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Full text of "Bemerkungen zu Lucians philosophischen Schriften"

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CONSTANTIUS FUND 

Established by Professor £. A. Sophoclks of Hanrard 

University for " thc purchase of Greek and Latin 

books (the ancient classic«), or of Arabic 

books, or of books illostratin^ or cx- 

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Bemerkungen 



ZU 



Lucians philosöpliis^3m-_ScMfteii. 



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Von 



Dp. Paul gchulze, 

Orden tl. Lehrer am Herzogl. Friedrichs- Gymnasium zu Dessau. 



Wissenschaftliche Beilage der nach Ostern d. J. erscheinenden „Schulnachrichten" (Ostern 1887 
bis Ostern 1891) des Herzogl. Friedrichs- Gymnasiums hierselbst. 



- ^ 1 »* > ^ > 



Dessau. 

Druck von L. Reiter, Herzogl. Hofbuchdrucker. 



1891. 



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Bemerkungen zu Lucians philosophischen Schriften. 



Nach den trefflichen Vorarbeiten von Fritzsche und Sommerbrodt und den feinen Beob- 
achtungen, die A. Schwarz, J. Bemays und 0. Wichmann in einer Reihe von Spezialabhandlungen 
geliefert haben, hat meines Wissens zuerst H. Richai'd in seiner Schrift über „die Lykinosdialoge 
des Lukian" ^ einen grösseren Komplex lucianischer Schriften vorwiegend philosophischen Inhalts 
im Zusammenhang betrachtet und ihre chronologische Abfolge zu fixieren gesucht. Ihm ist jüngst 
Ivo Biiins gefolgt, indem er im Rljeinischen Museum ^ einen Teil der philosophischen Satiren Lucians 
inhaltlich zergliedert und in geistreicher und überzeugender Weise den Kampf des Satirikei*s 
gegen die philosophischen Systeme seiner Zeit entwickelt hat. Die von ihm gewonnenen Resultate 
halte ich im wesentlishen für unanfechtbar ;3 aber ein vollständiges Bild der Stellung 
Lucians zur Philosophie und seiner geistigen Entwickelung in dieser Richtung wird 
sich erst dann gewinnen lassen, wenn der Nachweis erbracht ist, dass auch die übrigen im 
weitern Sinne philosophischen Schriften des Satirikers, die Bruns in den Rahmen seiner Forsch- 
ungen bisher nicht gezogen hat, der „Ntyplvog", „'AXeHtpvcoy tf oyBtpo^^\ „2vßi7t6ötov'' 
und „Evvovxog'', sowie die hierher gehörenden „Totengespräche" widerspruchslos in den- 
selben sich einreihen lassen, und wenn insbesondere Klarheit über die am meisten umstrittenen 
Schriften „KwiKog"' und ,yBiog JtfßiGoyaHrog" gewonnen ist. Nach dieser Seite hin die 
Forschung zu fordern, ist der Zweck diesei- Zeilen. 

Was zunächst den „Nigrinus" anseht, so halte ich diese noch nicht mit dem vollen 
Glänze rhetorischer Darstellungsmittel ausgestattete Schrift fui- die erste Lucians, aus der seine 
Beschäftigung mit der Philosophie ersichtlich ist. Lucian hatte damals seiner Thätigkeit als 
Rhetor bereits Valet gesagt und sich der Philosophie zugewendet, deren Ideal er in dem sitten- 
strengen Platoniker verkörpert sah, welcher unter dem fingierten Namen „A^typivog" auftritt. 
Mit der Bewunderung für diesen Mann verband er eine kulturgeschichtlich interessante Dar- 
legung seiner Ansicht über die geistige Grösse Athens, das in Wissenschaft und Kunst noch 
immer die Führerschaft der antiken Welt in Anspruch nahm, und stallte dazu in wirkungsvollen 
Gegensatz die sittliche Vereunkenheit des damaligen Roms. 



• Programm des Kealgymnasium des Johann eum, Hamburg 1886. 

• vgl. B. XLHI S. 86—101, 163—196 und XLIV S. 374 ff. 

• vgl. m. Rezens. in d. Wschr. f. klass. Phil. 1889, XXV S. 683 f., 1890, HI S. 62 f. 



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Am richtigsten hat meines Erachtens 0. Wichmann die Tendenz der Schiift beurteilt 
wenn er sagt,^ es sei eine Dedicationsschrift für Lncians Freund, den Platoniker 'JXßlvo^, verfasst,. 
in welcher ersterer persönliche Erlebnisse und philosophische Anschauungen, die er mit jenem 
teilte, ihm in pseudonymer Form in den Mund legte. Besonders charakteristisch sind die Vor- 
würfe des Platonikers gegen die Pseudophilosophen, die von einem Schwann von 
Schmeichlern umgeben und in auffallender Tracht sich zügellos den Freuden des Mahles hingeben, 
als die letzten vom Platze weichen und sogar um Lohn ihi-e Weisheit verkaufen. Was der 
Satiriker später in rückhaltlosester Weise gegen die falschen Jünger der Philosophie ausge- 
sprochen, das klingt hier bereits, wenn auch noch schüchtern, durch, und seine eigene Ansicht 
offenbart sich wohl am deutlichsten in der Forderung des Nigrinus, dass der echte Philosoph, um 
andere Greringschätzung irdischer Güter lehren zu können, erst sich selbst über die Affekte 
erheben müsse.^ Die Schrift setzt einen Aufenthalt Lucians in den beiden Bildungscentren der 
alten Welt voraus und kann daher nicht vor 160/61 verfasst sein. 

Über den „Gallus sive Somnium" hat A. Schwai-z in einer trefflichen Monographie* 
gehandelt. Über die besonders feine Satire dieses Dialogs bin ich zu einem in jeder Hinsicht 
geklärten Urteil noch nicht gelangt, möchte aber das Ergebnis festhalten, dass in demselben das 
ethische Moment, die Verurteilung des die Sittlichkeit gefährdenden Reichtums, hinter der 
philosophischen Polemik entschieden zurücktritt. Weiter ist meines Erachtens der Spott 
Lucians nicht gegen die Persönlichkeit des Pythagoras, auf den schon Aristoteles keinen einzigen 
wissenschaftlichen Satz, auch nicht das Dogma von der Seelen Wanderung, unmittelbar zui-ück- 
geführt* und den Lucian an anderen Stellen mit gebühi-ender Anerkennung geehrt hat,^ sondern 
gegen die Neupythagoreische Schule als solche gerichtet, die man mit Recht als „eine Brut- 
stätte abergläubischer Spekulation" bezeichnet. Daher die Verspottung der „fxBTe^<pvxoo(5ig'\ 
daher die Erwähnung aller jener phantastischen Einzelzüge von dem „xP^^ovs: ^tfpos" etc, durch 
welche Legende und unverbürgte tT)erlieferung die Persönlichkeit des Stiftei-s der alten Schule 
wie mit einem Heiligenschein zu umgeben und ihm göttlichen Ursprung anzudichten versucht hat. 
Die Schrift polemisiert nur gegen eine einzelne philosophische Richtung und ßlllt daher in eine 
spätere Periode der schriftstellerischen Thätigkeit Lucians. 

