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Full text of "Über die spezielle und allgemeine Relativitätstheorie (gemeinverständlich)"

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SAMMI.UNG VIEWE( 

TAPESFRAGEN AUS DEN GEBIETE 
L H H ]DER NATURWISSENSCHAFTEN 
Et t UND DER TECHNIK 

Über die spezielle und die 
allgomeine Relativitätstiieori< 

Gesneinverst&ndlicH 
Von 

A. Crinstein 



r&n(te Aullag« 




i^^RIEDl l. VIEWEG d SOHN BRAUNSCHWFJ 



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über die spezielle und die 
allgemeine Relativitätstheorie 

(Gemeinverständlich) 



Von 



A. EINSTEIN 



Fünfte Auflage 

(10.— 14. Tausend) 
Mit 3 Figuren 




pTuck und Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunsdiweig 

1 920 



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Herausgeber dieses Heftes: 
Prof. Dr. Karl Scheel, Berlin. 



Rlle Rechte vorbehalten 



Copyright, 1920, by Friedr. VIeweg & Sohn, Braunschwelg, Qermany. 



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APR 16 1920 



Vorwort. 



Das vorliegende Büchlein soll solchen eine möglichst exakte 
Einsicht in die Relativitätstheorie vermitteln, die sich vom 
allgemein wissenschaftlichen, philosophischen Standpunkt für 
die Theorie interessieren, ohne den mathematischen Apparat^) 
der theoretischen Physik zu beherrschen. Die Lektüre setzt 
etwa Maturitätsbildung und — trotz der Kürze des Büch- 
leins — ziemlich viel Geduld und Willenskraft beim Leser 
voraus. Der Verfasser hat sich die größte Mühe gegeben, 
die Hauptgedanken möglichst deutlich und einfach vorzu- 
bringen, inl ganzen in solcher Reihenfolge und in solchem 
Zusammenhange, wie sie tatsächlich entstanden sind. Im 
Interesse der Deutlichkeit erschien es mir unvermeidlich, mich 
oft zu wiederholen, ohne auf die Eleganz der Darstellung die 
geringste Rücksicht zu nehmen; ich hielt mich gewissenhaft 



^) Die mathematischen Grundlagen der speziellen Relativitätstheorie 
findet man in den bei B. G. Teubner in der Monographiensammiung 
„Fortschritte der mathematischen Wissenschaften" unter dem Titel „Das 
Relativitätsprinzip** erschienenen Originalabhandlungen vonH. A.Lorentz, 
A. Einstein, H. Minkowski, sowie in M. Laues ausführlichem Buche 
„Das Relativitätsprinzip" (Verlag von Friedr. Vieweg<& Sohn, Braunschweig). 
Die allgemeine Relativitätstheorie nebst den zugehörigen mathematischen 
.Hilfsmitteln der Invariantentheorie ist in der Broschüre des Verfassers, 
„Die Grundlagen der allgemeinen Relativitätstheorie" (Joh. Ambr. Barth, 
1916) behandelt; diese Broschüre setzt einige Vertrautheit mit der spe- 
ziellen Relativitätstheorie voraus. 



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— Iv- 
an die Vorschrift des genialen Theoretikers L. Boltzmann, 
man solle die Elegariz Sache der Schneider und Schuster 
sein lassen. Schwierigkeiten, die in der Sache begründet 
liegen, glaube ich dem Leser nicht vorenthalten zu haben. 
Dagegen habe ich die empirischen physikalischen Unterlagen 
der Theorie absichtlich stiefmütterlich behandelt, damit es 
dem der Physik ferner stehenden Leser nicht ergehe wie dem 
Wanderer, der vor lauter Bäumen keinen Wald sieht. Möge 
das Büchlein manchem einige frohe Stunden der Anregung 
bringen! 

Dezember 1916. 

A. Einstein. 



' Nachtrag zur dritten Auflage. 

In diesem Jahre (1918) erschien im Springerschen Verlag 
ein ausführliches und vortreffliches, von H. Weyl verfaßtes 
Lehrbuch der allgemeinen Relativitätstheorie unter dem Titel 
„Raum . Zeit . Materie**, das Mathematikern und Physikern 
hiermit warm empfohlen sei. 



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Erster Teil. 

über die spezielle Relativitätstheorie. 



§ 1. Physikalischer Inhalt geometrischer S^tze. 

. Gewiß hast auch du, lieber Leser, als Knabe oder Mädchen 
mit dem stolzen Gebäude der Geometrie Euklids Bekannt- 
schaft gemacht und erinnerst dich vielleicht mit mehr Achtung 
als Liebe an den stolzen Bau, auf dessen hohen Treppen du 
von gewissenhaften Fachlehrern in ungezählten Stunden umher- 
:gejagt wurdest. Gewiß würdest du kraft dieser deiner Ver- 
gangenheit jeden mit Verachtung strafen, der auch nur das 
abgelegenste Sätzchen dieser Wissenschaft für unwahr erklärte. 
Aber dies Gefühl stolzer Sicherheit verließe dich vielleicht so- 
i gleich, wenn dich einer fragte: „Was meinst du denn mit der 
i Behauptung, daß diese Sätze wahr seien?* Bei dieser Frage 
[wollen wir ein wenig verweilen. 

Die Geometrie geht aus von gewissen Grundbegriffen, 
wie Ebene, Punkt, Gerade, mit denen wir mehr oder minder 
■ deutliche Vorstellungen zu verbinden imstande sind, und von 
gewissen einfachen Sätzen (Axiomen), die wir auf Grund 
jener Vorstellungen als „wahr** hinzunehmen geneigt sind. 
|Alle übrigen Sätze werden dann auf Grund einer logischen 
Methode, deren Berechtigung wir uns anzuerkennen genötigt 
fühlen, auf jene Axiome zurückgeführt, d. h. bewiesen. Ein 
Satz ist dann richtig bzw. „wahr**, wenn er in der anerkannten 
Weise aus den Axiomen hergeleitet ist. Die Frage nach der 
„Wahrheit** der einzelnen geometrischen Sätze führt also 

Einstein, Relativitätstheorie. i 



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- 2 - . / 

zurück auf die Frage nach der „Wahrheit**, der Axiome. Längst 
aber ist es bekannt, daß die letztere Frage nicht nur durch 
die Methoden der Geometrie nicht beantwortbar, sondern 
überhaupt an sich ohne Sinn ist. Man kann nicht fragen, ob 
es wahr sei, daß durch zwei Punkte nur eine Gerade hin- 
durchgeht. Mari kann nur sagen, daß die Euklidische Geo- 
metrie von Gebilden handelt, die sie „Gerade" nennt, und 
denen sie die Eigenschaft beilegt, durch zwei ihrer Punkte 
eindeutig bestimmt zu sein. Der Begriff „wahr" paßt 
nicht auf die Aussagen der reinen Geometrie, weil wir mit 
dem Worte „wahr" in letzter Linie stets die Überein- 
stimmung mit "einem „realen" Gegenstande zu bezeichnen 
pflegen; die Geometrie aber befaßt sich nicht mit der Be- 
ziehung ihrer Begriffe zu den Gegenständen der Erfahrung, 
sondern nur mit dem logischen Zusammenhang dieser Begriffe 
untereinander. !;r: u;. -t^ 

rotzdem dazu hingezogen fühlen, die Sätze 
der Geometrie als „wahr" zu bezeichnen, erklärt sich leicht. 
Den geometrischen Begriffen entsprechen mehr oder weniger 
exakt Gegenstände in der Natur, welch letztere ohne Zweifel 
die alleinige Ursache für die Entstehung jener Begriffe sind. 
Mag die Geometrie, um ihrem Gebäude die größtmögliche 
logische Geschlossenheit zu geben, hiervon Abstand nehmen; 
die Gewohnheit, beispielsweise in einer Strecke zwei markierte 
Stellen auf einem praktisch starren Körper zu sehen, steckt 
tief in unseren Denkgewohnheiten. Wir sind ferner gewohnt, 
drei Orte als auf einer Geraden befindlich anzunehmen, wenn 
wir ihre scheinbaren Sehorte durch passende Wahl des Beob- 
achtungsortes bei einäugigem Sehen zusammenfallen lassen 
können. 

Wenn wir nun, der Denkgewohnheit folgend, den Sätzen^ 
der Euklidischen Geometrie den einzigen Satz zufügen, daß 
zwei Punkten eines praktisch starren Körpers stets die näm- 
liche Entfernung (Strecke) entspreche, was für Lagenäride- 
rungen wir auch mit dem Körper vornehmen mögen, so 
werden aus den Sätzen der euklidischen Geometrie Sätze 
über die mögliche relative Lagerung praktisch starrer 



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— 3 — 

Körper^). Die so ergänzte Geometrie ist dann als ein Zweig 
der Physik zu behandeln. Jetzt kann mit Recht nach der 
„Wahrheit** so interpretierter geometrischer Sätze gefragt 
werden, denn es kann gefragt werden, ob jene Sätze zutreffen 
für diejenigen realen Dinge, welche wir den geometrischen 
Begriffen zugeordnet haben. Etwas ungenau können wir also 
sagen; daß wir unter der „Wahrheit** eines geometrischen 
Satzes in diesem Sinne sein Zutreffen bei einer Konstruktion 
mit Zirkel und Lineal verstehen. 

Die Überzeugung von der „Wahrheit** der geometrischen 
Sätze in diesem Sinne beruht natürlich ausschließlich auf 
ziemlich unvollkommenen Erfahrungen. Wir werden jene 
Wahrheit der geometrischen Sätze zunächst voraussetzen, um 
dann im letzten Teile unserer Betrachtungen (bei der allge- 
meinen Relativitätstheorie) zu sehen, daß und inwiefern jene 
Wahrheit ihre Grenzen hat. 

§ 2. Das Koordinatensystem. 

Auf Grund der angedeuteten physikalischen Interpretation 
des Abstandes sind wir auch in der Lage, den Abstand zweier 
Punkte eines starren Körpers auf Grund von Messungen fest- 
zusetzen. Dazu brauchen wir eine ein- für allemal zu be- 
nutzende Strecke (Stäbchen S), welche als Einheitsmaßstab 
verwendet wird. Sind nun A und B zwei Punkte eines starren 
Körpers, so ist deren Verbindungsgerade konstruierbar nach 
den Gesetzen der Geometrie; hierauf kann man auf dieser. 
Verbindungsgeraden die Strecke S von A aus so oft abtragen, 
bis man nach B gelangt. Die Zahl der Wiederholungen des 
Abtragens ist die Maßzahl der Strecke A ß. Hierauf beruht 
^lles Messen von' Längen 2). 

1) Damit ist auch der geraden Linie ein .Naturobjekt zugeordnet. 
Drei Punkte eines starren Körpers A, B, C liegen dann in einer Geraden, 
wenn bei gegebenen Punkten A und C der Punkt B so gewählt ist, daß 
die Summe der Entfernungen Ä/B und ßC möglichst gering wird. Diese 
lückenhafte Andeutung mag in diesem Zusammenhange genügen. 

2) Dabei ist allerdings angenommen, daß die Messung aufgehe, d. h. 
eine ganze Zahl ergebe. Von dieser Schwierigkeit befreit man sich durch 

1* 



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— 4 — 

Jede räumliche Beschreibung des Ortes eines Ereignisses 
oder Gegenstandes beruht darauf, daß man den Punkt eines 
starren Körpers (Bezugskörpers) angibt, mit dem jenes Ereignis 
koinzidiert. Dies gilt nicht nur für die. wissenschaftliche Be- 
schreibung, sondern auch für das tägliche Leben. Analysiere 
ich die Ortsangabe „in Berlin, auf dem Potsdamer Platz", so 
bedeutet sie folgendes. Der Erdboden ist der starre Körper, 
auf den sich die Ortsangabe bezieht; auf ihm ist „Pots- 
damerplatz in Berlin'* ein markierter, mit Namen versehener 
Punkt, mit dem das Ereignis räumlich koinzidiert^). 

Diese primitive Art der Ortsangabe kennt nur Orte an 
der Oberfläche starrer Körper und ist an das Vorhandensein 
unterscheidbarer Punkte dieser Oberfläche gebunden. Sehen 
wir zu, wie sich der menschliche Geist von diesen beiden 
Beschränkungen befreit, ohne daß das Wesen der Ortsangabe 
eine Änderung erfährt! Schwebt beispielsweise über dem Pots- 
damer Platz eine Wolke, so kann der Ort dieser, bezogen auf 
die Erdoberfläche, dadurch • festgelegt werden, daß man auf 
dem Platze senkrecht eine Stange errichtet, die bis zur Wolke 
hinaufreicht. Die mit dem Einheitsmaßstab gemessene Länge 
der Stange in Verbindung mit der Angabe des Ortes des 
Fußpunktes der Stange ist dann eine vollständige Ortsangabe. 
An diesem Beispiele sehen ^ir, auf welchem Wege eine Ver- 
feinerung des Ortsbegriffes vor sich gegangen ist. . 

a) Man setzt den starren Körper, auf den sich die Orts- 
angabe bezieht, in solcher Weise fort, daß der zu lokalisierende 
Gegenstand von dem vervollständigten starren Körper erreicht 
wird. 

b) Man benutzt zur Charakterisierung des Ortes die Zahl 
statt benannter Merkpunkte (hier die mit dem Maßstab ge- 
messene Länge der Stange). 



die Anwendung geteilter Maßstäbe, deren Einführung keine prinzipiell 
neue Methode verlangt. 

Eine weitere Untersuchung darüber, was hier „räumliche Koinzi-i 
denz" bedeutet, ist hier nicht nötig; denn dieser Begriff ist insofern klar, 
als im einzelnen realen Falle Meinungsverschiedenheiten darüber, ob er 
zutreffe oder nicht, kaum auftreten dürften. 



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— 5 



c) Man spricht von der Höhe der Wolke auch dann, wenn 
eine Stange, welche die Wolke erreicht, gar nicht efrichtet 
ist. In unserem Falle ermittelt man aus optischen Aufnahmen 
der Wolke von verschiedenen Stellen des Bodens aus unter 
Berücksichtigung der Ausbreitungseigenschaften des Lichtes, 
wie lang die Stange gemacht werden müßte, um die Wolke 
zu erreichen. 

Aus dieser Überlegung sieht man, daß es für die Be- 
schreibung von Otten vorteilhaft sein wird, wenn es gelingt, 
sich durch Verwendung von Meßzahlen von der Existenz mit 
Namen versehener Merkpunkte auf dem starren Körper, auf 
den sich die Ortsangabe bezieht, unabhängig zu machen. Dies 
erreicht die messende Physik durch Anwendung des Kartesi- 
schen Koordmatensystems. 

Dieses besteht in drei zueinander senkrechten, zu einem 
starren Körper verbundenen starren, ebenen Wänden. Der 
Ort irgendeines Geschehnisses in bezug auf das Koordinaten- 
system wird (im wesentlichen) beschrieben durch die Angabe 
der Länge der drei Lote oder Koordinaten (x, y, 2), welche 
von dem Geschehnis aus auf jene^ drei ebenen Wände gefällt 
werden können. Die Längen dieser drei Lote sind durch eine 
Folge von Manipulationen mit starren Stäben ermittelbar, 
welche Manipulationen durch die Gesetze und Methoden der 
Euklidischen Geometrie vorgeschrieben werden. 

Bei den Anwendungen sind jene das Koordinatensystem 
bildenden starren Wände meist nicht realisiert; auch werden 
die Koordinaten nicht wirklich durch Konstruktionen mit 
starren Stäben, sondern indirekt ermittelt. Der physikalische 
Sinn der Ortsangaben muß jedoch stets den vorstehenden 
Eröterungen gemäß gesucht werden, wenn die Ergebnisse der 
Physik und Astronomie nicht ins Unklare zerfließen sollen^). 

Es ergibt sich also folgendes: Jede räumliche Beschreibung 
von Geschehnissen bedient sich eines starren Körpers, auf 



1) Erst durch die im zweiten Teil des Büclileins behandelte allgemeine 
Relativitätstheorie wird eine Verfeinerung und Änderung dieser Auffassungen 
nötig. 



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den die Geschehnisse räumlich zu beziehen sind. Jene Be 
Ziehung setzt voraus, daß für „Strecken** die Gesetze dei 
Euklidischen Geometrie gelten, wobei die „Strecke" physi 
kaiisch repräsentiert wird durch zwei Marken auf einem starrei 
Körper. 

§ 3. Raum und Zeit in der klassischen Mechanik. 

Wenn ich ohne schwere Bedenken und eingehende Er 
läuterungen die Aufgabe der Mechanik so formuliere: ,,Di( 
Mechanik hat zu beschreiben, wie die Körper mit der Zeil 
ihren Ort im R^ume ändern**, so nehme ich einige Todsünder 
gegen den heiligen Geist der Klarheit auf mein Gewissen 
diese Sünden sollen zunächst aufgedeckt werden. 

Es ist unklar, was hier unter „Ort** und „Raum**^ zu ver- 
stehen ist. Ich stehe am Fenster eines gleichförmig fahrenden 
Eisenbahnwagens 'und lasse einen Stein auf den Bahndamm 
fallen, ohne ihm einen Schwung zu geben. Dann sehe ich 
(abgesehen vom Einfluß d^ Luftwiderstandes) den Stein 
geradlinig herabfallen. Ein Fußgänger, der die Übeltat vom 
Fußwege aus mit ansieht, .bemerkt, daß der Stein in einem 
Parabelbogen zur Ercle herabfällt. Ich frage nun: Liegen die 
„Orte**, welche der Stein durchläuft, „in Wirklichkeit** auf 
einer Geraden oder auf einer Parabel? Was bedeutet hier 
ferner Bewegung „im Räume**? Die Antwort ist nach den 
Überlegungen des § 2 selbstverständlich. Zunächst lassen wir 
das dunkle Wort „Raum**, unter dem wir uns bei ehrlichem 
Geständnis nicht das geringste denken können, ganz beiseite; 
wir setzen statt dessen „Bewegung in bezug auf einen prak 
tisch starren Bezugskörper**. Die Orte in bezug auf den 
Bezugskörper (Bahnwagen oder Erdboden) sind im vorigen 
Paragraphen bereits ausführlich definiert worden. Indem wir 
statt „Bezugskörper** den für die mathematische Beschrei 
bung nützlichen Begriff „Koordinatensystem** einführen, können 
wir sagen: Der Stein beschreibt in bezug auf ein mit dem 
Wagen starr verbundenes Koordinatensystem eine Gerade, in 
bezug auf ein mit dem Erdboden starr verbundenes Koordi 
natensystem eine Parabel. Ma sieht an diesem Beispiel (feut 



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— 7 — ' 

lieh, daß es eint Bahnkurve^) an sich nicht gibt, sondern nur 
eine Bahnkurve in bezug auf einen bestimmten Bezugskörper. 
Eine vollständige Beschreibung der Bewegung kommt 
aber erst dadurch zustande, daß man angibt, ^wie der Körper 
seinen Ort mit der Zeit ändert; d. h. es muß für jeden 
Punkt der Bahnkurve angegeben werden, zu welcher Zeit der 
Körper sich dort befindet. Diese Angaben müssen durch eine 
solche Definition der Zeit vervollständigt werden, daß diese 
Zeitwerte kraift jener Definition als prinzipiell beobachtbare 
Größen (Resultate von Messungen) angesehen werden können. 
Dieser Forderung entsprechen; wir — auf dem Boden der 
klassischen Mechanik stehend — für unser Beispiel in folgender 
Weise. Wir denken uns zwei genau gleich beschaffene Uhren; 
die eine hat der Mann am Eisenbahnwagenfenster, die andere 
der Mann auf dem Fußwege 'in der Hand. Jeder der beiden 
stellt fest, an welcher Stelle des betreffenden Bezugskörpers 
der Stein sich gerade befindet, wenn die Uhr tickt, die er in 
der Hand hat. Dabei verzichten wir auf ein Eingehen auf 
die Ungenauigkeit, welche durch die Endlichkeit der Fort- 
pflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes hereinkommt. Hiervon 
und von einer zweiten hier obwaltenden Schwierigkeit wird 
später ausführlich die Rede sein. 

§ 4. Das Qallleische Koordinatensystem. 

Bekanntlich lautet das unter dem Namen Trägheitsgesetz 
bekannte Grundgesetz der Galilei-Newtonsohen Mechanik: 
Ein von anderen Körpern hinreichend entfernter Körper ver- 
harrt im Zustande der Ruhe oder der gleichförmig-geradlinigen 
Bewegung. Dieser Satz sagt nicht nur etwas aus über die 
Bewegung der Körper, sondern auch über die in der Mechanik 
zulässigen Bezugskörper oder Koordinatensysteme, welche bei 
der mechanischen Beschreibung verwendet werden dürfen. 
Körper, auf welche der Trägheitssatz sicherlich mit großer 
Annäherung Anwendung finden kann, sind die sichtbaren 
Fixsterne. Benutzen wir nun ein Koordinatensystem, welches 

1) Das heißt Kurve, in der sich der Körper bewegt. 



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mit der Erde starr verbunden ist, so beschreibt relativ zu 
ihm jeder Fixstern im Laufe eines (astronomischen) Tages 
einen Kreis von ungeheurem Radius, im Widerspruch mit 
dem Wortlaut des Trägheitsgesetzes. Hält man al^o an 
diesem Gesetze fest, so darf man die Bewegungen nur auf 
Koordinatensysteme beziehen, relativ zu welchen die Fixsterne 
keine Kreisbewegungen ausführen.' Ein Koordinatensystem, 
dessen Bewegungszustand ein solcher ist, daß relativ zu ihm 
das Trägheitsgesetz gilt, nennen wir ein „Galileisches Koor- 
dinatensystem". Nur für ein Galileisches Koordinatensystem 
beanspruchen die Gesetze der Galilei-Newtonschen Mechanik 
Gültigkeit. 

§ 5. Das Relativitätsprinzip (im engeren Sinne). 

Wir gehen wieder, um möglichste Anschaulichkeit zu er- 
zielen, von dem Beispiel des gleichmäßig fahrenden Eisenbalin- 
wagens aus. Seine Bewegung nennen wir eine gleichförmige 
Translation („gleichförmig'*, weil von konstanter Geschwindig- 
keit und Richtung, „Translation**, weil der Wagen relativ 
zum Fahrdamm zwar seinen Ort ändert, aber hierbei keine 
Drehungen ausführt). Es fliege ein Rabe geradlinig ^und 
gleichförmig — vom Bahndamm aus beurteilt — durch die 
Luft. Dann ist — vom fahrenden Wagen aus beurteilt — 
die Bewegung des Raben zwar eine Bewegung von anderer 
Geschwindigkeit und anderer Richtung; aber sie ist ebenfalls 
geradlinig und gleichförmig. Abstrakt ausgedrückt: Bewegt 
sich eine Masse m geradlinig und gleichförmig in bezug auf 
ein Koordinatensystem K, so bewegt sie sich auch geradlinig 
und gleichförmig in bezug auf ein zweites Koordinatensystem K\ 
falls letzteres in bezug auf K eine gleichförmige Translations- 
bewegung ausführt. Hieraus folgt mit Rücksicht auf die Dar- 
legung des vorigen Paragraphen: 

Ist K ein Galileisches Koordinatensystem, so ist auch! 
jedes andere Koordinatensystem K' ein Galileisches, dasl 
gegenüber K im Zustande gleichförmiger Translationsbewegung 
ist. In bezug auf K' gelten die Gesetze der Galilei-Newton- 
schen Mechanik ebenso wie in bezug auf K. 



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Wir gehen in der Verallgemeinerung nocli einen Schritt 
reiter, indem wir den Satz aussprechen; Ist K' ein in bezug 
uf K gleichförmig und drehungsfrei bewegtes Koordinaten- 
ystem, so verläuft das Naturgeschehen in bezug auf K' nach 
enau denselben^ allgemeinen Gesetzen wie in bezug auf K. Diese 
aussage nennen wir „Relativitätsprinzip** (im engeren Sinne). 

Solange man überzeugt war, daß sich alles Naturgeschehen 
nit Hilfe der klassischen Mechanik darstellen lasse, konnte 
nan an der Gültigkeit dieses Relativitätsprinzips nicht zweifeln. 
Alt der neueren Entwickelung der Elektrodynamik und Optik 
iber ward es immer mehr offenkundig, daß die klassische 
Mechanik als Grundlage für alle physikalische Naturbeschrei- 
>ung nicht zureichend sei. Damit wurde auch die Frage 
lach der Gültigkeit des Relativitätsprinzips zu einer wohl 
liskutierbaren, und es erschien nicht ausgeschlossen, daß die 
Antwort auf diese Frage verneinend sein könnte. 

Immerhin gibt es zwei allgemeine Tatsachen, die von 
vornherein sehr für die Gültigkeit des Relativitätsprinzips 
sprechen. Wenn nämlich die klassische Mechanik auch nicht 
eine genügend breite Basis für die theoretische Darstellung 
aller physikalischen Erscheinungen liefert, so muß ihr doch 
ein sehr bedeutender Wahrheitsgehalt zukommen; denn sie 
liefert mit bewunderungswürdi^ger Schärfe die tatsächlichen 
Bewegungen der Himmelskörper. Es muß daher auch das 
Relativitätsprinzip auf dem Gebiete der Mechanik jedenfalls 
mit großer Genauigkeit gelten. Daß aber ein Prinzip von so 
großer Allgemeinheit, welches auf einem Erscheinungsgebiete 
mit solcher Exaktheit gilt, einem anderen Erscheinungsgebiete 
gegenüber versage, ist a priori wenig wahrscheinlich. 

