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Full text of "Über das physiologische privat-laboratorium an der Universität Leipzig: Rede gehalten am 21 ..."

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DAS PHYSIOLOGISCHE 

nIVAT-LABORATORIUM 

AN DER UNIVERSITÄT LEIPZUi 



XrEDE 

GEHALTEN AM 21 . DKCKMBEH IS7'>. BEI GKLKfiKKHElT 



KKUFKM N(i Si;i\KS t n HttlTU lUTK RN 



D" JOHANN N. CZERMAK, 



MIT :, HULZSCHNITTEN. 



LEIPZIG. 

-VEKI.A(i VON WILHELM liNOKLMANN 



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SüSifiÖEi 



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PRIVAT-LA BORATOR lUM 

AN UEft UNIVERSITÄT LEIPZI«. 



n E r> E 

IAM2t.l)ECEMBER 1872, BEIGELEÜENHIilT 



iHiFFNIING SEINKS AMPBITnCATEItS 



D" JOHANN N. CZERMAK, 



[ krr ä HOLZSCHNITTES. 



LEIPZIG, 



VBBI>A» VON WII.HBLM ENOELMANN 
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Hochverehrte Anwesende! 



A.m 13. V. M. waren es gerade drei Jahre her, dass ich 
in meiner Antrittsvorlesung *) eine Art Programm für meine 
Thätigkeit an der hiesigen Hochschule aufstellte. Ich be- 
zeichnete es als meine besondere Aufgabe die Hilfsmittel der 
physiologischen Demonstration in einer bisher noch nicht 
erreichten Vollkommenheit und Ausdehnung auszubilden 
und herbeizuschaffen , um — wenn dies gelungen wäre — 
den Versuch zu ermöglichen die Physiologie zum ersten 
Mal in. wirklich allgemein-fasslicher, auf unmittelbare An- 
schauung basirter Darstellung zu behandeln. 

Es sollte sich die Physiologie als ein integrirendes Ele- 
ment des höheren Bildungsganges , wie ihn die Universität 
zu bieten und zu vermitteln hat, ähnlich den allgemeinen 
philosophischen und historischen CoUegien in den Studien- 
plan eines jeden Studenten, mag ihn sein künftiger Spe- 
cialberuf welcher Fakultät immer zugeführt haben, einfügen 



*) »Die Physiologie als allgemeines Bildungs-Element.« Antritts- 
Vorlesung gehalten zu Leipzig am 13. Nov. 1869 von Dr. Joh. N. 
Ozermak, ordentl. Honorar -Professor an der Universität. Leipzig. 
W. Engelmann. 1870. 

1* 



I9^^t 



'• 



können, wozu bisher noch nirgendwo Gelegenheit und 
Mittel geboten sind. 

Selbstverständlich dachte ich dabei auch an gebildete 
und eine allgemeine Bildung anstrebende Männer aller 
Stände — selbst wenn sie ihre Universitätsstudien längst 
hinter sich hätten oder vielleicht auch niemals eine Univer- 
sität bezogen haben sollten, — ja — unter Umständen und 
gewissen Einschränkungen selbst an ein gebildetes Damen- 
publikum. — 

Prof. Lazarus hat in seinem, am 20. Januar 1872, in 
der Singakademie zu Berlin, gehaltenen Vortrag » als einen 
»den Geist unserer Tage charakterisirenden Gesichtspunkt, 
»das Streben hervorgehoben, die mechanische Weltan- 
»schauung auszubauen, eine Weltanschauung, in welcher 
»es sich vor Allem nur um das Verhältniss der Causalität, 
»um die Feststellung von Ursache und Wirkung handelt, 
»imi die Zusammenstellung der Gesetze , welche die Ereig- 
»nisse beherrschen. Darum steht im Vordergrunde aller 
»geistigen Bestrebungen die Naturwissenschaft — die Na- 
»turwissenschaft in ihrer mannigfachen Zerlegung. AUge- 
»waltig ist ihre Herrschaft — dergestalt, dass Alles, was 
»irgend wie auf irgend einem Gel)iete zu einer wahrhaften 
»Erkenntniss zu kommen strebt , in die Wege der Natur- 
»wissenschafi einbiegt.« — 

Ich bin nun seit langer Zeit der innigsten Ueberzeugung, 
dass von allen Zweigen der Naturwissenschaft die Phy- 
siologieoder Biologie eine geradezu centrale Stellung 
im^ weiten Gebiete der geistigen und materiellen Bestre- 
bungen einnimmt , in so fern ihr Object die Erforschung 
des »Lebens« ist, und es daher gar keine Leistungen und 
Beziehungen oder Interessen des Menschen geben kann. 



welche nicht in einem mehr oder weniger innigen solidari- 
schen Zusammenhang mit dieser Wissenschaft stehen wür- 
den. Auch dürfte nach meiner Meinung keine andere 
Wissenschaft im Stande sein in wirksamerer Weise die 
wahre Aufklärung zu fördern, als eben die heutige 
Physiologie, welche im Sinne der mechanischen Welt- 
'anschauung alle, die dunklen und in ihren Consequenzen 
die freie Forschung hemmenden Vorstellungen von der 
Existenz und Wirksamkeit einer besonderen mysteri- 
ösen »Lebenskraft« erfolgreich bekämpft und aufzuhellen 
sucht. 

Tch verstehe hier (nach einem Citate Lecky's) unter 
der wahren Aufklärung, mit Kant, »den Ausgang des Men- 
»schen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit, ün- 
»mündigkeit ist das Unvermögen sich seines Verstandes ohne 
»Leitung eines Anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist 
»diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am 
»Mangel des Verstandes, sondern derEntschliessung und des 
»Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu 
»bedienen. Sapere aude! Habe Muth dich deines 
»eigenen Verstandes zu bedienen ! « — 

Beiläufig bemerkt habe ich denn auch diesen Wahl- 
spruch der Aufklärung hier in diesem Saale mit Lapidar- 
schrift anbringen lassen. Ihm gegenüber steht, nicht blos 
zur Wahrung der Symmetrie , sondern als ein nicht minder 
in diesen Raum passender Spruch oder Zuruf, welcher den 
Besuchern des hiesigen Gewandhaussaales so geläufig ist : 
»Resseveraest verum gaudium.« — 

Der Werth und die Tragweite eines Unternehmens, 
dessen Ziel nicht die oberflächliche sog. »Popularisirung((, 
sondern die möglichste Verbreitung einer möglichst g r ün d- 



6 



liehen Bekanntschaft mit der heutigen Physiologie ist, 
dürfte hiemach wohl einleuchtend genug sein. • 

Die Edancherlei Bedenken, die ungewöhnlichen Schwie- 
rigkeiten, welche sich der Art der Durchführung dieses 
Unternehmens, wie sie mir als die allein zum Ziele führende 
vorschwebt, entgegenstellen, habe ich niemals verkannt 
und in jener Antrittsvorlesung auch ausdrücklich betont 
und hervorgehoben. 

Ich scheue mich nicht geradezu zu bekennen, dass sich 
mir jene Bedenken und Schwierigkeiten in dem Maasse 
steigerten, als ich mich vor nunmehr drei Jahren mit ihrer 
Beseitigung und üeberwindung praktisch zu beschäftigen 
begann, und zur Herstellung und Ausführung von beson- 
deren Baulichkeiten und von gewissen optisch - mechani- 
schen Einrichtungen fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen 
angewiesen war. 

Es ist mir schmerzlich hinzufügen zu müssen, dass 
namentlich zwei auswärtige Optiker und Mechaniker , wel- 
chen ich überdies gerade mein vollstes Vertrauen geschenkt 
hatte, in der unverantwortlichsten Weise durch ihre Unzu- 
verlässigkeit und sonstiges Verhalten mein Vertrauen miss- 
braucht und mich im Stich gelassen haben, so dass ich noch 
vor Beendigung des grösseren Theiles meiner Aufträge 
alle ihre Arbeiten sistiren musste. Auch andere widrige 
Umstände , die mit der Ausführung irgend welcher bauli- 
chen Anlagen unvermeidlich verknüpft zu sein scheinen, 
dann die Schwierigkeit einen geeigneten Assistenten zu 
finden*), u. s. w. haben, sowohl im Grossen und Ganzen 



*) Nachträglich bemerke ich , dass ich noch immer einen jungen 
Mann suche, der praktische physikalische und chemische Kenntnisse, 



Verzögerungen und Hemmungen herbeigeführt, als auch 
Einzebies, was mir besonders nothwendig und wünschens- 
werth erschien , zum Theil wohl für immer, ganz vereitelt, 
so dass , trotz aller Mühe und Zeit , die ich aufgewendet, 
trotz aller materiellen Opfer, welche ich gebracht habe, das 
Wenigste von Dem bereits herbeigeschafft und vollendet 
worden ist, was ich für absolut unentbehrlich erachte, um, 
wie ich hoffen durfte, schon jetzt einen Anfang mit dem be- 
absichtigten »physiologischen Anschauungsunter- 
richt« zu machen. 

Ja ich kann mir heute , Ihnen gegenüber , das offene 
Geständniss nicht ersparen , dass ich noch gar nicht abzu- 
sehen vermag, wann endlich meine diesbezüglichen Vor- 
bereitungsarbeiten , in einer mich befriedigenden Weise, 
vollendet sein werden, und ob und inwieweit überhaupt 
es mir bei dem andauernd leidenden Zustand meiner Ge- 
sundheit möglich sein wird dieselben zu einem derartigen, 
vorläufigen Abschluss zu bringen , dass ich auch jenen 
Theil der Ziele und Zwecke meines, an der hiesigen Uni- 
versität errichteten physiologischen Privatlaboratoriums 
zu erreichen gestimmt und im Stande sein werde, welcher 
sich auf meine eigene regelmässige öffentliche Lehrthätig- 
keit bezieht. 

