das Fleiſch davon 
je mager und trocken iſt, es iſt zu gleicher Zeit 
he weiß und feſt, und eine vortrefliche Speiſe 
enn gut zubereitet. Zu Mooſe-Fort und Hen⸗ 
Hauſe findet man fie ziemlich häufig, aber ges 
n Norden von diefen Oertern, und zu Albany— 
et werden fie ſelten geſehen. Im Winter naͤh— 
| ‚fie ſich von den Spitzen der Wacholdergeſtraͤu⸗ 
im Sommer aber von Stachelbeeren, Him— 
ren, Johannes beeren und dergleichen, fie ziez 
nicht nach andern Gegenden, ſondern halten 
das ganze Jahr durch zu Mooſe- Fort auf; 
machen ihre Neſter auf trocknem Boden, und 
ıten neun Junge auf einmal aus, welche die 
itter mit Gluckſen zu ſich ruft, wie unſere ges 
orſters L. u. V. K. 3. Th. O mei⸗ 


U 


210 


meine Henne, und fie bey dem geringſten Anſchel 
der Gefahr, oder auch um ihnen eine angeneh, 
me Waͤrme zu woe unter ihre Fluͤgel | 
ſammelt. 
NB. Einem Exemplar welke entweder | 
junger Vogel oder ein Weibchen zu fep, 
ſcheint, fehlt das blaͤulicht ſchwarze Achfel 

| band; ſonſt aber ift es in allen Stuͤcken de 
andern gleich. 5 


Tetrao 18. Phaſianellus. Linn. Syft. N 
Ed. X. p. 160. n. 4. Edw. 117. Longraile 
Grous, Faun. Am. Septentr. 10. Das Fafıl, 
Waldhuhn. | | 


Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 6. und 7. Alban 
Fort, Nr. 3. 3 
Dieſen Vogel, welchen Herr Sonn ai 

der 117 Kupfertafel abgebildet hat, hat L 
naͤus in der zehnten Ausgabe ſeines Syſtems a 
eine neue Gattung von Waldhuhn oder T etre 
angegeben, und ihm den ſpeciſiſchen Na Hi 
Phaſiauellus gegeben, als eine Anſpielung ai 
den Namen Faſan, den es an der Hudſonsbi 
führt, und auch wegen feines ſpitzen Schwänze 
Hernach in der neuen oder zwoͤlften Ausgabe fü 
nes Syſtems macht er es zu einer Abartung DE 
großen Auerhahns oder Terrao Urogallus, wo 
er vermuthlich durch Edwards Nachricht, den 
das Männchen ſehr gerade geht, gewoͤhnlich vi 
dunklerer Farbe als das Weibchen iſt, und * | 


— 


211 


Mänzenden Hals hat, veranlaßt worden ict. Dieſe 
Imitände find indeſſen nicht hinreichend ſte zu ei— 
zer naͤmlichen Gattung zu machen; denn es iſt 
gekannt, daß alle die Männchens von dem Wald— 
huhn Geſchlechte und in der That auch von den 

zeiſten huͤhnerartigen Voͤgeln ſehr gravitztiſch ein: 
jergehen, und daß die Farben ihres Gefieders 
el beſtimmter ſind, als bey den Weibchen Aber 
Hon der fpecififche Unterſchied allein, welchen Lin⸗ 
Aus bey dem Auerhahne angiebt, ſchließt uns 
we Gattung von der Hudſonsbay ganz von aller 
keichheit mit demſelben aus; denn er neant ihn 
etrao pedibus hirſutis, eauda rotundata, axil- 
albis. Wer aber Herrn Edwards Zeichnung, 
d die Exemplare im Beſitz der Societaͤt unters 
cht, wird finden, daß der Schwanz ſehr kurz 
der dennoch ſpitz iſt, indem die zwey mitttern 
edern einen halben Zoll laͤnger find als die ans 
ern, (Herr Edwards ſagt zwey Zoll) auch find 
ie Schultern keinesweges weiß: überdem tft der 
zogel von der Hudſonsbay an Farbe und Groͤße 
ſtaunlich verſchieden von dem Auerhahn. Er ift 
7 Zoll lang und 24 breit und wie Herr Ed— 
Mards ſehr richtig ſagt, etwas groͤßer als der ges 
N eine Faſan. Der a Auerhahn iſt ſo 4 55 


13 breit i. Ei die Brittijche Südlage octav, 
201. 


O2 Die 


212 


Die Abbildung von dem Weibchen des T. 
Urogallus in der Br. Zool. folio, Tafel M * 
und die Planches enluminees t. 75, find ein über 
zeugender Beweis von dem großen Unterfchiedt 
zwiſchen dem Faſan Waldhuhn von der Hudſons 
bay und dem Europaͤiſchen Auerhahne. Herrn 
Edwards Zeichnung dieſes erſtern Vogels trif 
nicht ganz mit den Exemplaren der Societaͤt uͤber 
ein; denn er hat den Flecken auf der Bruſt di 
Geſtalt eines halben Mondes gegeben, obgleich fü 
die Geſtalt eines Herzens haben wie die auf den 
Bauch des getrockneten Vogels; das heißt, 
find weiße Flecken mit einem blaßbraͤunlicht gelber 
ſchnurfoͤrmigen Rande. Auch kann ich Herr 
Edwards nicht beyſtimmen, wenn er dieſen Vo 
gel das langgeſchwaͤnzte Waldhuhn von der Hud 
ſonsbay nennt, denn es hat wirklich in Verglei 
chung mit andern Waldhuͤhnern einen ſehr kurze 
Schwanz, und feine Kleinheit und Spitze machen 
ſogar eines von den unterſcheidenden en 
der Gattung aus. 

Die eingebornen Indianer nennen dieſe 
Vogel, Ok-kiß-Kau: man findet fie das ganz 
Jahr hindurch, unter den kleinen Wacholder Ge 
ſtraͤuchen, deren Spitzen ihre vornehmſte Naß 
rung ſind, wie auch die Knospen der Birken in 
Winter, und alle Arten von Beeren im Sommei 
Sie veraͤndern ihre Farbe niemals, auch iſt kei 
großer Unterſchied zwiſchen dem Maͤnnchen un 
Weibchen ausgenommen in der caruncula ode 

der 


8. 


213 


dem Kamme über dem Auge, welcher bey dem 
Maͤnnchen einen Zoll lang und z von einem Zoll 
hoch iſt. Die Nachricht von Albany Fort ſetzt 
hinzu, daß die Farben des Maͤnnchens von etwas 
dunklerer Farbe iſt als Weibchen, und auf der 
Bruſt beynahe Schokoladenbraun. Sie ſind ſehr 
h tt, und ihr Fleiſch ift hellbraun, und ſehr ſaftig. 
Sie legen von neun bis dreyzehn Eyer; ihre Jun⸗ 
en koͤnnen beynahe fo bald fie ausgebruͤtet ſind 
herumlaufen, und machen ein pipendes Geſchrey 
die die jungen Hühner. Der Hahn hot eine helle 
raͤhende Stimme, die jedoch nicht ſehr laut iſt; 
ber wenn er fliegt oder man ihn ſtoͤrt, macht er 
in erbat Geſchrey, daß wie Kuck, Kock 
autet. Im Winter werden ſie bey app: Fort 
m haͤufigſten gefunden. 
Che ich das Waldhuhn Geſchlecht verlaſſe, 
mp ich noch bemerken, daß ihre Fuͤße eine befons 
ve Eigenſchaft haben die von wenig Naturkuͤn⸗ 
gern erwähnt worden: bey verſchiedenen Gat⸗ 
ingen haben die Zehen an jeder Seite eine Rei— 
e kurzer biegſamer Zaͤhne, wie die Zaͤhne eines 
zammes; die Gattungen welche ſolche ausgezackte 
aͤhne haben, find: 
1. Der große Auerhahn, Tetrao Urogallus, 
Linn. 
| in. Das Birkhuhn, Ye, Tetrix, Linn. 
| 8. Das gefleckte Waldhuhn, . Canadenfis 
| FT: Canace, Linn, 
| 3 „ Dos Rragenmaldjuhn, l. Umbellus, Linn. 
5. Das 


214 1 


5. Das Epauletten waghuhn, 7 T. Togatus, 
Linn ö 

7 Das Faſan Waldhuhn, T. Phaſianellus. 
Das Haſelhuhn, I. Bonaſia, Linn. 

8. Das Pirenäische Wolchuhn, . Alchagg 
Lin, 

Auf dieſen Umſtand follte man fünftig bey al 

len andern Gattungen von Waldhuͤhnern Achtung 
geben, weil es mit der Zeit ein vorzuͤgliches Nenn 
zeichen bey einer Abtheilung in dieſem großen Ge 
ſchlecht werden kann; das Schneehuhn, oder F 
Lagopus, Linn. hat dieſe Zähne nicht, fo wenig 
als das gemeine und rothe Rebhuhn. 4 


IV. ‚ Columbas, OR: 
L .. Faun, Am. Sept. 


7. „ 19. Migratoria. 285. 36 
Taube. J Migrarory Pigeon, Catesb 
I. 23. Kalm II. p. 22. t. Paflengar Pigeon 
Faun. Am. Sept. II. Die Wandertaube. 4 


Vom Severn-Fluſſe, Nr. 63. Holztaube. 1 


Dieſe Tauben werden fo weit gegen Nordei 
als der Severn Fluß iſt ſehr ſelten gefunden, be 
Mooſe Fort aber, und weiter im Lande nach Si 
den find fie in großer Menge. Ihre gewoͤhnlichſ 
Nahrung find Beeren und im Winter Wachhol 
derſchoßen; ſie fliegen in großen Schaaren, un 
werden für eine ſehr gute Speiſe gehalten. Dies 
Nachricht wird von Halm in feinen Reifen (den 


! 


215 


Engliſchen Ausgabe) Th. 2. S. 82 und 311. be 
‚fätigt. Sie brüten nur zwey Eyer auf einmal 
aus, und bauen ihre Neſter in Baͤumen. Ihre 
Augen ſind klein und ſchwarz, der Ring gelb, die 
Fuͤße roth: der Hals ſpielt ein ſchoͤnes glaͤnzendes 
Biolet, daß bey dem Männchen heller iſt als bey 
dem Weibchen. Sie wiegen 9 Unzen. 


. v Paſſeres. 

. ! Singvoͤgel. Faun. Am, Sept. 
38. Alauda, ] 20. Alpeftris. 289. 10. 
Lerche. } Klein, Vogelgeſch. 4 to. p. 73. 
Shore Lark, Fun Am, > 12. Catesby, 
„ 32. 

* Albany Fort, Nr. 6. 


Linnaͤus hat dieſe Gattung nicht zum beſten | 
baben, denn er ſagt, daß der innere Theil 
er Fahne bey allen Schwanzfedern weiß ſey, 
reetrieibus dimidia interiore albis) obgleich es 
icht ſcheint, daß er ſelbſt ein Exemplar davon gez 
ehn habe. Beydes die Schwung und Schwanz⸗ 
edern find dunkel, und bey beyden hat nur die 
ußerſte Feder einen weißen Rand. Die Deckfe⸗ 
ern am Schwanze haben eine bloße Eiſenfarbe, 
ind zwey von ihnen find beynahe fo lang als der 
Schwanz ſelbſt. Die Schulterfedern find. bey dem 
Näunchen gleichfalls eifenfarhis . auch der Kopf 


e mit dunkeln Streifen e bey dem 
N Weib⸗ 


216 

Weibchen iſt der Ruͤcken grau, und die Streifen 
find dunkler. Der Scheitel iſt bey dem Maͤnn 
chen ſchwarz, bey dem Weibchen dunkelgrau; die 
Stirne iſt gelb, der Schnabel und die Füße ſchwar, 
und der Bauch von einem ſchmuzigen roͤthlichter 
Weiß. Dieſe Lerchen find Zugvoͤgel; fie beſuchen 
die Gegenden bey Albany-Fort im Anfange dei 
Mayes, ziehen aber zur Brutzeit weiter nach Nor 
den: fie nähren ſich von Grasſaamen und det 
Knoſpen der Birke und kriechen in kleine Loͤcher 
und halten ſich dicht an der Erde auf, wovon di 
Eingebornen ihnen dem Ramen Tſchi-tſchup- pi 
ſchue gegeben haben. | 


9. Turdus ] 21. Migratorius, 292. 6 

Droſſel. ] American Fieldfare, Kalm 2 
S. 90. Faun. Alm, Sept. II. ae 29 
Die Wander Droſſel. 


Vom Severn⸗-Fluſſe, Rr. 59. Von aan 
Fort, 7. 8. 9. 

Die Beſchreibungen dieſer Vögel bey ver 
ſchiedenen Naturfündigern ſtimmen mit dieſe 
Exemplaren uͤberein; fie erſcheinen beym Severn 
Fluſſe im Anfange des Mays, und verlaſſen die 
Gegenden ehe der Froſt eintritt. Zu Mooſe-Forſ 
unter dem 5 ıften Grad nördlicher Breite, baue 
fie in einer Zeit von vierzehn Tagen ihre Meftet 
legen ihre Eyer und hecken ihre Jungen aut 
Aber zu York Fort und Severn-Pflanzung brat 
chen ſie 26 18 dazu: ſie bauen ihre * i 

) 


0 117 


| 


Bäume, legen vier ſchoͤne hellblaue Eyer, und 
naͤhren ſich von Würmern und Aas: wenn fie 
ey ſind ſingen ſie ſehr ſchoͤn, ſobald ſie aber in 
einem Keſichte eingeſperrt ſind, verl eren ſie ihre 
Stimme. Zwiſchen dem Maͤnnchen und Weibchen 
iſt kein weſentlicher Unterſchied. Sie wiegen 22 
Unzen, ſind 9 Zoll lang und 1 Schuh breit. Zur 
Hudſonsbay werden ſie rothe Voͤgel und von den 
Indianern Pi- pi⸗ tſchue genannt. 
Turdus, 22. Hudſons-Amſel. 
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 54 und 55, ein 
Maͤnnchen und Weibchen. | 
Wegen der auffallenden Aehnlichkeit, die 
dieſer Vogel mit unſerer Amſel hat, haben die 
Englaͤnder an der Hudfonsday ihm dieſen Na— 
men gegeben. Jedoch finde ich bey einer naͤhern 
Unterſuchung, daß der Unterſchied zwiſchen unſerer 
Europaͤiſchen Amſel und der von der Hudſonsbay 
ſehr groß iſt. Das Gefieder des Maͤnnchens ans 
ſtatt dunkel ſchwarz ohne den geringſten Glanz zu 
ſeyn, ſpielt ſchoͤn Violet, ohngefehr wie das Ge— 
ieder des Gracula Quiscula Linn. oder glaͤnzen— 
den Maysdiebes Faun, Am. Sept.; oder das 
Maysdiebes des Kalm. Das Weibchen iſt in der 
That dem Weibchen unſerer Amſel ſehr aͤhnlich, 
denn es iſt von einer dunkeln Farbe auf dem Ruͤ— 
ken, und auf der Bruſt dunkelgruͤn. Die Fuͤſſe 
ind der Schenkel find bey beyden Geſchlechtern 
ganz ſchwarz; bey den erſtern iſt die Hinterklaue 
deynahe noch einmal ſo lang als die uͤbrigen 
| Klaus 


1 \ 


218 


Klauen. Weder das Männchen noch Weibchen 
hat gelbe Augenlieder; der Schnabel iſt bey bey: 
den ſtark, glatt und pfriemenfoͤrmig; die obere 
Kinnlade iſt ſcharf geraͤndert, aber wenig gebo⸗ 
gen, und hat keine Zaͤhne oder Einſchnitte auf 
der untern Seite. Die Naſenloͤcher ſind wie bey 
andern Droſſeln. Dieſer Vogel hat keine Bor: 
ſten an der Wurzel des Schnabels, ſeine Fuͤße ha⸗ 
ben ſolche wie Scopoli im Annus 4, Hiftorieo 
Naturalis den Staaren zueignet. Anſtatt die 
Einſamkeit zu lieben und ſich wie die Europaͤiſchen 
Amſeln an abgeſonderten Oertern aufzuhalten, 
kommen dieſe amerikaniſchen Voͤgel im Junius in 
großen Schaaren nach dem Severn-Fluß, woh 
nen unter den Weiden, bauen ihre Neſter auf alle 
Gattungen von Baͤumen, und kehren im Herbfl 
nach Süden zuruͤck. Sie naͤhren ſich von Wür: 
mern und Maden, wiegen 27 Unzen, und find 
neun Zoll lang und einen Schuh breit. Eine 
welche man ein Jahr hindurch in einem Kefichte 
gefangen hielt, zehrte ſich nach und nach ab und 
ſtarb. Ungeachtet dieſer Umſtaͤnde bin ich doch 
noch unſchluͤßig wo ich dieſen Vogel, der beyn 
erſten Anblicke der Amſel gleich iſt, den Schnabel 
einer Droſſel und die Fuͤße und das gefekige Wei 
fen eines Staars hat, hinſtellen fol. Wir muͤſſen 
hoffen das kuͤnftige Nachrichten von der Hudſons⸗ 
bay uns mit demſelben beſſer bekannt machen, und 
uns feine Bruͤtezeit, die Anzahl Eyer welche er! 
legt, wie auch feinen Geſang, die Verſchiedenheit 
und 


| ‚219 


und die unterſcheidenden Kennzeichen des Männs 
chens und Weibchens und andere Umſtande anzeir 
gen werden, welche vielleicht beſtimmen konnen, 
zu welchem be oder Gattung dieſer Vogel 
gehört, 


10. Loxia, 23. Curviroſtra 299. I. Crofs- 
Kernbeißer. bill. Br. Zool. Faun. Am, Sept, 
1. Die kleine Abartung, . 
Vom Severn-⸗Fluſſe, Ne. 27 und 28. 
Dieſer Vogel kommt gegen das Ende des 
May nach dem Severn⸗Fluſſe, zieht zur Bruͤte⸗ 
eit mehr gegen Norden, und kehrt im Herbfte 
bieder zuruͤck, fo bald aber der Froſt eintritt, ſetzt 
2 ſeinen Weg nach den ſuͤdlichen Gegenden fort. 
Der Ring in den Augen iſt bey dem Maͤnnchens 
choͤnroth, und bey den Weibchen gelb: zufolge 
her Nachricht ſollen fie 10 Unzen wiegen, (vers 
nuthlich muß es eine Unze ſeyn, denn es iſt uns 
noͤglich, daß ein ſo kleiner Vogel ſchwerer ſeyn 
ollte), ihre Länge iſt ſechs Zoll, die Breite zehn. 


2 4. Euucleator, 299. 3. Pine Grosbeak, 
zr. Zool. und Faun, Ag. Sept. Edw. 123. 
24. Fl. enl. 135. f. I. Kreutzſchnaͤbler. 
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 29. 30. 
Dieſer Vogel trift ziemlich mit den Bes 
chreibungen und Abbildungen der Ornithologiſten 
überein; nur iſt das rothe an dem Weibchen bey 
Edwards zu hell: bey unſerm Exemplar iſt es 
N auf 


220 


auf dem Kopfe, Halſe und Deckfedern des Schwar 
zes mehr Pomeranzenfarb als roth. Er beſucht di 
Kolonie in der Hudſonsbay nur im May auf ſeine 
Reiſe nach Norden, und kehrt, nicht wiede 
im Herbſt zuruͤck; ſeine Nahrung beſteht in de 
Knospen der Birken, Weiden und anderer Bäy 
me; er wiegt 2 Unzen, iſt 9 Zoll lang und 1. 
breit. 


11. Emberiza, I 25. Nivalis 308. ı 
Ammer. Greater brambling 

Br. Zool. Snowbird, Snowäldke” ibid. Snow 
bunting. Faun. Am. Sept. 11. Schneeammer. 


Vom Severn Fluſſe, Nr. 24 — 26. | 
Dieſer Vogel trift in feiner Sommertrach 
vollkommen mit der Beſchreibung des größer 
Ammers in der Brittiſchen Zoologie überein, Di 
Beſchreibüng des Schneeammers welches de 
naͤmliche Vogel in der Wintertracht iſt, ibid. vo) 
IV. p. 19. iſt etwas verſchieden, vielleicht we 
die Vögel zu verſchiedenen Jaheszeiten gefangel 
find, da es bekannt iſt, daß fie ihre Farbe nad 
und nach veraͤndern. Sie ſind die erſten Zug 
voͤgel die im Fruͤhjahre nach Severn-Pflanzun 
kommen; im Jahr 1771 erſchienen ſie dem ite 
April, blieben ohngefehr einen Monat oder fuͤn 
Wochen, und zogen alsdenn weiter nach Nordei 
um daſelbſt zu bruͤten; ſie kehren im Septembe 
zuruͤck, bleiben bis im November, wenn die ſtren 
ge Kälte anfängt, und begeben ſich denn ſuͤdwaͤrt 
nad 


221 


jach einem waͤrmeren Klima. Sie leben in Ge: 
ellſchaft, naͤhren ſich von Grasſaamen, und denn 
vas ſie auf Miſthaufen finden, und werden ſehr 
eicht in einem kleinen Netze gefangen, worunter 
nan etwas Habermehl geſtreuet hat, um ſie anzu— 
ocken; fie find ſehr fett, und gut zu eſſen. Sie 
biegen 1 Unze und 5 Quentchens, find 62 Zoll 
ang und 10 Zoll breit. 


Emberiza. 26. Leucophrys. Eine neue 
attung. White Crowned Bunting. 


Vom Severn⸗ Fluſſe, Nr. 50. Vom Albany⸗ 
ort, o. Der weisſcheitlige Ammer. 

