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Full text of "Bericht ©ber die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft in Frankfurt am Main"

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ITikarü  of  th  Sustitm 


OF 


COMPARATIVE    ZOÖLOGY, 


AT  HARVARD  COLLEGE,  CAMBRIDGE,  MASS. 


JFounticTi  1)11  prfbatc  siibscrfptfon,  fn  1861. 


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Bericht 


über  die 


Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft 


Frankfurt  am  Maiift. 


Vom  Juni  1872  bis  Juni  1873. 


Die  Direction  der  Senckenbergischen  naturforschenden 

Gesellschaft   beelirt  sich    hiermit,    statutengemäss   ihren   Bericht 
über  das  Jahr  1872  bis  1873  zu  überreichen. 
Frankfurt  a.  M.,  im  JuH  1873. 

Die  Direction: 

Dr.  J.  J.  Rein,  d.  Z.  erster  Director. 
Dr.  K.  Y.  Fritsch,  d.  Z.  zweiter  Director. 
J.  Blum,  d.  Z.  erster  Schriftführer. 
E.  Bück,  d.  Z.  zweiter  Schriftführer.  . 


Bericht 

über  die 

Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft 

in 

Frankfurt  am  Main. 


Erstattet  am  Jahresfeste,  den  25.  Mai  1873 


K.  V.  Fritsch, 

d.  Z.  zweitem  Director. 


Hochverelirte    Anwesende! 

Es  ist  ein  guter  alter  Brauch  der  Seuckenbergischen  uatur- 
f ersehenden  Gesellschaft,  alljährlich  einen  Bericht  über  ihren  Zu- 
stand und  ihr  Leben  zu  erstatten. 

Mit  gemischten  Gefühlen  lege  ich  Ihnen,  meine  Herren,  diesen 
Bericht  vor.  Freudig  darf  ich  es  anerkennen,  dass  hier  eine  An- 
zahl begabter  und  kenntnissreicher  Männer  eiumüthig  zusammen- 
wirken, um  nicht  nur  den  Bewohnern  dieser  Stadt  einen  Einblick 
in  den  Reichthum  der  Natur  zu  gewähren  und  hier  durch  die  uns 
umgebenden  Sammlungen  und  durch  Vorträge  naturhistorisches 
Wissen  zu  verbreiten,  sondern  auch  um  die  Wissenschaft  im  All- 
gemeinen zu  fördern.  Mit  Genugthuung  darf  ich  sagen,  dass  au 
diesem  Werke  redlich  gearbeitet  wird,  indem  eben  diese  Männer 
Arbeitskraft,  Zeit,  Sammlungsgegenstände,  die  sie  nicht  ohne 
Mühe  selbst  erworben  und  liebgewonnen  haben,  und  Geld  dem 
gemeinsamen  Zwecke  opfern,  und  oftmals  von  nahe  oder  fern 
stehenden  Bekannten  lehrreiche  Gegenstände  für  das  Museum 
gewinnen. 

Nur  mit  Betrübuiss  aber  kann  ich  davon  reden,  dass  uns  bei 
diesem   Streben,    durch  die    überaus    kargen  Mittel,   über  die  wir 


—     4     — 

gebieten,  die  Hände  gebunden  sind;  dass  wir  existiren  und  vege- 
tiren ,  nicht  leben ;  dass  wir  Kräfte,  die  Grosses  wirken  könnten, 
mit  wenig  erfolgreichen  Bemühungen  sich  abschwächen  sehen. 
Mit  Schmerz  muSs  ich  bekennen,  dass  unser  Museum,  einst  an 
Bedeutung  das  fünfte  in  ganz  Europa,  mehr  und  mehr  von  andern 
ähnlichen  Anstalten  überflügelt  worden  ist  und  ganz  in  den  Hinter- 
grund gedrängt  werden  wird,  wenn  nicht  der  reichen  und  hoch- 
gebildeten Stadt  Frankfurt  Bürger  und  Behörden  rettend  ein- 
greifen ,  um  den  Eintritt  einer  Zeit  abzuwenden ,  in  der  alle 
unserem  Institute  gewidmete  Aufopferung  und  Thätigkeit ,  alle 
von  der  früheren  und  der  jetzigen  Generation  dargebrachten 
materiellen  Spenden  umsonst  vergeudet  erscheinen. 

Noch  ist  es  nicht  zu  spät,  die  Gesellschaft,  das  Museum,  die 
Bibliothek  zu  halten  und  zu  heben.  Freilich  bedarf  es  viel,  viel 
bedeutenderer  Geldmittel  als  jemals  bis  jetzt  der  Gesellschaft  zur 
Verfügung  gestellt  worden  sind.  In  dieser  unserer  Periode,  deren 
Aufschwung  mit  der  Entwickelung  der  Naturwissenschaften  auf  das 
Innigste  verknüpft  ist,  erfordern  Anstalten  wie  die  unsrige  die 
uugetheilten,  vollen  Kräfte  mehrerer,  von  geeigneten  Hilfsarbeitern 
unterstützten,  Fachmänner,  und  ausgiebige  materielle  Mittel. 

Eine  Vermehrung  der  Einnahmen  gegenüber  den  vorhergehen- 
den Jahren  ist  der  Senckenbergischen  Gesellschaft  durch  die 
wachsende  Menge  der  beitragenden  Mitglieder  zu  Theil  geworden. 
Dank  besonders  den  Bemühungen  des  hochverehrten,  tief  beklagten 
Herrn  Prof.  Dr.  Schmidt,  unseres  ersten  Directors  in  den  Jahren 
1871  und  1872,  hat  deren  Zahl  um  ein  Bedeutendes  sich  ver- 
o-rössert.  Ich  darf  Sie  nicht  ermüden  durch  Verlesung  der  auf 
vorliegender  Liste  verzeichneten  Namen  von  147  angesehenen 
Männern  dieser  Stadt,  denen  die  Gesellschaft  für  ihren  Beitritt 
dankbar  ist.  Danken  wir  ebenso  den  zahlreichen  alten  Mitgliedern, 
die  der  Gesellschaft  treu  blieben,  und  von  denen  wir  heute  uns 
freuen  in  Herrn  Both,  der  gerade  seit  50  Jahren  der  Ge- 
sellschaft angehört,  einen  der  ältesten  und  treuesten  unter  uns 
zu  erblicken! 

Aber  schmerzliche  Lücken  hat  der  Tod  in  unsern  Reihen 
gerissen. 

Er  ist  nicht  mehr  unter  uns,  der  Sie  im  vorigen  und  im 
vorhergehenden  Jahre  von  dieser  Stelle  aus  begrüsste :  Herr  Prof. 
Dr.  Schmidt,    der  durch  seine  rege  Theilnahme  an  der  Gesell- 


—     5     — 

Schaft  und  durch  treue,  hingebende  Thätigkeit  in  den  Jahren 
seines  Directoriums  sich  ein  warmes  Andenken  in  unser  aller 
Herzen  gesichert  hat.  Schmerzlich  bedauern  wir  den  Verlust  des 
Herrn  Stadtphysicus  Dr.  Melber,  der  uns  Allen  in  dankbarer 
Erinnerung  fortlebt  und  dessen  unausgesetztes  Interesse  an  dem 
Gedeihen  der  Gesellschaft  bei  seiner  Stellung  in  der  Administration 
der  Dr.  Senckenbergischen  Stiftung  für  uns  besondere  Bedeutung 
hatte.  Es  fehlt  uns  der  hochherzige  Gönner  und  Förderer  wissen- 
schaftlicher Bestrebungen,  Herr  Leopold  Höchberg. 

Ferner  sind  gestorben  die  Herren  de  Bary-Gontard  und 
de  Bary-Passavaut,  sowie  Herr  Dr.  med.  W.   Fabricius. 

Ausgetreten  sind  wegen  Wegzuges  von  hier  die  Herren 
Naturalieuhändler  M.  J.  Laudauer,  Freiherr  von  Leonhardi, 
Dr.  Gröning  und  Director  Wernher,  ferner  die  Herren: 

W.  Cholewa,  Dr.  med.  Crailsheim,  Lehrer  Harnisch- 
feg er,  Dr.  med.  Jung,  H.  E  duar  d  Ko  lloge  ,  H.  E.  F.  List, 
Di\  med.  Rehbock. 

Herr  Prediger  Wolff  ist  durch  seine  Uebersiedelung  nach 
Hausen  aus  der  Reihe  der  arbeitenden  in  die  der  correspondiren- 
den    Mitglieder    getreten. 

Dem  engern  Kreise  der  arbeitenden  Mitglieder  ist  Herr 
Dr.  Petersen  beigetreten.  Diese  Gruppe  unserer  Mitglieder,  welche 
durch  den  Tod  der  Herren  Dr.  Melber  und  Prof.  Dr.  Schmidt 
geschwächt  wurde,  sieht  mit  dankbarer  Freude  die  an  benachbarten 
Orten  wohnenden  Herren  Dr.  Askenasy  und  Prof.  Dr.  Koch  die 
wissenschaftlichen  und  administrativen  Sitzungen  noch  öfters  be- 
suchen und  beleben,  -während  manche  in  Frankfurt  selbst  domicilirte 
Mitglieder  ungern  von  uns  in  diesen  Versammlungen  vermisst  werden. 

Im  Ganzen  betrug  die  Mitgliederzahl  für  1872  =  375,  zu 
denen  für  1873  noch  140  neue  hinzukommen,  so  dass  für  dieses 
Jahr  die  noch  nie  früher  erreichte  Mitgliederzahl  von  515  Per- 
sonen besteht.  Diese  ansehnliche  Zahl  von  Gönnern  und  Theil- 
nehmern  unserer  Bestrebungen  heben  wir  mit  Freuden  und  in  der 
Hoöhuug  hervor,  dass  eine  so  zahlreiche  Gesellschaft  sich  auch 
noch  mehr  Freunde  und  Beförderer  erwerbe. 

Die  Zahl  der  ewigen  Mitglieder,  d.  h.  derer,  welche  der  Ge- 
sellschaft ein  Kapital  von  wenigstens  400  fl.  zur  verzinslichen 
Anlage  als  Geschenk  oder  Vermächtuiss  überwiesen  haben,  ist  im 
abgelaufenen  Jahre,  wie  ein  Blick  auf  die  Marmortafel  in  unserem 


Museum  Ihnen,  meine  Herren,  gezeigt  haben  wird,  nur  um  einen 
Namen,  den  des  Herrn  Bernhard  Dondorf,  angewachsen. 
Niemand  wird  uns  tadeln,  wenn  wir  es  schmerzlich  empfinden, 
dass  unsere  Gesellschaft  und  die  Dr.  Senckenbergische  medicinische 
Stiftung  so  gar  selten  für  das  gehalten  zu  werden  scheinen,  was 
sie  sind:  für  hilfsbedürftige,  unterstüzungswürdige  gemeinnützige 
Anstalten.  So  oft  wir  auch  in  den  Zeitungen  lesen,  dass  ein  edel- 
denkender  Bürger  oder  eine  mildherzige  Bürgerin  Frankfurts  alle 
milden  Stiftungen  der  Stadt  mit  einem  Geschenk  oder  einem  Ver- 
mächtniss  bedacht  hat,  fast  immer  sind  wir  später  dadurch  ent- 
täuscht, dass  die  medicinische  Stiftung  des  edlen  Senckenberg  und 
die  naturforschende  Gesellschaft  übergangen  siiid,  ohne  dass  auch 
nur  die  Zeituugsberichterstatter  für  nöthig  gehalten  hätten,  jenem 
«alle»     wahrheitsgemäss     das    fehlende  «fast»  vorzusetzen. 

Und  doch  ist  es  nur  zu  wahr,  dass,  wie  ein  bedeutender 
Mann  sagte,  die  Wohlthätigkeitsanstalten  ohne  solche  milde 
Gaben  und  Legate  bestehen  können,  nicht  aber  die  wissenschaft- 
lichen Institute. 

Unter  unseren  correspondirendeu  Mitgliedern  hat  uns  der 
Tod  geraubt  Herrn  Prof.  Arnold  Escher  von  der  Linth, 
den  unermüdlichen  Forscher  in  der  herrlichen  Gebirgswelt  seiner 
Heimath,  diesen  kenutnissvollen  und  doch  so  bescheidenen  Gelehrten, 
den  Mann,  dessen  edler  Sinn  ihm  ein  bleibendes  Denkmal  unaus- 
löschlicher Dankbarkeit  im  Herzen  aller  Derer  sichert,  die  ihn 
persönlich  kannten.  Escher  wird  gewiss  noch  manchem  aufstreben- 
den jüngeren  Naturforscher  ein  Vorbild  bleiben,  besonders  seitdem 
Heer  durch  die  treffliche  Biographie  dem  Freunde  ein  bleibendes 
Denkmal  gesetzt  hat. 

Auch  der  englische  Geologe  Prof.  Ad.  Sedgwick  in  Cam- 
bridge, seit  1830  correspondirendes  Mitglied  der  Seuckenberg'- 
scheu  Gesellschaft,  hat  seine  verdienstvolle  Laufbahn  geschlossen. 

Die  innige  und  für  die  Wissenschaft  so  bedeutungsvolle  Freund- 
schaft, welche  Wohl  er  mit  Justus  von  Liebig  verband,  ist 
jedenfalls  die  Veranlassung  gewesen,  dass  schon  im  Jahre  1825 
auch  der  letztgenannte  hochberühmte  Chemiker  correspondiren- 
des Mitglied  unsere  Gesellschaft  wurde.  Um  ihn,  der  mehr  als 
tausend  Andere  dem  naturwissenschaftlichen  Studium  in  weiten 
Kreisen  Eingang  verschaffte,  trauert  jetzt  mit  uns  das  ganze 
Vaterland. 


__     7     — 

Zum  ersten  Male  wurde  im  vorjährigen  Jahresberichte  die 
Liste  unserer  correspondirendeu  Mitglieder  —  leider  mit  mehreren 
Fehlern  —  abgedruckt.  Hierdurch  wurde  die  Gesellschaft  an 
eine  grosse  Zahl  Gelehrter  gemahnt,  deren  Namen  derselben  zur 
Zierde  und  zur  Ehre  gereichen  können,  sowie  an  Männer,  denen 
wir  ein  Zeichen  dankbarer  Anerkennung  schulden.  So  wurden  zu 
correspondirendeu  Mitgliedern  erwählt  die  Herren: 

Dr.  Agardh  in  Ronneby,  Th.  Verkrüzen  in  London,  Prof. 
Nägeli  in  München,  Prof.  Sachs  in  Würzburg,  Dr.  Hooker  in  Kew, 
Prof.  Streng  in  Giessen,  Prof.  Beyrich  in  Berliu,  Prof.  Gerhard 
vom  Rath  in  Bonn,  Geheimerath  Prof.  Römer  in  Breslau,  Prof. 
Frhr.  von  Seebach  in  Göttingen,  Prof.  Osw.  Heer  in  Zürich, 
Prof.  von  Siebold  in  München,  Prof.  Caspary  in  Königsberg, 
Prof.  Gramer  in  Zürich,  G.  ßentham,  Präsident  der  Liunean 
Society  in  London,  Charles  Darwin  in  Kent,  Sir  Charles  Lyell  in 
London,  Dr.  Günther  in  London,  Dr.  P.  L.  Sclater  in  London, 
Prof,  Leydig  in  Tübingen,  Prof.  Stossich  in  Triest,  Prof. 
SchmardainWien,  Prof.  Loven  in  Stockholm,  Prof,  AI.  Agassiz 
in  Cambridge,  Mass.,  Prof.  Pringsheim  in  Berliu,  Dr,  Schwein- 
furth  in  Berliu,  Prof.  Grisebach  in  Göttingen,  Prof.  Schwendt- 
ner  in  Basel,  Prof.  Decandolle  in  Genf,  Prof.  Fries  in  Upsala, 
Ritter  von  Frauenfeld  in  Wien,  Dr.  E.  Russow  in  Dorpat, 
Prof,    Hanstein  in  Bonn,  Prof,  Dr.  Max  Reess  in  Erlangen, 

lu  der  Direction  trat  für  den  statuteugeraäss  mit  Neujahr 
1873  ausscheidenden  Herrn  Prof,  Dr,  Schmidt  unser  hochver- 
dienter Dr,  J.  Rein,  für  den  ersten  Secretär,  Herrn  Wetterhan 
Herr  Lehrer  J.  Blum  ein,  während  Dr,  K.  von  Fritsch  als  zweiter 
Director  und  Herr  E.  Bück  als  zweiter  Secretär  verblieben,  und 
auch  die  Herren  Ferd,  Graubner-Jaeger  als  zweiter  und  Theod. 
Passavant  als  erster  Cassirer  weiter  fungiren,  Herr  Passavant 
besorgt,  wie  stets,  mit  dem  gleichen  treuen  Eifer  die  mühsame 
Führung  unserer  Casse,  so  dass  wir  uns  freuen,  ihm  den  wärm- 
sten Dank  der  Gessellschaft  wiederholt  hier  ausdrücken  zii  könuen. 

Für  den  Ankauf  von  Büchern  sorgt  die  aus  den  Herren  Prof. 
Dr.  Lucae,  Dr.  F,  Hessenberg  und  Dr,  F.  Noll  bestehende 
Büchercommission,  Dieselben  Herren  mit  Herrn  Hauptmann 
V.  Hey  den  und  Herrn  Dr.  Geyler  bilden  die  für  die  Herstellung 
der  Abhandlungen  der  Gesellschaft  bedachte  Redactionscommission, 
der  bis  zu  seinem  allzufrühen  Tode  Herr  Dr.  Melber  angehörte. 


-     8     — 

Die  zur  Prüfung  der  Rechuungeu  von  der  Generalversamm- 
lung gewählte  Revisionscommissiou  besteht  aus  den  Herren  Heinr. 
Flinsch,  Dir.  Vogt,  Dr.  jur.  Häberlin,  Dr.  jur.  0.  Ponfick, 
M.  von  Guaita  und  J.  Creizeuach,  von  denen  die  beiden 
letzteren  erst  neuerdings  für  die  statutenmässig  ausgetretenen 
Mitglieder,  Herren  Anton  Hahn  und  A.  Bolongaro-Crevenna 
gewählt  wurden. 

Der  Zuwachs  der  Sammlungen,  welche  die  Gesellschaft  aus 
eigenen  Mitteln  nur  in  verschwindend  geringer  Weise  zu  ergänzen 
im  Staude  ist,  erfolgte  auch  im  letzten  Jahre  wesentlich  durch 
Geschenke,  deren  Geber  einer  dankbaren  Anerkennung  der 
Gesellschaft  sicher  sind. 

Mit  dem  lächerlich  geringen  Jahresetat  von  25  Gulden  ist 
es  unmöglich,  die  Säugethiersammlung  zu  vermehren,  alte  Exem- 
plare durch  neue  zu  ersetzen.  Wenn  gleichwohl  Männer,  wie  der 
weitgereiste  Eduard  Mohr,  ihre  Freude  über  den  gegenwärtigen 
Stand  dieser  Sammlung  ausdrücken,  so  ist  das  einmal  der  Fülle 
von  Material  zu  danken,  welches  Herr  Dr.  Rüppell,  gesammelt 
hat,  dauu  aber  der  Sorgfalt,  mit  der  unsere  trefflichen  Custoden 
das  Vorhandene  erhalten. 

Neu  hinzugekommen  ist  in  dieser  Sammlung  der  Balg  des 
im  zoologischen  Garten  gestorbenen  Drill,  ferner  zwei  Pinselaffen 
als  Geschenk  des  Herrn  Leven  und  eine  Antilope,  Ä.  mergens, 
die  von  der  zoologischen  Gesellschaft  geschenkt  wurde. 

Die  vergleichend  anatomische  Sammlung,  welcher  Herr  Prof. 
Dr.  Lucae  seine  Fürsorge  widmet,  während  die  Skelette  durch 
die  Herren  Custoden  E  r  c  k  e  1  und  Koch  so  vortrefflich  präparirt 
und  zusammengestellt  werden,  dass  diese  Abtheilung  eine  beson- 
dere Zierde  des  Museums  ist,  wurde  bereichert  durch  das  Skelett 
eben  jenes  Drill,  ferner  die  Reste  des  Chimpansen,  aus  dem 
zoologischen  Garten,  dessen  Fell  leider  ganz  unbrauchbar  war, 
und  durch  einen  jungen,  von  Herrn  Rudolf  Hermann  Müller 
geschenkten  Delphin. 

Mit  Aufopferung  und  Sorgfalt  nimmt  sich  Herr  The  od. 
E  r  c  k  e  1  der  ausgezeichneten  ornithologischen  Sammlung  an.  Ihre 
Blicke  schweifen  über  die  Zeugnisse  seiner  Thätigkeit,  welche 
nns  umgeben.  Nach  ihren  schwachen  Mitteln,  mit  nur  100  fl. 
jährlich,  ist  die  Gesellschaft  bemüht,  die  Bereicherung  dieser 
Sammlung    zu    fördern.     Ein  hochherziger    Gönner,    Herr  Phil. 


—     9     — 

V.  Donner,  hat  für  dieses  Jahr  weitere  50  fl.  zum  Ankauf  von 
Vögeln  geschenkt.  Herr  E  r  c  k  e  1  selbst  gibt  aus  seinen  Mitteln  für 
diesen  seinen  Lieblingstheil  des  Museums  der  Gesellschaft  Geschenke. 

Zunächst  ist  die  Vervollständigung  der  Papagaien-Serie  in 
Aussicht  genommen  und  es  sind  seit  dem  letzten  Maifest  vierzehn 
von  den  der  Sammlung  noch  fehlenden  Papagaien-Arten  hinzuge- 
kauft worden.  Zwei  Papagaien  schenkte  uns  Herr  E  r  c  k  e  1 ,  vier  die 
zoologische  Gesellschaft,  der  wir  auch  noch  einige  andere  Vögel 
verdanken.  Ferner  schenkte  Frl.  Fritze  Götz  eine  Cacahia 
roseicapilla^  Frau  Weisbrod  einen  Psitfams  leucocephalus^  Herr 
Oberlehrer  Finger  einige  Colibri  aus  Brasilien.  Unserem  corre- 
spondirenden  Mitgliede  Herrn  Dr.  Haast,  Director  des  Canter- 
burj-Museums  in  Neuseeland,  der  dort  seine  Frankfurter  Heimath 
nicht  vergisst,  verdanken  wir  den  Balg  eines  männlichen  Eulen- 
papagaies  und  2  Arten  der  wunderbaren  Schnepfenstrausse  oder 
Kiwi's  Neuseelands,  von  deren  einer,  i^^em  Apteryx  Otveni,  auch 
ein  Skelett  beigefügt  wurde. 

Die  Section  für  Fische  ist  seit  dem  Tode  des  Herrn  Dr, 
M ardner  verwaist.  Sie  wurde  bereichert  durch  einige  Gegen- 
stände  aus  der  Ausbeute  des  Herrn  Dr.  G  r  e  n  a  c  h  e  r ,  der  für  die 
Rüppell-Stiftuug  reiste.  Auch  kommen  derselben  die  von  meinem 
Freunde  Dr.  Rein  uud  mir  auf  den  Canaren  und  in  Marocco  ge- 
sammelten Fischarten  zu  Gute. 

In  der  Section  für  Reptilien  uud  Amphibien  ist  Herr  E.  Bück 
fortwährend  mit  Eifer  und  Sorgfalt  thätig.  Nur  durch  Geschenke 
vermehrte  sich  der  Bestaud  der  Sammlung.  Herr  F.  Knoblauch 
übermittelte  uns  dureh  Herrn  Scheidel  Schlangen  und  Eidechsen 
aus  Formosa,  Herr  Cousul  Murphy  gab  eine  Klapperschlangeu- 
haut,  Herr  Oberlehrer  Finger  brasilianische  Schlaugen,  Herr 
Hauptmann  von  Hej'-den  die  auf  seiner  spanischen  Reise  gesam- 
melten Amphibien  und  Reptilien,  Herr  Dr.  Rein  uud  ich  über- 
wiesen der  Sammlung  die  von  uns  in  Marocco  und  auf  den  Ca- 
naren erbeuteten  Schlaugen,  Eidechsen  und  Geckoneu,  die  den 
Gegenstand  einer  demnächst  in  den  Abhandlungen  unserer  Ge- 
sellschaft erscheinenden  Arbeit  des  Herrn  Dr.  0.  Böttger  bilden; 
vor  wenigen  Tagen  übergab  uns  Herr  Dr.  Löwenthal  vier 
Gläser  mit  trefflich  conservirten  südafrikanischen  Schlangen,  und 
unser  Gustos,  Herr  Koch,  schenkte  der  Gesellschaft  von  seinem 
Bruder  in  Australien  gesammelte  Reptilien. 


—     10     - 

In  der  Insectensammluug  hat  Herr  W.  R  o  o  s  e  mit  uuermüd- 
licheni  Eifer  sich  der  Erhaltung  der  Schmetterlinge  hingegeben. 
Aber  ehe  er  vor  Jahren  seine  Bemühungen  begann,  haben  An- 
threnen  und  andere  kleine  Feinde  dieser  allzuzarten  Sammlungs- 
gegenstände manches  werthvoUe  und  mit  unseren  Mitteln  nicht 
ersetzbare  Stück  vernichtet,  oder  zu  vernichten  begonnen.  Trotz 
wiederholter  Mahnungen  der  Direction  ist  die  Säuberung  der 
Käfersammlung  von  diesen  Verderbern  durch  den  betreffenden 
Sectionär  unterblieben.  Herr  Reichenbach  hat  die  Sorge  für 
die  früher  unter  Herrn  Roose's  hingebender  Obhut,  die  ihm  als 
Vorbild  dienen  wird ,  gestandenen  Hemipteren  und  Orthopteren 
vor  einigen  Monaten  übernommen.  Geschenke  wurden  den  entomo- 
logischen Sectionen  durch  die  Herren  F.  Knoblauch,  Gustos 
A.  Koch  und  Oberlehrer  Dr.  Finger  zu  Theil. 

Kruster,  Spinnen,  Scorpione  und  Scolopender  haben  einen 
kleinen  Zuwachs  ausser  durch  Ankauf  eines  Scorpiones  durch 
Tausch  und  Geschenke  der  Herren  F.  Knoblauch,  Oberlehrer 
Dr.  Finger,  Dr.  Rein  und  von  Fritsch  erhalten.  Unser 
treuer  Mitarbeiter  Prof.  Dr.  K.  Koch  hat  die  Spinnen  und  Scor- 
pione von  Marocco  etc.  untersucht  und  bestimmt. 

Den  unablässigen  Bemühungen  des  Herrn  Dr.  W.  Kobelt 
ist  es  gelungen,  für  die  Section  der  Mollusken  nicht  nur  eine  um- 
fassende Verbesserung  der  früheren  Aufstellung  imd  der  Bestim- 
mungen, sondern  auch  wesentliche  Veruiehrnng  des  Bestandes  zu 
erzielen.  Seinem  eignen  Sammelfleiss,  den  er  besonders  bei  seinem 
Aufenthalte  in  Italien  bethätigt  hat,  verdanken  wir  eine  grosse 
Anzahl  werthvoUer  Couchylien,  überdies  aber  eine  rationelle  Ver- 
mehrung des  Bestandes  durch  geschickte  Benutzung  des  malako- 
logischen  Tauschverkehrs.  Unsere  Sammlung,  die  massenweise 
Exemplare  einzelner  Sachen  geschenkt  erhalten  hat,  die  aber  bei 
einem  Budget  von  nur  50  fl.  jährlich  Seltenheiten  gar  nicht,  von 
besseren  Conchylien  kaum  10  Arten  jährlich  zu  kaufen  im  Stande 
ist,  kann  nur  auf  diese  Weise  ergäuzt  und  bereichert  werden. 
Geschenkt  wurden  dalmatinische  Couchylien  von  Herrn  Prof. 
Stossich  in  Triest.  Des  verdienstvollen  Rossmässler  Con- 
chyliensammluug,  für  deren  Anschaffung  die  Mittel  grössteutheils 
von  ausserhalb  Frankfurts  wohnendeu  Mitgliedern  der  deutschen 
malakologischeu  Gesellschaft  uns  gespendet  wurden,  ist  leider 
immer  nocli  nicht    vollbezahlt.     Unsere  Gesellschaft   ist   zu    arm. 


—   11   — 

Die  günstige  Gelegenheit,  welche  sich  beim  Eingehen  der  Lan- 
dauer'scheu  Natnralieuhaudlung  dahier  geboten  hätte,  musste  des- 
halb unbenutzt  vorübergehen.  Diese  fast  unglaublich  reichen  Con- 
chylienvorräthe  sind  für  den  verhältnissmässig  niedrigen  Preis  von 
1500  Thalern  nach  Mecklenburg  gewandert. 

Von  Würmern,  Moosthiereu,  Strahlthieren,  Polypen  und  Ko- 
rallen ist  Einiges  geschenkweise  durch  die  Herren  Verkrüzen, 
Dr.  Kobelt,  Dr.  Rein  und  mich  dem  Vorhandenen  beigefügt 
worden.  Gerade  diesen  Abtheiluugen  der  Sammlung  wird  aber 
eben  jetzt  ein  Zuwachs  zu  Theil,  dessen  wir  besonderen  Grund 
haben  dankend  zu  erwähnen. 

Herr  Prof.  Dr.  A.  Dohrn,  Sohn  des  berühmten  Entomologen, 
hat  die  für  die  wissenschaftlichen  Bestrebungen  im  höchsten 
Grade  verdienstliche  Idee  durchgeführt,  in  Neapel  am  Strande  des 
herrlichen  reichen  Mittelmeeres  ein  Aquarium  als  internationale 
physiologische  Beobachtungs-  und  Forschungs-Statiou  zu  gründen. 
Für  diesen,  der  Wissenschaft  so  sehr  nützlichen  Zweck  hat  Herr 
Marcus  Goldschmidt  hier  ein  Capital  von  1000  Thalern  dar- 
geliehen, mit  dem  Wunsche,  dass  die  Zinsen  davon  alljährlich  in 
Form  von  Naturalien  der  Senckenbergischen  naturforschendeu 
Gesellschaft  zu  Gute  kommen.  Die  erste  dieser  Zinszahlungen  ist 
heute  hier  eingetroffen.  Mit  herzlicher  Freude  danken  wir  Herrn 
Goldschmidt  für  diese  Zuweisung,  die  einer  hochedlen  nach- 
ahmungSAverthen  Liberalität  für  die  Wissenschaft  entspringt. 

Der  botanischen  Sectign  widmen  die  Herren  Dr.  Geyler  als 
Sectiouär  und  Ad.  Metzler  als  hochherziger  Gönner  der  Gesell- 
schaft und  als  treuer  Mitarbeiter  unseres  so  uneigennützig  fleissigen 
Geyler  unermüdlich  unter  grossen  Opfern  an  Zeit  ihre  Bemü- 
hungen. Durch  Herrn  Metzler' s  Munificeuz,  der  nicht  nur  40 
Fascikel  europäischer  Pflanzen  unserem  Herbar  überwies,  sondern 
auch  120  fl.  zum  Ankauf  von  Pflanzen  schenkte,  und  dadurch, 
dass  die  Gesellschaft  das  botanische  Budget  ihrerseits  auf  150  fl. 
erhöhte,  ist  es  möglich  geworden,  1500  bisher  noch  fehlende 
Pflanzenspecies  in  das  Gesellschaftsherbarium  einzureihen.  Ausser- 
dem sind  geschenkt  worden  getrocknete  Pflanzen  durch  Henm 
Gärtner  Kiefer  zu  Bieberach  in  Würtemberg,  durch  Herrn  Dr. 
Geyler  und  Herrn  Dr.  Rein,  Sämereien  und  Hölzer  durch  Herrn 
Dr.  Rein  und  mich. 

Die  ueuerworbenen  Gegenstände  stammen  zum  Theil  aus  Europa, 


-     12     — 

sie  repräsentiren  aber  auch  Theile  der  Floren  vom  Himalaja,  von 
Java,  von  Neuholland,  von  Chile,  Brasilien,  Persien  und  von  den 
canarischen  Inseln. 

Die  geologisch-paläoutologische  Section  hat  einer  grossen  An- 
zahl gütiger  Geber  für  erhaltene  Geschenke  zu  danken ,  nämlich 
Herrn  Dr.  Askeuasy,  Frl.  Bögner,  Dr.  0.  Böttger,  Prof.  AI. 
Braun  in  Berlin,  Dr.  Geyler,  stud.  Gottsche  aus  Altona,  In- 
spector  Graf  hier,  Hauptmann  v.  Hey  den  hier,  Prof.  Dr.  Karsten 
in  Rostock,  Dr.  W.  Kobelt,  Prof.  Dr.  C.  Koch,  H.  M.  J.  Lan- 
dauer in  Wien,  Prof.  Dr.  Lucae,  Herrn  Gärtner  Müssig,  Herrn 
Dr.  NoU,  dem  Pommer'scheu  Museum  in  Stettin,  Herrn  Ge- 
heimrath  Prof.  Dr.  F.  Römer  in  Breslau,  Herrn  Senator  Römer  in 
Hildesheim,  Dr.  F.  Scharff  hier,  Herrn  S.  A.  Scheidel  hier, 
Herrn  Prof.  Wiechmann  in  Rostock  und  Dr.  Ziegler  hier. 
Mit  dem  kleinen  Budget,  das  der  Section  zu  Gebote  steht,  wurde 
wie  in  den  letzten  Jahren  Haus  gehalten. 

Es  wurde  die  möglichste  Vervollstäudiguug  der  Petrefacten- 
reihe  aus  den  Tertiärschichten  unserer  Umgegend  angestrebt  und 
von  diesen  Gegenständen  zum  Zwecke  des  Austausches  mit  Museen 
und  Privatsammlungen  grössere  Vorräthe  von  den  Steinbruchs- 
und  Thongruben-Arbeitern  erkauft.  Für  eine  grössere  Reihe  solcher 
Mainzer  Petrefacteu  erwarten  wir  noch  von  der  k.  k.  geologischen 
Reichsanstalt  in  Wien  die  Gegensendung.  Andere  Beziehungen 
gleicher  Art  sind  theils  angeknüpft,  theils  beabsichtigt.  Leider 
fehlte  es  au  Zeit,  die  vielen  Arbeiten  im  Boden  der  Stadt,  die« 
Canal-,  Wasserleitungs- ,  Brunnengrabuugs-  und  andere  Wühl- 
unternehmungen fortwährend  mit  Aufmerksamkeit  zu  verfolgen 
und  für  das  Museum  auszubeuten.  Nur  Weniges  ist  hier  theils 
von  uns  gesammelt,  theils  uns  gebracht  worden. 

Auf  billige  Gelegenheitskäufe  im  irebrigen  angewiesen,  wurde 
die  Section  durch  Erwerbung  einer  Anzahl  von  Gesteinen  und 
Petrefacten  aus  den  Vorräthen  des  Herrn  M.  J.  Land  au  er,  einiger 
Schweizer  Petrefacteu  und  der  Sammlung  des  in  Wiesbaden  ver- 
storbenen Archivars  Dr.  Rössel  bereichert.  Diese  Gelegenheits- 
käufe haben  aber  zwei  Nachtheile:  es  kann  1.  eine  methodische 
Vervollständigung  der  Sammlung  zwar  erstrebt ,  aber  kaum  er- 
reicht werden  und  ferner  wird  manches  Stück  in  die  Schubladen 
gebracht,  das  erst  in  einer  besseren  Zukunft  systematisch  einge- 
reiht   werden    kanu.     Denn  die  unter  allen  Umständen  sehr  zeit- 


-     13     — 

raubende  Arbeit  der  Classification  ist  bei  dem  Mangel  vieler 
Fnndamentalwerke  auf  unserer  Bibliothek  nur  theilweise  jetzt  aus- 
führbar. So  kommt  es,  dass  vor  40  und  mehr  Jahren  der  Ge- 
sellschaft geschenkte  Gegenstände,  als  für  uns  unbestimmbare,  vom 
Sectionär  immer  und  immer  wieder  seinem  Nachfolger  überbürdet 
vi^erden,  bis  einmal  nach  Anschaffung  der  nöthigen  Werke  in 
wenigen  Stunden  die  Sache  geordnet  sein  kann. 

Werthvollen  Erwerbungen  auch  solcher  Gegenstände,  deren 
Mangel  bei  den  Vorlesungen  störend  empfunden  wird,  müssen  wir 
fast  immer  entsacjen.  Wie  nutzbrino-end  wäre  eine  für  nur  1500 
Franken  uns  wiederholt  angebotene  vollständige  Suite  südfran- 
zösischer Kreidepetrefacten  uns  gewesen  mit  den  so  lehrreichen 
ammonitischen  Nebenformen  in  prächtigen  Exemplaren  und  mit 
trefflich  erhaltenen  Rudisten !  —  Beide  Gruppen  von  Fossilien 
können  jetzt  bei  den  Vorträgen  fast  nur  nach  Zeichnungen  er- 
örtert werden. 

Oft  genug  habe  ich  mich  schämen  müssen,  befreundeten 
Faehgenossen  zu  gestehen,  dass  ich  in  dem  reichen  Frankfurt  nur 
über  150  fl.  zur  Vermehrung  der  mir  unterstellten  Sammlung  ver- 
füge, und  es  doch  zu  entschuldigen  gesucht ;  und,  meine  Herren, 
ich  wünsche  keinem  von  Ihnen  den  Schmerz  zu  empfinden,  den 
ich  über  die  Armuth  unserer  Gesellschaft  gefühlt  habe,  wenn  ich 
sah,  was  Andere  in  den  unter  ihrer  Leitung  stehenden  Museen 
geleistet  haben,  in  einem  Zeitraum,  iu  welchem  unser  Petrefacteu- 
bestand,  um  kaum  5000 — 6000  Stück  seitdem  vermehrt,  fast  auf 
dem  alten  Fleck  stehen  bleiben  musste,  wohin  ihn  der  Sammel- 
eifer unseres  ßüppell,  die  Arbeit  Volger's  und  die  Gaben  des 
Herrn  Grafen  Böse,  der  Herren  Dr.  Böttger  und  Ger  lach 
und  anderer  Gönner  vor  sechs  und  mehr  Jahren  gebracht  haben. 
Und  wie  viel  von  den  seit  1869  erworbenen  Stücken  ist  uns  ge- 
schenkt, wie  Weniges  gekauft  worden ! 

Die  mineralogische  Section,  unter  den  bewährten  Händen  der 
Herreu  Dr.  Scharff  und  Dr.  Hessenberg  stehend,  ist  wesent- 
lich durch  die  reichen  Gaben  der  Herren  Dr.  Askenasy,  Ba- 
stert,  J.  M.  du  Fay,  stud.  Gottsche,  Jefferis  (durch  Vermittlung 
des  Herrn  Scheidel,  Prof.  Dr.  C.  Koch,  Herrn  W.  Koch  (dem 
allein  wir  288  vortreffliche  Mineralstufen  verdanken),  G.  vom  Rath, 
Dr.  Scharff  und  Dr.  Ziegler  vermehrt  worden.  Durch  Kauf 
konnte  nur  dem   kleinen    Budget   von    80    fl.    entsprechend  Ver- 


—     14     - 

grösserung  eintreten.  Die  Aufstellung  zeugt  laut  genug  für  die 
Thätigkeit  der  Männer,  unter  deren  Obhut  sie  steht. 

Die  ethnographische  Abtheilung,  welcher  Herr  Oberlehrer 
Dr.  Finger  vorsteht,  erhielt  Zuwachs  durch  zwei  Schädel  alter 
Canarier,  die  meinem  Freunde  Dr.  Rein  und  mir  Herr  Dr.  Gre- 
gorio  Chil  in  Las  Palmas  für  das  Museum  übergab,  sowie  durch 
andere  canarische  Alterthümer,  an  denen  nun  unser  Museum  eines 
der  reichsten  in  Deutschland  sein  dürfte.  Herr  Heinr.  Flinsch 
schenkte  uns  Schädelabguss  und  Gehirnabgnss  des  Neanderthal- 
Menschen,  Herr  Kaufmann  Friedr.  Ludw.  Resch  fünf  Modelle 
von  siamesischen  Booten,  Herr  L.  A.  Ricard  den  Schnupftabaks- 
löffel eines  Hottentotten,  Herr  Packer  durch  Herrn  S.  A.  Schei- 
del  ein  Steinbeil  und  Pfeilspitzen  aus  Nordamerika.  Herr  Schei- 
de 1  erwarb  sich  um  die  Gesellschaft  ein  besonderes  Verdienst 
durch  seine  erfolgreichen  Bemühungen,  uns  die  Rossel'sche  Samm- 
lung von  Pfahlbaualterthümeru  zu  gewinnen.  Hierfür  wie  für 
seine  unausgesetzten  Bestrebungen  auch  anderen  Abtheilungeu  des 
Museums  Geschenke  zuzuführen,  hat  er  sich  dankbare  Anerken- 
nung gesichert. 

Die  mit  dem  medicinischen  Institute,  dem  ärztlichen,  physi- 
kalischen und  geographischen  Vereine  gemeinsame  Bibliothek  ist 
wiederum  auch  unserseits  bereichert  worden. 

Das  geschah  zum  Theil  durch  Zeitschriften  und  Werke,  die 
wir  im  Austausche  gegen  unsere  Abhandlungen  und  Jahresberichte 
erhielten.  Unter  diesen  sind  namentlich  die  von  der  preussischen 
geologischen  Landesuntersuchungscommission  herausgegebenen  Kar- 
ten und  Abhandlungen  als  ein  wichtiger  Zuwachs  zu  bezeichnen. 

Ferner  erhielten  wir  eine  grosse  Anzahl  Bücher  von  Privaten 
und  Gesellschaften  geschenkt,  wie  das  gedruckte  Verzeichniss  aus- 
weisen wird. 

Mit  der  von  der  Generalversammlung  bewilligten  Summe  von 
1000  fl.  pro  1873  werden  neue  Werke  angekauft  und  die  Fort- 
setzungen periodischer  Schriften  bezahlt.  Mit  dieser  Summe,  die 
viel  kleiner  ist  als  die,  welche  viele  Gelehrten  als  Privatleute  für 
ihre  Bibliothek  verwenden,  viel  kleiner  als  die,  welche  von  ein- 
zelnen hiesigen  Bürgern  zum  Bücherkauf  verbraucht  wird,  mit 
dieser  spärlichen  Summe  sollen  wir  allen  naturwissenschaftlichen 
Discipliuen  gerecht  werden,  während  allein  Reeve's  Conchologia 
iconica,  die  nicht  lange  mehr  entbehrt  werden  kann,  antiquarisch 


-      15     - 

etwa  1350  fl.  kostet!  Und  mit  jeueu  1000  fl,  müssen  wir  ohne- 
hin, statt  blos  theure  Monographien  und  Zeitschriften  zu  kaufen, 
auch  mit  Rücksicht  auf  die  Mitglieder  der  Gesellschaft,  die  nur 
wissenschaftliche  Uebersicht  gewinnen  wollen,  Handbücher  an- 
schaffen, deren  Werth  durch  neue  Auflagen  oder  andere  Werke 
gleichen  Inhalts  in  wenigen  Jahren  verringert  ist,  und  aus 
gleichem  Grunde  auch  die  populäre  Literatur  beachten.  Kein 
Wunder  also,  dass  eine  Menge  theurer,  zur  Bearbeitung  der  ge- 
sammelten Naturalien  unentbehrlicher  Werke  uns  fehlen,  dass  sie 
nicht  mit  diesen  Naturalien  verglichen  werden  können,  da  andere 
reichere  Bibliotheken,  wie  die  Darmstädter,  diese  Werke  nicht 
nach  aussen  verleihen  dürfen. 

Ebenso  fehlt  es  uns  an  den  Mitteln,  die  leider  überaus  zahl- 
reichen und  oft  sehr  störenden  Lücken  in  den  Werken  und  perio- 
dischen Schriften,  die  auf  unserer  Bibliothek  sind,  durch  Ankauf 
der  fehlenden  Bände,  Hefte,  Seiten  und  Kupfertafeln  auszufüllen. 

Wem  die  Schuld  der  früheren  Vernachlässigungen  zuzu- 
schreiben, ist  jetzt  kaum  mehr  zu  ermitteln.  Ueber  diesen  und 
andere  Missstände  der  Bibliothek  sind  mit  der  Stiftungsadministra- 
tion und  mit  den  übrigen  an  der  Bibliothek  betheiligten  Vereinen 
Verhandlungen  eingeleitet,  und  bin  ich  dafür  zeitweilig  zum  Dele- 
girten  unserer  Gesellschaft  erwählt. 

LTnsere  wissenschaftlichen  Sitzungen  erfreuten  sich  ansehn- 
licher Theilnahme.    Es  wurden  dabei  folgende  Vorträge  gehalten: 

Am  2.  Nov.  1872.  H.  Tb.  Verkrüzen  aus  London.  Reise- 
bericht aus  Island. 

Dr.  F.  Noll.  lieber  bohrende  Cirrhipedier  und  ein  hierher 
gehöriges  Thierchen,  das  derselbe  bei  seiner  Reise  für  die  Rüppell- 
Stiftung  entdeckt  hatte,  die  Kochlorine  hamata. 

Am  7.  Dec.  1872.  Dr.  F.  Noll.  Das  Thal  von  Orotava 
und  die  Besteigung  des  Pico  de  Teyde  auf  Tenerife. 

Am  IL  Januar  1873.  Herr  Professor  Sem  per  aus  Würzburg. 
Ueber  die  Wachsthumsbedingung  des  Limneus  stagnalis. 

Am  1.  Febr.  1873.  Herr  Dr.  Rein.  Ueber  einige  interessante 
maroccanische  Pflanzen,  vornehmlich  über  Argania  sideroxylon. 

Am  1.  März  1873.  Herr  S.  A.  Scheidel.  Ueber  Pfahl- 
bauten. 

Herr  Professor  Dr.  Lucae.  Ueber  die  Einordnung  der 
Menschen  zu  den  Affen. 


—     16     - 

Am  5.  April  1873.  Herr  Dr.  Askenasy.  üeber  eiue  neue 
Methode,  das  Wachstlinm  der  Pflanzen  zu  beobachten. 

Herr  Dr.  Kobelt.  Ueber  seine  Reise  nach  Italien,  zunächst 
über  Apulien. 

Unsere  regelmässigen  Lehrvorträge  haben  ebenfalls  eine  er- 
freuliche Betheiligung  gefunden,  was  insbesondere  von  denen  des 
Herrn  Professor  Dr.  Lucae  über  die  Naturgeschichte  der  Wirbel- 
thiere  gilt.  Auch  meine  Vorträge  über  physische  Geographie,  die 
Grundlage  der  Geologie,  sind  bis  zu  dem  Augenblicke,  da  ich 
durch  eine  für  mich  tief  traurige  Veranlassung  gezwungen  war, 
dieselben  abzubrechen,  gut  besucht  gewesen,  während  meine  Vor- 
lesungen über  Paläontologie  der  wirbellosen  Thiere  einen  nur 
sehr  kleinen,  aber  um  so  eifrigeren  Kreis  von  Zuhörern  anzu- 
ziehen vermochten.  Die  Anzeige  dieser  Vorlesungen  erfolgte,  wie 
es  glücklicherweise  sich  nun  für  alle  Zeit  eingebürgert  hat,  ge- 
meinsam mit  den  uns  nahe  stehenden  wissenschaftlichen  Ver- 
einen, 

Die  Abhandlungen  unserer  Gesellschaft,  unser  für  die  Bibliothek 
werthvollstes  Tauschobject,  enthalten  in  der  letzten  Hälfte  des 
achten  Bandes  den  ersten  Theil  von  Herrn  Professor  Dr.  Lucae 's 
Arbeit  über  die  Robbe  und  Otter  in  ihrem  Knochen-  und  Muskel- 
skelett mit  15  Tafeln,  ferner  von 

H.  Hoffmann:  Ueber  thermische  Vegetationsconstanten  mit 
1  Tafel  und 

Pr.  Hessenberg 's  Mineralogische  Notizen  Nr.  XL  mit 
3  Tafeln. 

Im  Druck  ist  eine  gehaltreiche  Abhandlung  von  Herrn  Berg- 
director  Stöhr  in  Comitini  (Sicilien)  über  die  Provinz  Banjuwangi 
auf  Java  und  deren  Vulkane  mit  einer  Karte  und  mehreren 
Tafeln.  Ferner  soll  der  9.  Band  enthalten  eine  Arbeit  von 
Dr.  0.  Böttger  über  die  Reptilienfaunen  von  Marocco  und  den 
Canaren ; 

eine  von  0.  Bütschly  über  freilebende  Nematoden  der 
Kieler  Bucht; 

von  Dr.  F.  Schar  ff  über  den  Quarz  II.  und  den  zweiten 
Theil  von  Professor  Dr.  Lucae's  Monographie  über  Robbe  und 
Otter  mit  15  Tafeln. 

Der  Jahresbericht  von  1871  und  72,  der  Ihnen  vorgelegen, 
ist   besonders    durch    die  darin    enthaltenen  Arbeiten   über   einen 


-     17     — 

Theil  der  Reise- Ausbeute  der  Herren  Doctoren  Noll  und  Gre- 
nadier, durch  J.  D.  Wetterhan's  kritischen  Aufsatz  und  durch 
Dr,  Koch's  Abhaudlung  wissenschaftlich  werthvoll. 

Unserer  Gesellschaft  sind  von  hochherzigen  Gönnern  der 
Wissenschaften  besondere  Stiftungen  zur  Verwaltung  übergeben. 
So  zur  Preiskröuung  verdienter  Gelehrten  die  Sömm erring-  und 
Tiedemann  -  Stiftung ,  sowie  die  theilweise  von  uns  abhängige 
Stiebel  -  Stiftuug  und  weiter  zur  Förderung  uaturhistorischer 
Reisen  die  Rüppell-Stiftung. 

Den  Preis  der  Sömmerring-Stiftung  erhielt  kürzlich  Siebold 
für  seine  trefflichen  Untersuchungen  über  die  Parthenogenesis,  die 
dieser  hochverdiente  Gelehrte  bei  manchen  Abtheilungeu  der 
niedern  Thiere  nachgewiesen,  nachdem  der  Pfarrer  Dzierzon 
schon  vor  etwa  20  Jahren  diesen  merkwürdigen  Vorgang  der 
Erzeugung  bei  den  Bienen  beobachtet  hatte. 

Der  Tiedemann'sche  Preis  gelangt  nächstes  Jahr  zum  ersten 
Male  zur  Vertheilung. 

Die  Rüppell-Stiftung,  deren  Mittel  für  1872  schon  im  Beginn 
des  vorigen  Jahres  verbraucht  waren,  so  dass  für  Dr.  Grenacher's 
leider  wenig  erfolgreiche  Weiterreise  nach  den  Capverdeu  eine 
besondere  Geldsammlung  nothwendig  wurde,  hat  vor  Kurzem  ihren 
Capital 'uestand  durch  Beiträge  edeldenkender  Förderer  unserer 
wissenschaftlichen  Bestrebungen  um  2235  fl.,  das  heisst  auf 
18,698  Ü.  37  kr.,  anwachsen  sehen. 

In  allen  Richtungen  sind  wir,  wie  Sie  aus  dem  Berichte  er- 
sehen, durch  freundliche  Gaben  und  Spenden  unterstützt  worden 
und  gern  erfülle  ich  die  angenehme  Pflicht,  den  Dank  der  Ge- 
sellschaft allen  den  hochherzigen  Gebern  auszusprechen,  in  der 
Hoffnung,  dass  die  Theilnahme  an  unserer  Gesellschaft  und  ihrem 
Museum  erhalten  bleibe  und  zunehme. 

Insbesondere  noch  haben  wir  den  städtischen  Behörden 
für  den  bis  zum  Schluss  des  Jahres  1872  gewährten  Beitrag  von 
1500  fl.  zu  danken. 

Einzig  und  aliein  in  der  sicheren  Erwartung,  dass  die  Stadt 
ausser  diesem  Zuschüsse  auch  den  längst  erbetenen  weiteren  zur 
Renovation  des  Gebäudes  bewillige,  hat  die  Gesellschaft  die  schon 
vor  Jahren  nöthig  gewesenen  Arbeiten  an  ihrem  Gebäude 
vornehmen  lassen.  Den  in  diesem  Herbste  bei  Gelesrenheit 
der    Naturforscher -Versammlung    in   Wiesbaden    unser    Museum 


—     18     — 

besucheudeu  Fremdeu  durfte  Frankfurt  nicht  das  verfallende  Ge- 
bäude zeigen,  das  Schätze  enthält,  die  unsere  Gesellschaft  zu  arm 
ist,  nach  ihrem  Werthe  gegen  Feuersgefahr  zu  versichern. 

In  der  That,  meine  Herren,  was  unser  hochverehrter  Nestor, 
Herr  Dr.  Rüppell  gesammelt,  ist  ein  gegenwärtig  absolut  un- 
ersetzbarer Kern  unserer  Sammlungen.  Kaum  für  eine  Million 
Gulden  wären  gegenwärtig  dieselben  Gegenstände  alle  zu  be- 
schaffen, Avenn  uns  ein  solches  Brandunglück  treffen  sollte,  das 
doch  den  über  einem  chemischen  Laboratorium  aufgestellten 
Sammlungen  beständig  droht. 

Der  wissenschaftliche  Werth  der  Rüppell'schen  Sammlung, 
der  darin  liegt,  dass  viele  der  Gegenstände  theils  den  eigenen 
Arbeiten  dieses  hervorragenden  Gelehrten,  theils  denen  anderer 
Forscher  als  Originale  gedient  haben,  übersteigt  den  Handelswerth 
noch  bedeutend  und  begründet  die  Unersetzbarkeit. 

Gehen  Sie,  meine  Herreu,  durch  unsere  Säle  und  überzeugen 
Sie  sich,  wie  um  diesen  Kern  der  Sammlung  die  später  von  der 
Gesellschaft  für  Tausende  von  Gulden  erkauften  Gegenstände,  so- 
wie die  den  Werth  der  Anschaffungen  noch  übersteigenden  Ge- 
schenke anderer  Gönner  nur  eine  dünne  Schale  bilden,  wie  wir 
mehr  als  drei  Viertel  aller  Stücke  unserm  Rüppell  verdanken. 

Kann  und  wird  Frankfurt,  die  reichste  Stadt  Mitteldeutsch- 
lands und  der  gebildetsten  eine  in  ganz  Deutschland,  es  zugeben, 
dass  unser  Museum  weiter  von  denen  anderer  Städte  überflügelt 
wird,  dass  die  hier  gesammelten  Schätze  fort  und  fort  verdunkelt 
werden  durch  die  zunehmende  Bedeutung  anderer  Sammlungen! 

Soll  das  Museum  nur  einzelnen  wissbegierigen  und  vielen 
blos  schaulustigen  Besuchern  aus  unserer  Stadt  und  Fremden 
dienen,  die  eine  flüchtige  Stunde  dem  Durcheilen  auch  dieser  in 
Bädecker's  Reisehandbuch  und  im  Murray  angezeigten  Sehens- 
würdigkeit widmen  !  Soll  nicht  vielmehr  an  den  reichen  Grund- 
stock  sich  eine  der  Bedeutung  der  Stadt  entsprechende  Erweite- 
rung anschliessen,  und  sollen  dann  nicht  studirende  Jünglinge 
aus  allen  Gauen  der  deutscheu  Heimath  hier  den  Worten  kenntniss- 
reicher Lehrer  lauschen,  die  des  Museums  Schätze  erklären,  wissen- 
schaftlich verwerthen,  erhalten  und  vermehren! 

Ja,  meine  Herreu,  Frankfurt  wird  hinter  anderen  Städten 
Deutschlands  und  des  Auslandes  nicht  zurückstehen. 

Marseille  hat  für  das  Gebäude  allein  des  herrlichen  Museums, 


-     19     — 

welches  durch  sein  Aeusseres,  wie  durch  den  reichen  Inhalt  die 
Stadt  ziert,  6  Millionen  Franken  ausgegeben.  New- York  will 
ein  neues  naturhistorisches  Museum  mit  10  Millionen  Dollars  er- 
bauen. 

Auch  in  Frankfurt  wird  sich  ein  Manu  finden,  der  unter 
den  Vertretern  und  Behörden  der  Stadt  ähnliche  Worte  redet, 
wie  sie  G.  Loring,  der  Präsident  des  Senates  von  Massachusetts, 
vor  diesem  Senate  am  26,  März  dieses  Jahres  gesprochen  hat, 
als  es  galt,  dem  unter  Agassiz'  Leitung  stehenden  Museum  für 
vergleichende  Zoologie,  das  jährlich  schon  über  50,000  Dollars 
verfügt,*)  neue  Geldzuschüsse  zu  bewilligen. 

Nur  einige  der  Schlussworte  gestatten  Sie  mir,  dieser  Rede 
zu  entnehmen: 

«Ich  glaube,  man  wird  mir  nicht  sagen,  dass  dieses  unser  In- 
stitut keine  Hilfe  vom  Gemeinwesen  bodarf  und  dass  es  besser 
ist,  man  lässt  dasselbe  allein  sich  herauskämpfeu  aus  der  Schwäche 
der  Kindheit  zur  Kraft  des  Mannesalters 

Ich  bin  sicher,  Massachusetts  könnte  es  leichter  ertragen,  auf 
seine  Eisenbahnen  zu  verzichten,  die  es  unterstützte,  als  auf  seine 
Bilduugsanstalten,  die  es  ins  Leben  gerufen**) 

Und  überzeugt,  wie  ich  es  bin,  dass  ohne  Unterstützung  des 
Staates  diese  Anstalten  nie  einen  Grad  von  Kraft  und  Nützlich- 
keit erlangt  hätten,  der  ihnen  ein  Anrecht  auf  freigebige  Gönner- 
schaft von  Privaten  gab;  überzeugt,  dass  das  vom  Staate  gegebene 
Beispiel  manchen  der  Vaterlandssöhne  zu  der  grossen  Opfer- 
willigkeit***) vermocht  hat,  die  sonst  nicht  vorhanden  gevreseu 
wäre,  lebe  ich  der .  Zuversicht  f ),  dass  in  unseren  Tagen  derselbe 
seine  Politik  nicht  ändern  wird.  Das  für  die  Bildung  ausgegebene 
Geld  trägt  ihm  beständig  das  Capital  wieder  ein  ff).  Es  hat  ihm 
den    hervorragenden    Einfluss    erkauft,    den    seine    gebildeten  ff f) 


*)  Aunual  Report's  of  the  trustees  of  tlie  Mus.  of  comp.  Zoology.  — 
Boston. 

Im  Bericht  für  1870  heisst  es  z.  B.:  ,,Duriug  the  past  year  the  thiid 
0  25000  of  the  couditional  subscription  has  beeu  raised  and  the  correspondiug 
0  25000  has  been  received  from  the  State." 

**)  than  her  schools,  which  she  has  waruiel  iuto  existeuce. 
***)  liberality. 

t)  I  trust. 
tt)  is  giviug  her  a  constant  returc. 
ttt)  cultivated. 


—     20     - 

Mänuer,  verbreitet  durch  das  Land,  wo  immer  die  Unternehmungen 
der  Industrie  und  Cultur  *)  zu  finden  sind,  gesichert  haben, 
und  den  mancher  Schwesterstaat  in  dieser  Union,  obwohl  materiell 
ebenso  blühend,  nicht  besitzt. 

Zu  seiner  Ehre  also,  und  um  seinen  Einfluss  und  seine  Macht 
dauernd  zu  erhalten,  wird  der  Staat  gewiss  seiner  Bildungs- 
austalten  gedenken.  Ich  lebe  der  Zuversicht,  dass  er  in  alle  Zu- 
kunft die  Heimath  des  Gelehrten  und  des  Forschers  sein  wird, 
dass  seine  Hand  immer  ausgestreckt  bleibe,  willkommen  zu 
heissen  die  Männer  des  Gedankens  und  der  Cultur  für  seine  wohl- 
bestellten Akademien  **)  und  Schulen,  Ich  vertraue  darauf,  dass 
dieser  Beschluss  gefasst  werde,  dass  wir  uusern  Stolz  darein 
setzen,  dieses  Institut  zu  fördern,  dessen  Wohlfahrt  in  Betracht 
kommt,  und  dessen  Gedeihen***)  von  den  wissenschaftlich  Ge- 
bildeten aller  Länder   mit  so  grossem  Interesse  überwacht  wird!» 

So,  meine  Herren,  sprach  in  der  Nordamerikauischen  Union 
jüngst  ein  hochangesehener  Staatsmann. 

In  unserer  Heimath  aber,  in  der  seit  Jahrhunderten  Bildung 
herrscht;  wo  der  Staat,  namentlich  in  neuester  Zeit  unter  der 
Leitung  eines  Falk  mehr  und  mehr  die  wissenschaftlichen  An- 
stalten fördert;  wo  in  den  benachbarten  Städten,  Darmstadt, 
Wiesbaden,  Mainz,  gut  ausgerüstete  Museen  emporblühen,  wird 
unsere  Anstalt,  unsere  Gesellschaft  von  Frankfurts  Bürgern  und 
Behörden  nicht  verlassen  werden.  Helfen  wir  alle  mit,  dass  sie 
sich  erhebe  und  gedeihe,  diese  Tochter  des  alten  biedern  rmd 
opferbereiten  Geistes  der  Frankfurter  Bürgerschaft, 

die  Senckeuberwische  naturforschende  Gesellschaft! 


t   *)  education. 
**)  Colleges. 
***)  career. 


21      - 


Yerzeicliiiiss  der  Mitglieder 

der 

Senckenbergischen  naturforschenden  Gesellschaft. 


I.  Ewige  Mitglieder. 


Ewige  Mitglieder  sind  solche,  welche,  anstatt  den  gewöhnlicheu 
Beitrag  jährlich  zu  entrichten,  es  vorgezogen  haben,  der  Gesellchaft 
ein  Capital  zu  schenken  oder  zu  vermachen,  dessen  Zinsen  dem 
Jahresbeiträge  gleichkommen,  mit  der  ausdrücklichen  Bestimmung, 
dass  dieses  Capital  verzinslich  angelegt  werden  müsse  und  nur  der 
Zinseuertrag  desselben  zur  Vermehrung  und  Unterhaltung  der  Samm- 
lungen verwendet  werden  dürfe.  Die  den  Namen  beio-edruckten  Jahres- 
zahlen  bezeichnen  die  Zeit  der  Schenkung  oder  des  Vermächtnisses, 
Die  Namen  sämmtlicher  ewigen  Mitglieder  sind  auf  einer  Marmor- 
tafel im  Museumsgebäude  bleibend  verzeichnet. 


Hr.    Simou   Moritz    von    Betlimauu. 

1827. 
»     Georg  Heiur.  Schweudel.  1828. 
V.     Johauu  Friedr.  Aut.  Helm.  1829. 

>  Georg  Ludwig  Goutjird.  1830. 
Frau  Snsauua  Elisabetli    Bethniaim- 

Holweg.     1831. 
Hr.     Heiuricli  Mylius  sen.  1844. 

>  Georg  Melchior  Mylius.  1844. 

>  Baron  Amschel  Mayer  vou  Roth- 

schild.    1845. 
»     Johauu  Georg  Schmidboru.  1845. 

>  Johauu  Dauiel  Souchay.  1845. 
»  Alexauder  v.  Bethinauu.  1846. 
»     Heiur.  vou  Bethmauu.     1846. 