Das zweite Argument, auf welches wir später noch zurück- 
kommen werden, ist folgendes. Wenn das Relativitätsprinzip 
(im engeren Sinne) nicht gilt, so werden die relativ zuein- 
ander gleichförmig bewegten Galileischen Koordinatensysteme 
iK, K', K" usw. nicht gleichwertig sein für die Beschreibung 
des Naturgeschehens. Dann wäre es kaum anders denkbar, 
I als daß die Naturgesetze besonders einfach und natürlich sich 
nur dann formulieren ließen,^ wenn unter allen Galileischen 



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— 10 - 

Koordinatensystemen eines (/Co) von bestimmtem Bewegung 
zustande als Bezugskörper gewählt würde. Dieses würdi 
wir dann mit Recht (wegen seiner Vorzüge für die Natu 
beschreibung) als das „absolut ruhende** bezeichnen, die übrig( 
Galil eischen Systeme K aber als „bewegt*-^. Wäre z 
unser Bahndamm das System /Co, so wäre unser Eisenbahi 
wagen ein System /C, in bezug auf welches weniger eil 
fache Gesetze gelten würden als in bezug auf /Co. Dia 
geringere Einfachheit würde darauf zurückzuführen sein, da 
der Wagen K gegen /Co (d. h. „wirklich'*) bewegt sei. 
diesen in bezug auf K formulierten allgemeinen Naturgesetz 
müßten Größe und Richtung der Fahrgeschwindigkeit di 
Wagens eine Rolle spielen. Es wäre z. B. zu erwarten, d 
der Ton einer Orgelpfeife ein anderer wäre, wenn diese mi 
ihrer Achse parallel zur Fahrrichtung gestellt wird, als wen| 
sie mit ihrer Achse senkrecht zu dieser Richtung gestellt wir 
Nun ist aber unsere Erde wegen ihrer Bahnbewegung um di 
Sonne einem mit etwa 30 km Geschwindigkeit fahrende 
Wagen vergleichbar. Es wäre daher im Falle der Ungültif 
keit des Relativitätsprinzips zu erwarten, daß die momentan 
Bewegungsrichtung der Erde in die Naturgesetze eingehe, daj 
also die physikalischen Systeme in ihrem Verhalten von de 
räumlichen Orientierung gegen die Erde abhängen solltet] 
Denn wegen der im Laufe des Jahres stattfindenden Änderung de 
Richtung der Geschwindigkeit der Umlaufsbewegung der Erd 
kann diese nicht das ganze Jahr hinxlurch relativ zu dem hyptj 
thetischen System /Co in Ruhe sein. Bei aller Sorgfalt hat mal 
aber eine derartige Anisotropie des irdischen physikalische^ 
Raumes, d. h. eine physikalische Ungleichwertigkeit der veij 
schiedenen Richtungen, niemals beobachten können. Dies ist eii 
schwer wiegendes Argument zugunsten des Relativitätsprinzips 

§ 6. Das Addltionstheorem der Geschwindigkeiten 
gemäß der klassischen Mechanik. 

Der schon oft betrachtete Eisenbahnwagen fahre mit dei 
konstanten Geschwindigkeit v auf dem Geleise. Im Eisen 
bahnwagen durchschreite ein Mann den Wagen in dessei 



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— n — 

Längsrichtung^ und zwar in Richtung der Fahrt mit der 
jeschwindigkeit w. Wie rasch bzw. mit welcher Geschwindig- 
keit W Icommt der Mann relativ zum Bahndamm während des 
3ehens vorwärts? Die einzig mögliche Antwort scheint aus - 
'olgender Überlegung zu entspringen: 

Würde der Mann eine Sekunde lang still stehen, so käme 
tr relativ zum Bahndamm um eine der Fahrgeschwindigkeit 
üeö Wagens gleiche Strecke v vorwärts. In Wirklichkeit . 
durchmißt er aber außerdem relativ zum Wagen, also auch 
relativ zum Bahndamm in dieser Sekunde durch sein Gehen 
die Strecke w, welche der Geschwindigkeit seines Ganges gleich 
Ist. Er legt also in der^ betrachteten Sekunde relativ zum 
Bahndamm im ganzen die. Strecke 

zurück. Später werden wir sehen, daß diese Überlegung, 
Welche das Additionstheorem der Geschwindigkeiten gemäß 
der klassischen Mechanik ausdrückt, nicht aufrecht erhalten 
werden kann, daß also das soeben hingeschriebene Gesetz in 
Wahrheit nicht zutrifft. jEinstweilen aber werden wir auf 
dessen Richtigkeit bauen. 

§ 7. Die scheinbare Unvereinbarkeit des 
Ausbreitungsgesetzes des Lichtes mit dem Relativitätsprinzip. 

Es gibt kaum ein einfacheres Gesetz in der Physik als 
dasjenige, gemäß welchem sich das Licht im leeren Räume 
fortpflanzt. Jedes Schulkind weiß oder glaubt zu wissen, daß 
diese Fortpflanzung geradlinig mit einer Geschwindigkeit 
c = '300000 km/Sek. geschieht. Wir wissen jedenfalls mit 
großer Exaktheit, daß diese Geschwindigkeit für alle Farben 
dieselbe ist; denn wäre dies nicht der Fall, so würde bei der 
Bedeckung eines Fixsternes durch seinen dunklen Begleiter das 
Emissionsminimum für die verschiedenen Farben nicht gleich- 
zeitig beobachtet werden. Durch eine ähnliche, an die Beob- 
achtungen der Doppelsterne sich knüpfende Überlegung konnte 
der holländische Astronom De Sitter auch zeigen, daß die . 



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- 12 — 

Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes von der Bewegungj 
geschwindigkeit des das Licht efnittierenden Körpers nich 
abhängen kann. Die Annahme, daß diese Fortpflartzung^ 
geschwindigkeit von der Richtung „im Räume** abhänge, i^ 
an sich unwahrscheinlich. 

Kurz, nehmen wir einmal an, das einfache Gesetz vo 
der konstanten Lichtgeschwindigkeit c (im Vakuum) ward 
von dem Schulkinde mit Recht geglaubt! Wer möchte denken 
daß dieses simple Gesetz den gewissenhaft überlegenden Phji 
siker in die größten gedanklichen Schwierigkeiten gestür 
hat? Diese Schwierigkeiten ergeben sich wie folgt. 

Natürlich müssen wir den Vorgang der Lichtausbreitun 
wie jeden anderen auf einen starren Bezugskörper (Kooi^d 
natensystem) beziehen. Als solchen wählen wir wieder unsere 
Bahndamm. Die Luft über demselben wollen wir uns we 
gepumpt denken. Längs des Bahndammes werde ein Licht 
strahl gesandt, dessen Scheitel sich nach dem vorigen m 
der Geschwindigkeit c relativ zum Bahndamme fortpflanz 
Auf dem Geleise fahre wieder unser Eisenbahnwagen mit d^ 
Geschwindigkeit v, und zwar in derselben Richtung, in de 
sich der Lichtstrahl fortpflanzt, aber natürlich viel langsame] 
Wir fragen nach der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichi 
Strahles relativ zum Wagen. Es ist leicht ersichtlich, da 
hier die Betrachtung des vorigen Paragraphen Anwendun 
finden kann; denn der relativ zum Eisenbahnwagen laufend 
Mann spielt die Rolle^ des Lichtstrahles. Statt dessen G 
schwindigkeit W gegen den Bahndamm tritt hier die Lichi 
geschwindigkeit gegen diesen; w ist die gesuchte Geschwindigj 
keit des Lichtes gegen den Wagen, für welche also gilt: 

iv = c — V. 

Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtstrahles relatii 
zum Wagen ergibt sich also als kleiner als c. 

Dies Ergebnis verstößt aber gegen das im § 5 dargelegt 
Relativitätsprinzip. Das Gesetz der Lichtausbreitung i 
Vakuum müßte nämlich nach dem Relativitätsprinzip wi 
jedes andere allgemeine Naturgesetz für den Eisenbahnwage 



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— 13 — 

als Bezugskörper gleich lauten wie für das Geleise als Bezugs- 
körper. Das erscheint aber nach unserer Betrachtung unmöglich. 
Wenn sich jeder Lichtstrahl in bezug auf den Damm mit der 
Geschwindigkeit c fortpflanzt, so scheint eben deshalb das Licht- 
ausbreitungsgesetz in bezug auf den Wagen ein anderes sein 
zu müssen — im Widerspruch mit dem Relativitätsprinzip. 

Im Hinblick auf dies Dilemma erscheint es unerläßlich, 
entweder das Relativitätsprinzip oder das einfache Gesetz der 
Fortpflanzung des Lichtes im Vakuum aufzugeben. Gewiß 
wird der Leser, der den bisherigen Ausführungen aufmerksam 
gefolgt ist, erwarten, daß das Prinzip der Relativität, das 
sich durch seine Natürlichkeit und Einfachheit dem Geiste 
als fast unabweislich empfiehlt, aufrecht zu erhalten sei, daß 
aber das Gesetz der Lichtausbreitung im Vakuum durch ein 
komplizierteres, mit dem Relativitätsprinzip vereinbares Gesetz 
zu ersetzen sei. Die Entwickelung der theoretischen Physik 
zeigte aber, daß dieser Weg nicht gangbar ist. Die bahn- 
brechenden theoretischen Forschungen von H. A. Lorentz 
über die elektrodynamischen und optischen Vorgänge in be- 
wegten Körpern zeigten nämlich, daß die Erfahrungen in 
diesen Gebieten mit zwingender Notwendigkeit zu einer 
Theorie der elektromagnetischen Vorgänge führen, welche das 
Gesetz der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum 
zur unabweisbaren Konsequenz hat. Deshalb waren die füh- 
renden Theoretiker eher geneigt, das Relativitätsprinzip fallen 
zu lassen, trotzdem sich keine einzige Erfahrungstatsache auf- 
finden ließ, welche diesem Prinzip widersprochen hätte. 

Hier setzte die Relativitätstheorie ein. Durch eine Analyse 
der physikalischen Begriffe von Zeit und Raum zeigte sich, 
daß in Wahrheit eine Unvereinbarkeit des Rela- 
tivitätsprinzips mit dem Ausbreitungsgesetz des 
Lichtes gar nicht vorhanden sei, daß man vielmehr 
durch systematisches Festhalten an diesen beiden Gesetzen 
zu einer logisch einwandfreien Theorie gelange. Diese Theorie, 
welche wir zum Unterschiede von ihrer später zu besprechenden 
Erweiterung als „spezielle Relativitätstheorie** bezeichnen, soll 
im folgenden in ihren Grundgedanken dargestellt werden. 



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— 14 — 



§ 8. Über den Zeitbegriff in der Physik. 

An zwei weit voneinander entfernten Stellen A und 
unseres Bahndammes hat der Blitz ins Geleise eingeschlagei 
Ich füge die Behauptung hinzu, diese beiden Schläge seie 
gleichzeitig erfolgt. Wenn ich dich nun frage, lieber Lesei 
ob diese Aussage einen Sinn habe, so wirst du mir mit einen 
überzeugten „Ja** antworten. Wenn ich aber jetzt in diel 
dringe mit der Bitte, mir den Sinn der Aussage, genauer zi 
erklären, merkst du nach einiger Überlegung, daß die Antwon 
auf diese Frage nicht so einfach ist, wie es auf den ersten 
Blick scheint. ^ 

Nach einiger Zeit wird dir vielleicht folgende Antwort ii 
den Sinn kommen: „Die Bedeutung der Aussage ist an und 
für sich klar und bedarf keiner weiteren Erläuterung; einige! 
Nachdenken müßte ich allerdings aufwenden, wenn ich den 
Auftrag erhielte, durch Beobachtungen zu ermitteln, ob in 
konkreten Falle die beiden Ereignisse gleichzeitig stattfandet 
oder nicht.** Mit dieser Antwort kann ich mich aber aul 
folgendem Grunde nicht zufrieden geben. Gesetzt, ein ge- 
schickter Meteorologe hätte durch scharfsinnige Überlegungen 
herausgefunden, daß es an den Orten A und B immer gleich- 
zeitig einschlagen müsse, dann entsteht die Aufgabe, nachJ 
zuprüfen, ob dieses theoretische Resultat der Wirklichkeit 
entspricht oder nicht. Analog ist es bei allen physikalischen 
Aussagen, bei denen der Begriff „gleichzeitig** eine Rolle 
spielt. Der Begriff existiert für den Physiker erst dann, wenn 
die Möglichkeit gegeben ist, im konkreten Falle herauszufinden, 
ob der Begriff zutrifft oder nicht. Es bedarf also einer 
solchen Definition der Gleichzeitigkeit, daß diese Definition 
die Methode an die Hand gibt, nach welcher im vorliegenden 
Falle aus Experimenten entschieden werden kann, ob beide 
Blitzschläge gleichzeitig erfolgt sind oder nicht. Solange 
diese Forderung nicht erfüllt ist, gebe ich mich als Physiker 
(allerdings auch als Nichtphysiker!) einer Täuschung hin, 
wenn ich glaube, mit der Aussage der Gleichzeitigkeit einen 



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— 15 — 

inn verbinden zu können. (Bevor du mir dies mit Über- 
mgung zugegeben hast, lieber Leser, lies nicht weiter.) 

Nach einiger Zeit des Nachdenkens machst du nun fol- 
fenden Vorschlag für das Konstatieren der Gleichzeitigkeit, 
fie Verbindungsstrecke A B werde dem Geleise nach aus- 
emessen und in die Mitte M der Strecke ein Beobachter 
estellt, der mit einer Einrichtung versehen ist (etwa zwei 
m 90® gegeneinander geneigte Spiegel), die ihm eine gleich- 
eitige optische Fixierung beider Orte A und B erlaubt, 
[immt dieser die beiden Blitzschläge gleichzeitig wahr, so 
Ind sie gleichzeitig. 

Ich bin mit diesem Vorschlag sehr zufrieden und halte 
äe Sache dennoch nicht für ganz geklärt, weil ich mich zu 
blgendem Einwand gedrängt fühle: „Deine Definition wäre 
inbedingt richtig, wenn ich schon wüßte, daß das Licht, 
reiches dem Beobachter in M die Wahrnehmung der Blitz- 
chläge vermittelt, sich mit der gleichen Geschwindigkeit, auf 
ler Strecke A — > M wie auf der Strecke B —^ M fortpflanze, 
iine Prüfung dieser Voraussetzung wäre aber nur dann mög- 
Ich, wenn man über die Mittel der Zeitmessung bereits ver- 
ügte. Man scheint sich also hier in einem logischen Zirkel 
;u bewegen." 

' Nach einiger weiterer Überlegung wirfst du mir aber mit 
Recht einen etwas verächtlichen Blick zu und erklärst mir: 
,Ich halte meine Definition von vorhin trotzdem aufrecht, da 
we in Wahrheit gar nichts über das Licht voraussetzt. An 
iie Definition der Gleichzeitigkeit ist nur die eine Forderung^ 
tu stellen, daß sie in jedem realen Falle eine empirische Ent- 
scheidung an die Hand gibt über das Zutreffen oder Nicht- 
tutreffen des zu definierenden Begriffs. Daß meine Definition 
dies leistet, ist unbestreitbar. Daß das Licht zum Durchlaufen 
des Weges A — ^ M und zum Durchlaufen der Strecke B —^ M 
dieselbe Zeit brauche, ist in Wahrheit keine Voraussetzung 
)der Hypothese über. die physikalische Natur des Lichtes, 
sondern eine Festsetzung, die ich nach freiem Ermessen 
treffen kann, um zu einer Definition der Gleichzeitigkeit zu 



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- 16 - 

Es ist klar, daß diese Definition benutzt werden kant 
ium der Aussage der Gleichzeitigkeit nicht nur zweier Ei 
eignisse, sondern beMebig vieler Ereignisse einen exakten Sin 
zu geben, wie die Ereignisorte relativ zum Bezugskörper (hi« 
dem Bahndamm) gelagert sein mögen ^). Damit gelangt mai 
auch zu einer Definition der „Zeit** in der Physik. Mai 
denke sich nämlich in den Punkten A, ß,- C des Geleise 
(Koordinatensystems) Uhren von gleiche;* Beschaffenheit aul 
gestellt und derart gerichtjet, daß deren Zeigerstellungen gleich 
zeitig (im obigen Sinne) dieselben sind. Dann versteht mai 
unter der „Zeit** eines Ereignisses die Zeitangabe (Zeiger 
Stellung) derjenigen dieser Uhren, welche dem Ereignis (räura 
lieh) unmittelbar benachbart ist. Auf diese Weise wird jeden 
Ereignis ein Zeitwert zugeordnet, der sich prinzipiell beol) 
achten läßt. 

Diese Festsetzung enthält noch eine physikalische Hypo 
these, an deren Zutreffen man ohne empirische Gegengrundi 
kaum zweifeln wird. Es ist nämlich angenommen, daß alle diesi 
Uhren „gleich rasch** gehen, wenn sie von gleicher Beschaffen 
heit sind. Exakt formuliert: Wenn zwei an verschiedene! 
Stellen des Bezugskörpers ruhend angeordnete Uhren so ein- 
gestellt werden^ daß eine Zeigerstellung der einen mit der 
selben Zeigerstellung der anderen gleichzeitig (im obigei 
Sinne) ist, so sind gleiche Zeigerstellungen überhaupt gleich 
zeitig (im Sinne obiger Definition). 

§ 9. Die Relativität der Gleichzeitigkeit. 

Bisher haben wir uns-ere Betrachtung auf einen bestimmtei 
Bezugskörper bezogen, den wir als „Bahndamm** bezeichne 



*) Wir nehmen ferner an, daß, wenn drei Ereignisse A, B, C derart!] 
an verschiedenen Orten stattfinden, daß, wenn A gleichzeitig mit B um 
ß gleichzeitig mit C ist (gleichzeitig im Sinne obiger Definition), da 
Kriterium der Gleichzeitiglceit auch für das Ereignispaar A—C erfüllt sei 
Diese Annahme ist eine physikalische Hypothese über das Ausbreitungsgeset 
des Lichtes; sie muß unbedingt erfüllt sein, wenn es möglich sein soll, a 
dem Gesetz von der Konstanz der Vakuum -Lichtgeschwindigkeit festzu 
halten. 



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— 17 — 

haben. Es fahre nun auf dem Geleise ein sehr langer Zug 
mit der konstanten Geschwindigkeit v in der in Fig. 1 an- 
gegebenen Richtung. Menschen, die in diesem Zuge fahren, 
werden mit Vorteil den Zug als starren Bezugskörper (Koor- 
dinatensystem) verwenden; sie beziehen alle Ereignisse auf 
den 2ug. Jedes Ereignis, welches längs des Geleises statt- 
findet, findet dann auch an einem bestimmten Punkte des 
Zuges statt. Auch die Definition der Gleichzeitigkeit läßt 
sich in bezug auf den Zug in genau derselben Weise geben, 
wie in bezug auf. den Bahndamm. Es entsteht aber nun 
naturgemäß folgende Frage: 

Sind zwei Ereignisse (z. B. die beiden. Blitzschläge A 
und ß), welche in bezug auf den Bahndamm gleichzeitig 

Fig. 1. 

I : I ^ 

^ Mb Fahrdamm 

sind, auch in bezug auf den Zug gleichzeitig? Wir werden 
sogleich zeigen, daß die Antwort verneinend lauten muß. 

Wenn wir sagen, daß die Blitzschläge A und B in bezug 
auf den Bahndamm gleichzeitig ^sind, so bedeutet dies: die 
von den Blitzorten A pnd B ausgehenden Lichtstrahlen be- 
gegnen sich in dem Mittelpunkte M der Fahrdammstrecke 
A — ß. Den Ereignissen A und B entsprechen aber auch 
Stellen A und B auf dem Zuge. Es sei NV der Mittelpunkt 
der Strecke A—B des fahrenden Zuges. Dieser Punkt M' fällt 
zwar im Augenblick der Blitzschläge^) mit dem' Punkte Af 
zusammen, bewegt sich aber in der Zeichnung mit der Ge- 
schwindigkeit V des Zuges nach rechts. Würde ein bei M' im 
Zuge sitzender Beobachter diese Geschwindigkeit nicht besitzen, 
so würde er dauernd in Af bleiben, und es würden ihn dann 
die von den Blitzschlägen A und B ausgehenden Lichtstrahlen 
gleichzeitig erreichen, d. h., diese beiden Strahlen würden 
sich gerade bei ihm begegnen. In Wahrheit aber eilt er 



^) Vom Fahrdamm aus beurteilt! 

Einstein, Relativitätstheorie. 



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— 18 — 

(vom Bahndamm aus beurteilt) dem von B herkommenden 
Lichtstrahl entgegen, während er dem von A herkommenden 
Lichtstrahl vorauseilt. Der Beobachter wird also den von B 
ausgehenden Lichtstrahl früher sehen, als den von A aus 
gehenden. Die Beobachter, welche den Eisenbahnzug als 
Bezugskörper benutzen, müssen also zu dem Ergebnis kommen, 
der Blitzschlag B habe früher stattgefunden als der Blitz 
schlag A Wir kommen also zu dem wichtigen Ergebnis: 

Ereignisse, welche in bezug auf den Bahndamm gleich- 
zeitig sind, sind in bezug auf den Zug nicht gleichzeitig und 
umgekehrt (Relativität der Gleichzeitigkeit). Jeder Bezugs 
körper (Koordinatensystem) hat seine besondere Zeit; eine 
Zeitangabe hat nur dann einen Sinn, wenn der Bezugskörper 
angegeben ist, auf den sich die Zeitangabe bezieht. 

Die Physik hat nun vor der Relativitätstheorie stets 
stillschweigend angenommen, daß die Bedeutung der Zeit- 
angaben eine absolute, d. h. vom Bewegungszustande des 
Bezugskörpers unabhängige, sei. Daß diese Annahme aber 
mit der nächstliegenden Definition der Gleichzeitigkeit unver 
einbar ist, haben wir soeben gesehen; läßt man sie fallen, so 
verschwindet der in § 7 entwickelte Konflikt des Gesetzes der 
Vakuum-Lichtausbreitung mit dem Relativitätsprinzip. 

Zu jenem Konflikt führt nämlich die Überlegung des § 6, 
die nun nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. Wir schlössen 
dort, daß der Mann im Wagen, der relativ zu diesem die 
Strecke w in einer Sekunde durchläuft, diese Strecke 
auch relativ zum Bahndamm in einer Sekunde durchläuft 
Da nun aber die Zeit, welche ein bestimmter Vorgang mit 
Bezug auf den Wagen braucht, nach den soeben angestellten 
Überlegungen nicht gleich gesetzt werden darf der vom Bahn- 
damm als Bezugskörper aus beurteilten Dauer desselben Vor- 
ganges, so kann nicht behauptet werden, daß der Mann durch 
sein Gehen relativ zum Geleise die Strecke w in einer Zeit 
zurücklegt, welche — vom Bahndamm aus beurteilt — gleich 
einer Sekunde ist. 

Die Überlegung des § 6 ruht übrigens noch ^uf einer 
zweiten Voraussetzung, die im Lichte einer strengen Überlegung 



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— 19 — 

ils willkürlich erscheint, wenn sie auch vor der Aufstellung 
ier Relativitätstheorie stets (stillschweigend) gemacht wurde. 

§ 10. Über die Relativität des Begriffes der räumlichen 
Entfernung. 

Wir betrachten zwei bestimmte Stellen des mit der 
jeschwindigkeit v längs des Bahndammes dahinfahrenden 
^uges^) und fragen nach deren Entfernung. Wir wissen bereits, 
laß man zur Messung einer Entfernung eines Bezugskörpers 
)edarf, mit Bezug auf welchen die Entfernung ausgemessen 
vird. Am einfachsten ist es, den Zug selbst als Bezugskörper 
[Koordinatensystem) zu verwenden. Ein im Zuge fahrender 
Beobachter mißt den Abstand, indem er in gerader Linie 
jeinen Maßstab etwa längs der Wagenböden so oft aufträgt, 
)is er von dem einen markierten Punkte zum anderen gelangt. 
Die Zahl, welche angibt, wie oft der Stab angelegt werden 
[nuß, ist dann die gesuchte Entfernung. 

Anders ist es, wenn die Entfernung vom Geleise aus 
3eurteilt werden soll. Da bietet sich folgende Methode. Nennt 
[nan A' und B' die beiden Punkte des Zuges, um deren Ent- 
fernung es sich handelt, so sind diese beiden Punkte mit der 
Geschwindigkeit v längs des Bahndammes bewegt. Wir fragen 
nun zuerst nach den Punkten A bzw. B des Bahndammes, 
bei welchen die beiden Punkte A' und B' zu einer bestimmten 
Zeit / — vom Bahndamm aus beurteilt — gerade vorbeilaufen. 
Diese Punkte A und B des Bahndammes sind vermöge, der 
in § 8 gegebenen Zeitdefinition ermittelbar. Hierauf wird 
der Abstand dieser Punkte A und B durch wiederholtes Ab- 
tragen des Meterstabes längs des Bahndammes gemessen. 

Es ist a priori durchaus nicht ausgemacht, daß diese 
letztere Messung dasselbe Ergebnis zeitigen müsse wie die 
erstere. Vom Bahndamm aus gemessen kann also die Länge 
des Zuges eine andere sein als vom Zuge selbst aus gemessen. 
Dieser Umstand ergibt einen zweiten gegen die scheinbar so 
einleuchtende Betrachtung des § 6 zu erhebenden Einwand. 