Dieſe artige kleine Gattung von Ammern 
5 zur Hudſonsbay eine Grasmüͤcke genannt, 
d iſt bis jetzo noch nicht beſchrieben worden. 
ie beſucht Severn Pflanzung im Junius, und 
aͤhrt ſich von Grasſaamen, Würmern, Raupen 
nd dergleichen. Sie wiegen 4 von einer Unze, 
id find 72 Zoll lang, und neun breit; der 
ebnabel und die Beine find fleiſchfarben; das 
aͤnnchen und Weibchen find nicht weſentlich von 
nander unterſchieden; ſie bauen ihre Neſter ganz 
ten im Weiden ⸗Geſtraͤuche, und legen drey 
nkelbraune Eyer. Im May treffen fie zu Al— 
ny⸗Fort ein, brüten daſelbſt, und verlaſſen es 
September. 


rn . 
12. Fringilla, C 27. Lapponica. 317. 1. 
Finke. J Faun. Suec. 235. Der 


Vom 


222 


Vom Severn:Fluffe, Nr. 52. | 
Dieſer Vogel wird von den Eingebornen de 
Hudſonsbay Tekurmaſchiſch genannt. Die Be 
ſchreibung davon in unnaͤus Fauna Suecica ſtim 
vollkommen mit dieſem Exemplare überein; auc 
die in ſeinem Syſtem kommt ihm ziemlich gleich 
aber Herrn Briſſons Beſchreibung iſt, obgleich 
Linnaͤus ihn anfuͤhrt und er den Linnaͤus, dennod 
ſehr verſchieden davon. Das uͤberſchickte Exem 
plar iſt ein Weibchen; die Maͤnnchens haben meh 
eiſenfarbigte Federn auf dem Kopfe; die Auge 
find blau, und die Beine dunkelblau. Sie halte, 
ſich nur im Winter in den Gegenden beym Se 
vern-Fluſſe auf, erſcheinen nicht vor dem Novem 
ber, und werden gewoͤhnlich bey Wachholder-Ge 
ſtraͤuchen gefunden; fie wiegen eine halbe Unze 
find 5 Zoll lang und 7 breit. 
Fringilla. 28. Linaria. 322. 29. Leſſe 
redheaded Linnet. Er. Zool. Der kleinere rolh 
koͤpfge Haͤnfling. 
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 23. 
Die Beſchreibungen im Linnaͤus, Sf 
und der Brittiſchen Zoologie find vollkommen 
uͤbereintreffend. Der auf der Planche enlumi 
nee 15 1. f. 2. abgebildete Vogel hat einen gan 
eiſenfarbigen Ruͤcken, welches allen Beſchreibun 
gen und auch unſerm Exemplare ganz zuwieder ift 
denn bey dieſem find alle Federn auf dem Ruͤcken 
dunkelgrau mit ſchmuzigweißen Rändern, 


| 


29 


223 
209. Fringilla Montana, 324. 37. Moun- 
tain Sparrow, Hr. Zool. We Briflon II. p. 79. 
Faun. Am. ept. Bergfinke. 

Vom Severn: Fluſſe, Rr 20. 

Dieſes ſcheint eine Abartung zu ſeyn, indem 
her Schwanz etwas länger als gewoͤhnlich und ges 
heilt iſt; das uͤberſchickte Exemplar iſt den Bes 
chreibungen welche die Oenithologiſten von dieſer 
Battung gemacht haben, ziemlich ahnlich; und 
Teint ein Weibchen zu ſeyn, weil es unter der 
ehle und den Augen nichts ſchwarzes hat, und 

zuch kein weißes Halsband. Der Schnabel und 
Die Beine find ſchwarz, die Augen blau. Sie 
Fommen im May zu Severn- Pflanzung an, ger 

en zur Bruͤtezeit weiter nach Norden, und keh— 
Ten im Herbſte wieder zuruͤck: fie wiegen 3 einer 
inze, find 62 Zoll lang und 10 breit. Ich war 
nfang willens aus dieſem Vogel eine neue Gats 
ng zu machen, weil es in fo vielen Stuͤcken von 
em Bergſinken verſchieden iſt; da ich aber bes 
chte, daß das uͤberſchickte Exemplar nicht in den 
eſten Zuſtande und vielleicht ein Weibchen iſt, 
Jielt ich es für rathſamer ihn an feiner Stelle zu 
Iıffen, bis wir ihn beſſer kennen lernen. 


Fringilla. 30. Hudſonias. Eine neue Gat⸗ 
Jung. Der Hudſonſche ſchwarze Finke. 

e Bom Severn⸗-⸗Fluſſe, Nr. 18. 6 

| Dieſes iſt gewiß eine noch unbeſchriebene 
zattung; fie beſucht Severn Pflanzung nur im 
| Som⸗ 


224 


Sommer, und erſcheint niemals vor dem Junius 
alsdann haͤlt ſie ſich ohngefehr vierzehn Tage auf 
zieht hernach weiter nach Norden um zu brüten 
und geht im Herbſte auf ihrer Ruͤckkehr nach Suͤ 
den wieder daſelbſt durch. Da fie ſehr ſchwer zi 
fangen ſind, konnte man nicht entſcheiden, ob dat 
uͤberſchickte Exemplar ein Männchen oder Weib 
chen iſt. Sie wohnen in flachen Hegenden, und 
naͤhren ſich von Grasſaamen; fie wiegen X Unze 
ſind 64 Zoll lang und 9 breit: das Auge iſt klein 
und 9 0 und der Schnabel ganz blaßroth; den 
ganze Leib iſt ſchwaͤrzlich oder Rußfarbig, ausge 
nommen der Bauch, und die zwey aͤußerſten 
Schwanzfedern an jeder Seite, welche weiß find, 
Es waͤre zu wuͤnſchen, daß wir mehr Exemplar 
und umſtaͤndlichere Nachrichten von dieſem Voge | 
erhielten, damit wir im Stande feyn möchten! 
ihm ſeine Stelle mit mehrerer Gewisheit anzu | 
weiſen. | 


13. Muscicspa, 31. Striara, Eine neue 
Fliegenfaͤnger. J Gattung, Striped Fly 
catcher. Geſtreifter Fliegenſtecher. 


Vom Severn Fluſſe, Nr. 48 und 49. Ein 
Maͤnnchen und Weibchen. 1 
Dieſe Gattung beſucht die Gegenden beym 
Severn-Fluſſe nur im Sommer, naͤhrt ſich von 
Grasſaamen und dergleichen; fie wiegen eine hal⸗ 
be Unze, find 5 Zoll lang und 7 breit; das 
Maͤnnchen iſt ſehr verſchieden von dem Weib⸗ 
chen: 


225 


t a auch dieſe Gattung iſt noch nie befchrieben 
vorden. N 

14. e 32, Calendula, 337. 47. 
Bachſtelge. 1 Ruby crowsed Wren. 
dw. 23 4. Faun. Am. Sept. Das Goldhaͤnchen. 


Dieſer Vogel trift mit den Beſchreibungen 
adon, und mit der Abbildung Edwards ganz 
derein; er wiegt 4 Quentchen, iſt 4 Zoll lang 
ad 5 breit. Er zieht aus einer Gegend in die 
dere, naͤhrt ſich von Grasſaamen und derglei— 
en, und bruͤtet in flachen Gegenden; die An⸗ 
hl feiner Eyer weiß man nicht, 


15. Parus, [ 33. Atricapillus, 33 1. 6. Black 
Maiſe.] Cap Litmouſe. Die ſchwarzkoͤ⸗ 
ge Maiſe. | ee 
Von Albany Fort, Rr. 117931 A 
Linnaͤus Beſchreibung und auch die des Briſ⸗ 
n find in den meiſten Stuͤcken zutreffend, nur 
d die Schwungfedern auf der innern Seite nicht 
iß. Dieſe Voͤgel halten ſich das ganze Jahr 
durch bey Albany- Fort auf, und je kaͤlter das 
Metter iſt, in deſto größerer Anzahl laſſen fie ſich 
hen; weil fie vermuthlich alsdann mehr Man: 
an Nahrung haben und ſich alſo den Wohn— 
Atzen naͤhern, um was fie finden koͤnnen aufzu— 
en. Ihre Speiſe find Fliegen, kleine Müden, 
d auch die Knospen der Birken, doch ſuchen ſie 
leicht in dieſen nur Inſekten; ſie geben einen 
Jorſtets L. u. V. K. 3. Tb. P zwit⸗ 


226 


zwwitſchernden Laut von ſich, nach welchem die Ei 
gebornen fie Kis-Kis-Ke⸗ſchiſch genannt haben 


Parus. 3 4. Hudfonicus, Eine neue Go 
tung. Hudfon’s Bay Titmoufe, Die Hudfon 
Maiſe. 

Vom Severn Fluſſe, Nr. 12. | 

Diefe neue Gattung der Maiſe wird 9. 
den Eingebornen Petſche-Ke⸗Ke⸗ſchiſch genam 
Man findet ſie gewoͤhnlich bey Wacholder -E 
ſtraͤuchen deren Schoßen fie eſſen; im Winter fl 
gen ſie, auch bey der ſtrengſten Kaͤlte in klein 
Schaaren von einem Baume zum andern. E 
brüten nahe bey den Wohnplaͤtzen, und legen 
Eyer auf einmal; ihre Augen find klein, und u 
ter denſelben haben fie einen weißen Streif. 2 
Beine ſind ſchwarz. Das Maͤnnchen und We 
chen ſind einander ganz aͤhnlich; fie wiegen 1 
T Unze, find 35 Zoll lang und 7 breit. g 


16. Hirundo, f 35. 
Schwalbe. 1 | N 
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 5 b. | 
Die Schwalben bauen ihre Reſter un 
Senftern und an ſteilen Ufern der Flaͤſſe, im der N 
verſchwinden fie, und die Indianer ſagen, fie fi 8 
ren wie erſtarrt unter dem Waſſer gefunden wi 
den, vermuthlich weil fie keine große Netze 1 
ben, womit fie unter dem Eiſe ſiſchen koͤnnſ 
Das ͤberſchickte Exemplar fimmt in einigen S | 
cken mit der Hausſchwalbe Hirund. Urbica Lir 0 
uͤb. 


227 


uͤberein, ſcheint aber kleiner zu ſeyn, und hat 
nichts weißes an dem Steiße. Ich habe es des— 
wegen fuͤr beſſer gehalten, die Gattung unbeſtimmt 
zu laſſen, bis wir weitere Nachrichten von dieſen 
Vogel aus des Hudſonsbay erhalten. 


II. Vo ah 


VI. f Grallae. 
1 1 Sumpfodgel, Faun. Am, Sept, 
17. Ardea,f 36. Canadenfis, 233. 3. 

Reiger. I Edw. 133. Canada Crane, 
aun. Am, Sept. Der Eanada-franid, 
Vom Severin - Fluſſe, Nr. 35. Der blaue 
ranich. f 
In der Nachricht von Severn Pflanzung 
ird geſagt, daß kein weſentlicher Unterſchied zwi— 
ben den Männchen und Weibchen ſey; indeſſen 
alte ich das uͤberſchickte Exemplar für ein Weib: 
en, weil das Gefieder überhaupt nicht fo hell 
„als bey dem welches Edwards abgebildet hat, 
nd ihm auch die letzte Reihe weißer Fluͤgel-Deck— 
dern fehlen. Dieſe Kraniche kommen im May 
ch der Gegend beym Severn-Fluſſe, brüten 
ir zwey Junge auf einmal aus, und ziehen im 
erbte wieder gegen Süden zu; halten ſich am 
bſten bey Seen und Teichen auf und naͤhren ſich 
ahn Fiſchen, Wuͤrmern und dergleichen. Sie wie— 
ol Br und ein halbes Pfund, find 35 Schuh 
| P 2 8 9 


228 


lang und 3 Schuh s Zoll breit; der Schnabel 1 
4 Zoll lang, die Beine 7, und das Bein un 
Schenkel zuſammen 19 Zoll. | | 
| Ardea. 37. Americana, 234.5. Hoopin 
Crane, Edw. 132. Catesby, 1. 75. Fauf 
Am. Sept. 14. Der Amerikanſche Kranich. 
Von Pork ⸗Fort. | 
Die Zeichnung von Edwards iſt ſehr 2 

tig; Co tes by's ſeine iſt nicht ſo gut, weil er de 
Schnabel gegen die Spitze zu, zu dick gemacht. | 


Ardea 38. Stellaris, 239. 2 1. Varieta 
The Bittern, Br. Zool, dw. 136. Faun, am 
Septpag. 14 *. Der Rohrdommel. | 
Vom Sebern⸗ Fluſſe, Nr. 64. | 
Beym erſten Anblicke glaubte ich, das vo 
der Hudſonsbay uͤberſchickte Exemplar ſey ein jun 
ger Vogel; aber nachdem ich es naͤher unterſuchl 
und mit Herrn Edwards Nachricht und Zeichnung 
verglichen habe, halte ich es für eine Abartun 
der gemeinen Nordamerikaniſchen Rohrdommel 
fie iſt kleiner, hat aber im Ganzen viel Aehnlich 
keit mit unferer Rohrdommel. Herrn Edward 
Abmeſſungen und Zeichnungen treffen ganz mi 
dem Exemplar uͤberein. 
Der Vogel laͤßt ſich gegen das Ende de 
May in der Gegend beym Severn-Fluß ſehen 
hält ſich gewöhnlich in Suͤmpfen und bey Weider 
auf, wo er auch fein Neft baut, und nur jedes“ 
mal zwey Eyer legt; er iſt ſehr träge, und fliege 
nut 


229 


ur eine kurze Een weiter, wenn er aufge: 
heucht wird. 

18. Scolopax, 39. Totanus 245. 13. 
Waldſchnepfe.] Spotted Woodcok, Faun. 
‚m. Sept. 14. Geſprenkte Waldſchnepfe. 

Von Albany-Fort, Nr. 16. 

Dieſer Vogel wird zu Albany-Fort Gelb— 
5 genannt, weil die Beine insbeſonders bey al— 
In Voͤgeln eine hellgelbe Dat haben, ein Um⸗ 
ind in welchem er mit Linnaͤus und Briſſons 
eſchreibungen nicht zuſammen ſtimmt, vermuth— 
b weil dieſe nach getrockneten Exemplaren ges 
acht worden ſind, bey welchen die gelbe Farbe 
mer braun wird. In andern Stuͤcken gleicht 
den Beſchreibungen vollkommen: im April oder 
Anfange des May kommt er nach Albany— 
rt, und zieht gegen das Ende des Septembers 
Jeder fort. Seine Nahrung find kleine Muſchel— 
ſche, Würmer und Maden; er hält ſich ges 
hnlich an den Ufern der Fluͤſſe, in Moraͤſten 
d dergleichen auf, und wird wegen des Geraͤun- 
es welches er macht von den Eingebornen Sa⸗ 
ſchu genannt. 


Scolopax. 40. Lapponica, 246. 15. Red 
Pdwit, Br. Zool. Faun. Am. Sept. 14. Edw, 
8. Die Lappland Schnepfe. 
Vom Churchill⸗Fluſſe, Nr. 13. 
Linnaͤus hat dieſen Vogel in feinem Syfte- 
Naturae ſehr richtig beſchrieben. Die Mitte 
: des 


* . 


230 


des Bauches hat nichts weißes bey dieſem Exen 
plare, wie bey dem, nach welchem die Beſchre 
bung in der Brittiſchen Zoologie 1. pag. 325. g 
macht worden iſt. Die uͤbrigen Kennzeichen tre 
fen alle ein. 


Scolopax. 41. Borealis. Eine neue Ga 
tung. Eskimaux Curlew. Faun. Am. Sept. 1. 
Die Eskimahs Schnepfe. 

Von Albany⸗Fort. Nr. 15. 


Dieſe Gattung Brachvogel iſt den Ornith 
logiſten noch nicht bekannt; und iſt zuerſt in d 
Faunula Americae Nie oder V 
zeichniß der Rordamerikaniſchen Thiere, erwaͤß 
worden. Sie wird von den Eingebornen Wi 
me⸗ naß ſchu genannt; ihre Nahrung beſteht a 
Wuͤrmern, Raupen und dergleichen. Im Ap 
oder Anfange des May kommen ſie nach Alban 
Fort; ziehen zur Bruͤtezeit nach Rorden, Echt 
im Auguſt wieder zuruͤck, und gehen gegen d 
Ende des Septembers wieder ſuͤdwaͤrts. 


19. Tringa, f 42. Interpres 248. 
Strandlaͤufer. Turnſtone. Edw. 14 
Faun. Am, Sept. 14. Steinwende. | 


Vom Eevern: Zluffe, Nr. 31 und 32. | 


Dieſe Gattung iſt von den Ornithologißß 
ſehr gut beſchrieben worden: fie wiegen 34 Un 
find 83 Zoll lang, und 17 breit; ihre Augen fi 
ſchwarz, und die Fuͤße helle pomeranzenfarb; 


231 


Ja en ſich an den Ufern der Fluͤſſe auf, und bruͤ⸗ 
| en jedesmal vier Junge aus. 


Tringa 43. Helvetica. 250. 12. Briffon, 
Av. V. p. 106. t. 10. f. 2. 

(Die Nummer iſt verloren gegangen; iel; 
eicht iſt es Nr. 17. von Fort Albany; dieſer Vers 
nuthung zufolge gehört folgende Nachricht dazu: 
„Die Eingebornen nennen ihn Wau pusk abrea⸗ 
ſchiſch, oder weißer Baͤrvogel; er naͤhrt ſich 
von Beeren, Inſekten, Raupen, Wuͤrmern und 
kleinen Muſcheln; und beſucht und verlaͤßt Al⸗ 
bany⸗Fort zu gleicher Zeit mit dem Scolopax 
Totanus und Borealis.”) 

Dieſer Vogel ſtimmt ſehr gut mit der Be— 
hreibung überein; der Hals, Bruſt und obere 
heil des Bauches ſind ſchwaͤrzlich, wie in den 
Beſchreibungen, aber mit kleinen mondfoͤrmigen 
lecken vermiſcht, welche weder von Herrn Briſ— 
n beſchrieben, noch in feiner Zeichnung Ausges 
uͤckt worden, und vielleicht der Verſchiedenheit 
es Geſchlechts und Klimas zuzuſchreiben find, 


S 
aN SER Es. 
VI.. 5 Schwimmvoͤgel. Faun. Am. Sept. 
29. AN As, 7 44. Marila, 196 8. Scaup 
Ente. Duck. Br. Zool. Faun. Am. 
ept. 17. Die Bollente. 
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 44 und 45. Fi⸗ 
hende Enten. 
Die 


232 


Die Beſchreibung des kinnzus und die Ab⸗ 
bildung in der Er. Zool. folio, plate Q. p. 153, 
kommen mit dieſen Sremplaren vollkommen über: 
ein. Das Weibchen ift wie Linnaͤus bemerkt ganz 
braun, die Bruſt und der obere Theil des Ruͤ⸗ 
ckens find glänzend roͤthlich braun, und die Fiir 
gelſpiegel und der Bauch weiß. Die Augen 2 | 


5 und 20 beit. 


Anas, 45. Nivalis. Faun. Aid. Sept 
16. Lawfon’s Carolina. Anſer niveus Brit, 
VI. 288. Klein. Anfer nivis. Schwenkfeld 
Marfigli. Danub. p. 802. t. 49, Die Sches 
Gans. 1 
Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 40. und eine junge 
Nr. 41. Die weiße Gans. 


Dieſe weißen Gaͤnſe ſind ſehr zahlreich in] 
der Hudſonsbay, und viele taufende werden alle 
Jahre zum Gebrauch der Kolonien getoͤdtet. Sie 
werden gewoͤhnlich im Fluge geſchoſſen, welches 
die Indianer die ſich von Jugend auf im Schieß 
fen üben, ſehr gut verſtehn; fie wiegen fünf oder 
ſechs Pfund find 25 Schuh lang und 37 breit 
ihre Augen ſind ſchwarz, der Ring klein und roth, 
von welcher Farbe auch die Beine ſind; ſie ſuchen 
ihre Nahrung bey der See, und ihr Fleiſch ift 

ſeht 


| 


233 


ſehr ſchmackhaft: ihre Jungen find blaͤulicht grau, 
und werden nicht eher vollkommen weiß als bis ſie 
ein Jahr alt ſind. Erſt in der Mitte des May 
beſuchen ſie auf ihrer Reiſe nach Norden, wo ſie 
ihre Eyer ausbruͤten, die Gegend beym Severn— 
Fluſſe; kehren im Anfange des Septembers mit 
ihren Jungen zuruͤck, und halten ſich jedesmal 
nicht länger als vierzehn Tage zu Scbern-Pflan⸗ 
N zung auf Der Name den die Indianer am Chur⸗ 
chill⸗Fluſſe ihnen geben tft Way- way. Linnaͤus 
at von dieſer Gartung keine Meldung gethan. 
Anas. 46. Canadenſis 198. 14. Canada 
Gooſe Faun. Am. Sept. 16. Edw. 181. Ca- 
sb. I. 92. ete. Kanada Gans. 

Vom Severn-⸗Fluſſe, Nr. 42. 
Die Kanadiſchen Gaͤnſe ſind ſehr haͤufig zur 
Hudſonsbay, und werden in großer Menge geſal— 
zen, haben aber einen fiſchigen Geſchmack. Das 
iberſchickte Exemplar ſtimmt vollkommen mit den 
Beſchreibungen und Abbildungen uͤberein. An 
der Hudſonsbay wird dieſe Gattung die kleine graue 
Hans genannt. Herr Graham welcher uns die 
Nachrichten von Severn-Pflanzung geſchickt hat, 
rwähnt noch außer dieſer, und der vorhergehen 
en weißen Gans, drey anderer Gattungen wilder 
Baͤnſe, die an der Hudſonsbay gefunden werden; 
ind er nennt ſie: 
1. Die große graue Gans. 
2. Die blaue Gans. 
3. Die lachende Gans. | 
1 Die 


2 34 


Die evfte von dieſen, die große graue Gans 
iſt, ſagt er, ſo gemein in England, das er es fuͤr 
unnoͤthig hielt Exemplare davon zu uͤberſchicken. 
Man darf indeſſen annehmen, daß Herr Graham 
obgleich er ſich als einen ſorgfaͤltigen Beobachter 
und unermuͤdeten Sammler gezeigt hat; doch da 
er kein Naturkuͤndiger iſt, keine genaue Unterſu⸗ 
chung uͤber die Gattung zu welcher dieſe Gans ge⸗ 
hoͤrt anſtellen konnte, noch ſich mit Gewisheit er⸗ 
innern, daß ſie wirklich in England zu finden ſey. 
Ein Raturkenner findet öfters weſentliche Ver⸗ 
ſchiedenheiten die dem Auge das mit der natürlied 
chen Geſchichte unbekannten Mannes ganz entge⸗ 
hen. Jeder Liebhaber dieſer Wiſſenſchaft wird 
alſo ae Exemplare dieſer Gaͤnſe zu ſehen. Hi 
Herr Graham ſagt die große graue Gans ſey die 0 
einzige Gattung welche in der Gegend des Sell 
vern-Fluſſes bruͤten. Die Ebenen und Suͤmpfe 
laͤngſt der Kuͤſte find ihr gewöhnlicher Aufenthalt. 
Sie wiegen neun Pfund. | 

Die blaue Gans ift fo groß als die weiße 
Gans, und die lachende Gans iſt von einer Groͤße 
mit der Kanadiſchen oder kleinen grauen Gans. 
Dieſe zwey letztern Gattungen werden an der ſuͤd- 
lichen Seite der Hudſonsbay ſehr haufig gefunden, 
aber gegen Norden vom Gevern » Fluſſe find fie 
ſehr ſelten. Die Indianer haben eine beſondere 
Methode alle or Gattungen Gaͤnſe und auch 
Schwaͤne zu toͤdten. Da dieſe Vögel beſtaͤndig 
laͤngſt den Suͤmpfen fliegen, ſtellen ſie ſich in einer 

Rei⸗ 


235 


Reihe quer über den Moraſt, von dem Walde an 
bis zu dem Ort wo die Fluth aufhoͤrt, ohngefehr 
einen Flintenſchuß von einander entfernt, ſo daß 
ſie ſicher ſind allen Gaͤnſen welche nach dieſer Sei— 
te zufliegen den Weg abſchneiden zu koͤnnen. Ge 
der von ihnen legt etwas Reisholz um ſich herum, 
hinter welches er ſich verbirgt; auch machen ſie 
alſche Gaͤnſe von Koth und Reiſern, welche fie in 
einer kleinen Entfernung von ſich ſtellen, um die 
dirklichen Gaͤnſe fo nahe anzulocken, daß fie in» 
erhalb ihres Schuſſes find: nach dieſen Vorberei— 
tungen fegen fie ſich nieder und lauern auf, bis 
ſich der Flug naͤhert, worauf ſie ſich alle nieder le— 
gen, und das Geſchrey der Gaͤnſe nachahmen, 
delches dieſe nicht fo bald hoͤren, und die Lockvoͤ— 
Igel gewahr werden, fo laſſen fie ſich zu ihnen her— 
unter; hierauf erheben ſich die Indianer auf ihre 
nie und loͤſen jeder zwey bis drey Flinten ab; fie 
ind fo. geuͤbt hierin, daß fie bey jedem Schuß 
zwey auch drey be aͤnſe tödten, und Herr Graham 
perſichert eine Reihe Indianer geſehen zu haben, 
Joelche durch ihr nachahmendes Geſchrey, einen 
Flug Gaͤnſe ſo lange um ſich flatternd erhielten, 
eis fie jede von ihnen getoͤdtet hatten. Die 
Schwierigkeit des Anlockens wird noch dadurch 

dermehrt, daß jede Gattung Gaͤnſe ihren beſon⸗ 
ern Laut oder Geſchrey hat. 