»     Dr.  jur.  Rath  Friedr.  Schlosser. 
1847. 

>  Stephau  vou  Guaita.     1847. 

.  H.  L.  Döbel  in  Batavia.  1847. 
»     G.  H.  Hauclt-Steeg.     1848. 


Hr.  Dr.  J.  J.  C.  Buch.     1851. 

»  G.  vou  St.  George.    1853. 

*  J.  A.  Grnuelius.    1853. 
»  P.  L.  Kroger.     ]854. 

»  Alexauder  Goutard.    1854. 

»  M.  Frhr.  v.  Bethmauu.    1854. 

»  Dr.  Eduard  Riippell.     1857. 

»  Dr.  Th.  Ad.  Jac.  Em.  Müller.  1 858. 

»  Julius  Nestle.     1860. 

»  Eduard  Fiuger.     1860. 

»  Dr.  jur  Eduard  Souchay.     1862. 

»  J.  N.  Graefleudeich.     1864. 

*  E.  F.  C.  Büttuer.     1865. 
^  C.  F.  Krepp.     1866. 

»  Jouas  Mylius.    1866. 

»  Coustautiu  Felluer.     1867. 

»  Dr.  Hermauu  v.  Meyer.     1869. 

»  Dr.  W.  D.  Söuuuerriug.     1871. 

»  J.  G.  H.  Petsch.     1871. 

»  Beruhard  Doudorf.  1872. 


22     — 


II.  Mitglieder  des  Jahres  1872. 

Die  arbeitenden  sind  mit  *  bezeichnet. 


Hr.     Alt,  Johannes.     1869. 
»      Audreae,  H.  V.,  Dr.  med.  1849. 
»      Andreae-Goll,  J.  C.  A.     1848. 
»      Andreae,  F.  F.,  Ingenieur.  1869. 
»      Andreae,  Jean.     1869. 
»      Andreae- Winckler,  P.  B.  1860. 
»      Andreae-Winckler,  Joh.     1869. 

»  *  Askenasy,  Eugen,  Dr.  phil.    1871. 

>  Baer,  Joseph.     1860. 

»      Bärwindt,  J.,  Dr.  med.     1860. 

»  *  Bagge,  H.  A.  B.,  Dr.  med.  1844. 

>  Bansa,  Gottlieb.     1855. 

>  Bansa^  Julius.     1860. 

»      Bansa-Streiber,  C.     1860. 

»  "  Bardorff,  Carl,  Dr.  med.     1864. 

»      de  Bary-Gontard,  H.  1869. 

»      de  Bary,  Jacob,  Dr  med.     1866. 

»      de  Bary-Passavant,  Carl.     1866. 

»      Bebrends-Mettenius,  P.  F.     1860. 

»      Belli-Seufferheld,  F.  1837. 

»      Benkard,  Christian.     1866. 

>  Berg,  C.  N.,  Bürgermeister,  Dr.  jur. 

1869. 
Fr.     Bernus-Grunelius.     1852. 
Hr.     Berthold,  J.  Georg.     1866. 

>  Bethmann,  Baron  S.  M.  v.  1869. 
»      Birkenstock,  Georg  Friedr.    1866. 
»      Bliedung,  L.     1869. 

»      Blum,  Hermann.     1860. 

.  *  Blum,  J.     1868. 

»  *  Blumenthal,  E.,  Dr.  med.  1870. 

»      Blumenthal,  Jos.  Leopold.  1860. 

»  ''  Bockenheimer,  Dr.  med.  1864. 

»      Bolongaro,  Anton.     1862. 

»      Bolongaro,  Carl.     1860. 

i-      Bolongaro- Crevenna,  J.  L.  1866. 

i      Bolongaro-Crevenua,  A.     1869. 

-^      Bonn,  Baruch.     1862. 

»      Bonn,  Carl.     1866. 

V      Bontant,  F.     1866. 

'      Bose-Reichenbach,  Graf  v.    1860. 

>.      Both,  J.  B.     1824. 

»      Brentano,  Ludwig.     1842. 


Hr.  Brofft,  Franz.     1866. 

^  Brofft,  Leonh.  Wilh.  jun.  1866. 

»  Brückner,  Wilhelm.     1846. 

»  Buchka,  Franz  Anton.     1854, 

»  Bück,  A.  F.,  Dr.  jur.     1866. 

»  *Buck,  Emil.     1868. 

*  Buruitz,  R.  H.,  Architekt.  1866. 
»  Cholewa,  Wilhelm. 

^  Chun,  Oberlehrer.     1866. 

*  Claus,  A.  Daniel.     1870. 

»  Cnyrim,  Victor,  Dr.  med.     1866. 

»  Cornill  d'Orville,  H.  A.     1854. 

»  Crailsheim,  A.,  Dr.  med.     1842. 

ä>  Creizenach,  Ignaz.     1869. 

»  Degner,  C,  Dr.     1866. 

>  *  Deichler  J.  C,  Dr.  med.     1862. 
«  Dibelka,  Jos.     1872. 

*  Diehn,  Phil,  Thierarzt.     1866. 
»  Dietze,  C.     1870. 

»  Doctor,  Adolph  Heinr.     1869. 

>  Doctoi",  Bernhard.     1866. 
»  Dondorf,  Bernhard.     1859. 

>  V.  Donner,  Philipp.     1859. 

»  Drexel,  Heinr.  Theod.     1863. 

»  Ebner,  Hermann,  Dr.  jur.  1866. 

»  Eberstadt,  A.     1869. 

»  Ehinger,  Aug.     1872. 

.  Ellissen,  Dr.  jur.     1860. 

»  Emden,  Jac.  Phil.     1869. 

»  Enders,  Ch.     1866. 

»  Engelhard,  Georg  Heinr.  1827. 

»  Erlanger,  Baron  Raph.  v.,  Gene- 

ralconsul.     1859. 

»  Ernst,  August,  Professor.    1854. 

»  Eyssen,  B.  Gustav.     1866. 

»  Eyssen,  C.  E.     1860. 

»  Fabricius,  F.  W.,  Dr.  med.  1860. 

»  Fabricius,  Franz.     1866. 

»  du  Fay,  Jean  Noe,     1842. 

»  *  Fiedler  J.  N.,  Dr.  med.     1830. 

»  *  Finger,  Oberl.,  Dr.  phil.     1851. 

»  Flersheim,  Eduard.     1860. 
»  *  Flersheim,  Robert.     1872. 


-     23 


Hr.     Flesch,     Dr.  med.     1866. 

»  Flinsch,  Heinrich.     1866. 

»  Flinsch,  W.     1869. 

»  Friedmann,  Joseph.     1869. 

-  Fries,  Carl.     1866. 

»  Fries,  Heinrich.     1843. 

■  *  Fritsch,  Carl    v.,  Dr.  phil.     1869. 
»  Fuchs,  C.  H.     1869. 

»  Fuld,  Ludwig.     1869. 

»  Fuld,  Dr.  jur.  1866. 

»  Garny,  Job.  Jacob.     1866. 

V  Gering,  F.  A.     186G. 

»  Gerson,  Jac,  Generalcons.     1850. 

»  Getz,  Dr.  med.     1854. 

»  V.  Gille,  W.  J.,  Bankdirector.  1833. 

»  Goeckel,  Ludwig.     1869. 

V  Goldschmidt,  B.  M.     1869. 

~-  Goldschmidt,  Adolph  ß.  H.  1860. 

»  Goldschmidt,    Leopold    von,  Con- 

suL     1869. 

»  Gontard,  Moritz.     1850. 

»  Graebe,  Charles,  Consul.     1866. 
»  *  Graubner,  Ferd.     1871. 

>.  Gröning,  G.  C,.  Dr.  med.     1866. 

»  Grünebaum,  M.  A.     1869. 

»  Grumbach,  J.  M.     1871. 

»  Gruuelius,  Adolph.     1858. 

»  Grunelius,  Moritz  Eduard.  1869. 

»  Guaita,  Max  von.     1869. 

»  Guaita-Mumm,  v.,  Consul.     1843. 

>-  Gundersheim,  M.,  Dr.  med.  1860. 
i-   *  Haag,  Georg,  Dr.  jur.     1855. 

»  Häberlin,  J.  E.,  Dr.  jur.     1871. 

»  Hahn,  Adolph.     1869. 

»  Hahn,  Anton.  1869. 

■  Hahn,  Jacques,  Consul. 
Hamburger,  C,  Dr.  jur.     1866. 

»  Hanau,  Heinrich  A.     1869. 

»  Hanau,  Lehmann.     1860. 

'-  Harnier,  Ed.  v.,  Dr.  jur.     1866. 

»  Harnischfeger,  J.     1870. 

»  Hauck,  Christ.,  Stadtrath,  1860. 

»  Hauck,  Georg.     1842. 

^  Hayn,  Joh.  Georg.     1866. 

»  Henrich,  Joh.  Gerhd.     1860. 

»  Hassel,  Julius.     186?,.  [1846. 

»  *  Hessenberg,  Joh.  Friedr.,  Dr.  phil. 


Hr.    Heuer,  Ferd.     1866. 
»  *  Heyden,  Luc.  v.,  Hauptm.    1860. 
»      Heyder,  Georg  von.     1844. 
»  *  Heynemann,  Fr.  D.     1860. 

Höchberg,  Leopold.     1860. 

Hoff,  Joh.  Adam.     1866. 

Hoff,  Carl.     1860. 

Hohenemser,  H.     1866. 
•■>      Holzhausen,  Georg  von.     1867. 
)'      Holzmann,  Philipp.     1866. 

Homberger,  Albert.     1870. 

Horkheimer,  Bernhard.     1869. 

Hörle,  Heinrich.     1866. 

Ihm,  August.     1866. 
-      Jacobi,  Rudolph.     1843. 
'  *  Jäger,  Rudolph,  Oberlehrer.  1867. 
Die     Jäger'sche  Buchhandlang.     1866. 
Hr.     Jassoy,  Lud.  Wilh.     1866. 

Jeanrenaud,  Dr.  jur.  Appell.- G.-R. 

>  Jordan,  Felix.     1866.  [1866. 
Jost,  Conrad,  Apotheker.     1859. 

•      Jügel,  Carl  Franz.     1821. 

Jung,  Carl  Ludw.,  Dr.  med. 

Jung-HauflP,  Georg.     1866. 

Katheder,  C.     1868. 

Katzenstein,  Albert.     1869. 

Kayser,  Fritz.     1869. 
■>      Keller,  Heinrich.     1844. 
•>      Kerstner,  Philipp.     1860. 
'  Kesselmeyer,  P.  A.     1859. 
»    ■•  Kessler,  F.  J.,  Senator.     1838. 

Kessler,  Heinrich.     1870. 

>  Kessler,  Wilhelm.     1844. 

>  Kissel,  Georg.     1866. 
'      Kling,  Gustav.     1861. 

>  ■  Kloss,  H.,  Dr.  med.     1842. 

Kloss,  Senator.  Dr.  jur.     1856. 
"      Klotz,  Carl.     1844. 

Knopf,  L.,  Dr.  jur.     1869. 
'    '^Koch  C,  Dr.  phil.     1870. 

>  Koch,  Friedr.     1866. 

»      Kohn-Speyer,  Sigismund.     1860. 

>  Kolloge,  Eduard.     1866. 

■"      Königswärter,  Marcus.     1866. 

>  Königswarte  r,  J.     1869. 

:>       Krämer,  Johannes.     1866. 
*      Krebs-Schmitt,  C.     1869. 


—       91 


1854. 
1866. 


1869. 


Hr.  Krug,  Ad.     1869. 

»  Kuchen,  Theodor,  Consul.  1853. 

»  Kugele,  G.     1869. 

»  Kugler,  Dr  F.,  Appell.- G.-R.  1869. 

-  Kuhn,  H.     1869. 

»  Küchler,  Eduard.     1866. 

»  Küstner,  Johannes.     1841. 

^  Ladenburg,  Emil.     1869. 

»  Landauer,  M.  J.     1862. 

»  Langenberger,  Franz.     1860. 

»  Laurin,  Ferdinand.     1866. 

Lauteren,  C,  Consul.      1869. 

»>  Le  Bailly,  Gg.     1866. 

>-  Leonhardi,  Frhr.  Dr.  L.  v.  1870. 

»  Leschhorn,  Ludw.  Carl.     1869. 

»  Lindheimer,  Gerhard. 

»  Liou,  Jacob,  Director. 

V  List,  E.  F.     1866. 
»  Loretz,  A.  W.     1869. 
»  Lorey,  Carl,  Dr.  med. 
»  Löhr,  Clemens.     1851. 

»  Löwengard,  J.,  Director.     1859. 

V  *  Lucae,  G.,  Prof.,  Dr.  med.    1842. 

>  Lucius,  Eugen,  Dr.  phil.     1859. 
»  Ludwig,  Moritz.     1859. 

>  Lukacsich,  Major  von.     1832. 
»  Maas,  Adolph.     1860. 

»  Maas,  Simon,  Dr.  jur.     1869. 

V  de  Maes,  Ed.     1869. 

»  Mack,  Joh.  Friedr.     1866. 

»  Mahlau,  Albert.     1867. 

Fr.  Majer-Steeg.     1842. 

Hr.  Majer,  Joh.  Carl.     1854. 

»  Mauskopf,  Nicolaus.     1859. 

»  Manskopf,    W.   H.,    Commercien- 
rath.     1869. 

V  Matti,  Dr.  jur.     1836. 

»  May,  Martin,  Stadtrath.     1866. 

»  Meixner,  C.  A.     1866. 

»   *Melber,  G.,  Dr.  med.     1842. 

V  Mertou  Albert.     1869. 
*  Merton,  Ralph.     1860. 

»  Mettenheimer,  Louis.     1869. 

2>  *  Metzler,  Adolph.     1870. 

>  Metzler,  Albert.     1869. 
»  Metzler,  Carl.     1869. 

»  Metzler-Fuchs.  G.  F.     1842. 


Hr.     Metzler,  Gustav.     1859. 

»      Metzler,  Wilhelm.     1844. 

»      Meyer,  Friedrich.     1866. 

»      Minoprio,  Carl.     1821. 

»      Minoprio,  C.  G.     1869. 

»      Mohr,  Dr.  phil.,  Oberl.     1866. 

»      Muck,  F.  A.,  Consul.     J854. 

»      Müller,  Carl.     1842. 

»       Müller,  Joh.  Christian.     1866. 

»  Mumm-  V.  Schwarzensteiu,  Herrn., 
Geueralcousul.     1852. 

»  Mumm-  V.  Schwarzensteiu,  Dr.  jur., 
Oberbürgermeister.     1869. 

»      Mumm-  V.  Schwarzensteiu,  A.  1869. 

»      Mumm-  V.  Schwarzensteiu,  Wilh. 
1856. 
Die     Muster&chule.     1832. 
Hr.     Mylius,  Carl  Jonas.     1871. 

»      Nestle,  Hermann.     1857. 

•      Nestle,  Richard.     1855. 

•■>      Neubürger,  Dr.  med.     1860. 

»      de  Neufville-Siebert,  Friedr.  1860. 

»      de  Neufville-Büttner,  Gust.  1859. 

»      de  Neufville-de  Bary,  Aug.  1864. 

>  *  Noll,  F.  C,  Dr.  sc.  nat.     1863. 

Obernberg, Ad.  v.,  Dr.  jur.,  Stadt- 
rath.    1870. 

»      Ohlenschlager,  J.  A.,Dr.  jur.  1859. 

>>      Ortenbach,  Friedr.     1853. 

>'      Orthenberger,  Dr.  jur.     1866. 

»      d'Orville,  Friedrich.     1846. 

»      Osterrieth,  Franz.     1867. 

»      Osterrieth-Laurin,  Aug.     1866. 

>'      Osterrieth-von  Bihl.    1860. 

»  Passavaut,  E.,  Dr.  jur.,  Stadt- 
rath.    1866. 

»      Passavant,  Gust.,  Dr.  med.  1859. 

>'      Passavaut,  Hermann.     1859. 

»      Passavant,  Robert.     1860. 

>  Passavant,  Rudolph.     1869. 

>  *  Passavant,  Theodor.     1854. 

»      Petsch-Goll,  Philipp.     1860. 
>■      Pfeffel,  August.     1869. 
»      Pfeffel.  Friedrich.     1850. 

>  Pfefferkorn,  R.,  Dr.  jur.     1856. 
»      Pfeiffer,  Eugen.     1846. 

»      Poutick,  Otto,  Dr.  jur.     1866. 


25 


Hr.     Prestel,  Ferd.     1866. 

»      Prior,  Adolph,  Dr.  jur.     1866. 

»       Quilling,  Friedr.  Wilh.     1866. 

»      Raabe,  Erast.     1872. 

»  Ravenstein,  August.  1866. 
Realschule,  Israelitische.  1869. 
Hr.     Rehbock,  Chr.,  Dr.  med.     1866. 

»  *  Reichenbach,  J.  H.     1872. 

»  *  Rein,  J.  X,  Dr.  phil.     1866. 

*  Reinaeh,  Baron  Adolph.  v.,General- 

consul.     1860. 
»      Reinach,  Baron  Alb.  v.     1870. 
>■      Reiss,  Enoch.     1848. 
»      Reiss,  Jacques.     1844. 
»      Reuss,  Dr.  jur.,  SchöfF.     1824. 
»      Ricard,  Adolph.     1866. 
j>      Richard,  Friedr.     1866. 
>'      Rieger,  Wilhelm.     1832. 
»      Riese,  Gh.,  Poststallmstr.     1866. 
»      Rindskopf,  Isaac  M.     1866. 
»  *  Ripps,  Dr.  med.     1856. 
»      Rittner,  Georg.     1860. 

>  *  Roberth,  Ernst,  Dr.  med.     1845. 

»      Rödiger,  Conrad,  Dr.  phil.,  Direc- 

tionsrath.     1859. 
^      Roos,  Benjamin.     1869. 
»      Roose,  Carl  Eduard.     1866. 
»  *  Roose,  Wilhelm.     1869. 
»      Rössler  F.,  Münzwardein.    1866. 
Rothschild,   A.    S.,  Freiherr  von. 

1821. 
»      Rothschild,  M.  C,    Freiherr   von, 

Generalconsul.     1843. 
»      Rothschild,  Wilh.,  Freiherr   von, 

Generalconsul.     1870. 
»      Rottenstein,  Dr.    1866. 

*  Rücker,  Friedr.  Carl.     1860. 

»      Rumpf,  Dr.  jur.  Consulent.    1866. 
Fr.     Rumpf,  Fr.     1868. 
Hr.     Rütten,  Joseph.     1860. 

»      Sachs,  Joh.  Jac.     1870. 

»      Sanct-Goar,  M.     1866. 

y      Schafther,  Fr.  Dr.  med.     1866. 

»      Schärft",  Alexander.     1844. 

»  *  Schärft;  F.  A.,  Dr.  jur.  .  1852. 

»      Scharft-Osterrieth,  Gottfr.     1859. 

>  *  Scheidel,  S.  A.     1850. 


Hr.    Schenck,  Joh.  David.     1866. 
»      Scherbius,  G.     1869. 
»      Scheyer,  Emanuel.     1860. 
^      Schiele,  Simon,  Director.     1866. 

>  Schilling,  Dr.  med.     1833. 

»      Schmidt,  Adolph,  Dr.  med.  1832. 

>  Schmidt-Polex,  Adolph.     1855. 

»      Schmidt-Scharff,  Adolph.     1855. 
»      Schmidt,  Carl  ,Kreisthierarzt  .1857. 

»  *  Schmidt,  Heinr.,  Dr.  med.    1866. 
»      Schmidt,  Louis  A.  A.     1871. 

»  *  Schmidt,  Moritz,  Dr.  med.    1870. 

»  *  Schmidt,    M.,    Dr.    vet.,   Director. 

1866. 

»  *  Schmidt,   W.    H.,   Dr.  phil.,  Pro- 

fes.sor.     1861. 
»      Schmidt,  C.  F.     1872. 
>'      Schmöle,  Wilhelm.     1866. 

*  Schnell,  Heinrich.     1871. 

*  Schölles,  K.     1866. 

»      Schölles,  Joh.,  Dr.  med.     1866. 

»  *  Schott,  Eugen,  Dr.  med.     1872. 
»      Schulz,  Heinr.,  Dr.  jur.     1866. 
»      Schumacher,  Gg.  Friedr.     1866. 
»      Schürmann,  E.,  senior.     1866. 

*  Schwager,  W.  G.     1866. 

»  *  Schwarzschild  H.,  Dr.  med.  1836. 
»      Schwarzschild,   Moses.     1866. 
»      Schweitzer,  C.  von,  Dr.  jnr.,Schöff. 
»      Seuft^erheld,  Gg.     1837.         [1831. 
"      Siebert,  August.     1869. 

»  *  Siebert,  J.,  Dr.  jur.     1854. 

>  Souchay,  A.     1824. 

»      Speltz,  Jacob.     1819. 

»      Speltz,  Dr.  jur.,  Senator.     1860. 

»      Speyer,  L.  J.    1869. 

»      Speyer,  Philipp.     1866. 

»      Spiess,  Alexander.,  Dr.  med.  1865. 

>•  •'  Spiess,  G.  A.,  Dr.  med..  Geheimer 

Sanitätsrath.     1832. 

»  *  Stefi"an,  Ph.  J.,  Dr.  med.     1862. 

>  Steiger,  L.  von.     1869. 
»      Stein,  Joh.     1«66. 

-  "  Steitz,  Aug.,  Dr.  phil.    1858. 

*  Stern,  B.  E.,  Dr.  med.     1865. 
Stern,  Siegm.  Jacob.     1862. 

>-•      Stern,  Theodor.     Ii63. 


26 


Hr.     Steuernagel,  Joh.  Heinr.     1860. 
»  *  Stiebel,  Fritz,  Dr.  med.     1849. 

*  V.  Stiebel,  Heinrich,  Consul.  1860. 
»      Stiebel,  Sigismund.     1869. 

*  Stock,  H.  A.     1859. 

»  *  Stricker,  W.,  Dr.  med.     1870. 
»      Stromberg,  Nathan.     1866. 
»      Sulzbach,  Rud.     1869. 
»      Sulzbach,  Siegmund.     1866. 
»      Trieber,  C,  Dr.  phil.     1870. 
»      Ulmann,  A.    Dr.  phil.     1871. 
»      Varrentrapp,  Fr.,  Dr  jur.  1850. 
»  *  Varrentrapp,  Gg.,  Dr.  med.  Geh. 

Sanitätsrath.     1833. 
»      Varrentrapp,  J.  A.     1857. 
»      von  den  Velden,  Fr.     1842. 
»       Vogt,  Ludwig,  Director.     1866. 

>  *  Volger,  Otto,  Dr.  phil.     1862. 

>  Wagner-Lindheimer,  G.  J.  A.  1848. 
V  *  Wallach,  J.,  Dr.  med.     1848. 

x^      Walther,  Georg  C.     1859. 
»      Weber,  Andreas.     1860. 


.     Weiller,  Jacob  Hirsch.     1869. 
Weisweiller,  Gg.  v.,  Consul.  1866. 

*  Wenz,  Emil,  Dr.  med.     1869. 
Wernher,  A.,  Director. 
Wertheimber,  Louis.     1869. 

*  Wetterhan,  J.  D.     1860. 
Wetzel,  Heinrich.     1864. 
Weydt,  Nie.     1869. 
Winter,  W.  Chr.     1852. 
Wippermann,  Friedrich.     1819. 

*  Wirsing,  Dr.  med.     1869. 
Wirth,  Franz.     1869. 
Wittekind,  H.,  Dr.  jur.     1860. 

*  Wolff,  G.  K.,  Pfarrer.     1869. 
Wolfskehl,  H.  M.     1860. 
Wunderlich- Jassoy,  Gg.     1869. 
Wüst,  C.  L.     1866. 

Ziegler,  Julius,  Dr.  phil.     1869. 
Ziem,  G.  F.     1860. 
Zimmer,  C.  G.  B.     1869. 
Zimmer,  C,  Dr.  phil.     1855. 


III.  Neue  Mitglieder  für  das  Jahr  1873. 


Hr.  Alt,  Franz. 

»  Andreae,  H.,  Director. 

»  Angelheim,  J. 

Baader,  Friedrich. 

»  Bacher,  Max. 

»  Baer,  Joseph,  Director. 

»  de  Bary,  Heinrich  A. 

i»  Becker,  Adolph. 

»  Becker,  Friedrich. 

»  ßenecke,  John  Hermann. 

»  Beyfus,  M. 

»  Börne,  Jacob. 

»  Borgnis,  Franz. 

»  Breimer,  W.  H. 

»  Brentano,  Anton. 

»  Budge,  Moritz. 

»  Cahn,  Moritz. 

>  Carl,  J.  F. 

»  Cassel,  Gustav. 

»  Cnyrim,  Ed.,  Dr.  jur. 

»  Conrad,  C. 


Defize,  Adolph. 

Denzinger,   F.   J.,   k.  k.  Baurath 

und  Dombaumeister. 
Donner,  Carl. 
Ducca,  Wilhelm. 
Ebeling,  Wilhelm,  Actuar. 
Edenfeld,  Felix. 
Ehrhard,  E,  Ingenieur. 
Engel,  Louis. 
Engelhard,  Carl. 
Epstein,  Theodor. 
Fester,  Notar,  Dr.  jur. 
Fresenius,  Ph.,  Dr.  phil. 
Fridberg,  A.,  Dr.  med. 
von  Prisching,  C. 
Fritsch  Ph.,  Dr.  med. 
Frohmann,  Herz. 
Fuchs,  Waldemar. 
Fürth,  Albert. 
Funck,  C.  L. 
Goldschmidt,  A. 


—     27     — 


Hr.  Goldschmidt,  H.  H. 

»  Goldschniidt,  Marcus. 

»  Gotthold,  Gh.,  Dr.  phil. 

»  Gramm,  J, 

»  Graubner,  Friedr.,  Stadtrath. 

»  Gross,  Wilhelm. 

»  Gundersheim,  Joseph. 

»  Haase,  A.  W.  E. 

»  Hahn,  Ed.  Jac.   . 

»  Hahn,  Moritz, 

»  Hamburg,  Joseph. 

i^  Hammeran,  J.  A. 

»  Hauck,  Moritz,  Advocat. 

*  Heimpel,  Jacob. 

»  Henrich,  C,  F.  jun, 

»  Hirschhorn,  Gustav. 

»  Hofmann,  Julius. 

»  Jonas,  Adolph,  Dr,  jur, 

»  Kassel,  Elias,  Director. 

»  Kayser,  J.  A, 

»  Kinen,  Carl. 

»  Kinkelin,  Friedrich. 

>  Kirchheim,  S.,  Dr.  med. 
^  Klein,  Jacob. 

»  Klimsch,  Carl, 

»  Knoblauch,  Ferdinand. 

»  Kotzeuberg,  Gustav. 

>'  Küchler,  F. 

»  Kusenberg,  R.  J.,  Director, 

»  Landauer,  Wilhelm. 

»  Lang,  R.,  Dr.  jur. 

»  Langer,  Dr.  jur. 

»  Leser,  Philipp, 

»  Lindheimer,  Julius. 

»  Lion,  Benno. 

»  Lion,  Franz. 

>  Lion,  Siegmund. 
»  Lönholdt,  G.  W. 

»  Lönholdt,  E.  Heinrich. 

>  Lorey,  W.,  Dr.  jur. 
»  Malss,  Dr.  jur. 

»  Matti,  A.,  Dr.  jur. 

»  May,  Arthur. 

»  May,  Ed.  Gustav. 

»  May,  Julius. 

»  May,  J.  V.,  Dr.  jur. 

»  Merzbach,  A. 


Hr.  Mettenheimer,  Chr.  Heinr. 

»  Moldenhauer,  F.,  Ingenieur. 

»  Mouson,  Job.  Gg. 

»  Mumm-  von  Schwarzenstein,  P,  H. 

»  Nestle,  Julius.  [jun. 

>  de  Neufville,  Julius. 

»  Niederhof  heim,  A. 

»  Nolden,  Melchior. 

»  Ochs,  Carl. 

»  Ochs,  Hermann, 

»  Ochs,  Lazarus. 

»  Ohlenschlager,  Dr.  med. 

»  Oj)penheim,  Guido. 

»  Oppenheimer,  Charles. 

»  Osvralt,  H.,  Dr.  jur. 

»  Parrot,  J.  C. 

*  Petersen,  H.,  Dr.  phil, 
»  Pieg,  C,  Steuerrath. 

Posen,  Jacob. 

»  Rautenberg,  Leopold. 

»  Ravenstein,  Simon. 

»  Ricard,  L.  A. 

»  Rueff,  Julius,  Apotheker. 

»  Sandhagen,  Wilhelm. 

»  Sauerländer,  J.  D.,  Dr.  jur, 

»  Schepeler,  C,  F. 

»  Scherlenzky,  Dr.  jur. 

.>  Schiff,  Philipp. 

»  Schlemmer,  Dr.  jur. 

»  Schlesiuger-Trier,  C. 

»  Schlottner,  Ferd. 

»  Schmick  J.  P.  W.,  Ingenieur, 

»  Schmölder,  P.  A. 

»  Sieger,  Dr.  jur. 

»  Snatich,  Jacques. 

»  Sonneberg,  Heinrich, 

»  Sonnemann,  Leopold. 

»  Speyer,  Gustav. 

»  Springer,  Henry. 

»  Stadermann,  Ernst, 

»  Straus-Fuld,  A.  J. 

»  Strube,  Jac,  Hofrath. 

»  Trier,  Samuel. 

»  Umpfenbach,  A.  E. 

»  Una-Maas,  S. 

*  Volkert,  C.  A.  C. 
»  Weisbrod,  Friedr. 


28 


Hr.  Weismanu,  N. 

»  Weydt,  Philipp. 

"  Wiesche,  J.  L. 

»  Wiesner,  Dr.  med. 

»  Wirsing,  Adolf. 


Hr.  Wolff,  Adam. 

■  Zickwolff,  Albert. 

»  Zickwolif,  Otto. 

V  Zieo'ler.  Otto. 


Yerzeicliiiiss 

der  Geschenke  für  das  naturhistorische  Museum, 

welche  vou  Juui  1872  bis  Eude  Mai   1873  der  Gesellschaft 
überwiesen  wurden. 


1.  Für  die  vergleichend-anatomische  Sammlung: 
Von   der    löbl.     zoologischen    Gesellschaft:    Ein    Chimpanse 

(wegen  Krankheit  defect). 
Von  Herrn  Rud.  Herrn.  Müller:  Ein  junger  Delphin. 
Von  Herrn  Director  Dr.  J.  Haast  in  Christchurch,  Neuseeland: 

Ein  Skelett  vou  Apteryx  Oiveni. 

2.  Für  die  Säugethiersammlung: 

Von  der  löbl.  zoologischen  Gesellschaft :  Eine  Antilope  mergens. 
Von  Herrn  Leven:  Zwei  PinselafFen  (Hapale  penicülata). 

3.  Für  die  Vogelsanimluug: 

Von  der  löbl.  zoologischen  Gesellschaft:  Vier  Papageien  und 
einige  andere  Vögel. 

Von  Herrn  Custos  Erckel:  Zwei  Papageien, 

Von  Herrn  Oberlehrer  Dr.  Finger:  Einige  brasilianische  Colibri. 

Von  Herrn  Director  Dr.  Jul.  Haast  in  Christchurch,  Neusee- 
land, Apteryx  Oiveni  und  Apt.  australis,  Balg  eines  männ- 
lichen Strigo2)S  habroptiliis. 

Von  Fräulein  Fritze  Götz:  Eine  Cacatua  roseicapiUa. 

Von  Frau  Weisbrod:  Ein  Psittacus  leucocephalus. 

4.  Für  die  ichthyologische  Sammlung: 

Von  Herrn  Dr.  K.  v.  Fritsch  und  Dr.  J.  Rein:  Eine  Anzahl 
Fische  aus  Marocco  und  aus  dem  atlantischen  Oceau  an 
den  Küsten  Maroccos  und  der  Canareu. 

5.  Für  die  Sammlung  von  Reptilien  und  Amphibien: 
Von  Herrn  F.  Knoblauch:  Schlangen  und  Eidechsen  von Formosa. 


—     29     — 

Von  Herrn  Consul  Murphy:  Eine  Klapperschlaugenhaut. 

Von  Herrn  Oberlehrer  Dr.  Finger:  Brasilianische  Schlaugen. 

Von  Herrn  Hauptmann  von  Heydeu:  Reptilien  und  Amphibien 
aus  Spanien. 

Von  Herren  Dr.  K.  v,  F  r  i  t  s  c  h  und  Oberlehrer  Dr.  Rein:  Rep- 
tilien und  Amphibien  von  den  Cauarischen  Inseln  und 
aus  Marocco. 

Von  Herrn  Gustos  Koch:  Reptilien  aus  Australien. 

Von  Herrn  Dr.  Löwenthal:  Schlangen  aus  Südafrika. 

6.  Für  die  entomologische  Sammlung: 

Von  Herrn  F.  Knoblauch:  Diverse  Insecten  von  Penang,  Colouso 

und  Formosa. 
Von  Herrn  Oberlehrer  Dr.  Finger:  Brasilianische  Insecten. 
Von  Herrn  Gustos  A.  Koch:  Australische  Insecten. 

7.  für  die  Sammlung  von  Krustern,  Spinnen,  Scorpio- 
neu  und  Scolopendern: 

Von    Herrn    F.    Knoblauch:    Scolopender    und    Scorpione    von 

Formosa. 
Von  Herrn  Oberlehrer  Dr.  Finger:  Spinneu  aus  Brasilien. 
Von  Herren  Dr.  K.  v.  F ritsch  und  Oberlehrer  Dr.   Rein:  Cru- 

staceen,  Spinnen,  Scorpione  und  Scolopender  aus  Marocco 

und  von  den  Ganaren. 

8.  Für  die  Conchyliensammlung: 

Von  Herrn  Prof.  Stossich  in  Triest:  Dalmatinische  Conchylien. 
Von  Herrn  Dr.  W.  Kobelt:  Land-  und  Seeconchylien  von  Apu- 
lien  und  Sicilien. 

9.  Für    die    Sammlung    von    Würmern    und    anderen 
niederen  Thiereu: 

Von  Herrn  Marcus  Goldschmidt:  Eine  Anzahl  interessan- 
ter niederer  Seethiere  ans  dem  internationalen  Aquarium 
des  Herrn  Prof.  Dr.  A.  Dohru  in  Neapel. 

10.  Für  die  Sammlung  von  Echinodermen. 

Von  Herrn  Th.  Verkrüzen  in  London:  Isländische  Echiniden 
und  Seesterne. 

Von  Herrn  Dr.  W.  Kobelt:  Cidaris  aus  dem  Mittelmeer. 

Von  Herren  Dr.  K.  v.  Fritsch  und  Oberlehrer  Dr.  Rein:  See- 
igel und  Seesterne  von  den  Cauarischen  Inseln  uud  der 
Maroccanischen  Küste. 


—   so- 
ll. Für  die  Sammlung  von  Korallen. 
Von  Dr.  W.  Kobelt:  Korallen  des  Mittelmeeres. 

12.  Für  das  Herbarium: 

Von  Herrn  Adolf  Metzler:  Vierzig  Faseikel  phanerogamischer 
Gewächse,  meist  aus  Deutschland  und  Südeuropa,  z.  Th. 
Exoten. 

Von  Herrn  Oberlehrer  Dr.  J.  Rein:  115  Pflauzenarten  aus  der 
Sierra  Nevada  Spaniens. 

Von  Herrn  Dr.  Th.  Geyler:  50  Pflauzenarten,  meist  von  den 
Canareu. 

Von  Herrn  Gärtner  Kiefer  in  Bieberach:  Einige  seltnere  Arten 
der  südeuropäischen  Flora. 

Von  Herren  Dr.  K.  v.  Fritsch  und  Oberlehrer  Dr.  Rein:  Säme- 
reien etc.  aus  Marocco  und  von  den  Canaren  sowie  Caua- 
rische  Hölzer. 

13.  Für  die  geologische  und  paläontologische  Samm- 
lung: 

Von  Herrn  Dr.  Askenasy:  Südrussische  Petrefacten  (meist  car- 
bonisch) uud  Gesteine. 

Von  Fräulein  Bögner:  Einige  Gesteine  uud  Petrefacten. 

Von  Herrn  Dr.  0.  Böttger:  Crustaceen  {Coeloma  taunicum)  aus 
dem  Septarienthou  von  Breckenheim  am  Taunus. 

Von  Herrn  Prof.  Dr.  AI.  Braun  in  Berlin:  Abguss  des  Zapfens 
von  Firnis  anactis. 

Von  Herrn  Dr.  Geyler:  Gesteine  vom  Laacher  See. 

Von  Herra  stud.  rer.  nat.  Gottsche  aus  Alton a:  Eine  Reihe 
Miocänfossilien  von  Laugenfelde  bei  Altona  uud  von 
Petrefacten  der  norddeutschen  Silurgeschiebe. 

Von  Herrn  luspector  Graf:  Ein  Geweihzacken  von  Cervus  euryceros. 

Von  Herrn  Hauptmann  von  Heydeu:  Hornzapfeu  vom  Rind 
aus  Torf. 

Von  Herrn  Prof.  Dr.  Karsten  iu  Rostock:  Sogenannte  Stern- 
berger  Kuchen  mit  Petrefacten. 

Von  Herrn  Dr.  W.  Kobelt:  Eine  reiche  Suite  von  jungtertiäreu 
Petrefacten  von  Tarent  und  Bari,  ferner  einige  Gesteine. 

Von  Herrn  Prof.  Dr.  C,  Koch  in  Wiesbaden:  Eine  Anzahl 
devonischer  Petrefacten,  worunter  schöne  unterdevonische 
Crinoidenabdrücke. 


-     31     — 

Von  Herrn  M.  J.  Landauer  in  Wien,  früher  hier :  Eine  Anzahl 

Petrefacteu,  darunter  werthvolle  Ichthyosaurus-Reste. 
Von  Herrn  Prof.  Dr.  Lucae:  Eine  Comatula  peniiata  von  Solen- 

hofen. 
Von  Herrn  Gärtner  Müssig:  Ein  Stück  verkieseltes  Holz  von  hier. 
Von  Herrn  Dr.  F.  Noll:    Fossile  Knochen    aus   hiesigem    Litori- 

nellenkalk. 
Vom  Pommer'scheu  Museum    in  Stettin:    Eine  Reihe  Kreide- 

petrefacten    von    Rügen    und    aus    Schonen,    sowie  einige 

pommersche  Malm-  und  Dogger-Petrefaoten,  aus  der  früher 

von  Hagenow'scheu  Sammlung,  und  von  diesem  Forscher 

bestimmt. 
Von  Herrn  Geheimrath  Prof.  Dr.  F.   Römer  in  Breslau:  Culm- 

schiefer   mit   Tosidonomya   Becheri   von    Alosuo   in    Süd- 

spauieu   und    Pentatrematiteu    aus    Nordamerikanischem 

Kohlenkalk. 
Von  Herrn  Senator  Römer  in   Hildes  heim:    Ophioderma  Bon- 

nardi  aus  Rhät  von  Hildesheim. 
Von  Herrn  Dr.  F.  Scharff:    Kugelbildungeu  von  Buntsandsteiu 

von  Heidelberg. 
Von  Herru  S.  A.  Scheid el:  Liguite  und  Pflanzenreste  (darunter 

interessante  Lastraea)  aus   Braunkohle   vom  Westerwald. 
Von  Herrn  Prof.  Wiechmann  in  Rostock  (durch  Herrn  Dr.  Ko- 

belt):    Petrefacteu    aus    den  oberoligocäneu  «Sternberger 

Kuchen  » . 
Von  Herru  Dr.  J.  Ziegler:  Hirschzähne  aus  einem  Lösskindel. 

14.  Für  die  Mineraliensammlung: 
Von  Herrn  Dr.  Askenasy:  Ein  sibirischer  Topas. 
Von    Herrn    J.    M.    Bastert:    5  Erzstufen    aus  der  Kupfergrube 

Wilhelmine  bei  Sommerthal. 
Von  Herrn  J.  U.  du  Fay:    Ein  grosser  bipyramidaler  Quarz  aus 

Zinuwald. 
Von  Herrn  stud.  Gottsche  aus  Altoua:  Diverse  Krystalle. 
Von   Herrn.   W.    Jeff  er  is    in   New -York    (durch    Herru    S.  A. 

Scheidel):    8   Stück  Glimmertafeln    von  New- York    und 

Phlogopit  von  Rossie. 
Von  Herrn  Prof.  Dr.  C.  Koch   in  Wiesbaden:    9  Stück  diverse 

Mineralien  (darunter  Millerit)  aus  dem  Nassauischen. 


~     32     - 

Von  H.  W.  Koch:  Diverse  schöne  Mineralstnfen ,  z.  Th.  aus 
Böhmen,  von  Chemnitz,  von  Elba,  von  Island,  aus  Eng- 
land. Die  Gesellschaft  verdankt  diesem  hochherzigen 
Gönner  seit  dem  Beginn  des  Jahres  1872  eine  grosse 
Reihe  von  288  werthvollen  Mineralstücken. 

Von  Herrn  Prof.  Dr.  G.  vom  Rath  in  Bonn:  Tridymit  vom 
Siebeugebirge. 

Von  Herrn  Dr.  F.  Scharf f:  Mineralien  aus  Ungarn  und  von 
Oberstein. 

Von  Herrn  Dr.  Jul.  Ziegler:  Ein  grosser  Morion  vom  St.  Gotthard, 
15.  Für  die  ethnographische  Sammlung: 

Von  Herrn  Dr.  D.  Gregorio  Chil  in  las  Palmas  auf  Canaria 
(vermittelt  durch  Dr.  K.  v.  Fritsch  und  Oberlehrer  Dr. 
J.  Rein):  Zwei  Schädel  alter  Canarier  und  einige  andere 
canarische  Alterthümer.  *) 

Von  Herrn  Heinr.  Fliusch:  Scliädelabguss  und  Gehirnausguss 
des  Neanderthal-Menschen. 

Von  Herrn  Packer  (übermittelt  durch  Herrn  S.  A.  Scheidel): 
Ein  Steinbeil  und  Pfeilspitzen  aus  Nordamerika. 

Von  Herrn  Kaufmann  Friedr.  Ludw.  Resch:  Fünf  Modelle  sia- 
mesischer Boote. 

Von  Herrn  L.  A.  Ricard:  Ein  Schnupftabakslöffel  eines  Hotten- 
totten. 

Von  Herrn  S.  A.  Scheidel  und  anderen  Gönnern  der  Gesell- 
schaft: Eine  werthvolle  Sammlung  von  Schweizer  Pfahl- 
baualterthümeru,  die  der  verstorbene  Herr  Archivar  Rös- 
sel in  Wiesbaden  besessen  hatte. 


beschenke  an  Geld, 

welche  der  Senckeuberg'schen  uaturforschenden  Gesell- 
schaft im  abgelaufenen  Geschäftsjahr  überwiesen  wurden. 
Von  den  löbl.  städtischen  Behörden  fl.  1500. 
Von  Herrn  Adolf  Metzler  (für  Vermehrung  des  Herbars)  fl.  120. 
Von  Herrn  Philipp  von  Donner  (für  Vermehrung  der  oruitholo- 
gischen  Sammlung)  fl.  50. 


*)  Im  vorigen  Jahresbericht  unserer  Gesellschaft  ist  ein  altcanarischer 
Schleifstein  aus  blasiger  Lava  irrthünilich  als  der  geologischen  statt  der  ethno- 
graphischen Section  ü1>erwiesen  aufgeführt  worden. 


33     - 


Verzeicliiiiss 

der  Gesclieiike  an  Büchern, 

eingegangen  vom  Jnni  1872  bis  Juni  1873. 

Von  der  Societe  Linueeune  du  nord  de  la  France  zu  Amiens: 
Memoires  1868,  1869. 
Bulletin  mensuel  1872. 
Von  der  konigl.  Akademie  van  wetenschappen  zu  Amsterdam: 
Verslagen  eu  Mededeelingen  Afd.  natuurkunde,  6.  Deel.  1872, 
Jaarboek  1871. 

Processen- Verbaal  1871—72.     No.  1-10. 
Von  der  Bataviaasch  genootscbap  van  Künsten  en  wetenschappen 
zu  Batavia: 

Notulen    van    de    algemeeue    en    bestuurs-vergaderingen, 
Deel  VIII.  1870. 
»     IX.      1871. 
»     X.       1872,  No.  1,  2,  3. 
Eerste  Vervolg-Catalogus  der  Bibliotheek  1872. 
Tydschrift     voor    indische    taal,    land    en    volkeukunde, 
Deel  XVIII.   aflevering  2,  3. 
»  4. 

»  5  und  6. 

^>     XX.  »  1,  2  und  3. 

Verhandelingen,     Deel  34,  35  und  36. 
Von  dem  hoben  k.  preussischeu  Ministerium  für  Handel,  Gevp^erbe 
und  Industrie  zu  Berlin: 

Karte    uud    Profile    zur   geologischen    Beschreibung    von 

Rüdersdorf  und  Umgegend. 
Geologische  Karten  von  Preussen  und  den  Thüringischen 

Staaten  in  drei  Lieferungen,  1870  und  1872. 
Erläuterungen  zur  geologischen  Special-Karte,  1870  u.  72. 
Abhandlungen    »  »  »  Tome  I, 

Heft  I.     1872. 
Einleitende  Bemerkungen  zur  geolog.  Special-Karte. 
Von  der  k.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin: 
Physikalische  Abhandlungen  1871. 
Mathematische  »  1871. 

3 


—     34     - 

Von  der  deutschen  geologischen  Gesellschaft  zu  Berlin: 
deren  Zeitschrift  XXIV.  Band,  Heft  1,  2,  3. 

Vom  botanischen  Verein  ftir  die  Provinz  Brandenburg  zu  Berlin: 
Verhandlungen  1868,  1869,  1870,  1871. 

Von  der  Schweizerischen  naturforschenden  Gesellschaft  zu  Bern: 

1)  Verhandlungen  der  Schweizerischen  naturf.  Gesellschaft 

in    Frauenfeld,    vom    21.,    22.    und   23.    August 
1871,  51.  Jahresversammlung;  Jahresbericht  1871. 

2)  Mittheilungen  von  1871,  No.  745-791. 

Von  der  Accademia  delle  Scienze  dell'  Istituto  di  Bologna: 
Memorie,  Tome  I  und  II,  fasc.  1. 
Reudiconto  delle  Sessioni  1871 — 72. 

Indici  generali  dei  dicci  tomi  della  seconda  serie  1862 — 70. 
Vom    naturhistorischen  Verein   der   preussischen    Rheinlande   und 
Westphalens  zu  Bonn: 

Verhandlungen  1871.  —  28.  Jahrgang,  1.  und  2.  Hälfte. 
1872.  —  29.  »  1.  Hälfte. 

Von  der  Societe  des  Sciences  physiques  et  naturelles  zu  Bordeaux: 

Extrait  des  proces-verbaux  des  seances   1872  —  73. 
Vom  Verein  für  deutsche  Nordpolfahrt  zu  Bremen: 

Sitzungsberichte  1872. 
Vom  naturwissenschaftlichen  Verein  zu  Bremen: 
Abhandlungen,  III.  Band,  2.  Heft.  1872. 

3.      »      1873. 
Beilage  No.  2  zu  den  Abhaudlungeu  1871. 
Von    der    Schlesischen   Gesellschaft   für    vaterländische  Cultur   zu 
Breslau: 

49.  Jahresbericht.     1871. 

Abhandl.,  Abth.  Naturwissenschaften  u.  Mediciu,  1869 — 72. 
»  »      Philosophisch-historische,   1871. 

Vom  naturforschenden  Verein  zu  Brunn: 
Verhandlungen  Band  IX,  1870. 
»  »        X,  1871. 

Von   der  Academie  royale  des  sciences,    des  lettres  et  des  beaux- 
arts  de  Belgique  zu  Brüssel: 

Memoires  Tome  XXXIX,   1872. 

»  couronues  et  autres  memoires  Tome  XXII,  1872. 

Bulletins  Tome  31  und  32  —  1871. 
»      33  und  34   -   1872. 


—     35     - 

Annuaires  1872  uud  1873. 

Centieme     Anniversaire     de     fondatiou     (1772  —  1872). 
Tome  I  und  II,  1872. 
Von  Herrn  Ad.  Quetelet,  Secretaire  perpetuel  de  TAcademie  royale 

de  Belgique  zu  Brüssel: 

de  riiomme  considere  dans  le  Systeme  social.  Observations 
des  Phenomenes  periodiques  pendant  1870,  tables 
de  mortalite  et  lenr  developpement  1872. 

Von  der  Societe  Entomologique  de  Belgique  zai  Brüssel: 
Anuales  Tome  V,  1871—72. 

Von  der  Aecademia  gioenia  di  Scienze  naturali  zu  Catania: 
Atti,  3.  Serie,  Band  V,  1871. 

Von  der  Societe  nationale  des  sciences  naturelles  zu  Cherbourg: 
Memoires  Tome  XVI.  1871—1872. 

Von  der  kgl.  Norske  Universitet  zu  Christiania: 

Le  Neve  de  Justedal  et  ses  glaciers  par  G.  de  Seue. 
Christiania  Omegns  Phauerogamer  og  Bregner  von  A.  Blyte 
Bidrag  til  kuudskab  om  Christiauiafjordens  Fauna  II  von 

Prof.  Michael  Sars. 
Crustacea  amphipoda  borealia  et  arctica,  autore  Axel  Boeck. 

Femer  durch  die  Vermittlung  der  Universität  von  der  kgl.  Gesell- 
schaft der  Wissenschaften  zu  Trondhjem: 

Carcinologiske  Bidrag  til  Norges  Fauna  v.  G.  0.  Sars. 

Vom  Verein  für  Erdkunde  und  dem  Mittelrheinischen  geologischen 
Verein  zu  Darmstadt: 

Notizblatt  3.  Folge,  X.  Heft  No.  109-120.     1871. 
»  »       »      XL     »      No.  121—132.     1872. 

Vom    Verein    für    Geschichte   uud    Naturgeschichte   zu    Donau- 
eschingen: 

Schriften,  IL  Heft  1872. 

Von  Herrn  Dr.  Edm.  Russow,  Docent  der  Botanik  zu  Dorpat: 
Memoires  Tome  XIX  No.  1  der  k.  Akademie  zu  St.  Peters- 
burg, enthaltend:  „Vergleichende  Untersuchuugen 
der  Histiologie  der  Sporen  etc.  bei  den  Leist- 
büudel-Kryptogamen  mit  Berücksichtigung  der 
Phanerogamen  ausgehend  von  der  Betrachtung 
der  Marsiliaceen. 


Von  der  Royal  Society  zu  Edinburgh: 

Transactions  Vol.  XXVI,  Part  II  und  III.     1870-71. 
Proceedings  1870—71. 
Von  der  Physikalisch-medicinischen  Societät  zu  Erlangen: 

Sitzungsberichte,  4.  Heft  1871 — 72. 
Von  dem  Reale  Comitato  geologico  d'Italia  zu  Florenz: 
Bollettino  No.  3  —  incl.   12.     1872. 
»  »     1  —     »        4.     1873. 

Von    der    deutschen   niaiakozoologischen  Gesellschaft  zu  Frank- 
furt a.  M.: 

Nachrichtsblatt,  IV.  Jahrgang  1872.     No.  3,  4,  5,  6. 
V.  »  1873.       »     1,  2,  3. 

Von  der  Zoologischen  Gesellschaft  zu  Frankfurt  a.  M. : 

Zeitschr.  d.  Zoologische Garteu,  XIII.  Jahrg.  1872.  No.C— 12. 

XIV.      »      1873.   »   1—4. 
Von  Herrn  Dr.  M.  Reiss,  dahier: 

dessen  Evaluation  du  uombre  de   combinaisons  desquelles 
les  28  des  d'un  jeu  du  Domino  sout  susceptibles 
d'apre«  la  regle  de  ce  jeu. 
Von  Herrn  Dr.  Rüppell,  dahier: 

Proceedings    of  the  Scientific  Meetiugs    of  the  zoological 
Society    to    London    1871.     Part   1,    2,    3  with 
coloured  plates. 
Vom  hochlöblichen  Magistrat  der  Stadt  Frankfurt  a.  M. : 

Rudolph's  Orts-Lexikon  von  Deutschland   1.  iiud  2.  Band. 
Von  Herrn  Dr.  Georg  Haag,  dahier: 

dessen  Monographie  der  Cryptochiliden. 
Vom  Comite  des  deutschen  Juristeutags,  dahier: 

Festschrift  für  den   10.  deutschen  Juristentag  hier,   1872. 
Von  der  Garteubau-Gesellschaft,  dahier: 

Bericht  von  1870-71. 
Von  der  naturforschenden  Gesellschaft  zu  Freiburg  i,  Br. : 

Berichte  über  die  Verhandlungen,  Band  VI,  Heft  1.  1873. 
Von  der  naturwissenschaftlichen  Gesellschaft  zu  St.  Gallen: 

Bericht  1870—71. 
Von  Herrn  Prof.  Dr.  Streng,  Rector  der  Universität  zu  Gi essen: 
dessen  Akademische  Festrede,  1872. 

dessen    lieber   den    basaltischen   Vulkan   Aspenkippel   bei 
Climbach  unweit  Giessen.     1873. 


Von  der  Societe  de  Physique  et  d'Histoire  naturelle  zu  Genf: 
Me'moires  Tome  XXI,  2.  Theil.     1872. 

Von  dem  akadem.  Lesevereiu  an  der  k.  k.  Universität  zu  Graz: 
5.  Jahresbericht  1872. 

Von  der  Hollandsche  maatschappij  der  wetenschappen  zu  Harlem: 
Arehives  Tome  VII,  1.,  2.,  3.  Lieferung.     1872. 

Von  der  naturhistorischeu  Gesellschaft  zu  Hannover: 
21.  Jahresbericht  1870  —  71. 

Von  Herrn  Dr.  Askeuasy,  Privatdocent  zu  Heidelberg: 

Catalog  russischer  Topase  v.  H.  Kokscharow.  Petersburg  1 866 
(in  russischer  Sprache). 

Von  Herrn  Hugo  von  Asten  zu  Heidelberg: 

Ueberjdie  in  südösthcher  Umgegend  von  Eisenach  auf- 
tretenden Felsitgesteine  nebst  bei  selbigen  beob- 
achteten Metamorphosen  und  über  neu  entdecktes 
Vorkommen  von  krystallisirten  Mineralien  in 
krystallisirten  Mineralien.     1873. 

Von  dem  uaturhistorisch-medicinischen  Verein  zu  Heidelberg: 
Verhandlungen,  VI.  Band.     1871—72. 

VoD  d.  k.  Physikalisch-Oekonomischen  Gesellschaft  zu  Königsberg: 
Schriften,  XII.  Jahrgang  1871,   1.  und  2.  Abtheilnng. 
»         XIII.  »  1872,  1.  » 

Von  der  Societe  vaudoise  des  sciences  naturelles  zu  Lausanne: 
Bulletin,  Vol.  XL  No.  66,  67,  68.     1871,  72,  73. 

Von  Herrn  T.  A.  Verkrüzen  in  London: 

dessen  ,, Norwegen,  seine  Fjorden  und  Naturwunder";  eiue 
wissenschaftliche  Reise  1871. 

Von  der  Zoological  Society  zu  L  o  n  d  o  n : 
Proceedings  1871,  Part  II  und  III. 
1872,     »       I  und    IL 
1861—70.     Index. 
Transactious,  Vol.  VII,  Part  7  und  8,   1871  und  72. 

»     VIII,    >     1,  2,  3.  1872. 
Revised   List    of  the    vertebrated  aninials  of  Die  gardeus 

of  the  Society  1872. 
Catalogue  of  the  library  1872.  ' 


»  53. 

» 

»  54. 

T> 

4.  1871. 

1  und  2. 

1871  und  72, 

1.  1872. 

—     38     — 

Von  der  Linnean  Society  zu  London: 

Journal  Vol.  XIII,  Botany  No.  66.     1872. 
T>        »         do.        »     67.        » 
»     XI,     Zoology 
»         »         do. 
Proceedings  1871—72. 
Transactions  Vol.  XXVII,  Part  4. 
»     XXVIII, 
»     XXIX, 
Additions  to  the  library  1871. 
List  of  members. 
Von  der  Geological  Society  zu  London: 

the  quarterly  Journal  Vol.  27,  No.  105,  106,  107,  108. 

»     28,     »    109,  110,  111,  112. 
»     29,     »    113. 
Von  der  Royal  Society  zu  London: 

Philosophical  transactions  1871  Vol.  161,  Part  IL 

1872     =>     162,      »     L 
List  of  members  of  1871. 
Proceedings  Vol.  XX,  No.  130  bis  incl.  137. 
Von    der    British  Association   for  the  Advancement  of  Science  zu 
London: 

Report  of  the  41th  meeting  1871  held  at  Edinburgh. 
Von  der  kgl.  Universität  zu  Lund: 

Acta  Universitatis  Lundeusis  (ärs-skrift). 

1869.  Philosophie,  Sprachkunde,  Geschichte,  Ma- 
thematik und  Naturwissenschaft. 
do.      1870.  Theologie,  Mathematik  u.  Naturwissenschaft. 
Universitets-Bibliothekets  Bok-inköp  1871. 
Von  der  Societe  imperiale  d'Agriculture  zu  Lyon: 

Annales  Tome  L  1868  und  Tome  IL  1869. 
Ferner  durch  dieselbe  erhalten: 

Memoires  de  l'Academie  des  sciences,  belies  lettres  et  arts 
de  Lyon.     Tome  18.     1870—71. 
Vom  Reale  Istituto  Lombardo  zu  M  a  i  1  a  Ji  d  : 

Memorie,    classe    di   scienze   matematiche  e  naturali  Vol. 
XII,  8  No.  2,  3,  4,  5.     1871. 


-     39     - 

Reudiconti  Serie  II,  Vol.  III  No.  16  bis  incl.  20.    1870. 
»  »      III,    )>      IV     »       1    »    incl.  20.    1871. 

»  »      II,     »      V      »       1    »    incl.  16.    1872. 

Von  der  Gesellschaft  zur  Beförderung  der  gesammten  Naturwissen- 
schaften zu  Marburg: 

Sitzungsberichte  1869  und  71. 
Schriften,  Band  IX.     1872. 

»  »      X.     Abhandlung  1,  2,  3,  4. 

Von  der  Societe  imperiale  des  naturalistes  zu  Moskau: 
Bulletin,  1872.     Nr.  1,  2,  3. 

Von  der  kgl.  bayr.  Akademie  der  Wissenschaften   zu  München: 

Sitzungsberichte  1871.     Heft  III. 
»  1872.        »      I,  II. 

Verzeichniss  der  Sitzungsberichte  für  1860 — 1870. 

Abhandlungen    der    mathematisch -physikalischen    Classe. 
Band  XI,  Abtheilung  1.     1871. 

Rede    über   die  Aufgabe    des  chemischen  Unterrichts  etc. 
von  Dr.  Emil  Erlenmeyer.     1871. 
Von  Herrn  Prof.  Dr.  C.  Th.  v.  Siebold  zu  München: 

Mittheilungen  über  die  Speichelorgane  der  Bienen.  1872. 

üeber  taube  Bieneneier.     1873. 

Briefe  von  R.  v.  Willemoes -Suhm    über  die   Challenger- 
Expedition. 
Von  Herrn  Arcangelo  Scacchi  zu  Neapel: 

Sülle  Forme  cristalliue  di  alcuni  composti  di  Toluene.   1870. 

Sulla  origine  della  cenere  vulcanica.     1872. 

Notizie  prelimiuari  di  alcuue  specie  miueralogiche.    1872. 

Contribuzioni    mineralogiche    per    servire    alla   storia  dell' 
inceudio  Vesuviano  del  mese  di  Aprile.     1872. 
Von  der  Societe  des  Sciences  naturelles  zu  Neuchätel: 

Bulletin,  Tome  IX,  2.  Heft.     187J. 
Von  der  naturhistorischen  Gesellschaft  zu  Nürnberg: 

Abhandlungen,  V.  Band.     1872. 
Von  der  neurussischen  Gesellschaft  der  Natur forsclier  zu  Odessa: 

Denkschriften.     1872  und  1873  (in  russischer  Sprache). 
Von  der  Societe  geologique  de  France  zu  Paris: 

Bulletin,  Band  28.     1870-71.     page  305-388  Rest. 


—     40     — 

Von  der  Academie  des  sciences  zu  St.  Petersbiirg: 
Memoires,  Tome  XVII,  No.  11  uud  12.     1871. 

»      XVIII,  ^     1  bis  incl.  7.     1871—1872. 
Bulletin,         ->      XVII,     »     1,  2,  3. 
Von  der  eutomolog.  Gesellschaft  von  Russlaud  zu  St.  Petersburg: 
Horae,  Tome  VIII.  2,  3,  4.     1871-72. 
»      IX.      1,  2,  3.     1872—73. 
Von  dem  Naturforscher- Verein  zu  Riga: 

Correspoudenzblatt.     19.  Jahrg.  1872. 
Die  Bildung  des  Knochengewebes  v.  Ludw.  Stieda.    1872. 
Von  Herrn  Dr.  phil.  Carl  Agardh  Westerlund  zu  Ronneby: 
dessen   Expose   critique   des  Mollusques  de  terre  et  d'eau 

douce  de  la  Suede  et  de  la  Norvege;  1871. 
dessen  Sveriges  Land  och  Sötvatteu  Mollusker. 
Von    den    naturwisseuschaftlicheu    Vereinen  von   Neu -Vorpom- 
mern und  Rügen: 

Mittheilungeu.     4.  Jahrg.  1872. 
Von  Herrn  Jos.  Haltrich,  Gymnasial-Director  in  Schässburg 
(Siebenbürgen) : 

Die  Macht  uud  Herrschaft  des  Aberglaubens.     1871. 
Vom  entomologischen  Verein  zu  Stettin: 

Eutomologische  Zeitung.     33.  Jahrgang  1872. 
Von  der  kgl.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Stockholm: 

Meteorologiska  Jakttagelser  i    Sverige    von    Er.    Edlund. 
Tome  IX.     1867. 
»      X.      1868. 
»      XI.     1869. 
Handlingar  neue  Folge,  Tome  VII,  2.  Heft.     1868. 

»      VHI.  1869. 

y>      IX,     4.  Theil.     1870. 
Öfversigt  af  Akademien's  Förhandlingar.   26.  Jahrg.  1869. 
»  »  »  »  27.      »       1870. 

Lefnadsteckuingar  öfver  Akademieus  efter  ar  1854  aflidna 
Ledamöter,  Tome  I,  2.  Hälfte.     1870. 
Vom  Bureau  de  la  recherche  geologique  de  la  Suede  zu  Stockholm: 
4  grosse  Karten.     42.-45.  Lieferung. 
Sveriges  geologiska  undersökuing.     No.  41  bis  incl.  45. 
Von  der  R.  Accademia  della  scieuze  di  T  o  r  i  n  o : 
Atti   1871.     Vol.  VII,   1  und  2. 