^) Etwa die Mitte des 1. und 100. Wagens. 

2* 



,1 

i 



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— 20 ~ 

Legt nämlich der Mann im Wagen in einer Zeiteinheit - 
vom Zuge aus gemessen — die Strecke w zurück, s 
braucht diese Strecke — vom Bahndamm aus gemessen- 
nicht auch gleich w zu sein. 

§ 11. Die Lorentz- Transformation. 

Die Überlegungen der letzten drei Paragraphen zeigen uns 
daß die scheinbare Unvereinbarkeit des Ausbreitungsgesetze 
des Lichtes mit dem Relativitätsprinzip in § 7 durch ein 
Betrachtung abgeleitet worden ist, welche der klassischei 
Mechanik zwei durch nichts gerechtfertigte Hypothesen ent 
lehnte; diese Hypothesen lauten: 

1. Der Zeitabstand zwischen zwei Ereignissen ist von 
Bewegungszustande des Bezugskörpers unabhängig. 

2. Der räumliche Abstand zwischen zwei Punkten eine 
starren Körpers ist vom Bewegungszustande des Bezugs 
körpers unabhängig. 

Läßt man nun diese Hypothesen fallen, so verschwindel 
das Dilemma des § 7, weil das in § 6 abgeleitete Additions- 
theorem der Geschwindigkeiten ungültig wird. Es taucht voi 
uns die Möglichkeit auf, daß das Gesetz der Lichtausbreitung 
im Vakuum mit dem Relativitätsprinzip vereinbar sein könnte, 
Wir kommen zu der Frage: Wie ist die Überlegung des §{ 
zu modifizieren, um den scheinbaren Widerspruch zwischen 
diesen beiden fundamentalen Ergebnissen der Erfahrung zu 
beseitigen? Diese Frage führt auf eine allgemeine. In de 
Überlegung des § 6 kommen Orte und Zeiten in bezug aui 
den Zug und in bezug auf den Bahndamm vor. Wi^ findet 
man Ort und Zeit eines Ereignisses in bezug auf den Zug, 
wenn Ort und Zeit des Ereignisses in bezug auf den Bahn- 
damm bekannt sind? Gibt es eine solche denkbare Antwort 
auf diese Frage, daß das Gesetz der Lkhtausbreitung im 
Vakuum dem ,Relativitätsprinzip nicht widerspricht? Anders 
ausgedrückt: Ist eine Relation zwischen Ort und Zeit der 
einzelnen Ereignisse in bezug auf beide Bezugskörper denkbar, 
derart, daß jeder Lichtstrahl relativ zum Bahndamm und 
relativ zum Zug die Ausbreitungsgeschwindigkeit c besitzt? 



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— 21 — 

Diese Frage führt zu einer bejahenden, ganz bestimmten 
Antwort, zu einem ganz bestimmten Verwandlungsgesetz für 
die Raum-Zeit- Größen eines Ereignisses beim Übergang von 
einem Bezugskörper zu einem anderen. 

Bevor wir hierauf eingehen, sei folgende Zwischenüber- 
legung eingeschaltet. Wir haben bis jetzt stets nur Ereignisse 
betrachtet, die sich längs des Bahndammes abspielten, der 
mathematisch die Funktion einer geraden Linie zu übernehmen 
hatte. Man kann sich aber in der in § 2 angegebenen Weise 
diesen Bezugskörper seitlich und nach oben durch ein Stab- 
gerüst derart fortgesetzt denken, daß ein irgendwo statt- 
findendes Ereignis relativ zu diesem Stabgerüst lokalisiert 
werden kann. Analog kann man sich den mit der Geschwindig- 
keit V fahrenden Zug durch den ganzen Raum fortgesetzt 
denken, so daß jedes noch so ferne Ereignis auch in bezug 
auf das zweite Gerüst lokalisiert werden könnte. Davon, daß 
diese Gerüste einander in Wahrheit wegen der Undurch- 
dringlichkeit der festen Körper immer wieder zerstören müßten, 
können wir absehen, ohne in prinzipielle Fehler zu geraten. 
In jedem solchen Gerüst denken wir uns drei aufeinander 
senkrechte Wände ausgezeichnet und als „Koordinatenebenen** 
bezeichnet („Koordinatensystem**). Dem Bahndamm ent- 
spricht dann ein Koordinatensystem K, dem Zug ein Koordi- 
natensystem K'. Ein irgendwo stattfindendes Ereignis wird 
bezüglich K räumlich fixiert durch die drei Lote x, y, z auf 
die Koordinatenebenen und zeitlich fixiert durch einen Zeit- 
wert /. Dasselbe Ereignis wird bezüglich K' raum-zeitlich 
fixiert durch entsprechende Werte x' y', z' /', welche mit x, y, z, / 
natürlich nicht übereinstimmen. Wie diese. Größen als Er- 
gebnisse physikalischer Messungen aufzufassen sind, wurde 
früher ausführlich dargelegt. 

Unser Problem lautet in exakter Formulierung offenbar 
folgendermaßen. Wie groß sind die Werte x', y', z', t' eines 
Ereignisses in bezug auf K', wenn die Größen x, y, z, / desselben 
Ereignisses in bezug auf K gegeben sind? Die Beziehungen 
müssen so gewählt werden, daß dem Gesetz der Vakuum- 
fortpflanzung des Lichtes für einen und denselben Lichtstrahl 



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— 22 — 

(und zwar für jeden) in bezug auf K und K' Genüge ge 
leistet wird. Dies Problem wird für die in der Zeichnung (Fig. 2 




angegebene relative räumliche Orientierung der Koordinaten- 
systeme gelöst durch die Gleichungen: 

x — vt 



x' = 



f 






y 

z' 



= y 

= z 



t- 



)/ 



1-^ 



welches Gleichungssystem mit dem Namen „Lorentz- Trans- 
formation" bezeichnet wird^). 

Würden wir aber an Stelle des Lichtausbreitungsgesetze^ 
die stillschweigenden Voraussetzungen der alten Mechanik von 
dem absoluten Charakter der Zeiten und Längen zugrunde 
gelegt haben, so würden wir statt dieser Transformations- 
gleichungen zu den Gleichungen 

x' = X — vt 

y = y 

z' = 2 
r' = / 



^) Eine einfache Ableitung der Lorentz-Transformation ist im Anhang 
gegeben. 



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-- 23 — 

gelangt sein, welches System man oft als „Galilei- Trans- 
formation" bezeichnet. Die Galilei -Transformation geht aus 
der Lorentz- Transformation dadurch hervor, daß man in 
letzterer die Lichtgeschwindigkeit c gleich einem unendlich 
großen Werte setzt. 

Daß gemäß der Lorentz -Transformation das Gesetz der 
Lichtausbreitung im Vakuum sowohl für den Bezugskörper K 
wie für den Bezugskörper K' erfüllt ist, sieht man bequem 
an folgendem Beispiel. Es werde ein Lichtsignal längs der 
positiven x- Achse gesandt, und es pflanze sich die Licht- 
erregung gemäß der Gleichung 

also mit der Geschwindigkeit c fort. Gemäß den Gleichungen 
der Lorentz-Transformation bedingt diese einfache Beziehung 
zwischen x und t eine Beziehung zwischen x' und t'. In der 
Tat liefert die erste und vierte Gleichung der Lorentz-Trans- 
formation, wenn man in dieselben für x den Wert c/ einsetzt: 






t' = 



* 2 



aus welchen dann durch Division unmittelbar 

x' = ct' 

folgt. Nach dieser Gleichung erfolgt die Lichtausbreitung, wenn 
sie auf das System K' bezogen wird. Es zeigt sich also, daß 
die Ausbreitungsgeschwindigkeit auch relativ zum Bezugs- 
körper K' gleich c ist. Analog ist es mit Lichtstrahlen, die 
sich in beliebiger anderer Richtung fortpflanzen. Dies ist 
natürlich nicht zu verwundern, denn die Gleichungen der 
Lorentz-Transformation sind ja nach diesem Gesichtspunkte 
abgeleitet. 



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— 24 — 

§ 12. Das Verhalten bewegter Stäbe und Uhren. 

Ich lege einen M^terstab in die x'-Achse von K' derart 
daß sein Anfang in den Punkt x' = 0, sein Ende in defl 
Punkt x' = 1 fällt. Welches ist die Länge des^ Meterstabes 
relativ zum System K? Um das zu erfahren, brauchen wii 
nur zii fragen, wo Stabanfang und Stabende relativ zu R 
liegen zu einer bestimmten Zeit t des Systems K. Man findet 
für diese beiden Punkte aus der ersten Gleichung der Lorentz 
Transformation für die Zeit f = 0: 



X(Stabanfang> = • 1/ ' ~ 72 
^(Stabende) ~ ' ' 1/ ' ~" 72 ' ^ 

1 2 haben. Relativ 

zu K ist aber der Meterstab mit der Geschwindigkeit v be- 
wegt. Es folgt also, daß die Länge eines mit der Geschwindig- 
keit V in seiner Längsrichtung bewegten starren Meterstabes 



f 



1 — 2 Meter beträgt. Der bewegte starre Stab ist also 

kürzer als derselbe Stab, wenn er im Zustande der Ruhe ist, 
und zwar um so kürzer, je rascher er bewegt ist. Für die 

Geschwindigkeit v = c wäre 1/1 — 2 = ^» ^"^ "^^h größere 

Geschwindigkeiten wird die Wurzel imaginär. Wir schließen 
daraus, daß in der Relativitätstheorie die Geschwindigkeit c 
die Rolle einer Grenzgeschwindigkeit spielt, die. durch keinen 
wirklichen Körper erreicht oder gar überschritten werden 
könnte. 

Diese Rolle der Geschwindigkeit c als einer Grenz- 
geschwindigkeit folgt übrigens bereits aus den Gleichungen 
der Lorentz-Transformation selbst. Denn diese werden sinn- 
los, wenn v größer als c gewählt wird. 

Hätten wir umgekehrt einen Meterstab betrachtet, der in 
der X-Achse relativ zu K ruht, so hätten wir gefunden, daß 



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— 25 - 

r, von K' aus beurteilt, die Länge l/l — 72 hat; dies liegt 

anz im Sinne des Relativitätsprinzips, welches unseren Be- 
rachtungen zugrunde gelegt ist. 

Daß wir aus den Transformationsgkichungen etwas über 
las physikalische Verhalten von Maßstäben und Uhren er- 
ahren müssen, liegt a priori auf der Hand. Denn die Größen 
:, yy Zy t sind ja nichts anderes als mit Maßstäben und 
ihren zu gewinnende Meßresultate. Hätten wir die Galilei- 
fransformation zugrunde gelegt, so hätten wir eine Stab- 
/erkflrzung infolge der Bewegung nicht erhalten. 

Wir betrachten nun eine Sekundenuhr, die dauernd im 
\nfangspunkte (x' = 0) von K' ruht, t = und t = 1 
^eien zwei aufeinander folgende Schläge dieser Uhr. Fun diese 
i)eiden Schläge ergeben die erste und vierte der Gleichungen 
ier Lorentz-Transformation: 

t = 
und 

1 



/ = 



/ 



1-^ 



Von K aus beurteilt ist die Uhr mit der Geschwindig. 
keit V bewegt; von diesem Bezugskörper aus beurteilt vergeht 
zwischen zweien ihrer Schläge nicht eine Sekunde, sondern 

= Sekunden, also eine etwas größere Zeit. Die Uhr 



V 



•-: 



2 



geht infolge ihrer Bewegung langsamer als im Zustande der 
Ruhe. Auch hier spielt die Geschwindigkeit c die Rolle einer 
unerreichbaren Grenzgeschwindigkeit. / 

§ 13. Additionstheorem der Geschwindigkeiten. 
Fi zeau scher Versuch. 

Da wir Uhren und Maßstäbe in praxi nur mit Geschwindig- 
keiten bewegen können, die klein sind gegen die Licht- 
geschwindigkeit c, so werden die Ergebnisse des vorigen 



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— 26 — 

Paragraphen kaum direkt mit der Wirklichkeit vergh'cH 
'werden können. Da dieselben andererseits dem Leser rec 
sonderbar vorkommen werden, so will ich nun aus der Theoi 
eine andere Konsequenz ziehen, die aus dem bisher Dargelegt 
leicht abzuleiten ist, und die durch das Experiment glänze 
bestätigt wird. 

In § 6 haben wir das Additionstheorein für gleich gerichtl 
Geschwindigkeiten abgeleitet, so, wie es sich aus den Hyp 
thesen der klassischen Mechanik ergibt. Dasselbe läßt 
auch leicht aus der Galilei -Transformation (§ 11) folgei 
Statt des gehenden Mannes im Wagen führen wir einen Fun 
ein, der sich relativ zum Koordinatensystem K' nach 
Gleichung 

X' = IV /' 

bewegt. Aus der ersten und vierten Gleichung der Galii 
Transformation kann man x' und t' durch x und / ausdruckt 
und erhält so: 

X = (V + w)t 

Diese Gleichung drückt nichts anderes aus als das Bewegun 
gesetz des Punktes gegenüber dem System K (des Mani 
gegenüber dem Bahndamm), welche Geschwindigkeit wir mit 
bezeichnen, so daß man, wie in § 6, erhält: 

Wir können aber diese Betrachtung ebenso gut un 
Zugrundelegung der Relativitätstheorie durchführen. M 
hat dann in der Gleichung 

x' = wt' 

x' und /' durch x und t auszudrücken unter Verwendung ( 
ersten und vierten Gleichung der Lorentz-Transformatio 
Man erhält dann statt der Gleichung (A) die Gleichung: 

1^ = ^^^^. (I 



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— 27 — 

velche dem Additionstheorem gleichgerichteter Geschwindig- 
keiten nach der Relativitätstheorie entspricht. Die Frage ist 
lun,, welches von diesen beiden Theoremen der Erfahrung 
regentibef standhält. Hierüber belehrt uns ein höchst wich- 
iges .Experiment, welches der geniale Physiker Fizeau vor 
nehr als einem halben Jahrhundert ausführte, und das seit- 
Jem von einigen der besten Experimentalphysiker wiederholt 
Nurde, so daß das Resultat unbezweifelbar ist. Das Experi- 
nent behandelt folgende Frage. In einer ruhenden Flüssigkeit 
pflanze sich das Licht mit einer bestimmten .Geschwindig- 
Iceit w fort. Wie rasch pflanzt es sich in der Röhre R der 
Figur I 

A 



/ • 
in der Pfeilrichtung fort, wenn diese von der vorhin genannten 

Flüssigkeit mit der Geschwindigkeit v durchströmt ist? 

Wir werden im Sinne des Relativitätsprinzips jedenfalls 
vorauszusetzen haben, daß relativ zur Flüssigkeit die 
Lichtausbreitung immer mit derselben Geschwindigkeiten; er- 
folgt, mag die Flüssigkeit relativ zu anderen Körpern bewegt 
sein oder nicht. Es ist also die Geschwindigkeit des Lichtes 
relativ zur Flüssigkeit und die Geschwindigkeit der letzteren 
relativ zur Röhre bekannt, gesucht die Geschwindigkeit des 
Lichtes relativ zur Röhre. 

Es ist klar, daß hier wieder die Aufgabe des § 6 vorliegt. 
Die Röhre spielt die Rolle des Bahndammes bzw. des Koor- 
dinatensystems K, die Flüssigkeit die Rolle des Wagens bzw. 
des Koordinatensystems K\ das Licht endlich die Rolle des 
im Wagen laufenden Mannes bzw. des bewegten Punktes in 
diesem Paragraphen. Bezeichnet man also mit W die Ge- 
schwindigkeit des Lichtes^ relativ zur Röhre, so ist diese durch 
die Gleichung (A) bzw. (B) gegeben, je nachdem die Galilei- 
\ Transformation oder die Lorentz-Transformation der Wirklich- 
keit entspricht. 



L 



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~ 28 - 

Das Experiment 1) entscheidet für die aus der Relativitäts 
theorie abgeleitete Gleichung (B), und zwar sehr exakt. De 
Einfluß der Strömungsgeschwindigkeit v auf • die Lichtfon 
Pflanzung wird nach den letzten, ausgezeichneten Messungei 
vonZeemann durch die Formel (B) genauer als auf l.Proz 
genau dargestellt. 

Es ist nun allerdings hervorzuheben, daß eine Theori 
dieses Phänomens lange vor der, Aufstellung der Relativitäts 
theorie auf rein elektrodynamischem Wege unter Benutzunj 
bestimmter Hypothesen über die elektromagnetische Struktm 
der Materie von H. A. Lore ritz gegeben worden ist. Diese 
Umstand vermindert aber die Beweiskraft des Versuches ah 
experimentum crucis zugunsten der Relativitätstheorie keines 
wegs. Denn die Maxwell-Lorentzsche Elektrodynamik, ad 
welcher die ursprüngliche Theorie beruhte, steht in keiner!^ 
Gegensatz zur Relativitätstheorie. Letztere i§t vielmehr airt 
der Elektrodynamik herausgewachsen als verblüffend einfach« 
Zusammenfassung und VeraUgemeinerung der früher vonein- 
ander unabhängigen Hypothesen, auf welchen die Elektro^ 
dynamik aufgebaut war. 

§ 14. Der heuristische Wert der Relativitätstheorie. 

Der bisher dargelegte Gedankengang läßt sich wie folgt 
kurz zusammenfassen. Die Erfahrung hat zu d^r Überzeugung 
geführt, daß einerseits das Relativitätsprinzip (im engerei^ 
Sinne) gelte und daß andererseits die Ausbreitungsgeschwindig- 
keit des Lichtes im Vakuum gleich einer Konstanten c zu 
setzen sei. Durch Vereinigung dieser beiden Postulate ergal^ 
sich das Transformationsgesetz für die rechtvyinkeligen Koor- 

^) Fizeau fand U^ = w-j- v ( 1 ), wobei n = — der Brechungs^ 

\ nv w 

exponent der Flüssigkeit ist. Andererseits kann für (B) wegen der Klein- 
heit von — gegenüber 1 zunäclist VV^ = (w + v) (l -\ , oder mit der 

gleiclien Näherung iv+vM ^jfgesetzt werden, was mit Fizeaus 

Resultat übereinstimmt. 



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— 29 - 

linaten x, y, z und die Zeit t der Ereignisse, welche das 
iaturgeschehen zusammensetzen, und zwar ergab sich nicht 
lie Galilei -Transformation, sondern (abweichend von der 
ilassischen Mechanik) die Lorentz-Transformation. 

In diesem Gedankengange spielte das Ausbreitungsgesetz 
les Lichtes eine wichtige Rolle, dessen Annahme sich aus 
inserem tatsächlichen Wissen rechtfertigt. Wir können aber, 
lachdem wir einmal im Besitz der Lorentz-Transformation 
ind, diese mit dem Relativitätsprinzip vereinigen und die 
rh^orie in die Aussage zusammenfassen: 

Jedes allgemeine Naturgesetz muß so beschaffen sein, daß 
5S in ein Gesetz von genau gleicher Fassung übergeht, wenn 
nan statt der Raum-Zeit- Variabein x, y, z, t des ursprünglichen 
Koordinatensystems K neue Raum -Zeit -Variable x\ y\ z\ f 
iines Koordinatensystems K einführt, wobei der mathematische 
Zusammenhang zwischen den gestrichenen und ungestrichenen 
Größen durch die Lorentz-Transformation gegeben ist. Kurz 
formuliert: Die allgemeinen Naturgesetze sind kovariant be- 
züglich Loren tz -Transformationen. 

Es ist dies eine bestimmte mathematische Bedingung, 
welche die Relativitätstheorie einem Naturgesetze vorschreibt; 
dadurch wird sie zu einem wertvollen heuristischen Hilfsmittel 
beim Aufsuchen der allgemeinen Naturgesetze. Würde ein 
allgemeines Naturgesetz aufgefunden, welches jener Bedingung 
nicht entspricht, so wäre mindestens eine der beiden Grund- 
voraussetzungen der Theorie widerlegt. Sehen wir nun zu, 
was letztere an allgemeinen Ergebnissen bisher gezeitigt hat. 

§ 15. Allgemeine Ergebnisse der Theorie. 

Aus den bisherigen Darlegungen ist ersichtlich, daß die 
(spezielle) Relativitätstheorie aus der Elektrodynamik und 
Optik herausgewachsen ist. Auf diesen Gebieten hat sie an 
den Aussagen der Theorie nicht viel geändert, aber sie hat 
das theoretische Gebäude, d. h. die Ableitung der Gesetze 
bedeutend vereinfacht und — was noch ungleich wichtiger 
ist — die Zahl der voneinander unabhängigen Hypothesen, 



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— 30 - 

auf welchen die Theorie beruht, erheblich vermindert. Sii 
hat der Maxwell-Lorentzschen Theorie einen solchen Gra( 
von Evidenz verliehen, daß diese auch dann bei den Phy- 
sikern allgemein durchgedrungen wäre, wenn das Experimenl 
weniger überzeugend zu ihren Gunsten gesprochen hätte. 

Die klassische Mechanik bedurfte erst einer Modifikation, 
um mit der Forderung der speziellen Relativitätstheorie in 
Einklang zu kommen. Diese Modifikation betrifft jedoch im 
wesentlichen nur die Gesetze für rasche Bewegungen, bei 
welchen die Geschwindigkeiten v der Materie gegenüber dei^ 
Lichtgeschwindigkeit nicht gar zu klein sind. So rasche Be- 
wegungen zeigt uns die Erfahrung nur an Elektronen und 
Ionen; bei anderen Bewegungen sind die Abweichungen von 
den Gesetzen der klassischen Mechanik zu gering, um sich 
praktisch bemerkbar zu machen. Von der Bewegung der 
Gestirne wird erst bei der allgemeinen Relativitätstheorie zu 
sprechen sein. Nach der Relativitätstheorie wird die kinetische 
Energie eines materiellen Punktes von der Masse m nicht 
mehr durch den bekahnten Ausdruck 

/n-2 
gegeben, sondern durch den Ausdruck: 



/ 



'-C 



V2 



Dieser Ausdruck wird unendlich, wenn sich die Geschwindig- 
keit V der Lichtgeschwindigkeit c nähert. Es muß also die 
Geschwindigkeit stets kleiner als c bleiben, wie große Energien 
man auch auf die Beschleunigung verwenden mag. Entwickelt 
man den Ausdruck für die kinetische Theorie in eine Reihe, 
so erhält man: 

Das dritte dieser Glieder ist gegenüber dem zweiten, in 
der klassischen Mechanik allein berücksichtigten, stets klein, 



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- al — 

enn -^ klein gegen \ ist. Das erste Glied mc^ enthält die 

lesch windigkeit nicht, kommt also nicht in Betracht, wenn 
i sich nur um die Frage handelt, wie die Energie eines 
[assenpunktes von der Geschwindigkeit abhängt. Über seine 
rinzipielle Bedeutung wird nachher gesprochen werden. 

Das wichtigste Ergebnis allgemeiner Art, zu dem die 
pezielle Relativitätstheorie geführt hat, betrifft den Begriff 
er Masse. Die vorrelativistische Physik kemit zwei Erhal- 
ungssätze von grundlegender Bedeutung, nämlich den Satz 
on der Erhaltung der Energie und den Satz von der Er-, 
altung der Masse; diese beiden Fundamentalsätze erscheinen 
Is ganz unabhängig voneinander. ' Durch die Relativitäts- 
heorie werden sie zu einem Satze verschmolzen. Wie dies 
am, und wie diese Verschmelzung aufzufassen ist, soll nun 
urz dargelegt werden. 

Das Relativitätsprinzip fordert, daß der Satz von der 
irhaltung der Energie nicht nur bezuglich eines Koordinaten- 
ystems K gelte, sondern bezüglich eines jeden Koordinaten- 
ystems K', das relativ zu K sich in gleichförmiger Trans- 
ationsbewegung befindet (kurz gesagt, bezüglich jedes 
»Galileischen** Koordinatensystems). Für den Übergang 
iwischen zwei solchen Systemen ist im Gegensatz zur klassi- 
chen Mechanik die Lorentz-Transformation maßgebend. 

Aus diesen Prämissen in Verbindung mit den Grund- 
[leichungen der Maxwellschen Elektrodynamik kann man 
nit zwingender Notwendigkeit durch verhältnismäßig einfache 
Jetrachtungen folgenden Schluß ziehen: Ein mit der Ge- 
schwindigkeit V fliegender Körper, der in Form von Strahlung 
lie Energie Eq aufnimmt i), ohne hierbei seine Geschwindigkeit 
;u ändern, erfährt dabei eine Zunahme seiner Energie um 
ien Betrag: 



i 



\--. 



*) Eq ist die aufgenommene Energie, von einem mit dem Körper 
tewegten Koordinatensystem aus beurteilt. 



