' 1 ^
r
\ i^ -4^^ ^k >-^i
u
zn,(,.
yrbrarü üf tljß S^useum
OF
COMPARATIYE ZOÖLOGY,
AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS.
JFountie'ö tj prfbate suliscrfptfon, fn 1861.
The gift of /^ ' y<L.vv<Jj^.vJkM^<tOoc^
No. "/-dGS
Bericht
<'o<o8
<3'*Ä.a,v /V7C.
über die
Senckenbergische
naturforschende Oesellschaft.
1873-1874
Frankfurt a. M.
Dri;ck von Malilau & Waldschmidt.
- 1875.
Bericht
über die
Senckenbergische naturforschende Gesellschaft
Frunkfiirt am Main«
^"^Vom Juni 1873 bis Juni 1874.
Die Direction der Senckenberg-ischen naturforschenden
Gesellschaft beehrt sich hiermit, statutengemäss ihren Bericht
über das Jahr 1873 bis 1874 zu überreichen.
Frankfurt a. M., im Juli 1874.
Die Direction:
Hauptmann L, y. Heyden, d. Z. erster Director.
Dr. phil. H. Tli. Geyler, d. Z. zweiter Director.
J. Blum, d. Z. erster Schriftführer.
Dr. phil J. Ziegler, d. Z. zweiter Schriftführer.
Bericht
über die
Senckenbergische naturforschende Gesellschaft
in
Frankfurt am Main.
Erstattet am Jahresfeste, den 31. Mai 1874
von
Th. Geyler,
d. Z. zweitem Director.
Hochgeschätzte Versammlung!
Wiederum ist ein Jahr in dem Leben der Senckenbergischen
naturforschenden Gesellschaft vorübergeeilt. Gestatten Sie
mir denn in kurzen Worten, gemäss jeuer althergebrachten Sitte,
Ihnen Mittheilung zu machen über das, was in freudiger, aber
auch über das, was vielleicht in schmerzlicher Weise während
dieser Zeit uns berührt hat. Und leider muss ich mit dem letz-
teren beginnen.
Beide Mitglieder der Direction haben uns plötzlich verlassen,
beide stets bereit für unserer Gesellschaft Gedeihen Zeit und Arbeit
zu opfern. Im Auftrage der Regierung weilt unser bisheriger
erster Director, Herr Dr. Rein im fernen Japan, unser bisheriger
zweiter Director aber, Herr Dr. v. Fritsch folgte dem ehrenvollen
Rufe an die Universität zu Halle. Ich brauche nicht die Schwere
dieses Verlustes zu betonen , was Beide für uns gewesen , wir
wissen es Alle.
Aber auch in anderer Hinsicht hat unsere Gesellschaft herbe
Verluste erlitten. Aus der Zahl ihrer beitragenden Mitglieder
wurden ihr durch den Tod entrissen die Herren Baukdirector
V. Gille, Carl Ludwig Roose, Georg Seufferheld, Joh.
Stein, Siegm. Jae. Stern, Dr. jur. Sieger, Lehrer Joh. Jul.
Rommel.
Ausser imsereu beiden Directiousmitgliedern zogen feruer von
Frankfurt hinweg die Herreu Dr. jur. Adolf Prior, Prof. Dr.
Carl Koch, C. H. Fuchs und Lehrer Reichenbach.
Ausgetreten endlich sind die Herreu Albert Fürth, Ed.
Jac. Hahu, Moritz Ludwig, Emmanuel Scheyer und
Siegism. Stiebel.
Daseo-en wuixlen neu aufgeuommeu in die Zahl der beitra-
gendeu Ehrenmitglieder die Herren H. B. Auffahrt, Herrn,
Becker, Joh. Friedr. Böhm, Dr. ph. Ose. Böttger, W. Lohse,
F. W. Mann, F. A. Müller-Renz, Ingenieur Beruh. Pfeiff,
Joh. Jul. Rommel, Phil. Wolff, Theod. Schüuemanu,
Lehrer B. Frank, Lehrer Eichelmann und Dr. Ordrell.
So ist während des letzten Jahres durch die überwiegenden
Verluste die Liste unserer beitragenden Mitglieder von 519 des
vorigen Jahres auf 515 verringert worden.
Dagegen wurde die Zahl der arbeitenden Mitglieder diesesmal
reichlicher, als sonst wohl, vermehrt, indem die Herren Friedr.
Baader, Dr. Ose. Böttger, Dr. Jul. Ziegler uud Dr. Kinkelin
diesem engeren Kreise beitraten.
Von unseren correspondireuden Mitgliedern raubte der Tod
eine Reihe bekannter Männer. Lassen Sie uns derselben kurz
gedenken.
Am 10. März 1873 starb Herr Prof. Torrey zu New-York,
corresp. Mitglied seit dem 14. Dec. 1825. Seine Werke über die
Flora der Vereinigten Staaten und insbesondere Californieus werden
ihn stets den bedeutendsten Systematikern zuzählen.
Am 5. Juli 1873 starb Herr Prof. Kaup, Director des
Museums in Darmstadt, corresp. Mitglied seit dem 1. Febr. 1845.
Seine trefflichen Arbeiten auf deu verschiedensten Gebieten der
Zoologie , seine ausgezeichneten paläontologischen Forschungen
werden ihn, den Freund Cu vier 's, stets unvergesslich machen.
Am 15. Juli 1873 starb im 76. Jahre Herr Prof. Gustav
Rose iu Berlin, corresp. Mitglied seit 11. Oct. 1826. Schon
frühzeitig war es Rose vergönnt, zu zeigen, welch tüchtige Kraft/
die Wissenschaft in ihm, welche Förderung sie von ihm zu er-
warten habe. Mit Humboldt und Ehreuberg nahm auch Rose
1829 Theil an der bekannten Reise nach dem Ural, Altai und
den kaspischen Ländern, welche so mannigfaltige Kenntnisse über
die Verhältnisse des grossen russischen Reiches, insbesondere auch
auf dem Gebiete der Mineralogie verbreiten sollte. Die chemische
Zusammensetzung und das Gefüge der Mineralien zu erkennen,
das Wesen der Krystalle zu erforschen, diesem Zwecke widmete
Rose seine ganze unermüdliche Thätigkeit.
Am 8. Oct. 1873 starb Herr Dr. Georg Ritter v, Frauen-
feld, Secretär des botau.- zoologischen Vereins zu Wien, corresp.
Mitglied seit 26. April 1873. Sein Name ist in rühmlichster
Weise mit dem Geschicke der Novara-Expedition verknüpft, an
welcher er als Zoolog, durch treffliehe Arbeiten in dieser Wissen-
schaft schon vorher bekannt, im Auftrage der Regierung Theil
nahm.
Am 14. Dec. 1873 starb Herr Prof. Ludwig Johann
Rudolph Agassiz zu Cambridge bei Boston in seinem
66. Jahre, corresp. Mitglied seit 20. Juni 1832. Es bedarf nicht
des Hinweises auf die Leistungen dieses grossen Naturforscliers,
sie sind so oft genannt worden. Nur erlauben Sie mir ein paar
Thatsaehen zu erAvähnen, welche lautes Zeugniss ablegen, wie
dieser Manu und seine Wissenschaft von seinen Mitbürgern ge-
schätzt vt'urde.
Der Name Agassiz knüpft sich an eine Anstalt, v/elcher
wir bald wichtige Aufklärungen über die Entwicklung niederer
Thiere verdanken werden ; ein Kaufmann schenkte dem Natur-
forscher zu diesem Zwecke eine kleine Insel nebst dem darauf
befindlichen Gebäude und ein Capital von 50,000 Dollars. — Bei
einer zoologischen Vorlesung erwähnte Agassiz beiläufig, es sei
ihm nicht möglich die nord- und südamerikanischen Fischformeu
in eingehenderer Vv'eise in Vergleichung zu ziehen, da er letztere
aus eigner Anschauung nicht genügend kenne ; und kurze Zeit
später stand ihm durch die Liberalität eines Kaufmanns ein Schiff,
eigeuds zu diesem Zwecke ausgerüstet, und reichliche Geldmittel
zur Verfügung. Und dieser 1865 ausgführten Reise nach Süd-
amerika verdankt die Wissenschaft so manche Bereicherung.
Ein Mann, der so bei seinem Leben geachtet wurde, musste
auch im Tode geehrt werden. Als die Kunde von seinem Hin-
scheiden sich in Boston verbreitete, schlössen sich die Läden der
Stadt und die Schiffe im Hafen senkten ihre Flaggen.
Auf längere Zeit war auch unser Museum ein Arbeitsfeld für
Agassiz und im innigen Verkehr mit den ersten Naturforschern
Frankfurts hat er vielleicht, — dessen dürfen wir uns rühmen, —
— 6 —
vou hier so mauche Anregung mit hiuübergenommeu in seine
neue Heimath.
Das Jahr 1873 raubte der Schule zu Cambridge bei Boston
noch einen anderen tüchtigen Mann, Herrn G. A. Maack, rühm-
lichst bekannt auf dem Gebiete der Geologie und Paläontologie,
corresp. Mitglied seit 11. Juli 1869.
Am 10. April 1874 starb im 76. Lebensjahre im nahen
Mainz Herr Friedrich Heinrich Freiherr v. Kittlitz,
corresp. Mitglied seit dem 13. Oct. 1824.*)
Am 14. April 1874 starb Herr Mediziualrath Dr. Gottlieb
AugustHerrich-Schaeff er, Präsident des zoolog.-mineralogischen
Vereins in Regensburg. Seine umfassenden Arbeiten auf dem
Gebiete der Insectenkunde, besonders der Lepidopteren, wirkten
in höchst fördernder Weise auf deren Kenntniss ein. Auch unser
Museum verdankt ihm die Bestimmung; eines grossen Theils der
ausländischen Schmetterlinge.
Am 2. Mai 1874 starb der Herr Dr. med. Carl Friedrich
Meissner, Prof. der Botanik zu Basel, corresp. Mitglied seit
1. April 1844. Dem Verfasser so mancher trefflichen Schrift,
dem Monographeu der Gattung Folygonum und der Familie der
Laurineen dürfen wir den Lorbeer eines der ersten deutschen
Systematiker zuerkennen.
Neu aufgenommen in die Zahl der correspondirendeu Mit-
glieder wurden die Herren Prof. Giebel in Halle bei Gelegenheit
des 25 jährigen Jubiläums des Thüringischen Vereins für Natur-
wissenschaften, Godefroy in Hamburg, Prof. Ernst in Caracas,
K refft, Director des Museums in Sydney, Prof. Mousson in
Zürich.
In die Reihe der correspondirenden traten nach ihrem Weg-
zuge die bisherigen arbeitenden Mitglieder Herr Prof. Carl Koch
in Wiesbaden, Prof. Carl v. Fritsch in Halle, Lehrer
Reichenbach in Cassel.
In Folge des W^egzuges der beiden Directoreu Avurde Herr
Hauptmann Lucas v. Hey den an Stelle des bisherigen ersten
Directors, Herrn Dr. J. J. Rein gewählt, während au Stelle des
bisherigen zweiten Directors, Herrn Prof. C. v. Fritsch, Herr
Dr. Fried r. Noll eintrat. Bei dem statuteugemässen Ausscheiden
*) Siehe Nekrolog.
des zweiten Directors und zweiten Secretärs traten ein an Stelle
des Herrn Prof. v. Fritsch, bezüglich Dr. Noll, Herr Dr. Theod.
Geyler als zweiter Director und au Stelle des bisherigen zweiten
Secretärs Herrn Emil Bück Herr Dr. Julius Ziegler, wäh-
rend Herr Hauptmann v. Hey den als erster Director uud Herr
J. Blum als erster Secretär im Amte verblieben.
Herr Theod. Passavant verwaltet auch dieses Jahr in
dankenswerthester Weise das mühevolle Amt eines ersten Cassirers
und fühlen wir uns gedrungen, ihm aus vollem Herzen den Dank
der Gesellschaft auszusprechen. Als zweiter Cassirer steht ihm
Herr Graubn er- Jäger zur Seite.
Den Ankauf neuer Werke überwachen die Herren Prof.
Dr. Lucae, Dr. Fr. Hessenberg uud Dr. Fr. Noll, während
die mit der Berathuug über die Abhandlungen betraute Redactions-
Commission ausser den drei genannten Mitgliedern noch aus den
Herren Hauptmann v. Hej'den und Dr. Geyler besteht.
An Stelle eines Delegirten für die Bibliotheks-Commission,
zu welcher zugleich die übrigen vier Gesellschaften ihre Abgeord-
neten seudeu, wurde an Stelle von Herrn Prof. v. Fritsch Herr
Dr. Geyler gewählt.
Die mit der Prüfung für die Rechnungen beschäftigte Revi-
sious-Commission bestand aus den Herren Heinrich Flinsch,
Director Vogt, Dr. jur. Haeberlin, Dr. jur. Poufick, Max
V. Guaita und J, C reize nach. Au Stelle der beiden erstge-
nannten Herren wurden bei statuteugemässer Ergänzung durch
die diesjährige Generalversammlung gewählt die Herren Carl
Metzler uud F. W. Quilliug.
Für das Museum gelangten eine Reihe werthvoller Geschenke
in unsere Hände; den Gönnern unserer Gesellschaft dürfen wir
hierfür um so mehr unsern Dank aussprechen, als wir aus eignen
Mitteln nur hie und da einen bescheidenen Zuwachs für die
Sammlungen erwerben konnten.
Die vergleichende anatomische Sammlung, welche unter der
Fürsorge des Herrn Prof. Lucae steht, wurde durch eine Reihe von
Objecten vermehrt, welche zum Theil dem Zoologischen Garten
entstammen; so z. B. durch das Skelett eines Schimpanse. Von
Herrn Consui Jacobson erhielten wir zwei Menschenschädel, von
Herrn Flinsch den Abguss eiues Neanderchaler Schädels, von Herrn
Kreisthierarzt Schmidt den Schädel eines Neufundländer Hundes.
— 8 —
Auch unsere Säugetliiersammlnug wurde durch Geschenke
der Neuen Zoologischen Gesellschaft bereichert, so durch
einen Cynocephalus Hamadryas^ eine männliche Hyäne, drei See-
hunde, einen Windhund. Herr Consul Jacobson schenkte zwei
junge Orang-Utangs, Herr Ingenieur Pf ei ff eiueu männlichen
Windhund aus der Krim. — Von einem Theile der letztgenannten
Thiere konnte auch die vergleichende anatomische Sammlung
durch Skelette und Muskelpräparate vermehrt werden.
Reichen Zuwachs erhielt auch dieses Jahr die ornithologische
Sammlung, in welcher besonders bei der Abtheilung der Papageien
die beiden Custodeu Herr The od. Er ekel und Adam Koch
mit Vorliebe bemüht sind, die Lücken auszufüllen. Wie schon
seit mehreren Jahren hat auch diesmal Herr Phil. v. Donner
die ornithologische Sammlung mit einem Geschenke von 50 fl. be-
dacht, für welche so freundliche Gabe wir unsern Dank abstatten.
Vor Allen müssen wir auch des werthvollen Geschenkes erwähnen,
des so äusserst seltenen Didunculus strigirostris von den Samoa-
luseln, welches durch Verwendung des Herrn Heiur. Fliusch
unser correspondireudes Mitglied, Herr Godefroy in Hamburg,
im Werthe von circa 200 Thlr. unserer Gesellschaft verehrte.
An weiteren Geschenken liefen bei dieser Sectiou ein :
Von der Zoologischen Gesellschaft Palaeornis eupatrius,
Uria Trolle^ Ära Macao; von Herrn Otto Audrae acht ostindische
Vögel; von Herrn. Consul Adler Centrojjus und Ärdea virescens
vom Cap der guten Hoffnung: von Herrn Oberbürgermeister Reiss
in Mannheim eine Suite peruanischer Vögel ; von Herrn Theod.
Er ekel ührysotis Scdei von St. Domingo; von Herrn Arthur Mai
ein Platycerms pidcJierrimus aus Australien; von Herrn Hetzer
einige australische Vögel; von Herrn Steuerrath Pieg sieben Co-
libri mit Nestern; von Herrn Emil Bück sechs Colibri; von Herrn
Hauptmann v. Hey den ein blauer Bengalist und zwei Finken;
von Herrn Wildprethändler Gej^er Numenius arquahis ^ von
Herrn Verwalter Mühlig ein männliches Exemplar von Falco
sidjhideo.
Die neu g-eschaffeue Sectiou für fossile und lebende Fische
übernahm Herr Fried r. Baader. Die Arten, welche die Herren
Dr. V. F ritsch uud Dr. Rein ans Maroceo gebracht hatten, wurden
durch Herrn Dr. Günther in London bestimmt. Unter ihnen
befanden sich ein neuer Serranns und drei neue Barbus-Avten.
— 9 —
Die Beschreibuug dieser vier neuen Species wird Herr Friedrich
Baader für den diesjährigen Jahresbericht zurechtlegen. — Ein
weiterer Zuwachs für diese Sammlung, ein junger im adriatischen
Meere gefangener Hai gelangte durch Herrn Prof. Stossic in
Tri est in unsere Hände.
Die Section für Amphibien , welcher Herr Emil Bück vor-
steht, Avurde durch die von Herrn Hauptmann v. Hey den in
Spanien und Portugal gesammelten Reptilien bereichert. Die
aus Marocco von v. Fritsch und. Rein mitgebrachten Arten be-
stimmte und beschrieb Herr Dr. 0. Böttger im 9. Bande unserer
Abhandluugen. Die Beschreibuug einer für Europa neuen Schlaugen-
species, welche Herr Hofrath Dr. Pauli von Cliios zurückbrachte,
wird Herr Dr. Böttger im diesjährigen Jahresbericht liefern.
In die Üeberwachung der lusectensammlung theilen sich die
Herren W. Roose für Schmetterliuge, S. Ä. Scheidel für Käfer,
Hauptmann v. Hey den für die übrigen Insecten. Die von dem
Arbeitsfelde des Herrn Hauptmann v. Hey den auf kurze Zeit
getrennten Orthopteren und Hemipteren fielen nach dem Weg-
gange des Herrn Lehrers Reichenbach an ersteren zurück. Au
Geschenken liefen ein: von Herrn W. Hermann eine Suite In-
secten vom Rio Grande do Sul aus Brasilien und von Herrn
Dr. Böttger die von Herrn Berg-Iugenieur Hübner tim Limpopo-
flusse in Südafrika gesammelten Käfer.
Der Vermehrung und Bestimmung der Conchyliensamnilung
widmet Herr Dr. Kobelt seine Thätigkeit. Leider konnten wir
hier einem Wunsche betrefiend den Ankauf einer Sammlung von
Oliva- Arten nicht willfahren, da das für diese Section ausgesetzte
geringe Budget von 50 fl. um ein weniges überschritten worden
wäre. Dagegen beschenkte uns Herr Dr. Kobelt mit einer
reichen Suite von Couchylieu, aber auch von Coralleu, verschie-
denen Meeresthieren , Petrefacten u. s. w. , welche derselbe vou
seiner italienischen Reise zurückbrachte. Herr Consul Adler
schenkte ferner eine Menge von Muscheln , welche derselbe am
Cap gesammelt hatte, Herr Eugen Pfeiffer eine schöne Coralle.
Eine weitere reiche Vermehrung der Section der Weichthiere
erwuchs uns aus dem hochherzigen Geschenk des Herrn Markus
Goldschmidt. Für die diesjährigen Zinsen der gestifteten
1000 Thlr. sandte uns Herr Prof. Dohrn aas Neapel eine Reihe
höchst interessanter Weichthiere aus dem mittelländischen Meere.
— 10 ~
In der botanischen Section wurde es durch das daukenswerthe
Geschenk von 131 Guldeu des Herrn Adolf Metzler, welcher
dieser Abtheiluuo- unseres Museums so manche reiche Unterstützung
bereits hat zu Theil werden lassen, möglich gemacht, eine Samm-
lung von circa 2000 Species von Arznei- und Haudelspflanzen zu
erwerben. Für die Zwecke der Belehrung und der Vorlesungen
wird diese Sammlung von hohem AVerthe sein. Die Herren
Adolf Metzler und Dr. Geyler sind beschäftigt, einen Catalog
über diese neue Erwerbung anzufertigen, auf deren Vervollstän-
ständigung künftig besondere Rücksicht genommen werden soll.
Fernere werthvolle Gaben liefen ein: Herr Dr. Rein und Dr.
V. F ritsch schenkten die auf ihrer letzten Reise gesammelten
Pflanzen; davon aus Südspauien über 100, von den Canaren circa
200, von Marocco über 400 Arten. Die Bestimmung der spani-
schen Arten wurde durch Herrn Dr. Alioth in Basel, der caua-
rischen durch Herrn Dr. Geyler, der maroccanischeu durch Herrn
Prof. Oliver vom Königlichen botanischen Garten zu Kcav be-
sorgt. — Herr Hofrath Dr. Pauli schenkte 14 Fascikel der von
ihm auf Chios und dem Olymp gesammelten Pflanzen, dereii Be-
stimmung die Herren Hofrath Pauli und Dr. Geyler in Angrifl:'
genommen haben; Herr Rudolf He er dt durch Herrn Dr. jur.
P. Burnitz 12 Kästen wohlpräparirter Alpenpflanzen, haupt-
sächlich aus der südwestlichen Schweiz; Herr Lehrer Blum eine
interessante Sammlung japauesischer Pflanzen mit beigeschriebeuen
japauesischen Vulgäruamen; die Herren Dr. Kobelt und Dr.
Ziegler sicilianische und italienische Pflanzen.
Ferner liefen als Geschenke ein: von Herrn Max Oscar
Reinganum eine Suite von 66 Holzwürfeln ans Java; vom
Garteubau-Verein eine Anzahl Früchte vom Lago maggiore;
von Herrn Cousul Murphy v^erschiedene Gegenstände. Und be-
reits überraschte uns Herr Dr Rein in einer ersten kleineu
Sendung ans Japan mit einigen tropischen Frücliten, ein Zeugniss,
wie er auch in der Ferne unser gedenkt.
Von der bisherigen Section für Paläontologie wurde eine Section
für fossile Pflanzen abgetrennt und dieselbe Herrn Dr. Geyler über-
geben. Diese Abtheiluug wurde besonders durch werthvolle Ge-
schenke des Herrn Dr. Bottger, bestehend in Tertiärpflanzen aus
Salzhausen und Kreidepflanzen von Blankeuburg am Harz, vermehrt.
Herr Dr. Rolle in Homburg schenkte eine Suite Fossilien aus ver-
- 11 ~
schiecleueu Fuudorteii, Herr lugeuieur Alexander Askeuasy fossile
Pflanzen aus Südrussland, Herr G raubner eine hier gefundene fossile
Holzprobe, Herr C. Fulda einen fossilen Holzblock aus Westphalen.
Noch will ich hier einer Sendung von Fossilien aus Comi-
tini in Sicilien erwähnen, welche durch Herrn Bergdirector Emil
Stöhr hierher gelangte. Die Bestimmung der fossilen Insecten
in dieser Sendung übernahm Herr Hauptmann v. Hey den, die
der Pflanzen Herr Dr. Geyler, ein Theil der Doubletten aber
verbleibt dem hiesigen Museum.
Die paläontologische Section übernahm Herr Dr. 0. Böttger
nach dem Weggänge des bisherigen Sectionärs Prof. v. Fritsch.
Hier liefen als hauptsächlichste Geschenke ein : von Herrn Dr,
Ziegler eine Reihe interessanter Gesteine und Fossilien aus den
St. Cassiauschichten Tirols, sowie Säugethierreste aus dem Löss
von Niederflörsheim, von Herrn Lehrer Blum ein schönes Exemplar
von Encrinus liliiformis; ferner Geschenke von Herrn Heyue-
mann, Baader, Rein, Geyler und Anderen. Durch mannig-
faltige Schenkungen, welche zum Theil erst in neuester Zeit aus-
gebeuteten Fundstätten des Mainzer Beckens entstammen, wurde
dieser Theil unseres Museums zu wiederholten Malen durch den
neuen Sectionär bereichert. Einen weiteren schätzbaren Zuwachs
hoö'en wir gegen Austausch von einigen Doubletten durch Ver-
mittlung unseres Mitgliedes, Herrn Prof. v. Fritsch, zu erhalten.
Tu der geologisch- mineralogischen Section, welche die Herren
Dr. Hessenberg und Dr, jur. Schärft leiten, lief bereits eine Suite
jeuer Sammlung von Gesteinen ein, welche bei dem Bau des Tunnels
der St. Gotthardtbahn zu Tage gefördert werden. Durch Vermitt-
lung der eidgenössischen Behörden konnte auch unser Museum
ein Exemplar dieser werthvollen Sammlung, deren einzelnes Stück
auf ^'2 Frc. berechnet ist, erwerben. Die mineralogische Abtheilung
konnte durch Kauf um ca. 30 Nummern vermehrt werden. Zahlreiche
Geschenke aber gelangten an uns durch die Herren Dr. Kobelt,
W. Theiss in Palermo, Dr. Kinkelin, Dr. Hessenberg, Dr.
Schärft, Dr. v. Fritsch, W. Jefferis, J. M. Bastert und Andere.
Für die ethnographische Sammlung, welcher Herr Oberlehrer
Dr. Finger vorsteht, wurde eine werthvolle Steinwaöensammluug
des Herrn v. Menningrode von der Insel Rügen durch einen
hochherzigen Gönner der Gesellschaft erworben. Herr Scheidel
hatte die Güte diesen Ankauf zu vermitteln.
— 12 —
Eine grosse Zahl von Büchern erhielten wir dnrch Schenkung
von Gesellschaften und Privaten. Das Verzeichuiss dieser Werke
wird dem gedruckten Jahresbericht beigefügt sein. Auch in
diesem Jahre wurde von der Generalversammlung eine Summe von
1000 Gulden zum Ankauf neuer Werke und zur Fortsetzuuo-
periodisch erscheinender Schriften bewilligt. — Um den Mit-
gliedern möglichst schnelle Einsicht in die erscheinenden Schriften
zu gewähren, liegen die neu eingegangenen Werke jetzt 14 Tage
zur Ansicht in dem Bibliothekzimmer auf.
Die wissenschaftlichen Vorträge wurden zahlreich besucht.
Es sprachen:
Am 13. December 1873: Herr Fried r. Baader, über die
Ursachen der longitudiualen Meeresströmungen.
Die Vorträge für das Jahr 1874 eröffnete:
Am 24. Januar Herr Prof. Dr. Lucae, über Erfahrung und
Speculatiou in der Naturwissenschaft.
Am 14. Februar Herr Dr. 0, Böttger, über die Bodenver-
hältnisse des südlichen Tauuusraudes. I. Aeltere Formationen.
Am 7. März Herr Dr. Theod. Petersen, über trikliue
Feldspathe.
Herr Dr. Theod. Petersen, über die der Gesellschaft
übersendeten Gesteine aus dem St. Gotthardt-Tunuel.
Am 11. April Herr Dr. 0. Böttger, über eine neue Schlange
der südeuropäischen Fauna.
Herr Dr. 0. Böttger, über die Bodenverhältnisse des süd-
lichen Taunusrandes. IL Jüngere Formationen.
Die regelmässigen Lehrvorträge, welche bei der Sencken-
bergischen naturforscbenden Gesellschaft gehalten wurden, waren
zahlreich besucht, besonders die Vorträge von Herrn Prof. Lucae
über Wirbelthiere und Herrn Dr. Noll über wirbellose Thiere.
Herr Dr. Geyler las über fossile Pflanzen und wird die andere
Hälfte dieser Vorträge im nächsten Winter folgen. Herr
Dr. 0. Böttger hat die für den Sommer bestimmten geologischen
Vorlesungen über das Mainzer Tertiärbecken begonnen und sind
hiermit Excursionen mit den Zuhörern verbunden.
In den Abhandlungen erschienen während des letzten Jahres
Arbeiten von:
Herrn Bergdirector Emil Stöhr über die Provinz Bangu-
waugi auf Java und deren Vulkane;
Herrn Dr. 0. Böttger über die Reptilienfaunu von Marocco
und deu Cauareu;
Herrn Dr. 0. Bütsclily über freischwimmende Nematoden
in der Kieler Bucht ;
Herrn Dr. Schar ff über Quarz;
Herrn Dr. G a s s e r ülier Allantois-Entwicklung,
und wird demnächst folgen die Arbeit von
Herrn Prof. Dr. Lucae, Robbe und Otter; zweiter Theil.
Der Jahres iiericlit 1872/73 enthält die Nekrologe unserer hoch-
verdienten Mitglieder, der Herren Dr. med. Georg Melber und
Prof. Dr. Seh m i d t. — Die Aufsätze der Herren Dr. Rein,
Dr. Koch, Dr. Kobelt, Dr. Noll und Anderer macheu den-
selben wissenschaftlich werthvoll.
Für den diesjährigen Jahresbericht sind vorläufig gewonnen
Mittheiluugen von Herreu Dr. Böttger, Fr. Baader, Dr. Pe-
tersen, Dr. Ziegler und Dr. Günther aus London.
Unsere Gesellschaft hatte im September 1873 das Vergnügen
die Theilnehmer an der Versammlung der deutschen Naturforscher
und Anthropologen in deu Räumen des Museums begrüssen zu
können.
Unser ältestes correspoudirendes Mitglied, Herr Prof. Woehler,
ein geborener Frankfui'ter und bereits als Stud. med. Mitglied
unserer Gesellschaft seit 14. Juni 1820 , feierte sein 50jähriges
Jubiläum und am nämlichen Tage war es uns vergönnt, ein an-
deres in diesen Mauern weilendes Mitglied, Herrn Sanitätsrath
Dr. med. Spiess, Mitglied seit 28. December 1842, zu dem gleichen
frohen Feste zu begrüssen. Mit Freuden ergriff die Gesellschaft
die Gelegenheit durch ein Gratulationsschreiben dem hochver-
dienten Manne ihre Huldigung darzubringen.
Am 3. April 1874 konnte ein Preis für die tüchtigste Arbeit
über Entwickluugsgeschichte und Kinderkrankheiten durch die
Dr. Stiebel-Stiftuug vertheilt werden. Nach mühevoller und
ernster Erwägung erkannte die Commission, zu welcher neben
dem Vertreter der Administration Herrn Dr. Schölles und deu
Vertretern des ärztlichen Vereins , Herreu Dr. L o r e y und
Dr. Rehn, von unserer Gesellschaft die Herren Prof. Dr. Lucae und
Dr. H e i u r. Schmidt als Vertrauensmänner gewählt wurden,
der Arbeit von Herrn Prof. L i e b e r k ü h n in Marburg über
die Entwicklung des Auges im Wirbelthier-Embryo den Preis zu.
— 14 —
Den Nachweis über Einnahme und Ausgabe wird der gedruckte
Jahresbericht briugen. Das Capital der Rüppell-Stiftung
betrug zu Ende des Jahres 1873 die Summe von 18,701 fl. 33 kr.
Auch im Laufe dieses Jahres wurde unsere Gesellschaft von
den verschiedensten Seiten durch Speiiden und Gaben unterstützt.
Und lassen Sie mich hier all diesen hochherzigen für die wissen-
schaftliche Förderung unserer Gesellschaft begeisterten Gönnern
unsern innigen Dank aussprechen.
Insbesondere aber haben wir hier des Beitrages von 1500
Gulden zu gedenken, sowie der ansserordentlielien Subvention von
2000 Gulden, welche uns für die Renovation des Museumsgebaudes
von Seiten der städtischen Behörden in wohlwollendster
Weise gevrährt wurde uud für welche so freundliche Unterstützung
wir zu hohem Danke verpflichtet sind.
So haben wir auch dieses Jahr reiche Unterstützung von Seiten
der Behörden und Privaten erhalten. Und wenn wir trotzdem
gestehen, dass noch so Vieles uns mangelt, ehe wir wohl nach
unsern eignen Wünschen die uns angewiesene Stelle würdig aus-
füllen , so ist der Grund hierzu in der vielseitigen Wirksamkeit
unserer Gesellschaft, in der weiten und immer mehr sich erwei-
ternden Thätigkeit derselben zu suchen.
Als am 18. August 1763 Senckenberg seine grossartigen
Institute ins Leben rief, da war es ihm vor allem Anderen haupt-
sächlich darum zu thuu , eine Anstalt zu schalfen , welche die
Liebe zur Natur in seiner Vaterstadt weckte und deren Kennt-
niss zum allgemeinen Eigenthum zu machen strebte. Welchen
Anklang dies Bestreben gerade liier im Herzen so mancher hoch-
herzigen Bürger fand, das beweisen die Anstalten, welche binnen
Kurzem neben dieser ersten Schöpfung Sen ckenberg's empor-
blühten und wie sie so schnell und so gedeihlich wohl
auch in keiner andern Stadt emporgeblüht wären. Einen Theil
dieses Strebens, und wahrlich nicht den kleinsten, zu erfüllen hat
auch die Senckenbergische naturforschende Gesellschaft
übernommen.
In unserem Museum, welches so lange für eines der ersten
unseres deutscheu Vaterlandes gehalten wurde, finden Sie in reicher
Auswahl die Objecte aus dem Gebiete der beschreibenden Natur-
wissenschaften vertreten. Dem fröhlichen Leben, welches in den
Schwester -Anstalten des Zoologischen und des Palmen - Gartens
— 15 —
ims erfrischend entgegentritt, stehen unsere Saininhnigeu ergänzend
zur Seite durch die gedrängte, ernste, wissenschaftliche
Uebersicht, durch die um so viel reichere Auswahl der gebotenen
Objecte. Aus allen Schichten der Bevölkerung, von allen Alters-
stufen sucht alljährlich eine grosse Zahl von Besuchern Belehrung
in diesen Räumen.
Alljährlich — Sie haben es ja soeben vernommen — er-
halten wir reiche Geschenke. Doch können diese Geschenke, so
reich sie auch fliessen , allein die Lücken in unserem Museum
füllen? Kann eine Sendung aus Ostindien die geringe Zahl austra-
lischer Objecte ersetzen, oder die Vermehrung unserer Papageien
den fühlbaren Mangel in unserer ichthyologischen Sammlung ver-
decken ?
Was uns fehlt, meine Herren, sind die Mittel zu einer
methodischen Vergrössernng unseres Museums.
Leider konnte aber unsere Gesellschaft auch dieses Jahr die
einzelnen Sectionen meist nur mit einem Budget von 25 bis 50
Gulden bedenken, einer Summe, die zugleich für Ergänzung
und V e r g r ö s s e r u n g einer Sammlung , wie beispielsweise der
Säugethiere, zu gering ist und darum meist auch unbenutzt bleibt
und bleiben mnss. Und jetzt ist unsere Armuth um so fühlbarer.
Früher , als Herr Dr. R ü p p e 1 1 seine gewaltigen Sammlungen
zurückgebracht hatte , da füllten Rüppell's Doubletten —
Sie lesen es ja oft in unseren Sälen — die Lücken. Jetzt aber
stehen uns nennenswerthe Objecte zum Austausch kaum zu Gebote.
Ich würde nicht so viel Gewicht legen auf die Ausfüllung
der Lücken in unserem Museum , wenn nicht noch andere und
fast noch schwerere Mängel in deren Gefolge wären.
Der Mangel methodischer Erweiterung der Sammlung raubt
uns das Material zum Vergleichen, raubt uns die Möglichkeit bei
wissenschaftlicher Benutzung mit erforderlicher Gründ-
lichkeit vorgehen zu können. Bisweilen müssen wir einzelne Theile
uns übergebener Geschenke au andere Institute senden, da unserem
Museum das Material zu vergleichender Untersuchung fehlt. So
ist es mit den Fischen geschehen, welche die Herren Dr. v. Fritsch
und Dr. Rein als Ausbeute ihrer maroccanischen Reise in so
liberaler Weise uns überliessen und welche durch Herrn Dr. Günther
in London bestimmt werden mussten.
Und noch viel schwerer wiegt dieser Mangel bei einer anderen
— 16 —
Verpflichtung, welche die Seuckeubergische naturforscbeude Ge-
sellschaft übernommen hat und welche vor Allem auch alloi
Schichten der Bevölkerung dieser Stadt zu Gute kommt, nämlich
der Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse durch
eine Reihe von Vorträgen über die verschiedensten Zweige dieser
Wissenschaft. Und gerade durch diese Einrichtung zeichnet sich
unsere Gesellschaft vor deu meisten anderen ähnlichen Anstalten so
vortheilhaft aus. Aber so häufig fehlen uns hier die nothwen-
digen Demonstrations-Objecte. Die paläontologische Section
z. B. besitzt aus den so wichtigen und an Fossilien so reichen uiiter-
tertiäreu Formationen kaum einige Nummern. Dann sind die
Vortragenden gezwungen, das oder jene Capitel nur sehr unvoll-
kommen zu berühren. Und diese Lücken in den Vorträgen, sie
werden auch weiterhin sich fühlbar machen. Denn wir dürfen
unsere Gesellschaft wohl für einen Heerd der Verbreitung natur-
wissenschaftlicher Kenntnisse in weitere und immer weitere Kreise
halten. Werden doch Vorlesungen an der Senckenbergischen
Gesellschaft bisweilen von 60 — 70 Zuhörern und darunter von
mehr als 20 Lehrern und 30 — 40 Schülern höherer Classen besucht.
Aber auch in anderer Hinsicht tritt uns die Kargheit unserer
Mittel hindernd entgegen. Unsere Räume sind beschränkt und
wir müssten wohl bedenken, wie wir an Platz für unsere Samm-
lungen gewinnen könnten. Aber diese Aeuderungen kosten mehr
Geld, als wir gegenv/ärtig verwenden könnten, und leider hat uns
auch die Renovation des Museumsgebäudes 2600 Gulden gegen die
frühere Veranschlagung von 2000 Gulden gekostet. So müssen
wir stets aus dem Nothwendigen nur das Nothwendigste auslesen.
— Wie gern hätten wir den Besuchern unseres Museums einen
gedruckten und zu diesem Behüte bereits fertiggestellten Catalog
zur bessern Einsicht in unsere werthvolle oruithologische Samm-
lung geboten, wenn wir gekonnt hätten. Aber die Summe von
fl. 600 für eine Auflage von 500 Exemplaren überstieg unsere Kräfte.
Wenige Jahre reichen jetzt hin, um auf jeglichem Gebiete
die durchgreifendsten Aenderungeu ins Leben zu rufen. In rast-
loser Thätigkeit Hess die Neuzeit eine Fülle von Museen und
Anstalten erstehen, neue wissenschaftliche Gesellschaften tauchen
auf und reichen der alten bewährten Frankfurter Gesellschaft die
Hände. Durch die beiderseitigen wissenschaftlichen Arbeiten stehen
wir mit jenen in regem Verkehr. Aber schon müssen wir eine
— 17 —
peinliche Auswahl treffen, welche von jenen Gesellschaften wir
wählen wollen, um mit derselben unsere Schriften auszutauschen.
Einer Anzahl bekannter Institute, welche um unsere Schriften uns
ersuchten, mussten wir unsere Abhandlungen vorenthalten, um
in Verbindungen zu treten mit anderen Gesellschaften , die für
den Augenblick uns wichtiger erschienen. Eine grössere Auf-
lage der von uns herausgegebenen Druckschriften wäre um so
erwünschter für den Austausch, als wir wohl wissen, welch reiches
und oft geradezu unentbehrliches Material der Bibliothek und
uns auf diese Weise verloren geht ; als wir wohl wissen, wie wenig
auch die verhältnissmäsig so geringe für die Bibliothek gewährte
Summe hinreicht, auch nur das nothwendigste Lehrmaterial zu
beschaffen.
So müssen wir denn und gerade an dieser Stätte offen ge-
steheu, dass die Senckenbergische naturforschende Gesellschaft
unter den obwaltenden Verhältnissen nicht mehr, wie wohl früher,
den Ansprüchen genügen kann , welche man an sie macht und
die sie vor Allem selbst an sich stellt.
Wir dürfen stolz sein auf unsere Anstalt. Unser Museum
birgt grossartige, ja in vielen Theilen unersetzliche Schätze; es
birgt in seinen Räumen auch die Arbeit so vieler Männer, welche
seit mehr als einem halben .Jahrhundert mit Hingebung an der
Sichtung dieser Schätze sich mühten, darunter nicht selten Namen
von recht gutem Klange. Dennoch dürfen wir uns die Mängel
nicht verhehlen. Die Erweiterung alier Verhältnisse stellt auch
an uns grössere Ansprüche, denen wir jetzt nicht mehr so ge-
nügen können. Und dieses Gefühl ist um so drückender für uns,
da all unser Streben nur darauf gerichtet ist, nützliche, für
allgemeine Bildung unerlässliche Kenntnisse durch Anschauung
und Wort möglichst weit zu verbreiten.
Meine Herren! Wir bedürfen der Hülfe. Aber wir
hoffen, wir glauben, wenn wir uns an Frankfurts Behörden und
Bürgerschaft vertrauensvoll wenden und wenden Averden, dass man
unsere mit Frankfurts ganzem geistigen Wesen so lange schon
innig verwachsene Anstalt nicht unberücksichtigt lassen, dass
unsere Bitte nicht ungehört verhallen werde. Dafür bürgt uns
die so bereitwillige Förderung von Seiten der Behörden, welche
unsere und verwandte Anstalten genossen , dafür bürgt uns die
Reihe hochherziger Bürger, deren Namen wir in unseren Sälen,
2
— 18 —
in den reichen Verzeichnissen werthvoller Geschenke entgegen-
treten, dafür bürgt uns die Zahl der Mitglieder, welche mit ihrer
Hülfe die Bestrebungen der Gesellschaft unterstützen. Im ent-
scheidenden Augenblicke wird jetzt uns die Hülfe nicht fehlen.
Und so lassen Sie uns denn im Sinne der Hoffnung auf ein kräf-
tigeres Wiederaufblühen nach kurzer Bedränguiss, in dem Sinne
der Hoffnung lassen Sie uns das Fest feiern, zu welchem uns
Alle heute herbeigerufen hat die alte, in allen Theileu der AYelt
wohlgenanute, acht Frankfurter Anstalt,
die S enckenbero'ische naturforschende Gesellschaft!
— 19 —
Terzeichiiiss der Mitsjlieder
der «r
Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft.
I. Ewige Mitglieder.
Ewige Mitglieder siucl solche, welche, anstatt den gewöhnlichen
Beitrag jährlich zu entrichten, es vorgezogen haben, der Gesellschaft
'ein Capital zu schenken oder zu vermachen , dessen Zinsen dem
Jahresbeiträge gleichkommen, mit der ausdrücklichen Bestimmung,
dass dieses Capital verzinslich angelegt werden müsse und nur der
Zinsenertrag desselben zur Vermehrung und Unterhaltung der Samm-
lungen verwendet werden dürfe. Die den Namen beigedruckten Jahres-
zahlen bezeichnen die Zeit der Schenkung oder des Vermächtnisses,
Die Namen sämmtlicher ewigen Mitglieder sind auf einer Marmor-
tafel im Museumsgebäude bleibend verzeichnet.
Hr. Simon Moritz YOn liethmann.
1827.
» Georg- Helur. Schwendel. 1828.
» Johann Friedr. Auf. Helm. 1829.
» Georg Ludwig" Goutard. 1830.
Frau Siisaima Elisabeth Bethmann-
Holweg. 1S31.
Hr. Heinrich Mjiins f^en. 1844.
» Georg aielchior Mjlins. 1844.
» Baron AiDseliel Mayer von Roth-
schild. 184."3.
» Joliau» Georg Schmidhoni. 1845.
Johann Daniel Souchaj. 1845.
Alexander v. Hethmann. 1846.
Heinr. von Bethmann. 1846.
Dr. jur. Ratli Friedr. Schlosser.
1847.
Stephan von Gnaita. 1847.
H. L. Döbel in Batavia. 1847.
G. H. Hauck-Steeg. 1848.
Hr. Dr. J. J. C. Buch. 1851.
G. von St. George. 1853.
» J. A. Grnnelins. 1853.
P. L. Kroger. 1854.
> Alexander Goutard. 1854.
V M. Frhr. v. Bethmann. 1854.
» Dr. Eduard Rüj)pell. 1857.
> Dr. Th. Ad. Jac.Em. Müller. 1858.
» Julius Nestle. 1860.
> Eduard Finger. 1860.
Dr. jur. Eduard Souchay. 1862.
> J. N. Gräffendeich. 1864.
>' E. F. C. Büttner. 1865.
» C. F. Krepp. 1866.
» Jonas Mylius. 1866.
>' Constantin Fellner. 1867.
>' Dr. Hermann von Meyer. 1869.
» Dr. W. D. Sömmerriug. 1871.
» J. G. H. Petsch. 1871.
» Bernhard Dondorf. 1872.
— 20
II. Mitglieder des Jahres 1873.
Die arbeitenden sind mit * bezeichnet.
Hr. Alt, Franz. 1873.
» Alt, Johannes. 1869.
» Andreae, J. J., Ingenieur. 1869.
» Andreae, H., Director. 1873.
» Andreae, H. V., ür. med. 1849.
» Andreae, Jean. 1869.
» Andreae-Goll, J. C A. 1848.
» Andreae-Wiuckler, Job. 1869.
» Andreae-Winckler, P. B. 1860.
» Angelheini, J. 1873.
» *Asl-enasy, Engen, Dr. ph. 1871.
» * Baader, Friedrich. 1873.
» Bacher, Max. 1873.
» ßaer, Joseph. 1860.
» Baer, .Joseph, Director. 1873.
» Bilrwindt, J., Dr. med. 1860.
» *Bagge, H. A. B., Dr. med. 1844.
» Ban.«a, Gottlieb. 1855.
» Bansa, .Julius. 1860.
» Bansa-Streiber, C. 1860.
» *Bardoiff, Carl, Dr. med. 1864.
» de Bary, Heinr. A. 1873.
» de Bary, Jac, Dr. med. 1866.
» Becker, Adolf. 1873.
» Becker, Friedr. 1873.
* Behrends-Mettenius, P. F. 1860.
» Belli-SeufFerheld, F. 1837.
» Benecke, Job. Herrn. 1873.
» Benkard, Christian. 1866.
» Berg. C.N., Bürgermeister, Dr. jur,
1869.
Frau Bernus-Grunelius. 1852.
Hr. Bertholdt, Joh. Georg. 1866.
» V. Betbmann, C. M-, Baron. 1869.
» Beyfuss, M. 1873.
» Birkenstock, Georg Friedr. 1866.
» Bliedung, L. 1869.
» Blum, Henn. 1860.
» *Blum, .J. 1868.
» ^ Blumenthal, E., Dr. med. 1870.
» Bluiuenthal, Jos. Leop. 1860.
» *Bockeuheimer, Dr. med. 1864.
Hr. Börne, Jac. 1873.
» Bolongaro, Anton. 1862.
» Bolongaro, Carl. 1860.
» Bolongaro-Crevenna, A. 1869.
» Bolongaro-Crevenna, J. L. 1866.
» Bonn, Barr.ch. 1862.
» Bonn, Carl. 1866.
» Bontant, F. 1866.
» Borgnis, Franz. 1873.
» *v. Bose-Reichenbach, Graf. 1860.
» Both, J. B. 1824.
» Breiraer, W. H. 1873.
» Brentnno, Anton. 1873.
» Ibentano, Ludwig. 1842.
» Brofft, Franz. 1866.
y> Brotft, Leonh. Wilh., jun. 1866.
» Brückner, Wilh. 1846.
» Buchka, Franz Anton. 1854.
* Bück, A. F., Dr. jur. 1866.
■■> *Buck, Emil. 1868.
» Budge, Moritz. 1873.
» Burnifcz, R. H., Architekt 1866.
» Cahn, Moritz. 1873.
» Carl, J. F. 1873.
» Cassel, Gustav. 1873.
» Chun, Oberlehrer. 1866.
» Clan.?, A. Daniel. 1870.
» Cnyrim, Ed., Dr. jur. 1878.
» Cnyrim, Vict., Dr. med. 1866.
» Conrad, C, Müuzmeister. 1873.
» Cornill d'Orville, H. A. 1854.
» Creizenach, Ignaz. 1869.
» Defize, Adolf. 1873.
» Degener, C, Dr. 1866.
>> * Deichler, .J. C, Dr. med. 1862.
» Denzinger, F. J., Baurath und Dom-
baumeister. 1873.
» Dibelka, Jos. Iö72.
» Diehn, Phil., Thierarzt. 1866.
>> Dietze, C. 1870.
» Doctor, Ad. Heinr. 1869.
» Doctor, Bernhard. 1866.
— 21
. iJonner, Carl. Iö73.
V. Donner, Phil. 1859.
Drexel, Heiur. Theod. 1863.
Ducca, Wilh. 1873.
Ebeling. Willi., Actuar. 1873.
Eberstadt, A., 1869.
Ebner, Hermann, Dr. jur. 1866.
Edeufeld, Felix. 1873.
Ehingen, x\ugust. 1872.
Ehrhard, W.. Ingenicnr. 1873.
Ellisseu, Dr. jur. 1860.
Emden, Jac. Phil. 1869.
Enders, Ch. 1866.
Engel, Louis. 1873.
Engelhard, Carl. 1873.
Engelhard, Georg Heinr. 1827.
Epstein, Theod. 1^73.
V. Erlanger, Eaph., Generalconsul,
Baron. 1859.
Ernst, August, Professor. 1854.
Eyssen, B. Gustav. 1866.
Eyssen, C. E. 1860.
Fabricius, Franz. 1866.
du Fay, Jean Noe. 1842.
Fester, Dr. jur., Notar. 1873.
* Fiedler, J. N., Dr. med. 1830.
* Finger, Oberlehrer, Dr. phil. IfSSl.
Flörsheim, Ed. 1860.
Flersheim, Rob. 1872.
Fle^^ch, Dr. med 1866.
Flinsch, Heinr. 1866.
Fliusch, W. Iö69.
Fresenius, Ph., Dr. phil. 1873.
Fridberg, A., Dr. med. 1873.
Friedmann, Jos. 1869.
Fries, Carl. 1866.
Fries, Heinr. 1843.
V. Frisching, C. 1873.
Fritsch, Ph., Dr. med. 1873.
* V. Fritsch, C, Dr. pbil., Frhr. 1869.
Frohmann, Herz. 1873.
Fuchs, C. H. 1869.
Fuchs, Waldemar. 1873.
Fürth, Albert. 1873.
Fuld, Ludwig. 1869.
Fuld, S., Dr. jur. 186G.
Funck, C. L. 1873.
Hr. Garny, Joh. Jac. 1866.
» Gering' F. A. 1866.
» Gerson, Jac, Generalconsul. 1860.
» Getz. Dr. med. 1854.
» V. Gille, Bankdirector. 1833.
» Gockel, Ludwig 1869.
» Goldschmidt, A. 1873.
» Goldschmidt, Ad. B. H. 1860.
^ Goldschmidt, B. M. 1869.
» Goldschmidt, H. H. 1873.
» Goldschmidt, Marcus. 1873.
» V. Goldschmidt, Leop.,Consul 1869.
» Gontard, Moritz. 1850.
» Gotthold, Ch., Dr. phil. 1873.
» Grabe, Charles, Consul. 1866.
» Gramm, J. 1873.
» *Graubnor, Ferd. 1871.
» Graubner , Friedrich , Stadtrath.
1873.
» Gross, Wilh. 1873.
» Grünebaum, M. A. 1869.
» Grumbach, J. M. 1871.
» Grunelius, Adolf. 1858.
» Grunelius, Moritz Eduard. 1869.
» V. Guaita, Max. 1869.
» V. Guaita-Mumm, Consul. 1843.
» Gundersheira, Joseph. 1873.
» Guudersheim, M., Dr. med. 1860.
» *Haag, Georg, Dr. jur. 1855.
» Haase, A. W. E. 1873.
» Häberlin, J. E., Dr. jur. 1871.
» Hahn, Adolf, Consul. 1869.
» Hahn, Anton. 1869.
» Hahn, Ed. Jac. 1873.
» Hahn, Moritz. 1873.
» Hamburg, Joseph. Iö73.
» Hamburger, C, Dr. jur. 1866.
» Hammeran, J. A. 1873.
> Hanau, Heinrich A. 1<S69.
» Hanau, Lehmann. 1860.
» V. Harnier, Ed., Dr. jur. 186G.
» Hauck, Christ, Stadtrath. 1860.
» Hauck, Georg. 1842.
» Hauck, Moritz, Advocat. 1873.
> Hayn, .Joh. Georg. 1866.
» Heimpel, Jacob. 1873.
» Henrich, C. F., jun. 1873.
— 22 —
Hr. Henrich, Joli. Gerhd. 1860.
* Hesse], Julius. 1863.
» * Hessenberg, Joli. Friedr., Dr. phil.
1846.
» Heuer, Ferd. 1866.
» *v.Heyden, Lucas, Hauptmann. 18G0.
» V. Heyder, Georg. 1844.
» *Heynemann, Fr. D. 1860.
» Hirschhorn, Gustav. 1873.
» Hoerle, Heinrich. 1866.
> Hoff, Carl. 1860.
•■ Hoff, Joh. Adam. 18(36.
Hofmann, Julius. 1873.
» Hohenemser, H. 1866.
- V. Holzhausen, Georg, Frhr. 1867.
Holzmann, Phil. 1866.
■ Homberger, Albert. 1870.
> Horkheimer, Bernhard. 1869.
■'> Ihm, August. 1866.
» Jacobi, Rudolph 1843.
> * Jäger, Rudolph, Oberlehrer. 1867.
Die Jägersche Buchhandlung. 1866.
Hr. Jassoy, Ludw. Wilh. 1866.
» Jeanrenaud, Dr. jur., Appellations-
gericht s-Rath. 1866.
» Jonas, Adolf, Dr. jur. 1873.
> Jordan, Felix. 1866.
>> Jost, Conr., Apotheker. 18-59.
» Jügel, Carl Franz. 1821.
» Jung-Hauff, Georg. 1866.
» Kassel, Elias, Director. 1873.
>^ Katheder, C. 1863.
» Katzenstein, Albert. 1869.
> Kayser, Fritz. 1869.
> Kayser, J. A. 1873.
V Keller, Heinr. 1844.
- Kerstner, Phil. 1860.
» * Kesselmeyer, P. A. 1859.
. * Kessler. F. J-, Senator^ 1838.
» Kessler, Heinrich. 1870.
, Kessler, Wilh. 1844.
» Kiuen, Carl. 1873.
. *Kinkelin, Friedr., Dr. phil. Ib7d.
. Kirchbeim, S., Dr. med. 1873.
, Kissel, Georg. 1866.
, Klein, Jacob. 1873.
, Klimsch, Carl. 18''3.
Hr. Kling, Gustav. 1861.
» *Kloss, H., Dr. med. 1842. •
» Kloss, Senator,. Dr. jur. 1856.
» Klotz, Carl. 1844.
» Knoblauch, Ferdinand. 1873.
» Knopf, L., Dr. jur., Director 1869.
» Koch, Friedr 1866. '
* Koch, Wilh. 1859.
» Königswarter, J. 1869.
» Königswarter, Marcus. 1866.
» Kohn-Speyer, Sigism. 1860.
» Kotzenberg, Gustav. 1873.
» Krämer, Johannes. 1866.
» Krebs-Schmitt. C. 1869.
» Krug, Ad. 1869.
» Kuchen, Theod., Consul. 1853.
» Küchler, Ed. 1866.
» Küchler, F. 1873.
» Küstner, Johannes. 1841.
» Kugele, G. 1869.
» Kugler, F., Dr. jur., Appellations
Gerichtsrath. 1869.
» Kuhn, H. 1869.
» Kusenberg, R. J., Director. 1878.
» Ladenburg, Emil. 1869.
« Landauer, Wilh. 1873.
» Lang, R., Dr. jur. 1873.
» Langeuberger, Franz. 1860.
» Langer, Dr. jur. 1873.
» Laurin, Ferd. 1866.
» Lautereu, C, Consul. 1869.
» Le Bailly, Georg. 1866.
» Leschhorn, Ludw. Carl. 1869.
» Leser, Phil. 1873.
» Lindheimer, Gerhard.
» Lindheimer, Julius.
» Lion, Benno. 1873.
» LiQii, Franz. 1873.
» Lion, Jacob, Director.
» Lion, Siegmund. 1873.
» Löhr, Clemens. 1851.
» Lönholdt, E. Heinr. 1873.
» Lönholdt, G. W. 1873.
» Löwengard, J., Director. 1859.
» Loretz, A. W. 1869.
» Lorey, Carl, Dr. med. 1869.
1854.
1873.
1866.
23
Hr.*Lucae, G., Prof. Dr. med. 1842.
» Lucius, Euij., Dr. phil. 1859.
» Ludwig, Moritz. 1859.
» V. Lukacsicli, Major. 1832.
» Maas, Adolf. 1860.
& Maas, Simon, Dr. jur. 18G9.
» Mack, Job. Friedr. 1866.
» de Maes, Ed. 1869.
» Malllau, Albert. 1867.
» Majer, Joli. Carl. 1854.
Fr. Majer-Steeg. 1842.
Hr. Malss, Dr. jur. 187-3.
» Manskopf, Nicolaus. 1859.
» Manskopf, W. H., Commerzienrath
1869.
» Matti, Dr. jur. 1836.
:!> Matti, A., Dr. jur. 1873.
» May, Arthur. 1873.
» May, Ed. Gustav. 187.3.
» May, .Tulius. 1873.
* May, .T. V., Dr. jur. 1873.
:o May, Martin, Stadtrath. 1866.
* Meixner, C. A. 1866.
» .Alerton, Albert. 1869.
» Merton, Fialph. 1860.
>^ ^lerzbach, A. 1873.
» Mettenheiiner, Chr. Heinr.
» ^lettenheimer, Louis. 1869.
» * Metzler, Adolf. 1870.
» Metzler, Albert. 1869.
» Metzler, Carl. 1869.
» Metzler. Gustav. 1859.
» Metzler, Wilh. 1S44.
» Metzler-Fuchs, G. F. 1842.
» Meyer, Friedr 1SG6.
» Minoprio, Carl. 1821.
» Minoprio, C. G. 18G9.
» Mohr, Oberlehrer, Dr. phil.
» Moldenhauer, F., Ingenieur.
» Mouson, Joh. Gg. 1873.
» Muck, F. A., Consul. 1854.
