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Full text of "Bericht ©ber die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft in Frankfurt am Main"

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OF 

COMPARATIYE    ZOÖLOGY, 

AT  HARVARD  COLLEGE,  CAMBRIDGE,  MASS. 
JFountie'ö  tj  prfbate  suliscrfptfon,  fn  1861. 

The  gift  of  /^  '  y<L.vv<Jj^.vJkM^<tOoc^ 
No.  "/-dGS 


Bericht 


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<3'*Ä.a,v  /V7C. 


über  die 


Senckenbergische 
naturforschende  Oesellschaft. 


1873-1874 


Frankfurt  a.  M. 

Dri;ck  von  Malilau  &  Waldschmidt. 
-    1875. 


Bericht 


über  die 


Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft 


Frunkfiirt  am  Main« 


^"^Vom  Juni  1873  bis  Juni  1874. 


Die  Direction   der  Senckenberg-ischen   naturforschenden 

Gesellschaft    beehrt    sich    hiermit,    statutengemäss  ihren  Bericht 
über  das  Jahr  1873  bis  1874  zu  überreichen. 
Frankfurt  a.  M.,  im  Juli  1874. 

Die  Direction: 

Hauptmann  L,  y.  Heyden,  d.  Z.  erster  Director. 
Dr.  phil.  H.  Tli.  Geyler,  d.  Z.  zweiter  Director. 
J.  Blum,  d.  Z.  erster  Schriftführer. 
Dr.  phil  J.  Ziegler,  d.  Z.  zweiter  Schriftführer. 


Bericht 

über  die 

Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft 

in 

Frankfurt  am  Main. 


Erstattet  am  Jahresfeste,  den  31.  Mai  1874 


von 

Th.  Geyler, 

d.  Z.  zweitem  Director. 


Hochgeschätzte  Versammlung! 

Wiederum  ist  ein  Jahr  in  dem  Leben  der  Senckenbergischen 
naturforschenden  Gesellschaft  vorübergeeilt.  Gestatten  Sie 
mir  denn  in  kurzen  Worten,  gemäss  jeuer  althergebrachten  Sitte, 
Ihnen  Mittheilung  zu  machen  über  das,  was  in  freudiger,  aber 
auch  über  das,  was  vielleicht  in  schmerzlicher  Weise  während 
dieser  Zeit  uns  berührt  hat.  Und  leider  muss  ich  mit  dem  letz- 
teren beginnen. 

Beide  Mitglieder  der  Direction  haben  uns  plötzlich  verlassen, 
beide  stets  bereit  für  unserer  Gesellschaft  Gedeihen  Zeit  und  Arbeit 
zu  opfern.  Im  Auftrage  der  Regierung  weilt  unser  bisheriger 
erster  Director,  Herr  Dr.  Rein  im  fernen  Japan,  unser  bisheriger 
zweiter  Director  aber,  Herr  Dr.  v.  Fritsch  folgte  dem  ehrenvollen 
Rufe  an  die  Universität  zu  Halle.  Ich  brauche  nicht  die  Schwere 
dieses  Verlustes  zu  betonen ,  was  Beide  für  uns  gewesen ,  wir 
wissen  es  Alle. 

Aber  auch  in  anderer  Hinsicht  hat  unsere  Gesellschaft  herbe 
Verluste  erlitten.  Aus  der  Zahl  ihrer  beitragenden  Mitglieder 
wurden  ihr  durch  den  Tod  entrissen  die  Herren  Baukdirector 
V.  Gille,  Carl  Ludwig  Roose,  Georg  Seufferheld,  Joh. 
Stein,  Siegm.  Jae.  Stern,  Dr.  jur.  Sieger,  Lehrer  Joh.  Jul. 
Rommel. 


Ausser  imsereu  beiden  Directiousmitgliedern  zogen  feruer  von 
Frankfurt  hinweg  die  Herreu  Dr.  jur.  Adolf  Prior,  Prof.  Dr. 
Carl  Koch,  C.  H.  Fuchs  und  Lehrer  Reichenbach. 

Ausgetreten  endlich  sind  die  Herreu  Albert  Fürth,  Ed. 
Jac.  Hahu,  Moritz  Ludwig,  Emmanuel  Scheyer  und 
Siegism.  Stiebel. 

Daseo-en  wuixlen  neu  aufgeuommeu  in  die  Zahl  der  beitra- 
gendeu  Ehrenmitglieder  die  Herren  H.  B.  Auffahrt,  Herrn, 
Becker,  Joh.  Friedr.  Böhm,  Dr.  ph.  Ose.  Böttger,  W.  Lohse, 
F.  W.  Mann,  F.  A.  Müller-Renz,  Ingenieur  Beruh.  Pfeiff, 
Joh.  Jul.  Rommel,  Phil.  Wolff,  Theod.  Schüuemanu, 
Lehrer  B.  Frank,  Lehrer  Eichelmann  und  Dr.  Ordrell. 

So  ist  während  des  letzten  Jahres  durch  die  überwiegenden 
Verluste  die  Liste  unserer  beitragenden  Mitglieder  von  519  des 
vorigen  Jahres  auf  515  verringert  worden. 

Dagegen  wurde  die  Zahl  der  arbeitenden  Mitglieder  diesesmal 
reichlicher,  als  sonst  wohl,  vermehrt,  indem  die  Herren  Friedr. 
Baader,  Dr.  Ose.  Böttger,  Dr.  Jul.  Ziegler  uud  Dr.  Kinkelin 
diesem  engeren  Kreise  beitraten. 

Von  unseren  correspondireuden  Mitgliedern  raubte  der  Tod 
eine  Reihe  bekannter  Männer.  Lassen  Sie  uns  derselben  kurz 
gedenken. 

Am  10.  März  1873  starb  Herr  Prof.  Torrey  zu  New-York, 
corresp.  Mitglied  seit  dem  14.  Dec.  1825.  Seine  Werke  über  die 
Flora  der  Vereinigten  Staaten  und  insbesondere  Californieus  werden 
ihn  stets  den  bedeutendsten  Systematikern  zuzählen. 

Am  5.  Juli  1873  starb  Herr  Prof.  Kaup,  Director  des 
Museums  in  Darmstadt,  corresp.  Mitglied  seit  dem  1.  Febr.  1845. 
Seine  trefflichen  Arbeiten  auf  deu  verschiedensten  Gebieten  der 
Zoologie ,  seine  ausgezeichneten  paläontologischen  Forschungen 
werden  ihn,    den  Freund   Cu  vier 's,    stets    unvergesslich    machen. 

Am  15.  Juli  1873  starb  im  76.  Jahre  Herr  Prof.  Gustav 
Rose  iu  Berlin,  corresp.  Mitglied  seit  11.  Oct.  1826.  Schon 
frühzeitig  war  es  Rose  vergönnt,  zu  zeigen,  welch  tüchtige  Kraft/ 
die  Wissenschaft  in  ihm,  welche  Förderung  sie  von  ihm  zu  er- 
warten habe.  Mit  Humboldt  und  Ehreuberg  nahm  auch  Rose 
1829  Theil  an  der  bekannten  Reise  nach  dem  Ural,  Altai  und 
den  kaspischen  Ländern,  welche  so  mannigfaltige  Kenntnisse  über 
die  Verhältnisse  des  grossen  russischen  Reiches,  insbesondere  auch 


auf  dem  Gebiete  der  Mineralogie  verbreiten  sollte.  Die  chemische 
Zusammensetzung  und  das  Gefüge  der  Mineralien  zu  erkennen, 
das  Wesen  der  Krystalle  zu  erforschen,  diesem  Zwecke  widmete 
Rose  seine  ganze  unermüdliche  Thätigkeit. 

Am  8.  Oct.  1873  starb  Herr  Dr.  Georg  Ritter  v,  Frauen- 
feld, Secretär  des  botau.- zoologischen  Vereins  zu  Wien,  corresp. 
Mitglied  seit  26.  April  1873.  Sein  Name  ist  in  rühmlichster 
Weise  mit  dem  Geschicke  der  Novara-Expedition  verknüpft,  an 
welcher  er  als  Zoolog,  durch  treffliehe  Arbeiten  in  dieser  Wissen- 
schaft schon  vorher  bekannt,  im  Auftrage  der  Regierung  Theil 
nahm. 

Am  14.  Dec.  1873  starb  Herr  Prof.  Ludwig  Johann 
Rudolph  Agassiz  zu  Cambridge  bei  Boston  in  seinem 
66.  Jahre,  corresp.  Mitglied  seit  20.  Juni  1832.  Es  bedarf  nicht 
des  Hinweises  auf  die  Leistungen  dieses  grossen  Naturforscliers, 
sie  sind  so  oft  genannt  worden.  Nur  erlauben  Sie  mir  ein  paar 
Thatsaehen  zu  erAvähnen,  welche  lautes  Zeugniss  ablegen,  wie 
dieser  Manu  und  seine  Wissenschaft  von  seinen  Mitbürgern  ge- 
schätzt vt'urde. 

Der  Name  Agassiz  knüpft  sich  an  eine  Anstalt,  v/elcher 
wir  bald  wichtige  Aufklärungen  über  die  Entwicklung  niederer 
Thiere  verdanken  werden ;  ein  Kaufmann  schenkte  dem  Natur- 
forscher zu  diesem  Zwecke  eine  kleine  Insel  nebst  dem  darauf 
befindlichen  Gebäude  und  ein  Capital  von  50,000  Dollars.  —  Bei 
einer  zoologischen  Vorlesung  erwähnte  Agassiz  beiläufig,  es  sei 
ihm  nicht  möglich  die  nord-  und  südamerikanischen  Fischformeu 
in  eingehenderer  Vv'eise  in  Vergleichung  zu  ziehen,  da  er  letztere 
aus  eigner  Anschauung  nicht  genügend  kenne ;  und  kurze  Zeit 
später  stand  ihm  durch  die  Liberalität  eines  Kaufmanns  ein  Schiff, 
eigeuds  zu  diesem  Zwecke  ausgerüstet,  und  reichliche  Geldmittel 
zur  Verfügung.  Und  dieser  1865  ausgführten  Reise  nach  Süd- 
amerika verdankt  die  Wissenschaft  so  manche  Bereicherung. 

Ein  Mann,  der  so  bei  seinem  Leben  geachtet  wurde,  musste 
auch  im  Tode  geehrt  werden.  Als  die  Kunde  von  seinem  Hin- 
scheiden sich  in  Boston  verbreitete,  schlössen  sich  die  Läden  der 
Stadt  und  die  Schiffe  im  Hafen  senkten  ihre  Flaggen. 

Auf  längere  Zeit  war  auch  unser  Museum  ein  Arbeitsfeld  für 
Agassiz  und  im  innigen  Verkehr  mit  den  ersten  Naturforschern 
Frankfurts  hat  er  vielleicht,  —  dessen  dürfen  wir  uns  rühmen,  — 


—     6     — 

vou  hier  so  mauche  Anregung  mit  hiuübergenommeu  in  seine 
neue  Heimath. 

Das  Jahr  1873  raubte  der  Schule  zu  Cambridge  bei  Boston 
noch  einen  anderen  tüchtigen  Mann,  Herrn  G.  A.  Maack,  rühm- 
lichst bekannt  auf  dem  Gebiete  der  Geologie  und  Paläontologie, 
corresp.  Mitglied  seit  11.  Juli  1869. 

Am  10.  April  1874  starb  im  76.  Lebensjahre  im  nahen 
Mainz  Herr  Friedrich  Heinrich  Freiherr  v.  Kittlitz, 
corresp.  Mitglied  seit  dem   13.  Oct.   1824.*) 

Am  14.  April  1874  starb  Herr  Mediziualrath  Dr.  Gottlieb 
AugustHerrich-Schaeff  er,  Präsident  des  zoolog.-mineralogischen 
Vereins  in  Regensburg.  Seine  umfassenden  Arbeiten  auf  dem 
Gebiete  der  Insectenkunde,  besonders  der  Lepidopteren,  wirkten 
in  höchst  fördernder  Weise  auf  deren  Kenntniss  ein.  Auch  unser 
Museum  verdankt  ihm  die  Bestimmung;  eines  grossen  Theils  der 
ausländischen  Schmetterlinge. 

Am  2.  Mai  1874  starb  der  Herr  Dr.  med.  Carl  Friedrich 
Meissner,  Prof.  der  Botanik  zu  Basel,  corresp.  Mitglied  seit 
1.  April  1844.  Dem  Verfasser  so  mancher  trefflichen  Schrift, 
dem  Monographeu  der  Gattung  Folygonum  und  der  Familie  der 
Laurineen  dürfen  wir  den  Lorbeer  eines  der  ersten  deutschen 
Systematiker  zuerkennen. 

Neu  aufgenommen  in  die  Zahl  der  correspondirendeu  Mit- 
glieder wurden  die  Herren  Prof.  Giebel  in  Halle  bei  Gelegenheit 
des  25  jährigen  Jubiläums  des  Thüringischen  Vereins  für  Natur- 
wissenschaften, Godefroy  in  Hamburg,  Prof.  Ernst  in  Caracas, 
K refft,  Director  des  Museums  in  Sydney,  Prof.  Mousson  in 
Zürich. 

In  die  Reihe  der  correspondirenden  traten  nach  ihrem  Weg- 
zuge die  bisherigen  arbeitenden  Mitglieder  Herr  Prof.  Carl  Koch 
in  Wiesbaden,  Prof.  Carl  v.  Fritsch  in  Halle,  Lehrer 
Reichenbach  in  Cassel. 

In  Folge  des  W^egzuges  der  beiden  Directoreu  Avurde  Herr 
Hauptmann  Lucas  v.  Hey  den  an  Stelle  des  bisherigen  ersten 
Directors,  Herrn  Dr.  J.  J.  Rein  gewählt,  während  au  Stelle  des 
bisherigen  zweiten  Directors,  Herrn  Prof.  C.  v.  Fritsch,  Herr 
Dr.  Fried r.  Noll  eintrat.    Bei  dem  statuteugemässen  Ausscheiden 


*)  Siehe  Nekrolog. 


des  zweiten  Directors  und  zweiten  Secretärs  traten  ein  an  Stelle 
des  Herrn  Prof.  v.  Fritsch,  bezüglich  Dr.  Noll,  Herr  Dr.  Theod. 
Geyler  als  zweiter  Director  und  au  Stelle  des  bisherigen  zweiten 
Secretärs  Herrn  Emil  Bück  Herr  Dr.  Julius  Ziegler,  wäh- 
rend Herr  Hauptmann  v.  Hey  den  als  erster  Director  uud  Herr 
J.  Blum  als  erster  Secretär  im  Amte  verblieben. 

Herr  Theod.  Passavant  verwaltet  auch  dieses  Jahr  in 
dankenswerthester  Weise  das  mühevolle  Amt  eines  ersten  Cassirers 
und  fühlen  wir  uns  gedrungen,  ihm  aus  vollem  Herzen  den  Dank 
der  Gesellschaft  auszusprechen.  Als  zweiter  Cassirer  steht  ihm 
Herr  Graubn er- Jäger  zur  Seite. 

Den  Ankauf  neuer  Werke  überwachen  die  Herren  Prof. 
Dr.  Lucae,  Dr.  Fr.  Hessenberg  uud  Dr.  Fr.  Noll,  während 
die  mit  der  Berathuug  über  die  Abhandlungen  betraute  Redactions- 
Commission  ausser  den  drei  genannten  Mitgliedern  noch  aus  den 
Herren  Hauptmann  v.  Hej'den  und  Dr.  Geyler  besteht. 

An  Stelle  eines  Delegirten  für  die  Bibliotheks-Commission, 
zu  welcher  zugleich  die  übrigen  vier  Gesellschaften  ihre  Abgeord- 
neten seudeu,  wurde  an  Stelle  von  Herrn  Prof.  v.  Fritsch  Herr 
Dr.  Geyler  gewählt. 

Die  mit  der  Prüfung  für  die  Rechnungen  beschäftigte  Revi- 
sious-Commission  bestand  aus  den  Herren  Heinrich  Flinsch, 
Director  Vogt,  Dr.  jur.  Haeberlin,  Dr.  jur.  Poufick,  Max 
V.  Guaita  und  J,  C  reize  nach.  Au  Stelle  der  beiden  erstge- 
nannten Herren  wurden  bei  statuteugemässer  Ergänzung  durch 
die  diesjährige  Generalversammlung  gewählt  die  Herren  Carl 
Metzler  uud  F.  W.   Quilliug. 

Für  das  Museum  gelangten  eine  Reihe  werthvoller  Geschenke 
in  unsere  Hände;  den  Gönnern  unserer  Gesellschaft  dürfen  wir 
hierfür  um  so  mehr  unsern  Dank  aussprechen,  als  wir  aus  eignen 
Mitteln  nur  hie  und  da  einen  bescheidenen  Zuwachs  für  die 
Sammlungen  erwerben  konnten. 

Die  vergleichende  anatomische  Sammlung,  welche  unter  der 
Fürsorge  des  Herrn  Prof.  Lucae  steht,  wurde  durch  eine  Reihe  von 
Objecten  vermehrt,  welche  zum  Theil  dem  Zoologischen  Garten 
entstammen;  so  z.  B.  durch  das  Skelett  eines  Schimpanse.  Von 
Herrn  Consui  Jacobson  erhielten  wir  zwei  Menschenschädel,  von 
Herrn  Flinsch  den  Abguss  eiues  Neanderchaler  Schädels,  von  Herrn 
Kreisthierarzt  Schmidt  den  Schädel  eines  Neufundländer  Hundes. 


—     8     — 

Auch  unsere  Säugetliiersammlnug  wurde  durch  Geschenke 
der  Neuen  Zoologischen  Gesellschaft  bereichert,  so  durch 
einen  Cynocephalus  Hamadryas^  eine  männliche  Hyäne,  drei  See- 
hunde, einen  Windhund.  Herr  Consul  Jacobson  schenkte  zwei 
junge  Orang-Utangs,  Herr  Ingenieur  Pf  ei  ff  eiueu  männlichen 
Windhund  aus  der  Krim.  —  Von  einem  Theile  der  letztgenannten 
Thiere  konnte  auch  die  vergleichende  anatomische  Sammlung 
durch  Skelette  und  Muskelpräparate  vermehrt  werden. 

Reichen  Zuwachs  erhielt  auch  dieses  Jahr  die  ornithologische 
Sammlung,  in  welcher  besonders  bei  der  Abtheilung  der  Papageien 
die  beiden  Custodeu  Herr  The  od.  Er  ekel  und  Adam  Koch 
mit  Vorliebe  bemüht  sind,  die  Lücken  auszufüllen.  Wie  schon 
seit  mehreren  Jahren  hat  auch  diesmal  Herr  Phil.  v.  Donner 
die  ornithologische  Sammlung  mit  einem  Geschenke  von  50  fl.  be- 
dacht, für  welche  so  freundliche  Gabe  wir  unsern  Dank  abstatten. 
Vor  Allen  müssen  wir  auch  des  werthvollen  Geschenkes  erwähnen, 
des  so  äusserst  seltenen  Didunculus  strigirostris  von  den  Samoa- 
luseln,  welches  durch  Verwendung  des  Herrn  Heiur.  Fliusch 
unser  correspondireudes  Mitglied,  Herr  Godefroy  in  Hamburg, 
im  Werthe  von  circa  200  Thlr.  unserer  Gesellschaft  verehrte. 
An  weiteren  Geschenken  liefen  bei    dieser  Sectiou  ein : 

Von  der  Zoologischen  Gesellschaft  Palaeornis  eupatrius, 
Uria  Trolle^  Ära  Macao;  von  Herrn  Otto  Audrae  acht  ostindische 
Vögel;  von  Herrn.  Consul  Adler  Centrojjus  und  Ärdea  virescens 
vom  Cap  der  guten  Hoffnung:  von  Herrn  Oberbürgermeister  Reiss 
in  Mannheim  eine  Suite  peruanischer  Vögel ;  von  Herrn  Theod. 
Er  ekel  ührysotis  Scdei  von  St.  Domingo;  von  Herrn  Arthur  Mai 
ein  Platycerms  pidcJierrimus  aus  Australien;  von  Herrn  Hetzer 
einige  australische  Vögel;  von  Herrn  Steuerrath  Pieg  sieben  Co- 
libri  mit  Nestern;  von  Herrn  Emil  Bück  sechs  Colibri;  von  Herrn 
Hauptmann  v.  Hey  den  ein  blauer  Bengalist  und  zwei  Finken; 
von  Herrn  Wildprethändler  Gej^er  Numenius  arquahis  ^  von 
Herrn  Verwalter  Mühlig  ein  männliches  Exemplar  von  Falco 
sidjhideo. 

Die  neu  g-eschaffeue  Sectiou  für  fossile  und  lebende  Fische 
übernahm  Herr  Fried r.  Baader.  Die  Arten,  welche  die  Herren 
Dr.  V.  F ritsch  uud  Dr.  Rein  ans  Maroceo  gebracht  hatten,  wurden 
durch  Herrn  Dr.  Günther  in  London  bestimmt.  Unter  ihnen 
befanden  sich  ein   neuer  Serranns   und    drei    neue  Barbus-Avten. 


—     9     — 

Die  Beschreibuug  dieser  vier  neuen  Species  wird  Herr  Friedrich 
Baader  für  den  diesjährigen  Jahresbericht  zurechtlegen.  —  Ein 
weiterer  Zuwachs  für  diese  Sammlung,  ein  junger  im  adriatischen 
Meere  gefangener  Hai  gelangte  durch  Herrn  Prof.  Stossic  in 
Tri  est  in  unsere  Hände. 

Die  Section  für  Amphibien  ,  welcher  Herr  Emil  Bück  vor- 
steht, Avurde  durch  die  von  Herrn  Hauptmann  v.  Hey  den  in 
Spanien  und  Portugal  gesammelten  Reptilien  bereichert.  Die 
aus  Marocco  von  v.  Fritsch  und.  Rein  mitgebrachten  Arten  be- 
stimmte und  beschrieb  Herr  Dr.  0.  Böttger  im  9.  Bande  unserer 
Abhandluugen.  Die  Beschreibuug  einer  für  Europa  neuen  Schlaugen- 
species,  welche  Herr  Hofrath  Dr.  Pauli  von  Cliios  zurückbrachte, 
wird  Herr  Dr.  Böttger  im  diesjährigen  Jahresbericht  liefern. 

In  die  Üeberwachung  der  lusectensammlung  theilen  sich  die 
Herren  W.  Roose  für  Schmetterliuge,  S.  Ä.  Scheidel  für  Käfer, 
Hauptmann  v.  Hey  den  für  die  übrigen  Insecten.  Die  von  dem 
Arbeitsfelde  des  Herrn  Hauptmann  v.  Hey  den  auf  kurze  Zeit 
getrennten  Orthopteren  und  Hemipteren  fielen  nach  dem  Weg- 
gange des  Herrn  Lehrers  Reichenbach  an  ersteren  zurück.  Au 
Geschenken  liefen  ein:  von  Herrn  W.  Hermann  eine  Suite  In- 
secten vom  Rio  Grande  do  Sul  aus  Brasilien  und  von  Herrn 
Dr.  Böttger  die  von  Herrn  Berg-Iugenieur  Hübner  tim  Limpopo- 
flusse  in  Südafrika  gesammelten  Käfer. 

Der  Vermehrung  und  Bestimmung  der  Conchyliensamnilung 
widmet  Herr  Dr.  Kobelt  seine  Thätigkeit.  Leider  konnten  wir 
hier  einem  Wunsche  betrefiend  den  Ankauf  einer  Sammlung  von 
Oliva- Arten  nicht  willfahren,  da  das  für  diese  Section  ausgesetzte 
geringe  Budget  von  50  fl.  um  ein  weniges  überschritten  worden 
wäre.  Dagegen  beschenkte  uns  Herr  Dr.  Kobelt  mit  einer 
reichen  Suite  von  Couchylieu,  aber  auch  von  Coralleu,  verschie- 
denen Meeresthieren ,  Petrefacten  u.  s.  w. ,  welche  derselbe  vou 
seiner  italienischen  Reise  zurückbrachte.  Herr  Consul  Adler 
schenkte  ferner  eine  Menge  von  Muscheln ,  welche  derselbe  am 
Cap  gesammelt  hatte,  Herr  Eugen  Pfeiffer  eine  schöne  Coralle. 

Eine  weitere  reiche  Vermehrung  der  Section  der  Weichthiere 
erwuchs  uns  aus  dem  hochherzigen  Geschenk  des  Herrn  Markus 
Goldschmidt.  Für  die  diesjährigen  Zinsen  der  gestifteten 
1000  Thlr.  sandte  uns  Herr  Prof.  Dohrn  aas  Neapel  eine  Reihe 
höchst  interessanter  Weichthiere  aus  dem  mittelländischen  Meere. 


—     10     ~ 

In  der  botanischen  Section  wurde  es  durch  das  daukenswerthe 
Geschenk  von  131  Guldeu  des  Herrn  Adolf  Metzler,  welcher 
dieser  Abtheiluuo-  unseres  Museums  so  manche  reiche  Unterstützung 
bereits  hat  zu  Theil  werden  lassen,  möglich  gemacht,  eine  Samm- 
lung von  circa  2000  Species  von  Arznei-  und  Haudelspflanzen  zu 
erwerben.  Für  die  Zwecke  der  Belehrung  und  der  Vorlesungen 
wird  diese  Sammlung  von  hohem  AVerthe  sein.  Die  Herren 
Adolf  Metzler  und  Dr.  Geyler  sind  beschäftigt,  einen  Catalog 
über  diese  neue  Erwerbung  anzufertigen,  auf  deren  Vervollstän- 
ständigung  künftig  besondere  Rücksicht   genommen    werden    soll. 

Fernere  werthvolle  Gaben  liefen  ein:  Herr  Dr.  Rein  und  Dr. 
V.  F  ritsch  schenkten  die  auf  ihrer  letzten  Reise  gesammelten 
Pflanzen;  davon  aus  Südspauien  über  100,  von  den  Canaren  circa 
200,  von  Marocco  über  400  Arten.  Die  Bestimmung  der  spani- 
schen Arten  wurde  durch  Herrn  Dr.  Alioth  in  Basel,  der  caua- 
rischen  durch  Herrn  Dr.  Geyler,  der  maroccanischeu  durch  Herrn 
Prof.  Oliver  vom  Königlichen  botanischen  Garten  zu  Kcav  be- 
sorgt. —  Herr  Hofrath  Dr.  Pauli  schenkte  14  Fascikel  der  von 
ihm  auf  Chios  und  dem  Olymp  gesammelten  Pflanzen,  dereii  Be- 
stimmung die  Herren  Hofrath  Pauli  und  Dr.  Geyler  in  Angrifl:' 
genommen  haben;  Herr  Rudolf  He  er  dt  durch  Herrn  Dr.  jur. 
P.  Burnitz  12  Kästen  wohlpräparirter  Alpenpflanzen,  haupt- 
sächlich aus  der  südwestlichen  Schweiz;  Herr  Lehrer  Blum  eine 
interessante  Sammlung  japauesischer  Pflanzen  mit  beigeschriebeuen 
japauesischen  Vulgäruamen;  die  Herren  Dr.  Kobelt  und  Dr. 
Ziegler  sicilianische  und  italienische  Pflanzen. 

Ferner  liefen  als  Geschenke  ein:  von  Herrn  Max  Oscar 
Reinganum  eine  Suite  von  66  Holzwürfeln  ans  Java;  vom 
Garteubau-Verein  eine  Anzahl  Früchte  vom  Lago  maggiore; 
von  Herrn  Cousul  Murphy  v^erschiedene  Gegenstände.  Und  be- 
reits überraschte  uns  Herr  Dr  Rein  in  einer  ersten  kleineu 
Sendung  ans  Japan  mit  einigen  tropischen  Frücliten,  ein  Zeugniss, 
wie  er  auch  in  der  Ferne  unser  gedenkt. 

Von  der  bisherigen  Section  für  Paläontologie  wurde  eine  Section 
für  fossile  Pflanzen  abgetrennt  und  dieselbe  Herrn  Dr.  Geyler  über- 
geben. Diese  Abtheiluug  wurde  besonders  durch  werthvolle  Ge- 
schenke des  Herrn  Dr.  Bottger,  bestehend  in  Tertiärpflanzen  aus 
Salzhausen  und  Kreidepflanzen  von  Blankeuburg  am  Harz,  vermehrt. 
Herr  Dr.  Rolle  in  Homburg  schenkte  eine  Suite  Fossilien  aus  ver- 


-    11    ~ 

schiecleueu  Fuudorteii,  Herr  lugeuieur  Alexander  Askeuasy  fossile 
Pflanzen  aus  Südrussland,  Herr  G raubner  eine  hier  gefundene  fossile 
Holzprobe,  Herr  C.  Fulda  einen  fossilen  Holzblock  aus  Westphalen. 

Noch  will  ich  hier  einer  Sendung  von  Fossilien  aus  Comi- 
tini  in  Sicilien  erwähnen,  welche  durch  Herrn  Bergdirector  Emil 
Stöhr  hierher  gelangte.  Die  Bestimmung  der  fossilen  Insecten 
in  dieser  Sendung  übernahm  Herr  Hauptmann  v.  Hey  den,  die 
der  Pflanzen  Herr  Dr.  Geyler,  ein  Theil  der  Doubletten  aber 
verbleibt  dem  hiesigen  Museum. 

Die  paläontologische  Section  übernahm  Herr  Dr.  0.  Böttger 
nach  dem  Weggänge  des  bisherigen  Sectionärs  Prof.  v.  Fritsch. 
Hier  liefen  als  hauptsächlichste  Geschenke  ein :  von  Herrn  Dr, 
Ziegler  eine  Reihe  interessanter  Gesteine  und  Fossilien  aus  den 
St.  Cassiauschichten  Tirols,  sowie  Säugethierreste  aus  dem  Löss 
von  Niederflörsheim,  von  Herrn  Lehrer  Blum  ein  schönes  Exemplar 
von  Encrinus  liliiformis;  ferner  Geschenke  von  Herrn  Heyue- 
mann,  Baader,  Rein,  Geyler  und  Anderen.  Durch  mannig- 
faltige Schenkungen,  welche  zum  Theil  erst  in  neuester  Zeit  aus- 
gebeuteten Fundstätten  des  Mainzer  Beckens  entstammen,  wurde 
dieser  Theil  unseres  Museums  zu  wiederholten  Malen  durch  den 
neuen  Sectionär  bereichert.  Einen  weiteren  schätzbaren  Zuwachs 
hoö'en  wir  gegen  Austausch  von  einigen  Doubletten  durch  Ver- 
mittlung unseres  Mitgliedes,  Herrn  Prof.  v.  Fritsch,  zu  erhalten. 

Tu  der  geologisch-  mineralogischen  Section,  welche  die  Herren 
Dr.  Hessenberg  und  Dr,  jur.  Schärft  leiten,  lief  bereits  eine  Suite 
jeuer  Sammlung  von  Gesteinen  ein,  welche  bei  dem  Bau  des  Tunnels 
der  St.  Gotthardtbahn  zu  Tage  gefördert  werden.  Durch  Vermitt- 
lung der  eidgenössischen  Behörden  konnte  auch  unser  Museum 
ein  Exemplar  dieser  werthvollen  Sammlung,  deren  einzelnes  Stück 
auf  ^'2  Frc.  berechnet  ist,  erwerben.  Die  mineralogische  Abtheilung 
konnte  durch  Kauf  um  ca.  30  Nummern  vermehrt  werden.  Zahlreiche 
Geschenke  aber  gelangten  an  uns  durch  die  Herren  Dr.  Kobelt, 
W.  Theiss  in  Palermo,  Dr.  Kinkelin,  Dr.  Hessenberg,  Dr. 
Schärft,  Dr.  v.  Fritsch,  W.  Jefferis,  J.  M.  Bastert  und  Andere. 

Für  die  ethnographische  Sammlung,  welcher  Herr  Oberlehrer 
Dr.  Finger  vorsteht,  wurde  eine  werthvolle  Steinwaöensammluug 
des  Herrn  v.  Menningrode  von  der  Insel  Rügen  durch  einen 
hochherzigen  Gönner  der  Gesellschaft  erworben.  Herr  Scheidel 
hatte  die  Güte  diesen  Ankauf  zu  vermitteln. 


—     12     — 

Eine  grosse  Zahl  von  Büchern  erhielten  wir  dnrch  Schenkung 
von  Gesellschaften  und  Privaten.  Das  Verzeichuiss  dieser  Werke 
wird  dem  gedruckten  Jahresbericht  beigefügt  sein.  Auch  in 
diesem  Jahre  wurde  von  der  Generalversammlung  eine  Summe  von 
1000  Gulden  zum  Ankauf  neuer  Werke  und  zur  Fortsetzuuo- 
periodisch  erscheinender  Schriften  bewilligt.  —  Um  den  Mit- 
gliedern möglichst  schnelle  Einsicht  in  die  erscheinenden  Schriften 
zu  gewähren,  liegen  die  neu  eingegangenen  Werke  jetzt  14  Tage 
zur  Ansicht  in  dem  Bibliothekzimmer  auf. 

Die  wissenschaftlichen  Vorträge  wurden  zahlreich  besucht. 
Es  sprachen: 

Am  13.  December  1873:  Herr  Fried r.  Baader,  über  die 
Ursachen  der  longitudiualen  Meeresströmungen. 

Die  Vorträge  für  das  Jahr  1874  eröffnete: 

Am  24.  Januar  Herr  Prof.  Dr.  Lucae,  über  Erfahrung  und 
Speculatiou  in  der  Naturwissenschaft. 

Am  14.  Februar  Herr  Dr.  0,  Böttger,  über  die  Bodenver- 
hältnisse des  südlichen  Tauuusraudes.     I.  Aeltere  Formationen. 

Am  7.  März  Herr  Dr.  Theod.  Petersen,  über  trikliue 
Feldspathe. 

Herr  Dr.  Theod.  Petersen,  über  die  der  Gesellschaft 
übersendeten  Gesteine  aus  dem  St.  Gotthardt-Tunuel. 

Am  11.  April  Herr  Dr.  0.  Böttger,  über  eine  neue  Schlange 
der  südeuropäischen  Fauna. 

Herr  Dr.  0.  Böttger,  über  die  Bodenverhältnisse  des  süd- 
lichen Taunusrandes.     IL  Jüngere  Formationen. 

Die  regelmässigen  Lehrvorträge,  welche  bei  der  Sencken- 
bergischen  naturforscbenden  Gesellschaft  gehalten  wurden,  waren 
zahlreich  besucht,  besonders  die  Vorträge  von  Herrn  Prof.  Lucae 
über  Wirbelthiere  und  Herrn  Dr.  Noll  über  wirbellose  Thiere. 
Herr  Dr.  Geyler  las  über  fossile  Pflanzen  und  wird  die  andere 
Hälfte  dieser  Vorträge  im  nächsten  Winter  folgen.  Herr 
Dr.  0.  Böttger  hat  die  für  den  Sommer  bestimmten  geologischen 
Vorlesungen  über  das  Mainzer  Tertiärbecken  begonnen  und  sind 
hiermit  Excursionen  mit  den  Zuhörern  verbunden. 

In  den  Abhandlungen  erschienen  während  des  letzten  Jahres 
Arbeiten  von: 

Herrn  Bergdirector  Emil  Stöhr  über  die  Provinz  Bangu- 
waugi  auf  Java  und  deren  Vulkane; 


Herrn  Dr.  0.  Böttger  über  die  Reptilienfaunu  von  Marocco 
und  deu  Cauareu; 

Herrn  Dr.  0.  Bütsclily  über  freischwimmende  Nematoden 
in  der  Kieler  Bucht ; 

Herrn  Dr.  Schar  ff  über  Quarz; 

Herrn  Dr.  G  a  s  s  e  r    ülier  Allantois-Entwicklung, 
und   wird  demnächst  folgen  die  Arbeit  von 

Herrn  Prof.   Dr.   Lucae,   Robbe  und  Otter;    zweiter  Theil. 

Der  Jahres iiericlit  1872/73  enthält  die  Nekrologe  unserer  hoch- 
verdienten Mitglieder,  der  Herren  Dr.  med.  Georg  Melber  und 
Prof.  Dr.  Seh  m  i  d  t.  —  Die  Aufsätze  der  Herren  Dr.  Rein, 
Dr.  Koch,  Dr.  Kobelt,  Dr.  Noll  und  Anderer  macheu  den- 
selben wissenschaftlich  werthvoll. 

Für  den  diesjährigen  Jahresbericht  sind  vorläufig  gewonnen 
Mittheiluugen  von  Herreu  Dr.  Böttger,  Fr.  Baader,  Dr.  Pe- 
tersen, Dr.  Ziegler  und  Dr.  Günther  aus  London. 

Unsere  Gesellschaft  hatte  im  September  1873  das  Vergnügen 
die  Theilnehmer  an  der  Versammlung  der  deutschen  Naturforscher 
und  Anthropologen  in  deu  Räumen  des  Museums  begrüssen  zu 
können. 

Unser  ältestes  correspoudirendes  Mitglied,  Herr  Prof.  Woehler, 
ein  geborener  Frankfui'ter  und  bereits  als  Stud.  med.  Mitglied 
unserer  Gesellschaft  seit  14.  Juni  1820 ,  feierte  sein  50jähriges 
Jubiläum  und  am  nämlichen  Tage  war  es  uns  vergönnt,  ein  an- 
deres in  diesen  Mauern  weilendes  Mitglied,  Herrn  Sanitätsrath 
Dr.  med.  Spiess,  Mitglied  seit  28.  December  1842,  zu  dem  gleichen 
frohen  Feste  zu  begrüssen.  Mit  Freuden  ergriff  die  Gesellschaft 
die  Gelegenheit  durch  ein  Gratulationsschreiben  dem  hochver- 
dienten Manne  ihre  Huldigung  darzubringen. 

Am  3.  April  1874  konnte  ein  Preis  für  die  tüchtigste  Arbeit 
über  Entwickluugsgeschichte  und  Kinderkrankheiten  durch  die 
Dr.  Stiebel-Stiftuug  vertheilt  werden.  Nach  mühevoller  und 
ernster  Erwägung  erkannte  die  Commission,  zu  welcher  neben 
dem  Vertreter  der  Administration  Herrn  Dr.  Schölles  und  deu 
Vertretern  des  ärztlichen  Vereins ,  Herreu  Dr.  L  o  r  e  y  und 
Dr.  Rehn,  von  unserer  Gesellschaft  die  Herren  Prof.  Dr.  Lucae  und 
Dr.  H  e  i  u  r.  Schmidt  als  Vertrauensmänner  gewählt  wurden, 
der  Arbeit  von  Herrn  Prof.  L  i  e  b  e  r  k  ü  h  n  in  Marburg  über 
die  Entwicklung  des  Auges  im  Wirbelthier-Embryo  den  Preis  zu. 


—     14     — 

Den  Nachweis  über  Einnahme  und  Ausgabe  wird  der  gedruckte 
Jahresbericht  briugen.  Das  Capital  der  Rüppell-Stiftung 
betrug  zu  Ende  des  Jahres  1873  die  Summe  von  18,701  fl.  33  kr. 

Auch  im  Laufe  dieses  Jahres  wurde  unsere  Gesellschaft  von 
den  verschiedensten  Seiten  durch  Speiiden  und  Gaben  unterstützt. 
Und  lassen  Sie  mich  hier  all  diesen  hochherzigen  für  die  wissen- 
schaftliche Förderung  unserer  Gesellschaft  begeisterten  Gönnern 
unsern  innigen  Dank  aussprechen. 

Insbesondere  aber  haben  wir  hier  des  Beitrages  von  1500 
Gulden  zu  gedenken,  sowie  der  ansserordentlielien  Subvention  von 
2000  Gulden,  welche  uns  für  die  Renovation  des  Museumsgebaudes 
von  Seiten  der  städtischen  Behörden  in  wohlwollendster 
Weise  gevrährt  wurde  uud  für  welche  so  freundliche  Unterstützung 
wir  zu  hohem  Danke  verpflichtet  sind. 

So  haben  wir  auch  dieses  Jahr  reiche  Unterstützung  von  Seiten 
der  Behörden  und  Privaten  erhalten.  Und  wenn  wir  trotzdem 
gestehen,  dass  noch  so  Vieles  uns  mangelt,  ehe  wir  wohl  nach 
unsern  eignen  Wünschen  die  uns  angewiesene  Stelle  würdig  aus- 
füllen ,  so  ist  der  Grund  hierzu  in  der  vielseitigen  Wirksamkeit 
unserer  Gesellschaft,  in  der  weiten  und  immer  mehr  sich  erwei- 
ternden Thätigkeit  derselben  zu  suchen. 

Als  am  18.  August  1763  Senckenberg  seine  grossartigen 
Institute  ins  Leben  rief,  da  war  es  ihm  vor  allem  Anderen  haupt- 
sächlich darum  zu  thuu ,  eine  Anstalt  zu  schalfen ,  welche  die 
Liebe  zur  Natur  in  seiner  Vaterstadt  weckte  und  deren  Kennt- 
niss  zum  allgemeinen  Eigenthum  zu  machen  strebte.  Welchen 
Anklang  dies  Bestreben  gerade  liier  im  Herzen  so  mancher  hoch- 
herzigen Bürger  fand,  das  beweisen  die  Anstalten,  welche  binnen 
Kurzem  neben  dieser  ersten  Schöpfung  Sen  ckenberg's  empor- 
blühten und  wie  sie  so  schnell  und  so  gedeihlich  wohl 
auch  in  keiner  andern  Stadt  emporgeblüht  wären.  Einen  Theil 
dieses  Strebens,  und  wahrlich  nicht  den  kleinsten,  zu  erfüllen  hat 
auch  die  Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft 
übernommen. 

In  unserem  Museum,  welches  so  lange  für  eines  der  ersten 
unseres  deutscheu  Vaterlandes  gehalten  wurde,  finden  Sie  in  reicher 
Auswahl  die  Objecte  aus  dem  Gebiete  der  beschreibenden  Natur- 
wissenschaften vertreten.  Dem  fröhlichen  Leben,  welches  in  den 
Schwester -Anstalten    des  Zoologischen   und  des  Palmen  -  Gartens 


—     15     — 

ims  erfrischend  entgegentritt,  stehen  unsere  Saininhnigeu  ergänzend 
zur  Seite  durch  die  gedrängte,  ernste,  wissenschaftliche 
Uebersicht,  durch  die  um  so  viel  reichere  Auswahl  der  gebotenen 
Objecte.  Aus  allen  Schichten  der  Bevölkerung,  von  allen  Alters- 
stufen sucht  alljährlich  eine  grosse  Zahl  von  Besuchern  Belehrung 
in  diesen  Räumen. 

Alljährlich  —  Sie  haben  es  ja  soeben  vernommen  —  er- 
halten wir  reiche  Geschenke.  Doch  können  diese  Geschenke,  so 
reich  sie  auch  fliessen ,  allein  die  Lücken  in  unserem  Museum 
füllen?  Kann  eine  Sendung  aus  Ostindien  die  geringe  Zahl  austra- 
lischer Objecte  ersetzen,  oder  die  Vermehrung  unserer  Papageien 
den  fühlbaren  Mangel  in  unserer  ichthyologischen  Sammlung  ver- 
decken ? 

Was  uns  fehlt,  meine  Herren,  sind  die  Mittel  zu  einer 
methodischen  Vergrössernng  unseres  Museums. 

Leider  konnte  aber  unsere  Gesellschaft  auch  dieses  Jahr  die 
einzelnen  Sectionen  meist  nur  mit  einem  Budget  von  25  bis  50 
Gulden  bedenken,  einer  Summe,  die  zugleich  für  Ergänzung 
und  V  e  r  g  r  ö  s  s  e  r  u  n  g  einer  Sammlung ,  wie  beispielsweise  der 
Säugethiere,  zu  gering  ist  und  darum  meist  auch  unbenutzt  bleibt 
und  bleiben  mnss.  Und  jetzt  ist  unsere  Armuth  um  so  fühlbarer. 
Früher ,  als  Herr  Dr.  R  ü  p  p  e  1 1  seine  gewaltigen  Sammlungen 
zurückgebracht  hatte ,  da  füllten  Rüppell's  Doubletten  — 
Sie  lesen  es  ja  oft  in  unseren  Sälen  —  die  Lücken.  Jetzt  aber 
stehen  uns  nennenswerthe  Objecte  zum  Austausch  kaum  zu  Gebote. 

Ich  würde  nicht  so  viel  Gewicht  legen  auf  die  Ausfüllung 
der  Lücken  in  unserem  Museum ,  wenn  nicht  noch  andere  und 
fast  noch  schwerere  Mängel  in  deren  Gefolge  wären. 

Der  Mangel  methodischer  Erweiterung  der  Sammlung  raubt 
uns  das  Material  zum  Vergleichen,  raubt  uns  die  Möglichkeit  bei 
wissenschaftlicher  Benutzung  mit  erforderlicher  Gründ- 
lichkeit vorgehen  zu  können.  Bisweilen  müssen  wir  einzelne  Theile 
uns  übergebener  Geschenke  au  andere  Institute  senden,  da  unserem 
Museum  das  Material  zu  vergleichender  Untersuchung  fehlt.  So 
ist  es  mit  den  Fischen  geschehen,  welche  die  Herren  Dr.  v.  Fritsch 
und  Dr.  Rein  als  Ausbeute  ihrer  maroccanischen  Reise  in  so 
liberaler  Weise  uns  überliessen  und  welche  durch  Herrn  Dr.  Günther 
in  London  bestimmt  werden  mussten. 

Und  noch  viel  schwerer  wiegt  dieser  Mangel  bei  einer  anderen 


—     16     — 

Verpflichtung,  welche  die  Seuckeubergische  naturforscbeude  Ge- 
sellschaft übernommen  hat  und  welche  vor  Allem  auch  alloi 
Schichten  der  Bevölkerung  dieser  Stadt  zu  Gute  kommt,  nämlich 
der  Verbreitung  naturwissenschaftlicher  Kenntnisse  durch 
eine  Reihe  von  Vorträgen  über  die  verschiedensten  Zweige  dieser 
Wissenschaft.  Und  gerade  durch  diese  Einrichtung  zeichnet  sich 
unsere  Gesellschaft  vor  deu  meisten  anderen  ähnlichen  Anstalten  so 
vortheilhaft  aus.  Aber  so  häufig  fehlen  uns  hier  die  nothwen- 
digen  Demonstrations-Objecte.  Die  paläontologische  Section 
z.  B.  besitzt  aus  den  so  wichtigen  und  an  Fossilien  so  reichen  uiiter- 
tertiäreu  Formationen  kaum  einige  Nummern.  Dann  sind  die 
Vortragenden  gezwungen,  das  oder  jene  Capitel  nur  sehr  unvoll- 
kommen zu  berühren.  Und  diese  Lücken  in  den  Vorträgen,  sie 
werden  auch  weiterhin  sich  fühlbar  machen.  Denn  wir  dürfen 
unsere  Gesellschaft  wohl  für  einen  Heerd  der  Verbreitung  natur- 
wissenschaftlicher Kenntnisse  in  weitere  und  immer  weitere  Kreise 
halten.  Werden  doch  Vorlesungen  an  der  Senckenbergischen 
Gesellschaft  bisweilen  von  60 — 70  Zuhörern  und  darunter  von 
mehr  als  20  Lehrern  und  30 — 40  Schülern  höherer  Classen  besucht. 

Aber  auch  in  anderer  Hinsicht  tritt  uns  die  Kargheit  unserer 
Mittel  hindernd  entgegen.  Unsere  Räume  sind  beschränkt  und 
wir  müssten  wohl  bedenken,  wie  wir  an  Platz  für  unsere  Samm- 
lungen gewinnen  könnten.  Aber  diese  Aeuderungen  kosten  mehr 
Geld,  als  wir  gegenv/ärtig  verwenden  könnten,  und  leider  hat  uns 
auch  die  Renovation  des  Museumsgebäudes  2600  Gulden  gegen  die 
frühere  Veranschlagung  von  2000  Gulden  gekostet.  So  müssen 
wir  stets  aus  dem  Nothwendigen  nur  das  Nothwendigste  auslesen. 
—  Wie  gern  hätten  wir  den  Besuchern  unseres  Museums  einen 
gedruckten  und  zu  diesem  Behüte  bereits  fertiggestellten  Catalog 
zur  bessern  Einsicht  in  unsere  werthvolle  oruithologische  Samm- 
lung geboten,  wenn  wir  gekonnt  hätten.  Aber  die  Summe  von 
fl.  600  für  eine  Auflage  von  500  Exemplaren  überstieg  unsere  Kräfte. 

Wenige  Jahre  reichen  jetzt  hin,  um  auf  jeglichem  Gebiete 
die  durchgreifendsten  Aenderungeu  ins  Leben  zu  rufen.  In  rast- 
loser Thätigkeit  Hess  die  Neuzeit  eine  Fülle  von  Museen  und 
Anstalten  erstehen,  neue  wissenschaftliche  Gesellschaften  tauchen 
auf  und  reichen  der  alten  bewährten  Frankfurter  Gesellschaft  die 
Hände.  Durch  die  beiderseitigen  wissenschaftlichen  Arbeiten  stehen 
wir  mit  jenen  in  regem  Verkehr.     Aber    schon    müssen    wir  eine 


—     17     — 

peinliche  Auswahl  treffen,  welche  von  jenen  Gesellschaften  wir 
wählen  wollen,  um  mit  derselben  unsere  Schriften  auszutauschen. 
Einer  Anzahl  bekannter  Institute,  welche  um  unsere  Schriften  uns 
ersuchten,  mussten  wir  unsere  Abhandlungen  vorenthalten,  um 
in  Verbindungen  zu  treten  mit  anderen  Gesellschaften ,  die  für 
den  Augenblick  uns  wichtiger  erschienen.  Eine  grössere  Auf- 
lage der  von  uns  herausgegebenen  Druckschriften  wäre  um  so 
erwünschter  für  den  Austausch,  als  wir  wohl  wissen,  welch  reiches 
und  oft  geradezu  unentbehrliches  Material  der  Bibliothek  und 
uns  auf  diese  Weise  verloren  geht ;  als  wir  wohl  wissen,  wie  wenig 
auch  die  verhältnissmäsig  so  geringe  für  die  Bibliothek  gewährte 
Summe  hinreicht,  auch  nur  das  nothwendigste  Lehrmaterial  zu 
beschaffen. 

So  müssen  wir  denn  und  gerade  an  dieser  Stätte  offen  ge- 
steheu, dass  die  Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft 
unter  den  obwaltenden  Verhältnissen  nicht  mehr,  wie  wohl  früher, 
den  Ansprüchen  genügen  kann ,  welche  man  an  sie  macht  und 
die  sie  vor  Allem  selbst  an  sich  stellt. 

Wir  dürfen  stolz  sein  auf  unsere  Anstalt.  Unser  Museum 
birgt  grossartige,  ja  in  vielen  Theilen  unersetzliche  Schätze;  es 
birgt  in  seinen  Räumen  auch  die  Arbeit  so  vieler  Männer,  welche 
seit  mehr  als  einem  halben  .Jahrhundert  mit  Hingebung  an  der 
Sichtung  dieser  Schätze  sich  mühten,  darunter  nicht  selten  Namen 
von  recht  gutem  Klange.  Dennoch  dürfen  wir  uns  die  Mängel 
nicht  verhehlen.  Die  Erweiterung  alier  Verhältnisse  stellt  auch 
an  uns  grössere  Ansprüche,  denen  wir  jetzt  nicht  mehr  so  ge- 
nügen können.  Und  dieses  Gefühl  ist  um  so  drückender  für  uns, 
da  all  unser  Streben  nur  darauf  gerichtet  ist,  nützliche,  für 
allgemeine  Bildung  unerlässliche  Kenntnisse  durch  Anschauung 
und  Wort  möglichst  weit  zu  verbreiten. 

Meine  Herren!  Wir  bedürfen  der  Hülfe.  Aber  wir 
hoffen,  wir  glauben,  wenn  wir  uns  an  Frankfurts  Behörden  und 
Bürgerschaft  vertrauensvoll  wenden  und  wenden  Averden,  dass  man 
unsere  mit  Frankfurts  ganzem  geistigen  Wesen  so  lange  schon 
innig  verwachsene  Anstalt  nicht  unberücksichtigt  lassen,  dass 
unsere  Bitte  nicht  ungehört  verhallen  werde.  Dafür  bürgt  uns 
die  so  bereitwillige  Förderung  von  Seiten  der  Behörden,  welche 
unsere  und  verwandte  Anstalten  genossen  ,  dafür  bürgt  uns  die 
Reihe  hochherziger  Bürger,  deren  Namen   wir   in   unseren    Sälen, 

2 


—     18     — 

in  den  reichen  Verzeichnissen  werthvoller  Geschenke  entgegen- 
treten, dafür  bürgt  uns  die  Zahl  der  Mitglieder,  welche  mit  ihrer 
Hülfe  die  Bestrebungen  der  Gesellschaft  unterstützen.  Im  ent- 
scheidenden Augenblicke  wird  jetzt  uns  die  Hülfe  nicht  fehlen. 
Und  so  lassen  Sie  uns  denn  im  Sinne  der  Hoffnung  auf  ein  kräf- 
tigeres Wiederaufblühen  nach  kurzer  Bedränguiss,  in  dem  Sinne 
der  Hoffnung  lassen  Sie  uns  das  Fest  feiern,  zu  welchem  uns 
Alle  heute  herbeigerufen  hat  die  alte,  in  allen  Theileu  der  AYelt 
wohlgenanute,  acht  Frankfurter  Anstalt, 


die  S  enckenbero'ische  naturforschende  Gesellschaft! 


—     19     — 

Terzeichiiiss  der  Mitsjlieder 

der  «r 

Senckenbergischen  naturforschenden  Gesellschaft. 


I.  Ewige  Mitglieder. 

Ewige  Mitglieder  siucl  solche,  welche,  anstatt  den  gewöhnlichen 
Beitrag  jährlich  zu  entrichten,  es  vorgezogen  haben,  der  Gesellschaft 
'ein  Capital  zu  schenken  oder  zu  vermachen ,  dessen  Zinsen  dem 
Jahresbeiträge  gleichkommen,  mit  der  ausdrücklichen  Bestimmung, 
dass  dieses  Capital  verzinslich  angelegt  werden  müsse  und  nur  der 
Zinsenertrag  desselben  zur  Vermehrung  und  Unterhaltung  der  Samm- 
lungen verwendet  werden  dürfe.  Die  den  Namen  beigedruckten  Jahres- 
zahlen  bezeichnen  die  Zeit  der  Schenkung  oder  des  Vermächtnisses, 
Die  Namen  sämmtlicher  ewigen  Mitglieder  sind  auf  einer  Marmor- 
tafel im  Museumsgebäude  bleibend  verzeichnet. 


Hr.    Simon    Moritz    YOn    liethmann. 

1827. 

»      Georg-  Helur.  Schwendel.  1828. 

»      Johann  Friedr.  Auf.  Helm.  1829. 

»      Georg  Ludwig"  Goutard.  1830. 

Frau  Siisaima   Elisabeth    Bethmann- 

Holweg.     1S31. 
Hr.    Heinrich  Mjiins  f^en.     1844. 
»      Georg  aielchior  Mjlins.     1844. 
»      Baron  AiDseliel  Mayer  von  Roth- 
schild.    184."3. 
»     Joliau»  Georg  Schmidhoni.  1845. 
Johann  Daniel  Souchaj.    1845. 
Alexander  v.  Hethmann.    1846. 
Heinr.  von  Bethmann.     1846. 
Dr.  jur.  Ratli  Friedr.  Schlosser. 

1847. 
Stephan  von  Gnaita.     1847. 
H.  L.  Döbel  in  Batavia.    1847. 
G.  H.  Hauck-Steeg.  1848. 


Hr.  Dr.  J.  J.  C.  Buch.     1851. 
G.  von  St.  George.     1853. 

»  J.  A.  Grnnelins.     1853. 
P.  L.  Kroger.     1854. 

>  Alexander  Goutard.     1854. 

V  M.  Frhr.  v.  Bethmann.     1854. 

»  Dr.  Eduard  Rüj)pell.     1857. 

>  Dr.  Th.  Ad.  Jac.Em.  Müller.  1858. 
»  Julius  Nestle.     1860. 

>  Eduard  Finger.     1860. 

Dr.  jur.  Eduard  Souchay.    1862. 

>  J.  N.  Gräffendeich.     1864. 
>'  E.  F.  C.  Büttner.     1865. 

»  C.  F.  Krepp.    1866. 

»  Jonas  Mylius.     1866. 

>'  Constantin  Fellner.     1867. 

>'  Dr.  Hermann  von  Meyer.    1869. 

»  Dr.  W.  D.  Sömmerriug.    1871. 

»  J.  G.  H.  Petsch.    1871. 

»  Bernhard  Dondorf.  1872. 


—     20 


II.  Mitglieder  des  Jahres  1873. 

Die  arbeitenden  sind  mit  *  bezeichnet. 


Hr.   Alt,  Franz.     1873. 

»     Alt,  Johannes.     1869. 

»     Andreae,  J.  J.,  Ingenieur.     1869. 

»     Andreae,  H.,  Director.     1873. 

»     Andreae,  H.  V.,  ür.  med.     1849. 

»     Andreae,  Jean.     1869. 

»     Andreae-Goll,  J.  C  A.     1848. 

»     Andreae-Wiuckler,  Job.     1869. 

»     Andreae-Winckler,  P.  B.   1860. 

»     Angelheini,  J.    1873. 

»  *Asl-enasy,  Engen,  Dr.  ph.     1871. 

»  *  Baader,  Friedrich.     1873. 

»     Bacher,  Max.     1873. 

»     ßaer,  Joseph.     1860. 

»     Baer,  .Joseph,  Director.     1873. 

»     Bilrwindt,  J.,  Dr.  med.     1860. 

»  *Bagge,  H.  A.  B.,  Dr.  med.  1844. 

»     Ban.«a,  Gottlieb.     1855. 

»     Bansa,  .Julius.     1860. 

»     Bansa-Streiber,  C.     1860. 

»  *Bardoiff,  Carl,  Dr.  med.     1864. 

»     de  Bary,  Heinr.  A.     1873. 

»     de  Bary,  Jac,  Dr.  med.     1866. 

»     Becker,  Adolf.     1873. 

»     Becker,  Friedr.     1873. 

*     Behrends-Mettenius,  P.  F.    1860. 

»     Belli-SeufFerheld,  F.     1837. 

»     Benecke,  Job.  Herrn.     1873. 

»     Benkard,  Christian.     1866. 

»     Berg.  C.N.,  Bürgermeister,  Dr.  jur, 
1869. 
Frau  Bernus-Grunelius.     1852. 
Hr.   Bertholdt,  Joh.  Georg.     1866. 

»     V.  Betbmann,  C.  M-,  Baron.    1869. 

»     Beyfuss,  M.    1873. 

»     Birkenstock,  Georg  Friedr.    1866. 

»     Bliedung,  L.     1869. 

»     Blum,  Henn.     1860. 

»  *Blum,  .J.     1868. 

»  ^ Blumenthal,  E.,  Dr.  med.    1870. 

»     Bluiuenthal,  Jos.  Leop.     1860. 

»  *Bockeuheimer,  Dr.  med.     1864. 


Hr.   Börne,  Jac.     1873. 

»  Bolongaro,  Anton.     1862. 

»  Bolongaro,  Carl.     1860. 

»  Bolongaro-Crevenna,  A.  1869. 

»  Bolongaro-Crevenna,  J.  L.  1866. 

»  Bonn,  Barr.ch.     1862. 

»  Bonn,  Carl.     1866. 

»  Bontant,  F.     1866. 

»  Borgnis,  Franz.     1873. 

»  *v.  Bose-Reichenbach,  Graf.    1860. 

»  Both,  J.  B.     1824. 

»  Breiraer,  W.  H.     1873. 

»  Brentnno,   Anton.     1873. 

»  Ibentano,  Ludwig.     1842. 

»  Brofft,  Franz.     1866. 

y>  Brotft,  Leonh.  Wilh.,  jun.     1866. 

»  Brückner,  Wilh.     1846. 

»  Buchka,  Franz  Anton.     1854. 

*  Bück,  A.  F.,  Dr.  jur.     1866. 

■■>  *Buck,  Emil.     1868. 

»  Budge,  Moritz.     1873. 

»  Burnifcz,  R.  H.,  Architekt     1866. 

»  Cahn,  Moritz.     1873. 

»  Carl,  J.  F.     1873. 

»  Cassel,  Gustav.     1873. 

»  Chun,  Oberlehrer.     1866. 

»  Clan.?,  A.  Daniel.     1870. 

»  Cnyrim,  Ed.,  Dr.  jur.     1878. 

»  Cnyrim,  Vict.,  Dr.  med.     1866. 

»  Conrad,  C,  Müuzmeister.     1873. 

»  Cornill  d'Orville,  H.  A.     1854. 

»  Creizenach,  Ignaz.     1869. 

»  Defize,  Adolf.     1873. 

»  Degener,  C,  Dr.     1866. 

>>  *  Deichler,  .J.  C,  Dr.  med.     1862. 

»  Denzinger,  F.  J.,  Baurath  und  Dom- 

baumeister.     1873. 

»  Dibelka,  Jos.     Iö72. 

»  Diehn,  Phil.,  Thierarzt.     1866. 

>>  Dietze,  C.     1870. 

»  Doctor,  Ad.  Heinr.     1869. 

»  Doctor,  Bernhard.     1866. 


—     21 


.  iJonner,  Carl.     Iö73. 
V.  Donner,  Phil.     1859. 
Drexel,  Heiur.  Theod.     1863. 
Ducca,  Wilh.     1873. 
Ebeling.  Willi.,  Actuar.     1873. 
Eberstadt,  A.,  1869. 
Ebner,  Hermann,  Dr.  jur.     1866. 
Edeufeld,  Felix.     1873. 
Ehingen,  x\ugust.  1872. 
Ehrhard,  W..  Ingenicnr.     1873. 
Ellisseu,  Dr.  jur.     1860. 
Emden,  Jac.  Phil.     1869. 
Enders,  Ch.     1866. 
Engel,  Louis.     1873. 
Engelhard,  Carl.     1873. 
Engelhard,  Georg  Heinr.     1827. 
Epstein,  Theod.     1^73. 
V.  Erlanger,  Eaph.,  Generalconsul, 

Baron.     1859. 
Ernst,  August,  Professor.     1854. 
Eyssen,  B.  Gustav.     1866. 
Eyssen,  C.  E.     1860. 
Fabricius,  Franz.     1866. 
du  Fay,  Jean  Noe.     1842. 
Fester,  Dr.  jur.,  Notar.     1873. 

*  Fiedler,  J.  N.,  Dr.  med.     1830. 

*  Finger,  Oberlehrer,  Dr.  phil.  IfSSl. 
Flörsheim,  Ed.     1860. 
Flersheim,  Rob.     1872. 

Fle^^ch,  Dr.  med      1866. 
Flinsch,  Heinr.     1866. 
Fliusch,  W.     Iö69. 
Fresenius,  Ph.,  Dr.  phil.     1873. 
Fridberg,  A.,  Dr.  med.     1873. 
Friedmann,  Jos.     1869. 
Fries,  Carl.     1866. 
Fries,  Heinr.     1843. 
V.  Frisching,  C.     1873. 
Fritsch,  Ph.,  Dr.  med.     1873. 

*  V.  Fritsch,  C,  Dr.  pbil.,  Frhr.  1869. 
Frohmann,  Herz.     1873. 

Fuchs,  C.  H.     1869. 
Fuchs,  Waldemar.     1873. 
Fürth,  Albert.     1873. 
Fuld,  Ludwig.     1869. 
Fuld,  S.,  Dr.  jur.     186G. 
Funck,  C.  L.     1873. 


Hr.   Garny,  Joh.  Jac.     1866. 

»  Gering'  F.  A.     1866. 

»  Gerson,  Jac,  Generalconsul.    1860. 

»  Getz.  Dr.  med.     1854. 

»  V.  Gille,  Bankdirector.     1833. 

»  Gockel,  Ludwig      1869. 

»  Goldschmidt,  A.     1873. 

»  Goldschmidt,  Ad.  B.  H.     1860. 

^  Goldschmidt,  B.  M.     1869. 

»  Goldschmidt,  H.  H.     1873. 

»  Goldschmidt,  Marcus.     1873. 

»  V.  Goldschmidt,  Leop.,Consul   1869. 

»  Gontard,  Moritz.     1850. 

»  Gotthold,  Ch.,  Dr.  phil.     1873. 

»  Grabe,  Charles,  Consul.     1866. 

»  Gramm,  J.     1873. 

»  *Graubnor,  Ferd.     1871. 

»  Graubner ,    Friedrich ,    Stadtrath. 

1873. 

»  Gross,  Wilh.     1873. 

»  Grünebaum,  M.  A.     1869. 

»  Grumbach,  J.  M.     1871. 

»  Grunelius,  Adolf.     1858. 

»  Grunelius,   Moritz  Eduard.     1869. 

»  V.  Guaita,  Max.     1869. 

»  V.  Guaita-Mumm,  Consul.     1843. 

»  Gundersheira,  Joseph.     1873. 

»  Guudersheim,  M.,  Dr.  med.    1860. 

»  *Haag,  Georg,  Dr.  jur.     1855. 

»  Haase,  A.  W.  E.     1873. 

»  Häberlin,  J.  E.,  Dr.  jur.     1871. 

»  Hahn,  Adolf,  Consul.     1869. 

»  Hahn,  Anton.     1869. 

»  Hahn,  Ed.  Jac.     1873. 

»  Hahn,  Moritz.     1873. 

»  Hamburg,  Joseph.     Iö73. 

»  Hamburger,  C,  Dr.  jur.     1866. 

»  Hammeran,  J.  A.     1873. 

>  Hanau,  Heinrich  A.     1<S69. 
»  Hanau,  Lehmann.     1860. 

»  V.  Harnier,  Ed.,  Dr.  jur.     186G. 

»  Hauck,  Christ,  Stadtrath.    1860. 

»  Hauck,  Georg.     1842. 

»  Hauck,  Moritz,  Advocat.     1873. 

>  Hayn,  .Joh.  Georg.     1866. 
»  Heimpel,  Jacob.     1873. 

»  Henrich,  C.  F.,  jun.     1873. 


—     22     — 


Hr.   Henrich,  Joli.  Gerhd.     1860. 
*     Hesse],  Julius.     1863. 
»  *  Hessenberg,  Joli.  Friedr.,  Dr.  phil. 

1846. 
»     Heuer,  Ferd.     1866. 
»  *v.Heyden,  Lucas,  Hauptmann.  18G0. 
»     V.  Heyder,  Georg.     1844. 
»  *Heynemann,  Fr.  D.     1860. 
»     Hirschhorn,  Gustav.     1873. 
»     Hoerle,  Heinrich.     1866. 

>  Hoff,  Carl.     1860. 

•■     Hoff,  Joh.  Adam.     18(36. 
Hofmann,  Julius.     1873. 
»     Hohenemser,  H.     1866. 

-  V.  Holzhausen,  Georg,  Frhr.  1867. 
Holzmann,  Phil.     1866. 

■     Homberger,  Albert.     1870. 

>  Horkheimer,  Bernhard.     1869. 
■'>     Ihm,  August.     1866. 

»     Jacobi,  Rudolph      1843. 

>  *  Jäger,  Rudolph,  Oberlehrer.    1867. 
Die  Jägersche  Buchhandlung.     1866. 
Hr.  Jassoy,  Ludw.  Wilh.     1866. 

»     Jeanrenaud,  Dr.  jur.,  Appellations- 
gericht s-Rath.     1866. 
»     Jonas,  Adolf,  Dr.  jur.     1873. 

>  Jordan,  Felix.     1866. 

>>     Jost,  Conr.,  Apotheker.     18-59. 
»     Jügel,  Carl  Franz.     1821. 
»     Jung-Hauff,  Georg.     1866. 
»     Kassel,  Elias,  Director.     1873. 
>^     Katheder,  C.     1863. 
»     Katzenstein,  Albert.     1869. 

>  Kayser,  Fritz.     1869. 

>  Kayser,  J.  A.     1873. 
V     Keller,  Heinr.     1844. 

-  Kerstner,  Phil.     1860. 

»  *  Kesselmeyer,  P.  A.     1859. 

.  *  Kessler.  F.  J-,  Senator^    1838. 

»     Kessler,  Heinrich.     1870. 

,     Kessler,  Wilh.     1844. 

»     Kiuen,  Carl.     1873. 

.  *Kinkelin,  Friedr.,  Dr.  phil.     Ib7d. 

.     Kirchbeim,  S.,  Dr.  med.     1873. 

,     Kissel,  Georg.     1866. 

,     Klein,  Jacob.     1873. 

,     Klimsch,  Carl.     18''3. 


Hr.  Kling,  Gustav.     1861. 
»  *Kloss,  H.,  Dr.  med.     1842.     • 

»  Kloss,  Senator,. Dr.  jur.     1856. 

»  Klotz,  Carl.     1844. 

»  Knoblauch,  Ferdinand.     1873. 

»  Knopf,  L.,  Dr.  jur.,  Director  1869. 

»  Koch,  Friedr      1866.  ' 

*  Koch,  Wilh.     1859. 

»  Königswarter,  J.     1869. 

»  Königswarter,  Marcus.     1866. 

»  Kohn-Speyer,  Sigism.     1860. 

»  Kotzenberg,  Gustav.     1873. 

»  Krämer,  Johannes.     1866. 

»  Krebs-Schmitt.  C.     1869. 

»  Krug,  Ad.     1869. 

»  Kuchen,  Theod.,  Consul.     1853. 

»  Küchler,  Ed.     1866. 

»  Küchler,  F.     1873. 

»  Küstner,  Johannes.     1841. 

»  Kugele,  G.     1869. 

»  Kugler,  F.,  Dr.  jur.,  Appellations 

Gerichtsrath.     1869. 

»  Kuhn,  H.     1869. 

»  Kusenberg,  R.  J.,  Director.    1878. 

»  Ladenburg,  Emil.     1869. 

«  Landauer,  Wilh.     1873. 

»  Lang,  R.,  Dr.  jur.     1873. 

»  Langeuberger,  Franz.     1860. 

»  Langer,  Dr.  jur.     1873. 

»  Laurin,  Ferd.     1866. 

»  Lautereu,  C,  Consul.     1869. 

»  Le  Bailly,  Georg.     1866. 

»  Leschhorn,  Ludw.  Carl.     1869. 
»     Leser,  Phil.     1873. 

»  Lindheimer,  Gerhard. 

»  Lindheimer,  Julius. 
»  Lion,  Benno.  1873. 
»  LiQii,  Franz.  1873. 
»     Lion,  Jacob,  Director. 

»  Lion,  Siegmund.     1873. 
»     Löhr,  Clemens.     1851. 
»     Lönholdt,  E.  Heinr.     1873. 

»  Lönholdt,  G.  W.     1873. 
»     Löwengard,  J.,  Director.     1859. 
»     Loretz,  A.  W.     1869. 

»  Lorey,  Carl,  Dr.  med.     1869. 


1854. 

1873. 


1866. 


23 


Hr.*Lucae,  G.,  Prof.  Dr.  med.    1842. 

»  Lucius,  Euij.,  Dr.  phil.     1859. 

»  Ludwig,  Moritz.     1859. 

»  V.  Lukacsicli,  Major.     1832. 

»  Maas,  Adolf.     1860. 

&  Maas,  Simon,  Dr.  jur.     18G9. 

»  Mack,  Job.  Friedr.     1866. 

»  de  Maes,  Ed.     1869. 

»  Malllau,  Albert.     1867. 

»  Majer,  Joli.  Carl.     1854. 

Fr.  Majer-Steeg.     1842. 

Hr.  Malss,  Dr.  jur.     187-3. 

»  Manskopf,  Nicolaus.     1859. 

»  Manskopf,  W.  H.,  Commerzienrath 
1869. 

»  Matti,  Dr.  jur.     1836. 

:!>  Matti,  A.,  Dr.  jur.     1873. 

»  May,  Arthur.     1873. 

»  May,  Ed.  Gustav.     187.3. 

»  May,  .Tulius.     1873. 

*  May,  .T.  V.,  Dr.  jur.     1873. 

:o  May,  Martin,  Stadtrath.     1866. 

*  Meixner,  C.  A.     1866. 
»  .Alerton,  Albert.     1869. 
»  Merton,  Fialph.     1860. 
>^  ^lerzbach,  A.     1873. 

»  Mettenheiiner,  Chr.  Heinr. 

»  ^lettenheimer,  Louis.     1869. 
»  *  Metzler,  Adolf.     1870. 

»  Metzler,  Albert.     1869. 

»  Metzler,  Carl.     1869. 

»  Metzler.  Gustav.     1859. 

»  Metzler,  Wilh.     1S44. 

»  Metzler-Fuchs,  G.  F.     1842. 

»  Meyer,  Friedr      1SG6. 

»  Minoprio,  Carl.     1821. 

»  Minoprio,  C.  G.     18G9. 

»  Mohr,  Oberlehrer,  Dr.  phil. 

»  Moldenhauer,  F.,  Ingenieur. 

»  Mouson,  Joh.  Gg.     1873. 

»  Muck,  F.  A.,  Consul.     1854. 

*  Müller,  Carl.     1842. 
»  Müller,  .Joh.  Christ.     1866. 
»  Mumm  V.  Schwarzenstein,  A. 
>  Mumm  V.  Schwarzenstein,   D.  H., 

Dr.     jur. ,      Oberbürgermeister. 
1869. 