Ä Anas. 47. Ae 199. 18. The pied 
Duck. Faun. Am. Sept. 17. Edw. t. 100, 
N Sar- 


236 


Sarcelle de la Lonifiane, Beiffon VI 
1. Die bunte Ente. 


Vom Severn⸗Fluſſe, 1 5 7 und 38. gich⸗ | 
fangende Vögel, 

Das Männchen a ſehr gut mit den Bes 
ſchreibungen und Abbildungen uͤberein, nur ſind 
die drey aͤußern Federn nicht weiß an der Außen⸗ 
ſeite, ſondern ganz dunkelgrau. 

Da das Weibchen noch von keinem Ornitho— 
logiſten beſchrieben worden iſt, werde ich um fünf: 
tigen Irrungen zuvor zu kommen, ſolches hier 
thun. Der ganze Vogel iſt dunkelgrau, außer 
emigen Federn auf der Stirne welche roſtfarbig 
ſind, und einigen ſchmuzig weißen neben den Oh⸗ 

ren; die Bruſt iſt grau, der Bauch und die Fluͤ⸗ 
gelſpiegel ſind weiß, und der Schnabel und die 
Beine ſchwarz. Sie beſuchen Severn- Pflanzung 
im Junius, bauen ihre Reſter in Baͤume, und 
Hecken in den Wäldern und bey Teichen. Das 
Weibchen wiegt ein en, iſt 14 Zoll lang, und 
21 breit. 

Anas. 48. Clangula. 201. 23. Golden 
Eye. Br. Zool. Fann. Am. Sept. 16. Das 
Goldauge. | 

Vom Severn⸗Fluſſe, Nr. 51. | 
Dieſe Voͤgel halten ſich gewoͤhnlich bey Seen 
und Teichen auf, wo fr auch ihre Eyer ausbruͤ e“ 


ten; ſie eſſen Fiſche und durchſuchen die Mudde 
g und 


237 


und den Schlamm, und koͤnnen ſich nicht vom 
trocknen Lande in die Luft erheben. Die Beine 
und Ringe der Augen find gelb: fie wiegen 25 
Pfund, und haben 19 Zoll in der Laͤnge, und 2 
Schuh in der Breite, das uͤberſchickte Exemplar 


iſt ein Maͤnnchen. 


Anas, 49. Perfpicillata. 201. 25. Black 
Duck. Faun. Am. Sept. 16. Edw. 135. Der 
Weißnacken. 

Vom Churchill-Fluſſe, Nr 14. 
Dieſe Gattung iſt von Edwards ſehr genau 


beſchrieben und richtig gezeichnet worden. Die 
Indianer nennen fie Sche⸗ fe ſupartem. Sie 


ſollte beym Linnaus unter die erſte Abtheilung der 
Enten kommen, „roftro bafı gibbo,“ weil ihr 
Schnabel wirkli h an der Wurzel ſehr hoͤckerig iſt. 


Anas. 50. Glacialis. 203. 30. und Hye- 


malis, 202. 29. Edw. t. 156. Swallow- 


tail. Br. Zool. Faun. Am. Seh, 17. Pfeilſtaͤrz 
Ente. 
Vom Churchill⸗ Fluſſe, Nr. 12. 

Die Indianer beym Churchill-Fluſſe nennen 
dieſe Gattung Har-har- vey; fie ſtimmt mit Ed⸗ 
wards Beſchreibung und Zeichnung, Tafel 156. 
uͤberein, iſt aber ſehr verſchieden von Linnaͤus un⸗ 
richtiger Beſchreibung der Anas Hyemalis, bey 
der er doch den Edwards angeführt hat. Ueber— 
haupt läßt es ſich wohl kaum in Zweifel ziehen, 
daß der Vogel welcher beym Cdwards Tafel 280. 
" und 


238 


und in der Br. Zool. Tafel Q. 7. abgebildet und 
von Linnaͤus als ſeine Anas glacialis angefuͤhrt 
iſt, nicht das Männchen ſey, und der beym Ed⸗ 
wards T. 156. gezeichnete und vom Linnaͤus als 
feine Anas Hyemalis angeführte Vogel, das 
Weibchen. Linnaͤus beſchreibt feine Anas Hye- 
malis mit einem weißen Leibe, beym Edwards 
Tafel 156, aber und dem Exemplar der Societaͤt | 
ift der Leib ganz braun und dunkelgrau, außer der 
Bauch, die Schlaͤfe, ein Flecken an der Seite des 
Kopfes, und die Seiten des Steißes welche weiß 
find. Linnaͤus ſagt, die Schläfe find ſchwarz; 
dennoch ſind ſie in dem uͤberſchickten Exemplar und 
in Herrn Edwards Zeichnung welche Linnaͤus an- 
geführt hat, ganz weiß; die Bruft, Ruͤcken und 
Fluͤgel ſind nicht ſchwarz wie er ſagt, ſondern viel⸗ 
mehr braun und dunkelgrau. Noch ein Beweis, 
daß die Anas Glaeialis und Hyemalis des Lin⸗ 
naͤus nur eine Gattung fev, iſt daß die Fuͤße bey— 
des in der 186. und 280. Tafel des Edwards 
roth find, und der Schnabel, ſchwarz mit einem 
pomeranzenfarben Flecken. 


Anas. 5 1. Crecca. 204. 33. Varietas. 
Teal. Br. Faun. Am. Sept. 17. Krieckente. 


Vom Severn-Fluſſe, Nr. 33, 34. Maͤnnchen | 

und Weibchen. | 0 
Dies iſt eine Abartung der Krieckente, denn 

ihr fehlen die zwey weißen Streifen über und un 
ter dem Auge; doch iſt der untere bey dem Maͤnn⸗ 
chen 


239 


chen obwohl ganz ſchwach ausgedruͤckt, auch hat 


es uͤber jeder Schulter einen weißen mondfoͤrmigen 


Streif; welcher bey der Europaͤiſchen Krieckente 
nicht iſt. Dieſe Gattung iſt in der Gegend beym 
Severn⸗Fluſſe nicht ſehr zahlreich; fie leben in 
Wäldern und Ebenen neben kleinen Teichen, und 
bruͤten jedesmal fuͤnf bis ſieben Junge aus. 


Anas, 5 2. Hiflrionica. 204. 35. Harle= 
quin Duck. Faun. Am. Sept. 16. Edu. t. 99. 
Die Harlekin-⸗Ente. 


Dieſer Vogel hat keine Nummer angeheftet; 


er ſtimmt vollkommen mit Edwards Zeichnung 


uͤberein. 
Anas. 53. Boſchas. 205. 40. Mallard 


Drake. Faun. Am. Sept. Br. Zool. Stodente, 


Vom Severn-Fluſſe, Nr. 39. 

Dieſe Gattung wird an der Hudſonsbay 
Stockerpel genannt, und iſt nach einer angeſtellten 
Vergleichung der Europaiſchen in allen Stuͤcken 
aͤhrlich. 

2 I. PELECANUs, J 54. . 251. 
Pelikan. ı. eine Abart. 
Vom York: Fort. 

Die Abart des Pelikans gleicht dem oriente: 
liſchen Pelikan (Pelicanus onoerotalus orientalis) 
des Linnaͤus vollkommen, nur hat er einen fonders 


baren Buſch oder Franze von Fibern in der Mitte 
des obern Schnabels, dieſer Buſch iſt von keinem 


Na 


240 


Naturkuͤndiger erwaͤhnt worden, und fehlt auch 
bey Edwards Pelikan, t. 92. welcher ſonſt in al⸗ 
len Stuͤcken mit dem Exemplar der Soc etaͤt uͤber⸗ 
einſtimmt. Der P. Onocrotalus occidentalis des 
Linnaͤus oder der Amerikaniſche Pelikan des Ed— 
wards t. 93. ift ſehr verſchieden von dieſen, ins⸗ 
beſonders in der Farbe welche bey unſerm Vogel 
von der Hudſonsbay weiß iſt, bey Edwards aber 
graulicht braun, und der Groͤße; indem der weiße 
Vogel beynahe noch einmal ſo groß iſt, als der 
braune. Die Schwungfedern ſind ſchwarz, und 
die Schafte der groͤßern weiß. Der Afterfluͤgel 
iſt ſchwarz nnd der Schnabel und die Beine gelb. 


22. Colymbus, f 55. Glacialis. 22 1. 5. 
*Täucher. | Northern Diver. Br, 
Zool. Faun. Am. Sept. 16. Nordlicher Täucher. 
Vom Churchill Fluſſe, Nr. 8. wird daſelbſt | 
Lumme genannt, | 
Dieſer Vogel iſt in der Brittiſchen Zoolos 

gie in folio ſehr gut beſchrieben und gezeichnet | 
worden. | 


**Colymbus, ! 56, Auritus, 2. 222. 8. 
Haubentaͤucher. V Edw. 145. Eared Grebe. 

Faun. Am. Sept. 15. 
Vom Severn-Fluſſe, Nr. 43. 2 
Dies iſt der naͤmliche Vogel welchen Ed⸗ 
wards t. 146. abgebildet hat. Das uͤberſchickte 
Exemplar iſt ein Weibchen. Es iſt von unſerm 
klei⸗ 


241 


kleinern Haubentaucher Br. Zool. oetavo . 
396. und Br. Zool. illuſtr. plate 77. fig. 

und Edw. 96. fig. 2. ſehr verſchieden. Jrdeß 
ſen halten doch die Verfaſſer dieſer beyden Werke 
dafuͤr, daß es bloß eine Abartung oder von ver: 
ſchiedenem Geſchlecht iſt. Auch Herr Graham iſt 
don dieſer Meynung. Sie leben von Fiſchen, 
halten ſich gewohnlich auf den Seen und an der 
Kuͤſte des Meeres auf, legen ihre Eyer in das 
Waſſer in ein ſchwimmend Neſt zwiſchen dem 


Ende: in die Luft en. Sie erſcheinen im 
Anfange des Junius, und ziehen im Herbſt nach 
Suͤden zu. De Eingebornen nennen dieſen Vo⸗ 
gel Se- Kiez. Seine Augen find klein und haben 
othe Ringe; er wiegt ein Pfund, und hat einen 
chuh in der Laͤnge, und ein Drittel mehr in der 
reite. 


23. Larus, f 57. Paraſiticus 226. 10. 

Meve. I Arctic Gull. Br. Zool. Faun. 
m. Sept. 16. Edw. 148. 149. Struntjager. 
Vom Churchill-Fluſſe, Nr. 15. 

Diefe Gattung wird an der Hudſons bay 
an of war (Fregatte) genannt. Nach der 
muzig weißen Farbe die das Gefieders unten 
hat, ſcheint dieſes Exemplar ein Weibchen zu 
pn; es trift fehr gut mit Edwards Zeichnung 
und der in der Br. Zool. illuſtr. uberein. 
Vorſters L. u. V. K. 3. Th. 2 24. 


\ 


hoͤrte ift verloren gegangen, vielleicht ift es Nr. 


Eingebornen eine Art Meve genannt, die ſie en. 


ſchwalbe. 


242 


| 

24. Sterna, } 58. Hirundo (eine Abar⸗ 
tung) 227. 2. Ihe greater 

Tern. Br. Zool. Faun. Am. Sept. Die Meer ⸗ 


| 


(Die Nummer welche zu diefem Vogel gez 


17. vom Ehurchill⸗ Fluſſe, und wird von den 


erbrecher heißen.) 

Die Fuͤße ſind ſchwarz; der Schwanz iſt kur | 
zer und viel weniger getheilt als bey dem in der 
Brittiſchen Zoologie abgezeichneten und beſchrie⸗ 
benen Vogel: auch fehlt der Außerften Schwanz⸗ 
feder das ſchwarze, welches das Exemplar in der 
Brittiſchen Zoologie hat. In allen übrigen Sfuͤ⸗ 
cken ſind ſie voͤllig gleich. 7 


| 
9355 243 


 DESCRIPTIONES 
Avium Rariorum et Non Deſeriptarum e 


n Sinu Hudſonis. 


I, we s ACER. 


. cerà pedibufque coeruleis; corpo- 

re, remigibus rectricibufque fuſeis, faſeiis 

pallidis; capite, pectore et abdomine albis, 
maculis longitudinalibus fuſeis. 

Habitat ad ſinum Hudſonis et in reliqua Ame- 
rica Septentrionali; victitat Lagopodibus et 
Tetraonum fpeciebus. 

DE sR. Magnitudo Corvi, 

Koſtrum, cera, pedes coerulea; ro- 
ſtrum breve, curvum, coeruleo. 
atrum; mandibula utraque, baſi 
pallide coerulea, apice nigrefcen- 
te, utraque emarginata. 

Caput tectum pennis albidis, maculis 
longitudinalibus, fuſcis. 
culi magni; irides flavac. 

Gula alba, fuſco - maculata. 

Dorfum et tectrices alarum, plumis 
fuſcis, ferrugineo . pallide margina- 
tis, maculatifque , maculis rachin 


non attingentibus, 
22 HPectus, 


* 


244 


Pectusz venter, eriſſum, tectrices ala- 

rum inferiores, et femora alba, ma- 
oulis longitudinalibus nigro- -fufeis, 

Remiges fuſco- nigrae, viginti duo; 
primores apicibus margine albis, 
maculis ferrugineo- pallidis, intra 
majoribus, tranſverfis, extra mi 
noribus, rotundatis. 

Kectrices duodecim, ſupra fufcae, fat. | 
ciis circiter duodecim et apice al- 
bidis; infra cinereae, fafciis al- 
bidis. | 


2. S TRIX NEBU LOS A. 
S TRI capite laevi, corpore fuſeo, albido un- 
dulatim ſtriato, remige ſexta longiore, api- 
ce nigricante. 
Habitat circa Sinum Hudfonis, victitat Lepori- | 
bus, Lagopodibus, Muribuſque. 
Descr. Koſtrum fufeo-favum; mandibula ſu- 
periore ſuperius magis flava. 

Oculi magni, iridibus flavis. 
Caput facie einerea, e pennis fuſeo et 
pallide cinereo alternatim ſtriatis. 
Pone haſce pennas, collum verſus, 
eſt ordo plumularum fuſcarum ad 
utramque genam, femicirculum ni- 
grum efliciens, 


Occi- 


245 


Occivut, cervix, et collum fuſea, 


pennis, duursinits albo - macu- 
latis. 
Pectus albidum, ee longitudi- 
nalibus tranſverſiſque fuſcis. 
Abdomen album, ſuperius uti pectus 
maculis longitudinalibus, ſed infe- 
rius ſtriis tranfverfis notatum. 
Dorum totum et tectrices alae, cau- 
daeque confertim ex fuſco et al- 
bido undulato ſtriatae. A 


Aae fuſcae ; remiges primores fuſ- 


cae, grifeo tranfverfim fafciatae, 
faſciis latis nebuloſis. Remex fex- 
ta, reliquis longior, apice magis 
nigricans; prima vero reliquis 
primoribus brevior. Remiges re- 
liquae pallidiores, obſcurius faf- 
ciatae. 9 5397 

Cauda rotundata, rectricibus duode- 

eim: duae intermediae paullo lon- 
giores, totae cinerafcente albido 
fuſeoque undulatim ſtriatae, lineis 
duplicatis fufeis tranſverſis pluri- 
bus. Rectrices reliquae fuſcae al- 
bido ſubſtriatae. | 


Pedes tecti pennis albidis fufco-ftriatis, 


Mag- 


246 


Magnitudo fere Strigis Nycteae, Linn, 
TLongitudo unciarum 16 pedis Angie 
cani. 
LTatitudo pedum quatuor. 
- Pondus librarum trium. 


8 TET RAO P ASIAN EIL LVs. 

Linn. Ed. X. p. 160. n. 5. 

TET RAO pedibus hirſutis, cauda cuneiformi, 

remigibus nigris, exterius albo-maculatis. 

Habitat ad Sinum Hudſonis. 

Deschr. Magwitide fere Tetraonis Tetrici 
Linn. 

Koftrum nigrum. 

Oculorum irides avellaneae. | 

Caput, collum et dorfum teſtacea, nie 

gro tranſverſim faſciata: macula 
albida inter roſtrum et oculos: la- 
tera colli uotata maculis rotunda- 
tis albidis. 

Dor ſum teſtaceum, plumis a 
late nigro-fafciatis. 

Uropygium magis albido- einereumy 
nigredine fimbriata ſecundum ra- 
chim plumarum. 

Pectus et Venter albida, maculis core 
datis fufco-teftaceis in ventre ſatu- 


ratioribus. 
Aa 


247 


Alarum teetrices dilute teftaceo, ni. 
gro, alboque tranſverſim faſciatae, 
maculis pluribus rotundis albis, 
Remiges primores nigrae, latere 
exteriore albo-maculatae; fecun- 
dariae fufcae, apice et ad margi- 
nem exteriorem albo ſubfaſciatae: 
poftremae vero teſtaceo fafciatae, 
apice tantum albae. | 

Rectrices breves, exteriores pallide 
fuſcae, apice albae, duae interme- 
diae reliquis longiores, teftaceo- 
maculatae. 

Pedes plumis albo grifeis veſtiti, di- 
gitis pectinatis. 

Longitudo unciarum 16 pedis 37 
cani. 

Latitudo pedum duorum. 


4. EMBERIZA LEUCOPHRYSa). 


EMBERIZA remigibus rectricibuſque fuſeis, 
capite nigro, fafcia verticis, ſuperciliiſque 
niveis. N 

Habitat in America Borcal ad Sinum Hud- 


fonis. Ir 8 
* DEscR. 


| ) a Asuxs; albus, Ofevs ſupercilium. 


248 


Descr. Magnitudo circiter fringillae caelibis. 

KRofirum rubrum, ſ. carnei coloris: 
Nares ſubrotundae. 

Caput faſcia verticali lata Sean 
paululum ante roſtrum deſinente; 
faſcia atra lata ad utrumque latus 
faſciae albae. Supercilia alba, den 
finentia in lineas, faſciam albam 
verticalem adtingentes; arcus dein 

atri, ex angulis oculorum, fere in 
occipite confluentes, I 

Collum eineraſcens, in pectore dilu- 
tius. | 

Dorfum ferrugineo- fufeuw, margini- 
bus plumularum einereis. 

Alae fufcae; remigum primorum 
margines exteriores tenuiſſimi pal- 
lidi, interiores cinerafcentes: fe- 
cundariae et pennae tectrices fuſ- 

cee, marginibus latiuſculis, verſus 
apicem albis, efficientibus faſciam 
albam; ſuper quam faſcia altera 
alba ex maculis albis in apice te. 
etricum minorum, ſ. plumarım 
ſcapularium. Alulae albae. Re- 
miges ſubtus cinereae, margini- 
bus albis. 
Pectus 


249 


Poectus cinereum „.abdomen dilutius, 
fere album. 

| Criffum et TREE. enn tegentes 

J luteſcentia. 

Droxygium einereo- fuſeum. 

Cauda aequalis; rectrices duodecim 
fuſcae, marginibus paullo palli- 
dioribus, ſubtus cinereae. 

Br Pedes carnei coloris, digito interme- 
dio et ungue poſtico rens lon- 
gioribus. 

‚Longitudo uneiarum 7 pedis Angli- 
cani. 182 

Latitudo inter alas extenfas 9 uncia- 
rum pedis Anglicani. 

Cauda partem tertiam longitudinis 
totius aviculae efffeit. 

Alae complicatae paululum ultra cau- 
dae exortum protenduntur. 

Pondus drachmarum ſex. 


5. FRINOILLA HU PDDPSON TAS. 


F RINGILLA fufco-cinerafcens, roftro albi- 
do; pectore inferiore, abdomine, rectrici- 
bufque quatuor extremis albis. 

Habitat i in America Boreali. 

DEs R. Magnitudo circiter fringillae cardue- 


lis. | Ä 
\ Ko- 


Koſtrum albidum , rubedine aliqua 
imbutuni. | 
Oeculi parvi, caerulei. 
Corpus totum cinereo-nigricans, . 
potius fuliginoſum. 
Pectus inferius et abdomen alba. 
Remiges fuſcae, ciner&p-marginatae: 
alae complicatae mediam fere cau- 
dam adtingunt. SE 
Rectrices fufcae, extimae utrinque 
duae totae albae, tertia fufca, ma- 
cula oblonga alba, ad latus inte- 
rius, prope rachin, apicem attin- 
gens; reliquae totae fuſcae. 
Pondus femunciae. 
L ongitudo unciarum 6% pedis Ange | 
cani. | 
L.̃atitudo unciarum novem. 


6. Mvscıcara STRIAT A. 


Mus ci cinereo-virens, dorſo nigro 
ftriato, ſubtus flaveſcenti- alba, gula lateri- 
bufque pectoris fuſco maculatis. _ | 
Habitat ad Sinum Hudfonis. | 
Quum mas ä,foemina multum differat, 
utique congruum eſt, utrumque fexum 

ſeparatim deſcribere. | 
Dscn. 


251 
Ds ck. Mas. | 

Rofirum trigonum , andibu fupe- 
riore paululum longiore, ante api- 
cem leviter emarginata, nigra; in- 
feriore baſi flaveſcente. 

Nares ſubrotundae. 

Vibriſſae nigrae. 

