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Full text of "Über den Bau der Korallenriffe und die Planktonvertheilung an den samoanischen Küsten; nebst vergleichenden Bemerkungen"

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OlTOHARRASSOWirZ 

BUCHHANDLUNG 

:LEIPZIG: 


üeber  den 

Bau  der  Korallenriffe 

und  die 

PlaiiktoiiYertlieiluiig  an  den  Samoanisehen 

Küsten 

nebst  vergleiclienden  Bemerkungen 


von 


Dr.  Augustiii  Krämer 


Marinestabsavzt 


und  einem  Anhau«" 


Ueber   den   Palolowurm 

von  Dr.  A.  Colliii. 


w 


Kiel  und  Leipzig 

Verlag    von   Lipsius   &  Tis  eher 
1897. 


üeber  doii 


Bau  der  Korallenriffe 

und  die 

IMniiktoiivortlu^liiim*  au  doii  Saiuoanisdien 

Ivüsteii 

nebst  vergleichenden  Bemerkungen 


von 


Dr.  Aiigiistin  Krlimer 


Muriiiestubsai'zt 


und   einem  Anhani»' 


Ueber   den   Palolowurm 

von  Dr.  A.  Colliii. 


Kiel  und  Leipzig 

Verlag   von    L  i  p  s  i  u  s    &  Tisch  e  r 
1807. 


Druck  von  A.  Hopfer  in  Burg'. 


Meinen  Kieler  Lehrern  in  den  Natnrwissenschaften 

Herrn  Prof.  Dr.  Karl  Brandt 

und 

Herrn  Prof.  Dr.  Hippolyt  Haas 

in  Dankbarkeit  nnd  Freundschaft 
gewidmet. 


Vorrede. 

Nachfolgende  Beobachtungen  und  Untersuchungen  sind  während  einer  zwei- 
jährigen Reise  in  der  Südsee  in  den  Jahren  1893  bis  1895  an  Bord  Seiner 
Majestät  Kreuzer  „Bussard"  gemacht  worden.  Da  das  Schiff  während  dieser 
Zeit  nur  Samoa,  Neu-Seeland  und  Australien  (Viti  nur  sehr  kurz)  besucht  hat. 
so  kann  ich  leider  über  keine  ausgedehnte  Südseeerfahrung  gebieten.  Da  jedocli 
von  den  zwei  Jahren  volle  zwölf  Monate  auf  die  samoanischen  Gewässer  fallen 
und  der  „Bussard"  häufig  Fahrten  zwischen  den  Inseln  dieses  Archipels  maclite, 
so  habe  ich  wenigstens  dies  Gebiet  ziemlich  genau  und  eingehend  kennen  gelernt 
und  ich  glaube,  dass  das  genaue  Studium  einer  einzelnen  Inselgruppe  das  vor- 
liegende Problem  unter  Umständen  mehr  fördert,  als  das  Zusammentragen  einer 
Fluth  von  immer  noch  unsicheren  Thatsachen,  wie  dies  z.  B.  in  Dana's  Buch 
„Coral  and  Coral  Islands"  der  Fall  ist. 

Der  jetzige  Contreadmiral  Hoffmann  sagte  einst  in  einem  Vortrag  in  der 
Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin  am  7.  Mai  1882: 

„Ein  Vergleich  meiner  Notizen  mit  den  Beschreibungen,  welche  wir  über 
Korallenbildungen  besitzen,  hat  mich  zu  der  Einsicht  geführt,  dass  diese  Bil- 
dungen untereinander  viel  verschiedenartiger  sind,  als  man  in  der  Kegel  anzu- 
nehmen geneigt  ist  und  dass  es  nicht  zulässig  ist,  aus  Beobachtungen  an  einer 
einzelnen  Inselgruppe  auf  das  Waclisthum  und  den  Bau  der  Korallenriffe  im 
Allgemeinen  Schlüsse  zu  ziehen.  Die  Erscheinungen  an  jedem  einzelnen  bringen 
neue  Momente  für  die  Beurtheilung,  und  die  meisten  Schilderungen  sind  viel  zu 
allgemein  gehalten,  als  dass  sie  die  Verschiedenheiten  der  einzelnen  Bildungen 
zur  Geltung  bringen  könnten." 

Den  letzteren  Eindruck  habe  icli  vielfach  auch  beim  Lesen  einzelner  Ab- 
handlungen empfangen;  je  mehr  ich  mich  aber  in  das  Studium  dieser  Fragen 
vertiefte,  desto  mehr  fand  ich  doch  eine  Harmonie  im  Aufbau  aller  dieser 
wunderbaren  Bildungen ;  es  drängte  sich  mir  die  Ueberzeugung  auf,  dass  es 
überall  dieselben  Ursachen  und  dieselben  Hindernisse  im  wesentlichen  sind, 
welche  diese  „Momente"  bedingen. 

Icli  bin  mir  wohl  bewusst,  dass  ich  all  die  verwickelten  Fragen,  an  denen 
schon  Jahrzehnte  eine  Unzahl  von  Forschern  ihren  Geist  und  ilir  Glück  versucht 
haben,  nicht   zu  lösen  vermocht  und   gekonnt  habe;    weiss  ich   doch  selbst  nicht 


yj  Vorrede. 

aus  Erfahrung,  ob  nicht  doch  noch  an  anderen  Plätzen  andere  Factoren  für  die 
Riffbildung  in  Frage  kommen  und  sind  sichere  Beobachtungen  doch  gerade  für 
die  Anwendung  auf  meine  Untersuchungen  vielfach  recht  spärlich  oder  gar 
mangelnd,  namentlich  in  Beziehung  auf  die  Planktonforsch uug  im  Kiffgebiet. 

Aus  diesen  Gründen  bitte  ich  die  vorliegende  Arbeit  aufzufassen  nicht  als 
eine  Streitsclirift  gegen  die  bestehenden  Ansichten  und  Theorieen,  sondern  als 
das,  was  sie  wirklich  sein  soll,  eine  Anregung  zur  Verfolgung  bestimmter  Beob- 
achtungen und  Untersuchungen  bei  künftigen  Kiffforschungen. 

Aus  diesem  Grunde  habe  ich  auch  diese  Abhandlung  dem  Buchhandel 
übergeben,  damit  sie  leicht  zu  erhalten  und  handlich  sein  möge. 

Es  könnte  überflüssig  erseheinen,  dass  ich  einer  Arbeit  über  Korallenriffe 
ausgedehnte  Resultate  der  Planktonforschung*)  beigefügt  habe;  sind  es  doch 
gerade  diese  Studien,  welchen  diese  Arbeit  ihre  Entstehung  verdankt.  —  Ich 
war  ferne  davon,  als  ich  nach  Samoa  kam,  Koralleuriffuntersuchungen  machen 
zu  wollen;  ich  wusste  damals  kaum  um  die  schwebenden  Theorieen  und  konnte 
mir  auch  später  nur  das  nothwendigste  an  Literatur  während  eines  Zwischen- 
Aufenth altes  in  Sydney  verschaffen. 

Der  Widerstreit  meiner  planktonischen  Ergebnisse  mit  den  Angaben  der 
Challengerexpedition  brachte  mich  jedoch  diesem  gefährlichen  Gebiet  stetig- 
näher  und  da  ich  das  ganze  Thierleben  des  Meeres  so  eng  mit  den  Korallen- 
riffen verkettet  fand,  so  schien  es  mir  nicht  mehr  rathsam,  eines  allein  abzu- 
handeln und  ich  entschloss  mich,  auch  meinen  Beobachtungen  an  den  Korallen- 
riffen Samoa's  Raum  zu  geben. 

Da  ich  glaube,  dass  mau  künftig  bei  der  Untersuchung  von  Korallenriffen 
auch  der  Verbreitung  des  Planktons  Rechnung  tragen  muss,  so  habe  ich  mich 
bemülit,  die  Methode  der  Messung  so  auszubilden,  dass  es  möglich  ist  in  kurzer 
Zeit  an  Ort  und  Stelle  ein  sicheres  Resultat  über  die  Vertheilung  und  die  Masse 
zu  erhalten,  und  sogar  über  die  Zusammensetzung.  Die  wissenschaftliche  Ver- 
arbeitung wird  natürlich  immer  erst  zu  Hause  ausgeführt  werden  können;  je- 
doch schon  an  Ort  und  Stelle  scheint  es  sehr  wünschenswerth  zu  erfahren,  was 
für  Tliierarten  und  wieviel  ungefähr  die  Masse  ausmaclien  und  wie  die  Schwan- 
kungen an  den  einzelnen  Stellen  und  während  gewisser  Jahreszeiten  sind.  Die 
Masse  scheint  aber  hier  besonders  wichtig. 

Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  habe  ich  es  vermieden  speciell  zoologische 
Daten  und  Arbeiten  hier  zu  erörtern,  zumal  da  der  grössere  Theil  meiner  Samm- 
lungen noch  der  Bearbeitung  harrt.  Letzteres  gilt  namentlich  für  die  Macro- 
fauna  der  samoanischen  Riffe,  welche  ich  desshalb  wesentlich  vom  ethnologischen 
Standpunkte  aus  als  eine  Nahrungsquelle  der  Eingeborenen  betrachten  werde. 
Im  Uebrigen  erfolgt  diese  Besprechung  wie  die  des  Planktons  nur  von  oceano- 
graphischen,  geographischen  und  biologisclien  Gesichtspunkten. 

Ich  habe  im  Laufe  der  Arbeit  mehr  Citate  von  Autoren  gebraucht,  als  es 
im  Allgemeinen  wünschenswerth  erscheinen  dürfte;  bei  der  Vieldeutigkeit  der 
Meinungen  glaubte  ich  dies  jedoch  niclit  umgehen  zu  können. 

*)  Ein  fleissigor  Assistent  erstand  mir  in  dem  Uberlazaretligehülfon  Pratscli,  welclier 
mir  stetig  hülfroiche  Hand  leistete. 


Vorrede.  Vll 

Betreffs  der  Nomenclatur  halte  ich  fest  an  den  Namen  Viti  für  Fidji,  Paumutu 
für  Panmotii,  Pomotu  u.  s.  w.,  Tonga  für  Freundschafts-,  Taliiti-  für  Gesellschafts-, 
Hawaii  für  Sandwicliinsoln  u.  s.  w.,  da  diese  Benennungen  sowohl  geograpliiscli  als 
etymologisch  riclitiger  sind.*)  Statt  „Stiller"  und  ,, Grosser"  Ocean  empfiehlt  sich 
mehr  „pacifischer".     „Südsee"  ist  der  südliche  Theil  des  Pacifischeu  Oceans. 

Den  örtliclieu  Besclireibungeu  und  Karten  sind  die  Karten  der  englisclien 
Admiralität  und  die  vom  Reichsmarineamt  im  Jahre  1895  neu  herausgegebenen 
Specialkarten  der  Nordküstc  von  üpolu  (No.  106)  und  des  Apiahafens  (No.  107) 
zu  Grunde  gelegt,  welcli'  letzterer  während  des  Aufenthaltes  in  Apia  von  Lieu- 
tenant zur  See  Hollweg  neu  vermessen  worden  ist.  Ich  darf  bei  dieser  Gelegen- 
heit nicht  versäumen,  meinem  einstigen  Gommandanten  Herrn  Corvetten-Kapitän 
Sclieder  meinen  Dank  auszusprechen  für  die  grösstmöglichsten  Freiheiten,  welche 
er  mir  in  der  Verfolgung  meiner  Studien  gewährte,  so  dass  ich  meine  ganze 
Zeit,  soweit  es  mein  Beruf  gestattete,  dem  Studium  der  samoauischen  Verliält- 
nisse  widmen  konnte;  nicht  minderer  Dank  gebührt  den  Leitern  der  deutschen 
Handels-  und  Plantagengesellschaft,  welche  in  der  Unterstützung  wissenschaft- 
licher Bestrebungen  unermüdlich  sind,  als  ob  es  zu  ihren  Traditionen  geliörte, 
das  Andenken  an  das  commercielle  leider  zu  rasch  verblichene  Königthum  der 
Godeffroy's  zu  pflegen. 

Zahlreiche  Literaturangaben  verdanke  ich  Herrn  Professor  von  Martens 
und  Dr.  Collin  in  Berlin,  Herrn  Dr.  Langenbeck  in  Strassburg  und  Herrn  Pro- 
fessor Krümmel  in  Kiel,  wie  Herrn  Professor  Brandt  und  Haas  hierselbst.  Bei 
der  Einsicht  und  Anfertigung  von  Karten  fand  ich  das  liebenswürdigste  Ent- 
gegenkommen seitens  des  Kartendepots  der  Kaiserlichen  Werft  7-u  Kiel. 

Die  Abbildungen  entstammen  grösstentheils,  soweit  es  sich  um  Photo- 
graphieen  handelt,  den  in  Apia  ansässigen  Photographen  Davis  und  Andrews. 
Je  eine  verdanke  ich  auch  Herrn  Oberstabsarzt  Dr.  Kleffel  und  Dr.  lleinecke. 
Die  Namen  sind  bei  den  einzelnen  Bildern  aufgeführt.  Die  Zeichnungen  habe 
ich  selbst  an  Ort  und  Stelle  angefertigt  und  war  mir  der  Maler  Herr  Fürst  bei 
deren  Fertigstellung  für  den  Druck  behülflich. 

Der  Verlagsbuclihandlung  bin  ich  für  die  schöne  Ausstattung  des  Büchleins 
besonders  zu  Dank  verpflichtet. 

Die  berücksichtigte  Literatur,  auf  die  ich  öfters  Bezug  nehmen  musste, 
ist  in  einem  besonderen  Verzeichniss  am  Schlüsse  aufgeführt.  Zalilreiche  An- 
gaben finden  sich  indessen  auch  im  Text  verstreut.  Die  Zahlen  in  Klammern 
nehmen  Bezug  auf  die  Nummern  des  Verzeichnisses. 

Die  floristische  Untersuchung  Samoa's  hat  in  den  letzten  zwei  Jahren  durch 
den  Botaniker  Dr.  Eeinecke  aus  Breslau  eine  äusserst  erfolgreiche  Förderung 
erfahren;  es  würde  mir  eine  Genugthuung  sein,  wenn  ich  in  oceanologisch- 
faunistischer  Hinsicht  ein  Scherflein  beizutragen  und  weiteren  Forschungen  da- 
selbst dienlich  zu  sein  vermöchte,  damit  Samoa  mehr  und  mehr  auch  in  wissen- 
schaftlicher Hinsicht  die  ihm  gebührende  Stelle  im  tropischen  Theil  der  Südsee 
einnimmt,  die  ihm  seine  günstige  geographische  Lage  und  namentlich  auch  der 
deutsche  Handel  längst  gesichert  hat. 

*)  Eine  Begründung  an  anderer  Stelle  miiss  vorbclialten  bleiben. 


yjJJ  Vorrede. 


Nachtrag  zur  Vorrede. 

Eben  im  Begriffe  die  Arbeit  dem  Drucke  zu  übergeben,  erhalte  ich  un- 
erwarteterweise einen  Brief  aus  der  Hand  des  liebenswürdigeji  englischen  Ge- 
lehrten Jolm  Murray,  welcher  Aufschluss  bringt  über  den  Ausfall  der  in  den 
folgenden  Zeilen  des  öfteren  erwähnten  Südsee-Expeditionen  von  Prof.  Sollas  und 
Alexander  Agassiz.  Leider  ist  in  beiden  Fällen  das  Hauptziel  nicht  erreicht 
worden,  und  es  ist  dies  um  so  bedauerlicher,  als  dieses  Resultat  geeignet  ist 
einen  Rückschlag  in  der  Korallenforschung  zu  bewirken.  Es  erhellt  daraus,  mit 
welclien  Schwierigkeiten  solche  Forschungen  verknüpft  sind  und  dass  Erfahrung, 
Zeit,  Ausdauer,  Glück  und  —  ausgiebige  Unterstützung  zusammen  stehen  müssen, 
um  einen  Erfolg  zu  sichern.  Zweifellos  werden  die  Untersuchungen  von  Professor 
Sollas  trotzdem  eine  Menge  des  Neuen  bringen,  wie  aus  folgendem  dem  Brief 
beigelegten  Zeitungsausschnitt  hervorgeht: 

Letters  have  been  received  from  Prof.  Sollas,  u  the  Chairman  and 
Secretary  of  the  Coral  Reef  Boring  Committee  of  the  itoyal  Society,  which 
show  that,  so  far  as  the  main  object  of  the  expedition  is  concerned,  the 
efifort  has  been  an  almost  complete  failure.  When  the  party  had  landed 
on  Funafuti  from  the  Peuguiu,  they  selected  the  most  promising  site,  as 
it  appeared,  for  a  bore-hole.  The  apparatus  was  landed  and  set  up,  and 
a  bore-hole  carried  down  to  a  depth  of  about  65  feet,  when  further  progress 
became  impossible,  for  material  like  a  quicksand  was  Struck  which  choked 
the  bore-hole.  Very  little  solid  coral  rock  was  pierced.  To  pass  over  the 
Steps  then  taken,  it  may  be  enough  at  present  to  say  that  another  attempt 
was  ultimately  made  nearer  to  the  edge  of  the  Island,  where  there  appeared 
some  hope  of  finding  more  solid  coral  rock.  This  boring  was  carried  down 
to  72  feet,  and  then  similar  difficulties  prevented  further  progress.  The 
material  Struck  was  a  kind  of  quicksand  containing  "boulders"  of  coral. 
As  fast  as  the  sand  was  got  out,  fresh  material  poured  in,  and  the  water 
pumped  down  the  tube,  with  a  view  of  cleauing  it,  actually  flowed  out  into 
the  surrounding  bed,  while  the  coral  boulders  made  it  impossible  to  drive 
the  tubes  through  the  quicksand.  So  far  as  the  reef  was  pierced  it 
appeared  to  bo  not  solid  coral,  but  more  like  a  "vast  coarse  sponge  of 
coral  with  wide  interstices,  either  empty  or  sand-filled".  It  is  very  uu- 
fortuuate  that  the  efforts  of  the  Royal  Society,  and  the  liberal  aid  of  the 
Admiralty  and  of  friends  and  authorities  in  Sydney,  should  be  so  ill-rewarded; 
sti]l,  thougli  the  expedition  has  failed  in  its  main  object,  it  has  met  with 
great  success  in  all  the  others.  Large  coUections  have  been  made :  Messrs. 
Gardiner  and  Hedley  have  tlioroughly  investigated  the  fauna  and  flora,  both 
land  and  marine,  of  the  atoll.  Dr.  Colliugwood  has  obtained  Information 
of  ethnical  interest,  and  Captain  Field  a  series  of  soundings,  both  withiu 
and  without  the  atoll,  which  Prof.  Sollas  states  are  more  complete  than 
have  yet  been  obtained,  and  must  greatly  modify  our  views  as  to  the 
nature  of  coral  reefs.    Of  all  these  matters  it  would  be  premature  to  speak, 


Vorrede.  JX 

tili  Prof.  Sollas  has   returned  and  been  able  to  give  fuller  particulars,   and 

Captain  Field  has  reported  to  the  Admiralty. 
Es  geht  aus  diesen  Worten  jetzt  schon  zweierlei  hervor,  nämlich  dass  der 
anstehende  lÜiffels  keine  compacte  Masse  ist,  wie  betont,  und  dass  er  nicht  sehr 
weit  in  die  Tiefe  reicht;  ferner  dass  der  Untergrund  sandig  erscheint,  sedimentär, 
wie  es  Murray  annahm  und  es  auch  in  den  folgenden  Zeilen  ausgesprochen  ist. 
Man  darf  auf  die  näheren  Berichte  zweifellos  gespannt  sein! 

Kiel,  am  1.  October  1896. 

Dr.  Krämer. 


•    7'-  Einige  Erklärungen. 

Ä.'H.  =  Annalen  clor  Hydrographie. 

P.  G.  M.  ==  Petermann's  geographische  Mittheilungen. 

cc  =  cubikcentimeter. 

cbm  =  cubikmeter. 

qm  =  Quadratmeter. 

1  Seemeile  =  1852  m. 

10  Fuss  =  i3  m. 

Aussprache  des  Samoanischen: 
(Accent  gowöhnhch  auf  der  vorletzten  Silbe.) 
aia'i  =  mahi  (h  unhörbar). 
mai  =  mal. 

tagi  =  tangi  (wie  in  singen). 
Die  Zahlen  im  Text  verweisen  auf  das  Literaturverzeichniss. 


Inhalt. 


Seite 

I.  Einleitung- 1 

II.  Kurzer  leborblick  über  die  Iliffbautheorieen  und  die  diesbezügliche  Literatur  4 

in.  Topographie,  Meteorologie  und  Geologie  der  Sauioaiiiselu .  13 

1.  Topographie        13 

a)  Savai'i 13 

b)  Upolu 15 

c)  Tutuila 16 

d)  3Iariu'a 17 

e)  Rose-Atoll 17 

2.  Meteorologie  und  Oceauologie 17 

3.  Entstellung  und  Geologie 22 

4.  Erdbeben 30 

5.  Zeichen  A'ulkanischer  Thätigkeit  und  Hebung  an  andern  Orten  der  Südsee  nebst 
einigen  Notizen  über  fossile  Rifie  und  Korallenkalke 31 

6.  Begriff  der  säcularen  und  intermittirenden  periodischen'  Senkung  und  Hebung 
(positive  und  negative  Verschiebung) 36 

IV.  Die  Korallenriffe  an  der  samoauischen  Küste 37 

1.  Morphologie  der  Korallenriffe ^  .    .    .    .   •^.-. 37 

a)  Korallenbank 37 

b)  Saumriff 38 

c)  Strandriff 38 

d)  Barrierenriff 38 

e)  Atolle 39 

2.  Oertliche  Vertheilung 39 

a)  Savai'i 39 

b)  Upolu 40 

c)  Tutuila 49 

d)  Manu  a 50 

e)  Rose-Atoll 50 

3.  Vergleich  Samoa's  mit  den  Palauinseln.  Das  Fehlen  ausgebildeter  Barrierenriffe 
auf  Tutuila  und  Slanu'a  in  der  Nähe  des  Rose-Atolls  und  die  Darwin'sche 
Theorie .    .    . 51 

4.  Die  Entstehung  eines  Strandriffs 54 

5.  Der  Aufbau  eines  samoanischen  Strandriffs 56 

a)  Talus  (Grundströme) 56 

b)  Fuss  (Dicke  der  Riffe  am  Riffrande,  siehe  VI) 58 

c)  Riffkante.    Luv-  und  Leekante  (Höhleubildung  uiul  Korallensandentstehung)  (52 

d)  Plattform  (Trümmerfläche  und  Schuttkegel) 68 

)  Strandlagune  (Schuttfläche    und  Strandcanal) 69 

f)  Sandstrand  (Sandstein)  und  Sandküste  mit  Brackwasserlagune 69 

3.  Die  Bestandtheile  der  übrigen  Riffformen  (Barriere,  Atoll)  und  die  Definirung 

der  Begriffe  Bucht,  Hafen,  Riffbucht,  Riffhafen,  Einlass,  Lagune,  Bootpassage, 
Barricrencanal,    Strandcanal,    sowie    über    die  natürliche  Regulirung  derselben 

durch  Ströme 70 

V.  Zusammenfassung  der  Bedingungen  für  das  Riffwachsthum 73 

1.  Tiefengrenze  des   Waehsthums  vuid  Dicke  der  Riffe 73 

2.  Die    Kinwirkuntr  der   Brandung  und  starker  Ströme 74 


Inhalt.  XI 

Seite 

3.  Einfluss  der  Meeresströmungen  als  Nalu-nngsi|iiellen 70 

4.  Sterben  Korallen  an  der  Luft  aby 78 

5.  Der  Heliotropismus  der  Antliozoen      78 

6.  Die  Farbe  und  Durclisichtigkeit  der  Oceanc 83 

7.  Die  Wachstliumsschnelle  der   Korallen 86 

8.  Temperatur  und  Salzgehalt 8tj 

9.  Der  Einfluss  dos  Süsswassers   in  Saiuoa 87 

VI.  Eine  neue  Auffassung  der  Entstehung  der  Atolle 88 

1.  Die  Configuration  des  3Ieercsbodens   im  Stillen  Ocean 89 

2.  Submarine  Vulkane  und  Cleyserfelder  als  Bildner  des  Untergrundes  für  Atolle  90 

3.  Die  3Ieeresströmungen  und  Gezeitenströme  als  Anordnor  des  Sediments  ...  91 

4.  Die  Bildung  der  Lagune  der  Atolle   und  die  Murray'sche  Theorie 97 

5.  Tektonik  des  l'ntergrundes 99 

6.  Die  einstige  Lösung  der  Frage.     Bohrungen 100 

7.  Kurze  Zusammenfassung  der  gewonnenen  Schlüsse  an  der  Hand  der  Betrachtung 

der  sanioanisclien  Kcn'allcnriffe       100 

MI.  Die  Riflfauna  von  Samoa,  insbesondere  in  ethnologischer  Beziehung         .    .  103 

1.  Riff-  und  Schifffahrt 103 

2.  Die  Korallen  und  Korallin enalgen 104 

3.  Das  Leben   im   umgebenden  Meere.     Wale,   Delphine,   Haie,   Rochen,    Schild- 
kröten, Octopus,  Schlangen 105 

4.  Fische  ('ia)  und  Fischfang  (fangota) 107 

5.  Fingota:  Medusen,  Echinodermen,  Ivi'uster.  Muscheln  und  Schnecken    ....  110 
H.  Der  Palolowurm 111 

YIII.  Die  Centrifugirnng  des  Plankton 114 

1.  Fang  und  Xetze ll'i 

2.  Besichtigung  und  Filtrirung  des  Fanges 117 

3.  Die  Messgläser  und  die  ('entrifugen 118 

4.  Das  Centrifugiren 120 

5.  Die  Verrechnung 121 

G.  Die  Zählung 121 

IX.  Zur  Planktonvertheilung  im  pacifischen  Ocean 126 

1.  Die  Resultate  der  Fänge  in  Samoa 126 

2.  ,,             ..             „          ..         ,.    Xeu-Seeland  und  Australien 129 

3.  Vergleichung  der  Resultate  unter  sich  und  mit  anderen 130 

4.  Die  Copepoden  als  constanter  Component  aller  verticalen  Planktonfänge  .    .    .  131 

5.  Küsten-  und  Seefänge  (Verbreitungstiefe) 135 

6.  Die  Armuth  des  tropischen  pacifischen  Oceans 138 

7.  Gross-  und  Kleinplankton.     Haeckel   und  Hensen 146 

X.  Tabellen  und  Literaturverzeichniss 151 

1.  Tabellen 

Tabelle  A.   Centrifugirte  Küstenfänge  von  Samoa 151 

„        B.  Xichtsamoanische  Küstenfange  aus  den  Tropen 156 

„        C.  Seefänge  von  Neu-Seeland  und  Australien 156 

„        D.  Küstenfänge  von  Neu-Seeland  und  Australien 157 

,.        E.  Süsswasserfänge  aus  Neu-Seeland 160 

2.  Literatur 

a)  Korallenriffe,  Geologie,  üceanographie  etc 160 

b)  Plankton 163 

3.  Preisliste  der  angewandten  Materialien 163 

Anhang:   Bemerkungen   über  den  essbaren  Palolo-Wurm,  Lysidice  viridis  (Gray) 

von  Dr.  Anton  Collin 164 


1.  Einleitung. 


Zum  leichteren  Verständuiss  der  Arbeit  sei  einiges  über  Saraoa  voraus- 
geschickt. Es  sind  diese  Inseln  weit  länger  unerforscht  geblieben  als  die  nahen 
Viti-  und  Tonga-Inseln  und  das  weiter  entferntere  Tahiti,  Hawai  und  Neu-Seeland, 
da  Cook  Samoa  niemals  berührt  hat  und  die  französische  Expedition  unter  dem 
unglücklichen  L aper ouse  (1787)  die  Stätte  rasch  wieder  verliess,  nachdem  ein 
selbstverschuldeter  Streit  mit  den  Samoanern  auf  Tutuila  den  Tod  von  11  Leuten, 
worunter  der  Kapitän  der  ,,Astrolabe''  de  Langle  und  der  Naturforscher  und 
Arzt  de  Lamanou,  zur  Folge  gehabt  hatte.  Dieses  Unglück  bewirkte,  dass 
dieses  Land  fernerhin  gemieden  wurde,  als  ob  seine  Bewohner  die  blutgierigsten 
Menschenfresser  wären.  Wohl  wurde  es  noch  zweimal  bald  darauf  augelaufen, 
Ton  dem  Kriegsschiff  ,,Pandora"  Kommandant  Edwards  im  Jahre  1791  und 
von  Kotz  ebne  1824;  aber  der  Besuch  war  beide  Male  nur  ein  so  kurzer,  dass 
nichts  erspriessliches  geleistet  werden  konnte.  Selbst  als  die  englischen  Missionare 
im  Jahre  1830  einen  glücklichen  Versuch  gemacht  hatten,  das  Christenthum 
daselbst  auszubreiten,  dauerte  es  doch  noch  eine  geraume  Zeit,  bis  die  alte 
Furcht  geschwunden  war.  Ein  10  tägiger  Besuch  des  franzö  ischen  Südpolfahrers 
Dumont  d'Urville  im  Jahre  1838  leitete  die  neue  Aera  ein,  die  im  folgenden 
Jahre  mit  der  „United  States  Exploring  Expedition"  unter  Wilkes  für  Samoa 
begann.  Obwohl  nur  einen  Monat,  vom  7.  Oktober  bis  10.  November  1839 
anwesend,  hat  doch  dieser  Kommandant  eine  fliegende  Vermessung  nahezu  des 
ganzen  Archipels  vollendet,  welche,  obwohl  mit  vielen  Ungenauigkeiten  namentlich 
betreffs  der  Korallenriffe  behaftet  (wie  bei  der  kurzen  Zeit  nicht  anders  möglich), 
doch  heute  noch  im  Grossen  und  Ganzen  gültig  und  erst  in  den  letzten  Jahr- 
zehnten durch  g^^naue  Vermessungen  namentlich  seitens  der  deutschen  Kriegs- 
schiffe theilweise  ergänzt  und  berichtigt  worden  ist.  Dumont  d'Urville 
wurde  von  Hombron  und  Jaquinot  begleitet  und  Wilkes  von  Peale  und 
Pickering,  ausserdem  aber  von  dem  erst  jüngst  verstorbenen  Nestor  der 
amerikanischen  Geologen,  Dana.  Dieses  Mannes  weltbekanntes  Buch  „Corals 
and  Coral  Islands"  (3c)  war  in  direkter  Folge  Darwin's  epochemachendem 
Werk  ,,0n  the  structure  and  distribution  of  Coral  Reefs"  gefolgt,  welch  letzterer 
1831—36  an  Bord  H.M.S.  .,Beagle"  als  Naturforscher  Tahiti  besucht  und  auf 
dem  Keeling- Atoll  im  Indischen  Ocean  seine  Studien  über  die  Korallenriffe  voU-^ 

Krämer,   lieber  den  Bau  der  KoraHenritle.  1 


Dr.  Auffustin  Krämer. 


endet  hatte.  Dana  hatte  schon  im  Jahre  1839  in  Sydney  einige  Notizen  über 
die  Darwin 'sehe  Theorie  gelesen  und  war  desshalb  in  der  Lage,  noch  während 
seiner  Keise  diese  Theorie  prüfen  zu  können.  Sein  Buch  ist  für  diese  Arbeit 
desshalb  von  besonderer  Bedeutung,  zumal  da  darin  oft  der  samoanischen  Riffe 
Erwähnung  gethan  wird.  In  dem  „Geological  Report  of  the  Wilkes  exploring 
Expedition"  (1849)  hat  er  zuerst  seine  Erfahrungen  über  den  Bau  der  Korallen- 
riffe niedergelegt  und  die  geologischen  Verhältnisse  Samoa's  einer  eingehenden 
Besprechung  unterzogen.  Seit  dieser  Zeit  ist  ausser  den  Arbeiten  Graeffe's 
im  Journal  des  Museum  Godeffroy  (Heft  1  und  Heft  6),  welclie  namentlich 
topographisch  viel  Neues  brachten,  nichts  besonderes  hinsichtlieh  der  samoanischen 
Riffe  veröffentlicht  worden.  Einige  Daten  brachten  indessen  doch  die  Arbeiten 
von  Ho  ff  mann  (25  d)  und  die  zahlreichen  kleineren  Berichte  der  Kommandanten, 
welche  in  den  Annalen  der  Hydrographie  verzeichnet  stehen.  (Näheres  siehe  bei 
Langenbeck  (42).)  Erwähnt  sei  auch  hier,  dass  Studer  an  Bord  der 
„Gazelle"  einige  Zeit  in  Apia  geweilt  hat. 

Mau  sieht,  die  Literatur  betreffs  Samoa  ist  recht  spärlich.  Mit  der  Land- 
fauna steht  es  nicht  viel  besser.  Auch  hier  stehen  die  Berichte  der  erwähnten 
Expeditionen  oben  an,  insbesondere  die  der  Wilkes- Expedition,  welche  heute 
noch  allen  Arbeiten  über  Samoa  als  Grundlage  dienen.  Späterhin  haben  die 
Abhandlungen  des  Museum  Godeffroy  viel  neues  gebracht,  weniger  allerdings 
speciell  für  Samoa,  als  für  die  ganze  Südsee.  Insbesondere  ist  unter  diesen  die 
Bearbeitung  der  Fische  von  Günther  zu  erwähnen  und  die  Arbeiten  Graeffe's. 

üeber  die  Vögel  Samoa's  handelt  das  1867  erschienene  Buch  vonFinsch 
und  Hartlaub  „Die  Vögel  Centralpolynesiens",  dessen  Angaben  in  dem  erst 
jüngst  erschienenen  „Catalogue  of  birds  of  the  British  Museum"  vervollständigt  sind. 
„Einige  ornithologische  Notizen  aus  Samoa"  (Oruithologische  Monatsberichte 
Mai  1896)  habe  ich  jüngst  in  Bezug  auf  einige  biologische  Beobachtungen  ver- 
öffentlicht. 

Auch  in  Bezug  auf  Landesbeschreibuug  und  Ethnologie  giebt  es  wenig 
zusammenfassendes  und  gründliches.  Am  besten  ist  hier  das  Buch  des  Missionars 
Turner  „Samoa  a  hundred  year's  ago  and  long  before"  (London  1884),  ab- 
gesehen natürlich  von  den  kompilatorischeu  Arbeiten  (Meinicke's  Inseln  des 
Stillen  Oceans,  2.  Band,  Jung,  der  Welttheil  Australien  u.  s.  w.).  Interessant 
für  den  Kenner  sind  aber  besonders  die  erwähnten  Reiseberichte  und  ein  Buch 
des  Konsul  Pritchard  vom  Jahre  1851  „Polynesian  Reminiscences"  (aus 
neuerer  Zeit  Churchward  „My  consulate  in  Samoa".) 

Um  einigermaassen  vollständig  zu  sein,  will  ich  nur  noch  der  Arbeiten. 
Basti  an' s  über  die  samoanische  Mythologie  gedenken,  und  der  zahlreichen 
Aufzeichnungen  des  Generalkonsuls  Stübel,  welche  in  den  Abhandlungen  des 
ethnographischen  Museums  zu  Berlin  erscheinen. 

Es  wäre  ungerecht,  wenn  ich  nicht  auch  noch  die  unzähligen  kleineren 
und  grösseren  Veröffentlichungen  der  englischen  und  französischen  Missionare 
erwähnen  wollte,  insbesondere  die  wichtigeren  Arbeiten  des  Sammlers  Whitmee 
und  der  Linguisten  Pratt  und  Violette,  welche  indessen,  abgesehen  von  den. 


Einleitung.  3 

Sprachbüchern  der  beiden  letzteren,  so  in  Zeitschriften  u.  s,  w.  zerstreut  sind,  dass 
sie  nur  äusserst  schwer  beschafft  worden  können. 

Wer  endlich  sich  dafür  interessirt,  was  für  schöne  Zeiten  man  an  Bord 
S.M.  Kriegsschiffe  in  Samoa  verleben  kann,  dem  sei  das  Buch  des  Kontre- 
admiral  a.  D.  von  Werner  „Ein  deutsches  Kriegsschiff  in  der  Südsee"  ange- 
legentlichst empfohlen,  nicht  minder  die  letzten  Zeilen  von  Ehlers  „Samoa 
die  Perle  der  Südsee". 

Es  wird  eine  dankbare  Aufgabe  sein,  wenn  auch  eine  sehr  schwierige  und 
mühevolle,  all  dieses  zerstreute  Material  zu  sichten  und  durch  eingehende 
Studien  zu  vervollständigen.  Nur  noch  weniger  Jahrzelmte  bedarf  es  und  die 
Südsee  ist  nicht  mehr  jenes  eigenartige  Gebiet,  abgeschlossen  von  der  Welt  und 
der  Civilisation,  ein  stilles  Paradies.  Heute  wird  Apia  schon  monatlich  von 
mindestens  4  Dampfern  augelaufen,  die  Eingeborenen  sind  alle  Christen  und 
täglich  schwindet  die  Originalität  mehr  und  mehr  dahin.  Noch  heute  sind  die 
grossen  Fragen  über  die  Abstammung  und  Verbreitung  der  Polynesier  so  gut 
wie  ungelöst;  wolil  leben  noch  in  Samoa  Greise  aus  der  vorchristlichen  Zeit, 
welche  wenigstens  noch  einigen  Aufschluss  zu  geben  vermögen,  wenn  es  auch 
scheint,  dass  der  Zeitpunkt  auch  hier  schon  verpasst  ist. 

Nicht  viel  besser  steht  es  mit  der  Fauna  und  Flora,  und  dabei  sind  diese 
Inseln  Arbeitsplätze,  wie  man  sie  selten  in  den  Tropen  findet,  gesund,  massig 
warm,  schön,  gefahrlos  und  dabei  noch  reich  an  Nahrung,  Lustbarkeiten  und 
Vergnügen.  —  Nur  selten  rührte  sich  hier  und  da  eine  Hand!  — ■  — 

Wenn  einst  der  letzte  Hauch  aus  den  alten  Zeiten  geschwunden  sein  wird 
und  die  jetzige  Zeit  wird  kein  besseres  Erbe  hinterlassen  haben  als  zerstreute, 
zum  Theil  sich  widersprechende  Berichte,  dann  müssen  wir  zufrieden  sein,  wenn 
unsere  Söhne  sagen  werden,  dass  wir  nur  lässig  gewesen  sind. 


1* 


IL  Kurzer  üeberblick  über  die  Iliffbaiitheorieii  und 
die  diesbezügliche  Literatur. 

(Ueber  die  Vor-Darwin'sche  Zeit  siehe  Böttger,  Geschichtliche  Darstellung  unserer 
Kenntnisse  und  Meinungen  von  den  Korallenbauten.     Dissert.  Leipzig  1890.) 


Seit  Darwin  seine  Rifftheorie  aufgestellt  hat,  welche  darin  gipfelt,  dass 
ein  Strandriff  durch  allmälige  „säkulare"  Senkung  des  Landes  zu  einem  Barrieren- 
Kiff  und  schliesslich  zum  Atoll  wird,  kurzum  dass  diese  3  Hauptriffformen  nur 
verschiedene  Stadien  in  der  Entwicklungsreihe  seien  und  seit  diese  Theorie  von 
dem  berühmten  amerikanischen  Geologen  und  Zoologen  Dana  gutgeheissen 
worden  ist,  hat  man  trotz  vieler  gewichtiger  Einwürfe  doch  vielfach  daran  fest- 
gehalten. Darwin  hatte  1836  seine  Weltumsegelung  beendet.  Aber  erst  1842 
erschien  sein  Buch  „On  the  structure  and  distribution  of  Coral  Reefs"  und  es 
ist  interessant  zu  erfahren,  dass  er  seine  Theorie  teleologisch  ausgedacht  hatte, 
ehe  er  ein  Atoll  zu  Gesicht  bekam.  In  einem  interessanten  Fragment  seiner 
Autobiographie  schreibt  er:  „Kein  anderes  meiner  Werke  wurde  in  so  einem 
deduktiven  Sinne  begonnen,  wie  dieses;  denn  die  ganze  Theorie  wurde  an  der 
Westküste  von  Südamerika  ausgedacht,  ehe  ich  noch  ein  wahres  Korallenriff 
gesellen  hatte.  Ich  hatte  daher  nur  meine  Ansichten  zu  verificiren  und  auszu- 
dehnen durch  eine  sorgsame  Untersuchung  der  lebenden  Riffe."  Ausser  Dana, 
welcher,  wie  schon  in  der  Einleitung  erwähnt,  zufällig  in  Sydney  im  Jahre  1839 
von  der  Darwin'schen  Theorie  las  und  dieselbe  sofort  zu  seiner  eigenen  machte,  gewann 
der  junge  Naturforscher  im  Jahre  1837  kurz  nach  seiner  Rückkehr  seinen  Lelirer 
Lyell  für  sich,  als  er  diesem  die  Ergebnisse  seiner  Studien  vortrug.  Obwohl 
dieser  Mann  wenige  Jahre  zuvor  (1832)  in  seinen  „Principles  of  Geology"  der 
Entstehung  der  Atolle  auf  submarinen  Kratern  ein  ausführliches  Wort  gewidmet 
hatte,  soll  er  doch  bei  dem  schlichten  Vortrag  seines  Schülers  so  überwältigt 
gewesen  sein,  dass  er  im  Zimmer  auf-  und  abtanzte.  Auch  der  Professor  Jukes, 
welcher  sich  an  Bord  des  englischen  Kriegsschiffes  „Ely"  von  1842—46  während 
der  Vermessung  des  grossen  australischen  Barrierenriffes  aufhielt,  erklärte,  dass 
ihm  die  Senkungstheorie  sehr  augemessen  für  die  Bildung  der  Riffe  erscheine. 
Kein  Wunder,  dass  es  3  Jahrzehnte  dauerte,  bis  gewichtige  Gegenstimmen  laut 
wurden. 


II.  Kurzer  Uobcrl)lick  über  die  Kift'bauthcorien  und  die  diesbezügliche  Literatur.  5 

Darwin  war  vom  15.  bis  26,  November  1832  in  Tahiti  gewesen  und  vom 
1.  bis  12.  April  1833  auf  dem  Keeling- Atoll ;  ausserdem  hielt  er  sich  noch  vom 
29.  April  bis  9.  Mai  desselben  Jahres  in  Mauritius  auf.  Es  bedurfte  seines 
Geistes,  um  in  solch'  kurzer  Zeit  eine  Theorie  zu  formen  und  zu  begründen, 
die  heute  noch  ihren  Standpunkt  trotz  harter  Augriffe  behauptet.  Dana  liatte 
mit  der  W  i  1  k  e  s  -  Expedition  die  Paumutu-,  Gilbert-,  Phönix-,  Samoa-,  Viti- 
luseln  u.  s.  w.  besucht  und  hatte  Gelegenheit,  beim  Vermessen  viel  einschlägiges 
zu  hören  und  zu  erfahren.  Darwin  und  Dana  erkannten,  dass  das  Leben  der 
riffbildendeu  Korallen  in  einer  verhältnissmässig  geringen  Tiefe  aufhöre,  während 
Keinhold  F  0  r  s  t  e  r  ungefälir  einhalb  Jahrhundert  früher  angenommen  hatte,  dass 
die  Atolle  aus  den  unendlichen  Tiefen  des  Oceans  heraufwüchsen  oder  Krönungen 
submariner  Krater  oder  Sedimentbänke  seien.  Das  begrenzte  Tiefenwachsthum 
und  die  steilen  Böschungen,  sowie  die  Tiefe  und  merkwürdige  Form  vieler  Atoll- 
lagunen und  Barrieren-Riff kanäle  begründeten  im  wesentlichen  die  Darwin- 
Dana 'sehe  Senkungstheorie.  Allerdings  nimmt  Dana  an,  dass  durchaus  nicht 
alle  Atolle  und  Barrieren-Riffe  im  Senkungszustaude  beharren,  sondern  stationär 
geworden  seien  oder  gar  sich  jetzt  im  Hebungszustande  befänden.  Umgekehrt 
will  er  nicht  alle  Gebiete,  wo  Strandriffe  oder  gar  keine  Riffe  vorhanden  sind, 
und  welche  Darwin  in  Ermangelung  tiefer  Kanäle  für  stationär  oder  gar  sich 
hebend  hält,  als  stationäre  gelten  lassen,  sondern  meint,  dass  auch  diese  sich  im 
Senkungszustand  befinden  könnten.  Da  in  Samoa  alle  Riffformen  vorkommen, 
auch  für  Hebungs-  und  Senkungsgebiete  Anhaltspunkte  genügend  vorliegen,  sowie 
Zeichen  recenter  vulkanischer  Thätigkeit  vorhanden  sind,  so  dürften  diese  Inseln 
für  die  Beurtheilung  und  das  Studium  der  Riffarten  von  hervorragendem  Interesse 
sein,  zumal  da  Anordnung  und  Lage  der  Riffformen  mit  den  von  Semper 
beschriebenen  Palau-Inseln  in  gewissen  Beziehungen  übereinstimmt.  Semper 
war  der  erste,  welcher  (1868)  gewichtige  Einsprüche  gegen  die  Darwin 'sehe 
Theorie  erhob,  nachdem  er  sich  längere  Zeit  auf  genannten  Inseln  aufgehalten 
hatte.     Von  seinen  Beobachtungen  wird  noch  des  öfteren  hier  die  Rede  sein. 

Zwei  Jahre  später  berichtete  Rein  im  gleichen  Sinne  von  den  Bermudas, 
da  er  nirgend  Senkungen,  sondern  Hebungen  dieser  Inseln  fand. 

Ebenso  urtheilte  der  Graf  von  Pourtales  und  bald  darauf  Alexander 
Agassiz  über  die  Floridariffe. 

Sie  alle  hatten  indessen  im  wesentlichen  keine  neuen  Theorieen  aufgestellt, 
sondern  nur  berichtet,  dass  ihre  Beobachtungen  sich  mit  der  Senkungshypothese 
nicht  vertrügen. 

Erst  John  Murray,  der  bekannte  Herausgeber  des  Challengerwerkes, 
nahm  an,  dass,  wenn  submarine  Plateaus  und  Krater  in  nicht  zu  grosser  Tiefe 
gelegen  seien,  dieselben  durch  die  Kalkablagerungen  der  Globigerinenschalen, 
Muscheln  u.  s.  w.  bis  in  den  Bereich  der  riffbildenden  Korallen  aufwachsen,  wo 
diese  alsdann  den  Aufbau  der  Riffe  bis  zur  Meeresoberfläche  übernehmen.  Er  wies 
zugleich  nach,  dass  dieser  ».organische  Regen"  in  grösseren  Tiefen  den  Meeres- 
boden nicht  beeinflussen  könne,  da  die  feinen  Kalkschalen  der  Globigerinen  da- 
selbst durch  das  kohlensäurereiche  Meerwasser  aufgelöst  werden,  und  erklärte 
daraus  die  steile  Böschunsf  der  Atolle.     Die  Lagune  entstehe  durch  die  Vorliebe. 


Dr.  Ausfustin  Krämer. 


der  Korallen,  dem  freien  Meere  zuzuwachsen,  während  sie  nach  innen  zu  ab- 
stürben und  durch  das  Meereswasser  aufgelöst  und  abgeführt  würden.  Ebenso 
sollen  die  Barrierenriffe  entstehen.  Wenn  nun  auch  letztere  Ansichten  nicht 
zutreffen  dürften,  so  steht  doch  die  Bildung  der  Globigerinenbänke  ausser  Zweifel, 
da  neben  anderen  früher  entdeckten  (vergl.  Guppy,  Sempers  Sinoporusfelsen  u.s.  w.) 
in  den  letzten  Jahren  solche  von  über  100  m  Mächtigkeit  auf  Ena  in  den  Tonga- 
Inseln  (von  List  er)  nachgewiesen  worden  sind,  wovon  noch  weiter  unten  die 
Rede  sein  wird.  Da  nach  D  a  r  w  i  n ,  gemäss  seinen  Schlüssen,  Barriere-Riffe  und 
Atolle  sinkendes  Gebiet,  Strandriffe  dagegen  stationäres  oder  gar  sich  hebendes 
Land  anzeigen,  so  sind  nach  Murray  vor  allem  die  Viti-lnseln  ein  Gegenbeweis, 
da  hier  alle  3  Riffformen  neben  einander  vorkommen. 

Ein  Erweiterer  der  Murray' sehen  Theorie  erstand  in  Guppy,  welcher 
1882-  84  auf  den  Salomons-Inseln  ausgiebige  Studien  gemacht  hatte,  und  dabei 
zu  dem  absurden  Schluss  gekommen  w^ar,  dass  Atolle  sich  nur  auf  hebendem 
Gebiete  bilden  könnten.  Der  Darwin -Dana 'sehen  Theorie  steht  heute  die 
von  Murray- Guppy  gegenüber;  beide  kämpfen  um  den  Vorrang,  ohne 
unanfechtbare  Beweise  für  ihre  Richtigkeit  aufbringen  zu  können. 

Lange nb eck  unternahm  es  1890,  indem  er  sich  auf  Sues'  Werk  „Das 
Antlitz  der  Erde",  auf  Neumayr's  „Erdgeschichte"  und  auf  Supan's  „Lehrbuch 
der  physischen  Erdkunde"  stützte,  die  Senkungstheorie  wieder  zu  Ehren  zu  bringen. 
In  einem  fleissigen  Buche  von  190  Seiten  „Die  Theorieen  über  die  Entstehung 
der  Koralleninseln  und  Korallenriffe"  bespricht  er  die  ganze  Literatur  (bis  1890); 
mit  Sues  spricht  er  von  nicht  nachweisbaren  Senkungen  und  Hebungen  als 
„positiven  und  negativen  Bewegungen"  und  endet  am  Schlüsse  der  Einleitung 
betreffend  die  Sues' sehe  Meeresniveausehwankungstheorie:  „Für  die  Darwin' sehe 
Theorie  ist  es  ja  im  Grunde  gleichgültig,  ob  man  eine  Senkung  des  Festen  oder 
ein  Anschwellen  des  Meeres  annimmt". 

Auch  Heilprin  hatte  1889  in  seinem  Buche  „The  Bermuda  Islands" 
der  Senkungstheorie  das  Wort  geredet  und  ihm  pflichtet  in  allerjüngster  Zeit 
Krümmel  bei  Besprechung  der  neuesten  Arbeit  von  Agassiz  bei.  Wenn 
man  sich  nochmals  ins  Gedäehtniss  zurückruft,  dass  der  erst  jüngst  verstorbene 
Dana  bis  zu  seinem  Lebensende  über  50  Jahre  lang  seinen  Ansichten  und 
Erfahrungen  treu  geblieben  ist,  so  wird  man  es  nicht  für  überflüssig  finden, 
Erfahrungen  geltend  zu  machen,  welche  gegen  Darwin' s  Theorie  sprechen. 
Unter  den  neueren  Autoren  haben  sich  Wharton,  Saville  Kent  und  von 
Lendenfeld  gleichfalls  für  Darwin  bekannt.  Saville  Kent's  grosses 
Werk  über  das  grosse  australische  Barrierenriff  steht  in  Beziehung  auf  seine 
Abbildungen  der  Rifffauua  unerreicht  da.  Besonders  gelungen  sind  die  Photo- 
grapliien  der  lebenden  Korallonpolypen  und  des  Riffes  bei  Ebbe.  Leider  fehlen 
indessen  Abbildungen  der  Rift^kante  nahezu  gänzlich.  Kent  erklärt  die  grossen 
Einlasse  im  australischen  Barriercnrift"  durch  die  Süsswasserströme  Australiens 
entstanden,  welclie  vor  der  Senkung  liier  gemündet  haben  sollen.  Da  die  Fauna 
und  Flora  Australiens,  Neu-Guiueas  und  Neu-Seelands  so  nahe  verwandt  ist, 
benützt  er  diese  Thatsache  zu  folgendem  Schlüsse:  „Da  die  genannte  Thatsache 
vertrauenswerth    uud    walir    ist,    so    ist    der   Aufbau    des    grossen    australischen 


JI.    Kurzer  reborlilick  iilirr  ilie  Kitl'bautlieorien  und  die  flicshczüofliche  Literatur. 


Barrierenriffes  unter  BediDgungen  von  Senkung  und  im  Einklang  mit  der 
ursprünglichen  Hypothese  Darwin 's  bewiesen". 

Man  sielit,  die  Zalil  der  Darwin'sclien  Anhänger  ist  niclit  zu  imter- 
schätzen.  Die  der  Gegner  ist  allerdings  auch  nicht  gering.  Da  waren  in  letzter 
Zeit  Bourne,  Irviue,  Uoss,  Hickson,  welche  sicli  Murray  anschlössen 
mit  dem  Vorbehalt,  dass  ihnen  die  Entstehung  der  Atolllagunen  durch  Auflösung 
der  todten  Korallen  im  Seewasser  nicht  wahrscheinlich  dünke. 

Vor  allem  ist  es  aber  Alexander  Agassiz,  seit  Dana 's  Tod  wohl  der 
erste  Kiffkenner,  welcher  auf  seinen  zahlreichen  Besuchen  der  Riffe  von  West- 
indien und  Hawaii  die  Unzulänglichkeit  der  Darwin'schen  Tiieorie  erkannte  und 
ausführte. 

In  den  Jahren  1877,  1878,  1879  und  ferner  1890  führte  Agassiz  zahl- 
reiche Dredschzüge  auf  dem  „Blake"  aus,  1891  operirte  er  an  Bord  des  „Alba- 
tross"  an  der  Westküste  von  Mexiko,  Central-Amerika  und  bei  den  Galapagos- 
Inseln  und  1893  endlich  an  Bord  der  Dampfyacht  „Wild  Duck".  Letztgenannte 
Kreuztour  wurde  benutzt  zu  einer  eingehenden  Untersuchung  der  Bahama-Riife; 
die  Ergebnisse  sind  in  einem  umfangreichen  Buche  von  2Ö3  Seiten  und  47  Tafeln 
und  Bildern  ,.A  reconnaissance  of  the  Bahamas  and  of  the  elevated  reefs  of  Cuba"*) 
niedergelegt,  in  welchem  der  neueren  Literatur  über  Biflfbilduug  einige  Worte 
geweiht  sind.  Wenn  mau  weiterhin  in  Betracht  zieht,  dass  Agassiz  die 
Sandwichinseln  besucht  hat,  um  Dana 's  Angaben  über  die  daselbst  stattgefuudenen 
Bohrungen  einer  Prüftmg  zu  unterziehen,  dass  er  1894  die  Bermuda- Inseln 
besuchte,  um  Heilprin  erfolgreich  entgegentreten  zu  können,  und  dass  derselbe 
Mann  in  allerletzter  Zeit  endlich  sich  zu  einer  neuen  Fahrt  nach  Australien 
gerüstet  hat,  um  sich  überSaville  Kent's  Angaben  betreifend  die  Entstehung 
des  grossen  Barrierenriffes  an  Ort  und  Stelle  ein  Urtheil  zu  bilden  und  womöglich 
auch  die  Inseln  des  stillen  Oeeans  zu  besuchen,  so  wird  man  zugestehen  müssen, 
dass  ürtheile  und  Ergebnisse,  welclie  auf  Grund  solch'  eingehender  Studien 
gemacht  sind,  eine  besondere  Berücksichtigung  verdienen. 

Agassiz  ist  ein  entschiedener  Gegner  der  Senkungstheorie,  wenn  auch 
seine  Gegengründe  vorsichtig  ruhig  und  frei  von  Streitsucht  vorgebracht  werden. 
So  sagt  er  Seite  177  der  Reconnaissance  of  the  Bahamas:  „In  der  That,  was 
ich  bei  den  Untersuchungen  der  Korallenriffe  in  Westindien  gefunden  habe,  zeigt, 
dass,  wo  immer  Korallenriffe  vorkommen  und  von  welcher  Form,  dieselben 
nur  eine  verhältnissmässig  dünne  Schicht  auf  der  unterliegenden  Basis  bilden, 
und  von  keiner  grossen  Dicke  sind."  Eine  eingehende  Besprechung  erfährt  hier 
fernerhin  besonders,  was  über  die  geologischen  Riffe  bekannt  ist.  Es  wird 
betont,  dass  Richthofen's  und  Mojsisovics' Ansicht,  dass  der  alpine  Schleru- 
dolomit  eine  Korallenriff bildung  sei,  durch  die  Arbeiten  von  Gümpel  und  Miss 
Ogilvie  widerlegt  wurde.  Die  letzten  Zweifel  sind  aber  durch  die  Arbeit  von 
Rothpletz  (Ein  geologischer  Querschnitt  durch  die  Ostalpen.     Stuttgart  1894) 


*)  Die  wissenschaftlichen  Ergebnisse  sämiutliclier  Reisen  von  Agassiz  sind  in  den 
durch  ihn  l)erülimt  gewordenen  Bulletins  of  the  3iuseum  of  Comparative  Zoology  at  Harvard 
College,  Cambridge.  Massachusets  erschienen,  woselbst  die  einzelnen  Bände  bezw.  Abhand- 
lungen käuflich  zu  haben  sind. 


Dr.  Augustin  Krämer. 


zerstreut  worden,  welcher  nachweist,  dass  dieser  Dolomit  eine  sedimentäre,  marine 
Bildung  ist,  während  nur  den  Raibler-Schichten  ein  grösserer  Reichthum  an 
Korallen  zukommt,  welche  aber  hier  als  „wahre  Korallenwesen"  nur  in  geringer 
Mächtigkeit  auftreten. 

Noch  bleiben  einige  gewichtige  Stimmen  zu  erwähnen,  welche  sich  in  den 
letzten  Jahren  gegen  die  Senkungstheorie  erhoben  haben.  Vor  allem  ist  es  der 
ausgezeichnete  englische  Geologe  Sir  Archibald  Geikie,  welcher  wieder- 
holentlich  die  Frage  erörterte  und  am  Ende  seiner  Ausführung  im  Textbook  of 
Geology  (S.  492)  sein  Urtbeil  dahin  zusammenfasst :  „Dass  die  weitverbreitete 
oceanische  Senkung,   welche  Darwin's  Theorie  fordert,    nicht  durch  Korallenriffe 


n.  Kurzer  Ucberblick  über  die  llift'bauthcorien  und  die  diesbezügUfhe  I^itcratur.  9 

Wassers  entstanden  ist  und  nicht  durch  die  fortschreitende  Vertiefung  während 
der  Senkung,  mit  welcher  das  Aufwärtswachsthum  des  Riffes  Schritt  halten 
müsste."  Man  sieht,  dass  Geikie,  wenu  er  auch  abweisend  sich  verhält, 
doch  nicht  schroff  ist;  aus  dem  Ganzen  dringt  die  ücberzeugung  des  Geologen 
hervor,  dass  eine  allgemeine  Senkung  nicht  durch  Korallenriffe  bewiesen  wer- 
den kann;  freilich  sieht  man  auch  das  grosse  ßäthsel  der  tiefen  Atoll- 
laguncn  eine  Unsicherheit  herbeiführen,  die  den  Anhängern  Darwin's  willkommen 
sein  wird. 

List  er   spricht   sich    entschiedener   in   dieser  Hinsicht   aus   und  da  seine 
Beobachtungen   während    eines    längeren    Aufenthaltes   auf  den   Samoa   so   nahe 


bewiesen  werden  kann,  muss  jetzt,  denke  ich,  zugegeben  werden.  Das  Zusammeu- 
vorkommen  von  Strand-  und  Barrierenriffen  und  von  Atollen  in  derselben  Nachbar- 
schaft, mit  Beweisen  von  andauernder  Kühe  des  Bodens  oder  selbst  mit  Beweisen 
von  Hebung,  ebenso  die  aufeinanderfolgenden  Stadien,  wobei  ein  wahres  Atoll  ohne 
Senkung  gebüdet  werden  kann,  ist  in  der  Westindischen  Region  so  klar  bewiesen 
worden,  dass  wir  die  Möglichkeit  zugeben  müssen,  dass  dieselbe  Bildungsart  in  allen 
Korallenmeeren  vorkommt.  Gleichfalls  muss  jedoch  zugegeben  werden,  dass  die 
nothwendigen  Bedingungen  für  die  Bildung  von  Barrierenriften  und  Atollen  manch- 
mal durch  Senkung  geschaffen  werden  können.  Solauge,  als  passender  Boden  für 
Korallenwachsthum  vorhanden  ist,  ist  es  gleichgültig,  ob  dieser  durch  Hebung  oder 
Senkung  geschaffen  worden  ist.  Dass  Senkung  in  einigen  Fällen  vorgekommen  ist, 
scheint  durch  die  Tiefe  einiger  Atolllagunen  bewiesen  zu  werden  —  40  Faden  — 
wenn  nicht  angenommen  werden  muss,  dass  diese  Tiefe  durch  Auflösung  des  See- 


gelegenen Tonga-Inseln  gemacht  sind,  so  sind  sie  für  diese  Arbeit  von  besonderem 
Werthe,  wie  überhaupt  die  ganze  Abhandlung  viel  des  neuen  und  interessanten 
bietet.  Er  fand  auf  Eua  Kalkfelsen  von  nahezu  100  m  Mächtigkeit,  in  welchen 
Murray  15— 20  Arten  Globigerinen  nachzuweisen  vermochte,  daneben  gehobene 
Korallenriffe,  deren  Profile  er  mittheilt.  Das  flache  Inselmeer  giebt  ihm  ferner 
Anlass,  die  Darwin'sche  Theorie  zu  leugnen  und  er  bemerkt  (45  S.  611)  treffend: 
„Es  ist  interessant,  dass  sowohl  in  Vavau  als  auf  Eua  die  Riffe,  welche  während 
Zwischenräumen  in  der  Erhebung  gebildet  worden  sind,  in  einigen  Fällen  Atoll- 
oder Barrierenform  angenommen  haben." 

Endlich  will  ich  noch  Sluit  er 's  Arbeit  (40)  liier  erwähnen,  welche  allein 
schon  dadurch  Beachtung  verdient,  da  sie  von  Bohrungen  durch  die  Korallenriffe 
auf  .Java  berichtet.  Diese,  behufs  Brunnenanlage  und  Hafenbau  ausgeführt,  haben 
zwar  gemäss  der  Art  der  Riffe  und  des  Landes  keinen  Gegenbeweis,  jedoch  Auf- 


10  J^r.  Augustin  Krämer. 


Schlüsse  über  den  Untergrund  gebracht.  Man  fand  nämlicli  das  300  m  breite 
Strandriff  in  der  Braudewijus  baai  bei  Padang  nicht  auf  einem  Andesitfelsen 
lagernd,  wie  erwartet  wurde,  sondern  in  11  m  Tiefe  auf  Thon  und  mehrere  Meter 
in  diesen  eingesunken.  Aehnlich  fand  man  auf  einer  Insel  Onrust  (1875)  das 
20  m  mächtige  Riff  9  m  im  Schlamm  stecken.  Die  übrigen  Beobachtungen 
Sluiter's  in  der  Bucht  von  Batavia  und  am  Krakatau  deuten  darauf  hin,  dass 
die  auf  untergesunkenen  Bimssteinstücken  angesiedelten  Korallen  der  Anfang  eines 
Korallenriffes  sein  können,  und  dass  dazu  nicht  in  allen  Fällen  ein  Felsen  als 
Untergrund  nothwendig  erscheint.  Betreffend  die  Riff'genese  sagt  Sluiter:  „Die- 
jenigen Naturforscher,  welche  in  den  Tropen  die  Korallenriffe  genauer  beobachtet 
haben,  müssen  wohl  allmälig  zur  Ueberzeuguug  gelangen,  dass,  wie  genial,  ein- 
fach und  anregend  auch  die  ältere  Darwin'sche  Theorie  sei,  diese  einerseits  in 
vielen  Fällen  ganz  und  gar  nicht  mit  den  beobachteten  Fakten  in  Einklang  zu 
l)ringen  ist  und  andererseits  auch  die  Annahme  der  grossen  Senkungen,  wie  sie 
die  Darwin'sche  Theorie  annimmt,  zur  Erklärung  der  eigentlichen  Gestalt  der 
Riffe  sehr  wohl  entbehrt  werden  kann."  Diese  Angaben  von  Sluiter  betreffs 
des  Koralleuwachsthums  auf  weichem  Grunde  bestätigte  Ortmann  in  der  Be- 
schreibung der  Riffe  von  Dar  es  Salam  (48).  Wesentlich  auf  demselben  Stand- 
punkte steht  Walther  (31  a  u.  b),  welcher  die  lebenden  und  fossilen  Korallen- 
riffe der  Sinaihalbinsel  und  späterhin  der  Palkstrasse  bei  Ceylon  untersuchte  und 
dessen  Untersuchungen  ich  einigemal e  zu  erörtern  Gelegenheit  haben  werde. 
Beide  stehen  auf  einem  massig  anti-darwinistischen  Standpunkt,  ersterer  nimmt 
sogar  Hebung  für  die  Bildung  der  Riffkante  an. 

Da  Walther  der  Bildung  der  Korallenriffe  im  Hinblick  auf  die  Tektonik 
des  nahen  Küstengebirges  besonders  gedenkt,  so  habe  ich  seine  diesbezüglichen 
Worte  im  Abschnitt  VI,  6,  besonders  erwähnt. 

Fassen  wir  das  Gesagte  zusammen,  so  finden  wir  im  Darwin-Dana'schen 
Gefolge  J  u  k  e  s ,  C  o  u  t  h  o  u  y ,  Lyell,  H  e  i  1  p  r  i  n ,  K  r  ü  m  m  e  1 ,  S  u  e  s  s ,  S  u  p  a  n . 
Langen b eck,  Neumayr,  von  Leudenfeld,  Wharton,  Saville  Kent 
u.  s.  w.,  während  im  feindlichen  Lager  sich  Semper,  Rein,  Agassiz, 
Pourtales,  Murray,  Guppy,  Bourne,  Irvine,  Ross,  Hickson, 
Geikie,  Sluiter,   Lister,  SoUas,  Ortmann,  Walther  u.  s.  w.  befinden. 

Wie  schon  oben  erwähnt,  hat  unter  diesen  nur  Murray  neue  zusammen- 
fassende Gesichtspunkte  aufgestellt,  auf  Grund  der  wissenschaftlichen  Resultate 
der  Challenger-Expedition,  Gesichtspunkte,  welche  wohl  auch  unter  dem  Namen 
der  Murray'schen  oder  mit  Berücksichtigung  von  Guppy  der  Murray-Guppy- 
schen  Theorie  zusammengefasst  worden  sind.  Dies  geschieht  wohl  mit  Unrecht, 
denn  die  Sätze  beider  Forscher  gleichen  sich  nur  darin,  dass  sie  die  Darwin'sche 
Theorie  verwerfen  und  indem  Guppy  das  Vorkommen  des  Globigerinenkalks  be- 
stätigte. Zur  Uebersicht  lasse  ich  die  Sätze  folgen: 
I.  Murray.     (21a). 

„Es  Avurde  gezeigt 
1.  dass  Untergrund   für   die   Barrierenriffe   und  Atolle   geschaffen  worden   ist 

durch   die  Verwitterunff  vulkanischer    Inseln    und    den  Aufbau    submariner 


II.  Kurzer  Ueberblick  über  die  Riffbautheorien  und  die  diesbezügliche  Literatur.        1 1 

Vulkane  durch  Niederschläge  von  organischen  und  andern  Sedimenten  auf 
ihren  Gipfeln; 

2.  dass  die  Hauptnaliruiig  der  Korallen  besteht  in  dem  reichen  pelagischen 
Leben  der  tropischen  Regionen  und  die  ausgedehnte  lösende  Aktion  des 
Meerwassers  wird  gezeigt  durch  die  Entfernung  von  Kalkschalen  von  diesen 
Oberflächenorganismen  in  allen  grösseren  Tiefen  der  Oceane; 

3.  dass,  wejin  die  Korallen  von  submarinen  Bänken  aufwachsen,  sie  eine  Atoll- 
form annehmen,  indem  nach  aussen  hin  ein  grösserer  Keichthum  an  pela- 
gischem  Leben  vorwaltet  und  nach  innen  hin  der  abgestorbene  Korallenfels 
durc]i  Ströme  und  durcli  die  lösende  Aktion  der  Kohlensäure  im  Meerwasser 
entfernt  wird; 

4.  dass  Barrierenriffe  vom  Ufer  aus  gebaut  haben  auf  einem  Grund  von  vul- 
kanischen Trümmern  oder  auf  einem  „talus"  von  Korallenblöckeu,  Korallen- 
sediment und  pelagischen  Schalen  und  die  Laguuenkanäle  werden  im  selben 
Sinne  gebildet  wie  eine  AtolUagime: 

5.  dass  es  nicht  uöthig  ist,  die  Senkung  zu  Hülfe  zu  nehmen,  um  irgend  eine 
der  charakteristischen  Formen  der  Barrierenriffe  und  Atolle  zu  erklären 
und  dass  alle  diese  Formen  ebenso  sich  bilden,  ob  langsame  Hebung  oder 
langsame  Senkung  vorhanden  ist. 

Guppy  (24  a). 

1.  Riffe  erscheinen  durch  Wachsthum  bis  ungefähr  zur  Meeresoberfläche  oder 
durch  Hebung: 

2.  die  vielen  detaschirten  Korallenbänke  sind  nicht  im  Stande,  sich  ohne  Hülfe 
von  Hebung  innerhalb  der  starken  Brandung  zu  erheben.  Zurückgehalten 
in  Tiefen  zwischen  5  — 10  Faden,  entweder  geschützt  oder  ungeschützt, 
bilden  sie  flache  Bänke  von  keiner  bedeutenden  Grösse; 

3.  Atolle  von  geringer  Grösse  (d.  h.  ungefähr  1  Meile)  nehmen  ihre  Form 
erst  au,  wenn  sie  die  Oberfläche  erreiclit  haben.  Eine  kleine  flache  Bank 
kommt  durch  Hebung  zur  oder  über  die  Oberfläclie.  Seitlich  wachsen  die 
Flügel  an  in  Gestalt  eines  Hufeisens,  indem  durcli  die  Oberflächenströme 
und  die  Brandung  diese  Form  entsteht; 

4.  die  grösseren  Atolle  haben  zweifellos  ihre  Form  unter  der  Oberfläche  an- 
genommen; 

5.  die  wahre  Riffkante  ist  der  Abfall  gegen  die  See  zu,  welcher  zwischen 
4—5  und  12 — 18  Faden  schwankt.  Wo  die  Böschung  mehr  als  1" — 12" 
ist,  was  meist  der  Fall  ist,  wird  der  Sand  und  Kies  in  die  den  Korallen 
unschädliche  Tiefe  hinausgetragen.  Wenn  die  Böschung  weniger  als  5** 
ist,  dann  liegt  der  Sand  innerlialb  der  Zone  der  riffbildenden  Korallen  und 
belästigt  also  diese,  wodurch  Barrierenriffkanäle  entstehen.  Bei  verschie- 
denen Barrieren  Iiintereinander  kommt  Hebung  in  Frage; 

6.  Rifi'bildende  Korallen  sind  nicht  an  30—40  m  gebunden.  Sie  können  unter 
günstigen  Bedingungen  bis  lOo  m  gedeihen  und  so  kann  man  die  grossen 
Tiefen  der  Lagunen  erklären; 

7.  Rifie  wachsen  auf  ilirem  eig-enen  Talus. 


22  Dr.  Augustin  Krämer. 


Die  Widerlegung  einzelner  von  Murray  und  Guppy  ausgesprochener  Thesen 
soll  in  den  nächsten  Abschnitten  versucht  werden.  Um  die  Hauptresultate  meiner 
Untersuchungen  vorweg  zu  nehmen,  so  soll  bewiesen  werden,  dass  die  Korallen- 
riffe auf  stationären  Gebieten  ihre  typischen  Gestalten  erlangen,  indem  die  tek- 
tonischen  Landverhältnisse  hierfür  maassgebend  sind,  dass  die  Nahrung  der  See 
zu  eine  ärmere  ist  als  im  Hafen  und  innerhalb  der  Riffe,  und  dass  aus  diesem 
Grunde  und  wegen  der  Brandung  das  Wachsthum  der  Eiffe  seewärts  ein  schlech- 
teres ist  als  in  den  Häfen  und  Kanälen.  Hier  erfolgt  die  Keguliruug  durch 
andere  Verhältnisse,  welche  jedem  Riffe  ein  bestimmtes  Gepräge  verleihen.  Der 
Entstehung  der  Atolle  werde  ich,  von  denselben  Gesichtspunkten  geleitet,  ein 
besonderes  Kapitel  widmen. 


III.  TopogTaplii(\  Meteorologie  und  Geologie  der  Inseln. 

1.  Topographie. 

Die  Saraoainsftln  liegen  zwischen  13' o  und  14^.,"  Südbreite  und  zwischen 
168  und  ITS'^  westlicher  Länge  von  Greenwich.  Sie  bilden  eine  Inselreihe,  welche 
von  NNW  nach  OSO  zieht  und  aus  5  Theilen  besteht:  Savai'i,  Upolu,  Tutuila, 
Manu'a  und  Rose-Atoll.  Sie  nehmen  von  Westen  nach  Osten  au  Höhe  und  Grösse 
ab.  Das  ganze  Gebiet  beträgt  2787  □km,  wovon  1707  allein  anf  Savafi  ent- 
fallen. Ganz  aus  vulkanischem  Gestein  bestehend,  sind  diese  Inseln  vom  Strande 
bis  zu  den  höchsten  Bergspitzen  (ca.  1600  m)  mit  üppigem  Grün  bedeckt,  so 
dass  sie  vom  Meere  aus  einen  überaus  lieblichen  Anblick  gewähren.  Es  sollen 
hier  nur  allgemein  orientirende  Notizen  gegeben  werden.  Wegen  speziellerer 
Angaben  sei  verwiesen  auf  die  Arbeiten  Graeffe's,  auf  Mein  ecke's  „Inseln  des 
Stillen  Oceans"  und  Turner's  Samoa,  ferner  auf  den  geologischen  Theil  und  die 
örtliche  Riffverbreitung. 

a.  Savai'i,  die  westlichste  der  Inseln,  ist  die  grösste  und  zugleich  die 
höchste,  indem  die  Berge  sich  im  Innern  bis  zu  1600  m  über  die  Meeresfläclie 
erheben.  Das  Land  pflegt  nahezu  überall  vom  Meere  aus  direkt  massig  stark 
anzusteigen,  so  dass  der  Küstensaum  meist  nur  schmal  ist  und  wenig  Raum  für 
Anpflanzungen  bietet.  Eine  besondere  Ausnahme  macht  nur  die  als  fruchtbar 
gepriesene  Ostseite,  welche  sich  Upolu  zuwendet  und  auch  ein  grösseres  Küsten- 
riflf  besitzt,  während  die  3  übrigen  Seiten  der  Korallenrifte  nahezu  ganz  entbehren. 
Diese  Ostgegend,  Fa  asaleleanga  genannt,  ist  die  Heimath  der  Malietoafamilie, 
welche  zur  Zeit  den  Königsthron  inne  hat.  Hier  landete  dereinst  der  englische 
IVIissionar  Williams  mit  Tahiti'schen  Lehrern  im  Jahre  1830  und  durch  den 
dort  ansässigen  Malietoa  Tavita  gelang  es  ihm  bald,  das  Christenthum  auszubreiten. 

Das  Innere  von  Savai'i  ist  von  mehreren  parallelen  Gebirgsrücken  durch- 
zogen und  ist  wegen  seiner  Wasserarmuth  nur  schwierig  zu  besuchen.  Ver- 
schiedene Kraterseen  sind  in  ungefähr  lt»00  m  Höhe  vorhanden,  vor  allen  der 
Mataulanu  im  Süden  und  der  Lepaengä  im  Norden,  welche  Dr.  Reinecke  im 
Jahre  1894  besucht  hat.  Grosse  Höhlen  und  Schlackengänge  finden  sich  bei 
Matautu  und  bei  Safotulafai,  wie  an  vielen  andern  Plätzen.  Die  Nordküste  mit 
seinem  grossen  Sclilackenfeld  und  dem  jungen  Krater  des  Mua  findet  sich  im 
Sfeoloofischen  Theil  nälier  beschrieben. 


14 


Dr.  Auffustin  Krämer. 


Savai'i  ist  durch  einen  lo  Seemeilen  breiten  und  <fegen  lOo  m  tiefen  Kanal 
von  Upolu  getrennt,  in  welchem  die  interessante  Kraterinsel  Apolima  und  die 
Insel  Manono  gelegen  ist.  Während  aber  erstere  mitten  zwischen  den  beiden 
grossen  Inseln  isolirt  liegt,  ist  Manono  nur  ein  abgetrenntes  Stück  von  Upolu 
und  auch  in  dessen  grosses  Aanariff  eingeschlossen.  Apolima  ragt  als  die  Spitze 
eines  steilen  Vulkans  aus  dem  Wasser  hervor.  Der  Kraterrand  fällt  von  Süden 
nach  Norden  langsam  ab  und  ist  hier  eingebrochen,  so  dass  das  Meer  den  Krater 
ausfüllt.  Einige  100  m  nach  Norden  hin  ragt  ein  Felsblock  aus  dem  Wasser 
hervor,  als  ob  er  der  fehlende  Theil  des  Kandes  wäre.  Contre-Admiral  a.  D. 
von  Werner  segelte  mit  der  „Ariadne"  zwischen  diesem  Felsen  und  Apolima 
hindurch,  um  den  Manonoleuten  den  Glauben  an  ihre  uneinnehmbare  Feste  zu 
nehmen.  Im  Krater  ist  ein  Dorf  mit  einem  Süsswasserbrunnen.  Da  die  Pforte 
im  Krater  jedoch  durch  ein  Korallenriff  verschlossen  ist,  welches  nur  einen  engen 
Kanal  besitzt,  so  hängt  die  Heimkehr  der  Bewohner  sehr  von  Wind,  See  und 
Gezeit  ab  und  ist  nicht  gar  selten  unmöglich.  In  geologischer  Hinsicht  bildet 
Apolima  ein  Caldera  mit  einem  Barranco. 


^^Kutvhz^^-'^iU 

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Der  Krater  der  Insel  Apolima   mit    soinem  Barranco.     Blick    aus    dem  Krater   gegen  Savai'i 

zu  iKicli   NW.      Davispliot. 


Anders  Manono.  Die  stark  bevölkerte  Insel,  welche  lange  Zeit  um  die 
•Hegemonie  im  Archipele  stritt,  ist,  da  sie  im  Strandriffe  von  West-Upolu  ein- 
geschlossen ist,    leicht  zugäuglicli.     Sie   stellt   einen  niederen  Kegel  dar  und  ist 


III.    Topographie.  Meteorologie  und  Geologie  der  Inseln. 


15 


über  und  über  mit  Cocospalinen  bestanden.  Die  Manonoleute  gelten  nicht  allein 
für  vornehm,  sondern  auch  für  scliön  und  heute  noch  sagt  man  in  Tonga  von 
einem  hübschen  Mädchen  als  liöchstes  Lob:  Sie  ist  schön  wie  ein  Mädchen  von 
Manono.  Westlich  von  Mauono  liegt  nahe  ein  einzelner  Fels,  welchen  einige 
Cocospalmen  zieren,  Nulopa  genannt. 

b.  Upolu  ist  die  Hauptinsel,  mit  dem  Mittelpunkte  Apia  inmitten  der  Nord- 
küste, wo  der  König  Malietoa  residirt  und  die  deutsche  Handels-  und  Plantagen- 
gesellschaft der  Südseeinseln  zu  Hamburg  ihren  Sitz  hat.  Beschaut  man  sich 
von  Bord  eines  mitten  im  Apiahafen  liegenden  Schiffes  aus  die  schöne  Landschaft, 


Tofiia  Singaele       Lanutoo  LePua 

Maungatianioe 
Das  Westende   üpolu's  aus  Süden  _fjesehen. 


i<*^- 


Malataberg  Eingang  Faübor; 

zur  Fangaloabucht 
Xordküsto  Upolu's  (im  Osten  der  Insel). 


1.  Xuuliia 


Kraterinsel  Nuutele    Cai)  Tapanga    '    I.  Namua 


Krater  ülemanga 
I.  Fanuatapu 


Ostende  von  Upolu  mit  seinen  4  Inseln  (aus  Norden  gesehen). 

SO  sieht  man  fern  im  Westen  an  klaren  Abenden  das  hohe  Savail  blau  ver- 
schwommen sich  über  die  Halbinsel  Mulinu'u  erheben.  Ferne  im  Osten  sieht 
man  das  flache  Aaua  langsam  ansteigen,  überragt  von  dem  gegen  600  m  hohen 
Kegel  des  Tofua.  Auf  dem  langsam  steigenden  Kamm  gewahrt  man  fernerhin 
ostwärts  neben  vielen  kleineren  die  Krater  des  Singaele,  des  tiefer  liegenden 
Lanoatata  und  Laloanea  und  dann  den  höhergelegeneu  langgestreckten  Krater  des 
Lanuto'o,  in  welchem  ein  lieblicher  See  einsam  liegt.  Es  folgen  durch  den 
350  m  hohen  Apiaberg  im  Vordergrunde  verdeckt  die  Krater  des  Maungafiamoe, 
dann  links  vom  Apiaberg  der  Tiavi,  der  isolirte  Le  Pua  und  dann  der  höchste 
1000  m  hohe  Fa  alata,  vor  den  letzten  drei  die  tiefen  Schluchten,  durch  welche 


\Q  Dr.  Augustin  Krämer. 


der  romantische  Vaisinganofluss  über  zahlreiche  grössere  und  kleinere  Felswände 
herabstürzend  im  kühlenden  Schatten  der  immergrünen  Wälder  dem  Meere  zueilt. 

Vom  Fa'alata  ab  fällt  der  Kamm,  gespickt  mit  zahlreichen  kleineu  Krater- 
Erhebungen  langsam  nach  Osten  hin  ins  Atuagebiet  ab.  Die  Küstenberge  von 
Vailele  und  Luatuanu'u,  überragt  von  dem  mächtigen  Berg  des  Saluafatahafens, 
begrenzen  die  Landschaft  nach  Sonnenaufgang.  Wenn  man  denselben  Weg  im 
Hinblick  auf  die  politische  Eintheilung  Upolu's  macht,  so  gelaugt  man  aus  dem 
flachen  fruchtbaren  Aana  im  Westen,  wo  zur  Zeit  der  junge  Tamasese  lebt,  in 
das  mittlere  Gebiet  der  Tuamasanga,  den  Anhängern  des  Malietoa,  um  nach  Osten 
hin  in  das  Atua-Gebiet  zu  gelangen,  dem  Verbündeten  Aana's,  Avoselbst  die  uralte 
Tupua-Familie  zu  Hause  ist,  welcher  Tamasese  entstammt  und  auch  Mataafa 
mütterlicherseits  angehört.  Das  Ostende  der  Insel  heisst  Aleipata  und  gehört 
zu  Atua.  Der  Kürze  halber  werden  diese  Distriktsnamen  fernerhin  öfters  zur 
Ortsbezeichnung  Anwendung  finden. 

Upolu  ist  im  Gegensatz  zu  dem  rhombischen  Savai'i  langgestreckt  und  etwas 
fliedriger.  Die  sanft  abfallenden  Gehänge  bieten  namentlich  an  der  Nordküste 
treffliches  Land  zum  Anbau  von  Pflanzungen.  So  liegt  auf  der  grossen  Aana- 
Ebene  im  Westen  die  Mulifanua- Pflanzung  und  ostwärts  nahe  am  Apiaberg  die 
Pflanzung  Vaitele.  Die  Ebene  zwischen  dem  Apiaberg  und  dem  Küstenberg  von 
Vailele  nimmt  die  gleichgenaunte  Pflanzung  ein.  Eine  weitere  grosse  Ebene 
zwischen  Saluafata  und  Falefä  in  Atua  ist  noch  unbebaut.  Auch  an  der  Südküste 
harren  die  Niederungen  von  Lefaugä,  Safata,  Falealili  und  Salani  noch  der  aus- 
giebigeren Benutzung.  So  ist  üpolu  nicht  allein  durch  seine  centrale  Lage  und 
seine  Häfen,  sondern  auch  durch  den  Werth  seiner  Ländereien  zum  Mittelpunkt 
der  Samoa-lnseln  von  der  Natur  bestimmt. 

Am  Ostende  Upolu's  liegen  vier  kleine  unbedeutende  Inseln  Fanuatapu, 
Namua,  Nu  ulua  und  das  Apolima  ähnliche  Nu  utele. 

c.  Tutuila,  40  Seemeilen  von  Upolu  in  östlicher  Richtung  entfernt,  ist 
schroff  und  steil,  wenig  zugänglich,  indessen  früher  namentlich  von  den  ameri- 
kanischen Dampfern  häufig  besucht,  da  es  den  einzigen  wirklichen  Hafen  im 
Archipele  besitzt,  welcher  von  der  See  vollkommen  abgeschlossen  ist,  wesslialb 
die  daselbst  zu  verschiedenen  Zeiten  ausgeführten  Plauktonfänge  ein  besonderes 
Interesse  verdienen.  Im  Südwesten  ist  die  offene  Bai  von  Leone,  der  Sitz  eines 
■englischen  Missionars.  Zwischen  Leone  und  Pango-Paugo  (ungefähr  in  der  Mitte 
der  Südseite)  dehnt  sich  die  ein/ige  grössere  Niederung  auf  Tutuila  aus,  welche 
ihrer  hügeligen  Beschaffenheit  halber  eine  Ebene  nicht  genannt  werden  kann. 
Dem  Aussehen  der  Küste  und  des  Landes  nach  gleicht  sie  einigermaassen  der 
Niederung  zwischen  Safata  und  Falealili  auf  der  Südseite  Upolu's.  Die  Lavafelsen 
der  niederen  Steilküste  sind  durch  die  Passatbrandung  stark  zerfressen  und  man 
sieht  hier  grosse  Höhlen  und  isolirte  Felszackeu,  an  denen  der  Gischt  der  Brecher 
in  bedeutende  Höhen  hinaufspritzt  und  im  Sonnenschein  prächtige  Bilder  hervor- 
zaubert. Die  Unterminiruug  dos  Bodens  durch  die  See  ist  besonders  anschaulich 
in  der  genannten  Leone-Bai,  woselbst  das  Haus  des  Missionars  auf  einem  weiten 
Gewölbe  steht.  Zahlreiche  2 — 4  ra  hohe  und  breite  Gänge  sieht  man  bei  Niedrig- 
wasser hier  ins  Land  liiueiuzioheu,  bei  Fluth  sich  füllend  und  dem  einstürzenden 


in.    Topographie,  Meteorologie  und  Geologie  der  Inseln. 


17 


Eingang  zur  Bucht  von  Pango-Pango. 
Südküste  von  Tutuila. 


Wasser  an  einigen  Stellen  durch  Ventile  Austritt  gewährend,  so  dass  auf  diese 
Weise  ein  Park  mit  interminireuden  Fontänen  hier  von  der  Natur  angelegt  ist. 
Hier  ist  das  Gestein  auch  nicht  solide  Lava,  sondern  sedimentärer  grauer  und 
rostfarben  gebänderter  Tuff,  welcher  dem  Einfluss  des  Wassers  nur  geringen 
Widerstand  bietet. 

Der  Eingang  zum  Hafen  von  Pango-Pango  ist  leicht  kenntlich  durch  zwei 
Berge,  welche  die  Thorpfeiler  bilden,  der  700  m  hohe  schroffe  spitze  Matafao  zur 
linken  und  der  niedrigere, 
breite  Peiva  zur  rechten. 
Steile  Bergwände,  mit 
üppigen  Wäldern  bedeckt, 
spiegeln  sich  hier  in  dem 
glatten  Wasser  des  schub- 
förmigen 4^/.,  km  laugen 
Hafens,  doppelt  schön, 
wenn  diese  Wälder  im 
Mai  im  üppigsten  Blüten- 
schmuck prangen  und  das 
ganze  Thal  von  Vogel- 
stimmen widerhallt. 

An  der  Südoststrecke  Tutuilas  liegt  die  Insel  Anuu,  welche  inmitten  auf 
geringer  Erhebung  einen  sumpfigen  Krater  trägt.  Von  Anuu  aus  zielit  nach 
Westen  hin  bis  Pango-Pango  parallel  mit  der  Küste  Tutuilas  ein  sogenanntes 
gesunkenes  Barrierenriff,  welches  weiter  unten  eine  besondere  Besprechung 
erfahren  wird. 

d.  Manna,  aus  drei  Inseln  bestehend:  Tau,  Olosenga  und  Ofu,  liegt 
55  Seemeilen  von  Tutuila  entfernt.  Während  Tau  einen  isolirten  700  m  hohen 
schroffen  Kegel  bildet,  welcher  horizontale  Lagerungen  zeigt,  ist  Olosenga  und 
Ofu  ein  nur  durch  eine  geringe  Vertiefung  unterbrochener  Höhenzug.  Manua 
hat  eine  eigene  Königin,  welche  unabhängig  ist;  Manuatele  gilt  in  der  samoanischen 
Sage  als  das  zuerst  entstandene  und  bevölkerte.  Hier  fand  1866  der  submarine 
Ausbruch  statt,  von  welchem  weiter  unten  die  Rede  sein  wird.  Es  ist  wunder- 
bar, dass  die  geologischen  Schlüsse  und  die  samoanische  üeberlieferung  zugleich 
darauf  hindeuten,  dass  diese  Inseln  zuerst  entstanden  sind. 

e.  Das  Rose-Atoll  (nach  Freycinets  Frau,  Rose,  1819  so  benannt), 
ist  72  Seemeilen  von  Tutuila  entfernt,  trägt  auf  dem  Korallenring  zwei  kleine 
Inseln,  eine  davon  mit  hier  angepflanzten  Cocospalmen  bewachsen,  ca.  l7-.>  km 
lang,  unbewohnt. 

2.  Meteorologie  und  Oceanologie. 

Die  Samoa-Inseln  liegen  im  Bereiche  des  Südostpassates,  welcher  indessen 
nur  von  April  bis  November  ständig  zu  wehen  pflegt  und  trockenes  Wetter  mit 
sich  führt,  während  zur  übrigen  Zeit  häufiges  Aussetzen  beobaclitet  wird,  ab- 
wechselnd mit  nördlichen  Winden,  welche  von  Januar  bis  März  nicht  gar  selten 
zu   heftigen   Stürmen   und   Orkanen   ausarten.     Diese  Zeit,   der  Va  i  Palolo   der 

Krämer,  Ueber  deu  Bau  der  KoraUeuriflfe.  2 


18  I^r.  Augustin  Krämer. 


Samoaner,  da  die  Regenzeit  zugleich  die  Zeit  der  Essensfülle  ist.  wird  eingeleitet 
durch  das  Erscheinen  des  Palolowurmes.  Die  trockene  Zeit  heisst  Va  i  toelau, 
die  „Passatzeit".  AVährend  dieser  pflegt  der  Passat  gewöhnlich  Vormittags 
zwischen  8  und  10  Uhr  nach  einer  kurzen  Windstille  einzusetzen,  nachdem 
Nachts  oft  ein  leichter  ablandiger  Wind  geherrscht  hat;  dies  gilt  wenigstens 
von  Apia,  welches  eigentlich,  weil  es  an  der  Nordküste  Upolus  gelegen  ist, 
ausserhalb  des  eigentlichen  Südostpassates  liegt.  Aber  der  Wind  wird  an  der 
Ostkante  der  Insel  in  zwei  Theile  geschnitten,  welche  längs  der  Insel  von  Osten 
nach  Westen  laufen.  Auch  kommt  der  Passat  häufig  mehr  aus  OSO  oder  gar 
aus  östlicher  und  nördlicher  Richtung.  Mit  dem  Winde  setzt  auch  ein  Strom 
von  Ost  nach  West,  welcher  an  der  Nordseite  durch  das  vorspringende  Sawaii 
abgelenkt,  die  Apolimastrasse  von  Norden  nach  Süden  durchbricht,  und  an  der 
Südküste  üpolus  sogar  einen  Gegenstrom  erzeugt,  wie  die  „Gazelle"  beobachtete 
(auch  ,, Falke"  1894).  Eine  besondere  Stärke  scheint  übrigens  der  Passatstrom 
hier  nicht  zu  haben,  wenigstens  für  gewöhnlich  nicht  viel  stärker  als  eine  halbe 
Seemeile  in  der  Stunde.  (,, Bussard"  fand  0,6  an  der  Südseite  bei  Falealili.) 
Dies  hängt  offenbar  mit  der  geringen  Passatstärke  zusammen,  welche  hier  selten  4 
(nach  der  Beaufort'schen  Scala)  überschreitet,  meist  sich  nur  etwas  über  3  hält*). 
Die  Temperaturen  des  Seewassers  sind:    Februar  27**         x\ugust  27  "^ 

Mai  28^  November  27—28». 
Wichtiger  und  bedeutender  als  die  Passatdrift  sind  an  der  samoanischen 
Küste  die  Ströme,  welche  durch  die  Gezeiten  erzeugt  werden.  Die  Höhe  der 
Springfluth,  soweit  von  einer  solchen  überhaupt  gesprochen  werden  kann,  ist  zur 
Zeit  der  Aequinoktien  (20. — 22.  März  und  23. — 26.  September)  ungefähr  1,3  m 
(Höhe  der  Gezeit).  Der  Zenithstaud  der  Sonne  tritt  um  den  30.  October  und 
11.  Februar  ein.  Die  Hafenzeit  ist  ungefähr  67.3  Stunden,  so  dass  das  Niedrig- 
wasser zur  Zeit  der  Syzygien,  also  des  Neu-  und  Vollmondes,  ziemlich  genau 
Mittags  einzutreten  pflegt  und  man  um  diese  Zeit  die  Korallenriffe  weithin  in 
der  Sonnengluth  frei  liegen  sieht,  während  dieselben  zur  Zeit  der  Quadraturen 
(Nippzeit)  kaum  sichtbar  werden.  Meteorologische  Beobachtungen  werden  seit 
vielen  Jahren  in  Apia  von  dem  dortigen  Arzte  Dr.  Funk  ausgeführt  und  der 
deutschen  Seewarte  in  Hamburg  mitgetheilt,  welche  sie  in  den  ,,Ueberseeischen 
meteorologischen  Beobachtungen"  verwerthet.  (Siehe  auch  A.  H.  Bd.  18  S.  195.) 
Dem  kleinen  Buche  Dr.  Funk's  ,, Kurze  Anleitung  zum  Verständniss  der 
samoanischen  Sprache  nebst  einem  Anhange:  Meteorologische  Notizen"  (Berlin 
1893.     Mittler)  entnehme  ich  folgende  Daten: 

Durchschnittliche    monatliche    Beobachtungen. 


April 

Temperatur 
254 

C. 

Barometerstand 
758.4-764.8 

R. 

egenmenge 
315 

in  mm 

Regenlage 
20 

Mai 

26,2 

765,4—760.1 

156 

13,5 

Juni 

25 

760.1—766 

187 

14,2 

Juli 

24,7 

758    —767 

89,2 

10,1 

August 

23.9 

761 J— 766 

152 

13 

September  25,6  758,3-766.4  147,9  17.5 


*)    Siehe  Koppen.  Windstärke  auf  dem  Stillen  Ocean,  Annal.  Hydrogr.   1895, 


III. 

Topographie, 

Meteorolojifie  und  Clcoloj^fie  der  Inseln. 

19 

Qctober 

Temperatiu*  C. 
25.3 

Barometerstand 
759,8-765,7 

Regenmenge   in  mm 
160,9 

ßegenlage 
18,0 

November 

25,5 

753,4—764,9 

366,8 

.     24,5 

Decembcr 

26,4 

755.1—764,9 

436,7 

23 

Januar 

27 

755,2—763,6 

455 

25,5 

Februar 

26,9 

755,7—763.2 

527 

22 

März 

26,9 

.  746,5—765.7 

316 

22 

Jahrosdiu'c 

ischnitt 

25.7 

757        765.2 

3419  mm 

196.3 

7(il.l 

Die  Amplitude  der  Temperatur  während  24  Stunden  beträgt  bis  zu  10*^  C 
und  darüber.  Einmal  beobachtete  ich  selbst  im  August  1894  an  Land  in  Apia 
17,5°  C.     An  Bord   ist   die  Amplitude    der  Wasserwärme    halber   weit  geringer. 

Betreifs  der  Insolation  gebe  ich  eine  kleine  üntersuchungsreihe,  welche 
dier  Steuermann  Krautz  für  mich  ausführte.  Die  Ursache  dazu  waren  die 
stechenden  Sonnenstrahlen,  welche  Vormittags  um  8  Uhr  so  empfindlich  sind, 
so  dass  es  schien,  dass  um  diese  Zeit  wegen  der  geringeren  relativen  Feuclitigkeit 
der  Atmosphäre    die  Insolation    eine   grössere  sei.     Das  Resultat  war  negativ. 


Datum 

1  Schwarze  Kugel 

i       a.  m.  8  h. 

li 

Trockene  Kugel 
a.  m.  8  h. 

Schwarze  Kugel 
p.  m.  4  h. 

Trockene  Kugel 
p.  m.  4  h. 

Ampi, 
a.  m. 

Ampi, 
p.  m. 

29.  Y.  95. 

31.00 

27.5  0 

36.0  0 

27.7« 

+    3,5+    8.3 

30.  V. 

II            31,0 

25,5             1 

37,0 

28,0 

+    5,5+    9,0 

31.  V. 

II            32.0 

24,6 

38,5 

28.8 

+    7,4|+    9.7 

l.VI. 

1            38,5 

26,3 

41,0 

29.7             1+  11,2  4-  11,3 

2.  VI. 

1            33,2 

25,9             ! 

36,0 

27,7 

+    7,3]+    8.3 

3.  VI. 

1            34.5 

24.5 

38.4 

28.7             1 

+  10.0'+    9.7 

4.  VI. 

!l            39,0 

27.8             1 

38,0 

27,7             1 

+  11,2|+  10,3 

o.VI. 

1            27,6 

25.0 

28.5 

27,0             1+    2,6+    1,5 

11+    7,3|-i-    8,4 


Es  erhellt,  dass  die  Lufttemperatur  in  Samoa  im  allgemeinen  für  ein 
tropisches  Land  eine  verhältnissmässig  geringe  ist.  Namentlich  zur  Trockenzeit 
ist  dank  der  insularen  Lage  und  dem  beständig  wehenden  Passat  die  Hitze  leicht 
erträglich,  zumal  da  nahezu  überall  am  Strande  die  Cocospalmen  und  Inlands 
die  Wälder  erquickenden  Schatten  spenden.  Samoa  verdient  desshalb  dank  diesen 
günstigen  Bedingungen,  dank  dem  liebenswürdigen  Charakter  und  der  Keinlichkeit 
seiner  Eingeborenen,  dank  der  üppigen  Natur  und  dem  Mangel  an  bösen  Fiebern 
und  gefährlichen  Thieren  unter  den  Ländern  an  erster  Stelle  genannt  zu  werden, 
welche  einem  Paradiese  auf  Erden,  wenn  es  ein  solches  gäbe,  verglichen  werden 
könnten.  Freilich  die  Seeleute  denken  anders  und  aus  den  folgenden  Zeilen 
erhellt,  dass  sie  ein  gewisses  Recht  darauf  haben. 

Da  Gezeiten  und  Stürme  so  ausserordentlich  einflussreich  auf  die  Gestal- 
tung der  Riffe  wirken  (was  bei  der  Morphologie  der  Riffe  näher  zu  besprechen 
sein  wird),  so  will  ich  hier  nicht  versäumen,  einige  Daten  zu  geben,  welche 
dem  EUa'schen  Berichte  (siehe  bei  Erdbeben),  den  Anualen  der  Hydrographie  und 
mündlichen  Berichten  an  Ort  und  Stelle  entnommen  sind: 


20  I^r.  Augustin  Krämer. 


Von  einer  Gezeitenwelle  im  Gefolge  des  grossen  Erdbebens  zu  Valdivia 
in  Chile  im  Jahre  1837  berichtet  die  Wilkes-Expedition.  Die  Notizen  entstammten 
einem  Missionar  im  Pango-pangohafen.  Daselbst  stieg  am  7.  November  1837 
um  2  h.  20'  p,  m.  das  Wasser  2  Fuss  über  Springfluthmarke  und  fiel  in  10  Minuten 
zu  Niedrigwasser.  In  5  Minuten  stieg  es  wieder  zur  vorigen  Höhe,  um  in 
5  Minuten  wieder  eben  so  tief  zurückzufallen.  Dann  stieg  es  plötzlich  5  Fuss 
über  Springfluthmarke  und  fiel  2  h.  52'  wieder  zu  Niedrigwasser.  Geringe  Undu- 
lationen  wurden  noch  24  Stunden  lang  beobachtet. 

Am  29.  September  1849  9  h.  a.  m.  fiel  das  Wasser  plötzlich,  so  dass  die 
Riffe  7-,  ™  lio*^^  ^"^  ^^^  Wasser  hervorragten;  in  3  Minuten  stieg  das  Wasser 
wieder  zu  halber  Fluthhöhe  (Ausschlag  5  Fuss).  Fernerhin  trat  Fallen  und 
Steigen  ungefähr  3  mal  in  einer  Stunde  bis  gegen  Mittag  auf. 