* Müller, Carl. 1842.
» Müller, .Joh. Christ. 1866.
» Mumm V. Schwarzenstein, A.
> Mumm V. Schwarzenstein, D. H.,
Dr. jur. , Oberbürgermeister.
1869.
187.8.
1866,
I873!
1869.
Hr. Mumm v. Schwarzenstein, Herrn.,
Generalconsul. 1852.
» Mumm V. Schwarzenstein, F. H.,jun.
1873.
» Mumm V. Schwarzenstein, Wilh.
1856.
Die Musterschule. 1832.
Hr. Mylius, CarlJonas, Architect. 1871.
» Nestle, Hermann. 1857.
■> Nestle, .Julius. 1873.
» Nestle, Richard. 1855.
» Neubürgor, Dr. med. 1860.
» de Neufville, Julius. 1873.
>' de Neufville-de Bary, Aug. 1864.
» de Neufvüle-Büttner, Gust. 1859.
» de Neufville-Siebert, Friedr. 1860.
» Niederhofheim, A, Director. 1878.
» Nolden, Melchior. 1873.
» *Noll, F. C, Dr. sc. nat. 1868.
» V. Obernberg, Ad., Dr. jur., Stadt-
rath. 1870.
» Ochs, Carl. 1873.
» Ochs, Hermann. 1873.
» Ochs, Lazarus. 1873.
» Ohlenschlager, C. Friedr., Dr. med.
1873.
» Ohlenschlager, J. A., Dr. jur. 1859.
» Oppenheim, Guido. 1873.
» Oppenlieimer, Charles. 1873.
» Orteubach, Friedr. 1853.
» Orthenberger, Dr. jur. 1866.
» d'Orville, Friedr. 1846.
» Osterrieth, Franz. 1867.
> Osterrieth-v. Bihl. 1860.
» Csterrieth-Laurin, Aug. 1866.
» Oswald, H., Dr. jur. 1873.
» Parrot, J. C. 1873.
» Passavant, E., Dr. jur., Stadtrath.
1866.
» Passavant, Gu.st., Dr. med. 1859.
j> Passavant, Herrn. 1859.
» Passavant, Robert. 1860.
» Passavant, Rudolf. 1869.
» * Passavant, Theodor. 1854.
» * Petersen, C. Th., Dr. phil. 1873.
» Petsch-Goll., Phil. 1860.
» Pfeffel, Aug. 1869.
— 24 —
Hr. PfefFel, Friedr. 1850.
» Pfefferkorn, R., Dr. jur. 1856.
> Pfeiffer, Eugen. 1846.
» Pieg, C, Steuerrath. 1873.
» Ponfick, Otto, Dr. jur. 1869.
» Posen, Jacob. 1873.
» Prestel, Ferd. 1866.
» Prior, Adolf, Dr. jur. 1866.
» Quilling. Friedr. Wilh. 1869.
V Raabe, Ernst. 1872.
» Rauteuberg, Leopold. 1873.
» Ravenstein, Aug. 1866.
» Ravenstein, Simon. 1873.
Die Realschule, Israelitische. 1869.
Hr.*Reicheubach, J. H. 1872.
» *ReiD, J. J., Dr. phil. 1866.
» V. Reinacb, Adolf, Generalconsul,
Baron. 1860.
» V. Reinach, Alb., Baron. 1870.
» Reisa, Enoch. 1848.
» Reiss, Jacques. 1844.
» Reuss, Dr. jur., Schöff. 1824.
> Ricard, Adolf. 1866.
> Ricard, L. A. 1873.
» Richard, Friedr. 1866.
» Rieger, Wilhelm. 1832.
» Riese, Gh., Poststallmeister. 1866.
» Rindskopf, Isaac M. 1866.
» *Ripps, Dr. med. 1856.
» Rittner, Georg. 1860.
> *Roberth, Ernst, Dr. med. 1845.
» Rödiger, Conr., Dr. phil., Directions-
rath. 1859.
» Rössler, F., Münzwardein. 1866.
» Rooa, Benjamin. 1869.
» Roose, C. Ed. 1866.
> * Roose, Wilh. 1869.
» V. Rothschild, A.S., Freiherr. 1821.
» V. Rothschild, M. C., Generalconsul,
Freiherr. 1843.
> v.EothschildjWilh., Generalconsul,
Freiherr. 1870.
> Rottenstein, Dr. 1866.
» Rücker, Friedr. Carl. 1860.
» Rueff, Julius, Apotheker. 1873.
> Rütten, Joseph. 1860.
> Rumpf, Dr. jur., Consuleat. 1866.
Fr. Rumpf, Fr. 1868.
Hr. Sachs, Joh. .Jac. 1870.
» Sanct-Goar, M. 1866.
» Sandhagen, Wilh. 1873.
» Sauerländer, J. D., Dr. jur. 1873.
» Schaffner, Fr., Dr. med. 1866.
» Scharff, Alexander. 1844.
» * Scharff, F. A., Dr. jur. 1852.
y Scharff-Osterrieth, Gottfr. 1859.
» *Scheidel, Seb. AI. 1850.
>' Schenk, Joh. David 1866.
>» Schepeler, C. F. 1873.
» Scherbius, G. 1869.
» Scherlensky, Dr. jur. 1873.
» Scheyer, Eraanuel. 1860.
» Schiele, Simon, Director. 1866.
>' Schiff, Phil. 1878.
>^ Schilling, Dr. med. 1833.
» Schlemmer, Dr. jur. 1873.
» Schlesinger-Trier, C. 1873.
» Schlottner, Ferd. 1873.
» Schmick,J.P.W., Ingenieur. 1873.
>. Schmidt, Adolf, Dr. med. 1832.
» Schmidt, Carl, Kreisthierarzt. 1857.
» Schmidt, C. F. 1872.
» * Schmidt, Heinr., Dr. med. 1866.
> Schmidt, Louis A. A. 1871.
» Schmidt, Maxim., Dr. vet., Director.
1866.
» »Schmidt, Moritz, Dr. med. 1870.
» Schmidt-Polex, Adolf. 1855.
» Schmidt-Scharff, Adolf. 1855.
» Schmölder, P. A. 1873.
» Schmöle, Wilh. 1866.
> Schnell, Heinrich. 1871.
> Schölles, K. 1866.
» Schölles, Joh., Dr. med. 1866.
» * Schott, Eugen, Dr. med. 1872.
» Schürmann, E., sen. 1866.
» Schulz, Heiur., Dr. jur. 1866.
» Schumacher, Gg. Friedr. 1866.
> Schwager, W. G. 1866.
» * Schwarzschild, H., Dr. med. 1836.
> Schwarzschild, Moses. 1866.
» V. Schweitzer, C, Dr. jur., Schöff.
1831.
» Seufferheld, Georg. 1837.
— 25
Hr. Siebert, August. 1869.
» * Siebert, J., Dr. jur. 1854.
» Sieger, Dr. jur. 1873.
» Suatich, Jacques. 1873.
» Sonneberg, Heinrich. 1873.
» Sonnemann, Leopold. 1873.
> Souchay, A. 1842.
» Speltz, Dr. jur., Senator. 1860.
» Speltz, Jacob. 1819.
» Speyer, Gustav. 1873.
» Speyer, L. J. 1869.
* Speyer, Phil. 1866.
> Spiess, Alexander, Dr. med. 1865.
> * Spiess, G. A., Dr. med.. Geh. Sani-
tätsrath. 1832.
» Springer, Henry. 1873.
» Stadermann, Ernst. 1873.
» *Steffan, Ph. J., Dr. med. 1862.
» V. Steiger, L. 1869.
» Stein, Joh. 18'36.
» *Steitz, Aug., Dr. phil. 1858.
» Stern, B. E., Dr. med. 1865.
» Stern, Siegm. .Jacob. 1862.
» Stern, Theodor. 1863.
» Steuernagel, .Joh. Heinr. 1860.
» *Stiebel, Fritz, Dr. med. 1849.
» Stiebel, Siegism. 1869.
» V. Stiebel, Heinr., Consul. 1860.
» Stock, H. A. 1859.
» Straus-Fuld, A. J. 1873.
» * Stricker, W., Dr. med. 1870.
» Stromberg, Nathan. 1866.
» Strube, .Jac, Hofrath. 1873.
» Sulzbach, Rud. 1869.
» Sulzbach, Siegm. 1866.
» Trieber, E., Dr. phil. 1870.
» Trier, Samuel. 1873.
* TJlmann, A., Dr. phil. 1871.
» Umpfenbach, A. E. 1878.
» Una-Maas, S. 1873.
» Varrentrapp, Fr., Dr. jur. 1850.
Hr. Varrentra pp, Georg., Dr. med.. Geh.
Sanitätsrath. 1833.
» Varrentrapp, J. A. 1857.
» V. den Velden, Fr. 1842.
» Vogt, Ludwig, Director. 1866.
* Volger, Otto, Dr. phil. 1862.
» Volkert, C. A. C. 1873.
» Wagner-Lindheimer, G. J. A. 1848.
» *Wallach, J., Dr. med. 1848.
» Walther, Georg C. 1859.
» Weber, Andreas. 1860.
» Weiller, Jac. Hirsch. 1869.
» Weisbrod, Friedr. 1873.
» Weismann, N. 1873.
» V. Weisweiller, Gg., Consul. 1866.
» Wenz, Emil, Dr. med. 1869.
» Wertheimber, Louis. 1869.
» *Wetterhan, J. D. 1860.
» Wetze], Heinr. 1864.
» Weydt, Nie. 1869.
» Weydt, Phil. 1873.
» Wiesche, J. L. 1873.
» Wiesner, Dr. med. 1873.
» Winter, W. Chr. 1852.
» Wippermann, Friedr. 1819.
» Wirsing, Adolf. 1873.
» *Wirsing. J. P., Dr. med. 1869.
» Wirth, Franz. 1869.
» Wittekind, H., Dr. jur. 1860.
* WolfF, Adam. 1873.
» Wolfskehl, H. M. 1860.
» Wüst, C. L. 1866.
» Wunderlich-Jassoy, Gg. 1869.
» ZickwolfF, Albert. 1873.
^ ZickwolfF, Otto. 1873.
» *Ziegler, Julius, Dr. phil. 1869.
» Ziegler, Otto. 1873.
» Ziem, G. F. 1860.
» Zimmer, C, Dr. phil. 1855.
» Zimmer. C. G. B. 1869.
26
III. Neue Mitglieder für tlas Jaiir 1874.
Hr. Auffartb, H. B. i Hr. Mann. F. W.
» Becker, Herrn.
» Böhm, Job. Friedr.
» *Böttger, Oscar, Dr. pliil.
» Eiclaelmann, F. L.
» Frank, B.
Müller-Eenz, F. A,
Odrell, Leop., Dr. jur.
PfeifF, Bernh., Ingenieur.
Bommel, Joli. Jul.
Schünemaun, Theod.
Lohse, W. i » Wolff, Phil.
Yerzeicliniss
der Geschenke für das iiaturhistorische Miiseum,
welche vou Juni 1873 bis Eude Mai 1874 der Gesell-
schaft überwiesen wurden.
1. Für die vergleiciiend-anatomisclie Sammlung :
Vou Herrn Consul Ed. Jacobson: Zwei Meuschenschädel.
Von Herrn Kreisthierarzt Schmidt: der Schädel eiues Neufund-
länder Hundes.
Von Herrn Heinr. Flinsch: Abguss eines Neauderthaler Schädels.
2. Für die Säugethiersammlung :
Von der zoologischen (jesellschaft: Ein Cynocephalus
Hamadryas, eine Hyäne, drei Seehunde uud ein Windhund.
Von Herrn Consul Ed. Jacobson: Zwei junge Orang-Utang.
Von Herrn Ingenieur Pfeiff: Ein Windhund aus der Krim.
3. Für die Vogelsammlung :
Von der zoologischen Gesellschaft: Falaeornis eujKitritis,
Uria Trolle, Ära Macao.
Von Herrn Oberbürgermeister tl e i s s in Mannheim: Zwei Tacliy-
phonus lunidatns uud eiu Margarornis . . . ? aus Peru.
Von Herrn Hetzer: Gorvus ausfralis, Ibis sjnnicoUis und Plofus
Novae Hollandiae.
Von Herrn Otto Andreae: Lophopliorus impeyayius, ÄracJino-
tJiera magna, zwei Fronicrops (Nedarinia) uepaloisis, R^dicilla
frontalis, YuJiina gularis, Cryptoloplia (Muscicapa) cinereo-
capüla, Procarduelis (Fringüla) nepalensis.
Von Herrn Hauptmann v. Heyden: Ein Bengalist und zwei Finken.
— 27 —
Von Herru Joli. Caesar Godeffroy in Hamburg: DuJunciüus
strigirostris von den Sanioa-Inselu.
Von Herru Arthur May: Plafycercus pulcherrimus.
Von Herrn Steuerratli C. Pieg: Sieben Kolibri mit einem Nest.
Von Herru Custos Er ekel: Chrysotis Sallei aus St. Domingo.
Von Herrn Cousul N. Adler: Ardea virescens und ein Centropus.
Von Herru Emil Bück: Sechs Kolibri.
Von Herru Wildprethäudler Geyer: Numenius arquata.
Von Herru Verwalter Mühlig: Faico suhhuteo.
4. Für die ichthyologische Sammlung:
Von Herru Professor S tos sich in Triest: Ein Hai aus dem
adriatischen Meere.
Von Herru Marcus Goldschmidt: Ein Anzahl Fische aus dem
internationalen Aquarium des Herrn Prof. Dr. A. Dohru
in N e a p e 1.
5. Für die Sammlung von Reptilien und Amphibien:
Von Herrn Hauptmann v. Heyden: Reptilien und Amphibien,
in Spanien und Portugal gesammelt.
6. Für die entomologische Sammlung:
Von Herru W. Hermann in Rio grande do Sul: Eiu Glas
mit Insecteu.
Von Herru Dr. Ose. Böttger: Die von Herrn Bergingenieur
Adolf Hühner am Limpopofiuss in Südafrika gesammelten
Insecteu.
7. Für die Conchyliensammlung:
Von Herru Cousul N. Adler: Lebende Schnecken und Muscheln,
am Cap gesammelt.
Von Herrn Dr. med. Kobelt: Eine Suite Conchylien.
8. Für die SammUmg von Würmern und anderen niederen
Thieren :
Von Herrn Marcus Goldschmidt: Eiue grosse Anzahl niederer
Seethiere aus dem internationalen Aquarium des Herr Prof.
Dr. A. Dohru in N e a p e 1.
9. Für die Sammlung von Korallen:
Von Herru Eugen Pfeiffer: Eiu Korallenstock.
— 28 —
10. Für das Herbarium:
Von den Herren Professor Dr. v. Fritsch und Oberlehrer Dr. Rein:
Die auf ihrer Reise gesammelten Pflanzen von Südspanien,
von den Canaren und von Maroeco.
Von Herrn Max Ose. Reinganum: QQ diverse Holzarten von
Mittel-Java und Holländisch-Ostindien.
Von Herrn Cousul William Murphy: Ein Pflauzengewebe.
Von Herrn Hofrath Dr. Pauli: 14 Fascikel der von ihm auf
Chios und dem Olymp gesammelten Pflanzen.
Von Herrn Oberlehrer Dr. Rein: Früchte aus Yeddo.
Von Herrn Rudolf Heer dt: 12 Kasten mit Alpenpflanzen.
Von der Gartenbau-Gesellschaft: Mehrere Piuus-Zweige und
Früchte von Pallanza am Lago maggiore.
Von Herrn Jakobi: Früchte der Mucuna aus Mittel- Amerika.
Von Herrn Lehrer Blum: Eine Sammlung japauesischer Pflanzen.
Von Herrn Dr. Kobelt: Sicilianische Pflanzen.
Von Herrn Dr. Julius Ziegler: Italienische Pflanzen.
11. Für die geologische und paläontologiselie Sammlung:
Von den Herreu Dr. Geyler und Dr. Rein: Petrefacteu aus dem
Flörsheimer Septarienthou.
Von Herrn Graubner: Kieselholz aus der Rosengasse dahier.
Von Herrn Dr. Oscar Böttger: Pflanzenabdrücke von Blauken-
burg und aus der Braunkohle von Salzhausen.
Von Herrn Ingenieur Askenasy: Pflanzenabdrücke aus Süd-
Russland.
Von Herrn Dr. Rolle in Homburg: Fossilien und einige geo-
gnostische Stücke von Saarbrücken und Müuzenberg.
Von Herrn Dr. Julius Ziegler: Säugethierreste aus dem Löss von
Nieder-Flörsheim und Monsheim in Rheinhessen und eine Suite
von Gesteinen und Petrefacteu aus der alpinen Trias von
St. Cassian in Tirol.
Von Herrn Lehrer J. Blum : Drei Encrinus liliiformis auf einem Steine,
Von Herrn F. D. Heynemaun: Drei fossile Pferdezähne.
Von Herrn Herrn. Fulda: Ein Baumstamm aus der Steinkohle.
12. Für die Mineraliensammlung:
Von Herrn Director Wilh. Theiss in Palermo und Herrn
Dr. Kobelt in Schwanheim: Mehrere Mineralstufen von
Girgeuti und aus Apulien.
— 29 —
Von Herrn Dr. Friedr. Scharff: Vanadiubleierz aus Windisch-
kappel und 27 Stufen krystallisivter Schiackeubilduiigeu von
Braubach.
Von Herrn Prof. C. v. Fritsch: Eine Reihe Gypsspathkrystalle
aus Flörsheim.
Von Herrn Dr. Friedr. Kinkelin: Malachit und Rubinglimmer.
Von Herrn J. M. Bastert: 12 Stufen Kupferlasur, Malachit,
Fahlerz und Buntkuptererz aus dem Spessart.
Von Herrn W. Jefferis: 6 Stufen Jefferisit, Muscovit, Phlogopit
und Feldspath.
13. Für die ethnographische Sammlung:
Eine werthvolle Steinwaffensammluus; von der Insel Rügen.
Geschenke an Geld,
•welche der Senckenbergisehen naturf ersehenden Gesellschaft
im abgelaufenen Geschäftsjahr überwiesen w^urden.
Von den städtischen Behörden:
Jährlicher Beitrag 1500 fl. — kr.
ausserordentlicher Beitrag 2000» — »
Von Herrn Adolf Metzler (für Vermehrung
des Herbariums) 117» 54»
Von Herrn Philipp v, Donner (zur Ver-
mehrung der ornithologischen Sammlung) 50 » — »
Yerzeiclmiss
der Geschenke an Büchern, Schriften u. dgl.,
eiugesanffen vom Juni 187 3 bis Ende M;ii 187 4.
A, Von Acadeniien, Behörden, Gesellschaften, Instituten,
Vereinen ii» dgl.
Amiens. Soclete Linneeune dn nord de la France :
Bulletin mensuelle. No. 5—19, 23, 24; 1872-73.
— 30 —
Amsterdam. Köuigl. Academie der TVissenschaften :
Jaarboek 1872.
Processen Verbaal 1872—73.
Verhandeliiigeu. Deel XIII. 1873.
Verslageii en mededeeliugeu af deel iiatuurkuude tweede
reeks. Deel 7.
Aniiaberg. Aunaberg-ßHcliliolzer Verein für Naturkunde:
Jahresbericht III.
Augsburg. Naturlnstoriisclier Verein:
Bericht XXII. 1873.
Basel. Naturforscliende Gesell!>chaft:
Verhaudl. Theil Y. Hft. 4. 1873. Theil VI. Hft. 1. 1874.
Batavia. Geuosseuscliaft für Künste und Wissenschaften :
Alphabetisches Karten- Verzeich niss.
A. Blytt. Bidrag til Kundskaben om Vegetationen i den
lidt syd for og under Polarkredsen liggende Deel af'Norwege.
Codicum Arabicorum catalogus.
Notuleu. Deel X. No. 4. Deel XI. No. 1, 2. 1873.
Tijdschrift voor Indische taal-, laud- en volkeuknude.
Deel XX, afleveriug 4 — 6, Deel XXI, aflevering 1.
Berlin. Königl. Preuss. Academie der Wissenschaften:
luhaltsverzeichniss der Abhandlungen aus d. J. 1822 — 72.
Mathematische Abhandlungen 1873.
Physikalische Abhandlungen 1872, 1873.
Verzeichniss der Bibliothek der Königl. Academie.
— Botanischer Verein für die Provinz Brandenburg und die an-
gränzenden Länder :
Verhandlungen. Jahrgang XIV. 1872, XV. 1873.
— Brasilianische Gesandtschaft :
E m a n u e 1 L i a i s. Climats, geologie, fauue et geographie
botanique du ßresil. liio Janeiro 1872.
— Deutsche geologische Gesellschaft:
Zeitschr. Bd. XXIV. Hft. 4. 1872, Bd. XXV. Hft. 1-3. 1873.
— Königl. Preuss. Ministerium für Handel, Gewerbe und öffent-
liche Angelegenheiten :
Abhandlung zur geologischen Specialkarte von Preusseu
und den Thüringischen Staaten. Lieferg. IL
Geologische Specialkarte von Preusseu und den Thüringi-
schen Staaten. Liefers'. IV. und V. nebst Erläuterungen.
- ai —
Bern. Sclnvoi/Piisclie jiaturforscheiule (Gesellschaft :
Mittheiluugen. No. 792—811. 1872.
Bologna. Acoadeiiiia delle scienze :
Meuiorie. Serie 3. Tomo IL Fase. 2 — 4. Tomo III. Fase. 1 , 2.
Reudieonto delle sessioni 1873--74.
Bonn. Naturliistoilsclier Yereiii der Preussischen Rheiiilande und West-
])haleus :
Verhandlungen. 1872. Jahrg. XXIX, zweite Hälfte. 1873.
Jahrg. XXX, erste Hälfte.
— Nloderrheiiii'sche Gesellscliafl für Natur- und Heilknude :
Sitzungsberichte 1873.
Bordeanx. Soeiete des sciences pliysitiues et naturelles :
Extrait des proces-verbanx des seances.
Memoires. Tome IX. No. 1. 1873.
Boston, IT. S. Ä. Society of natural history :
Memoires. Vol. IL Part IL No. 2, 3.
Proceedings. Vol. XIV. Part. 3, 4. Vol. XV. Part 1, 2,
Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein:
Abhaudluugeu. Bd. HI. Hft. 4. Bd. IV. Hft. 1.
Beilage No. 3.
Breslau. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur:
Abhandlungen, Abthlg. Naturwissenschaften und Mediciu
1872-73. Philosophisch-historische Abtheiluug 1872—73.
Jahresbericht. L. 1872.
Brunn. K. K. Miihrisch-schlesische Gesellschaft zur Beföi'dernng des
Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde:
Mittheilungen. Jahrg. LIII. 1873.
— Naturforschender Terein :
Verhandlungen. Bd. XL 1872.
Brüssel (Bruxelles). Soeiete entomologique de Belgique:
Annales. Tome XVI. 1873.
Compte rendu No. 87. No. 95—99. 1873.
Cambridge, U. S. A. (Mass.). American association for the advance-
ment of scienee:
Proceedings. Vol. XX. 1871. VoL XXI. 1872.
— Museum of comitaratire zoology:
Annual report 1871.
Application of photography to illustratious of natural
history.
Illustrated catalogue. No. VII. Prof. Alexander Agas-
si z, revision of the echini. Part III. Text 1, 2. Taf. 1 — 4.
Carlsruhe. Naturivissenschaftlicher Verein :
Verhaudlungen. Hft. 6. 1873.
Chemnitz. Naturwisseuschaftliehe Gesellschaft :
Bericht TV. 1871—72.
Cherbourg. Societe uatlonale des sciences naturelles :
Catalogue de la bibliotlieqiie. Partie IL No. 1. 1872.
Memoires. Tome XVII. 1873.
Christiania. Köuigl. Norwegische Universität:
A m u n d Heiland. Forekomster af Kise i visse Skifere
i Norge.
G. 0. Sars. Bidrag til Knndskabeu om Christiaufiordens
Fauna. III.
— Carcinologiske Bidrag til Norges Fauna. 2 Hefte.
— On some remarkable forms of auimal life. I.
S c li ü b 1 e r. Die Pflanzenwelt Norwegens.
S. A. Sexe. On the rise of land in Scandinavia.
Chur. Natnrforscheude (xesellschaft Graubündens :
Jahresbericht XVII. 1872 — 73.
Collimbus, U, S. A. (Ohio). Board of agricHlturo:
Aunual report XXVI. 1871.
Daiizig. Naturforseliende Gfesellschafj :
Schriften. Neue Folge Bd. II. Hft. 4. 1871. Bd. III. Hft. 1,
2. 1872—73.
Diirmstadt. Verein für Erdkunde nnd niittelrheiuischer geologischer
Verein :
Notizblatt. Dritte Folge Hft. XII. No. 133-44. 1873.
Edinhiirgh. Royal Society:
Proceediugs. 1871—72.
Transactions. Vol. XXVI. Part 4. 1871-72.
Erlangen. Physikalisch-medicinische Societät:
Sitzungsbericht. Hft. 5.
Florenz (Firenze). Reale comitato geologico d'Italia:
Bolletino 1873. No. 5 — 12.
Frankfurt a. M. Physikalischer Verein:
Jahresbericht 1871—72, 1872—73.
— Neue Zoologische Gesellschaft:
Zeitschrift, Der Zoologische Garten. Jahrg. XIV. 1873.
No. 5—12. Jahrg. 1874. No. 1—5.
— 33 —
Freiburg i. d. S. (Fribomg). Societe Helv^tique des scieuces ua-
turelles :
Actes de la reuuiou a Fribourg, 55. Session (Wander-
versammluug) 1872.
St. Gallen. NaturwissenscLaftliche Gesellschaft:
Bericht 1871—72.
Geilf (Geiieve). Societe de phjsique et d'histoire naturelle:
Memoires. Tome XXII, XXIII. 1. 1873.
Glessen. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde:
Bericht XIV. 1873.
Gothenburg* (Göteborg). Koni gl. Gesellschaft der Wissenschaften:
Handlingar Nr. III -XII.
Gratz. Academischer Leseverein:
Jahresbericht VI. 1873.
Halle a. d. Saale. Naturforschende Gesellschaft:
Abhaudlimgen. Bd. XII. Hft. 3, 4. Bd. XIII. Hft. 1.
Bericht 1872—73.
Hamburg. Naturwissenschaftlicher Verein:
AbhandhiDgen aus dem Gebiete der Naturwissenschaften.
Bd. V. Abthlg. 3. 1872.
Uebersicht der Amtsvertheilung und wissenschaftlichen
Thätigkeit. 1871.
Hannover. Natnrhistorische Gesellschaft:
Jahresbericht XXII. 1871-72.
Harleni. Societe Hollandaise des sciences:
Archives Neerlaudaises des sciences exactes et naturelles.
Tome VII. 4, 5. Tome VIII. 3, 4.
Bibliotheca ichthyologica et piscatoria.
Natuurkundig Tidschrift voor Nederl. Indie. Tome XXXII.
Innsbruck. Naturwissenschaftlich-mediciuischer Verein:
Berichte. Jahrg. III. Hft. 1—3.
Königsberg. K^l. phjsikaliscli-ökonouiische Gesellschaft:
Schriften. Jahrg. XIIL 1872. Abthlg. 2.
Landsbut. Botanischer Verein:
Bericht IV. 1872—73.
Leipzig. Museum für Völkerkunde:
Bericht I. 1873.
London. British association for the adyancement of science:
Report of the 42. meetiag held at Brighton 1872.
3
— 34 —
London Linuean Society:
Additions to the library 1871 — 72.
Proceediugs 1872 — 73.
The jourual. Zoology. Vol. XI. No. 55 — 56. Botauy. Vol.
XIII. Nr. 68-72.
Trausactions. Vol. XXVIII. Part. 3. Vol. XXIX. Part 2.
— Royal Society:
Klein. The auatomy of the lymphatic System.
List of members 1873.
Philosophical trausactions Vol. CLXII. Part 2. Vol. CLXIII.
Part 1, 2.
Proceediugs. Vol. XX— XXII. No. 138-50.
— Zoological Society:
Proceediugs. 1872 Part 3., 1873 Part 1, 2.
Trausactions. Vol. VIII. Part 4—6. 1873.
St. Louis, ü. S. A. Academy of sciences:
Trausactions. Vol. III. No. 1.
Lütticli (Liege). Societe roy.ale des sciences:
Memoires. 2. serie. Tome III. 1873.
Luxemburg. Institut royal-grand-ducal. Section des sciences na-
tnrelles et matliematiques:
Publications. Tome XIIL 1873.
Lyon. Academie des sciences:
Memoires. Tome XIX 1871—72.
— Musee d'liistoire naturelle:
Archives. Tome I. Livraisou 1, 2.
Rapport. 1871—72.
— Societe imperiale d'agriculture :
Auuales. Tome IIL 1870.
Madison, U. S. A. Wisconsin academy of sciences, arts and letters:
Trausactions 1870-72.
Modena. Societä dei naturalisti:
Annuario. Serie 2. Ann. VIII. No. 1.
Moskau. Societe imperiale des naturalistes :
BuUetiu 1872. No. 4, 1873 No. 1, 3.
München. Königl. Baierische Academie der Wissenschaften:
Abhandlungen der mathematisch - physikalischen Classe.
Bd. XI. Abthlg. 2.
W. Beetz. Der Autheil der kgl. ßair. Acad. d. W. an
der Entwicklung der Electricitätslehre.
— 35 —
J. V. Dölliuger's Festrede am 25. Juli 1873,
Sitzungsberichte der niathematisch -physikalischen Classe.
1872. Hft. 3, 1873. Hft. 1—3.
Verzeichniss der Mitglieder 1873.
Nancy. Societe des scieuces (früher in Strassburg):
Statuten.
Neapel (Napoli). Societä reale:
Atti deir aceademia delle scienze fisiche e mathematiche
Vol. V. 1873.
Rendicouto anuo IX. 1870, X. 1871, XL 1872.
Neubraudeiiburg. Verein der Freunde der INaturgeschlchte in Mecklen-
burg :
Archiv. Jahrg. XXVI, XXVII.
Neuenbürg (Neuchätel). Societe des sciences naturelles:
Bulletin. Tome IX. Livraison 3. 1873.
Newhayen (Connecticut). Aeademy of sciences and arts:
Transactious. Vol. II. Part 2.
Offenbaell. Yereiu für Naturkunde:
Bericht XIII. 1871-72, XIV. 1872—73.
Odessa. Neurussische ttesellscliaft der Naturforscher:
Denkschriften. 1873.
New-Orleans, ü. S. A. Orleans county society of natural sciences:
Archives of sciences and trausactions. Vol. I. No. 4, 5.
St. Petersburg. Academie imperiale des sciences:
Bulletin. Tome XVII. 4, 5. Tome XVIII. 1—5. Tome
XIX. 1—3.
Memoires. Tome XVIII, XIX, XX, XXI, No. 1-5.
— Kaiserl. botanischer Garten:
Abhandlungen Bd. I. Hft. 1, 2. Bd. II. Hft. 1.
— Societe entomologique de ßnssie:
Horae. Tome IX. No. 4.
Philadelphia. Aeademy of natural sciences:
Proceedings 1872. Part 1—3.
— American philosophical society:
Proceedings. Vol. XII. No. 88, 89. 1872.
— Board of public education:
Annual report. No. 54.
Regeusburg. Zoologisch-mineralogischer Verein:
Correspondenzblatt. Jahrg. XXVI. 1872, XXVII. 1873.
^ 36 —
Reiclienberg (Böhmen). Verein der Natiirfreiiude:
Mittheilungen. Jahrg. IV. 1873.
Riga. Naturforschemler Verein:
Arbeiten. Neue Folge. Hft. 5.
Correspoudenzblatt. Jahrg. XX. 1873.
SaleiU; ü. S. A. (Mass.). Essex institnte:
Bulletin, Vol. IV. No. 1-12. 1872.
Stettin. Entomologiseher Verein:
Entomologische Zeitung. Jahrg. XXXIV. 1873.
Turin (Torino). Reale accademia delle scienze:
Atti. Vol. VIII. 1-6. ,
TJpsala. Societas regia scieutiarum:
Nova acta. Seriei tertiae vol. I, — VIII.
Washington. Departement of agrienltnre:
Reports 1871, 1872.
— U. S. geological snrvey of tbe territories:
Aunual repovt I.— III., 1867—1869, sowie VI, 1872.
Coutributious to the extiuct vertebrate fauna of the western
territories. Vol. I. Part. 1. Vol. V. Part. 1.
Miscellaneous publicatious No. 1, 2.
— U. S. patent-offlce:
Annual report. 1869 Vol. I.— III. 1870 Vol. T, IL 1871
Vol. I, IL
— Smithsonian institntion:
Anuual report 1871.
Coutributions to knowledge. Vol. XVIII. 1873.
Miscellaneous coUeetious. Vol.- X.
— U. S. war depai'tement, offlce of the chief Signal offleer:
Aunual report 1872.
Wien, Kaiserl. Academie der Wissenschaften:
Anzeiger 1873 No. 12—30, 1874 No. 1 — 12.
— K. k. geologische Reichsanstalt:
Jahrbuch. Bd. XXIII. 1873 No. 1—4, Bd. XXIV. 1874
No. 1.
G. Tschermak. Mineralogische Mittheilungen 1873
Hft. 1, 2. 1874 Hft. 1.
Verhandlungen. 1873 No. 1 — 18, 1874 No. 1-6.
— LescTcreiu der Deutschen Studenten:
Jahresbericht IL 1872 — 73.
— 37 —
Wien. Zooloariseli-botauische CJesellschaft:
Verhaudlimgen Bd. XXITI.
Würzburg. Phjsikaliseh-inediciuische Gesellschaft:
Verhandlungeu. Neue Folge. Bd. IV. Hft. 2—4, Bd. V.
Hft. 1—4, Bd. VI. Hft. 1-4.
Yokohama. Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ost-
asiens :
Mittheihiugeu. Hft. 1 — 3. 1873.
Zürich. Allgemeine Schweizerische Gesellschaft für die gesammten
Naturwissenschaften:
Neue Deukschrifteu. Bd. XXV.
— Naturforschende Gesellschaft:
Vierteljahrsschrift. Jahrg. XVII. Hft. 1-4. 1872.
Zwickau. Verein für Naturkunde:
Jahresbericht 1871, 1872.
B. Von Autoren und anderen Privaten.
C. Adelmaun in Frankfurt a. M.:
E. D e s o r. Die Pfahlbauten des Neuenburger Sees.
Prof. J. 0. Agardh in L u n d : Till algernes Systematik.
Dr. Carl Bettelheim in Wien: Medicinisch-chirurgische Rund-
schau. Jahrg. XIV, 1873. Bd. II, Hft. 3. Bd. III, Hft.
1-3. Jahrg. XV, 1874. Bd. I, Hft. 1—3, Bd. II, Hft. 1.
Dr. Oscar Böttger in Frankfurt a. M. : Gdlamaria ins, neue
Schlange von Sumatra.
Spermophüus citühis var. superciliosus.
A. de Borre in Brüssel: Y-a-t-il des faunes naturelles di-
stinctes ä la surface du globe, et quelle methode doit-on
employer pour arriver a las definir et les limiter?
Dr. J. (x. Engelmann (von hier) in St. Louis, ü. S. A. : Notes
on the genus Yucca.
A. Ernst in Caracas: Witterungsverhältuisse von Caracas.
Prof. Dr. Carl von Fritsch in Halle a. d. S. : Gotthardgebiet,
Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz.
Dr. E. Grasser (von hier) in Marburp^ a. d. L. : Beitrag zur
Entwickluugsgeschichte der Al'a^tois, der Müller'schen
Gänge und des Afters.
Dr. Haag-Rutenberg in Frankfurt a. M. : Beiträge zur Fa-
milie der Tenebrioniden (Schluss).
— 38 —
Dr. J. Haast, Präsident des physiologischen Instituts inCauter-
bury; Dessen Rede vom 5. März 1874.
B. Hasert in Eiseuach: Neue Erklärung der Bewegung im
Weltsystem.
Dr. F. Hessenberg in Frank fürt a. M. :
H a 1 d o r T o p s ö e. Krystallografisk-optiske Undersogelser.
— Determination des poids speeifiques et des volumes
moleculaires des divers sels.
— Krystallügraphisch -chemische Untersuchungen.
Dr. J. Hirscbwald in Berlin: Grundzüge einer mechanischen
Theorie der Krystallisationsgesetze.
Prof. Dr. H. Hoifmaun in Giesseu: Kann man das Schnee-
glöckchen treiben?
Dr. F. Hornstein (von hier) in Gas sei:
J. Mac-Phersou. Bosquejo geologico de la provincia
de Cadiz.
— Geological sketch of the provinz of Cadiz.
Dr. Gr. Joseph in Breslau: Morphologische Studien am Kopf-
skelet der Menschen und der Thiere.
Erwiderung auf Hrn. Prof. Fr. Merkel 's Bemerkungen
u. s. w.
Prof. Dr. Llicae in Frankfurt a. M. :
The anthropological treatises of .Joh. Friedr. Blumen-
bach. London. 1865.
Memoires read befove the anthropological society of London.
1863-69. Vol. I— m.
Prof. Dr. A. MouSSOli in Zürich: Coquilles recueillies par le Br.
Sievers dans la Russie meridional et Asiatique.
Faune malacologique de quelques iles de l'ocean-pacifique
Occidental.
Revision de la faune malacologique des Cauaries.
Dr. F. C. Noll in Frankfurt a. M.:
H. Baars. Die Fischerei-Industrie Norwegens.
Prof. Dr. G. TOm Ratli in Bonn: Der Vesuv, eine geolog. Skizze.
Ein Ausflug nach den Schwefelgruben von Girgenti.
Einige Studien über Quarz, Kupferkies und Albit.
Ueber die chemische Zusammensetzung der Plagioklase aus
einigen vulkau. Gesteinen der Ecuadorischen Cordilleren.
Ueber farbensch il lerndeQu arze V. Wisselberge b. Obernkirchen .
— 39 —
Dr. J. Reiu in Frankfurt a. M. :
W. K. T. Gut beriet. Einschlüsse in vulkanischen Ge-
steinen.
— Geogu ostische und geologische Beobachtungen über
den Calvarienberg bei Fulda.
— Ueber den Unterschied zwischen scheinbaren und
wirklichen Geschieben.
M. Vi riet d'Aoust. Les origines du Nie).
Jacob Riuz in Frankfurt a. M.:
Ph. Fr. V. S iebold u. J. G. Zuccarini. Flora Japonica.
Sectio I. Centuria 1. 1835. Volumen IL 1870. — Ein
Band Tafeln und ein Band Text.
Dr. Rüppell in Frankfurt a. M.:
Proceediugs of the scientific meetiug of the zoological
Society of Loudon 1872. Parti, III. with coloured plates.
Prof. Dr. L. Rtitimeyer in Basel: Ueber den Bau von Schale
und Schädel bei lebenden und fossilen Schildkröten.
Fossile Schildkröten von Solothurn.
Prof. Arcaugelo Scacchi in Neapel: Note mineralogiche.
Memoria I. 1873.
M^- Scoutetten in Metz:
J. A. Isuard. Notice biographique sur le Professeur
Scoutetten.
Prof. Dr. C. Th. v. Siebold in München: Vortrag über Par-
thenogenesis der Artemia salina.
Prof. Dr. F. Thorell in Upsala: Remarks on Synonyms of
European spiders.
P. Tremaiix in Paris: Principe universel du mouvemeut et des
actions de la matiere
40 —
a>
,fi
«s
&r
isf;
PS
CO
<«f<
r^
^'i
00
T->
rö
?:
a,'
^
rQ
p;
s
02
ü
o
O/
a
U
Ä
T-<
OS
CO
^
w
^
^
•pH
H
u
p;
05
rt
'S!
-*^
1—1
A
^
•FH
u
r/j
^
^
O)
^
O)
CS
s ^
CiCioc^uoocNoooeocoiococo
ad CO 00
CO 1-H
o o o cs:5 ei;
w
Piffi
u
r-)
^
ca
o
hr
o
a
p
fc<
o
rid
^
CS
^
a
2
fl
CO M O N
-£2
o ce
O CO
Päö
CO C". O CO O C<1 0> O LO l>- o o o
T-lOOt^COCOOOOCX)r-llOCOO
t^iOCOi-l -<*i CMr-l (MCQ
lo (^:) CJ i-H (M ■— I
*"* CD
cä
0 0 0
O O O _
0 ^,
^ a
r^-^^ Si,
"ä^^
m
^ a a 5
CO
o
® (D S
P3 pq CS3
O P 33 '
j:S 05 t*^ .; j _ _ _
PL, M S M M c5 d^
ü
:a
p5 a
_o
a 1^
o3
-SO
CO CO o
^ oa c-
CO CQ CO
9
tH '-I
s
(X3 « «
&;>
te
■ -(J
o^
_a
S-i
■ ::>
•4^
. u
O)
<a
-fi
•P5
ir
OJ
. &£
c~ o
-*J
♦ \^
r/7
S g
^ C^l ^ ^
l-H
a c/D S •>
i)
OJ ^ rt 00
A
A
de Dec
SS der
n Gesc
tnber 1
s
H 5 a cj
O)
A
S 03 P
Ti N Ca «D
o g öC^
^> S)^
'^S w' a
■p^.-g 'ö
CS !-i TS
oo
M
a a
f-i a a
ra ^
M i»
CO ^
a-a
. - 2 a
ft'^ bDf*<
— 41 —
Vorträge und Abhandlungen.
Zum Andenken an F. H. von Kittlitz.
Vorgetragen in der Jahresversammlung
vou
Dr. Theodor Petersen.
Unter den ausgezeiclineten Mänueru, deren Dahinscheiden die
Gesellschaft im verflossenen Jahre zu beklagen hatte, befindet sich
eines ihrer ältesten und treuesten Mitglieder, eines in nahen und
entfernteren Kreisen Avohlbekannten Naturforschers, eines besrei-
sterten Naturfreundes, eines hochedlen Menschen, wahrhaft ver-
ehrt vou Allen, die ihn kannten - — Friedrich Heinrich Freiherr
von Kittlitz. Der Vortragende, welchem das Glück zu Theil
wurde, dem Verblichenen während einer Reihe von Jahren nahe
zu stehen, widmet dem hochverehrten Lehrer und Freunde die
folgenden Worte der Erinnerung.
F. H. von Kittlitz wurde am 16. Februar 1799 zu Breslau
als ältester Sohn des damaligen Hauptmannes Freiherrn vou
Kittlitz und Amalie von Kittlitz, Schwester des berühmten
k. russischen Feldmarschalls Grafen Diebitsch-Sabalkauski,
geboren.
Schon im Alter von 4 — 5 Jahren zeichnete er sich durch
Talent zum Zeichnen aus. Er besuchte das Gymnasium zu Oels
in Schlesien, um nach dessen Absolvirung Jura zu studiren, wozu
er selbst indessen keinen Beruf in sich fühlte.
Der dreizehnjährige Secundaner eutschloss sich 1813 als
Volontair bei dem Landwehrbataillon einzutreten, welches sein
Vater commandirte. Noch sehr jugendlich also zu Anfang seines
Dienstes während des Freiheitskrieges und mit einem leichteren
'^■'■'' ve bewaffnet als die übrigen Soldaten, wurde er doch schon
am 22. November desselben Jahres Secondelieuteuant im 16.
schlesischen Infanterieregiment. Er machte übrigens nur eine
grössere Action mit, die Blockade von Glogau, während welcher
er am Typhus erkrankte, der ihn dem Tode nahe brachte und
- 42 —
dessen Folgen er noch im Alter zu bemerken glaubte. Im Jahre
1815 marscliirte er mit in Paris ein. Bei der Auflösung der
Landwehrregimenter wurde er im 34. Linieuregiment angestellt
und kam 1816 nach Mainz in Garnison.
Schon vor seinem Eintritt beim Militär hatte sich v. Kittlitz
mit grosser Liebe dem Studium der Ornithologie ergeben und
namentlich sehr getreue Zeichnungen von den ihm zugänglichen
Vögeln Schlesiens gemacht, welche noch vorhanden sind. Diese
Studien setzte er in Mainz mit dem grössten Eifer fort. Hier
avaucirte er 1819 zum Premierlieuteuaut. Obgleich ihm sein
frühes Patent eine glänzende militärische Laufbahn zu versprechen
schien, dachte er wohl damals schon an Verlassen des Militär-
dienstes und widmete sich mehr und mehr den Naturwissenschaften.
Am 8. August 1824 wurde er von der Senckenbergischeu uatur-
forschenden Gesellschaft zu deren correspoudirendem Mitgliede
ernannt. Als sich ihm dann im Jahre 1825 die Gelegenheit dar-
bot, eine grosse Entdeckungsreise nach der Südsee und dem rus-
sischen Ostasieu mitzumachen, nahm er seineu Abschied, der ihm
am 26. November 1825 als Hauptmann bewilligt wurde.
In Begleitung des Prinzen Carl von Preussen, dessen
Fürsprache im Verein mit der des Feldmarschalls Diebitsch
ihm die Theilnahme bei der Expedition verschaffte, reiste er nach
St. Petersburg und wurde als Naturforscher, speciell Ornithologe
bei der Expedition angestellt, welche auf der von Capitän (nach-
maligem Admiral) Lütke befehligten russischen Corvette Senjavin
während 3 Jahren ihre Weltumseglung vollzog. Was auf dieser
Reise besucht wurde, ist aus seinen »Denkwürdigkeiten« zu ersehen,
seinem treuen Freunde Prof. L u c a e gewidmet.
Bei der Rückkehr des Schiffes 1829 hatte v. Kittlitz das
Unglück, wegen einer Erkrankung nicht beim Empfang der sämmt-
lichen Mitglieder der Expedition durch den russischen Kaiser
zugegen zu sein, in Folge dessen ihm keine der erheblichen Be-
lohnungen, die an alle übrigen Theiluehmer bewilligt wurden, zu
Theil wurde. Durch Beschluss der russ. Akademie der Wissen-
schaften wurde er nur nach seiner Ankunft in St. Petersburg bis
zum Absehluss seiner Arbeiten und Ordnen seiner Sammlungen
mit eiuem Jahresgehalt von 2500 Rubeln ange teilt. Da alle seine
Versuche, die ihm zustehenden Competeuzen zu erhalten, scheiter-
ten, so ging er nach Deutschland zurück, zunächst nach Frankfurt,
— 43 —
wo er vou der beabsichtigten Reise RüppeU's nach Abyssiuieu
erfuhr, dem er sich nun anschloss. Zu Anfang des Jahres 1831
schiffte sich v. Kittlitz zu Marseille nach Alexandrien ein.
Nach einem kurzen Aufenthalt in Kairo und einer Fahrt den Nil
hinauf erkrankte er aber derart am Fieber, dass er nach Europa
zurückkehren musste, um dann zu seinem grössten Bedauern nie
mehr in die Lage zu kommen, eine grössere Reise unternehmen
zu können.
Nachdem er schon in St. Petersburg Einiges von seinen auf
der grossen Reise gesammelten Vögeln herausgegeben hatte —
darunter, wie auch von Fischen, viele höchst interessante Arten,
z. B. die schöne Fregata strumosa v. K. vom östlichen Ocean — ,
gab er 1832 bei Sauerländer in Frankfurt »Kupfertafelu zur
Naturgeschichte der Vögel« heraus, die jedoch nicht vollendet
wurden. Von 1832 bis 1845 lebte er in Cölu und arbeitete
während dieser Zeit hauptsächlich an den »24 Vegetationsansichten«,
naturgetreue Aufnahmen von seiner Reise, sein bedeutendstes Werk,
auf jeden Naturfreund zündend wirkend, von 'dem alle Welt ent-
zückt war. Humboldt und Schieiden erwähnen desselben
mit der grössten Anerkennung. Es erschien nach 1845 in
mehreren Lieferungen bei Friedrich in Wiesbaden. Um häufigen
Nachfragen zu genügen, wurde 1862 der Versuch einer neuen
Auflage bei Grieben in Berlin gemacht, welche jedoch, da die
Bedingungen für Kittlitz zu ungünstig waren, über die erste
Lieferung nicht hinauskam. Uebrigeus sind die Vegetations-
ausichteu in England in photographischer Nachbildung erschienen.
Nachdem v. Kittlitz 1844 sich verheirathet, zog er 1845
nach Berlin, wo er viel mit Humboldt, 0 1 fers u. a. Gelehrten,
auch bei Hof verkehrte. Die 1848er Unruhen vertrieben ihn wieder,
er ging für kurze Zeit nach Wiesbaden und dann 1849 nach
Mainz zurück, wo er jetzt an neuen Kupferwerken, »Vegetatious-
ansichteu aus den westlichen Sudeten« und »Natursceuen aus
Kamtschatka« arbeitete. In diese Zeit fallen auch eine Reihe
von Aufsätzen, »Bilder vom stillen Ocean« mit zahlreichen
Illustrationen in der Zeitschrift »Die Natur«. Sein Werk »Denk-
würdigkeiten einer Reise nach dem russischen Amerika, nach
Mikronesien und durch Kamtschatka« erschien 1858 bei Perthes
in Gotha und trug ihm vou allen Sachkennern grösste Aner-
kennuuüc ein.
_ 44 —
Ausser mit Naturwisseuschafteu beschäftigte sich v. K i 1 1 li t z
iu den letzten 20 Jahren sehr viel mit ästhetischen und philo-
sophischen Studien. Wie vorher über seine Reisen iu der rheinischen
uaturforscheuden Gesellschaft, zu deren eifrigsten Förderern er
gehörte, so hielt er jetzt im Maiuzer Kunstverein Vorträge über
Aesthetik. Sehr gründlich hat er den Homer studirt und nament-
lich nachzuweisen gesucht, dass er ein einheitliches Gedicht eines
Mannes sei, durch Zusätze und Ausschmückungen der Rhapsoden
entstellt. Iu einem Coucept hat er alle zweifelhaften Stellen
gestrichen und dadurch ein nur halb so lauges, aber viel abge-
rundeteres, schöneres Gedicht hergestellt. Eine von ihm selbst
angefangene, sehr getreue Uebersetzung geht bis zum zweiten Ge-
saug. Ein Vortrag über Homer »Die Fürbitte der Thetis« wurde
gedruckt und beifällig aufgenommen. Er kämpfte in dieser Zeit
gegen den Materialismus und wollte die Philosophie als Zweig der
Naturwissenschaft betrachtet wissen. Seine beiden Arbeiten »Psycho-
logische Gruudlage für eine neue Philosophie der Kunst«, Berlin
bei Spriuger, 1863, 'und seine letzte »Schlussfolgerungen von der
Seele des Menschen auf die Weltseele« legen von seinen ein-
gehenden philosophischen Untersuchungen rühmliches Zeugniss ab.
V. Kittlitz war von schlanker -ßtatur ; reiches silbergraues
Haar umwallte sein Haupt noch in den letzten Jahren seines
Lebens. Er war ein durch und durch guter Mensch, leutselig,
freundlich und zuvorkommend über alle Maasseu. Durchaus keine
Anlage hatte er zu allem Geschäftlichen, und dieser Mangel, aus
übertriebener Gewissenhaftigkeit und Ehrenhaftigkeit herrührend,
hat es ihm nicht vergönnt, die Früchte seiner grossen Talente
und Kenutnisse und seiner vielseitigen Bestrebungen gebührend
zu ernten. In Folge davon sind auch viele seiner Werke un-
vollendet geblieben. Währeud des letzten Krieges trat er als
militärischer Vorstand des Vereinslazarethes in Ahrweiler, dann
in Siuzig vorübergehend, wieder in Dienst. Seine Frau überlebte
ihn nicht. Er hinterlässt 2 Söhne und 1 Tochter.
Unser lieber treuer Freund starb an den Folgen einer Lungen-
entzündung am 10. April 1874. Allen, die ihn kannten und auf's
Höchste verehrten, da sie von seinem liebenswürdigen Wesen und
seiner Liebe zu den Werken der grossen Natur bezaubert waren,
wird er unvergesslich bleiben.
45
Zur Keiiiitiiiss der triklinen Feldspatlie.
Referat über einen Vortrag, gehalten am 7. März 1874
von
Dr. Theodor Petersen.
Eine grössere Arbeit über die älteren augitführenden basischen
Massengesteine, auch wohl Grünsteine genannt, *) gab dem Vor-
tragenden Gelegenheit , sich eingehender mit den Feldspathen
dieser Gesteine zu beschäftigen. In dieser Hinsicht wird zuerst
als Untersuchungsresultat hervorgehoben, dass der Labradorit eine
weit geringere Verbreitung habe, als man früher angenommen,
und dass insbesondere in den Felsarten der Diabasfamilie ein
Alkali-Feldspath , Oligoklas, regelmässig vorhanden sei. Als be-
merkenwerthes Resultat der Arbeiten von Petersen ist auch
anzuführen, dass in allen augitführenden Eruptivgesteinen regel-
mässig Apatit (phosphorsaurer Kalk) nachgewiesen werden kann.
In Anbetracht, dass alle triklinen Feldspathe Krystallformen
zeigen, welche denen des Albits und Anorthits ähnlich sind, ver-
tritt bekanntlich Tschermak seit 1864 die im Wesentlichen schon
1853 von Sartorius v. Waltershauseu ausgesprochene Ansicht,
die beiden genannten, ähnlich krystallisirten Mineralien seien
isomorph und die 'übrigen sog. Plagioklase Gemische derselben.
Andere ausgezeichnete Mineralogen, namentlich Streng, Ram. -
melsberg und vom Rath haben sich mit dieser Anschauungsweise
mehr und mehr befreundet, so dass sich dieselbe bereits grosser
Anerkennung zu erfreuen hat. Nach dieser Theorie sind nur
Albit Na 2 Ah Äie Oie ( .,. Sii Oir. ) und
Anorthit Ca Ah Sh Os (^ ^^ ^|' { Sn Oie^
*) Untersucliungen über die Grünsteine. N. Jahrb. f. Min. 1872. S. 573
und Journ. für prakt. Chem. 1872. S. 197. Petersen unterscheidet hier:
1. Diabasite (Familie des Diabases; ältere oder eigentliche Grünsteiae):
Diabas, Melaphyr und Augitporphyr, Hypersthenit und Gabbro.
2. Basaltite (Familie des Basaltes oder Trapps; jüngere Grünsteine):
Basalt, Dolerit und basaltische Laven.
Alle diese Felsarten sind augitführend und eruptiver Natur.
— 46 —
plagioklastische Feldspathspecies , dahingegen Oligoklas , Labra-
dorit und Audesiu Mischungen dieser beiden.
Es wird zugegeben, dass ausser den sehr ähnlichen Krystall-
formen der plagioklastischen Feldspathe (Oligoklas und Labradorit
können z. B. nach dem blossen Ansehen nicht unterschieden
werden) besonders die bei Natroufeldspathen häufig beobachtete
Thatsache des Wachsens der Thonerde neben dem Kalk bei Ab-
nahme der Kieselsäure (was als Isomorphismus von Si2 und CaÄh,
letzteres gegen Na2 Äh, aufgefasst worden ist), das bei Verdoppe-
lung der Formel des Anorthites fast gleiche spec. Volumen von
Albit und Anorthit, sowie die merwürdige Erscheinung des seit-
herigen Nichtbeachtetseins von natronfreiem Labrador oder kalk-
freieni Oligoklas die Theorie wesentlich stützen. Folgendes hat
jedoch Petersen gegen dieselbe einzuwenden:
1. Der wohlansgebildete Oligoklas vom Vesuv steht in seinen
Wiiikelverhältnissen dem Anorthit näher, wie dem Albit, überdies
sind die schiefen Axeuwinkel von Albit, Oligoklas und Labradorit
gar nicht so wenig von einander verschieden.
2. Stimmt nicht einmal die Hälfte der analysirten Kalk-
natronfeldspathe mit der neuen Theorie.
3. Orthoklas und Albit mischen sich durchaus nicht, wie man
es von Anorthit und Albit annimmt. Die den plagioklastischen
Feldspathen eigeuthümliche Zwillingsstreifung wird nicht überall
bemerkt, wo man sie vermuthen sollte.
4. Mechanische Mischungen von Albit und Anorthit wurden
bis jetzt nicht beobachtet.
5. Warum soll es für die Feldspathe ganz besondere Iso-
morphiegesetze geben ? Salze mit mehreren isomorphen Bestaud-
theilen, schön krystallisirt und nicht etwa Mischkrystalle, sind
zahlreich bekannt, namentlich unter den Vitriolen.
6. Anorthit wird bekanntlich von conc. Salzsäure leicht und
vollständig zerlegt, Oligoklas davon so gut wie gar nicht auge-
griöen. Nach der Mengungstheorie sollte man erwarten, dass ans
Kalknatronfeldspathen Kalkfeldspath leichter als Natronfeldspath
durch jene Säure ausgezogen werde. Dem ist aber nicht der Fall.
7. Hat der Vortragende wirklich kalkfreien Oligoklas im
Diorit von Hof aufgefunden.
In Folge mehrerer sorgfältiger Analysen gelaugte Petersen
— 47 —
ferner zu dem Resultate, dass au Stelle der älteren Oligoklas-
formel 2 RO. 2 ÄhOs. 9 SiOs die Formel BO. AhOz. 5 Si02
zu setzen sei.
Nach Untersuchungen von vom Rath sollte Andesin nur ein
kalkreicher Oligoklas sein. Petersen analysirte neuerdings meh-
rere typische Andesine und bekennt sich in Folge dessen zur
Annahme der selbstständigen Species für genanntes Mineral.
Die plagioklastischen Feldspathe bilden dann folgende Reihe:
Albit . . . B Äl2 Sie Oie (B = Na2, K2)
Oligoklas . . B Ah Sü Oii (B = Na2, E2, Ca)
Andesin . . B Äh S'U O12 (B = Na2, Ca)
Labradorit . B AI2 Sis Oio (B==Ca, Nai)
Anorthit . . B AI2 Si2 Ob (B = Ca)
Zu dem Vortrage vs^urden verschiedene Feldspathe, sowie iso-
morphe Mineralien und Salze vorgelegt.
Yorlage von Oesteiiien aus dem Gottliardtuimel.
Referat über einen Vortrag, gehalten am 7. März 1874
von
Dr. Theodor Petersen.