Von den oben genannten Schriften stehen meines Erachtens der „Evvovxog'' und das 
^,2v^in6(5iov'' einander am nächsten. In beiden verfolgt der Satiriker den Zweck, die Streit- 
sucht, Anmassung und Unwürdigkeit der Philosophen seiner Zeit aufzudecken und so den Nach- 
weis zu fuhren, dass in dieser Hinsicht keine Sekte vor der andern einen Vorzug verdiene. 
Dem Streite, welchen der bejahile Diocles und der Eunuch Bagoas um den durch den Tod des 
Inhabei-s, eines athenischen Peripatetikers, erledigten Lehrstuhl der Philosophie nicht ohne frostige 
Sophistik führen, liegt ebenso unzweifelhaft eine wahi-e Begebenheit zugrunde, wie dem Hochzeits- 
mahl des Aristaenetus, Während aber in der Beschreibung des letztern die Anhänger der 
verschiedensten philosophischen Richtungen mit einander hadeni, sind im „Eunuchus" 
die beiden Philosophen, „welche ganze Wagenladungen von Schmähungen" gegen einander werfen,. 



' vgl. Programm des Wühelms-Gymnasium, Eberswalde 1887, S. 18. 

' vgl. die Worte § 25 : ij^iov yoQ xov tÜLovxov xaraqrgoveTy didd^ovta -toätw avrov ^tageietv vqftjAoreQov Irjfifuirfov^ 

* Programm von Stockerau, 1866. 

* vgl. u. a. E. Zeller: Vorträge und Abhandlungen I s. 43. 

* vgl. Alex. § 4: IIv&ayoQa^, öo<p6g drrjg xcu rr^v yvatfitjv dea:f€Oiog. Pisc. 25, wo Pyth. zusammen mit Plato^ 
Aristoteles und Chrysippus genannt wird. 



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Vertreter derselben Schule (opioöoSoi). Die nicht misszuverstehende Erwähnung des Arrelaten 
Favorinus (§ 7), der um 163 gestorben ist, macht es in hohem Grade wahrscheinlich, dass der 
Dialog sehr bald nach dieser Zeit geschrieben ist Im übrigen verweise ich auf H. Richards Ab- 
handlung (§ 28 f.); bezüglich des „Convivium" füge ich folgendes hinzu. 

Wie schon der zweite Titel dieser Schrift „Aanl^at"' andeutet, wollte Lucian vor allem 
die Zanksucht und Aufdringlichkeit der Pseudophilosophen, die in damaliger Zeit die Vertreter 
humanei* Bildung zu sein sich anmassten, an den Pranger stellen, und er hat diese Männer 
gezeichnet, vielleicht mit etwas zu grellen Farben, aber im wesentlichen wahrheitsgetreu und mit 
plastischer Anschaulichkeit. Das sorgfilltige Detail der Schilderung ist beabsichtigt, da Lucian 
gerade dadurch die ihm zum Vorwurf gemachte Anfeindung aller Philosophen rechtfertigen 
wollte. Zwar verdienen nicht alle Anwesenden den Spottnamen „Lapithen", da als der eigent- 
liche Anstifter des Kampfes der rauflustige ^ und halb trunkene Cyniker Aleidamas erscheint; 
aber es ist unverkennbar, dass der Stoiker Zenothemis und der Epicureer Hermon ebenso 
unverträglich sind, indem sie sich gegenseitig ihr Privatleben vorwerfen und schliesslich um ein 
fettes Huhn mit einander hadern (§ 43), und dass auch der Peripatetiker Cleodemus sich 
nicht ungern in ihren Zwist einmischt. Selbst der abwesende Stoiker Hetoemocles wird durch 
seinen eigenen beim Mahle vorgelesenen Brief (§ 22—27) als ein trotz seines Alters genuss- 
süchtiger Weiser charakterisiert, und sogar der elarwürdige Platoniker Jon, der wegen seiner 
hohen Einsicht von vielen „6 xavcav'' genannt wurde, entgeht dem Vorwurf der Albernheit nicht, 
indem er in Gegenwart vornehmer Frauen die Ansicht Piatos über die Ehe vorträgt (§ 39). 
Und diese Männer hat Lucian ausdrücklich als die Häupter ihrer Schule: „ro xBq)dXaiov iB, 
BHaörifg atßiöeco^"' (§ 10) bezeichnet, ein Beweis dafür, wie es ihm in dieser Schrift allein 
darum zu thun war, die unwürdige Lebensweise aller Philosophen ohne Unterschied der 
einzelnen Sekten der Verachtung preiszugeben. Besonders bedeutungsvoll sind hier die Worte 
(§ 34): „rocSovrcor yovv <piKo(56(poov TtapovrcoVy ovSh xata rv^rfv %va tiva lB,oo aptaprtfpiaro^ 
tfv iöeiv, aAA,' oi piev inoiovv alöxpa, oi ob {Xeyov alöxico,'' sowie die dem Philo am Schluss 
erteilte Warnung, dass es für einen Nichtphilosophen gefährlich sei, mit „solchen Weisen 
zusammen zu schmausen". Wie unfruchtbai- und wertlos dem Satiriker dabei alles theoretische 
Wissen erscheint, wenn es keine sittliche Veredelung hervorbringt, das bezeugt des Lycinus 
Ausspruch: „lig- ovdev og}BXos ffv äpa iniöraö^ai ra jda^tfpiara, bI fxt} rig xai rov ßiov pv^- 
fxlZoi Ttpos ro ßiXriov'^ (§ 34). 

„Convivium" und „Eunuchus" eigänzen einander, und zwar wird das, was in ei^sterer 
Schrift über die Streitsucht der Philosophen verschiedener Schulen unter einander gesagt ist, 
in der letzten auf die Vertreter derselben Richtung übertragen und daher das „Gastmahl** 
zeitlich kurz vor dem „Eunuchus" anzusetzen sein. 

Der Inhalt der Totengespräche {NBxpixoi diaXoyoi) ist zwar, wie auch Wichmann 
(S. 14) dargelegt hat, vorwiegend ein ethischer, indessen wird doch in einer Anzahl derselben 
die Stellung Lucians zur Philosophie berührt. Denn in 11 von diesen Dialogen ist 
Menippus, unter dessen Maske der Schriftsteller selbst sich birgt, Träger der Satire, in 6 der- 
selben der Cj'niker Diogenes, neben dem vereinzelt Antisthenes und Grates begegnen. In den 
scharfen und humorvollen Urteilen dieser Kritiker sprechen sich bereits alle der lucianischen 
Satire eigentümlichen Merkmale aus. Sie geissein den längst überlebten Mythenglauben und die 



vgl. § 12: „iÖEÖoixeaav yag rov *A?.xiddftavTa, ßoijv dya&ov dTexvioi Srra fcai xQafsxixioiaTOV Kwojy d:tdvi(or.'* 