Denn bei der Errichtung meines Laboratoriums ver- 
folgte ich nicht ausschliesslich Unterrichtszwecke, 
sondern die neue Anstalt sollte mir vor Allem unabhängige 
Gelegenheit und Mittel zu meinen wissenschaftlichen For- 
schungen und Arbeiten bieten, welche ich allerdings für 
längere Zeit ganz unterbrochen hatte, um mich mit den 



manuelleGeschicklichkeit und mechanischeFertigkeiten besitzt. Gelehrte 
Bildung ist nicht erforderlich. Anträge würden mir willkommen sein ! 



8 



weitläufigen Vorbereitungen für den neuen physiologi- 
schen »Anschauungsunterricht« zu beschäftigen, welche ich 
aber sofort wieder au&unehmen gedachte, wenn diese letz- 
teren vollendet sein würden , oder — was ich freilich nickt 
ahnen konnte — verhältnissmässig allzugrosse Opfer an 
Zeit und Mühe kosten sollten, um rasch und glatt durchge- 
führt zu werden. 

Es ist mir ein wahres Bedürfhiss mich über Alles dies 
öffentlich auszusprechen, denn es g^t die vielfachen, unge- 
duldigen Anfragen Einzelner über das Ziel und den if ort- 
gang meines Unternehmens auf einmal definitiv zu beant- 
Worten und der Entstehung mancherlei missverständlicher 
Vorstellungen ui>d Erwartungen vorzubeugen. 

Desshalb habe ich mir erlaubt die Einladung zur 
heutigen Eröffiiungs - Versammlung ergehen zu lassen, 
welcher Sie m. H. ! — wie ich mit Dank und Freude 
constatire — so zahlreich gefolgt sind — trotz der irre- 
leitenden Notiz, welche das hiesige »Tageblatt« über den 
Tag der Versammlung heut Morgen gebracht hat. 

Denn indem ich heute dieses Amphitheater feierlieh 
eröffne und speciell dem h. Rectorate unserer Hochschule 
zu üniversitätszwecken fiir Einzelne der Herren Collegen 
zur Verfügung stelle, die solche Bäume brauchen und sich 
mit mir über deren Benutzung ins Einvernehmen setzen 
wollen, wünsche ich auch öffentlich Bericht zu erstatten, so- 
wohl über Das , was ich bereits gethan und erreicht habe, 
als über Das, was ich noch zu thun und zu erreichep beab- 
sichtige, wenn mir die Kraft und die Freude an der Arbeit 
vollends wiederkehrt und dauert. 

Ich will hier nicht näher auf die vielfachen, die Durch- 
führung meiner ursprünglichen Absichten vereitelnden und 



über Gebühr verzögernden Hemmungen und Hindernisse 
eingehen, welche mir theils aus höchst unliebsamen, schon 
oben berührten, äusseren Umständen, theils aus ganz indivi- 
duellen, durch einige jener Umstände bis zur Unerträglich- 
keit verschlimmerten Gemüths- und Gesundheits- Verhält- 
nissen erwuchsen. Es mag die beiläufige Andeutung ge- 
nügen, dass mir hierdurch auf lange Zeit alle Arbeitskraft 
geraubt, ja mein ganzes Unternehmen, bis zum Entschlüsse 
es völlig aufzugeben, verleidet worden war, und ich mich 
erst mit der allmäligen Wiederherstellung meines gestörten 
gemüthlichen Gleichgewichtes, bei gleichzeitig beginnender 
und langsam fortschreitender körperlicher Erholung, ohne 

* 

welche es keine Schaffensfreude, kein Gelingen giebt, von 
jenem äussersten Entschlüsse abbrachte, und meinen wissen- 
schaftlichen Arbeiten, sowie meinen alten Ideen und Plänen 
für den physiologischen Anschauungsunterricht an der 
Universität wieder zuzuwenden begann ! — 

Dagegen will ich eingehend berichten welche Ideen 
und Pläne dies waren und was ich davon , zum bleibenden 
Gewinn für unsere Universität, bereits realisirt habe, indem 
ich einen für demonstrative Zwecke speciell eingerichteten 
Hörsaal erbaute und herstellte, welcher mit den zu wissen- 
schaftlichen Untersuchungen bestimmten Arbeitsräumen 
meines physiologischen Privatlaboratoriums zusammen- 
hängt. — 

Gestatten Sie, dass ich Ihnen zunächst jene Stelle 
meiner Antrittsvorlesung in Erinnerung bringe, wo ich 
die Schwierigkeiten der Einbürgerung des »physiologischen 
Anschauungsunterrichts« an der Universität hervorhob, 
welche in der Natur und dem Umfang des Gegenstandes 
selbst, in der zur Erreichung des angestrebten Zweckes ge- 



10 



forderten Art seiner Behandlung, und endKch in der Aus- 
wahl und Disposition der zu behandelnden Materien 
li^en. 

Es heisst a. a. O. pag. 20 u. f. : 

i»Soll sich nämlich die Physiologie als ein werthvolles 
»Element des höheren Bildungsganges, wie ihn die Univer- 
xHsität zu bieten und zu vermitteln hat, daselbst bewähren 
»und einbürgern, dann genügt es, wie ich meine, keines- 
»wegs in dogmatischer Weise, ex cathedra, eine erklärende 
»Uebersicht der Lebenserscheinungen zu geben und die 
»fertigen Resultate der physiologischen Forschung mit mehr 
»oder weniger rhetorischem Geschick und oratorischem Glanz 
»zu besprechen.a 

»Es liegt vielmehr in der Eigenthümlichkeit des Gegen- 
»standes, dass die so mannigfaltigen und dem gewöhnlichen 
»Sinne so unzugänglichen und fremdartigen Vorgänge, um 
»deren Erkenntniss und Erklärung sichs handelt, sowie die 
»Methoden und Hilfsmittel, welche die physiologische For- 
»schung zur Erreichung ihrer Ziele anwendet, der unmit- 
»telbaren Anschauung der Zuhörer im Detail darge- 
»boten werden müssen, wenn sie, zu innigem Verständniss 
»gebracht, jene aufklärenden und veredelnden Wirkungen 
»in den Geistern hervorbringen und hinterlassen sollen, 
»welche von der eingehenden Beschäftigung mit der moder- 
»nen Physiologie sicher zu erwarten sind.« 

»Dazu kommt noch, dass, indem die Physiologie alle 
»Lebensäusserungen als Verrichtungen bestimmter Organe 
»festzustellen und aus den elementaren Bedingungen d. h. 
»aus dem anatomischen Bau und der physikalisch-chemi- 
»schen Constitution derselben mit Nothwendigkeit herzu- 
»leiten — oder was dasselbe sagen will — nach mechanischen 



11 



»Principien zu erklären hat, der Vortrag, welcher, bei dem 
»gemischten Zuhörerkreise , keinerlei specielle Faehkennt- 
»nisse voraussetzen darf, mit der Darstellung der descriptiven 
))und mikroskopischen Anatomie und der physikalisch-che- 
»mischen Eigenschaften der functionirenden Theile be- 
»ginnen muss.« 

»Auch bei diesen Darstellungen ist es wieder nur die 
»unmittelbare Anschauung, welche ein eingehendes 
»und richtiges Verständniss zu vermitteln im Stande 

»ist . — und so sehen sie m. h. A. ! es häufen 

»und steigern sich die mir unerlässlich erscheinenden For- 
»derungen an die demonstrativen und experimentellen 
»Hilfsmittel des Vortrags und demgemäss die inneren und 
Ȋusseren Schwierigkelten des ganzen Unternehmens zu 
»einer fast abschreckenden Höhe.« 

»Endlich darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass in 
»dem eventuellen Erfolg des Unternehmens selbst eine Ge- 
wfahr für dessen glückliche Durchführung liegt. Ich meine: 
»mit der Grösse des Zuhörerkreises und mit seinem Wachs- 
»thum, welches nicht ausbleiben kann, wenn Form und 
»Inhalt der Vorträge ein wirkliches Bedürfaiss zu befrie- 
»digen geeignet befunden werden sollten, muss sich natür- 
»li^ auch die Bequemlichkeit — theilweise sogar die Mög- 
»lichkeit, all' das Erforderliche ohne gan^ besondere Veran- 
»staltungen in entsprechender und ausreichender Weise zu 
»demonstriren, vermindern, und dies könnte leicht in einem 
»so bedenklichen Grade geschehen , dass die unerlässliche 
»unmittelbare Anschauung, auf welcher der didaktische Er- 
»folg zum grössten Theil beruht, illusorisch würde.« 

»Es muss also von vornherein die skrupulöseste Vor- 
*»sorge getroffen werden, dass alle die verschiedenartigen 



12 



»Demonstrationen einen ganz besonderen Grad von Ersieht- 
»lichkeit und Vollendung erhalten und dass das Vorlesungs- 
»lokal ausreichende Dimensionen habe, und mit eigenthüm- 
»lichen Einrichtungen ad hoc versehen werde , welche das 
»Lokal aus einem blossen Auditorium zugleich recht eigent- 
»lich zu einem — sit venia verbo — Spectatorium zu 
»machen geeignet sind.« 

»Zu diesen Einrichtungen rechne ich vor Allem die 
»Form und Anordnung der Sitzplätze, dann die centrale 
»Stellung und intensive Beleuchtung des Raumes wp sich 
»der Vortragende befindet und wo die Experimente vorge- 
»nommen werden, endlich die bequeme Disposition aller 
»jener Hilfsmittel, welche stets zur Hand sein müssen, weil 
»sie einzeln oder in mancherlei Combinationen bei fast allen 
»Demonstrationen in Anwendung kommen, wie z. B. elek- 
»trische Leitungen für den constanten Strom, mechanische 
»Transmissionen, Gas- und Wasserleitung, Wandflächen 
»oder Schirme zum Aufhängen gemalter, oder zum Auf- 
»fangen optisch projicirter Bilder, Beleuchtungs- und Ver- 
»dunkelungsvorrichtungen u. s. w. u. s. w.« — 

Erfüllt und begeistert von diesen meinen damaligen 
Ideen nahm ich denn vor drei Jahren mit wahrer Schaffens- 
freudigkeit die Realisirung derselben in Angriff. Ich habe 
mir die Sache wahrlich nicht leicht gemacht, sondern man- 
nigfachen, emstenj'[Ueberlegungen und Vorstudien mich 
hingegeben, um den richtigen und kürzesten Weg zum 
Ziele zu finden und einzuschlagen. 