—     41     — 

Atti  1872.     Vol.  VII,  3,  4,  5,  6,  7. 
BoUettiuo  meteorologico  ed  astronomico.     1872. 
Von  der  Smithsonian  lustitutiou  zu  Washington: 
Aunual  report  1870. 
Report  of  tlie  Superintendent  of  the   U.    St.    Coast    Sur- 

vey.     1868. 
Mouthly  reports  for  1871  von  Aem.  Departement  of  Agri- 

cuUure  zu  Washington. 
Report  of  the  commissioner  ofAgriculture  1870.     do.     do. 
Ferner  durch  die  Smithsonian  Institution:  Vom  Museum  of  com- 
parative  Zoology  zu  Boston  ü.  S.: 

Aunual  report  of  the  Trustees.     1870. 
Von  der  Society  of  natural  history  zu  Boston  U.  S. : 
Memoires,  Vol.  II,  Part  I  No.  2  und  3. 

do.  -     II,      »      II  »      1. 

Proceediugs  Vol.  XIII.     1869—71. 
Von  der  American  Association  for  the  advancement  of  Science  zu 
Cambridge  U.  S.: 
Proceediugs.     19  meeting.     1870. 
Vom  Museum  of  comparative  Zoology  zu  Cambridge  U.  S. : 

Report    on    the   Brachiopoda   by  W.    H.    Dali,    Bulletin, 

Vol.  III,  No.   1. 
Illustrated  Catalogue  No.  VII. 

Revision  of  the  Echini  by  Prof.  Alex.  Agassiz.  Parts  I  u.  II. 
Vom  Lyceum  of  natural  history  zu  New -York: 
Aunals,  Vol.  IX,  No.   13.     1870. 

»     -X,      .     1—7.     1871—72. 
Proceediugs  von  1870—1871. 
Von  der  Orleans  couuty  Society  of  natural  sciences  zu  Orleans  U.  S.: 
Archives  of  science  and  transactions.  Vol.  I,  No.  1  uud  2. 
1870—1871. 
Von  der  American  philosophical  Society  zu  Philadelphia: 

Proceediugs,  Vol.  XII,  No.  86  und  87. 
Von  der  Academy  of  natural  sciences  zu  Philadelphia: 

Proceediugs,  Part  I,  II  und  III.      1871. 
Von  dem  Essex  Institute  zu  Salem  U.  S.  (Mass.): 

Proceediugs  and  Communications,  Vol. VI,  part3.  1868  —  71. 
Bulletin,  Vol.  III.     1871.     No.   1-12. 


42      

Von  Herrn  Dr.  F.  Scliiiltz  zu  Weissenbiirg  (Elsass): 

dessen  Archives  de  la  Flore  d'Europe.    1872.   Prospectus. 
Von  Herrn  Dr.  J.  Haast  zu  Wellington  auf  Neuseeland: 

Transactions    and  Proceedings  of  the  New-Zealand  Insti- 
tute.    Vol.  n.     1869. 
do.  Vol.  ni,  part  3.     1870. 

Proceedings,        Vol.  HI,  part  1   und  2.     1870. 
Reports  of  geological  Explorations  von  1870 — 71. 
Von  der  k.  k.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Wien: 

Denkschriften;  mathem.-naturw.  Classe.  XXXI. Bd.  1872. 
Anzeiger,  »  »  »     v.No.  13-29.  1872. 

»  »  »  »         »       1-11.  1873. 

Von  der  k.  k.  geologischen  Reichsaustalt  zu  Wien: 
Verhandlungen.     1872.     No.   14—18. 
Jahrbuch.     XXII.  Band.     1872.     No.   1  bis  incl.  4. 
Gen.-Reg.  d.  Bände  XI— XX  d.  Jahrb.  u.  d.  Verhandl. 
Von  der  zoologisch-botanischen  Gesellschaft  zu  Wien: 

Verhandlungen  1872.     XXII.  Band. 
Von  der  österreichischen  Gesellschaft  für  Meteorologie  zu  Wien: 

Zeitschrift,   VIII.  Band,  No.  1.     1873. 
Von  Herrn  Dr.  med.  Karl  Bettelheim  zu  Wien: 

dessen  medicin.-chirurg.  Rundschau,  1872.  XIII.  Jahrg.,  II. 

III.  und  IV.  Band. 
1873.      XIV.  .Jahrgang  I.  Band. 

.>  »  IL     »       1.  und  2.  Heft. 

Von  Herrn  Dr.  phil.  A.  Nehring  zu  Wolfenbüttel: 

dessen  Geolog.  Anschauuugeu  des  Philosophen  Seneca,  1873. 
Von  der  physikalisch-medicinischeu  Gesellschaft  zu  Würzburg: 
Verhandlungen  neue  Folge,  IL  Band,  4.  Schlussheft.  1872. 

in.    »       l.,2.,3.,4.Hft.  1873. 
IV.    »       1.  Heft.  1873. 

Von  der  naturforschenden  Gesellschaft  zu  Zürich: 

Vierteljahrsschrift.     16.  Jahrg.,  1.  bis  incl.  4.  Heft. 
Von  Herrn  Prof.  Herrn.  Meyer  zu  Zürich: 

Fische  der  March  bei  Olmütz  von  Ludw.  Heinr.  Jeitteles. 
I.  und  IL  Abtheilung.     1863  und  64. 


—     43     — 


Drittes  Yerzeichniss 

der  für  die  Rüppell- Stiftung  eingegangenen  Geschenke. 


Herr  Dir.  Herrn.  Andre ae  .    . 

»     Dir.  Baer 

»     Dr.  med.  Baerwindt    .    . 

»     Gottlieb  Bansa    .    .    .    . 

»     Conrad  Bansa-Streiber  . 

»     Herrn.  Benecke    .... 

!>     F.  Belli-Seufferheld .   .    . 

»     J.  G.  Bertholdt   .... 

»     A.  Bolongaro-Grevenna . 

»     Graf  von  Böse 

»     Anton  Brentano  .... 

»     Architekt  R.  H.  Burnitz 

»     Gustav  Cassel 

»     Adolph  Doctor 

»     Bernh.  Doctor 

»     Ph.  V.  Donner 

Herren  Gebr.  Drexel    .... 
Herr  August  Ehinger  .... 

»     Heinr.  Flinsch 

»     Wilh.  Flinsch  .    •    .    .    . 

»     Dr.  med.  Fridberg  .   .    . 

»     Consul    Leop.    Jac.    von 

Goldschmidt .... 

Herren    M.    A.    Grünebaum  & 

Ballin 

Herr  A.  W.  E.  Haase  .    .    . 

»     Consul  A,  Hahn  .    .    . 

»     Anton  Hahn 

»     Moritz  Hahn 

»     Dr.  jur.  Hamburger    . 

»     Heinr.  Hanau   .... 

»     J.  G.  Hayn 

»  Joh.  Gerh.  Henrich.  . 
Herren  Gebr.  Hoff.  .... 
Herr  Phil.  Holzmann   .    .    . 

»     August  Ihm 

»     Director  Kassel    .    .    . 

»     Carl  Klotz 

»     G.  Kotzenberg.    .    .    . 

»     Eduard  Küchler  .    .    . 

»     Wilh.  Landauer  .    .    . 

»     Phil.  Leser 

»  Just.  Hartm.  Lindheimer 
Herren  Leybold  und  Schmidt 
Herr  Director  J.  Lion   .    .    . 

»     Adolph  S.  Maas  .    .    . 

»     Arthur  May 


fl.  Ikr. 

20 

50 

10 

10 

10 

40 

10 

20 

10 

50 

20 

25 

25 

10 

20 

25 

10 

20 

175 

100 

5 

15 

25 
25 
25 
25 
25 
10 
20 
25 
20 
10 
20 
25 
20 
20 
25 
20 
50 
10 
50 
10 
20 
20 
100 


Transport      1280  _ 


Transport 
Herr  Stadtrath  M.  May  .    .    . 

»     Ing.  F.  Moldenhauer  .    . 

»     .Joh.  Georg  Mouson .   .    . 

»     Carl  Müller 

»     Dr.  med.  Neubürger  .    . 

»     Julius  Nestle  jun.   .    .    . 

»     Stadtrath     Dr.     A.     von 
Obernberg 

»     Friedr.  Oppenheim.    .    . 

»     Charles  Oppenheimer.   . 

»     August  Osterrieth   .    .    . 

Palmengarten -Gesellsch. 

Herr  Dr.  jur.  0.  Poufick.   .    . 

»     Simon  Ravenstein   .    .    . 

»     E.  Beiss 

»     Friedrich  Rössler.    .    .    . 

»     L.   A.  Ricard 

»  Dr.  med.  Ripps  .  .  .  . 
Frau  Elise  Rumpf  geb.  Vogel 
Herr  Wilh.   Sandhagen   .    .    . 

»     Director  Simon  Schiele  . 

»     Dr.  jur.  Schlemmer    .    . 

i>     C.  F.  Schmidt 

»     Wilh.  Schmöle 

»     W.  G.  Schwager  .... 

»     Jacques  Snatich    .    .    .    . 

»     August  Souchay  .    .    .    . 

»     Dr.  med.  Steffan.    .    .    . 

»     Joh.  Stein 

»     Dr.  med.  Fr.  Stiebel   .    . 

»     Franz  Straus    

»     Benno  Strubell 

»     S.  Una-Maas 

»     N.  Weismann 

»     Consul  G.  v.  Weisweiller. 

»     Nie.  Weydt 

»     Phil.  Weydt 

»     F.  Wippermann  .    .    .    . 

»     C.  L.  Wüst 

Summa  fl. 

Hierzu  kommt  nach  den  frühe- 
ren Verzeichnissen :     .    . 

Gegenwärtiger  Stand 


fl. 
1280 
50 
25 
20 
70 
10 
20 

10 

25 
20 
10 

100 
10 
20 

100 
10 
20 
5 
20 
25 
20 
20 
50 
10 
10 
20 
10 
15 
10 
10 
10 
10 
25 
20 

100 
5 

10 
20 
10 


kr. 


-     44     - 


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04 


—     45 


Nekrolog 

des 
Dr.  med.  Oeorg  Melber. 


Goethe's  „lebhafte  Tante,"  Johanna  Maria  Textor  (geb.  1734, 
f  1823),  wurde  1751  mit  dem  Frankfurter  Handelsmann  Georg- 
Adolf  Melber  (1725  —  1780)  getraut.  Ein  Sprössling  dieser  Ehe 
war  Johann  David  Melber  (1773—1824),  welcher  1789  bis  92 
Apotheker  in  Darmstadt  war,  1792 — 94  in  Jena  studirte,  1794 
daselbst  promovirte,  dann  1794  in  Pavia,  1795 -in  Wien  sich 
praktisch  ausbildete,  1796  unter  die  Aerzte  seiner  Vaterstadt  auf- 
genommen und  1804  zum  Stadtaccouchenr  ernannt  wurde.  Er  war 
mit  Sabiua  Bück  verheirathet ;  am  28.  September  1816  wurde  ihm 
ein  Sohn:  Georg  Karl  Friedrich  geboren.  Seiner  Mutter  machte 
die  Leitung  des  fähigen  und  gutartigen  Knaben  wenig  Mühe ;  er 
war  bald  das  einzige  Kind ,  da  eine  jüngere  Schwester  mit 
15  Jahren  am  Typhus  starb.  Georg  durchlief  das  Frankfurter 
Gymnasium  mit  Auszeichnung,  begann  das  Studium  der  Medicin 
in  Heidelberg  und  promovirte  daselbst  1838  mit  der  Dissertatio 
de  medullae  spinalis  erethismo  (82  S.  8*^). 

Zu  seiner  weiteren  Ausbildung  besuchte  er  die  Kliniken  und 
Kraukeuhäuser  von  Berlin,  Wien  und  Paris  und  wurde  1839 
unter  die  Zahl  der  Frankfurter  Aerzte  aufgenommen.  Vom  März 
1841  bis  dahin  1844  war  er  Hausarzt  im  Hospital  zum  Heiligen 
Geist,  wurde  1846  Armenarzt  im  Quartier  L,  1848  im  Quartier  B, 
trat  1850  als  Arzt  in  die  Armenklinik  ein  und  wurde  in  dem- 
selben Jahre  zum  Arzte  des  Waisenhauses  erwählt,  welche  Stelle 
er  aber  bereits  im  folgenden  Jahre  niederlegte,  nachdem  er  am 
18.  November  1851  vom  Senate  zum  Physicus  ernannt  wor- 
den war. 

Au  allen  wissenschaftlichen  Bestrebungen  nahm  Melber 
warmen  Antheil,  im  Vorstand  des  physikalischen  Vereines  sass 
er  1846—49,  1852-55,  1863-66;  in  der  Senckeubergischen 
Naturforscbeuden  Gesellschaft  war  er  1847  erster  Secretär,  1860 
erster  Director.  Solcher  Gelegenheiten  bedurfte  es,  damit  Melber 
seine    ül)ergrosse    Bescheidenheit    überwand    und    an    die    Oeffent- 


—     46     — 

lichkeit  trat,  denn  in  Bezug  auf  die  letztere  verhielt  er  sieb 
anders  als  sein  Vater,  welcher  sogar  1801 — 2  das  Frankfurter 
Journal  redigirt  hatte.  Wenn  Georg  aber  durch  seine  Stellung 
als  Director  der  Seuckenbergiscbeu  Naturforscbeuden  Gesellschaft 
zu  einer  Rede  beim  Jahresfest  oder  als  Vorsitzender  des  Aerzt- 
lichen  Vereins  zur  Leitung  einer  Festlichkeit  (Doctorjubiläum  des 
Dr.  F.  S.  Stiebel  am  3.  Mai  1865)  veranlasst  wurde,  dann  kam 
die  ganze  Fülle  seiner  vielseitigen,  durch  rastloses  Studium  ge- 
wonnenen Bildung  und  sein  feines  ästhetisches  Gefühl  zu  Tage, 
lieber  den  gewöhnlichen  Kreis  der  modernen  Sprachen  hinaus 
hatte  er  durch  Selbststudium  auch  die  spanische  und  russische 
sich  augeeignet. 

In  Folge  dieser  seltenen  Vielseitigkeit  ragt  die  1860  von 
ihm  als  erstem  Director  bei  der  Frühlingsfestsitzung  der  Sencken- 
bergischen  Naturforscbeuden  Gesellschaft  gehaltene  Rede:  ,,Die 
Sprache  in  ihren  Beziehungen  zur  Naturwissenschaft"  weit  über 
das  gewöhnliche  Maass  der  Festreden  hinaus.  Die  Rede  ist  leider 
nur  in  dem  sehr  selten  gewordenen  ersten  Jahrgang  der  Zeit- 
schrift „Der  Zoologische  Garten"  (1860,  S.  155,  174)  abgedruckt 
und  meines  Wissens,  ausser  der  Dissertation,  das  Einzige,  was 
Melber  uns  im  Druck  hinterlassen  hat.  Nach  langem,  muthig 
ertragenem  Siechthum  erlag  Melber  am  4.  Januar  1873  einem 
chronischen  Unterleibsleiden. 

Er  hatte  sich  1856  mit  Maria  Wecker  verheirathet  und 
hinterliess  vier  Kinder.  Ein  gewissenhafter  Arzt  und  Beamter, 
ein  allzeit  gefälliger  College,  ein  treuer  Freund,  ein  trefflicher 
Gatte  und  Vater,  ist  Georg  Melber  allzufrühe  von  der  Erde  ge- 
schieden ;  sein  Andenken  wird  allezeit  in  Ehren  bleiben ! 


Dr.  med.  W.  Stricker. 


—     47     - 


Nekrolog 

des  Gymnasialprofessors 

Dr.  Wilhelm  Heinrich  Hieronymus  Dietrich  Schmidt. 


Am  27.  Juli  1814  wurde  Wilhelm  Schmidt  als  Sohn  des 
Tapezierers  Joh.  Conrad  Schmidt  in  Frankfurt  geboren. 

In  der  Weissfrauen-  und  Kathariuenschule  vorgebildet  und 
dann  durch  Privatunterricht  im  Lateinischen  vorbereitet,  kam  er 
im  Herbst  1829  in  die  Quarta  des  hiesigen  Gymnasiums.  Ein 
Brustleiden,  welches  eine  bedenkliche  Wendung  zu  nehmen  drohte, 
nöthigte  ihn  den  Sommer  1832  auf  dem  Lande  (in  Bornheim) 
zuzubringen,  indessen  konnte  Schmidt  zu  Ostern  1835  zur  Uni- 
versität entlassen  werden.  Zwei  Semester  in  Giessen,  ein  Semester 
in  Marburg  und  drei  Semester  in  Bonn  widmete  er  sich  dem 
Studium  der  Philologie  unter  Osann,  Hillebrand,  K.  F.  Her- 
mann, F.  G.  Welcker,  Näke  etc.  Im  Sommer  1838  erwarb 
Schmidt  in  Giessen  die  philosophische  Doctorwürde  und  kehrte 
in  seine  Vaterstadt  zurück ;  doch  abermals  nöthigte  schwere 
Krankheit  ihn,  beinahe  ein  halbes  Jahr  unthätig  zu  bleiben.  Im 
Februar  1839  nahm  er  eine  Hauslehrerstelle  an,  seit  1840  er- 
theilte  er  in  verschiedenen  Familien  Unterricht  in  sämmtlicheu 
Gymnasialfächern,  endlich  1841  errichtete  er  eine  Beaufsichti- 
gungs-  und  Nachhülfeanstalt  für  Schüler  der  vier  unteren  Classen 
des  Gymnasiums.  Dies,  sowie  seine  Aufnahme  unter  die  Vicarien 
des  Gymnasiums  begründete  sein  Verhältniss  zu  dieser  Gelehrten- 
schule, in  Folge  dessen  er  bei  der  nächsten  Vacanz  am  25.  August 
1847  zum  Hülfslehrer  der  Classe  ^^.''  provisorisch  ernannt  wurde. 
Durch  Seuatsbeschluss  vom  21.  März  1854  wurde  er  als  ständiger 
Lehrer  des  Gymnasiums  für  Septima  angestellt.  Am  19.  Januar 
1846  erlitt  er  den  Unfall,  das  linke  Schienbein  zu  brechen  und 
so  auf  einige  Monate  seiner  Lehrerthätigkeit  entzogen  zu  werden. 

Im  Jahre  1857  wurde  ihm  der  Hauptunterricht  und  die 
Classenleituuor  iu  der  Sexta  übertragen.    Am  3.  März  1859  wurde 


—     48      - 

Schmidt  vom  Senate  unter  Verleihung  des  Professortitels  mit 
dem  Hanptunterricht  und  der  Leitung  der  Quinta  als  Classen- 
lehrer  betraut,  eine  Stelle,  welche  er  bis  an  sein  Lebensende  be- 
hielt. Am  10.  September  1850  wurde  Schmidt  zu  Neckargemünd 
mit  Emma  Auguste  Bertha  Wolf,  der  Tochter  des  dasigen  Pfarrers, 
getraut.  Schmidt  hatte  dem  Unterricht  in  den  Naturwissenschaften, 
welchen  er  in  den  Classen  Septima ,  Sexta  und  Quinta  zu  er- 
theilen  hatte,  immer  besondere  Aufmerksamkeit  und  Liebe  zu- 
gewendet. Er  veranstaltete  neue  Auflagen  von  dem  im  Gym- 
nasium eingeführten  Buche:  Joseph  Baumann 's  Naturgeschichte 
für  den  Schulgebrauch  (8.  Aufl.  12  Bogen  1871)  und  unterzog 
sich  endlich  auch  in  sechsjähriger  Mühewaltung  der  Bearbeitung 
des  grösseren  Werkes  von  J.  Baumauu:  ,, Naturgeschichte  für  das 
Volk."  Baumann  hatte  die  zweite  Auflage  1837  besorgt,  Schmidt 
gab  die  dritte  1871  heraus  (800  S.  mit  450  Abbildungen.  Frank- 
furt, Sauerländer's  Verlag). 

Bei  Vergleich  der  beiden  Daten  1837  und  1871  bedarf  es 
keines  weitereu  Nachweises  darüber,  wie  mühsam  die  Umarbeitung 
dieser  Cosmologie  war;  ein  besonderes  Verdienst  kommt  dem 
philologisch  gebildeten  Verfasser  dadurch  zu,  dass  er  die  Termini 
technici  einer  gründlichen  Revision  unterwarf.  Schon  seit  längerer 
Zeit  Mitglied  der  Senckenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft 
wurde  Schmidt  für  die  Jahre  1871  und  1872  zu  deren  erstem 
Director  gewählt.  Er  hat  zu  seinen  Verpflichtungen  als  Lehrer 
und  der  zeitraubenden  Wirksamkeit  manchen  anderen  Ehren- 
amtes mit  grosser  Treue  auch  die  Geschäftslast  dieses  Ehren- 
postens auf  sich  genommen,  welche  noch  vermehrt  wurde  da- 
durch, dass  gerade  in  seine  Amtsdauer  die  Absendung  der  ersten 
Reisenden  der  Rüppell  -  Stiftung  fiel.  Ruhe  und  Ordnungssinn 
machten  ihm  möglich,  aufs  vollkommenste  dieser  Häufung  von 
Geschäften  zu  genügen,  freilich  nicht,  ohne  dass  er  an  seiner  Ge- 
sundheit Schaden  litt,  wie  er  denn  im  Sommer  1872  in  eine 
nicht  unbedenkliche  und  ziemlich  langwierige  Nervenabspannung 
verfiel. 

In  besseren  Tagen  sprudelte  seine  humoristische  Ader;  zu 
dem  jährlichen  Festmahl  auf  dem  Forsthause,  als  es  1872  in 
seine  Amtsdauer  fiel,  lieferte  er  das  heitere  lateinische  Menü  und 
ein  gelungenes  Tafelgedicht.  Anfangs  Mai  1873  erkrankte 
Schmidt  in  Folge  des  rauhen  Frühjahrs  an  einer  doppelseitigen 


—     49     — 

Lungenentzüudung ;  er  starb  am  10.  Mai  und  liiuterliess  eine 
Wittwe  und  drei  Töchter. 

Nach  dem  bisher  Gesagten  bedarf  es  kaum  noch  weiterer 
Charakteristik  des  Verstorbenen.  Er  hat  durch  sein  gewissen- 
haftes Wesen  und  seine  Stetigkeit  viel  Segen  verbreitet.  Er  war 
seinen  Jugendfreunden  mit  treuer  Liebe  zugethan ,  wie  er  denn 
auch  von  seinen  Collegen  und  Schülern  mit  Freundschaft  und 
Verehrung  umfasst  wurde. 

Mit  lebhaftem  Natursinn  begabt,  flüchtete  er,  sobald  es  die 
Verhältnisse  ihm  gestatteten,  aus  dem  väterlichen  Hause  in  der 
engen  Ziegelgasse  in  ein  anfangs  sehr  einsam  gelegenes  eigenes 
Heimwesen  mit  Garten ,  welches  unablässig  zu  verschönern  und 
zu  verbessern  sein  Bestreben  war. 


Dr.  W.  Stricker. 


-     50     — 

Kochlorine  Immata  N., 

ein    bohrender    Cirripede. 

(Vorläufige  Mittheilung) 

Vortrag,  gehalten   am  2.  November    1872 

von  Dr.  F.  C.  Noll. 


lu  der  Klasse  der  Crustaceen,  die  durch  die  grösste  Mannig- 
faltigkeit der  Formen  wie  die  merkwürdigsten  Anpassungen  das 
Interesse  des  Freundes  der  Thierwelt  in  Anspruch  nimmt,  bietet 
die  Gruppe  der  Rankeufüsser ,  Cirripedieu,  viel  des  Besonderen. 
Ihre  rückschreiteude  Metamorphose  vor  allem  grenzt  sie  von  den 
meisten  ihrer  Verwandten  ab,  denn  während  sie  dem  Ei  als  frei 
schwimmende  Thiere  entschlüpfen  und  ihre  Jugendzeit  hindurch 
ein  bewegtes  Leben  führen,  heften  sie  sich  meistens,  wenn  die  Zeit 
der  Mannbarkeit  gekommen,  mit  dem  Kopfe  fest,  verlieren  Augen 
und  Fühler,  umgeben  sich  mit  einer  mautelartigen  Haut,  die  vom 
Kopfe  ans  um  den  Körper  wächst  und  meistens  Kalkschalen  ab- 
sondert, nnd  strudeln  sich  mit  einer  grösseren  Zahl  zweitheiliger, 
bewimperter  Füsschen  das  Athemwasser  und  die  Nahrung  ent- 
gegen. Hermaphroditismus ,  im  Einklang  mit  ihrer  sitzenden 
Lebensweise,  ist  bei  den  meisten  von  ihnen  ebenfalls  Regel,  und 
es  scheint  der  Fall  nicht  selten  zu  sein,  dass  ein  einzelnes  In- 
dividuum sich  selbst  genügt,  um  entwicklungsfähige  befruchtete 
Eier  zu  erzengen,  während  bei  den  meisten  der  gedrängt  zu- 
sammensitzendeu  Thiere  die  Befruchtung  eine  gegenseitige  sein 
dürfte. 

Am  längsten  bekannt  sind  die  Familien  der  Enten muscheln, 
Lepadiden,  die  sich  mit  einem  muskulösen  Stiele  an  ihrer  Unter- 
lage, lebender  oder  todter,  festheften  oder  in  manchen  Fällen  in 
dieselbe  einbohren,  und  der  Seepocken,  Balaniden,  die  ohne  Stiel 
mit  ihrer  festgeschlossenen  Kalkschale  fremden  Gegenständen  an- 
haften und  den  Eingang  zu  ihrer  Behausung  mit  einem  mehr- 
theiligen  Kalkdeckel  zu  schliesseu  verstehen.  Die  neuere  Zeit  hat  in 
den  Wurzelkrebsen,  Cirripedia  stict or i a,  eiue  dritte  Familie  ken- 
neu gelehrt,  in  der  wir  sehr  verkümmerte  Thiere  ohne  Schale  finden. 
Nur  aus  einem  Sacke  mit  beiderlei  Geschlechtsorganen  bestehend, 
sitzen  sie  anderen  Crustaceen  au  den  weicheren  Theilen  mit  ihrem 


—     51     — 

Munde  fest,  aus  dem  sie  meistens  verzweigte  wurzelartige  Saug- 
f  ädeu  zu  dem  Darm  des  Nährthieres  verseuken,  um  dort  schmarotzend 
ihre  Nahrung  zu  holen. 

Die  vierte  und  kleinste  Familie  ist  die  von  Darwin  aufgestellte 
der  Endstrudler,  Cirr.  ahdoniiualia^  der  streng  genommen  nur  Ein 
Repräsentant  bis  jetzt  angehörte,  der  in  die  Schalen  von  üoncholepas 
peruviana  ganz  eingebohrte  Cryptophialus  minutus  Darw.,  indem 
die  von  einigen  Zoologen  hierhergestellte  Alcippe  lampas  Haue, 
ihren  Bilduugseharakteren  nach  zu  den  Lepadiden  zu  rechnen  ist. 
In  der  Lebensweise  und  demzufolge  ihren  Anpassungscharaktereu 
nach  stimmen  allerdings  beide  überein.  Ohne  selbst  Kalkschalen  zu 
besitzen,  bohren  beide  mit  Chitindornen,  die  aussen  auf  dem  den 
Körper  eiuschliesseudeu  Mantel  in  Menge  stehen,  sich  in  andere 
Schalen  (Alcippe  in  JBnccimon  und  Fusiis)  ein.  Sie  sind  also 
kleine,  wenige  Millimeter  grosse  Thiere,  die  noch  vor  allem  da- 
durch sich  auszeichnen ,  dass  sie  getrennten  Geschlechtes  sind 
und  dass  nur  die  Weibchen  sich  in  die  Schalen  anderer  Thiere 
einzubohren  vermögen,  während  die  Männchen  zwerghafte,  dem 
blossen  Auge  kaum  kenntliche  Geschöpfe  sind,  die  in  verschie- 
dener Zahl  (j — 7)  mit  dem  Weibchen  die  von  diesem  gefertigte 
Höhle  bewohnen,  indem  sie  der  Manteloberfläche  des  Weibchens 
mit  ihren  beiden  Fühlern  (x4.ntenneu)  anhaften.  Die  Weibchen 
der  beiden  genannten  Arten  sind  ebenfalls  an  der  Seite  ihrer 
Wohnkammer  angeheftet  und  zwar  mit  einer  rundlichen  Chitin- 
scheibe, die  sich  mit  demWachsthume  des  Thieres  durch  concentrisch 
sich  ansetzende  Ringe  vergrössert. 

Lassen  wir  Alcippe  Jampas  bei  den  Cirr.  ahdoniinalia 
stehen,  dann  ist  dieser  Familie  ein  drittes  und  zwar  achtes  Glied 
in  der  in  der  üeberschrift  genannten  Kochlorine  hamafa  zuzufügen. 
An  der  Caleta  zu  Cadix,  einem  flachen,  ausgebreiteten  Felsen,  der 
den  Leuchtthurm  jeuer  Stadt  trägt  und  zur  Zeit  der  Ebbe  in 
zahlreichen,  leicht  zugänglichen  Tümpeln  dem  Zoologen  reiches 
Material  zur  Untersuchung  gewährt,  sammelte  ich  während  meines 
siebentägigen  Aufenthaltes  in  Cadix  im  October  1871  nebenbei 
auch  einige  Exemplare  des  kleinen  Seeohres,  Haliotis  tuhercuJata, 
ein,  die  als  Weingeistpräparate  zu  Hause  etwa  als  Material  bei 
Vorlesungen  dienen  konnten.  Als  ich  hier  in  Frankfurt  die  Schalen 
näher  in  Bezug  auf  die  auf  ihnen  angesiedelten  Geschöpfe  unter- 
suchte, fielen  mir  bei  zwei  Exemplaren  dieser  Sehnecke  zahlreiche 


—     52    — 

kleine  Bohrlöcher  auf,    die,    von  schmal  ovaler  Fprm,    mir  nicht 
von  Bohrschwämmen  oder  Würmern  herzurühren  schienen. 

Bei  dem  Oeffuen  der  einen  Schale  sah  ich,  dass  die  etv.'a 
1  Millim.  lange  Spalte  in  eine  Höhlung  führte,  die  schräg  in 
der  Schneckenschale  verlief  bis  zur  inneren  Fläche  der  Schale, 
so  dass  dort  noch  ein  dünnes  Kalkhäutcheu  zum  Schutze  der 
Schnecke  blieb.  Durch  die  schräge  Lage  der  etwa  flaschenförmig 
nach  unten  sich  erweiternden  Aushöhlung  wurde  natürlich  Raum 
für  dieselbe  gewonnen,  indem  sie  dadurch  den  Dickendurchmesser 
der  Schale  bei  weitem  an  Länge  überragen  konnte.  In  dieser 
Höhlung,  deren  Eingang  nicht  durch  aufgesetzte  Kalkbildungen 
verengt  war,  wie  dies  von  den  beiden  genannten  Species  von 
Darwin  beschrieben  wird,  lag  der  weissliche  geschlossene  Sack 
eines  Cirripeden,  mit  seinem  oberen  offenen  Ende  gegen  den  Ein- 
gangsspalt in  der  Schale  gerichtet.  Der  Sack  zeigte  sich  seitlich 
etwas  zusammengedrückt ,  nach  unten  flaschenförmig  erweitert 
und  abgerundet,  oben  schräg  abgestutzt  und  hatte  bei  den 
grössten  Exemplaren  eine  Länge  von  3  Millimetern.  Es  ist  der 
Mantel  des  Thieres,  der  dieses  völlig  birgt  und  auf  seiner  äusseren 
Haut  ganz  mit  Chitindornen  überdeckt  ist,  wie  sie  bei  Alcippe 
und  Cryptophialus  beschrieben  werden.  Diese  Dornen,  l  —  5spitzig, 
sind  es  ohne  Zweifel ,  die  bei  den  Bewegungen  des  sehr  mus- 
kulösen Mantels  auf  die  Wände  der  Höhle  feilend  einwirken  und 
letztere  bilden  und  vergrössern  {xo)(l6q  Schnecke,  pivn  Feile); 
sie  stumpfen  sich  bei  längerem  Gebrauche  ab,  werden  aber  nach 
jeder  Häutung,  deren  das  Thier  viele  durchzumachen  scheint,  er- 
neuert. Zu  bemerken  ist,  dass  ein  Discus,  den  die  beiden  anderen 
Arten  besitzen  und  mit  dem  diese  sich  in  ihrer  Höhle  ankleben, 
unserer  Kochlorine  ganz  und  gar  abgeht. 

Die  obere  Oeffnung  des  Mantels  ist  ein  schmaler  Spalt;  er  läuft 
von  der  Rückenkante  zur  Bauchkante  und  wird  an  seinem  hinteren 
Ende  von  drei  unserem  Thiere  eigenthümlichen,  hohen,  zugespitzten 
Höckern  begrenzt.  Die  zwei  vorderen  stehen  sich  am  Ende  des 
Spaltes,  rechts  und  links  von  diesem,  gegenüber,  sind  etwas 
kleiner  als  der  dritte  und  sind  sowohl  an  ihren  Seiten  mit  sehr 
starken,  3  und  4spitzigeu  Chitindornen  besetzt,  Avie  sie  auch  be- 
sonders noch  mit  eiuem  sehr  starken  mehrzackigen  Dorne,  der 
der  stärkste  auf  dem  ganzen  Körper  ist ,  gekrönt  sind.  Beide 
Fortsätze    liegen     unier    dem    Eingang   in   die  Wohukammer    der 


—     53     — 

Kochloriüe  und  werden  ofFeubar  zum  Offenhalten  des  Einganges 
wie  insbesondere  auch  zur  Vergrösserung  desselben  benutzt,  indem 
sie  mit  Leichtigkeit  bei  Streckungen  des  Thieres  sich  in  den 
Spalt  einschieben.  Ein  längerer,  ebenfalls  kegelförmiger  Fortsatz 
ragt  hinter  den  beiden  genannten  von  der  Rückenkante  in  die  Höhe ; 
auch  er  trägt,  wie  die  anderen,  ähnliche  Chitindorneu  und  Bor- 
sten und  läuft  nach  unten  in  eine  starke  Leiste  (V4  von  der 
Länge  des  Thieres)  aus,  die  dicht  mit  Feilstacheln  besetzt  ist.  An- 
statt eines  mehrziukigeu  Dorns  aber  trägt  er  an  seiner  Spitze,  von 
Borsten  umgeben,  einen  grossen  rückwärts  gekrümmten  Chitin- 
haken, der  offenbar  nicht  zum  Feilen  gebraucht  werden  kann , 
sondern  nur  zum  Festhalten  oder  etwa  Eiureissen  dienen  mao-.  Um 
über  seine  Bedeutung  Klarheit  zu  erhalten,  rauss  man  die  Rasen 
einer  Bryozoe,  einer  Cellejwra,  berücksichtigen,  die  wie  auf  an- 
deren Schalen  so  auch  auf  Haliotis  dichte  Ueberzüge  bilden  und 
mit  Leichtigkeit  den  Spalt  zur  Höhle  der  KocMorine  über- 
wuchern und  so  diesem  Thiere  den  Tod  bringen  könnten.  Gegen 
diese  Feinde  ist  offenbar  der  KocMorine  der  Haken  ein  präch- 
tiges Werkzeug,  mit  dem  sie  die  wuchernden  Zellen  der  Cellepora 
einzureisseu  vermag. 

Eine  solche  Einrichtung  ist  auch  von  anderen  Cirripeden 
bekannt;  so  besitzen  z.  B.  die  J.cas^a- Arten ,  Balauiden,  die  auf 
Hornschwämmen  sich  ausiedelu ,  ähnliche  Vorrichtungen ,  um  die 
überwuchernden  Hornfäden  des  Schwammes  vor  ihrer  Mündung 
zu  entfernen.  Der  Haken  hat  mich  veranlasst,  unsere  Species 
als  hamata  (mit  Haken  versehen)  zu  bezeichnen.  *) 

Der  erwähnte  Schlitz  (die  Oeffnung)  des  Mantels  trägt  von 
den  vorderen  Höckern  an  bis  au  die  Bauchkaute  jederseits  eine 
dichte  Reihe  äusserst  feiner  Chitinfortsätze,  die  nach  ausseu  hin 
sich  etwas  abplatten  und  verbreitern  uud  wie  zwei  Reihen  Palli- 
saden  zum  Schutze  der  Eingangsöffuuug  dienen,  indem  sie  bei 
dem  Zusammenschliessen  sich  au  einander  legen  und  nahenden 
Feinden  ihre  scharfen  Kanten  entgegensetzen.  Ausser  ihnen  finden 
sich  weiter  nach  innen  zwei  Reihen  von  Borsten,  die  mit  der 
Spitze  nach  ausseu  gerichtet  ebenfalls  dazu  dienen  mögen,  fremde 
Gegenstände  von  dem  Eindringen  in  den  Mantel  abzuhalten. 

*)  In  unserem  vorjährigen  Berichte,  3.  24,  ist  sie  als  K.  haliotidis  an- 
geführt; ich  glaube  jedoch,  dass  obige  Benennung  bezeichnender  sei,  da 
die  K.  ja  auch  noch  in  anderen  Schalen  gefunden  werden  kann. 


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Der  Mautel  ist  jedenfalls  'oefähigt,  starke  Bewegungen  aus- 
zuführen, denn  zwischen  seiner  äusseren  und  inneren  Haut  liegen 
nach  innen'  starke  Längsinuskeln,  denen  sich  ein  System  gleich 
stark  entwickelter  Quermuskeln  aussen  auflegt.  Zu  bemerken  ist, 
dass,  wie  bei  CryptopJiialus,  diese  Muskeln  alle  deutlich  quer  ge- 
streift sind. 

Der  Körper  der  Kochlorine  ist  in  der  Gegend  des  Ober- 
kopfes und  Nackens  mit  dem  Mantel  verwachsen ,  so  dass  über 
dieser  Verwachsungsstelle  aussen  die  drei  erwähnten  Portsätze 
sich  befinden.  Am  breitesten  ist  das  Kopfsegment,  dessen  Mund 
sehr  stark  entwickelt  ist.  Der  übrige  Körper  verschmälert  sich 
allmälig  nach  hinten,  ist  undeutlich  gegliedert,  schlägt  sich  mit 
dem  letzten  Viertel  nach  vorn  (Bauchseite)  um  und  endet  wie  bei 
Cryptophialus  in  3  Paar  Füsschen,  die  nahe  zusammenstehen  und 
deren  jedes  2  lange  Girren  trägt.  Hinter  diesen  Girren  au  der 
Rückenfläche  sind  noch  2  kleine  Postabdominalanhänge,  zwischen 
denen  der  Anus,  dessen  Vorhandensein  mir  nicht  völlig  zur  Ge- 
wissheit kam,  zu  liegen  scheint.  Der  Leib  ist  sehr  biegsam, 
er  kann  sich  S-förmig  zurüclcbiegen  und  zieht  dann  die  Girren 
ganz  in  den  Mantel  zurück;  er  beugt  sich  dem  Munde  entgegen 
uad  schiebt  dann  die  feinen  Girren  zur  Mantelöffnung  hinaus  in 
das  Wasser,  wo  sie  mit  ihrem  Spiele  einen  Strudel  durch  den 
Spalt  in   der  Haliotisschale  veranlassen. 

Sehr  weit  ist  der  Mundspalt,  der  von  einer  flachen  dach- 
förmigen Oberlippe  überragt  ist  ohne  jenen  beweglichen  Portsatz, 
der  auf  dem  Labrum  des  Cryptophialus  befestigt  ist.  Sehr  stark 
sind  die  äusseren  Maxillen,  die  den  Mund  seitlich  schliesseu  und 
am  vorderen  Rande  einen  kleinen  Tasteranhang  tragen.  Man- 
dibeln  und  innere  Maxillen  sind  am  Rande  mit  starken  Ghitin- 
zähnen  und  ausserdem  zum  Theil  mit  kurzen  Borsten  versehen. 
Am  ersten  Segment  nach  dem  Kopfe,  welches  der  stärkste  der 
Körperabschuitte  ist ,  sitzen  gerade  in  dem  Einschnitte ,  der 
zwischen  Mund  und  erstem  Segmeute  ist,  zwei  sog.  Maxillarfüsse. 
Bei  Cryptophialus  sind  sie  nur  durch  kleine  Höcker  augedeutet, 
bei  Kochlorine  sind  sie  dünn  und  lang  und  ragen  mit  ihrem 
freien  Ende  bis  über  die  Oberlippe  hinaus.  Sie  bestehen  aus 
zwei  langen  Basalgliederu  und  documentiren  ihre  Verwandtschaft 
mit  den  ächten  Füsschen  der  Girripeden  durch  zwei  neben  einan- 
der stehende,  flache,    mit    Borsten  besetzte  Endlappen,    die  ihrer 


—     55     - 

Lage  vor  dem  Munde  nach  helfen  werden,  diesem  die  Nahrung 
zuzuführen. 

Die  am  Ende  des  Hinterleibs  stehenden  Fussansätze  sind 
zweigliedrig,  stehen  sich  in  zwei  Reihen  gegenüber  und  tragen 
je  zwei  Girren.  Die  Girren  des  ersten  Fusspaares,  d.  h.  desjenigen, 
das  bei  umgebogenem  Leibe  dem  Bauche  und  Munde  zugewendet 
ist,  sind  kürzer  als  die  anderen  und  von  ihnen  ist  der  eine  der 
beiden  Fäden  wieder  kürzer  als  der  andere,  denn  während  dieser 
bis  zur  Muudöffnung  reicht,  erstreckt  sich  der  andere  nur  bis 
zur  Ansatzstelle  des  Maxillarfusspaares.  Die  äussersten  Girren 
sind  die  längsten.  Die  erwähnten  Postabdominalauhänge,  die 
weder  von  Alcippe  noch  von  Cryptophialus  bekannt  sind,  stehen 
in  gleicher  Höhe  rechts  und  liuks  von  der  Mittellinie  des  Körpers, 
sind  zweigliedrig,  zugespitzt,  mit  je  drei  Borsten  auf  der  Spitze 
und  von  ziemlich  derselben  Länge  wie  die  Basis  der  Rankenfüsse, 
mit  denen  sie  auch  auf  gleicher  Höhe  befestigt  sind.  Aeussere 
Anhänge  auf  dem  Rücken  der  Segmente,  wie  sie  Cryptophialus 
hat,  fehlen  hier  ganz. 

Ln  Innern  des  Leibes,  dessen  äussere  Haut  durchsichtig,  fein 
und  sehr  zart  quergestreift  ist,  bemerkt  man  mächtige  Muskel- 
züge mit  quergestreiften  Fasern,  es  sind  meistens  Läugsmuskeln, 
mit  Hülfe  deren  die  Biegungen  und  Verschiebungen  des  Leibes 
ausgeführt  werden. 

Die  Speiseröhre  ist  dünn  und  geht  von  dem  Munde  aus  ein 
Stück  gerade  nach  hinten  bis  anter  den  grossen  Hakenfortsatz, 
um  sich  dann  in  einem  Winkel  nach  abwärts  zu  biegen  und 
trichterförmig  bis  zum  Magen  zu  erweitern.  Ghitinzähne,  wie  sie 
am  Ende  des  Oesophagus  bei  Gryptopliialus  beschrieben,  sind  nicht 
vorhanden.  Der  Magen  ist  eine  einfache,  lauggestreckte  Erwei- 
terung der  Speiseröhre,  auf  seiner  Aussenseite  mit  einem  ü^ber- 
zuge  pflasterförmig  aufgelagerter  Leberzellen.  Er  verengert  sich 
zu  dem  Darme ,  der  wie  der  Magen  mit  bräunlichem  körnigem 
Inhalte  erfüllt  ist,  während  das  Endstück  des  Darmes  von  der 
Stelle  an,  wo  der  Leib  sich  umbiegt,  bei  den  im  Weingeist  ge- 
tödteten  Thieren  stets  leer  und  daher  bei  seiner  Einbettung 
zwischen  dicke  Muskelbüudel  nur  schwer  zu  erkennen  ist.  Aus 
demselben  Grunde  ist  auch  der  Anus  schwer  aufzufinden;  doch 
deuten  stets  vorhandene,  ausgeworfene  Stoffe  zwischen  den  Basal- 
stücken der  letzten  Rankenfüsse   vor  den  Postabdominalanhängeu 


-     5G     — 

auf  seine  Anweseuheit;  es  siud  wohl  die  im  Todeskampfe  aus- 
sestosseneu  Fäcalballen  aus  dem  Euddarme. 

Nerven  waren  bei  den  längere  Zeit  im  Weingeist  gelegenen 
Exemplaren  niclit  nachzuweisen,  wie  denn  überhaupt  die  Unter- 
suchung noch  manche  andere  Frage  unbeantwortet  lassen  muss, 
weil  es  eben  bei  der  Kleinheit  der  Thiere,  die  nicht  frisch  zur 
Untersuchung  gelangten,  nicht  möglich  war,  über  alle  Theile  die 
genüo-ende  Auskunft  zu  erhalten. 

An  der  Stelle,  wo  die  Speiseröhre  in  einem  nahezAi  rechten 
Winkel  nach  hinten  umbiegt,  erkennt  man  auf  beiden  Seiten  der- 
selben bei  manchen  Exemplaren  je  ein  längliches  rundes  Organ 
mit  sehr  schwachem  aber  scharfem  Umriss.  Die  blassen  Körper 
können  wegen  ihrer  scharfen  Umgräuzung  wie  überhaupt  ihrem 
ganzen  Aussehen  nach  nicht  wohl  als  (.Tanglieumassen  gedeutet 
werden  und  es  erhebt  sich  demnach  die  Frage,  ob  es  Theile  eines 
Nervensystems  sind;  und  wenn  nicht,  wie  sie  sonst  zu  deuten 
sein  mögen?  Ob  sie  nicht  gar  inneren  männlichen  Geschlechts- 
orgranen  angehören?  Die  Untersuchung  an  frisch  dem  Meere  ent- 
uommenem  Material  würde  hierüber  wohl  Auskunft  geben  können. 

Die  Ovarien  liegen  in  der  Nackengegend  des  Thieres,  wo  die 
Haut  des  Mantels  sich  vom  Kopfe  aus  umbiegt,  also  nahe  bei 
den  eben  erwähnten  zweifelhaften  Organen  und  hinter  denselben. 
Die  in  der  Entwicklung  begriffenen  Eier  erscheinen  in  der  Rücken- 
lage des  Thieres  zwischen  dem  Leibe  und  dem  Mantel,  in  der 
Höhle  des  letzteren.  Sie  schieben  sich  dicht  gedrängt  nach  unten, 
treten  in  grosser  Zahl  auf  und  befinden  sich  fast  alle  auf  der- 
selben Stufe  der  Entwicklung.  Ausgebildet  sind  sie  von  ovaler 
Form,  mit  einer  dünnen  Haut  umkleidet  und  durchlaufen  wenig- 
stens die  ersten  Stadien  ihrer  Entwicklung  bis  zum  Auftreten 
eines  Augenfleckes  innerhalb  der  Mantelhöhle  des  Mutterthieres. 
Ein  weiteres  Entwicklungsstadium  wurde  nicht  gefunden. 

Nach  den  Beispielen  von  Alcipx^e  und  Cryptophialus  i-^t  an- 
zunehmen, dass  auch  die  eben  beschriebene  Kochlorine  nur  weib- 
lichen Geschlechts  wäre,  und  kein  Beweis  liegt  uns  vor,  dass  sie 
zwitteriger  Natur  ist,  wenn  nicht  die  erwähnten  Körper  au  der 
Biegung  des  Oesophagus  als  Hoden  oder  vesiculae  seminales 
etwa  sich  erweisen  würden.  Wir  haben  also  noch  nach  den 
Männchen  der  Kochlorine  zu  suchen.  Bei  Alcippe  und  Crypto- 
phialus   sitzen     äusserst    zwerghafte    Männchen    auf  der  Aussen- 


-     57     - 

Seite  des  weiblichen  Thieres  gewöhnlich  an  den  beiden  Seiten 
des  zur  Anheftung  in  der  Wohukamraer  dienenden  Discus  nahe 
der  Mantelöffuung  des  Weibchens.  Hier  sassen  Larven  und  aus- 
gebildete männliche  Thiere,  über  deren  Natur  die  nachgewiesenen 
Samenfäden  keinen  Zweifel  Hessen. 

Auch  auf  den  aus  ihrer  Wohukammer  genommeneu  Thieren 
der  Kochhrine  sassen  in  den  meisten  Fällen  kleine  Thiere,  die 
wir  wohl  als  die  analogen  Männchen  ansehen  dürfen,  wenn  auch 
bei  den  Weingeistexemplaren  das  Sperma,  wie  überhaupt  irgend 
eine  innere  Organisation  nicht  mehr  nachgewiesen  werden  konnte. 
Sie  sind  wie  die  der  anderen  Arten  mit  ihren  Antenneu,  und 
wohl  auch  mit  Hülfe  eines  Cämentes,  auf  der  Haut  der  Weibchen 
festgeheftet  uJid  zwar  meistens  auf  der  Rückenkante  derselben 
nahe  unter  der  Leiste,  die  von  dem  grossen  Hakenfortsatze  ein 
Stück  nach  unten  verläuft  und  mit  starken  ChitiDdoruen  besetzt 
ist.  Doch  finden  sie  sich  auch  an  anderen  Stelleu  und  mitunter 
sitzt  eine  ganze  Reihe  derselben  auf  einer  Falte  der  Mantelhaut 
bis  zum  unteren  geschlosseneu  Rande  des  Mantels,  so  dass  diese 
Thiere  dann  unmöglich  ihr  Sperma  in  die  Mantelhöhle  des 
Weibchens  ergiesseu  können.  Ich  fand  zwei  Formen  dieser  einst- 
weilen als  Männchen  bezeichneten  Thiere,  die  so  klein  sind,  dass 
sie  dem  blossen  Auge  eben  noch  als  weisses  Pünktchen  erscheinen. 
Die  einen  sind  sehr  in  die  Länge  gestreckt,  nach  beideu  Seiten 
zugespitzt  und  mit  einer  hellen  und  feinen  panzerähnlichen  Haut 
iimgeben,  die  nach  dem  hinteren  Ende  an  der  unteren  Seite  ge- 
öffnet ist.  Unten  in  der  Mitte  des  Körpers  sitzen  die  drei- 
gliedrigen starken  Antenneu,  deren  Basalglied  eine  Krümmung 
nach  dem  vorderen  Körperende  macht,  so  dass  die  Antennen  diesem 
zugerichtet  sind  und  ganz  den  Eindruck  von  Beinen  inachen. 
Zwei  Augenflecke  sitzen  an  der  Seite  des  Leibes  dicht  über  der 
Anheftungsstelle  der  Antennen,  und  manchmal  bemerkt  man 
sogar  einen  dritten  Augenfleck,  der  von  den  beideu  entfernt  mehr 
in  der  Rückenlage  sich  beflndet.  Das  Innere  dieses  Thieres,  das 
sehr  der  männlichen  Larve  von  Cryptophialus  gleicht,  zeigt  bei 
den  vorliegenden  Exemplaren  eine  gleichförmige  Zellenmasse  ohne 
Diff'erenzirung  irgend  welcher  Organe,  Nur  am  hinteren  Ende 
gewahrt  man  ein  Bündel  von  Borsten,  die  bewegt  und  aus  dem 
offenen  Ende  des  Hautpanzers  herausgelegt  werden  können. 
Sie  dienen  dem  festgehefteten  Thiere  zur  Stütze,  dem  freischwim- 


—     58      — 

meuden  in  erster  Zeit  vielleicht  als  Bewegungsorgan.  Manchmal 
steht  dicht  über  den  Borsten  noch  eine  kleine  griff  eiförmige  Ver- 
längerung, ein  Schwanzanhang,  der  weich  ist  und  mehr  ent- 
wickelt bei  der  anderen  Form  von  Männchen  sich  zeigt. 

Diese  zweite  Form  gleicht  mehr  dem  von  Darwin  abgebil- 
deten geschlechtsreif en  Männchen  des  Cryptophialus.  Der  läng- 
liche starre  Panzer  fehlt  und  die  enganliegende  weiche  Körper- 
haut ist  die  einzige  Bedeckung  des  Thieres,  dessen  Form  sich 
etwas  geändert  hat.  Die  Autenneii  sind  mehr  nach  vorn  gerückt, 
indem  der  vor  ihnen  liegende  Theil  sich  abgestumpft  und  zu- 
gerundet hat;  der  Höhendurchmesser  von  der  Basis  der  Antennen 
bis  zum  Rücken  ist  dagegen  grösser;  es  ist  ein  einziger  Augen- 
fleck vorhanden,  der  sich  von  den  Antennen  mehr  entfernt  und 
dem  Rücken  genähert  hat.  An  dem  hinteren  Ende  ist  schliesslich 
das  Borstenbündel  verschwunden,  dagegen  ist  der  fadenförmige 
weiche  Anhang,  der  bei  der  Larve  über  den  Borsten  stand, 
stärker  geworden  und  steht  frei  von  dem  Körper  ab;  er  befindet 
sich  von  den  Antennen  am  weitesten  entfernt,  an  der  Stelle,  wo 
Darwin  das  äussere  Copulationsorgan  des  Männchens  angibt. 

Wenn  ich  diese  kleinen  Geschöpfe,  die  cyprisförmige  Larve 
und  das  mehr  gedrungene  weitere  Stadium  derselben,  als  Männchen 
bezeichne,  ohne  doch  Näheres  über  die  innere  Organisation  an- 
geben zu  können,  so  geschieht  dies  —  es  sei  nochmals  aus- 
drücklich bemerkt  —  eben  nur  nach  der  Analogie  bei  Älcippe 
und  Cri/ptophialus.  Wie  aber  eine  Befruchtung  der  Eier  durch 
diese,  von  der  Eingangsöffnung  in  den  Mantel  des  Weibchens  so 
weit  entfernten  Männchen  durch  unmittelbaren  Erguss  des 
Spermas  in  die'  Mantelhöhle  bewirkt  werden  solle,  ist  nicht  ein- 
zusehen. 

Ueberhaupt  hoffen  wir,  dass,  nachdem  nun  einmal  auf  das 
Thier  aufmerksam  gemacht  ist,  es  bald  gelingen  werde,  über  die 
näheren  Lebensverhältnisse  einer  so  interessanten  Crustacee  wei- 
teren Aufschluss  zu  erhalten;  insbesondere  wollten  wir  die  Arbeiter 
in  der  zoologischen  Station  des  Herrn  Dr.  Dohru  in  Neapel 
auffordern,  die  in  dem  Mittelmeer  häufig  vorkommende  Haliotis 
tnherculata  auf  das  Vorkommen  der  KocJilorine  hin  zu  unter- 
suchen. 


—     59     — 


Keise  nach  Island  im  Jahre  1872. 

Von  T.  A.  Verkriizeu  aus  London. 
Mitgetheilt   in   der   Sitzung  vom   2.  November  1872. 


Eine  Reise  nach  Island  ist  gegenwärtig  nicht  mehr  das,  was 
sie  vor  wenigen  Jahren  noch  war.  Wenn  die  schottischen  Dampf- 
boote mit  ihren  Sommer-Reisen  vom  Granton-Hafen  (Edinburg) 
nach  Reykjavik  fortfahren,  so  kann  man  selbst  von  Frankfurt 
im  günstigen  Falle  in  ungefähr  6  mal  24  Stunden  dahin 
gelangen;  dass  die  Reise  aber  länger  als  8  Tage  dauere,  ist  (ausser 
bei  freiwilligem  Aufenthalte  in  Gross-Britanuien)  nicht  wahrschein- 
lich, vorausgesetzt,  dass  man  von  Frankfurt  bis  Edinburg  die 
schnellste  Route  wählt.  Die  dänischen  Dampfer  gehen  vom  Frühjahr 
bis  November  einmal  monatlich  von  Kopenhagen  bis  Reykjavik 
und  zurück;  sie  sind  indess  von  12  bis  16  Tage  untei-wegs,  da 
sie  nicht  nur  in  Schottland,  bei  den  Faröer- Inseln,  und  abwechselnd 
au  der  Ost-  oder  Süd-Küste  Islands  vorsprechen,  sondern  auch 
überhaupt  laugsamer  fahren  als  britische  und  andere  Dampfer; 
immerhin  gewinnt  man  etwa  4  Tage,  selbst  die  dänischen  Dam- 
pfer erst  in  Leith-Hafen  (Edinburg),  oder  in  Lerwick  (Shetland), 
wo  sie  abwechsenld  anlanden,  zu  besteigen;  auch  ist  dies  billiger 
als  von  Frankfurt  aus  über  Kopenhagen  zu  gehen. 

Meine  Reise  ging  einfach  per  Eisenbahn  von  London  nach 
Edinburg,  und  von  dessen  Hafen  Grauton  per  Dampfer  direct 
nach  Reykjavik.  Der  Wind  war  uns  diesmal  recht  günstig,  so 
dass  unser  Dampfer  (The  Queen)  kaum  4  Tage  und  4  Nächte 
auf  dieser  Seereise  zubrachte.  Wir  erreichten  Reykjavik  am  läng- 
sten Tage.  Die  Nächte,  die  in  dieser  Jahreszeit  schon  im  Norden 
Schottlands  nicht  dunkeln,  waren  hier  vollständig  hell  und  blieben 
es  bis  zu  meiner  Abreise,  so  dass  ich  einen  fast  6  Wochen  langen 
Tag  erlebte.  Reykjavik,  der  Hauptort  Islands,  ist  mit  Ausnahme 
der  Kirche  und  des  Gouverneurs  Haus  von  Holz  erbaut;  man 
war  dabei,  noch  ein  drittes  Steingebäude  aufzuführen,  leider  ein 
Gefängniss !  Die  Einwohnerzahl  mit  Einschluss  der  Bewohner 
der  herumliegenden  Fischerhütten  mag  sich  auf  etwa  2000  belaufen, 


—     60     — 

während  die  gauze  Insel  jetzt  vielleicht  kaum  75,000  Einwohner 
enthält.  Vergleichen  wir  dies  z.  B.  mit  Irland,  welches  um  ^/ö 
kleiner  ist  als  Island,  und  vor  25  bis  30  Jahren  circa  8  Millionen 
Einwohner  zählte  (jetzt  hat  es  weniger),  so  tritt  die  äusserst  schwache 
Bevölkerung  Islands  in  die  Augen.  Reykjavik  ist  der  Sitz  eines 
protestantischen  Bischofs,  eines  Gouverneurs  und  verschiedener  meist 
dänischer  Beamten;  es  hat  ein  Hospital  und  eine  höhere  Schule, 
wo  unter  Auderm  auch  die  alten  und  neuern  Sprachen  gelehrt 
werden.  Die  wichtigsten  Einwohner  sind  nach  den  Beamten  die 
Kaufleute,  deren  es  10  bis  12  Firmen  geben  mag  und  die  meistens 
Dänen  sind;  sie  treiben  einen  Import-  und  Export-Handel  und 
sind  zugleich  Detailisten;  sie  handeln  in  allen  erdenklichen  Artikeln, 
kaufen  von  den  Fischern  und  Inland-Bauern  getrocknete  Fische, 
Federn,  Wolle,  Felle,  Talg,  getrocknetes  Schaffleisch  u.  s.  w., 
was  alles  auf  Pferden  zur  Stadt  gebracht  wird,  und  wogegen  jene 
wiederum  ihren  Bedarf  au  Kaffee  und  andern  nöthigen  und 
unnöthigen  Lebensmitteln  nebst  Kleidung  u.  s.  w.  von  den  Kauf- 
leuten zurücknehmen.  Ferner  gibt  es  hier  eine  Apotheke  und 
eine  Schenke,  verschiedene  Handwerker,  Führer  u.  s.  w.,  während 
die  Schiffer,    Fischer    und  Arbeiter    den  Rest  ausmachen. 

Wege,  nach  unsern  Begriffen,  gibt  es  in  Island  nicht,  und  noch 
weniger  Wagen.  Das  Pferd  ist  das  einzige  Beförderungsmittel,  und 
mit  diesem  ist  der  Isländer  deshalb  auch  so  verwachsen  wie  der 
Araber;  selbst  Frauen  und  Kinder  reiten  zu  Pferde,  wenn  sie 
sich  auf  irgend  längere  Strecken  von  Hause  entfernen.  Die  Landes-" 
Sprache  ist  isländisch,  ein  uraltes  Norwegisch,  im  Laufe  der  Jahr- 
hunderte vielleicht  etwas  verändert;  einigermaassen  Gebildete  und 
diejenigen ,  welche  mit  fremden  Nationen  in  Verbindung  kommen, 
verstehen  meistens  Dänisch,  auch  mitunter  Englisch,  selten  Französisch 
und  sehr  selten  Deutsch;  letzteres  traf  ich  nur  in  einem  Falle  an. 