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traditionelle Vergötterung von Menschen und Heroen (cf. Xni, XVI, XVII), sie bekämpfen die 
unsinnige, durch das Eindringen orientalischer Kulte begünstigte Neigung zur Magie und den 
Unfug des Orakelwesens (c£ IQ). Mit der den alten Cynikem eigenen Geringschätzung aller 
irdischen Güter spotten sie über die Schwäche und Thorheit der abgeschiedenen Grossen, die ihres 
ehemaligen Glanzes selbst im Hades nicht vergessen und den Grundsatz von der „f<Jor////a" aller 
Toten nicht verstehen wollen (cf. 11, XII, XXIV). Ganz besonders aber spricht aus einigen 
dieser Dialoge eine Verachtung aller Philosophie und ihrer Vertreter, wie sie nur in dem Lebens- 
abschnitt Lucians erklärlich ist, in dem er den Glauben an den Erfolg und Wert jeder spekula- 
tiven Forschung aufgegeben und zui- Bekräftigung dieses negierenden Standpunkts den „Icarome- 
nippus", diesen „verschleierten Protest gegen den Dogmatismus der Naturphilosophie", den 
„Hei-motimus" und die „Necyomantia" geschrieben hat Die Worte, welche (I. § 2) Diogenes 
dem zur Oberwelt zurückkehrenden Pollux in der Form einer Bestellung an die Adi'esse aller 
Philosophen aufträgt: ^,7cav6aö^at avrois napzyyva Xrfpovöt xal nspi rcov oXwv ißlZovCi xai 
Kipara g}vov6iy aXkrjiXoig xai xpoxodelXov^ 7Coiov6i xa\ ra rotavta anopa ipcordv StSdöxovÖt 
tov votV," sowie die Aufforderung, die Hermes im X. Dialog (§ 8), dem düstersten und bittersten 
von allen, an den in die Unterwelt eintretenden Philosophen richtet: „ano^ov öv rb öxvfia 
npobtov tlra xa\ taircl ndvra' co Zev, oörfv pihv tffv aXaZorelav xopiiZsiy oörfv 6e dfxa^iav 
xa\ Iptv xai xsvoSo^iav xal ipaarrjöBig dnopovg xal Xoyovg dxar^GoÖBtg et q. s. . . . . xal ro 
ilfsvöog öh ano^ov xal rov rv(poy xal rb oleö^ai d^ivGor zlvai tcüv dXXcov — so dass letzterer 
als ein Ausbund moralischer Verworfenheit erscheint — , gehören zu den schärfsten Invektiven, 
die Lucian jemals gegen die Leerheit der philosophischen Spekulation und ihre prahlende Eri^tik 
ausgesprochen hat Sie erinnern unwillkürlich an den alle Philosophie schroff ablehnenden 
Standpunkt der „Necyomantia", wo (§ 21) Tiresias als Kern seiner Weisheit dem Menippus 
zuflüstert: „6 tcov iöicüTcay ßiog iötlv aptörog xal 6oo<ppoyi6repog^\ 

Den „Kvvtxog'* hat nach dem Vorgang von Bekker und Fritzsche auch Bemays, durch 
die Kahlheit des Stils bestilnmt, fui- unecht und zwar für ein Machwerk der byzantinischen Zeit 
erklärt,* während Sommerbrodt und Schwarz an der Echtheit festhalten. Jüngst .hat auch 
Richard* den lucianischen Ursprung dieses Gesprächs durch die Annahme zu begründen vereucht^ 
dass hier ein übereifriger Verteidiger des Cynismus verspottet werde, dessen unbeholfene Aus- 
drucksweise Lucian durch Übertreibung ins Lächerliche ziehe. Es schwebte Richard offenbar das 
Beispiel des Soloecisten vor, dem jene Sprachfehler in pei-sifflierender Absicht in den Mund gelegt 
werden. Aber auch in dem letztgenannten Dialog leuchtet nicht selten der echt lucianische 
Humor, den Ernst der Disputation mildernd, aus des Lycinus Worten hervor, während im Kwtxog 
der trockene, lehrhafte Ton der Lobrede des Cynikers und die von Richard selbst angeflihrten 
Weitschweifigkeiten im Periodenbau eta selbst jnit einer parodierenden Schreibweise Lucians sich 
nicht vertragen.^ Weiter ist meines Erachtens ein bisher zu wenig beachtetes äusseres Moment 
hier in betracht zu ziehen. In allen Satiren Lucians, in denen Verteidiger und Angreifer sich 
gegenüberstehen, trägt mit Ausnahme des „Bis accusatus", dessen eigenartige Stellung Ivo Bruns 
dargelegt hat, der angreifende Spötter den Sieg davon, mag er Lycinus, Tychiades, Parrhe- 

* Lukian und die Kyniker, Berlin 1879, s. 105. 

* vgl. das unter 1 citierte Programm, s. 33. 

* In dankenswerter Weise hat mir Herr Kollege Bieler in Hildesheim mitgeteilt, dass ihn besonders sprach- 
liche Beobachtungen» die er demnächst in einem Programm des Gymnasium Andreanum niederlegen wird, in seiner 
Ansicht von der Unächtheit des „Ä'rnxo^" bestärkt haben. 



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siades oder Menippiis heissen. Hier dagegen verstummt Lycinus, und der ganze Dialog klingt 
volltönend aus mit dem Selbstlob des Cynikers, der sein letztes Argument, dass die Götter selbst 
in ihrem Äussern den Cynikem ähnlich seien, gleichsam triumphierend beschliesst mit den Worten: 
„r/ av ovv %ti toXpianfg 7tsp\ rovrov tov öxrf^oreo^ Xiystv d)g <pavXov, OTtote xal ^€oh <paivBtai 
Ttpinov;'- Gewiss ist auch dies Moment geeignet, die Zweifel an der ünechtheit des Dialogs 
zu vermehren. 

Über die Lebensbeschreibung des cynischen Philosophen Demonax, dem ßlog Jtjiia.' 
vaKtogy sind die Ansichten der Kritiker noch immer geteilt, und vor nicht langer Zeit erst hat 
Wichmann* nach dem Vorgange von Schwarz dem Demonax die geschichtliche Existenz abge- 
sprochen und seine Person für eine von Lucian fingierte, ideale erklärt Am ausfuhrlichsten hat 
A. Thimme^ das „pro et contra" erörtert. Von der Richtigkeit seiner Hypothese, dass zwei Bio- 
graphien des Demonax vorgelegen, die eine von Lucian, die andere von einem Zeitgenossen, der 
zugleich über Sostratos geschrieben habe, kann ich mich nicht überzeugen, halte dieselbe vielmehr 
der Berichtigung in folgender Weise für bedürftig. 