187.8. 


1866, 
I873! 


1869. 


Hr.   Mumm  v.  Schwarzenstein,    Herrn., 
Generalconsul.     1852. 

»     Mumm  V.  Schwarzenstein,  F.  H.,jun. 
1873. 

»     Mumm   V.   Schwarzenstein,   Wilh. 
1856. 
Die  Musterschule.     1832. 
Hr.  Mylius,  CarlJonas,  Architect.  1871. 

»     Nestle,  Hermann.     1857. 

■>     Nestle,  .Julius.     1873. 

»     Nestle,  Richard.     1855. 

»     Neubürgor,  Dr.  med.     1860. 

»     de  Neufville,  Julius.     1873. 

>'     de  Neufville-de  Bary,  Aug.    1864. 

»     de  Neufvüle-Büttner,  Gust.    1859. 

»     de  Neufville-Siebert,  Friedr.  1860. 

»     Niederhofheim,  A,  Director.  1878. 

»     Nolden,  Melchior.     1873. 

»  *Noll,  F.  C,  Dr.  sc.  nat.     1868. 

»     V.  Obernberg,  Ad.,  Dr.  jur.,  Stadt- 
rath.    1870. 

»     Ochs,  Carl.     1873. 

»     Ochs,  Hermann.     1873. 

»     Ochs,  Lazarus.     1873. 

»     Ohlenschlager,  C.  Friedr.,  Dr.  med. 
1873. 

»     Ohlenschlager,  J.  A.,  Dr.  jur.    1859. 

»     Oppenheim,  Guido.     1873. 

»     Oppenlieimer,  Charles.     1873. 

»     Orteubach,  Friedr.     1853. 

»     Orthenberger,  Dr.  jur.     1866. 

»     d'Orville,  Friedr.     1846. 

»     Osterrieth,  Franz.     1867. 

>     Osterrieth-v.  Bihl.     1860. 

»     Csterrieth-Laurin,  Aug.     1866. 

»     Oswald,  H.,  Dr.  jur.     1873. 

»     Parrot,  J.  C.     1873. 

»     Passavant,  E.,  Dr.  jur.,  Stadtrath. 
1866. 

»     Passavant,  Gu.st.,  Dr.  med.    1859. 

j>     Passavant,  Herrn.     1859. 

»     Passavant,  Robert.     1860. 

»     Passavant,  Rudolf.     1869. 

»  *  Passavant,  Theodor.     1854. 

»  *  Petersen,  C.  Th.,  Dr.  phil.    1873. 

»     Petsch-Goll.,  Phil.     1860. 

»     Pfeffel,  Aug.     1869. 


—     24     — 


Hr.  PfefFel,  Friedr.     1850. 
»     Pfefferkorn,  R.,  Dr.  jur.     1856. 

>  Pfeiffer,  Eugen.     1846. 

»     Pieg,  C,  Steuerrath.     1873. 

»     Ponfick,  Otto,  Dr.  jur.     1869. 

»     Posen,  Jacob.     1873. 

»     Prestel,  Ferd.     1866. 

»     Prior,  Adolf,  Dr.  jur.     1866. 

»     Quilling.  Friedr.  Wilh.     1869. 

V     Raabe,  Ernst.     1872. 

»     Rauteuberg,  Leopold.     1873. 

»     Ravenstein,  Aug.     1866. 

»     Ravenstein,  Simon.     1873. 
Die  Realschule,  Israelitische.     1869. 
Hr.*Reicheubach,  J.  H.     1872. 

»  *ReiD,  J.  J.,  Dr.  phil.     1866. 

»     V.  Reinacb,  Adolf,  Generalconsul, 
Baron.     1860. 

»     V.  Reinach,  Alb.,  Baron.     1870. 

»     Reisa,  Enoch.     1848. 

»     Reiss,  Jacques.     1844. 

»     Reuss,  Dr.  jur.,  Schöff.     1824. 

>  Ricard,  Adolf.     1866. 

>  Ricard,  L.  A.     1873. 

»     Richard,  Friedr.     1866. 

»     Rieger,  Wilhelm.     1832. 

»     Riese,  Gh.,  Poststallmeister.    1866. 

»     Rindskopf,  Isaac  M.     1866. 

»  *Ripps,  Dr.  med.     1856. 

»    Rittner,  Georg.     1860. 

>  *Roberth,  Ernst,  Dr.  med.     1845. 

»     Rödiger,  Conr.,  Dr. phil.,  Directions- 

rath.     1859. 
»     Rössler,  F.,  Münzwardein.    1866. 
»     Rooa,  Benjamin.     1869. 
»     Roose,  C.  Ed.     1866. 

>  *  Roose,  Wilh.     1869. 

»     V.  Rothschild,  A.S.,  Freiherr.  1821. 
»     V.  Rothschild,  M.  C.,  Generalconsul, 
Freiherr.     1843. 

>  v.EothschildjWilh.,  Generalconsul, 

Freiherr.     1870. 

>  Rottenstein,  Dr.     1866. 

»     Rücker,  Friedr.  Carl.     1860. 
»     Rueff,  Julius,  Apotheker.     1873. 

>  Rütten,  Joseph.     1860. 

>  Rumpf,  Dr.  jur.,  Consuleat.    1866. 


Fr.   Rumpf,  Fr.     1868. 
Hr.    Sachs,  Joh.  .Jac.     1870. 

»     Sanct-Goar,  M.     1866. 

»     Sandhagen,  Wilh.     1873. 

»     Sauerländer,  J.  D.,  Dr.  jur.    1873. 

»     Schaffner,  Fr.,  Dr.  med.     1866. 

»     Scharff,  Alexander.     1844. 

»  *  Scharff,  F.  A.,  Dr.  jur.     1852. 

y     Scharff-Osterrieth,  Gottfr.     1859. 

»  *Scheidel,  Seb.  AI.     1850. 

>'     Schenk,  Joh.  David      1866. 

>»     Schepeler,  C.  F.     1873. 

»     Scherbius,  G.     1869. 

»     Scherlensky,  Dr.  jur.     1873. 

»     Scheyer,  Eraanuel.     1860. 

»     Schiele,  Simon,  Director.     1866. 

>'     Schiff,  Phil.     1878. 

>^     Schilling,  Dr.  med.     1833. 

»     Schlemmer,  Dr.  jur.     1873. 

»     Schlesinger-Trier,  C.     1873. 

»     Schlottner,  Ferd.     1873. 

»     Schmick,J.P.W.,  Ingenieur.   1873. 

>.     Schmidt,  Adolf,  Dr.  med.     1832. 

»     Schmidt,  Carl,  Kreisthierarzt.  1857. 

»     Schmidt,  C.  F.     1872. 

»  *  Schmidt,  Heinr.,   Dr.   med.     1866. 

>  Schmidt,  Louis  A.  A.     1871. 

»     Schmidt,  Maxim.,  Dr.  vet.,  Director. 

1866. 
»  »Schmidt,  Moritz,  Dr.  med.     1870. 
»     Schmidt-Polex,  Adolf.     1855. 
»     Schmidt-Scharff,  Adolf.     1855. 
»     Schmölder,  P.  A.     1873. 
»     Schmöle,  Wilh.     1866. 

>  Schnell,  Heinrich.     1871. 

>  Schölles,  K.     1866. 

»     Schölles,  Joh.,  Dr.  med.     1866. 
»  *  Schott,  Eugen,  Dr.  med.     1872. 
»     Schürmann,  E.,  sen.     1866. 
»     Schulz,  Heiur.,  Dr.  jur.     1866. 
»     Schumacher,  Gg.  Friedr.     1866. 

>  Schwager,  W.  G.     1866. 

»  *  Schwarzschild,  H.,  Dr.  med.  1836. 

>  Schwarzschild,  Moses.     1866. 

»     V.  Schweitzer,  C,  Dr.  jur.,  Schöff. 

1831. 
»     Seufferheld,  Georg.     1837. 


—     25 


Hr.  Siebert,  August.     1869. 
»  *  Siebert,  J.,  Dr.  jur.     1854. 
»     Sieger,  Dr.  jur.     1873. 
»     Suatich,  Jacques.     1873. 
»     Sonneberg,  Heinrich.     1873. 
»     Sonnemann,  Leopold.     1873. 

>  Souchay,  A.     1842. 

»     Speltz,  Dr.  jur.,  Senator.     1860. 
»     Speltz,  Jacob.     1819. 
»     Speyer,  Gustav.     1873. 
»     Speyer,  L.  J.     1869. 

*  Speyer,  Phil.     1866. 

>  Spiess,  Alexander,  Dr.  med.    1865. 

>  *  Spiess,  G.  A.,  Dr.  med..  Geh.  Sani- 

tätsrath.     1832. 
»     Springer,  Henry.     1873. 
»     Stadermann,  Ernst.     1873. 
»  *Steffan,  Ph.  J.,  Dr.  med.     1862. 
»     V.  Steiger,  L.     1869. 
»     Stein,  Joh.  18'36. 
»  *Steitz,  Aug.,  Dr.  phil.     1858. 
»     Stern,  B.  E.,  Dr.  med.     1865. 
»     Stern,  Siegm.  .Jacob.     1862. 
»     Stern,  Theodor.     1863. 
»     Steuernagel,  .Joh.  Heinr.     1860. 
»  *Stiebel,  Fritz,  Dr.  med.     1849. 
»     Stiebel,  Siegism.     1869. 
»     V.  Stiebel,  Heinr.,  Consul.    1860. 
»     Stock,  H.  A.     1859. 
»     Straus-Fuld,  A.  J.     1873. 
»  *  Stricker,  W.,  Dr.  med.     1870. 
»     Stromberg,  Nathan.     1866. 
»     Strube,  .Jac,  Hofrath.     1873. 
»     Sulzbach,  Rud.     1869. 
»     Sulzbach,  Siegm.     1866. 
»     Trieber,  E.,  Dr.  phil.     1870. 
»     Trier,  Samuel.     1873. 

*  TJlmann,  A.,  Dr.  phil.     1871. 
»     Umpfenbach,  A.  E.     1878. 

»     Una-Maas,  S.     1873. 

»     Varrentrapp,  Fr.,  Dr.  jur.    1850. 


Hr.   Varrentra pp,  Georg.,  Dr.  med..  Geh. 
Sanitätsrath.     1833. 

»  Varrentrapp,  J.  A.     1857. 

»  V.  den  Velden,  Fr.     1842. 

»  Vogt,  Ludwig,  Director.     1866. 

*  Volger,  Otto,  Dr.  phil.     1862. 
»  Volkert,  C.  A.  C.     1873. 

»  Wagner-Lindheimer,  G.  J.  A.  1848. 

»  *Wallach,  J.,  Dr.  med.     1848. 

»  Walther,  Georg  C.     1859. 

»  Weber,  Andreas.     1860. 

»  Weiller,  Jac.  Hirsch.     1869. 

»  Weisbrod,  Friedr.     1873. 

»  Weismann,  N.     1873. 

»  V.  Weisweiller,  Gg.,  Consul.    1866. 

»  Wenz,  Emil,  Dr.  med.     1869. 

»  Wertheimber,  Louis.     1869. 

»  *Wetterhan,  J.  D.     1860. 

»  Wetze],  Heinr.     1864. 

»  Weydt,  Nie.     1869. 

»  Weydt,  Phil.     1873. 

»  Wiesche,  J.  L.     1873. 

»  Wiesner,  Dr.  med.     1873. 

»  Winter,  W.  Chr.     1852. 

»  Wippermann,  Friedr.     1819. 

»  Wirsing,  Adolf.     1873. 

»  *Wirsing.  J.  P.,  Dr.  med.     1869. 

»  Wirth,  Franz.     1869. 

»  Wittekind,  H.,  Dr.  jur.     1860. 

*  WolfF,  Adam.     1873. 

»  Wolfskehl,  H.  M.     1860. 

»  Wüst,  C.  L.     1866. 

»  Wunderlich-Jassoy,  Gg.     1869. 

»  ZickwolfF,  Albert.     1873. 

^  ZickwolfF,  Otto.     1873. 

»  *Ziegler,  Julius,  Dr.  phil.    1869. 

»  Ziegler,  Otto.     1873. 

»  Ziem,  G.  F.     1860. 

»  Zimmer,  C,  Dr.  phil.     1855. 

»  Zimmer.  C.  G.  B.     1869. 


26 


III.  Neue  Mitglieder  für  tlas  Jaiir  1874. 

Hr.   Auffartb,  H.  B.  i    Hr.  Mann.   F.  W. 


»     Becker,  Herrn. 

»     Böhm,  Job.  Friedr. 

»  *Böttger,  Oscar,  Dr.  pliil. 

»     Eiclaelmann,  F.  L. 

»     Frank,  B. 


Müller-Eenz,  F.  A, 
Odrell,  Leop.,  Dr.  jur. 
PfeifF,  Bernh.,  Ingenieur. 
Bommel,  Joli.  Jul. 
Schünemaun,  Theod. 


Lohse,  W.  i      »     Wolff,  Phil. 


Yerzeicliniss 

der  Geschenke  für  das  iiaturhistorische  Miiseum, 

welche    vou    Juni    1873    bis    Eude   Mai    1874    der   Gesell- 
schaft überwiesen  wurden. 

1.  Für  die  vergleiciiend-anatomisclie  Sammlung  : 

Vou  Herrn  Consul  Ed.  Jacobson:    Zwei  Meuschenschädel. 
Von  Herrn  Kreisthierarzt  Schmidt:  der  Schädel  eiues  Neufund- 
länder Hundes. 
Von  Herrn  Heinr.  Flinsch:  Abguss  eines  Neauderthaler  Schädels. 

2.  Für  die  Säugethiersammlung : 

Von     der    zoologischen    (jesellschaft:     Ein    Cynocephalus 
Hamadryas,    eine  Hyäne,   drei  Seehunde  uud  ein  Windhund. 
Von  Herrn  Consul  Ed.  Jacobson:    Zwei  junge  Orang-Utang. 
Von  Herrn  Ingenieur  Pfeiff:  Ein  Windhund  aus  der  Krim. 

3.  Für  die  Vogelsammlung : 

Von    der    zoologischen    Gesellschaft:     Falaeornis    eujKitritis, 

Uria  Trolle,  Ära  Macao. 
Von  Herrn  Oberbürgermeister  tl  e  i  s  s  in  Mannheim:  Zwei  Tacliy- 

phonus  lunidatns  uud  eiu  Margarornis  .  .  .  ?  aus  Peru. 
Von  Herrn  Hetzer:  Gorvus  ausfralis,  Ibis  sjnnicoUis  und  Plofus 

Novae  Hollandiae. 
Von  Herrn  Otto  Andreae:  Lophopliorus  impeyayius,   ÄracJino- 

tJiera  magna,  zwei  Fronicrops  (Nedarinia)  uepaloisis,  R^dicilla 

frontalis,    YuJiina  gularis,    Cryptoloplia  (Muscicapa)  cinereo- 

capüla,  Procarduelis  (Fringüla)  nepalensis. 
Von  Herrn  Hauptmann  v.  Heyden:  Ein  Bengalist  und  zwei  Finken. 


—     27     — 

Von  Herru  Joli.  Caesar  Godeffroy  in  Hamburg:  DuJunciüus 

strigirostris  von  den  Sanioa-Inselu. 
Von  Herru  Arthur  May:   Plafycercus  pulcherrimus. 
Von  Herrn  Steuerratli  C.  Pieg:  Sieben  Kolibri  mit  einem  Nest. 
Von  Herru  Custos  Er  ekel:  Chrysotis  Sallei  aus  St.  Domingo. 
Von  Herrn  Cousul  N.  Adler:  Ardea  virescens  und  ein  Centropus. 
Von  Herru  Emil  Bück:  Sechs  Kolibri. 
Von  Herru  Wildprethäudler  Geyer:   Numenius  arquata. 
Von  Herru  Verwalter  Mühlig:  Faico  suhhuteo. 

4.  Für  die  ichthyologische  Sammlung: 

Von   Herru   Professor   S  tos  sich  in  Triest:    Ein  Hai  aus   dem 

adriatischen  Meere. 
Von  Herru  Marcus  Goldschmidt:  Ein  Anzahl  Fische  aus  dem 

internationalen    Aquarium    des   Herrn    Prof.    Dr.    A.  Dohru 

in  N  e  a  p  e  1. 

5.  Für  die  Sammlung  von  Reptilien  und  Amphibien: 
Von   Herrn    Hauptmann   v.  Heyden:    Reptilien    und   Amphibien, 
in  Spanien  und  Portugal  gesammelt. 

6.  Für  die  entomologische  Sammlung: 
Von  Herru  W.  Hermann   in    Rio    grande    do   Sul:    Eiu   Glas 

mit  Insecteu. 
Von   Herru    Dr.   Ose.   Böttger:    Die    von    Herrn    Bergingenieur 

Adolf  Hühner   am  Limpopofiuss  in  Südafrika  gesammelten 

Insecteu. 

7.  Für  die  Conchyliensammlung: 
Von  Herru  Cousul  N.  Adler:  Lebende  Schnecken  und  Muscheln, 

am  Cap  gesammelt. 
Von  Herrn  Dr.  med.  Kobelt:   Eine  Suite  Conchylien. 

8.  Für  die  SammUmg  von  Würmern  und  anderen  niederen 

Thieren : 

Von  Herrn  Marcus  Goldschmidt:  Eiue  grosse  Anzahl  niederer 
Seethiere  aus  dem  internationalen  Aquarium  des  Herr  Prof. 
Dr.  A.  Dohru  in  N  e  a  p  e  1. 

9.  Für  die  Sammlung  von  Korallen: 

Von  Herru  Eugen  Pfeiffer:   Eiu   Korallenstock. 


—     28     — 

10.  Für  das  Herbarium: 

Von  den  Herren  Professor  Dr.  v.  Fritsch  und  Oberlehrer  Dr.  Rein: 
Die  auf  ihrer  Reise  gesammelten  Pflanzen  von  Südspanien, 
von  den  Canaren  und  von  Maroeco. 

Von  Herrn  Max  Ose.  Reinganum:  QQ  diverse  Holzarten  von 
Mittel-Java  und  Holländisch-Ostindien. 

Von  Herrn  Cousul  William  Murphy:  Ein  Pflauzengewebe. 

Von  Herrn  Hofrath  Dr.  Pauli:  14  Fascikel  der  von  ihm  auf 
Chios  und  dem  Olymp  gesammelten  Pflanzen. 

Von  Herrn  Oberlehrer  Dr.  Rein:  Früchte  aus  Yeddo. 

Von  Herrn  Rudolf  Heer  dt:   12  Kasten  mit  Alpenpflanzen. 

Von  der  Gartenbau-Gesellschaft:  Mehrere  Piuus-Zweige  und 
Früchte  von  Pallanza  am  Lago  maggiore. 

Von  Herrn  Jakobi:  Früchte  der  Mucuna  aus  Mittel- Amerika. 

Von  Herrn  Lehrer  Blum:  Eine  Sammlung  japauesischer  Pflanzen. 

Von  Herrn  Dr.  Kobelt:    Sicilianische  Pflanzen. 

Von  Herrn   Dr.  Julius    Ziegler:  Italienische  Pflanzen. 

11.  Für  die  geologische  und  paläontologiselie  Sammlung: 

Von  den  Herreu  Dr.  Geyler  und  Dr.  Rein:  Petrefacteu  aus  dem 
Flörsheimer  Septarienthou. 

Von  Herrn  Graubner:  Kieselholz  aus  der  Rosengasse  dahier. 

Von  Herrn  Dr.  Oscar  Böttger:  Pflanzenabdrücke  von  Blauken- 
burg und  aus  der  Braunkohle  von  Salzhausen. 

Von  Herrn  Ingenieur  Askenasy:  Pflanzenabdrücke  aus  Süd- 
Russland. 

Von  Herrn  Dr.  Rolle  in  Homburg:  Fossilien  und  einige  geo- 
gnostische  Stücke  von  Saarbrücken  und  Müuzenberg. 

Von  Herrn  Dr.  Julius  Ziegler:  Säugethierreste  aus  dem  Löss  von 
Nieder-Flörsheim  und  Monsheim  in  Rheinhessen  und  eine  Suite 
von  Gesteinen  und  Petrefacteu  aus  der  alpinen  Trias  von 
St.  Cassian  in  Tirol. 

Von  Herrn  Lehrer  J.  Blum  :  Drei  Encrinus  liliiformis  auf  einem  Steine, 

Von  Herrn  F.  D.  Heynemaun:  Drei  fossile  Pferdezähne. 

Von  Herrn  Herrn.  Fulda:  Ein  Baumstamm  aus  der  Steinkohle. 

12.  Für  die  Mineraliensammlung: 
Von   Herrn   Director  Wilh.  Theiss   in    Palermo    und    Herrn 
Dr.   Kobelt    in    Schwanheim:    Mehrere    Mineralstufen    von 
Girgeuti  und  aus  Apulien. 


—     29     — 

Von  Herrn  Dr.  Friedr.  Scharff:  Vanadiubleierz  aus  Windisch- 

kappel  und  27  Stufen  krystallisivter  Schiackeubilduiigeu  von 

Braubach. 
Von  Herrn  Prof.  C.  v.  Fritsch:    Eine   Reihe  Gypsspathkrystalle 

aus  Flörsheim. 
Von  Herrn  Dr.  Friedr.  Kinkelin:  Malachit  und  Rubinglimmer. 
Von   Herrn    J.   M.    Bastert:    12    Stufen    Kupferlasur,    Malachit, 

Fahlerz  und  Buntkuptererz  aus  dem  Spessart. 
Von   Herrn  W.  Jefferis:  6  Stufen  Jefferisit,    Muscovit,  Phlogopit 

und  Feldspath. 

13.  Für  die  ethnographische  Sammlung: 

Eine  werthvolle  Steinwaffensammluus;  von  der  Insel  Rügen. 


Geschenke  an  Geld, 

•welche    der   Senckenbergisehen    naturf ersehenden  Gesellschaft 
im  abgelaufenen  Geschäftsjahr  überwiesen  w^urden. 

Von  den  städtischen  Behörden: 

Jährlicher  Beitrag 1500  fl.    —   kr. 

ausserordentlicher  Beitrag 2000»     —     » 

Von  Herrn  Adolf  Metzler  (für  Vermehrung 

des  Herbariums) 117»    54» 

Von   Herrn   Philipp    v,    Donner    (zur  Ver- 
mehrung der  ornithologischen  Sammlung)         50  »    —    » 


Yerzeiclmiss 

der  Geschenke  an  Büchern,  Schriften  u.  dgl., 

eiugesanffen  vom  Juni  187  3  bis  Ende  M;ii  187  4. 

A,  Von  Acadeniien,  Behörden,  Gesellschaften,  Instituten, 
Vereinen  ii»  dgl. 

Amiens.  Soclete  Linneeune  dn  nord  de  la  France : 

Bulletin  mensuelle.  No.  5—19,  23,  24;  1872-73. 


—     30     — 

Amsterdam.    Köuigl.  Academie  der  TVissenschaften : 

Jaarboek  1872. 

Processen  Verbaal  1872—73. 

Verhandeliiigeu.  Deel  XIII.   1873. 

Verslageii  en  mededeeliugeu  af  deel  iiatuurkuude   tweede 

reeks.  Deel  7. 
Aniiaberg.  Aunaberg-ßHcliliolzer  Verein  für  Naturkunde: 

Jahresbericht  III. 
Augsburg.  Naturlnstoriisclier  Verein: 

Bericht  XXII.  1873. 
Basel.     Naturforscliende  Gesell!>chaft: 

Verhaudl.  Theil  Y.  Hft.  4.  1873.  Theil  VI.  Hft.  1.  1874. 
Batavia.  Geuosseuscliaft  für  Künste  und  Wissenschaften : 

Alphabetisches  Karten- Verzeich niss. 

A.  Blytt.  Bidrag  til  Kundskaben  om  Vegetationen  i  den 

lidt  syd  for  og  under  Polarkredsen  liggende  Deel  af'Norwege. 

Codicum  Arabicorum  catalogus. 

Notuleu.  Deel  X.  No.  4.  Deel  XI.  No.   1,  2.   1873. 

Tijdschrift    voor    Indische    taal-,    laud-    en    volkeuknude. 

Deel  XX,  afleveriug  4 — 6,  Deel  XXI,  aflevering  1. 
Berlin.  Königl.  Preuss.  Academie  der  Wissenschaften: 

luhaltsverzeichniss  der  Abhandlungen  aus  d.  J.  1822 — 72. 

Mathematische  Abhandlungen   1873. 

Physikalische  Abhandlungen  1872,   1873. 

Verzeichniss  der  Bibliothek  der  Königl.   Academie. 

—  Botanischer  Verein  für  die  Provinz  Brandenburg  und  die  an- 
gränzenden  Länder : 

Verhandlungen.  Jahrgang  XIV.   1872,  XV.   1873. 

—  Brasilianische  Gesandtschaft : 

E  m  a  n  u  e  1  L  i  a  i  s.  Climats,  geologie,  fauue  et  geographie 
botanique  du  ßresil.  liio  Janeiro  1872. 

—  Deutsche  geologische  Gesellschaft: 

Zeitschr.  Bd.  XXIV.  Hft.  4.  1872,  Bd.  XXV.  Hft.  1-3. 1873. 

—  Königl.  Preuss.  Ministerium  für  Handel,  Gewerbe  und  öffent- 
liche Angelegenheiten : 

Abhandlung    zur    geologischen  Specialkarte   von  Preusseu 
und  den  Thüringischen  Staaten.  Lieferg.  IL 
Geologische  Specialkarte  von  Preusseu  und  den  Thüringi- 
schen Staaten.  Liefers'.  IV.  und  V.  nebst  Erläuterungen. 


-    ai    — 

Bern.  Sclnvoi/Piisclie  jiaturforscheiule  (Gesellschaft : 

Mittheiluugen.  No.  792—811.  1872. 
Bologna.     Acoadeiiiia  delle  scienze  : 

Meuiorie.  Serie  3.  Tomo  IL  Fase.  2  —  4.  Tomo  III.  Fase.  1 ,  2. 

Reudieonto  delle  sessioni   1873--74. 

Bonn.  Naturliistoilsclier  Yereiii  der  Preussischen  Rheiiilande  und  West- 
])haleus : 

Verhandlungen.  1872.  Jahrg.  XXIX,  zweite  Hälfte.   1873. 

Jahrg.  XXX,  erste  Hälfte. 

—  Nloderrheiiii'sche  Gesellscliafl  für  Natur-  und  Heilknude  : 
Sitzungsberichte   1873. 

Bordeanx.  Soeiete  des  sciences  pliysitiues  et  naturelles : 

Extrait  des  proces-verbanx  des  seances. 

Memoires.  Tome  IX.  No.    1.   1873. 
Boston,  IT.  S.    Ä.    Society  of  natural  history : 

Memoires.  Vol.  IL  Part  IL  No.   2,  3. 

Proceedings.  Vol.  XIV.  Part.  3,  4.    Vol.  XV.  Part  1,  2, 
Bremen.  Naturwissenschaftlicher  Verein: 

Abhaudluugeu.  Bd.  HI.  Hft.  4.  Bd.  IV.  Hft.  1. 

Beilage  No.  3. 
Breslau.  Schlesische  Gesellschaft  für  vaterländische  Cultur: 

Abhandlungen,  Abthlg.  Naturwissenschaften  und  Mediciu 

1872-73.  Philosophisch-historische  Abtheiluug  1872—73. 

Jahresbericht.  L.   1872. 

Brunn.  K.  K.  Miihrisch-schlesische  Gesellschaft   zur  Beföi'dernng  des 
Ackerbaues,  der  Natur-  und  Landeskunde: 

Mittheilungen.  Jahrg.  LIII.   1873. 

—  Naturforschender  Terein : 

Verhandlungen.  Bd.   XL   1872. 
Brüssel  (Bruxelles).  Soeiete  entomologique  de  Belgique: 

Annales.  Tome  XVI.   1873. 

Compte  rendu  No.  87.  No.  95—99.   1873. 

Cambridge,  U.  S.  A.  (Mass.).  American  association  for  the   advance- 
ment  of  scienee: 
Proceedings.  Vol.  XX.   1871.  VoL  XXI.  1872. 

—  Museum  of  comitaratire  zoology: 

Annual  report  1871. 

Application    of  photography    to    illustratious    of  natural 
history. 

Illustrated  catalogue.  No.  VII.  Prof.  Alexander  Agas- 
si z,  revision  of  the  echini.  Part  III.  Text  1,  2.  Taf.  1 — 4. 


Carlsruhe.  Naturivissenschaftlicher  Verein : 

Verhaudlungen.  Hft.  6.  1873. 

Chemnitz.  Naturwisseuschaftliehe  Gesellschaft : 

Bericht  TV.  1871—72. 
Cherbourg.  Societe  uatlonale  des  sciences  naturelles : 

Catalogue  de  la  bibliotlieqiie.     Partie  IL     No.  1.     1872. 
Memoires.  Tome  XVII.  1873. 

Christiania.    Köuigl.  Norwegische  Universität: 

A  m  u  n  d  Heiland.  Forekomster  af  Kise  i  visse  Skifere 

i  Norge. 
G.  0.  Sars.  Bidrag  til  Knndskabeu  om  Christiaufiordens 

Fauna.  III. 

—  Carcinologiske  Bidrag  til  Norges  Fauna.  2  Hefte. 

—  On  some  remarkable  forms  of  auimal  life.    I. 
S  c  li  ü  b  1  e  r.  Die  Pflanzenwelt  Norwegens. 

S.  A.   Sexe.  On  the  rise  of  land  in  Scandinavia. 
Chur.  Natnrforscheude  (xesellschaft  Graubündens : 

Jahresbericht  XVII.  1872  —  73. 
Collimbus,  U,  S.  A.   (Ohio).  Board  of  agricHlturo: 

Aunual  report  XXVI.   1871. 
Daiizig.  Naturforseliende  Gfesellschafj : 

Schriften.  Neue  Folge  Bd.  II.  Hft.  4.  1871.  Bd.  III.  Hft.  1, 

2.  1872—73. 

Diirmstadt.  Verein  für  Erdkunde  nnd  niittelrheiuischer  geologischer 
Verein : 

Notizblatt.  Dritte  Folge  Hft.  XII.  No.  133-44.  1873. 
Edinhiirgh.  Royal  Society: 

Proceediugs.   1871—72. 

Transactions.  Vol.  XXVI.  Part  4.  1871-72. 
Erlangen.  Physikalisch-medicinische  Societät: 

Sitzungsbericht.  Hft.  5. 
Florenz  (Firenze).  Reale  comitato  geologico  d'Italia: 

Bolletino  1873.  No.  5  —  12. 
Frankfurt  a.  M.  Physikalischer  Verein: 

Jahresbericht  1871—72,  1872—73. 
—      Neue  Zoologische  Gesellschaft: 

Zeitschrift,    Der   Zoologische   Garten.    Jahrg.  XIV.  1873. 

No.  5—12.  Jahrg.  1874.  No.  1—5. 


—     33     — 

Freiburg  i.  d.    S.    (Fribomg).   Societe  Helv^tique  des  scieuces   ua- 

turelles : 

Actes    de  la  reuuiou   a    Fribourg,    55.    Session  (Wander- 

versammluug)  1872. 
St.   Gallen.   NaturwissenscLaftliche  Gesellschaft: 

Bericht  1871—72. 
Geilf  (Geiieve).     Societe  de  phjsique  et  d'histoire  naturelle: 

Memoires.  Tome  XXII,  XXIII.   1.  1873. 
Glessen.   Oberhessische  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde: 

Bericht  XIV.   1873. 
Gothenburg*   (Göteborg).     Koni  gl.   Gesellschaft  der  Wissenschaften: 

Handlingar  Nr.  III -XII. 
Gratz.  Academischer  Leseverein: 

Jahresbericht  VI.   1873. 
Halle  a.  d.  Saale.  Naturforschende  Gesellschaft: 

Abhaudlimgen.    Bd.  XII.    Hft.  3,    4.     Bd.   XIII.    Hft.   1. 

Bericht  1872—73. 
Hamburg.  Naturwissenschaftlicher  Verein: 

AbhandhiDgen  aus  dem  Gebiete  der  Naturwissenschaften. 

Bd.  V.  Abthlg.  3.  1872. 

Uebersicht    der    Amtsvertheilung    und   wissenschaftlichen 

Thätigkeit.  1871. 
Hannover.  Natnrhistorische  Gesellschaft: 

Jahresbericht  XXII.    1871-72. 
Harleni.   Societe  Hollandaise  des  sciences: 

Archives  Neerlaudaises  des  sciences  exactes   et  naturelles. 

Tome  VII.  4,  5.  Tome  VIII.  3,  4. 

Bibliotheca  ichthyologica  et  piscatoria. 

Natuurkundig  Tidschrift  voor  Nederl.  Indie.  Tome  XXXII. 
Innsbruck.  Naturwissenschaftlich-mediciuischer  Verein: 

Berichte.  Jahrg.  III.  Hft.  1—3. 
Königsberg.  K^l.  phjsikaliscli-ökonouiische  Gesellschaft: 

Schriften.  Jahrg.  XIIL  1872.  Abthlg.  2. 
Landsbut.  Botanischer  Verein: 

Bericht  IV.  1872—73. 
Leipzig.  Museum  für  Völkerkunde: 

Bericht  I.  1873. 
London.  British  association  for  the  adyancement  of  science: 

Report  of  the  42.  meetiag  held  at  Brighton  1872. 

3 


—     34       — 

London    Linuean  Society: 

Additions  to  the  library  1871 — 72. 

Proceediugs  1872 — 73. 

The  jourual.  Zoology.  Vol.  XI.  No.  55  —  56.  Botauy.  Vol. 

XIII.  Nr.  68-72. 

Trausactions.  Vol.  XXVIII.  Part.  3.  Vol.  XXIX.  Part  2. 

—  Royal  Society: 

Klein.  The  auatomy  of  the  lymphatic  System. 

List  of  members  1873. 

Philosophical  trausactions  Vol.  CLXII.  Part  2.  Vol.  CLXIII. 

Part  1,  2. 

Proceediugs.  Vol.  XX— XXII.  No.  138-50. 

—  Zoological  Society: 

Proceediugs.   1872  Part  3.,   1873  Part  1,  2. 

Trausactions.  Vol.  VIII.  Part  4—6.   1873. 
St.  Louis,   ü.  S.  A.  Academy  of  sciences: 

Trausactions.  Vol.  III.  No.  1. 
Lütticli   (Liege).  Societe  roy.ale  des  sciences: 

Memoires.  2.  serie.  Tome  III.  1873. 

Luxemburg.    Institut    royal-grand-ducal.    Section  des   sciences   na- 
tnrelles  et  matliematiques: 

Publications.  Tome  XIIL  1873. 
Lyon.  Academie  des  sciences: 

Memoires.  Tome  XIX    1871—72. 

—  Musee  d'liistoire  naturelle: 
Archives.  Tome  I.  Livraisou  1,  2. 
Rapport.  1871—72. 

—  Societe  imperiale  d'agriculture : 
Auuales.  Tome  IIL  1870. 

Madison,  U.  S.  A.  Wisconsin  academy  of  sciences,  arts  and  letters: 

Trausactions  1870-72. 
Modena.  Societä  dei  naturalisti: 

Annuario.  Serie  2.  Ann.  VIII.  No.   1. 
Moskau.   Societe  imperiale  des  naturalistes : 

BuUetiu  1872.  No.  4,  1873  No.   1,  3. 
München.  Königl.  Baierische  Academie  der  Wissenschaften: 

Abhandlungen    der    mathematisch  -  physikalischen    Classe. 

Bd.  XI.  Abthlg.  2. 

W.  Beetz.    Der  Autheil  der  kgl.  ßair.  Acad.   d.  W.  an 

der  Entwicklung  der  Electricitätslehre. 


—     35     — 

J.  V.  Dölliuger's  Festrede  am  25.  Juli  1873, 

Sitzungsberichte   der  niathematisch -physikalischen  Classe. 

1872.  Hft.  3,  1873.  Hft.  1—3. 

Verzeichniss  der  Mitglieder  1873. 
Nancy.   Societe  des  scieuces  (früher  in  Strassburg): 

Statuten. 
Neapel  (Napoli).  Societä  reale: 

Atti  deir  aceademia  delle  scienze  fisiche  e  mathematiche 

Vol.  V.  1873. 

Rendicouto  anuo  IX.  1870,  X.   1871,  XL   1872. 
Neubraudeiiburg.  Verein  der  Freunde  der  INaturgeschlchte  in  Mecklen- 
burg : 

Archiv.  Jahrg.  XXVI,  XXVII. 
Neuenbürg  (Neuchätel).  Societe  des  sciences  naturelles: 

Bulletin.  Tome  IX.   Livraison  3.   1873. 
Newhayen  (Connecticut).  Aeademy  of  sciences  and  arts: 

Transactious.  Vol.  II.  Part  2. 
Offenbaell.  Yereiu  für  Naturkunde: 

Bericht  XIII.  1871-72,  XIV.  1872—73. 
Odessa.  Neurussische  ttesellscliaft  der  Naturforscher: 

Denkschriften.  1873. 
New-Orleans,  ü.  S.  A.  Orleans  county  society  of  natural  sciences: 

Archives  of  sciences  and  trausactions.  Vol.  I.  No.   4,  5. 
St.  Petersburg.  Academie  imperiale  des  sciences: 

Bulletin.    Tome  XVII.  4,  5.    Tome   XVIII.    1—5.    Tome 

XIX.  1—3. 

Memoires.  Tome  XVIII,  XIX,  XX,  XXI,  No.  1-5. 

—  Kaiserl.  botanischer  Garten: 

Abhandlungen  Bd.  I.  Hft.  1,  2.  Bd.  II.  Hft.   1. 

—  Societe  entomologique  de  ßnssie: 
Horae.  Tome  IX.  No.  4. 

Philadelphia.  Aeademy  of  natural  sciences: 
Proceedings  1872.  Part  1—3. 

—  American  philosophical  society: 
Proceedings.  Vol.  XII.  No.  88,  89.  1872. 

—  Board  of  public  education: 
Annual  report.  No.  54. 

Regeusburg.  Zoologisch-mineralogischer  Verein: 

Correspondenzblatt.  Jahrg.  XXVI.  1872,    XXVII.   1873. 


^     36     — 

Reiclienberg  (Böhmen).  Verein  der  Natiirfreiiude: 

Mittheilungen.  Jahrg.  IV.  1873. 
Riga.  Naturforschemler  Verein: 

Arbeiten.  Neue  Folge.  Hft.  5. 

Correspoudenzblatt.  Jahrg.  XX.   1873. 
SaleiU;  ü.   S.  A.   (Mass.).  Essex  institnte: 

Bulletin,  Vol.  IV.  No.   1-12.   1872. 
Stettin.  Entomologiseher  Verein: 

Entomologische  Zeitung.  Jahrg.  XXXIV.  1873. 
Turin  (Torino).  Reale  accademia  delle  scienze: 

Atti.  Vol.  VIII.  1-6.  , 

TJpsala.  Societas  regia  scieutiarum: 

Nova  acta.   Seriei  tertiae  vol.  I, — VIII. 
Washington.  Departement  of  agrienltnre: 

Reports  1871,  1872. 

—  U.  S.  geological  snrvey  of  tbe  territories: 

Aunual  repovt  I.— III.,  1867—1869,  sowie  VI,  1872. 
Coutributious  to  the  extiuct  vertebrate  fauna  of  the  western 
territories.  Vol.  I.  Part.   1.  Vol.  V.  Part.  1. 
Miscellaneous  publicatious  No.   1,   2. 

—  U.  S.  patent-offlce: 

Annual  report.  1869  Vol.  I.— III.   1870  Vol.  T,  IL  1871 
Vol.  I,  IL 

—  Smithsonian  institntion: 
Anuual  report  1871. 

Coutributions  to  knowledge.  Vol.  XVIII.   1873. 
Miscellaneous  coUeetious.  Vol.-  X. 

—  U.  S.  war  depai'tement,  offlce  of  the  chief  Signal  offleer: 
Aunual  report  1872. 

Wien,  Kaiserl.  Academie  der  Wissenschaften: 

Anzeiger  1873  No.   12—30,  1874  No.  1  —  12. 

—  K.  k.  geologische  Reichsanstalt: 

Jahrbuch.  Bd.  XXIII.  1873  No.  1—4,   Bd.  XXIV.  1874 

No.  1. 

G.    Tschermak.     Mineralogische     Mittheilungen     1873 

Hft.  1,  2.  1874  Hft.  1. 

Verhandlungen.  1873  No.  1  —  18,  1874  No.   1-6. 

—  LescTcreiu  der  Deutschen  Studenten: 
Jahresbericht  IL   1872  —  73. 


—     37     — 

Wien.  Zooloariseli-botauische  CJesellschaft: 

Verhaudlimgen   Bd.   XXITI. 
Würzburg.  Phjsikaliseh-inediciuische  Gesellschaft: 

Verhandlungeu.  Neue  Folge.  Bd.  IV.  Hft.  2—4,  Bd.  V. 

Hft.  1—4,  Bd.  VI.  Hft.   1-4. 
Yokohama.   Deutsche  Gesellschaft  für  Natur-   und  Völkerkunde  Ost- 
asiens : 

Mittheihiugeu.  Hft.   1  —  3.  1873. 
Zürich.    Allgemeine  Schweizerische  Gesellschaft  für  die  gesammten 

Naturwissenschaften: 

Neue  Deukschrifteu.  Bd.  XXV. 
—      Naturforschende  Gesellschaft: 

Vierteljahrsschrift.  Jahrg.  XVII.  Hft.  1-4.   1872. 
Zwickau.   Verein  für  Naturkunde: 

Jahresbericht  1871,   1872. 

B.  Von  Autoren  und  anderen  Privaten. 

C.  Adelmaun  in  Frankfurt  a.  M.: 

E.  D  e  s  o  r.  Die  Pfahlbauten  des  Neuenburger  Sees. 

Prof.  J.  0.  Agardh  in  L  u  n  d :  Till  algernes  Systematik. 

Dr.  Carl  Bettelheim  in  Wien:  Medicinisch-chirurgische  Rund- 
schau. Jahrg.  XIV,  1873.  Bd.  II,  Hft.  3.  Bd.  III,  Hft. 
1-3.  Jahrg.  XV,  1874.  Bd.  I,  Hft.  1—3,  Bd.  II,  Hft.  1. 

Dr.  Oscar  Böttger  in  Frankfurt  a.  M. :  Gdlamaria  ins,  neue 
Schlange  von  Sumatra. 
Spermophüus  citühis  var.  superciliosus. 

A.  de  Borre  in  Brüssel:  Y-a-t-il  des  faunes  naturelles  di- 
stinctes  ä  la  surface  du  globe,  et  quelle  methode  doit-on 
employer  pour  arriver  a  las  definir  et  les  limiter? 

Dr.  J.  (x.  Engelmann  (von  hier)  in  St.  Louis,  ü.  S.  A. :  Notes 
on  the  genus   Yucca. 

A.  Ernst  in  Caracas:  Witterungsverhältuisse  von  Caracas. 

Prof.  Dr.  Carl  von  Fritsch  in  Halle  a.  d.  S. :  Gotthardgebiet, 
Beiträge  zur  geologischen  Karte  der  Schweiz. 

Dr.  E.  Grasser  (von  hier)  in  Marburp^  a.  d.  L. :  Beitrag  zur 
Entwickluugsgeschichte  der  Al'a^tois,  der  Müller'schen 
Gänge  und  des  Afters. 

Dr.  Haag-Rutenberg  in  Frankfurt  a.  M. :  Beiträge  zur  Fa- 
milie der  Tenebrioniden  (Schluss). 


—     38     — 

Dr.  J.  Haast,  Präsident  des  physiologischen  Instituts  inCauter- 

bury;  Dessen  Rede  vom  5.  März  1874. 
B.  Hasert  in  Eiseuach:    Neue  Erklärung    der    Bewegung    im 

Weltsystem. 
Dr.  F.  Hessenberg  in  Frank  fürt  a.  M. : 

H  a  1  d  o  r  T  o  p  s  ö  e.  Krystallografisk-optiske  Undersogelser. 

—  Determination  des  poids  speeifiques  et  des  volumes 
moleculaires  des  divers  sels. 

—  Krystallügraphisch -chemische  Untersuchungen. 
Dr.  J.  Hirscbwald  in  Berlin:    Grundzüge    einer   mechanischen 

Theorie  der  Krystallisationsgesetze. 

Prof.    Dr.    H.    Hoifmaun   in    Giesseu:     Kann    man    das    Schnee- 
glöckchen treiben? 

Dr.  F.   Hornstein  (von  hier)  in  Gas  sei: 

J.  Mac-Phersou.    Bosquejo   geologico  de  la  provincia 
de  Cadiz. 

—  Geological  sketch  of  the  provinz  of  Cadiz. 

Dr.  Gr.  Joseph  in  Breslau:  Morphologische  Studien  am  Kopf- 

skelet  der  Menschen  und  der  Thiere. 

Erwiderung  auf  Hrn.  Prof.  Fr.  Merkel 's  Bemerkungen 

u.  s.  w. 
Prof.  Dr.  Llicae  in  Frankfurt  a.  M. : 

The  anthropological  treatises  of  .Joh.  Friedr.   Blumen- 
bach. London.  1865. 

Memoires  read  befove  the  anthropological  society  of  London. 

1863-69.  Vol.  I— m. 
Prof.  Dr.  A.  MouSSOli  in  Zürich:  Coquilles  recueillies  par  le  Br. 

Sievers  dans  la  Russie  meridional  et  Asiatique. 

Faune  malacologique  de  quelques  iles  de  l'ocean-pacifique 

Occidental. 

Revision  de  la  faune  malacologique  des  Cauaries. 
Dr.  F.  C.  Noll  in  Frankfurt  a.  M.: 

H.  Baars.  Die  Fischerei-Industrie  Norwegens. 

Prof.  Dr.  G.  TOm  Ratli  in  Bonn:  Der  Vesuv,  eine  geolog.  Skizze. 
Ein  Ausflug  nach  den  Schwefelgruben  von  Girgenti. 
Einige  Studien  über  Quarz,  Kupferkies  und  Albit. 
Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  der  Plagioklase  aus 
einigen  vulkau.   Gesteinen    der  Ecuadorischen  Cordilleren. 
Ueber  farbensch  il  lerndeQu  arze  V.  Wisselberge  b.  Obernkirchen . 


—     39     — 

Dr.  J.  Reiu  in  Frankfurt  a.  M. : 

W.  K.  T.  Gut  beriet.  Einschlüsse  in  vulkanischen  Ge- 
steinen. 

—  Geogu ostische  und  geologische  Beobachtungen  über 
den  Calvarienberg  bei  Fulda. 

—  Ueber   den    Unterschied  zwischen  scheinbaren  und 
wirklichen  Geschieben. 

M.  Vi  riet  d'Aoust.  Les  origines  du  Nie). 
Jacob  Riuz  in  Frankfurt  a.  M.: 

Ph.  Fr.  V.  S  iebold  u.  J.  G.  Zuccarini.  Flora  Japonica. 

Sectio  I.   Centuria    1.    1835.    Volumen  IL    1870.  —  Ein 

Band  Tafeln  und  ein  Band  Text. 
Dr.  Rüppell  in  Frankfurt  a.  M.: 

Proceediugs    of   the   scientific    meetiug    of   the    zoological 

Society  of  Loudon  1872.   Parti,  III.  with  coloured  plates. 
Prof.   Dr.   L.   Rtitimeyer  in  Basel:   Ueber  den  Bau  von  Schale 

und  Schädel  bei  lebenden  und  fossilen  Schildkröten. 

Fossile  Schildkröten  von  Solothurn. 
Prof.     Arcaugelo    Scacchi    in     Neapel:     Note    mineralogiche. 

Memoria  I.  1873. 
M^-    Scoutetten  in  Metz: 

J.    A.    Isuard.    Notice   biographique    sur    le   Professeur 

Scoutetten. 
Prof.  Dr.  C.  Th.  v.  Siebold  in  München:    Vortrag  über  Par- 

thenogenesis  der  Artemia  salina. 
Prof.    Dr.   F.   Thorell   in  Upsala:    Remarks    on    Synonyms    of 

European  spiders. 
P.  Tremaiix  in  Paris:  Principe  universel  du  mouvemeut  et  des 

actions  de  la  matiere 


40      — 


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Vorträge  und  Abhandlungen. 


Zum  Andenken  an  F.  H.  von  Kittlitz. 

Vorgetragen  in  der  Jahresversammlung 

vou 

Dr.  Theodor  Petersen. 

Unter  den  ausgezeiclineten  Mänueru,  deren  Dahinscheiden  die 
Gesellschaft  im  verflossenen  Jahre  zu  beklagen  hatte,  befindet  sich 
eines  ihrer  ältesten  und  treuesten  Mitglieder,  eines  in  nahen  und 
entfernteren  Kreisen  Avohlbekannten  Naturforschers,  eines  besrei- 
sterten  Naturfreundes,  eines  hochedlen  Menschen,  wahrhaft  ver- 
ehrt vou  Allen,  die  ihn  kannten  - —  Friedrich  Heinrich  Freiherr 
von  Kittlitz.  Der  Vortragende,  welchem  das  Glück  zu  Theil 
wurde,  dem  Verblichenen  während  einer  Reihe  von  Jahren  nahe 
zu  stehen,  widmet  dem  hochverehrten  Lehrer  und  Freunde  die 
folgenden  Worte  der  Erinnerung. 

F.  H.  von  Kittlitz  wurde  am  16.  Februar  1799  zu  Breslau 
als  ältester  Sohn  des  damaligen  Hauptmannes  Freiherrn  vou 
Kittlitz  und  Amalie  von  Kittlitz,  Schwester  des  berühmten 
k.  russischen  Feldmarschalls  Grafen  Diebitsch-Sabalkauski, 
geboren. 

Schon  im  Alter  von  4  —  5  Jahren  zeichnete  er  sich  durch 
Talent  zum  Zeichnen  aus.  Er  besuchte  das  Gymnasium  zu  Oels 
in  Schlesien,  um  nach  dessen  Absolvirung  Jura  zu  studiren,  wozu 
er  selbst  indessen  keinen  Beruf  in  sich  fühlte. 

Der  dreizehnjährige  Secundaner  eutschloss  sich  1813  als 
Volontair  bei  dem  Landwehrbataillon  einzutreten,  welches  sein 
Vater  commandirte.  Noch  sehr  jugendlich  also  zu  Anfang  seines 
Dienstes  während  des  Freiheitskrieges  und  mit  einem  leichteren 
'^■'■''  ve  bewaffnet  als  die  übrigen  Soldaten,  wurde  er  doch  schon 
am  22.  November  desselben  Jahres  Secondelieuteuant  im  16. 
schlesischen  Infanterieregiment.  Er  machte  übrigens  nur  eine 
grössere  Action  mit,  die  Blockade  von  Glogau,  während  welcher 
er  am  Typhus  erkrankte,    der  ihn    dem  Tode    nahe   brachte    und 


-      42     — 

dessen  Folgen  er  noch  im  Alter  zu  bemerken  glaubte.  Im  Jahre 
1815  marscliirte  er  mit  in  Paris  ein.  Bei  der  Auflösung  der 
Landwehrregimenter  wurde  er  im  34.  Linieuregiment  angestellt 
und  kam  1816  nach  Mainz  in  Garnison. 

Schon  vor  seinem  Eintritt  beim  Militär  hatte  sich  v.  Kittlitz 
mit  grosser  Liebe  dem  Studium  der  Ornithologie  ergeben  und 
namentlich  sehr  getreue  Zeichnungen  von  den  ihm  zugänglichen 
Vögeln  Schlesiens  gemacht,  welche  noch  vorhanden  sind.  Diese 
Studien  setzte  er  in  Mainz  mit  dem  grössten  Eifer  fort.  Hier 
avaucirte  er  1819  zum  Premierlieuteuaut.  Obgleich  ihm  sein 
frühes  Patent  eine  glänzende  militärische  Laufbahn  zu  versprechen 
schien,  dachte  er  wohl  damals  schon  an  Verlassen  des  Militär- 
dienstes und  widmete  sich  mehr  und  mehr  den  Naturwissenschaften. 
Am  8.  August  1824  wurde  er  von  der  Senckenbergischeu  uatur- 
forschenden  Gesellschaft  zu  deren  correspoudirendem  Mitgliede 
ernannt.  Als  sich  ihm  dann  im  Jahre  1825  die  Gelegenheit  dar- 
bot, eine  grosse  Entdeckungsreise  nach  der  Südsee  und  dem  rus- 
sischen Ostasieu  mitzumachen,  nahm  er  seineu  Abschied,  der  ihm 
am  26.  November  1825  als  Hauptmann  bewilligt  wurde. 

In  Begleitung  des  Prinzen  Carl  von  Preussen,  dessen 
Fürsprache  im  Verein  mit  der  des  Feldmarschalls  Diebitsch 
ihm  die  Theilnahme  bei  der  Expedition  verschaffte,  reiste  er  nach 
St.  Petersburg  und  wurde  als  Naturforscher,  speciell  Ornithologe 
bei  der  Expedition  angestellt,  welche  auf  der  von  Capitän  (nach- 
maligem Admiral)  Lütke  befehligten  russischen  Corvette  Senjavin 
während  3  Jahren  ihre  Weltumseglung  vollzog.  Was  auf  dieser 
Reise  besucht  wurde,  ist  aus  seinen  »Denkwürdigkeiten«  zu  ersehen, 
seinem  treuen  Freunde  Prof.  L  u  c  a  e  gewidmet. 

Bei  der  Rückkehr  des  Schiffes  1829  hatte  v.  Kittlitz  das 
Unglück,  wegen  einer  Erkrankung  nicht  beim  Empfang  der  sämmt- 
lichen  Mitglieder  der  Expedition  durch  den  russischen  Kaiser 
zugegen  zu  sein,  in  Folge  dessen  ihm  keine  der  erheblichen  Be- 
lohnungen, die  an  alle  übrigen  Theiluehmer  bewilligt  wurden,  zu 
Theil  wurde.  Durch  Beschluss  der  russ.  Akademie  der  Wissen- 
schaften wurde  er  nur  nach  seiner  Ankunft  in  St.  Petersburg  bis 
zum  Absehluss  seiner  Arbeiten  und  Ordnen  seiner  Sammlungen 
mit  eiuem  Jahresgehalt  von  2500  Rubeln  ange  teilt.  Da  alle  seine 
Versuche,  die  ihm  zustehenden  Competeuzen  zu  erhalten,  scheiter- 
ten, so  ging  er  nach  Deutschland  zurück,  zunächst  nach  Frankfurt, 


—     43     — 

wo  er  vou  der  beabsichtigten  Reise  RüppeU's  nach  Abyssiuieu 
erfuhr,  dem  er  sich  nun  anschloss.  Zu  Anfang  des  Jahres  1831 
schiffte  sich  v.  Kittlitz  zu  Marseille  nach  Alexandrien  ein. 
Nach  einem  kurzen  Aufenthalt  in  Kairo  und  einer  Fahrt  den  Nil 
hinauf  erkrankte  er  aber  derart  am  Fieber,  dass  er  nach  Europa 
zurückkehren  musste,  um  dann  zu  seinem  grössten  Bedauern  nie 
mehr  in  die  Lage  zu  kommen,  eine  grössere  Reise  unternehmen 
zu  können. 

Nachdem  er  schon  in  St.  Petersburg  Einiges  von  seinen  auf 
der  grossen  Reise  gesammelten  Vögeln  herausgegeben  hatte  — 
darunter,  wie  auch  von  Fischen,  viele  höchst  interessante  Arten, 
z.  B.  die  schöne  Fregata  strumosa  v.  K.  vom  östlichen  Ocean  — , 
gab  er  1832  bei  Sauerländer  in  Frankfurt  »Kupfertafelu  zur 
Naturgeschichte  der  Vögel«  heraus,  die  jedoch  nicht  vollendet 
wurden.  Von  1832  bis  1845  lebte  er  in  Cölu  und  arbeitete 
während  dieser  Zeit  hauptsächlich  an  den  »24  Vegetationsansichten«, 
naturgetreue  Aufnahmen  von  seiner  Reise,  sein  bedeutendstes  Werk, 
auf  jeden  Naturfreund  zündend  wirkend,  von  'dem  alle  Welt  ent- 
zückt war.  Humboldt  und  Schieiden  erwähnen  desselben 
mit  der  grössten  Anerkennung.  Es  erschien  nach  1845  in 
mehreren  Lieferungen  bei  Friedrich  in  Wiesbaden.  Um  häufigen 
Nachfragen  zu  genügen,  wurde  1862  der  Versuch  einer  neuen 
Auflage  bei  Grieben  in  Berlin  gemacht,  welche  jedoch,  da  die 
Bedingungen  für  Kittlitz  zu  ungünstig  waren,  über  die  erste 
Lieferung  nicht  hinauskam.  Uebrigeus  sind  die  Vegetations- 
ausichteu   in  England  in  photographischer  Nachbildung  erschienen. 

Nachdem  v.  Kittlitz  1844  sich  verheirathet,  zog  er  1845 
nach  Berlin,  wo  er  viel  mit  Humboldt,  0  1  fers  u.  a.  Gelehrten, 
auch  bei  Hof  verkehrte.  Die  1848er  Unruhen  vertrieben  ihn  wieder, 
er  ging  für  kurze  Zeit  nach  Wiesbaden  und  dann  1849  nach 
Mainz  zurück,  wo  er  jetzt  an  neuen  Kupferwerken,  »Vegetatious- 
ansichteu  aus  den  westlichen  Sudeten«  und  »Natursceuen  aus 
Kamtschatka«  arbeitete.  In  diese  Zeit  fallen  auch  eine  Reihe 
von  Aufsätzen,  »Bilder  vom  stillen  Ocean«  mit  zahlreichen 
Illustrationen  in  der  Zeitschrift  »Die  Natur«.  Sein  Werk  »Denk- 
würdigkeiten einer  Reise  nach  dem  russischen  Amerika,  nach 
Mikronesien  und  durch  Kamtschatka«  erschien  1858  bei  Perthes 
in  Gotha  und  trug  ihm  vou  allen  Sachkennern  grösste  Aner- 
kennuuüc  ein. 


_     44     — 

Ausser  mit  Naturwisseuschafteu  beschäftigte  sich  v.  K  i  1 1  li  t  z 
iu  den  letzten  20  Jahren  sehr  viel  mit  ästhetischen  und  philo- 
sophischen Studien.  Wie  vorher  über  seine  Reisen  iu  der  rheinischen 
uaturforscheuden  Gesellschaft,  zu  deren  eifrigsten  Förderern  er 
gehörte,  so  hielt  er  jetzt  im  Maiuzer  Kunstverein  Vorträge  über 
Aesthetik.  Sehr  gründlich  hat  er  den  Homer  studirt  und  nament- 
lich nachzuweisen  gesucht,  dass  er  ein  einheitliches  Gedicht  eines 
Mannes  sei,  durch  Zusätze  und  Ausschmückungen  der  Rhapsoden 
entstellt.  Iu  einem  Coucept  hat  er  alle  zweifelhaften  Stellen 
gestrichen  und  dadurch  ein  nur  halb  so  lauges,  aber  viel  abge- 
rundeteres, schöneres  Gedicht  hergestellt.  Eine  von  ihm  selbst 
angefangene,  sehr  getreue  Uebersetzung  geht  bis  zum  zweiten  Ge- 
saug. Ein  Vortrag  über  Homer  »Die  Fürbitte  der  Thetis«  wurde 
gedruckt  und  beifällig  aufgenommen.  Er  kämpfte  in  dieser  Zeit 
gegen  den  Materialismus  und  wollte  die  Philosophie  als  Zweig  der 
Naturwissenschaft  betrachtet  wissen.  Seine  beiden  Arbeiten  »Psycho- 
logische Gruudlage  für  eine  neue  Philosophie  der  Kunst«,  Berlin 
bei  Spriuger,  1863,  'und  seine  letzte  »Schlussfolgerungen  von  der 
Seele  des  Menschen  auf  die  Weltseele«  legen  von  seinen  ein- 
gehenden philosophischen  Untersuchungen  rühmliches  Zeugniss  ab. 

V.  Kittlitz  war  von  schlanker -ßtatur ;  reiches  silbergraues 
Haar  umwallte  sein  Haupt  noch  in  den  letzten  Jahren  seines 
Lebens.  Er  war  ein  durch  und  durch  guter  Mensch,  leutselig, 
freundlich  und  zuvorkommend  über  alle  Maasseu.  Durchaus  keine 
Anlage  hatte  er  zu  allem  Geschäftlichen,  und  dieser  Mangel,  aus 
übertriebener  Gewissenhaftigkeit  und  Ehrenhaftigkeit  herrührend, 
hat  es  ihm  nicht  vergönnt,  die  Früchte  seiner  grossen  Talente 
und  Kenutnisse  und  seiner  vielseitigen  Bestrebungen  gebührend 
zu  ernten.  In  Folge  davon  sind  auch  viele  seiner  Werke  un- 
vollendet geblieben.  Währeud  des  letzten  Krieges  trat  er  als 
militärischer  Vorstand  des  Vereinslazarethes  in  Ahrweiler,  dann 
in  Siuzig  vorübergehend,  wieder  in  Dienst.  Seine  Frau  überlebte 
ihn  nicht.     Er  hinterlässt  2  Söhne  und  1   Tochter. 

Unser  lieber  treuer  Freund  starb  an  den  Folgen  einer  Lungen- 
entzündung am  10.  April  1874.  Allen,  die  ihn  kannten  und  auf's 
Höchste  verehrten,  da  sie  von  seinem  liebenswürdigen  Wesen  und 
seiner  Liebe  zu  den  Werken  der  grossen  Natur  bezaubert  waren, 
wird  er  unvergesslich  bleiben. 


45 


Zur  Keiiiitiiiss  der  triklinen  Feldspatlie. 

Referat    über    einen    Vortrag,    gehalten    am    7.    März    1874 

von 

Dr.  Theodor  Petersen. 

Eine  grössere  Arbeit  über  die  älteren  augitführenden  basischen 
Massengesteine,  auch  wohl  Grünsteine  genannt,  *)  gab  dem  Vor- 
tragenden Gelegenheit ,  sich  eingehender  mit  den  Feldspathen 
dieser  Gesteine  zu  beschäftigen.  In  dieser  Hinsicht  wird  zuerst 
als  Untersuchungsresultat  hervorgehoben,  dass  der  Labradorit  eine 
weit  geringere  Verbreitung  habe,  als  man  früher  angenommen, 
und  dass  insbesondere  in  den  Felsarten  der  Diabasfamilie  ein 
Alkali-Feldspath ,  Oligoklas,  regelmässig  vorhanden  sei.  Als  be- 
merkenwerthes  Resultat  der  Arbeiten  von  Petersen  ist  auch 
anzuführen,  dass  in  allen  augitführenden  Eruptivgesteinen  regel- 
mässig Apatit  (phosphorsaurer  Kalk)  nachgewiesen    werden    kann. 

In  Anbetracht,  dass  alle  triklinen  Feldspathe  Krystallformen 
zeigen,  welche  denen  des  Albits  und  Anorthits  ähnlich  sind,  ver- 
tritt bekanntlich  Tschermak  seit  1864  die  im  Wesentlichen  schon 
1853  von  Sartorius  v.  Waltershauseu  ausgesprochene  Ansicht, 
die  beiden  genannten,  ähnlich  krystallisirten  Mineralien  seien 
isomorph  und  die  'übrigen  sog.  Plagioklase  Gemische  derselben. 
Andere  ausgezeichnete  Mineralogen,  namentlich  Streng,  Ram. - 
melsberg  und  vom  Rath  haben  sich  mit  dieser  Anschauungsweise 
mehr  und  mehr  befreundet,  so  dass  sich  dieselbe  bereits  grosser 
Anerkennung  zu  erfreuen  hat.     Nach  dieser  Theorie  sind  nur 

Albit  Na 2  Ah  Äie  Oie   (         .,.  Sii  Oir.    )  und 

Anorthit  Ca  Ah  Sh  Os   (^  ^^  ^|'     {  Sn  Oie^ 

*)  Untersucliungen  über  die  Grünsteine.    N.  Jahrb.   f.  Min.  1872.  S.  573 
und  Journ.  für  prakt.  Chem.  1872.  S.  197.     Petersen  unterscheidet  hier: 

1.  Diabasite  (Familie  des  Diabases;  ältere  oder  eigentliche  Grünsteiae): 
Diabas,  Melaphyr  und  Augitporphyr,  Hypersthenit  und  Gabbro. 

2.  Basaltite  (Familie  des  Basaltes   oder  Trapps;  jüngere  Grünsteine): 
Basalt,  Dolerit  und  basaltische  Laven. 

Alle  diese  Felsarten  sind  augitführend  und  eruptiver  Natur. 


—     46     — 

plagioklastische   Feldspathspecies ,     dahingegen   Oligoklas ,    Labra- 
dorit  und  Audesiu  Mischungen  dieser  beiden. 

Es  wird  zugegeben,  dass  ausser  den  sehr  ähnlichen  Krystall- 
formen  der  plagioklastischen  Feldspathe  (Oligoklas  und  Labradorit 
können  z.  B.  nach  dem  blossen  Ansehen  nicht  unterschieden 
werden)  besonders  die  bei  Natroufeldspathen  häufig  beobachtete 
Thatsache  des  Wachsens  der  Thonerde  neben  dem  Kalk  bei  Ab- 
nahme der  Kieselsäure  (was  als  Isomorphismus  von  Si2  und  CaÄh, 
letzteres  gegen  Na2  Äh,  aufgefasst  worden  ist),  das  bei  Verdoppe- 
lung der  Formel  des  Anorthites  fast  gleiche  spec.  Volumen  von 
Albit  und  Anorthit,  sowie  die  merwürdige  Erscheinung  des  seit- 
herigen Nichtbeachtetseins  von  natronfreiem  Labrador  oder  kalk- 
freieni  Oligoklas  die  Theorie  wesentlich  stützen.  Folgendes  hat 
jedoch  Petersen  gegen  dieselbe  einzuwenden: 

1.  Der  wohlansgebildete  Oligoklas  vom  Vesuv  steht  in  seinen 
Wiiikelverhältnissen  dem  Anorthit  näher,  wie  dem  Albit,  überdies 
sind  die  schiefen  Axeuwinkel  von  Albit,  Oligoklas  und  Labradorit 
gar  nicht  so  wenig  von  einander   verschieden. 

2.  Stimmt  nicht  einmal  die  Hälfte  der  analysirten  Kalk- 
natronfeldspathe  mit  der   neuen  Theorie. 

3.  Orthoklas  und  Albit  mischen  sich  durchaus  nicht,  wie  man 
es  von  Anorthit  und  Albit  annimmt.  Die  den  plagioklastischen 
Feldspathen  eigeuthümliche  Zwillingsstreifung  wird  nicht  überall 
bemerkt,  wo  man  sie  vermuthen  sollte. 

4.  Mechanische  Mischungen  von  Albit  und  Anorthit  wurden 
bis  jetzt  nicht  beobachtet. 

5.  Warum  soll  es  für  die  Feldspathe  ganz  besondere  Iso- 
morphiegesetze  geben  ?  Salze  mit  mehreren  isomorphen  Bestaud- 
theilen,  schön  krystallisirt  und  nicht  etwa  Mischkrystalle,  sind 
zahlreich  bekannt,  namentlich  unter  den  Vitriolen. 

6.  Anorthit  wird  bekanntlich  von  conc.  Salzsäure  leicht  und 
vollständig  zerlegt,  Oligoklas  davon  so  gut  wie  gar  nicht  auge- 
griöen.  Nach  der  Mengungstheorie  sollte  man  erwarten,  dass  ans 
Kalknatronfeldspathen  Kalkfeldspath  leichter  als  Natronfeldspath 
durch  jene  Säure  ausgezogen  werde.     Dem  ist  aber  nicht  der  Fall. 

7.  Hat  der  Vortragende  wirklich  kalkfreien  Oligoklas  im 
Diorit  von  Hof  aufgefunden. 

In  Folge  mehrerer  sorgfältiger  Analysen  gelaugte  Petersen 


—     47     — 

ferner  zu  dem  Resultate,  dass  au  Stelle  der  älteren  Oligoklas- 
formel  2  RO.  2  ÄhOs.  9  SiOs  die  Formel  BO.  AhOz.  5  Si02 
zu  setzen  sei. 

Nach  Untersuchungen  von  vom  Rath  sollte  Andesin  nur  ein 
kalkreicher  Oligoklas  sein.  Petersen  analysirte  neuerdings  meh- 
rere typische  Andesine  und  bekennt  sich  in  Folge  dessen  zur 
Annahme  der  selbstständigen  Species  für  genanntes  Mineral. 

Die  plagioklastischen  Feldspathe  bilden  dann  folgende  Reihe: 
Albit    .     .     .     B  Äl2  Sie  Oie       (B  =  Na2,  K2) 
Oligoklas  .     .     B  Ah  Sü  Oii       (B  =  Na2,  E2,  Ca) 
Andesin     .     .     B  Äh  S'U  O12       (B  =  Na2,  Ca) 
Labradorit      .     B  AI2  Sis  Oio        (B==Ca,  Nai) 
Anorthit    .     .     B  AI2  Si2  Ob         (B  =  Ca) 
Zu  dem  Vortrage  vs^urden  verschiedene  Feldspathe,  sowie  iso- 
morphe Mineralien  und  Salze  vorgelegt. 

Yorlage  von  Oesteiiien  aus  dem  Gottliardtuimel. 

Referat  über  einen  Vortrag,  gehalten  am  7.  März  1874 

von 

Dr.  Theodor  Petersen. 

Den  Bedürfnissen  der  Neuzeit  entsprechend,  besitzen  wir  jetzt 
drei  grosse  Alpenbahnen,  die  vierte  durch  den  St.  Gotthard  ist  in 
der  Ausführung  begriffen. 

1.  Die  Semmeringbahu  wurde  1853  vollendet.  Die  Berg- 
strecke Gloggnitz-Mürzzuschlag ,  5^/8  Meilen  lang,  kostete  15  Mill. 
Gulden.  Es  sind  15  Tunnels  vorhanden,  deren  längster  von 
1420  M.  Länge  hinter  der  Station  Semmering  zugleich  im  höch- 
sten Funkte  der  Bahn  882  M.  über  dem  Meeresspiegel  gelegen  ist. 
Die  Bahn  weist  einige  sehr  schöne  Viaducte  auf. 

2.  Die  Brennerbahn  zwischen  Innsbruck  und  Botzen, 
16  V2  Meilen  lang,  wurde  mit  Hülfe  von  30,000  meist  italienischen 
Arbeitern  in  drei  Jahren  1865 — 67  durchaus  solide  hergestellt. 
Der  höchste  Punkt  bei  Station  Brenner  1368  M.  wird  über  der 
Erde  erreicht.  Uebrigens  sind  27  Tuunels  vorhanden,  darunter 
besonders  bemerkenswert!!  die  beiden  Kehrtuunels  bei  Gries  und 
Gossensass.  Die  Steigung  beträgt  streckenweise,  wie  bei  der 
Semmeringbahu  1  :  40.  Besondere  Schwierigkeiten  machte  das 
bröckelige  Schiefergestein   bei  Patsch. 


—     48     — 

3.  Die  Mont-Ceuisbabu.  Bereits  1845  hatten  Mauss  und 
Sismouda  die  Linie  Bardon ecbe-Modaue  festgestellt,  ungünstige 
Zeitverbältuisse  verhinderten  indessen  die  Ausführung.  In  Folge 
der  maschinellen  Erfindungen  von  Barlett  und  Colladon  wurde 
der  Plan  des  grossen  Tunnels  1855  wieder  aufgenommen,  1857 
von  der  piemoutesischen  Regierung  genehmigt  und  durch  die 
Ingenieure  Grattoni,  Grandis  und  Sommeiller  ausgeführt. 

Am  12.  Jan.  1861  begann  die  Durchbohrung,  am  25.  Dec. 
1870  war  sie  beendigt,  am  17.  Sept.  1871  wurde  die  Bahnstrecke 
eröffnet.  Der  grosse  Tunnel  ist  12,233,5  M.  lang  und  führt 
meistens  durch  verhältnissmässig  wasserarme  Kalkschiefer.  Sein 
höchster  Punkt  liegt  1294  M.  über  dem  Meeresspiegel. 

4.  Die  Gotthardbahn  wurde  in  Folge  eines  zwischen  Italien, 
der  Schweiz  und  dem  deutschen  Reiche  im  Jahre  1871  abge- 
schlossenen Vertrages  1872  in  Angriff  genommen.  Ihre  Kosten 
sind  auf  52  Mill.  Franken  veranschlagt.  Die  Ausführung  des 
grossen  innerhalb  acht  Jahren  zu  vollendenden  Tunnels  wurde 
Herrn  Favre  übertragen,  die  Bauten  der  Oberleitung  des  Herrn 
V.  Gerwig,  Erbauers  der  Gebirgsbahn  durch  den  Schwarzwald, 
unterstellt. 

Bis  Göscheuen  auf  der  Nordseite  und  Airolo  auf  der  Südseite 
sind  verhältnissmässig  geringe  Schwierigkeiten  zu  überwinden. 
Zwischen  beiden  Orten  wird  der  grosse  Tunnel  durchgebrochen, 
14,900  M.  lang,  an  seinem  höchsten  Punkte  1152  M.  über  dem 
Meeresspiegel,  übrigens  tief  unter  dem  Pizzo  Centrale  und  dem 
Sella-See  hindurchführend. 