Den Bedürfnissen der Neuzeit entsprechend, besitzen wir jetzt
drei grosse Alpenbahnen, die vierte durch den St. Gotthard ist in
der Ausführung begriffen.
1. Die Semmeringbahu wurde 1853 vollendet. Die Berg-
strecke Gloggnitz-Mürzzuschlag , 5^/8 Meilen lang, kostete 15 Mill.
Gulden. Es sind 15 Tunnels vorhanden, deren längster von
1420 M. Länge hinter der Station Semmering zugleich im höch-
sten Funkte der Bahn 882 M. über dem Meeresspiegel gelegen ist.
Die Bahn weist einige sehr schöne Viaducte auf.
2. Die Brennerbahn zwischen Innsbruck und Botzen,
16 V2 Meilen lang, wurde mit Hülfe von 30,000 meist italienischen
Arbeitern in drei Jahren 1865 — 67 durchaus solide hergestellt.
Der höchste Punkt bei Station Brenner 1368 M. wird über der
Erde erreicht. Uebrigens sind 27 Tuunels vorhanden, darunter
besonders bemerkenswert!! die beiden Kehrtuunels bei Gries und
Gossensass. Die Steigung beträgt streckenweise, wie bei der
Semmeringbahu 1 : 40. Besondere Schwierigkeiten machte das
bröckelige Schiefergestein bei Patsch.
— 48 —
3. Die Mont-Ceuisbabu. Bereits 1845 hatten Mauss und
Sismouda die Linie Bardon ecbe-Modaue festgestellt, ungünstige
Zeitverbältuisse verhinderten indessen die Ausführung. In Folge
der maschinellen Erfindungen von Barlett und Colladon wurde
der Plan des grossen Tunnels 1855 wieder aufgenommen, 1857
von der piemoutesischen Regierung genehmigt und durch die
Ingenieure Grattoni, Grandis und Sommeiller ausgeführt.
Am 12. Jan. 1861 begann die Durchbohrung, am 25. Dec.
1870 war sie beendigt, am 17. Sept. 1871 wurde die Bahnstrecke
eröffnet. Der grosse Tunnel ist 12,233,5 M. lang und führt
meistens durch verhältnissmässig wasserarme Kalkschiefer. Sein
höchster Punkt liegt 1294 M. über dem Meeresspiegel.
4. Die Gotthardbahn wurde in Folge eines zwischen Italien,
der Schweiz und dem deutschen Reiche im Jahre 1871 abge-
schlossenen Vertrages 1872 in Angriff genommen. Ihre Kosten
sind auf 52 Mill. Franken veranschlagt. Die Ausführung des
grossen innerhalb acht Jahren zu vollendenden Tunnels wurde
Herrn Favre übertragen, die Bauten der Oberleitung des Herrn
V. Gerwig, Erbauers der Gebirgsbahn durch den Schwarzwald,
unterstellt.
Bis Göscheuen auf der Nordseite und Airolo auf der Südseite
sind verhältnissmässig geringe Schwierigkeiten zu überwinden.
Zwischen beiden Orten wird der grosse Tunnel durchgebrochen,
14,900 M. lang, an seinem höchsten Punkte 1152 M. über dem
Meeresspiegel, übrigens tief unter dem Pizzo Centrale und dem
Sella-See hindurchführend.
Vor Beginn der Tunnelarbeiten an der Nord- und Südseite
war die geologische Commission der schAveizerischen naturforscheu-
den Gesellschaft vom schweizerischen Buudesrathe aufgefordert
worden, auch zu wissenschaftlichen Zwecken Vorschläge zu machen.
Auf Autrag dieser Commission wurde u. A. eine Sammlung der
durchbrochenen Gesteine beschlossen für gelehrte Anstalten des
In- und Auslandes und Herr Stapff mit dieser Aufgabe betraut.
Auch unserer Gesellschaft wird eine vollständige Collection
in guten grossen Handstücken zu I/2 Frauken pr. Stück zugehen.
Die erste von dem Vortragenden vorgelegte Suite ist kürzlich
angekommen. Es sind von der Nordseite granitische Gneise, von
— 49 —
der Südseite her wurde zuerst eine alte Moraine, daun Clyps,
Anhydrit, Talk und Glimmerschiefer, sowie Dolomit durchbrochen.
Den letzten Berichten zu Folge ist man bis Ende Juni 1874
auf der Nordseite noch immer im Gneisgranit bis auf 1031 M.,
auf der Südseite im Glimmer- und Hornblendenschiefer bis 926 M.
vorgerückt, dabei waren die Wasserzuflüsse nicht überreichlich.
üeber die Geologie des St. Gotthardgebietes besitzen wir
zwei ausgezeichnete neuere Arbeiten, die eine von dem Italiener
Giordauo, die andere von unserem hochverdienten Mitgliede
Prof. K. V. F ritsch, welche sanimt der zugehörigen Karte und
Profilen ebenfalls vorgelegt und besprochen wird. In ihren Haupt-
ergebnissen stimmen beide, ganz unabhängig von einander aus-
geführten Arbeiten durchaus überein.
Die Centralmasse des St, Gotthard ist durch reiche Gliederung
krystallinischer Gesteine ausgezeichnet, jedoch nicht so scharf oro-
graphisch abgesondert wie das benachbarte Finsteraarhornmassiv,
übrigens gegen 0., W. und S. ziemlich gut durch sedimentäre
Schichten begränzt. Sein culminirender Gipfel ist der granitische
Pizzo Rotondo 3197 M. über dem Meeresspiegel. Die Schichten
des Gebirges pflegen NNO. zu streichen und steil einzufallen.
Der Tunnelbau verspricht mancherlei Aufklärung über geolo-
gische Fragen, namentlich bezüglich des wahrscheinlich noch
steileren Einfalleus der Schichten und des Niedersetzens der Kalk-
mulde von Andermatt in die Tiefe.
Auch der mineralogisch wie geologisch sehr interessanten
Schiefergesteine von der Süd- und Südwestseite des Gebirges wird,
unter Vorzeigung von Handstücken Erwähnung gethan, endlich
der Gebirgsbau der schweizerischen Central alpen durch Ansichten
und Profile verdeutlicht.
— 50
lieber die Gliederung
der Cyrenenmergelgruppe im Mainzer Becken
von Dr. phil. 0. Boettger.
iu Frankfurt a. M.
Die Literatur über die einzelnen Schichten des Cyrenenmergels
im Mainzer Tertiärbecken ist schon eine überraschend reiche, die
Ansichten über die Gliederung und Altersstellung dieser Bildungen
aber sind trotzdem in auffallender Weise auseinandergehend und
offen gestanden auch vielfach noch unklar. Ehe ich auf meine
eigenen Untersuchungen dieser Formationsreihe eingehe, sei es mir
gestattet, eine kurze Uebersicht der einschlagenden Literatur zu
geben, wobei ich indess bemerken will, dass ich die in keiner
Weise fördernden, sondern eher die Sache verwirrenden Darstel-
lungen von Ludwig und Volger, die übrigens H. C. Weinkauff
(in Beitrag z. Kenntu. d. Tert.-Bild. in d. hess. Pfalz u. d. an-
gränz. preuss. u. bayer. Bezirken in Leonh. u. Bronn's Jahrb.
1865, S. 172 u. f.) schon abgethan hat, zu übergehen mich ge-
müssigt sehe.
Bekanntlich hat schon im Jahre 1847 der für die geologische
und paläontologische Kenntniss des Mainzer Beckens so un-
ermüdlich arbeitende Frid. Sandberg er (in Uebersicht d. geol.
Verhältnissed. Herzogth. Nassau, S. 45) eine den Septarien- oder
Rupelthon überlagernde Schichtenfolge von zähen grün- oder blau-
grauen Thoumergelu mit Brackwasserversteinerungen als Cyreuen-
mergel ausgeschieden.
In seinen Konchylien des Mainzer Tertiärbeckens 1863 S. 432
gibt derselbe sodann eine weitere Eintheilung dieser Schicht iu
drei Etagen, die von Weinkauff im Jahre 1865 auf genauere
Beobachtung hin berichtigt werden konnte, und der sich auch
Sandberger nach nochmaliger Begehung des Hackenheimer Ter-
rains, das zu der von ihm aufgestellten Schichtenfolge Veranlas-
sung gegeben hatte, im Grossen und Ganzen angeschlossen hat.
— 51 —
Weiukauff sagt in seinem oben citierten Aufsatz S. 171
wörtlich Folgendes:
»Bei Hackenheim sind die eigentlichen Cyreuenschichten im
Thal und die Chenopusschicht auf dem Kamme der dieses Thal
einschliesseuden Hügel abgesetzt, was veranlasste, da ein Profil
nicht freiliegt, das Untenliegende auch als die tiefste Schicht an-
zusehen, Aebnliche Verhältnisse sind vielfach auch an anderen
Orten vorhanden. Neuerdings habe ich aber an mehreren Orten
Aufschlüsse gefunden, die die directe Ueberlagerung der Cyrenen-
schicht auf die Chenopusschicht erkennen lassen und einmal auf-
merksam, gefunden, dass dies Regel ist, und die geographisch
tiefere Lage der Cyreuenschicht an vielen Orten nur einer späteren
Ablagerung in den nach theilweiser Hebung mit Wasser gefüllt
gebliebeneu Thalrinuen des früheren Meerbodens zugeschrieben
werden kann.«
»Die genauere Kenutuiss dieser Lagerungsverhältuisse bedingt
dann auch den Sandberger'schen Cyreuenmergel enger zu fassen
und von ihm die ganz marine Chenopusschicht sowohl, als auch
die theilweise brackische Schicht mit CeritJduni plicatum var.
papillatum abzutrennen und unter diesen Bezeichnungen ins Schema
einzuführen. Sandberger hatte schon die Faunen getrennt auf-
geführt, die erwähnten Bänke aber noch als Unterabtheilungen
des Cyrenenmergels und zwar in umgekehrter Reihenweise be-
trachtet. Ausser diesen Aenderungen sind noch bisher unbekannt
gewesene Bildungen hinzuzufügen . . . «
Hier das Schema Weiukauffs, soweit es für uns bei dieser
Gelegenheit von Interesse ist:
d. Chenopus-Schicht.
d' als Uebergangsglied halbbrackische Schichten mit Ceri-
ihium plicatum papillatum.
e. Brackische Cyreuenschicht.
f. Süsswasserschicht (im Osten ersetzt durch Cerithienkalk
und locale Landschneckenkalke).
Abgesehen von einer Schichten folge, welche in Rheinhessen
und im Rheingau die Chenopusschicht unterteuft, und die Weiukauff',
wie ich gleich zeigen werde, für jünger gehalten hat, ist diese
Eintheilung im Grossen und Ganzen richtig. Es sei mir aber
schon liier gestattet, mit ein paar Worten der Ansicht entgegen-
zutreten, als sei die Süsswasserschicht, die ich als obersten Cyreneu-
— 52 —
mergel bezeichue, dem Cerithieu- und Landschueckenkalk äqui-
valent. Sowohl in Hochheim als in Kleiukarbeu finden sich in
den Landschneckenschichten Süsswasserschnecken, aber uirgends
Limneus fabula, Pkmorhis cordatus^ Ancylus und Fisidium wie
in der rheinhessischeu Süsswasserschicht des Cyreuenmergels. Zu-
dem stehen bei Ober-Olm, bei Eisheim, Wackernheim und Heiden-
heim ächte Cerithienkalke an, während dicht dabei Eisheim und
Sauerschwabeuheim die schönsten Süsswasserschichten des oberen
Cyrenenmergels mit Versteinerungen geliefert haben. Ganz dasselbe
lässt sich im nassauischen Rheiugau nachweisen.
Ebenso muss ich mich entschieden gegen die miocäue Natur
der von Weinkauff S. 197 genannten Vorkommnisse bei Eisheim
aussprechen. Von vorn herein sei erklärt, dass ich die in Frage
stehenden Saude mit G r o o s s für die liegenden Schichten der
Chenopussande auffassen muss.
Da mir die Beschreibuug der erwähnten Schichten bei Wein-
kauff für unseren Zweck besonders wichtig erscheint, erlaube ich
mir die betreffende Stelle hier wörtlich anzuführen :
»Grooss führte mich an eine Sandgrube bei Eisheim, die
neben vielen kleinen und zerbrochenen Conchylien auch Pflanzen-
reste enthält. Diesen Sand sprach er für die tiefste Schicht der
Chenopusschicht an. Er ist sehr deutlich und regelmässig ge-
schichtet, aber seine obere Fläche ist höchst uneben. Vertiefungen
wechseln mit Erhöhuugeu. Die ganze Sandpartie ist überlagert,
die Unebenheiten der oberen Fläche bis in ihre kleinsten Ver-
tiefungen hinein sind ausgefüllt von einer Schicht mit zahllosen
Stücken von wohlerhaltenen Conchylien, darunter natürlich auch
abgerollten, und Rollstückeu von Kalksteinen des oberen Tertiären
und Bohnerzen. Das Profil ist so deutlich, dass über die diluviale
Natur der Petrefactenschicht kein Zweifel bleibt ; wer sie einmal
gesehen, der ist sofort im Reinen damit. Die meistens gut er-
halteneu Petrefacten waren schwerlich einem weiten Transport
unterworfen, denn in alleruächster Nähe sind reiche Fundstellen
der Chenopus- und Cyrenenschicht , die beide die Ablagerung
furniert haben.«
ȟeber den untenliegenden Sand selbst bin ich noch zu keiner
befriedigenden Meinung gelangt, doch spricht das Vorkommen
für ein Tertiäres, etwa den Sauden gleich, wie sie zu Bosenheim
die Cyrenenschicht und zu Hackenheim die Chenopusschicht decken,
— 53 —
und die ich zur Süsswasserschicht zähle. Die ungemein tiefe Lage
würde bei den nachgewiesenen Störungen nichts Entgegenstehen-
des beweisen. Auf alle Fälle kann die Bildung nicht der Chenopus-
schicht angehören , denn die kleinen Couchylien gehören dieser
und dem Cyreuenmergel au, tragen aber das Gepräge eines weiten
Transports, der sie fast unkenntlich gemacht. Es ist darunter
auch ein Planorbis gefunden, der nur aus dem Cyrenenmergel
stammen kann, in dessen kohligen Lagen solche zuerst auftreten.
Die Blätter sind ebenfalls sehr schlecht erhalten und lassen keine
Bestimmung zu , deuten immerhin aber doch zumeist auf eine
Süsswasserbildung. «
Den diluvialen Charakter der bei Eisheim überliegenden,
übrigens sehr ungleich entwickelten mergeligen Sandschicht mit
Cyrena semistriata, Cerithium pUcatum und Cer. Lamarcki leugne
ich nicht, der unterliegende feine Sand ist aber evident älter als
die Chenopusschichten, und das Auftreten feiner glimmerreicher
Sande mit Corhulomya Nysti, der in diesen unteren Elsheimer
Schichten gemeinsten Mnschelform, bei Schornsheim unter typischen
Chenopusschichten mit Ghenoims und Isocardia lässt das hohe
Alter dieser Sande, wie ich später noch ausführlich zeigen werde,
aufs eclatanteste erkennen. Auch habe ich von Spuren weiten
Transportes ausser an Cerithien und Rissoen wenig oder nichts
wahrnehmen können; im Gegentheil sind die zarten Schalen von
JDiplodonta, Splienia^ Tellimya^ Scintüla, Syndosmya^ Teilina und
Lucina ganz auffallend gut erhalten. Gut conservierte Schalen
von grösseren oder grossen Arten wird man in diesen Sauden
allerdings vergeblich suchen. Dass zahlreiche Formen auch der
Cyreuenschicht in den Elsheimer Sauden auftreten, hat für mich
durchaus nichts Auffallendes , da fluviomariue Ablagerungen so
alten Datums im Mainzer Becken überhaupt bisher nicht bekannt
waren, die eiugespülteu Land- und Süsswasserschneckeu übrigens
aufs Unzweideutigste ein Alter ergeben, welches dem der Meeres-
sande von Weinheim uoch sehr nahe gewesen sein muss. Zudem
fehlen die charakteristischen Leitfossilien der ächten Cyreuenschicht,
wie Cerifhnim margaritaccutn und Cer. ahhreviatum, Cyrena semi-
striata, Murex conspicuus^ Ämnicoki helicella und Neritina alloeodus
in diesen Schichten vollständig. Die Blätter sind darin doch noch
so gut erhalten, dass sie wichtige Aufschlüsse geben werden zur
Bestimmung des geologischen Horizontes unserer so pflanzeureicheu
— 54 —
Braunkobleiischichten am Rande des Vogelsbergs. Etwa ein Viertel-
hundert Arten hat Hr. Dr. Th. Geyler bis jetzt zusammengebracht,
die sowohl über als unter den beiden besonders ergiebigen Con-
chylienhorizouten in Stadeckeu wie in Eisheim vorkommen und
auch in den liegenden Schichten unter dem Chenopussand im
Osten von Eisheim angetroffen wurden.
Weiter ist das Profil am Schillberg bei Sulzheim fast genau
so, wie es Weiukauff S. 199 beschreibt, von mir beobachtet wor-
den, und nur den einen Zusatz möchte ich mir erlauben, dass
die schon früher von ihm bei Hackenheini erwähnte Schicht mit
Psamniohia (Sandberger, Couchyl. d. Mainz. Tert. Beck. 1863,
S. 296) in ausgezeichneter Weise auch hier zwischen ächter
Cyrenenschicht und Süsswasserschicht zu Tage tritt.
Einen kleinen Zusatz zum Profile der Elsheimer Lettengrube
werde ich bei Besprechung der dortigen Verhältnisse später geben.
Im Uebrigen muss ich die ausserordentliche Treue und Ge-
wissenhaftigkeit hervorheben, mit welcher Weinkauff die thatsach-
lichen Verhältnisse der in Rede stehenden Schichten zum ersten
Male erläutert hat und darf constatiereu , dass jede auf neuere
Aufschlüsse gestützte Untersuchung sich doch im Wesentlichen
an seine Darstellung anlehnen wird.
Ich wende mich jetzt zu Grooss' Darstellung der Verhält-
nisse iu der Section Mainz. Wie oben erwähnt, kannte Weinkauff
bereits die Untersuchungen von Grooss und sprach sich ins-
besondere gegen die Aufstellung von dessen Schleichsanden aus.
Ich muss mich, wie schon oben bemerkt, vollkommen mit den
Beobachtungen von Grooss (vergl. insbesondere Geolog. Special-
karte d. Grossh. Hess., Sect. Mainz 1867, S. 16 Anm.) einver-
standen erklären.
Die höchst bedeutungsvolle Grooss'sche Arbeit gibt folgendes
Schema :
Obere meerische Bildungen:
Sandschichten mit Meer- und Landpetrefacten und Blätter-
abdrücken ; Schleichsande und Thone :
a. Cyprinenschichten.
b. Chenopusschichten,
c. Peruaschichten.
— 55 —
Brackische Bildungen:
Cyrenenmergel mit zwischen- und überlagernden Süsswasser-
uud Braunkohleuscliichten ; untergeordnete Sandlager.
Auch mit dieser Eintheilung der Cyrenenmergelgruppe kann
ich mich nicht vollkommen einverstanden erklären. Vor allem
gefällt mir der Ausdruck Cyprinenschichten nicht, da Cyprina
rotundata in den tiefsten Schichten der Cyrenenmergelgruppe zu
den grössten Seltenheiten gehören dürfte. Ich habe sie darin bis
jetzt vergeblich gesucht. Ich ersetze ihn durch den Namen Schleich-
sand, der als allgemeine Volksbezeichnung für diese Schichten in
Rheinhessen seine volle Berechtigung hat. Den Pernahorizont
erkenne ich als Uebergangsglied zwischen Chenopussand und
Cyrenen Schicht an, wenn auch derselbe in ähnlicher Weise nur
local auftreten dürfte wie die wahrscheinlich gleichaltrige Papil-
latenschicht Weiukauff's. Die obere Süsswasserbildung des letzteren
dagegen halte ich für einen guten Horizont und möchte sie ab-
getrennt und dem Grooss'schen Schema zugefügt wissen.
In neuester Zeit hat dann auch vonFritsch (in dies. Ber.
1870 — 71, S. 37) die Berechtigung der Abtreunung der über den
Rupelthouen lagernden oberen Meeressande oder unteren Cyrenen-
schiebten mit Cerithium plicatum var. papülatum und AporrJiais
tridadyla, welche von den rein brackischen Cyrenenmergeln über-
lagert werden, anerkannt, und weiter in einem Briefe vom
17. Febr. 1872 *) kurz der innigen Beziehung des Hochheimer
Landschneckenkalks zu den Cyrenenmergeln und zu den rhein-
hessischen Süsswasserschichten zwischen diesen und den Cerithieu-
kalken gedacht. »Diese Beziehung tritt dadurch klarer als früher
hervor, dass in den westlichsten der Hochheimer Brüche, sowie
in den untersten Partien der östlichen Kalksteine gebrochen wer-
den, die ganz voll von Steinkernen von Cyrena semistriata^ Ceri-
thium plicatum und Lamarcki sind. Diese Cyrenenkalke gehen
ganz allmählich ohne scharfe Gräuze in den Landschneckenkalk
*) Die in erwähntem Briefe von Hrn. v. Fritscli genannten Pisidium-
schalen muss ich nach eingehender Prüfung neben Planorbis , Clausilia,
Pupa muscorum und CioneUa lubrica, die sich in derselben angeblich dem
Landschneckenhorizont des Cerithienkalks angehörenden Schicht vorfanden,
für diluvial halten. Sie sind vermuthlich noch zu historischer Zeit durch
den in der Nähe, aber jetzt in bedeutend tieferem Niveau fliessenden
Wickerbach abgelagert worden.
— 56 —
über; die obere Gränze der letzteren gegen die Cerithieusehichteu
ist aber bekanntlich eine wohl markierte.«
lieber diese Beziehungen spricht sich nun Sandberger in
seinen Land- und Süsswasserconchylien der Vorwelt, 1870 — 74,
S. 281 folgendermaasseu aus. Nachdem er erwähnt hat, dass die
Cyrenenmergel nur ausnahmsweise am Westrande des Beckens in
Rheinhessen eine Gliederung in drei Abtheilungeu , Chenopus-
schicht, Bänke mit Cerithium pUcatum var. papiUatiim und blaue
Mergel voll Cyrena semistriata erkennen lassen, welche schon in
der Gegend von Mainz nicht mehr klar zu verfolgen ist, fährt er
S. 334 wörtlich so fort:
»Den Rupelthon überlagert bei Kreuznach eine in Rhein-
hessen weit verbreitete, aber schon bei Hochheim nicht mehr
unterscheidbare sandige Schicht, welche in grosser Menge Chenopus
tridactylus A. Br., Gytherea subarata Sbg., Perna Sandhergeri
Desh. und andere ausschliesslich meerische Fossilien einschliesst . . ,
An vielen Stellen Rheinhessens wird sie von den, wie es scheint,
als gleichzeitige Brackwasserbilduug anzusehenden Sauden und
Kalken mit Cerithium plicatum var. papillatum Sbg. ersetzt, welche
besonders bei Hackenheim und am Zeilstück bei Weiuheim schön
entwickelt sind und unter 37 Arten 24 meerische zählen, während
13 andere, den Gattungen Potaniides, Nematura, Nystia, Moites-
sieria , Amnicola , Hydrohia und Cyrena angehörig, als Brack-
wasserbewohner zu betrachten sind.
Erst auf diese Schicht folgt der mit Tausenden von Indi-
viduen von Cyrena semistriata^ Miirex conspicuus, Buccinum cas-
sidaria typ., Cerithium margaritaceum und Cer. plicatum var.
Galeottii erfüllte steife Letten, welchem der Name Cyrenenmergel
im engeren Sinne zukommt . . .
Der Cyrenenmergel scheint mir einen sehr natürlichen Ab-
schluss des Oberoligocäus im Mainzer Becken zu bilden; wenn
auch in den tiefsten Bänken des darüber lagernden Kalkes mit
Cydostomus antiquus nnd Helix Ramondi Cyrena semistriata nach
von Fritsch noch vorkommt, so ist doch in ganz Rheinhessen und
der Pfalz die petrographische und paläontologische Verschieden-
heit desselben vom Cerithienkalke eine so durchgreifende, dass ich
mich nicht entschliessen kann, den Horizont der Helix JRamondi
noch in das Oberoligocän zu stellen.«
~ 57 —
ludem ich mich dieser letzteren Au sieht Saudberger's an-
schliesse, möchte ich noch besonders betonen, dass eine beträcht-
liche Anzahl der von mir in den Schleichsanden gefundenen
Landschnecken von der Fauna der Landschneckenkalke in ähn-
licher Weise abweicht, wie die Fauna dieser von der der jüngeren
Hydrobienkalke, und dass es in hohem Grade unzweckmässig sein
dürfte, zwei so verschiedenartige Landschneckeufaunen einem Hori-
zonte zuzuweisen.
Damit wäre die historische Darlegung des Gegenstandes so
ziemlich erschöpft. Gehen wir nun zu meinen Specialunter-
suchungen über. Ich bringe die sämmtlichen mir näher bekannten
Schichten der Cyrenenmergelgruppe in drei geographische Ab-
schnitte , deren jeder für sich eine nahezu übereinstimmende
Schichteufolge zeigt, während sich bei Vergleichung der Einzel-
straten der drei gewählten Localabschnitte kleine Verschieden-
heiten nicht verkennen lassen werden. Ich betrachte also ge-
sondert: l. Cyrenenmergel in Rheinhesseu, 2. Cyrenenmergel im
nassauischen Rheingau und 3. Cyrenenmergel in der Maingegend.
I. Cyrenenmergel in Rheinhessen.
Als unterste Schicht betrachte auch ich, wie schon früher
hervorgehoben, die von Grooss in ihrer Altersstellung zuerst
richtig erkannten feinen Sande von Eisheim, Stadecken, Nieder-
01m, Nieder- Weiuheim, Wallertheim und Schornsheim.
Schornsheim.
Die Lagerung der in Rede stehenden Schleichsande lässt sich
am schönsten bei Schornsheim in einer Sandgrube im Dorfe selbst
studieren. Hier liegt unter einer thonigen Sandschicht mit Pec-
tmiculus, die wohl sicher, wie so viele Schichten dieser Gegend,
diluvialen Ursprungs sein dürfte, ein zäher gelber Sand mit
Pectunculus obovatus Lmk., häufig, gewöhnlich doppelschalig.
Nucula Greppini Desh., häufig.
» püigera Sbg., nur ein doppelschaliges Exemplar.
Liicina undulata Lnik., 2 Exemplare.
Cardium cingidatum Goldf. = tenuisulcatum Nyst, Bruchstücke.
» scobinula Mer., häufig.
Cytherea incrassata Sow. var. lunulata Sbg., häufig.
» subarata Sbg., auffallend bauchig, selten.
» splendida Mer., selten.
— 58 —
Teilina sp., Bruclistücke.
PanojMea sp., bis jetzt uicht vollständig.
Fleurotoma regulär is de Kon. = helgica Sj^oXM., meist zer-
drückt, häufig.
Chenopus tridactylus A. Br., selten.
Natica Nysti d'O., häufig.
Lacuna obtusa n. sp. Nur je ein Exemplar aus der Chenopus-
schicht von Schornsheim und aus dem Schleichsande von Eisheim.
In der Schalenform die Mitte haltend zwischen labiata Sbg. und
suheffusa Sbg., bauchiger als labiata und von beiden leicht durch
das auffallend stumpfe Gevrinde zu unterscheiden. Die Mündung
erreicht vrie bei suheffusa die Hälfte der gesammten Schaleuhöhe.
Auch die doppelt so grosse L. striatula v. Koen. (Mar. Mitt.
Oligoc. N. D.'s, Palaeontogr. Bud. 16, S. 113, Taf. 7, fig. 10)
aus dem Mitteloligocäu von Söllingen ist kegelförmiger als
unsere Art. *)
Erst unter dieser evident dem Chenopushorizont angehörigen
Schicht liegen lagen weise in mehr als 20' Mächtigkeit aufge-
schlossen höchst feinkörnige, glimmerreiche Sande, in denen ich
so glücklich war, das Leitpetrefact für die Schleichsande Cor-
huloniya Nysti Desh. (Anim. s. vert., Paris 1860, Bnd. I, S. 205,
Taf. Hb, fig. 12 — 15) in einer Klappe aufzufinden. Die von
Grooss in einem Nachtrag zur Section Mainz von derselben
Localität aus dieser Schicht noch erwähnten Rissoa Michaudi
und Cardium scobinula^ die ich nicht auffinden konnte, machen
die üebereinstimmung mit den Elsheimer Sauden noch klarer.
In ihrem petrographischen Verhalten sind diese Sande von
Schornsheim analog den Schichten von Elslieim, sogar die starke
Schichtenneigung, die all diesen untersten Sanden des Cyrenen-
mergelcomplexes zukommt, lässt sich hier in einem Fallen von 17*'
in ONO aufs Schönste beobachten.
Nieder -Olm.
Ausser an der Wingertsmühle , wo die Schleichsande mit
zahlreichen, wegen ihrer schlechten Erhaltung aber bis jetzt noch
*) In dem Hohlweg dicht bei Schornsheim am Wege nach Udenheim
finden sich in denselben Chenopusschichten ausserdem noch :
Isocardia sübtransversa d'O., selten.
Buccinum cassidaria Bronn, desgl. und
Lamna sp,, Zahu.
— 59 —
unbestimmten Dikotyledonenblättern anstehen, fand ich »auf der
Geyerschelle« in den glimmerigeu Sauden mit ähnlichen Con-
cretionen, wie sie die typischen Fundstellen von Stadecken und
Eisheim auszeichnen, ausser unbestimmbaren Blätterresten dieselbe
Corhulomya Nysti Desh.
in jugendlichen Exemplaren, stets doppelschalig und in grosser
Menge, welche in den Schleichsauden von Eisheim und Schorns-
heim so charakteristisch ist. Das Auftreten so zahlreicher Doppel-
schalen dieser Leitmuschel beweist aber, dass sie an Ort und
Stelle gelebt haben muss und keineswegs als eingeschwemmt be-
trachtet werden darf.
Eisheim.
Schon oben wurde der Lagerungsverhältnisse der Schleich-
sande in der Sandgrube südlich des Ortes, rechts vom Wege
nach Stadecken gedacht. Grooss beschreibt sie (a. a. 0., S. 14)
folgendermaassen :
»Südlich von Eisheim und Stadecken stehen im Niveau der
Thalsohle Sandwände mit sehr deutlich ausgesprochener Schichtung,
einem nordwestlichen Fallen in Winkeln von 20 — 25° und einer
sichtbaren Mächtigkeit von 25 — 35 Fuss an. Der Sand ist gelb
und gelbgrau, meist fein, in manchen Schichten ist er gröber,
führt dann viele Glimmerblättchen und viele sehr kleine , dünne
Muscheltrümmer, seltener ganze Schalen. Einzelne Schichten sind
schleichsandig, etwas zusammengebacken, manchmal zu mürbem
Sandstein verhärtet. Tu anderen haben sich viele kleine Mergel-
knollen mit eisenockeriger Rinde entwickelt. Diese Sande gehen
unter beiden Dörfern her, und man hat in Kellern und Brunnen
noch nie ihr Liegendes erreicht. Li Eisheim ist man 70 Fuss in
ihnen hinabgegangen. An beiden Wänden führen sie an manchen
Stellen viele Blätter. Eine Species Cinnamonmm ist bei weitem
am häufigsten darunter vertreten. Da der Sand fast immer aus-
einanderfällt, so ist eine Bestimmung der Blätter nur am Fundort
möglich. Wie bemerkt, sind die Conchylienschalen ohne Aus-
nahme sehr dünn, klein und zerbrechlich. Die ganzen Schalen
sind es auch dann , wenn sie grösseren und grossen Arten an-
gehören. Es ist alsdann Brut. Mit mehr oder weniger Sicherheit
sind davon bis jetzt bestimmt:
— 60 —
Corhulomya nitida Sbg., unter allen am häufigsten.
» u. sp.
Cytherea subarata,
Pecfimculus ohovatus,
Ostrea sp.^
Nematura pupa Nyst.,
Rissoa M'khaudi,
Cerithiimi Laniarcki Desli.,
» plicatum var. papülatum.,
Odonfosfoma suhula Sbg.,
Bulla s^).,
Cardium scobinula Mer.,
» sp.^
Sphaenia sp..
Helix 2 sp..,
Planorhis sp.,
Foramiuiferen.
An manchen Arten, wie z. B. bei Cardhim scobinula sind
die Verzierungen noch ziemlich erhalten, an deu meisten aber
mehr oder weniger abgerieben.«
Ich brauche dieser genauen Schilderung nur Weniges hin-
zuzufügen. Vor allem frappiert die auffallende Schichtenneigung,
die im Mainzer Becken au und für sich schon für ältere Tertiär-
schichten spricht. Im Allgemeinen ist der Saud ganz ausserordent-
lich feinkörnig, so dass er sich sehr bequem trocken sieben lässt.
Die grosse Zahl der weiter unten zu erwähnenden Petrefacte wurde
auf diese Weise erhalten.
Foraminifereu , die Grooss erwähnt, kommen nur ausser-
ordentlich selten vor; unter den vielen Tausenden kleiner und
kleinster Bruchstückchen, die ich sämmtlich zu entziffern mich
bemüht habe, fand ich nur einmal eine Art der doch sonst in
den Cyrenenmergeln allerorts vorkommenden Gattung Miliola.
Die von Grooss erwähnte Corlndomya nitida Sbg. halte ich
für Corb. Nysti Desh., seine Corbulomya n. sp. für triangtda~^jsi.^
zu der wohl Corb. crassa Sbg. als Localvarietät gehören dürfte,
das augeführte zweite Cardium gehört trotz seiner enormen Grösse
zu C. scobimda Mer., die übrigen Arten habe ich sämmtlich eben-
falls nachweisen können.
— (51 —
Auch im 0. des Ortes Elsheim, am Fusse des Spielberges,
treten dieselben Sandschichteu, hier mit dünnen, auf weite Strecken
zu verfolgenden mit z. Theil leicht zerklüftenden Sandstein- und
Kalkmergellagen auf, die eine ziemlich reiche Flora zu erkennen
gestatten und in denen mir Blätter von Cinnamomimi und Ficus
zu den besonders häufigen zu gehören schienen.
Auf der hier nicht näher von mir untersuchten — ich fand
nur einen vereinzelten Trophon pereger Beyr. sp. — aber von Grooss
a. a. 0., S. 23 gewissenhaft beschriebenen Chenopusschicht und
über einer durch Muschelbruchstücke deutlich gekennzeichneten
Peruaschicht folgen dann die in der Thougrube am Fusse des
Hippbergs anstehenden Fundstätten von Mollusken der ächten
typischen Cyrenenmergel Sandberger's.
Ich brauche zu der hier auftretenden Fauna nur hinzuzu-
fügen, dass die von Grooss erwähnte Schicht 4., über den Lagen
mit Cerithium plicafum, Buccinum und Murex^ die nach ihm
Psammobia enthält, mir nur zwei gut erhaltene doppelschalige
Stücke derselben Sphenia elongata ergab, die ich unten als neu
aus den Schleichsanden beschreiben werde.
Der in der Höhe auf dem Hippberg aufgelagerte Cerithien-
kalk ergab beiläufig neben Cerithium plicatum Brug. und Cer.
suhmargaritaceum A. Br. auch Stenomphalus cancellatus Tho. sp.,
Mytilus Faujasi Brongn. und Dreissena Brardi Brongu. sp.
Stadeeken.
Von hier besitze ich ein Stück einer Ostrea cyathiila Lmk.
von 0,05 Meter Länge und 0,036 Meter Breite, ganz übersäet
mit grossen schönen Schalen von Vermetus imbricatus Sbg., das
in einem groben gelben Sande bei einer tiefen Grabung in der
Stadecker Sandgrube gefunden worden ist. Ich halte es für einen
Rest der unter den Schleichsanden liegenden Meeressande. Auch
sollen nach Aussage der Leute hier wie in Elsheim in diesen
tiefsten Schichten Lamnazähne angetroffen worden sein.
Die Schleichsande selbst sind in Stadeeken petrographisch
und stratigraphisch in hohem Grad ähnlich denen, die ich eben
von Elsheim beschrieben habe. Das Einfallen der Schichten ist
etwa IP in N. Eine etwas mehr graue Färbung, zahlreichere
und grössere tombackbraune Glimmerblättchen , weniger häufige
Conchylien, die hier nur in einer Bank gut erhalten auftreten,
— 62 —
dagegeu zahlreichere und besser erhaltene Pflauzenblätter , die
freilich ebensowenig transportabel sind wie die in der Sandgrube
von Elsheim erwähnten, zeichnen diese Localität vor anderen aus.
Da die Sandwand bei Stadecken direct gegen N. gerichtet
ist, so kann man auf eine einigermaassen günstige Ausbeute nur
hoffen, wenn es längere Zeit nicht geregnet hat, denn nur dann
kann hier das Sieb mit Vortheil benutzt werden. Geht mau —
und es gilt das für alle von mir ausgebeuteten Localitäten —
im Schleichsand nur wenig tiefer in die feuchten Schichten hinein,
so klumpt sich der feine Saud nicht blos und lässt sich nur mit
Schwierigkeit versieben, sondern es entsteht auch die Gefahr des
Abstürzens, das ohne jedes vorherige Anzeichen stattfiudet. Bei
den hohen Sandwänden und der ungeheuren Wucht der sich los-
lösenden Massen, die, wie oben erwähnt, sich auf geneigter Basis
befinden, ist ein tieferes Arbeiten lebensgefährlich, und möchte
ich bei Ausbeutung dieser interessanten Fundstellen die äusserste
Vorsicht anempfehlen.
Lörzweiler.
Am hohen Berg bei Lörzweiler, au der Stelle, von wo Grooss
a. a. 0. S. 11 eine interessante Meeresfauna mit Perna Sandbergeri,
PectuucuUis obovaUis, Pect, angusticostatus ^ Cytherea incrassafa
Cyth. suharata., Lithodonms delicatulus, Natica Nysti, Vermehis
imbricatus und Trodms rhenanus auffand, zu der dann Ludwig
noch Area pretiosa, Emarginula oblonga, Turbo alternicostatus
und Vitrinella nitida hinzufügte, nach Harxheim zu fand ich
unter in grösster Mächtigkeit anstehenden ächten Cyrenenschichten
mit Cytherea subarata sandige Straten mit Stücken von Pectunculus
und darunter glimmerreiche Saudschichten mit eiugelagerten Sand-
steinen von demselben Aussehen wie die Schleichsande von Els-
heim. Ich zweifle nicht daran, dass bei besseren Aufschlüssen
die Zugehörigkeit der oben augeführten Petrefacte, von denen
ich selber leider nichts habe auffinden können, zu den Schleich-
sanden sieh wird nachweisen lassen.
Sämmtliche Localitäten lieferten mir bis jetzt folgeude thie-
rische Ausbeute : *)
Patida äff. paludinaeformis A. Br. (Sandberger, Conchyl. d.
Mainz. Tert.-B., 1863, S. 17, Taf. 3, fig. 9). Nur ein Exemplar,
*) Wo kein Fundort angegeben ist, kommt die Art nur in Elsheim vor.
— 63 —
das in der Totalform gut mit der erwähnten Art übereinstimmt,
dem aber die stark erhöhten Auwachsrippchen fehlen. Die An-
wachsstreifen liegen nahe bei einander und werden erst unter
der Loupe deutlich.
Patula midticostata Tho. var. semicostata m. (Die typ. Form
vergl. in Sndbg., M. Tert.-B., S. 15, Taf. 2, fig. 9). Ziemlich
zahlreiche Exemplare. Die Form stimmt in allen Details voll-
kommen überein mit einer von mir bei Hochheim im Land-
schneckenkalk in sechs Stücken gefundenen Art, die ich 1870 im
Jahrb. d. Wien. geol. Reichsanstalt S. 288 als verschieden von
der böhmischen und von der in den Hydrobienkalkeu des Mainzer
Beckens vorkommenden P. muUicostata Tho. bezeichnet habe. Der
Unterschied beider Formen ist ein feiner; die neue Varietät ist
weniger stark gerippt als die typische muUicostata und auf ihrer
Unterseite schwinden die Rippen fast ganz und verwandeln sich
in feine Anwachsstreifchen.
Arcliaeozonites suhverticillus Sbg. (= Zonites s., M. Tert.-B.,
S. 14, Taf. 1, fig. 6 u. 7). Zahlreiche kleinere und grössere
Bruchstücke, die sehr gut auf die bis in die Hydrobienkalke
hinaufgehende, im Mainzer Becken überhaupt häufige Art passen.
Auch Bruchstücke von Stadecken,
HeJix {Fruticicola) Posculum Tho. var. (Sandberger, Land-
u, Süssw.-Conch. d. Vorwelt, Taf. 25, fig. 20). Zahlreiche Bruch-
stücke, von denen eins, dem die Mündung fehlt, durchaus auf
H. oscidum var. deplanata herauskommt, während die zahlreich
erhaltenen, mehr oder weniger vollständigen Mündungen durch-
gehends weniger wulstig umgeschlagen erscheinen. Möglich, dass
die letzteren zu einer nahe verwandten Art gehören.
Helix (Fruticicola) sp. Zahlreiche Bruchstücke. Erinnert in
der Form etwas an H. leptoloma Sbg. (Conch. d. M. Tert.-Beck.,
Taf. 2, fig. 7), bleibt aber bedeutend kleiner und hat einen auch
oben schwach umo^eschlaffenen Mundsaum. Die Art ist für unser
Becken jedenfalls neu, aber zur Vergleichung mit anderen fos-
silen Arten dieses schwierigen Subgenus zu ungenügend erhalten.
Auch von Stadecken.
Helix {Vallonia) Saudhergeri Desh. (Sandberger, Conchyl. d.
Vorw., Taf. 22, fig. 16). Nur zwei vollständige Exemplare, die
vollkommen mit Stücken aus den Landschneckenkalkeu von Hoch-
heim und Tuchoritz übereinstimmen.
- 64 —
Helix {Archelix) rugulosa Mart, (Sandb., ebenda, Taf. 21,
-fig. 11). Mehrere, wenigstens zum grössten Theil gut erhaltene
Schalen. Die Art ist kleiner als die H. snhsulcosa Tho. aus dem
Landschneckeukalk von Hochheim, mit der sie sonst viel Aehn-
lichkeit hat, besitzt einen schwachen Kiel und weniger dicken,
nach unten weniger flach ausgebreiteten Mundsaum uud eine
relativ grössere, etwas winkelig sich vom Mundsaum abzweigende,
mehr vertiefte Nabelschvviele. Auch ein Bruchstück von Stadeckea.
Glandula sp. Zahlreiche Bruchstücke. Grösser, als Gl. sub-
siäcosa Sbg., mit feinem Nahtsfcreifen und starker, auf der letzten
Windung etwas unregelmässiger Quersculptur , die mir aber für
Gl. rugulosa Sbg. von Landau (Sandb., Conch. d. Vorw., Taf. 23,
fig. 33) etwas zu fein erscheint. Längssculptur, Höckerchen oder
dergl. fehlen auf den Zwischenräumen der Anwachsrippcheu.
Bruchstücke auch von Sta decken.
Cionella macrostoma n. sp. Nur eiu gutes Stück von zwei
ümsränffeu mit der Müuduuo;; sehr selten Bruchstücke. Die Form
der Mündung ist ausserordentlich ähnlich der von C. sjüendens
A. Br. sp. (Sandb., Conch. d. Mainz. T.-B., S. 392, Taf. 35,
fig. 5) aus dem Landschneckenkalk von Hochheim, die Art aber
viel kleiner, doch grösser als C. lubricella Sbg. und schlanker als
beide erwähnten Formen. Die Spindel ist noch flacher im Bogen
gekrümmt als bei den genannten.
Om])haloptyx n. gen. Testa heliciformis, subrimata, in conulum
acutum terminata, superne costulata, subtus polita, anfractus 6-^/2,
leviter accrescentes, ultiraus maximus, aperturam versus vix coarc-
tatus; apertura purum obliqua, parva, semilunaris; peristoma
simplex, acutum, margine columellari basi iucrassato, perforationem
tegente, plica parietali horizontal! parva.
OmphalopUjx supracostata n. sp. Nur in einem Stücke
tadellos erhalten, in Bruchstücken häufig. Die kleine glänzende
hoch kreiseiförmige Schale besteht aus 6^2 engewundeuen, sehr
schwach gewölbten Umgängen, deren letzter ^/s der gesammten
Schalenhöhe beträgt. Die sehr kleine halbmondförmige Mündung
steht wenig schief auf dem letzten Umgänge und zeigt auf der
etwas gedrehten Spindel eine stumpfe winklig vortretende Hori-
zontalfalte, die sich als schwache Andeutung noch etwas weiter
ins Gehäuse verfolgen lässt. Nur der Spindelrand ist verdickt
und schwach um^eschlaffen. Unmittelbar unter der Naht sind
— 65 —
alle Umgänge bis auf die drei ersten mit scharf eingeschnitten eu
Anwachsrippchen geziert, die aber schon lange vor der Mitte der
Windung sich in regelmässige, feine Anwachsstreifchen verlieren.
Bruchstücke auch von Stadecken.
Ich musste ein neues Genus für dieses Schneckchen errichten,
da es sich in keine der bekannten Landschueckengattungen
unterbringen lässt. Herr Geheimerath Professor W. Duuker in
Marburg, der die Güte hatte, es mit lebenden Formen zu ver-
gleichen, schreibt mir: »Die fragliche Schale dürfte wohl jeden-
falls einer Landschuecke angehören. In der Structur und der
BeschafFenheit der Oberfläche erinnert dieselbe an gewisse zu
Ennea H. u. A. Adams (Genera of rec. Moll., Bd. II, London
1858, S. 171) gehörende Pupaformeu, die in Beziehung auf die
Schalenstructur der Gattung Streptaxis analog sind. Das Knötchen
au der Columelle scheint besonders charakteristisch zu sein. Ich
glaube, Sie dürfen es wagen, eine Gattung auf dieses so wunder-
bare Ding zu gründen. Auch scheint es mir ausgewachsen
zu sein.«
Fujita (Torquilla) sp. Nur drei Bruchstücke der Mündungs-
wand, auf der vier deutliche parallele Gaumenfalteu erscheinen,
von denen die unterste etwas kleiner ist. Die Art kann in Folge
dessen wenigstens nicht die im Landschneckenkalk von Hochheim
vorkommende P. subvariabilis Sbg. (a. a. 0., S. 50, Taf. 5, fig. 6)
sein, die nur drei derartige Falten besitzt und ist also für das
Mainzer Becken neu.
Pupa {Leucochila) lamellidetis Sbg. (a. a. 0., S. 55, Taf. 5,
fig. 8). Ich fand nur ein vollständiges Exemplar dieser nicht zu
verkennenden Art bei Stadecken, das sich in nichts von Stücken
aus dem Landschneckenkalk von Hochheim und Tuchoritz unter-
scheidet.
Clausula {Laminifera) neniaeformis n. sp. Ein prachtvoll
erhaltenes Bruchstück von 2^/2 Umgängen mit der Mündung,
mehrere zum Theil gut erhaltene Mündungen von Eisheim, ein
Bruchstück auch von Stadecken. Diese meiner Gruppe Laminifera
(Palaeontograph. Bnd. X, S. 314), die sich der amerikanischen
Gruppe Nenia H. u. A. Adams (Albers' Helic, H. Ausg. S. 285)
innig anschliesst, zugehörende kleine Art hat nahezu Form und
Grösse, sowie Totalgestalt der Mündung wie die Pal. a. a. 0.
Taf. 51, flg. 16 — 18 abgebildete Cl. didymodus Böttg. aus dem
5
— 66 -
Laudschneckeukalk von Hochheini, unterscheidet sich aber von ihr
durch flachere Windungen, höheren, schlankeren und mehr ein-
geschnürten letzten Umgang, deutlicheren Nackenwulst und be-
sonders dadurch, dass die Unterlamelle noch tiefer in der Mün-
dung liegt, als bei didymodus^ und die Columellarlamelle bei gut
erhaltenen Stücken so tief steht, dass sie von aussen in der Mün-
dung in keiner Lage gesehen werden kann, während sie bei
letzterer als starke Falte auf dem Peristom endet. Die wenig
gebogene Mondfalte vereinigt sich unter spitzem Winkel mit der
bei dieser Gruppe stets allein auftretenden, der Naht parallelen,
starken Gaumenfalte. Die Anwachsstreifchen sind zarter als bei
Cl. didymodus und werden nur auf dem Nacken kräftiger. Die
einzige näher verwandte lebende Art ist Clmmlia Blandiana Pfeiff.
(Proceed. zool. soc. 1855, S. 210) von Sta. Fe de Bogota, die
wegen der vorhandenen Mondfalte und des nicht decolliereuden
Gehäuses von Nenia abgetrennt werden und, soweit ich aus Ab-
bildung und Beschreibung urtheilen kann, als einzige bekannte
lebende Vertreterin der Gruppe Laminifera betrachtet werden muss.
Clausilia {Laminifera) flexidens n. sp. Ein sehr gut er-
haltenes Stück von zwei Umgängen mit Mündung, fünf voll-
ständisce Mündungen und viele Bruchstücke. Auch diese Art
gehört der Gruppe Laminifera an und steht unter allen be-
kannten Arten dieser Gruppe der CL rhomhostoma Böttg. aus dem
Laudschneckeukalk von Hochheim (a. a. 0., Taf. 51, fig. 9—11)
am nächsten, unterscheidet sich aber durch um die Hälfte be-
deutendere Grösse und Breite der Schale und viel zartere An-
wachsstreifung. Obere und untere Lamelle und Columellarlamelle
sind sehr ähnlich gestellt und gebildet wie bei Cl. rhomhostoma,
zwischen Unter- und Columellarlamelle stehen zwei starke Falten,
eine obere grössere und eine untere kleinere, die ebensowenig wie
die Lamellen auf dem Peristom dichotomieren, wie es bei rhomho-
stoma Regel ist. Die einzige Gaumenfalte läuft nach innen
divergent der Naht, und die stark gebogene Mondfalte trifft auf
erstere unter sehr spitzem Winkel. Sämmtliche Windungen bis
auf die letzte haben so feine Anwachsstreifchen, dass sie fast
glatt erscheinen, nur der Mündungsumgaug zeigt sehr zahlreiche
deutlichere Anwachsrippchen.
Succinea n. sp. Nur drei schlechterhaltene Exemplare, die
in ihrer Totalform an kleine Stücke von S. Pfeifferi Rossm.
- 67 —
erimiern. Das Gewinde erscheint aber stumpfer, und die Umgänge
sind mehr gerundet. Die Mündung ist sehr gross. Insbesondere
zeigt die Art von Eisheim keinerlei Verwandtschaft mit den zwei
in den böhmischen Landschueckenkalken vorkommenden Arten
von Sncciiiea. Auch von Stadecken.
Alcxia mucronata n. sp. Nur ein vollständiges Exemplar
und wenige Bruchstücke dieser seltenen Art. Unter den bei
Sandberger abgebildeten Arten dieser Gattung möchte nur A.
pisolina Desh. 6;^^. (Conch. d. Vorw., Taf. 26, fig. 13) aus dem
Miocän von Ermingen (Sandb., Gliederung der Miocänschichten
im schweizerischen und schwäbischen Jura , S. 579) und dem
Mittelmiocän von Pontlevoy und unter den Pariser Arten nur
voluieUa Desh. sp. (Auim. s. vert., Bnd. II, S. 774, Taf. 48,
fig. 4 — 6) aus den Sables inferieurs unserer Form näher stehen,
ohne damit identisch zu sein. Das aus sieben Windungen be-
stehende Gehäuse bildet einen Doppelkegel mit stark vorgezogener
Spitze, die Umgänge sind oben am stärksten aufgeblasen; in der
verhältnissmässig schmalen Mündung stehen auf der Spindel ausser
der Spindelfalte zwei und die Andeutung einer dritten Palte, die
nach oben an Grösse successive abnehmen. Der rechte Mundrand
ist tiefer im Innern durch eine unregelmässige im Bogen ver-
laufende, sich schliesslich in schwache Knötchen auflösende Quer-
falte eingeengt.
Auricula glandina n. sp. Fünf vollkommene Exemplare und
sehr zahlreiche Bruchstücke. Diese Art ist der Au. Desliayesi
Tourn. (Sandb., Couch, d. Vorw., Taf. 26, fig. 11) so ausser-
ordentlich nahe verwandt, dass ich blos die unterscheidenden
Merkmale hervorzuheben brauche. Der Wirbel ist bei unserer
Art deutlich etwas spitzer, die letzte Windung niedriger, die Um-
gänge oben etwas flacher, so dass dieselben sich mit einer deut-
lichen Depression an die Naht anlegen, der rechte Mundrand ist
mehr verdickt, und, was besonders wichtig ist, die obere der bei-
den Falten steht genau in der Mitte der Spindel, bei Au. Des-
hayesi dagegen weit unterhalb der Mitte. Mit Ausnahme des
letzteren Kennzeichens variiert übrigens unsere Art bedeutend.
Auch von Stadecken. Die nächste lebende Verwandte scheint mir
Au. flava von Westindien zu sein.
Limneus fdbula Brongn. (Sandb., Couch, d. Mainz. T.-B. =
acutüabris Sndbg. S. 69, Taf. 7, fig. 7 und Conch. d. Vorw.
— 68 —
S. 342). Zahlreiche, gut erhaltene Exemplare. Stimmt gut übereiu
mit etwas gestreckten Stücken aus dem oberen Cyreneumergel
von Sauerschwabenheim in Rhein hesseu, von wo ich eine pracht-
volle Suite von Varietäten dieser im Mainzer Becken seltenen
Art besitze. Nicht selten auch in Stadecken.
Planorbis cornu Brongn. (= solidns Tho. in Sandb., Conch.
d. Mainz. Tert.-B., S. 71, Taf. 7, fig. 8). Ein gutes grösseres
Stück und viele Bruchstücke. Nicht zu unterscheiden von den
in unseren ächten Cyrenenmei'geln häufig vorkommenden Exem-
plaren. Auch ein Bruchstück von Stadecken.
Planorbis cordatus Sbg. (Conch. d. Mainz. Tert.-B., S. 394,
Taf. 35, fig. 21). Zahlreiche, nicht gerade gut erhaltene Stücke,
-die aber bei Vergleichung mit Exemplaren aus den ächten Cyrenen-
schichten von Hackenheim keine wesentlichen Unterschiede er-
geben haben.
Nystia planapicalis Sbg. (ebenda S. 394, Taf. 35, fig. 6 und
Conch. d. Vorw. S. 342). Nicht selten vollständig und nicht zu
unterscheiden von der höchst selten auch in der Papillaten-
schicht zu Hackeuheim vorkommenden typischen Form. Auch
von Stadecken.
Nematura liibricella A. Br. sp. (Sandb , Conch. d. Vorw.,
S. 341, Taf. 20, fig. 23). Wohl 10 gut erhaltene Exemplare, die
nur in Bezug auf die etwas bedeutendere Grösse von der im
ächten Cyreuenmergel von Sulzheim bei Wövrstadt und auch sonst
häufig in Jen Cyrenenschichteu des Mainzer Beckens vorkommen-
den Art abweichen.
Nematura compressiuscula A. Br. sp. (= N. pupa Sbg. non
Nyst in Sandb., Conch. d. Mainz. Tert.-B., S. 78, Taf. 6, fig. 6).
Nur ein gut erhaltenes Exemplar, das sich in nichts von den
mit ihm verglichenen Stücken aus dem ächten Cyreneumergel von
Hochheim unterscheidet.
Hydrobia Ovulum Phil. sp. (= Phasianella in Beiträge, S. 51,
Taf. 3, fig. 12 und = Lacuna Deshayesi in Speyer, Söllingen,
S. 36, Taf. 2, fig. 6). Nicht gerade selten in guten Exemplaren
in Eisheim, auch von Stadecken und aus der Chenopusschicht
von Sulzheim, und in etwas abweichender kleiner Varietät mit
höherem Gewinde aus dem Rupelthon von Ofienbach,
Das Gewinde ist stumpf conisch, die 4^2 Umgänge flach
gerundet, die Mündung unten winklig gebogen und an dieser
— 69 -
Stelle etwas ansgeraudet, so dass der scharfe rechte Mundsaum
unten etwas vortritt. Nabelritz breit, Spiudelsaum wulstig gegen
ihn zurückgeschlagen, letzter Umgang doppelt so hoch als alle
übrigen zusammen.
Meine Exemplare stimmen sehr gut mit zwei Stücken aus
dem Mittel-Oligocän von Sölliugen und aus dem Ober-Oligocän
von Hohenkirchen, die mir Herr Prof. von Koenen in Mar-
burg gütigst zur Vergleichung anvertraute.
Herr Geheimerath Professor W. Dunker iu Marburg, dem
ich diese kritische Art von allen Fundpunkten vorlegte, schreibt
mir iu Betreff derselben: »Ich würde sie zu Hydrohia bringen,
obwohl die ovale Form etwas abweicht und die letzte Windung
ungewöhnlich gross ist. Ich kenne keine lebende Art, womit sie
verglichen werden könnte. Die beiden Stücke Prof. v. Koenen's
zeigeu keinen wesentlichen Unterschied.«
Hydrohia Duhuissoni Bouill. (= Litorinella Draparnaudi
Sbg. in Sandb., Conch. d. Mainz. Tert.-B., S. 81, Taf. 16, fig. 1
und Conch. d. Vorw., S. 331, Taf. 19, fig. 25). Unter den ge-
fundenen Hydrobien weitaus die häufigste Art, iu einer statt-
lichen Reihe von Varietäten. Wurde auch in Stadecken gefunden.
Hydrohia ohtusa Sbg. (Sandb., Conch. d. Mainz. T.-B., S. 81,
Taf. 6, fig. 8 und Conch. d. Vorw., Tuf. 22, fig. 6). Nur wenige
Exemplare, die aber gut mit meinen Stücken aus dem Cerithien-
sand von Kleiukarben übereinstimmen.