In der That ist der y,ßios Jrfptcjyaxro^'' als ein Torso auf uns gekommen, und die 
nüchteme Aufzählung d^r a7Coq}^iy^ara des Philosophen, die Fritzsche nicht mit Unrecht als 
„facetiae saepe scurra digniores quam philosopho" bezeichnet hat,^ kann unmöglich der Feder des 
stilgewandten Lucian entstammen. Die zur Einflihrung der Sentenzen stereotyp gebrauchten 
Wendungen: „ipo/^ivov öi rivog — aXXcp Sh ipo/xiv(f) — ipcotijS^el^ dh — ISayv öh/' die abwechselnd 
wiederkehren, wofern nicht ein Eigenname den betreffenden Abschnitt einleitet („ ITspeypivov öh — 
iTTBl Sh 'Hpcüdtfs'' u. s. w.), weisen darauf hin, dass hier ein tendenziöser Überarbeiter, viel- 
leicht ein Scholiast, die wenigen Aussprüche, welche Lucian als besonders schlagend angeführt 
hatte, durch Hinzufügung zahlreicher wenig witziger „dicta" erweitert hat, die schon frühzeitig 
dem Demonax untergeschoben waren. Diese sind von spätem Abschreibern in den Text auf- 
genommen und so die in den verlorenen Capiteln notwendiger Weise enthaltenen Berichte über 
des Demonax Wirksamkeit unter den Griechen, die der Zusammenhang der lucianeischen Schrift 
forderte, allmählich ausgeschieden und durch jene Fälschungen verdrängt worden. Ob* aber diese 
sonst nirgends überlieferte Sammlung der dem Demonax zugeschriebenen Aussprüche auf einen 
Schüler des Philosophen zurückzufuhren sei, dazu fehlt ein sicherer Anhalt; ebenso wenig lässt 
sich aus der handschriftlichen Überlieferung ersehen, wie viel als unecht zu streichen sei, da 
auch die Worte Lucians: IVior napot^iö^ai ßovXo/^at toav zv6r6xcog xal aörzicog vn avrov XeXe- 
yjdivcüv (§ 12) und: ravra oXiya navv ix TtoXXcov aTrepirr/fiorevöa (§ 67) ein sicheres Kriterium 
nicht gewähren. Jedoch sind Beispiele ähnlicher Einschiebungen in den Text lucian ischer 
Schriften, wenn auch in geringerm Umtange, im „Rhetorum praeceptor", im „Gallus" und in dem 
Buch „de historia conscribenda" schon längst^ nachgewiesen. 

Im übrigen stelle ich für die Beurteilung der erhaltenen Schrift folgende Gesichtspunkte auf: 

1. Gegen den lucianischen Ursprung der § 1 — 12 und 63 — 67 lassen sich trotz 

einzelner von Thimme (S. 56) hervorgehobener Corruptelen des Textes weder sprachliche noch 

stilistische Bedenken geltend machen. Vielmehr sind gerade der abwechselnde Gebrauch von 



* vgl. das Seite 4 citierte Prog^-amm S. 17. 

' Quaestion. Lucian. capp. IV p. 40 sq., Gotting. 1884. 

^ vgl. Edit. crit. vol. III. p. II. pag. 25. 

* vgl. Wichmanns Programm S. 10. 30 f. 



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(S.;: ;.-i,J^ ^. 5- 




Sarbarti CoUefie librars 

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books (the ancient classics), or of Arabic 

books, or of books Ulostrating or ex- 

plainio^ such Greek, LdUin, or 

Arabic books." 



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Bemerkungen 



ZU 



Lucians pliilosophisd[i^-_Scliriften. 



— o— o<Bx»— o— 



Von 



Dp. Paul gchulze, 

Ordentl. Lehrer am Herzogl. Friedrichs- Gymnasium zu Dessau. 



Wissenschaftlidie Beilage der nach Ostern d. J. erscheinenden „Schulnachrichten" (Ostern 1887 
bis Ostern 1891) des Herzogl. Friedrichs -Gymnasiums hierselbst 



Dessau. 

Druck von L. Reiter, Herzogl. Hofbuchdrucker. 

1891. 



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ß^At^jtguvJÖüc^ '^t^c^-u/^ 



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Bemerkungen zu Lucians philosophischen Schriften. 



^ach den trefflichen Vorarbeiten von Fritzsche und Sommerbrodt und den feinen Beob- 
achtungen, die A. Schwarz, J. Bemays und 0. Wichmann in einer Reihe von Spezialabhandlungen 
geliefert haben, hat meines Wissens zuerst H. Eichard in seiner Schrift über „die Lykinosdialoge 
des Lukian" ^ einen grösseren Komplex lucianischer Schriften vorwiegend philosophischen Inhalts 
im Zusammenhang betrachtet und ihre chronologische Abfolge zu fixieren gesucht. Ihm ist jüngst 
Ivo Binins gefolgt, indem er im Rheinischen Museum - einen Teil der philosophischen Satiren Lucians 
inhaltlich zergliedert und in geistreicher und überzeugender Weise den Kampf des Satirikei-s 
geo^en die philosophischen Systeme seiner Zeit entwickelt hat. Die von ihm gewonnenen Resultate 
halte ich im wesentlishen für unanfechtbar ;3 aber ein vollständiges Bild der Stellung 
Lucians zur Philosophie und seiner geistigen Entwickelung in dieser Richtung wird 
sich erst dann gewinnen lassen, wenn der Nachweis erbracht ist, dass auch die übrigen im 
weitern Sinne philosophischen Schriften des Satirikers, die Bruns in den Rahmen seiner Forsch- 
ungen bisher nicht gezogen hat, der ,,Niyptyog", „'JXsHrpvajv tj oveipog'', „2v/Ä7f6ötov'' 
und „Evyovxog'\ sowie die hierher gehörenden „Totengespräche" widerspruchslos in den- 
selben sich einreihen lassen, und wenn insbesondere Klarheit über die am meisten umstrittenen 
Schriften „KvviKog'' und „Bio^ JTj/ÄcovaHto^'' gewonnen ist. Nach dieser Seite hin die 
Forschung zu fördern, ist dez* Zweck dieser Zeilen. 

Was zunächst den „Nigrinus" anseht, so halte ich diese noch nicht mit dem vollen 
Glänze rhetorischer Darstellungsmittel ausgestattete Schrift fui* die erste Lucians, aus der seine 
Beschäftigung mit der Philosophie ersichtlich ist. Lucian hatte damals seiner Thätigkeit als 
Rhetor bereits Valet gesagt und sich der Philosophie zugewendet, deren Ideal er in dem sitten- 
strengen Platoniker verkörpert sah, welcher unter dem fingierten Namen „A^iypivo^*' auftritt. 
Mit der Bewunderung fiir diesen Mann verband er eine kulturgeschichtlich interessante Dar- 
legung seiner Ansicht über die geistige Grösse Athens, das in Wissenschaft und Kunst noch 
immer die Führerschaft der antiken Welt in Anspruch nahm, und stellte dazu in wirkungsvollen 
Gegensatz die sittliche Versunkenheit des damaligen Roms. 



^ Programm des Realgymnasium des Johanneum, Hamburg 1886. 

• vgl. B. XLHI S. 86-101, 163—196 und XLIV S. 374 ff. 

• Tgl. m. Rezens. in d. Wschr. f. klass. Phil. 1889, XXV S,.683 f., 1890, III S. 62 f. 



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Am richtigsten hat meines Erachtens 0. Wichmann die Tendenz der Schritt beurteilt 
wenn er sagt,^ es sei eine Dedicationsschrift für Lucians Freund, den Platoniker 'JXßivo^, verfasst,. 
in welcher erstei'er persönliche Erlebnisse und philosophische Anschauungen, die er mit jenem 
teilte, ihm in pseudonymer Form in den Mund legte. Besonders charakteristisch sind die Vor- 
würfe des Platonikers gegen die Pseudophilosophen, die von einem Schwann von 
Schmeichlern umgeben und in auffallender Tracht sich zügellos den Freuden des Mahles hingeben, 
als die letzten vom Platze weichen und sogai- um Lohn ihi-e Weisheit verkaufen. Was der 
Satiriker später in rückhaltlosester Weise gegen die falschen Jünger der Philosophie ausge- 
sprochen, das klingt hier bereits, wenn auch noch schüchtern, durch, und seine eigene Ansicht 
offenbart sich wohl am deutlichsten in der Forderung des Nigrinus, dass der echte Philosoph, um 
andere Geringschätzung irdischer Güter lehren zu können, erst sich selbst über die Affekte 
erheben müsse.^ Die Schrift setzt einen Aufenthalt Lucians in den beiden Bildungscentren der 
alten Welt voraus und kann daher nicht vor 160 61 verfasst sein. 