Die  Lage  Islands  ist  an  der  äussersten  Grenze  der  nördlichen 
gemässigten  Zone;  der  arktische  Polarkreis  beriJhrt  kaum  die 
nördlichsten  Spitzen  der  Insel,  deren  West-,  Süd-  und  Ost-Küsten 
noch  dem  Einflüsse  des  Golfstromes  und  nur  die  Nord-Küste  dem 
des  Polarstromes  ausgesetzt  sind.  Das  Klima  ist  deshalb  nicht 
so  sehr  kalt  und  rauh,  als  man  zu  denken  scheint;  es  ist  im 
Ganzen  gemässigter  als  das  theilweisse  südlicher  gelegene  Grönland, 
welches    gänzlich    unter  dem  Einflüsse  des  Polarstomes  liegt. " 

Als    Ingolf  unter    der    despotischen    Regierung    von    Harold 


—     61     — 

Harfager  mit  seinen  Gesinnungsgenossen  von  Norwegen  auswanderte 
und  im  Jahre  870  an  der  Südküste,  in  der  Nähe  der  Skapta-  und 
Vatua-Jökulle  (mit  ewigem  Schnee  und  Eis  bedeckte  Gletscher- 
gebirge) landete,  fand  er  die  Gegend  voll  von  Eis;  er  mochte  auch 
wohl  zu  einer  kalten  Periode  angekommen  sein,  und  er  nannte 
in  Folge  dessen  das  Land  Is-land  oder  Eisland.  Diesen  Nameu 
hat  es  beibehalten,  der  übrigens  ein  Irrthum  ist,  indem  die  Insel, 
die  Rücken  der  Gletscher  und  anderen  höheren  Gebirge  oder  sonst 
unfruchtbare  Stellen  ausgenommen,  einen  grossen  Theil  des  Jahres 
lebhaft  grün  ist;  sie  sollte  deshalb  Grönland  und  dieses  das 
Island  genannt  werden.  Freilich  hat  auch  Island  wegen  seiner 
nördlichen  Lage  einen  längeren  und  rauhen  Winter,  weshalb  und 
theils  auch  wohl  weil  es  an  fruchtbarem  tieferen  Saud-  und  Lehm- 
boden fehlt,  auch  kein  Baum  von  gewöhnlicher  Höhe  dort  wächst; 
dagegen  ist  der  Graswuchs  um  so  ausgedehnter  und,  wo  mensch- 
liche Hülfe  hinzukommt,  üppig  zu  nennen.  Die  Wälder,  die  wir 
auf  unserer  Tour  zum  Geyser  antrafen,  bestanden  meistens  aus  Birken 
und  zwei  Arten  von  Weiden  (auch  Eschen  kommen  vor).  Erstere 
mochten  eine  Länge  von  4  bis  8  Fuss  erreichen;  ich  sage  Länge, 
denn  Höhe  kann  man  es  kaum  nennen,  weil  sie  meist  in  schräger 
Richtung  wachsen  uud  zuweilen  ganz  über  den  Grund  fort  kriechen, 
ohne  Zweifel  in  Folge  der  heftigen  Winde  und  des  belastenden 
Schnees  in  der  rauhen  Jahreszeit.  Nur  an  einer  Stelle  in  beson- 
ders günstiger  und  geschützter  Lage  im  Süden  der  Insel  soll  es 
einen  Wald  geben,  in  dem  verschiedene  Bäume  eine  Höhe  von 
12  bis  16  Fuss  erreichen.  Da  man  auf  Inland-Reisen  die  niedrigen 
Bäume  übersieht  und  sie  (selbst  auch  näher)  eher  für  Gesträuch 
als  Bäume  hält,  so  erscheint  das  Land  vollständig  baumlos;  desto 
reicher  ist  es  an  Hügeln,  Bergen,  Felsen  und  Kegeln  nebst  Vul- 
kanen und  mit  ewigem  Schnee  bedeckten  Gebirgen  (hier  Jökulle 
genannt),  und  zwar  von  den  merkwürdigsten  Formen  und  Gestalten. 
Das  Land  ist  fast  gänzlich  vulkanisch,  man  stösst  faai  überall 
auf  Lava  uud  Basalt  in  Gestalt  von  Rollsteinen  und  Blöcken 
oder  in  Gebirgsmassen,  wo  das  untere  Gestein  ein  Gemisch  von 
solidem  Basalt  und  Lava  zu  sein  scheint.  Der  Boden  ist  meistens 
verwitterte  Lava,  die  mit  vegetabilischen  Resten  vermischt,  eine 
Art  Moorgruud  erzeugt,  oder  wo  der  Grund  stark  mit  Pflanzen- 
resten, Gesträuch  und  Birkeuästen  vermengt  ist,  einen  schlechten 
Torf  bildet,  der  zugleich   das   einzige  im   Lande    erzeugte   Brenn- 


—     62     — 

material  ist,  zu  dem  Laudieute  Birkeureiser  zum  Aumachen  der 
Feuer  eiusammelu.  Wir  recbneu  diese  Insel  uocli  zu  Europa, 
was  dem  Ursprünge  der  Eiuwolmer  nach  auch  das  Richtige  ist; 
der  Lage  nach  gehört  sie  iudess  eher  zu  Amerika,  deuu  eiuei- 
seits  liegt  sie  uuweit  Grönlaud,  und  zweitens  befindet  sich  ihre 
grössere  Hälfte  auf  der  westlichen  Halbkugel,  indem  der  Meridian 
von  Ferro  sie  in  zwei  ungleiche  Hälften  schneidet,  wovon  nur  die 
kleinere  unserer  östlichen  Halbkugel  angehört.  Für  den  Geologen 
kann  es  wohl  kaum  ein  interessanteres  Land  geben;  die  gewalt- 
samen Wirkungen  der  Naturkräfte  des  Innern  unserer  Erde,  die 
hier  stattgefunden  haben,  sind  hinreichend  beschrieben  und  bekannt, 
und  fortwährend  bekunden  sie  sich  in  den  kochend  heissen 
(iSeysern,  den  Schwefelquellen  und  kaum  zur  Ruhe  gelaugten 
Vulkanen. 

Nachdem  ich  jetzt  eine  kurze  Darstellung  des  Landes  ge- 
geben, werde  ich  mir  erlauben,  eine  kleine  Beschreibung  meiner 
Reise  zum  Geyser  zu  entwerfen,  und  darnach  mit  Berührung  des 
Erfolgs  meiner  conchiologischeu  Arbeiten  schliessen. 

Reykjavik  erfreute  sich  im  verflosseneu  Sommer  eines  ganz 
ungewöhnlich  starken  Besuchs.  Das  Land  war  bisher  nur  von 
einigen  reichen  Touristen,  grossen  und  berühmten  Reisenden, 
eminenten  Naturforschern,  Prinzen  u.  s.  w.  besucht  worden. 
Diesen  Sommer  aber  weckte  unser  schottischer  Dampfer  die  Reise- 
lust der  Briten  und  führte  nicht  nur  Sportsmen  hin,  mit  Jagd- 
flinten, Angelruthen  und  Zelten  versehen,  sondern  auch  Damen, 
von  denen  sechs  zur  selben  Zeit  dem  Geyser  einen  Besuch  abstat- 
teten, als  auch  ich  hinritt.  Wir  waren  zwei  Gesellschaften  am 
Tage  unserer  Hinreise;  die  grössere  bestand  aus  der  Familie  eines 
in  seiner  eigenen  Yacht  herübergesegelten  Glasgower  Kaufmanns 
und  deren  Freundin,  der  Tochter  des  jetzt  so  berühmt  gewordenen 
afrikanischen  Reisenden  Dr.  Livingstone;  in  allem  3  Damen  und  3 
Herren,  begleitet  von  einem  Diener;  diese  7  Personen  hatten  5 
Führer,  d.  h.  einen  Haupt-Führer  nebst  4  Gehülfen,  und  etwa 
40  Pferde  zu  dieser  Reise;  die  12  Leute  bedurften  allein  schon 
mindestens  24  Pferde,  da  jeder  Reisende  1  Pferd  zum  Wechseln 
haben  muss,  die  übrigen  tragen  das  Bettzeug,  Decken,  Kleider, 
Lebensmittel,  Zelte  u.  s.  w.,  und  laufen  zum  Theil  lose  nebenher, 
weil  man  für  den  Nothfall  um  Pferde  nie  verlegen  sein  darf. 
Unsere,  die  kleine  Gesellschaft    bestand  aus  3  Edinburger  jungen 


—     63     — 

Dameu  und  meiuer  Wenigkeit,  nebst  einem  Führer  und  einem 
Gehülfen;  auch  wir  hatten  in  allem  etwa  18  Pferde.  Eine  dritte 
Gesellschaft  von  Herren  war  Tags  zuvor  zum  Geyser  abgereist  und 
traf  mit  uns  daselbst  zusammen.  —  Unsere  Gesellschaft  nebst 
Führer  und  Tross  war  die  erste  aus  Reykjavik  abzureiten.  In 
der  Nähe  der  Stadt  bis  zum  Salmfluss ,  etwa  eine  gute  deutsche 
Meile,  ist  der  Weg  leidlich  gut,  und  es  wurde  scharf  geritten, 
wie  dies  überhaupt  überall  geschah,  wo  die  Wege  es  nur  irgend 
erlauben  wollten;  die  jungen  Damen  galoppirten  meistens,  während 
ich  einen  möglichst  scharfen  Trab  reiten  musste,  was  mir,  da 
ich  seit  langen  Jahren  nicht  zu  Pferde  gesessen,  zu  Anfang  ziem- 
lich sauer  wurde.  Die  Wege  verloren  sich  bald  in  kaum  zu 
erkennende  Spuren;  es  ging  über  Lavagestein,  über  Heide,  Moos, 
durch  Sümpfe  und  Moräste,  über  Berge,  Felsen  und  durch  Abgründe, 
alle  Flüsse  wurden  durchwatet,  denn  Brücken,  so  lange  Pferde 
noch  durchkönuen,  sind  dem  Isländer  überflüssiger  Luxus.  Die 
Partie  kam  mir  bald  vor  wie  ein  tolles  »Hurre  hurre  hop  hop 
gings  fort  im  sausenden  Galopp,  dass  Ross  und  Reuter  schnoben 
und  Schlamm  und  Wasser  stoben«.  Wir  wurden  dann  auch 
gehörig  beworfen  und  bemalt,  so  dass  meine  hohen  Stiefel  statt 
schwarz  bald  einen  rostartigen  üeberzug  erhielten.  Meine  leichten 
Reisegefährtinnen  konnten  das  Ding  vortrefflich  aushalten,  denn 
ihr  Schmetterlingsgewicht  belästigte  weder  sie  noch  ihre  Pferde, 
mir  mit  meinen  gewichtigen  Knochen  und  65jährigen  alten  Gliedern 
wurde  die  ungewohnte  Procedur  etwas  sau.erer;  aber  Eins  hatte 
ich  mir  fest  vorgenommen,  und  zwar,  koste  es  was  es  wolle, 
nicht  zurück  zu  bleiben,  sondern  wo  möglich  unter  den  Erstereu 
zu  sein;  und  ich  fand  zu  meiner  Freude,  dass  der  Mensch  selbst 
im  Alter  noch  Unglaubliches  leisten  kann,  wenn  er  es  nur  herzhaft 
und  entschlossen  angreift.  An  einer  Stelle  kreuzten  wir  einen 
Fluss  vielleicht  20mal  hinüber  und  herüber,  der  Weg  lag  fast 
gänzlich  im  Flussbette.  Zur  Mittagszeit  wurde  in  einer  grünen 
Wiese  Haltgemacht,  unsere  Vorrathssäcke  hervorgeholt,  und  während 
■wir  auf  schönem  Grase  Angesichts  wunderbar  gestalteter,  schwarzer 
Berge  ein  frugales  Mahl  hielten,  ward  unsern  Pferden  erlaubt, 
nach  Belieben  herum  zu  fouragiren.  Nach  beendeter  Mahlzeit 
galoppirte  einer  der  Leute  hinter  ihnen  her  und  trieb  sie  wieder 
zusammen ;  es  wurde  aufgesessen  und  mit  verhängtem  Zügel  ging 
aufs  neue    die  Reise  vorwärts.     Gegen  die  Abendzeit,  indess  beim 


—     64     - 

glauzvollsten  Tageslichte,  bekamen  wir  eine  Ansicht  des  pracht- 
vollen Thingvalla-Sees,  des  grössten  und  vielleicht  schönsten  in 
Island.  Man  wähnt  sich  plötzlich  in  südlichere  Regionen  versetzt. 
Den  Mangel  an  Bäumen  ersetzt  ein  glanzvolles  Farbenspiel  der 
Landschaft  um  den  spiegelglatten  blauen  See  und  eine  Erleuchtung, 
von  der  nur  der  Nordländer  eine  Idee  hat.  Inseln  und  Wasser, 
Berge  und  Niederungen  wechseln  in  wunderbarer  Mannichfaltigkeit, 
von  der  sich  senkenden  Sonne  aufs  herrlichste  beleuchtet.  So 
ritten  wir  auf  einem  Lava-  Tafellande  dem  Ziele  unserer  ersten 
Tagereise  entgegen,  bis  auf  einmal  unser  Land  plötzlich  aufhörte 
und,  so  weit  wir  sehen  konnten,  etwa  100  bis  150  Fuss  senkrecht 
in  die  Tiefe  hinabschoss.  Hier  war  ein  bedeutender  Lava-Bruch, 
dessen  östlichste  Seite  vollständig  versenkt  war,  während  die  west- 
liche, unser  Plateau,  schroff  abgeschnitten  da  stand.  Nur  au 
einer  Stelle  führte  eine  Art  natürlicher  Teufels-Treppe  über 
Felsblöcke  und  regelloses  Gestein  hinunter.  Dies  war  die  berühmte 
Almannagja.  Wir  stiegen  ab,  die  Pferde  wurden  hinunter  getrieben; 
wir  folgten  oder  gingen  zur  Seite  und  stiegen  unten  angelaugt 
wieder  auf,  ritten  gänzlich  ins  Thal  hinunter,  setzten  durch  den 
Fluss,  der  in  den  Thingwalla-See  mündet,  und  waren  alsbald  am 
Ende  unserer  ersten  Tagereise,  wo  wir  beim  Pfarrer  und  seinem 
hölzernen  Kirchieiu  Halt  machten;  hier  gesellte  sich  auch  die  erst 
erAvähnte  grössere  Reise-Gesellschaft  zu  uns.  Der  Pfarrer  lieferte 
uns  prachtvolle  Forellen  mit  goldgelben  Bäuchen,  vorzügliche 
Milch  und  Butter,  was  nebst  unseren  Vorräthen  ein  achtes  Labsal 
nach  der  Anstrengung  wurde.  Wir  besahen  uns  noch  die  wunder- 
bare Umgebung,  wo  zwischen  Lavaspalten  der  frühere  Altiug 
(das  isländische  Parlament)  sich  im  Freien  versammelte,  deren 
nähere  Beschreibung  jedoch  mich  hier  zu  weit  führen  würde,  und 
zogen  uns  aldann  zur  Ruhe  in  die  Kirche  zurück.  Meine  drei  Reise- 
gefährtinnen erhielten  die  einzige  Fremdenstube  in  des  Pfarrers 
besserem  Erdhäuschen,  die  drei  fremden  Damen  wurden  oben  auf 
den  kleinen  Balkon  der  Kirche  abgeschlossen  und  mit  Vorhängen 
versehen  einquartiert,  während  die  Herren  sich  auf  den  Fusboden 
des  hölzernen  Kirchleins  betten  mussten.  Da  nicht  Matratzen 
genug  vorräthig  waren,  so  erhielt  ich  nur  ein  dünnes  Federbett 
auf  den  harten  Holzboden,  und  legte  mich  mit  Benutzung  meines 
Gepäcks  so  gut  es  gehen  wollte  beim  Altare  nieder.  Au  Schlaf 
war    trotz    aller  Müdigkeit  nicht  zu  deuken,  und  ich  lag  mir  die 


—     65     — 

matten  Glieder  steif  und  schmerzhaft.  Am  folgenden  Morgen 
indess  früh  bei  der  Hand,  besah  ich  mir  die  Umgegend,  von 
Abgründen  und  Lavaspalten  durchkreuzt,  noch  näher,  und  durch 
einen  guten  Kaffee  etc.  erfrischt  und  gestärkt,  gings  wieder  in 
den  Sattel  fort  zum  Geyser;  diese  zweite  Tagereise  war  womög- 
lich noch  anstrengender  als  die  erste.  Wir  hatten  dabei  viele 
Flüsse  zu  durchwaten.  In  einem  derselben  befand  sieh  in  der 
Mitte  eine  Lavaspalte  der  Länge  nach,  in  welche  die  Wasser  sich 
brausend  und  schäumend  hinunterstürzten;  über  diese  Spalte  allein, 
mitten  im  Flusse  ist  eine  kleine  Nothbrücke  geworfen.  Man 
reitet  in  dem  Fluss  bis  zu  derselben,  setzt  über  Brücke  und  Ab- 
grund und  nochmals  in  den  Fluss  bis  zum  andern  Ufer.  Beim 
Durchwaten  des  vorletzten  Flusses  traf  mich  ein  Unglück,  welches 
zwar  gut  ablief,  aber  ernsthaft  hätte  werden  können.  Mein  Pferd 
glitt  über  eine  Lavabank,  strauchelte  seitwärts  und  warf  mich 
in  den  Fluss.  Leider  war  ich  ganz  allein.  Eine  der  Damen,  mit 
der  ich  voraus  geritten  war,  hatte  vor  mir  übergesetzt  und  war 
schon  eine  Strecke  vorwärts,  als  ich  im  Wasser  lag,  während 
unsere  Kavavane  noch  ziemlich  zurück  war.  Zum  Glück  hatte 
ich  beide  Füsi^e  aus  den  Steigbügeln  und  den  Zaum  über  des 
Pferdes  Kopf  in  der  Hand  behalten.  Ich  raifte  mich  empor, 
watete  mühsam  aus  dem  reissenden  Strom  ans  L^fer,  stieg  auf 
und  hatte  noch  eine  Stunde  in  nassen  Kleidern  zu  reiten,  bis  wir 
endlich  gegen  Abend  beim  Geyser  anlangten.  Auch  hier  dauerte 
66  fast  noch  eine  Stunde,  bevor  unsere  Packpferde  eintrafen  und 
ich  im  Zelte  der  Tags  zuvor  angelangten  Herren  Gelegenheit  erhielt, 
meine  Kleider  zu  wechseln.  Wir  besahen  uns  das  grosse  Geyser- 
Becken,  die  30  bis  40  kleineren  Geyser,  genossen  das  Schauspiel 
eines  Ausbruchs  des  zweiten  Bedeutendsten  (Strokr  genannt),  und 
legten  uns  endlich  im  Zelte  mit  einer  Wolldecke  aufs  Gras  zur 
Ruhe.  In  dieser  Nacht  regnete  es  unbarmherzig,  so  dass  das 
Wasser  durchs  Zelt  drang,  und  auch  mein  zweiter  (und  letzter) 
Anzug  ziemlich  nass  wurde.  Am  folgenden  Morgen  zog  ich  meine 
Regenkleider  über  und  stand  noch  zwei  Stunden  bei  den  Zelten  im 
giessenden  Regeu,  auf  einen  Ausbruch  des  grossen  Geyser  harrend. 
Da  er  aber  in  übler  Laune  war,  wurde  mir  das  Ding  denn  doch 
endlich  zu  bunt,  ich  liess  Geyser  Geyser  sein  und  suchte  Quartier 
in  der  nächsten  Bauern- Erdhütte,  wo  ich  diesen  Tag,  an  dem 
der  Regen    nicht  aufhörte,  zubringen  musste.     Auf  einen  grossen 


-     Q6     - 

Holzkofier  legte  mir  die  Bauersfrau  eiu  Federbett,  auf  dem  ich 
die  Nacht  in  meinen  Kleidern  verbrachte,  und  da  der  Regen  am 
folgenden  Tage  uachliess,  so  spazierte  ich  wieder  zum  Geyser,  wo 
meine  Damen  in  ihrem  Zelte  noch  gemüthlich  auf  seinen  Vortrag 
harrten ;  da  er  sich  indess  nicht  bewegen  liess,  so  entschlossen 
sie  sich,  zum  Hekla  weiter  zu  reiten,  wohin  ich  sie  leider  nicht 
begleiten  konnte,  da  ich  meine  Reise  wegen  Mangels  an  weiteren 
trockenen  Kleidern  nicht  ausdehnen  durfte.  Ich  blieb  deshalb  bei 
der  grossen  Gesellschaft  zurück  und  fand,  da  der  Tag  sich  auf- 
heiterte, Gelegenheit  meine  nassen  Kleider  an  der  Sonne  zu  trock- 
nen. Aber  auch  an  diesem  Tage  wollte  der  Gey.ser  nicht  spielen. 
Ich  bestieg  deshalb  das  nächste  Gebirge,  nahm  mir  die  Umgebungen 
auf,  so  gut  es  nach  dem  Augenmaass  gehen  Avollte,  und  sammelte 
die  verschiedenen  Absatz-Gesteine  der  Geyser  nebst  den  Mineralien 
der  Umgegend.  Der  grosse  Geyser  (die  Isländer  sagen  Geysir) 
enthält  kochend  heisses  Wasser,  seine  etwas  ovale  Oeffnuug  oder 
Röhre  mag  6  bis  8  Fuss  im  Durchmesser  betragen  und  geht 
senkrecht  in  die  Erde  hinunter;  um  dieselbe  befindet  sich  ein 
Becken,  welches  etwa  64  Schritte  im  Umkreis  misst,  in  der  Mitte 
nahe  der  Röhre  etwa  4  bis  5  Fuss  tief  sein  mag  und  gegen  den 
Rand  seicht  ausläuft.  Röhre  und  Becken  sind  mit  kochend  heissem 
Wasser  gefüllt,  das  mit  geringen  Unterbrechungen  stets  überfliesst, 
ein  Bächlein  bildet  und  sich  nach  einem  Lauf  von  kaum  10 
Minuten  in  einen  kleinen  Fluss  verliert.  Selten  ruht  der  Geyser 
als  Quelle,  aber  nach  einem  Ausbruch  ist  nicht  allein  das  Becken 
leer,  sondern  gleichfalls  die  Röhre  bis  zu  einer  beträchtlichen 
Tiefe,  so  dass  man  hinunter  sehen  kann,  bis  das  Wasser  in  der 
Röhre  allmälio-  wieder  steigt  und  auch  das  Becken  von  neuem 
füllt.  Der  grosse  Geyser  hatte  nun  seit  3  Tagen  nicht  gesprüht 
und  man  durfte  vermuthen,  dass  er  nun  bald  losbrechen  würde; 
leider  aber  konnte  ich  auch  die  dritte  Nacht  nicht  in  seiner 
Nähe  cainpiren.  Die  drei  Herren  mit  ihrem  Zelte  waren  ebenfalls 
zum  Ilekla  abgeritten,  und  ich  musste  noch  einmal  in  der  Bauern- 
hütte Obdach  suchen.  Am  folgenden  Morgen  und  zwar  vor  6  Uhr, 
ehe  ich  hinkam,  fand  eine  grosse  Eruption  statt,  der  Geyser 
warf  während  etwa  6  Minuten  seine  Wassersäule  stossweise  über 
100  Fuss  empor,  die  sich  alsdann  theilte  und  in  Perlen  und 
Bogen  niederfiel ;  das  Schauspiel  nach  der  Beschreibung  war  ähn- 
lich wie  das  des  Strokr  (den  ich  3mal  hatte  sprühen  sehen),  nur  noch 


—     67     — 

etwas  grossartiger ;  als  es  vorbei  Avar,  erhielt  ich  Bescheid,  rlass 
die  Gesellschaft  zur  Rückreise  aufbrechen  würde.  Rasch  packte 
ich  meine  Sachen  zusammen,  eilte  hiu,  besah  mir  noch  das  leere 
Becken,  und  bestieg  bald  darauf  meinen  Pony,  mein  Packpferd 
zum  Aufsatteln  des  Gepäcks  nach  der  Hütte  beordernd,  um  nicht 
zurück  zu  bleiben.  Als  ich  hiermit  beschäftigt  war,  sprübete 
der  Geyser,  wie  ich  von  der  Gesellschaft  hörte,  noch  einmal 
währeud  5  Minuten.  So  kam  ich  durch  widrige  Zufälligkeiten 
um  das  Schauspiel,  welches  zu  sehen  weite  Reisen  gemacht  werden. 
Mir  war  das  zwar  leid,  jedoch  keine  peinigende  Täuschung;  die 
ganzen  wunderbaren  Natur- Verhältnisse  und  Einrieb tuusjen  hier 
beobachten  zu  können,  ist  bei  weitem  die  Hauptsache ;  ich  hatte 
drei  schöne  Ausbrüche  des  Strokr  gesehen,  der  seine  Wassersäule 
auch  etwa  60  Fuss  hinauf  schleuderte,  und  konnte  mir  deshalb 
aus  den  erhaltenen  Mittheilungen  leicht  ein  Bild  des  Ausbruchs 
des  grösseren  Geysers  entwerfen ;  es  zu  sehen  ist  mehr  ein  Ver- 
gnügen, so  wie  man  einen  hohen  Springbrunnen  gern  betrachtet;  dem 
Naturforscher  ist  solches  nebenbei  willkommeu,  indess  keineswegs 
die  Hauptsache;  und  da  unsers  Bleibens  daselbst  für  diesmal  nicht 
länger  war,  so  bestieg  ich  zufrieden  und  getrost  mein  Pferd  zur 
Rückreise  .:aach  Reykjavik,  denn  ich  hatte  doch  noch  mehr  gesehen 
und  beobachtet,  als  unsere  zwei  vorher  nach  dem  Hekla  weiter 
gereisten  Gesellschaften,  und  wahrscheinlich  auch  mehr  als  die 
zurück  gebliebene,  denen  der  Geyser  wohl  nur  eine  besonders  hübsche 
Fontaine  war.  Die  Rückreise  erforderte  wiederum  eine  zweitägige 
noch  härtere  Anstrengung  als  der  Hinritt;  der  erste  war  ein 
heisser  Sommertag  und  wir  ritten  den  ganzen  Tag  der  Sonne 
direct  entgegen.  Es  wurde  beim  Thingwalla  abermals  in  der 
Kirche  Quartier  genommen,  womit  ich  5  Nächte  und  6  Tage  in 
meinen  (theils  nassen)  Kleidern  gesteckt  hatte,  und  froh  war, 
die  sechste  Nacht  endlich  in  Reykjavik  in  meinem  Bette,  wie 
üblich,  ausruhen  zu  können.  Meine  drei  Reisegefährtinnen  kehrten 
drei  Tage  später  als  ich  nach  Reykjavik  zurück  und  hatten  mit  den 
zuvor  dahin  abgereisten  Herren  den  Hekla  bestiegen.  Kurz  vor 
uns  war  auch  der  bekannte  englische  Reisende  Capitain  Burton 
beim  Geyser  gewesen  und  mit  seiner  Gesellschaft  ins  Inland  weiter 
geritten;  nach  unserer  Rückkunft  landeten  zwei  baierische  Prinzen 
(Vettern  vom  jetzigen  Könige)  in  Reykjavik;  sie  beehrten  mich 
mit    einem  Besuche    und    besahen  Einiges  von  meinen  erbeut;'ten 


-     68     - 

Mollusken  und  andern  Thieren.  So  war  Island  in  diesem  Sommer 
der  Sammelplatz  von  Touristen  und  Sportsmen  aller  Art  und 
Classen,  und  ich  zweifele  nicht,  dass,  wenn  die  Verbindungen 
bestehen  bleiben,  der  Besuch  nach  diesem  Wunderlande  zunehmen 
wird,  zumal  da  nunmehr  auch  ein  Gasthof  in  Reykjavik  errichtet 
werden  soll,  indem  jetzt  ein  Engländer  die  einzige  Schenke  daselbst 
angekauft  hat  und  eins  der  Nebeuhäuser  in  ein  Hotel  umzubauen 
beabsichtigt,  welches  bereits  nächsten  Sommer  für  Gäste  fertig 
sein  soll,  so  dass,  wenn  Sie,  geehrte  Zuhörer,  nun  hinkommen, 
Sie  nicht  wie  ich  in  einem  Packhause  Quartier  zu  nehmen  brauchen. 
Ich  gedenke  eine  ausführlichere  Beschreibung  meiner  Reise  und 
Beobachtungen  in  Druck  zu  geben,  worauf  ich  diejenigen  zu  ver- 
weisen mir  erlauben  Averde,  die  sich  über  die  jetzigen  Verhältnisse 
in  Island  näher  zu  unterrichten  wünschen. 

Mit  dem  Schaben  hatte  ich  diesmal  grössere  Schwierigkeiten 
als  in  Norwegen.  Die  Isländer  sind  an  anstrengende  ausdauernde 
Arbeit  nicht  gewöhnt,  sie  ermüden  oder  werden  der  Sache  über- 
drüssig, und  man  hat  seine  Last,  sie  zu  fortgesetzten  Bemühungen 
zu  veranlassen.  Durch  giue  Bezahlung,  unterstützt  von  Getränk  etc., 
gelang  es  mir  jedoch,  mit  dem  Schaben  so  ziemlich  fertig 
zu  werden.  Leider  konnte  ich  indess  von  dieser  schönen  grossen 
Insel  mit  ihren  hundert  Baien,  Buchten  und  Meerarmen  nur 
einen  Punkt  (die  Reykjavik-Bai)  durchnehmen.  Es  würde  sich 
der  Mühe  lohnen,  die  nördlichen  Küsten  durchzuarbeiten,  denn  dort 
würde  mau  ohne  Zweifel  eine  entschiedenere  arctische  Fauna 
antreffen.  Sollte  die  deutsche  Regierung  im  nächsten  Sommer 
wieder  ein  Schiff  auf  Erforschungen  aussenden,  so  dürfte  das 
nördliche  Norwegen  und  von  dort  nach  Island  eine  lohnende 
Reise  versprechen,  die  ich  gern  nach  Kräften  unterstützen  würde. 
Ich  erlangte  in  der  Bai  von  Reykjavik  zusammen  etwa  100  x\rten 
und  Varietäten  von  Mollusken,  die  ausser  dem  Buccinum  planum 
bereits  bekannt  waren:  ob  sie  indessen  vorher  auch  alle  als  in 
Island  vorkommend  gekannt  waren,  kann  ich  nicht  sagen. 
Es  sind  viele  sehr  interessante  Species  darunter,  manche  schöne 
Varietäten  und  verschiedene  in  ausserordentlich  schönen  Exemplaren, 
wie  sie  in  den  britischen  und  norv,  egischen  Meeren  kaum  auge- 
troflen  werden ;  und  ohne  Zweifel  dürfte  noch  manches  Neue  um 
Islands  Küsten  anzutreffen  sein.  Eine  Liste  hiervon  erscheint  iu 
den  „Annais  and  Magazine  of  Natural  History"  für  Nov.  so  wie  im 


—     69     — 

Nachrichtsblatt  der  deutschen  Malakozoologischen  Gesellschaft  für 
December  1872.  Ich  erhielt  ferner  eine  Anzahl  Echinodermen, 
(Echini,  Seesterne  etc.),  einige  Actiniae  (Seerosen),  verschiedene 
marine  Vermes  und  etliche  Orustaceen,  so  wie  einige  Holothuriae, 
unter  denen  etliche,  die  wenigstens  2  bis  3  Pfd.  wiegen  mochten, 
uud  bei  denen  ich  bedauerte,  dass  ich  keine  Vorkehrungen  hatte, 
diese  kleinen  Ungeheuer  mitzubringen. 


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lieber  die  Pfahlbauten  und  deren  Bewohner. 

Vortrag,    gehalten  am  1.  März  1873. 
Von  S.  A.  Scheidel. 


Die  Entdeckuug  menschlicher  Wohnungen  in  den  Schweizer 
Seen  erregte  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  in  hohem  Grade. 

Mau  hat  diese  Ausiedluugeu  ihrer  Beschaffenheit  nach  Pfahl- 
bauten genannt,  und  waren  dieselben  in  mehreren  Seen  den 
Uferbewolinern  bereits  seit  Jahrhunderten  bekannt,  aber  er- 
kannt hat  sie  erst  Dr.  Ferdinand  Keller,  Präsident  der 
antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich.*)  Dieses  geschah  im  Januar 
1854  zu  Obermeilen  am  Züricher  See,  wo  in  Folge  des  niederen 
Wasserstandes  ein  grosser  Theil  des  Seebodens  trocken  lag  und 
bei  üferbauten  die  Pfahl-Ansiedluug  entdeckt  wurde.  Hiermit 
war  ein  weites  Feld  für  die  wissenschaftliche  Thätigkeit  eröffnet 
und  haben  sich  an  den  Untersuchungen  vorab  die  Schweizer 
Gelehrten  aller  Fächer  mit  Eifer  betheihgt.  Bereits  im  Jahre 
1867  kannte  man  mehr  als  200  Pfahlbauausiedlungeu  in  den 
Schweizer  Seen,  welche  sich  ihrer  Bauart  nach  in  drei  Gruppen 
eintheilen  Hessen.  Aber  auch  iu  den  Nachbarländern  der  Schweiz, 
in  Oberitalien,  Oesterreich,  Bayern  und  Württemberg  entdeckte 
man  Pfahlbauten.  Ferner  in  Frankreich,  Irland  und  Schottland, 
Mecklenburg,  in  Hinter-Pommern  und  Schleswig,  und  darf  die 
Liste  der  Pfahlbau-Entdeckungen  noch  nicht  als  geschlossen  an- 
gesehen werden ,  da  alljährlich  in  verschiedenen  Zeitschriften 
Berichte  über  neue  Fundorte  veröffentlicht  werden.**) 


*)  Mittheilungen  der  antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich.  Bd.  XI. 
1856—57.  Bd.  XII.  1858—60.  Heft  3.  2.  Bericht.  Bd.  XIII.  Heft  3. 
3.  Bericht.  Bd.  XIV.  Heft  1.  4.  Bericht  und  Heft  6.  5.  Bericht.  Die 
keltischen  Pfahlbauten  in  den  Schweizer  Seen   von  Dr.  Ferdinand  Keller. 

**)  Bd.  XIII.  Torfmoor  bei  Wauwyl,  von  K.  Suter  u.  a.  m. 

Bd.  XIV.  Untergang  der  Pfahlbauten  von  Robenhausen,  von  Messikommer. 

Ebendas.  Chemische  Analyse  alter  Bronze  -  Geräthschaften  durch  Prof. 
von  Fellenberg  in  Bern. 

Habitations  Lacustres  des  Temps  anciens  et  modernes.  F.  Troyon,  Lau- 
sanne 1860.     XVII.  pls.    380  fig. 


—     71     — 

Es  eutstaud  zunächst  die  Frage:  sind  diese  sonderbaren,  der 
menschlichen  Natur  wenig  angemessenen  Wohnungen  über  dem 
Wasser,  einem  Volke  oder  mehreren  Völkerschaften  zuzu- 
schreiben? und  was  mag  die  Ursache  gewesen  seiu,  welche  die- 
selben veranlasste  die  Schlupfwinkel  des  Bibers  und  der  Fisch- 
otter aufzusuchen?  —  Vergeblich  hat  man  sich  bei  den  Ueber- 
lieferungen  der  ältesten  Culturvölker  darnach  umgesehen.  Die 
Geschichte  schweigt  über  die  Schweizer  Pfahlbauten.  —  Die  An- 
sichten der  zahlreichen  Forscher  gehen  hierüber  sehr  weit  ausein- 
ander, —  während  z.  B.  Dr.  Keller,  Prof.  Rütimeyer,  Heer, 
Troyon,  Desor  u.  A.,  in  den  Bewohnern  der  Pfahlbauten  die 
Urbevölkerung  der  Schweiz  vor  fünf-  und  mehr  Jahrtausenden  zu 
erblicken  glauben,  erkennen  andere  Forscher  nur  Haiidelsstationen 
und  Handwerkercolonieu,  welche  höchstens  300 — 400  Jahre  vor 
die  Römerherrschaft  in  der  Schweiz  reichen.  Gymnasiallehrer 
Pallmann  macht  die  Pfahlbauten  geradezu  zu  dem  Knotenpunkt 
für  den  nordischen  Landhaudel  der  Phönizier  und  später  der 
Massalioten.  Man  soll  hier  die  Stein-  und  Bronze  (Erz)-Waflfen 
und  Werkzeuge  für  den  nordischen  Tausch-Handel  mit  den  Bar- 
baren resp.  Germauen  verfertigt  und  auf  der  sog.  Bernsteinstrasse 
weiter  geschafft  haben. 

Mehr  Aussicht  auf  Erfolg  haben  die  Untersuchungen  der  ver- 
gleichenden Naturwissenschaft. 

Leider  beschränkt  sich  das  Material  hierfür  nur  auf  einige 
wenige  Gebeine  und  Schädel  von  Menschen,  und  da  sich  in  der 
Nähe  der  so  zahlreichen  Seewohnuugen  noch  keine  Gräberfelder 
gefunden  haben,  so  '  liegt  die  Vermutuhng  nahe ,  dass  man  die 
Todten  verbrannte.  Die  Herren  Professoren  Rütimeyer  und 
Hiss  haben  die  Racenschädel  der  Schweizer  in  vier  Typen  zu- 
sammengestellt, und  zeigt  es  sich  selbst  bei  den  spärlichen  Funden 
aus  den  Pfahlbauten,  dass  dieselben  in  zwei  verschiedene  Typen 
gehören.*)        «* 


Die  Pfahlbauten  in  den  Schweizer  Seen  von  J.  Staub,  Zürich  1864.    8  Taf. 
5  Holzschn. 

Die  Pfahlbauten  des  Neuenburger  Sees,  von  E.  Desor,  deutsch  von  F.  Mayer, 
Frankfurt  a.  M.  1866.     117  Holzschn. 

Die  Pfahlbauten  und  ihre  Bewohner,  von  Dr.  R.  Pallmann.     Greifswalde 
1866.     3  Taf. 

*)  Crania    Helvetica.     Sannnlung    schweizerischer     Schädelformen    von 


-     72     — 

Die  bis  jetzt  aufgefundeueD  Meuscheukuochen  sowie  die  sehr 
kleineu  Handgriffe  an  Waffen  und  Werkzeugen  lassen  auf  einen 
kleinen  Menschenschlag  schliessen. 

Die  grosse  Anzahl  der  bekannt  gewordenen  Pfahlbauten  nicht 
allein  in  der  Schweiz,  sondern  auch  in  den  übrigen  Ländern 
Europa's,  lassen  dieselben  doch  für  mehr  als  blosse  Haudelsfac- 
toreien  erscheinen.  Man  könnte  auch  annehmen,  dass  es  Zufluchts- 
stätten verschiedener  Völkerstämme  waren,  welche,  aus  ihrer 
Heimath  entweder  durch  Hungersnoth,  Elementarereignisse  oder  feind- 
liche Nachbarvölker  verdrängt,  sich  in  den  Seen  angesiedelt  haben. 
Die  Pfahlwohnungen  dienten  nicht  nur  zum  Schutz  gegen  die 
Thiere  des  Waldes,  sondern  auch  gegen  den  grössten  Feind,  die 
eigene  Race.  Was  man  im  Wasser  mit  den  Pfahlinseln  bezweckte, 
erreichte  mau  auf  dem  Lande  durch  die  Stein-  und  Erd- Wälle 
auf  den  Bergen,  wofür  die  Ringwälle  in  den  verschiedensten  Ge- 
birgen Europa's  Zeugniss  ablegen.  Es  dürfte  die  Zeit  der  Pfahl- 
bauten und  der  Ringwälle  nicht  gar  weit  auseinander  liegen.  Noch 
jetzt  existiren  Phalbauten  z.  B.  auf  Neuguiuea  und  gestatten  uns 
Reflexionen  anzustellen  über  diejenigen  Völkerschaften,  welche  vor 
uns  Europa  bewohnt  haben.*) 

Die  Thiere,  welche  mit  dem  Menschen  die  Pfahlbauten  und 
die  Umgegend  der  Seen  bewohnten,  hat  Prof,  Rütimeyer  nach 
den  Kücheuabfälleu,  wovon  sich  kolossale  Massen  erhalten  haben, 
in  seiner  Fauna**)  der  Pfahlbauten  zusammengestellt.  Darnach 
finden  sich  von  Säuget  liieren  als  Jagdbeute  z.  B.  die  Knochen 
vom    Bären,    ür,    Bison,  Wolf,    Fuchs,   Wildkatze,    Dachs,    Haus- 


L.  Rütimeyer  und  W.  His.     Basel  und  Genf  1.S64.     Atlas  A.  Taf.  XI.  u.  XIII. 
B.     Taf.  I.  u.  VII.     C.  Taf.  V. 

Archiv  für  Anthropologie  Bd.  5.  1872.  S.  226.  Pfahlbauten  am  Bielersee, 
von  Dr.  Gross. 

*)  Dumont  d'Urville,  voyage  l'astrolabe,  Paris  1830.  B.  4.  S.  541—612. 
Atlas  PI.  112     125. 

Dr.   A.  Dietzmann.    Reise    in   Süd-    und   Nord-Amerika,    Engl.  Guyana, 
Demeravy.    Leipzig  1837.    S.  27.  T.  5. 

**)  Mittheilungen  der  antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich.  Bd.  XIII. 
Abth.  2.  Heft.  2.  Untersuchung  der  Thierreste  aus  den  Pfahlbauten  der 
Schweiz,  von  L.  Rütimeyer.  1860. 

Die   Fauna  der    Pfahlbauten  in  der  Schweiz.     6  Taf.  von  Dr.  L.  Rüti- 
meyer.    Basel  1861. 


Hund 

3 

pCt, 

Fuchs 

4 

» 

Biber 

6 

» 

Reh 

8 

» 

—     73     — 

und  Baum-Marder,  Biber,  Fischotter,  Reh,  Edel-  und  Dam-Hirsch, 
Eleuthier,  Steinbock,  Wild-  uud  Torf-Schwein,  Hase  u.  a.  m. 

Viele   dieser  Thierarten    sind  jetzt   theils  ausgestorben,  theils 
in  audere  Gegenden  durch  die  Cultur  verdrängt  worden. 
Von  Hausthieren. 
Hund,  Katze,  Pferd,  Esel,  Haus-  und  Torf-Kuh,  Ziege,  vSchaf, 
Schwein.     (Vermuthlich   Stammracen    der  jetzt  noch  vorkommen- 
den kleinen  Schweizer  Landracen.) 

Veranschaulicht  man  die  Häufigkeit  des  Vorkommens  der 
Thierarten  damaliger  Zeit  in  Procenteu,  so  stellt  sich  folgendes 
Verhältniss  heraus  : 

Schaf  u.  Ziege  10  pCt. 
Kuh  .     .     .     .  16    » 
Schweine     .     .  20    » 
Hirsch    .     .     .  20    » 
Vogel  arten. 
Stein-  uud  Fisch- Adler,  Taubenhabicht,  Sperber,  wilde  Taube, 
Schwan,    Gans,    verschiedene    Entenarten,    Reiher,    Storch,   Möve, 
Wasser-  und  Hassel- Huhn. 

Reptilien. 
Süsswasser-Schildkröte  und  Frosch. 

Fische. 
Lachs,  Hecht,  Karpfen,  Weissfisch. 

Wirbellose  Thiere. 
Ferner  werden  als  Fundstücke  mehrere  Schnecken-  u.  Muschel- 
Gehäuse  erwähnt. 

Einiges  Töpfei-geschirr  lässt  auf  die  Gewinnung  von  Honig 
schliesseo.  Auch  das  Vorhandensein  von  Fliegen  ist  nachgewiesen. 
Von  den  Pflanzenarten*)  dienten  zu  den  Pfahlbauten  selbst 
die  Stämme  der  Tanne,  Eibe,  Eiche,  Buche,  Erle,  Birke,  Weide 
und  Esche.  Kähne  wurden  aus  einem  grossen  Stamm  mühsam 
durch  Feuer  und  Steinbeil  angefertigt ;  daher  Einbäume  genannt. 
Als  Nahrungsmittel  wurden  theils  augebaut,  theils  gesammelt: 
Pfahlbau  Weizen,  ägyptischer  Weizen,  Emmer,  Gerste,  Hirse, 
(Brod  aus  Weizen  und  Hirse  wurde  gefunden),  Hafer,  Bohnen, 
Erbsen,  Linsen. 


*)  Pflanzen  der  Pfahlbauten,  von  Dr.  Oswald  Heer,  Zürich  1865. 


r 


74 


Von  Früchten:  Holzapfel,  Birne,  Kivscbe,  Pflaume,  Schlehe, 
Traube,  Himbeeren,  Brombeeren,  Erdbeeren,  Hageubutten,  Heidel- 
beeren ,  Haselnüsse  etc.  Gartenmohn.  Die  unter  den  Getreide- 
arten  vorkommenden  Samenkörner  von  Schmarotzerpflanzen  deuten 
auf  den  Orient  als  Heimath  verschiedener  Arten  des  Weizens  und 
der  Gerste  hin.  *) 

Schwämme  dienten  wohl  zum  Feuerauzünden. 

Aus  dem  Flachs  wurden  Zeuge  für  Kleidung  sowie  Stricke 
und  Garne  verfertigt. 

Die  aufgefundenen  Gewebe  haben  Aehnlichkeit  mit  der  Mumien- 
leinwand der  Aegypter.  **) 

Das  Mineralreich  lieferte  zunächst  Saudsteinplatteu  zu 
Schleifsteinen,  Feuerherd  und  Mahlsteine  für  die  Früchte.  Die 
härteren  Flu  SS  ge  schieb  e  wurden  zu  Reiber  verwendet.  Aexte, 
Meisel  und  Hämmer  verfertigte  man  aus  Serpentin  uud  Horn- 
blende, Kieselschiefer  etc.,  aber  auch  aus  Nephrit, 
welcher  sich  nicht  in  der  Schweiz  findet,  uud  entweder  bei  der 
Einwanderung  mitgebracht  oder  als  Handelsartikel  bezogen  wurde. 
Ebenso  verhält  es  sich  mit  dem  Feuerstein,  welcher  die  Stelle 
unseres  Stahls  vertrat. 

Er  weist  auf  Verbindungen  nach  Frankreich  hin,  während 
Nephrit  aus  dem  Orient  gekommen  ist.  Auch  Asphalt  wurde 
vom  Auslande  bezogen.  Mau  benutzte  das  Erdpech  zum  Einkitten 
der  Stein  Werkzeuge.  Graphit  verwandte  mau  in  der  Töpferei. 
Die  aufgefundenen  Geschirre  zeugen  von  verschiedenen  Entwick- 
lungsstufen der  Verfertiger  und  der  Mannigfaltigkeit  in  dem 
verwandten  Material.  Die  rohesteu  Gefässe  sind  aus  ungeschlämmtem 
Letten  mit  Beimischung  von  Holzkohlenstückchen  und  Quarz- 
und  gliramerhaltigem  Sande.  Die  besser  gearbeiteten  sind  aus 
gereinigtem  Thon  gefertigt    und  mit  Graphit   abgerieben  worden. 

Die  Seeansiedelungen  waren  dreierlei  Art.  Die  ältesten  Pfahl- 
bauten der  Steinzeit  liegen  dem  Seeufer  näher,  hatten  eine  Grösse 
von  200  bis  130,000  Quadratfuss  und  ruhten  auf  mehr  als  100,000 
Pfählen. 


*)  Mittheilungen  der  antiquarischen  Gesellschaft.    Bd.  XIII.   Die  Land- 
■wirthschaft  der  Pfahlbauer,  von  Dr.  0.  Heer. 

**)  Mittheiluugen  der   antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich.    Bd.  XIV. 
Heft  1.   Flachsindustrie  in  den  Pfahlhauten  von  Paur. 


—     75     — 

Die  bekannteste  und  zugänglichste  ist  bei  Robenbauseu  am 
P  f  ä  f  f  i  k  e  r  s  e  e,  um  deren  Erforschung  sich  Herr  M  e  s  s  i  k  o  ni  m  e  r 
die  grössten  Verdienste  erworben  hat.  Auf  eingerammten  Baum- 
stämmen, ca.  8  Zoll  dick,  20  —  30  Fuss  lang  und  1 — 3  Fuss  aus- 
einanderstehend, wurde  ein  Rost  gelegt  und  hierauf  die  Hütten 
erbaut.  Die  Grösse  der  Wohnhäuser  war  ca.  27  Fuss  lang  und 
ca.  15  Fuss  breit. 

Es  fanden  sich  unter  den  Trümmern  dieser  Niederlassung 
im  Torfmoor  nur  Werkzeuge  und  Waffen  von  verschiedenen  Stein- 
arten, sowie  aus  Hörn-  und  Knochen,  Cleflechte  und  Gewebe  aus 
Flachs,  primitive  Töpferarbeiten. 

Die  Steinberge  sind  weit  im  See  an  tiefen  Stellen  er- 
richtete inselartige  Bauten,  aus  grossen  Massen  versenkter  Steine 
bestehend,  worin  die  Pfähle,  die  die  Seewohnungen  trugen,  stecken. 
In  diesen  Ansiedlungen,  z.  B.  bei  Meilen,  finden  sich  auch  Bronze- 
werkzeuge und  bessere  Töpfererzeuguisse. 

Die  Packwerkbauten  (Faschinen),  z.B.  bei  W^auwyl, 
gleichen  den  Crannoges  in  Irland  und  wurden  durch  Versenkung 
von  Flössen  und  Steinen  hergestellt.  Waren  diese  Dämme  hoch 
genug,  so  wurden  die  Pfähle  für  die  Ansiedlung  in  sie  eingetrieben. 
Sämmtliche  Seewohnungen  standen  durch  Brücken  mit  dem  Ufer 
in  Verbindung. 

Die  Bewohner  der  Pfahlbauten  warfen  alle  Küchenabfälle  und 
sonst  unbrauchbar  gewordenen  Hausrath  durch  bei  ihren  Hütten 
befindliche  Oeffnungen  im  Rost  in  den  See.  Hierdurch  entstand 
zwar  ein  ungeheurer  Fischreichthum  in  der  Nähe  der  Ansiedlung,*) 
aber  auch  auf  dem  Seeboden  eine  Moderschichte,  auf  welcher 
Moose  und  sonstige  Wasserpflanzen  so  üppig  gediehen,  dass  die 
Pfahlbauer  genöthigt  waren,  durch  Versenkung  von  Steinmassen 
dagegen  einzuschreiten.  Diese  sogenannte  «Fundschichte»  besteht 
in  der  Regel  aus : 

1.  gelblichgrauem  Schlamm, 

2.  sandigem    Letten,    schwarzgefärbt  durch  Verwesungs-Pro- 
ducte  (Culturschichte), 

3.  hellem  Letten   des  Seebodens. 

Die  zur  Vorlage  gelangte  Sammlung  des  verstorbenen  Archiv- 
directors  Dr.  Rössel  in  Wiesbaden  von  Artefacten  aus  dem  Pfahl- 


*)  Herodotus.  lib.  V.  cap.  16. 


_..     76     — 

bau  von  Robenhausen  gewährte  einen  Ueberblick  über  den 
Culturzustand  der  Pfahlbauer  zur  Steinzeit. 

Diese  uralten  Denkmäler  menschlicher  Erfindungsgabe  legten 
Zeugniss  ab  für  den  Fleiss  und  die  Geschicklichkeit  ihrer  Ver- 
fertiger. 

Es  waren  mühevoll  aus  harten  Gesteinsarten  zurechtgeschliffene 
Beile  und  Meisel,  zum  Theil  noch  in  ihrer  Hirschhorufassung, 
darunter  auch  eine  seltene  Axt  aus  Nephrit,  durchbohrte  steinerne 
Hämmer,  Pfeilspitzen  uud  Messer  aus  Feuerstein,  die  Hälfte  eines 
Bogens  aus  Eibenholz.  Eine  Anzahl  Geräthschaften  aus  Knochen  und 
Hirschhorn  zum  Nähen,  Stechen  und  Schneiden  verwendbar.  Korn- 
quetscher,  Reibsteine,  sowie  verkohlter  Weizen,  Gerste,  Haselnüsse, 
Aepfel  und  Samen  von  verschiedenen  Pflanzen,  Reste  von  Bast- 
geflechten, Netzwerk,  Gespinnsten  und  Geweben  aus  Flachs,  auch 
ein  Webergewicht  aus  Thon.  Bruchstücke  von  Töpfen  primitivster 
Arbeit.  Das  zugespitzte  Ende  eines  Pfahls,  wie  solche  zu  Tausenden 
im  Seeboden  stecken.  Eine  grosse  Anzahl  Knochen  von  Thieren, 
welche  als  Nahrung  gedient  haben,  sämratlich  aufgeschlagen  zur 
Gewinnung  des  Marks,  auch  mit  deutlichen  Spuren  von  Messei- 
schnitten.  Schliesslich  zwei  Stücke  von  einem  Meuscheuschädel 
und  ein  Handwurzelkuöchelcheu.  Zur  Vergleichuug  lagen  Stein- 
ger äthe  und  Töpferscherben  aus  dem  uralten  Gräberfelde  von 
Monsheini  (Rheiuhessen)  und  dergleichen  Fundstücke  von  den  Aus- 
grabungen in  dem  Ringwalle  auf  der  Dornburg  (Westerwald)  vor, 
welche  mit  den   Artefacten  der  Pfahlbauten  Vieles  gemein  hatten. 


NB.  Die  Dr.  Rosse  l'sche  Sammlung  wurde  inzwischen  für 
das  Museum  angekauft  und  findet  sich  das  Nähere  hierüber  unter 
den  Geschenken  aufgeführt.  Das  Namens- Verzeichniss  der  gütigen 
Geber  ist  durch  ein  Versehen  weggeblieben  und  soll  dem  nächst- 
jährigen Bericht  beigegeben  werden. 


77 


Aus  der  Piigii«*i  petrosa. 

Von  Dr.  W.  Kobelt. 


Wenn  der  Reisende  mit  der  grossen  Eisenbahn,  die  der  italie- 
nischen Ostküste  entlang  führt,  die  Hafenstadt  A  n  c  o  n  a  verlässt, 
merkt  er  bald,  dass  er  sich  auf  Pfaden  bewegt,  die  dem  gewöhn- 
lichen Tonristeuzuge  fern  liegen.  Von  Tausenden  und  Abertau- 
senden, die  alljährlich  Italien  bereisen,  denkt  nur  dann  und  wann 
einer,  der  Italien  ganz  kennen  lernen  möchte,  daran,  von  der 
grossen  Heerstrasse  Flo  renz-Rom-Neap,el  abzuweichen  und  auch 
einmal  die  von  der  Cultur  weniger  beleckten  Theile  des  schönen 
Landes  aufzusuchen.  •  Einige  Schilderungen  aus  diesen  Gegenden 
werden  darum  wohl  nicht  unwillkommen  sein. 

Es  war  in  einer  schwülen  Octoberuacht,  als  wir  von  Aucoua  aus 
dem  Meere  entlang  fuhren.  Freilich  sahen  wir  bei  der  Nachtfahrt  nur 
wenig  vom  Lande,  aber  wir  entgingen  auch  der  drückenden  Tageshitze. 
Die  Bahn  führt  meistens  dicht  am  Meere  entlaug  und  halb  im 
Schlafe  sahen  wir  im  hellen  Mondenscheiu  zur  Linken  das  glän- 
zende Meer,  zur  Rechten  bald  weite  Ebenen,  bald  hohe,  dicht  ans 
Ufer  herantretende  Berge.  Fern  über  dem  Meere  lag  ein  Gewitter, 
es  hino;  wohl  an  den  Bergen  Dalmatiens  und  nur  wie  Wetter- 
leuchten  zuckten  die  Blitze  herüber.  Eine  Strecke  weit,  wo  weiss 
ich  nicht,  ging  die  Bahn  so  dicht  an  dem  brausenden  Meere  hin, 
dass  man  mit  der  Hand  glaubte  hineingreifen  zu  können ;  zwischen 
felsigen  Vorgebirgen  folgte  eine  Bucht  auf  die  andere,  and  aus 
einem  Tunnel  sauste  der  Zug  in  den  anderen.  Es  muss  das  bei 
Tag  eine  herrliche  Fahrt  sein,  aber  bei  Nacht  verlangte  schliess- 
lich die  Natur  ihr  Recht. 

Als  ich  erwachte,  graute  der  Morgen.  Die  Bahn  hatte  das 
Meer  verlassen  und  der  Zug  flog  durch  eine  wüste,  weite  Ebene, 
die  sich  endlos  nach  beiden  Seiten  erstreckte.  Nur  fern  im  Osten 
erhoben  sich  waldige  Bergmassen,  der  Monte  Gargano.  Wir 
waren  in  der  apulisehen  Ebene,  dem  Tavogliere  di  Puglia. 
Kein  Baum,  kein  Strauch  ist  auf  dieser  weiten,  tischgleichon  Ebene 
sichtbar,  denn  der  alten  Tradition  zu  Folge  wächst  hier  kein  Baum, 
also  macht  mau  auch  gar  keinen  Versuch,  einen  zu  pflanzen.  Seit 


—     78     — 

uralten  Zeiten  ist  hier  die  Winterweide  für  die  Schafe  aus  den 
Abruzzen.  In  endlosen  Zügen  kommen  sie  im  December,  wenn 
der  Schnee  tief  an  den  Heiniathbergeu  herabreicht,  angezogen, 
begleitet  von  den  mächtigen  schneeweissen  Hunden,  die  einem  Wolf 
an  Grösse  und  Wildheit  nicht  nachstehen ;  in  den  Abruzzen  haben 
sie  freilich  auch  noch  manchmal  Gelegenheit,  sich  mit  diesen 
Bestien  zu  messen.  Früher  schätzte  man  die  Zahl  der  Schafe,  die 
auf  den  drei  grossen  Tratture  di  pecore  jeden  Winter  nach  dem 
Tavogliere  getrieben  wurden  ,  auf  4 — 5  Millionen ,  jetzt  soll  sie 
kaum  mehr  eine  halbe  Million  betragen,  denn  nach  und  nach  ist 
sogar  der  Pugliese  zu  der  Einsicht  gekommen,  dass  der  Ackerbau 
besser  rentirt ,  als  die  Verpachtung  im  Winter ,  und  ein  Stück 
Land  nach  dem  anderen  wird  unter  den  Pflug  genommen.  Frei- 
lieh  fehlt  es  an  Wasser  und  in  trockenen  Jahren  soll  der  Ertrag 
mitunter  gering  sein,  dafür  trägt  aber  in  feuchten  Jahren  der  fast 
jungfräuliche  Boden  um  so  reichlicher. 

Im  Mittelpunkt  der  weiten  Ebene  liegt  Foggia,  einst  ein 
Lieblingssitz  der  Hohenstaufischen  Kaiser  und  der  Ort,  wo  Man- 
fred gekrönt  wurde.  Hier  zweigt  sich  eine  Bahn  nach  Neapel  ab 
und  diese  günstige  Lage  sichert  der  Stadt  eine  bedeutende  Zukunft. 
Noch  eine  Strecke  weit  von  Foggia  aus  geht  die  Bahn  durch 
die  Ebene,  dann  hebt  sie  sich  laugsam.  Bäume  treten  hie  und  da 
auf  und  man  sieht  sogar  Steine.  Endlich  hat  man  die  Wasser- 
scheide erreicht  und  erstaunt  blickt  das  Auge  auf  einen  reichen 
üppigeu  Garten,  über  dem  in  der  Ferne  das  blaue  Meer  erglänzt. 
Zwischen  unzähligen  Mandelbäumen  geht  es  weiter,  hier  und  da 
erscheint  eine  mächtige  dunkelgrüne  Carrube  mit  ihrer  cylinder- 
förmigen  Krone ;  dann  kommen  mehr  und  mehr  Oelbäume  und 
endlich  geht  es  durch  einen  reinen  Oelbaumwald.  Aber  der  Grund 
ist  allenthalben  blanker  weisslicher  Fels ;  die  Bäume  stehen  in 
Löchern  und  sind  mit  Steinhaufen  umgeben.  Mächtige  Trocken- 
mauern von  kleinen  Steinen  umgeben  jeden  Garten,  in  jedem  ist 
noch  eine  15 — 20'  hohe,  innen  höhle  Pyramide  von  Steinen  auf- 
gesetzt, zu  deren  Spitze  ein  gewundener  Pfad  hinauffuhrt,  aber 
trotz  dieser  Stein  Verschwendung  scheint  der  Boden  fast  nur  aus 
Steinen  zu  bestehen.  Das  ist  die  Puglia  p  et  rosa,  sie  führt  ihren 
Namen  mit  Recht.  Aber  es  ist  keine  steinige  Wüste,  mit  der  ängst- 
lichsten Sorgfalt  ist  jeder  Fuss  breit  Land  benutzt  und  die  üppige 
Vegetation  bezeugt,  dass  der  Fleiss  nicht  umsonst  angewandt  ist. 


—     79     - 

Au  der  Küste  folgen  sich  nun  rasch  eine  Reihe  von  Städten, 
Barletta,  Trani,  Bisceglie,  Molfetta;  wer  kennt  die  Namen 
in  Deutschland?  Und  doch  sind  es  Städte  von  30—40,000  Ein- 
wohnern, oder  richtiger  grosse  Dörfer,  denn  den  Comfort,  den  man 
doch  von  einer  Stadt  verlangt,  dürfte  mau  hier  vergeblich  suchen ; 
kaum  dass  mau  eine  ärmliche  Locauda  findet.  Es  sind  o-rosse 
Bauerncolonieu,  entstanden  durch  die  langdauernde  Unsicherheit, 
die  eine  Ansiedeluug  in  kleineren  Dörfern  uuthuulich  machte. 

Eine  Ausuahme  von  dieser  Regel  macht  in  der  ganzen 
Puglia  nur  Bari,  die  Hauptstadt  und  der  einzige  für  grössere 
Schiffe  geeignete  Hafeu  vou  Aucona  bis  Briudisi.  Dort  nahmen 
wir  auch  Quartier  und  freundliche  Landsleute,  die  wir  dort  an- 
trafen, die  Herreu  Marstal  1er  aus  Frankfurt,  machten  uns  den 
Aufenthalt  so  angenehm,  dass  wir  beinahe  vier  Woclieu  dort  ver- 
lebten. 