Um  3  und  4  Uhr  Nachmittags  bei  halb  Ebbe  stieg  die  See  plötzlich  wieder 

über  die  Hochwassermarke,  überfluthete  die  Ufer  und  fiel  dann  langsam  wieder. 

Aehnliche  Beobachtungen  zur  selben  Zeit  auf  Aneitum  und  Neu-Hebriden  u.  s.  w. 

Ferner   wurde   eine  Gezeitenwelle   im  Jahre  1863   beobachtet,   welche  die 

Ufer  überfluthete  und  Schaden  anrichtete. 

Von  besonderer  Bedeutung  sind  aber  die  Stürme,  welche  Samoa  stetig 
heimzusuchen  pflegen. 

Das  Minimum  beginnt  gewöhnlich  nicht  weit  nördlich  von  Samoa  und  zieht, 
erst  nach  Westen  ausbiegend,   meist   in    einer  Kurve  nach  Süden   und  Südosten. 
Der  Monat  März  ist  für  Samoa,  Viti  und  Tonga  der  gefährlichste. 
Vollständig   verschont    scheinen  nur    die   Ellice-,    Gilbert-,   Marshallinseln, 
Karolinen  und  das  Meer  von  Neu-Guinea  zu  sein. 

Für  Samoa  seien  folgende  Daten  hier  gegeben: 
1840  war  ein  Sturm. 
Weihnachten  1848  Sturm  an  der  Nordseite  Upolus.     Ein  Samoahaus  wurde  ab- 
gerissen und  in  die  Lüfte  getragen. 
4. — 6.  April  1850  Orkan  mit    kurzen  Intervallen,    während   welcher   der   Regen 
in   Strömen   niederschoss.     Viele  Bäume   wurden   entwurzelt. 
Ein  Missionshaus  wurde  abgedeckt  und  theilweise  eingeblasen. 
Mehrere    Todesfälle    sollen    vorgekommen    sein.      Im    Hafen 
wurden  3  Schiffe  auf's  Riff  getrieben,  1  strandete  beim  Ver- 
lassen des  Hafens  und  ein  zu  Anker  liegender  Kutter  wurde 
von  der  See  einfach  zugedeckt. 
Januar  1865  hauptsächlich    Apia    betroffen    und    Manono    verwüstet.      Die 
deutsche  Bark  „Alster"  trieb  aufs  Riff,  nur  ein  Manu  wurde 
gerettet. 
Januar  1870  grosse  Stürme  auf  Tutuila.     Upolu  verschont. 
März  1879.  Das  Minimum  des  Sturmes  ging  nicht  durch  Apia.     Schiffs- 
verlust trat  nicht  ein. 
März  1883  starker  Sturm.     Viele  Häuser  und  Bäume  auf  Upolu  zerstört, 
mehrere  Schiffe  gescheitert  (10  Mann  ertrunken). 
Nur  6  Jahre   waren   vergangen,    als  jene  denkwürdige  Sturmzeit  des  März 
1889  hereinbrach,  welclie  noch  in  aller  Gedächtuiss  fortlebt.     Schon  vom  9.-17. 


III.    Topographie,  Meteorologie  und  Geologie  der  Inseln.  21 

Februar  desselben  Jahres  hatte  ein  Cyclon  die  Nähe  der  Samoainseln  passirt; 
ein  zweiter  folgte  am  7.  und  8.  März.  Sie  hatten  indess  Samoa  nicht  direkt 
getroffen;  erst  vom  15.-23.  desselben  Monats  datirt  jene  berüchtigte  Zeit,  während 
welcher  6  Kriegsschiffe  und  mehrere  Handelsschiffe  strandeten  und  verloren  gingen. 
Dass  zwei  Stürme  schon  zuvor  beobachtet  waren,  gab  Veranlassung,  das  Minimum 
des  16.  März  als  Regen  anzeigend  zu  deuten. 

Koppen  schreibt  darüber  in  den  Annalen  der  Hydrographie  (1892  S.  267): 

„Obwohl  als  allgemeine  Kegel  für  die  tropischen  Orkane  gelten  kann,  dass 
sie  verhältnissmässig  selten  auftreten  und  ein  und  dasselbe  Gebiet  erst  wieder 
nach  einer  längeren  Pause  heimsuchen,  kommen  doch  bisweilen  Ausnahmen  von 
dieser  Regel  vor.  In  gewissen  Jahren  und  Gegenden  scheinen  nämlich  die  Be- 
dingungen für  die  Bildung  der  Orkane  besonders  günstig  zu  sein,  so  im  Anfange 
des  Jahres  1889  bei  den  Samoainseln,  denn  in  der  Umgebung  derselben  traten 
innerhalb  eines  Monats  nicht  weniger  als  3  Orkane  auf." 

Konsul  Knappe  schilderte  jene  Zeit  in  seinem  Berichte  an  das  Auswärtige 
Amt  mit  den  Worten:  „Während  in  früheren  Jahren  die  Regenzeit  bereits  im 
November  einzusetzen  pflegte,  hatten  wir  in  diesem  Jahre  bis  Ende  Januar 
schönes  Wetter." 

Es  wird  also  hier  ein  ursächlicher^Zusammenhang  bekannt.  Der  Verlauf 
des  Sturmes  und  der  Katastrophe  ist  kurz  folgender: 

15.  März  früh  4  Uhr  Barometer  749,4  mm. 

6  h.  Die  deutschen  Schiffe  SMS.  „Adler",  „Olga"  und  „Eber"  Dampf 
auf  (Mittags  HMS.  „Calliope",  Nachmittags  die  Amerikaner  „Tren- 
ton",  „Vandalia"  und  „Nipsic"). 

12 — 4  h.  p.  m.    allmäliges    Abflauen    des  S- Windes  bis  zu  Windstille. 

4  h.  p.  m.  Barometerstand  742  mm.     Minimum. 

5— 6  h.  NO-Wind,  starke  Dünung. 

11  h.  p.  m.  B.  749  mm,  starke  Böen. 

16.  März  12— 4  h.  a.  m.  Wind  NNO-N.     Windstärke  12,    hohe,    direkt   in   den 

Hafen  einlaufende  Seeen. 
2  h.  a.  m.  Deutsche  Bark  „Peter  Godeffroy"  auf's  Riff  geworfen. 
4  h.  „Adler"  erreicht  das  Riff'. 

6  h.  Barometer  746  mm.     „Olga"    mit   „Nipsic"    zusammengestossen. 

„Eber"    nach  Bedrängung   durch    „Olga"    und    „Nipsic"    und   nach 

Verlust  des  Ruders  aufs  Riff  getrieben,  nach  Steuerbord  übergekantet 

und   zerschmettert   vor  das   östliche  Mittelriff  gesunken.     „Adler" 

durch  „Olga"  bedrängt,   da  Auflaufen   auf  den  Strand  nicht  mehr 

möglich,    nach  Schlippenlassen    der  Ankerketten   auf  das   Mittelriff 

geworfen,  wo  er  heute  noch  liegt,  den  Kiel  der  See,  das  Deck  dem 

Lande  zugekehrt. 

Um  dieselbe  Zeit  lief  die  ,, Nipsic"  auf  den  östliclien  Sandstrand,  nachdem 

sie  „Olga"  und  ,,Eber"   in   harte  Bedrängniss   versetzt    hatte.    — •    Gegen  7  Uhr 

karambolirte  die  ,, Calliope",  welche  den  günstigsten  Platz  im  Hafen  inne  hatte, 

mit  der  „Vandalia",   trieb  dann  auf  die  „Olga"  zu,    ohne  ihr  indess  verderblich 

zu  werden.     Dass  es  ihr  gelang,  kurz  darauf  mittelst  ihrer  guten  Maschinen  und 


22  Dr.  Augustin  Krämer. 


mittelst  der  Westportkohle,  wie  die  Neuseeländer  behaupten,  aus  dem  Hafen  zu 
gelangen,  dankte  sie  indessen  nicht  zum  mindesten,  wenn  nicht  völlig,  ihrem 
günstigen  Ankerplatz.  „Vandalia"  trieb  der  Ostseite  zu,  kam  auch  glücklich 
von  den  Riffen  frei,  sank  aber  bis  zur  Reeliug,  so  dass  die  Mannschaft  in  die 
Takelage  flüchten  musste,  wo  sie  während  der  folgenden  Stunden  schreckliche 
Qualen  erdulden  sollte,  bis  am  Spätnachmittage  die  dicht  daneben  aufgetriebene 
„Trenton"  für  einen  grossen  Theil  Entsatz  brachte.  Viele  von  der  „Vandalia" 
ertranken  bei  dem  Versuch,  dem  nur  wenige  Schritte  entfernten  Strande  zuzu- 
schwimmen; der  Strom,  welcher  nach  Schätzungen  15 — 20  Seemeilen  in  einer 
Stunde  betragen  haben  soll,  riss  jedoch  die  Ringenden  erbarmungslos  fort  und 
trug  die  durch  die  Seen  Erstickten  in  die  See  hinaus.  —  Der  Mittag  des  16, 
war  glücklich  vorbei;  alle  Stösse  hatte  die  ,,01ga"  glücklich  ausgehalten  und 
schien  sicher  vor  4  Ketten  dampfend  zu  liegen.  Da  drehte  sich  der  Wind  nach 
Westen,  so  dass  das  letzte  Schiff  der  Amerikaner,  mit  dem  Admiral  an  Bord, 
die  „Trenton",  direkt  in  Luv  von  ihr  zu  liegen  kam.  Mit  gebrochenem  Ruder- 
steven und  durch  die  See  ausgeschlagenen  Feuern  trieb  sie  verderbenbringend 
gerade  auf  die  „Olga"  zu,  so  dass  diese  sich  nur  durch  Auflaufen  auf  den  Strand 
retten  konnte.  Das  Manöver  gelang ;  die  ,,01ga"  blieb  das  einzige  Schiff',  welches 
den  Orkan  im  Hafen  überstand  und,  wenn  auch  mit  schweren  Havarien,  den 
Heimweg  über  die  See  anzutreten  vermochte.  —  Als  am  17.  März  Morgens  der 
Wind  allmälig  nachgelassen  hatte,  gelang  es  auch,  die  Letzten  des  „Adler"  zu 
retten,  welche  Tags  zuvor  trotz  des  Opfermuthes  der  Samoaner  nicht  aus  ihrer 
peinlichen  Lage  hatten  befreit  werden  können.  Obwohl  im  Kriege  mit  Deutschland, 
haben  diese  Eingeborenen  durch  Entfaltung  solch'  edler  Gesinnung  (mehrere 
büssten  dabei  das  Leben  ein)  einen  Theil  ihres  Unrechts  wieder  gut  gemacht, 
das  sie  wenige  Monate  zuvor  an  deutschen  Matrosen  begangen  hatten.  Diese 
Wilden  haben  sich  hierbei  als  „bessere  Menschen"  gezeigt,  als  gewisse  Vertreter 
civilisirter  Nationen,  die  diese  Kämpfe  und  Feindseligkeiten  förderten  und  schürten. 
Das  weisse  Marmordenkmal  in  Mulinu'u,  woselbst  die  Gefallenen  und  Ge- 
bliebenen in  ewig  grünem  Garten  schlafen,  und  das  Wrack  des  „Adler"  auf  dem 
Riffe  mahnen  stündlich  daran,  was  die  deutsche  Marine  für  diese  Inseln  ge- 
opfert hat. 

Fiat  iustitia,  pereat  muudus! 

3.   Die  Entstellung  und  Geologie  der  Sanioa-Inseln. 

Als  gegen  das  Ende  der  Tertiärzeit  eine  gesteigerte  vulkanische  Thätigkeit 
die  Erdoberfläche  veränderte,  indem  allenthalben  die  Basalte,  Trachyte  und  Phono- 
lithe  dem  Erdiunern  entströmten,  sind,  soweit  zu  schliessen,  auch  die  Samoainseln 
entstanden.  Es  scheint  im  Norden  und  Süden  dieser  Inselgruppe  damals  eine 
starke  Depression  stattgefunden  zu  haben,  welche  mit  heftigen  Lavaergüssen  aus 
hunderten  von  Kratern  einherging.  Der  östliche  Theil  des  Inselzuges  scheint 
dabei  zuerst  entstanden  zu  sein,  Avenigstens  ist  hier  die  vulkanische  Thätigkeit 
früher  erloschen  als  im  westlichen  Theil,  was  aus  der  starken  Verwitterung  der 
Berge  von  Tutuila  und  des  östlichen  üpolu  deutlich  genug  hervorgeht.  Während 
nun  aber  das  westliche  üpolu  und  Savaii  bis  in  die  letzten  Jahrhunderte  hinein 


III.    Topographie,  Meteorologie  und  Geologie  der  Inseln.  23 

noch  vulkanisch  thätig-  war  und  sich  hob,  sank  der  östliche  Theil  allmälig  ein, 
so  dass  von  Mauu  a  nur  noch  :i  Bergspitzen  über  den  Meeresspiegel  hervorragen, 
während  ein  unterseeischer  Berg  78  Seemeilen  weiter  ostwärts  von  dem  Rose 
Atoll  gekrönt  wird.  Es  ist  eine  richtige  Abnahme  der  Höhe  und  Grösse  dieser 
Insellinie  von  Westen  nach  Osten  zu  bemerken,  welche  Dana  in  seinem  Geolo- 
logical    Keport    (3  b.)    ein-  ^-^       ^..^ 

^ A; 7^ 


gehend  beschrieben  hat.    Ein 
Längsdurchschuitt  durch  die 

Inselreihe  würde    sich    Unge-  Savaü     Apo-    Upolu         Tutnila  Manua  Rose 

^  lima  AtoU. 

fähr  folgendermaassen  gestal-  -r^     ,    i    -^i  j      .    i-    t.        •     i 

"    _  °  _  Durchschnitt  durch  die  bamoainseln. 

ten,  wobei  Höhen  und  Tiefen    (HüIicu  uud  Tiefen  sind  im  VerhUltniss  zu  den  Entfernungen  zu  gross 

zur   Veranschaulichung    un-  angegeben.) 

verhältnissmässig  grösser  als  die  Längen  angesetzt  worden  sind. 

Dana  hat  nun  neuerdings  eine  Depression  des  Meeresbodens  in  Abrede  ge- 
stellt (siehe  Characteristics  of  Volcanoes  with  contribution  of  facts  and  principles 
of  the  Hawaian  Islands  1890).  Er  kam  zu  dem  Schluss,  dass,  abgesehen  von 
engbegrenzten  Depressionen,  ein  ursächlicher  Zusammenhang  der  Vulkane  mit  den 
Zonen  grosser  Tiefe  nicht  besteht.  Er  betrachtet  vielmehr  letztere  als  wahr- 
scheinlich sehr  alte  Züge  in  der  Gestaltung  der  Erdkruste,  welche  ihre  Ursachen 
in  Vorgängen  tief  im  Innern  der  Erdkruste  haben. 

Ich  verweise  in  dieser  Hinsicht  auf  die  Worte  von  Haas,  welche  er  in 
dem  bekannten  Werkchen  „Aus  der  Sturm-  und  Draugperiode  der  Erde"  ge- 
braucht.    (S.  164.) 

„Die  Meere  sind  die  Depressionsgebiete  unseres  Planeten,  eingesunkene, 
oder  theilweise  vielleicht  noch  im  FJinsinken  begriffene  grosse  Schollenkomplexe 
der  Erdfeste,  die  Festländer  dagegen  die  erhöhten  Stellen  derselben." 

An  selber  Stelle  führt  er  Aveiterhin  aus,  dass  „dort,  wo  die  faltende  Kraft 
ihre  stärksten  Wirkungen  hervorgebracht  hat,  sich  in  erster  Linie  die  Spalten 
in  der  Erdrinde  finden  werden,  die  Vorbedingungen  für  das  Auftreten  der  Vul- 
kane. Betrachten  wir,  um  uns  das  recht  zu  veranschaulichen,  eine  Landkarte 
Südamerika's.  An  der  Westküste  dieses  Continents  ist  ein  gewaltiges  Gebirge 
aufgeworfen,  dessen  Entstehung  auf  die  vorerwähnten  Ursachen  zurückgeführt 
werden  muss,  ein  Faltengebirge  im  vollen  Sinne  des  Wortes,  die  Cordilleren. 
Hier  verlaufen  in  nordsüdlicher  Kicbtuug  mehrere  grosse  Bruchlinien,  und  hier 
hat  vulkanische  Thätigkeit  auch  die  riesigen  Feuerberge  aufgebaut.  Entsprechend 
dem  steilen  Abfall  des  Continents  zeigt  auch  der  Ocean  an  dieser  Stelle  der 
Erdoberfläche  verhältnissmässig  grosse  Tiefen.  Die  Ostküste  Südamerika's  ist 
verhältnissmässig  flach  und  das  Meer,  welches  dieselbe  bespült,  nur  seicht  und 
wenig  tief.  Steile  Bruchränder  des  Festlandes  gegen  den  Ocean  zu  sind  hier 
nur  an  verhältnissmässig  wenigen  Stellen  vorhanden,  die  Depression  der  Erdfeste 
ist  hier  eine  nur  geringe,  zur  Bildung  von  Spalten  ist's  also  nicht  gekommen, 
und  daher  lässt  sich  auch  der  fast  gänzliche  Mangel  an  Feuerbergen  auf  dieser 
Seite  des  Continents  leicht  erklären.  Nicht  immer  liegen  die  tektonischen  Ver- 
hältnisse  so  klar  und  deutlich  zu  Tage,    doch    sind  wir  meist  in   der  Lage,    aus 


24  Dr.  Augustin  Krämer. 


einer  Keihe   anderer  Umstände   auf  das  Vorhaadensein  von  Bruchstellen  überall 
da  zu  schliessen,  woselbst  Vulkane  vorbanden  sind." 

Dana  vertrat  ferner  die  Ansicht,  dass  die  fjordartigen  Bildungen,  wie  sie 
den  Gambier-  und  Marquesasinseln,  Borabora  und  Raiatea  bei  Tahiti,  der  öst- 
lichen Vitigruppe,  Vanikoro  u.  s.  w.  eigen  sind,  eine  stattgefundene  Senkung  an- 
zeigen und  da  mehrere  solcher  fjordartiger  Bildungen  auch  auf  Samoa  angetroffen 
werden  (vor  allem  die  Fangaloa-Bucht  im  östlichen  Upolu  und  der  Hafen  von 
Pango-Pango  auf  Tutuila),  so  nahm  er  eine  solche  Senkung  auch  aus  diesem 
Grunde  für  diese  Gegend  in  Anspruch.  In  der  That  lassen  sich  die  Samoa-Inseln 
in  zwei  Hälften  theilen,  welche  durch  deutliche  Unterschiede  gekennzeichnet  sind. 
Die  Trennungslinie  geht  senkrecht  mitten  durch  Upolu,  und  liegt  auf  der  Strecke 
Apia-Falefä,  welche  einen  gewissen  Uebergaog  bildet,  indem  hier  auch  5  Küsten- 
berge  auftreten.     Es   macht   fast   den  Eindruck,    als   ob   hier   eine   Abknickung 


V.  Saluafata-    IV.  Solosolo-      III.  Luatuanuu-      II.  Laulii-    I.  Apia- 
berg.  berg.  berg.  berg.  berg. 

Die  5  Küstenberge  zwischen  Apia  und  Falefa.     (Nordküste  Upolus)   in    der  Höhe  von 

Falefä  vom  Meere  aus  gesehen. 

stattgefunden  hätte,  indem  der  stärker  sinkende  Osten  von  dem  schwächer  sich 
hebenden  Westen  abbrach.  Die  Unterschiede  zwischen  diesen  beiden  Theilen 
sind  folgende:  Im  Westen  breites  Land  von  fortlaufenden  Gebirgskämmen  durch- 
zogen, welche  in  sanften  Gehängen  zum  Meere  abfallen  und  selten  steile  Schluchten 
bilden.  Die  flache  Küste  ist  mit  breiten  Strandriff'en  besetzt,  durch  welche  die 
Häfen  gebildet  werden  (diese  fehlen  nur  zum  Theil  Savail  aus  sogleich  näher  zu 
erörternden  Gründen).  Kahle  Stellen  ohne  Baumwuchs  als  Zeichen  junger  vul- 
kanischer Thätigkeit  zahlreich  vorhanden.  Guterhaltene  Krater  häufig.  Mangel 
an  Flüssen.  Im  Osten  schmales  Land,  fortlaufende  Gebirgskämme  seltener,  die 
unregelmässig  verlaufenden  Berge  meist  schroff  in's  Meer  abfallend  und  zwischen 
sich  steile  Schluchten  bildend.  Die  Steilküste  entbehrt  nahezu  ganz  der  Korallen- 
riffe und  die  Häfen  werden  durch  das  Land  gebildet.  Kahle  Stellen  ohne  Baum- 
wuchs und  guterhaltene  Krater  seltener.     Flüsse  zahlreich. 

Ich  glaube,  dass  diese  Charakterisirung  genügt,  um  die  Unterschiede  deut- 
lich hervortreten  zu  lassen.  Man  wird  sich  kaum  der  Annahme  verschliessen 
können,  dass  es  sich  hier  um  eine  starke  Senkung  des  Ostens  handelt,  was  ja 
auch  aus  den  grossen  Meerestiefeu  zwischen  Upolu,  Tutuila,  Manu'a  und  dem 
Kose-Atoll  erhellt,  während  Savail  und  Upolu  nur  durch  eine  geringe  Einseukung 
von  einander  getrennt  sind. 


III.    Topographie,  Meteorologie  und  Geologie  der  Inseln. 


25 


Diese  Senkung  des  Meeresbodens,  welche  als  Gegenreaction  auftretend  mit 
einer  Erkaltung  der  Erdrinde  in  der  posttertiären  Zeit  Hand  in  Hand  ging,  hat 
auch  zweifellos  die  Brücken  zerstört,  welche  Samoa  mit  den  Ellice-,  Gilbert^-, 
Marshallinseln  und  Karolinen  nach  den  Philippinen  hin  verband.  Als  vulkanische 
Centren  blieben  diese  alle  neben  Tonga,  Raratonga,  Tahiti,  Hawaf  i  u.  s.  w.  stehen, 
während  der  Meeresboden  zwischen  ihnen  in  ungeheuerliche  Tiefen  versank.  Dass 
alle  diese  Punkte  bis  Madagaskar  hin  eine  so  eng  verwandte  Fauna  und  Flora 
besitzen  und  von  demselben  Volksstamme  mit  einer  Sprache  bewohnt  sind,  legt 
die  Annahme  einer  zeitweiligen  wenn  auch  unvollkommenen  Verbindung  nahe. 
Es  interessirt  dies  indessen  hier  nur  soweit,  als  es  zur  Erklärung  des  Alters 
dieser  Inseln   und  deren  Fauna  dient.     Während  also  im  Osten  der  Samoainseln 


Dr.  Reiuecke  phot. 


Junge  unverwitterto  Sclilackenlava  von  Savaii. 


periodische  intermittirende  Senkungen  eintraten,  welche  nunmehr  längst  zum 
Stillstand  gekommen  zu  sein  scheinen,  dauerte  im  Westen  die  vulkanische  Thätig- 
keit  länger  an  imd  führte  eine  langsame  geringe  Hebung  herbei.  Vor  allem 
betrifft  dies  die  grösste  Insel  Savafi,  wo  über  einen  grossen  Theil  des  Nord- 
abhanges noch  völlig  junge  unverwitterte  Lava  zu  Tage  liegt.  Die  Samoaner 
nennen  diese  gefürchtete  wasserlose  Gesteinswüste  'o  le  mü,  das  Glühende,  wie 
ihrer  Sprache  überhaupt  auch  der  Ausdruck  für  „feuerspeiender  Berg,  maunga 
mü"  nicht  fremd  ist.  Pritchard  giebt  in  seinem  Buche  „PolynesianReminiscences" 
an,  dass  um  die  Mitte  dieses  Jahrhunderts  alte  Samoaner  sich  noch  gut  daran 
erinnert   hätten,    dass   diese  Fläche   einst  glühend  gewesen  sei.     Man  muss  aber 


26  I^r-  Augustin  Krämer. 


bedenken,  dass  dieses  Gestein  heute  noch  wie  ehemals  unter  den  sengenden  Strahlen 
der  Sonne  sich  so  erhitzt,  dass  es  dem  nackten  Fusse  der  Eingeborenen  wie 
glühend  erscheinen  muss.  Herr  Dr.  Rein  ecke,  welcher  diese  Stätte  besuchte 
und  photographirte,  berichtet  darüber  folgendes  (51): 

„Der  Busch  hört  vor  dem  Mü  plötzlich  auf.  Vulkanischer,  mit  Verwitterungs- 
und Verwesungsproducten  bedeckter  basaltischer  Boden,  mit  dichtem  Wald  bestanden, 
geht  unvermittelt  in  ein  fast  geradlinig  von  der  Küste  aufsteigendes  Trümmer- 
feld über,  auf  dem  weitporöse,  scharfrandige  Lavablöcke  wild  übereinander  gewürfelt 
liegen  und  aufgethürmt  sind.  Wendet  man  den  Blick  landeinwärts,  so  führt  links 
die  fast  schnurgerade  Waldlisiere  durch  eine  tiefe  Einsenkung  an  kahlem  Gebiet 
entlang  und  in  den  üppigen  Busch,  welcher  von  den  östlichen  Höhen  hernieder- 
steigt, über."  „Tiefschwarze  unter  den  Stiefeln  und  dem  Stock  metallisch  tönende 
erhärtete  Lavaströme  stellen  ein  ausgezeichnetes  Parkett  dar,  auf  dem  die  Tropen- 
sonne ihre  Kraft  nicht  nutzlos  verschwendet  und  vorn  gegen  11  Uhr  bereits  eine 
Temperatur  von  82 "  C.  bei  36  ^  C.  Lufttemperatur  erzeugt  hatte,  so  dass  Gummi- 
sohlen förmlich  zu  kleben  beginnen,  sowie  man  nur  einen  Augenblick  still  steht, 
wie  es  z.  B.  eine  photographische  Aufnahme  erfordert." 

Westwärts  von  dem  Mü,  welcher  eine  Höhe  von  168  m  erreicht,  liegt  jene 
Gegend  ca.  100  m  über  dem  Meere,  zwischen  den  Orten  Sataua  und  der  West- 
spitze Falealupo,  welche  jene  Korallenbildungen  zeigt,  von  denen  Reinecke 
schreibt: 

„Die  Korallenreste,  welche  hier  ohne  Zusammenhang  aufzutreten  scheinen, 
bestehen  vorzugsweise  aus  grossen,  flachen,  an  der  Oberseite  welligen  oder  warzigen 
Platten,  bis  1  m  im  Durchmesser  und  20  cm  Dicke.  Da  sie  früher  gerade  auf 
dem  Wege  aufgefallen  waren,  konnte  man  zunächst  vermuthen,  dass  sie  vielleicht 
hierher  gebracht  seien,  um  das  Gehen  zu  erleichtern.  Vielleicht  hatten  die  sieg- 
reichen Tonganer  einst  die  unterdrückten  Samoaner  gezwungen,  auf  diese  Weise 
Strafdienste  zu  leisten  und,  wie  an  anderen  Stellen  der  Inseln,  auch  hier  einen 
bequemen  Weg  anzulegen.  Sie  hätten  in  diesem  Falle  allerdings  das  Baumaterial 
von  Papa,  einem  kleinen  Orte  zwischen  Sataua  und  Falealupo,  oder  von  Sataua 
herbeischaflen  müssen,  denn  bei  Papa  hört  nach  Westen  zu  das  Auftreten  der 
Korallen  auf. 

Diese  Annahme  verliert  jedoch  durch  die  Thatsache  an  Wahrscheinlichkeit, 
dass  die  Korallen  nicht  nur  auf  dem  Wege  selbst,  sondern  auch  ganz  allgemein 
in  der  Umgebung  zerstreut  vorhanden  sind.  Sie  liegen  vorzugsweise  an  der 
Oberfläche  und  sind  von  ausserordentlicher  Festigkeit.  Es  hält  äusserst  schwer, 
mit  einem  Basaltstück  etwas  davon  abzuschlagen. 

Ebenso  auffallend  ist  das  Vorhandensein  solcher  Korallenreste  an  der  Küste 
kurz  vor  Falealupo,  wo  sie  auf  dem  Steinwalle  in  besonders  grossen  Exemplaren 
häufig  sind. 

Wenn  man  nun  in  Betracht  zieht,  dass  auch  über  Falealupo  sich  ein  Krater 
befindet,  dessen  Bildung  und  Umgebung  auf  eine  recente  Entstehung  schliessen 
lässt,  dass  also  voraussichtlich  der  letzte  Ausbruch  in  ziemlich  gleicher  Weise 
oder  gleichzeitig  wie  auf  Westsavai'i  (Ost?)  stattfand  und  dort  gewaltige  Formeu- 
veränderungen  hervorrief,  und  dass  hier  am  Westende  Korallen  da  auftreten,  wo 


III.    Topographie.  Meteorologie  und  Geologie  der  Inseln.  27 

in  der  UmgebuDg  jetzt  solche  gänzlich  fehlen,  so  dürfte  die  Vermuthung  berechtigt 
sein,  dass  die  Westspitze  der  Insel  ihre  Bildung  einer  Hebung  verdankt." 

In  der  That  können  nach  dieser  Beschreibung  die  Korallen  nur  auf  zwei 
Weisen  hierher  gelangt  sein;  entweder  durch  Hebung  des  Landes  oder  durch  einen 
submarijien  Ausbruch.  Gegen  diesen  spricht  jedoch  die  grosse  Entfernung  des 
Weges  vom  Ufer  und  die  Form  der  Koralleustücke,  die  Platten  von  1  m  Durch- 
messer, die  w^ohl  doch  bei  einem  solch'  weiten  Transport  durch  die  Luft  und 
demgemäss  Auffall  zertrümmert  worden  wären*). 

Für  eine  Hebung  spricht  ja  aucli  die  ganze  Configuration  des  westlichen 
Savai'i,  vor  allem  die  Armuth  an  Korallenriffen,  wie  sie  der  gehobenen  Insel 
Ngaur  auf  den  Palauiuseln  eben  auch  eigenthümlicli  ist  (s.  IV.  3). 

Eine  solche  Hebung  erklärt  ja  für  Savai'i  leicht,  warum  es  trotz  seiner 
sanften  Hänge  so  wenig  von  Riffen  geschützt  ist.  Savai'i  und  Upolu  krönen  zu- 
sammen einen  submarinen  Berg,  dessen  Böschung  ringsum  sehr  steil  ist.  Während 
nun  das  sanfte  Gefäll  von  West-Upolu  sich  nordwärts  unter  dem  Meeresspiegel 
fortsetzt  und  den  Untergrund  für  das  grosse  Aauarifl'  liefert  (in  einer  Entfernung 
von  6  Seemeilen  sind  noch  60  m  angegeben,  aber  in  9  Seemeilen  schon  circa 
1500  m),  setzt  sich  das  sanfte  Gefälle  Savai'is  nicht  submarin  fort;  aus  dem 
Meere  gehoben,  ist  die  Küste  direct  an  den  Rand  des  grossen  Absturzes  gerückt; 
eine  grössere  Strandriö'bildung  ist  desshalb  liier  nicht  möglich. 

Der  Einfluss  dieser  Hebung  tritt  auch  in  den  Häfen  Savai'is  deutlich  zu 
Tage.  So  sind  die  Buchten  von  Safune,  Asaua  im  Norden  und  die  von  Palauli 
im  Süden  durch  Verflachung  vollständig  zugewachsen,  während  dies  bei  den  vielen 
Punkten  üpolus  (Apia,  Saluafata,  Falefä,  Fangaloa,  Falealili,  Safata)  nicht  der  Fall 
ist;  nur  die  flache  Bucht  von  Lefangä  verhält  sich  daselbst  ähnlich.  Ein  einziger 
Ankerplatz  für  grössere  Scliiffe  findet  sich  auf  Savai'i,  die  Rhede  von  Matautu 
im  Nordosten  der  Insel  bei  Safune.  Das  flache  Land  bildet  daselbst  ein  massig 
breites  Straudriff,  in  dessen  Leeseite  die  Schifte  zu  ankern  pflegen.  Besonderer 
Beliebtheit  erfreut  sich  indessen  dieser  Platz  bei  den  Seeleuten  auch  nicht,  so 
dass  das  interessante  Savai'i,  woselbst  die  Samoauer  ihre  Sitten  noch  am  reinsten 
bewahrt  haben,  von  grösseren  Schiffen  nur  selten  und  kurz  besucht  zu  werden 
pflegt. 

Ausser  dem  grossen  Lavafeld  ""o  le  mu  sind  in  Savai'i  noch  viele  Punkte, 
welche  darauf  hindeuten,  dass  die  vulkanische  Thätigkeit  vor  noch  nicht  allzu- 
langer Zeit  erloschen  ist.  Auch  die  Wasserarmuth  deutet  darauf  hin.  Denn 
obwohl  diese  Insel  gross  genug  ist,  um  einen  kräftigen  Wasseram  auszubilden, 
fehlen  doch  Flüsse  und  Bäche  nahezu  ganz,  so  dass  das  Innere  schwierig  zu  be- 
suchen ist.  Ebenso  steht  es  mit  dem  naheliegenden  westlichen  Upolu  (die  Pflan- 
zung Mulifanua  leidet  sehr  darunter),  während  bei  Apia  und  weiter  ostwärts  zahl- 
reiche Rinnsale  dem  Meere  zueilen,  w^elche  zur  Regenzeit  zu  mächtigen  Giess- 
bächen  anschwellen.     So  liegt  der  Hauptreiz  von  Apia  nicht  allein  in  der  wechsel- 


*)  Die  dem  mineralogisclien  Institute  zu  Breslau  von  Di-,  ßeinecke  geschenkten 
Handstücke  wurden  mir  von  ersterem  liebenswürdiger  Weise  übersandt.  Ein  Stück  war  als 
Heliastraea  bestimmt  (Salzgurkengrösse),  das  andere  ein  Scheibenstück  von  versintei-tem 
festem  Kalk.     Contactmetarmophose  nicht  vorhanden. 


28  -D^-  Augustin  Krämer. 


vollen  Landschaft  daselbst,  sondern  auch  in  den  lieblichen  Flussthälern,  oder 
besser  gesagt  Schluchten,  innerhalb  welcher  das  Wasser  zahlreiche  Kaskaden 
bildet.  Der  Grund  der  Wasserarmuth  Savai'i's  liegt  zweifellos  in  dem  noch 
wenig  verwitterten  Boden.  Die  poröse  Lava  lässt  das  Wasser  alles  nach  unten 
abfliessen,  und  nur  ein  sehr  heftiger  Regenfall  vermag  an  günstigen  Plätzen  für 
wenige  Stunden  einen  Wassersturz  zu  erzeugen.  Höhlenbildungen  sind  desshalb 
im  westlichen  Theil  Samoa's  und  vorzüglich  auf  Savai'i  häufig.  Die  genannten 
baumlosen  Plätze  sind  bei  Apia  indessen  ziemlich  häufig  anzutreffen ;  so  sind  be- 
sonders hinter  dem  Vaileleberg  weit  hinauf  im  Gebirge  zahlreiche  Stellen,  welche 
nur  mit  Farnen  und  niederem  Gestrüpp  bedeckt  sind.  Auch  im  hinteren  Vai- 
singanothal,  östlich  vom  grossen  Wasserfall  Afutäpu,  ist  ein  grosses,  kahles  Feld, 
von  Steinen  und  Schlacken  bedeckt.  Dana  giebt  an,  dass  er  am  Wasserfall 
TanuDgamanono  bei  Apia  verkohltes  Holz  in  Lava  eingeschlossen  gefunden  habe. 
Dass  dem  Krater  der  höchsten  Erhebung  des  Gebirgskammes  hinter  Apia,  dem 
Fa'alata,  zeitweise  Dämpfe  entsteigen  sollen  und  dass  in  der  Nähe  der  Fangaloa- 
bai  und  bei  Solosolo  warme  Quellen  seien,  will  ich  nur  als  unwahrscheinlich 
erwähnen.  Es  wäre  daran  weiter  auch  ja  nichts  wunderbares  im  Hinblick  darauf, 
dass  in  dem  unter  ähnlichen  Bedingungen  stehenden  nahen  Viti  in  der  Savu- 
Savu-Bai  auf  Vanua-Levu  warme  Quellen  vorkommen,  ganz  abgesehen  von  dem 
ebenso  nahen  Tonga,  wo  vulkanische  Kräfte  noch  ausgiebig  wirken.  Die  zahl- 
reichen Erdbeben  und  der  submarine  Ausbruch  im  Jahre  1866  zu  Manu'a 
beweisen  jedoch  zur  Genüge,  dass  Samoa  auch  noch  nicht  in  das  Stadium  der 
Ruhe  eingetreten  ist.  Dass  dieser  Ausbruch  im  östlichen  Theile  erfolgte,  welcher 
ja  doch  als  der  ältere,  gesunkene  bezeichnet  wurde,  wird  bei  der  Uuberechen- 
barkeit  der  vulkanischen  Ausbrüche  nicht  weiter  verwundern.  Es  sei  nur  an 
den  plötzlichen  Ausbruch  des  völlig  erloschenen  Taraweraberges  im  Jahre  1886 
in  Neu-Seeland  erinnert,  welcher  mitten  zwischen  zwei  thätigen  Vulkanen,  dem 
Whakari-Island  und  dem  Tongariro,  gelegen  ist.  Obwohl  von  Hochstetter 
prophetischer  Weise  verkündet,  konnte  doch  niemand  wissen,  dass  durch  solch' 
einen  Ausbruch  die  herrliche  Rosa-  und  Weisse  Terrasse  am  Rotomahana  zer- 
stört werden  würde. 

Im  übrigen  scheint  es  auch  für  das  östliche  Samoa  durchaus  nicht  un- 
möglich, dass  es  sich  zur  Zeit,  wie  nahezu  alle  Punkte  der  Südsee,  im  Stadium 
leichter  sekundärer  Hebung  befindet,  wie  aus  den  folgenden  Zeilen  erhellt. 

In  der  Vorrede  zu  seinem  Dictionnaire  Samoan-fran9ais  giebt  der  Mariste 
Violette  an,  dass  verschiedene  stets  befahrene  Riffskanäle  im  Jahre  1878  plötz- 
lich völlig  unbenutzbar  geworden  seien,  was  nur  durch  Hebung  entstanden  sein 
könne.     Der  Ort  ist  leider  nicht  genannt. 

Auf  Nu'utele,  einer  der  4  Inseln  am  Ostende  Upolu's,  und  auf  dem  gegen- 
überliegenden Cap  Tapanga  wurden  von  Dana  (3  b.)  Korallenstücke  in  Tuff  ein- 
gebettet gesehen,  die  er  auf  einen  submarinen  Ausbruch  zurückfülirte ;  mit  wie 
viel  Recht,  kann  ich  nicht  angeben,  da  ich  diese  Stellen  nie  betreten  konnte. 

Merkwürdig  berührt  es  indessen,  dass  Dana*)  eine  Schilderung  seines  Reise- 

*)  Dana  3.  c.  S.  .-374.  E.  Samoa.  Keine  genüuendon  Zeichen  von  Hebung  wurden  auf 
diesen  Inseln  entdockt.     Das  ist  alles ! 


III.    Topographie.  Meteorologie  und  Greologie  der  Inseln.  29 

genossen  Coutliouy  vollständig  und  wohl  absichtlich  ignorirt  hat,  welche  sich 
auf  zu  Tage  liegenden  Korallenkalk  auf  Manu'a  bezieht.  Darwin  giebt  die 
Stelle  Couthouy's  folgendermaassen  wieder  (2.  Seite  99): 

„C.  fand  auf  Manu'a  viele  und  sehr  grosse  Korallenfragmente  in  der  Höhe 
von  80  Fuss  „  „an  einer  steilen  Hügelseite,  eine  halbe  Meile  Inlands  von  einer 
sandigen  Ebene  ansteigend,  welche  viele  marine  Reste  enthielt." "  Die  Frag- 
mente waren  eingebettet  in  eine  Mischung  von  zersetzter  Lava  und  Sand.  Es 
ist  nicht  angeführt,  ob  sie  von  Muschelschalen  begleitet  waren,  oder  ob  die 
Korallen  recente  Formen  sind;  da  die  Reste  eingebettet  sind,  können  sie  mög- 
licherweise einer  entfernten  Zeitperiode  angehören ;  aber  ich  nehme  an,  dass  dies 
nicht  die  Meinung  von  Couthouy  war." 

Ob  es  sich  um  Hebung  oder  vulkanische  Eruption  handelt,  muss  hier  leider 
gleichfalls  offen  bleiben. 

Indessen  soll  auf  Olosenga  (Manu'a)  eine  Hochwassermarke  7  m  über  der 
jetzigen  sein. 

Wenn  ich  noch  anführe,  dass  auf  der  Sanddüne  des  Rose-Atolls  Hebungs- 
zeichen beobachtet  sein  sollen,  so  wird  man  sich  fragen  müssen,  ob  nicht  der 
ganze  Osttheil  des  samoanischen  Archipels  sich  auch  im  Zustande  recenter  Hebung 
entweder  localer  oder  allgemeiner  Natur  befindet. 

Bei  der  Unsicherheit  aller  dieser  Angaben  vermeide  ich  es  indessen  ab- 
sichtlich, davon  für  die  Korallenriffbildung  Gebrauch  zu  machen,  zumal  da  ich 
genügend  anderweitige  Erklärungen  für  die  Art  des  Aufbaues  gefunden  zu  haben 
glaube.  Es  dürfte  jedoch  eine  dankbare  Aufgabe  sein,  diese  Angaben  über  Hebung 
näher  zu  prüfen  und  nach  weiteren  Anzeichen  zu  forschen. 

Wichtiger  erscheint  mir  für  die  Atollausführungen  die  Katastrophe  von 
Manu'a  wegen   der  Nähe   des  Rose  Atolls   und   der  Bildung  submariner  Krater 
von  besonderem  Interesse,  und  so  will  ich  nicht  versäumen,  einen  kurzen  Abriss 
der  Schilderung   eines  Augenzeugen,   des  Missionars  Turner   zu   geben,   welche 
seiner  Zeit  im  Sydney  Morning  Herald  erschien  (auch  Graeffe  im  Ausland  1867): 
Am  7.  September  1866  fortdauernde  Erdbeben  (3—4  in  einer  Stunde). 
In   der  Nacht   des  9.  gegen  40  Stösse.     Leichtes  Zittern   und  Dröhnen 
erschreckte  alles;  es  hörte  sich  wie  unterirdisches  Seufzen  an.     Am  12. 
Mittags  sah  man  ziemlich  mitten  zwischen  den  5  Seemeilen  von  einander 
entfernten  Inseln  Olosenga  und  Tau  die  See  in  Bewegung.     Es  sah  aus, 
als  ob  daselbst  Brandung  wäre.     Die  Ausbrüche  fanden  ungefähr  stünd- 
lich statt,  nahmen  während  des  13.  und  14.  an  Zahl  zu  und  traten  am 
15.  nahezu  jede  Minute  auf.     Grosse  Massen  von  Schlamm  wurden  viele 
100  ra  hoch  in  die  Lüfte  geworfen  und  bildeten  eine  solche  Wolke,  dass 
die   beiden   Inseln   dem   gegenseitigen   Anblick    entzogen   wurden.      Das 
Geräusch   des  Ausbruches   und   des  Zusammentreffens  aufsteigender  und 
herabfallender  Steine   war   schrecklich.     Flüssiger  Obsidian   gab   in   der 
Luft   ein  wunderbares  Farbenspiel   der  Sonne.     Flammen  wurden   nicht 
gesehen,   nur   sah   man   die  Steine   bei  Nacht  aufglühen.     Die  See  war 
im   Umkreis   einer   halben   Meile   sehr   erregt  und   zeigte   sich   weithin 
milchig  getrübt   (Schwefel).     Eine   grosse  Anzahl  Fische   und   3 — 4   m 


30  Dr.  Augustin  Krämer. 


lange  Seeungeheuer,  welche  die  Eingeborenen  noch  nie  gesehen  hatten, 
trieben  auf  Olosenga  an's  Land  und  verursachten  durch  Verwesung  einen 
solchen  Gestank  (bei  dem  Schwefelgeruch  und  der  Hitze  besonders  un- 
erträglich), dass  auf  die  Leeseite  der  Insel  geflüchtet  werden  musste. 
Risse  und  heisse  Quellen  wurden  nicht  bemerkt,  auch  blieben  die  Süss- 
wasserbrunnen  unbeeinflusst.  Nach  3  Tagen  Hessen  die  Ausbrüche  all- 
mälig  nach,  aber  nach  2  Monaten  waren  doch  noch  3 — 4  Eruptionen 
täo-lich,  welche  10 — 20  m  hohe  Wasser-  und  Schlammsäulen  aufthürmten. 
Erst  am  29.  November  trat  völlige  Ruhe  ein.  Eine  geringe  Unruhe 
mit  Erdbeben  trat  vom  Januar  bis  März  1867  zeitweilig  noch  auf. 
H.  M.  S.  „Falcon"  traf  bald  darauf  am  Orte  ein  und  lotete  in  81  Faden 
Tiefe  einen  Kegel  aus,  welcher  40  Faden  (70  m)  hoch  den  umgebenden 
Meeresboden  überragte."  Im  Jahre  1894  besuchte  auch  H.M.S.  „Curacoa" 
Manu'a  und  bestätigte  das  Vorhandensein  eines  submarinen  Kraters. 
Was  die  Gesteine  betrifft,  aus  denen  sich  die  Samoainseln  zusammensetzen, 
so  scheint  es  sich  durchweg  um  Basalt  zu  handeln. 

Dana  berichtet  von  Laven  mit  Chrysolith  und  Augit. 
Graeffe    nennt   schwarze   bis   graue  Tephrine  und  Basalte  mit  Augit;    in 
Savai'i  erbsengrosse  Analcimkörner. 

Die  Gesteinsproben,  welche  ich  mitbrachte,  hatte  Herr  Professor  Haas  die 
Liebenswürdigkeit  zu  untersuchen  und  berichtete  er  mir  folgendes: 

„Es  sind  im  Wesentlichen  typische  Plagioklasbasalte,  theils  dichter,  theils 
blasiger  und  schlackiger  Structur.  Plagioklas,  Augit  und  reichlicher  Olivin, 
Magnetit  und  spärliche  Apatitnadeln  sind  die  wesentlichen  das  Gestein  zusammen- 
setzenden Mineralien.  Eine  Basis  mit  allerlei  ausgeschiedenen  Körnchen  und 
ISFädelchen  drängt  sich  zwischen  dieselben.  Nur  ein  einziges  der  mir  übergebenen 
Handstücke  (Tanungamanono- Wasserfall,  Vaisinganofluss  bei  Apia)  weist  diese 
Basis  in  sehr  reichlichem  Maasse  auf,  während  dieselbe  bei  den  übrigen  Proben 
gegenüber  den  genannten  Mineralien  im  Gesteinsteig  sehr  zurücktritt.  In  den 
Hohlräumen  des  Gesteins  von  Tanungamanono  sind  verschiedene  Neubildungen 
von  Mineralien  (Zeolithe)  zu  beobachten,  über  welche,  sowie  über  die  ganze  Suite 
noch  eingehender  berichtet  werden  wird." 

4.  Erdbeben. 

Es  bedarf  noch  der  Erdbeben  Erwähnung  zu  thuu.  Die  Daten  sind  theil- 
weise  dem  Berichte  des  Missionars  Ella  im  Report  of  the  4.  Meeting  of  the 
Australasian  Society  for  advancement  of  Science  (1892)  entnommen: 

Die  Oscillationen  sind  meist  schwach  und  kurz.  Die  seismische  Welle  ist 
selten  vertical,  meist  horizontal.  Richtung  von  NO  und  SW.  (Das  einzige, 
welches  ich  am  10.  Juli  1894  Abends  7  Uhr  beobachtete,  schien  dieselbe  Rich- 
tung zu  haben). 

Dass  die  Erdbeben  früher  stärker  waren  als  jetzt,  ist  allgemein  überliefert. 
Der  samoanischen  Sage  nach  ist  dem  Erdbebengott  Mafu  ie  durch  Ti'iti'i  (den 
Maui  aller  Polynesier)  im  Kampf  um  das  Feuer  ein  Arm  gebrochen  worden,  so 
dass  er  jetzt  nicht  mehr  so  kräftig  zu  rütteln  im  Stande  ist  (s.  Turner,  Samoa 


III.    Topographie,  Meteorologie  und  Geologie  der  Inseln.  31 

a  liuDdred  years  ago  aud  long  betöre.    Loudoii  1884.).     Dies  sagt  man  auch  auf 
Niue  und  Tonga. 

Ella  nennt:  1850  vom  26.  September  bis  29.  December  7  Stösse. 
1861  am  22.  Februar  um  2h.  45'  p.m.   Doppelschlag,   der  zweite  kräftiger, 
„    23.         „  „     2  h.  20'  a.  m.  heftiger  Stoss. 

„      „  „  „     4  h.   15'  a.  m.  leichter  Stoss  u.  s.  w. 

Die  Stösse  werden  über  alle  Inseln  verspürt.  Vierzehntägiges  Intervall 
zwischen  2  Stössen  soll  vorkommen. 

Im  September  1889  wurden  einzelne  heftige  Stösse  verspürt,  die  Unruhe 
unter  der  Bevölkerung  verursachten.  Das  Zittern  und  Stossen  dauerte  3  Minuten 
lansf,  Häuser  und  Bäume  wankten.  Die  Ankerketten  der  Scliiffe  im  Hafen  kamen 
steif.  Kleinere  Stösse  werden  in  jedem  Jahre  beobachtet.  Ein  heftigerer  Stoss 
soll  auch  im  December  1895  beobachtet  worden  sein. 

Besonderer  Notizen  über  Erdbeben  auf  anderen  Inseln  der  Südsee  bedarf 
es  nicht ;  sie  sind  so  allgemein  verbreitet  und  häufig,  dass  dies  bei  der  Unwichtig- 
keit  dieser  Erscheinung  für  diese  Arbeit  zu  weit  führen  würde. 

Ein  grösseres  fand  im  März  1875  auf  Uvea  in  den  Loyalitätsinseln  statt, 
wobei  viel  Eigenthum  und  Leben  verloren  ging. 

5.  Zeichen  vulkanischer  Thätigkeit  und  Hebung  an  anderen 
Orten  der  Südsee  nebst  einigen  Notizen  über  fossile  Riffe  und 

die  Korallenkalke. 

Wie  das  Vorkommen  von  Erdbeben,  so  sind  auch  Beobachtungen  von  Hebung 
von  nahezu  allen  Theilen  der  Südsee  berichtet;  so  von  Süd-Amerika  (Darwin), 
Süd-Australien,  Neu-Guinea,.  Salomons-Inselu,  Neu-Seeland,  Tonga,  Viti,  Hawaii 
u.  s.  w. 

Es  sei  nur  erinnert  an  die  Berichte  von  S  e  m  p  e  r  über  die  Palauinseln, 
Wa  1 1  a c e  und  F i n s c h  über  Neu-Guinea,  Schleinitz  über  Neu-Irlaud,  G u p p y 
über  die  Salomonisinseln,  Chambreyon  über  Neu-Caledonien  und  Neu-Hebrideu, 
Liste r  über  Tonga,  Hutton  über  Neu-Seeland.  Näheres  darüber  bei  Sues 
(38.  IL  Bd.  S.  649—659).  Betreifs  Neu-Guinea  auch  Streb  1  „Negative  Strand- 
verschiebuugen  im  Gebiete  des  südwestlichen  Pacific,  insbesondere  auf  Neu-Guinea" 
(Zeitschr.  für  wiss.  Geogr.    Erg.  Heft  Nr.  3.    1890). 

Alle  diese  Hebungen  dürfen  betreffs  Korallenkalk  als  jung  aufgefasst  werden, 
wenigstens  nicht  älter  als  tertiär. 

Die  Höhen  sind  ungefähr  (Korallenkalk): 

Nordküste  von  Neu-Guinea  nach  Wallace  70 — 100  m, 
an   der  Südostecke   nach   Moresby  30    m   (Strehl   giebt   Höhen   von 
400  und  500  m  [Hoch-Kei]  an ;  G  r  a f  P  f  e  il  150  m  P.  G.  M.  189  S.  220), 
in  Neu -Irland  10 — 20  m, 
in  Uvea,  Mare  Lifu  ca.  50  m, 

Salomonsinseln,  Santa  Anna  140  m,  Malapauina  20  m, 
Eua  (Globigerinenkalk)  325  m,  Westterrasse  (Riff bucht)  100  m, 
Vavau   150  m, 
Palau  100  m  u.  s.  w. 


32  I^r.  Augustin  Krämer. 


Dana  giebt  Seite  382  seines  Buches  (3c)  eine  Tafel  mit  allen  ihm  bekannt 
gewordenen  Erhebungen  im  Pacifischen  Ocean;  darunter  sind  verzeichnet: 
Tahiti  \i^  m  Ellice  ca.  2  m 

Metia  (Paumutu)      80   „  Sandwich     1 — 100   „ 

Maugaia  (Hervey)  100   „  Gilbert         1—2       „ 

Plurutu  „  50    „  Carolinen  20   „ 

Tongatabu  20   „  Ladronen  200   „ 

Savage  Island  30   „  Loyalty  I.  8i)   „ 

nebst   zahlreichen   kleineren  Inseln;   bestimmt  ausgenommen   ist   eigentlich   nur 
Samoa  und  das  östliche  Viti. 

Man  hat  so  bestimmt  Hebungen  über  den  ganzen  pacifischen  Ocean  und 
vielfach  recht  ausgiebige  beobachtet,  dass  mau  eigentlich  schon  aus  diesem  Grunde 
auch  eine  Hebung  der  Samoainseln  anzunehmen  berechtigt  wäre.  Dass  Dana 
trotzdem  die  Seafamgstheorie  aufrecht  erhält,  muss  eigentlich  danach  Wunder 
nehmen. 

Zum  üeberfluss  will  ich  hier  noch  des  Falcou  -  Island  gedenken,  welches 
seiner  recenten  vulkanischen  Thätigkeit  halber  in  der  Nähe  Samoas  sicherlich 
Interesse  verdient. 

Das  englische  Kriegsschiff  „Falcon"  sah  im  Jahre  1867  als  erstes  im  Tonga- 
Archipel  nicht  weit  vom  Vulkan  Tofua  eine  Klippe  dem  Meere  entragen,  welche 
zu  Ehren  des  Schiffes  Falcou  -  Island  getauft  wurde.  Zehn  Jahre  später  sah 
H.  M.  S.  „Sappho"  an  derselben  Stelle  von  einer  flachen  Bank  Rauch  aufsteigen. 
Im  October  1885  wurde  ein  submariner  Ausbruch  an  derselben  Stelle  beobachtet, 
welcher  ziemlich  gleichzeitig  mit  dem  Ausbruch  der  .grossen  Terrasse  am  Roto- 
mahaua-See  in  Neu-Seeland  stattfand,  ein  Jahr  vor  dem  folgenschweren  Ausbruch 
des  Tarawera.  Ein  französisches  Kriegsschiff  besuchte  im  Jahre  1887  die  Stätte, 
und  die  Abmessung  der  durch  die  Eruption  gebildeten  Erhebung  ergab  87  m. 
Captain  W  bar  ton  (Nature  1890)  an  Bord  H.  M.  S.  „Egeria"  fand  die  Insel  im 
October  1889  noch  153  Fuss  hoch  und  über  eine  Seemeile  (1850  m)  lang,  aus 
Asche  bestehend  und  in  rascher  Abspülung  begriffen.  Ein  Jahr  später  wurde 
sie  (1890)  von  dem  französischen  Kriegsschiff  „Duchaftault"  gesichtet  und  nur 
noch  25  Fuss  hoch  befunden. 

Im  Januar  1895  fand  ich  im  „New-Zealand-Herald"  (Auckland)  folgende 
Notiz : 

„Da  die  Regierung  hörte,  dass  Falcoo- Island  aUmälig  weggewaschen  würde, 
sandte  sie  jüngst  eine  Expedition  behufs  Vermessung  dorthin.  Der  officieUe 
Bericht  ist  noch  nicht  veröffentlicht,  aber  man  kann  jetzt  schon  sagen,  dass  es 
scheint,  dass  eine  neue  Hebung  jüngst  stattgefunden  hat,  da  die  Insel  auf  einer 
Seite  50  Fuss  (15  m)  hoch  geschätzt  wurde,  während  der  Kapitän  Ross  von 
der  „Ysabel"  3  Monate  zuvor  berichtet  hatte,  dass  das  Aussehen  der  Insel  in 
einer  kleinen  Entfernung  davon  einer  Linie  von  Felsen  glich." 

Den  officiellen  Bericht  habe  ich  nicht  erlangen  können.  Er  thut  auch  nicht 
noth.  Das  was  ich  zeigen  will,  dass  Erhebungen  auch  in  neuester  Zeit  sich  bilden, 
ist  ja  damit  bewiesen.     (S.  auch  Pelorus  Riff.  A.  H.  1888.) 


lU.    Topograpliie,  Meteorologie  und  Geologie  der  Inseln.  33 

All  1111(1  für  sicli  ist  dies  auch  nicht  wunderbar  in  einem  Gebiet  wie  der 
Tonga-Archipel,  eines  der  noch  thätigsten  im  pacifischen  Ocean ;  ich  brauche  nur 
auf  die  intermittirendo  Thätigkoit  des  Tofua  hinzuweisen,  ferner  auf  den  Aus- 
bruch des  Kao,  auf  die  schrecklichen  Ausbrüche  des  Late  im  Jahre  1854,  des 
Toku  und  Amargura  1845 — 46,  der  Insel  Niuafu  185:}  und  1867  u.  s.  w. 

Lister,    welcher    in    demselben    Archipel    die    über   300    m    betragenden 
Hebungen  von  Eua   im  Süden   und   die  etwas  geringeren  von  Vavau  im  Norden 
näher  beschrieben  hat,  giebt  folgende  Vulkanlinie  an: 
Neu-Seeland  Tongariro  (thätig) 

Tarawera  (Ausbruch  1886) 
W'hakari  I.  (thätig) 
Kermadec- Inseln  Kirtis  I. 

Macaulay-I. 
Sunday-I. 
Tonga  Honga  Tonga 

Falcon-I.  (thätig) 
Tofua  „ 

Kao  „ 

Metis  ? 

Amargura  (thätig) 
Samoa  Savai'i 
Dabei  fehlt  noch   der  Boscawen,  ein  isolirter  grüner  Vulkankegel  zwischen 
Tonga    und   Samoa,    und   viele    andere   Krater   in   unmittelbarer   Nachbarschaft. 
Verlängert   man   die    1800  Seemeilen   lange  Linie  (Neu-Seeland   bis  Samoa)  um 
weitere  2000,  so  schneidet  man  auch  noch  Hawai'i. 

Wenn   solch'  eine  üebersicht   auch   nur  topographisches  Interesse  besitzen 

mag,  so  glaubte  ich  sie  wenigstens  der  Merkwürdigkeit  halber  erwähnen  zu  müssen. 

Wie  steht  es  nun  mit  dem  übrigen  gehobenen  Korallenkalk  auf  der  Erde? 

Rein    (10b.   S.   91)    führt    die    Aeusserungen    eines    Geologen,    des    Professors 

von  Fritscb  in  Halle  an,  welche  ich  hier  wiedergebe: 

„Dana  zählt  in  seinem  wiederholt  citirten  Werke  über  Korallen  und 
Koralleuinseln  viele  durch  jungvulkpnische  Thätigkeit  in  der  Südsee  gehobene 
Kiffe  auf.  Haben  auch  genauere  Messungen  ihrer  Dicke  bei  den  meisten  nicht 
stattgefunden,  so  erkennt  man  doch,  dass  dieselben  bei  allen  weit  unter  100  m, 
bei  manchen  sogar  unter  6 — 7  m  bleibt.  Ebenso  bleiben  aber  auch  alle 
bekannten  Korallenkalkmassen  Europas  und  anderer  untersuchten  Gebiete  weit 
hinter  den  Mächtigkeiten  zurück,  welche  für  die  Koralleninseln  gewöhnlich  an- 
genommen werden. 

Ablagerungen,  welche  fast  ausschliesslich  aus  gesellig  lebenden  Korallen 
der  Vorzeit  bestehen,  kenne  ich  nur  bis  zu  Mächtigkeiten,  die  meist  viel  unter 
100  m  bleiben.     Berücksichtigt  sind: 

1.  Die  Korallenbänke  des  Miocän,  welche  ich  bei  Plewna  als  sehr  auf- 
fallende Stufe  der  Gehänge  entwickelt  fand,  aber  wohl  nie  auch  nur  10  m 
mächtig  sah.  Auch  die  ebenfalls  miocänen  Korallenbäuke  vou  Sao  Vincente  auf 
Madeira  erreichen  kaum  20  m  Mächtigkeit. 

Krämer,  Uelier  den  Bau  der  KoraUenriffe.  3 


34  JL)r.  Augustin  Krämer. 


2.  Die  oligocänen  Korallenkalke  verschiedener  Abtheilungen  dieser  Formation 
z.  B.  im  Vincentinischen  werden  als  höchstens  20  m  mächtig  geschildert. 

3.  Die  eocäueu  Korallenkalke  am  Südhange  der  Alpen  sollen  Bänke  von 
nicht  mehr  als  25  m  Stärke  bilden.  Die  Gesammtmächtigkeit  der  Nummnliten- 
kalke  auf  Borneo  und  auch  der  analogen  Bildungen  von  Sumatra  bleibt  unter 
100  m  zurück,  und  doch  bestehen  nur  einzelne  Partien  und  Lagen  oder  Bänke 
aus  wahrem  Koralleukalk. 

4.  Kreidekorallen,  die  als  Riffbildner  zu  gelten  haben,  häufen  sich  in 
verschiedeneu  Districten  an.  Ich  erinnere  an  den  Faxökalk,  an  einen  Theil 
des  sogenannten  Kalktuffs  vom  Petersberg  bei  Maestricht,  au  die  Gosauschichten, 
und  die  äquivalenten  Korallenlager  der  Provence,  an  die  von  Toula  und  von 
mir  beobachteten  in  den  Avahren  Korallenbäuken  höchstens  20  m  mächtigen, 
uryonisch-ap tischen  ,,Caprotinenkalke"  am  Nordabhang  des  Balkan,  an  süd- 
französische Gebilde  ähnlicher  Art  u.  s.  w. 

5.  Jurakorallen  sind  seit  langer  Zeit  als  riffbildende  bekannt,  besonders 
vom  Malm.  Aber  weder  Nattheim  noch  andere  schwäbische  und  schweizer 
Orte,  noch  die  lothringischen,  noch  die  hannoverschen,  noch  die  englischen 
Korallenkalke  erreichen  als  solche  grössere  Mächtigkeiten  als  die  jüngeren 
Formationen. 

6.  Triaskalke,  namentlich  der  Dachsteinstufe  zeigen  sich  zuweilen  als 
Korallenkalke,  indessen  auch  diese  nacliweisbar  hauptsächlich  aus  Anthozoenresten 
bestehenden  Gebilde  bleiben  bei  aller  Mächtigkeit  ihrer  Bänke  doch  unter  30  m. 

7.  Ganz  ähnlich  ist  es  mit  den  aus  Rugosen,  Favositeu  u.  s.  w.  gebildeten 
paläozoischen  Korallenkalkeu,  sowohl  denen  des  Carbon  als  den  devonischen  und 
silurischen.  Die  Korallenkalke  der  Eitel,  jene  des  Harzes,  die  von  Gothland  und 
die  wir  am  Ardisithügel  in  Marocco  fanden,  erreichen  keine  20  m  Mächtigkeit. 
Bisweilen  trifft  man  mehrere  Bänke  übereinander,  durch  schwache  Zwischenlagen 
getrennt.     Aber  auch  dann  bleibt  der  Complex  der  Korallenkalke  unter   100  m.'* 

V.  Fritsch  schliesst  seine  Betrachtungen  mit  folgenden  Worten: 

,,Wie  schwach  der  Grund  ist,  auf  den  hin  die  grosse  Mächtigkeit  der 
jetzigen  Riffe  erschlossen  worden  ist,  die  Berechnung  nach  den  Böschungen  der 
Inseln,  die  das  Grundgelage  der  Riffe  bilden,  hat  ja  auch  Dana  angedeutet, 
doch  muss  dies  wohl  noch  stärker  betont  werden.  So  machen  es  namentlich  die 
Gambierinseln  mit  ihren  verschiedenen  Gipfeln  doch  wohl  sehr  wahrscheinlich, 
dass  das  alte  Grundgebirge  noch  untermeerische  Gipfel  hat. 

An  Senkungen  im  pacifischen  Gebiet  glaube  ich,  nur  nicht  an  so  mächtige 
Korallenbauten,  als  man  gewöhnlich  angiebt.  Und  noch  weniger  glaube  ich,  dass 
die  Südtiroler  dolomite  Riffe,  weil  man  ja  nicht  einmal  die  riftebildenden 
Korallen  näher  kennt.  Dass  dort  Korallen  in  der  Triaszeit  (mehr  vereinzelt) 
gewachsen  sind,  ist  ja  nachgewiesen." 

V.  Fritsch  spielt  hier  am  Schlüsse  auf  die  Dolomitenkalke  an,  welche 
in  neuerer  Zeit  zu  solch  heftigen  Fehden  Veranlassung  gegeben  haben.  Ich  habe 
der  neueren  Arbeiten  über  diese  schon  bei  Besprechung  der  Arbeiten  von 
Agassiz  Erwähnung  gethan.  Wie  dem  auch  sei,  es  ist  mindestens  zweifelhaft 
geworden,  ob  man  es  hier  mit  wirklichem  Rift'kalk  zu  thun  hat. 


IIL    Topographie,  Meteorologie  und  (xeologie  der  Inseln.  35 

Soweit  icli  aus  allcü  Arbeiten  geologischer  Natur  iu  dieser  Beziehung 
erfahren  habe,  ist  man  sich  noch  nicht  vollkommen  klar  darüber,  was  man  unter 
Korallenkalk  alles  zu  verstehen  hat.  Man  sollte  die  Begriffe  „lliffkalk,  Korallen- 
kalk, Globigerinenkalk"  u.  s.  w.  betreffs  ihrer  Genese  und  Coniposition  erst 
einwandsfrei  klarzustellen  versuchen,  ehe  man  in  solch  weittragende  Dis- 
cussionen  eintritt. 

Die  Metamorphose  der  Gesteine  bietet  ja  freilich  grosse  Schwierigkeiten, 
aber  sie  werden  doch  überwindbar  sein. 

Lehrreich  in  dieser  Beziehung  sind  insbesondere  die  Arbeiten  von  J  u  k  e  s 
Browne  and  Harris  0  u  über  Barbadoes  und  L  i  s  t  e  r  über  Tonga  (beide  in  einem 
Band,  45  nnd  46). 

Die  erstere  Arbeit  sagt  über  die  zaiilreichen  gehobenen  Kiffe  daselbst 
(S.  200):  „Der  Koralleukalk,  welcher  so  einen  grossen  Theil  der  Oberfläche 
■der  Insel  bildet,  ist  nur  eine  Kruste  oder  Decke  von  sehr  verschiedener  Dicke". 

Ferner  (Barbadoes): 

,,Die  Dicke  des  lÜfffelsens,  gebildet  in  einem  Stadium  der  Hebung,  über- 
schreitet nicht  häufig  200  Fuss,  aber  kann  260  Fuss  dick  sein.  Wir  müssen 
indessen  nicht  daraus  schliessen,  dass  die  Korallen  iu  40  Faden  Wasser  zu 
"wachsen  begannen,  weil  immer  eine  gewisse  Dicke  von  Korallenkrus,  Sand  oder 
Breccie  am  Fuss  von  Riffen  ist. 

Der  Detritusfelsen  an  dem  Fuss  der  alten  lüft'e  scheint  an  dem  Gehänge 
auswärts  von  einem  alten  Riff  angehäuft  zu  sein.  Die  Dicke  desselben  wechselt 
von  1 — 10  Fuss  oder  50  Fuss  und  wahrscheinlich  mehr  in  manchen  Fällen, 
zweifellos  abhängig  von  der  Steilheit  der  Böschung." 

Wir  müssen  uns  hierbei  erinnern,  dass,  wenn  ein  Riff  sich  auf  weichem 
Boden  bildet,  es  allmälig  in  diesen  einsinkt  (s.  S 1  u  i  t  e  r  —  40  — ). 

Hill,  welcher  in  neuester  Zeit  die  gehobenen  Riffe  von  Cuba  im  Auftrage 
von  Agassiz  untersucht  hat  (s.  M.  of.  Comp.  Zool.  at.  Harv.  Coli.  1895) 
machte  mehrere  Schliffe  von  den  Barbadoeskalken,  welche  sich  natürlicherweise 
in  ihrer  Structur  sehr  verschieden  erwiesen  (im  Anhang  zu  46). 

Er  unterscheidet  3  Arten: 

1.  Reefrock  (Riffkalk).  Homogener  Fels,  bestehend  aus  Korallen  und 
Korallentrümmern,  zusammengebacken  mit  Sand  und  mehr  oder  weniger  gehärtet 
durch  Calcitinfiltration. 

2.  Lagunen  oder  Canal-Deposit  (Korallenkalk).  Nach  Componenten  und 
Art  des  Korns  sehr  verschieden,  schliesst  neben  Korallen  immer  noch  andere 
Thiere  ein,  namentlich  Mollusken,  Echinodermen  und  Foraminiferen  und  manchmal 
machen  diese  Schalen  und  ihre  gebrochenen  Fragmente  das  ganze  Gestein  aus. 
Ursprünglich  loser  als  Korallenfels  kann  diese  Art  iufiltrirt  und  sehr  hart  werden. 

3.  Beachrock  Strandfels,  aus  Korallenstücken  und  Korallenfelsstücken  zu- 
sammengesetzt, die  am  Ufer  aufgehäuft  werden,  mit  Vermischung. 

Die  Analyse  des  Reefrock  ergab : 

kohlensaurer  Kalk  98 

kohlensaure  Magnesia  1,5 

Phosphorsäure  Spuren 


36  1^1'-  Augustin  Krämer. 


Oxyde  von  Eiseu  und  Alaun  0,2 
Kieselsäure  0,2. 

List  er  fand  auf  Tonga,  wie  schon  erwähnt  (Literaturnachweis),  100  m 
hohe  Kalkfelsen,  welche  sich  nach  Murray's  Angaben  als  Globigerinenkalk 
erwiesen.  An  der  Westseite  von  Ena  fand  er  indessen  auch  ein  gehobenes 
Barrierenriff  (besser  wohl  eine  lüffbucht)  in  situ. 

Solche  Untersuchungen  in  situ  verbunden  mit  petrographischen  Unter- 
suchungen an  Ort  und  Stelle  sowohl  fossiler  als  zugleich  lebender  Riffe  werden 
allein  Licht  in  diese  verwickelte  Riffkalkfrage  zu  bringen  vermögen.  Noth- 
wendig  ist  es  aber,  dass  dieselben  an  Ort  und  Stelle  gemacht  werden,  um  allen 
sich  bei  solchen  Untersuchungen  aufdrängenden  Fragen  und  Zweifeln  sogleich 
mit  Thatsachen  entgegentreten  zu  können. 

Wohl  werden  jetzt  Bohrungen  auf  Funafuti  in  der  Ellice -Gruppe  seitens 
Englands  ausgeführt;  sie  werden  uns  dienlich  sein,  wenn  man  z.  B.  in  20  m 
Tiefe  überall  vulkanischen  Boden  findet ;  aber  was  werden  sie  uns  bringen,  wenn 
dies  nicht  der  Fall  ist?  Werden  die  Gesteinsuntersuchuugen  zur  Zeit  uns  sichere 
Aufklärung  verschaffen  können? 

6.   BegriflE"  der    säcularen    und   intermittirenden    (instantanen) 

Senkung  und  Hebung. 

Darwin  selbst  hat  schon  zwischen  säcularer  und  intermittirender  Senkung- 
unterschieden.  Während  jedoch  erstere  eine  Unzahl  von  Anhängern  in  ihren 
Bannkreis  zog,  ist  letzterer  verhältuissmässig  wenig  Aufmerksamkeit  geschenkt 
worden.  Und  doch  ist  es  diese,  mit  welcher  wir  es  vor  allem  in  Betreff  der 
Südseeinseln  zu  thuu  haben  werden.  Es  wird  niemanden  zufallen,  positive  und 
negative  Verschiebungen  der  Erdrinde  in  Abrede  zu  stellen;  unumstössliche  Be- 
weise liegen  dafür  vor.  Ebensowenig  dürfte  es  aber  auch  erlaubt  sein,  alle  diese 
Senkungen  und  Hebungen  als  säcular,  allmälig  erfolgend,  zu  betrachten.  Nie- 
mand wird  bezweifeln,  dass  Neu-Seeland  und  Neu-Guiuea  einst  mit  dem  austra- 
lischen Continent  verbunden  war;  die  neueren  paläontologischen  Funde  haben 
dies  wenigstens  für  Neu-Seeland  sicher  dargethan.  Was  giebt  aber  Saville  Kent 
das  Recht,  diese  Trennung  durch  säculare  Senkung  entstanden  anzunehmen  und 
desshalb  die  Entstehung  des  grossen  australischen  Barrieren-Riffes  nach  der  Darwin- 
schen Theorie  zu  erklären?  Da  die  Trennung  aus  faunistischen  und  floristischen 
Gründen  spätestens  kurz  nach  der  Tertiärzeit  erfolgt  sein  muss,  so  ist  eine  säcu- 
lare Senkung  um  so  unwahrscheinlicher,  als  in  jener  Zeit  wilder  vulkanischer 
Thätigkeit  ausgiebige  Bewegungen  zweifellos  die  Südsee  beherrschten.  Heute 
scheint  diese  positive  Bewegung  der  Erdrinde  nicht  allein  hier  zum  Stillstand 
gekommen,  sondern  sogar  in  eine  umgekehrte  allgemeine  negative  übergegangen 
zu  sein,  was  aus  dem  vorigen  Abschnitt  erhellt.  Aber  auch  hier  wird  man 
lieriodische  Hebungen  annehmen  müssen,  wofür  Lister's  Beschreibung  von  Eua 
ein  Beweis  zu  sein  scheint.  Jedenfalls  möchte  ich  die  Senkung  der  östlichen. 
Samoainseln  meinerseits  in  diesem  Sinne  auf^efasst  wissen. 


IV.  Die  Korallenriffe  an  der  samoanisclien  Küste. 


Ehe  ich  in  die  Beschreibung  der  samoanischen  Riffe  eintrete,  möchte  ich 
kurz  die  verschiedenen  Riffarten  scizziren,  damit  ein  Missverständniss  betreffs 
der  Benennung  ausgeschlossen  wird.  Es  lassen  sich  im  Allgemeinen  5  Riffarten 
unterscheiden,  welche  natürlicherweise  mehr  oder  weniger  in  einander  übergehen 
können.  Dies  wird  durch  die  weiter  unten  zu  erörternden  Entstehungsbedingungen 
begründet. 

1.  Morphologie  der  RiflPe. 

a.  Korallenbank,  bei  den  Engländern  patch  oder  shoal,  Kegelriff,  bei 
Walther  „pelagisches  Riff"  genannt,  bei  Ortmann  „Flachseeriff",  ist  ein  isolirter 
Korallenfelsen,  oft  nur  wenige  Fuss  im  Durchmesser  haltend,  säulenförmig,  welcher 
im  stillen  Hafenwasser  meist  nur  da  gedeiht,  wo  eine  grössere  Riffanlage  wegen 
der  Sandabfuhr  der  Strandriffe  unmöglich  ist.  Baumförmig  emporwachsend  und 
sich  ausbreitend,  nach  oben  zusammenstossend  und  verklebend,  sind  diese  im  All- 
gemeinen die  Bildner  jeglicher  Riffanlage  (siehe  Keller's  Ansichten  beim  Capitel 
Heliotropismus.)  In  See  kann  eine  kleine  Bank  die  Oberfläche  nie  erreichen; 
sie  bleibt  daselbst  stets  mindestens  2  m  unter  derselben.  Im  Hafen  kommt  sie 
bei  mittel  Niedrigwasser  nur  dann  zur  Luft,  wenn  sie  noch  von  geringer  Dünung 
bespült  wird.  Grössere  Bänke  und  Schuttflächen  können,  wenn  im  Schutz  der 
Küste  gelegen,  als  Barrieren  aufgefasst  werden,  in  offener  See  sind  sie  als  kleiue 
unvollkommene,  versandete  Atolle  zu  betrachten.  Hafenbänke  siud  an  zahlreichen 
Orten  bemerkt  und  beschrieben  worden.  So  schreibt  Heilprin  über  die  Riffe 
im  kalifornischen  Meerbusen  bei  Vera  Cruz  (p.  41b,  312):  „Die  Riffe  gehören 
offenbar  zu  jeuer  Gruppe,  welche  Darwin  erkannte  als  aufgebaut  auf  Haufen  oder 
Betten  von  Sedimenten  „„liegend  ein  wenig  unter  der  Oberfläche  und  geeignet 
als  Basis  für  Koralleuwachsthum  zu  dienen""  (Struct  and  distribut.  of  c.  r.  p.  58), 
eine  Classe  von  Riffen,  welche  die  Gegner  der  Darwin'schen  Theorie  als  im 
Widerspruch  mit  dieser  stehend,  ausgeben.  Sie  sind  gemäss  einer  stricten 
Classification  weder  Atolle,  Barrieren-  noch  Strandriffe  und  mögen  als  eine  vierte 
Classe,  vielleicht  mit  Vortlieil  Patch-Riffe  benannt  werden." 


38  I^r.  Augustin  Krämer. 


Darwin  sagt  ferner  in  der  Introduction  von  ilinen:  „Kiffe  kommen  auch 
um  submarine  Sediment-Bänke  und  Felsen  vor;  und  andere  sind  ganz  unregel- 
mässig an  Orten  ausgestreut,  wo  die  See  sehr  flach  ist;  diese  sind  in  den  meisten 
Fällen  den  Straudriffen  zugehörig,  aber  sind  von  geringem  Interesse." 

Beispiele  im  Apiahafeu,  namentlich  östlich  bei  Matautu,  vor  allem  auch 
im  Saluafata-Hafen,  in  der  Riffpassage  beim  Orte  Saluafata. 

b.  Das  Saumriff.  Typisch  tritt  das  Saumriff  in  Häfen  resp.  Buchten 
mit  Steilküste  auf.  Es  ist  daselbst  nur  wenige  Meter  breit,  springt  balkonartig 
vom  felsigen  Ufer  aus  vor  und  säumt  in  dieser  Weise  solche  Häfen  ein.  Betreffs 
des  zu  Lufttretens  gilt  dasselbe  wie  bei  der  Koralleubank.  Je  stiller  das  Hafen- 
wasser oder  je  mehr  der  Brandung  ausgesetzt,  so  weniger  tritt  es  zur  Luft. 
Auch  hier  ist  eine  leichte  Dünung  die  Bediiigung  dafür.  Im  Innersten  des  Hafens 
pflegt  das  Saumrifif  ganz  auszusetzen  oder  wenigstens  in  Bänke  aufgelöst  zu  sein. 
Gegen  See  zu  entschwindet  der  Band  allmälig  den  Blicken,  indem  das  Riff  der 
Brandung  halber  gleich  den  Korallenbänken  nur  in  Tiefe  von  einigen  Metern 
unter  der  Oberfläche  zu  gedeihen  vermag.  Das  Saumriff  stimmt  im  Bau  genau 
mit  der  Leeseite  der  Strandriffe  überein,  vor  allem  betreffs  des  steilen  Abfalls,  der 
Beschaffenheit  der  Leekante  und  des  Mangels  der  Plattform  und  des  Schuttkegels. 

Beispiele  im  Hafen  von  Faugaloa  und  Pango-Pango. 

c.  Das  Strandriff.  Eringing  reef,  shore  reef,  auch  Küstenriff  genannt, 
ist  ein  Korallenriff,  welches  im  Laufe  seiner  Entstehung  einen  secundären 
Strand  gebildet  hat  und  auf  diesen  gestützt  seinen  Aufbau  bewirkte.  Bedingung 
für  die  Bildung  eines  Strandriffes  ist  eine  Küste  mit  geringem  Gefäll  und 
einigermaassen  gleicbmässigem  Abfall.  Je  nach  der  Beschaffenheit  der  Küste 
kann  ein  Saumriff,  ein  Strandriff  oder  ein  Barrierenriff  sich  ausbilden ;  das 
tj'pische  Strandriff  ist  für  sich  allein  charakterisirt  durch  die  Bildung  eines 
Sandstrandes,  von  dem  aus  man  zu  Fuss  bei  Medrigwasser  bis  zur  Riffkante 
wandern  kann,  ohne  viel  über  die  Knie  in  das  Wasser  zu  gerathen.  Desshalb 
sollte  der  Name  „Strandriff"  hierfür  beibehalten  werden.  Wie  scliou  erwähnt, 
zeigt  die  Leeseite,  welche  meist  hafenbildend  wirkt,  und  die  Luvseite,  welche 
dem  offenen  Meere  zu  liegt,  bestimmte  Unterschiede,  deren  Besprechung  beim 
„Aufbau"  erfolgen  wird.  Das  grosse  Aanariff,  die  Riffe  von  Matautu  und  von 
Saluafata  sind  die  classischen  Strandriffe  an  der  Nordküste  Upolus.  Sie  erreichen 
in  Samoa  die  grösste  ununterbrochene  Flächenausdehnung  unter  den  Riffformeu. 

d.  Das  Barrierenriff,  barrier-reef,  auch  Dammriff  und  Canalriff  ge- 
nannt, ist  gewöhnlich  eine  Combination  von  einer  Barriere  und  einem  Straud- 
oder  Saumriff,  welche  von  einander  durch  einen  tiefen  Canal  getrennt  sind.  Je 
nachdem  die  Barriere  auf  einer  Seite  mit  dem  Strandriff  zusammenhängt  oder 
vollständig  isolirt  ist,  kann  man  peninsulare  oder  insulare  Barriere  untersclieiden. 
Bedingung  für  die  Entstehung  der  Barriere  ist  der  Schutz  der  Küste,  also  das 
nur  einseitige  Einwirken  der  Brandung.  Im  Rücken  der  Barriere  muss  Still- 
wasser sein.  In  Samoa  sind  von  insularen  Barrieren  nur  kleine  vorhanden,  z.  B. 
bei  Vailele,  bei  Saluafata,  Falealili  und  Safata.  Die  submarinen  Barrierenriife 
Tutuilas  bedürfen  einer  besonderen  Besprechung.  Es  ist  oft  schwer,  zwischen 
Barriere  und  Korallenbank  zu  unterscheiden,  ebenso  wie  es  oft  schwierig  ist  zu 


r\'.    Die  Korallenriffe  an  der  samoanischen  Küste.  39 

sagen,  was  noch  ein  Felsenriff  und  was  eine  Insel  ist.  Der  Untergrund  für 
Barrierenriffe  wird  durch  Bodenscb  wellen  geliefert,  welche  den  Küsten  vorgelagert 
sind  und  eine  der  Stärke  der  See  proportionale  Breite  haben  müssen.  Die 
Barrieren  sind  in  gewissem  Sinne  imvollstänüge  Atolle,   Sectoren  von  diesen. 

e)  Die  Atolle,  Kranzriffe.  atolls.  encircling  reefs,  lagoon-islands,  sind  die 
eigenartigsten  Oceanbildungen.  welche  am  meisten  dazu  beigetragen  haben,  die 
Riffforschung  zu  verwirren.  Hauptsächlich  sind  zwei  Arten  zu  unterscheiden, 
welche  nicht  allein  topographisch,  sondern  auch  genetisch  übereinstimmen,  tief- 
lagunige  und  flachlagunige.  Während  nämlich  letztere  auf  submarinen  Berg- 
kuppen entstehen  und  desshalb  die  Lagune,  je  nach  Grösse  und  Untergrund,  mehr 
öder  weniger  versandet,  können  letztere  nur  auf  submarinen  Kratern  entstanden 
sein,  deren  specifische  Entstehung  zu  erörtern  bleibt.  Kleinere  Atolle  können 
vollständig  geschlossen  sein,  grössere  führen  immer  mindestens  eine  Unterbrechung. 
Auch  die  Beschaffenheit  der  Lagune  zeigt  noch  weitere  Unterschiede,  indem  die- 
selbe entweier  einen  vollstän<ügen  Kessel  darstellt,  oder  durch  Korallenbäcke 
oder  Bodenerhebungen  Variationen  erhält.  Durch  die  Verschiedenheit  der  äusseren 
Contur  ferner  wird  eine  merkwürdige  Mannigfaltigkeit  dieser  RiffbUdungen  her- 
vorgerufen, welche  nur  durch  die  Tektonik  des  Untergrundes  erklärt  werden 
kann.  Diese  Tektonik,  die  locale  Bodenbeschaffenheit,  die  periodische  Versan- 
drmg  und  Sandabfuhr  sind  die  maassgebenden  Factoren  für  die  Gestaltung  und 
Erhaltung  der  Riffformen. 

La  Samoa  ist  nur  ein  Atoll,  das  erwähnte  Rose  Atoll  am  Ostende  des 
Archipels. 

Ein  Atoll,  dessen  Lagune  allmälig  von  oben  her  zuwächst  und  dadurch  in 
3  Theile  getheilt  ist.  ist  das  Palmyra-Atoll  (6*'X.  B.,  120  ^'W.L.),  ein  Zeichen 
dafür,  dass  ausgiebiges  Korallen wachsthum  auch  in  der  Lagune  von  Atollen  statt- 
finden kann. 

2.  O ertliche  Vertlieilung. 

Dana  sagt  über  die  Riffe  von  Upolii  184:9  (3b.): 

..Die  Insel  Upolu  ist  von  einem  Rift'  begrenzt,  nahezu  1  MeUe  breit  au 
einem  Theil  der  nördlichen  Küste;  aber  die  Wasser  auf  der  Innenseite  sind  zu 
flach  für  ein  Kanu  bei  Xiedrigwasser.  und  desshalb  ist  dasselbe  trotz  seiner  Aus- 
dehnung eher  ein  Strand-  als  ein  Barriereniiff." 

Dana  giebt  nämlich  an,  dass  die  Strandrifte  im  Allgemeinen  nur  kleine  Riffe 
seien;  dass  Upolu  richtige  grosse  Strandriffe  von  2  Seemeilen  Breite  besitzt, 
passte  ihm  damals  scheinbar  nicht  recht  in  seine  Ansichten  über  die  Bildung 
dieser  Riffe.  Er  nahm  desshalb,  entgegen  von  Darwin,  später  an.  dass  sich 
Strandriffe  auch  in  sinkendem  Gebiet  bilden  könnten. 

a)  Savai'i. 

Aus  besprochenen  Gründen  besitzt  diese  grösste  der  Samoainseln  keine  aus- 
gedehnten Strandrifte  mit  Ausnahme  der  Upolu  zugewendeten  Ostseite,  da  die 
Apolimastrasse  nur   eine   verhältnissmässig  geringe  Einsenkung  zwischen  beiden 


40  I^r-  Augustin  Krämer. 


Inseln  bildet.  Desshalb  senden  beide  Inseln  Korallenriffe  in  dieser  Richtung  vor. 
Das  Savai'i  zugehörige  Strandriff  besitzt  eine  Länge  von  ungefähr  12  Seemeilen, 
bei  Puapua  beginnend  und  beim  Tofuacap  endend.  Bei  Sapapalii,  ungefähr  halb- 
wegs, befindet  sich  der  Hauptriff-Einlass,  welcher  den  Küstenschonern  einen  guten 
Ankerplatz  gewährt,  bei  Amoa  und  Iva  sind  kleinere  Bootpassagen.  Dieses  aus- 
gedehnte Strandriff  liegt  dem  fruchtbaren  und  wichtigsten  Bezirk  SavaiTs  vor, 
Fa'asaleleanga  genannt,  der  Heimath  der  Malietoafamilie. 

Die  Nord-,  West-  und  Südküste  entbehrt  der  Riffe  nahezu  ganz.  Nur  an 
einzelnen  Plätzen,  z.  B.  bei  Matautu,  Safune,  Asaua  im  Norden,  Gangamalae  im 
Westen  und  in  der  schlammigen  Bucht  von  Palauli  im  Süden  kommen  beschränkte 
Riffbildungen  vor.  Die  zwischen  Savai'i  und  üpolu  gelegene  Kraterinsel  Apo- 
lima  wurde  gleichfalls  schon  oben  besprochen,  wie  Manono. 

b)  üpolu. 

Die  Nordseite  des  westlichen  üpolu  besitzt  die  grössten  Riffanlageu.  Hier 
ist  es  insbesondere  das  grosse  Strandriff  von  Aaua,  welches  sich  von  Manono  bis 
Apia  in  nahezu  ununterbrochener  Linie  über  25  Seemeilen  hinzieht  und  bei 
Afenga  eine  Breite  von  2  Seemeilen  erreicht,  während  an  der  Südküste  dasselbe 
Riff  bald  durch  die  Steilküste  von  Falelatai  einen  Abschluss  erfährt.  Kleinere 
Einschnitte  finden  sich  am  Nordrande  nur  bei  Malua  und  Faleula,  eine  etwas 
grössere  bei  Vaitele,  welche  indessen  nicht  unterbrechend  wirkt.  Die  der  See 
zu  gelegenen  zahlreichen  untiefen  zeigen  deutlich,  dass  das  Land  auch  unter 
dem  Meeresspiegel  hier  nur  sehr  langsam  abfällt. 

Mit  der  Veränderung  der  Landschaft  bei  Apia  verändert  sich  auch  die 
Gleichmässigkeit  des  Riffes.  Zahlreiche  Einschnitte  durchbrechen  die  Strandrifle, 
streckenweise  fehlt  die  Riffbildung  ganz,  wo  nämlich  die  Küstenberge  an  den 
Strand  herantreten.  Wo  sich  aber  eine  Niederung  zeigt,  sieht  man  auch  wieder 
ein  Strandriff  vorgelagert.  Diese  Abwechslung  endet  jedoch  gänzlich  bei  Falefä, 
von  wo  ab  fernerhin  die  See  den  Fuss  des  schroffen  Gebirges  unmittelbar  bespült. 
Erst  das  sanfter  abfallende  Ostende  der  Insel  wird  wieder  von  einem  grösseren 
Strandriff  umschlossen,  das  die  Inseln  Fanuatapu  und  Namua  theilweise  in  sich 
einschliesst. 

um  den  Wechsel  der  Landschaft  und  der  Riffe  und  die  üebereinstimmung 
beider  genauer  zu  verfolgen,  bitte  ich  einen  Spaziergang  mit  mir  von  Apia  aus 
nach  Osten  zu  machen.  Ehe  wir  indess  diesen  Weg  antreten,  wollen  wir  erst 
dem  Apiahafen  selbst  eine  kurze  Betrachtung  widmen,  welcher,  da  er  so  gut 
vermessen  ist,  besondere  Beachtung  verdient.     (S.  Karte.) 

Es  bildet  dieser  Hafen  ein  nach  Norden  offenes  Hufeisen.  Mit  einer  längeren 
westlichen  Seite,  der  Halbinsel  Mulinu'u,  welche  von  dem  Ausläufer  des  hier 
endenden  Aanariffes  noch  umschlungen  wird,  und  einer  kürzeren  östlichen,  der 
„vorspringenden  Landspitze"  Matautu  (in  samoauischcr  üebersetzung  und  Nomen- 
clatur).  Auch  die  Ostseite  wird  von  einem  Riff  umschlossen,  das  im  Innern  des 
Hafens  endet,  zwischen  den  beiden  Rilfendiguugen  liegt  in  dem  innersten  Hafen 
noch  ein  drittes  Riff,  das  Mittelriff,   auf  welchem  das  Wrack  des  „Adler"  weit- 


IN'.    Die  Kuralk^nrilVo   nn  tlcr  saiuoaiiischen  Küste. 


41 


hin  sichtbar  in  seinem  Eisengerippe  liegt.  Dieses  Mittelriff  schaut  mit  seiner 
Stirn  direct  auf  die  offene  See  hinaus  und  bietet  vor  sich  einen  Hafonrauni  von 
migefähr  4(H)  m  im  Geviert  (ausserhalb  der  lo  m  Grenze).  Auf  diesem  Kaum 
waren  die  7  Kriegsschiffe  im  Sturm  des  März  1889  zusammengepfercht,  der 
unmittelbaren  Gewalt  des  Windes  und  der  See  aus  Norden  preisgegeben. 


Matafele 
Mulivai 


Davis  phot. 
Adlerwrack 


Apia  Mulhiuu 

Apiahat'on  mit  Adlerwrack  vom  Ort  Apia  aus  gesehen  gegen   N.W 


Zwischen  dem  Ostriff  (bei  Matautu)  und  dem  Mittelriff  bleibt  eine  600  m 
lange  Strecke  offen,  inmitten  derer  der  Vaisinganofluss  zur  Regenzeit  seine  braunen 
Wasser  ergiesst.  Diese  Strecke  zeigt  nur  spärlichen  Korallenwuchs,  südlich  nahezu 
gar  keinen,  nördlich  gegen  das  Ostriff  hin  einzelne  „Bänke".  Ein  offener  Sand- 
strand charakterisirt  diese  Strecke.  Südlich  von  dieser  Strecke,  im  Grunde  des 
Hufeisens  liegt  der  Ort  Apia,  welcher  dem  ganzen  Hafen  seinen  Namen  giebt 
Hier  ist  die  Bootsanlegestelle  der  Kriegsschiffe.  Das  Mittelriff  beginnt  hier,  erst  aus 
zahlreichen  „Bänken"  bestehend,  aber  gegen  Osten  zu  einem  Riffrand  sich  festigend, 
je  mehr  die  einlaufende  See  auf  das  Riff  zur  Wirkung|kommt.  Diese  ist  selten 
stark,  sodass  das  ganze  Riff",  mit  Ausnahme  vielleicht  des  westlichsten  und  meist 
vorspringenden  Punktes,  des  im  Seemannsmunde  sogenannten  Cap  Hörn,  den 
Charakter  der  Leeriff  kante  trägt.  Mitten  auf  dieses  Rift'  mündet  das  Flüsschen 
Mulivai  und  der  Mündung  direct  nach  Norden  vorgelagert,  das  Deck  gegen  Land 
gekehrt,  liegt  das  Adlerwrack.  Zwischen  dem  Mittelrift'  und  dem  Westrift"  (Mulinu  u) 
bleibt  ein  300  m  breiter  Canal  offen,  kurzweg  Bootshafen  genannt,  da  in  dem- 
selben die  Handelsschooner  der  Deutschen  Handels-  und  Plantagengesellschaft  zu 
ankern  pflegen.  Gegen  das  Westriff,  nach  Norden  zu,  sind  auch  hier  zahlreiche 
„Korallenbänke",  zwischen  denen  der  Sand  lagert,  welcher  hierher  von  diesem 
Riff  durch  den  Ebbestrom  g-etracfen  wird  unl  zur  Ablagerung  kommt.     Desshalb 


42  -Dr.  Augustin  Krämer. 


ist  der  eigentliche  Bootshafen  nur  ca.  200  m  breit.  Die  Gezeitenströme  pflegen 
sich  im  Apiahafeu  für  gewöhnlich  nicht  unangenehm  geltend  zu  machen;  nur 
bei  stärkerem  Wind  und  Seegang  pflegt  zur  Zeit  der  Ebbe  am  Strande  des  Mittel- 
rifl"es  ein  Strom  von  Westen  nach  Osten  zu  setzen,  sodass  das  Anlegen  der  Boote 
bei  Apia  mühsam  wird,  indem  dieselben  kaum  gegen  den  Strom  auzupullen  ver- 
mögen. Dieser  Strom  Avar  es  auch,  welclier  den  Leuten  von  der  „Vandalia"  im 
Orkan  so  verderblich  wurde.  Die  Entstehung  dieses  Stromes  erklärt  sich  leicht, 
wenn  man  die  Karte  des  Apiahafens  betrachtet  und  die  Abflussverhältnisse  der 
Riffe  berücksiclitigt. 

Einiger  weniger  Worte  bedarf  noch  die  Halbinsel  Malinu'u:  Parallel  dem 
Rififrande  verlaufend  und  der  directen  senkrechten  Wirkung  des  Passates  aus- 
gesetzt, ist  sie  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  ein  Erzeuguiss  dieses  Windes, 
indem  wenigstens  ein  Theil  von  ihr  ähnlich  einer  Atollinsel  entstanden  ist.  Die 
Kücklehne  dieser  Halbinsel  bildet  ein  grosser  Mangrovesumpf,  welcher  indessen, 
da  er  keine  Malariaplasmodien  zu  beherbergen  scheint,  nur  ästethische  Nachtheile 
besitzt.  Früher  war  Mulinu'u  mehr  weniger  eine  Insel.  So  war  die  Stelle,  avo 
heute  die  Gebäude  der  Gesellschaft  stehen,  ein  Sumpf,  und  wurde  dieser  zum 
Zwecke  des  Baues  zugeschüttet.  Mulinu'u,  der  vielumstritteue  Sitz  des  Königs, 
verkörperte  einst  die  deutsche  Seite  im  Gegensatz  zum  englisch-amerikanischen 
Matautu.  ,  Von  dem  vorspringenden  Mulinu'u  aus  geniesst  mau  einen  herrJiclien 
Ausblick  auf  die  Bergwälder  und  die  luftigen  Höhen,  besonders  schön  im  letzten 
Glanz  der  sinkenden  Sonne. 

Auch  das  Ostriflf  bedarf  noch  einer  Erwähnung:  denn  einige  100  m  geraie 
nordwärts  von  der  Matautulandspitze  befindet  sich  mitten  im  Riff  eine  Einsenkung, 
welche  als  Riff  bucht  aufzufassen  ist,  die  sogenannte  Lelepabucht,  indem  sie  mit 
dem  offenen  Ocean  in  freier  Verbindung  steht.  Eine  13  m  tiefe  Stelle,  das 
Palolotief,  vereinigt  Ende  October  oder  Anfang  November  im  Morgengrauen  die 
Palolopliilen  Samoaner,  um  dem  Fange  dieses  schwärmenden  Borstenwurmes  zu 
huldigen,  Avovon  noch  weiter  unten  die  Rede  sein  wird. 

Wenn  man  an  der  Landspitze  in  Matautu  steht,  so  sieht  man  gegen  Osten 
liin  ein  weites  Strandriff  sicli  ausdehnen ;  weit  draussen  die  weisse  Brandungs- 
linie als  Grenze  gegen  das  blaue  Meer,  gerade  vor  sich  einen  von  Palmen  be- 
schatteten, bilderreichen  Strand  und  im  Hintergründe  den  Küstenberg  von  Laulii. 
Man  durchwandert  die  Ortschaften  Matautu  mit  dem  englischen  Konsulatshaus, 
Salopo,  Lelepa,  Vaiala,  wo  das  sternfunkelnde  Banner  weht  und  gelangt  nach 
einer  ^4  Stunde  nach  dem  Orte  Fuisa'a,  wo  ein  Fluss  einmündet,  den  man  auf  einem 
kümmerlichen  Fusssteg  überschreitet.  Nach  einem  kleinen  Landflecken  Taumea- 
sina  gelangt  man  an  die  Vailoaflusslagune,  welche  man  watend  durchschreitet. 
Unmittelbar  darauf  gelangt  mau  in  die  Dörfer  von  Matafangatele  und  kurz  darauf 
in  die  Bucht  von  Fangalii,  in  welche  zwei  kleine  Flüsse  münden.  Das  Riff, 
das  man  stets  weit  draussen  mitlaufen  sali,  springt  hier  jäh  zurück,  indem  es 
einen  lo  — 2o  m  tiefen  Einlass  bildet.  An  der  Ostkante  dieses  Einlasses  sieht 
man  einen  Stein  wohl  2  m  hoch  über  das  Wasser  herausragen  und  einen  zweiten 
etwas  kleineren   melir  in  der  Tiefe    des  Einsclmittes.     Schwarz   wie  Basalt   aus- 


J\'.    Die   Konillcnriflc    an  der  saiiuiiinisclicn  Küste. 


43 


sehend,  erweisen  sich  die   beiden  bei   näherer  Betrachtung  aus  Korallenkalk  be- 
stehend und  sind  wohl  durch  Stürme  losgerissene  lliffstücke  der  Leekante. 