Hydrohia ventrosa Mont. sj). (= Litorinella acuta Drap. sp.
in Sandb., Conch. d. Mainz. T.-B., S. 82, Taf. 6, fig. 9 und
Conch. d. Vorw., S. 342, Taf. 25, fig. 6). Seltene Bruchstücke
und nur wenig vollständige Exemplare. Sie stimmen genau mit
einer Form aus den Corbicula-Schichteu von Frankfurt übereiu.
Ein Stück auch von Stadecken.
Hydrohia sj). Nur ein vollständiges Exemplar und wenige
Bruchstücke einer kleineu, schlanken, lauggestreckten Art vom
Habitus der Hydr. Huhuissoni Bouill. Die 6^/2 Umgänge sind
flacher und von weniger tiefen Nähten getrennt als bei dieser,
die Mündung ist weniger als ^3 so gross als die Gesammthöhe
der Schale. Eine ähnliche Form habe ich in Schichten des
Mainzer Beckens noch nicht gefunden. Beim Vergleich mit aller-
dings schlechten Exemplaren der Hydr. aquitanica C. May. aus
dem ächten Cyrenenmergel von Hackenheim, die ich der Güte
— To-
des Herrn Dr. Wiecbmann in Rostock verdanke und die von
Prof. Sandberger selbst bestimmt worden sind, ist unsere Art
mit dieser nicht identisch, sondern noch bedeutend schlanker als
die Hackeuheimer Stücke und besitzt eine weniger aufgeblasene
Schlusswindung.
Cerithimn plicatum Brug. wax. x>apiTlaium Sbg. (Sandb., Conch.
d. Mainz. Tert.-B., S. 98, Taf. 8, fig. 6) und intermedium Sbg.
(ebenda S. 99, Taf. 9, fig. 4). Beide Formen sind nicht selten,
die letztere häufiger als die erstere, aber meist zerbrochen und
abgerieben. Die Varietät intermedium fand ich auch bei Stadecken.
Cerithium Lamarchi Brongn. sp. (Sandb., Conch. d. Mainz.
Tert.-B., S. 100, Taf. 8, fig. 5). Sehr häufig in der Varietät
der Chenopusschichten, häufiger noch als Cer. plicafum inter-
medium, aber ebenfalls oft zerbrochen und verrollt. Seltener auch
bei Stadecken.
Scalaria crassitexta Sbg. (Sandb., Conch. d. Mainz. Tert.-B.,
S. 118, Taf. 11, fig. 2). Es wurden 10 mehr oder weniger voll-
ständige Schalen dieser seltenen, bis jetzt nur aus den unteren
Cyrenenmergeln vom Zeilstück bei Weinheim bekannten Art ge-
sammelt.
Vermetus imhricatus Sbg. (Sandb., ebenda S. 122, Taf. 12,
fig. 4). Nicht selten und vollkommen mit den iu höheren und
tiefereu Schichten im Mainzer Becken vorkommenden Stücken
übereinstimmend.
Litorina obtusangula Sbg. (Sandb., ebenda S. 124, Taf. 12,
fig. 5). Nur ein einziges, noch dazu kleines, aber gut mit Stücken
aus dem Meeressand von Waldböckelheim bei Kreuznach stimmen-
des Exemplar.
Rissoa Michaudi Nyst (Sandb., ebenda S. 128, Taf. 10, fig. 12).
In einer grossen Zahl uutadelhafter Stücke gefunden, die eine
lange Varietätenreihe bilden, und welche sich fast durchgängig
durch geringere Grösse von der Form des Meeressandes unter-
scheiden. Ausser dieser scheint keine zweite Art, insbesondere
nicht R. angusticostata Sbg. (ebenda S. 130, Taf. 20, fig. 10)
vorzukommen. Selten auch in Stadecken; nach Grooss auch bei
Schorusheim.
Captdus cdtiis n. sp. Nur ein gut erhalteues Stück, das sich
in seiner Form weit von allen mir fossil und lebend bekannten
Arten dieser Gattuna; entfernt und an die hornige Schale von
— 71 —
PJectrophorus Bosc. erinnert. Aus nahezu kreisförmiger Grund-
fläche steigt ein hoher Kegel auf, dessen wenig abgestumpfte
Spitze etwas nach links gerichtet ist und von oben gesehen
gerade über dem Hintevrand der Schale liegt. Eine Einrollung
des Wirbels ist nicht zu erkennen ; undeutliche , einfache Au-
wachsstreifchen zieren die Schale. Die Höhe entspricht ungefähr
der Länge der verhältnissmässig kleinen Schnecke. Der innere
Muskeleiudruck ist ziemlich tief, aber schmal, linienförmig.
TrocJms rhenamis Mer. (Sandb., Conch. d. Mainz. Tert.-B.,
S. 148, Taf. 11, fig. 7). Ich fand nur ein noch sehr jugendliches
Stück, welches gut mit der auch anderwärts — am Zeilstück bei
Weinheim und bei Hackeuheim — in Schichten des unteren
Cyrenenmergels gefundenen Art übereinstimmt.
Naüca Nysti d'O. (ebenda S. 164, Taf. 13, fig. 2 und 3).
Sehr häufig, doch nur in jüngeren Exemplaren.
Odontostoma subiüa Sbg. (ebenda S. 171). Nur sechs zum
Theil vollkommen mit den typischen Stücken aus dem ächten
Cyrenenmergel von Hochheim, Vilbel und OfFenbach überein-
stimmende, zum Theil etwas gestrecktere Exemplare.
Patella excentrica Sbg. (ebenda S. 181, Taf. 13, fig. 9). Nur
ein wohlerhaltenes Exemplar, das dadurch besonders interessant
ist, dass es die Färbung der Art unzweideutig erkennen lässt,
nämlich etwa 24 vom Wirbel ausstrahlende, nach dem Saume
breiter werdende braune Streifen.
Pafella ?moguntlna A. Br. (Sandb., ebenda S. 180, Taf. 13,
fig. 7). Nur ein grösseres, dickschaliges Bruchstück, das ich dieser
in guter Erhaltung leider nicht vergleichbaren Art des Meeres-
sandes zurechnen möchte.
CItenopus tridactylus A. Br. (Sandb., ebenda S. 190, Taf. 10,
fig. 8). Sehr seltene Bruchstücke, die nichtsdestoweniger die
Art deutlich und unzweifelhaft erkennen lassen. Zwei Bruchstücke
auch von Stadecken.
TipJiys cunicnlosus Nyst sj^j. (Sandb., ebenda S. 204, Taf. 18,
fig. 8). Recht selten und nur in Bruchstücken, vollkommen mit
jungen Exemplaren aus den Chenopusschichten von Sulzheim bei
Wörrstadt übereinstimmend.
TropJion pereger Beyr, sp. (= Murex areolifer Sandb. in
Conch. d. Mainz. T.-B., S. 214, Taf. 18, fig. 7). Nur zwei Bruch-
stücke, die ebenfalls mit Stücken aus den genannten Sulzheimer
— 72 —
Chenopusschicliteu gut übereinstimmen. Die Art ist nach genauer
Vergleichung ein Vertreter der Gattung TropJion Montf.
F'usus elongatus Nyst (Sanclb., ebenda S. 219, Taf. 17, fig. 5
und Taf. 19, fig. 1). Nur ein Stück, das sich der Form des
Meeressaudes von Weinheira und Waldböckelheim anschliesst. Ein
zweites Exemplar von Stadecken.
Fusus sp. Seltene Stücke, die mich an junge Exemplare
von F. Mitgaui v. Koenen (Mar. Mitt. Oligoc. N. D's, S. 22,
Taf. 1, fig. 4) aus dem Mitteloligocän von Söllingen und Magde-
burg, auch an jP. KonincJci Nyst (Sandb., Conch. d. Mainz. T.-B.,
S. 217, Taf. 17, fig. 9), der mir aus dem Mitteloligocän von
Magdeburg vorliegt, erinnern, zu eingehender Beschreibung aber
zu fragmentär sind.
Buccinum cassidaria Bronn (Sandb., ebenda S. 228, Taf. 20,
fig. 1). Zahlreiche, meist aber junge Exemplare, die sich durch
die scharfe Ausprägung der Querrippen bereits dem Bucc. uni-
seriale Sandb, (ebenda S. 227, Taf. 20, fig. 2) in so hohem
(xrade nähern, dass ich vermuthe, dieses sei der Stammvater des
Bucc. cassidaria unserer Cyreuenmergel. Wenige Bruchstücke
auch von Stadecken.
Btdia turgidida Desh. (Sandb., ebenda S. 269, Taf. 14, fig. 13).
Selten und dann auch meist zerbrochen, so dass ich nur ein ganz
vollständiges Stück besitze, welches sich in nichts von Exem-
plaren ans dem Meeressand von Waldböckelheim und aus der
Chenopusschicht von Sulzheim unterscheidet.
Bulla Laurenti Bosq. (= conoidea Desh. bei Sandb,, ebenda
S. 270, Taf. 14, fig. 14). Nur ein Stück wurde gefunden, das den
typischen Exemplaren aus dem Meeressand von Waldböckelheim
vollkommen gleich ist.
? Teredo anguinus Sbg. (Sandb., ebenda S. 275, Taf. 21, fig. 1).
Es wurden nur wenige, nicht einmal ganz sichere Röhrenbruch-
stücke dieser in den Meeressanden von Weinheim so häufigen
Bohrmuschel gefunden.
BarapJiolas suhtripartita Sbg. (Sandb., ebenda S. 276, Taf. 21,
fig. 2). Wurde in sechs von der typischen Form des Meeres-
sandes von Waldböckelheim nicht wesentlich abweichenden Exem-
plaren gefunden.
Saxicava arctica L. var. Hcrisfafa Sbg. (Sandb., ebenda S. 277,
Taf. 21, fig. 6 und von Koeneu, Mar. Mitt. Oligoc. N. D's, II,
~ 78 -
S. 120, u. a, = Saxicava slovenka Rolle von Prasberg in Geol.
Stellimg der Sotzka-Schichteu, Sitzgsber. d. Wien. Acad. d. Wiss.,
Bnd. 30, No. 13, 1858, Sep. Abdr. S. 24, Taf. 2, fig. 3). Nicbt
selten und von typischen Stücken des Meeressandes nicht zu
unterscheiden. Auch von Stadecken.
Panopaea sp. Nur zwei Schlossstücke. Es ist evident dieselbe
Art mit massivem Schloss, welche so häufig zerbrochen in den
Chenopusschichten unseres Beckens angetroffen wird, und von
der ich immer noch nicht Aveiss, ob sie mit P. Heberti Bosq.
(Sandb. ebenda S. 279, Taf. 21, fig. 8) aus dem Meeressand
identificiert werden darf. Auch ein Schlossbruchstück von Sta-
decken.
Splienia neaera u. sp. Verwandt der Sph. tenera Desh.
(Anim. sans vert., Bnd. L, S. 191, Taf. 11, fig. 28—31). Die
häufig und in gut erhaltenen Exemplaren vorkommende Art ist
höchst wechselnd in ihrer Totalform , ausgewachsen aber ge-
wöhnlich von der Gestalt einer Neaere, mit kleinem, sehr ge-
rundetem Buckel und hinten klaffend. Ein Kiel ist mehr oder
weniger deutlich; die Auwachsstreifen sind sehr unregelmässig
und oftmals geknickt und verbogen. In der linken Klappe steht
ein breiter, schiefer, löffelförmig ausgehöhlter Zahn, der bei alten
Exemplaren oben noch zweimal gefurcht ist, in der rechten
Klappe findet sich ein schiefgestelltes kleines Zähnchen und da-
hinter eine tiefliegende geräumige Grube. Die Art findet sich
auch in den Chenopusschichten,
Sphenia elongata u. sp. Verhältnissmässig grosse — bis zoU-
grosse — langgestreckte, mehr oder weniger stark gewölbte, er-
wachsen in der Schaleuform an Pholas erinnernde Art. Nicht
selten, aber wegen der dünnen Schale meist zerbrochen. In der
Bezahuuug erinnert die Art an Sph. papijracea Sbg. (Sandb.*
Conch. d. Mainz. Tert.-B., S. 281, Taf. 22, fig. 2) aus den
ächten Cyreneuschichten des Mainzer Beckens, aber der Flügel-
zahn der linken Klappe ist in der Ansicht von oben stumpf
dreieckig, nicht viereckig wie bei Sph. papyracea Sbg. Auf dem
Zahne liegen zwei tiefe, radial vom Wirbel ausgehende Furchen.
Auch in Stadecken und bei Niederwalluf im Rheingau in den-
selben Schichten und im ächten Cyrenenmergel von Eisheim.
Unsere Art nähert sich schon sehr der Untergattung Fotamomya
Hinds (vcrgl. H. k A. Aiiams, Gen. of rec. moll., London 1858,
— 74 —
Bnd. 2, S. 357), die von vielen als selbständige Gattung neben
Corbula angesehen wird.
Mit diesen beiden Arten ist die Zahl der fossilen Sphenien
des Mainzer Beckens noch nicht erschöpft. Ich kenne noch zwei
neue Formen aus den ächten Cyrenemnergeln von Offeubach und
Hochstadt und eine neue Art aus den Cerithiensanden von Klein-
karben, so dass die Menge der in meiner Sammlung beiiudlichen
Spheuiaformen des Mainzer Beckens bereits die Zahl von sechs
Arten erreicht hat.
CuUellus sarras n. sp. Nicht selten, aber fast stets zer-
brochen. Die höchstens zollgrosse, langgestreckte, schwach ge-
bogene Schale ist durchaus Solenartig, aber im Innern zeigt sich
die für CuUellus charakteristische, vom Wirbel etwas schief nach
hinten und unten ziehende scharfe Leiste. Die rechte Klappe
hat neben dem langen, nach hinten stärker werdenden Seiten-
zahn einen, die linke zwei Schlosszähne. Aussen ist die Schale
weiss gefärbt, glatt und glänzend, und die gebogenen Anwachs-
streifchen treten nur undeutlich hervor. Auch von Stadecken.
Herr Geheimerath Prof. Dunker in Marburg tlieilt mir mit, dass
er die Art zu Äulus (Siliqua) ziehen würde ; die Zahl der Schloss-
zähne und der weit nach vorn liegende Wirbel lässt mich aber
vermuthen, dass die Unterbringung dieser kleinen Muschel bei
CuUellus uaturgemässer sein dürfte.
Tellimya siliqua n. sp. Zwei vollkommen erhaltene Schalen,
die rechte Klappe von Eisheim , die linke von Stadecken ; auch
aus der Chenopusschicht von Sulzheini ein Bruchstück. Die Schale
ist oval, schwach gekielt, vorn vollkommen gerundet, hinten
schief abgestutzt mit verrundeten Ecken. Ein Schlosszahu und
dahinter ein breiter lamellärer Zahn in der rechten Schalenklappe,
eme Grube und dahinter ein sehr schwacher Lamellenzahn in
der linken Klappe; die Seiteuzähne sehr schwach entwickelt;
die innere Rippe stark und dem Vorderrande der Schale sehr
nahe gerückt. Regelmässige, zum Theil tiefe Anwachsstreifen.
Ich war lange im Zweifel, welcher Gattung unsere kleine Muschel
zuzurechnen sei ; nach der Beschreibung bei H. und A. Adams
(Gen. of rec. moll., London 1858, Bnd. 2, S. 478) scheint es
mir aber sicher, dass dieselbe der Gattung Tellimya Brown, die
von den Gebrüdern Adams zu den Leptoniden, von W. Clark zu
den Anatiniden gestellt wird, zugehört. Nach meinen Stücken
— 75 —
zu urtheileu, vermuthe ich eiue Verwandtschaft mit den Corbu-
laceeu.
Corhulonn/a triangiäa Nyst (Desh., Auim. s. vert,, Bnd. I,
S. 204, Taf. 13, fig. 28—31 und Sandb., Concli. d. Mainz. T.-B.,
S. 282, Taf. 22, fig. 3). Eiue der häufigsten Museheiarten in
Eisheim. Auch mit Stücken der ächten G. crassa Sbg. (Sandb.
ebenda, S. 282, Taf. 22, fig. 7) aus dem Cyrenenmergel von
Diedenbergen stimmt sie bis auf die bedeutend mehr dreieckige
Schalenform gut überein. Ich vermuthe, dass C. crassa nur
Mainzer Localvarietät der C. friangula aus dem französischen und
belgischen Oligocän ist; unsere Formen von Eisheim leiten einen
vollkommenen üebergang zu C. crassa ein. Häufig auch in
Stadecken.
Corhulomya Nysü Desh. (Desh., ebenda S. 205, Taf. 11&,
fig. 12 — 15). Die häufigste Muschel der Ablagerung und fast
immer tadellos erhalten ; oft in Doppelschalen. Ich kann keinen
Unterschied zwischen dieser und der angeführten Form aus den
Sables superieurs von Jeures bei Paris finden; C. nitida Sbg.
(Sandb., Conch. d. Maiuz. Tert.-B., S. 282, Taf. 22, fig. 5) ent-
fernt sich durch Auftreten eines Kiels und stärker verlängerte
Schale schon weit von dieser zierlichen Art. Auch ist bei der
Elsheimer Form die Schale mehr gerundet, bauchiger, der Wirbel
fast in der Mitte und die Schale immer kleiner. Auch aus den
gleichen Schichten von Schorusheim, Niederolm und Stadecken.
Leitpetrefact für die Schleichsande.
Corhula subarata Sndbg. (Sandb., ebenda S. 285, Taf. 22,
fig. 8 und 11). Sehr häufig und gut erhalten. In nichts unter-
schieden von Exemplaren aus den Chenopusschichteu von Sulz-
heim und den Cyrenenschichteu von Offenbach. Häufig auch
bei Stadecken,
Corhula longirostris Desh. (Sandb., ebenda S. 286, Taf. 22,
fig. 10). Nur ein Bruchstück mit dem grösseren Theil des Aus-
gusses. Nach der Form dieses Ausgusses glaube ich nicht, dass
das Stück zu G. Henkeliiisiana Nyst (Sandb., ebenda, S. 287,
Taf. 22, fig. 13) gehören dürfte, die von Grooss (a. o. a. 0.,
S. 28) aus Schichten der Cyreuenmergelgruppe von Sauerschwaben-
heim in Rheinhessen angeführt wird.
Scintilla fragilis n. sp. Nur eine linke Klappe von Eisheim,
dagegen vier vollkommene Exemplare und mehrere Bruchstücke
— 76 -
aus der Cheuopusschicht von Sulzheim. Vod deu einzigen fossil
bekannten Scintillaarten Sc. parisiensis und amhigua Desh. aus
deu Sables moyeus (Desh. anim. s. vert., Bnd. I, S. 699 u. f.)
unterscheidet sich unsere Art schon durch die hreitovale Total-
gestalt. Lebende Arten siud mir nicht zur Disposition. Die
breitovale, etwas bauchige, feine Schale ist nahezu gleichseitig, in
der linken nach vorn neben einer Grube, in der sich in der Mitte
ein schwacher Zahn zeigt, eine aus der Schalenfläche heraus-
tretende, allmählich au Länge abnehmende Zahnleiste, in der
rechten ein Zahn vor einer Grube und hinter einer ausgehöhlten
Seitenleiste , in welche der Vorderrand der linken Klappe ein-
passt. Die Schalenoberfläche ist mit zahlreichen, feinen, hie und
da stärker vortretenden Anwachsstreifchen geziert.
Syndosmya elegans Desh. (Sandb., Conch. d. Mainz. T.-B.,
S. 292, Taf. 23, fig. 3). Zwei vollständige und mehrere unvoll-
ständige Schaleu, die vollkommen mit den Zeichnungen bei Sand-
berger von Stücken aus dem Meeressand vou VVeinheim überein-
stimmen. Auch von Stadecken.
Tellina Nysti Desh. (Sandb., ebenda S. 294, Taf. 23, fig. 6).
Nur Bruchstücke, diese aber nicht gerade selten und den Stücken
aus den Chenopusschichten von Hackenheim zum Verwechseln
ähnlich. Auch in Bruchstücken bei Stadecken.
Tellma faha Sbg. (Sandb., ebenda S. 295, Taf. 23, fig. 5).
Seltener als T. Nysti, aber häufiger wohlerhalteu.
Tellina Heherti Desh. (Sandb., ebenda S. 295, Taf. 23. fig. 4).
Die seltenste Form unter deu Tellineu; nur ein vollständiges
Exemplar und zwei Schlossstücke. Bis auf die etwas dichter ge-
drängten, fadenförmigen Anwachsstreifchen mit meinem einzigen
Exemplar aus dem Meeressand von Weinheim übereinstimmend.
Cytherea incrassata Sow. S2). (Sandb., ebenda S. 300, Taf. 23,
fig. 11 und Taf. 24, fig. 1—3). Nur junge Brut und selbst
diese verhältnissmässig selten und schlecht erhalten. Auch von
Stadecken *).
*) Wiechmann in Rostock tbeilt mir in Bezug auf diese Muschel fol-
gende Bemerkung mit: »Deshayes hat in seinem letzten Werke über das
Pariser Becken (I, S. 458, Taf. 34, fig. 5 und 6) eine kleine seltene Cytherea
aus den Sauden von Fontainebleau als Cyth. striatissima Desh. beschrieben
und abgebildet. Er erkennt die grosse Aehnlichkeit dieser Art mit jungen
Stücken der Cyth. incrassata Sow . an, behauptet aber, dass letztere nie-
— 77 -
Cijtherea dejjrcssa Desh. (Sandb., ebenda S. 305, Taf. 23,
fig. 8). Nur eiu sicher dieser in höheren wie in tieferen Schichten
des Mainzer Beckens vorkommenden Art angehörendes Stück wurde
beobachtet.
Cythcrca subarata Sbg. (Sandb., ebenda S. 304, Taf. 23,
fig. 7). Sehr häufig und gut erhalten. Häufig auch in Sta-
decken. Cyili. splcndida Mer., die sowohl im Meeressande als in den
Chenopusschichten vorkommt, habe ich nicht nachweisen können.
Isocardia suhtransversa d'O. (Sandb., ebenda S. 316, Taf. 25,
fig. 3). Es wurde nur ein gutes Schlossbruchstück dieser ausser
im Meeressand von Grooss auch in den Chenopusschichten von
Eisheim und Nieder-Weinheim, von mir in denen von Schorns-
heim und Hackenheim beobachteten Art in den Schleichsanden
gefunden.
Carduim scohimda Mer. (Sandb., ebenda S. 321, Taf. 28,
fig. 3). Sehr häufig und meist sehr gut mit den Ornamenten
erhalten. Ist das einzige vorkommende Cardium. Nicht selten auch
in Stadecken; wird von Grooss aus den Schleichsanden von
Schornsheim angegeben.
Diplodonfa fragüis A. Br. (Sandb., ebenda S. 324, Taf. 26,
fig. 9). Häufig und trotz der Zerbrechlichkeit der Schale wie
im Meeressand von Weinheim meist gut erhalten. Auch von
Stadecken.
Lucina undidata Lmk. (Sandb,, ebenda S. 326, Taf. 26,
fig. 10). Noch häufiger als die beiden vorhergehenden und ebenso
gut erhalten. Selten auch bei Stadecken.
Foronia rosea Sbg. (Sandb., ebenda S. 331, Taf. 26, fig. 8).
Elf gut erhaltene Exemplare, die vollkommen mit den Stücken
aus den ächten Cyreuenschichten von Hackenheim übereinstimmen.
Auch von Stadecken.
Nucula piligera Sbg. (Sandb., ebenda S. 342, Taf. 28, fig. 9).
Nur zwei schlechterhaltene Exemplare, die nichtsdestoweniger die
Art deutlich erkennen lassen.
mals Streifen auf der Schale zeigten. Wohlerhaltene jugendliche
Exemplare der Cyth. incrassata haben aber stets dieselben Streifen, wie
Deshayes sie für seine Cyth. striatissima angibt, auch finden sich Schalen,
die in der Form mit der citierten Figur übereinstimmen. Ich glaube daher
die Cyth. striatissima nur als Jugendzustand der Cyth. incrassata betrachten
zu müssen.«
— 78 -
Pectimculus ohovatus Lmk. (Sandb., ebenda S. 349, Taf. 30,
fig. 3). Häufig, aber uur in ganz jungen Stücken und gewöhn-
lich sehr abgerieben und von fleischfressenden Schneckeji an-
gebohrt. Selten in Stadecken.
Area pretiosa Desh. (Sandb., ebenda S. 354, Taf. 29, fig. 4).
Selten, aber gut erhalten. In allen Kennzeichen einerseits mit
der Form aus dem Meeressand von Waldböckelheim, andrerseits
mit der aus den Chenopusschichten von Sulzheim übereinstimmend.
Modiola ? angusta A. Br. Eine in der Totalform nur mit
M. angusta (Sandb., ebenda S. 362, Taf. 30, fig. 7) zu ver-
gleichende Species, leider aber ohne Schloss. Die Radialsculptur
ist sehr zart, etwas wellig, die einzelnen Radien dichotomieren
nicht. Modiola analoga Desh. (Anim. s. vert., Bnd. II, S. 16,
Taf. 74, fig. 27 — 30) aus den Sables superieurs von Jeures, die
sich in neuerer Zeit auch bei Weinheim gefunden hat, entfernt
sich schon sehr weit von unserer Art.
Mytilus ucutirostris Sbg, (Sandb., ebenda S. 360, Taf. 30,
fig. 4). Nur sechs schlechte Bruchstücke, die nichtsdestoweniger
die Art hinreichend erkennen lassen.
Avicula stam^nnensis Desh. (Desh., Anim. s. vert., Bnd. II,
S. 47, Taf. 78, fig. 1-4 und Sandb., a. a. 0. S. 366, Taf. 31,
fig. 5). Nur sieben mehr oder weniger gut erhaltene Bruchstücke
dieser in höheren, wie in tieferen Schichten des Mainzer Beckens
beobachteten Art.
Pecten pidus Goldf. var. venosiis Speyer (Palaeoutogr. Bnd. 9,
S. 315, Taf. 43, fig. 1). Recht selten, nur ein vollständiges
Stück und ein Bruchstück, der Form von Söllingen, die Speyer
beschreibt, wie auch der zweiten dortigen Form transverselineatus
Spey. (ebenda S. 316, Taf. 43, fig. 2) in der höchst eigenthüm-
licheu, äusserst feinen, garbeuförmig nach unten sich ausbreiten-
den Radialsculptur, die sich erst unter der Lupe in ihrer ganzen
Zierlichkeit zeigt , ausserordentlich ähnlich , aber wie auch ein
einzelnes Exemplar aus dem Meeressande von Eckelsbeim in Rhein-
hesseu nur mit ganz leichter Andeutung der groben Radialrippen,
welche die Formen von Söllingen auszeichnet. Von Koeuen hat
zuerst (Mar. Mitt. Oligoc. N. D's, Bnd. II, S. 83) darauf hin-
gewiesen, dass die beiden von Speyer aufgestellten Formen zum
Pormenkreise des Goldfuss'schen P.pictus gehören und zu gleicher
79 —
Zeit (a. a. 0. S. 84) auf die wahre Form der Ohren der liukeu
Schaleuklappe aufmerksam gemacht.
Ostrea cyatlmla Lmk. (Saiidb., Conch. d, Mainz. Tert. -B.
S. 379, Taf. 34, fig. 1 und Taf. 35, fig. 2). Nur junge, aber
ausserordentlich häufige Exemplare, die in nichts von jüngeren
Stücken aus dem Meeressaud zu unterscheiden sind. Auch von
Stadeckeu,
Miliola (Qiiinqiielociäma) sp. Nur ein schlecht erhaltenes
Exemplar von Stadecken.
Seeigel. Eine Platte mit Stachelwarze, wohl zu Cypliosoma
rhenana Ludwig (Notizbl. d. Ver. f. Erdk. , Darmstadt 1871,
No. 112 mit Taf.) gehörig, mit dessen Warzentafeln sie bis auf
die domförmig aufgeblasene Basis, die hier nur kegelförmig er-
scheint, gut übereinstimmt, und zwei Stachelfragmeute.
Krebs. Fünf Scheerenfragmente einer höheren Krebsform.
Baianus sp. Aeusserlich fast glatt, ziemlich klein, selten.
Ein Stück auch von Stadecken.
JBalanus ?stellaris Bronn. Stark gerippt, ungemein häufig.
Auch nicht selten von Stadecken.
Fisch. Unbestimmbare Flossenstachelu und Wirbel. Auch
von Stadecken.
Frosch oder Salamander. Mehrere Kuochenreste.
Pseudopus moguntinus n. sp. Hautknochen, dieselbe Art,
welche sich auch häufig in den Laudschneckenkalken von Hoch-
heim findet.
Div. Säugethiere. Wirbelstücke, Kieferbruchstücke, Zehen-
glieder.
Nager. Oberer Schneidezahn einer kleineu Art.
Insectenfresser. Unterkiefer mit vier Zähneu und mehreren
Zahnlücken. Die Art gehört keiner noch in Europa vorkommen-
den Gruppe von Insectenfressern au, doch kenne ich die Gattung
in einer kleinereu ähnlichen Art aus dem Landschneckenkalk von
Hochheim, wo ausserdem noch Erinaceus^ Sorex und Vespertilioneu
auftreten. Unter den schönen Vorräthen von Arten von Insecten-
fressern und insectivoreu Beutelthiereu aus dem Hydrobienkalk
von Weisenau, welche das Senckenberg'sche Institut unserem
verstorbenen Hermann von Meyer verdankt, fand ich nichts
Analoges.
- 80 -
Als zweitunterste Schicht der Cyrenenmergelgruppe betrachte
ich die Cheuopusschichten im Sinue Weinkauff's, die sich,
wie Grooss au vielen Stellen hervorhebt, noch in eine obere Form
» Pernasch ichten « zerlegen lassen, wie Weinkauf f dagegen
für den westlichsten Theil des Beckens nachgewiesen hat, an einigen
Stellen von seinen »Papillatenschichten« überlagert werden.
Ich will zuerst getrennt von deu ebeugenannten oberen
Schichten, die Perna Sanäbergeri oder Cerithium plicatum var,
papülafum in grosser Zahl enthalten, die ächten Cheuopusschichten
im Sinne Weinkauff's, soweit ich sie aus eigner Anschauung
kenne, behandeln und die von mir darin gefundenen Versteine-
rungen namhaft machen.
Sulzheim.
Das Profil, welches Grooss a. o. a. 0. S. 17 vom Schillberg
gibt, ist in mehrfacher Beziehung nicht ganz genau, da derselbe
unter Anderm die bereits von Wein kau ff a. o. a. 0. S. 199
erwähnte Süsswasserschicht übersehen hat.
Schicht 1., uud 2., bei Grooss konnte ich bei den mir zu-
gänglichen Aufschlüssen leider nicht unterscheiden und ich führe
deswegen die Fossilien dieser Schichten, wie es auch schon Wein-
kauff gethau hat, zusammen als Reste der Chenopusschichten auf.
Zwischen Schicht 3., und 4., bei Grooss lagert auf den ächten
Cyreueuschichten eine Schicht mit gut erhaltenen Psammobia-
resteu, die grosse Aualogie mit der vorhin erwähnten Bank mit
Sphenia elongata Böttg. aus der Thongrube bei Eisheim hat.
Darauf folgt der oberste Cyrenenmergel mit Süsswasserpetre-
facten (s. unten) uud erst dann höhere Schichten, auf deren Dis-
cussion ich hier nicht eingehen will.
Die von mir in den untersten Weinbergen des Schillbergs
bei Sulzheim aufgelesenen und ausgewaschenen Versteinerungen
der ächten Chenopusschichten sind folgende:
Nystia planapicalis Sbg. Nur ein vollständiges Exemplar.
Neniatura luhricella Sbg. Nur ein Stück. Dieselbe Varietät
wie in den Schleichsanden von Eisheim.
Nematura minima n. sp. Bis jetzt nur zwei Exemplare, von
denen eins zerdrückt wurde, während das zweite, von Hrn. Prof.
von Fritsch gefundene sich in der Sammlung des Sencken-
berg'schen Instituts befindet. Die oben sehr abgestumpfte Schale
— 81 —
ist kleiner als die kleinsten Stücke von N. compressiuscula
A. Br. sp. (= N. pnpa Saudb. in Conch. d. Mainz. Tert.-B., S. 78,
Taf. 6, fig. 6), kleiner als die Form aus den ächten Cyrenen-
schichteu von Hochheim. Die Schale besitzt einen Umgang weniger,
die Windungen sind flacher, der letzte Umgang ist mehr auf-
geblasen, die Mündung aber so stark zusammengezogen und die
Mundränder so stark verdickt, dass die nahezu zirkelrunde Oeff-
nung der Mündung nur ^3 so gross erscheint, als bei den
kleinsten Stücken der ächten N. compressiusctda. Die ebenfalls
bedeutend grössere N. elongata Ludwig (Palaeontograph., Bnd. 14,
S. 87, Taf. 22, fig. 54) aus dem Cerithiensande von Kleinkarben
hat mit unserer Art nichts gemeinsames.
Hydrobia ovidum Phil. sp. (s. oben). Nur zwei Exemplare.
Hyärohia sp. Nur ein unbestimmbares Bruchstück.
Cerithium plicatum Brug. var. papillatimi Sbg. Nicht häufig.
Cerithium Lamarcki Brongn, Häufig.
Missoa Michaudi Nyst var. Nicht selten; dieselbe kleine
Varietät wie in den Schleichsanden.
Natica Nysti d'O. Nicht selten und zum Theil in besonders
grossen Exemplaren.
Odontostoma suhida Sbg. var. Die Totalgestalt der drei ge-
fundenen Stücke ist etwas schlanker, die Grösse geringer als die
der Art aus den ächten Cyreneuschichten von Hochheim und
Ofi'enbach und deswegen vielleicht von der typischen Form ab-
zutrennen.
Cheno2)us tridactylus A. Br. Selten.
Tritonium flandricum de Kon. (Sandb., Conch. d. Mainzer
Tert.-B., S. 201, Taf. 18, fig. 1). Sehr selten, zum Theil in sehr
grossen Exemplaren.
Tiphys cuniculosus Nyst. Ziemlich selten.
Trophon pereger Beyr. sp. (= Murex areölifer Sndb., ebenda
S. 214, Taf. 18, fig. 7). Nicht selten.
Buccinum cassidaria Bronn. Häufig.
Pleurotoma regidaris de Kon. (= Fl, helgica Goldf. in Sandb.,
ebenda S. 233, Taf. 15, fig. 10). Ziemlich selten.
Borsonia decnssata Beyr. (Koenen, Mar. Mitt. Oligoc. N. D's,
S. 97, Taf. 1, fig. 11). Nur wenige Exemplare. Auch von
V. Fritsch gesammelt und in der Sammlung des Senckenberg'schen
Instituts aufgestellt.
6
— 82 —
Sulla turgidula Desh. Nur ein gut erhaltenes Stück.
Panopaea sp. Dieselbe Form wie in den Cheuopusschichten
von Schornsheini (vergl. oben) und in den Schleicbsanden von
Elsheim, aber bis jetzt niemals tadellos erhalten.
Sphenia neaera Böttg. (s. oben Elsheim) 9 Stücke. Auch im
Schleichsand von Elsheim. Bohrt in Schalen von Pectunculus
ohovatiis Lmk. und von Perna Sandhergeri Desh.
Scinfilla fragilis Böttg. (s. desgl.). Vier gute Exemplare
und einige Bruchstücke. Auch im Schleichsand von Elsheim.
Gorhulomya crassa Sbg. (Sandb., Conch. d. Mainz. Tert.-B.,
S. 282, Taf. 22, fig. 7). Zwei Exemplare der typischen Form.
Corhula suharata Sbg. Zwei vollständige Stücke. Auch von
V. Fritsch gesammelt.
Tellimya siliqua Böttg. (s. oben Elsheim). Nur ein vollkommen
sicher bestimmbares Bruclistück.
Tellina Nysti Desh. Nur vier Bruchstücke.
Tellina fdba Sbg. Selten vollständig.
Cytherea incrassata Sow. var. limulata Sbg. (Sandb., Conch.
d. Mainz, Tert.-B., S. 300, Taf. 24, fig. 1). Selten.
Cytherea subarata Sbg. Nicht selten gut erhalten.
Cytherea splendida Mer. (Sandb., ebenda S. 303, Taf. 24,
fig. 4). Nicht selten. C. depressa Desh. scheint dagegen in den
Cheuopusschichten von Sulzheim nicht vorzukommen.
Cardium scobinula Mer. Nicht selten.
Nucula Greppini Desh. (Sandb., ebenda S. 341, Taf. 28,
fig. 8). Nur ein grosses Exemplar in meiner Sammlung und
mehrere vou Hrn. Prof. von Fritsch gesammelte Exemplare, die
in der Sammlung des Seuckenberg'schen Instituts liegen, welche
aber in der Beschaffenheit ihrer Schalenoberfläche sich auffallend
der N. piligera Sbg. nähern.
Pectunculus obovatus Lmk. Besonders zahlreich und schön
erhalten.
Area pretiosa Desh. Nicht selten.
Lithodomus delicattdus Desh. sp. (Sandb., Couch, d. Mainz.
Tert.-B., S. 364, Taf. 31, fig. 8). Nur ein grösseres Bruchstück
aus einem angebohrten Pectunculus obovatus Lmk. Bohrlöcher
von Lithodomus in dieser Muschel sind bei Sulzheim sehr häufig.
Mytilus acutirostris Sbg. Nur ein sicher bestimmtes Bruch-
stück.
— 83 —
Ävictda stampinensis Desh. Selten, auch von v. Fritsch ge-
sammelt,
Perna Sandbergeri Desh. (Saudb. ebenda S. 367, Taf. 31,
fig. 4). Häufig.
Ostrea cyathida Lmk. Selten.
Baianus PsteUaris Broun. Häufig; dieselbe Form wie in den
Schleichsanden von Eisheim und Stadecken.
Im ächten Cyreueumergel von Sulzheim fand ich an
derselben Stelle iu den Weinbergen des Schillbergs ausser den
bereits von Weinkauff a. o. a. 0. S. 199 und Grooss a. o. a. 0.
S. 28 verzeichneten Arten :
31iliola (Quinquelocidina) sp. Häufig.
Membranipora dilatata Rss. Selten, auf CytJierea incrassata^ow.
Serpula sp. Selten, auf Cytherea incrassata Sow. und Geri-
thiiim Lamarcki Brongn.
Limneus fabida Brougu. Schlechte Exemplare.
Planorbis cornu Brongn. (= solidus Tho. bei Grooss a. a. 0.).
Nur junge Stücke.
Neniatura lubricella A. Br. sp. typ. Selten.
Nematura compressiuscula A. Br. sp. (= |;wj;a Nyst bei
Grooss a. a. 0.). Nicht selten.
Hydrobia Dtd)uissoni Bouill. (= Litorinella Draparnaudi
Nyst sp.) Nur in einem Exemplar gefunden.
Amnicola helicella A. Br. sp. (= Litorinella h. bei Sandb.,
Conch. d. Mainz. Tert.-B., S. 85, Taf. 6, fig. 13). Häufig. Die
Exemplare sind etwas kegelförmiger und die Windungen schwächer
gewölbt als bei den typischen Stücken aus den ächten Cyreneu-
schichten von Hackenheira.
Amnicola glaberrima n. sp. Die sehr kleine , sehr dünn-
wandige, glänzende, mit starkem Nabelritz versehene Schale steht
in der Totalform mitten inne zwischen etwas conischen Exem-
plaren von Amn. helicella A. Br. sp. von Sulzheim und Ormoy
und jungen Stücken von Hydr. ventrosa Mont. sp. Das aus
4^2 Umgängen gebildete Gehäuse ist aber spitzer und die Um-
gänge sind gewölbter als bei helicella^ die letzte Windung aber
ist stets niedriger als alle übrigen zusammengenommen. Die An-
wachsstreifchen sind feiner als bei helicella. Die Mündung ist
von derselben Form wie bei dieser, erscheint aber wegen der
Dünne der Schale im Verhältuiss etwas grösser. Diese seltene,
— 84 —
zuerst von Dr. Wiechmann iu Rostock in einem vollständigen
Exemplare im ächten Cyrenenmergel von Hackenheim gefundene
und mir unter obigem Namen freundschaftlichst mitgetheilte Art
wurde von Prof. Frid. Sandberger , dem Wiechmann sie zu-
schickte, als neu erkannt. Ich besitze sie auch nur in einem
tadellosen Stücke aus dem ächten Cyrenenmergel von Sulzheim.
R. Ludwig bildet iu Palaeontogr. Bnd. 14 in Foss. Conchyl.
der tert. Süsswasserablagerungen etc., S. 40 keine ähnliche Art
aus unserem Becken ab; ebenso wenig tritt im Pariser Tertiär
eine ähnliche Form auf.
Odontostoma snhula Sbg. typ. Häufig.
Nach oben folgen dann, wie vornhin bereits erwähnt, die
Mergel mit Psammobia. Diese Muschel scheint hier sehr häufig
und ist zum Theil prachtvoll erhalten. Es ist
Fsammöbia nitens Desh. (Desh., Anim. s. vert., Bnd. I, S. 380,
Taf. 21, fig. 27 — 28), vollkommen übereinstimmend mit der so
äusserst seltenen Muschel aus den oberen Lagen der Sande von
Fontaiuebleau. Von Koenen sagt (in seinem Mar. Mitt. Oligoc.
N. D's, Bnd. II, S. 115): »Zu Fs. nifens Desh. könnten auch
Bruchstücke gehören, die ich bei Gronau nordöstl. Frankfurt a. M.
gesammelt habe; vielleicht dieselbe Art ist es auch, die Sand-
berger (a. o. a. 0. S. 296) von Hackenheim aus derselben
Schicht anführt.« Ich glaube, dass das Vorkommen dieser Art
im Cyrenenmergel jetzt keinem Zweifel mehr unterliegt.
Die darüber liegenden obersten Cyrenenmergel von Sulzheim,
die aus röthlicheu, kalkigen, losen, im Wasser nicht zerfallenden
Mergelschichten bestehen, ergaben mir, wie denn diese Schichten
überhaupt an Petrefacten nicht reich sind, nur folgende Formen
von Süsswasserconchylien :
Limneus fabula Brongn. (= acutüahris Sbg.). Selten.
Planorbis cornu Brongn. (= solidus Tho.). Häufiger, aber
fast immer zerdrückt.
Pisidium sp. Leider bis jetzt nur in Bruchstücken; etwas
scrösser als P. semimdum Rss. aus den böhmischen Landschnecken-
kalken und mit stärkereu Seitenzähnen.
Hackenheim.
Die oft citierte Wein k auf fsche Arbeit hat die verworrenen
Lagerungsverhältnisse bei Hackenheim in einer so befriedigenden
— 85 —
Weise erklärt und die Zahl der an den verschiedeneu Fuudstellen
daselbst in den Cheuopussaudeu, der Papillatenschicht, dem ächten
Cyreneumergel und den Süsswasserschichten über dem Cyrenen-
mergel vorkommeudeu Petrefacte so vollzählig aufgeführt, dass
ich nur Weniges dazu zu bemerken habe.
Es sei mir nur erlaubt, der Versteinerungen kurz zu ge-
denken, die von Wein ka uff entweder nicht angegeben sind,
oder nach neueren Untersuchungen andere Namen erhalten haben.
Zu den Hackeuheimer Chenopusschichten weiss ich
der Aufzählung von Weinkauff (a. o. a. 0., S. 201) an Petre-
facten noch hinzuzufügen:
Sulla sp. Nur zwei unbestimmbare Bruchstücke.
Sphenia sp. Nur ein Bruchstück.
Corhulomya arcuata n. sp. Nur eine vollständige rechte
Schalenklappe, die aber so auffallend i)i der Form von allen be-
kannten Arten von Corbulomyen des Mainzer Beckens abweicht,
dass sie wohl einer neuen Art angehören dürfte. Die dicke,
langgestreckte, keilförmige, ungleichseitige, vorn flache, nach
hinten allmälig aufgeblasene Schale hat hinten einen sehr
scharfen, in scharfer 'Krümmung gebogenen Kiel. Die kleinen
Buckeln stehen hinter der Mitte, vor dem concav eingebogenen
hinteren Theil des Schlossraudes. Im Schlosse liegt ein schmaler
langer, sehr tief gestellter Hauptzahn und eine sehr schmale
Grube. Die Form der Schale, die starke Krümmung des Kiels
und der concav ausgehöhlte hintere obere Schlossrand lassen die
Art von allen mir bekannten fossilen Corbulomya-Arten leicht
unterscheiden.
Isocaräia suhiransversa d'O. Selten vollständig.
Cardium planistria n. sp. Nur drei Stücke, von denen eines
sicher nicht abgerieben ist. In der Totalform dem in derselben
Schicht vorkommenden C. scohinula Mer. ähnlich , doch stets
grösser, und die Zwischenräume der Radialkiele fast genau so
breit wie diese selber. Die Radialkiele selbst nur schwach ver-
rundet, fast flach und wie die Zwischenräume ohne andere Scnlptur
als die höchst feinen, kaum unter der Lupe deutlichen Anwachs-
sti'eifchen. Die Radialrippen lassen sich auf der Innenseite der
dünnen Schale noch deutlich erkennen.
Unsere Art scheint dem C. formosum Desh. (Desh., Auim. s.
vert., Bnd. I, S. 563, Taf. 56, flg. 8 — 11) aus dem Grobkalk
— 86 —
des Pariser Beckens unter den von mir verglichenen Arten von
Cardium am nächsten zu stehen.
Leda gracilis Desh. (Sandb., Couch, d. Mainz. T.-B., S. 345,
Taf. 28, fig. 5). In mehreren, mehr oder weniger gut erhaltenen
Stücken.
Ostrea sp. Nur eiue vollständige, über zollgrosse untere
Schalenklappe einer im Mainzer Becken, wie es scheint, noch
nicht beobachteten dünnschaligen Auster mit fast gradlinigem
Schlossraud, links und rechts mit flügelartiger Ausbreitung des
Schlossrandes, breiter als hoch. Muskeleindruck vertieft, kreis-
förmig, durch Falten in drei undeutliche Portionen getheilt, den
grössten Theil der Schale einnehmend. Ausser sehr schwachen
und undeutlichen Anwachsstreifen lässt sich keine Schalensculptur
mehr erkennen.
Fischwirbel, zwei Stücke.
Lamna sp. Ein sehr kleiner dreispitziger Zahn.
Auch in den Papillatenschichten auf dem Kirchberg bei
Hackeuheim Hessen sich noch eiuio-e weuige Petrefacten nach-
weisen, die bis jetzt in der Literatur noch nicht erwähnt zu sein
scheinen. Es sind dies neben seltenen Stücken von Hydrohia Du-
huissoni Bouill. und ventrosa Mout. sp. :
Auricula glandina Böttg. (s. oben Eisheim). Nur in einem
unvollständigen Stücke und
Spltenia paptyracea Sbg. Ebenfalls nur ein Exemplar.
Die petrefactenreichen ächten Cyrenenmergel des Hacken-
heimer Thals boten an neuen oder interessanten Thierresten ausser
den schon anderwärts erwähnten nur noch:
Limneus fabula Brongn. Selten.
Hydrohia ventrosa Mont. sp. 6 Stücke.
Hydrohia aquiianica C. Mayer (i. coli, polyt. Helvet.). Selten.
Ich verdanke die Keuntniss dieser Art Herrn Dr. Wiechmanu in
Rostock, dem Herr Prof. Frid. Sandberger in Würzburg die mir
vorliegenden Stücke, die ich für jugendliche Exemplare der in
derselben Schicht vorkommenden Hydr. Dtdjuissoni Bouill. gehalten
hätte, mit obigem Namen bezeichnete.
Amnicola glaberrima Böttg. (s. oben Sulzhe'im). Nur ein
von Dr. Wiechmann gefundenes tadelloses Stück.
— 87 —
Wallertheim - Sulzheim.
Ära Wege von Wallertheim uacli Sulzheim, der Letten-
kauter Mühle gegenüber, au der Böschung der Strasse und in
den Weinbergen darüber ist im vorigen Jahre die Pernaschicht
gut aufgeschlossen gewesen, ohne dass ich übrigens über die
Lagerung derselben uud ihre Beziehung zu den ächten Cyrenen-
mergeln ganz ins Klare gekommen wäre. Sie überlagert dagegen
evident die an der Strasse tiefer nach Wallertheim zu leider zu
dieser Zeit schlecht aufgeschlossenen Chenopussande. Interessant
ist an oben genanntem Orte neben dem häufigen Vorkommen
der Ferna Sandbergeri Desh. in grossen Exemplaren das Auftreten
von schön entwickelten, grossen Stücken von Vermetus imbri-
catus Sbg.
Sauersch-wabenheim.
Hier kenne ich genauer nur die obersten Schichten der
Cyreuenmergelgruppe , die von Wein kau ff zuerst beobachteten
Süss w asser sc liichten. Sie stehen, wie es scheint, in grosser
Mächtigkeit in den ersten Weinbergen an, die sich links der
Strasse nach Eisheim, unmittelbar hinter den letzten Häusern
von Sauerschwabenheim hinziehen. Ich fand darin:
Limneus fabula Brongn. (= acutilabris Sbg.). Sehr sehöu
erhalten und nicht selten ganz vollständig. Die Diagnose bei
Sandberger (Conch. d. Mainz. Tert.-B., S. 69), die für Exem-
plare aus den Papillateuschichten vom Sommerberg bei Alzei
aufgestellt wurde, muss nach meinen zahlreichen Stücken von
hier etwas verändert werden. Meine Exemplare stehen dem
lebenden Limneus palustris Drap, ungemein nahe, nur ist die
Mündung im Vergleich zur Schale etwas höher, der rechte Mund-
rand unten etwas vorgezogen und die Umgänge oben an der
Naht constant etwas eingezogen, so dass die Windungen
schwach terrassenförmig übertreten. Die Anwachsstreif cheu sind
weniger schief, die Spindel erscheint stets weniger scharf, als sie
Sandberger (a. a. 0., Taf. 7, fig. 7) zeichnet. Die Abbildung
bei Sandberger, die nach einem jungen Exemplare gemacht ist,
zeigt diese Eigenthümlichkeiteu nur schwach. Auf den oberen
Umgängen tritt manchmal eine ganz feine Längsliniierung auf,
die aber wohl zu unterscheiden ist von der groben Längssculptur,
die sich bei unserem lebenden L. palustris mitunter findet.
Planorbis cordatus Sbg. (Sandb., ebenda S. 394, Taf. 35,
fig. 21).
Ancylus decussatus Rss. Diese kleine, in dem auf der rechten
Seite etwas nach rechts gewendeten Wirbel und in der Schaleu-
neigung gut mit der Art aus den böhmischen Landschneckeu-
kalken übereinstimmende Form wurde nur in drei mehr oder
weniger gut erhalteneu Exemplaren gefundeu.
Crocodilus ? sp. Ein kleiner, in der Basis gerundet ovaler,
schwach zweischneidiger, nach der zusammengezogenen abgerun-
deten Spitze hin gestreifter Zahn.
Die Schichten folge der Cjrenenmergelgruppe würde nach
diesen Ausführungen in Rheinhessen also etwa folgendermaassen
sich gestalten :
ISüsswasserbilduug.
Psanimobienschicht.
Aechte Cyrenenmergel.
IPernaschicht (local).
Papillatenschicht (loca!).
Chenopussand.
Unterer Cyrenenmergel Schleichsand.
H. Cyrenenmergel im uassauischen Rheiugau.
Seit den classischen Uutersuchuugeu Frid. Sandberger's ist
über die Cyrenenmergel dieses Theils unseres Mainzer Beckens
nichts wesentlich Neues veröffentlicht worden. Ihre geoguostische
Aufnahme und das Sammeln der daselbst vorkommenden Ver-
steinerungen hat dagegen iu neuerer Zeit Laudesgeologe Dr. K.
Koch in Wiesbaden übernommen. Eine eingehende Darlegung
der dortigen Verhältnisse von ihm wird wohl nicht mehr lange
auf sich warten lassen. Nichtsdestoweniger erlaube ich mir hier
ein Paar Aufzeichnungen zu veröffentlichen, die ich bei eiuem
gemeinsamen Gange mit meinem lieben Freunde Koch habe
notieren können, weil sie bei einer natürlichen Eintheilung der
Cyrenenmergelgruppe im Mainzer Becken von nicht zu unter-
schätzender Wichtigkeit sein dürften. Ich nehme natürlich für
die folgenden Bemerkungen keine Priorität für mich in Anspruch.
— 89 —
Die tiefsteu Tertiärschichten sind im nassauischeu Rheiugau
meist scharfkantige Sande, Kiese und Couglonierate, welche sich
au den Südabhang des Taunus anlehnen, und die ihr Material,
wie es scheint, ausschliesslich den Gesteinen des Taunus ent-
nommen haben.
Hierher gehören die weissen und grünlichweissen, splitterigen
Sande der Kiesgruben oben auf dem Rohrberg unter dem Rauen-
thaler Berg bei Eltville, die theilweise in grobe Kiese und Con-
glomerate mit dicken weissen Taunusquarzkuauern übergehen und
oftmals durch Eisenoxydhydrat rothbraun gefärbt erscheinen.
Dass dieselben zum Meeressand zu rechnen sein werden,
wie die eisenschüssigen Quarzsande und Conglomerate von Geisen-
heim , Johannisberg und Rüdesheim , ist sehr wahrscheinlich,
doch hat hier bis jetzt kein Petrefact dafür einen näheren An-
haltspunkt gegeben.
Dass ähnliche Saude und Conglomerate auch sonst im
nassauischen Rheingau die Scliichteu der Cyrenenmergelgruppe
unterteufen, ergibt die Vergleichung eines Profils von Oestrich,
das Sandberger (Couch, d. Mainz. Tert.-B., S. 406) mittheilt,
wo Serizitschiefer und Qnarzit von grobem, eisenschüssigem Con-
glomerat von Quarzit- und Schieferbrocken überlagert werden, auf
das dann blaue und grüne Thone mit Muscheltrümmern und dann
ächter Cyreneumergel folgen.
Ueberlagert werden diese Sande auf dem Rohrberg iu der
oberen Sandkaute von Thoneu , die in ihrer untersten Lage
Bruchstücke von Ostrea , Schalen von Gyrena semistriata uud
Cerithium LamarcM enthalten; in der unteren Grube fanden wir
den Sand bedeckt von einem Thone, der oben einen Horizont
mit Cyrena semistriata und Cerithium plicatum var. Gakottii
aufzuweisen hatte. Beide Thon lagen gehören also dem ächten
Cyreneumergel au.
Unten im Thal, rechts von der Strasse von Schierstein nach
Niederwalluf liegen dagegen in zwei Gruben aufgeschlossen Saude,
die wohl sicher zu den Schleichsaudeu gerechnet werden müssen,
da sie iu den tieferen Lagen vereinzelte Sandsteiuschollen ent-
halten; iu denen Sphenia elongata Böttg. (s. oben Eisheim) und
Buccimim cassidaria Bronn nicht selten sind. Li noch tiefereu
Sandschichten sollen sich nach Aussage der Arbeiter auch Knocheu-
reste gefunden haben. Ueberlagert Averden diese Schichten von
— 90 —
bläulichen Thonen, die wohl ebenfalls zum ächten Cyreuemnergel
zu zählen sein dürften.
Die ächten Cyreuenmergel sind im Rheingau an zahl-
reichen Punkten aufgeschlossen und geben einen vortrefflichen
Weinboden. Von Stelleu, die ich mit Herrn Dr. Koch besucht
habe, nenne ich nur die folgenden:
Weinberg oberhalb Eltville. Es fanden sich an Ver-
steinerungen häufig in einem normalen blaugrauen Thone:
Cerithium plicatum Brug. var. Galeottii Nyst.
Cerithium LamarcJci Brougu.
Cerithium margaritaceum Brocc. var. calcaratum Grat.
Cyrena semistriata Desh.
Buccinum cassidaria Bronn, seltner.
Teilina Nysti Desh., desgl.
Weinberge zwischen Hattenheim und Neuhof,
sämmtlich auf dem linken Thalgehänge im ächten Cyreuenmergel
angelegt. Näher Neuhof fanden wir die sämmtlichen genannten
Petrefacte wieder mit Ausnahme der Tellina. Weiter nach Hatten-
heim zu kommt hierzu noch
Ostrea callifera Lmk.
in einer kleinen, wenig entwickelten Varietät, die zahlreiche
Löcher von Bohrmuscheln aufzuweisen hat.
Auch in den Weinbergen zwischen Hattenheim
und Erbach trafen wir Cyreuenmergel mit Ostrea callifera
Lmk., zahlreich besetzt mit einem Baianus, Cerithium ^^Hcatum
var. Galeottii und margaritaceum var. moniliforme Grat, und cal-
caratum Grat., Cyrena semistriata und eiuem sehr häufig vor-
kommenden Ostrakoden. Auf den Austernschalen findet sich nicht
selten die Memhranipora dilatata Reuss.
Unter diesen Schichten lässt sich auf weite Erstreckungen in
den Weinbergen eine Schicht mit Ferna Sandhergcri Desh.,
Ostrea cyathula Lmk. und Cerithium plicatum var. Galeottii ver-
folgen, die sicher einem tieferen Niveau angehört.
Aber auch die obersten Cyreuenmergel, Weinkaulf's Süss-
wasserschichten Hessen sich im Rheingau nachweisen. In der
Thongrube dicht bei Hattenheim in den Weinbergen fand ich
nämlich über ächten Cyrenenschichten mit
Cyrena semistriata Desh.
Cerithium plicatum var. Galeottii Nyst und
— 91 —
Cerith'mm margariiaceum var. calcaratuni Grat,
sehr schön die kalkigen, hell gefärbten Mergelschichten von dem-
selben Charakter wie in Rhein hesseu , erfüllt mit Bruchstücken
und ganzen Schalen von
Limneus tabula Brongn. und
PJanorbis sp.
Ich bin der festen Ueberzeugung, dass bei genauer Durch-
forschung des Rheingaues noch zahlreiche Punkte für diese oberen
Süsswasserschichten aufgefunden werden.
Nach diesen Andeutungen, die Hr. Dr. Koch jedenfalls noch
bedeutend vervollständigen wird, scheinen die ächten Chenopus-
schichten im nassauischen Rheingau ganz zu fehlen, beziehungs-
weise durch eine Schicht blauer und grüner Thone (vergl. Profil
von Oestrich in Sandb., Couch, d. Mainz. T.-Beck., S. 406), die
aber bis jetzt keinerlei Versteinerungen ergeben haben, ersetzt zu sein.