Caput ſupra totum atrum ad oculos uf- 
que. Genae à roſtro in occiput 
totae albae; oceiput albo et nigra 

variegatum. 2 

Sula flaveſcenti alba maculis fufeis. 

Pectus albidum, lateribus, five ver- 
ſus oceiput maculis | inigris varie 
gatum. 

Dor ſum cinereo-virens, 5 five ma- 
eulis; longitudinalibus nigris latio- 
ribus, è plumulis nigris, margine 
virentibus. 

Abdomen album. 3 

Uropygium cinereum, nigro- macu- 

latum. 

Aae fuſcae; remiges primores palli- 
do marginatae, feeundariae apice 
tenuiſſimo albo; duae ultimae mar- 
gine exteriore albo; tectrices fuſ- 

eae, majores flavefcenti-albae, mi- 
naores 


252 


nores candidae in apice maculatae, 
Ando faſciae albae binae in alis. 
| Cauda fuſca; rectrix utrinque prima | 
f- extima, latere interiore macula 
magna alba, marginem interiorem 
attingente; proxima ſ ſecunda ma- 
cula oblonga minore alba, etiam 
marginem interiorem attingente; 
utrinque tertia, latere interiore 
Oinin verſus apicem albo-marginata. 
| Pedes lutei; ungues breves, pallide 
fuſci. | | 
Magnitudo circiter Pari atricapilli; 
Linn. | 
Longitudo 5 unciarum. 
Latitudo 7 unciarum pedis Anglicani. 
Foemina 
‚Roftrum, alae, cauda, nen; uropy- 
gium, pedes et menſurae ut in mare. 
Caput flavo-virens, ftriis brevibus te- 
 nuibufque longitudinalibus nigris; 
linea flaviſſima à baſi roſtri inei- 
piens ſuper oculos ducta; palpe- 
brae flavae. 
Gula, genae et pectus albido-fiava; 
maculae fparfae oblongiufeulae I 
fuſeae, ab utroque oris angulo uf 
que in pectoris latera, 


D 07 


253 


Diorſum, ut in mare, ſed viridius, et 
ftriae nigrae minores. 


fi { 0 u. 
7. Parvs Hupsoniıcuvs, 


2 vs capite fufco- rubeſcente, dorſo cinereo, 
jugulo atro, faſcia ſuboculari, pegtoreque al- 
bis, hypochondriis rufis. 

Habitat ad Sinum Hudfonis. 

Desch, Roftrum ſubulatum, integerrimum, 

atrum, baſi € regione narium te- 

etum fafcieulis ſetarum ferruginea- 

a rum, lineas 4 (uneiae pedis Angli- 
eani) longum. 

Caput fufco-ferrugineum, faſeia ſub 
oculis alba; gula atra, nigredine 
extenſa ſub hac faſcia alba. 

Dor ſum einereo-virens, € plumis Ion- 
gioribus, fufeis, apice tantum ci- 
nereo-virentibus, ſ. olivaceis. 

Pectus et Abdomen alba, fed plumae 
omnes bafı e apice tantum 

albae. 

6 Latera abdominis et lumbi ferru- 
f ginei. Ä 
Ale fuſcae, remigum margine omni 
einereo. 
7 Cauda fuſea, rotundata, e e 
125 margine cinereis. 


Uro- 


254 


N Urcpygium teetum plumulis aliquot 
| nigris, apice albido-rufis. | 
Pedes nigri; digitus poſticus cum 
ungue anticorum digitorum me. 

dio, duplo longior. 
Longitudo unciarum 85 pedis lag. 
cani. | 

‚ Zatitudo unciarum 7. 
Cauda uncias 23 longa. 


8. ScoLOPAx BOREALIS, 
dic o LO Ax roftro areuato „ pedibufque Die 
gris, corpore fufco, brite alles, ubtus 
ochroleuco. 
Habitat in Sinus Hudſonis A et rated 
humidis, victitans vermibus et infectist 
menſe Aprili vel initio Maii primum vifa eft, 
Circa Caſtellum Albany, inde in terras magis 
arcticas migrat, ibique nidificat; redit ad 
idem caſtellum menſe Auguſto; regiones Au- 
ſtralioces petit circa finem Septembris. 
Aflinis Scolopaci arquatae. Linn. ſed diſſert 
corpore triplo minore, roſtro ratione 
corporis breviore, colore in dorſo ſatu- 
rate fuſco, in abdenune ochroleuco. 
DES c R. Caput pallidum, lineolis confertis lon- 
gitudinalibus fufeis: fineiput ſatu- 
rate ſuſeum, pallido f 
9. 


on 


258 


Kaſtrum nigrieans, arcuatum, longi- 
tudine duarum uneiarum pedis An- 
glicani, mandibula inferiore baſi 
rufa. 


Collum, pectus, abdomen et eriſſum 


ochroleuca; pectore colloque li- 
neolis longitudinalibus fuſeis con- 

fertioribus, ahdomine et criffo fe- 
re nullis, vel tenuibus notatis. 

Femora femi-tecta plumulis ochroleus 
cis, fufco maculatis. 

Latera abdominis füb. alis praeſer- 
tim, rufa, pennis tranſverſim fuſ⸗ 
co faſeiatis. 

Dorfum totum faturate fuſeum, pen- 
nis margine albido griſeis. 


Aae fuſcae; remiges primores im- 


maculatae, primores rachi tota al- 
ba; reliquae, f. ſecundariae pallide 
griſeo. marginatae. Tectrices late 
griſeo- marginatae. Tectrices in- 
feriores alae, ferrugineae fufco 
tranſverſim faſeiatae. Alae compli- 
catae fere mediam caudam attin« 
gunt. | 
Uropygium fuſeum, marginibus ma- 
euliſque pennarum albidis. 
Cauda 


256 


Cauda brevis, fuſca, toetkieibus abie 
do tranſverſim faſeiatis. | 

Pedes nigri, ſ. eee 

Longitudo unciarum 13 

Latitudo cireiter anche 21. 


9. AN As NIV ALIS. 


AN As,; roftro cylindrico, corpore albe, remi- 


gibus primoribus nigris. 


Habitat in America Boreali, per Sinum Hud. 
ſonis migrans. | 
DEs R. Corpus totum album, magnitudine 


anſeris domeſtici noſtratis. 

Roſtrum luteum, mandibulis fubfer- 
ratis. | 

Oculi iride rubra. 

Kemiges decem primores nigrae, ſea- 
pis albis: tectrices infimae cine-, 

‚ Teaey ſeapis nigris; pennae duae 
alulae, itidem cinereae, fcapis nie 
gris. 

Pedes rubri. 

Longitudo pedum duorum et uncia- 
rum oeto. | 

Latitudo pedum 32. 

Pondus librarum 5 vel 6. 


— — — 


VIII. 


| vi. 
0, Eine Nachricht 
von einigen Fiſchen, 
welche 


in den Gewaͤſſern der Hudſonsbay 
gefunden werden. r 


Von 
J. R. Forſter. 


5 Forſters 2. u. V. K. 3. Th. R 


| 


Eine Nachricht von einigen Fiſchen, wel: 
che in den Gewaͤſſern der Hudſons⸗ 


bay gefunden werden. 


De Fiſche welche aus der Hudſonsbay einge— 
ſchickt wurden beliefen ſich nur auf 4 ver— 
ſchiedene Gattungen. 

| 1. Der erſte derſelben war ein Stöhr 1), 
der aber nur 14 Zoll Laͤnge hielte, und alſo ſehr 
wahrſcheinlich ein junger Fiſch, nach der Anmer— 


kung des Hrn. Beobachters von Pork-Fort war. 


Die Naſe iſt lang und ſpitz- Die Augen 


klein. Unter der langen Schnautze, vor dem 


ee a ſtehen 4 Baͤrte, (cirrhi), die aber 
R 2 nicht 


* i 
1) Der Stöhr if, wie bekannt, ein ſehr großer 
Fiſch, wenn er völlig ausgewachſen iſt; er hat den 
Namen von dem altteutſchen Worte Stor oder 
Stuhr, welches gros bedeutet; fo nennen eben 
daher die Schottlaͤnder den Thun fiſch, Mackrel 
Sture; und die Schweden in der Provinz Helſinga⸗ 
land heißen einen großen Hecht Gäddilörja, und eis 


nen großen Lachs Laxftörja, 


* 


260 


nicht wie in einigen anderen Arten, paarweiſe 
hintereinander geſtellt ſind, ſondern alle beinahe in 
einer Reihe ſtehen. Der Mund iſt unten, beina⸗ 
he unter den Augen, zahnlos, Kno:pelartig, halb- 
mondenfoͤrmig wenn geſchloſſen und rund wenn of— 
fen. An jeder Seite find zwey Naſenloͤcher. Der 
ganze Kopf iſt beinahe viereckig und platt: der 
uͤbrige Leib aber iſt fuͤnfeckig, und nimmt allmaͤh⸗ 
lich nach dem Schwanze zu ab. Die Haut die 
denſelben deckt iſt zaͤh, und es laufen fuͤnf Reihen 
von knochenartigen ruͤckwaͤrts gehaͤckten Schild: 
ſchuppen, laͤngſt den fünf Ecken des Körpers. 
In der Ruͤckenreihe ſind vierzehn runde große 
Schuppen, und eine hinter der Ruͤckenfinne: jede 
Seitenreihe beſteht aus fuͤnf und dreyßig ſchraͤgen 
Schuppen: die zwo Bauchreihen beſtehen aus 
neun ſtarken Schuppen die ſich zwiſchen der Bruſt 
und Bauchfinnen befinden. Eine Schuppe ſitzt 
noch hinter dem Aftern, und noch eine andere hin- 
ter der Afterfinne, | 
Nach dieſer Beſchreibung ſcheint der Fiſch 
der Art Stöhre am nächften zu kommen, die ich 
vor dieſem in den Philoſ. Tranſ. B. LVII. in dem 
Verſuche der Naturgeſchichte des Wolgafluſſes 
Nr. 10. unter dem Namen von Acipenfer Ru- 
thenus major, roftro elongato acuminato, 
paululum 2 beſchrieben habe, und welche 
die Ruſſen 8 dewrjuga nennen. Nur allein Kra- 
mer in Elencho Vegetab. et Anim. Auſtriae. 
S. 383. erwaͤhnt . Stoͤhrs ur nennt ihn, 
Acı 


E 


261 


Acipenfer roſtro acuto, corpore tuberculis 
ſpinoſis aſpero. Die Oeſterreicher nennen dieſe Art 
Schhirk, welcher Name mir von dem Slavoniſchen 
Namen Sewrjuga abzuſtammen ſcheint. Der bes 
ruͤhmte Reiſende und Mahler ornel ys de Bruyn 
‚erwähnt gleichfalls, aber nur ſehr kurz, dieſes 
Fiſches; und man ſiehet leicht, daß er die unters 
ſcheidenden Kennzeichen der natuͤrlichen Koͤrper 
nicht recht verſtanden und zu dergleichen Beobach⸗ 
tungen nicht gewoͤhnt war. Er ſagt: „Die vor⸗ 
„nehmſten Fiſche find hier die Balugen, welche 
„einen auch wohl zwo Klaftern lang ſind. Die 
„groͤßeſte Sorte der Sterletten iſt wohl eine Elle 
„lang. Dieſe Sterletten werden fuͤr den beſten 
„Fiſch in ganz Rußland gehalten; ſo daß man in 
„Moskow zuweilen 5, 6 bis 7 Rubel für einen 
„wenn er lebendig iſt zahlt, wovon ich ein Zeuge 
„bin; dagegen kann man hier in Aſtrakhan einen 
„lebendigen Sterlett vor zwey oder drey Stuͤver 
„bekommen. Man bereitet dieſe Fiſche ſo wie 
„den Lachs zu, und man braͤtet ſie auch wohl 
„ganz. Sie ſind ſo angenehm, daß ich nicht ſa⸗ 
„gen kann jemahls einen wohlgeſchmackeren Fiſch 
„gegeſſen zu haben. Man hat zwey Arten derſel⸗ 
„ben: davon die eine eine laͤngere Schnauze hat. 
„Es iſt eine große Aehnlichkeit zwiſchen dieſem Fi⸗ 
„fe und dem Stoͤhre, wie man ſolches an der 
„Figur Nr. 33. ſehen kann. Aus Vergnuͤgen 
„trocknete ich deren zween, um ſie aufzuheben. 
„Die * ſind ſo wie der Stoͤhr den ſie 
„hier 


\ 


262 


„hier Aſſetrina nennen. Von der Beluga, Aſſe⸗ 
„trina, und Sewruga wird der mehreſte Kawiar 
„gemacht, und nach fremden Laͤndern geſchickt.“ 
S. Kornel. de Brunn Reizen over Moskovien 
door Perfie en Indie. Amſterd. 1711. fol. 
S. 87. Hätte de Bruyn die Sewrjuga gehoͤ⸗ 
rig unterſucht, fo würde er wohl gefunden haben, 
daß fie weſentlich von dem Osjetrina oder Afle- 
trina verſchieden ſey, d. i. von dem ſtumpfnaͤſi⸗ 
gen gemeinen Stoͤhre, den man in den Fluͤſſen 
Deutſchlands und der Oſtſee fängt. Der Britti— 
ſche Stoͤhr, den ich einmahl im Vorbeygehen ge— 
ſehen, als man ihn als ein ſeltenes Geſchenk zum 
Könige hintrug, jo wie ich ihn auch aus Ven- 
nant's Brittiſ h. Zoology der ꝗten Ausgabe. Th. 
3. S. 109. und aus der Tafel 19. Fig. 53. 
kenne, iſt mit dem Stoͤhre von der Hudſonsbay, 
dem Sewrjuga der Ruſſen und den Schirk der 
Oeſterreicher vollkommen einerley. Der wahre 
Stöhr, den die Ruſſen Aſsetrina heißen, iſt des 
Linne. Acipenfer Sturio; So wie der Ster— 
lett, deſſelben Aeipenſer Ruthenus iſt, und der 
Rußiſche Beluga iſt der Hauſen der Deutſchen 
und Linnes Acipenſer Huſo. Der Sewrjuga 
iſt dem großen Linne gar nicht bekannt geweſen. 
Man hat noch eine Art, die man Koſtera nennt, 
von der ich aber nicht gewiß beſtimmen kann, ob 
es eine beſondere eigene Art, oder nur eine Abart 
oder junger Fiſch vom Stoͤhre iſt; er hat ro— 
thes Fleiſch, ſo wie der Sterlett ein weißes, die 

| Schnau⸗ 


263 


Schnauze ift ſpitz, im Sterlett aber ſtumpf. Man 
hat auch noch eine Abart des Stoͤhrs mit laͤnge⸗ 
rer Schnauze und ſchlichterem Ruͤcken, den man 
Schyhp nennt. Hieraus nun erhellet, daß ei⸗ 
gentlich der einzige Sewrjuga eine neue Art aus- 
macht, die von Linne nicht beſchrieben und ae 
nennt hat, die ich alſo jetzt gerne mit dem verdiene 
ten Herren Collegienrathe Pallas Acipenſer ſtel- 
latus nennen will, da feine Schuppenſchilde ſehr 
‚ gefternt ſind. Es iſt indeß noͤthig, daß man das 
entdeckte richtig beſtimme, wie ich ſolches in den 
Philof. Trans. Vol. LVII. p. 352 — 355, 
wirklich zuerſt geleiſtet habe. Klein Hiſt. Piſe. 
Miſſu IV. p. 11 — 16. zählet zehn Stoͤhrar⸗ 
ten auf und der Graf Marſigli Danub. Tom, 
IV. rechnet ſechs Arten. Allein Klein hat nur ei⸗ 
gentlich zwo Stoͤhrarten geſehen, und eine dritte 
die in Weingeiſt aufbehalten war. Der Graf 
Marſigli aber war nicht genug mit der Naturge⸗ 
ſchichte bekannt, als daß Er hätte gute Rachrich⸗ 
ten von den Arten der Stoͤhre koͤnnen geben. Es 
iſt demnach eine genaue Beſtimmung und Beſchrei⸗ 
bung dieſer Fiſche um deſto nöthiger geweſen. 


NB. Nachdem die vorigen Nachrichten in den 
Phil. Trans. Vol. LVII. gedruckt waren, 
ſind die mit mehrerer Muſſe, und aus einer 
groͤßeren Menge von Exemplaren verfertig: 
ten Beſchreibungen und Nachrichten von 
Stoͤhren des Herren Collegienrath Pallas in 
RR 5 ee 


264 


feinen Reiſen, Band 1. S. 131. 132. und 
4600. herausgekommen; fie konnten alſo 
auch genauer und beſtimmter ſeyn. 


2. Der zweete Fiſch von der Hudſonsbay 
wird dort von den Eingebohrnen Marthy ge⸗ 
nannt und iſt die Aalraupe oder Quappe, Ga- 
dus Lota Lin. nur iſt ſie viel groͤßer, als die, ſo 
man gemeiniglich in Europa faͤngt. Die Be⸗ 
ſchreibungen in der Brittiſchen Zoologie in 4t0 
paſſen ſehr gut. Jedoch die Kiefenhaut in den 
Hudſonsbayhiſchen verband nur ſechs Strahlen, ob⸗ 
gleich Artedi, Linne' und Pennant ſieben zaͤhlen. 
Artedi hat auch vollkommen recht, da er anmerkt, 
daß die Bärte an der Aalraupe nur die Deckel 
ihrer Naſeloͤcher wären, denn ich fand bey ge 
nauer Unterſuchung, daß an der Unterſeite der 
Baͤrte ſich eine Oefnung fand, die nach dem un⸗ 
teren Naſenloche fuͤhrte. Herr Andreas Graham 
der Sammler am Severnfluſſe in der Hudſonsbay 
bemerket, daß dieſe Fiſche allezeit am Grunde 
ſchwimmen und ſehr gefraͤßig ſind. Sie freſſen 
nicht nur jeden Fiſch, deſſen ſie koͤnnen maͤchtig 
werden 2), ſondern ſie verzehren ſogar faulende 
Rehe und Hirſche und ander Aas das ihnen in 
Weg kommet; und ſelbſt werden von ihnen, zu 
Erfuͤllung ihres nimmerſatten Magens, zäh 

auf: 


2) Es iſt auch dieſer Fiſch, der durch feine gefräßis 
ge Glerigkelt, ſo großen Schaden im e 
ülftet. 


265 


aufgeſchluckt. Herr Graham fand einſt einen- 
Stein, der ein Pfund wog, in dem Magen eines 
dieſer Fiſche. 3) Selbſt der Hecht, nebſt der Fo— 
relle und dem Saugkarpen oder Tickomeg und 
vielen andern werden ein Schlachtopfer der Gie— 
tigkeit, dieſes Raubfiſches. Nach Sonnenunter— 
gang werden fie mittelſt einer über Nacht im 
Waſſer gelaſſenen Fiſchangel und dran geſteckten 
Köder gefangen. Der Fiſch kaͤuet nicht feine 
Speiſe, ſondern ſchluckt ſie ganz nieder. Sein 
Rogen und Leber werden als eine ſehr leckere 
Speiſe angeſehen, ſo lange ſie noch friſch ſind: al— 
lein fo bald fie nur einge Tage aufbewahrt wer⸗ 
den, und ob ſie gleich ſo fort ganz durch und 
durch gefrieren ſo werden ſie doch ranzig und oͤh⸗ 
lich 


3) Die Anweſenheit großer Steine im Magen dieſer 
Fiſche iſt nicht allezeit ein Beweis fuͤr die Gefraͤßig⸗ 
keit derſelben. Die Robben, beſonders die, welche 
man den Seebaͤr nennet, hatten da wir ſie unter. 
ſuchten, oft eine ganze Muͤtze voll Steine, von der 
Groͤße einer Fauſt, in ihren Maͤgen; und doch wuͤrde 
es ſehr unrecht geweſen ſeyn auf ihre Fraͤßigkeit das 
her zu ſchließen. Dieſe Thiere haben, wie es das 

Anſehen hat, einen ſebr ſcharſen ätzenden Saft in 
ihren Magen: da fie nun zur Zeit ihrer Brunſt, we⸗ 
nig oder gar nichts zu freſſen pflegen, ſo wuͤrde die 

Schaͤrfe des Safts den Magen anfreſſen, und ihn ſo⸗ 
gar durchfreſſen; Aus Inſtinkt alſo ſchlucken dieſe 
Thiere dieſe Steine, damit der ſcharfe Saft, auf die 
Steine und nicht auf die Mägen wirken ge. Eben 
dies ſcheint der Fall mit den Aalraupen zu ſeyn. 


266 


lich 4). In der Hudſons bay haͤlt man dieſen Fiſch 
fuͤr trocken und ungeſchmack; und man faͤngt fie 
daſelbſt von dem Gewichte eines Pfundes, bis zu 
acht Pfund ſchwer. a 
3. Die dritte Art Fiſche iſt von dem in der 
Hudſonsbay genannten Fiſche Tickomeg, oder dem 
Schnaͤpel (Gangfiſch, Weisfiſch, oder Blauling) 
Salmo Lavaretus Linn. Der einzige Unterſchied 
beſteht in der Groͤße, welche weit betraͤchtlicher iſt 
old bey denen die man gewöhnlich in Grosbritan⸗ 
niſchen Gewaͤſſern fängt. Denn das groͤßeſte 
uͤberſchickte Exemplar war 18 Zoll lang, 45 Zoll 
breit, und 14 Zoll dick, und doch werden die zu 
dieſer Art gehörigen Ferra's aus dem Genfer⸗ 
See von 15 Zoll für ſehr groß gehalten. Herr 
Graham bemerket daß ihr Gewicht von 1 Pfund 
bis 3 Pfund ſteige. Allein mir ſchienen die von 
mir unterſuchten Fiſche, da ſie lebendig waren, 
noch mehr gewogen zu haben. Die große Menz I 
ge von Nahrung welche hauptſaͤchlich in dem Lai⸗ 
che anderer Fiſche beſtehet, und die wenigen Ein⸗ 
wohner der Gegenden, welche in den vielen dor⸗ 
tigen Gewaͤſſern unmoͤglich die große Menge Fi⸗ 
ſche verzehren koͤnnen, ſind wohl ſchuld daran, 
enen daß 


4) Das Frieren ſondert ſo gleich die thieriſche Saͤure 
von den öhligen Theilen, und wenn die an Oehl rei⸗ 
chen Lebern nach dem Frieren zubereitet und alſo dem 

Feuer näher gebracht werden, fo ſcheidet ſich ſogleich 
diefe Säure von dem oͤhligen und verurſachet alſo den 
ranzigen Geſchmack derſelben. 65 | 


267 


daß man fie von fo ungemeiner- Größe daſelbſt fin 
det. Die Eingebohrnen legen hie und da in den 
Fluͤſſen Wehre an, und ſtellen denn ihre Netze 
auf und ſie bekommen in denſelben zuweilen fuͤnf 
bis ſechshundert Stücke in einem Tage. Sie 
beißen nicht an einen Koͤder und koͤnnen daher 
nicht wohl mit Angeln gefangen werden. Wenn 
das Eis im Fruͤhlinge in den Fluͤſſen aufgehet, 
ſind dieſe Schnaͤpel ſehr mager. Da die Fluͤſſe 
oft durch Winde ſehr ſtark anſchwellen, fo gera— 
then die Schnaͤpel oft aufs Trockne zwiſchen den 
Moraͤſten, wenn das Waſſer wieder abläuft wer: 
den fie denn den Kraͤhen zu Theil. Die Ein⸗ 
wohner der Hudſonsbay halten dieſe Fiſche für 
eine ſehr angenehme Speiſe, da doch viele Euros 
paͤer mit ihnen hierin nicht einſtimmig ſind. 