AVenn  mau  in  einer  halben  Stande  die  Bucht  umschritten  hat,  welche  als  das 
Ende  zweier  Flusstliäler  (dos  Vaivase-  und  Fangaliiflusses)  zu  betrachten  ist,  ge- 
langt man  um  einen  5 — 10  m  lioheu  Hügtl  ]ierum,  welcher  nahe  an  das  Ufer 
herantritt,  in  das  Dorf  Vailele,  auf  schmaler  Niederung,  denn  im  Hintergrunde 
steigt  das  Land  rasch  zu  einer  10  m  hohen  Hochebene  (Pflanzung  Vailele)  an. 
Das  Kiff  ist  wieder  in's  Meer  hinausgeeilt.  Nach  Passiren  des  Dorfes  gelangt 
man  um  ein  steiles  Cap  herum,  Sunga  genannt,  wo  die  Gebäude  der  Pflanzung 
Vailele  liegen,  in  ein  hübsches  Flussthal,  in  welchem  am  Fusse  des  zweiten 
Küstenberges  das  Dorf  Letongo  liegt.  Das  Kiff  ist  Avieder  jäli  zurückgeeilt.  In 
dem  freien  Wasser  sieht  man  eine  isolirte  kleine  Barriere,  welche  der  AVuth  der 


^Jissv 


,.ft> 


a'^-v^f,,- 


VAILELE -BUCHT 

1:20.000 


Ts(jlir(c  Barriere  bei  A'ailele. 

Brandung  erfolgreich  trotzt,  und  au  der  Nordostseite  des  Kiffes  eine  Bank,  welche 
in  den  letzten  Jahren  gewaclisen  zu  sein  scheint. 

Die  ofanze  Laoune  hier  ist  ein  gTosses  Saudfeld,  welches  bei  Ebbe  den 
englischen  Officieren  Gelegenheit  bot,  das  Reiterpolospiel  zu  betreiben. 

In  der  Ferne  im  Osten  ragt  der  einzelstehende  ütamaufels  aus  dem  Wasser 
hervor,  der  Ausläufer  des  dritten  Küstenberges  von  Luatuauu'u. 

Es  gilt  jetzt  den  zweiten  Küstenberg  zu  umgehen.  Bis  zur  Landspitze 
bietet  der  Berg  noch  einem  Sandstrande  Platz.  Ein  schmales  Riff  läuft  mit, 
das  allmälig  mit  diesem  an  der  felsigen  Landspitze  endet.  Hier  hört  das  Gehen 
am  Ufer  auf.  Man  steht  auf  dem  Fuss  eines  Lavastromes,  welchen  die  unauf- 
hörliche Brandung  blossgelegt  und  zurückgedrängt  liat.  Der  weitere  Weg  ist 
während  einer  Viertelstunde  recht  beschwerlicli,  aber  schön.     Stetig  geht  es  auf 


44  Dr.  Augustin  Krämer. 


und  nieder  über  bausbobe  schwarze  Lavafelsen.  Von  der  Höbe  siebt  man  bin- 
uuter  durch  das  Grün  in  kleine  Schluchten  und  Höhlen,  in  welche  die  Brandung 
sich  mit  Getose  stürzt,  weil  die  Steilheit  der  Ufer  einem  Küstenriffe  keinen 
Platz  zu  bieten  vermochte.  Unten  aber  wandelt  man  unter  den  hohen,  immer- 
grünen Barringtonien  (futu)  mit  ihren  grossen,  weissen,  magnolienartigen  Blüthen, 
inmitten  derer  ein  Büschel  rothbespitzter,  langer  Staubfäden  prangt;  der  Boden 
ist  bedeckt  von  den  weissen  Blüthen  und  den  Vierkanten,  faustgrosseu  Früchten. 
Wieder  hinauf  und  wieder  hinab  in  die  lieblichen  Schluchten,  wobei  die  Hand 
dem  ungeschickten  Gleitfuss  (se'evae)  des  Fremden  oft  zu  Hilfe  kommen  muss, 
bis  man  plötzlich  in  eine  liebliche  Bucht  gelangt,  im  Hintergrunde  von  nahen 
Höhen  begrenzt,  am  Strande  die  Dorfschaft  Lauli'i.  Auf  den  steilen  Sandstrand 
rollen  unaufhörlich  die  Seen,  ein  Zeichen,  dass  kein  Riff  hier  vorgelagert  ist. 
Ein  kleiner  Wasserlauf,  genährt  durch  eine  Brackwasserlagune  im  Hintergrunde, 
verliert  sich  im  Sande  des  Ufers.  Wir  eilen  weiter.  An  der  östlichen  flachen 
Landspitze  der  Bucht  beginnt  das  Riff  wieder  und  zieht  sich  als  schmales  Strand- 
riff (höchstens  300  m  breit)  entsprechend  dem  massig  steilen  Ufer  über  4  km 
weit  bis  zum  Utumaufels  hin,  wo  es  plötzlich  wieder  aufhört.  Einmal  erfährt 
es  auf  diesem  Wege  nur  eine  kleine  Einbuchtung,  da  nämlich,  wo  das  schroffe 
Felsenthal  ausmündete,  welches  die  Grenzscheide  zwischen  Tuamasauga  und  Atua 
bildet.  Hier  auf  den  beiden  Höhen  am  Meere  pflegen  sich  die  feindlichen  Samoa- 
parteien  monatelang  gegenüberzuliegen  und  nur  selten  wagt  es  die  eine,  die 
andere  anzugreifen. 

Wir  sind  am  dritten  Küstenberge,  dem  von  Luatuanu'u  (des  am  Fasse  ge- 
legenen Dorfes)  angekommen,  mit  dem  vorliegenden  Utumaufels.  12  km  sind 
wir  von  Apia  entfernt  und  sind  nun  halbwegs  etwa  in  unserem  Spaziergang  nach 
Falefä. 

Die  Wegverhältnisse  sind  ähnlich  wie  beim  Lauli'iberg :  vor  der  Landspitze 
guter  Weg  am  Sandstrand  und  dieser  mit  dem  Riff  sich  bis  zur  Landspitze  ver- 
ringernd, jenseits  aufgeschlossene,  zerschlissene  Lavafelsen.  Während  jedoch  dort 
alles  von  Vegetation  bedeckt  ist,  ist  hier  der  Fels  nackt  und  die  Felsen  sind 
bis  zum  schroffen  Abhänge  so  zerfressen,  unterwaschen  und  durchlöchert,  dass 
sie  bei  stürmischem  Wetter  und  Fluth  nicht  passirbar  sind.  Dies  jedoch  nur 
auf  einer  Strecke  von  ungefähr  einem  km.  Man  gelangt  alsdann  an  eine  kleinere 
Landspitze,  die  westliche  Grenze  der  3  km  breiten,   offenen  Bucht  von  Solosolo. 

Zunächst  fesselt  unser  Auge,  wenn  wir  an  den  Strand  heruntersteigen,  ein 
wunderbares  Bild:  ein  blendendweisser,  wenige  Meter  breiter  Strand,  landwärts 
von  frischem  Grün,  seewärts  vom  blauen  Meere  begrenzt.  Mau  sieht  kein 
Korallenriff  und  doch  gewahrt  man  bei  näherer  Betrachtung,  dass  dieser  Strand 
aus  reinen,  grossen  Stücken  von  geschliffenen  Koralleustücken  besteht,  welche 
ihre  ursprüngliche  Form  nur  noch  schwach  erkennen  lassen.  Da  sieht  man 
fingerähnliche  Madreporenstücke,  Kugeln  und  Scheiben  aus  Porites  und  Astraeen, 
kurz,  alle  Variationen  durch  die  aufrollende  See  gemahlen  und  von  der  Sonne 
gebleicht.  Man  wird  nicht  satt,  all'  die  Formen  zu  betrachten,  mit  zahllosen 
Muscheln  untermengt,  welche  den  2—3  m  breiten  Strand  bis  zum  Rande  des 
Grünen  bedecken.     Geht   man    weiter,    so    hört   dies  nach  wenigen  Minuten  auf. 


rV.    Die  Korallenriffe   an  der  samoanischen  Küste. 


45 


Die  Höhen  treten  zurück  und  man  gelaugt  in  eine  deltaartigo,  flache  Nieileruug ; 
alsbald  beginnt  aucli  ein  kleines  Korallenritt'  dem  Strande  sicli  vorzulegen  und 
zwar  gerade  an  der  Stelle,  wo  ein  kleiner  Fluss  ausmündet,  der  seinem  zer- 
rissenen ausgewühlten  Bette  nach  zu  schliessen  in  der  Regenzeit  oft  viel  Wasser 
führen  muss.  Das  kleine  Straudriff"  ist  ungefähr  800  m  lang  und  erreicht  vor 
der  Mündung  seine  grösste  Breite  von  100  m.  Weitere  100  m  in  die  Bucht 
hinaus  ist  eine  Tiefe  von  12  ra  notirt. 

Nach  Ueberschreitung  des  Flusses,  welcher  mir  in  angenehmer  Erinnerung 
ist,  da  ich  dort  beim  erfrischenden  Bade  zur  heissen  Nachmittagszeit  eines  der 
hübscliesten  samoanischen  Mädchen  kennen  lernte,  Fusi  aus  Solosolo,  die  meinem 
Begleiter  so  sehr  gefiel,  —  vorscliwindet  das  Riff  alsbald  wieder.  Die  Höhen 
treten  wieder  nälier  zum  Ufer  heran,  indessen  noch  genug  Platz  für  einige  Hütten 
und  Bananenpflanzungen  lassend.     Aber  der  Korallenstrand  erscheint  nicht  wieder; 


■'^«s^ 


mAlbamssJ.  l3'S3'wS.,  1'/°36'3i>-K(annähenid) 


eine  schwarze,  weiche  Masse  tritt  an  seine  Stelle,  welche  sich  bei  näherer  Be- 
trachtung als  Basaltsand  mit  Olivincrystallen  gemischt,  zu  erkennen  giebt.  Im 
nahen  Osten  der  Bucht  sieht  man  auch  mehrere  flache  Lavafelsen  dem  Wasser 
antragen,  ein  Anzeichen,  wie  der  Untergrund  hier  im  Wasser  beschaffen  ist. 

Wenn  man  das  an  der  vorspringenden  Landecke  hübsch  gelegene  grosse  Dorf 
Solosolo  passirt  hat,  gelangt  man  an  den  4.  Küstenberg,  muss  jedoch  zuvor  einen 


46 


Dr.  Augustin  Krämer. 


kleinen  Flusslauf  passiren  mit  einer  rückständigen  Lagune  wie  bei  Laulfi.  Auch 
dieser  kleine  Wasserarm  ergiesst  sich  auf  ein  sehr  schmales  Strandriff,  welches 
wieder  —  zum  drittenmale  —  bis  zum  Cap  des  Küstenberges  mitläuft,  um  dort 
zu  endigen.  Aber  es  bietet  sich  hier  etwas  neues.  Dem  Cap  vorgelagert  sehen 
wir  drei  isolirte  Korallenbänke,  von  denen  die  beiden  seewärts  gelegenen,  offen- 
bar einzeln  entstanden,  nabezu  verschmolzen  sind  und  eine  wirkliche  Barriere 
bilden.  Auf  jeder  der  beiden  äusseren  ist  ein  grosser  Schuttkegel,  über  einen 
Meter  hoch  die  Trümmerfläche  überragend,  aber  von  keiner  grossen  Ausdehnung 
(s.  u.  Abb.  Karte  S.  45).  Die  dritte  Bank  liegt  im  Schutz  von  diesen  beiden, 
und  ist  durch  einen  tiefen,  aber  sehr  schmalen  Canal  (theilweise  nur  2 — 3  m 
breit)  von  diesen  getrennt,  gegen  Land  zu  durch  eine  flache  Brücke  mit  dem 
Strandriff  verbunden.  Es  ist  nicht  abzusehen,  wann  und  ob  überhaupt  der  erst- 
genannte Barrieren-Canal  überbrückt  werden  wird.  Unter  der  Brücke  wird  als- 
dann eine  grosse  Höhle  bleiben*). 

Wir   sind   im   lieblichen  Hafen  von  Saluafata   angekommeu,    welcher  einst 
als  deutscher  Vertragshafeu  gesichert  wurde. 


Saluaf;it;i-Biu-ht  Dorf  Solosolo  3.  Küstenlierg-  von  Liiatuamui 

4.  Küsteuberg      Saluafate-Pik  Utumaufels 

Scizze  der  Küste   bei  Solosolo. 


Die  genannte  Barriere  bildet  den  Westschutz  des  Hafens,  ein  kleines  Mittel- 
riff ist  wie  beim  Apiahafen  auch  hier  vorhanden  und  im  Osten  legt  sich  das 
grosse  Atuarift*  schützend  vor  das  Land;  diese  Riffe  schliessen  sich  so  eng  zu- 
sammen, dass  sie  nahezu  einen  Kreis  bilden  mit  einer  nur  300  m  breiten  Ein- 
fahrt gegen  NNO.,  welche  durch  Vorlageruiig  der  Saluafata- Bank  auch  gewisser- 


*)  Lan£>cnbeck  schreibt  von  diesen  Barrieren  in  seinem  Buche  (42  Seite  70):  „Die 
von  West  nach  Ost  hinggestreckte  Insel  Upolu  hat  auf  der  Süd-  und  Nordseite  Riffe.  Vor- 
wiegend sind  es  auch  hier  Küstenriffe,  doeh  treten  daneben  auch  Barrierenriffe  auf,  so 
namentlich  gegenüber  dem  Hafen  Saluafata,  wo  das  Aussenriff  eine  Seemeile  von  der  Küste 
entfernt  ist,  ein  paar  kleine  Koralleninseln  trägt,  die  beständig  an  Grösse  zunehmen,  und 
zwischen  sich  und  dem  Lande  tiefes  Falirwasser  freilässt.  (A.  H.  1879  S.  329.  S.  340.  1883 
S.  325.)  Auch  dieses  Kiff  dürfte  wohl  nur  ticr  Flachheit  der  gegenüberliegenden  Küste  seine 
Entstehung  verdanken."  Es  scheint,  dass  hier  die  West-  und  Ostseite  verwechselt  wird: 
Westwärts  ist  die  Barriere  und  steiles  Land,  ostvv'ärts  das  Strandriff  und  Haches  Land,  wie 
aus  der  Karte  hcrvor<);eht. 


IV.    Die  Korallenriffe  an  der  samoanischen  Küste.  47 

maasseu  geschützt  ist.  Dessbalb  wird  dieser  Hafen  von  den  Conimandanten  der 
Kriegsschiffe  in  der  schlechten  Jahreszeit  dem  Apiabafen  vorgezogen.  Im  Westen 
der  Solosoloküstenberg,  im  Osten  der  von  Saluafata  (der  letzte  fünfte)  und  im 
Hintergrnnde  der  steil  aufsteigende,  wohl  über  600  m  hohe  schroffe  Saluafata- 
Pik,  über  und  über  mit  grünen  Wäldern  bedeckt,  ist  dieser  Hafen  von  grosser 
landschaftlicher  Schönheit. 

Wir  umwandern  die  Bucht  auf  hübschem  Strandpfade,  erst  eben  durcli  die 
Ortschaften  Kva,  Salelesi  und  Fusi,  wobei  zwei  Wasserläufe  mit  rückständigen 
Brackwasser- Lagunen  passirt  werden  müssen,  alsdann  an  der  Flanke  des  östlichen 
Küstenberges  langsam  ansteigend  bis  zu  einem  kleinen  Cap,  dem  Ariadnehuk, 
auf  welchem  einige  deutsche  Matrosen  begraben  liegen;  der  Huk  vorgelagert 
liegt  eine  kleine  Felseuinsol,  nach  S.  M.  S.  „Albatross",  welches  1885  den  Hafen 
vermessen  hat,  benannt.  Die  Insel  ist  ganz  in  das  Mittelriff  eingeschlossen. 
Steigt  man  von  der  Ariadnehuk  wieder  nordwärts  langsam  ab,  so  gelangt  man 
auf  eine  freie  sandige  Ebene,  mit  Kokospalmen  bestanden,  unter  denen  das  Dorf 
Saluafata  ausgestreut  liegt,  malerisch  gruppirt  um  eine  grosse  Brackwasserlagune, 
welche  einigen  kleinen  Süsswasserquellen  ihre  Entstehung  vordankt.  Nach  Um- 
gehung des  steinigen  Landvorspruugs  (der  Ostecke  der  Bucht)  gelangen  wir  an 
einen  2  m  breiten  flachen  Wasserlauf,  nach  dessen  Durchwatung  wir  uns  im 
Dorfe  Lufilufi  befinden,  dem  Sitz  der  regierenden  Häuptlinge  von  Atua.  Ein 
weiter  sandiger  Platz,  der  Malae,  mit  Brotfruchtbäumen  bepflanzt,  lädt  uns  zu 
kurzer  Rast  ein.  Man  zeigt  uns  das  grosse  blendend  weisse  Grabdenkmal  des 
einst  von  deutscher  Seite  als  König  eingesetzten  Tamasese,  welcher  hier  am 
19.  April  1892  verlassen  starb,  üeber  sein  Grabdenkmal  flogen  die  englischen 
und  deutscheu  Granaten  im  August  des  Jahres  1894,  um  die  Atuapartei  zum 
Frieden  zu  zwingen.  — 

Auf  das  Meer  hinausblickend  sehen  wir  das  Strandriff  weit  sich  ausdehnen 
und  ostwärts  eine  Breite  von  2  km  erreichen.  AVenn  w4r  weitergehen,  müssen 
wir  indessen  einen  Hügel  überschreiten,,  falls  wir  es  nicht  vorziehen,  bei  Ebbe 
den  beschwerlichen  Weg  am  Strande  zurückzulegen.  Der  Hüeel  scheint  ein 
flacher  Ausläufer  des  Gebirges  zu  sein,  ein  Lavastrom,  welcher  nicht  ohne  Ein- 
fluss  auf  die  Rifl'bilduug  geblieben  ist,  denn  ihm  gegenüber  befindet  sich  ein 
scharfer,  tiefer  Einschnitt  in  das  Strandriff,  wie  wir  diesen  Einfluss  auch  in  allen 
vorhergehenden  Fällen  gesehen  haben.  Wo  eine  Steilküste  oder  ein  Berg  nahe 
an  das  Ufer  herantritt,  pflegt  das  submarine  Gefälle  demgemäss  grösser  zu  sein. 

Auf  dem  Hügel  liegt  die  wesleyanische  Missionsstation  und  an  seiner  Stirn 
ostwärts  am  Rande  des  Meeres  die  liebliche  Grotte  Faturaea;  wohl  20  m  lang 
und  an  der  Mündung  5  m  breit  und  3  m  hoch,  entströmt  ihr  das  cr3'Stallklare 
Quellwasser,  in  dessen  kühlenden  Fluthen  schwimmend  man  die  Hitze  des  Tages 
vergisst.  Ein  vorgelagertes  Bassin  ist  dem  Meere  zu  durch  Steine  abgeschlossen. 
Dem  Zauber  dieses  Platzes  hat  auch  der  vielgereiste,  leider  so  früh  untergegangene 
Ehlers  nicht  zu  widerstehen  vermocht. 

Nocli  eine  halbe  Stunde  Weges  und  wir  sind  am  Ziele  unserer  AVanderung. 
Wir  kommen  durch  das  Dorf  Faleapuna  mit  einer  rückständigen  grossen  Brack- 
wasserlagune,    und   nach  Umgehung   der  Landspitze   biegen   wir   nach  der  Bucht 


48  l^r.  Augustin  Krämer. 


von  Falefä  ein,  das  wir  uacli  üeberschreitung  eines  aus  einer  grossen  Brack- 
wasserlagune stammenden  Wasserarmes  erreichen.  Mit  uns  läuft  das  grosse 
Strandriff,  das  an  der  NO. -Kante  einen  hohen  Schuttkegel  trägt,  in  die  Bucht 
hinein,  nachdem  es  eine  Gesammtlänge  von  nahezu  6  km  erreicht  hat.  Bei 
Falefä,  dem  Heimathorte  des  auf  Jaluit  in  der  Verbannung  lebenden  Mataafa, 
mündet  der  grösste  Süsswasserfluss  Samoas,  3— 4  m  breit,  seine  reissenden  Fluthen 
über  einen  ca.  15  m  hohen  senkrechten  Felsabsturz  direct  in  einen  Meeresarm 
ergiessend,  der  bekannte  Wasserfall  Vaitafa. 

Es  ist  merkwürdig,  dass  das  Ende  des  Korallenriffes  sich  gerade  vor  die 
Flussmündung  legt,  so  dass  das  Flnsswasser,  allerdings  reichlich  mit  Seewasser 
untermischt,  nach  Osten  hin  abzufliessen  gezwungen  wird.  Diese  Ostseite  des 
Hafens  trägt  der  Steilheit  der  Ufer  halber  nur  ein  Saumriff.  An  der  Landspitze 
Naneivi  ist  es  natürlich  den  Augen  entschwunden.  Von  hier  ab  beginnt  die 
rifflose  Ostseite  des  Nordufers,  denn  hier  treten  überall  die  steilen  Berge  direct 
an  das  Ufer  heran.  Nur  in  den  kleinen  Buchten  und  in  der  Fangaloa-Bucht 
vermögen  kleinere  Strandriffe  und  Saumriffe  an  die  Oberfläche  zu  treten,  bis  an 
dem  sanfter  abfallenden  Ostende  üpolus  sich  wieder  ein  grösseres  Strandriff  zu 
bilden  vermag,  das,  'wie  schon  erwähnt,  die  Inseln  Fanuatapu  und  Namua  zum 
Theil  mit  einschliesst. 

Sehen    wir   nochmals   zurück,    so   haben  wir  3  grosse  Strandriffe  gesehen: 

1.  das  45  km  lange  Aanariff  an  das  Aanagelände  sich  anlehnend, 

2.  das  5^/..  km  lauge  Apia-Vaileleriff  an  die  Vailelepflanzung  sich  anlehnend, 

3.  das  6  km  lange  Atuariff  an  der  Niederung  von  Saluafata  bis  Falefä  sich  an- 
lehnend. 

Fünf  Küstenberge   haben  wir   auf  dieser  Strecke  gesehen,  welche  folgende 
Unterbrechungen  in  der  Bifflinie  mit  sich  brachten: 

1.  der  Apiaberg,  die  Apiabucht, 

2.  der  Vaileleberg,  die  Vailelebucht  und  die  von  Laulii, 

3.  der  Luatuanuuberg,  die  Solosolobucht, 

4.  der  Solosolo-  und  der  Saluafataberg,  die  Saluafatabucht. 

Dieses  sind  nur  die  in  die  Augen  springenden  Punkte;  für  die  geringeren 
Veränderungen  sind  die  Karten  noch  zu  ungenau,  um  sie  nachweisen  zu  können. 
Ueberall  kann  man  indessen  an  Ort  und  Stelle  sehen,  wie  mit  der  Tektonik  der 
Küste  auch  die  Tektonik  des  Meeresbodens  sich  ändert,  wofür  die  Korallenriffe 
die  sichtbaren  Zeugen  sind.  So  kann  man  aus  dem  Anblick  der  Formation  der 
Korallenriffe  auf  der  Karte  untrügliche  Schlüsse  auf  die  Natur  des  Küsten- 
landes ziehen. 

Nur  kurz  soll  noch[der  Korallenriffe  der  Südküste  Upolus  Erwähnung  ge- 
than  werden: 

Es  wurde  schon  erwähnt,  dass  mit  dem  Auftreten  der  Steilküste  von  Fale- 
latai  im  Westen  Upolus  das  Eiff  verschwindet.  (Der  Ausläufer  des  Aanariffes 
nach  Süden  hin.) 

Die  folgende  flache  Bucht  von  Lefangä  wird  durch  ein  Straudriff  geschlossen, 
das  einige  Bootspassagen^führt. 


IV.    Die  Korallenriffe  an  der  samoanischen"  Küste. 


49 


T^r^-Ä^GKÜV 


Von  Lefangä  ab  beginnt  dio  grosse  Safata-Ebeuc  sich  auszudehnen;  langsam 
schiebt  sich  ein  Straudriff  vor,  das  nach  einigen  kleineren  Unterbrechungen  erst 
durch  die  grosse  Safatabucht,  einen  grösseren  Einschnitt  erfährt,  nachdem  das 
Biff  eine  Breite  von  ungefähr  3  km  erreicht  hatte.  In  der  Bucht  selbst  liegt 
eine  grosse  Korallenbauk,  eine  Barriere  bildend,  welche  dieser  Bucht  einigen 
Schutz  verleiht.  Jenseits  eilt  das  Biff  wieder  in  die  See  hinaus,  verjüngt  sich 
allmälig  wieder,  um  mit  dem  Auftreten  einer  niederen  Steilküste  wieder  ganz 
zu  verschwinden. 

Es  kommt  die  Niederung  von  Falealili. 

Die  Riffbildung  interessirt  uns  liier  etwas  mehr,  da  dies  der  einzige  Platz 
in  Samoa  ist,  wo  sich  eine  grössere  Barriere  ausgebildet  liat.  Ein  grösseres 
Strandriff  hat  sich 
wieder  vor  die  flache 
Küste  gelegt,  welches 
bei  dem  Dorfe  Vaovai 
eine  starke  Unter- 
brechung erfährt,  in- 
dem hier  ein  ca.  150  m 
breiter  Canal  dem 
Lande  zu  offen  bleibt. 
Der  Mündung  dieses 
Canales  direct  gegen- 
über liegt  ein  wohl 
1  km  langes  Riff,  iso- 
lirt,  mit  einer  hüb- 
schen kleinen,  cocos- 
bestandenen  Insel  landwärts,  dem  bekannten  Nu  u  sa  fe'e  (dem  Dämon  des  Tinten- 
fisches geweiht)  (s.  Abbildung).  Dieses  Barrierenriff  ist  von  dem  Strandriff 
durch  einen  mindestens  100  m  breiten  Canal  getrennt.  [Eine  Vermessung  dieses 
Platzes  hat  noch  nicht  stattgefunden,  wesshalb  genauere  Angaben  nicht  gemacht 
werden  können.  S.  M.  S.  „Bussard"  hat  diesen  Canal  passirt,  die  innere  Strand- 
riffbucht ihrer  relativen  Enge  halber  indessen  nicht  angelaufen.] 

Von  Falealili  bis  zum  Cap  Tapanga  an  der  Ostspitze  sind  die  lüö'bildungen 
von  geringem  Umfang  und  untergeordneter  Bedeutung.  Doch  sind  hier  auch 
Strandriffe  streckenweise  vorhanden,  welche  die  Breite  von  10(to  m  erreichen 
dürften,  vor  allem  dem  Osten  zu. 


'0  le  mru  sa  fe'e 
Die  Barricreninsel  'O  le  nu  u  sa  fe'e   bei  Falealili    an    der 
iSüdküste  von   Llpoln. 


c)  Tutuila. 

Gemäss  der  Steilheit  der  Küsten  fehlen  die  Korallenriffe  an  der  Nordküste 
ausser  in  den  kleineren  Buchten  Aluau,  Fungasä,  Vatia,  Oafonu  und  der  grösseren 
Masefau  nahezu  ganz. 

An  der  Südküste  ist  jedoch  ein  grösseres  Straudriff"  vorhanden,  und  zwar 
auf  der  Strecke  vom  südlichsten  Punkte,  dem  Sail  Rock  Point  der  Karte  bis 
gegen  den  Eingang  des  Pango-Pangohafens  hin,  einer  Strecke  von  mehr  als  zwei 

Krämer,  Ueber  den  Bau  der  Koralleiuitt'e.  4 


50 


Dr.  Ausfustin  Krämer. 


Seemeilen  (ca.  4  km).     Die  Pango-Pangobucht   selbst   ist    von    typischeu   Saum- 
riffen ausgekleidet. 

Hier  sind  es  jedoch  die  beiden  sogenannten  versunkenen  Korallenriffe,  welche 
Aufmerksamkeit  verdienen.  Die  eine,  die  Taemabank,  liegt  der  Einfahrt  von 
Pango-Pango  gegenüber,  l^o  Seemeile  von  dieser  entfernt  und  durch  eine  Tiefe 
von  ca.  60  m  getrennt.  Ihre  Länge  scheint  3 — 4  km  zu  sein,  die  Breite  200 
bis  400  m  und  ihre  Tiefe  8—12  m.  Von  der  anderen,  der  Nafanuabauk,  welche 
ebenfalls  mit  dem  Lande  längs  läuft  und  von  Anu'u  ihren  Ausgang  nimmt, 
scheint  sie  durch  eine  Tiefe  von  über  100  m  getrennt  zu  sein. 

d)  M  a  n  u '  a. 

Die  Korallenriffe  daselbst  sind  der  Steilküste  halber  nur  von  untergeord- 
neter Bedeutung.  Am  NW. -Ende  Olosenga's  sollen  indessen  eigenthümliche  Kiff- 
bildungen  vorkommen,  die  auf  Hebung  deuten. 

Ueber  den  von  Couthouy  beschriebenen  zu  Tage  liegenden  Korallenkalk 
s.  bei  4  (die  Entstehung  und  Geologie  der  Samoainseln). 

e)  Das  Rose-AtolL 
Das  Atoll  bildet  nahezu  einen  Kreis  von  2^0  Seemeilen  Durchmesser.     Der 
Südostseite,    dem    Passat    zu,    befindet    sich    eine   über    1  km   lange    und    nahezu 
ebenso  breite  Insel  und  nördlich  davon  eine  Sanddüue.     Der  Insel  gegenüber  liegt 

die  Ausflussöffnung  des  Atolls,  welche 
nur  1  —  2  m   tief  sein    soll,    während 


■%■! 


&öf . 


m 


die  Lagune  eine  Tiefe  l)is  zu  20  m 
zu  erreichen  scheint.  Das  Atoll  wurde 
von     der     Wilkesexpedition     besucht. 


welche  auf  der  Sanddüue  zahlreiche 
Seevögel  brütend  fand,  vor  allem 
Seetölpel  (Sula)  und  Seeschwalben 
(Sterna).  Auch  sollen  hier  die  Schild- 
kröten zu  gewissen  Zeiten  ihre  Eier 
ablegen.  Auf  der  Insel  fanden  die 
ersten   Besucher   einige  Pflanzen,    Pi- 

sonia-     und     Portulacea- Arten.      Der 

Consul  Weber  in  Apia  kaufte  die 
Insel  später  und  wollte  hier  eine  Fischerei  Station  gründen;  bei  dieser  Gelegen- 
heit sollen  hier  Cocospalmen  angepflanzt  worden  sein.  Das  Unternehmen  schlug 
jedoch  fehl  —  wegen  Mangels  an  Fischen  und  guten  Fischmethoden. 

Auf  der  Insel  liegen  verschiedene  grosse  Basaltblöcke  verstreut  (3  c  p.  317). 
Ihre  Herkunft  ist  noch  dunkel.  Dana  meint,  dass  dieselben  durch  Treibhölzer 
oder  als  Bootsballast  liier  zur  Ablage  gekommen  seien.  Was  ist  jedoch  näher- 
liogender,  als  an  den  Kern  dieser  Insel  zu  denken,  welcher  wie  Manu^a  aus 
Basalt  bestehen  muss? 

Auf  der  Sanddüne  sollen  Zeichen  von  Hebung  beobachtet  worden  sein,  was 
ich  nur  der  Vollständigkeit  halber  anführe. 

Leider  hatte  ich  nicht  Gelegenheit,  die  Insel  zu  sehen. 


1\'.     Die  Korallenriffe  an  der  samoanischen  Küste.  ^\ 

3.  Vergleich  Samoa's  mit  den  Palauinseln. 

Das  F  e  ]]  1  e  11  ausgebildeter  13  a  r  r  i  e  r  e  u  r  i  f  f  e  auf  T  u  t  u  11  a  und 
M a n u '  a  in  der  Nähe  des  II o s e  -  A  t o  1 1  s  und  die  D  a r  w  1  n ' s c  h  e  Theorie. 

Semper  (9a)  beginnt  seinen  Aufsatz  über  die  Palauinseln  folgendermaasseu: 
„Die  nördlicliste  Spitze  der  Gruppe  der  Pelewinseln  oder  Palaos  bilden  ächte 
Atolle ;  die  Hauptmasse,  welche  der  ganzen  Gruppe  ihren  Namen  übertragen  hat, 
ist  zum  grössten  Theil  von  Barrierenriffen,  im  Süden  von  Küstenriffen  umgeben, 
und  die  südlichste  Insel  ist  völlig  ohne  eigentliches  Riff"." 

üeber  Samoa  lässt  sicli  mit  ähnlichen  Worten  sagen: 

Die  östlichste  Spitze  der  Samoainseln  bildet  ein  achtes  Atoll ;  die  mittlere 
Gruppe  zeigt  Anlagen  von  Barriereiii-iffeii,  der  Westen  Strand-(Küsten-)Riffe ; 
und  die  westlicliste  Insel  ist  nahezu  ohne  eigentliches  Rift'. 

Nun  sind  aber  doch  wichtige  Unterschiede,  welche  die  beiden  Inselgruppen 
unterscheiden : 

1.  Die  Samoainseln  bestehen  vollständig  aus  basaltischer  Lava.  Die  Palau- 
inseln im  Norden  aus  Trachyten,  die  südlichen  gehobenen  Inseln  aus 
Koralleiikalk  (Peleliu,  Eimeliss,  Uruloug  und  Ngaur). 

2.  Die  Barrierenrift'e  sind  in  Samoa  nur  schwach  vertreten,  während  sie 
bei  den  Palauinseln  die  grosse  Hauptmasse  ausmachen. 

3.  Die  Barrierenriffe  treten  im  Wesentlichen  mit  den  Barrierenriffen  bei 
den  Palauinseln  zugleich  auf,  indem  die  weitaus  grösste  in  der  Mitte 
gelegene  Insel  Babelthaub,  welche  ca.  25  Seemeilen  lang  ist  (so  lang 
ungefähr  wie  das  Aanariff),  im  Osten  theilweise  recht  breite  Strandriffe 
trägt,  während  im  Westen  mächtige  Barrieren  der  Küste  vorgelagert 
sind,  welche  nach  Süden  sich  über  eine  gleiche  Länge  weiter  ausdehnend, 
die  gehobenen  Kalkinseln  in  sich  einschliessen. 

4.  Die  südlichste  Insel  Ngaur,  Avelche  rifflos  ist  und  auch  aus  gehobenem 
Kalk  besteht,  ist  nur  niedrig  im  Verhältniss  zur  grössten  mittleren  Insel 
Babelthaub,  während  in  Samoa  die  entsprechende  rifflose  Insel  Sawai'i 
die  grösste  und  höchste  des  Archipels  ist. 

5.  Die  Palauinseln  sind  alle  von  einander  durch  verhältnissmässig  schmale 
und  wenig  tiefe  Meerstrassen  getrennt,  während  die  Samoainseln  mit 
Ausnahme,  von  Sawai'i  und  Upolu  durch  sehr  breite  und  sehr  tiefe  Meere 
von  einander  geschieden  sind. 

Es  bleibt  nun  also  nicht  viel  anderes  übrig  als  die  Thatsache,  dass  in  beiden 
Inselgruppen  an  einem  Ende  deutliche  Hebung  und  demgemäss  Armuth  an  Küsten- 
riffen, am  anderen  Ende  AtoUbildung  und  in  der  Mitte  Barrieren-  und  Strandrift- 
bildung  vorhanden  ist. 

Dass  aber  die  beiden  Inselgruppen  gerade  nur  darin,  im  wichtigsten  Punkte, 
übereinstimmen,  erscheint  für  die  Entstehung  der  Riffe  der  Samoainseln  von 
besonderer  Bedeutung. 

Es  lag  natürlicherweise  nahe,  auch  für  die  Palau-Inseln  eine  Hebelbewegung 
anzunehmen,  wie  ich  sie  für  die  Samoainseln  als  wahrscheinlich  hingestellt  habe, 
(Dana  nimmt  Stillstand  im   Westen  und  Senkung  im  Osten  an.) 

4* 


52  Dr.  Augustin  Krämer, 


Semper  ist  dieser  Ansicht  bei  der  Besprechung  der  Palauiuseln  in  seinem 
bekannten  Buche  „Die  Existenzbedingungen  der  Thiere"  (9  c  S.  45)  energisch 
entgegengetreten;  er  sagt  daselbst: 

„Man  könnte  aber  auch  versuchen  wollen,  die  Schwierigkeit  auf  eine  andere 
Weise  zu  entfernen,  indem  man  nämlich  annähme,  es  hätte  innerhalb  der  Insel- 
gruppe der  Palaos  eine  von  allen  übrigen  Schwankungen  des  Niveaus  im  Stillen 
Ocean  unabhängige  Hebelbewegung  stattgefunden.  Es  möchte  dabei  vielleicht, 
nördlich  von  Peleliu  oder  in  dieser  Insel  selbst  der  Punkt  zu  suchen  sein,  von 
welchem  aus  nordwärts  eine  immer  stärker  werdende  Senkung,  südwärts  ebenso 
eine  immer  stärkere  Hebung  stattgefunden  hätte.  Dies  würde  in  der  That  schein- 
bar erklären,  dass  Ngaur  gar  keine  Riffe,  Peleliu  aber  sowohl  Küsten-  als  auch 
schwach,  aber  deutlich  entwickelte  Canalriffe  aufzuweisen  hätte ;  gleichfalls  würde 
dadurch  erklärt  sein,  warum  die  Riffe  im  Norden  von  diesem  Hebelpuukte  sich 
je  mehr  nach  Norden,  um  so  mehr  in  die  Tiefe  senken,  bis  endlich  im  höchsten 
Norden  nur  noch  Atolle  oder  atoll ähnliche  Riffe  auftreten.  Nun  will  ich  absicht- 
Uch  kein  zu  grosses  Gewiclit  darauf  legen,  dass  die  Annahme  im  höchsten  Grade 
unwahrscheinlich  ist,  es  möchte  wirklich  auf  einem  so  wenig  ausgedehnten  und 
ganz  isolirt  im  Ocean  liegenden  Gebiete,  wie  es  diese  Inselgruppe  darstellt,  ein 
Ruhepunkt  in  der  Mitte,  und  nördlich  davon  eine  Senkung,  südlich  aber  eine 
Hebung  stattgefunden  haben.  Aber  selbst  diese  Möglichkeit  zugegeben,  so  glaube 
ich  doch  so  zahlreiche  Beweise  ihrer  Unrichtigkeit  trotz  ihrer  theoretischen 
Möglichkeit  in  den  von  mir  beobachteten  Structurverhältuissen  jeuer  Riffe  gefunden 
zu  haben,  dass  die  Aufgabe,  sie  zurückzuweisen  nicht  gar  schwer  werden  dürfte." 

Semper  beschreibt  nun  das  Vorkommen  von  Globigerinenkalk  (Tiuoporus- 
felsen)  auf  der  Atollinsel  Kreiaugel,  spricht  von  grossen  mächtigen  Korallen- 
blöcken auf  dem  Riff,  welche  durch  die  See  nicht  hinaufgetragen  worden  sein 
können,  zumal  da  sie  nicht  an  der  Sturmseite  lägen,  ferner  die  sanfte  Böschung 
an  der  Sturmseite  im  Osten  und  die  steile  au  der  Seeseite  im  Westen  (die  uns 
bei  Beschreibung  der  Entstehung  des  Fasses  der  Riffe  erklärlich  wird),  wie  den 
obliterirtc]!  Bootscanal,  der  von  den  Spaniern  um  das  Jahr  1830  (30  Jahre  vor 
Semper's  Besuch)  gegraben  worden  war,  dessen  Räuder  er  weit  über  der  Hoch- 
wassermarke liegend  fand  und  seine  Sohle,  sowie  die  Lagune,  zu  der  er  führte, 
an  der  tiefsten  Stelle  nur  wenige  Fuss  tief. 

Auch  bei  dem  Cossolatoll  führt  Semper  Gründe  an,  die  gegen  eine  Senkung 
sprechen.  (Die  Hufeisenform  von  Cossol  und  Aruangel  werde  ich  weiter  unten 
bei  der  Entstehung  der  Atolle  erörtern.) 

Schon  erwähnt  wurde,  dass  auf  der  nur  wenige  Seemeilen  von  dem  Atoll 
Cossol  entfernten  Insel  Babelthaub  auf  einer  Strecke  südwärts  von  über  25  Seemeilen 
an  der  Ostküste  zum  Theil  recht  breite  Strandriffe,  an  der  Westküste  in  gleicher 
Ausdehnung  entsprechend  ausgedehnte  mächtige  Barrierenbildungen  auftreten. 

Die  geringen  Tiefen  (höchstens  150  m),  welche  diese  Inseln  von  einander 
trennen,  deuten  jedoch  besonders  im  Gegensatze  zu  Samoa  deutlich  darauf  hin, 
dass  es  sich  hier  um  solche  Senkungen,  welche  die  Darwin'sche  Theorie  für 
sich  in  Anspruch  nimmt,  nicht  handeln  kann.  Semper  hat  durch  Beschreibung, 
dieser  Inseln  den  ersten  und  heftigsten  Stoss  gegen  diese  Theorie  geführt. 


IV.    Die  Korallenriffe  an  der  samoanischen  Küste.  53 


üpolu 
Tutuila 


Wenn  also  Scnkiuigeu  iu  einem  Gebiete,  dessen  liiflfvertheiluiig  so  sehr  an 
Samoa  erinuert,  ausgeschlossen  werden  dürfen,  da  im  Gegentheil  auf  beiden  Seiten 
gewichtige  Gründe  für  Hebung  sprechen,  so  ist  das  für  Beurtheilung  der  Riff- 
bildung in  Samoa  von  grosser  Wichtigkeit,  da  man  hier  annehmen  muss,  dass 
dem  jetzigen  Stillstand  bezw.  der  nachgefolgten  Hebung  eine  ausgiebige  Senkung 
vorhergegangen  ist. 

Es  möge  nochmals  kurz  an  die  Riff  reih  enfolge  in  Samoa  erinnert  sein  (von 
West  nach  Ost): 

Savai'i      ohne  ausgedehnte  Riffbildung  (bis  auf  Ostküste) 
West  Strandriffe 
Mitte  Strandriffe  und  vereinzelte  sehr  kleine  Barrieren 

Ost  ohne  ausgedehnte  Riffbildung  (bis  auf  Strandriff  am  Ostende) 
ohne  ausgedehnte  Riff'bildung 

bis  auf  1  Strandriff  an  der  Südküste  und  nahebei  2  submarine  Barrieren 
Manu'a     ohne  ausgedehnte  Riffbildung 
Roseatoll     ein  Atoll. 

Nun  muss  ich  betreffs  Samoa  folgende  Fragen  stellen  an  die  Anhänger 
Darwin's: 

1.  Wenn  es  sich  im  Osttheil  des  Archipels  um  säculare  Senkung  handelt, 
warum  ist  Mauu'a  und  Tutuila  ohne  Barrierenrifte  ? 

2.  Warum  sind  nicht  wenigstens  die  submarinen  Barrieren  Tutuilas  an  die 
Oberfläche  gelangt,  was  doch  der  Fall  sein  müsste! 

3.  Gesetzt  den  Fall,  dass  diese  Barrieren  etwas  zu  rasch  gesunken  wären, 
warum  befindet  sich  in  unmittelbarer  Nähe  ein  wohlausgebildetes,  aus- 
gedehntes Strandriff",  das  zweifelsohne  an  der  aufgeschlossenen  Küste  eines 
sehr  langen  Zeitraumes  zur  Bildung  bedurfte? 

4.  Zugegeben  auch  ferner,  dass  ein  Strandriff  sich  nach  Dana  in  sinkendem 
Gebiet  bilden  könnte,  warum  ist  das  Westende  Tutuilas  frei  von  jeglicher 
Rifl'bilduug,  da  doch  hier  ein  submarines  Plateau  in  durchschnittlich  50  m 
Tiefe  vorhanden  ist,  welches  erst  iu  10  Seemeilen  Entfernung  von  der  Küste 
in  die  grosse  Tiefe  von  3300  m  mit  einer  Böschung  von  ca.  25"  abfallt? 

5.  Warum  ferner  trägt  das  Ostende  üpolus  (Tutuila  zugekehrt)  ein  grosses 
Strandriff,  während  an  der  Nordseite  bis  Falefä  jegliches  Küstenriff  fehlt 
und  an  der  Südseite  kleinere  Stiandriffe  streckenweise  auftreten,  ferner 
einige  kleine  Barrierenriffe  ? 

6.  Warum  fehlt  endlich  au  der  Südseite  eine  grössere  Rift"bildung  (Barrieren- 
bildung), da  doch  durchweg  Tiefen  von  ca.  50  m  noch  in  1 — 2  Seemeilen 
von  der  Riff  kante  bezw.  Küste  gefunden  wurden? 

Alle  diese  Daten  sprechen  zu  deutlich  gegen  die  Annahme  einer  säcularen 
Senkung  der  Samoainseln. 

Kommt  doch  Graeffe  selbst,  der  beim  Anblick  der  vielen  Atolle  in  der 
Südsee  geneigt  war,  der  Darwin'sclieu  Theorie  beizupflichten,  betreffs  der  Samoa- 
inseln zu  dem  Schluss  (12  d): 


54  ^^-  Augustin  Krämer. 


,,Dcr  Umstand,  dass  die  steilen  Küsten  den  Kiffgürtel  ganz  entbehren,  zeigt 
hinreichend,  dass  auf  den  Inseln  Savai'i  und  Upolu  kein  echtes  Danimriff  ein 
sinkendes  Land  unigiebt,  sondern  dass  ein  franzendes  Eiif  alle  Biegungen  der 
äusseren  Kante  des  Landfusses  in  der  für  Korallenbildung  günstigsten  Tiefe  folgt." 

4.  Die  Entstehung  eines  Strandriffes. 

Eine  Erklärung  der  Entstehung  eines  Strandriffes  schien  bislang  nicht  für 
nothwendig  erachtet  worden  zu  sein  (Darwin  sagt:  With  respect  to  fringiug  or 
shore  reefs,  there  is  little  in  their  structure,  which  needs  explauation ;  and  their 
name  expresses  their  comparatively  small  extension),  da  die  Annahme,  dass  die 
Korallenpolypen  der  Brandung  zu  oder  in  derselben  am  besten  gedeihen,  so  gut 
wie  eine  Erklärung  ist.  Da  ich  indessen  aus  den  zu  erörternden  Gründen  dieser 
allgemeinen  Annahme  auf  Grund  meiner  Untersuchungen  nicht  beipflichten  kann, 
will  ich  auch  eine  solc;ie  Erklärung  bringen,  wie  sie  sich  mir  bei  der  örtlichen 
Besichtigung  der  Riffe  aufdrängte.  Ich  gehe  dabei  von  der  alten  Erfahrung  aus, 
dass  eine  See  bei  flachem  Strande  sich  lange  vorher  erschöpft,  ehe  sie  den  Strand 
erreicht  und  dass  dieser  nur  noch  leicht  bespült  wird;  die  See  „rollt  sich  auf" 
und  verliert  dadurch  ihre  Macht,  während  sie  au  der  Steilküste  als  Brandung 
zertrümmernd  und  vernichtend  wirkt.  Jedes  Korallenriff  bildet  gegen  die  See 
zu  einen  zur  Stärke  der  vorherrschenden  See  oder  Dünung  proportionalen  Abfall, 
den  sogenannten  „Fuss"  des  Riffes,  während  der  Murray-Guppy'sche  „Talus" 
noch  weiter  seewärts  zu  suchen  ist.  Der  Fuss  besteht  aus  lebeuden  Korallen- 
stöcken, der  „talus"  aus  abgelagertem  Riffsand;  der  „Fuss"  erstreckt  sich  von 
der  Luv-Riff  kante  über  eine  Strecke  von  100 — 200  m  bis  zu  einer  Tiefe  von 
ungefähr  15  m ;  jenseits  dieser  15  m-Grenze  liegt  der  „Talus".  Der  „Fuss"  ist 
für  die  Entstehung  jeglichen  Seeriffes  von  grundlegender  Bedeutung;  ohne  ihn 
wäre  es  der  Riffkante  nicht  möglich,  sich  bis  in  die  Niedrigwasserlinie  zu  er- 
heben, weil  er  sonst  durch  den  Anprall  der  Brandung  vernichtet  würde. 

Die  Schilderung  soll  vollständig  schematisch  gehalten  sein;  Modificatiönen 
lassen  sich  leicht  anbringen  und  einfügen.  Die  angenommenen  Zahlen  sollen 
keine  Thatsachen  sein,  sondern  nur  zur  Erklärung  dienen. 

1500  1400  1300  12(10  1100  1000  noo  8(10    700  (ioo  500  400    300    200    100     U      (Ufer) 


Wasser 
3  m-Grenze 


^:00^^::^-:^i 


1 1  100  m  Längemuaass. 

' •     10  m   Tiefenmaass  (;»)  mal  zu 

gross.) 

Boden     --"  _ j    Wachsthnm  von  i  m  nach  dem  I.  Zeitabschnitt. 

- IL  „  ,,    ,,     .,      .,         „     IL  .,  u.  s.  w. 

Die  Entstehung  eines  Strandritts. 

Man  denke  sich  ein  Gelände,  welches  sanft  zum  Meer  abfällt  mit  dem 
Gefälle  von  1  :  li»0  m  und  im  selben  Maasse  unter  dem  Meeresspiegel  weiter- 
laufend.    (S.  Bild.) 


IV.    Die  JvoniUenriffi'  an  der  sanioanisehen  Küste.  55 


Vom  Ufer  (ü)  aus  würden  in  1500  m  Entfernung  15  m  Tiefe  erreicht  sein, 
welche  als  (Jrcuze  für  riff bildende  Korallen,  wenigstens  für  deren  in  die  Wag- 
schale fallendes  Wachsthum  gelten  soll. 

Der  Uutergund  sei  ein  Lavastrom,  welcher  frisch  entstanden  sein  soll  und 
welcher   sich    allmälig   überall    mit  warzenförmigen  Korallenbänken  bedeckt  hat. 

Es  sei  angenommen,  dass  in  einem  bestimmten,  nicht  näher  zu  bezeicli- 
nenden  Zeitraum  dies  Korallenwachsthum  überall  die  Höhe  von  1  m  erreiclit 
hat.     (Zeitraum  I.) 

Es  sei  weiter  angenommen,  dass  sich  eine  mittlere  See  an  einem  Felsen 
zu  brechen  beginnt,  welcher  3  m  unter  der  Oberfläche  liegt. 

Es  sei  mittleres  Niedrigwasser  als  Oberfläche  gesetzt.  Es  wird  sich  also 
nach  dem  ersten  Zeitraum  (I.)  die  See  in  400  m  Entfernung  vom  Ufer  zu  breclieu 
beginnen,  da  daselbst  die  1  m  hoch  gewachsenen  Korallenbäuke  nur  noch  3  m 
von  der  Oberfläclie  entfernt  sind.  Von  diesem  Punkt  ab  dem  Ufer  zu  liegen  nun 
die  Korallen  im  Bereiche  der  langsam  sich  aufrollenden  See  und  können,  wenn 
auch  etwas  behindert,  doch  noch  gedeihen,  bis  zu  dem  Punkte,  wo  die  zeitweise 
losgerissenen  Korallenstücke  abgelagert  werden  und  sich  in  grösserer  Menge  an- 
häufen. Das  dürfte  vorerst  vor  allem  die  Strecke  von  100  m  bis  zum  Ufer 
sein,  welche  im  Lauf  der  nächsten  Zeitabschnitte  mehr  und  mehr  zum  Sand- 
strande wird,  jenem  ..Saudstrande",  welcher  im  Rücken  aller  grösseren  Strand- 
riffe vorhanden  ist  und  einen  Theil  der  Uferlandschaft  bildet.  Dabei  ist  eine 
weitere  Strecke  von  100  m  Inlands  noch  unberücksichtigt,  welche  von  der  bis 
zu  ca.  1  m  hohen  Fluth  bedeckt  zu  werden  pflegt  und  welche  natürlich  denselben 
Bedingungen  unterliegt.  Hierbei  muss  zugleich  des  Einflusses  der  Fluth  auf  das 
Korallenwachsthum  insofern  gedacht  werden,  als  sie  bei  1  m  Höhe  die  in  2—3  m 
Tiefe  gelegenen  Polypen  dem  directen  Einwirken  der  Brandung  längere  Zeit  ent- 
zieht. Da  von  den  12  Stunden  zwischen  zwei  Niedrigwassern  zur  Springzeit 
in  mindestens  10  das  Eiff  von  Wasser  bedeckt  ist,  zur  Nippzeit  die  Riffe  jedocli 
überhaupt  nie  zur  Luft  treten,  so  darf  diesem  Factor  eine  nicht  zu  unterschätzende 
Bedeutung  zugewiesen  werden,  wie  ich  überhaupt  in  den  meisten  der  Arbeiten 
über  den  Bau  der  Korallenriffe  gesehen  habe,  dass  der  Oceanographie  zu  wenig 
Beachtung  geschenkt  worden  ist. 

Was  wird  nun  nach  dem  Zeitabschnitt  IL  der  Fall  sein?  Die  Korallen- 
bänke sind  um  einen  zweiten  Meter  in  die  Höhe  gewachsen  und  die  3  m-Orenze 
um  100  m  weiter  seewärts  gerückt,  befindet  sich  jetzt  also  500  m  vom  Niedrig- 
wasser-Ufer (U)  entfernt.  Bei  400  ni  sind  die  Korallen  noch  2  m  von  der  Ober- 
fläche entfernt,  bei  300  m  noch  1  m,  und  bei  200  m  vom  Wasser  haben  die- 
selben gerade  die  Niedrigwassergrenze  erreicht.  Eine  Fläche  von  300  m  Breite 
(500  bis  200  m)  rollt  die  See  von  der  3  m-Grenze  an  vollständig  auf,  so  dass 
sie  dem  sich  bildenden  Riffrande  nicht  mehr  schädlich  werden  kann.  Hier  stossen 
die  Korallenbäuke  allmälig  zusammen,  die  Zwischenräume  werden  durch  Trümmer 
ausgefüllt,  versintert;  bei  eintretender  Fluth  werden  die  Trümmer  dem  Lanle 
zugetragen  und  die  Zwischenräume  zwischen  Riffrand  und  Sandstrand  ausgefüllt 
—  die  erste  Anlage  der  Rifflagune  ist,  wenn  auch  im  kleinen,  erfolgt. 


56  l^r-  Augustin  Krämer. 


So  geht  es  nun  Zeitabschnitt  um  Zeitabschnitt  weiter;  nach  jedem  ist  die 
3  m-Grenze  um  lOf)  m  weiter  hinausgerückt,  ebenso  der  Riffrand,  während  der 
Sandstrand  seinen  Standort  behält;  nocli  aber  hat  die  Kiffkante  ihren  schroffen 
Charakter  nicht  angenommen;  noch  schützt  der  breite  Fuss  die  jungen  Bildungen. 

Dies  verändert  sich,  je  mehr  sich  die  Kante  der  15  m-Grenze  nähert. 
Nach  dem  Zeitabschnitt  XI  ist  die  Riffkante  1000  m  vom  Ufer  (ü)  und  die 
3  m-Grenze  noch  300  m  von  dieser  entfernt.  Doch  nun  ändert  sich  dies.  Der 
Tuss  wird  kürzer  und  steiler,  Platz  um  Platz  ringen  die  Korallen  dem  Meere 
ab,  im  harten  Kampf  mit  der  stärker  und  stärker  sie  treffenden  Brandung,  bis 
schliesslich  bei  1300  m  (in  diesem  Falle)  vom  Ufer  das  Meer  der  Riff  kante  ge- 
bietet: „bis  hierher  und  nicht  weiter."  Ein  200  m  breiter  Fuss,  welcher  bis 
zu  15  m  abfällt,  bleibt  die  eiserne  Stütze,  welche  die  kräftigen  Stösse  des  Meeres 
parirt.  Gelingt  es  dem  Fuss,  auf  dem  seewärts  durch  Korallensaud  sich  bildenden 
„Talus"  noch  weiter  fortzuschreiten,  so  kann  auch  wohl  die  Riffkante  in  ruhiger 
Zeit  weiter  vordringen.  Aber  hier  ersteht  in  Sturm  und  Wetter  ein  mächtiger 
Feind;  was  in  guten  Jahren  sich  bildete,  reisst  ein  wilder  Orcan  in  wenigen 
Stunden  wieder  zusammen. 

Wir  haben  den  Weg  vom  Strande  zum  Meer  genommen;  es  soll  nun  der 
Weg  wieder  zurück  gemacht  und  die  einzelnen  Gebilde  des  Strandriffes  dabei 
einer  näheren  Betraclitung  unterzogen  werden,  insbesondere  auch  die  Bildungen 
auf  dem  Riffe,  die  Plattform  mit  dem  Schuttkegel.  Es  wird  sich  dabei  zeigen, 
dass  diese  Gebilde,  wie  theilweise  auch  der  Fuss,  gewissen  Theilen  der  Strand- 
riffe nicht  angehören,  nämlich  den  an  der  Leeseite  gelegenen.  Die  Vergleichung 
insbesondere  auch  der  Riffkanten  wird  zu  interessanten  Ergebnissen  führen. 

5.  Der  Aufbau  eines  samoanischen  Strandriffes. 

Wenn  wir  auf  dem  Boden  des  Meeres  wandernd  der  Küste  zueilen,  kommen 
Avir  erst  über  Sandgrund,  den  Talus, 

steigen  dann  über  lebende  Korallen  treppenförmig  auf  dem  Fuss 
hinauf  zur  Riff  kante. 

Dann  auf  sanft  geneigtem,  festem  Korallenfels  hinauf  zur     Plattform, 
über  diese  (und  den  Schuttkegel) 

zur  Lagune,  erst  über  die  grosse,  sanftgeneigte  Sand  fläche, 

dann  durch  den  schmalen  Strandcaual 

zum  Sand  Strand, 
a.   D  e  r  T  a  1  u  s. 
Murray  sagt,  wie  schon  erwähnt,  am  Schlüsse   seiner  Abhandlung  (21a): 
„Es  wurde   gezeigt,    dass  Barrierenriffe    vom    Ufer   aus   gebaut   haben   auf 
einem  Grund    von   vulkanischen  Trümmern   oder  auf  einem  Talus  von  Korallen- 
blöckeu,  Korallensediment  und  pelagischen  Schalen." 

Murray  und  Guppy  fassen  die  Bildung  des  Talus  so  auf,  dass  seewärts 
abgetragener  Koralleusand  vor  dem  Riff  abgelagert  wird,  und  durch  Anhäufung 
dieses  der  Meeresboden  in  den  Bereich  der  rift'bildenden  Korallen  gelangt,  also 
ungefähr  innerhalb  der  20  m-Grenze,  und  in  diesem  Sinne  sagt  Guppy:  „Riffe 
wachsen  auf  ihrem  eiofenen  Talus."     Nun    weiss   man    nach  Sluiter's  Beobach- 


IV.     Die  KoruUcnriHf  im  der  surnoauisclion   Küste.  57 


tuDgen,  class  Korallen  sich  wohl  auf  losem  Grunde,  selbst  auf  Schlamm,  ansiedeln 
können. 

Immerhin  muss  man  aber  bedenken,  dass  der  schon  erwähnte  „Fuss" 
uamentlicli  an  der  Luvseite  der  Rifte  sehr  breit  ist,  wie  wir  sogleich  sehen 
werden.  Da  aber  an  Stelle  der  stärksten  Brandung  auch  am  meisten  Sand  und 
Strom  gebildet  wird,  so  müsste  gerade  hier  der  Talus  näher  an  die  Kante  heran- 
rücken, und  würde  das  Leben  hier  ersticken,  anstatt  es  zu  fördern.  Ich  habe 
aber  selbst  weit  ab  vom  Kiff  in  See  Korallonwachsthum  am  Grunde  gesehen, 
ohne  Sandinseln.  Es  scheint  desshalb  die  Bildung  des  Sandgrundes  direct  vom 
Rift"  her  unter  regelrechten  Bedingungen  unwahrscheinlich  und  ich  schliesse  mich 
in  dieser  Beziehung  den  Ausfülirungen  Dana 's  an,  welcher  annimmt,  dass  der 
Sand  durch  die  auflandige  See  der  Gezeiten  auf  dem  Rift"  angehäuft  wird  und 
nicht  in  die  Tiefen  der  Oceane  fällt.  Walther  spricht  sich  ähnlich  aus,  wenn 
er  auch  die  Wirkung  der  See  nicht  anerkennt  und  die  Rolle  des  Festhaltens  des 
Sandes  den  ästigen  Madreporen  zuweist,  worauf  ich  bei  Besprechung  der  Ent- 
stehung des  Riffsandes  noch  nälier  einzugehen  haben  werde. 

Im  Geological  Report  der  Wilkes-Expedition  (3b  S.  55)  giebt  Dana  über 
die  Lothungen  bei  der  Insel  Clermont  Tonnevre  folgendes  an: 

Entfernung  vom  Riffrand       Tiefe  Grundprobe 

1500  m  35(»  Faden         todte  Korallenstücke 

100  m  90      „  Korallensand 

55  m  85      ,,  „ 

40  m  7      „  (12,5  m)    lebende  Korallen. 

In  der  neuesten  Auflage  von  Corals  and  Coral  Islands  (3  c  S.  171)  erwähnt 
er  jedoch  nur  die  grösseren  Tiefen. 

Murray  giebt  von  Tahiti  an  (s.  Dana  3c  S.  281—283):  Bis  ca.  20(i  m 
weit  vom  Riff  eine  flache  Gegend,  theilweise  mit  lebenden  Korallen ;  und  weiter 
aussen,  wo  der  Boden  steil  bis  zu  200  m  (45°)  abfiel,  waren  grosse  Koralleu- 
massen  und  feiner  Korallensand. 

Da  genauere  Vermessungen  und  Grundbestimmungen  zur  Zeit  noch  recht 
selten  sind,  so  ist  es  unmöglich,  ein  sicheres  ürtheil  über  den  sogenannten 
„Talus"  zu  gewinnen.  Es  ist  ja  zweifellos,  dass  ein  rückläufiger  Unterstrom 
seewärts  zieht ;  dieser  könnte  proportional  der  Stärke  der  Brandung  den  Riifsand 
entsprechend  weit  hinaustragen  und  daselbst  zur  Ablagerung  bringen. 

Im  allgemeinen  gilt  die  seemännische  Regel,  dass  an  einem  langsam  an- 
steigenden Strand  bei  der  15m-Grenze  die  Grundseen  allmälig  aufhören,  welche 
als  rückläufige  oder  Kreis-  und  Spiralströme  durch  die  auflaufende  See  gebildet 
werden.  Je  stärker  die  See,  je  mehr  Wassermassen  durch  die  Winde  und  Ge- 
zeiten herbeigeschafft  werden,  desto  stärker  müssen  die  Ströme  sein,  welche  das 
Wasser  wieder  abführen.  Ein  Oberstrom  kann  sich  rückwärts  nicht  bilden,  folglich 
muss  das  Wasser  am  Grunde  nach  der  See  abfliessen.  Beim  Riffe  wird  dies  am 
stärksten  nach  Niedrigvvasser  sein,  vornehmlich  an  der  Luvkante. 

Die  Grnndseen  an  den  Küsten  sind  keine  Theorien;  es  sind  bekannte  Er- 
scheinungen, welche  allenthalben  beobachtet  worden  sind.  Es  ist  neuerdings 
wiederholt  betont  worden,  dass  der  kalte  Humboldtstrora  an  der  AVestküste  Süd- 


58  Dr.  Augustin  Krämer. 


amerikas  nicht  von  den  Polen  herstammt,  sondern  als  Auftriebwasser  zu  deuten 
ist,  Avelches  den  Tiefen  des  Oceans  entstammt.  Professor  Krümmel  sagte  mir, 
dass  ein  solcher  Kaltwasserauftrieb  auch  wahrscheinlich  die  Ursache  ist,  warum 
an  der  Ostküste  und  Westküste  Afrikas  Rift'biMuugen  an  verschiedeneu  Punkten 
fehlen,  wo  sie  allen  Berechnungen  nach  doch  vorhanden  sein  müssten.  Nim,  für 
Samoa  kommen  diese  grossen  verticalen  Meeresbewegungen  nicht  in  Betracht. 
Aber  die  kleineren  erwähnten  Küstengruudseen  sind  doch  wichtig  genug,  um 
ihnen  Aufmerksamkeit  zu  Theil  werden  zu  lassen.  Ist  es  doch  nicht  undenkbar, 
dass  ein  starker  Gruudstrom  bei  Fluth  und  Sturm  Korallenstöcke  oder  -Aeste  von 
dem  Fusse  losreisst  und  sie  seewärts  trägt  und  dass  der  Fuss  nur  diesen  Strömen 
seinen  allmäligen  Abfall  verdankt.  Wäre  dies  nicht  der  Fall,  so  wäre  es  ja 
nicht  einzusehen,  warum  die  Korallen  nicht  alle  gleichmässig  emporwüchsen  bis 

zu  der  Linie  von  3  m,    wo    die    Brandung 
1    2^  l  K.   20  sie  direct  zu  treffen  beginnt ;   dann  hätten 

Wasser   ^^^"  ^^^^^  Configuratiou  anstatt  des  in  dem 
folgenden    Capitel    gegebeneu    Luvkanten- 
durchschnitts. 
Boden  Vielleicjit  giebt  es  irgendwo  auch  diese 

Form. 
Es  wäre  wohl   lohnend,    diesen  Verhältnissen    bei  späteren  Untersuchungen 
Rechnung  zu  tragen. 

b.  Der  Fuss. 

Wie  schon  bei  der  Entstehung  des  Riffes  erwähnt  wurde,  ist  unter  ,,Fuss" 
der  lebende  Theil  des  Riffes  gemeint,  welcher  von  der  Luvkante  des  Riffes  aus 
allmälig  seewärts  abfällt.  Im  vorigen  Abschnitt  wurde  schon  besprochen,  avo- 
durch  dies  möglicherweise  verursacht  wird.  Wie  breit  der  Fuss  in  den  einzelnen 
Fällen  ist,  dürfte  von  der  Stärke  und  Dauer  der  anlaufenden  See,  von  den 
Gezeitenströmen  und  der  Configuration  des  Bodens  abbängen.  Bis  zu  welcher 
Tiefe  er  reicht,  ist  bis  zur  Zeit  noch  nicht  sicher  ermittelt.  Im  allgemeinen 
dürfte  die  20  m-Grenze  auch  als  Fussgreuze  gelten,  in  der  That  jedoch  eine  ge- 
ringere von  15  m  schon  in  Betracht  kommen. 

Der  Fuss  ist  der  eigentliche  Bildner  des  Riffes;  hier  sind  die  waliren 
grossen  Korallengärten  in  ununterbrochener  Reihenfolge,  Stock  au  Stock,  in 
bunten  Farben  sich  reihend,  die  zu  sehen  nur  wenig  Sterblichen  vergönnt  ist. 
Viele  leben  Jahre  auf  den  Koralleninseln  und  sind  dieses  Anblickes  nie  theil- 
haftig  geworden.  Wohl  sind  in  den  Häfen  und  Riffeinlässen,  von  denen  wir 
sogleich  zu  reden  haben  werden,  prächtige  Bilder  genug  vorhanden;  sie  sind  es 
auch  im  Wesentliclien,  welche  die  meisten  Beobachter  schildern.  Diese  Bil- 
dungen sind  jedoch,  obwohl  gleich  an  üeppigkeit,  docli  meist  nur  local  beschränkt, 
oder  mehr  in  verticaler  Ausdehnung  au  Bänken  oder  Leekanten  der  Riffe  vor- 
lianden,  hier  allerdings  den  Blicken  nahezu  immer  zugänglich.  Der  breite  Fuss 
dehnt  sich  jenseits  der  Braudung  aus  und  ist  wegen  des  steten  Passates  nur 
selten  sichtbar,  abgesehen  davon,  dass  Boote  gewöhnlich  innerhalb  der  Riffe 
bleiben  und  Schiffe  die"  Nähe  der  Riff  kante  fliehen. 


IV.     Die  Korallenriffe  an  der  samoanischen  Küste.  59 


Mir  selbst  ist  es  nur  ein  einziges  Mal  wäbreud  mauuigtacher  Gelegenheit 
geglückt,  dieses  seltene  Schauspiel  zu  geniessen: 

Als  nämlich  am  24.  Mai  1894  SMS.  „Bussard  und  HMS.  „Cura^oa"  Apia 
mit  einer  Unzahl  samoauischev  Boote  im  Schlepp  vorlassen  hatten,  um  die  feind- 
liche Atuapartei  zum  Frieden  zu  zwingen,  wurde  auf  der  Fahrt  uacli  Saluafata 
die  offene  Bucht  von  Solosolo  angelaufen.  Es  war  noch  friiii  am  Tage,  der 
Passat  war  noch  nicht  durchgekommen,  und  da  es  seit  mehreren  Tagen  sehr 
ruhiges  Wetter  gewesen  war,  war  die  See,  obwohl  von  leichter  Dünung  bewegt, 
doch  so  spiegelglatt,  wie  mau  sie  in  der  Passatzone  nur  selten  gewahrte.  Beim 
Verlassen  der  Bucht  bot  sich  ein  wundervolles  Schauspiel:  das  Schiff  schien  auf 
einem  crystallencn  Teiche  zu  gleiten,  man  ?ah  von  der  Hütte  aus  den  Meeres- 
boden in  ungefähr  15  m  Tiefe  wie  einen  Blumengarten  in  allen  Farben  prangen, 
einen  Teppich  von  lebenden  Korallen,  dessen  Schönheit  durch  die  schief  ein- 
fallenden Strahlen  der  Sonne  noch  erhöht  wurde. 

Sogar  die  alten  Häuptlinge,  welche  sich  an  Bord  befanden,  an  Korallen- 
anblicke gewöhnt,  waren  überrascht  und  gaben  ihrem  Erstaunen  so  lauten  Aus- 
druck, wie  sie  es  sonst  nur  beim  Anblick  eines  guten  Gewehres  zu  thun  pflegen. 
Der  Anblick  dauerte  kaum  eine  Viertelminute,  da  das  Schiff  bald  in  tieferes 
Fahrwasser  gelangte. 

Der  Korallengarten  war  der  Fuss  des  Iliffes,  welches  am  Ostende  der  Solo- 
solobai zungenförmig  in  die  See  vorspringt  und  in  ziemlicher  Nähe  (ca.  ^00  m) 
passirt  wurde. 

Dana  giebt  übrigens  auch  an,  dass  er  den  Fuss  der  Riffe  seewärts  in  Samoa 
gesehen  habe,  schrieb  aber  sein  Vorkommen  localen  Verhältnissen  und  besserem 
"VVachsthum  seewärts  zu. 

Eine  der  seltenen  Beobachtungen  hat  auch  Sem  per  (9  c  B.  58)  beschrieben, 
welche  ich  ihrer  Wichtigkeit  halber  hier  mittheilen  will.  Freilich  hat  er  die 
Beobachtung  nicht  richtig  gedeutet,  indem  er  sie  als  Gegenbeweis  für  die 
Darw^in'sche  Theorie  ausgab,  was  sie  natürlich  an  und  für  sich  nicht  ist. 
Er  schreibt: 

„Es  war  auf  meiner  Fahrt  nach  dem  Atoll  Kreiangel.  Nachdem  ich  am 
frühen  Morgen,  etwa  um  9  Uhr,  das  Kiff  überschritten  hatte,  trieb  ich  mich 
absichtlich  viele  Stunden  lang  '^bis  zum  Nachmittag  an  der  Aussenseite  des 
östlichen  Riffs  herum,  wobei  ich  vom  schönsten  Wetter  begünstigt  wurde.  Die 
Untersuchung  an  dieser  Stelle  lieferte  mir  ein  damals  sehr  unbequemes  Resultat, 
ich  sah  deutlich,  dass  das  Riff"  durchaus  nicht,  wie  es  hier  sein  sollte,  rasch  in's 
Meer  abfällt,  dagegen  wohl,  dass  sein  Abfall  ein  ganz  langsamer  ist.  Tausende 
von  Schritten  konnte  ich  mich  in  senkrechter  Richtung  von  dem  Riffe  entfernen, 
ohne  den  Meeresgrund  aus  den  Augen  zu  verlieren;  die  einzelnen  Korallenblöcke 
am  Grunde  waren  deutlich  in  ihren  verschiedenen  Formen  zu  erkennen.  Die 
See  war  dabei  fast  eben;  nur  das  in  grossen  Oceanen  nie  fehlende  leise  Steigen 
und  Fallen,  der  von  den  Engländern  sogenannte  Swell*),  war  vorhanden.     Dieser 


^)    Wir  haben  das  AVort  ..Dünung"  dafür. 


60  Dr.  Augustin  Krämer. 


aber  zeigte  ganz  die  Erscheinung,  wie  sie  an  flachen  Küsten  überall  beobachtet 
wird ;  das  ansteigende  Wasser  hebt  sich  nümlich,  je  näher  dem  Lande,  um  so 
stärker,  aber  ganz  gleichmässig  und  kaum  dem  Auge  bemerkbar,  bis  sich  endlich 
die  Woge  mit  Getöse  am  Wall  des  Aussenriffs  bricht.  Da  aber  dieser  Wall 
nicht  plötzlich  wie  am  westlichen  Riff  (der  Seekante)  aus  der  purpurnen  Tiefe 
aufsteigt,  so  tritt  aucli  hier  eine  Erscheinung  ein,  wie  sie  an  ganz  langsam  an- 
steigenden Küsten  beobachtet  wird;  auf  die  erste  Linie  der  äussersten  Brecher 
folgt  eine  zweite  weiter  nach  innen  liegende,  und  auf  diese  endlich  meist  noch 
eine  dritte.  Diese  Erscheinung  ist  den  Eingeborenen  sehr  wohl  bekannt;  um 
der  Gefahr  zu  entgehen,  ihr  Boot  durch  die  zweite  und  dritte  Linie  von  Wogen 
gefüllt  zu  sehen,  schieben  sie  dasselbe  nach  üeberwindung  der  ersten  Brecher- 
linie mit  sehr  laugen  Stangen  so  rasch  als  möglich  über  die  Aussenfläche  des 
Riffs  hin,  um  auch  die  weiter  hinaus  liegenden  gefährlichen  Linien  raögliclist 
rasch  zu  passiren.  Au  der  Westseite  dagegen  findet  sich  immer  nur  eine  einzige 
breite  Linie  von  Brechern." 

Semper  bespricht  fernerhin,  wie  er  oft  früher  gelesen  habe,  dass  an  der 
Wetterseite  der  Abfall  der  Riffe  ein  sehr  schroffer  sei,  während  das  hier  eben 
gar  nicht  zutreffe.  Dass  die  Ostseite  von  Kreiangel  in  der  That  die  Wetter- 
und Sturmseite  ist,  geht  schon  daraus  hervor,  dass  auf  dieser  Seite  alle  Riff- 
inseln, im  ganzen  5,  liegen,  während  das  Westriff  frei  von  solchen  ist. 

Darwin  beobachtete  auch,  dass  die  Luvkante  nicht  steil  abfällt,  so  sagt 
er  (2  S.   17)  vom  Keeling- Atoll: 

„Der  Holzschnitt  zeigt  die  Form  des  Grundes  ausserhalb  des  Riffes:  das 
Wasser  vertieft  sich  eine  Strecke  zwischen  loO  und  200  Yards  weit  sehr  all- 
mälig  zu  25  Faden,  von  wo  die  Seiten  unter  einem  Winkel  von  45"  in  den 
unergründlichen  Ocean.  Bis  zur  Tiefe  von  10  oder  12  Faden  ist  der  Boden 
ausserordentlich  uneben  und  scheint  aus  grossen  Massen  lebender  Korallen 
gebildet,  ähnlich  denen  am  Riffrande". 

Auch  Guppy  kennt  diesen  Rifftheil  wohl  und  nennt  ibn  das  „growiug 
edge  of  the  reef". 

Captain  Wharton,  der  so  viele  Korallenriffe  vermessen  hat,  sagt  (32a 
S.  394) :  „Ich  muss  hinzufügen,  dass  es  Seeleuten,  welche  in  der  Navigation 
in  den  Korallenriffen  erfahren  sind,  wohl  bekannt  ist,  dass  man  geringere 
Lothungen  häufig  an  den  Kauten  von  Bänken  erhält." 

Man  sieht,  Beobachtungen  für  das  Vorhandensein  des  Fusses  sind  genügend 
vorhanden,  aber  nirgend  wird  ilim,  glaube  ich,  die  Bedeutung  beigelegt,  die  ihm 
zukommt. 

Besonders  steil  hingegen  ist  dieser  Abfall  in  den  sehr  geschützten  Barrieren- 
canälen;  Murray  sagt  darüber: 

,,Iu  den  Laguuencanäleu  wuj-den  die  Riffe  mit  lebenden  Korallen  eingesäumt 
gefunden,  aus-  und  abwärts  erst  einige  Fuss  abfallend,  um  dann  auf  einmal  zu 
einer  Tiefe  von  10  bis  16  Faden  abzustürzen.  Viele  Theile  dieser  inneren 
Riffe  waren  überhängend  und  an  einigen  Plätzen  waren  überliängende  Massen 
neuerdings  abgefallen." 


I\'.     Die   Koriillenritte  uii   der  .saiuouni.schon  Küste.  ß]^ 

Hoffmaiui  sagt  von  denselben  Lagunencanälen  in  Taliiti  (25  d)  (Kajatea): 

,,Ani  inneren  liande  ist  dieses  Plateau  scharf  ausgezackt  und  fällt  20,  30 
bis  60  m  tief  steil  ab  zum  Canal.  —  Die  abschüssige  Innenseite  dieses  Plateaus 
und  damit  des  ganzen  Korallenriffs  ist  die  einzige  Stelle,  an  welcher  man  lebende 
Korallen  antrifft,  tief  hinunter,  soweit  mau  sehen  kann,  eine  üppige  Vegetation 
in  verschiedenster  Form  und  Farbe." 

Und  von  der  Kante  des  secuudären  Strandriffs: 

,,Vom  Lande  aus  rückt  nun  in  den  Lagunencanal  liinein  das  Strandriff, 
sehr  verscliieden  in  seiner  Ausbildung,  oft  beeinträclitigt  von  dem  Detritus  des 
Ufers,  fast  immer  aber  todt  auf  der  Oberfläche,  am  Rande  erhöht,  aber  nicht 
die  Wasserlinie  erreichend,  und  die  äussere  Böcliung,  welche  steil  gegen  den 
Canal  abfällt,  bedeckt  mit  lebender  Korallenvegetation." 

Leider  konnte  der  erfahrene  Capitän  über  die  Structur  der  äusseren  Böschung 
und  die  daselbst  lebenden  Korallen  nichts  berichten. 

Dagegen  sagt  er  vom  Apiarift": 

„Wenn  mau  ausserhalb  des  Riffes  in  einiger  Entfernung  von  der  Brandung 
hinfährt,  sieht  man  immer  den  Grund  (erfahruugsgemäss  weniger  als  1<»  m 
Tiefe)*)  und  die  Lothungen  ergeben  sehr  geringe  und  ungleiche  Wassertiefen 
und  oft  lebende  Korallen". 

Weitere  Beobachtungen  über  die  Verschiedenheit  dieses  Abfalls  liegen  zahl- 
reich vor,  aber  nirgends  scheint  es  aufgefallen  zu  sein,  dass  die  Brandung  es  im 
wesentlichen  ist,  welche  die  Ausdehnung  des  Fusses  zu  bedingen  scheint. 

Im  Allgemeinen  darf  man  sagen,  je  stärker  und  stetiger  auf  einer  Riffstelle 
die  See  steht,  desto  sanft  abfallender  und  breiter  ist  der  Fuss,  oder  anders  aus- 
gedrückt, je  weniger  war  es  der  Riffkante  möglich,  bis  an  die  Tiefengrenze  vor- 
zudringen. Dies  springt  in  die  Augen,  wenn  mau  die  Karte  eines  gut  vermessenen 
Korallenhafens  betrachtet  und  den  Verlauf  der  20  und  10  m  Grenze  verfolgt. 
Der  offenen  See  zu  mindestens  100  m  abliegend,  nähern  sich  diese  Linien,  je 
mehr  es  der  Leekante  des  Riffes  zu  geht,  so  mehr  dieser  und  werden  schliesslich 
eins  mit  ihr.  Mcht  dass  die  lebenden  Korallen  daselbst  seltener  wären:  ein 
Blick  duri.'h  den  Meereskiker  (ein  Blechgefäss  mit  einem  Glasboden,  auf  das 
Wasser  zu  setzen)  zeigt  jederzeit,  dass  auch  hier  das  üppigste  Wachsthum  herrscht, 
So  sagt  Gupp3^  von  einem  geschützten  Barrierencanal  der  Choiseul-Bai:  „Hier 
sind  die  Korallen  in  der  Brandung  zahl-  und  artenreicher." 

Darwin  und  Dana  geben  ähnliche  Beobachtungen. 

Dana  kommt  jedoch  bei  der  Beschreibung  der  äusseren  und  inneren  Riffe 
zu  keinem  sicheren  Schluss.  Er  sagt  (3c  S.  137  u.  144):  „Der  grosse  Unterschied 
in  der  Schnelligkeit,  mit  welcher  sich  das  Wasser  vertieft,  hängt  hauptsächlich 
vom  verschiedenen  Charakter  der  submarinen  Böschung  ab.  Flache  Wasser  können 
sich  meilenweit  ausdehnen,  hauptsächlich  gegenüber  den  prominenten  Punkten 
und  Winkeln ;  aber  es  ist  gewöhnlicher  das  gegenseitige  Extrem  zu  finden  — 
grosse  Tiefen  in  wenigen  hundert  Fuss."     Von  den  inneren  Riffen:    „Der  Rand 


*)  Das  dürfte  nicht  unbedingt  riclitio-  für  die  Tropen  sein,  da  icli  ini  Ajiiahafen  oft 
den  Grund  bei  13  ni  (durch  Lothung  bestätigt)  gesehen  habe.  Siehe  auch  Durchsichtigkeit 
des  Meerwassers  (Abschn.  Y.  6). 


^2  Dr.  Augustin  Krämer. 


ist  gewöhnlich  weniger  steil:  Aber  hier  kommt  jede  Variation  von  Abfall,  vom 
massig  geneigten  Korallenbett  bis  zum  senkrechten  Absturz,  vor." 

Dass  letzterer  nie  am  äusseren  Riff  vorkommt,  erwähnt  er  nicht,  nur  dass 
daselbst  ,,in  wenigen  100  Fuss"  eine  grosse  Tiefe  sein  könne. 

Im  Hafeneingang,  wo  meist  nur  leichte  Dünung  herrscht,  kann  der  Riffrand 
soweit  auswachsen,  bis  er  sogar  überhängend  wird.  Dasselbe  ist  natürlich  im 
Barrierenriffcanal  der  Fall,  wo  das  secuudäre  Strandriff  eine  Leekante  darstellt. 
Dies  hört  im  innersten  Hafen  natürlich  auf,  wo  die  Sandabfuhr  von  den  Riffen 
her  nur  das  Aufwachsen  einzelner  Korallenbänkc  gestattet. 

Diese  Verhältnisse  vom.  Zurückweichen  des  Fusses  oder  vielmehr  vom  Vor- 
dringen der  Riffkante  werden  durch  die  neu  vermessene  Karte  des  Apiahafens 
gut  veranschaulicht  (s.  d.),  sowie  durch  zwei  Durchschnitte,  einer  durch  die  Luv- 
seite und  einer  durch  die  Leeseite  des  West-  und  Ostriffes  daselbst. 

Plattform 

Abfulircanal  Schuttfläche    .Schiittkegel  Trünimertliiclie     Fuss 

0,5  m  ü,4  111  in  Tiefe 


Die  Tiefe  in  m  10 mal  grösser  angegeben. 
Durchschnitt  durch  das  Westriff  des  Apiahafens:  Luvkante  bei  Niedrigwasser. 
Vom  Haus  des  Chief  Justice  in  Miilinu'u  aus  (J  NO.  z.  0.  missweisend. 

"'*  ™  ^''''"        Wasseroberfläche  Es    könnte   eingewandt   werden, 

dass  der  Hafenabflass  es  ist,   welcher 


hier  das  Auswachsen  des  Fusses  ver- 
Boden hindert. 

Durchschnitt  durch  das  Ostrifi"  des  Apiahafens:  Aber   eS  zeigen  aUch  offene  Riff- 

Leekante  bei  Niedrigwasser.  |.|jgilg^  ^^g  geschützt  liegen,  vor  allem 

Von  der  Flaggenstange  am  Matautu-Cap  aus  nach    t     ,,    •  ti-üm       i,         i     •   n 

j      T,  ,      t  «r      •       •      -■  die  kleinen  Riftbuchteu,  bei  denen  eme 

der  xiake  o'  vV.  missweisend. 

Länge-  und  Tiefenmaass  ebenso.  Abfuhr   ulcht   in   Frage   komuit,    den 

steilen  Abfall.     Die  Tiefe  wirkt  hier  Hemmung  gebietend  und  die  Stürme  sorgen 

dafür,    dass    diese  Ritfkanten   nicht    zu  selir   überwachsen.     (Beweise   dafür  sind 

Plattform                      Fuss        15  ni  auch   die   isolirten  Barrieren 

iillZZZl__l-llllZ_Z^^^^ " -,  von    Vailele    und    Saluafata. 

.    ,    ,    ,    ,  S.  die  Karten  daselbst.) 

"   25  50  75  100  Deutlich     kommt     der 

Die  Luvkante  im  richtigen  Verhältniss  gezeichnet.         ^t    ■  i  •    t  ^  n   i 

Das  schwarze  ist  das  Ritf.  Lutcrschied   auch   zur  Schau 

bei  Besprechung  des  Baues  der  Luv-  und  der  Leekante. 

c.    Die  Riff  kante. 
Luv-  und  Leekante,  Höhlenbildung  und  Korallensandentstehung. 

Unter  Riffkante  ist  die  Strecke  gemeint  von  dem  Rande  des  Korallenriffs  an 
(bei  Springuiedrigwasser)  bis  zur  Plattform.     Sie  ist  gewöhnlich  10 — 20  m  breit. 

Wie  beim  Fuss,  so  ist  es  auch  bei  der  Riff'kante  von  grossem  Belang,  ob 
sie  luvwärts  oder  leewärts  lieg-t.    Auch  hier  sind  diese  Unterschiede  nicht  ffenügfend 


lY.    Die  Koralk' nriiVe  an  der  sanioaniscilu'ii   Ivüste.  (^3 

auseinander  gebalten  worden,  wie  überhaupt  die  Morphologie  der  Kiffe  bis  jetzt  im 
Argen  lag,  welclie  doch  für  das  Verstäuduiss  des  Ritt'aut'baues  so  sehr  wichtig  ist. 

Die  Einwirkung  der  Brandung  tritt  am  deutlichsten  zu  Tage,  wenn  man  den 
Uebergang    von  der  Kante    zu  der  landwärts  gelegeneu  Plattform  berücksiclitigt. 

Während  nämlich  die  Luvkante  convex  im  Bogen  diesen  Uebergang  bewerkstel- 
ligt, geschieht  dies  bei  der  Leekante  oft  geradezu  umgekehrt  in  concaver  Aushöhlung. 

So  kommt  es,  dass  wir  an  der  ausgeprägten  Luvkante  eine  scharfe  Ritt- 
kaute  gar  nicht  besitzen :  man  sieht  bei  Medrigwasser  die  Brandung  einen  Buckel 
herauflaufen  und  wieder  zurückfliessen,  auf  dem  uennenswerthes  Korallenwachs- 
thum  nicht  stattfindet.  10 — 50  m  seewärts  von  der  Kante  findet  man  um  diese 
Zeit  nur  Tiefen  von  1 — 2  m,  so  dass  man  die  See  lange  sich  überstürzen  sielit, 
ehe  sie  den  Riffrand  erreicht.  Hier  mit  der  Dünung  fallend  und  steigend  bricht 
ihre  letzte  Kraft  zusammen,  den  steilen  Rücken  mit  ihren  Fluthen  überschwemmend, 
wie  man  dies  am  Meeresstrande  stets  wahrnehmen  kann.  Trockenen  Fusses  wandert 
mau,  kleinere  Pfützen  vermeidend,  in  denen  kümmerliches  Leben  waltet,  hinauf 
zur  ungefähr*  1  m  höher  liegenden  Plattform.  Sechs  Stunden  später  ist  alles 
mit  Wasser  überdeckt;  die  Korallen  unter  dem  Riffrande  haben  nun  mindestens 
1  m  Wasser  über  sich  und  können  mühsam  ihre  Nahrung  suchen.  Die  iu  den 
Pfützen  jedoch,  welche  zuvor  friedlich  ihre  Tentakeln  ausbreiten  konnten,  müssen 
jetzt  vorsichtig  arbeiten.  So  herrscht  hier  ein  steter  Kampf  mit  der  Gewalt  der 
See,  Neubildung  und  Untergang  wechselt  hier  mit  Wind  und  Wetter  beständig. 

Anders  die  Leekante.  Scharf  abgeschnitten,  wird  sie  nur  von  der  leichten 
Dünung  bei  Niedrigwasser  bespült.  An  dem  abhängigen  Rande  stehend  sieht 
man  beim  Zurückweichen  der  See,  wenn  das  Wasser  sich  einen  Augenblick  glättet, 
unbehindert  auf  die  bunten  Korallenstöcke,  Avenn  das  Riff  nicht  geradezu  über- 
hängend ist.  Meist  sieht  man  den  „Fuss"  in  einigen  Metern  Entfernung  in  die 
Tiefe  verschwinden,  als  ob  man  auf  dem  obersten  Absatz  einer  Treppe  stände. 
Um  die  Gegensätze  scharf  zum  Ausdruck  zu  bringen,  will  ich  zwei  Durchschnitte 
hier  folgen  lassen: 
Die  Unterschiede 

sind    deutlich    genug.        Wasserspiegel 

Natürlicherweise  Kifftuss 

kommen  je  nach 
Stärke  der  See,  Gezeitenstrom,  Sandabfuhr  u.  s.  w.  alle  Uebergänge  und  Ver- 
mischungen beider  Formen  vor,  für  welche  man  an  Ort  und  Stelle  nach  Maass- 
gabe obiger  Ausführungen  leicht  die  Gründe  findet. 

Leekaute  Plattform  Besonders  eigeuthümlich 


Luvkaiite  Plattform 


^ 


~^  --^__^.^,    '"  ■    ,-,             ist    bei    der    Leekante    aber 

^  .-:•.    -^  -^   '^        ;,.         '  -           ■■      jjj^gjj    pjjjg    Bildung,    welche 

''.  /;-,-J'sp.iif.nibiMuiig  der  Luvkante  aus  nalieliegen- 

^        "^  T.      r  .                den  Gründen  im  wesentlichen 

Fuss        \.      '  Die    Luv-    und   Leekante      „  ,  ,,      .         ,    ,,      ,.       t 

W^X  K^;  w    •      •  1  ■  fehlt,  eme  atollartige  Lagunen- 

Vr,;.  bei  öpringniedngwasser.  '  »  » 

bilduug,  beruhend  auf  der 
starken  Durchklüftung  dieses  Rifftheils.  Während  dieser  Theil  an  der  Luvseite  mit 
Trümmer  und  Sand  ausgefüllt  und  vercementirt  wird,  gemäss  der  starken  Thätig- 


64  Dr.  Augustin  Krämer. 


keit  der  See,  findet  hier  eine  Trümmerbildimg  natürlicherweise  nur  in  sehr  be- 
schränktem Maasse  statt. 

Desshalb  ist  die  eigentliclie  Kaute,  der  Balcon  sozusagen  der  Leeseite,  oft 
nur  2 — 3  m  breit  und  nur  sehr  wenig  über  Springniedrigwasser  liegend.  Zahl- 
reiche Risse  und  Löcher  machen  das  Gehen  auf  diesem  Wall  unangenehm.  Noch 
schlimmer  aber  wird  dies,  wenn  mau  sicli  querab  landwärts  wendet.  Eine  nahezu 
\o  m  tiefe,  10 — 20  m  breite  Lagune  trennt  gewöhnlich  den  Rand  von  der  soliden 
Plattform,  und  diese  Aussenlagune  mit  zahlreichen  lebenden  Korallenstöcken  ge- 
ziert, erweist  sich  als  so  zerklüftet,  dass  ihr  Fassireu  oft  geradezu  unmöglich 
wird,  will  man  nicht  riskiren,  dass  man  öfters  bis  zur  Hüfte  einsinkt  und  sich 
beim  Fallen  die  Hände  zerschneidet.  Eine  solche  Stelle  ist  im  Apiahafen  bei 
der  Bake  am  Ostriff  vorhanden,  wo  es  mir  trotz  mannigfacher  Versuche  an  ein- 
zelnen Stellen  nicht  gelang,  die  Schuttfläche  zu  erreichen.  Diese  Schuttfläche, 
welche,  soweit  hier  überhaupt  vorhanden,  natürlicherweise  sehr  flach  ist  und  kaum 
dem  Wasser  entragt,  muss  im  Wesentlichen  als  ein  Ausläufer  der  Luvplattform 


-^^^^ 


iwaageBp#s?ga^Bi 


Das  üstriff  im  Apiahafen  l)ci  3latantii  vom  Innern  des   Hafens  ans  geoen  Nortlen. 
Die  Photographie  stammt  aus  dem  Jahre  isso.    Oberstabsarzt  Kleffel. 

betrachtet  werden,  oder  als  eine  Bildung  der  Stürme  und  Gezeiten.  Eine  Ab- 
bildung dieses  Rifftheiles  im  Apiahafen,  welche  ich  der  Güte  des  Herrn  Ober- 
stabsarztes Dr.  Kleffel  verdanke  und  die  um  so  werthvoller  ist,  als  sie  aus  dem 
Jahre  1879  stammt,  will  ich  nicht  versäumen,  hier  einzufügen,  da  sie  diese  Ver- 
hältnisse sehr  schön  wiedergibt. 

Einen  genaueren  Einblick  in  diesen  Rifl'raud  mit  den  vorgelagerten  Korallen- 
stöcken gestattet  das  nebenstehende  Korallenbild. 

Man  sieht  hier  bei  zurücktretender  See  auf  einige  Augenblicke  die  für  die 
samoanischen  Riffe  so  wichtigen  Madreporeubeete.  Nur  durch  wenig  Wasser 
noch  von  einander   getrennt,    werden    sie  bald  zusammengeflossen  sein,   den  Riff- 


IV.    Die  Korallenriffe  an  der  samoanischen  Küste. 


65 


rand  nach  aussen  hin  verbreiternd.  Je  länger  sie  an  die  Luft  treten,  desto  mehr 
werden  absterben,  bis  schliesslich  der  nackte  Korallenfels  auch  hier  übrig  bleibt, 
nur  noch  von  einzelnen  niedrigen  Stöcken  geziert  —  wenn  nicht  ein  Sturm 
dieser  vielversprechenden  Colonie  ein  jähes  Ende  bereitet. 

Es  ist  hier  der  Ort,  der  Höhlenbildung  in  den  Kiffen  noch  einige  AVorte 
zu  widmen.  Mit  einem  Meereskicker  bewaffnet  kann  man  auf  der  Leekante  der 
Riffe  sich  bei  Ebbe  eine  der  genussreichsten  Stunden  verschaffen  im  Betrachten 
der  Thierwelt,  welche  mit  Vorliebe  diese  Schlupfwinkel  aufsucht.  Man  kann  sich 
aber  auch  überzeugen,  wie  zerklüftet  hier  das  anscheinend  so  mauerfeste  Eiff  ist. 
Ich  erinnere  mich  hierbei  eines  launigen  Zwischenfalls  im  Atuakriege: 


Madreporenwachsthum  an  der  Leekante.     Apia.    Andrew  phot. 


Die  Friedensunterhandlungeu  mit  der  Atuapartei  waren  beendigt.  Die 
Boote  des  deutschen  und  englischen  Kriegsschiffes,  welche  bei  Hochwasser  am 
Strande  von  Lufilufi  angelegt  hatten,  hatten  wegen  eintretender  Ebbe  nach  der 
erwähnten  Riff  bucht  gegenüber  der  Grotte  Fatumea  verholt  und  harrten  daselbst 
am  Riffrande  im  Tiefwasser.  Mit  den  deutschen  verliessen  einige  englische 
Officiere  den  Sandstrand  und  wateten  mit  Säbel  und  gutem  Zeug  angethan  erst 
durch  die  Lagune,  dann  über  die  kleine  Schuttfläche  durch  die  Aussenlagune  den 
Booten  zu.  Kurz  vor  diesen  hörten  wir  plötzlich  eine  englische  Stimme  und  als 
wir  stillstehend  vorsichtig  aufblickten,  sahen  wir  einen  englischen  Officier  bis 
unter  die  Arme  eingesunken,  lebhaft  gestikulirend.  Die  herzugeeilten  Samoaner 
und  Matrosen  befreiten  ihn  bald  aus  seiner  misslichen  Lage. 

Kramer,    Ueber  den  Bau  der  KoraUenriffe.  5 


66  Dr.  Augustin  Krämer. 


Diese  Höhlenbildungen  innerhalb  der  Riffe  sind  von  Darwin,  Dana, 
Semper,  Rein  u.  s.  w.,  kurz  von  allen  gesehen  worden,  welche  Korallenriffe 
besucht  haben.  Aber  nirgend  finde  ich  eine  Angabe,  dass  ihr  sichtbares  Vor- 
konamen,  wie  in  Samoa,  im  wesentlichen  an  die  Leeseite  der  Riffe  gebunden 
ist,  ja  man  ging  geradezu  soweit,  ihr  Vorhandensein  der  Brandung  zur  Last 
zu  legen. 

Eine  treffende  Schilderung  aus  dem  rothen  Meere  verdanken  wir  Klun- 
zinger  (17  a  S.  2 — 4): 

„Die  Brumen  sind  tief,  schluchtenartig,  überhängend.  Sie  communiciren 
vielfach  mit  einander  und  mit  dem  Meere  und  dieser  Theil  der  Klippe  zeigte 
sich  zumeist  nur  als  die  durch  Spalten,  Löcher  und  weite  gyröse  Krater  gegen 
die  Oberwelt  geöffnete  Steindecke  eines  grossartigen  Höhlensystems.  Nirgends 
lässt  sich  das  Korallenleben  ruhiger  und  gemächlicher  anschauen  als  hier;  aber 
solche  Tage,  wo  die  Klippen  bis  zum  Abhänge  entblösst  sind  und  zugleich  die 
Winde  ruhen,  sind  sehr  selten". 

Es  scheint,  als  ob  Klunzinger  hier  vom  äusseren  Riff,  also  von  der 
Luvseite  spräche.  In  einem  Meere,  das  oft  teichartig  still  ist  wie  das  rothe 
Meer  und.  wo  die  Gezeiten  nicht  einmal  so  ausgiebig  sind  wie  in  Samoa,  lässt 
sich  dies  leicht  begreifen.  Die  See  im  Meerbusen  von  Suez  kann  weder  in  der 
Ruhe,  noch  im  Sturme  mit  jenen  gewaltigen  langen  Seeen  verglichen  werden, 
welche  der  pacifische  Ocean  auf  die  Korallenriffe  in  ununterbrochenem  Wechsel 
wälzt.  Diese  Verschiedenheit  geht  auch  aus  dem  Riffaufbau  hervor,  welchen 
Klunzinger  an  selber  Stelle  folgendermaassen  eiutheilt: 

1.  Ufer  oder  Seegraszone, 

2.  Stilophorenzone, 

3.  Vorkorallenzone  (wasserbedecktes  üebergangsgebiet), 

4.  Abhangszone,  steil  abfallend. 

Von  denselben  Gesichtspunkten  geleitet,  urtheilt  im  wesentlichen  Walther, 
welcher  erst  das  rothe  Meer  besuchte  (31  a)  und  späterhin  die  Korallenriffe  der 
Palkstrasse,  jenem  flachen  Binnenmeer,  welches  zwischen  dem  nördlichen  Ceylon, 
Vorderindien  und  der  Adamsbrücke  eingeschlossen  liegt.  In  der  Abhandlung 
darüber  (31  b)  widmet  der  Jenenser  Geologe  ein  besonderes  Capitel  der  Höhlen- 
bildung auf  dem  Riff.  Die  von  meinen  Ansichten  abweichenden  Schlüsse,  welche 
der  treffliche  Erforscher  der  Sinaihalbinsel  zog,  kann  ich  mir  nicht  anders 
erklären,  als  dass  dieselben  auf  Grund  der  Beobachtungen  in  solchen  verhältniss- 
luässig  stillen  Meeren  gewonnen  sind. 

Walther  sagt  (31b  S.  31): 

„Die  Entstellung  solcher  Höhlen  wird  leicht  verständlich,  wenn  man  sich 
der  Baumaterialien  erinnert,  aus  denen,  wie  wir  in  den  vorhergehenden  Ab- 
schnitten gesehen  haben,  ein  Korallenriff  gebildet  wird.  Wir  sahen,  dass  zwei 
von  einander  nur  indirect  abhängige  biologische  Factoreu  den  Bau  eines  Korallen- 
riffes ausführen.  Auf  der  einen  Seite  die  ästige  oder  massige  Kalksubstanz, 
welche  durch  die  Thätigkeit  der  Riffkoralleu  organisch  ausgeschieden  wird,  welche 
den  Zusammenhalt,  ja  wir  dürfen  sagen,  die  Existenz  des  Riffs  bedingt.  Zwischen 
die  beim  Weiterwachsen  der  Korallenstöcke  entstehenden  Lücken  wird  ein  Kalk- 


IV.    Die  Koralleurine  an  der  sumoanischen  Küste.  67 


sand  gefüllt,  welcher  durch  Krohse  und  Raubfische,  vielleicht  auch  durch  Hole- 
thurien  aus  den  Sceletten  der  kalkbildenden  Foraminiferen ,  Echiuodermen, 
Mollusken,  Bryozoen,  Brachiopoden  u.  s.  w.  gebildet  wird. 