Allein anstatt zuerst und vor Allem jene physio- 
logischen Thatsachen und Erscheinungen möglichst voll- 
ständig und im Detail zusammenzustellen , welche für die 
Zwecke des angestrebten physiologischen Anschauungs- 



13 



Unterrichts zu demonstriren wären, und zugleich die 
möglichst vollendeten Methoden und Hilfsmittel, vermittelst 
welcher sie einem grossen Zuhörerkreise schlagend und ele- 
gant demonstrirt werden könnten, zu ersinnen, auszubilden 
und in provisorischen Bäumen praktisch zu erproben ; 
und dann erst an die Errichtung eines völlig zweckent- 
sprechenden Auditoriums zu gehen ; — begnügte ich mich, 
im Allgemeinen zu überlegen, welche verschiedenen Arten 
von alten und neuen Experimenten* und von besonderen 
D^nionstrationshilfsmitteln der physiologische Anschauungs- 
unterricht erfordern dürfte , und ging sogleich und zu- 
erst an die meine ganze Aufmerksamkeit und Thätigkeit 
absorbirende Ausarbeitung und Ausführung eines Planes für 
mein physiologisches Privatlaboratorium mit einem mäch- 
tigen »Spectatoriuma im Sinne der vorhin citirten Stelle 
meiner Antrittsvorlesung. 

So ist denn zwar ein in manchen Richtungen muster- 
giltiger Versammlungsraum für demonstrative Zwecke ent- 
standen, wie ihn wohl kaum eine andere unserer deutschen 
Universitäten besitzen dürfte, aber die besonderen und weit- 
läufigen Vorkehrungen für den geplanten physiologischen 
Anschauungsunterricht fehlen noch fast gänzlich, und wer- 
den erst sehr allmälig — vorausgesetzt dass mir, wie gesagt, 
die Kraft und die Freude an der Arbeit vollends wiederkehrt 
und dauert, herbeizuschaffen sein, denn ich kann und will 
mich nicht wieder zu übermässigen, für meine Individualität 
aufreibenden Anstrengungen drängen oder drängen lassen. 

Durch die somit problematisch gewordene Aussicht auf 
meine eigene regelmässige Lehrthätigkeit soll aber Das, was 
ich hier geschaffen habe, nicht der sofortigen Verwer- 
thung für Lehiz wecke entzogen bleiben. Ich wiederhole. 



daes ich dieses Amphitheater mit allen seinen bisher vtillenj 
deten Einrichtungen dem Herrn Itector Magnificus bezü] 
lieh iluer, mit mir zu vereinbarenden Benutzung für Univei 
sitätBzwecke zur Verfügung stelle. — 

Doch ich wollte berichten wie ich vor drei Jahren ä 
Realisiruiig meiner damaligen Ideen und Pläne mit der Aui 
arbeitung uud Ausführung des Spectattiriums und der a 
dasselbe atosseiKlen Arbeitaraume in Angriff nahm. 

Zu diesem Ende reiste ich noch vor Weihnachten 18® 
nach London um die mir von friiherher wohlbekannten, .vie^ 
fach erprobten Hörsäle der Royal Institution , der Roy? 
Sßhool of Miiies und des polytechnischen Institute nochm 
genauer in Augeuscheiu zu nehmen. 

Dercollegialcn Liebenswürdigkeit H u xl e y's verdanl 
ich das werthvoUe Geschenk einer genau und schön ausg 
führten architektonischen Planskizzc des auf circa 300 ZkI 
hörer berechneten Auditoriums der R, School of Min 
(Yermynfltreet) ; durch die freundliche Vermitteluug Tynj 
dall's durfte ich mir den an 1000 Personen fassenden l 
rühmten Hörsaal der Royal Institution (Albcmarlestreet) v 
einem englischen Architekten ausmessen und architektonisc 
entwerfen lassen. Die Hörsäle des polytechnischen lustitid 
und andere Räumlichkeiten dieser Art, welche ich besuchbl 
habe ich mir selbst flüchtig skizzirt. Ich kann hierbei nid 
unerwähnt lassen, dass ich vor Jahren, nochdurchFaradaj| 
selbst, an einen der Lecturers des polytechnischen Instituta 
empfohlen worden war — und so dauerhaft und treu bö4 
währen sich einmal geschlossene freundliche Beziehungen 
in England, dass ich auch diesmal die wärmste, meine Abjj 
sichten förderlichste Aufnahme und Unterstützung bei de* 
leitenden Personal jene« Institutes fand, obschon der Hetf 



15 



an den mich F a r a d a y damals empfohlen hatte, zufällig gar 
nicht anwesend war. 

Noch muss ich dankend erwähnen, dass mir T y n d a 1 1 
ein Exemplar von Rogers Smith's : »Rudimentary treatise on 
the Acoustics of public Buildings« (London, 1861) verehrte, 
bei dessen Durchsicht ich auf Lachez' Brochure »Acousti- 
qüeetOptiquedes salles de r6unions publiques« (Paris, 1848) 
aufmerksam wurde, die ich mir dann später in Leipzig durch 
Herrn A. Dürr verschaffte. 

So hatte ich rasch ein ansehnliches , weiterhin noch 
vermehrtes Material gewonnen, welches^ mir Muster und 
Vorlagen zur Entwerfung des eigenen Auditoriumplanes 
lieferte. 

Nun handelte es sich darum ausser einem geeigneten 
Bauplatz, der bei dem definitiven Entwurf natürlich berück- 
sichtigt werden musste , auch einen Architekten zu finden, 
welcher auf die technische Ausführung meiner Ideen einzu- 
gehen gewillt und befähigt war. 

Die Verhandlungen wegen Ueberlassung eines Bau- 
platzes in den Hof- und Gartenräumen des Augusteum's, 
welche ich zunächst einleitete, zerschlugen sich, dagegen 
erwarb ich im Frühjahr 1870 ein zwischen der Querstrasse 
und Salomonstrasse gelegenes Grundstück, auf welchem 
ich mein Familienwohnhaus zu bauen gedachte, — und bei 
dieser Gelegenheit lernte ich nicht nur in Herrn Gustav 
Müller einen kenntnissreichen und für die Ausführung des 
von mir geplanten Laboratoriums nebst Spectatorium als- 
. bald in hohem Grade sich interessirenden Architekten 
kennen , sondern ich fand auch den geeignetsten Bauplatz 
für das letztere — mitten im Garten des glücklich acquirir- 
ten Grundstückes selbst, welches weder von der inneren 



16 



Stadt und dem Augueteura, noch vom Juhaniiisth&l, wo a 
die neuen Institute und Ijaboratorien der Universität l 
sammensteken, allzuweit entfernt ist. 




Fig. 1. OrundriiB. 
. Anplittheilcr und Oiiilrnibe; S. Ariwiu- und Wol 



!,a,S, 4dLE4TKppeii. 



- \ 



19 



Ich habe mich nach langen Erwägungen für die defi- 
nitive Annahme des allgemeinen Grundrisses des berühm- 
Hörsaals der londoner Royal Institution entschlossen, in wel- 
chem Davy, Faraday und Tyndall ihre didaktischen 
Triumphe gefeiert haben, — obschon, wie ich später zeigen 
werde, aus dieser Grundrissform gewisse Unzukömmlich- 
keiten erwachsen mussten. Dafür aber entschied ich mich 
für eine nichts zu wünschen übrig lassende, streng nach 
den von Lachez entwickelten geometrischen Constructions- 
regeln durchgeführte Anlage von amphitheatralisch auf- 
steigenden Sitzreihen. 

Den schönen, hufeisenförmigen Raum unter den Sitz- 
reihen bestimmte ich zur Garderobe, in welche das Publikum 
zuerst eintritt, um von da aus auf zwei besonders angebauten 
Wendeltreppen die Höhe des Amphitheaters, so zu sagen, 
von rückwärts zu Ersteigen. Von der Höhe der breiten 
obersten Stufe des Amphitheaters, welche zugleich an 100 
• Stehplätze darbietet, führen dann vier Stiegen herab zu den 
Sitzreihen, welche hierdurch in drei grosse Abtheilungen, eine 
mittlere und zwei seitliche zerschnitten werden. Die Steil- 
heit dieser Stiegen machte die Anbringung eiserner Stütz- 
stäbe, die zugleich die Nummer der Sitzreihen und der in 
ihnen enthaltenen Sitze tragen, nothwendig. 