435) Der vierte und letzte Fiſch den man aus 
der Hudſonsbay eingeſendet hat wird von den da— 
ſelbſt ſich aufhaltenden Englaͤndern the Sucker, 
der Sauger genannt, weil er ſich durchs Saugen 
des Schlammes und der darin gefundenen Wuͤr— 
mer naͤhrt. Dieſer Fiſch iſt bisher, ſo viel ich 
weis, noch nie von einem Naturforſcher beſchrie— 
ben worden. Herr Graham meldet zugleich, es 
gaͤbe zwo Abarten dieſes Fiſches, beyde waͤren 
weislich, nur daß die eine Abart mit einem ſchoͤ— 
nen rothe das Weiße vermiſcht habe. An dem 
kleinſten der uͤberſaͤndten Exemplare, konnte man 
laͤngſt der Seitennaht einen breiten rothen Strei— 
fen bemerken. Sie find in den Fluͤſſen und Baͤ⸗ 


chen 


ſehr anfuͤllen. Sie find eben keine angenehme 
Speiſe, denn ihr Fleiſch iſt ſehr reichlich und mit 
kleinen Graͤten angefüllt. Sie wiegen von einem 
. 15 zu zwey und ein halb Pfund. | 


ſitzet, ganz gerade abgeſondert iſt. | 
| Der Mund ift unten, wenn geſchloſſen halb 2 


Bartlappen angewachſen. Der Fiſch ift zahnlos. 
Die Augen find ziemlich gros. Die Kiefenhaut 
verbindet drey kurze ſtarke Graͤten. 


welche in der Mitte des Leibes und nach dem 
Schwanze zu an Groͤße zunehmen. Die Farbe 
des Fiſches und der Schuppen iſt weis und ſilber⸗ 

farb. 


5) Von «ere unten und genes der Mund. 


269 


Kopfe 2 Zoll dick, bey der Nückenfloße 14 x Zoll 
dick, und feine größte Breite vor der Afterfloße 
iſt 2 Zoll. 

Recht an der aͤußerſten Spitze der Schnauze 
ſieht man s etwas erhöhte Knochenſpitzen. Man 
findet zwey Naſenloͤcher davon das den Augen 
naͤchſte nierenfoͤrmig iſt Die Kiefendeckel find 
wie an den mehreſten Fiſchen getheilt. Es giebt 
am Kopfe deſſelben ſehr viele Naͤthe. Da wo 
der Kopf an den Rumpfe feſt iſt findet ſich eine 
Quehrnath, die ſich ſchraͤge nach der Schnauze 
zieht und bey den Naſenloͤchern wieder durch eine 
kurze Quehrnath verbunden iſt. Hinter dem Auge 
oberhalb ſchlieſt ſich eine Nath an die obere vorge— 
dachte, zieht ſich unter dem Auge weg und endigt 
ſich an der Schnauze. Noch eine Nath laͤuft an 
dem vorderſten Kiefendeckel von hinter den Augen 
hervor und endigt ſich nahe bey den beyden Bart: 
lappen. Die Seitennath geht vom Kopfe erſt 
herunterwaͤrts und denn bey den Bruſtfloßen laͤngſt 
er Mitte des Leibes bis zu der Mitte des Schwan⸗ 
zes in einer ziemlich geraden Linie. Die Ruͤcken⸗ 

e iſt viereckig, ſteht weit nach hinten zu und 
hat 12 Strahlen. Die Bruſtfloße faͤngt nahe 
unter den Kiefen an, hat 17 Strahlen, die 
Bauchfloße — jede 10 oder 11 Strahlen, die 
After floße hat acht ſtarke Strahlen, ſo wie die 
Schwanzfloße, welche in der Mitte etwas aus⸗ 
gehoͤhlt iſt, 17 Strahlen hat. 

Ür- 


8 


270 


CyeRrınus catoſtomus pinna ani radiis VII 
labio imo caruncula biloba papilloſa, cauda 
ſemilunata. Pinnae D. 12. P. 17. * 10 
II. A. 8 C. 17. 1 

Habitat in Sinus Hudfonici fluminibus et rivu- 
lis copioſe: ſugendo vietum quaerit. Anglis | 
the Sucker. | 


Diser. Caput füb-tetragonum, verſus apicem 
ſenſim attenuatum obtuſiuſculum, 
corpore fere craflius et minus la- 
tum. 4 

Tubercula globoſa, confertiora in api, 
ce roſtri, eirciter quinque; carinata 
et acuminata, in vertice fparfa. 4 

Nares geminae, oculis proximae reni- 
formes, majores. | 

Oculi magni, laterales, füperi, i in we. 
dio fere capitis. a 

Opercula branchiarum, magna, a 
ſub oculis, anteriori jungitur o 
culum, prima ſpecie pro radio Mem- 
branae branchioſtegae ſumendum. 

Suturae in capite plures catenulatae; 
una ſuperior utrinque brevis a nu- 
cha, ſupra oculos naresque, nec ba- 

ſin nec apicem capitis attingens, 
regione narium juncta per ri | 
mam tranfverfalem ſuturam; fecuns | 
da inferior utrinque incipiens ad 
angulum loborum carunculae, 110 

labio adnatae, in oſſiculo ſub ant 
operculo decurrit et prope oeculos 
alcen- 


271 


Wa aſcendit; tertia media incipit utrin- 
que prope apicem roſtri, linea recta 
8 ducitur fub oculis, dein verfus ſu- 


turam ſuperiorem pone oeulos af- 
eendit et ſupra aperturam branchia- 
lem jungitur, quartaè tranfverfali, 
in nucha caput a reliquo corpore, 
diſtinguente. Membrana Branchio- 
ftega radiis III. brevibus, validis 

0 EKictus inferus, lunulatus ſeu fe- 

h miorbicularis, labiis ineluſus tenui- 

bus, ſuperiore (ore feilicet claufo) 

ccC̃oncavo, inferiore convexo. 

Caruncula biloba, papilloſa, carnoſa, 
labio inferiori adnata, angulos oris 
ambiens. 

Corpus lateribus np e at verſus 

abdomen magis compreſſum, euneatum, a 

capite ad caudam ſenſim attenuatum, tectum 

ſquamis minoribus, ovatis, ſtriatis, prope 
caput minimis, pallide argenteis, in quibus- 
dam hujus fpeciei circa lineam lateralem au- 

reo · rubris. * 

Linea lateralis a nucha ad medium cir- 

2 citer truncum defcendens, dein me- 
dia, recta, inermis. 

Anus parvus, caudae multo propior 

quam capiti. 

Pinna Dorfi pone aequilibrium poſita 
rhombea, radiis validis, dichoto- 
mis XII. 

Pinnae pectorales lanceolatae pone oper- 
eula affixæ, oblique, exæquantes par- 

tem 


272 


tem quartam trunei (exclufo capite 
et cauda) radiis dichotomis XVII. 

Pinnae Ventrales oblongae, ſub pinna 
dorſali ſitae, pinnis pectoralibus di- 
midio breviores, radiis X et XI. 

Pinna Ani poſtica, pectorales fere exae- 
quans, fub-lanccolata, radiis dicho- 
tomis, validis VIII. 

Cauda leviter bifurca, pinnas pectora- 
les longitudine et radiorum numero. 
aequans. XVII. Pinnae omnes pal- 
lidae. 

Longitudo piſcis unciarum 15. ped. 
Anglic. 

wi en ante pinnas ventrales circiter 
. unciarum. | 

Cafe ad nucham fere 2 unciarum, 

ante pinnam dorſalem 14 unc. 


* * 
* 


Ueberdem ſo hatte man noch einen gewoͤhn⸗ 
lichen Flußkrebs von der Hudſonsbay beygelegt, 
der dem Europaͤiſchen in allem gleich war. Can 
cer Aftacus Lin. | 

Dies iſt alfo die ganze Nachricht von denen 
in der Hudſonsbay vorkommenden Thieren, ſo 
wie ſolche nach den mitgeſchickten Exemplaren der 
Thiere, und aus den beygelegten Nachrichten 
konnte verfertigt werden. 


2 
% Nachrichten 
on Sumatra. 


Erſte tleferun z. 
Von dem Volke der Battas. 


— 


Eine Ergaͤnzung 
er im erſten Bande dieſer Beytraͤge gegebenen 
Nachrichten von Sumatra, von 
Carl Miller. 


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(Sinan iſt von den Europäern ſchon ſeit 
1506 beſucht worden, allein die geringe 
Verbindung mit den Eingebohrnen, und der 
den Fremden immer verborgen gebliebene innere 
Theil der Inſel hat uns nur wenige, zerſtreute 
oft wiederſprechende Nachrichten von dieſer grofs 
fen und durch ihre Produkte Gold, Pfeffer, Weih— 
rauch und Kampfer wichtige Inſel verſchaft. Vor 
kurzem iſt Sumatra durch aufmerkſamere Reiſen— 
de bekannter geworden. Herr Carl Miller hat 
in ſeiner Beſchreibung von Enganho 1) ſehr viel 
unbekanntes von den Einwohnern und ihren Sit— 
ten mitgetheilt. Herr Eſchelskron, ehemaliger hol⸗ 
laͤndiſcher Reſident auf Ayerbangies hat uns den 
Handel und die holländifchen Beſitzungen auf Su⸗ 
matra am genaueſten detaillirt, 2) und ganz kuͤrzlich 
iſt von Herrn Marsden, ehemaligen Secretair der 
engliſchen Praͤſidentſchaft Bencoolen die ganze Inſel 
in einem beſondern Werk, vollſtaͤndig beſchrieben wor⸗ 
den, und er hat durch feine genaue und geſchmack— 
volle Arbeit, unſere Kenntniß dieſes großen Landes 

S 2 fehe 
1) ©. den erften Theil dieſer Beytraͤge. 


2) Eſchelskrons Beſchreibung von Sumatra, Hamburg 
bey Bohn. 1781. 


276 
ſehr vervollſtaͤndigt, und mehr erweitert, als vor 
ihm durch alle vorhandene Beſchreibungen zus 

ſammen genommen, geſchehen. 3) 1 


Aus dieſem eben in England gedruckten Werke 
wollen wir diesmal nur, weil das Ganze fuͤr unſern 
Plan zu weitlaͤuftig iſt, Herrn Millers Beſchrei⸗ 
bung ergänzen, und feine Nachricht von dem Lan⸗ 
de und den Sitten der Battas ausheben, einem 
der merkwuͤrdigſten maleiiſchen Voͤlker, die ſich 
durch Sprache, Sitten und Gebraͤuche von den 
uͤbrigen ſehr unterſcheiden, und einen Theil der 
weſtlichen Kuͤſte von Sumatra, zwiſchen den su 
fen Sinkel und Tabojan beſitzen. 


Man kann die Einwohner von Sumatra in 
Maleyen und Eingebohrne theilen. Die erſten haben 
lange vor Ankunft der Europaͤer Niederlaſſungen 
und Reiche hin und wieder auf der Kuͤſte geſtiftet, 
und die Eingebohrnen Landeinwaͤrts verdrängt, | 
Sie ſind Mahommetaner, und das Reich Me⸗ 
nangcabo in der Mitte der Inſel, das maͤchtigſte, 
dem einmal der groͤßte Theil der Inſel unterwor⸗ 
fen war und gewiſſermaſſen noch iſt, haben Ero⸗ 
berer aus dieſer Nation geſtiftet. Die ſogenann— 

ten 


3) The hüſtory of Sumatra containing an Account of 
the Government, Laws, Cuſtoms ard Manners of 
the Native Inhabitants, with a Defcription of the 
natural Productions, and à Relation of the ancient 
Political State of that Island. by William Marsden. 


London. 1783. 4to. 


377 


ten Eingebohrnen oder die zweyte Klaſſe der Be: 
| wohner von Sumatra ſind Heiden, und ein Volk 
mit den Tagalos und Pampangos auf Manilla, 
dem Biſayas auf den kleinern Philippinen, den 
Maruts und Idahans auf Borneo und den gelb— 
lichen Einwohnern der Ladronen, Carolinen, den 
freundlichen und andern Suͤdſeeinſeln. Sie ſtam⸗ 
men wie ihre Sprache zeigt, mit den vorher an⸗ 
gefuͤhrten Maleyen, von einem Volk, ſind aber 
viel fruͤher hier eingewandert, ehe die Malepen, 
Kultur und den Koran annahmen, und waren halb⸗ 
wilde wie ſie vom feſten Lande Indiens nach den 
ön lichen großen und kleinen Inſeln zogen, viele 
dieſer Inſeln zuerſt anbauten, von andern aber 
die Aborigines, die wilden Negervoͤlker, welche 
die aͤlteſten Geographen, Mela, und die Araber 
hier immer bemerken in die innern Gebirge ver⸗ 
drengten. Auf der Inſel Sumatra haben ſich dieſe 
erften maleiifchen Ankoͤmmlinge in verſchiedene von 
einander ganz unabhaͤngige Voͤlkerſchaften getrennt, 
davon die Battas, Reangs, und Lampoons die 
zahlreichſten und befannteften find. 

Die Battas, welches Volk wir hier beſchrei— 
ben wollen, waren den alten und mittlern Reiſe⸗ 
beſchreibern Indiens unter dieſem Namen nicht 
unbekannt, allein erſt feit 1752 wie die Englaͤn⸗ 
der ſich bey Natal niederließen, kamen ſie mit 
den Europaͤern, näher in Rerbiadung , und man 
erfuhr durch den Umgang mit ihnen ihre in man⸗ 


chen Stücken ungewöhnliche Gebraͤuche. Daher 
„ g a ſagt 


278 


fagt Valentyn in feiner fonft genauen Beſchrei⸗ 
bung von Sumatra von dieſem Volk nichts, auch 
auf ſeiner Karte dieſer Inſel, die Herr von Schi⸗ 
rach bey Eſchelskrons angefuͤhrter Beſchreibung 
nachſtechen laſſen, iſt der Name der Battas nicht 
zu finden. 

Das auf Sumatras Weſtkuͤſte belegene Land 
der Battas graͤnzt gegen Norden an Acheen, und 
gegen Suͤden an Paßumman und den freyen Di⸗ 
ſtrikt Rou oder Aru. Eigentlich aber erſtrecket 
es ſich an der Seeſeite von dem großen Fluße Sin⸗ 
kel, bis an den Taboogong, und Landeinwaͤrts 
gegen Suͤden bis Ayerbangos, einem Comtoir 
der hollaͤndiſchen Compagnie, hinter welchem Di⸗ 
ſtrikt ſich das Volk der Rous aufhaͤlt. Das Land 
iſt ſehr volkreich, der groͤßte Theil der Einwohner 
aber wohnt in einiger Entfernung von der See, 
mitten im Lande, hier iſt das Erdreich ſehr fruchtbar, 
und der Grad der Kultur ſo ungleich groͤßer, als 
in den Suͤdlichen mit Waͤldern bedeckten Gegen⸗ 
den, daß man kaum einen Baum ſieht, den die 
Einwohner nicht ſelbſt zum Nutzen gepflanzt haͤt⸗ 
ten. Da dieſer Theil der Inſel ſehr ſchmal it, 
liegen ihre ſogenannten Staͤdte ſo wohl an den 
Fluͤſſen die ſich in die Meerenge von Malacca er⸗ 
gieſſen, als an denen welche ihren Lauf nach der 
Weſtlichen Kuͤſte nehmen; die Kommunikation 
nach dieſer letztern Seite zu, iſt jetzt groͤßer als 
vormals, wegen des Salzes, und andrer Artikel, 
welche man ihnen von den Engliſchen Riederlaſ⸗ 

ſun⸗ 


5 — 


279 


ſungen, und durch Fahrzeuge die von dem feſten 


Lande Indiens kommen zufuͤhrt. 


Das Land iſt in eine Menge Diſtrikte dertheilt; 
von welchen Ancola, Padambola, Mandeeling, 


Toba, Selendong und Sinkel die vornehmſten 
find, Die Einwohner dieſer Diſtrikte find wieder 


in Stämme vertheilt, von denen Ancola fuͤnf hat, 
Mandeeling drey, und Toba fuͤnf, die Zahl der 
Übrigen weis man nicht. 

Die Engliſchen Niederlaſſungen in dieſem 


Theil der Inſel find zu Natal, 4) und Tappas 


nooly. Am erſtgenannten Ort iſt die Kommuni⸗ 
kation mit den Battas blos mittelbar, da ſie ſich 
nicht dort aufhalten. Er wird von Leuten be⸗ 
wohnt, die des Handels wegen, aus den benach— 
barten Landern Acheen, Rou, und Menangcabow 
hingezogen ſind, und den Ort reich und volkreich 
machen. Es wird hier eine anſehnliche Menge 
Gold aus den Minen gegraben, von denen einige 
nur zehen engliſche Meilen von der Faktorey ent⸗ 
fernt ſind. Auch wird ein ſtarker Handel mit 


indiſchen Waaren getrieben. 


Die Stadt wird wie andre Malayiſche Ders 
ter von Dattoos regiert, wovon einer den Titel 
Dattoo Buſſar fuͤhrt, (welches ſo viel als die 

’ vor⸗ 


4) Die Engländer lieſſen ſich 1752 erſt hier nieder, und 
die Hollaͤnder machten Einwendungen dagegen. Es 
ward im Kriege 1762 von den Franzoſen genommen, 
aber im Pariſer Frieden reſtituirt, der Platz gehoͤrt 
ueſpruͤnglich zum Reiche Menangcabo. 


280 


vornehmſte Magiſtratsperſon bedeutet) und gro⸗ 
ße Gewalt in Haͤnden hat. Obgleich die Eng⸗ 
liſche Kompagnie hier viel Einfluß hat, ſo iſt⸗ 
ihre Gewalt doch bey weitem nicht ſo feſt ge⸗ 
gruͤndet als in den Suͤdlichen Pfeffer Provinz 
zen; dieſer Unterſchied ruͤhrt daher, weil das 
Volk hier zahlreich, reich, und von einem freyen 
unternehmenden Charakter iſt. 

Sie finden daß die Englaͤnder ihnen nuͤtz⸗ 


lich find, um fie gegen die gewaltſamen Unter⸗ 


| 


drücfungen der Holländer, zu ſchuͤtzen. Dieſe 
machten vormals große Anfprüche auf dies Land, 
und verſuchten beſtaͤndig ſich dort feſtzuſetzen, bis 
ein Artikel des Pariſer Friedens von 1763 ih⸗ 


ren Anſpruͤchen ein Ende machte. 


Die zweyte Riederlaſſung iſt auf einer klei⸗ 
nen Inſel Puchong cacheel genannt an der bee 


ruͤhmten Bay Tappanooly, die in Abſicht auf 
ihre natuͤrlichen Vorzuͤge wenig ihres gleichen in 
der ganzen Welt. Seefahrer behaupten das alle 
Flotten von ganz Europa, mit vollkommener 


liegen konnten. Und die Menge verſchiedener 
Haͤfen, einer innerhalb des andern, iſt ſo groß, 


| 
| 
| 


Sicherheit vor allen Stuͤrmen darin vor Anker 
ö 
| 


daß einige ſogar verſichern, ein großes Schiff 
koͤnne darin verborgen liegen, ohne leicht ent— 
deckt zu werden. Ungluͤcklicherweiſe iſt die Lage 
des Hafens nur ſchlecht in Abſicht des gewoͤhn— 


lichen Laufs der Schiffarth, und von dem Sitz 


des wichtigen Handels mit Indien ſo weit ent— 
fernt, 


* 


| 
| 
. 281 
| 


fernt, daß man ihn bisher noch wenig benutzt 
hat. Der Hafen erſtreckt ſich bis ins Innere 
des Landes der Vattas, und feine Ufer werden 


dukte ihres Landes vertauſchen. Die Eingebohr— 
nen find mehrentheils ſehr friedfertig, und mas 
chen den engliſchen Riederlaſſungen wenige Müs 
he. Die Acheneſer verſuchten lange die Engel— 


nern des Landes verminderten. Dadurch wur— 
den die Englaͤnder zu einen Krieg mit dem Vol⸗ 


dauerte f 

Man ſagt, daß kein Europaͤer je weiter 
als zwanzig Meilen in das Innere des Landes 
hinter Napal gekommen ſey. Zu Tappanooly 
hingegen bereiſeten Herr Holloway Befehlshaber 
des Orts, und Herr Miller ein Botanikus def: 
ſen Nachricht von Sumatra wir im erſten Ban⸗ 
de dieſer Beytraͤge mitgetheilt haben, 1772 auf 
zefehl des Conſeils die Diſtrikte der Battas, 
m den Handel in Caßia 5) welcher eine Zeitz 
ang aufgehoͤrt hatte, zu unterſuchen, und ihn 
wieder herzuſtellen. 
Die Produkte des Landes ſind Kampfer, 
das ſogenannte Benzon Harz, Caßia,, Baum— 
olle und Indigo. Die zahmen Thiere find Pfer⸗ 
de, Kuͤhe, Buͤffel, Ziegen, Schweine und Hunde 
1 | von 
5) ©. Th. 1. dieſer Beytraͤge. S. 18. 


von dieſer Nation bewohnt, welche hier die Proz 


länder von Tappanooly mit Gewalt zu vertrei⸗ 
ben, weil dieſe ihren Handel mit den Einwoh⸗ 


ke von Acheen gezwungen, der verſchiedene Jahre 


4 


282 


von der Gattung unfrer Schäferhunde. Die wil⸗ 
den Thiere find die nemlichen als in dem uͤbri⸗ 
gen Theil von Sumatra. In den noͤrdlichen Ges 
genden findet man kein Gold, und es wird auch 
keines nach Tappanooly gebracht. Der Reis iſt 
in einigen Diſtrikten welche nahe an der See lie⸗ 
gen, ſehr häufig, und in andern aber ſehr ſelten. 
Man ſagt, daß ſich dieſes Gewaͤchs zu Natal ſieb⸗ 
zig bis achtzigfaͤltig vermehrt, und an einem Ort, 
Sooſoo ſogar hundertfaͤltig. Gegen Norden des 
Sinkel und gegen Suͤden von Batangtara an der 
Bay findet man keinen Weihrauch. Die Kam- 
pferbaͤume wachſen auch nur in gewiſſen Gegend 
den, und an der Suͤdſeite der Linie findet man 
keine. 