Es Hesse sich für das Rheiugau also folgende Reihen-
folge der einzelnen Schichten der Cyrenenmergelgruppe von
oben nach uuten aufstellen:
Oberer Cyrenenmergel
\
Süsswasserbildung.
Aechte Cyrenenmergel.
Pernaschicht,
Mittlerer Cyrenenmergel
I ? Blaue und grüne Thone.
Unterer Cyrenenmergel Schleichsand.
III. Cyrenenmergel der Maingegend.
An die Cyrenenmergel des Rheingaues schliesseu sich innig
die derselben Epoche angehörenden Bildungen östlich von Wies-
baden bei Igstadt und Medenbach und die Hochheimer und Die-
deuberger Mergelbildungen au und in der Frankfurter Gegend
finden sich weiter noch zahlreiche Fundpunkte für die gleichen
Schichten, deren Versteinerungen ich bereits in meinem »Beitrag
zur pal. u. geol. Kenntuiss d. Tert.-Form. in Hessen, OfFenbach
1869, S. 19 u. f.« zum grössten Theile aufgezählt habe.
Auf die in der Wiesbadener Gegend am Taunusraude an-
stehenden älteren Schiefer und ebenso auf das Rothliegende von
— 92 —
Vilbel lagert sich in meist geringer Mächtigkeit der Meeressand,
bei Vilbel an einer Stelle am Niederberg blos mit Haifischzähnen,
an einer anderen Stelle als Meereskalk mit zahlreichen charak-
teristischen Petrefacten des Alzeier Meeressandes, beide Bildungen
auch deswegen vollkommen sicher als Aequivaleute des Meeres-
saudes zu erkennen, weil Rupelthon mit seinen Leitversteinerungen
an beiden Stellen darüberliegt.
Dicht beim Orte Medenbach bestehen die Meeressande aus
Geröllschichteu, die ihr Gesteinsmaterial, wie im Rheingau, den
Schiefern und Qnarziten des Taunus entnommen haben. In ihnen
fand ich:
Ostrea callifera Lmk., sehr gross, häufig.
Ferna Sandher geri Desh., selten,
Salanus sj)-, s^ehr häufig,
Lamna s/;., selten.
Rupelthone, die an einzelnen Punkten diese untersten Tertiär-
schichten überlagern, sind in der ganzen Gegend verbreitet, wer-
den meist aber nur bei Tiefgrabuugen aufgedeckt.
Schwieriger sind die Zwischenglieder zwischen Rupelthon
und ächten Cyreuenmergel zu erkennen. Schleichsande und über-
haupt sandige Schichten dieser Etage fehlen der östlichen Aus-
breitung des Beckens bis jetzt, wenn nicht, wie ich vermuthe,
die schollenförmig auftretenden blätterführenden Sandsteine aus
der Stadt Ofifeubach (Böttg. Beitrag, a. a. 0., S. 25) und die
glimmerreichen Blättersandsteine von Seckbach und Eukheim
(vergl. Text z, geolog. Specialkarte d. Grossherzogthums Hessen,
Sect. Offeubach von G. Theobald und R. Ludwig, Darmstadt
1858, S. 29) hierher gehören; an ihre Stelle treten meist petre-
factenfreie Thone, die, wie bei Wicker in der Nähe von Hoch-
heim, glimmerig werden können und dann hie und da Spuren
von Pflanzenresten führen.
Aequivaleute, wenigstens der Papillatenschichten, wahrschein-
lich auch der Ohenopussande, sind aber sicherlich vorhanden.
Ihre grosse Armuth an organischen Resten und der Umstand, dass
sie in diesem Theile des Beckens fast stets erst bei Tiefgrabungen
erreicht werden, setzen der genaueren Kenntuiss dieser Schichten
grosse Hindernisse in den Weg.
Zudem muss ich frei bekennen, dass ich die Petrefacte an
der »kalten Kling'«, der alten Wasserleitung bei Offeubach, weiter
— 98 —
die Versteinerungen des ehemaligen Braunkolilenwerks von Hoch-
heim und die der Cyrenenmergel von Gronau erst habe sammeln
können, nachdem die betreffenden Grabungen bereits eingestellt,
resp. die Schächte vermauert waren, und dass daher z. B. in
keiner Weise erwiesen ist, ob die bei Offenbach gefundenen
seltenen Schalen von Chenojyus tridactylus ^ Tiphys cwiiculosus,
Corhula suharata und Cytherea suharata mit Cerithium plicatum
var. Galeottii und Cyrena semisfriata zusammen in ein und der-
selben Schicht gelegen haben.
Ebenso möchte das Auftreten des Cerithium plicatum var.
papittatmn in den Mergeln von Gronau und Hochheim andeuten,
dass hier noch petrefactenarme tiefere Schichten als der ächte
Cyrenenmergel lagern, die nur deswegen noch nicht genauer be-
kannt sind, weil sich Niemand die Mühe nahm, die Lagerungs-
verhältnisse an Ort und Stelle genauer zu studieren.
Im Augenblick fehlt jede Tiefanlage im Cyrenenmergel unserer
Gegend, und es ist also das Auftreten wenigstens der Chenopus-
schichteu in diesem Theil des Beckens vorläufig noch eine nicht
ganz ausgemachte Thatsache. Die Wahrscheinlichkeit des Vor-
kommens ist aber nach dem Funde von Chenopiis bei Offenbach
keine ganz geringe. Ich erlaube mir von den neuereu Funden
in diesen oder ihnen nahestehenden Schichten hier ein Paar Mit-
theiluugen zu machen.
In Wickerer Gemarkung fand sich unter dem Bornpfad
nach dem Dorf Massenheim zu in einem sandigen Letten, wohl
10 Fuss tief, ein vereinzelter Pectunculus ohovatus Lmk., den ich
in meiner Sammlung bewahre.
Im Orte Dieden bergen wurde ein Brunnen gegraben. Der
zähe, etwas hell gefärbte Mergel enthielt:
Corhulomya crassa Sbg., in schönen Exemplaren.
Cytherea suharata Sbg., in Bruchstücken mit erhaltenem
Schloss und
Cytherea incrassata Sow. nur in Bruchstücken.
Beide Vorkommnisse und besonders das letztere mit zwei
typischen Muscheln der Papillatenschicht sprechen für tiefere
Horizonte als die ächten Cyrenenmergel.
Die typischen Cyrenenmergel fand übrigens Herr Professor
von F ritsch auch südlich des Dorfes Igstadt, dicht am Ort, au
der Strasse nach Bierstadt, rechts am Rain anstehend, wo
— 94 —
Cerithium plicatum ßrug. var. Galeottii Nyst.
Cerithium Lamarcli Brougu.
Cyrena seniistriata Desh.
Buccinum cassidaria Brouu und
Cytherea incrassata Sow.
in schöner Erhaltung anzutreffen sind.
Eine Excursion von Mitghedern der deutschen geologischen
Gesellschaft, welche im Herbst 1873 von Wiesbaden aus an den
Rand des Taunus ausgeführt wurde, machte auch das Vorkommen
von ächten Cyreueu mergeln bei Medenbach wahrscheinlich, wo
nicht weit vom Orte, am Weg nach Laugeuhain rechts, an-
scheinend anstehend, Stücke von
Cyrena seniistriata Desh. und
Cerithium Lamarcki Brongn.
in einem blaugraueu Mergel beobachtet werden konnten.
Die Süss Wasserschicht, welche in Rheinhessen wie im Rhein-
gau die ächten Cyrenenmergel bedeckt, ist in dem östlichen Theil
des Mainzer Beckens bis jetzt noch nicht nachgewiesen worden.
Kohlige Straten mit Süsswasserversteineruugen sind zwar auch
von Hochheim, Offeubach, Vilbel und von anderen Fundorten
dieser Gegend bekaunt, es ist aber vorläufig noch nicht con-
statiert , ob dieselben stets die Bänke mit Cyrena seniistriata
überlagern.
Ich erlaube mir zum Schluss noch eine Reihe von Petre-
facten aus diesem Theile des Beckens aufzuführen, deren Vor-
kommen in deu Schichten des ächteu Cyrenenuiergels ich be-
zweifle, trotzdem dass ich theilweise selbst Veranlassung war, sie
diesem Horizont zuzuweisen. Dieselben sind sämmtlich auf der
Halde gesammelt worden. Es sind:
Cerithium plicatum Brug. var. pa2nllatum Sbg. Hochheim,
Gronau.
Chenopus tridactylus A. Br. Offeubach.
Tiphys cunicnlosus Nyst sp. Offenbach.
Corhiäomya crassa Sbg. Diedenbergen.
Corhulomya nitida Sbg. Hochheim.
Corhula longirostris Desh. Hochheim.
Corbula subarata Sbg. Offenbach, Hochheim.
Cytherea subarata Sbg. Offenbach, Diedenbergen.
Fectuncidus obovatus Lmk. Wicker, Hochheim.
95
Die muthmaassliche Scliichtenfolge der Cy reuen mergel-
reihe in diesem nordöstlichen Theile des Mainzer Beckens
möchte demnach sein :
Oberer Cjrenenmergel
A echte CyrenenmergeL
Mittlerer Cyreuenmergel ( Papillatenschicht.
f ? Chenopusschicht.
Unterer Cyrenenmergel ? Blättersandstein.
Ich lasse nun unter Benutzung der Weiukauff'scheu und
an einzelnen Stellen auch der Grooss'schen Angaben die Petre-
facteureiheu der einzelnen unterschiedenen Glieder der Cyrenen-
mergelgruppe folgen, wobei ich jedoch bemerken will, dass ich
nur der ganz sicher erkannten Arten Erwähnung thuu will.
Fauna des Schleichsandes.
Name der Versteinerungen.
8
CS
00
£
o
1
a
o
u
1
C5
CO
Ä
o
a
<0
ü
a,
1
O
5
O
P
O
O
O
o
Patula afF. paludinaeform.Ä
» multicostata Tho.
Archaeozonites 8ubverticill.
Fruticicola sp
Helix Sandbergeri Desh.
» rugulosa Mart. .
Glandina sp
.B
Sb
r.
g
—
—
—
—
+
4-
4-
+
+
1
4-
1
+
+
+
4-
+
__
+
+
4-
+
4-
+
+
Cionella macrostoma m.
Ompbaloptyx supracostata
Torquilla sp
Pupa lamellidens Sbg. .
Clausilia neniaeformis m.
» flexidens m. .
Succinea n. sp
Alexia mucronata m. .
Auricula glandina m. .
Limneus fabula Brongn.
Planorbis cornu Brongn.
Planorbis cordatus Sbg.
m
+
+
96 —
Name der Versteinerungen.
Nystia planapicalis Sbg.
Nematura lubricella A. Br. sp
» compressiusculaA.Br.sp
Hydrobia Ovulum Phil. sp.
» Dubuissoni Bouill,
» obtiisa Sbg. . . .
» ventrosa Moni, sp
sp.
Cerithium plicatum Brug
» Lamarcki Brongu
Scalaria crassitexta Sbg.
Vermetus imbricatiis Sbg.
Lacuna obtiisa m. ...
Litoriua obtusangula Sbg
Rissoa Michaudi Nyst.
Capulus altus m. . . ,
Trochus rhenanus Mer
Natica Nysti d'O. . ,
Odontostoma subula Sbg
Patella excentrica Sbg.
Chenopus tridactylus A. Br.
Tiphys cuniculosus Nyst sp.
Trophon pereger Beyr. sp.
Fusus elongatus Nyst . . .
Buccinum cassidaria Bronn.
Bulla turgidula Desh. . . .
» Laurenti Bosq. , . .
Parapholas subtripartita Sbg
Saxicava arctica L. var.
Panopaea sp
Sphenia neaera m. . .
» elongata m. .
Cultellus sarras m. . .
Tellimya siliqua m. .
Corbulomya triaugula Nyst
» Nysti Desh.
Corbula subarata Sbg. . .
» longirostris Desh. .
Scintilla fragilis m
Syndosmya elegans Desh. .
+
+
+
+
4-
+
4
+
+
+
+
+
?
+
+
+
■f
+
-f-
+
+
4-
4-
4-
+
4-
+
+
4-
4-
+
+
4-
+
4-
4-
4-
+
+
+
4-
+
+
+
+
+
+
+
+
4-
4-
+
+
-f-
4-
+
+
+
+
+
+
1
4
+
+
4-
+
4-
4-
+
+
4-
?
4-
+
+
97 —
Name der Versteinerung-en.
Sä
Teilina Nyst.i Desh. .
» faba Sdb. . . .
» Heberti Desh. .
Cytherea incrassata Sw.
» depressa Desh.
» subarata Sdb.
Isocardia subtransvei'sa d'O
Cardium scobinula Mer. .
Diplodonta t'ragilis A. Br.
Lucina undulata Lmk. .
Poronia rosea Sbg. ...
Nucula piligera Sbg. . .
Pectunculus obovatus Lmk
Area pretiosa Desh. . . .
Mytilus acutirostris Sbg.
Avicula stampinensis Desh
Pecten pictus Goldf. . .
Ostrea cyathula Lmk. . .
Balarus ?stellaris Bronn
Pseudopus moguntinus m.
— +
+
+
— -+
+
+
+
+
4- +
+
+
+
+
+
Von den aufgeführten 79 sicher erkennbaren Arten haben die
Schleichsande also
13 Arten = 16,5 '^jo eigenthümlich,
= 41,8 » mit dem Meeressaud,
= 6,3 »
= 5,1 »
= 49,4 »
= 35,4 »
= 31,6 »
= 3,8 »
= 15,2 »
33
5
4
39
28
25
3
12
11
35
28
12
» Rupelthon,
» grünen Thou,
» Chenopussand,
der Papillatenschicht,
dem Cyrenenmergel,
den Süsswasserschichten und
» Landschnecken- und Ceri-
thienkalken,
ausserdem
= 13,9 » mit dem ünteroligocän anderwärts,
= 44,3 » » » Mitteloligocän » ,
= 35,4 » » » Oberoligocän » und
= 15,2 » » » Miocän y> gemein.
7
— 98 —
Wir erkennen hieraus neben einer verhältnissmässig grossen
Zahl eigenthümlicher Arten den nahen Zusammenhang unserer
Schleichsande mit den Meeressanden einer- und den Chenopus-
schichten andrerseits. Wir haben es mit einer Uebergangsfauna
zu thun, was auch durch die Lageruugsverhältnisse, wie wir ge-
sehen haben, bestätigt wird. Auch die Aehnlichkeit mit den
Papillatenschichten und dem ächten Cyreneumergel ist schon sehr
in die Augen springend, und die innigen Beziehungen sämmt-
licher von mir zur Cyrenenmergelgruppe gestellten Schichten
überhaupt aufs Deutlichste ersichtlich.
Ebenso evident ist die Mittelstellung zwischen Mittel- und
Oberoligocän, wenn wir die zweite Tabelle vergleichen; doch ist
eine Annäherung an das Mitteloligocän, besonders wenn wir die
rein meerischen Formen näher ins Auge fassen, schon der Procent-
zahl nach zu bemerken.
Fauna des
Chenopussandes.
Name der Versteinerungen.
■n
a
U
o
'S
s
a
o
JS
H
u
a>
fl
:3
TS
i
2
o
a>
'S
es
i
m
:3
o
O
.0"
o
O
Ä
o
s
t.
o
CO
tu
m
Nystia planapicalis Sbg. . .
—
—
—
+
+
—
—
—
—
—
—
Nematura lubricella A. Br. sp.
—
—
—
+
+
+
—
—
-
—
—
—
» minima m
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Hydrobia Ovulum Phil. sp. .
+
—
+
—
—
—
—
—
4-
4-
—
Cerith. plicat. papillatum Sbg.
—
—
—
+
+
?
—
—
—
+
—
—
» Lamarcki Brongn. . .
—
—
—
+
+
+
—
+-
—
4-
4-
+•
Vermetus imbricatus Sbg.
+
—
—
-r
—
—
—
—
—
—
—
—
Lacuna obtusa m. . . .
+
—
+
+
+
+
I
—
-h
4-
+
Rissoa Michaudi Nyst . .
—
Trochus rhenanus Mer. .
+
—
—
+
+
—
—
—
4
4-
—
> sexangularis Sbg.
f +
—
—
—
—
—
—
~
—
—
—
Natica Nysti d'O. . . .
i +
1 +
4-
+
+
+
+
4-
I
I
+
+
+
__
Odontostoma subula Sbg.
—
Chenopus tridactylus A. Br. .
—
—
+
—
?
—
—
—
4-
—
—
Cassidaria nodosa Sol. . . .
+
+
—
—
—
—
—
—
+
+
+
—
Tritonium flandricum de Kon.
+
+
—
—
—
—
—
—
+
4-
4-
—
Tiphys cuniculosus Nyst sp. .
+
—
_
+
-f
?
—
—
+ +
+
—
Trophon pereger Beyr. sp. .
+
—
—
+
+
—
—
—
+
+
4-
—
Fusus elongatus Nyst ....
+
+
—
+
—
—
—
—
+
+
4-
—
> elegantulus Phil. . . .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
+
+
—
Buccinum cassidaria Bronn
—
—
—
+
+
+
—
—
—
4-
—
—
— 99
Name der Versteinerungen.
■3 ^
•9
C
et
,*^
S
Pleurotoma regularis de Kon.
Borsonia decussata Beyr. . .
Bulla turgidula Desh
Gastrochaena Rauliniana Desh.
Panopaea sp
Sphenia neaera m
Tellimya siliqua m
Corbulomya crassa Sbg. . . .
» arcuata m. . . .
Corbula subarata Sbg. . . .
» Henkeliusiana Nyst .
Scintilla fragilis m
Tellina Nysti Desh
» faba Sbg
Cytherea incrassata Sow. . .
» splendida Mar. . .
> subarata Sbg. . . .
Cyprina rotundata A. Br. . .
Isocardia subtransversa d'O. .
Cardium ciugiilatum Goldf. .
» scobinula Mer.
> planistria m.
Lncina undulata Lmk.
> annulifera Sbg.
Crassatella Bronni Mer.
Nucula Greppini Desh.
» piJigera Sbg. .
» peregrina Desh.
Leda gracilis Desh. . .
Pectunculus obovatus Lmk. .
Area pretiosa Desh
Mytilus acutirostris Sbg. . .
Lithodomus delicatulus Desh.
Avicula stampinensis Desh. .
Perna Sandbergeri Desh. . .
Ostrea gigautea Sol
» cyathula Lmk
Pecten inaequalis Sbg. . . .
> pictus Goldf. . . . .
Baianus ?stellari9 Bronn . .
Lamna sp
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
oW
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
^-
+
+ +
-f 4
+ 4-
? ?
4-
4-
4-
38
»
= 61,3 »
11
»
= 17,7 »
8
»
= 12,9 »
37
»
= 59,7 »
25
»
= 40,3 »
15
»
= 24,2 »
0
»
= 0 »
3
»
= 4,8 »
— 100 —
Nach den ebengenannten 62 nachgewiesenen Formen haben
die Chenopusschichteu also
4 Arten = 6,5 °/o eigenthümlich,
it dem Meeressand,
» Rüpel thon,
» grünen Thon,
» Schleichsand,
der Papillatenschicht,
dem Cyrenenmergel,
der Süsswasserschicht und
dem Landsch necken- und Ceri-
thienkalk gemeinsam.
Ausserdem kommen vor
15 Arten = 24,2 °/o im Unteroligocän anderwärts,
39 » = 62,9 » » Mitteloligocän »
30 » = 48,4 » » Oberoligocän » und
4 » ^ 6,5 » » Miocäu » .
Nach dieser Zusammenstellung würden die Chenopusschichteu
sogar noch eine etwas grössere Uebereinstimmung mit dem Meeres-
sande zeigen, als mit den unmittelbar darunter liegenden Schleich-
sanden. Wenn wir aber bedenken, dass diese letzteren eine grosse
Zahl von Land - und Süsswasserschnecken enthalten , die der
Schicht einen mehr litoralen, ja brackischen Charakter aufdrücken,
Arten des stark gesalzenen Wassers — wie sie den Chenopus-
schichteu eigen sind — also uur unter Schwierigkeiten an Ort
und Stelle gelebt haben oder eingespült werden konnten, so ist
die scheinbare Abnormität nicht so auffallend.
Vergleichen wir unser Resultat mit dem Weinkaulfschen,
so springt in die Augen, dass sich der Procentsatz für eigen-
thümliche Arten von 2,5 auf 6,5 etwas erhöht, der Procentsatz
für den Meeressand von 62,5 auf 61,3, für die Papillatenschicht
von 42,5 auf 40,3 erniedrigt hat, während das Procentverhältniss
für den ächten Cyrenenmergel von 17,5 auf 24,2 gerückt ist.
Dass wir es hier, wenn wir die allgemein angenommenen
Gränzen der Einzelabtheiluugen der Oligocäugruppe festhalten,
mit einer entschieden mitteloligocänen Bildung zu thun haben,
geht aus meinen Zahlen noch deutlicher hervor, als aus den bei
Weinkauff (a. o. a. 0., S. 202) mitgetheilten. Naturgemäss ist
101
also auch der unter der Ghenopusschicht lagernde Schleiehsand
dem Mitteloligocän einzufügen.
Ich bemerke zum Schhiss, dass ich die von A. Braun am
Zeilstück bei Weinheim gefundenen Arten hier nicht mit ein-
gerechnet habe, da ihre Zugehörigkeit ob zu den Chenopus-
schichten oder zu den Schleichsanden noch nicht mit Sicherheit
festgestellt werden konnte.
Der Fauna der Papillatenschicht sowie der des ächten Cyrenen-
mergels habe ich so wenig Neues hinzufügen können, dass die
Proeentsätze nur unwesentlich von dem durch Weinkaufi" erhaltenen
Resultat abweichen würden. Ich erlaube mir daher nur noch die
Petrefacten der über dem ächten Cyrenenmergel lagernden Süss-
wasserschicht zusammenzustellen.
Fauna der Süsswasserschicht.
Name der Versteinerungen.
J3
'S.
SM
1
9
0
0
S
s
1
0
0
5
0
«5
0
Limneus fabula Brongn. . .
Planorbis cornu Brongn. . .
» cordatus Sbg. . . .
Ancylus decussatua Rss, . . .
Pisidium sp
1
+
+
+
+
'
4-
+
+
+
+
+
+
Saurierzahn
— —
—
Wenn wir aus dieser Aufstellung weniger Arten einen Schluss
ziehen dürfen, so halten sich die oberoligocäneu Formen gerade
die Wage mit den darunter miocän bekannten Arten, und die
Identificierung dieser Schicht mit den Landsehneckenkalkeu von
Hochheim und Kleinkarbeu dürfte nach meinem Dafürhalten doch
noch etwas voreilig erscheinen.
Resultate.
1. Ueber den Rupelthonen und grünen Thonen des Mainzer
Beckens folgt eine sandige, mit Blattresten und Thierversteine-
rungen erfüllte Schicht mit vielen Petrefacten des Meeressandes,
— 102 —
die aber bereits eine grosse Zahl Süsswasserformen erkennen lässt,
welche sie ebenso innig an die Chenopus-, Papillaten- und Cyrenen-
schichten als an die Meeressande anschliesst.
2. Zwischen dem Meeressaud einerseits und dem ächten
Sandberger'schen Cyrenenmergel andrerseits sind die Uebergänge
so allmählich, dass an eine scharfe Trennung der mitteloligocänen
und oberoligocänen Ablagerungen im Mainzer Becken nicht ge-
dacht werden kann.
3. Es dürfte sich also unter dem Namen »Cyrenenmergel-
gruppe« die Aufstellung einer Schichtengruppe empfehlen, die
sämmtliche Straten zwischen Meeressand einerseits und Cerithieu-
kalk andrerseits umfasst, da die einzelnen so vereinigten Schichten
durch die innigsten Beziehungen mit einander verknüpft sind.
4. Die Entwicklung der Schichten dieser Cyrenenmergel-
gruppe ist zwar im ganzen Terrain des Mainzer Beckens eine
nahezu übereinstimmende, die strenge Scheidung in Einzelschichten
aber nach unserer jetzigen beschränkten Kenntniss der Schichteu-
folse nur im westlichsten Theil des Beckeus mit Schärfe durch-
zuführen.
5. Das Schema der Schichten folge in allen drei
unterschiedenen Theilen des Mainzer Beckens würde sich dem-
nach für die Cyrenenmergelgruppe folgendermaassen stellen:
Oberer
Rheinliessen. Rheingau. Maingau.
Süsswasserbildung Süsswasserbildung
Psammobienschicht
Cyrenenmergel ] » i x r^ i
•' f Aechter Cyrenenmergel
Mittlerer
Pernaschicht Pernaschicht
. Papillatenschicht Papillatenschicht
^ ( Chenopussch. ? Blaue u.grüneThone ? Chenopussch.
Unterer
Cyrenenmergel
Schleichsaud Schleichsand ? Blättersandstein.
103
lieber die Tertiärflora von Stadecken-Elsheim
in Rheinh essen.
Vorläufige Mittheilung
von
Dr. Th. H. Geyler.
An die ausführliche Mittheilung Herrn Dr. Osk. Böttger's
über die Fauna der Cyreiienmergel mag es mir vergönnt sein
einige kurze Bemerkungen über deren in Rheinhessen auftretende
Flora anzuschliessen. Freilich kann ein Bericht, der sich auf
die Ergebnisse von nur zwei Excursioneu stützt, nicht im min-
desten auf irgend eine erschöpfende Schilderung der Flora jener
längst verschwundenen Perioden Anspruch machen, und zwar um
so weniger, als gerade in den reichsten Ablagerungen fossiler
Pflanzenabdrücke, in den Schleichsanden von Stadecken, noch un-
gewöhnliche Hindernisse in der BeschafiFeuheit der Schichten ent-
gegentreten, welche eine Ausbeutung jener Pflauzenreste sehr be-
deutend erschweren. Dennoch mag eine Aufführung der bis jetzt
gewonnenen Resultate, trotz deren Geringfügigkeit, nicht ganz
ohne allen Werth sein für die Bestimmung des Alters der Pflanzen
führenden Schichten sowohl, als der dieselben überlagernden oder
unterteufenden Bildungen. Die Reichhaltigkeit der dortigen Auf-
schlüsse an Pflanzen resten lässt über dem für fortgesetzte Unter-
suchungen noch bedeutende Vermehrung der bereits bekannten
Pflanzenarten erwarten und so hoffe ich später eine erschöpfendere
Schilderung geben zu können.
In dem Texte zur geologischen Specialkarte des Grossherzog-
thums Hessen, Sect. Mainz, von A. Grooss 1867 finden sich
nur wenige Notizen über die in jenen Sauden vorkommenden
Pflanzenreste.
Auf Seite 14 des angeführten Werkes wird in Bezug auf
Stadecken erwähnt, dass unter den daselbst vorkommenden Ab-
drücken •^Ginnamomum spec. bei Stadecken-Elsheim bei weitem
am häufigsten sei,« dass aber die leicht zerfallende Sandmasse
nur an Ort und Stelle eine Bestimmung der Fossilion zulasse.
— 104 —
lieber die Saudgrube voü Elsbeim berichtet Wein kau ff ebenfalls,
dass die dortigen Pflanzeureste nicht wohl bestimmbar seien.
Von einem anderen Fundort bei Nieder-Olra in Rheinhessen
gibt dagegen Grooss eine kurze Reihe von Pflanzen an, indem
er 1. c. p. 21 sagt:
»Ein Sandgebilde bei Nieder-Olm, das aller Wahrscheinlich-
keit nach von Cerithienkalk überlagert wird, führt viele Blätter,
von denen sich einige transportiren Hessen. Nach der Bestimmung
R. Ludwig's sind es:
Cinnamomum lanceolatum Ung.
» Sclieiicliserl Heer. <
Juglans longifolia Heer.
Carya elaenoides Ung.
Sapindus falcifolius AI. Br.
Terminalia Radohojana Ung.
Im Laufe des Sommers von 1874 machten Herr Dr. 0. Böttger
und ich in das Gebiet des rheinhessischen Cyrenenmergels zwei
Excursionen, auf welchen wir auch zu den Pflanzen führenden
Aufschlüssen gelangten.
Bei Nieder-Olm, jenem Pundorte, von welchem bis dahin
noch die meisten (6) Species bekannt geworden waren, gelang es
uns nur einige wenige unvollkommene Reste in einem nicht sehr
harten Sandsteine zu erhalten. Mit einiger Sicherheit wurde
nur Cinnamomum lanceolatum Ung. unterschieden, die übrigen
Reste waren zu mangelhaft, um eine genügende Bestimmung zu-
zulassen.
In dem Hohlwege vor Schorusheim fand ich ein Bruchstück
eines Pflanzenabdrucks, dessen Bestimmung ebenfalls fraglich er-
scheint, und ebenso beschränkten sich auch die in dem Bruche
vor Elsheim beobachteten Pflanzeureste hauptsächlich auf ein
langes, schmales, aber gleichfalls nicht bestimmbares Blättchen.
An einer anderen Stelle des Elsheimer Gebietes dagegen
fanden sich in einem harten Sandstein eine Anzahl von Ab-
drücken, welche transportirt und dem S enc ken bergi seh en
Museum einverleibt werden konnten und theilweise auch eine
nähere Bestimmung zuliesseu. Es waren hier vertreten :
Die Gattung Cinnamomum besonders reich durch C. poly-
morpJmm AI. Br. sp.; daneben fand sich jedoch auch C. lanceolatum
Ung. vor. Ein Abdruck erinnerte an C. JBuchi Heer durch die
— 105 —
stärker zusammengezogeue und sehr verlängerte Blattspitze, sowie
dadurch, dass, wie es schien, das Blatt oberhalb der Mitte seine
grösste Breite besass.
Laurus. Ein Blattrest entsprach der L. x>rimigema Ung. in
der Nervatur so ziemlich, doch waren die Umrisse des Blattes
derart beschädigt, dass ich denselben zu den zweifelhaften rechne.
Ein Blattfetzen erinnerte an Apocynophyllum lanceolatum
0. Weber.
Von Myriceeu waren Mijrica {Bryandroides) lignitum Ung.
und M. acuminata Ung. vertreten. Von letzterer insbesondere
ein ziemlich grosser Blattrest, welcher auf der einen Seite auch
die Secundarnerven deutlich unterscheiden lässt.
Castanea. Ein Blattfetzen von C. atavia Ung. mit deutlichen
in die Zähne auslaufenden Secundarnerven und hie und da auch
noch mit Spuren der Nervillenbildung.
Bei allen diesen dicotyleu Blätteru war nur die Haupt-
nervatur sichtbar, die Nervillen dagegen fehlten mit wenigen Aus-
nahmen. Am schönsten waren die feineren Nerven noch an einem
Blattfragment des Oinnamonmm pohjmorphum AI. Br. sp. erhalten,
auf welchem deutliche Tertiärnerven den ganzen Raum zwischen
Primär- und Secundarnerven durchzogen.
Nur ein monocotyler Blattrest wurde unter jeuer kleinen
Sammlung gefunden; sehr unvollkommen erhalten entsprach er
noch am besten dem Bruchstücke eine^ Fiederblättchens einer
Palme {Sabal?).
Viel reichere Ausbeute erhielten wir aus einer Sandgrube in
nächster Nähe von Stadecken. Hier zogen in etwas geneigter
Linie 2 Hauptschichten sich hin, welche ausserordentlich reich an
Blattabdrücken waren. An manchen Steilen war der Sand nach
allen Richtungen mit wohlerhaltenen Blättern ganz durchsetzt.
Aber wie schon Grooss andeutet, ist der Sand so leicht zerstör-
bar, dass ein Bestimmen an Ort und Stelle nothwendig wird oder
dass das Bild durch sofortiges Zeichnen fixirt werden muss. Und
leider ist der Sand von so lockerem Zusammenhange, dass selbst
trotz aller Vorsicht die Blattabdrücke oft schon bei der leisesten
Berührung, welche nothwendig ist, um sie behufs der Zeichnung
zurechtzulegen, zerfallen. Die Blätter heben sich, wenn trocken,
auf der hellen mit Glimmer oft reichlich versetzten Sandmasse,
mit braungelber Farbe ziemlich deutlich ab. Bei unserem zweiten
— 106 —
Besuche war jedoch das Gestein durchnässt, so dass der Abdruck
nicht mehr so deutlich hervortrat und hierdurch das Zeichnen
bedeutend erschwert wurde. Nerven von feinerer Beschaffenheit,
wie auch die zartere Zahnbildung des Blattrandes trat meist nicht
recht deutlich hervor.
Folgende Familien wurden in ihren Vertretern unterschieden :
Die Laurineen waren vor allen andern sehr reich vertreten,
wie schon Grooss in Bezug auf die Gattung Cimiamomum an-
gibt. Und hier besonders wieder Cinnamomum Scheiichseri Heer,
aber nicht in der kleineren Blattform, welche Heer in seiner
TertiärHora der Schweiz durch so reichliche Abbildungen erläutert
hat , sondern vorherrschend in Abdrücken , welche mit den von
R. Ludwig in dessen Arbeit über die Pflanzen der ältesten
Braunkohlenformationen der Wetterau, in Palaeontogr. VHL auf
Taf. XLL fig. 1 und 5 abgebildeten Blättern von Hessenbrücken
und Salzhausen oder mit Heer 's Abbildung 1. c. Bd. H.
Taf. XCUL fig. 5 an Grösse und Gestalt übereinstimmen. An Grösse
würden einige Blätter sogar den Abbildungen gleichkommen,
welche Heer für C. Buchi Heer gegeben hat, wenn sie sich nicht
durch die allmälig nach Spitze und Basis hin sich verschmälernde
Blattspreite deutlich genug unterschieden. Ausser dieser Art war
jedoch auch C. lanceölatum L^ug. und C. polymor2ihmn AI. Br. sp.
reichlich vertreten. — Ein Drittheil sämmtlicher Pflanzenreste,
welche im Schleichsande bei Stadecken gefunden werden, dürfte
der Gattung Cimiamomum allein zugehören. — Ein Blattabdruck
schien auch auf C. spectabüe Heer hinzuweisen , doch wage ich
bei der Mangelhaftigkeit des Restes nicht, diese Art als hinrei-
chend nachgewiesen zu betrachten. Ebenso wenig ist aus den
von mir an Ort und Stelle entworfenen Zeichnungen die Gattung
Laurus mit Sicherheit zu erkennen.
Auch die Cupuliferen haben ein reiches Contingeut gestellt.
Insbesondere ist es hier die Gattung Castanea, welche durch Häu-
figkeit und zugleich durch Grösse der Blattformen sich auszeichnet.
So fand ich einen Blattabdruck, welcher, obgleich ein grosser
Theil der Basis und Spitze fehlte, dennoch etwa 7" in Länge und
fast 3" an Breite maass, so dass die Länge des ganzen Blattes auf
etwa 15" gewiss nicht zu hoch veranschlagt ist. Neben so breiten
Blättern fanden sich jedoch auch schmälere , oft um die Hälfte
schmälere Blätter vor, welche jedoch im Uebrigen mit jenem
— 107 —
grossen Blatte übereinstimmeu. Wenn Ettingshausen in seiner
Abhandlung über Castanea vesca Gärtn. und deren vorweltliche
Stammart, im Sitzungsber. der k. k. Akad. LXV. Abth. I. p. 161
sagt:
»Die von mir bis jetzt aus den Sotzkaschichten zu Tage ge-
förderten Kastanienblätter sind sämmtlich kürzer gestielt, nach
beiden Enden gleichförmig verschmälert, und haben stets unbe-
wehrte Randzälme und convergirend bogige Secundärnerven , sie
gehören der Castanea atavia Ung. im engeren Sinne, der Form
der tongrischen Stufe an,« so passt diese Schilderung recht gut
auf die uns vorliegenden Zeichnungen der Kastanienblätter aus den
Schleichsanden von Stadecken. — Die Secundärnerven wurden nur
ungetheilt beobachtet und liefen jeder in einen stumpfen Zahn aus.
Der Abgangswinkel derselben war nicht immer der gleiche; selten
war er so spitz, wie bei der von Heer in Beitrag zur Thüring.-
sächsischen Braunkohlenflora auf Taf. V, fig. 6 und 7 gegebenen
Abbildung von Quercus Drymeja üng., welche v. Ettingshau-
sen 1. c. p. 160 zu Castanea zieht. — Nervilleubildung war
nur selten deutlich ausgeprägt.
Noch möchte ein Blattabdruck von Eisheim hierher zu ziehen
sein. Hier findet sich an Stelle der Zähne nur noch eine wellige
Ausbuchtung, in die der betreffende Secundarnerv ausläuft. Aehn-
liche Fälle für das fast bis zum Verschwinden gehende Zurück-
treten der Zahubildung hat ja auch v. Ettingshausen 1. c.
p. 149, Taf. IX. fig. 1, für die lebende Castanea vesca Gärtn.
gegeben.
Auf einem Kastanienblatt von Stadecken fand sich der Ab-
druck einer grossen Form von Rhi/tisma, welche in der Nähe des
Blattraudes fast die ganze Breite zwischen 2 Secundärnerven
ausfüllte.
Neben Castanea trat auch Quercus Drymeja Ung. auf.
Auch von Carpinus grandis Ung. wurden einige Blattreste
gefunden bald in jener schmäleren langgestreckten, bald auch in
einer kürzeren, breitereu und mit fast herzförmiger Blattbasis ver-
seheneu Form.
Ein Blattrest der Alnus Kefersteini Ung. zeigte den Verlauf
der Hauptnervatur deutlich, Nervillen waren jedoch nur ange-
deutet. Im Ganzen scheint diese Species selten aufzutreten.
Unter den Moreen war Ficus lanceolata Heer in einiefeu Ab-
— 108 —
drücken vorhaudeu uud stimmte ein solcher Rest nicht übel mit
der z. B. von Eugelhardt in seiner Tertiärflora von Göhren
Taf. XI. fig. 4 gegebeneu Abbildung. Daneben dürfte noch eine
zweite Art zu unterscheiden sein.
Von der Familie der Myriceen glaube ich 3 Arten unter-
scheiden zu müssen. Von diesen halte ich Myrica (Dryandroides)
lignitmn Ung. uud M. acuminata Ung. für gesichert. 31. hakeaefölia
Ung. erscheint mir noch etwas fraglich. Daneben ist vielleicht
noch eine vierte Species mit grösseren stumpfen Zahnbildungen,
deren dicht stehender, aber sehr uudeuthche Secuudärnerven fast
horizontal verliefen , zu unterscheiden, doch wage ich auf Grund
meiner Zeichnung noch nicht die Art zu bestimmen.
Ein Paar Blätter stimmten mit der Abbildung, welche 0.
Weber in seiner niederrhein. Brauukohlenflora in Palaeont. 11.
Taf. XX, fig. 17 von Echitonium Sophiae 0. Weber gibt und
gehören diese laugen , schmalen Blattformen mit unter ziemlich
spitzem Winkel entspringenden Secundarnerven bei Stadeckeu
nicht unter die Seltenheiten. Ein Abdruck eines Blattes stimmt
vortrefflich mit dem von 0. Weber 1. c. auf Taf. XXI. fig. la
abgebildeten Blatte von Apocynoj)hyllum lanceolatum 0. Web. und
wäre dies die zweite Species aus der Familie der Apocyneeu.
Einen Blattrest ziehe ich mit einigem Zweifel zu den Conibre-
taceeu als Terminalia Radobojana Ung., eine Species, welche scheu
Grooss nach R. Ludwig's Bestimmung für Nieder-Olm angibt.
Und endlich wurden unter den dicotylen Blättern noch 2 kleinere
Blattformen gefunden, welche auf Leguminosentheilblättchen
(Cassia und Caesalpinia) hinweisen. Doch sind dies die einzigen
Vorkommnisse kleinerer Blattformeu. — Auch ein Cercis-Blatt
wurde beobachtet.
Wie bei Eisheim sind auch bei Stadecken Monocotyle selten.
Ein Paar Reste verweisen auf Arundo Goepperti Heer, eiu anderer
sehr unvollkommener Fetzen auf eine Palme, deren Fiederblätt-
chen jedoch jenen entsprechenden Blattrest von Eisheim um das
Doppelte an Breite übertreft'en.
Es mag eine kurze Uebersicht der aufgeführten Arten folgen,
zugleich mit Angabe der tertiären Stufe, in welcher dieselben bis
jetzt gefunden wurden, daneben auch die beiden für die Wetterau
so wichtigen Fundorte Münzenberg und Salzhausen, sowie das in
Untersteiermark gelegene Sotzka. Hierbei berücksichtige ich
109
jedoch uui" diejenigen Arten, deren Vorkommen mir erwiesen er-
scheint. Die mir noch zweifelhaften Arten hoffe ich bei späterer
Ausbeutung der Schleichsaude Rheinhessens einer näheren Ver-
gleichung zu unterwerfen; und um so mehr, da mir uur noch
die Zeichnungen, nicht aber die Abdrücke, nach welchen jene
entworfen wurden, zu Gebote stehen.
1
«
CD *S
CO
^
bc
1
1
§
'S
3
3
0)
1
t
§
Eh
00
d
1
<
05
a
0)
o
'S
>
'S
K
s
S
'S
o
m
«!
3
oS
00
N
o
02
Gramineen. ArundoGoeppertiHeer.
+
- +
+
+
+
+
+ 4-
+
Myriceen. Myrica lignitum Ung. .
-r
—
—
4-
+
4^
4 4
4
4-
Myrica acuminata Ung. . . .
+
+
—
4
+
—
—
—
4
+
Beiulaceen. Alnus Kefersteini Ung.
+
—
—
—
+
4
4-
+
+
+
—
Cupuliferen. Carpinus graudis Ung.
+
—
—
—
+
+
4-
—
+
+
—
Quercus Drymeja Ung. . . .
+
+
—
—
+
—
—
+
—
+
+
Castanea atavia Ung
+
T
—
+
+
+
+
+
—
4
4-
Moreen. Ficus lanceolata Heer. .
+
+
—
—
4-
4-
-f
4
—
—
—
Laurineen. Cinnamomum lanceola-
1
tum Ung
+
+
+
1
+
1
4-
+
4-
+
+
Cinnamomum Scheuchzeri Heer
+
+
—
+
+
4
4-
+
4-
4
4-
» polymorphum
i
(A. Br.) Heer
+
-r
+
+
+ +
4-
4
+ 1 +
+
Apocyneen. Apocynopliyllum lan-
ceolatum 0. Web
+
—
—
—
^ 4-
+
—
—
—
—
Echitonium Sophiae 0. Web. . .
+
—
—
—
+ -
—
4-
—
—
—
13
7
13
i
6
10
8
Aus diesen wenigen, vorläufig genügend erwiesenen, Arten
lässt sich allerdings mit vollständiger Sicherheit kein Schluss
machen auf den Horizont, welchem diese Schichten angehören, da
die meisten der hier aufgeführten Arten nicht blos dem Aquitan,
sondern auch höhereu Stufen zuzuzählen sind. Immerhin deutet
jedoch der Umstand, dass sämmtliche hier aufgeführte Arten in
der aquitauischen Stufe weit verbreitet erscheinen, dass insbeson-
dere die Myriken als Leitpflanzen dieser Stufe angesehen werden,
auf diese Formation. Dem älteren Münzenberg erscheint die Flora
der Schleichsande noch näher verwandt als der Salzhausener Flora
durch das Vorkommen der Castanea atavia Ung. und Quercus
— HO —
Drymeja üng., die freilich bei Münzenberg schon etwas seltener
sind, in öalzhausen aber nicht beobachtet wurden. Dies gilt
wenigstens für die Kastanie, da Ettingshausen Quercus Drymeja
üng. in seiner fossilen Flora der älteren Braunkohlenformation
der Wetterau (Wien. Sitzungsber. LVII. Abth. I. pag. 835) auch
für Salzhausen erwähnt.
Bemerkenswerth erscheint ferner das Fehleu schnittiger Blätter
in Rheinhessen, wie z, B. der Acer-, Liquidmnhar-^ Vitis-kxiQn,
welche in Salzhausen in den Vordergrund treten, bei Münzenberg
zwar nicht fehlen, aber doch immerhin seltener erscheinen. Bei
Stadecken-Elsheira scheinen diese Formen ganz zu mangeln; ich
habe wenigstens noch keine Spur davon entdeckt. Die Flora von
Stadecken-Elsheim dürfte demgemäss w^ohl dem älteren Aqui-
t a n angehören und mit Müuzenberg nahezu gleichaltrig sein,
während Salzhausen als bedeutend jünger zu betrachten ist.
Das Vorkommen von Echitoninm Sophiae 0. Web. und Apo*
cynophyllum lanceolatum 0. Web. erinnert an die niederrhei-
nische Braunkohle. Eine ganze Reihe von Arten, welche in Rhein-
hessen vorkommen, finden sich auch bei Sotzka in Untersteier-
mark. — Hof mann setzt das Alter der Sotzkaschichten in Sie-
benbürgen den Cyrenenmergeln der Alpen und des Mainzer Beckens
gleich; vgl. Heer, die Braunkohlenflora des Zsilythales (in Mit-
theil, aus dem Jahrb. der kgl. ungar. geol. Anstalt H. Heft 1,
pag. 7).
Wenn auch die Flora der Schleichsande von Stadecken-Els-
heim au die untere Grenze der aquitanischen Stufe zu stellen
sein dürfte, so fehlen doch acht mitteloligoceue Formen. Mit der
tongrischeu Flora des Septarienthones von Flörsheim, wie sie von
V. Fritsch aufgeschlossen wurde (siehe v. Fritsch, ȟber neuere
Funde in den ältesten marinen Tertiärschichten« in Bericht der
Senckenberg. naturforsch. Gesellschaft von 1870/71 p. 35) hat die
Flora der Schleichsaude Rheinhessens, ausser den beiden Zimmt-
arten, Cinnamomum lanceolatum üng. und C. polymorphum Heer
keine gemeinschaftlichen Arten. Unter all den Abdrücken, welche
ich aus Rheinhessen beobachtete , fand sich keiner , welcher auf
Banksia longifolia Üng., B. Ungeri Ett., auf Dryandra Schranhi
Stbg., Eucalyptus oceanica üng,, Zisyphus Ungeri Heer, oder auf
die dort zum Theil wenigstens nicht so seltenen Coniferenspecies :
Sequoia Sternbergi Gp., Libocedrus salicornioides Endl., Pimts Fa-
— 111 -
laeostrobus Ett., Podocarpus eocenica Ung., u. s. w., Arten, welche
bei Flörsheim vorkommen*), verwiesen hätte.
Auffallend ist überhaupt, dass in Stadecken unter einer grossen
Reihe von Blattresteu noch keine Spur von Ooniferen beobachtet
wurde, auffallend ferner die grossgestaltigen Blätter einiger Ge-
wächse, wie der Kastanie oder der Zimmtbäume u. a. , welche
auf eine üppige Form hinweisen. Die gewöhnlichen Vertreter
einer Vegetation trocknerer Hügelzüge, wie Couiferen und Protea-
ceen, sind nicht durch die Wogen des Flusses in die Lagerstätte
der anderen Gewächse gespült worden, ein Umstand, welcher auf
eine grössere, fruchtbare, die Ufer des Flusses umsäumende, dicht
bewaldete Ebene zu deuten scheint.
Das gemeinschaftliche Vorkommen von Zimmtbäumen neben
Kastanien und anderen Cupuliferen, von Betulaceen u. s. w. deutet
auf ähnliche Verhältnisse, wie sie jetzt noch im östlichen Asien,
z. B. im südlichen Japan sich finden.
Neben den vielen amerikanischen Typen , welche die euro-
päische Tertiärflora aufzuweisen hat, finden sich auch so manche
Verhältnisse, welche auf einen Zusammenhang mit der asiatischen
Flora hindeuten. Hierher gehört z. B. auch die weitere Verbrei-
tung, welche in den oberen Tertiärablagerungen des östlichen
Europa's die Gattung Parrotia, jetzt ein acht asiatischer Typus,
besessen hat. Parrotia pristina Ett. wurde durch Hassen camp
neuerdings auch für die Flora des Himmelsberges bei Fulda nach-
gewiesen, während die Gattung früher schon durch v. Ettings-
hausen für Tokay, Wien, Bilin und Salzhausen, durch Göppert
für Schlossnitz, durch Engelhardt für Göhren in Sachsen be-
kannt geworden war. Freilich scheint Parrotia in der damaligen
*) Obige Arten wurden schon durch v. Fritsch 1. c. namentlich auf-
geführt, mit Ausnahme von Banksia Ungeri Ett., Zizyphus Ungeri Heer und
Pinus Palaeostrobus Ett. — Die tongrische Flora von Flörsheim besteht aus
etwa 40 Arten und hoffe ich dieselben im Laufe des nächsten Jahres aus-
führlicher besprechen zu können. Eine Anzahl von Zeichnungen sind bereits
angefertigt. — An derselben Localität fand ich 1873 die Amphisyle Heinrichi
Heckel in 3 Exemplaren, welche bis dahin für Flörsheim noch nicht bekannt,
aus Galiäen jedoch schon 1850 durch Heckel beschrieben war und sich auch
an ein paar Stellen im Elsass findet. (Amphisyle-Schicht bei Buchsweiler;
Froide fontaine zwischen Delle und Montbeliard vergl. Oustalet in »Bullet
de la Soc. geol. de France« 24 Janv. 1870 p. 381 und Sauvage am gleichen
Orte p. 400.)
— 112 —
osteuropäischen Waldflora nicht die hervorragende Rolle gespielt
zu haben, wie die jetzt in Mittelasien vorkommende Parrotia Per-
sica C. A. Mey.*) Hierher gehören auch die interessanten Unter-
suchungen Saporta's (s. Compt. reud. 1873 LXXVI. pag. 290),
welche eine noch im Caucasus lebende Varietät der gewöhnlichen
Erle, ferner die ebenfalls caucasischen Bäume Pterocarya fraxini-
folia Spach und Zelcova crenata Spach, welche das jetzt in Japan
grünende Acer polymorphum Sieb, und Zucc. in den pliocenen
Ablagerungen am Cantal im südlichen Frankreich entdeckten.
Notiz
über Imbricaria Ziegleri nov. sp,,
einer Fleclite aus der Braunkolile von Salzhausen
von Dr. H. Th. Geyler.
Abgesehen von den Vorkommnissen im Bernstein sind bis
jetzt nur wenige Spuren von Flechten auf Astresten aus der
Braunkohle bekannt geworden, wahrscheinlich, wie Schimper**)
bemerkt, Aveil nur höchst selten die Rinde jener Aststücke noch
einigermassen erhalten ist. Von Flechten mit stark ausgebildetem
Thallus war bis jetzt noch kein Beispiel gefunden worden.
Von Goeppert wird Verrucaria nitida Ach., Graphis scripta
var. und Opegraplm Thomasiana Gp., von Schimper Lecidea spec.
(vergl. Traite de Paleontbl. vegetale I. pag. 146) angeführt und
"neuerdings erwähnt Lesquerreux aus dem Unter-Eocen***) von
*) Die interessante, kleine Familie der Hamamelideen, von welcher Herr
Dr. Rein uns jüngst Hamamelis Japonica und Corylopsis spicata aus Japan
für unser Herbar zusendete, tritt nach Saporta schon in der oberen Kreide-
formation Westphalens auf. Saporta rechnet eine früher zu Dryophyllum
gezählte Art Hamamelites WestpJialiensis Sap. hierher. Vergl. Saporta
und Marion, Essai sur la Vegetation a l'epoque des marnes Heersiennes
de Gelinden; Mem. cour. de l'Acad. R. de Belgique 1873.
**) Traite de Paleont. vegetale I. p. 146. »Cette grande pauvrete de
Liehen s provient de ce que presque tous les arbres des lignites sont de-
pourvus de leur ecorce, et que la oü eile existe, l'epiderme sur lequel les
lichens ätaient etablis, manque. ou sa decomposition est tres-avancee.«
***) Vergl. Lesquerreux in American Journ. 1874 p. 546 u. f. Hier
hält Lesquerreux seine Ansicht von dem eocenen Alter jener Formationen
\
— 113 —
Black Butte Station im nordwestlichen Amerika eine zweite Spe-
cies von Opegrapha, 0. antiqua Lesq., indem er .zugleich auf die
wenigen bis jetzt gefundeneu Flechtenreste aufmerksam macht.*)
Auf einer Excursion nach Salzhausen zeigten sich auf einem
Astfragmente, welches Herr Dr. Julius Ziegler gefunden hatte,
deutliche Spuren einer Thallusflechte. Die ziemlich breiten und
von der dunkleren Masse der an einer Stelle noch einigermassen
erhaltenen Rinde des Astes mit glänzender brauner Farbe sich
abhebenden Thalluslappen trugen au einer Stelle noch mehrere
deutlich erkennbare Apothecien. Dieselben waren schüsseiförmig
vertieft und mit ziemlich breitem Schüsselrande umgeben, wie
etwa die Jüngern Apothecien einer Parmeliacee. Zugleich waren
sie früher über das Niveau des Thallus emporgehoben gewesen
und erst später iu denselben halb hineiugedrückt worden. Dies
zeigte eine zarte Rinne, welche noch rings um das Apothecinm
herumlief und dasselbe noch scharf genug vom Thallus abgrenzte.
Die Form der Apothecien, die breitere Gestalt der Thallus-
lappen stimmt recht gut mit Imhricaria- Arten, z. B. Imhricaria
saxatüis Kbr. oder I. conspcrsa Ach., ja in gewisser Weise erin-
nert auch die noch erkennbare braunglänzende Färbung des
Thallus z. B. an die zuerst genannte noch lebende Species. Ob
diese Art aus der Braunkohle von Salzhausen mit einer der le-
benden Arten wirklich zu identificiren ist, ist freilich an dem er-
haltenen Reste schwerlich zu entscheiden. Die ausserordentliche
Seltenheit aber derartiger Vorkommnisse von fossilen Flechten aus
den Brauukohlenschichten mag die kurze Mittheilung über jene
Lichene aus Salzhausen, welche ich als Imhricaria Zlegleri be-
zeichne, eutschuldigen.
Ueberhaupt kommen bei Salzhausen öfters Rindenpartien noch
aufrecht, während Ne wb erry, On the Lignites and plantbeds of Nortb-West-
America in Amer. Journ. 1874. p. 399 u. f. jene Lagerstätte der oberen
Kreide zuweist. —Vgl. auchMeek in Amer. Journ. 1874. Decbrbft. p. 459.
*) Lesquer reux in F. V. Hayden, Sixth annual report of tbe United
States geological Survey 1873 p. 418. »In tbe class of tbe Licbens one
Species, Opegrapha antiqua Lesq., is tbe first of tbis faruily, wbicb has been
found as yet in tbe old Tertiary formation. Eigbt species of Licbens bave
been mentioned by Goeppert as recognized in tbe amber and three upou
the bark of Lignitic wood of tbe Upper Tertiary of Germany, but none of
them bave been described, apparently on account of tbe insufficiency of
specific characters.«
- 114 —
in ziemlich gutem Erhaltungszustände vor und sind es besonders
Fetzen von Birkenrinde, welche nicht so gar selten auftreten. Im
Senckeubergischen Museum werden üeberbleibsel von Birkenrinde
aus jener Fundstätte aufbewahrt, welche wohl etwas bräunlich
glänzend gefärbt erscheinen, auf deren glatter 01)erfläche aber
die Lenticellenbilduug in voller Deutlichkeit hervortritt. Auf diese
Lenticelleubildung beziehen sich ohne Zweifel auch die von
R. Ludwig in der Arbeit über die älteste Rheinisch -Wetterauer
Tertiärformation in Palaeont. VIIL p. 99 erwähnten »platten, in
die Breite gezogenen Wärzchen auf der glatten Rinde der Betula
SaUhausenensis Göpp. «
115 -
Beitrag zur Frage der theriuischeü Yegetations-
Coiistaiiteu.
Von
Dr. Julius Ziegier.
Prof. Ilermauu Ho ff manu iu Giessen hat dnrcli seine
Arbeiten uud Beobachtungen*) thatsächlich bewiesen, dass die
Summe der täglichen Maxima eines direct von der
Sonne bestrahlten Thermometers den geeignetsten
vergleichbaren Ausdruclf für die zu einer bestimm-
teu Vegetationsieist u ug erforderliche Wärmezufuhr
des entsprechenden Zeitraumes liefert, während die Mittel-
temperaturen der Luft (im Schatten) — in welcher Weise sie auch
in Rechnung gezogen werden mögen — nicht des gewünschte
Resultat geben.
Veranlasst von H. Hoff manu habe ich seit Anfang 1869
in Frankfurt a. M. Parallelbeobachtungen**) zu den genannten
von Giessen***) augestellt.
Dabei gelangte ich zunächst zu der üeberzeuguug , dass die
beiderseits hierzu benützten Thermometrographen mit Mängeln
behaftet waren, die unbedingt in Vvegfall kommen mussten.
So war bei dem meinigen (No. 1 ) der Abstand zwischen der
Quecksilberkngel und dem hölzeren Rahmen so gering, dass bei
Regenwetter AVasser dazwischen zurückgehalten wurde, welches
später durch Verdunstung eine Tempera turverminderuug bewirkte.
Da das Scaleurohr von Osten nach Westen gerichtet, die
Kugel aber zur Hälfte eingelassen war, trafen die Sonnenstrahlen
zu verschiedeneu Zeiten verschieden grosse Quecksilberflächen,
*j Vergl. AUgem. Forst- und Jagdzeitung Dec. 1867 S. 457 — 61, Zeit-
schrift der Oesterr. Gesellsch. f. Meteorologie 1868 S. 93, 1869 S. 392 u. 553
sowie Abhandlgn. der Senckenbergischen naturf. Ges. Bd. VIII. S. 379 ff.
**) Zum Theil schon in der angeführten Abhndlg. d. Senckenbergischen
Gesellsch. benutzt.
***) Letztere konnten nach 1869 nicht mehr fortgesetzt werden.
— 116 —
so dass bei gleichem Grade der Besounuug ganz verschiedene Er-
wärmung stattfinden konnte. Aeusserst auffallend zeigte sicli dies
bei einem später benutzten Instrumente (No. 2) mit liegenbleiben-
dem Faden, welches einen Napfansatz besitzt (Hick's Patent).