Vor  Beginn  der  Tunnelarbeiten  an  der  Nord-  und  Südseite 
war  die  geologische  Commission  der  schAveizerischen  naturforscheu- 
den  Gesellschaft  vom  schweizerischen  Buudesrathe  aufgefordert 
worden,  auch  zu  wissenschaftlichen  Zwecken  Vorschläge  zu  machen. 
Auf  Autrag  dieser  Commission  wurde  u.  A.  eine  Sammlung  der 
durchbrochenen  Gesteine  beschlossen  für  gelehrte  Anstalten  des 
In-  und  Auslandes  und  Herr  Stapff  mit  dieser  Aufgabe  betraut. 

Auch  unserer  Gesellschaft  wird  eine  vollständige  Collection 
in  guten  grossen  Handstücken  zu  I/2  Frauken  pr.  Stück  zugehen. 
Die  erste  von  dem  Vortragenden  vorgelegte  Suite  ist  kürzlich 
angekommen.     Es  sind  von  der  Nordseite  granitische  Gneise,  von 


—     49     — 

der  Südseite  her  wurde  zuerst  eine  alte  Moraine,  daun  Clyps, 
Anhydrit,  Talk  und  Glimmerschiefer,  sowie  Dolomit  durchbrochen. 

Den  letzten  Berichten  zu  Folge  ist  man  bis  Ende  Juni  1874 
auf  der  Nordseite  noch  immer  im  Gneisgranit  bis  auf  1031  M., 
auf  der  Südseite  im  Glimmer-  und  Hornblendenschiefer  bis  926  M. 
vorgerückt,  dabei  waren  die  Wasserzuflüsse  nicht  überreichlich. 

üeber  die  Geologie  des  St.  Gotthardgebietes  besitzen  wir 
zwei  ausgezeichnete  neuere  Arbeiten,  die  eine  von  dem  Italiener 
Giordauo,  die  andere  von  unserem  hochverdienten  Mitgliede 
Prof.  K.  V.  F ritsch,  welche  sanimt  der  zugehörigen  Karte  und 
Profilen  ebenfalls  vorgelegt  und  besprochen  wird.  In  ihren  Haupt- 
ergebnissen stimmen  beide,  ganz  unabhängig  von  einander  aus- 
geführten Arbeiten  durchaus  überein. 

Die  Centralmasse  des  St,  Gotthard  ist  durch  reiche  Gliederung 
krystallinischer  Gesteine  ausgezeichnet,  jedoch  nicht  so  scharf  oro- 
graphisch  abgesondert  wie  das  benachbarte  Finsteraarhornmassiv, 
übrigens  gegen  0.,  W.  und  S.  ziemlich  gut  durch  sedimentäre 
Schichten  begränzt.  Sein  culminirender  Gipfel  ist  der  granitische 
Pizzo  Rotondo  3197  M.  über  dem  Meeresspiegel.  Die  Schichten 
des  Gebirges  pflegen  NNO.    zu    streichen  und  steil  einzufallen. 

Der  Tunnelbau  verspricht  mancherlei  Aufklärung  über  geolo- 
gische Fragen,  namentlich  bezüglich  des  wahrscheinlich  noch 
steileren  Einfalleus  der  Schichten  und  des  Niedersetzens  der  Kalk- 
mulde von  Andermatt  in  die  Tiefe. 

Auch  der  mineralogisch  wie  geologisch  sehr  interessanten 
Schiefergesteine  von  der  Süd-  und  Südwestseite  des  Gebirges  wird, 
unter  Vorzeigung  von  Handstücken  Erwähnung  gethan,  endlich 
der  Gebirgsbau  der  schweizerischen  Central alpen  durch  Ansichten 
und  Profile  verdeutlicht. 


—     50 


lieber  die  Gliederung 

der  Cyrenenmergelgruppe  im  Mainzer  Becken 
von  Dr.  phil.  0.  Boettger. 

iu  Frankfurt  a.  M. 

Die  Literatur  über  die  einzelnen  Schichten  des  Cyrenenmergels 
im  Mainzer  Tertiärbecken  ist  schon  eine  überraschend  reiche,  die 
Ansichten  über  die  Gliederung  und  Altersstellung  dieser  Bildungen 
aber  sind  trotzdem  in  auffallender  Weise  auseinandergehend  und 
offen  gestanden  auch  vielfach  noch  unklar.  Ehe  ich  auf  meine 
eigenen  Untersuchungen  dieser  Formationsreihe  eingehe,  sei  es  mir 
gestattet,  eine  kurze  Uebersicht  der  einschlagenden  Literatur  zu 
geben,  wobei  ich  indess  bemerken  will,  dass  ich  die  in  keiner 
Weise  fördernden,  sondern  eher  die  Sache  verwirrenden  Darstel- 
lungen von  Ludwig  und  Volger,  die  übrigens  H.  C.  Weinkauff 
(in  Beitrag  z.  Kenntu.  d.  Tert.-Bild.  in  d.  hess.  Pfalz  u.  d.  an- 
gränz.  preuss.  u.  bayer.  Bezirken  in  Leonh.  u.  Bronn's  Jahrb. 
1865,  S.  172  u.  f.)  schon  abgethan  hat,  zu  übergehen  mich  ge- 
müssigt  sehe. 

Bekanntlich  hat  schon  im  Jahre  1847  der  für  die  geologische 
und  paläontologische  Kenntniss  des  Mainzer  Beckens  so  un- 
ermüdlich arbeitende  Frid.  Sandberg  er  (in  Uebersicht  d.  geol. 
Verhältnissed.  Herzogth.  Nassau,  S.  45)  eine  den  Septarien- oder 
Rupelthon  überlagernde  Schichtenfolge  von  zähen  grün-  oder  blau- 
grauen  Thoumergelu  mit  Brackwasserversteinerungen  als  Cyreuen- 
mergel  ausgeschieden. 

In  seinen  Konchylien  des  Mainzer  Tertiärbeckens  1863  S.  432 
gibt  derselbe  sodann  eine  weitere  Eintheilung  dieser  Schicht  iu 
drei  Etagen,  die  von  Weinkauff  im  Jahre  1865  auf  genauere 
Beobachtung  hin  berichtigt  werden  konnte,  und  der  sich  auch 
Sandberger  nach  nochmaliger  Begehung  des  Hackenheimer  Ter- 
rains, das  zu  der  von  ihm  aufgestellten  Schichtenfolge  Veranlas- 
sung gegeben  hatte,  im  Grossen   und  Ganzen   angeschlossen  hat. 


—     51     — 

Weiukauff  sagt  in  seinem  oben  citierten  Aufsatz  S.  171 
wörtlich  Folgendes: 

»Bei  Hackenheim  sind  die  eigentlichen  Cyreuenschichten  im 
Thal  und  die  Chenopusschicht  auf  dem  Kamme  der  dieses  Thal 
einschliesseuden  Hügel  abgesetzt,  was  veranlasste,  da  ein  Profil 
nicht  freiliegt,  das  Untenliegende  auch  als  die  tiefste  Schicht  an- 
zusehen, Aebnliche  Verhältnisse  sind  vielfach  auch  an  anderen 
Orten  vorhanden.  Neuerdings  habe  ich  aber  an  mehreren  Orten 
Aufschlüsse  gefunden,  die  die  directe  Ueberlagerung  der  Cyrenen- 
schicht  auf  die  Chenopusschicht  erkennen  lassen  und  einmal  auf- 
merksam, gefunden,  dass  dies  Regel  ist,  und  die  geographisch 
tiefere  Lage  der  Cyreuenschicht  an  vielen  Orten  nur  einer  späteren 
Ablagerung  in  den  nach  theilweiser  Hebung  mit  Wasser  gefüllt 
gebliebeneu  Thalrinuen  des  früheren  Meerbodens  zugeschrieben 
werden  kann.« 

»Die  genauere  Kenutuiss  dieser  Lagerungsverhältuisse  bedingt 
dann  auch  den  Sandberger'schen  Cyreuenmergel  enger  zu  fassen 
und  von  ihm  die  ganz  marine  Chenopusschicht  sowohl,  als  auch 
die  theilweise  brackische  Schicht  mit  CeritJduni  plicatum  var. 
papillatum  abzutrennen  und  unter  diesen  Bezeichnungen  ins  Schema 
einzuführen.  Sandberger  hatte  schon  die  Faunen  getrennt  auf- 
geführt, die  erwähnten  Bänke  aber  noch  als  Unterabtheilungen 
des  Cyrenenmergels  und  zwar  in  umgekehrter  Reihenweise  be- 
trachtet. Ausser  diesen  Aenderungen  sind  noch  bisher  unbekannt 
gewesene  Bildungen  hinzuzufügen  .   .  . « 

Hier  das  Schema  Weiukauffs,  soweit  es  für  uns  bei  dieser 
Gelegenheit  von  Interesse  ist: 

d.  Chenopus-Schicht. 

d'  als  Uebergangsglied  halbbrackische  Schichten  mit  Ceri- 
ihium  plicatum  papillatum. 

e.  Brackische  Cyreuenschicht. 

f.  Süsswasserschicht  (im    Osten  ersetzt   durch  Cerithienkalk 

und  locale  Landschneckenkalke). 
Abgesehen  von  einer  Schichten  folge,  welche  in  Rheinhessen 
und  im  Rheingau  die  Chenopusschicht  unterteuft,  und  die  Weiukauff', 
wie  ich  gleich  zeigen  werde,  für  jünger  gehalten  hat,  ist  diese 
Eintheilung  im  Grossen  und  Ganzen  richtig.  Es  sei  mir  aber 
schon  liier  gestattet,  mit  ein  paar  Worten  der  Ansicht  entgegen- 
zutreten, als  sei  die  Süsswasserschicht,  die  ich  als  obersten  Cyreneu- 


—     52     — 

mergel  bezeichue,  dem  Cerithieu-  und  Landschueckenkalk  äqui- 
valent. Sowohl  in  Hochheim  als  in  Kleiukarbeu  finden  sich  in 
den  Landschneckenschichten  Süsswasserschnecken,  aber  uirgends 
Limneus  fabula,  Pkmorhis  cordatus^  Ancylus  und  Fisidium  wie 
in  der  rheinhessischeu  Süsswasserschicht  des  Cyreuenmergels.  Zu- 
dem stehen  bei  Ober-Olm,  bei  Eisheim,  Wackernheim  und  Heiden- 
heim ächte  Cerithienkalke  an,  während  dicht  dabei  Eisheim  und 
Sauerschwabeuheim  die  schönsten  Süsswasserschichten  des  oberen 
Cyrenenmergels  mit  Versteinerungen  geliefert  haben.  Ganz  dasselbe 
lässt  sich  im  nassauischen  Rheiugau  nachweisen. 

Ebenso  muss  ich  mich  entschieden  gegen  die  miocäue  Natur 
der  von  Weinkauff  S.  197  genannten  Vorkommnisse  bei  Eisheim 
aussprechen.  Von  vorn  herein  sei  erklärt,  dass  ich  die  in  Frage 
stehenden  Saude  mit  G  r  o  o  s  s  für  die  liegenden  Schichten  der 
Chenopussande  auffassen  muss. 

Da  mir  die  Beschreibuug  der  erwähnten  Schichten  bei  Wein- 
kauff für  unseren  Zweck  besonders  wichtig  erscheint,  erlaube  ich 
mir  die  betreffende  Stelle  hier  wörtlich  anzuführen : 

»Grooss  führte  mich  an  eine  Sandgrube  bei  Eisheim,  die 
neben  vielen  kleinen  und  zerbrochenen  Conchylien  auch  Pflanzen- 
reste enthält.  Diesen  Sand  sprach  er  für  die  tiefste  Schicht  der 
Chenopusschicht  an.  Er  ist  sehr  deutlich  und  regelmässig  ge- 
schichtet, aber  seine  obere  Fläche  ist  höchst  uneben.  Vertiefungen 
wechseln  mit  Erhöhuugeu.  Die  ganze  Sandpartie  ist  überlagert, 
die  Unebenheiten  der  oberen  Fläche  bis  in  ihre  kleinsten  Ver- 
tiefungen hinein  sind  ausgefüllt  von  einer  Schicht  mit  zahllosen 
Stücken  von  wohlerhaltenen  Conchylien,  darunter  natürlich  auch 
abgerollten,  und  Rollstückeu  von  Kalksteinen  des  oberen  Tertiären 
und  Bohnerzen.  Das  Profil  ist  so  deutlich,  dass  über  die  diluviale 
Natur  der  Petrefactenschicht  kein  Zweifel  bleibt ;  wer  sie  einmal 
gesehen,  der  ist  sofort  im  Reinen  damit.  Die  meistens  gut  er- 
halteneu Petrefacten  waren  schwerlich  einem  weiten  Transport 
unterworfen,  denn  in  alleruächster  Nähe  sind  reiche  Fundstellen 
der  Chenopus-  und  Cyrenenschicht ,  die  beide  die  Ablagerung 
furniert  haben.« 

ȟeber  den  untenliegenden  Sand  selbst  bin  ich  noch  zu  keiner 
befriedigenden  Meinung  gelangt,  doch  spricht  das  Vorkommen 
für  ein  Tertiäres,  etwa  den  Sauden  gleich,  wie  sie  zu  Bosenheim 
die  Cyrenenschicht  und  zu  Hackenheim  die  Chenopusschicht  decken, 


—     53     — 

und  die  ich  zur  Süsswasserschicht  zähle.  Die  ungemein  tiefe  Lage 
würde  bei  den  nachgewiesenen  Störungen  nichts  Entgegenstehen- 
des beweisen.  Auf  alle  Fälle  kann  die  Bildung  nicht  der  Chenopus- 
schicht  angehören ,  denn  die  kleinen  Couchylien  gehören  dieser 
und  dem  Cyreuenmergel  au,  tragen  aber  das  Gepräge  eines  weiten 
Transports,  der  sie  fast  unkenntlich  gemacht.  Es  ist  darunter 
auch  ein  Planorbis  gefunden,  der  nur  aus  dem  Cyrenenmergel 
stammen  kann,  in  dessen  kohligen  Lagen  solche  zuerst  auftreten. 
Die  Blätter  sind  ebenfalls  sehr  schlecht  erhalten  und  lassen  keine 
Bestimmung  zu ,  deuten  immerhin  aber  doch  zumeist  auf  eine 
Süsswasserbildung. « 

Den  diluvialen  Charakter  der  bei  Eisheim  überliegenden, 
übrigens  sehr  ungleich  entwickelten  mergeligen  Sandschicht  mit 
Cyrena  semistriata,  Cerithium  pUcatum  und  Cer.  Lamarcki  leugne 
ich  nicht,  der  unterliegende  feine  Sand  ist  aber  evident  älter  als 
die  Chenopusschichten,  und  das  Auftreten  feiner  glimmerreicher 
Sande  mit  Corhulomya  Nysti,  der  in  diesen  unteren  Elsheimer 
Schichten  gemeinsten  Mnschelform,  bei  Schornsheim  unter  typischen 
Chenopusschichten  mit  Ghenoims  und  Isocardia  lässt  das  hohe 
Alter  dieser  Sande,  wie  ich  später  noch  ausführlich  zeigen  werde, 
aufs  eclatanteste  erkennen.  Auch  habe  ich  von  Spuren  weiten 
Transportes  ausser  an  Cerithien  und  Rissoen  wenig  oder  nichts 
wahrnehmen  können;  im  Gegentheil  sind  die  zarten  Schalen  von 
JDiplodonta,  Splienia^  Tellimya^  Scintüla,  Syndosmya^  Teilina  und 
Lucina  ganz  auffallend  gut  erhalten.  Gut  conservierte  Schalen 
von  grösseren  oder  grossen  Arten  wird  man  in  diesen  Sauden 
allerdings  vergeblich  suchen.  Dass  zahlreiche  Formen  auch  der 
Cyreuenschicht  in  den  Elsheimer  Sauden  auftreten,  hat  für  mich 
durchaus  nichts  Auffallendes ,  da  fluviomariue  Ablagerungen  so 
alten  Datums  im  Mainzer  Becken  überhaupt  bisher  nicht  bekannt 
waren,  die  eiugespülteu  Land-  und  Süsswasserschneckeu  übrigens 
aufs  Unzweideutigste  ein  Alter  ergeben,  welches  dem  der  Meeres- 
sande von  Weinheim  uoch  sehr  nahe  gewesen  sein  muss.  Zudem 
fehlen  die  charakteristischen  Leitfossilien  der  ächten  Cyreuenschicht, 
wie  Cerifhnim  margaritaccutn  und  Cer.  ahhreviatum,  Cyrena  semi- 
striata, Murex  conspicuus^  Ämnicoki  helicella  und  Neritina  alloeodus 
in  diesen  Schichten  vollständig.  Die  Blätter  sind  darin  doch  noch 
so  gut  erhalten,  dass  sie  wichtige  Aufschlüsse  geben  werden  zur 
Bestimmung  des  geologischen  Horizontes  unserer  so  pflanzeureicheu 


—     54     — 

Braunkobleiischichten  am  Rande  des  Vogelsbergs.  Etwa  ein  Viertel- 
hundert Arten  hat  Hr.  Dr.  Th.  Geyler  bis  jetzt  zusammengebracht, 
die  sowohl  über  als  unter  den  beiden  besonders  ergiebigen  Con- 
chylienhorizouten  in  Stadeckeu  wie  in  Eisheim  vorkommen  und 
auch  in  den  liegenden  Schichten  unter  dem  Chenopussand  im 
Osten  von  Eisheim  angetroffen  wurden. 

Weiter  ist  das  Profil  am  Schillberg  bei  Sulzheim  fast  genau 
so,  wie  es  Weiukauff  S.  199  beschreibt,  von  mir  beobachtet  wor- 
den, und  nur  den  einen  Zusatz  möchte  ich  mir  erlauben,  dass 
die  schon  früher  von  ihm  bei  Hackenheini  erwähnte  Schicht  mit 
Psamniohia  (Sandberger,  Couchyl.  d.  Mainz.  Tert.  Beck.  1863, 
S.  296)  in  ausgezeichneter  Weise  auch  hier  zwischen  ächter 
Cyrenenschicht  und  Süsswasserschicht  zu  Tage  tritt. 

Einen  kleinen  Zusatz  zum  Profile  der  Elsheimer  Lettengrube 
werde  ich  bei  Besprechung  der  dortigen  Verhältnisse  später  geben. 

Im  Uebrigen  muss  ich  die  ausserordentliche  Treue  und  Ge- 
wissenhaftigkeit hervorheben,  mit  welcher  Weinkauff  die  thatsach- 
lichen  Verhältnisse  der  in  Rede  stehenden  Schichten  zum  ersten 
Male  erläutert  hat  und  darf  constatiereu ,  dass  jede  auf  neuere 
Aufschlüsse  gestützte  Untersuchung  sich  doch  im  Wesentlichen 
an  seine  Darstellung  anlehnen  wird. 

Ich  wende  mich  jetzt  zu  Grooss'  Darstellung  der  Verhält- 
nisse iu  der  Section  Mainz.  Wie  oben  erwähnt,  kannte  Weinkauff 
bereits  die  Untersuchungen  von  Grooss  und  sprach  sich  ins- 
besondere gegen  die  Aufstellung  von  dessen  Schleichsanden  aus. 
Ich  muss  mich,  wie  schon  oben  bemerkt,  vollkommen  mit  den 
Beobachtungen  von  Grooss  (vergl.  insbesondere  Geolog.  Special- 
karte d.  Grossh.  Hess.,  Sect.  Mainz  1867,  S.  16  Anm.)  einver- 
standen erklären. 

Die  höchst  bedeutungsvolle  Grooss'sche  Arbeit  gibt  folgendes 
Schema : 

Obere  meerische  Bildungen: 

Sandschichten  mit  Meer-  und  Landpetrefacten  und  Blätter- 
abdrücken ;  Schleichsande  und  Thone : 

a.  Cyprinenschichten. 

b.  Chenopusschichten, 

c.  Peruaschichten. 


—     55     — 

Brackische  Bildungen: 

Cyrenenmergel  mit  zwischen-  und  überlagernden  Süsswasser- 
uud  Braunkohleuscliichten ;  untergeordnete  Sandlager. 

Auch  mit  dieser  Eintheilung  der  Cyrenenmergelgruppe  kann 
ich  mich  nicht  vollkommen  einverstanden  erklären.  Vor  allem 
gefällt  mir  der  Ausdruck  Cyprinenschichten  nicht,  da  Cyprina 
rotundata  in  den  tiefsten  Schichten  der  Cyrenenmergelgruppe  zu 
den  grössten  Seltenheiten  gehören  dürfte.  Ich  habe  sie  darin  bis 
jetzt  vergeblich  gesucht.  Ich  ersetze  ihn  durch  den  Namen  Schleich- 
sand, der  als  allgemeine  Volksbezeichnung  für  diese  Schichten  in 
Rheinhessen  seine  volle  Berechtigung  hat.  Den  Pernahorizont 
erkenne  ich  als  Uebergangsglied  zwischen  Chenopussand  und 
Cyrenen Schicht  an,  wenn  auch  derselbe  in  ähnlicher  Weise  nur 
local  auftreten  dürfte  wie  die  wahrscheinlich  gleichaltrige  Papil- 
latenschicht  Weiukauff's.  Die  obere  Süsswasserbildung  des  letzteren 
dagegen  halte  ich  für  einen  guten  Horizont  und  möchte  sie  ab- 
getrennt und  dem  Grooss'schen  Schema  zugefügt  wissen. 

In  neuester  Zeit  hat  dann  auch  vonFritsch  (in  dies.  Ber. 
1870  —  71,  S.  37)  die  Berechtigung  der  Abtreunung  der  über  den 
Rupelthouen  lagernden  oberen  Meeressande  oder  unteren  Cyrenen- 
schiebten  mit  Cerithium  plicatum  var.  papülatum  und  AporrJiais 
tridadyla,  welche  von  den  rein  brackischen  Cyrenenmergeln  über- 
lagert werden,  anerkannt,  und  weiter  in  einem  Briefe  vom 
17.  Febr.  1872  *)  kurz  der  innigen  Beziehung  des  Hochheimer 
Landschneckenkalks  zu  den  Cyrenenmergeln  und  zu  den  rhein- 
hessischen Süsswasserschichten  zwischen  diesen  und  den  Cerithieu- 
kalken  gedacht.  »Diese  Beziehung  tritt  dadurch  klarer  als  früher 
hervor,  dass  in  den  westlichsten  der  Hochheimer  Brüche,  sowie 
in  den  untersten  Partien  der  östlichen  Kalksteine  gebrochen  wer- 
den, die  ganz  voll  von  Steinkernen  von  Cyrena  semistriata^  Ceri- 
thium plicatum  und  Lamarcki  sind.  Diese  Cyrenenkalke  gehen 
ganz  allmählich  ohne  scharfe  Gräuze    in    den   Landschneckenkalk 


*)  Die  in  erwähntem  Briefe  von  Hrn.  v.  Fritscli  genannten  Pisidium- 
schalen  muss  ich  nach  eingehender  Prüfung  neben  Planorbis ,  Clausilia, 
Pupa  muscorum  und  CioneUa  lubrica,  die  sich  in  derselben  angeblich  dem 
Landschneckenhorizont  des  Cerithienkalks  angehörenden  Schicht  vorfanden, 
für  diluvial  halten.  Sie  sind  vermuthlich  noch  zu  historischer  Zeit  durch 
den  in  der  Nähe,  aber  jetzt  in  bedeutend  tieferem  Niveau  fliessenden 
Wickerbach  abgelagert  worden. 


—     56     — 

über;  die  obere  Gränze  der  letzteren  gegen  die  Cerithieusehichteu 
ist  aber  bekanntlich  eine  wohl  markierte.« 

lieber  diese  Beziehungen  spricht  sich  nun  Sandberger  in 
seinen  Land-  und  Süsswasserconchylien  der  Vorwelt,  1870 — 74, 
S.  281  folgendermaasseu  aus.  Nachdem  er  erwähnt  hat,  dass  die 
Cyrenenmergel  nur  ausnahmsweise  am  Westrande  des  Beckens  in 
Rheinhessen  eine  Gliederung  in  drei  Abtheilungeu ,  Chenopus- 
schicht,  Bänke  mit  Cerithium  pUcatum  var.  papiUatiim  und  blaue 
Mergel  voll  Cyrena  semistriata  erkennen  lassen,  welche  schon  in 
der  Gegend  von  Mainz  nicht  mehr  klar  zu  verfolgen  ist,  fährt  er 
S.  334  wörtlich  so  fort: 

»Den  Rupelthon  überlagert  bei  Kreuznach  eine  in  Rhein- 
hessen weit  verbreitete,  aber  schon  bei  Hochheim  nicht  mehr 
unterscheidbare  sandige  Schicht,  welche  in  grosser  Menge  Chenopus 
tridactylus  A.  Br.,  Gytherea  subarata  Sbg.,  Perna  Sandhergeri 
Desh.  und  andere  ausschliesslich  meerische  Fossilien  einschliesst  .  .  , 
An  vielen  Stellen  Rheinhessens  wird  sie  von  den,  wie  es  scheint, 
als  gleichzeitige  Brackwasserbilduug  anzusehenden  Sauden  und 
Kalken  mit  Cerithium  plicatum  var.  papillatum  Sbg.  ersetzt,  welche 
besonders  bei  Hackenheim  und  am  Zeilstück  bei  Weiuheim  schön 
entwickelt  sind  und  unter  37  Arten  24  meerische  zählen,  während 
13  andere,  den  Gattungen  Potaniides,  Nematura,  Nystia,  Moites- 
sieria ,  Amnicola ,  Hydrohia  und  Cyrena  angehörig,  als  Brack- 
wasserbewohner zu  betrachten  sind. 

Erst  auf  diese  Schicht  folgt  der  mit  Tausenden  von  Indi- 
viduen von  Cyrena  semistriata^  Miirex  conspicuus,  Buccinum  cas- 
sidaria  typ.,  Cerithium  margaritaceum  und  Cer.  plicatum  var. 
Galeottii  erfüllte  steife  Letten,  welchem  der  Name  Cyrenenmergel 
im  engeren  Sinne  zukommt  .  .  . 

Der  Cyrenenmergel  scheint  mir  einen  sehr  natürlichen  Ab- 
schluss  des  Oberoligocäus  im  Mainzer  Becken  zu  bilden;  wenn 
auch  in  den  tiefsten  Bänken  des  darüber  lagernden  Kalkes  mit 
Cydostomus  antiquus  nnd  Helix  Ramondi  Cyrena  semistriata  nach 
von  Fritsch  noch  vorkommt,  so  ist  doch  in  ganz  Rheinhessen  und 
der  Pfalz  die  petrographische  und  paläontologische  Verschieden- 
heit desselben  vom  Cerithienkalke  eine  so  durchgreifende,  dass  ich 
mich  nicht  entschliessen  kann,  den  Horizont  der  Helix  JRamondi 
noch  in  das  Oberoligocän  zu  stellen.« 


~     57     — 

ludem  ich  mich  dieser  letzteren  Au  sieht  Saudberger's  an- 
schliesse,  möchte  ich  noch  besonders  betonen,  dass  eine  beträcht- 
liche Anzahl  der  von  mir  in  den  Schleichsanden  gefundenen 
Landschnecken  von  der  Fauna  der  Landschneckenkalke  in  ähn- 
licher Weise  abweicht,  wie  die  Fauna  dieser  von  der  der  jüngeren 
Hydrobienkalke,  und  dass  es  in  hohem  Grade  unzweckmässig  sein 
dürfte,  zwei  so  verschiedenartige  Landschneckeufaunen  einem  Hori- 
zonte zuzuweisen. 

Damit  wäre  die  historische  Darlegung  des  Gegenstandes  so 
ziemlich  erschöpft.  Gehen  wir  nun  zu  meinen  Specialunter- 
suchungen über.  Ich  bringe  die  sämmtlichen  mir  näher  bekannten 
Schichten  der  Cyrenenmergelgruppe  in  drei  geographische  Ab- 
schnitte ,  deren  jeder  für  sich  eine  nahezu  übereinstimmende 
Schichteufolge  zeigt,  während  sich  bei  Vergleichung  der  Einzel- 
straten  der  drei  gewählten  Localabschnitte  kleine  Verschieden- 
heiten nicht  verkennen  lassen  werden.  Ich  betrachte  also  ge- 
sondert: l.  Cyrenenmergel  in  Rheinhesseu,  2.  Cyrenenmergel  im 
nassauischen  Rheingau  und  3.  Cyrenenmergel  in  der  Maingegend. 

I.  Cyrenenmergel  in  Rheinhessen. 

Als  unterste  Schicht  betrachte  auch  ich,  wie  schon  früher 
hervorgehoben,  die  von  Grooss  in  ihrer  Altersstellung  zuerst 
richtig  erkannten  feinen  Sande  von  Eisheim,  Stadecken,  Nieder- 
01m,  Nieder- Weiuheim,  Wallertheim  und  Schornsheim. 

Schornsheim. 
Die  Lagerung  der  in  Rede  stehenden  Schleichsande  lässt  sich 
am  schönsten  bei  Schornsheim  in  einer  Sandgrube  im  Dorfe  selbst 
studieren.  Hier  liegt  unter  einer  thonigen  Sandschicht  mit  Pec- 
tmiculus,  die  wohl  sicher,  wie  so  viele  Schichten  dieser  Gegend, 
diluvialen  Ursprungs  sein  dürfte,  ein  zäher  gelber  Sand  mit 

Pectunculus  obovatus  Lmk.,  häufig,  gewöhnlich  doppelschalig. 
Nucula  Greppini  Desh.,  häufig. 

»        püigera  Sbg.,  nur  ein  doppelschaliges  Exemplar. 
Liicina  undulata  Lnik.,  2  Exemplare. 
Cardium  cingidatum  Goldf.  =  tenuisulcatum  Nyst,  Bruchstücke. 

»  scobinula  Mer.,  häufig. 

Cytherea  incrassata  Sow.  var.  lunulata  Sbg.,  häufig. 
»  subarata  Sbg.,  auffallend  bauchig,  selten. 

»  splendida  Mer.,  selten. 


—     58     — 

Teilina  sp.,  Bruclistücke. 

PanojMea  sp.,  bis  jetzt  uicht  vollständig. 

Fleurotoma  regulär is   de  Kon.    =   helgica  Sj^oXM.,  meist  zer- 
drückt, häufig. 

Chenopus  tridactylus  A.  Br.,  selten. 

Natica  Nysti  d'O.,  häufig. 

Lacuna  obtusa  n.  sp.  Nur  je  ein  Exemplar  aus  der  Chenopus- 
schicht  von  Schornsheim  und  aus  dem  Schleichsande  von  Eisheim. 
In  der  Schalenform  die  Mitte  haltend  zwischen  labiata  Sbg.  und 
suheffusa  Sbg.,  bauchiger  als  labiata  und  von  beiden  leicht  durch 
das  auffallend  stumpfe  Gevrinde  zu  unterscheiden.  Die  Mündung 
erreicht  vrie  bei  suheffusa  die  Hälfte  der  gesammten  Schaleuhöhe. 
Auch  die  doppelt  so  grosse  L.  striatula  v.  Koen.  (Mar.  Mitt. 
Oligoc.  N.  D.'s,  Palaeontogr.  Bud.  16,  S.  113,  Taf.  7,  fig.  10) 
aus  dem  Mitteloligocäu  von  Söllingen  ist  kegelförmiger  als 
unsere  Art.  *) 

Erst  unter  dieser  evident  dem  Chenopushorizont  angehörigen 
Schicht  liegen  lagen  weise  in  mehr  als  20'  Mächtigkeit  aufge- 
schlossen höchst  feinkörnige,  glimmerreiche  Sande,  in  denen  ich 
so  glücklich  war,  das  Leitpetrefact  für  die  Schleichsande  Cor- 
huloniya  Nysti  Desh.  (Anim.  s.  vert.,  Paris  1860,  Bnd.  I,  S.  205, 
Taf.  Hb,  fig.  12 — 15)  in  einer  Klappe  aufzufinden.  Die  von 
Grooss  in  einem  Nachtrag  zur  Section  Mainz  von  derselben 
Localität  aus  dieser  Schicht  noch  erwähnten  Rissoa  Michaudi 
und  Cardium  scobinula^  die  ich  nicht  auffinden  konnte,  machen 
die  üebereinstimmung  mit  den  Elsheimer  Sauden  noch  klarer. 

In  ihrem  petrographischen  Verhalten  sind  diese  Sande  von 
Schornsheim  analog  den  Schichten  von  Elslieim,  sogar  die  starke 
Schichtenneigung,  die  all  diesen  untersten  Sanden  des  Cyrenen- 
mergelcomplexes  zukommt,  lässt  sich  hier  in  einem  Fallen  von  17*' 
in  ONO  aufs  Schönste  beobachten. 

Nieder -Olm. 

Ausser  an  der  Wingertsmühle ,  wo  die  Schleichsande  mit 
zahlreichen,  wegen  ihrer  schlechten  Erhaltung  aber  bis  jetzt  noch 

*)  In  dem  Hohlweg  dicht  bei  Schornsheim  am  Wege   nach  Udenheim 
finden  sich  in  denselben  Chenopusschichten  ausserdem  noch : 
Isocardia  sübtransversa  d'O.,  selten. 
Buccinum  cassidaria  Bronn,  desgl.  und 
Lamna  sp,,  Zahu. 


—     59     — 

unbestimmten  Dikotyledonenblättern  anstehen,  fand  ich  »auf  der 
Geyerschelle«  in  den  glimmerigeu  Sauden  mit  ähnlichen  Con- 
cretionen,  wie  sie  die  typischen  Fundstellen  von  Stadecken  und 
Eisheim  auszeichnen,  ausser  unbestimmbaren  Blätterresten  dieselbe 

Corhulomya  Nysti  Desh. 

in  jugendlichen  Exemplaren,  stets  doppelschalig  und  in  grosser 
Menge,  welche  in  den  Schleichsauden  von  Eisheim  und  Schorns- 
heim  so  charakteristisch  ist.  Das  Auftreten  so  zahlreicher  Doppel- 
schalen dieser  Leitmuschel  beweist  aber,  dass  sie  an  Ort  und 
Stelle  gelebt  haben  muss  und  keineswegs  als  eingeschwemmt  be- 
trachtet werden  darf. 

Eisheim. 

Schon  oben  wurde  der  Lagerungsverhältnisse  der  Schleich- 
sande in  der  Sandgrube  südlich  des  Ortes,  rechts  vom  Wege 
nach  Stadecken  gedacht.  Grooss  beschreibt  sie  (a.  a.  0.,  S.  14) 
folgendermaassen : 

»Südlich  von  Eisheim  und  Stadecken  stehen  im  Niveau  der 
Thalsohle  Sandwände  mit  sehr  deutlich  ausgesprochener  Schichtung, 
einem  nordwestlichen  Fallen  in  Winkeln  von  20 — 25°  und  einer 
sichtbaren  Mächtigkeit  von  25 — 35  Fuss  an.  Der  Sand  ist  gelb 
und  gelbgrau,  meist  fein,  in  manchen  Schichten  ist  er  gröber, 
führt  dann  viele  Glimmerblättchen  und  viele  sehr  kleine ,  dünne 
Muscheltrümmer,  seltener  ganze  Schalen.  Einzelne  Schichten  sind 
schleichsandig,  etwas  zusammengebacken,  manchmal  zu  mürbem 
Sandstein  verhärtet.  Tu  anderen  haben  sich  viele  kleine  Mergel- 
knollen mit  eisenockeriger  Rinde  entwickelt.  Diese  Sande  gehen 
unter  beiden  Dörfern  her,  und  man  hat  in  Kellern  und  Brunnen 
noch  nie  ihr  Liegendes  erreicht.  Li  Eisheim  ist  man  70  Fuss  in 
ihnen  hinabgegangen.  An  beiden  Wänden  führen  sie  an  manchen 
Stellen  viele  Blätter.  Eine  Species  Cinnamonmm  ist  bei  weitem 
am  häufigsten  darunter  vertreten.  Da  der  Sand  fast  immer  aus- 
einanderfällt, so  ist  eine  Bestimmung  der  Blätter  nur  am  Fundort 
möglich.  Wie  bemerkt,  sind  die  Conchylienschalen  ohne  Aus- 
nahme sehr  dünn,  klein  und  zerbrechlich.  Die  ganzen  Schalen 
sind  es  auch  dann ,  wenn  sie  grösseren  und  grossen  Arten  an- 
gehören. Es  ist  alsdann  Brut.  Mit  mehr  oder  weniger  Sicherheit 
sind  davon  bis  jetzt  bestimmt: 


—     60     — 

Corhulomya  nitida  Sbg.,  unter  allen  am  häufigsten. 

»  u.  sp. 

Cytherea  subarata, 
Pecfimculus  ohovatus, 
Ostrea  sp.^ 

Nematura  pupa  Nyst., 
Rissoa  M'khaudi, 
Cerithiimi  Laniarcki  Desli., 

»        plicatum  var.  papülatum., 
Odonfosfoma  suhula  Sbg., 
Bulla  s^)., 
Cardium  scobinula  Mer., 

»      sp.^ 
Sphaenia  sp.. 
Helix  2  sp.., 
Planorhis  sp., 
Foramiuiferen. 

An  manchen  Arten,  wie  z.  B.  bei  Cardhim  scobinula  sind 
die  Verzierungen  noch  ziemlich  erhalten,  an  deu  meisten  aber 
mehr  oder  weniger  abgerieben.« 

Ich  brauche  dieser  genauen  Schilderung  nur  Weniges  hin- 
zuzufügen. Vor  allem  frappiert  die  auffallende  Schichtenneigung, 
die  im  Mainzer  Becken  au  und  für  sich  schon  für  ältere  Tertiär- 
schichten spricht.  Im  Allgemeinen  ist  der  Saud  ganz  ausserordent- 
lich feinkörnig,  so  dass  er  sich  sehr  bequem  trocken  sieben  lässt. 
Die  grosse  Zahl  der  weiter  unten  zu  erwähnenden  Petrefacte  wurde 
auf  diese  Weise  erhalten. 

Foraminifereu ,  die  Grooss  erwähnt,  kommen  nur  ausser- 
ordentlich selten  vor;  unter  den  vielen  Tausenden  kleiner  und 
kleinster  Bruchstückchen,  die  ich  sämmtlich  zu  entziffern  mich 
bemüht  habe,  fand  ich  nur  einmal  eine  Art  der  doch  sonst  in 
den  Cyrenenmergeln  allerorts  vorkommenden  Gattung  Miliola. 

Die  von  Grooss  erwähnte  Corlndomya  nitida  Sbg.  halte  ich 
für  Corb.  Nysti  Desh.,  seine  Corbulomya  n.  sp.  für  triangtda~^jsi.^ 
zu  der  wohl  Corb.  crassa  Sbg.  als  Localvarietät  gehören  dürfte, 
das  augeführte  zweite  Cardium  gehört  trotz  seiner  enormen  Grösse 
zu  C.  scobimda  Mer.,  die  übrigen  Arten  habe  ich  sämmtlich  eben- 
falls nachweisen  können. 


—     (51     — 

Auch  im  0.  des  Ortes  Elsheim,  am  Fusse  des  Spielberges, 
treten  dieselben  Sandschichteu,  hier  mit  dünnen,  auf  weite  Strecken 
zu  verfolgenden  mit  z.  Theil  leicht  zerklüftenden  Sandstein-  und 
Kalkmergellagen  auf,  die  eine  ziemlich  reiche  Flora  zu  erkennen 
gestatten  und  in  denen  mir  Blätter  von  Cinnamomimi  und  Ficus 
zu  den  besonders  häufigen  zu  gehören  schienen. 

Auf  der  hier  nicht  näher  von  mir  untersuchten  —  ich  fand 
nur  einen  vereinzelten  Trophon  pereger  Beyr.  sp.  —  aber  von  Grooss 
a.  a.  0.,  S.  23  gewissenhaft  beschriebenen  Chenopusschicht  und 
über  einer  durch  Muschelbruchstücke  deutlich  gekennzeichneten 
Peruaschicht  folgen  dann  die  in  der  Thougrube  am  Fusse  des 
Hippbergs  anstehenden  Fundstätten  von  Mollusken  der  ächten 
typischen  Cyrenenmergel  Sandberger's. 

Ich  brauche  zu  der  hier  auftretenden  Fauna  nur  hinzuzu- 
fügen, dass  die  von  Grooss  erwähnte  Schicht  4.,  über  den  Lagen 
mit  Cerithium  plicafum,  Buccinum  und  Murex^  die  nach  ihm 
Psammobia  enthält,  mir  nur  zwei  gut  erhaltene  doppelschalige 
Stücke  derselben  Sphenia  elongata  ergab,  die  ich  unten  als  neu 
aus  den  Schleichsanden  beschreiben  werde. 

Der  in  der  Höhe  auf  dem  Hippberg  aufgelagerte  Cerithien- 
kalk  ergab  beiläufig  neben  Cerithium  plicatum  Brug.  und  Cer. 
suhmargaritaceum  A.  Br.  auch  Stenomphalus  cancellatus  Tho.  sp., 
Mytilus  Faujasi  Brongn.  und  Dreissena  Brardi  Brongu.  sp. 

Stadeeken. 

Von  hier  besitze  ich  ein  Stück  einer  Ostrea  cyathiila  Lmk. 
von  0,05  Meter  Länge  und  0,036  Meter  Breite,  ganz  übersäet 
mit  grossen  schönen  Schalen  von  Vermetus  imbricatus  Sbg.,  das 
in  einem  groben  gelben  Sande  bei  einer  tiefen  Grabung  in  der 
Stadecker  Sandgrube  gefunden  worden  ist.  Ich  halte  es  für  einen 
Rest  der  unter  den  Schleichsanden  liegenden  Meeressande.  Auch 
sollen  nach  Aussage  der  Leute  hier  wie  in  Elsheim  in  diesen 
tiefsten  Schichten  Lamnazähne  angetroffen  worden  sein. 

Die  Schleichsande  selbst  sind  in  Stadeeken  petrographisch 
und  stratigraphisch  in  hohem  Grad  ähnlich  denen,  die  ich  eben 
von  Elsheim  beschrieben  habe.  Das  Einfallen  der  Schichten  ist 
etwa  IP  in  N.  Eine  etwas  mehr  graue  Färbung,  zahlreichere 
und  grössere  tombackbraune  Glimmerblättchen ,  weniger  häufige 
Conchylien,    die  hier   nur  in    einer    Bank   gut   erhalten    auftreten, 


—     62     — 

dagegeu  zahlreichere  und  besser  erhaltene  Pflauzenblätter ,  die 
freilich  ebensowenig  transportabel  sind  wie  die  in  der  Sandgrube 
von  Elsheim  erwähnten,  zeichnen  diese  Localität  vor  anderen  aus. 
Da  die  Sandwand  bei  Stadecken  direct  gegen  N.  gerichtet 
ist,  so  kann  man  auf  eine  einigermaassen  günstige  Ausbeute  nur 
hoffen,  wenn  es  längere  Zeit  nicht  geregnet  hat,  denn  nur  dann 
kann  hier  das  Sieb  mit  Vortheil  benutzt  werden.  Geht  mau  — 
und  es  gilt  das  für  alle  von  mir  ausgebeuteten  Localitäten  — 
im  Schleichsand  nur  wenig  tiefer  in  die  feuchten  Schichten  hinein, 
so  klumpt  sich  der  feine  Saud  nicht  blos  und  lässt  sich  nur  mit 
Schwierigkeit  versieben,  sondern  es  entsteht  auch  die  Gefahr  des 
Abstürzens,  das  ohne  jedes  vorherige  Anzeichen  stattfiudet.  Bei 
den  hohen  Sandwänden  und  der  ungeheuren  Wucht  der  sich  los- 
lösenden Massen,  die,  wie  oben  erwähnt,  sich  auf  geneigter  Basis 
befinden,  ist  ein  tieferes  Arbeiten  lebensgefährlich,  und  möchte 
ich  bei  Ausbeutung  dieser  interessanten  Fundstellen  die  äusserste 
Vorsicht  anempfehlen. 

Lörzweiler. 

Am  hohen  Berg  bei  Lörzweiler,  au  der  Stelle,  von  wo  Grooss 
a.  a.  0.  S.  11  eine  interessante  Meeresfauna  mit  Perna  Sandbergeri, 
PectuucuUis  obovaUis,  Pect,  angusticostatus  ^  Cytherea  incrassafa 
Cyth.  suharata.,  Lithodonms  delicatulus,  Natica  Nysti,  Vermehis 
imbricatus  und  Trodms  rhenanus  auffand,  zu  der  dann  Ludwig 
noch  Area  pretiosa,  Emarginula  oblonga,  Turbo  alternicostatus 
und  Vitrinella  nitida  hinzufügte,  nach  Harxheim  zu  fand  ich 
unter  in  grösster  Mächtigkeit  anstehenden  ächten  Cyrenenschichten 
mit  Cytherea  subarata  sandige  Straten  mit  Stücken  von  Pectunculus 
und  darunter  glimmerreiche  Saudschichten  mit  eiugelagerten  Sand- 
steinen von  demselben  Aussehen  wie  die  Schleichsande  von  Els- 
heim. Ich  zweifle  nicht  daran,  dass  bei  besseren  Aufschlüssen 
die  Zugehörigkeit  der  oben  augeführten  Petrefacte,  von  denen 
ich  selber  leider  nichts  habe  auffinden  können,  zu  den  Schleich- 
sanden  sieh  wird  nachweisen  lassen. 

Sämmtliche  Localitäten   lieferten  mir  bis  jetzt  folgeude  thie- 
rische  Ausbeute :  *) 

Patida  äff.  paludinaeformis  A.  Br.    (Sandberger,  Conchyl.  d. 
Mainz.  Tert.-B.,   1863,    S.   17,  Taf.  3,  fig.  9).    Nur  ein  Exemplar, 


*)  Wo   kein  Fundort  angegeben  ist,  kommt  die  Art  nur  in  Elsheim  vor. 


—     63     — 

das  in  der  Totalform  gut  mit  der  erwähnten  Art  übereinstimmt, 
dem  aber  die  stark  erhöhten  Auwachsrippchen  fehlen.  Die  An- 
wachsstreifen liegen  nahe  bei  einander  und  werden  erst  unter 
der  Loupe  deutlich. 

Patula  midticostata  Tho.  var.  semicostata  m.  (Die  typ.  Form 
vergl.  in  Sndbg.,  M.  Tert.-B.,  S.  15,  Taf.  2,  fig.  9).  Ziemlich 
zahlreiche  Exemplare.  Die  Form  stimmt  in  allen  Details  voll- 
kommen überein  mit  einer  von  mir  bei  Hochheim  im  Land- 
schneckenkalk in  sechs  Stücken  gefundenen  Art,  die  ich  1870  im 
Jahrb.  d.  Wien.  geol.  Reichsanstalt  S.  288  als  verschieden  von 
der  böhmischen  und  von  der  in  den  Hydrobienkalkeu  des  Mainzer 
Beckens  vorkommenden  P.  muUicostata  Tho.  bezeichnet  habe.  Der 
Unterschied  beider  Formen  ist  ein  feiner;  die  neue  Varietät  ist 
weniger  stark  gerippt  als  die  typische  muUicostata  und  auf  ihrer 
Unterseite  schwinden  die  Rippen  fast  ganz  und  verwandeln  sich 
in  feine  Anwachsstreifchen. 

Arcliaeozonites  suhverticillus  Sbg.  (=  Zonites  s.,  M.  Tert.-B., 
S.  14,  Taf.  1,  fig.  6  u.  7).  Zahlreiche  kleinere  und  grössere 
Bruchstücke,  die  sehr  gut  auf  die  bis  in  die  Hydrobienkalke 
hinaufgehende,  im  Mainzer  Becken  überhaupt  häufige  Art  passen. 
Auch  Bruchstücke  von  Stadecken, 

HeJix  {Fruticicola)  Posculum  Tho.  var.  (Sandberger,  Land- 
u,  Süssw.-Conch.  d.  Vorwelt,  Taf.  25,  fig.  20).  Zahlreiche  Bruch- 
stücke, von  denen  eins,  dem  die  Mündung  fehlt,  durchaus  auf 
H.  oscidum  var.  deplanata  herauskommt,  während  die  zahlreich 
erhaltenen,  mehr  oder  weniger  vollständigen  Mündungen  durch- 
gehends  weniger  wulstig  umgeschlagen  erscheinen.  Möglich,  dass 
die  letzteren  zu  einer  nahe  verwandten  Art  gehören. 

Helix  (Fruticicola)  sp.  Zahlreiche  Bruchstücke.  Erinnert  in 
der  Form  etwas  an  H.  leptoloma  Sbg.  (Conch.  d.  M.  Tert.-Beck., 
Taf.  2,  fig.  7),  bleibt  aber  bedeutend  kleiner  und  hat  einen  auch 
oben  schwach  umo^eschlaffenen  Mundsaum.  Die  Art  ist  für  unser 
Becken  jedenfalls  neu,  aber  zur  Vergleichung  mit  anderen  fos- 
silen Arten  dieses  schwierigen  Subgenus  zu  ungenügend  erhalten. 
Auch  von  Stadecken. 

Helix  {Vallonia)  Saudhergeri  Desh.  (Sandberger,  Conchyl.  d. 
Vorw.,  Taf.  22,  fig.  16).  Nur  zwei  vollständige  Exemplare,  die 
vollkommen  mit  Stücken  aus  den  Landschneckenkalkeu  von  Hoch- 
heim und  Tuchoritz  übereinstimmen. 


-     64     — 

Helix  {Archelix)  rugulosa  Mart,  (Sandb.,  ebenda,  Taf.  21, 
-fig.  11).  Mehrere,  wenigstens  zum  grössten  Theil  gut  erhaltene 
Schalen.  Die  Art  ist  kleiner  als  die  H.  snhsulcosa  Tho.  aus  dem 
Landschneckeukalk  von  Hochheim,  mit  der  sie  sonst  viel  Aehn- 
lichkeit  hat,  besitzt  einen  schwachen  Kiel  und  weniger  dicken, 
nach  unten  weniger  flach  ausgebreiteten  Mundsaum  uud  eine 
relativ  grössere,  etwas  winkelig  sich  vom  Mundsaum  abzweigende, 
mehr  vertiefte  Nabelschvviele.   Auch  ein  Bruchstück  von  Stadeckea. 

Glandula  sp.  Zahlreiche  Bruchstücke.  Grösser,  als  Gl.  sub- 
siäcosa  Sbg.,  mit  feinem  Nahtsfcreifen  und  starker,  auf  der  letzten 
Windung  etwas  unregelmässiger  Quersculptur ,  die  mir  aber  für 
Gl.  rugulosa  Sbg.  von  Landau  (Sandb.,  Conch.  d.  Vorw.,  Taf.  23, 
fig.  33)  etwas  zu  fein  erscheint.  Längssculptur,  Höckerchen  oder 
dergl.  fehlen  auf  den  Zwischenräumen  der  Anwachsrippcheu. 
Bruchstücke  auch  von  Sta decken. 

Cionella  macrostoma  n.  sp.  Nur  eiu  gutes  Stück  von  zwei 
ümsränffeu  mit  der  Müuduuo;;  sehr  selten  Bruchstücke.  Die  Form 
der  Mündung  ist  ausserordentlich  ähnlich  der  von  C.  sjüendens 
A.  Br.  sp.  (Sandb.,  Conch.  d.  Mainz.  T.-B.,  S.  392,  Taf.  35, 
fig.  5)  aus  dem  Landschneckenkalk  von  Hochheim,  die  Art  aber 
viel  kleiner,  doch  grösser  als  C.  lubricella  Sbg.  und  schlanker  als 
beide  erwähnten  Formen.  Die  Spindel  ist  noch  flacher  im  Bogen 
gekrümmt  als  bei  den  genannten. 

Om])haloptyx  n.  gen.  Testa  heliciformis,  subrimata,  in  conulum 
acutum  terminata,  superne  costulata,  subtus  polita,  anfractus  6-^/2, 
leviter  accrescentes,  ultiraus  maximus,  aperturam  versus  vix  coarc- 
tatus;  apertura  purum  obliqua,  parva,  semilunaris;  peristoma 
simplex,  acutum,  margine  columellari  basi  iucrassato,  perforationem 
tegente,  plica  parietali  horizontal!  parva. 

OmphalopUjx  supracostata  n.  sp.  Nur  in  einem  Stücke 
tadellos  erhalten,  in  Bruchstücken  häufig.  Die  kleine  glänzende 
hoch  kreiseiförmige  Schale  besteht  aus  6^2  engewundeuen,  sehr 
schwach  gewölbten  Umgängen,  deren  letzter  ^/s  der  gesammten 
Schalenhöhe  beträgt.  Die  sehr  kleine  halbmondförmige  Mündung 
steht  wenig  schief  auf  dem  letzten  Umgänge  und  zeigt  auf  der 
etwas  gedrehten  Spindel  eine  stumpfe  winklig  vortretende  Hori- 
zontalfalte, die  sich  als  schwache  Andeutung  noch  etwas  weiter 
ins  Gehäuse  verfolgen  lässt.  Nur  der  Spindelrand  ist  verdickt 
und  schwach   um^eschlaffen.     Unmittelbar    unter    der    Naht    sind 


—     65     — 

alle  Umgänge  bis  auf  die  drei  ersten  mit  scharf  eingeschnitten eu 
Anwachsrippchen  geziert,  die  aber  schon  lange  vor  der  Mitte  der 
Windung  sich  in  regelmässige,  feine  Anwachsstreifchen  verlieren. 
Bruchstücke  auch  von  Stadecken. 

Ich  musste  ein  neues  Genus  für  dieses  Schneckchen  errichten, 
da  es  sich  in  keine  der  bekannten  Landschueckengattungen 
unterbringen  lässt.  Herr  Geheimerath  Professor  W.  Duuker  in 
Marburg,  der  die  Güte  hatte,  es  mit  lebenden  Formen  zu  ver- 
gleichen, schreibt  mir:  »Die  fragliche  Schale  dürfte  wohl  jeden- 
falls einer  Landschuecke  angehören.  In  der  Structur  und  der 
BeschafFenheit  der  Oberfläche  erinnert  dieselbe  an  gewisse  zu 
Ennea  H.  u.  A.  Adams  (Genera  of  rec.  Moll.,  Bd.  II,  London 
1858,  S.  171)  gehörende  Pupaformeu,  die  in  Beziehung  auf  die 
Schalenstructur  der  Gattung  Streptaxis  analog  sind.  Das  Knötchen 
au  der  Columelle  scheint  besonders  charakteristisch  zu  sein.  Ich 
glaube,  Sie  dürfen  es  wagen,  eine  Gattung  auf  dieses  so  wunder- 
bare Ding  zu  gründen.  Auch  scheint  es  mir  ausgewachsen 
zu  sein.« 

Fujita  (Torquilla)  sp.  Nur  drei  Bruchstücke  der  Mündungs- 
wand, auf  der  vier  deutliche  parallele  Gaumenfalteu  erscheinen, 
von  denen  die  unterste  etwas  kleiner  ist.  Die  Art  kann  in  Folge 
dessen  wenigstens  nicht  die  im  Landschneckenkalk  von  Hochheim 
vorkommende  P.  subvariabilis  Sbg.  (a.  a.  0.,  S.  50,  Taf.  5,  fig.  6) 
sein,  die  nur  drei  derartige  Falten  besitzt  und  ist  also  für  das 
Mainzer  Becken  neu. 

Pupa  {Leucochila)  lamellidetis  Sbg.  (a.  a.  0.,  S.  55,  Taf.  5, 
fig.  8).  Ich  fand  nur  ein  vollständiges  Exemplar  dieser  nicht  zu 
verkennenden  Art  bei  Stadecken,  das  sich  in  nichts  von  Stücken 
aus  dem  Landschneckenkalk  von  Hochheim  und  Tuchoritz  unter- 
scheidet. 

Clausula  {Laminifera)  neniaeformis  n.  sp.  Ein  prachtvoll 
erhaltenes  Bruchstück  von  2^/2  Umgängen  mit  der  Mündung, 
mehrere  zum  Theil  gut  erhaltene  Mündungen  von  Eisheim,  ein 
Bruchstück  auch  von  Stadecken.  Diese  meiner  Gruppe  Laminifera 
(Palaeontograph.  Bnd.  X,  S.  314),  die  sich  der  amerikanischen 
Gruppe  Nenia  H.  u.  A.  Adams  (Albers'  Helic,  H.  Ausg.  S.  285) 
innig  anschliesst,  zugehörende  kleine  Art  hat  nahezu  Form  und 
Grösse,  sowie  Totalgestalt  der  Mündung  wie  die  Pal.  a.  a.  0. 
Taf.  51,  flg.  16  —  18  abgebildete  Cl.   didymodus  Böttg.    aus    dem 

5 


—     66     - 

Laudschneckeukalk  von  Hochheini,  unterscheidet  sich  aber  von  ihr 
durch  flachere  Windungen,  höheren,  schlankeren  und  mehr  ein- 
geschnürten letzten  Umgang,  deutlicheren  Nackenwulst  und  be- 
sonders dadurch,  dass  die  Unterlamelle  noch  tiefer  in  der  Mün- 
dung liegt,  als  bei  didymodus^  und  die  Columellarlamelle  bei  gut 
erhaltenen  Stücken  so  tief  steht,  dass  sie  von  aussen  in  der  Mün- 
dung in  keiner  Lage  gesehen  werden  kann,  während  sie  bei 
letzterer  als  starke  Falte  auf  dem  Peristom  endet.  Die  wenig 
gebogene  Mondfalte  vereinigt  sich  unter  spitzem  Winkel  mit  der 
bei  dieser  Gruppe  stets  allein  auftretenden,  der  Naht  parallelen, 
starken  Gaumenfalte.  Die  Anwachsstreifchen  sind  zarter  als  bei 
Cl.  didymodus  und  werden  nur  auf  dem  Nacken  kräftiger.  Die 
einzige  näher  verwandte  lebende  Art  ist  Clmmlia  Blandiana  Pfeiff. 
(Proceed.  zool.  soc.  1855,  S.  210)  von  Sta.  Fe  de  Bogota,  die 
wegen  der  vorhandenen  Mondfalte  und  des  nicht  decolliereuden 
Gehäuses  von  Nenia  abgetrennt  werden  und,  soweit  ich  aus  Ab- 
bildung und  Beschreibung  urtheilen  kann,  als  einzige  bekannte 
lebende  Vertreterin  der  Gruppe  Laminifera  betrachtet  werden  muss. 

Clausilia  {Laminifera)  flexidens  n.  sp.  Ein  sehr  gut  er- 
haltenes Stück  von  zwei  Umgängen  mit  Mündung,  fünf  voll- 
ständisce  Mündungen  und  viele  Bruchstücke.  Auch  diese  Art 
gehört  der  Gruppe  Laminifera  an  und  steht  unter  allen  be- 
kannten Arten  dieser  Gruppe  der  CL  rhomhostoma  Böttg.  aus  dem 
Laudschneckeukalk  von  Hochheim  (a.  a.  0.,  Taf.  51,  fig.  9—11) 
am  nächsten,  unterscheidet  sich  aber  durch  um  die  Hälfte  be- 
deutendere Grösse  und  Breite  der  Schale  und  viel  zartere  An- 
wachsstreifung.  Obere  und  untere  Lamelle  und  Columellarlamelle 
sind  sehr  ähnlich  gestellt  und  gebildet  wie  bei  Cl.  rhomhostoma, 
zwischen  Unter-  und  Columellarlamelle  stehen  zwei  starke  Falten, 
eine  obere  grössere  und  eine  untere  kleinere,  die  ebensowenig  wie 
die  Lamellen  auf  dem  Peristom  dichotomieren,  wie  es  bei  rhomho- 
stoma Regel  ist.  Die  einzige  Gaumenfalte  läuft  nach  innen 
divergent  der  Naht,  und  die  stark  gebogene  Mondfalte  trifft  auf 
erstere  unter  sehr  spitzem  Winkel.  Sämmtliche  Windungen  bis 
auf  die  letzte  haben  so  feine  Anwachsstreifchen,  dass  sie  fast 
glatt  erscheinen,  nur  der  Mündungsumgaug  zeigt  sehr  zahlreiche 
deutlichere  Anwachsrippchen. 

Succinea  n.  sp.  Nur  drei  schlechterhaltene  Exemplare,  die 
in  ihrer  Totalform    an    kleine   Stücke    von    S.    Pfeifferi    Rossm. 


-     67     — 

erimiern.  Das  Gewinde  erscheint  aber  stumpfer,  und  die  Umgänge 
sind  mehr  gerundet.  Die  Mündung  ist  sehr  gross.  Insbesondere 
zeigt  die  Art  von  Eisheim  keinerlei  Verwandtschaft  mit  den  zwei 
in  den  böhmischen  Landschueckenkalken  vorkommenden  Arten 
von  Sncciiiea.     Auch  von  Stadecken. 

Alcxia  mucronata  n.  sp.  Nur  ein  vollständiges  Exemplar 
und  wenige  Bruchstücke  dieser  seltenen  Art.  Unter  den  bei 
Sandberger  abgebildeten  Arten  dieser  Gattung  möchte  nur  A. 
pisolina  Desh.  6;^^.  (Conch.  d.  Vorw.,  Taf.  26,  fig.  13)  aus  dem 
Miocän  von  Ermingen  (Sandb.,  Gliederung  der  Miocänschichten 
im  schweizerischen  und  schwäbischen  Jura ,  S.  579)  und  dem 
Mittelmiocän  von  Pontlevoy  und  unter  den  Pariser  Arten  nur 
voluieUa  Desh.  sp.  (Auim.  s.  vert.,  Bnd.  II,  S.  774,  Taf.  48, 
fig.  4  —  6)  aus  den  Sables  inferieurs  unserer  Form  näher  stehen, 
ohne  damit  identisch  zu  sein.  Das  aus  sieben  Windungen  be- 
stehende Gehäuse  bildet  einen  Doppelkegel  mit  stark  vorgezogener 
Spitze,  die  Umgänge  sind  oben  am  stärksten  aufgeblasen;  in  der 
verhältnissmässig  schmalen  Mündung  stehen  auf  der  Spindel  ausser 
der  Spindelfalte  zwei  und  die  Andeutung  einer  dritten  Palte,  die 
nach  oben  an  Grösse  successive  abnehmen.  Der  rechte  Mundrand 
ist  tiefer  im  Innern  durch  eine  unregelmässige  im  Bogen  ver- 
laufende, sich  schliesslich  in  schwache  Knötchen  auflösende  Quer- 
falte eingeengt. 

Auricula  glandina  n.  sp.  Fünf  vollkommene  Exemplare  und 
sehr  zahlreiche  Bruchstücke.  Diese  Art  ist  der  Au.  Desliayesi 
Tourn.  (Sandb.,  Couch,  d.  Vorw.,  Taf.  26,  fig.  11)  so  ausser- 
ordentlich nahe  verwandt,  dass  ich  blos  die  unterscheidenden 
Merkmale  hervorzuheben  brauche.  Der  Wirbel  ist  bei  unserer 
Art  deutlich  etwas  spitzer,  die  letzte  Windung  niedriger,  die  Um- 
gänge oben  etwas  flacher,  so  dass  dieselben  sich  mit  einer  deut- 
lichen Depression  an  die  Naht  anlegen,  der  rechte  Mundrand  ist 
mehr  verdickt,  und,  was  besonders  wichtig  ist,  die  obere  der  bei- 
den Falten  steht  genau  in  der  Mitte  der  Spindel,  bei  Au.  Des- 
hayesi  dagegen  weit  unterhalb  der  Mitte.  Mit  Ausnahme  des 
letzteren  Kennzeichens  variiert  übrigens  unsere  Art  bedeutend. 
Auch  von  Stadecken.  Die  nächste  lebende  Verwandte  scheint  mir 
Au.  flava  von  Westindien  zu  sein. 

Limneus  fdbula  Brongn.  (Sandb.,  Couch,  d.  Mainz.  T.-B.  = 
acutüabris   Sndbg.    S.    69,    Taf.  7,   fig.  7   und    Conch.    d.    Vorw. 


—     68       — 

S.  342).  Zahlreiche,  gut  erhaltene  Exemplare.  Stimmt  gut  übereiu 
mit  etwas  gestreckten  Stücken  aus  dem  oberen  Cyreneumergel 
von  Sauerschwabenheim  in  Rhein hesseu,  von  wo  ich  eine  pracht- 
volle Suite  von  Varietäten  dieser  im  Mainzer  Becken  seltenen 
Art  besitze.     Nicht  selten  auch  in  Stadecken. 

Planorbis  cornu  Brongn.  (=  solidns  Tho.  in  Sandb.,  Conch. 
d.  Mainz.  Tert.-B.,  S.  71,  Taf.  7,  fig.  8).  Ein  gutes  grösseres 
Stück  und  viele  Bruchstücke.  Nicht  zu  unterscheiden  von  den 
in  unseren  ächten  Cyrenenmei'geln  häufig  vorkommenden  Exem- 
plaren.    Auch  ein  Bruchstück  von  Stadecken. 

Planorbis  cordatus  Sbg.  (Conch.  d.  Mainz.  Tert.-B.,  S.  394, 
Taf.  35,  fig.  21).  Zahlreiche,  nicht  gerade  gut  erhaltene  Stücke, 
-die  aber  bei  Vergleichung  mit  Exemplaren  aus  den  ächten  Cyrenen- 
schichten  von  Hackenheim  keine  wesentlichen  Unterschiede  er- 
geben haben. 

Nystia  planapicalis  Sbg.  (ebenda  S.  394,  Taf.  35,  fig.  6  und 
Conch.  d.  Vorw.  S.  342).  Nicht  selten  vollständig  und  nicht  zu 
unterscheiden  von  der  höchst  selten  auch  in  der  Papillaten- 
schicht  zu  Hackeuheim  vorkommenden  typischen  Form.  Auch 
von  Stadecken. 

Nematura  liibricella  A.  Br.  sp.  (Sandb ,  Conch.  d.  Vorw., 
S.  341,  Taf.  20,  fig.  23).  Wohl  10  gut  erhaltene  Exemplare,  die 
nur  in  Bezug  auf  die  etwas  bedeutendere  Grösse  von  der  im 
ächten  Cyreuenmergel  von  Sulzheim  bei  Wövrstadt  und  auch  sonst 
häufig  in  Jen  Cyrenenschichteu  des  Mainzer  Beckens  vorkommen- 
den Art  abweichen. 

Nematura  compressiuscula  A.  Br.  sp.  (=  N.  pupa  Sbg.  non 
Nyst  in  Sandb.,  Conch.  d.  Mainz.  Tert.-B.,  S.  78,  Taf.  6,  fig.  6). 
Nur  ein  gut  erhaltenes  Exemplar,  das  sich  in  nichts  von  den 
mit  ihm  verglichenen  Stücken  aus  dem  ächten  Cyreneumergel  von 
Hochheim  unterscheidet. 

Hydrobia  Ovulum  Phil.  sp.  (=  Phasianella  in  Beiträge,  S.  51, 
Taf.  3,  fig.  12  und  =  Lacuna  Deshayesi  in  Speyer,  Söllingen, 
S.  36,  Taf.  2,  fig.  6).  Nicht  gerade  selten  in  guten  Exemplaren 
in  Eisheim,  auch  von  Stadecken  und  aus  der  Chenopusschicht 
von  Sulzheim,  und  in  etwas  abweichender  kleiner  Varietät  mit 
höherem  Gewinde  aus  dem  Rupelthon  von  Ofienbach, 

Das  Gewinde  ist  stumpf  conisch,  die  4^2  Umgänge  flach 
gerundet,    die   Mündung    unten    winklig   gebogen    und    an    dieser 


—     69     - 

Stelle  etwas  ansgeraudet,  so  dass  der  scharfe  rechte  Mundsaum 
unten  etwas  vortritt.  Nabelritz  breit,  Spiudelsaum  wulstig  gegen 
ihn  zurückgeschlagen,  letzter  Umgang  doppelt  so  hoch  als  alle 
übrigen  zusammen. 

Meine  Exemplare  stimmen  sehr  gut  mit  zwei  Stücken  aus 
dem  Mittel-Oligocän  von  Sölliugen  und  aus  dem  Ober-Oligocän 
von  Hohenkirchen,  die  mir  Herr  Prof.  von  Koenen  in  Mar- 
burg gütigst  zur  Vergleichung  anvertraute. 

Herr  Geheimerath  Professor  W.  Dunker  iu  Marburg,  dem 
ich  diese  kritische  Art  von  allen  Fundpunkten  vorlegte,  schreibt 
mir  iu  Betreff  derselben:  »Ich  würde  sie  zu  Hydrohia  bringen, 
obwohl  die  ovale  Form  etwas  abweicht  und  die  letzte  Windung 
ungewöhnlich  gross  ist.  Ich  kenne  keine  lebende  Art,  womit  sie 
verglichen  werden  könnte.  Die  beiden  Stücke  Prof.  v.  Koenen's 
zeigeu  keinen  wesentlichen  Unterschied.« 

Hydrohia  Duhuissoni  Bouill.  (=  Litorinella  Draparnaudi 
Sbg.  in  Sandb.,  Conch.  d.  Mainz.  Tert.-B.,  S.  81,  Taf.  16,  fig.  1 
und  Conch.  d.  Vorw.,  S.  331,  Taf.  19,  fig.  25).  Unter  den  ge- 
fundenen Hydrobien  weitaus  die  häufigste  Art,  iu  einer  statt- 
lichen Reihe  von  Varietäten.    Wurde  auch  in  Stadecken  gefunden. 

Hydrohia  ohtusa  Sbg.  (Sandb.,  Conch.  d.  Mainz.  T.-B.,  S.  81, 
Taf.  6,  fig.  8  und  Conch.  d.  Vorw.,  Tuf.  22,  fig.  6).  Nur  wenige 
Exemplare,  die  aber  gut  mit  meinen  Stücken  aus  dem  Cerithien- 
sand  von  Kleiukarben  übereinstimmen. 

Hydrohia  ventrosa  Mont.  sj).  (=  Litorinella  acuta  Drap.  sp. 
in  Sandb.,  Conch.  d.  Mainz.  T.-B.,  S.  82,  Taf.  6,  fig.  9  und 
Conch.  d.  Vorw.,  S.  342,  Taf.  25,  fig.  6).  Seltene  Bruchstücke 
und  nur  wenig  vollständige  Exemplare.  Sie  stimmen  genau  mit 
einer  Form  aus  den  Corbicula-Schichteu  von  Frankfurt  übereiu. 
Ein  Stück  auch  von  Stadecken. 

Hydrohia  sj).  Nur  ein  vollständiges  Exemplar  und  wenige 
Bruchstücke  einer  kleineu,  schlanken,  lauggestreckten  Art  vom 
Habitus  der  Hydr.  Huhuissoni  Bouill.  Die  6^/2  Umgänge  sind 
flacher  und  von  weniger  tiefen  Nähten  getrennt  als  bei  dieser, 
die  Mündung  ist  weniger  als  ^3  so  gross  als  die  Gesammthöhe 
der  Schale.  Eine  ähnliche  Form  habe  ich  in  Schichten  des 
Mainzer  Beckens  noch  nicht  gefunden.  Beim  Vergleich  mit  aller- 
dings schlechten  Exemplaren  der  Hydr.  aquitanica  C.  May.  aus 
dem    ächten    Cyrenenmergel    von    Hackenheim,    die   ich   der  Güte 


—  To- 
des Herrn  Dr.  Wiecbmann  in  Rostock  verdanke  und  die  von 
Prof.  Sandberger  selbst  bestimmt  worden  sind,  ist  unsere  Art 
mit  dieser  nicht  identisch,  sondern  noch  bedeutend  schlanker  als 
die  Hackeuheimer  Stücke  und  besitzt  eine  weniger  aufgeblasene 
Schlusswindung. 

Cerithimn  plicatum  Brug.  wax.  x>apiTlaium  Sbg.  (Sandb.,  Conch. 
d.  Mainz.  Tert.-B.,  S.  98,  Taf.  8,  fig.  6)  und  intermedium  Sbg. 
(ebenda  S.  99,  Taf.  9,  fig.  4).  Beide  Formen  sind  nicht  selten, 
die  letztere  häufiger  als  die  erstere,  aber  meist  zerbrochen  und 
abgerieben.    Die  Varietät  intermedium  fand  ich  auch  bei  Stadecken. 

Cerithium  Lamarchi  Brongn.  sp.  (Sandb.,  Conch.  d.  Mainz. 
Tert.-B.,  S.  100,  Taf.  8,  fig.  5).  Sehr  häufig  in  der  Varietät 
der  Chenopusschichten,  häufiger  noch  als  Cer.  plicafum  inter- 
medium, aber  ebenfalls  oft  zerbrochen  und  verrollt.  Seltener  auch 
bei  Stadecken. 

Scalaria  crassitexta  Sbg.  (Sandb.,  Conch.  d.  Mainz.  Tert.-B., 
S.  118,  Taf.  11,  fig.  2).  Es  wurden  10  mehr  oder  weniger  voll- 
ständige Schalen  dieser  seltenen,  bis  jetzt  nur  aus  den  unteren 
Cyrenenmergeln  vom  Zeilstück  bei  Weinheim  bekannten  Art  ge- 
sammelt. 

Vermetus  imhricatus  Sbg.  (Sandb.,  ebenda  S.  122,  Taf.  12, 
fig.  4).  Nicht  selten  und  vollkommen  mit  den  iu  höheren  und 
tiefereu  Schichten  im  Mainzer  Becken  vorkommenden  Stücken 
übereinstimmend. 