Über den „Gallus sive Somnium" hat A. Schwai-z in einer trefflichen Monographie* 
gehandelt Über die besonders feine Satire dieses Dialogs bin ich zu einem in jeder Hinsicht 
geklärten Urteil noch nicht gelangt, möchte aber das Ergebnis festhalten, dass in demselben das 
ethische Moment, die Verurteilung des die Sittlichkeit gefährdenden Reichtums, hinter der 
philosophischen Polemik entschieden zurücktritt Weiter ist meines Erachtens der Spott 
Lucians nicht gegen die Persönlichkeit des Pythagoras, auf den schon Aristoteles keinen einzigen 
wissenschaftlichen Satz, auch nicht das Dogma von der Seelen Wanderung, unmittelbar zui-ück- 
geführt* und den Lucian an anderen Stellen mit gebührender Anerkennung geehrt hat,* sondern 
gegen die Neupythagoreische Schule als solche gerichtet, die man mit Recht als „eine Brut- 
stätte abergläubischer Spekulation" bezeichnet. Daher die Verspottung der „pieT€/Äq)vxcoöi^'\ 
daher die Erwähnung aller jener phantastischen Einzelzüge von dem „^pt^Jous- MPos'' etc., durcli 
welche Legende und unverbürgte Überlieferung die Persönlichkeit des Stiftei-s der alten Schule 
wie mit einem Heiligenschein zu umgeben und ihm göttlichen Ursprung anzudichten versucht hat. 
Die Schrift polemisiert nur gegen eine einzelne philosophische Richtung und fallt daher in eine 
spätere Periode der schriftstellerischen Thätigkeit Lucians. 

Von den oben genannten Schriften stehen meines Erachtens der ,,Evvotfxos'' und das 
„2vß47r66ioy'' einander am nächsten. In beiden verfolgt der Satiriker den Zweck, die Streit- 
sucht, Anmassung und Un Würdigkeit der Philosophen seiner Zeit aufzudecken und so den Nach- 
weis zu fuhren, dass in dieser Hinsicht keine Sekte vor der andeni einen Vorzug verdiene. 
Dem Streite, welchen der bejahrte Diocles und der Eunuch Bagoas um den dui-ch den Tod des 
Inhabei-s, eines athenischen Peripatetikers, erledigten Lehrstuhl der Philosophie nicht ohne frostige 
Sophistik führen, liegt ebenso unzweifelhaft eine wahre Begebenheit zugrunde, wie dem Hochzeits- 
mahl des Aristaenetus. Während aber in der Beschreibung des letztern die Anhänger der 
verschiedensten philosophischen Richtungen mit einander hadern, sind im „Eunuchus" 
die beiden Philosophen, „welche ganze Wagenladungen von Schmähungen" gegen einander werfen^ 



* vgl. Programm des Wilhelms^ymnasium, Eberswalde 1887, S. 18. 

' vgl. die Worte § 26: tj^iw yä^ tot :iXovtov xaraq-goveir dtda^orta .t^cotov avrov :mQ€X^iv viftjloteQov itjfiftarcDr. 
' Programm von Stockerau, 1866. 

* vgl. u. a. E. Zeller: Vorträge und Abhandlungen I s. 43. 

' vgl. Alex. § 4: TIv&ayoQog, ao<f<K artjQ xcu ir^v yrcjfttjv Oeo.^eai<K. Pisc. 25, wo Pyth. zusammen mit Plato». 
Aristoteles und Chrysippus genannt wird. 



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Vertreter derselben Schule (o/äoöoSoi). Die nicht misszuverstehende Erwähnung des Arrelaten 
Favorinus (§ 7), der um 163 gestorben ist, macht es in hohem Grade wahi'scheinlich, dass der 
Dialog sehr bald nach dieser Zeit geschrieben ist. Im übrigen verweise ich auf H. Richards Ab- 
handlung (§ 28 f.); bezüglich des „Convivium" füge ich folgendes hinzu. 

Wie schon der zweite Titel dieser Schrift „Aani^ai"' andeutet, wollte Lucian vor allem 
die Zanksucht und Aufdringlichkeit der Pseudophilosophen, die in damaliger Zeit die Vertreter 
humanei- Bildung zu sein sich anmassten, an den Pranger stellen, und er hat diese Männer 
gezeichnet, vielleicht mit etwas zu grellen Farben, aber im wesentlichen wahrheitsgetreu und mit 
plastischer Anschaulichkeit. Das sorgfältige Detail der Schilderung ist beabsichtigt, da Lucian 
gerade dadurch die ihm zum Vorwurf gemachte Anfeindung aller Philosophen rechtfertigen 
wollte. Zwar verdienen nicht alle Anwesenden den Spottnamen „Lapithen", da als der eigent- 
liche Anstifter des Kampfes der rauflustige^ und halb trunkene Cyniker Aleidamas erscheint; 
aber es ist unverkennbar, dass der Stoiker Zenothemis und der Epicureer Hermon ebenso 
unverträglich sind, indem sie sich gegenseitig ihr Privatleben vorwerfen und schliesslich um ein 
fettes Huhn mit einander hadern (§ 43), und dass auch der Peripatetiker Cleodemus sich 
nicht ungern in ihren Zwist einmischt. Selbst der abwesende Stoiker Hetoemocles wird durch 
seinen eigenen beim Mahle vorgelesenen Brief (§ 22—27) als ein trotz seines Alters genuss- 
süchtiger Weiser charakterisiert, und sogar der ehrwürdige Platoniker Jon, der wegen seiner 
hohen Einsicht von vielen „6 xavaiv" genannt wurde, entgeht dem Vorwurf der Albernheit nicht, 
indem er in Gegenwart vornehmer Frauen die Ansicht Piatos über die Ehe vorträgt (§ 39). 
Und diese Männer hat Lucian ausdrücklich als die Häupter ihrer Schule: ,,ro HB(paXaiov iS 
EHaönjg aißiöEcog"' (§ 10) bezeichnet, ein Beweis dafür, wie es ihm in dieser Schrift allein 
darum zu thun war, die unwürdige Lebensweise aller Philosophen ohne Unterschied der 
einzelnen Sekten der Verachtung preiszugeben. Besonders bedeutungsvoll sind hier die Worte 
(§ 3^): „ro6ovr(A>y yovv <pz\o66(pGüv Ttapovrcov, ovöh xara rvxrjv eva riva tB,Go a^aptrjixaxog 
ffv ideiv, a\X' oi jAir inoiovv alöxpoc, oi de iXeyov alöxico,'' sowie die dem Philo am Schluss 
erteilte Warnung, dass es für einen Nichtphilosophen gefährlich sei, mit „solchen Weisen 
zusammen zu schmausen". Wie unfruchtbar und wertlos dem Satiriker dabei alles theoretische 
Wissen erscheint, wenn es keine sittliche Veredelung hervorbringt, das bezeugt des Lycinus 
Ausspruch: „lig- ovSlv oq)eXog fjv apa inlöraö^ai ta fia^tf^xara, ü pL-q rig xai rbr ßlov pv^- 
filZot npog ro ßiXriov'' (§ 34). 