Bevor ich in der Beschreibung fortfahre, muss ich vor 
Allem hervorheben, dass die in Lachez' Schriftchen behan- 
delten, übrigens wahrscheinlich schon im klassischen Alter- 
thum aufgefundenen, höchst einfachen geometrischen Con- 
structionsregeln für Amphitheater nur wenig bekannt zu 
sein scheinen, oder aber gar nicht verstanden und nach 
Gebühr gewürdigt werden, denn sonst könnte man nicht in 

fast allen, selbst in den neuen und neusten Hörsälen die 

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20 



Sitzieihen entweder einfach auf einet mehr oder weniger 
steil ansteigenden schiefen Ebene au%e8tellt, oder — was 
wunderbarer Weise auch vorkommt — nach einer ganz b e - 
liebig gewählten Curve aufsteigend angeordnet linden, 
ohne irgend welche bewusste und beabsichtigte Be- 
ziehung zu einem bestimmten für jeden Zuschauer ganz 
freien, aMen gemeinschaftlichen Sehfeld, und ohne Rück- 
sicht darauf, dass auch die Zuschauer auf den entfemteBten 
Sitzen möglichst nahe an den zu demonstrirenden Ob- 
jecten sich befinden sollen. Um diesen beiden Forderungen 
zu genügen , ist es nur in sehr beschränkter Weise gestattet 
seinem willkürlichen Belieben freien Lauf zu lassen. 

Hat man nämlich die Entfernung der ersten Sitzreihe 
von dem Grenzpunkt des von allen Zuschauem gemein- 
schaftlich und frei zu übersehenden Raumes festgesetzt, und 
die Maasse für den Abstand der einzelnen Sitzreihen von 
einander, für die Höhe der Sitzöächen vom Fussboden, so 
wie für die mittleren Grrössenverhältnisse der zu pla^irenden 







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flg. 4. Zur Erlftuterung der TiScheE'BcheQ CoitBtTuctioii8regel 
fQr Amphitheater. 



21 



Menschen, als const ante Werthe, einmal angenommen, 
so ist die allein richtige Curve, nach welcher die Sitze 
aufsteigen oder überhaupt angeordnet werden müssen, um 
ihrem doppelten Zweck zu entsprechen, unbedingt gege- 
ben, und wird auf folgende Weise construirt. 

Es seien (Fig. 4) Ax und Ay die beiden Axen eines 
rechtwinkeligen Coordinatensystems, a der den Zuschauem 
nächste Grenzpunkt einer horizontalen Tischplatte T oder 
der tiefste Grenzpunkt einer verticalen Tafel T , in welchem 
sich noch alle Sehlinien müssen kreuzen können , wenn die 
Tischplatte oder die Tafelebene von allen Zuschauern in 
ganzer Ausdehnung, frei übersehen werden soll, — so ist 

at ^2 0-3 ^4 die Krümmung der gesuchten Curve; 

nachdem man die Entfernung der ersten Sitzreihe vom 
Punkte a (= x^ x^ ) und den Abstand der Sitzreihen von ein- 
ander [xx'Xi = X2 x^ = x^ Xj^ = x^ x^) willkürlich bestimmt 
hat, errichtet man in den Punkten x^ X2 x^ . , , , die den 
aequidistanten [x^ x^ = X2 0P2 = x^ x^ . . , .) Sitzreihen 
entsprechenden Ordinaten. Auf der ersten Ordinate markirt 
man ebenfalls noch ganz willkürlich aber als ein für allemal 
angenommene constante Grössen die Höhe des Sitzes 
über dem Boden bei s^, die Höhe, in welche das Auge des 
auf Sx sitzenden Menschen über dem Sitze zu stehen kommt, 
bei «1, und endlich die mittlere Scheitelhöhe über dem Auge 
bei li . 

Nach Feststellung dieser dem freien Belieben überlasse- 
nen Werthe, ist nun nichts mehr dem Belieben oder der 
Willkür anheimgegeben. Man zieht die erste Sehlinie « Oi 
und die zweite a li, welche man verlängert, bis sie die zweite 
Ordinate {x^ y^) schneidet. In dem Punkte a^, wo sich beide 
Linien schneiden , befindet sich nothwendig das Auge des 



22 



Zuschauers, welcher in der zweiten Reihe sitzt und, unge- 
hindert durch seinen Vordermann, den Grenzpunkt a sehen 
soll. Von diesem Punkte «2 sius, markirt man auf die zweite 
Ordinate (x2 y^) nach unten die als constant angenommene 
verticale Entfernung des Auges Vom Sitze [a^ 5^=02*2) 
und weiter die Höhe des Sitzes vom Fussboden [s^ x^ =«2 ^2)^ 
nach oben aber die mittlere Scheitelhöhe 04 ^ = «2 ^ ^^^d 
findet auf diese Weise die nothwendige Erhebung des Fuss- 
bodens und des Sitzes über die Horizontale für die zweite 
Sitzreihe , so wie die Erhebung des Scheitelpunktes der in 
dieser Reihe sitzenden Menschen. Genau so verfahrt man 
nun für die 3., 4., 5. etc. Ordinate oder Sitzreihe und erhält^ 

indem man die Punkte a^ a^ a^ a^^ durch eine Linie 

verbindet, jene Curve, nach welcher die Sitzreihen mit ihren 
Sitzen [sx «2 *3 ^4 • • • •) ^^d der Fussboden [x^h^h^b^ , , . ,), 
auf welchem sie stehen, aufsteigen müssen , wenn alle Zu- 
schauer eine horizontale Tischplatte bis zum allemächsten 
Grenzpunkte a , oder eine verticale Tafel bis zum tiefstea 
Grenzpunkte a, sollen frei übersehen können und wenn zu- 
gleich selbst die in den entferntesten Bänken sitzenden 
Zuschauer unter übrigens gleichen Umständen d. h. bei der- 
selben Zuschauermenge, bei derselben Anzahl und Entfer- 
nung der Sitzreihen von einander und der ersten Augenreihe 
von den Sehobjecten, so nahe als möglich bei den letz- 
teren pla^irt sein sollen. 

Es versteht sich von selbst, dass die Curve, welche man 
nach diesen Constructionsregeln erhält, sehr verschiedene 
Formen annehmen muss, je nachdem man die willkürlichen 
Annahmen, entsprechend den verschiedenen speciellen 
Zwecken, welche man erreichen will, verändert, immer 
aber wird sie die einzig richtigen Anhaltspunkte zur 



23 



rationellen Construction und Anordnung der Subsellien in 
Versammlungsräumen geben, in welchen nicht nur gehört, 
sondern auch möglichst gut gesehen werden soll. 

Die Brauchbarkeit, ja Unentbehrlichkeit dieser 
Constructionsregeln ist so einleuchtend und auf der Hand 
liegend^ dass sie vernünftiger Weise bei keiner neuen (.on- 
struction vernachlässigt werden dürfen. 

In meinem Hörsaal habe ich sie, wie gesagt, streng 
durchführen lassen, und damit erreicht, dass in diesem nicht 
aUzu grossen Kaum 409 sitzende und an 100 stehende — 
also in runder Zahl 500 Zuschauer Platz finden, welche 
alle, ohne Lücken und Spalten zwischen den Köpfen ilirer 
Vordermänner suchen zu müssen, den mittleren Raum — die 
Arena für den Experimentator — ganz frei übersehen und zu- 
gleich selbßt die Entferntesten verhältnissmässig so na- 
he als möglich pla^irtsind. Um aber die auch absolute 
Entfernung jener, von den in der Arena befindlichen Sehob- 
jecten entferntesten Zuschauer, welche sich in den höchsten 
und hintersten Reihen befinden , möglichst zu verkleinern, 
und überdies die absolut grösste Menge Menschen in dem 
gegebenen Räume unterzubringen, habe ich gar keine festen 
pultartigen Breter zum Auflegen von Schreibheften an den 
Rückenlehnen der Sitze, und zugleich die minimalsten Di- 
stanzen zwischen den Sitzreihen in Anwendung bringen 
lassen. In einem »Spectatorium«, wo es sich in erster Linie 
um das Sehen handelt, schien mir die Rücksicht auf das 
Nachschreiben in die zweite Linie zu gehören ; übrigens 
lassen sich Notizen sehr gut mit Bleistift in ein freigehal- 
tenes , steifgebundenes Büchlein machen und für Einzelne, 
welche sich ohne Nachschreiben nicht behelfen können, — 
»denn was man schwarz auf weiss besitzt, kann man getrost 



24 



nach Hause tragen« ! — wäre durch frei zwischen die Sitz- 
reihen einstellbare Pulte, wie Sie dort eines s^hen, leicht 
Bath zu schaffen. 

Um aber bei der aus guten Gründen gewählten, absicht- 
lich minimalen Distanz der Sitzreihen von einander die freie 
Communication zu ermöglichen, wurden die einzelnen Plätze 
wie Sperrsitze, zum Aufklappen eingerichtet, und habe ich, 
um wenigstens einen Ersatz für die nothwendige und ab- 
sichtliche Raumbeschränkung in dieser Richtung durch be- 
sondere Bequemlichkeit der Sitze und der Rückenlehnen zu 
bieten, dieselben nach einer auch meinen Wunsch von Herrn 
G. Müller eigens zu diesem Zweck entworfenen mittleren 
Schattenrisscurve von bequem sitzenden Menschen aus- 
schweifen und gegen einander neigen lassen. 