Nun  ist  ja  die  Existenz  uud  der  Individuenreichthum  der  korallophilen  Fauna, 
welche  diesen  Kalksaud  liefert,  gebunden  an  die  Existenz  der  Kift'korallen,  allein  die 
speciellen  biologischen  Bedingungen,  welche  auf  einem  Riff  eine  grössere  Menge  solcher 
Thiere  erzeugen,  können  unabhängig  sein  von  den  Bedingungen,  welche  das  Wachs- 
thum  der  Riffkorallen  veranlassen  uud  begünstigen,  daljer  wird  es  uns  uiclit  schwer, 
zu  verstehen,  dass  die  korallophile  Fauna  auf  einem  Riff  oder  Rifi'theil  reicher  ist  als 
auf  einem  andern.  In  Folge  dessen  wird  an  der  einen  Stelle  mehr  Kalksand  gebildet  als 
au  einer  andern;  dort  werden  alle  beim  Weiterwaclisen  der  Korallenstöcke  gebildeten 
Lücken  mit  Kalksand  ausgefüllt,  hier  bleiben  grössere  oder  kleinere  Lücken  offen." 

Diese  Sandbildung  durch  niedere  Thiere  spielt  gewiss  im  rothen  Meere 
eine  Rolle,  aber  auf  den  Inseln  der  Südsee,  wenigstens  in  Samoa,  ist  sie  doch 
nur  von  untergeordneter  Bedeutung. 

Bevor  ich  näher  darauf  eingehe,  will  icli  nur  mit  wenigen  Worten  der 
Ausführuugen  Walt h er s  namentlich  in  der  letzten  Arbeit  gedenken. 

Die  Entstehung  der  grossen  Haufen  Sandes  auf  den  Riffen  des  rotheu 
Meeres  wurde  durch  Keller  beobachtet,  der  den  Scheeren  der  Ocypodeu  diese 
Aufgabe  zuwies  (30).  Walther  hat  diese  Angaben  bestätigt  und  giebt  an,  dass 
aller  Riffsand  durch  diese  Krebse  gebildet  wird,  indem  sie  mit  ihren  Scheeren 
die  Schalen  der  Mollusken  u.  s.  w.  öffnen  und  zerbrechen.  Er  führt  ferner  die 
Beobachtungen  Verill's  vom  Meeresgrunde  an  undDarw'in's  nebst  Allan 's 
Angaben  über  die  korallenfressenden  Scarusarteu  und  Holothurien,  die  im  übrigen 
durch  verschiedene  gegentheilige  Beobachtungen  längst  mindestens  zweifelhaft 
geworden  sind. 

Dana  sagt  über  die  Entstehung  des  Riflfsandes  (3  c  S.  232): 

„Eine  unfehlbare  und  reiche  Quelle  dieser  Art  Material  ist  in  dem  selbst 
sich  zerreibenden  Sand  der  Rifte  zu  erblicken,  welcher  durch  die  Kraft  des 
Wassers  bewegt  wird.  An  der  Seeseite  von  Koralleninseln  und  an  den  Ufern 
der  grösseren  Lagunen,  w'O  die  Oberfläche  aufsteigt  zu  hohen  Wellen,  werden 
die  feineren  Theile  fortgetragen,  während  der  gröbere  Sand  liegen  bleibt,  um 
das  Ufer  zu  bilden.  Dieses  Sandentstehen  ist  gerade  so  wie  jede  andere  Saud- 
oder Schlammbereitung". 

Wo  aber  die  eigentliche  Sandbildung  sein  muss,  giebt  Dana  nicht  an. 
Wer  einmal  auf  einer  Plattform  der  Südsee  gestanden  hat,  wenn  das  Wasser  zu 
steigen  beginnt,  der  wird  sich  darüber  nicht  zweifelhaft  sein.  Man  steht  auf 
einem,  sagen  wir  einmal  100  m  im  Geviert  haltenden,  Trümmerfeld  aus  blendend 
weissen  Korallenstöcken;  da  liegen  vor  allem  die  zahlreichen  Madreporenarten, 
welche  für  die  Randzone  der  samoanischen  Korallenriffe  so  charakteristisch  sind, 
grosse  Platten  der  M.  cytherea,  lange  Stiele  der  M.  acuminata  u.  s.  w.  in  Un- 
massen herumgestreut. 

Das  Wasser  steigt  und  wirft  auf  dem  Abhang  liegen  gebliebene  todte,  und 
wenn  schlechtes  Wetter  vorhergegangen  war,  frisch  abgerissene  Korallenstöcke 
in  stetem  Spiele    hin   und   her   und   endlich    auf  das  Trümmerfeld  herauf.     Wir 


gg  Dr.  Augustin  Krämer. 


haben  uns  vor  der  ansteigenden  Flutb,  die  die  hell  klingenden  Platten  durch- 
einander wirft,  auf  den  Schuttkegel  geflüchtet  und  sehen  nun  die  Seeen  näher 
und  näher  kommen,  bis  die  Ausläufer  die  Trümmerfläche  überfluthen  und  das 
Wasser,  je  stärker  die  Fluth  und  See,  desto  getrübter  nach  der  Lagune  hin  ab- 
fliesst.  Wir  müssen  unsern  Standpunkt  verlassen,  eilen  in  das  Boot  und  treiben, 
sobald  es  tief  genug,  mit  dem  Strome  dem  Lande  zu,  das  wir  bald  erreichen. 
Zweimal  wiederholt  sich  täglich  dieses  Schauspiel,  wobei  die  brennende  Sonne 
zur  Zeit  der  Syzygien  auf  die  lange  Zeit  freiliegenden  Korallentrümmer  ausser- 
dem noch  verwitternd  wirkt.  Ewig  dauert  diese  mahlende,  zertrümmernde  Be- 
weo-ung  des  Wassers.  Was  vermögen  die  Scheeren  der  verhältnissmässig  wenigen 
Krebse  gegen  die  stetige,  elementare  Gewalt  der  Wassermassen,  welche  die  Ge- 
zeit  zweimal  täglich  heranwälzt.  So  wird  es  auch  erklärt,  dass,  je  näher  der 
Luvkante  zu,  desto  geringer  das  Korallenwachsthum  in  der  Strandrifflagune  ist, 
und  je  weiter  von  der  Trümmerfläche  ab,  der  Koralleusand  um  so  feiner  wird. 
Ein  rückläufiger  Strom  kann  nur  kurze  Zeit  lang  nach  Hochwasser  auftreten,  da 
das  Wasser  durch  die  immer  andauernde  Brandung  und  das  höhere  Aussenriff 
abgelenkt,  schliesslich  alles  seitlich  über  die  Riffe  abfliessen  muss.  Dass  die 
„ästigen  Arten  vieler  Korallengattungen  das  zwischen  ihnen  gebildete  klastische 
Sediment  bewahren"  und  dass  dadurch  die  Kalksande  auf  dem  Riffplateau  liegen 
bleiben,  Avie  Walther  ferner  meint  (31  b.  S.  27),  trifft  für  Samoa  ebensowenig 
zu,  wie  die  Bildung  dieses  Sandes  durch  Thiere,  an  denen  (vor  allem  an  Krebsen) 
das  eigentliche  Riff  verhältnissmässig  arm  ist.  Rein  mechanische  und  physi- 
kalische Gründe  scheinen  hier  in  Action  zu  treten,  wenn  auch  nicht  abgeleugnet 
werden  darf,  wie  Agassiz  und  Guppy  sagen,  dass  die  bohrenden  Mollusken, 
Anneliden,  Echinodermeu  etc.  hier  in  vielen  Fällen  eine  vorbereitende  Rolle 
spielen,  welche  ich  auch  namentlich  durch  Anneliden  an  todten  Poritesstöcken 
des  öfteren  zu  beobachten  Gelegenheit  hatte.  Der  bohrenden  Wirkung  der 
Diadema  wird  noch  weiter  unten  Erwähnung  gethan  werden.     (Abschnitt  VIL  5.) 

d.    Die  Plattform. 
(Trümmerfläche  und  Schuttkegel.) 

Dana  hat  den  Namen  so  oft  gebraucht,  dass  ich  ihn  nicht  gerne  fallen 
lassen  möchte.  Es  ist  darunter  die  grosse  Trümmerfläche  verstanden,  welche 
überall  an  der  Luvseite  der  Riffe  sich  bildet  und  welche  als  erste  Anlage  der 
Riffinseln  aufzufassen  ist.  Ueberall  wo  die  See  besonders  stark  auf  das  Riff  auf- 
läuft, also  in  Samoa  besonders  an  der  ONO.-  resp.  OSO. -Seite  der  Riffe,  bildet 
sich  auf  dieser  Trümmerfläche  ausserdem  noch  ein  Schuttkegel,  welcher  meist 
die  Breite  von  3—4  m  erreicht  und  dieselbe  um  ungefähr  1  m  überragt.  Ge- 
bildet wird  die  Plattform  durch  die  von  der  Brandung  losgerissenen  Korallen- 
stöcke, welche  hier  zusammengehäuft  werden.  Die  Trttmmerfläche  ist  bei  Hoch- 
wasser meist  von  Wasser  bedeckt,  erscheint  jedoch  gewöhnlich  schon  bei  Mittel- 
Niedrigwasser  über  der  Oberfläche.  Natürlicherweise  ist  die  Form  dieser  Bil- 
dungen sehr  Wind  und  Wetter  unterworfen,  vor  allem  der  Schuttkegel.  Eine 
geringere  luselbildung  gewahrt  man  im  Saluafataliafen  und  au  der  NO.-Ecke  des 


Durchschnitt  diircli  die  Casinoinsel  bei  Sahiafata. 


iV.    Die  Korallenriffe  an  der  samoanischcn  Küste.  f)9 

Stranclriffes   bei   Falefä;    grössere   Inseln    sind   die   Barriereninsel  bei   Falealili, 
le  Nu'iisa  fe'e  genannt,  und  die  Insel  auf  dem  Rose  Atoll, 

Wie  schon  erwälint,  besteht  die  Trümmerfläche  aus  abgestorbenen  todten 
Korallenstöcken,  häufig  1  —  2  Fuss  im  Durchmesser  haltend,  wenn  an  einer 
exponirten  Stelle  liegend.  Je  mehr  die  Luvkante  in  die  Leekante  übergeht, 
desto    geringer    ist    sowohl    die  schuttkegei  w     >  so. 

Höhe     der    Trümraerflächo     als  _ — ^       Tiuimin-ifiaciie 

auch   die   Grösse   der   Korallen- 
stücke, welche  alsdann  nur  noch 
Fingergrösse  aufweisen  oder  gar 
ganz  verschwinden.     Die  Breite  der  Plattform  überschreitet  oft  200  m,  wechselt 
jedoch  sehr;  die  Länge  ist  unbeschränkt. 

Die  Angaben  Hoffmann's,  dass  diese  „kleinen  Plateaus  in  der  Regel  an 
tiefen  Einschnitten  der  üpoluriffe  liegen  und  nach  der  tiefen  Wasserseite  auf- 
fallend steil  abfallen",  kann  ich  nicht  bestätigen.  Jedenfalls  hat  ihre  Genese 
damit  direct  nichts  zu  thun.  Von  den  im  Jahre  1880  gepflanzten  Cocosnüssen 
auf  der  Saluafata-Riffinsel,  welche  ein  Jahr  später  1  m  hoch  gewachsen  waren, 
fand  ich  nichts  vor. 

e.  Lagune. 

Von  der  Plattform  aus  sieht  mau  landwärts  bei  Niedrigwasser  ein  grosses 
Feld  vor  sich  ausgebreitet,  oft  mehrere  Kilometer,  oft  nur  einige  100  m  breit. 

Kaum  merklich  abfallend  und  mit  fingergTOSsen  Stückchen  (Schuttfläche) 
bedeckt,  vertieft  sich  sehr  allmälig  der  Boden  und  bedeckt  sich  dem  Lande  zu 
mit  immer  feinerem  Sand.  Einzelne  Koralleustöcke  treten  nun  auf,  aber  nie  kommt 
es  zu  einer  grösseren  zusammenhängenden  Bildung.  Selten  geht  mau  bei  Niedrig- 
wasser tiefer  als  bis  zum  Knie  im  Wasser,  meist  ist  dasselbe  dem  Lande  zu 
höchstens  einen  Fuss  tief.  Eine  Vertiefung  ist  gewöhnlich  nur  unmittelbar  am 
Sti'ande  vorhanden,  in  dessen  Nähe  im  allgemeinen  der  sogenannte  Bootscanal 
verläuft,  welcher  als  Abfuhrcaual  für  das  Riftwasser  dient.  Da  er  gewöhnlich  am 
Sti'ande  liegt  will  ich  ihn  Strandcanal  nennen. 

Im  Uebrigen  wechseln  die  Verhältnisse  hier  selir  und  bringen  die  Stürme 
oft  grosse  Veränderungen  hervor. 

Häufig  sieht  man  in  der  Lagune  Steine  dem  Wasser  enti'agen,  todte 
KoraUenblöcke,  welche  von  der  Sturmflutli  liierher  gewälzt  worden  sind.  Selten 
sind  sie  höher  als  7«  ^'  Häufig  werden  auch  Steine  von  den  Samoanern  zu- 
sammengetragen, um  als  Anziehungspunkte  für  die  Fische  zu  dienen,  denen 
sie  hier  nachstellen.  (VII.  4.)  Die  Lagune  ist  für  die  Boote  der  sicherste 
Verkehrsweg,  olme  welchen  es  mit  den  Bootfalirten  an  den  Küsten  schlecht 
bestellt  wäre. 

f.  I)  e  r  S  a  n  d  s  t  r  a  n  d. 

Der  Sandstrand  bedarf  nur  noch  weniger  Worte ;  seine  Bildung  ist  bei  der 
Entstehung  der  Riffe  besprochen.  (IV.  4.)  I]igenartig  ist  hier  in  der  ,.Sandküste" 
das  Vorkommen    oft   an   mehr  als  100  m  breiter  und  langer  Brackwasserlagunen, 


70  I^r.  Augustin  Krämer. 


welche  Süsswasserquellen  oder  Flüssen  ihre  Entstehung  verdanken.  Besonders 
reich  an  solchen  Lagunen  ist  die  Gegend  um  Saluafata.  Am  Sandsti'ande  ist  eine 
Sandsteinbildung  von  Dana  erwähnt  (beachrock),  welche  rein  sedimentär  ent- 
steht. Am  Strande  von  Mulinu'u,  Yailele  u.  s.  w.  ist  er  allenthalben  vorhanden,  l>ei 
Ebbe  freifallend.  Es  handelt  sich  um  eine  gegenwärtige  Bildung  aus  grobem  Korn. 
Korallenstücke  und  kleine  Muscheln  linden  sicli  liäufig  eingeschlossen. 

6.  Die  Bestandtheile  der  übrigen  Riffformen  (Borriere,  Atoll)  und 

die  Deflnirung  der  Begriffe  Bucht,  Hafen,  Riffbuclit,  Riffhafen, 

Einlass,  Lagune,  Bootpassage,  Barrierencanal,  Strandcanal,  sowie 

über  die  natürliche  Regulirung  derselben  durch  Ströme. 

Wir  sahen  bei  dem  Strandriff,  dass  es  aus  ]iestimmten  Bestandtheilen  in 
seiner  vollen  Ausbildung  besteht. 

Von  den  übrigen  Riffformen  lässt  sich  sagen,  dass  sie  nur  theilweise  diese 
Bestandtheile  besitz.en:  als  neuer  kommt  bei  den  Barrieren  und  Atollen  nur  die 
tiefen  Canäle  und  Lagunen  hinzu. 

Die  Korallenbänke  sind  die  Bildner  jeder  Riflfform,  indem  dureli  iln-  Zu- 
sammenwachsen das  anstehende  Eiff  gebildet  wird. 

Das  Saumriff  ist  gleich  der  Leekante  eines  Strandrifts.  es  kann  alles  im 
Miniaturmaassstabe  vorhanden  sein;  meist  jedoch  fehlt  die  Plattform  und  die 
Lagune. 

Die  Barriere  besitzt  eine  Plattform.  An  Stelle  der  Lagune  ist  jedoch 
der  Barrierencanal  vorhanden.  Innerhalb  der  Barriere  können  Korallenbänke, 
Saumriffe  und  Strandriffleekanten  vorhanden  sein,  wofür  die  Tektonik  des  Landes 
maassgebend  ist. 

Das  Atoll  endlich  entbehrt  wie  die  Barriere  des  Sandsti-audes.  Eine  Strand- 
rifflagune kann  andeutungsweise  vorhanden  sein,  dann  ist  das  Atoll  eben  ein 
Strandriff  ohne  Sti-aud.  Meist  jedoch  ist  die  AtoUlaguue  tief,  dann  ist  sie  identisch 
mit  dem  Barrierencanal. 

Die  Plattform! »ildung  ist  bei  den  Atollen  am  stärksten  vorhanden,  da  die 
in  fi-eier  See  gelegenen  Wind  und  Wetter  am  meisten  preisgegeben  sind. 

Es  bleibt  noch  übrig,  die  Benennung  einzelner  Rift'theile  etwas  zu  definircn. 

Bucht  und  Hafen  sind  Bildungen,  die  durch  Ausbuchtungen  des  Landes 
erzeugt  werden.  Nehmen  jedoch  nur  Korallenriffe  an  ihrem  Entstehen  theil,  so 
werden  wir  von  einer  Riffbucht  und  einem  Riffhafen  zu  sprechen  haben, 
was  bezeichnen  würde,  dass  dieselben  blind  enden,  also  nirgends  einen  Sandstrand 
aufweisen.  Dies  ist  der  Fall  bei  der  Lelepal)ucht  bei  Apia.  der  Fangaliibucht,  der 
von  Vailele  u.  s.  w.,  die  man  gewöhnlich  auch  R  i  f  fei  ii  lasse  Itenennt. 

Kleinere  Einschnitte  in  der  Riffkante,  welche  mau  nur  mit  einem  Boot 
passiren  kann,  werden  allgemein  als  Bootpassagen  bezeichnet.  Sie  haben  den 
Zweck,  das  Boot  aus  dem  tiefen  Wasser,  sei  es  aus  der  See.  dem  Hafen  oder  der 
Riff'bucht  in  die  flache  Latiune  zu  l>rinu'eu. 


IV.     Die  Korallenrirtc  an  der  sainoanisclicn  Küste. 


71 


Das  Wort   Lagune   wird   häufig   gebraucht.     ]\T;)ii    rauss   vorschiedono    aus- 
einander halten,  vor  allem 
die  Atolllagune, 

die  Straiulrift'lagune.  kurzweg  Straiidlaguiic.  und 
die  Brackwasscrlagune  auf  der  Saudküste. 

Lagune  licisst  chcu  Stillwasser. 

Ebensowenig  aber  als  man  das  ruhige  Wasser  im  Hafen  Lagune  nennt, 
sollte  man  das  Stillwasser  der  Eiftbuchteu  so  benennen.  Sie  heisseu  eben  Einlasse 
(iulet)  und  bei  den  Barrieren  Canäle. 

Wie  schon  erwähnt,  kann  die  Atollagune  sehr  flach  sein;  sie  gleicht  dann 
der  Strandlagune,  welclie  immer  durch  gTosse  Flacldieit  ausgezeichnet  ist,  so 
dass  bei  Springniedrigwasser  Boote  nicht  mehr  passiren  können,  selbst  nicht  im 
Sti'andcanal. 

Ich  möchte  den  Namen  Strande  anal  für  diesen  Theil  vorschlagen,  da 
seine  Bildung  mit  dem  Sandstrand  so  eng  verknüpft  ist  und  dies  eine  bestimmte 
Unterscheidung  bewii'kt,  namentlich  gegenüber  den  Bamerencanälen.  Ebenso 
Sti'andlao'une  im  Geg-ensatz  zu  allen  andern. 


/,r^— p 


'U 


Riff- 


/'  7'  ^-    St 

w 


!'  \\|;F  Hafen      ;-cx  /J^^,     Licfihtfi     ,■  ^'^p. 


.Schwttkegcl 


r' 


v#       f  f-^cduaTata^  £}^Qji'c  von  Falefü 

1    / 

-  "c?  JjraJiwasser-  -  -  - ,  _ 

Lagunen  '  '  -  ~  ^ 


_^  Seemeilen. 


Fcdefd-  . 


Das  Atuarift'  mit  Beispielfn  der  Bezeichnuntr  der  einzelnen  Kift'theile. 

Der  Strandcanal  ist  in  der  That  dem  Strande  oft  so  naheliegend,  dass  man 
bei  Niedrigwasser  nur  in  dessen  unmittelbarer  Nähe  mit  einem  kleinen  Boot  fahren 
kann,  wenn  überliaujit.  l'^s  kann  dann  wohl  vorkommen,  wie  bei  der  Ecke  von 
Matautu  im  Apialiafen.  dass  man  mit  einem  Riemen  im  Sande  des  Sti-andes,  mit 
dem  andern  in  dem  (U'r  Lagune  pullend,  föhrt. 

Um  die  Namen  zu  verausehaulichen.  habe  icli  eine  kleine  Scizze  des  Strand- 
riffes  von  Atua  vorstehend  eingefügt,  welche  die  Bezeichnungen  trägt. 

Wie  schon  erwiiluit.  wird  der  Strom  Ihü  eintretender  Fluth  auflandig.  Dies 
ist  eine  bekannte  Thatsache  daselbst.     Weim  man  sein  Boot  in  der  Kifflacjune  bei 


72  I^r.  Augustin  Krämer. 


Niedrigwasser  liegen  lässt  und  man  entfernt  sieh  ohne  es  festzumachen,  so  treibt 
es,  sobald  die  Fluth  eintritt  und  das  Wasser  über  das  Riff  strömt,  mit  dem  Strome 
weg  dem  Strandcanal  zu.  Da  das  Riff  von  der  Plattform  aus  gegen  Land  zu 
abfällt  (oft  über  ^2  ^)y  ^o  strömt  bei  einti'etender  Ebbe  alles  Wasser  landwärts 
und  eilt  von  dort  am  Strande  durch  die  Canäle  und  die  Seitenablässe  (Boot- 
passagen) ab,  wodurcli  ein  Strom  entsteht,  der  den  Sand  mit  sich  führt  und  in 
den  Riffeinschnitten  und  Innenhäfen  ablagert,  wodurch  daselbst  das  Korallenwachs- 
thum  hintangehalten  wird  und  nur  in  einzelnen  Korallenbänken  fortzukommen  ver- 
mag. Im  Aussenhafen  tindet  sich  desshalb  gewöhnlich  nur  noch  Schlick.  Beson- 
ders eingreifend  wirken  indess  die  Stürme,  welche  Ströme  innerhalb  der  Riffe  am 
Sti'ande  erzeugen,  reissenden  Giessbächen  gleich.  Ich  habe  schon  bei  der  Beschrei- 
bung des  Apiahafens  (IV.  2  b)  und  des  Orcans  vom  März  1889  (III.  2)  solcher 
beobachteter  Ströme  Erwähnung  gethan.  Auch  von  anderen  Inseln  (namentlich 
von  Dana)  liegen  zahlreiche  Angaben  vor,  so  dass  es  nicht  beuöthigt  darüber 
noch  weitere  Worte  zu  verlieren. 

So  ist  es  den  Winden  und  Gezeiten  zu  danken,  dass  die  Riffe  offene  sichere 
AVasserstrassen  bilden,  welche  den  kleinen  Bootsverkehi-  innerhalb  der  Küstenorte 
ermöglichen.  Ohne  sie  würden  die  Bootspassagen  bald  ausgefüllt  und  in  den 
Buchten  und  Häfen  würden  Veränderungen  eintreten,  welche  wir  vorerst  nicht  ab- 
sehen können.  Vor  allem  sind  es  die  Gezeiten,  welche  durch  ihre  Stetigkeit  den 
Riffen  ihre  charakteristische  Form  geben  und  daher  ist  es  auch  zu  erklären,  dass 
an  Orten,  wo  diese  fehlen  oder  gering  sind,  scheinbar  neue  Riffformen  auftreten, 
welche  man  indessen  leicht  auf  die  genannten  Formen  wird  zurückführen  können. 


V.  Zusaiiiiiieiifiissiiiiii"  der  BiMliii.u'iiiigeu  t'iir  das 

Ritfwaclistliuiii. 


1.  Tiefengrenze  des  Wachstliums  und  Dicke  der  Riffe. 

Dieselbe  ist  immer  noch  uicht  sicher  festgestellt;  eigene  sichere  Beobach- 
tungen kann  ich  auch  nicht  beibringen.  Doch  ist  das  sicher,  dass  bis  zu  15  m 
der  Fuss  der  Eiffe  sich  ausdehnt.  Jenseits  der  20  m  Grenze  ist  meist  in  Samoa 
Schlick  gefunden  worden.  Jedenfalls  ist  die  Grenze  variabel  und  liegt  z^Yischen 
15  und  20  m  Tiefe. 

Guppy  und  Smith  (Nature  188*»  S.  223)  lialien  h'lH'nde  Steinkonillcn  l>is 
zu  80  m  gefunden  und  zwar  letzterer  von  36  m  ab  nocli  18  genera  mit  40  species. 
Dass  dies  nicht  von  Belang  für  die  anstehenden  Bitte  ist,  scheint  nahezu  allgemein 
angenommen. 

Dana  macht  über  Samoa  einige  Angaben  unter  anderen,  dass  bei  Falealili 
in  40  m  nur  noch  nackter  Fels  gefunden  worden  sei.  Agassiz  fand  bei  den 
Tortugas-Biffen  6—7  Faden  (11 — 13  m),  was  zweifellos  etwas  zu  gering  ist:  aber 
dies  beweist  doch,  dass  die  Grenze  in  dieser  Linie  ungefähr  liegen  muss. 

Gesetzt  jedoch,  dass  auch  noch  tiefer  (über  25  m  darf  ausgeschlossen  werden) 
der  Fuss  hinabreicht,  so  ist  doch  wahrsclieinlich  das  Wachsthum  daselbst  so  ein- 
geschränkt, dass  es  uicht  mehr  in  Betraclit  kommt.  Nälieres  siehe  bei  Heliotropis- 
mus und  bei  Talus-Bildung  (IV.  5a). 

Was  nun  die  Dicke  der  Biffe  Ix'trägt,  so  ist  sie  bekanntlich  von  Darwin 
und  Dana  als  recht  beträchtlich  ..bereclmet"  worden  auf  Grund  der  Senkungs- 
theorie. Bekanntlich  hat  Darwin  für  die  Gambier-Biffe  2000  Fuss  Dicke  an- 
gegeben. Für  Tahiti  giebt  Dana  25()  Fuss  an.  und  für  l'polu  440  Fuss  und 
bei  3°  Tnclination  260  am  äusseren  Bande  (3c  S.  158).  Nun  hat  aber  Hoffmann 
schon  1882  auf  Grund  seiner  Lothungen  darauf  hingewiesen  (er  fand  70  m  in  3  Sm. 
Abstand),  dass  die  Tnclination  nur  3  Minuten  beträgt  (15  d  S.  233).  Dies  ist 
Dana  offenbar  nicht  bekannt  geworden. 

Jukes  Browne  and  Harrison  machen  nun  von  Barbadoes  folgende  An- 
gaben (46  S.  208): 

„Von  obigen  Berichten  über  die  Korallenriffe,  die  um  Barbadoes  zur  Zeit 
wachsen,  können  wir  mehrere  Thatsachen  ersehen,  welclie  Licht  auf  den  Bau  und 


74  Dr.  Ang'nstin  Krämer. 


die  Formation  der  gehnbciicn  l\itt'e  und  Kalksteine  werfen,  welche  einen  so  grossen 
Theil  der  Insel  bedecken.  Vor  allem  zeigt  sich,  dass  Korallenriffe  sicher  aus  Tiefen 
von  25  bis  30  Faden  aufwachsen  können,  sodass,  vorausgesetzt  sie  wüchsen  für 
eine  gewisse  Zeitspanne  beständig  fort  ohne  jegliclie  Bewegung  des  Landes,  sich 
ein  Eiff  von  ungefähr  180  Fuss  (50  m)  bilden  könnte." 

Dies  ist  an  und  für  sich  für  Saraoa  einfach  dadurch  widerlegt,  dass  weit 
ausgedehnte  Plateaus  von  dieser  Tiefe  sich  submarin  von  den  Korallem-iflen  aus- 
breiten, die,  wenn  dies  möglich  wäre,  alsdann  von  Eiffeu  bedeckt  sein  müssten. 
Ausserdem  zeigen  die  Eiffbuchten  von  Lelepa,  Fangali'i,  Lufilufi  u.  s.  w.  deutlich, 
dass  eine  plötzliche  Vertiefung  von  20 — 25  m  im  Untergründe  genügt,  den  Eiff- 
raiid  zu  unterbrechen  (s,  Karte  und  IV.  2b). 

Den  beiden  Autoren  ist  wohl  die  Arbeit  von  Sluiter  unbekannt  geldieben. 
wonach  die  Eiffe  viele  Meter  tief  in  den  weichen  Untergrund  einsinken  können. 
Diese  gehobenen  Eiffe  bedürfen  zweifellos  einer  erneuten  Durchsicht  behufs  Topo- 
graphie und  PetrogTaphie.  Ist  es  aber  doch  so,  so  muss  man  eine  temporäre 
Senkung  für  die  Erklärung  zu  Hilfe  nehmen. 

Bei  festem  Boden  wird  man  annelimen  dürfen,  dass  die  Luvkante  der  Eiffe 
10 — 14  m  dick  ist,  die  Leekante,  wenn  nicht  zu  weit  im  Hafen  liegend,  14 — 20  m. 

Wird  bei  einer  Boln'ung  tiefer  Korallenkalk  gefunden,  so  wird  erst  seine 
Komposition  bestimmt  werden  müssen.  Es  wird  sich  natürlicherweise  auch  an 
einzelnen  Orten  ereignen,  dass  man  eigentlichen  Eiffkalk  in  grösseren  Tiefen  findet, 
denn  niemand  fällt  es  ein,  temporäre  Senkungen  zu  leugnen;  wundern  wird  sich 
aber  auch  der  ausgebildetste  Antidarwinist,  wenn  er  bei  der  Mehrzalü  der  Atolle 
in  geringen  Tiefen  schon  auf  anderes  Gestein  stösst,  denn  die  säculare  Senkungs- 
hypothese sitzt  einem  docli  gewissermaassen  in  den  Knochen. 

2.  Die  Einwirkung  der  Brandung  und  starker  Ströme. 

An  der  Hand  der  Fussbildung  wurde  gezeigt,  dass  die  Brandung  sehr  hin- 
dernd  auf  das  Vordringen  der  Eiffkante  wirkt.  Auch  die  Trümmerflächen  zeigen 
deutlich  den  Schaden,  den  die  stark  bewegten  Wasser  anrichten.  Es  ist  dies  ja 
auch  an  und  für  sich  sehr  natürlich.  Trotzdem  hat  sich  bei  den  meisten  Beoli- 
aclitern  die  Ansicht  ausgeprägt,  dass  die  Korallen  in  der  Brandung  besser  wachsen 
als  im  stillen  Wasser. 

So  sagt  schon  Ehrenberg  flb.  S.  49),  dass  im  Eothen  Meer  die  stärksten 
Korallen  am  Eiffrand  vorkommen  und  die  Brandung  zu  lieben  scheinen.  Und 
Cham i SSO  erzählt  von  ihnen:  ..Die  Korallen  wachsen  am  besten  in  der  Wogen- 
))ra,ndung  und  der  Eing  (der  Atolle)  entsteht  dadurch,  dass  sie  dem  Meere  ent- 
gegenwachsen." 

Darwin  sagt  (2.  S.  53)  nacli  Besprechung  verschiedener  Beobachtungen: 
„Aus  diesen  Thatsachen  erhellt,  dass  die  stärksten  und  massigsten  Korallen  da 
gedeihen,  wo  sie  am  meisten  exponirt  sind."' 

Ferner  Dana:  (3c.  S.  229) 

„Es  wurde  gezeigt,  dass  die  Korallen,  die  die  Eiffe  bilden,  nicht  in  den 
rulügen  und  stillen  Tiefen  der  Oceane  wachsen.  Sie  werden  in  den  Wogen  ge- 
funden und  kommen  o-ewöhnlich    nicht  tiefer  als  100  Fuss  vor,  was  weit  im  Be- 


V.    Zusammenfassung  der   Bedinuunyen   l'iir  das   RitVwaclistluiiii.  75 

reich  der  stärkeren  Wasserbewen-uiiuen  ist.  Tu  einem  l)etrilclitlii'lien  Maass  wachsen 
sie  »"eracle  in  den  fiirrhterlichsten  lircchcrn.  wcldie  scida^en  und  zcrnialmen,  wenn 
sie  über  das  Kiff  treiben." 

\Vie  wir  indessen  beim  Fnsse  t^-eselien  hal)en,  ist  die  Macht  der  See  am 
Jiiffrande  ziemlicli  erscliöptt.  Bei  Stürmen  aber  stellt  soviel  Wasser  au!"  dem 
Eift'  (durch  Auftrieb),  dass  dadurch  hinwiiMlcrum  ein  g-ewisser  Schutz  statttindet. 
(Laut  Augenzeugen  stand  bei  der  .. Adler "-Strandung  weit  über  1  m  AN'assci-  im 
Apiahafen  auf  dem  Mittelriff.     Das  Scliitf  war  desshalb  noch  lange  in  Bewegung.) 

Rein  und  Heilprin  sprechen  von  (b-r  Nothwendigkeit  des  "Wellenschlages 
und  der   Hraiuluiig  und    1\  1  un  z  i  n  ge  i'  iMift  aus: 

..Es  ist  erstaunlicli,  wie  so  zerbrechliciie  Gebilde,  wie  es  viele  Korallen  sind, 
am  besten  da  gedeihen,  wo  sie  dem  furchtbaren  Anprall  der  Wogen  ausgesetzt  sind." 

Ich  will  nur  noch  kurz  anführen,  dass  sich  Agassiz  ähnlich  aussprach  und 
]\lurray  iiis(dcrn  auch,  als  er  sagt,  dass  das  pelagische  Leben  der  See  viel  reicher 
sei  als  im  Hafen  und  desslialb  seewärts  das  Wachsthum  ein  üppiges  sei.  was  in- 
dessen für  Samoa  auch  nicht  richtig  ist. 

Es  sind  jedoch  niclit  alle  Beobachter  dieser  Meinung.  Vor  allem  halx'u 
in  vordarwinscher  Zeit  die  französischen  F(n-scher  Quoy  und  (Taimard.  w(dche 
1838  auch  Samoa  besucht  haben,  angegeben,  dass  ilmen  zweifelhaft  erscheine,  ob 
irgend  eine  Koralleuart  bestehen,  oder  selbst  gedeihen  könne  in  den  Brechern  der 
offenen  See.    (Annales  des  Sc.  naturelles  Tome  VL  p.  276.)    Ferner  sagt  Sluiter  (4()) : 

..Dass.  wie  von  Darwin  und  ]\Inrray  hervorgehoben  wird,  der  Band  des 
Elftes  zu  einer  Zeit,  wo  derselbe  noch  sogar  mehrere  Faden  unter  \\'asser  liegt, 
in  viel  günstigerer  Lage  sein  würde,  als  der  mittlere  Theil  und  dadurcli  zuerst 
in  die  Höhe  wachsen  und  ein  Atoll  liilden  würde,  trift't  jedenfalls  bei  den  hiesigen 
Elften  nicht   zu." 

Und  endlich  noch  eine  deutliche  Aeusserung  Guppy's  (24a): 

,.AVie  schon  angeführt,  sind  die  grossen  massigen  Korallen  selten  in  der 
Brandung  zu  sehen.  Sie  ziehen  die  weniger  zugänglichen  Theile  des  Elftes  ausser 
dem  Bereich  der  Brandung  vor.  In  Wirklichkeit  gedeihen  Korallen  innerhalb  der 
Passatbrandung  nicht.  Sie  werden  nur  in  Ueppigkeit  gefunden  am  abfallenden 
Hange  in  Tiefen  von  5 — ^15  Faden,  der  Abhang,  welcher  als  ..growing  edge"  des 
Rifts  bezeichnet  werden  könnte." 

Einen  Beweis  dafür,  dass  in  den  [wirklicluMi  Brechern  die  Korallen  nicht 
bestehen  können,  halte  ich  schon  bei  der  Besprechung  der  Saumritte  gebracht. 
Ich  deutete  darauf  hin.  dass  sie  im  Hafen  überall  vorhanden  sind,  alier  der  See 
zu.  an  der  Steilküste  melir  und  mein-  verschwinden,  nur  weil  daselbst  der  Unter- 
grund die  Ausbildung  eines  Kusses  nicht  gestattet.  Ganz  fehlen  sie  indessen  auch 
hier  nicht,  indem  sie  unsichtbar  dem  Auge  einige  ]\Ieter  unter  der  Brandungslinie 
die  steile  Wand  einsäumen.  Dafür  ist  in  Samoa  ein  Beispiel  durch  den  Korallen- 
strand  in  der  Bucht  von  Solosolo  (IV.  2  b)  erbrächt,  wo  in  der  Nähe  keine 
Korallenbildung  sichtbar  ist.  Ausserdem  erinnere  ich  hier  an  die  Beobachtung 
Walther's  am  Ras  Muhammed  (31,  a).  wo  ein  5—8  m  breites  Saumriff  1—2  m 
unter  \Vasser  liegt. 


76  Dr.  Augustin  Krämer. 


Aber  niclit  allein  die  Brandung  ist  nachtheilig  für  die  zartgefügten  Antlio- 
zoen.  auch  ein  starker  anhaltender  Sti'om  wirkt  waehsthumbehindernd.  Ich  führe 
liier    nur    die  Angaben    Semper's   von    den    Philippinen    an    (9  c.  2.  Theil  S.  36): 

,.Beide  Ufer  des  Canals  sind  gebildet  von  Korallen,  die  aber  doch  an  der 
Xordseite,  also  an  der  Küste  von  Malaunari  am  stärksten  entwickelt  sind.  Es 
sind  die  gewöhnlichen  riffbauenden  Arten,  Astraeen,  Porites.  Madreporen  u.  s.  w. 
Nun  besitzen  diese,  wie  alle  gTössere  Blöcke  bildenden  Arten,  die  Tendenz,  nach 
allen  Pichtungen  hin  sich  auszubreiten;  hier  aber  tritt  ihnen  der  starke  sie  tangirende 
.Sti-oin  hindernd  entgegen,  welcher,  wie  schon  bemerkt,  die  grösste  Zeit  des  Jahres 
ronstant  in  einer  Piehtung  durch  den  Canal  fliesst.  Wäre  er  schwächer  als  die 
Wachsthumsstärke  der  Korallen  ist.  so  würden  diese  den  Widerstand  leicht  über- 
winden ;  er  ist  aber  vielmehr  stark  genug,  sie  zu  völlig  verticalem  Wachsthum  zu 
zwingen.  So  ist  das  Riff  namentlich  an  der  Seite  von  Malaunavi  nur  wenige 
Schritte  breit;  aber  dann  stürzt  es  völlig  senkrecht  in  die  allerdings  nicht  be- 
deutende Tiefe  ab."' 

Auch  von  M  ö  l»  i  u  s  führe  ich  hier  eine  Angabe  an  (20  S.  29)  vom  Fouquet- 
rift'  auf  den  Seychellen : 

..Diese  starke  Strömung  reinigt  offenbar  fortwährend  den  Canal  zwischen  den 
Küstenriffen  und  dem  Dammriff'  von  den  Schlammmassen,  welche  die  Flüsse  vom 
Lande  her  in  ihn  hineintragen  und  die  Wogen  vom  Ausseuriff  her  hineinwerfen, 
und  verhindert  die  Vereinigung  des  Dammriffs  mit  der  gegenüberliegenden  Küste 
zu  einem  einzigen  Küstenriff."' 

Brandung  und  Strom  sind  schlimme  Feinde  der  Korallen ;  aber  sie  wissen 
diesen  Fährlichkeiten  zu  trotzen  und  die  Kraft  ihrer  Feinde  zu  schwächen  und 
wenn  nicht  neue  Feinde  sich  hinzugesellten,  so  würden  sie  in  siegreichem  Zuge 
vorwärts  dringen. 

3.    Der  Einfluss  der  Meeresströmungen  als  Nahrungsquellen. 

Im  vorhergehenden  Abschnitt  wurde  schon  der  Murray' scheu  Theorie 
Erwähnung  gethan,  welche  darin  gipfelt,  dass  die  Atollform  entsteht  durch  das 
AVachsthum  der  Korallen  nach  aussen  wegen  des  grösseren  pelagischen  Peichthums 
der  See  und  nach  innen  hin  die  Lagune  gebildet  wird  durch  Auflösung  des  Kalkes  im 
Seewasser.  Murray  sagt  darüber  (21a  S.  508):  ,.Die  meisten  dieser  Organismen 
leben  von  der  Oberfläche  bis  zu  100  Faden  abwärts;  bei  warmem  Wetter  schweben 
sie  nahe  der  Oberfläche,  aber  wenn  es  rauh  ist,  sind  sie  einige  Faden  darunter.  Sie 
werden  in  den  grossen  oceanischen  Strömen  längs  getragen,  welche  durch  die 
AVinde  geschaffen  sind;  und  wenn  sie  ein  Korallenriff  treffen,  versorgen  sie  die 
Korallen  an  der  äusseren  Piffseite  mit  reichlicher  Nahrung.  Der  Grund,  warum 
die  Luvseite  eines  Riffes  lebhafter  wächst,  scheint  dieser  reichliche  Nahrungszufluss 
zu  sein  und  nicht  die  reichere  Zufuhr  von  Sauerstoff,  wie  allgemein  bestätigt  wurde. 
Die  (Jhallenger  -  Untersuchungen  zeigten,  dass  Sauerstoff"  l»esonders  reich  in  allen 
Tiefen  vorhanden  war,  in  denen  Korallen  gedeihen."' 

Die  sonst  so  glorreichen  Errungenschaften  der  Cliallengerexpedition  haben  in 
dieser  Richtung  Verwirrung  angerichtet.  Ich  werde  weiter  unten  beim  Plankton 
die  Daten  beibringen,  welche  beweisen,  dass  das  Plankton  der  Tropen  weit  ärmer 


V.    Zusanimonfassun^  der  Bcdinjjunf^en  i'ür  das  Ritfwachsthum.  77 

ist  an  Quantität,  als  das  der  gemässigten  Zone,  wenigstens  in  der  Südsee,  und 
dass  von  Meeresströnien  als  Thierstrassen  daselbst  keine  Kede  sein  kann.  Ebenso 
unrichtig  ist  die  Annaliine,  dass  im  offenen  Meer  mein-  I'lankton  sei  als  an  der 
Küste  resp.  in  den  Lagunen.  Natürliclierweise  sind  die  Daten  dieser  Iterülimten 
Expedition  für  alle  folgenden  Beobaeliter  leitend  gewesen. 

So  sagt  Geikie  (27c):  „Eine  der  hauptsächlichsten  Bedingungen  für  die 
Kiffbildung  ist  Ueberfluss  an  Nahrung  für  die  Kiffbildner  und  diese  scheint  am 
liesten  durch  die  grossen  Aequatorialströme  zugeführt  zu  werden." 

S  e  m  p  e  r  nimmt  den  Einfluss  eines  solchen  Stromes  für  die  Palauinselu  und 
Agassi z  den  des  Golfstroms  für  die  westindischen  Riffe  au. 

Und  von  letzterem  sagt  ßro  w  n  e  and  Harri  so  n  (46  S.  206):  „Ein  Grund 
für  das  kräftige  Wachsthum  an  diesem  östlichen  Ende  der  Insel  (Barbadoes)  ist 
wahrscheinlich,  dass  die  Polypen  hier  eine  überreiche  Nahrungsversorgung  durch 
den  Golfstrom  erfahren,  welcher  hier  das  Eiland  bespült." 

Es  soll  nun  nicht  gesagt  sein,  dass  für  die  Korallen  ein  Wasserwechsel  nicht 
nothwendig  wäre.  Bei  der  Unzahl  von  gierigen  Mägen,  welche  am  Abhang  eines 
Korallenriffes  zusammengedrängt  sind,  scheint  eine  solche  nothwendig  schon  aus 
hygienischen  Gründen.  Es  wäre  ja  auch  denkbar,  dass  bei  mangelnder  Wasser- 
beweo-uno-  ein  gewisser  Nahrungsmangel  eintreten  könnte,  obwohl  die  lel>haft  beweg- 
liehen  Copepoden  überallhin  nachdringen,  wo  eine  Leere  cutsteht.  Diese  Krebse 
müssen  als  ein  Hauptnahruugszweig  der  Korallen  augesehen  werden,  da  sie  in 
jedem  Planktonfang  relativ  reichlich  vertreten  waren,  während  die  übrigen  Plankton- 
componenten  in  Samoa  im  Verhältniss  zur  Zahl  der  Consumenten  verschwindend 
gering  sind.  Und  die  Copepoden  wollen  doch  auch  ernährt  sein !  Man  denke  sich 
nur,  dass  eine  der  zahli-eichen  breiten  Madreporenschalen  an  100  000  Polypen 
tragen  kann,  und  1  cbm  Seewasser  daselbst  nur  einige  tausend  Copepoden  besitzt. 
AVenu  man  auch  nicht  annehmen  darf,  dass  jeder  dieser  Polypen  täglich  etwas  zu 
fressen  haben  muss  (denn  es  sind  ja  doch  nur  viel  Manier  und  ein  Körper),  so 
bleibt  doch  die  Schwierigkeit,  dass  mehrere  solcher  Platten  auf  1  (jm  kommen. 

Ich  will  hier  nicht  länger  bei  der  Planktonfrage  bleiben,  denn  weiter  unten 
in  Abschnitt  IX  sind  alle  diese  Fragen  eingehend  besprochen. 

Die  Strömungen  sind  für  die  Meere  im  wesentlichen  nicht  mehr  als  die 
Winde  für  die  Oberfläche  der  Erde.  Sie  beide  sorgen  füi-  die  Wegschaffimg  der 
Stoffwechselproducte.  damit  keine  Stagnation  eintrete.  Es  führen  die  AVinde  ebenso- 
wenig eine  besondere  Menge  von  Sauerstoff  mit  sich,  wie  die  Ströme  eine  besondere 
Menge  von  Plankton.  AVie  die  grosse  Zahl  von  Köpfen  in  den  Metropolen  den 
Sauerstoff  der  Luft  nicht  zu  verringern  vermögen,  so  vermögen  die  wenn  auch 
viel  zahlreicheren,  aber  so  kleinen  Korallenpolypen  die  ungeheuren  Mengen  von 
Plankton,  welche  der  Ocean  birgt*),  merkbar  zu  decimireu.  Für  den  Nahrungs- 
zuschub  leisten  die  Gezeiten  übergenug.  Der  Ströme  des  Aleeres  können  wir, 
für  Samoa  wenigstens,  vollständig  entrathen. 


*)  Nach  einer  sehr  niedrioen  Borechnun.y;  sind  in  einer  Seemeile  Umkreis  um  das  Hose 
Atoll  oeg-en  1000  Tonnen  (ä  1000  kg)  Copepodenplankton  vorhanden. 


78  Dr.  Augustin  Krämer. 


4.   Sterben  Korallen  an  der  Luft  ab? 

Darwin  sagt  (2  S.  10):  „Ich  muss  zuerst  bemerken,  dass  die  riffbildenden 
Korallen,  da  sie  keine  Gezeitentliiere  sind,  beständig  untergetaucht  oder  von  den 
Brechern  übergewaschen  sein  müssen.  Ich  wurde  von  Mr.  L  i  e  s  k  versichert,  einem 
sehr  intelligenten  Bewohner  der  Inseln,  ebenso  von  einigen  Häuptlingen  von  Otaheite, 
dass  eine  Aussetzung  an  die  Strahlen  der  Sonne  auch  nur  während  einer  sehr 
kurzen  Zeit  stets  ihre  Zerstörung  veranlasst." 

Die  neueren  Beobachtungen  haben  dies  längst  widerlegt. 

So  sagt  Möbius  von  den  Seychellen  (20  S.  45):  ,.Bei  niedriger  Ebbe  stehen 
manche  Korallen  ohne  Nachtheil  in  der  Luft,  z.  B.  Goniastraea  retiformis  und 
Leptoria  gracilis.  Während  dessen  bleiben  die  Polypen  zurückgezogen  und  die 
ganze  entblösste  Oberfläche  des  Stockes  ist  mit  Schleim  bedeckt,  der  das  Ver- 
trocknen hindert." 

und  Ortmann,  einer  unserer  besten  Korallenkenner,  schreibt  von  Dar  es 
Salam  (48  S.  635) :  ..Ich  konnte  constatiren,  dass  —  wie  schon  von  anderen 
Forschern  beobachtet  wurde  —  gewisse  Korallenarten  stundenlang  den  directen 
Sonnenstrahlen  ohne  Wasserbedeckung  ausgesetzt  sein  können,  ohne  dass  ihre 
Leltensfähigkeit  dadurch  geschädigt  wird,  unter  solchen  Verhältnissen  fand  ich 
3  Arten :  Porites  lutea,  Coeloria  sinensis  und  Goniastraea  seychelleusis." 

Auch  Walther  macht  darüber  eine  Angabe  aus  der  Palkstrasse  (31  S.  18): 
„Es  war  bei  tiefer  Ebbe,  als  ich  mit  meinem  Canu  und  9  Bootsleuten  und  Taucliern 
bei  ..Kurrysuddy'  ankam  und  eine  etwa  300  Schritt  breite  Rift'fläche  theilweise 
vom  Wasser  entblösst  fand.  Im  Durchschnitt  stand  20 — 30  cm  Wasser  über  den 
lebenden  Korallenstöcken,  aber  gross  war  mein  Erstaunen,  als  ich  Schirme  von 
Madrepora  und  Pocillopora  4  cm  aus  dem  Wasser  herausschauen  sah.  Zwar  spülten 
die  kleinen  Wellen  oft  über  diese  herausragenden  Korallenäste,  aber  mehrere  Minuten 
lang  blieben  sie  oft  unbenetzt  und  dennoch  schienen  sie  ruhig  weiterzuleben." 

Ich  selbst  habe  wiederholt  Madreporenstöcke  namentlich  an  der  Leekante  der 
Riffe  über  Wasser  gesehen,  allerdings  stetig  von  der  Dünung  in  kleinen  Zeit- 
intervallen   bespült.     Einzelne  Stücke    davon   habe   ich  als  Belege   mitgenommen. 

Einen  solchen  Augenblick  des  Zurücktretens  der  Dünung  hat  auch  der  Photo- 
graph Andrews  in  Samoa  lienutzt,  um  das  erwähnte  Korallenliild  von  der  Lee- 
kante zu  gewinnen. 

Lieber  Lederkorallen  besitze  ich  ähnliche  Beobachtungen,  wie  sie  Saville 
K  e  n  t  in  seinem  Werke  photographisch  festgehalten  hat.  Das  von  Wasser  strotzende 
schwammige  Gewebe  vermag  natürlich  eine  stundenlange  Exposition  in  der  Sonne 
zu  ertragen. 

5.  Der  Heliotropismus  der  Anthozoen. 

Ich  habe  darzulegen  versuclit,  dass  die  Brandung,  kurz,  starke  Wasser- 
bewegung und  die  Verunreinigung  des  Wassers  es  sind,  welche  das  Wachsthum 
der  Kiffkoralleu  so  sehr  beeinflussen.  Einen  neuen  Factor  haben  wir  indessen 
noch  nicht  in  Erwägung  gezogen,  welclier  namentlich  ersterer  stetig  entgegen- 
arbeitet, ich  meine  den  Heliotropismus. 


V.   Zusammenfassung  der  Bedingungen  für  das  Riffwachsthum.  79 


Trotz  IJraiuluii^"  arbcitcu  die  Koi-allcu  stcti«;"  dem  J^iclitc  eutgcj^eii.  woIcIr'S 
schon  in  geringen  Tiefen  eine  Reduction  und  Zertheilung  erfährt,  welche  wenigstens 
für  die   ICppi^keit  des  Wachsthunis  niclit  ohne   Hching  zu   sein   scheint. 

Mau  wusste  iVüluu-  wenig  über  das  Eindringen  des  Lichtes  in  die  Tiefen 
des  Meeres.  Die  liistorisclien  rutersuchnngeu  mit  weissen  Scheiben  u.  s.  w.  sind 
bekannt  insbesondere  die  von  Lorenz.  Secchi,  Pourtales,  Bouguer  etc., 
welche  als  untere  (ireuze  ungefähr  80  m  ergaben.  Forel  fand  dann  im  (ienfer 
See  auf  pliotographisclu-m  Wege  eine  vier  mal  tiefere  Grenze  (ca.  350  m).  Auf 
eine  richtige  Lrkenntniss  der  Verhältnisse  deuteten  aber  erst  die  Versuche  von 
Secchi  liiii.   über  die   Fuclis  (43  S.  24)  sclireibt: 

..Von  A\'ichtigkeit  erscheint  aucli  noch  das  Verhalten  der  versciiiedeiien 
Farben  beim  Lindringen  in  das  Wasser.  Secchi  hat  auch  dieser  Frage  seine 
Aufmerksamkeit  zugewendet,  und  indem  er  das  von  der  weissen  Scheibe  retlectirte 
Licht  mit  dem  Spectroscop  untersuchte,  nachfolgende  Resultate  erhalten: 

Zuerst  verschwindet  Roth  und  Gelb,  liierauf  Grün,  zumal  in  einer  Zone  um 
die  Frauenhofer'sche  Linie  b.  Blau.  Indigo  und  Violett  bleiben  völlig  unverändert 
und  ziemlich  lebhaft,  wodurch  sich  auch  die  Farbe  des  Meeres,  ein  schönes,  etwas 
in  Violett  neigendes  Blau  erklärt.^ 

Man  hat  in  früheren  Zeiten  vielfach  angenommen,  dass  die  rotlien  Strahlen 
des  Spectrums  am  tiefsten  im  Meerwasser  eindringen  und  daraus  auch  die  häufig 
rothe  Farbe  der  Tiefseethiere  erkläreu  wollen.  Die  angeführten  Untersuchungen 
zeigen  jedoch,  dass  dies  vollständig  irrig  sei  und  in  der  Tiefe  vielmehr  eine 
blaue  und  violette  Farbe  herrscheu  müsse." 

Auch  Aithon  machte  ähnliche  Beobachtungen.  (Roy.  Soc.  Edinb.  1882.) 
Diese  relativen  Angaben  sind  nun  in  neuerer  Zeit  von  meinem  einstigen  Lehrer, 
dem  Tübinger  Professor  Hüfner*)  geprüft  worden,  und  die  Resultate  Hüfner's 
hinwiederum  haben  durch  die  Untersuchungen  von  F.  Aschkinass.  welche 
biologisch  leider  nichts  neues  brachten,  ihre  volle  Bestätigung  erfahren,  so  dass 
mau  nun  mit  Sicherheit  die  Extinctionscoefficienten  des  Wassers  für  die  einzelnen 
Strahlen  des  Spectrums  kennt,  allerdings  nur  in  destillirtem  Wasser.  Es  wäre 
sehr  zu  wünschen,  dass  diese  Versuche  mit  Salzlösungen,  verschieden  temperirtem 
Wasser  und  bei  verschiedenem  Einfall  der  Sti-ahlen  fortgesetzt  würden,  damit  sie 
auch  der  angewandten  Physik  dienstbar  sind. 

Aber  obwohl  alle  diese  Untersucluingen  im  Laboi'atorium  gemacht  sind,  und 
nur  mit  destillirtem  Wasser,  so  scheinen  sie  doch  von  besonderer  Bedeutung  für 
die  Photologie  des  Meeres  zu  seiu.  Hüfner  fand,  dass  durch  eine  180  cm  lange 
Säule  frisch  destillirteu  AVassers  (17 — 18"  C.)  von  den  rothen  Sti'ahleu  des  Spec- 


*)  Die  ausführliche  Beschreibung-  befindet  sich  in  den  Annahm  der  Pliysik  und  Chemie 
Bd.  42  S.  1  —  17.  die  Resultate  im  Archiv  für  Anatomie  und  Physiologie,  physiologische 
Abtheilung  1891.  wo  insbesondere  die  Biologie  berücksichtigt  ist. 

E.  Aschkinass.  Ueber  das  Absorptionsspectrum  des  flüssigen  Wassers  und  über  die 
Durchlässigkeit  der  Augenmedien  für  rothe  und  ultrarothe  Strahlen. 

(Wiedemann's)  Annalen  für  Physik  und  Chemie.  Bd.  55   S.  401   1895. 


80  ^i"-  Augustin  Krämer. 


trums  (671 — 658  }jl  AVellenlänge)  nur  49,25  ^j^  durchgelassen  wurden,  während 
von  den  ludigostrahlen  (452 — 446  |li)  95.06  passh'ten.  Er  fand  den  Extinctions- 
coefficienten  für  erstere  =  0,001709.  für  letztere  =  0,000122.  Er  berechnete 
ferner,  dass  die  gelben  Strahlen  im  allgemeinen  in  der  Tiefe  von  34  ra  nur  noch 
dem  Vollmondslichte  entsprechend  vorhanden  sind,  dass  aber  schon  in  10  m  Tiefe 
durch  Absorption  dieser  Strahlen,  durch  Entziehung  der  Complementärfarben  ein 
Licht  vorhanden  sein  müsse,  welches  uns  als  Cyanblau  erscheint.  Helmholtz 
fand  das  Sonnenlicht  aus  folgenden  4  Paaren  Complementärfarben  zusammengesetzt: 
(physiologische  Optik  Leipzig  1867). 

Roth-Grünlichblau 
Orange-Cyanblau 
Gelb-Indigoblau 
Grünlichgelb-Violett. 
Die  Extinctionscoeflicienten  für  dieselben  Farben  sind  nach  Hüfn'er: 
0,001709  —  0,000160 
0,001226  —  0,000119 
0,000494  —  0,000122 
0.000328  — 

In  10  m  Tiefe  sind  noch  folo-pnde  Werthe  vorhanden: 


roth  '^ 


/uioo 

59/ 

/]000 


orange 
o-elb  =^-" 
Diau        /jy„(, 


und  in   100  m : 

von  grün  nur  noch   ^"/looo 
und  von  blau   ^Viooo- 

Es  wird  also  zuerst  das  Roth  absorbirt  und  ist  schon  in  15  m  Tiefe  sicher 
nicht  mehr  vorhanden,  woselbst  das  Wasser  grünlich-blau  ist.  Nach  dem 
Roth  schwindet  das  Orange ;  das  AVasser  wird  cyanblau.  Nach  Extinction  von 
Gelb  muss  das  AVasser  indigoblau  erscheinen  und  in  die  grösseren  Tiefen  (500  bis 
1000  m)  dürfte  nur  noch  das  Violett  vordringen,  zu  geschweigen  von  den  wunder- 
baren ultravioletten  Strahlen. 

Für  die  grünen  Pflanzen  ist  es  nun  schon  längst  sicher  festgestellt,  dass  sie 
in  den  geringer  brechbaren  Strahlen  am  besten  assimiliren ; *)  so  fand  Pfeffer 
(nach  Hüfner),  dass  die  Elodea  canadensis  im  Gelb  5raal  stärker  als  im  Cyan- 
blau, 8mal  stärker  als  im  Indigo  und  14mal  stärker  als  im  Alolett  arbeitet. 
(Pflauzenphysiologie  1881.)  In  neuester  Zeit  hat  auch  Flammarion  der  Aca- 
demie  zu  Paris  Resultate  solcher  Cntersuchungen  vorgelegt,  welche  in  den  Comptes 
rendues  1895  (Nr.  25)  enthalten  sind.  Danach  fand  er  das  AVachsthum  einer 
Pflanze  in  verschiedenem  Lichte  folR-endermaassen  «-estaltet: 


*)  Siehe  auch  Engelmann  „Die  Farben  bunter  Laubblätter  und  ihre  Bedeutung  für  die 
Zerlegung  der  Kohlensäure  im  Licht."  Botanische  Zeitung  1887.  Absorption  und  Kohlen- 
säure zerlegende  Wirkung  des  Lichts  in  den  Cliromophyllkörpern  der  Pflanzen  sind  einander 
proportional. 


III  «^Tiinoiii 

in 

liliUK'in  Licht 

0.090  cm 

0,027  cra 

0,150    ., 

0,027    „ 

0,152     „ 

0,027     ,. 

V.    Zusammenfassung  der  Bedingungen  für  das  Rift'wachsthum.  Q\ 

in  rothcm 
Höhe  (lor  l»flanzc  am     6.  Septbr.         0,220  cm 
„        „          „         .,    27.        ..  0.345    ,, 

, 22.  Octbr.  0,420    ., 

Dioac  Datoii  siiul  in  die  Augen  springend.  Man  weiss  ja  auch  längst,  dass 
die  Chk)r()phvceen  im  Meere  ziemlich  an  die  Littoralzone  gebunden  sind,  während 
Florideen  von  Berthold  bei  Capri  noch  in  Tiefen  von  ca.  130  m  gefunden  wur- 
den (Mitth.  der  zool.  Station  zu  Neapel.     Bd.  III). 

Für  die  Thiere  sind  mir  solch'  sichere  Resultate  nicht  bekannt  geworden, 
immerhin  wenigstens  genug,  um  hier  darthun  zu  können,  dass  auch  unter  ihnen 
wenigstens  gewisse  Formen  nicht  indifterent  gegen  verschiedene  Lichtstrahlen  und 
das  Licht  überhaupt  sind. 

Gegen  Ende  des  letzten  Jahrhunderts  hat  Trembley  dargethan,  dass  die 
Hydrapolypeu  einen  ausgeprägten  Heliotropismus  besitzen.  Paul  Bert  stellte 
mit  Daphnien  Versuche  an,  indem  er  auf  einen  Trog  ein  Spectrum  projicirte,  und 
fand,  dass  dieselben  in  Gelb.  Grün  und  Roth  grössere  Lebendigkeit  zeigten  und  auch 
diese  Strahlen  den  blauen  und  violetten  vorzogen.  Lubbock  und  Grab  er  haben 
zahlreiclie  Versuche  in  ähnlicher  Richtung  gemacht.  Ferner  Stahl  an  Euglenen 
u.  s.  w.  Alle  diese  Arbeiten  sind  in  L  o  e  b  s  Aufsatz  „Der  Heliotropismus  der 
Thiere  und  seine  üebereinstimmung  mit  dem  Heliotropismus  der  Pflanzen  (Würz- 
burg 1890)  besprochen.  Loeb  wendet  sich  —  etwas  heftig  —  gegen  den  Aus- 
druck ,.Farbenvorliebe",  ..Farbeugefühl"'.  ..Lust-  oder  Unlustgefühl"  u.  s.w.,  ich  glaube 
mit  gewissem  Recht.  Aus  der  Pflanzeuphysiologie  geht  doch  zur  Genüge  hervor, 
dass  das  rothe  Licht  für  die  Assimilation  ungleich  wirksamer  ist  als  das  blaue 
oder  gar  violette,  wie  überhaupt  die  Assimilation  au  das  Tageslicht  gebunden  ist. 
während  ja  bei  Nacht  der  thierische  Process  der  Athmung  liervortritt.  Loeb  berück- 
sichtigt den  Zusammenhang  der  Biogenese  mit  dem  Heliotropismus,  beschäftigt 
sich  jedoch  in  der  genannten  Arbeit  nur  mit  Laudthieren.  In  einer  späteren 
„Weitere  Untersuchungen  über  deu  Heliotrop."  (Bonn  1890.  Arch.  f.  d.  ges.  Phys. 
Bd.  47)  hat  er  auch  Seethiere  in  den  Kreis  seiner  Untersuchungen  gezogen  und 
gefunden,  dass  ein  Röhrenwurm,  die  Serpulide  Spirographis  die  Röhre  nacli  dem 
Lichte  krümmte.  Interessanter  sind  die  Resultate  mit  Hydroidpolypen,  welche  von 
D  r  i  e  s  c  h  und  L  o  e  b  erzielt  worden  sind.  Loeb  fand :  ..Die  polypeuti'agenden 
Sprossen  sind  positiv,  die  Wurzeln  negativ  heliotropisch":  Drie seh  (Zoolog.  Jahr- 
bücher 1891  Syst.  Bd.  V.):  ..Die  unter  ungünstigen  Verhältnissen  von  Sertularella 
polyzonias  au  Stelle  von  Personen  erzeugten  Stolonen  sind  bis  auf  deu  ersten,  von 
Anfang  an  sich  vom  Licht  abwendendeu  zuerst  positiv  und  werden  nach  Erzeugung 
ihrer  Tochterstolonen  negativ  heliotropisch.  Sie  entstehen  an  der  dem  Licht  zu- 
gewendeten Seite  des  Mutterstolo." 

Ich  will  nur  noch  eine  Arbeit  von  L  o  e  b  und  G  r  o  o  m  im  Biologischen 
Centralblatt  Band  X  1890  ..Der  Heliotr(»i)ismns  von  Baianus  perforatus  und  die 
periodischen  Tiefen  Wanderungen  pelagischer  Thiere"  erwähnen,  welche  indessen  von 
Giesbrecht  nicht  als  zuverlässig  anerkannt  wird  (58b.  S.  807).  Die  practischen 
Resultate,  welche  Kückenthal  und  Walther  im  ostspitzbergischen  Eismeere 
erzielt  haben  (s.  Deutsche  geogTaphische  Blätter.  Bd.  XIII  Heft  1  und  2),  sind  in 

Krämer,  lieber  den  Bau  der  KoraUenriffe.  (j 


g2  Dr.  Aiigustin  Krämer. 


dieser  Beziehimg  wichtiger.  Sie  fingen  bei  Tage  Medusen  nur  in  der  Tiefe  von 
25 — 40  Faden,  nachts  jedoch  an  der  äussersten  Oberfhuhe.  Dieses  Auftauchen 
von  Tunicateu  und  Medusen  bei  Nacht  ist  ja  bekannt,  wenn  auch  selten  so  ein- 
wandsfrei  bewiesen.  Es  handelt  sich  hier  allerdings  um  negativen  Heliotropismus. 
Aber  diese  Thiere  sind  ja  keine  Kalkbildner  (vergl.  auch  Chun). 

Was  können  wir  aus  den  bisher  bekannten  Beobachtungen  für  Schlüsse  auf 
den  Heliotropismus  der  Korallen  ziehen? 

Keller,  dem  wir  viele  gute  Beobachtungen  auf  seiner  MadagaskaiTeise 
verdanken,  schreibt  S.  61  seines  Buches  (30)  über  die  Korallen  im  rothen  Meere: 

..Im  ganzen  verlangt  die  Koralle  viel  Licht  und  viel  Sauerstoff  zu  ihi'em 
Gedeihen;  in  der  stürmischen  Brandung  ist  ihr  eigentliches  Wohnelement.  In 
der  oberen  W^asserscliicht,  d.h.  in  einer  Tiefe  von  3— 10  m,  spielt  sich  das  Leben 
dieser  Geschöpfe  ab.  Schon  in  10 — 12  m  Tiefe  sind  auffallend  viel  Korallenstöcke 
abgestorben.  Fast  alle  Arten  sind  eigentlich  lichthungrig,  ihre  Thiere  liauen  fast 
nur  in  der  Richtung  der  starken  Beleuchtung  und  lassen  einen  ausgeprägten  Helio- 
tropismus erkennen.  Es  scheint  bisher  völlig  übersehen  worden  zu  sein,  dass  hier 
die  Ursache  liegt,  warum  die  Korallenbank  von  einem  ausgedehnten  Höhlensystem 
durchzogen  wird  und  nicht  eine  compacte  Masse  darstellt.  Eine  Koralle  beginnt 
zu  bauen  und  breitet  sich  nach  oben  möglichst  aus.  Eine  beuachl>arte  Koralle 
macht  es  ebenso  und  schliesslich  erfolgt  eine  Berührung,  während  die  Basen  ge- 
trennt sind.  Zwei  sich  erhebende  Korallenfelsen  verhalten  sich  ebenso  und  schliess- 
lich führt  dies  zu  einer  lacunösen  Structur  der  ganzen  Bank." 

In  der  That  lassen  sich  an  den  Leekanten  der  Riffe  zahlreiche  Beispiele 
von  Heliotropismus  finden.  Jeder  hat  wohl  sclion  die  schönen  Madreporeurasen 
gesehen,  deren  Aeste  alle  gleichförmig  wie  Kleiderhaken  iln-e  Richtung  lichtwärts 
genommen  haben;  und  noch  mehr:  betrachtet  man  die  einzelnen  Aeste,  so  sieht 
man,  wie  alle  Polypengehäuse  lichtwärts  liegen,  während  an  der  Gegenkante  der 
Kalk  ohne  Polyparien  ist.  An  den  grossen  Madreporenschirmen  findet  man  niemals 
Polypen  an  der  Unterfläche ;  alles  sti'ebt  senkrecht  zum  Lichte  empor.  Es  ist  kein 
Zweifel,  dass  die  Korallen  durch  ihren  ausgeprägten  Heliotropismus  die  charakte- 
ristischen Gestalten  der  Riffe  mit  bedingen. 

In  dieser  Beziehung  kommt  für  die  Korallen  wohl  noch  ein  anderer  Factor 
in  Frage:  die  Kalkbildung.  Murray  wies  mit  Irvine  nach,  dass  der  kohlen- 
saure Kalk  verschiedener  Seethiere  aus  dem  schwefelsauren  Kalk  des  Meerwassers: 
gebildet  wird  (l)ei  Gegenwart  von  kohlensaurem  Ammoniak)  und  dass  diese  Umwand- 
lung in  warmem  Wasser  viel  leichter  erfolgt  als  in  kaltem.  Ob  die  „Pflanzen- 
tliiere-'  (hizu  nur  die  Kolilensäure  des  Stoffwechsels  verwenden,  oder  ob  das  Coelom 
auch  direct  Kolilensäure  resp.  kolilensaures  Ammoniak  aus  dem  Meerwasser  auf- 
nimmt,*) ist,  soviel  ich  weiss,  noch  nicht  bekannt.  In  letzterem  Falle  würde  es 
sich   um    eine   thierische  Assimilation   handeln    und   es  wäre  danach  leicht  zu  er- 


*)  ßciclilich  genug-  vorhanden  ist  ja  freie  Kolilensäure  im  Meerwasser,  wie  die  Unter- 
suchungen Buchanan's  während  der  Challenger-Expedition  ergeben  haben.  Auch  Hoppe- 
Seylcr  („Ueber  die  Verbreitung  absorbirter  Gase  im  Wasser  des  Bodensees  und  ihre  Be- 
ziehung zu  den  in  ihm  lebenden  Thieren  und  Pflanzen."     24.  Heft   des  Yereins  für   die  (ie- 


V.    Zusammenfassung  der  Bedinp:ungen  für  das  Rifl'wachsthum.  83 

klären,  warum  die  riffbildendeu  Korallen  an  die  oberen  Zonen  gebunden  sind,  wo 
die  rothen  Strahlen  des  Spectrums  nocli  nicht  völlig  absorbirt  sind,  an  eine  Zone, 
deren  untere  eniittindliche  Grenze  schon  bei  K»  m  Tiefe  liegen  muss. 

6.  Die  Farbe  und  Durchsichtigkeit  der  Oceane. 

Nach  den  Secchi'sehen  und  H  üfn  er'sclien  Versuchen  ist  es  an  und  für 
sich  nicht  schwer,  den  Grund  zu  finden,  warum  die  tiefen  Oceane  eine  solch  schöne 
blaue  Farbe  besitzen.  Im  allgemeinen  weiss  mau  ja,  dass  das  Meer  der  Spiegel 
des  Himmels  ist.  Sonnenschein  und  Himmelblau  rufen  eine  Meerfarbe  hervor,  ein  röth- 
licli  sc-hillenides  Azurblnu.  wie  es  das  Mittelmeer  in  uiuu-reichter  Schönheit  aufweist, 
denn  liier  ist  der  Himmid  am  reinsten,  wälirend  in  den  offenen  tropisclien  Meeren  die 
Monsune  und  Passate  immer  eine  Trübung  der  Atmos})]iäre  liervorrufen.  Nun  weiss 
man  aber.  dass.  wenn  sicli  der  Himmel  bedeckt,  die  blaue  Farbe  des  tropischen 
Meeres  trotzdem  fortbesteht,  wenn  auch  nicht  so  glänzend  und  schillernd.  Je  mehr 
Licht,  desto  mehr*  Glanz,  desto  tiefer  die  azurne  Bläue;  natürlicherweise:  denn 
desto  tiefer  dringen  auch  die  Idauen  und  violetten  Strahlen  in  die  Tiefe  ein, 
während  die  rothen  bei  gleichem  Absorptionscoefficienten  in  den  oberen  Schichten 
zurückgehalten  werden.  Von  den  blauen  Sti'ahlen  haben  wir  gesehen,  dass  ihr 
Absorptionscoefficient  schon  ein  sehr  geringer  ist;  wie  viel  geringer  ist  er  erst 
bei  den  violetten  oder  ultravioletten  Strahlen !  So  ist  es  leicht  zu  erklären,  dass 
Fol  und  Sara  sin  ihre  photographischen  Platten  hei  Villafranca  noch  in  400  m  Tiefe 
belichtet  fanden  und  die  zoologische  Station  in  Neapel  im  offenen  Meer  bei  Capri 
selbst  in  550  m  Tiefe  nach  eiuhalbstündiger  Aussetzung.  (Petersen).*)  Die  Ein- 
wände gegen  letztere  Resultate  sind  nach  Hüfner's  Untersuchungen  hinfällig. 
Von  flachen  Meeren  weiss  man  wohl,  dass  sie  die  Farbe  des  Bodens  wiedergeben. 
A^or  allem  gilt  dies  für  die  Gewässer,  welche  nicht  viel  mehi-  als  10  m  tief  sind. 
(Von  Verunreinigung  des  Wassers  ist  hier  abgesehen.) 

Schwarzer  und  grauer  Schlick,  gelber  Sand  und  grüner  Algenhoden,  rothe 
Florideenwiesen  u.  s.  w.  geben  dem  Wasser  bestimmte  Tinten.  Für  den  offenen 
Oeean  bildet  denselben  UutergTund  das  dunkle  Blau  der  Wassertiefen,  von  der 
Sonne  belebt  und  genährt.  Wer  den  schönen  blauen  ti-opischen  Ocean  beim  Sinken 
der  Sonne  beobachtet,  sieht,  wie  mit  dem  schwindenden  goldenen  Ball  auch  die 
Farben  des  Wassers  dahin  schwinden.  Noch  ist  es  einen  Augenblick  hell,  wenn 
die  Sonne  gesunken  ist,  aber  das  Wasser  ist  dunkel,  schwarzblau  und  verrätli  die 
Nacht,  die  schon  in  geringer  Tiefe  eingetreten  ist  und  ewig  in  den  abyssischen 
Tiefen  herrscht. 


schichte   des   Bodensees    und   seiner   Umgebunq-)    liat    neuerdings   zu  Neapel   folgende   Daten 
gewonnen,  die  icli  der  Anschaulichkeit  halber  ITki-  mittlieilen  will: 

cbm  Gas  in   1   el)m  Meerwasser 
Tiefe  N.  0.  COo 

25  m         11.64  5,3  11.3 

590  m         11,2  4,3  11,5. 

Zwar  ist  es  wnlirscheinlieh,  dass  die  Hälfte  der  Kohlensäure  locker  an  ßicarbonat  ge- 
bunden ist,  doch  bleibt  aueli  in  diesem  Falle  genug  übrig. 

*)   s.  Chun:   Die  pelagische  Thierwelt   in   grösseren  Meerestiefen,   S.  59.     ßibliotheca 

zoologica  Heft  1  1888. 

6* 


34  I^r-  Augustin  Krämer. 


üass  die  Meere  der  kalten  Zone  nicht  das  satte  Blau  der  warmen  aufweisen, 
und  sogar  oft  grünliche  Töne  zeigen,  dürfte  seine  f]rl\lärung  darin  linden,  dass  die 
Lichtmenge  hier  an  und  für  sich  eine  geringere  und  die  xltmosphäre  nahezu  immer 
voll  von  Niederschlägen  ist.  Ein  schöner  Sommertag  bringt  auch  ein  blaues  Meer, 
w'enn  auch  nie  den  Glanz  des  tropischen  Oceans. 

Ob  die  Wasserwärme,  das  schiefere  Einfallen  der  Sonnensti'ahlen  und  der 
Salzgehalt  endlich  hier  nicht  Moditicationcn  hervorrufen,  müssen  besondere  Unter- 
suchungen hervorthun. 

p]in  Factor  aber,  dem  mim  bislang  wenig  Beachtung  geschenkt  hat  und 
welcher  oft  nicht  ohne  Bedeutung  zu  sein  scheint,  ist  der  verschiedene  l^lanktoii- 
gehalt  der  tropischen  und  der  kalten  Meere.  Nach  den  Resultaten  der  Plankton- 
expedition und  denen  dieser  Arbeit  darf  es  ja  nicht  mehr  zweifelhaft  sein,  dass 
die  tropischen  Gewässer  weit  ärmer  an  microscopischer  Planktonmasse  sind  als  die 
kalten.  Insbesondere  ist  es  in  letzteren  das  zeitweise  Auftreten  einer  Unmasse 
von  Diatomeen,  was  den  warmen  Meeren  vollständig  zu  mangeln  scheint.  (Nicht 
einmal  die  Phycochromaceen  können  hier  in  Frage  kommen,  da  sie  nur  sehr  zer- 
streut und  an  der  unmittelbaren  Oberfläche  leben,  ausserdem  aber  auch  den  kalten 
Meeren  zukommen.)  Vor  allem  ist  es  die  Durchsichtigkeit,  die  Reinheit  der  cry- 
stallenen  Fluth,  welche  man  nur  in  tropischen  Meeren  in  ihrer  Vollendung  sieht 
und  welche  durcli  die  Armuth  an  Plankton  zu  erklären  ist. 

von  Drygalski  sagt  in  einem  Aufsatz  „Zur  Bestimmung  der  Meeresfarbe" 
(Petermann's  Geogr.  Mittheiluugeu  1892  S.  286)  von  den  Grönländischen  Ge- 
wässern : 

„Den  Grundton  der  Meeresfarbe  müssen  wir,  wie  es  sich  ja  auch  bei  den 
früheren  Meeresforschungen  herausgestellt  hat,  als  ein  tieferes  Blau  liezeichnen. 
dem  Farbe  I.  der  Forel'schen  Scala  recht  gut  entspricht.  Wohl  durch  Beimengung 
organischer  Substanzen,  wie  es  sich  in  einzelnen  Fällen  durch  die  gleichzeitigen 
Planktonfänge  Dr.  Vanhöffen's  mit  Sicherheit  erkennen  Hess,  wird  diese  tief- 
lilaue  Farbe  in  bläuliches  Grün,  Grün  und  dann  in  bräunliche  Töne  übergeführt. 
Besonders  die  Davisstrasse  war  an  bräunlichen  Nuancen  reich  u.  s.  w.'* 

Ich  will  hier  nur  noch  vorweg  erwähnen,  dass  im  zoologischen  Institut  zu 
Kiel  Ostseefänge  gezählt  worden  sind,  die  in  1  cbm  Wasser  einmal  45  Millionen 
Chaetoceras  und  ein  andermal  100  Millionen  Rhizosolenien  enthielten  und  dass 
Peck  (60)  nocli  weit  grössere  Mengen  in  der  salzigen  Bussard-Bay  in  Nord- 
Amerika  gefunden  hat.  Welch  ein  Unterschied,  wenn  man,  wie  ich  jüngst  im 
April,  öfters  15  cc  Diatomeenplankton  in  1  cbm  Ostseewasser  findet,  während 
ich  in  Samoa  als  Höchstmaass  nur  1,4  cc  und  dazu  noch  Copepodenmaterial 
fand.  Wohl  scheint  es  vorzukommen,  dass  zu  gewissen  Zeiten  der  Planktongehalt 
in  den  Polarmeoren  sehr  niedrig  ist,  wie  es  Vanhöffen  meldet,  welcher  in 
(Jrönland  im  Februar  0,35  cc  (27  m)  und  im  September  170  cc  (26  m)  foiid 
und  daraus  wäre  es  auch  zu  erklären,  dass  Scoresby  von  einer  Durchsiclitig- 
keit  der  See  von  145  Meter  bei  Spitzbergen  (was  übrigens  Kr ü mmol  für  einen 
Schreibfeliler  liält)  berichtet ;  das  Umgekehrte  ist  in  den  Tro})en  zweifellos  nicht 
der  Fall,  es  scheint  dort  eben  immer  wenig  Plankton  vorhanden  zu  sein. 


V.    Zusammenfassung  der  Bedingungen  für  das  Ritt'wachsthum.  85 

AViis  die  Messuug-oii  im  Pacitischcii  Occiiii  behufs  Feststellung-  der  Durch- 
sicliti,o-l<('it  l»etrift't.  so  will  irli  nur  die  <>Tösseren  rntersueluingsserien  erwähnen, 
welche  während  der  W  ilkes-Kxjtedition  (1840)  geniaeht  wurden  und  ca.  30  ni 
ergaben,  während  Asclienborn  in  lieiniischen  Gewässern  an  IJord  S.  M.  S.  Niobe 
ungefähr  3  mal  weniger  fand.  (Annalen  der  Hydrographie  l^^H.)  Im  übrigen 
siehe  hierüber  die  Arbeit  KrümmeTs  über  die  Durchsichtigkeit  des  Meerwassers  (39b.) 

In  neuester  Zeit  luit  Professor  .1.  Thoulet  in  Nancy  (Bericht  im  Prome- 
theus No.  340  April  1896)  in  einer  Arb(>it  alle  Factoren  berücksichtigt.  Er  hält 
das  Wasser  an  und  für  sich  für  blau:  aber  in  demselben  gelöste  und  vertheilte 
Stoffe  bringen  gelbe,  grüne,  rothe  und  braune  Töne  hervor.  Als  Factoren  werden 
aufgeführt : 

1.  Tiefe  des  Wassers, 

2.  Farbe  des  Grundes, 

3.  Intensität  des  Himmelslichtes, 

4.  Erhebung  der  Sonne  über  den  Horizont, 

5.  Temperatur  und  Salzgehalt,   welche    den  Brechungsindex   des  Wassers 
A'erändern. 

6.  Bewegung  der  Oberfläche  und  Pichtung  der  Wellenbewegung  in  Bezug 
auf  den  Beobachter, 

7.  Beschaffenheit,    Grösse    und  Menge    der  vom  AVasser   in    der  Schwelle 
gehaltenen  mineralischen  oder  vegetabilischen  Körper  (Algen), 

8.  die  Gegenwart   mikroskopischer  Thiere   und   ihi'e  Bewegungen,   welclie 
zum  Theil  vom  Lichte  und  der  Atmosphäre  abhängen. 

Diese  Arbeit,  welche  mir  erst  nach  Niederschreibung  der  vorhergehenden 
Zeilen  bekannt  wurde,  vergisst  keinen  der  anscheinend  in  Frage  kommenden 
Punkte.  Aber  Thoulet  scheint  die  Arbeit  von  Hüfner  nicht  bekannt  gewesen 
zu  sein,  und  über  das  Plankton  standen  ihm  keine  Daten  zu  Gebote. 

Er  bespricht  in  diesem  Sinne  die  Ursachen  der  Namen  des  Gelben,  des 
Weissen,  des  Grünen  (persischen),  des  Schwarzen,  des  Purpur-  und  des  Rothen 
Meeres,  welch  letzteres  seinen  Korallcnbänken  seinen  Namen  verdanken  soll.  Die 
braunrothen  Phycochromaceen,  das  Trichodesmium  Ehrenbergs  erwähnt  er  nicht. 
Wenn  man  indessen  bei  Betrachtung  dieses  Meeres  den  'gewöhnlichen  niederen 
Standpunkt  bei  Suez  wählt,  so  kann  es  einem  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  auch 
hier  die  Sonne  es  ist,  welche  diese  Auslösung  auf  der  Netzhaut  bei  den  Israeliten 
hervorgebracht  hat.  Scharf  umgrenzt  in  der  zitternden  Luft  der  Libyschen  Wüste 
sinkt  der  goldrothe  Sounenball  und  setzt  den  Abeudhimmel  in  purpurne  Gluth. 
Im  Osten  das  Sinaigebirge  in  rosaftirbigem  Schimmer,  dazwischen  die  spiegelnde 
blaue  See,  im  Widerglanz  roth  schimmernd,  in  seinem  Schatten  violett;  was  ver- 
mögen die  zersti-euten  gelbrothen  Fladen  der  Algen,  die  wenigen  kümmerlichen 
Korallenriffe  der  Ostküste  oder  gar  die  verhältnissmässig  grosse  Zahl  von  rothen 
Gopepoden,*)  welche  ich  daselbst  fand,  gegen  die  Grossartigkeit  des  Wüstenlichtes, 


*)  Die  OberfläL-henfängo  daselbst.  Ende  Juli  und  Anfang  August,  von  Gies brecht 
bearbeitet  (58  c.),  wiesen  nahezu  durchweg  nur  starkroth  gefärbte  Copei^oden  auf;  der  Sitz 
des  Farbstoffs  war  allerdings  im  Parenchym,  in  den  Oeltropfen.  Im  übrigen  erscheint  es 
richtig,    wenn    Simroth    von    den    pelagischen    Schnecken    der    Planktonexpedition    verall- 


86  ^^-  Augustin  Krämer. 


welches   nur   an   den  Polen,  wenn  auch    nicht   an  Tinten,    so    ducli   im  Spiel   des 
Lichtes  überti'oifen  wird. 

Sind  es  nicht  dieselben  Empfindungeu,  wenn  Selenka  in  seinen  ,. Sonnige 
Welten"  (S.  272)  mit  den  Augen  des  Künstlers  folgende  Betrachtungen  anstellt: 

,.Im  rothen  Meer  und  indischen  Ocean  fesselt  vor  allem  der  Farbenwechsel 
des  Wassers.  Bei  klarer  ruhiger  Luft  erscheint  die  See  dunkelveilchenblau,  an 
den  Untiefen  gTünlich,  bei  scliwach  bewölktem  Himmel  korublumen-  bis  lichtblau, 
im  Reflex  dunkler  Wolken  blaugrau,  marineblau  bis  tintenschwarz.  Eine  leichte 
Brise  wirft  grünliche  Tinten  dazwischen  und  im  Beflexe  der  Strahlen  des  Sonnen- 
auf- und  Unterganges  glüht  das  Wasser  wie  flüssiges  Kupfer." 

7.    Die  Wachsthumschnelle  der  Korallen. 

Dana  giebt  an  (3c  S.  123),  dass  eine  Mäandrina  ca.  2  cm  im  Jahre  wachse 
und  Madreporen  bis  zu  7  cm  (s.  bei  Dana  weitere  Angaben). 

Nach  Agassi z  (26 d)  wurden  Exemplare  von  Orbicella,  Manicina  und  Iso- 
phyllia  an  einem  Telegraphenkabel  bei  Key  West  im  Jahre  1888  gefunden,  welche 
3 — 7  cm  in  7  Jahren  gewachsen  waren. 

Demnach  schätzt  Agassiz  an  den  Floridariffen,  dass  sich  einBiffvonlSm 
Mächtigkeit  in  1000—1200  Jahren  gebildet  haben  könne. 

Eigene  Beobachtungen  an  Korallenstöcken  liegen  nicht  vor. 

Aber  die  Photographie  von  1880  giebt  einige  Anhaltspunkte  für  die  Ver- 
schiebung der  Eift'kante.  Wenn  man  die  Karte  von  1895  betrachtet,  so  sieht  man, 
dass  die  kleine  Ausbuchtung,  welche  zwischen  dem  inneren  (Bake)  und  äusseren 
Riffvorsprung  liegt,  sich  etwas  ausgefüllt  hat.  Es  wäre  dies  ein  Beweis  für  ein 
ziemlich  ausgiebiges  Riffwachsthum,  zugleich  ein  Beweis  für  die  Richtigkeit,  dass 
an  der  Leekaute  im  Hafen  die  Korallen  genug  Nahrung  finden. 

8.    Temperatur  und  Salzgehalt. 

Es  wird  angegeben,  dass  die  Temperatur  des  Wassers  nicht  unter  21**  C. 
fallen  darf,  wenn  die  Korallen  noch  fortkommen  sollen.  Alle  Korallenrifte  liegen 
innerhalb  der  Wendela-eise  mit  iVusnahme  der  Bermudas  (32 "  n.  Br.),  welche  vom 
Golfstrom  erwärmt  sind.  Dort  kommen  indessen  Meerestemperaturen  bis  zu  19  ^  C, 
vor  und  eine  Amplitude  von  mehr  als  12°  C. 

In  Samoa  ist  die  mittlere  Temperatur  des  Meerwassers  27,5"  ('.  mit  nur 
sehi*  geringen  Schwankungen. 

Im  neuen  Segelhaudbuchatlas  des  Stillen  Oceans  wird  als  mittlere  Wasser- 
dichte für  Samoa  1(»27  anf>'et>-eben. 


gemeincrnd  sagt  (Vcrh.  der  deutsclien  zool.  Gesellsch.  1H!»5  S.  123):  „Die  liöcliste  andauernde 
Belichtung,  welche  auf  der  Erde  möglich  ist,  erzeugt  bei  langer  Dauer  in  den  dem  Lichte 
am  meisten  exponirten  Theilen  (bei  Schnecken  im  3Iantcl  und  im  Zusammenhange  damit  im 
F>iute)  die  Stimmung  zur  Abscheidung  von  Farben,  welche  den  küi-zesten  Wellen  des  Spec- 
trunis  entsprechen.'' 


V.    Zusanimonfassung  der   Bedingungen  l'iir  ilas  Jiirtwachsthum.  87 

9.    Der  Einfluss  des  Süsswassers  in  Samoa. 

Sclion  Dana  wies  darauf  liiii,  dass  dio  sainoaiiisclicii  Kiffc  durch  die  Süss- 
■wasscM-zufliissc  iiiclit  in  nounenswertliom  Grade  hccinHusst  worden.  Kr  führt  unter 
anderen  auch  (h'u  wasseiTeichen  Falefä-Fluss  an,  dessen  Mündung  dureli  ein  Korallen- 
riff nalu'zu  verlegt  wird,  so  dass  der  Fluss  gezw'ungen  ist,  nach  Osten  auszu- 
weichen. Ich  führte  aucli  schon  an,  dass  der  Mulivaitluss  zu  Apia  direct  auf  das 
Mittelritt"  ausfliesst,  wie  auch  das  Flüsschen  in  der  Solosolo-Bucht  direct  auf  ein 
Eiff  ausmündet. 

Die  durch  die  Flüsse  niedergeführten  Wassermengen  sind  zur  Trockenzeit 
so  gering,  dass  eine  Aussüssung  wegen  der  Gezeiten  nicht  stattfinden  kann.  Anders 
ist  es  allerdings  zur  Regenzeit,  da  die  reissenden  Bergflüsse  alsdann  durch  Erden- 
theile  so  getrübt  sind,  dass  die  Verunreinigung  wold  scliädlich  wirken  kann.  Hier 
scheint  die  lange  Trockenzeit  alsdann  ausgleichend  zu  wirken. 


VI.  Eine  neue  Anffassung  der  Entstelumg  der  Atolle 
im  Hinblick  anf  die  Darwin 'sdie  nnd  Murray 'sehe 

Theorie. 


Bei  der  Darwin' scheu  Theorie  war  eiüer  der  leitenden  Punkte  die  wunder- 
bare Form  der  Atolle.  Vor  allem  wurde  von  Darwin  und  seinen  Anhäng-ern  den 
in  die  Lauge  gezogenen  Formen  ein  besonderes  Gewicht  beigelegt  und  betont, 
dass  die  Krater  meist  rund  und  oval,  nie  aber  eine  solche  oblonge  Configuration 
besässen.  Ferner  wird  die  Grösse  vieler  Atolle  als  Gegenbeweis  angeführt  und  die 
Häufigkeit  in  einem  engumgrenzten  Gebiet. 

So  sagt  Dana  (3b  S.  124):  „Die  Theorie  der  unterseeischen  Krater  erfordert, 
dass  der  Boden  vollständig  mit  solchen  bepflanzt  wäre  (70  in  einem  einzigen 
Archipel)  und  sie  müssen  alle  von  derselben  Erhebung  sein.  Es  ist  nicht  bekannt, 
dass  so  viele  gleich  grosse  Vulkane  auf  einem  Gebiet  vorkommen.  Die  Anden- 
vulkane wechseln  von  1000  bis  10000  Fuss  in  Höhe. 

Ferner  giebt  es  Atolle  von  50  Meilen  Breite  und  20 — 30  Meilen  sind 
gewöhnlich. 

Solch  grosse  Krater  sind  aber  unbekannt." 

Gegen  die  Zahl  der  Krater  lassen  sich  leicht  im  pacifischen  Gebiet  Gegen- 
beweise finden;  wie  aus  der  Topographie  Samoas  hervorgeht,  bilden  die  Samoa- 
inseln  eine  ununterbrochene  Reihe  von  Kratern;  70  werden  sich  hier  leicht  auf- 
bringen lassen. 

Betrefifs  der  Grösse  der  Krater  liesse  sich  sagen,  dass  der  grosse  Krater  von 
Haleakalä  auf  Hawai'i  45  km  im  Durchmesser  hat,  während  Vliegenatoll  in  den 
Paumutu  allerdings  60  Meilen  lang  (ca.  100  km)  und  in  den  Malediven  sogar 
eines  von  80  Meilen  Länge  ist. 

Eines  ist  aber  richtig,  dass  Zahl  und  Grösse  vereint  nirgend  noch  beobachtet 
worden  ist,  denn  die  Samoakrater  sind  nur  klein  und  der  Haleakalä  ist  vereinzelt, 
wenn  auch  einige  grössere  Krater  noch  auf  Hawai'i  ihm  beigesellt  sind. 

Jordan  sagt  (18):  „Die  Kratertheorie  ist  einfach  durch  die  Thatsache  wider- 
legt, dass  Atolle  oft  Grundrisse  zeigen,  wie  sie  Krater  erfahrungsgemäss  nie  haben, 
z.  B.  fünfmal  so  lang  als  breit." 


VI.    Eine  neue   AütTassuii^'  dei-   Kiitslcluino-  der  Atolle  et('.  89 

Letzteres  ist  zweifellos  rielitio-.  Darwin  und  Dana  <>"eben  zalilrcirlie  Ab- 
bildungen in  ihren  HüclieiMi,  so  das  aus  3  ixiiigcn  bestellende  MetschnikotlatoU 
(s.  Karte  der  IVlarsliallinseln).  wclclies  3  gesunkene  Inseln  andeuten  soll;  l'crner 
werden   die  (lilbertinseln  und  die  Malediven   ins  Treffen   geluhrt. 

Lyell  war  einer  der  Hauptvertreter  der  Kratertlieorie,  bevor  er  sicli  durch 
Darwin  überzeugen  Hess;  wenn  man  indessen  die  Bildung  der  Atolle  durch  säculäre 
Senkung  von  der  Hand  weist,  so  kann  man  der  Krater  (bu-h  nicht  gut  enti'athen, 
da  die  Murray  "sehe  Solutions-  und  Auswascimngstheorie  wolil  für  die  seielit- 
lagunigen.  aber  niclit  für  die  tieflagunigen   Atolle  Itefriedigt. 

Man  muss  sich  nur  ein  anderes  Hild  von  dem  Aufbau  eines  Kraters  unter 
"Wasser  machen,  und  wird  nicht  annehmen  düri'en,  dass  es  sicli  bei  den  Atoll- 
gebieten   in    allen    Fällen    um  versunkene    oberseeische   Krater   handelt. 

Für  die  ferneren  Ausführungen  bedarf  ich  folgender  Grundsätze,  welche  wohl 
unbestritten  bleiben  dürften : 

1.  At(dle  mit  tiefen  Lagunen  sind  l»is  jetzt  nur  in  vnlkaniscliem  Gebiet  beobaclitet 
worden. 

2.  Vulkanische  Thätigkeit  kommt  auch  submarin  vor. 

3.  Die  Bildung  submariner  Vulkane  und  Krater  erfolgt  unter  ganz  anderen 
Bedingungen  als  in  der  specitisch  viel  leichteren  Luft. 

4.  Die  Atollgruppen  pflegen  meist  eine  gewisse  Richtung  zu  verfolgen  und  die 
einzelnen  Atolle  einer  Gruppe  haben  ihre  Bichtung  im  Ganzen  in  denisell)en  Sinne. 
Hierbei  möchte  ich  im  voraus  an  die  Worte  von  Agassiz  erinnern  (26a): 

..Nirgend  finden  wir  bessere  Beispiele  von  Bildung  submariner  Bänke  in  Verbin- 
dung mit  Vulkaiu'n  als  in  AVestindien.  Eine  grosse  Zahl  von  Gipfeln  vulkanischen 
Ursprungs  sind  nahezu  bis  zur  Meeresoberfläche  erhoben  und  dienen  als  Grund 
grosser  submariner  Bänke.  Es  ist  w'ohl  auch  bekannt,  dass  die  Challenger-  und 
Tuscarora-Lothungen  eine  Zahl  submariner  Erliebungen  ergeben  haben,  bedeckt  mit 
Depositen  von  Pteropoden-  und  Globigerinenschlamm,  ausgedehnte  Bänke  bildend, 
welche  den  Grund  für  Barrieren  und  Atolle  lieferten,  während  das  vulkanisclie 
Substratnm  vollständig  verborgen  ist." 

1.  Die  Configuration  des  Meeresbodens  im  StiUen  Ocean. 

Wenn  wir  die  grösseren  Atollgrnppen  lietrachten,  n;imlieli  die  raumutu.  Viti. 
Tonga,  Illlice.  Gilbert.  jMarsliall-Inseln  und  Carolinen,  so  sehen  wir.  dass  die  ein- 
zelnen Atolle  einer  Gruppe  niclit  durch  jene  grosse  Tiefen  voneinander  getrennt 
sind,  wie  z.  B.  die  Inseln  des  Samoa -Archipels  untereinander  und  von  Tahiti. 
Marquesas.  welehe  ja  als  naliezu  reine  Lavakegel  aufzufassen  sind.  Die  submarinen 
Ergüsse  wurden  liier  diii-(]i  das  Wasser  wenig  beeinflusst.  Das  zusammenhängende 
Magma  floss  zwar  des  geringeren  specifischen  Gewichtes  im  AVasser  halber  nicht 
demgemäss  zu  Thale  wie  an  der  Luft.  Es  thürmte  sich  auf.  während  es  an  der 
Luft  lierabfloss,  hier  sanfte  Böschungen  bildend  wie  z.  !>.  au  den  Hawaiikratern 
ersichtlich  ist. 

Anders  aber,  wenn  anstatt  des  Magmas  nur  vulkanische  Asclien  und  Sande 
ausgeworfen  wurden.  Aufwirbelnd  wurden  sie  durch  die  jeweilig  vorherrschenden 
Sti'öme  abgeführt,  und   je  iiai-li  Sdiwere   früher  oder  später  abgesetzt. 


90  ^^-  Angustin  Krämer. 


Wenn  man  auf  tlcr  Kai'te  die  Höhenrücken  des  Stillen  Oceans  betrachtet 
an  der  Hand  der  Stromkarte  des  Segelhandbuchatlas  Tafel  4,  so  fällt  es  auf,  dass 
sie  im  allgemeinen  die  Eichtung  der  Hauptströmungen  einhalten,  so  die  Paumutu-, 
Ellice-,  Gilbert-Inseln  die  Passatdrift,  die  Carolinen  die  Ost-  und  Westdrift. 

Nun  will  ich  natürlich  damit  nicht  sagen,  dass  jene  submarinen  Höhenrücken 
den  Strömungen  ihr  Dasein  verdanken:  die  Spaltenbildung  der  Erdkruste  und  die 
daran  sich  ehemals  anschliessende  vulkanische  Thätigkeit  kümmert  sich  wenig  um 
die  Wind-  und  Ausgleichsströmungen  der  Oceane. 

Auch  die  Frage,  ob  diese  Höhenzüge  als  primär  gebildete  vulkanische  Er- 
hebuno-en  oder  als  Theile  eines  versunkenen  Continents  aufzufassen  sind,  interessirt 
hier  nicht  weiter.  Als  Thatsache  dürfte  gelten,  dass  überall  Zeichen  vulkanischer 
Thätigkeit  nachgewiesen  sind,  was  namentlich  aus  den  Archipelen  erhellt,  wo  Atolle 
und  vulkanische  Inseln  zusammen  vorkommen,  wie  in  den  Viti-.  Tonga-,  Palau- 
inseln  u.  s.  w.,  nicht  zu  geschweigen  von  Samoa. 