Bari,  das  alte  Barium,  schon  im  grauesteu  Alterthum  die 
Hauptstadt  der  Gegend,  liegt  auf  einer  felsigen  Anhöhe  im  Meere 
drin.  So  sclmial  ist  die  Landzunge,  dass  die  letzten  Herzoginnen 
vou  Bari  daran  deuken  konnten,  sie  zu  durchstechen  und  die  Stadt 
zu  einer  Insel  zu  macheu.  Das  Project  blieb  aber  unvollendet  und 
es  entstand  uar  ein  fiebererzeugeuder  Sumpf,  dessen  Austrockuung 
bis  jetzt  noch  nicht  hat  geliugen  wollen.  Der  alte  Hafen  lag 
südlich  vou  der  Stadt,  aber  schon  lauge  entspricht  er  den  Be- 
dürfnissen uicht  mehr,  da  nur  Schiffe  bis  zu  10'  Tiefe  ganz  sicher 
liegen.  Mau  hat  deshalb  nun  die  Bucht  nördlich  der  Landzunge 
durch  einen  mächtigen  Hafendamm  zum  Hafeu  umgewandelt  und 
sobald  in  den  nächsten  Jahren  noch  durch  einen  zweiten  Damm 
Schutz  gegen  Norden  geschaffen  ist,  wird  der  Hafeu  zu  den  besten 
in  Italien  gehören.  Ein  Dampfer  vou  1500  Tonnen  lag  während 
unserer  Anwesenheit  dicht  am  Hafendamm,  wo  das  Wasser  eine 
Tiefe  von  40 '  hat.  Bari  ist  eben  schon  einer  der  bedeutendsten 
Ausfuhrhäfen  Süditalieus,  im  Gebiete  des  alten  Neapel  nächst 
Neapel,  Messiua  und  Palermo  weitaus  der  bedeutendste;  sein 
Handel  nimmt  vou  Tag  zu  Tag  zu  und  die  Bevölkerungszahl  wird 
schon  heute  auf  80,000  aucjeo'eben.  Die  officielle  Ziffer  ist  freilich 
viel  niedriger,  noch  uicht  60,000,  aber  solche  Differenzen  in  den 
Angaben  findet  man  überall  in  Italien,  eine  natürliche  Folge  des 
Steuersystems.  Jeder  Ort  ist  mit  seiner  bestimmten  Summe  ver- 
anlagt und  einem  Steuerpächter  übergeben  :  f1ie  Summe  richtet  sich 


—     80     - 

nach  der  Bevölkerungszahl ;  kein  Wunder,  dass  man  dann  den 
Behörden  gegenüber  die  Zahl  nicht  allzuhoch  angibt.  Man  kann 
das  den  Leuten  auch  nicht  so  übel  nehmen,  auch  nicht,  dass  sie 
ihr  Einkommen  höchstens  zu  10°/o  des  wahren  Betrages  angeben; 
das  hat  auch  die  Regierung  von  vornherein  nicht  anders  erwartet 
und  darum  den  Betrag  der  Einkommensteuer  auf  IS^s*'/«  gesetzt. 
So  gleicht  sich  die  Sache  wieder  aus,  und  der  Beamte,  der  sein 
Einkommen  ganz  versteuern  muss,  hült  sich  anderweitig  schadlos. 
Gelegenheit  dazu  gibt  es  genug  und  Niemand  nimmt  es  ihm  übel. 
Alt-Bari  ist  eine  enge,  schmutzige  Stadt,  mit  schmalen, 
krummen  Gassen,  in  denen  sich  der  Fremde  nur  sehr  mühsam  zu- 
recht findet.  Durch  den  breiten,  geraden  Corso  von  ihm  geschie- 
den, dehnt  sich  auf  dem  ebenereu  Theil  der  Halbinsel  Neu-Bari 
aus,  mit  breiten,  geraden  Strassen  und  stattlichen  Palazzi,  erst 
seit  30  Jahren  entstanden.  Hier  wohnen  die  Fremden,  nament- 
lich die  ziemlich  starke  deutsche  Colouie,  in  deren  Händen  hier^ 
wie  fast  überall  in  Unteritalien,  der  Handel  ist.  Der  Stadttheil 
sieht  sich  ganz  schön  an,  aber  wenn  im  Herbste  sich  der  Wind 
erhebt  und  den  Staub  durch  die  endlos  langen,  geraden  Strassen 
wirbelt,  oder  wenn  die  Sonne  gerade  so  recht  glühend  auf  eine 
Strasse  brennt,  merkt  mau,  dass  auch  die  engen,  krummen  Strassen 
ihre  Vortheile  haben,  und  dass  es  mitunter  doch  rathsam  ist, 
Laudesart  und  Landessitte  zu  respectiren.  —  Die  Häuser  sind  alle 
massiv  aus  Steinen  erbaut,  die  Thüren  sind  meist  das  einzige  Holz 
im  Gebäude,  und  es  wäre  ein  ziemlich  schwer  lösliches  Problem, 
selbst  für  einen  Petroleur,  Bari  niederzubrennen.  Die  Mauern  sind 
bis  zu  4'  dick,  um  die  Deckengewölbe  tragen  zu  könuen.  Man 
baut  meist  zweistöckig  mit  hohem  Parterre,  aber  nur  die  wenig- 
sten Häuser  werden  gleich  fertig  gebaut.  Eile  ist  des  Italieners 
Sache  nicht  und  auch  das  Bauen  wird  hübsch  langsam  betrieben, 
obschon  hier  kein  Winterfrost  stört.  Mau  baut  erst  das  Erdge- 
geschoss,  dann  wartet  man  ein  paar  Jahre  und  vermiethet  mittler- 
weile die  Räume  au  Handwerker.  Dann  wird  der  erste  Stock  ge- 
baut und  wieder  eine  Pause  gemacht.  Oft  geht  auch  dem  ersten 
Eigenthümer  das  Geld  aus,  dann  verkauft  er  einem  andern  die 
Luft  über  seinem  Hause  und  der  baut  einen  Stock  darauf,  oder 
auch  nur  einen  halben,  und  so  entstehen  schliesslich  Eigenthums- 
verhältuisse,  wie  in  der  Frankfurter  Judengasse.  Meistens  findet 
man  im  Innern  eines  jeden  Hauses  einen  Tjichtbof,    um  den  sicn 


—     81     - 

die  Zimmer  herumgruppiren.  Die  Zimmer  sind  alle  sehr  geräumig 
und  bedeutend  höher,  als  mau  bei  uns  gewöhnt  ist,  die  Decken 
sind  flach  gewölbt,  die  Dächer  allenthalben  flach,  wie  überall  in 
Uuteritalieu,  Sicilieu  ausgeuomnien,  wo  ich  zu  meiner  Ueber- 
raschung  stets  Ziegeldächer  fand.  Jedes  Haus  hat  eine  Cisterne, 
denn  der  ganzen  Puglia  petrosa  fehlt  das  Trinkwasser;  die 
Schichten  des  Bodens  fallen  vom  Meer  hin  etwas  nach  dem  Lande 
ein  und  in  Folge  davon  ist  das  Wasser,  das  man  schon  in  geringer 
Tiefe  reichlich  findet,  brakisch  und  kaum  zum  Bewässern  der 
Pflanzen  brauchbar.  Bari  ist  ganz  auf  das  Acqua  dal  cielo,  das 
Himrae*lswasser,  angewiesen,  und  in  trocknen  Jahren  tritt  manch- 
mal eine  wirklichf-  Wassernoth  ein  und  man  muss  sich  beim  Ver- 
brauch sehr  einschränken.  Man  erzählt,  dass  die  Leute  schon 
mehrfach  die  Teller  mit  Wein  statt  mit  Wasser  haben  waschen 
müssen,  weil  derselbe  viel  billiger  war.  Jetzt  seit  Eröffnung  der 
Eisenbahn   konnut  es  freilich  nimmer  so  weit. 

Man  gewöhnt  sich  übrigens  sehr  bald  an  das  Regenwasser, 
und  mit  Schnee  gekühlt,  ist  es  in  der  That  sehr  erfrischend  und 
schmeckt  angenehm.  Dabei  hat  man  den  grossen  Vortheil,  dass 
an  eine  Lifection  durch  verdorbenes  GrundAvasser  nicht  zu  denken 
ist.     Epidemieen  gehören  deshalb  zu  den  Seltenheiten. 

An  Sehenswürdigkeiten  für  den  Touristen  ist  Bari  sehr  arm : 
nur  die  Kirche  des  heiligen  Nicola  di  Bari,  in  welcher  dieser 
Schutzpatron  Russlands  liegt  und  Manna  schwitzt,  lohnt  einen 
Besuch ;  die  Russen  und  Albanesen  wallfahrten  oft  zu  diesem  Grabe 
und  der  reiche  Kircheuschatz  besteht  fast  ganz  aus  Geschenken 
der  russischen  Kaiserfamilie.  —  Interessant  ist  auch  das  sich  am 
neuen  Hafen  erhebende  Castell.  oft  der  Aufenthalt  der  hohen- 
staufischen  Kaiser,  jetzt  aber  Kaserne  und  deshali)  im  Lmeren  un- 
zugänglich. Auf  dem  freien  Platz  davor  hielt  einst  Manfred  ein 
grosses  Turnier,  an  das  sich  mauuichfache  Sagen  knüpfen. 

Natürlich  hat  Bari  auch  ein  Theater,  und  zwar  ein  sehr 
schönes.  Theater  und  Corso  gehören  überhaupt  zum  Leben  des 
Süditalieners  und  er  lebt  gerne  nur  vou  Maccaroni  und  legt  sich 
die  schwersten  Einschränkungen  auf,  wenn  er  nur  eine  Loge  im 
Theater  und  eine  Equipage  für  den  Corso  raiethen  kann  ,  sei  es 
auch  nur  für  einen  Tag  in  der  Woche.  In  der  Loge  oder  an  der 
Equipage  werden  auch  die  Besuche  empfangen  und  gemacht,  die 
Wohnung   ist    oft    nicht   so  beschaffen,    dass    man    einen  Besuch 

6 


-     82     - 

hineiuführeu  kann.  Für  den  Fremden  ist  es  freilich  ein  sonder- 
bares Vergnügen,  ein  paar  Stunden  laug  täglich  in  einer  Strasse 
auf  und  ab  zu  fahren.  Wo  Hunderte  von  reichen  Equipagen  hin 
uud  herjagen  oder  wo  noch  eine  so  herrliche  Aussicht  dazukommt, 
wie  in  Neapel  oder  an  der  Marina  von  Palermo,  kann  mau  es 
schon  einmal  mitmachen ;  aber  auch  das  kleinste  Städtchen  hat 
seineu  Corso.  Selbst  iu  dem  abgelegenen  kleinstädtische u  Syracus 
war  Sountags  Corsofahrt  an  der  Mariua,  und  mit  unermüdlicher 
Ausdauer  fuhren  die  Wagen  auf  dem  kaum  einige  hundert  Schritte 
laugen  Platz  hin  und  her. 

Uer  Corso  in  Bari  ist  eine  breite,  schuurgerade  Strasse,  die 
mit  dem  einen  Eude  aus  Meer  stösst;  am  anderen  liegt  ein  freier 
Platz,  auf  dem  man  einen  schüchterneu  Versuch  zur  Anlegung 
eines  öfPentlichen  Gartens  gemacht  hat.  Die  Sache  hat  viel  Geld 
gekostet,  aber  es  fehlt  au  Wasser  und  da  sieht  es  natürlich  im 
Herbst  sehr  verbrannt  uud  bestaubt  aus.  Auch  auf  dem  Corso  hat 
man  eine  Allee  augepflauzt,  die  v/ohl  schwerlich  gedeihen  wird. 
Die  Italiener  sind  im  Allgemeinen  keine  Liebhaber  von  Alleen ; 
Tags  übpr  gehen  sie  ja  doch  nicht  spazieren  und  Nachts  genireu 
die  Bäume  nur. 

Bari  verdankt  seine  Bedeutung  als  Hafeuplatz  nur  den  Pro- 
ducten  der  Puglia  uud  der  unermüdlichen  Thätigkeit  der  deutschen 
Käufieute ;  den  Hauptantheil  an  seiner  Entwicklung  hat  das  Haus 
Marstaller,  Znblin  &  Comp.,  das  seine  Agenten  durch  ganz 
Unteritalien  hat.  Erst  durch  die  deutschen  Kaufleute  ist  den 
Producten  des  reichen  Apuliens  der  Markt  eröifuet  worden  und 
seitdem  ist  das  arme  steiuige  Land  zu  einer  der  wohlhabendsten 
Provinzen  Italiens  geworden.  Schöne  Chausseen  durchschneiden 
es  nach  allen  Richtungen  und  ich  muss  rühmend  erwähnen,  dass 
ich  in  Apulien  niemals  angebettelt  worden  bin. 

Unter  den  apulischen  Producten  steht  in  erster  Linie  dasOel. 
Die  wenigsten  Leute  iu  Deutschland  wissen,  dass  das  meiste  Pro- 
venceröl  nicht  aus  der  Provence,  sondern  aus  Bari  kommt,  haben 
überhaupt  keine  Ahnung  davon,  dass  nur  an  wenig  Orten  wirk- 
lich feines  Oel  wächst.  In  Neapel  ist  es  eigentlich  nur  der  Be- 
zirk von  Barletta  bis  Mola  südlich  von  Bari,  der  ganz  feines  Oel 
liefert,  und  wie  es  scheint  ist  nicht  nur  die  Sorte  der  Oliven  uud 
die  Zubereitung,  sondern  auch  der  Boden  daran  Schuld.  Die 
Oelbäume  in  dieser  Gegend   —  Olive  gentile  genannt  —  sind  aus- 


—     83     - 

nahmslos  klein  im  Verhältniss  zu  den  Riesen,  die  man  in  anderen 
Gegenden  sieht. 

Bis  zum  Jahre  1828  machte  man  in  Apulien  das  Oel  noch 
ganz  in  der  alten,  rohen  Weise,  wie  sie  von  den  Vorfahren 
herübergekommieu  v/ar,  Hess  die  Oliven  erst  lauge  auf  der  Erde 
liegen  und  presste  dann  so  lange,  als  noch  etwas  ablief.  Cha- 
rakteristisch für  die  Construction  der  Pressen  ist,  dass  man  eine 
Presse,  die  man  in  dem  alten  Pompeji  fand,  als  bedeutende  Ver- 
besserung begrüsste  uud  überall  einführte.  Im  Jahre  1828  führte 
der  Zufall  einen  Proven^alen,  Pierre  Ravanas,  in  die  Puglia, 
um  diS  Olivenreste  zur  Seifenfabrikation  anzukaufen.  Er  sah  die 
Art  und  Weise  der  Oelgewinnung  und  fand  das  erst  ablaufende 
Oel  in  der  Güte  dem  besten  aus  seiner  Heimath  vollkommen  gleich. 
Das  brachte  ihn  zu  dem  Entschlüsse,  es  hier  einmal  mit  der  Pro- 
duction  feinen  Speiseöls  zu  probiren ;  er  miethete  zwischen  Bari 
und  Bitonto  das  alte  Kloster  von  Moduguo  und  richtete  dort 
eine  rationelle  und  saubere  Oelmühle  ein.  Der  Erfolg  war  der 
erwartete  und  vou  da  ab  datirt  die  Blüthe  der  Puglia. 

Ich  habe  später  mauchmal  Gelegenheit  gehabt,  den  Unter- 
schied zwischen  dem  gewöhnlichen  grünen,  ranzigen  Olivenöl  der 
italienischen  Trattorien  und  dem  hochfeinen  Speiseöl  von  Bari 
anzustellen,  aber  nichts  chavakterisirt  das  Verhältniss  besser  als  eine 
Anecdote,  die  mir  gelegentlich  einmal  in  Syracus  mein  alter  wür- 
diger Freund,  der  Museumsdirector  Cavaliere  Arezzo  di  Targia 
erzählte.  Als  nämlich  zu  Anfang  der  dreissiger  Jahre  das  Ra- 
vanas-Oel,  wie  man  es  damals  noch  nannte,  anfing,  bekannt  zu 
werden,  liess  sich  der  Bruder  des  Cavaliere  auch  ein  Fässchen 
von  Neapel  kommen.  Das  Fässchen  kommt  im  Hafen  an  und 
ein  Facchino  wird  aufs  Zollamt  geschickt,  um  es  zu  holen.  Die 
Beamten  fragen  nach  dem  Inhalt,  der  Facchino  weiss  das  natür- 
lich nicht  uud  mau  schreitet  zur  Untersuchung.  Der  Spunt  wird 
aufgemacht  uud  ein  Beamter  riecht  daran,  aber  die  Sache  riecht 
nicht;  man  nimmt  ein  wenig  mit  dem  Heber  heraus,  es  ist  eine 
farblose  klare  Flüssigkeit ,  die  Niemand  kennt.  Endlich  taucht 
ein  schlauerer  Beamter  den  Finger  hinein  uud  leckt  daran ,  es 
schmeckt  ganz  süss.  Neues  Erstaunen;  alle  treten  zusanunen. 
E  dolce,  ma  non  e  miele;  che  diavolo  e  quesio':'  Es  werden  noch 
ein  paar  Marinaii  herbeigeholt,  Niemand  kann  es  herausbringen, 
und  endlich  kommt  man  zu  dem  Schluss,   es    sei  wohl    eine    aus- 


-     84     - 

ländische  Süssigkeit,  jedenfalls  nicht  in  den  Octroiregistern  ent- 
halten und  somit  zollfrei ,  und  liefert  das  Fass  dem  Fäcchiuo  aus. 
Natürlich  galt  es  mir  darum,  die  Oelfabrikation  genauer 
kennen  zu  lernen,  und  als  Ende  October  die  Oelmühlen  im  vollen 
Gange  waren,  war  Herr  Albert  Marstaller,  der  mich  während 
meines  ganzen  Aufenthaltes  mit  Freundlichkeit  überhäufte ,  so 
gütig,  mit  mir  nach  Bitonto  hinauszufahren,  einer  Stadt  von  über 
30,000  Einwohnern,  die  etwa  zwei  Stunden  von  Bari  landeinwärts 
liegt.  Die  ganze  Gegend  ist  ein  grosser  Wald  von  Oelbäumen. 
Die  Stadt  selbst  liegt  malerisch  am  Rande  einer  tiefen  Schlucht, 
wohlerhaltene  Mauern  und  ein  paar  niedere  mächtige  Rundthürme 
geben  ihr  ein  stattliches  Aussehen,  das  noch  gehoben  wird  durch 
das  grosse  Pro vinzial Waisenhaus,  das  der  Stadt  gegenüber  am  an- 
deren Rande  der  Schlucht  liegt. 

Wir  besuchten  die  Oelmühle  eines  grossen  Proprietario, 
des  Don  Paunone,  die  für  eine  der  besteingerichteten  in  ganz 
Apulien  gilt.  Zwei  grosse  Gewölbe  stossen  im  rechten  Winkel 
aneinander  und  enthalten  drei  Mühlen,  jede  von  einem  Maulthiere 
getrieben.  Jede  Älühle  hat  vier  Steine,  die  senkrecht  um  eine 
eiserne  Welle  herum  so  angebracht  sind,  dass  immer  zwei  und 
zwei  parallel  laufen.  Durch  die  Welle  gehen  zwei  sich  rechtwink- 
lig kreuzende  Balken  ;  in  den  Tangenten  von  einem  zum  anderen 
sind  Eisenstäbe  angebracht  und  an  diesen  die  Mühlsteine.  Beim 
Drehen  auf  der  concaven  steinernen  Tenne  schiebt  immer  ein 
Mühlstein  dem  anderen  die  zerquetschte  Masse  in  den  Weg  und 
die  Mühle  hat  keine  weitere  Bedienung  nöthig.  Früher  hatte  man 
nur  zwei  Steine  und  da  musste  immer  ein  Arbeiter  dabei  stehen, 
der  den  Brei  wieder  zusammenschob ;  Unglücksfälle  waren  dabei 
nicht  selten.  Die  jetzige  Einrichtung  soll  ein  Calabrese  zuerst 
in  Lecce  angewandt  haben,  den  Vortheil  davon  hat  aber  eiu  An- 
derer in  Bitonto  gezogen,  der  sich  ein  Patent  darauf  verschafite 
und  ein  reicher  Mann  wurde.  Die  Kosten  einer  solchen  Mühle 
belaufen  sich  auf  etwa  100  Ducati  =  425  Lire. 

Schon  bei  dem  Zerquetschen  der  Oliven  lauft  etwas  Oel  ab, 
dasselbe  bildet  das  allerfeiuste  Speiseöl  und  wird  gesondert  auf- 
bewahrt. Dann  füllt  man  den  Brei  zwischen  zwei  Matten,  die 
mit  dem  Rande  aufeinander  befestigt  sind  und  in  der  Mitte  ein 
Loch  haben,  und  bringt  diese  unter  eine  gewöhnliche  hölzerne 
Kelterpresse.     Hier  wird  erst  eiu  schwacher  Druck  ausgeübt,  dann 


-     85     — 

ein  stärkerer;  das  Product  Vjeider  Vorgänge  wird  vsnrgfältig  ge- 
schieden gehalten  und  ist  von  verschiedener  Güte;  doch  bringt 
auch  der  stärkere  Druck  noch  Speiseöl.  —  Dann  bringt  man  die 
Kucheu  unter  eine  hydraulische  Presse  und  erhält  so  das  gewöhn- 
liche Baumöl.  Aber  damit  ist  es  noch  uicht  beendet.  Man  be- 
feuchtet die  Rückstände  mit  warmem  Wasser  und  presst  dann 
nochmals,  und  dann  wandern  die  Reste  noch  in  eine  Fabrik  be^ 
Bari,  die  ihnen  auf  chemischem  Wege  auch  die  letzte  Spur  von 
Oel  entzieht.  Nachher  sind  freilich  nur  noch  Kerne  und  Schalen 
übrig,  aber  auch  die  dienen  noch  zur  Feuerung, 

Bei  einer  solchen  Ausnutzung  ist  es  kein  Wunder,  wenn  ein 
kräftiger  Oelbaum  schon  bei  einer  Mittelernte  eiuen  Ertrag  von 
60 — 70  Lire  jährlich  liefert;  eine  volle  Ernte,  die  freilich  selten 
eintritt,  bringt  einen  noch  um  die  Hälfte  höheren  Ertrag.  Ra- 
vanas  theilte  leider  das  Schicksal  so  vieler  Volkswohlthäter ;  er 
verlor  sein  Vermögen  und  lebt  nun  in  seiner  Heimath  von  einer 
ziemlich  knappen  Pension,  die  ihm  die  italienische  Regierung  be- 
willigte. Dafür  geht  man  in  Bari  eben  mit  dem  Gedanken  um, 
ihm  ein  Denkmal  zu  setzen. 

Vom  Anfang  der  Ernte  an  arbeiten  die  Oelmühlen  Tag  und 
Nacht  durch,  um  die  Oliven  möglichst  frisch  zu  verarbeiten. 
Früher  —  und  das  thut  man  in  manchen  abgelegenen  Gegenden 
noch  heute  —  häufte  man  die  Oliven  nach  der  Ernte  um  den 
Stamm  des  Baumes  auf  und  Hess  sie  ein  paar  Monate  liegen,  bis 
sie  zu  faulen  anfingen.  Natürlich  bekam  dann  das  Oel  eiuen 
ranzigen  Geschmack,  aber  es  hat  sehr  schwer  gehalten,  die  Leute 
von  dieser  Unsitte  abzubringen. 

Die  Ernte  beginnt  meistens  Ende  October  oder  Anfang  No- 
vember und  die  Verarbeitung  erfordert  in  guten  Jahren  bis  zu 
drei  Monaten.  Diesmal  war  man  mit  der  Ernte  nicht  sehr  zu- 
frieden und  glaubte  nur  ungefähr  für  einen  Monat  Arbeit  zu 
haben. 

Das  Oel  wird  in  Bari  in  grossen  Cisternen  aufbewahrt.  Die 
feinen  Sorten  werden  vor  der  Versendung  noch  einmal  durch 
Baumwolle  filtrirt.  Grosse  Quantitäten  gehen  nach  Nizza  und 
werden  dort  noch  einmal  in  Cisternen ,  die  im  Inneren  mit 
Fayenceplatten  ausgekleidet  sind,  abgelagert,  um  dann  als  allerfeinstes 
Oel  in  den  Handel  zu  kommen.  Das  Fehlen  solcher  Cisternen  wird 
in  Bari  schwer  empfunden,  aber  ihre  Anlage  würde  doch  zu  tlieuer 


—     86     — 

zu  stehen  kommen.  Gallipoli,  das  aber  nur  Maschinenöl,  kein 
Speiseöl  produeirt,  hat  seit  uralten  Zeiten  gewaltige  Cisternen 
iu  lebenden  Fels  gehauen,  in  denen  mau  das  Oel  Jahre  lang  lagern 
lassen  kann ;  es  klärt  sich  dann  vollkommen  und  wird  in  Folge 
dessen  immer  höher  bezahlt,  als  das  Maschinenöl  von  Bari.  Für 
feines  Speiseöl  dagegen  ist  Bari  ohne  Concurrenz. 

Die  Hauptrolle  neben  dem  Oel  spielen  in  Bari  die  Mandeln, 
die  namentlich  in  den  höheren  Districteu  und  iu  der  Umgegend 
von  Bisceglie  gezogen  werden.  Man  zieht  sowohl  süsse  als  bittere, 
aber  nicht  die  dünnschalige  Varietät,  die  uns  das  beliebte  Dessert 
liefert.  Diese  kommt  fast  ausschliesslich  aus  der  Provence.  Die 
Mandeln  werden  ausschliesslich  ausgehülst  verschickt;  in  den  aus- 
gedehnten Magazinen  des  Herrn  Marstaller  sahen  wir  ganze 
Berge  von  ihnen,  und  mit  einem  Dampfer,  der  während  unserer 
Anwesenheit  im  Hafen  Ladung  einnahm,  wurden  ca.  500  Tonnen 
verschifft;  die  Gesaramtproduction  der  Puglia  veranschlagt  man 
auf  150—180,000  Ctr. 

Ein  anderer  Handelsgegenstand  ist  die  Baumwolle,  die  man 
schon  seit  alter  Zeit  in  ünteritalien  baut.  Man  cultivirt  aus- 
schliesslich die  niedere  grossblüthige  Sorte,  Gossypium  her- 
hacetim;  die  Felder  machen  aus  einiger  Entfernung  ganz  den 
Eindruck  eines  blühenden  Kartoffelfeldes.  Früher  baute  man  sie 
nur  für  den  Hausbedarf,  der  amerikanische  Bürgerkrieg  brachte 
eine  Zeit  lang  ihren  Anbau  sehr  in  Schwung,  seitdem  soll  er  aber 
wieder  abnehmen.  Doch  exportirt  Bari  immer  noch  12 — 15,000 
Ballen.  Der  Anbau  erfordert  aber  ziemliche  Sorgfalt  und  Arbeit. 
Man  säet  sie  auf  eigens  zubereitete  Beete  und  pflanzt  sie  dann, 
wenn  die  Pflanzen  stark  genug  geworden  sind,  entweder  auf  Land, 
das  schon  Saubohnen  getragen,  oder  in  Brachland ;  letztere  liefert 
natürlich  höheren  Ertrag.  Sie  muss  noch  mehrfach  behackt  und 
bewässert  werden.  Im  October  reifen  die  Kapseln  und  die  Ernte 
dauert  bis  Ende  November.  Die  Pflanze  blüht  immer  weiter, 
aber  im  December  reifen  die  Kapseln  nicht  mehr  und  man  benutzt 
dann  das  Land  lieber  zum  Gemüsebau. 

Auch  die  Früchte  der  Carrube,  das  Johannisbrod,  werden  in 
grossen  Quantitäten  verschifft;  auf  meine  Frage,  was  mau  denn 
mit  dem  Zeug  all'  anfange,  erfuhr  ich,  dass  die  Cichorienfabriken 
die  Hauptabnehmer  sind.  Nanientlich  die  schlechten,  wurmzer- 
fresseneu   Schoten  wandern   zu    diesem  Zwecke   nach   Deutschland. 


--     87     — 

Mit  dem  Dampfer  Irene  gingen  auch  ein  paar  Tonnen,  und  da 
der  R.aum  ganz  voll  war,  hatte  man  eine  Anzahl  Säcke  in  die 
grosse  elegante  Cajüte  gestaut.  Die  Maden  krochen  überall  an 
den  polirten  Möbeln  und  auf  den  Sophapolstern  herum  und  brach- 
ten unseren  guten  Freund,  den  Capitän  Boon,  fast  zur  Verzweif- 
lung. Dazu  der  furchtbare  Geruch.  »Rauchen  sie  nur  einmal, 
wie  das  raucht«,  sagte  er  einmal  über  das  anderemal,  wenn  wir 
ihn  auf  dem  Schiffe  besuchten.  Hätte  mein  Abscheu  vor  der 
Cichorie  noch  einer  Vermehrung  bedurft,  der  Anblick  dieser 
Carruben  und  dieser  Millionen  Maden  hätte  genügt. 

Ausser  diesen  Hauptartikeln  kommen  noch  zur  Ausfuhr  Lein- 
samen, Senf,  Anis  und  viele  minder  wichtige  Artikel.  Dagegen 
fehlen  ganz  die  Cerealieu,  in  denen  Apulien  nicht  viel  mehr  als 
seinen  Bedarf  baut,  die  Orangen,  Cit^jonen  u.  dgl.,  die  hier  nicht 
recht  gedeihen  wollen  und  nicht  einmal  ±ür  den  Hausbedarf  ge- 
zogen werden,  und  Kastanien  und  Nüsse,  die  man  aus  der  Provinz 
Avellina  bezieht.  Auch  der  Wein,  so  gut  und  billig  er  ist,  wird 
nicht  ausgeführt,  da  er  in  seiner  jetzigen  Gestalt  einen  weiten 
Transport  nicht  erträgt.  Doch  hat  man  in  neuerer  Zeit  versucht, 
ihn  durch  sorgsamere  Behandlung  haltbar  zu  macheu ;  ob  mit  Er- 
folg, muss  die  Zeit  lehren.  Es  wachsen  allenthalben  in  Unter- 
italieu  ganz  unglaubliche  Mengen  und  der  Wein  hat  eine  solche 
Stärke,  dass  mau  ihn  unmöglich  ohne  Wasser  trinken  kann.  Mit 
Wasser  gemengt  und  natürlich  noch  mit  Schnee  gekühlt,  ist  er 
aber  ein  sehr  angenehmes  Getränk  bei  Tisch. 

Auch  der  Schnee  ist  ein  Artikel,  von  dessen  Consum  wir 
Deutsche,  die  ab  und  zu  einmal  aus  Leckerei  ein  bischen  Eis  essen, 
keinen  Begriff  haben.'  Dem  Italiener  ist,  soweit  die  Eisenbahnen 
nun  den  Bezug  möglich  gemacht  haben,  der  Neve  ganz  unentbehr- 
hch,  und  selbst  auf  kleineren  Ortschaften  findet  man  ihn  zu  kau- 
fen. Von  den  Abruzzen  aus,  wo  er  vom  November  bis  Mai  liegt, 
versendet  man  ihn  nach  allen  Seiten  das  ganze  Jahr  hindurch, 
in  niedrigeren  Gebirgsketten  sammelt  man  ihn  in  den  Winter- 
monaten sorgsam  in  überdachten  Gruben,  und  ein  schneeloser  Winter 
ist  eine  förmliche  Calamität. 

Der  Ackerbau  in  der  Puglia  unterscheidet  sich  hauptsächlich 
durch  den  Maugel  an  Zugvieh  von  unserem  deutschen.  Südlich 
von  Eom  sieht  man  fast  keinen  Pflug  mehr.  In  Bari  waren 
allerdings    zwei  Kühe,    aber    sie    wurden    als    Merkwürdigkeit    be- 


-     88     — 

trachtet  und  Kuhmilch  ist  in  ganz  Süditahen  ein  unbekannter 
Luxus.  Ziege  und  Esel  sind  die  einzigen  Hausthiere ;  wo  man 
frische  Butter  bekommt,  ist  es  ßurro  di  crape,  wie  der  Süditaliener 
statt  Capre  sagt.  Man  gewöhnt  sich  aber  auch  daran,  lernt  sogar 
die  Butter  entbehren.  In  Syracus  sahen  wir  während  eines  vier- 
wöchentlichen Aufenthaltes  nur  einmal  Butter,  und  die  hatte  ein 
Engländer  —  jedenfalls  ein  erfahrener  Reisender  —  aus  Catania 
vorsorglich  mitgebracht. 

Im  Gebirge  wird  freilich  auch  Rindvieh  in  Menge  gezogen, 
aber  das  geht  das  ganze  Jahr  hindurch  frei  auf  der  Weide ;  Stal- 
lungen braucht  man  für  gewöhnlich  nicht  und  man  lässt  es  lieber 
darauf  ankommen,  dass  einmal  ein  ungewöhnlich  strenger  Winter 
die  Heerden  decimirt. 

Natürlich  fehlt  es  unter  solchen  Umständen  auch  au  Dünger, 
aber  längs  des  Meeres  muss  das  Seegras  aushelfen,  das  sorgsam 
gesammelt  wird,  und  im  Inneren  lässt  man  den  grösseren  Theil 
des  Feldes  ohnehin  brach  liegen  und  kann  jedes  -Jahr  ein  frisches 
Stück  nehmen. 

Ein  fernerer  Unterschied  ist  die  grosse  Rolle,  welche  die  Be- 
wässerung spielt.  Hat  die  Puglia  auch  kein  Trinkwasser,  so  findet 
mau  doch  in  geringer  Tiefe  Wasser  genug,  dessen  schwacher  Salz- 
gehalt die  Pflanzen  nicht  im  mindesten  zu  geuiren  scheint.  Ein 
altes  Maulthier  treibt  den  ganzen  Tag  über  den  Schöpfbrunnen, 
der  das  Wasser  in  ein  Reservoir  schafft,  von  dem  aus  Lei- 
tungen nach  allen  Richtungen  gehen.  Grössere  Gärten  haben 
eigene  Brunnen,  bei  kleineren  thun  sich  immer  mehrere  Besitzer 
zusammen.  Alles  wird  bewässert,  Bäume  wie  Saaten  und  Gemüse, 
und  bei  reichlicher  Wasserzufuhr  entwickelt  der  steinige  Boden 
wirklich  eine  staunenswerthe  Fruchtbarkeit. 

Wo  aber  das  lebenerweckende  Element  fehlt,  bietet  die 
Puglia  petrosa  ein  ganz  anderes  Bild  dar,  und  wir  hatten  Ge- 
legenheit, auch  das  kennen  zu  lernen. 

Allenthalben  an  der  apulischen  Küste,  von  Barletta  bis  jen- 
seits Bari,  sieht  man  auf  einem  der  Hügel,  die  landeinwäits  den 
Horizont  begrenzen,  ein  altes  Schloss,  das  Castello  del  Monte, 
vom  Volke  auch  das  Castello  della  Lodola  genannt.  Das  Aller- 
heiligenfest hatte  unserem  Freunde  Albert  Marstaller -und  seinen 
deutschen  jungen  Leuten  einen  freien  Tag  verschafft,  und  der 
sollte    einem  Ausfluge    nach    dem    sageuberühmteu   Hohenstaufen- 


-     89      - 

schlösse  gewidmet  sein.  Es  waren  unserer  neuu  Personen,  sieben 
Herren  und  zwei  Damen,  die  sich  in  der  kühlen  Morgenstunde 
am  Bahnhof  sammelten.  Wir  fuhren  bis  nach  Traui  und  dort 
wurden  wir  Herren  auf  die  landesüblichen,  zweirädrigen  federlosen 
Karreu,  Sciarabanc  —  aus  Char-ä-bane  verstümmelt  —  gepackt, 
währeud  für  die  Damen  eine  höchst  antike  Kutsche  auftauchte. 
Ein  solcher  Sciarabanc  ist  ein  höchst  originelles  Fahriustrument 
mit  zwei  ungeheuer  hohen  Rädern  und  zwei  Sitzbänken;  das  Pferd 
zieht  in  einer  Gabel,  aber  diese  ist  hoch  oben  auf  seinem  Rücken 
befestigt,  viel  höher,  als  die  Achse,  und  wer  auf  dem  Hintersitz 
sitzt,  hat  seine  beiden  Vordermänner  hoch  über  sich.  Indess 
kommt  mau  damit  rasch  vom  Weg,  uud  in  scharfem  Trab  ging 
es  auf  einer  vorzüglichen  Chaussee  bergauf  ins  Land  hinein.  Schon 
auf  der  Höhe  des  ersten  Hügelznges  treten  mehr  Getreidefelder 
auf  und  der  Oelbaum  verschwindet;  doch  tritt  er  noch  ein  paar 
mal  in  den  tiefen  wasserleeren  Senkungen  auf,  die  wir  passiren 
müssen.  Mandeln  und  Wein  ersetzen  ihn.  In  dem  Städtchen 
Corato  —  es  zählt  nur  15,000  Einwohner  und  ist  also  nach 
hiesigen  Begriffen  ein  Nest  —  bogen  wir  von  der  Chaussee  ab ; 
eine  Zeit  lang  ging  es  noch  zwischen  Mandelgärten  weiter,  dann 
hörten  auch  die  auf,  und  nur  die  Stoppeln  zwischen  den  Steinen 
beweisen,  dass  das  Land  nicht  das  ganze  Jahr  hindurch  eine  stei- 
nige Wüste  ist.  Nur  hie  uud  da  ist  noch  ein  dorniger  Strauch 
grün,  sonst  alles  eine  nackte  Steinwüste,  Zwischen  Corato  uud 
dem  Castell  und  noch  meilenweit  umher  liegt  kein  Ort  mehr,  nur 
hier  und  da  eine  einsame  Meierei  oder  Macerie,  wie  man  sie  hier 
nennt,  von  der  aus  die  Heerden  beaufsichtigt  werden. 

Eine  halbe  Stunde  vom  Fusse  des  Castellberges  hörte  auch 
der  fahrbare  W^eg  auf;  wie  wir  später  fanden,  hatten  unsere 
Kutscher  den  falschen  Weg  eingeschlagen;  wir  beluden  uns  also 
mit  Proviant  uud  arbeiteten  uns  über  die  steinigen  Flächen  nach 
dem  Schlosse  zu.  Ein  paar  Trockenmaueru,  die  auch  hier  aussen 
noch  die  Felder  einfassen,  sperrten  uns  den  Weg;  aber  wir  hatten 
einen  deutschen  Artillerieofficier  bei  uns  und  legten  kunstgerechte 
Breschen  hinein.  Das  hat  dort  nichts  zu  bedeuten,  deun  kein 
Grundstück  hat  ein  Thor;  wenn  man  hineinwill,  reisst  mau  ein 
Stück  Mauer  ein  und  schichtet  es  nachher  wieder  auf. 

Das  Schloss  selbst  ist  ein  prachtvolles  Deukraal  der  mit  ara- 
bischen Anklängen  durchwobenen  deutschen  Baukunst,  und  eiuige 


-     90     — 

unbedeutende  Zerstörungen  abgerechnet  vollkommen  erhalten.  Seine 
jetzige  Form  und  Ausschmückung  dankt  es  dem  grossen  Hohen- 
staufen  Friedrich  II.,  der  oft  und  gern  hier  wohnte  und  dessen  Regie- 
rung noch  heute  in  Apulien  wie  in  Sicilien  in  wohlverdientem  gutem 
Andenken  steht.  Es  ist  ein  regelmässiges  Achteck,  innen  mit  einem 
achteckigen  Lichthof,  die  Ecken  mit  vorspringenden  Thürmeu,  dtis 
Ganze  aus  festem,  weissem,  marraorähnlichem  Sandstein  erbaut. 
Prachtvolle  Marmorsäulen  tragen  die  Kreuzgewölbe  und  an  den 
Tliüreinfassungen  sind  noch  reizende  Mosaiken.  Im  ersten  Stock 
sind  die  Zimmer  noch  so  wohl  erhalten,  dass  wir  in  einem  der- 
selben unser  Mahl  einnehmen  konnten.  Das  Zimmer,  ein  auregel- 
mässiges  Viereck  von  wunderschönen  Verhältnissen,  die  reichver- 
zierte Decke  von  schlanken  Halbsäalen,  immer  drei  vereinigt,  ge- 
tragen, bot  durch  das  hohe  Bogenfenster  einen  reizenden  Blick 
über  das  Land. 

Das  abgelegene  Schloss  war  in  der  Brigantenzeit  ein  Haupt- 
rävibernest  und  hat  förmliche  Belagerungen  ausgehalten.  Jetzt  ist 
Apulien  ganz  sicher,  und  wir  hatten  nur  zum  Schutz  gegen  die 
grossen  Schäferhunde  ein  paar  Revolver  mitgenommen.  Ich  sass 
der  schmalen  Thüre  gerade  gegenüber,  da  erschien  auf  einmal  in 
derselben  eine  Figur,  die  als  Räuberhauptmann  auf  jedem  Theater 
hätte  mit  Erfolg  auftreten  können:  hohe  Stiefeln,  schwarzer  Bart, 
Räuberhut  mit  Feder,  das  (lewehr  auf  dem  Rücken.  Unwillkür- 
lich griff  ich  nach  dem  Revolver,  aber  der  Mann  grüsste  sehr 
höflich  und  entpuppte  sich  als  ein  mit  kartographischen  Arbeiten 
beschäftigter  Generalstäbler,  der  über  die  unerwarteten  Gäste  in 
der  alten  Burg  mindestens  ebenso  überrascht  war,  wie  wir  über 
sein  Erscheinen.  Uebrigeus  muss  ich  bemerken,  dass  dieses  Aben- 
teuer, das  eigentlich  ja  gar  keines  war,  das  einzige  gewesen  ist, 
das  mir  auf  meiner  sechsmonatlichen  Reise  beinahe  zugestossen 
wäre;  weder  in  Apulien  noch  in  Sicilien  habe  ich  jemals  den  ge- 
ringsten Anstoss  gehabt. 

Von  dem  flachen  Dache  des  Castells  aus,  wo  die  wohlerhal- 
tenen Cisternen  sich  befinden,  übersieht  man  die  ganze  Puglia 
petrosa,  vom  Meere  bis  an  den  vulcanischen  Monte  Vulture 
und  von  Manfredonia  bis  weit  jenseits  Bari.  Die  fruchtbaren 
Striche  längs  des  Meeres  schrumpfen  zu  schmalen  Streifen  zusam- 
men, ein  andrer  grüner  Streifen  zieht  sich  durch  das  Thal  des 
Aufido,  sonst  sieht  man,  so  weit  das  Auge   reicht,  nur  die  stein- 


-     91     — 

besäeten  Hiigel.  Es  sieht  fast  aus,  als  ob  allenthalben  Kornhaufen 
auf  den  Feldern  ständen,  aber  das  sind  die  Steinhaufen,  durch  die 
man  die  Felder  wenigstens  ein  bischen  von  den  Steinen  zu  befreien 
sucht.  Das  ist  die  ächte  Puglia  petrosa.  Im  Frühjahr,  wenn  die 
Felder  grün  sind,  mag  das  anders  sein,  im  Herbste  glaubt  mau 
inmitten  einer  Wüste  zu  sein;  nur  hier  und  da  beweist  das  Dach 
einer  Meierei,  dass  auch  Menschen  hier  wohnen. 

Der  untere  Stock  des  Castells  und  die  Keller  sind  arg  ver- 
wüstet. Das  Castell  spielt  nämlich  in  den  apulischeu  Sagen  eine 
o:rof!se  Rolle.  Kaiser  Friedrich  IL  soll  seine  Schätze  dort  ver- 
graben  haben;  ein  Reichsadler  am  Hauptpfeiler  blickte  gerade 
nach  dem  Puncte,  wo  sie  liegen,  aber  leider  —  fehlt  ihm  der  Kopf 
und  ist  somit  der  betreffende  Fnnct  nicht  mehr  genau  zu  bestim- 
men. Trotzdem  hat  schon  mancher  sein  Glück  dort  versucht  und 
die  i^'undamente  sind  dadurch  sehr  beschädigt. 

Es  beweist  aber  die  Solidität  des  Baues,  dass  ihm  demohn- 
geachtet  die  Erdstösse,  die  hier  mitunter  doch  noch  ziemlich  heftig  auf- 
treten, nichts  anhaben  konnten.  Mit  wenig  Mitteln  wäre  es  wieder 
in  Stand  zu  setzen,  aber  es  dürfte  so  leicht  Niemand  Lust  haben, 
sich  hier  mitten  in  der  Steinwüste  anzusiedeln. 

Ganz  verschieden  von  dem  steinigen  Apulien  ist  das  benach- 
barte Taranto,  das  alte  Tarentum,  dessen  Umgebung  ich  durch 
einen  vierwöchentlichen  Aufenthalt  auch  genauer  kennen  lernte. 
Freilieh  liegt  es  nicht  mehr  in  der  Puglia,  sondern  in  der  Terra 
d'Otranto,  wie  jetzt  der  Absatz  des  italienischen  Stiefels  heisst, 
obwohl  nicht  das  kleine  Fischerdorf  Otrauto,  der  traurige  Ueber- 
rest  des  alten  Hydrimtum,  sondern  Lecce  die  Hauptstadt  ist. 
Man  gelangt  nach  Tarent  auf  einer  Bahn,  die  von  Bari  aus  ab- 
zweigt und  sich  dann  in  die  grosse  calabrische  Küstenbahn  fort- 
setzt. Eine  Zeit  laug  bleibt  man  noch  in  der  Campagna  zwischen 
Oelbäumen ;  in  einer  gewaltigen  Curve  steigt  die  Bahn  langsam 
empor;  nach  und  nach  schwinden  die  Oelbäume,  dann  auch  die 
Mandeln,  und  von  Gioja  ab  sieht  man  fast  nur  noch  die  immer- 
grünen Eichen.  Die  Wasserscheide  bildet  ein  flacher  Rücken,  der 
aber  nach  dem  Busen  von  Taranto  hin  jäh  abfallt.  Er  ist  mit 
Eichen  bewachsen,  die  einen  lichten  Wald  bilden ,  in  dem  sich 
zahllose  Heerden  schwarzer  Schweine  umhertreibeu.  Die  Schweine 
sind  überhaupt  in  Süditalien  so  ziemlich  ohne  Ausnahme  schwarz; 
sie  heissen  deshalb  auch    einfach    Neri ,    das    Fleisch  Garne   nero. 


~     92     — 

Hat  man  die  Wasserscheide  überschritten,  so  treten  wilde  Schluch- 
ten auf,  welche  die  Regenfluthen  in  den  weichen  Tertiärkalk  ein- 
gewaschen haben;  sie  werden  immer  tiefer  und  zuletzt  grossartig 
wild.  Die  Bahn  geht  lange  am  Rande  einer  derselben  hin  und 
überschreitet  sie  zuletzt  zweimal  auf  Eisenbrücken  in  schwindeln- 
der Höhe.  Rasch  verschwindet  der  Wald  und  weite  Getreidefelder 
treten  auf;  trotz  des  Pelsenbodeus  sieht  mau  keine  Steine  darauf, 
der  Stein  verwittert  zu  einem  fruchtbaren  Lehm.  Nun  treten  auch 
wieder  Oliven  auf,  aber  nicht  die  zierliche  Olive  geutile,  sondern 
mächtige,  knorrige  uralte  Stämme ,  wie  man  sie  auch  sonst  in 
Italien  antrift't.  Tief  unteu  blitzt  das  blaue  Meer  auf,  dahinter 
die  hohen,  calabrischen  Berge.  Ein  paar  weisse  Städte  liegen  am 
Rande  der  Schluchten,  im  Vorbeisausen  sehen  wir,  dass  unzählige 
Wohnungen  in  den  Felsabhang  eingegraben  sind,  der  Aufenthalt 
moderner  Troglodyten.  Rasch  kommt  man  in  die  Ebene,  und 
nun  folgt  die  Bahn  eine  Zeit  lang  dem  Ufer,  rechts  das  blaue 
Meer,  links  der  steile,  wildzerrissene  Abfall  des  Plateaus.  Die  ganze 
Ebene  ist  ein  Wald  colossaler  Oliven,  darunter  Weizenfelder, 
deren  Product  noch  heute  berühmt  ist,  dazwischen  vielfach  Baum- 
wollfelder, noch  in  der  Mitte  November  in  voller  Blüthe.  Die 
Stadt  selbst  sieht  man  erst,  wenn  mau  den  Bahnhof  verlässt. 

Taren t  liegt  so  ziemlich  an  der  Nordspitze  des  nach  ihm 
benannten  Golfes,  der  zwischen  der  Terra  d'Otranto  und  Cala- 
brien  in  die  italienische  Halbinsel  einschneidet,  inmitten  einer 
weiten,  fruchtbaren  Landschaft  und  so  recht  inmitten  des  Mittel- 
meeres. Kein  Wunder,  dass  dieser  ausgezeichnet  gelegene  Punct 
schon  früh  die  Aufmerksamkeit  der  seefahrenden  und  handeltrei- 
benden Völker  auf  sich  zog.  Es  ist  uns  zwar  keine  Kunde  aus 
der  vorgriechischen  Zeit  übrig  geblieben,  aber  es  kann  kaum  zwei- 
felhaft sein,  dass  schon  die  Phöuicier  eine  Factorei  hier  hatten, 
wie  an  allen  Puncten  Süditaliens,  wo  eine  kleine,  dicht  am  Land 
belegene  Insel  oder  ein  schmales,  weit  vorspringendes  Vorgebirg 
einen  natürlichen  Schutz  gegen  die  nach  den  Schätzen  der  Kauf- 
leute lüsternen  Landbewohner  bot.  Die  Geschichte  Tarents  be- 
ginnt für  uns  erst  mit  der  Zeit,  wo  die  Griechen  anfingen,  Colo- 
nien  in  Süditalien  anzulegen  und  die  Landbewohner  zu  unter- 
jochen. Im  Jahre  733  vor  Christus  führte  Theokies  die  erste 
Colooie  nach  Naxos,  an  der  Mündung  des  Cantara  in  Sicilien;  in 
rascher  Folge  wurden  dann  Syracus,  Messina  und  Catania  gegrüu- 


—     93     — 

det,  und  schon  707  nahmen  spartanische  Tarthenier  unter  Psa- 
lanthos  Besitz  von  der  Insel  und  dem  anliegendeu  Festlande  und 
gründeten  die  dem  Poseidon  heilige  Stadt  Taras. 

Eine  günstigere  Lage  für  eine  Meer  und  Land  beherrschende 
Stadt  dürfte  schwer  zu  finden  sein.  Wie  Syracus,  das  in  ganz 
gleicher  Lage  auf  eiuer  Felt^eninsel  dicht  am  Laude  erbaut  ist,  von 
der  Natur  zur  Beherrscherin  des  südöstlichen  Siciliens  bestimmt 
ist,  so  beherrscht  Tarent  durch  seine  Lage  zwischen  Calabrien, 
der  BasiHcata  und  der  Provinz  von  Otranto  diese  drei  fruchtbaren 
Provinzen.  Der  Hafen,  heute  noch  gut,  aber  im  Alterthum,  wo  die 
Schitfe  uicht  den  heutigen  Tiefgang  hatten  und  die  Versaudung  noch 
nicht  so  weit  vorgeschritteu  war,  unübertrefflich,  bei  jedem  Winde 
leicht  zu  erreichen,  gegen  jeden  Angriff  gesichert,  uiusste  um  so 
mehr  die  Veranlassung  zur  Entwicklung  einer  gewaltigen  Handels- 
beweguug  werden,  als  es  der  ganzen  Ostküste  vou  Calabrien  bis 
nach  Cotrone  hinab  an  Häfen  fehlt  und  nur  unsichere  Rheden 
vorhanden  sind. 

Die  Colonie  entwickelte  sich  auch  entsprechend  rasch.  Von 
der  Insel  griff  sie  rasch  hinüber  auf  das  dicht  anliegende  Pest- 
land und  schon  nach  zweihundert  Jahren  zählte  sie  300,000  Ein- 
wohner und  war  neben  Syracus  die  reichste  unter  den  Städten 
Grossgriecheulands.  Der  Purpur  von  Tarent  war  berühmt.  Für 
uns  freilieh,  die  wir  durch  die  glänzenden  Farben  der  Cocheuille 
und  des  Auilins  verwöhnt  sind,  ist  das  schmutzige  Roth,  das  der 
Saft  der  Purpurmuschel  liefert ,  keiner  Beachtung  werth ;  für 
die  Alten  war  es  aber  die  einzige  wasch-ächte  Farbe,  und  da  die 
Muschel,  welche  die  Farbe  liefert,  bei  Tarent  damals  wie  noch 
heute  ungewöhnlich  häufig  war,  entstanden  uaturgemäss  bedeu- 
tende Fabriken,  deren  Producte  weithin  versandt  wurden .  In 
welcher  Ausdehnung  sie  betrieben  wurden,  beweist  heute  noch  der 
Monte  testaceo,  ein  Abhang  nach  dem  Meere  zu,  der  mit  einer 
viele  Fuss  dicken  ScEicht  zerbrochener  Purpurschnecken  bedeckt 
ist.  Die  weiten  Gefilde  der  Umgegend  ernährten  zahllose  Heerden 
und  in  Folge  davon  entstanden  auch  umfangreiche  Wollmanu- 
faeturen. 

Mit  dem  Reichthum  stieg  der  Uebermuth  der  Bürger;  mit 
Verachtung  sahen  sie  selbst  auf  ihre  Heimath  Griechenland  herab 
und  das  stolze  Wort  von  Kroton :  der  geringste  Krotoniate  ist 
immer  noch  besser  als  der  erste  Grieche,  wurde  nicht  minder  auch 


—     94     — 

von  den  Tareiitiueru  angewandt.  Während  auf  Sicilien  die  Griechen 
auf  Tod  und  Leben  mit  den  übermächtigeu  Karthagern  kämpften, 
während  die  griechische  Freiheit  den  Macedouiern  edag,  hielt 
sich  Tarent  in  unvermindertem  Glanz.  Aber  auch  ihm  drohte 
der  Untergang.  Die  Römer  annexirten  einen  Theil  ünteritaliens 
nach  dem  anderen,  aber  sie  scheuten  sich  noch ,  die  mächtige 
Griechenstadt  anzugreifen,  da  forderte  diese  sie  selber  heraus.  Die 
Tareutiner  waren  in  dem  Theater  versammelt,  ak  eine  römische 
Proviantflotte  vorbeifuhr,  und  im  üebermuth  warfen  sie  sich  in 
die  Schiffe  und  plünderten  die  weuig  seegeübten  Römer.  Rom  ver- 
suchte nocb  einmal  den  Weg  der  Güte,  aber  seine  Gesandten 
wurden  misshandelt,  und  der  Ki'ieg  brach  aus.  Die  Tarentiuer 
konnten  den  römischen  Legionen  nicht  widerstehen;  sie  riefen 
den  König  Pyrrh  US  von  Macedouien  zu  Hülfe,  aber  nach  seinem 
Abzug  blieb  ihnen  nur  die  Unterwerfung  übrig.  Doch  konnten 
sie  ihre  Freiheit  nicht  verschmerzen,  und  als  Hannibal  die  Römer 
bei  Cannae  in  Apulien  so  furchtbar  geschlagen,  trat  Tarent  auf 
seine  Seite.  Schrecklich  war  die  Strafe  dafür,  als  die  Römer  im 
Jahre  209  es  eroberten:  die  Einwohner  wurden  als  Sclaven  ver- 
kauft, die  Stadt  selbst  von  Grund  aus  zerstört,  alles  Brauchbare 
nach  Rom  geschleppt.  Eine  flacheEinseukung  vor  dem  östlichen  Thore 
bezeichnet  noch  die  Stelle  des  Theaters,  sonst  ist  von  der  Griechen- 
stadt nichts  mehr  übrig  geblieben,  keine  Säule,  kein  behauener 
Stein,  und  man  streitet  sich  um  den  Ort,  wo  sie  einst  gestanden. 

Fast  hundert  Jahre  lang  verschwindet  der  Name  Tarents  aus 
der  Geschichte,  erst  123  v.  Chr.  führten  die  Römer  eine  neue  Co- 
louie  dorthin  und  nun  blühte  es  Avieder  auf,  so  dass  es  in  der 
Kaiserzeit  wieder  eine  der  bedeutendsten  Städte  Italiens  war.  Das 
herrliche  Klima,  milder  als  an  irgend  einem  anderen  Puncte  des 
italienischen  Festlandes,  veranlasste  viele  reiche  Römer,  sich  an- 
zubauen, und  Horaz  rühmt  nicht  umsonst  den  milden  Winter,  das 
Oel,  den  Wein  und  die  guten  Muscheln  voir  Tarent.  Aber  dann 
kamen  die  Stürme  der  Völkerwanderung  und  noch  mehr  die  trüben 
Zeiten  des  Mittelalters,  in  denen  die  Saracenen  alle  Küstenländer 
unsicher  machten ;  die  Felder  verödeten,  der  Hafen  versandete,  und 
Tarent  wurde,  was  es  jetzt  ist. 

Das  heutige  Taranto  ist  eine  stille  Provinzstadt  mit  entschie- 
den kleinstädtischem  Charakter  trotz  seiner  30,000  Einwohner. 
Es  sind  theils  Bauern,  theils  Fischer,  die  sich  auf  der  engen  Felsen- 


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iiisel  zusammengedrängt  habeu,  welche  einst  der  Griechenstadt 
als  Acropolis  diente.  Die  Insel  liegt  genau  da,  wo  der  Golf  von 
Tarauto  au  seinem  nördlichsten  Puncte  sich  in  einen  kleineu 
Meerbusen  fortsetzt,  der  nur  durch  zwei  ganz  schmale  Arme  mit 
dem  Meere  zusamiuenhäugt.  Es  wird  so  das  innere  Becken  fast 
ganz  vom  Meere  getrennt  und  bildet  einen  gegen  alle  Stürme 
aufs  Ausgezeichnetste  geschützten  See,  der  sich  in  einer  Länge 
von  etwa  zwei  Stunden  ins  Land  hinein  erstreckt;  er  ist  im 
Durchschnitt  40—50  Fuss  tief,  durch  zwei  vorspringeude  Vorge- 
hiro-e,  die  Punta  della  penna  auf  der  Westseite,  Santa  Lucia 
auf  der  Ostseite  in  ein  vorderes  und  ein  hinteres  Becken  getheilt, 
gross  genug,  um  sämmtliche  Kriegsflotten  Europas  aufzunehmen. 
Heute  kreuzen  aber  nur  Fischerboote  auf  seiner  Fläche,  denn  die 
Eingänge  sind  versandet  bis  auf  wenige  Fuss  und  ausserdem 
beide  durch  Brücken  überspannt,  die  jedem  Fahrzeug  den  Eingang 
wehren.  Der  jetzige  Hafen  von  Tarent  liegt  noch  innerhalb  des 
Golfes,  dicht  an  den  Mauern  der  Stadt,  durch  zv\^ei  vorliegende 
Inseln  vor  den  Stürmen  geschützt.  Er  ist  leidlich  sicher,  aber 
auch  sehr  versandet;  schou  die  Dampfer  der  Compagnie  Peirano, 
Donovaro  &  Comp.,  die  doch  nicht  allzugross  sind,  müf^sen  weit 
draussen  ankern,  und  es  ist  gerade  kein  grosses  Vergnügen,  bei 
stürmischem  Wetter  und  in  der  Nacht  hinausgerudert  zu  werden, 
wie  es  uns  bei  der  Abreise  erging. 

Tarent  präsentirt  sich,  wenn  man  von  dem  Bahnhof  kommt, 
ganz  stattlich.  Da  es  heute  noch  als  Festung  gilt,  ist  es  nach 
der  See  hin  überall  mit  Mauern  umgeben,  über  welche  terrassen- 
förmig die  Häuser  emporsteigen;  die  mächtige  rothe  Front  eines 
alten  Klosters  fällt  vorzüglich  ins  Auge.  Man  überschreitet  eine 
vielleicht  50  Schritte  lauge  Brücke,  von  der  der  Blick  nach  einer 
Seite  über  das  kleine  Meer  und  die  es  umgebenden  sanften  Höhen, 
nach  der  anderen  Seite  über  den  grossen  Meerbusen  hinüber  nach 
den  gewaltigen  Gebirgen  Calabriens  schweift.  Um  eine  alte  ge- 
mauerte Bastion  herum  kommt  man  auf  den  grossen,  aber  un- 
regelmässigen Marktplatz,  auf  dem  von  früh  bis  spät  durch  den 
Victualienmarkt  ein  reges   Leben  herrscht. 

Taranto  ist  selbst  unter  den  Italienern  wegen  seiner  Unrein- 
lichkeit,  seines  Ungeziefers  und  seines  Maugels  an  jeghchem  Com- 
fort  verrufen.  Mir  wurde  es  von  allen  Deutschen,  welche  die 
Verhältnisse  kannten,   für  eine  wahre  Heldeuthat  angerechnet,  dass 


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\ 
ich  vier  Wochen  dort  ausgehalten,  noch  dazu  mit  meiner  Frau. 
Früher  war  nur  eine  ganz  ordinäre  Herberge  da,  in  der  es  kein 
Fremder  aushalten  konnte;  seit  Eröffnung  der  Eisenbahn  von  Bari 
nach  Calabrien  hinab  sind  aber  zwei  Gastliäuser  entstanden,  an 
die  man  freilich  keine  allzugrosseu  Ansprüche  stellen  darf,  na- 
mentlich was  Reinlichkeit  anbelangt.  Die  Verpflegung  war  besser, 
als  wir  erwartet  und  mit  dem  Ungeziefer  war  es  nicht  so  schlimm, 
namentlich  für  uns,  die  wir  aus  dem  au  Zanzareu  (Schuaken)  über- 
reichen Bari  kamen.  Dicht  am  Thor  hat  ein  alter  Schiö'scapitäu 
das  Albergo  Garibaldi  errichtet,  indem  man  es  bei  bescheidenen 
Ansprüchen  schou  einmal  aushalten  kaun.  Die  Gäste  sind  mei- 
stens Calabresen  und  Leute  aus  der  Terra  d'Otranto,  die  in  Ge- 
schäften nach  Bari  und  Neapel  wollen;  das  Hauptcoutingent  stellen 
aber  die  Stationsvorsteher  der  calabresischen  Bahn,  die  jeden 
Abend  mit  dem  letzten  Zuge  ankommen,  um  in  Tarent  zu  schlafen. 
Die  Leute  führen  kein  beneidenswerthes  Leben.  Au  dem  ganzen 
Strande  von  Tarent  bis  Cotrone  wohnt  heutzutage  kein  Mensch ; 
die  Angst  vor  den  Seeräubern  hat  einst  die  Bewohner  dieser 
blühenden  Gegenden ,  wo  im  Alterthum  Metapontum,  Heraclea, 
Sybaris,  (Jroton  lagen,  gezwung<^u,  sich  landeinwärts  auf  unzu- 
gänglichen Felshöhen  anzusiedeln;  die  Cultur  wurde  vernachlässigt 
und  die  Malaria  bemächtigte  sich  des  Landes.  Jetzt  ist  es  ein 
reiner  Selbstmord,  wenn  man  von  Anfang  Mai  bis  Ende  Novem- 
ber auch  nur  eine  Nacht  in  den  Küstengegendeu  zubringt;  selbst 
die  Eisenbahnarbeiten  stehen  still  und  das  ist  der  Grund,  dass  die 
grosse  calabresische  Eisenbahn  von  Tarent  nach  Reggio  noch 
immer  nicht  fertig  ist,  obschou  die  Regierung  aus  strategischen 
Gründen  einen  unendlichen  Werth  darauf  legt. 

Tarent  selbst  ist  gesund ,  durch  eine  uralte  Wasserleitung 
auch  reichlich  mit  gutem  Trinkwasser  versorgt,  eine  nicht  geringe 
Annehmlichkeit  für  den,  der  aus  der  dürren  Puglia  petrosa  kommt 
und  sich  wochenlang  nur  mit  Acqua  dal  cielo,  dem  in  Cisternen 
gesammelten  Regen wasser ,  beholfen  hat.  Aber  sonst  bietet  es 
Nichts,  was  den  Touristen  anlocken  könnte,  ausser  dem  herrlichen, 
milden  Klima  und  der  lieblichen  Gegend;  mich  hielten  die  Ver- 
steinerungen dort,  die  sich  in  unendlicher  Masse  in  den  umgeben- 
den Schichten  finden. 

Die  Stadt  ist  ein  Haufen  eng  zusammengedrängter  Häuser, 
eingezwängt  in  den  schmalen  Raum  der  Insel.    Die  Haupistrasse 


—     97     — 

ist  so  breit,  dass  man  unter  die  Ladenthüren  treten  muss,  wenn 
ein  Wagen  kommt,  was  glücklicherweise  selten  passirt.  Etwas 
breiter,  aber  vor  Schmutz  kaum  zu  passiren,  ist  die  Strada  Gari- 
baldi, die  längs  des  kleinen  Meeres  hinzieht  und  von  Menschen 
wimmelt;  endlich  hat  man  in  neuerer  Zeit  noch  dem  grossen 
Meerbusen  entlang  eine  Strasse  angelegt,  die  nach  dem  Meere  zu 
eine  herrliche  Aussicht  gewährt  und  als  Corso  dient.  Dazwischen 
laufen  Querstrassen,  eng  wie  Ritzen  und  so  entsetzlich  unsauber, 
dass  ein  Fremder  sich  nicht  hineinwagen  kann;  die  hineiumün- 
denden  Wohnungen  müssen  entsetzliche  Höhleu  sein. 

Schon  vor  achtzig  Jahren  klagte  Ulysses  von  Salis,  ein 
Schweizer,  der  in  Süditalieu  reiste,  darüber,  dass  die  Tarentiner 
so  furchtbar  zusammengedrängt  wohnen  müssen,  schon  damals 
machte  man  Pläne,  jenseits  nach  Santa  Lucia  hin,  wo  das  Terrain 
ganz  dazu  geeignet  ist,  eine  Vorstadt  anzulegen,  aber  —  Tarent 
war  Festung,  und  die  bourbonische  Regierung  hielt  die  Rayon- 
gesetze nicht  minder  heilig,  als  die  deutsche.  Seit  1860  ist  nun 
endlich  die  Erlaubuiss  zum  Bauen  gegeben,  und  es  entsteht  dort 
ein  neuer  Stadttheil  mit  breiten  Strassen  und  schönen  Palästen, 
vielleicht  der  Anfang  einer  neuen  Grossstadt,  wenn  für  Italien  ein- 
mal bessere  Zeiten  kommen. 