Ich zweifle nicht m. H. !, dass Ihnen ein bedeu- 
tender Unterschied zwischen unseren Sitzen und gewöhn- 
lichen Auditoriums-Bänken angenehm auffallen wird, wenn 
Sie sich auf ihren Plätzen gehörig zurücksetzen und zurück- 
lehnen ! — So frei und möglichst gleich gut nun auch alle 
Anwesenden diesen mittleren Raum — die Arena des Expe- 
rimentators — und Alles, was daselbst vorgeht , übersehen 
können. Vieles von Dem, was hoffentlich später einmal in 
diesem Saale vorgezeigt werden dürfte, wird sich den Blicken 
auf der hinter dem Rücken des Vortragenden befindlichen 
grossen freien Wand darbieten. Dieser Wandfläche gegen- 
über befinden sich aber die Anwesenden nicht alle in 
einer verhältnissmässig so gleich guten Lage , um Alles zu . 
sehen, was den Blicken geboten wird, wie gegenüber der 
centralen Arena. 

Zwar die mustergiltige Anordnung der Sitzreihen in 
verticaler Richtung ermöglicht Allen das ganze Mittelfeld 



25 



der Wand von oben bis unten zu übersehen — allein die 
Sehlinien Derjenigen , welche auf der rechten oder linken 
Seite Tom Mittelfelde der Wand sitzen, müssen nothwendig 
einen um -so spitzeren Winkel mit demselben machen, je 
näher ihre Plätze der Wand selbst liegen und je weiter sie 
zugleich vom Wandemittelpunkt in seitlicher Richtung ent- 
fernt sind. 

Dies hat zur Folge, dass sich die Büder, welche auf 
jenem >Gttelfelde der Wand zu sehen sind , in wachsender 
Verkürzung prasentiren, welche für die äussersten seitlichen 
Eckplätze zunächst der beiden, längs der Wand herabfuhren- 
den Stiegen einen das Erkennen der Bilder wesentlich be- 
einträchtigenden Grrad erreicht. 

Dieser unter den vclHiandenen Verhältnissen unver- 
meidliche Uebelstand ist in den höheren Sitzreihen, weit 
merklicher und störender, als in den unteren, so dass der 
Raum, in welchem die wenigen, in dieser Hinsicht unbrauch- 
baren Sitze beiderseits liegen, die Gestalt eines rechtwinke- 
ligen Dreiecks hat, dessen Spitze etwa in die Gegend des 
Eckplatzes der dritten und vierten Sitereihe fallt, während 
die Basis desselben die letzten 3—4 Sitze der höchsten Reihe 
umfasst. 

Dieser Uebelstand ist es , auf welchen ich schon Ein- 
gamgs als auf eine der Unzukömmlichkeiten hingewiesen 
hatte, die bei den gegebenen Verhältnissen aus der dem be- 
rühmten Hörsaal der Royal Instition entlehnten Grundriss- 
form erwachsen mussten. 

Nach den bisher gemachten Erfahrungen würde ich 
heute diese Grundrissform trotz ihrer sonstigen Vorzüge 
wesentlich modificiren und namentlich die in jenen todten 
Dreiecken liegenden — freilich nur in der einen, ange- 



26 



deuteten Beziehung ungünstigen Sitze wahrscheinlich ganz 
opfern, weil sich in der grossen Wandfläche, gegen welche 
sie eine allzu nahe und seitliche Position haben, nicht nur 
die drei schwarzen Tafeln zum Schrpben und Zeichnen be- 
finden, sondern weil diese Fläche auch zum Aufhängen 
aller gemalten und zum Auffangen aller optisch-projicirten 
Bilder und Darstellungen bestimmt ist. 

Die mittlere schwarze Tafel ist nach unten verschieb- 
bar und deckt einen verglasten Hejrdraum zu chemischen 
Zwecken, der stark zu ventiliren ist. Zu den zwei seitlichen 
Schreibtafeln, welche wegen der verhältnissmässig be- 
schränkten Ausdehnimg der mittleren imbedingt nöthig 
waren, habe ich die oberen Hälften der beiden Holzthüren 
selbst verwerthet, die in den anstossenden Vorbereitungs- 
und Arbeitsraum führen. Der schwarze Anstrich der Tafeln 
ist noch etwas zu glatt und spiegelnd und wird bald durch 
einen rauheren und matteren ersetzt werden. 

Zum Aufhängen von gemalten Bildern befindet sich 
an der Wand ein langer horizontaler Stab, der an zwei 
dünnen Seilen, welche im Nebenzimmer um eine mit Kurbel 
und Sperrhaken versehene Welle gehen, in jede beliebige 
Höhe hinaufgezogen und herabgelassen werden kann. 

Auf diesem Stabe sind eine Anzahl von Messingringen 
mit Häkchen aufgeschoben, die zum Einhängen der mit 
-Oesen versehenen Bilderstäbe dienen und je nach der An- 
zahl der Bilder und sonstigem Bedürfniss auseinanderge- 
stellt werden können. 

Jetzt befinden sich alle architektonischen Skizzen upd 
sonstigen Darstellungen, welche ich für meine heutige An- 



27 



Sprache blrauche, an dem Stabe — und Sie mögen selbst 
erkennen, wie praktisch diese Einrichtung ist*). 

Zum Auffangen der optisch zu projicirenden Bilder, 
Schattenrisse und anderen Lichtphänomene, welche ich zu 
den demonstrativen Zwecken des physiologischen Anschau- 
ungsunterrichtes in einer neuen und ganz besondem Weise 
auszubilden und zu verwerthen gedachte, ist nicht nur die 
grosse gegypste und sorgfältig mattgeschliffene weisse Kreis- 
fläche in der Mitte der Wand selbst bestimmt, sondern auch 
noch ein kolossaler, mit einem eigenthümlichen weissen 
Anstrich versehener Leinwandvorhang angebracht, welcher 
knapp vor der Wand, bis zu den zwischen den schwarzen 
Tafeln vorspringenden Waschbecken herabgelassen werden 
kann ; er hat eine Area von mehr als 6 Meter D . 

Ich komme hier auf einen Gegenstand von allgemeinem 
Interesse für Demonstrationszwecke, den ich an sich mit 



*j NacTitrSglich will ich hier mittheilen, welche Vorkehrungen ich 
ersonnen habe, um die zahlreichen Bilder, welche in jedem Institut zu 
einer kaum zu bewältigenden Last anwachsen, bequem aufzubewahren. 
Die Bilder werden nicht gerollt, sondern entweder frei an ihren Stä- 
ben herabhängend in hohe Schränke geschoben , deren Thüren an der 
schmalen Seite sich befinden und deren je nach Format der Bilder aus- 
einanderstehende horizontale Scheidewand und Decke an ihren unteren 
Flächen dichtgedrängte umgekehrt T förmige Leistenreihen (_LJ._LJ.) 
tragen , zwischen welchen die von der Seite eingeschobenen Stäbe und 
Fapierdicken gerade Flatz haben ; o de r die Bil^erstäbe sind zum Ab- 
nehmen eingerichtet [aus zwei zusammenklappbaren Leisten) und die Bil- 
der kommen ohne alle Stäbe in ein kolossales Portefeuille mit Bretter- 
deckelU; weichesauf die Kante gestellt, in einer Vertiefung in der Wand 
eingelassen ist und daher gar keinen Kaum wegnimmt. — Ich habe auf 
diese Weise Hunderte von Tafeln, nach Format und Grösse zusammen- 
geordnet und fortlaufend nummerirt in einem sehr kleinen Räume 
untergebracht. Ein Katalog, der die Bilder sachlich geordnet auf- 
führt und bei jedem Bilde die fortlaufende Nummer angiebt, erlaubt 
jeden Augenblick das Gesuchte sicher zu finden. 



28 



Vorliebe und vielleicht zu Nutz' und Frommen der Sache 
behandeln würde, den ich aber mit Bezug auf die bis jetzt 
zu Stande gebrachten Einrichtungen — verglichen mit den 
ursprünglich von mir beabsichtigten, nicht eingehender be- 
sprechen könnte, ohne sogleich in jene tiefe Verstimmung 
zurückzufallen, welche mir im vorigen Sommer meine ohne- 
hin etwas angegriffene Gesui^dheit bedenklich erschüttert 
und alle Kraft und Schaffensfreude gelähmt hat. 

Ich beschränke mich daher auf die einfache Vorführung 
Dessen, was ich mit unverhältnissmässig grossen 
Opfern erreicht habe; — dass auch hiervon noch ein be- 
reits wohlerworbener Theil fehlt, mögen Jene verantworten, 
deren unqualificirbares Verhalten daran Schuld ist. — 

Dort oben, gerade gegenüber der grossen Projections- 
wand, befindet sich zwischen den beiden Treppenhäusern, 
die aus der Garderobe zum Amphitheater heraufführen, ein 
einfensteriger Baum, durch Schiebethüren verschliessbar. 
Er enthält die optischen Apparate, welche auf die vor dem 
Raum befindliche, mit einem Geländer eingeteriedete Piat- 
form vorgeschoben, ihre Bilder, über die Köpfe der Zu- 
schauer hinweg, auf die Kreisfläche oder den Vorhang der 
Projectionswand werfen. 