Litorina  obtusangula  Sbg.  (Sandb.,  ebenda  S.  124,  Taf.  12, 
fig.  5).  Nur  ein  einziges,  noch  dazu  kleines,  aber  gut  mit  Stücken 
aus  dem  Meeressand  von  Waldböckelheim  bei  Kreuznach  stimmen- 
des Exemplar. 

Rissoa  Michaudi  Nyst  (Sandb.,  ebenda  S.  128,  Taf.  10,  fig.  12). 
In  einer  grossen  Zahl  uutadelhafter  Stücke  gefunden,  die  eine 
lange  Varietätenreihe  bilden,  und  welche  sich  fast  durchgängig 
durch  geringere  Grösse  von  der  Form  des  Meeressandes  unter- 
scheiden. Ausser  dieser  scheint  keine  zweite  Art,  insbesondere 
nicht  R.  angusticostata  Sbg.  (ebenda  S.  130,  Taf.  20,  fig.  10) 
vorzukommen.  Selten  auch  in  Stadecken;  nach  Grooss  auch  bei 
Schorusheim. 

Captdus  cdtiis  n.  sp.  Nur  ein  gut  erhalteues  Stück,  das  sich 
in  seiner  Form  weit  von  allen  mir  fossil  und  lebend  bekannten 
Arten    dieser   Gattuna;    entfernt   und    an    die    hornige    Schale    von 


—     71     — 

PJectrophorus  Bosc.  erinnert.  Aus  nahezu  kreisförmiger  Grund- 
fläche steigt  ein  hoher  Kegel  auf,  dessen  wenig  abgestumpfte 
Spitze  etwas  nach  links  gerichtet  ist  und  von  oben  gesehen 
gerade  über  dem  Hintevrand  der  Schale  liegt.  Eine  Einrollung 
des  Wirbels  ist  nicht  zu  erkennen ;  undeutliche ,  einfache  Au- 
wachsstreifchen  zieren  die  Schale.  Die  Höhe  entspricht  ungefähr 
der  Länge  der  verhältnissmässig  kleinen  Schnecke.  Der  innere 
Muskeleiudruck  ist  ziemlich  tief,  aber  schmal,  linienförmig. 

TrocJms  rhenamis  Mer.  (Sandb.,  Conch.  d.  Mainz.  Tert.-B., 
S.  148,  Taf.  11,  fig.  7).  Ich  fand  nur  ein  noch  sehr  jugendliches 
Stück,  welches  gut  mit  der  auch  anderwärts  —  am  Zeilstück  bei 
Weinheim  und  bei  Hackeuheim  —  in  Schichten  des  unteren 
Cyrenenmergels  gefundenen  Art  übereinstimmt. 

Naüca  Nysti  d'O.  (ebenda  S.  164,  Taf.  13,  fig.  2  und  3). 
Sehr  häufig,  doch  nur  in  jüngeren  Exemplaren. 

Odontostoma  subiüa  Sbg.  (ebenda  S.  171).  Nur  sechs  zum 
Theil  vollkommen  mit  den  typischen  Stücken  aus  dem  ächten 
Cyrenenmergel  von  Hochheim,  Vilbel  und  OfFenbach  überein- 
stimmende, zum  Theil  etwas  gestrecktere  Exemplare. 

Patella  excentrica  Sbg.  (ebenda  S.  181,  Taf.  13,  fig.  9).  Nur 
ein  wohlerhaltenes  Exemplar,  das  dadurch  besonders  interessant 
ist,  dass  es  die  Färbung  der  Art  unzweideutig  erkennen  lässt, 
nämlich  etwa  24  vom  Wirbel  ausstrahlende,  nach  dem  Saume 
breiter  werdende  braune  Streifen. 

Pafella  ?moguntlna  A.  Br.  (Sandb.,  ebenda  S.  180,  Taf.  13, 
fig.  7).  Nur  ein  grösseres,  dickschaliges  Bruchstück,  das  ich  dieser 
in  guter  Erhaltung  leider  nicht  vergleichbaren  Art  des  Meeres- 
sandes zurechnen  möchte. 

CItenopus  tridactylus  A.  Br.  (Sandb.,  ebenda  S.  190,  Taf.  10, 
fig.  8).  Sehr  seltene  Bruchstücke,  die  nichtsdestoweniger  die 
Art  deutlich  und  unzweifelhaft  erkennen  lassen.  Zwei  Bruchstücke 
auch  von  Stadecken. 

TipJiys  cunicnlosus  Nyst  sj^j.  (Sandb.,  ebenda  S.  204,  Taf.  18, 
fig.  8).  Recht  selten  und  nur  in  Bruchstücken,  vollkommen  mit 
jungen  Exemplaren  aus  den  Chenopusschichten  von  Sulzheim  bei 
Wörrstadt  übereinstimmend. 

TropJion  pereger  Beyr,  sp.  (=  Murex  areolifer  Sandb.  in 
Conch.  d.  Mainz.  T.-B.,  S.  214,  Taf.  18,  fig.  7).  Nur  zwei  Bruch- 
stücke, die  ebenfalls  mit  Stücken    aus    den  genannten  Sulzheimer 


—     72     — 

Chenopusschicliteu  gut  übereinstimmen.  Die  Art  ist  nach  genauer 
Vergleichung  ein  Vertreter  der  Gattung  TropJion  Montf. 

F'usus  elongatus  Nyst  (Sanclb.,  ebenda  S.  219,  Taf.  17,  fig.  5 
und  Taf.  19,  fig.  1).  Nur  ein  Stück,  das  sich  der  Form  des 
Meeressaudes  von  Weinheira  und  Waldböckelheim  anschliesst.  Ein 
zweites  Exemplar  von  Stadecken. 

Fusus  sp.  Seltene  Stücke,  die  mich  an  junge  Exemplare 
von  F.  Mitgaui  v.  Koenen  (Mar.  Mitt.  Oligoc.  N.  D's,  S.  22, 
Taf.  1,  fig.  4)  aus  dem  Mitteloligocän  von  Söllingen  und  Magde- 
burg, auch  an  jP.  KonincJci  Nyst  (Sandb.,  Conch.  d.  Mainz.  T.-B., 
S.  217,  Taf.  17,  fig.  9),  der  mir  aus  dem  Mitteloligocän  von 
Magdeburg  vorliegt,  erinnern,  zu  eingehender  Beschreibung  aber 
zu  fragmentär  sind. 

Buccinum  cassidaria  Bronn  (Sandb.,  ebenda  S.  228,  Taf.  20, 
fig.  1).  Zahlreiche,  meist  aber  junge  Exemplare,  die  sich  durch 
die  scharfe  Ausprägung  der  Querrippen  bereits  dem  Bucc.  uni- 
seriale  Sandb,  (ebenda  S.  227,  Taf.  20,  fig.  2)  in  so  hohem 
(xrade  nähern,  dass  ich  vermuthe,  dieses  sei  der  Stammvater  des 
Bucc.  cassidaria  unserer  Cyreuenmergel.  Wenige  Bruchstücke 
auch  von  Stadecken. 

Btdia  turgidida  Desh.  (Sandb.,  ebenda  S.  269,  Taf.  14,  fig.  13). 
Selten  und  dann  auch  meist  zerbrochen,  so  dass  ich  nur  ein  ganz 
vollständiges  Stück  besitze,  welches  sich  in  nichts  von  Exem- 
plaren ans  dem  Meeressand  von  Waldböckelheim  und  aus  der 
Chenopusschicht  von  Sulzheim  unterscheidet. 

Bulla  Laurenti  Bosq.  (=  conoidea  Desh.  bei  Sandb,,  ebenda 
S.  270,  Taf.  14,  fig.  14).  Nur  ein  Stück  wurde  gefunden,  das  den 
typischen  Exemplaren  aus  dem  Meeressand  von  Waldböckelheim 
vollkommen  gleich  ist. 

?  Teredo  anguinus  Sbg.  (Sandb.,  ebenda  S.  275,  Taf.  21,  fig.  1). 
Es  wurden  nur  wenige,  nicht  einmal  ganz  sichere  Röhrenbruch- 
stücke dieser  in  den  Meeressanden  von  Weinheim  so  häufigen 
Bohrmuschel  gefunden. 

BarapJiolas  suhtripartita  Sbg.  (Sandb.,  ebenda  S.  276,  Taf.  21, 
fig.  2).  Wurde  in  sechs  von  der  typischen  Form  des  Meeres- 
sandes von  Waldböckelheim  nicht  wesentlich  abweichenden  Exem- 
plaren gefunden. 

Saxicava  arctica  L.  var.  Hcrisfafa  Sbg.  (Sandb.,  ebenda  S.  277, 
Taf.  21,  fig.  6  und   von  Koeneu,    Mar.    Mitt.   Oligoc.   N.  D's,  II, 


~     78     - 

S.  120,  u.  a,  =  Saxicava  slovenka  Rolle  von  Prasberg  in  Geol. 
Stellimg  der  Sotzka-Schichteu,  Sitzgsber.  d.  Wien.  Acad.  d.  Wiss., 
Bnd.  30,  No.  13,  1858,  Sep.  Abdr.  S.  24,  Taf.  2,  fig.  3).  Nicbt 
selten  und  von  typischen  Stücken  des  Meeressandes  nicht  zu 
unterscheiden.     Auch   von  Stadecken. 

Panopaea  sp.  Nur  zwei  Schlossstücke.  Es  ist  evident  dieselbe 
Art  mit  massivem  Schloss,  welche  so  häufig  zerbrochen  in  den 
Chenopusschichten  unseres  Beckens  angetroffen  wird,  und  von 
der  ich  immer  noch  nicht  Aveiss,  ob  sie  mit  P.  Heberti  Bosq. 
(Sandb.  ebenda  S.  279,  Taf.  21,  fig.  8)  aus  dem  Meeressand 
identificiert  werden  darf.  Auch  ein  Schlossbruchstück  von  Sta- 
decken. 

Splienia  neaera  u.  sp.  Verwandt  der  Sph.  tenera  Desh. 
(Anim.  sans  vert.,  Bnd.  L,  S.  191,  Taf.  11,  fig.  28—31).  Die 
häufig  und  in  gut  erhaltenen  Exemplaren  vorkommende  Art  ist 
höchst  wechselnd  in  ihrer  Totalform ,  ausgewachsen  aber  ge- 
wöhnlich von  der  Gestalt  einer  Neaere,  mit  kleinem,  sehr  ge- 
rundetem Buckel  und  hinten  klaffend.  Ein  Kiel  ist  mehr  oder 
weniger  deutlich;  die  Auwachsstreifen  sind  sehr  unregelmässig 
und  oftmals  geknickt  und  verbogen.  In  der  linken  Klappe  steht 
ein  breiter,  schiefer,  löffelförmig  ausgehöhlter  Zahn,  der  bei  alten 
Exemplaren  oben  noch  zweimal  gefurcht  ist,  in  der  rechten 
Klappe  findet  sich  ein  schiefgestelltes  kleines  Zähnchen  und  da- 
hinter eine  tiefliegende  geräumige  Grube.  Die  Art  findet  sich 
auch  in  den   Chenopusschichten, 

Sphenia  elongata  u.  sp.  Verhältnissmässig  grosse  —  bis  zoU- 
grosse  —  langgestreckte,  mehr  oder  weniger  stark  gewölbte,  er- 
wachsen in  der  Schaleuform  an  Pholas  erinnernde  Art.  Nicht 
selten,  aber  wegen  der  dünnen  Schale  meist  zerbrochen.  In  der 
Bezahuuug  erinnert  die  Art  an  Sph.  papijracea  Sbg.  (Sandb.* 
Conch.  d.  Mainz.  Tert.-B.,  S.  281,  Taf.  22,  fig.  2)  aus  den 
ächten  Cyreneuschichten  des  Mainzer  Beckens,  aber  der  Flügel- 
zahn der  linken  Klappe  ist  in  der  Ansicht  von  oben  stumpf 
dreieckig,  nicht  viereckig  wie  bei  Sph.  papyracea  Sbg.  Auf  dem 
Zahne  liegen  zwei  tiefe,  radial  vom  Wirbel  ausgehende  Furchen. 
Auch  in  Stadecken  und  bei  Niederwalluf  im  Rheingau  in  den- 
selben Schichten  und  im  ächten  Cyrenenmergel  von  Eisheim. 
Unsere  Art  nähert  sich  schon  sehr  der  Untergattung  Fotamomya 
Hinds  (vcrgl.  H.  k  A.   Aiiams,    Gen.  of  rec.   moll.,   London   1858, 


—     74     — 

Bnd.  2,  S.  357),  die  von  vielen  als  selbständige  Gattung  neben 
Corbula  angesehen  wird. 

Mit  diesen  beiden  Arten  ist  die  Zahl  der  fossilen  Sphenien 
des  Mainzer  Beckens  noch  nicht  erschöpft.  Ich  kenne  noch  zwei 
neue  Formen  aus  den  ächten  Cyrenemnergeln  von  Offeubach  und 
Hochstadt  und  eine  neue  Art  aus  den  Cerithiensanden  von  Klein- 
karben, so  dass  die  Menge  der  in  meiner  Sammlung  beiiudlichen 
Spheuiaformen  des  Mainzer  Beckens  bereits  die  Zahl  von  sechs 
Arten  erreicht  hat. 

CuUellus  sarras  n.  sp.  Nicht  selten,  aber  fast  stets  zer- 
brochen. Die  höchstens  zollgrosse,  langgestreckte,  schwach  ge- 
bogene Schale  ist  durchaus  Solenartig,  aber  im  Innern  zeigt  sich 
die  für  CuUellus  charakteristische,  vom  Wirbel  etwas  schief  nach 
hinten  und  unten  ziehende  scharfe  Leiste.  Die  rechte  Klappe 
hat  neben  dem  langen,  nach  hinten  stärker  werdenden  Seiten- 
zahn einen,  die  linke  zwei  Schlosszähne.  Aussen  ist  die  Schale 
weiss  gefärbt,  glatt  und  glänzend,  und  die  gebogenen  Anwachs- 
streifchen  treten  nur  undeutlich  hervor.  Auch  von  Stadecken. 
Herr  Geheimerath  Prof.  Dunker  in  Marburg  tlieilt  mir  mit,  dass 
er  die  Art  zu  Äulus  (Siliqua)  ziehen  würde ;  die  Zahl  der  Schloss- 
zähne und  der  weit  nach  vorn  liegende  Wirbel  lässt  mich  aber 
vermuthen,  dass  die  Unterbringung  dieser  kleinen  Muschel  bei 
CuUellus  uaturgemässer  sein  dürfte. 

Tellimya  siliqua  n.  sp.  Zwei  vollkommen  erhaltene  Schalen, 
die  rechte  Klappe  von  Eisheim ,  die  linke  von  Stadecken  ;  auch 
aus  der  Chenopusschicht  von  Sulzheini  ein  Bruchstück.  Die  Schale 
ist  oval,  schwach  gekielt,  vorn  vollkommen  gerundet,  hinten 
schief  abgestutzt  mit  verrundeten  Ecken.  Ein  Schlosszahu  und 
dahinter  ein  breiter  lamellärer  Zahn  in  der  rechten  Schalenklappe, 
eme  Grube  und  dahinter  ein  sehr  schwacher  Lamellenzahn  in 
der  linken  Klappe;  die  Seiteuzähne  sehr  schwach  entwickelt; 
die  innere  Rippe  stark  und  dem  Vorderrande  der  Schale  sehr 
nahe  gerückt.  Regelmässige,  zum  Theil  tiefe  Anwachsstreifen. 
Ich  war  lange  im  Zweifel,  welcher  Gattung  unsere  kleine  Muschel 
zuzurechnen  sei ;  nach  der  Beschreibung  bei  H.  und  A.  Adams 
(Gen.  of  rec.  moll.,  London  1858,  Bnd.  2,  S.  478)  scheint  es 
mir  aber  sicher,  dass  dieselbe  der  Gattung  Tellimya  Brown,  die 
von  den  Gebrüdern  Adams  zu  den  Leptoniden,  von  W.  Clark  zu 
den  Anatiniden  gestellt    wird,    zugehört.      Nach   meinen    Stücken 


—     75     — 

zu  urtheileu,  vermuthe  ich  eiue  Verwandtschaft  mit  den  Corbu- 
laceeu. 

Corhulonn/a  triangiäa  Nyst  (Desh.,  Auim.  s.  vert,,  Bnd.  I, 
S.  204,  Taf.  13,  fig.  28—31  und  Sandb.,  Concli.  d.  Mainz.  T.-B., 
S.  282,  Taf.  22,  fig.  3).  Eiue  der  häufigsten  Museheiarten  in 
Eisheim.  Auch  mit  Stücken  der  ächten  G.  crassa  Sbg.  (Sandb. 
ebenda,  S.  282,  Taf.  22,  fig.  7)  aus  dem  Cyrenenmergel  von 
Diedenbergen  stimmt  sie  bis  auf  die  bedeutend  mehr  dreieckige 
Schalenform  gut  überein.  Ich  vermuthe,  dass  C.  crassa  nur 
Mainzer  Localvarietät  der  C.  friangula  aus  dem  französischen  und 
belgischen  Oligocän  ist;  unsere  Formen  von  Eisheim  leiten  einen 
vollkommenen  üebergang  zu  C.  crassa  ein.  Häufig  auch  in 
Stadecken. 

Corhulomya  Nysü  Desh.  (Desh.,  ebenda  S.  205,  Taf.  11&, 
fig.  12 — 15).  Die  häufigste  Muschel  der  Ablagerung  und  fast 
immer  tadellos  erhalten ;  oft  in  Doppelschalen.  Ich  kann  keinen 
Unterschied  zwischen  dieser  und  der  angeführten  Form  aus  den 
Sables  superieurs  von  Jeures  bei  Paris  finden;  C.  nitida  Sbg. 
(Sandb.,  Conch.  d.  Maiuz.  Tert.-B.,  S.  282,  Taf.  22,  fig.  5)  ent- 
fernt sich  durch  Auftreten  eines  Kiels  und  stärker  verlängerte 
Schale  schon  weit  von  dieser  zierlichen  Art.  Auch  ist  bei  der 
Elsheimer  Form  die  Schale  mehr  gerundet,  bauchiger,  der  Wirbel 
fast  in  der  Mitte  und  die  Schale  immer  kleiner.  Auch  aus  den 
gleichen  Schichten  von  Schorusheim,  Niederolm  und  Stadecken. 
Leitpetrefact  für  die  Schleichsande. 

Corhula  subarata  Sndbg.  (Sandb.,  ebenda  S.  285,  Taf.  22, 
fig.  8  und  11).  Sehr  häufig  und  gut  erhalten.  In  nichts  unter- 
schieden von  Exemplaren  aus  den  Chenopusschichteu  von  Sulz- 
heim und  den  Cyrenenschichteu  von  Offenbach.  Häufig  auch 
bei  Stadecken, 

Corhula  longirostris  Desh.  (Sandb.,  ebenda  S.  286,  Taf.  22, 
fig.  10).  Nur  ein  Bruchstück  mit  dem  grösseren  Theil  des  Aus- 
gusses. Nach  der  Form  dieses  Ausgusses  glaube  ich  nicht,  dass 
das  Stück  zu  G.  Henkeliiisiana  Nyst  (Sandb.,  ebenda,  S.  287, 
Taf.  22,  fig.  13)  gehören  dürfte,  die  von  Grooss  (a.  o.  a.  0., 
S.  28)  aus  Schichten  der  Cyreuenmergelgruppe  von  Sauerschwaben- 
heim in  Rheinhessen  angeführt  wird. 

Scintilla  fragilis  n.  sp.  Nur  eine  linke  Klappe  von  Eisheim, 
dagegen  vier  vollkommene  Exemplare    und    mehrere    Bruchstücke 


—     76     - 

aus  der  Cheuopusschicht  von  Sulzheim.  Vod  deu  einzigen  fossil 
bekannten  Scintillaarten  Sc.  parisiensis  und  amhigua  Desh.  aus 
deu  Sables  moyeus  (Desh.  anim.  s.  vert.,  Bnd.  I,  S.  699  u.  f.) 
unterscheidet  sich  unsere  Art  schon  durch  die  hreitovale  Total- 
gestalt. Lebende  Arten  siud  mir  nicht  zur  Disposition.  Die 
breitovale,  etwas  bauchige,  feine  Schale  ist  nahezu  gleichseitig,  in 
der  linken  nach  vorn  neben  einer  Grube,  in  der  sich  in  der  Mitte 
ein  schwacher  Zahn  zeigt,  eine  aus  der  Schalenfläche  heraus- 
tretende, allmählich  au  Länge  abnehmende  Zahnleiste,  in  der 
rechten  ein  Zahn  vor  einer  Grube  und  hinter  einer  ausgehöhlten 
Seitenleiste ,  in  welche  der  Vorderrand  der  linken  Klappe  ein- 
passt.  Die  Schalenoberfläche  ist  mit  zahlreichen,  feinen,  hie  und 
da  stärker  vortretenden  Anwachsstreifchen  geziert. 

Syndosmya  elegans  Desh.  (Sandb.,  Conch.  d.  Mainz.  T.-B., 
S.  292,  Taf.  23,  fig.  3).  Zwei  vollständige  und  mehrere  unvoll- 
ständige Schaleu,  die  vollkommen  mit  den  Zeichnungen  bei  Sand- 
berger  von  Stücken  aus  dem  Meeressand  vou  VVeinheim  überein- 
stimmen.    Auch  von  Stadecken. 

Tellina  Nysti  Desh.  (Sandb.,  ebenda  S.  294,  Taf.  23,  fig.  6). 
Nur  Bruchstücke,  diese  aber  nicht  gerade  selten  und  den  Stücken 
aus  den  Chenopusschichten  von  Hackenheim  zum  Verwechseln 
ähnlich.      Auch  in  Bruchstücken  bei  Stadecken. 

Tellma  faha  Sbg.  (Sandb.,  ebenda  S.  295,  Taf.  23,  fig.  5). 
Seltener  als  T.  Nysti,  aber  häufiger  wohlerhalteu. 

Tellina  Heherti  Desh.  (Sandb.,  ebenda  S.  295,  Taf.  23.  fig.  4). 
Die  seltenste  Form  unter  deu  Tellineu;  nur  ein  vollständiges 
Exemplar  und  zwei  Schlossstücke.  Bis  auf  die  etwas  dichter  ge- 
drängten, fadenförmigen  Anwachsstreifchen  mit  meinem  einzigen 
Exemplar   aus    dem  Meeressand    von  Weinheim    übereinstimmend. 

Cytherea  incrassata  Sow.  S2).  (Sandb.,  ebenda  S.  300,  Taf.  23, 
fig.  11  und  Taf.  24,  fig.  1—3).  Nur  junge  Brut  und  selbst 
diese  verhältnissmässig  selten  und  schlecht  erhalten.  Auch  von 
Stadecken  *). 


*)  Wiechmann  in  Rostock  tbeilt  mir  in  Bezug  auf  diese  Muschel  fol- 
gende Bemerkung  mit:  »Deshayes  hat  in  seinem  letzten  Werke  über  das 
Pariser  Becken  (I,  S.  458,  Taf.  34,  fig.  5  und  6)  eine  kleine  seltene  Cytherea 
aus  den  Sauden  von  Fontainebleau  als  Cyth.  striatissima  Desh.  beschrieben 
und  abgebildet.  Er  erkennt  die  grosse  Aehnlichkeit  dieser  Art  mit  jungen 
Stücken  der  Cyth.  incrassata  Sow .  an,  behauptet  aber,  dass  letztere  nie- 


—     77     - 

Cijtherea  dejjrcssa  Desh.  (Sandb.,  ebenda  S.  305,  Taf.  23, 
fig.  8).  Nur  eiu  sicher  dieser  in  höheren  wie  in  tieferen  Schichten 
des  Mainzer  Beckens  vorkommenden  Art  angehörendes  Stück  wurde 
beobachtet. 

Cythcrca  subarata  Sbg.  (Sandb.,  ebenda  S.  304,  Taf.  23, 
fig.  7).  Sehr  häufig  und  gut  erhalten.  Häufig  auch  in  Sta- 
decken.  Cyili.  splcndida  Mer.,  die  sowohl  im  Meeressande  als  in  den 
Chenopusschichten  vorkommt,  habe  ich  nicht  nachweisen  können. 

Isocardia  suhtransversa  d'O.  (Sandb.,  ebenda  S.  316,  Taf.  25, 
fig.  3).  Es  wurde  nur  ein  gutes  Schlossbruchstück  dieser  ausser 
im  Meeressand  von  Grooss  auch  in  den  Chenopusschichten  von 
Eisheim  und  Nieder-Weinheim,  von  mir  in  denen  von  Schorns- 
heim  und  Hackenheim  beobachteten  Art  in  den  Schleichsanden 
gefunden. 

Carduim  scohimda  Mer.  (Sandb.,  ebenda  S.  321,  Taf.  28, 
fig.  3).  Sehr  häufig  und  meist  sehr  gut  mit  den  Ornamenten 
erhalten.  Ist  das  einzige  vorkommende  Cardium.  Nicht  selten  auch 
in  Stadecken;  wird  von  Grooss  aus  den  Schleichsanden  von 
Schornsheim  angegeben. 

Diplodonfa  fragüis  A.  Br.  (Sandb.,  ebenda  S.  324,  Taf.  26, 
fig.  9).  Häufig  und  trotz  der  Zerbrechlichkeit  der  Schale  wie 
im  Meeressand  von  Weinheim  meist  gut  erhalten.  Auch  von 
Stadecken. 

Lucina  undidata  Lmk.  (Sandb,,  ebenda  S.  326,  Taf.  26, 
fig.  10).  Noch  häufiger  als  die  beiden  vorhergehenden  und  ebenso 
gut  erhalten.     Selten  auch  bei  Stadecken. 

Foronia  rosea  Sbg.  (Sandb.,  ebenda  S.  331,  Taf.  26,  fig.  8). 
Elf  gut  erhaltene  Exemplare,  die  vollkommen  mit  den  Stücken 
aus  den  ächten  Cyreuenschichten  von  Hackenheim  übereinstimmen. 
Auch  von  Stadecken. 

Nucula  piligera  Sbg.  (Sandb.,  ebenda  S.  342,  Taf.  28,  fig.  9). 
Nur  zwei  schlechterhaltene  Exemplare,  die  nichtsdestoweniger  die 
Art  deutlich  erkennen  lassen. 


mals  Streifen  auf  der  Schale  zeigten.  Wohlerhaltene  jugendliche 
Exemplare  der  Cyth.  incrassata  haben  aber  stets  dieselben  Streifen,  wie 
Deshayes  sie  für  seine  Cyth.  striatissima  angibt,  auch  finden  sich  Schalen, 
die  in  der  Form  mit  der  citierten  Figur  übereinstimmen.  Ich  glaube  daher 
die  Cyth.  striatissima  nur  als  Jugendzustand  der  Cyth.  incrassata  betrachten 
zu  müssen.« 


—     78      - 

Pectimculus  ohovatus  Lmk.  (Sandb.,  ebenda  S.  349,  Taf.  30, 
fig.  3).  Häufig,  aber  uur  in  ganz  jungen  Stücken  und  gewöhn- 
lich sehr  abgerieben  und  von  fleischfressenden  Schneckeji  an- 
gebohrt.    Selten  in  Stadecken. 

Area  pretiosa  Desh.  (Sandb.,  ebenda  S.  354,  Taf.  29,  fig.  4). 
Selten,  aber  gut  erhalten.  In  allen  Kennzeichen  einerseits  mit 
der  Form  aus  dem  Meeressand  von  Waldböckelheim,  andrerseits 
mit  der  aus  den  Chenopusschichten  von  Sulzheim  übereinstimmend. 

Modiola  ?  angusta  A.  Br.  Eine  in  der  Totalform  nur  mit 
M.  angusta  (Sandb.,  ebenda  S.  362,  Taf.  30,  fig.  7)  zu  ver- 
gleichende Species,  leider  aber  ohne  Schloss.  Die  Radialsculptur 
ist  sehr  zart,  etwas  wellig,  die  einzelnen  Radien  dichotomieren 
nicht.  Modiola  analoga  Desh.  (Anim.  s.  vert.,  Bnd.  II,  S.  16, 
Taf.  74,  fig.  27  —  30)  aus  den  Sables  superieurs  von  Jeures,  die 
sich  in  neuerer  Zeit  auch  bei  Weinheim  gefunden  hat,  entfernt 
sich  schon  sehr  weit  von  unserer  Art. 

Mytilus  ucutirostris  Sbg,  (Sandb.,  ebenda  S.  360,  Taf.  30, 
fig.  4).  Nur  sechs  schlechte  Bruchstücke,  die  nichtsdestoweniger 
die  Art  hinreichend  erkennen  lassen. 

Avicula  stam^nnensis  Desh.  (Desh.,  Anim.  s.  vert.,  Bnd.  II, 
S.  47,  Taf.  78,  fig.  1-4  und  Sandb.,  a.  a.  0.  S.  366,  Taf.  31, 
fig.  5).  Nur  sieben  mehr  oder  weniger  gut  erhaltene  Bruchstücke 
dieser  in  höheren,  wie  in  tieferen  Schichten  des  Mainzer  Beckens 
beobachteten  Art. 

Pecten  pidus  Goldf.  var.  venosiis  Speyer  (Palaeoutogr.  Bnd.  9, 
S.  315,  Taf.  43,  fig.  1).  Recht  selten,  nur  ein  vollständiges 
Stück  und  ein  Bruchstück,  der  Form  von  Söllingen,  die  Speyer 
beschreibt,  wie  auch  der  zweiten  dortigen  Form  transverselineatus 
Spey.  (ebenda  S.  316,  Taf.  43,  fig.  2)  in  der  höchst  eigenthüm- 
licheu,  äusserst  feinen,  garbeuförmig  nach  unten  sich  ausbreiten- 
den Radialsculptur,  die  sich  erst  unter  der  Lupe  in  ihrer  ganzen 
Zierlichkeit  zeigt ,  ausserordentlich  ähnlich ,  aber  wie  auch  ein 
einzelnes  Exemplar  aus  dem  Meeressande  von  Eckelsbeim  in  Rhein- 
hesseu  nur  mit  ganz  leichter  Andeutung  der  groben  Radialrippen, 
welche  die  Formen  von  Söllingen  auszeichnet.  Von  Koeuen  hat 
zuerst  (Mar.  Mitt.  Oligoc.  N.  D's,  Bnd.  II,  S.  83)  darauf  hin- 
gewiesen, dass  die  beiden  von  Speyer  aufgestellten  Formen  zum 
Pormenkreise  des  Goldfuss'schen  P.pictus  gehören  und  zu  gleicher 


79     — 

Zeit  (a.  a.  0.  S.  84)  auf  die  wahre  Form  der  Ohren  der  liukeu 
Schaleuklappe  aufmerksam  gemacht. 

Ostrea  cyatlmla  Lmk.  (Saiidb.,  Conch.  d,  Mainz.  Tert. -B. 
S.  379,  Taf.  34,  fig.  1  und  Taf.  35,  fig.  2).  Nur  junge,  aber 
ausserordentlich  häufige  Exemplare,  die  in  nichts  von  jüngeren 
Stücken  aus  dem  Meeressaud  zu  unterscheiden  sind.  Auch  von 
Stadeckeu, 

Miliola  (Qiiinqiielociäma)  sp.  Nur  ein  schlecht  erhaltenes 
Exemplar  von  Stadecken. 

Seeigel.  Eine  Platte  mit  Stachelwarze,  wohl  zu  Cypliosoma 
rhenana  Ludwig  (Notizbl.  d.  Ver.  f.  Erdk. ,  Darmstadt  1871, 
No.  112  mit  Taf.)  gehörig,  mit  dessen  Warzentafeln  sie  bis  auf 
die  domförmig  aufgeblasene  Basis,  die  hier  nur  kegelförmig  er- 
scheint, gut  übereinstimmt,  und  zwei  Stachelfragmeute. 

Krebs.     Fünf  Scheerenfragmente   einer  höheren  Krebsform. 

Baianus  sp.  Aeusserlich  fast  glatt,  ziemlich  klein,  selten. 
Ein  Stück  auch  von  Stadecken. 

JBalanus  ?stellaris  Bronn.  Stark  gerippt,  ungemein  häufig. 
Auch  nicht  selten  von  Stadecken. 

Fisch.  Unbestimmbare  Flossenstachelu  und  Wirbel.  Auch 
von  Stadecken. 

Frosch  oder  Salamander.     Mehrere  Kuochenreste. 

Pseudopus  moguntinus  n.  sp.  Hautknochen,  dieselbe  Art, 
welche  sich  auch  häufig  in  den  Laudschneckenkalken  von  Hoch- 
heim findet. 

Div.  Säugethiere.  Wirbelstücke,  Kieferbruchstücke,  Zehen- 
glieder. 

Nager.     Oberer  Schneidezahn   einer  kleineu  Art. 

Insectenfresser.  Unterkiefer  mit  vier  Zähneu  und  mehreren 
Zahnlücken.  Die  Art  gehört  keiner  noch  in  Europa  vorkommen- 
den Gruppe  von  Insectenfressern  au,  doch  kenne  ich  die  Gattung 
in  einer  kleinereu  ähnlichen  Art  aus  dem  Landschneckenkalk  von 
Hochheim,  wo  ausserdem  noch  Erinaceus^  Sorex  und  Vespertilioneu 
auftreten.  Unter  den  schönen  Vorräthen  von  Arten  von  Insecten- 
fressern und  insectivoreu  Beutelthiereu  aus  dem  Hydrobienkalk 
von  Weisenau,  welche  das  Senckenberg'sche  Institut  unserem 
verstorbenen  Hermann  von  Meyer  verdankt,  fand  ich  nichts 
Analoges. 


-     80     - 

Als  zweitunterste  Schicht  der  Cyrenenmergelgruppe  betrachte 
ich  die  Cheuopusschichten  im  Sinue  Weinkauff's,  die  sich, 
wie  Grooss  au  vielen  Stellen  hervorhebt,  noch  in  eine  obere  Form 
» Pernasch ichten  «  zerlegen  lassen,  wie  Weinkauf f  dagegen 
für  den  westlichsten  Theil  des  Beckens  nachgewiesen  hat,  an  einigen 
Stellen  von  seinen  »Papillatenschichten«    überlagert  werden. 

Ich  will  zuerst  getrennt  von  deu  ebeugenannten  oberen 
Schichten,  die  Perna  Sanäbergeri  oder  Cerithium  plicatum  var, 
papülafum  in  grosser  Zahl  enthalten,  die  ächten  Cheuopusschichten 
im  Sinne  Weinkauff's,  soweit  ich  sie  aus  eigner  Anschauung 
kenne,  behandeln  und  die  von  mir  darin  gefundenen  Versteine- 
rungen namhaft  machen. 

Sulzheim. 

Das  Profil,  welches  Grooss  a.  o.  a.  0.  S.  17  vom  Schillberg 
gibt,  ist  in  mehrfacher  Beziehung  nicht  ganz  genau,  da  derselbe 
unter  Anderm  die  bereits  von  Wein  kau  ff  a.  o.  a.  0.  S.  199 
erwähnte  Süsswasserschicht  übersehen  hat. 

Schicht  1.,  uud  2.,  bei  Grooss  konnte  ich  bei  den  mir  zu- 
gänglichen Aufschlüssen  leider  nicht  unterscheiden  und  ich  führe 
deswegen  die  Fossilien  dieser  Schichten,  wie  es  auch  schon  Wein- 
kauff  gethau  hat,  zusammen  als  Reste  der  Chenopusschichten  auf. 

Zwischen  Schicht  3.,  und  4.,  bei  Grooss  lagert  auf  den  ächten 
Cyreueuschichten  eine  Schicht  mit  gut  erhaltenen  Psammobia- 
resteu,  die  grosse  Aualogie  mit  der  vorhin  erwähnten  Bank  mit 
Sphenia  elongata  Böttg.  aus  der  Thongrube  bei  Eisheim  hat. 

Darauf  folgt  der  oberste  Cyrenenmergel  mit  Süsswasserpetre- 
facten  (s.  unten)  uud  erst  dann  höhere  Schichten,  auf  deren  Dis- 
cussion  ich  hier  nicht  eingehen  will. 

Die  von  mir  in  den  untersten  Weinbergen  des  Schillbergs 
bei  Sulzheim  aufgelesenen  und  ausgewaschenen  Versteinerungen 
der  ächten  Chenopusschichten  sind  folgende: 

Nystia  planapicalis  Sbg.    Nur  ein  vollständiges  Exemplar. 

Neniatura  luhricella  Sbg.  Nur  ein  Stück.  Dieselbe  Varietät 
wie  in  den  Schleichsanden  von  Eisheim. 

Nematura  minima  n.  sp.  Bis  jetzt  nur  zwei  Exemplare,  von 
denen  eins  zerdrückt  wurde,  während  das  zweite,  von  Hrn.  Prof. 
von  Fritsch  gefundene  sich  in  der  Sammlung  des  Sencken- 
berg'schen  Instituts  befindet.    Die  oben  sehr  abgestumpfte  Schale 


—     81     — 

ist  kleiner  als  die  kleinsten  Stücke  von  N.  compressiuscula 
A.  Br.  sp.  (=  N.  pnpa  Saudb.  in  Conch.  d.  Mainz.  Tert.-B.,  S.  78, 
Taf.  6,  fig.  6),  kleiner  als  die  Form  aus  den  ächten  Cyrenen- 
schichteu  von  Hochheim.  Die  Schale  besitzt  einen  Umgang  weniger, 
die  Windungen  sind  flacher,  der  letzte  Umgang  ist  mehr  auf- 
geblasen, die  Mündung  aber  so  stark  zusammengezogen  und  die 
Mundränder  so  stark  verdickt,  dass  die  nahezu  zirkelrunde  Oeff- 
nung  der  Mündung  nur  ^3  so  gross  erscheint,  als  bei  den 
kleinsten  Stücken  der  ächten  N.  compressiusctda.  Die  ebenfalls 
bedeutend  grössere  N.  elongata  Ludwig  (Palaeontograph.,  Bnd.  14, 
S.  87,  Taf.  22,  fig.  54)  aus  dem  Cerithiensande  von  Kleinkarben 
hat  mit  unserer  Art  nichts  gemeinsames. 

Hydrobia  ovidum  Phil.    sp.    (s.  oben).     Nur  zwei  Exemplare. 

Hyärohia  sp.    Nur  ein  unbestimmbares  Bruchstück. 

Cerithium  plicatum  Brug.  var.  papillatimi  Sbg.    Nicht  häufig. 

Cerithium  Lamarcki  Brongn,    Häufig. 

Missoa  Michaudi  Nyst  var.  Nicht  selten;  dieselbe  kleine 
Varietät  wie  in  den  Schleichsanden. 

Natica  Nysti  d'O.  Nicht  selten  und  zum  Theil  in  besonders 
grossen  Exemplaren. 

Odontostoma  suhida  Sbg.  var.  Die  Totalgestalt  der  drei  ge- 
fundenen Stücke  ist  etwas  schlanker,  die  Grösse  geringer  als  die 
der  Art  aus  den  ächten  Cyreneuschichten  von  Hochheim  und 
Ofi'enbach  und  deswegen  vielleicht  von  der  typischen  Form  ab- 
zutrennen. 

Cheno2)us  tridactylus  A.  Br.    Selten. 

Tritonium  flandricum  de  Kon.  (Sandb.,  Conch.  d.  Mainzer 
Tert.-B.,  S.  201,  Taf.  18,  fig.  1).  Sehr  selten,  zum  Theil  in  sehr 
grossen  Exemplaren. 

Tiphys  cuniculosus  Nyst.     Ziemlich  selten. 

Trophon  pereger  Beyr.  sp.  (=  Murex  areölifer  Sndb.,  ebenda 
S.  214,  Taf.  18,  fig.  7).     Nicht  selten. 

Buccinum  cassidaria  Bronn.    Häufig. 

Pleurotoma  regidaris  de  Kon.  (=  Fl,  helgica  Goldf.  in  Sandb., 
ebenda  S.  233,  Taf.  15,  fig.   10).    Ziemlich  selten. 

Borsonia  decnssata  Beyr.  (Koenen,  Mar.  Mitt.  Oligoc.  N.  D's, 
S.  97,  Taf.  1,  fig.  11).  Nur  wenige  Exemplare.  Auch  von 
V.  Fritsch  gesammelt  und  in  der  Sammlung  des  Senckenberg'schen 
Instituts  aufgestellt. 

6 


—     82     — 

Sulla  turgidula  Desh.     Nur  ein  gut  erhaltenes  Stück. 

Panopaea  sp.  Dieselbe  Form  wie  in  den  Cheuopusschichten 
von  Schornsheini  (vergl.  oben)  und  in  den  Schleicbsanden  von 
Elsheim,  aber  bis  jetzt  niemals  tadellos  erhalten. 

Sphenia  neaera  Böttg.  (s.  oben  Elsheim)  9  Stücke.  Auch  im 
Schleichsand  von  Elsheim.  Bohrt  in  Schalen  von  Pectunculus 
ohovatiis  Lmk.  und  von  Perna  Sandhergeri  Desh. 

Scinfilla  fragilis  Böttg.  (s.  desgl.).  Vier  gute  Exemplare 
und  einige  Bruchstücke.     Auch  im  Schleichsand  von  Elsheim. 

Gorhulomya  crassa  Sbg.  (Sandb.,  Conch.  d.  Mainz.  Tert.-B., 
S.  282,    Taf.  22,    fig.  7).     Zwei  Exemplare    der   typischen  Form. 

Corhula  suharata  Sbg.  Zwei  vollständige  Stücke.  Auch  von 
V.  Fritsch  gesammelt. 

Tellimya  siliqua  Böttg.  (s.  oben  Elsheim).  Nur  ein  vollkommen 
sicher  bestimmbares  Bruclistück. 

Tellina  Nysti  Desh.     Nur  vier  Bruchstücke. 

Tellina  fdba  Sbg.     Selten  vollständig. 

Cytherea  incrassata  Sow.  var.  limulata  Sbg.  (Sandb.,  Conch. 
d.  Mainz,  Tert.-B.,  S.  300,  Taf.  24,  fig.   1).    Selten. 

Cytherea  subarata  Sbg.     Nicht  selten  gut  erhalten. 

Cytherea  splendida  Mer.  (Sandb.,  ebenda  S.  303,  Taf.  24, 
fig.  4).  Nicht  selten.  C.  depressa  Desh.  scheint  dagegen  in  den 
Cheuopusschichten  von  Sulzheim  nicht  vorzukommen. 

Cardium  scobinula  Mer.    Nicht  selten. 

Nucula  Greppini  Desh.  (Sandb.,  ebenda  S.  341,  Taf.  28, 
fig.  8).  Nur  ein  grosses  Exemplar  in  meiner  Sammlung  und 
mehrere  vou  Hrn.  Prof.  von  Fritsch  gesammelte  Exemplare,  die 
in  der  Sammlung  des  Seuckenberg'schen  Instituts  liegen,  welche 
aber  in  der  Beschaffenheit  ihrer  Schalenoberfläche  sich  auffallend 
der  N.  piligera  Sbg.  nähern. 

Pectunculus  obovatus  Lmk.  Besonders  zahlreich  und  schön 
erhalten. 

Area  pretiosa  Desh.     Nicht  selten. 

Lithodomus  delicattdus  Desh.  sp.  (Sandb.,  Couch,  d.  Mainz. 
Tert.-B.,  S.  364,  Taf.  31,  fig.  8).  Nur  ein  grösseres  Bruchstück 
aus  einem  angebohrten  Pectunculus  obovatus  Lmk.  Bohrlöcher 
von  Lithodomus  in  dieser  Muschel  sind  bei  Sulzheim  sehr  häufig. 

Mytilus  acutirostris  Sbg.  Nur  ein  sicher  bestimmtes  Bruch- 
stück. 


—     83     — 

Ävictda  stampinensis  Desh.  Selten,  auch  von  v.  Fritsch  ge- 
sammelt, 

Perna  Sandbergeri  Desh.  (Saudb.  ebenda  S.  367,  Taf.  31, 
fig.  4).     Häufig. 

Ostrea  cyathida  Lmk.    Selten. 

Baianus  PsteUaris  Broun.  Häufig;  dieselbe  Form  wie  in  den 
Schleichsanden  von  Eisheim  und  Stadecken. 

Im  ächten  Cyreueumergel  von  Sulzheim  fand  ich  an 
derselben  Stelle  iu  den  Weinbergen  des  Schillbergs  ausser  den 
bereits  von  Weinkauff  a.  o.  a.  0.  S.  199  und  Grooss  a.  o.  a.  0. 
S.  28    verzeichneten    Arten : 

31iliola  (Quinquelocidina)  sp.    Häufig. 

Membranipora  dilatata  Rss.  Selten,  auf  CytJierea  incrassata^ow. 

Serpula  sp.  Selten,  auf  Cytherea  incrassata  Sow.  und  Geri- 
thiiim  Lamarcki  Brongn. 

Limneus  fabida  Brougu.     Schlechte  Exemplare. 

Planorbis  cornu  Brongn.  (=  solidus  Tho.  bei  Grooss  a.  a.  0.). 
Nur  junge  Stücke. 

Neniatura  lubricella  A.  Br.  sp.  typ.     Selten. 

Nematura  compressiuscula  A.  Br.  sp.  (=  |;wj;a  Nyst  bei 
Grooss  a.  a.  0.).    Nicht  selten. 

Hydrobia  Dtd)uissoni  Bouill.  (=  Litorinella  Draparnaudi 
Nyst  sp.)    Nur  in  einem  Exemplar  gefunden. 

Amnicola  helicella  A.  Br.  sp.  (=  Litorinella  h.  bei  Sandb., 
Conch.  d.  Mainz.  Tert.-B.,  S.  85,  Taf.  6,  fig.  13).  Häufig.  Die 
Exemplare  sind  etwas  kegelförmiger  und  die  Windungen  schwächer 
gewölbt  als  bei  den  typischen  Stücken  aus  den  ächten  Cyreneu- 
schichten  von  Hackenheira. 

Amnicola  glaberrima  n.  sp.  Die  sehr  kleine ,  sehr  dünn- 
wandige, glänzende,  mit  starkem  Nabelritz  versehene  Schale  steht 
in  der  Totalform  mitten  inne  zwischen  etwas  conischen  Exem- 
plaren von  Amn.  helicella  A.  Br.  sp.  von  Sulzheim  und  Ormoy 
und  jungen  Stücken  von  Hydr.  ventrosa  Mont.  sp.  Das  aus 
4^2  Umgängen  gebildete  Gehäuse  ist  aber  spitzer  und  die  Um- 
gänge sind  gewölbter  als  bei  helicella^  die  letzte  Windung  aber 
ist  stets  niedriger  als  alle  übrigen  zusammengenommen.  Die  An- 
wachsstreifchen  sind  feiner  als  bei  helicella.  Die  Mündung  ist 
von  derselben  Form  wie  bei  dieser,  erscheint  aber  wegen  der 
Dünne    der   Schale   im  Verhältuiss    etwas  grösser.     Diese  seltene, 


—     84     — 

zuerst  von  Dr.  Wiechmann  iu  Rostock  in  einem  vollständigen 
Exemplare  im  ächten  Cyrenenmergel  von  Hackenheim  gefundene 
und  mir  unter  obigem  Namen  freundschaftlichst  mitgetheilte  Art 
wurde  von  Prof.  Frid.  Sandberger ,  dem  Wiechmann  sie  zu- 
schickte, als  neu  erkannt.  Ich  besitze  sie  auch  nur  in  einem 
tadellosen  Stücke    aus    dem   ächten   Cyrenenmergel   von  Sulzheim. 

R.  Ludwig  bildet  iu  Palaeontogr.  Bnd.  14  in  Foss.  Conchyl. 
der  tert.  Süsswasserablagerungen  etc.,  S.  40  keine  ähnliche  Art 
aus  unserem  Becken  ab;  ebenso  wenig  tritt  im  Pariser  Tertiär 
eine  ähnliche  Form  auf. 

Odontostoma  snhula  Sbg.  typ.     Häufig. 

Nach  oben  folgen  dann,  wie  vornhin  bereits  erwähnt,  die 
Mergel  mit  Psammobia.  Diese  Muschel  scheint  hier  sehr  häufig 
und  ist  zum  Theil  prachtvoll  erhalten.     Es  ist 

Fsammöbia  nitens  Desh.  (Desh.,  Anim.  s.  vert.,  Bnd.  I,  S.  380, 
Taf.  21,  fig.  27 — 28),  vollkommen  übereinstimmend  mit  der  so 
äusserst  seltenen  Muschel  aus  den  oberen  Lagen  der  Sande  von 
Fontaiuebleau.  Von  Koenen  sagt  (in  seinem  Mar.  Mitt.  Oligoc. 
N.  D's,  Bnd.  II,  S.  115):  »Zu  Fs.  nifens  Desh.  könnten  auch 
Bruchstücke  gehören,  die  ich  bei  Gronau  nordöstl.  Frankfurt  a.  M. 
gesammelt  habe;  vielleicht  dieselbe  Art  ist  es  auch,  die  Sand- 
berger (a.  o.  a.  0.  S.  296)  von  Hackenheim  aus  derselben 
Schicht  anführt.«  Ich  glaube,  dass  das  Vorkommen  dieser  Art 
im  Cyrenenmergel  jetzt  keinem  Zweifel  mehr  unterliegt. 

Die  darüber  liegenden  obersten  Cyrenenmergel  von  Sulzheim, 
die  aus  röthlicheu,  kalkigen,  losen,  im  Wasser  nicht  zerfallenden 
Mergelschichten  bestehen,  ergaben  mir,  wie  denn  diese  Schichten 
überhaupt  an  Petrefacten  nicht  reich  sind,  nur  folgende  Formen 
von  Süsswasserconchylien : 

Limneus  fabula  Brongn.  (=  acutüahris  Sbg.).     Selten. 

Planorbis  cornu  Brongn.  (=  solidus  Tho.).  Häufiger,  aber 
fast  immer  zerdrückt. 

Pisidium  sp.  Leider  bis  jetzt  nur  in  Bruchstücken;  etwas 
scrösser  als  P.  semimdum  Rss.  aus  den  böhmischen  Landschnecken- 
kalken  und  mit  stärkereu  Seitenzähnen. 

Hackenheim. 

Die  oft  citierte  Wein k auf fsche  Arbeit  hat  die  verworrenen 
Lagerungsverhältnisse  bei  Hackenheim  in  einer  so  befriedigenden 


—     85     — 

Weise  erklärt  und  die  Zahl  der  an  den  verschiedeneu  Fuudstellen 
daselbst  in  den  Cheuopussaudeu,  der  Papillatenschicht,  dem  ächten 
Cyreneumergel  und  den  Süsswasserschichten  über  dem  Cyrenen- 
mergel  vorkommeudeu  Petrefacte  so  vollzählig  aufgeführt,  dass 
ich  nur  Weniges  dazu  zu  bemerken  habe. 

Es  sei  mir  nur  erlaubt,  der  Versteinerungen  kurz  zu  ge- 
denken, die  von  Wein ka uff  entweder  nicht  angegeben  sind, 
oder  nach  neueren  Untersuchungen  andere  Namen  erhalten  haben. 

Zu  den  Hackeuheimer  Chenopusschichten  weiss  ich 
der  Aufzählung  von  Weinkauff  (a.  o.  a.  0.,  S.  201)  an  Petre- 
facten  noch  hinzuzufügen: 

Sulla  sp.    Nur  zwei  unbestimmbare  Bruchstücke. 

Sphenia  sp.    Nur  ein  Bruchstück. 

Corhulomya  arcuata  n.  sp.  Nur  eine  vollständige  rechte 
Schalenklappe,  die  aber  so  auffallend  i)i  der  Form  von  allen  be- 
kannten Arten  von  Corbulomyen  des  Mainzer  Beckens  abweicht, 
dass  sie  wohl  einer  neuen  Art  angehören  dürfte.  Die  dicke, 
langgestreckte,  keilförmige,  ungleichseitige,  vorn  flache,  nach 
hinten  allmälig  aufgeblasene  Schale  hat  hinten  einen  sehr 
scharfen,  in  scharfer 'Krümmung  gebogenen  Kiel.  Die  kleinen 
Buckeln  stehen  hinter  der  Mitte,  vor  dem  concav  eingebogenen 
hinteren  Theil  des  Schlossraudes.  Im  Schlosse  liegt  ein  schmaler 
langer,  sehr  tief  gestellter  Hauptzahn  und  eine  sehr  schmale 
Grube.  Die  Form  der  Schale,  die  starke  Krümmung  des  Kiels 
und  der  concav  ausgehöhlte  hintere  obere  Schlossrand  lassen  die 
Art  von  allen  mir  bekannten  fossilen  Corbulomya-Arten  leicht 
unterscheiden. 

Isocaräia  suhiransversa  d'O.     Selten  vollständig. 

Cardium  planistria  n.  sp.  Nur  drei  Stücke,  von  denen  eines 
sicher  nicht  abgerieben  ist.  In  der  Totalform  dem  in  derselben 
Schicht  vorkommenden  C.  scohinula  Mer.  ähnlich ,  doch  stets 
grösser,  und  die  Zwischenräume  der  Radialkiele  fast  genau  so 
breit  wie  diese  selber.  Die  Radialkiele  selbst  nur  schwach  ver- 
rundet, fast  flach  und  wie  die  Zwischenräume  ohne  andere  Scnlptur 
als  die  höchst  feinen,  kaum  unter  der  Lupe  deutlichen  Anwachs- 
sti'eifchen.  Die  Radialrippen  lassen  sich  auf  der  Innenseite  der 
dünnen  Schale  noch  deutlich  erkennen. 

Unsere  Art  scheint  dem  C.  formosum  Desh.  (Desh.,  Auim.  s. 
vert.,  Bnd.  I,    S.    563,    Taf.  56,   flg.   8  — 11)    aus    dem    Grobkalk 


—     86     — 

des  Pariser  Beckens  unter  den  von  mir  verglichenen  Arten  von 
Cardium  am  nächsten  zu  stehen. 

Leda  gracilis  Desh.  (Sandb.,  Couch,  d.  Mainz.  T.-B.,  S.  345, 
Taf.  28,  fig.  5).  In  mehreren,  mehr  oder  weniger  gut  erhaltenen 
Stücken. 

Ostrea  sp.  Nur  eiue  vollständige,  über  zollgrosse  untere 
Schalenklappe  einer  im  Mainzer  Becken,  wie  es  scheint,  noch 
nicht  beobachteten  dünnschaligen  Auster  mit  fast  gradlinigem 
Schlossraud,  links  und  rechts  mit  flügelartiger  Ausbreitung  des 
Schlossrandes,  breiter  als  hoch.  Muskeleindruck  vertieft,  kreis- 
förmig, durch  Falten  in  drei  undeutliche  Portionen  getheilt,  den 
grössten  Theil  der  Schale  einnehmend.  Ausser  sehr  schwachen 
und  undeutlichen  Anwachsstreifen  lässt  sich  keine  Schalensculptur 
mehr  erkennen. 

Fischwirbel,  zwei  Stücke. 

Lamna  sp.  Ein  sehr  kleiner  dreispitziger  Zahn. 

Auch  in  den  Papillatenschichten  auf  dem  Kirchberg  bei 
Hackeuheim  Hessen  sich  noch  eiuio-e  weuige  Petrefacten  nach- 
weisen,  die  bis  jetzt  in  der  Literatur  noch  nicht  erwähnt  zu  sein 
scheinen.  Es  sind  dies  neben  seltenen  Stücken  von  Hydrohia  Du- 
huissoni  Bouill.  und  ventrosa  Mout.  sp. : 

Auricula  glandina  Böttg.  (s.  oben  Eisheim).  Nur  in  einem 
unvollständigen  Stücke  und 

Spltenia  paptyracea  Sbg.     Ebenfalls  nur  ein  Exemplar. 

Die  petrefactenreichen  ächten  Cyrenenmergel  des  Hacken- 
heimer  Thals  boten  an  neuen  oder  interessanten  Thierresten  ausser 
den  schon  anderwärts  erwähnten  nur  noch: 

Limneus  fabula  Brongn.     Selten. 

Hydrohia  ventrosa  Mont.  sp.    6  Stücke. 

Hydrohia  aquiianica  C.  Mayer  (i.  coli,  polyt.  Helvet.).  Selten. 
Ich  verdanke  die  Keuntniss  dieser  Art  Herrn  Dr.  Wiechmanu  in 
Rostock,  dem  Herr  Prof.  Frid.  Sandberger  in  Würzburg  die  mir 
vorliegenden  Stücke,  die  ich  für  jugendliche  Exemplare  der  in 
derselben  Schicht  vorkommenden  Hydr.  Dtdjuissoni  Bouill.  gehalten 
hätte,  mit  obigem  Namen  bezeichnete. 

Amnicola  glaberrima  Böttg.  (s.  oben  Sulzhe'im).  Nur  ein 
von  Dr.  Wiechmann  gefundenes  tadelloses  Stück. 


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Wallertheim  -  Sulzheim. 


Ära  Wege  von  Wallertheim  uacli  Sulzheim,  der  Letten- 
kauter  Mühle  gegenüber,  au  der  Böschung  der  Strasse  und  in 
den  Weinbergen  darüber  ist  im  vorigen  Jahre  die  Pernaschicht 
gut  aufgeschlossen  gewesen,  ohne  dass  ich  übrigens  über  die 
Lagerung  derselben  uud  ihre  Beziehung  zu  den  ächten  Cyrenen- 
mergeln  ganz  ins  Klare  gekommen  wäre.  Sie  überlagert  dagegen 
evident  die  an  der  Strasse  tiefer  nach  Wallertheim  zu  leider  zu 
dieser  Zeit  schlecht  aufgeschlossenen  Chenopussande.  Interessant 
ist  an  oben  genanntem  Orte  neben  dem  häufigen  Vorkommen 
der  Ferna  Sandbergeri  Desh.  in  grossen  Exemplaren  das  Auftreten 
von  schön  entwickelten,  grossen  Stücken  von  Vermetus  imbri- 
catus  Sbg. 

Sauersch-wabenheim. 

Hier  kenne  ich  genauer  nur  die  obersten  Schichten  der 
Cyreuenmergelgruppe ,  die  von  Wein  kau  ff  zuerst  beobachteten 
Süss  w  asser  sc  liichten.  Sie  stehen,  wie  es  scheint,  in  grosser 
Mächtigkeit  in  den  ersten  Weinbergen  an,  die  sich  links  der 
Strasse  nach  Eisheim,  unmittelbar  hinter  den  letzten  Häusern 
von  Sauerschwabenheim  hinziehen.     Ich  fand  darin: 

Limneus  fabula  Brongn.  (=  acutilabris  Sbg.).  Sehr  sehöu 
erhalten  und  nicht  selten  ganz  vollständig.  Die  Diagnose  bei 
Sandberger  (Conch.  d.  Mainz.  Tert.-B.,  S.  69),  die  für  Exem- 
plare aus  den  Papillateuschichten  vom  Sommerberg  bei  Alzei 
aufgestellt  wurde,  muss  nach  meinen  zahlreichen  Stücken  von 
hier  etwas  verändert  werden.  Meine  Exemplare  stehen  dem 
lebenden  Limneus  palustris  Drap,  ungemein  nahe,  nur  ist  die 
Mündung  im  Vergleich  zur  Schale  etwas  höher,  der  rechte  Mund- 
rand unten  etwas  vorgezogen  und  die  Umgänge  oben  an  der 
Naht  constant  etwas  eingezogen,  so  dass  die  Windungen 
schwach  terrassenförmig  übertreten.  Die  Anwachsstreif cheu  sind 
weniger  schief,  die  Spindel  erscheint  stets  weniger  scharf,  als  sie 
Sandberger  (a.  a.  0.,  Taf.  7,  fig.  7)  zeichnet.  Die  Abbildung 
bei  Sandberger,  die  nach  einem  jungen  Exemplare  gemacht  ist, 
zeigt  diese  Eigenthümlichkeiteu  nur  schwach.  Auf  den  oberen 
Umgängen  tritt  manchmal  eine  ganz  feine  Längsliniierung  auf, 
die  aber  wohl  zu  unterscheiden  ist  von  der  groben  Längssculptur, 
die  sich  bei  unserem  lebenden  L.  palustris  mitunter  findet. 


Planorbis  cordatus  Sbg.  (Sandb.,  ebenda  S.  394,  Taf.  35, 
fig.  21). 

Ancylus  decussatus  Rss.  Diese  kleine,  in  dem  auf  der  rechten 
Seite  etwas  nach  rechts  gewendeten  Wirbel  und  in  der  Schaleu- 
neigung  gut  mit  der  Art  aus  den  böhmischen  Landschneckeu- 
kalken  übereinstimmende  Form  wurde  nur  in  drei  mehr  oder 
weniger  gut  erhalteneu  Exemplaren  gefundeu. 

Crocodilus  ?  sp.  Ein  kleiner,  in  der  Basis  gerundet  ovaler, 
schwach  zweischneidiger,  nach  der  zusammengezogenen  abgerun- 
deten Spitze  hin  gestreifter  Zahn. 


Die  Schichten  folge  der  Cjrenenmergelgruppe  würde  nach 
diesen  Ausführungen  in  Rheinhessen  also  etwa  folgendermaassen 
sich  gestalten : 

ISüsswasserbilduug. 
Psanimobienschicht. 
Aechte  Cyrenenmergel. 
IPernaschicht  (local). 
Papillatenschicht  (loca!). 
Chenopussand. 
Unterer  Cyrenenmergel         Schleichsand. 


H.    Cyrenenmergel  im  uassauischen  Rheiugau. 

Seit  den  classischen  Uutersuchuugeu  Frid.  Sandberger's  ist 
über  die  Cyrenenmergel  dieses  Theils  unseres  Mainzer  Beckens 
nichts  wesentlich  Neues  veröffentlicht  worden.  Ihre  geoguostische 
Aufnahme  und  das  Sammeln  der  daselbst  vorkommenden  Ver- 
steinerungen hat  dagegen  iu  neuerer  Zeit  Laudesgeologe  Dr.  K. 
Koch  in  Wiesbaden  übernommen.  Eine  eingehende  Darlegung 
der  dortigen  Verhältnisse  von  ihm  wird  wohl  nicht  mehr  lange 
auf  sich  warten  lassen.  Nichtsdestoweniger  erlaube  ich  mir  hier 
ein  Paar  Aufzeichnungen  zu  veröffentlichen,  die  ich  bei  eiuem 
gemeinsamen  Gange  mit  meinem  lieben  Freunde  Koch  habe 
notieren  können,  weil  sie  bei  einer  natürlichen  Eintheilung  der 
Cyrenenmergelgruppe  im  Mainzer  Becken  von  nicht  zu  unter- 
schätzender Wichtigkeit  sein  dürften.  Ich  nehme  natürlich  für 
die  folgenden  Bemerkungen  keine  Priorität  für  mich  in  Anspruch. 


—     89     — 

Die  tiefsteu  Tertiärschichten  sind  im  nassauischeu  Rheiugau 
meist  scharfkantige  Sande,  Kiese  und  Couglonierate,  welche  sich 
au  den  Südabhang  des  Taunus  anlehnen,  und  die  ihr  Material, 
wie  es  scheint,  ausschliesslich  den  Gesteinen  des  Taunus  ent- 
nommen haben. 

Hierher  gehören  die  weissen  und  grünlichweissen,  splitterigen 
Sande  der  Kiesgruben  oben  auf  dem  Rohrberg  unter  dem  Rauen- 
thaler  Berg  bei  Eltville,  die  theilweise  in  grobe  Kiese  und  Con- 
glomerate  mit  dicken  weissen  Taunusquarzkuauern  übergehen  und 
oftmals  durch  Eisenoxydhydrat  rothbraun  gefärbt  erscheinen. 

Dass  dieselben  zum  Meeressand  zu  rechnen  sein  werden, 
wie  die  eisenschüssigen  Quarzsande  und  Conglomerate  von  Geisen- 
heim ,  Johannisberg  und  Rüdesheim ,  ist  sehr  wahrscheinlich, 
doch  hat  hier  bis  jetzt  kein  Petrefact  dafür  einen  näheren  An- 
haltspunkt gegeben. 

Dass  ähnliche  Saude  und  Conglomerate  auch  sonst  im 
nassauischen  Rheingau  die  Scliichteu  der  Cyrenenmergelgruppe 
unterteufen,  ergibt  die  Vergleichung  eines  Profils  von  Oestrich, 
das  Sandberger  (Couch,  d.  Mainz.  Tert.-B.,  S.  406)  mittheilt, 
wo  Serizitschiefer  und  Qnarzit  von  grobem,  eisenschüssigem  Con- 
glomerat  von  Quarzit-  und  Schieferbrocken  überlagert  werden,  auf 
das  dann  blaue  und  grüne  Thone  mit  Muscheltrümmern  und  dann 
ächter  Cyreneumergel  folgen. 

Ueberlagert  werden  diese  Sande  auf  dem  Rohrberg  iu  der 
oberen  Sandkaute  von  Thoneu ,  die  in  ihrer  untersten  Lage 
Bruchstücke  von  Ostrea ,  Schalen  von  Gyrena  semistriata  uud 
Cerithium  LamarcM  enthalten;  in  der  unteren  Grube  fanden  wir 
den  Sand  bedeckt  von  einem  Thone,  der  oben  einen  Horizont 
mit  Cyrena  semistriata  und  Cerithium  plicatum  var.  Gakottii 
aufzuweisen  hatte.  Beide  Thon lagen  gehören  also  dem  ächten 
Cyreneumergel  au. 

Unten  im  Thal,  rechts  von  der  Strasse  von  Schierstein  nach 
Niederwalluf  liegen  dagegen  in  zwei  Gruben  aufgeschlossen  Saude, 
die  wohl  sicher  zu  den  Schleichsaudeu  gerechnet  werden  müssen, 
da  sie  iu  den  tieferen  Lagen  vereinzelte  Sandsteiuschollen  ent- 
halten; iu  denen  Sphenia  elongata  Böttg.  (s.  oben  Eisheim)  und 
Buccimim  cassidaria  Bronn  nicht  selten  sind.  Li  noch  tiefereu 
Sandschichten  sollen  sich  nach  Aussage  der  Arbeiter  auch  Knocheu- 
reste  gefunden  haben.     Ueberlagert   Averden    diese    Schichten   von 


—     90     — 

bläulichen  Thonen,  die  wohl  ebenfalls  zum  ächten  Cyreuemnergel 
zu  zählen  sein  dürften. 

Die  ächten  Cyreuenmergel  sind  im  Rheingau  an  zahl- 
reichen Punkten  aufgeschlossen  und  geben  einen  vortrefflichen 
Weinboden.  Von  Stelleu,  die  ich  mit  Herrn  Dr.  Koch  besucht 
habe,  nenne  ich  nur  die  folgenden: 

Weinberg  oberhalb  Eltville.  Es  fanden  sich  an  Ver- 
steinerungen häufig  in  einem  normalen  blaugrauen  Thone: 

Cerithium  plicatum  Brug.  var.   Galeottii  Nyst. 

Cerithium  LamarcJci  Brougu. 

Cerithium  margaritaceum  Brocc.  var.  calcaratum  Grat. 

Cyrena  semistriata  Desh. 

Buccinum  cassidaria  Bronn,  seltner. 

Teilina  Nysti  Desh.,  desgl. 

Weinberge  zwischen  Hattenheim  und  Neuhof, 
sämmtlich  auf  dem  linken  Thalgehänge  im  ächten  Cyreuenmergel 
angelegt.  Näher  Neuhof  fanden  wir  die  sämmtlichen  genannten 
Petrefacte  wieder  mit  Ausnahme  der  Tellina.  Weiter  nach  Hatten- 
heim zu  kommt  hierzu  noch 

Ostrea  callifera  Lmk. 
in    einer   kleinen,    wenig    entwickelten    Varietät,    die    zahlreiche 
Löcher  von  Bohrmuscheln  aufzuweisen  hat. 

Auch  in  den  Weinbergen  zwischen  Hattenheim 
und  Erbach  trafen  wir  Cyreuenmergel  mit  Ostrea  callifera 
Lmk.,  zahlreich  besetzt  mit  einem  Baianus,  Cerithium  ^^Hcatum 
var.  Galeottii  und  margaritaceum  var.  moniliforme  Grat,  und  cal- 
caratum Grat.,  Cyrena  semistriata  und  eiuem  sehr  häufig  vor- 
kommenden Ostrakoden.  Auf  den  Austernschalen  findet  sich  nicht 
selten  die  Memhranipora  dilatata  Reuss. 

Unter  diesen  Schichten  lässt  sich  auf  weite  Erstreckungen  in 
den  Weinbergen  eine  Schicht  mit  Ferna  Sandhergcri  Desh., 
Ostrea  cyathula  Lmk.  und  Cerithium  plicatum  var.  Galeottii  ver- 
folgen, die  sicher  einem  tieferen  Niveau  angehört. 

Aber  auch  die  obersten  Cyreuenmergel,  Weinkaulf's  Süss- 
wasserschichten  Hessen  sich  im  Rheingau  nachweisen.  In  der 
Thongrube  dicht  bei  Hattenheim  in  den  Weinbergen  fand  ich 
nämlich  über  ächten  Cyrenenschichten  mit 

Cyrena  semistriata  Desh. 

Cerithium  plicatum  var.  Galeottii  Nyst  und 


—     91     — 

Cerith'mm  margariiaceum  var.  calcaratuni  Grat, 
sehr  schön  die  kalkigen,  hell  gefärbten  Mergelschichten  von  dem- 
selben Charakter    wie   in  Rhein hesseu ,    erfüllt   mit    Bruchstücken 
und  ganzen  Schalen  von 

Limneus  tabula  Brongn.  und 

PJanorbis  sp. 

Ich  bin  der  festen  Ueberzeugung,  dass  bei  genauer  Durch- 
forschung des  Rheingaues  noch  zahlreiche  Punkte  für  diese  oberen 
Süsswasserschichten  aufgefunden  werden. 

Nach  diesen  Andeutungen,  die  Hr.  Dr.  Koch  jedenfalls  noch 
bedeutend  vervollständigen  wird,  scheinen  die  ächten  Chenopus- 
schichten  im  nassauischen  Rheingau  ganz  zu  fehlen,  beziehungs- 
weise durch  eine  Schicht  blauer  und  grüner  Thone  (vergl.  Profil 
von  Oestrich  in  Sandb.,  Couch,  d.  Mainz.  T.-Beck.,  S.  406),  die 
aber  bis  jetzt  keinerlei  Versteinerungen  ergeben  haben,  ersetzt  zu  sein. 


Es  Hesse  sich  für  das  Rheiugau  also  folgende  Reihen- 
folge der  einzelnen  Schichten  der  Cyrenenmergelgruppe  von 
oben  nach  uuten  aufstellen: 

Oberer  Cyrenenmergel 


\ 


Süsswasserbildung. 

Aechte  Cyrenenmergel. 
Pernaschicht, 


Mittlerer  Cyrenenmergel 

I    ?  Blaue  und  grüne  Thone. 
Unterer  Cyrenenmergel  Schleichsand. 


III.    Cyrenenmergel  der  Maingegend. 

An  die  Cyrenenmergel  des  Rheingaues  schliesseu  sich  innig 
die  derselben  Epoche  angehörenden  Bildungen  östlich  von  Wies- 
baden bei  Igstadt  und  Medenbach  und  die  Hochheimer  und  Die- 
deuberger  Mergelbildungen  au  und  in  der  Frankfurter  Gegend 
finden  sich  weiter  noch  zahlreiche  Fundpunkte  für  die  gleichen 
Schichten,  deren  Versteinerungen  ich  bereits  in  meinem  »Beitrag 
zur  pal.  u.  geol.  Kenntuiss  d.  Tert.-Form.  in  Hessen,  OfFenbach 
1869,  S.  19  u.  f.«  zum  grössten  Theile  aufgezählt  habe. 

Auf  die  in  der  Wiesbadener  Gegend  am  Taunusraude  an- 
stehenden älteren  Schiefer  und    ebenso   auf  das  Rothliegende  von 


—     92     — 

Vilbel  lagert  sich  in  meist  geringer  Mächtigkeit  der  Meeressand, 
bei  Vilbel  an  einer  Stelle  am  Niederberg  blos  mit  Haifischzähnen, 
an  einer  anderen  Stelle  als  Meereskalk  mit  zahlreichen  charak- 
teristischen Petrefacten  des  Alzeier  Meeressandes,  beide  Bildungen 
auch  deswegen  vollkommen  sicher  als  Aequivaleute  des  Meeres- 
saudes  zu  erkennen,  weil  Rupelthon  mit  seinen  Leitversteinerungen 
an  beiden  Stellen  darüberliegt. 

Dicht  beim  Orte  Medenbach  bestehen  die  Meeressande  aus 
Geröllschichteu,  die  ihr  Gesteinsmaterial,  wie  im  Rheingau,  den 
Schiefern  und  Qnarziten  des  Taunus  entnommen  haben.  In  ihnen 
fand  ich: 

Ostrea  callifera  Lmk.,  sehr  gross,  häufig. 

Ferna  Sandher geri  Desh.,  selten, 

Salanus  sj)-,  s^ehr  häufig, 

Lamna  s/;.,  selten. 

Rupelthone,  die  an  einzelnen  Punkten  diese  untersten  Tertiär- 
schichten überlagern,  sind  in  der  ganzen  Gegend  verbreitet,  wer- 
den meist  aber  nur  bei  Tiefgrabuugen  aufgedeckt. 