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— 32 — 



Die gesuchte Energie des Körpers ist also dann ni 
Rücksicht auf den. vorher angegebenen Ausdruck für d 
kinetische Energie gegeben durch: 



i 



Der Körper hat also dann dieselbe Energie wie ei 
mit der Geschwindigkeit v bewegter Körper von der Mas 

m + -|- Man kann also sagen: Nimmt ein Körper die Energ 

E 
£o auf, so wächst seine träge Masse um -|; die träge Mass 

eines Körpers ist keine Konstante, sondern nach Maßgat 
seiner Energieänderung veränderlich. Die träge Masse ein« 
Körpersystems kann geradezu als Maß für seine Energ 
angesehen werden. Der Satz von der Erhaltung der Mass 
eines Systems fällt mit dem Satze von der Erhaltung de 
Energie zusammen und gilt nur insoweit, als das Systei 
keine Energie aufnimmt und abgibt. Schreibt man den Aus 
druck für die Energie in der Form 

mc^ + Eo 



i 



1-^ 



so sieht man, daß die Form mc^, die uns schon vorhin au 

fiel, nichts anderes ist als die Energie, welche der Körpl 

schon besaßt), bevor er die Energie E^ aufgenommen hattl 

Der direkte Vergleich dieses Satzes mit der Erfahrut 

scheitert vorläufig daran, daß die Energieänderungen t 

welche wir einem System erteilen können, nicht groß geni^ 

sind, um sich als Änderung der trägen Masse des System 

E 
bemerkbar zu machen. -^ ist zu klein im Vergleich zu (i 

Masse m, die vor der Energieänderung vorhanden war. A 
1) Von einem mitbewegten Koordinatensystem aus beurteilt. 



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- 33 - 

iesem Umstände beruht es, daß ein Satz von der Erhaltung 
er Masse von selbständiger Geltung mit Erfolg aufgestellt 
werden konnte. 

Noch eine letzte Bemerkung prinzipieller Natur. Der 
Lrfolg der Faraday-Maxwellschen Deutung der elektro- 
magnetischen Fernwirkung durch intermediäre Vorgänge mit 
ndlicher Ausbreitungsgeschwindigkeit brachte es mit sich, daß 
lei den Physikern sich die Überzeugung Bahn brach, daß es 
invermittelte, momentane Fernwirkungen vom Typus des 
4ewtonschen Gravitationsgesetzes nicht gebe. Nach der 
Relativitätstheorie tritt an die Stelle der Momentanwirkung 
n die Ferne bzw. der Fernwirkung mit unendlicher Ausbreitungs- 
fesch windigkeit stets die Fernwifkung mit Lichtgeschwindig- 
keit. Es hängt dies zusammen mit der prinzipiellen Rolle, 
velche die Geschwindigkeit c in dieser Theorie spielt. Im 
fweiten Teile wird sich zeigen, in welcher Weise dies Ergebnis 
n der allgemeinen Relativitätstheorie modifiziert wird. 

§ 16. Spezielle Relativitätstheorie und Erfahrung. 

Die Beantwortung der Frage, inwieweit die spezielle 
Relativitätstheorie durch die Erfahrung gestützt wird, ist nicht 
einfach zu beantworten aus einem Grunde, der schon bei 
Gelegenheit des Fundamentalversuches von Fizeau erwähnt 
ist. Die spezielle Relativitätstheorie ist aus der Maxwell- 
^orentzschen Theorie der elektromagnetischen Erscheinungen 
auskristallisiert. Somit stützen alle Erfahrungstatsachen die 
Relativitätstheorie, welche jene elektromagnetische Theorie 
ptützen. Ich erwähne hier als besonders wichtig, daß die 
IRdativitätstheorie in überaus, einfacher Weise in Überein- 
ttimmung mit der Erfahrung die Einflüsse abzuleiten gestattet, 
welche das von den Fixsternen zu uns gesandte Licht durch 
die Relativbewegung der Erde gegen jene Fixsterne erfährt, 
ps ist dies die jährliche Wanderung des scheinbaren Ortes der 
ixsterne infolge der Erdbewegung um die Sonne (Aberration) 
und der Einfluß der Radialkomponente der Relativbewegungen 
der Fixsterne gegen die Erde auf die Farbe des zu uns ge- 

Einstein, Relativitätstheorie. o 



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- 34 -^ 

langenden Lichtes r der letztere Einfluß äußert sich in eine 
kleinen Verschiebung der Spektrallinien, des von einem Fix 
Stern zu uns gelangenden Lichtes gegenüber der spektrala 
Lage der gleichen, mit einer irdischen Lichtquelle erzeugtet 
Spektrallinie (Dopplersches Prinzip). Die experimentella 
Argumente zugunsten der Maxwell-Lorentzschen Theorie 
welche alle zugleich Argumente zugunsten der Relativitäts 
theorie sind, sind zu zahlreich, um hier dargelegt zu werdea 
Sie engen tatsächlich die theoretischen Möglichkeiten derart 
ein, daß sich keine andere Theorie als die Maxwell- 
Lorentzsche der Erfährung gegenüber hat behaupten können. 

Zwei Klassen von bisher ermittelten experimentellen Tat- 
sachen aber gibt es, welche die Maxwell-Lorentzschc 
Theorie nur durch Hinzuziehung einer Hilfshypothese dar- 
stellen kann, die an sich — d. h. ohne Benutzung der Rela- 
tivitätstheorie — befremdlich erscheint. 

Es ist bekannt, daß die Kathodenstrahlen und die von 
radioaktiven Substanzen ausgesandten sogenannten /J-Strahlen 
aus negativ elektrischen Körperchen (Elektronen) von sehrl 
geringer Trägheit und großer Geschwindigkeit bestehen. Da- 
durch, daß man die Ablenkung dieser Strahlungen unter dem 
Einfluß elektrischer und magnetischer Felder untersucht, kann] 
man das Bewegungsgesetz dieser Körperchen sehr genau 
studieren. 

Bei der theoretischen Behandlung dieser Elektronen hat 
man mit der Schwierigkeit zu kämpfen, daß die Elektro- 
dynamik allein von ihrer Natur keine Rechenschaft zu geben 
vermag. Denn da elektrische Massen eines Vorzeichens sich 
abstoßen, müßten die das Elektron konstituierenden negativen 
elektrischen Massen unter dem Einfluß ihrer Wechselwirkung 
auseinander getrieben werden, wenn nicht noch Kräfte anderer 
Art zwischen ihnen wirksam wären, deren Natur uns bisher 
dunkel ist^). Nimmt man nun an, daß die relativen Abstände 
der das Elektron konstituierenden elektrischen Massen bei 



^) Die allgemeine Relativitätstheorie legt die Auffassung nahe, daß 
die elektrischen Massen eines Elektrons durch Gravitationskräfte zu- 
sammengehalten werden. 



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— 35 — \ 

len Bewegungen des Elektrons ungeändert bleiben (starre 
</erbindung im Sinne der klassischen Mechanik), so gelangt 
[nan zu einem Bewegungsgesetz des Elektrons, welches mit 
der Erfahrung nicht übereinstimmt. H. A. Lorentz hat als 
Erster, geführt durch rein formale Gesichtspunkte, die Hypo- 
these eingeführt, daß der Körper des Elektrons durch die 
Bewegung eine Kontraktion in der Bewegungsrichtung erfahre, 

1 — 2« Diese Hypothese, welche 

sich elektrodynamisch durch nichts rechtfertigen läßt, liefert 
dann dasjenige Bewegungsgesetz, welches die Erfahrung mit 
großer Präzision in den letzten Jahren bestätigt hat. 

Die Relativitätstheorie liefert dasselbe Bewegungsgesetz, 
ohne daß sie irgendeiner speziellen H)(pothese über den Bau 
und das Verhalten des Elektrons bedürfte. Analog liegen die 
Dinge, wie wir in § 13 gesehen haben, bei dem Versuch von 
Fizeau, dessen Ergebnis die Relativitätstheorie lieferte, ohne 
daß Hypothesen über die physikalische Natur der Flüssigjceit 
gemacht werden mußten. 

Die zweite Klasse von Tatsachen, auf die hier hingewiesen 
ist, bezieht sich auf die Frage, ob bei Versuchen auf der 
Erde deren Bewegung im Weltenraume sich bemerkbar mache. 
Es wurde schon in § 5 bemerkt, daß alle derartigen Bemühungen * 
ein negatives Resultat lieferten. Vor der Aufstellung der 
Relativitätstheorie hatte es die Wissenschaft schwer, sich mit 
diesem negativen Befunde auseinanderzusetzen; die Sachlage 
war nämlich folgende. Die überkommenen Vorurteile über 
Zeit und Raum ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, 
daß die Galilei-Transformation für den Übergang von einem 
Bezugskörper zu einem anderen maßgebend sei. Angenommen 
nun, dieMaxwell-Lorentzschen Gleichungen gelten für einen 
Bezugskörper K, so findet man, daß sie nicht gelten für 
einen relativ zu K gleichförmig bewegten Bezugskörper K', 
wenn man annimmt, daß zwischen den Koordinaten von K 
und K' die Beziehungen der Galilei-Transformation bestehen. 
Dadurch scheint es, daß von allen Galileischen Koordinaten- 
systemen eines (K) von bestimmtem Bewegungszustande 

3* 



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- 36 - 

physikalisch ausgezeichnet sei. Physikalisch interpretierte maa 
dies Ergebnis dahin, daß man K als relativ zu einem hypotheti 
sehen Lichtäther ruhend ansah. Dagegen sollten alle, gegen K 
bewegten Koordinatensysteme K gegen den Äther bewegt sein 
Dieser Bewegung von K' gegen den Äther („Ätherwind" relativ 
zu K') schrieb man die komplizierteren Gesetze zu, welche 
relativ zu K' gelten sollten. Auch relativ zur Erde mußte 
folgerichtig ein solcher Ätherwind angenommen werden, und 
das Bestreben der Physiker war lange darauf gerichtet, diesen 
nachzuweisen. 

Hierfür hatte Michelson einen Weg gefunden, der nicht 
fehlschlagen zu können schien. Man denke sieh an einem 
starren Körper zwei Spiegel angeordnet, welche einander die 
reflektierende Seite zukehren. Ein Lichtstrahl braucht eine 
ganz bestimmte Zeit T, um von einem Spiegel zum anderen 
und wieder zurück zu gelangen, falls dies ganze System gegen 
den Lichtäther ruht. Man findet für diesen Vorgang aber (durch 
Rechnung) eine etwas andere Zeit T', wenn der Körper nebst 
Spiegeln relativ zum Äther bewegt ist. Ja noch mehr! Die Rech 
nung ergibt, daß diese Zeit V bei gegebener Geschwindigkeit v 
gegen den Äther eine andere sei, wenn der Körper senkrecht zu 
den Spiegelebenen bewegt ist, als wenn er parallel zu den 
Spiegelebenen bewegt ist. So winzig die so berechnete Differenz 
zwischen diesen beiden Zeitdauern auch sich ergab, Michelson 
und Morley führten ein Interferenzexperiment aus, bei welchem 
die Differenz deutlich ' hätte in Erscheinung treten müssen. 
Das Experiment fiel aber negativ aus, zur großen Verlegenheit 
der Physiker. Lorentz und Fiz Gerald zogen die Theorie aus 
dieser Verlegenheit, indem sie annahmen, daß die Bewegung 
des Körpers gegen den Äther eine Kontraktion desselben in der 
Bewegungsrichtung bewirke, welche das Verschwinden der 
genannten Zeitdifferenz gerade bewirken sollte. Ein Vergleich 
mit den Darlegungen des § 12 zeigt, daß dieser Ausweg auch 
vom Standpunkt der Relativitätstheorie der richtige war. Die 
Auffassung der Sachlage ist aber nach der Relativitätstheorie 
eine unvergleichlich befriedigendere. Nach ihr gibt es kein 
bevorzugtes Koordinatensystem, welches zur Einführung der 



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- 37 — 

Itheridee Anlaß gibt, mithin auch keinen Ätherwind und 
cein Experiment, um einen solchen in Evidenz zu setzen. Die 
<ontraktion bewegter Körper folgt hier ohne besondere 
iypothesen aus den beiden Grundprinzipien der Theorie; und 
;war ergibt sich als maßgebend für diese Kontraktion nicht 
lie Bewegung an sich, welcher wir keinen Sinn beizulegen 
vermögen, sondern die Bewegung gegen den jeweilen gewählten 
iezugskörper. So ist also für ein mit der Erde bewegtes 
Bezugssystem der Spiegelkörper von Michelsori und Morley 
licht verkürzt, wohl aber für ein relativ zur Sonne ruhendes 
Bezugssystem. 

;§ 17. Minkowskis vierditnensionaler Raum. 

Ein mystischer Schauer ergreift den Nichtmathematiker, 
Nenn er von „vierdimensional" hört, ein Gefühl, das dem vom 
rheatergespenst erzeugten nicht unähnlich ist. Und doch ist 
Iceine Aussage banaler als die, daß unsere gewohnte Welt ein 
/ierdimensionales zeiträumliches Kontinuum ist. 

Der l^aum ist ein dreidimensionales Kontinuum. Dies 
will sagen, daß es möglich ist, die Lage eines (ruhenden) 
Punktes durch drei Zahlen (Koprdinaten), x, y,2:, zu beschreiben, 
und daß es zu jedem Punkte beliebig „benachbarte" Punkte 
8[ibt, deren Lage durch solche Koordinatenwerte (Koordinaten) 
^1» yi> ^1 beschrieben jverden kann, die den Koordinaten x, y, z 
des erstgenannten beliebig nahe kommen. Wegen der letzteren 
Eigenschaft sprechen wir von „Kontinuum" wegen der Drei- 
zahl der Koordinaten von „dreidimensional". 

Analog ist die Welt des physikalischen Geschehens, von 
Minkowski kurz „Welt" genannt, natürlich vierdimensional 
in zeiträumlichem Sinne. Denn sie setzt sich aus Einzel- 
ereignissen zusammen, deren jedes durch vier Zahlen, nämlich 
drei räumliche Koordinaten x, y, z und eine zeitliche Koor- 
dinate, den Zeitwert t beschrieben ist. Die „Welt" ist in 
diesem Sinne auch ein Kontinuum; denn es gibt zu jedem 
Ereignis beliebig „benachbarte" (realisierte oder doch denkbare) 
Ereignisse, deren Koordinaten Xi, yj, Zi, /j sich von denen des 



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- 38 - 



m 



ursprünglich b^etrachteten Ereignisses x, y, z, t beliebig wenij 
unterscheiden. Daß wir nicht daran gewöhnt sind, die Well 
in diesem Sinne als vierdimensionales Kontinuum aufzufassen, 
liegt daran, daß die Zeit in der vorrelativistischen Physik 
gegenüber den räumlichen Koordinaten eine verschiedene, metw 
selbständige Rolle spielt. Darum haben wir uns daran gewöhnt] 
die Zeit als ein selbständiges Kontinuum zu behandeln. Iii 
der Tat ist die Zeit gemäß der klassischen Physik absolut 
d. h. von der Lage und dem Bewegungszustande des 
Bezugssystems unabhängig. Dies kommt in der letztei^ 
Gleichung der Galilei-Transformation {f = t) zum Ausdruck.! 
Durch die Relativitätstheorie ist die vierdimensionale 
Betrachtungsweise der „Welt" geboten, da ja gemäß dieser 
Theorie die Zeit ihrer Selbständigkeit beraubt wird, wie die 
vierte der Gleichungen der Lorentz-Transformation 

4 V 



lehrt. Denn nach dieser (Qleichung verschwindet die Zeit- 
differenz Jf zweier Ereignisse in bezug auf K' auch dann im 
allgemeinen nicht, wenn die Zeitdifferenz Jt derselben in 
bezug auf K verschwindet. Rein räumliche Distanz zweier 
Ereignisse in bezug auf K hat zeitliche Distanz derselben in 
bezug auf K zur Folge. Auch hierin liegt nicht Minkowskis 
für die formale Entwicklung der Relativitätstheorie wichtige 
Entdeckung. Diese liegt vielmehr in der Erkenntnis, dat 
das vierdimensionale zeiträumliche Kontinuum der Relativitäts- 
theorie in seinen maßgebenden formalen Eigenschaften di^ 
weitgehendste Verwandtschaft zeigt zu dem dreidimensionaleti| 
Kontinuum des Euklidischen geometrischen Raumes^). Um 
diese Verwandtschaft ganz hervortreten zu lassen, muß man 
allerdings statt der üblichen Zeitkoordinate t die ihr propor- 
tionale imaginäre Größe V^H et einführen. Dann aber nehmen 



^) Vgl. die etwas ausführlichere Darlegung im Anhang. 



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— 39 — 

lie den Forderungen der (speziellen) Relativitätstheorie ge- 
lügend^n Naturgesetze mathematische Formen an, in denen 
lie Zeitkoordinate genau dieselbe Rolle spielt wie die drei räum- 
ichen Koordinaten. Diese vier Koordinaten entsprechen formal 
;enau den drei räumlichen Koordinaten der Euklidischen Geo- 
cnetrie. Es muß auch dem Nichtmathematiker einleuchten, 
Jaß durch diese rein formale Erkenntnis die Theorie außer- 
3rdentlich an Übersichtlichkeit gewinnen mußte. 

Diese dürftigen Andeutungen geben dem Leser nur eine 
vage Idee von dem wichtigen Gedanken Minkowskis, ohne 
den die im folgenden in ihren Grundgedanken entwickelte 
allgemeine Relativitätstheorie vielleicht in den Windeln stecken 
geblieben wäre. Da aber ein exakteres Erfassen dieses für 
den mathematisch nichtgeObten Leser zweifellos schwer zu- 
gänglichen Gegenstandes für das Verständnis der Grundgedanken 
weder der speziellen noch der allgemeinen Relativitätstheorie 
nötig ist, so will ich denselben hier verlassen, um erst in den 
letzten Darlegungen dieses Büchleins wieder darauf zurück- 
zukommen. 



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Zweiter Teil. 

Über die allgemeine Relativitätstheorie. 



§ 18. Spezielles und allgemeines RelativitStsprinzip. 

Die Grundthese, um welche sich alle bisherigen Aus- 
führungen drehten, war das spezielle Relativitätsprinzip» 
d. h. das Prinzip von der physikalischen Relativität aller 
gleichförmigen Bewegung. Analysieren wir noch einmal 
genau seinen Inhalt! 

Daß jegliche Bewegung ihrem Begriff nach nur als relative 
Bewegung gedacht werden muß, war zu allen Zeiten ein- 
leuchtend. Bei unserem viel benutzten Beispiel vom Bahn 
dämm und vom Eisenbahnwagen kann z. B. die Tatsache der 
hier stattfindenden Bewegung mit gleichem Rechte in den 
beiden Formen ausgesprochen werden: 

a) Der Wagen bewegt sich relativ zum Bahndamm, 

b) D6r Bahndamm bewegt sich relativ zum Wagen. 

Im Falle a) dient bei dieser Aussage der Bahndamm, im 
Falle b) der Wagen als Bezugskörpei. Bei der bloßen Fest- 
stellung 1)zw. Beschreibung der Bewegung ist es * prinzipiell 
gleichgültig, auf was für einen Bezugskörper man die Bewegung 
bezieht. Dies ist, wie gesagt, selbstverständlich und darf nicht 
mit der viel weitergehenden Aussage verwechselt werden, welche 
wir „Relativitätsprinzip** genannt und unseren Untersuchungen 
zugrunde gelegt haben. 

Das von uns benutzte Prinzip behauptet nicht nur, daß 
man für die Beschreibung jeglichen Geschehens ebensowohl 



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— 41 — 

den Wagen wie den Bahndamm als Bezugskörper wählen 
könne (denn auch dies ist selbstverständlich). Unser Prinzip 
behauptet vielmehr: Formuliert man die allgemeinen Natur- 
gesetze, wie sie sich aus der Erfahrung ergeben, indem 
man sich 

a) des Bahndammes als Bezugskörpers bedient, 

b) des Wagens als Bezugskörpers bedient, 

so lauten diese allgemeinen Naturgesetze (z. B. die Gesetze 
der Mechanik oder das Gesetz der Lichtausbreitung im Vakuum) 
genau gleich in beiden Fällen. Man kann das auch so aus- 
drücken: Für die physikalische Beschreibung der Natur- 
vorgänge isi keiner der Bezugskörper K, K vor dem anderen 
ausgezeichnet. Diese letztere Aussage muß nicht a priori not- 
wendig zutreffen wie die erstere; sie ist nicht in den Begriffen 
„Bewegung" und „Bezugskörper** enthalten und aus ihnen 
ableitbar, sondern über ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit 
kann nur die Erfahrung entscheiden. 

Wir haben nun aber bisher keineswegs die Gleichwertig- 
keit aller Bezugskörper K mit Bezug auf die Formulierung 
der Naturgesetze behauptet. Unser Weg war vielmehr folgender. 
Wir gingen zunächst von der Annahme aus, daß es einen 
Bezugskörper K von solchem Bewegungszustande gebe, daß 
relativ zu ihm der Galilei sehe Grundsatz gilt: Ein sich selbst 
überlassener, von allen übrigen hinlänglich entfernter Massen- 
punkt bewegt sich gleichförmig und geradlinig. Auf K (Galilei- 
Seher Bezugskörper) bezogen sollten die Naturgesetze möglichst 
pinfache sein. Außer K ?ollten aber alle diejenigen Bezugs- 
körper K' in diesem Sinne bevorzugt und mit K für die 
Formulierung der Naturgesetze genau gleichwertig sein, welche 
relativ zu K eine geradlinig gleichförmige, rotations- 
freie Bewegung ausführen; alle diese Bezugskörper werden 
als Galileische Bezugskörper angesehen. Nur für diese 
ßezugskörper wurde die Gültigkeit des Relativitätsprinzips 
angenommen, für andere (anders bewegte) nicht. In diesem 
^inne sprechen wir vom speziellen Relativitätsprinzip bzw., 
spezieller Relativitätstheorie. 



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- 42 - 

Im Gegensatz hierzu wollen wir unter „allgemeinem Rela 
tivitätsprinzip** die Behauptung verstehen: Alle Bezugskörpa 
K, K usw. sind für die Naturbeschreibung (Formulierung da 
allgemeinen Naturgesetze) gleichwertig, welches auch derei 
Bewegungszustand sein mag. Es sei aber gleich bemerkt, dal 
diese Formulierung später durch eine abstraktere ersetz 
werden muß aus Gründen, die erst später zutage treten werdea 

Nachdem sich die Einführung des speziellen Relativitäts 
Prinzips bewährt hat, muß es jedem nach Verallgemeinerui^ 
strebenden Geiste verlockend erscheinen, den Schritt zun 
allgemeinen Relatiyitätsprinzip zu wagen. Aber eine einfaches 
scheinbar ganz zuverlässige Betrachtung läßt einen solcha 
Versuch zunächst aussichtslos erscheinen. Der Leser denk« 
sich in den schon so oft betrachteten, gleichförmig fahrende 
Eisenbahnwagen versetzt. Solange der Wagen gldchförmii 
fährt, ist für den Insassen nichts vom Fahren des Wagens z« 
merken. Daher- komnit es auch, daß der Insasse den Tat 
bestand ohne inneres Widerstreben dahin deuten kann, dal 
der Wagen ruhe, der Bahndamm aber bewegt sei. Dies« 
Interpretation ist übrigens nach dem speziellen Relativitäts^ 
prinzip auch physikalisch ganz berechtigt. 

Wird nun aber die Bewegung des Wagens etwa dadurd 
in eine ungleichförmige verwandelt, daß der Wagen kräftig 
gebremst wird, so erhält der Insasse einen entsprechend kräf- 
tigen Ruck nach vorne. Die beschleunigte Bewegung dei 
Wagens äußert sich in dem mechanischen Verhalten der Körper 
relativ zu ihm; das mechanische Verhalten ist ein anderes als 
im vorhin betrachteten Falle, und es erscheint deshalb aus* 
geschlossen zu sein, daß relativ zum ungleichförmig bewegte» 
Wagen die gleichen mechanischen Gesetze gelten, wie relativ 
zum ruhenden bzw. gleichförmig -bewegten Wagen. Jedenfalls 
ist klar, daß relativ zum ungleichförmig bewegten Wagen der 
Galileische Grundsatz nicht gilt. Wir fühlen uns daher 
zunächst genötigt, entgegen dem allgemeinen Relativitäts« 
prinzip der ungleichförmigen Bewegung eine Art absolut« 
physikalische Realität zuzusprechen. Im folgenden werde« 
wir aber bald sehen, daß dieser Schluß nicht stichhaltig ist 



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i 



— 43 — 

§ 19. Das Gravitationsfeld. 

Auf die Frage: „Warum fällt ein Stein, den wir empor- 
eben und darauf loslassen, zur Erde?" antwortet man ge- 
wöhnlich: „Weil er von der Erde angezogen wird.** Die 
lodeme Physik formuliert die Antwort etwas anders aus 
t>lgendem Grunde. Durch genaueres Studium der elektro- 
lagnetischen Erscheinungen ist man zu der Auffassung 
ekommen, daß es eine unvermittelte Wirkung in die Ferne 
licht gebe. Zieht z. B. ein Magnet ein Stück Eisen an, so 
larf man sich nicht mit der Auffassung zufrieden geben, 
laß der Magnet durch den leeren Zwischenraum hindurch auf 
las Eisen direkt einwirke, sondern man stellt sich nach 
'^araday vor, daß der Magnet in dem ihn' umgebenden 
^aume etwas physikalisch Reales stets hervorrufe, was man 
Us „magnetisches Feld** bezeichnet. Dies magnetische Feld 
virkt sejnerseits wieder auf das Eisenstück ein, so daß es 
;ich zum Magneten zu bewegen strebt. Die Berechtigung 
iieses an sich willkürlichen Zwischenbegriffes wollen wir hier 
licht erörtern. Es sei nur bemerkt, daß man mit seiner 
riilfe die elektromagnetischen Erscheinungen, insbesondere die 
Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen, viel befriedigender 
theoretisch darstellen kann als ohne denselben. Analog faßt 
nan auch die Wirkungen der Gravitation auf. 