Diese Apparate bestehen aus zwei Camera's mit mäch- 
tigen Achromaten, und Drummond'schen Kalklichtbrennern 
welche letzteren als eine sehr reine, stätige und kräftige 
Lichtquelle dienen. Die Leuchtgas- und Sauersto%asometer 
zur Erzeugung der Knallgasflamme, welche die Kalkcylin- 
der in Weissgluth versetzt, befinden sich in den Keller- 
räumen des Vordergebäudes und senden ihre Leitungen bis 
in das optische Zimmerchen hinauf. Auf ihrem Wege geben 
diese Leitungen Zweige ab, welche, durch Hähne absperr- 



29 



bar, sowohl im anstossenden Vorbereitungs- und Arbeits- 
raum^ als hier in der Arena des Amphitheaters unter kaum 
sichtbaren Klappen im Fussboden münden, um die Be- 
nützung des Drummond'schen Lichtes eventuell auch an 
diesen Orten zu ermöglichen. 

Die beiden Camera's geben grosse und äusserst scharfe 
Bilder von durchsichtigen oder durchscheinenden Objecten, 
Photographien u. dgl.^sie geben aber auch vorzüglich scharfe 
Schattenrisse undurchsichtiger Gebilde. 

Die Bilder beider Camera's lassen sich nach Art der 
Dissolving-views zur gegenseitigen Deckung bringen, wo- 
durch besondere optische Effecte zu erzielen sind. 

Nebst den beiden grossen Achromaten ist noch eine 
schärfere, sehr lichtstarke achromatische Linse für kleinere 
Objecte vorhanden und ein Reversionsprisma, welches ohne 
übermässigen Verlust an Helligkeit die auf den Kopf ge- 
stellten Camerabilder umkehrt und in dieselbe aufrechte 
Stellung bringt, in welcher sich das Object selbst befindet. 

Ich bin mit der mannigfaltigen Verwerthung dieser 
Demonstrationshilfsmittel für physiologische Zwecke be- 
schäftigt^ und darf hoffen doch noch einen Theil meiner 
ursprünglichen Ideen in dieser Richtung zu realisiren, 
worüber ich mich jedoch nicht weiter verbreiten will ; da- 
gegen werde ich mir erlauben Ihnen am Schlüsse meiner 
Rede einige Proben von der verschiedenen Verwerthbarkeit 
und optischen Leistungsfähigkeit meiner wenigen Apparate 
zu geben. 

Beiläufig will ich nicht verschweigen, dass der mecha- 
nische Theil der Apparate leider wesentlicher Verbesse- 
rungen und Modificationen wegen unpraktischer Einrich- 
tung bedarf und dann noch verschiedener neuer Neben- 



30 



Vorrichtungen, deren Herstellung sehr zeitraubend und 
mühselig ist. 

Bezüglich des optischen Zimmerchens ist noch hervor- 
zuheben, dass es behufs thierisch- elektrischer, thermo- 
elektrischer etc. Demonstrationen auch zur Aufstellung eines 
Spiegelgalvanometers bestimmt ist, dessen Eeflexbildchen 
auf eine an der Projectionswand angebrachte grosse Grad- 
eintheilung fallen wird , um die Tangente des Ablenkungs- 
winkels ersichtlich zu machen. Bei dieser Anordnung bilden 
die Lichtstrahlen einen gewichtlosen Fühlhebel von circa 
13 Meter Länge, wodurch schon die allerkleinsten Ablen- 
kungen überaus deutlich werden müssen. 

Endlich hebe ich auch noch hervor , dass das Fenster 
des optischen Zimmerchens unmittelbar nach Süden sich 
öfinet, so dass es vermittelst eines Heliostaten ermöglicht ist 
Sonnenlicht direct auf die Projectionswand zu bekommen. 

Ich gehe nun zur Besprechung der Beleuchtungs- und 
Verdunkelungs-Einrichtungen über. Die Erleuchtung des 
ganzen grossen Raumes wird durch ein einziges kolossales 
Deckenfenster bewerkstelligt, üb er dessenmatten Glasschei- 
ben am Abend ein Sonnenbrenner und 96, theils in der Priphe- 
rie theils, im Centrum, an einem um eine verticale Axe dreh- 
baren Lustre angebrachte Argand-Gasbrenner angezündet 
werden, welche eine überaus angenehm-difiuse, tageslicht- 
ähnliche Beleuchtung geben. Dieselbe genügt zwar voll- 
kommen, um sowohl die in der Arena befindlichen Dinge, 
als die an der Wand hängenden Bilder und die Kreide- 
striche auf den schwarzen Tafeln zu sehen, allein ich habe 
doch noch dafür gesorgt, dass einzelne Objecto mit ganz 
besonderer Intensität beleuchtet werden können. Hierzu 
dient einerseits ein Sounenbrenner mit parabolischem Re- 



31 



flector, welcher auf einem von Herrn Müller entworfenen, 
etwas zu complicirten, auf Rollen stehenden Gestell nach 
allen Richtungen beweglich angebracht ist, andererseits die 
Kalklicht-Camera im optischen Zimmerchen. Eignet sich 
der Softnenbrenner besonders zur intensivere^ Erleuch- 
tu ag der in der Arena befindlichen Gegenstände , so ist die 
Camera, in welche passende Diaphragmen eingeschoben wer- 
den, zur Verstärkung der Beleuchtung der einzelnen Wand- 
bilder unübertrefllich. 

Die D ä m p f u n g der Intensität des vom Oberlicht aus- 
gehenden Gaslichtes kann , vom Hörsaal aus, durch Hand- 
habung eines, rechts von den schwarzen Schreibtafeln, aus- 
schliesslich in die Gasleitung für die 96 Oberlichtflammen 
eingesetzten Hahnes bewerkstelligt werden. 

Zur vollständigen Verdunkelung des Raumes 
bei Tag oder Nacht dient aber eine schwarze Filztuchgar- 
dine, welche unmittelbar über den matten Glasscheiben des 
Oberlichts, zwischen diesen und den Argandgasbrennem 
läuft und, von ihrer Welle abgewickelt, das ganze Plafond- 
fenster lichtdicht deckt. 

Dieses Abwickeln der Verdunkelungs - Gardine von 
ihrer Welle und das Wiederaufwickeln derselben geschieht 
vorläufig durch Menschenhand , doch soll dies , da ich, wie 
ich gleich angeben werde , über eine hinreichende mecha- 
nische Kraftquelle verfüge, in Zukunft durch letztere ge- 

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leistet werden. Und zwar sind die nöthigen Einrichtungen 
unter der persönlichen Leitung unseres überaus tüchtigen 
Mechanikers Herrn E. Hoflmann im Werke, um hier vom 
Saale aus, durch einen einfachen Zug an einer Handhabe 
die gewünschte Bewegung in Gang zu bringen. Ich kann 
hier die beiläufige Bemerkung nicht unterdrücken, dass ich. 



32 

Wie auf so manches Andere, um von Schlimmerem nicht zu 
reden, auch auf die Beendigung dieser längst völlig ins Reine 
gebrachten Einrichtungen seit mehr als einem vollen 
Jahre vergeblich warte. Da soll Einem die Kraft und die 
Schaffensfreude nicht vergehen — namentlich wenn man 
sonst schon leidend und reizbar ist. — 

In einem Laboratorium, in welchem alle Arten von 
wissenschaftlichen Arbeiten im Sinne der heutigen Expe- 
rimental-Physiologie sollen vorgenommen werden können, 
ist eine jeden Augenblick zur Verfügung stehende mecha- 
nische Kraftquelle — wenn auch nicht unentbehrlich — so 
doch ausserordentlich bequem und vortheilhaft. 

Ich habe es mir daher nicht versagt eine solche fär 
mein Laboratorium zu beschaffen , und da ich dieselbe fiun 
einmal hatte, so habe ich mir ihre Wirkungen durch Trans- 
missionen nicht nur in den eigentlichen Arbeitsräumen, 
Hondorn auch hier in diesem Amphitheater zu blossen De- 
nionstrationszwecken dienstbar zu machen beschlossen. 

Icli habe schon angegeben, dass«ie die Verdunkelungs- 
gardine in Bewegung zu setzen haben wird — ich füge hin- 
xu, dasH ich eine Transmission einrichten liess, vermittelst 
welcher hier im Saale selbst mechanische Triebkraft jeden 
Allgenblick zur Verfügung steht, wie ich Ihnen sogleich 
zeigen werde. 

Docli zuvor muss ich von dem Motor selbst sprechen. 
Icli liabe hierzu versuchsweise eine Nagel & Kaemp'sche 
I^artial-Turbinc mit Selbstregulirung gewählt, welche durch 
(une Wassersäule von 10 Meter Höhe getrieben wird. Zu 
diesem Ende wurde die Turbine in einen der Kellerräume 
des Vordergebäudes gesetzt, während ein durch die städti- 
sclie Wasserleitung gespeistes grosses Reservoir mit 



33 



Schwimmhahn in dem senkrecht darüber befindlichen Bo- 
denraum angebracht wurde. 

Ich öffne nun hier im Fussboden ein Klappe und ziehe 
einen Treibriemen herror, den ich über das Rad dieser 
Welle lege, welche von einem festen tischartigen Gestell 
getragen wird. 