Schwieriger  sind  die  Zwischenglieder  zwischen  Rupelthon 
und  ächten  Cyreuenmergel  zu  erkennen.  Schleichsande  und  über- 
haupt sandige  Schichten  dieser  Etage  fehlen  der  östlichen  Aus- 
breitung des  Beckens  bis  jetzt,  wenn  nicht,  wie  ich  vermuthe, 
die  schollenförmig  auftretenden  blätterführenden  Sandsteine  aus 
der  Stadt  Ofifeubach  (Böttg.  Beitrag,  a.  a.  0.,  S.  25)  und  die 
glimmerreichen  Blättersandsteine  von  Seckbach  und  Eukheim 
(vergl.  Text  z,  geolog.  Specialkarte  d.  Grossherzogthums  Hessen, 
Sect.  Offeubach  von  G.  Theobald  und  R.  Ludwig,  Darmstadt 
1858,  S.  29)  hierher  gehören;  an  ihre  Stelle  treten  meist  petre- 
factenfreie  Thone,  die,  wie  bei  Wicker  in  der  Nähe  von  Hoch- 
heim, glimmerig  werden  können  und  dann  hie  und  da  Spuren 
von  Pflanzenresten  führen. 

Aequivaleute,  wenigstens  der  Papillatenschichten,  wahrschein- 
lich auch  der  Ohenopussande,  sind  aber  sicherlich  vorhanden. 
Ihre  grosse  Armuth  an  organischen  Resten  und  der  Umstand,  dass 
sie  in  diesem  Theile  des  Beckens  fast  stets  erst  bei  Tiefgrabungen 
erreicht  werden,  setzen  der  genaueren  Kenntuiss  dieser  Schichten 
grosse  Hindernisse  in  den  Weg. 

Zudem  muss  ich  frei  bekennen,  dass  ich  die  Petrefacte  an 
der   »kalten  Kling'«,  der  alten  Wasserleitung  bei  Offeubach,  weiter 


—     98     — 

die  Versteinerungen  des  ehemaligen  Braunkolilenwerks  von  Hoch- 
heim und  die  der  Cyrenenmergel  von  Gronau  erst  habe  sammeln 
können,  nachdem  die  betreffenden  Grabungen  bereits  eingestellt, 
resp.  die  Schächte  vermauert  waren,  und  dass  daher  z.  B.  in 
keiner  Weise  erwiesen  ist,  ob  die  bei  Offenbach  gefundenen 
seltenen  Schalen  von  Chenojyus  tridactylus  ^  Tiphys  cwiiculosus, 
Corhula  suharata  und  Cytherea  suharata  mit  Cerithium  plicatum 
var.  Galeottii  und  Cyrena  semisfriata  zusammen  in  ein  und  der- 
selben Schicht  gelegen  haben. 

Ebenso  möchte  das  Auftreten  des  Cerithium  plicatum  var. 
papittatmn  in  den  Mergeln  von  Gronau  und  Hochheim  andeuten, 
dass  hier  noch  petrefactenarme  tiefere  Schichten  als  der  ächte 
Cyrenenmergel  lagern,  die  nur  deswegen  noch  nicht  genauer  be- 
kannt sind,  weil  sich  Niemand  die  Mühe  nahm,  die  Lagerungs- 
verhältnisse  an  Ort  und  Stelle  genauer  zu  studieren. 

Im  Augenblick  fehlt  jede  Tiefanlage  im  Cyrenenmergel  unserer 
Gegend,  und  es  ist  also  das  Auftreten  wenigstens  der  Chenopus- 
schichteu  in  diesem  Theil  des  Beckens  vorläufig  noch  eine  nicht 
ganz  ausgemachte  Thatsache.  Die  Wahrscheinlichkeit  des  Vor- 
kommens ist  aber  nach  dem  Funde  von  Chenopiis  bei  Offenbach 
keine  ganz  geringe.  Ich  erlaube  mir  von  den  neuereu  Funden 
in  diesen  oder  ihnen  nahestehenden  Schichten  hier  ein  Paar  Mit- 
theiluugen  zu  machen. 

In  Wickerer  Gemarkung  fand  sich  unter  dem  Bornpfad 
nach  dem  Dorf  Massenheim  zu  in  einem  sandigen  Letten,  wohl 
10  Fuss  tief,  ein  vereinzelter  Pectunculus  ohovatus  Lmk.,  den  ich 
in  meiner  Sammlung   bewahre. 

Im  Orte  Dieden bergen  wurde  ein  Brunnen  gegraben.  Der 
zähe,  etwas  hell  gefärbte  Mergel  enthielt: 

Corhulomya  crassa  Sbg.,  in  schönen  Exemplaren. 

Cytherea  suharata  Sbg.,  in  Bruchstücken  mit  erhaltenem 
Schloss  und 

Cytherea  incrassata  Sow.  nur  in  Bruchstücken. 

Beide  Vorkommnisse  und  besonders  das  letztere  mit  zwei 
typischen  Muscheln  der  Papillatenschicht  sprechen  für  tiefere 
Horizonte  als  die  ächten  Cyrenenmergel. 

Die  typischen  Cyrenenmergel  fand  übrigens  Herr  Professor 
von  F ritsch  auch  südlich  des  Dorfes  Igstadt,  dicht  am  Ort,  au 
der  Strasse  nach  Bierstadt,  rechts  am  Rain  anstehend,  wo 


—     94     — 

Cerithium  plicatum  ßrug.  var.  Galeottii  Nyst. 

Cerithium  Lamarcli  Brougu. 

Cyrena  seniistriata  Desh. 

Buccinum  cassidaria  Brouu  und 

Cytherea  incrassata  Sow. 
in  schöner  Erhaltung  anzutreffen  sind. 

Eine  Excursion  von  Mitghedern  der  deutschen  geologischen 
Gesellschaft,  welche  im  Herbst  1873  von  Wiesbaden  aus  an  den 
Rand  des  Taunus  ausgeführt  wurde,  machte  auch  das  Vorkommen 
von  ächten  Cyreueu mergeln  bei  Medenbach  wahrscheinlich,  wo 
nicht  weit  vom  Orte,  am  Weg  nach  Laugeuhain  rechts,  an- 
scheinend anstehend,  Stücke  von 

Cyrena  seniistriata  Desh.  und 

Cerithium  Lamarcki  Brongn. 
in  einem  blaugraueu   Mergel  beobachtet  werden  konnten. 

Die  Süss  Wasserschicht,  welche  in  Rheinhessen  wie  im  Rhein- 
gau die  ächten  Cyrenenmergel  bedeckt,  ist  in  dem  östlichen  Theil 
des  Mainzer  Beckens  bis  jetzt  noch  nicht  nachgewiesen  worden. 
Kohlige  Straten  mit  Süsswasserversteineruugen  sind  zwar  auch 
von  Hochheim,  Offeubach,  Vilbel  und  von  anderen  Fundorten 
dieser  Gegend  bekaunt,  es  ist  aber  vorläufig  noch  nicht  con- 
statiert ,  ob  dieselben  stets  die  Bänke  mit  Cyrena  seniistriata 
überlagern. 

Ich  erlaube  mir  zum  Schluss  noch  eine  Reihe  von  Petre- 
facten  aus  diesem  Theile  des  Beckens  aufzuführen,  deren  Vor- 
kommen in  deu  Schichten  des  ächteu  Cyrenenuiergels  ich  be- 
zweifle, trotzdem  dass  ich  theilweise  selbst  Veranlassung  war,  sie 
diesem  Horizont  zuzuweisen.  Dieselben  sind  sämmtlich  auf  der 
Halde  gesammelt  worden.      Es  sind: 

Cerithium  plicatum  Brug.  var.  pa2nllatum  Sbg.  Hochheim, 
Gronau. 

Chenopus  tridactylus  A.  Br.    Offeubach. 

Tiphys  cunicnlosus  Nyst  sp.    Offenbach. 

Corhiäomya  crassa  Sbg.    Diedenbergen. 

Corhulomya  nitida  Sbg.    Hochheim. 

Corhula  longirostris  Desh.    Hochheim. 

Corbula  subarata  Sbg.    Offenbach,  Hochheim. 

Cytherea  subarata  Sbg.    Offenbach,  Diedenbergen. 

Fectuncidus  obovatus  Lmk.  Wicker,  Hochheim. 


95 


Die  muthmaassliche  Scliichtenfolge  der  Cy  reuen  mergel- 
reihe in  diesem  nordöstlichen  Theile  des  Mainzer  Beckens 
möchte  demnach  sein : 


Oberer  Cjrenenmergel 


A  echte  CyrenenmergeL 


Mittlerer  Cyreuenmergel    (    Papillatenschicht. 

f    ?  Chenopusschicht. 
Unterer  Cyrenenmergel  ?  Blättersandstein. 


Ich  lasse  nun  unter  Benutzung  der  Weiukauff'scheu  und 
an  einzelnen  Stellen  auch  der  Grooss'schen  Angaben  die  Petre- 
facteureiheu  der  einzelnen  unterschiedenen  Glieder  der  Cyrenen- 
mergelgruppe  folgen,  wobei  ich  jedoch  bemerken  will,  dass  ich 
nur  der  ganz  sicher  erkannten  Arten  Erwähnung  thuu  will. 


Fauna  des  Schleichsandes. 


Name  der  Versteinerungen. 

8 
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Patula  afF.  paludinaeform.Ä 
»       multicostata  Tho. 

Archaeozonites  8ubverticill. 

Fruticicola  sp 

Helix  Sandbergeri  Desh. 
»       rugulosa  Mart.     . 

Glandina  sp 

.B 

Sb 

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4- 
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4- 
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Cionella  macrostoma  m. 
Ompbaloptyx  supracostata 

Torquilla  sp 

Pupa  lamellidens  Sbg.    . 
Clausilia  neniaeformis  m. 
»           flexidens  m.    . 

Succinea  n.  sp 

Alexia  mucronata  m.     . 
Auricula  glandina  m.     . 
Limneus  fabula  Brongn. 
Planorbis  cornu  Brongn. 
Planorbis  cordatus  Sbg. 

m 

+ 
+ 

96     — 


Name  der  Versteinerungen. 


Nystia  planapicalis  Sbg. 
Nematura  lubricella  A.  Br.  sp 

»     compressiusculaA.Br.sp 
Hydrobia  Ovulum  Phil.  sp. 

»  Dubuissoni  Bouill, 

»  obtiisa  Sbg.  .    .    . 

»  ventrosa  Moni,  sp 


sp. 


Cerithium  plicatum  Brug 
»  Lamarcki    Brongu 

Scalaria  crassitexta  Sbg. 

Vermetus  imbricatiis  Sbg. 

Lacuna  obtiisa  m.     ... 

Litoriua  obtusangula  Sbg 

Rissoa  Michaudi  Nyst. 

Capulus  altus  m.  .    .    , 

Trochus  rhenanus  Mer 

Natica  Nysti  d'O.     .    , 

Odontostoma  subula  Sbg 

Patella  excentrica  Sbg. 

Chenopus  tridactylus  A.  Br. 

Tiphys  cuniculosus  Nyst  sp. 

Trophon  pereger  Beyr.  sp. 

Fusus  elongatus  Nyst  .    .    . 

Buccinum  cassidaria  Bronn. 

Bulla  turgidula  Desh.  .    .    . 
»      Laurenti  Bosq.   ,    .    . 

Parapholas  subtripartita   Sbg 

Saxicava  arctica  L.  var. 

Panopaea  sp 

Sphenia  neaera  m.    .    . 
»         elongata  m.    . 

Cultellus  sarras  m.  .    . 

Tellimya  siliqua  m.     . 

Corbulomya  triaugula  Nyst 
»  Nysti  Desh. 

Corbula  subarata  Sbg.     .    . 
»         longirostris  Desh. . 

Scintilla  fragilis  m 

Syndosmya  elegans  Desh.   . 


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97     — 


Name  der  Versteinerung-en. 


Sä 


Teilina  Nyst.i   Desh.     . 

»       faba  Sdb.  .    .    . 

»     Heberti  Desh.     . 
Cytherea  incrassata  Sw. 

»  depressa  Desh. 

»  subarata  Sdb. 

Isocardia  subtransvei'sa  d'O 
Cardium  scobinula  Mer.  . 
Diplodonta  t'ragilis  A.  Br. 
Lucina  undulata  Lmk.     . 
Poronia  rosea  Sbg.   ... 
Nucula  piligera  Sbg.    .    . 
Pectunculus  obovatus  Lmk 
Area  pretiosa  Desh.  .    .    . 
Mytilus  acutirostris  Sbg. 
Avicula  stampinensis  Desh 
Pecten  pictus  Goldf.     .    . 
Ostrea  cyathula  Lmk.  .    . 
Balarus  ?stellaris  Bronn 
Pseudopus  moguntinus  m. 


—    + 

+ 


+ 


—    -+ 


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4-     + 

+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


Von  den  aufgeführten  79  sicher  erkennbaren  Arten  haben  die 


Schleichsande  also 

13   Arten  =  16,5  '^jo  eigenthümlich, 

=  41,8  »    mit  dem  Meeressaud, 

=  6,3  » 

=  5,1  » 

=  49,4  » 

=  35,4  » 

=  31,6  » 

=  3,8  » 

=  15,2  » 


33 
5 
4 

39 

28 

25 

3 

12 


11 
35 

28 
12 


»     Rupelthon, 
»     grünen  Thou, 
»     Chenopussand, 
der  Papillatenschicht, 
dem  Cyrenenmergel, 
den   Süsswasserschichten   und 
»     Landschnecken-  und  Ceri- 
thienkalken, 
ausserdem 
=   13,9  »   mit  dem  ünteroligocän  anderwärts, 
=  44,3  »      »       »      Mitteloligocän  »  , 

=  35,4  »     »       »      Oberoligocän  »         und 

=  15,2  »      »       »      Miocän  y>  gemein. 

7 


—     98     — 

Wir  erkennen  hieraus  neben  einer  verhältnissmässig  grossen 
Zahl  eigenthümlicher  Arten  den  nahen  Zusammenhang  unserer 
Schleichsande  mit  den  Meeressanden  einer-  und  den  Chenopus- 
schichten  andrerseits.  Wir  haben  es  mit  einer  Uebergangsfauna 
zu  thun,  was  auch  durch  die  Lageruugsverhältnisse,  wie  wir  ge- 
sehen haben,  bestätigt  wird.  Auch  die  Aehnlichkeit  mit  den 
Papillatenschichten  und  dem  ächten  Cyreneumergel  ist  schon  sehr 
in  die  Augen  springend,  und  die  innigen  Beziehungen  sämmt- 
licher  von  mir  zur  Cyrenenmergelgruppe  gestellten  Schichten 
überhaupt  aufs  Deutlichste  ersichtlich. 

Ebenso  evident  ist  die  Mittelstellung  zwischen  Mittel-  und 
Oberoligocän,  wenn  wir  die  zweite  Tabelle  vergleichen;  doch  ist 
eine  Annäherung  an  das  Mitteloligocän,  besonders  wenn  wir  die 
rein  meerischen  Formen  näher  ins  Auge  fassen,  schon  der  Procent- 
zahl nach  zu  bemerken. 


Fauna  des 

Chenopussandes. 

Name  der  Versteinerungen. 

■n 

a 

U 

o 

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s 

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o 
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O 

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o 

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Nystia  planapicalis  Sbg.    .    . 

— 

— 

— 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Nematura  lubricella  A.  Br.  sp. 

— 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

- 

— 

— 

— 

»          minima  m 

— 

— 

— 

— 



— 



— 

— 

— 



— 

Hydrobia  Ovulum  Phil.  sp.     . 

+ 

— 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

4- 

4- 

— 

Cerith.  plicat.  papillatum  Sbg. 

— 

— 

— 

+ 

+ 

? 

— 

— 

— 

+ 

— 

— 

»        Lamarcki  Brongn.   .    . 

— 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

— 

+- 

— 

4- 

4- 

+• 

Vermetus  imbricatus  Sbg. 

+ 

— 

— 

-r 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Lacuna  obtusa  m.     .    .    . 

+ 



— 

+ 
+ 

+ 

+ 

I 

— 

-h 

4- 

+ 



Rissoa  Michaudi  Nyst .    . 

— 

Trochus  rhenanus  Mer.    . 

+ 

— 

— 

+ 

+ 

— 

— 

— 

4 

4- 

— 

>         sexangularis  Sbg. 

f  + 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

~ 

— 

— 

— 

Natica  Nysti  d'O.     .    .    . 

i  + 

1  + 

4- 

+ 

+ 
+ 

+ 

4- 

I 

I 

+ 

+ 

+ 

__ 

Odontostoma  subula  Sbg. 

— 

Chenopus  tridactylus  A.  Br.  . 

— 

— 

+ 

— 

? 

— 

— 

— 

4- 

— 

— 

Cassidaria  nodosa  Sol.     .    .    . 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

— 

Tritonium  flandricum  de  Kon. 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

+ 

4- 

4- 

— 

Tiphys  cuniculosus  Nyst  sp.  . 

+ 

— 

_ 

+ 

-f 

? 

— 

— 

+      + 

+ 

— 

Trophon  pereger  Beyr.  sp.     . 

+ 

— 

— 

+ 

+ 

— 

— 

— 

+ 

+ 

4- 

— 

Fusus  elongatus  Nyst  .... 

+ 

+ 

— 

+ 

— 

— 

— 

— 

+ 

+ 

4- 

— 

>       elegantulus  Phil.  .    .    . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

+ 

+ 

— 

Buccinum  cassidaria  Bronn 

— 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

— 

4- 

— 

— 

—     99 


Name  der  Versteinerungen. 


■3     ^ 


•9 
C 
et 

,*^ 

S 

Pleurotoma  regularis  de  Kon. 
Borsonia  decussata  Beyr.     .    . 

Bulla  turgidula  Desh 

Gastrochaena  Rauliniana  Desh. 

Panopaea  sp 

Sphenia  neaera  m 

Tellimya  siliqua  m 

Corbulomya  crassa  Sbg.  .    .    . 

»  arcuata  m.    .    .    . 

Corbula  subarata  Sbg.     .    .    . 

»         Henkeliusiana  Nyst . 

Scintilla  fragilis  m 

Tellina  Nysti  Desh 

»         faba  Sbg 

Cytherea  incrassata  Sow.    .    . 

»  splendida  Mar.     .    . 

>  subarata  Sbg.  .  .  . 
Cyprina  rotundata  A.  Br.  .  . 
Isocardia  subtransversa  d'O.  . 
Cardium  ciugiilatum  Goldf.     . 

»  scobinula  Mer. 

>  planistria  m. 
Lncina  undulata  Lmk. 

>  annulifera  Sbg. 
Crassatella  Bronni  Mer. 
Nucula  Greppini  Desh. 

»       piJigera  Sbg.    . 

»  peregrina  Desh. 
Leda  gracilis  Desh.  .  . 
Pectunculus  obovatus  Lmk.    . 

Area  pretiosa  Desh 

Mytilus  acutirostris  Sbg.  .  . 
Lithodomus  delicatulus  Desh. 
Avicula  stampinensis  Desh.  . 
Perna  Sandbergeri  Desh.  .  . 
Ostrea  gigautea  Sol 

»      cyathula  Lmk 

Pecten  inaequalis  Sbg.    .    .    . 

>  pictus  Goldf.  .  .  .  . 
Baianus  ?stellari9  Bronn  .  . 
Lamna  sp 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


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+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


+ 


^- 


+ 


+  + 

-f  4 


+  4- 
?     ? 


4- 


4- 
4- 


38 

» 

=  61,3  » 

11 

» 

=  17,7  » 

8 

» 

=  12,9  » 

37 

» 

=  59,7  » 

25 

» 

=  40,3  » 

15 

» 

=  24,2  » 

0 

» 

=        0  » 

3 

» 

=     4,8  » 

—     100     — 

Nach  den  ebengenannten   62  nachgewiesenen  Formen    haben 
die  Chenopusschichteu  also 

4  Arten  =     6,5  °/o  eigenthümlich, 

it  dem  Meeressand, 
»      Rüpel  thon, 
»     grünen  Thon, 
»     Schleichsand, 
der  Papillatenschicht, 
dem  Cyrenenmergel, 
der  Süsswasserschicht  und 
dem  Landsch necken-  und  Ceri- 
thienkalk  gemeinsam. 
Ausserdem  kommen  vor 

15   Arten  =  24,2  °/o  im  Unteroligocän  anderwärts, 
39        »       =  62,9  »      »    Mitteloligocän  » 

30       »       =  48,4  »      »     Oberoligocän  »  und 

4       »        ^     6,5  »      »    Miocäu  »   . 

Nach  dieser  Zusammenstellung  würden  die  Chenopusschichteu 
sogar  noch  eine  etwas  grössere  Uebereinstimmung  mit  dem  Meeres- 
sande zeigen,  als  mit  den  unmittelbar  darunter  liegenden  Schleich- 
sanden.  Wenn  wir  aber  bedenken,  dass  diese  letzteren  eine  grosse 
Zahl  von  Land  -  und  Süsswasserschnecken  enthalten ,  die  der 
Schicht  einen  mehr  litoralen,  ja  brackischen  Charakter  aufdrücken, 
Arten  des  stark  gesalzenen  Wassers  —  wie  sie  den  Chenopus- 
schichteu eigen  sind  —  also  uur  unter  Schwierigkeiten  an  Ort 
und  Stelle  gelebt  haben  oder  eingespült  werden  konnten,  so  ist 
die  scheinbare  Abnormität  nicht  so  auffallend. 

Vergleichen  wir  unser  Resultat  mit  dem  Weinkaulfschen, 
so  springt  in  die  Augen,  dass  sich  der  Procentsatz  für  eigen- 
thümliche  Arten  von  2,5  auf  6,5  etwas  erhöht,  der  Procentsatz 
für  den  Meeressand  von  62,5  auf  61,3,  für  die  Papillatenschicht 
von  42,5  auf  40,3  erniedrigt  hat,  während  das  Procentverhältniss 
für  den  ächten  Cyrenenmergel  von   17,5  auf  24,2  gerückt  ist. 

Dass  wir  es  hier,  wenn  wir  die  allgemein  angenommenen 
Gränzen  der  Einzelabtheiluugen  der  Oligocäugruppe  festhalten, 
mit  einer  entschieden  mitteloligocänen  Bildung  zu  thun  haben, 
geht  aus  meinen  Zahlen  noch  deutlicher  hervor,  als  aus  den  bei 
Weinkauff   (a.  o.  a.  0.,   S.  202)    mitgetheilten.     Naturgemäss  ist 


101 


also  auch   der    unter  der  Ghenopusschicht   lagernde   Schleiehsand 
dem  Mitteloligocän  einzufügen. 

Ich  bemerke  zum  Schhiss,  dass  ich  die  von  A.  Braun  am 
Zeilstück  bei  Weinheim  gefundenen  Arten  hier  nicht  mit  ein- 
gerechnet habe,  da  ihre  Zugehörigkeit  ob  zu  den  Chenopus- 
schichten  oder  zu  den  Schleichsanden  noch  nicht  mit  Sicherheit 
festgestellt  werden  konnte. 

Der  Fauna  der  Papillatenschicht  sowie  der  des  ächten  Cyrenen- 
mergels  habe  ich  so  wenig  Neues  hinzufügen  können,  dass  die 
Proeentsätze  nur  unwesentlich  von  dem  durch  Weinkaufi"  erhaltenen 
Resultat  abweichen  würden.  Ich  erlaube  mir  daher  nur  noch  die 
Petrefacten  der  über  dem  ächten  Cyrenenmergel  lagernden  Süss- 
wasserschicht  zusammenzustellen. 

Fauna  der  Süsswasserschicht. 


Name  der  Versteinerungen. 

J3 

'S. 

SM 

1 

9 

0 
0 

S 

s 

1 

0 

0 

5 

0 

«5 

0 

Limneus  fabula    Brongn.     .    . 
Planorbis  cornu  Brongn.     .    . 
»         cordatus  Sbg.   .    .    . 
Ancylus  decussatua  Rss,  .    .    . 
Pisidium  sp 

1 

+ 

+ 
+ 
+ 

' 

4- 

+ 

+ 

+ 
+ 

+ 
+ 

Saurierzahn 

—      — 

— 

Wenn  wir  aus  dieser  Aufstellung  weniger  Arten  einen  Schluss 
ziehen  dürfen,  so  halten  sich  die  oberoligocäneu  Formen  gerade 
die  Wage  mit  den  darunter  miocän  bekannten  Arten,  und  die 
Identificierung  dieser  Schicht  mit  den  Landsehneckenkalkeu  von 
Hochheim  und  Kleinkarbeu  dürfte  nach  meinem  Dafürhalten  doch 
noch  etwas  voreilig  erscheinen. 


Resultate. 
1.    Ueber    den  Rupelthonen    und  grünen  Thonen  des  Mainzer 
Beckens    folgt   eine    sandige,    mit  Blattresten  und  Thierversteine- 
rungen  erfüllte  Schicht    mit  vielen  Petrefacten    des  Meeressandes, 


—     102     — 

die  aber  bereits  eine  grosse  Zahl  Süsswasserformen  erkennen  lässt, 
welche  sie  ebenso  innig  an  die  Chenopus-,  Papillaten-  und  Cyrenen- 
schichten  als  an  die  Meeressande  anschliesst. 

2.  Zwischen  dem  Meeressaud  einerseits  und  dem  ächten 
Sandberger'schen  Cyrenenmergel  andrerseits  sind  die  Uebergänge 
so  allmählich,  dass  an  eine  scharfe  Trennung  der  mitteloligocänen 
und  oberoligocänen  Ablagerungen  im  Mainzer  Becken  nicht  ge- 
dacht werden  kann. 

3.  Es  dürfte  sich  also  unter  dem  Namen  »Cyrenenmergel- 
gruppe«  die  Aufstellung  einer  Schichtengruppe  empfehlen,  die 
sämmtliche  Straten  zwischen  Meeressand  einerseits  und  Cerithieu- 
kalk  andrerseits  umfasst,  da  die  einzelnen  so  vereinigten  Schichten 
durch  die  innigsten  Beziehungen  mit  einander  verknüpft  sind. 

4.  Die  Entwicklung  der  Schichten  dieser  Cyrenenmergel- 
gruppe  ist  zwar  im  ganzen  Terrain  des  Mainzer  Beckens  eine 
nahezu  übereinstimmende,  die  strenge  Scheidung  in  Einzelschichten 
aber  nach  unserer  jetzigen  beschränkten  Kenntniss  der  Schichteu- 
folse  nur  im  westlichsten  Theil  des  Beckeus  mit  Schärfe  durch- 
zuführen. 

5.  Das  Schema  der  Schichten  folge  in  allen  drei 
unterschiedenen  Theilen  des  Mainzer  Beckens  würde  sich  dem- 
nach für  die  Cyrenenmergelgruppe  folgendermaassen  stellen: 


Oberer 


Rheinliessen.  Rheingau.  Maingau. 

Süsswasserbildung  Süsswasserbildung 

Psammobienschicht 


Cyrenenmergel  ]  »     i  x      r^  i 

•'  f  Aechter  Cyrenenmergel 


Mittlerer 


Pernaschicht        Pernaschicht 


.  Papillatenschicht Papillatenschicht 

^  (  Chenopussch.  ?  Blaue  u.grüneThone  ?  Chenopussch. 


Unterer 
Cyrenenmergel 


Schleichsaud       Schleichsand       ?  Blättersandstein. 


103 


lieber  die  Tertiärflora  von  Stadecken-Elsheim 

in  Rheinh essen. 

Vorläufige  Mittheilung 

von 

Dr.  Th.  H.  Geyler. 

An  die  ausführliche  Mittheilung  Herrn  Dr.  Osk.  Böttger's 
über  die  Fauna  der  Cyreiienmergel  mag  es  mir  vergönnt  sein 
einige  kurze  Bemerkungen  über  deren  in  Rheinhessen  auftretende 
Flora  anzuschliessen.  Freilich  kann  ein  Bericht,  der  sich  auf 
die  Ergebnisse  von  nur  zwei  Excursioneu  stützt,  nicht  im  min- 
desten auf  irgend  eine  erschöpfende  Schilderung  der  Flora  jener 
längst  verschwundenen  Perioden  Anspruch  machen,  und  zwar  um 
so  weniger,  als  gerade  in  den  reichsten  Ablagerungen  fossiler 
Pflanzenabdrücke,  in  den  Schleichsanden  von  Stadecken,  noch  un- 
gewöhnliche Hindernisse  in  der  BeschafiFeuheit  der  Schichten  ent- 
gegentreten, welche  eine  Ausbeutung  jener  Pflauzenreste  sehr  be- 
deutend erschweren.  Dennoch  mag  eine  Aufführung  der  bis  jetzt 
gewonnenen  Resultate,  trotz  deren  Geringfügigkeit,  nicht  ganz 
ohne  allen  Werth  sein  für  die  Bestimmung  des  Alters  der  Pflanzen 
führenden  Schichten  sowohl,  als  der  dieselben  überlagernden  oder 
unterteufenden  Bildungen.  Die  Reichhaltigkeit  der  dortigen  Auf- 
schlüsse an  Pflanzen  resten  lässt  über  dem  für  fortgesetzte  Unter- 
suchungen noch  bedeutende  Vermehrung  der  bereits  bekannten 
Pflanzenarten  erwarten  und  so  hoffe  ich  später  eine  erschöpfendere 
Schilderung  geben  zu  können. 

In  dem  Texte  zur  geologischen  Specialkarte  des  Grossherzog- 
thums  Hessen,  Sect.  Mainz,  von  A.  Grooss  1867  finden  sich 
nur  wenige  Notizen  über  die  in  jenen  Sauden  vorkommenden 
Pflanzenreste. 

Auf  Seite  14  des  angeführten  Werkes  wird  in  Bezug  auf 
Stadecken  erwähnt,  dass  unter  den  daselbst  vorkommenden  Ab- 
drücken •^Ginnamomum  spec.  bei  Stadecken-Elsheim  bei  weitem 
am  häufigsten  sei,«  dass  aber  die  leicht  zerfallende  Sandmasse 
nur    an  Ort   und    Stelle    eine    Bestimmung   der    Fossilion    zulasse. 


—     104     — 

lieber  die  Saudgrube  voü  Elsbeim  berichtet  Wein  kau  ff  ebenfalls, 
dass  die  dortigen  Pflanzeureste  nicht  wohl  bestimmbar  seien. 

Von  einem  anderen  Fundort  bei  Nieder-Olra  in  Rheinhessen 
gibt  dagegen  Grooss  eine  kurze  Reihe  von  Pflanzen  an,  indem 
er  1.  c.  p.  21  sagt: 

»Ein  Sandgebilde  bei  Nieder-Olm,  das  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  von  Cerithienkalk  überlagert  wird,  führt  viele  Blätter, 
von  denen  sich  einige  transportiren  Hessen.  Nach  der  Bestimmung 
R.  Ludwig's  sind  es: 

Cinnamomum  lanceolatum  Ung. 

»  Sclieiicliserl  Heer.  < 

Juglans  longifolia  Heer. 

Carya  elaenoides  Ung. 

Sapindus  falcifolius  AI.  Br. 

Terminalia  Radohojana  Ung. 

Im  Laufe  des  Sommers  von  1874  machten  Herr  Dr.  0.  Böttger 
und  ich  in  das  Gebiet  des  rheinhessischen  Cyrenenmergels  zwei 
Excursionen,  auf  welchen  wir  auch  zu  den  Pflanzen  führenden 
Aufschlüssen  gelangten. 

Bei  Nieder-Olm,  jenem  Pundorte,  von  welchem  bis  dahin 
noch  die  meisten  (6)  Species  bekannt  geworden  waren,  gelang  es 
uns  nur  einige  wenige  unvollkommene  Reste  in  einem  nicht  sehr 
harten  Sandsteine  zu  erhalten.  Mit  einiger  Sicherheit  wurde 
nur  Cinnamomum  lanceolatum  Ung.  unterschieden,  die  übrigen 
Reste  waren  zu  mangelhaft,  um  eine  genügende  Bestimmung  zu- 
zulassen. 

In  dem  Hohlwege  vor  Schorusheim  fand  ich  ein  Bruchstück 
eines  Pflanzenabdrucks,  dessen  Bestimmung  ebenfalls  fraglich  er- 
scheint, und  ebenso  beschränkten  sich  auch  die  in  dem  Bruche 
vor  Elsheim  beobachteten  Pflanzeureste  hauptsächlich  auf  ein 
langes,  schmales,  aber  gleichfalls  nicht  bestimmbares  Blättchen. 

An  einer  anderen  Stelle  des  Elsheimer  Gebietes  dagegen 
fanden  sich  in  einem  harten  Sandstein  eine  Anzahl  von  Ab- 
drücken, welche  transportirt  und  dem  S  enc  ken  bergi  seh  en 
Museum  einverleibt  werden  konnten  und  theilweise  auch  eine 
nähere  Bestimmung  zuliesseu.     Es  waren  hier  vertreten : 

Die  Gattung  Cinnamomum  besonders  reich  durch  C.  poly- 
morpJmm  AI.  Br.  sp.;  daneben  fand  sich  jedoch  auch  C.  lanceolatum 
Ung.  vor.     Ein    Abdruck  erinnerte  an   C.  JBuchi  Heer  durch  die 


—     105     — 

stärker  zusammengezogeue  und  sehr  verlängerte  Blattspitze,  sowie 
dadurch,  dass,  wie  es  schien,  das  Blatt  oberhalb  der  Mitte  seine 
grösste  Breite  besass. 

Laurus.  Ein  Blattrest  entsprach  der  L.  x>rimigema  Ung.  in 
der  Nervatur  so  ziemlich,  doch  waren  die  Umrisse  des  Blattes 
derart  beschädigt,  dass  ich  denselben  zu  den  zweifelhaften  rechne. 

Ein  Blattfetzen  erinnerte  an  Apocynophyllum  lanceolatum 
0.  Weber. 

Von  Myriceeu  waren  Mijrica  {Bryandroides)  lignitum  Ung. 
und  M.  acuminata  Ung.  vertreten.  Von  letzterer  insbesondere 
ein  ziemlich  grosser  Blattrest,  welcher  auf  der  einen  Seite  auch 
die  Secundarnerven  deutlich  unterscheiden  lässt. 

Castanea.  Ein  Blattfetzen  von  C.  atavia  Ung.  mit  deutlichen 
in  die  Zähne  auslaufenden  Secundarnerven  und  hie  und  da  auch 
noch  mit  Spuren  der  Nervillenbildung. 

Bei  allen  diesen  dicotyleu  Blätteru  war  nur  die  Haupt- 
nervatur sichtbar,  die  Nervillen  dagegen  fehlten  mit  wenigen  Aus- 
nahmen. Am  schönsten  waren  die  feineren  Nerven  noch  an  einem 
Blattfragment  des  Oinnamonmm  pohjmorphum  AI.  Br.  sp.  erhalten, 
auf  welchem  deutliche  Tertiärnerven  den  ganzen  Raum  zwischen 
Primär-  und  Secundarnerven  durchzogen. 

Nur  ein  monocotyler  Blattrest  wurde  unter  jeuer  kleinen 
Sammlung  gefunden;  sehr  unvollkommen  erhalten  entsprach  er 
noch  am  besten  dem  Bruchstücke  eine^  Fiederblättchens  einer 
Palme  {Sabal?). 

Viel  reichere  Ausbeute  erhielten  wir  aus  einer  Sandgrube  in 
nächster  Nähe  von  Stadecken.  Hier  zogen  in  etwas  geneigter 
Linie  2  Hauptschichten  sich  hin,  welche  ausserordentlich  reich  an 
Blattabdrücken  waren.  An  manchen  Steilen  war  der  Sand  nach 
allen  Richtungen  mit  wohlerhaltenen  Blättern  ganz  durchsetzt. 
Aber  wie  schon  Grooss  andeutet,  ist  der  Sand  so  leicht  zerstör- 
bar, dass  ein  Bestimmen  an  Ort  und  Stelle  nothwendig  wird  oder 
dass  das  Bild  durch  sofortiges  Zeichnen  fixirt  werden  muss.  Und 
leider  ist  der  Sand  von  so  lockerem  Zusammenhange,  dass  selbst 
trotz  aller  Vorsicht  die  Blattabdrücke  oft  schon  bei  der  leisesten 
Berührung,  welche  nothwendig  ist,  um  sie  behufs  der  Zeichnung 
zurechtzulegen,  zerfallen.  Die  Blätter  heben  sich,  wenn  trocken, 
auf  der  hellen  mit  Glimmer  oft  reichlich  versetzten  Sandmasse, 
mit  braungelber  Farbe  ziemlich  deutlich  ab.  Bei  unserem  zweiten 


—     106     — 

Besuche  war  jedoch  das  Gestein  durchnässt,  so  dass  der  Abdruck 
nicht  mehr  so  deutlich  hervortrat  und  hierdurch  das  Zeichnen 
bedeutend  erschwert  wurde.  Nerven  von  feinerer  Beschaffenheit, 
wie  auch  die  zartere  Zahnbildung  des  Blattrandes  trat  meist  nicht 
recht  deutlich  hervor. 

Folgende  Familien  wurden  in  ihren  Vertretern  unterschieden : 
Die  Laurineen  waren  vor  allen  andern  sehr  reich  vertreten, 
wie  schon  Grooss  in  Bezug  auf  die  Gattung  Cimiamomum  an- 
gibt. Und  hier  besonders  wieder  Cinnamomum  Scheiichseri  Heer, 
aber  nicht  in  der  kleineren  Blattform,  welche  Heer  in  seiner 
TertiärHora  der  Schweiz  durch  so  reichliche  Abbildungen  erläutert 
hat ,  sondern  vorherrschend  in  Abdrücken ,  welche  mit  den  von 
R.  Ludwig  in  dessen  Arbeit  über  die  Pflanzen  der  ältesten 
Braunkohlenformationen  der  Wetterau,  in  Palaeontogr.  VHL  auf 
Taf.  XLL  fig.  1  und  5  abgebildeten  Blättern  von  Hessenbrücken 
und  Salzhausen  oder  mit  Heer 's  Abbildung  1.  c.  Bd.  H. 
Taf.  XCUL  fig.  5  an  Grösse  und  Gestalt  übereinstimmen.  An  Grösse 
würden  einige  Blätter  sogar  den  Abbildungen  gleichkommen, 
welche  Heer  für  C.  Buchi  Heer  gegeben  hat,  wenn  sie  sich  nicht 
durch  die  allmälig  nach  Spitze  und  Basis  hin  sich  verschmälernde 
Blattspreite  deutlich  genug  unterschieden.  Ausser  dieser  Art  war 
jedoch  auch  C.  lanceölatum  L^ug.  und  C.  polymor2ihmn  AI.  Br.  sp. 
reichlich  vertreten.  —  Ein  Drittheil  sämmtlicher  Pflanzenreste, 
welche  im  Schleichsande  bei  Stadecken  gefunden  werden,  dürfte 
der  Gattung  Cimiamomum  allein  zugehören.  —  Ein  Blattabdruck 
schien  auch  auf  C.  spectabüe  Heer  hinzuweisen ,  doch  wage  ich 
bei  der  Mangelhaftigkeit  des  Restes  nicht,  diese  Art  als  hinrei- 
chend nachgewiesen  zu  betrachten.  Ebenso  wenig  ist  aus  den 
von  mir  an  Ort  und  Stelle  entworfenen  Zeichnungen  die  Gattung 
Laurus  mit  Sicherheit  zu  erkennen. 

Auch  die  Cupuliferen  haben  ein  reiches  Contingeut  gestellt. 
Insbesondere  ist  es  hier  die  Gattung  Castanea,  welche  durch  Häu- 
figkeit und  zugleich  durch  Grösse  der  Blattformen  sich  auszeichnet. 
So  fand  ich  einen  Blattabdruck,  welcher,  obgleich  ein  grosser 
Theil  der  Basis  und  Spitze  fehlte,  dennoch  etwa  7"  in  Länge  und 
fast  3"  an  Breite  maass,  so  dass  die  Länge  des  ganzen  Blattes  auf 
etwa  15"  gewiss  nicht  zu  hoch  veranschlagt  ist.  Neben  so  breiten 
Blättern  fanden  sich  jedoch  auch  schmälere ,  oft  um  die  Hälfte 
schmälere    Blätter    vor,   welche   jedoch    im    Uebrigen    mit   jenem 


—     107     — 

grossen  Blatte  übereinstimmeu.  Wenn  Ettingshausen  in  seiner 
Abhandlung  über  Castanea  vesca  Gärtn.  und  deren  vorweltliche 
Stammart,  im  Sitzungsber.  der  k.  k.  Akad.  LXV.  Abth.  I.  p.  161 
sagt: 

»Die  von  mir  bis  jetzt  aus  den  Sotzkaschichten  zu  Tage  ge- 
förderten Kastanienblätter  sind  sämmtlich  kürzer  gestielt,  nach 
beiden  Enden  gleichförmig  verschmälert,  und  haben  stets  unbe- 
wehrte  Randzälme  und  convergirend  bogige  Secundärnerven ,  sie 
gehören  der  Castanea  atavia  Ung.  im  engeren  Sinne,  der  Form 
der  tongrischen  Stufe  an,«  so  passt  diese  Schilderung  recht  gut 
auf  die  uns  vorliegenden  Zeichnungen  der  Kastanienblätter  aus  den 
Schleichsanden  von  Stadecken.  —  Die  Secundärnerven  wurden  nur 
ungetheilt  beobachtet  und  liefen  jeder  in  einen  stumpfen  Zahn  aus. 
Der  Abgangswinkel  derselben  war  nicht  immer  der  gleiche;  selten 
war  er  so  spitz,  wie  bei  der  von  Heer  in  Beitrag  zur  Thüring.- 
sächsischen  Braunkohlenflora  auf  Taf.  V,  fig.  6  und  7  gegebenen 
Abbildung  von  Quercus  Drymeja  üng.,  welche  v.  Ettingshau- 
sen 1.  c.  p.  160  zu  Castanea  zieht.  —  Nervilleubildung  war 
nur  selten  deutlich  ausgeprägt. 

Noch  möchte  ein  Blattabdruck  von  Eisheim  hierher  zu  ziehen 
sein.  Hier  findet  sich  an  Stelle  der  Zähne  nur  noch  eine  wellige 
Ausbuchtung,  in  die  der  betreffende  Secundarnerv  ausläuft.  Aehn- 
liche  Fälle  für  das  fast  bis  zum  Verschwinden  gehende  Zurück- 
treten der  Zahubildung  hat  ja  auch  v.  Ettingshausen  1.  c. 
p.  149,  Taf.  IX.  fig.  1,  für  die  lebende  Castanea  vesca  Gärtn. 
gegeben. 

Auf  einem  Kastanienblatt  von  Stadecken  fand  sich  der  Ab- 
druck einer  grossen  Form  von  Rhi/tisma,  welche  in  der  Nähe  des 
Blattraudes  fast  die  ganze  Breite  zwischen  2  Secundärnerven 
ausfüllte. 

Neben  Castanea  trat  auch  Quercus  Drymeja  Ung.  auf. 

Auch  von  Carpinus  grandis  Ung.  wurden  einige  Blattreste 
gefunden  bald  in  jener  schmäleren  langgestreckten,  bald  auch  in 
einer  kürzeren,  breitereu  und  mit  fast  herzförmiger  Blattbasis  ver- 
seheneu Form. 

Ein  Blattrest  der  Alnus  Kefersteini  Ung.  zeigte  den  Verlauf 
der  Hauptnervatur  deutlich,  Nervillen  waren  jedoch  nur  ange- 
deutet.    Im  Ganzen  scheint  diese  Species  selten  aufzutreten. 

Unter  den  Moreen  war  Ficus  lanceolata  Heer  in  einiefeu  Ab- 


—     108     — 

drücken  vorhaudeu  uud  stimmte  ein  solcher  Rest  nicht  übel  mit 
der  z.  B.  von  Eugelhardt  in  seiner  Tertiärflora  von  Göhren 
Taf.  XI.  fig.  4  gegebeneu  Abbildung.  Daneben  dürfte  noch  eine 
zweite  Art  zu  unterscheiden  sein. 

Von  der  Familie  der  Myriceen  glaube  ich  3  Arten  unter- 
scheiden zu  müssen.  Von  diesen  halte  ich  Myrica  (Dryandroides) 
lignitmn  Ung.  uud  M.  acuminata  Ung.  für  gesichert.  31.  hakeaefölia 
Ung.  erscheint  mir  noch  etwas  fraglich.  Daneben  ist  vielleicht 
noch  eine  vierte  Species  mit  grösseren  stumpfen  Zahnbildungen, 
deren  dicht  stehender,  aber  sehr  uudeuthche  Secuudärnerven  fast 
horizontal  verliefen ,  zu  unterscheiden,  doch  wage  ich  auf  Grund 
meiner  Zeichnung  noch  nicht  die  Art  zu  bestimmen. 

Ein  Paar  Blätter  stimmten  mit  der  Abbildung,  welche  0. 
Weber  in  seiner  niederrhein.  Brauukohlenflora  in  Palaeont.  11. 
Taf.  XX,  fig.  17  von  Echitonium  Sophiae  0.  Weber  gibt  und 
gehören  diese  laugen ,  schmalen  Blattformen  mit  unter  ziemlich 
spitzem  Winkel  entspringenden  Secundarnerven  bei  Stadeckeu 
nicht  unter  die  Seltenheiten.  Ein  Abdruck  eines  Blattes  stimmt 
vortrefflich  mit  dem  von  0.  Weber  1.  c.  auf  Taf.  XXI.  fig.  la 
abgebildeten  Blatte  von  Apocynoj)hyllum  lanceolatum  0.  Web.  und 
wäre  dies  die  zweite  Species  aus  der  Familie  der  Apocyneeu. 

Einen  Blattrest  ziehe  ich  mit  einigem  Zweifel  zu  den  Conibre- 
taceeu  als  Terminalia  Radobojana  Ung.,  eine  Species,  welche  scheu 
Grooss  nach  R.  Ludwig's  Bestimmung  für  Nieder-Olm  angibt. 
Und  endlich  wurden  unter  den  dicotylen  Blättern  noch  2  kleinere 
Blattformen  gefunden,  welche  auf  Leguminosentheilblättchen 
(Cassia  und  Caesalpinia)  hinweisen.  Doch  sind  dies  die  einzigen 
Vorkommnisse  kleinerer  Blattformeu.  —  Auch  ein  Cercis-Blatt 
wurde  beobachtet. 

Wie  bei  Eisheim  sind  auch  bei  Stadecken  Monocotyle  selten. 
Ein  Paar  Reste  verweisen  auf  Arundo  Goepperti  Heer,  eiu  anderer 
sehr  unvollkommener  Fetzen  auf  eine  Palme,  deren  Fiederblätt- 
chen jedoch  jenen  entsprechenden  Blattrest  von  Eisheim  um  das 
Doppelte  an  Breite  übertreft'en. 

Es  mag  eine  kurze  Uebersicht  der  aufgeführten  Arten  folgen, 
zugleich  mit  Angabe  der  tertiären  Stufe,  in  welcher  dieselben  bis 
jetzt  gefunden  wurden,  daneben  auch  die  beiden  für  die  Wetterau 
so  wichtigen  Fundorte  Münzenberg  und  Salzhausen,  sowie  das  in 
Untersteiermark    gelegene    Sotzka.       Hierbei    berücksichtige    ich 


109 


jedoch  uui"  diejenigen  Arten,  deren  Vorkommen  mir  erwiesen  er- 
scheint. Die  mir  noch  zweifelhaften  Arten  hoffe  ich  bei  späterer 
Ausbeutung  der  Schleichsaude  Rheinhessens  einer  näheren  Ver- 
gleichung  zu  unterwerfen;  und  um  so  mehr,  da  mir  uur  noch 
die  Zeichnungen,  nicht  aber  die  Abdrücke,  nach  welchen  jene 
entworfen  wurden,  zu  Gebote  stehen. 


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Gramineen.  ArundoGoeppertiHeer. 

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Myriceen.  Myrica  lignitum  Ung.  . 

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Myrica  acuminata  Ung.  .    .    . 

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Beiulaceen.  Alnus  Kefersteini  Ung. 

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Cupuliferen.  Carpinus  graudis  Ung. 

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Quercus  Drymeja  Ung.    .    .    . 

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Castanea  atavia  Ung 

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Moreen.  Ficus  lanceolata  Heer.     . 

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Laurineen.   Cinnamomum  lanceola- 

1 

tum  Ung 

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Cinnamomum  Scheuchzeri  Heer 

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(A.  Br.)  Heer 

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4 

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Apocyneen.    Apocynopliyllum  lan- 

ceolatum  0.  Web 

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Echitonium  Sophiae  0.  Web.  .    . 

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4- 

— 

— 

— 

13 

7 

13 

i 

6 

10 

8 

Aus  diesen  wenigen,  vorläufig  genügend  erwiesenen,  Arten 
lässt  sich  allerdings  mit  vollständiger  Sicherheit  kein  Schluss 
machen  auf  den  Horizont,  welchem  diese  Schichten  angehören,  da 
die  meisten  der  hier  aufgeführten  Arten  nicht  blos  dem  Aquitan, 
sondern  auch  höhereu  Stufen  zuzuzählen  sind.  Immerhin  deutet 
jedoch  der  Umstand,  dass  sämmtliche  hier  aufgeführte  Arten  in 
der  aquitauischen  Stufe  weit  verbreitet  erscheinen,  dass  insbeson- 
dere die  Myriken  als  Leitpflanzen  dieser  Stufe  angesehen  werden, 
auf  diese  Formation.  Dem  älteren  Münzenberg  erscheint  die  Flora 
der  Schleichsande  noch  näher  verwandt  als  der  Salzhausener  Flora 
durch    das   Vorkommen    der    Castanea    atavia    Ung.    und  Quercus 


—     HO     — 

Drymeja  üng.,  die  freilich  bei  Münzenberg  schon  etwas  seltener 
sind,  in  öalzhausen  aber  nicht  beobachtet  wurden.  Dies  gilt 
wenigstens  für  die  Kastanie,  da  Ettingshausen  Quercus  Drymeja 
üng.  in  seiner  fossilen  Flora  der  älteren  Braunkohlenformation 
der  Wetterau  (Wien.  Sitzungsber.  LVII.  Abth.  I.  pag.  835)  auch 
für  Salzhausen  erwähnt. 

Bemerkenswerth  erscheint  ferner  das  Fehleu  schnittiger  Blätter 
in  Rheinhessen,  wie  z,  B.  der  Acer-,  Liquidmnhar-^  Vitis-kxiQn, 
welche  in  Salzhausen  in  den  Vordergrund  treten,  bei  Münzenberg 
zwar  nicht  fehlen,  aber  doch  immerhin  seltener  erscheinen.  Bei 
Stadecken-Elsheira  scheinen  diese  Formen  ganz  zu  mangeln;  ich 
habe  wenigstens  noch  keine  Spur  davon  entdeckt.  Die  Flora  von 
Stadecken-Elsheim  dürfte  demgemäss  w^ohl  dem  älteren  Aqui- 
t  a  n  angehören  und  mit  Müuzenberg  nahezu  gleichaltrig  sein, 
während  Salzhausen  als  bedeutend  jünger  zu  betrachten  ist. 

Das  Vorkommen  von  Echitoninm  Sophiae  0.  Web.  und  Apo* 
cynophyllum  lanceolatum  0.  Web.  erinnert  an  die  niederrhei- 
nische Braunkohle.  Eine  ganze  Reihe  von  Arten,  welche  in  Rhein- 
hessen vorkommen,  finden  sich  auch  bei  Sotzka  in  Untersteier- 
mark. —  Hof  mann  setzt  das  Alter  der  Sotzkaschichten  in  Sie- 
benbürgen den  Cyrenenmergeln  der  Alpen  und  des  Mainzer  Beckens 
gleich;  vgl.  Heer,  die  Braunkohlenflora  des  Zsilythales  (in  Mit- 
theil, aus  dem  Jahrb.  der  kgl.  ungar.  geol.  Anstalt  H.  Heft  1, 
pag.   7). 

Wenn  auch  die  Flora  der  Schleichsande  von  Stadecken-Els- 
heim au  die  untere  Grenze  der  aquitanischen  Stufe  zu  stellen 
sein  dürfte,  so  fehlen  doch  acht  mitteloligoceue  Formen.  Mit  der 
tongrischeu  Flora  des  Septarienthones  von  Flörsheim,  wie  sie  von 
V.  Fritsch  aufgeschlossen  wurde  (siehe  v.  Fritsch,  ȟber  neuere 
Funde  in  den  ältesten  marinen  Tertiärschichten«  in  Bericht  der 
Senckenberg.  naturforsch.  Gesellschaft  von  1870/71  p.  35)  hat  die 
Flora  der  Schleichsaude  Rheinhessens,  ausser  den  beiden  Zimmt- 
arten,  Cinnamomum  lanceolatum  üng.  und  C.  polymorphum  Heer 
keine  gemeinschaftlichen  Arten.  Unter  all  den  Abdrücken,  welche 
ich  aus  Rheinhessen  beobachtete ,  fand  sich  keiner ,  welcher  auf 
Banksia  longifolia  Üng.,  B.  Ungeri  Ett.,  auf  Dryandra  Schranhi 
Stbg.,  Eucalyptus  oceanica  üng,,  Zisyphus  Ungeri  Heer,  oder  auf 
die  dort  zum  Theil  wenigstens  nicht  so  seltenen  Coniferenspecies : 
Sequoia  Sternbergi  Gp.,  Libocedrus  salicornioides  Endl.,  Pimts  Fa- 


—    111    - 

laeostrobus  Ett.,  Podocarpus  eocenica  Ung.,  u.  s.  w.,  Arten,  welche 
bei  Flörsheim  vorkommen*),  verwiesen  hätte. 

Auffallend  ist  überhaupt,  dass  in  Stadecken  unter  einer  grossen 
Reihe  von  Blattresteu  noch  keine  Spur  von  Ooniferen  beobachtet 
wurde,  auffallend  ferner  die  grossgestaltigen  Blätter  einiger  Ge- 
wächse, wie  der  Kastanie  oder  der  Zimmtbäume  u.  a. ,  welche 
auf  eine  üppige  Form  hinweisen.  Die  gewöhnlichen  Vertreter 
einer  Vegetation  trocknerer  Hügelzüge,  wie  Couiferen  und  Protea- 
ceen,  sind  nicht  durch  die  Wogen  des  Flusses  in  die  Lagerstätte 
der  anderen  Gewächse  gespült  worden,  ein  Umstand,  welcher  auf 
eine  grössere,  fruchtbare,  die  Ufer  des  Flusses  umsäumende,  dicht 
bewaldete  Ebene  zu  deuten  scheint. 

Das  gemeinschaftliche  Vorkommen  von  Zimmtbäumen  neben 
Kastanien  und  anderen  Cupuliferen,  von  Betulaceen  u.  s.  w.  deutet 
auf  ähnliche  Verhältnisse,  wie  sie  jetzt  noch  im  östlichen  Asien, 
z.  B.  im  südlichen  Japan  sich  finden. 

Neben  den  vielen  amerikanischen  Typen ,  welche  die  euro- 
päische Tertiärflora  aufzuweisen  hat,  finden  sich  auch  so  manche 
Verhältnisse,  welche  auf  einen  Zusammenhang  mit  der  asiatischen 
Flora  hindeuten.  Hierher  gehört  z.  B.  auch  die  weitere  Verbrei- 
tung, welche  in  den  oberen  Tertiärablagerungen  des  östlichen 
Europa's  die  Gattung  Parrotia,  jetzt  ein  acht  asiatischer  Typus, 
besessen  hat.  Parrotia  pristina  Ett.  wurde  durch  Hassen  camp 
neuerdings  auch  für  die  Flora  des  Himmelsberges  bei  Fulda  nach- 
gewiesen, während  die  Gattung  früher  schon  durch  v.  Ettings- 
hausen  für  Tokay,  Wien,  Bilin  und  Salzhausen,  durch  Göppert 
für  Schlossnitz,  durch  Engelhardt  für  Göhren  in  Sachsen  be- 
kannt geworden  war.    Freilich  scheint  Parrotia  in  der  damaligen 


*)  Obige  Arten  wurden  schon  durch  v.  Fritsch  1.  c.  namentlich  auf- 
geführt, mit  Ausnahme  von  Banksia  Ungeri  Ett.,  Zizyphus  Ungeri  Heer  und 
Pinus  Palaeostrobus  Ett.  —  Die  tongrische  Flora  von  Flörsheim  besteht  aus 
etwa  40  Arten  und  hoffe  ich  dieselben  im  Laufe  des  nächsten  Jahres  aus- 
führlicher besprechen  zu  können.  Eine  Anzahl  von  Zeichnungen  sind  bereits 
angefertigt.  —  An  derselben  Localität  fand  ich  1873  die  Amphisyle  Heinrichi 
Heckel  in  3  Exemplaren,  welche  bis  dahin  für  Flörsheim  noch  nicht  bekannt, 
aus  Galiäen  jedoch  schon  1850  durch  Heckel  beschrieben  war  und  sich  auch 
an  ein  paar  Stellen  im  Elsass  findet.  (Amphisyle-Schicht  bei  Buchsweiler; 
Froide  fontaine  zwischen  Delle  und  Montbeliard  vergl.  Oustalet  in  »Bullet 
de  la  Soc.  geol.  de  France«  24  Janv.  1870  p.  381  und  Sauvage  am  gleichen 
Orte  p.  400.) 


—     112     — 

osteuropäischen  Waldflora  nicht  die  hervorragende  Rolle  gespielt 
zu  haben,  wie  die  jetzt  in  Mittelasien  vorkommende  Parrotia  Per- 
sica  C.  A.  Mey.*)  Hierher  gehören  auch  die  interessanten  Unter- 
suchungen Saporta's  (s.  Compt.  reud.  1873  LXXVI.  pag.  290), 
welche  eine  noch  im  Caucasus  lebende  Varietät  der  gewöhnlichen 
Erle,  ferner  die  ebenfalls  caucasischen  Bäume  Pterocarya  fraxini- 
folia  Spach  und  Zelcova  crenata  Spach,  welche  das  jetzt  in  Japan 
grünende  Acer  polymorphum  Sieb,  und  Zucc.  in  den  pliocenen 
Ablagerungen  am  Cantal  im  südlichen  Frankreich  entdeckten. 


Notiz 

über  Imbricaria  Ziegleri  nov.  sp,, 
einer  Fleclite  aus  der  Braunkolile  von  Salzhausen 

von  Dr.  H.  Th.  Geyler. 

Abgesehen  von  den  Vorkommnissen  im  Bernstein  sind  bis 
jetzt  nur  wenige  Spuren  von  Flechten  auf  Astresten  aus  der 
Braunkohle  bekannt  geworden,  wahrscheinlich,  wie  Schimper**) 
bemerkt,  Aveil  nur  höchst  selten  die  Rinde  jener  Aststücke  noch 
einigermassen  erhalten  ist.  Von  Flechten  mit  stark  ausgebildetem 
Thallus  war  bis  jetzt  noch  kein  Beispiel  gefunden  worden. 

Von  Goeppert  wird  Verrucaria  nitida  Ach.,  Graphis  scripta 
var.  und  Opegraplm  Thomasiana  Gp.,  von  Schimper  Lecidea  spec. 
(vergl.  Traite  de  Paleontbl.  vegetale  I.  pag.  146)  angeführt  und 
"neuerdings  erwähnt  Lesquerreux  aus  dem  Unter-Eocen***)  von 


*)  Die  interessante,  kleine  Familie  der  Hamamelideen,  von  welcher  Herr 
Dr.  Rein  uns  jüngst  Hamamelis  Japonica  und  Corylopsis  spicata  aus  Japan 
für  unser  Herbar  zusendete,  tritt  nach  Saporta  schon  in  der  oberen  Kreide- 
formation Westphalens  auf.  Saporta  rechnet  eine  früher  zu  Dryophyllum 
gezählte  Art  Hamamelites  WestpJialiensis  Sap.  hierher.  Vergl.  Saporta 
und  Marion,  Essai  sur  la  Vegetation  a  l'epoque  des  marnes  Heersiennes 
de  Gelinden;  Mem.  cour.  de  l'Acad.  R.  de  Belgique  1873. 

**)  Traite  de  Paleont.  vegetale  I.  p.  146.  »Cette  grande  pauvrete  de 
Liehen s  provient  de  ce  que  presque  tous  les  arbres  des  lignites  sont  de- 
pourvus  de  leur  ecorce,  et  que  la  oü  eile  existe,  l'epiderme  sur  lequel  les 
lichens  ätaient  etablis,  manque.  ou  sa  decomposition  est  tres-avancee.« 

***)  Vergl.  Lesquerreux  in  American  Journ.  1874    p.  546    u.  f.     Hier 
hält  Lesquerreux  seine  Ansicht  von  dem    eocenen  Alter  jener  Formationen 
\ 


—     113     — 

Black  Butte  Station  im  nordwestlichen  Amerika  eine  zweite  Spe- 
cies  von  Opegrapha,  0.  antiqua  Lesq.,  indem  er  .zugleich  auf  die 
wenigen  bis  jetzt  gefundeneu  Flechtenreste  aufmerksam   macht.*) 

Auf  einer  Excursion  nach  Salzhausen  zeigten  sich  auf  einem 
Astfragmente,  welches  Herr  Dr.  Julius  Ziegler  gefunden  hatte, 
deutliche  Spuren  einer  Thallusflechte.  Die  ziemlich  breiten  und 
von  der  dunkleren  Masse  der  an  einer  Stelle  noch  einigermassen 
erhaltenen  Rinde  des  Astes  mit  glänzender  brauner  Farbe  sich 
abhebenden  Thalluslappen  trugen  au  einer  Stelle  noch  mehrere 
deutlich  erkennbare  Apothecien.  Dieselben  waren  schüsseiförmig 
vertieft  und  mit  ziemlich  breitem  Schüsselrande  umgeben,  wie 
etwa  die  Jüngern  Apothecien  einer  Parmeliacee.  Zugleich  waren 
sie  früher  über  das  Niveau  des  Thallus  emporgehoben  gewesen 
und  erst  später  iu  denselben  halb  hineiugedrückt  worden.  Dies 
zeigte  eine  zarte  Rinne,  welche  noch  rings  um  das  Apothecinm 
herumlief  und  dasselbe  noch  scharf  genug  vom  Thallus  abgrenzte. 

Die  Form  der  Apothecien,  die  breitere  Gestalt  der  Thallus- 
lappen stimmt  recht  gut  mit  Imhricaria- Arten,  z.  B.  Imhricaria 
saxatüis  Kbr.  oder  I.  conspcrsa  Ach.,  ja  in  gewisser  Weise  erin- 
nert auch  die  noch  erkennbare  braunglänzende  Färbung  des 
Thallus  z.  B.  an  die  zuerst  genannte  noch  lebende  Species.  Ob 
diese  Art  aus  der  Braunkohle  von  Salzhausen  mit  einer  der  le- 
benden Arten  wirklich  zu  identificiren  ist,  ist  freilich  an  dem  er- 
haltenen Reste  schwerlich  zu  entscheiden.  Die  ausserordentliche 
Seltenheit  aber  derartiger  Vorkommnisse  von  fossilen  Flechten  aus 
den  Brauukohlenschichten  mag  die  kurze  Mittheilung  über  jene 
Lichene  aus  Salzhausen,  welche  ich  als  Imhricaria  Zlegleri  be- 
zeichne, eutschuldigen. 

Ueberhaupt  kommen  bei  Salzhausen  öfters  Rindenpartien  noch 

aufrecht,  während  Ne  wb  erry,  On  the  Lignites  and  plantbeds  of  Nortb-West- 
America  in  Amer.  Journ.  1874.  p.  399  u.  f.  jene  Lagerstätte  der  oberen 
Kreide  zuweist.  —Vgl.  auchMeek  in  Amer.  Journ.  1874.  Decbrbft.  p.  459. 

*)  Lesquer reux  in  F.  V.  Hayden,  Sixth  annual  report  of  tbe  United 
States  geological  Survey  1873  p.  418.  »In  tbe  class  of  tbe  Licbens  one 
Species,  Opegrapha  antiqua  Lesq.,  is  tbe  first  of  tbis  faruily,  wbicb  has  been 
found  as  yet  in  tbe  old  Tertiary  formation.  Eigbt  species  of  Licbens  bave 
been  mentioned  by  Goeppert  as  recognized  in  tbe  amber  and  three  upou 
the  bark  of  Lignitic  wood  of  tbe  Upper  Tertiary  of  Germany,  but  none  of 
them  bave  been  described,  apparently  on  account  of  tbe  insufficiency  of 
specific  characters.« 


-     114     — 

in  ziemlich  gutem  Erhaltungszustände  vor  und  sind  es  besonders 
Fetzen  von  Birkenrinde,  welche  nicht  so  gar  selten  auftreten.  Im 
Senckeubergischen  Museum  werden  üeberbleibsel  von  Birkenrinde 
aus  jener  Fundstätte  aufbewahrt,  welche  wohl  etwas  bräunlich 
glänzend  gefärbt  erscheinen,  auf  deren  glatter  01)erfläche  aber 
die  Lenticellenbilduug  in  voller  Deutlichkeit  hervortritt.  Auf  diese 
Lenticelleubildung  beziehen  sich  ohne  Zweifel  auch  die  von 
R.  Ludwig  in  der  Arbeit  über  die  älteste  Rheinisch -Wetterauer 
Tertiärformation  in  Palaeont.  VIIL  p.  99  erwähnten  »platten,  in 
die  Breite  gezogenen  Wärzchen  auf  der  glatten  Rinde  der  Betula 
SaUhausenensis  Göpp. « 


115     - 


Beitrag  zur  Frage  der  theriuischeü  Yegetations- 

Coiistaiiteu. 

Von 

Dr.   Julius   Ziegier. 

Prof.  Ilermauu  Ho  ff  manu  iu  Giessen  hat  dnrcli  seine 
Arbeiten  uud  Beobachtungen*)  thatsächlich  bewiesen,  dass  die 
Summe  der  täglichen  Maxima  eines  direct  von  der 
Sonne  bestrahlten  Thermometers  den  geeignetsten 
vergleichbaren  Ausdruclf  für  die  zu  einer  bestimm- 
teu  Vegetationsieist  u  ug  erforderliche  Wärmezufuhr 
des  entsprechenden  Zeitraumes  liefert,  während  die  Mittel- 
temperaturen der  Luft  (im  Schatten)  —  in  welcher  Weise  sie  auch 
in  Rechnung  gezogen  werden  mögen  —  nicht  des  gewünschte 
Resultat  geben. 

Veranlasst  von  H.  Hoff  manu  habe  ich  seit  Anfang  1869 
in  Frankfurt  a.  M.  Parallelbeobachtungen**)  zu  den  genannten 
von  Giessen***)  augestellt. 

Dabei  gelangte  ich  zunächst  zu  der  üeberzeuguug ,  dass  die 
beiderseits  hierzu  benützten  Thermometrographen  mit  Mängeln 
behaftet  waren,  die  unbedingt  in  Vvegfall  kommen  mussten. 

So  war  bei  dem  meinigen  (No.  1 )  der  Abstand  zwischen  der 
Quecksilberkngel  und  dem  hölzeren  Rahmen  so  gering,  dass  bei 
Regenwetter  AVasser  dazwischen  zurückgehalten  wurde,  welches 
später  durch  Verdunstung  eine  Tempera turverminderuug  bewirkte. 

Da  das  Scaleurohr  von  Osten  nach  Westen  gerichtet,  die 
Kugel  aber  zur  Hälfte  eingelassen  war,  trafen  die  Sonnenstrahlen 
zu     verschiedeneu    Zeiten    verschieden    grosse    Quecksilberflächen, 


*j  Vergl.  AUgem.  Forst-  und  Jagdzeitung  Dec.  1867  S.  457 — 61,  Zeit- 
schrift der  Oesterr.  Gesellsch.  f.  Meteorologie  1868  S.  93,  1869  S.  392  u.  553 
sowie  Abhandlgn.  der  Senckenbergischen  naturf.  Ges.  Bd.  VIII.  S.  379  ff. 

**)  Zum  Theil  schon  in  der  angeführten  Abhndlg.  d.  Senckenbergischen 
Gesellsch.  benutzt. 

***)  Letztere  konnten  nach  1869  nicht  mehr  fortgesetzt  werden. 


—     116     — 

so  dass  bei  gleichem  Grade  der  Besounuug  ganz  verschiedene  Er- 
wärmung stattfinden  konnte.  Aeusserst  auffallend  zeigte  sicli  dies 
bei  einem  später  benutzten  Instrumente  (No.  2)  mit  liegenbleiben- 
dem Faden,  welches  einen  Napfansatz  besitzt  (Hick's  Patent). 

Die  Menge  des  zu  erwärmenden  Quecksilbers  ist  bei  den 
käuflichen  Thermometern  wegen  der  Empfindlichkeit  stets  sehr 
gering,  die  Oberfläche  verhältnissmässig  gross.  Dadurch  ist  die 
Möglichkeit  gegeben,  dass  (bei  täglich  einmaliger  Registrirung)  ein 
Tag  mit  einem  kurzen  Sonuenblick  gleich  in's  Gewicht  fällt  mit 
einem  solchen,  an   vA^elchem  die  Sonne  andauernd  scheint. 

Mein  anfangs  benutzter  Thermograph  (No.  1)  hatte  ausserdem 
den  individuellen  Fehler  nicht  ganz  reines  Quecksilber  und  Luft 
zu  enthalten.  Die  Reibung  des  scharfkantigen  Glasstäbchens 
(Zeiger)  veranlasste  Rauhwerdeu  der  Wandungen  und  zuletzt  einen 
Widerstand,  der  zuweilen  das  Vorbeischieben  des  Metalles  gestattete. 

Ich  habe  daher,  durch  Yermittelung  des  Herrn  Mechauicus 
Albert  hier,  ein  dem  Hick'schen  ähnliches  Instrument  (No.  3) 
anfertigen  lassen,  von  welchem  ich,  nachdem  es  seit  dem  1.  Juni 
1:871  im  Gebrauche  ist,  glaube  sagen  zu  dürfen,  dass  es  die  ge- 
rügten Mängel  umgeht. 

Das  Gefäss  desselben  ist  möglichst  der  Kugelgestalt  genähert, 
gleichmässig  und  in  gleicher  Wandstärke  aus  farblosem  Glase 
geblasen.  Es  enthält  ca.  400  Gramm  reines  Quecksilber  und  ist 
frei  nach  Süden  gerichtet.  Zwischen  ihm  und  dem  Napfansatze 
ist  der  Arm  befestigt,  welcher  zum  Zv/eck  der  Einstellung  um 
seine  horizontale  Axe  drehbar  ist.  Der  Napf  ragt  eben  so  hoch 
über  die  Axe  des  Scalenrohres  hervor  wie  die  Kugel;  doch  ent- 
hält er  eine  verschwindend  kleine  Menge  Luft,  damit  das  zur 
Ausgleichung  von  dort  zu  entnehmende  Quecksilber  nur  von  hier 
uachströmen  kann ,  während  der  Faden  ruhig  in  seiner  Lage 
verharrt. 

Die  Scala  ist  O'S  Meter  lang,  reicht  von -10«  C.  bis  +  60»  C. 
und  besitzt  am  Ende  eine  Arretirung. 

Leider  zeigte  auch  dieser  Apparat  einen  Fehler,  bedingt 
durch  die  grosse  Weite  des  Scalenrohres  und  den  labilen  Zu- 
stand des  Quecksilbers.  Erschütterungen ,  wie  sie  durch  Vögel, 
welche  mit  Vorliebe  auf  dem  horizontalliegenden  Stabe  Platz 
nehmen,  hervorgebracht  werden,  vermögen  die  Indication  merklich 
zu  alteriren. 


—     117     — 

Ein  neues  bei  Dr.  H.  Geissler  iu  Bonu  noch  iu  Arbeit  be- 
findliches Instrument  wird,  auch  diesen  Missstand  umgehend,  wie 
ich  hoffe ,  den  zunächst  hier  zu  stellenden  Anforderungen  ent- 
sprechen. 

Wenn  ich  wohl  auch  beabsichtige  ein  geschwärztes  Thermo- 
meter in  luftleerer  Glashülle  (Radiations-Thermometer)  zur  Ver- 
gleichuug  herauzuziehen ,  so  dünkt  mir  ein  solches  zu  dem  vor- 
liegenden Zweck  doch  nicht  sonderlich  geeignet.  Ist  schon  der 
Uebereinstimmung  mit  den  bisherigen  Instrumenten  halber  die 
Beibehaltung  der  blanken  Glas-  resp.  Quecksilber-Fläche  wün- 
schenswerth,  so  kommt  es  andererseits  hier  nicht  darauf  an,  unter 
möglichstem  Ausschluss  anderer  meteorischer  Einflüsse  die  höchste 
lediglich  durch  Bestrahlung  erreichbare  Erwärmung  durch  ein 
äusserst  sensibles  Instrument  zu  bestimmen,  vielmehr,  wie  bereits 
angedeutet,  darauf,  dass  auch  die  Dauer  der  Besonnuug  einen 
Ausdruck  erhalte  und  nicht  minder  die  Ausstrahlung:,  indem 
durch  diese  eine  Abkühlung  bewirkt  wird,  welche  durch  Bestrah- 
lung und  Luftwänne  zunächst  erst  wieder  ausgeglichen  werden 
muss.  Es  sind  dies  Punkte ,  welche  im  Leben  der  Pflanze  eine 
gewichtige  Rolle  spielen  und  denen  jedenfalls  bei  den  vergleichen- 
den Wärmemessungen  Rechnung  zu  tragen  ist,  was  vielleicht 
passend  durch  vergleichende  Baumtemperaturmessungeu,  nach 
Ebermeyer's*)  Vorgang  erreicht  werden  kann.  Wenigstens  im 
Principe  dürfte  aber  mein  InsoJationsthermometer  mit  grosser 
Kugel  diesen  Anforderungen  ebenfalls  nachgekommen  sein ;  denn 
hierzu  bedarf  es  genügender  Masse. 