'Wenn  mau  aber  diese  submarinen  Höhenzüge  als  vorhanden  betrachtet  und 
vulkanisch  thätig,  so  liegt  es  auf  der  Hand,  dass  bei  tiefer  Lage  der  Auswurfstelle 
die  aufgewirbelten  Asche-  und  Sandtheile  durch  die  Ströme  weit  abgeti-ageu  werden, 
ehe  sie  zur  Ablage  kommen,  und  dass  dadurch  die  Form  dieser  Erhebungen  im 
Lauf  der  Jahrtausende  sehr  beeinflusst  wurde.  Je  höher  aber  die  Kücken  steigen, 
je  mehr  werden  sich  isolirte  Kegel  auszubilden  vermögen,  je  nach  Ausdehnung 
und  Stärke  der  Auswurfstellen,  denn  desto  rascher  kam  das  Sediment  zum  Absatz. 

2.  Submarine  Vulkane  und  Geyserfelder  als  Bildner  des  Unter- 
grundes für  Atolle. 

Im  vorhergehenden  wurden  die  Grundzüge  schon  beleuchtet.  Weiter  oben 
wurden  schon  Beispiele  angeführt,  dass  submarine  Ausbrüche  mit  Asche,  Sand  und 
Lapilli  heute  noch  vorkommen. 

Es  darf  ja  sonder  Zweifel  angenommen  werden,  dass  in  der  tertiären  und 
posttertiären  Zeit  die  vulkanische  Thätigkeit  gerade  in  der  Südsee  sehr  ausgebreitet 
und  ergiebig  gewesen  ist;  allmälig  hat  seit  dieser  Zeit  ein  PJrlöschen  der  Thätig- 
keit stattgefunden,  welche  heute  nur  noch  an  einzelnen  Stellen  und  verhältniss- 
mässig  schwach  vorlianden  ist.  Immerhin  besitzen  wir  in  der  Südsee  noch  alle 
Abstufungen,  von  den  Lavaergüssen  in  Hawaii  bis  zu  den  Wiirmwasserquellen  und 
7Air  Solfatarenthätigkeit  an  den  verschiedensten  Orten. 

Insbesondere  fehlt  es  aber  nicht  an  zahlreichen  Beweisen  von  Auswürfen  von 
Asche  uiul  Sand,  worunter  uns  der  Manu'a-Ausbruch  und  die  Entstehung  des 
Falcon-lsland  besonders  interessiren  (Tarawera.  Krakatau  u.  s.  w.).  Bei  ersterera 
(Manna)  flogen,  trotzdem  der  Krater  nachher  ca.  1»»0  Meter  tief  unter  der  Ober- 
fläche befunden  wurde,  die  Steine  viele  100  Meter  liocli  in  die  Lüfte  empor;  noch 
lehrreicher  ist  das  plötzlich  entstandene,  ganz  aus  Asche  zusammengesetzte  Falcon 
Island,  das  trotz  einer  Höhe  von  ungeftihr  50  m  und  fortdauernder  Thätigkeit  all- 
mälig wieder  weggewaschen  wird  (sielie  III.  5.),  ähnlich  Ferdinandea  im  Mittelmeer. 

Diese  isolirten  Paroxysmen  sind  natürlich  schwache  Bele^^-e  gegenüber  solch' 
grossen  Atollgebieten.     Man  muss  aber  dwh  bedenken,  dass  die  vulkanische  Thätig- 


YI.    Eine  neue  Auffassung  der  Entstehung  der  Atolle  etc.  91 

kcit  der  Kvdo  jetzt  in  den  Todeszii^'en  lieg-t.  und  dass  die  o-cologische  Zeit  der 
Yollkoninienen  Rulie  nicht  melir  allzuweit  entfernt  ist.     Die  Erde  altert. 

Imnierliin  hat  man  aber  an  einzelnen  Stellen  und  gerade  in  der  Südsce  noch 
Beispiele,  wie  ein  solch  local  vulkanisches  Gebiet  beschaffen  war,  nämlich  Neu- 
seeland. Die  daselbst  vorhandene  vulkanische  Spalte,  welche  in  einer  Länge  v(»n 
150  Seemeilen  (ca.  250  km)  vom  Vulkane  Tongariro  bis  zur  AVhakariinsel  in  der 
Bay  of  Plenty  von  SW  uacli  X()  zieht  und  durch  Hochstetter's  Beschreibung 
(..Xeu-Seeland")  so  j)erülimt  geworden  ist,  ist  ein  Ueberbleibsel  aus  jeuer  wild- 
vulkanischen Zeit.  Gegen  100  Stellen  sind  heute  noch  vorhanden,  wo  der  Dampf 
und  das  heisse  Wasser  dem  Boden  entströmt,  zu  geschweigen  vini  den  unzähligen 
kleinen  Dampf-Löchern  und  Mofetten.  Meist  liegen  diese  Stellen  und  Löcher  zu 
oiuzelnen  Grujtpen  vereint,  wie  beim  Geyserfeld  von  Whakarew'arewa.  von  Tikitere. 
Waiotapn,  Orakeikorako,  Wairakei,  Taupo,  Tokaano  u.  s.  w.  Der  Ausbruch  des 
Tarawera-Bergcs,  durch  den  im  Jalu-e  1886  die  weltberühmten  Terassen  am  Roto- 
mahana  zerstört  wurden,  und  die  des  Tongariro  (Ngauruhoe  und  Ruapehu)  sind 
noch  in  frischer  Lrinnerung.  Auf  einer  Tour  in  dieses  Gebiet  (s.  Globus  April 
1896  ..Ein  Planktonausflug  in  die  vulkanische  Gegend  Neu-Seeland"s")  habe  ich 
aber  auch  überall  gesehen,  wie  diese  Stelleu  eingeengt  worden  sind  und  wie  aus- 
gedehnt diese  Thätigkeit  früher  gewesen  sein  muss.  Ich  habe  auch  daselbst  gehört 
und  gelesen,  dass  zwischen  dem  thätigen  Krater  der  Whakariinsel  und  dem  Fest- 
land (in  der  Richtung  der  Spalte)  mehrere  Quellen  submarin  beobachtet  worden  sind. 

Man  denke  sich  nun  ein  solches  vulkanisches  Feld  submarin,  auf  einem 
Plateau,  wie  z.  B.  dasjenige,  welches  von  Samoa  nach  NW  läuft  und  die  Ellice, 
Gilbert,  Marshall  und  weiterhin  die  Carolinen  trägt.  Die  Lavaergüsse,  welche 
dieses  Plateau  gebildet  haben,  sind  versiegt;  Asche,  Erden  u.  s.  w.  werden  stetig 
in  die  Höhe  getragen,  breiten  sich  im  Wasser  baumförmig  aus,  um  dann  nach 
den  Seiten  sich  abzusetzen.  Neben  den  Vulkanen  die  zahlreichen  Solfataren  und 
Geyser,  welche  durch  den  Druck  der  überlagernden  Wassermasse  direct  von  oben 
gespeist,  eine  besonders  ausgiebige  Thätigkeit  entfaltet  haben  müssen. 

3.   Die  Meeresströmungen   und   Gezeitenströme   als  Anordner 

des  Sediments. 

Dieser  Absatz  erfolgte  indessen  nicht  so  regelmässig  und  ungestört,  wie  es 
scheinen  möchte.  Die  Strömungen  des  Meeres  tragen  die  suspendirte  Masse  fort, 
um  sie  erst  in  mehr  oder  weniger  grosser  Entfernung  zum  Niedersatz  gelangen 
zu  lassen.  Aber  nicht  allein  vulkanisches  Material  wird  das  sein;  alle  pelagischen 
Thiere,  vor  allem  das  Plankton,  das  mit  dem  Strome  treibt,  wird,  sobald  es  mit 
dem  heissen  Wasser  in  Berührung  kommt,  abgetödtet  und  mischt  sich  dem  Sedi- 
ment bei.  So  wird  es  leicht  erklärt,  dass  je  nach  Anordnung.  Zahl  und  Thätigkeit 
solcher  Quellen  die  sich  bildende  Kraterform  eine  verschiedene  sein  muss.  dass 
aber  im  allgemeinen  eine  dem  vorwaltenden  Strome  entsprechende  Richtung  der 
Atolle  wird  vorhanden  sein  müssen.  Würde  nun  dieser  Strom  immer  in  derselben 
Richtung  und  stark  sein,  so  müsste  die  Hauptanhäufung  immer  in  der  Richtung 
des  Stroms  erfolgen  und  zwar  würde  bei  einem  Oststrom  die  Anhäufung  im  Osten 
grösser  sein   als  im  Westen.     Es   müste    also    eine  Hufeisenfonn    Itei  einem  Atoll 


92  Dr.  Augustin  Krämer. 


eutstelic'ii.  lu  der  Tliat  gicbt  es  auch  solclie,  namentlich  in  den  Palauinseln  (siehe 
Semper's  Karte  9  c.),  wo  die  3  vorhandenen  Atolle  eine  Oeffnuug  beziehungsweise 
Schwäche  gegen  Süden  zeigen,  da  hier  der  an  der  Nordküste  Neu-Guinea's  nach 
Westen  setzende  Passatstrom  nach  Norden  umgebogen  ist,  um  in  den  Aequatorial- 
""CR'ensti'om  zu  münden.  AVenn  dieser  Nordost-Strom  noch  durch  den  Südwestmonsun 
unterstützt  wird,  soll  der  Strom  hier  über  2  Seemeilen  in  der  Stunde  laufen  (un- 
gefähr 1  m  in  der  Secunde),  eine  gewiss  nicht  zu  unterschätzende  Kraft.  Auch 
in  den  Marshallinseln  ist  ein  solches  Hufeisenatoll,  die  offene  Seite  dem  Strom 
zugekehrt.  Leider  sind  diese  Atolle  noch  niclit  genügend  vermessen,  so  dass  die 
Angaben  mit  Vorbelialt  gegeben  werden  müssen.*) 

Ein  solch  stärkerer  Strom  erscheint  für  die  Bildung  eines  Hufeisens  noth- 
wendig,  da  gröbere  Stücke  sehr  rasch  sinken,  so  dass  sie  durch  einen  sehwaclien 
Strom  nicht  wesentlicli  becinflusst  werden.  Günstig  verhalten  sich  aber  aucli  die 
feineren  Bestandtheile.  Thoulet  hat  darüber  Untersuchungen  angestellt  ( Experiences 
sur  la  Sedimentation.  Annales  des  Mines  1891)  und  gefunden,  dass  die  Nieder- 
setzung im  Salzwasser  ungleich  (viele  100 mal)  rascher  erfolgt  als  in  destillirtem 
Wasser  und  dass  auch  die  Wasserwärme  die  Senkung  begünstigt.  Globigeriuen- 
schalen  von  0,1  mm  sanken  7  mm  in  der  Secunde  und  ein  Strom  von  8  mm 
in  der  Secunde  hob  sie  schon  vom  Boden  ab,  während  6  mal  gTössere  Globigerinen- 
schaleu  eines  10  mal  gTösseren  Stromes  bedurften.  Ein  Druck  von  15  Atmo- 
sphären übte  keinen  merklichen  Einfluss  aus.  Diese  Untersuchungen  sind  nicht 
neu.  Schon  Scheerer  und  Schulze  (s.  Poggendorf's  Annalen  Bd.  82  1851 
und  Bd.  129  1866)  haben  solche  Beobachtungen  gemacht  und  kurz  vor  Thoulet 
der  amerikanische  Geologe  Brewer  (Memoirs  of  the  Nat.  Acad.  of  Sciences  Vol.  II 
1883).  welcher  nachwies,  dass  S^,,  Meerwasser  alle  Trübungen  in  30  Minuten 
vollständiger  abscheidet  als  Süsswasser  in  30  Monaten  (s.  Krümmel  39b  S.  75). 

Da  die  o-ewöhnliche  uno-efähr  9  Monate  des  Jahres  andauernde  Passatdrift 
in  den  Atollgebieten  selten  eine  grössere  Geschwindigkeit  als  ^/g  Seemeile  in  der 
Stunde  (=  ca.  ^/^  m  in  der  Secunde)  erreiclit  und  hier  die  Gezeitenströmungen 
theilweise  fördernd,  theilweise  compensirend  und  gar  rückstromig  wirken  kruiiicn. 
so  ist  es  wohl  erklärlich,  dass  man  es  hier  überall  mit  geschlossenen  AtoUlornieii 
zu  thun  hat,  und  dass  nur  die  Richtung  des  Stromes  im  Allgemeinen  in  der  Atoll- 
form   zum  Ausdruck   kommt.     Da  die  losen  Partikel    als  Asche  u.  s.  w.,    vielfach 


*)  Es  wurde  z.   B.  Jaluit   von  S.  M.   „Möwe"    im  Juli   und  August    1895    4  Seemeilen 

westlicher   liegend    gefunden,    als    in    den  Karten   verzeichnet   ist   und   in   dem   Berichte    des 

Coramandanten,  dam.  Capitänlieutenant  Faber   heisst    es    unter  anderem  (A.  H.  Juli  189(j): 

„Was  die  einzelnen  Atolle  anbelangt,   so    erscheint   die  Mehrzahl  derselben  in  den 

Kartell   in   ihrci-  inneren  Ausdehnung  zu  klein  angegeben;" 

und  über  Wind  und  Wetter  heisst  es  daselbst: 

„S.  M.  S.  Möwe  traf  in  den  Monaten  .luli  und  August  vorherrschend  trübes,  reg- 
nerisches unbeständiges  Wetter  an.  Der  Wind,  gewöhnlieh  südöstlich,  wehte  im 
Durchschnitt,  tagsüber  frischer,  in  Stärke  2  bis  4.  Nachts  flaute  der  Wind  meist 
ab;  es  setzten  aber  häufig  sehr  harte  Böen  von  der  Stille  aus  ein  mit  Stärke  6 
bis  8  und  schweren  Regengüssen.  Frischer  AVestwind  mit  entsijrechender  See  tritt 
manchmal  ganz  plötzlich  auf;  derselbe  weht  sich  aber  nach  10  bis  14  Stunden  bald 
wieder  aus   und   die  iuif"eivommene  See  yeht   sclinell  wieder  herunter." 


VI.    Eine  neue  Auffassung  der  Entstehung  der  Atolle  etc.  93 


ein  nicht  viel  <i;Tössorcs  speciüsclios  (Unvicht  als  das  Wasser  halben,  so  ist  es  auch 
erklärlicli.  wie  die  steilen  Böschungen  entstehen:  wälirend  sie  in  der  F.uft  durch 
AVinde  und  Wasser  (Hegen)  zu  Thal  gefördert  werden,  bleilx'U  sie  hier  in  den 
stillen  (»der  wenig  bewegten  AVasserschichten  der  Tiefe  ruhig  liegen  und  verkleben 
durch  mechanische  und  chemische  A^erbinduugen. 

Man  hat  eingeworfen,  dass  solche  submarine  Gipfel  ausserhalb  der  Atoll- 
gebiete nicht  beobachtet  seien:  doch  spricht  Heilprin  von  7  solchen  Erhebungen 
bis  zu  12  Faden  unter  die  Oberfläche  zwischen  Lissabon  und  Teneriffa,  und  von 
300  nachgewiesenen  in  allen  Oceanen  zusammen.  Man  muss  mit  einem  Urtheil 
in  dieser  Beziehung  über  die  Südsee  vorsichtig  sein,  welche  im  Ganzen  ja  noch 
so  ungenügend  vermessen  ist. 

Ehe  ich  indessen  zur  Erörterung  einiger  localer  A^erhältnisse  in  der  Südsee 
übergehe,  möchte  ich  3  Arten  von  Sti-ömuugeu  unterschieden  wissen,  solche  durch 
Ausgleich  (Meeresströmungen),  durch  die  Anziehung  (Gezeiten)  und  durch  AAlnde 
(Driften)  entstandene.  Den  AVinddriften  ist,  wenn  sie  nicht  durch  perennii-ende 
AAlnde  entstanden  sind,  keine  gTOSse  Tiefe  zuzuweisen,  während  den  Gezeiten- 
strömungen, namentlich  an  den  Küsten,  grössere  AVirkungen  zugedacht  werden 
müssen.  Leider  ist  gerade  darüber  wenig  bekannt,  wie  tief  die  einzelnen  Sti'ö- 
mungeu  reichen*). 

Ueber  die  Anordnung  der  grossen  Strömungen  im  pacifischen  Ocean  sagt 
Cäsar  Puls  in  einer  Arbeit,  welche  aus  dem  Material  der  Seewarte  zu  Hamburg 
hervorgegangen  ist  (Oberflächentemperaturen  und  Strömungsverhältnisse  des  Aequa- 
torialgürtels  des  Stillen  Oceans.**)  Dissertation  Marburg  1895.  Seite  34—36): 
,.Zu  beiden  Seiten  der  Kalmenzone  fliessen  die  beiden  von  den  Passaten  hervor- 
gerufenen Aequatorialströme  über  die  ganze  Breite  des  Oceans  nach  AA^esten.  Der 
südliche  Aequatorialstrom  ist  der  bei  weitem  mächtigere,  sowohl  was  Breite  als 
auch  was  Geschwindigkeit  betrift't.  Seine  Zone  ist  im  Mittel  zwischen  12"  S.  Br. 
und  5"  N.  Br.  Die  Zone  der  grössten  Geschwindigkeit,  der  stärkste  Stromsti'ich, 
ist  der  Nordraud  auf  der  ganzen  Strecke  von  den  Galapagos  an  bis  zur  Xordküste 
von  Neu-Guinea :  hier  w^erden  zuweilen  Stromversetzungen  von  über  lOo  Seemeilen 
in  24  Stunden  gefunden.  Nach  Süden  zu  nimmt  die  Geschwindigkeit  ziemlich 
rasch  ab ;  manche  Beobachtungen  scheinen  darauf  hinzudeuten,  dass  ausser  diesem 
sehr  ausgeprägten,  starken  Stromstrich  nördlich  des  Aequators  aucli  südlich  davon, 
etwa   in    5 "  S.  Br.  wiederum    ein  weniger   gut    ausgeprägier  Strich  grösserer  Ge- 


*)  Für  den  mächticren  (xolfstroiu  liegen  ueuerdinf>s  Resultate  in  tlieser  Hinsieht  vor 
von  dem  Commandanten  des  A'ermessungsdanipt'ers  „Blake"'.  In  den  A.  H.  Juni  1896  heisst 
es  darüber:  „Pillsbury's  Leistung  besteht  darin,  dass  er  —  um  genaue  Strommessungen 
ausführen  zu  können  —  das  regelrechte  Ankern  eines  grösseren  Schiffes  auf  offenem  Meere 
in  Wassertiefen  bis  zu  4  km  zuerst  ausgeführt  und  schrittweise  vervollkommnet  hat."  Pills- 
bury  fand  mitten  im  Strom  (15  Seemeilen  Abstand)  an  der  Oberfläche  3.1  Sm.  Geschwindig- 
keit in  der  Stunde  und  in  238  m  Tiefe  noch  2.2,  während  er  in  6  Seemeilen  Abstand  2,6  Sm. 
und  in  der  Tiefe  0,6  fand  (jenseits  der  Strasse  1.7  und  1,45).  Es  lässt  sich  ermessen,  dass 
nur  verhältnissmässig  wenig  bei  der  langsamen  Passatdrift  für  die  Tiefen  abfällt;  dass  aber 
die  grösseren  Strömungen,   wie  erwartet,    recht  tief  hinabroichen,  ist  nunmehr  sichergestellt. 

**)  Siehe  auch  die  Besprechung  im  Globus  Xr.  19  dieses  Jahrgangs  von  Gerhard 
Schott,  woselbst  auch  eine  Strömunsfskarte. 


94  Dr.  Auofustin  Krämer. 


schwindigkeit  auftritt,  wie  er  mit  grösserer  Bestimmtheit  im  atiantischeii  Ocean 
von  Hoffmann  nachgewiesen  ist.  Dieser  zweite  Stromsti-ich,  der  etwa  von  100° 
bis  140 "  W.  Lg.  vorhanden  zu  sein  scheint,  kommt  aber  nicht  klar  zum  Aus- 
druck u.  s.  W."' 

„Von  etwa  140'^  W.  Lg.  an  nimmt  der  Theil  der  Strömung  südlich  v(»m 
Ae(|uator  eine  etwas  südlich  von  West  liegende  Eichtung  (wie  auch  der  Piissat 
etwas  nördlich  von  Ost  weht),  wodurch  ein  gTosser  Theil  des  Wassers  unser  Ge- 
biet verlässt.  Westlich  von  180''  hört  diese  Erscheinung  wieder  auf;  das  übrig- 
bleibende  Wasser  sammelt  sich  wieder  und  strömt  nördlich  von  Neu-Guinea,  auf 
wenige  Grade  zusammengedrängt,  wieder  mit  sehr  grosser  Geschwindigkeit,  um 
unmittelbar  vor  Gilolo  nach  Norden  umzubiegen  und  die  Wurzel  des  Gegenstroms 
zu  bilden." 

„Zwischen  den  beiden  Passatströmungen  nacli  Osten  fliesst  über  die  ganze 
Breite  des  Oceans  hin  der  Aequatorialgegenstrom,  dessen  Geschwindigkeit  haupt- 
sächlich von  der  südlichen  Aeiiuatorialströmung  abhängt:  ist  diese  stark,  so  ist 
auch  der  Gegensti'om  stark,  erreicht  jedoch  niemals,  ausser  am  äussersten  West- 
ende, wo  er  durch  den  Monsun  unterstützt  wird,  dieselbe  Geschwindigkeit,  wie  der 
Nordrand  jener,  bleibt  vielmehr  um  mindestens   ^4  dahinter  zurück." 

,.Das  ist  gewöhnlich  das  Normalbild,  das  die  Strömungen  so  lange  innehalten, 
wie  es  nur  irgend  geht;  sie  lassen  sich  nur  ungern  und  nach  langem  Kampfe 
mit  widrigen  Winden  zwingen,  andere  Bahnen  einzusclilagen  und  kehren  sofort 
wieder  zum  Normalzustand  zurück,  sobald  die  widrigen  Verhältnisse  aufgehört 
haben,  ohne  erst  die  Gunst  des  Windes  abzuwarten.  So  verdrängen 
die  Monsune  das  Westende  des  nördlichen  Aequatorialstroms  nur  langsam  aus  dem 
Gebiet  zwischen  Philippinen  und  Marianen  und  nur  während  der  drei  Monate  Juli 
bis  September  gelingt  ihnen  das  zumeist." 

„Aehnlich  ergeht  es  dem  Westende  des  südlichen  Ae(iuat()rialstr()nis.  der 
aber  wohl  nur  im  December  nördlich  von  Neu-Guinea  und  weiter  östlich  unter- 
drückt wird;    es   herrscht   zu  dieser  Zeit  wohl  keine  ausgeprägte  Strömung  hier." 

„Den  härtesten  Kampf  aber  hat  der  Gegensti'om  zu  führen.  Er  ist  keine  vom 
Wind  hervorgerufene  Strömung,  wie  die  Aequatorialströme,  sondern  eine  Ausgleichs- 
sti'öraung,  die  die  grossen  Wassermassen,  die  die  Passatdriften  (besonders  die  der 
südlichen,  denn  die  der  nördlichen  können  in  der  Hauptmasse  nach  Norden  ab- 
fliessen)  nach  Westen  geführt  haben,  wieder  abführen  muss.  So  ist  sie  weniger 
vom  Winde  abhängig  als  die  Driftströmungen;  sie  muss  bestehen,  so  lange  die 
Passatströmungen  bestehen." 

Die  Atollgebiete,  welche  zur  Betrachtung  kommen  können,  sind  die  Pauniutu-, 
die  Ellice-,  (Union-  und  Phoenix-),  Gilbert-  und  Marshallinseln,  von  denen  Karten 
beigegeben  sind.  Von  den  übrigen  Gebieten  aucli  di(^  Carolinen,  Palauinselu, 
wähi'end  in  den  Viti-  und  Tongainselii  die  StrCtnuingen  nicht  ausgeprägt  genug 
sind.  Es  sei  nur  die  mindestens  -j.^  des  Jahres  andauernde  Passatzeit  berück- 
sichtigt. 

Li  der  reinen  Passatdrift  liegen  die  nördlicli  von  Samoa  gelegenen  Ellice-, 
Union-.  Phoenix-  und  Gilbertinseln.     Die  Drift  ist   bei  Puls  von  Ost  nach  West 


VI.    Eine  neue  Auffassuns?  der  Entstehung  der  Atolle  etc. 


95 


und  sogar  tlicilwcisc  iiadi  Südwest  iiiarkirt.  Docli  ist  bostimmt  aiizuiiclimoii,  dass 
sie  dem  häutig-  aus  inclir  südiistliclicr  l\iclitung  wcliciidcii  l'assat  /aifulgc  eine 
Richtung  von  OSO  nach  WNW  liat.  wie  auch  (h-r  Wind  im  Segelhandhuchatlas 
vermerkt  ist.  In  dieser  Richtung  liegen  aucli  die  meisten  At(ille  dieser  Gruppen, 
bis  auf  die  nördlichsten  der  Gilbertinseln,  welche  eine  mehr  ([uere  Lage  haben, 
(hl  sie  seinen  in  die  Schlingen  des  Aequatorialgegenstromes  hineinreichen.  Kei- 
lieo-ende  Karte  aus  Dana's  Ruch  ist  in  diesem  Sinne  mit  IMeilen  versehen. 


Karte  aus  Dana's  „Corals  and  Coral  Islands",  welche  sehr  schön  die  Richtung  der  Atolle  und 
submarinen  Bänke    im    Sinne    der   Südostpassatdrift   zeigt    (bis    y.n    den   Marshall-Inseln   hin). 

Die  Pfeile  tleuten  die  Strömimgen  au. 


Wichtiger  sind  die  P^iumutu  und  Marshallinseln,  welche  von  verschiedenen 
Strömen  heimgesucht  werden.  Erstere  von  OSO  nach  WNW  ziehend,  werden  an 
der  Südwestseite  von  der  SO-Passatdrift  bestrichen,  während  die  NO-Seite  von 
einem  nahezu  quer  einlaufenden  Strome  getroffen  wird,  welcher  als  Kreisstrom 
nach  Südosten  abgelenkt  wird  (s.  Segelhandbuchatlas,  Taf  4.).  Das  Kärtchen  der 
Paumutu-Inseln.  welche,  wie  die  folgende  der  Marshall-Inseln  von  dem  Obersteuer- 
mannsmaaten Höflich  im  Kartendepot  der  Kaiserlichen  Werft  zu  Kiel  auf  das 
genaueste  angefertigt  wurde,  zeigt,  dass  die  Atolle  an  der  SW-Kante  der  Passat- 
drift  folgen,  während  die  nordöstlichen  im  Sinne  des  quer  einlaufenden  Stroms 
liegen.     (Sielie  umstelu^nde  Karte.) 


Dr.  Augustin  Krämer. 


Besonders  lehrreich  sind  die  Marshall-Inseln  (siehe  nebenstehende  Karte).  Die 
nördlichsten  liegen  in  der  NO-Passatdrift,  welche  nach  Süden  umbiegend  in  ca. 
8 "  n.  Br.  in  den  Aequatorialgegenstrom  einmündet.  Die  Atolle  folgen  den 
Windungen  des  Stromes,  wie  das  Specialkärtchen  zeigt. 

Da  diese  Inseln  im  Laufe  der  nächsten  Jahre  durch  S.  M.  S.  „Möwe"  genau 
vermessen  werden  sollen,   so   darf  man  weitere   interessante  Aufschlüsse  erwarten. 

Die  Carolinen,  welche  grösstentheils  im  Aequatorialgegenstrom  liegen, 
scheinen  im  Allgemeinen  auch  die  Richtung  dieses  Stromes  einzuhalten.  Sie  sind 
indessen  zu  wenig  bekannt,  um  als  Anhalt  dienen  zu  können.  Eine  ausgesprochene 
West-Ost-Richtung  hat  indessen  die  im  selben  Strome  gelegene  einsame  Palmyra- 
Insel,  während  die  etwas  südlicher  gelegene  Weihnachtsinsel  eine  mehr  süd- 
östliche Richtung  hat. 


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Keauüianfft 


Die  Pfeile  deuten  die  Stronniflitung  der  Passatzeit  an. 

Von  d(Mi  Palauinseln  wurde  schon  gesagt,  dass  die  8  nördlich  gelegenen 
Atolle  nach  Sem  per  alle  nach  Süden  offene  Hufeisen  bilden.  Sie  werden  an 
dieser  Seite  von  einem  starken  Strom  getroffen. 

Eine  südöstliche  Richtung  hat  auch  das  grosse  Atoll  Ongtong-Java  bei 
den  Salomonsinselii,  welches  in  der  Passatdrift  liegt. 

Leider  sind  allenthalben  die  Vermessungen  noch  so  wenig  gefördert,  dass 
e-enauere  Ausführunaen  noch  nicht  erlaubt  erscheinen.     Ich   gebe  die  Daten  dess- 


VI.    Eine  neue  Auflassung  der  Entstehung  der  Atolle  etc. 


97 


lialb  nur.  um  die  Aurniorksanikoit  iiuf  diescu  Zusuiniucuhuug  von  Atoll  und  Strom 
zu  lenken. 

Ich  kann  es  jedoch  hierlx'i  nicht  unterlassen,  nochmals  darauf  hinzuweisen, 
dass  dieser  ZusamnuMilianii;  nacli  meiner  J\reinun<>"  durchaus  nicht  überall  vorhiinden 
zu  sein  braucht  und  dass  kaum  an  iri>-end  einer  Stelle  des  ])acitischen  Oceans  der 
Strom  jahraus  jahrein  in  derselben  Richtung  fliesst,  dass  ferner  Winde  und  vor 
allem  die  Gezeiten  überall  moditicirend  wirken. 

Ich  ghiube  nur.  ilass  die  an  einem  Orte  vorwieo-enden  Ströme  bei  Anordnung 
des  Auswurfs  subnuiriner  l^^ruptionsstellen.  wenn  dies  Material  günstig  war.  den  in 
diesem  Gebiet  gelegenen  Atollen  ihre  charakteristische  Gestaltung  gegeben  halien. 


Die  Fteile  deuten  die  Strömung  der  Passatzeit  an. 


4.   Die  Bildung  der  Lagune  von  Atollen  und  die  Murray'sche 

Theorie. 

Um  die  Entstehung  von  Atollen  auf  submarinen  Kratern  /ai  umgehen,  hat 
MmTay  die  Bildung  tiefer  Lagunen  durch  Lösung  des  todten  Kalkes  im  Meer- 
wasser zu  erklären  versucht.  Ich  habe  schon  oben  in  Abschnitt  11  erwähnt,  dass 
diese  Ansicht  von  verschiedenen  Autoren  als  Bourne.  Irvine.  Boss.  Hickson. 

Krämer,   Ueber  deu  Bau  der  KoraUenrifl'e.  7 


yg  Dr.  Augustin  Krämer. 


Sliütcr.  Agassiz  ii.  s.  w.  nicht    «^•ethcilt    wurde,   welche  jedocli    in   den   übrigTu 
Punkten  Murray  beipflichteten. 

Unter  andern  stellte  Irvine  (Xature  1888,  S.  461)  Messungen  über  die 
Löslichkeit  des  Korallenkalkes  im  Meerwasser  an  und  fand  dieselbe  gleich  5  bis 
20  Unzen  (ca.  150 — (iOO  g)  in  einer  Tonne  (1000  kg).  Er  berechnete,  dass  in 
der  Lagune  eines  Atolls  von  '/•..  Meile  (1000  m)  Durchmesser  und  3  Fuss  (1  m) 
Tiefe  ungefähr  100  000  Tonnen  Wasser  sind  und  davon  ^c,  bei  jeder  Fluth  erneuert 
wird,  woraus  sich  ergeben  würde,  dass  jäluiicli  ungefälir  ;>000  Tonnen  Kalkes  im 
Seewasser  abgeführt  würden. 

Wenn  man  nun  annimmt,  dass  das  Atoll  an  der  liiff kante  300(»  m  Umfang 
hat,  so  würde  also  auf  1  m  Kante  eine  Tonne  Kalk  kommen,  welcher  von  den 
wachsenden  Korallen  des  Fusses  durch  Trümmerliildung  auf  der  Plattform  ersetzt 
werden  müsste. 

Die  in  Betraclit  kommende  Breite  des  Fusses  zu  100  m  gerechnet  und  das 
Wachsthum  der  Korallen  zu  1  cm  durchsclmittlich  im  Jahr  (siehe  Abschnitt  V,  7). 
würde  dies  gerade  1  cbm  Kalk  =  ca.  6000  Kg  (6  Tonnen)  geben. 

Da  die  Zahlen  niedrig  gerechnet  sind,  so  erhellt  daraus,  dass  der  Ersatz, 
des  aufgelösten  Kalkes  von  aussen  her  leichthin  möglich  ist. 

Bei  grossen  Atollen  liegt  dies  freilich  weit  ungünstiger,  da  die  Fläche  sich 
vergTössert,  die  Bitfkante  jedoch  dieselbe  bleibt.  Hier  fällt  aber  die  grosse  Tiefe 
der  LaR'une  ins  Gewicht  und  es  wäre  hier  geradezu  notliwendig  anzunehmen,  dasa 
die  Korallen  aus  derselben  Tiefe  aufgewachsen  sind,  was  den  Erfahrungen  widerspricht.. 

Für  die  kleineren  flachen  Atolle,  deren  Lagune  zum  Theil  versandet  ist, 
fällt  es  nicht  schwer,  eine  Erklärung  zu  finden.  Die  Bildung  kann  auf  einer 
submarinen  umgrenzten  Erhelnmg  stattfinden;  wenn  die  Korallen  in  den  Bereich 
der  Dünung  kommen,  wird  der  leewärts  liegende  Theil  mit  Trümmern  bedeckt, 
während  nach  aussen  hin  der  Eiftrand  sich  mittelst  des  Fusses  an  die  Ober- 
fläche erhebt. 

Jedes  Strandrift'  bildet  ja  einen  Sector  eines  solchen  Atolls,  nur  dass  die 
Versandung  dort  durch  den  Strom  geregelt  ist. 

Man  muss  den  Gezeiten-Strömen  vor  allem  l)ei  der  Offenhaltung  der  Atoll- 
Lagunen  eine  nicht  zu  unterschätzende  Bedeutung  beilegen. 

Bei  den  kleinen  Atollen  kommen  sie  nicht  genügend  zur  (leltung;  die 
Dünung  wirkt  von  allen  Seiten,  wenn  auch  an  der  Luvseite  stärker;  die  Zufuhr 
überwiegt  hier  die  Abfuhr,  je  kleiner  je  mehr. 

Je  grösser  das  Atoll  ist,  je  mehr  dreht  sich  das  Verhältniss  ins  Gegen- 
tlieil  um. 

Für  die  grossen  Atolle  mit  den  bis  zu  100  m  tiefen  Lagunen,  wie  in  Viti. 
Paumutu  u.  s.  w.,  kann  man  der  Präformirung  eines  Untergrundes  in  oben  be- 
sprochener Weise  nicht  gut  entrathen. 

Für  die  Offenhaltung  solcher  Lagunen  kommen  aber  zweifellos  neben  den 
Unterströmungen,  wie  sie  Murray  für  die  schottischen  Seen  nachwies  (durch  Wind, 
Natm-e  1888  S.  479)  auch  noch  die  Ströme  in  Betracht,  welche  durch  die  tiefen 
Spalten  und  Löcher  des  Ritt'kranzes  direct  in  die  Tiefe  der  Lagune  dringen.  Solche 
Durchlöcherungen    und  Höhlungen,   wie   sie   schon    oben    (Abschnitt  IV,   5  c)    be- 


VI.    Eine  neue  Aufiiissunp;  der  Entstehung  der  Atolle  etc.  99 


sproclien  wurden,  sind  l'ür  zahlrciclu'  Atolle  von  Darwin,  Dana,  Scmpor,  Graeffe 
u.  s.  w.  erwähnt  und  beobachtet,  also  nachgewiesen. 

Die  Bildung  von  Sediiuentbänken  (Globigerinenkalk),  wie  sie  Murray  an- 
giebt,  sind  ja  auch  keine  Theorie,  sondern  Thatsache.  Die  Möglichkeit  einer 
indirect  vulkanischen  Entstehung  habe  ich  schon  im  vorhergehenden  (Ja])itel  be- 
sprochen, wie  schon  weiter  oben  die  Krnährungsfrage  der  Korallen.  Wohl  bietet 
die  Lösungs-  und  Sedimenttiieorie  Murray's  eine  wesentliche  rnterstützung.  aber 
zu  einer  Erklärung  dieser  merkwürdigen  Bildungen  scheinen  mir  sie  allein  nicht 
zu  gein'igen. 

5.    Tektonik  des  Untergrundes. 

Wie  für  die  Sinaihallnnsel.  so  liabeii  auch  die  Worte  Walther's  in  vollem 
Umfange  für  Sanioa  Geltung:  ..Nur  indem  man  ein  Korallenriff  als  tektouisches 
Glied  des  benachl)arten  Küstengebirgssystems  betrachtet,  kann  man  ein  Urtheil  ab- 
geben über  die  Trsaclie  seiner  Entstehung"  (31a  »S.  4). 

Die  Gründe  für  die  Anwendung  derselben  auf  Samoa  sind  des  längeren  bei 
Beschreibung  der  dortigen  Küste  ausgeführt.  Es  erübrigt  nur  noch  nachzuweisen, 
dass  der  Küste  vorgelagerte  Bänke,  die  zur  Bildung  von  Barrierenriffen  führen 
könnten,  auch  anderweitig  vorhanden  sind.  In  der  Ostsee  ist  eine  solche  der  Stoller 
Grund  und  Mittelgrund  bei  Kiel;  ich  erinnere  ferner  an  Helgoland,  das  westwärts 
an  der  Steilküste  eine  submarine  Barriere  besitzt,  an  der  sanfteren  Ostküste  die 
Sanddüne.  Wäre  Helgoland  tropisch,  so  würde  es  im  Westen  von  einem  Barrieren- 
ritt', im  ( )sten  von  einem  Sti'andriff  begrenzt  sein.  Zahkeiche  Beispiele  Hessen  sich 
beibringen. 

Merkwürdig  erscheint  es  oft,  dass  Tahiti  von  Barrierenrifl'en  umgeben  ist, 
wähi'end  Samoa  unter  denselben  Bedingungen  liegend,  derselben  nahezu  ganz  ent- 
behi't.  Die  Barriereuriffe  kommen  aber  überall  dort  nur  an  der  Steilküste  vor, 
während  der  flachen  Westküste  der  Hauptinsel  Strandrift'e  v(^rgelagert  sind. 

Die  Challenger-Expedition  hat  die  Tektonik  des  Untergrundes  im  pacitischen 
Ocean  wesentlich  den  Foraminiferen  zur  Last  gelegt.  Es  wurde  gefunden,  dass 
der  kohlensaure  Kalk  in  grösseren  Tiefen  verschwand,  wähi'end  der  Untergrund  in 
seichteren  Tiefen  reich  an  Kalk  war. 

Die  Analysen  sind  kurz  folgende  (22) : 

Zahl  der  ]*rol>en  Tiefe       °/„  Kalkgehalt  des  Schlammes 

14  bis  500  86,0 

24  1000—1500  70,0 

42  1500—2000  69.5 

68  2000—2500  46,7 

65  2500—3000  17,0 

8  3000—3500  0,88 

2  3500—4000  0,00 

1  über  4000  Spuren 

Wie  bekannt  hat  Murray  darauf  seine  Theorie  der  Entstehung  der  steilen 
Böschungen  gefusst.  Allein  zugegeben,  dass  dies  richtig  ist,  so  erscheint  die  Bil- 
dung; tiefer  Lagunen  auf  flachen  Sedimentbänken  nach  wie  vor  unerklärlich. 


XQQ  Dr.  Augustin  Krämer. 


6.    Die  einstige  Lösung  der  Frage.    Bohrungen. 

Schon  oben  habe  ich  angeführt,  dass  Murray  mit  weitgehendem  Blicke  den 
irischen  Geologen  Sollas  zu  veranlassen  vermochte,  die  zur  Zeit  sich  bietende 
Gelegenheit  der  Vermessung  der  im  Norden  von  Samoa  gelegenen  Ellice-Inseln 
zu  benutzen.  Die  Admiralität  sagte  ihre  Bereitwilligkeit  zu,  den  daselbst  statio- 
nirten  Kreuzer  „Penguiu"  zu  diesen  Zwecken  zur  Verfügung  zu  stellen,  und  die 
Boyal  Society  bewilligte  liberal  die  Mittel.  Ich  habe  auch  schon  meinem  Zweifel 
Ausdruck  verliehen,  ob  die  Resultate  den  Erwartungen  entsprechen  werden,  da  die 
Unterscheidung  und  Detinirung  von  Riffkalk  und  Korallenkalk  zur  Zeit  noch  Schwierig- 
keiten bietet.  Wird  schon  in  10 — 20  m  Tiefe  indessen  vulkanisches  Stratum  an- 
getroffen werden,  so  wäre  dies  wohl  sehr  fördernd  für  die  antidarwinistischen  An- 
schauungen, aber  noch  nicht  beweisend,  so  lauge  nicht  von  anderen  Inseln  auch 
gleichlautende  Ergebnisse  vorliegen.  Der  vielerfohrene  Murray  schrieb  mir  jüngst 
auf  eine  Anfrage  hin  in  jenem  entgegenkommenden  Tone,  wie  er  den  englischen 
Gelehi'ten  vielfach  in  so  hervorragendem  Maasse  zu  eigen  ist.  über  diese  Bohrungen : 
„Personally  I  do  not  expect  any  very  definite  result  from  the  Operations,  but  one 
can  never  teil,  where  and  how  most  interesting  information  may  be  procured." 

Darwin  hat  vergebens  gehofft,  solche  Bohrungen  zu  erleben.  Ein  Jahr  vor 
seinem  Tode,  1881.  schrieb  er  an  Alexander  Agassiz  wegen  der  kurz  zuvor 
erfolgten  bekannten  Veröffentlichung  Murray's  die  rührenden  Worte :  „Wenn  ich 
Unrecht  habe,  dann  ist  es  um  so  l>esser,  je  liälder  icli  auf  den  Kopf  geschlagen 
nnd  vernichtet  werde.  Es  scheint  mir  immer  noch  ein  wunderbares  Ding,  dass 
keine  langjährige  und  grosse  Senkung  in  den  Betten  der  grossen  Oceane  vor- 
handen gewesen  sein  sollte.  Ich  wünschte,  dass  ein  vielfacher  Millionär  sich  es 
in  den  Kopf  setzen  wollte,  Bohrungen  durch  die  pacifischen  und  indischen  Atolle 
zu  machen  und  Mark  für  Schliffe  aus  einer  Tiefe  von  500  bis  600  Fuss  heim- 
zubringen." 

Auch  Krümm el  hat  jüngst  im  Globus  auf  die  Nothwendigkeit  solcher  Boh- 
rungen hingewiesen. 

Ehe  ich  von  Murray's  Plänen  wusste,  ging  ich  damit  um,  ein  Gesuch  an 
die  kgl.  Academie  der  Wissenschaften  zu  Berlin  zu  richten.  Leider  war  es  der- 
selben nicht  möglich,  die  für  solche  Bohrungen  nothwendige  Summe  zu  bewilligen, 
und  so  wird  England  auch  hierin  den  Ruhm  haben,  dieser  Frage  zuerst  practisch 
und  wissenschaftlich  näher  getreten  zu  sein. 

7.    Kurze  Zusammenfassung  der  gewonnenen  Schlüsse  an  der 
Hand  der  Betrachtung  der  samoanischen  Korallenriffe. 

1.  Die  Bildung  der  verschiedenen  Formen  der  Korallenriffe  wird  erklärt  durch  die 
Tektonik  des  Untergrundes  in  Beziehung  zur  Tektonik  der  Küste. 

2.  Der  Untergrund  der  Atolle  wird  gebildet  durch  unterseeische  Bergkuppen  (aus- 
gefüllte Atolle)  oder  submarine  Krater  (tieflagunige). 

3.  Die  Krater  können  so  beschaffen  sein,  wie  die  oberirdischen ;  in  den  meisten 
Fällen  handelte  es  sich  indessen  wahrscheinlicli  um  submarine  Geyserfelder  und 
Vulkane,  deren  Sediment  durch  die  Meeres-  und  Gezeitenströmungen  angeordnet 
wurde. 


VI.    Eine  neue  Auffassung  der  Entstehung  der  Atolle  etc.  101 

4.  Die  merkwürdige  Form  der  Atolle  erklärt  sich  aus  der  Anordnung'  der  heissen 
Quellen  und  Auswurfsstellen  und  aus  der  wechselnden  Einwirkung  der  Sti'öme. 

5.  Das  Wachsthum  der  Korallen  ist  der  See  zu.  d.  li.  in  der  Brandung  mehr  be- 
hindert als  im  stillen  Wasser. 

6.  Das  i*lankt(>n  der  Tropen  ist  ärmer  als  d:is  der  gemässigten  Zone,  ebenso  ist 
im   Hilfen   mehr  Tlaiikton  als  in  der  offenen  See. 

7.  Das  Vordringen  der  LMffkante  gegen  die  See  geschieht  mittelst  des  Fusses.  Die 
Breite  dieses  Fusses  ist  proportional  der  Stärke  der  auf  die  Kiffkante  stehenden 
See. 

8.  Die  Tiefengrenze  der  Riffe  wird  bedingt  durch  den  starken  Helioti'opismus  der 
Anthozoen.  Als  die  Tiefengrenze  ist  im  Allgemeinen  die  von  15  m  anzusehen. 
Im  Hafen  wirkt  der  abgefüln'te  Lagunensand  moditicirend. 

9.  Die  Nahrung  ist  innerhalb  der  Korallenriffe  in  reichliclierem  Maasse  vorhanden 
als   ausserluilli  derselben. 


VII.  Die  Kiffftuina  von  Samoa  insbesondere  in  etlino- 

lodsclier  Beziehnna'. 


Die  Korallenrifte  bilden  uicht  allein  einen  Schutz  für  die  Scliift'fabrt,  sondern  sind 
auch  für  die  Südseevölker  bedeutsame  Nabrungs(|uellen.  Dessbalb  wissen  die  Ein- 
geborenen deren  Werth  wolü  zu  schätzen  und  schenken  ihnen  die  gebührende  Aufmerk- 
samkeit. Da  die  Fauna  der  samoanischen  Riffe  im  wesentlichen  mit  der  anderer  Kiffe 
in  der  Südsee  übereinstimmt  (treffliche  Abbildungen  findet  man  besonders  in  dem 
grossen  Werke  von  Saville  Keut),  so  will  ich  nur  einen  kurzen  Abriss  geben, 
zumal  da  mir  die  Zeit  und  die  Mittel  für  ein  eingehendes  Studium  dafür  mangelten. 
Ich  glaube  desshalb  mehr  bringen  zu  können,  wenn  ich  die  Thierwelt  mit  den 
Augen  der  Samoaner  betrachte,  indem  ich  das  wiedergebe,  was  ich  durch  eine 
gTündliche  Erlernung  der  samoanischen  Sprache  und  stetigen  Verkehr  mit  den 
Eingeborenen  daselbst  zu  erfahi'en  Gelegenheit  hatte.  Eine  sehr  wesentliche  Unter- 
stützung hatte  ich  dabei  durch  das  Dictionary  of  the  Samoan  language  des  Rev. 
George  Pratt,  welcher  40  Jahi-e  in  Samoa  ansässig  war  und  erst  jüngst  zu  Sydney 
verstorben  ist.     (3.  Auflage  1893). 

1.  Riff-  und  Schifffahrt. 

Die  Samoaner  sind  im  Allgemeinen  gute  Seeleute  und  mit  dem  Wasser 
vertraut;  indessen  verdienen  sie  es  sicher  nicht  als  Auszeichnung,  dass  ihre  Inseln 
Navigatoreninseln  genannt  wurden,  was  Bong ainville  auch  wohl  niclit  beabsichtigte, 
indem  er  dem  Archipel  nur  navigatorischen  Werth  beilegte.  Die  einheimisclien 
grossen  taumualua,  mit  denen  einst  die  Meere  durchkreuzt  wurden,  den  Bug  und  das 
Heck  mit  den  grossen  weissen  Ovula-Muscheln  geschmückt,  der  Wohnung  des  Kriegs- 
gottes Fe'e,  des  Octopus.  sieht  man  heute  selten  mehr.  Im  Atuakriege  1894  hatte 
der  Bussard  das  Vergnügen,  allerdings  ungefähr  lO  solcher  Fahrzeuge  nebst  50 — 100 
anderer  im  Schlep}i  zu  liaben.  Namentlicli  aincrikiinische  Bootbauer  leln'en  jetzt 
die  Eingeborenen  Boote  europäischen  Stils  zu  bauen,  welchen  sie  bis  zu  100  in 
einem  Boote,  mit  ihren  Pagaien  (foe)  eine  flotte  Fahrt  geben.  Von  den  grossen 
Doppelbooten,  taulä,  die  ein  Deck  verband,  auf  dem  eine  Hütte  stand,  und  welche 
ein  grosses  Mattensegel  und  einen  Mast  au  Backbord  führen  (die  Hütte  war  gleich- 
falls nach  Steuerbord,    der  Luvseite,    schräg   abfjillend   und   gedeckt,   während   sie 


VII.    Die   Kitl't'nniKi   Min  Siiinoa  insbesondere   in   etlinologisclier   I^ezieliunfr- 


103 


nach  Backbord  ofton  war)  luilio  ich  kein  Exeraphir  mehr  ;iiif  den  grösseren  Inseln 
gesehen.  Da  sh'  nur  über  einen  Bug  segeln  konnten,  und  desshalb  beim  Wenden 
der  Hals  naeli  arlitern  und  die  Schot  nach  v^rne  zu  stellen  l<ani.  der  Bug  also 
7Aim  Heck  und  das  Hecl<  zum  Bug  wurde,  so  waren  dies  (b)eh  reelit  unbeholfene 
Fahrzeuge.  Aus  diesem  (irunde  wurden  solche  Art  Boote  auch  zweibugige  Schifte 
(taumua  IJug.  lua  zwei)  genannt.  Auf  diesen  Booten  unternalimen  die  Samoaner 
grosse  Seefahrten  nacli  Viti  und  Tonga  und  niclit  auf  den  kleinen  Canus.  welche 
7jöller  vor  dem  Hafen  von  Pangopango  gesehen  hat  (Reise  um  die  Welt). 

J)iese  ßeschi'änktheit.  nur  über 
•den  Backbordbug  segeln  zu  können, 
liegt  aucli  den  übrigen  Faln'zeugen  zu 
Grunde,  dem  Bonitotangboot,  va'aalo. 
<lem  5sitzigen  soatau  und  2sitzigen 
paopao,  indem  diese  alle  den  Ausleger 
(ama)  an  Backbord  tragen,  also  falls 
sie  segeln  wollen,  aucli  nur  über  Baek- 
bord-Bug  segeln  können .  wenn  sie 
nicht  riskireu  wollen  zu  kentern.  Dess- 
halb   hiess    auch    die    Kriegsflotte    von 

r-      1        ,  1         .  p     1         T-i   1    i.  Bonitoboot  im  Apialiaten. 

l  poiu    lauama.    da    sie    aut    der   f'ahrt 

nach  Savaii  (gegen  AVesten),  vor  dem  Passate  segelnd.  Ausleger  und  Segel  au 
Backbord  hatte. 

Falls  es  gilt,  nur  das  äussere  Riff  behufs  Fang  von  Fischen  und  Seethieren 
zu  besuchen,  so  wird  gewöhnlich  der  kleine  paopao  oder  soatau  benutzt,  welche 
.sich  dadurch  von  den  andern  unterscheiden,  dass  sie  aus  einem  Stück  Holz  ge- 
fertigt siiul,  wozu  häutig  der  Brodfruchtbaum  dient.  Das  Riff  heisst  aau  (auch 
schwimmen),  kleinere  (Saurariffe)  heissen  wohl  auch  pinepine;  die  Lagune  wird 
aloalo  genannt  und  ein  Dorf,  das  eine  Lagune  jtesitzt.  wird  als  taialoalo  gepriesen. 
Die  Samoaner  kennen  daselbst  wohl  den  bei  Fluth  auf  das  Land  setzenden  Strom 
aufanua.  dvn  Strom  nach  Westen,  die  Passatdrift,  'aumuli.  und  wenn  einer  vom 
■Strom  w^eggetragen  wird,  so  nennen  sie  ihn  auvalea  (valea  dumm).  Die  Riffbucht 
heisst  'oma'i.  der  Bootseinlass  ava  und  seine  Seiten  augutuava,  gegen  das  Land 
zu  'uma'ava.  Der  äussere  RiffVand  heisst  uluulu.  die  Woge  peau.  ^ie  Brandung 
an  der  Rift'kante  ngalu.  an  der  Steilküste  apitägalu  u.  s.  w. 

Die  Samoaner  benutzen  die  Zeit,  wenn  das  Riff  zur  Zeit  der  Springehbe 
(fula,  masalopa)  trocken  fällt  (paumatü):  dann  zieht  alles  hinaus  in  die  Strand- 
lagune, an  die  Leekanten  und  Riffbuehten.  woselbst  sie  in  den  Höhlen  (fa'a  punaoa) 
oder  in  den  Löchern  (loto)  die  erseimte  Beute  finden,  welelie  nahezu  aus  allen 
Tliiergattuugen  sich  zusammensetzt.  Ein  belebtes  Bild  bietet  dann  die  sonst  so 
einsame  Sti-andlagune.  hier  einer  mit  dem  Speere,  dort  einer  mit  dem  Netz  oder 
gar  mit  der  Hand  fischend.  Wohl  gesalbt  mit  dem  durch  die  Blüthen  des 
moso'oi-Baumes  (Cananga  odorato,  die  weit  verbreitete  Anonacee)  augenehm  duf- 
tenden Cocosnussöls  widerstehen  sie  lange  der  heissen  Mittagssonne,  nur  mit  dem 
lavalava  Itekleidet.  Xacli  erfriscliendem  Bade  in  die  Hütte  zurückgekehrt  glühen 
aber  nocli  lange  die  Wangen  wundeii»ai-  durcli  die  liclitltraune  Haut  der  schlank  ge- 


104 


Dr.  Augustin  Krämer. 


bauten  Mädchen  und  auch  die  Samoaner  bewundern  dies  als  Schönheit  und  nennen 
es  fa'asamisami  (sami  Meer). 


Fischende  Eingeborene  in  iler  Strandlagune.      Andrews  phot. 


2.  Die  Corallen  und  Corallinenalgen. 

Die  Madreporen  sind  die  hervortretenden  Bildnei-  der  samdanischen  Eiife 
Namentlich  sind  es  die  grossen  tellerförmigen  Platten  der  species  cytherea.  pici- 
fera  u.  s.  w.,  welche  an  den  Abhängen  der  Leelvanten  in  Unzahl  au  zutreffen  sind 
(s.  Bild.).  Eine  ähnliche  Schilderung  macht  Klunzinger  von  den  Korallenriffen 
des  rothen  Meeres  (17  a.).  Am  Riff'rand  selbst  findet  man  häutig  M.  globiceps 
mit  gedrungenen  tiugerhutförmigen  Aesten  und  unten  aus  der  Tiefe  steigen  die 
hohen  Aeste  der  M.  acuminata.  hystrix,  plantaginea  empor:  hier  im  stillen  AVasser 
sieht  man  auch  die  feinen  Stylasterarten  (granularis,  roseus).  welche  die  Samoaner 
allenthalben  zum  Kaufe  als  'amu'ula  (rothe  Korallen)  anbieten.  VnU'v  den  zalil- 
reichen  Arten,  welche  durch  Dana  und  die  Godeffroy'sche  Sammlung  bekannt 
geworden  sind,  will  ich  nur  noch  einige  nennen:  Halomitra  pileus,  Coeloria  For- 
skaelana  Esperi,  Montipora  verrucosa,  Pavonia  lata,  cactus  und  frondifera,  Pachyseris 
rugosa,  Leptoria  phrygia,  Fungia  dentata.  Millepora  tortuosa  u.  s.  w.  Die  Mille- 
])oriden  nennen  die  Samoaner  pungaü,  auch  mä'aü  (beissender  Stein),  wälirend 
sonst  eine  grössere  Koralle  nur  punga  oder  'amu  lieisst.  Die  breiten  Madreporen- 
schalen  werden  lapa.  die  grossen  ästigen  feofeo  genannt. 

Die  Korallinenalgen  spielen  auf  den  samoanischen  Riffen  nicht  dieselbe  Rolle, 
die  ihnen  auf  an(hM-n  Riffen  zuQ-eschrieben  wird. 


YII.    Die  Jiift'launa  von  Samoa  insbesondere  in  ethnolo{?ischer  Beziehung.  105 


Yipl  Yorbreitet  ist  indessen  eine  Art  Lithotaninion.  wclt-lie  die  .Samoiiner 
wegen  der  Aehnlichkeit  mit  einem  buschigen  Haupt  ina'ave  nennen,  ferner 
Amphiroa  u.  s.  w.  Diese  und  die  zerstreut  vorkommenden  gesammelten  Cliloro- 
pliyceen*)  sind  in  liebenswürdigster  Weise  von  Major  a.  1).  Keinbold  in  Itzehoe 
bestimmt  worcb'u.  Letztere,  mit  dem  Namen  limu  benannt,  werden  theilweise 
gegessen,  besonders  limu'ava,  limn'ula  und  limu  fual'ua:  eine  Xullip(»renart  Namens 
'aua  wird  als  iJimssteiu  verweniU't. 

3.    Das  Leben  im  umgebenden  Meere. 

Wie  beim  i'lankton  ausgidiilirt  werden  wird,  ist  das  Meer  um  Samoa  nicht 
so  von  Thieren  voll,  wie  es  nach  vielen  ßeiseschilderungen  aus  den  Tropen  zu 
erwarten  wäre.  So  nennt  Graeffe  den  pacitischen  Ocean  geradezu  eine  AVasser- 
wüste.  Denn  wenn  man  von  Süden  lier  den  Wendekreis  passirt,  haben  die  letzten 
steten  Begleiter,  die  Albatrosse,  dem  Schifte  schon  Yalet  gesagt;  nur  einige  Thalassi- 
droraen  und  Tölpelseeschwalben  (Anous  stolidus)  sind  noch  zeitweise  zu  sehen. 
Früher  sclieint  um  Samoa  der  Pottwal  (rh\ seter  macroceithalus)  ziemlich  häulig 
gewesen  zu  sein:  die  Zähne  seines  Unterkiefers  sind  heute  gesuchte  Artikel  unter 
den  Samoanern.  Sie  wurden  der  Länge  nach  gespalten  und  kleine  gekrümmte 
Zähne  daraus  geschliffen,  welche  aneinander  gereiht  ein  hübsches  Halsl)and  ('ula 
lei)  geben,  den  Schmuck  der  Dorfjungfern  (lei  der  Walzahn,  tafolä  der  Wal). 
Jetzt  sind  die  Wale  durch  die  steten  Nachstellungen  der  Walfischjäger  selten 
geworden :  immerhin  habe  ich  mich  eiuigemale  von  ihrem  Dasein  überzeugen 
können  und  S.  M.  S.  „Falke"  sah  einen  jungen  auf  dem  Eift"  bei  Mulifanua  ge- 
sti-andet,  der  indessen  vor  Ankunft  eines  Bootes  wieder  freikam. 

Fast  noch  seltener  wie  die  Wale  scheinen  die  Delphine  zu  sein,  denn  ich 
habe  wähi-eud  meines  ganzen  Aufenthaltes  in  Samoa  nie  einen  daselbst  gesehen, 
während  sie  in  Neu -Seeland  und  Austi-alien  nie  zu  fehlen  pflegten.  Auch  die 
Samoaner  wissen  von  dem  masimasi  (die  Heerde  heisst  langai)  nicht  viel  zu 
erzählen. 

Neben  Delphinen  scheint  auch  eine  Phocaena-Art  (munua)  vorzukommen. 

Wie  die  Zähne  des  Wales,  so  wird  auch  die  Schale  des  Nautilus,  des 
sesema,  zu  einem  Schmuck  gebraucht,  dem  sogenannten  fuiono :  es  ist  dies  ein 
Stirnband  aus  einer  doppelten  Reihe  von  haselnussgrossen  Plättchen.  Idäulich  perl- 
mutterartig schimmernd,  von  einem  feinen  Geschmack  zeugend.  Der  Nautilus 
scheint  indessen  sehr  selten  in  Samoa  zu  sein. 

Eine  grössere  Bedeutung  kommt  dem  Haifisch  in  Samoa  zu.  Im  allge- 
meinen heisst  er  malie.  und  wenn  sehr  gross  tanifa,  eine  dunkle  Art  fanifani.  eine 
helle  tanifatea.  Fh-  ist  in  der  Lagune  zu  gewissen  Zeiten  häutig  (maliealo)  und 
wird  daselbst  mit  dem  Netz  gefangen;  vorher  werden  Feste  gefeiert  (umuto  auf 
Tutuila),  dann  zieht  alles  hinaus  auf  den  Fang  (lepamalie).  Dies  bewerkstelligen 
sie  durch  Treiben  und  Lärmmachen  mit  einer  Knarre  (lutu),  auch  dadurch,  dass 
sie  Köder  ans  Netz  binden  (mangimanginoa).     Besondere  Geschenke  (lava)  erwar- 


*)  Unter  diesen  befand  sieh  die  an  Madrepf>renz\veigen  wachsende  eigenthümUche 
Valonia  ventricosa  I.  Ag..  bisher  nur  von  Guadeloupe  bekannt,  mit  ihren  taubeneigrossen 
grünen,  durchscheinenden  Thalkisbhisen. 


\()Q  Dr.  Augustin  Krämer. 


tt'ii  (k'ii  glückliclieii  Fischer;  das  Fleisch  wird  gegessen,  die  Zähne  zu  Operationen 
verwendet,  wie  der  Knochen  des  fliegenden  Hundes.  Die  Gegend  der  Apolima- 
strasse  ist  berüchtigt  wegen  ihres  Keichthums  an  Haifischen.  Als  der  ..Bussard*' 
einmal  dort  auf  der  Rhede  von  Mulifanua  lag,  umkreiste  ein  über  3  m  langer 
gefleckter  Carcharias  bestiiiidig  das  Scliitf.  ging  auch  schlicsslirli  an  die  ausgehängte 
Angel:  beim  Aufheissen  des  (.'olosses  brach  jedoch  der  starke  stählerne  Haken. 
Auch  im  Apiahafen  wurde  zeitweise  ein  schwarzer  kleiner  Hai  beobachtet,  welcher 
den  Köder  indessen  niclit  nahm.  Hier  passirte  es  im  Jalire  1892,  dass  ein  Matrose 
S.  M.  S.  „Sperber"  aussenbords  au  der  Leine  schwimmen  lernend  von  einem  Hai 
bedrängt  wurde.  Als  er  desshalb  aus  dem  Wasser  genommen  wurde  und  auf  der 
Fallreepstreppe  wohl  einen  Fuss  über  Wasser  stand,  setzte  der  Hai  aus  dem  W^asser 
nach  und  riss  dem  Mann  einen  Theil  des  Gesässes  al).  wovon  er  indessen  wieder 
genas  (der  Mann).  Dieser  unbestreitbare  Fall  dürfte  für  diejenigen  lehrreich  sein, 
welche  immer  noch  bezweifeln,  dass  der  Hai  den  Menschen  angreift.  Um  so 
wunderbarer  klingt  es  allei-dings,  wenn  eine  früliere  Expedition  von  8amoa  berichtet, 
dass  die  Eino-eborenen  mit  den  Haien  um  ül)ei-  Dord  geworfene  Eingeweide  von 
Schlachtthieren  förmlich  kämpften. 

Im  allgemeinen  scheinen  die  Samoaner  wenig  Angst  vor  Haien  zu  haben, 
wenigstens  in  Apia.  wo  sie  von  ihren  Booten  aus  oft  stundenlang  baden.  Dies 
geht  auch  aus  Berichten  von  Pritchard  hervor.  Er  erzählt,  dass  ein  Mann  im 
Boote  hinausfuhr  und  die  Haitische  fütterte ;  als  einer  nahe  kam,  warf  er  ihm  eine 
Schlinge  über  den  Schwanz,  die  indessen  beim  Holen  liracli.  Ins  Wasser  springend, 
fing  er  den  Tamp,  der  am  Fisch  sass,  und  belegte  ihn  im  Bo(»t:  auf  diese  Weise 
gelang  es  ihm  denn  auch,  den  Hai  allmälig  an  Land  zu  bringen. 

Auch  von  Tutuila  erzählt  Pritchard  einen  ähnlichen  Fall,  der  übrigens 
mit  einem  Biss  des  Haifisches  in  die  grosse  Zehe  des  kühnen  Fängers  endete ;  es 
scheint,  'dass  allerdings  diese  Haie  nicht  sehr  gross  waren  (wohl  Mustelus). 

Die  Samoaner  kennen  auch  den  Hammerhai  (Sphyrna)  und  nennen  ihn 
mata'italinga.  d.  h.  das  Auge  im  Ohr. 

Nicht  selten  ist  der  gemeine  Rochen  (Trygon).  fai  genannt,  dessen  mit  ^Vider- 
haken  sägeartig  besetzter  Stachel  (foto)  als  tödlich  gilt.  Er  wurde  von  Meuchel- 
mördern unter  die  Matte  der  ausersehenen  Opfer  gelegt,  sodass  diese  beim  Um- 
wenden des  Körpers  den  Stachel  sich  in  den  Leib  trieben.  Ein  Rochen  mit  sehr 
ra ulier  Haut  (fai'ili)   wird  als  Feile  verwendet. 

Endlich  ist  noch  der  Hornrochen.  taimanu  (Dicerobatis)  zu  erwäluien. 
Wie  der  Fang  der  Haifische,  so  wdrd  der  Fang  der  Schildkröten  (laumei) 
namentlich  zur  Zeit  der  Paarung  (opaga)  und  wenn  sie  nach  der  Lagune  zum 
Eierlegen  kommen,  mit  Netzen  betrieben,  indem  einige  Boote  einen  Netzkreis  bilden 
und  einer  untertaucht,  um  die  Thiere  in  die  Netze  zu  treiben,  in  welche  sie  sich 
verwickeln.  Unter  zalilreiclieii  l-iXempIareii  habe  ich  keine  Karettschildkröte  (Dielonia 
imbricata)  geselu'u.  die  als  vorkommend  angegeben  wird:  meist  handelte  es  sich 
um  die  grünen  Arten  (Uli.  virgata).  deren  Schild  werthlos  ist.  In  Apia  pflegten 
täglich  nach  der  Mahlzeit  einige  in  der  Nachbarschaft  des  Schiffes  zu  sein;  die 
geschossenen  Exemplare  versinken  jedoch  alsbald,  wenn  nicht  ein  glücklicher  Treffer 
auf  den  Kopf  den    augen]>licklichen  Tod  herbeiführt.     Die  Flossen  heissen  sanga, 


\  iL.    Die   Ilifft'auna  von  Samoa  insbesondere  in  ethnologischer   Beziehung.  1()7 


das  Vordorviertcl  siniL;;miii:i.  das  hintere  sangamuli,  der  vordere  Panzer  sulumua, 
der  hintere  sulninuli:  Volu  ist  ein  weiterer  Name  für  Schildkröten. 

Der  ()(t()i)us  (fe'e)  s})ielte  früher  eine  grosse  Rolle  im  samoanischeu  Leben. 
Er  galt  an  vielen  Plätzen  als  ein  mächtiger  Gott,  namentlich  des  Krieges.  Viele 
Sagen  und  Geschicliten  hängen  mit  diesem  Gott  zusamm(?ii.  Die  wenigen  Ceber- 
bleibsel  aus  der  ileidenzeit  betreffen  den  ()cto]»uscultus,  so  die  Keste  eines  Tinten- 
tischtwnpels,  das  sogenannte  fale  Pomä  im  oberen  Yaisinganothal  bei  Apia.  die 
Insel  Nu'u  sa  fe'e  bei  Falealili  u.  s.  w.  Heute  ist  dieser  Aberglauben  längst  ge- 
schwunden und  die  Tintenüsche  werden  ebenso  gegessen  wie  die  übrigen  Meeres- 
thiere.  Sie  wei'den  aus  ihren  Verstecken  (mälua)  im  Riffe  herausgeholt  (ta'i  fe'e). 
Die  skaiulinavisclie  Sage  von  grossen  Tintentischen,  welclie  Boote  umklammern 
und  in  die  Tiefe  ziehen,  wird  von  Wyatt  Gill  (Jottings  from  tlu^  Pacitic)  auch 
für  die  Hervey-lnseln  angegeben,  wo  ein  Held  Rata  tlen  Kampf  mit  einem  solchen 
siegreich  überstand.  Eine  Reisebeschreibung  „Coral  and  Gocoanut,  tlu'  cruise  oi' 
the  Yacht  „tire  fly  to  Samoa"  von  Frankfort  Moore,  beschreibt  ein  solches 
Vorkommniss  auch  für  Apia  gelegentlich  des  Palolofanges ;  die  Samoaner  wissen 
jedoch  nichts  gefährliches  vom  Octoiius  zu  vermelden,  so  dass  dies  wiihl  in  (bis 
Reich  der  Fabel  zu  verweisen  ist.  was  um  so  wahrscheinlicher  ist,  als  das  Buch 
sein-  viele  grobe  Unrichtigkeiten  enthält.  Das  Fangen  der  Tintenüsche  geschieht  auch 
mit  einer  Eockangel  aus  einer  grossen  getigerten  Gypraea,  welche  einen  tischkopf- 
iilinlichen  Stein  umschliesst.  Auch  werden  oft  nur  die  Blätter  des  rothen  ti-Strauches 
(Cordilyne)  an  einen  Stein  gebunden  (la'ei). 

Es  bleiben  noch  die  Seeschlangen  zu  erwähnen,  welche  im  Gegensatz 
zu  den  Landschlangen  (ngata)  giftig  sind.  Am  häufigsten  sind  die  weitverl)reiteten 
Pelamis-Arten.  gali'o,  mo'otai,  auch  soloaloalo  genannt.  Eine  kleiiu'  lichte  Schlange 
mit  uugiftigem  Riss  heisst  sulusululatoi. 

Eine  schöne  Sammlung  von  Seeschlangen  verdanke  ich  der  Güte  des  Herrn 
Dr.  Funk  in  Apia:  die  Verarbeitung  steht  noch  aus. 

4.  Fische  (ia)  und  Fischfang  (fangota). 

Der  Fiscln-eichtlium  der  Riffe  ist  natürlicherweise  gross,  da  liier  eine  Menge 
von  Nahrung  sich  findet.  Die  Zalil  der  Arten  wird  indessen  noch  ül»ertroften  durch 
die  ^fannigfaltigkeit  der  Formen  und  Farben.  Ich  habe  schon  in  der  Eiideitung 
auf  die  Arbeit  Günther's  im  Museum  Godeffroy  hingewiesen,  welche  treffliche 
Abl)il(lungen  besitzt.  Auch  Saville  Kent's  Werk  bringt  vieles.  Es  würde  eines 
Ruches  allein  ])edürfen.  um  das  nur  wenig  bekannte  zusammenzutragen.  Cnd 
wie  wenig  ist  gerade  ülier  die  Entwicklungsgeschichte  und  Biologie  der  Korallen- 
fische bekannt! 

Für  die  Samoaner  sind  die  Fische  als  Xaliruiig  von  grosser  Wichtigkeit  und 
der  Fang  wird  systematisch  betrieben.  Leber  200  Namen  lialien  sie  für  die  ver- 
schiedenen Arten,  ein  Zeichen,  wie  viele  es  hier  giebt. 

Da  ist  vor  allem  der  anae.  die  Meeräsche  (Mugil).  jung  aua  genannt  und 
aualele,  wenn  er  ans  Angst  vor  dem  verfolgenden  malauli  aus  dem  Wasser  springt. 
Der  malauli  gehört  zu  (h-r  Familie  der  Reryciden  (Beryx.  ^Myrijiristis.  Holocentrum 


108  Dr.  Augustin  Krämer. 


u.  s.  w.).  von  denen  gegen  2<t  malan- Arten  unterschieden  werden  (laualo,  wenn 
in  der  Lagune  gefangen.), 

Ferner  der  Seebarbe  (Mullus)  ta'ule'ia.  das  Emblem  von  Safotulafai  auf  Savai'i. 

Am  Riffe  selbst  die  zahlreichen  Squamipinnes.  der  bunte  Ohaetodon  ephippium 
(tifititi),  der  goldgelbe  Holacanthus  u.  s.  w.  Viel  gefangen  wird  der  gemeine 
Nasentisch,  ume,  (Naseus  unicornis).  Der  Koifertiscli.  moamoa  (Ostracion),  der 
sue  (Triodon),  und  tautu  (Diodon).  der  tiloa  (Pristipoma),  der  mata'ele'ele  (Apogon). 

Ferner  ist  ))ekannt  ein  Häring  (atule),  der  fliegende  Fisch  (mälolo)  (Exo- 
coetiis)  (im  (iregensatz  zum  Indischen  Ocean  um  Samoa  recht  selten),  der  grüne, 
aber  delicate  fungausi,  der  ngatala  (Serranus),  der  mutu  (Chilodactylus),  der  sungale 
( Auabas),  eine  kleine  durchsichtige  Pleuronectide,  ali,  der  Sägetisch  sa  olä  (Pristis). 
der  pone  (Acanthurus).  der  Hornheclit,  ise  (Belone),  der  giftige  iliu  und  unavau. 
der  commensalische  Fierasfer  i'aui.  u.  s.  w.,  u.  s.  w. 

Alle  übrigen  Fisclie  übertrifft  jedoch  an  Wichtigkeit  der  Bouito,  (Tliymnus 
pelamys)  atu  genannt,  in  Tutuila  i'a,  in  der  Poesie  pau.  Der  Fang  dieser  wilden  Raub- 
fische ist  der  vornehmste  Sport  im  samoanischen  Leben.  Ein  besonderes  Boot,  das 
va'aalo  oder  tafanga,  vorne  und  achtern  gedeckt  und  mit  grossem  Ausleger,  dient  diesem 
Zweck,  da  die  Verfolgung  und  Aufsuchung  der  Bonitoheerdeu  (inafo)  weit  aufs  Meer 
hinausführt.  Wo  die  Möven  über  dem  Wasser  sich  sammeln  (pale),  da  sind  auch  die 
Bonitos  nicht  fern,  da  ist  Nahrung.  Der  Fang  geschieht  mit  dem  Perlmuttertischhaken 
(matau),  dem  Flieghaken  (tio),  welcher  mittelst  einer  Leine  (afo)  an  einem  langen,  fest 
in  das  Boot  eingesetzten  Bambusstock  geführt  wird,  welcher  einen  hölzernen  Anfangs- 
theil  (tu'au)  hat.  Durch  die  Fahrt  des  Bootes  wird  der  Haken  über  das  Wasser  gezogen 
und  der  Fisch  angelockt.  Der  erste  so  gefangene  atu  in  der  Saison,  der  gnatongiä.  wird 
dem  Dorfhäuptling  zu  Füssen  gelegt.  Aber  nicht  allein  auf  offener  See,  wo  er  eine 
Grösse  von  1 — 2  m  erreicht,  kommt  er  vor.  sondern  auch  in  der  Lagune  und  in  den 
Häfen,  wo  er  die  in  den  Schutz  der  zu  Anker  liegenden  Schifte  fliehenden  kleinen 
Fische  verfolgt  und  einen  solchen  Lärm  verursacht,  als  ob  jemand  ins  Wasser 
gefallen  wäre.  Er  tritt  local  oft  in  grossen  Mengen  auf,  um  dann  rasch  wieder 
zu  verschwinden,  je  nach  Menge  der  Nahrung.  So  schreibt  Wyatt  Gill  (Jottings 
from  the  Pacific  S.  157):  „Als  wir  im  John  Williams  nordöstlich  von  Lord  Howe 
Island  fuhren,  während  der  Dämmerung  an  einem  Decembermorgen.  sahen  wir 
das  Meer  voll  von  kleinen  Fischen,  ähnlich  Sprotten.  Seevögel  flogen  darülier, 
nach  Herzenslust  sich  sättigend.  Kurz  darauf  kamen  Heerden  von  Bonitos  in 
heisser  Verfolgung  nachgestürzt.  Mit  einem  halben  Dutzend  Perlausternhaken  ohne 
Köder  fingen  wir  in  weniger  als  einer  Stunde  116  Bonito,  deren  grösster  Theil 
eingesalzen  wurde.  Während  des  Tages  segelten  wir  langsam  durcli  eine  zahllose 
Menge  von  Bonito.  —  Wir  hätten  leicht  einige  1000  vor  Sonnenuntergang  fangen 
können.  Während  der  folgenden  Nacht  war  das  Meer  erleuchtet;  denn  wenn  die 
Bonito  nahe  an  der  Oberfläche  durch  das  Wasser  fuhrcMi.  wui-den  sie  phorphores- 
cirend  —  ein  Anblick  unvergesslich  denen,  die  ihn  einmal  genossen." 

Die  Samoaner  verwenden  verschiedene  Metlioden  zum  Fang  der  Fische. 
Die  einfachste  Art  ist  das  Steinhaufen  machen  in  der  Lagune  (taufatu),  um  da- 
durch Fische  anzulocken.  Viele  sind  geschickt  im  Fang  mit  der  Hand  (lima  malie), 
mit  dem  Bogen  und  Pfeil  (taoolo)  und  mit  dem  igelartigen  Fischspeer  (so'aso'a). 


VII.   Die  Rifffauna  von  Samoa  insbesondere  in  ethnoloj^ischer  Beziehung. 


109 


Sonst  geschieht  der  Fniiu,'  (lui'ch  Fisclirallt'iilc^cii  (taiil';iii,L;';i)  iiiid  N'ergiften.  Dies 
letztere  geschieht  (liirch  \'erreiheii  (oloolo)  der  Früclitc  (h's  riitii-naiiiiies_](Bamugtonia 
speciosa)  oder  durch  Einstreuen  einer  Mischung  von  ge((uetscliten  jungen  Zweigen 
und  Blättern  der  Theopiirosia  jtiscatorea  mit  Kalk  in  ein  ruhiges  A\"asser.  Die  be- 
täubten Fisclie  lassen  sich  alsihuiii  greifen.  Sehr  beliebt  ist  auch  das  Fische 
steclicn  bei  Fackellicht  (laniaga).  Die  l'^ackcl  ('auiania)  licsteht  aus  einem  welken 
Cocoswedel.  Die  Ausbeute  pHegt  indessen  dabei  keine  grosse  zu  sein.  Statt  des 
StecluMis  wird  dabei  aucli  liäutig  ein  kleines  Netz  verwendet  (taj»ö).  Neuerdings 
ist  das  Fischen  mit  l)yinimit})atroncn  sehr  beliebt,  kostet  abci'  \  iclc  Hände,  deren 
zerfetzte  Tlieile  ich  oft  zusammenzuflicken  das  Vergnügen  hatte. 

Die  Fischfallen  (äöa,  fanga)  werden  aus  tlen  Stengeln  einer  Kriechpflanze 
'ie'ie  genannt  (Freycinetia)  verfertigt.  Der  Mund  (pua)  führt  bei  den  cylindrischen 
Formen  durch  einen  laugen  Eingang  (tapua)  in  den  geräumigen  Korb.  P^ine  kleine 
Falle  hat  den  Namen  puapua'i,  häufig  werden  sie  durch  Korallenstöcke  verbaut 
(tau'amu).  so  dass  sie  kaum  sichtbar  sind. 

Eine  Art  Keusenfischerei.  lauloa  genannt,  wird  häutig  ausgeübt.  An  einem 
Seil  werden  Cocoswedel  angeflochten  und  damit  ein  grosser  Theil  der  Lagune 
eingeschlossen.  Sind  Fische  innerhalb  der  Einfriedigung,  dann  wird  das  Seil  zu- 
sammengeholt (lo)  und  die  Fische  in  einen  Sack  (tu'i)  geti'ieben.  Auf  einem 
Steinhaufen  (tula)  steht  dabei  meist  ein  Leiter  (tautai)  dieser  Operation. 

Ein  einfacher  Modus  ist  auch,  einen  engen  Eifteinlass  einfach  durch  eine 
Falle  zu  verschliessen  (tuaavaaoa).  Von  Fischnetzen  ('upegaj,  welche  aus  dem 
Bast  des  sougä  (Fipturus  i)ropiiHiuus.  einer  Urticacee)  sehr  fein  und  schön  ge- 
arbeitet werden  (auch  wohl  aus  der  Rinde  des  Brodfruchtbaums  nlu.  Netz  u'a). 
werden  viele  in  verschiedener  Weise  gebraucht. 

Die  wohl  häufigste  ist  die  Art,  wie  der  anae  (Mugil)  gefangen  wird.  Von 
mehi'ereu  grossen  Booten,  soatau,  wii'd  mittelst  eines  langen  Netzes  in  der  flachen 
Lagune  (bei  Fluth)  ein  Kreis  gebildet.  Zahlreiche  kleine  Boote,  paopao,  besetzen 
die  Lücken  zwischen  den  grossen  Booten  mit  dreieckigen  Netzen,  eine  breite  Seite 
an  den  durch  Treibhölzer  (uto)  schwimmen- 
den Rand  des  grossen  Netzes  legend.  Der 
Kreis  wird  darauf  enger  gemacht,  und 
einer  springt  ins  Wasser,  um  die  Fische 
zum  Springen  über  das  Netz  mit  einem 
Stock  (la'autä)  zu  treiben,  wobei  sie  auf- 
gefangen werden.  Zu  Flössen  wird  das 
Holz  des  ton  (("ordia  aspera)  verwendet. 
Ganze  Dorfschaften  ziehen  an  bestimmten 
Tagen  auf  Befehl  der  Häuptlinge  hinaus 
in  die  Lagune  zum  Fischfang,  dem  sich 
keiner  entziehen  darf,  wenn  er  nicht  harter 
Sti'afe  gewärtig  sein  will,  rnausgenommen 
(das  Ausnehmen  \(>r  der  Landung  gilt  als 
ungehörig,  palumatuina)  werden  die  Fische  dem  Dorfhäuptlinge  am  Lande  zu  Füssen 
gelegt,   der  sie  austheilt.    und    dem    der  beste  und  grösste  Fisch  (tafo'e)  zugehört. 


Fisoliendc  Einoel)t)rrno  am  Strande. 


110  1^1'-  Augustin  Krämer. 


Besonderes  Ansehen  crfrout  sich  der  ga'oga'olctai.  der  ^hum.  der  viele  Fisch- 
methuden  weiss:  mehr  schöner  Blicke  darf  sich  aber  der  Jüngling-  erfreuen,  der 
vom  Fischfang  heimkehrt  mit  einem  lautiti,  die  Fische  wie  ein  titi  um  seinen  Leib 
hängend.  Denn  die  Damen  essen  in  Samoa  mindestens  eben  soviel  und  gern  wie 
die  Männer. 

Unzählig  sind  die  Worte,  die  sich  auf  die  Geräthschaften,  auf  die  Fangarten, 
die  Stadien  der  Fische  u.  s.  w.  beziehen,  ein  Studium  vieler  -Jahre,  das  sich  aber  bei 
dem  ottenen  Blick  der  Naturvölker  für  solche  für  sie  so  wichtige  Dinge  wohl  lohnte. 

5.    Fingota. 

Fingota  nennen  die  Samoaner  eigentlicli  alle  wirbellosen  Thiere.  insbesondere 
Medusen,  Echinodermen,  Mollusken,  Kruster,  Würmer  u.  s.  w.  Von  Medusen  habe 
ich  nur  eine  Aurelia  im  Hafen  von  Pangopango.  allerdings  während  dreier  Besuche 
beständig  daselbst  gesehen  ('alu'alu  ?  valo'a?).  Oefter  sah  ich  indessen  die  sesema, 
die  weitverbreitete  violette  Velella  und  zwar  auf  ott'ener  See  und  im  Apiahafen. 
Lumane  heisst  eine  grosse  Actinie. 

Besonders  häutig  unter  den  Seeigeln  ist  der  alamea,  die  langstachelige  Dia- 
dema,  welche  sich  allenthalben  in  die  Korallenblöcke  einbohrt.  Folaualamea  heissen 
die  Samoaner  eine  Manupulation  der  Selbsthilfe,  indem  sie  den  eingetreteneu  alaniea- 
Stachel  durch  die  Saugkraft  des  Thieres  wieder  ausziehen  lassen  und  so  sagen  sie 
auch  folau  alamea,  wenn  etwas  von  selltst  heilt.  Ein  grosser  Echinus  oline  Dornen 
heisst  palutu,  zwei  andere  ofaofa  lauago  und  ofaofa  sina,  einer  'iua,  einer  sä  va'i, 
einer  vatu'e,   einer    endlich  vana,    dessen  Stacheln  als  Nadeln  Verwendung  finden. 

Mehrere  Arten  Seesterne  werden  unter  aveau  zusammengefasst.  Sulisuli  ist 
ein  specieller  Name. 

Endlich  die  grosse  Zahl  von  Holothurieu  (und  Synapten),  deren  Eingeweide 
(wie  das  mancher  Seeigel)  als  sea  gegessen  wird,  besonders  das  der  lomu.  Die 
gewöhnliche  Holothurie  heisst  funa  oder  funga  und  wenn  sie  sehr  gross  ist  ulapo ; 
je  nachdem  sie  schwarz,  weiss  oder  roth  ist,  wird  sie  fuuafuna  uli,  sina  oder  ngatae 
genannt.  Sonstige  Namen  sind :  amu'u  'ulutunu,  loli.  maisu  (schwarz),  matamalü, 
matefanau,  peva  u.  s.  w. 

Sie  kommen  indessen  nicht  so  zahlreicli  vor,  dass  an  eine  Trepangftibrikation 
gedacht  werden  könnte. 

Von  den  Krebsen  wissen  die  Samoaner  ungefähr  30,  von  den  Mollusken 
ungefähr  50  Namen  anzugeben. 

Am  wichtigsten  von  ersteren  ist  der  u'ü,  der  Cocosnussräuber  (Bii-gus  latro)» 
welcher  hauptsäclilich  auf  Manu'a  (ein  Baum  voll  Krebse  heisst  dort  pei)  und 
auf  Tutuila  vorkommt.  Sein  feister  Schwanz  heisst  angani  und  ist  natürlicherweise 
sehr  beliebt.  Desshalb  ist  der  Krebs  selten.  Häufiger  sind  die  Meereskrebse,  die 
Lysiosquilla  maculata  vornehmlich,  und  die  Langusten.  Am  meisten  gelangen 
wird  indessen  der  ('arcinus,  pa'a  genannt,  der  eine  recht  ansehnliche  Grösse  erreicht 
und  vortrefflich  schmeckt.  Neben  den  selteneren  Salzwassergarneelen,  den  ulat  ai, 
ist  aber  vorzüglich  ein  in  den  Flüssen  sehr  verbreiteter  Palaemon.  der  ulavai, 
welcher  oft  über  10  cm  lang  wird  (abgesehen  von  dem  langen  1.  Fusspaar)  und 
in  Salzwasser  gekocht  vorti-efflich  mundet.    Eine  Landkrabbe,  (Gecarcinus),  welche 


VIT.   Die  Rifffauna  von  Samoa  insbesondere  in  ethnologischer  Beziehung.  1 1 1 


oft  weit  üIht  ciiu'ii  Fiiss  spannt,  ist  sehr  liäuti«^',  un<t  untcruTäht  den  Strand 
um  Apia  strcckcnwciso  dorarti«;-,  dass  das  Hcitoii  daselbst  ^-clalirlicli  wird.  Ich  liattc 
ciiimal  G('l(\i>(Miheit,  eine  lebendig  zu  erhalten,  welche  im  Hause  des  Herrn  Dr.  Funk 
beim  Einbruch  in  die  Speisekammer  ('i-ta]ipt  worden  war.  Dieser  malfo  soll  einige 
Tage  nach  Vollmond  (gewöhnlich  wird  der  vierte  angegeben)  abendlich  das  Land 
verlassen  und  /.um  Strande  kommen,  wobei  er  abgeschnitten  und  im  Fackelschein 
erschlagen  wird.  Die  erste  Naelit  heisst  tolovale,  die  zweite  tötilotilo.  Auch  eine 
Laiulkralibe  mit  dicken  Scheeren  gibt  es.  tnpa.  wonach  das  elephantiastisch  ver- 
dickte Hein  der  Samoaner  vaetupa  genannt  wird.  'Aeiio  uu(\  alamisi  sind  Namen 
für  Landkrabben,  die  an  die  See  gehen,  um  zu  tauciien  (matä  sila).  I  und  jia'a 
tea  sollen  giftig  sein.  Erwähnung  bedürfen  noch  die  zahlreichen  rothscheerigen 
Gelasimuskrebse  (unga),  auch  Schildwachkrebse  genannt,  welche  mit  den  flink 
hüpfenden  Periophthalmusfischen  den  Mangrovesumpf  hintei-  A ]»ia  Itevölkern.  F  o r b e s 
beschreibt  sie  treffend  vom  Keeling-Atoll. 

Musehein  und  Schnecken  (pule)  sind  häutig  auf  (h'ii  Ivift'en. 

Die  Trichuna.  faisua  genannt,  scheint  indessen  in  Samoa  nicht  die  Grösse 
zu  erreichen,  wie  auf  den  Marshailinseln.  in  der  Torresstrasse  u.  s.  w.  Gegessen 
wird  das  Fleisch  unter  dem  Deckel  der  Turboarten  (tupe  der  Deckel,  das  Fleisch 
moälili) ;  besonders  beliebt  scheinen  die  Spondylusarten  zu  sein  (fatuaua)  und  die 
Cardium  ähnlichen  Pipitü,  Pae,  'asi,  welch'  letztere  hauptsächlich  zum  Abschaben 
der  Tutungarinde  behufs  Zubereitung  des  Bastes  des  Papiermaulbeerbaumes  für  die 
Tapabereitung  dient,  auch  maugeo,  sele  u.  s.  w.  Zum  Rasiren  wird  eine  gelbe 
Mesodesma  ähnliche  Muschel  verwendet,  tipi  sele  ava  genannt,  auch  die  Tellina 
ähnliche  Pipitala.  Die  Pumala  (('assis  cornuta)  diente  frülier  als  Kriegstrompete, 
die  Ovula  Ovulum  (l^ypraea  Ovulum),  wie  schon  erwähnt,  als  Schmuck  der  Kriegs- 
fahrzeuge, da  man  glaubte,  dass  in  den  leereu  Schalen  der  Geist  des  Kriegsgottes 
fe'e,  des  Octopus,  hause. 

Ob  die  in  Fiti  nicht  seltene  Cypraea  aurautium  auch  in  Samoa  vorkommt, 
wie  angegeben  wird,  habe  ich  nicht  erftün-eu  können.  Auch  die  Perlmuttermuschel 
von  Tahiti,  tifa.  sclieint  recht  selten  zu  sein. 

Eine  schöne  malakologische  Sammlung  erhielt  ich  in  Apia  durch  die  Güte 
des  Herru  Alexander  Schmidt,  welche  noch  nicht  verarbeitet  ist.  K-h  gebe 
daher  die  obengenannten  Daten  mit  Vorbehalt  wieder. 

6.   Der  Palolowurm. 

Wie  die  Zeiten  des  Haifischfanges  und  des  anae,  des  kleinen  lo  im  Juli 
u.  s.  w..  so  bildet  auch  die  Zeit  des  Palolofauges  zu  Beginn  der  Regenzeit,  des 
Va  i  Paloh).  im  October  und  November  einen  der  Höhenpunkte  im  samoanischen 
Leben.  Wochenlang  spricht  alles  nur  davon,  wie  wohl  der  nächste  Palolo  aus- 
fallen mag,  wie  die  früheren  waren  und  wann  der  nächste  sein  wird.  Die  alten 
Leute  und  Dorfhäuptlinge  springen  mit  ihrem  Rathe  ein,  denn  das  tauese,  das 
falsch  berechnen,  ist  liier  von  grossem  Schaden,  da  in  wenigen  Minuten  sich  das 
ganze  Erscheinen  des  Wurmes  abspielt.  Ich  will  mich  nicht  länger  dabei  auf- 
halten, die  Art  und  Weise  der  Bereclmung  und  die  Muthmaassungen  beti-effs  der 
Ursachen  des  Ersclieinens  zu  erörtern,  da  Herr  Dr.  G oll  in  die  bekannten  Notizen 


222  I^i"-  Augustin  Krämer. 


Merüber  zusammengestellt  hat  anlässlich  der  Bearbeitung  des  Materials,  welches 
ich  während  zweier  Jahresfeste  sammelte.  Im  Jalir  1893  war  der  gi-osse  Tag 
der  erste  November,  im  Jahre  1894  am  20.  desselben  Monats  in  Apia,  wo  ich 
beide  Feste  mitzumachen  Gelegenheit  hatte.  Als  S.  M.  S.  ,.Bussard"  am  24.  Oc- 
tober  1894  nach'  Matautu  auf  Savai'i  kam.  war  daselbst  der  Palolofang  schon  3 
Tage  vorher  am  21.  Octolter  gewesen,  war  also  einen  Monat  früher  als  in  Apia. 
Ich  liatte  Gelegenheit,  die  Corpora  delictorum  in  Bananenblättern  gedünstet  zu 
w\u'n  und  auch  —  zu  schmecken.  Auch  frisch  habe  ich  einmal  diese  Borsten- 
würmer (Palolo-  [Lysidice-]  viridis  Gray)  versucht  und  gefunden,  dass  sie  gar 
nicht  übel  munden.  Nicht  so  gut  schmeckte  ein  langer,  kleintingerdicker  Regen- 
wurm (Oligochaete)  der  aus  dem  Sandstraude  stammt,  dem  die  Samoaner  ein 
Loch  in  den  Leib  beissen,  um  die  Geschlechtsorgane  herauszudrücken.  Ebenso- 
wenig schmeckten  mir  die  daumengrossen  Carabuslarven,  welche  die  Samoaner 
mit  Genuss  lebendig  verzehren. 

Essen  und  Tanz  bildet  wie  immer  den  Hauptbestandtheil  des  Palolofestes, 
faleali'i,  auch  falepä  genannt.  Das  Auftreten  des  AVurmes  erfolgt  am  Tage,  am 
Tage  des  letzten  Viertels  und  am  Tage  nach  demselben;  der  erste  Tag  heisst 
nsunoa,  auch  motusanga,  der  zweite  oder  grosse  Tag  tatelega  und  der  dritte  sale- 
funo-a.  Als  Zeichen  des  Erscheinens  des  Wurmes  wird  auch  das  Aufti'eten  eines 
kleinen  Fisches,  mosi  mosi.  unmittelbar  vorher  angegeben.  Zum  Fange  dienen 
verscliiedene  Netze :  in  Lefangä  sah  ich  einen  reusenartigen  Korb  aus  dünnen 
Cocosblattrippen  zusammengesetzt,  mit  dem  Namen  'enu.  auf  Savai'i  ein  langes 
Netz  aus  den  brauneu  Blattscheiden  (laua  a)  der  Gocosblattwedel  zusammengenäht 
und  unten  mit  einer  kleinen  Oeffnuug ;  dies  Netz  heisst  taepä.  Im  civilisirten 
Apia  werden  natürlich  europäische  Netzzeuge  verwandt,  mit  Vorliebe  Stücke  ausser 
Dienst  gestellter  Muskitonetze,  welche  über  einen  racketartigen  Rahmen  gespannt 
werden.  Der  Ertrag  ist  nicht  immer  lohnend :  doch  kommt  es  zuweilen  vor,  dass 
solche  Unmassen  gelangen  werden,  dass  sogar  samoauische  Mägen  zur  Vertilgung 
niclit  ausreichen  und  Schweine  zugezogen  werden  müssen.  Der  Ort  des  Schwär- 
inens  ist  nicht  die  flache  Lagune,  sondern  eine  Riffbucht,  eine  tiefe  Stelle  inmitten 
des  Strandriffes.  In  Apia  ist  dies  die  Lelepabucht,  gegenüber  der  Landecke  Matautu, 
das  Palolotief,  das  eine  Tiefe  von  13  m  aufweist. 

Der  Fang  bietet  einen  eigenthümlichen  Reiz.  Noch  bei  Nacht  gegen  ^1^4= 
V\\v  Morgens  begiebt  man  sich  zu  Apia  im  Boote  nach  dem  nahen  Fangplatz. 
Am  Himmel  steht  der  Halbmond,  am  klaren  Sternenliimmel,  nur  wenig  Licht  spen- 
(b'iKl.  Eine  külile  Landbrise  ruft  das  Gefühl  der  Morgenfrische  wach.  Man  durch- 
quert den  Hafen,  steuert  auf  den  Rift'einlass  bei  Matautu  zu  und  dringt  im  Strand- 
canal  in  wenig  Minuten  bis  zur  Landspitze  vor.  Von  hier  ist  das  Palolotief  noch 
250  m  entfernt  durch  die  flache  Lagune  getrennt.  Vor  4  Uhr  kommt  man  noch 
einigermaassen  leicht  liinültcr,  wenn  das  Boot  iiiclit  zu  sehr  besetzt  ist,  nach  4  Uhr 
ist  es  schon  mühsam. 

Tastend  suchen  die  lioote  in  dvv  Dunkelheit  ihren  Weg  zwischen  den  Korallen- 
rasen,  die  hier  die  Lagune  theilweise  l'üllen,  bis  man  plötzlich  in  tieferes  Fahr- 
wasser gelangt.  Dunkle  Schatten  von  IVülier  angekommenen  Booten  sieht  man 
<uif  dem  glatten  Wasser  liegen,  ein  Zeichen,  dass  mau  schon  am  Platze  ist.    Gegen 


VII.   Die  Rifffauna  von  Samoa  insbesondere  in  ethnologischer  Beziehung.  113 

5  Uhi"  beginnt  es  sich  allmälig  im  Oston  zu  lichten.  Schon  erkennt  lUiin  in  der 
Nähe  einige  bekannte  Gestalten,  blumenbeki'änzt  und  duftige  Ketten  über  die  Brust. 
Aber  nur  ein  leiser  Gruss  tönt  dem  Ankommenden  entgegen,  als  ob  man  fürchtete, 
die  Beute  durcli  Lärm  zu  versclieuclien.  Einzelne  Personen  schöpfen  schon  AV asser 
lind  es  scheint,  dass  der  Fang  gut  wird.  Es  wird  lichter  und  lichter;  die  kurze 
Dämmerung  beginnt.  Jetzt  sieht  man  das  Wasser,  und  bald  gewahrt  man  auch 
einzelne  lange  dünne  Würmer  in  demselben  sich  schlängelnd  fortbewegen.  Bald 
mehrt  sich  mit  der  Helle  auch  die  Zahl  derselben ;  niemand  achtet  mehr  des  Nach- 
barn ;  alles  schöpft  und  fängt,  die  Beute  in  bereitgestellte  PJimer  abschüttelnd. 
Blickt  man  aber  auf.  so  gewalirt  man  ein  wunderliares  Bild ;  vor  sich  das  hohe 
grüne  Ijand,  die  Schluchten  noch  in  Dunkel  gehüllt,  die  lichten  Höhen  in  saftigem 
Grün  schillernd ;  unten  aber  am  »Strande  die  Hütten  zwischen  den  nickenden  Cocos- 
palmen,  ein  endloser  grüner  Strand ;  der  frische  ablandige  Morgenwind,  voll  von 
Blüthendüften,  verscheucht  die  Müde  der  kurzen  Nacht ;  seewärts  der  weite,  stille 
Ocean  im  ersten  Blau  des  Morgenlichtes  aufleuchtend ;  unermüdlich  wälzt  er  seine 
Fluthen  gegen  die  nahe  Riifkante  au,  wo  der  weisse  Gischt  zusammenstürzt,  die 
erste  See  schon  gefolgt  von  einer  zweiten  und  dritten  in  unaufhörlichem  Spiel; 
in  dem  stillen  Wasser  rings  umher  ein  buntes  Gewirr  von  Booten  und  Canoes, 
eine  Unzahl  junger  geschmückter  Mädchen  und  alter  Weiber,  emsig  fischend  unter 
Lachen  und  Scherzen:  da  hebt  sich  schon  die  Sonne  im  Osten;  nur  noch  vereinzelte 
W^ürmer  durchqueren  lebensmüde  die  Oberfläche ;  alles  eilt  dem  Lande  zu,  um  die 
Boote,  ehe  es  zu  heiss  wird,  über  die  nun  nahezu  ti'ocken  gefallene  Lagune  zu 
ziehen.  Auf  der  stillen  W^asserfläche  des  Palolotiefs  sieht  man  nun  die  Bonitos 
die  Nachlese  halten;  bald  aber  ist  daselbst  alles  wieder  stille  wie  zuvor. 


Krämer.  Ueber  den  Bau  der  KoraUeiiriffe. 


VIIL   Die  Centrifuii'iruiii>'  des  Plankton. 