„Convivium" und „Eunuchus" ergänzen einander, und zwar wird das, was in ei-stercr 
Schrift über die Streitsucht der Philosophen verschiedener Schulen unter einander gesagt ist, 
in der letzten auf die Vertreter derselben Richtung übertragen und daher das „Gastmahl* 
zeitlich kurz vor dem „Eunuchus" anzusetzen sein. 

Der Inhalt der Totengespräche {NsuptKol öiaXoyoi) ist zwar, wie auch Wichmann 
(S. 14) dargelegt hat, vorwiegend ein ethischer, indessen wird doch in einer Anzahl derselben 
die Stellung Lucians zur Philosophie berührt. Denn in 11 von diesen Dialogen ist 
Menippus, unter dessen Maske der Schriftsteller selbst sich birgt, Träger der Satire, in 6 der- 
selben der Cyniker Diogenes, neben dem vereinzelt Antisthenes und Grates begegnen. In den 
scharfen und humorvollen Urteilen dieser Kritiker sprechen sich bereits alle der lucianischen 
Satire eigentümlichen Merkmale aus. Sie geissein den längst überlebten Mythenglauben und die 



vgl. § 12: ,f86e6oi?ceaay yag tÖv 'A}.}ciddftavTa, ßoi)v uya&ov äjsx^'iog ovia xai XQdtsTixMtaiov Kwmv djtdyTCjr.** 



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traditionelle Vergötterung von Menschen und Heroen (cf. XIII, XVI, XVII), sie bekämpfen die 
unsinnige, durch das Eindringen orientalischer Kulte begünstigte Neigung zur Magie und den 
Unfug des Orakelwesens (cf HE). Mit der den alten Cynikem eigenen Geringschätzung aller 
irdischen Güter spotten sie über die Schwäche und Thorheit der abgeschiedenen Grossen, die ihres 
ehemaligen Glanzes selbst im Hades nicht vergessen und den Grundsatz von der ,j6otißiia" aller 
Toten nicht verstehen wollen (cf. n, Xn, XXIV). Ganz besonders aber spricht aus einigen 
dieser Dialoge eine Verachtung aller Philosophie und ihrer Vertreter, wie sie nur in dem Lebens- 
abschnitt Lucians erklärlich ist, in dem er den Glauben an den Erfolg und Wert jeder spekula- 
tiven Forschung aufgegeben und zui' Bekräftigung dieses negierenden Standpunkts den „Icarome- 
nippus", diesen „verschleierten Protest gegen den Dogmatismus der Naturphilosophie", den 
„Hei-motimus" und die „Necyomantia" geschrieben hat Die Worte, welche (I. § 2) Diogenes 
dem zur Oberwelt zurückkehrenden Pollux in der Form einer Bestellung an die Adi'esse aller 
Philosophen aufträgt: „Ttavöaö^att otvtoig napeyyva Xrfpovöt xal nepi rdav oXgoy ißl8,ov6i xai 
xipara (pvovöiy aXkrjXoig xai xpoxodeiXov^ Jtotovöt xal tot toiavta anopa ipooxäv didaöxoiMSi 
rov vovvy' sowie die Aufforderung, die Hermes im X. Dialog (§ 8), dem düstersten und bittersten 
von allen, an den in die Unterwelt eintretenden Philosophen richtet: y^ano^ov öv ro öxfffia 
Ttpcaror dra xal tavtl navra' c5 Zei), o6rjy /nir rtjv aXa^oveiav xofil^et, oörfv öh afia^iav 
xal IpiY xal xeroSo^lav xal ipairrföstg anopovg xal Xoyovg axav^coösig et q. s. . . . . xal to 
^evdog dh aTto^ov xal rov tv^pov xal ro ohö^ai a^eivcor tlvai rcav aXXcor — SO dass letzterer 
als ein Ausbund moralischer Verworfenheit erscheint — , gehören zu den schärfsten Invektiven, 
die Lucian jemals gegen die Leerheit der philosophischen Spekulation und ihre prahlende Eiiätik 
ausgesprochen hat. Sie erinnern unwillkürlich an den alle Philosophie schroff ablehnenden 
Standpunkt der „Necyomantia", wo (§ 21) Tiresias als Kern seiner Weisheit dem Menippus 
zuflüstert: „o rcav idiancüv ßiog iörlv apiötog xal öoDcppoviörepog'^ 

Den ,,Kvyix6s'' hat nach dem Voi-gang von Bekker und Fritzsche auch Bernays, durch 
die Kahlheit des Stils bestitnmt, fiii' unecht und zwar für ein Machwerk der bjrzantinischen Zeit 
erklärt, 1 während Sommerbrodt und Schwarz an der Echtheit festhalten. Jüngst .hat auch 
Richard* den lucianischen Ursprung dieses Gesprächs durch die Annahme zu begründen vei-sucht^ 
dass hier ein übereifriger Verteidiger des Cynismus verspottet werde, dessen unbeholfene Aus- 
di'ucksweise Lucian durch Übertreibung ins Lächerliche ziehe. Es schwebte Kichard offenbar das 
Beispiel des Soloecisten vor, dem jene Sprachfehler in pei-sifflierender Absicht in den Mund gelegt 
werden. Aber auch in dem letztgenannten Dialog leuchtet nicht selten der echt lucianische 
Humor, den Ernst der Disputation mildernd, aus des Lycinus Worten heiTor, während im Kwixog 
der trockene, lehrhafte Ton der Lobrede des Cynikers und die von Eichard selbst angeföhrten 
Weitschweifigkeiten im Periodenbau eta selbst jnit einer parodierenden Schreibweise Lucians sich 
nicht vertragen.^ W^eiter ist meines Elrachtens ein bisher zu wenig beachtetes äusseres Moment 
hier in betracht zu ziehen. In allen Satiren Lucians, in denen Verteidiger und Angreifer sich 
gegenüberstehen, trägt mit Ausnahme des „Bis accusatus", dessen eigenartige Stellung Ivo Bruns 
dargelegt hat, der angreifende Spötter den Sieg davon, mag er Lycinus, Tychiades, Parrhe- 

* Luklan und die Kyniker, Berlin 1879, s. 105. 

* vgl. das unter 1 citierte Programm, s. 33. 

■ In dankenswerter Weise hat mir Herr KoUege Bieler in HUdesheim mitgeteilt, dass ihn besonders sprach- 
liche Beobachtungen, die er demnächst in einem Programm des Gymnasium Andreanum niederlegen wird, in seiner 
Ansicht von der Unächtheit des „Kwtxog" bestärkt haben. 