In  dieser  Richtung  bin  ich  soeben  noch  mit  Versuchen  be- 
schäftigt, welche  darauf  abzielen,  Quecksilberkugel  und  Thermo- 
meter als  gesonderte  Theile  zu  behandeln.  Zu  dem  Ende  taucht 
Letzteres  in  das  Quecksilber  einer  damit  gefüllten  Kugel ,  deren 
zweckmässigste  Beschaffenheit  ermittelt  werden  soll. 

Wie  wir  heute  noch  nicht  im  Stande  sind  eine  geeignete 
Methode  anzugeben,  nach  welcher  die  der  Vegetation  durch  die 
Sonne  gebotene  Wärmemenge  in  Wärmeeinheiten  ausgedrückt 
werden  kann,  ebensowenig  vermögen  wir  die  Licht  zu  fuhr  nach 
ihrer  chemischen  W^irkung  zu  bestimmen,  weil  diese  bei  den  ver- 


*J  E.  Ebermayer,  Die  physikalischen  Einwirkungen  des  Waldes   auf 
Luft  und  Boden  u.  s.  w. 


—     118     — 

schiedeueu  Theileu  des  Spectruras  ihrem  Effect  nach  sehr  ungleich 
i-t  iiud  eiueu  exacten  Schluss  von  einer  Lichtart  zur  andern  nicht 
zulässt.  Doch  kauu  wohl  angenommen  werdeu,  dass  die  täglichen 
Maximalangaben  des  im  Vorstehenden  beschriebeuen  Thermo- 
graphen wie  der  Wärmezufuhj-  im  Grossen  und  Ganzen  auch  der 
Lichtzufuhr  parallel  laufen. 

Die  im  Gebrauche  befindlichen  Insolationsthermometer  wurden 
während  der  letzten  Winter  wiederholt  auf  ihren  Nullpunkt  ge- 
prüft und  bei  den  abgelesenen  und  eiugetragenen  Ständen  regel- 
mässig" die  entsprechende  CWrectur  angebracht. 

Beim  Snmmiren  der  täglichen  Sonnenmaxima  sind  die  Stände 
unter  Null  zur  Vergleichung  in  einer  Rubrik  der  Tabellen  mit- 
gerechnet (also  subtrahirt),  in  einer  anderen  nach  der  Methode 
von  C,  Fritsch  unberücksichtigt  gelassen  worden.  Doch  konnte 
daraus  bislauge  noch  kein  sicherer  Schluss  auf  die  Zweckmässig- 
keit des  einen  oder  des  anderen  Verfahrens  gezogen  werden,  weil 
Sonnenmaxima  unter  Null  nur  äusserst  selten  vorkamen.  Leider 
lässt  uns  der  Mangel  eines  bestimmten  und  allgemein  gültigen 
Vegetations-Nullpunktes  noch  immer  in  der  alten  Verlegenheit. 
Wäre  ein  solcher  gefunden,  so  müssteu  die  Grade  unter  demselben 
jedenfalls  vernachlässigt  werden. 

Fiel  der  Eintritt  einer  Phase  auf  den  Abend,  so  fand  die 
Eintragung  auf  den  folgenden  Tag  statt,  indem  der  verflossene 
Tag  als  wesentlich  mitwirkend  augesehen  wurde,  und  kam  alsdann 
das  Besonnuugsmaximum  desselben  zur  Gesammtsumme  hinzu. 

Was  den  Aufstellungsort  der  Thermometer  betrifft,  so  be- 
finden sie  sich  um  1  \2  Meter  über  dem  Boden  auf  eiuem  allein- 
stehenden Eichenholzpfahl  möglichst  frei  befestigt  in  nächster 
Nähe  der  meisten  Versuchspflauzen  und  in  gleicher  Exposition 
wie  diese,  so  zu  sagen  den  ganzen  Tag  über  den  Sonnenstrahlen 
ausgesetzt. 

Die  Versuchspflanzen  stehen,  abgesehen  von  einigen 
wenigen,  in  meinem  ziemlich  frei  in  der  Ebene  gelegenen  Garten. 
Jedes  Exemplar  ist  mit  Namensschild  und  fortlaufender  Nummer 
versehen ,  auf  welche  sich  die  Buchung  bezieht ,  so  dass  auch 
Unkundige  Angaben  machen  können.  Es  wird  möglichst  dafür 
gesorgt,  dass  diese  Pflanzen  nicht  verschatten,  dass  denselben 
gleichmässig  Nahrung  zu  Gebote  steht,  bei  trockenem  Wetter 
kein  Vv'assermangel    eintritt,    thierische  und    pflanzliche   Parasiten 


—     119     - 

und   lindere    Feinde   sie    niclit   beeinträchtigen    u.    s.   w.,    so   dass 
möglichst  gleichbleibende  normale  Verhältnisse  obwalten. 

Es  wurde  und  wird  beobachtet : 

a.  das  Erscheinen  der  ersten  ßliithe  bei 
Aesculus  Hippocastanum^  Rosskastanie  (2  Exemplare), 
Amygdalus  nana,  Zwergmandel  (1   Expl.), 
Serheris  vulgaris^  Sauerdorn  (2  Expl.), 

Casta^jea  vesca,  Kastauie  (2  Expl.), 
Colchicum  aukimnale,  Herbstzeitlose  (Beet), 
Corylus  Avellana,  Haseluuss  (2  Expl.), 
Crataegus  Oxyacantha,   Weissdorn  ( 1  Expl.), 
Crocus  hiteus,  gelber  Safran  (Beet), 
Galanthus  nivalis,  Schneeglöckchen  (Beet), 
Glycine  chinensis,  Glycine  (2  Expl.), 
Liliimi  canäidum^  weisse  Lilie  (Beet), 
Perslca  vulgaris,  Pfirsich  (3  Expl.), 
Prunus  avium,  Siisskirsche   (2   Expl.), 
Prunus  insiticia,  Reine-Claude  (1    Expl.), 
Prunus  Padus,  Traubenkirsche  (2  Expl.), 
Prunus  spinosa,  Schlehe  (1  Expl.), 
Pyrus  communis,  Birnbaum  (2  Expl.), 
Pyrus  Malus,   Apfelbaum  (3  Expl.), 
Pihes  Grossidaria,  Stachelbeerstrauch  (3  Expl.), 
Pihes  rubrum,  Johannisbeerstrauch  (3  Expl.), 
Samhucus  nigra,  Hollunder  (2  Expl.), 
Syringa  vulgaris,  Syringe  (2  Expl.)  und 
Viiis  vinifera,  Weinrebe  (3  Expl.) ; 

b.  die  erste  Fruchtreife  bei 

Aesculus  Hippocastamim,  Rosskastanie  (2  Expl.), 
Persiea  vulgaris,  Pfirsich  (3  Expl.), 
Prunus  avium,  Süsskirsche  (2  Expl.), 
Prunus  insiticia,  Reine-Claude  (1  Expl.), 
Pibes  Grossularia,  Stachelbeere  (3  Expl.), 
Rihes  ruhnim,  Johannisbeere  (3  Expl.), 
Samhucus  nigra,  Hollunder  (2  Expl.)  und 
Vitis  vinifera,  Weinrebe  (3  Expl.). 


—     120     — 

Zum  Zweck  der  Vergleichung  von  Ort  zu  Ort  beabsichtige 
ich  in  Gemeinschaft  mit  H.  Ho  ff  mann  für  die  Zukunft  Pflanzen- 
exemplare gleichen  Ursprungs  (einer  und  derselben  Züchtung, 
durch  Stocktheilung,  Ableger  oder  Sämlinge  einer  und  derselben 
Mutterpflanze)  und  gleicher  Cultur  (gleicher  Boden,  ähnliche  Ex- 
position, gleichmässige  Befeuchtung  etc.)  zu  verwenden.  Die  Vor- 
bereitungen hierzu  sind  bereits  seit  einem  halben  Jahre  im  Gange. 

Hält  man  alle  die  Mängel  und  Fährlichkeiteu  der  Instru- 
mente und  der  Versuchspflauzen  zusammen,  so  sollte  mau  kaum 
glauben,  dass  sich  irgend  erträgliche  Resultate  für  unsere  Be- 
rechnung ergeben  könnten.  Und  doch  ist  dem  so,  wenn  auch  die 
Uebereinstimmung  der  Zahleu  noch  nicht  die  erhoffte  Vollkom- 
menheit erreicht  hat.  Von  dieser  Behauptung  wird  sich  Jeder 
überzeugen,  der  mein  ganzes  Beobachtuugsmaterial  unter  Berück- 
sichtigung der  vielfältigen  Nebeuumstände  durcharbeitet.  Eben 
diese  Nebenumstände  sind  es  aber  auch,  welche  mich  von  der  ur- 
sprünglichen Absicht  zurückgebracht  haben,  sämmtliche  Daten,  wie 
das  H.  Ho  ff  manu  gethau  hat,*)  zu  veröffentlichen.  Fast  jede 
Zahl  müsste  ihren  Commentar  erhalten.  Eine  Reihe  von  glatten 
Fällen  hei'auszugreifen  scheint  mir  hingegen  werthlos. 

Im  Allgemeinen  ist  zu  erwähnen,  dass  die  Zählung  der  In- 
solationsmaxima  vom  1.  Januar  an  nicht  überall  genügende 
Resultate  liefert.  Ja  in  manchen  Fällen,  wie  bei  winterblüthigen 
Pflanzen  {Corylus  ÄveUana,  Daphne  Mezereum  u.  a.)  lässt  dieselbe 
ganz  im  Stiche  (negative  Resultate),  Hier  liegt  eben  kein  aus- 
gesprochener (wenn  auch  nur  relativer)  Ruhepunkt  vor,  der,  wie 
bei  anderen  Pflanzen  in  den  eigentlichen  Winter  fällt  (Winter- 
ruhe), während  welcher  Zeit  —  nahezu  3  Monate  —  es  an  und 
für  sich  ziemlich  gleichgültig  ist,  an  welchem  Tage  die  Sum- 
mirung  der  Sonnenmaxima  beginnt,  da  andererseits  die  Zahlen  nur 
niedere  sind  im  Verhältuiss  zu  den  späteren,  welche  den  Entscheid 
geben;  daher  eine  immerhin  gute  Uebereinstimmung.  Bei  den  winter- 
blüthigen Gewächsen  ist  dagegen  gerade  eine  gewisse  Stufe  erreicht, 
auf  welcher  schon  geringe  Wärmezufuhren  die  Aufblühezeit  bedingen. 

Wäre  uns  für  die  zu  beobachtenden  Pflanzen  ein  bestimmter 
Ruhepunkt,  wie  bei  dem  Schneeglöckchen  **)  oder  der  Ausgangs- 

*)  Abhandlgn.  der  Senckenberg.   naturf.  Gesellsch.    Bd.  VIII.  S.  392  fF. 
**)  Vergl.    Abhandlungen    des    naturw.    Vereins    zu  Bremen.     I\ .    1874. 
Jan.  bis  März,  S.  1 — 22. 


—     121      — 

punkt  für  die  Entwicklung  eines  Organes  bekannt,  so  wäre  es 
offenbar  das  Einfachste,  nach  Feststellung  der  Thatsache ,  von 
diesem  Tage  an  zu  zählen.  Aber  wo  ist  bei  alle  den  verschie- 
denen Pflauzeuarten  der  Ruhepunkt  und  ist  derselbe  kein  schein- 
barer, trügerischer?  Wie  ist  endlich  der  Ausgangspunkt  zu  er- 
mitteln ?   — 

Ueber  diese  Erwägungen  kam  ich  dazu  eine  Berechnuugs- 
weise  einzuführen  der  Art,  dass  ich  von  einem  anderen  Zeit- 
punkte der  Vegetationseutwicklung,  sofern  er  nur  scharf  zu  be- 
stimmen war,  zu  zählen  begann.  So  vom  Erscheinen  der 
ersten  Blut  he  im  einen  Jahr  zählend  bis  wiederum 
zur  gleichen  Phase  im  darauffolgenden  u.  s.  f.;  also 
von  gleichem  zu  gleichem  Vegetationspuukt  —  von 
einem  Vegetationsjahre  zum  andern.  Dabei  ist  voraus- 
gesetzt, dass  von  dem  einen  schwer  greifbaren,  aber  in  der  That 
bestehenden  anfänglichen  Entwicklungsstadium  (der  ersten  Anlage 
der  Blätter  und  Blüthen,  der  Befruchtuug  u.  s.  w.)  bis  zu  dem 
äusserlich  wahrnehmbaren  und  zeitlich  bestimmbaren  in  thermisch- 
physiologischer Beziehung  ein  festes  Verhältuiss  bestehe. 

Aehulich  hat  H.  Ho  ff  mann  bereits  von  der  Zeit  der  ersten 
Blüthe  einer  Pflanze  bis  zur  ersten  Fruchtreife  derselben  ge- 
rechnet und  zwar  mit  gutem  Erfolg.  *) 

Wohl  darf  ich  sagen,  dass  auch  meine  Zähluugsweise  be- 
friedigende Resultate  ergeben  hat,  besonders  wenn  man  bedenkt, 
dass  mit  der  wa,chsendeu  Zahl  der  addirteu  Daten  auch  der  Betrag 
der  möglichen  Beobachtungsfehler  gleichen  Schritt  hält.  Ueber- 
dies  lässt  hier  ein  Fehler  um  einen  einzigen  Tag  nicht  nur  die 
Summe  des  betreffenden  Jahres  zu  hoch  ,  sondern  auch  die  des 
folgenden  um  ebensoviel  zu  nieder  erscheinen  und  macht  sich  bei 
Vergleichung  beider  doppelt  geltend.  Selbstverständlich  erhält 
man  für  alle  Pflanzen  und  in  jedem  Vegetationsjahr  bei  einem 
und  demselben  Besounungsthermometer  nahezu  die  gleiche  Summe, 
welche  natürlicher  Weise  der  mittleren  Summe  einer  grösseren 
Anzahl  von  Kalenderjahren  entspricht,  welche  aber  im  einzelnen 
Kalenderjahre  bedeutend  davon  abweichen  kann.  **) 

*)  a.  a.  0. 

**)  Geben  Vegetationsbeobachtungeu  in  Verbindung  mit  Insolations- 
messungen, nach  der  angeführten  Berechuungsweise  ausgeführt,  auch  nur 
wenige  oder  selbst  nur  ein  einziges  Resultat,  so  darf  nach  Obigem  auf  die 


122     — 


Es  ist  dadurch  ein  Wesentliches  erreicht,  uämiich  die  Mög- 
lichkeit einer  leichteren  Beurtheihing  der  gewonnenen  Zahlen- 
resultate. 

Ein  Beispiel  möge  hier  zur  Erläuterung  des  Gesagten  seinen 
Platz  finden  : 


Datum 

der 

ersten  Blnthe 

Summe  der  täglichen  Insolatious-Maxima  °R, 

(Instrument  No.  2) 

von 

vom  I.Jan,  des 

vorn  Tag  der 

im  ganzen 

v.Tg.d.erst.Bth. 

Bibes  Grosmlaria 

Jahres  bis  z.  Tag 

ersten  Blüthe  v. 

Jahre  *) 

v.ü('?;.G^r.(No.5) 

(Versuchspflan  ze 

d.  ersten  Blttthe 

Bilies  Grofisularia 

i.  vorhergehndn. 

No.  5.) 

V.  Hihes  Grossti- 

(No.  5)  bis  zum 

b.z.entsprechnd. 

laria  (No.  5). 

31.Decbr.d.  Jhrs. 

d.  vorstehenden 
Jahres. 

1872:  31.  März 

10055 

5467-8 

6473-3 

— 

1873:  2.  April 

990-8 

5350-4 

6341-2 

6458-6 

(5-l67VS  +  9yO-8) 

(31.  März  1872    bis 

2.  April  1873  . 

1874:  3.  April 

9626 

63130 

(5a50-4+9G2-6) 

(2.  April  1873  bis 

3.  April  1874.) 

Den  winterbiüthigen  Pflanzen  widerfährt  bei  dem  eben  an- 
gegebenen Verfahren  ihr  volles  Recht,  mögen  sie  in  einem  und 
demselben  Kalenderjahre  zweimal  erscheinen  (1872)  oder  durch 
ein  blütheloses  getrennt  sein  (1873).  Hinsichtlich  des  in  warmen 
Jahren  stattfindenden  abnormen  wiederholten  (zwei-  und  drei- 
maligen) Blühens  kann  wohl  angenommen  werden,  dass  dasselbe 
hier  ausser  Acht  gelassen  werden  darf.  Schon  der  Umstand,  dass 
es  immer  nur  ganz  vereinzelte  Fälle  sind,  berechtigt  dazu;  ausser- 


mittlere  Jahressumme  der  Bestrahlung  und  durch  Parallelbeobach- 
tungen ebenso  auf  die  mittlere  Lufttemperatur  des  betreffenden 
Ortes  geschlussfolgert  werden.  Es  hat  dies  unter  Umständen,  besonders  bei 
wenig  oder  noch  gar  nicht  erforschten  Ländern  oder  Länderstrecken  in  so- 
fern einen  Werth ,  als  ein  einziges  Beobachtungsjahr  zur  annähernden  — 
freilich  nur  annähernden  —  Feststellung  der  Mittel  hinreicht  und  die  Ab- 
grenzung des  Jahres  für  den  Aufenthalt  gleichgültig  wird. 

*)  Mittlere  Summe   für  je    12    aufeioanderfolgende    Monate   der  letzten 
Jahre:  6456'5  «R. 


—     123     — 

dem  kauu  es  bei  ein  und  demselben  Exemplare  vorkommeu,  obue 
dem  normalen  Blühen    zur    gewöhnlichen  Zeit   Abbruch  zu  tliun. 

Ein  gewisser,  nicht  zu  verschweigender  Fehler  der  Hoff- 
mann'schen  Methode  wird  übrigens  aus  meinen  nun  sechsjährigen 
Beobachtungen  und  Berechnungen  ersichtlich.  Es  ist  das  Er- 
seheinen verhältnissmässig  zu  grosser  Summen  in  warmen  Jahren 
beziehungsweise  solchen  mit  ausnehmend  warmen  Zeiträumen  und 
tritt  am  auffallendsten  natürlich  bei  meiner  Zählungsweise  hervor. 
Dabei  differiren  die  Summen  nahestehender  Perioden  trotz  der  Ver- 
schiedenartigkeit der  Gewächse  und  ihrer  betreffenden  Leistungen 
nur  unbedeutend.  Hier  liegt  ein  Fehler  vor,  der  sich  ebensowenig 
absprechen  als  beseitigen  lässt.  Es  handelt  sich  um  ein  phäno- 
logisch  unverbrauchtes  Plus  von  Licht  und  Wärme,  welches  die 
Pflanzen,  gleichsam  dem  Aequator  genähert,  sicherlich  in  der  einen 
oder  der  anderen  Weise  nützlich  verwertheu  —  also  um  weiter- 
gehende Arbeit  (Menge  der  assimilirten  Stoffe  und  der  aufgebauten 
Theile  [Holz,  Blüthen,  Früchte  u.  s.  w.]  sowie  Qualität  der  Pro- 
ducta [Reife  des  Holzes  und  der  Früchte,  Verhältniss  zwischen 
dem  Stärke-,  Zucker-  und  Säure-Gehalt  der  Letzteren  u.  s.  w.]). 
Ohne  Zweifel  wird  es  sehr  darauf  aukommen,  in  welchem  Ent- 
wicklungsstadium der  Wärmeüberschuss  zur  Geltung  gelangt  (gute 
Weiujahre), 

Können  die  thermischen  Constanten,  wie  das  von  verschie- 
denen Seiten  eingeworfen  wird  und  auch  nicht  vollständig  be- 
stritten werden  soll,  keinen  ganz  exacten  Maassstab  für  den  Ein- 
fluss  der  Sonne  auf  unsere  Vegetation  abgeben,  so  darf  dem 
gegenüber  wohl  hervorgehoben  werden ,  wie  nothwendig  dessen 
Erkenntniss  —  und  sei  sie  eine  noch  so  empirische  —  für  den 
weiteren  Fortschritt  auf  diesem  Gebiete  ist.  Es  kann  nicht  ge- 
leugnet werden,  dass  auf  dem  breiten  Hintergrunde  der  Wärme- 
wirk uugen  sich  alle  anderen  Einflüsse,  von  welchen  das  Wachs- 
thum  der  Pflanzen  abhängt,  klar  abheben  werden  —  qualitativ 
und  quantitativ,  zeitlich  und  örtlich. 

Woran  es  noch  fehlt,  das  sind  zahlreichere  Versuche  uud 
Beobachtungen.  Stellen  wir  solche  an!  Gerade  darin,  dass  es 
gelang  factische  Fehler  zu  erkennen  und  zum  Theil  zu  beseitigen, 
liegt  die  grösste  Anspornung  zur  Fortsetzung  derselben  uud  zu 
möglichst  allgemeiner  Betheiliguug. 


124 


lieber  die   tägliche  siiccessive   Erwärmung  der 
Oceane  durch  die  Sonne 

als  Ursache  der  äquatorialen  Meeresströmungen. 

Vortrag,  gehalten  am  13.  December  1873 
von 

Friedr.  Baader. 

Bekanntlich  gibt  es  drei  grosse  Meeresbeweguugen :  die 
Wellenbewegung,  hervorgebracht  durch  den  wechseludeu  Druck 
der  Atmosphäre;  die  Ebbe  und  Fluth,  bewirkt  durch  die  Gra- 
vitation von  Mond  und  Sonne,  und  die  Meeresströmungen, 
deren  Entstehung  verschiedenen  Ursachen  bisher  zugeschrieben  wird. 

Die  Rolle,  welche  diese  grossartigen  Bewegungen  der  flüssigen 
Hülle  im  Lebeusprocesse  unseres  Erdkörpers  spielen,  wird  eher 
zu  gering  als  zu  hoch  geschätzt.  Wohl  keine  Kraft  auf  Erden 
gibt  es,  die  zerstörender  wirkt  als  sie.  Weder  Erdbeben  noch 
feuerspeiende  Berge  können  sich  mit  ihr  messen.  Was  das  wär- 
mere Wasser  nicht  löst,  das  kältere  als  Eis  nicht  sprengt,  das 
wird  von  den  Fluthen  abgenagt,  unterwühlt  und  in  mächtigen 
Massen  in  die  Tiefe  gerissen.  Weite  Länderstrecken  fallen  ihnen 
zum  Opfer.  —  Aber  von  ihnen  werden  auch  wohlthätige  Dämme 
vor  den  seichten  Küsten  aufgeworfen.  Was  heute  festes  Land, 
wird  durch  sie  zu  Meer,  und  was  heute  Meer,  durch  sie  im  Laufe 
der  Zeiten  zu  Land  umgestaltet. 

Aber  ist  die  Bewegung  der  Wellen  und  Gezeiten  nach  den 
gewöhnlichen  Begriffen  eine  zerstörende,  schädliche,  so  schaffen 
die  Meeresströmungen  fast   nur  Wohlthätiges. 

Haben  auch  sie  eine  abnagende  Wirkung,  wie  die  Zuspitzung 
der  dem  Südpole  zugekehrten  Coutinente  zu  beweisen  scheint, 
so  sind  sie  es  doch ,  welche  die  Temperatur  auf  unserem  Erd- 
körper massigen  und  ausgleichen,  welche  den  Meeresthieren  der 
heissen  Zone  das  Leben  in  kälteren,  und  umgekehrt  den  Meeres- 
thieren der  kälteren  Zone  den  Aufenthalt  in  niederen  Breiten  ge- 
statten. Treiben  sie  auch  ungeheure  Eisberge  bis  tief  in  die  ge- 
mässigte Zone,  so  führen  sie  dagegen  auch  unzählige  Bäume  von 
wärmeren  Ländeni  als  Brennmaterial  den  vegetationslosen  Einöden 


—     125     - 

der  polaren  Meere  zu.  Zugleich  vermitteln  sie  durch  den  Trans- 
port von  Sämereien  den  Austausch  der  Pflanzen  verschiedener 
Welttheile;  und  was  uns  besonders  interessiren  mag,  sie  sind  es, 
welche  die  Westküste  unseres  Erdtheiles  noch  im  hohen  Norden 
bewohnbar  machen. 

Diese  letztere  Bewegungen,  die  Meeresströmungen,  sind 
es  nun,  mit  deren  Ursachen  wir  uns  in  dem  Folgenden  ausschliess- 
lich beschäftigen  werden. 

Werfen  wir  jetzt  unsere  Blicke  auf  eine  chartograp bische 
Darstellung  der  Meeresströmungen,  z.  B.  auf  die  neueste  Ausgabe 
der  Chart  of  the  Wo  r  1  d  von  B  e  r  g  h  a  u  s ,  *)  welcher  als  Auto- 
rität in  Darstellung  der  Resultate  der  neuesten  Forschungen,  wenn 
auch  durch  eigene  Reflexionen  vielleicht  zu  sehr  ergänzt,  an- 
gesehen werden  kann,  und  betrachten  wir  das  Weltmeer,  wo  es 
den  freiesteu  Spielraum  hat,  das  ist  im  Stillen  Ocean  und  ganz 
besonders  in  seiner  südlichen  Hälfte,  so  finden  wir,  zwischen  Pa- 
tagonieu  und  Neuseeland  vom  Südpolarmeere  aus  eine  immense 
Wassermasse  in  mehr  oder  minder  östlicher  Richtung  in  Bewe- 
gung. Die  Westküste  Südaraerika's  stellt  sich  ihr  als  Hinderniss 
in  den  Weg.  Der  südlichere  Theil  dieser  polaren  Strömung  drängt 
sich  daher  als  Cap -Horn-Str  om  in  ostsüdöstlicher  Richtung 
um  das  Feuerland,  um  nun  im  Atlantischen  Ocean  seinen  begon- 
nenen Lauf  in  nordöstlicher  Richtung  fortzusetzen.  Der  mittlere 
Arm,  die  Per u vianische  oder  Humboldt-Strömung,  ver- 
folgt die  Westküste  Südamerika's  bis  zu  ihrer  westlichsten  Aus- 
biegung unter  dem  5*^  S.  Br.  Ein  dritter,  nordwestlicherer  Arm, 
welcher  sich  unter  dem  40^  S.  Br.  und  100^  W.  L.  von  dem 
Mittelarm  trennt,  erreicht,  durch  die  von  diesem  verursachte  Auf- 
stauung des  Wassers  gehemmt,  die  Küste  nicht.  Beide  verei- 
nigen sich  aber  wieder  unter  dem  14*^  S.  Br.  und  100**  W.  L., 
und  fliessen  als  Süd-Aequatorial  Strömung  gemeinschaft- 
lich nach  Westen.  Durch  die  Archipele  des  östlichen  Austral- 
landes  werden  sie  wiederum  in  zwei  Arme  geschnitten,  von  welchen 
der  nördlichere  zu  einem  kleineren  Theile  sich  innerhalb  der 
Inselgruppen  verliert,  während  die  Hauptmasse  successive  in  die 
Aequatoriale  Gegen drift  eintritt.  Der  südlichere  Arm  theilt 
sich  ebenfalls  in    mehrere  Zweige,    von  welchen  der  linke  au  der 

"j  Berghaus,  Chart  of  the  World.     7.  Aufl. 


—     126     — 

Ostküste  vou  Neuseeland  vorbei  wieder  iu  das  südliche  Polarmeer 
zurückfällt,  währeud  die  rechten  CTabeluugen  theils  der  Aequatorial- 
gegeudrift  zufliessen,  und  tlieils  zwischen  Neuguinea  und  Neuhol- 
laud  einen  Ausweg  in  den  Indischen  Ocean  suchen. 

In  der  nördlichen  Hälfte  des  Stillen  Oceans,  dessen  Nordseite 
nur  durch  die  Behringsstrasse  mit  dem  Arctischen  Meere  in  Ver- 
bindung steht,  sehen  wir  das  Wasser  einen  grossen,  elliptischen 
Kreislauf  beschreiben.  Zwischen  dem  Aequator  und  dem  Wende- 
kreis des  Krebses  ist  die  Richtung  der  Nord-Aequatorial- 
strömuug  westlich.  Abgestossen  von  der  Ostküste  China's  nimmt 
sie  nun  als  Kuro  Siwo  oder  Schwarze  Strömung  einen  nord- 
östlichen Lauf.  Nach  eingetretener  Gabelung  drängt  sich  der 
kleinere,  linke  Arm  bis  zur  Behringsstrasse,  und  durch  diese  hin- 
durch iu  das  nördliche  Eismeer,  dem  kalten  Wasser  dieses  Polar- 
beckens den  Ausgang  fast  gänzlich  verschliesseud.  Der  grössere, 
rechte  Arm,  die  Nordpacifische  Strömung,  berührt  die  Süd- 
küste der  Aleuten,  um  dann  von  der  Ostküste  Nordamerika's  ge- 
hemmt, südwestlich  laerabfliessend  sich  schliesslich  mit  der  Nord- 
Aequatorialströmung  wieder  zu  vereinigen,  während  ein  kleinerer 
Arm  als  Mexikanische  Küstenströmung  der  Westküste  entlang 
bis  zum  Aequator  hinabfliesst. 

Eine  kalte,  polare  Strömung  erzeugt  sich  nn  nördlichen 
Stillen  Ocean,  ausser  einem  geringen  Zufluss  durch  die  Behrings- 
strasse, nur  im  Behrings-  oder  Ochotskischen  Meer,  sowie  im 
nördlichen  Theile  des  Japanischen  Meeres. 

Im  Atlantischen  Ocean  nimmt  die  Strömung  wegen  der 
vom  Stilleu  Ocean  verschiedeneu  Gestaltung  seines  Beckens  einen 
etwas  modificirten   Verlauf. 

Eine  mächtige  polare  Wassermasse  drängt  sich,  wie  schon 
oben  bemerkt,  als  C  ap -Hörn -Ström  ung  zwischen  den  Peuer- 
laudsinseln  uud  dem  eisumstarrteu  Südpol  iu  den  Atlantischen 
Oceau;  andere  südpolare  Strömungen  zwischen  Amerika  und 
Afrika,  wie  die  Antarctische  Drift  treten  noch  hinzu.  Das 
hervorspringende  südliche  Afrika  tritt  ihrer  östlichen  Bewegung 
entgegen.  Der  Strom  spaltet  sich.  Ein  Theil  drängt  sich  in  den 
Indischen  Ocean;  ein  anderer  Theil  verfolgt  als  Südatlantische 
Strömung  in  nördlicher  Richtung  die  Westküste  Süd-Afrika's 
bis  zum  Meerbusen  von  Guinea  und  fliesst  dann  als  Aequatorial- 
Strömung  westlich.     Der  östlichste  Vorsprung  Brasiliens  theilt 


--      127     — 

ilm  uuii  in  zwei  Arme,  von  welchen  der  südliche  theils  der  Ost- 
küste Südamerika'.s  entlang,  als  Brasilianische  Strömung 
in  süd-süd-vrestlicher  Richtung  fliessend,  sich  zwischen  den  Feuer- 
lands- nnd  Falklandö-Iuseln  verliert ,  theils  in  einer  Ellipse  als 
S  ü  d  1  i  c  h  e  V  e  r  b  i  u  d  u  n  g  s  -  S  t  r  ö  m  u  u  g  nach  dem  Cap  der  guten 
Hoffnung  zurückfliessend,  sich  wieder  mit  der  Südatlantischeu 
Ströamng  vereinigt.  Der  nördliche  Arm  fliesst  als  Guyanische 
Kü  s te  ü  s  t r  ö  m  u  u  g  der  Nordostküste  Süd-Amerika's  entlang, 
drängt  sich  durch  die  kleineu  Antillen  in  das  Caraibische  Meer, 
und  von  diesem  in  den  Mexicanischen  Meerbusen ,  um  nun  mit 
gewaltiger  Macht  zwischen  Florida  und  Cuba  sich  hindurchdrän- 
gend, als  Golfstrom  im  Nord-Atlantischen  Ocean  wieder  auf- 
zutreten. An  der  Ostküste  der  Vereinigten  Staaten  in  nordöst- 
licher Richtung  hinziehend,  und  nur  einen  schmalen  Raum  für 
eine  polare  Strömung  zwischen  sich  und  der  Küste  lassend,  theilt 
er  sich  auf  der  Höhe  von  Neufundland  uud  dem  Biscayschen 
Meerbusen,  zwischen  40"  und  50°  N.  B.,  in  mehrere  Arnie.  Der 
südlichste  wendet  sich  gegen  die  Küste  Spaniens,  schickt  einen 
Theil  seines  Wassers  nach  der  Meerenge  von  Gibraltar ,  fliesst 
dann  in  südlicher  Richtung  au  der  Westküste  Nordafrika's  hinunter 
und  wendet  sich,  nachdem  er  die  kleine  Nordairikanische 
Strömung,  welche  die  Küste  in  ihren  Windungen  bis  zum 
Aequator  begleitet,  abgegeben,  westlich,  um  als  Nördliche 
Aequatorial  -  Strömun  g  wieder  den  Antillen  und  Bahama- 
Inseln  zuzufliessen.  Der  westlichste  Arm  dringt  an  der  Westküste 
Grönlands  entlang  durch  die  ganze  Baffinsbay  bis  in  den  Lan- 
caster-Sund;  ein  anderer  umspült  im  Sommer  die  Küsten  Islands. 
Während  hi  derselben  Jahreszeit  ein  vierter  die  Westküste 
von  Spitzbergen  bis  hoch  im  Norden  erwärmt,  geht  der  östliche 
Zweig  dieses  Armes  die  Westküste  von  Irland ,  Schottland  und 
Norwegen  hinauf,  dublirt  das  Nordcap  und  entzieht  sich,  die 
Küsten  Nowaya  Semlya's  bespülend,  allmälig  unserer  Beobachtung. 
Das  überschüssige  Wasser  des  Nordpolar-Beckens  sucht  nun, 
so  gut  es  geht,  d.  h.  soweit  es  der  gewaltige  Golfstrom  und  die 
Configuration  der  arctischen  Länder  es  zulassen,  an  der  Ostküste 
von  Gröuland,  sowie  an  den  Ostküsten  des  Baffinslandes  und 
von  Labrador  einen  Ausweg  in  den  Atlantischen  Ocean.  Sein 
Weg  ist  an  der  Ostküste  von  Nordamerika  bis  fast  zur  Südspitze 
von  Florida  zu  verfolgen. 


—     128      — 

Der  IndischeOceauist  auf  seiner  Nordseite  ganz  verschlossen, 
von  hier  aus  kann  also  weder  ein  Zu-  noch  Abfluss  stattfinden.  Auf 
seiner  Westseite  legt  sich  ihm  Afrika  als  Barriere  entgegen,  während 
ihm  die  Ostseite  nur  eiuige  schmale  Auswege  zwischen  den  Insel- 
gruppen, welche  sich  von  Hinterindien  bis  Neuholland  erstrecken, 
gestattet.  Die  Südseite  ist  dagegen  für  das  Eindringen  der  Ge- 
wässer des  Polarmeeres  weit  geöffnet.  Dieser  Coufiguration  ent- 
sprechend, gestaltet  sich  denn  auch  das  Verhalten  der  Strömungen. 

Au  der  Südwestspitze  von  NeuhoUaud  bricht  sich  ein  von 
Westen  und  Südwesteu  kommender  breiter  Polarstrom,  theilt  sich 
hier  in  zwei  Arme,  von  welchen  der  eine  um  die  Südspitze  von 
NeuhoUaud  in  den  Stilleu  Ocean  abweicht,  während  der  andere, 
die  Westküste  dieses  Pestlandes  in  nördlicher  Richtung  verfolgend, 
sich  wiederum  gabelt  und  einen  Theil  seines  Wassers  der  Nord- 
seite von  Neuholland  entlang  in  den  Stillen  Ocean  sendet,  während 
der  andere  auf  der  nördlichen  Seite  des  Wendekreises  des  Stein- 
bocks, gleich  den  äquatorialen  Strömungen  des  Atlantischen  und 
Pacifischeu  Oceaus,  eine  westliche  Richtung  nimmt,  um  sich  dann 
auf  dem  Wege  nach  Madagascar  in  mehrere  Arme  zu  spalten, 
von  welchen  der  rechte  nordöstlich,  der  linke  südöstlich  sich 
wendet,  um  nun  langgestreckte  Ellipsen  mit  dem  Hauptstrome  zu 
bilden.  Der  mittlere  Arm  dagegen  setzt  noch  seinen  westlichen 
Lauf  fort,  umfasst  Madagascar  und  suclit,  als  Mozambique- 
Strömuug  au  die  Südostküste  Afrika's  gedrängt  und  dieser  ent- 
lang, in  schnellem  Lauf,  als  Agulhas-Strömung,  vergeblich 
einen  Ausweg  um  das  Nadelcap ;  die  Nadelbauk  und  die  entgegen- 
strömenden mächtigen  Wassermassen  zwingen  ihn  vielmehr  zum 
Rücklauf,  um  theils  aufs  Neue  den  Kreislauf  im  ludischen  Ocean 
zu  beginnen,  und  theils  bei  den  Kerguelen-Inseln  einen  Ausfluss 
in  das  Südpolar-Meer  zu  finden. 

Ein  Blick  auf  die  Karte  lässt  uns  in  der  nördlichen  Hälfte 
dieses  Oceans  bis  lO*'  nach  Süden  über  den  Aequator  hinaus  ein 
complicirtes  System  von  Bewegungen  sehen,  welche  durch  die 
Jahreszeiten  bedingt  werden,  und  deren  Erklärung  und  Ent- 
wirrung vf^ir  später  versuchen  wollen. 

Aber  nicht  blos  im  Indischen  Ocean ,  in  allen  Meeren  ver- 
ändern sich  die  Strömungen  mit  der  Jahreszeit,  nach  dem  Stande 
der  Sonne.  Sie  heben  sich  im  Sommer  nach  Norden  und 
senken  sich  im  Winter  nach  Süden. 


—     129     — 

So  liegen  im  Grosseu  und  Allgeiueiueu  die  Tlmtsachen. 

Sehen  wii*  nun,  wie  man  dieselben  hat  zu  erklären  sich  be- 
müht; untersuchen  wir,  ob  die  aufgestellten  Theorien  mit  den 
eben  geschilderten  Vorgängen  übereinstimmen,  und,  wenn  nicht,  — 
wie  letztere  sich  auf  eine  einfache,  überzeugende  und  der  Wirk- 
lichkeit nicht  widersprechende  Weise  erklären  lassen. 

In  dem  umfassenden  »Lehrbuch  der  Meteorologie«*), 
durch  welches  dessen  Autor,  E.  E.  Sclimid,  sich  grosse  und 
bleibende  Verdienste  um  die  Wissenschaft  erworben,  werden  die  An- 
sichten über  die  Meeresströmungen  und  ihre  Ursachen  in  folgender 
Weise  zusaramengefasst : 

»Die  Erwärmung  des  Meeres  geschieht  ungleichförmig  au 
seiner  freien  Oberfläche.  Bedeckte  dasselbe  o-leichmässig  die  Erd- 
feste,  so  würde  überall  an  der  Oberfläche  eiue  Strömung  von 
den  warmen  Aequatorialgegenden  nach  den  kalten  Polargegenden 
fliessen,  überall  in  der  Tiefe  ein  entgegengesetzter  Rückstrom  .... 

»Zu  diesen  allgemeinen  Bedingungen  der  Entstehung  von 
Polar-  und  Aequatorialströmuugen  bringt  jedoch  die  Kugelgestalt 
der  Erde  in  Zusammeuwirkung  mit  der  Gravitation  und  mit  der 
täglichen  Umdrehung  ebenfalls  allgemeine  Entwicklungsgesetze 
hinzu,  die  Ungleichförmigkeit  und  Unebenheit  des  Meeresbodens 
und  der  Erdoberfläche  aber  besondere  Beschränkungen  .... 

»Wäre  die  Erde  eine  ruhende  Kugel,  so  würden  die  Aequa- 
torial-  und  Polarströme  in  derselben  Richtung,  in  welcher  sie 
beginnen,  fortschreiten;  ihre  Bewegung  wäre  eben  eine  einfache. 
Aber  die  Erde  dreht  sich  täglich  von  Westen  nach  Osten  um 
ihre  Axe,  und  die  Bewi  guug  der  Ströme  ist  eine  aus  dem  nord- 
südlicheu  thermisch  bedingten  Antrieb  und  aus  dieser  west- 
östHchen  Rotationsgeschwindigkeit  zusammengesetzte .... 

»Die  Meeresströme  fliessen  zwischen  dem  stromfreien  Wasser 
fast  wie  die  Landströme  zwischen  ihren  festen  Ufern,  aber  mit 
einer  oft  unvergleichlich  grösseren  Mächtigkeit  und  Geschwindig- 
keit. Der  Temperaturunterschied  zwischen  ihnen  und  dem  strom- 
freien Meere  ist  so  gross ,  dass  über  ihre  Z  u  r  ü  c  k  f  ü  h  r  u  n  g 
auf  Temperaturunterschiede  kein  Zweifel  sein  kann.... 

»Zu  der  directeu  Erregung  der  Meeresströme  durch  die  Wärme 


*)    Karsten's    Allg.   Encyklop.   d.   Physik.    XXI.  Band.     Lehrbuch  der 
Meteorologie  vod  E.  E.  Schmid.  1860.  p.  461  ff. 

9 


—     130     - 

tritt  eine  indirecte  hinzu;  sie  wird  durch  Verdampfimg  und 
Regenfall  vermittelt,  die  sich  ja  nur  zufällig  au  einem  Orte  das 
Gleichgewicht  halten  werden.« 

M  ü  li  ry ,  welchem  der  Verdienst  gebührt ,  in  seiner  »  Lehre 
von  den  Meeresströmungen«*)  diese  Theorie  am  consequeu- 
testen  durchgeführt  und  auf  alle  Theile  des  Weltmeeres  ange- 
wandt zu  haben,  fügt  der  ungleichen  E  r  w  ä  r  m  u  n  g  und  der 
Rotation  noch  ein  drittes,  von  M a ur y  besonders  verwendetes  "*) 
Moment  hinzu:  die  C  o  m  p  ensatiou  ,  und  sucht  ans  deren  Zu- 
sammenwirken die  gesammten  Strömungen  im  Einzelnen  zu  er- 
klären.    Hören  wir  ihn  selbst: 

»In  der  gesammten  oceanischen  Wassermasse  auf  der  von 
West  nach  Ost  hin  sich  umwälzenden  Erdkugel  bestehen  zwei 
permanente  sich  durchkreuzende  BcAvegungen,  welche  die  funda- 
mentalen Ströme,  oder  gleichsam  die  Achsen  aller  übrigen  bilden. 
Die  eine  ereignet  sich  der  Länge  nach,  längs  dem  Aeqaator- 
gürtel,  sie  ist  die  longi  t  ud  i]i  a  le  ,  die  andere  ereignet  sich  der 
Breite  nach  längs  den  Meridianen ,  zwischen  dem  Aequator  und 
den  Polargebieten,  sie  ist  die  latitu  di  nale.  Die  LTrsache  der 
ersten  dieser  Bewegungen  ist  die  Rotation  der  Erdkugel 
um  ihre  Achse  unmittelbar,  diese  Strömung  von  Ost  nach 
West  hin  fliessend  ist  Function  der  Ceutrifugalkraft  (wobei  die 
Wirkung  des  Passatwindes  nicht  verkannt  werden  soll);  die  andere 
Bewegung  hat  zu  ihrer  Ursache  die  permanent  bestehende  Tem- 
peratur-Differenz des  Meereswassers  zwischen  den  Polen  und 
dem  Aequator,  in  Folge  deren  innerhalb  der  oberen  Schichten 
das  kältere  und  daher  schwerere  Wasser  der  höheren  Breiten  der 
Gravitation  gemäss  fortwährend  nach  dem  wärmeren  und  daher 
leichteren  Wasser  der  unteren  Breiten  fliessen  muss.  Man  beachte 
wohl,  dass  die  Gravitation  wieder  die  eigentliche  ursprüngliche 
zu  Grunde  liegende  Kraft  ist,  wie  bei  den  Luftströmen. 


*)  Ueber    die    Lehre  vou  den  Meeresströmungen.     Untersuchungen  von 
Dr.  A.  Mühry.    1869. 

**)  Maury,  Explanations  and  Sailing  Directions  etc.  1852.  p.  46:  >In 
studying  the  syatem  of  oceanic  circulation,  I  have  found  it  necessary  to  set 
out  with  the  very  obvious  and  simple  principle,  viz:  that  from  -whatever 
part  of  the  ocean  a  current  is  found  to  run,  to  the  same  part  a  current  of 
equal  volume  is  obliged  to  return.  —  Upon  this  principle  is  based  the 
whole  System  of  currents  and  counter-currents  of  the  air  as  -well  as  of  the 
water.« 


—     l:ll     — 

»Als  dazu  gehörend  besteht  für  jede  der  beiden  Bewe- 
gungen nothwendig  ein  rückkehreuder  Compensations-Strom, 
und  so  sind  beide  Bewegungen  vollständiger  zu  nennen  Oircu- 
latioueu  ;  denn  ein  jeder  bestehender  Meeresstroni  niuss  secundär 
einen  ersetzenden  Rückstrom  veranlassen,  zur  Bewahrung  des 
Gleichgewichts  in  horizontaler  Ausdehnung  am  Orte  des  Ab- 
flusses.« *) 

Der  Vollständigkeit  halber  wollen  wir,  in  der  Zeit  rück- 
greifend, noch  hinzufügen,  dass  die  Hypothese  von  der  Einwir- 
kung der  Rotation  zuerst  von  Keppler,  Kant,  Fourier  und 
Arago  deutlich  und  bestimmt  ausgesprochen  wurde,**)  während 
der  im  Urtheilen  so  vorsichtige  Humboldt,  dem  die  Geophysik 
in  ihrer  jetzigen  Gestaltung  hauptsächlich  ihren  Ursprung  ver- 
dankt, dieser  Theorie  offenbar  misstraut  und  der  von  Franklin 
aufgestellten  Meinung,  dass  die  Passat  winde  die  Ursache  des 
Golfstroms  seien,  verbunden  mit  der  Einwirkung  der  Fluthzeit 
grösseres  Gewicht  beizulegen  scheint.  ***)  Andere  auf  die  Gezeiten, 
die    Wellen ,    den    verschiedenen    Salzgehalt    der    Meere    etc.    ge- 


*)  Mühry  a.  a.  0.  p.  3. 
**j  Keppler.  S.Opera  omnia,  ed.  Frisch,  Vol.  VI.  1866,  Epitome  astron. 
Copern.  L.  I.  5,  VII,  de  motu  terrae  diurno  p.  180:  »Experientia  nautica 
deprehensum  est,  difficilius  et  longiori  temporis  spatio  navigari  oceanum 
Africanum  in  orientem  quam  in  occidentem,  propterea  quod.  is  motu  perenni 
ruat  in  occasum  .  .  .  ipse  tarnen  circumstautiae  jam  numeratae  videntuv 
adjungere  Lunae  etiam  inertiem  naturalem  aquarum  ad  motum  restitaiitium 
in  occidente,  cum  terra  se  subducat  in  orientem.« 

Kant,  Physische  Geographie  B.  I  ed.  Rink  §  29:  »Die  allgemeine  Be- 
wegung des  Oceans  von  Ost  nach  West  rührt  her  von  der  Umdrehung  der 
Erde  um  ihre  Achse  von  West  nach  Ost,  indem  dadui'ch  das  Wasser 
gleichsam  zurückgeschleudert  wird.« 

Fourier  (in  Anuales  de  chim.  et  phys.  1824,  pag.  140):  »la  force 
centrifuge  .  .  .  deplace  ...  les  parties  ...  de  l'ocean,  eile  y  entretient  des 
courants  reguliers  et  immenses.« 

Vergl.  Mühry  a.  a.  0,  p.  6  u.  7. 
***)  Poggendor  ff's  Annalen  1827  p.  5.  In  dem  Artikel  ȟeber  die 
Hauptursachen  der  Temperatur- Verschiedenheiten  auf  dem  Erdkörper«  sagt 
A.  v.  Humboldt:  »Ich  brauche  nicht  iu  Erinnerung  zu  bringen,  wie  die  von 
den  Passatwinden  immer  gleichförmig  bewegten  Wasser  de^  Atlantischen 
Oceans,  gegen  den  vorstehenden  Damm  der  Landenge  von  Nicaragua  ge- 
trieben, sich  nordwärts  wenden«  .... 

Kosmos  1845  p.  326:  »Die  allgemeine  Bewegung  der  Meere  zwischen 
den  Wendekreisen   von    Osten    nach    Westen   (Aequatorial-   oder    Rota- 


—     132     — 

gründete  Hypothesen  übergehen  wir  als  von  der  Wissenschaft 
fallen  gelassen.  Maury,  welcher  sich  für  keine  der  augeführten 
entscheiden  mag,  begnügt  sich  ,  als  hinreichend  für  seine  Er- 
klärungen,  mit  der  Compensation,  *)  welche  Mühry  dann, 
wie  wir  gesehen  haben,  als  drittes  Moment,  der  ungleichen  Er- 
wärmung und  Rotation  hinzufügt. 

Das  physikalische  Grundgesetz ,  auf  welchem  die  thermalen 
Meeresströmungen  beruhen,  lässt  sich  so  aussprechen: 

Wird  eine  im  Gleichgewicht  befindliche  Wassermasse  an  einer 
Stelle  erwärmt,  und  somit  ausgedehnt,  leichter,  so  sucht  das  käl- 
tere, schwerere  Wasser  das  Gleichgewicht  wieder  herzustellen ;  es 
fällt  von  der  nicht,  oder  weniger,  erwärmten  Stelle  zu  der  erwärm- 
teren,  und  zwingt  das  erwärmte,  leichtere,  nach  oben  abzufliesseu. 

Da  nu]i  die  Erde  in  den  Aecjuatorialgegeuden  stärker  erwärmt 
wird,  als  in  den  höheren  Breiten,  so  strömt  das  kältere  Wasser 
der  letzteren  nach  der  erwärmteren  Zone  und  das  Wasser  dieser 
sucht  sich  einen   Abfluss. 

»Wäre  die  Erde  eine  ruhende  Kugel,«  —  sagt  Schmid**)  — 
so  würden  die  Aequatorial-  und  Polarströme  in  der.selben  Rich- 
tung, in  welcher  sie  beginnen,  fortschreiten ;  ihre  Bewegung  wäre 
eben  eine  einfache.« 

Nicht  so  einfach;  wie  es  auf  den  ersten  Blick  scheint,  denn 
wir  müssen  dabei  drei  Fälle  unterscheiden: 

Wäre  z.  B.  die  Erde  eine  ruhende  Kugel  und  die  Sonne  stände 
ebenfalls  still,   was  würde  dann  geschehen  ? 

Die  Sonne  vvürde  stets  auf  eine  und  dieselbe  Stelle  ihre 
wärmsten  Strahlen  senden,  und  die  letzterer  gegenüberliegende 
würde  gar  keine  directe  Wärme  empfangen.  Es  würde  auf  der 
Erde  nur  ein  Wärme-  und  nur  ein  Kältepol  sein.  Es  müsste 
dann  eine  von  der  jetzigen  sehr  verschiedene  Strömung  eintreten. 

Nehmen  wir  aber  die  Erde  als  stillstehend  an,  und  doch  die 
ganze  Aequatorialgegeud  als  gleichzeitig  und  gleichmässig  erwärmt, 
so  würden  wir  uns  die  Sonne  nicht  als    eine  Kugel,    sondern  als 


t  i  0 11  s  -  Strom  genannt)    wird   als    eine  Folge  der  fortschreitenden  Fluthzeit 
und  der  Passatwinde  betrachtet.« 

Man  sieht,   wie   vorsichtig  Humboldt    hier    sich    ausspricht  und    selbst 
gar  kein  Urtheil  fällt. 

*)  Maury  a.  a.  0.  p.  46. 
**}  Schmid  a.  a.  0.  §  433. 


—     133     — 

einen  grossen,  glühenden  Reif  vorstellen  müssen,  welcher  die  Erde 
nnigäbe,  wie  der  Ring  des  Batnrn  seinen  Planeten;  dann  würde 
allerdings  eintreten,  was  die  Physiker,  welche  sich  mit  der  Ursache 
der  thermalen  Strömungen  beschäftigt  haben,  annehmen,  —  dann 
»würde  überall  an  der  Oberfläche  eine  Strömung  von  den  warmen 
Aequatorialgegenden  nach  den  kalten  Polargegendeu  fliessen,  über- 
all in  der  Tiefe  ein  entgegengesetzter  Rückstrom.« 

Stände  aber  die  Erde  still  nud  die  Sonne  bewegte 
sich  um  dieselbe  von  Ost  nach  West,  so  würde  —  und 
das  ist  übersehen  M-orden  —  ganz  dasselbe  eintreten,  was 
jetzt  stattfindet.     Und  das  eben  ist  das  Punctum  saliens. 

Diese  drei  Fälle  aber  haben  die  bisherige»  Erklärer  der 
Meeres-  (und,  fügen  wir  gleich  hinzu,  der  Windes-)  Strömungen 
nicht  auseinandergehalten  und  daher  auch  den  Verlauf  sich  nicht 
klar  vorstellen  können. 

Wir  kommen  nun  zur  Ablenkung  der  thermalen  Ströme 
durch  die  Rotation.     Die  physikalische  Hypothese  lautet: 

»Ein  Punkt  der  Erdoberfläche  ....  beschreibt  nämlich  täg- 
lich einen  Kreis  parallel  dem  Aequator,  dessen  Durchmesser  gleich 
ist  dem  Abstände  des  Punktes  von  der  Erdaxe  ....  Wird  nun 
von  irgend  einer  Breite  aus  eine  Aequatorial-  oder  Polarströmung 
erzeugt,  so  wird  ihre  Bahn  doch  nicht  durch  den  südnördlichen 
oder  nordsüdlichen  Antrieb  allein  bedingt,  sondern  zugleich  durch 
die  w^estöstliche  von  der  Axendrehung  der  Erde  herrührende  Be- 
wegung. Indem  eine  Polarströmung  zu  niedrigeren  Breiten  gelangt, 
behält  sie  die  westöstliche  Rotation  des  Ortes,  von  wo  sie  aus- 
ging,   mit    unverändeter    Geschwindigkeit    bei«   ....*) 

Fangen  wir,  wie  unsere  Vorgänger,  nochmals  bei  der  ruhenden 
Erdkugel  an ,  auf  welcher  sich  das  Wasser  ebenfalls  in  überall 
ruhendem  Gleichgewicht  befinden  muss,  und  lassen  wir,  in  Ge- 
danken, die  Rotation  beginnen.  Das  Meer  würde  ohne  ungleich- 
massige  Erwärmung  auf  allen  Punkten  der  Erde  die  Rotations- 
geschwiudigkeit  der  Breiten  haben,  auf  welchen  es  sich  befindet, 
aber  nirgend  seinen  einmal  eingenommenen  Platz  verlassen.  Nun 
erscheint  plötzlich  die  Sonne  auf  ihrer  jetzigen  Stelle,  im  Bereiche 
der  Erde,    und  erwärmt  das  Meer  in   der  Aequatorialgegend. 

Wie  müsste  sich  uothwendig  der  Verlauf  gestalten,  w^enn  die 


*)  Schmid  a.  a.  0.  §  433. 


-      134     — 

Hypothese  von  der  Einwirkung    der  Rotation  auf  die  Ablenkung 
der  thermalen  Strömungen  gegründet  wäreV 

Suchen   wir   uns    dies  durch    eine   graphische  Darstelking  zu 
veranschaulichen. 


Die  pohire  Strömung  müsste  auf  ihrem  Wege,  um  das  durch 
die  starke  Erwärmung  in  den  Aequatorialgegenden  gestörte  Gleich- 
gewicht wieder  herzustellen,  —  wenn  sie  wirklich  »die  west- 
östliche Rotation  des  Ortes,  von  wo  sie  ausging,  mit 
unveränderter  Geschwindigkeit«  beibehielt,  auf  der 
nördlichen  Halbkugel  in  südwestlicher,  und  auf  der  südlichen 
Halbkugel  in  nordv/estl  icher  Richtung  abweichen,  wie  die 
Pfeile  SB  .  .  .  auf  der  Zeichnung. 

Die  in  den  Aequatorialgegendeu  erwärmten  Wasser  müssten 
ihrerseits ,  wegen  ihrer  grösseren  Rotationsgeschwiudigkeit ,  bei 
ihrem  Abfliessen  nach  höheren  Breiten,  nach  Norden  in  nord- 
östlicher, und  nach  Süden  in  südöstlicher  Richtuug  laufen, 
Avie  die  Pfeile  AÄ  .  .   . 

Die  warmen  und  kalten,  die  Aequatorial-  und  Polarströme 
müssten  dort,  wo  ihre  Kräfte  sich  das  Gleichgewicht  halten,  noch 
stärker  ausbiegen ,  oder  stillstehen ,  oder  der  eine  Strom  müsste 
untertauchen  und  deu  andern  über  sich  hinweggehen  lassen.  Auch 
in  letzterem  Falle  würde  die  Richtung  dieselbe  bleiben. 

Aber  finden  wir  dies  durch  die  That  bestätigt?  Im  Gegen- 
theil;  wir  sehen  die  Strömungen  selbst  dort,  avo  sie  den  freiesttn 


—     135     — 

Spielraum,  wie  iu  der  südlichen  Hälfte  des  Grossen  Oceans  haben, 
gerade  in  entgegengesetzter  Richtung  sich  bewegen. 

Wäre  es  die  Rotation,  welche  die  Ströme  lenkte,  so  würden 
ja  in  diesem  Oeean  die  Aequatorialströme  statt  von  Amerika  nach 
Asien,  von  Asien  nach  Amerika  tlicssen  müssen,  und  die  Compen- 
satiou  durch  den  antarctischeu  Polarstrom  würde ,  statt  der  ame- 
rikanischen, im  Gegeutheil  der  australischen  Küste  enilaug  statt- 
finden. 

Nun  sehen  wir  sogar  auf  dem  Aequator  selbst  eine  östliche 
Strömung,  die  äquatoriale  Gegendrift,  welche  also  eine 
grössere  Geschwindigkeit  haben  muss  als  die  Rotationsgeschwin- 
digkeit der  Breiten,  in  welchen  sie  entsteht,  selbst. 

Ganz  denselben  Verlauf  wie  im  südlichen  Stillen  Ocean 
sehen  wir  im  südlichen  Atlantischen  und  selbst  im  Indischen 
Ocean  sich  vollziehen. 

Könnten  wir  den  arctischen  Strömungen,  soweit  sie  bis  jetzt 
bekannt  sind,  eine  von  der  hemmenden  Gestaltung  des  Nordpolar- 
beckens unabhängige,  selbständige,  nur  von  den  thermalen  Ein- 
flüssen und  der  Rotation  bedingte  Richtung  zuschreiben,  so  würden 
wir  finden,  dass  sie  allein  von  allen  Strömungen  der  Rotations- 
theorie gemäss  sich  bewegen.  Aber  dann  wäre  es  um  so  auf- 
fälliger, dass  sie  gerade  den  entgegengesetzten  Lauf  der  antar- 
ctischeu Strömungen  nehmen,  dass  sie  nämlich  statt  einer  östlichen 
Richtung,  wie  sie  die  südpolaren  Strömungen  zeigen ,  eine  west- 
liche besitzen;  denn  der  aus  der  Hudsons-  und  Baffins~ßai  kom- 
mende kalte  Strom  drängt  sich  an  der  Ostküste  Amerika's  entlang, 
und  die  von  beiden  Seiten  Spitzbergens  herkommenden  nehmen 
ebenfalls  eine  westliche  Richtung.  Wir  hätten  also  in  den  nörd- 
lichen Polargegenden  eine  Richtung  nach  Westen,  und  in 
den  südlichen  eine  solche  nach  Osten. 

Vergeblich  wird  mau  suchen ,  diesen  Widerspruch  mit  der 
Rotationstheorie  in  Einklang  zu  bringen.  Ebensowenig  wird  man 
uns  zumuthen  können,  die  Richtung  der  überall  gehemmten  nord- 
polaren Ströme  als  die  gesetz massige  und  die,  der  im  freie- 
sten  Spielräume  sich  bewegenden,  südpolareu  als  Ausnahmen 
von  der  Regel,  als  zufällige  zu  betrachten  —  wie  sehr  man 
auch  die   »Compensation«  zu  Hülfe  rufen  mag. 

Eine  nothwendige  Cousequenz  der  Rotationstheorie  ist  auch 
folgende  Annahme : 


—     136     — 

»Dass  Ströme  beim  Uebergreifen  aus  einer  Hemisphäre  iu 
die  andere  ihre  Ablenkung  zuerst  verlieren,  dann  in  die  entgegen- 
gesetzte umkehren,  versteht  sich  aus  den  vorigen  Betrachtungen 
von  selbst.  Setzt  sich  ein  nordöstlicher  Polarstrom«  (d.  h.  ein 
südwestlich  fliessender)  »der  nördlichen  Hemisphäre  über  die 
südliche  Hemisphäre  fort,  so  geht  er  durch  Nord  nach  Nordwest« 
(d.  h.  auf  die  Richtung  bezogen  :  durch  Süd  nach  Südost)  »über, 
und  ebenso  ein  südöstlicher«  (d.  h.  in  nordwestlicher  Richtung 
fliessend)  »der  südlichen  Hemisphäre  durch  Süd  nach  Südwest« 
(d.  h.  durch  Nord  nach  Nordost  fliessend).  *) 

Der  Südatlantische  Strom  müsste  also,  wenn  die  Rotation 
seine  Richtung  bedingte,  nachdem  er  der  Südwestküste  Af'rika's 
hinabgeflossen  und  in  nordwestlicher  Richtuug  den  Aequator  über- 
schritten hat,  was  zwischen  dem  10.  und  20*^  w.  L.  Greenw.  statt- 
findet, sich  nach  Osten  umdreheu.  Statt  dessen  aber  geht  er  mit 
vermehrter  Geschwindigkeit  durch  80  Läugengrade  in  west-nord- 
westlicher  Richtuug  weiter,  bis  er  —  nachdem  er  einen  Weg 
durchlaufeu,  der,  wenn  Avir  zugleich  die  diagonale  Richtung  von 
circa  20°  nach  Norden  mit  in  Rechnung  ziehen,  über  eiu  Viertel 
des  Erdumfanges  beträgt,  und  erst  nachdem  er  im  Caraibischen 
Meer  und  Mexicanischen  Meerbusen  überall  mit  dem  Kopfe  ange- 
stosseu,  —  sich  endlich  besinnt,  dass  er  ja  der  Theorie  nach  schon 
beim  Uebersch reiten  des  Aequators  (d.  h.  wenn  wir  seine  mittlere 
Geschwindigkeit  zu  20  g.  Seemeilen  in  24  Stunden**)  annehmen, 
seit  ungefähr  dreiviertel  Jahren  verpflichtet  gewesen,  nach 
Osten  einen  Ausweg  zu  suchen. 

Wir  sehen  ferner,  soweit  bis  jetzt  Beobachtungen  vorliegen, 
dass  sich  die  Meeresströme,  analog  den  Passatwiudeu,  im  Sommer 
anders  verhalten  als  im  Winter,  dass  sie  im  Allgemeinen  in  un- 
serem Sommer  sich  nach  Norden  heraufbewegen  und  im  Winter 
nach  Süden  hinab. 

»Wenn  der  Golfstrom  die  Küsten  der  Vereinigten  Staaten 
verlässt,     fängt    er     an,    seinen    Weg    durch     den    Ocean,    den 


*)  Schmid  a.  a.  0.  p.  464.  Schmid's  Bezeichnung  der  Drehungen 
ist  von  den  Winden  genommen,  welche  nach  ihrer  Herkunft  benannt  wer- 
den; auf  die  Meeresströme  bezogen,  muss  die  Richtung  bezeichnet  werden, 
welche  dieselben  nehmen;  ich  habe  diese  in  Klammern  zur  Erläuterung 
beigefügt. 

**)  Berghaus,  Chart  of  the  World.  7.  Aufl. 


-     137     — 

Jahreszeiten  gemäss  abzuäuderu.  Die  Greuze  seines  Nord- 
raudes  liegt  bei  seinem  Durchgange  durch  den  Meridian  des  Cap 
Race  im  Winter  zwischen  40  —41 "  N.  Br.  und  im  September, 
wenn  die  See  am  wärmsten  ist,  zwischen  45  und  46 "^  N.  Br.«  *) 
Im  Sommer  steigt  die  äusserste  Spitze  des  Golfstromes  über  Spitz- 
bergen und  den  80°  N.  Br.  hinaus,  während  er  im  Winter  nicht 
bis  zur  Bären-Insel  reicht.  **) 

Der  Mozambiquestrom  au  der  Südost  -  Küste  Afrika's  biegt 
»während  des  Sommers  (Februar  und  März)  in  einem  weiten, 
13°  östl.  L.  Greeuwich  und  45°  südl.  Br.  berührenden  Bogen, 
während  des  Winters  (Juli)  in  einem  kürzeren  zwischen  16°  ö.  L. 
und  41°  südl.  Br.«   nach  Osten  um.***) 

Auch  der  Malabarstrom  im  Indischen  Ocean  fiiesst  von  April 
bis  October  von  Westen  nach  Osten  und  von  October  bis  April 
von  Osten  nach  Westen;  anderer  kleinerer  Strömungen,  die  einem 
ähnlichen  Wechsel  unterliegen,  nicht  zu  gedenken,  f) 

Dass  auch  ein  solches  Heben  und  Senken  bei  den  Aequa- 
torialströmen  stattfinden  müsse,  sehen  wir  aus  dem  Verschieben 
der  Isothermen  der  Meeresoberfläche  je  nach  den  Jahreszeiten,  ff ) 


*)  Maury-Böttger,  Die  phj's.  Geogr.  des     Meeres.  1859.  p.  29. 
**)  Vergl.  die  Karten  in  Petermann,  Der  Golfstrom,  in  »Mittheilungen«, 
16.  Bd.-  1870.  VI.  u.  VII.  Theil. 
***)  Schmid  a.  a.  0.  p.  470. 

f)  Vergl.  Berghaus,  Chart  of  the  World,    7.  Aufl.   Ferner:  Berghaus 
phys.  Atlas,  Abthlg.  Hydrographie  No.  4.     Schmid  a.  a.  0.  p.  471.  f. 

tt)  Schmid  a.  a.  0.  p.  254  fF.  u.  Atlas  dazu,  Taf.  II— V.  Man  ver- 
gleiche namentlich  die  Isotherme  von  SC^  F.  deren  diagonaler,  aber  dem 
Atlantischen  Aequatorial-Strom  paralleler  Verlauf  ihre  Beziehung  zu  diesem 
am  deutlichsten  nachweist:  »Auf  der  nördlichen  Hemisphäre  erreicht  sie 
die  höchste  Breite  im  August  und  September ,  nahe  der  amerikanischen 
Küste  beinahe  den  40sten  Breitegrad  und  läuft  östlich  bis  in  die  Mitte  des 
Atlantischen  Oceans;  hier  biegt  sie  steil  um  in  der  Eichtuug  etwa  gegen 
Cap  Palmas;  im  August  scheint  sie  jedoch  die  afrikanische  Küste  nicht  zu 
berühren,  wie  im  Juli  ....    Vom  October  an  geht  sie  rasch  rückwärts,  bis 

zum  Februar,  wo  ihre  Lage  etwa  5"  n.  Br.  ist Vom  Januar  bis  zum 

April  nimmt  sie  das  Carai bische  Meer  und  bis  zum  Juli  den  Golf  von 
Mexico  ein ,  zieht  sich  den  Küsten  entlaug  bis  zu  40*^  n.  Br.  und  von  da 
als  eine  schmale  Zunge  zwischen  35  und  40*  n.  Br.  östlich  bis  55°  vv.  L. 
(Greenwich)  ....  Auf  die  südliche  Hemisphäre  scheint  dieselbe  Isotherme  — 
auf  Maury's  Karten  ist  die  Linie  nicht  ausgezogen  —  während  des  August 
nur  in  der  Nähe  der  Küste  und  nur  wenig  überzugreifen ,  und  auch  im 
September  schneidet  sie  ...  .  fast  ganz  mit  dem  Aequator  ab.  Den  weitesten 


-     138     - 

Aber  die  StrömuDgeu  heben  und  senken  sich  nicht  blos  mit 
dem  Staude  der  Soune ;  auch  ihre  Geschwindigkeit  ändert 
sich  nach  derselben. 

»Mit  der  Temperatur  des  Caraibischen  Meeres  und  des  Golfs 
von  Mexico  nimmt  auch  der  Golfstrom  jährlich  an  Intensität  zu 
und  ab.  Seine  mittlere  Geschwindigkeit  in  den  Eugen  von  Bemini 
ist  im  März  nur  ^/4  geogr.  Meilen  in  der  Stunde,  im  Sep- 
tember y4 . «  *) 

Wäre  es  die  Rotation,  welche  die  Ablenkung  der  Strömungen 
veranlasste,  so  müsste  in  allen  Jahreszeiten  derselbe  Verlauf  statt- 
linden, oder  wir  müssten  annehmen,  dass  ihr  Angriffspunkt  im 
Sommer  ein  anderer  sei  als  im  Winter:  und  doch  kann,  der 
Natur  der  Sache  nach,  ihre  grösste  Wirkung  sich  stets  nur  au 
einer  und  derselben  Stelle,  am  gross ten  Kreise,  also  nur  am 
Aequator  geltend  machen. 

Wir  haben  nun  aber  bereits  drei  Bewegungen  kennen  ge- 
lernt, welche  von  allen  Geophysikern  dem  Stand  der  Sonne  zu- 
geschrieben werden: 

1.  die  allgemeine  thermale  Bewegung  von  den  Polen  zum 
Aequator  und  umgekehrt,  hervorgerufen  durch  die  un- 
gleiche Erwärmung  in  den  verschiedenen  Breiten  während 
des  ganzen  Jahres : 

2.  das  Sich -Heben  und  Senken  der  longitudinalen  Strö- 
mungen von  Norden  nach  Süden  und  umgekehrt,  je 
nach  der  Jahreszeit,  veranlasst  durch  das  Sich-Heben  und 
Senken  der  Sonne  zwischen  den  Wendekreisen  und 

3.  die  grössere  oder  geringere  Geschwindigkeit  dieser  Strö- 
mungen, welche  ebenfalls  durch  die  Verschiebung  des 
Laufes  der  Sonne  zwischen  den  Wendekreisen  während 
des  Jahres  bedingt  wird. 

Wenn    man    nun    den    jährlichen    thermalen    Einflüssen    der 

Raum  umspannt  sie  im  Februar,  zwischen  der  südamerikanischen  Küste 
und  dem  20°  w.  L.  (Greenwich)  bis  nahe  25*'  s.  Br. ;  im  Januarsmittel  er- 
scheint sie  wieder  sehr  zurückgedrängt;  im  März  und  April  erreicht  sie 
eine  mittlere  südliche  Breite  von  10";  von  da  geht  sie  wieder  bis  zum 
August  rückwärts,  stets  mit  der  brasilianischen  Strömung  der  Küste  von 
Südamerika  entlang  in  höhere  Breiten  geführt  als  auf  der  afrikanischen 
Seite.«  In  dem  Herauf-  und  Hinabrücken  der  Stilte- Gürtel  sehen  wir  deut- 
licher das  analoge  Verhalten  der  Winde. 
*)  Schmid  a.  a.  0.  p.  468. 


—     139     — 

Sonue,  modificirt  durch  die  Neigung  der  Erdaxe  zu  ihrer  Bahn, 
solche  mächtige  Bewegungen  der  (rewässer  der  Oceaue  zugeschrieben 
hat  und  zuschreiben  musste ;  wie  kam  es,  '  dass  man  nicht  auch 
den  täghchen  Stand  der  Sonne  in  Rechnung  zog,  um  eine  dritte 
Modification  der  Bewegung  der  Meere,  uämhch  die  Ablenkung 
von  ihrem  m  e  r  i  d  i  o  n  a  1  e  n   Lauf  zu  erklären  ? 

Die  einfache  Antwort  darauf  ist  wohl :  weil  das  Wort  »Ro- 
tation« einmal  ausgesprochen  war;  —  wenn  auch  ausgesprochen 
zu  einer  Zeit,  wo  unsere  Kenntnisse  von  den  Meeresströmungen 
noch  die  allerdürftigsten  waren ,  aber  gestützt  durch  Namen  wie 
K  e  p  p  1  e  r ,  K  a  n  t  u.  s.  w. 

Aber  so  wie  die  ungleiche  Erwärmung  des  Meeres  in  den 
verschiedenen  Breiten  durch  die  Sonne  es  ist,  welche  die  meri- 
d  i  0  n  a  1  e  n  Strömungen  erzeugt,  so  kann  es  auch  nur  die  ungleiche 
Erwärmung  durch  das  tägliche  Fortrücken  der  Sonne  von 
Osten  nach  Westen  sein,  welche  die  Ablenkung  der  Ströme 
von  dieser  meridionalen  Bahn  hervorruft. 