Die  Umgegend  ist  ganz  geeigiiet,  für  die  Entbehrungen  in 
der  Stadt  zu  entschädigeu.  Von  dem  Klima  kann  man  nicht 
Gutes  genug  sagen.  Ein  Kranz  von  Höhen,  der  Südabhang  des 
Plateaus,  in  welches  der  Apennin  nach  der  östlichen  Spitze  Ita- 
liens zu  ausläuft,  schützt  Tarent  vor  der  Tramontana,  die  sich  in 
Apulien  mitunter  noch  sehr  fühlbar  macht,  und  gestattet  die  Ent- 
wicklung einer  Vegetation,  die  man  sonst  erst  in  Sicilien  findet. 
Die  Palmen  gedeihen  ausgezeichnet,  aber  man  sieht  sie  nur  ein- 
zeln in  Gärten.  Warum  soll  man  sie  auch  pflanzen  ?  Non  porta 
frutte,  sie  trägt  nichts  ein.  Ist  einmal  mehr  Comfort  in  Tarent 
zu  finden,  dann  dürfte  Tarent  eine  üeberwinterungsstation  wer- 
den, wie  wenig  andere  in  Italien. 

Heute  lebt  die  Stadt  zum  kleineren  Theile  von  Landbau,  zum 
weitaus  grösseren  vom  Meere.  Die  Feldmark  erstreckt  sich  weit 
hinaus  nach  allen  Seiten;  die  Stadt  hat  ihr  altes  Territorium  be- 
hauptet aus  den  Zeiten,  wo  sie  noch  gross  war  und  das  Ufer 
längs  des  gauzen  kleinen  Meeres  gehört  ihr ,  aber  es  fehlt  an 
Händen,  um  das  Land  zu  bauen.     Weizen,    Baumwolle,   Oel  ge- 

7 


-     98     — 

deiheu  ausgezeichnet,  aber  das  Land  wird  nur  schlecht  bestellt 
und  die  entlegenen  Bezirke  lässt  man  wüst  liegen.  An  dem  gan- 
zen Marc  piccolo  entlang  steht  kein  Dorf,  nur  hier  und  da  ein 
einsames  Landhaus,  von  Aeckern  umgeben.  Und  für  wieviel  Städte 
wäre  hier  Raum ! 

Besser  cultivirt  ist  das  Meer,  von  dessen  Früchten  sich  der 
grössere  Theil  der  Tarentiner  direct  oder  indirect  nährt.  Wann 
die  rationelle  Zucht  der  Muscheln  im  kleinen  Meere  ihren  Anfang 
genommen,  ist  nicht  bekannt;  schon  im  Alterthum  war  Tarent 
seines  Reichthums  au  Schalthieren  wegen  berühmt,  doch  sind  uns 
keine  Nachrichten  darüber  erhalten  worden,  ob  man  schon  damals 
Anstalten  zur  künstlichen  Zucht  hatte.  Sicher  reicht  aber  wenig- 
stens die  Zucht  der  Miessmuscheln  schon  einige  Jahrhunderte 
zurück,  denn  es  besteht  über  sie  ein  Gesetzbuch,  dessen  Alter  man 
nicht  genau  anzugeben  weiss.  In  unserem  Jahrhundert  und  na- 
mentlich seit  Eröffnung  der  Eisenbahn  hat  die  Zucht  einen  neuen 
Aufschwang  genommen  und  man  findet  bis  nach  Rom  hinauf  auf 
allen  Märkten  die  Cozze,  die  blauen  Miessmuscheln  von  Taranto. 
Bekanntlich  werden  diese  auch  noch  an  anderen  Puncten,  in  der 
Kieler  Bacht,  an  der  französischen  Westküste  etc.  gezogen,  überall 
an  Pfählen  oder  Bäumen,  die  man  in  den  Grund  einrammt.  In 
Tarent  sitzen  sie  au  Seilen,  die  zwischen  Pfählen  ausgespannt  und 
mit  kurzen  Reiserstücken  bewickelt  sind ;  an  allen  seichten  Stellen 
im  kleinen  Meere  sieht  man  in  regelmässio-en  Reihen  die  Pfahl- 
gr Lippen  emporragen,  und  für  diese  Industrie  wäre  die  Errichtung 
eines  Kriegshafens  ein  harter  Schlag. 

Berühmt  sind  auch  die  Austern  von  Tarent,  die  in  Neapel 
bedeutend  höher  bezahlt  werden,  als  die  einheimischen,  und  die 
Fische,  die  in  einem  seltenen  Reichthum  von  Arten  hier  vor- 
kommen. 

Das  Project,  aus  Tarent  einen  grossen  Kriegshafeu  zu  machen, 
ist  schon  manchmal  aufgetaucht,  aber  vor  der  Zeit  der  Eisenbahnen 
war  die  Entfernung  von  Neapel  und  die  Schwierigkeit,  dorthin 
zu  gelangen,  immer  ein  Hinderniss,  Man  behielt  lieber  das  Ar- 
senal mitten  in  Neapel  drin,  und  als  man  in  der  letzten  Zeit  der 
bourbonischen  Herrschaft  endlich  doch  die  Gefahr  erkannte,  welche 
daraus  für  die  Hauptstadt  entstehen  konnte,  nahm  mau' lieber  den 
Plan  auf,  den  alten  römischen  Kriegshafeu  bei  Miseuum  Avieder 
lierzustellen  und    die  Landende    zwischen    dem  Lago  Averuo    und 


-     99     — 

dem  Meere  zu  clurchstechen,  wie  das  schou  einmal  Augustns  ge- 
than.  Das  Jahr  1860  unterbrach  die  Ausführung  dieses  Plans 
und  es  blieb  eine  Zeit  laug  still  von  der  Verlegung  des  Arsenals. 

Die  Schlacht  von  Lissa  zeigte,  wie  wenig  man  sich  in  Be- 
ziehung auf  die  Vertheidigung  Neapels  auf  die  theure  italienische 
Flotte  verlassen  konnte,  und  wie  sehr  die  Hauptstadt  Neapel  im 
Falle  eines  Krieges  gefährdet  war.  Freilich  hat  sie  ihre  füuf 
Castelle,  aber  die  sind  mehr  geeignet,  die  Stadt  zu  bombardiren, 
als  einen  Feind  abzuhalten,  und  wenn  das  inmitten  der  Stadt  lie- 
gende Arsenal  bombardirt  wird,  geht  natürlich  die  Stadt  mit  zu 
Grunde. 

Das  rief  eine  neue  Agitation  ins  Leben.  Bekanntlich  hat 
man  aus  denselben  Gründen  das  Arsenal  von  Genua  in  den  tiefen 
Fjord  von  la  Spezzia  verlegt;  für  das  von  Neapel  blieben,  da  es 
doch  im  Süden  und  auf  dem  Festlande  bleiben  sollte,  nur  Brin- 
disi  und  Tarauto  übrig.  Die  domiuirende  Lage  des  letzteren,  die 
dem  alten  Taras  das  [Jebergewicht  auf  dem  JMittelmeere  gab,  ent- 
schied zu  seinen  Gunsten.  In  der  That  dürfte  mau  in  mili- 
tärischer Beziehung  kaum  einen  günstigeren  Punct  finden ,  nahe 
bei  der  Adria  und  auch  wieder  nahe  bei  Sicilien.  Jetzt  freilich 
lässt  die  Verbindung  mit  Neapel,  nur  auf  dem  grossen  Umweg* 
über  Foggia  und  Bari  möglich,  noch  viel  zu  wünschen  übrig; 
doch  ist  bereits  eine  directe  Liuie  über  Empoli  projectirt,  ebenso 
eine  andere  nach  Lecce  und  der  Terra  d'Otrauto,  so  dass  Tareut 
dann  ein  wichtiger  Knotenpuuct  wird. 

Gegen  einen  Angriff  von  der  Seeseite  ist  die  Flotte  im  Mare 
piccolo  ebenso  geschützt,  wie  das  Arsenal  und  die  Docks.  A'Vie 
schon  erwähnt,  liegen  in  einiger  Entfernung  von  Tarent  zwei  Liseln, 
Sau  Pietro  und  San  Paolo  genannt,  nahe  genug  beieinander  und 
bei  dem  vorspringenden  Cap  Sau  Vito,  um  jedem  feindlichen 
Schiff  den  Eingang  unmöglich  zu  machen,  wenn  dort  ein  paar 
Batterien  errichtet  werden.  Sind  sie  freilich  einmal  genommen, 
dann  steht  es  schlimm  um  die  gute  Stadt  Taranto ,  denn  dann 
rauss  sie  als  Schutz  für  die  dahinter  liegende  Flotte  dienen,  aber 
diese  liegt  vollkommen  sicher,  und  selbst  wenn  die  Stadt  genom- 
men werden  sollte,  kann  sie  sich  noch  immer  hinter  die  beiden 
vorspringenden  Vorgebirge  zurückziehen.  Dass  sie  in  dem  rings- 
um geschlosseneu  kleinen  Meere  vor  jedem  Sturm  vollkommen 
sicher  ist,  braucht  nicht  erst  gesagt  zu  werden. 


—     100      - 

Die  Sache  hat  aber  doch  ihren  Haken.  Wie  schon  oben 
erwähnt,  ist  der  jetzige  Hafen  von  Tarent  versandet.  Im  kleinen 
Meer  ist  freilich  genügende  Tiefe  auch  für  die  grössten  Schiffe, 
aber  es  wird  schwer  halten,  einen  Zugang  dahin  zu  öffnen.  Jeden- 
falls müsste  man  den  Canal  östlich  von  der  Stadt  wählen,  da  die 
westliche  Brücke  für  den  Verkehr  mit  dem  Bahnhof  unentbehr- 
lich ist.  Vor  der  östlichen  Brücke  liegt  aber  wieder  der  neue 
Stadttbeil  und  dort  ist  der  einzige  Punct,  wo  die  Stadt  sich  weiter 
entwickeln  kaan.  Doch  dem  lässt  sich  durch  eine  Drehbrücke 
schon  abhelfen.  Schlimm  sieht  es  aber  mit  der  nöthigen  Wasser- 
tiefe aus.  Ich  habe  bei  meinen  Excursionen  mit  dem  Schleppnetz 
Geleo-euheit  gehabt,  den  Boden  auf  eine  ziemliche  Strecke  hin 
genau  kennen  zu  lernen;  die  Tiefe  beträgt  in  dem  Canal  nur  2 — 3 
Fuss  und  es  müsste  eine  Rinne  von  mindestens  einer  halben  Stunde 
Länge  gebaggert  werden,  um  auch  grossen  Schiffen  den  Zugang 
zu  ermöglichen.  Das  ist  nun  allerdings  nicht  unmöglich,  aber  das 
Offenhalten  dürfte  seine  Schwierigkeiten  haben.  Tarent  ist  näm- 
lich einer  der  wenigen  Pnncte  am  Mittelmeer,  die  regelmässige 
und  starke  Ebbe  und  Fluth  haben.  Sie  lässt  sich  freilich  mit 
der  Nordseefluth  nicht  vergleichen  und  beträgt  kaum  mehr  als 
2  Fuss,  aber  die  Strömung  ist  immerhin  schon  ziemlich  heftig, 
und  es  dürfte  keine  kleine  Aufgabe  sein,  den  Fahrcanal  offen  zu 
halten. 

Doch  das  können  wir  getrost  der  Zukunft  überlassen.  Italien 
ist  überhaupt  ein  Land,  wo  man  es  liebt ,  grossartige  Pläne  zu 
machen,  sie  mit  Feuereifer  anzufangen  und  dann  halbfertig  liegen 
zu  lassen.  Wird  es  mit  Tarent  wohl  anders  gehen  ?  Es  wäre  zu 
wünschen,  denn  den  öden  Umgebungen  des  tarentinischen  Meer- 
busens ,  dem  einst  so  mächtigen  Grossgriechenland ,  thäte  ein 
solches  grosses  Industrie-Etablissement  gar  gut.  Bei  der  üppigen 
Fruchtbarkeit  des  Landes  könnte  dort  die  dreifache  Bevölkerung 
glücklich  und  zufrieden  leben.  Man  braucht  nur  das  benachbarte 
Apulieu  zu  sehen,  die  verrufene  Puglia  petrosa,  wo  der  ausdauernde 
Fleiss  der  Bewohner,  unterstützt  durch  den  Unternehmungsgeist 
deutscher  Kaiifleute,  eine  Steinwüste  in  einen  reichen  Fruchtgarten 
umgeschaffen  hat.  Das  wäre  \\m  Tarent  noch  leichter ;  wo  jetzt 
im  Umkreis  des  Mar  piccolo  auf  viele  Stunden  hin  kaum'  einsame 
Häuser  stehen,  könnte  ein  Kranz  von  blühenden  Ortschaften  lie- 
gen, die  bei  nur  einigermaassen  rationellem  Feldbau  Weizen,  Baum- 


-      101     - 

wolle  und  Oel  in  colossaleu  Quantitäten  ausführen  köunteu.  Aber 
dazu  müsste  der  Italiener  mehr  Energie  und  mehr  Unternehmungs- 
geist haben.  Bis  jetzt  begnügt  man  sich  in  all  diesen  abgelege- 
nen Districten,  über  die  Regierung  zu  schimpfen,  dass  sie  nichts 
für  die  Gegend  thue;  das  Wort:  ,,Hilf  ^i^  selber,  so  hilft  dir 
Gott"  kennt  man  iu  Italien  noch  kaum.  Jetzt  ist  die  Regierung 
entschlossen,  der  Gegend  nach  Kräften  aufzuhelfen.  Wird  es  von 
Erfolg  sein  ? 

Der  furchtbare  Sturm,  der  in  der  ersten  Decemberwoche  im 
tyrrhenischen  Meere  wüthete  und  den  Hafeudamm  von  Neapel 
wegrasirte,  gab  mir  ganz  unerwartet  Gelegenheit,  noch  eine  dritte 
Stadt  in  diesem  Theile  Süditaliens  kennen  zu  lernen,  nämlich 
Gallipoli,  den  Hauptstapelplatz  des  Maschinenöls.  Der  Dampfer, 
mit  dem  wir  von  Tareut  direct  nach  Catauia  fahren  wollten,  kam 
nämlich  an  dem  bestiujmten  Tage  nicht  und  das  Meer  war  so  unruhig, 
dass  ich  dem  Agenten  sagte,  ich  würde  wohl  nicht  mitfahren.  Das 
genügte,  um  deu  guten  Mann  zu  veranlassen ,  mir  die  Ankunft 
des  Dampfers  gar  nicht  mitzutheilen,  obschon  am  anderen  Tage 
prächtiges  stilles  Wetter  war  und  wir  eine  reizende  Fahrt  gehabt 
hätten.  Nun  hatten  wir  entweder  die  Wahl,  noch  vierzehn  Tage 
in  Taranto  zu  bleiben,  bis  wieder  ein  directer  Dampfer  ging,  oder 
wir  mussten  suchen,  den  indirecten  Dampfer,  der  schon  nach  acht 
Tagen  ging,  aber  Tarent  nicht  berührte,  zu  erreichen.  Das  konnte 
geschehen  in  Rossano  in  Calabrieu,  oder  in  Gallipoli.  —  Ros- 
sano  konnten  wir  mit  der  calabresischeu  Bahn  erreichen ,  aber 
dort  ist  kein  Hafen  und  bei  Sturm  kann  der  Dampfer  nicht  an- 
landen, man  kann  also  unter  Umständen  das  Vergnügen  haben, 
in  dem  schmutzigen  Neste  8  Tage  liegen  zu  bleiben  oder  even- 
tuell nach  Tarent  zurückzukehren  ;  so  ging  es  denn  richtig  auch 
bei  dem  nächsten  Dampfer,  und  wir  konnten  uns  glücklich  schätzen, 
den  anderen  Weg  eingeschlagen  zu  haben, 

Gallipoli.  die  urbs  Graja  Callipolis  der  Alten,  liegt  am  öst- 
lichen Ufer  des  tarentinischen  Meerbusen  auf  einer  kleinen  Fels- 
insel, die  durch  eine  lauge  Brücke  mit  dem  festen  Lande  zusam- 
menhängt; gewaltige  Schutzmauern  schützen  sie  vor  dem  Meer; 
hier  und  da  sind  noch  Reste  der  alten  Festungs mauern  erhalten, 
namentlich  das  Castell,  das  den  einzigen  Zugang  vom  Lande  her 
deckte.  Obschon  Gallipoli  selbst  nur  wenig  producirt,  ist  e^s  doch 
schon  seit  alten  Zeiten  der  Stapelplatz  für  das  Oel,  und  verdankt 


—     102     — 

das  einzig  seinen  gewaltigen  Cisternen,  die  in  den  Kalktuff  ein- 
gehauen  sind.  In  sie  wird  das  rohe  Oel,  das  mau  in  Schläuchen 
aus  umgedrehten  Ziegenhäuten  aus  der  ganzen  Terra  d'Otranto 
bringt,  hineingeschüttet,  nach  einigen  Monaten  ist  es  vollkommen 
klar.  In  Gallipoli  dreht  sich  Alles  nur  um  das  Oel,  von  seinen 
8000  Einwohnern  lebt  weit  über  die  Hälfte  vom  Oelhaudel,  die 
andern  sind  Fischer.  Ein  Fremder,  der  nicht  des  Oels  wegen 
kam,  der  sogar  naturwissenschaftliche  Absichten  hatte ,  war  ein 
Ereigniss.  Zu  meinem  Erstaunen  fand  ich  aber  in  diesem  abge- 
legenen Erdwinkel  mehr  geistige  Regsamkeit,  als  in  der  ganzen 
PuQ'lia,  und  selbst  Sinn  für  Naturwissenschaft,  von  dem  ich  in 
dem  grossen  Bari,  von  Tareut  ganz  abgesehen,  keine  Spur  gefun- 
den. Die  Terra  d'Otranto  zeichnet  sich  überhaupt  in  dieser  Be- 
ziehung aus;  in  Lecce  ist  sogar  ein  Proviuzialmuseum ,  in  dem 
sehr  interessante  Steiuwaffen  aus  einer  Höhle  am  Cap  Lucia  sich 
befinden.  Dafür  schaut  aber  auch  der  Bewohner  der  Terra  d'Otranto 
mit  Stolz  auf  den  apulischen  Bauer  herab. 

Mein  umsichtiger  Freund  Albert  Marstaller,  der  nie  das 
Gerint<-ste  übersah  und  unterliess,  was  für  mich  von  Nutzen  sein 
konnte,  hatte  mir,  als  ich  ihm  die  Veränderung  in  meinem  Reise- 
plane mittheilte,  alsbald  Empfehlungen  an  seine  Agenten  in  Galli- 
poli, die  Herren  Consiglio,  mitgegeben,  und  diese  thateu  Alles, 
um  mir  den  kurzen  Aufenthalt  möglichst  genussreich  zu  machen. 
Rasch  machte  ich  die  Bekanntschaft  des  Professor  Barba  und 
des  Gymnasialprofessors  Dr.  Pocchettino,  die  hier  eifrig  das 
Studium  der  Natur  cultivirten,  soweit  es  ohne  literarische  Hülfs- 
mittel  und  ohne  Verbindungen  möglich  ist,  und  eines  jungen  Ca- 
valiere  Carlo  Massa,  eines  der  unterrichtetsten  jungen  Männer, 
die  ich  in  Italien  kenneu  gelernt;  er  wie  Barba  waren  in  Galli- 
poli geboren;  Pocchettino  Avar  ein  Mailänder  und  erst  seit  kurzem 
nach  Gallipoli  versetzt ;  dass  er  sich  dort  beim  gänzlichen  Mangel 
alleu  Comforts  nicht  sehr  heimisch  fühlte,  brauche  ich  kaum  zu 
versichern  ;  ein  Berliner,  der  nach  einem  hinterpommerischen  oder 
ostpreussisehen  Dorfe  versetzt  würde,  müsste  ähnlich  fühlen. 
Carlo  Massa  hatte  die  aus  den  aufgehobenen  Klöstern  herrührende 
Bibliothek  geordnet  und  catalogisirt ;  mau  merkte  ihr  freilich  den 
Ursprung  an,  doch  war  es  immerhin  ein  Anfang,  auf  dem  fort- 
üebaut  werden  sollte.  Die  beiden  anderen  Herren  hatten  eine 
kleine    Conchyliensammlung    für    das    Gymnasium    augelegt,    ein 


—      103     — 

wahres  Wunder  für  Süditalien.  Wohlthuend  berührte  mich  das 
lebhafte  Interesse  für  Deutschland ,  das  hier  Jedermann  an  den 
Tag  legte,  Massa  hatte  angefangen,  deutsch  zu  lernen,  und  im 
nächsten  Jahre  sollte  sogar  angefangen  werden,  Unterricht  im 
Deutschen  zu  ertheileu.  Aber  auch  in  anderer  Beziehung  war 
man  nicht  unthätig.  Barba  hatte  einen  Arbeiterverein  nach 
Schulze-Delitzsch'schen  Principien  gegründet,  der  sehr  segens- 
reich wirkte  und  namentlich  auch  den  Fortbildungsunterricht  auf 
sein  Programm  geschrieben  hatte.  Man  hat  eingesehen,  dass  es 
in  der  alten  Weise  nicht  mehr  geht,  und  da  mau  keinen  Schul- 
zwang kennt,  sucht  man  sich  so  zu  helfen;  selbst  alte  Arbeiter 
besuchen  noch  die  Schule,  um  Lesen  und  Schreiben  zu  lernen. 
Mehrfach  musste  ich  Auskunft  darüber  geben,  wie  die  Verhält- 
nisse in  Deutschland  in  dieser  Beziehung  seien ;  am  meisten  im- 
ponirte  es  ihnen,  dass  in  unserer  Gegend  gar  keine  Analfabeti  seien 
und  jedes  Kind  die  Schule  besuchen  müsse,  und  selbst  ein  Pfaffe, 
mein  Nachbar  bei  Tische,  meinte,  ein  Gesetz  über  den  obligato- 
rischen Schulbesuch  sei  unbedingt  nöthig. 

So  kurz  mein  Aufenthalt  in  Gallipoli  war ,  ich  habe  dort 
Achtung  vor  dem  italienischen  Streben  bekommen ;  ein  Land,  in 
dem  dergleichen  Bestrebungen  noch  ohne  officielle  Anregung  ent- 
stehen und  sich  ausbreiten,  ein  Volk,  das  einsieht,  wo  es  ihm 
fehlt  und  den  Willen  hat,  abzuhelfen,  hat  noch  eine  Zukunft. 


104 


Beiträge  zur  Kenntniss  der  Arachnideii  Nord- 
Afrikas, 

insbesondere  einiger  in  dieser  Richtung  bisher  noch  un- 
bekannt gebliebenen  Gebiete  des  Atlas  und  der  Küsten- 
Länder  von  Marocco. 
Von  Dr.  Carl  Koch. 


Das  Material  zu  gegenwärtiger  Zusammenstellung  sammelten 
Herr  Dr.  Freiherr  von  F ritsch  und  Herr  Dr.  Rein  im  Frühjahre 
]872  und  brachten  dasselbe  in  ganz  wohlerhaltenen  Weingeist- 
Exemplaren  von  ihrer  in  vielfacher  Beziehung  höchst  interessanten 
Reise  mit.  Die  Original- Exemplare  sind  in  den  Sammlungen 
unserer  Dr.  Senckenbergischen  naturforschendeu  Gesellschaft  auf- 
gestellt, die  vielfältigen  Dubletten  in  der  Privat- Sammlung  des 
Verfassers. 

Bei  der  betreffenden  Collection  befanden  sich  auch  einige 
Gläser  mit  Arachuiden,  welche  von  den  genannten  Reisenden  auf 
den  Canarischen  Inseln  gesammelt  waren;  diese  mitunter  sehr 
interessanten  Vorkommen  schliesse  ich  von  gegenwärtigen  Be- 
trachtungen aus,  um  sie  besonders  in  diesen  Blättern  zu  behandeln 
und  zwar  im  Anschlüsse  au  meine  früheren  Beiträge  zur  Kennt- 
niss  der  Canarischen  Arachuiden,  welche  in  dem  Berichte  der 
Senckenbergischen  naturforschenden  Gesellschaft  von  1871  und  1872 
enthalten  sind  und  die  von  Herrn  Dr.  No  11  gesammelten  Spinneu- 
thiere  von  Teneriffa  besprechen. 

Zur  Bestimmung  und  Beurtheiluug  der  gegenwärtig  vor- 
liegenden Collection  von  Marocco  dienten  mir  folgende  Abhand- 
lungen und  Schriftstücke : 

Savigny,  Bescription  de  VEgypte,  Paris  1809, 

H.  Lucas,  Histoire  naturelle  des  animaux  articules  in  Explo- 
ration scientifique  de  VÄlgerie,  Paris  1849, 

H.  Lucas,  in  Webb  und  Berthelot, 

C.  W.  Hahn  und  C.  L.  Koch,  Arachuiden,  Nürnberg 
1839—1848, 


—     105     - 

C.  L.  Koch,  Uebersicht  des  Arachuideu-Systems ,    Nürnberg 
1837-1850, 
ausser  diesen  die  neueren  Abhandlungen  in   besonderen  Schriften 
und  Zeitschriften  über  unsere  einheimischen  Spiunenthiere,  soweit 
mir  solche  bekannt  und  zugänglich  waren. 

Weniger  sind  es  neue  Formen  und  Arten,  welche  hier  vor- 
geführt werden  können,  als  das  Wiederfinden  bekannter  Typen, 
welche  die  wunderbare  Verbreitung  der  Spiunenthiere  bestätigen, 
welches  Factum  auch  ausserhalb  des  Kreises  der  Specialisten  von 
besonderem  Interesse  sein  dürfte.  Die  Gewissenhaftigkeit,  mit 
welcher  die  beideu  genannten  Forscher  sammelten  und  etiquettirten, 
lässt  nicht  allein  die  zuverlässige  Betrachtung  über  horizontale 
Verbreitung,  sondern  auch  über  das  verticale  Aufsteigen  in  gewisse 
Gebirgszonen  zu,  und  erhalten  wir  dadurch  interessante  Beiträge 
zur  Betrachtung  der  Formenwandlungeu  gewisser  Typen  nach 
den  örtlichen  Verhältnissen,  Klima  und  Lebensweise. 

§  2. 
Scorp  ioniden, 

1.  Buthus  palmatus  (Hemprich  und  Ehrenberg). 

Diese  für  Nord-Afrika  typische  Form  der  kleinereu  Buthus- 
Arten  bildet  Lucas  in  der  Exploration  scientifiqtie  de  VAlgerie 
ab ;  diese  Abbildung  stimmt  genau  mit  dem  vorliegenden  Exem- 
plare, an  welchem  die  kurzen  Finger  besonders  charakteristisch 
sind.  Lucas  führt  Buthus  testaceus  C.  L.  Koch  ebenfalls  aus 
Algerien  stammend,  als  Synonym  an,  was  ich  zwar  nicht  bestreiten 
möchte,  aber  die  von  C.  L.  Koch  gegebene  Abbildung  stimmt 
nicht  mit  der  von  Lucas  und  unserem  Thiere  überein. 

Das  einzige  hier  vorliegende  Exemplar  stammt  von  Mtuga, 
einem  Hochplateau  zwischen  Mogador  und  Marocco. 

2.  Androctonus  hicolor  (Hemprich  und  Ehrenberg). 

Jedenfalls  ist  Androctonus  Aeneas  C,  L.  Koch  dieselbe  Species, 
wie  Lucas  ganz  richtig  angibt;  Androctomis  Hector  C.  L.  Koch 
vereinigt  Lucas  ebenfalls  damit  und  ist  diese  Form  vielleicht  nur 
ein  anderer  Häutungszustand. 

Dieser  Scorpion  war  seither  aus  Orau  bekannt  und  galt  für 
ziemlich  selten ;  in  der  Stadt  Marocco  scheint  derselbe  die  gewöhn- 
lichste Art  zu  sein,  denn  ein  ganzes  Sammelglas    voll  Scorpionen 


—     106     - 

von  da  enthielt  nur  diese  Art  in  ausgewachsenen  Männchen   und 
Weibchen,  sowie  in  verschiedenen  Jugeudzuständen. 

Eine  kleinere  dunkler  gefärbte  Form ,  welche  aber  in  den 
Hauptmerkmalen  mit  der  typischen  übereinstimmt ,  fanden  die 
Reisenden  bei  Mazaghan  als  vereinzeltes  Exemplar. 

3.  Androctonus  occitanus  (Savigny). 

Diese  Art  ist  synonym  mit  Ändr.  tunetanus  Herbst,  gleich- 
zeitig aber  auch  mit  einer  Reihe  von  Formen,  welche  bei  C.  L.  Koch 
als  besondere  Arten  aus  den  verschiedenen  Ländern  des  Mittel- 
meer-Gebietes beschrieben  sind,  wie  z.  B. :  Ändr.  Halitis,  Ändr. 
Etiryalus,  Ändr.  quinquestriatus  und  viele  andere. 

Wenigstens  der  grössere  Theil  der  Arten,  welche  C.  L.  Koch 
aus  Süd-Frankreich,  Spanien,  Portugal,  Griechenland  und  Nord- 
Afrika  beschreibt,  lassen  sich  in  der  Art  Ändr.  occitanus  Savigny 
vereinigen. 

Für  diese  Art  muss  dann  ein  grosses  Verbreitungsgebiet, 
nameutlich  über  sämmtliche  Mittelmeerländer  und  weiter  südlich 
wie  östlich  angenommen  werden.  Wie  nun  alle  Thiere,  welche 
ein  sehr  grosses  Verbreitungsgebiet  bewohnen,  in  Form,  Färbung 
und  Grösse  sehr  variiren,  so  auch  diese  Art. 

Von  diesen  Varietäten  liegen  hier  drei  verschiedene  von  ver- 
schiedenen Fundorten  vor : 

Eine  Partie  von  Telia,  nördlich  von  Mogador,  im  Tief  lande 
gesammelt;  die  Thiere  stimmen  fast  genau  mit  der  Form,  welche 
C.  L.  Koch  als  Androctonus  Halius  aus  Portugal  beschreibt;  ein 
ganz  übereinstimmendes  Exemplar  hat  Herr  Hauptmann  L.  von 
Hey  den  aas  der  Sierra  morena  mitgebracht. 

Drei  andere  Exemplare  repräseutiren  die  Form ,  welche 
C.  L.  Koch  als  Ändr.  Euryahis  aus  Süd-Frankreich  beschreibt ; 
diese  wurden  bei  Casa  blanca  gesammelt;  sie  sind  kleiner  als  die 
ersterwähnten  und  vielleicht  nicht  vollkommen  erwachsen. 

Die  dritte  Form  liegt  ebenfalls  in  drei  Exemplaren  vor,  die  mit 
keiner  der  Formen,  welche  C.  L.  Koch  beschreibt,  ganz  in  Ein- 
klang zu  bringen  sind,  aber  doch  unzweifelhaft  als  Gebirgsform 
hierher  zu  rechneu  sind.  Die  Körnelung  auf  den  Schwanzkielen 
ist  gegen  die  anderen  Formen  verschieden ,  besonders  auf  dem 
letzten,  was  aber  bei  der  Wandelbarkeit  dieser  Theile  nicht  als 
abgrenzendes  Merkmal  gelteu  kann.     Diese  drei  sind  kleiner  und 


—     107     — 

stamnieu    von    Sectaua     im    Atlas    aus    einer    Gebirgshöhe    von 
1500  Metern. 

Wenn  in  der  ganzen  Suite  irgend  ein  neuer  Scorpion  vor- 
liegen sollte,  so  könnte  er  in  der  Form  von  Sectana  zu  finden 
sein ;  ich  halte  die  feinen  Unterschiede  nicht  für  hinreichend,  um 
eine  neue  Art  darauf  begründen  zu  können,  namentlich  deshalb 
nicht,  weil  diese  Form  zu  nahe  mit  einem  sehr  variablen  Thiere 
zusammenhängt. 

4:.  Obisium  pallipes  (Lucas). 
Dieser  kleine  Afterscorpion  scheint  in  Nord- Afrika  sehr  ver- 
breitet zu    sein;    er    liegt    hier    in    einem    einzigen  Exemplar  vor, 
welches  von  dem  Hochplateau  Mtuga  stammt. 

§  3. 
Ojnlioniden. 

Die  eigentlichen  Kanker  sind  mehr  nordische  und  alpine 
Thiere  und  somit  weniger  Bewohner  der  wärmeren  Länderstriche; 
da  werden  sie  vertreten  durch  kräftiger  ausgebildete ,  weniger 
harmlose  und  zum  Theile  sehr  giftige  Thiere  nahestehender  Fa- 
milien ;  einzelne  ächte  Opilioniden-Formen  finden  sich  aber  noch 
zwischen  diesen  fast  über  die  ganze  Erde  verbreitet. 

Li  Nord- Afrika  kommen  mehrere  Genera  und  Arten  solcher 
ächten  Opilioniden  vor,  zum  Theile  recht  interessante  Formen; 
in  der  vorliegenden  Collection  befindet  sich  aber  nur  eine  einzige 
Art,  diese  aber  in  Hunderten  von  Exemplaren,  welche  Menge 
zugleich  ein  eigenthümliches  Bild  von  der  Lebensweise  dieser 
Thiere  gibt  und  eine  sehr  interessante  Erscheinung ,  worüber  die 
beiden  Reisenden  ausführlich  berichteten,  uns  vorführt.  Eine  zweite 
Art  in  der  Collection  stammt  von  den  Canaren,  wo  diese  Thiere 
häufiger  und  in  ihren  Formen  mannigfaltiger  vorkommen,  wie  aus 
der  von  Herrn  Dr.  Noll  gesammelten  Suite  schon  zu  ersehen 
war;  diese  canarische  Art  kann  nach  dem  in  §  1  Gesagten  hier 
nicht  in  Betracht  kommen. 

5.  Leiohunum  socialissimum  (nov.  sp.). 

Die  Hunderte  von  Exemplaren ,    welche   mir    vorliegen ,    sind 

sämmtlich  erwachsene  Weibchen,  kein  einziges  Männchen  fand  ich 

darunter,    daher    gegenwärtige    Beschreibung     sich    nur    auf    das 

Weibchen  bezieht,    welches   bei    allen   dahin    gehörenden  Thieren 


—     108     — 

stets  wesentlich  in  Gestalt,  Maassverliältnissen  und  Färbung  von 
dem  Männclien  verschieden  ist. 

Körper  kugelig,  auf  der  Rückenseite  deutlich  gekörnelt,  auf 
der  Bauchseite  glatt,  Aughügel  klein  mit  glatten  Augriugen,  Mau- 
dibeln  ebenfalls  verhältnissmässig  klein  und  stark  gegen  die  Muud- 
spalte  berabgebogen,  nur  ganz  vereinzelt  mit  sehr  kurzen,^ kaum 
siebtbaren  Börstchen  besetzt,  am  Vordertheile  fast  glatt  mit  sehr 
fein  gezähnelter  braunberandeter  Scheere ;  Palpen  massig  laug  mit 
gebogener,  innen  gezäbuelter  Endkralle;  Beine  sehr  laug,  mit 
feinen  aber  scharfen  Dornen  sägeartig  bis  zum  Metatarsalgliede 
besetzt;  alle  Beinpaare  ziemlich  gleich  laug,  das  vordere  am  kür- 
zesten, das  zweite  und  vierte  am  längsten ;  Färbung  auf  der  Ober- 
seite dunkel  bornbrauu  mit  hellerem,  verloschenem,  gelblich 
braunem,  parallelrandigem  Rückenfleck,  uud  noch  helleren  feinen 
gelblichen  Pünktchen  auf  den  Abdominal-Segmenten ;  Unterseite 
gleichförmig  gelblich  grauweiss. 

Länge  des  Körpers  5  Mm. 

,,        „    zweiten  Beinpaares  61  Mm. 
„       der  Palpen  5,5  Mm. 

Diese  Maasse  stimmen  bei  allen  Exemplaren  des  vorliegenden 
Materiales  ziemlich  constant  überein,  ebenso  ist  die  Färbung  aller 
die  gleiche. 

Lucas  beschreibt  ein  in  der  Gegeud  von  Coustantine  ganz  ver- 
einzelt  vorkommendes  Phalangium  flavo-unilineatum^  welches  nach 
dessen  Zeichnung  unserer  Art  sehr  nahe  steht,  vielleicht  als 
identisch  zu  betrachten  ist,  gibt  aber  weder  an,  ob  Beschreibung 
und  Abbildung  von  dem  männlichen  oder  v>'ei blichen  Individuum 
entnommen  ist,  noch  ist  daraus  zu  ersehen,  welcher  Gattung  seine 
Art  angehört ;  daher  bin  ich  genöthigt,  das  vorliegende  Thier  mit 
einem  besonderen  Namen  zu  belegen,  ohne  ein  Urtheil  über  das 
Zusammengehören  der  Lucas'schen  Art  mit  der  unserigeu  abgeben 
zu  können. 

Sollte  Phalangium  flavo-uniUneatum  Lucas  ebenfalls  nur 
Weibchen  repräsentiren  und  ein  achtes  Leiohunum  sein,  so  würde 
allerdings  uuser  L.  socialissinmm  synonym  mit  jenem  Thier  sein ; 
der  Name  ßavo-unilineatum  würde  aber  dann  wahrscheinlich  nur 
bei  dem  Weibchen  zutreffen,  iudem  ich  dann  auch  geneigt  wäre, 
unter  dem  von  Lucas  beschriebenen  Phalangium  filipes ,  welches 
ganz  anders  uud  ungefleckt  gefärbt  ist,    auch    viel    läugere  Beine 


-     109     — 

hat,  das  hierzu  gehörige  Mänucheu  zu  erblicken.  Phalangium 
filipes  Lucas  wird  als  häufig  in  Ost-Afrika  augegeben,  besonders 
in  den  Ruinen  von  Hippöne  und  bei  Milah  in  der  Provinz  Con- 
stantine. 

Unsere  Reisenden  sammelten  die  vorliegenden  Exemplare, 
oder  besser  gesagt:  sie  ralften  sie  mit  einem  Griffe  auf,  an  einer 
ganz  beschränkten  Stelle  bei  Casa  blauca  unweit  des  Küsten- 
gebietes von  West-Marocco. 

Au  einem  feuchten  Felsen  daselbst  bemerkten  dieselben  ein 
moosartiges  Polster,  welches  aus  den  emporgehoben  Beinen  von 
Tauseudeu  dieser  Thiere  gebildet  war;  Herr  Dr.  Rein  fühlte  in 
diese  Masse  hinein  wie  in  einen  starken  struppigen  Bart  und 
nahm  mit  dem  ersten  Griffe  gegeu  200  Individuen,  welche  mit 
ihren  langen  Beinen  in  einander  verschlungen  waren,  auf,  und 
so  verschlungen  kam  der  Klumpen  in  einem  grossen  Weingeist- 
glase in  meine  Hände. 

Aus  dieser  Partie  habe  ich  gegen  15  Exemplare  anatomisch 
auf  den  Geschlechtszustand  untersucht  und  mich  überzeugt,  dass 
es  Weibchen  waren  in  dem  Zustande,  nachdem  sie  kurz  vorher 
ihre  Eier  abgelegt  hatten ;  die  vollkommene  üebereinstimmung 
aller  anderen  nicht  untersuchten  Exemplare  lässt  mich  schliessen, 
dass  diese  ebenfalls  nur  Weibchen  mit  iu  Folge  des  Ablebens  der 
Eier  eingeschrumpftem  Abdomen  sind. 

Dieser  Fall  erklärt  auch  wohl  das  eigenthümliche  raasseuhafte 
Zusammenhocken  dieser  Thiere  auf  einer  einzigen  räumlich  so 
beschränkten  Stelle:  wahrscheinlich  war  der  betreffende  Felsen 
weit  und  breit  die  einzige  feuchte  Stelle,  welche  zum  Ablegen  der 
Eierklümpchen  diesen  Thieren  dienen  konnte ;  sie  haben  sich  nun 
aus  einem  weitereu  Umkreise  zu  dieser  Zeit  dahin  zusammenge- 
zogen, und  es  ist  schade,  dass  nicht  an  Ort  und  Stelle  das  Vor- 
handensein der  abgelegten  Eier  zur  Bestätigung  meiner  hier  nieder- 
gelegten  Ansicht  constatirt  werden  konnte. 

§  4. 
Araneae. 

Aus  dieser  Ordnung  der  Arachniden  brachten  die  genannten 
Forscher  eine  grössere  Zahl  von  Arten  mit,  leider  meistens  nur 
in  vereinzelten  Exemplaren,  und  unter  den  vorliegenden  befinden 
sich,  bis  auf  wenige    mir    noch    etwas    zweifelhafte    Formen,    nur 


-     110     — 

alte  Bekannte  aus  der  nordafrikanischeu  und  europäischen  Fauua. 
Gerade  diese  letzteren  sind  nun  aber  des  Fundortes  wegen  von 
ganz  besonderem  Interesse,  indem  die  bei  den  eigeutliclien  Spinnen 
mehrfach  beobachtete  Verbreitung  unter  den  heterogensten  Lebens- 
verhältnissen hier  wieder  eine  Bestätigung  findet ,  und  zwar  in 
einigen  höchst  merkwürdigen  Beispielen. 

6.  Argyopes  clathrata  (C.  L.  Koch), 
eine  in  Afrika  ziemlich  häufige  Radspinne ;  vorliegendes,  im  Trans- 
port stark  mitgenommenes  Exemplar  stammt  von  Casa  blanca. 

7.  Nephila  fasciata  (Fab.) 
Synonym  mit  Epeira  fasciata  Walk.,  Aranea  Zebra  Schrauk  und 
Nephila  transaljnna  C.  L.  Koch. 

Diese  schöne,  grosse,  prächtig  gefärbte  Radspinne  fand  Herr 
Dr.  Rein  an  trockenen  Stellen  des  heissen  Tieflandes  bei  Casa 
blanca ;  Savigny  erwähnt  das  Vorkommen  derselben  von  mehreren 
Stellen  Aegyptens,  und  Lucas  gibt  dieselbe  als  nicht  selten  an  in 
Ost-Algerien,  vereinzelt  in  der  Umgegend  der  Stadt  Algier  und 
bei  Bona.  Pallas  fand  sie  an  den  Ufern  des  Jaik  und  des  LTral 
und  berichtet,  dass  die  Kosaken  am  Ural  eine  Art  Verehrung 
für  dieses  Thier  haben,  weil  sie  ihre  Gespiuuste  öfters  an  die 
Hausgötter  anheftet. 

In  Europa  ist  Nephila  fasciata  eigentlich  nirgends  häufig; 
sporadisch  findet  sie  sich  aber  sehr  weit  verbreitet:  C.  L.  Koch 
führt  sie  aus  der  Umgegend  von  Berlin  an;  Herr  Dr.  Rein  fand 
sie  in  Thüringen ;  bei  Frankfurt ,  Ofi'enbach  und  Hanau  kommt 
sie  sehr  regelmässig  in  sumpfigen  Gegenden,  besonders  in  Wald- 
sümpfen vor ;  dagegen  beobachtete  ich  dieselbe  niemals  am  Wester- 
walde  und  im  Taunus,  und  vermisse  sie  auch  in  den  publicirten 
nord-  und  ostdeutschen  Local-Faunen,  was  um  so  bemerkenswerther 
ist,  als  das  Thier  bei  der  ansehnlichen  Grösse  und  auffallenden 
Färbung  nicht  leicht  übersehen  worden  sein  konnte.  In  Süd- 
Frankreich,  Italien  und  Spanien  fehlt  diese  Spiune  gewiss  nirgends 
und  ist  ihr  Vorkommen  auch  aus  dem  Elsass  und  dem  badischen 
Oberlande  bekannt. 

Die  vorliegenden  Exemplare  von  Casa  blanca  sind  grösser 
und  stärker,  als  die  in  Europa  gesammelten,  die  typischen  Merk- 
male sind  aber  so  übereinstimmend ,  dass  ein  Zweifel  über  die 
Identität  beider  Formen  nicht  aufkommen  kanu.    Merkwürdig  ist 


—    111    — 

es,  dass  die  6  vorliegenden  Exemplare  sämmtlieh  Weibehen  sind, 
und  auch  ich  in  Europa  unter  circa  80  Individuen,  welche  mir 
bereits  durch  die  Hände  gegangen  sein  mögen,  noch  keine  Männchen 
gefunden  haben, 

8.  Nephila  aurelia  (Walk.), 
identisch  mit  N.  trifasciata  Forsk,  vielleicht  aucli  mit    einer  süd- 
russischen Spinne,  w^elche  als  Varietät  der  vorigen  Art  bezeichnet 
wird,    steht  N.  fasciata  sehr  nahe,  ist  aber  dennoch  typisch  ver- 
schieden. 

Lucas  erwähnt  dieselbe  aus  Algerien,  und  gehört  ein  etwas 
zerstörtes  Exemplar,  welches  unsere  Reisenden  auf  dem  Hoch- 
plateau Mtuga  fanden,  unstreitig  hierher. 

9.  Ejjeira  ojjuntiae  (Duf.), 
oder  E.  cacti-opimtkie  Lucas  in  Webb  und  Berthelot,  eine  Rad- 
spinne mit  6  Höckern ,  welche  ganz  besonders  häufig  auf  den 
Canaren  ist,  mag  wohl  von  Afrika  aus  dahin  gekommen  sein;  denn 
Herr  Dr.  von  Fritsch  bezeichnet  sie  bei  Casa  blauca,  von  wo 
Exemplare  hier  vorliegen,  als  häufig,  ebenso  ist  sie  nach  Lucas 
in  der  Umgebung  der  Stadt  Algier  häufig,  und  mag  wohl  über 
ganz  Nord-Afrika  verbreitet  sein. 

10.  Miranda  adianta  (Walk.). 

Synonym  Ep.  sdoptaria  Hahn,  nach  Lucas  auch  mit  Miranda 
pictiUs  Koch.  Letzteres  will  mir  nicht  scheinen;  dagegen  wird 
Miranda  ceropegia  Walk,  vielleicht  mit  grösserem  Rechte  hierher 
gezogen. 

Es  liegen  zwei  wohlerhaltene  weibliche  Exemplare,  welche  bei 
Mazaghan  gesammelt  wurden,  vor ;  Lucas  führt  zwei  vereinzelte 
Männchen  an,  welche  am  See  Honbeira  in  der  Gegend  von  Lacalle 
gefunden  wurden. 

Demnach  muss  diese  Radspinne  in  Afrika  verbreitet,  aber 
wohl  selten  sein;  auch  in  Deutschland  fand  ich  dieselbe  stets  sehr 
vereinzelt  und  selten,  aber  ziemlich  allgemein  verbreitet;  entschie- 
den häufig  dagegen  ist  sie  in  den  Hochalpen  von  Tyrol,  wo  sie 
an  Rhododendrou-Sträuchern  bis  zu  einer  Höhe  von  7000'  über 
dem  Meere  noch  regelmässig  zu  finden  ist,  besonders  in  den  oberen 
Seitenthälern  des  Oetzthales.  Vergleichen  wir  diese  Fundstelleui 
so  tritt  uns  hier  einer  der  auffallendsten  der  oben  erwähnten  Fälle 


—     112     - 

entgegen,  der  nra  so  merkwürdiger  ist,  als  die  Exemplare  des 
heissen  afrikanischen  Flachlandes  an  der  maroccanischen  Westküste 
mit  anderen  an  der  ewigen  Schneegrenze  der  Tyroler  Alpen 
gesammelten  in  Grösse  und  Färbung  vollkommen  übereinstimmen. 

Ausser  einigen  cauarischen  Formen  von  diesen  Inseln  brachten 
unsere  Reisenden  keine  weiteren  Radspinnen  von  ihrer  marocca- 
nischen Reise  mit;  das  Land  ist  aber  reich  an  weiteren  dahin 
gehörenden  Arten,  von  welchen  die  von  Lucas  beschriebenen  21  Arten 
verscliiedener  Genera  gewiss  nur  den  kleineren  Theil  ausmachen. 
Bei  weitem  nicht  die  Hälfte  der  beschriebenen  Arten  sind  der 
afrikanischen  Fauna  besonders  eigen ,  sondern  mehr  in  Europa 
gleichzeitig  einheimisch,  zum  Theile  sogar  hoch  nach  Norden  hin 
verbreitet,  wie  z.  B.  E.  arundinacea,  umhratica,  caUo2)Jiylla,  cucur- 
hitina  und  andere. 

Unter  den  gedachten  Arten  führt  Lucas  auch  eine  JEpeira 
triiuberculata  aus  Algerien  an,  und  ein  fast  zur  Unkenntlichkeit 
verdrückter  Ueberrest  in  einem  der  Sammelgläser  mit  Bezeichnung 
Casa  blanca  lässt  auf  das  gleiche  Thier  schliessen. 

Eine  Erwähnung  desselben  scheint  mir  deshalb  hier  am 
Platze,  weil  es  vielleicht  Aufschluss  gibt  über  eine  äusserst  seltene 
Spinne  unserer  einheimischen  Fauna. 

Walkenaer  beschreibt  unter  dem  Namen  Cyrtojjliora  oculata 
eine  südfranzösische  Spinne,  welche  nach  Abbildung  und  Be- 
schreibung genau  mit  der  afrikanischen  Epeira  frituherculata  Lucas 
übereinstimmt.  Von  diesem  Thiere  fand  Herr  Hauptmann  L.  von 
Heyden  ein  einziges  Exemplar  hinter  Offenbach,  ein  zweites  später 
auf  der  Mombacher  Heide,  beide  in  meinem  Beisein,  und  ich  fand 
selbst  vor  Kurzem  dieses  Thier  wieder  an  dem  letztgenannten 
Fundorte. 

Hier  liegt  also  nicht  der  gewöhnliche  Fall  vor,  dass  häufige 
Arten  eine  weitere  Verbreitung  haben,  oder  weit  verbreitete  Arten 
auch  gewöhnlich  häufig  sind;  wir  haben  vielmehr  hier  den  Fall, 
dass  ein  sehr  selten  vorkommendes  Thier  ein  sehr  ausgedehntes 
Verbreitungsgebiet  bewohnt. 

11.  Latrodectus  hisjyidiis  (C.  L.  Koch) 

wurde  bei  Casa  blanca  in  einem  einzigen  Exemplare  gesammelt; 
im  Uebrigen  scheint  diese  Art  eine  in  den  Mittelmeer-Ländern 
verbreitete  Spinne    zu    sein.     Wahrscheinlich    liegt    hier    dasselbe 


—     113     — 

Thier  vor,  welches  Saviguy  unter  dem  Nameu  Latrodectiis  erehus 
aus  Salalipeh  in  Aegypten  beschreibt. 

12.  PhoJcus  barbariis  (Lucas) 

wurde  vereinzelt  bei  Mazaghan  gefunden,  ist  aber  sonst  eine  in 
Algerien  und  anderen  Theilen  Afrikas  in  Gebäuden  verbreitete 
Spinne. 

13.  PJiokus  Beini  (nov.  sp.). 

Die  wenigen  bis  jetzt  beschriebenen  Pholcus-Arten  sehen  sich 
alle  sehr  ähnlich ;  so  gleicht  auch  diese  neue  Art  in  ihrem  ganzen 
Habitus  vollständig  dem  in  Mittel-  und  Süd-Europa  sehr  verbrei- 
teten Phoicus  phalangioides,  welcher  auch  in  ganz  Nord- Afrika  in 
Gebäuden  vorkommt. 

Wesentliche  Unterscheidungsmerkmale  finden  sich  an  den 
langen  Beinen,  welche  bei  unserer  Art  dicht  mit  angedrückten 
langen  und  trotz  ihrer  Feinheit  sehr  steifen  Haaren  besetzt  sind, 
während  die  Beine  von  Fh.  plialangioides  nur  bei  guter  Ver- 
grösserung  eine  feine  kurze  und  lichte  Behaarung  zeigen,  mit 
blosem  Auge  dagegen  glatt  zu  sein  scheinen ;  das  ganze  Thier 
unserer  neuen  Art  ist  auch  grösser  und  hat  eine  scharf  abge- 
grenzte schwarzgraue  Färbung  der  ganzen  Unterseite.  Leider  liegt 
nur  ein  nicht  vollständig  erhaltenes  Männchen  vor;  dieses  wurde 
auf  dem  Hochplateau  Mtuga  gefunden. 

14.  Tliomisus  glohosus  (Fabr.) 

wurde  bei  Mazaghan  gesammelt  und  stimmt  das  einzige  vorliegende 
Exemplar  genau  mit  denen  unserer  einheimischen  Fauna ;  auch 
Lucas  führt  diese  Spinne  unter  dem  synonymen  Namen  TJi. 
rotundatus  aus  Algerien  au. 

15.  Tliomisus  diadema  (C.  L.  Koch) 
findet  sich  nicht  nur  in   ganz  Nord-Afrika  und  allen  Mittelmeer- 
Länderu  Europas,  sondern  auch   in  Mitteldeutschland,    wo    sie    in 
einzelnen  Gegenden,  wie  z.  B.  bei  Frankfurt  und  Mainz,  häufig  ist. 

16.  Tliomisus  viUosus  (Walk.). 

eine  in  den  Mittelmeerländern  nicht  seltene  Krabbenspinne,  welche 
unzweifelhaft  mit  Th.  liirtus  C.  L.  Koch  identisch  ist,  wurde  in 
zwei  Exemplaren  bei  Mazaghan  gesammelt. 

8 


-      114     - 

17.  Thomisus  Buffonii  (Savigny), 
der  vorigen  sehr  ähnlich,  aber  langbeiniger  und  dichter  behaart, 
kam  mit  der  vorigen  vor  und  scheint  mir  nur  eine  Varietät  der- 
selben zu  sein,  vielleicht  auch  nur  das  Männchen  derselben  nach 
der  letzten  Häutung.  Es  ist  nämlich  bei  dem  Genus  Thomisus 
vielfach  der  Fall,  dass  das  Männchen,  bis  es  vollkommen  erwachsen 
ist,  die  gedrungene  Gestalt  des  Weibchens  behält  und  nur  durch 
die  Tasterkolben  davon  verschieden  ist;  bei  der  letzten  Häutung 
schrnmpft  es  dann  wesentlich  zusammen,  wird  dadurch  schlanker, 
scheinbar  langbeiniger  und  erhält  gewöhnlich  eine  ganz  verschie- 
dene Färbung ;  dieses  mag  auch  der  Grund  sein ,  warum  gerade 
iu  diesem  Genus  so  viele  Verwechselungen  vorkommen  und  so 
viele  Synonyme  existireu. 

18.  Xysticus  sabulosus  (Hahn) 

in  einem  der  europäischen  Form    ganz    ähnlichen    Exemplare   auf 
Mtuge  gesammelt. 

19.  Ocypete  FritscJii  (nov.  sp.). 

lieber  das  Genus  bin  ich  hier  nicht  ganz  im  Klaren,  zumal 
ich  die  Lebensweise  der  vorliegeudeu  Sjiinne  nicht  kenne.  Bei 
allen  bis  jetzt  aus  Afrika  und  anderen  Ländern  beschriebenen 
Spiunen  kann  ich  uach  der  mir  vorliegenden  Literatur  dieses  Thier 
nirgends  unterbringen. 

Die  Gestalt  erinnert  auf  den  ersten  Blick  an  eine  Ocypete., 
und  steht  die  in  Griechenland  vorkommende  Ocypete  tersa  C.  L.  Koch, 
ihr  am  nächsten,  ohne  dass  unsere  Afrikanerin  dahin  gerechnet 
werden  könnte.  Die  Augeustellung  erinnert  an  eine  Phüoica; 
damit  stimmt  aber  der  Bau  der  Spinnwarzen  nicht,  und  sagt  mir 
Herr  Dr.  von  Fritsch,  dass  diese  Spinnen  auf  der  Erde  frei  und 
nicht  in  Geweben  gefunden  worden  seien ;  danach  bleibt  mir 
allerdings  nichts  übrig,  als  dieselbe  bei  den  Krabbenspinnen  unter- 
zubringen ;  ein  neues  Genus  möchte  ich  auf  das  geringe  mir  nur 
in  weiblichen  Exemplaren  vorliegende  Material  nicht  begründen, 
indem  ich  ihre  Haltung  im  lebenden  Zustande  dui'ch  eine  Ver- 
zerrung der  Beine  in  dem  engen  Sammelglase  ebensowenig  beur- 
theilen  kann,  als  ich  ihre  Lebensweise  und  event.  Netzbau  kenne. 

Die  Species  ist  neu,  mag  sie  einstweilen  bei  Ocypete  unter- 
gebracht bleiben,  bis  sich  Genaueres  darüber  feststellen  lässt. 

Die  vordere  Augenreihe  ist  fast  gerade,  nur  sehr  wenig  rück- 


-     115     - 

wärts  gebogen,  die  Mittelaugeu  sind  wenig  grösser  als  die  Seiten- 
augen und  stehen  fast  doppelt  so  weit  von  einander  als  ihre  Ent- 
fernung von  den  Seitenaugeu  beträgt ;  die  hintere  Augenreihe 
besteht  aus  4  ganz  gleichen  Augen  mit  gleichen  Abständen  und 
ist  wenig  nach  vorwärts  gebogen,  wobei  der  Abstand  zwischen 
hinteren  und  vorderen  Mittelaugen  dem  der  letzteren  unter  ylch 
gleichkommt,  der  der  vorderen  und  hinteren  Seitenaugen  aber 
nur  vollkommen  die  Hälfte  dieses  Abstandes  beträgt. 

Der  Cephalothorax  ist  breit,  niedergedrückt,  das  Abdomen  spitz 
eiförmig,  von  der  Gestalt  des  einer  eierträchtigen  Agelena  laby- 
rmthica.  Die  Beine  sind  lang,  dick  und  kräftig,  alle  Paare  fast 
gleichlaug,  nur  das  zweite  etwas  länger ;  die  Palpen  massig  lang, 
die  Zange  kurz,  dick,  sehr  stark  gebogen. 

Länge  des  Cephalothorax  10  Mm. 

„         ,,    Abdomens  15      „ 

Ganze  Körperlänge  25      ,, 

Länge  des  zweiten  Beiupaares  32      ,, 

,,       der  Palpen  8      ,, 

Die  Färbung  des  Cephalothorax  ist  einfarbig  rothbraun,  die 
des  Abdomens  oben  graubraun  mit  4  gelblichen  Punkten,  zwischen 
welchen  ein  schwarzer  Strich  durchzieht,  welcher  hinter  den 
Punkten  beiderseits  sägezäh nig  beraudet  ist  und  gegen  die  Spiun- 
warzeu  spitz  verläuft ;  die  Unterseite  ist  gelbbraun ,  seitlich  mit 
graubraunen  Stricheln ;  die  Geschlechtsöfihung  dunkelkastanien- 
braun. Abdomen  und  die  geringelten  Beine  sind  dicht  behaart, 
auf  den  Femoral-Theilen  der  letzteren  einige  vereinzelt  stehende 
braune  Dornen. 

Von  den  vorliegenden  Exemplaren  stammen  drei  von  dem 
Hochplateau  Mtuga,  ein  anderes  von  Casa  blauca. 

20.  Sphasus  alyeriamis  (Walk.) 

in  einem  vereinzelten  nicht  gut  erhaltenen  Exemplare  von  dem 
Hochplateau  Mtuga  vorliegend. 

21.  Lycosa  sylvicola  (Lucas)  und 
22.  Lycosa  fhw'äa  (Tjucas), 

beide  von  Mazaghan  in  einzelnen  Exemplaren. 

23.  Saltlcus  mutilloides  (Lucas; 
stammt  von  Casa  blanca    und    hat   grosse  Aehnlichkeit   mit    dem 
europäischen  Saliicus  formicaritis  Lister. 


—     116     — 

24.  Eresus  cinaherinus  (Walk.) 

wird  zwar  vou  C.  L.  Koch  als  gate  Art  gegeu  E.  quadriguttatus 
aufrecht  gehalten  ;  Lucas  scheint  aber  recht  zu  haben ,  indem  er 
beide  Namen  als  synonym  angibt ;  doch  liegt  hier  die  südländische 
Varietät  vor,  bei  welcher  die  beiden  letzten  Beinpaare  ganz  roth 
sind.  Lucas  erwähnt  diese  Spinne  von  Coustantine  und  anderen 
Gegenden  Algeriens ;  hier  liegt  sie  von  Casa  blanca  vor,  und  ist 
die  Form  mit  schwarzen  Hinterbeinen  (quadriguttatus)  schon 
mehrfach  im  Frankfurter  Walde  und  auf  der  Mombacher  Heide 
gefunden  worden. 

25.  Eresus  acanthophüus  (Walk.) 
liegt  in  einem  nicht  gut  erhaltenen  Exemplare  aus  Mazaghan  vor ; 
diese  Art  ist  nach  Lucas  in  Algerien  häufig ;  obpdas  vorliegende 
Exemplar  mit  der  typischen  Form  übereiustimmt,|konnte  ich  vor- 
läufig nicht  mit  voller  Bestimmtheit  entscheiden. 

26.  Zora  algirica  (Lucas  sp.). 

Aus  der  Abbildung  und  Beschreibung  von  Lucas  ist  gerade 
nicht  mit  Bestimmtheit  zu  entnehmen,  ob  dessen  Genus  Lycosoides 
mit  dem  Genus  Zora  identisch  ist ;  das  vorliegende,  von  dem  Hoch- 
plateau Mtuga  stammende  Exemplar  hat  aber  entschieden  die 
Merkmale  von  Zora  und  stimmt  im  Wesentlichen  mit  der  von 
Lucas  aufgestellten  Art  überein,  nur  sind  bei  dieser  die  Rücken- 
flecken in  zwei  Reihen  geordnet,  während  bei  unserem  Exemplar 
die  Flecken  unregelmässig  stehen,  dieses  ausserdem  grösser  und 
kräftiger  ist.  Sollte  die  Lucas'sche  Art  hier  nicht  vorliegen, 
möchte  ich  für  die  vorliegende  den  neuen  Namen  Zora  Fritschi 
vorschlagen. 

27.  JDysdera  ergthrina  (Walk.) 

eine  in  Mitteldeutschland  seltene,  in  Süd-Europa,  auf  den  Canaren 
und  in  Nord-Afrika  verbreitete  Spinne,  fanden  die  Reisenden  bei 
Casa  blanca  und  bei  Mazaghan,  sowie  auch  auf  Canaria,  überall 
aber  vereinzelt,  wie  ihr  Vorkommen  auch  in  Europa  ist. 

28.  Ariadna  insidiatrix  (Savigny). 

Savigny  erwähnt  diese  seltene  noch  wenig  gekannte  Spinne 
aus  Aegypten,  wo  sie  vereinzelt  vorkommt.  Sie  gleicht  einer 
Dgsdera;  die  hintere  Reihe  der  6  Augen  bildet  eine  aus  4  fast 
gleich  weit  entfernt  stehenden  Augen    gebildete    gerade  Linie;    die 


—     117     - 

zwei  Vorderaugeu  bilden  je  mit  zwei  Hiuteraugeu  ein  Dreieck ; 
durch  diese  Anffstellimff  ist  das  Genus  charakterisirt.  Ein  zweite 
Art  lebt  in  Nord- Amerika,  bei  dieser  stehen  die  hinteren  Mittel- 
augen näher  zusammen. 

Unser  Exemplar  stammt  von  Casa  blanca  und  scheint  also 
die  Spinne  über  Nord-Afrika  verbreitet  zu  sein. 