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siades oder Menippiis heissen. Hier dagegen verstummt Lycinus, und der ganze Dialog klingt 
volltönend aus mit dem Selbstlob des Cynikers, der sein letztes Argument, dass die Götter selbst 
in ihrem Äussern den Cynikern ähnlich seien, gleichsam triumphierend beschliesst mit den Worten: 
„r/ av ovv hl toXjjKprj^ Ttepl rovtov rov öxvixarog Xiysiv oSg- (pavXov, OTtore Koi ^eoig (palvstai 
TtpiTTov;*' Gewiss ist auch dies Moment geeignet, die Zweifel an der Unechtheit des Dialogs 
zu vermehren. 

Über die Lebensbeschi-eibung des cynischen Philosophen Demonax, dem ßlo^ JTjpia- 
vaxto^, sind die Ansichten der Kritiker noch immer geteilt, und vor nicht langer Zeit erst hat 
Wichmann ^ nach dem Vorgange von Schwarz dem Demonax die geschichtliche Existenz abge- 
sprochen und seine Person für eine von Lucian fingierte, ideale erklärt. Am ausführlichsten hat 
A. Thimme^ das „pro et contra" erörtert. Von der Richtigkeit seiner Hypothese, dass zwei Bio- 
graphien des Demonax vorgelegen, die eine von Lucian, die andere von einem Zeitgenossen, der 
zugleich über Sostratos geschrieben habe, kann ich mich nicht überzeugen, halte dieselbe vielmehr 
der Berichtigung in folgender Weise für bedürftig. 

In der That ist der „ßlo^ Jri^ayyaKtog'' als ein Torso auf uns gekommen, und die 
nüchtei-ne Aufisählung d^r a7to<p^iyfxata des Philosophen, die Fritzsche nicht mit Unrecht als 
„facetiae saepe scurra digniores quam philosopho" bezeichnet hat,^ kann unmöglich der Feder des 
stilgewandten Lucian entstammen. Die zur Einflihrung der Sentenzen stereotyp gebrauchten 
Wendungen: „ipopUvov di xivos — aXKtp dh ipo/iivo) — ipaorrf^el^ dh — iöcjv di/* die abwechselnd 
wiederkehren, wofern nicht ein Eigenname den betreffenden Abschnitt einleitet („ Uspsyplvov 6h — 
iTtel dh 'HpGoSrjg'' u. s. w.), weisen darauf hin, dass hier ein tendenziöser Überarbeiter, viel- 
leicht ein Scholiast, die wenigen Aussprüche, welche Lucian als besonders schlagend angeführt 
hatte, durch Hinzufügung zahlreicher wenig witziger „dicta" erweitert hat, die schon frühzeitig 
dem Demonax untergeschoben waren. Diese sind von spätem Abschreibern in den Text auf- 
genommen und so die in den verlorenen Capiteln notwendiger Weise enthaltenen Berichte über 
des Demonax Wirksamkeit unter den Griechen, die der Zusammenhang der lucianeischen Schrift 
forderte, allmählich ausgeschieden und durch jene Fälschungen verdrängt worden. Ob* aber diese 
sonst nirgends überlieferte Sammlung der dem Demonax zugeschriebenen Aussprüche auf einen 
Schüler des Philosophen zurückzuführen sei, dazu fehlt ein sicherer Anhalt; ebenso wenig lässt 
sich aus der handschriftlichen Überlieferung ersehen, wie viel als unecht zu streichen sei, da 
auch die Worte Lucians: fVior napa^iö^ai ßovXo^at rdav Bvötoxoog xai aötdaog vn avtov AeAc- 
yjuivcoy (§ 12) und: tavra oXlya Ttavv ix TtoWdov aTte/Ävrf/iovevöa (§ 67) ein sicheres Kriterium 
nicht gewähren. Jedoch sind Beispiele ähnlicher Einschiebungen in den Text lucianischer 
Schriften, wenn auch in geringerm Umtange, im „Ehetorum praeceptor", im „Gallus" und in dem 
• Buch „de historia conscribenda" schon längst^ nachgewiesen. 

Im übrigen stelle ich für die Beurteilung der erhaltenen Schrift folgende Gesichtspunkte auf: 

1. Gegen den lucianischen Ursprung der § 1 — 12 und 63 — 67 lassen sich trotz 

einzelner von Thimme (S. 56) hervorgehobener Corruptelen des Textes weder sprachliche noch 

stilistische Bedenken geltend machen. Vielmehr sind gerade der abwechselnde Gebrauch von 



* vgl. das Seite 4 citierte Programm S. 17. 

' Quaestion. Lucian. capp. IV p. 40 sq., Gotting. 1884. 
^ vgl. Edit. crit. vol. III. p. II. pag. 25. 

* vgl. Wichmanns Programm S. 10. 30 f. 



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cü^ und Söra als Consecutivpartikeln, ferner die Anwendung der gehäuften Partikeln xai ß^ffv xat, 
sowie das Fehlen des Adverbs äXXoi)^ und des sonst so beliebten TtXrfv aXXd, endlich auch der 
Hinweis auf sprüchwörtliche Wendungen dem Stil des alternden Schriftstellers charakteristiscli. 
Auch die Zulassung des Hiatus spricht füi- lucianischen Ui*sprung. 

2. Mit der gesamten geistigen Entwickelung des Satirikers, so weit sie seine 
Stellung zur Philosophie betrifft, steht die Tendenz dieser Biographie Lucians, 
in der Persönlichkeit des ihm befreundeten Demonax das Ideal eines nicht in ab- 
struse, logische oder metaphysische Spitzfindigkeiten sich verlierenden, sondern auf 
praktische Bethätigung seiner Grundsätze gerichteten Mannes nachdrücklich den 
Zeitgenossen vor Augen zu stellen,^ in keiner Weise in Widerspruch. Vielmehr lässt sich 
diese veränderte Stellung Lucians auch mit den von Bi-uns gewonnenen Resultaten wohl in Ein- 
klang bringen. Hatte der Satiriker in seinen drei heftigsten Streitschriften, dem „Bis accu- 
satus", der Doppelkomposition „Vitarum auctio" und „Piscator", sowie in den „Fugitivi" 
bereits d^n Standpunkt absoluter Negation verlassen und den Altmeistern der Philosophie eine 
bewusste Ehrenerklärung gegeben, so ist er im Demonax noch einen Schritt weiter gegangen. 
Denn hier hat er längere Zeit nach der Abfassung jener Streitschriften einem altern Zeit- 
genossen, den er in jahrelangem Umgang schätzen gelernt, diejenige Anerkennung gezollt, welche 
die sittliche Reinheit des Demonax jedem unbefangenen Beurteiler abnötigte. Rühmt doch Lucian 
an ihm den männlichen Ernst seiner Moml und die Willensstärke und Bedürfnislosigkeit jenei* 
alten Cyniker, Vorzüge, welche durch die von Fritzsche und Thimme gesammelten, unzweifelhaft 
echten Fragmente des Demonax in jeder Hinsicht bestätigt werden.* 