Es  liegt  moht  in  meiuer  Absicht,  die  He nsen' sehe  Methode  verbessern  oder 
gar  schmälern  7ai  wollen ;  als  ich  im  Frühjahre  1889  nach  Kiel  kam,  nm  in  die 
Kaiserliche  Marine  einzutreten,  rüstete  man  eben  zm'  gTossen  Planktonfalu't.  Auf 
mich  allein  angewiesen,  habe  ich  im  Laufe  der  folgenden  Jahre  während  zahli'eicher 
Fahrten  practisch  die  Methode  geprüft,  aber  dabei  stets  bedauert,  dass  sie  an  den 
einzelnen  zu  grosse  Anforderungen  stellt,  nicht  allein  an  das  Wissen,  sondern  auch 
an  die  Zeit  und  die  Casse. 

Hensen's  Methode  wird  allen  grösseren  wissenschaftlichen  Expeditionen  als. 
Muster  zu  dienen  haben;  sie  ist  die  Methode  der  Hochsee,  woselbst  in  grösserem 
Umfang  zu  plauktonisiren  nur  denjenigen  vergönnt  zu  sein  pflegt,  welche  sich  an 
Bord  eines  für  wissenschaftliche  Zwecke  in  Dienst  gestellten  Schiffes  belinden. 

Was  soll  aber  der  einzelne  Mann  machen,  welcher  allein  an  der  Küste  weilt, 
oder  an  Bord  eines  zu  Anker  liegenden  Schiffes  sich  befindet?  AVas  soll  der  Rei- 
sende machen,  der  über  eine  gedrängte  Zeit  verfügt  und  sich  doch  gern  über  den 
Planktongehalt  eines  bestimmten  Meerestheils  oder  Süsswassersees  in  kurzer  Zeit 
vergewissern  möchte  ? 

Es  kann  nicht  genug  darauf  hingewiesen  werden,  dass  eine  Uebersicht  über 
die  Resultate  am  Orte  des  Sammeins  nicht  allein  neue  Gesichtspunkte  und  Lücken 
enthüllt,  sondern  auch  sehr  zur  Arbeit  anspornt. 

Jeder  weiss,  wie  das  mechanische  Sammeln  ohne  die  Kenntniss  des  Erreichten 
müde  macht  und  wie  umgekehrt  übersichtliche  Resultate  anspornen  und  harte 
Arbeit  vergessen  machen. 

Man  hat  sich  bis  jetzt  im  Allgemeinen  mit  wenig  Planktonfäugen  begnügt ; 
muss  doch  eine  grosse  Serie  von  Fängen,  welche  nach  Hensen's  Angaben  ver- 
arbeitet werden  soll,  jedem  eine  gewisse  Beklemmung  verschaffen,  dem  man  sie 
zur  Verarbeitung  übergiebt. 

Wenn  aber  auch  Hensen's  Schluss  richtig  erscheint,  dass  man  aus  wenig 
Stichproben  auf  die  Bevölkerung  eines  Meerestheils  Schlüsse  ziehen  kann,  (wenig- 
stens zur  Jahreszeit  des  Fanges*),  so  wird,  es  in  vielen  Fällen  doch  wichtig  sein, 
diesen  Schlüssen  durch  eine  Reihe  von  Messungen  Beweiskraft  zu  o-eben. 


Hensen  sagt  über  einen  Fang  in  der  Sargassosee  mit  2,300,000  Individuen  auf  1  qra 
(„Die  Lebensgemeinde  in  der  Fläche  des  Oceans".  Deutsche  Heviie  XIX.  Juni  Heft  S.  319): 
„Viele  in  engerem  und  weiterem  Umkreis  gemachte  Züge  mit  demselben  Netz  und  verticalem 
Aufzug  ergaben  ähnliche  Mengen  und  ganz  ähnliche  Zusammensetzung  der  Lebensgemeinde ;. 


VIJI.  Die  Centrifugirung  des  Plankton.  115 


Wird  man  erst  viele  tausende  von  Fän<.>en  wälirend  der  verschiedenen  Jahres- 
zeiten aus  einem  Meeresabschnitt  besitzen,  dann  wird  num  erst  sagen  dürfen,  dass 
man  ilm  wirklicli  kennt. 

Man  wird  noch  mein-  verlangen  müssen :  eine  über  viele  Jahre  ausgedehnte 
Beobachtungszeit. 

Solche  Forscliungcn  scheinen  aber  inn-  nirtgüch,  wenn  man  die  Masse  des 
Planktonfanges  rasch  und  genau  messen  kann.  Sind  diese  Massen  ül)ereiiistimmend, 
so  wird  es  genügen,  aus  einer  Gruppe  eiiu'u  herauszugreifen  und  auf  die  allge- 
meinen Compouenten  durchzuzählen.  Die  wissenschaftliche  Untersuchung  des  Mate- 
rials ergiebt  ja  Genus  und  Species  der  einzelnen  Individuen,  welclie  für  die  Com- 
position  vielfach  nur  ein  secundäres  Interesse  besitzen. 

Zur  Messung  sind  verschiedene  Methoden  vorgeschlagen  wu)rdeu:  Bestimmung 
dm-ch  Verdrängung,  durch  Absaugen,  durch  Berechnung  des  Cubikinhaltes  der  ein- 
zelnen Thiere  (!),  durcli  Wägung,  Trocknung  u.  s.  w.  Alle  diese  Methoden  widerlegen 
sich  von  selbst :  theilweise  muss  das  Material  geopfert  werden,  anderntlieils  ist 
die  Bestimniung  nur  im   Laboratorium  ausführbar  u.  s.  w. 

Am  besten  ist  noch  die  Bestimmung  des  Rolivolumens,  das  Sichabsetzen- 
lassen  des  Fanges  in  Alcohol  während  24  Stunden,  welches  Verfahren  während 
der  Planktonexpedition  in  Anwendung  kam.  Aber  abgesehen  davon,  dass  sich  ver- 
schiedenes Material  verschieden  schlecht  absetzt,  mangelt  eben  oft  die  Zeit,  nament- 
lich beim  Reisen.  Das  conservirte  Material  ergiebt  aber  ein  geringeres  Volumen 
als  das  frische. 

Henseu  sagt  darüber  (52a  S.  137):  ..Viele  Diatomeen  verhalten  sich  wie 
Vogelfedern;  Peridineen  und  Copepoden  sind  ziemlich  gut  messbar,  andere  Formen 
des  Planktons  nehmen  Zwisclienstellungen  ein.  Man  sollte  daher  glauben,  dass 
mit  Volumensbestimmung  hier  überhaupt  nichts  genutzt  werden  könnte,  indessen 
das  ist  doch  möglich.  In  den  Fängen  überwiegt  nämlich  in  der  Regel  die  eine 
oder  die  andere  Gruppe  so  sehr,  dass  alle  anderen  dagegen  zurücktreten ;  daher 
sind  ähnlich  zusammengesetzte  Fänge  unter  sich  nach  dem  Volumen  eiuigermaassen 
vergleichbar,  aber  nicht  vergleichbar  mit  Fängen  verschiedener  Zusammensetzung 
und  solchen  aus  verschiedenen  Jahreszeiten  oder  solchen,  die  mit  verschiedenem 
Netzzeug  gemacht  worden  sind." 

Für  das  24stündige  Absetzen  des  Fanges  verhalten  sich  die  Diatomeen  natür- 
lich anders  wie  die  Copepoden ;  ja  die  Phvcochromaceen  pflegen  sich  zur  Zeit  der 
„Blüthe"  überhaupt  nicht  von  selbst  niederzusetzen,  da  sie  dann  specitisch  leichter 
als  das  Wasser  und  der  Alcohol  sind.  Bei  Fang  mit  kleinen  Netzen  und  auf 
geringe  Tiefen  versagt  diese  Methode  aber  naliezu  ganz.     (Brandt  54c.) 

Desshalb  habe  icli  versucht,  die  Masse  des  Planktonfanges  durch  Centrifugi- 
rung zu  Ix'.stiramen,  weil  hierdurcli  gleiche  Bedingungen  für  alle  Compouenten 
geschaffen  werden,  und  da  ich  nun  über  eine  3jährige  Erfahi'ung  darin  gebiete 
und   die  Methode   in    den  verschiedensten  Breiten    angewandt   und   als  ausfühi'bar 


kein  einziger  Zug  ergab  entschiedene  Abänderungen  der  Jliscliung.  Logisoherweise  ist  man 
gezwungen,  bis  zum  Beweis  des  Gegentheils  anzunehmen,  dass  die  an  diesen  Stellen  gemachten 
Befunde  für  die  ganze  Region  Geltung  haben.  Das  ist  ein  Kreis  von  etwa  1000  km  Radius 
oder  eine  Obcrfläclie,  die  der  Landflächo  von  Afrüca  nahe  gleichkommt." 

8* 


WQ  Dr.  Augustin  Krämer. 


befunden  habe,  so  stehe  ich  nicht  an.  sie  zu  empfehlen  vor  allem  für  Küsten- 
fänge und  für  das  Studium  der  Plan k t o nv er th eilung  in  den 
Korallenriffen,  wo  es  gilt  und  leicht  fällt,  viele  Fänge  zu  machen  und  es  in 
erster  Linie  interessii't,  zu  erfahren,  wie  viel  Plankton  vorhanden  ist. 

Dabei  sind  die  Fänge  wold  untereinander  vergleichbar,  da  ein  Bestandtheil 
immer  vorhanden  ist,  nämlich  die  Copepoden.  wovon  ich  noch  weiter  unten  zu 
sprechen  haben  werde. 

Dass  das  Material  nicht  durch  die  Centiifugirung  leidet,  kann  ich  dadurch 
beweisen,  dass  ich  bei  der  Bearbeitung  der  Copepoden  des  Haurakigolfes  in  Neu- 
seeland nahezu  nur  centrifugirtes  Material  gebraucht  habe,  das  eine  sichtbare  Be- 
schädigung nicht  aufwies. 

Weit  abgesehen  davon,  durch  das  näher  anzugebende  Verfahren  die  Hensen- 
sche  Methode  schädigen  zu  wollen,  glaube  ich  vielmehr  ihr  Stütze  zu  verleihen, 
indem  diese  leicht  auszufüln-ende  und  vereinfachte  Moditication  dazu  dienen  möge, 
ihr  die  gebührende  Anerkennung  zu  verschaifen. 

Die  Ausführung  der  Fänge: 

1.  Fang  und  Netze. 

Wenn  die  Tiefe  nicht  bekannt  ist,  wird  sie  im  Hafen  erst  ausgelothet.  In 
See  bei  treibendem  Schiff  arbeite  man  stets  in  Luvseite,  damit  die  Leine  nicht 
unter  den  Kiel  schneidet.  Zur  Verwendung  kam  stets  ein  Apstein'sches  Netz 
(56  a)  mit  ungefähr  ^7.5  Qi^  Netzöffnung  und  wurden  die  Fänge  damit  im  Hafen 
meist  auf  10  m  Tiefe  gemacht,  gelegentlich  auch  vom  Grund  aus  bis  zu  40  m, 
da  in  grösseren  Tiefen  Schiffe  nicht  zu  ankern  pflegen.  Gelegenheit  zum  Fang 
bei  nicht  ankerndem  Schiff  bot  sich  nur  selten  (s.  Tabelle  C). 

Das  Aufholen  des  Netzes  geschah  mit  der  Geschwindigkeit  von  ungefähr 
^lo  m  in  einer  Secunde. 

Da  ich  fand,  dass  die  Weite  der  Netzöffnungen  durch  Vernähung  des 
Messingringes  bei  den  3  in  Gebrauch  genommenen  Netzen  variirte,  Hess  ich  mir 
neuerdings  ßinge  aus  Messingband  anfertigen,  am  unteren  Theil  behufs  Festnähung 
des  Conus  umgeschlagen  und  durchlöchert.     (S.  122  Fig.  g.) 

Für  Studien  in  kleinerem  Maassstabe  lassen  sich  4  Weiten  empfehlen: 

1.  7ion  *1"^  <^1*''^  "i^^i  Durchm.)  dient  als  kleines  leichttransportables  Netz,  haupt- 
sächlich zu  Süsswasserfängen ; 

2.  V75  •l^ii  (130,3  mm  Durchm.)  für  Küstenfänge,  vornämlich  in  heimischen  Ge- 
wässern ; 

3.  ^/_^„  qm    (159,6  mm  Durchm.)    hauptsächlich    für  Küstenfänge    in    den  Tropen 
und  Seefänge; 

4.  'Zog  qm  (225,7  mm  Durchm.)  für  Seefänge. 

Grössere  Netze  können  ihrer  Unhandlichkeit  und  ihres  liohen  Preises  halber 
nur  bei  grösseren  Expeditionen  Verwendung  finden.  Das  von  der  Planktonexpe- 
dition gewöhnlich  gebrauchte  Netz  von  '/k.  q"^  Oeffnung  kostet  gegen  300  M. 

Als  Netzzeug  kam  Müllergaze  Nr.  12  und  Nr.  19  in  Anwendung.  Ln  All- 
gemeinen wird  es  sich  empfehlen,  nur  die  feinste,  Nr.  20,    zu  verwenden.     Wenn 


Vin.   Die  Centrifugirung  des  Plankton.  117 

man  indessen  nur  auf  die  Menge  Wertli  legt,  genügt  Nr.  12  vollkommen,  ja  ist 
vorzuziehen,  da  damit  mehr  gefimgen  wird  (an  Masse). 

Mit  der  Grösse  der  Netzöttnung  wächst  naturgemäss  die  Breite  und  die 
Länge  des  Netzes.  Das  Verhältniss  von  Netzöftnnng  zu  Filtrirfläche  stellt  sich 
ungefähr  wie   1  :  2(>. 

Da  nicht  alles  Wasser  in  der  Säule  filtrirt  (durch  Verdrängung),  muss  ein 
geringes  zu  dem  Fangvolumen  addirt  werden.  Bei  Müllergaze  Nr.  20  ist  dies 
ungefähr  '^q,  bei  Nr.  12  =  Vj,,,  (siehe  Hensen's  Tabellen,  die  übrigens  schwer 
verständlich  sind),  denn  der  Durclimesser  der  Löclier  von  Nr.  20  ist  =  0,0.5  mm, 
der  von  Nr.  12  aber  =  0,1  mm. 

Ks  ergiebt  sich  daraus,  dass  man  mit  Nr.  12  auf  diejenigen  Thierforinen 
nicht  rechnen  darf,  welche  kleiner  als  0,1  mm  sind.  Da  solch  kleine  Individuen 
verhältnissmässig  selten  sind,  so  kommt  ihr  Wegfall  beti'efts  des  Volumens  gar 
nicht  in  Betracht.  Aber  aucli  wenn  sie  massig  reichlicli  vertreten  wären,  würde 
ihr  Volumen  doch  nicht  gegen  das  der  Topepoden  in  Concurrenz  treten,  nicht 
einmal  gegen  das  zweite  Zehntel,  das  bei  Nr.  20  verloren  geht.  Aus  diesem 
Grunde  erhält  man  für  Ontrifugirzwecke  weit  richtigere  Resultate  mit  Nr.  12  als 
mit  Nr.  20.  Auf  alle  Fälle  thut  man  aber  gut,  bei  quantitativen  Fängen  mit  Nr.  12 
sich  wenigstens  etwas  qualitatives  Material  mit  Nr.  20  zu  sichern. 

Da  ich  mit  beiden  Netzen  Fänge  gemacht  habe,  habe  ich  keinen  Ausfall  zu 
beklagen.  Die  Zahlen  aus  Neu-Seeland.  wo  sich  in  den  Fängen  sehr  zahlreiche 
Diatomeen,  Globigerinen.  Tintinnen  u.  s.  w.  befinden,  zeigen  ja  auch,  dass  man  mit 
Nr.  12  genügende  Resultate  in  biologischer  Hinsicht  günstigenfalls  erhält.  Die 
Fänge  mit  Nr.  19  dienen  als  (Nmtrole.  Bei  dem  kleinen  Volumen  der  Hafenfänge 
lohnt  es  sich  kaum,  einen  Filtrationscoefficieuten  in  Rechnung  zu  bringen,  zumal 
da  die  Methode  nicht  ideales  leistet.  Die  Fehlermöglichkeiten  lassen  sich  indessen 
noch  nicht  klar  übersehen. 

2.  Besichtigung  und  Filtrirung  des  Fanges. 

Ist  das  Netz  aus  10  m  Tiefe  senkreclit  aufgeholt,  wird  es  noch  einigemale  (je 
nach  Diatomeenreichthum)  in  das  Wasser  bis  zum  conischen  Aufsatz  eingelassen  und 
dann  rasch  aus  dem  Wasser  geholt,  damit  möglichst  alles  in  den  Eimer  gespült  wird. 

Der  Fang  wird  dann  in  ein  Glas  abgelassen,  der  Hahn  wieder  geschlossen, 
das  Netzzeug  des  Filtrireimers  mit  einer  Spritze  von  aussen  abgespritzt,  und  dann 
der  Inhalt  dem  ersten  Ablass  hinzugefügt. 

Bei  Betrachtung  des  Fanges  erkennt  das  geübte  Auge  leiclit,  ob  es  sich  um 
..gute"  Fänge  oder  um  Beschmutzung  handelt.  Ist  man  zweifelhaft,  so  ist  das  schon 
ein  günstiges  Zeichen;  das  Microscop  bringt  leicht  Aufschluss  darüber.  Bei  ankerndem 
Schiffe  muss  man  stets  am  Bug  die  Fänge  machen,  damit  mau  nichts  von  den  nach 
achtern  trcibcnchni  Abgüssen  mit  fängt.  Vor  allem  muss  die  Zeit  des  Ascheheissens 
vermieden  werden.  Wenn  sich  ein  starker  Gezeitenstrom  geltend  machte,  wie  z.  B. 
in  Auckland,  so  wurde  die  Zeit  des  Hochwassers  oder  Niedrigwassers  gewählt 
und  zwar,  ehe  das  Schiff  zu  schwojen  begann,  weil  sich  dann  das  Wasser  am  Bug 
am  reinsten  erwies.  Ist  AVind  und  Strom  entgegengesetzt,  so  dass  der  Oberflächen- 
schmutz   nach  vorne    ti-eibt.    so  wird    man    die  Fänge    besser  am  Heck  ausführen. 


118  ^^-  Augustin  Krämer. 


Hier  muss  die  persönliche  Erfahrimg  zu  Hülfe  kommen,  die  freilich  nur  der  be- 
sitzt, welcher  lange  zur  See  fälirt.  Jeder  maclit  seine  üblen  Erfahrungen  und  auch 
beim  Planktontangen  wiixl  man  nur  durch  Schaden  klug.  Diese  Uebelstände  ver- 
meidet man,  wenn  man  vom  Boote  aus  Fänge  macht.  Mau  thut  alsdann  gut, 
dieselben  erst  am  Lande  zu  tiltriren  und  centrifugii'en,  namentlich  bei  schlechtem 
Wetter;  alsdann  ist  es  freilich  oft  unmöglich,  überhaupt  Fänge  zu  machen. 

Hat  man  den  Fang  für  brauchbar  befunden  und  grössere  Thiere  (Medusen. 
Amphipoden  etc.)  mittelst  einer  Spritze  oder  eines  Hebers  entfernt  (was  bei  den 
kleinen  Netzöffnungen  nicht  oft  nothwendig  zu  sein  pflegt),  so  wird  der  Fang  durch 
einen  kleinen  Eimer  tiltrirt,  wozu  mau  kurzweg  den  am  Apsteiu'schen  qualitativen 
Fangnetz  angeschi'aubten  verwenden  kann  (S.  122  Fig.  f.).  Freilich  können 
dabei  noch  einige  kleinere  Formen  verloren  gehen,  welche  gerettet  waren.  Bei 
„exacten"  biologischen  Fängen  wird  man  desshalb  gut  thun.  direct  aus  dem  Ge- 
fäss  in  ein  kleineres  Messglas  den  Fang  hinein  zu  centrifugiren,  wozu  man  nur 
einige  besondere  Einrichtungen  braucht  und  was  zugleich  eine  ziemliche  Zeit- 
ersparniss  wäre. 

Die  untere  Oeffuung  des  kurzen  Filtrir-Cylinders  muss  durch  ein  Läppchen 
von  mindestens  derselben  Netzzeugnummer  abgeschlossen  werden,  aus  der  das  zum 
Fang  verwendete  Netz  besteht.  Am  besten  nimmt  man  dazu  immer  Nr.  20.  Das 
Läppchen  wii-d  durch  einen  Klemmring  festgehalten. 

Nach  mehrfachem  Ausspülen  des  Glases  wird  das  Läppchen  abgenommen, 
auf  der  Cylinderwand  ausgebreitet  und  mit  Daumen  und  Zeigefinger  der  liidven 
Hand  festgehalten.  Mit  der  rechten  Hand  schabt  man  mittelst  eines  feinen  schmalen 
Spatels  die  Planktoumasse  vom  Läppchen  ab  und  überträgt  sie  direct  in  die  Centri- 
fugirmessgläser.  Dies  kann  so  genau  gemacht  werden,  dass  auf  dem  Läppchen 
kaum  ein  Exemplar  zurückbleibt,  wovon  ich  mich  durch  das  Microscop  des  öfteren 
überzeugt  habe. 

3.    Die  Messgläser  und  die  Centrifugen. 

Für  Hafenfänge  und  ^/„^  qm  Netz  kam  ich  in  Neu-Seeland  und  Samoa  immer 
mit  ßöhi'chen  aus,  welche  nur  5  mm  Lichteuweite  und  115  mm  Länge  besasscn 
(S.  122  Fig.  a).  Sie  sind  auf  2  cc  im  Ganzen  gTaduirt  und  tragen  die  '/joTheil- 
striche  5  mm  von  einander  entfernt,  so  dass  man  sehr  genau  ablesen  kann.  Für 
heimische  Verhältnisse  und  um  auch  für  das  ^/-q  Netz  eingerichtet  zu  sein,  habe 
ich  indessen  solche  von  7  mm  Lichtenweite  und  115  mm  Länge  anfertigen  lassen, 
wo  die  7]o  Theilsti'iche  nur  ca.  3  mm  von  einander  entfernt  sind.  Sie  genügen 
für  diese  Zwecke  indessen  vollauf.  Sie  passen  genau  in  die  1  cm  weiten  Messing- 
hülsen der  ,.Reisecentrifuge"  hinein.  Natürlicherweise  sind  einige  grössere  Mess- 
gläser für  grössere  Fänge  (namentlich  in  den  kalten  Meeren  während  der  Diatomeen- 
zeit) nothwendig  (zu  3,  5,  10 — 20  cc),  für  welche  einige  weitere  Messinghülsen 
zum  Anhängen  vorhanden  sind.  (Bei  dem  draussen  angewandten  Apparat  waren 
nur  ungefähr  20  mm  dicke  Hülsen  vorhanden.)  Angewandt  wurde  ein  Centrifugii- 
apparat,  welcher  das  Frincip  der  Kugel-Kreissel-Centi-ifuge  (nach  Prof.  Gärtner- 
Wien  und  Franz  Hugersh off- Leipzig)  uiul  der  Lautenschläger' sehen 
sich  horizontal  stellenden  und  zurückfallenden  Röhrchen  verbindet.     Acht  Röhrchen 


Vni.   Die  Centrifugirung  des  Plankton.  X19 


von  20  111 111  DiircliiiicsscM-  sitzen  um  die  Welle,  wek-lic  mittelst  einer  2  m  langen 
starken  Schnur  zweimal  liintcreiuaiKler  abgezogen  wird,  wodurcli  jedesmal  der 
Apparat  auf  die  Dauer  ca.  2  Minuten  von  selbst  läuft.  Die  Kölirchen  sind  von 
unten  her  durch  einen  Messingcylinder  umgeben,  welcher  sich  mitdreht.  Der  ohne- 
dies nicht  leichte  Apparat  musste  in  einem  festen  Kasten  angebracht  werden,  so- 
dass das  Gesammtgewicht  recht  erheblich  wurde.  Vm  das  lästige  Abziehen  zu 
vermeiden,  construirte  mir  der  Maschineningenieur  Stehr  eine  Vorrichtung,  sodass 
der  Ap))arat  jetzt  mittels  eines  Handrades  in  Betrieb  gesetzt  werden  kann,  wie  es 
beim  I^a  utenscliläger'schen  Apparat  der  Fall  ist.  An  Bord  moderner  .Schilfe 
hält  es  leicht,  den  Betrieli  durch  einen  kleinen  Electromotor  zu  erwirken,  wodurch 
das  Arbeiten  sehr  erleichtert  wird.  Im  Allgemeinen  möchte  ich  rathen,  dem 
Laufens  chläger- Apparat  den  Vorzug  zu  geben,  mit  der  Modification,  dass 
statt  zweier  Hülsen  mindestens  acht  in  der  Centrifugirscheibe  sitzen,  welche  min- 
destens 120  mm  lang  und  20  mm  Lichteuweite  haben. 

Audi  dieser  Apparat  kann  natürlich  nicht  überall  hin  seiner  immerhin  nicht 
geringen  Schwere  und  Grösse  halber  mitgeführt  werden.  Um  dies  zu  ermöglichen, 
habe  ich  mir  einen  Apparat  consti'uirt,  welcher  auch  dem  kühnsten  Bergsteiger, 
falls  es  erwünscht  ist.  ülierall  hin  folgen  und  ohne  die  Hülfe  eines  andern  l)edient 
wan-den  kann.  Er  ist  mit  einem  Microscop  und  einem  Zähitisch  nebst  allem  Zu- 
behör zur  Messung  in  einem  Kasten  zusammen  untergebracht,  welcher  nur  35  zu 
39  cm  hoch  und  breit  ist  und  eine  Dicke  von  17  cm  besitzt.  In  ein  wasserdichtes 
Futteral  eingeschlossen,  in  welchem  ein  kleines  Süsswasserplanktonnetz  nebst  Leine 
untergebracht  werden  kann,  wiegt  dieser  Kasten  alles  in  allem  nicht  ganz  15  kg, 
eine  gewöhnliche  Trägerlast.  Das  Futteral  trägt  Riemen,  so  dass  alles  bequem 
auf  dem  Bücken  trausportirt  werden  kann. 

Der  Centrifugirapparat  selbst,  Avelchen  ich  zur  Unterscheidung  „Reisecenti'i- 
fuge"  nenne,  wiegt  nicht  ganz  3  kg  (s.  umstehend). 

Er  wird  durch  Abziehen  einer  Schnur  ähnlich  der  Kreisselcentrifuge  in  Be- 
wegung versetzt,  muss  jedoch  während  des  Ablaufens  in  der  Hand  behalten  werden, 
da  der  leichte  Bau  kaum  erlaubt,  ilin  irgendwo  festzuschrauben.  Der  Fuss  ist  aus 
Holz,  der  Rahmen  aus  einem  gebogeneu  kräftigen  Bandeisen,  welches  durch  Eisen- 
rippen verstärkt  ist.  Aus  der  Abbildung  erhellt  die  Form.  Neun  Messingliülsen 
(e)  von  K»  mm  Lichtenweite  und  115  mm  Länge  sind  mittelst  je  2  Haken  an 
einer  Tragscheibe  (d)  eingehängt.  Eine  gieichgrosse  Scheibe  (b  B)  befindet  sich 
darüber,  welche  behufs  Ein-  und  Aushängen  der  Hülsen  auf-  und  abgeschoben 
werden  kann,  und  einen  abnehmbaren  Deckel,  die  Centiifugirscheibe  (a)  trägt, 
unter  der  die  lieim  Gentrifugiren  wagerecht  stehenden  Hülsen  geborgen  sind.  Die 
Hülsen  haben  unten  einen  Ausschnitt  (e'),  damit  das  Messrohr  leicht  ausgehoben 
werden  kann  und  auch  eine  Uebersicht  über  den  Fortschritt  des  Genti-ifugirens 
ermöglicht  ist.  ohne  dass  die  Hülse  ausgehängt  zu  werden  braucht.  Der  Apparat  ist 
in  der  Werkstatt  von  G.  Z  Wickert  in  Kiel  angefertigt  und  kostet  45  Mark  daselbst. 

Bei  grösseren  Fängen  von  Diatomeen  (Ghaetoceras)  muss  man  die  Messgläser 
so  weit  nehmen,  dass  die  centrifugii'te  Masse  nicht  viel  mehr  als  dreimal  so  hoch 
wie  breit  ist.  da  sonst  die  Resultate  zu  ungleicli  werden  und  die  Fänge  sich  schlecht 
absetzen. 


120 


Dr.  Augustin  Krämer. 


Aus  den  angegebenen  Messungen  lässt  sich  leicht  berechnen,  wie  gross 
ungefähr  die  Mengen  ausfallen  bei  den  verschiedenen  Netzöffnungen.  Darauf  wird 
man  bei  Anwendung  verschiedener  Netze  zu  achten  haben. 

Die  Messgläser   füllte   ich  vor  dem  üebertragen  mit  30 — 40  %  Alcohol ;   ist 
der  Fang  reich,  so  muss  man  entsprechend  viel  zuvor  abgiessen. 


Reise-Cent  rifuge. 
a  abnehmbare  Centrifugirsclieibe.    Die  Seite  gegen  den  Beschauer  ist  behufs  Einblick  durchbrochen, 
a'  dieselbe  verkleinert  von  oben  gesehen, 
b  b'  b"  Stützscheibe   für  die  Centrifugirscheibe  mit  Klampe  zum  Festlegen  (b"  B")  und  2  Stiften  (St)  zum 

Einlassen. 
B  B'  B"  diesellte  von  oben  gesehen,  isolirt. 

c  Schraube  zum  Festschrauben  der  Centrifugirscheibe  auf  die  Stützscheibe. 
d  Tragscheibe  mit  Löchern  zum  Einhängen  der  Messinghülsen  (e). 

e  Messinghülsen  zum  Einsetzen  der  Messröhrchen  mit  Ausschnitt  (e')  behufs  Ausheben  der  Gläser. 
f  unterer  Theil  der  Welle  zum  Aufwinden  der  Abziehsclinur  mit  Loch. 


4.    Das  Centrifugiren. 

Das  Idealste  ist,  dass  man  einen  Fang  so  lange  centrifugirt,  bis  sich  das 
Volumen  nicht  mehr  setzt.  Bei  den  kleineu,  nahezu  reinen  Copepodeufäiigen  Samoas 
war  das  nach  zweimaligem  Abziehen  schon  erreicht.  Auch  waren  die  Fänge  in 
Neu-Seeland  nicht  so  gross  und  diatomeenreich,  dass  ein  längeres  Centrifugiren 
nothwendig  geworden  wäre.  3000  Umdrehungen  in  einer  Minute  lassen  sicli  mit 
dem  Lauten  Schläger'  scheu  Apparat  erreichen ;  die  Kreisselceutrifuge  leistet 
dasselbe ;  allein  auch  2000  sind  ausreichend. 

Wie  schon  erwähnt,  läuft  die  Kreisselceutrifuge  nahezu  2  Minuten,  wovon 
jedocli  nur  die  erste  in  Betracht  kommt.  Zweimaliges  Abziehen  würde  also  zwei- 
minutenlanger Umdrehung  mit  der  Hand  gleichkoiumen. 

Wenn  die  Fäuge  besonders  reich  an  Diatomeen  (wie  z.  B.  die  Chaetoceras- 
fänge  in  der  Aprilzeit  im  Kieler  Hafen)  sind,  so  genügen  2  Minuten  nicht.  Ins- 
besondere die  Chaetocerasformen  setzen  sich  ihrer  zahlreichen  Borsten  halber  nur 
sehr  schwer  zusammen.  Weite  Messgläser  sind  hierfür  uneiiässlich.  Hier  muss 
Erftihrung  mithelfen.     (Siehe  Vortrag  auf  der  Naturforscher-Vers.  Frankfurt  1896.) 


"VTII.   Die  Centrifugirung  des  Plankton.  121 


5.  Verrechnung. 

Hensoii  liat  alles  auf  1  ([iii  Meeresoberfläche  berechnet,  iiuleni  er  den  Er- 
trag des  Meeres  mit  dem  Lande  vert;lieh.  Für  Fäiig-e  im  offenen  Meere,  welche 
grössere  Tiefen  als  2ü(»  m  durehtisehen.  ist  dies  siclier  sehr  zweckmässig. 

Für  Küstenfänge  möclite  ich  jedoch  dies  in  Abrede  stellen.  Das  Land  ist 
ja  doch  nur  eine  Fläche,  das  Meer  dagegen  ein  K'aum.  Das  Lehen  der  Luftthiere 
ist  vom  Boden  abhängig,  wälirend  es  im  i\ieei-e  eine  vom  Hoden  abhängige  und 
iinabliängige  Fauna  und  Flora  giebt.  Vax  letzterem  gehört  vorzüglich  das  Plankton, 
wenn  auch  der  Einfluss  der  Küste  auf  die  Masse  überall  liervortritt.  Wollte  man 
alles  auf  I  ((m  Meeresoberfläche  berechnen,  so  wäre  es  mindestens  uothwendig, 
dass  alle  Fänge  vom  Boden  aufwärts  gemacht  würden.  Alle  übrigen  Fänge  hätten 
nur  relativen  oder  gar  keinen  Werth.  An  der  Küste,  wo  Plankton  überall  bis 
zum  Boden  vorhanden  ist.  würde  man  al)er  desshalb.  wenn  man  immer  vom  Boden 
aus  flscht,  sehr  ungleiche  Resultate  erhalten,  die  unter  sich  erst  nach  rmrechuuug 
verglichen  werden  könnten. 

Desshalb  hal)e  ich  für  die  Küsteufänge  (resp.  alle  Fänge  bis  zu  20(»  m)  die 
Berechnung  auf  1  clun  als  Einheit  durchgeführt. 
Dieselbe  ist  einfach: 

die  Zahl  der  Fänge  (n)  =  1 

die  ceuti'ifugirte  Menge  (c)  =  0,2  cc 

die  Tiefe  des  Fanges  (f)  =  10  m 

und  die  Oeffnungsfläche   '/tö  'P^  (")  =   '^5  gesetzt, 

,    .    ^    ,.     „         ^    CO       /  0,2.75  ,^\ 

heisst  die  lormel I  — , — ; =  l,o  cc  l 

n .  t        V     1  . 10  / 

Bei  der  Notirung  wurden  folgende  Formeln  angewandt: 

1  X   10  m  =  0,2  cc      II       1  cbm  (10  m)  =  1,5  cc. 

Bei  allen  Ausrechnungen  geschah  dies  bis  zur  zweiten  Decimale,  welche  nur 
approximativ  Geltung  hat,  aber  für  spätere  Berechnungen  wichtig  ist. 

Anders  verhält  es  sich  freilich,  wenn  man  Fänge  aus  grösseren  Tiefen,  z.  B. 
1000  m  und  noch  tiefer,  macht,  sei  es  in  der  See  oder  in  den  tiefen  Fjorden 
einer  Küste.  Entweder  muss  mau  sie  betrachten,  als  ob  sie  aus  200  m  Tiefe 
gemacht  wären,  wenn  man  sie  zum  Vergleich  ziehen  will,  oder  man  muss  sie  auf 
1  Qm  berechnen  und  solche  Fänge  nur  uuter  sich  vergleichen,  was  entschieden 
als  das  richtigere  erscheint. 

6.  Die  Zählung. 

Durch  die  Einführung  der  Zählung  der  Planktouorganismen  in  einem  quan- 
titativen Fang  hat  Mensen  seiner  Methode  das  bestimmte  Gepräge  verlielien. 
Er  sagt  darüber  (52a.): 

..Für  die  numerischen  Bestimmungen  des  Inhalts  der  Fänge  sind 
eine  Reihe  von  Zählungen  erforderlich.  Von  den  zahlreichsten  vor- 
kommenden Formen  zählt  mau  nur  eine  kleine  Quote  des  ganzen  Fanges, 
von  den  weniger  reichlichen  Formen  eine  entsprechend  grössere  Quote 
und  von  den  seltenen  Formen,  insofern  sie  zugleich  von  erheblicher  Grösse 
sind,  zählt  man  womöglich  den  ü^anzen  Fang  durch." 


122 


Dr.  Augustin  Krämer. 


Die  Zählung-  wird  in  diesem  Sinne  sehr  genau  durchgeführt  und  l)edarf  bei 
den  grossen  Oceanfüngen  natürlicherweise  einer  grossen  Zeit. 

Bei  den  Küstenfängen,  wo  es  sich  meist  immer  um  ein  geringeres  Volumen 
handelt,  wenn  man  liier  wie  gewöhnlich  mit  einem  kleinen  Netz  (7,5'  qm)  und 
auf  geringe  Tiefen  (10  m)  arbeitet,  wofür  man  entsprechend  mehr  Fänge  machen 
kann,  verhält  sich  dies  anders.  Entweder  greift  man  hier  einen  Fang  zur  Zählung 
heraus  oder  man  wirft  mehrere  gleichsinnige  zusammen,  nachdem  mau  sie  einzeln 
zuvor  centrifugirt  liat  und  zälilt  eine  Probe  davon  durch. 

Da  die  absolute  Masse  eines  einzigen  solchen  T'lanktonfanges  (^/^^  qm  und 
10  m)  gewöhnlich  nicht  viel  mehr  oder  weniger  als  0,2  cc  ergiebt,  so  erhellt 
daraus  schon  zur  Genüge  die  gTössere  Einfachheit.  In  den  Tropen  pflegt  sogar 
diese  Zahl  kaum  erreicht  zu  werden. 

Bei  der  Zählung  dieser  kleineren  Fänge  verwendete  ich  weder  Hensen's 
grosses  Zählmicroscop  noch  seine  Stempelpipetten  (wenigstens  nur  eine  zu  0,2  cc 
behufs  ControUe).  Nicht  als  ob  ich  dieselben  durch  bessere  Materialien  oder  eine 
bessere  Methode  ersetzen  könnte  —  die  Gründe  sind  pecuniärer  Natur.     Denn  eine 

Pipette  kostet  18  M.,  und  da  man  eine  Serie 
davon  besitzen  muss,  so  belaufen  sich  die  An- 
schaftungskosten  recht  hoch.  Dazu  kommt, 
dass  der  Transport  des  umfangreichen  und 
schweren  Microscops  und  der  leicht  zerbrech- 
lichen^ difficilen  Pipetten  für  den  Reisenden 
mit  leichtem  Gepäck  wegfällt,  wenn  er  über- 
haupt beabsichtigt,  Zählapparate  mitzunehmen. 
Als  Zähltisch  benutzte  ich  einen  Appa- 
rat, wie  ihn  Z Wickert  in  Kiel  ersonnen  hat, 
und  welcher  an  die  gewöhnlichen  Microscope 
mit  Vierkanten  Objecttischen  angeschraubt 
werden  kann  (S.  122  Fig.  e).  Er  trägt 
eine  Glasplatte  45  :  75  mm,  welche  in  7-2  ^^^ 
Längsstriche  eingetheilt  ist.  Diese  Platte 
kann  im  Allgemeinen  4  Tropfen  Wasser 
tragen,  wenn  sie  durch  Alcohol  und  Aether 
fettfrei  gemacht  ist.  Gut  thut  man.  die 
Fläche  erst  mit  einer  dünnen  Glycerinschicht 
zu  überziehen,  um  das  rasche  Verdunsten  zu 
verhüten.  An  Bord,  wenn  das  Schiff'  nicht 
ruhig  liegt,  empfiehlt  sich  die  iVnwendung 
der  Glyceringelatine,  *)  die  auch  zum  Ein- 
sclüuss  von  Präparaten  in  diesem  Sinne  dien- 
lich ist.  (Abscldnss  mit  ('anadal)alsam.) 
Die  Manipulation  stellt  sich  bei  einem  gewöhnlichen  Fang  ohne  übermässigen 
Diatomeeureichthum  folgendermaassen  dar : 


*)  Wasser  42  cc,  Glycerin  88  cc.  (Jelatine  7 
filtrircn. 


('arlidlsäiire   1  "'.  hoiss  durcli  (ilaswolle 


VIII.   Die  Centrifugirung  des  Plankton.  123 

Ks  wird  eine  7-2 — i^/o  l*l:'iil<t(>naul'schw('iniiiuiig  dargestellt,  also  '/o  —  1  ^^ 
centrifugirten  Materials  auf  lOO  cc  Wasser.  Die  Aufschwemmung  geschieht  in 
einem  langen  Glascvlinder  ohne  Schnauze  zum  Abgiessen,  damit  beim  Abschluss 
mit  der  Hand  während  des  Durchscliüttelns  nichts  verloren  geht. 

Ist  der  Fang  gut  durchgeschüttelt,  so  entnimmt  man  mit  einer  Spritze  aus 
der  halben  Höhe  der  "Wassersäule  ungefähr  1  cc  Flüssigkeit. 

Die  Spritze  ist  folgendermaassen  beschaffen:  Eine  gewölniliche  Glasspritze 
läuft  unten  in  ein  kurzes  gewöhnliclies  Glasrohr  von  ca.  7  mm  Durchmesser  aus, 
,so  (hiss  man  einen  engen  Gummisrlihiucli  überziehen  kann.  Durcli  den  Guinmi- 
sclihuich  mit  der  Sj)ritze  verbunden  wird  ein  beiderseits  offenes  Glasmessrohr  von 
115  mm  Länge  und  5  mm  Lic-htenweite.  das  in  '.,„  cc  eingetheilt  ist  und  zw^ar 
so.  dass  der  Nullpunkt  nicht  an  der  unteren  Oeffnung  selbst,  sondern  einige  mm 
darüber  liegt.     (S.  122  Fig.  a.) 

Ist  die  Probe  von  ungefölir  1  cc  aus  dem  Mischungscylinder  entnommen, 
wiitl  das  untere  Ende  rasch  durch  einen  genau  einpassenden  Gummistopfen  (b) 
verschlossen  und  bis  zum  Nullpunkt  eingetrieben. 

Es  wird  nun  abgelesen,  wie  viel  Mischungswasser  entnommen  ist  und  notirt. 

Das  Messrohr  wird  alsdann  von  der  Spritze  abgenommen,  centrifugirt,  wieder 
an  die  Spritze  gebracht,  der  Gummistopfen  vorsichtig  entfernt  und  durch  einen 
Druck  auf  den  Spritzenstempel  die  unten  angesammelte  Plankton-Probe  auf  die 
Zählplatte  entleert,  was  meist  in  2  Tropfen  erreicht  ist. 

Beim  Wiederansetzen  des  Messrohres  an  die  Spritze  muss  man  darauf  achten, 
dass  mau  den  Guiiimischlauch  nicht  weiter  und  nicht  weniger  überzieht,  als  der 
Gummistopfen  unten  eingeschoben  ist.  Dadurch  wird  verhütet,  dass  im  ersteren 
Falle  beim  Abnehmen  des  Stopfens  etwas  wegspritzt,  oder  im  letzteren  eine  Luft- 
blase aufsteigt,  was  ein  neues  Centi'ifugiren  nöthig  macht.  Was  auf  dem  Gummi- 
stopfen liegt,  wird  durch  einen  Spatel  abgeti*agen. 

Einfacher  gestaltet  sich  das  Verfahren,  wenn  das  Messrohr  an  die  Spritze 
angeschmolzen  ist  (c).  Nur  ist  eine  Centrifugirung  dann  unmöglich.  Dann  muss 
man  den  Inhalt  sich  niedersetzen  lassen  und  so  lange  auf  die  Zählplatte  abti'opfeu, 
resp.  \on  neuem  zählen,  bis  in  den  4  Tropfen  nichts  mehr  enthalten  ist,  was 
meistens  beim  dritten  male  schon  der  Fall  zu  sein  pflegt.  Natürlich  muss  man 
darauf  achten,  dass  die  Spritzenstempel  gut  schliessen;  die  gewöhnlichen,  aus  zwei 
Ledermünzen  bestehenden  (eine  nach  oben,  die  andere  nach  unten  geschlagen), 
thun  ihren  Dienst  vortrefflich. 

Wenn  auch  diese  Methode  mit  der  grossen  Genauigkeit  der  Stempelpipetten 
nicht  wetteifern  soll,  so  liefert  sie  doch  i-echt  brauchbare  Resultate,  wie  mir  mehi'ere 
Controllzähluugen  gezeigt  haben. 

Da  man  die  beiderseits  offenen  Messröhrchen  auch  zum  Centrifugiren  der 
Fangmassen  überhaupt  verwciulen  kann,  so  beträgt  die  ganze  Ausgabe  hierfür  den 
Betrag  für  eine  Glaspritze  und  einige  dm  rothen  Gummisclilauclis. 

Da  die  nun  zu  zählende  Planktonprobe  den  hundertsten  Tlieil  ungefähi-  des 
Gesammtfanges  beti'ägt,  *)  so  können  also  mathematisch  nur  die  Individuen  jedes- 

*)  Die  Samoafänge  ergeben,  dass  in  O.l  cc  contrifuiiirter  Planktonmasse  ungefähr 
1000  Individuen  sind.     Dies  kann  natürlich  sehr  schwanken,  meist  ist  es  mehr. 


124 


Dr.  Augustin  Krämer. 


mal  auf  der  Platte  seiu,  von  denen  wenigstens  100  im  Fange  vorhanden  sind. 
Zählt  man  desshalb  einige  100  Individuen  durch  und  erhält  1  "/^,  in  der  Zählung, 
so  ist  dies  für  eine  Uebersieht  genügend. 

Im  Allgemeinen  können  bei  dieser  Zählung  nur  Thiere  resp.  Pflanzen  Be- 
rücksichtigung finden,  welche  in  diesem  Verhältnisse  zum  mindesten  vorhanden 
sind  und  ich  glaul)e,  dass  dies  für  die  Kenutniss  der  Zusammensetzung  des  Küsten- 
planktons meist  vollkommen  genügt. 

Nicht  genügen  wird  dies  freilich  der  Biologie  und  wissenschaftlichen  Thier- 
geogi'aphie.  Die  meisten  Zoologen  betonen  ja,  dass  der  wissenschaftlichen  Yer- 
arl)eitung  der  Fänge  der  Vorrang  gebührt.  Es  scheint  mir  desshalb  genügend, 
zweimal  1  cc  einer  1  °/„  Planktonmischung  genau  durchzuzählen  und  die  Compo- 
nenten  dieser  Probe  festzustellen,  was  in  1 — 2  Stunden  bei  einiger  Uebung  er- 
ledigt ist,  wenn  kein  Diatomeenfang  vorliegt.  Vom  übrigen  Planktonfang  wird 
alsdann  nach  Abfiltrirung  durch  das  Netzeimerchen  möglichst  viel  auf  dem  Zähl- 
tisch durchgesehen  und  alles  bei  der  Zählprobe  nicht  Beobachtete  sorgfältig  notirt. 
Aus  der  Zahl  der  dabei  beobachteten  seltenen  Individuen  kann  man  dann  ihre 
relative  Häufigkeit  abschätzen,  die,  wenn  sie  oder  die  Zählung  riclitig  ist,  unter 
1 "  0  bleiben  muss. 

Natürlicherweise  können  während  einer  solch'  kurzen  Zeit  nicht  alle  genera 
und  species  gezählt  werden,  zumal  w^enn  sie  für  die  Wissenschaft  neu  sind.  In 
der  Hauptsache  kommt  es  ja  in  vielen  Fällen  darauf  an,  die  Hauptcomponenten 
zu  erfaluTu  und  die  häufigeren  unbekannten  Individuen  durch  eine  kurze  Zeichnung 
im  Gedächtniss  festzuhalten.  Specielleren  ökologischen  und  Inogenetischen  Studien 
bleiben  natürlich  eigene  Modificationen  vorbehalten. 

Die  Gruppen,  die  in  Betracht  kommen,  sind  hauptsächlich  folgende: 
1.  Gruppe.     Crustaceenlarven    Nauplius     .        | 

junge  unbestimmte 

alte 

Oithona       

Corycaeus  

Harpacticiden 

etc 

Halocvpriden       


Zoea 


Summa  "L 


2.  Gruppe,     Copepoden 


3.  Gruppe 

4.  Gruppe 


Ostracoden 


Cladoceren 


5.  Gruppe.     Vermes 


Evadne    . 
Podon     . 

etc.    . 
Sagitten 
Kotatorien 


6.  Grup])e.     Tunicaten 


Appendicularien 


Vm.  Die  Centrifugirung  des  Plankton. 


125 


Gruppe,     rrotozoeu 


8.  Gruppe.     Metazoen 


Radiolarion 
Foraminifereu 
Tintinnen    .    . 
Peridineen 

etc.    .    .    . 
Diatomeen  .    . 
Coscinodiscus 
Chaetoceras     . 
Rliizosoleiiicn 


Summa  " 


Phycochi'omaceen 

9.  Gruppe.     Cysten      

Larven /        „         ,, 

Eier ) 

10.  Gru]ipe.     Macroscopisches :    Medusen,  Hyperiden,  Schizopoden.   Anneliden    etc. 

\\'io  die  centrifugii'te  Menge,  so  wird  am  Schluss  auch  die  Gesammtsumme 
auf  1   cbm  berechnet. 

Ich  ghiube.  dass  ein  solches  Verfahren  völlig  genügt,  um  Aufschluss  über  die  Ver- 
theilung  und  die  Composition  des  Planktons  an  den  verschiedenen  Orten  zu  gewinnen. 

Denn  was  nützt  an  und  für  sich  die  exacteste  Zählung  im  mathematischen 
Sinne,  wenn  das  Medium  ein  schwankendes  ist;  Mensen  betont  selbst  au  den 
verschiedensten  Stellen  seiner  Arbeiten,  dass  er  auch  das  Klein-Plankton  nicht  für 
mathematisch  genau  vertheilt  hält;  ich  habe  mich  in  tausenden  von  Fällen  über- 
zeugt, dass  dies  nicht  der  Fall  ist,  und  niemandem  ist  es  noch  eingefallen,  dies  zu  be- 
haupten. AVenn  ich  aber  au  einer  Stelle  zehn  Fänge  hinter  einander  mache,  und  bei 
allen  schwankt  die  Menge,  wenn  auch  nur  um  ein  geringes  in  der  Zusammensetzung 
und  im  Volumen,  wie  es  die  Tabellen  zur  Genüge  zeigen,  was  nützt  dann  die 
minutiöseste  Zählung;  eines  einzelnen  Fang-es,  wenn  alle  andern  verschieden  sein  können  ? 

"Wenn  ich  aber  für  ein  freieres  Arbeiten  in  dieser  Beziehung  füi'derhin  das 
AVort  ergTeife,  so  thue  ich  es  ausdrücklich  nicht  in  der  Absicht,  um  mich  zu 
denen  zu  gesellen,  welche  geradezu  Schmähungen  auf  die  Männer  gehäuft  haben, 
die  in  unermüdlicher  Arbeit  und  Aufopferung  das  Material  gezählt,  gesichtet  und 
verarbeitet  haben,  welches  während  der  viermonatlichen  Oceanfahrt  des  ,, National" 
im  Jahre  1889  gesammelt  worden  ist,  ein  Material,  für  das  noch  vieler  Jahre 
Arbeit  nothwendig  sein  wird,  bis  es  als  abgeschlossenes  Ganzes  vorliegt.  Es  ist 
ja  auch  nicht  immer  im  Voraus  abzusehen,  was  bei  der  genauen  Zählung  für  den 
Specialisten  abfällt.  Es  scheint  mir  sicher,  dass  die  accuraten  Resultate  der 
Planktonexpedition  namentlich  für  die  kommenden  Generationen  von  nicht  alizu- 
sehendem  AVerthe  sein  werden:  durch  eine  solche  Arbeit  war  es  allein  möglieh, 
die  Ausführbarkeit  der  Methode  klarzulegen  und  die  gewonnenen  Resultate  ver- 
mögen zweifellos  anderen  Forschungen  die  AA^ege  zu  ebnen,  und  weitere  Arbeiten 
leichter  zu  gestalten.  Aller  Auliing  ist  schwer.  Sei  die  wissenschaftliche  AVeit 
doch  wenigstens  damit  zuMeden,  dass  diese  Arbeiten  wirklich  ausgefülu't  worden 
sind;  es  nimmt  ja  niemand   die  A>rpfliclitung   damit    auf  sich,    sie  nachzumachen. 


IX.  Zur  riaiiktoiiyertlieiliiiiA'  im  Pacifisclieii  Ocean. 


1.  Die  Resultate  der  Fänge  in  Samoa. 

In  Tabelle  A  siud  die  eiuzcliien  Fänge  nachgewiesen.  Es  wurden  im  Ganzen 
212  einzelne  Netzzüge  in  Samoa  ausgeführt,  welche  ergaben,  dass  durchschnittlich 
0,42  cc  Plankton  in  1  cbm  Wasser  hier  vorhanden  war.  Das  Maximum  war  1,4  cc 
im  Juni  zu  Apia  (Nr.  36),  das  Minimum  0,04  zu  Leone  im  Octolier.  Hierbei 
muss  aber  bemerkt  werden,  dass  die  unter  0,1  cc  bleibenden  Mengen  meist  auf 
Plätzen  gewonnen  wurden,  welche  keine  Häfen,  sondern  Rhedeu  zu  nennen  sind, 
wo  also  der  Ocean  direct  einwirkt,  als  Mulifanua  und  Leone  (Nr.  51,  56,  59),  und 
dass  die  gTossen  Mengen  wesentlich  durch  Sagitten  verursacht  sind. 

Da  aber  an  einer  Stelle  gewöhnlich  mehrere  Netzzüge  hintereinander,  oder 
an  einem  Orte  an  verschiedenen  Stellen  zur  selben  Zeit  solche  gemacht  wurden, 
so  ergeben  sich  in  der  That  eigentlich  nur  37  Fangserien  an  verschiedenen  Plätzen 
uud  zu  verschiedenen  Zeiten,  also  37  Durchschnittsfänge.  Diese  vertheilen  sich 
auf  folgende  Orte: 

Apia  13 

Saluafata  7 

Pango-pango  5 

Vailele  4 

Fangaloa  2 

Mulifanua  2 

Falealili  1 

Safata  1 

Leone  1 

Falefä  1 

37. 

Von  diesen  Fangserien  hat  ebenfalls  Nr.  36  den  höchsten  Durchschnitt  mit 
1,0  cc  wie  Nr.  56  (Leone)  den  niedrigsten  mit  0,08  cc. 

Die  höchsten  Fänge  wurden  im  Mai  und  Juni  erreicht,  also  beim  Beginn 
der  Passatzeit.  Da  jedoch  December,  Januar,  Februar  und  März  ausfallen,  so 
kann  eine  Angabe  über  das  Scliwanken  des  Planktons  in  Samoa  nur  von  relativer 
Bedeutuno;  sein. 


TX.    Zur  Planktonvertheilung-  im  Paeifischen  Ocean.  127 

Für    die    iiaho    bei    oinaiulcr    golcgciicii   und   uiigcrähr  dicsclhcu   \'('i-hältnis.S(i 
darbietenden  Plätze  Apia  und  Saluafata  ergiebt  sich  folgendes: 
Mai  0,49  cc     (Nr.  35,  75,  76,  7(i.) 

Juui  0,78    „      (Nr.  36,  77,  78.) 

Juli  0,53    „      (Nr.  37,  38,  39,  43.) 

August         0.33    „      (Nr.  47,  48,  50,  52.) 
September    0,52    „      (Nr.  53.) 
October        0,3      „      (Nr.  58,  60.) 
November    0,69    ,,      (Nr.  1  u.  2.) 
^lerkwürdig  ist,  dass  die  beiden  Fänge  zu  Apia  am  5.  Juni  1894  (Nr.  36) 
und  am  selben  Tage  des  Jalires  1895  (Nr.  77)  mit  1,0  cc  und  0,75  cc  in  ihren 
Jahrö-änß-en  die  liöclisten  sind.     l>ei  (b'm  leider  lückenhaften  Material  will  ich  daran 
keine  weiteren  Schlüsse  knüpfen.     Fs  geht  nur  daraus  hervor,  dass  Schwankungen 
im  Planktongehalt  auch  hier  vorzukommen  scheinen,  dass  sie  indessen  gemäss  dem 
geringen  Wechsel  in  der  Temperatur  der  Jahi-eszeiten  verhältnissmässig  geringe  sind. 
Wie  aus  Nr.  39,  42  (a — e),  43   hervorgeht,    so    kann    es  vorkommen,   dass 
mau  fünfmal  hintereinander  an  derselben  Stelle  ziemlich  genau  dasselbe  Quantum 
fangt.     Ks  kann  aber  auch  vorkommen,    dass  man  aus  gleicher  Tiefe  beim  ersten 
Zug  0,58,  beim  zweiten  0,72   und  beim  dritten  0,36  cc  erhält  (Nr.  46)  oder  0,2, 
0,09    und    (»,3  (Nr.  45).     Aus    diesem  Grunde   ist    es    mit  den   Stufenfängeu  übel 
bestellt. 

Fs  ist  eine  längst  gewürdigte  Thatsache.  dass  die  horizontale  Verbreitung 
der  pelagischen  Thiere  wechselt,  namentlich  die  der  grösseren,  als  Medusen,  Tuni- 
caten  u.  s.  w. 

Um  über  das  Microplankton  einigen  Aufschluss  zu  erhalten,  habe  ich  in 
13  Fangserien  einige  Fänge  auf  10  m  und  einige  aus  grösserer  Tiefe  zur  selben 
Zeit  und  an  selber  Stelle  gemaclit: 

Für  den  grösseren  lleichthum  unterhalb  lü  m  spraclieu  9  und  zwar: 
Fangserie  Oberfläche  bis  zu  10  m  Oberfläche  bis  zu  (siehe  Klammer): 


49 

0,32  cc 

0,43 

cc 

(16—19  m) 

50 

0,29    „ 

0,37 

?? 

(19—20  m) 

52 

0,22    „ 

0,45 

V 

(14,5  m) 

54 

0,23    „ 

0,25 

»7 

(35  m) 

55 

0.07     „ 

0,1 

r 

(35  m) 

56 

0.07    „ 

0,08 

(33  m) 

57 

0,22    ,, 

0,34 

(35  m) 

73 

0,5      „ 

0,81 

V 

(20—30  m) 

74 

0,31    „ 
Das  Um 

igekehrte 

ergaben 

0,55 
4: 

'' 

(20  m) 

45 

0,36  cc 

0,2 

cc 

(40  m) 

46 

0,55    „ 

0,27 

(40  m) 

53 

0,65    „ 

0,44 

(17  m) 

58 

0,21    „ 

0.15 

,. 

(13  m) 

Im 

All. 

^•emeinen 

würde   dies 

dafür   sprechen. 

dass  in 

Samoa  unterlialb  der 

m-Grenze 

(wohl 

bis 

zu  20  m) 

bei  Tage 

mehr  IVlicroplanktor 

i  vorhanden  ist  als 

]^28  ^^'-  Augustin  Krämer. 


oberhalb  dieser  Grenze;  da  ich  aber  die  Stufenfange  zur  Studirung  der  horizontalen 
Verbreitung  völlig   unzureichend   halte,    so    vermeide  ich  es,   irgend  welche  festen 
Schlüsse  zu  ziehen.     Dies  erhellt  auch  aus  folgenden  Beispielen: 
Fang  44.      f)   1   X  20  m  ==  0,18  cc 
i)   1   X  25  m  =  0,08    „ 
„      45.     h)   1   X  40  m  =  (».05    „ 
d)  1   X   10  m  =  0.05    „ 
„      53.     b)  1   X   17  m  =  0,07    „ 
d)  1   X   10  m  =  0,09    ,, 
AVenn    auch    die  Masse   nicht    absolut   in  diesen  Fällen  maassgebend  ist,  so 
erhellt   doch    aus    der   schwankenden    T^lanktonnienge   bei   mehreren    gleicli    tiefen 
Zügen  an  einer  Stelle  (ohne  besondere  Beimischungen),  dass  ein  Schluss  aus  einer 
einzigen  Reihe  von  Stufenfängeu  ein  sehr  trügerischer  sein  kann. 

Wenn  man  Studien  über  horizontale  Verbreitung  machen  will,  wird  man 
Schliessnetzfänge  unbedingt  fordern  müssen,  wie  sie  Birge  in  neuerer  Zeit 
im  Lake  Mendota  in  kleinerem  Maassstabe  mit  Erfolg  ausgeführt  hat  (56  c.  S.  81.). 
Besonderer  Erwähnung  bedarf  aber  hierfür  auch  ein  sehr  einfaches  Ver- 
fahren, welches? eck  (61)  angewandt  hat.  nämlich  mittelst  eines  Pumpenschlauches 
Wasser  aus  bestimmten  Tiefen  zu  heben.  Untersuchungen  in  dieser  Richtung  sind 
namentlich  an  Bord  grösserer  Schiffe  leicht  ausführbar.  Auch  während  der  Fahrt 
kann  man  auf  diese  Weise  wenigstens  qualitatives  Material  sich  erwerben,  wie 
meine  Fänge  aus  dem  rothen  Meere  beweisen  (58  c). 

Ein  Zeugniss  für  die  gleichmässige  Verth eilung  in  einem  Hafen  ist 
Nr.  50,  wo  in  Saluafata  an  10  verschiedenen  Stellen  ziemlich  gleiche  Mengen 
o-efunden  wurden,  die  nur  zwischen  0,3  und  0,47  cc  schwankten. 

Versuche  wurden  auch  einmal  angestellt,  ob  im  Innern  des  2  Seemeilen 
langen  Pango-paugo-Hafens  an  3  verschiedenen  Plätzen  von  innen  nach  aussen 
verschiedene  Mengen  und  zwar  am  weitesten  innen  am  meisten  vorhanden  wäre. 
Auch  hier  war  das  Resultat  negativ.  Leider  konnten  die  Untersuchungen  nicht 
])is  zum  Ausgange  der  Bucht  fortgesetzt  werden  (Nr.  74). 

Eudlicli  wurde  darauf  geachtet,  ob  nicht  bei  Niedrigwasser  zu  Apia  mehr 
Plankton  vorhanden  wäre,  als  beim  folgenden  Hochwasser.  Die  darauf  abzielenden 
Fänge  entschieden  dies  zu  Gunsten  des  Niedrigwassers,  was  bei  der  grösseren 
Armuth  des  Meeres  ja  niclit  zu  verwundern  wäre.  Leider  konnte  aucli  hier  nicht 
genügend  Material  gesammelt  werden,  um  dies  sicher  zu  stellen. 
Die  Daten  sind  folgende: 

Nr.  Fang  Ebbe  (Niedrigwasser)  Fluth  (Hochwasser) 

42  0,35  cc  0,24  cc 

44  0,41    ,,  0,26    ,. 

76  0,47    „  0,27    „ 

771 


0.75    ,.  0,6 

78J 

Die  Fänge   sind  während   zwei   direct   auf  einander   folgender  Gezeiten  ge- 
macht (s.  Tabelle.). 


IX.    Zur  Planktonvertheiluiig  im  Pacifischen  Ocean.  129 


Was  mm  die  Zahl  der  Individuell  und  die  ('(»nii)ositi(tii  in  Saraoa  crgicbt. 
so  lässt  sirli  darühcr  ein  ondgültiges  rrtiicil  noch  nicht  lallon,  da  dio  Bearbeitung- 
dos Afatcrials  noch  ausstellt.  Imniorhin  ergaheu  einige  Zählungen,  dass  die  höch- 
sten Maasse  ini  .luui  und  .luli  auch  am  meisten  Individuen  haben,  während  die 
kleinsten  auch  weit  an  Zahl  zurückstehen.     Z.   15.: 

Nr.       cc        Zahl 

36       1.0        15  000 

38  0.67  17  000 
77       0.75       13  500 

39  0,4  2100 
44  0,26  1 100 
51       0,11        1650 

In  der  Hauptsache  l)esteheu  alle  Fänge  in  Samoa  aus  Copepoden  und  (")stra- 
codeii  und  namentlich  bei  den  grossen  Maassen  treten  stets  auch  Sagitten  wenigstens 
durch  ihr  Volumen  in  den  Vordergrund.  Globigerinen  und  Molluskenlarven  von 
ca.  0,1  [Jmm  Grösse  pflegen  häutig  ca.  1  *7o  auszumachen;  in  selber  Menge  sind 
Diatomeen  gewöhnlich  vorhanden  und  wohl  auch  Radiolarien.  Merkwürdigei-weise  sind 
Larven  von  Korallen.  Echinodermeu.  Medusen  u.  s.  w.  recht  selten  in  den  quantitativen 
Fängen:  nur  die  nie  fehlenden  Xauplius-  und  sonstigen  Crustaceenlarven  treten 
hier  stets  in  Erscheinung,  sowie  die  Appendicularien. 

Unter  den  Copepoden  sind  die  kleinen  Oithouaformen  besonders  zahlreich 
und   gemein;    daneben   vorwiegend   Calauus,  Paracalanus,  Acartia   und  Corycaeus. 

Bei  den  Ostracoden  scheint  es  sich  lediglich  um  das  noch  unbekannte  1  mm 
grosse  Weibchen  der  merkwürdigen  Euconchoecia  Müller's  zu  handeln.  AUes 
Specielle  bleibt  späteren  Veröffentlichungen  vorbehalten. 

2.    Die  Resultate  der  Fänge  in  Neu -Seeland  und  Neusüdwales. 

Es  wurden  im  Ganzen  hier  117  einzelne  Fänge  ausgeführt,  welche  in  Tabelle 
D  näher  bezeichnet  sind  und  durchschnittlich  1,84  cc  Plankton  auf  1  cbm  Wasser 
ergaben.  Das  Maximum  war  hier  8,5  cc  (Nr.  31b)  im  Hafen  von  Sydney,  das 
j\linimum  0,52  (Nr.  64b  und  c)  zu  Akaroa  im  Süden  von  Neuseeland.  Der  Grund 
für  diesen  kleinen  Fang  ist  auch  hier  die  Nähe  der  offenen  See.  indem  der  Fang 
im  Hafenausgang  bei  Hochwasser  stattfand. 

Der  Hafen  von  Sydney  (Port  Jackson)  ist  daselbst  bekannt  wegen  seines 
Keichthums  au  Peridineen,  Noctiluken,  Tintinneu,  Diatomeen  u.  s.  w. ;  er  ist  vom 
Meere  völlig  abgeschlossen  und  meist  still  wie  ein  Teich  (s.  T  h.  W  h  i  t  e  1  e  g  g  e 
..On  the  recent  discolouration  of  the  waters  of  Port  Jackson"  Records  of  the 
Australian  Museum.    Vol.  I.    Nr.  9.    Oct.  1891). 

Einen  Theil  des  Planktons  von  Auckland  (N.  Z.)  habe  ich  selbst  an  Ort  und 
Stelle  bearbeitet  (59).  Ich  hatte  daselbst  so  eine  üebung  durch  die  häufigen  Unter- 
suchungen gewonnen,  dass  ich  einigen  Neuseeländer  Zoidogen  vorauszusagen  ver- 
mochte, wieviel  und  was  ungefähr  ich  fangen  würde.  Sie  waren  sehr  verwundert, 
als  ich  ihnen  die  centi'ifugii-te  Masse  und  alsbald  die  Componenten  unter  dem 
Microscop  nachwies  (Fang  Nr.  61a),  Da  ich  nur  die  Zeiten  von  December  bis 
April  in  diesen  Gegenden  zubrachte,  so  vermag  ich  natürlich  nicht  anzugeben,  wie 

Kr  Ulli  er,  Ueber  den  Bau  der  Koraneuriffe.  9 


130  ^^-  Augustin  Krämer. 


der  Plaiiktongehalt  in  diesen  Gewässern  wechselt.  Es  steht  zu  erwarten,  dass  zu 
gewissen  Zeiten  noch  weit  grössere  Massen  an  Diatomeen  vor  allem  an  Chaetoceras, 
Cosciuodiscus  und  Khizosolenien  werden  beobachtet  werden,  als  sie  z.  B.  Fang  14, 
20  und  23  darbieten.  Anhäufungen  von  Glenodinium  sind  im  Port  Jackson  im 
März  1891  in  solcher  Ausdelmung  beol)achtet  worden,  dass  das  Wasser  blntroth 
gefärbt  war. 

Ich  selbst  land  zur  sell)en  Zeit  daselbst  grosse  Anhäufungen  von  Diatomeen 
(in  Fang  Nr.  33  Asterionella). 

Ein  weiterer  Unterschied  von  Samoa  ist  der  Reichthum  dieser  Gewässer  an 
Cladoceren,  von  denen  die  Penilia  pacifica  n.  sp.,  welche  über  1  mm  gross  ist, 
im  März  im  Haurakigolf  in  solchen  Massen  auftrat,  dass  einmal  38  "/„  im  Fang  22 
(=  ca.  8000  in  1   clmi)  gezählt  wurden. 

3.  Vergleicliung  der  Resultate  unter  sich  und  mit  anderen. 

Wenn  man  die  Tabellen  A  und  D  aucli  nur  tlüchtig  durchschaut,  so  muss 
doch  auffallen,  dass  in  ersterer  die  auf  1  cbm  berechneten  Planktonmengen  unter  1, 
in  letzterer  darüber  sind,  mit  geringen  erwähnten  Ausnahmen.  Aus  den  zahlreichen 
Fängen  ergiebt  sich,  dass  dies  kein  Zufall,  sondern  ein  bestehendes  Factum  zu 
sein  scheint,  wie  denn  auch  die  Gesammtdurchschnitte  0,42  cc  und  1,84  cc  nichts 
an  Deutlichkeit  zu  wünschen  übrig  lassen  (s.  auch  die  folgende  Uebersicht). 

Dass  die  tropischen  Gestade  ärmer  an  Plankton  sind,  zeigen  auch  die  11  Fänge 
von  Viti  (s.Tabelle  B)  mit  demselben  Durchschnitt  0,42  cc,  wie  die  212  Fänge  Saraoas. 

In  derselben  Tabelle  ist  noch  ein  Fang  von  Aden  (Nr.  79),  welcher  wohl 
etwas  zu  hoch  ausgefallen  ist  (1,0  cc).  da  die  Rhede  voll  Sand  ist  und  das  Wasser 
demgemäss  verunreinigt  war. 

Obwohl  ich  bei  der  Heimkehr  überzeugt  war,  dass  dies  an  anderen  tropischen 
Plätzen  sich  ähnlich  verhalten  müsste,  erwartete  ich  doch  in  einem  stillen  Binnen- 
meer, wie  es  der  Hafen  von  Suez  im  Rothen  Meere  ist,  eine  Ausnalime.  Wie  er- 
staunte ich.  als  ich  daselbst  von  vier  Netzzügeu  den  Durchschnitt  (»,46  cc  auf 
1  cbm  Wasser  erhielt.  Ich  bin  weit  entfernt  damit  sagen  zu  wollen,  dass  diese 
Menge  immer  hier  vorliauden  wäre :  aber  dies  giebt  doch  zu  denken ! 

Bald  war  ich  wieder  in  Kiel. 

Von  vergleiclienden  Fängen  in  der  Ostsee  seien  erwähnt; 

19.  December  1895   1   cbm  (10  m)  =    4.4     cc  (Peridineen) 

..  ..  .,  =^     o.do    .. 


14.      Ai.ril       1896 

??  •?  71 

15. 

29. 

22.        Mai 

28 


?? 

=    2,9 

^^ 

71 

=    4,4 

1^ 

11 

=    4,9 

11 

,, 

=    6,6 

(Cliaetoceras) 

1J 

=  11,0 

11 

(20  m) 

=  18,0 

„ 

(10  m) 

=    6.0 

„ 

11 

=    3.25 

( 

,.  versclnvuiulen) 

11 

=    1.9 

(Kot; 

itorien) 

11 

=    2.2 

,. 

IX.   Zur  Planktonvertheilung  im  Pacifischen  Ocean. 


131 


Ue  bersicht 

über  dio  Aroiit^Tii  der  lMankt()n(':iiii>e  von  Sainoa-Viti  und  Xousccland-Xciisüdwalo.s. 


Centrifugirte, 
auf  1  cbm  AVasser 

Einzelne  Fänge 

Durchschnitte  der  Fang- 
serien 

berechnete   Giengen 
in   cc 

Samoa-Viti 
(212)    (11) 

Neuseeland- 
Neusüdwales 

Samoa-Viti 
(37)      (2) 

Neuseeland- 
Neusüdwales 

0,01—01 

10 

— 

2 

— 

0,1  (-0,2) 

28 

— 

3 

- 

0.2  (0,3) 

35 

— 

8 

— 

0,3 

45 

— 

7 

— 

0,4 

28 

— 

6 

— 

0.5 

25 

6 

6 

2 

0,6 

23 

2 

3 

— 

0.7 

19 

4 

2 

1 

0,8 

5 

1 

— 

— 

0,9 

3 

5 

1 

2 

1.0 

2 

61 

1 

20 

2.0 

27 

— 

' 

3.0 

— 

7 

— 

2 

4.0 

2 

— 

1 

5.0 

— 

1 

— 

1 

6,0 

— 

— 

1 

7,0 

— 

■ 

— 

— 

8.0  (—9.0) 

— 

1 

— 

— 

Summe  der  Fänge 

22;} 

117 

;3!i 

;i7 

Uesanimtdurclisehnitt   der 
Jlengen  

0.42  ce 

1.84  cc 

ebenso 

— 

4.    Die  Copepoden  als  constanter  Component  aller  verticalen 

Planktonfänge. 

Es  ist  trotz  mannigfacher  IJctonun^'en  immer  iiorli  nicht  genügend  durch- 
gedrungen, dass  es  einen  Componeuten  im  l^hinkton  giebt,  welcher  nie  fehlt,  die 
Copepoden.  Seit  ich  auf  Schiffen  lebe,  habe  ich  niemals  weder  einen  quantitativen 
noch  einen  qualitativen  Fang  gemacht,  in  welchem  diese  Verti'eter  auch  nur  spär- 
lich gewesen  wären  (abgesehen  von  den  Fängen  in  Fahrt,  wenn  das  Netz  nur  über 
die  bewegte  See  fegt,  wobei  die  Ausbeute  immer  gering  zu  sein  pflegt).  Ha e ekel 
theilt  in  einer  neueren  Arlieit  (53  b.)  das  l^laidcton  auf  Grund  von  40-4  Fängen 
des  Schiftscapitäns  J.  Hendorff  in  l^remeii  ein   in 

I.  Monotones    Plankton  —  mindestens  ^/i^  des  ganzen  Volumen  ist  aus  ]\[assen 
einer  einzigen  Form  oder  FormengTuppe  gebildet, 

9* 


132  1^1'-  Aujrustin  Krämer. 


II.  Prävalentes  Plankton  —  mindestens  die  Hälfte    des  ganzen  Volnmen  ist  aus 
Massen  einer  einzigen  Form  oder  FormengTuppe  gebildet. 

III.  Polymiktes  Plankton  —  keine  Form  erreicht  die  Hälfte. 

IV.  Pantomiktes  Plankton  —  aus  sehr  zahlreichen,  verschiedenen  Arten,  Familien 

und  Classen  äusserst  bunt  zusammengesetzt. 

Diese  Eintheilung  ist  zweifellos  practisch.  Ebenso  gut  könnte  man  al)er  die 
Planktonfäuge  danacli  eintheilen,  wie  viel  7n  Copepoden  sie  enthalten,  und  wieviel 
an  Zahl,  vorausgesetzt,  dass  die  Fänge  vertical  gemacht  sind. 

Haeckel  sagt  ferner  nämlich: 

„Das  monotone  Plankton  ist  uniform,  wenn  nur  eine  Species,  pluriform,  wenn 
mehrere  Species  die  Masse  zusammensetzen.  Unter  den  152  monotonen  Plankton- 
fängen finden  sich  57  Fälle  von  Copepoden  (36  uniform  und  21  pluriform): 
34  Crustaceen  (verscldedener  Ordnungen);  21  Badiolarien  (meist  pluriforme  Poly- 
cyttarien;  9  Oscillatorien  (meist  uniform  Trichodesmium)  u.  s.  w.'' 

Haeckel  fand  unter  57  monotonen  Copepoden-Fängen  36  uniforme,  also 
solche,  in  denen  eine  einzige  Species  ^j„  aller  Componenten  ausmachte.  Dies 
weist  darauf  hin,  wie  Hendorff  diese  Fänge  gemacht  hat:  wenn  er  eine  Ver- 
färbung des  Wassers  sah,  so  fischte  er  mit  dem  Oberflächennetz  durcli,  um  mög- 
lichst viel  davon  zu  erbeuten;  dies  wird  aucli  dadurch  veranschaulicht,  dass  neun 
uniforme  Fänge  von  Oscillatoren  darunter  sind,  welche  bekanntlich  meist  an  der  Ober- 
fläche schwimmen  (siehe  auch  Oh  alleng  er- Notizen  von  der  Arafura-See,  Oapitel  6.). 

Da  ich  in  Neu-Seeland  und  Australien,  im  Pacifischen  und  Rotheu  Meer  und 
in  der  Ostsee  (hier  vor  allem  in  der  Danziger  Bucht  im  Sommer  1892)  diese 
grossen.  Anhäufungen  gesehen  habe,  so  ist  mir  ein  monotoner  Phycochromaceen- 
fang  nichts  wunderbares.  Er  ist  ein  Schaustück  für  eine  Sammlung,  aber  dient 
doch  weniger  für  Compositiousbeweise.  Dass  das  Wasser  von  Oscillatorien  auch 
durchsetzt  sein  kann,  ist  natürlich;  so  fand  ich  jetzt,  da  ich  diese  Zeilen  nieder- 
schreibe (Ende  Mai),  das  Wasser  der  Ostsee  von  den  dänischen  Inseln  bis  Rügen 
voll  von  diesen  Bündeln,  so  dass  es  leicht  bräunlich  aussah.  Die  Copepoden 
waren  aber  doch  an  Volumen  vorherrschend.  Die  Fänge,  welche  ich  in  Samoa 
gemacht  habe,  sind  annähernd  monotone  Copepodeufänge ;  darunter  ist  aber  kein 
einziger  uniformer.  Ich  schreibe  Haeckel's  gi'osse  Zahl  an  uniformen  Copepoden- 
fängen  (36)  der  horizontalen  Fangart  zu,  und  da  Haeckel  die  Fänge  nicht  selbst 
o-emacht  hat,  so  haben  seine  Angaben  natürlicherweise  nur  relativen  Werth.  Im 
übrigen  ist  die  in  Aussiclit  gestellte  grössere  ^'eröft■entlicllung  abzuwarten.  Icli 
will  hier  nur  nocli  liinzufügcn,  dass  ich  unter  meinen  Fängen  noch  keinen  uni- 
formen Copepodenfang  gesehen  habe;  bei  einem  Verticalfang  von  mindestens  10  m 
halte  ich  einen  solchen  für  nahezu  ausgeschlossen. 

Dass  die  Copepoden  ubiquitär  sind,  beweisen  die  verschiedenen  Angaben 
solcher  Forscher,  welche  sich  specialistisch  mit  Copepoden  befasst  halben;  Haeckel 
steht  freilich  aucli  hier  im  Widerspruche  (53  a  Seite  51),  wenn  er  auch  ihre  Be- 
deutung anerkennt: 

„Indessen  gilt  aucli  für  diese  wiclitigste  Orupix'  der  I'hiidvtonthiere  dasselbe, 
wie  für  alle  anderen,  dass  ihr  Auftreten  sehr  ungleichmässig  und  von  vielen 
Bedingungen  abhängig  ist." 


TX.    Zur   l'Iuiildfinvortlii'ihins'  im  Pacifischen  Ocean.  133 


Der  Chcilleng'er  hatte  iiämlich  uebeu  grossen  Aiiliäuluugcn  auch  Stellen 
gefunden,  wo  keine  Copepoden  im  l'ang  gewesen  sein  sollen.  Brady  giebt  im 
Reisebericlit  folgende  Scizze  (Report  S.  843): 

„Die  Copepoden  sind  nahezu  universal  in  ilirer  Vertheilung  und  scliliessen 
frei  schwiinniendc  und  parasitäre  Formen  ein.  Die  See  vom  Aequator  bis  zu  den 
Polen  lieferte  grosse  Mengen  von  ihnen,  so  dass  sie  oft  mit  weissen  Bändern  viele 
Meilen  weit  gefärbt  ist.  Aber  die  Erscheinung  dieser  kleinen  Creatureu  an  der 
Oberfläclie  unterliegt  Bedingungen,  deren  Natur  im  Ganzen  kaum  verständlich  ist." 

Man  sieht,  Brady  spricht  hauptsächlicli  von  der  Oberfläche. 

Dahl  sagt  (57  b  S.  282): 

„Die  Copepoden  sind  zur  Entscheidung  der  oben  angeregten  Fragen  wegen 
ihrer  weiten  Verbreitung  zweifellos  die  wichtigsten  Organismen.  Von  der  Ober- 
fläche des  Oceans  bis  in  die  grössten  Tiefen  hinab,  vom  Pol  bis  zum  Aequator, 
auf  hoher  See,  an  der  Küste,  ja  auch  im  Brack-  und  Süsswasser,  ül)erall  findet 
man  Copepoden  und  zwar  in  Folge  ihrer  geringen  Grösse  so  zahlreich,  dass  man 
kaum  irgendwo  ein  Netz  auswerfen  kann,  ohne  einige  Thiere  dieser  Ordnung  zu 
bekommen."  Allerdings  darf  man  nicht  glauben,  dass  man  an  einem  Orte  immer 
dieselben  Arten  und  noch  dazu  in  gleicher  Menge  findet.  Ich  kann  in  dieser 
Beziehung  nicht  genug  auf  Giesbrecht's  Worte  verweisen  (58b.  S.  768),  die  er 
in  seinem  grossen  Copepoden -Werke  gebraucht: 

.,Aber  auch  unter  den  letztgenannten  Meeresabschnitten  ist  höchstens  die 
artenarme  Ostsee  erschöpfend  auf  iln-e  pelagischen  Copepoden  untersucht:  die 
übrigen  Species-Verzeichnisse  sind  unvollständig  und  selbst  jahrelanges  und  durch 
alle  Jahreszeiten  fortgesetztes  Durchsuchen  des  Auftriebes  eines  Meereszipfels  ver- 
bürgt noch  nicht  die  Kenntniss  aller  dort  vorkommenden  Arten,  wie  ich  denn  in 
dem  seit  1882  durchfischten  Golf  von  Neapel  noch  bis  in  die  letzten  Zeiten  immer 
wieder  seither  übersehene  Arten  antraf" 

Abgesehen  von  den  grossen  Diatomeen-  und  Peridineenfangeu  der  kälteren 
Meere,  welche  ja  nur  zu  gewissen  Jahreszeiten  erzielt  werden,  bilden  die  Cope- 
poden nahezu  immer  an  Volumen  den  grössten  Componenten,  jedoch  nicht  an  Zahl. 
Dies  ist  bei  der  Kleinheit  der  Diatomeen  u.  s.  w.  begreiflich,  deren  Menge  die 
Procentzahl  der  Copepoden  herabdrückt.  Wenn  mau  5UOO00  Individuen  in  einem 
Fang  zählt,  wovon  10  "/o  Copepoden  sind,  so  macht  dies  50000.  Anderseits  er- 
giebt  ein  Fang  mit  5000  Individuen  und  90  "/^  Copepoden  4500  von  diesen. 

Dies  erhellt  aus  einigen  Beispielen  von  Neu-Seelaud  und  Samoa.  die  ich 
hier  folgen  lasse: 

durchschnittliche 


Nr.  des  Fan{ 
und  Ort. 

?es 

centrifugirte  Menge  auf 
1  cbm  Seewaser. 

Zahl  der  Organismen 
in  1  cbm 

davon  Copepoden 
(ohne  Xauplius) 

in  o/( 

Neuseeland 

20 

1.12 

cc 

146000 

12400 

8,5 

?? 

21 

0,95 

55 

63000 

7000 

11 

5? 

23 

2,5 

55 

521000 

88575 

17 

» 

25 

5,8 

55 

298000 

83  500 

28 

., 

61 

1.3 

55 

50000 

37  250 

75 

55 

62 

2,03 

300  000 

15000 

5 

55 

63 

1,35 

55 

68  700 

18550 

27 

55 

66 

1,2 

55 

118000 

55400 

47 

134  l^r.  Augustin  Krämer. 


Xr.   des  Fan 
und  Ort. 

ges 

durchschuittliehe 

centrifugirte  Menge  auf 

1  cbm  See  Wasser. 

Zahl  der  Organismen 
in  1  cbni 

davon   Copepoden 
(mit  Naupllus) 

iu  "lo 

Samoa 

38 

0,68  ec 

17  000 

14100 

83 

r 

39 

0,4      , 

2000 

1400 

70 

V 

40 

0,56    ,. 

5—6000 

4500-5000 

ca.  90 

5? 

42 

0.3      „ 

2000 

1500 

74 

5! 

43 

0,5      „ 

7  500 

6  200 

83 

J1 

44 

0,41    . 

4800 

3360 

■  70 

5? 

46 

0,48    „ 

5000 

4500 

90 

r 

57 

0,37    ,. 

5400 

4700 

87 

V 

77 

0,75    ,. 

13  500 

10800 

80 

Also  nicht  so  sehr  die  Zahl  der  Copepoden  ist  einem  Wechsel  unterworfen, 
als  vielmehr  die  der  übrigen  Componeuten.  Wenn  man  einen  Meerestheil  nicht  über 
viele  Jahre  hinweg  stetig  untersucht  hat,  so  wird  mau  iu  jedem  Falle  über  diese 
so  lange  im  Ungewissen  sein,  bis  mau  eben  das  Microscop  zu  Hülfe  genommen  hat. 

Freilich  wechseln  sogar  die  Zahl  der  einzelnen  Copepodenarten  in  ihi'em 
Verhältuiss,  so  iu  Neu-Seeland  hauptsächlich  Euterpe  acutifrons,  Oithona,  Temora 
u.  s.  w.,  in  Samoa  Oitliona,  Acartia  und  die  Calaniden.  Ja  Ostracoden  und  Clado- 
cereu  ti-eten  bald  hier,  l)ald  dort  als  Ergänzung  hinzu,  die  Zahl  mehr  oder  weniger 
beeinflussend.  Hier  fehlt  es  noch  an  zusammenhängenden  biologischen  Studien, 
um  diese  Verhältnisse  überschauen  zu  können. 

Aus  den  obigen  Zahlen  geht  auch  hervor,  wie  viel  Raum  für  die  übrigen 
Componeuten  bei  den  copepodenreichen  Fängen  Neuseelands  übrig  bleibt.  Die 
meisten  der  Copepoden  siud  kaum  ^/.^  mm  lang,  häufig  noch  indessen  1  mm. 
während  grössere  schon  seltener  siud.  Von  den  kleinereu  darf  man  ungefähr  1000 
auf  0,1  cc  rechneu;  doch  ist  dies  natürlich  grossem  Wechsel  unterworfen,  wenn 
man  bedenkt,  dass  der  grösste  bis  jetzt  beobachtete  Copepode  Heterochaeta  Gri- 
maldii  Rieh.  10,2  mm  lang  ist,  allerdings  ein  Unicum. 

Das  Schwanken  der  einzelneu  Plauktoncomponenten  sogar  in  der  engereu 
Classe  fiel  mir  schon  wähi'end  des  Sommers  1892  auf,  als  ich  an  Bord  des  Ver- 
messungsschiffes, S.  M.  S.  „Nautilus",  Gelegenheit  hatte,  die  Danziger  Bucht  eiu- 
geheud  kenneu  zu  lernen.  Ich  hielt  damals  im  Westpreussischen  Fischereivereiu 
zu  Dauzig  einen  Vortrag  über  die  Ergebnisse  dieser  Studien,  wobei  ich  unter 
anderem  folgendes  ausführte: 

„Wenn  man  von  den  übrigen  Theilen  des  Plankton  sagen  kann,  dass  sie 
nur  au  gewissen  Stellen  und  zu  gewissen  Zeiten  auftreten,  so  kann  mau  von  den 
Copepoden  sagen,  dass  sie  überall  und  immer  vorhanden  sind.  Sie  werden  oft 
einige  Millimeter  gross  und  sind  ihrer  schnellenden  Bewegung  halber  leicht  zu 
sehen.  Es  ist  bekannt,  dass  viele  Fische  sich  hauptsächlich  von  diesen  Krebsen 
nähren  und  ich  brauche  nur  an  den  Hering  zu  erinnern,  um  die  grosse  Wichtig- 
keit dieser  Thiere  als  Fisclmahrung  im  Meer  zu  betonen.  Wenn  eine  Ordnung 
ziemlich  gieichmässig  vertheilt  ist,  so  ist  es  sicher  die  der  Copepoden.  Zuweilen 
treten  sie  jedoch  auch  in  solchen  Mengen  auf,  dass  sie  meilenweit  die  Oberfläche 
des  Meeres  roth  färben.  Dies  machen  sich  die  Heringsfischer  zu  Nutze,  denn  sie 
wissen,    dass   die  ..Rothäsung"  reichen  Ertrag   für   ihre  Netze  bringt.     Aber  auch 


IX.    Zur  Planktonvertheilung  im  Pacifischen  Ocean.  135 

(leiii  (liuinicii  des  l"\'iiisi-liiii('ck('i"s  srliciiicii  diese  ('(i|ic]MKleiiscli\v:irme  einen  liillin'cn 
Geniiss  zu  bieten,  denn  der  hTirst  von  Monaco,  welcher  auf  seiner  neuen  I)ain|ii'- 
yacht  ,. Princess  Aliee"  uaeh  wie  vor  seine  Kräfte  der  Erforscliun,<>'  des  Meeres 
weiht,  o-iel»t  au.  dass  diese  Krel)S('lien  in  Butter  t^'ebraten  reclit  <i,ute  I'laukton- 
pastetchcn  abgeben.  —  Aber  wie  man  im  Meere  nielit  immer  dieselben  Thiere 
findet,  so  auch  im  Siisswasser.  Sell)st  bei  vielen  nebeneinandei-liegenden  Seeen 
herrscht  durchaus  nicht  in  jedem  dieselbe^  Gattung. 

Es  scheint  oft.  als  ob  eine  Ordnung  die  andere  vollständig  verdrängte.  Beim 
Meere  drängt  sich  besonders  der  Vergleich  mit  einem  Wicsenlande  auf,  zumal  da 
H  e  u  s  e  n  berechnet  hat,  dass  ein  Quadratmeter  Meeresfläche  ziemlich  gleichviel 
organische  Substanz  liefert  wie  ein  Quadratmeter  Kulturland  (150  —  180  g).  "Wenn 
man  nämlicii  das  Meer  mit  dem  Microscop  durchwandert,  so  findet  man  dieselben 
Bilder,  als  ob  man  durch  ein  grosses  Wiesenland  dahin  schritte,  und  dasselbe  zu 
verschiedenen  Jahreszeiten  durchwanderte.  Im  Frühling  blühen  hier  Primeln  und 
Veilchen,  dort  Hyazinthen  und  Anemonen ;  der  Sommer  bringt  Doldeublüther  und 
Habichtskräuter;  kommt  man  in  eine  andere  Gegend,  so  treten  andere  Pflanzen 
auf  und  die  alten  verschwinden.  Ein  Bestaudtheil  in  diesem  Wiesenplankton  findet 
sich  aber  überall  und  zwar  der  für  die  Ernährung  des  Rindviehes  wichtigste,  das 
Gras.  Das  Gras  des  Meeres  aber,  das  nirgends  fehlt,  sind  die  Copepoden  und  der 
Hering  ist  das  Rindvieh,  das  sich  auf  diesen  Weideplätzen  tummelt." 

Was  ich  in  früheren  Jahren  in  der  Ost-  und  Nordsee,  in  England  und  Nor- 
wegen allenthalben  gefunden,  habe  ich  in  der  Südsee  bestätigen  können,  und  wenn 
ich  auch  weiss,  dass  diese  Erfahrungen  noch  lange  nicht  genügen,  so  stehe  ich 
doch  nicht  an.  diese  Anschauungen  als  meine  frei  gewonnene  Ueberzeugung  kund- 
zugeben. 

5.    Küsten-  und  Seefänge. 

Wie  das  (Mikro)  l'lankton  der  tropisrlien  Zonen  quantitativ  geringer  ist  als 
das  der  gemässigten  und  kalten  Zone,  so  ist  das  Plankton  der  oÖenen  See  geringer 
als  das  der  Küste. 

Um  hier  vergleichende  Zahlen  zur  Hand  zu  haben,  muss  man  jeden  Fang 
auf  1  cbm  AVasser  berechnen.  Schon  in  der  I]iuleitung  zu  Capitel  VIH  habe  ich 
erwähnt,  dass  dies  bei  den  Seefängen  höchstens  bis  zu  200  m  Tiefe  geschehen 
kann,  weil  sonst  die  Zahlen  viel  zu  niedrig  ausfallen. 

Nach  den  neueren  Messungen  darf  ja  200  m  als  die  Grenze  angesehen 
werden,  bis  zu  welcher  das  Phudvton  in  neunenswerther  Menge  vorhanden  ist.  ja 
vielleicht  ist  für  die  ('ul)ikmeterberechnung  eine  weit  geringere  Tiefe  als  Grenze 
anzunehmen. 

Brandt  sagt  über  die  Schliessnetzfänge  der  Planktonexpeditiou  (54 c) :  ..Ein 
wichtiges  Ergebniss  besteht  zunächst  darin,  dass  im  Atlantischen  Ocean  eine  dichtere 
Bevölkerung  nur  in  den  oberflächlichen  Schichten  von  0 — 200  m  sich  findet.  Diese 
Tliatsache  drückt  sich  sclion  in  der  von  Schutt  veröffentlichten  Tabelle  der 
V(dumina  aus  (s.  55,  Tal)elle  10).  Sämmtliche  29  Schliessnetzfänge  enthielten  so 
geringe  Mengen  von  Organismen,  dass  eine  zuverlässige  Volumbestimmung  durch 
Absetzenlassen  nicht  mehr  möglich  war.  Das  Volumen  betrug  stets  weniger  als  0,5  ccm, 


136  Dr.  Angiistin  Krämer. 


wälirend  der  kleinste  vergleichbare  Verticalfeng  von  200—0  m  in  dem  ganzen 
untersuchten  Gebiet  1,5  ccm  Masse  enthielt.  Die  Region  von  200—400  m  Tiefe 
ist  schon  erheblich  ärmer  als  die  darüber  befindliche  Wasserschicht.  Unter  400  ra 
aber  heiTScht  ausgesprochene  Armuth  im  Vergieicli  zu  den  oborflächliclien  Schichten." 

Dass  Chun  bei  Neapel  .,sowohl  an  der  Oberliäche  wie  in  allen  Theilen  bis 
zu  1400  m  ein  reiches  pelagisches  Thierleben"  fand,  führt  Brandt  auf  die  Aus- 
nahmestellung des  Mittelländischen  Meeres  anderen  Meeren  gegenüber  zurück,  da, 
wie  bekannt,  das  Mittelmeer  sich  in  seinen  Tiefenwärmen  anders  verhält. 

Die  späteren  Schliessnetzßinge  Chun's  bei  den  canarischen  Inseln  scheinen 
indessen  ähnliche  Ergebnisse  wie  die  Plantonexpedition  zu  Tage  gefördert  zu  haben. 
Auch  haben  Grobben  und  v.  Marc  nz  eil  er  im  Mittelmeer  niederere  Resultate 
als  Chun  erhalten. 

Agassiz  berichtet  über  folgende  Ergebnisse  seiner  Studien  in  dem  west- 
indischen Gebiet  (26  f,  S.  8):  ..Ich  dachte,  ich  könnte  keinen  besseren  Platz  finden, 
um  endgültig  die  verticale  Verbreitung  des  pelagischen  Lebens  festzustellen,  als 
bei  Havana,  wo  tiefes  Wasser  (bis  900  Faden)  nahe  am  Land  ist  und  ein  grosser 
Meeressti-om,  der  Golfstrom,  fliesst,  welcher  bekannt  ist  für  den  Reichthum  an 
pelagischem  Leben,  das  er  mit  sich  trägt.  Wir  fischten  in  100,  150,  250  und 
300  Faden  und  an  der  01)erfläche  oder  nahe  darunter  und  ich  land  nichts,  was 
meine  alten  Ansichten  ändern  könnte,  welche  ich  in  den  Preliminary  Reports  der 
„Albatross"-Expedition  von  1891  ausgesprochen  halie.  In  keiner  Tiefe  erhielt  ich 
mit  dem  Tannernetz  irgend  eine  Species,  welche  nicht  auch  zu  irgend  einer  Zeit 
an  der  Oberfläche  gefunden  worden  wäre.  Selbst  in  100  Faden  (185  m)  Tiefe  war 
der  Betrag  an  pelagischem  Leben  viel  weniger  als  in  dem  Bereich  von  der  Oberfläche 
bis  zu  jener  Tiefe.  In  150  Faden  war  noch  weniger  und  in  250  und  300  Faden 
enthielt  der  geschlossene  Theil  des  Tannernetzes  niclits." 

(Und  Seite  9,  Tougue  of  the  Ocean,  zwischen  den  Korallenrift'en  der  Great 
Bahama  Bank) : 

.,Wir  fischten  um  9  h  30'  a.  m.  in  der  Tiefe  von  100  bis  110  Faden  ungefähr 
20  Minuten  lang:  das  Netz  schloss  sich  vortrefflich.  Nur  ein  Copepode  wurde 
von  dieser  Tiefe  aufgebracht,  während  in  dem  offenen  Theil  des  Netzes  mehrere 
Exemplare  von  Eucope,  viele  Diphyesglocken,  zahlreiche  Copepoden,  Alciope,  Schizo- 
poden, Larven  von  Brachiuren,  Maeruren,  Doliolum,  Appendicularien,  Gasteropodeu- 
Larven  und  Collozoum  waren." 

Ein  weiterer  Fang  daselbst  in  300  Faden  erbrachte  ungefähr  dasselbe  Resultat, 
ebenso  wie  zahlreiche  ähnlich  ausgefülirte  Fänge  an  anderen  Plätzen. 

Ich  will  nur  noch  erwähnen,  dass  Murray  auch  100  Faden  als  untere 
Grenze  angiebt. 

Nach  diesen  Ausführungen  dürfte  es  wohl  gestattet  sein,  Fänge  von  20<>  m 
Tiefe  als  Vergleichsfänge  bei  der  1  cbm  Berechnung  herbeizuziehen. 

Auerkanntermaassen  hat  jede  Küste  ihre  eigenen  Vertreter,  welche  der  Hoch- 
see fehlen  und  umgekehrt.  Sogar  bei  den  kleinsten  Inseln  ist  dies  der  Fall,  wie 
es  die  Planktonexpedition  für  Ascension  u.  s.  w.  fand. 

Mensen  berichtet  von  Bermuda  (Vortrag  in  der  Gesellschaft  deutscher 
Naturforscher  und  Aerzte  1893):  .,Auf  Bermuda  lagen  wir  im  Gezeitenstrom  nur 


IX.   Zur  Planktonvertheilung  im  Pacifischen  Ocean.  137 

500  in  von  der  trcicii  800  ontforut,  wo  die  Küste  niscli  zu  gTosscMi  Tiefen  abfällt. 
Trotzdem  war  das  Plankton  völlit:;-  verändert.  I-^in  Zug  fing  dort  z.  B.  3821  Larven 
V'On  Borstenwürniern,  während  die  10  benacliharten  Hochseefänge  davon  zusammen 
41  Stück  ergaben.  Die  Krebsgattung  der  Corvcaeiden  war  auf  Herinuda  gar  niclit 
vertreten,  während  die  10  Fänge  aus  der  Naelibai'scliaft  (bivon  3177  Stürk  ergaben; 
ähnlich  war  der  Unterschied  bezüglich  sehr  viel  an(h'rer  Formen.  Ich  vernnig 
noch  nicht  diesen  merkwürdigeji  Ausfall  der  Hochseethierc  iu  einem  gleichsalzigeu 
und  gieichwarmen  Küstenwasser  theoretisch  zu  begründen." 

Peck  fand  folgende  Zahlen  in  1  cbm  in  der  lUissard-Hay  in  Xord^inicrika  (60): 
Datum  :  Innenhafen  :  Aussenliafen  : 

13.  Septemlier  1894  150  Millionen  85  ^Millionen  Organismen 

24.  ..  ..  1128         „  13 

27.  ..  ..  700  „  21 

wobei  es  sich  betreffs  der  grossen  Zahlen  um  f]xuviaella,  ( 'haetoceras  und  Melosira 
handelte. 

Ich  verweise  ferner  auf  Tabelle  C  und  D  im  Anhang  betreffs  Neu-8eeland 
und  Australien. 

Während  in  117  Fängen  iu  den  Häfen  durchschnittlich  1,84  cc  gefunden 
wurde,  brachten  11   Seefänge  nur  durchschnittlich  0.29  cc. 

Leider  war  ich  nie  so  glücklicli,  in  dem  Meere  um  Samoa  Seefänge  machen 
zu  können.  Nur  ein  einziger  100  m-Fang  nahe  den  Tongainselu  steht  mir  hier 
zu  Gebote. 

A))er  ich  habe  In'i  Besprechung  der  Resultate  der  Samoafänge  schon  er- 
wähnt (s.  d.),  dass  in  den  vier  Fällen  bei  Ebbe  deutlich  mehr  gefunden  wurde 
als  bei  Fluth. 