Nach  Savigny  soll  Äriadna  in  den  Häusern  von  Alexandrien 

vorkommen ;    das    Exemplar    von    Casa    blanca   wurde    im    Freien 

gefunden. 

39.  Füistata  hicolor  (Latr.). 

Synonym  mit  Teratodes  attalicus  C.  L.  Koch.  Dieser  Autor 
führt  als  Fundort  nur  Griechenland  an ;  Lucas  in  Exploratimi 
scie)^tißqne  de  V Algeric  bildet  von  dieser  kleinen  Würgspinne, 
welche  in  die  Familie  der  Diplura  gehört,  nur  das  Männchen  mit 
den  gestreckten  Palpen  ab;  er  führt  das  Vorkommen  von  Algier 
und  Constantine    als  sehr  häufig  au. 

Die  vorliegenden  zwei  Exemplare  sind  Weibchen,  und  stammen 
solche  von  dem  Hochplateau  Mtuga  zwischen  Mogador  und  Stadt 
Marocco,  wo  sie  die  Herren  Dr.  Rein  und  Dr.  von  Fritsch  unter 
Steinen  fanden.  Dieses  Thier  scheint  in  ganz  Nord- Afrika  und 
einem  Theile  der  Mittelmeerländer  verbreitet  zu  sein. 

Eigeuthümlich  und  interessant  sind  die  sehr  kurzen  Mandibeln, 
sowie  die  dicht  gestellten  Augen  zwischen  einem  scharf  mar- 
kirteu  Gabelstreifen ,  welcher  den  dunkel  gefärbten  Theil  des 
Kopfes  gegen  den  Thorax  begrenzt. 

Die  zwei  hier  vorliegenden  Exemplare  sind  beide  unvollstän- 
dig und  fällt  namentlich  die  Verletzung  des  Abdomens  auf,  welche 
der  verwandte  Ätypus  Suheri  an  sich  selbst  vollzieht,  wenn  man 
ihn  frisch  in  Weingeist  wirft. 

Diese  Erscheinung  scheint  auch  einen  der  oft  wiederkehren- 
den Fälle  zu  repräsentiren,  wo  Gewohnheiten  der  Thiere  nicht  nur 
besonderen  Arten,  sondern  ganzen  Familien  eigeuthümlich  sind. 

55  5. 

In  §  1  ist  bereits  der  Grund  angeführt,  warum  die  von  Herrn 
Dr.  Rein  und  Herrn  Dr.  von  Fritsch  auf  den  Canaren  gesam- 
melten Spinnenthiere  von  gegenwärtiger  Betrachtung  ausgeschlossen 
blieben  ;  doch  wollte  ich  nicht  unterlassen,  noch  anzuführen,  dass 
sieh  unter  diesen  canarischeu  Spinnen    3  befinden,   welche  o-leich- 


—     118     — 

zeitig  der  Fauna  des  afrikanischen  Festlandes  angehören ;  3  andere 
davon  kommen  gleichzeitig  in  Europa  vor  und  die  anderen  7  Arten 
scheinen  für  die  Canaren  eigeuthümlich  zu  sein.  Darunter  ist 
aber  keine  der  eigentlichen  Spinneu  neu;  dagegen  scheint  eine 
noch  nicht  beschriebene  Opüioniäe  dabei  zu  sein. 

Obgleich  die  hier  beschriebene  Collection  nur  auf  einer  fluch- 
tigen  Durchreise  gesammelt  ist,  und  daher  die  Spinnenfauna  des 
berührten  Gebietes  gewiss  nur  zum  allerkleinsten  Theile  repräsen- 
tirt,  so  findet  sich  so  manches  für  das  Leben  und  die  Verbreitung 
der  Arachniden  höchst  Interessante  darin,  was  an  den  betreffenden 
Stellen  hervorgehoben  wurde.  Möge  diese  kurze  Bearbeitung 
unseren  Lesern  ebenso  interessant  sein,  wie  mir  das  dazu  dienende 
Material  aus  den  Händeu  zweier  so  gründlichen  und  fleissigen 
Naturforscher  gewesen  ist. 


^~     119     — 


Heber  einige  bemerkenswerthe  Oewäelise  aus  der 
Umgebung  von  Mogador. 

Vortrag,  gehalten  am  1.  Februar  1873. 
Von  Dr.  J.  Bein. 

Wer  beim  Besuche  von  Mogador  oder  Suera ,  dem  wiehtig- 
steu  Hafenplatze  Maroeco's,  eine  freundliche  Landschaft  und  üppigen 
Pflanzenwuchs  erwartete,  findet  sich  gewaltig  enttäuscht,  denn  es 
gibt  wohl  wenige  Städte  der  Erde  mit  einer  unwirthlicheren  Um- 
gebung  als  sie.  Vorgeschoben  auf  eiuer  kleinen  Landzunge,  in 
eine  offene,  von  heftigen  Nordwestwinden  häufig  gepeitschte  See, 
auf  der  Laudseite  umgeben  von  einer  Wüste  feineu  Plugsandes, 
der  sich  im  Osten  zu  ansehnlichen  Hügelreihen  aufgethürmt  hat, 
ohne  schattengebende  Bäume,  ja  fast  ohne  jegliches  Grün,  einge- 
engt wie  alle  Städte  des  Landes  in  eine  hohe  Mauer,  über  welche 
ausser  den  Wohnungen  der  Consuln  und  den  unscheinbaren 
Moscheen  utir  wenige  Gebäude  wesentlich  hervorragen  :  so  präsen- 
tirt  sich  uns  diese  Stadt.  Der  E-'-nniker,  den  die  Algen,  welche 
in  den  Buchten  eines  zerklüfteten ,  jungtertiäreu  Kalksteins  der 
Küste  reichlich  vorkommen,  nicht  fesseln,  muss  mit  seinem  Sam- 
melapparat gleich  dem  Kaufmann  eines  der  wenig  feurigen  Huf- 
thiere  besteigen,  um  nach  längerem  Ritt  auf  sein  nächstes  Arbeits- 
feld zu  gelangen,  ein  niedriges  Plateau  mit  Buschwald ,  an  den 
sich  dann  cultivirte  Felder  anschliessen. 

Der  Coutrast  im  Pflanzenbild  der  maroccanischen  Westküste 
und  der  canarischen  Inseln  ist  sehr  auffällig.  Die  vielen  Succu- 
lenten,  Dattelpalmen,  Pisange  und  Cactusfelder ,  welche  den 
niedrigeren  Regionen,  die  Lorbeer-  und  Kiefernwälder,  welche  den 
höheren  Th eilen  der  genannten  Inseln  ein  so  eigeuthümliches  Aus- 
sehen verleihen,  sucht  man  an  der  Küste  des  benachbarten  Fest- 
landes vergeblich.  Der  meist  sandige  oder  felsige  Boden  legt  ein 
bescheidenes  Pflanzenkleid  an,  das  mehr  für  Süd-Spanien  zu  passen 
scheint,  wenig  Fremdartiges  aufweist  und  in  dieser  Breite  kaum 
erwartet  wird.  Ausser  einigen  Sedum- Arien,  sowie  den  gewöhn- 
lichen Salzkräutern    der  Küste ,    Mesemhryanthemnm  und  Salsola, 


—     120     — 

gibt  es  in  der  Nachbarschaft  von  Mogador  nur  zwei  Arten  von 
Fettpflanzen,  Kle'mia  ])teroncura  DC.  und  Apterantlies  Gussoniana 
Mick.,  welche  ihres  Baues  und  beschränkten  Vorkommens  wegen 
ein  grösseres  Interesse  gewähren.  Diese  sollen  daher  nebst  dem 
bemerkenswerthesten  Gewächse  von  Südwest-Marocco,  Argania 
Sideroxylon,  in  dem  Folgenden  eine  kurze  Besprechung  finden. 

1.  Kleinia  pteroneura  D  C.  *) 

Nahe  der  Küste  von  Mogador,  sowohl  südlich  als  nördlich  der 
Stadt,  findet  man,  sobald  man  die  saudige  Ebene  überschritten 
hat  und  etwas  sanft  ansteigend  wieder  festen  Halt  unter  den 
Füssen  gewinnt,  den  kümmerlichen  Anfang  von  Buschwald.  Vier 
bis  sechs  Fuss  hohe,  blattlose  graugrüne  Retamen  (Retama  mono- 
sperma  L.),  deren  Stengel  und  schlanke  Aeste  oft  dicht  besetzt 
sind  mit  verschiedenen  Schnecken  {Helix  lactea  Müll.,  H.  pisana 
Müll.,  //.  DeJmei  Rossm.,  H.  deplanata  Chemn.),  sind  untermischt 
mit  Pistacia  Lentiscns  und  einigen  andern  Sträuchern. 

Hier  befiudet  sich  auch  obige  Composite,  welche  Broussonet 
zuerst  auffand  und  die  bisher  sonst  nirgends  gefunden  ward.  Sie 
bildet  ansehnliche  glatte,  graugrüne  Büsche,  oft  von  3  Meter  Um- 
fang, aber  kaum  eiuem  Meter  Höhe,  viel  astreicher  als  ihre  cana- 
rische  Verwandte,  die  Kleinia  iiereifoUa,  im  Uebrigen  aber  mehr 
krautartig  und  zarter  gebaut,  auch  ohne  den  Blattschopf  an  der 
Spitze,  welcher  diese  auszeichnet.  Die  Gabeltheilung  der  auf- 
steigenden fleischigen  Aeste,  welche  die  Dicke  eines  Fingers  selten 
übertreÖen,  beginnt  nahe  der  Erde  und  wiederholt  sich  nur  einige 
Male  höher  hinauf.  Der  sich  abbiegende  Ast  erscheint  wie  bei 
Kl.  articnlafa,  Cereopegia  dicliotoma  und  anderen  Gewächsen  von 
ähnlichem  Habitus  am  Grunde  eingeschnürt,  wenn  auch  oft  nur 
schwach.  Die  abwechselnd  stehenden  Blätter  fallen  leicht  ab  und 
treten  au  den  ius  Treibhaus  des  hiesigen  botanischen  Gartens  ver- 
pflanzten viel  zahlreicher  auf,  als  au  wild  wachsenden  Exemplaren. 
Sie  liegen  entweder  dicht  an  den  Stengeln  an  oder  stehen  unter 
spitzem  Wiukel  ab,  sind  sehr  fleischig,  nur  kurz  gestielt,  ganz- 
raudig,  von  elliptischer  Gestalt,  etwa  1^2 — 2  Centimeter  lang  und 
1   Centimeter  breit,  endeu  in    eine    kurze    Spitze  und    zeigen    sich 

*)  Eine  ausführliche  Beschreibung  dieser  Pflanze  nebst  Abbildungen 
erschien  1872  im  Bot.  Mag.  von  Dr.  Hooker,  ist  mir  jedoch  leider  nicht  zu 
Gesicht  bekommen.    B. 


—     121     — 

längs  des  Blattnervs  auffallend  transparent.  Von  der  Basis  eines 
jeden  Blattstiels  laufen  zwei  etwas  hervorstehende  grüne  Linien 
abwärts  nach  dem  Grunde  der  tiefer  stehenden  Blätter  rechts  und 
links,  während  eine  gleiche  dritte  mitten  durch  und  noch  viel 
tiefer  nach  dem  Blattgrunde  in  entsprechender  Stellung  führt. 
Die  auf  diese  Weise  von  grünen  Bändern  umsäumten  Felder  der 
Steugeloberfläche  erscheinen  mit  weissen  Drüsen  dicht  punktirt. 

Eine  andere  Coraposite,  in  ihrer  Blattbildung  wesentlich  ab- 
weichend, aber  sonst  unserer  Pflauze  nahestehend,  die  Kakalia 
articulata  zeigt,  wenn  auch  viel  schwächer,  ebenfalls  solche  grüne 
Streifen. 

Im  Mai  oder  Juui  erscheinen  an  der  Spitze  eines  Zweiges 
zwei  oder  drei  Blüthenköpfe,  eine  einfache  Gabel  bildend.  Ihre 
2 — 3  Centimeter  langen  Stiele  sind  längsriefig  und  mit  zerstreuten 
Schuppen  versehen,  die  Köpfchen  selbst  cylindrisch,  etwa  P/s^  — 2 
Ceutimeter  in  die  Länge  und  ebenso  viel  im  LTmfang  messend. 
Der  äussere  Kelch  ist  «chuppig,  zugespitzt ,  achtzahnig  und  um- 
fasst  etwa  20  herni aphroditische  braun-violette  Blüthen.  Die  glatten 
länglichen  Früchte  sind  mit  einem  ziemlich  langen ,  einfachen 
Pappus  gekrönt. 

2.  Äpferanthes  Gussoniana  Mick.  (Stapelia  europaca  Guss.). 

Dieses  in  vieler  Hinsicht  interessante  Gewächs,  eine  succulente 
Asclepiadee,  deren  nächste  Verwandte,  Arten  der  Gattung  Stapelia, 
am  Cap  wohnen,  erinnert  in  seiner  Tracht  an  verschiedene  Cactus- 
und  Euphorbienformen,  z.  B.  Cereus  und  Euphorbia  üanariensis, 
bleibt  jedoch  in  seiner  Grösse  weit  hinter  diesen  zurück.  Die 
ganze  Pflauze  erreicht  oft  kaum  die  Lauge  von  einem  halben 
Fuss,  selten  das  Doppelte,  und  besteht,  abgesehen  von  den  faden- 
förmigen Wurzeln,  aus  einem  dickfleischigeu,  graugrünen  vierseitig 
prismatischen  Stengel  mit  wenigen,  unter  sehr  spitzen  Winkeln 
ausgehenden  Gabelästen.  Die  Seiten  sind  etwas  concav,  die  Kanten 
um  so  schärfer  hervortretend,  ziemlich  regelmässig  stumpfgezahnt. 
Jeder  Zahn  endet  in  ein  kleines  Blattrudiment.  Diese  oft  kaum 
bemerkbaren  Blattansätze  entwickeln  sich ,  wenn  die  Pflanze  im 
Warmhause  rasch  emportreibt,  zu  deutlich  kreisförmigen  Blättchen 
von  der  Grösse  eines  kleinen  Kreuzers.  An  der  Spitze  der  Pflan- 
zenachse, fast  doldenartig  angehäuft,  erscheinen  die  rothbraunen 
sitzenden  Blüthen    in    kleineu    Gruppen    und    entwickeln    wie    die 


122     

Stapelien  einen  leicht  erkennbaren  Aasgevuch.  Der  Blüthenbaii 
stimmt  mit  dem  der  übrigen  Famiiienglieder  iiberein.  Dem  fünf- 
zahnigen  Kelche  entspringen  zwei  walzenförmige,  leicht  gebogene 
Balgfrüchte  gleich  zwei  langen  zugespitzten  Hörnern ,  deren 
Länge  zuweilen  die  der  ganzen  Pflanze  ansehnlich  übertrifft. 
Durch  alles  dies  ist  der  Anblick  fremdartig  genug! 

Der  erste  Entdecker  dieser  Pflanze  war  Gussoue,  der  sie 
auf  den  kleinen  entlegenen  Mittelmeer-Iuselchen  Lampedusa  und 
Linosa  zwischen  Malta  und  Tunis  fand.  Später  begegnete  ihr 
Webb  nahe  der  Küste  von  Almeria ,  und  am  Cabo  de  Gata  in 
Spanien;  auch  fand  man  sie  zu  Almazarrou  in  Murcia,  endlich 
wurde  sie  von  den  Franzosen  an  verschiedeneu  Stellen  der  Provinz 
Oran  unweit  der  Küste  und  nahe  der  maroccanischen  Grenze  ge- 
funden. Man  war  berechtigt,  *)  ans  diesem  sporadischen  Auftreteu 
nahe  den  Küsten  den  Schluss  zu  ziehen,  dass  unser  Gewächs  ein 
Halophyt  sei,  der  auf  dem  Aussterbeetat  stehe.  Nach  unseren  in 
Marocco  gemachten  Beobachtungen  ist  jedoch  der  Verbreitungs- 
bezirk dieser  Pflanze  ein  viel  grösserer  und  ihr  Fortkommen  keines- 
wegs an  einen  salzigen  Boden  gebunden.  Wir  begegneten  ihr 
zuerst  auf  dem  Djebel  Hadid  (800  Meter  hoch),  daun  am  gewöhn- 
lichen Wege  von  Mogador  nach  Marocco  auf  einer  kleinen  An- 
höhe, nicht  weit  vom  Uebergang  über  den  Ued  Nfis,  ferner  auf 
den  Gilisbergeu  im  Norden  der  Stadt  Marocco,  sowie  mehrmals 
auf  den  Vorbergen  des  hohen  Atlas  in  verschiedener  Höhe  von 
800  bis  1200  Meter.  Man  trifft  sie  in  den  Spalten  und  Löchern 
der  grauweissen  jurassischen  und  cretaceischen  Felsplatten,  fern 
von  der  Küste  und  von  Salzablagerungen ,  überall  aber  ist  ihr 
Auftreten  ein  eugbegrenztes  und  spärliches. 

3.  Argania  Sideroxylon  ßoem.  und  Seh. 
[Sideroxylon  spinosum  L.  Elaeodendron  Argem  Retz],  der  Argau- 
baum  oder  »Argan«,  wie  ihn  die  Maroccaner  selbst  kurzer  Hand 
bezeichnen. 

Obgleich  wir  bereits  seit  1854  von  Sir  William  Hooker  eine 
vortreffliche  Monographie  des   »Argan«  besitzen,**)  der  ich  ver- 


*)  Siehe  Grisebacli:  Die  Vegetation  der  Erde.  Bd.  I.  pag.  360   und  361. 

**)  On    the   Argan-tree  of  Marocco   lArgania  Sideroxylon  R.  &  S.)  by 

Sir  William  Hooker,   in  „Hooker's  Journal  of  Botany  and  Kew  Garden  Mis- 

cellany"  Vol.  VI.  pg.  97—107  mit  2  Tafeln,  wovon  die  erste  Zweige  mit  Blät- 


—     123     — 

hältnissmässig  nur  weniges  Neue  zuzufügen  vermag,  so  ist  die- 
selbe doch  wie  es  scheint  in  Deutschland  nur  wenig  bekannt  ge- 
worden und  hat  nicht  vermocht,  vielfach  verbreitete  irrige  Vor- 
stellu)igeu  von  diesem  Baume  zu  beseitigen. 

Mein  Reisegefährte,  Prof.  Dr.  K.  v.  Fritsch,  und  ich  haben 
auf  unseren  verschiedenen  Touren  von  Mogador  in  das  Innere  von 
Marocco  oft  Gelegenheit  gehabt,  den  Argaubaum  zu  beobachten  ; 
wir  sahen  ihn  bedeckt  mit  Blütheu ,  sowie  voll  reifer  Früchte ; 
wir  ruhten  im  Schatten  seines  dunkelgrünen  Laubdaches  während 
der  Mittagshitze  und  tunkten  Abends  mit  den  Arabern  unser 
Brot  in  das  aus  seinen  Früchten  bereitete  heisse  Oel,  in  welchem 
die  gebratenen  Hühner  schwammen. 

Mit  dem  persönlichen  Interesse,  das  aus  diesen  Gründen  der 
Argan  für  uns  hat,  verknüpft  sich  ein  allgemein  wissenschaftliches, 
denn  einmal  ist  sein  Vorkommen  ein  geographisch  scharf  begrenz- 
tes und  charakteristisch  für  die  Landschaft,  sodann  ist  er  ein  Ver- 
irrter  aus  der  Familie  der  Sapotaceen,  deren  Glieder  zumeist  inner- 
halb der  Tropen  sich  ihre  Wohnplätze  gewählt  haben ,  während 
sein  Vorkommen  von  ihnen  abgesondert  sich  auf  das  atlantische 
Küstengebiet  nördlich  der  Sahara  vom  28. — 32.  Breitegrad  beschränkt. 
Hier,  in  den  Provinzen  Schiodma  und  Haha,  sowie  in  dem  süd- 
lich davon  gelegenen  Sus  und  Wadi  Nun  bildet  er  lichte  Haine 
auf  den  Abhängen  der  Hügel  und  den  Plateaus  und  sendet  seine 
uahrungsuchenden  Wurzeln  oft  weit  über  die  Oberfläche  der 
cretaceischen  und  tertiären  Kalkfelsen  und  tief  in  die  Spalten  der- 
selben. Seine  Südgreuze  dürfte  Fermassun  (28°)  im  Wadi  Dra 
sein.  Hier  kam  1850  Leopold  Panet  auf  seiner  Reise  vom  Sene- 
gal nach  Mogador  über  mit  Arganbäumen  bewachsene  Hügel. 
Auch  bei  Tischint,  nördlich  von  Nun,  fand  er  eine  Reihe  sehr  un- 
regelmässiger Hügel  ganz  mit  Arganbäumen  bedeckt,  die  er  in 
ihrer  Grösse  mit  den  Tamarinden  (?)  des  Sudan  vergleicht.  Man 
trifft  die  Argaubäunie  nur  im  Küstengebiete,  soweit  die  Passat- 
winde reichen  und  ihnen  eine  frische  Luft  und  häufig  Regen 
bringen,  doch  erst  in  einiger  Entfernung  von  der  See.  Schon 
nach  1 V2  Tagereisen  landeinwärts  tritt  man  aus  ihrer  Region  und 
kommt  in  ein  Gebiet,    ii]  welchem  ZizypJms  Lotus   herrscht   und 


tcin  und  Blüthen ,  sowie  Blüthentheile,  die  zweite  Früchte  und  Fruchtdurch- 
schnitte enthält. 


—     124     — 

baumartig  wird;  der  Arganbaum  findet  sich  also  weder  in  der 
maroccanischen  Ebene ,  noch  in  den  Tliälern  des  hohen  Atlas- 
gebirges. In  der  Buschwaldregion  des  Djebel  Hadid  und  des  Pla- 
teaus vou  Schiodma  unweit  der  Küste  sticht  die  Argania  durch 
ihr  dunkles  Grün  scharf  ab  gegen  die  grauen  Retamen  und  Cist- 
roseu,  sowie  die  hellgrüneu  Lentiscus-  und  CaMitris-BvßQhe.  Hier 
ist  sie  meist  selbst  ein  Strauch  geblieben,  der  oft  vou  Ziegen  be- 
nagt, an  hunderten  von  Stellen  wieder  ausschlägt  und  knorrige 
Stämme  bildet,  die  nicht  selten,  wie  mit  einem  Polster  von  kurzen 
dornigen  Zweigen  und  zahlreichen  ovalen  Blättern  bedeckt  sind. 
In  diesem,  sowie  im  Jugendzustande  erinnert  der  Argan  au  unseren 
Schwarzdorn.  Seine  volle  Schönheit  erlaugt  er,  wo  er  allein  den 
Boden  beherrscht  und  in  so  lichten  Beständen  auftritt,  dass  die 
Kronen  benachbarter  Bäume  sich  kaum  berühren.  Hier  bildet  er 
Bäume,  die  in  der  Regel  18  —  24,  manchmal  aber  bis  36  Fuss 
hoch  werden  und  theilweise  eine  in  ihren  Umrissen  recht  gefällige 
symmetrische  Krone  tragen.  Dieselbe  ist  wie  beim  Apfelbaume 
ausgebreitet  auf  kurzem  dickem  Stamm ,  jedoch  viel  dichter  uud 
dunkler.  Form  und  Dichtigkeit  der  Verästelung  sind  eine  Folge 
davon,  dass  fast  alle  Zweige  in  starke  Dornen  ausgehen  uud  die 
Entwickelung  nach  Longitudinalaxen  bald  aufhört.  Hin  und 
wieder  trifft  man  Bäume,  bei  welchen  die  Dornbildung  mehr 
zurücktritt;  ihre  Zweige  sind  dauu  länger  und  schlanker,  wodurch 
die  ganze  Tracht  des  Baumes  wesentlich  anders  erscheint ,  auch 
das  Laub  ändert  dann  oft  in  seiner  Färbung  ab  und  wird  heller 
grün  oder  graugrün. 

Farbe  uud  Zerrissenheit  der  dicken  Rinde  erinnern  lebhaft  an 
unsere  Birnbäume.  Nicht  selten  legt  sich  der  ganze  Stamm,  oder 
es  legen  sich  die  unteren  Aeste  zur  Erde  nieder,  niedergedrückt 
von  der  Last  der  dichten  Verzweigung  und  der  zahlreichen  Früchte. 
Häufig  treiben  auch  aus  dem  zurückgebliebeuen  Wurzelstumpfe 
eines  alten  Individuums  3  —  5  Stämme  zugleich  aus,  schräg  auf- 
wärts wie  beim  Oelbaum  in  der  Provence  und  gelangen  dann  zu 
geringerer  Höhe. 

Unser  erster  Ausflug  von  Mogador  galt  dem  sogenannten 
grossen  Arganbaume,  woruuter  dort  ein  Exemplar  bekannt  ist  und 
oft  besucht  wird,  das  etwa  1  ^/a  Stunden  südlich  der  Stadt  in  der  Pro- 
vinz Haha  vorkommt.  Es  ist  dies  der  grösste  und  älteste  Baum 
seiner  Art  auf  weit  uud  breit.     Sein  Stamm    mit  rauher  vielfach 


-     125     - 

zerrissener  Borke  niisst  einen  Fuss  über  der  Erde  8,46  Meter  im 
Umfang  und  tlieilt  sich  2  Fuss  höher  hinauf  in  fünf  mächtige 
Aeste,  wovon  der  dickste  nach  Südost  3,79  Meter  Umfang  hat. 
Die  ganze  Höhe  des  Baumes  beträgt  kaum  mehr  als  7  Meter,  aber 
seine  Krone  breitet  sich  so  aus,  dass  sie  einen  Kreis  von  130 
Schritten  Umfang  überdeckt.  Fast  ebenso  weit  kann  man  die 
stellenweise  freiliegenden  Wurzeln  mit  dem  Auge  verfolgen.  Von 
den  vielfach  gedrehten  und  übereinanderliegenden  Aesteu  haben 
sich  die  älteren  und  untersten  an  verschiedenen  Stellen  zur  Erde 
gesenkt,  von  der  ihre  jüngeren  Triebe  dann  wieder  aufsteigen. 

Auch  das  Thierleben  unter  und  auf  diesem  Baume  bot 
manches  Interesse.  Eine  grosse  Ratte  sprang  beim  Ersteigeu  des- 
selben aus  einem  Astspalte;  wir  hatten  sie  bei  ihrer  Mahlzeit, 
bestehend  in  verschiedenen  Schnecken,  die  zum  Theil  bis  in  die 
höchsten  Spitzen  gekrochen  waren,  gestört.  Alle  Löcher  und 
Ritze  waren  mit  geselligen  Heliceen  dicht  besetzt  und  indem  ich 
mich  anschickte  mit  Hülfe  des  Messers  schöne  Exemplare  von 
Helix  Lactea,  H.  pisana,  H.  deplanata  etc.  loszulösen,  kamen  auch 
prächtige  Chrysomelen ,  graue  Rüsselkäfer ,  Carabus  und  andere 
Läufer  in  Menge  aus  ihren  dunklen  Schlupfwinkeln  hervor. 
Grosse  Carabicini,  träge  Pimelien  und  bunte  Wanzen  krochen 
überall  auf  dem  Boden  umlier  und  wir  machten  eine  reiche 
Ausbeute. 

Die  Blätter  des  Argaubaumes  alterniren  und  sind  wie  bei  der 
ganzen  Familie  ungetheilt,  ganzrandig,  etwas  pergamentartig  und 
ohne  Nebenblätter.  Statt  dieser  entspringen  den  Blattwinkeln  — 
doch  nicht  immer  —  fast  rechtwinklig  gestellte  1 — 2  Cm.  lauge 
scharf  zugespitzte  Doriieu,  in  welche,  wie  schon  bemerkt  wurde, 
auch  die  Zweige  vielfach  ausgehen.  Diese  starke  Bewehrung  er- 
innert au-  unseren  Schwarzdorn  und  eignet  die  Aeste  für  todte 
Zäune,  sowie  zur  Umwallung  der  Duars ,  wozu  sie  eine  ausge- 
dehnte Verwendung  finden,  während  weiter  östlich,  in  der  maroc- 
canischen  Ebene  der  noch  viel  forraidabler  bewaffnete  Zizyphus 
Lotus  denselben  Zwecken  dient.  Bei  jüngeren  Pfläuzchen  und  ein- 
jährigen Trieben  stehen  die  Blätter  einzeln,  in  älteren  Zweigen 
büschelförmig  und  meist  zu  fünf.  Ihre  Form  und  Grösse  ist  sehr 
verschieden,  oval  und  beiderseits  zugespitzt  bis  länglich  spatei- 
förmig mit  abgerundetem  Ende  und  allmälig  in  den  Blattstiel 
verschmälert.     Die    erste    Form    ist    im    Allgemeinen    breiter   und 


—      126      - 

kürzer  und  findet  sich  fast  uur  bei  jungen,  kräftigen  Trieben,  die 
andere  kommt  hauptsächlich  in  der  büschelförmigen  Blattstelhmg 
vor.  Von  zwei  Blättern  der  ersten  Form  hatte  das  eine  4  Cm. 
Länge  und  1,5  Cm.  Breite,  das  andere  war  2,5  Cm.  laug  und 
1  Cm.  breit ;  dagegen  zeigten  zwei  andere  der  lauggestreckten  Form 
folgende  Ausdehnungsverhältnisse : 

Länge :   5   Cm.,  Breite :   1   Cm., 

3      „  „        4—5  Mm., 

wobei  die  kurzen  1 — 2  Mm.  laugen  Stiele  mitgerechnet  werden. 
Bei  den  jungen  Pflänzchen  ist  an  der  Basis  jedes  Blattes  ein  scharf 
zugespitzter  Dorn  von  1 — 2  Cm.  Länge,  wie  am  Grunde  jedes 
Blattbündels  bei  älteren  Zweigen. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  den  unscheinbaren ,  geruchlosen 
Blüthen,  Dieselben  sind  hermaphroditisch  und  in  den  Winkeln 
der  Blätter  oder  Dornen  zu  3  —  8  blühenden  dichtgedrängten  Quirlen 
vereinigt.  Zwei  kleine  braune  Bracteen  umgeben  den  gleichge- 
färbten gleichgrossen  Kelch,  dessen  fünf  ungleiche  stumpfe  Lappeu 
später  die  Basis  der  Frucht  krönen.  Die  kurze  gelblichgrüne 
monopetale  Krone  ist  trichterförmig  bis  radförmig,  tief  fünfspaltig 
mit  abgerundeten,  concaven  Zipfeln.  Fünf  fruchtbare  Staubgefässe 
auf  dem  Grunde  der  Krone  augewachsen  und  den  Lappen  gegen- 
über, welche  sie  nur  wenig  überragen,  wechseln  mit  einer  gleichen 
Zahl  halb  so  langer  unfruchtbarer  ab.  Die  Fäden  der  ersteren 
sind  an  der  Basis  dick,  nach  oben  zugespitzt  und  tragen  grosse 
herzförmige  Antheren,  welche  schräg  aufliegen.  Auch  die  un- 
fruchtbaren spitzen  sich  nach  oben  zu,  sind  aber  am  Grunde 
gesägt,  viel  breiter  und  gleichen  Schuppen. 

Das  Ovarium  ist  oberständig,  eiförmig,  behaart  und  1  —  3- 
fächerig.  Jedes  Fach  enthält  nur  ein  Eichen ,  welches  der  Cen- 
tralachse  angefügt  ist.  Der  Griffel  ist  zugespitzt,  bedeutend  länger 
als  die  Krone   und  ohne  bemerkenswerthe  Narbe. 

Die  Frucht  ist  eine  sitzende  Steinfrucht,  am  Grunde  von 
Kelch  und  Bracteen  gekrönt.  An  Gestalt,  Farbe  und  Grösse  gleicht 
sie  zur  Reifezeit  am  meisten  den  Früchten  von  Eriobotrya  japonica^ 
doch  wechseln  die  Früchte  darin  ausserordentlich,  von  der  Dicke 
eines  Sperlings-  bis  zu  der  eines  Taubeneies,  von  der  länglich 
eiförmigen,  zugespitzten  dattelähulichen  Gestalt  bis  zur  ellipsoi- 
dischen,  ja  fast  kugelrunden. 

So    lange    die   Frucht    grün    und    uureif   ist,    zeigt    das    fast 


—     127     — 

liniendicke  Fleisch  eine  ansehnliche  Festigkeit-,  hat  dieselbe  dagegen 
eine  gelbe  Farbe  angenommen  und  ist  reif,  so  liegt  unter  der 
dünneu,  brauupuuctirteu,  glatten  Oberhaut  ein  weiches  breiiges 
Fleisch  von  gelblicher  Färbung,  das  geruchlos  und  von  sehr 
widerwärtigem,  herbem  und  ki-atzeudem  Geschmack  ist.  Dasselbe 
löst  sich  leicht  vom  Stein  ab  und  wird  von  Ziegen  und  Kameelen 
gern  gefressen,  nicht  aber  von  Einhufern.  Es  besteht  aus  grossen 
Parenchymzellen ,  in  welchen  keine  Spur  von  Oel,  noch  Stärke, 
keine  Krystalle  und  nur  spärlich  Harz  abgelagert  sind. 

Wie  die  ganzen  Früchte,  so  zeigen  sich  auch  die  hellbraunen 
Steine  (Mandeln)  in  Form  und  Grösse  sehr  verschieden ,  meist 
jedoch  sind  sie  ellipsoidisch.  Ihre  Schalen  sind  dick,  sehr  hart, 
meist  zwei-  oder  dreifächerig  in  der  Anlage,  ein-  oder  zweifächerig 
in  der  Ausbildung.  Durch  gründliche  Verwachsung  von  mehreren 
einfachen  Nüssen  sind  sie  entstanden,  zeigen  äusserlich  meist  noch 
die  Spuren  davon  durch  Nähte  mehr  oder  weniger  deutlich  an, 
während  innerlich  eine  vollständige  Verschmelzung  stattgefunden 
hat.  Harte,  holzige  Scheidewände  ziehen  zwischen  den  Samen 
oder  deren  verkümmerten  Anlagen  hin  von  Wand  zu  Wand.  Die 
ausgebildeten  Samen  sind  weiss,  eiförmig,  seitlich  stark  zusammen- 
gedrückt, wie  grosse  Kürbiskerne.  Endosperm  und  Kotyledonen, 
welch  letztere  von  ersteren  umhüllt  werden,  sind  gleich  stark  ent- 
wickelt und  ausserordentlich  ölreich.  Das  Embryo  ist  gross  und 
mit  einem  kleinen  Würzelchen.  Die  Samen  keimen  trotz  der 
dicken  Steinschale  in  unseren  Warmhäusern  schon  nach  3  —  4 
Wochen  und  tragen  ihre  grossen  fleischigen  Keimblätter  nahezu 
6  Monate. 

Die  Blüthezeit  des  Arganbaumes  fällt  in  die  Monate  Mai  und 
Juni,  die  Fruchtreife  in  den  Juli  und  August  des  folgenden  Jahres, 
doch  trifft  man  auch  schon  im  Juni,  ausnahmsweise  sogar  schon 
im  Mai  reife  Früchte,  so  dass  Blüthen,  junge  Früchte  und  reife 
häufig  am  selben  Baume  sich  finden.  Manche  Bäume  sind  ausser- 
ordentlich mit  Früchten  beladen  und  sehen  dann,  wenn  diese  in 
glänzendem  Gelb  prangen,  sehr  schön  aus.  Sie  fallen  theils  frei- 
willig ab,  theils  werden  sie  heruntergeschlagen.  Man  treibt  nun 
Ziegenheerden  hinzu,  welche  sie  gierig  fressen  ,  nach  einiger  Zeit 
jedoch  den  Stein  wieder  von  sich  würgen.  Eine  grosse  Menge 
Früchte  wird  auch   von  Frauen  und  Kindern    gesammelt,    welche 


—     128     — 

nach  dem  Trockueu  derselben  die  Hülle  leicht   abnehmen  und  als 
Winterfutter  für  die  Kameele  aufbewahren. 

Das  Argauöl  wird  auf  sehr  primitive  Weise  gewonnen.  Die 
harten  Früchte  werden  auf  einen  Stein  gelegt  und  mit  einem 
zweiten  aufgeschlagen,  eine  mühsame  zeitraubende  Arbeit,  Avelche 
den  Frauen  und  Kindern  zufällt.  Die  Kerne  wirft  mau  hierbei 
in  ein  irdenes  Clefäss,  in  welchem  sie  dann  unter  stetem  Umdrehen 
braun  geröstet  werden.  Nachdem  sie  alsdann  in  einer  Haudmühle 
gemahlen  worden  sind,  besprengt  man  das  Mehl  in  einer  Pfanne 
mit  heissem  Wasser  und  bearbeitet  es  mit  der  Hand  zu  einem 
Brei.  Hierbei  tritt  ein  Theil  des  Oeles  heraus,  mehr  noch  beim 
darauffolgenden  Auspressen  mit  der  Hand.  Der  noch  ölreiche 
Kucheu  wird  Kühen  oder  Ziegen  gegeben  und  soll  die  Milch- 
bildung sehr  fördern.  Man  lässt  das  Oel  stehen  und  giesst  es 
später  von  dem  reichlich  sich  bildenden  Niederschlage  ab.  Geklärt 
zeigt  es  in  grösseren  Mengen  die  gelb-bräunliche  Farbe  des  Berger 
Leberthrans,  in  kleinen  Flaschen  gefüllt  erscheint  es  auffallend 
heller  gefärbt  und  gelblich  Avie  Mandelöl.  Geruch  und  Geschmack 
sind  eigenthümlich  und  unangenehm ,  letzterer  ist  stechend  und 
reizt  lange  den  Gaumen ;  der  Dampf  verursacht  Husten.  Erst 
durch  Anwendung  stärkerer  Hitze  werden  diese  unangenehmen 
Eigenschaften  aufgehoben;  hierin  liegt  der  Grund,  weshalb  das 
Arganöl  als  Salatöl  nicht  verwendet  wird. 

Das  Arganöl  wird  in  seinem  Productiousgebiete  allgemein 
von  den  eingeborenen  Arabern  und  Juden  bei  der  Zubereitung  der 
Speisen  verwendet  und  dem  Olivenöl  vorgezogen.  Auch  der 
Europäer  befreundet  sich  in  der  Regel  leicht  mit  seinem  Geschmack. 
Seine  Ausfuhr  ist  gleich  der  des  Getreides  verboten,  und  hierin 
liegt  wohl  der  Hauptgrund,  weshalb  es  in  Europa  so  unbekannt 
ist.  Das  specifische  Gewicht  des  Argauöles  beträgt  bei  18''  C. 
0,9156.  Zwischen  5°  und  8*^  C.  scheidet  sich  ein  etwas  schwererer 
fester  Bestandtheil,  etwa  die  Hälfte  der  ganzen  Menge,  aus.  Dieses 
Stearopten  ist  von  weisser  Farbe  und  adhärirt  theilweise,  wie 
Mannit  beim  Ausscheiden  aus  heisser  alkoholischer  Lösung  zu  thun 
pflegt,  in  kugeligen  Aggregaten  an  den  Wandungen  des  Glases.*) 


*)  Eine  genaue  chemische  Untersuchung  wäre  gewiss   sehr  interessant 
und  erwünscht ;    leider  fand   der  Verfasser  dazu  keine  Zeit  und  da  er  auch 


—     1 29     — 

Bei  einer  sorgfältigeren  Gewinnungsweise  dieses  Oeles  würde  sein 
übler  Geruch  beseitigt,  die  Farbe  heller  und  der  Geschmack  milder 
ausfallen ,  und  es  könnte  sich  dann ,  wenn  die  Ausfuhr  frei- 
gegeben würde,  leicht  eine  Stellung  neben  den  vielen  andern  in 
Europa  gebrauchten  Fetten  erwerben. 

Das  Holz  des  Arganbaumes  ist  wie  Bux  von  gelblicher 
Farbe,  feinkörnig,  hart  und  zähe  und  sehr  politurfähig,  dabei 
auffallend  schwer,  ein  »Eisenholz«,  wie  auch  der  Beiname  sagt. 
Es  dient  in  der  Hausschreiuerei  und  wird  auch  zu  verschiedenen 
andern  Zwecken  gebraucht. 

Man  hat  vielfach  an  die  Verpflanzung  des  Argan  aus  seinem 
beschränkten  Verbreitungsbezirke  in  Gebiete  mit  entsprechenden 
klimatischen  Bedingungen  gedacht,  insbesondere  wollte  ihn  die 
französische  Regierung  einmal  in  Algier  cultiviren  lassen.  Solchen 
Versuchen  steht  an  und  für  sich  nichts  im  Wege,  denn  wie  schon 
erwähnt  wurde,  keimt  der  Samen  leicht  in  weniger  als  vier 
Wochen,  was  schon  Sir  William  Hooker  fand  und  von  unserem  ver- 
dienstvollen Stiftsgärtner,  Herrn  Ohler,  uevierdings  bestätigt  wurde. 
In  einem  Garten  des  Don  Ricardo  Larios  zu  Malaga  steht  ein 
etwa  vier  Fuss  hohes  Bäumchen,  das  dort  im  Freien  sehr  gut  ge- 
deiht. Ist  es  aber  wirklich  vom  ökonomischeu  Standpunkte  aus 
wünschenswerth,  dass  diese  maroccanische  Nutzpflanze  verbreitet 
werde  ?  Diese  Frage  ist  entschieden  zu  verneinen.  Aus  dem  oben 
Gesagten  geht  hervor,  dass  der  Baum  einen  langsamen  Wuchs 
hat,  dass  er  sich  zwar  reichlich  mit  Früchten  bedeckt,  von  diesen 
jedoch  die  verhältnissmässig  sehr  kleinen  und  überdies  nicht  leicht 
auszuscheidenden  Kerne  benutzt  werden ,  so  dass  er  in  einem 
Culturstaate  mit  anderen  Oelpflanzen  sicher  nicht  concurriren 
könnte.  Wollte  man  ihn  aber  blos  seines  Holzes  wegen  anbauen, 
so  gibt  es  andere  Baumarten  von  ra«chem  Wüchse,  welche  min- 
destens ebenso  gut  den  trocknen  Sommer  der  Mittelmeerländer 
aushalten  und  mit  denen  man  die  nackten  Bergabhäuge  bekleiden 
und  grossen  nationalen  Gewinn  erzielen  könnte.  Mit  Recht  hat 
unser  Landsmann,  Dr.  Ferdinand  von  Müller  in  Melbourne  in 
dieser  Hinsicht  auf  verschiedene  Bäume  Australiens,  Acacien  und 


für  die  nächsten  Jahre  nicht  dazu   kommon  wird ,    so  steht   gern    das    dazu 
Döthige  Material  einem  Andern  zur  Verfügung. 


—     130     — 

Casuarinen,  vor  Allem    aber   auf  Eukalypten    hingewiesen ,    deren 
rascher  Wuchs  wohlbekannt  ist.  *) 


*)  Der  deutsche  Handelsgärtner  Gehrhard  in  Malaga  übergab  am 
2.  Mai  1867  in  seinem  Garten  der  Erde  ein  Samenkorn  von  Eukalytus  glo- 
bulus.  Genau  fünf  Jahre  später,  am  2.  Mai  1872  mass  der  daraus  entstandene 
Baum  18  Meter  Höhe  und  hatte  ein  Meter  über  der  Erde  einen  Stamraes- 
umfang  von  79  Centimeter. 


131 


lieber  die  Vegetatioiis- Verhältnisse   der 
Bermudas-Inseln, 

Vortrag,  gehalten  beim  Jahresfeste  der  S.  N.  G.,  25.  Mai  1873. 
Von  Dr.  J.  J.  Rein. 


Es  sind  bereits  drei  Jahre  verflossen,  seitdem  ich  von  dieser 
Stelle  aus  und  bei  einer  gleichen  Veranlassung,  wie  die  heutige 
ist ,  mir  erlaubte ,  Ihre  Aufmerksamkeit  auf  die  Bermudas- 
Inseln  zu  lenken  und  die  physikalischen  Verhältnisse  dieses  interes- 
santen Flecks  im  atlantischen  Ocean  in  Kürze  zu  besprechen.  Die 
freundliche  Aufnahme,  welche  meine  damaligen  Mittheilungen  bei 
Ihnen  fanden,  und  die  Berücksichtigung,  welche  denselben  später 
von  mehreren  einflussreicheu  Seiten  in  der  Wissenschaft  zu  Theil 
geworden  ist,  ermuthigen  mich,  Ihnen  heute  eine  Fortsetzung 
meines  damaligen  Vortrags  zu  geben.  Indem  ich  daher  das  früher 
Bemerkte  als  bekannt  voraussetze,  will  ich  es  versuchen,  Ihnen 
in  dem  Folgenden  eine  kleine  Skizze  über  die  Vegetation  der 
Inseln  zu  entwerfen. 

Bei  vergleichenden  Untersuchungen  der  Floren  und  Faunen 
der  Inseln  ist  man  schon  längst  zu  dem  ausnahmslosen  Resultate 
gelangt,  dass  sie  ärmer  an  Arten  sind  als  gleich  grosse  Strecken 
des  benachbarten  Festlandes  und  dass  die  Armuth  zunimmt,  je 
weiter  sich  die  Inseln  vom  Continente  entfernen,  je  geringer  ihr 
Umfang  und  je  einförmiger  und  jünger  ihre  geologische  Bildung 
ist.  Klimatische  Verhältnisse,  Meeresströmungen  und  herrschende 
Windrichtungen ,  .so  einflussreich  sie  auf  die  Vegetation  eines 
Küstengebietes,  namentlich  aber  auf  viele  Inseln  sich  erweisen, 
ändern  an  dieser  Regel  nichts  ab.  Inseln ,  welche  wie  Gross- 
britannien, sowie  die  der  Nordsee  überhaupt,  ferner  wie  die  Inseln 
der  Ostsee  und  des  Mittelmeeres  dem  Festlande  sehr  nahe  liegen 
und  durch  keine  starken  Strömungen  davon  getrennt  sind  —  man 
nennt  sie  wohl  manchmal  auch  Küsten-  oder  Gestade-Inseln  — , 
tragen  in  ihrer  Vegetation  ganz  den  Charakter  des  benachbarten 
Festlandes,  mit  dem  sie  in  vielen  Fällen  einstmals  direct  zusammen- 
hingen, sind  jedoch  in  deutlich  nachweisbarer  Verarmung  begriff'en, 
eine  Verarmung,  welche  bei  der  Thierwelt  eher  hervortritt  als  in 
der  Veofetation. 


—     132     - 

Eine  andere  Gruppe  bilden  die  sogenannten  contiuentalen 
Inseln;  es  sind  solche,  welche  vielleicht  niemals  mit  einem  andern 
Festlande  zusammenhingen,  eine  bedeutende  Ausdehnung,  grosse 
Abwechselung  in  der  Beschaffenheit  und  Gestaltung  des  Bodeus 
und  eine  Menge  eigenthümlicher  Thier-  und  Pflanzen- Foruien 
haben,  wie  beispielsweise  Neuholland  und  Madagascar.  —  Ihnen 
reihen  sich  die  oceanischen  Inseln  an.  Sie  bilden  neben  den 
erstgenannten  die  zahlreichste  Gruppe,  sind  mit  wenigen  Aus- 
nahmen vulkanisch  und  so  klein  gegenüber  den  grossen  Oceanen, 
worin  sie  zerstreute  Punkte  bilden,  dass  selbst  unsere  grössten 
Atlanten  uns  ebensowenig  das  richtige  Verhältniss  vou  ihrer  Grösse 
geben,  wie  die  Linien  für  Eisenbahnen,  Canäle  und  Landstrassen 
auf  unseren  Karten.  *)  Der  Charakter  solcher  Inseln  wird  uns  an 
der  am  besten  untersuchten  ostatlantischen  Gruppe,  den  Azoren, 
Madeira,  den  Canaren  und  Capverdeu  klar,  worüber  ein  vortreff- 
licher Aufsatz  in  einem  frühereu  Jahresberichte  unserer  Gesell- 
schaft. **)  Es  ist  vor  Allem  die  grosse  Armuth  an  einheimischen 
Säugethieren  und  Lurchen,  ja  in  den  meisten  Fällen  deren  gänz- 
liches Fehlen,  sowie  die  verhältnissmässig  geringe  Zahl  geflügelter 
Insecten,  namentlich  von  Schmetterlingen  als  charakteristisch  für 
solche  Inseln  und  von  Einfluss  auf  ihre  Flora  hervorzuheben, 
gegenüber  einer  oft  sehr  ansehnlichen  Zahl  von  meist  endemischen 
Landconchylien.  Die  wechselseitigen  Beziehungen,  in  denen  Thiere 
und  Pflanzen  zu  einander  stehen,  erstrecken  sich  auf  alle  vegetativen 
Thätigkeiten  und  wie  ein  reicher  Pflanzeuwuchs  meist  auch  ein 
mannigfaltiges  Thierleben  bedingt,  so  ist  bekanntlich  auch  die 
Befruchtung  und  Fortpflanzung  vieler  Pflanzen  von  Thieren,  ins- 
besondere geflügelten  Insecten  abhängig.  Ebenso  stehen  in  Bezug 
auf  geographische  Verbreitung  Thiere  und  Pflanzen  vielfach  in 
gegenseitiger  Abhängigkeit  zu  einander,  wenn  auch  nicht  geleugnet 
werden  kann,  dass  der  Pflanzenausbreitung  manche  Vehikel  dienen, 
die  für  die  meisten  Thiere  nicht  gelten,  und  wenn  auch  gerade 
hierin  der  Grund  zu  suchen  ist,  weshalb  die  Faunen  oceanischer 
Inseln  immer  verhältnissmässig  ärmer  sind  als  ihre  Floren.  Die 
Flora  einer  oceanischen  Insel  ist  reich  an  Gattungen  und  arm  an 
Arten ;  sie  setzt  sich  aus  theils  endemischen,  theils  eingewanderten 


*)  Siehe  Ilooker:  On  Insular  Floras  in  Gardener's  Chronicle  1867. 
**)  Ueber  die  ostatlantischen  Inselgruppen  von  Dr.  K.  v.  Fritsch. 


—     133     — 

Arten  zusammeu,  wobei  die  letzteren  fast  immer  vorwiegen.  Von 
ganz  besonderem  Interesse  sind  in  dieser  Beziehung  die  canariscben 
Inseln,  wo  die  endemischen  Arten  etwa  ein  Drittel  der  gesammten 
Flora  bilden  und  .jich  durch  ihren  Habitus  meist  auffällig  von  den 
aus  der  Mittelmeerregion  eingewanderten  unterscheiden. 

Plocama pendula,  sowie  K'leinia  nereifolia,  fleischige  Euphorbien 
und  andere  Succulenten,  endlich  die  Lorbeerbäume,  geben  diesen 
luselu  ein  botanisches  Gepräge,  das  anzuschauen  sich  mancher 
Botaniker  sehnt  und  welches  jedem,  dem  dies  vergönnt  war,  un- 
vergesslich  bleiben  wird.  Treffend  vergleicht  Hooker  solche 
ursprünglich  einheimischen  Gewächse  oceanischer  Inseln,  von  denen 
viele  auf  dem  Aussterbe-Etat  stehen,  mit  den  Wilden  und  sagt  von 
ihnen,  dass  sie  die  letzten  Repräsentanten  ihrer  verschwindenden 
Racen  seien.  Die  gründlichen  geologischen  Untersuchungen  der 
Cauaren,  der  Nachweis  eines  älteren  Diabasgesteius  als  frühere 
Grundlage  haben  neben  den  botanischen  Forschungen  eines  Smith, 
Lowe  und  Anderer  die  Wahrscheinlichkeit  vermehrt,  dass  jene 
Gewächse  die  Ueberbleibsel  einer  Flora  sind,  welche  zur  Zeit  der 
ersten  vulkanischen  Ausbrüche    hier    herrschend    war. 

Als  vierte  und  letzte  Inselgruppe  sind  die  Korallen-Inseln 
zu  nennen,  niedrige  neuere  Bildungen  von  meist  geringem  Umfang, 
welche  sich  in  der  Regel  den  oceanischen  Inseln  anschliessen,  seltener 
weit  davon  entfernt  liegen,  wie  die  Bermudas-Inseln.  Sie  haben  ihre 
Vegetation  und  ihr  Thierleben  den  nächstgelegeuen  Inseln  oder  dem 
Festlande  zu  verdanken,  sind  äusserst  arm  und  ohne  endemische 
Arten,  ein"Urtheil,  welches  Grisebach  schon  in  seinem  bedeutenden 
Werke:  «Vegetation  der  Erde»  über  Bermuda  ausspricht,  obwohl  ihm 
damals  nur  ein  sehr  unbedeutendes  Material  als  Anhaltspunkt  vor- 
lag. Bermuda  gehört  dem  westindischen  Florengebiete  an,  dessen 
Charakter  nach  Grisebach  ein  ausgesprochen  tropischer  ist  und  das 
sich  mehr  der  caraibischeu  Küste  als  derjenigen  von  Mittel-  und 
Nord-Amerika  anschliesst.  Zu  den  Palmen  gesellen  sich  nur  noch 
wenige  Nadelhölzer,  in  den  dichten  Wäldern  wuchern  zahlreiche 
Lianen  und  Epiphyten,  namentlich  Farne  und  Orchideen.  Grössere 
Säugethiere  fehlen ,  Schildkröten  und  zahlreiche  Landkrabben 
bevölkern  den  Strand.  Bermuda  aber  hat  von  dem  augeführten 
Reichthum  nur  ein  Nadelholz,  eine  Palme  und  die  Landkrabbeii 
geerbt.  Seine  Flora  ist  arm,  aber  diese  Armuth  ist  keine  über- 
raschende  und    wird    von    Koralleuinselu    der   Südsee    z.   B.    den 


—     134     — 

Keeliiigsiuseln,  noch  weit  übertroffeu.  Die  oceanische  Lage,  ins- 
besondere aber  der  Golfstrom ,  verhindern  zwar  die  grossen 
Temperaturnnterschiede,  welche  sich  beim  Festlande  unter  gleicher 
Breite  zeigen,  aber  der  geringe  Umfang,  die  Gleichmässigkeit  in 
der  geologischen  Bildung,  die  unbedeutende  Erhebung  und  der 
Mangel  an  Niederschlägen  während  des  Sommers,  sind  neben  der 
isolirten  Lage  genügende  Gründe  zur  Erklärung  derselben.  Denn 
wenn  schon  auf  den  Bahamas,  die  doch  einen  viel  bedeutenderen 
Flächenraum  einnehmen,  viel  südlicher  und  den  grossen  Antillen 
weit  näher  liegen,  die  aber  in  geologischer  Bildung  mit  den  Ber- 
mudas übereinstimmen  und  denen  wegen  des  Vorherrschens  der 
Passatwinde  im  Sommer  tropische  Regen  fehlen,  die  meisten 
Epiphyten  aus  den  Familien  der  Loranthaceen,  Aroideen,  Bromelia- 
ceen,  Orchideen  und  der  Farne  der  Trockenheit  wegen  nicht  mehr 
fortkommen,  so  gilt  dies  noch  viel  mehr  von  Bermuda,  wo  sie 
ganz  aufhören  und  die  stiefmütterliche  Versorgung  noch  einen 
Schritt  weiter  gegangen  ist.  Diese  Inseln  mussten  sich  als  Neu- 
linge begnügen  mit  dem,  was  ihnen  die  Gunst  des  Golfstroms  und 
der  ihn  begleitenden  Südwestwinde  von  den  Bahamas  und  dem 
benachbarten  Florida  zuführte,  bis  der  Mensch  kam  und  mit  seiner 
Cultur  eine  grössere  Abwechselung  im  Vegetationsbilde  brachte 
und  mit  ihm,  wie  anderwärts  so  auch  hier,  sich  viele  unserer  cos- 
mopolitischen  Unkräuter  ansiedelten. 

Die  Samen  von  Entata  scandens^  Äbrus  precatorius  und  vieler 
andern  westindischen  Pflanzenspecies  werden  vielfach  an  Bermudas 
Küsten  gespült,  aber  die  betreffenden  Pflanzenarten  findet  man 
auf  den  Inseln  ebensowenig,  wie  in  viel  nördlicheren  Breiten.  — 
In  Gardener's  Chronicle  veröffentlichte  Darwin  seiner  Zeit  die 
Resultate  von  Versuchen,  welche  er  mit  diversen  Sämereien  an- 
gestellt hatte,  um  die  Erhaltung  der  Keimkraft  während  der 
Submersiou  in  Salzwasser  zu  prüfen.  Danach  hatten  die  eiweiss- 
freien  Samen  der  Leguminosen  dieselbe  zuerst  verloren.  Leicht 
könnte  man  nun  versucht  sein,  hierin  den  Grund  finden  zu  wollen, 
weshalb  von  dieser  auch  in  Westindien  reichvertretenen  Pflanzen- 
familie die  Bermudas-Inseln  nur  zwei  wildwachsende  Arten  auf- 
zuweisen haben.  Aber  einem  solchen  Schlüsse  widerstreitet  die  von 
Hook  er  erwähnte  Thatsache,  dass  auch  die  Azoren  jene  Entata 
scandcns  nicht  beherbergen,  obgleich  die  grossen  Samen  derselben, 
nachdem  sie  etwa  3000  Seemeilen  mit  dem  Golfstrom  gewandert 


-     135     — 

sind,  noch  keimfähig  dort  ankommen,  wie  damit  in  Kew  ange- 
stellte Versuche  ergaben.  Hier  ist  also  das  Klima  jedenfalls  das 
Haupthinderniss  für  die  Verbreitung.  Ein  Gleiches  gilt  von  der 
Cocospalme,  denn  die  wenig  zahlreichen,  aber  stattlichen  Exemplare 
derselben,  welche  sich  zerstreut  über  die  Inseln  finden,  sind  un- 
zweifelhaft angebaut  worden ,  sie  liefern  wohl  grosse  Früchte,  aber 
der  Kern  bleibt  unentwickelt  und  klein  wie  eine  Mandel. 

Von  der  artenreichsten  westindischen  Pflanzenfamilie,  den 
Farnkräutern ,  haben  die  Bermudas-Inseln  nur  14  Formen  auf- 
zuweisen. Die  Verbreitung  der  Sporen  dieser  Gewächse  ist  aber 
eine  so  leichte,  dass  viele  von  den  vierthalbhundert  westindischen 
Arten  circumoceanisch  genannt  werden  können.  Bedenken  wir 
aber,  dass  die  meisten,  sowohl  die  epiphytischen  als  auch  die 
terrestrischen  ein  schattiges,  feuchtes  Waldgebiet  lieben,  so  be- 
greifen wir  die  geringe  Artenzahl  in  Bermuda  leicht  und  um  so 
mehr,  weun  wir  damit  die  Vorkommnisse  auf  den  waldarmen  west- 
indischen Koralleuinseln  vergleichen.  Nach  Schomburgk  gibt 
es  auf  Barbadoes  nur  1 5  Species  Farnkräuter,  obgleich  diese  Insel 
8  Quadratmeilen  Fläche  hat  und  es  ihr  an  Wärme  gewiss  nicht 
gebricht.  Es  sind  demnach  die  Gebirgswalduugen  der  grossen 
Antillen  und  der  vulkanischen  kleineren,  wie  Dominica  und  Santa 
Lucia,  worin  die  Passatwinde  ihre  Feuchtigkeit  in  häufigen  und 
heftigen  Regen  entladen  und  dadurch  jenen  Reichthum  schmarotzen- 
der Pflanzenarten,  insbesondere  auch  der   Farnkräuter    bedingen. 

Noch  immer  sind  die  Höhen  der  Bermudas-Inseln  wie  zur 
Zeit  ihrer  ersten  Entdeckung  mit  der  westindischen  Ceder,  Juniperus 
JBermudiana  L.,  und  ihrem  steten  Gefährten,  dem  Salbeistrauche, 
Lantana  odorata^  bedeckt  und  wer  auf  der  Spitze  eines  der  be- 
deutenderen Hügel  stehend  die  Inselgruppe  zum  grossen  Theil  oder 
vollständig  überblickt,  schaut  über  einen  fast  conti nuirl ich en  dunkel- 
grünen Nadelwald  und  friedliche  Meeresarme  und  Bucliten,  welche 
sich  dazwischen  durchwinden.  In  den  Mulden  und  Thälchen  frei- 
lich haben  die  Cedernhaine  der  Axt  und  dem  Spaten  weichen 
müssen,  dort  sammelt  die  zutrauliche  Sperlingstaube  {Chomaepelia 
passerina)  die  Sämereien  von  europäischen  Unkräutern,  welche 
der  Cultur  folgten. 

Die  Ceder  und  der  Salbeistrauch  nehmen  mit  dem  schlechtesten 
Boden  vorlieb  und  senden  ihre  nahrungssuchenden  Wurzeln  oft 
klaftei-tief  in  den  porösen  Fels.     Erstere  ist  weitaus  der  wichtigste 


-     136     - 

Baum  der  Inseln,  und  wenn  auch  die  Zeit  längst  vorbei  ist,  wo 
nach  ihrer  Zahl  und  Grösse  der  Wohlstand  der  Grundbesitzer 
taxirt  wurde  und  eine  junge  Dame  von  1000  Cedern  nach  dem 
Dichter  Moore  Hoffnung  auf  Verheirathung  haben  konnte,  so  spielt 
sie  doch  immer  noch  eine  bedeutende  Rolle.  Ihr  feinkörniges, 
hartes  und  maserreiches  rothes  Holz,  das  in  hohem  Grade  politur- 
fähig und  von  sehr  angenehmem  Geruch  ist,  zumal  beim  Ver- 
brennen, dient  vielerlei  Zwecken.  Es  ist  das  fast  ausschliessliche 
Brennmaterial.  Aus  seinen  Stämmen  baut  man  Häuser  und  vor- 
treffliche Schiffe ;  aus  seineu  herrlichen  Maserstücken  verfertigt 
mau  schöne  Möbel,  die  von  keinem  Ungeziefer  heimgesucht  werden. 
Dabei  kann  es  unmittelbar  vom  grünen  Baum  weg  in  Anwendung 
kommen,  da  es  beim  Trocknen  nicht  zusammenschrumpft.  Der 
Bast  endlich  ist  gleich  dem  russischen  Lindenbaste  elastisch  und 
zähe,  um  in  der  Gärtnerei  als  Bindemittel  zu  dienen,  während  ihn 
einige  Vogelarten  beim  Bau  ihrer  Nester  zu  verwenden  wissen. 