Weit hinauf an dem Battoo- bava: Fluffe; 
welcher in dem Lande der Battas entſpringt, ſich 
in die Meerenge Malacca ergießt, und fuͤr den 
groͤßten ſchiffbaren Fluß in dieſem Theil der Inſel 
gehalten wird, findet man ein großes Gebaͤude 
von Backſteinen, von deſſen Erbauung keine Tra- 
dition unter dem Volke vorhanden iſt. Es wird 
beſchrieben als aus einem oder mehreren Vier- 
ecken beſtehend, mit einer ſehr hohen Saͤule in ei⸗ 
ner Ecke, die dazu beſtimmt ſcheint eine Fahne auf⸗ 
zuſtecken. An den Mauren find erhabne menſch⸗ 
liche Figuren zu ſehen, die man fuͤr Chineſiſche 
Goͤtzen hält, Die Backſteine, von denen man ei⸗ 
nige noch Tappanooly brachte, ſind kleiner als die 
ſo man in England braucht. 

Die 


283 


Die Battas ſind kleiner von Geſtalt als die 
Malayen, und haben eine weiſſere Haut, welches 
vielleicht von ihrer Entfernung von dee See her— 
ruͤhrt, mit der fie überhaupt ſich gar nicht ab⸗ 
geben. 

Ihre Kleidung beſteht aus einer Gattung 
Baumwollen Zeug, welches ſie ſelbſt verfertigen; 
es iſt ſtark, hart, und von verſchiedenen Farben, 
unter welchen ein braͤunliches Roth, und ein 
Blauß das ins Schwarze fällt die vornehmſten find. 
Dieſe ihre Kleidung ſchmuͤcken fie gerne mit Ko⸗ 
rallenſchnuͤren. Die Bedeckung des Kopfs iſt ge= 
woͤhnlich aus Baumrinde. Die Maͤdchen tragen 
Ringe von Blech in den Ohren, und daß in ſo 
großer Menge, daß ſie pe funfzig in jedem 
Ohr haben. 

Die Speiſe der geringen Leute iſt Mais (ma⸗ 
laiſch Jaggang) und Kartoffeln; nur die Rajahs 
und Vornehmen eſſen gewoͤhnlich Reis, einige mi⸗ 
ſchen beydes unter einander. Nur bey oͤffentli⸗ 
chen Gelegenheiten wird Vieh zum Eſſen ger 
ſchlachtet; da ihr Geſchmack aber eben nicht ſehr 
edel iſt, fo eſſen fie ohne Umſtaͤnde ein Stuͤck ei⸗ 
nes geſtorbenen Buͤffels oder Krokodils, wenn ſie 
folhe auf ihren Wege antreffen. In ihren Fluͤſ⸗ 
ſen haben ſie wenige Fiſche wegen der vielen Waſ— 
ſerfaͤlle und des ſchnellen Laufs der meiften Stroͤ - 
me. In andren Theilen der Inſel hingegen ſind 
die Fluͤſſe ſehr fiſchreich, und nirgends wimmeln 
die Ufer der See von einer ſo großen Menge jr 
0 


254 


fo verſchiedenen Gattungen, als hier. Pferde⸗ 


fleiſch halten ſie fuͤr eine ſehr leckere Speiſe, und | 


füttern daher ihre Pferde ſehr ſorgfaͤltig mit Ges, 
traide, und reiben fie oͤfters ab. Sie find in dies, 


fer Gegend ſehr häufig, und die Europäer bes 


kommen viele ſehr gute von dort, die beſten aber 


heben die Eingebohrnen zu ihren Feſten auf. 


Einige vortrefliche Arten Bauholz, vor 
nehmlich der Kampferbaum ſind hier ſehr haus 


fig, ſonſt aber iſt das Holz des Landes leicht, 


ſchwammicht und ſehr zur Faͤulniß geneigt. Ihre 
Haͤuſer ſtehen auf hoͤlzernen Pfaͤhlen ſechs bis acht 


Fuß hoch, welche oben breit und unten zugeſpitzt 


ſind. Sie find von Balken und Brettern zuſam⸗ 


mengeſetzt, und beſtehen gewoͤhnlich nur ous eis 
nem großen Gemach, in welches man vermittelſt 
einer Fallthuͤre in der Mitte, auf einen ſtarken 
mit einigen Einſchnitten verſehenen Holze hinauf 
ſteigt. Die Furcht vor wilden Thieren hat ver⸗ 
muthſich dieſe ſonderbare Bauart zuerſt veranlaßt, 
und noch jetzt werden die einzelnen Gebaͤude bey 
ihren Plantagen zehen bis zwoͤlf Fuß hoch von 


der Erde erbaut, und die Leiter wird wegen der 


Gefahr vor Tigern des Nachts ſorgfaͤltig hinein= 
gezogen. Die Dächer werden aus einer vegetaz 
biliſchen Subſtanz, Ejoo genannt verfertiget, die 
groben Pferdehaaren ſo ſehr gleicht, daß man es 


kaum unterſcheiden kann; es bedeckt die Staͤmme 


einer Palmenart die ſie Anou nennen, und von 


welchem man den beſten Palmwein erhaͤlt. Die 
Daͤ⸗ 


* 285 


Daͤcher werden auf eben die Art wie die Strohdaͤ— 
cher bey uns gemacht, und ſind fo dauerhaft, daß fie 
nie einer Ausbeſſerung bedürfen. Daher iſt es auch 
gewoͤhnlich mit dieſer Subſtanz Pfaͤhle und Balken, 
ſo weit zu bewickeln, als man ſie in die Erde 
graͤbt. Ihre Städte heiſſen Campong und beſte— 
hen ſelten aus mehr als zwanzig Haͤuſern; jedem 
gegenuͤber ſteht ein offenes Gebaͤude wo ſie den 
Tag uͤber ſitzen, und wo die unverheuratheten 
Mannsperſonen des Nachts ſchlafen. Dieſe ma— 
chen nebft den Häufern eine Art von Straße aus. 
Außerdem hat jeder Campong ein Balli (wie es 
bey den Malayen heißt) oder Rathhaus, wo oͤf— 
fentliche Angelegenheiten betrieben, Feſte gefey— 
ert, und Fremde mit Gaſtfreiheit und Freundlich— 
keit bewirthet werden. An einem Ende dieſes 
Gebaͤudes iſt ein abgetheilter Ort, wo die Weiber 
den oͤffentlichen Schauſpielen des Fechtens und 
Tanzens zu ſehen, und unter dieſem Platze iſt das 
Orcheſter für die Muſikanten. b 
Ein Mann hat die Freyheit ſo viele Weiber 

zu nehmen als ihm gefaͤllt, oder er ernaͤhren kann, 
und es iſt gar nichts ungewoͤhnliches ſechs auf ein— 
mal zu haben. Jede von dieſen hat ihren ange— 
wieſenen Platz in dem Zimmer, wo ſie ſitzt und 
ſchlaͤft, doch ohne von den andern durch eine 
Wand oder Abtheilung getrennt zu ſeyn, Auch 
giebt der Mann jeder ihre eigne Feuerſtelle und 
Küchengeräthe, wo fie ihre Speiſen und wechſel— 
weiſe die des Mannes zubereitet. 

Es 


286 N. 4 


Es giebt dreyerley Arten von Heyrathen bey 
den Einwohnern von Sumatra, durch Joojoor, 
Ambel ana, und Semundo. Das Joojoor iſt 
eine Summe Geldes, gewoͤhnlich hundert und 
zwanzig Thaler, die ein Mann dem andern als 
eine Schadloshaltung für den Verluſt feiner Toch— 
ter giebt, die durch die Heirath wenig mehr als die 
Sklavin des Mannes wird. Seine uneingeſchraͤnk⸗ 
te Gewalt uͤber ſie haͤngt demungeachtet von ver⸗ 
ſchiedenen delikaten Umſtaͤnden ab. Denn außer 
dem Batang Joojoor oder der Hauptſumme giebt 
es noch verſchiedene kleinere Unkoſten, unter wel- 
chen das Tallenkoolo von 5 Thalern aus Freund⸗ 
ſchaft oder Delikateſſe gewoͤhnlich unbezahlt bleibt, 
denn ſo lange dies der Fall iſt, wird es angeſehen 
als ob zwiſchen den Familien eine Verbindung 
oder Verwandſchaft ſtatt faͤnde, und die Eltern 
der Frau haben bey vorfallenden Streitigkeiten 
das Recht ſich darein zu miſchen, und den Mann 

zu einer Geldſtrafe zu zwingen, wenn er die Frau 
mishandelt. Sobald aber die angeführte Sum⸗ 
me bezahlt iſt, welches gewoͤhnlich nur im Fall 
eines gaͤnzlichen Bruches geſchieht, heißt es das 
Tallenkoolo oder Verwandſchaftsband iſt zerriſſen, 
und die Frau wird denn ganz die Sklavin ihres 
Mannes, der ſie nach Gutduͤnken ſogar verkaufen 
kann, nur muß er ſie den Eltern zuerſt anbieten. 
Sie kann auch alsdenn in keinem Fall auf eine 
Eheſcheidung klagen. Andre Nebenſummen ſind 
das Toolistangel, von welchem Herr Marsden 

8 c die 


287 


die Bedeutung nicht erfahren hat, und das Oopa 
daoun codo zur Beſtreitung der Unkoſten des 
Hochzeitfeſtes, welches die Eltern des Maͤdchens 
ausrichten. (Dieſe Worte haben eine Beziehung 
auf das Blatt in dem man den Reis auftraͤgt.) 
Dieſe kleineren Summen werden aber felten bes. 
zahlt oder gefordert ehe die Hauptſumme entrich⸗ 
tet worden, von welcher ein großer Theil als 
funfzig, achtzig oder hundert und vier Thaler bey 
der Heurath deponirt werden muͤſſen; ehe we— 
nigſtens die erſt genannte Summe herbeygeſchaft 
iſt, kann der Mann ſeine Frau nicht mit nach 
Hauſe nehmen. Mit dem uͤbrigen aber hat es 
Zeit, und wenn die Familien in gutem Verneh— 
men bleiben, ſo vergehen oft Jahre ehe die Schuld 
gefordert wird: es ſey denn daß fie aus Noth ger 
zwungen werden auf die Bezahlung zu dringen. 
Zuweilen bleiben dieſe Schulden zwey bis drey 
Generationen unbezahlt, und es iſt nicht unges 
woͤhnlich, daß ein Mann das Koojoor für die 
Schweſter ſeines Grosvaters einzutreiben ſucht. 
Dieſe Schulden machen eigentlich den größten 
Theil ihres Reichthums aus, und man haͤlt einen 
Mann für wohlhabend der verſchiedene Joojoors 
für feine Schweſtern, Töchter, Tanten oder Gros⸗ 
tanten ausſtehen hat. Schulden von dieſer Art 
werden als heilig betrachtet und gehen ſelten ver— 
loren. In Paſſummah muß das Dorf, dieſe uns 
bezahlten Schulden eines ausgeſtorbenen Stam⸗ 
mes bezahlen. 

An⸗ 


287 


Anſtatt das Joojoor zu bezahlen, pflegen fie 
auch ein Mädchen gegen ein andres zu vertau- 
ſchen, und oft wird ſogar ein Maͤdchen zu dieſem 
Endzwecke von einen Freunde oder Verwandten 
geborgt, wobey ſich der Anleiher anheiſchig macht 
eine andre an ihre Stelle zu ſchaffen, oder ihr 
Joojoor zu bezahlen, wann es verlangt wird. Ein 
Mann der einen Sohn und eine Tochter hat, 
giebt die letztere gegen eine Frau fuͤr den erſteren 
weg, und derjenige der ſie empfaͤngt, verſorgt ſie 
entweder als ſein eigen Kind, oder heurathet ſie 
ſelbſt. Ein Bruder pflegt ſeine Schweſter gegen 
eine Frau zu vertauſchen, oder wenn er keine hat, 
borget er ſich eine Couſine zu dieſem Endzweck. 
Wenn das Maͤdchen ſo zum Tauſche gegeben wird 
noch nicht mannbar iſt, wird gewöhnlich eine be⸗ 
ſtimmte Summe jährlich zu gegeben bis fie das 
gehoͤrige Alter erreicht hat. Wenn eine Frau 
bald nach der Heurath oder ohne Kinder ſtirbt, 
fo kann das ganze Joojoor nicht verlangt wer— 
den, und es wird auf achtzig Thaler herunter 
geſetzt, es ſey denn das ſchon mehr ausgezahlt 
ſeyn ſollte. Das Joojoor einer Wittwe iſt gleich⸗ 
falls achtzig Thaler ohne alle Rebenunfoften, und 
bey einer dritten Heurath wird es noch geringer. 
Eine Wittwe die ſchwanger iſt, kann nicht vor 
ihrer Entbindung wieder heurathen, ohne eine 
Strafe zu erlegen. Eben ſo iſt es bey Eheſchei— 
dungen, ſollten keine Anzeigen der Schwanger- 
ſchaft vorhanden ſeyn, ſo muß ſie dennoch drey 

Mo⸗ 


289 


Monate und zehen Tage anſtehen, ehe ſie eine 
zweyte Verbindung trift. 

Wenn die Verwandten oder Freunde des 
Mannes die Eltern des Mädchens foͤrmlich beſu— 
chen, um die Heurath zu verabreden, bezahlen ſie 
das Addat Beſaſala oder Handgeld von ſechs 

Thalern, und es wird ein Bock oder einige Huͤh— 
ner zu ihrer Bewirthung geſchlachtet. Sobald 
der Vater dies Handgeld bekommen hat, darf er 
ſich mit keinen in Traktaten einlaſſen, ohne eine 
Geldſtrafe zu erlegen. Hiezu zwingt ihn doch zuwei⸗ 
len das junge Frauenzimmer, denn indeſſen, daß die 
Eltern eine foͤrmliche Verbindung zwiſchen zwey 
Familien zu ſtiften ſuchen, geſchieht es oft daß 
ſich das Mädchen mit einem gluͤcklichern Schäfer 
der väterlichen Gewalt entzieht. Dieſe Art Heu- 
rathen zu ſchließen iſt ſehr gewoͤhnlich; und wird 
ſelbſt durch Geſetze beftätigt. Dem Vater bleibt 
blos die Freyheit die Art der Heurath zu beſtim— 
men, und er kann dem Liebhaber das Maͤdchen 
nicht entziehen, wenn dieſer ſich den gewoͤhnlichen 
Gebraͤuchen in ſolchen Faͤllen unterwerfen will: 
das Maͤdchen muß unberuͤhrt in das Haus einer 
Familie von Anſehen gebracht werden, wo ſie 
bleibt, bis die Verwandten von ihrer Entfuͤhrung 
benachrichtiget ſind und die Bedingungen feſtſetzen. 
Wuͤrden die Fluͤchtlinge aber ſo gleich verfolgt, 
und noch unter Wegens eingeholt, ſo kann die 
Tochter zuruͤck genommen werden, aber nicht, 
wenn ſie ſchon ihren Schutzort erreicht hat. 

Forſters V. u. V. K. 3. Th. z In 


290 


In dem Moſaiſchen Geſetze muſte der Bru⸗ 
der, wenn ein Mann ohne Kinder ſtarb, die Witt⸗ 
we heurathen. Unter den Einwohnern von Sur 
matra iſt es gebraͤuchlich, daß ſie der Bruder oder 
der naͤchſte unverheurathete männliche Verwandte 
(der Vater ausgenommen) heurathet, es moͤgen 
Kinder da ſeyn oder nicht. Wenn der Bruder die 
Wittwe nimmt, iſt er verbunden dasienige zu bes 
zahlen, was etwa noch von ihrem Joojoor oder 
Preiſe ſchuldig iſt, und ſtellt uͤberhaupt in allen 
Fällen den Verſtorbenen vor, dies nennt man, ſich 
auf ſeine Matte und Kiſſen ſetzen. 

Die Keuſchheit iſt eine Tugend, welche an 
dieſem Ort mehr als an irgend einem andern 
herrſcht. Denn da die Toͤchter der vornehmſte 
Reichthum der Eltern find, iſt es ihr größter Vor⸗ 
theil ſie genau zu bewachen, um ihre Tugend un⸗ 
befleckt zu erhalten. Dem ungeachtet wird ihre 
Sorgfalt doch zuweilen hintergangen. In dieſem 
Fall kann der Verfuͤhrer gezwungen werden ſie zu 
heurathen und das Jooßoor zu bezahlen, oder 
wenn der Vater ſeine Tochter behalten will, muß 
der Liebhaber, ihren verringerten Werth durch 
eine Summe Geldes erſetzen, und uͤberdem eine 
Geldſtrafe Tppong Boomee geben, um die 9 

fleckung von der Erde zu tilgen. 

Wenn ſich ein Mann von ſeiner Frau e 
den laſſen will, die er auf die Art die man Joo— 
joor nennt geheurathet hat, kann er alles fo er bes 

zahlt hat, zuruͤck fordern, ausgenommen das Ad⸗ 
N dat 


291 


dat Charro von fünf und zwanzig Thalern, fuͤr 
den ihr zugefuͤgten Schaden. Hat er aber ſchon 
die ganze Summe bezahlt, koͤmmt es auf die El⸗ 
tern an, ob ſie ihre Tochter wiedernehmen wollen, 
wo nicht, kann ſie der Mann verkaufen. Die 
urſpruͤngliche Ceremonie der Eheſcheidung beſteht 
darin, daß man ein Rohr in Gegenwart der Par— 
theien, der Verwandten und Vornehmſten des 
Landes in zwey Theile ſchneidet. 

Die zweyte Art Heurathen heißt Ambelana, 
und geſchieht auf folgende Weiſe. Ein Vater 
wählt einen jungen Menſchen für feine Tochter 
zum Manne, der gewoͤhnlich von einer geringeren 
Familie iſt. Dieſe entſagt allen ihren Rechten auf 
ihn, und er wird in das Haus ſeines Schwieger— 
vaters genommen, der bey der Gelegenheit einen 
Buͤffel ſchlachtet, und zwanzig Thaler von den 
Verwandten des Sohnes empfaͤngt; und nun ge⸗ 
hoͤrt derſelbe ganz zur Familie ſeiner Frau; wenn 
er ſtiehlt oder mordet, bezahlt dieſe die Strafe. 
und wenn er erſchlagen wird, emp faͤngt fie. ſolche, 
Eben dieſe Familie muß alle Schulden die er nach 
der Heurath macht bezahlen; er behauptet in der 
Familie einen Mittelſtand zwiſchen Sohn und 
Schuldner. Er genießt alles mit als ein Sohn, 
hat aber ſelbſt kein Eigenthum, feine Reisplanta⸗ 
gen, feine Pfeffergaͤrten und alles was er gewinnt 
oder erwirbt, gehoͤrt der Familie. Er kann nach 
Gutduͤnken der Eltern geſchieden werden, und 
wenn er gleich Kinder hat, muß er doch alles ver⸗ 

2 2 laſ⸗ 


* 


292 


laſſen, und leer zuruͤckkehren wie er gekommen iſt. 
Zuweilen ertheilt ihm die Familie die Erlaubniß 
ein eignes Haus zu beziehen, aber er, ſeine Frau 
und Kinder oleiben nichts deſto weniger ihr Eigen: 
thum. Hat er keine Töchter fo kann er ſich los⸗ 
kaufen wenn er ſeiner Frauen Joojoor bezahlt. 
Wenn aber Töchter da find, find die Schwierig⸗ 
keiten weit größer, weil die Familie ein Recht auf 
ihren kuͤnftigen Werth hat. Dennoch iſt es ges 
braͤuchlich ihn nachdem er ein Joojoor oder als 
lenfalls eine Zugabe von funfzig Thalern bezahlt 
hat, loszulaſſen; und mit * Zugabe kann er 
auf ſeine Freylaſſung dringen, ſo lange er keine 
mannbaren Toͤchter hat. Hat die Familie fuͤr 
ihn Schulden bezahlt, ſo muß er die Auslage er⸗ 
ſetzen. Sollte er mehr Schulden machen als ſie 
zu bezahlen fuͤr gut finden, oder wenn ſie befuͤrch⸗ 
ten, er moͤchte ſie noch mehr haͤufen, ſo laſſen ihn 
die Eltern ſcheiden und ſchicken ihn ſeinen Ver⸗ 
wandten zuruͤck; alle bis zu der Zeit gemachten 
Schulden, muͤſſen aber bezahlt werden. Iſt der 
Schwiegerſohn ein gaͤnzlicher Verſchwender, ſo 
wird er verbannt, wenn ihn aber feine Schwie⸗ 
gereltern je wieder annehmen, oder ihm mit der 
kleinſten Summe beyſtehen, ſo muͤſſen ſie alle ſeine 
Schulden uͤbernehmen. 

Außer dieſen beyden Arten von Heurathen 
giebt es eine dritte Art, die man Semundo nennt. 
Dieſe Heurath iſt eine Verbindung der beyden 
Theile auf voͤllig gleichen Fuß, und der Braͤuti⸗ 

gam 


293} 


gam zahlt den Eltern des Mädchens nur zwoͤlf 
Thaler. In dem Kontrakt wird feſtgeſetzt, das 
alles Eigenthum, Verdienſt oder Gewinn von jes 
der Art, beyden Theilen gleich zugehoͤren ſoll, und 
wenn beyde einſtimmig eine Eheſcheidung fordern, 
ſo werden die Guͤter und Schulden gleich getheilt. 
Verlangt der Mann allein die Scheidung, fo bes 
koͤmmt die Frau die Hälfte der Effekten, und der 
Mann verliert ſeine zwoͤlf Thaler; fordert aber 
blos die Frau die Trennung, ſo verliert ſie ihre 
Anſpruͤche auf die Hälfte aller Effekten, und kann 
nur ihre Ausſtattung fordern; die Eltern muͤſſen 
auch die zwoͤlf Thaler erſetzen, es wird aber ſelten 
verlangt. 

Die Heurathsgebraͤuche beſtehen blos darin, 
daß die Haͤnde der Brautleute zuſammen gegeben 
werden. Dies pflegen die Eltern felbſt, oder der 
Vornehmſte des Dorfs zu thun: und hierauf 
folgt ein Gaſtmahl. 