Die Einwirkung der Erde auf deir Stein kommt indirekt 
zustande. Die Erde erzeugt in ihrer Umgebung ein Gravi- 
tationsfeld. Dieses wirkt auf den Stein und veranlaßt seine 
Fallbewegung. Die Stärke der Einwirkung auf einen Körper 
[limmt erfahrungsgemäß ab, wenn mao sich mehr und mehr 
von der Erde entfernt, nach einem ganz bestimmten Gesetze. 
Dies heißt in unserer Auffassungsweise: Das Gesetz, welches 
die räumlichen Eigenschaften des Gravitationsfeldes beherrscht, 
muß ein ganz bestimmtes sein, um die Abnahme der Gravi- 
tationswirkung mit der Entfernung vom wirksamen Körper 
richtig darzustellen. Man stellt sich etwa vor, der Körper (z. B. 
die Erde) erzeuge direkt das^Feld in seiner unmittelbaren Nähe; 
Stärke und Richtung des Feldes in größerer Entfernung sind 



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— 44 — 

dann hieraus durch das Gesetz bestimmt, welches die räua 
liehen Eigenschaften der Gravitationsfelder selbst beherrsch 

Das Gravitationsfeld weist im Gegensatz zum elektrisch« 
und magnetischen Felde eine höchst merkwürdige Eigensch; 
auf, welche für das Folgende von fundamentaler Bedeutur 
ist. Körper, die sich unter ailsschließlicher Wirkung dt 
Schwerefeldes bewegen, erifahren eine Beschleunigung, welch 
weder vom Material noch vom physikalischen Zu 
Stande des Körpers im geringsten abhängt. Ö 
Stück Blei und ein Stück Holz fallen beispielsweise in 
Schwerefelde (im luftleeren Räume) genau gleich, wenn mai 
sie ohne bzw. mit gleicher Anfangsgeschwindigkeit fallen läßt 
Man kann dies äußerst genau gültige Gesetz auch noch andd 
formulieren auf Grund folgender Erwägung. 

Nach Newtons Bewegungsgesetz ist 

(Kraft) = (träge Masse). (Beschleunigung), 

wobei die „träge Masse" eine charakteristische Konstante ät 
beschleunigten Körpers ist. Ist nun die beschleunigende Knrf 
die Schwere, so ist andererseits 

(Kraft) =r (schwere Masse) . (Intensität des Schwerefeldes), 

wobei die „schwere Masse** ebenfalls eine für den Körpa 
charakteristische Konstante ist. Aus beiden Relationen folgt 

(schwere Masse) . 

(Beschleunigung) = -^— —-(Intensität des Schwere 

(träge Masse) - ^^j^^^ 

Soll nun, wie die Erfahrung ergibt, bei gegebenen 
Schwerefelde die Beschleunigung unabhängig von der Nattt 
und dem Zustande des Körpers stets dieselbe sein, so mu 
das Verhältnis der schweren zur trägen Masse ebenfalls fö 
alle Körper gleich sein. Man kann also dies Verhältnis be 
passender Wahl der Einheiten zu 1 machen; dann gilt de 
Satz: Die schwere und die träge Masse eines Körpers sin< 
einander gleich. 

Die bisherige Mechanik hat diesen wichtigen Satz zwa 
registriert, aber nicht interpretiert. Eine befriedigend 



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- 45 - 

titerpretation kann nur so zustande kommen, daß man ein- 
teht: Dieselbe Qualität des Körpers äußert sich je nach 
Fmständen als „Trägheit** oder als „Schwere". ^ Inwiefern 
ies tatsächlich der Fall ist, und wie diese Frage mit dem 
llgemeinen Relativitätspostulat zusammenhängt, wird im 
ächsten Paragraphen dargelegt werden. 

§ 20. Die Gleichheit der trägen und schweren Masse als 
Argument für das allgemeine Relativitätspostulat. 

Wir denken uns ein geräumiges Stück leeren Weltraumes, 
weit weg von Sternen und erheblichen Massen, daß wir 
lit erheblicher Genauigkeit den Fall vor uns haben, der 
n Galil eischen Grundgesetz vorgesehen ist. Es ist dann 
löglich, für diesen Teil Welt einen Galil eischen Bezugs- 
lörper zu wählen, relativ zu welchem ruhende Punkte ruhend 
|leiben, bewegte dauernd in geradlinig gleichförmiger Bewegung 
ierharren. Als Bezugskörper denken wir uns einen geräumigen 
(ästen von der Gestalt eines Zimmers; darin befinde sich ein 
lit Apparaten ausgestatteter Beobachter. Für diesen gibt es 
latürlich keine Schwere. Er muß sich mit Schnüren am 
Joden befestigen, wenn er nicht beim leisesten Stoß gegen 
len Boden langsam gegen die Decke des Zimmers ent- 
chweben will. 

In der Mitte der Kastendecke sei außen ein Haken mit 
ieil befestigt und an diesem fange nun ein Wesen von uns 
Jeichgültiger Art mit konstanter Kraft zu ziehen an. Dann 
beginnt der Kasten samt dem Beobachter in gleichförmig be- 
bhleunigtem Fluge nach „oben" zu fliegen. Seine Geschwindig- 
:eit wird im Laufe der Zeit ins Phantastische zunehmen — 
alls wir all dies beurteilen von einem anderen Bezugskörper 
HS, an dem nicht mit einem Stricke gezogen wird. 

Wie beurteilt aber der Mann im Kasten den Vorgang? 
iie Beschleunigung des Kastens wird vom Boden desselben 
lurch Gegendruck auf ihn übertragen. Er muß also diesen 
^ruck mittels seiner Beine aufnehmen, wenn er nicht seiner 
^nzen Länge nach den Boden berühren will. Er steht dann 



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— 46 — 

im Kasten genau wie einer in einem Zimmer eines Haus« 
auf unserer Erde steht. Läßt er einen Körper los, den « 
vorher in der Hand hatte, so wird auf diesen die Beschia 
nigung des Kastens nicht mehr übertragen; der Körper wir 
sich daher in beschleunigter Relativbewegung dem Boden 4 
Kastens nähern. Der Beobachter wird sich femer überzeuge! 
daß die Beschleunigung des Körpers gegen den Bodei 
immer gleich groß ist, /mit was für einem Körpe 
er auch den Versuch ausführen mag. 

Der Mann im Kasten wird also, gestützt auf seine Kennt 
nisse vom Schwerefelde, wie wir sie im letzten Paragrapha 
besprochen, zu dem Ergebnis kommen, daß er samt doi 
Kasten sich in einem zeitlich konstanten Schwerefelde befinde 
Er wird allerdings einen Augenblick verwundert sein darübö 
daß der Kasten in diesem Schwerefelde nicht falle. Da enl 
deckt er aber den Haken in der Mitte der Decke und da 
an demselben befestigte gespannte Seil, und er kommt folge 
richtig zu dem Ergebnis, daß der Kasten in dem Schwerefeld 
ruhend aufgehängt sei. 

Dürfen wir über den Mann lächeln und sagen, er befinA 
sich mit seiner Auffassung im Irrtum? Ich glaube, wir dürfa 
das nicht, wenn wir konsequent bleiben wollen, sondern wi 
müssen zugeben, daß seine Auffassungsweise weder gegen di 
Vernunft noch gegen die bekannten mechanischen Oesetz( 
verstößt. Wir können den Kasten, wenn er auch gegen da 
zuerst betrachteten „Oalileischen Raum" beschleunigt ist 
dennoch als ruhend ansehen. Wir haben also guten Orun(l 
das Relativitätsprinzip auszudehnen auf relativ zueinandfl 
beschleunigte Bezugskörper und haben so ein kräftiges Arga 
ment für ein verallgemeinertes Relativitätspostulat gewonnefl 

Man beachte wohl, daß die Möglichkeit dieser Auffassungl 
weise auf der fundamentalen Eigenschaft des Schwerefelde 
beruht, allen Körpern dieselbe Beschleunigung zu erteilefl 
oder, was dasselbe bedeutet, auf dem Satz von der Oleichhd 
der trägen und schweren Masse. Würde dies Naturgeset 
nicht bestehen, so würde der Mann im beschleunigten Kastei 
das Verhalten der Körper seiner Umgebung nicht durch dl 



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— 47 — 

/oraussetzung eines Gravitationsfeldes deuten können, und 
T wäre auf Grund keiner Erfahrung berechtigt, seinen Bezugs- 
cörper als einen „ruhenden" vorauszusetzen. 

Der Mann im Kasten befestige an der Innenseite der 
<astendecke ein Seil und an dessen freiem Ende einen Körper. 
)urch diesen wird bewirkt werden, daß das Seil in gespann- 
em Zustande „vertikal" herabhängt. Wir fragen nach der 
Jrsache der Spannung des Seiles. Der Mann, im Kasten wird 
agen: „Der aufgehängte Körper erfährt in dem Schwerefelde 
jine Kraft nach unten, welcher durch die Seilspannung das 
lileichgewicht gehalten wird; maßgebend für die Größe der 
leilspannung ist die schwere Masse des aufgehängten Kör- 
pers." Andererseits wird aber ein Beurteiler, der frei im 
!{aume schwebt, den Zustand so beurteilen: „Das Seil ist 
^zwungen, die beschleunigte Bewegung des Kastens mitzu- 
nachen und überträgt diese auf den daran befestigten Körper. 
Jie Seilspannung ist so groß, daß sie die Beschleunigung des 
etzteren gerade zu bewirken vermag. Maßgebend für die 
jröße der Spannung im Seile ist die träge Masse des Kör- 
pers.** Wir sehen aus diesem Beispiele, daß unsere Erweiterung 
les Relativitätsprinzips den Satz von der Gleichheit der trägen 
md schweren Masse als notwendig erscheinen läßt. Damit 
st eine physikalische Interpretation dieses Satzes gewonnen. 

Aus der Betrachtung des beschleunigten Kastens sieht 
nan, daß eine allgemeine Relativitätstheorie wichtige Ergebnisse 
Iber die Gesetze der Gravitation liefern muß. Tatsächlich 
jat die konsequente Verfolgung des allgemeinen Relativitäts- 
[edankens die Gesetze geliefert, denen das Gravitationsfeld 
[enügt. Ich muß jedoch schon hier den Leser vor einem 
Mißverständnis warnen, das durch diese Überlegungen nahe- 
gelegt wird. Für den Mann im Kasten existiert ein Gravi- 
iatiortsfeld, trotzdem für das zuerst gewählte Koordinaten- 
tystem ein solches nicht vorhanden war. Man könnte nun 
eicht meinen, daß die Existenz eines Gravitationsfeldes stets 
ane nur scheinbare sei. Man könnte denken, daß, was 
luch immer für ein Gravitationsfeld vorhanden sein mag, 
nan immer einen anderen Bezugskörper so wählen könne, daß 



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— 48 — 

in bezug auf ihn kein Gravitationsfeld existiert. Dies trifll 
aber keineswegs für alle Gravitationsfelder zu, sondern m 
für solche von ganz speziellem Bau. So ist es beispielsweis 
unmöglich, einen Bezugskörper so zu wählen, daß von ihD 
aus beurteilt das Gravitationsfeld der Erde (in seiner ganza 
Ausdehnung) verschwindet. 

Wir bemerken jetzt, warum das gegen das allgemein 
Relativitätsprinzip am Ende des § 18 vorgebrachte Argumeö 
nicht beweisend ist. Es ist wohl richtig, daß der im ge 
bremsten Eisenbahnwagen befindliche Beobachter infolge da 
Bremsung einen Ruck nach vom empfindet und daß er darai 
die Ungleichförmigkeit (Beschleunigung) des Wagens merkt 
Aber niemand zwingt ihn, den Ruck auf eine „wirkliche* 
Beschleunigung des Wagens zurückzuführen. Er kann seil 
Erlebnis auch so interpretieren: „Mein Bezugskörper (de 
Wagen) bleibt dauernd in Ruhe. Es herrscht aber (während 
der Bremsungsperiode) in bezug auf denselben ein nach von 
gerichtetes, zeitlich veränderliches Schwerefeld. Unter ded 
Einfluß des letzteren bewegt sich der Bahndamm samt de| 
Erde ungleichförmig derart, daß dessen ursprüngliche, nach rüclc 
wärts gerichtete Geschwindigkeit immer mehr abnimmt. Die 
Schwerefeld ist es auch, ^welches Iden Ruck des Beobachter 
bewirkt.** 

§ 21. Inwiefern sind die Grundlagen der klassischen Mechaid 
und der speziellen Relativitätstheorie unbefriedigend? 

Wie schon mehrfach erwähnt, geht die klassische Mechani 
von dem Satze aus: Von anderen materiellen Punkten hii 
reichend entfernte materielle Punkte bewegen sich geradlin^ 
gleichförmig oder verharren im Ruhezustande. Wir habei 
auch mehrfach hervorgehoben, daß das Grundgesetz nur gulti 
sein kann für Bezugskörper K von gewissen ausgezeichnete! 
Bewegungszuständen, welche relativ zueinander sich in gleicti 
förmiger Translationsbewegung befinden. Relativ zu andere 
Bezugskörpern K gilt der Satz nicht. Sowohl in der klassische 
Mechanik wie in der speziellen Relativitätstheorie untei 
scheidet man demgemäß zwischen Bezugskörpern K, relati 



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— 49 -- 

ZU denen die Naturgesetze gültig sind, und zwischen Bezugs- 
körpern K, relativ zu welchen die Naturgesetze nicht gelten. 

Mit dieser Sachlage kann sich aber kein konsequent 
denkender Mensch zufrieden geben. Er fragt: „Wie ist es 
möglich, daß gewisse Bezugskörper (bzw. deren Bewegungs- 
zustände) vor anderen Bezugskörpern (bzw. deren Bewegungs- 
zuständen) ausgezeichnet sind? Welches ist der Grund für 
diese Bevorzugung?" Um deutlich zu zeigen, was ich mit 
dieser Frage meine, will ich mich eines Vergleichs bedienen. 

Ich stehe vor einem Gasherde. Auf demselben stehen 
nebeneinander zwei Kochtöpfe, die 'einander zum Verwechseln 
ähnlich sind. Beide sind zur Hälfte mit Wasser gefüllt. Ich 
nehme wahr, daß aus dem einen unaufhörlich Dampf ent- 
weicht, aus dem anderen nicht. Hierüber wundere ich mich, 
auch wenn mir ein Gasherd und ein Kochtopf noch nie zu 
Besicht gekommen ist. Nehme ich nun unter dem ersteren 
Kochtopfe ein bläulich leuchtendes Etwas wahr, unter dem 
letzteren nicht, so schwindet meine Verwunderung auch dann, 
wenn ich noch nie eine Gasflamme wahrgenommen habe. 
Denn ich kann nur sagen, daß dieses bläuliche Etwas das 
Entweichen des Dampfes verursachen- wird, oder wenigstens 
möglicherweise verursacht. Nehme ich aber bei keinem 
Topfe das bläuliche Etwas wahr, und sehe ich, daß der eine 
unaufhörlich dampft, der andere nicht, so bin ich so lange 
verwundert und unbefriedigt, bis ich irgendeinen Umstand 
wahrgenommen habe, den ich für das verschiedene Verhalten 
Ibeider Töpfe verantwortlich machen kann. 

Analog suche ich in der klassischen Mechanik (bzw. in 
^er speziellen Relativitätstheorie) vergeblich nach einem realen 
Etwas,^uf das ich das verschiedene Verhalten der Körper 
gegenüber den Bezugssystemen K und K zurückführen könnte^). 
Diesen Einwand sah schon Newton und suchte ihn vergeb- 
lich zu entkräften. Am klarsten hat ihn aber E. Mach erkannt 



I 1) Der Einwand ist besonders dann von Gewicht, wenn der Bewegungs- 
zustand des Bezugskörpers ein solcher ist, daß er zu seiner Aufrechterhaltung 
keiner äußeren Einwirkung bedarf, z. B. in dem Falle, daß der Bezugs- 
körper gleichmäßig rotiert. 

Einstein. Relativitätstheorie. A 



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— 50 — 

und seinetwegen gefordert, daß die Mechanik auf eine neue 
Grundlage gestellt werden müsse. Dieser Einwand läßt sich 
hur durchs eine Physik vermeiden, welche dem allgemeinen 
Relativitätsprinzip entspricht. Denn die Gleichungen einer 
solchen Theorie gelten für jeden Bezugskörper, in was für 
einem Bewegungszustande derselbe auch sein mag. 

§22. \ 
' Einige Scliltisse aus dem allgemeinen Relativitätsprinzip. 

Die Betrachtungen des § 20 zeigen, daß das allgemeine 
Relativitätsprinzip uns in den Stand setzt, auf rein theore- 
tischem Wege Eigenschaften des Gravitationsfeldes abzuleiten. 
Es sei nämlich der raumzeitliche Verlauf irgendeines Natur- 
vorganges bekannt, so wie er sich im Galil eischen Gebiete 
relativ zu einem Galileischen Bezugskörper K abspielt. Dann 
kann man durch rein theoretische Operationen, d. h. durch, 
bloße Rechnung, finden, wie sich dieser bekannte Natur- 
vorgang von einem relativ zu K beschleunigten Bezugskörper K' 
aus ausnimmt. Da aber relativ zu diesem neuen Bezugskörper K' 
ein Gravitationsfeld existiert, so erfährt man bei der Betrach- 
tung, wie das Gravitationsfeld den studierten Vorgang beeinflußt. 

So erfahren wir beispielsweise, daß ein Körper, der gegen- 
über K eine geradlinig gleichförmige Bewegung ausführt (ent- 
sprechend dem Galileischen Satze), gegenüber dem beschleu- 
nigten Bezugskörper K (Kasten) eine beschleunigte, im 
allgemeinen krummlinige Bewegung ausführt. Diese Beschleu- 
nigung bzw. Krümmung entspricht dem Einfluß des relativ 
zu K herrschenden Gravitationsfeldes auf den bewegten 
Körper. Daß das Gravitationsfeld in dieser Weise diei 
Bewegung der Körper beeinflußt, ist bekannt, so daß die 
Überlegung nichts prinzipiell Neues liefert. 

Ein neues Ergebnis von fundam€;ntaler Wichtigkeit erhält 
man aber, wenn man die entsprechende Überlegung für einen 
Lichtstrahl durchführt. Gegenüber dem Galileischen Bezugs- 
körper K pflanzt sich dieser in gerader Linie mit der Geschwindig- 
keit c fort. In bezug auf den beschleunigten Kasten (Bezugs- 
körper K') ist, wie leicht abzuleiten ist, die Bahn desselben 



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— 51 — 

Lichtstrahles keine Gerade mehr. Hieraus ist zu schließen, 
daß sich Lichtstrahlen in Gravitationsfeldern im 
allgemeinen krummlinig fortpflanzen. Dies Ergebnis 
ist in zweifacher Hinsicht von großer Wichtigkeit. 

Erstens nämlich kann dasselbe mit der Wirklichkeit ver- 
glichen werden. Wenn eine eingehende Überlegung auch 
ergibt, daß die Krümmung der Lichtstrahlen, welche die all- 
gemeine Relativitätstheorie liefert, für die uns in der Erfahrung 
zur Verfügung stehendenGravitationsf eider nur äußerst gering 
ist, so soll sie für Lichtstrahlen, die in der Nähe der Sonne 
vorbeigehen, doch 1,7 Bogensekunden betragen. Dies müßte sich 
dadurch äußern, daß die in der Nähe der Sonne erscheinenden 
Fixsterne, welche bei totalen Sonnenfinsternissen der Beobach- 
tung zugänglich sind, um diesen Betrag von der Sonne weggerückt 
erscheinen müssen gegenüber der Lage, die sie für uns am Himmel 
annehmen, wenn die Sonne an einer anderen Stelle am Himmel 
steht. Die Prüfung des Zutreffens oder Nichtzutreffens dieser 
Konsequenz ist eine^ Aufgabe von höchster Wichtigkeit, deren 
baldige Lösung wir von den Astronomen erhoffen dürfen^). 

Zweitens aber zeigt diese Konsequenz, daß nach der 
allgemeinen Relativitätstheorie das schon oft erwähnte Gesetz 
von der Konstanz der Vakuumlichtgeschwindigkeit, das eine 
der beiden grundlegenden Annahmen der speziellen Relativitäts- 
theorie bildet, keine unbegrenzte Gültigkeit beanspruchen 
Jcann. Eine Krümmung der Lichtstrahlen kann nämlich nur 
^ann eintreten, wenn die Ausbreitungsgeschwindigkeit des 
Lichtes mit dem Orte variiert. Man könnte nun denken, 
|(laß durch diese Konsequenz die spezielle Relativitätstheorie, 
und mit ihr die Relativitätstheorie überhaupt, zu Fall ge- 
Ibracht würde. Dies trifft aber in Wahrheit nicht zu. Es läßt 
sich nur schließen, daß die spezielle Relativitätstheorie kein un-, 
begrenztes Gültigkeitsgebiet beanspruchen kann ; ihre Ergebnisse 
gelten nur insoweit, als man von den Einflüssen der Gravitations- 
felder auf die Erscheinungen (z. B. des Lichtes) absehen kann. 



^) Die Existenz der von , der Theorie geforderten Lichtablenkung 
Wurde bei der Sonnenfinsternis vom 30. Mai 1919 photographisch festgestellt 
durch zwei von der Royal Society ausgerüstete Expeditionen unter der 
Leitung der Astronomen Eddington und Crommelin. 

4* 



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— 52 — 

Da die Gegner der Relativitätstheorie öfters behaupte 
haben, die spezielle Relativitätstheorie werde durch die aB 
gemeine Relativitätstheorie über den Haufen geworfen, wü 
ich den wirklichen Sachverhalt durch einen Vergleich deut 
lieber machen. Vor der Aufstellung der Elektrodynamik wurda 
die Gesetze der Elektrostatik für die Gesetze der ElektrizitS 
schlechthin angesehen. Heute wissen wir, daß die Elektro 
Statik die elektrischen Felder nur in dem nie streng realisiertä 
Falle richtig liefern kann, daß die elektrischen Massen relatii 
zueinander und zum Koordinatensystem exakt ruhen. Is 
deshalb die Elektrostatik durch Maxwells Feldgleichunge 
der Elektrodynamik über den Haufen geworfen worden^ 
Keineswegs! Die Elektrostatik ist als Grenzfall in der Elektro- 
dynamik enthalten; die Gesetze der letzteren führen direkt 
auf die ersteren in dem Falle, daß die Felder zeitlich unver 
änderlich sind. Es ist das schönste Los einer physikalischen 
Theorie, wenn sie selbst zur Aufstellung einer umfassenden 
Theorie den Weg weist, in welcher sie als Grenzfall weiterlebt 

Bei dem eben behandelten Beispiel der Lichtausbreitun 
haben wir gesehen, daß das allgemeine Relativitätsprinzip un 
in den Stand setzt, den Einfluß des Gravitationsfeldes an 
den Ablauf von Vorgängen auf theoretischem Wege abzuleiten 
deren Gesetze für den Fall des Fehlens eines Gravitations 
feldes bereits bekannt sind. Die reizvollste Aufgabe, zu dera 
Lösung das allgemeine Relativitätsprinzip den Schlüssel lieferl 
betrifft aber die Ermittelung der Gesetze, denen das GravS 
tationsfeld selbst genügt. Der Sachverhalt ist hier folgender 

Wir kennen raum-zeitliche Gebiete, die sich bei passende 
Wahl des Bezugskörpers (annähernd) „galileisch" verhaltei! 
d. h. Gebiete, in denen Gravitationsfelder fehlen. Beziehei 
wir nun ein solches Gebiet auf einen beliebig bewegten Bezugs 
körper K\ so ist in bezug auf K ein zeitlich und räumlic 
veränderliches Gravitationsfeld vorhanden i). Die Beschaffen 
heit des letzteren hängt natürlich davon ab, wie wir di 
Bewegung von K wählen. Das allgemeine Gesetz des Gravi 



^) Dies folgt durch Verallgemeinerung der Betrachtung des § 20. 



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- 53 - 

fationsfeldes muß nach der allgemeinen Relativitätstheorie 
Br alle so erhältlichen Gravitationsfelder erfüllt sein. Wenn 
jiun auch keineswegs alle Gravitationsfelder auf diese Weise 
erzeugt werden können, so schöpft man doch Hoffnung, aus 
Riesen Gravitationsfeldern spezieller Art das allgemeine Gesetz 
^er Gravitation ableiten zu können. Diese Hoffnung ist aufs 
ichönste in Erfüllung gegangen! Aber vom klaren Sehen 
[iieses Zieles bis zum tatsächlichen Erreichen desselben be- 
jJurfte es noch der Überwindung einer ernstlichen Schwierig- 
keit, die ich dem Leser nicht vorenthalten darf, da sie tief 
(m Wesen der Sache liegt. Es bedarf einer abermaligen Ver- 
liefung der Begriffe von dem raum-zeitlichen Kontinuum. 

I § 23. Verhalten von Uhren und Maßstaben auf einem 
I ^ rotierenden Bezugskörper. 

Ich habe bis jetzt absichtlich nicht gesprochen über die 
physikalische Interpretation von räumlichen und zeitlichen 
Angaben in dem Falle der allgemeinen Relativitätstheorie. 
Dadurch habe ich mich einer gewissen Unsauberkeit schuldig 
gemacht, von der wir aus der speziellen Relativitätstheorie 
Svissen, daß sie keineswegs unwichtig und verzeihlich ist. 
?^un ist es hohe Zeit, daß wir diese Lücke ausfüllen; ich be- 
merke aber im voraus, daß diese Angelegenheit an die Geduld 
lünd das Abstraktionsvermögen des Lesers keine geringen An- 
forderungen stellt. 