Drehe ich jetzt an diesem an der Wand befindlichen 
Rad nach links , so öffne ich vermittelst eines über Rollen 
gehenden Gutta-Perchastranges den Triebhahn der Tur- 
bine im Keller. Sie hören an einem fernen dumpfen Ge- 
räusch, dass sich die Maschine in Bewegung gesetzt hat. 
Die Welle läuft, wenn ich den Auslösungshebel einstelle, 
und ich kann nun jeden mit der Stufenscheibe der Welle 
durch eine Schnur in Verbindung gesetzten Apparat z. B. 
den Blasebalg zur künstlichen Athmung, irgend einen Re- 
gistrir-Apparat, eine Centrifuge u. dgl. treiben. 

Zur Regulirung der Geschwindigkeit des Ganges der 
Apparate dient nicht nur die Stufenscheibe der Welle, 
sondern es ist auch möglich, abgesehen von der Kraftregu- 
lirung der Turbine im Keller unten, durch beliebige Ein- 
stellung- des Partial - Fächerrades , die Umdrehungsge- 
schwindigkeit der Welle selbst in weiten Grenzen von hier 
aus zu varüren, indem man an jenem zweiten Rade an der 
Wand dreht, wodurch die mit zwei Coni's versehene Trans- 
mission den Treibriemen, bei gleichbleibender Kxaflent- 
wicklung der Turbine, rascher oder langsamer um» 
laufen macht. 

Noch hätte ich die Heizungs- und Ventilations-Ein- 
richtungen des Amphitheaters zu besprechen, doch ich be- 
gnüge mich mit den folgenden Andeutungen, da Herr 

Architekt Müller mit meiner Zustimmung eine detailirte 

3 



\ 



\ 



34 



und illustrirte Beschreibung meines ganzen Laboratoriums 
für Bauverständige zu publiciren gedenkt. 

Es sind im mittleren Kellerraum, gerade unter der Arena 
des Amphitheaters vier Caloriferen angebracht, welche je nach 
der Einstellung grosser Ventile entweder aus dem Zuhörer- 
raum selbst oder durch unterirdische Canäle aus der freien 
Atmosphäre Luft entnehmen. Die frische erwärmte Luft 
dringt in unmerklichem Strome, theils aufeinemUmwege 
durch die Garderobe, welche hierdurch ebenfalls temperi^t 
wird, theils direct in den Zuhörerraum, von wo sie fort- 
während durch grosse Ventilations-Canäle abgesaugt wird, 
so dass ohne den geringsten wahrnehmbaren Zug eine con- 
tinuirliche Circulation der Luft erreicht und jede störende 
Anhäufung von Hitze und Ausdünstungsproducten vermie- 
den ist. Leider hat Herr Kelling aus Dresden die Anlage 
allzusehr complicirt, so dass deren Bedienung zu viel Auf- 
merksamkeit erfordert und Weitläufigkeiten verursacht, die 
wohl hätten vermieden werden können, ohne ihrer Leistungs- 
fähigkeit wesentlich Abbruch zu thun. 

Bei den wenigen einzelnen Vorträgen, welche ich zu 
Ende des vorigen Winters, zum Theil in der Absicht das 
Auditorium einer Sitz-, Hör- und Sehprobe zu unterwerfen, 
gehalten habe, war beispielsweise nach dem IY2 stündigen 
Aufenthalt von mehr als 400 Menschen die Temperatur, 
selbst in den höchsten Käumen des Amphitheaters allerdings 
noch^nicht um 3*^R gestiegen. 

Nachdem ich nur noch hervorgehoben haben möchte, 
dass die Akustik des Raumes sowohl in Bezug auf die Lqich- 
tigkeit des Sprechens als des Hörens gar nichts zu wünschen 
übrig lässt — eile ich zum Schluss meiner S^de. 



35 



Hochverehrte Anwesende ! 

Ich habe mich aus naheUegenden Gründen gedrungen 
gefühlt meine Ideen und Pläne für die Einbürgerung eines 
wirklich allgemein fasslichen und gründlichen physiolo- 
gischen Anschauungsunterrichts an der Universität, welche 
ich vor nunmehr drei Jahren bekannt gab und mit rück- 
sichtslosem Eifer zu realisiren begann, nochmals zu be- 
sprechen , nachdem ich theils durch äussere Umstände der 
widrigsten Art, theils durch den andauernd leidenden, und 
in Folge einzelner jener äusseren Umstände so sehr ver- 
schlimmerten Zustand meines Befindens viele Monate hin- 
durch an jeder geistigen Thätigkeit überhaupt und speciell 
an der Verfolgung und Ausführung jener Ideen und Pläne 
gehindert war. 

Auch jetzt noch ist mir die Kraft und die Freude an 
dieiser letzteren Arbeit nicht in vollem Maasse wiedergekehrt, 
und überdies mag ich die Befriedigung nicht länger missen, 
die die ernste, stille, wissenschaftliche Forscherarbeit 
gewährt, welcher ich während der letzten drei Jahre — 
allerdings mit Absicht — allzuviel Zeit zu Gunsten jener 
mehr äusserlichen Thätigkeit entzogen habe. 

Weil ich nun aber die Zeit und die allmälig wieder- 
kehrende Kraft gar sehr zu ßathe halten muss, so werden 
die unvollendet gebliebenen und nach meinem Sinne und 
Urtheil noch ganz unzureichenden Vorbereitungen für den 
geplanten physiologischen Anschauungsunterricht — wenn 
überhaupt — nur sehr allmälig zu einem solchen vor- 
läufigen Abschluss gelangen können , dass er mich in die 
Lage und Stimmung zu versetzen vermöchte mit dem Unter- 
rieht selbst zu beginnen. 

Ich habe jedoch viel zu viel für diese Sache gethan und 



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erreicht, als dass ich die Beschäftigung mit derselben, trotz- 
dem sie mir durch ein solches Unmaass menschlich be- 
greiflichen Unmuths über gescheiterte Ziele, unerfüllte 
Hoflhungen sachlicher und persönlicher Art völlig verlei- 
det worden war, schon jetzt ganz aufgeben und fallen lassen 
wollte und könnte, und überdies muss ich lebhaft wünschen^ 
dass Das, was ich dabei durch die Errichtung dieses Specta- 
toriums zum bleibenden Gewinn für unsere Universität ge- 
leistet zu haben glaube, dem öffentlichen Unterricht womög- 
lich sofort zu Gute komme. 

Desshalb habe ich nicht länger zögern wollen — da 
doch Alles auch seine richtige äussere Form und Art haben 
will, — zur heutigen »Eröffiiungsversammlung« einzuladen^ 
um diesen Saal, mit seinen eigenthümlichen und zum Thöil 
hinreichend beendeten Einrichtungen zu inauguriren und 
speciell dem h. Rectorate unserer Universität öffentlich und 
feierlich zur Verfügung zu stellen. — 



Nachschrift. 



Nach Schluss vorstehender Rede wurde das Amphitheater 
vollständig verfinstert und ich demonstrirte vermittelst der er- 
wähnten Kalklicht- Camera's vom optischen Zimmerchen aus, 
folgende Bilder, Präparate und lebendige Vorgänge. 

1. wurde eine jener wundervollen embryologischen 
Photographien von Prof. His, welche das Vollendetste «sind, 
was in dieser Richtung bisher geleistet ist, auf den grossen Lein- 
wandvorhang projicirt; es war dies ein überaus gelungenes Original- 
Negativ auf Glas, dessen Benützung ich der Güte meines genann- 
ten Herrn Collegen verdankte. Es stellte den mikroskopisch ver- 
grösserten Querschnitt eines Hühnerembryo aus früher.Zeit dar, an 
welchem nicht nur die einzelnen Organe, wie das Rückenmark mit 
seinem spaltförmigen Centralcanal, die Chorda dorsalis, die Urwir- 



37 



belmassen, dieSeitenplatten, die Lumina und Wandungen der bei- 
den AusfÜhrungsgänge der Wol ff sehen Körper und der beiden 
Aorten, das Darmdrüsenblatt und die Anlage der Iieibeshöhle mit 
der Uebersichtlichkeit einer schematischen Zeichnung erschienen, 
sondern an welchem auch die histologischen Elemente mit über- 
raschender Deutlichkeit und Schärfe hervortraten ; namentlich sei 
erwähnt, dass an einer der Aorten eine Überaus klar gezeichnete 
Gruppe von embr}'onalen Blutkörperchen hängen geblieben war, 
die zum Theil frei in das Lumen derselben hineinragte. 

Um eine Idee von der Ausdehnung und Grösse des projicir- 
ten Bildes zu geben, brauche ich nur anzuführen , dass es den 
mehr als 6 Meter breiten Leinwandvorhang in querer Richtung 
vollständig deckte. 

2. wurden zwei grosse, dünngeschliffene Knochendurch- 
schnitte, welche ich der Freundlichkeit meines geehrten Collegen 
Prof. Braune verdankte, in scharfem Schattenriss gezeigt, um 
die in neuerer Zeit von H. Meyer u. A. einer besondern Auf- 
merksamkeit gewürdigte Architektonik der spongiösen Substanz 
zu illustriren. 

Der eine Durchschnitt umfasste den Kopf, Hals, Trochanter 
und das obere Drittel eines menschlichen Femur*s , der andere 
das ganze obere Gelenksende der Tibia. Die Schattenrisse 
deckten in senkrechter Richtung über Y5 — Y4 des Vorhangs. — 

Nachdem der leinwandne Projectionsvorhang wieder ganz 
in die Höhe gezogen worden war , demonstrirte ich auf der frei- 
gewordenen gegypsten Kreisfläche der Wand : 

3. eine genau nach dem Original transparent colorirte Pho- 
tographie des Bildes vom Hundeknie mit den primitiven Lymph- 
wegen der sehnigen Gebilde aus der bekannten Abhandlimg von 

■ 

Ludwig und Schweig er -Seidel. 