Vor der Heurath haben beyde Geſchlechter 
nur wenig Umgang mit einander, denn ſie werden 
ſehr forgfältig abgeſondert; und die Mädchen dürs 
fen ſich nie von der Mutter entfernen. Nur bey 
ihren oͤffentlichen Feſten, die in dem Balli oder 
gemeinſchaftlichen Verſammlungshauſe eines jeden 
Dorfs gehalten werden, koͤnnen ſie einander ſehen. 
Denn hier tanzen und ſingen die jungen Leute 
zuſammen, und dies ſind gewoͤhnlich die erſten 
Veranlaſſungen zu kuͤnftigen Heurathen, denn ſo⸗ 
bald die jungen Mannsperſonen ihre Aufmerkſam⸗ 

keit 


294 


keit auf eine beſondre Schöne gerichtet haben, pflee 
gen ſie ſich eines alten Weibes zu bedienen, Lie | 
dem Mädchen ihre Geſchenke uͤberbringt. Die 
Eltern miſchen ſich bald in die Sache, die Bedin— | 
gungen werden feſtgeſetzt, und ein Gaſtmahl wird 
angeſtellt. Dies wird nicht blos von den Ver⸗ 
wandten und Freunden beſucht, ſondern von allen 
Einwohnern der benachbarten Gegend, welche Luſt 
haben hinzugehen, und je großer die Menge der 


Men ſchen bey einer ſolchen Gelegenheit iſt, deſto 
mehr Ehre macht es dem Wirth. 


Der Zuſtand der Weiber in dieſen Gegenden 
iſt wenig beſſer als der dortigen Sklaven; außer 
den haͤuslichen Beſchaͤftigungen, muͤſſen ſie ganz 


allein den Reisbau beſorgen. Die Maͤnner fuͤhren, 


wenn fie nicht im Kriege ihrer Lieblingsbeſchaͤfti⸗ 


gung, verwickelt find, ein unthaͤtiges traͤges fa 
ben, und bringen den ganzen Tag damit zu, | 
mit Blumenkraͤnzen von Amaranth geziert, „ auf 


einer Art Floͤten zu ſpielen. 


Sie ſind dem Spiel ſehr ergeben, und die— 


ſes iſt durchaus keiner Einſchraͤnkung unterwor— 
fen, auch hoͤren ſie ſelten auf, ehe einer von bey— 
den ganz zu Grunde gerichtet iſt. Wenn einer 
mehr verliert als er bezahlen kann, wird er einges 


ſperrt, und als ein Sklave verkauft, welches felz. 


ten außer bey dem Spiel zu geſchehen pflegt. Iſt 
fein Gegner großmuͤthig, fo ſchenkt er ihm zuwei⸗ 
len die Freyheit, mit der Bedingung ein Pferd zu 
ſchlachten, und ein an anzuſtellen. 
Eine 


295 


Eine von ihren Lieblings Beluftigungen find 

die Pferderennen. Sie reiten ohne Sattel; das 
Gebiß iſt von Eiſen, und beſteht aus verſchiedenen 
Gelenken; die Zuͤgel ſind von Rohr; an andren 
Orten find ſie von der obenerwaͤhnten Subſtanz, 
Ejoo genannt, und das Gebiß von Holz, man 
ſagt, daß ſie auch Rehe zu Pferde jagen. 
g Die Battas haben dem Anſcheine nach eine 
befondere Sprache, die von der malaiſchen ab: 
weicht, aber bey genauerer Unterſuchung verhal— 
ten ſich die meiſten Woͤrter dieſer Sprache zur 
Malapyiſchen, wie ein Dialekt zur Mutterſprache. 
Ihre Schriftzuͤge aber find wirklich von den ma: 
layiſchen unterſchieden. Es iſt merkwuͤrdig, daß 
die Anzahl derer die Leſen und Schreiben koͤnnen, 
weit größer iſth als derer, welche es nicht verſtehen; 
ein Umſtand den man ſchwerlich bey einem unkul— 
tivirten Volke erwarten ſollte, da dies nicht im⸗ 
mer der Fall bey den geſitteten Nationen iſt. 

Es giebt wenige herrſchende Laſter unter Ih⸗ 
nen. Der Diebſtahl ift beynahe gaͤnzlich unbe⸗ 
kannt, und ſie beobachten die genaueſte Ehrlichkeit 
in ihren Geſchaͤften unter einander. Sie beſitzen 
zwar eine ziemliche Fertigkeit Fremden Kleinig- 
keiten zu entwenden, halten es aber nicht fuͤr 
Unrecht, da fie die uͤblen Folgen davon nicht einſe⸗ 
hen. 6) Der Ehebruch wird bey den Maͤnnern 
f mit 

6) Die Gründe warum die Battas Fremde berduben, 


unter einander aber Dieberebn n ſind eben 
die⸗ 


296 


mit dem Tode, bey den Weibern mit dem Verluſt 
des Haupthaars und der Sklaverey beſtraft. Die⸗ 
ſe Einrichtung iſt ſehr ſonderbar, und muß daher 
ruͤhren, daß fie die Weiber für blos Paßive Ges 
ſchoͤpfe halten, daher pflegen die Weiſen der 
Hindus zu ſagen, „koͤnnt ihr die Butter an das 
Feuer halten, und vermuthen, daß fie nicht ſchmel⸗ 
zen werde?“ Sie glauben, daß die Männer allein 
die Eigenſchaften eines freyen Weſens beſitzen, 
welches ſeine Leidenſchaften bezaͤhmen oder ihnen 
freyen Lauf laſſen kann, je nachdem es gut oder 
boͤſe geſinnt iſt. Ein Mord aber wird gelinder 
beſtraft und kann abgekauft werden, wenn der 
Schuldige oder ſeine Verwandten reich genug ſind, 
denn die Summe haͤngt einigermaßen von dem 
Gutduͤnken des beleidigten Theils ab. 

Aber faͤhrt Herr Marsden fort, eine ihrer 
außerordentlichſten, wenn gleich nicht ſeltenen Ges 
wohnheiten iſt folgende. Viele alte Schriftſteller 
haben die Welt mit Erzählungen von Amtropo— 

e oder Menſchenfreſſern beschenkt und ihre 
Nach⸗ 


dieſelben, welche Beobachter bey allen unkultirirten 
Nationen angetroffen haben. Durch Dieberey wird ein 
Glied des Volks oder des Stamms beleidigt, dies iſt ein 
Verbrechen, bey allen Wilden und Barbaren, und 
wird alſo unterlaſſen, wie bey den Battas der Fall 
ſeyn fell, oder hart beſtraft, wie bey allen Übrigen 

Voͤlkern. Raub hingegen wird an Fremden ausge⸗ 
üͤbt, die nicht zur Geſellſchaft gehoͤren, und daher nie 
oder weit weniger als Diebſtahl beſtraft, wie die erſten 
Geſetzbuͤcher aller Nationen beweiſen. 


297 


Nachrichten, fie mochten wahr oder falſch ſeyn, 
wurden in den Zeiten, wo man das Wunderbare 
gerne hoͤrte, allgemein geglaubt. In der Folge, 
da ein groͤßerer Unterſuchungsgeiſt allgemeiner 
ward, fand man, daß viele dieſer angeblichen Be: 
richte falſch waren, und aus einem Hange der 
der Menſchlichen Natur angebohren iſt, ſchweifte 
man jetzt auf der entgegengeſetzten Seite aus, und 
es ward als eine Philoſophiſche Wahrheit, die ſich 
beynahe Mathematiſch beweiſen ließ, feſtgeſetzt, 
daß keine ſolche Menſchengattung je exiſtirt hätz 
te, oder exiſtiren koͤnnte. Aber die Verſchie⸗ 
denheiten und Wiederſpruͤche der menſchlichen Sit— 
ten ſind zu zahlreich und auffallend, als daß es 
möglich. wäre, allgemeine Grundſaͤtze zu beſtim⸗ 
men, die man bey allen Gattungen von Menſchen 
anwenden koͤnnte; und es laͤßt ſich kaum eine 
Ausſchweifung denken, die nicht bey dieſen oder 
jenen zu finden waͤre. Die Reiſen unſrer letzten 
beruͤhmten Weltumſegler deren Glaubwuͤrdigkeit 
unbezweifelt iſt, haben der Welt ſchon bewieſen, 
daß die Wilden von Neuſeeland Menſchenfleiſch eſ— 
ſen: und ich kann das Publikum mit gleicher Ge⸗ 
wisheit verſichern, daß es gegenwaͤrtig auf der 
Inſel Sumatra von dem Volk der Battas und 
blos von ihnen gegeſſen wird. Ob dieſer abſcheu⸗ 
liche Gebrauch in alten Zeiten ausgebreiteter qe= 
weſen iſt, kann ich nicht beſtimmen. Aber eben 
die alten Schrifſteller die es von den Battas ev: 
zaͤhlen, und deren cen unrechtmaͤßig fuͤr 

falſch 


298 


falſch gehalten wurden, melden eben das von 
vielen andren oͤſtlichen Voͤlkern, und vornehm: 
lich von den Einwohnern der Inſel Java; welche 
ſeit der Zeit vermuthlich 4 geſittet geworden 


find. 7 
Die 


7) Der Battas und ihrer Sitten geſchieht bey fol⸗ 
genden Schriftſtellern Erwaͤhnung. Nicoli di Con- 
ti der 1449 in Indien war, ſagt beym Ramuſio. 
„Die Einwohner von Sumatra ſind Heiden. Die 
Leute von Battach eſſen Menſchenfleiſch und gebrau⸗ 
chen die Schädel ihrer Feinde als Geld, und derjeni⸗ 
ge wird fuͤr den Vornehmſten gehalten wer die meh⸗ 
reifen aufzuweiſen hat.“ — Odoardo Barbofa der 
1510 ſchrieb. In Aru, welches nahe bey Batta liegt, 
eſſen fie Menſchenfleiſch.“ — Beaulieu 1622. erzählt 
von den Battas, daß ſie eine Sprache reden die von 
dem Malapyiſchen verſchieden it, Abgoͤtter und Kanni⸗ 
balen wären, ihre Gefangenen niemals auslöfen, fon» 
dern fie mit Pfeſſer und Salz eſſen. Sie haben keine 
Religion, aber eine Art von Politiſcher Verfaſſung. 
— De Barros 1558. Die Heiden zogen ſich vor den 
Malayen in die inneren Theile der Inſel zuruͤck. Die⸗ 
jenigen, welche in dem Malacca gegen uͤber liegenden 
Theile wohnen, werden Battas genannt. Sie eſſen 
Menſchenfleiſch, und find das wildeſte kriegeriſche 
Volk der. Inſel. Die, welche gen Süden wohnen, 
heißen Sotumas und find mehr gefittet. — Kapitain 
Hamilton. Man ſagt, daß die Einwohner von Dell⸗ 
my (an einem Fluſſe der durch das Land Battas 
fließt) Menſchenfreſſer ſind. — Vartomannus ſchreibt 
ſchreibt 1504, daß die Einwohner von Java Men⸗ 
ſchenfleiſch aßen, ehe ſie mit den Chineſern handel⸗ 
ten, welches wie die Leute ſagten etwa ſeit hundert 
Jahren war. 


299 


Die Battas eſſen nicht Menfchenfleifch um 
den Hunger zu ſtillen, oder aus Mangel an en— 
dren Nahrungsmittem; eben fo wenig wird es, 
wie unter den Neuſeelaͤndern, als ein Leckerbifien 
geſucht. Sie eſſen es blos als eine Art von Cere— 
monie; um ihren Abſcheu gegen das Laſter, durch 
eine ſchmaͤhliche Strafe an den Tag zu legen, und 
als einen ſchrecklichen Beweis des Haſſes und der 
Verſpottung ihrer ungluͤcklichen Feinde. Die Ge— 
genſtaͤnde dieſer unmenſchlichen Mahlzeiten ſind im 
Kriege gemachte Gefangene; und Miſſethaͤter die 
großer Verbrechen uͤberwieſen find. Erſtere koͤnnen 
ausgeloͤſet oder umgetauſcht werden, und es wird 
zuweilen lange darauf gewartet; und die letzteren 
werden nur um das Leben gebracht, wenn ihre 


Verwandten die gewoͤhnliche Geldſtrafe von acht— 


zig Thalern nicht bezahlen koͤnnen. Sie werden 
von dem Volk des Stammes gerichtet, wo die 
That begangen ward, das Urtheil kann aber nicht 
eher vollzogen werden, bis ihr eigener Rajah oder 
Chef die Rechtmaͤßigkeit deſſelben beftätiget hat; 
dies geſchieht durch Ueberſendung eines Tuches, 
welches man dem Verbrecher über den Kopf brei⸗ 
tet, nebſt einer großen Schuͤſſel von Salz und Ci⸗ 
tronen. Der Ungluͤckliche wird denn an einen 
Pfahl gebunden; das verſammelte Volk wirft feis 
ne Lanzen nach ihm in einer gewiſſen Entfernung, 
und ſobald er toͤdtlich verwundet iſt laufen ſie wuͤ⸗ 
tend hin, ſchneiden Stuͤcke aus ſeinen Leibe mit 
ihren Meſſern, tauchen ſie in die Schuͤſſel mit 

Salz 


300 


Salz und Citronenſaft: röften fie ein wenig uͤber 
einem Feuer das zu dem Zweck bereitet wird, und 
verzehren die Biſſen mit einem wilden Enthuſias⸗ 
mus. Zuweilen (vermuthlich nachdem ihre Rad: 
gier groß iſt) verzehren fie den ganzen Körper, 
und man hat Beyſpiele, daß ſie mit noch erhöhes 
ter Barbarey das Fleiſch mit den Zaͤhnen abgeriſ— 
ſen haben. So tief kann der Menſch fallen, wenn 
weder Religion noch Philoſophie ſeinen Weg er— 
leuchten. Alles was man vorbringen kann um 
den Greuel dieſer entſetzlichen Ceremonie zu mils 
dern, iſt, daß ſie nicht die Abſicht zu haben 
ſcheinen, die Qualen der Ungluͤcklichen Leidenden 
unnoͤthig zu verlängern: ihre ganze Wuth iſt ges 
gen den Koͤrper gerichtet; der zwar noch warm 
vom Ueberreſte des Lebens iſt, aber doch keinen 
Schmerz mehr empfindet. 

In Abſicht auf das Verzehren ihrer Feinde 
die in der Schlacht fallen, habe ich verſchiedene 
Meinungen gehoͤrt. Einige Perſonen die ſich lan⸗ 
ge dort aufgehalten haben, und mit ihren Sitten 
gut bekannt ſind, verſichern, daß es nicht ge⸗ 
braͤuchlich ſey; da aber hingegen andere Beyſpiele 
genug anfuͤhren, wenn und wo von den Battas 
Kriegsgefangene aufgefreſſen worden, iſt es billig 
zu ſchlieſſen, daß es zuweilen, wenn gleich nicht 
gewoͤhnlich gethan wird. Man glaubte, daß Ra⸗ 
jah Neabin aus dieſer Abſicht ſo lange und eifrig 
um den Koͤrper des Herrn Nairne focht, einen 
wuͤrdigen und um die Indiſche Compagnie ſehr 

ver⸗ 


301 


verdienten Mann, der bey einem Angrif auf das 
Campong dieſes Chefs 1775 blieb. 

Es iſt mir uͤber dieſen Punkt verſchiedentlich 
eingewandt worden, daß ich ſelbſt kein Augenzeuge 
eines Battafeſtes dieſer Art geweſen, und daß 
mein Zeugniß ſehr viel von ſeiner Staͤrke verliere, 
weil ich meine Nachrichten nur aus der zweyten, 
vielleicht gar dritten Hand bekommen habe. Al⸗ 
les was ich dagegen ſagen kann, iſt, daß ich den 
Umſtand ſelbſt für ganz wahr halte, und daß mei: 
ne Ueberzeugung aus folgenden Umſtaͤnden ent: 
ſtanden iſt. Erſtlich iſt es eine in der ganzen In⸗ 
ſel allgemein bekannte und nie bezweifelte Sache; 
Zweytens habe ich mit Eingebohrnen geſprochen, 
die die Wahrheit des Gebrauchs eingeſtanden, 
und ſich deſſen ſchaͤmten, ſobald fie ſich eine Zeit- 
lang unter geſittetern Menſchen aufgehalten hate 
ten. Drittens ſind drey meiner Bruͤder Chefs 
der Riederlaſſungen zu Natal und Tapanooly 
geweſen, welche täglichen Umgang mit Battas 
hatten, und alle haben mich verſichert die Sa⸗ 
che waͤre wahr. Dieſelben Verſicherungen habe 
ich von verſchiedenen andren Perſonen gehabt, die 
eben die und noch mehrere Gelegenheit hatten ſich 
zu belehren, und alle ihre Erzaͤhlungen ſtimmen 
im weſentlichen uͤberein. Herr Bradley Reſident 
zu Tapanooly, legte vor einigen Jahren einem 
Rajah eine Geldſtrafe auf, weil er einen Gefan⸗ 
genen zu nahe bey den Riederlaſſungen der Com⸗ 
pagnie verzehrt hatte. Herr Alexander Hall be⸗ 
rech⸗ 


302 a 
rechnete der Compagnie eine Summe die er einem 
Rajah des Landes gegeben hatte, um ihn zu be⸗ 
wegen einen Ungluͤcklichen zu ſchonen, den Herr 
Hall zum Opfer hatte zubereiten ſehen. Herr 
Karl Miller fagt in dem oben angefuͤhrten Tage: | 
buch. In dem Sappeou oder Haufe wo die Ra⸗ 
jahs Fremde empfangen, ſahen wir einen Mens 
ſchenſchaͤdel hängen, von welchem uns der Rajah 
erzaͤhlte, daß er dort als ein Siegeszeichen aufbe⸗ 
wahrt wuͤrde, und von einem Feinde waͤre, deſſ en 
Körper fie (nach der Gewohnheit der Battas) vor 
zwey Monaten verzehrt haͤtten. 

Die Regierung des Landes iſt in den Hän- 
den vieler kleiner Chefs die Rajahs genannt wer⸗ 
den, und die ſelten von einer hoͤheren Gewalt ab⸗ 
haͤngen; dieſe verbinden ſich oft unter einander 
(vornehmlich die zu einem Stamme gehoͤren), zur 
gegenſeitigen Vertheidigung und Sicherheit gegen 
einen entfernten Feind. Sie ſind ſehr eiferſuͤch⸗ 
tig auf die zunehmende Gewalt dieſes oder jenen 
unter ihnen, und bey dem geringſten Vorwande 
entſteht ein Krieg. Das Anſehen verfchiedener. 
Campongs iſt aber ſehr ungleich, und muß natürz 
lich auch ſo ſeyn, da jeder der zehen oder zwoͤlf 
Mann und zwey, oder drey Gewehre zuſammen— 
bringen kann, die Unabhaͤngigkeit ſpielt, und kei⸗ 
nen Obern erkennt. 

Die beyden Diſtrikte Ankola en Mandee⸗ 
ling ſcheinen dennoch eine Ausnahme gegen dieſen 
allgemeinen Mangel an Subordingtion zu ſevn, 

da 


303 


da jeder einen eignen oberſten Rajoh hat, der 
uͤber alle Staͤmme geſetzt iſt. Sie beſitzen aber 
freylich nur einen Schatten von Gewalt, weil 
die mächtigen Vaſallen ihnen wenig Unterwuͤrfig— 
keit bezeigen, außer wenn es ihr Vortheil ers 
fordert. 
Die maͤchtigern Rajahs maßen ſich Gewalt 
uͤber das Leben ihrer Unterthanen an. Die Ein— 
ohner in allen Campongs find verpflichtet ihren 
Chef auf allen ſeinen Reiſen und Zuͤgen zu beglei— 
ten, und wenn einer ſich deſſen weigert, wird er 
gus der Gemeinſchaft verſtoſſen, und darf das 
Seinige nicht mitnehmen. Der Rajah verſieht 
fie während des Zuges mit Lebensmitteln, und 
giebt jedem der einen Feind toͤdtet eine Beloh— 
lung von zwey Beenchangs. (ungefähr vier Spas 
niſche Thaler). Wenn er ſeine Spielſchulden be— 
zahlt, beſtimmt er ſelbſt nach Gutduͤnken den 
Werth der Pferde und Büffel die er ſtatt Bezah⸗ 
lung giebt (den Geld wird nicht in dem Lande 
gebraucht), und feine Unterthanen muͤſſen es ſich 
gefallen laſſen fie nach feiner Schaͤtzung anzuneh— 
men. Sie ſind alle verbunden eine gewiſſe An⸗ 
zahl Tage in ſeinen Reisplantagen zu arbeiten. 
Außer dieſem giebt es noch eine Art von kleinern 
Dienſt, wegen Ländereien die einer von dem anz 
dren gepachtet hat Der Pachter iſt gehalten den 
Eigenthuͤmer uͤberall wo er ihn begegnet Achtung 
zu bezeigen, und jo oft er ihn mit feinen Veſuche 
beehrt gut zu bewirthen. Das Volk hat ein un: 
Forſters L. u. V. K. 3. Tb. U ein 


304 


eingeſchraͤnktes Eigenthumsrecht über feine Guͤ 
ter. Es kann ſie verkaufen wenn es ihnen gut 
duͤnkt. Wenn einer Baͤume pflanzt und ſie ver⸗ 
läßt, kann der folgende Inhaber wohl die Fruͤch⸗ 
te derſelben verzehren, aber nicht die Bäume ver⸗ 
kaufen. 

Die Einkuͤnfte des Chefs, beſtehen haupt⸗ 
ſaͤchlich in den Strafgeldern die bey gerichtlichen 
Streitigkeiten vorfallen, und die ſich der Naja 
ſelbſt zueignet; wie auch aus dem Ertrag aller 
Benzoe und Kampferbaͤume in dem ganzen Dis 
ſtrikt, die als das Eigenthum des Chefs betrach⸗ 
tet werden: auf letzteres wird aber nicht ſtrenge 
gehalten. 

Wenn unter den Einwohnern von einerley 
Campong Streitigkeiten entſtehen, werden fie von. 
einer dazu beſtimmten Magiſtratsperſon unters 
ſucht und entſchieden, und man ſagt, daß von 
dieſem keine Appellation an den Rajah ſtatt fin 
det: fallen Uneinigkeiten zwiſchen Perſonen von 
verſchiedenen Campongs vor, ſo werden ſie in ei⸗ 
ner Zuſammenkunft der Rajahs beygelegt. Wird 
eine Anzahl Leute nach der Bay geſchickt, um 
Salz zu kaufen, oder andre Geſchaͤfte zu beſor⸗ 
gen, ſo werden ſie von einem Aufſeher degleitet, 
der uͤber ihre Auffuͤhrung wacht, und ſie zuweilen 
auf der Stelle beſtraft, wenn ſie ſich auf irgend 
eine Art vergehen, oder wiederſpaͤnſtig bezeigen. 
Dieſe Einrichtung erhält eine ſehr große Ordnung 
| und Ruhe. 