Wir gehen wieder von oft herangezogenen, ganz speziellen 
Fällen aus. Es liege ein räum -zeitliches Gebiet vor, in welchem 
relativ zu einem Bezugskörper K von passend gewähltem Be- 
wegungszustande kein Gravitationsfeld existiere; in bezug auf 
das ins Auge gefaßte Gebiet ist dann K ein Galilei scher 
feezugskörper, und es gelten relativ zu K die Ergebnisse der 
speziellen Relativitätstheorie. Dasselbe Gebiet denken wir 
uns auf einen zweiten Bezugskörper k:' bezogen, welcher relativ 
m k. gleichförmig rotiert. Um die Vorstellung zu fixieren, 
denkfen wir uns K' in Gestalt einer ebenen Kreisscheibe, welche 
um ihren Mittelpunkt in ihrer Ebene gleichmäßig rotiere. 



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- 54 - 

Ein exzentrisch auf der Kreisscheibe K' sitzender Beobachter 
empfindet eine Kraft, die in radialer Richtung nach außen 
wirkt, und welche von einem relativ zum ursprünglichea 
Bezugskörper K ruhenden Beobachter als Trägheitswirkung. 
(Zentrifugalkraft) gedeutet wird. Der auf der Scheibe sitzende 
Beobachter möge jedoch seine Scheibe als „ruhenden" Bezugs- 
körper auffassen; dazu ist er auf Grund des allgemeinen 
Relativitätsprinzips berechtigt. Die auf ihn und überhaupt 
auf relativ zur Scheibe ruhende Körper wirkende Kraft faßt 
er als Wirkung eines Gravitationsfeldes auf. Allerdings ist 
die räumliche Verteilung dieses Schwerefeldes eine solche, wie 
sie nach Newtons Theorie der Gravitation nicht möglich 
wäre^). Aber da der Beobachter an die allgemeine Relativität 
glaubt, stört ihn dies nicht; er hofft mit Recht, daß ein all- 
gemeines Gravitationsgesetz sich aufstellen lasse, welches nicht 
nur die Bewegung der Gestirne^ sondern auch das von ihm 
wahrgenommene Kraftfeld richtig erklärt. 

Dieser Beobachter experimentiert auf seiner Kreisscheibe 
mit Uhren und Maßstäben, in der Absicht, auf Grund seiner 
Beobachtungen exakte Definitionen für die Bedeutung zeit- 
licher und räumlicher Angaben in bezug auf die Kreisscheibe 
K' zu erhalten. Was wird er dabei für Erfahrungen machen? 

Der Beobachter stelle zunächst von zwei gleich beschaffenen 
Uhren die eine in dem Mittelpunkte der Kreisscheibe, die 
andere an der Peripherie derselben auf, so daß sie relativ 
zur Kreisscheibe ruhen. Wir fragen uns zunächst, ob diese 
beiden Uhren gleich schnell gehen vom Standpunkt des nicht 
rotierenden Galileischen Bezugskörpers K. Von diesem aus 
beurteilt, hat die Uhr im Mittelpunkt keine Geschwindigkeit, 
während die Uhr an der Peripherie infolge der Rotation 
relativ zu K in Bewegung ist. Nach einem Ergebnis des 
§ 12 geht deshalb die letztere Uhr von K aus beurteilt 
dauernd langsamer als die Uhr in der Mitte der Kreisscheibe. 
Dasselbe müßte offenbar auch der Mann auf der Kfeisscheibe 
konstatieren, den wir uns etwa als in der Mitte der Kreis- 

1) Das Feld verschwindet im Mittelpunkt der Scheibe und nimmt 
proportional dem Abstand von diesem nach außen hin zu. 



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— 55 - 

Scheibe neben der dortigen Uhr sitzend vorstellet^ wollen. Auf 
unserer Kreisscheibe und allgemeiner in jedem Gravitations- 
felde wird also eine Uhr rascher oder langsamer laufen, je 
nach der Stelle, in welcher die Uhr (ruhend) angeordnet ist. 
Eine vernünftige Definitipn der Zeit mit Hilfe von relativ 
zum Bezugskörper ruhend angeordneten Uhren ist also nicht 
jmöglich. Eine ähnliche Schwierigkeit zeigt sich, wenn man 
versucht, unsere frühere Definition der Gleichzeitigkeit hier 
anzuwenden, worauf ich nicht weiter eingehen will. 

Aber auch die Definition der räumlichen Koordinaten macht 
hier zunächst unüberwindliche Schwierigkeiten. Legt nämlich der 
imit der Scheibe bewegte Beobachter seinen Einheitsmaßstab (ein 
irelativ zum Scheibenradius kleines Stäbchen) an der Scheiben- 
fperipherie tangential zu dieser an, so ist derselbe, vom Galilei- 
Ischen System aus beurteilt, kürzer als 1, weil bewegte Körper 
jnach § 12 in Richtung der Bewegung eine Verkürzung er- 
fahren. Legt er dagegen seinen Maßstab in die Richtung des 
ScheibeiKadius, so erfährt er, von K aus beurteilt, keine 
Verkürzung. Mißt der Beobachter also zuerst den Scheiben- 
umfang, dann den Scheibendurchmesser mit seinem Maßstab 
iünd dividiert er hierauf diese beiden Meßergebnisse, so findet 
er als Quotienten nicht die bekannte Zahl ^r = 3,14..., son- 
dern eine größere ZahP), während sich auf einer relativ zu K 
ruhenden Scheibe bei dieser Operation natürlich exakt n er- 
rgeben müßte.* Damit ist bereits bewiesen, daß die Sätze 
der Euklidischen Geometrie auf der rotierenden Scheibe und 
damit überhaupt in einem Gravitationsfelde nicht genau 
gelten können, wenigstens wenn man dem Stäbchen überall 
und in jeder Orientierung die Länge 1 zuschreibt. Auch der 
Begriff der geraden Linie verliert damit seine Bedeutung. 
Wir. sind deshalb nicht in der Lage, relativ zur Scheibe die 
Koordinaten x, y, z nach der in der speziellen Relativität 
benutzten Methode exakt zu definieren. Solange jedoch 



^) Bei der ganzen Betrachtung hat man das Galilei sehe (nicht 
rotierende) System K als Koordinatenkörper zu verwenden, da nur relativ 
zu K die Gültigkeit der Ergebnisse der speziellen Relativitätstheorie an- 
genommen werden darf (relativ zu K' herrscht ein Gravitationsfeld). 



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— 56 — 

Koordinaten und Zeiten der Ereignisse' nicht definiert sind, 
haben auch Naturgesetze, in welchen diese vorkommen, keine 
exakte Bedeutung. 

Damit scheinen alle Überlegungen, welche wir bisher Ober 
allgemeine Relativität angestellt haben, in Frage gestellt zu 
sein. In der Tat bedarf es eines subtilen Umweges, um das 
Postulat der allgemeinen Relativität exakt anzuwenden. Auf 
diesen wird der Leser durch die folgenden Betrachtungen vor- 
bereitet werden. 

§ 24. Euklidisches und Nicht- Euklidisches Kontinuum. 

Die Oberfläche eines Marmortisches liegt vor mir. Ich 
kann von irgendeinem Punkte derselben aus zu irgendeinem 
anderen gelangen, indem ich eine (große) Anzahl von Malen 
immer zu einem „benachbarten" Punkte übergehe, oder — 
anders gesagt — indem ich von Punkt zu Punkt gehe, ohne 
„Sprünge** zu machen. Was hier unter „benachbart" und 
unter „Sprüngen" zu verstehen ist, empfindet der Leser gewiß 
mit genügender Schärfe (wenn er nicht gar zu anspruchsvoll 
ist). Dies drücken wir aus, indem wir sagen, die Oberfläche 
sei ein Kontinuum. 

Wir denken uns nun eine große Zahl gegen die Ab- 
messungen der Tischplatte kleiner Stäbchen hergestellt, die 
alle gleich lang seien. Darunter ist verstanden, daß. die 
Enden je zweier davon zur Deckung gebracht werden können 
Wir legen nun vier dieser Stäbchen auf der Tischplatte so 
aufeinander, daß ihre Enden ein Viereck bilden, dessen Dia 
gonalen gleich lang seien (Quadrat). Zur Erzielung der Dia^ 
gonalengleichheit bedienen wir uns eines Probierstäbchens, 
An dies Quadrat legen wir gleiche Quadrate an, welche mit 
ihm ein Stäbchen gemein haben, an diese letzteren Quadrate 
ebenfalls usw. Schließlich ist die ganze Tischplatte mit Qua^ 
draten belegt, derart, daß jede Quadratseite zu zwei Quadratefl 
und jede Quadratecke zu vier Quadraten gehört. 

Daß man dies Geschäft ausführen kann, ohne in dil 
größten Schwierigkeiten zu geraten, ist ein wahres Wunder 
Man braucht nur an folgendes zu denken. Stoßen an einei 



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— 57 — 

Ecke bereits drei Quadrate zusammen, so sind auch von dem. 
rierten bereits zwei Seiten gelegt. Wie die, beiden anderen 
Seiten desselben gelegt werden müssen, ist dadurch schon 
vollkommen bestimmt. Jetzt kann ich das Viereck aber nicht 
mehr zurechtrücken, damit seine Diagonalen gleich werden. 
Sind sie es von selbst schon, so ist dies eine besondere Gunst 
der Tischplatte und der Stäbchen, über die ich mich nur 
dankbar wundern kann! Analoger Wunder müssen wir viele 
erleben, wenn die Konstruktion gelingen soll. 

Ist wirklich alles glatt vonstatten gegangen, so sage ich, 
daß die Punkte der Tisch[51atte ein Euklidisches Kontinuum 
mit Bezug auf das benutzte Stäbchen als Strecke bilden. 
Hebe ich eine Quadratecke als „Anfangspunkt" hervor, so 
kann ich jede andere Quadratecke mit Bezug auf den Anfangs- 
punkt durch zwei Zahlen charakterisieren. Ich brauche nur 
anzugeben, wie viele Stäbchen ich nach „rechts" und wie viele» 
darauf nach „oben" ich vom Anfangspunkte zurücklegen 
muß, um zu der ins Auge gefaßten Quadratecke zu gelangen. 
Diese zwei Zahlen sind dann die „Kartesischen Koordinaten" 
der letzteren mit Bezug auf das durch die gelegten Stäbchen 
bestimmte „Kartesische Koordinatensystem". 

Daß es auch Fälle geben muß, in denen das Experiment 
mißlingt, erkennen wir an folgender Modifikation des Gedanken- 
experiments. Die Stäbchen sollen sich nach Maßgabe der 
Temperatur „ausdehnen". Die Tischplatte werde in der Mitte 
erwärmt, aqi Rande aber nicht, wobei zwei unserer Stäbchen 
immer noch an jeder Stelle des Tisches zur Deckung gebracht 
^werden können. Aber unsere Quadratkonstruktion muß dabei 
notwendig in Unordnung kommen, weil sich die Stäbchen der 
inneren Partie der Tischplatte ausdehnen, die der äußeren 
Partie aber nicht. 

Mit Bezug auf unsere Stäbchen — als Einheitsstrecken 
definiert — ist die Tischplatte nun kein Euklidisches Kon- 
tinuum mehr, und wir sind auch nicht mehr in der Lage, 
unmittelbar mit ihrer Hilfe Kartesische Koordinaten zu defi- 
nieren, da die obige Konstruktion sich nicht mehr durchführen 
^läßt. Da es aber andere Dinge gibt, welche durch die Tem- 



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peratur des Tisches nicht in analoger Weise wie die Stäbchen 
(oder überhaupt nicht) beeinflußt werden, gelingt es, in einer 
natürlichen Wiese die Auffassung aufrecht zu erhalten, daß 
die Tischplatte ein „Euklidisches Kontinuum** sei; es gelingt 
in befriedigender Weise durch eine subtilere Festsetzung über 
das Messen Ijzw. Vergleichen von Strecken. 

Würden aber Stäbchen jeder Art, d. h. jeden Materials, 
sich in gleicher Weise temperaturempfindlich verhalten auf 
der verschieden temperierten Tischplatte, und hätten wir kein 
anderes Mittel, die Wirkung der Temperatur wahrzunehmen, 
als das geometrische Verhalten der 'Stäbchen bei Experimenten 
analog dem oben beschriebenen, so könnte es wohl zweckmäßig 
sein, zwei Punkten des Tisches die Entfernung 1 zuzuschrei- 
ben, wenn sich die Enden eines unserer Stäbchen mit ihnen 
zur Deckung bringen lassen; denn wie sollte man ohne die 
krasseste Willkür die Strecke anders definieren? Dann aber 
muß die Kartesische Koordinatenmethode verlassen und durch 
eine andere ersetzt werden, welche die Gültigkeit der Eukli 
dischen Geometrie für starre Körper nicht voraussetzt^). Der 
Leser .bemerkt, daß die hier geschilderte Situation derjenigen 
entspricht, welche das allgemeine Relativitätspostulat mit sich 
gebracht hat (§ 23). 



^) Unser Problem ist den /idathematikern in folgender Form ent- 
gegengetreten. Ist im Euklidischen, dreidimensionalen Meßraume eine 
Fläche, z. B. ein Ellipsoid, gegeben, so gibt es auf dieser Fläche eine 
zweidimensionale Geometrie, ebensogut wie in der Ebene. Gauß hat 
sich das Problem gestellt/ diese zweidimensionale Geometrie prinzipiell zu 
behandeln, ohne zu benutzen, daß die Fläche einem Euklidischen Konti- 
nuum von drei Dimensionen angehört. Denkt man sich in der Fläche 
mit starren Stäbchen Konstruktionen ausgeführt (ähnlich wie vorhin auf 
der Tischplatte), so gelten für diese andere Gesetze als gemäß der Eukli- 
dischen Geometrie der Ebene. Die Fläche ist in bezug auf die Stäbchen 
kein Euklidisches Kontinuum, und es lassen sich in der Fläche keine 
Kartesischen Koordinaten definieren. Gauß zeigte, nach welchen Prin- 
zipien man die geometrischen Verhältnisse in der Fläche behandeln kann, 
und wies damit den Weg zu der Rie mann sehen Behandlung mehr-dimen- 
sionaler. Nicht- Euklidischer Kontinua. Daher kommt es, daß die Mathe- 
matiker die formalen Probleme bereits seit langem gelöst haben, zu 
denen das allgemeine Relativitätspostulat führt. 



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v=l 



•- 59 — 

§ 25. Gaußsche Koordinaten. 

Diese analytisch-geometrische Behandlungsweise läßt sich 
nach Gauß folgendermaßen erzielen. Man denke sich auf die 
■Tischplatte ein System von beliebigen Kurven (vgl. Fig. 3) auf- 
gezeichnet, die w^ir als .u- Kurven bezeichnen und die wir je 
mit einer Zahl bezeichnen. 
In der Zeichnung sind die 
Kurven ü = 1, u =^ 2 und 
u = 3 gezeichnet. Zwischen 
den Kurven u = 1 und 
u = 2 sind aber noch un- 
endlich viele eingezeichnet 
zu denken, welche allen 
jeellen Zahlen entsprechen, 
die zwischen 1 und 2 liegen. 
Es liegt- dann ein System 
von iz-Kurven vor, welche unendlich dicht die ganze Tischplatte 
jQberdecken. Keine u -Kurve soll eine andere schneiden, sondern 
durch jeden Punkt der Tischplatte eine und nur eine Kurve 
hindurchgehen. Zu jedem Punkte der Oberfläche der Tischplatte 
gehört dann ein ganz bestimmter ü-Wert. Ebenso sei auf die 
Fläche ein System von v Kurven gezeichnet, die denselben 
Bedingungen genügen, in entsprechender Weise mit Zahlen 
versehen sind, aber ebenfalls beliebig gestaltet sein können. 
•Es gehört dann zu jedem Punkte der Tischplatte ein u-Wert 
und ein v-Wert, welche beiden Zahlen wir die Koordinaten der 
Tischplatte nennen (Gaußsche Koordinaten). Der Punkt P 
'der Figur hat beispielsweise die Gaußschen Koordinaten ü = 3; 
,y = 1. Zwei benachbarten Punkten P und P' auf der Fläche 
-entsprechen dann die Koordinaten 

,P:ü;v 
' P':u + du,v + dv, 

wobei du und dv sehr kleine Zahlen bedeuten. Der mit einem 
.Stäbchen gemessene Abstand von P und P' sei die ebenfalls 
sehr kleine Zahl ds. Dann ist nach Gauß: 

ds^ = gn du^ + 2 gi2 du dv + g,^ dv\ 



1 



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- 60 - 

wobei gu, gi2, g22 Größen sind, die in ganz bestimmter Weisd 
von ü und v abhängen. Die Größen gu, gia und g22 bestimme! 
das Verhalten der Stäbchen relativ zu den u- Kurven utii 
V- Kurven, also auch relativ zur Oberfläche des Tisches. Ii 
dem Falle, daß die Punkte der betrachteten Oberfläche 
bezug auf die Meßstäbchen ein Euklidisches Kontinuum bildeiii 
aber auch nur dann, ist es möglich, die u-Kurven und v-Kurvefl 
so zu zeichnen und mit Zahlen zu versehen, daß einfach 

ds2 = du^ + dv^ 
wird. Dann sind die u-Kurven und v-Kurven gerade Linien im 
Sinne der Euklidischen Geometrie, welche auf einander senkrecht 
stehen. Dann sind die G au ß sehen Koordinaten einfach Ka^t^ 
sische. Man sieht, daß die Gau ß sehen Koordinaten weiter 
nichts sind als eine Zuordnung je zweier Zahlen zu den Punktea 
der betrachteten Fläche, derart, daß räumlich benachbartea 
Punkten sehr wenig verschiedene Zahlenwerte zugeordnet sind. 
Diese Betrachtungen gelten zunächst für ein Kontinuum 
von zwei Dimensionen. Aber die Gaußsche Methode läßt 
sich auch auf ein Kontinuum von drei, vier oder mehr Dimen- 
sionen anwenden. Liegt z. B. ein Kontinuum von vier 
Dimensionen vor, so ergibt sich folgende Darstellung. Jedem 
Punkte des Köntinuums werden willkürlich vier Zahlen 
Xi, ^2, Xgj X4 zugeordnet, welche „Koordinaten" genannt 
werden. Benachbarten Punkten entsprechen benachbarte 
Koordinatenwerte. Ist nun benachbarten Punkten P und P' 
ein durch Messungen ermittelbarer, physikalisch wohldefinierter 
Abstand ds zugeordnet, so gilt eine Formel: 

ds^ = gndx^^ + 2g,2dx^dx2"' + gudx^^ 
wobei die Größen g^ usw. Werte haben, die mit dem Orte im 
Kontinuum variieren. Nur in dem Falle, daß das Kontinuum 
ein Euklidisches ist, ist es möglich, di£ Koordinaten x^-'-Xi 
den Punkten des Köntinuums so zuzuordnen, daß einfach 

ds^ = dxi^ + dx2^ + t/Xg^ + dx^^ 
wird. Dann gelten in dem vierdimensionalen Kontinuum 
Beziehungen, welche den in unseren dreidimensionalen Mes- 
sungen geltenden analog sind. 



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— 61 — 

Die angegebene Gaußsche Darstellung für ds^ ist übrigens 
[nicht immer möglich, sondern nur dann, wenn genügend kleine 
Gebiete des betrachteten Kontinuums sich als Euklidische 
iKontinua ansehen lassen. Dies trifft z. B. offenbar zu in dem 
Falle der Tischplatte und örtlich veränderlicher Temperatur. 
iDenn für einen kleinen Teil der Platte ist die Temperatur 
praktisch konstant, das geometrische Verhalten der Stäbchen 
■also beinahe ein solches, wie es gemäß den Regeln der 
, Euklidischen Geometrie sein soll. Die Unstimmigkeiten der 
Quadratkonstruktion des vorigen Paragraphen treten somit 
erst deutlich zutage, wenn die Konstruktion des vorigen 
Paragraphen über einen beträchtlichen Teil der Tischplatte 
ausgedehnt wird. 

Zusammenfassend können wir also sagen: Gauß hat eine 
Methode zur mathematischen Behandlung beliebiger Kontinua 
erfunden, in denen Maßbeziehungen („Abstand** benachbarter 
Punkte) definiert sind. Jedem Punkte des Kontinuums werden 
so viel Zahlen (Gaußsche Koordinaten) zugeordnet, als das 
Kontinuum Dimensionen hat. Die Zuordnung erfolgt so, daß 
die Eindeutigkeit der Zuordnung gewahrt wird, und daß 
benachbarten Punkten unendlich wenig verschiedene Zahlen 
(Gaußsche Koordinaten) zugeordnet werden. Das Gaußsche 
Koordinatensystem ist eine logische Verallgemeinerung des 
Kartesischen Koordinatensystems. Es ist auch auf Nicht- 
Euklidische Kontinua anwendbar, allerdings nur dann, wenn 
kleine Teile des betrachteten Kontinuums mit Bezug auf das 
definierte Maß („Abstand**) sich mit desto größerer Annähe- 
rung Euklidisch verhalten, je kleiner der ins Auge gefaßte 
Teil des Kontinuums ist. 

§ 26. Das räum -zeitliche Kontinuum der speziellen 
Relativitätstheorie als Euklidisches Kontinuum. 

Wir sind nun in der Lage, den in § 17 nur lose angedeu- 
teten Gedanken Minkowskis etwas genauer zu formulieren. 
Gemäß der speziellen Relativitätstheorie sind für die Beschrei- 
bung des raum-zeitlichen, vierdimensionalen Kontinuums ge- 
wisse Koordinatensysteme bevorzugt, die wir „Galileische 






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— 62 — 

Koordinatensysteme** genannt haben. Für sie sind die vie 
Koordinaten x, y, z, /, welche ein Ereignis oder — ander 
ausgedrückt — einen Punkt des vierdimensionalen Kontinuum 
bestimmen, in einfacher Weise physikalisch definiert, wie im 
ersten Teile dieses Büchleins ausführlich dargelegt ist. Fffl 
den Übergang von einem Galileischen System zu eineo 
anderen, relativ zum ersten gleichförmig bewegten gelten dM 
Gleichungen der Lorentz- Transformation, welche* die BasÜ 
für die Ableitung der Konsequenzen der speziellen Relativitäts- 
theorie bilden und ihrerseits weiter nichts sind als der Aus- 
druck der universellen Gültigkeit des Lichtausbreitungsgesetzes 
für alle Galileischen Bezugssysteme. 

Minkowski fand, daß die Lorentz-Transformationen fol 
genden einfachen Bedingungen genügen. Es seien zwei 
benachbarte Ereignisse betrachtet, deren gegenseitige Lage im 
vierdimensionalen Kontinuum durch die räumlichen Koor- 
dinatendifferenzen dx, dy, dz und die zeitliche Differenz il 
bezüglich eines Galileischen Bezugskörpers K gegeben seien. 
Bezüglich eines zweiten Galileischen Systems seien die ana- 
logen Differenzen für diese beiden Ereignisse dx\ dy\ dz\ dt. 
Dann gilt zwischen ihnen stets die Bedingung^): 

dx2 + dy^ + dz^ -c^dfi = dx'^ + dy'^ + dz'^ - c^ dt'K 

Diese Bedingung hat die Gültigkeit der Lorentz- Trans- 
formation zur Konsequenz. Wir können das so aussprechen: 
Die zu zwei benachbarten Punkten des vierdimensionalen 
raum-zeitlichen Kontinuums gehörige Größe 

ds^ = dx^ + dy^ + dz^ - c^ dt^ 

hat für alle bevorzugten (Galileischen) Bezugskörper den- 
selben Wert. Ersetzt man x, y, z, \— 1 et durch Xi, Xa, Xg, X4, 
so erhält man auch das Resultat, daß 

ds^ = dXi^ + dxg^ + dxg^ + dx^^ 

^) Vgl. Anhang. Die dort für die Koordinaten selbst abgeleiteten 1 
Relationen (IIa) und (12) gelten auch für Koordinaten -Differenzen, 
also auch für Koordinatendifferentiale (unendlich kleine Differenzen). 



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— 63 — 

ron der Wahl des Bezugskörpers unabhängig ist. Die Größe ds 
lennen wir den „Abstand** der beiden ^Ereignisse oder vier- 
limensionalen Punkte. 

Wählt man also die imaginäre Variable V— 1 et statt des 
reellen / als Zeitvariable, so kann man das räum -zeitliche 
IContinuum gemäß der speziellen Relativitätstheorie als ein 
„Euklidisches** vierdimensionales Kontinuum auffassen, wie 
aus den Darlegungen des letzten Paragraphen hervorgeht. 

§ 27. Das räum- zeitliche Kontinuum der allgemeinen 
Relativitätstheorie ist kein Euklidisches Kontinuum. 

Im ersten Teil dieses Schriftchens haben wir uns raum- 
zeitlicher Koordinaten bedienen können, welche eine einfache, 
direkte physikalische Interpretation zuließeh und welche sich 
nach § 26 als vierdimensionale Kartesische Koordinaten deuten 
lassen. Dies war möglich auf Grund des Gesetzes von der 
Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, an welchem aber nach § 21 
die allgemeine Relativitätstheorie nicht festhalten kann; wir 
kamen vielmehr zu dem Ergebnis, daß gemäß letzterer Theorie 
die Lichtgeschwindigkeit stets von den Koordinaten abhängen 
muß, falls ein Gravitationsfeld vorhanden ist. Wir fanden 
ferner in § 23 an einem speziellen Beispiel, daß das Vorhanden- 
sein, eines Gravitationsfeldes jene Definition der Koordinaten 
und der Zeit unmöglich macht, welche bei der speziellen 
Relativitätstheorie zum Ziele geführt hat. 