Ferner  zeigt  auch  Tabelle  A  verschiedene  Fänge  (z.  B.  Nr.  51  u.  56),  deren 
Planktonmassen  aussergewöhnlich  niedrige  sind  (meist  unter  0,1).  Daran  sind 
offenbar  die  Fangplätze  schuld,  denn  Mulifanua  und  Leone  sind  offene  Rheden. 
woselbst  das  Scliift"  iu  ca.  30  m  Tiefe  ankern  musste.  Ich  bin  indessen  weit  ent- 
fernt, diese  als  beweiskräftig  zu  erklären  und  muss  es  späteren  Untersuchungen 
überlassen,  diese  Beweise  zu  schaffen.*) 

Ich  glaube  aber  doch  durch  die  Befunde  in  Neu-Seelaud  und  Australien  und 
denen  der  Planktonexpedition  zu  dem  Schluss  berechtigt  zu  sein,  dass  die  Samoa- 
inseln  sich  analog  verhalten. 

Für  die  Korallenriffe  erscheint  dies  von  Wichtigkeit. 

Murray  sagt  nämlich  (21a): 

„Schleppnetzexperimente  zeigten  immer  viel  weniger  }ielagisches  Leben  in 
den  Lagunen  als  am  äusseren  Riffrande.  Die  Lagune  wird  weniger  günstig  für 
das  Wachsthum  aller  der  massiveren  Corallenarten,  wenn  das  äussere  Rift"  die 
Oberfläche  erreicht  und  den  freien  Ersatz  des  Wassers  abschneidet.'' 


*)  Qualitative  Planktonfiinge,  deren  ich  um  Samoa  mehrere  machen  konnte,  vermeide 
ich  absichtlich  anzuführen,  da  trotz  grosser  Ucbung,  deren  Häckel  sich  rühmen  kann, 
Täuschungen  hier  zu  leicht  möglich  sind.  Im  ü})rigen  sprechen  sie  für  die  Armuth  der 
offenen  See, 


138  Dr.  Augustin  Krämer. 


Es  wäre  sehr  zu  wünschen,  dass  quantitative  Netzzüge  auch  innerhalb  der 
Atollhigunen  gemacht  würden,  und  Vergleich sfänge  in  der  umgebenden  See,  damit 
die  Ansichten  über  die  Ernährung  der  Corallenrift'e  durch  Thierströme  aus  der 
"Welt  geschafft  würden. 

Schon  weiter  olien  habe  ich  die  Gründe  dargelegt,  warum  dies  nicht  sein 
kann,  bei  der  Besprechung  der  Fussbildung  (IV.  5  a  u.  )).)  und  bei  Besprechung 
der  Meeressti'ömungen  als  Nahrungsquelle  (V.  3). 

Im  nächsten  Capitel  werde  ich  darzuthun  versuchen,  dass  der  ti'opisch-paci- 
fische  Ocean  recht  arm  ist  und  aus  allen  Untersuchungen  und  Schlüssen  muss 
man  annehmen,  dass  die  relativ  arme  Küstenfauna,  sowohl  im  I\iffgel)iet  als  auch 
an  andern  tropisclien  Küsten  immer  noch  reicher  ist  als  der  offene  Ocean. 

6.  Die  Arniutli  des  tropischen  pacifisclien  Oceans. 

Es  wäre  eigentlich  überflüssig,  bei  diesem  Thema  noch  länger  zu  verweilen. 
Im  Capitel  3  ist  es  schon  genügend  betont  (ebenso  Abschnitt  VII,  Cap.  3),  wie 
verhältnissmässig  arm  dieser  Meerestheil  ist. 

Ich  will  jedocli  noch  einige  Daten  geben  und  vor  allem  einigen  andern 
Beobachtern  das  Wort  verleihen,  um  darzuthun,  dass  diese  Beobachtung  nicht 
vereinzelt  ist. 

Am  31.  August  1893  hatte  der  Postdampfer  „Karlsruhe"  S,yduey  verlassen, 
um  die  Ablösungsmannschaft  der  deutschen  Kriegsschiffe  nach  Apia  zu  bringen. 
Es  ging  mitten  in  die  Südsee  hinein,  von  deren  Wunder  uns  Förster  und 
Chamisso  berichtet,  und  die  man  nun  wirklicli  selbst  zu  Gesicht  bekommen  sollte. 
Auch  ich  glaubte  immer  noch  fest  an  die  alten  Traditionen  und  hoffte  auf  eine 
reiche  Ausbeute.  Zalilreiche  Tümmler  hatten  das  Schiff  in  die  See  hinaus  begleitet, 
darunter  eine  wohl  ülter  3  m  lange  Orca-Art,  welche  weit  über  einen  Meter  hoch 
in  die  Luft  sprang,  um  sich  dann  auf  den  Rücken  in  das  Wasser  fallen  zu  lassen, 
so  dass  der  Gischt  bis  zum  hohen  Bug  des  Schiffes  heraufspritzte.  Zahlreiche 
Albatrosse  folgten  beständig  dem  Schiff",  Seeschwalben  und  Sturmvögel,  und 
Nachts  war  ein  herrliches  Meerleuchten  im  Schraubenwasser  sichtbar.  Es  liess 
sich  gut  an. 

Am  2.  Septeml)er  zeigten  sich  zahlreiche  Salpen  an  der  Oberfläche  von  5 
bis  10  cm  Länge. 

Am  3.  September  waren  die  Albatrosse  vereinzelt;  einige  fliegende  Fische 
(Exocoetus)  zeigten  sicli  und  abends  glitzerte  die  Bugwelle  prächtig.j 

Am  4.  September  waren  die  Albatrosse  verschwunden.  25*  s.  Br.  waren 
erreicht.  Mittags  wurde  indessen  noch  ein  einziger  von  Gausgrösse  schwimmend 
gesehen.  Es  zeigten  sich  Anhäufungen  von  Phycochromaceen,  welclie  stellenweise 
das  Wasser  gelb  färbten.     Einige  fliegende  Fische. 

Am  5.  September  Wendekreis  und  180.  Längengrad  passirt.  Gegend  der 
Vitiinseln.  Massig  viel  fliegende  Fische,  von  denen  einer  von  gegen  40  cm  Länge 
zweimal  den  Schiffsbug  bei  14  Meilen  Fahrt  kreuzte,  ohne  die  Flossen  zu  bewegen. 

Auch  am  folgenden  Tage  wurden  noch  einige  bunte  grosse  und  viele  kleine 
o-esehen. 


IX.    Zur  Planktonvertheilung  im  Pacifischen  Ocean.  139 

In  zwei  weiteren  Taigen  war  SaiiKui  errciclit.  Die  tlieociiden  Fiselie  waren 
wieder  versclnviiiideii.  Hinige  Seetölpel  (Aiious  stolidus)  und  einige  Thalassidroineu 
war  alles,  was  sich  noch  zeigte. 

Während  der  folgenden  zwei  .laiire  habe  ich  trotz  iiäutiger  Fahrten  zwischen 
den  Inseln  niclit  vicd  mehr  sehen  können.  Vereinzelte  fliegende  Fische  erschienen 
hin  und  wieder;  hin  und  wieder  auch  ein  Wal;  niemals  sah  ich  aber  Tümmler. 
Trotz  stundenlangen  täglichen  Sitzens  am  Schiffsbug  konnte  ich  in  dem  durcli- 
sichtigen  Wasser  nur  selten  etwas  erkennen.  Das  massig  starke  Leucliten  des 
Schi-aubenwassers  deutete  daran I'  liin.  dass  auch  Nachts  niclit  viel  melir  an  der 
Olterfläche  vorhanden  war,  wäluTud  im  Süden  liis  über  1  Fuss  im  Dni'climesser 
lialtende  Feuerkugeln  und  unzählige  kleinere,  bis  zu  Funkengrösse  liei'ab,  die  Nacht 
verherrlichten.  Wie  ich  schon  oben  erwähnte,  waren  die  Medusen  im  Hafen  von 
Pango-Pango  und  eiuigemale  die  Velellen  die  einzigen  grösseren  Planktonthiere, 
welche  ich  um  Samoa  im  Wasser  sah. 

Ich  verstand  nun  Fiusch's  Worte,  wenn  er  in  seinen  „Samoafahrten"  (S.  18) 
über  die  l\eise  von  Sydney  nach  Neu-Guinea  sagt: 

„Im  übrigen  verlief  die  Eeise  ohne  besondere  Zufälle  in  gewolmter  Ein- 
förmigkeit des  Seelebens  und  der  See  selbst,  die,  wie  ich  schon  aus  Ertährung 
wusste,  in  diesen  Breiten  wenig  bietet  und  je  näher  dem  Aequator,  immer 
ärmer  wird.  Vergebens  späht  man  nacli  Walthieren  und  ist  schon  zufrieden, 
wenn  gelegentlich  eine  Schaar  lustiger  Delphine  das  Schiff  eine  Zeit  lang  umspielen 
oder  fliegende  Fische  ihr  Element  verlassen,  um  nach  kurzer  Luftreise  wieder  in 
dasselbe  einzutauchen." 

Wenn  Baiboa,  als  er  den  „stillen"  Ocean  zum  ersten  Mal  erblickte,  Zoologe 
gewesen  wäre,  so  müsste  man  seinem  Scharfblick  Bewunderung  zollen.  Er  wusste 
nicht,  wie  recht  er  hatte. 

Freilich  ist  dies  nicht  die  Ansicht  einer  Expedition,  welche  diese  Breiten 
nur  zweimal  durchfahren  hat.  Ihre  grossartigen  Leistungen  in  der  Tiefsee-Er- 
forschung haben  natürlich  veranlasst,  dass  man  auch  ihren  Oberflächenstudien  eine 
analoge  Beachtung  schenkte.  Als  der  „Challenger'  seine  Eeise  machte,  war  der 
Glauben  au  den  allgemeinen  Eeiclitlmm  der  ti'opischen  Gewässer  noch  so  tief 
wurzelnd,  dass  es  unmöglich  w'ar.  an  der  Hand  qualitativer  Netzzüge  zu  einer 
andern  Ansicht  zu  kommen.  Jeder  weiss,  dass  bei  Abschätzen  selbst  der  Ge- 
übteste grossen  Täuschungen  unterworfen  ist.  Den  Aufschluss  darüber  konnte 
allein  eine  quantitative  Methode  bringen. 

Da  die  Anscliauungeu  der  „('hallenger-Expeditiou"  leitend  wurden  für  alle 
weitereu  Forschungen,  so  habe  ich  mir  die  Mühe  genommen,  alles  lierauszusuchen, 
was  über  Plankton  im  pacifischen  Ocean  gesagt  ist  (s.  Narrative  of  the  Voyage 
Vol.  I.  2.  TheU). 

Die  Daten  beginnen  mit  Sydney  (Aufentlialt  6.  April  bis  8,  Juni  1874). 

Seite  462. 

„Die  Dampfpinasse  war  häufig  im  Gebrauch  behufs  Dredschen  und  Netzfischen 
im  Sydueyhafen  und  die  Schleppnetze  wm'den  liäufig  gel)rauclit.  Anneliden-  und 
Ascidien-Larven  waren   besonders    häufisf   an   der   Oberfläche   und    grosse    Samm- 


140  ^^-  Angustin  Krämer. 


lungeu  von  Invertebrates  wurden  vom  Boden  aufgebracht."     (Alles  über  Plankton 
vom  Hafen). 

Seite  -169.  (Fahrt  von  Sydney  nach  Wellingtoii-Neu-Seeland.) 
„Die  Oberflächennetze  waren  beständig  im  Gebrauch  und  die  Naturforscher 
gebrauchten  mehrfach  die  Boote,  um  das  Oberflächenleben  zu  beobachten.  Puhi- 
nulina  micheliniana  war  zahlreicher  als  früher  bemerkt  worden;  am  meisten  davon 
wurden  gefangen,  wenn  das  Netz  in  80  Faden  Tiefe  seliwebte.  Beim  grösseren 
Theil  der  Exemplare  hüllte  die  bräunlichgelbe  Sarcode  die  Schale  ein  und  in  zwei 
Fällen  wurde  beobachtet,  dass  dieselbe  in  blasenähnlichen  Ausdehnungen  aus- 
geworfen wurde,  scheinbar  zum  Zweck  einer  Flossbildung,  ähnlich  wie  das  später 
bei  Hastigerina  beobachtet  wurde.  Coccosphären  waren  besonders  häufig  an  der 
Oberfläche.  Kleine,  ganz  durchsichtige  Massen  von  Sülze  wurden  häutig  an  der 
Oberfläche  gefangen  u.  s.  w." 

Seite  474.     (Oestliche  Küste  von  Neu-Seeland,  ca.  35  **  s.  Br.) 
„Am  Abend  war  ein    schönes   Schauspiel  von   phosphorescirendem   Licht   an 
der  Oberfläche,  verursacht  durch  Pyrosoraa.  als  das  Schiff  mehi'ere  Bänke   (banks) 
derselben  passirte." 

Seite  485.     (Tonga.) 

„Eine  grosse  Foraminifere  (Orbitolites)  ist  sehr  gemein  auf  den  Biffen." 
Seite  521  heisst  es  (Ort  zwischen  Api  und  Eaine  Island  in  den  Neuen 
Hebriden):  „Die  Oberfläche  und  Unteroberfläche  war  V(dl  (teeming)  von  Leben; 
alle  gewöhnlichen  tropischen  Formen  wurden  hier  in  grossem  Ueberfluss  gefunden. 
Die  Liste  der  erbeuteten  'Thiere  war  beinahe  identisch  mit  der  des  tropischen 
Atlantic,  obwohl  beträchtliche  Unterschiede  bemerkt  wurden  in  der  relativen  Menge 
der  Species." 

Seite  544 — 545 :  „Die  Oberflächennetze  in  der  Arafura-See  (zwischen  Neu- 
Guinea  und  Australien)  lieferten  grosse  Mengen  von  Diatomaceen  (Diatoms),  häufig 
gefüllt  mit  einer  gelb  scheinenden  Masse,  und  erinnerten  an  die  Diatomaceenfänge 
während  der  Fahrt  im  Antarktischen  Ocean.  In  der  Nähe  der  Arrou-Inseln  waren 
Oscillatorien  (Trichodesmium)  sehr  zahlreich,  welche  an  einigen  Plätzen  tiefroth 
oder  gelblichbraun  färbten.  Die  Trichodesmiumbüudel  waren  gewöhnlich  zu  grossen 
Haufen  oder  Linien  zusammengehäuft.  Diese  Algen  schienen  nur  an  der  Ober- 
fläche zu  sein,  da  mit  Netzen,  welche  einige  Faden  unter  der  Oberfläche  liefen, 
sehr  wenig  gefangen  wurde.  Zwischen  Cap  York  und  Arrou  wurde  nicht  eine 
einzige  pelagische  Foraminifere  in  den  Netzen  gefangen  und  auch  im  Boden  wurde 
keine  gefunden.  Das  Wasser  war  grünlich  gefärbt;  aber  als  das  Schiff  sicli  den 
Arrou-Inseln  näherte,  wurde  das  Meer  wieder  blau  und  einige  wenige  der  wirklich 
pelagischen  und  oceanischen  Organismen  wurden  wieder  in  den  Schlep])netzen 
bemerkt.  Da  das  Wasser  der  Arafuni-See  ein  niederes  specifisches  Gewicht  hat, 
so  ist  es  sein*  wahrscheinlich,  dass  einer  oder  mehrere  grosse  Flüsse  in  dasselbe 
von  Neu -Guinea  hineinfliessen;  die  Fauna  der  Olx'rfläclie  und  des  Grundes  ist 
desshalb  mehr  die  einer  grossen  Bay,  als  die  des  Oceans." 

Seite  606 — 607:  Während  des  Passirens  der  (Jelebes-See  war  gewöhnlich 
ruhiges  Wetter  und  während  des  Lothens  wurden  Boote  ausgesetzt,  um  den  Natur- 
forschern  zu   ermöglichen,    Studien   zu  machen.     Mehrere  Arten  von  Oscillatorien 


IX.    Zur  Planktonvertheilung  im  Pacifisclien  Ocean.  141 


waren  sehr  /alilrcii-li  und  wenn  das  Sccwasscr  in  cinciu  Wasserg'lase  geprüft  wurde, 
so  sah  CS  aus,  als  uh  das  Glas  mit  Häcksel  ^-efiiilt  wäre.  Au  der  Oberfläche  der 
See  war  auch  eine  ungeheure  Anzahl  von  kh'inen  gelatinösen  Kugeln  von  nahezu 
ErbseugTössc,  an  welchen  keine  vStructur  zu  Ix-nn-rken  war;  w'ahrscheinlicli  war  es 
die  Sulzmasse  einer  Diatomee,  in  w^elche  Coccosphären.  IxlndKlosphären,  Kadiolarien 
und  die  Fäden  von  Trichodesraiura  verwickelt  waren.  Die  Schleppnetze,  eingeholt, 
waren  mit  einer  dicken  Substanz  wie  mit  einer  Art  T^eim  gefüllt,  verursacht  durch 
diese  gelatinösen  Kugeln.  Wenn  die  Netze  auf  und  nieder  geholt  wurden,  so  ent- 
liielten  sie  eine  viel  grössere  Yerscliiedenheit  von  Organismen  und  weniger  von 
der  Sulzmasse  und  weniger  Oscillatorien,  so  dass  diese  sehr  wahrscheinlich  an  die 
unmittelbare  Oberfläche  gebunden  waren,  (ilobigerinen,  l'ulvulinen,  Orbulinen  und 
Pullenieu  waren  sehr  zahlreich  in  den  tieferen  Zügen." 

Seite  618:  „Die  Oberflächennetzc  lieferten  einige  reiche  Züge  in  der  Sulu- 
See;  die  Amphipoden  waren  besonders  zahlreich," 

Seite  628  (Manila-Hongkong):  „In  den  Oberflächennetzen  waren  am  13.  enorme 
Mengen  von  Foraminiferen  und  Radiolarien ;  der  reichste  Fmig,  wurde  erhalten, 
als  das  Netz  hundert  Faden  hinuntergelassen  wurde." 

Seite  638 :  „Das  Wasser  zu  Hongkong  war  prächtig  phosphorescirend,  wäh- 
rend des  ganzen  Aufenthaltes  des  Schiffes.  Noctiluca  miliaris,  verschiedene  Species 
von  Ceratium  und  Diatomeen  waren  immer  in  grossen  Zahlen  vorhanden  und 
daneben  Copepoden,  Cirripedienlarven,  Annelideularven,  Hydromedusen,  Appendicu- 
larien  und  Diphyes." 

Seite  678:  .,Der  Boden  w^ar  blauer  Schlick,  welcher  bei  Zusatz  von  schwacher 
Säure  nicht  aufbrauste  und  keine  Kalkschalen  enthielt  (2550  Faden),  obgleich 
pelagische  Mollusken  und  Foraminiferen  reichlich  an  der  Oberfläche  gefangen 
wurden." 

Endlich  die  Reise  von  den  deutschen  Schutzgebieten  nach  Japan  (S.  738): 
,.Die  Oberflächenfauna  und  Flora  war  durchaus  besonders  reich  und  abundirend. 
In  der  Gegend  des  Gegenäquatorialstroraes  zwischen  dem  Aequator  und  den  Caro- 
linen wurden  pelagische  Foraminiferen  und  Mollusken  in  grossen  Mengen  in  den 
Oberflächennetzen  gefangen,  alle  früheren  Beobachtungen  übertreffend.  —  Die  pela- 
gischeu  Foraminiferen  scheinen  in  grossen  Bänken  zu  treilten :  an  einem  Tage 
können  ungeheure  Mengen  von  Pulvinulinen  gefangen  werden,  während  am  näch- 
sten Tage  PuUenia  sehr  zahli-eich  ist  und  Pulvinuliua  nahezu  ganz  fehlt.  Die 
schwerer  beschälten  Individuen  wurden  gewöhnlich  lOU — 150  Faden  unter  der 
Oberfläche  gefangen.  Zwischen  K»  und  i^»»"^  Nordbreite  waren  Oscillatorien  sehr 
zahlreich  an  der  Oberfläche,  und  Diatomeen,  besonders  eine  gTOSse  cylindrische 
Etmodiscus,  waren  zahlreicher  weit  vom  Laude  ab,  als  in  dem  tropischen  Atlantic. 
Die  Liste  der  Oberflächenthiere  im  Note-book  ist  beinahe  dieselbe,  als  die  Seite 
216  und  217  gegebene,  aber  die  relative  Mehrheit  von  Radiolarien  und  Diatomeen 
ist  besonders  bemerkenswerth," 

Demgegenüber  heisst  es  (S.  758)  während  der  Heise  von  Japan  nach  Hawai'i 
(in  ca.  35°  Nordbreite):  „Der  deutliche  Fall  in  der  Temiienitur  des  Oberflächen- 
wassers am  21,  Juni  (Station  240)  wurde  schon  erwähnt:  zur  selben  Zeit  wurde 
ein  Wechsel  in  der  Oberflächenfauna  bemerkt.     Das  Schiff  passirte  an  jenem  Tage 


142  Dr.  Augustin  Krämer. 


rothe  und  weisse  Flecke  im  AVasser.  Die  rothe  Farbe  wurde  verursaelit  durch 
ungeheure  Zahlen  von  Copepodeu  (Calauus  propinquus  Brady)  und  Hvperiden,  und 
der  Inhalt  der  Schleppnetze  glich  sehr  dem.  welcher  im  kalten  Wasser  südlich 
von  den  Kerguelen  und  Crozet  -  Inseln  erbeutet  wurde."  —  .,Der  grosse  tropische 
Etmodiscus  rex,  Pyrocystis,  Pulviiiuliiia  menardii.  einige  von  den  tropischen  Formen 
der  Globigerinen  und  von  anderen  pelagisclien  Foraminiferen.  die  dem  wärmeren 
Wasser  der  Oceaue  eigenthümlich  sind,  fehlten.  Andererseits  waren  hier  ungeheure 
Zahlen  von  kleinen  Diatomeen  und  von  Lepas   fascicularis  und  seinen  Larven." 

Seite  776  (Reise  von  Hawai'i  nach  Tahiti  im  tropischen  Gebiet):  .,Die  Schlepp- 
netzfänge waren  sehr  ergebuissreich  während  der  Fahrt,  indem  der  Reichthum  an 
Leben  in  den  äquatorialen  und  gegenäquatorialen  Strömungen  und  sowohl  die  Zahl 
der  Species  als  der  Individuen  bemerkt  wurde." 

Als  der  „Challenger"  auf  Valparaiso  hielt  und  die  tropische  Zone  verlassen 
hatte,  heisst  es  Seite  804:  ..Es  wurden  viele  Oberflächenthiere  in  den  Schleppnetzen 
an  jedem  Tag  gefangen,  aber  die  Zahl  der  Formen  war  viel  geringer  als  in  den 
ti'opischen  Gewässern." 

Seite  833 :  „Es  wurde  zwischen  Juan  Fernaudez  und  Valparaiso  bemerkt, 
dass  das  Wasser  von  einer  grünlichen  Farbe  wurde,  als  man  sich  dem  Continent 
näherte,  in  starkem  Gegensatz  zu  der  Idauen  Farbe,  welche  seit  dem  Verlassen 
von  Japan  vorgewaltet  hatte.  Da  war  ein  entsprecliender  Wechsel  in  dem  allge- 
meinen ( 'liaracter  der  Oberflächenthiere ;  Diatoms,  Infusorien  und  Hydromedusen 
wurden  sehr  zalilreicli.  während  die  pelagischen  Foraminiferen  verschwanden." 

Man  sieht,  wie  spärlich  die  Notizen  gerade  über  Sydney  und  (N.  Z.)  Welling- 
ton sind ;  auch  das  Material  an  Plankton  scheint  nur  zum  kleineu  Theil  verarlieitet 
worden  zu  sein,  denn  von  Sydney  sind  im  Challenger  Report  nur  gegen  15  Cope- 
poden  beschrieben,  und  von  Neu -Seeland  —  nicht  ein  einziger.  Während  eines 
viermonatlichen  Aufenthaltes  im  Haurakigolf  der  Nordinsel  vermochte  ich  9  Cope- 
podeu und  4  Cladoceren  als  neu  für  Neu-Seeland  zu  beschreiben  (s.  59).  Da  die 
weitere  Bearbeitung  des  Materials  noch  nicht  abgeschlossen  ist,  so  hoffe  ich  noch 
mehrere  neue  Vertreter  hinzufügen  zu  können. 

Wie  aus  den  Angaben  des  ..Challenger"  hervorgeht,  trifft  man  die  Ausdrücke, 
äusserst  reich,  sehr  reich  (abundaut,  exceedingly  rieh  u.  s.  w.),  allenthalben  sehr 
häufig. 

Nun  denke  man  sich  aber,  dass  ein  Schleppnetz  von  ^lo  ^"^  Olierfläche 
1000  m  weit  durch  das  Wasser  —  horizontal  —  gezogen  wird  als  Schleppnetz. 
Ich  nehme  nach  meinen  Küstenmessungen  an,  dass  auf  1  cbm  Hochseewasser 
0,2  cc  Micro -Plankton  kommt  (centrifugirt),  was  gleich  dem  Gewicht  von  0,2  g 
—  mindestens  —  ist.  Dies  gäbe  20  cc  auf  1000  m  (=  100  cbm),  als  Roh- 
volumen das  Doppelte,  also  ungefähr  40  cc,  gewiss  eine  recht  erkleckliche  Masse 
microscopischer  Wesen.    Ungerechnet  sind  dabei  die  makroscopischen  Thicre. 

Nun  haben  wir  sogar  einen  Anlialt  dafür,  dass  diese  Schätzung  das  Richtige 
ziemlich  nahe  treffen  dürfte. 

Beluifs  Bestimmung  des  Kalkgehaltes  des  Planktons,  um  der  Bildung  sub- 
mariner Sedimentlninke  näher  zu  treten,  wurden  im  tropischen  Pacific  einmal  4 
volumetrische  Bestimmungen  vom  ..Challenger"  horizontal  ausgeführt.    Man  schleppte 


IX.    Zur  Planktonvertheiliing  im  Pacifischen  Ocean.  143 


t'iu  Notz  voll  12'/.,  Zoll  ( h'tTiiuii^swcitc  (d  =  31  nii  -=  ca.  '  j^,  (|iii)  eine  IüiIIm' 
Molk'  lang  (ra.  liioO  m)  iliircli  das  Wasser.  Die  gcfaiigciiiMi  Algen,  „Foraiiiiiii- 
toreu,  PteropodcMi.  Ileteropoden,  Gastropodcii"  ii.  s.  w.  wurden  dann  in  Kalilauge 
gekoclit,  der  liest  gewaschen  und  gewogen.  Das  Resultat  von  4  Fängen  war  als 
Durchschnitt  2,5  g  und  es  wurde  berechnet,  dass  eine  (iuadrat-Seeraeile  demnach 
IH  Tonnen  kohlensauren  Kalkes  besässe  (ii  1000  kg).  Da  mit  dem  konischen 
Netz  sicher  nur  die  Hälfte  des  vorhandenen  Materials  gefangen  wurde,  sind  diese 
Zahlen  dopjtelt  zu  nehmen;  also  5  g  und  32  Tonnen. 

Aus  der  (Jrundzalil  erhellt  olme  weiteres,  wie  verhältnissmässig  niedrig  diese 
scheinbar  ungeheure  Zahl   ist. 

Mit  Einrechnung  der  makroscopischen  Thiere  wären  also  in  diesen  und  in 
20  cc  centrifugirten  Planktons  (=^  2r)  g)  5  g  Kalk,  was  leicht  möglich  ist. 

Da  jedoch  keine  näheren  Angaben  über  die  richtige  Zusammensetzung  der 
zur  Analyse  gekommenen  Fänge  gemacht  sind,  so  ist  jede  weitere  Combinatiou 
nutzlos.  Aber  man  sieht  doch  daraus,  dass  die  vom  „Challenger"  erbeutete  Menge 
mit  diesen  Resultaten  ungei'ähr  übereinstimmt,  dass  aber  keineswegs  der  Reichthum 
ein  so  sehr  grosser  gewesen  sein  kann,  w^enigsteus  in  diesen  4  Fällen. 

Für  die  Armnth  des  tropischen  Pacitic  sprechen  noch  unter  anderen  die 
Berichte  folgender  Forscher: 

Semper  sagt  in  seinem  Buch  „die  Palaninseln"  (S.  19  u.  20): 

Als  wir  am  1.  nnd  2.  März  in  jenen  südöstlichen  Strom  hineingeriethen  und 
einige  Thermometermessungen  mir  die  hohe  Meereswärme  von  22  **  R.  am  ersten  Tage, 
später  sogar  23**  K.  ergaben,  nahm  ich  voller  Erwartung  mein  Netz  zur  Hand.  Denn  ich 
dachte  mich  wieder  in  eine  ähnliche  warme  Strömung  versetzt,  wie  sie  am  (Jap  der 
gutenHoÖuuug  als  letztes  Ende  desMozambiquestromes  bis  auf42'^  und 44*^  südl.  Breite 
lieruntergeht  und  welche  mir  auf  meiner  Reise  nach  Singapore  eine  UeberfüUe  der 
schönsten  pelagischen  Thiere  ins  Netz  lieferte.  Drei  Tage  laug  fuhren  wir  damals  in 
einem  so  dichten  Schwärme  der  colossalen  Feuerzapfen  (Pyrosoma  giganteum), 
dass  selbst  beim  Wasserschöpfen  mit  Eimern  häufig  die  fast  1  Fuss  langen  Thiere 
gefangen  wurden,  nnd  des  Nachts  leuchteten  alle  diese  Myriaden  von  Wesen,  die 
den  Ocean  l)is  zum  Horizonte  zu  bedecken  schienen  in  so  zauberliaftem  Lichte, 
dass  ich  mit  einziger  Ausnahme  einer  wunderbaren  Octobersturmnacht  nördlich 
von  Helgoland  nie  etwas  ähnliches  gesellen  zu  haben  glaubte.  Leider  wurde 
meine  Erwartung  gänzlich  getäuscht.  Trotz  der  tiefblauen  reinen  Farbe  des 
Meeres  fing  ich  auf  der  Oberfläche  nichts  als  eine  geringe  Zahl  gallertiger  Haufen 
von  einzelligen  Algen,  wie  sie  mir  so  oft  schon  in  den  Tropen  das  Fischen  mit 
dem  feinen  Netz  verleidet  hatten:  und  aucli  bei  Windstillen  bis  zu  60 — 80  Fuss 
Tiefe  niedergelassene  und  durch  die  starken,  auch  hier  wirkenden  Strömungen  in 
senkrechter  Stellung  erhaltene^  Netz  brachte  mir  keine  Ausbeute." 

Studer  sagt  über  das  Oberflächenleben  im  südlichen  Stillen  Ocean  S.  279 
des  Gazellereiseberichtes : 

..Nach  dem  vorwiegenden  Auftreten  gewisser  Thierformen,  welche  den  fau- 
nistischen  Character  ausmachen,  kann  man  .eine  äquatoriale  Fauna  zwischen  den 
Wendeki'eisen  mit  constant  holier  A\'assertemi>eratur  unterscheiden.  Diese  ist,  wie 
im    indischen  Ocean,    charakterisirt    durch    gewisse    Diphyesformen.    Hyalaeen    und 


144  ^^'^  Augustin  Krämer. 


Cleodoreii.  das  massenliafte  Auftreten  von  Kiipliausia,  gewisse  Hyperideuformen, 
Oxyeeplialus,  Phronima,  die  kleinen  Fiscliarten  Leptoceplialus  und  Scopelus  und 
eine  gewisse  Armuth  von  Copepoden. 

Die  südliche  Zone,  ,sicli  jenseits  des  30.  BreitegTades  mehr  charakterisireud. 
zeichnet  sich  aus  dureli  das  zum  Theil  massenhafte  Auftreten  von  Salpen,  das 
Auftreten  der  Sagitten.  zahlreiche  Copepoden  und  eigene  Gattungen  von  Hyperideu. 
Eigenthümlich  erseheint  auch  das  Zusammentreten  gewisser  Arten  in  Gruppen,  so 
dass  mau  an  einer  Stelle  vorwiegend  Sagitten,  an  einer  andern  Salpen,  bestimmte 
Hypei'iden  oder  Copepoden  findet,  während  unter  den  Wendekreisen  die  Formen 
gieichmässig  gemischt  vorkommen." 

Bezeichnend  ist  auch  der  Befund  Giesbrecht's  bei  der  Verarbeitung  der 
Copepoden  des  Albatross  (1891  Westküste  von  Central- Amerika): 

„Die  Expedition  des  ,. Albatross"  zeigt  indessen,  dass  unsere  Kenntniss  jener 
Fauna  noch  sehr  lückenhaft  war;  denn  obwohl  seine  Fänge  quantitativ  dürftig  und 
arm  an  Individuen  w^areu,  so  lieferten  sie  doch  unter  48  Species  niclit  weniger 
als  10  neue." 

Besonders  bezeichnend  sind  jedoch  die  Angaben  Graeffe's,  welcher  während 
häufiger  Segelfahrten  in  der  Umgebung  Samoas  diese  Gewässer  gTündlich  kennen 
lernte  (12  a.  S.  1163): 

„Auffallend  ist  in  diesen  Regionen  das  gänzliche  Fehlen  pelagischer  Seethiere, 
während  man  glauben  sollte,  dass  diese  grossen,  ruhigen  Lagunenseen  und  auch 
das  umgebende  Meer  wegen  der  vielen  Riffe  der  wahre  Tummelplatz  dieser  Thiere 
sein  müssten.  Quallen  habe  ich  während  meiner  ganzen  Seereise  überhaupt  keine 
gesehen,  ebenso  keine  Syphonophoren,  und  die  einzigen  Seethiere  mit  pelagischer 
Lebensweise,  die  in  das  bei  jeder  günstigen  Gelegenheit  ausgeworfene  Schleppnetz 
gelangten,  waren  Pyrosomen,  einige  Pteropoden  und  Heteropoden  iu  kleinen  unan- 
sehnlichen Arten  und  kleine  Rippen(iuallen.  Niclit  einnnil  die  blaue  Yelella,  die 
ich  an  andern  Stellen  der  Südsee  gefunden,  schmückt  und  belebt  einigermaassen 
die  unermessliche  AVasserwüste.  üebrigens  soll  das  Meer  an  der  Linie  bei  den 
Kingsmillinseln  reich  an  solchen  Thieren  sein  und  dann  war  auch  möglicherweise 
jetzt  nicht  die  günstige  Jahreszeit  für  dieselben." 

Ich  selbst  habe  Vel eilen  im  Ganzen  dreimal  gesehen,  einmal  an  der  Süd- 
küste üpolus  und  zweimal  im  Apiahafen  (Juli-September).  Die  Schwärme  waren 
indessen   nicht    gross;    es  waren  wohl  nicht  viel   mehr   als  einige  100  p]xemplare. 

Quallen  scheinen  nur  im  stillen  Hafenwasser  von  Pango-Pango  gut  zu  ge- 
deihen, wo  ich  eine  Aurelia-Art  bei  jedem  Besuche  wahrnahm.  Auch  im  Hafen 
von  Suva  in  Viti  war  eine  solche  Art  vorhanden. 

Vor  der  Bucht  von  Pango-Pango  fing  ich  einmal  in  ungefähr  20  m  Tiefe 
zahlreiche  kleine  Salpen  von  Erbsengrösse. 

Meine  Resultate  aus  dem  pacifischen  Ocean  sind,  obwohl  es  eigentlich  nur 
Küstenfänge  sind,  mit  den  atlantischen  Fängen  der  P.;.nktonexpedition.  soweit  ab- 
schätzbar, übereinstimmend.     Hensen  sagt  (52b.  S.   ^ ""   • 

„Obgleich  wir  überall  Flanktoii  vorgefunden  1k.. -lU,  war  doch  die  Menge 
derselben  unter  und  nahe  den  Tropen  relativ  gering,  lu'imlich  im  Mittel  achtmal 
geringer,  als  im  Norden  bis  zu  den  Neufundlajulbäidven  hinunter.  Jeder  einzelne  dieser 


IX.    Zur  Planktonvertlieilun«;:  im  Pacitischen  Ocean.  145 


rcdiu'irt 

,  auf 

cbm  (contril'iigirt) 

0,48 

CC 

0,13 

?5 

0,12 

"» 

0.39 

0,18 

" 

0,28 

»» 

0,25 

11 

l'^äiige  wird  woit  über   hundert  verscliiedene  Formen    enthalten,    aber   die  Armuth 
an  Masse  ist  doch  eine  aufTallend  hervortretende,  gesicherte  Thatsache." 

Tieider  sind  die  durcli  Niodersetzenlassen  der  l'lanktonmasse  gewonnenen  Zahlen 
zum  Vergleicli  für  mich  wenig  brauchltar.  Nur  mit  Vorbehalt  gebe  ich  desshalb  die 
auf  1  cl»m  rcduciitcii  Messzahlen  der  200  m-Fänge  der  Planktonexpedition,  indem 
ich  aniiclime.  dass  sich  das  Rohvolumen  in  diesem  Falb'  um  '/ö  durch  Centi'ifugiren 
verringert  (selbe  Arbeit  Hensen's  8.  249): 

Ivohvoliimen 
auf  1  Qu  OberHäche  (800  m) 

im  Norden  bis  Neuiundlandbank  160  cc 

Neu-Fundland  bis  Bermudas  40   „ 

Sargassomeer  35   „ 

Durch  Nordäquatorial-(iuinea  und  8üd- 

Aequatorialstrom  bis  Asceusion  130    „ 

Im  Süd:u|uatorialstrom,  Ascensiou  bis  Parä  60    „ 

Nordä(iuatorial-Guinea ;  SüdiUjuatorialstrom ; 

Parä  liis  Sargassomeer  93    „ 

Nord  von  den  Azoren  bis  zum  (Janal  83    ,, 

Obwohl  diese  Zahlen  nur  relativ  sind,  stimmen  sie  doch  mit  den  Resultaten 
meiner  allerdings  w^enigen  (11)  Seefünge  von  Austi-alien  überein,  welche  zwischen 
0,2  und  0.49  schwanken,  durchschnittlich  0,26  cc  ausmachen. 

Es  scheint  demnach,  dass  der  offene  Ocean  der  Tropen  allenthalben  um  ein 
deutliches  ärmer  ist,  als  der  der  gemässigten  Zonen,  und  dass  im  offenen  Ocean 
überhaupt  allenthalben  eine  gewisse  Armuth  vorherrscht. 

Wichtiger  sind  in  dieser  Beziehung  die  Zählungen,  die  indessen  von  der 
Planktonexpedition  noch  nicht  vorliegen. 

Der  einzige  Seefang,  welchen  ich  nahe  dem  AVendekreis  im  offenen  Paci- 
tischen  Ocean  durch  die  Güte  des  Capitäns  zur  See  Flichteuhöfer  macheu 
konnte  (ein  zweiter  misslang),  verhält  sich  folgendermaassen : 

Ort:  26"  südl.  Br.  l>ei  den  Tongainseln  (offener  Ocean), 

Zeit:  Abends  5  Uhr, 

Datum:  Anfang  December  1893, 

Tiefe:   100  m, 

Netz:   V^.   Qm,  Zeug  Nr.  19, 

macroscopische  Tliiere:  1  kleine  erbsengrosse  Meduse, 

Menge  (2  mal  ceutrifugirt)  =  0,2  cc, 

auf  1  cbm  Seewasser  berechnet  =  0,15  cc  (ohne  Fehlervergütung), 

Zahl  der  Organismen  in  1  cbm  Meerwasser  2550  (2  Zählungen), 
Ungefähre    Zusammensetzung : 

(Jopepodeu         54  ^'/o  (davon  ^3  Nauplius). 

Appendicularien  7   ,.   (ca.  2  mm  lang) 

Rhizosolenien     11   ,.  (ca.) 

Coscinodiscus       3  .. 

Radiolarieu  6  ,. 

KiiiiiuM-,   Ueber  den  Bau  der  KoiuUonritfe.  10 


Tintinnen 

5% 

Peridinium 

3     r 

Ceratium 

2  . 

Globigerinen 

1   ., 

Cysten  etc. 

5  . 

146  ^i'-  Augustin  Krämer. 


Dieser  einzelne  Fang-  schliesst  sich  den  oben  gegebenen  Zahlen  ziemlieh  an; 
obwohl  er  der  dem  30.  Breitengrade  nahegelegenen  Fangstelle  ballier  nicht  für 
einen  reinen  Tropenfang  gelten  kann,  ist  er  doch  recht  niedrig. 

Als  ein  einzelner  Fang  entbehi't  er  natürlich  jeder  Beweiskraft,  spricht  aber 
zu  unsern  Gunsten.  Sicheren  Aufscliluss  können  hier  auch  nur  systematische 
Messungen  bringen,  die  wohl  in  nicht  allzuferner  Zeit  von  irgend  einer  Seite  aus- 
geführt werden  dürften. 

Was  sind  die  Gründe  für  die  grössere  Armuth  der  tropischen  Gewässer  an 
Microplankton  ? 

Die  Armuth  an  Diatomeen  ist  gewiss  ein  guter  Fingerzeig,  da  inslx'sondere 
die  Copepodeu  auf  diese  angewiesen  sind,  wie  icli  des  öfteren  zu  lK'()))arliten  Ge- 
legenheit hatte. 

Warum  alter  die  Armuth  an  Diatomeen? 

Hensen's  Gründe  scheinen  mir  dies  nicht  zu  erklären  (52  b).  Eine  zweifel- 
lose Thatsache  besteht,  dass  an  der  Küste  mehr  Microplankton  vorhanden  ist,  als 
im  offenen  Ocean,  vor  allem  in  den  gemässigten  Zonen.  Die  relative  Küsten- 
armuth  der  gTossen  Oceane  ist  sicher  ein  Factor.  Ob  hier  die  producirende  Küste 
der  gemässigten  und  kalten  Zone  einen  Gegensatz  bildet  zur  consumirenden 
Korallenküste  der  Tropen,  ist  vorerst  nicht  abzuseilen.  Die  Frage  muss  eine 
offene  bleiben. 

7.     Gross-  und  Kleinplankton.    Ha e ekel  vmd  Hensen. 

Es  ist  eine  leider  zu  bekannte  Thatsache,  dass  Haeckel  als  ein  scharfer 
Gegner  der  Planktonexpedition  aufgetreten  ist  und  dadurch  dieser  flxpedition  und 
deren  Arbeiten  sehr  geschadet  hat.  Wenn  es  auch  sehr  wahrscheinlich  ist,  dass: 
sich  die  Ansichten  dereinst  klären  werden,  so  ist  es  doch  zur  Zeit  schlimm  genug, 
dass  die  plauktonischen  Untersuchungen  durch  solche  Angriffe  erschwert  und  hint- 
angehalten werden. 

Es  scheint  mir  indessen  erklärlich,  wie  ein  solcher  Streit  entstehen  konnte : 
es  scheint  mir  auch  möglich  einen  gewissen  Vergleich  herbeizuführen,  soweit  sich 
die  Meinungen  nur  nicbt  an  Worte  binden  und  das  grosse  Ganze  ins  Auge  fassen. 

Aus  practischen  und  theoretischen  Gründen  ist  es  aber  nothwendig,  das  Wort 
„Plankton"  zu  zerlegen  und  nicht  kurzweg  von  „Plankton"'  zu  sprechen,  sondern 
von  Gross-  und  Kleinplankton,  von  macroscopischem,  mit  dem  Auge  leicht 
sichtbaren  Macroplankton  und  micr  oscopischem,  Microplankton. 

Hier  kann  man  ohne  Bedenken  den  Satz  aufstellen:  Das  Macropla  nkt  on 
scheint  sehr  ungleichmässig  vertheilt  zu  sein,  während  das  Microplankton  überall 
in  einer  bestimmten  Menge  vorhanden  ist,  welche  nur  iiinerhall»  gewisser  verhältniss- 
mässig  geringer  Grenzen  schwankt. 

Auf  den  ersten  Blick  scheint  es  unmögiicli,  eine  sidchc  Trennung  vorzu- 
nehmen, da  die  Grenze  sich  theoretisch  sehr  schwer  ziehen  lässt:  in  der  Praxis 
vollführt  sich  jedoch  dies  sehr  leicht,  wie  sich  schon  ans  dem  Capitel  über  die 
Copepoden  ergiebt,  indem  diese  Kruster  einen  stetigen  Componenten  bilden.  In 
der  That    erii-aben    sich   nur   äusserst   selten  Schwieriy'keiten  in  dieser  Beziehung; 


IX.    Zur  Planktonvei'thcilimg  im  Pacifischen  Ocean.  147 

am  besten  ci-licllt  dies  ;iiis  den  Miuisseii  in  den  Tabellen,  wobei  Icli  iuisdri'icklicli 
bemerke,  dass  irli   keinen  einzigen  Fang  aus  Nützlichkeitsgründen  unterdrückt  habe. 

Für  das  Süsswasser  ist  eine  solche  Unterscheidung  kaum  nothwendig.  da  es 
hier  eigentlicli  nur  Microplankton  giebt.  Das  was  an  grösseren  Thieren  dasell)st 
beobachtet  worden  ist,  ist  so  selten  und  verschwindend,  dass  man  es  füglich  ausser 
Acht  lassen  kann. 

Für  das  kSalzwasser  löst  sich  die  Frage  ebenso  leicht,  wenn  man  die  grossen 
Flächen  und  Räume  der  Oceane  in  Betracht  und  Vergleich  bringt  nicht  allein 
/.ur  relativen  Kleinheit  der  Süsswasserbecken.  sondern  vor  allem  zur  Winzigkeit 
der  Netzötl'nungen. 

Unser  Sinn  für  den  Kaum  ist  schlecht  ausgebildet ;  das  ganze  stereometrischc 
Denken  des  Durchschnittsmenschen  endet  bei  einem  halben  Liter. 

Wie  oft  habe  ich  gehört,  wenn  ich  jemanden  einen  Fang  mit  einem  Netz 
von  '  --  (|m  Oeffnuug  auf  10  m  Tiefe  V(trmachte,  dass  er  beim  Anblick  der  schein- 
l>ar  grossen  Menge  im  Glase  ausrief:  ..Wieviel  muss  man  davon  schlucken,  wenn 
man  ersäuft!" 

Kommt  bei  einem  guten  samoanischen  Fang  von  5000  Individuen  in  1  cbm 
doch  nur  ein  einziges  auf  ein  Glas  Wasser !  Freilich  kann  es  bei  den  Diatoraeen- 
fängen  der  Ostsee  w^ohl  vorkommen,  dass  viele  Hunderte  oder  Tausende  von 
Zellen  darinnen  sind ! 

Immerhin  wundert  man  sich,  wenn  man  eine  Pütze  Wasser  von  aussenbords 
holt  und  sehr  wenig  oder  nichts  darinnen  sieht  und  ist  geneigt,  daraus  den  Schluss 
zu  ziehen,  dass  hier  das  Plankton  sehr  arm  ist.  Fährt  man  aber  eine  Strecke 
weit  und  sielit  alle  10  m  ungefähr  eine  (Qualle  (eine  relativ  recht  grosse  Anhäu- 
fung), so  wirtl  in  das  Tagebuch  geschrieben:  „Viel  Plankton".  Aehnlich  verhält 
es  sich,  wenn  man  bei  auch  nur  leicht  bewegter  See  mit  dem  Schleppnetz  tischt 
und  wenn  man  bald  darauf  bei  glatter  Oberfläche  einen  Schwärm  antrift't.  vielleicht 
besser  gesagt  eine  Anhäufung*). 

Werden  solche  Notizen  zu  chorologischen  Zwecken  ausgebeutet,  so  möchte 
ich  sie  mit  der  Untersuchung  eines  Arztes  vergleichen,  der  eine  Kraidvheit  nur 
aus  dem  Anblick  des  Patienten  diagnosticirt,  aus  den  Anzeichen  der  Haut,  die 
inneren  Ors'ane  aber  nicht  untersucht. 


*)  Als  S.M.Yacht  ..HolienzolkTiv  in  Begleitimg-  S.  M.  S.  ..(iolioiv  am  1.  .luli  1896 
von  Willielmshaven  nach  Xoiwegen  i'iihr.  war  die  ganze  Nordsee  von  Quallen  (Cyanea  und 
Aurelia)  sozusagen  voll.  Da  ziemlich  viel  See  war,  erschien  eine  Abschätzung  unnütz.  Am 
i^.  war  bei  Lindesnaes  die  See  ruhig.  Es  wurden  während  einer  halben  Stunde  an  Steuerbord 
in  ca.  10  m  Breite  alle  sichtbaren  Medusen  gezählt.  Es  waren  47ö.  Das  macht  auf  ;}0  m 
eine  Qualle  oder  auf  ca.  ^00  (jm  eine  einzige. 

Ende  Juli  wurden  bei  Stavanger  in  See  während  einer  Viertelstunde  115  gezählt  bei 
18  ]\Ieilen   Fahrt.     Dies  macht  auf  72  m  oder  auf  720  qm  eine  Qualle. 

Tags  darauf  zeigten  sicli  im  ("attegatt  sehr  grcsse  Mengen,  In  10  ]Minutcu  wurden 
gezählt  550  Quallen  (meist  Aurelia),  was  alle  8  m  oder  auf  ca.  80  qm  eine  ergiebt.  Nicht 
nütgcrcchnet  ist  hierbei  eine  Anhäufung,  welche  ungefähr  10  m  im  Geviert  hatte  und  schätzungs- 
weise 100  200  Stück  aufgewiesen  haben  mag.  Solche  Anhäufungen  wurden  im  Laufe  des 
Tages  mehreremals  gesichtet,  und  müssen  dem   Wind  und  Strom  zugewiesen  werden. 

10-^ 


148  J-*i'-  Augustin  Krämer. 


Was  man  vom  fahrenden  Schiffe  aus  an  Phmkton  sieht,  ist  im  Allgemeinen 
nur  Macroplaukton.  Bei  glattem  Wasser  kann  mau  wohl  auch  fliegende  Pontelliden 
und  schwimmende  Sagitten  sehen ;  ich  habe  sie  oft  den  geübten  Blicken  der  See- 
leute gezeigt,  sie  sind  aber  meist  erst  nach  langem  Beobachten  und  dann  noch 
unsicher  erkaunt  worden. 

Anders  verhält  es  sich  freilich,  wenn  einzelne  Componenteu  des  Microplank- 
tons bei  glatter  See  schwarmbildend  auftreten,  wie  die  Copepoden,  Peridineen, 
Phycochromaceen,  Protococceen  u.  s.  w.  Es  handelt  sich  hier  offenbar  um  das 
Schwärmen  solcher  Organismen  unter  jeweilig  günstigen  Bedingungen  und  der 
Ausdruck  ,.Schwarm"  ist  desshalb  sehr  bezeichnend  für  diese  localen  Anhäufungen. 
Aus  diesem  Grunde  befinden  sie  sich  in  dieser  Zeit,  wenn  es  das  Wetter  gestattet, 
an  der  Oberfläche,  treiben  jedoch  bald  ab  und  vertheilen  sich  wieder.  Wenn  man 
desshalb  inmitten  eines  solchen  Schwarmes  einen  verticaleu  Fang  macht,  so  wird 
man  sich  wundern,  dass  man  nicht  wesentlich  mehr  erhält  als  au  einer  schwarmfreien 
l)enachbarten  Stelle,  vorausgesetzt,  dass  man  nicht  einen  Phvcochromaceenkuchen 
mitnimmt.  Dies  wäre  genau  so,  als  ob  man  eine  Qualle  mitfiuge  und  diese  bei 
der  Menge  des  Microplanktons  in  Am*echnuug  brächte. 

Es  zeigt  sich  eben  hierbei,  dass  die  horizontale  Verbreitung  sehr  wechseln 
kann,  die  verticale  jedoch  nur  in  engen  Grenzen,  und  in  gewissem  Grade  ist  der 
Streit  zwischen  Haeckel  und  Mensen  doch  nur  der  um  die  Fangart,  ob  die 
horizontale  oder  die  verticale  die  richtigere  ist. 

Die  Verticalfänge  sind  aber  die  Sonden,  mittelst  derer  man  über  den  Gehalt 
der  Wassermassen  an  Microplaukton  immer  Aufschluss  erhält,  unbekümmert  um 
horizontale  Verschiebungen,     Desshalb  sind  sie  für  Messungen  allein  brauclibar. 

Darin  und  in  der  ungieichmässigen  Vertheilung  des  Macroplanktons  gipfelt 
der  Widerstreit. 

Haeckel  sagt  (53a  S.  57):  „Die  Zusammensetzung  des  Plankton  aus  ver- 
schiedenen Organismen  ist  sowohl  in  qualitativer  als  in  quantitativer  Beziehung 
sehr  uugleichmässig  und  ebenso  ist  die  Vertheilung  desselben  im  Ocean  nacli  Ort 
und  Zeit  sehr  ungleich." 

In  gewissem  Sinne  hat  Haeckel  vollständig  Recht,  vor  allem  für  das 
Macroplaukton.  Aber  auch  für  das  Microplankton  haben  wir  gesehen,  dass  mit 
den  Jalireszeiten  die  Mengen  wechseln,  dass  in  den  Tropen  viel  weniger  ist,  als 
in  den  kälteren  Meeren,  dass  die  Composition  schwankt,  ja  sogar,  dass  mau  an 
einer  Stelle,  wenn  man  mehrere  Züge  hintereinander  macht,  durcliaus  nicht  immer 
genau  dieselbe  Menge  fängt;  —  aber  alles  dies  doch  in  gewissen  Grenzen. 

Wir  wissen  von  jedem  Landstriche  oder  besser  vielleicht  Walde,  dass  er 
eine  bestimmte  entomologische  Fauna  repräsentirt.  Auch  hier  könnte  man  sagen, 
dass  die  Insecten  ziemlich  gleichmässig  vertheilt  sind,  denn  überall,  wo  Vegetation 
ist,  TNird  man  bei  genauem  Durchsuchen  auch  eine  gewisse  Menge  finden.  Die 
Locustenscliwärme,  die  Nonnem'aupen,  Maikäfer  u.  s.  w.  bringen  auch  hier  zeitweise 
Modificationen  hervor,  die  aber  doch  das  ganze  faunistische  Bild  nicht  umändern. 
Der  Grundstock  an  Insecten  bleibt  auch  hier  nach  wie  vor. 

Freilich  ist  das  Wasser  ein  ganz  anderes  Medium  als  Luft.  Pflanze  und 
Erde.     Desshalb  kann  der  Verß-leich  nur  ein  einseitio-cr  sein. 


JX.    Zur  l'lanktomcrtlHMluni;'  im   I'acifischen   (Jcoan.  149 


Das  feststehende  an  der  TT  e  n  s  e  n '  sehen  Methode  ist  eben  das,  dass  man 
überaTl,  an  jedem  Orte,  bei  'J\it;-  und  Nacht  und  vai  jeder  Jahreszeit  eine  gewisse 
Menge  von  Mieroplaiiktou  erhält,  welclie  während  einer  bestimmten  Zeit  als  nahezu 
gleicliniässig  an  dem  Orte  vertheilt  zu  erachten  ist. 

Die  Methode  ist  eben  nur  für  das  Mierophuditon  brauchbar;  für  das  Macro- 
plankton  ist  sie  unzui'eicliend.  Desshidb  halte  ich  es  für  nicht  richtig,  wenn 
TTensen  solches  bei  seinen  Fängen  in  Anreclniung  bringt;  grössere  Thiere  sind 
für  kleine  Netze  nur  als  accidentcll  verrechenbar. 

Dies  erhellt  aus  folgenden  T3etrachtungen : 

Angenommen,  dass  nur  1000  Copepoden  in  1  cbm  Wasser  sind  (eine  für 
Samoa  sogar  sehr  geringe  Menge),  so  würde  somit  nur  1  Copepode  auf  1  Liter 
(cbdm)  AVasser  kommen.  Ein  Netz  mit  '/loci  [U^^^  Oeffnungsfläche  würde  somit 
gerade  K'O  Oopepoden  bei  einem  10  m-Zug  bringen.  Man  hat  also  hier  selbst 
mit  dem  kleinsten  Netze  immer  die  Sicherheit,  etwas  zu  fangen  (s.  Tabellen). 

Anders  bei  einer  Qualle.  Nehmen  wir  den  Cubikinhalt  eines  grösseren  Cope- 
poden zu  1  cbmm,  den  einer  grösseren  Qualle  zu  1  cbdm  (1  Liter)  an,  so  würde, 
ähnliche  Vertheilung  vorausgesetzt,  auf  1000  cbm  eine  solche  Qualle  kommen 
(1  cbdm  mal  1  Million;  ebenso  wie  1  cbmm  mal  1  Million  gleich  1  Liter). 

Man  müsste  also  mit  einem  Netz  von  10  Qm  Oeffnungsfläche  auf  100  m 
fangen,  um  eine  einzige  zu  erbeuten  oder  mit  einem  solchen  von  100  Qm  auf 
10  m.     Dies  nur  als  Beispiel. 

Es  tritt  eben  hier  ein  gewisses  Gesetz  des  Raumbedürfnisses  in  Kraft, 
d.  h.  jedes  Lebewesen  muss  einen  gewissen  Raum  zur  Verfügung  haben,  um  sich 
entwickeln,  ernähren  und  fortpflanzen  zu  können. 

Treten  zu  grosse  Anhäufungen  auf  so  ist  der  Untergang  eines  Theils  die 
unausbleibliche  Folge,  bis  das  Gleichgewicht  wieder  einigermaasseu  hergestellt  ist. 

Ob  diese  übrigens  mechanischen  und  physikalischen  Gründen  oder  einem 
gewissen  Schwärmestadium  in  der  Fortpflanzung  ihr  Dasein  verdanken,  ist  noch 
eine  oflene  Frage  (s,  auch  ITelioti-opismus ). 

Abgesehen  von  solchen  Massenanhäufungen,  wie  ich  sie  des  öfteren  z.  B.  im 
rothen  Meere  und  in  der  Ostsee  gesehen  habe,  wo  sich  thatsächlich  Individium  an 
Tndividium  drängt  (auch  Semper  berichtet  von  einer  ähnlichen  Pyrosomenanhäufung 
im  Mozambique-Strom),  sieht  man  indessen  selten,  wenn  überhaupt,  an  der  Ober- 
fläche mehr  Medusen  als  auf  10  m  im  Geviert  (100  [jm),  ja  meist  nur  auf 
100  m  im  Geviert  (10000  Qm)  eine  grössere.  Dies  erscheint  bei  rasch  fahren- 
dem Schiffe  schon  viel  (siehe  auch  die  Zählungen  der  Planktonexpedition  in  der 
Reisebeschreibung). 

Da  sich  indessen  diese  Art  Thiere  bei  Tag  in  Tiefen  von  ca.  50  m  auf- 
zuhalten pflegen  (ich  erwähnte  schon  die  diesbezüglichen  Angaben  Walther's  und 
Kückenthal's  von  Spitzbergen),  so  sind  Angaben  über  Wahrnehmung  solcher 
Schwärme  an  der  Oberfläche  doch  recht  wenig  brauchbar,  da  man  eben  nie  weiss, 
was  unter  der  Oberfläche  ist.  Da  ist  wieder  der  Raum,  der  zu  schaffen  macht. 
AVold  föllt  hier  gesehenes  in  die  AVaagschale.  aber  nicht  vermisstes.  Das  lieben 
der  Oceane  spielt  sich  nicht  an  der  Oberfläche  ab,  sondern  unter  derselben.  AA^as 
wissen  wir  aber  ül)er  die  A'ertheilunu-  in  der  Tiefe?     Die  Hensenschen  Analvsen 


150  Dr.  Augustin  Krämer. 


siud    mir    ein  Anfang   mit    dem  Microplankton.     Feber   das   Grossplauktou  wissen 
wir  nocli  so  yiit  wie  nichts. 

p]ino  I'ii<>-oiischaft  vielor  Grossplanktoiithiore  verleiht  aber  doch  einen  gewissen 
Aufschhiss  über  ihre  Verbreitung,  das  l^liosphoresciren  nämlich.  Ich  habe  mich 
■während  der  Fahrt  meist  abendlich  davon  überzeugt,  wieviel  Leuchten  im  Schrauben- 
wasser oder  am  Bug  vorhanden  war  und  habe  mich  darüber  gewundert,  wieviel 
kopfgrosse  feurige  Kugeln  neben  den  unzähligen  kleinen  und  kleinsten,  namentlich 
in  den  neuseeländischen  Gewässern  allabendlich  erschienen,  obwohl  am  Tage  nichts 
zu  sehen  war.     (Fm  Samoa  war  diese  Erscheinung  stets  weit  geringer.) 

Leider  habe  ich  es  unterlassen,  gerade  darüber  ])estimmte  Angaben  zu  notiren 
und  kann  jetzt  dies  nur  für  spätere  Forschungen  empfehlen.  Immerhin  war  ein 
grösseres  Aufblitzen  auf  lÖO  [Hm  für  gew(")hnlich  das  Höchste. 

Ein  Glaube  aber  hat  sich  dabei  in  mir  befestigt,  dass  nämlich  das  Macro- 
plaukton  auch  im  Allgemeinen  viel  ausgebreiteter  ist,  als  es  auf  den  ersten  Blick 
scheinen  mag,  nur  muss  man  sich  die  Räume  für  dasselbe  weit  grösser  vorstellen. 
AVie  im  April  in  der  Ostsee  die  knopfgrossen  Aurelien  die  tieferen  Schichten  an- 
füllen, mit  dem  Fortschritt  des  Sommers  zu  tellergrossen  Gebilden  anwachsend 
zur  Oberfläche  ziehen,  um  mit  dem  Winter  wieder  zu  verschwinden,  so  kann  man 
auch  für  andere  Thiere  an  andern  Plätzen  Zeiten  des  grösseren  Aufti'etens  feststellen. 

Haeckel,  welcher  während  seiner  zahlreichen  Besuche  fremder  Gestade  der 
Entwicklungsgeschichte  vor  allem  der  Medusen  und  Siplionophoren  seine  Auf- 
merksamkeit schenkte,  bemerkte  natürlich  diesen  Wechsel  in  der  Oomposition;  es 
ist  ja  auch  wahrscheinlich,  dass  hier  ganz  andere  Factoren  in  Frage  kommen, 
welche  Haeckel  andeutet.  Es  fehlt  eben  dem  Macroplankton  ein  solch  per- 
eunii'ender  Component,  wie  die  Copepoden  es  für  das  Microplankton  sind.  Wenn 
nun  auch  Haeckel  auf  Grund  dieser  Thatsachen  und  seiner  langjährigen  Erfahi'ung 
auf  dieser  seiner  Ansicht,  wie  nicht  anders  zu  erwarten,  bestehen  blei))t,  so  wird 
er  doch  zugeben  müssen,  dass  bewohnte  mit  wirklich  unbewohnten  Stellen  in  den 
Oceanen  sehr  wahrscheinlich  nirgend  abwechseln,  und  dass  der  tropische  Ocean 
ärmer  an  Microplankton  ist,  durchschnittlich  wenigstens,  als  der  der  gemässigten 
und  kalten  Zonen.  Machte  ja  selbst  Mnrray,  wenn  ich  mich  nicht  täusche,  in 
allerletzter  Zeit  gewisse  Zugeständnisse  in  einem  Vorti'age  in  der  Royal  Society 
zu  London,  in  dem  er  ungefähr  folgendes  ausführte: 

Das  Plankton  der  Tropen  ist  ärmer  an  Masse,  aber  reicher  an  Arten,  während 
in  den  kalten  Meeren  es  sicli  umgekehrt  vei'hält. 

Die  quantitativen  Planktonfänge  (nicht  allein  der  Fang  selbst,  sondern  auch 
die  Verarbeitung)  haben  ja  ilires  systematisclien,  mathematischen  Gepräges  lialber 
etwas  ermüdendes;  sie  erfordern  viel  Zeit  und  Ausdauer.  Umsomehr  sollte  man 
anerkennen,  dass  Hensen  es  auf  sich  genommen  hat,  eine  solche  Expedition  durch- 
zuführen. Allenthalben  rühren  sich  allmälig  die  Hände.  Wird  mau  aber  erst 
einmal  das  Microplankton  genauer  kennen  gelernt  liaben,  dann  wird  man  mit 
grösserem  Erfolge  auch  dem  Gross-Plankton  zu  Leibe  rücken  können  —  wenn 
die  dazu  erfortlerlichen  Mittel  werden  bescliaft't  werden  können.  Diese  specielle 
Forschung  geliört  der  Zukunft;  sie  bildet  eine  der  mühevollsten,  aber  auch  der 
dankbarsten  Aufo-aben  der  marinen  Biolosie. 


X.    Talx'llen  iiiid  LitiM^atuner/eidiiiiss. 


1.    Tabellen. 

(Die  Messzahlen  sind  die  ri'inon  KiRelmisse  der  Netzzügc  ohne  jegliolie  Fehlerbereclmung.) 

Tabelle  A.     Ceiitrifiigirte  Küstenplanktoiifänge  aus  Samoa. 


'S 

o 

Sb 

03 

(V 

TS 

1 

Ort. 

Fungstelle  und 

Tiefe  derselben. 

Fang 

vom  Scliilfe 

oder  vom  Boote. 

Datum. 

Zeit  des  Fanges 

bei  Ebbe  oder 

Fluth  und 
nächstes  Hoch- 
oder 
Niedrigwasser. 

Zahl  und  Tiefe  der 
Fänge  (1 .  10  m"), 
richtige  Plankton- 
menge des  Fanges 
•2  mal  centrifugirt 
in  cc  (Cubikcenti- 
meter). 

Planktonmenge 
auf  1  cbm  Meer- 
wasser 
umgerechnet. 
Die  Zahl  in  Klam- 
mern bedeutet  die 
Tiefe  des  Netzzuges. 

Durch- 
schnitt 

der 
Fang- 
serie 
(auf 
1  cbm). 

Zahl 
der 
Indivi- 
duen im 
Fang- 
serien- 
durch- 
schnitt. 

Bemerkungen. 

Netze  Durchm.  Müllergaze 
II.      13,3  cm           19. 

III.       14        „                12. 
Ein.       13,2    „                12. 

(Filtrationscoeffieient  für 

Netz  11+  -/lo  ca., 
für  III  und  E  III  +  ';,„  ca.) 

1.            Apia. 

9.  Xovmlir.  isflS. 

2  .  10  m  =  o,i5  cc 

icbm(iom)  =  o,49cc 

0,49   cc 

— 

HI. 

Xürdküste  von 

Uiiülu,  mitten 

im  Hafen. 

Tiefe  ca.    13  m. 

Schilfsbug. 

2. 

Apia. 

Schilfsbug. 

11.  Xovmbr.  1893. 

2  .10  m  =  o,3  cc 

icbm(iom)==o,9cc 

0,9   cc 

— 

III. 

35. 

Suluafata. 

25.  Mai  1894 

a.  1 .  iüm  =  0,l   cc 

1  cbm  (10  m)  =  0,05  cc 

0,52  cc 

— 

III. 

Nordküste  von 

9  h  a.  ni. 

b.     „      „  =0,1    ,, 

„           ,,      =0,65  „ 

Sagitten  erschweren  das  Ab- 

üpolu, 10  Sui. 

bei  Fluth, 

c.      „       ,,  =0,05  „ 

„      =0,32  „ 

lesen,  in  c  und  d  fehlen  sie 

ö.stlich  von 

nächstes  Hoch- 

d.    „       „  -  -  0,05  „ 

„           „       =0,32  „ 

nahezu.       Viel    Copepoden 

Apia,  mitten  im 

wasser 

e.     ,.      „=0,1    „ 

^           ^       =0,65  „ 

(Oithona). 

Hafen. 

ca.  loh  a.  m. 

Tiefe   1.5  m. 

Schiffsbug. 

36. 

Apia. 

5.  Juni  1894 

a.  1  .  lom  =  0,22cc 

1  cbm  (10  m)  =  1,4   cc 

1,0  cc 

15,000 

III. 

Am  Ostriff  l)ei 

10  h  a.  m. 

b.     „       „  =0,12  „ 

„           „      =0,8     „ 

wovon 

Im  Fang  zahlreiche  grössere 

Matautu  an  ver- 

bei Ebbe, 

c.     „       „  =0,12  „ 

„           „      =0,8     „ 

i     95  «/o 

Sagitten,     von    Copepoden 

schiedeneu 

nächstes  Niedrig- 

d.    „      „=0,2    ,, 

„      =1,3     „ 

Cope- 

Oithona,    Calanus  vulgaris. 

Stellen. 

wasser 

e.     „      „  =0,13  „ 

„           „      =0,85  „ 

podeu. 

Corycaeus,    Acartia,     Para- 

Tiefe  io-i4  m. 

ca.  1  h  p.  m. 

f.       ,,        „  =0,13  „ 

„           „      =0,85  „ 

calanus  etc.,  daneben  einige 

Im  Boot. 

(2  Tage  nach  Neu- 
mond). 

Diatomeen,       Globigerinen. 
Larven  etc.,  i  Meduse  (2  mm) 

37. 

Apia. 

5.  Juli   1894 

a.  1.10  m  =  0,1  ccicbm(iom)  =  o,65cc 

0,58  cc 

(8000  ?) 

III. 

Hafenmitte. 

10  h  a.  m. 

b.    „      „=0,1    „ 

„           „       =0,65  „ 

90  »/o 

Vereinzelt  Diatomeen.   Glo- 

Schifl'sbug. 

bei  Ebbe, 

C.      ,,        „  =0,07  „ 

„           „      =0,45  „ 

Cope- 

bigerinen,  Ceratium.  Ai)pen- 

nächstes  Niedrig- 

d.     „       „=0,12„ 

„       =0,7     „ 

poden 

dicularien,    Acarinen.    Sa- 

wasser 

e.     „      „  =0,1    „ 

„           „       =0,65  „ 

(Oitho- 

gitten. 

3  h  p.  m. 

f.      „       „  =0,05  „ 

„           „       =0,4     „ 

na) 

38. 

Saluafata. 

6.  Juli   1804 

a.  1.10  m  =  0,1  cc 

1  cbm  (10  m)  =  0,65  cc 

0,68  cc 

17,000 

III. 

Mitten  im 

1  h  p.  m. 

b.    „      „  =0,1    „ 

„           „       =0,65  „ 

83% 

Unter  den  Copepoden  ca.  '/a 

Hafen. 

bei  Ebbe, 

c.      „       „  =0,1     „        „           „      =0,65  „ 

Cope- 

Oithona,  ferner  ca.  fl'VnOstra- 

Tiefe  ca.   1.5  m. 

nächstes  Niedrig- 

d  =0,11  „         „           „       =0,7     „ 

poden. 

coden  u.  eben  so  viel  Lai'ven 

Schitfsbug. 

wasser 
ca.  4  h  p.  m. 

e.      „        .  =0,13  „         „           „       =0,75  „ 

und  Cysten,  seltener  Diato- 
meen. 

152 


Dr.  Augustin  Krämer. 


I 


d 

Ort. 

Fangstelle  und 

Tiefe  derselben 

Fang 

vom  Schiffe 

oder  vom  Boote 

Datum. 
Zeit  des  Fanges 
bei  Ebbe  oder 
Fluth  und 
1   nächstes  Hoch- 
oder 
Niedrigwasser. 

Zahl  und  Tiefe  der 
Fänge  (i .  lo  m), 
richtige  Plankton 
menge  des  Fanges 
2  mal  centrifugirt 
in  cc  (Cubikcenti- 
meter.) 

Planktonmenge 
auf  1  cbm  Meer- 
wasser 
umgerechnet. 
Die  Zahl  in  Klam- 
mern bedeutet  die 
Tiefe  des  Netzzuges 

Durch- 
schnitt 

der 
Fang- 
serie 
(auf 
1  cbra). 

Zahl 
der 
Indivi- 
duen im 
Fang- 
serien- 
durch- 
schnitt. 

Bemerkungen. 

Netze   Durchm.   Müllergaze 
II.      13,3  cm            19. 
III.       14        ,,                12. 
Ein.       13,2    „                12.          V 

(Filtrationscoefflcient  für 

Netz  II -f-/,,,  ca, 
für  III  und  E  III  +  '/.o  ca.) 

39. 

Apia. 

In  der  Ausfahrt 
zwischen  den 

Riifen. 
Vom  Schiffsbug. 
Tiefe  ca.  2o  m. 

.'<.    Juli    1894 

2  h  p.  m. 
bei  Ebbe, 
nächstes  Niedrig- 
wasser 
ö'/sh  p.  m. 

a.  1  •  iüm  =  0,0()cc 

b.  „       „  =0,06  „ 
C.      ,,        „  =0,06  „ 

d.  „       „  =0,06  „ 

e.  ,,      ,,  =0,06  „ 

lcbm(l0m)  =  o,4cc 

.,            ,.       =0,4  „ 
,,            ,.       =0,4  „ 
„           „       =0,4  „ 
,,           „       =0,4  „ 

0,4  cc 

2100 

7o";„ 

Cop. 

III. 
Von  Copepod.  hauptsächlich 
Oithona,    vereinzelt    Cory- 
caeus,   Harpacticiden,  viele 
Calaniden;  daneben  ca.  15  "/o 
Ostracoden,  vereinzelt  Dia- 
tomeen, Globigerinen,  Lar- 

1 

i 

ven  etc. 

•to. 

Vailele. 

5  Sm.  östlich 

von  Apia,  in  der 

Einfahrt 

11.  Juli  1894 

9  h  a.  m. 

1  Stunde  nach 

Niedrigwasser. 

a.  1 .  I0m  =  0,l   cc 

b.  ,,        ,,  =  0,06  „ 
C.      „        ,,  =0,1     „ 
d.     „       .,  =0,05  „ 

1  cbm  (10  m)  =  0,65  cc 

„            „       =0,4     „ 
„           „       =0,65  „ 
„           „       =0,35  „ 

0,57   CC 

5—6000 
96  »/o 

Cop. 

III. 
Von  Copepoden: 
75  "/o  Calaniden. 
17%  Oithona, 

zwischen  den 

Riffen. 
Tiefe  ca.   i(>  m. 

e.     „      „  =0,12  „ 

71           „       =0,8     „ 

2%  Harpacticiden, 
ausserdem : 

4%  Sagitten. 
2%  Eier, 

i"/o  Globigerinen    und 
Radiolarien. 

41. 

Vailele. 

Ebenso. 

19.   Juli  1894 

10  h  a.  m. 

a.  2.iom  =  o,05cc 

b.  „       „  =0,05  „ 

icbm(iom)  =  o,i7cc 

„           ,.       =0,17  „ 

0,14  CC 

— 

III. 
Wind  O.N.O.— O.z.N. 

bei   Ebbe, 
nächstes  Niedrig- 

C.     „        ,,  =  0,05  „ 
d.     „       „  =0,03  „ 

„       =  0,17  „  [ 
„            „       =0,1     „ 

Meist   Copepoden.    daneben 
ziemlich  viel  Eier. 

wasser 

e.     „      „  =  0,03  „ 

„           „       =0,1     „ 

ca.  2  h  p.  m. 

42. 

Vailele. 

Ebenso. 

21.   Juli   1894 

Fang  a— e 

a.  1 .  iom  =  o,05cc 

b.  „       ,,  =0,05  „ 

1  cbm  (10  m)  =  0,35  cc 

„            ,,       =0,35  „ 

0,35   CC 

- 

III. 
In  0,3  cc  ca.  2000  Individuen, 

11  h  a.  m. 
bei  Ebbe. 

c.  ,,       „  =  0,05  „ 

d.  .,       ,,  =  0,05  „ 

e.  „      „  =0,05  „ 

„            „       =0,35  „ 
„            „       =0,35  „ 
„           „       =0,35  „ 

wovon  74%  Copepoden, 
8  "/o  Ostracoden, 
1%  Globigerinen, 

Fang  f— k 

f.    2.  10m  =  0,07CC 

icbm(iom)  =  o,23cc 

0,24   CC 

Appendicularien,  Cysten, 
Larven  etc. 

in. 

S'/jh  p.  m. 

bei  Fluth, 

nächstes  Niedrig- 

g.     ,,        „  =0,09  „ 
h.     „       ,,  =  0,03  „ 
i.     „      ,,  =0,1    „ 

„           „       =0,3     „ 

7,                     7.             =0,1         „ 

„            „       =0,33  „ 

Mehrere  Larven  von  Deca- 
poden. 

wasser 

k.      „        ,,  =0,07  „ 

.,           „       =0,23  „ 

4h  p.  m. 

43. 

Saluafata. 

Mitten  im 

Hafen. 

Vom  Schiffsbug. 

2(1.  Juli  1894 
1  h  p.  m. 
bei  Fluth, 
nächstes  Hoch- 

a. 1  •  I0m  =  o,08cc 

b.  ,,       „  =0,08  „ 
C.      „         „  =0,08  „ 
d.      „        ,,  =  0,08  „ 

lcbm(i0m)  =  0,5cc 

77                     7,             =0,5     „ 

„            „       =0,5  „ 

77                     77            =0,5     „ 

0,5  CC 

7500 
83  "/o 

Cop. 

m. 

Ostracoden                   2  %, 
Diatomeen                    3 '%, 
Larven  und  Cysten  10%, 

Tiefe  ca.   16  m. 

wasser 
ca.  3  h  p.  m. 

e.     „      „  =0,08  „ 

77                     77            =0,5     „ 

Radiolarien  und 

Globigerinen            2  %. 
Im  ganzen  Fang  ca.  10  Sa- 
gitten. 

44 

Faugaloa-Bucht 

2  '/a  Sm.  langer  Einlass, 
gegen  NO.  geöffnet ;  am 
Hingang  ra.  100  m  tief, 
nach  inni'ii  zn  allmiilig 

sich  abflachend. 

Grünster  H.ifen  Upolu'.n, 

innen   mit  Saumritl'en 

hesetzt.  .tandiger  Grund. 

An  der  Nurditüste  ca.  Ifi 

.Sm.  ..sflich  von  Apia. 

Tiefe  ca.  30  m. 

Vom  Schiflsbug. 

Ziemlich  weit  innen  Im 

Hafen. 

27.  Juli  1894. 

Fang  a— e  bei 
Fluth  10  h  a.  m, 

nächstes  Hoch- 
wasser 2  h  p.  m. 

a.  1 .  iom  =  o,04cc 

b.  „       „  =0,03  „ 
C.      ,,        .,  =0,04  „ 

d.  „       „  =0,03  „ 

e.  „       „  =0,35  „ 

icbm(iOin)  =  o,3  cc 

„          „      =0,22  „ 

7,       =0,3     „ 

„           „       =0,22  „ 

„           „       =0,25  „ 

0,26  CC 

ca.  1100 

74  »/o 

Cop. 

IL 
Ostracoden                        18  % 
Appendicularien                3% 
Diatomeen                      1,5% 
Globigerinen  u.  Larven  1,5% 

Fänge  f— i  bei 
Ebbe  S'/ah  p.  m. 
nächstes  Niedrig- 
wasser 
8  h  p.  m. 

f.  1  .20m  =  0,18CC 

g.  „       „=0,1     „ 
h.  1.25  „  =0,15  „ 
i.      .,        ,,  =0,08  „ 

1  cbm  (20  m)  =  0,65  CO 

„           „      =0,35  „ 
„       (25m)  =  0,43  „ 
„           „       =0,23  „ 

0,41   CC 

4800 
66% 

Cop. 

IL 
Ostracoden                        9  % 
Appendicularien             15% 
Globigerinen  u.  Larven    6% 

X.    Tabellen  und  Literatiirverzcichniss. 


153 


• 

Zahl 

Bemerkungen: 

sä 

Datum. 

Zahl  und  Tiefe  der 

Planktonmenge 

Durch- 

Ol 

•c 

Ort. 
Fangstelle  und 

Zeit  des  Fanges 

Fänge  (i .  lo  m). 

auf  1  cbm  Meev- 

schnitt 

der 
Indivi- 

Netze   Durchm.   Müllergaze 
II.       13,3  cm             19. 

S) 

riefe  derselben. 

bei  Ebbe  oder 

richtige  Plankton- 

wasser 
umgerechnet. 
[Die  Zahl  in  Klam- 
mern bedeutet  die 
Tiefe  des  Netzzuges. 

der 

luen  im 

III.       14        ,,                12. 

a 
d 

Fang 

vom  Schilfe 

3der  vom  Boote. 

Fluth  und 
nächstes  Hoch- 
oder 
Niedrigwasser. 

nenge  des  Fanges 

2  mal  centrifugirt 

ni  cc  (Cubikcenti- 

meter). 

Fang- 
serien 
(auf 
1  cbm). 

Fang- 
serien- 
durch- 
schnitt. 

Ein.       13,2    „                12. 

( Fi  1 1  ra t ion scocfficient   f ü r 

Netz  II4-^;,i)  ca., 
für  III  und  E III  +  '/lo  ca.) 

45. 

I'aiipo-Pango- 

29.  Juli  1894 

a.  1 .4om  =  o,iicc 

1  cbm  (40  m)  =  0,2  cc 

0,26  cc 

4400 

II. 

ßucht.     An  der 

1  h  1).  m. 

b.     „       ,,  =  0,05  „ 

„            „       =0,09  „ 

75  "/o 

Ostracoden                     12  "/n. 

Südkiiste  von 

bei  Fluth, 

C.      „        „  =0,17   „ 

„           „       =0,3     „ 

Cop. 

Diatomeen                        2'','o, 

Tutuila  (ca.  40 

nächstes  Hoch- 

d. 1.10  ,,  =0,05  „ 

„    (iom)  =  o,3o  „ 

Globigerinen,  Larven 

3m.  von  Upolu) 

wasser 

e.     „       „  =0,05  „ 

„           „       =0,36  „ 

und  Cysten                 ii"/o. 

scliuhförmig ; 

ca.  4  h  p.  m. 

vereinzelt  Decapodenlarven. 

einziger  abge- 

schlossener 

Hafen   Samoa's, 

ca.  -2  Sm.  lang. 

Tiefe  im  Innen- 

hafen 45  m. 

4(i. 

Paugo-Pango. 

30.  Juli  1894 

a.  1  .iom  =  o,08cc  icbm(iom)  =  o,58cc 

0,48   cc 

5000 

IL 

Der.selbe    Platz. 

4  h  p.  m. 

b.    „      „  =0,1    „ 

„           „       =0,72  „ 

93»/,, 

Ceratien  3%,, 

bei  Fluth, 

C.      „        ,  =0,05  ,, 

„           „       =0,36  „ 

Cop. 

ausserdem  Ostracoden,  Eier, 

nächstes  Hoch- 

d. 1  .40   ,,  =0,15  „ 

„      (40m)  =  0,27  „ 

Hyperiden,    Coscinodiscus 

wasser 

etc. 

5  h  p.  m. 

47. 

Apia. 

8.  August  1894 

a.  i.ii™  =  o,05(«>'^<^ 

icbm(iim")  =  o,36cc 

0,41   cc 

— 

IL 

Alte  Stelle 

4  h  p.  m. 

b.     ,,      „=0,09      ,, 

„           „       =0,59  „ 

mitten  imHafen. 

bei  Ebbe, 

C.      „       ,,=0,06      „ 

„           „       =0,39  „ 

Tiefe  ca.  13  m. 

nächstes  Niedrig- 
wasser 
7  h  p.  m. 

d.  „       ,,  =  0,0,5(6),, 

e.  „     „=0,05    „ 

„       =0,36  „ 
.,           „       =0,33  „ 

_ 
48. 

Saluafata. 

12.  August  1894 

a.  i.i7m  =  o,03cc 

icbm(i7m)  =  0,i3cc 

0,2   CC 

— 

IL 

Tiefe  19  m. 

4  h  30'  p.  m. 

b.     „       „  =0,05  „ 

«           f,       =0.2     « 

Bug. 

bei  Ebbe, 

c.      „       „  =0,05  „ 

„       =0,2     „ 

Mitten  im 

Va  Stunde  nach 

d.    „      „  =0,00  „ 

„       =0,25  „ 

Hafen. 

Hochwasser. 

e.    „      „  =0,05  „ 

«            «       ~0,2     „ 

-l!l. 

Falefa. 

13.  August  1894 

a.  i.i9m  =  0,05cc 

1  cbm  (19  m)  =  0,1 9  cc 

0,34  CC 

— 

IL 

o  Sm.  östlich 

3  h  p.  m. 

b.      „        „  =0,06  „ 

„      _0,23  „ 

In     den    Fängen    Schmutz 

von  Saluafata. 

bei  Fluth, 

C.    1  .18  ,,  —0,1      „ 

„      (18  m)  =  0,4     „ 

durch  Asche.    In  das  Innere 

Offene  Rhede. 

1  Stunde  vor 

d.  1.  16  „  =0,1     „ 

„       (16  m)  =  0,45  „ 

der  Bucht  mündet   ein   ca. 

Nur  im  Westen 

Hochwasser. 

e.  1 .10  „  =0,01)  „ 

„       (10m)  =  0,43  „ 

5  m  breiter  Fluss.  Im  Fange 

Riff,  im  Osten 

meist     Copepoden ,     Ostra- 

Steilküste. 

coden  ,     vereinzelt     Radio- 

Tiefe  ca.   20  m. 

larien,    Protocysten,     Dia- 

a und  b 

tomeen. 

am  Bug, 

c,  d  und  e 

am  Heck. 

5(1. 

Salnafrtta. 

17.  August  1894 

a.  1 .  i9m  =  o,09cc 

icbm(i9m)=0,34cc 

0,36  CC 

ca.  7000 

IL 

8  Fange 

(Vollmond) 

b.    „      «=0,1    „ 

„           „      =0,38  „ 

ca.  60"/, 

30%    Ostracoden,    seltener 

im  Boote  au 

10  h  a.  m. 

C.      „        „=0,08„ 

„           „       =0,3     „ 

Cop. 

Sagitten,  Globigerinen,  Iso- 

den  ver- 

bei Ebbe, 

d.     „       „  =0,09  „ 

„       =0,34  „ 

podenlarven    und    ziemlich 

schiedensten 

nächstes  Niedrig 

e.     „      „  =0,08  „ 

«       =0,3     „ 

^^ele  Decapodenlarven. 

Stelleu  des 

Wasser 

f.   1  .20  „  —0,1     „ 

„      (20m)  =  0,36  „ 

Hafens. 

12  h  a.  m. 

g.     „        „  =0,13  „ 

„           „       =0,47  „ 

i  und  k 

h.     „       „  —0,13  „ 

„           „       =0,47  „ 

(9  und  10) 

i.  1.19  „  =0,1    „ 

„      (19  m)  =  0,37  , 

vom  Schiff  aus 

k.  1.10  „  =0,04  „ 

„      (10m)  =  0,29  „ 

Tiefe  20—25  m 

1 

154 


Dr.  Auffustin  Krämer. 


S     Fangstelle  und 
^   Tiefe  derselben. 
fe  1          Fang 
Z       vom  Schiffe 
'^  iOder  vom  Boote. 
°  1 

Datum. 

Zeit   des  Fanges 

bei  Ebbe  oder 

Fluth  und 
nächstes  Hoch- 
oder 
Xiedrigwasser. 

Zahl  und  Tiefe  dei 
Fänge  (i.iom), 
richtige  Plankton- 
menge des  Fanges 
2  mal  centrifugirt 
in  ec  (Cubikcenti- 
meter). 

Planktonmenge 
auf  1  cbm  Meer- 
wasser 
umgerechnet. 
Die  Zahl  in  Klam- 
mern bedeutet  die 
Tiefe  des  Netzzuges. 

Durch- 
schnitt 

der 
Fang- 
serie 

(auf 
1  cbm). 

Zahl 
der 
Indivi- 
duen im 
Fang- 
serien- 
durch- 
schiiitt. 

Bemerkungen: 

Netze   Durchm.  Müllergaze 

II.      13,3  cm            19. 

m.      14      „             12. 

Ein.      13,2   „             12. 

(Filtrationscoefficient   für 

Netz  II  +  -^Mo  ca, 
für  III  und  EIII+ '/lo  ca.), 

51.       Miililaiiiiii. 
Am  Westende 
üpolu's,    ca.    15 
Sm.  von  Apia. 
Das  Schiff  lag 
ausserhalb  der 

2S.  August   1894 
4  h  p.  m. 
bei  Ebbe, 
nächstes  Niedrig- 
wasser 
ca.  s  ll  ]).  m. 

a.  1 .28m  =  ü,05cc 

b.  „       „=0,05  „ 

c.  „       „  =0,05  „ 

d.  „       „  =0,03  „ 

e.  „      „  =0,03  „ 

lcbm(28m)  =  o,i3cc 
„           „      =0,13  „ 
„           „      =0,13  „ 
„          „      =0,08  „ 
„           „      =0,08  „ 

0,11  cc 

165U 
70% 

Cop. 

n. 

Diatomeen,  Ceratien,  Ostra- 
coden,    Sagitten,    Appendi- 
cularien,    Cysten,    ülobige- 
rinen  etc. 

Riffe,  nur  gegen 
Osten  etwas 

gedeckt. 

Tiefe  ca.   30  m. 

Schiffsbug. 

52. 

Apia. 

In  der  Einfahrt 
zwischen   den 

Eiffen.    Im 
Boote  an  5  ver- 
schiedenen 
Stellen. 
Tiefe  ca.  I6  m. 

31.  August  1894 

(Neumond) 

5  h  p.  m. 

1  Stunde  vor 

Hochwasser. 

a.i.i4,5m=o,09cc 

b.       ,.        „  =0,08  „ 
C.       „        „  =0,1    „ 

d.  1  .  10    „  =0,03  „ 

e.  „      „  =0,03  „ 

1  cbm  (14,5  iti)^o,45  cc 
„             „        =0,4    „ 
r             „       =^0,5    „ 

1  cbm  (10  m)  =0,22  „ 
„          „      =0,22  „ 

0,36  cc 

II. 

53.       Saluafata. 

Hafenmitte. 

Schiffsbug. 

Tiefe  ca.  20  m. 

2.  September  1894 

11  h  a.  m.  bei 

Ebbe,  nächstes 

Niedrigwasser 

2  h  p.  m. 

a.  1.  I7m  =  0,iicc 

b.  „       „  =0,07  „ 

c.  „      „  =0,13  „ 

d.  1 .10  ,,  =0,09  „ 

e.  „      „  =0,09  „ 

icbm(i7m)  =  0,47ec 
„         „     =0,3    ,, 
„         „     =0,55  „ 
„      (10m)  =  0,65  „ 
„          „      =0,65  „ 

0,52  cc 

n. 

54. 

Falealili. 

Südküste  von 

Upolu. 

Aussenrhede. 

Schiffsbug. 

Tiefe  ca.  40  m. 

(Am  Heck  nur 

13  m).    Strom 

auflandig. 

15.  October  1894 
(Tag  nach  Voll- 
mond) 
4  h  p.  m. 
bei  Fluth, 
nächstes  Hoch- 
wasser 
7  h  p.  m. 

a.  1 .35m^o,2  CO 

b.  „      „  =0,1    „ 

C.       „         ,,=0,1      „ 

d.  i.iom  =  o,03  „ 

e.  „      „  =0,04  ,, 

icbm(35m)  =  o,37cc 

„           „      =0,19  „ 

„      =0,19  „ 

,.      (10  m)  =  0,2     „ 

„           „       =0,26  „ 

0,24  cc 

III. 

55. 

Safata. 

9   Sni.    westlich 
von  Falealili. 
Offener  breiter 

10.  October  1894 
3  h  p.  m. 
bei  Fluth, 

nächstes  Hoch- 

a. 1 .  35m  =  0,08CC 

b.  „       „  =0,04  „ 
C.      „        „  =0.04  „ 

d.  1 .  10  „  =0,01  „ 

1  cbm  (35  m)  =  0,15  cc 

„            „       =0,08  „ 
„           „       =0,08  „ 

„     (10  m)  =  0,07  „ 

0,(19   cc 

III. 

Einlass. 
Fangstelle 

wasser 
7  ll  40'  p.  m. 

e.     ,,      „  =0,01  „ 

„            „       =0,07  „ 

innen  zwischen 

den  Riffen. 

Tiefe  ca.   40  m. 

56.  Leone.    Offene 
Rhede.  Siid- 
küstev.Tutuila. 

17.  October  1894 

9  h  a.  m. 
bei  Hochwasser. 

a.  1 .33m  =  o,05cc 

b.  „       „=0,02  „ 
C.      „       „  =0,05  „ 

1  cbm  (33  ml  =  0,1  cc 

„            „       =0,04  „ 
„           „       =0,1     „ 

0,08  cc 

— 

HI. 

Tiefe  ca.   35  m. 
Schiffsbug. 

d.  1  .  10   ,,  =0,01  „ 

e.  „      „  =0,01  „ 

„       (10  m)  =  0,07  „ 
„           „       =0,07  „ 

57. 

Paiigo-Pango. 

19.  October  1894 

a.  i.35m  =  0,5  cc 

1  cbm  (35  m)  =  0,93  cc 

0,37  cc 

5400 

III. 

Tutuila. 

Innenhafen. 

Tiefe  ca.  40  m. 

10  h  a.  m. 
bei  Hochwasser. 

b.  „      „  =0,26  „ 

c.  „     „  =0,12  „ 

d.  „      „  =0,15  „ 

e.  3  .10,,  =0,1    „ 

„           „      =0,52  „ 
„           „      =0,22  „ 
„            „       =0,28  „ 

„     (iüm)=-o,22  ,, 

(0,28  CC 

ohne  a) 

87  0/„ 
Cop. 

Fang   a    mit   Sagitten   ge- 
messen, b,  c,  d  und  e  ohne 
dieselben.      Sagitten   gross 
bis  zu  2  cm  lang. 
Ostracoden           8  "/o, 
Appeudicularien  4  "/o, 
Globigerinen,  Cysten  etc. 

X.    Tabellen  und  Literaturverzeichniss. 


155 


r 

5 

Ort. 

Fangstelle  und 

riefe  derselben. 

Fang 

vom  Schiffe 

ider  vom  Boote,  j 

Datum. 

Zeit   des  Fanges 

bei  Kbl)e  oder 

Fluth  und 
uäch.stes  Hoeh- 

oder 
Niedrigwasser. 

^alil  und  Tiefe  der 
Fänge  (i .  lo  m), 
■ichtigePlanktüii- 
nenge  des  Fanges 
2  mal  centrifugirt 
n  cc  (Cubikcenti- 
meter). 

Plauktonmeuge 
auf  1  cbm  Meer- 
wasser 
umgerechnet. 
)ie  Zalil  in  Klam- 
mern bedeutet  die 
riefe  des  Netzzuges. 

Durch-        , 
,     .Li       der 

schnitt    T   j-   • 
Indivi- 
der       , 

„            duen  im 

^^".^-      Fang- 
sene 
,     „      Serien- 

^■'^\     durch- 
1  cbm\      ,    ., , 
schnitt. 

B  e  m  e  r  k  u  n  g  e  n  : 

Netze   Durchm.   Müllergaze 

11.      13,3  cc             19. 

III.        14       „                12. 

E  III.        13,2  ,,                12. 

(Filtrationscoefficient   für 

Netz  n  +  -/,o  ca, 
für  III  und  E  III +  ',,,.  <a. 

58. 

Suluat'iita. 

HatViunitte. 

Schitfsbug. 

Tiefe  ca.   i.')  m. 

2-2.  Oi-tober  isiu 

iS  Tage  nach      ■ 

Vollmond) 

9  h  a.  m. 

bei  Fluth. 

1  Stunde  nach 

Niedrigwasser. 

1.  1  .  isni— o.(i:!cc 

b.  3  .  10   „  —0,12  „ 

c.  ,,      „=0,1    „ 

d.  „       „  =0,08  „ 

1  f\iiii(i3in)  =  o,]5cc 
„     (10 in)— 0,20  ,, 

„           „       =0,21  „ 
„           „       —0,17  „ 

0,21  cc 

Palolo  in  Savaii. 
III. 

S9. 

Mulifanua. 

Tiefe  ca.   40  m. 
Schiffsbug. 

25.  October  1894 
11  h  30'   a.  m. 

bei  Fluth, 
nächstes  Hoch- 
wasser 
4  h  p.  m. 

a.  1 .  20m  — 0,04 cc 

b.  „       „  —0,04  „ 

icbin(20m)  =  o,i2cc 

„           „       =0,12  „ 

0,12  cc 

III. 

«0. 

Apia. 

Alte  Stelle. 

Schiffsbng. 

Tiefe  ca.   15  m. 

29.  October  1894 
(Tag  nach  Neu- 
mond) 
10  h  a.  m. 
bei  Ebbe, 
nächstes  Niedrig- 
wasser 
1  h  p.  m. 

a.  3 .  iom  =  o,i4cc 

b.  „       „=0,18„ 

c.  „       „=0,18„ 

lebin(i0in)  =  0,33cc 

„           „       =0,4     „ 

0,38  cc 

III. 

73. 

Pango-Pango. 

Inneuhafeu. 

Tiefe  ca.   35  m. 

Schiffsbug. 

29.  April  1895 
ih  p.  m. 
bei  Ebbe, 
nächstes  Niedrig- 
wasser 
4  h  p.  m. 

a.  1 .30m  =  o,4  cc 

b.  ,,      „=0,3     „ 
C.   1  .20  „  ^0,2      ,, 
d.  3.10  ,,  =0,21  „ 

1  cbm  (30  m)  =  0,97  cc 

„           „       =0,73  „ 
„       (20m)  =  0,73  ,, 

„     (10  m)  =  0,5    „ 

0,66   cc 

III. 

74. 

Pango-Pango. 

An  3  verschie- 
denen Stellen 
im  innersten 
Hafen. 
Im  Boot. 

29.   April   1895 

2  h  p.  m. 
bei  Ebbe, 
nächstes  Niedrig- 
wasser 
4  h  p.  m. 

a.  2  ,  10111  =  0,1  CO 

b.  „     „  =0,1  „ 

C.    2  .20  „  =0,3  „ 

icbin(iOm)  =  0,3icc 

„           „       =0,31  „ 
„      (20m)  =  0,55  „ 

0,39   cc 

III. 

a.  ca.  300  m  v.  Ende  d.  Hafens 

b.  ,,  500  .,  ,,      ,,      ,. 

C.     ,,1000  ,,    ,,       ,,       ,,        ,, 

75. 

Apia. 

In  der  Einfahi't 

zwischen   den 

Riffen. 

Tiefe  13  m. 

16.  Mai  1895 
10  h  a.  m. 
bei  Fluth, 
nächstes  Hoch- 
wasser 
12  h  p.  ni. 

a.  3  .  I0in  =  0,28cc 

b.  „       „=0,28„ 
C.      „       „=0,3     ., 

1  cbm  (10  m)  =  0,68  cc 

„           „       =0,68  „ 
„           „       =0,73  „ 

0,7   cc 

III. 

Viele  grosse  Copepoden  und 
Sagitten. 

76. 

Apia. 

Schiffsbug. 
Hafenmitte. 

29.   Mai  1895         a.  3.10m=:0,l    et 

a  und  b  lO  h  a.  m.  b.  2  .  lo  ,.  =0,08  „ 
bei  Hochwasser. 

1  cbm  (10111)  =  0,25  CC 

„       =0,3     „ 

0,27   cc 

III. 

c  und  d  4  Ii  p.  m 
bei  Niedrig- 
wasser. 

C.  3.10in  =  0,21CC 

d.      „       „=0,18„ 

icbm(iom)  =  o,5    „ 

„           „       =z0,45  „ 

0,47   cc 

77 

Apia. 

Im  Boot. 
An  der  Einfahrt 

5.  Juni  1895 
10  h  a.  m. 
bei  Niedrig- 
wasser. 

a.  3 .  iom  =  o,32cc 

b.  „       „  =0,3     „ 
C.  4.  10  „  =0,4      „ 

icbni(i0m)  =  0,78cc 

„       =0,73  „ 
„           „       =0,73  „ 

0,75   CC 

13500 
80  »/o 
Cop. 

III. 
Ueber  die  Hälfte  der  Cope- 
poden  macht  Oithona   aus. 
Sonst  Globigerinen,  Appen- 
dicularien,  Kadiolarien, 
Diatomeen  etc. 

78 

Apia. 

Ebenso. 

5.   Juni  1895 

4  h  p.  m. 

bei  Hochwasser. 

a.  3.iom  =  o,25c 

3  icbm(ioin)  =  o,6cc 

0,6  CC 

III. 

156 


Dr.  Augustin  Krämer. 


Tabelle  B.     Centrifugirte  Nichtsamoanisclie  Küstenplanktonfänge   aus  den  Tropen. 


Ort, 
FangsteUe  und  Tiefe 

derselben. 

Fang  vom  Schiffe   oder 

vom  Boote. 


Datum, 
Tageszeit. 


Zahl  und  Tiefe  der 

Fänge, 
richtige  Plankton- 
menge zweimal 
centrifugirt. 


Planktonmeuge 
auf  1  cbm 

Seewasser  um- 
gerechnet. 


B  e  m  e  r  k  u  n  g  e  n. 


Suva. 