Die Menge des zu erwärmenden Quecksilbers ist bei den
käuflichen Thermometern wegen der Empfindlichkeit stets sehr
gering, die Oberfläche verhältnissmässig gross. Dadurch ist die
Möglichkeit gegeben, dass (bei täglich einmaliger Registrirung) ein
Tag mit einem kurzen Sonuenblick gleich in's Gewicht fällt mit
einem solchen, an vA^elchem die Sonne andauernd scheint.
Mein anfangs benutzter Thermograph (No. 1) hatte ausserdem
den individuellen Fehler nicht ganz reines Quecksilber und Luft
zu enthalten. Die Reibung des scharfkantigen Glasstäbchens
(Zeiger) veranlasste Rauhwerdeu der Wandungen und zuletzt einen
Widerstand, der zuweilen das Vorbeischieben des Metalles gestattete.
Ich habe daher, durch Yermittelung des Herrn Mechauicus
Albert hier, ein dem Hick'schen ähnliches Instrument (No. 3)
anfertigen lassen, von welchem ich, nachdem es seit dem 1. Juni
1:871 im Gebrauche ist, glaube sagen zu dürfen, dass es die ge-
rügten Mängel umgeht.
Das Gefäss desselben ist möglichst der Kugelgestalt genähert,
gleichmässig und in gleicher Wandstärke aus farblosem Glase
geblasen. Es enthält ca. 400 Gramm reines Quecksilber und ist
frei nach Süden gerichtet. Zwischen ihm und dem Napfansatze
ist der Arm befestigt, welcher zum Zv/eck der Einstellung um
seine horizontale Axe drehbar ist. Der Napf ragt eben so hoch
über die Axe des Scalenrohres hervor wie die Kugel; doch ent-
hält er eine verschwindend kleine Menge Luft, damit das zur
Ausgleichung von dort zu entnehmende Quecksilber nur von hier
uachströmen kann , während der Faden ruhig in seiner Lage
verharrt.
Die Scala ist O'S Meter lang, reicht von -10« C. bis + 60» C.
und besitzt am Ende eine Arretirung.
Leider zeigte auch dieser Apparat einen Fehler, bedingt
durch die grosse Weite des Scalenrohres und den labilen Zu-
stand des Quecksilbers. Erschütterungen , wie sie durch Vögel,
welche mit Vorliebe auf dem horizontalliegenden Stabe Platz
nehmen, hervorgebracht werden, vermögen die Indication merklich
zu alteriren.
— 117 —
Ein neues bei Dr. H. Geissler iu Bonu noch iu Arbeit be-
findliches Instrument wird, auch diesen Missstand umgehend, wie
ich hoffe , den zunächst hier zu stellenden Anforderungen ent-
sprechen.
Wenn ich wohl auch beabsichtige ein geschwärztes Thermo-
meter in luftleerer Glashülle (Radiations-Thermometer) zur Ver-
gleichuug herauzuziehen , so dünkt mir ein solches zu dem vor-
liegenden Zweck doch nicht sonderlich geeignet. Ist schon der
Uebereinstimmung mit den bisherigen Instrumenten halber die
Beibehaltung der blanken Glas- resp. Quecksilber-Fläche wün-
schenswerth, so kommt es andererseits hier nicht darauf an, unter
möglichstem Ausschluss anderer meteorischer Einflüsse die höchste
lediglich durch Bestrahlung erreichbare Erwärmung durch ein
äusserst sensibles Instrument zu bestimmen, vielmehr, wie bereits
angedeutet, darauf, dass auch die Dauer der Besonnuug einen
Ausdruck erhalte und nicht minder die Ausstrahlung:, indem
durch diese eine Abkühlung bewirkt wird, welche durch Bestrah-
lung und Luftwänne zunächst erst wieder ausgeglichen werden
muss. Es sind dies Punkte , welche im Leben der Pflanze eine
gewichtige Rolle spielen und denen jedenfalls bei den vergleichen-
den Wärmemessungen Rechnung zu tragen ist, was vielleicht
passend durch vergleichende Baumtemperaturmessungeu, nach
Ebermeyer's*) Vorgang erreicht werden kann. Wenigstens im
Principe dürfte aber mein InsoJationsthermometer mit grosser
Kugel diesen Anforderungen ebenfalls nachgekommen sein ; denn
hierzu bedarf es genügender Masse.
In dieser Richtung bin ich soeben noch mit Versuchen be-
schäftigt, welche darauf abzielen, Quecksilberkugel und Thermo-
meter als gesonderte Theile zu behandeln. Zu dem Ende taucht
Letzteres in das Quecksilber einer damit gefüllten Kugel , deren
zweckmässigste Beschaffenheit ermittelt werden soll.
Wie wir heute noch nicht im Stande sind eine geeignete
Methode anzugeben, nach welcher die der Vegetation durch die
Sonne gebotene Wärmemenge in Wärmeeinheiten ausgedrückt
werden kann, ebensowenig vermögen wir die Licht zu fuhr nach
ihrer chemischen W^irkung zu bestimmen, weil diese bei den ver-
*J E. Ebermayer, Die physikalischen Einwirkungen des Waldes auf
Luft und Boden u. s. w.
— 118 —
schiedeueu Theileu des Spectruras ihrem Effect nach sehr ungleich
i-t iiud eiueu exacten Schluss von einer Lichtart zur andern nicht
zulässt. Doch kauu wohl angenommen werdeu, dass die täglichen
Maximalangaben des im Vorstehenden beschriebeuen Thermo-
graphen wie der Wärmezufuhj- im Grossen und Ganzen auch der
Lichtzufuhr parallel laufen.
Die im Gebrauche befindlichen Insolationsthermometer wurden
während der letzten Winter wiederholt auf ihren Nullpunkt ge-
prüft und bei den abgelesenen und eiugetragenen Ständen regel-
mässig" die entsprechende CWrectur angebracht.
Beim Snmmiren der täglichen Sonnenmaxima sind die Stände
unter Null zur Vergleichung in einer Rubrik der Tabellen mit-
gerechnet (also subtrahirt), in einer anderen nach der Methode
von C, Fritsch unberücksichtigt gelassen worden. Doch konnte
daraus bislauge noch kein sicherer Schluss auf die Zweckmässig-
keit des einen oder des anderen Verfahrens gezogen werden, weil
Sonnenmaxima unter Null nur äusserst selten vorkamen. Leider
lässt uns der Mangel eines bestimmten und allgemein gültigen
Vegetations-Nullpunktes noch immer in der alten Verlegenheit.
Wäre ein solcher gefunden, so müssteu die Grade unter demselben
jedenfalls vernachlässigt werden.
Fiel der Eintritt einer Phase auf den Abend, so fand die
Eintragung auf den folgenden Tag statt, indem der verflossene
Tag als wesentlich mitwirkend augesehen wurde, und kam alsdann
das Besonnuugsmaximum desselben zur Gesammtsumme hinzu.
Was den Aufstellungsort der Thermometer betrifft, so be-
finden sie sich um 1 \2 Meter über dem Boden auf eiuem allein-
stehenden Eichenholzpfahl möglichst frei befestigt in nächster
Nähe der meisten Versuchspflauzen und in gleicher Exposition
wie diese, so zu sagen den ganzen Tag über den Sonnenstrahlen
ausgesetzt.
Die Versuchspflanzen stehen, abgesehen von einigen
wenigen, in meinem ziemlich frei in der Ebene gelegenen Garten.
Jedes Exemplar ist mit Namensschild und fortlaufender Nummer
versehen , auf welche sich die Buchung bezieht , so dass auch
Unkundige Angaben machen können. Es wird möglichst dafür
gesorgt, dass diese Pflanzen nicht verschatten, dass denselben
gleichmässig Nahrung zu Gebote steht, bei trockenem Wetter
kein Vv'assermangel eintritt, thierische und pflanzliche Parasiten
— 119 -
und lindere Feinde sie niclit beeinträchtigen u. s. w., so dass
möglichst gleichbleibende normale Verhältnisse obwalten.
Es wurde und wird beobachtet :
a. das Erscheinen der ersten ßliithe bei
Aesculus Hippocastanum^ Rosskastanie (2 Exemplare),
Amygdalus nana, Zwergmandel (1 Expl.),
Serheris vulgaris^ Sauerdorn (2 Expl.),
Casta^jea vesca, Kastauie (2 Expl.),
Colchicum aukimnale, Herbstzeitlose (Beet),
Corylus Avellana, Haseluuss (2 Expl.),
Crataegus Oxyacantha, Weissdorn ( 1 Expl.),
Crocus hiteus, gelber Safran (Beet),
Galanthus nivalis, Schneeglöckchen (Beet),
Glycine chinensis, Glycine (2 Expl.),
Liliimi canäidum^ weisse Lilie (Beet),
Perslca vulgaris, Pfirsich (3 Expl.),
Prunus avium, Siisskirsche (2 Expl.),
Prunus insiticia, Reine-Claude (1 Expl.),
Prunus Padus, Traubenkirsche (2 Expl.),
Prunus spinosa, Schlehe (1 Expl.),
Pyrus communis, Birnbaum (2 Expl.),
Pyrus Malus, Apfelbaum (3 Expl.),
Pihes Grossidaria, Stachelbeerstrauch (3 Expl.),
Pihes rubrum, Johannisbeerstrauch (3 Expl.),
Samhucus nigra, Hollunder (2 Expl.),
Syringa vulgaris, Syringe (2 Expl.) und
Viiis vinifera, Weinrebe (3 Expl.) ;
b. die erste Fruchtreife bei
Aesculus Hippocastamim, Rosskastanie (2 Expl.),
Persiea vulgaris, Pfirsich (3 Expl.),
Prunus avium, Süsskirsche (2 Expl.),
Prunus insiticia, Reine-Claude (1 Expl.),
Pibes Grossularia, Stachelbeere (3 Expl.),
Rihes ruhnim, Johannisbeere (3 Expl.),
Samhucus nigra, Hollunder (2 Expl.) und
Vitis vinifera, Weinrebe (3 Expl.).
— 120 —
Zum Zweck der Vergleichung von Ort zu Ort beabsichtige
ich in Gemeinschaft mit H. Ho ff mann für die Zukunft Pflanzen-
exemplare gleichen Ursprungs (einer und derselben Züchtung,
durch Stocktheilung, Ableger oder Sämlinge einer und derselben
Mutterpflanze) und gleicher Cultur (gleicher Boden, ähnliche Ex-
position, gleichmässige Befeuchtung etc.) zu verwenden. Die Vor-
bereitungen hierzu sind bereits seit einem halben Jahre im Gange.
Hält man alle die Mängel und Fährlichkeiteu der Instru-
mente und der Versuchspflauzen zusammen, so sollte mau kaum
glauben, dass sich irgend erträgliche Resultate für unsere Be-
rechnung ergeben könnten. Und doch ist dem so, wenn auch die
Uebereinstimmung der Zahleu noch nicht die erhoffte Vollkom-
menheit erreicht hat. Von dieser Behauptung wird sich Jeder
überzeugen, der mein ganzes Beobachtuugsmaterial unter Berück-
sichtigung der vielfältigen Nebeuumstände durcharbeitet. Eben
diese Nebenumstände sind es aber auch, welche mich von der ur-
sprünglichen Absicht zurückgebracht haben, sämmtliche Daten, wie
das H. Ho ff manu gethau hat,*) zu veröffentlichen. Fast jede
Zahl müsste ihren Commentar erhalten. Eine Reihe von glatten
Fällen hei'auszugreifen scheint mir hingegen werthlos.
Im Allgemeinen ist zu erwähnen, dass die Zählung der In-
solationsmaxima vom 1. Januar an nicht überall genügende
Resultate liefert. Ja in manchen Fällen, wie bei winterblüthigen
Pflanzen {Corylus ÄveUana, Daphne Mezereum u. a.) lässt dieselbe
ganz im Stiche (negative Resultate), Hier liegt eben kein aus-
gesprochener (wenn auch nur relativer) Ruhepunkt vor, der, wie
bei anderen Pflanzen in den eigentlichen Winter fällt (Winter-
ruhe), während welcher Zeit — nahezu 3 Monate — es an und
für sich ziemlich gleichgültig ist, an welchem Tage die Sum-
mirung der Sonnenmaxima beginnt, da andererseits die Zahlen nur
niedere sind im Verhältuiss zu den späteren, welche den Entscheid
geben; daher eine immerhin gute Uebereinstimmung. Bei den winter-
blüthigen Gewächsen ist dagegen gerade eine gewisse Stufe erreicht,
auf welcher schon geringe Wärmezufuhren die Aufblühezeit bedingen.
Wäre uns für die zu beobachtenden Pflanzen ein bestimmter
Ruhepunkt, wie bei dem Schneeglöckchen **) oder der Ausgangs-
*) Abhandlgn. der Senckenberg. naturf. Gesellsch. Bd. VIII. S. 392 fF.
**) Vergl. Abhandlungen des naturw. Vereins zu Bremen. I\ . 1874.
Jan. bis März, S. 1 — 22.
— 121 —
punkt für die Entwicklung eines Organes bekannt, so wäre es
offenbar das Einfachste, nach Feststellung der Thatsache , von
diesem Tage an zu zählen. Aber wo ist bei alle den verschie-
denen Pflauzeuarten der Ruhepunkt und ist derselbe kein schein-
barer, trügerischer? Wie ist endlich der Ausgangspunkt zu er-
mitteln ? —
Ueber diese Erwägungen kam ich dazu eine Berechnuugs-
weise einzuführen der Art, dass ich von einem anderen Zeit-
punkte der Vegetationseutwicklung, sofern er nur scharf zu be-
stimmen war, zu zählen begann. So vom Erscheinen der
ersten Blut he im einen Jahr zählend bis wiederum
zur gleichen Phase im darauffolgenden u. s. f.; also
von gleichem zu gleichem Vegetationspuukt — von
einem Vegetationsjahre zum andern. Dabei ist voraus-
gesetzt, dass von dem einen schwer greifbaren, aber in der That
bestehenden anfänglichen Entwicklungsstadium (der ersten Anlage
der Blätter und Blüthen, der Befruchtuug u. s. w.) bis zu dem
äusserlich wahrnehmbaren und zeitlich bestimmbaren in thermisch-
physiologischer Beziehung ein festes Verhältuiss bestehe.
Aehulich hat H. Ho ff mann bereits von der Zeit der ersten
Blüthe einer Pflanze bis zur ersten Fruchtreife derselben ge-
rechnet und zwar mit gutem Erfolg. *)
Wohl darf ich sagen, dass auch meine Zähluugsweise be-
friedigende Resultate ergeben hat, besonders wenn man bedenkt,
dass mit der wa,chsendeu Zahl der addirteu Daten auch der Betrag
der möglichen Beobachtungsfehler gleichen Schritt hält. Ueber-
dies lässt hier ein Fehler um einen einzigen Tag nicht nur die
Summe des betreffenden Jahres zu hoch , sondern auch die des
folgenden um ebensoviel zu nieder erscheinen und macht sich bei
Vergleichung beider doppelt geltend. Selbstverständlich erhält
man für alle Pflanzen und in jedem Vegetationsjahr bei einem
und demselben Besounungsthermometer nahezu die gleiche Summe,
welche natürlicher Weise der mittleren Summe einer grösseren
Anzahl von Kalenderjahren entspricht, welche aber im einzelnen
Kalenderjahre bedeutend davon abweichen kann. **)
*) a. a. 0.
**) Geben Vegetationsbeobachtungeu in Verbindung mit Insolations-
messungen, nach der angeführten Berechuungsweise ausgeführt, auch nur
wenige oder selbst nur ein einziges Resultat, so darf nach Obigem auf die
122 —
Es ist dadurch ein Wesentliches erreicht, uämiich die Mög-
lichkeit einer leichteren Beurtheihing der gewonnenen Zahlen-
resultate.
Ein Beispiel möge hier zur Erläuterung des Gesagten seinen
Platz finden :
Datum
der
ersten Blnthe
Summe der täglichen Insolatious-Maxima °R,
(Instrument No. 2)
von
vom I.Jan, des
vorn Tag der
im ganzen
v.Tg.d.erst.Bth.
Bibes Grosmlaria
Jahres bis z. Tag
ersten Blüthe v.
Jahre *)
v.ü('?;.G^r.(No.5)
(Versuchspflan ze
d. ersten Blttthe
Bilies Grofisularia
i. vorhergehndn.
No. 5.)
V. Hihes Grossti-
(No. 5) bis zum
b.z.entsprechnd.
laria (No. 5).
31.Decbr.d. Jhrs.
d. vorstehenden
Jahres.
1872: 31. März
10055
5467-8
6473-3
—
1873: 2. April
990-8
5350-4
6341-2
6458-6
(5-l67VS + 9yO-8)
(31. März 1872 bis
2. April 1873 .
1874: 3. April
9626
63130
(5a50-4+9G2-6)
(2. April 1873 bis
3. April 1874.)
Den winterbiüthigen Pflanzen widerfährt bei dem eben an-
gegebenen Verfahren ihr volles Recht, mögen sie in einem und
demselben Kalenderjahre zweimal erscheinen (1872) oder durch
ein blütheloses getrennt sein (1873). Hinsichtlich des in warmen
Jahren stattfindenden abnormen wiederholten (zwei- und drei-
maligen) Blühens kann wohl angenommen werden, dass dasselbe
hier ausser Acht gelassen werden darf. Schon der Umstand, dass
es immer nur ganz vereinzelte Fälle sind, berechtigt dazu; ausser-
mittlere Jahressumme der Bestrahlung und durch Parallelbeobach-
tungen ebenso auf die mittlere Lufttemperatur des betreffenden
Ortes geschlussfolgert werden. Es hat dies unter Umständen, besonders bei
wenig oder noch gar nicht erforschten Ländern oder Länderstrecken in so-
fern einen Werth , als ein einziges Beobachtungsjahr zur annähernden —
freilich nur annähernden — Feststellung der Mittel hinreicht und die Ab-
grenzung des Jahres für den Aufenthalt gleichgültig wird.
*) Mittlere Summe für je 12 aufeioanderfolgende Monate der letzten
Jahre: 6456'5 «R.
— 123 —
dem kauu es bei ein und demselben Exemplare vorkommeu, obue
dem normalen Blühen zur gewöhnlichen Zeit Abbruch zu tliun.
Ein gewisser, nicht zu verschweigender Fehler der Hoff-
mann'schen Methode wird übrigens aus meinen nun sechsjährigen
Beobachtungen und Berechnungen ersichtlich. Es ist das Er-
seheinen verhältnissmässig zu grosser Summen in warmen Jahren
beziehungsweise solchen mit ausnehmend warmen Zeiträumen und
tritt am auffallendsten natürlich bei meiner Zählungsweise hervor.
Dabei differiren die Summen nahestehender Perioden trotz der Ver-
schiedenartigkeit der Gewächse und ihrer betreffenden Leistungen
nur unbedeutend. Hier liegt ein Fehler vor, der sich ebensowenig
absprechen als beseitigen lässt. Es handelt sich um ein phäno-
logisch unverbrauchtes Plus von Licht und Wärme, welches die
Pflanzen, gleichsam dem Aequator genähert, sicherlich in der einen
oder der anderen Weise nützlich verwertheu — also um weiter-
gehende Arbeit (Menge der assimilirten Stoffe und der aufgebauten
Theile [Holz, Blüthen, Früchte u. s. w.] sowie Qualität der Pro-
ducta [Reife des Holzes und der Früchte, Verhältniss zwischen
dem Stärke-, Zucker- und Säure-Gehalt der Letzteren u. s. w.]).
Ohne Zweifel wird es sehr darauf aukommen, in welchem Ent-
wicklungsstadium der Wärmeüberschuss zur Geltung gelangt (gute
Weiujahre),
Können die thermischen Constanten, wie das von verschie-
denen Seiten eingeworfen wird und auch nicht vollständig be-
stritten werden soll, keinen ganz exacten Maassstab für den Ein-
fluss der Sonne auf unsere Vegetation abgeben, so darf dem
gegenüber wohl hervorgehoben werden , wie nothwendig dessen
Erkenntniss — und sei sie eine noch so empirische — für den
weiteren Fortschritt auf diesem Gebiete ist. Es kann nicht ge-
leugnet werden, dass auf dem breiten Hintergrunde der Wärme-
wirk uugen sich alle anderen Einflüsse, von welchen das Wachs-
thum der Pflanzen abhängt, klar abheben werden — qualitativ
und quantitativ, zeitlich und örtlich.
Woran es noch fehlt, das sind zahlreichere Versuche uud
Beobachtungen. Stellen wir solche an! Gerade darin, dass es
gelang factische Fehler zu erkennen und zum Theil zu beseitigen,
liegt die grösste Anspornung zur Fortsetzung derselben uud zu
möglichst allgemeiner Betheiliguug.
124
lieber die tägliche siiccessive Erwärmung der
Oceane durch die Sonne
als Ursache der äquatorialen Meeresströmungen.
Vortrag, gehalten am 13. December 1873
von
Friedr. Baader.
Bekanntlich gibt es drei grosse Meeresbeweguugen : die
Wellenbewegung, hervorgebracht durch den wechseludeu Druck
der Atmosphäre; die Ebbe und Fluth, bewirkt durch die Gra-
vitation von Mond und Sonne, und die Meeresströmungen,
deren Entstehung verschiedenen Ursachen bisher zugeschrieben wird.
Die Rolle, welche diese grossartigen Bewegungen der flüssigen
Hülle im Lebeusprocesse unseres Erdkörpers spielen, wird eher
zu gering als zu hoch geschätzt. Wohl keine Kraft auf Erden
gibt es, die zerstörender wirkt als sie. Weder Erdbeben noch
feuerspeiende Berge können sich mit ihr messen. Was das wär-
mere Wasser nicht löst, das kältere als Eis nicht sprengt, das
wird von den Fluthen abgenagt, unterwühlt und in mächtigen
Massen in die Tiefe gerissen. Weite Länderstrecken fallen ihnen
zum Opfer. — Aber von ihnen werden auch wohlthätige Dämme
vor den seichten Küsten aufgeworfen. Was heute festes Land,
wird durch sie zu Meer, und was heute Meer, durch sie im Laufe
der Zeiten zu Land umgestaltet.
Aber ist die Bewegung der Wellen und Gezeiten nach den
gewöhnlichen Begriffen eine zerstörende, schädliche, so schaffen
die Meeresströmungen fast nur Wohlthätiges.
Haben auch sie eine abnagende Wirkung, wie die Zuspitzung
der dem Südpole zugekehrten Coutinente zu beweisen scheint,
so sind sie es doch , welche die Temperatur auf unserem Erd-
körper massigen und ausgleichen, welche den Meeresthieren der
heissen Zone das Leben in kälteren, und umgekehrt den Meeres-
thieren der kälteren Zone den Aufenthalt in niederen Breiten ge-
statten. Treiben sie auch ungeheure Eisberge bis tief in die ge-
mässigte Zone, so führen sie dagegen auch unzählige Bäume von
wärmeren Ländeni als Brennmaterial den vegetationslosen Einöden
— 125 -
der polaren Meere zu. Zugleich vermitteln sie durch den Trans-
port von Sämereien den Austausch der Pflanzen verschiedener
Welttheile; und was uns besonders interessiren mag, sie sind es,
welche die Westküste unseres Erdtheiles noch im hohen Norden
bewohnbar machen.
Diese letztere Bewegungen, die Meeresströmungen, sind
es nun, mit deren Ursachen wir uns in dem Folgenden ausschliess-
lich beschäftigen werden.
Werfen wir jetzt unsere Blicke auf eine chartograp bische
Darstellung der Meeresströmungen, z. B. auf die neueste Ausgabe
der Chart of the Wo r 1 d von B e r g h a u s , *) welcher als Auto-
rität in Darstellung der Resultate der neuesten Forschungen, wenn
auch durch eigene Reflexionen vielleicht zu sehr ergänzt, an-
gesehen werden kann, und betrachten wir das Weltmeer, wo es
den freiesteu Spielraum hat, das ist im Stillen Ocean und ganz
besonders in seiner südlichen Hälfte, so finden wir, zwischen Pa-
tagonieu und Neuseeland vom Südpolarmeere aus eine immense
Wassermasse in mehr oder minder östlicher Richtung in Bewe-
gung. Die Westküste Südaraerika's stellt sich ihr als Hinderniss
in den Weg. Der südlichere Theil dieser polaren Strömung drängt
sich daher als Cap -Horn-Str om in ostsüdöstlicher Richtung
um das Feuerland, um nun im Atlantischen Ocean seinen begon-
nenen Lauf in nordöstlicher Richtung fortzusetzen. Der mittlere
Arm, die Per u vianische oder Humboldt-Strömung, ver-
folgt die Westküste Südamerika's bis zu ihrer westlichsten Aus-
biegung unter dem 5*^ S. Br. Ein dritter, nordwestlicherer Arm,
welcher sich unter dem 40^ S. Br. und 100^ W. L. von dem
Mittelarm trennt, erreicht, durch die von diesem verursachte Auf-
stauung des Wassers gehemmt, die Küste nicht. Beide verei-
nigen sich aber wieder unter dem 14*^ S. Br. und 100** W. L.,
und fliessen als Süd-Aequatorial Strömung gemeinschaft-
lich nach Westen. Durch die Archipele des östlichen Austral-
landes werden sie wiederum in zwei Arme geschnitten, von welchen
der nördlichere zu einem kleineren Theile sich innerhalb der
Inselgruppen verliert, während die Hauptmasse successive in die
Aequatoriale Gegen drift eintritt. Der südlichere Arm theilt
sich ebenfalls in mehrere Zweige, von welchen der linke au der
"j Berghaus, Chart of the World. 7. Aufl.
— 126 —
Ostküste vou Neuseeland vorbei wieder iu das südliche Polarmeer
zurückfällt, währeud die rechten CTabeluugen theils der Aequatorial-
gegeudrift zufliessen, und tlieils zwischen Neuguinea und Neuhol-
laud einen Ausweg in den Indischen Ocean suchen.
In der nördlichen Hälfte des Stillen Oceans, dessen Nordseite
nur durch die Behringsstrasse mit dem Arctischen Meere in Ver-
bindung steht, sehen wir das Wasser einen grossen, elliptischen
Kreislauf beschreiben. Zwischen dem Aequator und dem Wende-
kreis des Krebses ist die Richtung der Nord-Aequatorial-
strömuug westlich. Abgestossen von der Ostküste China's nimmt
sie nun als Kuro Siwo oder Schwarze Strömung einen nord-
östlichen Lauf. Nach eingetretener Gabelung drängt sich der
kleinere, linke Arm bis zur Behringsstrasse, und durch diese hin-
durch iu das nördliche Eismeer, dem kalten Wasser dieses Polar-
beckens den Ausgang fast gänzlich verschliesseud. Der grössere,
rechte Arm, die Nordpacifische Strömung, berührt die Süd-
küste der Aleuten, um dann von der Ostküste Nordamerika's ge-
hemmt, südwestlich laerabfliessend sich schliesslich mit der Nord-
Aequatorialströmung wieder zu vereinigen, während ein kleinerer
Arm als Mexikanische Küstenströmung der Westküste entlang
bis zum Aequator hinabfliesst.
Eine kalte, polare Strömung erzeugt sich nn nördlichen
Stillen Ocean, ausser einem geringen Zufluss durch die Behrings-
strasse, nur im Behrings- oder Ochotskischen Meer, sowie im
nördlichen Theile des Japanischen Meeres.
Im Atlantischen Ocean nimmt die Strömung wegen der
vom Stilleu Ocean verschiedeneu Gestaltung seines Beckens einen
etwas modificirten Verlauf.
Eine mächtige polare Wassermasse drängt sich, wie schon
oben bemerkt, als C ap -Hörn -Ström ung zwischen den Peuer-
laudsinseln uud dem eisumstarrteu Südpol iu den Atlantischen
Oceau; andere südpolare Strömungen zwischen Amerika und
Afrika, wie die Antarctische Drift treten noch hinzu. Das
hervorspringende südliche Afrika tritt ihrer östlichen Bewegung
entgegen. Der Strom spaltet sich. Ein Theil drängt sich in den
Indischen Ocean; ein anderer Theil verfolgt als Südatlantische
Strömung in nördlicher Richtung die Westküste Süd-Afrika's
bis zum Meerbusen von Guinea und fliesst dann als Aequatorial-
Strömung westlich. Der östlichste Vorsprung Brasiliens theilt
-- 127 —
ilm uuii in zwei Arme, von welchen der südliche theils der Ost-
küste Südamerika'.s entlang, als Brasilianische Strömung
in süd-süd-vrestlicher Richtung fliessend, sich zwischen den Feuer-
lands- nnd Falklandö-Iuseln verliert , theils in einer Ellipse als
S ü d 1 i c h e V e r b i u d u n g s - S t r ö m u u g nach dem Cap der guten
Hoffnung zurückfliessend, sich wieder mit der Südatlantischeu
Ströamng vereinigt. Der nördliche Arm fliesst als Guyanische
Kü s te ü s t r ö m u u g der Nordostküste Süd-Amerika's entlang,
drängt sich durch die kleineu Antillen in das Caraibische Meer,
und von diesem in den Mexicanischen Meerbusen , um nun mit
gewaltiger Macht zwischen Florida und Cuba sich hindurchdrän-
gend, als Golfstrom im Nord-Atlantischen Ocean wieder auf-
zutreten. An der Ostküste der Vereinigten Staaten in nordöst-
licher Richtung hinziehend, und nur einen schmalen Raum für
eine polare Strömung zwischen sich und der Küste lassend, theilt
er sich auf der Höhe von Neufundland uud dem Biscayschen
Meerbusen, zwischen 40" und 50° N. B., in mehrere Arnie. Der
südlichste wendet sich gegen die Küste Spaniens, schickt einen
Theil seines Wassers nach der Meerenge von Gibraltar , fliesst
dann in südlicher Richtung au der Westküste Nordafrika's hinunter
und wendet sich, nachdem er die kleine Nordairikanische
Strömung, welche die Küste in ihren Windungen bis zum
Aequator begleitet, abgegeben, westlich, um als Nördliche
Aequatorial - Strömun g wieder den Antillen und Bahama-
Inseln zuzufliessen. Der westlichste Arm dringt an der Westküste
Grönlands entlang durch die ganze Baffinsbay bis in den Lan-
caster-Sund; ein anderer umspült im Sommer die Küsten Islands.
Während hi derselben Jahreszeit ein vierter die Westküste
von Spitzbergen bis hoch im Norden erwärmt, geht der östliche
Zweig dieses Armes die Westküste von Irland , Schottland und
Norwegen hinauf, dublirt das Nordcap und entzieht sich, die
Küsten Nowaya Semlya's bespülend, allmälig unserer Beobachtung.
Das überschüssige Wasser des Nordpolar-Beckens sucht nun,
so gut es geht, d. h. soweit es der gewaltige Golfstrom und die
Configuration der arctischen Länder es zulassen, an der Ostküste
von Gröuland, sowie an den Ostküsten des Baffinslandes und
von Labrador einen Ausweg in den Atlantischen Ocean. Sein
Weg ist an der Ostküste von Nordamerika bis fast zur Südspitze
von Florida zu verfolgen.
— 128 —
Der IndischeOceauist auf seiner Nordseite ganz verschlossen,
von hier aus kann also weder ein Zu- noch Abfluss stattfinden. Auf
seiner Westseite legt sich ihm Afrika als Barriere entgegen, während
ihm die Ostseite nur eiuige schmale Auswege zwischen den Insel-
gruppen, welche sich von Hinterindien bis Neuholland erstrecken,
gestattet. Die Südseite ist dagegen für das Eindringen der Ge-
wässer des Polarmeeres weit geöffnet. Dieser Coufiguration ent-
sprechend, gestaltet sich denn auch das Verhalten der Strömungen.
Au der Südwestspitze von NeuhoUaud bricht sich ein von
Westen und Südwesteu kommender breiter Polarstrom, theilt sich
hier in zwei Arme, von welchen der eine um die Südspitze von
NeuhoUaud in den Stilleu Ocean abweicht, während der andere,
die Westküste dieses Pestlandes in nördlicher Richtung verfolgend,
sich wiederum gabelt und einen Theil seines Wassers der Nord-
seite von Neuholland entlang in den Stillen Ocean sendet, während
der andere auf der nördlichen Seite des Wendekreises des Stein-
bocks, gleich den äquatorialen Strömungen des Atlantischen und
Pacifischeu Oceaus, eine westliche Richtung nimmt, um sich dann
auf dem Wege nach Madagascar in mehrere Arme zu spalten,
von welchen der rechte nordöstlich, der linke südöstlich sich
wendet, um nun langgestreckte Ellipsen mit dem Hauptstrome zu
bilden. Der mittlere Arm dagegen setzt noch seinen westlichen
Lauf fort, umfasst Madagascar und suclit, als Mozambique-
Strömuug au die Südostküste Afrika's gedrängt und dieser ent-
lang, in schnellem Lauf, als Agulhas-Strömung, vergeblich
einen Ausweg um das Nadelcap ; die Nadelbauk und die entgegen-
strömenden mächtigen Wassermassen zwingen ihn vielmehr zum
Rücklauf, um theils aufs Neue den Kreislauf im ludischen Ocean
zu beginnen, und theils bei den Kerguelen-Inseln einen Ausfluss
in das Südpolar-Meer zu finden.
Ein Blick auf die Karte lässt uns in der nördlichen Hälfte
dieses Oceans bis lO*' nach Süden über den Aequator hinaus ein
complicirtes System von Bewegungen sehen, welche durch die
Jahreszeiten bedingt werden, und deren Erklärung und Ent-
wirrung vf^ir später versuchen wollen.
Aber nicht blos im Indischen Ocean , in allen Meeren ver-
ändern sich die Strömungen mit der Jahreszeit, nach dem Stande
der Sonne. Sie heben sich im Sommer nach Norden und
senken sich im Winter nach Süden.
— 129 —
So liegen im Grosseu und Allgeiueiueu die Tlmtsachen.
Sehen wii* nun, wie man dieselben hat zu erklären sich be-
müht; untersuchen wir, ob die aufgestellten Theorien mit den
eben geschilderten Vorgängen übereinstimmen, und, wenn nicht, —
wie letztere sich auf eine einfache, überzeugende und der Wirk-
lichkeit nicht widersprechende Weise erklären lassen.
In dem umfassenden »Lehrbuch der Meteorologie«*),
durch welches dessen Autor, E. E. Sclimid, sich grosse und
bleibende Verdienste um die Wissenschaft erworben, werden die An-
sichten über die Meeresströmungen und ihre Ursachen in folgender
Weise zusaramengefasst :
»Die Erwärmung des Meeres geschieht ungleichförmig au
seiner freien Oberfläche. Bedeckte dasselbe o-leichmässig die Erd-
feste, so würde überall an der Oberfläche eiue Strömung von
den warmen Aequatorialgegenden nach den kalten Polargegenden
fliessen, überall in der Tiefe ein entgegengesetzter Rückstrom ....
»Zu diesen allgemeinen Bedingungen der Entstehung von
Polar- und Aequatorialströmuugen bringt jedoch die Kugelgestalt
der Erde in Zusammeuwirkung mit der Gravitation und mit der
täglichen Umdrehung ebenfalls allgemeine Entwicklungsgesetze
hinzu, die Ungleichförmigkeit und Unebenheit des Meeresbodens
und der Erdoberfläche aber besondere Beschränkungen ....
»Wäre die Erde eine ruhende Kugel, so würden die Aequa-
torial- und Polarströme in derselben Richtung, in welcher sie
beginnen, fortschreiten; ihre Bewegung wäre eben eine einfache.
Aber die Erde dreht sich täglich von Westen nach Osten um
ihre Axe, und die Bewi guug der Ströme ist eine aus dem nord-
südlicheu thermisch bedingten Antrieb und aus dieser west-
östHchen Rotationsgeschwindigkeit zusammengesetzte ....
»Die Meeresströme fliessen zwischen dem stromfreien Wasser
fast wie die Landströme zwischen ihren festen Ufern, aber mit
einer oft unvergleichlich grösseren Mächtigkeit und Geschwindig-
keit. Der Temperaturunterschied zwischen ihnen und dem strom-
freien Meere ist so gross , dass über ihre Z u r ü c k f ü h r u n g
auf Temperaturunterschiede kein Zweifel sein kann....
»Zu der directeu Erregung der Meeresströme durch die Wärme
*) Karsten's Allg. Encyklop. d. Physik. XXI. Band. Lehrbuch der
Meteorologie vod E. E. Schmid. 1860. p. 461 ff.
9
— 130 -
tritt eine indirecte hinzu; sie wird durch Verdampfimg und
Regenfall vermittelt, die sich ja nur zufällig au einem Orte das
Gleichgewicht halten werden.«
M ü li ry , welchem der Verdienst gebührt , in seiner » Lehre
von den Meeresströmungen«*) diese Theorie am consequeu-
testen durchgeführt und auf alle Theile des Weltmeeres ange-
wandt zu haben, fügt der ungleichen E r w ä r m u n g und der
Rotation noch ein drittes, von M a ur y besonders verwendetes "*)
Moment hinzu: die C o m p ensatiou , und sucht ans deren Zu-
sammenwirken die gesammten Strömungen im Einzelnen zu er-
klären. Hören wir ihn selbst:
»In der gesammten oceanischen Wassermasse auf der von
West nach Ost hin sich umwälzenden Erdkugel bestehen zwei
permanente sich durchkreuzende BcAvegungen, welche die funda-
mentalen Ströme, oder gleichsam die Achsen aller übrigen bilden.
Die eine ereignet sich der Länge nach, längs dem Aeqaator-
gürtel, sie ist die longi t ud i]i a le , die andere ereignet sich der
Breite nach längs den Meridianen , zwischen dem Aequator und
den Polargebieten, sie ist die latitu di nale. Die LTrsache der
ersten dieser Bewegungen ist die Rotation der Erdkugel
um ihre Achse unmittelbar, diese Strömung von Ost nach
West hin fliessend ist Function der Ceutrifugalkraft (wobei die
Wirkung des Passatwindes nicht verkannt werden soll); die andere
Bewegung hat zu ihrer Ursache die permanent bestehende Tem-
peratur-Differenz des Meereswassers zwischen den Polen und
dem Aequator, in Folge deren innerhalb der oberen Schichten
das kältere und daher schwerere Wasser der höheren Breiten der
Gravitation gemäss fortwährend nach dem wärmeren und daher
leichteren Wasser der unteren Breiten fliessen muss. Man beachte
wohl, dass die Gravitation wieder die eigentliche ursprüngliche
zu Grunde liegende Kraft ist, wie bei den Luftströmen.
*) Ueber die Lehre vou den Meeresströmungen. Untersuchungen von
Dr. A. Mühry. 1869.
**) Maury, Explanations and Sailing Directions etc. 1852. p. 46: >In
studying the syatem of oceanic circulation, I have found it necessary to set
out with the very obvious and simple principle, viz: that from -whatever
part of the ocean a current is found to run, to the same part a current of
equal volume is obliged to return. — Upon this principle is based the
whole System of currents and counter-currents of the air as -well as of the
water.«
— l:ll —
»Als dazu gehörend besteht für jede der beiden Bewe-
gungen nothwendig ein rückkehreuder Compensations-Strom,
und so sind beide Bewegungen vollständiger zu nennen Oircu-
latioueu ; denn ein jeder bestehender Meeresstroni niuss secundär
einen ersetzenden Rückstrom veranlassen, zur Bewahrung des
Gleichgewichts in horizontaler Ausdehnung am Orte des Ab-
flusses.« *)
Der Vollständigkeit halber wollen wir, in der Zeit rück-
greifend, noch hinzufügen, dass die Hypothese von der Einwir-
kung der Rotation zuerst von Keppler, Kant, Fourier und
Arago deutlich und bestimmt ausgesprochen wurde,**) während
der im Urtheilen so vorsichtige Humboldt, dem die Geophysik
in ihrer jetzigen Gestaltung hauptsächlich ihren Ursprung ver-
dankt, dieser Theorie offenbar misstraut und der von Franklin
aufgestellten Meinung, dass die Passat winde die Ursache des
Golfstroms seien, verbunden mit der Einwirkung der Fluthzeit
grösseres Gewicht beizulegen scheint. ***) Andere auf die Gezeiten,
die Wellen , den verschiedenen Salzgehalt der Meere etc. ge-
*) Mühry a. a. 0. p. 3.
**j Keppler. S.Opera omnia, ed. Frisch, Vol. VI. 1866, Epitome astron.
Copern. L. I. 5, VII, de motu terrae diurno p. 180: »Experientia nautica
deprehensum est, difficilius et longiori temporis spatio navigari oceanum
Africanum in orientem quam in occidentem, propterea quod. is motu perenni
ruat in occasum . . . ipse tarnen circumstautiae jam numeratae videntuv
adjungere Lunae etiam inertiem naturalem aquarum ad motum restitaiitium
in occidente, cum terra se subducat in orientem.«
Kant, Physische Geographie B. I ed. Rink § 29: »Die allgemeine Be-
wegung des Oceans von Ost nach West rührt her von der Umdrehung der
Erde um ihre Achse von West nach Ost, indem dadui'ch das Wasser
gleichsam zurückgeschleudert wird.«
Fourier (in Anuales de chim. et phys. 1824, pag. 140): »la force
centrifuge . . . deplace ... les parties ... de l'ocean, eile y entretient des
courants reguliers et immenses.«
Vergl. Mühry a. a. 0, p. 6 u. 7.
***) Poggendor ff's Annalen 1827 p. 5. In dem Artikel ȟeber die
Hauptursachen der Temperatur- Verschiedenheiten auf dem Erdkörper« sagt
A. v. Humboldt: »Ich brauche nicht iu Erinnerung zu bringen, wie die von
den Passatwinden immer gleichförmig bewegten Wasser de^ Atlantischen
Oceans, gegen den vorstehenden Damm der Landenge von Nicaragua ge-
trieben, sich nordwärts wenden« ....
Kosmos 1845 p. 326: »Die allgemeine Bewegung der Meere zwischen
den Wendekreisen von Osten nach Westen (Aequatorial- oder Rota-
— 132 —
gründete Hypothesen übergehen wir als von der Wissenschaft
fallen gelassen. Maury, welcher sich für keine der augeführten
entscheiden mag, begnügt sich , als hinreichend für seine Er-
klärungen, mit der Compensation, *) welche Mühry dann,
wie wir gesehen haben, als drittes Moment, der ungleichen Er-
wärmung und Rotation hinzufügt.
Das physikalische Grundgesetz , auf welchem die thermalen
Meeresströmungen beruhen, lässt sich so aussprechen:
Wird eine im Gleichgewicht befindliche Wassermasse an einer
Stelle erwärmt, und somit ausgedehnt, leichter, so sucht das käl-
tere, schwerere Wasser das Gleichgewicht wieder herzustellen ; es
fällt von der nicht, oder weniger, erwärmten Stelle zu der erwärm-
teren, und zwingt das erwärmte, leichtere, nach oben abzufliesseu.
Da nu]i die Erde in den Aecjuatorialgegeuden stärker erwärmt
wird, als in den höheren Breiten, so strömt das kältere Wasser
der letzteren nach der erwärmteren Zone und das Wasser dieser
sucht sich einen Abfluss.
»Wäre die Erde eine ruhende Kugel,« — sagt Schmid**) —
so würden die Aequatorial- und Polarströme in der.selben Rich-
tung, in welcher sie beginnen, fortschreiten ; ihre Bewegung wäre
eben eine einfache.«
Nicht so einfach; wie es auf den ersten Blick scheint, denn
wir müssen dabei drei Fälle unterscheiden:
Wäre z. B. die Erde eine ruhende Kugel und die Sonne stände
ebenfalls still, was würde dann geschehen ?
Die Sonne vvürde stets auf eine und dieselbe Stelle ihre
wärmsten Strahlen senden, und die letzterer gegenüberliegende
würde gar keine directe Wärme empfangen. Es würde auf der
Erde nur ein Wärme- und nur ein Kältepol sein. Es müsste
dann eine von der jetzigen sehr verschiedene Strömung eintreten.
Nehmen wir aber die Erde als stillstehend an, und doch die
ganze Aequatorialgegeud als gleichzeitig und gleichmässig erwärmt,
so würden wir uns die Sonne nicht als eine Kugel, sondern als
t i 0 11 s - Strom genannt) wird als eine Folge der fortschreitenden Fluthzeit
und der Passatwinde betrachtet.«
Man sieht, wie vorsichtig Humboldt hier sich ausspricht und selbst
gar kein Urtheil fällt.
*) Maury a. a. 0. p. 46.
**} Schmid a. a. 0. § 433.
— 133 —
einen grossen, glühenden Reif vorstellen müssen, welcher die Erde
nnigäbe, wie der Ring des Batnrn seinen Planeten; dann würde
allerdings eintreten, was die Physiker, welche sich mit der Ursache
der thermalen Strömungen beschäftigt haben, annehmen, — dann
»würde überall an der Oberfläche eine Strömung von den warmen
Aequatorialgegenden nach den kalten Polargegendeu fliessen, über-
all in der Tiefe ein entgegengesetzter Rückstrom.«
Stände aber die Erde still nud die Sonne bewegte
sich um dieselbe von Ost nach West, so würde — und
das ist übersehen M-orden — ganz dasselbe eintreten, was
jetzt stattfindet. Und das eben ist das Punctum saliens.
Diese drei Fälle aber haben die bisherige» Erklärer der
Meeres- (und, fügen wir gleich hinzu, der Windes-) Strömungen
nicht auseinandergehalten und daher auch den Verlauf sich nicht
klar vorstellen können.
Wir kommen nun zur Ablenkung der thermalen Ströme
durch die Rotation. Die physikalische Hypothese lautet:
»Ein Punkt der Erdoberfläche .... beschreibt nämlich täg-
lich einen Kreis parallel dem Aequator, dessen Durchmesser gleich
ist dem Abstände des Punktes von der Erdaxe .... Wird nun
von irgend einer Breite aus eine Aequatorial- oder Polarströmung
erzeugt, so wird ihre Bahn doch nicht durch den südnördlichen
oder nordsüdlichen Antrieb allein bedingt, sondern zugleich durch
die w^estöstliche von der Axendrehung der Erde herrührende Be-
wegung. Indem eine Polarströmung zu niedrigeren Breiten gelangt,
behält sie die westöstliche Rotation des Ortes, von wo sie aus-
ging, mit unverändeter Geschwindigkeit bei« ....*)
Fangen wir, wie unsere Vorgänger, nochmals bei der ruhenden
Erdkugel an , auf welcher sich das Wasser ebenfalls in überall
ruhendem Gleichgewicht befinden muss, und lassen wir, in Ge-
danken, die Rotation beginnen. Das Meer würde ohne ungleich-
massige Erwärmung auf allen Punkten der Erde die Rotations-
geschwiudigkeit der Breiten haben, auf welchen es sich befindet,
aber nirgend seinen einmal eingenommenen Platz verlassen. Nun
erscheint plötzlich die Sonne auf ihrer jetzigen Stelle, im Bereiche
der Erde, und erwärmt das Meer in der Aequatorialgegend.
Wie müsste sich uothwendig der Verlauf gestalten, w^enn die
*) Schmid a. a. 0. § 433.
- 134 —
Hypothese von der Einwirkung der Rotation auf die Ablenkung
der thermalen Strömungen gegründet wäreV
Suchen wir uns dies durch eine graphische Darstelking zu
veranschaulichen.
Die pohire Strömung müsste auf ihrem Wege, um das durch
die starke Erwärmung in den Aequatorialgegenden gestörte Gleich-
gewicht wieder herzustellen, — wenn sie wirklich »die west-
östliche Rotation des Ortes, von wo sie ausging, mit
unveränderter Geschwindigkeit« beibehielt, auf der
nördlichen Halbkugel in südwestlicher, und auf der südlichen
Halbkugel in nordv/estl icher Richtung abweichen, wie die
Pfeile SB . . . auf der Zeichnung.
Die in den Aequatorialgegendeu erwärmten Wasser müssten
ihrerseits , wegen ihrer grösseren Rotationsgeschwiudigkeit , bei
ihrem Abfliessen nach höheren Breiten, nach Norden in nord-
östlicher, und nach Süden in südöstlicher Richtuug laufen,
Avie die Pfeile AÄ . . .
Die warmen und kalten, die Aequatorial- und Polarströme
müssten dort, wo ihre Kräfte sich das Gleichgewicht halten, noch
stärker ausbiegen , oder stillstehen , oder der eine Strom müsste
untertauchen und deu andern über sich hinweggehen lassen. Auch
in letzterem Falle würde die Richtung dieselbe bleiben.
Aber finden wir dies durch die That bestätigt? Im Gegen-
theil; wir sehen die Strömungen selbst dort, avo sie den freiesttn
— 135 —
Spielraum, wie iu der südlichen Hälfte des Grossen Oceans haben,
gerade in entgegengesetzter Richtung sich bewegen.
Wäre es die Rotation, welche die Ströme lenkte, so würden
ja in diesem Oeean die Aequatorialströme statt von Amerika nach
Asien, von Asien nach Amerika tlicssen müssen, und die Compen-
satiou durch den antarctischeu Polarstrom würde , statt der ame-
rikanischen, im Gegeutheil der australischen Küste enilaug statt-
finden.
Nun sehen wir sogar auf dem Aequator selbst eine östliche
Strömung, die äquatoriale Gegendrift, welche also eine
grössere Geschwindigkeit haben muss als die Rotationsgeschwin-
digkeit der Breiten, in welchen sie entsteht, selbst.
Ganz denselben Verlauf wie im südlichen Stillen Ocean
sehen wir im südlichen Atlantischen und selbst im Indischen
Ocean sich vollziehen.
Könnten wir den arctischen Strömungen, soweit sie bis jetzt
bekannt sind, eine von der hemmenden Gestaltung des Nordpolar-
beckens unabhängige, selbständige, nur von den thermalen Ein-
flüssen und der Rotation bedingte Richtung zuschreiben, so würden
wir finden, dass sie allein von allen Strömungen der Rotations-
theorie gemäss sich bewegen. Aber dann wäre es um so auf-
fälliger, dass sie gerade den entgegengesetzten Lauf der antar-
ctischeu Strömungen nehmen, dass sie nämlich statt einer östlichen
Richtung, wie sie die südpolaren Strömungen zeigen , eine west-
liche besitzen; denn der aus der Hudsons- und Baffins~ßai kom-
mende kalte Strom drängt sich an der Ostküste Amerika's entlang,
und die von beiden Seiten Spitzbergens herkommenden nehmen
ebenfalls eine westliche Richtung. Wir hätten also in den nörd-
lichen Polargegenden eine Richtung nach Westen, und in
den südlichen eine solche nach Osten.
Vergeblich wird mau suchen , diesen Widerspruch mit der
Rotationstheorie in Einklang zu bringen. Ebensowenig wird man
uns zumuthen können, die Richtung der überall gehemmten nord-
polaren Ströme als die gesetz massige und die, der im freie-
sten Spielräume sich bewegenden, südpolareu als Ausnahmen
von der Regel, als zufällige zu betrachten — wie sehr man
auch die »Compensation« zu Hülfe rufen mag.
Eine nothwendige Cousequenz der Rotationstheorie ist auch
folgende Annahme :
— 136 —
»Dass Ströme beim Uebergreifen aus einer Hemisphäre iu
die andere ihre Ablenkung zuerst verlieren, dann in die entgegen-
gesetzte umkehren, versteht sich aus den vorigen Betrachtungen
von selbst. Setzt sich ein nordöstlicher Polarstrom« (d. h. ein
südwestlich fliessender) »der nördlichen Hemisphäre über die
südliche Hemisphäre fort, so geht er durch Nord nach Nordwest«
(d. h. auf die Richtung bezogen : durch Süd nach Südost) »über,
und ebenso ein südöstlicher« (d. h. in nordwestlicher Richtung
fliessend) »der südlichen Hemisphäre durch Süd nach Südwest«
(d. h. durch Nord nach Nordost fliessend). *)
Der Südatlantische Strom müsste also, wenn die Rotation
seine Richtung bedingte, nachdem er der Südwestküste Af'rika's
hinabgeflossen und in nordwestlicher Richtuug den Aequator über-
schritten hat, was zwischen dem 10. und 20*^ w. L. Greenw. statt-
findet, sich nach Osten umdreheu. Statt dessen aber geht er mit
vermehrter Geschwindigkeit durch 80 Läugengrade in west-nord-
westlicher Richtuug weiter, bis er — nachdem er einen Weg
durchlaufeu, der, wenn Avir zugleich die diagonale Richtung von
circa 20° nach Norden mit in Rechnung ziehen, über eiu Viertel
des Erdumfanges beträgt, und erst nachdem er im Caraibischen
Meer und Mexicanischen Meerbusen überall mit dem Kopfe ange-
stosseu, — sich endlich besinnt, dass er ja der Theorie nach schon
beim Uebersch reiten des Aequators (d. h. wenn wir seine mittlere
Geschwindigkeit zu 20 g. Seemeilen in 24 Stunden**) annehmen,
seit ungefähr dreiviertel Jahren verpflichtet gewesen, nach
Osten einen Ausweg zu suchen.
Wir sehen ferner, soweit bis jetzt Beobachtungen vorliegen,
dass sich die Meeresströme, analog den Passatwiudeu, im Sommer
anders verhalten als im Winter, dass sie im Allgemeinen in un-
serem Sommer sich nach Norden heraufbewegen und im Winter
nach Süden hinab.
»Wenn der Golfstrom die Küsten der Vereinigten Staaten
verlässt, fängt er an, seinen Weg durch den Ocean, den
*) Schmid a. a. 0. p. 464. Schmid's Bezeichnung der Drehungen
ist von den Winden genommen, welche nach ihrer Herkunft benannt wer-
den; auf die Meeresströme bezogen, muss die Richtung bezeichnet werden,
welche dieselben nehmen; ich habe diese in Klammern zur Erläuterung
beigefügt.
**) Berghaus, Chart of the World. 7. Aufl.
- 137 —
Jahreszeiten gemäss abzuäuderu. Die Greuze seines Nord-
raudes liegt bei seinem Durchgange durch den Meridian des Cap
Race im Winter zwischen 40 —41 " N. Br. und im September,
wenn die See am wärmsten ist, zwischen 45 und 46 "^ N. Br.« *)
Im Sommer steigt die äusserste Spitze des Golfstromes über Spitz-
bergen und den 80° N. Br. hinaus, während er im Winter nicht
bis zur Bären-Insel reicht. **)
Der Mozambiquestrom au der Südost - Küste Afrika's biegt
»während des Sommers (Februar und März) in einem weiten,
13° östl. L. Greeuwich und 45° südl. Br. berührenden Bogen,
während des Winters (Juli) in einem kürzeren zwischen 16° ö. L.
und 41° südl. Br.« nach Osten um.***)
Auch der Malabarstrom im Indischen Ocean fiiesst von April
bis October von Westen nach Osten und von October bis April
von Osten nach Westen; anderer kleinerer Strömungen, die einem
ähnlichen Wechsel unterliegen, nicht zu gedenken, f)
Dass auch ein solches Heben und Senken bei den Aequa-
torialströmen stattfinden müsse, sehen wir aus dem Verschieben
der Isothermen der Meeresoberfläche je nach den Jahreszeiten, ff )
*) Maury-Böttger, Die phj's. Geogr. des Meeres. 1859. p. 29.
**) Vergl. die Karten in Petermann, Der Golfstrom, in »Mittheilungen«,
16. Bd.- 1870. VI. u. VII. Theil.
***) Schmid a. a. 0. p. 470.
f) Vergl. Berghaus, Chart of the World, 7. Aufl. Ferner: Berghaus
phys. Atlas, Abthlg. Hydrographie No. 4. Schmid a. a. 0. p. 471. f.
tt) Schmid a. a. 0. p. 254 fF. u. Atlas dazu, Taf. II— V. Man ver-
gleiche namentlich die Isotherme von SC^ F. deren diagonaler, aber dem
Atlantischen Aequatorial-Strom paralleler Verlauf ihre Beziehung zu diesem
am deutlichsten nachweist: »Auf der nördlichen Hemisphäre erreicht sie
die höchste Breite im August und September , nahe der amerikanischen
Küste beinahe den 40sten Breitegrad und läuft östlich bis in die Mitte des
Atlantischen Oceans; hier biegt sie steil um in der Eichtuug etwa gegen
Cap Palmas; im August scheint sie jedoch die afrikanische Küste nicht zu
berühren, wie im Juli .... Vom October an geht sie rasch rückwärts, bis
zum Februar, wo ihre Lage etwa 5" n. Br. ist Vom Januar bis zum
April nimmt sie das Carai bische Meer und bis zum Juli den Golf von
Mexico ein , zieht sich den Küsten entlaug bis zu 40*^ n. Br. und von da
als eine schmale Zunge zwischen 35 und 40* n. Br. östlich bis 55° vv. L.
(Greenwich) .... Auf die südliche Hemisphäre scheint dieselbe Isotherme —
auf Maury's Karten ist die Linie nicht ausgezogen — während des August
nur in der Nähe der Küste und nur wenig überzugreifen , und auch im
September schneidet sie ... . fast ganz mit dem Aequator ab. Den weitesten
- 138 -
Aber die StrömuDgeu heben und senken sich nicht blos mit
dem Staude der Soune ; auch ihre Geschwindigkeit ändert
sich nach derselben.
»Mit der Temperatur des Caraibischen Meeres und des Golfs
von Mexico nimmt auch der Golfstrom jährlich an Intensität zu
und ab. Seine mittlere Geschwindigkeit in den Eugen von Bemini
ist im März nur ^/4 geogr. Meilen in der Stunde, im Sep-
tember y4 . « *)
Wäre es die Rotation, welche die Ablenkung der Strömungen
veranlasste, so müsste in allen Jahreszeiten derselbe Verlauf statt-
linden, oder wir müssten annehmen, dass ihr Angriffspunkt im
Sommer ein anderer sei als im Winter: und doch kann, der
Natur der Sache nach, ihre grösste Wirkung sich stets nur au
einer und derselben Stelle, am gross ten Kreise, also nur am
Aequator geltend machen.