4. wurde jene umgrenzte Stelle dieses Bildes, welche die 
blau injicirten netzförmigen Lymphbahnen und die roth gefüllten 
Blutgefässverästelungen enthält, mit der stärkeren Linse meines 
Apparates in bedeutenderer Vergrösserung projicirt, so dass die 
feinsten Ramiflcationen mehr als fingerdick erschienen und 
ausserordentlich scharf und deutlich hervortraten. 



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5. wurde eine zweite genau nach dem Originalbilde von 
Prof. K e c 1 a m transparent cplorirte Photographie des Durch- 
schnittes der menschlichen Haut projicirt, welche mit den roth 
injicirten Blutgefässen , den Haarbälgen sammt Talgdrüsen, den 
Unterhautfettzelleninseln , den Schweissdrdsen , dem Papillär- 
körper und der Malpighi' sehen und Oberhautschichte eine recht 
hübsche Illustration der »Hautstructur darstellt, — nur schade 
dass die Schweissdrüse und ihr in Wirklichkeit korkzieherförmig 
gedrehter Ausführungsgang auf dem Original nicht glücklich 
wiedergegeben sind! — 

6. zeigte ich mein neues künstliches Kreislauf- 
schema, bei welchem ein ausgeschnittenes, fortschlagendes 

Froschherz als natürli- 
cher Motor dient*) . Der 
kleine Apparat , sammt 
dem pulsirenden Frosch- 
herzen, wurde ,um allen An- 
wesenden deutlich sichtbar 
gemacht zu werden , in 
scharfem Schattenrias auf 
^6 gegypste Kreisfläche 
projicirt und erschien — 
da das Reversionsprisma 
eingeschaltet wurde — in 
aufrechter Stellung. Der- 
selbe erläutert die funda- 
mentale Thatsache des 
Blutkreislaufs mit solcher 
Anschaulichkeit und Ele- 
ganz , und empfiehlt sich 

^. . ^ 1- 1. V • 1 r u : überdies so sehr durch 

Flg. 5. Künstliches Kreislaufschema mit 

lebendigem Motor (Froschherz). leichteHerstellbaxkeit^dasB 





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*) Ein ähnliches , freilich viel gröberes Schema mit einem todte^ 
Säugethierherz, an welchem mit der Hand gejjumpt wurde , pflegte ich 
schon vor Jahren zu demonstriren. Vgl. meinen Vortrag )>Üeber das 
Herz etc.« Leipzig, J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, 1871. pag. 16 u. f. 



39 



ich ihn genauer heschreiben will, um mir den Dank der praktischen 
Lehrer der Physiologie zu erwerben . denn jeder von ihnen wird 
mein Schema als Collegienversuch sehr brauchbar finden. 

Ein Stativ S mit schwerem Fuss trftgt einen horizontalen 
Qlasstab i^), auf welchen zwei länglich viereckige Korkstücke 
(k,k') aufgeschoben sind. In der verticalen Bohrung jedes dieser 
Korke ist ein kurzes Stück einer dickwandigen KautschuckrOhre 
(c,c') durchgeschoben und eingeklebt, welches nach unten etwa 
1 Cm. weit frei hervorsteht. In die obere Oeffnung der einen Kaut- 
schuckrOhre wird das untere Ende der Steigröhre (a), welche an 
ihrem oberen Ende in eine feine, umgebogene Spitze ausgezogen 
ist, senkrecht festgesteckt; in das zweite Kautsch uckrOhrchen 
kommt ebenso ein Glastrichterchen (v) . In die unteren Oeff- 
nungen der K autsch uckföhrchen wird einerseits die gerade glä- 
serne Kanüle (a') eingeschoben , welche in den einen Hauptast 
des bulbus aortae (ba) des Froschherzens (h) eingebunden ist, 
während andererseits die passend gebogene Kanüle (v^) einge- 
führt wird, welche in der Vena cava inf. vermittelst einer Ligatur 
befestigt wurde , die alle übrigen Venen des Froschherzens mit- 
umschnürt. 

Nun füllt man den Venentrichter mit Blutserum oder VsVo 
Kochsalzlösung, saugt mit einer capillar ausgezogenen Glasröhre 
alle sich etwa bildenden Luftblasen auf oder entfernt sie auf 
andere Weise — imd sieht nun wie das kräftig fortschlagende 
Froschherz die Flüssigkeit in die Steigröhre (a'a) emportreibt 
und aus dem ausgezogenen und umgebogenen Ende derselben 
in rhythmisch unterbrochenem Strahl in den Venen trichter hinein- 
spritzt. So ist denn ein wirklicher Kreislauf der Flüssigkeit 
in sehr zierlicher und anschaulicher Weise hergestellt, den man 
halbe Stunden lang und mehr beobachten und erläutern kann. 

Anfangs filtrirt die Kochsalzlösung , wenn ihr nicht etwas 
gummi arab. zugesetzt ist, oft ziemlich stark durch die Herz- 
wandungen hindurch , und man muss dann von Zeit zu Zeit et- 
was Flüssigkeit in den Venen trichter nachfüllen, später vermin- 
dert sich das Durchfiltriren und hört meist vollständig auf. — 

7. Endlich habe ich das fortpulsirende Froschherz dieses 



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Kreislaufschemas in einen mit Kochsalzlösung gefüllten Glastrog 
mit planparallelen Wänden getaucht und in scharfem^ th eilweise 
durchscheinendem Schattenriss vermittelst der stärker vergrössern- 
den Linse meines Apparates auf das gegypste Wandfeld projicirt, 
um den Rhythmus und die Formveränderungen der einzelnen 
pulsirenden Herzabschnitte zu demonstriren. Selbstverständlich 
wurde das Keversionsprisma eingeschaltet,^ damit das schlagende 
Froschherz in aufrechter Stellung erscheine und seine Beziehungen 
zum Zuge der Schwere in natürlicher Richtung erkennen lasse. 

Um eine Idee von der Schaubarkeit dieser überraschenden 
Demonstration zu geben, erwähne ich nur, dass der Längsdurch- 
messer des an der Wand erscheinenden Schattenrisses des schla- 
genden Herzens an 2 Meter betrug. 

Diese neuartige Demonstration des lebendigen Herz- 
schlages hat aber auch einen wissenschaftlichen Werth, indem 
bei der Schärfe der Conturen des Schattenrisses und bei der be- 
deutenden Vergrösserung der Bewegungen Details der Con- 
tractionen der Herzabschnitte zu beobachten sind, welche dem 
unbewaffneten Blicke entgehen oder kaum sichtbar werden. In 
dieser Beziehung hebe ich hervor ^ dass die unregelmässigen 
tetanischen und peristaltischen Contractionen beim all- 
mäligen Absterben des Herzens durch zunehmende Erwärmung 
in einer Mannigfaltigkeit auftreten , von der man bisher kaum 
eine genügende Vorstellung hatte. 

Schliesslich ergreife ich mit Freuden die Gelegenheit den 
Herren Dr. Ernst Fleischl aus Wien und Dr. L uc i a n i aus 
Bologna für die gefällige und geschickte Assistenz, die sie mir 
bei diesen Demonstrationen zu leisten die Güte hatten, meinen 
herzlichsten Dank öffentlich auszusprechen. 

Leipzig, 22. XÜ. 1872. 

Prof. Joh. Czermak. 



■ 



. 



Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. 



Ve rbesserungen. 



S. "i.i Z. It) V. o. statt »Um aber die auch absolute Entfernung« — 

lies: »Um aber auch die absolute Entfernung« ; 

S. 24 Z. 11 v.o. statt »nach einer auch meinen "Wunsch« — 

lies: »nach einer auf meinen Wunsch« . 






Bei Wllb. Engelmann in Leipzig erBchien ferner: 

Die Physiologie 

als allgemeines Bildungselenient 

Antritts- Vorlesung 

gehalten zu I^eipzig am 13. November 1869 



von 



llr« Joh. A'« Czerniak, 

o. Ilonorar-ProlVijfior an der Universität. 

}:r. S. 1S70. br. 7^Xgr. 



Der 

Kehlkopfspiegel 

und seine 

Verwerthong für Physiologie und Medioin. 

Kiiie >loiiograpliie 

von 

Dr. Joh. N. Czermak 

in Prag. 

VorraalK onlentl. Professor der Physiologie an der k. k. Universit&t Prag. 

Zweite, theilweise umgearbeitete und 
vermehrte Auflage. 

Mit 3 Tafeln und 26 Holzschnitten, 
gr. b. 1SG3. broch. 1 Thlr. 7V2 Ngr. 

Bei Carl Czermak in Wien erschien: 



Physiologische Vortrage 

j::ehalten im aeademischen Rosensaale 

zu .lt*na. 

in den Jahren 

1867-1868—1869. 

von 

Prot Dr. Job« 1. 0sermak. 

Mit 8 Steindrucktafeln und 34 Holzschnitten. 

gr. 8. 1869. brocb. l Thir. 10 Ngr. 
gebunden 1 Thlr. 20 Ngr. 



J^nick von Broilkopf und HUrtel in LHipz:^'. 



^,MEOK«. "»*«'' 



To-tS'^yS 




F5? Czerm&lf, J.N. 79408 
L5C9 aber das physlologl- 
1875 sehe ~ " '