Viti-Inseln.    Der  Innen- 
hafen, woselbst  die 
Fänge  gemacht  wurden, 
ist  durch  Korallenriffe 

ganz  vom  Meer  ab- 
geschlossen. Schiffsbug. 
Tiefe  ca.   14  m. 


ifl.  April  1H9.') 


a.  a  .  10  m  =  0,2  cc 

b.  „     „  =0,2  „ 


1  cbm  (10  m)-— 0,5  co 
„     =0,5    , 


Durchschnitt  0,5  cc. 


Sura. 


21.  April  1895 
7  h  a.  m. 


a.  3.  iom  =  0,i4cc 

b.  1 .  10  „  =  0,07  „ 
c =  0,03  „ 


icbm(iom)  =  0,34cc 

„  „      =0,51  „ 

„       =0,22  „ 


Durchschnitt  0,35  cc. 
Aus  b  ein  grosser  Sagitte  ent- 
fernt. 


Aden. 

Arabien.  AufderRhede. 
Tiefe  ca.  lo  ra. 


29.   Juli   1895 

11  h  a.  m. 


a.  3.  8m  =  0,3   cc     icbm(8m)  =  o,9cc 

b.  2  .8   „  =0,25  „  „  „     =1,1  „ 


Viel  Sand  im  Wasser. 


Suez. 

Im  rothen  Meere. 
Tiefe  ca.  ii  m. 


2.  August  1895. 


4.8m  =  o,2cc       icbm(8m)  =  o,46cc 


Insgesammt : 
20  Fänge  mit    durchschnittlich 
0,57  cc. 


Tabelle  C.    Seefäng-e. 


ä 

•S 
'u 

IC 

« 
6ß 

CS 

u 
6 

Ort, 

Fangstelle  und  Tiefe 

derselben. 

Fang  vom  Schiffe. 

Datum, 
Tageszeit. 

Zahl  und  Tiefe   der 

Fänge, 
richtige  Plankton- 
menge zweimal 
centrifugirt. 

Planktonmenge 
auf  1  cbm 

See  Wasser  um- 
gerechnet. 

Bemerk  unge  ii. 

28/ 

29 

Bay  of  Plenty. 

Am  Ostkap  der  Nord- 
insel von  Neu-Seeland. 
Tiefe  ca.  200  m. 

1«.  März  1894. 

a.  1 .  40  m  =  0,15  cc 

b.  1  .  10  „  =0,05  „ 
C.        ,,        „  =0,05   „ 

icbm(40m)  =  o,24cc 
„     (iom)  =  o,32  „ 

,,           „       =0,32  „ 

30. 

Castle  Point.                 17.  März  1894. 
ca.  60  Sm.  ab  von  der 
Nordinsel  von  N.  Z. 

a.  1 .20m  =  o,i5cc 

b.  „     „  =0,1    „ 
C.  1  .  100  m=  0,35  „ 

icbm(20m)  =  o,49cc 
„           „      =0,32  „ 
„    (I00m)  =  0,24  „ 

Blenheim. 

Cookstrasse.    Neu- 
seeland. 

14.  Februar  1895. 

1  .  30  m  =  0,05  cc 

icbm(30m)  =  o,icc 

69. 

Sydney. 

ca.  15  Sm.  ab. 

4.  April  1895 
4  h  p.  m. 

a.  1 .  10  m  =  0,03  cc 

b.  1  .20   „  =0,12   „ 
C.    1  .30   „   =0,13    „ 
d.  1  .  10   „   =  0,03   „ 

icbm(iom)  =  o,2  cc 

„      (20  m)  =  0,44  „ 
„      (30  m)  =  0,32  „ 

„     (10  m)  =  0,2    ,, 

Insgesammt : 
11   Fänge  mit    durchsilmittlicli 
0,29  cc. 

X.    Tabellen  und  Literaturverzeichniss. 


157 


Tabelle  D.     Centi-ifugirte  Küstcnplanktonfängo  aus  Neu-Scclaud  (N.  Z.)  und  Neu- 

Südwales   (N.S.W.) 


§ 

(- 
a 

d 
52 

Ort, 
Fang.stelle     und     Tiefe 

derselben. 

Fang    vom    Seliift"    oder 

Hüote. 

Datum, 
Zeit  des  Fanges. 

Zahl  und  Tiefe  der 

Fänge, 
richtige  Plankton- 
menge   des   Fanges 
zweimal 
centrifugirt. 

rianktonmenge 
auf  1  cbm 

Seewasser  um- 
gerechnet. 

Bemerkungen. 
Netz  s.  Tabelle  A. 
ü  =  Durchschnitt. 

1. 

Auckhiiid  X.  Z. 

Nordinsel.                  lo.  Januar  1894 
W'aiteniata-Innenhafen.         it  h  30'   a.  m 
Tiefe  cca  14  m.           bei  Hochwasser. 
Schiffsbug. 

3  .  10  m  =  0,2.5  cc 

icbm(iom)=:0,55  cc 

Netz  No.  III. 

Opepoden,  Diatomeen,  Larven, 

Globigerinen. 

D  =  o,55  cc. 

Auiklaiid  N.  Z. 

Waitemata-Hafen. 

Ebenso. 

12.  Januar  1804 

11  h  30'  a.  m 

bei  Hochwasser. 

2  .  10  m  =  V 

Windstärke  7. 

Der  Fang  war  so  schmutzig,  dass 

eine  Messung  nicht  möglich  war. 

Aucklaiid. 

13.  Januar  1894.    |    3.10  m  =  1,4  cc 

1  cbm(i  om)z=3,o  cc 

Windstärke  7.    D  =  3,occ. 

<                Auckland. 

14.  Januar  1894.         3.10  m=:0,5  cc 

icbra(iom)  =  i,icc 

Wind  3—4.    D  =  l,l  cc. 

8. 

M. 

i:. 

Auckland. 

15.  Januar  1894.        3  .  lo  m  =  o,5  cc 

icbm(iom)  =i,i  cc 

D  =  l,l  cc. 

Auckland. 

17.  Januar  1894.       Wegen  viel  Schmutz  nicht  gemessen. 

Viel  Wind. 

Auckland. 

19.  Januar  1894.        3.10  m^0,35  cc   |lcbm(i0m)=:0,75cc 

Ruhig.    D  =  o,75  cc. 

Auckland. 

20.  Januar  1894.         3  .  lo  m^r0,6  cc 

1  cbm  (10  m)  =  i,3co 

D  =  i,3  cc. 

Auckland. 

31.  Januar  1894 
bei  Hochwasser 

3. 10  m  =  i,i  cc 

1  cbm  (10  m)  =  2,4  cc 

D  =  2,4  cc. 

VI. 
M. 

Auckland. 

Dasselbe  Dat.          3  .  10  m  =  0,9  cc 
bei  Niedrigwasser. 

1  cbm  (10  m)  =:  2,0  cc 

D  =  2,0  cc. 

Auckland. 

Andere  Ankerstelle. 
Tiefe  ca.  20  m. 

6.  Februar  1894. 

a.  1 .  10  in  =  o,4  cc 

b.  ,,        ,,=0,4    ,, 
C.  2  .  10  m  =  o,8  cc 

1  cbm  (10  m)  =  2,6  cc 

„          „      =2,6  „ 

„       =2,6   „ 

D=:2,6   cc. 

Hauriiki  Golf  N.  Z. 

Aussenhafeu 

von  Auckland. 

In  der  Tofiuo-Bay. 

Tiefe  ca.  10  m. 

Schiffsbug. 

27.  Februar  1894. 

a.  1  .  10  m  zz:  0,45  cc 

b.  ,,        ,,  =0,45    ,, 
C.        ,,        ,,=:0,47    ,, 

d.  ,,        ,,  =  0,42     ,, 

e.  ,,       ,,  =  0,52     ,, 

1  cbm  (10  m)  ^  2,9  cc 

„       =2,9   „ 
,,           „       =3,0   ., 
,,           „       =2.8   „ 

„       =3,4   „ 

1  cbm  =  3,0  cc  =  ca.  500  000 
Individuen. 

Appendicularien,     Radiolarieu, 
Diatomeen,    Copepoden,    Rota- 
torien,  Evadne,  Podon,  Penilia. 

15.             Toflilo-Bay. 
Selber  Platz. 

28.  Februar  1894 

a.  9  h  a.  m  bei  Fluth, 

b.  4hp.nibeiEbbe. 

a.  3  .  10  m  =  o,6  CC 

b.  3. 10  m  =  o,9  cc 

1  cbm  (10  m)  =  i,3  cc 

„       =2,0   „ 

D=  1,65  cc. 

Il5. 
17. 
1-^. 

Toflno-Bay. 

1.  März  1894. 

3  .10  m  =  o,6  cc 

1  cbm  (10  m)  =  i,3  cc 

D  =  l,3  cc. 

Auckland.              |       5.  März  1894. 

3  .  10  in^o,5  cc 

1  cbm(iOm)  =  l,lcc 

D  =  l,l  cc. 

Hauraki-Golf  X.  Z. 

Bei  der  Insel  Motuhu- 
rakia.    Tiefe  ca.  40  m. 

0.  März  1894. 

3  .10  m=:0,7  cc 

icbm(iom)  =  i,5cc 

D  =  i,5  cc. 

l'.i. 
211. 

Selber  Platz.                Selbes  Datum. 

3  .  30  m  =  i,fi  cc 

1  cbm  (30  m)  =  1,15  cc 

Einige  Polypomedusen  vor  dem 
Centrifugiren  entfernt. 
D  — 1,15  cc. 

" 

" 

3.25  m  =  l,3  cc 

lcbm(25m)  =  l,l2cc 

Ebenso. 

1  cbm  =1,12  cc=  140,000  Ind. 

7%  Copepoden. 

87  "/o  Diatomeen. 

21 
22 

1 

7.  März  1894. 

3  .30  m_zl,3  cc 

icbm(30m)  =  0,95cc 

1  cbm  =  0,95  cc  =  63  000  Ind. 
11%  Copepoden. 
80  "/o  Diatomeen. 

Hauraki-Golf. 

Mitten  zwischen  Tiii- 
Tiri  und  Koromaudel. 
1       Tiefe  .50— loo  m. 

7.  März  1894. 

2  .  10  m  =  o,5  cc 

icbm(iom)  =  i,6cc     i  cbm  =  1,6  cc  =  2i700  Ind. 

Individuenzahl    gering    wegen 
Eeichthum  an  grossen  Penilia. 
22  "/o  Copepoden. 
38 "/o  Cladoceren  (Penilia). 
22%  Diatom.  fCoscinodiscush 

158 


Dr.  Augustin  Krämer. 


■r; 
S 
ä) 

i 

s 

d 

2; 

Ort, 
Fangstelle   und  Tiefe 

derselben. 

Fang  vom  Schifife  oder 

vom   Boote. 

Datum, 
Zeit  des  Fanges. 

Zahl  und  Tiefe  der 

Fänge, 
richtige  Plankton- 
menge zweimal 
centrifugirt. 

Planktonmenge 
auf  1  cbm 

Seewasser  um- 
gerechnet. 

Bemerkungen. 
Netz  s.  Tabelle  A. 
D  =  Durchschnitt.        .      _ 

23. 

Tofiiio-Hay. 
Im  Hauraki-Golf.    X.  Z. 

8.  März  1804. 

a.  1  .  15  m  rz:  0,5  CC 

b.  „       „  =  0,5  „ 

c.  „      „  =0,8  „ 

Icbm(i5m)  =  2,0cc 
„         „       =2,0  „ 
„         „       =3,4  „ 

1  cbm  =  2,5  cc  =  52101)0  Ind. 
Copepoden                     l^'Vo, 
Penilia                           27  »/o, 
Diatomeen                     33  "/o, 
(Tloliigerinen ,  Cysten 

und  Larven                16  "/o, 
Appendicularien           1,5"/«. 

24. 

Tofino-Bay. 

9.  März  1894. 

a.  1  ,  15  m  =  0,3    cc 

b.  „       „  =  0,3     ,, 
C.       „       „   =  0,45   „ 

lcbm(i5nv  =  l,3cc 
„       =1,3  „ 
„       =2,0  „ 

D  =  i,5  cc. 

25. 

Aucklaiid. 

14.  März  1894. 

1.10  m  =  o,9  cc 

1  cbm  (10  ra)  ^  5,8  cc 

1  cbm  =  5,8  cc  =  298  0()0  Ind. 
Copepoden  28%, 
Diatomeen  SO"/,,, 
Cladoceren  2,5 "/o. 

26. 

Aiicklaiid. 

15.  März  1894. 

1 .  10  m  =  o,7  cc 

icbm(iom)  =  4,5ce 

D  =  4,5  cc. 

27. 

Hanraki-Golf. 

Bei  der  Insel  Motu- 

hurakia. 

Tiefe  ca.   40  m. 

15.  März  1894. 

1  .  40  m  =  0,8  cc 

lcbm(40m)  =  i,3cc 

D  =  l,3  cc. 

31. 

Port  Jackson,   N.  S.  W. 

Hafen  von  Sydney. 

Innen  im  Farm-Cove. 

SchiiTsbug. 

Anfang   April   1894. 

a.  1  .  10  m  :-:  0,6  cc 

b.  „      „  =1,3  cc 

icb]n(iom)  =  4,occ 

,,           „        =8,5  „ 

D=:6,2  cc. 

32. 

Jervis-Bay. 

70  Sm.  südlich  von  Port- 
Jackson.    Grosse  Bucht. 
Schiffsbug. 
Tiefe  ca.   2o  m. 

24.  April  1894. 

a,  b,  c  südliche 

Ankerstelle, 

a.  1 .  10  m  =  o,2  cc 

b.  „        „  =0,4    „ 
C.       ,,        „  =  0,35  „ 

lcbm(iom)  =  l,3cc 

,.          „        =2,6  „ 
„       =2,3  „ 

D  =  2,i  cc. 

d,  e,  f  nördliche 

Ankerstelle, 

ca.   5  Sm.  entfernt. 

d.  1 .  10  m  =  0,25  cc 

e.  „      „  =0,2    „ 

f.  „        „   =0,1      „ 

icbm(i0m)  =  l,6  cc 

„      =1,3    „ 

„         „       =0,65  „ 

D  =  l,2  cc. 

33. 

Port-Jackson. 

Querab  vom  Farm-Cove, 

mitten  im  Strom. 

N.  S.  W. 

1.  Mai  1894. 
Vormittags. 

a.  1 .  iom  =  o,i7cc 

b.  „      „  =0,37  „ 
C.        „      „=0,4     „ 

d.  „      „  =0,33  „ 

e.  „     ,.--o,25„ 

f.  „      „  =  0,0     „ 

icbm(iom)  =  i,icc 
„           „      =2,4  „ 
„           „      =2,ß  „ 

„      =2,1  „ 
„            „      =1,6  „ 

„       =3,9  „ 

Netz  No.  m. 

Nahezu  die  Hälfte  der  Fänge  ist 

bedingt    durch    eine    Diatomee 

(Asterionella). 

D  =  2,3  cc. 

61. 

Aucklaud,  N.  Z. 

Waitemata. 

12.  December  1894 
1  h  p.  m. 

Niedrigwasser. 

a.  1 .  iom  =  o,2icc 

b.  „      „=0,2     „ 
C.       „      „=0,2     „ 

lcbm(i0m)  =  l,36cc 

„     =1,3    „ 

„         „     =1,3    „ 

Bei  b  und  c  sind  einige  kleine 
Hydromedusen    in    Abzug    ge- 
bracht,  wodurch  das  Quantum 
0,27  statt  0,2  ausgemacht  haben 
würde. 
1  cbm  =  1,32  cc  =  50  0oo  Ind. 

6la 

Anckland,  N.  Z. 

Northshore  von  der 

Holzpier  des  ("alliope- 

Docks. 

Mitte  Januar  1895. 

1 .  iom  =  o,2cc 

lcbm(i0m)  =  i,3cc 

Demonstrationszug    für    einige 
Zoologen  Neu-Seelands  mit  un- 
gefährer Voraussage  des  Quan- 
tums und  der  Bestandtheile  des 
Fanges. 
D  =  l,3  cc. 

«2. 

Anckland,  N.  Z. 
Auf  dem  Strom. 

12.  Februar  1895 

9  ha.  m. 
bei  Hochwasser. 

a.  1 .  iom  =  o,33cc 

b.  ,,      „  =0,36  „ 
C.        „      „  =  0,23  ., 

d.  .,      ,,=0,2     „ 

e.  „      „  =0,42  „ 

icbm(iom)  =  2,icc 
„     =2,3  „ 
„     =1,9  „ 
„      =1,3  „ 

1  cbm  =  2,06  cc  11=300  000  Ind. 
90%  Diatomeen, 
4  —  5"/,,  Copepoden. 

X.    Tabellen  und  Litcruturverzeichniss. 


l")'.» 


Ort, 
FaiisstL'llc  miil  Tic IV    i 
derselben. 
Faiifi   vom  Schilfe  oderl 
vom  Boote.  I 


Datum, 
Zeit  des  Fanges. 


Zalil   und  TielV  der 

FiuiKe, 

richtige  Phinktou- 

menge    des    Fanges 

zweimal 

centrit'uL'irt . 


Planktonmenge 
auf  1  ehm 

Seewasser  um- 
gereclimi. 


H'imrk  ii  nt,'fii. 
N.tz  s.  TalH-ll..  A. 
I>  -.  Hiin  hschiiitl. 


63. 

Akarou-Iiay. 

Südinsel   von  Neu -See- 
land an  der  Ostseite, 
43"  S.  Br.,    ca.   10  Sm. 
lauge  Bucht,  ganz  vom 
Meere  abgeschlossen. 
Schitt'sbug. 
Tiefe  ca.   8  m. 
luuenhafen. 

11).  Februar  isnö. 
Abends. 

a.  1 
b. 

.  u  m  =  o,i3  cc 
„      „  =0,12  „ 

1  cbui(u  nu—  1,4  cc 

n        ^     1,3   „ 

1  cbui— 1,35  cc_-0b7ih)  IihI. 
NaupliilH                             22",,,, 
Copei)oden                        27";,,, 
Globigerineii,  Larven  44 "/o, 
Diatomeen                       2  "/„, 
("eratien,  Tintinnen,  Larven, 
Meilnst-n,  Zoea,  Kvadne. 

64. 

Akaroa-Bay. 

21.  Februar  1895. 

a.  1 

.  10  m  —  0,1  cc 

lcbm(iom)_:0,65cc 

1  cbm  =  0,55  ec  =  22i)(»)  Ind. 

Dem   Ausgang  zu, 

Mittags  bei  Hoch- 

b. 

„        „   =r0,08  „ 

„      =0,52  „ 

Copepoden                      3o  ";„, 

nach  der  offenen 

wasser. 

c.  2 

.  10   ,,   =r0,16  ., 

r,             „       =0,52  „ 

Cladoceren                      KJ"/„. 

See. 

Olobigerinen,  Cysten. 

Tiefe   ea.    -io  m. 

Larven                        -0"lo, 

Diatomeen                        4  "/„. 

Kleinster  Fang! 

65.            Akaroa-Bay. 

27.  Februar  1895. 

a.  1 

.8m~0,13CC 

icbm(8m)  =  i,2   cc 

Netz  E  ni. 

Innenhafen. 

Hochwasser. 

b. 

„      „    -0,13  „ 

„          „      =1,2     ., 

1  cbm  =  0,97  cc  =  27  5oo  Ind. 

Fänge  vom  Fallrep  au.s. 

c. 

„      ,,   =0,11  „ 

r           -      =1,0     „ 

Tiefe  lo'/.j  m. 

d. 

„      „   =0,09  „ 

„           „      =0,82  „ 

Ankerplatz   mehr   nach 

e. 

„      „    =  0,08  . 

„           „      =0,73  „ 

aussen  als  bei  03. 

f.    2 

.  8  „    :--=  0.2      „ 

0.91   ,, 

Ö6,. 

Wellington  N.  Z. 

8.  März  1895. 

a.  1 . 

10  m  ^0,15  cc 

icbm(iom)  =  i,icc 

Durch    den    Sturm     war    daa. 

Inuenhafen  abge- 

Fang bei 

b. 

,       ,,  =0,18    „ 

„       =1,3,, 

Wasser  schmutzig. 

schlossen  von  der  See. 

N.  W.  Sturm. 

c. 

,       ,,  =0,18    ,, 

n        ~1,3„ 

1  cbm  — 1,23  cc  =  lisooo  Ind. 

Südende  der  Nord-Insel. 

Copepoden                     47%. 

Schiflfsbug. 

Protozoen                       18  "/o, 
Diatomeen                      Ui",o. 

67.        Sydney  N.  S.  W. 

2G.  März  1895. 

a.l 

10  m  =  o,i7  cc 

icbm(l0m')  =  l,25cc 

In  Fang  b  einige  Sagitten. 

Port  Jackson 

a.  b.  c.  dieselbe 

b. 

,        r,  =  0,2       „ 

„      =1,45,, 

Aus  Fang  b  eine  Ai)i)endicnlurie 

mitten  im  Strom. 

Stelle. 

c. 

,        .,  =  0,18    „ 

,,          „      =1,3    ,, 

von  3  cm  Länge  und  i  cm  Dicke 

Strom  nach  aussen 

d.  e.  f.  jeder  an 

d. 

,        ,,  =  0,16    ,, 

,,           „      =1,17,, 

vor  dem  Centrifngiren  entfernt. 

ca.   1  Sm. 

verschiedener 

e. 

,        ,,  =  0,16    ,, 

„      =1,17,, 

aus    Fang   c    und  d   i    resp.  3 

Stelle. 

f. 

,,  =  0,18    ,, 

„      =1,3    „ 

kleine     Ctenophoren     von     ca. 

Wasser  ruhig. 

3  nun  Durchmesser. 
D  =  i,27  cc. 

68. 

Jorvis-Bay  N.  S.  W. 

3.  April  1895. 

a.  1 

.  10   m  =  0,17  CC 

1  cbm  (10  m)  =  1,25  cc 

Fang    b    und    c    in    Forma  liu 

rb. 

.c. 

1 .  10  m  =  o,3  „ 

icbm(iom)  =  2,2cc" 
,,        ,,     =2,2ec. 

conservirt,    wodurch    das    Vo- 

„      „  =0,3  ., 

lumen  zu  gross  wurde,  nament- 

lich durch  Medusen  u.  Sagitten. 

1 

D  =  i,25  cc. 

70. 

Sydney  N.  S.  W. 

1       8.  .\in-il  1895. 

a.  1 

.  10  m  =  o,i8  cc 

icbnn.l0in)  =  i,3  cc 

D=l,28  cc. 

Im  Farm  Cove. 

b. 

,,  =0,18    ,, 

„        „     =1,3    „ 

1         Wasser  ruhig. 

c. 

..        ..  =0.17    .. 

„      =1,25   ., 

160 


Dr.  Aiigustin  Krämer. 


Tabelle  E.     Ceutrifugii'te  Süsswasserplanktonfänge   aus  Neu-Seelancl. 


z 

3; 

Ort, 

Tiefe  der  Fangstelle. 

Datum. 

Zahl  und  Tiefe  der 

Fänge, 
richtige  Plankton- 

nienge. 

Auf  1  cbm 
Süsswasser  um- 
gerechnete 
Planktonmenge. 

B  e  m  e  r  k  u  n  g  e  n. 

1.          Tukapuiia-See. 
(i2  m  tiefer  Kratersee, 

Januar  1894. 

1  .  50  m  =  0,25  cc 

icbm(50m)  =  o,36cc 

Netz  No.  n.    13,3  cc  IJurchm. 

2.|  in  Meereshöhe  gelegen 
und  kaum  '/j  kra  vom 

Mitte  März  l«94. 

a.  1 .  25  m  =  0.i2  cc 

b.  „     „  =0,12  „ 

lcbm(25m)  =  o,35cc 
,,        ,,     =o,35cc 

3. 

Meere  getrennt,  welches 

nur  20  m  tief  ist. 

(Tofino-Bay.) 

1  Stunde  nördlich  von 

Auckland. 

Mitte  März  1894. 

C.  1  .  50  m  =  0,25  cc 

icbm(50m)  =  o,36cc 

4. 

Mitte  März  1894. 

d.  1  .  50  m  =  0,2    cc 

icbm(50m)  =  0,29cc 

8. 

Rotorua-See. 

Nordinsel. 
10—25  m  tief, 
7—8  km  breit. 

December  1894. 

a.  im  östlich.  Theil, 

b.  „   -westlich.   „ 

c.  „          „          „ 

a.  1  .  10  m  =  0,65  cc 

b.  1  ,  20  m  =  0,95  ,, 
C.       ,,      „   =0,9     ,, 

lcbm(iom)  =  4,7  cc 

,,     (20m)  =3,4    „ 
„          „       =3,25,, 

Die    nahezu    10  mal   grössere 
Menge  den  andern  Seen  gegen- 
über ist  hier  um  so  merkwür- 
diger,  als  in  den  See  die  Ab- 
wässer     zahlreicher      Geyser, 
Schwefel-  und  Alaunquellen  etc. 
münden. 

10. 

Taupo-See. 

Im  Herzen  der  Nord- 
insel. 
25  km  lang  und  über 
150  m  tief. 

Januar  1895. 
An  3  verschiedenen, 
nahe  bei  einander 
gelegenen  Stellen. 

a.  1 .24  m  =  0,15  CC 

b.  1 .  30  m  =  0,15  ,, 

c.  1 .  30  m^  0,1    ,, 

1  cbm  (24  m)  =  0,45  cc 
„     (30m)  =  0,36  „ 
,,          ,,       =0,24,, 

12. 

Takapuna-See. 

Februar  1895.         a.  i .  50  m  =  0,38cc  lcbm(50m)  =  0,55cc 
b.       „     „  =^0,3    „         „         „      =-0,43  „ 
C.       „     „  =0,32  „         „         „      =0,45,, 

2.    Berücksichtigte  Literatur. 

(Die  mit  *  bezeichneten  Arbeiten  sind  nur  aus  Rprichten  bekannt;  siiecielleres  siehe  in  den  einzelnen  Capiteln.j 

a.   Korallenriffe,  Geologie,  Oceauographie  etc. 

*1.  Ehrenberg,     a)  Abhandl.  der  Berl.  Acad.  d.   \V.   1831   „Die  Korallenthiere  des   rothen 
Meeres" 
b)  Abhandl.  der  Berl.  Acad.  d.  AV.  1832  „Ueber   die  Natur  und  Bildung 
der  Korallenriffe  des  rotlien  Meeres". 

2.  Ch.  Darwin.     On  the  structure  and  distribution  of  coral  reefs.    (1842.)    3.  Aufl.    1890. 

Ward,  Lock  and  Co.,  London. 

3.  Dana,     a)  Report  on  Zoophytes    of  the  Wilkos  exploring  expedition.     Vol.  VII.    1846. 

b)  Geological  Report  „      „  „  „  „  1841». 

c)  Oorals  and  Coral  Islands.     (1872.)     3.  Aufl.  1890. 

d)  Characteristics  of  Volcanoes  with  contribution  of  facts  and  principles  of  the 
Hawaiian  Islands.     1890.     New- York,  Dodd,  Mead  &  Co. 

*4.  Cotithouy.     Remarks  on  coral  formation.     Best.  Journ.  Nat.  Hist. 
*5.  Jukes.     Narrative  of  the  Voyage  of  H.  M.  S.   „Fly".     1847. 

*6.  R.  J.  Nelson.     (|uart.    .lourn.    Greolog.    Soc.    of   London    Vol.    IX.      1853.      „On    the 
genlogy  of  the   Balianius  and  on  Coral  formations  generally." 
7.  Weinland.     Württ.   naturw.  Jahreshefte.  XVI.    Bd.    1860.     „Ueber  Inselbildung  durch 

Korallen  und  ]\Iangrovebiische." 
ö.  E.  Ransonnet.      lieise  von  Kairo  nach  Tor  zu  den   Korallonbäiiken  des  rothen  Meeres. 
Vcrliaiidl.   der  k.   k.  zool.  bot.   GescUsch.     Bd.  Xlll.      1863. 


X.    Tabellen  und  Literaturverzeiehniss.  ]^(j]^ 


1>.  C.  Semper.     a)  Die  Philippinen    und    iiire    Bewohner.     Würzburg    1869.     (S.   100     111 
Abdruck  aus  Zeitschrift  für  wiss.  Zoologie.     Bd.  13.     063—09.     1863.) 

b)  Die  Palau-Inseln.     1873. 

c)  Die  natürlichen  Existenzbedingungen  der  Thiere.      1880. 

10.  Rein,     ''^a)  IViträge    zur   physikalischen  (ieograpliie    der  Bermuda-Inseln.      Herielitc  dvr 
Senkenberg'schen  Xaturf.  (trsellsch.     1869     70  p.   107. 
b)  Die   Bermuda-Inseln    und    ihre    Korallenriflie    nebst    einem    NacJitrage    gegen 
die  J)arwin'schc  Senkungstlieorie.      N'erhandlung.  des  1.  deutsch,  (ieographcn- 
tages  1881.     S.  29-46. 
*11.  Potirtales.     ,,D<^r  Meeresboden  des  (iolfstrom's    und    der  atlanlisclien   Küsten.-'     J'eter- 
mann's  geogr.  3Iitth.   1870, 
12.  Graeffe.     a)   .,Reisen  nach  verschiedenen    Inseln  (k'r  Siidsee."      .Viisland    1867.      ..Manna 
Erujjtion." 

b)  „Reisen  in  der  Südsee.-'     Ausland   1868. 

c)  Topographie  der  ScJiifterinseln.     .lourn.   ^lus.   (xodefroy  Heft  1. 

d)  Geologie  ..  „  ,,  ,,  „  Heft  2. 
*13.  Balausa  et  Chambreyon.     Bull,  de  la  Soc.  (xeogr.      Vol.  V.     1873. 

■14.  Chambreyon.     Bull,  de  la  Soc.  Geogr.      ^'n].   IX.    1875.     ..Xote  relative  ä  la  nouvelle 
Caledonie." 

15.  E.  Haeekel.     Arabische  Korallen.     1876. 

16.  Ratlibiin.     Brazilian  Corals    and    Coral  Reefs.     Americ.  Naturalist.      Vol.    XIII.     1879. 

17.  Klunzinger.     a)  Eine    zoologische  Excursion    auf   ein    Korallenriff    des    rothen   Meeres. 

Verhandl.  der  k.  k.  zool.  bot.  Gesellsch.     1870. 
b)  Das  AVachsthum  der  Korallen  insbesondere  ihre  Vermehrung  durch  Ab- 
leger und  über  AVachsthumsstörungen.    Württ.  naturw.  Jahreshefte  1880. 

18.  Jordan.     ..Die    Theorieen    über    die    Entstehung    der    Korallenriffe."      Biolog.    Central- 

blatt.     2.  Band. 

19.  C.  E.  Meinicke.     Die  Inseln  des  Stillen  Oceans.     1875. 

20.  K.  Möbius.     Beiträge  zur  Jleeresfauna  der  Insel  Mauritius  und  der  Seychellen.     1880. 

21.  John  Murray.     a)   ..On  the  structure    and  Origin    of  Goral  Reefs   and  Islands".     Proc. 

of  the  Roy.  Soc.  of  Edinb.     Vol.  X  1878—80. 
b)  Goral  Formations.     Xature  1888.     Vol.  XXXYII.     S.  414-15. 

22.  — -  and  Irvine.     On     coral    reefs    and    other    carbonate    of   line  formations    in    modern 

Seas.     Proc.  of  the  Roy.  Soc.  of  Edinb.     A^ol.  XYII.     1889. 

23.  —  and   A.  Renard.      X'^omenclature,    origin    and    distribution    of   Deep    Sea    deposits. 

Proc.  of  the  Roy.  Soc.  of  Edinb.     Vol.  XU.     1884. 

24.  H.  B.  Guppy.     a)  Notes  on    the  characters  and   mode  of  formation  of  the    coral  reefs 

of  the    Salomon    Islands.     Proc.    of  the    Roy.  Soc.    of  Edinb.     Vol. 
Xin.     1885—86. 

b)  The  Salomon  Islands,  their  geology  etc.     1887. 

c)  Goral  formations.    Xature  März  1888.     S.  462  u.  604.     Vol.  XXXVII. 

d)  ..Preliminary  Note  on  Keeling  Atoll".     Nature  Jan.  1889. 

25.  Studer.     *a)  Verhandl.  des  2.  deutsch.  Geograph.-Tages  1882.     S.  23-25. 

b)  La  formation  coralienne  dans  les  oceans  au  point  de  vue  geologique. 
*c)  Ueber  Korallenriffe.  9.  Jahresbericht  der  geogr.  Ges.  Bern.  1888—89.  S.  140. 
25  d.  P.  Hoffmann.     AVahrnehmungen    an   einigen    Korallenriffen    der   Südsee.      Verhandl. 

der  Gesellschaft  für  Erdkunde.     Bd.  IX.     1882. 
2().  A.  Agassiz.     a)  The  Tortugas  and  Florida  Reefs.  Mem.  of  Americ.  Acad.   Vol.  XI.  1882. 

b)  Three  cruises  of  the  Blake.     Boston  1888.     2  Bände. 

c)  The   Coral   Reefs    of  the   Hawaiianislands.      Bull,    of  ]\Ius.    of.   Comp. 
Zool.  Harvard.     Vol.  XVII.     1889. 

d)  On    the    rate    of    growth    of    corals.     Bull,    of  ]\Ius.    of.     Comp.  Zool. 
Harvard.     Vol.  XX.     1890. 

Krämer,  Ueber  den  Bau  der  Korallenriffe.  H 


|g2  1^1'-  Angustin  Krämer. 


e)  General    sketeh   of   tlie  cruise    ot'    the   ..Alhatross"  Febr.  til  3Iay  1891. 
Bull,  of  Mus.  of  t'omp.  Zool.  Harvard.      \ul.  XXIII.     18Jt2. 

f)  A  reeonnaisscance  of  tbe  Bahamas    and    tlie    elevated   Kecfs    of   ("uba. 
Bull,  of  Mus.  of  Comp.  Zool.  Harvard.     Vol.  XXVI.     1894. 

g)  A  Visit   to   tlie    Bermudas    in    ^larcli    1894.     Bull,    of   Mus.    of.    Comp. 
Zool.  Harvard.     Vol.  XXVI.      1895.     Xo.  2. 

27.  A.  Geikie.        a)   l'rcsidcntial  Adre.ss  befoi'e  the   Royal  Soeietv  of  Edinburoli.    Prooeed. 

\'ol.   Vlil.     1883. 
*b)  Nature  1883. 
(•)  Text  book  of  Geology  3.  Aufl.  1893.     p.  485-492. 

28.  H.  O.  Forbes.     A  naturalist's  wanderings  in  tlio  eastcrn  Arehipelago.    1885.    (Deutsche 

Uebersetzung.) 
*29.  O.  Fintseh.      Ein    Besuch    auf   Diego    Garcia    im    Indischen    Üccan.     Deutsch,    geogr. 
Blätter.      Bremen  1887. 

30.  C.  Keller.     Heisebilder  aus  Ostafrika  und  Madagaskar.     1887. 

31.  J.  Walther.     a)  Die  Korallenritfe  der  Sinaihalbinsel.     1888.     Abhandl.  der  ]\lath.  jihys. 

kön.  Sachs.  Gesellsch. 
b)  Die  Adamsbrücke  und  die  Korallenriffe  der  Palkstrasse.     Petennann's 
geogr.  Mitt.   1891.     Ergänzungsband  XXII. 

32.  Wharton.     a)  Coral  Formations.     Nature  Febr.   1888  S.  393—95. 

*b)  Masämarhu  Island.     Xature  Sept.   1888. 

33.  Bourne.     a)  Coral  Formations.     Xature  März  1888.     S.   114. 

b)  The  atoU  of  Diego  Garcia  and  the  Coral  formations  of  the  Indian   Uceau. 
Nature   1888.  p.  546—550. 

34.  Irvine.     Coral  Formations.     Nature  1888.  pp.  461,  509,  605. 

35.  Ross.     Coral  Formations.     Natui-e  März  1888.     pp.  461,  584. 

*36.  Hickson.     Theories  of  Coral  Reefs  and  Atolls.    Adress.  Brit.  Assoe.  f.  Adv.  of  Science  1888. 

37.  R.  V.  Lendenfeld.     a)  Ueber    Bourne's    Diego     Garcia    Ritfbeschreibung.      Naturwiss. 

linndschau.     1888. 
b)  Bemerkungen     zu     Murrays    Theorie     über    den    Bau    der     Ko- 
rallenriffe.    Gäa  1890. 

38.  Sues.     Das  Antlitz  der  Erde.     1888. 

39.  V.  Boguslawski  und  Krümmel.    a)  Handbuch  iler  ()ceanugraj)lüe.     1888. 

b)  Krümmel,   Bemerkungen  über  die  Durchsichtigkeit 
des   Meerwassers.     Annalen  der  Hydrographie   1889. 

40.  C.  Pli.  Sluiter.     Einiges    über   die  Entstehung    der  Korallenriffe    in    der  Java-See    und 

Branntwein.sbai  und  über  neue  Korallen])ildung  bei  Krakatau.    Natuurkund.  Tijdsch. 
Nederl.  Indie.     1889, 

41.  A.  Heilprin.     a)  The   Bermuda  Islands  a    contribution    to  etc.  with    an  examination  of 

the  structure  of  Coral  Reefs.     Philad.   1889. 
b)  The   corals  and  Coral  Reefs    of   the   Western  Waters    uf   the    Gull'   of 
^lexico.     Proc.  Acatl.  Nat.  Sc.  Philadelphia.     1890. 

42.  R.  Langenbeck.     Die  Tlieorieen  über  die  Entstehung  der  Koralleninseln  und  Korallen- 

riffe.    Leipzig   1890. 
4.3.  Th.  Fuchs,     l'eber  einige  Punkte  in  der  physischen  Geographie  des  Meeres.    \'erhandl. 
der  k.  k.  geologischen  Rcichsanstalt.     1882.     (No.  2) 

44.  Hüfner.     Ueber  die  Farbe  des  Wassers.     Archiv  für  Anat.   und  Phys.     1891. 

45.  M.  J.  J.  Lister.     Notes  on  the  Geology  of  the  Tonga  Islands.     Quart.  Journ.  Geolog. 

Soc.     1891. 

46.  Jukes  Browne  and  Harrison.  The  geology  of  Barbadoes.  Quart.  Journ.  Geolog.  Soc.  1891. 

47.  SoUas  and  Cola.    'I'lie  (irigin  of  certain  marbles:  asuggostion.    Proc.  Roy.  Dublin  Soc.  1891. 

48.  Ortmann.     Die  Korallenriffe  von  Dar  es  Salam.     Zoolog.  Jahrbücher  VI.     1892. 

■  49.  Saville  Kent.     The  Great   Barrier   Reef   of  Australia,    its   products    and   potentiahties. 
London  1893. 


X.    Tabellen  und  Literaturverzcichniss. 


163 


50.  Krümmel.      Wcstimli.sc-lic   Kin-allcnl.auten.     (ilnbus   IM.  49   Xo.   1    189«). 

.")1.  Reinecke.      \)\o  letzten    \  iilkaniselien    l?il(liiniici\  auf  den  Samoain.selii.     Globus  Kd.  49. 


■>L'.  Hensen. 


Haeckel. 


1».    l'i-bcr  Plankton,  (nälieres   l)ei    llensen   luul    Haeckel). 

a)  ;\leth(i(lik  dm'   Untcrsucliiinii'en  liei    der   l'huiktonexpodition.      Kiel,    Lij)siii.s 
und  Tisclicr.     1895. 

b)  Kinig-c  Erg-el)nisse  der  I'lanktonexpeditidii  der  Hundidldt-Stil'tuno^.  Sitzungs- 
ber.   der  Aead.   der   Wissenseli.      Üerlin.      Xl\'.      1890. 

a)  Flaukton-stmüen.     Jena    1890. 

b)  Planktoncomposition.        -lenai.sclie     Zeitsclir.     1'.     Naturw.       Bd.     XXVII. 
X.  F.  XX.     1892. 

54.  K.  Brandt,     a)  HaeckoLs  An.sie]iten    über    die    I'anktonexpedition.     Sclirif't    des  naturw. 

Vereins  ilir  Scliles.-Holst.      B.l.   VIII.     Helt  2. 

b)  Ucbcr  die   biologischen  rntcrsucluingcn  der  l'lanktoncxpedition.      ^'erll. 
der  Gesellscli.  f.  Erdkunde.     Dec.  1889. 

c)  Uebcr     die    .Scliliessnetzfänge    der    Planktonexpedition.      Abliandl.    der 

Vereinig,  deutscli.  Naturf.   und  Aerzte  in  Lübeck  1895. 

55.  Schutt.     Analytische  Planktonstudien.     Kiel  1892.     (L.   u.  T.) 

5*1.  Apstein.     a)  Das  Plankton  des  Süsswassers  und  seine  (juantitative  Eestinunung.    Schrift 
der  naturw.   Ver.   f.  .Schl.-Holst.      Bd.  IX.     Heft  2.  ■   1892. 

b)  Quantitative   Planktonstudien  im  Süsswasser.      Biolog.  Centralbl.    Bd.  XII. 
No.   K)   u.   17.     1892. 

c)  Das  Siisswasserplankton.     1896  (L.  u.  T.). 

57.  Dahl.     a)  Die  horizontale  und  vertikale   Verbreitung  der  C'opepoden  im  Ocean.     Verh. 

der  deutsch,  zool.   (lesellsch.     1894. 
b)  Die  ^'erbreitung  freischwimmender  Thiere  im  Ocean.    Sehr,  des  naturw.  Ver. 
f.  Schl.-Holst.     Bd.  X.     1895.     S.  281—90. 

58.  Giesbreelit.     a)  Die    pelagischen  Copepoden.     (Albatross  1891.)     Bull,    of   the   Mus.  of 

Comp.  Zoology  at  Harv.  Coli.     Yol.  XXV.     No.  12. 

b)  Die  Copepoden.     Fauna  und  Flora  des  Golfes  von  Neapel.     Bd.  XIX. 

c)  L  eher  pelagische  Cojiepoden  des  rothen  ^leeres.    Zool.  Jahrbücher  1896. 

59.  Krämer.     ( >n    the  most    frequent    pelagic    Copepodes    and    Cladoceres    of  the    Hauraki 

Gulf.     Trans,  of  the  New  Zealand  Inst.     Vol.  XXVII.     1894. 

60.  Aurivillms.      Planktonundersekninger :    Animalisk   Plankton.      Bihang    til    K.   Sv.  Vet.- 

Acad.  Handl.     Bd.  20.     1894. 

61.  Peek.     The  sources  of  marine  food.     Bull,  of  the  U.  S.  Fish.  Comm.  for  1895  S.  B51  bis  868. 


8. 

9. 
10. 
11. 


3.   Preisliste  der  Planktonmaterialien  bei  Ad.  Z Wickert, 

Optische  Anstalt,  Dänischestrasse  25,  Kiel. 

Ein  Planktonnetz  (nach  Apstein)  mit  grossem  Filtrator  und  extra  Messing- 
ring C'r.i  D"!)  ™it  (raze  No.  12 ca.  48  31.    -    Pf. 

Ein  Planktonnetz  (nach  Apstein)  mit  grossem  Filtrator  und  extra  31essing- 

ring  (7"5  D™)  öiit  Gaze  No.  20      ca.  55    „      - 

Ein  kleiner  Filtrireimer  mit  Klemmring 7    ,.    50 

Ein  qm  Seiden-  (Müller)  Gaze  No.  20 17 

Reisecentrifuge •     .    .    .    .  45 

Zähltisch  (nach  Zwickert)  nebst  zwei  Zählplatten  (^;'.   u.  j)^  mm)    ...  70 

Eine  Stempelpipette  nach  Hensen  (0.2  cc) 18 

Ein  Maasscj'linder  (100  cc) 2 

Zwei  Spritzenpipetten  (^L  tj.V  ^c) 4    ..    50 

Zehn  Stück  Centrifugirmessgiäser  (ä  80  Pf.) 8 

Verpackungsschachtel  für  (iHäser,  Pipetten  u.  s.  w 8 

Ein  Kasten  für  Centrifuge,  Schachtel  u.  s.  w ca.  12 

11* 


Anhang: 

Bemerkungen  über  den  essbaren  ralolowurni, 
Lysidice  viridis  (Gray). 

Von  Ant.  CoUin  in  Berlin. 


Einer  freundlichen  Aufforderung  des  Herrn  Marinestabsarzt  Dr.  A.  Krämer 
gern  entsprechend,  will  ich  im  Anschlnss  an  die  vorstehende  Arlieit  einige  zusammen- 
fassende Bemerkungen  über  einen  eigenthümlichen  Bewohner  der  Korallenriffe,  den 
essbaren  Palolowurm  des  pacitischeu  Oceans  geben:  obwohl  diese  Notizen  Neues 
kaum  bieten  werden,  dürften  sie  doch  vielleicht  manchen  Interessenten  finden  und 
Reisende,  welche  den  Vorzug  haben,  jene  gesegneten  Gegenden  besuchen  zu  können, 
vielleicht  zu  weiteren,  eingehenderen  Forschungen  über  diese  biologisch  so  ausser- 
ordentlich merkwürdige,  aber  noch  in  vielfacher  Hinsicht  unklare  Erscheinung 
anregen. 

Lysidice  viridis  (Gray)  1847;  Palolowurm. 
Wichtigste  Litteratur : 
1847.    Palola  viridis  (nicht  Palob)).  —  Gray.  An  Account  of  Palolo,  a  Sea  Worm 
eaten  in  the  Navigator  Islands.     By  the  Ilev.  J.  B.  Stair,  with 
a  Description  by  J.  E.  Gray  etc.  —  Proc.  Zool.  Soc.  London 
XV,  p.  17— 18.     Auch  in:  Ann.  Mag.  Nat.  Hist.  XIX,  p.  409 
bis   410    (1847).      Z.  Th.    abgedruckt   in:    Encyclop.  Britann. 
8"!  edit.    Vol.  XI,  p.  297  (1856). 
1858.         „  .,      —  Macdonald,  J.  D.     On  the  external  Anatomy  and  Natural 

History  of  the  Genus  of  Annelida  named  Palolo  by  the  Samoans 
and  Tonguese,  and  Mbalolo  by  the  Fijians.  —  Trans.  Linn. 
Soc.  London  XXII,  pt.  HI,  Nr.  XVL  p.  237—239,  pl.  XLI. 

1862.  „  „     —  Seemann.  B.    Viti:  An  Account  of  a  Government  Mission 

to  than  Vitian  or  Fijian  Islands  in  the  years  1860 — 61.  Gam- 
iM-idge  8",  p.  59—63:  4  Texttig. 

1863.  „         „     —  Hood,  T.   H.     Notes   of  a  Cruise   in   H.  M.  S.   „Fawu" 

in    tbo    Western   Pacific   in    the    Year    1862.  —  Edinburgh, 
8",  268  pp.,   1863;  p.  126—128  (Pulolo  von  Samoa.) 
1865.  Lysidice  palolo  —  (^uatrefages,  A.  de.    Histoire  naturelle  des  Anneies  marins 
et  d'eau  douce.     Annelides  et  CK'iiliyi'ieiis  L     Paris,  8",  1865, 
p.  379. 


IJeiiicrkuntron    über    den    cs.slmnMi    Palolowiinii.  165 


1868.  Lysidice viridis  —  p]hl  ers.  E.  Die  Borstonwürmor  (AnnolidaChaotopoda)  nach 
System,  imd  anatoin.  rntersucluiii<^eii  daroestellt.  Bd.  I.  Leip- 
zig 1864— 18(;8.  p.  ;}(;7.  Aninerkung.  Taf.  XVT.  Fig.  17  —  18. 

1875.  Palola  viridis  —  Wliitmec.  S.  .1.  Oii  tlie  Ihihits  of  Palola  viridis.  —  Troc. 
Zool.  Soc.  London  1875.  j).  41)6—502.  (Vorlauf.  Mittheil., 
ibid..  p.  158). 

1883.  I*al(»l(»  viridis  -  -  rowcll.  Tli.     i.'cnnii'ks  <.n  tlic  Stnutiirc  and  Habits  of  the 

Coral-reef  Aiiiielid.   l'iilolo  viridis.  —  .lourn.  Linn.  Sor.  (Zool.) 
XVI,  p.  393     396. 

1884.  „  .,      — Turner,  G.     Sanioa  a  liundrcd  years  ago  and  long  before. 

London.  8'\  1884.  p.  206—207. 

1885 —  M'Intosh,  W.  ('.     Ileport    on   the  Annelida  J'olychaeta 

coUected  by  H.  M.  8.  ('hallenger  during  the  years  1873 — 76.  — 
Rep.Scient.Besults  ('hallenger,  Zixdogy  V(d.  XIL  p.  257  —  261. 
Das  von  Herrn  .Marin('stal)sar7,t  Dr.  Krämer  gesammelte,  gut  conservirte 
^Material  von  den  8amoa- Inseln,  aus  den  Monaten  October  und  November  1893, 
enthält  unter  einer  reichlichen  Masse  von  Bruchstücken  und  Schwanzenden  leider 
keinen  einzigen  Kopf.  Das  ist  nicht  mehr  verwunderlich,  seitdem  man  weiss,  dass 
mit  Kopf  versehene  Thiere  zu  den  grössteu  Seltenheiten  geliören  und  nur  ganz 
zufällig  an  die  (Oberfläche  kommen :  sogar  nur  zweimal  ist  bisher  ein  Kopf  dieses 
Wurmes  beschrieben  resp.  abgebildet  worden,  und  zwar  von  Macdonald  und 
Seemann:  dabei  scheint  es  in  dem  letzteren  Falle  überhaupt  zweifelhaft.  o)> 
Seemann  wirklich  einen  Falolowurm  vor  sich  gehabt  hat,  denn  nach  den  über- 
einstimmenden Berichten  vieler  Beobachter  erreichen  schon  allein  die  Bruchstücke 
des  Wurmes  bis  '/.,  m  Länge,  während  Seemann 's  in  natürlicher  Grösse  gegebene 
Abbildung  des  ganzen  Thieres  nur  9  cm  misst;  auch  viele  von  Dr.  Krämer 
gesammelte  Bruchstücke  und  solche  der  Berliner  Zoolog.  Sammlung  und  des  hiesigen 
Zoolog.  Instituts  erreichen  eine  viel  bedeutendere  Länge.  Selbst  wenn  man  die 
ausserordentliche  Verschiedenheit  der  Körperlänge  einer  und  derselben  Chaetopoden- 
species  in  Betracht  zieht,  erscheinen  die  obigen  Grössennnterschiede  doch  etwas  zu 
bedeutend,  und  es  dürfte  sich  in  diesem  Seemännischen  Falle  also  entweder 
um  ein  junges,  nicht  ausgewachsenes  oder  abn(n-m  kurzes  Exemplar,  vielleicht  gar 
um  eine  ganz  andere  Art  handeln. 

Ein  Bruchstück  einer  Eunicide  aus  der  Grube' sehen  Sammlung,  jetzt  im 
Besitz  der  Berliner  Zoolog.  Sammlung,  welches  als  „Palola  viridis,  Gray,  Kopf?" 
Ix'zeichnet  war,  gehört  überhaupt  nicht  der  Gattung  Lysidice  an. 

Durch  die  Untersuchung  Macdonalds  scheint  die  systematische  Stellung 
des  Palolowurmes.  als  in  die  Gattung  Lysidice  gehörig,  genügend  klargestellt, 
wenn  auch  nähere  Untersuchungen,  namentlich  des  Kopfes,  höchst  wüinschenswerth 
sind:  daher  muss  der  von  Gray  geschaffene  Gattungsname  Palola  aufgegeben 
werden. 

Der  von  Macdouald  abgebildete  Kopf  (Fig.  1)  zeigt  die  für  Lysidice 
characteristischen  3  Fühler  und  den  Kieferapparat.  Die  darauf  folgenden  etwa 
20  Segmeute   waren   beträchtlich  schmäler,    als  die  Segmente  der  reifen  Bruch- 


\QQ  Dr.  Aiigustin  Krämer. 


stücke,  auch  waren  auf  den  ersten  Segmenten  die  typischen  dunklen  Rückenflecke 
sehr  undeutlich  und  kaum  sichtbar. 

Die  Bruchstücke,  wie  sie  au  der  Oberfläche  des  Meeres  gefangen  werden, 
haben  eine  Länge  bis  50  cm  und  gewöhnlich  eine  Breite  von  2 — 3  mm,  welche 
nach  Powell  auch  V^  iuch  (ca.  -=  6,3  mm)  erreichen  kann  (Fig.  2).  Die  Parapodien 
tragen  keine  Kiemen,  aber  je  einen  dorsalen  und  ventralen  Cirrus  und  Borsten- 
bündel mit  zweierlei  Borsten:  lauge  fein  zugespitzte,  welche,  wie  M'Intosh 
gegenüber  Macdonald  richtig  bemerkt,  nicht  um  ihre  Längsachse  gedreht  sind, 
und  zusammengesetzte  Borsten,  deren  Endtheil  zwei  kleine  Zähne  trägt.  Von 
jeder  dieser  beiden  Borstenarten  finden  wir  2 — 3  in  jedem  Parapodium,  in  den 
vorderen  Segmenten  hinter  dem  Kopf  sind  sie  jedoch  nach  Macdonald  etwas 
zahlreicher.  Auf  jedem  Segment  liegt  in  der  Medianlinie  des  Rückens  ein  dunk- 
ler Fleck,  auf  welchem  nach  p]hlers  die  Ausführiingsgänge  eines  Drüsensystems 
münden.  Diese  dunklen  Flecke  sind  durch  eine  über  den  ganzen  Rücken  laufende 
helle  Läugslinie  verbunden.  Am  letzten  Schwauzsegment  finden  sich  zwei  kürzere 
dorsale  und  zwei  lange  ventrale  Girren;  einer  dieser  längeren  Girren  war  bei 
einem  Exemplar  von  Dr.  Krämer  in  2  Theile  zerspalten,  so  dass  es  den  Anschein 
hatte,  als  ob  3  lange  Analcirren  vorhanden  wären. 

Die  Farbe  des  Palolowurmes  ist  sehr  verschieden,  und  zwar  sind  die  Weib- 
chen im  Leben  schmutzig -indigofarbig  oder  dunkelgrün,  die  Männchen  dagegen 
hellbraun  bis  ockerfarbig  oder  weiss.  In  Alcohol  sind  die  Weibchen  meist  schmutzig- 
graugrün, bisweilen  auch  vollständig  weiss  (Exemplare  der  Berliner  Zoolog.  Samm- 
lung), die  Männchen  röthlichbraun.  Die  grünen  Eier,  mit  welchen  die  weiblichen 
Bruchstücke  prall  gefällt  sind,  haben  einen  Durchmesser  von  0,21  mm. 

Die  Verbreitung  des  Palolo  ist  nach  unserer  jetzigen  Kenntniss  auf  einige 
Inselgruppen  des  pacifischen  Oceans  beschränkt  und  zwar  auf  die  Samoa-, 
Fidschi-,  Tonga-  und  G i  1  b e r t - 1 n s e  1  n.  Ob  es  sich  bei  der  von  Seemann 
ebenfalls  als  Fundort  angegebenen  Gruppe  der  Neuen  Hebri den  wirklich  um 
Palolo  handelt,  scheint  fraglich,  denn  einige  Borstenwürmer,  welche  angeblich 
dort  gegessen  werden,  stellten  sich  bei  der  Untersuchung  nach  M'Intosh  als 
Phyllodociden  heraus.  In  der  Berliner  Sammlung  finden  sich  ferner  einige  von 
Putze  gekaufte  Exemplare,  angeblich  von  Neu-B  ritannien. 

Der  Pal(d(»wurm  ist  ein  Bewohner  der  Korallenriffe  und  steigt  nur  zweimal 
im  Jahre  in  den  Monaten  October  und  November  zur  Ablage  der  Geschlechts- 
producte  an  die  Oberfläche.  Er  erscheint  nur  an  gewissen  Theilen  der  Inseln,  an 
der  Seite  der  Lagune,  nahe  dem  äusseren  Riff.  Nach  der  Mittlieilung  von  Stair 
(l)ei  Gray)  treten  die  Würmer  am  Rande  der  Riffe  besonders  da  auf.  wo  viel 
Süsswasser  ausströmt,  doch  ist  das  nach  der  Beobachtung  von  Dr.  Krämer 
nicht  der  Fall.  Während  der  übrigen  Zeit  des  Jahres  scheinen  die  Würmer 
in  den  tieferen  Regionen  der  Korallenriffe  zu  leiten,  doch  sind  sie  dort  mit  Aus- 
nahme eines  Falles  noch  nicht  in  ihren  Schlupfwiidadn  beobachtet  oder  dort 
gefangen  worden:  Whitmee  fand  nämlich  ein  Exemplar  in  den  Spalten  eines 
abgestorbenen  Korallenblockes,  welcher  von  einer  Stelle  nahe  der  Küste  entnommen 
war,  an  welcher  der  Palolo  erscheinen  sollte. 


ßemerkimo^cii    über   den   cssliarcii    l'alnlowiirni. 


167 


Die  Würmer  steigen  in  so  gewaltigen  Massen  zur  Oberfläche  auf,  dass  die 
See  an  solclien  Stellen  ..mehr  fest  als  flüssig  erscheint".  Sic  zeigen  sich  nur  am 
frühen  Morgen  an  hcstimintcii  Tagen,  über  welche  weiter  unten  Näheres  mitgetheilt 
werden  soll.  Einzelne  Kxemplare  erseheiiien  hei  der  ersten  Morgendämmerung, 
dann  werden  sie  von  Äfinute  zu  ^linute  häutiger  und  beleben  schliesslicii  bei 
Sonnenaufgang  in  so  zahllosen  IMassen  die  (»terllärlie.  dass  nach  Aussage  einer 
englischen  Ladv  ein  Taschentuch  in  einer  Wasser- 
tiefe von  4  inches  (  ^  10.16  cm)  unter  der  Masse 
der  Würmer  niciit  melir  sichtbar  war.  Das  ganze 
Schauspiel  dauert  nur  wenige  Stunden,  und  alle 
Würmer  sind  einige  Zeit  nach  Sonnenaufgang 
vollständig  verschwunden.  Immer  sind  es  nur 
Bruchstücke  ohiu'  Kopf,  welche  an  die  ()l)erfläche 
kommen.  Die  bis  ^o  "^  langen  Stücke  haben  ihre 
eigene  Bewegung  und  schwimmen  entweder  fast 
gerade  ausgestreckt  oder  in  grösseren  spii'aligen 
Windungen,  oft  sehr  schnell  durch  einander. 
Powell  glaubt  den  einzelnen  Stücken  einen  be- 
sonderen Gesichtssinn  zuschreiben  zu  müssen,  da 
sie  ilen  Fangkörl)en  geschickt  auszuweichen  suchen.  1 

Die  Beobachtung  von  Powell,  dass  die  Bewegung  ihrer  Borsten  beim  Schwimmen 
denselben  Eindruck  hervorruft,  wie  die  Wimperbew^egung  der  Rotatorieu.  erscheint, 
wie  auch  M'Intosh  sagt,  etwas  abenteuerlich.  Die  grösseren  Stücke  zerbrechen 
allmälig  selbstständig  in  immer  kleinere  Theile.  und  es  findet  dabei  eine  aus- 
giebige Entleerung  der  männlichen  und  weiblichen  Geschlechtsproducte 
statt,  mit  denen  ihre  Leilu'shöhle  ^•ollständig  vollgepfropft  war.  Die 
Theilung  der  Stücke  setzt  sich  immer  weiter  fort,  bis  schliesslich  nur 
ganz  kurze  Theilstücke  von  wenigen  Segmenten  übrig  bleiben,  welche 
dann  ganz  leer  von  Geschlechtsproducten  zu  Boden  sinken.  Die  See  ist 
dann  durch  die  massenhafte  Ausstossung  der  Eier  und  des  Sperma 
weithin  grünlich  und  weisslich  -  trübe  gefärbt.  Whitmee  beobachtete 
ganz  denselben  Vorgang  an  einigen  Stücken,  welche  er  in  ein  Glasbassin  gesetzt 
hatte:  Männchen  und  Weibchen  zerbrachen  und  die  Flüssigkeit  trübte  sich  durch 
die  Beimischung  des  Sperma:  die  Eier  setzten  sich  allmälig  zu  Boden.  Peln-igens 
entwickelten  sie  sich  im  Aquarium  nicht  weiter. 

Es  scheint  zweifellos,  dass  die  Thiere  allein  zum  Zwecke  der  Ablagerung 
der  Geschlechtsproducte  und  zur  Befruchtung  der  Eier  an  die  Oberfläche  kommen. 
Dieser  Process  wird  durch  die  leichte  Zerbrechlichkeit  natürlich  begünstigt  und 
beschleunigt.  Dass  die  Theilstücke,  deren  innere  Organisation  zum  Tbeil  atro- 
phischen Character  trägt  und  welche  in  der  Bildung  von  Geschlechtsproducten 
gänzlich  aufgegangen  zu  sein  scheinen  und  ihren  Endzweck  damit  erreicht  haben, 
etwa  nach  ihrem  Untersinken  wieder  zu  neuen  Thieren  anwachsen  sollten,  scheint 
gänzlich  ausgeschlossen,  vielmehr  werden  sie  sämmtlich  zu  Grunde  gehen.  Hier- 
gegen würde  auch  Powells  Beobachtung  nicht  sprechen,  welcher  grössere  Bruch- 
stücke,  ohne  w'eiter   zu   zerplatzen,    durch  „Ei-   und  Samenleiter"  (vielleicht  die 


Wt 


1(58  Dr.  Augustin  Krämer. 


SegmentalorgaDe?)  Geschlechtsproducte  ausstossen  sah  und  die  Stücke  ganz  un- 
versehrt, aber  ganz  leer  davon,  fangen  konnte.  Die  in  der  Tiefe  zurückgebliebenen 
Kopftlieile  dagegen  dürften  walirscheinlich  wieder  neue  Endstücke  hervor- 
sprossen lassen. 

Die  merkwürdigste  Erscheinung  in  der  Biologie  des  Palolowurmes  ist  sein 
ganz  regelmässiges  Auftreten  in  den  Monaten  October  und  November  zur  Zeit 
des  letzten  Mondviertels;  nur  zu  diesen  zwei  Zeitpunkten  im  Jahre  erscheint  er 
an  der  Oberfläche  auf  den  Korallenriften,  und  zwar  ist  der  Novemberschwarm 
meist  reichlicher,  als  der  im  October.  Bisweilen  ist  sein  Erscheinen  an  den 
einzelnen  Inseln  einer  zusammengehörigen  Gruppe  auch  verschieden;  so  tritt  er 
nach  Angabe  des  Herrn  Dr.  Krämer  an  der  Insel  Sawaii  der  Samoa-Gruppe  be- 
sonders reichlich  im  October  auf,  während  er  bei  Apia  auf  üpolu  in  der  Regel 
im  November  häufiger  ist.  Ueberhaupt  ist  er  manchmal  im  October  an  einer 
Stelle  in  Myriaden  von  Exemplaren  vertreten  und  einen  Monat  später  finden  sich 
ebendaselbst  nur  wenige  Exemplare,  sowie  umgekelirt. 

Jedesmal  erscheinen  die  Würmer  in  der  Morgendämmerung  am  Tage  vorher 
und  am  Tage  des  letzten  Mondviertels  selbst,  einige  Nachzügler  zuweilen  auch 
noch  am  Tage  darauf.  Da  das  Auftreten  des  Palolo  ganz  regelmässig  so  enge 
mit  den  Mondphasen  verknüpft  ist  und  er  nur  zu  dem  Zeitpunkte  des  letzten 
Mondviertels  zur  Oberfläche  kommt,  so  ist  es  klar,  dass  er  in  jedem  Jahre  um 
mehrere  Tage  früher  kommen  würde,  denn  die  Mondmonate  fügen  sich  nicht 
dem  Sonnenjahr.  Erschiene  der  Palolo  jedesmal  na(;h  12  Mondmonaten  (etwa 
354  Tage)  beim  entsprechenden  letzten  Mondviertel,  so  käme  er  jedes  folgende 
Jahr  immer  um  etwa  11  —  12  Tage  früher.  Würde  er  13  Mondmonate  bis  zu 
seinem  Wiedererscheinen  brauchen,  so  würde  er  sich  jedes  Jahr  um  etwa  18  Tage 
verspäten.  In  beiden  Fällen  würde  seine  Erscheinungszeit  in  kurzer  Frist  aus 
den  Monaten  October  und  November  heraustreten  und  er  könnte  im  Laufe  der 
Jahre  zu  jeder  beliebigen  Jahreszeit,  in  jedem  beliebigen  Monate  auftreten;  dieses 
ist  aber,  so  lange  man  ihn  kennt,  nicht  der  Fall  gewesen,  vielmehr  ist  er  stets 
nur  in  der  Zeit  von  etwa  dem  5.  October  bis  gegen  Ende  November  sichtbar 
gewesen.  Diese  Thatsache  brachte  Whitmee  auf  den  glücklichen  Gedanken, 
dem  Erscheiuungsmodus  des  Palolo  nachzuspüren.  Seine  zum  Theil  allerdings 
lückenliaften  Beobachtungen  erstrecken  sich  für  die  Samoa- Inseln  auf  den  Zeit- 
raum von  1861 — 1873,  unter  Berücksichtigung  eines  Datums  von  den  Fidschi- 
Inseln.  An  der  Hand  dieser  Daten  stellt  Whitmee  die  sehr  annehmbare  Be- 
hauptung  auf,    dass    der    Palolowurm   stets    zwei   Jahre    hintereinander   nach  je 

12  Mondmonaten    erscheint,    dass   aber   in  jedem   dritten  Jahr  ein  Intervall  von 

13  Mondmonaten  auftritt.  Dieses  stimmt  mit  den  bekannten  Erscheiuungsdaten 
des  Wurmes  überein  und  dabei  überschreitet  auch  die  Erscheinungszeit  des  Wurmes 
für  längere  Zeit  nicht  die  Monate  October  und  November.  Derartige  Intervalle 
von  13  Mondmonateu  sind  nach  Whitmee  in  den  Jalircu  1862  63,  1865/66, 
1868  69  und  1871  72  eingetreten. 

Wliitmee  rechnet  aber  noch  genauer.  Wenn  der  Palolo  nämlich  zunächst 
2  Jahre  nach  je  12  Mondmonaten,  im  3.  Jahre  aber  nach  13  Mondmonateu, 
also    nacli    3  Jahren    zusammen  in  37  Mondmonaten  wiedererscheint,    so  kommt 


Bemerkungen    über   den    essbaren  Pnlolowurni.  Ibv 

er  allft  3  Jabre  noch  immer  um  etwas  melir  als  3  Tage  früher,  da  3  mittlere 
Sormeujahre  über  3  Tage  länger  sind,  als  37  Mondmoiiatc.  Würde  hier  nicht 
eine  Correction  eintreten,  so  würde  die  Erscheinungszeit  des  Palolo  noch  immer 
nach  einer  längeren  Eeihe  von  Jahren  die  Monate  October  und  November  nicht 
mehr  einhalten,  sondern  immer  frühzeitiger  fallen.  Zum  Ausgleich  dafür  raüsste 
nach  Wliitmees  Rechnung  alle  28  bis  29  Jahre  ein  Extra -Mondmonat  ein- 
geschaltet werden;  demnach  würde  dann  eine  solclic  dreijährige  Paloloperiode  zu 
dieser  Zeit  1  Intervall  von  12  und  2  von  je  13  Mondmonaten  umfassen.  Eine 
solche  Extra- Einschiebung  von  einem  Mondmonat  prophezeite  Whitmee  für 
1873  74  und  fand  seine  Vermuthung  bestätigt,  denn  der  Palolo  zeigte  sich  1874 
erst  nach  Ablauf  von  13  Moudmonaten  am  31.  October  und  1.  November. 

Einfacher  erklärt  sich  die  Sache  übrigens  in  folgender  Weise.  Da  die 
Mondphasen  alle  19  Jahre  fast  genau  zu  derselben  Sonnenzelt  wiederkehren 
(Metonischer  Cyclus),  so  liegt  es  nahe,  dass  der  Palolo  alle  19  Jahre  zu  dem- 
selben Datum  erscheinen  wird;  dieses  finde  ich  durch  die  Thatsachen  bestätigt, 
denn  1874  beobachtete  Whitmee  den  Palolo  auf  Samoa  am  31.  October  und 
1.  November;  19  Jahre  später  (1893)  sammelte  Dr.  Krämer  das  mir  vorliegende 
Material  ebenfalls  am  31.  October  und  1.  November. 

An  den  Gilbert-Inseln  soll  der  Palolo  nach  P  o  w^  e  1 1  stets  in  den  Monaten 
Juni  und  Juli  erscheinen. 

Aus  Ursachen  unbekannter  Natur  tritt  der  Palolowurm  bisweilen  auch  in 
ganz  anormaler  Weise  zu  anderen  Jahreszeiten  auf;  so  soll  er  nach  Whitmee 
gelegentlich,  aber  sehr  selten  auch  im  December  bei  Samoa  vorkommen.  Nach 
einer  handschriftlichen  Notiz  von  Herrn  P.  Stoos  in  Lübeck  blieb  der  Palolo  an 
den  Fidschi-Inseln  im  Jahre  1885  ganz  aus,  erschien  dann  aber  ausser  der  Zeit 
Ende  Januar  1886.  Ueber  ein  weiteres  abnormes  Auftreten  berichtet  Powell, 
nach  welchem  der  Palolo  am  21.  März  1881  bei  Samoa  erschien.  Wie  mir  Herr 
Professor  Goldstein,  hier,  freundlichst  mittheilte,  war  am  15.  März  1881  Voll- 
mond ;  der  Wurm  ist  also  an  einem  Tage  erschienen,  als  der  Mond  kurz  vor  dem 
letzten  Viertel  stand;  er  hat  somit,  wenn  auch  nicht  die  Jahreszeit,  so  doch 
wenigstens  die  Mondphase  eingehalten. 

Auf  Samoa  und  den  Tonga-Inseln  heisst  der  Wurni  Palolo,  auf  den  Fidschi- 
Inseln  Mbalolo  oder  Balolo.  Die  Samoaner  nennen  den  W^irm  auch  einen  Fisch 
(i'a  =  ika  in  anderen  polynesischen  Dialekten,  und  =  ikan  im  Malayischen).  „Pa" 
bedeutet  nach  Turner  soviel  wie  „platzen",  ,, bersten";  „lolo"  heisst  „ölig"  oder 
„fettig".  Die  Eingeborenen  benennen  die  Monate  nach  dem  Namen  Palolo;  so 
heisst  auf  den  Fidschi-Inseln  der  October  vula  i  mbalolo  lailai  (=  kleiner  Palolo- 
monat),  der  November  vula  i  mbalolo  levu  (=  grosser  Palolomonat),  weil  im  letz- 
teren der  Palolo  am  reichlichsten  auftritt.  Die  Samoaner  nennen  nach  Whitmee 
die  Jahreszeit,  wann  der  Passatwind  am  Anfang  des  Sommers  oder  der  Regen- 
zeit von  Südost  nach  Nordost  umschlägt,  väi-palolo  (d.  h.  Zeit  des  Palolo) ;  die 
entgegengesetzte  Jahreszeit,  wann  der  Passat  von  Nordost  nach  Südost  wechselt, 
am  Anfang  der  trockenen  Jahreszeit,  wird  in  ähnlicher  Weise  väi  to'elau  genannt 
(d.  h.  Zeit  des  Umschlagens  des  Nordwindes).  Diese  Verbindung  des  Namens 
Palolo    mit   den  Monaten   und  Jahreszeiten   spricht  wohl  sicher  dafür,    dass  sich 


170  Dr.  Augustin  Krämer. 


die  Evscheinungszeit  des  Palolo  im  Laufe  langer  Zeiträume  ebensowenig  geändert 
hat,  wie  die  Jahreszeiten  selbst.  Die  Bewohner  der  Gilbert- Inseln  nennen  den 
Wurm  „Te  Nmatamata"  (d.  h.  der  gleissende  oder  glänzende). 

Der  Palolowurm  ist  eine  sehr  begelirte  Lieblingsspeise  der  Eingeborenen, 
auch  manche  dortige  Europäer  haben  Geschmack  daran  gefunden.  Das  Erscheinen 
der  TMere  auf  den  Korallenriffen  ist  für  die  Samoaner  und  Fidschi-Insulaner  ein 
Freudenfest.  Jung  und  Alt  rudert  in  der  Morgendämmerung  hinaus,  um  die 
werthvolle  Gabe  der  Natur  von  den  Booten  aus  mit  Sieben  und  schön  gefertigten 
Körben,  oder  aucli  mit  der  blossen  Hand  einzuheimsen.  Die  Palolomasse  wird 
entweder  zum  Theil  gleich  roll  verzehrt  oder  in  Brotfruchtblätter  gebunden  und 
über  angezündeten  Feuern  gebacken.  Händler  kaufen  au  Ort  und  Stelle  den 
Palolo  auf,  um  andere  Theile  der  Inseln  damit  zu  versehen  und  Boten  Averden 
mit  Palolo  als  Geschenk  an  ferner  wohnende  Häuptlinge  gesandt,  in  deren  Gegend 
die  Schwärme  nicht  erscheinen.  Sein  Geschmack  soll  nachHood's  Mittheilung 
au  eine  Auster  erinnern.  Die  Fidschi- Insulaner  haben  den  Aberglauben,  dass 
nach  dem  Palolofang  grössere  Regengüsse  auftreten  müssen,  um  „die  Feuer, 
woran  der  Palolo  geröstet  ist,  auszulöschen";  anderenfalls  wird  eine  schlechte 
Yamswurzelernte  erwartet. 

Beiläufig  gesagt  ist  übrigens  die  Zahl  der  zur  Speise  dienenden  höheren 
A¥ürmer  nicht  gross:  ausser  dem  Palolo  wird  nach  Dr.  Krämer  noch  ein  grosser 
Regenwurm  tb eilweise  von  den  Samoanern  gegessen  und  nach  M'Iutosh  gemessen 
die  Bewohner  der  Neuen  Hebriden  Borstenwürraer  aus  der  Familie  der  Phyllodo- 
ciden  als  Speise,  welche  sie  A'oon  nennen.  Von  einem  auf  Amboiua  gegessenen 
Wurm  wird  weiter  unten  die  Rede  sein.  In  China  sollen  ferner  Sipunculiden 
genossen  werden. 

Die  ausserordentliche  öconomische  Wichtigkeit,  welche  der  Palolo  für  die 
Insulaner  besitzt,  hat  es  natürlich  zur  Folge,  dass  die  Eingeborenen  sein  Erscheinen 
mit  grösster  Genauigkeit  beachten  und  sogar  meist  mit  gutem  Erfolge  vorher- 
berechnen. Sie  achten  nach  Whitmee  und  Powell  zuerst  auf  die  Blüthezeit 
der  scharlachrothen  Blumen  von  Erythrina  indica,  eines  Strauches  aus  der  Familie 
der  Papilionaceen  (Aloalo  genannt).  Beginnen  dann  noch  der  Tavai  (Rhus  tai- 
tensis),  der  Lagaali  (Aglaia  edulis  Asa  Gray)  und  die  Sisi  (Eugenia  sp.)  zu  blühen, 
so  sehen  die  Eingeborenen  nach  dem  Stande  des  Mondes;  wenn  derselbe  dann  in 
der  Morgendämmerung  tief  über  dem  westliclien  Horizont  steht,  so  erwarten  sie 
am  10.  Tage  darauf  den  Palolo.  Meist  ist  ihre  Rechnung  richtig,  doeli  irren 
sie  bisweilen,  wann  ein  Intervall  von  13  Mondmonaten  seit  dem  vorigen  Erscheinen 
des  Palolo  eintritt,  um  einen  ganzen  Monat.  Von  anderen  wird  dagegen  auf  das 
Untersinken  gewisser  Sternbilder  unter  den  Horizont  geachtet  und  daraus  die 
Palolozeit  berechnet.  Ho  od  berichtet,  dass  drei  Tage  vor  dem  Erscheinen  des 
Palolo  die  „malio"  (gewisse  Landkrabben,  Gecarcinus)  sicli  in  grossen  Zügen 
aus  dem  Innern  an  die  Meeresküste  begel)en,  und  diese  Wanderung  soll  so 
sicher  mit  der  Palolozeit  zusammentreffen,  dass  die  Eingeborenen  hierdurch  auf 
die  drei  Tage  später  auftretenden  Paloloschwärme  vorbereitet  werden.  Dieses 
eigenthümliche  Zusammentreffen  brachte  H  o  o  d  auf  den  abenteuerlichen  Gedanken, 
dass   die  Palolobruchstücke    der  Laich   dieser  Krabben  seien,  eine  Annahme,  die 


Bemerkungen   über   den    essbaren  Piilolowunn.  171 

aber  weder  bei  den  dortigen  Fnropäern  noch  Eingeborenen  Anklang  fand,  wie 
Hood  selbst  sagt. 

Als  begleitende  Würmer  des  Palolo  wird  namentlich  eine  Nereis-Art  an- 
ofeo-eben;  in  dem  Material  von  Herrn  Dr.  Krämer  fanden  sich  in  der  Palolo- 
masse  eine  Anzahl  Polychaeton  aus  den  Gattungen  Kuphrosyne,  Lirione  und 
Phyllodoce. 

Zum  Schlüsse  sei  noch  auf  eine  dem  Palolo-Auffcreten  ganz  ähnliche  Er- 
scheinung hingewiesen,  auf  welche  Ed.  voji  Martens  (Sitzber.  d.  Ges.  naturf.  Freunde 
zu  Berlin,  Jahrg.  1887  p.  17)  zuerst  aufmerksam  gemacht  hat,  nämlicli  auf  die 
Schilderung  eines  essbaren  Wurmes  (Wawo)  von  Amboina  in  dem  Werke  von 
Georg  Everhard  Kumphius  „D'  Amboiusche  Rariteitkamer"  etc.,  Amsterdam 
1705.  Ich  will  hier  einen  gekürzten  Auszug  aus  seiner  Beschreibung  in  freier 
üebersetzung  gebeji.  Rumphius  beschreibt  auf  Seite  51  ff.  seine  „Vermiculi 
marini'  Wawo"  von  Amboina  wie  folgt: 

„Es  sind  kleine  Würmchen,  kaum  1  Fuss  lang,  in  der  Dicke  einige  wie 
Segelgarn,  die  meisten  wie  gezwirnte  Seide,  in  Klümpcheu  durcli  einander  ver- 
mischt, in  welchen  man  immer  einen  grösseren,  dickeren  und  längeren  sieht,  als 
die  anderen,  welchen  man  für  die  Mutter  hält.  Die  meisten  sind  dunkelgrün, 
doch  spielt  darin  auch  etwas  schmutzigweiss  oder  gelb,  roth,  braun  und  blau. 
Ihre  rechte  Gestalt  kann  mau  kaum  erkennen,  ausser  dass  sie  wie  ein  verwirrter 
Strang  Garn  durcheinander  hängen  und  sofort  in  Stücke  brechen,  wenn  man  sie 
anrührt;  wenn  mau  sie  in  Salzwasser  bis  zum  anderen  Tag  stehen  lässt,  so  kann 
man  unter  einem  Vergrösserungsglas  die  folgende  Gestalt  daran  erkennen;  in 
jedem  Klumpen  ist  ein  etwas  grösserer  Wurm,  als  die  anderen,  welchen  man  die 
Mutter  nennt;  er  ist  dick  wie  grobes  Segelgarn  und  bisweilen  wie  ein  dünner 
Federkiel,  bleichgelb  oder  weisslich;  an  dem  Köpfchen  kann  man  nur  2  Hörn- 
chen erkennen,  wie  sie  die  Schnecken  haben,  und  an  jeder  Seite  vier  deutliche 
Füsschen,  wie  Raupen.  Die  anderen  Füsschen  sind  sehr  fein,  wie  Härchen,  un- 
zählbar, und  ziehen  sich  aus  und  ein.  Die  Kinder  hängen  rund  um  diese  Mutter; 
in  der  Dicke  sind  sie  wie  feines  Segelgaru  oder  gezwirnte  Seide,  und  grünlich, 
einige  eine  Hand,  andere  l^o  Fuss  lang.  Sie  sind  quer  über  den  Leib  gerippt, 
als  ob  sie  aus  vielen  Gliedern  beständen,  doch  sind  sie  so  zart,  dass  sie  gleich 
in  Stücke  zerbrechen,  wenn  man  sie  in  die  Hand  nimmt;  an  den  gekochten  kann 
man  die  Glieder  noch  besser  erkennen.  Wenn  man  sie  des  Abends,  frisch  aus 
dem  Wasser  geholt,  besichtigt,  kann  man  deutliche  Zeichen  von  Leben  daran 
erkennen,  aber  man  kann  sie  niclit  bis  zum  nächsten  Tage  am  Leben  erlialteu. 
Zeichen  von  Gesicht,  Gehör  und  Geruch  kann  man  auch  daran  bemerken,  denn 
es  scheint  durch  den  Gesichtssinn  zu  geschehen,  dass  sie  auf  eine  brennende  Fackel 
oder  Licht  zuschiessen,  doch  wenn  der  Mond  aufgeht,  so  verbergen  sie  sich 
wiederum.  Das  Gehör  muss  man  ihnen  zuschreiben,  weil  sie  verjagt  werden, 
wenn  man  grossen  Lärm  macht,  und  vom  Geruch  muss  es  kommen,  dass  sie  so 
begierig  nach  schwangeren  Frauen  und  nach  mit  Geschwüren  behafteten  Beinen 
zuschwimmen. 

„Dieses  Gewürm  sieht  man  das  ganze  Jahr  hindurch  nicht,  sondern  allein 
am  2.,  3.  und  4.  Abend  nach  dem  vollen  Mond,  welcher  eintritt,  wenn  die  Sonne 


172  Dr.  Augustin  Krämer. 


in  den  Fischen  steht,  im  Februar  und  März;  alsdann  muss  man  sie  sofort  nach 
Sonnenuntergang  suchen  mit  angesteckten  Fackeln,  auf  solchem  Strand,  wo  grosse 
Klippen  in  der  See  stehen,  die  voll  von  Spalten  und  Rissen,  aber  glatt  und  nicht 
scharf  sind;  um  diese  sieht  man  die  Würmer  wimmeln  und  auf  diejenigen  zu- 
kommen, welche  eine  brennende  Fackel  im  Boot  haben;  dann  kann  man  sie  mit 
ausgespannten  Tüchern  oder  feinen  Sieben  schöpfen.  Die  ersten  beiden  Nächte 
findet  man  sie  um  die  Klippen,  später  aber  etwas  weiter  fort  in  die  See  getrieben. 
Die  Eingeborenen  wünschen,  dass  man  beim  Fang  ruhig  sein  ujid  das  Boot  ohne 
Lärm  vorwärts  treiben  soll.  —  Am  folgenden  Vollmond  sind  die  Würmchen 
scliou  grösser  geworden,  ungefähr  strohhalmdick,  ganz  wie  junge  Tausendfüsse, 
grün,  l)rauu  und  weiss  gemischt  und  daher  etwas  abscheulich,  welche  auch  einen 
besonderen  Namen  haben  und  nicht  für  das  echte  „Wawo"  gehalten  werden. 
Am  5.  Abend  nach  dem  Vollmond  verlieren  sie  sich  und  man  kann  sie  das  ganze 
Jahr  hindurch  nicht  mehr  sehen,  ausser,  wie  gesagt,  an  dem  folgenden  Vollmond, 
zu  welcher  Zeit  sie  eine  andere  Gestalt  und  Namen  haben.  Der  genannte  Voll- 
mond, wann'  der  Mond  in  der  Jungfrau  und  die  Sonne  in  den  Fischen  steht,  ist 
die  gewöhnliche  Zeit  des  Wawo,  doch  geschieht  es  bisweilen,  dass  man  sie  auch 
etwas  früher  findet,  nämlich  bei  dem  Vollmond,  wann  die  Sonne  noch  nicht  in 
die  Fische  getreten  ist.  Das  Wawo  kommt  auch  nicht  jährlich  in  gleicher  Äleuge 
an  die  Oberfläche;  denn  wenn  viele  warme  liegen  vorangehen,  kommt  es  reich- 
lich, und  man  kann  es  alle  3  Abende  nach  einander  schöpfen;  aber  wenn  viele 
trockene  und  heisse  Tage  vorangehen,  kommt  es  wenig  und  nur  an  einem  Abend. 
Am  Tage  kann  man  schon  erkennen,  ob  es  denselben  Abend  in  die  Höhe  kommen 
wird,  denn  man  sieht  alsdann  bei  Tag  schwarze  Flecken  im  Seewasser,  auch  hat 
man  erfahren,  dass  in  jedem  Jahre  hohes  AVasser  ist  und  immer  höher  als  die 
tägliche  Fluth,  wenn  das  Wawo  erscheint. 

„Die  gewöhnliche  Meinung  ist,  dass  das  Gewürm  ein  Auswurf  der  ge- 
nannten Klippen  ist;  immer,  wo  solche  Klippen  fehlen,  findet  man  das  Wawo 
auch  nicht.  Das  meiste  wird  gefangen  in  dem  Amboinischen  Golf,  um  den  rothen 
Berg,  an  den  drei  Liasserschen  Inseln,  bei  Latuhaloy  und  in  Banda,  als  auch  auf 
den  Molukken. 

„Vorläufig  mag  es  „Vermiculi  marini"  heissen;  der  inalayische  Name  ist 
unbekannt,  weil  es  vielleicht  in  den  Ländern  nicht  vorkommt;  im  gewöhnlichen 
Amboinisch  heisst  es  Wawo  und  Wau,  was  man  auch  für  Ternatisch  hält.  Auf 
Hitoe  heisst  es  „Melatten",  auf  Leijtimor  „Laur",  auf  den  üliazzers  „Melattonno", 
in  Banda  „Oele".  Weil  es  nun  je  nach  den  beiden  Vollmonden  zweierlei  Art  ist, 
so  wird  das  erste  und  eigentliche  „Wawo  Kitsjil"  (=  kleines  Wawo),  das  andere 
oder  grosse  am  folgenden  Vollmond  „Wawo  bezaar"  (^=  grosses  Wawo)  genannt. 
Die  Bewohner  von  Hitoe  unterscheiden  es  genauer  und  machen  3  Arten  daraus, 
die  erste  heisst  Melatten  Salanay,  das  sind  kleine  Würmcheu,  wie  ein  Haufen 
Faden  aneinander  hängend,  welche  am  Vollmond  im  Januar  vorkommen,  wann  die 
Sonne  in  den  Wassermann  tritt;  doch  weil  es  nicht  alle  Jahre  au  die  Oberfläche 
kommt  nnd  es  auch  nur  gering  ist,  wird  es  nicht  gesammelt,  sondern  zur  Nahrung 
für  die  Fische  gelassen.  Die  zweite  und  eigentliche  Sorte  heisst  Melatten  Yan 
(d.  h.  Fisch-Melatten),  als  ob  es  nun  schon  zu  lebenden  Fischen  oder  kenntlichen 


» 


Bemerkungen   über  den   essbaren  Palolowurm.  173 

Geschöpfen  geworden  wäre.  Die  dritte  Sorte  beisst  Melatten  Lalian  (d.  b.  Tausend- 
fuss-Wawo),  weil  es  dann  die  Gestalt  von  Tausendfüssen  bekommen  liat.  Dies 
kommt  bervor  zu  dem  folgenden  Vollmond  des  April  und  wird  /Aim  Kssen  für 
ungeeignet  gebalten. 

„Man  macbt  viel  Aufbebens  von  diesem  Wawo  in  Amboiua  und  in  Bauda, 
und  diejenigen,  welche  daran  gewöhnt  sind,  machen  davon  eine  grosse  Leckerei, 
obwohl  es  beim  Anschauen  bässlicb  erscheint;  es  wird  auf  dreierlei  Art  zubereitet." 

Rumphius  giebt  nun  in  eingehender  Weise  zahlreiche  Küchen -Recepte, 
wie  das  Wawo  mit  verschiedenen  Kräutern  zusammen  gekocht,  gepökelt,  geröstet, 
geräuchert  und  namentlich  zu  pikanten  Brühen  und  Saucen  verwendet  wird.  Die 
letztgenannte  Wawo-Sorte  soll  bei  Nacht  in  aer  See  mit  hellem  Licht  leuchten, 
wesshalb  sie  um  so  mehr  verabscheut  wird,  weil  sie  diese  Eigenschaft  mit  den 
Tausendfüssen  gemein  hat.  Der  Verfasser  giebt  dann  die  Daten  für  einige  Jahre, 
wann  das  richtige  Wawo  gefangen  ist: 

„1684.  Vollmond  am  1.  März.  Das  Wawo  wurde  am  2.,  3.  und  4.  März  gefangen; 
es  kam  in  reichlicher  Menge  vor;  unter  den  Klippen,  vom  rothen  Berg 
bis  nach  Hative  Kitsjil ;  man  schöpft  es,  sowohl  in  dem  Boot  sitzend, 
als  auch  bis  zur  Mitte  des  Körpers  in  das  Wasser  gehend,  während  jemand 
eine  brennende  Fackel  in  der  Hand  hält,  wozu  die  Eingeborenen  eine 
schwangere  Frau  wählen,  doch  muss  sie  mit  der  Fackel  im  Boot  sitzen 
bleiben. 

1685.  Vollmond  war  am  20.  März,  als  die  Sonne  in  den  Widder  eintrat.  Vor 
und  nach  dem  Vollmond  war  sehr  heisses  Wetter,  wesshalb  nur  wenig 
Wawo  gesehen  wurde,  ausser  am  22.  März,  wann  sich  das  ,,Wawo-Jcan" 
zeigte,  =  Fisch -Wawo,  weil  man  es  für  die  Fische  lässt.  Am  23.  März 
wurde  das  echte  gefangen,  doch  nur  in  kleiner  Menge. 

1686.  Vollmond  war  am  8.  März.  Wawo  wurde  am  11.  gefangen,  doch  auch 
nur  wenig  wegen  der  vorhergegangenen  Trockenheit. 

1687.  Vollmond  war  am  27.  Februar.  Am  1.  März  hätte  es  erscheinen  müssen, 
doch  wurde  nichts  gesehen,  ausser  einigen  schleimigen  rothen  Fäden, 
welche  keine  Gestalt  hatten,  indem  wiederum  die  vorhergehende  Trocken- 
heit die  Ursache  davon  war. 

1688.  Vollmond  war  am  17.  März.  Am  19.  und  20.  März  wurde  wenig  Wawo 
gefangen  etc. 

1690.  Vollmond  war  am  27.  März  (im  Widder);  da  es  stilles  Wetter  mit  wenig 
Regen  war,  hat  man  denselben  Abend  und  die  beiden  folgenden  das  Wawo 
in  reichlicher  Menge  bekommen. 

1693.  Am  24.  März,  am  dritten  Abend  nach  dem  Vollmond  (21.  März)  hat 
man  begonnen,  das  Wawo  zu  fangen,  vier  Abende  nach  einander,  in 
reichlich  grosser  Menge,  denn  um  diese  Zeit  war  stilles  Wetter. 

1694.  Am  11.  März,  zwei  Tage  nach  dem  Vollmond  (9.  März)  in  den  Fischen, 
wurde  das  Wawo  gefangen ;  es  war  schönes  stilles  Wetter,  doch  ist  nicht 
viel  vorgekommen." 


174  -Dl'-  Augiistin  Krämer. 


Aus  den  obigen,  stellenweise  allerdings  recht  unklaren  Angaben  von 
Rumphius  sieht  man,  dass  die  Erscheinung  des  ,,Wawo"  in  sehr  vielen  Punk- 
ten mit  dem  Palolo  übereinstimmt.  Vielleicht  handelt  es  sich  um  eine  andere 
AVurm-Art,  vielleicht  auch  um  den  richtigen  Palolo.  Auch  das  Wawo  erscheint 
periodisch  mit  den  Mondphasen  und  zwar,  was  Rumphius  betont,  immer  nach 
dem  Vollmond ;  mit  demselben  Rechte  kann  man  aber  sagen,  dass  es  wenige  Tage 
vor  dem  letzten  Mondviertel  erscheint,  und  hätte  damit  eine  gewisse  Ueberein- 
stimmung  mit  dem  Palolowurm.  Die  Jahreszeit  ist  allerdings  eine  ganz  andere, 
aber  auch  bei  den  Gilbert -Inseln  soll  der  richtige  Palolo  im  Juni  und  Juli  er- 
scheinen, das  Wawo  bei  Amboiua  im  Februar  und  März.  Handelt  es  sich  in 
allen  diesen  Fällen  um  denselben  Wurm,  so  würden  vielleicht  locale  Verhältnisse 
sein  Erscheinen  zu  verschiedener  Jahreszeit  beeinflussen. 

Es  ist  merkwürdig,  dass  die  Erscheinung  des  Wawo  bei  Amboina  seit 
Rumphius  ganz  in  Vergessenheit  gerathen  zu  sein  scheint,  und  dass  man  in 
den  Berichten  der  dort  gewesenen  Europäer  nichts  mehr  darüber  findet.  Jeden- 
falls scheint  es  der  Mühe  werth,  diesen  biologisch  so  interessanten  Erscheinungen 
des  Palolo  und  Wawo  noch  weiter  nachzuspüren  und  die  älteren  Beobachtungen 
durch  neue  zu  verbessern  und  zu  era-änzen. 


w^ 


Verlag  von  Lipsius  &  Tischer  in  Kiel  und  Leipzig. 

Seit  Herbst  1892  ersdieineu : 

Ergebnisse  der   in   dem  Atlantischen  Ocean  von  Mitte  Juli   bis  Anfang 
November  1889  ausgeführten 

Plankton-Expedition  der  Humboldt-Stiftung 

auf  Grund   von   gemeinschaftlichen  Untersuchungen   einer  Reihe  von   Fach-Forschern 

liemusgegcboii  von  Victor  Hensen,   l'rol'.  der  l^siologie  in  Kiel. 
Von  diesem  monumentalen  Werke  sind  bis  jetzt  folgende  Theile  erschienen: 
Bd.     I.  Abth.  A.  Reisebeschreibung.    Von  0.  Krümm el.    IVIit  wissen- 

scliartlu-hon   Vorhenchton.     30  M. 
I.      ..      B.  Methodik  der  Untersuchungen.     Von  V.  Hensen. 

im 

I.  C.  Geophysikalische  Beobachtungen.  Von  O.  Knim- 

mTT      10  M 
,.      IL      ,.      E.  a.  A.  Thaliacea.     Systeraat.  Boarb.  von  M.  V.  A.  Traustedt. 

TW. 
..     n.      ..      E.  a.  B.  Thaliacea.    Vertheilung  der  Salpen.    Von  C.  Ap- 

stein.     fll.  50  Pf. 
..     IL      ..      E.  a.  C.  Thaliacea.    Vertheilung  der  Doliolen.     Von  A. 

Borgert.     8  M.  60  Pf. 
,,      n.      ..      E.  b.        Fyrosomen.     Von  O.  Seeliger.     12  M. 
,.     n.      ,.      E.  c.        Appendicularien.     Von  H.  Lohmann.     30  M. 
„     n.      „      F.  d.        Gastropoden  mit  Ausschluss  der  Heteropoden  und  Ptero- 

poden.     Von  H.  Simroth.     33  M.  50  Pf. 
„     n.      ..      F.  e.        Acephalen.     Von  H.  Simroth.     6  M. 
,.     IL      ..      G.  a.       Halobatiden.    Von  Fr.  Dahl.    Halacarinen.     Von 

Dr.  H.  Lohmann.     16  M. 
„     n.      ,.      G.  b.       Decapoden  und  Schizopoden.     Von  A.  Ort  mann. 

14  M. 
,.     n.      ,,      G.  c.       Isopoden,  Cumaceen  und  Stomatopoden.    Von 

H.  .1.  Hansen.     14  M. 
,,     n.      ,,      H.  c.       Pelagische  Phyllodociden  u.  Typhloscoleciden. 
Von  .1.  Reibisch.     K»  M. 
n.      ,.      H.  f.        Folycladen.     Von  Marianne  Plohn.     2  M. 
n.      ,.      H.  g.       Turbellaria  acoela.    Von  L.  Böhmig.    6  M. 
n.      ..      K.  c.       Die  craspedoten  Medusen.     Von  0.  Maas.     14  M. 
IL      ..      K.  d.       Die  Akalephen.     Von  E.  Vanh offen.    8  M. 
IV.      ..      M.  a.  A.  Feridineen,  allgemeiner  Theil.     Von  F.  Schutt. 
38  M. 
..    IV.      ..      M.  g.       Die  Bakterien  des  Meeres.    Von  B.  Fischer.    6  M. 

Abonnenten   auf  das  ganze  Werk   erhalten   dasselbe   zu   um    10  ^/^^ 
niedrigerem  Vorzugspreise. 

Ausführlicher  Prospekt  steht  gern  zu  Diensten. 


Verlag  von  Lipsius  &  Tischer  in  Kiel  und  Leipzig. 

Wissenschaftliche  Meeresuntersuchungen. 

Herausgegeben  von  der 

Kommission  zur  wissenschaftlichen  Untersuchung   der   deutschen  Meere   in  Kiel  und 
der  Biologischen  Anstalt  auf  Helgoland. 

Neue  Folge.   Bd.  I.  Heft  1.  Gr.  4".  4()4  Seiten  mit  7  Taf.  u.  41  Fig.  im  Text.  M.  30. 

,.    I.  ,.    2.    ,.   40.  XIII.  191S.,  71Abb..  8Tab..  4Taf.u.lKt.  M.  20. 

„  n.  ,.1.  Abt.  1.  Gr.  4".  324  S..  6  Tafeln  u.  4Figuren  im  Text.  M.  25. 

„  U.  ,,    1.    „    2.    ,,  4".  P^scheint  März  1897. 

Jahresbericht  der  Kommission  zur  wissenschaftlichen 
Untersuchung  der  deutschen  Meere. 

I.  Jahrgang  1871.    Mit  1  Seekarte  u.  1  Tafel  Abbildungen.    Fol.  (178  8.)  M.  15. 

II.  III.  Jahrgang  1872,  1873.     Mit  1  Seekarte,  16  Kupfertafeln  und  9  Karten 

zur  Fischerei-Statistik.     Fol.  (380  S.)     M.  40. 
IV.  -VI.  Jahrgang  1874,  1875,  1876.     Mit  10  Tafeln   und  1  graph.  Dar- 
stellung.    Fol.  (294  und  24  S.)     M.  36. 
soicie  die  Fortsetzung  davon  nnter  dem   Titel: 

Bericht  der  Kommission  zur  wissenschaftlichen  Untersuchung  der 

deutschen  Meere  in  Kiel. 

Vierter  Bericht  für  die  Jahre  1877—1881.    Fol.  (382  S.)  M.  49. 

Fünfter  Bericht  für  die  Jahre  1885—1886.     (158  S.)  ,,   25. 

Sechster  Bericht  für  die  Jahre  1887—1889  ,.   27. 

Ergebnisse  der  Beobachtungsstationen  an  den  deutschen  Küsten. 

Jährlich  12  Hefte.     Quer-Folio.     Jahrgang  1873—1893.     ä  Jahrg.  M.  12. 

Atlas  deutscher  Meeresalgen 

von  Prof.  Dr.  Reinke  in  Kiel. 

1.  Heft  1889.  Fol.  (54  S.  und  54  Taf.)  M.  30.     2.  Heft.  Lfg.  1  und  2.  1891.  Fol.  (20  S. 
und  10  Taf.)  M.  12.     2.  Heft,  Lfg.  3—5,  1892.  Fol.  (15  S.  und  15  Taf.)  M.  18. 

Biologische  Beobachtungen  bei  künstlicher  Auf- 
zucht des  Herings  der  westlichen  Ostsee. 

Von  Dr.  H.  A.  Meyer. 

Im  Anscliluss  an  die  Abhandlung  VIT  im  IV. — VI.  Jahresberichte  der  Kommission 
zur  wissenschaftlichen  Untersuchung  der  deutschen  Meere  in  Kiel.  8.  (20  S.)  M.  1. 

Äpstein,  Dr.  Carl,  Das  Süsswasserplankton.  Methode  und  Resultate  der  quanti- 
tativen Untersuchung.     Mit  113  Alil>ildungen  und  vielen  Tabellen.     M.  7.20. 

Hensen,  Victor,  Professor  in  Kiel.  Die  Plankton-Expedition  und  Haeckel's  Darwinismus. 

Üeber   einige   Aufgaben   und  Ziele    der  beschreibenden  Naturwissenschaften. 
Mit  12  Tafeln.  M.  3.—. 

Schutt,  Dr.  Franz,  Analytische  Plankton-Studien.  Ziele  und  Methoden  der  Plankton- 
Forschung.  M.  3. — . 

—  — ,  Das  Pflanzenleben  der  Hochsee.  Sonderabdruck  aus  Band  I.  A.  der  Er- 
gebnisse der  Plankton-Expedition  der  Humboldt-Stiftung.  Mit  einer  Karte 
und  zahlreichen  Abbildungen  im  Text.  M.  7.—  .