Wir haben nun aber bereits drei Bewegungen kennen ge-
lernt, welche von allen Geophysikern dem Stand der Sonne zu-
geschrieben werden:
1. die allgemeine thermale Bewegung von den Polen zum
Aequator und umgekehrt, hervorgerufen durch die un-
gleiche Erwärmung in den verschiedenen Breiten während
des ganzen Jahres :
2. das Sich -Heben und Senken der longitudinalen Strö-
mungen von Norden nach Süden und umgekehrt, je
nach der Jahreszeit, veranlasst durch das Sich-Heben und
Senken der Sonne zwischen den Wendekreisen und
3. die grössere oder geringere Geschwindigkeit dieser Strö-
mungen, welche ebenfalls durch die Verschiebung des
Laufes der Sonne zwischen den Wendekreisen während
des Jahres bedingt wird.
Wenn man nun den jährlichen thermalen Einflüssen der
Raum umspannt sie im Februar, zwischen der südamerikanischen Küste
und dem 20° w. L. (Greenwich) bis nahe 25*' s. Br. ; im Januarsmittel er-
scheint sie wieder sehr zurückgedrängt; im März und April erreicht sie
eine mittlere südliche Breite von 10"; von da geht sie wieder bis zum
August rückwärts, stets mit der brasilianischen Strömung der Küste von
Südamerika entlang in höhere Breiten geführt als auf der afrikanischen
Seite.« In dem Herauf- und Hinabrücken der Stilte- Gürtel sehen wir deut-
licher das analoge Verhalten der Winde.
*) Schmid a. a. 0. p. 468.
— 139 —
Sonue, modificirt durch die Neigung der Erdaxe zu ihrer Bahn,
solche mächtige Bewegungen der (rewässer der Oceaue zugeschrieben
hat und zuschreiben musste ; wie kam es, ' dass man nicht auch
den täghchen Stand der Sonne in Rechnung zog, um eine dritte
Modification der Bewegung der Meere, uämhch die Ablenkung
von ihrem m e r i d i o n a 1 e n Lauf zu erklären ?
Die einfache Antwort darauf ist wohl : weil das Wort »Ro-
tation« einmal ausgesprochen war; — wenn auch ausgesprochen
zu einer Zeit, wo unsere Kenntnisse von den Meeresströmungen
noch die allerdürftigsten waren , aber gestützt durch Namen wie
K e p p 1 e r , K a n t u. s. w.
Aber so wie die ungleiche Erwärmung des Meeres in den
verschiedenen Breiten durch die Sonne es ist, welche die meri-
d i 0 n a 1 e n Strömungen erzeugt, so kann es auch nur die ungleiche
Erwärmung durch das tägliche Fortrücken der Sonne von
Osten nach Westen sein, welche die Ablenkung der Ströme
von dieser meridionalen Bahn hervorruft.
Der mit dem Thermometer messbare Unterschied der
stündlichen Erwärmung der Meeresoberfläche ist zwar nur ein
geringer, aber die Differenz zwischen den zwei Sommern und
zwei Wintern der Aequinoctialgegend beträgt weniger als der
Unterschied zwischen Tag und Nacht.*) Wenn nun dieser
geringere Unterschied zwischen den Sommern und Wintern der
Aequinoctialgegend den Golfstrom um fünf Breitegrade herabzu-
ziehen vermag, so werden wir wohl dem grösseren Unterschiede
zwischen Tag und Nacht auch eine grössere Wirkung auf die
Meeresbewegungeu zuschreiben müssen.
Auch bei dieser täglichen ungleichen Erwärmung und der
mit ihr verbundenen Evaporation muss nothwendig stets das
weniger erwärmte, und durch Verdunstung weniger verminderte
Wasser zur Herstellung des Gleichgewichts dem mehr erwärmten
und durch Verdunstung zugleich stärker verminderten zuströmen; —
und wenn die Erwärmung und Verdunstung fortschreitend
ist, so muss auch die dadurch erzeugte Bewegung eine fort-
schreitende sein.
Sobald der erste Strahl der Sonne das Meer trifft, beginnt
die Wirkung. Sie nimmt gradatim zu bis zur Culmination —
*) Schmid a. a. 0. p. 114. § 165.
~ 140 —
und, wie die Erfahrung zeigt, noch längere Zeit darüber hinaus —
um dann ebenso stufenweise und langsam wieder abzunehmen.
Aber beim letzten Strahl kommt nicht die grösste Abnahme zur
Geltung, sie tritt erst viel später ein — kurz vor Aufgang der
Sonne.
Verfolgen wir nun den scheinbaren Lauf der Sonne ; be-
halten aber dabei im Gedächtniss, dass die Meere zwar auf der
nördlichen Seite durch die Coutinente zum Theil von einander
geschieden, ihr Zusammenhang aber auf der südlichen Seite nicht
unterbrochen ist.
Ungefähr um unsere Mfttagszeit, wenn die Sonne durch den
Meridian von Hamburg, Ulm, Tunis und der Bai von Biafra,
dem Anfange des Meerbusens von Guinea, geht, und dort ihre
grösste Wärme entwickelt, beleuchten ihre letzten Strahlen noch
den ganzen Indischen Ocean bis Sumatra, während ihre ersten
bereits auf den Stillen Ocean an der Küste von Ecuador fallen.
Mit jeder Stunde schreitet ihr Höhepunkt um 15^ nach Westen
vor. — Um 4 Uhr culminirt sie über der Mündung des Ama-
zoneustromes ; ihre Strahlen reichen im Grossen Ocean bis zu den
Marquesas-Inseln, während sie im Osten den Indischen Ocean an
der Ostküste Afrika's verlassen. Um (3 Uhr culminirt sie über
dem Anfang des Grossen Oceans an der amerikanischen West-
küste und sendet ihre westlicheu Strahlen bis über die Mitte
dieses Oceans — bis zu den Phoenix- und Samoa- oder Scbiffer-
Inseln; aber ihre letzten verlassen den Atlantischen Ocean au
der Westküste von Afrika. Um 10 Uhr culminirt sie über den
Marquesas-Inseln ; ihr letzten östlichen Strahlen verlassen den
Atlantischen Ocean au der Mündung des Amazon, während ihre
eisten, westlichen über Neu-Guiuea hinweg bereits die Molukken
erreichen. Um 12 Uhr Nachts nach unsei-er Zeit culminirt sie
über der Mitte des Grossen Oceans, dem Meridian, welcher das
Ostcap au der Behringsstrasse im Norden, und die Samoa-Inseln
im Süden schneidet; während ihre östlichen Strahlen noch bis
zum Anfange des Grossen Oceans au der Westküste von Süd-
amerika reichen, berühren ihre ersten, vrestlichen das Ende dieses
Oceans und bescheinen bereits die Halbinsel Malacca und die
Insel Sumatra, und reichen bis in deu Indischen Oceau selbst.
Um 6 Uhr Morgens n. u. Z. , culminirt sie über dem Anfang
des Indischen Oceaus, der Strasse von Malacca; ihre letzten
— 141 —
Strahlen verlassen die Mitte des Stillen Oceans, während ihre
ersten, westlichen, ganz Afrika bescheinen und bereits den At-
lantischen Ocean unter dem Meridiane berühren, von welchem
wir ausgegangen sind.
Wir sehen also, dass um 12 Uhr Mittags nach unserer Zeit
die ersten Strahlen der Sonne auf den Grossen Ocean im Osten
um dieselbe Zeit fallen, in welcher ihn ihre letzten im Westen
verlassen. Die Bestrahlung und ihre Wirkung ist in diesem
Oeeane eine ununterbrochene, selbst des » todten Punktes« er-
mangelnd.
Die erste Erwärmung vom geringsten täglichen Betrage bis
zum höchsten am Mittag findet demnach in diesem Meere an der
Westküste Amerika's statt, und schreitet von hier aus in 12 Stun-
den successive über das ganze Aveite Becken nach Westen fort.
Der erste Zudrang kälteren Wassers inuss also auch au der
Westküste Amerika's erfolgen, einmal, weil hier die Erwärmung
beginnt, und zweitens, weil hier während des Umlaufes der Sonne
um die Erde auch die vevhältnissmässig grösste Abkühlung des
Wassers eingetreten ist.
Dieser Zudrang des kälteren Wassers darf nun aber nicht
als ein Fliessen im gewöhnlichen Sinne betrachtet werden, welches
von den Polen aus seinen Anstoss erhält, sondern als ein Fallen
des kälteren, schwereren Wassers in das nächste wärmere und
daher aufgelockerte; ein Fallen, das sich ohne Unterbrechung am
Anfangspunkte wiederholt und rückwärts ohne Unterbrechung
sich immer weiter fortsetzt, und so die Bewegung erzeugt, welche
uns als eine gleichmässig dahin sich bewegende Strömung er-
scheint. Gehen wir von dieser einzig richtigen Anschauungs-
weise aus, so erhält die Theorie von der Beibehaltung der Ro-
tationsgeschwiudigkeit des Ortes, von welchem die Bewegung
ausgegangen *), eine ganz andere Bedeutung ; d. h. sie fällt in
der von den Geophysikern bisher versuchten Anwendung auf die
Polarströme in sich selbst zusammen, da diese den Impuls zu
ihrer Bewegung eben nicht von den Polar- sondern von den
Aequator ial-Gegeuden aus empfangen, und somit ihre An-
fangsgeschwindigkeit gar nicht in den erstereu, son-
dern in den letzteren zu suchen ist.
*) Schmid a. a. 0. p. 462.
— 142 —
Ist nun die Bewegung im Osten des Grossen Oceans erst
eingeleitet, so muss dem ersten Nachstuvz des benachbarten käl-
teren Wassers ununterbrochen ein anderer folgen, und da die Er-
wärmung nach Westen fortschreitet, so wird auch das nach-
stürzende Wasser gezwungen, ebenfalls nach Westen ihr nach-
zueilen, und ferner, da es seinen Ersatz stets im Rücken suchen
und finden wird, so muss es sich nothwendig zu einer äqua-
torialen Strömung in westlicher und einer polaren in
östlicher Richtung gestalten.
Hört die Bestrahlung im Westen des Grossen Oceans auf, so
beginnt sie — wie wir gezeigt haben — bereits wieder im Osten;
— und so seheu wir Ursache und Wirkung unmittelbar, und
immer in dersel'ten Richtung auf einauder folgeii.
Gäbe es keine Coutinente, so würden wir in der heissen Zone
einen Strom finden , welcher in ostwestlicher Richtung ununter-
brochen die Erde umkreiste. Den grossen Aequatorialströmuugen
des Pacifischen Oceans stellen sich nun aber das Australland und
die Küsten Asiens entgegen und zwingen sie — da sie eben über
das Festland nicht hinwegköunen — nach Norden und Süden
einen Ausweg zu suchen. Da aber in der nördlichen Hälfte dieses
Oceans die immer weiter vorspringenden Küsten Asiens auch immer
neue Hemmnisse bereiten, so gestaltet sich der Abflugs dieser Con-
figuratiou gemäss, zu einer Carve, welche zuerst als Kuro Siwo, der
einen kleineren Arm nach der Behringsstrasse sendet, und nordpaci-
fische Strömung in östlicher und dann au der Westküste Nord-
Amerika's in südlicher Richtung entlang ihren Lauf nimmt.
Da dieser rücklaufende Strom wohl keine grössere Geschwin-
digkeit als die südliche Verbinduugsströmung des Atlantischen
Oceans haben dürfte, nämlich 15 Meilen (60 auf einen Grad) in
24 Stunden, so braucht er über ein Jahr, um von seinem Anfangs-
punkte an der chinesischen Küste bis zur Küste von Californien
zu o-elangeu. Seine Temperatur ist auf diesem langen Wege so
bedeutend abgekühlt, dass er, von der grösseren Erwärmung in
den Aequatorialgegenden wie ein Polarstrom afficirt, zwischen dem
Wendekreise des Krebses und dem 10° n. B. als Nord-Aequatorial-
strom sich nach Westen wendet und den elliptischen Kreislauf
wieder beginnt.
In der südlichen Hälfte des Grossen Oceans treten dem aus-
weichenden Strom im Westen die austrahschen Inselgruppen und
- 143 -
der australische Coutineiit. und im Süden die mächtigen antar-
ctischen Strömungen entgegen und modificiren seinen bis jetzt nicht
hinreichend bekannten Kreislauf.
Im Atlantischen 0 c e a n haben wir einen abweichenden,
aber für unsere Zwecke um so belehrenderen Vorgang ; denn hier
treten nicht nur die pohiren Strömungen, sondern der Aequa-
torialstrom selbst sogar in zwiefacher Weise der Rotatioustheorie
entgegen.
Im Süden, zwischen den Feuerlands-Iuseln und dem Cap der
guten Hoffnung, öffnet sich ein weiter Eingang, welcher fast ein
Viertel des Erdumfanges in diesen Breiten einnimmt. Dann schnürt
sieh das trichterförmige Becken au den vorspringenden Küsten
von Nordafrika und Brasilien bis auf ungefähr 25 Längengrade
zusammen; dehnt sich jedoch in der Diagonale von dem Wende-
kreise des Steinbocks an der afrikanischen Küste bis zum Wende-
kreise des Krebses an der mexicanischen über mehr als 120 Län-
gengrade aus; verengert sich nach Norden allmälig wieder, um
— mit der Behriugsstrasse verglichen — noch immer einen breiten
Doppelausgaug nach dem arctisclien Meere zu gestatten.
Vom südlichsten Theile des Stillen Oceaus und vom antar-
ctischen Meere kann daher eine grössere Wassermasse eindringen,
als der verengte Theil des Beckens zu fassen vermag; und da
zugleich die grösste Erwärmung hier nicht in der schmalen Aequa-
torialgegend, sondern wiegen der diagonalen Länge dieses Oceaus
zwischen dem Aequator und dem Wendekreise des Krebses im
Caraibischen Meer und Mexicanischen Golf stattfindet, so wird
der schon südlich vom Aequator in westliche Richtung gelenkte
Strom, — nachdem er einen Arm als Brasilische Küsteuströmung
nach Südwesten und als südliche Verbiudungsströmung nach Süd-
osten gesandt — , direct der Rotationstheorie zuwider, über den
Aequator gezogen und gedrängt, um später durch die Strasse von
Bemini brechend, als Golfstrom so viel Wasser nach dem arcti-
schen Becken zu schicken, als dies bei gehemmtem Rückfluss zu
fassen vermag, und mit dem übrigen Theile im nördlichen Atlan-
tischen Ocean einen Kreislauf zu vollziehen, wie wir ihn im nord-
hemisphärischen Grossen Ocean bereits kennen gelernt haben.
Die nordöstliche Drehung des Golfstroms wird natürlich
ebenso von der Gestaltung der nordamerikanischen Ostküste be-
dingt , wie die nordöstliche Ablenkung des Karo-Siwo oder
— 144 —
Japanischen Stromes im Grossen Ocean, Im Caraibisdaen Meer
vermochte der Aequatorialstrom weder die Landenge von Panama,
noch im Mexicanischen Golf die von Tehuantepec zu überschreiten.
Da er somit nicht weiter westlich seineu Lauf nehmen konnte,
ihm aber in Osten ein Ausweg blieb, so wählte er diesen. Seiner
vermeinten Rotationsgeschwiudigkeit ist dabei eben so wenig ein
Verdienst zuzuschreiben, wie der nordöstlichen Richtung des Golf-
stroms, welch letzterer je nach den vor- und zurückspringenden
Theileu der Ostküste Nordamerika's sich ebenfalls aus- und ein-
biegt, bis er durch Nova Scotia, Neu-Fundland und den entgegeu-
dräugenden Labradorstrom genöthigt wird, eine fast rein östliche
Richtung anzunehmen, um dann, befreit von diesen Fesseln, trotz
Rotation und Anfangsgeschwindigkeit, nach allen Richtungen der
Windrose zwischen West, Nord und Ost, seine Arme dem Folar-
meere zuznsenden.
Wegen der Enge des arctischen Beckens müssen wir
annehmen , dass der Vorgang sich hier anders gestaltet wie im
antarctischen, dessen ungehemmte Wassermassen freien Zugang zu
den Aequatorialgegenden haben und daher selbst auf die nördliche
Hemisphäre hinüberdringen. Im Atlantisehen Ocean ist es unver-
kennbar, dass aus seinem südlichen Theile Wasser durch den
Golfstrom in den nördlichen gelangt, und eben dieser Golfstrom
dürfte wohl die einzige Ursache aller Bewegungen im Nordpolar-
ßecken sein, indem er, dort einen Kreislauf beschreibend, sein
abgekühltes Wasser als arctische Strömungen wieder hinaussendet.
Die zwischen Norwegen und Grönland herabkommeuden
Strömungen suchen überall ihren Weg, wo ihnen der Golfstrom
nicht den Ausgang versperrt; einer von ihnen fliesst sogar der
Westküste Grönlands herab, und an der Ostküste wieder hinauf.
Der aus der Hudson- und Davisstrasse sich herabwindende Labra-
dorstrom läuft auf der Höhe von Neu-Fundland der Rotation
entgegen, bis er auf den Golfstrom stossend und diesen ebenfalls
zum Ausweichen zwingend, wieder westlich ablenkt, um bei den
Bahama-Inseln, trotz seines Ursprungs, der Rotation sich wieder
entgegen zu bewegen.
Ein ähnliches Verhalten der polaren Strömungen zeigt sich
im nördlichen Grossen Ocean. Aus dem Ochotskischen und
Behringsmeere kommen kältere Wasserzüge herab, welche sich
theils an der chinesischen und japanischen mit der Rotation,
— 145 —
imd theils an der nordamerikauischeii Küste, gegen die Rotation,
niederen Breiten zuwenden, ohne in Wirklichkeit eine andere
Regel in ihrem Laufe zu befolgen , als den mächtigeren warmen
Strömungen auszuweichen.
Der Verlauf im Indischen Ocean, ist der allercomplicirteste.
Nicht nur ist die von vielen grossen Busen gebildete Nordseite
dieses Meeres ganz verschlossen , während die Südseite dem ant-
arctischen Strome eine Oeffuung von einem Viertel des Erdum-
fanges bietet, sondern seine Ostseite steht auch durch viele
Strassen mit dem Grossen Oceaue in Verbindung und wird vou
diesem nicht wenig beeiuflusst.
Zwischen dem 20. uud 10. Grad s. Br. nach Berghaus und
Schmid (den Aequator berührend nach Maury-B ö ttger),*) sehen
wir auch hier einen nach Westen gerichteten Aequatorialstrom,
gewöhnlich als »Passat-Drift« bezeichnet, welcher vor Madagascar
angekommen, zwei normale rücklaufeude Arme. zeigt: einen nörd-
lichen am Aequator sich hinbewegenden, und — analog der Bra-
silischen Küsten- und südlichen Verbiudungsströmung im Atlan-
tischen Ocean, und dem südhemisphärischeu rücklaufenden Arme
des Grossen Oceaus — eiuen südlichen, welcher, verstärkt durch
den vom nördlichen Arme abgezweigten Mozambique-Strom, nach-
dem er versucht liat, um die Südspitze Afrika's zu dringen, von
der entgegenkommenden Antarctischen Drift des Atlantischen
Oceans gezwungen, sich südlich wendet; hier aber, wiederum
durch polare Strömungen gehindert, seinen Weg in gerader Linie
nach Osten fortsetzt, um schliesslich .an der Westküste von Neu-
Holland, vermischt mit dem antarctischen Strom, wieder dem
Wendekreise des Steinbocks zuzuströmen, dann theils über die
Nordseite Neu-Hollauds hinaus östlich nach dem Stilleu Ocean
fliessend, und theils als Aequatorial-Strom im Indischen Ocean
seinen Kreislauf nach Westen nehuiend.
Thermale und hydrodynamische Einflüsse sind hier
die oft'enbar allein bestimmenden.
Ausserdem sehen wir aber im Indischen Ocean noch nördlich
vom Aequator eine Strömung, welche vom October bis April
westlich, und von April bis October östlich fliesst.
Litten die Beobachtungen in diesem Ocean nicht noch an so
*) Bergbaus, Chart of tlie World. — Sclimid a. a. 0. Taf. XX.
Maury-Bö ttger a. a. 0. Taf. VI.
10
— 146 —
viden Lücken und Mängeln, so würde die Deutung dieser wech-
selnden Strömungen eine leichte sein. So weit unsere Kenntnisse
jetzt reichen, können wir nur muthmassen, dass die Sonne in
unserem Winter, wenn sie die südliche Hälfte dieses Beckens mit
ihren senkrechten Strahlen erwärmt, im Norden des Aequators
noch Raum lasse für die Entwicklung eines zweiten , nämlich
eines nördlichen Aequatorialstroms, der seinen Hauptzufluss,
zwischen den ostindischeu und australischen luselgruppen hindurch,
aus dem Grossen Ocean bezieht; dass dagegen die Sonne im Som-
mer, wenn sie senkrecht über dem nördlichen Theile dieses Oceans
steht, den südlichen Aequatorialstrom zu sich heranziehe, und,
indem sie einen grösseren Andrang der südpolarischen Wasser-
massen gestattet, auf der nördlichen Seite nur Raum lasse für
einen rücklaufendeu Strom, welcher dann genöthigt ist, seinen
Ausweg nach dem Grossen Ocean zu suchen.
In Folge dieses Herauf- und Hernbziehens müssen dann auch
die kleineren Küstenströmungen in den nördlichen Meerbusen, wie
die ähnlicben Strömungen im Grossen und Atlantischen Ocean,
nach den Jahreszeiten ihren Lauf wechseln.*)
Die Ursache, welche die grossen und permanenten Strömun-
gen in den Oceanen veranlasst, ist also eine höchst einfache.
Das in den Aequatorialgegenden stärker erwärmte und ver-
dunstende W^asser zwingt das kältere, zur Herstellung des Gleich-
gewichts, sich zu ihm hinzubewegen. Da aber die Erwärmung nicht
gleichzeitig in der ganzen heissen Zone stattfindet, sondern von
Osten nach Westen täglich fortschreitet, so rauss eben das kältere
Wasser diesem Impulse folgen und mit physischer Nothwendigkeit
jenen Kreislauf beschreiben, welchen wir in der That sehen.
Wir können uns den Vorgang im Grossen Ocean im Kleinen
in einem Wasserbehälter, dessen Oberfläche durch aufgestreute
Papierschnitzel oder Sägespähne sichtbar gemacht ist, leicht vor
Augen führen. Bezeichnen wir den rechts von uns befindlichen
Punkt des Randes als Nordpol und den entgegengesetzten als
Südpol, die Mittellinie zwischen beiden als den Aequator, den
Rand uns zunächst als die Westküste Amerika's und den gegen-
*) Leider standen mir die wichtigen holländisch- und englisch - ost-
indischeu meteorologischen Beobachtungen nicht zu Gebote; ich war daher
auf die für meine Zwecke unzureichenden Auszüge beschränkt, welche sich
gelegentlich in anderen Werken finden.
— 147 —
überliesrenden als die Ostküste Asiens und des australischen Fest-
landes : fahren wir nun mit einem die fortschreitenden Sonnen-
strahlen darstellenden Reisigbündel oder Stab, die Oberfläche des
Wassers berührend, wiederholt in der Richtung von Osten nach
Westen, so sehen wir den ganzen Kreislauf, wie er auf den Kar-
ten verzeichnet ist, im Gefässe sich vollziehen.
Könnten wir ein passendes Gefäss an den gedachten Polen
durch Eis fortwährend auf dem Gefrierpunkt erhalten, und zwi-
schen diesen das Wasser, wie in der heisseu Zone, von Osten
nach Westen stets fortschreitend, im Verhältniss der Kraft der
Sonnenstrahlen, erwärmen, so würde ohne Zweifel, ganz dieselbe
Bewegung erfolgen.
Wenn es schon als Beweis der Güte einer Hypothese gilt,
dass sich ihr die Mehrzahl der Thatsachen leicht einfüge*), so
können wir von unserer Hypothese anführen, dass ihr keine be-
kannte Thatsaehe. kein gut beobachtetes Phänomen widerspricht,
dass wir kein gewaltsame oder auch nur gezwungene Deutung
nöthig haben, um diese Thatsachen und Phänomene ihr unter-
zuordnen; dass sich im Gegentheil durch sie alle Bewegungen
der flüssigen Umhüllung unseres Erdkörpers auf die einfachste
und natürlichste Art erklären.
Es erübrigt jetzt nur noch, zu untersuchen, ob die spärlichen
Beobachtungen über die täglichen Maxima und Minima der Tem-
peratur und Verdunstung der Meeresoberfläche dieser Theorie
widersprechen oder dieselbe bestätigen.
Zu einem directen Beweise fehlt es uns leider gänzlich an
hinreichenden Beobachtungen über die stündlichen Difl'erenzen der
Temperatur und Verdunstung des Meeres in den verschiedenen
Breiten und den Aequatorialgegenden insbesondere. Das etwa
vorhandene Material ist in den Schiöstagebü ehern zerstreut; plan-
mässig, wie es nothweudig wäre, ist nur au wenige Küsten beob-
achtet worden. Aus den bekannten Daten lässt sich nur im All-
gemeinen der Schluss ziehen, dass das Maximum der Erwärmung
die Mittelwärme des ganzen Tages von 24 Stunden nach Thermo-
metermessungen nur um etwa l*' R. übersteige.**)
*) Maury-Böttger a. a. 0. p. 112.
**) Berghaus, Länder- und Völkerkunde, p. 466 ff. — Maury-Böttger
a. a. 0. p. 256. Berghaus nimmt den Unterschied zwischen der Wärme
zur Zeit des Durchgangs der Sonne durch den Meridian und der Mittel-
— 148 —
Die vorhaudeueri Angaben über die Mittelwärme des ganzen
Tages sind aber für unsere Untersuchungen fast ganz unbrauch-
bar. Dass die Abkühkmg zu der Zeit, wo die Sonne auf der ent-
gegengesetzten Seite der Erde sich befindet, auch in den Aequato-
rialgegenden grösser sein niu&s, als das Thermometer anzeigt, wird
Jeder sofort zugeben, wenn er sich jene Quantität Wärme ver-
gegenwärtigt, welche die Sonne durch directe Bestrahlung am
Tage erzeugt, die aber während der Nacht fehlt. Die am Thermo-
meter sichtbare Wärmemenge ist nur ein Bruchtheil der Wärme,
welche in den Meeren der heissen Zone zur Wirkung kömmt. Für
jede Arbeit, die sie verrichtet, hier die Ausdehnung des Wassers
und die Verdunstung, geht der eutsprecheude Werth an Wärme-
menge verloren. Die Verdunstung der Oberfläche entzieht der
nächstfolgenden Schicht einen Theil ihrer Wärme. Die in Ver-
dunstung begriffene Schicht wird zugleich salzreicher und dadurch
schw^erer als die unter ihr befindlichen, sie selbst muss also unter-
sinken und einen Theil der Wärme in die Tiefe führen, um weniger
salzreichen, wenn auch kälteren, aber leichteren Platz zu machen.
Zu diesem kommt noch, dass der Druck, welcher auf dem unteren,
von den Seiten stark gepressten Wasser lastet, durch die Er-
wärmung der Oberfläche vermindert, und so das tiefere, kältere
Wasser beiuhigt wird, in die Höhe zu steigen, während das
wärmere zugleich nacli den Seiten abfliesst. Es findet also eine
fortwährende Mischung der kälteren mit wärmeren Schichten statt.
Aus dieseu Ursachen niuss die au der Oberfläche des Meeres
mit dem Thermometer nachweisbare Wärme stets eine geringere
sein als die thatsächlich empfangene und absorbirte. Der Unter-
schied zwischen dem täglichen Minimum und Maximum der Tem-
peratur, wie wir denselben in der heissen Zone auf den Continenteu
sehen, gibt uns ein besseres Mittel für die richtigere Schätzung
der Vorgänge, wie die Temperatur des Meeres selbst. Die letztere
wärme des ganzen Tages (von 24 Stunden) = 1° C. an. Diese Berech-
nung leidet für unsere Zwecke an zwei Mängeln : a. die grösste Wärme-
menge gibt sich an der OberfläclTe des Meeres bekanntlich erst gegen
4 Stunden nach dem Durchgange der Sonne durch den Meridian zu er-
kennen; und b. handelt es sich nicht um den Excess über die Mittel-
wärme des ganzen Tages, sondern um die täglichen Maxima und
Minima. Maury kommt daher der Wirklichkeit näher, wenn er den Unter-
schied auf 4» (F.V) angibt.
- 149 —
köuueu wir nur uns ihrer d y u a ni i s c h e n VV i r k u u g er-
kennen. *)
Aber nicht blos die oberen Seliichten des Meeres sind bei
der Beurtheiluug der Wärniewirkung auf dasselbe in Betracht zu
ziehen, sondern auch, als wesentliches Moment, die Tiefe der
täglichen EiuAvirkung.
In der heissen Zone fehlt es nns ganz au Beobachtunofen;
aus der gemässigten liegen uns zweie vor. Die Untersuchungen
des Capitäu Thomas in der iSee von Harris (Outer Hebrides) er-
streckten sich bis auf (30 Fuss Tiefe und wiesen hier noch eine
dem Stande der Sonne folgende tägliche Differenz der Temperatur
nach.**) Aime's Beobachtungen zeigen, dass die Temperatur-
schwankungen im Mittelländischen Meere in Iti bis 18 M. Tiefe
(die jährlichen in 300 bis 400 M. Tiefe) aufhören, sich bemerk-
lich zu machen.***)
Die Wirkung der Strahlung überhaupt scheint sich jedoch
noch viel tiefer zu erstrecken. Aus den Beobachtungen der Ex-
pedition an Bord der »Porcupiue«, 18(39, ergab sich für die In-
solation f ) :
Breite 61° 21 N., am 25. August, eine Tiefe von 25 Faden,
» 59^^ 35 N., am 6. Septbr., » » » 50 »
*) Nach den meteorologischen Beobachtungen in Para von Henry
Bond Dewey im Jahre 1848 beträgt dort der Unterschied der Temperatur
bei Sonnenaufgang und Mittag: im Winter (Decbr. Jan. Febr.) IO.27" F.,
im Frühling 9.2o", im Sommer 12. 71;'^, im Herbst 12.9o, und im ganzen
Jahr 11.28". Vergl. Maury Explanations 1802. p. 391. — »Von Meso-
potamien berichten schon die Bücher Mosis (1. XXXI. 40), indem sie Jakob
zu Laban sagen lassen: »»des Tages verschmachte ich vor Hitze, und des
Nachts vor Frost.« « Selbst in der eigentlichen afrikanischen Wüste sinkt
die Temperatur des Nachts so anhaltend und tief unter den Gefrierpunkt,
dass das Wasser in den Schläuchen gefriert, während sich am Mittag die
Hitze bis über 40° C. erhebt.« Schmid a. a. 0. p. 137. — Barth be-
obachtete »auf seiner Reise in das Innere von Afrika vom Aufgang der
Sonne bis zum Nachmittag oft ein Steigen von 6 auf 30, ja von 8 auf
40'' Celsius.« Müller, Lehrb. der kosm. Physik. Zweite Auflage, p. 305. —
Vergl. auch Humboldt in l'oggendorffs Amalen 1827, p. 7, y.
**) Papers ou the Eastern and Northern Extension of the Gulfstream,
Washington 1871, p. 253.
**") Aus Ann. de Chim. et de Phys. Ser. 3. 15, 33, in Schmid a. a. 0.
p. 195.
fl Papers on the Gulfstream ji. 75.
— 150 —
[ui Meerbusen von Biscaya:
Breite 47*' 38 N., am 22. Juli, eiue Tiefe von 75 Faden.
Mit der Abnahme der Breite steigert sich demnach die In-
solation.
Alle diese Beobachtungen aus der gemässigten Zone aber
lassen uns nur annähernde Schlüsse auf die grösseren Tiefen
machen, bis zu welchen sich die tägliche Erwärmung in der
heissen Zone erstreckt. Es würde uns also eines directen Be-
weises für unsere Theorie ermangeln, wenn wir nicht auf indirec-
tem Wege zu Schlussfolgerungeu gelangen könnten, welche uns
die directen Beobachtungen ersetzen. Die Mittel hierzu gewähren
die Schätzungen über die vom Golfstrom den Aequatorialgegeuden
entführte Wärmemenge, und die Untersuchnugen über die Wärme-
menge, welche die Sonne in senkrechter Richtung ausstrahlt.
Nach den Berechnungen von James Cr oll in seiner Abhand-
lung über die Meere stiöauuigen (»On the Ocean Currents«, mit-
getheilt in den Paper.s on the Eastern and Northern Extensious
of the Gulfstream), führt der Golfstrom 5575 Milharden und 680
Millionen Cubikfuss Wasser per Stunde oder 133,816 Milliarden
320 Millionen per Tag in den Atlantischen Ocean. Die Wärme-
menge, welche er dann per Tag aus den Aequatorialgegeuden
fortführen muss, beträgt nach demselben Schätzung 15 4 Trillio-
nen, 959,300 Billionen Fusspfund.*)
»Aus den Beobachtungen von Sir John Herschel und von
Pouillet über die directe Wärme der Sonne ergibt sich, dass, wenn
keine Wärme durch die Atmosphäre absorbivt würde , ungefähr
*) »From an exaniination of the published sections (of the Gulfstream),
some years ago, I came to the conlusion that the total quantity of water
conveyed by the stream is probably equal to that of a stream 50 miles
broad and 1,000 feet deep, flowing at the rate of four miles an hour, and
that the niean temperature of the entire mass of moving water is not
under 65" at the monient of leaving the Gulf. I think we are waranted
to conclude that the stream, before it returns from its northern journey, is,
on an average, cooled down to at least 40"; consequently it loses 25" of
heat. Each cubic foot of water, therefore, in this case, carries from the
tropics for distribution upward of 1,500 units of heat, or 1,158,000 foot-
pounds. According to the above estimate of the she and velocity of the
stream, 5,575.680,000,000 cubic feet of water are conveyed from the Gulf
per hour, or 133,816,320,000,000 cubic feet daily. Consequently the total
quantity of heat transferred from the Equatorial regions per day by the
stream amounts to 154,959,300,000,000,000,000 foot-pounds.« — Nach Ma urys
— 151 -
83 Fusspfund per Secuude auf die Oberfläche vou eiuem Qnadvat-
fuss fallen würde, welche iu einem rechten Winkel zu den Son-
nenstrahlen sich befindet. Herr Meech schätzt die Menge der vou
der Atmosphäre absorbirten Wärme auf 22 <'/o vou dem ganzen
Betrage der von der Sonne empfangenen Wärme. Herr Pouillet
schätzt den Verlust auf 24. Nach der ersteren Schätzung würde
also die Wärmemenge, welche von der Sonne, wenn sie im Zeuith
steht, auf eiuen Quadratfuss der Erde fällt, 64,7* Fusspfund per
Secuude betragen. Bleibt aber die Sonne 12 Stunden im Zenith
stehen, so würden 2,796,768 Fusspfund auf den Quadratfuss
falleu.«*) Da die Sonne auf dem Grossen Oceau 12 Stunden
gebraucht, um sich von der Westküste Amerika's bis zur Ostküste
Asiens scheinbar zu bewegen , so erhalten wir dasselbe Resultat,
wenn wir uns am Aequator einen Wassergürte] von 1 Fuss Breite
denken, der von Amerika bis nacb Asien geht; auf ihn schon
würde nach obiger Schätzung die Soiuie in ihrem täglichen Laufe
mit einer Kraft von 2,796,768 Fusspfund wirken.
Wollten wir mit dieser Einheit die Wärme berechnen, welche
auf eiuen Breiteugrad am Aequator fällt, oder gar, mit iu Be-
trachtziehung der bekannten Abnahme der Intensität der Ausstrah-
lung nach den höhereu Breiten, wie viel Fusspfund Wärme dem
Gürtel zwischen den Wendekreisen, dem Hauptgebiete der Stroni-
ablenkung , von der Sonne täglich mitgetheilt wird, so würden
wir Zahlen erhalten , welche jede Vorstellungskraft übersteigen ;
die aber, selbst wenn wir die Schätzung, als möglicher Weise zu
hoch, auf die Hälfte reducireu , uns uoch immer genugsam an-
deuten, dass hier eine Kraft thätig ist, welche, da sie unausgesetzt
und fortschreitend wirkt, im Stande sein muss, das Meer in eine
unaufhörliche und nach derselben Richtung fortschreitende Be-
wegung zu versetzen.
Zu der grösseren Erwärmung in den niederen Breiten tritt
Annahme von der Grösse des Golfstromes würde die stündliche Wasser-
masse 6,165,700,000,000, und nach Sir John Herschel's Schätzung sogar
7,359,900,000,000 Cubikfuss per Stunde betragen. S. James Cr o 11, » On
Ocean Currents,« published in the London, Edinburgh, and Dublin Philo-
sophical Magazine and Journal of Science, fourth Series, February 1870,
und Papers on the Gulf-stream p. 325.
*) Papers on the Gulfstream , ibid. wo die Berechnungen noch weiter
ausgedehnt werden.
— 152 —
nuu bei dem Meere auch noch als gleich mächtig wirkender
Factor die grössere Verdunstung hinzu.
Es ist ein physikalisches Gesetz: Je höher die Tempe-
ratur der Luft steigt, um so grösser wird ihre Capacität,
Wasser in Dampfform aufzunehmen. Da nun die Tempe-
ratur der Luft mit dem höheren Stande der Sonne steigt, so muss
also auch die Verdunstung mit dem Stande der Sonne zunehmen —
also ihrt-m Laufe folgen!
Die Passate, welche selbst, wie wir anderswo*) nachweisen,
Tou der successiven Erwärmung geleitet werden, dienen nun wegen
ihrer grossen Trockenheit als besondere Beförderer der Verduns-
tung in derselben Richtung, **)
Für dieses durch die Wärme und die Passate verdunstende
Wasser muss nun aber eine Compensation erfolgen. Fiele auf
derselben Stelle für das verdunstete Wasser zugleich eine entspre-
chende Regenmenge hernieder, so wäre hiermit der Ausgleich ge-
geben; da dies aber bekanntlich nicht der Fall ist, so muss der
Ersatz eben aus dem benachbarten Meere kommen.
Die Wirkung der täglichen successiven Auflockerung der
Meere in den niederen Breiten wird demnach noch bedeutend
verstärkt durch das zweite, mit ihr verbundene Moment der
Störung des Gleichgewichts, die Ausschöpfuug von Wasser, also
directe Verminderung demselben.
Nach den bisherigen wenigen und äusserst dürftigen Unter-
suchungen soll die tägliche Verdunstung in der heisseu Zone ^/2
bis ^/4 Zoll betragen. ***) Es würde dies für das tägliche Maximum
nur wenige Millimeter geben. Vergegenwärtigen wir uns dabei
*) S. die Schlussuote.
**) » The Trade winds, I am prepared to show, are the great evaporat-
iiig winds« Maury, Explanations and Sailing Directions, 1852, p. 50.
***) »In deu Passatregionen des Oceans übersteigt die Verdunstung im
Allgemeinen den Niederschlag, während in den aussertropischen Gegenden
das Gegentheil stattfindet, d. h. die Wolken entsenden mehr Wasser, als
die Winde wieder durch Verdunstung aufnehmen, und dies sind die
Regionen, in welchen der Golfstrom in das Atlantische Meer eintritt. Längs
der indischen Gestade, wo man sorgfältige Beobachtungen angestellt hat,
belauft sich die Verdunstung täglich auf ^/4 Zoll. Angenommen, dass sie
in der Passatregion des Atlantischen Oceans sich nur auf einen halben Zoll
beläuft, so würde das eine jährliche Verdunstung von 15, sage fünfzelm
Fuss geben.« Maury- Böttger a.a.O. p. 22.« — Der Secretär Dr. Buist
— 153 —
aber die Fläche, auf welcher diese Verdunstung gleichzeitig statt-
findet, so müssen wir trotzdem in ihr eine nicht unbedeutende
Störung des Gleichgewichts der Meeresgewässer erkennen.
In seiner Physischen Geographie des Meeres stellt Maury fol-
gende Betrachtung au: »Wenige haben sich je die Mühe genom-
men, auszurechnen, in wie weit der Niederschlag einer Regenmenge
von nur einem Zoll oder eine Abänderung der Temperatur um
wenige Grade, wenn beides auf einem Areal von einigen tausend
Quadratmeilen der Seeoberfläche stattfindet, das oceanische Gleich-
gewicht zu stören .... vermöchte. Nur ein Beispiel zur Er-
läuterung! Der Atlantische Ocean hat eine Oberfläche von unge-
fähr 25 Millionen Quadratmeilen. Man nehme ein Fünftel dieses
Areals und lasse auf diese Fläche einen Zoll hoch Regen fallen.
Diese Wassermasse würde 360,000 Millionen Tonnen ....
wiegen«.*)
Nehmen wir nun dieses Fünftel als ungefähr der heissen Zone
des Atlantischen Oceans entsprechend, und die täglich daselbst
verdunstende Wassermasse nur auf \'2 Zoll an, so erhalten wir
eine tägliche Verdunstung von 180,000 Millionen Tonnen.
Wissen wir diese Masse auch nicht nach Maximum und Mi-
nimum auf die einzelnen Stunden des Tages richtig zu vertheilen,
so ist doch so viel klar, dass sie eine gewaltige Wirkung hervor-
bringen müsse.
Die tägliche und fortschreitende Erwärmung und Verdunstung
reichen also vollständig hin zur Erklärung der ost-westlichen
Bewegung der Aequatorialströme. So wenig wie die Oceane
durch die Krümmung der Erdoberfläche und namentlich die Ab-
plattung an den Polen gezwungen werden, vom Aequator nach
den Polen abzufliesseu, oder gehindert werden, nach dem Aequator
hinaufzusteigen ; eben so wenig werden sie durch die Rotation zu
irgend einer Bewegung gezwungen oder an irgend einer gehindert
gibt in seinem der geographischen Gesellschaft vorgelegten Jahresberichte
(Transactions of the Bombay Geographica! Society Vol. IX), der Autorität
des Herrn Laidly folgend, die jährliche Verdunstung zu Calcatta auf un-
gefähr 15 Fuss an; zwischen dem Gap und Calcutta beträgt dieselbe nach
ihm im October und November fast ^/4 Zoll täglich; in der Bai von Ben-
galen zwischen dem 10. und 20. Grad hat man gefunden, daas sie täglich
mehr als einen Zoll betrug. ^^ Ibid. p. 75.
*j Maury-Böttger a. a. 0. p. 256.
— 154 —
Die Rotation wirkt nur in so fern mit, als durch sie die Sonne
scheinbar von Osten nach Westen um die Erde läuft. Stände
die Erde still und die Sonne bewegte sich um dieselbe, so würde
in Bezug auf die Strömungen der tropf- und gasförmigen Um-
hüllungen der Erde ganz dasselbe eintreten, was wir jetzt sehen !
Was wir bei den Meeresströmungen vorwiegend durch In-
duction gefunden haben, das ergibt sich bei den Bewegungen der
Atmosphäre aus directeu Beobachtungen. All überall auf der
ganzen Erde rücken die Windströme alljährlich auf und ab mit
der Sonne, und heben und legen sich täglich je nach dem Stande
derselben, so dass in der That eine Windstärke-Fluth welle
innerhalb 24 Stunden mit der Sonne um die Erde kreist, während
auf der Nachtseite der letzteren eine Calmeu-Ebbe der Fluth-
welle ebenso regelmässig nachfolgt. *)
Meeresströme und Winde ; Temperatur, Dampfspannung und
Luftdruck ; Horizontal- und Vertical-Inteusität des Erdmagnetis-
mus; — sie alle folgen, wenn auch in verschiedener Weise, dem-
selben Impulse, der täglichen Bewegung der Sonne.
*) In einem Vortrage über die Passatwinde, welchen ich im
Februar 1874 im geographischen Verein zu Frankfurt a. M. hielt
und der demnächst erweitert veröffentlicht werden soll, habe ich die Ur-
sache derselben im Detail und auf langjährige Beobachtungen der meteoro-
logischen Instite gestützt, nachgewiesen.
— 155 —
Die Morpholo2:ie der letzten 50 Jahre
und die Bestrebungen der Senekenbergischen naturforsehenden
Gesellschaft.
Vortrag bei der Jahresfeier der Senekenbergischen
naturforschenden Gesellschaft
gehalten von
Prof. Dr. Lucae
am 31. Mai 1874.
Hochgeehrte Versammlung!
Mein sehr geschätzter College Herr Dr. Geyler hat Ihnen
soeben in seiner Stellung als zweiter Director die Thätigkeit
unserer Gesellschaft im verflossenen Jahre mitgetheilt; ich da-
gegen möchte Sie in eine längst vergangene Zeit, in die 70er Jahre
des verflosseneu Jahrhunderts führen und mir die Erlaubniss aus-
bitten Ihnen eiu Actenstück aus jener Zeit mitzutheileu, welches
wahrscheinlich Allen uubekaunt, für die Verhältnisse der Wissen-
schaft in unserer alten Reichsstadt doch von hohem Interesse ist.
Es ist dieses ein Schreiben des damaligen Physicus ord. Dr. Gott-
fried Müller au den Rath. Dasselbe lautet in seinem Eingaug:
Eiu Wohl- und Hochedelgeborne Gestrenge uud Hochgelehrte
auch Wohlfürsichtige Weisheiten haben unter dem 2. Juli a. c.
verordnet uud beschlossen, dass die seit langer Zeit jährlich aus-
geworfenen 100 fl. vor das hiesige Institutum anatomicum ferner
hin nicht mehr ausgezahlt werdeu sollten , zugleich dass die
Anatomie -Kammer aufzukündigen sei uud zwar aus Ursachen,
weil Herr Hofrath Senckenberg eine dergleichen aufzurichten ge-
sonuen — und ferner: die von Hochedelem und Hochweisemrath
ausgeworfenen 100 fl. sind also angewendet worden, dass der
Hauszins mit 75 fl. und der Rest von 25 fl. zu der Reparation
und Unterhalt der Anatomie - Kammer, vor verschiedene nöthige
Meubliruug derselben, Instrumenta, Schränke, Repositaria, Be-
zahlung der Särge, des Grabes, der Leichenträger, Ankauf einer
feinen Anzahl anatomischer Bücher ist ehrlich und treu ver-
— 156 —
wendet worden. Da die Franzosen etliche Jahre hierauf ihre
Anatomie hatten ^^nd fast alles ruinirt, ist alles mit vielen Kosten
wiederum hergestellt worden und dürfte ich dieser und anderer
Auslagen wegen noch etwas Ansehnliches prätendiren können.«
Schon in dem Jahr 1728 hatte der Stadt-Physicus Dr. Grambs
eine Eingabe an den Rath gemacht, in welcher er um Erlaubniss
bittet, auf dem dritten Kirchhof ein Theatrum anatomicum zu
errichten. Es wurde ihm dieses gestattet, wenn sich dort der
geeignete Platz fände und er es auf eigene Kosten thun wolle.
Wiewohl schon mehrmals Kaiserliche Mahnschreiben zur end-
lichen Errichtung einer Anatomie auf Staatskosten eingegangen
waren, und wiewohl die Aerzte schon eine Reihe von Jahren
mit Opfer von Zeit, Mühe und Geld anatomische Vorlesungen
für die Wundärzte gehalten hatten, so uurde doch erst im Jahr
1740 oben erwähnte Anatomie - Kammer in dem Gasthof zum
Elephanten errichtet. Welchen Erfolg hatte nun aber das Schreiben
des Dr. Müller, des Entdeckers des Müller'^chen Glases, des Muu-
dinus der Leopoldiua Carolina?? Es wurde ad Acta gelegt.
In der ersten Zeit nach der Gründung der Senckenberg'scheu
Stiftung wurden die Bedürfnisse der Anatomie, wenn auch sehr
mangelhaft, durch Beiträge von Seiten der Zuhörer bestritten und
eist am Ende des Jahrhunderts sah sich die Administration in
Stand gesetzt, die Vorlesungen vollkommen frei zu geben und
Herrn Professor Behrends mit 550 Thlr. zu honoriren.
Besser jedoch noch schien sich das wissenschaftliche Leben
zu gestalten, als Carl von Dalberg, obschon ein Werkzeug ver-
hasster Fremdherrschaft, empfänglich für alles Gute und Schöne,
im Jahre 1812 das Lyceum Carolinum gründet. Doch schon im
Jahr 1814 war auch diese Erwartung j^etäuscht.
Mein Vater schreibt vor seinem Weggang nach Marburg :
So verstrich jener critische Winter von 1813—1814 und mit ihm
die mörderische Typhusepidemie nebst dem grössteu Druck der
damaligen Zeitläufte. Die für ganz Deutschland beginnende neue
und hoffnungsreiche Zeitepoche, welche die Opfer, mit denen sie
erkauft worden war, bald vergessen machte, erweckte manche
Hoffnung, zu denen die bessere Zeit und besonders die bessere
Lage Frankfurts allerdings berechtigen durfte.
Unter diesen Hoffnungen war die vorzüglichste die auf den
Fortbestand der medicinischen Lehranstalt, da es bei den aus-
— 157 —
gezeichneten Mitteln, welche die Localverhältnisse Frankfurts dar-
boten, nnd bei dem Patriotismus und der Uneigennützigkeit,
welche wenigstens einen Theil der Lehrer ])eseelte, von Seiten der
Stadt eines unbedeutenden Kostenaufwandes zur Erhaltung des
Institutes bedurft hätte. Aber jene Hoffnung blieb unerfüllt. Die
Anstalt hatte, gleich von ihrem Ursprünge au zahlreiche Gegner
gehabt. Jetzt wurde sie sclilechtweg unter die Unannehmlich-
keiten und Fatalitäten der grossherzoglichen Zeiten gerechnet;
ja es gab Leute, welche sie für Etwas dem Medicinalwesen Nach-
theiliges verschrieen, und dieses führte im Frühjahr 1814 das
Aufhören derselben herbei.
Doch je grösser die Niederlage, um so kräftiger war die Er-
manuuug! denn der Geist, der seit einem Jahrhundert unter diu
Aerzten Frankfurts gelebt, entfaltete sich jetzt in noch höherem
Maasse und ein neues frisches kräftiges Leben begann, als der
feurige thatkräftige C r e t z s c h m a r für Natarwissenschaften be-
geistert, sechzehn seiner Alte;-sgenosseu zur Gründnng dieser Ge-
sellschaft um sich versammelte und unser energischer Rüppell
auf eigene Kosten kühn in Afrika vordrang und in gleicher Liebe
für die Wissenschaft wie für seine Vaterstadt dieser seine kost-
bare Beute schenkte.
Ein begeisterter Aufruf au Frankfurts Bürger um Unter-
stützung von den DDr. Cretzschmar, Neuburg, Bögner und dem
Lieutenant von Hevden unterzeichnet, fand freudigen Widerhall
und durch die hochherzigen Bürger v»'urde das vollbracht, zu
welchem die freie Stadt sich nicht entschliesseu wollte.
Ohne die Unterstützung einer Regierung, allein durch den
Gemeinsinn der Bürger, entstanden nun diese naturwissenschaft-
lichen Sammlungen, um welche uns sehr lange alle Städte
Deutschlands beneideten und erwuchs eine wissenschaftliche Thätiü-
keit, in welcher wir unsern alten Schwesterustädten bis zum
heutigen Tage noch voraus sind. Die Worte (iöthe's, welche er
bei Gelegenheit seiner Reise an den Rhein, Main und Neckar
über seine Vaterstadt aussprach, fanden ihre volle Bestätigung:
»In einer Handelsstadt ist man dem Practischen geneigter
als dem Wissenschaftlichen und fühlt sich mehr gedrängt einem
gegenwärtigen Uebel abzuhelfen als einem künftigen vorzubeugen.
Freilich gehört theoretische Betrachtung, wissenschaftliche Bil-
dung den Universitäten vorzüglich an, aber nicht ausschliesslich.
— 158 —
Einsicht ist überall willkommen und Frankfurt hat gar wohl das
Recht nach seinem Zustand, seiner Lage, seinen Kräften auch
hier mit zu eifern.«
Es ziemt Frankfurt von allen Seiten zu glänzen, ruft der
grösste Sohn dieser Stadt zn und nach allen Seiten hin thätig zu
sein, und solchem Drängen von Seiten ihrer Söhne konnte die
Stadt nicht lange widerstehen, sie bewilligte eine Unterstützung
von 1500 fl. ursprünglich für Vorlesungen, später für Tilgung
von Schulden.
Soll diese Summe ein Geschenk für die materielle Unterlage
der Gesellschaft abgeben, so ist sie mit Dank anzunehmen und
nimmt die Gesellschaft sie mit grossem Dank au. Soll sie aber
ein Honorar sein für das, was die Gesellschaft der Stadt und
Umgebung durch Verbreitung von Wissen und Einsicht leistet,
oder von Glanz, den nur ein geistiges Leben gewährt, so überlasse
ich das getrost dem Urtheil eines Jeden, welcher weiss, dass fast
alle Frankfurter, welche Lehrstühle deutscher Hochschulen inne
haben, unserem Fache angehören und aus dem Senckenber-
ffianum hervorgiuffeu. und dass unsere Schüler der letzten 20 Jahre
in überwiegender Mehrzahl mit zu den wissenschaftlich streb-
samsten und tüchtigsten Studenten der Universitäten Göttingen,
Würzburg, Erlangen und Marburg gehörten. Ja auf der letz-
teren ist die »Frankfurter Colonie« Epitheton ornaus.
Eine weitere Thätigkeit der Gesellschaft, welche unserer Han-
delsstadt zu nicht geringer Ehre gereicht, zeigt die Herausgabe
unserer Abhandlungen, von denen jetzt schon der neunte Band
erschienen ist. Als ein Beweis, dass dieselben von Akademien
des In- und Auslandes ihre vollkommene Anerkennung finden,
mag es g-elten, dass letztere ihre Schriften mit den unseren aus-
tauschen. Der letzte Band dieser Abhandlungen enthält aber
nur Arbeiten von Söhnen dieser Stadt.
Glanz aber, und nicht nur Ehre erwächst unserer Stadt
durch eine dritte Richtung unseres geistigen Lebens. Ich meine
die von Zeit zn Zeit von der Gesellschaft auszugebenden Preise.
In diesem Jahre wurde zum zwölften Mal ein solcher Preis ver-
theilt,*) und da nun zu dem Sömmerring'schen und Stiebel'schen
Preis auch noch der Tiedemann'sche hinzu kömmt, so werden
*) lieber das Auge des Wirbelthierembryo von N. Lieberkühn.
— 159 —
alle vier Jahre drei Preisvertheiluugeu stattfinden. Möge
mir erlaubt sein gerade bei diesem Punkte etwas länger zu
verweilen.
Am 7. April 1828 waren fünfzig Jahre verflossen, seit
Sömmerring in Göttingen die Doctorwürde erhalten hatte. »WeDu
überhaupt ein Tag, welcher die Vollendung einer bedeutungs-
vollen Lebensstufe bezeichnet, dem betreffenden Individuum werth
und seineu Angehörigen und Bekannten einer Feier würdig er-
scheint, so war dieser Jubeltag ein Tag der Feier für ganz
Deutschland ; denn viele hundert Deutsche, zum Theil auch Aus-
länder, Aerzte, Gelehrte und Staatsmänner vereinigten sich (zur
würdigen Begehung dieses Tages) eine Medaille prägen zu lassen.
Göthe, Blumenbach, Seiler, Meckel, B adolphi,Tiedemann,
Leukart, Heusinger, betheiligten sich und von den Ueber-
schüsseu der Beiträge stiftete man (um auch ein geistiges Denk-
mal dem Jubelgreise zu setzen), den Sömmerring'schen Preis.«
Den getroffenen Bestimmuugen gemäss soll alle 4 Jahre am
7. April der Sömmerriug'sche Preis demjenigen Deutschen zuerkannt
werden, welcher die Physiologie, im weitesten Sinne des Wortes,
am bedeutendsten gefördert hat; wobei die Arbeiten der letzten
4 Jahre besonders berücksichtigt werden sollen. — Die Zuerken-
nung geschieht jedesmal durch einen auf möglichst umsich-
tiger Erwägung aller zu ihrer Kenntniss gelangten
Arbeiten gegründeten Beschluss der Senckenberg'schen natui*-
forscheuden Gesellschaft.«
Durch die Gründung dieses Preises wurde die Gesell-
schaft erst majorenn erklärt, und aus einer Vereinigung
voH Naturfreunden zu eiuer Societät erhoben.
Wenu daher auch in dem eugeren Kreise der wirklichen
Mitglieder, wie das in einer Handelsstadt nicht anders sein kann,
sich auch Männer befinden, die nicht mit den der Naturwissenschaft
vorliegenden Fragen praktisch sich beschäftigten, oder beschäftigen
können, sondern vielleicht durch Leetüre oder durch Sammeln und
Bestimmen naturhistorischer Gegenstände anerkennungs werth e
Kenntnisse sich erworben haben, so soll doch der Schwerpunkt der
Gesellschaft in dem Theil der Mitglieder liegen, welche sich aus-
schliesslich mit Beobachtung und Erforschung der Natur abgebeu
und abgeben müssen, also uamentlich in dem Kreise der Aerzte
und den s. g. Naturforschern vom Fach. — Der Gesellschaft ist
— 160 —
durch die Bestimmung des Preises das Zutraueu geschenkt, dass
sie fähig ist über die am Horizont aufsteigenden Fragen unserer
Gelehrten ein Urtheil abgeben zu können, ihr aber auch die For-
derung auferlegt , dass sie hierbei mit Ernst, Gründlichkeit
und mit Sachken n tu iss verfahre und dilettantenhaftem Wissen
sich fern halte.
Die Bestimmung, dass die aus den letzten Jahren hervor-
gegangenen Arbeiten besonders berücksichtigt werden und nicht,
wie das sonst geschieht, eine Preisbewerbung stattfindet, ist
eine höchst weise und unseren Verhältnissen sehr entsprechende
Einrichtung. Gestellte Preisfragen würden bei der für jetzigen
Zeiten doch geringereu Höhe des Preises wahrscheinlich wenige
Bewerber finden , und so könnte es kommen , dass bei zwei
oder gar einer eingesandten Arbeit eine höchst untergeordnete
Schrift gekrönt werden müsste. Würde man aber in solchem
Falle es für gerathen halten, den Preis gar nicht verabfolgen zu
lassen, so entstehen um s<i leichter unangenehme Erörterungen oder
Zwistigkeiten, als unsere Gesellschaft natürlich nicht die Autorität
einer Academie hat.