3. Dass gerade dieser Mann als ein Vertreter des C5nismus erscheint, den Lucian 
so oft in schärfster Weise angegriffen, darf nicht befremden, da diese Lehre bei Demonax in 
ihrer reinsten und am meisten von Übertreibungen geläuterten Form zu Tage trat und sich bei 
ihm wesentlich auf die äussere Lebensführung bezog.^ Hat doch selbst Bernays anerkannt, dass 
der Cynismus in seinen bessern Elementen den Kampf gegen das Schlimme in der verwesenden 
Civilisation- der alten Welt ernstlich und nicht erfolglos geführt hat* Und in der That, nirgends 
lesen wir, dass Demonax, wie die meisten Vertreter des veijüngten Cynismus, in den Ton jener 
renommistischen Schwäimerei für Republik und Bürgerfreiheit eingestimmt habe oder in ähnliche 
Masslosigkeiten verfallen sei, wie etwa Demetrius und Peregrinus. Lucian bekannte sich selbst 
zu keiner bestimmten Schule; er huldigte einem gesunden, durch eigenes Nachdenken ge- 
wonnenen Eclecticismus und würde als längst gereifter Mann dem Anhänger jeder andern 
Sekte, der ihm durch seinen sittlichen Charakter gleiche Achtung abnötigte wie Demonax, eine 
ähnliche Anerkennung nicht versagt haben. Vielleicht hat auf Lucian auch das Vorbild des 
gefeierten Epictet eingewirkt, der gleichfalls den wahren Philosophen als Cyniker bezeichnet und 
beschrieben hatte.^ 

4. Mit der unter 2. ausgesprochenen Tendenz der lucianischen Biographie steht nicht in 
Widerspruch, dass der Satiriker in seiner gleichfalls im vorgerückten Alter abgefassten Schiift: 



* vgl. 8 2: ... aJÜia xdx xov ijiiexFQOv ßiov xarora :Toou&eodat xai ^tj/.orv exsTym', dotaior mv oida ryot 
ff tkoötHf coy ysvofuvov. 

' vgl. Pritsche: edit. crit. m. p. II. p. 14 ff. 

' vgl. ZeUer: Geschichte der griechischen Philosoplüe III. S. I. p. 692 f. 

* vgl. J. Bernays: Lukian und die Kyniker, S. 39. 

* Zeller, III. L S. 685. 



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„UxiSavSpo^ 7j tlfsvSo^avti^*' in welcher er die lügenhafte Mantik der Goeten und den immer 
mehr um sich greifenden Glauben au Wunder und Dämonen aufs energischte bekämpfte, seine 
Bewunderung für Epicur, als den rücksichtslosesten Feind aller religiösen Vonirteile, nicht 
verhehlt hat. Ebenso wenig streitet dagegen die in zwei andern Schriften des alternden Lucian, 
dem „ZfiV iXeyxopievo^'' und „Zev^ tpayoDÖog" erkennbare Absicht, die Verteidigung der 
stoischen „Ttpovota** und ihre gesamte Götterlehre, welche in fatalistischem Sinne die Willens- 
freiheit der Menschen unter die unbeugsame Macht der „el/^appiirrf*' stellte, systematisch zu 
widerlegen. An und für sich stand Lucian dem stoischen Pantheismus ebenso gleichgültig 
gegenüber, wie dem Deismus Epicurs; aber allein von dem in religiöser Hinsicht freien Stand- 
punkt des letztem war ihm eine wirksame Bekämpfung des Aberglaubens und des Orakelunfugs 
möglich, und gerade deshalb macht er als ein berufener Vertreter der Aufklärung seiner Zeit 
gelegentlich Epicurs Ansicht auf diesem Gebiete zu der seinigen. 

5. Weiter ist zu berücksichtigen, dass Lucian, wie er selbst bezeugt, dem Demonax 
lange Zeit nahegestanden hat, und dass beide in ihrer Art, die Modekrankheiten und 
Schwächen der Zeit zu geissein, einander verwandte Naturen waren. Wie Demonax, so be- 
trachtet es auch Lucian als eine Hauptaufgabe, Unwahrheit und Naturwidrigkeit, in welcher 
Form sie ihm auch entgegentraten, schonungslos aufzudecken, und nicht am wenigsten machte 
des Demonax Richtung auf das rein Praktische in der Philosophie ihn dem Lucian sympathisch. 

6. Eine Analogie zu dieser über die blosse Skepsis hinausgehenden Stellung 
Lucians bietet, freilich auf ganz anderm Gebiete, seine uns verlorene und nach Fritzsches 
Meinung kurz vor dem „Demonax" abgefasste Schrift über Sostratos, die ich trotz der etwas 
überschwänglich klingenden,* aber durch Textverderbnis erklärlichen Lobpreisung dieses „andern 
Heracles" dem Lucian abzusprechen keinen Grund sehe, zumal sie sicher nicht das einzige uns 
verlorene Werk des Satirikers ist. 

Zum Schluss stelle ich folgende Chronologie für Lucians philosophische Schriften auf: 
L Die älteste Schrift auf diesem Gebiete ist der „Nigrinus", c. 160/61 verfasst. 

IL Etwas später geschrieben sind (c. 161 — 165) die negierenden Satiren: „Icarome- 
nippus, Hermotimus, Necyomantia" und „Mortuorum dialogi", denen sich 
„Convivium und Eunuchus" anreihen, 
ni. Sodann folgen die drei heftigsten Streitschriften: „Bis accusatus," „Vitarum 
auctio" und „Piscator", „Fugitivi", in denen aber bereits eine Schwenkung des 
Schriftstellers bemerkbar und die wahre Philosophie wieder in ihre Rechte ein- 
gesetzt wird. Zwischen den beiden letztgenannten steht die wesentlich persönliche 
Invektive des „Peregrinus". 

IV. Hieran schliessen sich der in seinem Tadel massvollere, nur gegen eine bestimmte 
Schule gerichtete „Gallus" und die zur Widerlegung eines einzelnen philosophischen 
Princips geschriebenen Dialoge: „Juppiter confutatus und tragoedus". Das 
letzte Woi-t auf diesem Gebiete hat Lucian im Leben des Demonax gesprochen, 
dessen Abfassung Fritzsche mit Recht non multo ante mortem Marci imperatoris, 
also kurz vor 180, gesetzt hat. 



* vgl. § 1: Jregi ftev ovv ^(ootgatov etc. 

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10 

So verliert die von Bernajs hervorgehobene geringschätzige Beurteilung des Lucian, dem 
er mit einer meines Erachtens durchaus ungerechtfertigten Voreingenommenheit ernstere Studien 
irgend welcher Art abspricht/ immer mehr an Boden, und die von Bruns begründete Ansicht, 
Lucian habe den Kampf gegen die Philosophie seiner Zeit mit einer zwar nicht streng fest- 
gehaltenen, aber bewussten Planmässigkeit geführt, gewinnt neue Bestätigung. Eine solche 
Planmässigkeit werden wir bei einem in so viele Zweige menschlichen Wissens eingeweihten 
und in vielseitiger praktischer Thätigkeit geschulten Manne um so eher voraussetzen und Lucians 
Zeugnis auch auf diesem Grebiet wesentlich als das eines „unbefangenen, feingebildeten und in 
seinen Anschauungen geläuterten Mannes" gelten lassen.* 



* vgl. Lukian und die Kyniker, S. 42. 

• vgl. M. Voigt: Hdb. d. klass. Altertwschft. IV. p. U. S. 892. und W. v. Christs üiteü über Luc. Hdbch. 
VIL S. 540. 



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