Lange  war  man  der  Meinung,  dass  diese  Ceder  entweder  eine 
besondere  Species  {Jimiperiis  Bermudiana  L.)  oder  dass  sie  identisch 
mit  dem  virginianischen  Bleistiftholze  {J.  virginiana  L.)  sei,  doch 
weisst  sie  Grisebachmit  Recht  zu  Juniperus  barbadensis  Lun.,  eins 
von  den  weuigen  westindischen  Nadelhölzern,  welches  ausser  Bar- 
bados auch  uoch  die  blauen  Berge  Jamaica's,  die  Bahamas  und 
andere  westindische  Inseln  bewohnt.  Hiervon  habe  ich  mich  erst 
nach  dem  Vergleichen  mit  den  Diagnosen  und  mit  getrockneten 
Exemplaren  überzeugt  und  es  ist  danach  die  Angabe  in  meinem 
früheren  Aufsatze  zu  berichtigen.  Die  Ceder  Bermuda's  ist  von 
langsamem  Wüchse,  erreicht  eine  Höhe  von  40 — 50  Fuss,  selten 
darüber,  uud  bildet  meist  einen  geraden  Stamm,  der  nicht  häufig 
die  Dicke  von  1  Fuss  Durchmesser  ansehnlich  übersteigt.  In 
freier  Stellung  uimmt  der  Baum  eine  kegelförmige  Gestalt  an 
mit  weit  ausgebreiteten  Grundästeu  und  einer  schlanken  Spitze,  in 
der  im  Frühjahr  oft  der  rothe  Cardinal  sich  wiegt  und  seinen 
flötenden  Gesang  ertönen  lässt.  Man  kann  den  Baum  in  der 
Jugend  leicht  mit  etwas  Erde  verpflanzen  und  stumpfen,  so  dass 
er  wieder  ausschlägt ,  nicht  aber  ^  in  grösserem  Alter.  Das 
charakteristischste  Merkmal  für  die  Art  ist  jedenfalls  die  Rinne 
auf  dem  Rücken  der  kurzen,  dicken  und  spitzzulaufeuden  Blätter 
älterer  Zweige.  Die  Blüthezeit  fällt  in  den  März  uud  Anfang 
April,  im  Herbst  reifen  die  erbsengrossen  blauen  Beeren. 


—     137     — 

Au  eiuigen  Stellen  windet  sich  der  Giftsnmach  {JRJms  Toxico- 
dendron)  bis  hoch  in  die  Krone  der  Ceder,  an  andern,  lichteren 
zeigen  sich  Myrica  punctata  und  einige  andere  Straucharten.  Der 
trockne,  unbebaute,  felsige  Boden  aber  ist  überall  mit  dem  Crab- 
grass  {Stenotaphrum  Americamim)  bedeckt,  einer  steifen,  kriechen- 
den Species,  über  deren  Polstern  sich  im  April  das  fusshohe 
Sisijrhichium  Bernmdianum,  eine  schmalblättrige  Iridee  mit  ihren 
schönen  violetten  Blüthen  erhebt,  eine  über  die  ganze  Inselgruppe 
verbreitete  Pflauze.  Noch  sind  zur  Charakteristik  dieses  Gebietes 
zwei  Gewächse  besonders  zu  nennen,  welche  überall  längs  der 
Mauern  und  Wege,  am  Rande  der  Cedernhaine  und  an  vielen  andern 
unbebauten  Stellen  sich  angesiedelt  haben,  nämlich  Lippia  nodi- 
flora  und  JBnjophyUiim  calycinum.  Erstere,  ein  sich  verästelndes, 
aufsteigendes  Kraut  von  geringer  Höhe  aus  der  Familie  der 
Verbenaceen,  bewohnt  ganz  Westindien,  sowie  das  amerikanische 
Festland  von  den  Südstaaten  der  Union  bis  zum  La  Plata,  die 
Mittelmeerküsten,  das  Capland,  Ceylon  etc.,  sie  ist  jetzt  eine  Welt- 
bürgerin wie  manches  Unkraut  und  ihre  Einführung  nach  Ber- 
muda nicht  weiter  nachweisbar.  Anders  verhält  es  sich  mit  der 
zweiten  Pflauze,  einer  Crassulacee,  welche  ursprünglich  Ostindien 
angehörte,  jetzt  aber  über  den  grössten  Theil  Westindiens  und 
Centralamerika's  verbreitet  ist.  Sie  ist.  ein  auffallendes  Gewächs, 
welches  seineu  dicken  ungetheilten  Stengel  2  —  3  Fuss  hoch  steif 
aufrecht  treibt  und  die  Spitze  dann  Anfang  März  mit  einer  Rispe 
grosser  hängender  grünlicher  Blüthen  ziert.  Die  grossen  ovalen 
Blätter  sind  sehr  fleischig,  am  Rande  gekerbt  oder  gelappt  und 
durch  grosse  Vitalität  ausgezeichnet.  Dieser  Eigenschaft  verdankt 
sie  ihrem  Namen  Life-plant  oder  Leaf  of  Life  oder  Air-plant,  wo- 
mit man  sie  in  Bermuda  und  auch  in  Jamaica  (Gosse)  gewöhnlich 
bezeichnet. 

Höchst  interessant  ist  die  Art  der  Einführung  derselben  auf 
den  Bermudas-Inseln,  wie  sie  mir  von  glaubwürdigen  alten  Leuten 
erzählt  wurde  und  die  ich  hier  ziemlich  wortgetreu  wiedergebe: 

«Im  Jahr  1813  kam  Capitän  Stowe,  ein  junger  Bermudeuse, 
mit  seinem  Schifle  von  St.  Vincent  nach  Hamilton  in  Bermuda 
und  brachte  einen  beblätterten  Zweig  der  bis  dahin  dort  unbe- 
kannten Pflanze  als  Curiosität  mit;  sie  wachse,  sagte  er,  weiter, 
wenn  mau  sie  aufhänge  und  wenn  ein  Stück  eines  Blattes  zu 
Boden  falle,    verdorre  es  nicht,    sondern    bilde  Wurzeln   und  eut- 


—     138     — 

wickle  sich  zu  einer  neueu  Pflanze.  Es  gab  viele  neugierige 
Leute,  welche  diese  seltene  Lebenskraft  probirten  und  bestätigt 
fanden  und  so  kam  die  Pflanze  bald  nach  verschiedenen  Theilen 
der  Inseln.  Ich  erhielt  auch  ein  Blatt,  sagte  mir  mein  Gewährs- 
mann, pflanzte  es  sorgfältig  in  einen  Topf  und  freute  mich  der 
ersten  Blüthen,  nicht  ahuend,  dass  die  Pflanze  das  lästigste  Un- 
kraut meines  Gartens  werden  würde.  Sie  hat  ihren  ersten  Reiz  für 
die  Bewohner  längst  verloren  und  man  würde  froh  sein,  •  wenn  sie 
auch  jene  Lebenskraft  verlieren  würde,  wegen  der  man  sie  so  un- 
bedachter Weise  einführte.» 

Ausser  der  erwähnten  Fettpflanze  und  den  Salzpflanzen  der 
Küste  haben  die  Inseln  nur  wenige  Succulenten  aufzuweisen,  näm- 
lich Agave  americana,  Yucca  aloifolia,  die  häufig  zu  Umzäunungen 
dient,  Aloe  vulgaris,  welche  an  einigen  felsigen  Stellen  vorkommt 
und  mit  ihren  im  Juni  erscheinenden  gelben  Blüthenähren  sich  sehr 
stattlich  ausuimmt,  und  endlich  eine  Fackeldistel,  nämlich  Opuntia 
Pes-corvi  und  0.  TJmna  oder  die  Prickly  Fear.  Sie  findet  sich  auf  un- 
fruchtbaren, freien  Stellen  namentlich  der  Südseite,  ist  dort  oft  zum 
Theil  im  Crabgrase  verborgen  und  gebietet  dann  wegen  ihrer 
formidablen  Bewehrung  doppelt  Vorsicht.  Aber  selbst  diese  wenigen 
Arten  dürften  mit  Ausnahme  der  beiden  letztgenannten  erst  durch 
den  Menschen  eingeführt  und  nur  verwildert  sein,  wie  dies  sicher- 
lich auch  noch  mit  einer  Anzahl  anderer  Gewächse,  ganz  abge- 
sehen von  den  Unkräutern,  der  Fall  ist.  Als  solche  sind  hier 
namentlich  noch  zwei  zu  nennen,  nämlich  die  Castorölpflanze  {Ricinus 
communis)  und  insbesondere  der  Oleander  (Nerium  Oleander).  Dieses 
bekannte  Gewächs  ist  in  der  Mittelmeerregion  heimisch  und  um- 
säumt dort  die  Flüsse  und  Bäche,  wie  bei  uns  das  Weidengebüsch. 
Es  wurde  vor  etwa  70  Jahren  nach  Bermuda  verpflanzt,  dient 
vielfach  noch  in  Hecken  zur  Abwehr  der  Winde,  ist  aber  allent- 
halben auch  verwildert  anzutrefi"en.  Am  Rande  der  Sümpfe  und 
Abzugsgräben  erreicht  die  Pflanze  ausserordentlich  rasch  eine  an- 
sehnliche Höhe,  (ich  konnte  zweijährige  Schösslinge  als  kräftige, 
schlanke  Bohnenstangen  benutzen),  au  trocknen  Stellen  bleibt 
sie  Icleiner,  bildet  aber  weit  verzweigte  Büsche,  die  sich  Anfang 
April  mit  rothen  Blüthen  bedecken.  Doch  sind  auch  weissblühende 
ziemlich  häufig.  Sonderbarer  Weise  heisst  der  Oleander  in  Bermuda 
allgemein  South-sea-rose. 

Ueber  die  sandigen  Dünen  streckt  eine  schöne  Winde,  Ipomca 


—     139     — 

Pes-Caprae  ihre  laugen  kräftigen  Ranken  und  sendet  im  Hoch- 
sommer ihre  grossen  purpurfarbigen  Blüthen  zwischen  den  kreis- 
runden Blättern  empor:  Landkrabben  graben  auch  hier  darunter 
ihre  Löcher,  aber  diese  Stellen  werden  nicht,  wie  dies  in  West- 
indien vielfach  der  Fall  ist,  von  stattlichen  Cocospalmen  überwölbt 
und  beschattet,  und  wenn  hin  und  wieder  eine  Seetraube  {Cocoloba 
uvifera)  zur  Abwechselung  vorkommt,  so  ist  das  eine  keineswegs 
häufige  Erscheinung  und  der  Baum  findet  sich  nirgends  in  grösseren 
Beständen. 

Ganz  besonders  charakteristisch  für  manche  tropische  Küsten- 
landschaft sind  die  Mangrovebäume,  die  auch  bei  unseren  Inseln 
vorkommen,  wie  dies  auf  der  Karte,  welche  meinem  früheren  Vor- 
trage beigegeben  war,  deutlich  zu  erkennen  ist.  Die  Mangrove- 
bäume {BMsophora  Mangle  und  Avicennia  nitida)  umgeben  die 
seichten  Baien  wie  ein  Gürtel  oder  füllen  sie  ganz  aus,  indem  sie 
eigenthümliche  Haine  bilden.  Es  ist  ein  seltsamer  Anblick,  einen 
solchen  Wald  aus  dem  Wasser  emporwachsen  zu  sehen.  Zur  Zeit 
der  Fluth  erheben  sich  viele  Stämme  unmittelbar  über  dem  Wasser- 
spiegel; tritt  aber  Ebbe  ein,  so  sieht  man  sie  auf  arm-  bis  finger- 
dicken Wurzeln  ruhen,  welche  4 — G  Fuss  hohe  schlanke  Bogen, 
Quadranten  oder  Sextauten  von  Kreisen  vergleichbar,  bilden,  sich 
oft  wieder  verästeln  und  ihr  unteres  Ende  durch  das  seichte 
Wasser  in  den  schlammigen  Boden  einsenken.  Durch  das  Ueber- 
einandergreifen  der  Wurzeln  benachbarter  Bäume  wird  ein  Gerüste 
geschaffen,  auf  dem  man  oft  trocknen  Fusses  ansehnliche  Strecken 
überschreiten  kann  und  unter  dem  das  Wasser  mit  jedem  Gezeiten- 
wechsel steigt  oder  fällt.  Dies  sind  die  Bäume,  auf  welche  weit 
mehr  als  auf  die  Palmen  der  Ausspruch  des  Plinius  passt:  «Gatidet 
riguis  et  toto  anno  hibere  aniat.» 

Auf  Zeichnungen  findet  man  die  Mangrovebäume  meist  zu 
gerade  dargestellt ;  im  Habitus  erinnern  sie  etwas  au  Aepfelbäume, 
erreichen  eine  geringe  Höhe  von  20 — 25  Fuss  und  tragen  eine 
kuppeiförmige  Krone  auf  niedrigem  Stamme,  während  die  Färbung 
des  Laubes  aus  einiger  Entfernung  an  die  Erlen  unserer  Bach- 
ufer erinnert.  —  Mit  dem  Wasser  hinaus  aus  der  Bucht  ziehen 
zur  Fluthzeit  die  lederigeu,  zweilappigen  und  wie  grosse,  flache 
Bohnen  gestalteten  Samen  der  Avicennia ,  sowie  die  cylindrischen 
Früchte  der  ühisophora ;  monatelang  tanzen  sie  oft  auf  den  Wellen, 
ohne   ihre  Keimkraft   eiuzubüssen,    bis  sie    endlich  an  eine  Küste 


-     140     — 

getragen  unter  günstigen  Umständen  neue  Individuen  hervorrufen. 
Wo  an  heissem  Gestade  eine  Sandbank  oder  ein  Korallenriff  den 
mächtigen  Andrang  der  Wogen  bricht  und  eine  dahinter  gelegene 
seichte  Bucht  vor  der  Brandung  schützt,  kann  mau  sicher  auch 
diese  Bäume  treffen.  Sind  sie  älter,  so  bedeckt  sich  ihr  Stamm 
an  der  Wassergrenze  mit  verschiedenen  Algen  (in  Bermuda  nament- 
lich mit  jBostrychia  Montagnei)  wie  mit  einem  Moospolster ;  auch 
beherbergen  die  Maugrovebuchten  eine  eigenthümliche  Thierwelt. 
Zwar  fehlen  in  Bermuda  die  Austern  [Ostrea  folium  L.),  welche 
in  Westiudien  in  dicken  Klumpen  die  Wurzeln  bedecken,  und  die 
Aligatoren,  die  dort  zahlreich  im  schlammigen  Wasser  sich  wälzen, 
dagegen  trifft  man  ein  hellbraunes,  spitzkegelförmiges  Schnecken- 
haus von  LiUorina  angulifera  zahlreich  und  ausschliesslich  an  den 
Stämmen  der  Maugrovebäume  und  eine  braune  Krabbe  klettert 
behende  bis  in  ihre  Kronen.  Eine  prächtige  Kreuzspinne  {Epeira 
clavipes)  spinnt  ihre  starken,  seidenglänzeuden  Fäden  am  Rande 
der  Buchten  von  den  Aesten  schräg  zu  den  Spitzen  der  Sträucher, 
welche  die  Bucht  umsäumen  und  worunter  namentlich  Dodonea 
angustifolia^  Chiococca  racemosa,  Salicornia  ambigua,  hervorzuheben 
sind,  und  lauert  dann  auf  die  zahlreichen  dem  Wasser  entsteigen- 
den Moskitos.  Unter  Steinen  am  Rande  der  Buchten  leben  in 
grossen  Gesellschaften  auch  die  sogenannten  Brackwasserschnecken, 
Mclamptis^  Alexia^  TruncateUa  und  andere  friedlich  beisammen. 

Eigenthümlich  ist  die  Vergesellschaftung  westindischer  Pflauzen- 
formen  mit  auch  bei  uns  vorkommenden,  cosmopolitischeu  Arten 
in  den  kleinen  Sümpfen  und  Marschen  Bermudas,  welche  die 
Sohle  mehrerer  tiefen  Sättel  und  Thaleinschnitte  bilden,  zur  Zeit 
der  Fluth  mit  dem  Meer  commuuiciren  und  deren  Boden  mehr 
oder  weniger  mit  brackischem  Wasser  getränkt  ist.  Verschiedene 
Riedgräser  und  Binsenarten,  der  auch  uns  wohlbekannte  schmal- 
blättrige Rohrkolben  {Typlia  angustifolia)^  fast  mannshohe  Adler- 
und  Königsfarren,  vor  Allem  der  grosse  breitblätterige  Sumpffarren 
(Chrysodium  vidgare)  bilden  für  sich  oder  untermischt  mit  einer 
strauchartigen  Composite,  dem  Dogwood  {Baccharis  heterophylla), 
auf  manchen  Sti'ecken  ein  undurchdringliches  Dickicht,  aus  dem 
hier  und  da  einzelne  Cedern  und  eine  einheimische  Palme,  Sabal 
Palmetto  {Chamaerops  Fahnetto  Mich.)  hervorschauen.  Geuaunte 
Palme  wächst  auch  an  trocknen  Stellen,  bleibt  dauu  viel  nied- 
riger uud  wird    des    grossen  Nutzeus  wegen,    den  man  aus  ihren 


-     141     - 

Fächerblättern   zieht,    vielfach    in    der  Nähe  der  Wohnungen  an- 
gebaut. 

Ausser  der  schon  erwähnten  Cocospalme  findet  man  aus  der- 
selben Familie  zur  Zierde  der  Gärten  noch  die  Palma  real  (Oreo- 
doxa  regia),  die  Dattelpalme  {PJioenix  dactylifera),  sowie  einige 
andere  angepflanzt,  von  Cycadeen  Cycas  circinalis.  Was  die 
sonstigen  Ziergewächse  anlangt,  so  hiesse  es  die  Meisten  von  Ihnen 
noch  mehr  mit  botanischen  Namen  plagen  und  entspräche 
dem  Zwecke  dieses  Vortrages  keineswegs,  wollte  ich  alle  von  niir 
beobachteten  hier  aufzählen.  Dagegen  empfehle  ich  Jedem,  der 
einmal  Gelegenheit  hat  die  spanische  Stadt  Malaga  zu  sehen,  einem 
der  grösseren  Gärten  in  ihrer  Nachbarschaft  einen  Besuch  abzu- 
statten, wo  er  Alles,  was  die  Gartenkunst  in  einem  warmen  Klima 
zu  leisten  vermag,  bewundern  kann ;  er  findet  dort  sämmtliche 
Ziergewächse  Bermuda's  und  manche  andere  dazu.  Nur  wenige, 
welche  in  Bermuda  besonders  beliebt  sind  ,  mögen  hier  genannt 
werden.  Da  steht  in  erster  Linie  Mclia  AzedaracJi,  der  Stolz 
Indiens  (the  Pride  of  India),  welcher  der  Hafenstrasse  von  Hamilton 
den  Schatten  liefert.  Der  Baum  wird  gestumpft  wie  unsere 
Akazien,  hat  im  Alter  eine  ebenso  rissige  Rinde,  abfallendes  Laub 
und  blüht  Mitte  April  zur  Zeit  der  Entwicklung  seiner  neuen, 
doppelt  gefiederten  Blätter.  Die  Blüthen  sitzen  in  grossen,  lockeren 
Trauben  und  erinnern  aus  einiger  Entfernung  in  Färbung  und 
Aussehen  an  diejenigen  unserer  gewöhnlichen  Syringa,  auch  der 
Geruch  ist  ähnlich,  wiewohl  schwächer.  Schon  etwas  früher  ent- 
wickelt an  noch  kahlen,  dicken  Zweigen  die  Gatalpa  corallodendron, 
der  Bohnenbaum  oder  das  Bois  immortel,  wie  ihn  die  Bewohner 
vom  französischen  Westindien  nennen,  ihre  prächtigen  scharlach- 
rothen  Blüthen.  Von  immergrünen  Gewächsen  will  ich  vor 
Allem  des  indischen  Gummibaumes  {Ficus  indica)  erwähnen;  er 
wurde  uQgefähr  um  dieselbe  Zeit  wie  der  Oleander  eingeführt, 
und  kommt  in  mächtigen  Exemplaren  mit  weit  ausgebreiteter  Krone 
vor.  Unter  den  Sträuchern  sind  ausser  den  Rosen,  verschiedene  Hibis- 
cus  und  Pelargonien,  namentlich  aber  die  Duranfa  Phimieri  (Pigeou- 
berry)  beliebt,  eine  schöne  Verbenacee,  deren  blaue  Blüthentraubeu 
an  der  Spitze  schlanker  Zweige  Ende  Juni  erscheinen,  während 
glänzeudgelbe  reife  Beeren  den  immergrünen  Busch  im  Winter  zieren« 
Noch  könnte  ich  das  Lob  der  Bamlmsa  arundinacea  singen, 
die  namentlich  auf   offenen  Grasplätzen  in  grösseren   Partien  an- 


—     142     - 

gepflanzt  wird  und  sich  ausserordentlich  stattlich  ausnimmt.  Man 
denke  sich  einen  zwar  hohlen,  aber  4—5  Zoll  Durchmesser  dicken, 
glatten  Stamm  von  40  Fuss  Höhe  fast  der  ganzen  Länge  nach  ge- 
schmückt mit  einer  leichten,  lieblich  gelbgrünen  Krone,  die  zierlich 
sich  bei  jedem  Lüftchen  auf-  und  abwiegt,  ein  Gras,  das  der  schlanken 
Palme  nachstrebt  und  im  August,  wenn  es  seine  neuen  Schöss- 
linge  wie  riesige  Spargel  treibt,  diese  täglich  8  Zoll  und  darüber 
verlängert !   — 

Von  unseren  Früchten  kommen  auf  Bermuda  noch  die  Erd- 
beeren, welche  im  März  und  April  reifen,  Trauben,  Feigen  und 
Pfirsiche  fort ,   nicht  aber   das  gewöhnliche  Kern-   und  Steinobst. 

Obenan  stehen  wie  in  der  Mittelmeerregion  die  Aurantiaceen 
und  kommen  in  vielen  Arten  und  Abarten  vor  von  der  ostindischen 
Citrus  decummm^  deren  Früchte  (forbidden  fruit)  die  Dicke  eines 
Kinderkopfes  erreichen,  bis  zu  einem  stacheligen  Strauche  (C.  spino- 
sissima),  der  kleinen  Limone,  die,  wie  angenommen  wird,  west- 
indischen Ursprungs  ist  und  deren  höchst  aromatische,  saure 
Früchte  au  Gestalt  den  Taubeneiern  gleichen  und  an  Grösse  die- 
selben nur  wenig  übertreffen.  Wenn  im  Frühjahr  aus  der  schön- 
geformten, dunkelgrünen  Blattkrone  dieser  Bäume  die  schnee- 
weissen  Blüthen  in  Fülle  hervorbrechen,  dann  erfüllt  ihr  starker 
Wohlgeruch  die  Luft  weithin  und  ist  sogar  schon  vom  Meere  aus 
wahrnehmbar;  aber  noch  herrlicher  erscheinen  die  Aurantiaceen 
im  Spätherbste,  wenn  ihre  Aeste  sich  unter  der  Last  ihrer  goldenen 
Früchte  beugen  und  das  prächtige  Grün  des  Laubwerks  au  Frische 
noch  nichts  eingebüsst  hat.  Auch  der  Granatapfel  {Punica 
granatum)  ist  vielfach  zu  finden. 

Eine  ostasiatische  Obstsorte  aus  der  Familie  der  Rosaceen, 
nämlich  Eriobotrya  japonica,  liefert  die  ersten  Früchte  des  Jahres. 
Sie  reifen  schon  Ende  Februar,  sitzen  in  Trauben  dichtgedrängt, 
sind  so  gross  wie  eine  Pflaume,  birnförmig  und  von  gelber  Farbe. 
Das  den  Stein  umgebende  Fleisch  ist  sehr  saftig  und  erfrischend, 
enthält  aber  wenig  Aroma.  Der  kleine  Baum  mit  seinen  grossen 
elliptischen  Blättern  an  dicken,  filzigbehaarten  Zweigen  wurde 
durch  einen  früheren  Gouverneur,  Sir  William  Reed,  von  Malta 
eingeführt  und  ist  bereits  sehr  verbreitet. 

Ausser  den  erwähnten  gedeihen  fast  alle  tropischen  Früchte, 
wie  Bananen  (Musa  sapientium  &  paradisiaca)^  Mango  (Mangifera 
indica)^  Avocado-pear  [Fersea  gratissinia),  Sapodilla  {Sapota  Ächras), 


—     143     - 

Sour-sop  (Anona  nmricata),  Cherimolia  {Anona  iripetala),  Rosen- 
apfel {Jambosa  vulgaris)^  Surinamkirsche  {Eugenia  pitanga) ,  Guava 
{Psidium  Guava),  Melonenbaum  {Carica  papaya)^  Gamarinde(Tama- 
rindus  indica),  Mammee-apple  (Lucimia  mammosa)  und  Andere. 
Nur  die  Ananas  hat  man  vergeblich  zu  cultiviren  versucht ;  für 
sie  ist  die  Wintertemperatur  zu  niedrig. 

Bei  dem  Melonenbaum,  Calabash-tree ,  {Grescentia  cujete)  bleibt 
es  zweifelhaft,  ob  er  angepflanzt  wurde  oder  einheimisch  ist,  doch 
neige  ich  mehr  zu  der  ersten  Ansicht.  In  Westindien  steht  er  bei 
jeder  Negerhütte,  denn  aus  seiuen  grossen,  melonenförmigen  Früchten 
macht  der  arme  Mann  fast  alle  Gefässe,  deren  er  bedarf,  den 
Eimer,  worin  er  sein  Wasser  holt,  und  die  Schale,  aus  der  er  es 
trinkt.  Die  Inseln  haben  von  diesem  Baume  prächtige  Exemplare 
aufzuweisen. 

In  Bezug  auf  die  sonstigen  Culturgewächse  wiederhole  ich 
zum  Theil  bei  früherer  Gelegenheit  Erwähntes.  Kaum  die  Hälfte 
der  Oberfläche  Bermuda's  ist  cultivirbar  und  auch  hier  geht  der 
leichte  Ackerboden  selten  bis  zu  4  Fuss  Tiefe.  Aber  die  Milde 
des  Winters  und  die  anhaltende  Hitze  der  Sommermonate  vermögen 
in  rascher  Zeit  eine  Vegetation  hervorzurufen ,  die  in  Stauneu 
setzt.  Den  ganzen  Winter  hindurch  gedeihen  fast  alle  europäischen 
Gemüse,  und  während  zu  Weihnachten  blühende  Rosen,  ächter 
Jasmin  und  Passionsblumen  die  Umgebungen  der  Häuser  zieren, 
blühen  im  Gemüsegarten  Erbsen  und  Bohnen.  Um  die  Neujahrs- 
zeit wird  der  grösste  Theil  des  Bodens  mit  Kartoffeln,  Zwiebeln 
und  Liebesäpfeln  bepflanzt  und  schon  Mitte  April  kann  man  da- 
mit die  Märkte  Amerika's  versorgen.  Die  Zwiebeln,  eine  rad- 
förmige,  rothe  Art,  gedeihen  besonders  gut  und  es  sind  solche 
von  zwei  Pfund  Gewicht  keine  Seltenheit.  Sie  werden  bis  nach 
Demerara  versandt.  Erst  vor  etwa  30  Jahren  fing  man  au  die 
drei  genannten  Gewächse  in  grösserem  Umfang  zu  bauen.  Ihre 
kurze  Wachsthumsperiode,  die  geringe  Mühe,  welche  sie  machen 
und  die  Leichtigkeit  sie  zu  verwerthen,  schafften  ihnen  bald  viele 
Gönner  und  die  Cultur  des  Arrowroot,  früher  der  Hauptartikel, 
wurde  mehr  zurückgedräno^t. 

Bermuda-Arrowroot  bat  in  England  und  Nordamerika  einen 
ebenso  hohen  Ruf,  wie  Moccakaftee  bei  uns;  von  beiden  Artikeln 
ist  die  Production  beschränkt ;  viele  Kaufleute  zeigen  sie  au, 
wenige    Abnehmer    bekommen   sie    acht.      Dies  Arrowroot    wurde 


—     144     — 

schon  vor  mehr  als  100  Jahren  von  Charleston  in  Südcarolina 
eingeführt.  Es  liebt  einen  leichten,  von  Eisenoxyd  gerötheten 
Boden,  wird  nach  Art  der  Kartoffeln  in  kleinen  Knollen  im  März 
ausgesetzt  und  erst  11  Monate  später  geerutet.  Die  im  Ganzen 
cylindrischen  Knollen ,  deren  es  6  —  20  an  einer  Pflanze  gibt, 
werden  höchstens  8  Zoll  lang  und  einen  Zoll  dick;  sie  sind  ge- 
gliedert, mit  leicht  sich  ablösenden  Schuppen  bedeckt.  Das 
Stärkemehl  wird  daraus  ganz  ähnlich  bereitet,  wie  aus  den  Kar- 
toffeln. Kaffee,  Baumwolle  und  Zuckerrohr  gedeihen  ebenfalls  in 
Bermuda,  doch  fehlt  es  an  Land,  ihre  Cultur  zu  betreiben. 

Algen. 

Werfen  wir  nun  einen  Blick  auf  die  Meei-esflora.  Die  Algen 
sind  die  Ornamente,  womit  der  Oceau  an  vielen  Orten  seine  Ränder 
und  Buchten  schmückt,  die  hier  Wälder,  Gärten  und  Rasenplätze 
bilden,  worin  sich  die  kleine  Thierwelt  des  Meeres  so  gern  er- 
götzt, wo  sie  Nahrung  und  Schutz  findet,  wohin  sich  auch  Schild- 
kröten und  grössere  Fische  zeitweise  zur  Weide  begeben ;  sie  bilden 
wichtige  Beförderungsmittel,  mit  denen,  wenn  sie  von  ihrer  Unter- 
lage losgerissen  und  auf  den  Wellen  tanzen,  mancher  Same,  manches 
Thier  an  fremde  Gestade  gelangt  und  sich  unter  günstigen  Ver- 
hältnissen eine  neue  Heimath  gründet. 

Klima,  Meeresströmungen  und  Licht,  daher  auch  Tiefe,  Lage 
und  Gestalt  der  Buchten,  haben  auf  die  Algenflora  des  Meeres 
den  grössten  Eiufluss.  Daher  ist  sie  in  jedem  Meere  anders  be- 
schaffen, ja  selbst  an  den  Küsten  kleiner  Inseln  verschieden,  je 
nachdem  sie  dem  Süden  oder  Norden,  der  Lichtseite  oder  dem 
Schatten  zugewendet  sind  und  je  nachdem  sie  unter  dem  Einflüsse 
einer  warmen  oder  kalten  Strömung,  den  Stürmen  und  starkem 
Wellenschlag  ausgesetzt  oder  davor  geschützt  sind.  In  Bezug  auf 
die  geographische  Verbreitung  der  Meeresalgen  könnte  mau  ebenso 
Zonen  unterscheiden  wie  bei  den  Gewächsen  des  Festlandes.  Da 
aber  das  Meerwasser  nicht  so  leicht  und  oft  seine  Temperatur 
ändert  als  die  Luft,  da  es  ferner  das  einzige,  alle  Erdtheile  be- 
rührende Verbreitungsmittel  der  Algen  ist,  so  geben  die  Isothermen 
des  Oceans  die  Linien  an,  in  welchen  wir  dieselben  Formen  wieder 
finden  und  es  ist  die  Verbreitung  mancher  Algenart  eine  viel 
grössere  wie  die  der  meisten  Landpflanzen. 


—     145     — 

Die  Algenflora  Bermuda's  steht  ganz  unter  dem  Einflüsse  des 
Golfstroms,  schliesst  sich  in  ihrem  Charakter  eng  an  diejenige 
der  Bahamas-Inseln  und  der  Florida-Riffe  an,  ist  reich  an  schönen 
zarten  Formen,  bietet  nichts  Eigenthümliclies  und  weicht  von  der- 
jenigen der  ostatlantischen  Inseln  unter  gleicher  oder  geringerer 
Breite  fast  ebenso  ab,  wie  die  Landfloren  verschieden  sind.  Die 
Riesen  der  Meeresalgen,  die  Riementauge  (Laminarieu)  und  Blasen- 
tange (Fueusarten),  welche  zum  Theil  an  der  ostatlantischen  Küste 
bis  in  die  Nähe  des  Wendekreises  gedeihen,  eine  starke  Brandung 
und  kühlos  Wasser  lieben,  fehlen  ganz,  dagegen  haben  sich  inner- 
halb des  die  Inseln  umgebenden  Korallenriffs  Wärme-,  Schutz- 
und  Licht-  oder  Dunkelheit-liebende  Arten  in  Fülle  ausgebreitet. 
Tu  Lagunen,  Buchten  und  Cavernen  der  Korallenbildungen,  in  den 
seichten  Buchten  der  Küste  selbst,  in  dunklen  Wasserkammern, 
welche  das  unter  überhängenden  Felsplatten  eintretende  Meer 
sich  gebildet  hat,  endlich  in  den  Pfützen  der  felsigen  Gestade, 
welche  bei  jeder  wiederkehrenden  Fluth  von  neuem  mit  Meer- 
wasser gespeist  werden,  sind  die  Bedingungen  zu  ihrem  guten 
Gedeihen  gegeben,  hier  findet  der  Algenfreund  eine  reiche  Beute 
und  hat  Gelegenheit  die  Entwicklung  zarter  Formen  in  allen 
Stadien  zu  verfolgen. 

Die  Melanospermen  oder  olivengrüneu  Algen  haben  ihre  grössten 
Vertreter  an  der  Küste  Bermuda's  in  der  Gattung  Beeren  fang 
(Sargassum)  aufzuweisen.  Am  bekanntesten  ist  Saryassimi  bac- 
ciferum,  der  Fucus  natans  älterer  Beschreiber,  denn  aus  dieser  Art 
besteht  hauptsächlich  die  Golfalge  und  die  Sargasso-See  südwest- 
lich von  den  Azoren.  Hier  ist  bekanntlich  eine  grosse  Strecke 
der  Meeresoberfläche  mit  diesem  Tang  bedeckt  und  zwar  an  manchen 
Stellen  so  dicht,  dass  der  Meeresspiegel  völlig  verdeckt  wird  und 
hindurch  segelnde  Schiffe  bedeutend  an  Geschwindigkeit  verlieren. 
Die  ganze  Strecke,  wie  eine  schwimmende  grüne  Insel  aussehend, 
weshalb  sie  Oviedo,  der  berühmte  Geschichtsschreiber,  Tausr- 
wiesen  (Praderias  de  yerva)  nennt,  beträgt  mehrere  Tausend  Quadrat- 
meilen. Schon  die  Phönizier  erwähnen  dieses  Sargassomeers  als 
einer  gallertartigen  See  jenseits  der  Säuleu  des  Herkules,  in  welcher 
die  Schiffe  stecken  blieben.  Columbus  gelangte  am  16.  September 
1492  zuerst  hinein  und  brauchte  volle  14  Tage  um  sich  hindurch 
zu  winden.  Alljährlich  treibt  Sargassum  bacciferum  neue  Aeste 
und   es    entwickeln    sich    durcli    mechanische    Ablösuny;    ein/einer 

10 


—     146     — 

Zweige  neue  Nester,  etwa  in  demselben  Maasse  wie  alte  zu  Grunde 
gehen,  aber  man  niuss  annehmen,  dass  dieser  Tang  nicht  ur- 
sprünglich an  seiner  jetzigen  Sammelstätte  vorkam,  sondern  durch 
die  Strömung  dorthin  verbracht  wurde.  An  den  Tortugasbäukeu, 
der  felsigen  Küste  von  den  Bahamas  und  auch  auf  der  Südwest- 
seite von  Bermuda  wächst  er  massenhaft,  dort  ist  sein  Ursprung. 

«When  descends  on  the  Atlantic 
The  gigantic  stormwind  of  the  Equinox 
Downward  iu  its  wrath  it  scourges 

The  toiling  surges,  laden  with  Sea-weeds  from  the  rocks.» 

Longfellow. 

Von  den  Bahamas  und  Florida-Riffen  folgt  dieser  Beerentang 
in  langen,  oft  unterbrochenen  Streifen  des  Golfstroms  Spur  und 
gelangt  nach  mouatelangem  Tanz  auf  den  Wellen  an  entfernten 
Küsten  zur  Ruhe  oder  er  erreicht  das  grosse  Lager  bei  den  Azoren, 
um  vielleicht  noch  einmal  fortgerissen  zu  werden  und  mit  der 
Aequatorialströmung  seiner  alten  Heimath  zuzutreiben.  Wenn 
Ende  März  die  Südweststürme  eintreten,  dann  wälzen  die  heran- 
brausenden Fluthen  grosse  Massen  dieser  Golfalge  iu  die  Buchten 
der  Bermuda-Inseln,  wo  sie  von  den  Bewohnern  aufgesammelt  und 
als  Dünger  ins  Ackerland  vergraben  werden. 

Etwas  höher  als  der  Beerentang,  dessen  Arten  nie  über  dem 
niedrigsten  Wasserstande  wachsen,  finden  sich  viel  zartere  Ge- 
nossen einer  andern  Familie  von  Fucoideen,  nämlich  die  Dictyota- 
ceen.  Die  zarten  gelblichgrünen  Büschel  derselben  bilden  oft  auf 
grosse  Strecken  den  Meeressaum. 

Die  rothen  Algen  (Florideen  oder  Rhodospermen)  bilden 
meist  zarte  Büschel,  erreichen  das  Maximum  ihres  Vorkommens 
in  tiefem  Wasser  und  an  Stellen,  wo  das  directe  Sonnenhcht  nicht 
einwirkt.  Diejenigeu  Arten,  welche  dieser  Regel  nicht  folgen,  an 
der  Grenze  des  Wasserspiegels  vorkommen  oder  wohl  gar  theil- 
weise  periodisch  trocken  liegen,  verlieren  viel  von  ihrer  Farben- 
pracht und  neigen  nach  violett,  orange  oder  grün.  Die  häufigsten 
Arten  an  den  Küsten  Bermuda's,  insbesondere  der  Nordseite,  sind 
vor  Allem  Eucheuma  isiformis,  die  cosmopolitischen  Laurentieu, 
insbesondere  Laurentia  ohtusa,  sowie  einige  Ceramineen,  nament- 
lich Ceramimn  nitens  und  Centroceras  clavatum^  ferner  die  Coral- 
lideu,  Amphiroa  und  Jania. 

Eine  grüne  Farbe  charakterisirt  nicht  blos  die  meisten  Süss- 


-     147       — 

Wasseralgen,  sondern  auch  viele  vegetabile  Bewohner  des  Meeres, 
insbesondere  diejenigen  der  Pfützen  längs  der  Küsten  und  über- 
haupt über  dem  mittleren  Wasserstande.  Eine  bedeutendere 
Lichteinwirkung  ist  Bedingung  für  ihr  Fortkommen ;  dagegen 
stellen  viele  keine  hohen  Ansprüche  an  den  Salzgehalt  des  Wassers 
und  finden  sich  noch  au  Flussmünduugen  und  in  Pfützen,  wo  der- 
selbe sehr  gering  ist.  Obenan  in  dieser  Hinsicht  stehen  die  Meer- 
lattige  oder  Ulvaceen,  zum  Theil  Cosmopoliteu ,  welche  in  ihren 
meist  breiten  zarten  Blättern  ein  prächtiges  Grün  entwickeln  und 
wohl  keiner  Küste  ganz  fehlen. 

Die  herrlichsten  Formen  aber  gehören  der  Familie  der  Cau- 
lerpen  an,  welche  an  manchen  Stellen  dichte  Rasen  an  felsiger 
Küste  unter  dem  tiefsten  Wasserstande  bilden  und  durch  ihr 
prächtiges  Grün  und  durch  ihre  zierlichen  Formen  nicht  wenig 
zum  Glänze  einer  tropischen  Meerlandschaft  beitragen.  Von  den 
(30  Arten,  die  man  ungefähr  kennt,  hat  die  Küste  Bermuda's  4 
aufzuweisen,  die  schönsten  der  ganzen  Sippe:  Caulerpa  Mexicana, 
C.  plumaris,  C.  prolifera  und  C.  clavifera.  Dem  Botaniker  aber  sind 
sie  besonders  deshalb  interessant,  weil  die  fadenförmigen  und  inein- 
ander verwobenen  Haftwurzelu,  die  kriechenden  Stengel  oder  Succuli 
und  die  vielen  aufstrebenden  und  verästelten  Triebe  zusammen  nur 
eine  Zelle  ausmachen  und  wir  in  dieser  Familie  und  insbesondere 
in  der  Art  C.  prolifera  der  grössten  Pflanzenzelle  begegnen.  Zur 
Zierde  des  Meeresstrandes  dienen  noch  viele  andere  grüne  Algen- 
arten, von  denen  ich  nur  der  seltsamen  Udotea,  ferner  des  Meer- 
pinsels, Penicülus  capitatus^  und  endlich  der  Bryopsis  erwähnen 
will,  welche  mit  ihren  zierlichen  Federbüschen  den  Küstenrand 
umsäumen  und  der  Natur  behülflich  sind  in  ihrem  Bestreben  die 
sonst  unfruchtbaren  Felsen  des  Meeres  in  Schönheit  und  Anniuth 
zu  kleiden. 


148     — 


Nachtrag. 

In  Folgendem  gebe  ich  anhangsweise  die  Liste  der  von  mir 
in  Bermuda  gesammelten  Gefässpflanzen  und  marineu  Algen.  Sie 
macht  nicht  den  Anspruch  auf  Vollständigkeit,  wohl  aber  auf 
Zuverlässigkeit  und  dürfte,  da  über  die  Landpüanzen  noch  fast 
gar  nichts,  über  die  Algen  nur  wenig  bekannt  ist,  dem  Botaniker, 
insbesondere  dem  Pflanzengeographen,  nicht  unwillkommen  sein. 
Künftige  Sammler  werden  die  Liste  der  Algen  noch  bedeutend 
bereichern  können,  weniger  die  der  Gefässpflanzen.  Was  letztere 
betrifft,  so  habe  ich  mit  Cursivschrift  diejenigen  Gewächse  be- 
zeichnet, welche  nachweisbar  erst  durch  Sämereien  eingeführt 
oder  wie  Oleander  und  Kaffee  nur  verwildert  sind.  W.  L  hinter 
dem  Namen  deutet  das  gleichzeitige  Vorkommen  der  Pflanze  in 
West-Indien,  A.  das  auf  dem  benachbarten  amerikanischen  Con- 
tinente,  E.  die  directe  Einführung  aus  Europa  an.  Dabei  habe 
ich  zum  Vergleiche  besonders  Chapman:  ,, Flora  of  the  Southern 
States" ,  namentlich  aber  Grisebach :  „Flora  of  the  West-Indian 
Islands"  benutzt,  mich  auch  in  der  Anordnung  nach  letzterem 
vortrefflichen  Werke  gerichtet.  Die  Algen  sind  nach  Harvey : 
,,Nereis  Boreali-Americana  etc."  in  Smithsonian  Contributions  Vol. 
III,  V  und  X  geordnet,  doch  habe  ich  auch  auf  einen  Artikel 
betitelt :  ,, Notes  on  the  Bermudas  with  special  reference  to  their 
Marine  Algae  by  the  Rev.  Alex.  F.  Kemp,"  welcher  im  „Canadian 
Naturalist  and  Geologist,  Montreal  May  1857",  veröffentlicht  wurde, 
gebührend  Rücksicht  genommen  und  hinter  jede  von  Kemp  au- 
geführte Species  seinen  Namen  gesetzt.  Hierbei  kann  ich  die 
Bemerkung  nicht  vermeiden,  dass  ich  über  das  Vorkommen  man- 
cher von  Kemp  angeführten  Art  gegründete  Zweifel  habe  und 
dass  ich  glaube,  es  liegen  hier  Irrthümer  vor,  hervorgegangen 
aus  falscher  Bestimmung  oder  aus  Verwechselung  des  Fundortes 
von  anderwärts  gesammelten  Arten. 


-     149     — 

Die  von  mir  gesammelten  Species  habe  ich  selbst  bestimmt, 
dann  aber  dem  leider  zu  früh  verstorbenen  Prof.  Harvey  znr 
Revision  unterbreitet,  die  Bestimmung  der  Gefässpflanzeu  hatte 
Herr  Prof.  Grisebach  freundlichst  übernommen ,  wofür  ich  nicht 
unterlassen  will  ihm  auch  an  dieser  Stelle  meinen  wärmsten 
Dank  auszusprechen. 

A.    Plantae  vasculares  Bermiidianae. 


I.  Kanunculaceae. 

1.  Raiiuiiculus  parviflorus  L.W.I.:  A. 
XL  Ceratophylleae. 

2.  Ceratophylluiii  deinersum  L.  "W. 
I.;A. 

III.  Papaveraceae. 

3.  Argemone  mexicana  L.  W.  I. ;  A. 

IV.  Fumariaceae. 

4.  Fumaria  ofßcinalis  L.  A. 

V.  Cruciferae. 

5.  Capsella  Bursa  -  pastoris     Moh. 
W.  I.;  A. 

6.  Senebiera  pinnatifida  D.  C.   W. 
L;  A. 

VI.  Pittosporeae. 

7.  Pittosporum    undulatum    Andr. 
(Neuholland.) 

VII.  Euphorbiaceae. 

8.  Ricinus  communis  L.    W.  I. ;  A. 
y.  Euphorbia  heterophylla    L.   W. 

10.  E.  Peplus  L.  W.  I.;  A. 

VIII.  Alsineae. 

11.  SteJlaria  media  Vill.  W.  I.;  A. 

IX.  Phytolacceae. 

12.  Suriana  maritima  L.   W.  I.;   A. 

X.  Chenopodeae. 

13.  Salicornia  ambiguaMiih.W.I.;A. 

XI.  Tiliaceae. 

14.  Triumfettia     althaeoides      Lam. 
W.  I. 

XII.  Hypericineae. 

15.  Asryruiii  hyperitoides   L.   W.  I. 

XIII.  Sapindaceae, 

16.  Cardiospermum       microcai'pum 
Kth.  W.  I. 

17.  Dodonaea  angustifolia  Sw.  W.  I. 


XIV.  Aurantiaceae. 

18.  Citrus  medica  L.  W.  I. 

19.  C.  Auranlium  Ij.  W.  I. 

C.  spinosissima  Mey  W.  I. 

XV.  Geraniaceae. 

20.  Geranium  caroliniaiuim  L.  A. 

XVI.  Oxalideae. 

21.  Oxalis  cernua  Thunhg.     A. 

XVII.  Cyrilleae. 
22.ElaeodendronxylocarpumD.C.W.I. 

XVIII.  Urtieaceae. 

23.  Urtica  dioica  L.    W.  I.;  A. 

24.  U.  urens  L.  W.  I.;  A. 

25.  Parietaria  debilis  Forst,  var.  fol. 
triplinerviis  Gr.  A. 

XIX.  Polygoneae. 

26.  Coccoloba  uvifera  Jacq.  W  I.;  A. 

XX.  Therebinthaceae. 

27.  Rhus  Toxycodeudron  L. 

var.  radicans  L.  A. 

XXI.  Amentaceae. 

28.  Myrioa  punctata  Gr.  W. 

XXII.  Leguminosae. 

29.  Centrosema  virginiauum 
W.  I.;  A. 

30.  Leucaena  glauca  Benth. 

XXIII.  Onagrarieae. 

31.  Gaura  coccinea  Nutt.  A. 

32.  Isnardia  repens  L.  W.  I. 

33.  Oenothera  humifusa  Nutt.  A. 

34.  0.  sinuata  L.  A. 

XXIV.  Rhizophoreae 

85.  Rhizophora  Mangle  L.  W.  I. ;  A. 

XXV.  Cacteae. 

36.  Opuntia  Ficus-indica  Mill  W.I.;  A. 

37.  Op.  Pes-Corvi  Lecomte  A. 


A. 


I. 


Benth. 


—     150 


XXVI.  Crassulaeeae. 

;38.  Bryophyllum    calijcinum   Solislj. 
W.  I. 
XXYII.  Umbelliferae. 

39.  HydrocotyleumbellataL.  W.  I.;  A. 

40.  H.  asiatica  L. 

41.  Torilis  nodosa  Gaertii.  E. 

XXVIII.  Rubiaeeae. 

42.  Chiococca  racemosa Jacq.  W.  I.;  A. 

43.  Goffea  arabica  L. 

44.  Valantia  hispida  L.  E. 

XXIX.  Valerineae. 

45.  Centrantlius  macrosiphon  Boiss.  E. 

XXX.  Synanthereae, 

46.  Baccharis  heteiophylla  L.  A. 

47.  Stenactis  auuua  Cass.  var.  A.;  E. 

48.  Erigeron  philadelpliicus  L.  A. 

49.  Solidago  mexicana  L.  A. 

50.  Polymiiia  uvidalia  L.  A. 

51.  Partlieiiium     Ilysteropliorus     L. 
W.  I.;  A. 

52.  Borricliia     arboresceiis     D     C. ; 
W.  D.;  A. 

53.  Bideiis   leucaiithus  W.  var.  dis- 
coideus;  W.  I. ;  A. 

54.  Sonchus  oleraccus  L.  W.  I.;    A. 

55.  S.  aspcv  Vill.  W.  I.;  A. 

XXXI.  Goodenoviae. 

56.  Scaevola  riuinieri  E.  W.  I.;   A. 

XXXII.  Plantagineae. 

57.  Flantago  major  L.  W.  I. ;  A. 

58.  PI.  lanceolata  L.  W.  I.;  A. 

XXXIII.  Plumbagineae. 

59.  Statice  earoliniaua  Walt.     * 

XXXIV.  Aselepiadeae. 

60.  Asciepias  curassavica  L.  W.I.;  A. 

XXXV.  Apocyneae. 

61.  Nereum  Oleander  L.  E. 

XXXVI.  Serophularineae. 

62.  Penstemoii  pubescens  Sol.  A. 
63-  Heipestis  Moimieria  Kth.  W.  I.;  A. 
64.  Linaria  Elaiine  Mill.  var.  E. 

XXXVII.  Solaneae. 

65    Datura  Stramonium  L.  W.  I. ;  A. 

66.  Solanum  nigrum  L.  W.  I. ;  A. 

67.  S.  aculeatissimum  Jacq.  W.  I. ;  A. 


XXXVIII.  Bignoniaceae. 

68.  Grescentia  Gujete  L.  W.  I. 

XXXIX.  Convolvulaeeae. 

69.  Ipomoeapes-caprae  Sw.  W.  1. ;  A. 

70.  I.  jamaicensis  Don.  W.  I. 

71.  Convolvulus    jamaicensis     Jacq. 
AV.  I. 

72.  Dicliondra  repens  Forst.  W.  I. ;  A. 
XL.  Hydroleaceae. 

7o.  Nama  jamaicensis  L.  W.  I.;   A. 
XLI.  Boragineae. 

74.  Tournefortia  gnaphaloides  E.  Br. 
W.  I.;  A. 

XLII.  Labiatae. 

75.  Pycnautliemiim  muticum  Pers.  A. 

76.  Melissa  Calamintlia  L.  E. 

77.  Salvia  serotina  L.  W.  I. ;  A. 

78.  S.  coccinea  L.  W.  L;  A. 

79.  Sideritis  roraana  L.  E. 

80.  Lamium  amplexicaule  L.  E. 

81.  Marruhiiim  vulgare  L.  E. 
XLIII.  Verbenaceae. 

82.  Lippia  nodiflora  Ricli.  W.  I. ;    A. 
So.  Lantana  crocea  Jacq.  W.  I. 

84.  L.  odorata  L.  W.  I. 

85.  Avicennia  nitida  Jacq.  W.  I. ;  A. 

86.  Maurandia    semperflorens     Orb. 
u.  var.  E. 

XLIV.  Coniferae. 

87.  Juniperus  Bermudiana  L.  W.  I. 
(J.  barbadeusis  Lun.) 

XLV.  Najadeae. 

88.  Ruppia  maritima  L.  W.  I.;  A. 

89.  Zostera  marina  L.  A. 
XLVI.  Aroideae. 

90.  Lenma  minor  L.   W.  I. ;  A. 

91.  L.  trisulca  L.  W.  I.;  A. 
XLVII.  Typhaceae. 

92.  Typba   angustifolia  L.  var.   do- 
mingensis  Pers.  W.  I. ;  A. 

XLVIII.  Palmae. 

93.  Sabal  Palmetto  R.  &  S.  A. 
XLIX.  Commelyneae. 

94.  Commelyna    cayeun'ensis     Rieh. 
^Y.  s. 


—     151     — 


L.  Gramineae. 

95.  Sporobolus  purgans  Kth.  W.  I. 

96.  Sp.  indicus  R.  Br.  W.  I. 

97.  Leptochloa  mucronata  Ktli.  W. 
I.;  A. 

98.  StenotaphiMini  amorioamini  Schik. 

W.  I.;  A. 

99.  Digitaria  setigera  Rtli.  W.  I.;  A. 

100.  Panicuin  brevifoliuiii  L.  AV.  I. 

101.  P.  virgatiim  L.  A. 

102.  P.  capillare  L.  A. 

103.  Polypogon  monspeliensis  Dest.E. 

104.  Sclerochloa  rigida  Gr.  E. 
LI.  Cyperaceae. 

105.  Scirpus  melanocarpus  Gi".  (Eleo- 
charis  nielanocarpa    Torr.)    A. 

106.  Cladium     occidentale     Rchrad. 
W.  I. 

107.  Rhynchospora  stellata  Gr.  W.  1. 

108.  R.  pura  Gr.  W.  I. 
LIT.  Jimeeae. 

109.  Jiincus  tenuis  W.  W.  I. ;  A. 
LIII.  Liliaceae. 

110.  Aloe  vulgaris  Lam.  W.  I. 
11!.   Yucca  aloifoUa  L.  W.  I.;  A. 
112.  Agave  americana  L.  W.  I. 


LIV.  Iridaeeae. 

113.  Sisyrinchinm  Bermudiana  L.  A. 
LV.  Orchideae. 

114.  Spiranthestortilis  Rieh.  W.  I. ;  A. 

(Nur  in  2  ExempLiven  auf  einem  mit 
Stenotaphrum  ainericanum  bewach- 
senen freien  Platze   gcfundcu.    K.) 

LVI.  Piliees. 

115.  Adiantum    Capillus-Venoris    L. 
W.  I. ;  A. 

116.  Woodwardia  VirginicaWilld.  A. 

117.  Pteris  aqiiilina  L.  W.  I.;  A. 

118.  Chrysodium    aureuiu    Fee    W. 
I.;A. 

(Acrostichum  aureum  L.) 

119.  Asplenium    Triclionianos    Iluds, 
W.  I.;  A. 

120.  Aspidium  Thelypteris  Swartz  A. 

121.  A.  patens  Sw.  W.  I.;  A. 

122.  A.  exaltatum  Sw.  W.  I. 

123.  A.  aculeatum  Sw.  W.  I.;  A. 

124.  A.  villosum  Sw.  A. 

125.  A.  molle  Sw. 

126.  Polypodium  pectinatiim  L.W.  1. 

127.  Osmunda  regalis  L,  A. 

128.  0.  ciiinamomea  L.  A. 


B.     Algae  niariuae  Bermudianae. 

(Hierzu  kommen  lM  noch  nicht  zuverlässig  bestimmte  und  darum  hier  ausgelassene  Arten.) 


A.  Bfelanospermcae. 
I.  Fueaceae. 

1.  Sargassum  vulgare  Ag.  —   Rein! 

2.  S.  bacciferum  Ag.— KempIReiii! 

3.  S.  linifolium  Ag.    -  Rein! 

4.  S.  Icndigerum  Ag.  —  Rein! 

var.  fissifolium  Harv.  —  Rein! 

5.  S.  affine  Ag.  —  Rein 

6.  Fucus  distichus  A.  —  Kemp! 

7.  F.  ceranoides  A.  —  Kemp! 
IL  Sporoehnaceae. 

8.  Sporochuuspcdunculatua— Kemp ! 


III.  Dictyotaceae. 
9.  Haliseris    polypodioides    Ag.     — 
Kemp!  Rein ! 

10.  H.  plagiogramma  Mtg.  —  Rein! 

11.  Padina  Pavonia  Lamx.  —  Kemp! 
Rein ! 

12.  Zonaria  lohata  Ag. —  Kemp!  Rein! 

13.  Z.  parvula.   Ag.  —  Kemp!  (?) 

14.  Dictyota  fasciola  Lamx.  —  Rein! 

15.  D.  dichotoma  Lamx.    —    Kemp ! 

Rein  I 
D.  ß.  var.  —  Rein! 
IG.  1).  ciliata  Ag.   -     Kemp!  Rein! 


-     152     - 


17.  Dictyota  crenulata  Ag. —  Kemp! 

18.  D.  intricata.  —  Kemp ! 

19.  D.  Bartayresiana  Lamx. —  Kemp! 

20.  Asperococcus      sinuosus      Bory. 

—  Kemp !  Rein ! 

IV.  Chordariaceae. 

21.  Mesogloja    vermicularis  Ag.     — 
Kemp !  Rein ! 

22.  M.  virescens  Carm.  —  Kemp! 

23.  M.  Grifithia—  Kemp! 

B.  Rhodospermeae. 

V.  Rhodomelaceae. 

24.  Alsidium  Blodgettii  Harv. — Rein  ! 

25.  Acauthophoia  Thierii  Lamx.  — 
Kemp !  Rein ! 

26.  Chondria  littoralis  Harv.  — Rein! 

27.  Polysiphonia  nigrescens  Grev.  — 
Rein! 

28.  P.  fibrillosa  Grev.  —  Kemp !  Rein ! 

29.  P.  elongata  Grev.  —  Kemp! 

30.  Digenia  simplex   Ag.   —  Kemp ! 
Rein! 

31.  Bostrychia  Montagnei  Harv.   — 
Rein! 

32.  B.  scorpioides  Mont.  —  Kemp! 

33.  Dasya  elegans  Ag.  —  Rein  ! 

34.  D.  mucronata  Harv.  —  Kemp! 

35.  D.  pediculata?  —  Kemp! 

VI.  Laurentiaeeae. 

36.  Laurentia  obtusa  Lamx.  —  Kemp ! 
Rein ! 

37.  L.  gemmifera  Harv.  —  Rein ! 

38.  L.  papulosa  Grev.  —  Kemp!  Rein! 

39.  L.  scoparia  Ag.  —  Kemp! 

40.  Asparagopsis  Delilei  Mtg. — Rein! 

VII.  Corallinaceae. 

41.  Jania  cubensis  Mont.  —  Rein! 

42.  Araphiroa  debilis  Kütz.  —  Rein! 

VIII.  Sphaerococcidae. 

43.  Botryoglossum  platycarpumKütz. 

—  Kemp! 

44.  Gracilaria    multipartita    Ag.    — 
Kemp ! 

45.  G.  cont'ervoides  Grev.  —  Kemp! 

46.  G.  armata  Ag.   —  Kemp!   Rein! 

47.  G.  divaricata  Harv.  —  Kemp! 


IX.  Qelidiaceae. 

48.  Gelidium  rigidum  Harv.  —  Rein. 

49.  G.  cornenm  Lamx.  —  Kemp! 

50.  G.  abnorme?  —  Kemp! 

51.  Eucheuma  isiforme  Ag. —  Kemp  ! 
Rein! 

52.  Hypnea    musciformis    Lamx.    — 
Kemp!  Rein. 

53.  Würdemannia  setacea  Harv.    — - 
Rein! 

X.  Helminthoeladeae. 

54.  Ilelminthora    divaricata    Ag.    — 
Kemp ! 

55.  Liagora   valida  Harv.  —  Kemp! 
Rein! 

56.  L.  pulverulenta  Ag.  —  Kemp! 

57.  Galaxaura    fastigiata    Ilarv.    — 
Rein! 

XL  Wrangeliaceae. 

58.  Wrangelia  peuicillata  Ag.— Kemp! 
Rein! 

XII.  Rhodymeniaeeae. 

59.  Rhodymcnia    palmata    Grev.    — 
Kemp ! 

60.  R.  laciniata  Grev.  —  Kemp  ! 

XIII.  Cryptonemiaceae. 

61.  Gigartina  Tecdii  Lamx.— Kemp! 

62.  Chondrus  crispus  Lyngb.—  Kemp! 

63.  Cryptonemia   crenulata    Ag.    — 
Rein! 

64.  Chyclocladia  rosea  Harv. —  Kemp ! 
65  Chrysimenia  uvaria  Ag.  —  Kemp ! 

Rein! 

66.  Ch.     halimenidioides     Harv.     — 
Kemp ! 

67.  Gloiosiphonia  capillaris  Carm.  — 
Kemp ! 

XIV.  Spyridiaceae. 

;  68.  Spyridia  aculeata  Kütz. — Kemp! 

69.  Sp.  filamentosa  Harv.  —  Rein! 

XV.  Ceramiaeeae. 

70.  Centroceras   clavulatum  Ag.    — 
Rein! 

71.  Ceramium  nitens  Ag.  —  Reiu! 

72.  C.  rubrum  Ag.  —  Kemp! 

73.  C.  fastigiatum  Harv.  —  Kemp! 


—     153    — 


C.  Chlorospernieae. 
XVI.  Siphonaceae. 

74.  Caulerpaprolifera  Lainx.— Kemp; 
Rein ! 

75.  C.  Mexicana  Sond.  —  Rein! 

76.  C.  plumarisAg.  ^Ke)np!  -Rein! 
•  J7.  C.  clavifera  Ag.  —   Rein!, 

78.  Halimeda  opiintia  Lamx.  —  Rein ! 

79.  H.  incrassata  Lamx.  —  Reiu! 

80.  Udotea  flabellata  Lamx. —  Rein! 
81-  U-.  tonglutinata  Lamx.  —  Rein! 
*.^.  Codium    tomentosum    Stack.    — 

Kemp!   Rein! 

83.  C  Bursum  Ag.  —  Kemp! 

84.  C.  adhaeiens  Ag.  —  Kemp! 

85.  Bryopsis  plumosa  Lamx.— Kemp ! 
Rein ! 

86.  Br.  hypnoides  Lamx.   —   Kemp! 

87.  Derbesia  marina  Sol.  —  Rein ! 
XVIL  Dasycladeae. 

88.  Cymopolia  barbata  Lamx.—  Rein  ! 

89.  Dasycladia  occidentalis  Harv.— 
Rein! 

90.  Acetabularia  crenulata  Lamx. — 
Kemp !  Rein! 

XVin.  Valcniaceae. 
9L  Penicillus    capitatus    Lamx.     — 
Rein! 


92.  Blodgettia  confervoides  Harv. — 
Rein ! 

93.  (Valonia  intricata  Ag.     Zoobo- 
tryon  pelluciduni  Ehr bg.?) Rein! 

94.  Anadyomene  '  flabellata    Lamx. 
(A.  stellata  Ag.)  —  Rein! 

XIX.  Ulvaeeae. 

95.  Enteroniorpha  compressa  Grev. 
—  Rein  ! 

96.  E.  percursa  Ag.  —  Rein! 

97.  E.  clathrata  Grev.  —  Kemp! 

98.  Ulva  Linza  L.  —  Kemp!  Rein! 

99.  U.  latissiraa  L.  —  Kemp!  Rein! 
100.  U.  lactuca  L.  —  Kemp!  Reiu! 
lOL  Porphyra  vulgaris  Ag.  —  Kemp ! 

XX.  Confervaceae. 

102.  Cladophora    mcmbrauacea    Ag. 
Rein! 

103.  Gl.  glaucescens  Griff.  —  Reiu ! 

104.  Gl.  luteola  Harv.  —  Rein! 

105.  Gl.  lutescens  Harv.  —  Rein! 

106.  Gl.  laetevirens  Dillw.  —  Rein! 

107.  Chaetomorpha  genicuU^ta  Mt.  — 
Rein ! 

108.  Hormotrichum       Bermudianum 
Harv.  sp.  n.  Rein! 

XXI.  Oseillatoriaeeae. 

lOi*.  Lyngbya    majuscula    Harv.    — 
Rein ! 


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