Bei unserer Einrichtung kann so Etwas natürlich nicht vor-
kommen, da die Beurtheilung vorhandener Schriften allein
dem freien Ermessen überlassen bleibt. Der w er th vollste Punkt
der Bestimmung liegt nun aber ganz besonders darin, dass die
von der Gesellschaft gewählte Commission (und diese kann natür-
lich nur Mitglieder enthalten, welche mit den in Frage stehenden
Fächern hinreichend vertraut sind) genöthigt ist, die ganze Lite-
ratur der letzten 4 Jahre durchzugehen, mit Kritik und Umsicht
zu prüfen und Wichtigeres und Bedeutsameres von Unwichtigerem
zu sichten. Hierdurch aber erwächst für die Gesellschaft der
grosse, nicht genug zu würdig'eiide Nutzen, dass sie, oder viel-
mehr die von ihr gewählte Commission genöthigt ist, über den
Stand des Geleisteten sich zu unterrichten und immer au niveau
der Wissenschaft und der Literatur zu bleiben. — Die Berichte
der Commission an den Verein haben sich aber nicht mit einem
Verzeichniss von Autoren und deren Arbeiten zu begnügen, son-
dern sie müssen den (iang der Wissenschaft, die Strömungen und
Schwankungen, das Hin- und Herwogeu der (jedanken, die Rich-
tung der Arbeiten und die Ziele derselben im Auge behalten.
Die Fordern uo; der Stiftunf; bezieht sich daher auch eisfent-
— 161 —
lieh nicht auf den Autor oder diesen und jenen allgemein aner-
kannten Forscher, (und solche sind ja immer nach einfachem
Uebereinkommen , ohne Prüfung, selbst ohne alle Kenutniss
ihrer Arbeiten zu finden) , sondern sie bezieht sich auf die Lei-
stung oder vielmehr auf den durch sie begründeten Fortschritt-
Die Gesellschaft soll sich also selbst den Preis erarbeiten
und nicht in leichtfertiger Lassheit ihre Aufgabe als eine gleich-
gültige ansehen. — Die Gewährung eines Preises ist, wenigstens
nach meiner Auffassung, der Glanzpunkt unserer Thätigkeit, und
Ton uns hängt es ab, dass wir dieser Aufgabe würdig befunden
werden.
Ist es nun auch schwer, ja ist es selbst, wie wir später sehen
werden, unmöglich bei der Ausbreituug unserer Wissenschaft
in dem einzelnen Falle das Richtigste zutreffen, so haben wir
denn doch gearbeitet. — Dann aber wird die Achtung vor
der Wissenschaft und die Keuntniss der gegenseitigen
Leistung eine Parteinahme für einen und den anderen
Forscher nicht hervorrufen.
Dieses ist der Nutzen des Preises für uns.
Wer wie ich den ersten Schritt in das Alter hinter sich hat,
der findet bei dem flüchtigsten Blick auf das zurückgelegte Leben,
sich, so wie seine Umgebung, im Laufe der Zeit mächtig ver-
ändert. — Was unsern Eltern noch genügte, befriedigt heute nicht
mehr, und was früher als wünschenswerth und unübertrefflich
galt, ist jetzt veraltet und wird von unserer Jugend schon heute
verlacht. Die Entdeckungen in der Physik und Chemie, die Fort-
schritte in der Technik, die Dampfkraft, der Telegraph haben un-
sere Lebenslage ganz verändert, ja Zeit und Rnum für uns um-
gestaltet. Wenn Leben, Empfinden, Wahrnehmen und den
erhaltenen Eindrücken gegenüber Reagiren heisst, so hat unser
Leben sich nicht nur verdoppelt, nein, — indem es sich verdich-
tete, verdreifacht, vervierfacht. — Was man sonst in Wochen
erlebte, begegnet uns jetzt in Tagen und wofür wir sonst Monate
nöthig hatten, vollbringen wir jetzt in Stunden. Mächtige Ein-
drücke , die in früherer Zeit nur selten sich fanden, folgen heute
sich Schlag auf Schlag und Störungen des Völkerlebens ferner
Welttheile berühren uns heute doch mächtig.
Die Zeiten, in welchen man noch sagen konnte: »Wenn
hinten weit in der Türkei die Volker auf einander schlagen, man
11
— 1).2 —
steht am Fenster trinkt sein Gläschen aus« sind längst vorüber,
denn auch die Räume sind verkürzt und die fernen Landesth eile
haben sich zusammengeschoben und unsere sich fernstellenden
deutscheu A^olksstämme sind jetzt vereint. Das von uns in dem
Hessen-Thüring'scheu Lande in unserer Schulzeit scharf verpönte
Lied: »Wir hatten gebauet« ist von dem Schlachtruf unserer
Söhne überbraust und die junge, verleumdete, ver-
fluchte, grüne Saat ist aufgegangen und Deutschland ist
wieder ein Reich. —
Wenden wir uns jedoch von dem Völkerleben in den stillen
Kreis unserer physiologischen Wissenschaften, so zeigen sich uns
die Fortschritte in keiner Hinsieht geringer. Haben Physik
und Chemie die materielle Seite des Lebens umgestaltet, so waren
es die Fortschritte der Phj'siologie, die unsere philosophische Lebens-
anschauung verändert, uiiseru Blick für Vergangenheit und
Zukunft erweitert, und der Gottheit Gedanken in Feld, Busch und
Wasser verdeutlicht hat.
Stiegen heute unser heimgegangener Thomas v. Sömmer-
rino; und seine Schüler Carl Wenzel und Behrends aus
ihren Gräbern, sie würden sicher mehr noch erstaunen über die
Fortschritte in den physiologischen Wissenschaften, als über un-
sern Umschwung im politischen Leben. Lebten sie doch noch in
einer Zeit, wo man ein Organ der Seele suchte, wo mau au
eine Selbstverbrennung glaubte, und wo der thierische
Magnetismus noch im Schwung war.
Gerade wie heute der Arbeiter sich für einen besonderen,
des Vorzugs würdigen Stand hält, weil er es ist, der nur allein
arbeitet, so hielt damals noch der Adlige sein Blut für anders
aussehend und verlangte es von Anatomen, zur Constatirung seiner
Ansprüche, untersucht.
Damals veröffentlichte Behrends seine Dissertation »Cor
nervis carere« und die Zustimmung seines Lehrers, dass nur
die Lebenskraft es sei, welche das Herz in Bewegung setzt,
beweist ein Brief dieses grössteu Anatomen seiner Zeit an meinen
Vater vom Jahre 1811, in welchem er schreibt:
»Was Sie als Nervus cordis abbilden, bester Doctor, sind nichts
als Saugadern. — Lassen Sie sich doch gleich aus dem Schlachthaus
ein mageres Kalbsherz holen , um sich davon zu überzeugen. —
Wundern würde ich mich, wenn der Meister in der Materie von
— 163 —
Herzuerven dieses Präparat gesehen und Sie nicht zurechtgewiesen
hätte.«
Was würden diese vor uns Heimgegangenen sagen, weun sie
erführen, dass die Lebenskraft durch die g-ründlichste Erfor-
schuug der Lebensvorgänge dem Walten derselben Grundgesetze
zuerkannt werden muss, welche auch in der unorgauischeu Natur
sich kundgeben. Wenn man ihnen sagte, dass Licht, Wärme,
Elektricität, Magnetismus und Be we^unff in einem Wech-
selverhältniss stehen und nur in der Bewegung von Molekülen
zu suchen ist, sowie dass lebende Kräfte nie aus der Welt ver-
schwinden, sondern nur zu Spannkräften werden, welche nur
einer Wiederauslösung harren.
Kanute man auch damals noch nicht die, die organische
^^ elt mit der uno'-gauischeu so innig verbindenden Fragen , und
fehlte es noch au den Hülfsmitteln zu den feinsten Bildungen
und elementaren Zusammensetzung des thierischeu und pflanzlichen
Körpers, (ohne welche eine Einsicht in die physiologischen Vor-
gänge eine Unmöglichkeit ist), zu gelangen und waren unsere
Forscher geuöthigt, oft Worte einzuschalten, wo klare Begriffe
fehlten, so hielten sie sich doch mit sicherem Takt in dem Be-
reiche der Beschreibung und objectiven Betrachtung der grossen
Formen und gröberen Vorgänge.
Die makroscopische Anatomie des Menschen war damals in
ihren Fundamenten sowie in ihrem Dach und Fach gesichert und
die feinen üntersuchuugen über Gehirn, Rückenmark und Nerven,
sowie die classischen Arbeiten Sömmerring's über die Sinnesorgane,
hatten die menschliche Anatomie zum vorläufigen Abschluss ge-
bracht.
Neben der Anatomie des menschlich en Körpers hatte sich
auch die Anatomie der T liiere aufgebaut und sie war es,
welche ganz besonders auf die Zoologie in hohem Grade be-
fruchtend wirkte. Das frühere, nur nach äusseren Merkmalen,
gleich einem Wörterbuch, sehr verschiedene Geschöpfe classificireude
System Liune's, ward durch Cuvier, den Schüler unseres Tü-
binger Kielmayer's, beseitigt und namentlich die Linne'sche Classe
der Würmer durch die Keuntniss der Anatomie den niederen
Thiere in verschiedene Typen aufgelöst. Mit der Keuntniss der
Organisation der Thiere hatte sich aber nicht allein die Thierwelt
mit dem Menschen verknüpft, sondern es waren auch durch die
— 164 —
niederen Thiere die Uebergänge zur Pflanzenwelt und in das Be-
reich der Botanik enthüllt. Auch in dieser blüthenreichen Wissen-
schaft hatte sich ein wichtiger Fortschritt geltend gemacht und
war seit den zwanziger Jahren in Deutschland das natürliche
System Jussieu's, statt dem künstlichen Linne's eingeführt.
In der Verknüpfung dieser verschiedeneu Wissenschaften war
nun das Hochwichtige erreicht, dass auf dem einen Gebiete
gelöste Fragen dem andern zu statten kamen, und dass Fortschritte
in der einen erlangt, oder Wege in dem einen Felde eröffnet,
auch in dem anderen zu Versuchen aufforderten.
Ferner aber war durch da>^ breite zur Arbeit vorbereitete
Feld der Gesichtskreis erweitert und schon am fernen Horizont
zeigten sich Andeutungen, welche ahnungsvolle Blicke in den Grund-
plan der pflanzlichen und thierischen Schöpfung hoffen Hessen.
Dass die Forschung, bis zu dieser Stelle gelangt, zu neuer Thä-
tigkeit und frischem kräftigem Unternehmen begeisterte, dann
aber auch in hoher Spannung, ja Ue bersp a n nung zu Ideen
veranlasste, lag sehr nahe. Die, seit der Befreiung der Forschung
vom Dogma der Kirche und von philosophischen Systemen einge-
haltenen Bahnen der objectiven Prüfung , der streugsten Beweis-
führung wurden jetzt theilweise verlassen und Resultate ä priori,
nach einer vorgefassten Ansicht zu erhalten gesucht.
Hatte nun auch die Naturphilosophie für die rechte Forschung
keinen directen Nutzen, wurde sie von den Männern der strengen
Richtung in hohem Grade niissbilligt , wurden wir Deutsche des-
halb von unseru Nachbarn in England und Frankreich verlacht,
so regte sie doch auch wieder zum Studium an und verdanken
wir ihr, besonders im Felde der vergleich enden Forschung, manche
sehr schöne Funde.
Namentlich ist es ein Zweig unserer W^issenschaft, der ganz
besonders den Namen »der deutschen« beanspruchen darf,
welcher aus dem Schoosse dieser Naturphilosophie hervor-
ging. Es ist dieses die E n t w i c k 1 u u g s g e s c h i c h t e der
Tbiere und Pflanzen.
Der grosse Anatom Meckel in Halle war es, der die fast
vor einem Jahrhundert auf dieser Universität geschriebene Disser-
tation Caspar Friedrich Wolfs, Theoria generationis, über die
Entwicklung des Hühnchens im Ei , durch Uebersetzuug und
Druck der gelehrten Welt wieder bekannt machte. In diesem
— 165 —
Schriftchen hatte der 2(3jährige Friedrich Wolff die Metamor-
phose der Pflanze vollkommen dargelegt, und die Epigenese,
nämlich das allmälige Entstehen des Embryo aus einfacher An-
lage (Evohition) gegen die mächtigen Gegner Haller und Bonn et
begründet.
Der grosse Lehrer Döllinger aber in Würzburg, der natur-
philosophischeu Richtung mit Begeisterung ergeben, war es, der
seine Schüler Pander und dessen jüngeren Freund Carl Ernst
von ßaer die Wege Wolffs von neuem zu betreten anregte. Die
in grossartigem Maassstabe in Würzburg angestellten Untersuchung
Pander 's, die in dessen Dissertation »Historia metamorphoseos,
quam ovum iucubatum prioribus quinque diebus subit« bringen
uns die Lehre von den drei Keimblättern, welche noch heute
als die Grundlage des Keimes und der ersten Bildung des Embryo
erkannt sind, und wie wir hernach noch sehen, in uaturphiloso-
phischer Richtung ausgebeutet werden. Carl Ernst v. Baer
aber ist es, welcher die Geschichte der Entwicklung der Thiere
nach allen Richtungen vollständig ausbaute und durch Verglei-
chuug der Entwicklung der verschiedenen Thiere zum
Glanzpunkt deutscher Forschung und Wissenschaft eihob.
So sind wir denn zu den 30er Jahren gekommen, und mit
diesen zur Vervollkommung des Mikroscops. Es folgen jetzt Ent-
deckungen Schlag auf Schlag. Carl Ernst v. Baer hatte 1827 das
Säugethierei entdeckt, seinen inneren Bau jedoch noch nicht er-
kannt. 1830 entdeckte Purkinje das Keimbläschen und nicht
lange darauf R. Wagner den Keimfleck bei dem Menschen
und Säugethiere , und damit war die Uebereinstimmuug der Ei-
bildung nicht blos bei den Wirbelthieren unter einander, sondern
auch mit den Wirbellosen constatirt. Ehren berg deckt uns in
seinem grossen Infusorien-Werk die Organisation im klein-
sten Raum auf, und lehrt uns damit die s. g. Protisten, als
Zwischenglied zwischen Pflanzen und Thieren, kennen. Es war
am 7. April 1837, als die Gesellschaft zum ersten Mal den Söm-
merring'schen Preis zuerkannte und Ehrenberg's Infusorien-Werk
war es, welches diesen Preis erhielt.
Doch schon das .Jahr 1838 brachte uns eine Enthüllung von
ungleich höherer Bedeutung. Es war die von dem Anatomen
Schwann und dem Botaniker Schieiden proclamirte Zellen-
theorie, diese von uns am 7. April 1841 gekrönte Entdeckung
— 166 —
zeigt mit alier Entschiedenheit und Sicherheit den Aufbau des
thierischen und pflanzlichen Körpers aus Zellen, d. h. aus Gebil-
den, die einen Kern, ein Kernkörperchen und eine stickstoff-
haltige Membran oder nur eine eiweisartige Substanz (Protoplasma)
enthalten.
So war also wieder ein grossartiges Naturgesetz enthüllt und
die Verwandtschaft zwischen den Elementargebilden der
Pflanzen und Thiere dargestellt. Von dieser Entdeckung aus da-
tirt für die Botanik die höhere Entwicklung nach der Seite der
Anatomie und Physiologie, für die Zoologie aber vrurde die Lehre
von den Geweben und durch diese die neuere Physiologie
begründet.
Doch an einer noch anderen Stelle zeigte sich ein Fortschritt von
weittragender Bedeutung und zwar dem Gebiet der Entwicklung
angehörig. Schon Chamisso hatte auf seiner B,eise um die Welt
die Wahrnehmung gemacht, dass die Salpen, welche auf dem
Meere, theils einzeln, theils in Ketten daher treiben, sich nicht
gleichen. Die einzeln ziehenden Thiere enthielten nämlich in
ihrem Innern eine Brut, welche nicht dieser, der Mutter, welche
aber den in jenen Ketten schwimmenden Saipeu glichen. Chamisso
bediente sich, um dieses eigenthümliche Verliältniss klar zu machen,
eines Vergleichs: ^>Eine Salpniutter gleicht nie ihrer Mutter oder
ihrer Tochter, wohl aber gleicht sie ihrer Schwester, ihren Enkeln,
ihrer Grossmutter.«
Die Schwerköpfigen in der Wissenschaft, sagt Forbeü, be-
zeichnen ihn als einen Dichter und Romanschreiber, der wunder-
bare Visionen bei den Salpen gehabt habe. Es bedurfte noch
24 Jahre, bis der Däne S t e e n s t r u p den Generationswechsel
in die Wissenschaft einführte und Chamisso's Beobachtung an
einer Reihe niederer Thiere nachgewiesen wurde. Jetzt ist man
allgemein darüber einig, dass diese Individuen Geschlechtswerkzeuge
besitzen, aus welchen sie mittelst befruchteter Eier die ge-
schlechtslosen vereinzelten Salpen erzeugen, während diese
durch Knosp ung die Salpeuketteu zur Entwicklung bringen.
Von der Metamorphose unterscheidet sich aber dieser Vorgang
nur dadurch, dass erstere au einem und demselben Indi-
viduum das vollbringt, was bei der Metagenese oder dem
Generationswechsel au einer ganzen Generation, also vcn
Eltern auf Enkel oder Urenkel vorkömmt. — Hat uns nun dieses
— 107 —
Naturgesetz gezeigt, dass viele für verschiedeu gehaltene, und in
dem System weit auseinander gerückte Thiere zu einer einzigen
Art zu vereinigen sind, so hat es auch bei Manchen den Gedanken
angeregt, ob nicht auch in höherem Styl ein ähnlicher Kreislauf
in der Schöpfungsgeschichte uus(!rer Erde vorkomme.
Kaum war jedoch dem Generationswechsel der gebührende
Platz als ein neuerkanntes Gesetz in der Fortpflanzung der Thiere
augewiesen, als die Zoologie, die bis dahin eine Zeugung durch
beide Geschlechter erwiesen glaubte, eine abermalige Ueber-
raschung, welche eines der wichtigsten Gesetze in der Lehre von der
Erzeugung der Thiere begründet, erleiden sollte. Es war die Par-
thenuo-enese oder »die Jungfrau als Mutter«, welche der erste
Bienenzüchter Deutschlands, der katholische Pfarrer D z i e r z o n
in Schlesien in der Mitte der 30er Jahre bei seinen Bienen er-
kannte, durch Experimente erhärtete und theoretisch erklärte.
Die männlichen Bienen, Drohnen genannt, welche vom ewig
Weiblichen angezogen, als stolze Cavaliere in grosser Schaar die
Königin auf ihrem Hoclizeätsflug umschwärmen, entpuppen nach dieser
Lehre sich als echte Jungfern-S<") hn e. lieber diese Entdeckung
sagt R. Wagner in Göttingen: »Durch die Parthenogenese sei leider
eine der allerunbequemsten und der Hoffnung auf sogenannte allge-
meine Gesetze der thierischen Lebenserscheinung widerwärtigsteu
Thatsachen in die Physiologie eingeführt worden.« — Erfreulich
und besonders aufmunternd für die Lobpreisungen unserer gerühm-
ten Fortschritte in der theoretischen Erkenntniss konnte es un-
möglich sein, dass dieser hochwiclilige und weitverbreitete Lebens-
proCess erst jetzt vou einem Nichtfachmann gerade an Thieren
entdeckt wurde, welche seit Tausenden vou Jahren für den Men-
schen fast Hausthiere geworden sind. Diese grosse Entdeckung
wurde gleichfalls von den Zoologen erst längere Zeit vornehm
ignorirt, niusste aber doch endlich anerkannt werden. Sprach
aber doch schon vor 2000 Jahren Aristoteles es aus: »Die Bie-
nen erzeugen ohne ßegattiiiig Drohnen.«
Doch nicht allein mit der Parthenogenese hatte uns die Mitte
der 40er Jahre beschenkt, nein, es enthüllte sich bald nachher
(Anfang der 50er Jahre) noch ein anderes Naturbild vor unseren
Augen, welches einem ewig langen Glauben an die Urzeugung
einen vernichtenden Streich versetzte. Es war die Entdeckung,
dass die Eingeweide- Wärmer einer Wan d er ung durch verschie-
— 168 —
dene Thiere unterworfen sind, und die früher für besondere
Arten gehaltenen Blasenwürmer erst in einem anderen Thier
sich zur Geschlechtsreife entwickeln können. Fütteruugsversuche
von dem practischen Arzte in Zittau Küchenmeister zu-
erst unternommen, bewiesen, dass die Finne des Schweines
zum Bandwurm des Menschen wird, und dass der ganze Schaf-
heerden vernichtende Hii-nwurm vom Bandwurm des Schäferhundes
abstamme.
Der Widerspruch Siebold's, dass dieser von Küchenmeister
eathüllte Entwicklungsgang kein typischer sei, sondern dass
diese Vorgänge nur auf einer Verirrung der Keime beruhen, war
nicht stichhaltig, und Küchenmeister's grosse Entdeckung wurde
von Kopenhagen aus mit doppeltem Preise gekrönt. Dänemark
konnte doppelt dankbar für diese Entdeckung sein, da ein Achtel
der Bewohner Islands durch die Blasenwürmer des Echinococcus
jährlich zu Grunde gingen. In letzter Zeit hat Zenker die ähn-
lichen Vorgänge bekanntlich bei Trichinen nachgewiesen.
Doch nicht auf Säugethiere und Menschen allein beschränkten
sich diese Vorgänge, nein, mau lernte auch die Vögel, Fische und
niederen Thiere als Wohnthiere für solche Parasiten kennen.
Hierdurch war denn auch für die Eingeweidewürmer, die Entste-
hung aus Eiern festgestellt.
Wenden wir uns doch nochmals von diesen grossen Entwick-
lungsvorgängen der niederen Thiere, zu den Säugethieren.
Hier tritt uns sogleich ein Hauptwerk entgegen, welches so-
wohl rücksichtlich der Neuheit und Wichtigkeit des behandelten
Gegenstandes als der gründlichen Bearbeitung und classischen
Darstellung unseres Preises vollkommen würdig erschien. Dieses
Werk war Bischoff's Entwicklungsgeschichte des Ka-
uincheneies, eine von der mathematisch-physikalischen Classe
der Berliner Akademie gekrönte Preisschrift.
Hatte Bisch off schon vorher die zeitweise Lösung der unbe-
f ru cht eten Eier bei Säugethieren und dem Menschen nachgewiesen,
so zeigt er uns hier das unmittelbare Zusammentreffen des Sper-
matozoids mit dem Ovulum und zwar auf dem Ovarium selbst.
Unsere Gesellschaft, die im Jahre 1845 dieses Werk gleichfalls
krönte, hatte die grosse Genugthuung, dass ein zweites noch um-
fangreicheres Werk über die Entwicklung des Hundes ge-
rade durch diese Preisertheiluug in Deutschland erscheinen konnte.
— 169 —
Bischoff zeigte seiue Dankbarkeit dadurch, dass er die Entwick-
lung des Hundes unserer Gesellschaft dedicirte.
Glaubte mau den Process der Zeugung durch den einfachen
Contact des Eies mit dem Spermatozoid durch eine Endosmose
hinreichend erklärt, so wurde plötzlich das Erscheinen der Sper-
matozoiden in dem Ei selbst wahrgenommen, und dem Physicus
Keber in lusterburg gebührt das Verdienst zuerst auf ein Loch
im Ei als die Eingangspforte für diese Samenthiere hingewiesen
zu haben.
Auch dieser Entdeckung des Eindringens der Spermatozoiden
wurde von den Autoritäten mit Heftigkeit entgegengetreten, allein
ohne allen Erfolg. Die Thatsache wurde nach und nach von allen
Seiten bestätigt.
Könnte man nun mit Recht fragen, warum die wichtigen
und weittragenden deutschen Entdeckungen, die Parthenogenese,
die Wanderung der Eingeweidewürmer und der Mykropyle von
unserer Gesellschaft nicht mit dem Sömmerriug'scheu Preise be-
dacht wurden ? — Die Antwort ist ganz einfach die : die Majo-
rität der Commission war zu sehr durch die heftigen Auftritte ein-
geschüchtert und wagte nicht einer von der Majestät des deutschen
Professors nicht anerkannten Sache einen Preis zu ertheilen. Als
aber die Bestätigung kam und die Entdeckung ausgebeutet war,
war die Zeit der vier Jahre für den ersten Entdecker lauge ver-
flossen.
Doch hiermit waren die grossartige Entdeckungen dieser
Jahre noch nicht beendet. Unser grösster Forscher der letzten
30 Jahre, Job. Müller, der Gründer der neueren Physiologie
und Anatomie entdeckte in Schläuchen einer Holothurie {Synapt.
dig.) die vollständige Entwicklung von Schnecken. Eine Wahr-
nehmung, die den grossen Meister in eine tiefe Schwermuth ver-
setzte, da er wusste, dass zu dieser räthselhafteu Erscheinung er
den Schlüssel nicht mehr finden würde. Bedeutungsvoller aber
war für die Entwicklung der niederen Thiere die aus einer Reihe
von bewuuderungswerthen Untersuchungen hervorgehende Arbeit
dieses grossen Meisters über die Entwicklung der Echiuo-
dermen, bei welchen er zuerst die im späteren Verlauf zu be-
sprechende wimperude Larve wahrnahm.
Hieran schliesst sich die Enthüllung des früh verstorbeueu
H. Müller über deu Hectocotylus. Er erkannte ihn als das vom
— 170 —
Arm der Argonaiita sich loslösende und frei zum weiblichen
Thier hinschwimmende männliche Begattungsorgan. Die Unter-
suchungen J. Müller's über die Echinodermeu wurden im Jahr 1857
von der Gesellschaft gekrönt.
Kehren wir jedoch wieder zur Morphologie zurück. Hatt«
die Anatomie bisher die Formverhältnisse der Orgaue und
die Verknüpfung der Systeme behandelt, iind hatte die Ent-
wicklungsgeschichte sich mit dem morphologischen Aufbau des
thierischen Körpers beschäftigt, so drang durch das sich mehr
vervollkommnenden Mikroscop die Forschung jetzt weiter vor und
nahm nicht mehr die Organe als Ganzes, sondern das Material,
welches die Organe zusammensetzt nach Form, Ent-
stehung, Entwicklung und Lebensvorgängen ins Auge.
So entstand denn die Lehre von den Geweben, welche durch
die ausschliesslichen Bestrebungen fast aller Forscher in neuer
Zeit zu einer unerwarteten Entfaltung gedieh. Von hier aus
wurde nun über eine grosse Reihe physiologischer und patho-
logischer Vorgänge im thierischen Körper in grosser Breiie
Klarheit und Einsicht gewonnen. Die Gewebelehre ist es,
die mit einer anderen Tochter der Neuzeit , nämlich der o r-
ganischeu Chemie und, in Verbindung mit Vivisectiouen,
die neuere Physiologie begründet und aufgebaut hat.
Dass die Zuerkennung des Sömmerring'schen Preises sich
jetzt nach dieser Seite wenden musste, ist begreiflich, und so
wurde denn im Jahr 1849 Rud. Wagner für seine Aufklä-
rungen über die Nerven, im Jahr 1853 Kölliker für seine
grossen Leistungen in der Gewebelehre und in den
Jahren 1861 und 1865 die beiden Physiologen Ludwig und
H e 1 m h o 1 z für ihre unvergleichlichen Leistungen in der Phy-
siologischen Physik mit dem Sömmerring'schen Preise
gekrönt.
Ich möchte Ihre Geduld nicht zu sehr in Anspruch nehmen,
darum gestatte ich mir hier nur Weniges anzuführen.
Bei dem Generationswechsel fanden wir ganz verschieden
gestaltete Thiere verschiedene Altersstufen ein und desselben
Geschlechtes. Hier in den Geweben des thierischen Körpers zeigen
sich ähnliche Verhältnisse.
In seiner Bin desubstauz zeigt uns Virchow die Zusammen-
gehörigkeit und den wechselnden Uebergang des schleimig-
— 171 —
weichen Zellstoffs in die feste elastische Faser, den bieg-
samen Knorpel und den harten Knochen.
Das Streben, die fernere Organisation, die Entwicklung und
das Waehsthum der Gewebe und der von ihnen zusammen-
gesetzten Organe zu erkennen , führte aber nothwendig auf die
Zellen selbst und so finden wir denn in letzterer Zeit das Be-
streben der Forseher ganz besonders auf die Untersuchung dieser
gerichtet.
Wie wir noch bei den Bandwürmern sahen, dass sie aus Eiern
entstehen und mit dieser Entdeckung ein letztes Bollwerk der
Urzeugung gestürzt war, so sahen wir auch hier die Zelle aus
einem Ei oder einer Mutterzelle hervorgehen. Sei es nun, dass
sie sich theilt, sei es, dass sie durch Knospen sich fortpflanzt, sei
es, dass sie in ihrem Innern eine Brut entwickelt und durch
Bersten der Mutter die junge Brut frei wird : immer ist eine
Mutterzelle vorhergegangen. Wir finden hier immer wieder die
Vermehrungs- und Fortpflauzungsvorgäuge ganz ähnlich den nie-
deren Thieren, oder der Dottertheilung im Säugethiere welches
ja selbst nicht andres als eine Zelle ist.
Durch Theilung der Blutkugel vermehren sich die Körper
im Blnt und durch Theilung der Knorpelzellen vergrössert sich
der Knorpel in dem durch Ausscheidung an der Oberfläche, die
Geschwisterzellen auseinander rücken.
Sehen wir hier dieselben Vorgänge , die wir an frei in der
Natur lebenden Thieren, z. B. den Quallen, dem Kugelthier kennen,
so hat die dem Mikroskop beigefügte Wärmkammer uns noch
ganz andere Lebensäusserungen gezeigt. Man sieht hier unter
dem Mikroskop nicht passives Wandern der Zellen, nein, eine
freie Bewegung. Wie die im Wasser lebende Ainöbe als ein un-
bestimmt geformtes Klümpchen Schleim, bald diese bald jene
Form annimmt, bald hier bald da einen Fortsatz ausstreckt und
an andere Wesen herankriecht und sie mit ihrer Substanz umhüllt
uud in ihr Inneres aufninmit, so hat uns Lieberkühn Lebens-
vorgänge bei den weissen Blutkugeln am Blut von Tritoneu und
Tauben unter dem Mikroskop gezeigt.
Wir sehen da wie das weisse Blutkügelchen an ein rothes
herankriecht und dieses langsam in sein Inneres aufnimmt. Es
wandert zum zweiten, dritten, vierten, und frisst eins nach dem
andern. Da solche Beobachtungen tagelang fortgesetzt werden
— 172 —
können, so kann man auch das allmälige Verschwinden der rothen
Blutkugeln im Innern der weissen wahrnehmen. So wie uns aber
hier Lieberkühn neben bestimmten Molecularbewegungen in der
Zelle durch die eben beschriebenen Vorgänge eine Zerstörung der
alten rothen Blutkugeln durch die jungen weissen, aus der neuere
Nahrung entstandenen zeigt, so belehrt uns Köliiker in einer
gleichfalls in den letzten Jahren erschienenen Schrift über die
Resorption der Knochensubstauz durch Riesenzellen.
Durch die genauesten und ausgedehnten mikroscopischen
Untersuchungen über das ganze Skelet vom Kalb, Schwein, Hund
und Kind fand er Zellen, welche den aufgebauten Knochen au
bestimmten Stellen anfressen. Er nennt diese Zellen Osteoklasten
und stellt sie den Osteoblasten, welche zu gleicher Zeit an einer
andern Stelle wieder Knochen aufmaueru, gegenüber. Die Resultate
seiner ausgedehnten mikroscopische Untersuchungen finden nicht
allein ihre Bestätigung in zahlreichen Fütterungen mit Krapp,
sondern auch durch meine Beobachtungen am Wachsen des Thier-
schädels. Diese beiden hier erwähnten Leistungen lagen unserer
letzten Vertheilung des StiebeVschen Preises vor. Wenn sie nicht
berücksichtigt werden konnteu, so war dieses nicht in der gerin-
geren Werthschätzung, sondern in der beschränkten Satzung dieses
Preises begründet.
In der kurzen Skizze, die ich Ihnen soeben zu entwickeln
versuchte, entfaltete sich vor Ihnen ein Kaleidoscop, welches in
kurzen Intervallen die mannigfachsten Bilder vorführte. Nicht
ein darcbgängiger Plan war es, der die Forscher bestimmte diese
oder jene Untersuchung zu beginnen, sondern die Bestrebungen
knüpften sich meist an gerade vorhandenes Material. Der Zufall
war oft die Veranlassung zu dieser oder jener Entdeckung und
gab dann für Andere den Grund ab zur Prüfung, Bestätigung,
weiterem Ausbau oder Verurtheilung. Aehnliche Wege auf dem
einen Gebiete glücklich beschritten, riefen dann wieder gleiche
auf einem andern hervor. Es war ein Hin und Her gleich dem
Wellenspiel des Wassers. Aber trotz der Freiheit der Bewegung
des Einzelnen, sehen wir doch ein Princip, welches die Bewegung
und Richtung aller der Forscher leitet, es ist die vorurtheils-
lose unbefangene objective Behandlung der Vorlagen; es ist
die Methode der Arbeit vom Einzelnen aus, und die Ver-
knüpfung einer Menge von Einzelheiten zu einem Ganzen
- 173 —
ans -welcliem letzteren dann nach und nach das allgemeine Ge-
setz sich aufbaut.
Nur auf diesem von Baco gelehrten Wege der luduction
konnte unsere Wissenschaft, wenn auch zerstückt und zerrissen,
auf breiter und sicherer Basis sich aufbauen und treu diesem
Princip wird es uns gelingen, die mehr und mehr sich nähernden
Pfeiler in einem festen Gewölbe zu verbinden, und sicheren Schrittes
die Natur und ihre ewigen Gesetze in immer klarerem Lichte zu
erkennen.
W^ill aber unsere Gesellschaft der auf ihre Schultern
gelegten Aufgaben sich gewachsen zeigen, so hat sie allein nur
diese Richtung im Auge zu behalten. Möge sie nie
Bahnen betreten, die mir jetzt zu besprechen noch obliegen! —
Denn noch eine andere Richtung ist es, welche seit den
letzten Decenuien sich Bahn gebrochen hat und durch das fest
im Auge gehaltene Ziel und sicher erwarteten Erfolg mit Lebhaf-
tigkeit betreten wird. Auch für diese erlaube ich mir schliesslich
Ihre gütige Aufmerksamkeit in Kurzem in Anspruch zu nehmen.
Die von Darwin aufs Neue aufgeworfene Frage nach der
Entstehung der Arten ist es, welche in neuester Zeit von
Forschern und leider auch von Laien höchst leidenschaftlich veu-
tilirt wird und für welche namentlich Dilettanten am leiden-
schaftlichsten Partei ergreifen.
Diese schwierigste aller Fragen soll einfach durch ein Bluts-
verw^andtschaft der typischen Formen gelöst werden, indem
die allen Thieren gemeinsamen Eigenschaften durch Verer-
bung, die gegenseitige Verschiedenheit aber durch Anpas-
sung an die umgebenden Verhältnisse bedingt seien.
Dass der Wissenschaft die Frage nach dem Ursprung der
thierischeu und pflanzlichen Organismen an die Vergangenheit zu
stellen erlaubt, ja sogar Aufgabe ist, möchte gewiss nicht zu be-
zweifeln sein, und dass sie durch die Morphologie sich diesem
Ziele zu nähern sucht, ist rationell; dass sie endlich in diesen
Kreis der Untersuchung auch den Menschen einschliesst, ist voll-
kommen gerechtfertigt; — dass sie aber das, was sie erst be-
weisen soll und muss, nämlich die Blutsverwandtschaft
schon als Axiom annimmt und nun von hier aus a priori ihre
Untersuchungen macht und mit vorgefasster Meinung an die Ar-
beit geht, das ist es, was ich dieser Richtung zum Vorwurf mache.
— 174 —
Der Weg a priori bringt uns in die alte Bahn der Naturphilosophie
und führt uns durch das freie Sj^iel der Phantasie zu deu gewal-
tigsten Luftsprüngen und Täuschungen. 8ie zaubert uns oft
nicht blos die abgeschmacktesten, sondern absurdesten Behaup-
tungen herauf.
Das vor einem Menschenalter zu Grabe getragene Spiel hat
schon wieder begonnen und die durch die Brille der vorgefassten
Meinung betrachtete Beobachtung wird für eine objectiv gefundene
Wahrheit ausgegeben.
Wie meine Stellung zu dem schwarzhaarigen, spitz-
ohrigen Vierhänder Darwin's als uuserm Stammvater
sich verhält, habe ich schon mehrfach auszusprechen die Gelegen-
heit genommen. Die Festrede des Strassburger Zoolögen bei der
letzten deutschen Naturforscherversammluug in Wiesbaden hat
mir den Beweis geliefert, dass meine Argumente nicht überhört
worden, und so wären wir mit dem letzten Sprossen des Darwin-
schen Stammbaumes, bis der schwarze Kerl gefunden , vorerst
fertig; doch ein moderner Faust hat uns, zwar nicht das Ideal
der Schönheit, wohl aber ein Schemen auf die Bühne der Wissen-
schaft gebracht, welches als Gastrea die Urmutter des
Thierreiches abgeben soll und auch diese bedarf einige Be-
rücksichtigung. —
»Die Ontogenesis ist die kurze und schnelle Recapitulation der
Phylogenesis« heisst, das biogenetische Grundgesetz,
Nach diesem durchläuft also die Entwicklung des einzelnen
Individuums alle Stufen der Entwicklung der ganzen Thierheit,
d. h. es war z. B. der einzelne Mensch in frühester Zeit seines
Seins eine Larve, dann wurde er eine Seescheide, alsdann ein
Fisch, Amphib und endlich durchläuft er die Stufen der Säuge-
thiere. — (Ein alter Satz Okens! Sehen wir, ob er vielleicht
jetzt erwiesen werden kann !).
Bei der Entwicklung aller Wirbelthiere finden sich die drei
Pander'schen Keimblätter vor, von welchen das äussere die Körper-
hülle, das innere der Darmkanal wird und ein mittleres als Grund-
lage der Muskeln sich bildet. Es war für die Homologie der
elemen taren Gebilde des thierischen Körpers von grosser
Wichtigkeit, dass auch bei den niederen Thieren ähnliche Ver-
hältnisse gefunden wurden. Nun sind schon seit längerer Zeit bei
den Echinodermen, Würmern, bei den Seescheiden, den Weich-
— 175 —
thieren, den Gliederthiereu und zuletzt auch bei dem niedersten
Wirbelthier, dem Lauzettfischchen ähnliche Entwicklungszustände
aufgefunden worden, welche man mit dem Namen Planala be-
zeichnet. Es ist dieses eine Larve mit einer zweischichtigen Hülle
(dem Exoderm und Entoderm) und einer geschlossenen Central-
höhle welche durch ihre Wimpern in dem Wasser herumschwimmt.
Das nächstfolgende Larvenstadium, bei welchem die innere
Ceutraihöhle durch eine OefFnung nach Aussen mündet, bezeichnet
die Ontogeuie als Gasfrula (Phylog. Gastrea). Da sich nun
zwischen diesen beiden Schichten noch eine dritte entwickelt, aus
welcher Muskeln entstehen, so haben wir auch hier die drei fun-
damentalen Anlagen wie bei den Wirbelthieren. Diese Gastrula
ist nun der hypothetische Entwicklungszustand für alle
Thierformen und sie ist es, welche in früher Primordialzeit in
allen Meeren als verschiedene Gattungen der Gastreaden gelebt
haben muss. In ihrer weiteren Entwickelung setzt sich
nun ein T h e i 1 dieser Larven mit ihrem obersten Körpereude
fest und bekommt eine radiäre Körperform. Dieser Theil wird
Strahlenthier und die Stammform der Coelenterateu, der andere
Theil begiebt sich auf den Meeresgrund, kriecht dort umher, und
wird bilateral. Er wird ein Wurm und als solcher die Stamm-
form der Echiuodermen, der Glieder-, Weich- und aller
Wirbelthier e. Auf welche Weise nun diese letzteren Vorgänge zu
Stande kommen, das überlässt man wohlweislich unserer Phantasie.
Wie sieht es denn nun, dürfen wir wohl fragen, mit den
Larven aus, welche sich nicht festsetzen, aber auch nicht auf
dem Boden kriechen, sondern flimmernd in grosser Menge fort-
schwimmen und endlich zu Weichthiereu und Würmern sich ent-
wickeln? Sie wurden wahrscheinlich übersehen, weil sie der
Theorie widersprechen.
Müssen wir ferner auch zugeben, dass die Hydroidpoljpen
radiär gestaltet sind, so dürfen wir doch ferner fragen: Wie
passt es zur Theorie, dass nicht blos die Embryonen der Actinien
und Corallen bilateral sind, sondern auch die älteste Coralle,
die wir kennen, die TetracoralUa eine zweiseitige Gestalt hat.
Ist somit schon hier die Supposition als unhaltbar erwiesen,
so zeigt sich die Homologie der drei Keimblätter bei den
Wirbelthieren den Wirbellosen gegenüber, auf welcher die ganze
Theorie aufgebaut ist. noch unhaltbarer.
— 176 —
Mau hat auch hier wahrscheiulich eleu als eiuschichtige Hohl-
kuffelu herumflimmerudeu Larven deshalb keine Aufmerksamkeit
gescheukt, weil sie auf jeue Theorie durchaus nicht passen. Diese
Hohlkugelu, welche nur eine Reihe von Zellen zeigen und dem-
nach uur ein Keimblatt haben, sind aber doch in der Mehrzahl
vorhanden. Will sich nun diese Ligula zur Gastrula ent-
wickeln, so stülpt sich die eine Hälfte ihrer Körperoberfläche in
die andere ein und so entsteht eine zweischichtige Larve mit
eiuem Exoderm und Entoderm. Hier ist es also das Exoderm,
welches durch Einstülpung ein Entoderm und eine Darmhöhle
sich bildet.
Wie sieht es denn nun aber, sind wir wieder berechtigt zu
fragen, mit den zwei Keimblättern aus, die doch fundamental
verschieden sein sollen.
Wie rechtfertigt man nun aber obigen, von vielen Forschern
begründeten Thatsachen gegenüber, jene Theorie?
Die Thatsachen erkennt unser Naturphilosoph vollkommen
an, und trotzdem hält er seine Theorie aufrecht. Denn die That-
sachen siud nach seinem Ausspruch eine Fälschung seiner
Theorie durch die Natur.
Denkt man hier nicht an den Baccalaureus :
Erfabrungswahnsinn! Schaum und Dust!
Und mit dem Geist niclit ebenbürtig,
Gesteht, was man von je gewusst,
Es ist durchaus nicht wissenswürdig.
Obgleich selbst der Naturphilosophie in meiner Jugend ganz
und gar ergeben, so habe ich doch Manches vernehmen müssen,
was in mein Hirn nicht passen wollte. Wie z. B. die Pflanzen
bringen zu dem -j der Erde ein höheres — in (-j ) hinzu. Sie
spalten und entzweien die Erde, indem sie sich verzweigten.
Ging aber selbst damals die Verzückung so weit, dass
ein berühmter Forscher den Bewohner des Mondes construirte,
und sogar einen Sonnenmenschen sich malen liess, so ist doch das
nicht vorgekommen, dass ein. Naturforscher auszusprechen wagte:
dass die in der Natur anerkannten Thatsachen seine Theorie
fälschen, ohne nur auch an das Umgekehrte zu denken, oder dass
— 177 —
er von der freien Forschung tler Embryologen verlangt hätte, nur
nach seiner phylogenetischen Theorie ihre Untersuchungen
anzustellen.
Mag anderswo ein Dogma der Unfehlbarkeit aufgestellt werden,
ich habe wahrlich nichts dagegen, stellt es aber ein Naturforscher
auf, so sage ich mit Mephisto :
Original, fahr' hin in deiner Pracht!
Anhang.
Bericht
über die Vermehrung des Herbariums
während der Jahre 1873 u. 1874.
Ausser den im Jahresbericht 1872 bis 1873 angegebenen
Schenkungen an cretrockneten Pflanzen erhielt die botanische
Section des Senckenbergischen Museums nicht unbedeutenden Zu-
wachs durch Ankauf einiger Sammlungen. Durch die freundliche
Unterstützung des Herrn Adolf Metzler wurde es möglich, das
Herbarium der Gesellschaft durch 100 sicilianische, 270 persische.
175 ostindisch-javanische, 300 brasilianische, 475 chilenische und
150 neuholländische Arten zu vermehren.
Im Ganzen konnten während 1873 und 1874 in die allge-
meine Sammlung eingeordnet werden Vertreter von acht bis jetzt
noch nicht vorhandenen Phanerogamen -Familien, 192 neue Gat-
tungen, und 1291 neue Arten. Von den etwa 6000 neu einge-
reihten Nummern waren nur gegen 300 in Gärten gesammelt,
4300 stammten aus Deutschland, 1128 aus dem übrigen Europa,
451 aus Asien, 80 aus Afrika, 76 aus Nordamerika, 747 aus Süd-
amerika und 162 aus Australien.
12
— 178 —
Die Abtheilnng derPhanerogamen zählt demnach im Ganzen:
3060 Gattungen mit 16,858 Arten in 45,011 Nummern; davon
16,224 aus Gärten, 14,823 aus Deutschland (darunter gegen 3000
aus der Wetterau), 5952 aus dem übrigen Europa, 2969 aus Asien,
1981 aus Afrika, 1929 aus Nordamerika, 1610 aus Südamerika
und 723 aus Australien.
In die Abtheilung der Crjptogamen konnten nur 3 neue
Gattungen und 26 Arten eingereiht werden , sämmtlich Gefäss-
cryptogamen. Im Ganzen kamen nur 114 Nummern hinzu, dar-
unter 15 aus Asien, je 17 aus Afrika und Südamerika, 6 aus
Australien. — Hierbei ist jedoch unberücksichtigt gelassen die
Schenkung einer grossen Anzahl von Flechten durch Herrn
Adolf Metzler, welche als besondere Sammlung in Kästen auf-
bewahrt werden, und die Erwerbung von 2 Centurien der Rabeu-
horst' sehen Pilzsammlung.
Die im Jahre 1874 erworbene Sammlung officineller und
Handels-Pflanzen zählt gegen 2000 Nummern und konnte der
Catalog durch Herrn Ad. Met zier 's Mithülfe bereits fast fertig-
gestellt werden.
Die Sammlung von Früchten uud Sämereien wurde auch in
letzter Zeit reichlich vermehrt, doch gestatten die beschränkten
Räumlichkeiten nur einen Theil der Sammlung in etwas voll-
ständigerer Weise (so z. B. die Leguminosen -Früchte) auszustellen.
Ueber die paläontologisch-botanische Sammlung uud die sehr
reichhaltigen Erwerbungen der letzten Zeit werde ich im nächsten
Jahresbericht Mittheilung machen.
Dr. phil. Geyler, Sectionär für Botanik.
17U —
Beiträge zur Keniitiiiss der Fisclie
von Marocco.
Die Herreu Dr. Freiherr K. v. Fritsch (jetzt Professor in
Halle) und Dr. Rein (gegenwärtig in Japau) hatten auf ihrer
Reise in Marocco im Jahre 1871 auch eine Anzahl Fische ge-
sammelt, welche sie unserem auswärtigen Mitgliede Herrn Dr.
Albert Günther, F. R. S., Conservator am Britischen Museum
in London, zur Bestimmung übersandten. Herr Dr. Günther
fand darunter vier neue Species, deren Charakteristik er in den
»Annais and Magazine of Natural History«, March 1874, mit
Abbildungen begleitet, veröffentlichte und die wir hier in deut-
scher üebersetzung folgen lassen:
Serranus atricauda n. sp. Günther.
D. i«/i5. A. Vs. L. lat. 115.
Die Schuppen sind bedeutend kleiner als bei Serranus cabrüla
oder Serranus scriba, mit welchen er verwechselt werden könnte.
Zwischen der Rückenflosse und Seitenlinie befinden sich elf
Schuppen in einer Querlinie. Die Höhe des Körpers beträgt zwei
Siebentel der ganzen Länge (ohne die Schwanzflosse), die Länge
des Kopfes ein Drittel. Schnauze schuppenlos, zugespitzt, mit
etwas vorstehendem Unterkiefer. Der Durchmesser des Auges be-
trägt zwei Neuntel der Länge des Kopfes und zwei Drittel der
Länge der Schnauze. Der Interorbital-Raum eben, viel kleiner
als der Durchmesser des Auges. Die Auszackung an dem Winkel
des Präoperculums ist viel stärker als an den übrigen Theilen des
Knochens. Der vierte, fünfte und sechste Strahl der Rückenflosse
sind die längsten. Die weichen Strahlen der mit der ersten ver-
bundenen zweiten Rückeaflosse mit zahlreichen sehr kleinen, bläu-
lichen Ocellen. Die Bauchflosse endigt in grosser Entfei'nung von
dem After. Schwanzflosse abgestutzt. Farbe röthlich oliveugrün
(in Spiritus), mit verschiedenen dunklen Querrändern, welche in
der Mitte der Seiten des Körpers am deutlichsten hervortreten ;
— 180 —
zwei von diesen sind dunkler und breiter als die übrigen und
nehmen die Mitte des Körpers ein. Ein schräger dunkler Strich
creht von dem Auge zu dem Winkel des Praeoperculums. Die
Ecken der Schwanzflosse tief schwarz.«
Herr Dr. Günther findet unser Exemplar von Mogador iden-
tisch mit anderen im Britischen Museum befindlichen, von den
Azoren, Madeira und den Canarischen Inseln (Teneriffa), welche
er früher zu S. cabrüla gezählt hatte.
JBarbus Reinii n. sp. Günther. Annais and Magazine of
Natural History for March 1874 Taf. XIII.
D. 11. A. 8. L. lat. 32. L. trausv. ^/e.
Der knöcherne Rückenstrahl ist stark, glatt, sein steifer
Theil zwei Drittel so laug als der Kopf. Zwischen der Seiteu-
linie und der Basis der Bauchflosse zwei und eine halbe oder
drei Reihen von Schuppen. Die Höhe des Körpers beträgt etwas
mehr als die Länge des Kopfes, welcher selbst ein Viertel der
Länge des ganzen Körpers (ohne die Schwanzflosse) besitzt.
Schnauze etwas vorstehend, stumpf conisch. Muud unterständig;
Lippen nicht verdickt; Bartfäden länger als das Auge. Die
Rückenflosse nimmt ihren Ursprung deutlich in Front der Wurzel
der Bauchflosse *) und fast in der Mitte zwischen dem Ende der
Schnauze und der Basis der Schwanzflosse. Schwanzflosse stark
gegabelt. Einfarbig.
Diese Art bewohnt den Fluss Tensift. Das grösste der von
Dr. Günther untersuchten Exemplare ist 8^2 Zoll (engl.) lang.
Barhus Fritschii n. sp. Günther. Annais and Magazine of
Natural History for March 1874 Taf. XIV. A.
D. 11. A. 9. L. lat. 32—33. L. transv. 5V2— 5.
Der Knochenstachel der Rückenflosse ist schwach, nicht viel
stärker als die anderen, und nicht gesägt. Zwischen der Seiten-
linie und der Basis der Bauchflosse befinden sich zwei und eine
halbe Reihe Schuppen. Die Höhe des Körpers ist drei und ein-
viertel mal in seiner ganzen Länge (ohne die Schwanzflosse) ent-
halten, die Länge des Kopfes viermal. Schnauze kurz und stumpf,
der Mund unterstäudig, breit, kurz und halbmondförmig; der
Unterkiefer mit einem etwas scharfen Rande. Vier kurze Bart-
fäden. Der Durchmesser des Auges ist der Länge der Schnauze
- 181 -
ti;1eicl] uiul beträgt zwei Siebeutel von der Lauge des Kopfes. Der
Anfang der Rückenflosse fast mitten zwischen dem Ende der
Schnauze und der Basis der Schwanzflosse, der Basis der Bauch-
flosse gegenüber. Die hinteren Strahlen der Afterflosse sehr lang,
und über die Basis der Schwanzflosse hinausragend. Ein mehr
oder minder ausgezeichnetes schmales, graues Längenband läuft
von der hinteren Seite des Auges oberhalb der Seitenlinie zu der
Mitte der Schwanzflosse, und trennt die dunklere Färbung des
Rückens von der silberglänzenden des Bauches.
Diese kleine Art scheint in den Flüssen bei Marocco (Oned
Ksib) häufig vorzukommen. Das grösste Exemplar ist nur 4^2 Zoll
(engl.) lang.
Barhus nasus n. sp. Günther. Annais and Magazine of
Natural History for March 1874 Taf. XIV. B.
D. 11. A. 8. L. lat. 45. L. transv. »/lo.
Der Knochenstachel der Rückenflosse stark, stark gesägt.
Zwischen der Seitenlinie und der Bauchflosse befinden sich fünf
Längsreihen Schuppen. Die Länge des Kopfes beträgt etwas
mehr als die Höhe des Rumpfes und ein Viertel vom ganzen
Körper (ohne die Schwanzflosse.) Schnauze sehr lang, stark zu-
gespitzt, so lang als der Postorbital-Theil des Kopfes ; Lippen
sehr dick, die Falte an der unteren unterbrochen; Mund unter-
ständig; Bartfäden sehr fleischig und viel länger als das Auge,
welches klein ist. Die Basis der Bauchflosse zeigt sich deutlich
mehr nach vorn als der Anfang der Rückenflosse, welcher sich
fast mitten zwischen dem Ende der Schnauze und der Wurzel
der Schwanzflosse befindet. Afterflosse nicht sehr schmal, keine
von ihren Strahlen erstreckt sich bis zur Schwanzflosse. Schwanz-
flosse tief gegabelt. Färbung einförmig.
Das grösste Exemplar, welches Herrn Dr. Günther zur Be-
stimmung vorlag, war 5^2 Zoll lang.
Herr Dr. Günther hält den JB. nasus für einen Süsswasser-
fisch, obwohl derselbe von den Reisenden an der Küste von
Mogador mit anderen Seefischen erworben wurde.
Ausser diesen vier neuen Species bestimmte Herr Dr. Günther
noch folgende, bereits bekannte Arten:
Cantharus lineatus. Box vulgaris. Pagellus mormyrus. Soor-
— 182 —
paena porcus. Trigla lincata imd hirundo. Trachinus draco und
vipera. Lichia vadigo und glauca. Blemiius pholis und sanguino-
lentus. Gobius cruentatus. Mugil auratus. Spyraena vulgaris.
Hhombus maximus. Sdlea aurantiaca. JBelone acus. Barhus seti-
vimensis, C. V., Playf. Clupea alosa^ finta, maderensis und pil-
chardus. Engraulis encrasicholus. Änguilla vulgaris. Mustelus
laevis. Baja undulata.
Einige Species von Mugil, Scopelus, Änguilla und Syngnathus,
Hessen sich, letzterer wegen seiner mangelhaften Erhaltung und
die übrigen als junge Exemplare, nicht mit Sicherheit bestimmen.
Das Senckeubergische Museum hat durch diese Sammhing
eine interessante und nicht unwesentliche Bereicherung erfahren.
Friedr. Baader, Sectionär für Fische.
Nachträge und Berichtigungen.
In dem Verzeichniss der Mitglieder des Jahres 1873 isl
nachzutragen :
Bei Herrn C. Diotze das *.
Herr *Geyler, Herrn. Theodor, Dr. phil. 1869.
> Mühlig, J. G. G., Verwalter. 1872.
» Ohler, Heinrich, Stiftsgärtner. 1868.
Inhalt.
Saite
I. Bericht, erstattet am Jahresfeste, den 31. Mai 1874, von Th. Geyler 3
II. Verzeichniss der Mitglieder:
1. Ewige Mitglieder 19
2. Mitglieder des Jahres 1873 20
3. Neue Mitglieder für das Jahr 1874 26
III. Verzeichniss der eingegangenen Geschenke :
1. Für das natnrhistorische Museum 26
2. An Geld 29
3. An Büchern, Schriften u. dgl 29
IV. Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben 40
V. Vorträge und Abhandlungen:
1. Nekrolog, zum Andenken an F. H. von Kittlitz, vorgetragen
in der Jahresversammlung von Dr. Theodor Petersen . . 41
2. Zur Kenntniss der triklinen Feldspathe. Referat über einen
Vortrag, gehalten am 7. März 1874 von Dr. Theodor Petersen 4.5
3. Vorlage von Gesteinen aus dem Gotthardtunnel. Referat über
einen Vortrag, gehalten am 7. März 1874 von Dr. Th. Petersen 47
4. üeber die Gliederung der Cyrenenmergelgruppe im Mainzer
Becken. Von Dr. phil. 0. ßoettger in Frankfurt am Main 50
5. Ueber die Tertiärflora von Stadecken-Elsheim in Rheinhessen.
Vorläufige Mittheilung von Dr. H. Th. Geyler 103
6. Notiz über Imbricaria Ziegleri nov. sp., einer Flechte aus der
Braunkohle von Salzhausen. Von Dr. H. Th. Geyler . .112
7. Beitrag zur Frage der thermischen Vegetations-Constanten.
Von Dr. Julius Ziegler 115
8. Ueber die tägliche successive Erwärmung der Oceane durch
die Sonne als Ursache der äquatorialen Meeresströmungen;
Vortrag, gehalten am 31. December 1873 von Fr. Baader 124
9. Die Morphologie der letzten 50 Jahre und die Bestrebungen
der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft. Vor-
trag bei der Jahresfeier am 31. Mai 1874, gehalten von
Prof. Dr. Lucae 155
Seite
VI. Anhang:
1. Bericht über die Vermehrung des Herbariums während der
Jahre 1873 und 1S74. Von Pr. H. Th. Geyler, Sectionär
für Botanik 177
2. Beiträge zur Kenntniss der Fische von Marocco. Von Fr. Baader,
Sectionär der Fische 179
3. Nachträge und Berichtigungen 182
3 2044 106 268 675
^