Der  mit  dem  Thermometer  messbare  Unterschied  der 
stündlichen  Erwärmung  der  Meeresoberfläche  ist  zwar  nur  ein 
geringer,  aber  die  Differenz  zwischen  den  zwei  Sommern  und 
zwei  Wintern  der  Aequinoctialgegend  beträgt  weniger  als  der 
Unterschied  zwischen  Tag  und  Nacht.*)  Wenn  nun  dieser 
geringere  Unterschied  zwischen  den  Sommern  und  Wintern  der 
Aequinoctialgegend  den  Golfstrom  um  fünf  Breitegrade  herabzu- 
ziehen vermag,  so  werden  wir  wohl  dem  grösseren  Unterschiede 
zwischen  Tag  und  Nacht  auch  eine  grössere  Wirkung  auf  die 
Meeresbewegungeu  zuschreiben  müssen. 

Auch  bei  dieser  täglichen  ungleichen  Erwärmung  und  der 
mit  ihr  verbundenen  Evaporation  muss  nothwendig  stets  das 
weniger  erwärmte,  und  durch  Verdunstung  weniger  verminderte 
Wasser  zur  Herstellung  des  Gleichgewichts  dem  mehr  erwärmten 
und  durch  Verdunstung  zugleich  stärker  verminderten  zuströmen;  — 
und  wenn  die  Erwärmung  und  Verdunstung  fortschreitend 
ist,  so  muss  auch  die  dadurch  erzeugte  Bewegung  eine  fort- 
schreitende sein. 

Sobald  der  erste  Strahl  der  Sonne  das  Meer  trifft,  beginnt 
die  Wirkung.     Sie    nimmt    gradatim    zu    bis    zur  Culmination  — 


*)  Schmid  a.  a.  0.  p.  114.  §  165. 


~      140     — 

und,  wie  die  Erfahrung  zeigt,  noch  längere  Zeit  darüber  hinaus  — 
um  dann  ebenso  stufenweise  und  langsam  wieder  abzunehmen. 
Aber  beim  letzten  Strahl  kommt  nicht  die  grösste  Abnahme  zur 
Geltung,  sie  tritt  erst  viel  später  ein  —  kurz  vor  Aufgang  der 
Sonne. 

Verfolgen  wir  nun  den  scheinbaren  Lauf  der  Sonne ;  be- 
halten aber  dabei  im  Gedächtniss,  dass  die  Meere  zwar  auf  der 
nördlichen  Seite  durch  die  Coutinente  zum  Theil  von  einander 
geschieden,  ihr  Zusammenhang  aber  auf  der  südlichen  Seite  nicht 
unterbrochen  ist. 

Ungefähr  um  unsere  Mfttagszeit,  wenn  die  Sonne  durch  den 
Meridian  von  Hamburg,  Ulm,  Tunis  und  der  Bai  von  Biafra, 
dem  Anfange  des  Meerbusens  von  Guinea,  geht,  und  dort  ihre 
grösste  Wärme  entwickelt,  beleuchten  ihre  letzten  Strahlen  noch 
den  ganzen  Indischen  Ocean  bis  Sumatra,  während  ihre  ersten 
bereits  auf  den  Stillen  Ocean  an  der  Küste  von  Ecuador  fallen. 
Mit  jeder  Stunde  schreitet  ihr  Höhepunkt  um  15^  nach  Westen 
vor.  —  Um  4  Uhr  culminirt  sie  über  der  Mündung  des  Ama- 
zoneustromes ;  ihre  Strahlen  reichen  im  Grossen  Ocean  bis  zu  den 
Marquesas-Inseln,  während  sie  im  Osten  den  Indischen  Ocean  an 
der  Ostküste  Afrika's  verlassen.  Um  (3  Uhr  culminirt  sie  über 
dem  Anfang  des  Grossen  Oceans  an  der  amerikanischen  West- 
küste und  sendet  ihre  westlicheu  Strahlen  bis  über  die  Mitte 
dieses  Oceans  —  bis  zu  den  Phoenix-  und  Samoa-  oder  Scbiffer- 
Inseln;  aber  ihre  letzten  verlassen  den  Atlantischen  Ocean  au 
der  Westküste  von  Afrika.  Um  10  Uhr  culminirt  sie  über  den 
Marquesas-Inseln ;  ihr  letzten  östlichen  Strahlen  verlassen  den 
Atlantischen  Ocean  au  der  Mündung  des  Amazon,  während  ihre 
eisten,  westlichen  über  Neu-Guiuea  hinweg  bereits  die  Molukken 
erreichen.  Um  12  Uhr  Nachts  nach  unsei-er  Zeit  culminirt  sie 
über  der  Mitte  des  Grossen  Oceans,  dem  Meridian,  welcher  das 
Ostcap  au  der  Behringsstrasse  im  Norden,  und  die  Samoa-Inseln 
im  Süden  schneidet;  während  ihre  östlichen  Strahlen  noch  bis 
zum  Anfange  des  Grossen  Oceans  au  der  Westküste  von  Süd- 
amerika reichen,  berühren  ihre  ersten,  vrestlichen  das  Ende  dieses 
Oceans  und  bescheinen  bereits  die  Halbinsel  Malacca  und  die 
Insel  Sumatra,  und  reichen  bis  in  deu  Indischen  Oceau  selbst. 
Um  6  Uhr  Morgens  n.  u.  Z. ,  culminirt  sie  über  dem  Anfang 
des    Indischen    Oceaus,    der    Strasse    von    Malacca;     ihre    letzten 


—     141     — 

Strahlen  verlassen  die  Mitte  des  Stillen  Oceans,  während  ihre 
ersten,  westlichen,  ganz  Afrika  bescheinen  und  bereits  den  At- 
lantischen Ocean  unter  dem  Meridiane  berühren,  von  welchem 
wir  ausgegangen  sind. 

Wir  sehen  also,  dass  um  12  Uhr  Mittags  nach  unserer  Zeit 
die  ersten  Strahlen  der  Sonne  auf  den  Grossen  Ocean  im  Osten 
um  dieselbe  Zeit  fallen,  in  welcher  ihn  ihre  letzten  im  Westen 
verlassen.  Die  Bestrahlung  und  ihre  Wirkung  ist  in  diesem 
Oeeane  eine  ununterbrochene,  selbst  des  » todten  Punktes«  er- 
mangelnd. 

Die  erste  Erwärmung  vom  geringsten  täglichen  Betrage  bis 
zum  höchsten  am  Mittag  findet  demnach  in  diesem  Meere  an  der 
Westküste  Amerika's  statt,  und  schreitet  von  hier  aus  in  12  Stun- 
den successive  über  das  ganze  Aveite  Becken  nach  Westen  fort. 
Der  erste  Zudrang  kälteren  Wassers  inuss  also  auch  au  der 
Westküste  Amerika's  erfolgen,  einmal,  weil  hier  die  Erwärmung 
beginnt,  und  zweitens,  weil  hier  während  des  Umlaufes  der  Sonne 
um  die  Erde  auch  die  vevhältnissmässig  grösste  Abkühlung  des 
Wassers  eingetreten  ist. 

Dieser  Zudrang  des  kälteren  Wassers  darf  nun  aber  nicht 
als  ein  Fliessen  im  gewöhnlichen  Sinne  betrachtet  werden,  welches 
von  den  Polen  aus  seinen  Anstoss  erhält,  sondern  als  ein  Fallen 
des  kälteren,  schwereren  Wassers  in  das  nächste  wärmere  und 
daher  aufgelockerte;  ein  Fallen,  das  sich  ohne  Unterbrechung  am 
Anfangspunkte  wiederholt  und  rückwärts  ohne  Unterbrechung 
sich  immer  weiter  fortsetzt,  und  so  die  Bewegung  erzeugt,  welche 
uns  als  eine  gleichmässig  dahin  sich  bewegende  Strömung  er- 
scheint. Gehen  wir  von  dieser  einzig  richtigen  Anschauungs- 
weise aus,  so  erhält  die  Theorie  von  der  Beibehaltung  der  Ro- 
tationsgeschwiudigkeit  des  Ortes,  von  welchem  die  Bewegung 
ausgegangen  *),  eine  ganz  andere  Bedeutung ;  d.  h.  sie  fällt  in 
der  von  den  Geophysikern  bisher  versuchten  Anwendung  auf  die 
Polarströme  in  sich  selbst  zusammen,  da  diese  den  Impuls  zu 
ihrer  Bewegung  eben  nicht  von  den  Polar-  sondern  von  den 
Aequator ial-Gegeuden  aus  empfangen,  und  somit  ihre  An- 
fangsgeschwindigkeit gar  nicht  in  den  erstereu,  son- 
dern in  den  letzteren  zu  suchen  ist. 


*)  Schmid  a.  a.  0.  p.  462. 


—     142     — 

Ist  nun  die  Bewegung  im  Osten  des  Grossen  Oceans  erst 
eingeleitet,  so  muss  dem  ersten  Nachstuvz  des  benachbarten  käl- 
teren Wassers  ununterbrochen  ein  anderer  folgen,  und  da  die  Er- 
wärmung nach  Westen  fortschreitet,  so  wird  auch  das  nach- 
stürzende Wasser  gezwungen,  ebenfalls  nach  Westen  ihr  nach- 
zueilen, und  ferner,  da  es  seinen  Ersatz  stets  im  Rücken  suchen 
und  finden  wird,  so  muss  es  sich  nothwendig  zu  einer  äqua- 
torialen Strömung  in  westlicher  und  einer  polaren  in 
östlicher  Richtung  gestalten. 

Hört  die  Bestrahlung  im  Westen  des  Grossen  Oceans  auf,  so 
beginnt  sie  —  wie  wir  gezeigt  haben  —  bereits  wieder  im  Osten; 
—  und  so  seheu  wir  Ursache  und  Wirkung  unmittelbar,  und 
immer  in  dersel'ten   Richtung  auf  einauder  folgeii. 

Gäbe  es  keine  Coutinente,  so  würden  wir  in  der  heissen  Zone 
einen  Strom  finden ,  welcher  in  ostwestlicher  Richtung  ununter- 
brochen die  Erde  umkreiste.  Den  grossen  Aequatorialströmuugen 
des  Pacifischen  Oceans  stellen  sich  nun  aber  das  Australland  und 
die  Küsten  Asiens  entgegen  und  zwingen  sie  —  da  sie  eben  über 
das  Festland  nicht  hinwegköunen  —  nach  Norden  und  Süden 
einen  Ausweg  zu  suchen.  Da  aber  in  der  nördlichen  Hälfte  dieses 
Oceans  die  immer  weiter  vorspringenden  Küsten  Asiens  auch  immer 
neue  Hemmnisse  bereiten,  so  gestaltet  sich  der  Abflugs  dieser  Con- 
figuratiou  gemäss,  zu  einer  Carve,  welche  zuerst  als  Kuro  Siwo,  der 
einen  kleineren  Arm  nach  der  Behringsstrasse  sendet,  und  nordpaci- 
fische  Strömung  in  östlicher  und  dann  au  der  Westküste  Nord- 
Amerika's  in  südlicher  Richtung  entlang  ihren  Lauf  nimmt. 

Da  dieser  rücklaufende  Strom  wohl  keine  grössere  Geschwin- 
digkeit als  die  südliche  Verbinduugsströmung  des  Atlantischen 
Oceans  haben  dürfte,  nämlich  15  Meilen  (60  auf  einen  Grad)  in 
24  Stunden,  so  braucht  er  über  ein  Jahr,  um  von  seinem  Anfangs- 
punkte an  der  chinesischen  Küste  bis  zur  Küste  von  Californien 
zu  o-elangeu.  Seine  Temperatur  ist  auf  diesem  langen  Wege  so 
bedeutend  abgekühlt,  dass  er,  von  der  grösseren  Erwärmung  in 
den  Aequatorialgegenden  wie  ein  Polarstrom  afficirt,  zwischen  dem 
Wendekreise  des  Krebses  und  dem  10°  n.  B.  als  Nord-Aequatorial- 
strom  sich  nach  Westen  wendet  und  den  elliptischen  Kreislauf 
wieder  beginnt. 

In  der  südlichen  Hälfte  des  Grossen  Oceans  treten  dem  aus- 
weichenden Strom  im  Westen  die  austrahschen  Inselgruppen   und 


-      143     - 

der  australische  Coutineiit.  und  im  Süden  die  mächtigen  antar- 
ctischen  Strömungen  entgegen  und  modificiren  seinen  bis  jetzt  nicht 
hinreichend  bekannten  Kreislauf. 

Im  Atlantischen  0  c  e  a  n  haben  wir  einen  abweichenden, 
aber  für  unsere  Zwecke  um  so  belehrenderen  Vorgang ;  denn  hier 
treten  nicht  nur  die  pohiren  Strömungen,  sondern  der  Aequa- 
torialstrom  selbst  sogar  in  zwiefacher  Weise  der  Rotatioustheorie 
entgegen. 

Im  Süden,  zwischen  den  Feuerlands-Iuseln  und  dem  Cap  der 
guten  Hoffnung,  öffnet  sich  ein  weiter  Eingang,  welcher  fast  ein 
Viertel  des  Erdumfanges  in  diesen  Breiten  einnimmt.  Dann  schnürt 
sieh  das  trichterförmige  Becken  au  den  vorspringenden  Küsten 
von  Nordafrika  und  Brasilien  bis  auf  ungefähr  25  Längengrade 
zusammen;  dehnt  sich  jedoch  in  der  Diagonale  von  dem  Wende- 
kreise des  Steinbocks  an  der  afrikanischen  Küste  bis  zum  Wende- 
kreise des  Krebses  an  der  mexicanischen  über  mehr  als  120  Län- 
gengrade aus;  verengert  sich  nach  Norden  allmälig  wieder,  um 
—  mit  der  Behriugsstrasse  verglichen  —  noch  immer  einen  breiten 
Doppelausgaug  nach  dem  arctisclien  Meere  zu   gestatten. 

Vom  südlichsten  Theile  des  Stillen  Oceaus  und  vom  antar- 
ctischen  Meere  kann  daher  eine  grössere  Wassermasse  eindringen, 
als  der  verengte  Theil  des  Beckens  zu  fassen  vermag;  und  da 
zugleich  die  grösste  Erwärmung  hier  nicht  in  der  schmalen  Aequa- 
torialgegend,  sondern  wiegen  der  diagonalen  Länge  dieses  Oceaus 
zwischen  dem  Aequator  und  dem  Wendekreise  des  Krebses  im 
Caraibischen  Meer  und  Mexicanischen  Golf  stattfindet,  so  wird 
der  schon  südlich  vom  Aequator  in  westliche  Richtung  gelenkte 
Strom,  —  nachdem  er  einen  Arm  als  Brasilische  Küsteuströmung 
nach  Südwesten  und  als  südliche  Verbiudungsströmung  nach  Süd- 
osten gesandt  — ,  direct  der  Rotationstheorie  zuwider,  über  den 
Aequator  gezogen  und  gedrängt,  um  später  durch  die  Strasse  von 
Bemini  brechend,  als  Golfstrom  so  viel  Wasser  nach  dem  arcti- 
schen  Becken  zu  schicken,  als  dies  bei  gehemmtem  Rückfluss  zu 
fassen  vermag,  und  mit  dem  übrigen  Theile  im  nördlichen  Atlan- 
tischen Ocean  einen  Kreislauf  zu  vollziehen,  wie  wir  ihn  im  nord- 
hemisphärischen  Grossen  Ocean  bereits  kennen  gelernt  haben. 

Die  nordöstliche  Drehung  des  Golfstroms  wird  natürlich 
ebenso  von  der  Gestaltung  der  nordamerikanischen  Ostküste  be- 
dingt ,      wie     die     nordöstliche    Ablenkung     des    Karo-Siwo    oder 


—     144     — 

Japanischen  Stromes  im  Grossen  Ocean,  Im  Caraibisdaen  Meer 
vermochte  der  Aequatorialstrom  weder  die  Landenge  von  Panama, 
noch  im  Mexicanischen  Golf  die  von  Tehuantepec  zu  überschreiten. 
Da  er  somit  nicht  weiter  westlich  seineu  Lauf  nehmen  konnte, 
ihm  aber  in  Osten  ein  Ausweg  blieb,  so  wählte  er  diesen.  Seiner 
vermeinten  Rotationsgeschwiudigkeit  ist  dabei  eben  so  wenig  ein 
Verdienst  zuzuschreiben,  wie  der  nordöstlichen  Richtung  des  Golf- 
stroms, welch  letzterer  je  nach  den  vor-  und  zurückspringenden 
Theileu  der  Ostküste  Nordamerika's  sich  ebenfalls  aus-  und  ein- 
biegt, bis  er  durch  Nova  Scotia,  Neu-Fundland  und  den  entgegeu- 
dräugenden  Labradorstrom  genöthigt  wird,  eine  fast  rein  östliche 
Richtung  anzunehmen,  um  dann,  befreit  von  diesen  Fesseln,  trotz 
Rotation  und  Anfangsgeschwindigkeit,  nach  allen  Richtungen  der 
Windrose  zwischen  West,  Nord  und  Ost,  seine  Arme  dem  Folar- 
meere   zuznsenden. 

Wegen  der  Enge  des  arctischen  Beckens  müssen  wir 
annehmen ,  dass  der  Vorgang  sich  hier  anders  gestaltet  wie  im 
antarctischen,  dessen  ungehemmte  Wassermassen  freien  Zugang  zu 
den  Aequatorialgegenden  haben  und  daher  selbst  auf  die  nördliche 
Hemisphäre  hinüberdringen.  Im  Atlantisehen  Ocean  ist  es  unver- 
kennbar, dass  aus  seinem  südlichen  Theile  Wasser  durch  den 
Golfstrom  in  den  nördlichen  gelangt,  und  eben  dieser  Golfstrom 
dürfte  wohl  die  einzige  Ursache  aller  Bewegungen  im  Nordpolar- 
ßecken  sein,  indem  er,  dort  einen  Kreislauf  beschreibend,  sein 
abgekühltes  Wasser  als  arctische  Strömungen  wieder  hinaussendet. 

Die  zwischen  Norwegen  und  Grönland  herabkommeuden 
Strömungen  suchen  überall  ihren  Weg,  wo  ihnen  der  Golfstrom 
nicht  den  Ausgang  versperrt;  einer  von  ihnen  fliesst  sogar  der 
Westküste  Grönlands  herab,  und  an  der  Ostküste  wieder  hinauf. 
Der  aus  der  Hudson-  und  Davisstrasse  sich  herabwindende  Labra- 
dorstrom läuft  auf  der  Höhe  von  Neu-Fundland  der  Rotation 
entgegen,  bis  er  auf  den  Golfstrom  stossend  und  diesen  ebenfalls 
zum  Ausweichen  zwingend,  wieder  westlich  ablenkt,  um  bei  den 
Bahama-Inseln,  trotz  seines  Ursprungs,  der  Rotation  sich  wieder 
entgegen  zu  bewegen. 

Ein  ähnliches  Verhalten  der  polaren  Strömungen  zeigt  sich 
im  nördlichen  Grossen  Ocean.  Aus  dem  Ochotskischen  und 
Behringsmeere  kommen  kältere  Wasserzüge  herab,  welche  sich 
theils    an     der    chinesischen    und    japanischen    mit    der    Rotation, 


—     145     — 

imd  theils  an  der  nordamerikauischeii  Küste,  gegen  die  Rotation, 
niederen  Breiten  zuwenden,  ohne  in  Wirklichkeit  eine  andere 
Regel  in  ihrem  Laufe  zu  befolgen ,  als  den  mächtigeren  warmen 
Strömungen  auszuweichen. 

Der  Verlauf  im  Indischen  Ocean,  ist  der  allercomplicirteste. 
Nicht  nur  ist  die  von  vielen  grossen  Busen  gebildete  Nordseite 
dieses  Meeres  ganz  verschlossen ,  während  die  Südseite  dem  ant- 
arctischen  Strome  eine  Oeffuung  von  einem  Viertel  des  Erdum- 
fanges bietet,  sondern  seine  Ostseite  steht  auch  durch  viele 
Strassen  mit  dem  Grossen  Oceaue  in  Verbindung  und  wird  vou 
diesem  nicht  wenig  beeiuflusst. 

Zwischen  dem  20.  uud  10.  Grad  s.  Br.  nach  Berghaus  und 
Schmid  (den  Aequator  berührend  nach  Maury-B  ö  ttger),*)  sehen 
wir  auch  hier  einen  nach  Westen  gerichteten  Aequatorialstrom, 
gewöhnlich  als  »Passat-Drift«  bezeichnet,  welcher  vor  Madagascar 
angekommen,  zwei  normale  rücklaufeude  Arme. zeigt:  einen  nörd- 
lichen am  Aequator  sich  hinbewegenden,  und  —  analog  der  Bra- 
silischen Küsten-  und  südlichen  Verbiudungsströmung  im  Atlan- 
tischen Ocean,  und  dem  südhemisphärischeu  rücklaufenden  Arme 
des  Grossen  Oceaus  —  eiuen  südlichen,  welcher,  verstärkt  durch 
den  vom  nördlichen  Arme  abgezweigten  Mozambique-Strom,  nach- 
dem er  versucht  liat,  um  die  Südspitze  Afrika's  zu  dringen,  von 
der  entgegenkommenden  Antarctischen  Drift  des  Atlantischen 
Oceans  gezwungen,  sich  südlich  wendet;  hier  aber,  wiederum 
durch  polare  Strömungen  gehindert,  seinen  Weg  in  gerader  Linie 
nach  Osten  fortsetzt,  um  schliesslich  .an  der  Westküste  von  Neu- 
Holland,  vermischt  mit  dem  antarctischen  Strom,  wieder  dem 
Wendekreise  des  Steinbocks  zuzuströmen,  dann  theils  über  die 
Nordseite  Neu-Hollauds  hinaus  östlich  nach  dem  Stilleu  Ocean 
fliessend,  und  theils  als  Aequatorial-Strom  im  Indischen  Ocean 
seinen  Kreislauf  nach  Westen  nehuiend. 

Thermale  und  hydrodynamische  Einflüsse  sind  hier 
die  oft'enbar  allein  bestimmenden. 

Ausserdem  sehen  wir  aber  im  Indischen  Ocean  noch  nördlich 
vom  Aequator  eine  Strömung,  welche  vom  October  bis  April 
westlich,  und  von  April  bis  October  östlich  fliesst. 

Litten  die  Beobachtungen  in  diesem  Ocean  nicht  noch  an  so 


*)  Bergbaus,   Chart  of  tlie  World.  —    Sclimid    a.    a.    0.  Taf.  XX. 
Maury-Bö ttger  a.  a.  0.  Taf.  VI. 

10 


—     146     — 

viden  Lücken  und  Mängeln,  so  würde  die  Deutung  dieser  wech- 
selnden Strömungen  eine  leichte  sein.  So  weit  unsere  Kenntnisse 
jetzt  reichen,  können  wir  nur  muthmassen,  dass  die  Sonne  in 
unserem  Winter,  wenn  sie  die  südliche  Hälfte  dieses  Beckens  mit 
ihren  senkrechten  Strahlen  erwärmt,  im  Norden  des  Aequators 
noch  Raum  lasse  für  die  Entwicklung  eines  zweiten ,  nämlich 
eines  nördlichen  Aequatorialstroms,  der  seinen  Hauptzufluss, 
zwischen  den  ostindischeu  und  australischen  luselgruppen  hindurch, 
aus  dem  Grossen  Ocean  bezieht;  dass  dagegen  die  Sonne  im  Som- 
mer, wenn  sie  senkrecht  über  dem  nördlichen  Theile  dieses  Oceans 
steht,  den  südlichen  Aequatorialstrom  zu  sich  heranziehe,  und, 
indem  sie  einen  grösseren  Andrang  der  südpolarischen  Wasser- 
massen gestattet,  auf  der  nördlichen  Seite  nur  Raum  lasse  für 
einen  rücklaufendeu  Strom,  welcher  dann  genöthigt  ist,  seinen 
Ausweg  nach  dem  Grossen  Ocean  zu  suchen. 

In  Folge  dieses  Herauf-  und  Hernbziehens  müssen  dann  auch 
die  kleineren  Küstenströmungen  in  den  nördlichen  Meerbusen,  wie 
die  ähnlicben  Strömungen  im  Grossen  und  Atlantischen  Ocean, 
nach  den  Jahreszeiten  ihren  Lauf  wechseln.*) 

Die  Ursache,  welche  die  grossen  und  permanenten  Strömun- 
gen in  den  Oceanen  veranlasst,  ist  also  eine  höchst  einfache. 

Das  in  den  Aequatorialgegenden  stärker  erwärmte  und  ver- 
dunstende W^asser  zwingt  das  kältere,  zur  Herstellung  des  Gleich- 
gewichts, sich  zu  ihm  hinzubewegen.  Da  aber  die  Erwärmung  nicht 
gleichzeitig  in  der  ganzen  heissen  Zone  stattfindet,  sondern  von 
Osten  nach  Westen  täglich  fortschreitet,  so  rauss  eben  das  kältere 
Wasser  diesem  Impulse  folgen  und  mit  physischer  Nothwendigkeit 
jenen  Kreislauf  beschreiben,  welchen  wir  in  der  That  sehen. 

Wir  können  uns  den  Vorgang  im  Grossen  Ocean  im  Kleinen 
in  einem  Wasserbehälter,  dessen  Oberfläche  durch  aufgestreute 
Papierschnitzel  oder  Sägespähne  sichtbar  gemacht  ist,  leicht  vor 
Augen  führen.  Bezeichnen  wir  den  rechts  von  uns  befindlichen 
Punkt  des  Randes  als  Nordpol  und  den  entgegengesetzten  als 
Südpol,  die  Mittellinie  zwischen  beiden  als  den  Aequator,  den 
Rand  uns  zunächst  als  die  Westküste  Amerika's  und  den  gegen- 

*)  Leider  standen  mir  die  wichtigen  holländisch-  und  englisch  -  ost- 
indischeu meteorologischen  Beobachtungen  nicht  zu  Gebote;  ich  war  daher 
auf  die  für  meine  Zwecke  unzureichenden  Auszüge  beschränkt,  welche  sich 
gelegentlich  in  anderen  Werken  finden. 


—     147     — 

überliesrenden  als  die  Ostküste  Asiens  und  des  australischen  Fest- 
landes :  fahren  wir  nun  mit  einem  die  fortschreitenden  Sonnen- 
strahlen darstellenden  Reisigbündel  oder  Stab,  die  Oberfläche  des 
Wassers  berührend,  wiederholt  in  der  Richtung  von  Osten  nach 
Westen,  so  sehen  wir  den  ganzen  Kreislauf,  wie  er  auf  den  Kar- 
ten verzeichnet  ist,  im   Gefässe  sich   vollziehen. 

Könnten  wir  ein  passendes  Gefäss  an  den  gedachten  Polen 
durch  Eis  fortwährend  auf  dem  Gefrierpunkt  erhalten,  und  zwi- 
schen diesen  das  Wasser,  wie  in  der  heisseu  Zone,  von  Osten 
nach  Westen  stets  fortschreitend,  im  Verhältniss  der  Kraft  der 
Sonnenstrahlen,  erwärmen,  so  würde  ohne  Zweifel,  ganz  dieselbe 
Bewegung  erfolgen. 

Wenn  es  schon  als  Beweis  der  Güte  einer  Hypothese  gilt, 
dass  sich  ihr  die  Mehrzahl  der  Thatsachen  leicht  einfüge*),  so 
können  wir  von  unserer  Hypothese  anführen,  dass  ihr  keine  be- 
kannte Thatsaehe.  kein  gut  beobachtetes  Phänomen  widerspricht, 
dass  wir  kein  gewaltsame  oder  auch  nur  gezwungene  Deutung 
nöthig  haben,  um  diese  Thatsachen  und  Phänomene  ihr  unter- 
zuordnen; dass  sich  im  Gegentheil  durch  sie  alle  Bewegungen 
der  flüssigen  Umhüllung  unseres  Erdkörpers  auf  die  einfachste 
und  natürlichste  Art  erklären. 

Es  erübrigt  jetzt  nur  noch,  zu  untersuchen,  ob  die  spärlichen 
Beobachtungen  über  die  täglichen  Maxima  und  Minima  der  Tem- 
peratur und  Verdunstung  der  Meeresoberfläche  dieser  Theorie 
widersprechen  oder  dieselbe  bestätigen. 

Zu  einem  directen  Beweise  fehlt  es  uns  leider  gänzlich  an 
hinreichenden  Beobachtungen  über  die  stündlichen  Difl'erenzen  der 
Temperatur  und  Verdunstung  des  Meeres  in  den  verschiedenen 
Breiten  und  den  Aequatorialgegenden  insbesondere.  Das  etwa 
vorhandene  Material  ist  in  den  Schiöstagebü ehern  zerstreut;  plan- 
mässig,  wie  es  nothweudig  wäre,  ist  nur  au  wenige  Küsten  beob- 
achtet worden.  Aus  den  bekannten  Daten  lässt  sich  nur  im  All- 
gemeinen der  Schluss  ziehen,  dass  das  Maximum  der  Erwärmung 
die  Mittelwärme  des  ganzen  Tages  von  24  Stunden  nach  Thermo- 
metermessungen nur  um  etwa  l*'  R.  übersteige.**) 


*)  Maury-Böttger  a.  a.  0.  p.  112. 

**)  Berghaus,  Länder- und  Völkerkunde,  p.  466  ff.  —  Maury-Böttger 
a.  a.  0.  p.  256.  Berghaus  nimmt  den  Unterschied  zwischen  der  Wärme 
zur  Zeit  des  Durchgangs    der  Sonne   durch   den    Meridian   und   der   Mittel- 


—     148     — 

Die  vorhaudeueri  Angaben  über  die  Mittelwärme  des  ganzen 
Tages  sind  aber  für  unsere  Untersuchungen  fast  ganz  unbrauch- 
bar. Dass  die  Abkühkmg  zu  der  Zeit,  wo  die  Sonne  auf  der  ent- 
gegengesetzten Seite  der  Erde  sich  befindet,  auch  in  den  Aequato- 
rialgegenden  grösser  sein  niu&s,  als  das  Thermometer  anzeigt,  wird 
Jeder  sofort  zugeben,  wenn  er  sich  jene  Quantität  Wärme  ver- 
gegenwärtigt, welche  die  Sonne  durch  directe  Bestrahlung  am 
Tage  erzeugt,  die  aber  während  der  Nacht  fehlt.  Die  am  Thermo- 
meter sichtbare  Wärmemenge  ist  nur  ein  Bruchtheil  der  Wärme, 
welche  in  den  Meeren  der  heissen  Zone  zur  Wirkung  kömmt.  Für 
jede  Arbeit,  die  sie  verrichtet,  hier  die  Ausdehnung  des  Wassers 
und  die  Verdunstung,  geht  der  eutsprecheude  Werth  an  Wärme- 
menge verloren.  Die  Verdunstung  der  Oberfläche  entzieht  der 
nächstfolgenden  Schicht  einen  Theil  ihrer  Wärme.  Die  in  Ver- 
dunstung begriffene  Schicht  wird  zugleich  salzreicher  und  dadurch 
schw^erer  als  die  unter  ihr  befindlichen,  sie  selbst  muss  also  unter- 
sinken und  einen  Theil  der  Wärme  in  die  Tiefe  führen,  um  weniger 
salzreichen,  wenn  auch  kälteren,  aber  leichteren  Platz  zu  machen. 
Zu  diesem  kommt  noch,  dass  der  Druck,  welcher  auf  dem  unteren, 
von  den  Seiten  stark  gepressten  Wasser  lastet,  durch  die  Er- 
wärmung der  Oberfläche  vermindert,  und  so  das  tiefere,  kältere 
Wasser  beiuhigt  wird,  in  die  Höhe  zu  steigen,  während  das 
wärmere  zugleich  nacli  den  Seiten  abfliesst.  Es  findet  also  eine 
fortwährende  Mischung  der  kälteren  mit  wärmeren  Schichten  statt. 

Aus  dieseu  Ursachen  niuss  die  au  der  Oberfläche  des  Meeres 
mit  dem  Thermometer  nachweisbare  Wärme  stets  eine  geringere 
sein  als  die  thatsächlich  empfangene  und  absorbirte.  Der  Unter- 
schied zwischen  dem  täglichen  Minimum  und  Maximum  der  Tem- 
peratur, wie  wir  denselben  in  der  heissen  Zone  auf  den  Continenteu 
sehen,  gibt  uns  ein  besseres  Mittel  für  die  richtigere  Schätzung 
der  Vorgänge,  wie  die  Temperatur  des  Meeres  selbst.   Die  letztere 


wärme  des  ganzen  Tages  (von  24  Stunden)  =  1°  C.  an.  Diese  Berech- 
nung leidet  für  unsere  Zwecke  an  zwei  Mängeln :  a.  die  grösste  Wärme- 
menge gibt  sich  an  der  OberfläclTe  des  Meeres  bekanntlich  erst  gegen 
4  Stunden  nach  dem  Durchgange  der  Sonne  durch  den  Meridian  zu  er- 
kennen; und  b.  handelt  es  sich  nicht  um  den  Excess  über  die  Mittel- 
wärme des  ganzen  Tages,  sondern  um  die  täglichen  Maxima  und 
Minima.  Maury  kommt  daher  der  Wirklichkeit  näher,  wenn  er  den  Unter- 
schied auf  4»  (F.V)  angibt. 


-     149     — 

köuueu  wir  nur  uns  ihrer  d  y  u  a  ni  i  s  c  h  e  n  VV  i  r  k  u  u  g  er- 
kennen. *) 

Aber  nicht  blos  die  oberen  Seliichten  des  Meeres  sind  bei 
der  Beurtheiluug  der  Wärniewirkung  auf  dasselbe  in  Betracht  zu 
ziehen,  sondern  auch,  als  wesentliches  Moment,  die  Tiefe  der 
täglichen  EiuAvirkung. 

In  der  heissen  Zone  fehlt  es  nns  ganz  au  Beobachtunofen; 
aus  der  gemässigten  liegen  uns  zweie  vor.  Die  Untersuchungen 
des  Capitäu  Thomas  in  der  iSee  von  Harris  (Outer  Hebrides)  er- 
streckten sich  bis  auf  (30  Fuss  Tiefe  und  wiesen  hier  noch  eine 
dem  Stande  der  Sonne  folgende  tägliche  Differenz  der  Temperatur 
nach.**)  Aime's  Beobachtungen  zeigen,  dass  die  Temperatur- 
schwankungen im  Mittelländischen  Meere  in  Iti  bis  18  M.  Tiefe 
(die  jährlichen  in  300  bis  400  M.  Tiefe)  aufhören,  sich  bemerk- 
lich zu  machen.***) 

Die  Wirkung  der  Strahlung  überhaupt  scheint  sich  jedoch 
noch  viel  tiefer  zu  erstrecken.  Aus  den  Beobachtungen  der  Ex- 
pedition an  Bord  der  »Porcupiue«,  18(39,  ergab  sich  für  die  In- 
solation f ) : 

Breite  61°  21  N.,  am  25.  August,  eine  Tiefe  von  25  Faden, 
»       59^^  35  N.,  am     6.  Septbr.,      »         »         »     50       » 


*)  Nach  den  meteorologischen  Beobachtungen  in  Para  von  Henry 
Bond  Dewey  im  Jahre  1848  beträgt  dort  der  Unterschied  der  Temperatur 
bei  Sonnenaufgang  und  Mittag:  im  Winter  (Decbr.  Jan.  Febr.)  IO.27"  F., 
im  Frühling  9.2o",  im  Sommer  12. 71;'^,  im  Herbst  12.9o,  und  im  ganzen 
Jahr  11.28".  Vergl.  Maury  Explanations  1802.  p.  391.  —  »Von  Meso- 
potamien berichten  schon  die  Bücher  Mosis  (1.  XXXI.  40),  indem  sie  Jakob 
zu  Laban  sagen  lassen:  »»des  Tages  verschmachte  ich  vor  Hitze,  und  des 
Nachts  vor  Frost.«  «  Selbst  in  der  eigentlichen  afrikanischen  Wüste  sinkt 
die  Temperatur  des  Nachts  so  anhaltend  und  tief  unter  den  Gefrierpunkt, 
dass  das  Wasser  in  den  Schläuchen  gefriert,  während  sich  am  Mittag  die 
Hitze  bis  über  40°  C.  erhebt.«  Schmid  a.  a.  0.  p.  137.  —  Barth  be- 
obachtete »auf  seiner  Reise  in  das  Innere  von  Afrika  vom  Aufgang  der 
Sonne  bis  zum  Nachmittag  oft  ein  Steigen  von  6  auf  30,  ja  von  8  auf 
40''  Celsius.«  Müller,  Lehrb.  der  kosm.  Physik.  Zweite  Auflage,  p.  305.  — 
Vergl.  auch  Humboldt  in  l'oggendorffs  Amalen  1827,  p.  7,  y. 

**)  Papers  ou  the    Eastern  and    Northern  Extension    of  the  Gulfstream, 
Washington  1871,  p.  253. 

**")  Aus  Ann.  de  Chim.  et  de  Phys.  Ser.  3.   15,  33,  in  Schmid  a.  a.  0. 
p.  195. 

fl  Papers  on  the  Gulfstream  ji.  75. 


—     150     — 

[ui  Meerbusen  von  Biscaya: 
Breite  47*'  38  N.,  am  22.  Juli,   eiue  Tiefe  von  75  Faden. 

Mit  der  Abnahme  der  Breite  steigert  sich  demnach  die  In- 
solation. 

Alle  diese  Beobachtungen  aus  der  gemässigten  Zone  aber 
lassen  uns  nur  annähernde  Schlüsse  auf  die  grösseren  Tiefen 
machen,  bis  zu  welchen  sich  die  tägliche  Erwärmung  in  der 
heissen  Zone  erstreckt.  Es  würde  uns  also  eines  directen  Be- 
weises für  unsere  Theorie  ermangeln,  wenn  wir  nicht  auf  indirec- 
tem  Wege  zu  Schlussfolgerungeu  gelangen  könnten,  welche  uns 
die  directen  Beobachtungen  ersetzen.  Die  Mittel  hierzu  gewähren 
die  Schätzungen  über  die  vom  Golfstrom  den  Aequatorialgegeuden 
entführte  Wärmemenge,  und  die  Untersuchnugen  über  die  Wärme- 
menge, welche  die  Sonne  in  senkrechter  Richtung  ausstrahlt. 

Nach  den  Berechnungen  von  James  Cr  oll  in  seiner  Abhand- 
lung über  die  Meere  stiöauuigen  (»On  the  Ocean  Currents«,  mit- 
getheilt  in  den  Paper.s  on  the  Eastern  and  Northern  Extensious 
of  the  Gulfstream),  führt  der  Golfstrom  5575  Milharden  und  680 
Millionen  Cubikfuss  Wasser  per  Stunde  oder  133,816  Milliarden 
320  Millionen  per  Tag  in  den  Atlantischen  Ocean.  Die  Wärme- 
menge, welche  er  dann  per  Tag  aus  den  Aequatorialgegeuden 
fortführen  muss,  beträgt  nach  demselben  Schätzung  15  4  Trillio- 
nen, 959,300  Billionen  Fusspfund.*) 

»Aus  den  Beobachtungen  von  Sir  John  Herschel  und  von 
Pouillet  über  die  directe  Wärme  der  Sonne  ergibt  sich,  dass,  wenn 
keine  Wärme    durch    die  Atmosphäre    absorbivt   würde ,    ungefähr 

*)  »From  an  exaniination  of  the  published  sections  (of  the  Gulfstream), 
some  years  ago,  I  came  to  the  conlusion  that  the  total  quantity  of  water 
conveyed  by  the  stream  is  probably  equal  to  that  of  a  stream  50  miles 
broad  and  1,000  feet  deep,  flowing  at  the  rate  of  four  miles  an  hour,  and 
that  the  niean  temperature  of  the  entire  mass  of  moving  water  is  not 
under  65"  at  the  monient  of  leaving  the  Gulf.  I  think  we  are  waranted 
to  conclude  that  the  stream,  before  it  returns  from  its  northern  journey,  is, 
on  an  average,  cooled  down  to  at  least  40";  consequently  it  loses  25"  of 
heat.  Each  cubic  foot  of  water,  therefore,  in  this  case,  carries  from  the 
tropics  for  distribution  upward  of  1,500  units  of  heat,  or  1,158,000  foot- 
pounds.  According  to  the  above  estimate  of  the  she  and  velocity  of  the 
stream,  5,575.680,000,000  cubic  feet  of  water  are  conveyed  from  the  Gulf 
per  hour,  or  133,816,320,000,000  cubic  feet  daily.  Consequently  the  total 
quantity  of  heat  transferred  from  the  Equatorial  regions  per  day  by  the 
stream  amounts  to  154,959,300,000,000,000,000  foot-pounds.«  —  Nach  Ma  urys 


—     151      - 

83  Fusspfund  per  Secuude  auf  die  Oberfläche  vou  eiuem  Qnadvat- 
fuss  fallen  würde,  welche  iu  einem  rechten  Winkel  zu  den  Son- 
nenstrahlen sich  befindet.  Herr  Meech  schätzt  die  Menge  der  vou 
der  Atmosphäre  absorbirten  Wärme  auf  22  <'/o  vou  dem  ganzen 
Betrage  der  von  der  Sonne  empfangenen  Wärme.  Herr  Pouillet 
schätzt  den  Verlust  auf  24.  Nach  der  ersteren  Schätzung  würde 
also  die  Wärmemenge,  welche  von  der  Sonne,  wenn  sie  im  Zeuith 
steht,  auf  eiuen  Quadratfuss  der  Erde  fällt,  64,7*  Fusspfund  per 
Secuude  betragen.  Bleibt  aber  die  Sonne  12  Stunden  im  Zenith 
stehen,  so  würden  2,796,768  Fusspfund  auf  den  Quadratfuss 
falleu.«*)  Da  die  Sonne  auf  dem  Grossen  Oceau  12  Stunden 
gebraucht,  um  sich  von  der  Westküste  Amerika's  bis  zur  Ostküste 
Asiens  scheinbar  zu  bewegen ,  so  erhalten  wir  dasselbe  Resultat, 
wenn  wir  uns  am  Aequator  einen  Wassergürte]  von  1  Fuss  Breite 
denken,  der  von  Amerika  bis  nacb  Asien  geht;  auf  ihn  schon 
würde  nach  obiger  Schätzung  die  Soiuie  in  ihrem  täglichen  Laufe 
mit  einer  Kraft  von  2,796,768  Fusspfund  wirken. 

Wollten  wir  mit  dieser  Einheit  die  Wärme  berechnen,  welche 
auf  eiuen  Breiteugrad  am  Aequator  fällt,  oder  gar,  mit  iu  Be- 
trachtziehung der  bekannten  Abnahme  der  Intensität  der  Ausstrah- 
lung nach  den  höhereu  Breiten,  wie  viel  Fusspfund  Wärme  dem 
Gürtel  zwischen  den  Wendekreisen,  dem  Hauptgebiete  der  Stroni- 
ablenkung ,  von  der  Sonne  täglich  mitgetheilt  wird,  so  würden 
wir  Zahlen  erhalten ,  welche  jede  Vorstellungskraft  übersteigen ; 
die  aber,  selbst  wenn  wir  die  Schätzung,  als  möglicher  Weise  zu 
hoch,  auf  die  Hälfte  reducireu ,  uns  uoch  immer  genugsam  an- 
deuten, dass  hier  eine  Kraft  thätig  ist,  welche,  da  sie  unausgesetzt 
und  fortschreitend  wirkt,  im  Stande  sein  muss,  das  Meer  in  eine 
unaufhörliche  und  nach  derselben  Richtung  fortschreitende  Be- 
wegung zu  versetzen. 

Zu  der   grösseren  Erwärmung    in   den    niederen  Breiten    tritt 


Annahme  von  der  Grösse  des  Golfstromes  würde  die  stündliche  Wasser- 
masse 6,165,700,000,000,  und  nach  Sir  John  Herschel's  Schätzung  sogar 
7,359,900,000,000  Cubikfuss  per  Stunde  betragen.  S.  James  Cr o  11,  »  On 
Ocean  Currents,«  published  in  the  London,  Edinburgh,  and  Dublin  Philo- 
sophical  Magazine  and  Journal  of  Science,  fourth  Series,  February  1870, 
und  Papers  on  the  Gulf-stream  p.  325. 

*)    Papers  on  the  Gulfstream  ,  ibid.  wo  die  Berechnungen  noch  weiter 
ausgedehnt  werden. 


—     152     — 

nuu  bei  dem  Meere  auch  noch  als  gleich  mächtig  wirkender 
Factor  die  grössere  Verdunstung  hinzu. 

Es  ist  ein  physikalisches  Gesetz:  Je  höher  die  Tempe- 
ratur der  Luft  steigt,  um  so  grösser  wird  ihre  Capacität, 
Wasser  in  Dampfform  aufzunehmen.  Da  nun  die  Tempe- 
ratur der  Luft  mit  dem  höheren  Stande  der  Sonne  steigt,  so  muss 
also  auch  die  Verdunstung  mit  dem  Stande  der  Sonne  zunehmen  — 
also  ihrt-m  Laufe  folgen! 

Die  Passate,  welche  selbst,  wie  wir  anderswo*)  nachweisen, 
Tou  der  successiven  Erwärmung  geleitet  werden,  dienen  nun  wegen 
ihrer  grossen  Trockenheit  als  besondere  Beförderer  der  Verduns- 
tung  in  derselben  Richtung,  **) 

Für  dieses  durch  die  Wärme  und  die  Passate  verdunstende 
Wasser  muss  nun  aber  eine  Compensation  erfolgen.  Fiele  auf 
derselben  Stelle  für  das  verdunstete  Wasser  zugleich  eine  entspre- 
chende Regenmenge  hernieder,  so  wäre  hiermit  der  Ausgleich  ge- 
geben; da  dies  aber  bekanntlich  nicht  der  Fall  ist,  so  muss  der 
Ersatz  eben  aus  dem  benachbarten  Meere  kommen. 

Die  Wirkung  der  täglichen  successiven  Auflockerung  der 
Meere  in  den  niederen  Breiten  wird  demnach  noch  bedeutend 
verstärkt  durch  das  zweite,  mit  ihr  verbundene  Moment  der 
Störung  des  Gleichgewichts,  die  Ausschöpfuug  von  Wasser,  also 
directe  Verminderung  demselben. 

Nach  den  bisherigen  wenigen  und  äusserst  dürftigen  Unter- 
suchungen soll  die  tägliche  Verdunstung  in  der  heisseu  Zone  ^/2 
bis  ^/4  Zoll  betragen.  ***)  Es  würde  dies  für  das  tägliche  Maximum 
nur  wenige  Millimeter    geben.     Vergegenwärtigen    wir    uns    dabei 


*)  S.  die  Schlussuote. 
**)  » The  Trade  winds,  I  am  prepared  to  show,  are  the  great  evaporat- 
iiig  winds«  Maury,  Explanations  and  Sailing  Directions,  1852,  p.  50. 

***)  »In  deu  Passatregionen  des  Oceans  übersteigt  die  Verdunstung  im 
Allgemeinen  den  Niederschlag,  während  in  den  aussertropischen  Gegenden 
das  Gegentheil  stattfindet,  d.  h.  die  Wolken  entsenden  mehr  Wasser,  als 
die  Winde  wieder  durch  Verdunstung  aufnehmen,  und  dies  sind  die 
Regionen,  in  welchen  der  Golfstrom  in  das  Atlantische  Meer  eintritt.  Längs 
der  indischen  Gestade,  wo  man  sorgfältige  Beobachtungen  angestellt  hat, 
belauft  sich  die  Verdunstung  täglich  auf  ^/4  Zoll.  Angenommen,  dass  sie 
in  der  Passatregion  des  Atlantischen  Oceans  sich  nur  auf  einen  halben  Zoll 
beläuft,  so  würde  das  eine  jährliche  Verdunstung  von  15,  sage  fünfzelm 
Fuss  geben.«   Maury- Böttger  a.a.O.  p.  22.«   —  Der  Secretär  Dr.  Buist 


—     153     — 

aber  die  Fläche,  auf  welcher  diese  Verdunstung  gleichzeitig  statt- 
findet, so  müssen  wir  trotzdem  in  ihr  eine  nicht  unbedeutende 
Störung  des  Gleichgewichts  der  Meeresgewässer  erkennen. 

In  seiner  Physischen  Geographie  des  Meeres  stellt  Maury  fol- 
gende Betrachtung  au:  »Wenige  haben  sich  je  die  Mühe  genom- 
men, auszurechnen,  in  wie  weit  der  Niederschlag  einer  Regenmenge 
von  nur  einem  Zoll  oder  eine  Abänderung  der  Temperatur  um 
wenige  Grade,  wenn  beides  auf  einem  Areal  von  einigen  tausend 
Quadratmeilen  der  Seeoberfläche  stattfindet,  das  oceanische  Gleich- 
gewicht zu  stören  ....  vermöchte.  Nur  ein  Beispiel  zur  Er- 
läuterung! Der  Atlantische  Ocean  hat  eine  Oberfläche  von  unge- 
fähr 25  Millionen  Quadratmeilen.  Man  nehme  ein  Fünftel  dieses 
Areals  und  lasse  auf  diese  Fläche  einen  Zoll  hoch  Regen  fallen. 
Diese  Wassermasse  würde  360,000  Millionen  Tonnen  .... 
wiegen«.*) 

Nehmen  wir  nun  dieses  Fünftel  als  ungefähr  der  heissen  Zone 
des  Atlantischen  Oceans  entsprechend,  und  die  täglich  daselbst 
verdunstende  Wassermasse  nur  auf  \'2  Zoll  an,  so  erhalten  wir 
eine  tägliche  Verdunstung  von   180,000  Millionen  Tonnen. 

Wissen  wir  diese  Masse  auch  nicht  nach  Maximum  und  Mi- 
nimum auf  die  einzelnen  Stunden  des  Tages  richtig  zu  vertheilen, 
so  ist  doch  so  viel  klar,  dass  sie  eine  gewaltige  Wirkung  hervor- 
bringen müsse. 

Die  tägliche  und  fortschreitende  Erwärmung  und  Verdunstung 
reichen  also  vollständig  hin  zur  Erklärung  der  ost-westlichen 
Bewegung  der  Aequatorialströme.  So  wenig  wie  die  Oceane 
durch  die  Krümmung  der  Erdoberfläche  und  namentlich  die  Ab- 
plattung an  den  Polen  gezwungen  werden,  vom  Aequator  nach 
den  Polen  abzufliesseu,  oder  gehindert  werden,  nach  dem  Aequator 
hinaufzusteigen ;  eben  so  wenig  werden  sie  durch  die  Rotation  zu 
irgend  einer  Bewegung  gezwungen  oder  an  irgend  einer  gehindert 


gibt  in  seinem  der  geographischen  Gesellschaft  vorgelegten  Jahresberichte 
(Transactions  of  the  Bombay  Geographica!  Society  Vol.  IX),  der  Autorität 
des  Herrn  Laidly  folgend,  die  jährliche  Verdunstung  zu  Calcatta  auf  un- 
gefähr 15  Fuss  an;  zwischen  dem  Gap  und  Calcutta  beträgt  dieselbe  nach 
ihm  im  October  und  November  fast  ^/4  Zoll  täglich;  in  der  Bai  von  Ben- 
galen zwischen  dem  10.  und  20.  Grad  hat  man  gefunden,  daas  sie  täglich 
mehr  als  einen  Zoll  betrug. ^^  Ibid.  p.  75. 
*j  Maury-Böttger  a.  a.  0.  p.  256. 


—     154     — 

Die  Rotation  wirkt  nur  in  so  fern  mit,  als  durch  sie  die  Sonne 
scheinbar  von  Osten  nach  Westen  um  die  Erde  läuft.  Stände 
die  Erde  still  und  die  Sonne  bewegte  sich  um  dieselbe,  so  würde 
in  Bezug  auf  die  Strömungen  der  tropf-  und  gasförmigen  Um- 
hüllungen der  Erde  ganz  dasselbe  eintreten,  was  wir  jetzt  sehen ! 

Was  wir  bei  den  Meeresströmungen  vorwiegend  durch  In- 
duction  gefunden  haben,  das  ergibt  sich  bei  den  Bewegungen  der 
Atmosphäre  aus  directeu  Beobachtungen.  All  überall  auf  der 
ganzen  Erde  rücken  die  Windströme  alljährlich  auf  und  ab  mit 
der  Sonne,  und  heben  und  legen  sich  täglich  je  nach  dem  Stande 
derselben,  so  dass  in  der  That  eine  Windstärke-Fluth welle 
innerhalb  24  Stunden  mit  der  Sonne  um  die  Erde  kreist,  während 
auf  der  Nachtseite  der  letzteren  eine  Calmeu-Ebbe  der  Fluth- 
welle  ebenso  regelmässig  nachfolgt.  *) 

Meeresströme  und  Winde  ;  Temperatur,  Dampfspannung  und 
Luftdruck ;  Horizontal-  und  Vertical-Inteusität  des  Erdmagnetis- 
mus; —  sie  alle  folgen,  wenn  auch  in  verschiedener  Weise,  dem- 
selben Impulse,    der   täglichen    Bewegung   der   Sonne. 


*)  In  einem  Vortrage  über  die  Passatwinde,  welchen  ich  im 
Februar  1874  im  geographischen  Verein  zu  Frankfurt  a.  M.  hielt 
und  der  demnächst  erweitert  veröffentlicht  werden  soll,  habe  ich  die  Ur- 
sache derselben  im  Detail  und  auf  langjährige  Beobachtungen  der  meteoro- 
logischen Instite  gestützt,  nachgewiesen. 


—     155     — 


Die  Morpholo2:ie  der  letzten  50  Jahre 

und  die  Bestrebungen  der  Senekenbergischen  naturforsehenden 

Gesellschaft. 

Vortrag  bei  der  Jahresfeier  der  Senekenbergischen 
naturforschenden   Gesellschaft 

gehalten  von 

Prof.  Dr.  Lucae 
am    31.   Mai    1874. 


Hochgeehrte  Versammlung! 

Mein  sehr  geschätzter  College  Herr  Dr.  Geyler  hat  Ihnen 
soeben  in  seiner  Stellung  als  zweiter  Director  die  Thätigkeit 
unserer  Gesellschaft  im  verflossenen  Jahre  mitgetheilt;  ich  da- 
gegen möchte  Sie  in  eine  längst  vergangene  Zeit,  in  die  70er  Jahre 
des  verflosseneu  Jahrhunderts  führen  und  mir  die  Erlaubniss  aus- 
bitten Ihnen  eiu  Actenstück  aus  jener  Zeit  mitzutheileu,  welches 
wahrscheinlich  Allen  uubekaunt,  für  die  Verhältnisse  der  Wissen- 
schaft in  unserer  alten  Reichsstadt  doch  von  hohem  Interesse  ist. 
Es  ist  dieses  ein  Schreiben  des  damaligen  Physicus  ord.  Dr.  Gott- 
fried Müller  au  den  Rath.     Dasselbe  lautet  in  seinem  Eingaug: 

Eiu  Wohl-  und  Hochedelgeborne  Gestrenge  uud  Hochgelehrte 
auch  Wohlfürsichtige  Weisheiten  haben  unter  dem  2.  Juli  a.  c. 
verordnet  uud  beschlossen,  dass  die  seit  langer  Zeit  jährlich  aus- 
geworfenen 100  fl.  vor  das  hiesige  Institutum  anatomicum  ferner 
hin  nicht  mehr  ausgezahlt  werdeu  sollten ,  zugleich  dass  die 
Anatomie -Kammer  aufzukündigen  sei  uud  zwar  aus  Ursachen, 
weil  Herr  Hofrath  Senckenberg  eine  dergleichen  aufzurichten  ge- 
sonuen  —  und  ferner:  die  von  Hochedelem  und  Hochweisemrath 
ausgeworfenen  100  fl.  sind  also  angewendet  worden,  dass  der 
Hauszins  mit  75  fl.  und  der  Rest  von  25  fl.  zu  der  Reparation 
und  Unterhalt  der  Anatomie  -  Kammer,  vor  verschiedene  nöthige 
Meubliruug  derselben,  Instrumenta,  Schränke,  Repositaria,  Be- 
zahlung der  Särge,  des  Grabes,  der  Leichenträger,  Ankauf  einer 
feinen    Anzahl    anatomischer   Bücher    ist    ehrlich    und    treu    ver- 


—     156     — 

wendet  worden.  Da  die  Franzosen  etliche  Jahre  hierauf  ihre 
Anatomie  hatten  ^^nd  fast  alles  ruinirt,  ist  alles  mit  vielen  Kosten 
wiederum  hergestellt  worden  und  dürfte  ich  dieser  und  anderer 
Auslagen   wegen   noch    etwas  Ansehnliches    prätendiren   können.« 

Schon  in  dem  Jahr  1728  hatte  der  Stadt-Physicus  Dr.  Grambs 
eine  Eingabe  an  den  Rath  gemacht,  in  welcher  er  um  Erlaubniss 
bittet,  auf  dem  dritten  Kirchhof  ein  Theatrum  anatomicum  zu 
errichten.  Es  wurde  ihm  dieses  gestattet,  wenn  sich  dort  der 
geeignete  Platz  fände  und  er  es  auf  eigene  Kosten  thun  wolle. 
Wiewohl  schon  mehrmals  Kaiserliche  Mahnschreiben  zur  end- 
lichen Errichtung  einer  Anatomie  auf  Staatskosten  eingegangen 
waren,  und  wiewohl  die  Aerzte  schon  eine  Reihe  von  Jahren 
mit  Opfer  von  Zeit,  Mühe  und  Geld  anatomische  Vorlesungen 
für  die  Wundärzte  gehalten  hatten,  so  uurde  doch  erst  im  Jahr 
1740  oben  erwähnte  Anatomie  -  Kammer  in  dem  Gasthof  zum 
Elephanten  errichtet.  Welchen  Erfolg  hatte  nun  aber  das  Schreiben 
des  Dr.  Müller,  des  Entdeckers  des  Müller'^chen  Glases,  des  Muu- 
dinus    der  Leopoldiua  Carolina??     Es  wurde  ad  Acta  gelegt. 

In  der  ersten  Zeit  nach  der  Gründung  der  Senckenberg'scheu 
Stiftung  wurden  die  Bedürfnisse  der  Anatomie,  wenn  auch  sehr 
mangelhaft,  durch  Beiträge  von  Seiten  der  Zuhörer  bestritten  und 
eist  am  Ende  des  Jahrhunderts  sah  sich  die  Administration  in 
Stand  gesetzt,  die  Vorlesungen  vollkommen  frei  zu  geben  und 
Herrn  Professor  Behrends  mit  550  Thlr.  zu  honoriren. 

Besser  jedoch  noch  schien  sich  das  wissenschaftliche  Leben 
zu  gestalten,  als  Carl  von  Dalberg,  obschon  ein  Werkzeug  ver- 
hasster  Fremdherrschaft,  empfänglich  für  alles  Gute  und  Schöne, 
im  Jahre  1812  das  Lyceum  Carolinum  gründet.  Doch  schon  im 
Jahr  1814  war  auch  diese  Erwartung  j^etäuscht. 

Mein  Vater  schreibt  vor  seinem  Weggang  nach  Marburg : 
So  verstrich  jener  critische  Winter  von  1813—1814  und  mit  ihm 
die  mörderische  Typhusepidemie  nebst  dem  grössteu  Druck  der 
damaligen  Zeitläufte.  Die  für  ganz  Deutschland  beginnende  neue 
und  hoffnungsreiche  Zeitepoche,  welche  die  Opfer,  mit  denen  sie 
erkauft  worden  war,  bald  vergessen  machte,  erweckte  manche 
Hoffnung,  zu  denen  die  bessere  Zeit  und  besonders  die  bessere 
Lage  Frankfurts  allerdings  berechtigen  durfte. 

Unter  diesen  Hoffnungen  war  die  vorzüglichste  die  auf  den 
Fortbestand  der    medicinischen  Lehranstalt,    da    es    bei    den    aus- 


—     157     — 

gezeichneten  Mitteln,  welche  die  Localverhältnisse  Frankfurts  dar- 
boten, nnd  bei  dem  Patriotismus  und  der  Uneigennützigkeit, 
welche  wenigstens  einen  Theil  der  Lehrer  ])eseelte,  von  Seiten  der 
Stadt  eines  unbedeutenden  Kostenaufwandes  zur  Erhaltung  des 
Institutes  bedurft  hätte.  Aber  jene  Hoffnung  blieb  unerfüllt.  Die 
Anstalt  hatte,  gleich  von  ihrem  Ursprünge  au  zahlreiche  Gegner 
gehabt.  Jetzt  wurde  sie  sclilechtweg  unter  die  Unannehmlich- 
keiten und  Fatalitäten  der  grossherzoglichen  Zeiten  gerechnet; 
ja  es  gab  Leute,  welche  sie  für  Etwas  dem  Medicinalwesen  Nach- 
theiliges verschrieen,  und  dieses  führte  im  Frühjahr  1814  das 
Aufhören  derselben  herbei. 

Doch  je  grösser  die  Niederlage,  um  so  kräftiger  war  die  Er- 
manuuug!  denn  der  Geist,  der  seit  einem  Jahrhundert  unter  diu 
Aerzten  Frankfurts  gelebt,  entfaltete  sich  jetzt  in  noch  höherem 
Maasse  und  ein  neues  frisches  kräftiges  Leben  begann,  als  der 
feurige  thatkräftige  C  r  e  t  z  s  c  h  m  a  r  für  Natarwissenschaften  be- 
geistert, sechzehn  seiner  Alte;-sgenosseu  zur  Gründnng  dieser  Ge- 
sellschaft um  sich  versammelte  und  unser  energischer  Rüppell 
auf  eigene  Kosten  kühn  in  Afrika  vordrang  und  in  gleicher  Liebe 
für  die  Wissenschaft  wie  für  seine  Vaterstadt  dieser  seine  kost- 
bare Beute  schenkte. 

Ein  begeisterter  Aufruf  au  Frankfurts  Bürger  um  Unter- 
stützung von  den  DDr.  Cretzschmar,  Neuburg,  Bögner  und  dem 
Lieutenant  von  Hevden  unterzeichnet,  fand  freudigen  Widerhall 
und  durch  die  hochherzigen  Bürger  v»'urde  das  vollbracht,  zu 
welchem  die  freie  Stadt  sich  nicht  entschliesseu  wollte. 

Ohne  die  Unterstützung  einer  Regierung,  allein  durch  den 
Gemeinsinn  der  Bürger,  entstanden  nun  diese  naturwissenschaft- 
lichen Sammlungen,  um  welche  uns  sehr  lange  alle  Städte 
Deutschlands  beneideten  und  erwuchs  eine  wissenschaftliche  Thätiü- 
keit,  in  welcher  wir  unsern  alten  Schwesterustädten  bis  zum 
heutigen  Tage  noch  voraus  sind.  Die  Worte  (iöthe's,  welche  er 
bei  Gelegenheit  seiner  Reise  an  den  Rhein,  Main  und  Neckar 
über  seine   Vaterstadt   aussprach,    fanden   ihre    volle  Bestätigung: 

»In  einer  Handelsstadt  ist  man  dem  Practischen  geneigter 
als  dem  Wissenschaftlichen  und  fühlt  sich  mehr  gedrängt  einem 
gegenwärtigen  Uebel  abzuhelfen  als  einem  künftigen  vorzubeugen. 
Freilich  gehört  theoretische  Betrachtung,  wissenschaftliche  Bil- 
dung den  Universitäten  vorzüglich  an,  aber  nicht  ausschliesslich. 


—     158     — 

Einsicht  ist  überall  willkommen  und  Frankfurt  hat  gar  wohl  das 
Recht  nach  seinem  Zustand,  seiner  Lage,  seinen  Kräften  auch 
hier  mit  zu  eifern.« 

Es  ziemt  Frankfurt  von  allen  Seiten  zu  glänzen,  ruft  der 
grösste  Sohn  dieser  Stadt  zn  und  nach  allen  Seiten  hin  thätig  zu 
sein,  und  solchem  Drängen  von  Seiten  ihrer  Söhne  konnte  die 
Stadt  nicht  lange  widerstehen,  sie  bewilligte  eine  Unterstützung 
von  1500  fl.  ursprünglich  für  Vorlesungen,  später  für  Tilgung 
von  Schulden. 

Soll  diese  Summe  ein  Geschenk  für  die  materielle  Unterlage 
der  Gesellschaft  abgeben,  so  ist  sie  mit  Dank  anzunehmen  und 
nimmt  die  Gesellschaft  sie  mit  grossem  Dank  au.  Soll  sie  aber 
ein  Honorar  sein  für  das,  was  die  Gesellschaft  der  Stadt  und 
Umgebung  durch  Verbreitung  von  Wissen  und  Einsicht  leistet, 
oder  von  Glanz,  den  nur  ein  geistiges  Leben  gewährt,  so  überlasse 
ich  das  getrost  dem  Urtheil  eines  Jeden,  welcher  weiss,  dass  fast 
alle  Frankfurter,  welche  Lehrstühle  deutscher  Hochschulen  inne 
haben,  unserem  Fache  angehören  und  aus  dem  Senckenber- 
ffianum  hervorgiuffeu.  und  dass  unsere  Schüler  der  letzten  20  Jahre 
in  überwiegender  Mehrzahl  mit  zu  den  wissenschaftlich  streb- 
samsten und  tüchtigsten  Studenten  der  Universitäten  Göttingen, 
Würzburg,  Erlangen  und  Marburg  gehörten.  Ja  auf  der  letz- 
teren ist  die  »Frankfurter  Colonie«   Epitheton  ornaus. 

Eine  weitere  Thätigkeit  der  Gesellschaft,  welche  unserer  Han- 
delsstadt zu  nicht  geringer  Ehre  gereicht,  zeigt  die  Herausgabe 
unserer  Abhandlungen,  von  denen  jetzt  schon  der  neunte  Band 
erschienen  ist.  Als  ein  Beweis,  dass  dieselben  von  Akademien 
des  In-  und  Auslandes  ihre  vollkommene  Anerkennung  finden, 
mag  es  g-elten,  dass  letztere  ihre  Schriften  mit  den  unseren  aus- 
tauschen.  Der  letzte  Band  dieser  Abhandlungen  enthält  aber 
nur  Arbeiten  von  Söhnen  dieser  Stadt. 

Glanz  aber,  und  nicht  nur  Ehre  erwächst  unserer  Stadt 
durch  eine  dritte  Richtung  unseres  geistigen  Lebens.  Ich  meine 
die  von  Zeit  zn  Zeit  von  der  Gesellschaft  auszugebenden  Preise. 
In  diesem  Jahre  wurde  zum  zwölften  Mal  ein  solcher  Preis  ver- 
theilt,*)  und  da  nun  zu  dem  Sömmerring'schen  und  Stiebel'schen 
Preis  auch  noch  der  Tiedemann'sche  hinzu  kömmt,   so  werden 


*)  lieber  das  Auge  des  Wirbelthierembryo  von  N.  Lieberkühn. 


—     159     — 

alle  vier  Jahre  drei  Preisvertheiluugeu  stattfinden.  Möge 
mir  erlaubt  sein  gerade  bei  diesem  Punkte  etwas  länger  zu 
verweilen. 

Am  7.  April  1828  waren  fünfzig  Jahre  verflossen,  seit 
Sömmerring  in  Göttingen  die  Doctorwürde  erhalten  hatte.  »WeDu 
überhaupt  ein  Tag,  welcher  die  Vollendung  einer  bedeutungs- 
vollen Lebensstufe  bezeichnet,  dem  betreffenden  Individuum  werth 
und  seineu  Angehörigen  und  Bekannten  einer  Feier  würdig  er- 
scheint, so  war  dieser  Jubeltag  ein  Tag  der  Feier  für  ganz 
Deutschland ;  denn  viele  hundert  Deutsche,  zum  Theil  auch  Aus- 
länder, Aerzte,  Gelehrte  und  Staatsmänner  vereinigten  sich  (zur 
würdigen  Begehung  dieses  Tages)  eine  Medaille  prägen  zu  lassen. 
Göthe,  Blumenbach,  Seiler,  Meckel,  B  adolphi,Tiedemann, 
Leukart,  Heusinger,  betheiligten  sich  und  von  den  Ueber- 
schüsseu  der  Beiträge  stiftete  man  (um  auch  ein  geistiges  Denk- 
mal dem  Jubelgreise  zu  setzen),  den  Sömmerring'schen  Preis.« 

Den  getroffenen  Bestimmuugen  gemäss  soll  alle  4  Jahre  am 
7.  April  der  Sömmerriug'sche  Preis  demjenigen  Deutschen  zuerkannt 
werden,  welcher  die  Physiologie,  im  weitesten  Sinne  des  Wortes, 
am  bedeutendsten  gefördert  hat;  wobei  die  Arbeiten  der  letzten 
4  Jahre  besonders  berücksichtigt  werden  sollen.  —  Die  Zuerken- 
nung  geschieht  jedesmal  durch  einen  auf  möglichst  umsich- 
tiger Erwägung  aller  zu  ihrer  Kenntniss  gelangten 
Arbeiten  gegründeten  Beschluss  der  Senckenberg'schen  natui*- 
forscheuden  Gesellschaft.« 

Durch  die  Gründung  dieses  Preises  wurde  die  Gesell- 
schaft erst  majorenn  erklärt,  und  aus  einer  Vereinigung 
voH  Naturfreunden  zu  eiuer  Societät  erhoben. 

Wenu  daher  auch  in  dem  eugeren  Kreise  der  wirklichen 
Mitglieder,  wie  das  in  einer  Handelsstadt  nicht  anders  sein  kann, 
sich  auch  Männer  befinden,  die  nicht  mit  den  der  Naturwissenschaft 
vorliegenden  Fragen  praktisch  sich  beschäftigten,  oder  beschäftigen 
können,  sondern  vielleicht  durch  Leetüre  oder  durch  Sammeln  und 
Bestimmen  naturhistorischer  Gegenstände  anerkennungs  werth  e 
Kenntnisse  sich  erworben  haben,  so  soll  doch  der  Schwerpunkt  der 
Gesellschaft  in  dem  Theil  der  Mitglieder  liegen,  welche  sich  aus- 
schliesslich mit  Beobachtung  und  Erforschung  der  Natur  abgebeu 
und  abgeben  müssen,  also  uamentlich  in  dem  Kreise  der  Aerzte 
und  den  s.  g.  Naturforschern    vom  Fach.   —   Der  Gesellschaft  ist 


—     160     — 

durch  die  Bestimmung  des  Preises  das  Zutraueu  geschenkt,  dass 
sie  fähig  ist  über  die  am  Horizont  aufsteigenden  Fragen  unserer 
Gelehrten  ein  Urtheil  abgeben  zu  können,  ihr  aber  auch  die  For- 
derung auferlegt ,  dass  sie  hierbei  mit  Ernst,  Gründlichkeit 
und  mit  Sachken n tu iss  verfahre  und  dilettantenhaftem  Wissen 
sich  fern  halte. 

Die  Bestimmung,  dass  die  aus  den  letzten  Jahren  hervor- 
gegangenen Arbeiten  besonders  berücksichtigt  werden  und  nicht, 
wie  das  sonst  geschieht,  eine  Preisbewerbung  stattfindet,  ist 
eine  höchst  weise  und  unseren  Verhältnissen  sehr  entsprechende 
Einrichtung.  Gestellte  Preisfragen  würden  bei  der  für  jetzigen 
Zeiten  doch  geringereu  Höhe  des  Preises  wahrscheinlich  wenige 
Bewerber  finden ,  und  so  könnte  es  kommen ,  dass  bei  zwei 
oder  gar  einer  eingesandten  Arbeit  eine  höchst  untergeordnete 
Schrift  gekrönt  werden  müsste.  Würde  man  aber  in  solchem 
Falle  es  für  gerathen  halten,  den  Preis  gar  nicht  verabfolgen  zu 
lassen,  so  entstehen  um  s<i  leichter  unangenehme  Erörterungen  oder 
Zwistigkeiten,  als  unsere  Gesellschaft  natürlich  nicht  die  Autorität 
einer  Academie  hat. 

Bei  unserer  Einrichtung  kann  so  Etwas  natürlich  nicht  vor- 
kommen, da  die  Beurtheilung  vorhandener  Schriften  allein 
dem  freien  Ermessen  überlassen  bleibt.  Der  w er th vollste  Punkt 
der  Bestimmung  liegt  nun  aber  ganz  besonders  darin,  dass  die 
von  der  Gesellschaft  gewählte  Commission  (und  diese  kann  natür- 
lich nur  Mitglieder  enthalten,  welche  mit  den  in  Frage  stehenden 
Fächern  hinreichend  vertraut  sind)  genöthigt  ist,  die  ganze  Lite- 
ratur der  letzten  4  Jahre  durchzugehen,  mit  Kritik  und  Umsicht 
zu  prüfen  und  Wichtigeres  und  Bedeutsameres  von  Unwichtigerem 
zu  sichten.  Hierdurch  aber  erwächst  für  die  Gesellschaft  der 
grosse,  nicht  genug  zu  würdig'eiide  Nutzen,  dass  sie,  oder  viel- 
mehr die  von  ihr  gewählte  Commission  genöthigt  ist,  über  den 
Stand  des  Geleisteten  sich  zu  unterrichten  und  immer  au  niveau 
der  Wissenschaft  und  der  Literatur  zu  bleiben.  —  Die  Berichte 
der  Commission  an  den  Verein  haben  sich  aber  nicht  mit  einem 
Verzeichniss  von  Autoren  und  deren  Arbeiten  zu  begnügen,  son- 
dern sie  müssen  den  (iang  der  Wissenschaft,  die  Strömungen  und 
Schwankungen,  das  Hin-  und  Herwogeu  der  (jedanken,  die  Rich- 
tung der  Arbeiten  und  die  Ziele  derselben  im  Auge  behalten. 