Mit Rücksicht auf diese Überlegungsergebnisse kommen 
wir zu der Überzeugung, daß gemäß dem allgemeinen Rela- 
tivitätsprinzip das raum-zeitliche Kontinuum nicht als ein 
Euklidisches aufgefaßt werden kann, sondern daß hier der 
allgemeine Fall vorliegt, welchen wir für das zweidimensionale 
Kontinuum der Tischplatte von örtlich variabler Temperatur 
kennen gelernt haben. Wie es dort unmöglich war, aus gleichen 
Stäbchen ein Kartesisches Koordinatensystem zu konstruieren, 
so ist es hier unmöglich, aus starren Körpern und Uhren ein 
System (Bezugskörper) aufzubauen, derart, daß relativ zu- 
einander* fest angeordnete Maßstäbe und Uhren direkt Ort 



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-- 64 — 

und Zeit anzeigen. Dies ist das Wesen der Schwierigkeit, 
uns in § 23 entgegentrat. 

Die Darlegungen des § 25 und § 26 zeigen aber den We 
auf dem diese Schwierigkeit zu überwinden ist. Wir bezieht 
das Vierdimensionale raum-zeitliche Kontinuum in willkürlich 
Weise auf Gaußsche Koordinaten. ' Jedem Punkte d 
Kontinuums (Ereignis) ordnen wir vier Zahlen Xi, Xg, x,, ; 
(Koordinaten) zu, die gar keine unmittelbare physikalisd 
Bedeutung besitzen, sondern nur dazu dienen, die Punkte ii 
Kontinuums in bestimmter, aber willkürlicher Weise t 
numerieren. Diese Zuordnung braucht nicht einmal ein 
derartige zu sein, daß man Xi, Xg, Xg als „räumliche" Kooi 
dinaten, X4 als „zeitliche" Koordinaten auffassen müßte. 

Der Leser könnte denken, daß eine derartige Beschreibufl 
der Welt gänzlich« unzulänglich wäre. Was bedeutet es, wefl 
ich einem Ereignis die bestimmten Koordinaten Xi, Xg, x,, ) 
zuschreibe, wenn diese Koordinaten selbst nichts bedeuten 
Bei genauerer Überlegung zeigt sich jedoch, daß diese Sorg 
nicht begründet ist. Betrachten wir z. B. einen beliebig b« 
wegten materiellen Punkt ! Hätte derselbe nur eine momentiui 
Existenz ohne Dauer, so wäre er räum -zeitlich beschriebei 
durch ein einziges Wertsystem Xi, Xa, Xg, X4. Seine bleibend 
Existenz ist also durch eine unendlich große Zahl von solche! 
Wertsystemen charakterisiert, deren Koordinatenwerte sie 
stetig aneinanderreihen; dem Massenpunkte entspricht als 
eine (eindimensionale) Linie im vierdimensionalen Kontinuufl 
Vielen bewegten Punkten entsprechen ebensowohl derartij 
Linien in unserem Kontinuum. Die einzigen diese Punkl 
betreffenden Aussagen, welche physikalische Realität beaJ 
spruchen können, sind in Wahrheit die Aussagen über Begq 
nungen dieser Punkte, Eine solche Begegnung äußert sid 
in unserer mathematischen Darstellung darin, daß die beide 
Linien, welche die betreffenden Punktbewegungen darstelle! 
ein gewisses System x^, Xg, Xg, X4 von Koordinatenwertc 
gemeinsam haben. Daß solche Begegnungen in Wahrheit & 
einzigen tatsächlichen Konstatierungen zeit-räumlichen Charak 
ters sind, die wir in physikalischen Aussagen antreffen, wir 



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— 65 — 

Lder Leser nach eingehender Überlegung ohne Zweifel zu- 
geben. 

I Wenn wir früher die Bewegung eines materiellen Punktes 

[relativ zu einem Bezügskörper beschrieben, gaben wir nichts 
weiter an, als die Begegnungen dieses Punktes mit bestimmten 
Punkten des Bezugskörpers. Auch die zugehörigen Zeitangaben 
lassen sich auflösen in die Konstatierung von Begegnungen 
des Körpers mit Uhren, in Verbindung mit Konstatierung 
der Begegnung von Uhrzeigern mit bestimmten Punkten von 
Zifferblättern. Nicht andeYs ist es mit den räumlichen 
Messungen durch Maßstäbe, [wie einiges Nachdenken zeigt. 
Allgemein gilt: Jede physikalische Beschreibung löst sich 
auf in eine Zahl von Aussagen, deren jede sich auf die raum- 

; zeitliche Koinzidenz zweier Ereignisse A und B bezieht.. Jede 
solche Aussage drückt sich in G au ß sehen Koordinaten durch 
die Übereinstimmung der vier Koordinaten Xj, Xg, Xg, X4 aus. 
Die Beschreibung des zeit -räumlichen Koutinuums durch 
O au ß sehe Koordinaten ersetzt also tatsächlich die Beschrei- 
bung mit Hilfe eines Bezugskörpers vollständig, ohne an den 
Mängeln der letzteren Beschreibungsmethode zu kranken; sie 
ist nicht an den Euklidischen Charakter des darzustellenden 
Kontinuums gebunden. 

§28. 
Exakte Formulierung des allgemeinen Relativitätsprinzips. 

Nun sind wir in der Lage, die in § 18 gegebene vorläufige 
.Formulierung des allgemeinen Relativitätsprinzips durch eine 
exakte zu ersetzen. Die damalige Fassung, „Alle Bezugs- 
körper k:, K' usw. sind für die Naturbeschreibung (Formu- 
lierung der allgemeinen Naturgesetze) gleichwertig, welches 
auch deren Bewegungszustand sein mag", läßt sich nicht auf- 
recht erhalten, weil die Benutzung von starren Bezugskörpern 
bei der räum -zeitlichen Beschreibung im Sinne der bei der 
speziellen Relativitätstheorie befolgten Methode im allgemeinen 
nicht möglich ist. An die Stelle des Bezugskörpers hat das 
Gaußsche Koordinatensystem zu treten. Dem Grundgedanken 
des allgemeinen Relativitätsprinzips entspricht die Aussage: 

Einstein, Relativitätstheorie. fx 



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— 66 - 

„Alle Gaußschen Koordinatensysteme sind für die 
Formulierung der allgemeinen Naturgesetze prin- 
zipiell gleichwertig.** 

Man kann dies allgemeine Relativitätsprinzip auch noch 
in einer anderen Form aussprechen, die dasselbe noch deut- 
licher als die naturgemäße Erweiterung des speziellen Rela- 
tivitätsprinzips erkennen läßt. Nach der speziellen Relativitäts- 
theorie gehen die die allgemeinen Naturgesetze ausdrückenden 
Gleichungen in Gleichungen derselben Form über, wenn man 
statt der Raum-Zeit-Variabeln x, y', 2, / eines (Galilei sehen) 
Bezugskörpers K unter Benutzung der Lorentz-Transformation 
die Raum-Zeit-Variabeln x\ y\ /, /' eines neuen Bezugs- 
körpers K! einführt. Nach der allgemeinen Relativitätstheorie 
dagegen müssen die Gleichungen bei Anwendung beliebiger 
Substitutionen der Gaußschen Variabein Xi, Xg, Xg, X4 in 
Gleichungen derselben Form übergehen; denn jede Trans- 
formation (nicht nur die Lorentz-Transformation) entspricht dem 
Übergang eines Q.auß sehen Koordinatensystems in ein anderes. 

Will man auf die gewohnte dreidimensionale Anschauung 
nicht verziehten, so kann man die Entwicklung, welche wir 
den Grundgedanken der allgemeinen Relativitätstheorie durch- 
machen sehen, wie folgt charakterisieren: Die spezielle Rela- 
tivitätstheorie bezieht sich auf Galileische Gebiete, d. h. auf 
solche, in welchen kein Gravitationsfeld existiert. Als Bezugs- 
körper dient dabei ein Galilei scher Bezugskörper, d. h. ein 
starrer Körper von so gewähltem Bewegungszustande, daß 
relativ zu ihm der Galileische Satz von der gleichf'örmig- 
geradlinigen Bewegung „isolierter** materieller Punkte gilt. 

Gewisse Überlegungen legen es nahe, dieselben Galilei- 
schen Gebiete auch auf Nicht-Galileische Bezugskörper i\x 
beziehen. Relativ zu diesen ist dann ein Gravitationsfeld von 
spezieller Art vorhanden (§ 20 und § 23). 

Starre Körper mit Euklidischen Eigenschaften gibt es aber 
in Gravitationsfeldern nicht; die Fiktion des starren Bezugs- 
körpers versagt daher in der allgemeinen Relativitätstheorie. 
Auch wird der Gang der Uhren von Gravitationsfeldern beein- 
flußt, derart, daß eine physikalische Zeitdefinition direkt mit 



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— 67, — 

Hilfe von Uhren durchaus nicht jenen Grad der Evidenz hat 
wie in der speziellen Relativitätstheorie. 

Man benutzt daher nichtstarre Bezugskörper, welche nicht 
nur als Ganzes beliebig bewegt sind, sondern auch während 
ihrer Bewegung beliebige Gestaltsänderüngen erleiden. Zur 
Definition der Zeit dienen Uhren von beliebigem, noch so 
unregelmäßigem Ganggesetz ,\ welche man sich je an einem 
Punkte des nichtstarren Bezugskörpers befestigt zu denken 
hat, und welche, nur die eine Bedingung erfüllen, daß die 
gleichzeitig wahrnehmbaren Angaben örtlich benachbarter 
Uhren unendlich wenig voneinander abweichen. Dieser nicht- 
starre Bezugskörper, den man nicht mit Unrecht als „Bezugs- 
molluske** bezeichnen könnte, ist im wesentlichen gleichwertig 
mit einem beliebigen G au ß sehen yierdimensionalen Koor- 
dinatensystem. Was der „Molluske** gegenüber dem Gau£- 
sfhen Koordinatensystem eine gewisse Anschaulichkeit gibt, ist 
die (eigentlich unberechtigte) formale Wahrung der Sonderexi- 
stenz der räumlichen Koordinaten gegenüber der Zeitkoordinate. 
Jeder Punkt der Molluske wird als Raumpunkt "behandelt, 
jeder relativ zu. ihm ruhende materielle Punkt schlechthin als 
ruhend, solange die Molluske als Bezugskörper behandelt wird. 
Das allgemeine Relativitätsprinzip fordert, daß alle diese 
Mollusken mit gleichem Rechte und gleichem Erfolge bei der 
Formulierung der allgemeinen Naturgesetze als Bezugskörper 
verwendet werden können; die Gesetze sollen von der Mollusken- 
wahl gänzlich unabhängig sein. 

In der weitgehenden Beschränkung, welche hierdurch den 
Naturgesetzen auferlegt wird, liegt die Spürkraft, die dem 
allgemeinen Relativitätsprinzip innewohnt. 

§ 29. Die Lösung des Grävitationsproblems auf Grund 
des allgemeinen Relativitätsprinzips. 

Ist der Leser allen bisherigen Überlegungen gefolgt, so 
bereitet ihm das Verstehen der zur Lösung des Gravitations- 
problems führenden Methoden keine Schwierigkeiten mehr. 

Wir gehen aus von der Betrachtung eines Galil eischen 
Gebietes, d. h. eines solchen, in welchem relativ zum Galilei- 

5* 



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^/j^T''? '■;'m-y^^':Pf^^'f^^ 



- 68 - 



sehen Bezugskörper K kein Gravitationsfeld existiert. Das 
Verhalten von Maßstäben und Uhren in bezug auf K ist aus 
der speziellen Relativitätstheorie bekannt, ebenso das Verhalten 
von ,, isolierten** Massepunkten; letztere bewegen sich gerad- 
linig und gleichförmig. 

Nun beziehen wir dies Gebiet auf ein beliebiges Gauß- 
sches Koordinatensystem bzw. auf eine „Molluske** als Bezugs- 
körper K\ In bezug auf K' besteht dann ein Gravitationsfeld G 
(besonderer Art). Durch bloße Umrechnung erfährt man dann 
das Verhalten von Maßstäben und Uhren sowie von frei be- 
weglichen materiellen Punkten in bezug auf K'. Dies Ver- 
halten interpretiert man als das Verhalten von Maßstäben, 
Uhren, materiellen Punkten unter der Wirkung des Gravi- 
tationsfeldes G. Man führt hierauf die Hypothese ein, daß 
die Einwirkung des Gravitationsfeldes auf Maßstäbe, Uhreni 
und frei bewegliche, materielle Punkte auch dann nach den- 
selben Gesetzen vor sich gehe, wenn sich das herrschende 
Gravitationsfeld nicht durch bloße Koordinatentransformation 
aus dem Galil eischen Spezialfall ableiten läßt. 

Hierauf untersucht man das raum-zeitliche Verhalten des 
aus dem Galileischen Spezialfall durch bloße Transformation 
der Koordinaten abgeleiteten Gravitationsfeldes G uncl formu- 
liert dies Verhalten durch ein Gesetz, das immer gültig ist, 
wie auch der zur Beschreibung benutzte Bezugskörper (Molluske) 
gewählt werden mag. 

Dies Gesetz ist noch nicht das allgemeine Gesetz des 
Gravitationsfeldes, da das studierte Gravitationsfeld G von 
spezieller Art ist. Zur Auffindung des allgemeinen Feldgesetzes 
der Gravitation bedarf es noch einer Verallgemeinerung des 
so gewonnenen Gesetzes, welche jedoch ohne Willkür auf- 
gefunden werden kann, unter Berücksichtigung der folgenden 
Forderungen: 

a) Die gesuchte Verallgemeinerung muß ebenfalls dem 
allgemeinen Relativitätspostulat genügen. 

b) Ist Materie in dem betrachteten Gebiete vorhanden, so 
ist für deren felderregende Wirkung allein deren träge 
Masse, also gemäß § 15 allein deren Energie maßgebend. 



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c) Gravitationsfeld und Materie zusammen müssen dem 
Gesetz von der Erhaltung der Energie (und des Im- 
pulses) genügen. 

Endlich erlauljt uns das allgemeine Relativitätsprinzip, 
den Einfluß des Gravitationsfeldes auf den Ablauf aller der- 
jenigen Vorgänge zu ermitteln, die für den Fall des Fehlens 
eines Gravitationsfeldes nach bekannten Gesetzen ablaufen, 
d. h. in den Rahmen der speziellen Relativitätstheorie bereits 
eingefügt sind. Man verfährt dabei im Prinzip nach der 
Methode, die vorhin für Maßstäbe, Uhi^en und frei bewegliche 
'Massenpunkte auseinandergesetzt worden ist. 

Die so aus dem allgemeinen Relativitätspostulat abgeleitete 
Gravitationstheorie zeichnet sich nicht nur durch ihre Schön- 
heit aus, sie beseitigt nicht nur den in § 21 beleuchteten 
Mangel, welcher der klassischen Mechanik anhaftet, sie inter- 
pretiert nicht nur das Erfahrungsgesetz von der Gleichheit 
der trägen und schweren Masse, sondern sie hat auch schon 
zwei wesensverschiedene Beobachtungsergebnisse der Astronomie 
erklärt, denen gegenüber die klassische Mechanik versagt. Das 
zweite dieser Ergebnisse, nämlich die Krümmung der Licht- 
strahlen durch das Gravitationsfeld der Soilne, haben wir 
schon erwähnt; das erste betrifft die Bahn des Planeten Merkur. 

Spezfalisiert man nämlich die Gleichungen der allgemeinen 
Relativitätstheorie auf den Fall, daß die Gravitationsfelder 
als schwach anzusehen sind, und daß alle Massen sich mit 
Geschwindigkeiten gegen das Koordinatensystem bewegen, 
welche gegen die Lichtgeschwindigkeit klein sind, so er- 
hält man zunächst die Newton sehe Theorie als erste Nähe- 
rung; letztere ergibt sich also hier ohne besondere Annahme, 
während Newton die dem Quadrat der Distanz aufeinander 
wirkender Massenpunkte indirekt proportionale Anziehungs- 
kraft als Hypothese einführen mußte. Vergrößert man die 
Genauigkeit der Rechnung, so treten Abweichungen von der 
Newtonschen Theorie auf, die sich allerdings wegen ihrer 
Kleinheit fast alle noch der Beobachtung entziehen müssen. 

Eine dieser Abweichungen müssen wir hier speziell ins 
Auge fassen. Nach der Newtonschen Theorie bewegt sich 



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- 70 - 

ein Planet um die Sonne in einer Ellipse, welche gegenüber 
den Fixsternen ihre Lage ewig beibehalten würde, wenn von 
der Einwirkung der anderen Planeten auf den betrachteten 
Planeten und von der Eigenbewegung der Fixsterne abgesehen 
werden könnte. Korrigiert man daher die beobachtete Be- 
wegung der Planeten auf diese beiden Einflüsse, so soll als 
Bahn des Planeten eine gegen die Fixsterne feste Ellipse 
resultieren, wenn Newtons Theorie genau richtig ist. Bei 
allen Planeten, bis auf den der Sonne nächsten Planeten Merkur, 
hat sich diese mit eminenter Genauigkeit prüfbare Konsequenz 
mit der Genauigkeit bestätigt, welche die heute erreichbare 
Beobachtungsschärfe zu erzielen gestattet. Vom Planeten 
Merkur aber wissen wir seit Leverrier, daß die Ellipse seiner 
im obigen Sinne korrigierten Bahn gegenüber den Fixsternen 
nicht feststeht, sondern, wenn auch ungeheuer langsam, in 
der Ebene der Bahn im Sinne der Umlaufbewegung rotiert. 
Für diese Rotationsbewegung der Bahnellipse ergab sich ein 
Betrag von 43 Bogen -Sekunden pro Jahrhundert, welcher 
Betrag bis auf wenige Bogen-Sekunden sichergestellt ist. Die 
Erklärung dieser Erscheinung nach der klassischen Mechanik 
gelingt nur unter Zugrundelegung von ausschließlich ihret- 
halben ersonnenen, wenig wahrscheinlichen Hypothesen. 

Nach der allgemeinen Relativitätstheorie ergibt sich, daß 
jede Planetenellipse um die Sonne in der oben angegebenen 
Weise notwendig rotieren muß, daß diese Rotation bei allen 
Planeten außer Merkur zu klein ist, um bei der heute erziel- 
baren Beobachtungsgenauigkeit festgestellt zu werden, daff sie 
aber bei Merkur 43 Bogen-Sekunden pro Jahrhundert betragen 
muß, genau wie es die Beobachtung ergeben hatte. 

Außerdem hat aus der Theorie bisher nur noch eine Kon- 
sequenz gezogen werden können, die einer Prüfung durch die 
Beobachtung zugänglich sind, nämlich eine Spektralverschiebung 
des von großen Sternen zu uns gesandten Lichtes gegenüber dem 
auf der Erde in entsprechender Weise (d. h. durch dieselbe 
Molekülart) erzeugten Lichte. Ich zweifle nicht daran, daß auch 
diese Konsequenz der Theorie bald ihre Bestätigung finden wird. 



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— 71 



Betrachtungen über die Welt als Ganzes. 



1 30. Kosmologische Schwierigkeiten der Newtonschen Theorie. 

Außer der im § 21 dargelegten Schwierigkeit Jiaftet der 
klassischen Himmelsmechanik noch eine zweite prinzipielle 
Schwierigkeit an, welche meines Wissens zuerst von dem 
\stronomen Seeliger ausführlich diskutiert wurde. Wenn 
nan sich die Frage überlegt, wie die Welt als Ganzes etwa 
:u denken sei, so ist die nächstliegende Antwort wohl diese. 
Die Welt ist räumlich (und zeitlich) unendlich. Allenthalben 
jibt es Sterne, so daß die Dichte der Materie zwar im ein- 
zelnen sehr verschieden, aber im großen Durchschnitt überall 
dieselbe ist. Anders ausgedrückt: Wie weit man auch durch den 
Weltraum reisen mag, überall findet sich ein loses Gewimmel 
von Fixsternen von etwa der gleichen Art und gleichen Dichte. 

Diese Auffassung ist mit der Newtonschen Theorie un- 
vereinbar. Letztere verlangt vielmehr, daß die Welt eine Art 
Mitte habe, in welcher die Dichte der Sterne eine maximale 
ist, und daß die Sterndichte von dieser Mitte nach außen 
abnehme, um weit außen einer unendlichen Leere Platz zu 
machen. Die Sternenwelt müßte eine endliche Insel im un- 
endlichen Ozean des Raumes bilden^). 

Diese Vorstellung ist an sich wenig befriedigend. Sie ist 
es um so weniger, als man so zu der Konsequenz kommt, 
daß unausgesetzt das von den Sternen ausgesandte Licht 

1) Begründung. Nach der Newtonschen Theorie enden in einer 
Masse m eine Anzahl „Kraftlinien", welche aus den Unendlichen kommen, 
und deren Zahl der lyiasse m proportional sind. Ist die Dichte ^o der 
Masse in der Welt im Mittel konstant, so umschließt eine Kugel vom 
yolumen V im Durchschnitt die Masse QqV. Die Zahl der durch die 
Oberfläche F ins Innere der Kugel eintretenden Kraftlinien ist also pro- 
portional Qo V, Durch die Oberflächeneinheit der Kugel treten also Kraft- 

V 
linien ein, deren Zahl Qq— oder ^o^ proportional ist. Die Feldstärke 
F 

an der Oberfläche würde also mit wachsendem Kugelradius R ins Unend- 
liche wachsen, was unmöglich ist. 



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- 72 -- 

sowie einzelne Sterne des Sternsystems nach den Unend- 
lichen fortwandern, ohne jemals wiederzukehren und ohne je 
wieder mit anderen Naturobjekten in Wechselwirkung zu 
kommen. Die Welt der im Endlichen zusammengeballten 
Materie müßte so allmählich systematisch verarmen. 

Um diesen Konsequenzen zu entgehen, hat Seeliger das 
Newtonsche Gesetz dahin modifiziert, daß er die Anziehung 
zweier Massen bei großen Distanzen stärker als nach dem 

Gesetz -^ abnehmen läßt. Dadurch wird erzielt, daß die 

mittlere Dichte der Materie allenthalben bis ins Unendliche 
konstant sein kann, ohne daß unendlich große Gravitations- 
felder entstehen. Man kommt so von der unsympathischen 
Vorstellung los, daß die materielle Welt eine Art Mittelpunkt 
besitzen müsse. Freilich erkauft man diese Befreiung aus 
den geschilderten prinzipiellen Nöten durch eine weder aus 
der Erfahrung noch theoretisch begründbare Modifikation und 
Komplizierung des Newton sehen Gesetzes. Beliebig viele 
denkbare Gesetze leisten das gleiche, ohne daß man einen 
Grund dafür angeben könnte, daß eines von ihnen vor den 
anderen zu bevorzugen wäre; denn so wenig als das New- 
tonsche Gesetz ist eines jener Gesetze in allgemeineren theo- 
retischen Prinzipien begründet. 

§ 31. Die Möglichkeit einer endlichen und doch nicht 
begrenzten Welt. 

Die Spekulationen über den Bau der Welt bewegten sich 
aber auch noch nach einer ganz anderen Richtung. Die 
Entwickelung der nichteuklidischen Geometrie führte nämlich 
zu der Erkenntnis, daß man an der Unendlichkeit unseres 
Raumes zweifeln kann, ohne mit den Denkgesetzen oder mit 
der Erfahrung in Kollision zu geraten (Riemann, Helm- 
holtz). Diese Dinge sind von Helmholtz und Poincar^ 
bereits mit unübertrefflicher Durchsichtigkeit ausführlich klar- 
gestellt worden, während ich sie hier nur kurz berühren 
kann. 



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TT' 



- 73 — 

Wir denken uns zunächst ein zweidimensionales Geschehen, 
lache Geschöpfe mit flachen Werkzeugen, insbesondere flachen 
arren Meßstäbchen seien in einer Ebene frei beweglich, 
ußerhalb dieser Ebene existiere für sie nichts, sondern es 
i das Geschehen in ihrer Ebene, welches sie an sich selbst 
d ihren flachen Dingen beobachten, ein kausal geschlossenes, 
sbesondere sind die Konstruktionen der ebenen euklidischen 
eometrie mit den Stäbchen realisierbar, z. B. die in § 24 
trachtete Netzkonstruktion. Die Welt dieser Wesen ist im 
egensatz zu der unserigen räumlich zweidimensional, aber wie 
sere Welt unendlich ausgedehnt. Unendlich viele gleiche 
äbchenquadrate haben auf ihr Platz, d. h. ihr Volumen 
lache) ist unendlich. Es hat einen Sinn, wenn diese Wesen 
gen, ihre Welt sei „eben", nämlich den Sinn, daß sich mit 
ren Stäbchen die Konstruktionen der euklidischen Geometrie 
r Ebene ausführen lassen, wobei das einzelne Stäbchen un- 
hängig von seiner Lage stets dieselbe Strecke repräsentiert. 
Wir denken uns nun abermals ein zweidimensionales Ge- 
hehen, aber nicht auf einer Ebene, sondern auf einer Kugel- 
che. Die flachen Geschöpfe mit ihren Maßstäben und 
nstigen Gegenständen liegen genau in dieser Fläche und 
nnen dieselbe nicht verlassen; ihre ganze Wahrnehmungs- 
welt erstrecke sich vielmehr ausschließlich auf die Kugelober- 
fläche. Können diese Geschöpfe die Geometrie ihrer Welt als 
zweidimensional euklidische Geometrie und dabei ihre Stäbchen 
als die Realisierung der „Strecke" betrachten? Das können sie 
nicht. Denn bei dem Versuch, eine Gerade zu realisieren, werden 
sie eine Kurve erhalten, welche wir „Dreidimensionale" als 
größten Kreis bezeichnen, also eine in sich geschlossene Linie 
von bestimmter endlicher Länge, die sich mit einem Stäbchen 
ausmessen läßt. Ebenso hat diese Welt eine endliche Fläche, 
die sich mit der eines Stäbchenquadrates vergleichen läßt. 
Der große Reiz, den die Versenkung in diese Überlegung be- 
reitet, liegt in der Erkenntnis: Die Welt dieser Wesen 
ist endlich und hat doch keine Grenzen. 