Uns 


305 


Ungeachtet die Bottas einen großen Hang 
zur Unabhängigkeit fühlen, und alle die ſich cinis 
ge Gewalt über ihre kleinen Geſellſchaften anma- 
ßen herzlich verachten, fo haben fie doch durch 
gaͤngig eine aberglaͤubiſche Ehrfurcht für den Sul— 
tan von Menangcabo. Dieſer mahommetaniſche 
Prinz iſt der maͤchtigſte auf der ganzen Inſel, und 

ehedem beherſchte er ſie ganz. Seine ihm noch 
unterwuͤrſige Staaten liegen etwa in der Mitte 
derſelden, haben aber vermittelſt der großen 
Fluͤſſe Gemeinſchaft mit der weſtlichen Kuͤſte. Die 
ſogenannten ſumatriſcheu Könige von Acheen, nz 
drapur, Moco moco, Palembang und Jambee 
erkennen ihn fuͤr ihren Oberherrn, erlegen auch 
ihm zuweilen einiges Schutzgeld, und dezeigen 
ſeinen wirklichen oder vorgegebnen Verwandten 
und Abgeſandten, wenn ſie ſich unter ihnen ſehen 
laſſen, einen blinden Gehorſam: ſogar wenn er ſie 
beleidiget, oder ihr Leben bedroht wird, wieder— 
ſetzen ſie ſich nicht: denn ſie glauben, daß ihre 
Geſchaͤfte nie gut gehen, daß der Mehlthau ihre 
Erndten treffen, ihre Buͤffel ſterben und ſie un— 
ter einer Art von Bezauberung bleiben wuͤrden, 
wenn ſie dieſe heilige Abgeſandten erzuͤrnten. 
| Sie werden durch ſehr geringe Veranlaſſun⸗ 
gen zum Kriege gereitzt, und ihre Entſchluͤſſe wer— 
den eben ſo bald ausgefuͤhrt als gefaßt. Eigent⸗ 
lich iſt ihr ganzes Leben ein Beftändiger Krieg, 
und fie find entweder zum Angeif oder zur Ges 
genwehr fertig. Sobald ſie eine Unternehmung 
| u 2 ber 


zu Grunde richten würde. - Selten wagen fie 


Sie pflegen zuweilen um den Feind aufzuhalten, 


ſen Gelegenheiten kann ſich ein Mann einen gan⸗ 


306 


beſchloſſen haben, wird der Anfang damit ge— 
macht, daß man blind in das feindliche Campong 
feuert, um der andren Parthie Trotz zu bieten. 
Sonach wird dem Feinde drey Tage Zeit gelaſſen 
um Friedensvorſchlaͤge zu thun; geſchieht dies 
aber nicht, oder die Vorſchloͤge find etwa nicht 
annehmlich, fo wird der Krieg, völlig deklarirt. 
Die Ceremonie blos mit Pulver zu ſchießen nen- 
nen fie „dem Feinde Rauch hintragen.“ In ih⸗ 
ren Kriegen die zuweilen zwey bis drey Jahre 
dauern, liefern ſie ſelten ein Treffen auf offe— 
nen Felde; da ein Verluſt von zehen oder zwoͤlf 
Mann auf jeder Seite beynahe beyde Partheien 


auch einen öffentlichen Angriff auf ihre Doͤrfer; 
ſondern begnuͤgen ſich damit, daß ſie den einzel- 
nen Herumlaͤufern in den Waͤldern auflauern. 
Hier verbergen ſich zuweilen drey oder vier nes 
ben dem Fußſteige, und wenn ſie ihre Feinde ſe— 
hen, geben ſte Feuer und laufen ſogleich fort. 


ſpitzige Pfaͤhle in die Erde zu ſchlagen. Bey dies. 


zen Tag mit einer einzigen Kartoffel behelfen, 
welches ihnen einen großen Vortheil uͤber die 
Malayen giebt, mit denen ſie oft zu thun haben, 
und die beſſere Nahrung verlangen. 

Si.e befeſtigen ihre Campongs oder Flecken 
mit großen Erdwaͤllen, die auf der Hälfte der Anz 
hoͤhe mit Strauchwerk bepflanzet ſind. Außer⸗ 
| 0 halb 


307 


halb dem Wall iſt ein Graben, uud an jeder 
Seite deſſelben eine hohe Paliſade von Kampfer— 
holz, weiter hin iſt eine undurchdringliche Hecke 
von dem ſtachlichten Bamboo, der, ſo bald er 
ſeinen gehoͤrigen Wachsthum erreicht hat erſtau— 
nend dicht wird, und allen Anſchein einer Stadt 
verſteckt. Außer allen dieſen Befeſtigungen mer: 
den noch ſcharfe ſpitze Pfaͤhle an allen Seiten hin— 
gepflanzt, die die Annäherung einen beynahe mas 
ckenden Feinde ſehr gefährlich machen. An jeder 
Ecke der Feſtung wird ſtatt eines Thurms ein ho⸗ 
her Baum geſetzt, auf welchen ſie klettern, um 
zu kundſchaften oder zu feuern. Sie bleiben un- 
gern blos zur Vertheidigung in ihren Campongs, 
und laſſen daher gewohnlich nur einige zur Bez 
ſchuͤtzung zuruͤck, indeſſen fie in die Ebene vorrüs 
cken, wo fie leichte Bruſtwehren und Retranche— 
mens aufwerfen. Sie werden nie Handgemein, 
ſondern bleiben in einer ſichern Entfernung, ſel— 
ten naͤher als einen Flintenſchuß; ausgenommen 
wenn ſie uͤberraͤſcht werden. 

Ihre Standarte im Kriege iſt ein Pferde— 
kopf an dem eine lange Maͤhne oder Schweif von 
Pferdehaaren herunter haͤngt. Ihre Waffen be— 
ſtehen in einer Flinte die mit einer Lunte ange— 
zuͤndet wird, Lanzen von Bamboorohr, und ei— 
nem kleinen Seitengewehr wie ein Degen oder 
großes Meſſer. Sie tragen keinen Dolch oder 
Kris wie die Malayen. Ihre Ammunitionska— 
ſten ſind mit vielen kleinen hoͤlzernen Buͤchſen ver⸗ 


ſehen, 0 


308 


ſehen, von welchen jedes einen Schuß enthält, 
und in dieſen verwahren ſie auch ihre Lunten, 
und kleine Ranjows oder ſcharfe Stecken; die 
größeren werden in einem Gelenke des Bamboos 
getragen, welches wie ein Köcher über die Schule 
ter geworfen wird. Sie haben ſehr kuͤnſtlich ges 
ſchnitzte und verzierte Maſchienen, um ihre Ku⸗ 
geln zu bewahren, und noch andre von einer ganz 
ungewoͤhnlichen Geſtalt, fuͤr ihren Vorrath von 
Schießpulver. Dieſes letztere bereiten fie ſelbſt, 
und erhalten den Salpeter von Ziegenkoth. Ihre 
Flinten bekommen ſie durch Kaufleute, die ſie ih⸗ 
nen aus Menangcabo bringen, wo ſie verfertiget 
werden. Ihre Seitengewehr machen fie ſelbſt. 
Die Kuͤſtenbewohner vertauſchen ihren Weih⸗ 
rauch und Kampfer gegen Eiſen, Stahl, Meſ—⸗ 
ſingdraht und Salz; von letzterem nehmen ſie in 
der Bay von Tappandoly jaͤhrlich hunderttauſend 
Gallons 8) oder Bamboos. Die Artikel vers 
kaufen ſie wieder an die Einwohner der inneren 
Theile, gegen die Produkte und Manufakturwaa⸗ 
ren des Landes, hauptſächlich Baumwollene Zeu⸗ 
ge von denen wenig eingefuͤhrt wird. Einige 
tragen um den Kopf einen Streif fremdes blaues 
Tuch und einige wenige haben Ladjoos, oder 
Oberkleider von Ziz; im Ganzen aber iſt der Abs 
ſatz der Waaren in der Bay ſehr geringe. Ein 
großer Handel wird von Natal aus nach der nah⸗ 
gele⸗ 


8) Eine Gallon enthält a2 Dunst Mön ner deut⸗ | 
ſchen Maßes. 


309 


gelegenen Inſel Neas, getrieben. Sie erhalten 
von dort Reis un) Sklaven, und von letzteren bis 
auf vierhundert und funfzig jaͤhrlich, außerdem 
aber noch ungefaͤhr hundert und funfzig die nach 
den noͤrdlichen Gegenden gehen. Auch rechnet 
man, daß nicht weniger als zweyhundert dieſer 
ungluͤcklichen Schlachtopfer auf der Menſchen⸗ 
jagd, wo ſie ihre Freiheit verlieren, umkommen, 
welches zuſammen genommen eine fehr anfehnliz 
che Anzahl für ein fo kleines unbedeutendes, und 
ſonſt kaum dem Namen nach bekanntes Eiland ift, 
Die Einwohner von Neas find klein von Perſon; 
und ſehr blond, vornehmlich die Weiber, von des 
nen viele nach Batavia geſchickt werden. Eine 
große Anzahl von beyden Geſchlechtern ſind aber 
mit einer Art von Ausſatz behaftet, welcher de; 
ganzen Leib mit weißen Schuppen bedeckt; ihre 
Ohren ſind auch auf eine ſo unnatuͤrliche Art aus— 
gezerrt, daß fie bis auf die Schultern herabhan— 
gen, die Käufer der Weiber helfen dieſem Uebel— 
ſtand aber gewoͤhnlich ab, und verſchneiden die 
Ohren bis zu einer maͤßigen Groͤße. Sie ſind 
ſehr geſchickt in allen Handarbeiten und koͤnnen 
ſogar ſehr kuͤnſtlich durch Schroͤpfen zur Ader lafs 
ſen, beynahe auf eben die Art als bey uns uͤb⸗ 

lich iſt. | 
Unter den Einwohnern von Sumatra hin- 
gegen, wird nie in einer ſo nuͤtzlichen Abſicht, Blut 
vergoſſen. Sie haben in ihrer Sprache und Sit⸗ 
ten mit den Battas viel Aehnlichkeit, ſind aber in 
eini⸗ 


310 


einigen Hauptpunkten ſehr verſchieden. Ihre 


vornehmſte Speiſe iſt Schweinefleiſch, und die 


Chefs pflegen ihre Häufer mit den Kinbacken der 
Schweine, ſo wohl als mit den Schaͤdeln ihrer 
erſchlagenen Feinde zu ſchmuͤcken. Sie ſind rach- 
gierig von Natur, und man haͤlt es fuͤr gefaͤhr⸗ 
lich ſie zu Hausarbeiten zu gebrauchen. Dieſen 


Fehler ihres Charakters aber werden die Philoſo— 


phen leicht bey einem freyen Volk entſchuldigen, 


das man mit Gewalt feinem Vaterlande und feis 


nen Verbindungen entreißt. 


Da die Battas ſich keines Geldes bedienen, f 


wird der Werth einer jeder Sache nach verſchie— 
denen Waaren beſtimmt. Im Handel mit Frem⸗ 
den rechnen fie nach Tampang oder Kuchen von 


Weihrauch; unter ſich ſelbſt aber gewoͤhnlich nach 


Buͤffeln; zuweilen werden auch Meßingdrath oder 


Glaskorallen als Scheidemuͤnze gebraucht. Ein 


Gallon oder Rolle Meßingdrath iſt ungefaͤhr ſo 
viel als ein Thaler. Zu ganz kleinen Bezahlun⸗ 
gen brauchen ſie Salz, und hier gilt ein Maaß 
von ungefaͤhr zwey Pfund Saloop genannt, etwa 


zwey Groſchen; ein kleineres Maaß (Ballee) iſt 


vier Pfennige werth. 

Zur groͤßeren Bequemlichkeit des Handels, 
ſind quer durch das Land hinter Tappanooly dem 
vornehmſten Handelsplatz, vier Stationen feſtge— 
ſetzt, wo alle vier Tage das ganze Jahr durch ein 
Öffentlicher. Markt gehalten wird; der einen Tag 
dauert. Die Leute in dem Diſrikt der vierten 

Sta⸗ 


311 


Station, verſammeln ſich mit ihren Waaren an 
dem beſtimmten Ort; und hier kommen die von 
dem dritten Diſtrikte hin, und kaufen von ihnen. 
Auf gleiche Weiſe handeln die dritten mit den 
zweyten, und die zweyten mit den erſten, die den 
Europäern und Malayen wieder an ihrem Markt⸗ 
tage die eingehandelten Waaren verkaufen. Bey 
dieſen Gelegenheiten ruhen alle Uneinigkeiten. Je— 
der der eine Flinte beſitzt, trägt einen grünen 
Zweig in der Muͤndung derſelben, zum Zeichen 
des Friedens, 9) und wenn er auf den Markt 
kommt, folgt er dem Beyſpiel des Aufſehers, und 
ſchießt ſein Gewehr in einem Haufen Erde ab, 
wenn er aber weggeht ſucht er ſeine Kugel wieder. 
Es iſt nur ein Haus an dem Ort wo der Markt 
gehalten wird, und dies iſt zum Behuf des Spiels. 
Der Platz iſt mit geraden Reihen Obſtbaͤumen bes 
pflanzt, die ſtatt der Buden dienen, und eine von 
dieſen Alleen iſt blos fuͤr die Weiber beſtimmt. 
Dieſe Maͤrkte welche die Malayen Onan nennen, 
ſind nicht allein bey den Battas eingefuͤhrt; doch 
werden in andern Theilen von Sumatra nicht die: 
ſelben Formalitäten dabey beobachtet. N 


Von 


9) Die an der Muͤndung mit Roſen, Nelken und ans 
dern Blumen gezierten Buͤchſen, der zum Scheiben- 
ſchieſſen ausziehenden deutſchen Bürger unterſchieden 
ſich vielleicht in den Anfängen dieſer Bürgerlichen 
Luſtbarkeit eben dadurch, von der zum Krieg und 
Streit ausmarſchirenden buͤrgerlichen aßili. 


312 


Von ihrer Religion, kann man kaum mit 
Gewisheit ſagen, daß ſie eine haͤtten. Doch ha⸗ 
ben ſie noch mehr Ceremonien als die Leute von 
Rejang oder Paſſummah; und es giebt eine Klaf 
ſe von Menſchen unter ihnen, die man Prieſter 
nennen koͤnnte, da ſie das Amt haben die Todten 
zu begraben, und ungluͤckliche oder gluͤckliche Ta- 
ge zu weiſſagen, welche die Battas ſehr genau 
beobachten. Einer von dieſen Maͤnnern befindet 
ſich in jedem Campong. Sie haben einigen Ber 
griff von einem maͤchtigen Weſen, welches guͤtig 
geſinnt iſt, und einem andren, daß den Menſchen 
Boͤſes zufuͤgt; aber ſie bezeigen keinen von bey⸗ 
den eine Art von Anbetung, und ſcheinen keine 
Hofnung oder Furcht eines zukuͤnftigen Zuſtandes 
zu haben. Man ſagt, ſie haben einen Namen 
für das erſtere Weſen den fie auszuſprechen fuͤrch— 
ten, Herr Marsden glaubt aber, daß es das 
Wort Daibattah ſey (wie er aus einer andren 
Quelle erfahren hat,) welches mit der allgemei⸗ 
Benennung der Gottheit im ganzen Oſten uͤber⸗ 
einkoͤmmt. 10) Den boͤſen Geiſt nennen ſie Mur⸗ 
giſo. Die einzigen Gebraͤuche die eine Verbin— 
dung mit der Religion zu haben ſcheinen, finden 


ſich 


10) Das hoͤchſte Weſen, was die Battas Daibattah 
nennen, führt bey den Malayen den Namen Allah⸗ 
tallah, bey den Einwohnern von Acheen Allah, den 
Rejangs einem andern ſumatriſchen Volk Oolah⸗ 
tallo, und den Einwohnern von Lampoon, Alle: 
talla. 


313 


ſich bey ihren Eidesleiſtungen, bey ihren Weiſſa⸗ 
gungen und Begraͤbniſſen. Ein Menſch der eis 
nes Verbrechens beſchuldiget wird, und feine Uns 
ſchuld behauptet, wird in einigen Faͤllen losge⸗ 
ſprochen, wenn er einen feyerlichen Eyd ablegt, 
zuweilen aber muß er eine Art von Feuerprobe 
aushalten. Es giebt verſchiedene Arten einen Eyd 
abzulegen, gewoͤhnlich wird bey dieſer Gelegen—⸗ 
heit ein Hahn geſchlachtet. Der Veklagte nimmt 
alsdenn ein wenig Reis in den Mund, und 
wuͤnſcht, daß es Stein werden moͤge, wenn er 
des beſagten Verbrechens ſchuldig iſt; oder er 
haͤlt eine Flintenkugel empor, und wuͤnſcht, daß 
er in dieſen Falle erſchoſſen werden moͤge. Bey 
wichtigern Veranlaſſungen, ſetzen ſie ein kleines 
blechernes oder bieyernes Bild mitten in eine 
Schuͤſſel voll Reis rund um welche Flintenkugeln 
liegen. Neben dieſer kniet der Beklagte, und 
betet daß ſeine Erndte fehlſchlagen, ſein Vieh ſter⸗ 
beu, und er nie Salz genießen moͤge (welches ſie 
vermuthlich als etwas zum Leben unentbehrliches 
anſehen) wenn er nicht die Wahrheit ſagt. Dieſe 
blechernen Figuren koͤnnen vielleicht Gegenſtaͤnde 
eines Abgoͤttiſchen Dienſtes ſeyn, Here Marsden 
hat aber nie erfahren, daß man ihnen irgend eine 
Art von Anbetung bey andren Gelegenheiten be— 
zeigt hatte. Wie die Heiligen: Reliquien werden 
ſie blos gebraucht um dem Eyde ein geheimniß⸗ 
volleres und feyerlicheres Anſehn zu geben. Sie 
haben auch geſchnitzte Abbildungen eines Pferde⸗ 
| kopfes 


5 


314 


kopfes die die Europäer gewoͤhnlich Battagoͤtzen 


nennen, aber weiter nichts find als die vorer⸗ 
waͤhnten Standarten. 

Ehe ſie in den Krieg ziehen, ſchlachten ſie 
einen Büffel oder ein ganz weißes Huhn, und 


weiſſagen aus der Bewegung der Eingeweide den 


guten oder uͤblen Ausgang ihres Vorhabens. 
Der Prieſter der dieſe Ceremonie verrichtet, muͤßte 


eigentlich unfehlbar ſeyn, denn wenn der Er- 


folg ſeinen Prophezeyungen wiederſpricht, koſtet 
ihm ſein Mangel an Geſchicklichkeit zuweilen das 
Leben. b 
a Wenn ein Rajah oder andre Standesperſon 
ſtirbt, dauert das Begraäbniß zuweilen einige Mo— 


nate; das heißt, die Leiche bleibt fo lange unbe- 


graben, bis alle benachbarte und entfernte Ra— 


jahs; und in gewoͤhnlichen Faͤllen alle Verwandte 


und Glaͤubiger des Verſtorbenen, ſich verſammeln 
koͤnnen, um die Beerdigung mit gehoͤriger Wuͤr— 
de zu feyern. Zuweilen kommt die Saat- oder 
Erndtezeit dazwiſchen, und dieſe nothwendigen 
Geſchaͤfte muͤſſen erſt beſorgt werden, ehe man 
zur Ceremonie ſchreiten kann. Die Leiche wird 
mittlerweile in einem Sarg aus einem ausgehoͤhl⸗ 
ten Amoubaum gelegt, und gut mit Harz bederkt. 
Demungeachtet wird noch eine Bambooroͤhre an 
dem untern Theil des Sarges angebracht, die von 
dort in die Erde geht, und dazu dient alle Faͤul⸗ 
niß abzufuͤhren, ſo daß eigentlich nichts als die 
Knochen bleiben. 

So⸗ 


— 


315 


Sobald das Volk verfammelt ift, wird der 
Sarg herausgebracht, und an einem freyen Platz 
hingeſtellt. Jede von den ankommenden Wei— 
bern bringt einen Korb mit Reis, und ſetzt ihn 
neben der Leiche; ſie tanzen darauf um dieſelbe 
und beluſtigen ſich bis ihr Vorrath von Speiſen 
verzehrt iſt, denn es werden auch zu gleicher Zeit 
ein oder mehrere Büffel oder Pferde geſchlachtet 
und geſpeiſet. Denn nimmt der Prieſter (deſſen 
Leib mit allerley Figuren von Vögeln und Thies 
ren tatovirt und mit verſchiedenen Farben be— 
mahlt iſt) ein Stuͤck Buͤffelfleiſch, ſchwingt es 
herum, wirft ſich dabey mit großer Heftigkeit in 
viele ſonderbare und verdrehte Stellungen, und 
verzehrt den Biſſen mit vieler Gierigkeit. Nach— 
her ſchlachtet er ein Huhn uͤber dem todten Koͤr— 
per und laͤßt das Blut auf dem Sarg laufen; 
denn nimmt er einen Beſen aus den Fibern der 
Kokosnuß gemacht, und feget damit wuͤtend um 
ſich her, als wenn er einen boͤſen Geiſt vertreiben 
wollte. Unterdeſſen kommen auf einmal vier das 
zu beſtimmte Maͤnner, nehmen den Sarg auf und 
laufen geſchwinde damit fort, als wenn ſie den 
böfen Geiſt entrinnen wollten, waͤhrend deſſen der 
Prieſter immer hinter ihnen her fegt. Der Sarg 
wird denn drey oder vier Fuß tief in die Erde 
geſenkt, die um das Grab herum aufgeſchuͤttet 
wird; ein Schuppen wird daruͤber gebaut, und 
die Hoͤrner der geſchlachteten Buͤffel werden an 
die Pfoſten genagelt, und jeder begiebt ſich nach 
Hauſe. Die 


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Die Nation der Battas hat ihren urſpruͤng⸗ | 


lichen Charakter und ihre Sitten unveraͤnderter 


beybehalten, als alle wenigſtens don den Nörds | 


lichen Einwohnern der Inſel gethan haben. Hie— 
zu koͤnnen verſchiedene Urſachen beygetragen bez 


ben. Erſtlich ihre Entfernung von der Seekuͤſte | 


und gaͤnzliche Unerfahrenheit in der Schifffarth. 
Zweytens weil es in ihrem Lande (ausgenommen 
in den aller ſuͤdlichſten Ende) kein Gold giebt, 
welches raubbegierige Eroberer oder Koloniſten 
reisen koͤnnte. Hiezu kann man noch die Form 
der Regierung die unter viele kleine Chefs zer⸗ 
theilt iſt, rechnen; die die Annahme neuer Mey⸗ 
nungen und Gebraͤuche wenig beguͤnſtiget, wel⸗ 
ches eher geſchieht wo ein ganzes Volk ſich nach 
den Willen eines einzigen richtet, und ſeinen Bey⸗ 
ſpielen folget, und endlich iſt es nicht unglaublich, 
daß durch den Ruf von der Wildheit der Einwoh⸗ 


ner, die durch ihr Menſchenfreſſen fo ſehr ver- 


mehrt wurde, der Bekehrungsgeiſt der mahommet⸗ 
taniſchen Religtongeiferer, welche Sitten und Ge: 
brauche bey den oͤſtlichen Inſulanern fo man⸗ 
nichfaltig umgeaͤndert haben, vieleicht gedaͤmpft 
worden. 


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