Die  Fordern uo;  der    Stiftunf;   bezieht  sich  daher  auch  eisfent- 


—     161     — 

lieh  nicht  auf  den  Autor  oder  diesen  und  jenen  allgemein  aner- 
kannten Forscher,  (und  solche  sind  ja  immer  nach  einfachem 
Uebereinkommen ,  ohne  Prüfung,  selbst  ohne  alle  Kenutniss 
ihrer  Arbeiten  zu  finden) ,  sondern  sie  bezieht  sich  auf  die  Lei- 
stung oder  vielmehr  auf  den  durch  sie  begründeten  Fortschritt- 

Die  Gesellschaft  soll  sich  also  selbst  den  Preis  erarbeiten 
und  nicht  in  leichtfertiger  Lassheit  ihre  Aufgabe  als  eine  gleich- 
gültige ansehen.  —  Die  Gewährung  eines  Preises  ist,  wenigstens 
nach  meiner  Auffassung,  der  Glanzpunkt  unserer  Thätigkeit,  und 
Ton  uns  hängt  es  ab,  dass  wir  dieser  Aufgabe  würdig  befunden 
werden. 

Ist  es  nun  auch  schwer,  ja  ist  es  selbst,  wie  wir  später  sehen 
werden,  unmöglich  bei  der  Ausbreituug  unserer  Wissenschaft 
in  dem  einzelnen  Falle  das  Richtigste  zutreffen,  so  haben  wir 
denn  doch  gearbeitet.  —  Dann  aber  wird  die  Achtung  vor 
der  Wissenschaft  und  die  Keuntniss  der  gegenseitigen 
Leistung  eine  Parteinahme  für  einen  und  den  anderen 
Forscher  nicht  hervorrufen. 

Dieses  ist  der  Nutzen  des  Preises  für  uns. 

Wer  wie  ich  den  ersten  Schritt  in  das  Alter  hinter  sich  hat, 
der  findet  bei  dem  flüchtigsten  Blick  auf  das  zurückgelegte  Leben, 
sich,  so  wie  seine  Umgebung,  im  Laufe  der  Zeit  mächtig  ver- 
ändert. —  Was  unsern  Eltern  noch  genügte,  befriedigt  heute  nicht 
mehr,  und  was  früher  als  wünschenswerth  und  unübertrefflich 
galt,  ist  jetzt  veraltet  und  wird  von  unserer  Jugend  schon  heute 
verlacht.  Die  Entdeckungen  in  der  Physik  und  Chemie,  die  Fort- 
schritte in  der  Technik,  die  Dampfkraft,  der  Telegraph  haben  un- 
sere Lebenslage  ganz  verändert,  ja  Zeit  und  Rnum  für  uns  um- 
gestaltet. Wenn  Leben,  Empfinden,  Wahrnehmen  und  den 
erhaltenen  Eindrücken  gegenüber  Reagiren  heisst,  so  hat  unser 
Leben  sich  nicht  nur  verdoppelt,  nein,  —  indem  es  sich  verdich- 
tete, verdreifacht,  vervierfacht.  —  Was  man  sonst  in  Wochen 
erlebte,  begegnet  uns  jetzt  in  Tagen  und  wofür  wir  sonst  Monate 
nöthig  hatten,  vollbringen  wir  jetzt  in  Stunden.  Mächtige  Ein- 
drücke ,  die  in  früherer  Zeit  nur  selten  sich  fanden,  folgen  heute 
sich  Schlag  auf  Schlag  und  Störungen  des  Völkerlebens  ferner 
Welttheile  berühren  uns  heute  doch  mächtig. 

Die  Zeiten,  in  welchen  man  noch  sagen  konnte:  »Wenn 
hinten  weit  in  der  Türkei  die  Volker  auf  einander  schlagen,  man 

11 


—     1).2     — 

steht  am  Fenster  trinkt  sein  Gläschen  aus«  sind  längst  vorüber, 
denn  auch  die  Räume  sind  verkürzt  und  die  fernen  Landesth eile 
haben  sich  zusammengeschoben  und  unsere  sich  fernstellenden 
deutscheu  A^olksstämme  sind  jetzt  vereint.  Das  von  uns  in  dem 
Hessen-Thüring'scheu  Lande  in  unserer  Schulzeit  scharf  verpönte 
Lied:  »Wir  hatten  gebauet«  ist  von  dem  Schlachtruf  unserer 
Söhne  überbraust  und  die  junge,  verleumdete,  ver- 
fluchte, grüne  Saat  ist  aufgegangen  und  Deutschland  ist 
wieder  ein  Reich.   — 

Wenden  wir  uns  jedoch  von  dem  Völkerleben  in  den  stillen 
Kreis  unserer  physiologischen  Wissenschaften,  so  zeigen  sich  uns 
die  Fortschritte  in  keiner  Hinsieht  geringer.  Haben  Physik 
und  Chemie  die  materielle  Seite  des  Lebens  umgestaltet,  so  waren 
es  die  Fortschritte  der  Phj'siologie,  die  unsere  philosophische  Lebens- 
anschauung verändert,  uiiseru  Blick  für  Vergangenheit  und 
Zukunft  erweitert,  und  der  Gottheit  Gedanken  in  Feld,  Busch  und 
Wasser  verdeutlicht  hat. 

Stiegen  heute  unser  heimgegangener  Thomas  v.  Sömmer- 
rino;  und  seine  Schüler  Carl  Wenzel  und  Behrends  aus 
ihren  Gräbern,  sie  würden  sicher  mehr  noch  erstaunen  über  die 
Fortschritte  in  den  physiologischen  Wissenschaften,  als  über  un- 
sern  Umschwung  im  politischen  Leben.  Lebten  sie  doch  noch  in 
einer  Zeit,  wo  man  ein  Organ  der  Seele  suchte,  wo  mau  au 
eine  Selbstverbrennung  glaubte,  und  wo  der  thierische 
Magnetismus  noch  im  Schwung  war. 

Gerade  wie  heute  der  Arbeiter  sich  für  einen  besonderen, 
des  Vorzugs  würdigen  Stand  hält,  weil  er  es  ist,  der  nur  allein 
arbeitet,  so  hielt  damals  noch  der  Adlige  sein  Blut  für  anders 
aussehend  und  verlangte  es  von  Anatomen,  zur  Constatirung  seiner 
Ansprüche,  untersucht. 

Damals  veröffentlichte  Behrends  seine  Dissertation  »Cor 
nervis  carere«  und  die  Zustimmung  seines  Lehrers,  dass  nur 
die  Lebenskraft  es  sei,  welche  das  Herz  in  Bewegung  setzt, 
beweist  ein  Brief  dieses  grössteu  Anatomen  seiner  Zeit  an  meinen 
Vater  vom  Jahre  1811,  in  welchem  er  schreibt: 

»Was  Sie  als  Nervus  cordis  abbilden,  bester  Doctor,  sind  nichts 
als  Saugadern.  —  Lassen  Sie  sich  doch  gleich  aus  dem  Schlachthaus 
ein  mageres  Kalbsherz  holen ,  um  sich  davon  zu  überzeugen.  — 
Wundern  würde  ich  mich,    wenn  der  Meister  in  der  Materie  von 


—     163     — 

Herzuerven  dieses  Präparat  gesehen  und  Sie  nicht  zurechtgewiesen 
hätte.« 

Was  würden  diese  vor  uns  Heimgegangenen  sagen,  weun  sie 
erführen,  dass  die  Lebenskraft  durch  die  g-ründlichste  Erfor- 
schuug  der  Lebensvorgänge  dem  Walten  derselben  Grundgesetze 
zuerkannt  werden  muss,  welche  auch  in  der  unorgauischeu  Natur 
sich  kundgeben.  Wenn  man  ihnen  sagte,  dass  Licht,  Wärme, 
Elektricität,  Magnetismus  und  Be we^unff  in  einem  Wech- 
selverhältniss  stehen  und  nur  in  der  Bewegung  von  Molekülen 
zu  suchen  ist,  sowie  dass  lebende  Kräfte  nie  aus  der  Welt  ver- 
schwinden, sondern  nur  zu  Spannkräften  werden,  welche  nur 
einer  Wiederauslösung  harren. 

Kanute  man  auch  damals  noch  nicht  die,  die  organische 
^^  elt  mit  der  uno'-gauischeu  so  innig  verbindenden  Fragen ,  und 
fehlte  es  noch  au  den  Hülfsmitteln  zu  den  feinsten  Bildungen 
und  elementaren  Zusammensetzung  des  thierischeu  und  pflanzlichen 
Körpers,  (ohne  welche  eine  Einsicht  in  die  physiologischen  Vor- 
gänge eine  Unmöglichkeit  ist),  zu  gelangen  und  waren  unsere 
Forscher  geuöthigt,  oft  Worte  einzuschalten,  wo  klare  Begriffe 
fehlten,  so  hielten  sie  sich  doch  mit  sicherem  Takt  in  dem  Be- 
reiche der  Beschreibung  und  objectiven  Betrachtung  der  grossen 
Formen  und  gröberen  Vorgänge. 

Die  makroscopische  Anatomie  des  Menschen  war  damals  in 
ihren  Fundamenten  sowie  in  ihrem  Dach  und  Fach  gesichert  und 
die  feinen  üntersuchuugen  über  Gehirn,  Rückenmark  und  Nerven, 
sowie  die  classischen  Arbeiten  Sömmerring's  über  die  Sinnesorgane, 
hatten  die  menschliche  Anatomie  zum  vorläufigen  Abschluss  ge- 
bracht. 

Neben  der  Anatomie  des  menschlich  en  Körpers  hatte  sich 
auch  die  Anatomie  der  T liiere  aufgebaut  und  sie  war  es, 
welche  ganz  besonders  auf  die  Zoologie  in  hohem  Grade  be- 
fruchtend wirkte.  Das  frühere,  nur  nach  äusseren  Merkmalen, 
gleich  einem  Wörterbuch,  sehr  verschiedene  Geschöpfe  classificireude 
System  Liune's,  ward  durch  Cuvier,  den  Schüler  unseres  Tü- 
binger Kielmayer's,  beseitigt  und  namentlich  die  Linne'sche  Classe 
der  Würmer  durch  die  Keuntniss  der  Anatomie  den  niederen 
Thiere  in  verschiedene  Typen  aufgelöst.  Mit  der  Keuntniss  der 
Organisation  der  Thiere  hatte  sich  aber  nicht  allein  die  Thierwelt 
mit  dem  Menschen   verknüpft,    sondern  es  waren    auch  durch  die 


—     164     — 

niederen  Thiere  die  Uebergänge  zur  Pflanzenwelt  und  in  das  Be- 
reich der  Botanik  enthüllt.  Auch  in  dieser  blüthenreichen  Wissen- 
schaft hatte  sich  ein  wichtiger  Fortschritt  geltend  gemacht  und 
war  seit  den  zwanziger  Jahren  in  Deutschland  das  natürliche 
System  Jussieu's,  statt  dem  künstlichen  Linne's   eingeführt. 

In  der  Verknüpfung  dieser  verschiedeneu  Wissenschaften  war 
nun  das  Hochwichtige  erreicht,  dass  auf  dem  einen  Gebiete 
gelöste  Fragen  dem  andern  zu  statten  kamen,  und  dass  Fortschritte 
in  der  einen  erlangt,  oder  Wege  in  dem  einen  Felde  eröffnet, 
auch  in  dem  anderen  zu  Versuchen  aufforderten. 

Ferner  aber  war  durch  da>^  breite  zur  Arbeit  vorbereitete 
Feld  der  Gesichtskreis  erweitert  und  schon  am  fernen  Horizont 
zeigten  sich  Andeutungen,  welche  ahnungsvolle  Blicke  in  den  Grund- 
plan der  pflanzlichen  und  thierischen  Schöpfung  hoffen  Hessen. 
Dass  die  Forschung,  bis  zu  dieser  Stelle  gelangt,  zu  neuer  Thä- 
tigkeit  und  frischem  kräftigem  Unternehmen  begeisterte,  dann 
aber  auch  in  hoher  Spannung,  ja  Ue  bersp  a  n  nung  zu  Ideen 
veranlasste,  lag  sehr  nahe.  Die,  seit  der  Befreiung  der  Forschung 
vom  Dogma  der  Kirche  und  von  philosophischen  Systemen  einge- 
haltenen Bahnen  der  objectiven  Prüfung ,  der  streugsten  Beweis- 
führung wurden  jetzt  theilweise  verlassen  und  Resultate  ä  priori, 
nach  einer  vorgefassten  Ansicht  zu  erhalten  gesucht. 

Hatte  nun  auch  die  Naturphilosophie  für  die  rechte  Forschung 
keinen  directen  Nutzen,  wurde  sie  von  den  Männern  der  strengen 
Richtung  in  hohem  Grade  niissbilligt ,  wurden  wir  Deutsche  des- 
halb von  unseru  Nachbarn  in  England  und  Frankreich  verlacht, 
so  regte  sie  doch  auch  wieder  zum  Studium  an  und  verdanken 
wir  ihr,  besonders  im  Felde  der  vergleich  enden  Forschung,  manche 
sehr  schöne  Funde. 

Namentlich  ist  es  ein  Zweig  unserer  W^issenschaft,  der  ganz 
besonders  den  Namen  »der  deutschen«  beanspruchen  darf, 
welcher  aus  dem  Schoosse  dieser  Naturphilosophie  hervor- 
ging. Es  ist  dieses  die  E  n  t  w  i  c  k  1  u  u  g  s  g  e  s  c  h  i  c  h  t  e  der 
Tbiere  und  Pflanzen. 

Der  grosse  Anatom  Meckel  in  Halle  war  es,  der  die  fast 
vor  einem  Jahrhundert  auf  dieser  Universität  geschriebene  Disser- 
tation Caspar  Friedrich  Wolfs,  Theoria  generationis,  über  die 
Entwicklung  des  Hühnchens  im  Ei ,  durch  Uebersetzuug  und 
Druck   der    gelehrten  Welt    wieder   bekannt    machte.     In    diesem 


—     165     — 

Schriftchen  hatte  der  2(3jährige  Friedrich  Wolff  die  Metamor- 
phose der  Pflanze  vollkommen  dargelegt,  und  die  Epigenese, 
nämlich  das  allmälige  Entstehen  des  Embryo  aus  einfacher  An- 
lage (Evohition)  gegen  die  mächtigen  Gegner  Haller  und  Bonn  et 
begründet. 

Der  grosse  Lehrer  Döllinger  aber  in  Würzburg,  der  natur- 
philosophischeu  Richtung  mit  Begeisterung  ergeben,  war  es,  der 
seine  Schüler  Pander  und  dessen  jüngeren  Freund  Carl  Ernst 
von  ßaer  die  Wege  Wolffs  von  neuem  zu  betreten  anregte.  Die 
in  grossartigem  Maassstabe  in  Würzburg  angestellten  Untersuchung 
Pander 's,  die  in  dessen  Dissertation  »Historia  metamorphoseos, 
quam  ovum  iucubatum  prioribus  quinque  diebus  subit«  bringen 
uns  die  Lehre  von  den  drei  Keimblättern,  welche  noch  heute 
als  die  Grundlage  des  Keimes  und  der  ersten  Bildung  des  Embryo 
erkannt  sind,  und  wie  wir  hernach  noch  sehen,  in  uaturphiloso- 
phischer  Richtung  ausgebeutet  werden.  Carl  Ernst  v.  Baer 
aber  ist  es,  welcher  die  Geschichte  der  Entwicklung  der  Thiere 
nach  allen  Richtungen  vollständig  ausbaute  und  durch  Verglei- 
chuug  der  Entwicklung  der  verschiedenen  Thiere  zum 
Glanzpunkt  deutscher  Forschung  und  Wissenschaft  eihob. 

So  sind  wir  denn  zu  den  30er  Jahren  gekommen,  und  mit 
diesen  zur  Vervollkommung  des  Mikroscops.  Es  folgen  jetzt  Ent- 
deckungen Schlag  auf  Schlag.  Carl  Ernst  v.  Baer  hatte  1827  das 
Säugethierei  entdeckt,  seinen  inneren  Bau  jedoch  noch  nicht  er- 
kannt. 1830  entdeckte  Purkinje  das  Keimbläschen  und  nicht 
lange  darauf  R.  Wagner  den  Keimfleck  bei  dem  Menschen 
und  Säugethiere ,  und  damit  war  die  Uebereinstimmuug  der  Ei- 
bildung  nicht  blos  bei  den  Wirbelthieren  unter  einander,  sondern 
auch  mit  den  Wirbellosen  constatirt.  Ehren  berg  deckt  uns  in 
seinem  grossen  Infusorien-Werk  die  Organisation  im  klein- 
sten Raum  auf,  und  lehrt  uns  damit  die  s.  g.  Protisten,  als 
Zwischenglied  zwischen  Pflanzen  und  Thieren,  kennen.  Es  war 
am  7.  April  1837,  als  die  Gesellschaft  zum  ersten  Mal  den  Söm- 
merring'schen  Preis  zuerkannte  und  Ehrenberg's  Infusorien-Werk 
war  es,  welches  diesen  Preis  erhielt. 

Doch  schon  das  .Jahr  1838  brachte  uns  eine  Enthüllung  von 
ungleich  höherer  Bedeutung.  Es  war  die  von  dem  Anatomen 
Schwann  und  dem  Botaniker  Schieiden  proclamirte  Zellen- 
theorie, diese  von  uns  am  7.  April   1841   gekrönte  Entdeckung 


—     166     — 

zeigt  mit  alier  Entschiedenheit  und  Sicherheit  den  Aufbau  des 
thierischen  und  pflanzlichen  Körpers  aus  Zellen,  d.  h.  aus  Gebil- 
den, die  einen  Kern,  ein  Kernkörperchen  und  eine  stickstoff- 
haltige Membran  oder  nur  eine  eiweisartige  Substanz  (Protoplasma) 
enthalten. 

So  war  also  wieder  ein  grossartiges  Naturgesetz  enthüllt  und 
die  Verwandtschaft  zwischen  den  Elementargebilden  der 
Pflanzen  und  Thiere  dargestellt.  Von  dieser  Entdeckung  aus  da- 
tirt  für  die  Botanik  die  höhere  Entwicklung  nach  der  Seite  der 
Anatomie  und  Physiologie,  für  die  Zoologie  aber  vrurde  die  Lehre 
von  den  Geweben  und  durch  diese  die  neuere  Physiologie 
begründet. 

Doch  an  einer  noch  anderen  Stelle  zeigte  sich  ein  Fortschritt  von 
weittragender  Bedeutung  und  zwar  dem  Gebiet  der  Entwicklung 
angehörig.  Schon  Chamisso  hatte  auf  seiner  B,eise  um  die  Welt 
die  Wahrnehmung  gemacht,  dass  die  Salpen,  welche  auf  dem 
Meere,  theils  einzeln,  theils  in  Ketten  daher  treiben,  sich  nicht 
gleichen.  Die  einzeln  ziehenden  Thiere  enthielten  nämlich  in 
ihrem  Innern  eine  Brut,  welche  nicht  dieser,  der  Mutter,  welche 
aber  den  in  jenen  Ketten  schwimmenden  Saipeu  glichen.  Chamisso 
bediente  sich,  um  dieses  eigenthümliche  Verliältniss  klar  zu  machen, 
eines  Vergleichs:  ^>Eine  Salpniutter  gleicht  nie  ihrer  Mutter  oder 
ihrer  Tochter,  wohl  aber  gleicht  sie  ihrer  Schwester,  ihren  Enkeln, 
ihrer  Grossmutter.« 

Die  Schwerköpfigen  in  der  Wissenschaft,  sagt  Forbeü,  be- 
zeichnen ihn  als  einen  Dichter  und  Romanschreiber,  der  wunder- 
bare Visionen  bei  den  Salpen  gehabt  habe.  Es  bedurfte  noch 
24  Jahre,  bis  der  Däne  S  t  e  e  n  s  t  r  u  p  den  Generationswechsel 
in  die  Wissenschaft  einführte  und  Chamisso's  Beobachtung  an 
einer  Reihe  niederer  Thiere  nachgewiesen  wurde.  Jetzt  ist  man 
allgemein  darüber  einig,  dass  diese  Individuen  Geschlechtswerkzeuge 
besitzen,  aus  welchen  sie  mittelst  befruchteter  Eier  die  ge- 
schlechtslosen vereinzelten  Salpen  erzeugen,  während  diese 
durch  Knosp ung  die  Salpeuketteu  zur  Entwicklung  bringen. 
Von  der  Metamorphose  unterscheidet  sich  aber  dieser  Vorgang 
nur  dadurch,  dass  erstere  au  einem  und  demselben  Indi- 
viduum das  vollbringt,  was  bei  der  Metagenese  oder  dem 
Generationswechsel  au  einer  ganzen  Generation,  also  vcn 
Eltern  auf  Enkel  oder  Urenkel  vorkömmt.  —  Hat  uns  nun  dieses 


—     107     — 

Naturgesetz  gezeigt,  dass  viele  für  verschiedeu  gehaltene,  und  in 
dem  System  weit  auseinander  gerückte  Thiere  zu  einer  einzigen 
Art  zu  vereinigen  sind,  so  hat  es  auch  bei  Manchen  den  Gedanken 
angeregt,  ob  nicht  auch  in  höherem  Styl  ein  ähnlicher  Kreislauf 
in  der  Schöpfungsgeschichte  uus(!rer  Erde  vorkomme. 

Kaum  war  jedoch  dem  Generationswechsel  der  gebührende 
Platz  als  ein  neuerkanntes  Gesetz  in  der  Fortpflanzung  der  Thiere 
augewiesen,  als  die  Zoologie,  die  bis  dahin  eine  Zeugung  durch 
beide  Geschlechter  erwiesen  glaubte,  eine  abermalige  Ueber- 
raschung,  welche  eines  der  wichtigsten  Gesetze  in  der  Lehre  von  der 
Erzeugung  der  Thiere  begründet,  erleiden  sollte.  Es  war  die  Par- 
thenuo-enese  oder  »die  Jungfrau  als  Mutter«,  welche  der  erste 
Bienenzüchter  Deutschlands,  der  katholische  Pfarrer  D  z  i  e  r  z  o  n 
in  Schlesien  in  der  Mitte  der  30er  Jahre  bei  seinen  Bienen  er- 
kannte, durch  Experimente  erhärtete  und  theoretisch  erklärte. 
Die  männlichen  Bienen,  Drohnen  genannt,  welche  vom  ewig 
Weiblichen  angezogen,  als  stolze  Cavaliere  in  grosser  Schaar  die 
Königin  auf  ihrem  Hoclizeätsflug  umschwärmen,  entpuppen  nach  dieser 
Lehre  sich  als  echte  Jungfern-S<")  hn  e.  lieber  diese  Entdeckung 
sagt  R.  Wagner  in  Göttingen:  »Durch  die  Parthenogenese  sei  leider 
eine  der  allerunbequemsten  und  der  Hoffnung  auf  sogenannte  allge- 
meine Gesetze  der  thierischen  Lebenserscheinung  widerwärtigsteu 
Thatsachen  in  die  Physiologie  eingeführt  worden.«  —  Erfreulich 
und  besonders  aufmunternd  für  die  Lobpreisungen  unserer  gerühm- 
ten Fortschritte  in  der  theoretischen  Erkenntniss  konnte  es  un- 
möglich sein,  dass  dieser  hochwiclilige  und  weitverbreitete  Lebens- 
proCess  erst  jetzt  vou  einem  Nichtfachmann  gerade  an  Thieren 
entdeckt  wurde,  welche  seit  Tausenden  vou  Jahren  für  den  Men- 
schen fast  Hausthiere  geworden  sind.  Diese  grosse  Entdeckung 
wurde  gleichfalls  von  den  Zoologen  erst  längere  Zeit  vornehm 
ignorirt,  niusste  aber  doch  endlich  anerkannt  werden.  Sprach 
aber  doch  schon  vor  2000  Jahren  Aristoteles  es  aus:  »Die  Bie- 
nen erzeugen  ohne  ßegattiiiig  Drohnen.« 

Doch  nicht  allein  mit  der  Parthenogenese  hatte  uns  die  Mitte 
der  40er  Jahre  beschenkt,  nein,  es  enthüllte  sich  bald  nachher 
(Anfang  der  50er  Jahre)  noch  ein  anderes  Naturbild  vor  unseren 
Augen,  welches  einem  ewig  langen  Glauben  an  die  Urzeugung 
einen  vernichtenden  Streich  versetzte.  Es  war  die  Entdeckung, 
dass  die  Eingeweide- Wärmer  einer  Wan  d  er  ung  durch  verschie- 


—     168     — 

dene  Thiere  unterworfen  sind,  und  die  früher  für  besondere 
Arten  gehaltenen  Blasenwürmer  erst  in  einem  anderen  Thier 
sich  zur  Geschlechtsreife  entwickeln  können.  Fütteruugsversuche 
von  dem  practischen  Arzte  in  Zittau  Küchenmeister  zu- 
erst unternommen,  bewiesen,  dass  die  Finne  des  Schweines 
zum  Bandwurm  des  Menschen  wird,  und  dass  der  ganze  Schaf- 
heerden  vernichtende  Hii-nwurm  vom  Bandwurm  des  Schäferhundes 
abstamme. 

Der  Widerspruch  Siebold's,  dass  dieser  von  Küchenmeister 
eathüllte  Entwicklungsgang  kein  typischer  sei,  sondern  dass 
diese  Vorgänge  nur  auf  einer  Verirrung  der  Keime  beruhen,  war 
nicht  stichhaltig,  und  Küchenmeister's  grosse  Entdeckung  wurde 
von  Kopenhagen  aus  mit  doppeltem  Preise  gekrönt.  Dänemark 
konnte  doppelt  dankbar  für  diese  Entdeckung  sein,  da  ein  Achtel 
der  Bewohner  Islands  durch  die  Blasenwürmer  des  Echinococcus 
jährlich  zu  Grunde  gingen.  In  letzter  Zeit  hat  Zenker  die  ähn- 
lichen Vorgänge  bekanntlich  bei  Trichinen  nachgewiesen. 

Doch  nicht  auf  Säugethiere  und  Menschen  allein  beschränkten 
sich  diese  Vorgänge,  nein,  mau  lernte  auch  die  Vögel,  Fische  und 
niederen  Thiere  als  Wohnthiere  für  solche  Parasiten  kennen. 
Hierdurch  war  denn  auch  für  die  Eingeweidewürmer,  die  Entste- 
hung aus  Eiern  festgestellt. 

Wenden  wir  uns  doch  nochmals  von  diesen  grossen  Entwick- 
lungsvorgängen der  niederen  Thiere,  zu  den  Säugethieren. 

Hier  tritt  uns  sogleich  ein  Hauptwerk  entgegen,  welches  so- 
wohl rücksichtlich  der  Neuheit  und  Wichtigkeit  des  behandelten 
Gegenstandes  als  der  gründlichen  Bearbeitung  und  classischen 
Darstellung  unseres  Preises  vollkommen  würdig  erschien.  Dieses 
Werk  war  Bischoff's  Entwicklungsgeschichte  des  Ka- 
uincheneies,  eine  von  der  mathematisch-physikalischen  Classe 
der  Berliner  Akademie   gekrönte  Preisschrift. 

Hatte  Bisch  off  schon  vorher  die  zeitweise  Lösung  der  unbe- 
f  ru  cht  eten  Eier  bei  Säugethieren  und  dem  Menschen  nachgewiesen, 
so  zeigt  er  uns  hier  das  unmittelbare  Zusammentreffen  des  Sper- 
matozoids  mit  dem  Ovulum  und  zwar  auf  dem  Ovarium  selbst. 
Unsere  Gesellschaft,  die  im  Jahre  1845  dieses  Werk  gleichfalls 
krönte,  hatte  die  grosse  Genugthuung,  dass  ein  zweites  noch  um- 
fangreicheres Werk  über  die  Entwicklung  des  Hundes  ge- 
rade durch  diese  Preisertheiluug  in  Deutschland  erscheinen  konnte. 


—     169     — 

Bischoff  zeigte  seiue  Dankbarkeit  dadurch,  dass  er  die  Entwick- 
lung des  Hundes  unserer  Gesellschaft  dedicirte. 

Glaubte  mau  den  Process  der  Zeugung  durch  den  einfachen 
Contact  des  Eies  mit  dem  Spermatozoid  durch  eine  Endosmose 
hinreichend  erklärt,  so  wurde  plötzlich  das  Erscheinen  der  Sper- 
matozoiden  in  dem  Ei  selbst  wahrgenommen,  und  dem  Physicus 
Keber  in  lusterburg  gebührt  das  Verdienst  zuerst  auf  ein  Loch 
im  Ei  als  die  Eingangspforte  für  diese  Samenthiere  hingewiesen 
zu  haben. 

Auch  dieser  Entdeckung  des  Eindringens  der  Spermatozoiden 
wurde  von  den  Autoritäten  mit  Heftigkeit  entgegengetreten,  allein 
ohne  allen  Erfolg.  Die  Thatsache  wurde  nach  und  nach  von  allen 
Seiten  bestätigt. 

Könnte  man  nun  mit  Recht  fragen,  warum  die  wichtigen 
und  weittragenden  deutschen  Entdeckungen,  die  Parthenogenese, 
die  Wanderung  der  Eingeweidewürmer  und  der  Mykropyle  von 
unserer  Gesellschaft  nicht  mit  dem  Sömmerriug'scheu  Preise  be- 
dacht wurden  ?  —  Die  Antwort  ist  ganz  einfach  die :  die  Majo- 
rität der  Commission  war  zu  sehr  durch  die  heftigen  Auftritte  ein- 
geschüchtert und  wagte  nicht  einer  von  der  Majestät  des  deutschen 
Professors  nicht  anerkannten  Sache  einen  Preis  zu  ertheilen.  Als 
aber  die  Bestätigung  kam  und  die  Entdeckung  ausgebeutet  war, 
war  die  Zeit  der  vier  Jahre  für  den  ersten  Entdecker  lauge  ver- 
flossen. 

Doch  hiermit  waren  die  grossartige  Entdeckungen  dieser 
Jahre  noch  nicht  beendet.  Unser  grösster  Forscher  der  letzten 
30  Jahre,  Job.  Müller,  der  Gründer  der  neueren  Physiologie 
und  Anatomie  entdeckte  in  Schläuchen  einer  Holothurie  {Synapt. 
dig.)  die  vollständige  Entwicklung  von  Schnecken.  Eine  Wahr- 
nehmung, die  den  grossen  Meister  in  eine  tiefe  Schwermuth  ver- 
setzte, da  er  wusste,  dass  zu  dieser  räthselhafteu  Erscheinung  er 
den  Schlüssel  nicht  mehr  finden  würde.  Bedeutungsvoller  aber 
war  für  die  Entwicklung  der  niederen  Thiere  die  aus  einer  Reihe 
von  bewuuderungswerthen  Untersuchungen  hervorgehende  Arbeit 
dieses  grossen  Meisters  über  die  Entwicklung  der  Echiuo- 
dermen,  bei  welchen  er  zuerst  die  im  späteren  Verlauf  zu  be- 
sprechende wimperude  Larve  wahrnahm. 

Hieran  schliesst  sich  die  Enthüllung  des  früh  verstorbeueu 
H.  Müller  über  deu  Hectocotylus.    Er  erkannte   ihn  als  das  vom 


—     170     — 

Arm  der  Argonaiita  sich  loslösende  und  frei  zum  weiblichen 
Thier  hinschwimmende  männliche  Begattungsorgan.  Die  Unter- 
suchungen J.  Müller's  über  die  Echinodermeu  wurden  im  Jahr  1857 
von  der  Gesellschaft  gekrönt. 

Kehren  wir  jedoch  wieder  zur  Morphologie  zurück.  Hatt« 
die  Anatomie  bisher  die  Formverhältnisse  der  Orgaue  und 
die  Verknüpfung  der  Systeme  behandelt,  iind  hatte  die  Ent- 
wicklungsgeschichte sich  mit  dem  morphologischen  Aufbau  des 
thierischen  Körpers  beschäftigt,  so  drang  durch  das  sich  mehr 
vervollkommnenden  Mikroscop  die  Forschung  jetzt  weiter  vor  und 
nahm  nicht  mehr  die  Organe  als  Ganzes,  sondern  das  Material, 
welches  die  Organe  zusammensetzt  nach  Form,  Ent- 
stehung, Entwicklung  und  Lebensvorgängen  ins  Auge. 
So  entstand  denn  die  Lehre  von  den  Geweben,  welche  durch 
die  ausschliesslichen  Bestrebungen  fast  aller  Forscher  in  neuer 
Zeit  zu  einer  unerwarteten  Entfaltung  gedieh.  Von  hier  aus 
wurde  nun  über  eine  grosse  Reihe  physiologischer  und  patho- 
logischer Vorgänge  im  thierischen  Körper  in  grosser  Breiie 
Klarheit  und  Einsicht  gewonnen.  Die  Gewebelehre  ist  es, 
die  mit  einer  anderen  Tochter  der  Neuzeit ,  nämlich  der  o  r- 
ganischeu  Chemie  und,  in  Verbindung  mit  Vivisectiouen, 
die  neuere  Physiologie  begründet  und  aufgebaut  hat. 

Dass  die  Zuerkennung  des  Sömmerring'schen  Preises  sich 
jetzt  nach  dieser  Seite  wenden  musste,  ist  begreiflich,  und  so 
wurde  denn  im  Jahr  1849  Rud.  Wagner  für  seine  Aufklä- 
rungen über  die  Nerven,  im  Jahr  1853  Kölliker  für  seine 
grossen  Leistungen  in  der  Gewebelehre  und  in  den 
Jahren  1861  und  1865  die  beiden  Physiologen  Ludwig  und 
H  e  1  m h  o  1  z  für  ihre  unvergleichlichen  Leistungen  in  der  Phy- 
siologischen Physik  mit  dem  Sömmerring'schen  Preise 
gekrönt. 

Ich  möchte  Ihre  Geduld  nicht  zu  sehr  in  Anspruch  nehmen, 
darum  gestatte  ich  mir  hier  nur  Weniges  anzuführen. 

Bei  dem  Generationswechsel  fanden  wir  ganz  verschieden 
gestaltete  Thiere  verschiedene  Altersstufen  ein  und  desselben 
Geschlechtes.  Hier  in  den  Geweben  des  thierischen  Körpers  zeigen 
sich  ähnliche  Verhältnisse. 

In  seiner  Bin  desubstauz  zeigt  uns  Virchow  die  Zusammen- 
gehörigkeit   und    den    wechselnden    Uebergang    des    schleimig- 


—     171     — 

weichen  Zellstoffs  in  die  feste  elastische  Faser,    den  bieg- 
samen Knorpel  und  den  harten  Knochen. 

Das  Streben,  die  fernere  Organisation,  die  Entwicklung  und 
das  Waehsthum  der  Gewebe  und  der  von  ihnen  zusammen- 
gesetzten Organe  zu  erkennen ,  führte  aber  nothwendig  auf  die 
Zellen  selbst  und  so  finden  wir  denn  in  letzterer  Zeit  das  Be- 
streben der  Forseher  ganz  besonders  auf  die  Untersuchung  dieser 
gerichtet. 

Wie  wir  noch  bei  den  Bandwürmern  sahen,  dass  sie  aus  Eiern 
entstehen  und  mit  dieser  Entdeckung  ein  letztes  Bollwerk  der 
Urzeugung  gestürzt  war,  so  sahen  wir  auch  hier  die  Zelle  aus 
einem  Ei  oder  einer  Mutterzelle  hervorgehen.  Sei  es  nun,  dass 
sie  sich  theilt,  sei  es,  dass  sie  durch  Knospen  sich  fortpflanzt,  sei 
es,  dass  sie  in  ihrem  Innern  eine  Brut  entwickelt  und  durch 
Bersten  der  Mutter  die  junge  Brut  frei  wird :  immer  ist  eine 
Mutterzelle  vorhergegangen.  Wir  finden  hier  immer  wieder  die 
Vermehrungs-  und  Fortpflauzungsvorgäuge  ganz  ähnlich  den  nie- 
deren Thieren,  oder  der  Dottertheilung  im  Säugethiere  welches 
ja  selbst  nicht  andres  als  eine  Zelle  ist. 

Durch  Theilung  der  Blutkugel  vermehren  sich  die  Körper 
im  Blnt  und  durch  Theilung  der  Knorpelzellen  vergrössert  sich 
der  Knorpel  in  dem  durch  Ausscheidung  an  der  Oberfläche,  die 
Geschwisterzellen  auseinander  rücken. 

Sehen  wir  hier  dieselben  Vorgänge ,  die  wir  an  frei  in  der 
Natur  lebenden  Thieren,  z.  B.  den  Quallen,  dem  Kugelthier  kennen, 
so  hat  die  dem  Mikroskop  beigefügte  Wärmkammer  uns  noch 
ganz  andere  Lebensäusserungen  gezeigt.  Man  sieht  hier  unter 
dem  Mikroskop  nicht  passives  Wandern  der  Zellen,  nein,  eine 
freie  Bewegung.  Wie  die  im  Wasser  lebende  Ainöbe  als  ein  un- 
bestimmt geformtes  Klümpchen  Schleim,  bald  diese  bald  jene 
Form  annimmt,  bald  hier  bald  da  einen  Fortsatz  ausstreckt  und 
an  andere  Wesen  herankriecht  und  sie  mit  ihrer  Substanz  umhüllt 
uud  in  ihr  Inneres  aufninmit,  so  hat  uns  Lieberkühn  Lebens- 
vorgänge bei  den  weissen  Blutkugeln  am  Blut  von  Tritoneu  und 
Tauben  unter  dem  Mikroskop  gezeigt. 

Wir  sehen  da  wie  das  weisse  Blutkügelchen  an  ein  rothes 
herankriecht  und  dieses  langsam  in  sein  Inneres  aufnimmt.  Es 
wandert  zum  zweiten,  dritten,  vierten,  und  frisst  eins  nach  dem 
andern.     Da    solche   Beobachtungen    tagelang    fortgesetzt    werden 


—     172     — 

können,  so  kann  man  auch  das  allmälige  Verschwinden  der  rothen 
Blutkugeln  im  Innern  der  weissen  wahrnehmen.  So  wie  uns  aber 
hier  Lieberkühn  neben  bestimmten  Molecularbewegungen  in  der 
Zelle  durch  die  eben  beschriebenen  Vorgänge  eine  Zerstörung  der 
alten  rothen  Blutkugeln  durch  die  jungen  weissen,  aus  der  neuere 
Nahrung  entstandenen  zeigt,  so  belehrt  uns  Köliiker  in  einer 
gleichfalls  in  den  letzten  Jahren  erschienenen  Schrift  über  die 
Resorption  der  Knochensubstauz  durch  Riesenzellen. 

Durch  die  genauesten  und  ausgedehnten  mikroscopischen 
Untersuchungen  über  das  ganze  Skelet  vom  Kalb,  Schwein,  Hund 
und  Kind  fand  er  Zellen,  welche  den  aufgebauten  Knochen  au 
bestimmten  Stellen  anfressen.  Er  nennt  diese  Zellen  Osteoklasten 
und  stellt  sie  den  Osteoblasten,  welche  zu  gleicher  Zeit  an  einer 
andern  Stelle  wieder  Knochen  aufmaueru,  gegenüber.  Die  Resultate 
seiner  ausgedehnten  mikroscopische  Untersuchungen  finden  nicht 
allein  ihre  Bestätigung  in  zahlreichen  Fütterungen  mit  Krapp, 
sondern  auch  durch  meine  Beobachtungen  am  Wachsen  des  Thier- 
schädels.  Diese  beiden  hier  erwähnten  Leistungen  lagen  unserer 
letzten  Vertheilung  des  StiebeVschen  Preises  vor.  Wenn  sie  nicht 
berücksichtigt  werden  konnteu,  so  war  dieses  nicht  in  der  gerin- 
geren Werthschätzung,  sondern  in  der  beschränkten  Satzung  dieses 
Preises  begründet. 

In  der  kurzen  Skizze,  die  ich  Ihnen  soeben  zu  entwickeln 
versuchte,  entfaltete  sich  vor  Ihnen  ein  Kaleidoscop,  welches  in 
kurzen  Intervallen  die  mannigfachsten  Bilder  vorführte.  Nicht 
ein  darcbgängiger  Plan  war  es,  der  die  Forscher  bestimmte  diese 
oder  jene  Untersuchung  zu  beginnen,  sondern  die  Bestrebungen 
knüpften  sich  meist  an  gerade  vorhandenes  Material.  Der  Zufall 
war  oft  die  Veranlassung  zu  dieser  oder  jener  Entdeckung  und 
gab  dann  für  Andere  den  Grund  ab  zur  Prüfung,  Bestätigung, 
weiterem  Ausbau  oder  Verurtheilung.  Aehnliche  Wege  auf  dem 
einen  Gebiete  glücklich  beschritten,  riefen  dann  wieder  gleiche 
auf  einem  andern  hervor.  Es  war  ein  Hin  und  Her  gleich  dem 
Wellenspiel  des  Wassers.  Aber  trotz  der  Freiheit  der  Bewegung 
des  Einzelnen,  sehen  wir  doch  ein  Princip,  welches  die  Bewegung 
und  Richtung  aller  der  Forscher  leitet,  es  ist  die  vorurtheils- 
lose  unbefangene  objective  Behandlung  der  Vorlagen;  es  ist 
die  Methode  der  Arbeit  vom  Einzelnen  aus,  und  die  Ver- 
knüpfung einer  Menge  von  Einzelheiten  zu  einem  Ganzen 


-     173     — 

ans  -welcliem  letzteren  dann  nach  und  nach  das  allgemeine  Ge- 
setz   sich  aufbaut. 

Nur  auf  diesem  von  Baco  gelehrten  Wege  der  luduction 
konnte  unsere  Wissenschaft,  wenn  auch  zerstückt  und  zerrissen, 
auf  breiter  und  sicherer  Basis  sich  aufbauen  und  treu  diesem 
Princip  wird  es  uns  gelingen,  die  mehr  und  mehr  sich  nähernden 
Pfeiler  in  einem  festen  Gewölbe  zu  verbinden,  und  sicheren  Schrittes 
die  Natur  und  ihre  ewigen  Gesetze  in  immer  klarerem  Lichte  zu 
erkennen. 

W^ill  aber  unsere  Gesellschaft  der  auf  ihre  Schultern 
gelegten  Aufgaben  sich  gewachsen  zeigen,  so  hat  sie  allein  nur 
diese  Richtung  im  Auge  zu  behalten.  Möge  sie  nie 
Bahnen    betreten,    die   mir  jetzt  zu  besprechen  noch  obliegen!  — 

Denn  noch  eine  andere  Richtung  ist  es,  welche  seit  den 
letzten  Decenuien  sich  Bahn  gebrochen  hat  und  durch  das  fest 
im  Auge  gehaltene  Ziel  und  sicher  erwarteten  Erfolg  mit  Lebhaf- 
tigkeit betreten  wird.  Auch  für  diese  erlaube  ich  mir  schliesslich 
Ihre  gütige  Aufmerksamkeit  in  Kurzem  in  Anspruch  zu  nehmen. 

Die  von  Darwin  aufs  Neue  aufgeworfene  Frage  nach  der 
Entstehung  der  Arten  ist  es,  welche  in  neuester  Zeit  von 
Forschern  und  leider  auch  von  Laien  höchst  leidenschaftlich  veu- 
tilirt  wird  und  für  welche  namentlich  Dilettanten  am  leiden- 
schaftlichsten Partei  ergreifen. 

Diese  schwierigste  aller  Fragen  soll  einfach  durch  ein  Bluts- 
verw^andtschaft  der  typischen  Formen  gelöst  werden,  indem 
die  allen  Thieren  gemeinsamen  Eigenschaften  durch  Verer- 
bung, die  gegenseitige  Verschiedenheit  aber  durch  Anpas- 
sung an  die  umgebenden  Verhältnisse  bedingt  seien. 

Dass  der  Wissenschaft  die  Frage  nach  dem  Ursprung  der 
thierischeu  und  pflanzlichen  Organismen  an  die  Vergangenheit  zu 
stellen  erlaubt,  ja  sogar  Aufgabe  ist,  möchte  gewiss  nicht  zu  be- 
zweifeln sein,  und  dass  sie  durch  die  Morphologie  sich  diesem 
Ziele  zu  nähern  sucht,  ist  rationell;  dass  sie  endlich  in  diesen 
Kreis  der  Untersuchung  auch  den  Menschen  einschliesst,  ist  voll- 
kommen gerechtfertigt;  —  dass  sie  aber  das,  was  sie  erst  be- 
weisen soll  und  muss,  nämlich  die  Blutsverwandtschaft 
schon  als  Axiom  annimmt  und  nun  von  hier  aus  a  priori  ihre 
Untersuchungen  macht  und  mit  vorgefasster  Meinung  an  die  Ar- 
beit geht,  das  ist  es,  was  ich  dieser  Richtung  zum  Vorwurf  mache. 


—     174     — 

Der  Weg  a  priori  bringt  uns  in  die  alte  Bahn  der  Naturphilosophie 
und  führt  uns  durch  das  freie  Sj^iel  der  Phantasie  zu  deu  gewal- 
tigsten Luftsprüngen  und  Täuschungen.  8ie  zaubert  uns  oft 
nicht  blos  die  abgeschmacktesten,  sondern  absurdesten  Behaup- 
tungen  herauf. 

Das  vor  einem  Menschenalter  zu  Grabe  getragene  Spiel  hat 
schon  wieder  begonnen  und  die  durch  die  Brille  der  vorgefassten 
Meinung  betrachtete  Beobachtung  wird  für  eine  objectiv  gefundene 
Wahrheit  ausgegeben. 

Wie  meine  Stellung  zu  dem  schwarzhaarigen,  spitz- 
ohrigen  Vierhänder  Darwin's  als  uuserm  Stammvater 
sich  verhält,  habe  ich  schon  mehrfach  auszusprechen  die  Gelegen- 
heit genommen.  Die  Festrede  des  Strassburger  Zoolögen  bei  der 
letzten  deutschen  Naturforscherversammluug  in  Wiesbaden  hat 
mir  den  Beweis  geliefert,  dass  meine  Argumente  nicht  überhört 
worden,  und  so  wären  wir  mit  dem  letzten  Sprossen  des  Darwin- 
schen Stammbaumes,  bis  der  schwarze  Kerl  gefunden ,  vorerst 
fertig;  doch  ein  moderner  Faust  hat  uns,  zwar  nicht  das  Ideal 
der  Schönheit,  wohl  aber  ein  Schemen  auf  die  Bühne  der  Wissen- 
schaft gebracht,  welches  als  Gastrea  die  Urmutter  des 
Thierreiches  abgeben  soll  und  auch  diese  bedarf  einige  Be- 
rücksichtigung.  — 

»Die  Ontogenesis  ist  die  kurze  und  schnelle  Recapitulation  der 
Phylogenesis«    heisst,  das  biogenetische  Grundgesetz, 

Nach  diesem  durchläuft  also  die  Entwicklung  des  einzelnen 
Individuums  alle  Stufen  der  Entwicklung  der  ganzen  Thierheit, 
d.  h.  es  war  z.  B.  der  einzelne  Mensch  in  frühester  Zeit  seines 
Seins  eine  Larve,  dann  wurde  er  eine  Seescheide,  alsdann  ein 
Fisch,  Amphib  und  endlich  durchläuft  er  die  Stufen  der  Säuge- 
thiere.  —  (Ein  alter  Satz  Okens!  Sehen  wir,  ob  er  vielleicht 
jetzt  erwiesen  werden  kann !). 

Bei  der  Entwicklung  aller  Wirbelthiere  finden  sich  die  drei 
Pander'schen  Keimblätter  vor,  von  welchen  das  äussere  die  Körper- 
hülle, das  innere  der  Darmkanal  wird  und  ein  mittleres  als  Grund- 
lage der  Muskeln  sich  bildet.  Es  war  für  die  Homologie  der 
elemen  taren  Gebilde  des  thierischen  Körpers  von  grosser 
Wichtigkeit,  dass  auch  bei  den  niederen  Thieren  ähnliche  Ver- 
hältnisse gefunden  wurden.  Nun  sind  schon  seit  längerer  Zeit  bei 
den  Echinodermen,    Würmern,    bei  den  Seescheiden,   den  Weich- 


—     175     — 

thieren,  den  Gliederthiereu  und  zuletzt  auch  bei  dem  niedersten 
Wirbelthier,  dem  Lauzettfischchen  ähnliche  Entwicklungszustände 
aufgefunden  worden,  welche  man  mit  dem  Namen  Planala  be- 
zeichnet. Es  ist  dieses  eine  Larve  mit  einer  zweischichtigen  Hülle 
(dem  Exoderm  und  Entoderm)  und  einer  geschlossenen  Central- 
höhle  welche  durch  ihre  Wimpern  in  dem  Wasser  herumschwimmt. 

Das  nächstfolgende  Larvenstadium,  bei  welchem  die  innere 
Ceutraihöhle  durch  eine  OefFnung  nach  Aussen  mündet,  bezeichnet 
die  Ontogeuie  als  Gasfrula  (Phylog.  Gastrea).  Da  sich  nun 
zwischen  diesen  beiden  Schichten  noch  eine  dritte  entwickelt,  aus 
welcher  Muskeln  entstehen,  so  haben  wir  auch  hier  die  drei  fun- 
damentalen Anlagen  wie  bei  den  Wirbelthieren.  Diese  Gastrula 
ist  nun  der  hypothetische  Entwicklungszustand  für  alle 
Thierformen  und  sie  ist  es,  welche  in  früher  Primordialzeit  in 
allen  Meeren  als  verschiedene  Gattungen  der  Gastreaden  gelebt 
haben  muss.  In  ihrer  weiteren  Entwickelung  setzt  sich 
nun  ein  T  h  e  i  1  dieser  Larven  mit  ihrem  obersten  Körpereude 
fest  und  bekommt  eine  radiäre  Körperform.  Dieser  Theil  wird 
Strahlenthier  und  die  Stammform  der  Coelenterateu,  der  andere 
Theil  begiebt  sich  auf  den  Meeresgrund,  kriecht  dort  umher,  und 
wird  bilateral.  Er  wird  ein  Wurm  und  als  solcher  die  Stamm- 
form der  Echiuodermen,  der  Glieder-,  Weich-  und  aller 
Wirbelthier e.  Auf  welche  Weise  nun  diese  letzteren  Vorgänge  zu 
Stande  kommen,  das  überlässt  man  wohlweislich  unserer  Phantasie. 

Wie  sieht  es  denn  nun,  dürfen  wir  wohl  fragen,  mit  den 
Larven  aus,  welche  sich  nicht  festsetzen,  aber  auch  nicht  auf 
dem  Boden  kriechen,  sondern  flimmernd  in  grosser  Menge  fort- 
schwimmen und  endlich  zu  Weichthiereu  und  Würmern  sich  ent- 
wickeln? Sie  wurden  wahrscheinlich  übersehen,  weil  sie  der 
Theorie  widersprechen. 

Müssen  wir  ferner  auch  zugeben,  dass  die  Hydroidpoljpen 
radiär  gestaltet  sind,  so  dürfen  wir  doch  ferner  fragen:  Wie 
passt  es  zur  Theorie,  dass  nicht  blos  die  Embryonen  der  Actinien 
und  Corallen  bilateral  sind,  sondern  auch  die  älteste  Coralle, 
die  wir  kennen,  die  TetracoralUa  eine  zweiseitige  Gestalt  hat. 

Ist  somit  schon  hier  die  Supposition  als  unhaltbar  erwiesen, 
so  zeigt  sich  die  Homologie  der  drei  Keimblätter  bei  den 
Wirbelthieren  den  Wirbellosen  gegenüber,  auf  welcher  die  ganze 
Theorie  aufgebaut  ist.  noch  unhaltbarer. 


—     176     — 

Mau  hat  auch  hier  wahrscheiulich  eleu  als  eiuschichtige  Hohl- 
kuffelu  herumflimmerudeu  Larven  deshalb  keine  Aufmerksamkeit 
gescheukt,  weil  sie  auf  jeue  Theorie  durchaus  nicht  passen.  Diese 
Hohlkugelu,  welche  nur  eine  Reihe  von  Zellen  zeigen  und  dem- 
nach uur  ein  Keimblatt  haben,  sind  aber  doch  in  der  Mehrzahl 
vorhanden.  Will  sich  nun  diese  Ligula  zur  Gastrula  ent- 
wickeln, so  stülpt  sich  die  eine  Hälfte  ihrer  Körperoberfläche  in 
die  andere  ein  und  so  entsteht  eine  zweischichtige  Larve  mit 
eiuem  Exoderm  und  Entoderm.  Hier  ist  es  also  das  Exoderm, 
welches  durch  Einstülpung  ein  Entoderm  und  eine  Darmhöhle 
sich  bildet. 

Wie  sieht  es  denn  nun  aber,  sind  wir  wieder  berechtigt  zu 
fragen,  mit  den  zwei  Keimblättern  aus,  die  doch  fundamental 
verschieden  sein  sollen. 

Wie  rechtfertigt  man  nun  aber  obigen,  von  vielen  Forschern 
begründeten  Thatsachen  gegenüber,  jene  Theorie? 

Die  Thatsachen  erkennt  unser  Naturphilosoph  vollkommen 
an,  und  trotzdem  hält  er  seine  Theorie  aufrecht.  Denn  die  That- 
sachen siud  nach  seinem  Ausspruch  eine  Fälschung  seiner 
Theorie  durch  die  Natur. 

Denkt  man  hier  nicht  an  den  Baccalaureus : 

Erfabrungswahnsinn!  Schaum  und  Dust! 
Und  mit  dem  Geist  niclit  ebenbürtig, 
Gesteht,  was  man  von  je  gewusst, 
Es  ist  durchaus  nicht  wissenswürdig. 

Obgleich  selbst  der  Naturphilosophie  in  meiner  Jugend  ganz 
und  gar  ergeben,  so  habe  ich  doch  Manches  vernehmen  müssen, 
was    in    mein  Hirn    nicht  passen  wollte.     Wie  z.  B.  die  Pflanzen 

bringen  zu  dem  -j der  Erde  ein  höheres  —  in  (-j )  hinzu.    Sie 

spalten  und  entzweien  die  Erde,  indem  sie  sich  verzweigten. 

Ging  aber  selbst  damals  die  Verzückung  so  weit,  dass 
ein  berühmter  Forscher  den  Bewohner  des  Mondes  construirte, 
und  sogar  einen  Sonnenmenschen  sich  malen  liess,  so  ist  doch  das 
nicht  vorgekommen,  dass  ein.  Naturforscher  auszusprechen  wagte: 
dass  die  in  der  Natur  anerkannten  Thatsachen  seine  Theorie 
fälschen,  ohne  nur  auch  an  das  Umgekehrte  zu  denken,  oder  dass 


—     177     — 

er  von  der  freien  Forschung  tler  Embryologen  verlangt  hätte,  nur 
nach  seiner  phylogenetischen  Theorie  ihre  Untersuchungen 
anzustellen. 

Mag  anderswo  ein  Dogma  der  Unfehlbarkeit  aufgestellt  werden, 
ich  habe  wahrlich  nichts  dagegen,  stellt  es  aber  ein  Naturforscher 
auf,  so  sage  ich  mit  Mephisto : 

Original,  fahr'  hin  in  deiner  Pracht! 


Anhang. 


Bericht 
über  die  Vermehrung  des  Herbariums 

während  der  Jahre  1873  u.  1874. 

Ausser  den  im  Jahresbericht  1872  bis  1873  angegebenen 
Schenkungen  an  cretrockneten  Pflanzen  erhielt  die  botanische 
Section  des  Senckenbergischen  Museums  nicht  unbedeutenden  Zu- 
wachs durch  Ankauf  einiger  Sammlungen.  Durch  die  freundliche 
Unterstützung  des  Herrn  Adolf  Metzler  wurde  es  möglich,  das 
Herbarium  der  Gesellschaft  durch  100  sicilianische,  270  persische. 
175  ostindisch-javanische,  300  brasilianische,  475  chilenische  und 
150  neuholländische  Arten  zu  vermehren. 

Im  Ganzen  konnten  während  1873  und  1874  in  die  allge- 
meine Sammlung  eingeordnet  werden  Vertreter  von  acht  bis  jetzt 
noch  nicht  vorhandenen  Phanerogamen -Familien,  192  neue  Gat- 
tungen, und  1291  neue  Arten.  Von  den  etwa  6000  neu  einge- 
reihten Nummern  waren  nur  gegen  300  in  Gärten  gesammelt, 
4300  stammten  aus  Deutschland,  1128  aus  dem  übrigen  Europa, 
451  aus  Asien,  80  aus  Afrika,  76  aus  Nordamerika,  747  aus  Süd- 
amerika und  162  aus  Australien. 

12 


—     178     — 

Die  Abtheilnng  derPhanerogamen  zählt  demnach  im  Ganzen: 
3060  Gattungen  mit  16,858  Arten  in  45,011  Nummern;  davon 
16,224  aus  Gärten,  14,823  aus  Deutschland  (darunter  gegen  3000 
aus  der  Wetterau),  5952  aus  dem  übrigen  Europa,  2969  aus  Asien, 
1981  aus  Afrika,  1929  aus  Nordamerika,  1610  aus  Südamerika 
und  723  aus  Australien. 

In  die  Abtheilung  der  Crjptogamen  konnten  nur  3  neue 
Gattungen  und  26  Arten  eingereiht  werden ,  sämmtlich  Gefäss- 
cryptogamen.  Im  Ganzen  kamen  nur  114  Nummern  hinzu,  dar- 
unter 15  aus  Asien,  je  17  aus  Afrika  und  Südamerika,  6  aus 
Australien.  —  Hierbei  ist  jedoch  unberücksichtigt  gelassen  die 
Schenkung  einer  grossen  Anzahl  von  Flechten  durch  Herrn 
Adolf  Metzler,  welche  als  besondere  Sammlung  in  Kästen  auf- 
bewahrt werden,  und  die  Erwerbung  von  2  Centurien  der  Rabeu- 
horst' sehen  Pilzsammlung. 

Die  im  Jahre  1874  erworbene  Sammlung  officineller  und 
Handels-Pflanzen  zählt  gegen  2000  Nummern  und  konnte  der 
Catalog  durch  Herrn  Ad.  Met  zier 's  Mithülfe  bereits  fast  fertig- 
gestellt werden. 

Die  Sammlung  von  Früchten  uud  Sämereien  wurde  auch  in 
letzter  Zeit  reichlich  vermehrt,  doch  gestatten  die  beschränkten 
Räumlichkeiten  nur  einen  Theil  der  Sammlung  in  etwas  voll- 
ständigerer Weise  (so  z.  B.  die  Leguminosen -Früchte)  auszustellen. 

Ueber  die  paläontologisch-botanische  Sammlung  uud  die  sehr 
reichhaltigen  Erwerbungen  der  letzten  Zeit  werde  ich  im  nächsten 
Jahresbericht  Mittheilung  machen. 

Dr.  phil.  Geyler,  Sectionär  für  Botanik. 


17U     — 


Beiträge  zur  Keniitiiiss  der  Fisclie 
von  Marocco. 


Die  Herreu  Dr.  Freiherr  K.  v.  Fritsch  (jetzt  Professor  in 
Halle)  und  Dr.  Rein  (gegenwärtig  in  Japau)  hatten  auf  ihrer 
Reise  in  Marocco  im  Jahre  1871  auch  eine  Anzahl  Fische  ge- 
sammelt, welche  sie  unserem  auswärtigen  Mitgliede  Herrn  Dr. 
Albert  Günther,  F.  R.  S.,  Conservator  am  Britischen  Museum 
in  London,  zur  Bestimmung  übersandten.  Herr  Dr.  Günther 
fand  darunter  vier  neue  Species,  deren  Charakteristik  er  in  den 
»Annais  and  Magazine  of  Natural  History«,  March  1874,  mit 
Abbildungen  begleitet,  veröffentlichte  und  die  wir  hier  in  deut- 
scher üebersetzung  folgen  lassen: 

Serranus  atricauda  n.  sp.  Günther. 

D.   i«/i5.     A.  Vs.     L.  lat.  115. 

Die  Schuppen  sind  bedeutend  kleiner  als  bei  Serranus  cabrüla 
oder  Serranus  scriba,  mit  welchen  er  verwechselt  werden  könnte. 
Zwischen  der  Rückenflosse  und  Seitenlinie  befinden  sich  elf 
Schuppen  in  einer  Querlinie.  Die  Höhe  des  Körpers  beträgt  zwei 
Siebentel  der  ganzen  Länge  (ohne  die  Schwanzflosse),  die  Länge 
des  Kopfes  ein  Drittel.  Schnauze  schuppenlos,  zugespitzt,  mit 
etwas  vorstehendem  Unterkiefer.  Der  Durchmesser  des  Auges  be- 
trägt zwei  Neuntel  der  Länge  des  Kopfes  und  zwei  Drittel  der 
Länge  der  Schnauze.  Der  Interorbital-Raum  eben,  viel  kleiner 
als  der  Durchmesser  des  Auges.  Die  Auszackung  an  dem  Winkel 
des  Präoperculums  ist  viel  stärker  als  an  den  übrigen  Theilen  des 
Knochens.  Der  vierte,  fünfte  und  sechste  Strahl  der  Rückenflosse 
sind  die  längsten.  Die  weichen  Strahlen  der  mit  der  ersten  ver- 
bundenen zweiten  Rückeaflosse  mit  zahlreichen  sehr  kleinen,  bläu- 
lichen Ocellen.  Die  Bauchflosse  endigt  in  grosser  Entfei'nung  von 
dem  After.  Schwanzflosse  abgestutzt.  Farbe  röthlich  oliveugrün 
(in  Spiritus),  mit  verschiedenen  dunklen  Querrändern,  welche  in 
der  Mitte  der  Seiten  des  Körpers   am    deutlichsten    hervortreten ; 


—     180      — 

zwei  von  diesen  sind  dunkler  und  breiter  als  die  übrigen  und 
nehmen  die  Mitte  des  Körpers  ein.  Ein  schräger  dunkler  Strich 
creht  von  dem  Auge  zu  dem  Winkel  des  Praeoperculums.  Die 
Ecken  der  Schwanzflosse  tief  schwarz.« 

Herr  Dr.  Günther  findet  unser  Exemplar  von  Mogador  iden- 
tisch mit  anderen  im  Britischen  Museum  befindlichen,  von  den 
Azoren,  Madeira  und  den  Canarischen  Inseln  (Teneriffa),  welche 
er  früher  zu  S.  cabrüla  gezählt  hatte. 

JBarbus  Reinii  n.  sp.  Günther.  Annais  and  Magazine  of 
Natural  History  for  March  1874  Taf.  XIII. 

D.  11.     A.  8.     L.  lat.  32.     L.  trausv.   ^/e. 

Der  knöcherne  Rückenstrahl  ist  stark,  glatt,  sein  steifer 
Theil  zwei  Drittel  so  laug  als  der  Kopf.  Zwischen  der  Seiteu- 
linie und  der  Basis  der  Bauchflosse  zwei  und  eine  halbe  oder 
drei  Reihen  von  Schuppen.  Die  Höhe  des  Körpers  beträgt  etwas 
mehr  als  die  Länge  des  Kopfes,  welcher  selbst  ein  Viertel  der 
Länge  des  ganzen  Körpers  (ohne  die  Schwanzflosse)  besitzt. 
Schnauze  etwas  vorstehend,  stumpf  conisch.  Muud  unterständig; 
Lippen  nicht  verdickt;  Bartfäden  länger  als  das  Auge.  Die 
Rückenflosse  nimmt  ihren  Ursprung  deutlich  in  Front  der  Wurzel 
der  Bauchflosse  *)  und  fast  in  der  Mitte  zwischen  dem  Ende  der 
Schnauze  und  der  Basis  der  Schwanzflosse.  Schwanzflosse  stark 
gegabelt.     Einfarbig. 

Diese  Art  bewohnt  den  Fluss  Tensift.  Das  grösste  der  von 
Dr.  Günther  untersuchten  Exemplare  ist  8^2  Zoll  (engl.)  lang. 

Barhus  Fritschii  n.  sp.  Günther.  Annais  and  Magazine  of 
Natural  History  for  March  1874  Taf.  XIV.  A. 

D.  11.     A.  9.     L.  lat.  32—33.     L.  transv.  5V2— 5. 

Der  Knochenstachel  der  Rückenflosse  ist  schwach,  nicht  viel 
stärker  als  die  anderen,  und  nicht  gesägt.  Zwischen  der  Seiten- 
linie und  der  Basis  der  Bauchflosse  befinden  sich  zwei  und  eine 
halbe  Reihe  Schuppen.  Die  Höhe  des  Körpers  ist  drei  und  ein- 
viertel  mal  in  seiner  ganzen  Länge  (ohne  die  Schwanzflosse)  ent- 
halten, die  Länge  des  Kopfes  viermal.  Schnauze  kurz  und  stumpf, 
der  Mund  unterstäudig,  breit,  kurz  und  halbmondförmig;  der 
Unterkiefer  mit  einem  etwas  scharfen  Rande.  Vier  kurze  Bart- 
fäden.    Der  Durchmesser  des  Auges  ist    der  Länge  der  Schnauze 


-     181     - 

ti;1eicl]  uiul  beträgt  zwei  Siebeutel  von  der  Lauge  des  Kopfes.  Der 
Anfang  der  Rückenflosse  fast  mitten  zwischen  dem  Ende  der 
Schnauze  und  der  Basis  der  Schwanzflosse,  der  Basis  der  Bauch- 
flosse gegenüber.  Die  hinteren  Strahlen  der  Afterflosse  sehr  lang, 
und  über  die  Basis  der  Schwanzflosse  hinausragend.  Ein  mehr 
oder  minder  ausgezeichnetes  schmales,  graues  Längenband  läuft 
von  der  hinteren  Seite  des  Auges  oberhalb  der  Seitenlinie  zu  der 
Mitte  der  Schwanzflosse,  und  trennt  die  dunklere  Färbung  des 
Rückens  von  der  silberglänzenden  des  Bauches. 

Diese  kleine  Art  scheint  in  den  Flüssen  bei  Marocco  (Oned 
Ksib)  häufig  vorzukommen.  Das  grösste  Exemplar  ist  nur  4^2  Zoll 
(engl.)  lang. 

Barhus  nasus  n.  sp.  Günther.  Annais  and  Magazine  of 
Natural  History  for  March  1874  Taf.  XIV.  B. 

D.  11.     A.  8.     L.  lat.  45.     L.  transv.     »/lo. 

Der  Knochenstachel  der  Rückenflosse  stark,  stark  gesägt. 
Zwischen  der  Seitenlinie  und  der  Bauchflosse  befinden  sich  fünf 
Längsreihen  Schuppen.  Die  Länge  des  Kopfes  beträgt  etwas 
mehr  als  die  Höhe  des  Rumpfes  und  ein  Viertel  vom  ganzen 
Körper  (ohne  die  Schwanzflosse.)  Schnauze  sehr  lang,  stark  zu- 
gespitzt, so  lang  als  der  Postorbital-Theil  des  Kopfes ;  Lippen 
sehr  dick,  die  Falte  an  der  unteren  unterbrochen;  Mund  unter- 
ständig;  Bartfäden  sehr  fleischig  und  viel  länger  als  das  Auge, 
welches  klein  ist.  Die  Basis  der  Bauchflosse  zeigt  sich  deutlich 
mehr  nach  vorn  als  der  Anfang  der  Rückenflosse,  welcher  sich 
fast  mitten  zwischen  dem  Ende  der  Schnauze  und  der  Wurzel 
der  Schwanzflosse  befindet.  Afterflosse  nicht  sehr  schmal,  keine 
von  ihren  Strahlen  erstreckt  sich  bis  zur  Schwanzflosse.  Schwanz- 
flosse tief  gegabelt.     Färbung  einförmig. 

Das  grösste  Exemplar,  welches  Herrn  Dr.  Günther  zur  Be- 
stimmung vorlag,  war  5^2  Zoll  lang. 

Herr  Dr.  Günther  hält  den  JB.  nasus  für  einen  Süsswasser- 
fisch,  obwohl  derselbe  von  den  Reisenden  an  der  Küste  von 
Mogador  mit  anderen  Seefischen  erworben  wurde. 

Ausser  diesen  vier  neuen  Species  bestimmte  Herr  Dr.  Günther 
noch  folgende,  bereits  bekannte  Arten: 

Cantharus  lineatus.  Box  vulgaris.  Pagellus  mormyrus.  Soor- 


—     182     — 

paena  porcus.  Trigla  lincata  imd  hirundo.  Trachinus  draco  und 
vipera.  Lichia  vadigo  und  glauca.  Blemiius  pholis  und  sanguino- 
lentus.  Gobius  cruentatus.  Mugil  auratus.  Spyraena  vulgaris. 
Hhombus  maximus.  Sdlea  aurantiaca.  JBelone  acus.  Barhus  seti- 
vimensis,  C.  V.,  Playf.  Clupea  alosa^  finta,  maderensis  und  pil- 
chardus.  Engraulis  encrasicholus.  Änguilla  vulgaris.  Mustelus 
laevis.    Baja  undulata. 

Einige  Species  von  Mugil,  Scopelus,  Änguilla  und  Syngnathus, 
Hessen  sich,  letzterer  wegen  seiner  mangelhaften  Erhaltung  und 
die  übrigen  als  junge  Exemplare,  nicht  mit  Sicherheit  bestimmen. 

Das  Senckeubergische  Museum  hat  durch  diese  Sammhing 
eine  interessante   und  nicht  unwesentliche  Bereicherung  erfahren. 

Friedr.  Baader,  Sectionär  für  Fische. 


Nachträge  und  Berichtigungen. 

In    dem    Verzeichniss    der    Mitglieder    des    Jahres    1873    isl 
nachzutragen : 

Bei  Herrn  C.  Diotze  das  *. 

Herr  *Geyler,  Herrn.  Theodor,  Dr.  phil.     1869. 

>      Mühlig,  J.  G.  G.,  Verwalter.     1872. 

»      Ohler,  Heinrich,  Stiftsgärtner.     1868. 


Inhalt. 


Saite 

I.  Bericht,  erstattet  am  Jahresfeste,  den  31.  Mai  1874,  von  Th.  Geyler  3 
II.  Verzeichniss  der  Mitglieder: 

1.  Ewige  Mitglieder 19 

2.  Mitglieder  des  Jahres  1873 20 

3.  Neue  Mitglieder  für  das  Jahr  1874 26 

III.  Verzeichniss  der  eingegangenen  Geschenke : 

1.  Für  das  natnrhistorische  Museum 26 

2.  An  Geld 29 

3.  An  Büchern,  Schriften  u.  dgl 29 

IV.  Uebersicht  der  Einnahmen  und  Ausgaben 40 

V.  Vorträge  und  Abhandlungen: 

1.  Nekrolog,   zum  Andenken  an  F.  H.  von  Kittlitz,  vorgetragen 

in  der  Jahresversammlung  von  Dr.  Theodor  Petersen      .     .     41 

2.  Zur   Kenntniss   der   triklinen    Feldspathe.     Referat  über  einen 

Vortrag,  gehalten  am  7.  März  1874  von  Dr.  Theodor  Petersen     4.5 

3.  Vorlage  von  Gesteinen  aus  dem  Gotthardtunnel.    Referat  über 

einen  Vortrag,  gehalten  am  7.  März  1874  von  Dr.  Th.  Petersen     47 

4.  üeber   die  Gliederung  der   Cyrenenmergelgruppe  im  Mainzer 

Becken.     Von  Dr.  phil.  0.  ßoettger  in  Frankfurt  am  Main     50 

5.  Ueber  die  Tertiärflora  von  Stadecken-Elsheim  in  Rheinhessen. 

Vorläufige  Mittheilung  von  Dr.  H.  Th.  Geyler 103 

6.  Notiz  über  Imbricaria  Ziegleri  nov.  sp.,  einer  Flechte  aus  der 

Braunkohle  von  Salzhausen.     Von  Dr.  H.  Th.  Geyler     .     .112 

7.  Beitrag    zur   Frage    der    thermischen    Vegetations-Constanten. 

Von  Dr.  Julius  Ziegler 115 

8.  Ueber  die    tägliche   successive   Erwärmung   der  Oceane  durch 

die  Sonne  als  Ursache  der  äquatorialen  Meeresströmungen; 
Vortrag,   gehalten  am  31.  December  1873  von  Fr.  Baader  124 

9.  Die  Morphologie   der  letzten   50  Jahre  und  die  Bestrebungen 

der  Senckenbergischen  naturforschenden  Gesellschaft.  Vor- 
trag bei  der  Jahresfeier  am  31.  Mai  1874,  gehalten  von 
Prof.  Dr.  Lucae 155 


Seite 

VI.  Anhang: 

1.  Bericht   über   die   Vermehrung  des    Herbariums  während   der 

Jahre    1873   und   1S74.     Von   Pr.  H.  Th.  Geyler,    Sectionär 
für  Botanik 177 

2.  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Fische  von  Marocco.  Von  Fr.  Baader, 

Sectionär  der  Fische 179 

3.  Nachträge  und  Berichtigungen 182 


3  2044   106  268  675 


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