Aber die Kugelgeschöpfe brauchen keine Weltreise zu 
machen, um zu bemerken, daß sie in keiner euklidischen Welt 



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— 74 — 

wohnen. Auf jedem Stück ihrer Welt, das nicht allzu klein^ 
ist, können sie sich davon tiberzeugen. Sie ziehen vbn einem^ 
Punkt nach allen Richtungen „gerade Strecken" (dreidimen- 
sional beurteilt Kreisbögen) von gleicher Länge. Die Ver- 
bindung der freien Enden dieser Strecken werden sie als 
„Kreis" bezeichnen. Das Verhältnis des mit einem Stäbchen 
gemessenen Kreisumfanges zu den mit demselben Stäbchen 
gemessenen Durchmesser des Radius ist nach der euklidischen 
Geometrie in der Ebene gleich einer Konstanten n, welche 
unabhängig ist vom Durchmesser des Kreises. Unsere Ge-i 
schöpfe würden für dies Verhältnis auf ihrer Kugelfläche den 
Wert 



sin 



© 



finden, d. h. einen Wert, der kleiner ist als %, und zwar um so 
erheblicher, je größer der Radius des Kreises im Vergleich zum 
Radius /?. der „Kugelwelt** ist. Aus dieser Beziehung können 
die Kugelgeschöpfe den Radius R ihrer Welt bestimmen, auch 
wenn ihnen nur ein relativ geringer Teil ihrer Kugelwelt für 
ihre Messungen zur Verfügung steht. , Ist aber dieser Teil 
allzu klein, so können sie nicht mehr konstatieren, daß sie 
sich auf einer Kugelwelt und nicht auf einer euklidischen 
Ebene befinden; ein kleines Stück einer Kugelfläche unter- 
scheidet sich wenig von einem gleich großen Stück einer Ebene. 
Wenn also die Kugelgeschöpfe auf einem Planeten wohnen, 
dessen Sonnensystem nur einen verschwindend kleinen Teil 
der Kugelwelt einnimmt, so haben sie keine Möglichkeit, 
darüber zu entscheiden, ob sie in einer endlichen Welt oder 
einer unendlichen Welt leben, weil das Stück Welt, was ihrer 
Erfahrung zugänglich ist, in beiden Fällen praktisch eben bzw. 
euklidisch ist. Die Anschauung zeigt unmittelbar, daß für 
unsere Kugelgeschöpfe der Kreisumfang mit dem Radius zu- 
nächst bis zum „Weltumfang** wächst, um dann bei noch 
weiter wachsendem Radius allmählich wieder bis zu* null ab- 
zunehmen. Die Kreisfläche wächst dabei immer mehr, bis 



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- 75 - 

ie schließlich gleich wird der Gesamtfläche der ganzen Kugel- 

Vielleicht wird sich der Leser wundern, daß wir unsere 
Deschöpfe gerade auf eine Kugel und nicht auf eine andere 
reschlossene Fläche gesetzt haben. Aber dies hat seine 
Berechtigung, weil die Kugel gegenüber allen anderen ge- 
schlossenen Flächen durch die Eigenschaft ausgezeichnet ist, 
Baß all ihre Punkte gleichwertig sind. Das Verhältnis des 
jJmfanges u eines Kreises zu seinem Radius r ist zwar von r 
ibhängig, aber bei gegebenem r für alle Punktp der Kugel- 
»elt das gleiche; die Kugelwelt ist eine „Fläche konstanter 
Krümmung**. 

Es gibt zu dieser zweidimensionalen Kugelwelt ein drei- 
dimensionales Ahalogon, den dreidimensionalen sphärischen 
aum, welcher von Riemann entdeckt worden ist. Seine 
unkte sind ebenfalls alle gleichwertig. Er besitzt ein end- 
ches Volumen, welches durch seinen „Radius** R bestimmt 
st (2 7c^ R^). Kann man sich einen sphärischen Raum vor- 
Btellen? Sich einen Raum, vorstellen, heißt nichts anderes, als 
sich einen Inbegriff „räumlicher** Erfahrungen vorstellen, d. h^ 
von Erfahrungen, die man beim Bewegen „starrer** Körper 
haben kann. In diesem Sinne ist ein sphärischer Raum vor- 
stellbar. 

Von einem Punkte aus ziehen wir Gerade (spannen wir 
Schnüre) nach allen Richtungen und tragen auf jeder derselben 
die Strecke r mit dem Maßstabe auf. Alle freien Endpunkte 
dieser Strecken liegen auf einer Kugelfläche. Die Fläche 
dieser (F> können wir mit einem Maßstabquadrat besonders 
ausmessen. Ist die Welt euklidisch, so ist F = 7tr^; ist die 
Welt sphärisch, so ist F stets kleiner als 7cr^. F wächst rfiit 
Wachsendem r von null bis zu einem durch den „Weltradius** 
bestimmten Maximum, um bei weiter wachsendem Kugel- 
radius r allmählich wieder bis zu null abzunehmen. Die vom 
Ausgangspunkt ausgehenden radialen Geraden entfernen sich 
zunächst immer weiter voneinander, nähern sich später wieder, 
um schließlich im „Gegenpunkte** des* Ausgangspunktes wieder 
zusammenzulaufen; sie haben dann den ganzen sphärischen 



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— 76 — 

Raum durchmessen. Man überzjeugt siph leicht, daß der drei- 
dimensionale sphärische Raum dem zweidimensionalen (Kugel- 
fläche) völlig analog ist. Er ist endlich (d. h. von endlichem 
Volumen), ohne Grenzen zu haben. 

Es sei bemerkt, daß es noch eine Abart des sphärischen 
Raumes gibt, den „elliptischen Raum**. Er kann als ein 
sphärischer Raum aufgefaßt werden, in welchem die „Gegen- 
punkte** identisch (nicht unterscheidbar) sind. Eine elliptische 
Welt kann also gewissermaßen als eine zentrisch symmetrische, 
sphärische Welt angesehen werden. 

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß geschlossene Räume 
ohne Grenzen denkbar sind. Unter diesen zeichnen sich der 
sphärische (bzw. der elliptische) Raum durch Einfachheit aus. 
indem alle seine Punkte gleichwertig sind. Naöh dem Gesagten 
erhebt sich für die Astronomen und Physiker die höchst 
interessante Frage, ob die Welt, in der wir leben, unendlich 
oder nach Art der sphärischen Welt endlich ist. Unsere Er- 
fahrung reicht zur Beantwortung dieser Frage nicht im ent- 
ferntesten aus. Die allgemeine Relativitätstheorie aber erlaubt, 
sie mit^ ziemlicher Sicherheit zu beantworten; dabei löst sich 
auch die im § 30 dargelegte Schwierigkeit. 

§,32. Die Struktur des Raumes nach der allgemeinen 
Relativitätstheorie. 

Gemäß der allgemeinen Relativitätstheorie sind die 
geometrischen Eigenschaften des Raumes nicht selbständig, 
sondern durch die Materie bedingt. Man kann daher über 
die geometrische Struktur der Welt nur etwas schließen, wenn 
man den Zustand der Materie als bekannt der Betrachtung 
zugrunde legt. Wir wissen aus der Erfahrung, daß bei passend 
gewähltem Koordinatensystem die Geschwindigkeiten der 
Sterne klein sind gegenüber der Geschwindigkeit der Licht- 
ausbreitung. ' Wir können deshalb die Beschaffenheit der 
Welt im großen in rohester Annäherung erfahren, indem wir 
die Materie als ruhend behandeln. 

Wir wissen bereits aus früheren Überlegungen, daß das 
Verhalten der Maßstäbe und Uhren durch die Gravitations- 



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— 77 — 

felder, d. h. durch die Verteilung der Materie beeinflußt wird. 
Hieraus folgt schon, daß von einer exakten Gültigkeit der 
euklidischen Geometrie in unserer Welt keine Rede sein kann. 
Aber es ist an sich denkbar, daß unsere Welt von einer 
euklidischen wenig abweicht, diese Auffassung liegt um so 
Häher, als die Rechnung ergibt, daß selbst Massen von der 
Größe unserer Sonne die Metrik des umgebenden Raumes nur 
ganz minimal beeinflussen. Man könnte sich vorstellen, daß 
sich unsere Welt in geometrischer Hinsicht analog verhält 
einer im einzelnen unregelmäßig gekrümmten Fläche, die aber 
nirgends bedeutend von einer Ebene abweicht, wie etwa die 
jdurch schwache Wellen gekräuselte Oberfläche eines Sees. 
jEine derartige Welt könnten wir passend eine quasi-eukliaische 
bennen. Sie wäre räumlich unendlich. Die Rechnung ergibt 
aber, daß in einer quasi-euklidischen Welt die mittlere Dichte 
[der Materie null sein müßte. Eine solche Welt- könnte also 
Inicht überall mit Materie bevölkert sein; sie böte das un- 
befriedigende Bild, das wir im § 30 entworfen haben. 

Soll es aber in der Welt eine wenn auch noch so wenig 
von null abweichende mittlere Dichte der Materie haben, so 
ist die Welt nicht quasi-euklidisch. Die Rechnung ergibt viel- 
jmehr,. daß sie bei gleichmäßig verteilter Materie notwendig 
|sphä;*isch (bzw. elliptisch) sein mfißte. Da die Materie in 
I Wahrheit im einzelnen ungleichmäßig verteilt ist, wird die 
[wirkliche Welt vom sphärischen Verhalten im einzelnen ab- 
iweichen, sie wird quasi- sphärisch sein. Aber sie wird not- 
I wendig endlich sein müssen. Die Theorie liefert sogar einen 
[einfathen Zusammenhangt) zwischen der räumlichen Ausdeh- 
|nung der Welt und der mittleren Dichte der Materie in der- 
Iseiben. 



I 1) Für den „Radius" R der Welt ergibt sich nämlich. die Gleichung 

! 2 
I R* = 

! ^^2 

Bei Verwendung des C.-O.-S.- Systems ist hierbei — = 1,08.10*'; g ist 

die mittlere Dichte der Materie. 



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- 78 — 



Anhang. 



Einfache Ableitung der Lorentz- Transformation 
(Ergänzung zu § 11). 

Bei der in Fig. 2 angedeuteten relativen Orientierung 
der Koordinatensysteme fallen die X-Achsen beider Systeme 
dauernd zusammen. Wir können hier d^s Problem teilen, in- 
dem wir zunächst nur Ereignisse betrachten, die auf <Jer 
X-Achse lokalisiert sind. Ein solches Ereignis ist bezüglich 
des Koordinatensystems K durch die Abszisse x und die Zeit t, 
bezüglich K' durch die Abszisse x' und die Zeit r' gegeben. 
Gesucht sind x' und t', wenn x und t gegeben sind. 

Ein Lichtsignal, welches längs der positiven X-Achse 
vorschreitet, pflanzt sich nach der Gleichung 

X = et 
oder 

x-ct = (1) 

fort. Da dasselbe Lichtsignal sich auch relativ zu K' mit der 
Geschwindigkeit c' fortpflanzen soll, so wird die Fortpflanzung 
relativ zu K' durch die analoge Formel 

x'-cV = (2) 

beschrieben. Diejenigen Raum-Zeit -Punkte (Ereignisse), welche 
(1) erfüllen, müssen auch (2) erfüllen. Dies wird offenbar der, 
Fall sein, wenn allgemein die Beziehung 

(x'-cO= l{x-ct) (3) 

erfüllt ist, wobei k eine Konstante bedeutet; denn gemäß (3) 
bedingt das Verschwinden von x — et das Verschwinden von 
x'-et'. 

Eine ganz analoge Betrachtung, angewandt auf längs der 
negativen X-Achse sich fortpflanzende Lichtstrahlen, liefert 
die Bedingung: 

X' + cf = ^{x + et) . (4) 



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- 79 - 

Addiert bzw. subtrahiert man die Gleichungen (3) und (4), 
vobei man statt der Konstanten X und ^ bequemlichkeits- 
lalber die Konstanten 



Q = 



2 



anführt, so ertiält man 



x' = öx-ftc/| ,5. 

et' ^act-bxl ^ ^ 

Damit wäre unsere Aufgabe gelöst, wenn die Konstanten 
a und b bekannt wären ; diese ergeben sich durch die folgenden 
Überlegungen. 

Für den Anfangspunkt von K' ist dauernd x' = 0, also 
kiach der ersten der Gleichungen (5): 

X = — /. 
a 

Nennen wir v die Geschwindigkeit, mit welcher der An- 
fangspunkt von K' relativ zu K bewegt ist, so ist also 

'^T ...-(6) 

I Den gleichen Wert v erhält man aus (5), wenn man die 
Geschwindigkeit eines anderen Punktes von K' relativ zu K 
pder die (nach der negativen X-Achse gerichtete) Geschwindig- 
keit eines Punktes von K gegenüber K' berechnet. Man kann 
&lso V kurz als die Relativgeschwindigkeit beider Systeme 
|t)ezeichnen. 

Ferner ist nach dem Relativitätsprinzip klar, daß die von 
aus beurteilte Länge eines relativ K' ruhenden Einheits- 
Imaßstabes genau dieselbe sein muß, wie die von K' aus beur- 
teilte Länge eines relativ zu K ruhenden Einheitsmaßstabes. 
Um zu sehen, wie die Punkte der X'- Achse von K aus be- 
trachtet aussahen, brauchen wir nur eine „Momentaufnahme** 
von K' von K aus aufzunehmen; dieses bedeutet, daß wir 
für t (Zeit von K) einen bestimmten Wert, z. B. < = 0, ein- 



^ 



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— 80 — 

zusetzen haben. Für diesen erhält man aus der ersten de 
Gleichungen (5): 

x' = ax, 

Zwei Punkte der X'- Achse, welche, in K' gemessen, dei 
Abstand x' = 1 haben, haben also auf unserer Momentphotd 
graphie den Abstand: 

z/x = -^ .(71 

Bildet man aber die Momentphotographie !von K' aiä 
(f = 0), so erhält man aus (5) durch Eliminieren von / mi 
Rücksicht auf (6): 

Hieraus schließt man, daß zwei Punkte der X-Achse voa 
Abstand 1 (relativ zu K) auf unserer Momentphotographk 
den Abstand 

^x' = a(l-^) . (7a) 

haben. 

Da nach dem Gesagten die beiden Momentphotographiea 
gleich sein müssen, muß ^x in (7) gleich sein ^xf In (7 a\ 
so daß man erhält: 

fl2 = — ^ (7K 

Die Gleichungen (6) und (7 b) bestimmen die Konstanten 
a und b. Durch Einsetzen in (5) erhält man die erste und 
vierte der in § 11 angegebenen Gleichungen. 

x — vt 



x' 



1/-$ 



f — -5X 



/' = 



y-? 



(^ 



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— 81 — 

Damit ist die Lorentz- Transformation für Ereignisse auf 
der X-Achse gewonnen. Sie genügt der Bedingung 

x'2-c2<'2 = x2-c2/2 (8a) 

Die Erweiterung dieses Resultates auf Ereignisse, die 
außerhalb der X-Achse stattfinden, ergeben sich, indem man 
die Gleichungen (8) beibehält und die Beziehungen 

n^- ■■■■■■■ •»> 

hinzufügt. Daß man so dem Postulat von der Konstanz der 
Vakuum -Lichtgeschwindigkeit für beliebig gerichtete Licht- 
strahlen sowohl für das System K als auch für das System K' 
genügt, erkennt man auf folgende Weise. 

Zur Zeit / = werde vom Anfangspunkt von K ein Licht- 
signal ausgesandt. Seine Ausbreitung geschieht nach der 

Gleichung: 

r=.^x^ + y^+z^ = et, 

oder, wie man durch. Quadrieren dieser Gleichung findet, nach 
der Gleichung x^+ y^+J'^c^fi ^ . (10) 

Das Gesetz von der Lichtausbreitung in Verbindung mit 
|dem Relativitätspostulat verlangt, daß die Ausbreitung des 
nämlichen .Signals — von K' aus beurteilt — nach der ent- 
sprechenden Formel 

oder 

yj^ + y^+z'^-c^r^ = o (lOa) 

lerfolge. Damit die Gleichung (10 a) eine Folge der Gleichung 
(10) sei, muß sein: 

x'^+y^ + z'r^cH'^ = öix^+y^ + z^-c^t'^). . . . (11) 

Da für Punkte auf der X-Achse die Gleichung (8 a) gelten 
|muß, muß 6= 1 sein. Daß die Lorentz -Transformation der 
Gleichung (11) mit ö = 1 wirklich genügt, erkennt man leicht; 
;(11) ist nämlich eine Folge von (Sa) und (9), also auch von 
1(8) und (9). Damit ist die Lorentz-Transformation abgeleitet. 

Einstein, Relativitätstheorie. A 



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— 82 — 

Die durch (8) und (9) dargestellte Lorentz-Transformation 
bedarf noch der Verallgemeinerung; Es ist offenbar unwesent 
lieh, daß die Achsen von K' denen von K räumlich parallel 
gewählt werden. Es ist auch unwesentlich, daß die Trans- 
lationsgeschwindigkeit von K' gegenüber K die Richtung dei 
X-Achse hat. Man kann die Lorentz-Transformation in diesem 
allgemeinen Sinne — wie eine einfache Überlegung ergibt — 
zusammensetzen aus zweierlei Transformationen, nämlich aus 
Lorentz- Transformationen im speziellen Sinne und aus rein 
räumlichen Transformationen, welche der Ersetzung des 
rechtwinkligen Koordinatensystems durch ein neues mit anden 
gerichteten Achsen entspricht. 

Mathematisch läßt sich die verallgemeinerte Lorentz 
Transformation so charakterisieren: 

Sie drückt x\ y\ z', /' durch derartige lineare homogene 
Funktionen von x, y, z, i aus, daß die Relation 

x'? + /2 + 2'2-c2/'2 = x2+y2 + 22_c2f2-, , .(IIa) 

identisch erfüllt wird. Dies will sagen : Setzt man links 
statt x' usw. ihre Ausdrücke in x, y, z, i ein, so stimmt die 
linke Seite von (IIa) mit der rechten überein. 

Minkowskis vierditnensionale Welt (Ergänzung zu § 17). 

Die verallgemeinerte Lorentz-Transformation läßt sich 
noch einfacher charakterisieren, wenn man statt i als Zeit- 
variable die imaginäre y— 1 et einführt. Setzt man demgemäß 

Xi = X 

^2 = y 

X3 = z 

X4 = y~lc/, . 

und analog für das gestrichene System K', so lautet die 
Bedingung-, welche von der Transformation identisch erfüllt 
wird: 

Xi'2 + X2'2 + X9'2 + xl^ = x^ + Xo^ + x^ + X42 . . . (12) 

In diese Gleichung geht nämlich (Ha) bei der angegebenen 
Wahl der „Koordinaten** über. 



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— 83 — 

Man sieht aus (12), daß die imaginäre Zeitkoordinate X4 S 
in die Transformationsbedingung genau gleich eingeht wie die 
räumlichen Koordinaten Xi, Xg, x^. Hierauf beruht es, daß 
in die Naturgesetze nach der Relativitätstheorie die „Zeit" X4 
in derselben Form eingeht wie die räumlichen Koordinaten 

Xif ^2> ^8* 

Das durch die „Koordinaten" Xj, Xg, X3, X4 beschriebene 
Vierdimensionale Kontinuum hat Minkowski „Welt" genannt, 
das Punktereignis „Weltpunkt". Die Physik wird aus einem 
Geschehen im dreidimensionalen Raum gewissermaßen ein 
Sein in der vierdimensionalen „Welt". 

Diese vierdimensionale „Welt" hat eine tiefgehende Ähn- 
lichkeit mit dem dreidimensionalen „Raum" der (euklidischen) 
analytischen Geometrie. Führt man nämlich in letzterer ein 
neues kartesisches Koordinatensystem (x/, Xa', X3') ein mit 
demselben Anfangspunkte, so sind x/, x'2. Xs' lineare homogene 
Funktionen von Xi, Xg, X3, welche die Gleichung 

Xi^ + X2'^ + Xs'^ = x,^ + x^ + Xs^ 

identisch erfüllen. Die Analogie mit (12) ist eine vollständige. 
Man kann die Minkowskische Welt formal als einen vier- 
dimensionalen euklidischen Raum (mit imaginärer Zeitkoordinate) 
ansehen; die Lorentz -Transformation entspricht einer „Dre- 
hung" des Koordinatensystems in der vierdimensionalen „Welt". 



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Einstein IjHH 

— über die spezielle .i;i6 
und die allgemeine 



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PHYSICS AND MATH. 




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öRD5505n57 




3.-; 



Bisber'efschieneiie Hefte der „Sammli 

ferner: 

Heft23. Dr.RIfre.dWegener-Marburg: Diet 

und Ozeane. Mit 20 RbbÜdungen. 
Heft 24. Dr.W. Fahrion- Feuerbach-Stuttgart: 

Mit 4 Rbbildungen. 
Heft 25. Prof. Dr. R. W a s s m u t h - Graz : O rund tagen und ßnwehc ' ngen 

der statistischen Mecfiani/c, Mit 4 Rbbildungen. t . 2,80. 

Heft 26. Dr. R. Lipschütz-Bern: Zur allgemeinen Pliysioiog^ des 
Hungers, Mit 39 Rbbildungen. l\ 3.—. 

Heft27. Prof. Dr. C. Doelter-Wlen: Die Farben der Mineralie.i. ins- 
besondere der Edeisteine, Mit 2 Rbbildunge... A». 3,—. 

Heft 28. Dr. W. Fahr! on -Feuerbach-Stuttgart: Neuere Qerbemei ' 'oden 
und Qerbe^heorien. A' 4, — . 

Heft 29. Dr. Erll< Hägglund-Bergvlk (Schweden): Die SuifitaMauge 
und ihre VeHtrbeitung auf ßiicohoi. Mit 6 Rbbild. t\ 2,—. 

Heft30. Dr. techn. M. Vidmar-Laibach: Moderne Transformtoren- 

fragen. Mit 10 Rbbildungen. A? 2.80. 

Heft 31. Dr. Heinr Faßbender- Beri 1 n : Die tedwischen Grün ' dgen 

der' Eieictromedizin. Mit 77 Rbbildungen. /«.3,20. 

Heft 32/33. Prof. Rudolf Richter- Karlsruhe: Eiei<tr:sche Ma- Jiinen 

mit Widciungen aus fliuminium, ZinJc und Eisen. Mit 51/ »bild. 

M 
Heft 34. Obering. Carl Eickm ann-Berlin-Lankwitz: Haus ■ 

GesdiäftS'Telephonaniagen. Mit 78 Rbbildungen. K 

Heft 35. Dr. Rloys Müller -Bonn: Theorie der GezeitenJcräftf- 
17 Rbbildungen. A 

Heft 36. Prof. Dr. W. Kum mer-Zülidi: Die Wahl der Strome.. 

größere eieictrische Bahnen, Mit 7 Rbbildungen. h 

Heft 37. Dr. Rein hold Rieke-Chariottenburg: Die /lrbeitsmet::jden 

der Siiiicatchemie. Mit 4 Rbbildungen. M 3,60. 

Heft 38. Prof. Dr. R. Einstein: Über die spezieiie und die aiige^neine 
Rciativitätstheorie. (Gemcinverständiich.) Mit 3 Rbbildu.igen. 
5. erweiterte Ruflage. M. 2,80. 

HeCt39/40. Dr. Richard Grammel -Danzig: Die hydrodynamischen 
Grundlagen- des Fluges. Mit 83 Rbbildungen. M. 5,60. 

Keft41/42. Ingenieur Georg Duffing-Berlln: Erzwungene Schwin- 
gungen bei veränderlicher Eigenfrequenz und ihre technische 
Bedeutung. Mit 23 Rbbildungen. M, 5,—. 

Heft43. Dr. Robert Schwarz -Berlin, Feuerfeste und hoch feuerfeste 
Stoffe. Mit 8 Rbbildungen. M 2,—. 

Heft 44 Dr. Iwan Döry: Einphasenbahnmotoren. Mit 75 Rbbildungen. 

M 6,^. 

Heft 45. Prof. Dr. K. F a ] a n s , Radi^ iktivität und die neueste Entwidcelung 
der Lehre von den chemischen Elementen. Mit 7Rbbildvngen, 
10 Tabellen und einem r^nhang. /v\ 4^— . 

Heft 46. Dr. Bruno Rlexander-Katz, Quarzglas und Quarzgut Mit 
43 Rbbildungen. M. 3,00. 



6,-. 
und 
3.-. 

Mit 
?,80. 

für 
2.80. 



D/e genannten Preise erhöhen sich um den Teuerungs-tu^t^ff^^ ^9iä "